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DAS ÖSTERREICHISCHE
SANITÄTSWESEN.
ORGAN FÜR DIE PUBLICATIONEN `
DES
K. K. OBERSTEN SANITATSRATHES.
REDIGIRT VON
De. J. DAIMER `
SECTIONSRATH IM MINISTERIUM DES INNERN
XI. JAHRGANG. 1899.
WIEN 1899.
ALFRED HOLDER,
K. U. K. HOF- UND UNIVERSITATS-BUCHHANDLER
1. ROTHFNTHURMSTRASSE 15.
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Alle Rechte, auch das der Uebersetzung, vorbehalten.
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Cpl ALOGY IN
MAY 97 1999
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Inhalts-Verzeichniss.
—
(Die Ziffern geben die Seiten an, auf welchen
A.
Abdeckereianlage 276.
Abdominaltyphus, s. Typhus.
Abgabe Geisteskranker, s. Aufnahme.
Abfälle, tbierische, Einfuhrverbot 213.
— — s. auch thierische Rohproducte.
Abgabe, unentgeltliche, von Diphtherieheilserum
aus dem hygienischen Institute in Krakau
343.
Abgabestationen, Eisenbahn- für Cholera- und Pest-
kranke 287.
Abreise Infectionsverdächtiger 63.
Abwehr der Schweinepest 190, 192.
— s. auch Vorkehrungen, Massnahmen.
Acetum aromaticum, Verkaufsberechtigung 465.
Actinomycosis, 8. Infectionskrankheiten, Jahres-
bericht.
A
253, 271, 281, 329, 346, 354, 364, 374, 386,
398, 430, 489.
— Pestmassnahmen 107, 170, 219, 229, 237, 246,
330, 338, 346, 365, 398, 407, 419, 452.
Aerzte, Auskunftertheilung über gerichtliche und
sanitätspolizeiliche Obductionen 430.
— Befugnis zur Haltung einer Hausapotheke 176.
— Beitragsleistung zur Aerztekammer 396.
— aus dem deutschen Reiche, Praxisausübung im
Grenzgebiete 266.
— Führung des Titels Operateur 156, 384.
— — — — Stadtphysicus 417.
— Honorirung durch die Arbeiter-Unfallversiche-
rungsanstalt 430.
— der k. k. Krankenanstalten, Gehalte 289.
— ÖOrdinationsräume derselben, keine Ambulatorien
161. |
— Praxisausübung im Grenzgebiete 266.
— Stellen, offene, im Auslande 154.
— Untersuchung der Schüblinge 119.
— s. auch Amtsärzte, Gemeindeärzte, Districts-
ärzte, Schulärzte, Zahnärzte.
Aerztekammer, Beitragsleistung 396.
— -Wablrecht 371.
— -Wahl in der Bukowina 398.
pten, Pestnachrichten 219, 229, 237, 245,
die betreffenden Gegenstinde zu finden sind.)
Aerztliche Behandlung mit Diphtherie-Heilserum,
Erfolge 289.
— Praxis im Grenzgebiete 266.
— Prüfungscommissionen 409.
— Untersuchung der Schüblinge 119.
— Verschreibung, Begriff derselben 282.
— Zeugnisse behufs Aufnahme in die böhmischen
Landes-Irrenanstalten 396.
Algier, Pestnachrichten 452, 489,
— Pestmassnahmen 271, 338. e
Alkohol, steuerfreier, Aufhebung der Taxansätze333.
Alland, Verein, Belehrung über Tuberculose 164.
Aloé, Verkaufsberechtigung 465.
Alterszulage, s. Dienstalterszulage.
Ambulatorium, ärztlicher Ordinationsraum kein Am-
bulatorium 161.
Amoi, Pest 330.
Amtsärzte, Abhaltung der Hebammen-Amtstage
156, 395, 466.
Begutachtung von Wasserversorgungsprojecten
117.
Beiziehung zu gewerblichen Betriebsänlage-
Verhandlungen 158.
— — Schulbauverhandlungen 158.
Bezirksbereisungen 167.
als Gerichtsärzte 260.
Jahresversammlung in Mähren 478.
Intervention bei Leichentransporten 299.
im alten Rom 20.
Saccharincontrolein A pothekenu. Droguerien 428.
Ueberwachung der Apoth ken 118.
— des Verkaufes der Hebammen-Gerathschaften
301.
Versammlung in Steiermark 19.
Amtstage, Hebammen-, Berichterstattung 156, 395.
— — Bestreitung der Kosten 466.
Anforderungen, hygienische, an Erziehungsanstalten
110.
— an Schlachthäuser 291.
— — das Seh- und Hörvermögen der Eisenbahn-
Angestellten 311.
Ankündigung von Geheimmitteln, Verbot 94, 167,
216.
— — — 8, auch Geheimmittelverbot.
kt, YO ace
Annoncirung, s. Ankündigung.
Ankylostomiasis, Untersuchungen 185.
— Vorkebrungen in Ungarn 441.
Anlagen, gewerbliche, Beiziehung der Amtesärzte bei
Verhandlungen 158.
— von Schlachthäusern 291, 298,
— für Wasserversorgung, s. daselbst.
— s. auch Bettriebsanlagen.
Anstalten s. Entbindungs-, Erziehungs-, Heil-,
Humanitits-, Impfstoff- Gewinnungs-, Irren-,
Kranken-, Lyssa-, Untersuchungsanstalten.
Ansteckende Krankheiten, Vorkehrungen gegen
Uebertragung in Barbier- und Frisirstuben
177, 454.
— s8. Infectionskrankheiten,
Anstellungsdecrete der Districtsärzte 301.
Anticonceptionelle Mittel, Einfuhr- und Vertriebs-
verbot 267, 417.
sal der Tegminverbände bei der Impfung
Anzeige von Narcose-Todesfällen 260, 334, 335.
Anzeigepflicht bei Infectionskrankheiten 301.
— — — ärztliche an die Schulleitungen 487.
— telegraphische bei Genickstarre aufgehoben 287.
Anzob (Anjob) Pest in 107, 365.
Apotheken Concessionsverleihung, Recurszug 383.
— Executionsführung auf A. 28.
— s, auch Hausapotheken.
— Percentnachlass bei Armen-Medicamentenconten
366.
— Saccharin-Verschleisscontrole 428.
— Verkauf von Hebammeagerithschaften 301.
— — — organo-therapeutischen Priparaten 63.
— Vertrieb von Apparaten zu Verhiitung der Con-
_ ception 267,
— — unbefugter, von pharmaceutischer Präpa-
raten 288.
— Uebelstinde 344.
Apotheker-Wesen, Reform, Interpellationsbeant-
wortung 19.
— -Assistenten, dienstliche Ueberbürdung, Unter-
künfte 344.
— —- und Aspiranten-Statistik 121.
— Verantwortlichkeit fiir die Maximaldosenangabe
auf den Standgefissen 118.
— -Verein Öesterreichischer, Lebensmittel - Unter-
suchungsanstalt 318.
— — — Preisverzeichnis nicht officineller Arznei-
mittel 106.
— s. auch Pharmaceuten.
Apparate, anticonceptionelle, Einfuhrverbot 267,
417.
Arabien, Pestnachrichten 107, 169, 220, 230, 238,
— Pestmassnahmen 169, 220.
Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt, Honorirung der
Aerzte 430,
Arbeitsstatistisches Amt, Einsendung der Sanitáts-
Jahresberichte 106.
Argentinien, Sanitäts-Convention mit Brasilien 489,
— Pestmassnahmen 346, 398.
Argonin, Löschung der Schutzmarke 288,
Armengesetz. Percentnachlass bei Armen-Medica-
- menten-Conten 366.
Arme Kranke, gegenseitige Unterstützung in Oester-
reich-Ungarn und Italien 235, 316.
Armen-Medicamenten-Conten, Percentnachlass 366.
Arzneimittel, nichtofficinelle, Preisverzeichnis 106.
| Arzneimittel verbotene 94, 135, 216, 301, 317, 472.
— Verkaufsberechtigung 465.
— s. diätetische Mittel, Geheimmittel, Heilmittel
und pharmaceutische Präparate.
Arzneirechnungen für Häftlinge 146.
— Percentnachlass für Arme 366.
— — — Krankencassen 142.
Arzneitaxe 1849, Aufhebung der Ansätze bei steuer-
freiem Alkobol 333.
— — ergänzende Bestimmungen 142.
— 1900, 481; 495.
Arzneiwaaren-Bezug für Strafanstalten 146.
— — als Muster ohne Werth 216.
— Einfuhrverbot als Briefpostsendungen 281.
Aspiranten, Apotheker-, Zufluss 121.
Assanirungen in den Gemeinden Istriens 326.
Assistenten, Apotheker-, Statistik 121.
Asthmapulver, Dr. Schiffmann’s, Verbot, 216.
Aufbewahrung von Mineralwässern 280.
Auflassung des öffentlichen Krankenhauses in
Graupen 442.
Aufnahme Geisteskranker in die Anstaltspflege in
Böhmen 39.
— — — — — — Niederösterreich 512.
Aufnahmsbezirke für Geisteskranke in Niederöster-
reich 512.
Aufseher, Sanitäts-, Curs in Wien 99,
Aufsicht, s. Ueberwachung.
Augenärztliches Operationsinstitut in Prag, Statut,
Instruction 43.
Augenkrankheiten, übertragbare, s. Infectionskrank-
heiten, Jabresbericht.
Augsburger Lebensessenz, Kiesow’s, Verbot 301.
Ausgaben Staats- für Infectionskrankheiten 22,
479.
— — — sanitäre Zwecke 14.
Auskünfte über gerichtliche und sanitätspolizeiliche
Obductionen 430,
Ausländische Aerzte, Wahlberechtigung in die
Aerztekammer 371.
— Arzneimittel, Sendung als Muster ohne Werth
216.
— Zahnärzte als zahnärztliche Gehilfen 451,
Ausland, Aerztestellen 154.
Ausreuter, Verwendung 35.
Ausschank von Malz- (Malton-) Weinen 362.
Ausstellung für Krankenpflege in Berlin 152, 156.
Ausweise der Hebammen über Geburten 175.
B.
Bäder, elektrische Lichtbäder, Concession 18.
— 8. Moorbáder.
Bacteriologische Untersuchung von Wasserproben,
Vorgang 497, 499.
Balsam, Thierry’s Verbot 94.
Barbier und Frisirstuben, Hygiene 177, 454.
Bassorah, Cholera 407, 420, 441, 452, 475.
Bau von Schlachthäusern 291.
Bauchtyphus, s. Typhus.
Beamte der k. k. Krankenanstalten, Gehalt 289.
Beamte, s. Staatsbeamte.
Begutachtung, amträrztliche, von Wasserversorgungs-
projecten 117.
Behörden, politische, Einflussnahme auf die Wasser-
versorgung 273.
ee Rn SS ae age
NV
Belehrung über Aufnahme in die Wiener Lyssa- |
anstalt 437.
— — Flecktyphus 133,
— — Lyssa-Schutzimpfung 437.
— — Pest 450, s. auch Beilage.
— — Schweinepest 196.
— — Tuberculose 164.
— — s. Instruction.
Beitragsleistung zur Aerztekammer 396.
Bekämpfang der Pellagra 256.
— — Tuberculose 99, 157, 160, 199.
— — s. auch Massnahmen, Vorkehrungen.
Belgien, Pestmassnahmen 337.
Beludschistan, Cholera 374.
Benützung, wiederholte von Trauerkränzen bei In-
fectionskrankheiten 168.
Benzosol, Löschung der Schutzmarke 288.
Berechtigung zum Verkaufe von Heilmitteln 146,
465.;
Berenice, Lloyddampfer, Pestfälle auf demselben
und sanitäre Behandlung 465, 475, 490, 518.
Bergarbeiter-Krankheit, s. Ankylostomiasis.
— croupöse Pneumonie 8. Beilage.
Bericht des Polizeichefarztes in Wien 57, s. auch
Beilage.
— s, auch Jahresbericht.
Berichterstattung über Hebammen-Amtstage 156,
395.
— Blattern an das Ministerium des Innern 62.
— — Filecktyphus an das Ministerium des Innern
o
— — Geburten-Ausweise 175.
— — Genickstarre 287.
— — Todesfälle in der Narcose 260, 334, 335.
— — wichtige Vorkommnisse in den Wiener
Krankenanstalten 334, 335.
Berlin, Ausstellung für Krankenpflege 152, 156.
— Fütterung der Milchkühe für Kinderernährung
160.
— Tuberculose-Congress 99, 157, 160, 199.
Beschau, Vieh- und Fleischbeschau, Haftung des
Gewerbeinhabers 26.
Bestellung von Schulärzten 303.
Bestreitung der Kosten für Hebammen-Amtstage
466.
Betriebsanlage, Abdeckerei 276.
— Flaschenbierfüllung 149, 381.
— gewerbliche, Beiziehung der Amtsärzte zu den
Verhandlungen 158.
— Holz- und Papierinduatrie 37.
— Schlachthäuser 291, 298.
— Verkohlung und Holzdestillation 137.
Bettzeug benütztes, Einfuhrverbot 213, 334, 437.
Beurtheilung der Revaccinationserfolge 186.
Bevélkerangsbewegung in Frankreich 36.
— — Oesterreich 355.
— — — in den letzten 80 Jahren 370.
Bewilligung, Moorbäder 288.
— Privat-Entbinduugsanstalten 94, 95, 97, 166,
202, 252.
Bezirksárzte, s. Amtsárzte. `
Bezirks-Hebammen, Erhebungen über Bezüge 486.
= — Kündigungsfrist 126.
— -Krankencasse Unterstützungsdauer 330.
— -Krankenhaus in Hochstadt, Oeffentlichkeitsrecht
497.
— -Siechenhäuser Errichtung 474.
eege Seeerei EE Eege ne ee ah Ba Fre an ana rn a BE ne
.
Bier, Regelung des Flaschenbierhandels 149, 381.
Bierdruckapparate, Verwendung flüssiger Kohlen-
säure 471.
Bismuthum tribromphenylicum, s. Xeroform.
Blasen, s. Thierblasen.
Blattern in Böhmen 108, 206, 222, 216.
— in der Bukowina 56, 100, 108, 120, 136, 154,
162, 171, 178, 186, 198, 206, 222, 230, 238,
246, 254, 262, 274, 310, 338, 344, 374, 398,
422, 430, 454, 466, 478, 490, 502.
— — Dalmatien 290, 354, 398, 454, 466, 478.
— — Galizien 56, 100, 108, 120, 136, 154, 162,
17], 178, 186, 198, 206, 222, 230, 238, 246,
254, 262, 274, 282, 290, 302, 310, 318, 338,
346, 354, 374, 386, 398, 422, 430, 484, 466,
478, 490, 502.
— — Mähren 262.
— — in Niederösterreich 108,
178, 262, 274.
— — Oberösterreich 222, 274.
— — Schlesien 154.
— — Steiermark 162, 178, 206, 346.
— — Tirol 262.
— Ausgaben für Tilgungsmassnahmen 22, 479.
— Berichterstattung an das Ministerium des Innern
120, 136, 162,
— Einschleppung aus Griechenland, Vorkehrungen
107.
— Epidemie in Fontina alba und Klimoutz 445.
— Erhebungen 281.
— Massnahmen 62.
— Verständigung der Behörden 281.
— s. Infeetionskrankheiten, Jahresbericht.
Blitzschlag, Todesfälle 230.
Blumenbinderin, Milzbranderkrankung 302.
Böhmen, Apotheker, Verantwortlichkeit der, für
Maximaldosen auf Standgefässen 118.
— Aufnahme in die Landes-Irrenanstalten 396.
— Blattern 108, 206, 222, 246.
— Flecktyphus 100, 108, 120, 136, 154, 162, 222,
319.
— — Belehrung 133.
— Freibank in Carlsbad 492.
— Gemeinde-Sanitätsdienst, Organisation 147,
— Krankenhaus-Auflassung 442.
— Leicheniiberfiihrung nach Prag 118.
— Mineralwasserhandel, Ueberwachung 280.
— Moorbäder-Bewilligung 288.
— Oeffentlichkeitsrecht an das Krankenhaus in
Hochstadt 497.
— Operationsinstitut ,
43.
— Reconvalescentenanstalt, Errichtung 460.
— Siiuerling in Klösterle 490.
— Siechenhäuser-Errichtung 474.
— Tubereulose, Massnahmen 165.
— Untersuchung von Wasserproben und patho-
logischen Objecten, Vorgang bei Entnahme,
Verwahrung und Versendung 497, 499,
— Verbot von Kiesow's Augsburger Lebensessenz
301.
— Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 55,
119, 145, 218, 269, 409, 462, 516.
— Verptlegstaxen in öffentlichen Kranken- und
Humanitätsanstalten 181, 183.
Bombay, Cholera 246.
— Pest, s, Britisch-Ostindien.
augeniratliches in Prag
— VI
Borsten, Einfuhrverbot bei Pest 213, 334, 437.
— — — Rinderpest 203.
Bosnien, Diphtherie-Heilserumbehandlung, Erfolge
289.
— Impfergebnisse in 354.
— Verpflegstaxen in den öffentlichen Kranken-
anstalten 183.
Bozen, Wasserleitung in Zwölfmalgreien 504.
Branntwein, s. Alkohol.
Brasilien, Pestmassnahmen, 354, 398, 419, 465, 475.
— Pestnachrichten 407, 419, 452, 475, 489, 502.
— Sanitäts-Convention mit Argentinien 489,
Briefpost, Arzneimittelsendungen 281,
Briquetkohlen-Erzeugung 13%.
Britisch Ostindien, Cholera 246, 374.
Britisch-Ostindien, Pestmassnahmen 12, 440.
— — Pestnachrichten 107, 169, 221, 238, 246,
272, 330, 346, 354, 374, 386, 398, 407, 419,
430, 440, 452, 489, 502, 518.
Brixen, Wasserversorgung 430.
Briinn, Kafilldesinfectionsanlage 276.
Bukowina, Aerztekammerwahl 398.
Bukowina, Anzeigepflicht bei Infectionskrankheiten
1.
— Ausreuter, Verwendung 35.
— Blattern, s. unter Blattern.
— Blatternepidemie in Fontina alba und Klimoutz
445.
— Entbindungsanstalten 97.
— Flecktyphus, s. unter Flecktyphus.
— Hebammen-Amtstage, Berichterstattung 395.
— Verhandinngen des Landes-Sanitätsrathes 88,
271, 464.
— Verkohlungsanstalt 137.
— Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-An
stalten 182, 183.
Bulgarien, Verpflegstaxen in öffentlichen Kranken-
anstalten 184.
— Choleramassnahmen 441.
— Pestmassnahmen 170, 220, 229, 346, 353, 373,
429, 464, 475, 517.
Cc.
Cadaver Thier-, Verwerthung im Kafill Desinfector
276.
Calcutta Pest, s. Britisch-Indien.
Capstadt, Pestmassnahmen 272.
Ca:niferin, Lóschung der Schutzmarke 288,
Centifoliensalbe Thierry’s, Verbot 94.
Cellulosefabriken, s, Holz- und Papierindustrie,
Certiticat bei Schweinepest 195.
Chemische Präparate, Einfuhr nach dem Deutschen
Reiche 54.
— Untersuchung von Wasserproben, Entnahme,
Verwahrung und Versendung 497, 499.
China, Pestnachrichten 330, 407.
— Pestinassnahmen 221, 230,
Chloroformtod, s. Narcose.
Cholera in Bassorah 417, 420, 441, 452, 475.
— — Beludschistan 246.
— — Britisch-Indien 246, 374.
— Eisenbahn-Abgabestationen 287.
Cholera, Massnalımen in Bulgarien 441.
— KNostras, s. Iufectionskrankheiten, Jahresbericht.
Coexaminatoren bei den medicinischen Rigurosen 409),
| Commercielle Lehranstalten, Unterbringung der
Tagesschüler 258.
Conception verhindernde Apparate, Verbot 267, 417.
Concession Apotheker-, Recurszug bei Verleihung
383.
— Bedingungen für elektrische Lichtbäder 18.
— Zahntechniker-, Entziehung 452,
Congostaat, Pestmassnahmen 398.
Congress Pellagra- in Padua 256.
— Tuberculose in Berlin 99, 167, 160, 199.
Conservirungsmittel fiir Leichen 485.
Controle des Saccharinverkaufes in Apotheken und
Gross-Droguerien 428,
Convention Sanitäts- zwischen Argentinien und
Brasilien wegen Gelbfieber 489,
Croup, s. Diphtherie.
Curorte, Erhebungen über Infectionskrankheiten in
52.
Curpfuscherei, Hintanhaltung 473.
Curse Wiederholungs- fiir Hebammen in Triest 310.
— für Sanitätsaufseher in Wien 99.
— in der Unfallbeilkunde 146.
D.
Dänemark, Pestmassnalımen 329, 337.
Därme, Einfuhrverbot 203, 334, 437.
Dalmatien, Blattern 290, 354, 398, 454, 466, 478,
-- Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-An-
stalten 182, 183.
Decreta, Anstellungsdecrete der Districtsärzte in
Mähren 301.
Definition der diätetischen Mittel 146.
Dermatol, Lischung der Schutzmarke 288.
Dasinfectionsanstalt in Wien s. Beilage.
Desinfectionsfrist auf Eisenbahnen, Verlängerung
wegen Sonntagsruhe 159.
Desinfectionsmassnahmen gegen Infectionskrank-
heiten 157.
Desinfectionsmittel, Fermaldeliyd, Anwendung in
Schulen 73.
Desintector Kafill- 276.
Deutscher Ritterorden, Spital in Friedau 454.
Deutsches Reich, Einfuhr chemischer und phaıma-
eeutischer Präparate 54.
— — Pestlaboratorien 418.
— — Pestmassnahmen 337, 353, 406, 418.
— — Praxisausübung der Aerzte im österreichi-
schen Grenzgebiete 266.
Diätetische Mittel, Definition derselben 146.
Diagnose der Lyssa, Einsendung der Unter-
suchungsobjecte 237.
, Diaenostische Lyasa-Impfung in Lemberg 407.
Diakunissen-Krankenhaus-Eröffnung in Währing-
Wien 454,
Dienstalterszulage, Diensttaxe bei 171.
— der Staatsbeamten bei Berechnung von Ruhe-
genüssen 171.
Diensttaxe bei Dienstalterszulage 171.
Diphtherie, Erfolge der Heilserumbehandlung in
Oesterreich 437.
— — — — — Bosnien und der Hercegovina 289,
— Heilserumbezng, unentgeltlicher aus dem hygi-
enischen Institute in Krakau 343.
— Stantsauslagen für Tilgungsmassnahmen 22, 479.
Diplom thierärztliches, Formulare 427,
ene
Districtsárzte, Anstellungsdecret 301.
— Fahrpauschale 72.
— unentgeltliche Vornahme der Schúler-Revacci-
nation 472,
— Versorgungsgenüsse 72,
— s. auch Gemeindeärzte.
Droguenhandlungen, Gross-,
428.
— unberechtigter Heilmittel, Verkauf 146.
— Verkauf von Hebammengeräthschaften 301.
Druckschriften-Verbot, Kundmachung in der Wiener
Zeitung 286.
Drucksorten für den Gemeinde-Sanitätsdienst 393.
Durchfübrung der Impfung in Steiermark 172.
Durchführungsverordnung betreffend den Viehver-
kehr zwischen Oesterreich und Ungarn 358.
Durchfuhr, s. Einfuhr.
Dysenterie nach Genuss von schlechtem Trinkwasser
282.
— s. auch Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Saccharin - Controle
E.
Eheschliessungen in Frankreich 36.
— — Oesterreich, Statistik 355.
Einflussnahme der politischen Behörden auf die
Wasserversorgung in den Gemeinden 273.
Einfuhr pharmaceutischer und chemischer Präparate
nach dem Deutschen Reiche 54.
Einfuhrbeschränkung (Verbot) thierischer Rohpro-
ducte aus der Türkei wegen Rinderpest 203.
Einfuhrverbots-Uebertretung bei Thierseuchen 197.
Einfuhrverbot für Arzneiwaaren mittelst Briefpost
281.
— ausländische Arzneiwaaren als Muster ohne
Werth 216.
galvano-elektrischer Ketten, A. Winter’s 316.
von Hunden nach Grossbritannien 204.
— Nicholsohn's Gehórheilmittel 317.
— Occlusivpessar 267, 417.
— Tntelol 417.
— Waaren und Gegenstände gewisser Art aus
Aegypten 213. .
— — — - —- — Portugal 334.
— — — — Brasilien und Pa’aguay 437.
Einfuhr von Vieh aus Ungarn 358, 361.
Einschleppung von Blattern aus Griechenland, Vor-
kehrungen 107.
Einsendung von Untersuchungsobjecten zur Lyssa-
diagnose 237.
— — pathologischen Untersuchungsobjecten und
Wasserproben 497, 499.
Eisenbahn-Abgabestationen für Cholera- und Pest-
kranke 287,
-Bedienstete, Anforderungen an das Seh- und
Hörvermögen 311.
-dienst, Tauglichkeit zum 311.
Fahrpreisermässigung für Lyssa-Schutzimpf-
linge 439.
Reinhaltung der Wartesäle und Perrons 451.
Streumateriale für den Viehtransport 382.
Verlängerung der Desinfectionsfrist wegen
Sonntagsruhe 159.
Elektrische Ketten, s. galvano-elektrische Ketten.
— Lichtbäder, Concessionsbedingungen 18.
VI — `
| Emeritirter Operateur, Titelführung 384.
Empfängnis, s. Conception.
England, s. Gross-Britannien.
Entbindungsanstalten-Concessionirung 94, 95, 97,
166, 202, 252.
Entnahme von Wasserproben und pathologischen
Untersuchungsobjecten 497, 499
Entscheidungen des Handelsministerium, Löschung
von Wort-Schutzmarken für pharmaceutische
Präparate 288.
— — Ministeriums des Innern:
Auskünfte über die Ergebnisse gerichtlicher
oder sanitätspolizeilicher Obductionen 430.
Begriff der ärztlichen Verschreibung 282.
— — diätetischen Mittel 146.
Bestreitung der Kosten für Hebammenamts-
tage 466.
Honorirung der Privatärzte durch die Ar-
beiter-Unfallversicherungsanstalten 430.
Ordinationsräume der Aerzte keine Ambula-
torien 161.
Percentnachlass
366.
Pagliano Syrup, Verbot 135.
Schutzrayon für Heilquellen 230.
Titelführung der Hebammen 282.
unbefugter Vertrieb pharmaceutischer Präpa-
rate in Apotheken 288.
unberechtigter Heilmittelverkauf 146.
Unterstützungsdauer bei Mitgliedern
Krankencassen 330.
Wasserversorgung in den Gemeinden 273.
— — Obersten Gerichtshofes:
Executionsführung auf Apotheken 28.
Haftung des Gewerbeinhabers für die Vor-
nahme der Vieh- und Fleischbeschau 26.
Einfuhrsverbot-Uebertretung in Thierseuchen-
angelegenheit 197.
Stallsperre-Verhängung 42.
Verwendung des Viehpasses durch den Käufer
des Thieres 205.
Entziehung der Zahntechniker-Concession 452.
Epidemie, Blattern-, in Klimoutz und Fontinaalba
445.
Flecktyphus- in Böhmen 319.
Ruhr- in Folge schlechten Trinkwassers 282.
Typhus- in Langenlutsch 460,
— in Passail 458.
-bericht, Vorlage bei Blattern 62.
Epidermin, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Erde als Streumateriale, s. Streumateriale,
Erfolge der Diphterie-Heilserumbehandlung 289,
457.
— — Revaceination, Beurtbeilung derselben 186.
Ergebnisse der Physicatsprúfungen 36.
Erhebungen bei Blattern 281.
— Erriehtung von Humanitätsanstalten 300,
— Infectionskrankheiten in Tirol und Vor-
arlberg 70.
— — — Curorten 52.
über Bezüge der Bezirkshebammen in Kärnten
486.
— Verkehr und Abgabe von Mineralwässern in
Gast- und Katfeewirthschaften 287.
— den Stand der Volks-Heilanstalten 471,
Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes:
Aerztekammerbeitriige 396.
für Armenarzneirechnungen
von
— VII —
Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes:
Entziehung der Zahntechniker-Concession 452.
Führung des Titels »emeritirter Operateur« 384.
Haltung einer Hausapotheke 176.
Recurszug bei Apothekenverleihungen 383.
Verwendung zabntechnischer Gehilfen bei
Zahnärzten 205.
Wahlrecht in die Aerztekammer 371.
Eröffnung neuer Humanitätsanstalten 454.
Errichtung von Humanititsanstalten, Verband-
lungen 300.
— — Schlachthäusern 291, 298.
— — Siechenhäusern 474.
— — Waisenhäusern, Wahrung der sanitären In-
teressen durch die Landesbehörde 488.
Erweiterung der Ohrenklinik in Wien 36.
Erziehungsanstalten, hygienische 'Anforderungen
110.
— Isolirräume in denselben 514.
— Massnahmen gegen Infectionskrankheiten 279,
Essenz, Kiesows Augsburger Lebensessenz, Verbot
Evangelisches Diakonissen-Krankenhaus, Eröffnung
in Wien 454.
Examinatoren bei den pharmaceutischen Prüfungen
410.
Executionsführung auf Apotheken 28.
F.
Fahrpauschale der Gemeinde- und Districtsärzte in
Mähren 72.
Fahrpreisermässigung auf Eisenbahnen für Lyssa-
Impflingen 439.
Fälschungen von Lebensmitteln, Sachverständige 56.
Farrenkráuter, s. Streumaterial.
Felle, thierische, Einfuhrsverbot wegen Pest 213,
334, 437.
Ferripyrin, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Fichtennadeln, s. Streumaterial.
Flaschenbierhandel, Regelung 149, 381.
— Betriebslocale 381.
Flecktyphus in Böhmen 100, 108, 120, 136, 154,
162, 222, 319.
— — der Bukowina 56, 162, 338, 346.
— — Galizien 56, 100, 120, 136, 154, 162, 171,
178, 186, 198, 206, 222, 230, 238, 246, 254,
262, 274, 282, 290, 302, 310, 318, 338, 346,
354, 374, 386, 398, 422, 430, 454, 466, 478,
490, 502.
— — Mähren 100,
— — Schlesien 206.
— Belehrung 133.
— Berichterstattung 93.
— Epidemie in Béhmen 319.
— Massnahmen 93, 133.
— s. auch Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Fleischbeschau, Haftung des Gewerbeinbabers für
die Vornahme 26.
Fliesspapier zum Putzen der Maschinen 184.
Flüssige Kohlensäure für Bierdruckapparate 471.
Fontina alba, Blatternepidemie 445.
Formaldehyd, Desinfection in Schulen 72.
Formalin, s. Formaldehyd.
Formol, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Formosa, Pestnachrichten 107.
| Formnlare für das thieräiztliche Diplom 427,
Frankreich, Bevölkerungsstatistik 36.
— Pestmassnahmen 220, 336,
Freibank in Karlsbad 492.
Freibankordnung 494. `
Fremdenverkehrsüberwachung 370.
Frequentanten der chirurgischen und geburtshilf-
lichen Operationscurse, Titelführung 156, 384.
Friedau, Deutscher Ritterordensspitals-Eröffnung
Friseurstuben, s. Barbierstuben.
Fütterung der Milchktihe für Kinderernährung 160.
G.
Galizien:
Blattern, s. unter Blattern.
diagnostische Lyssaimpfung in Lemberg 407.
Flecktyphus, s. unter Flecktyphus.
Heilserumabgabe, unentgeltliche aus dem hy-
gienischen Institute in Krakau 343.
Schutzimpfungsanstalt gegen Lyssa in Krakau
408.
Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 64,
88, 145, 219, 270, 463, 518.
Verpflegstaxe in Öffentlichen Krankenanstalten
182, 183.
Vorkehrungen gegen Verschleppung von Infec-
tionskraukheiten 307.
Galvano-elektrische Ketten der Firma A. Winter,
Einfuhr- und Vertriebsverbot 316.
Gastprüfer bei den pharmaceutischen Rigorosen 410.
Gastwirthschaften, Verabreichung von Mineral-
wässern 287.
Gebäranstalten, s. Entbindungsanstalten.
— Verpflegstaxen 183.
Geburten, Ausweise der Hebammen 175.
— in Frankreich, Statistik 36.
— in Oesterreich, Statistik 355.
Geburtshelferin, 8. Hebammen.
Geburtsfrau, s. Hebammen.
Geburtshilfliches Operationsinstitut, Titelfübrung
der absolvirten Zöglinge 384.
Gehalte der Aerzte und Beamten der k.k. Kranken-
anstalten 289.
Geheimmittel, verbotene 94, 135, 216, 301, 317,
472.
Geheimmittel, s. auch Heilmittel.
Gehilfen, zahnirztliche, Verwendung von Aus-
ländern 451.
— zahntechnische, Verwendung bei Zahnärzten 205.
Geisteskranke, Aufnahme in die böhmischen Landes-
Irrenanstalten 396.
— italienischer Staatsangebörigkeit, Vorgang bei
Abgabe in die Heimat 298.
— Regelung der Abgabe in die niederösterreichi-
schen Landes-Irrenanstalten 512.
Gelbfieber, Sanitätsconvention zwischen Brasilien
und Argentinien 489.
— in New-Orleans 374.
Gemeindeärzte, Anstellungsdecrete in Mähren 301.
— Anzeigepflicht bei Infectionserkrankungen an
die Schulleitungen 487.
— Fahrpauschale in Mähren 12.
— Subvention in Salzburg 330.
— Titelführung 417.
=r IN: oe
Gutachten des Obersten Sanitätsrathes, Grenz-
werth des Gehaltes an schwefeliger Säure im
Weine 2,
— — — — Verkehr mit organo-therapeutischen
Präparaten 29,
Gemeindeärzte, unentgeltliche Vornahme der Schüler-
revaccinationen in Mähren 472.
— Versorgungsgenüsse in Mähren 72.
— s. auch Districtsärzte.
Gemeinde-Assanirungen in Istrien 326.
Gemeinde-Sanitätsdienst, Curse für Sanitätsaufseher
— — Drucksorten in Oberösterreich 393.
— — Organisation in Böhmen 147.
— — — in Niederösterreich 129.
— -Schlachthäuser, Anforderungen 291, 298.
-Siechenhäuser, Errichtung in Böhmen 474.
— -Versorgungshaus in Male, Eröffnung 454.
— -Wasserversorgung, Einflussnahme der politi-
schen Behörden 273.
Genickstarre, epidemische, Anzeigeerstattung 287.
— telegraphische Berichterstattung 287.
-- 8. auch Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Genussmittel, s. Lebensmittel, Wein.
Gerichtliche Obduction, Auskunftertheilung 430.
Gerichtsärzte, Verwendung der Amtsärzte 260.
H.
Haare, s. Menschen-, Thierhaare.
Hadern, Verwendung von Putzhadern 184.
— Einfuhrverbot 213, 334, 437.
Häckerling, s. Streumateriale.
Häftlinge, Prüfung von Arzneirechnungen 146.
Häute, Einfuhrverbot wegen Pest 213, 334, 437.
— — — Rinderpest 203.
Haffkine’sche Lymphe, s. Pestlymphe.
Haftung des Gewerbeinhabers für die Vornahme
der Vieh- und Fleischheschau 26.
Haltung von Kost- und Pflegekindern, Missstánde
Gerichtsbehörden, Heranziehung von Sachverstän- 208.
digen aus den Untersuchungeanstalten fiir| Handel mit Bier in Flaschen, s. auch Flaschenbier-
Lebensmittel 56. handel.
Handschuhe beim Putzen’ von Maschinen mit
Terpentinöl 184.
Handverkauf organo-therapeutischer Präparate,
Verbot 63.
Hanghow, offene Arztesstelle 154.
Hausapotheke, Befugnis zur Haltung einer Haus-
apotheke 176.
i
Gesundheitspflege auf Eisenbahnen 451.
— s, auch Hygiene.
Gesundheitswesen, öffentliches, in Spanien 231.
Gewerbe-Betriebsanlagen, Beiziehung der Amteirzte
zu den Verhandlungen 158.
— — Schlachthäuser 291, 298,
— — beim Flaschenbierhandel 381.
— Flaschenbierhandel-Regelung 149, 381. | Hebammen- -Amtstage, Berichterstattung 156.
— -Inhaber, Haftung desselben für die Vornahme | — — Bestreitung der Kosten 466.
der Vieh- und Fleischbeschan 26, — Bezirks-, Erhebungen über Bezüge in Kärnten
— -Inspectionsdienst, Auslagen 17. 486.
— Verwendnng von Putzbadern im Betriebe — — Kündigungsfrist in Kärnten 126.
184. — Entbindungsanstalten in den Wohnungen der-
— Vorkehrungen gegen Uebertragung von Krank- | | selben 94, 95, 97, 166, 202, 252.
beiten in Barbier- und Frisirstuben 177, | —- Geburtenausweise 175.
454. — -Geräthschaften, Verkauf in Apotheken und
— Zahntechniker, Verwendung zahntechnischer Droguerien 301.
Gehilfen seitens der Zahnärzte 205. — -Lehranstalten, Staatsausgaben 17.
Gewerbliche Lehranstalten, Unterkunft der Tages- | — Substitution bei Infectionskrankheiten 267.
schüler 258. — Führung des Titels »Geburtsfraue, »Geburts-
Giftverschleiss 8. Phosphorpasta. helferine unzulässig 282.
Görz - Gradisca, Verpflegstaxen in öffentlichen | — Wiederholungscurse in Triest 310.
Krankenanstalten 181. Heer k. u. k., Impfergebnisse 374.
— — s. auch Küstenland. Heilanstalt Alland, Belehrung über Tuberculose
Graupen, Auflassung des öffentlichen Kranken- 164.
hauses 442. Heilanstalten, s. auch Krankenhäuser, Spitäler,
Grenzgebier, Praxisausübung deutscher Aerzte im Humanitätsanstalten, Volks-Heilanstalten.
Grenzgebiete 266. Heilmittel, organo- therapentische, Verkehr 29, 69.
Grenzwerth des Gehaltes des Weines an schwefeli- | — verbotene 167, 316, 317,
ger Sáure 2. — — 8. auch Geheimmittel.
Griechenland, Pestmassnahmen 170, 220, 229, 237, | — Verkaufsberechtizung 146, 465,
253, 273, 329, 340, 364, 386, 440, 452, 164, — und diätetische Mittel, Unterschied 146.
475. 48%, 502, 518. — s, auch Arzneimittel.
Gries, Tirol, Wasserleitung, a. Zwülfmalgreien. Heilquellen, Schutzrayon 230
Grossbritannien, Einfuhr von Hunden nach 204. Heilserum-Behandlung bei Diphtherie, Erfolge in
— Pest 419, 440, 452. Oesterreich 457. |
Gutachten des Landes-Sanitátsrathes in Nieder- | — — — in Bosnien und der Hercegovina 289.
österreich, Haltung von Kost- und Pilege- | — — unentgeltlicher Bezug aus dem hygienischen
kindern 208. Institute in Krakau 343.
— — — — in Schlesien, Anlage von Schlacht- | Hercegovina, Erfolge der Heilserumbebandlung 289.
hänsern 291. — — der Kuhpockenimpfung 354.
— === - — Bestellung von Schulärzten | — Verpflegstaxen in öffentlichen Krankenanstalten
i
303. 183.
í — X
Herpes tonsurans, £. Infectionskrankheiten, Jahres-
bericht.
Hilfspersonale, Statistik des
Hilfspersonales 121.
Hintanbaltung der Curpfuscherei in Mähren 473.
— n. Massnahmen, Vorkehrungen.
Hochstadt, Böhmen, Oeffentlichkeitsrecht für das
Bezirkskrankenhaus 497.
Hochschule, thierärztlichein Wien, Einsendung von
Untersuchungsobjecten zur Lyssadiagnose 237.
Hörvermögen der Eisenbahnbediensteten, Anfor-
derungen 311.
Hörner, s. thierische Rohproducte.
Holzdestillations-Anstalt 137.
Holzgeisterzeugung in Putna 137.
Holz- und Papieriudustrie, Betriebsanlage 37.
Holzschliff- Fabrication 33,
Holzspäne, s. Streumateriale.
Holzstofferzeugung 38.
Holzzeugerzeugung 38.
Hongkong, Pest 169, 221, 238, 254. 273, 281, 330,
346, 374, 407, 441.
Honorirung der Aerzte durch die Unfallversiche-
rungs-Anstalten 430.
Hornspitzen, s. thierische Rohproducte.
Hufe, s. thierische Rohproducte.
‘Humanititsanstalten, Erhebungen
lungen bei Errichtung 300,
— neuerrichtete 454,
— Isolirräume in den 514.
— öffentliche, Verpflegstaxen 180.
— s, auch Heil-, Irren-, Kranken- und Reconvales-
centenanstalten, Siechenhäuser, Volksheilan-
stalten.
Hunde-Einfuhrverbot in England 204.
Hundswuth, Massnahmen in England 204.
. Hundswuth, s. auch Lyssa.
Hygiene, praktische Prüfung bei der Physicats-
prüfung 146.
— in Barbier- und Frisirstuben 177, 454,
Hygienische Anforderungen an Erziehungsanstalten
116.
— s. auch Gesundheitspflege.
Hygienisches Institut in Krakau, unentgeltliche
Abgabe von Diphtherie-Heilserum 343,
pharmaceutischen
und Verhand-
I.
Dleotyphus, s. Typhus, Infectionskrankheiten.
Immunisirung, s. Schutzimpfung.
Impfstoff - Gewinnungsanstalt, Jahresbericht der
379.
Impfung gegen Pest zu Heilzwecken 397.
— Schutz-, gegen Pest 397, 477.
— Kuhpocken-, Ergebnisse im Heere
Landwehr 374.
— — — in Bosnien und der Hercegovina 354.
— — —8, auch Revaccination.
— Durchführung in Steiermark 172.
— Instruction 411.
— Tegminverband 173, 280.
— s, auch Schutzimpfung.
Tufectionskrauke, Isolirung in Privatheil-, Humani-
täts- und Erziehungs-Anstalten 514.
— Verbot der Ueberführung 279.
und der
| Infectionskrankheiten,
Anzeigeerstattung an die
Schulleitungen 487.
— Anzeigeerstattung bei Genickstarre 287.
— Anzeigepflicht, Einschärfung derselben in der
Bukowina 301.
— Erhebungen in Tirol und Vorarlberg 75.
— — in Curorten 52.
— in Erziehungsanstalten .279, 514.
— Jahresbericht 443,
— Massnahmen in Steiermark 157.
— — gegen Verschleppung 167, 307.
— — gegen Blattern 62, 107.
— — gegen Flecktyphus 93, 133.
— — gegen Pest. s, Pest.
— — s. auch Massnabmen, Vorkehrungen.
— Ruhr in Folge Genusses schlechten Trink wassers
282.
— Staatsausgaben 22, 479.
— Substitution der Hebammen bei Auftreten im
Haushalte der letzteren 267.
— Ueberwachung des Fremdenverkehrs 370.
Infectionsleichen, Wiederbenútzung von Trauer-
kränzen 168.
Influenza s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Inland, s. Oesterreich.
Innsbruck, Einführung der praktischen Prüfung
aus Hygiene an der Universität 146.
Institut, bygienisches, in Krakau, unentgeltliche
Abgabe von Diphtherie-Heilserum 343,
Institute, s. Universitätsiustitute.
Instruction, Augenärztliches Operationsinstitut in
Prag 43.
— Entnahme, Verwahrung und Versendung von
Wasserproben und pathologischen Unter-
suchungsobjecten 499.
— für Kost- u. Quartiergeber von Mittelschülern 151.
— Impfungs- 411.
— Pest-, s. Pestbelehrung.
— Schutzimpfung gegen Pest 477.
Instrumenten-Erzeuger, Vertrieb von Apparaten zur
Verhütung der Conception 267.
Interpellationsbeantwortung über den Pestfall in
Triest 448,
— — Reform des Apothekerwesens 19.
Irrenanstalten, Aufnahme in Niederösterreich 512.
— Aufnahme in Böhmen 396.
— Verpflegstaxen 183.
Irrsinnige, s. Geisteskranke.
Isolirräume in Spitälern 18.
— — Humanitäts- und Erziehungsanstalten 514.
Istrien, Assanirungen in den Gemeinden 326,
— Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-
anstalten 181.
Italien, Pestmassnahmen 220, 238, 246, 329, 345,
364, 386, 419, 502.
— Uebereinkommen mit Oesterreich, betreffend
unentgeltliche Krankenunterstützung 235, 316.
| — Vorgang bei Uebergabe geisteskrauker italieni-
|
|
scher Staatsangehöriger 298.
J.
Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungs-Anstalt
375,
Jahresbericht des Polizei-Chefarztes 57, s.
Beilag.
auch
Jabresbericht Sanitäts-, Einsendung an das arbeits- |
statistische Amt1(06. |
— — in Tirol und Vorarlberg 152.
— iiber Infectionskrankheiten 443.
Jahresversammlung der mährischen Amtsärzte 478.
Japan, Quarantainemassnahmen in den Seehäfen
420,
— Pestmassnahmen 107.
— Pestnachrichten 452.
Jodothyrin, s. organo-therapeutische Präparate.
K.
Kärnten, Bezirkshebammen, Erhebungen über Be-
züge 486.
— — Kündigungsfrist 126.
— Massnahmen gegen Masern 25.
— Privat Entbindungsanstalten 94.
— Todesfälle durch Blitzschlag 230.
— Todtenbeschauprotokolle 24.
— Verbot der Wiederbenützung von Trauerkränzen
bei Infectionsleichen 168.
— Verbandlungen des Landes-Sanititsrathes 54,
217, 308, 462,
— Verptlegstaxen
anstalten 180,
kaffeehäuser, Abgabe von Mineralwässern 287.
Katill-Desinfector 276.
Kaiser Franz Joseph-Krankenhaus in Mährisch-
Ostrau 339.
— — — -Kinderbospiz in Sulzbach, Oeffentlich-
keitsrecht, Verpflegsgebühr 352.
Karlsbad, Freibank 492.
Karlsbad, sanitäre Einrichtungen, s. Beilage.
Ketten, galvano-elektrische, Einfuhr- und Vertriebs-
verbot 316.
Keuchhusten, s. Jahresbericht über Infectionskrank-
heiten.
Kiesow's Augsburger Lebensessenz, Verbot 301.
Kindbettfieber, s. Jahresbericht über Infections-
krankheiten.
Kinder s. Kostkinder.
Kinderernährung, Fütterung der Milchkühe 160.
Kinderhospiz in Sulzbach, Oeffentlichkeitsrecht, |
Verpflegskosten 352.
Kirschlorbeerwasser, Verkaufsberechtigung 465.
Klauen, Einfuhrverbot bei Pest 213, 334, 437.
— Einfuhrverbot bei Rinderest 203.
Kleider, gebrauchte, Einfuhrverbot 213, 334, 437.
—
in öffentlichen Humanitäts-
rrr rr
Klimoutz, Blatternepidemie 445.
Kliniken, s. Universitäten,
Klösterle, Säuerling 490.
Knochen, Einfuhrverbot bei Pest 213, 334, 437.
— — — Rinderpest 203.
Koblenbriquet-Erzeugung in Putna 137.
Koblenlösche, s. Streumateriale.
Kohlensäure, Nüssige, bei Bierdruckapparaten 471.
Kostkinder, Misstiiude bei Haltung 208.
Kostorte für Tagesschiller an gewerblichen und
commerciellen Schulen 258.
Kost- und Quartiergeber von Mittelschülern, In-
struction 151.
Kränze, Trauer-, Wiederverwendungsverbot 168.
Krátze, s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht,
XI
Krain, Verhandlungen des Landes Sanitätsrathes
55, 217, 317.
— Verpflegstaxen in
anstalten 181, 183.
Krakau, hygienisches Institut, unentgeltliche Heil-
serumabgabe 343. |
— Lyssa-Schutzimpfungsanstalt, Jahresbericht 4(8,
Krankenabgabe-Stationen auf Eisenbahnen 287.
Krankenanstalten, Anzeige von Todesfällen in der
Narcose 260.
k. k., Gehalte der Beamten und Aerzte 289.
k. k., in Wien, Berichterstattung über wichtige
sanitäre Vorkommnisse 334, 335.
Isolirränme 18.
Oetfentlichkeitsrecht 352, 497.
Verpflegstaxen in Bosnien und der Hercego-
vina 183.
— in Bulgarien 184.
— in Oesterreich 180.
— 8. auch Humanititsanstalten.
Krankenhaus in Graupen, Auflassung 442.
— in Mährisch-Ostrau, Neubau 339.
— öffentliches in Hochstadt 497.
Krankencassen, Percentnachlass bei Arzneimitteln
142,
— Krankenunterstützungsdauer 330.
Krankenpflege-Ausstellung in Berlin 152, 156.
Krankentransport im Wien, s. Beilage.
Krankenunterstützung, Dauer derselben beiKranken-
cassen 330.
Krankenunterstützung, wechselseitige, in Oester-
reich-Ungarn und Italien 235, 316.
Krankenwärterachnle in Triest 36. —
Krankheiten, s. Infectionskrankheitenr, Tropenkrank-
heiten,
Krems a. d. Donau, Wasserversorgung 423,
Kreosot, Verkaufsberechtigung 463.
Kite, s. Milchkiihe.
Kündigungsfiist bei Bezirkshebammen in Kärnten
126.
Küstenland, Begutachtung von Wasserversorgungs-
projecten 117.
— Krankenwirterschule in Triest 36.
— Wiederholungseurse für Hebammen in Triest
öffentlichen Humanitäts-
310.
— Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 269.
— Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-
anstalten 181, 183.
— Vorkehrungen gegen Finschleppung von Blattern
aus Griechenland 107,
— s. auch Triest.
Kuhpoekenimpfung, s. Impfung.
Kurachee, Cholera 246, 374.
— Pest, s. Britisch-Ostindien,
Kundmachung, betrefiend Verbot der Verbreitung
von Druckschriften 286.
L.
Laboratorium für Pestuntersuchungen 418.
Landesausschuss in Istrien, Assanirungen 326,
Landes-Gebäranstalten, Verpflegstaxen 183.
— Irrenanstalten, Verpflegstaxen 183.
Landes-Sanitätsräthe, Gutachten 208, 291, 303.
Landes-Sanitätsräthe, Verhandlungen:
Böhmen 55, 119, 145, 218, 269, 309, 462, 516.
Landes-Sanitätsräthe, Verhandlungen:
Bukowina 88, 271, 464.
Galizien 64, 88, 145, 219, 270, 463, 518.
Kärnten 54, 217, 308, 462.
Krain 55, 217, 317.
Küstenland 269.
Mähren 64, 218, 270, 310, 516.
Niederösterreich 28, 54, 119, 127, 144, 217,
261, 307, 461, 515.
Oberösterreich 268.
Salzburg 28, 127, 217, 515.
Schlesien 128, 145, 270, 317, 517.
Steiermark 28, 128, 145, 269, 308, 515.
Tirol und Vorarlberg 55, 88, 218, 269, 309,
462, 516.
Landwehr, Ergebnisse der Impfung 374.
Langenlutsch, Typhusepidemie 460.
en Hintanhaltung von Thierquälerei
159.
Lebensessenz, Kiesow’s Augsburger, Verbot 301.
Lebensmittel-Fälschung, Sachverständige 56.
— Untersuchungsanstalt des ósterreichizchen Apo-
theker-Vereines 318,
— — Verzehrungssteuerfreiheit der Untersuchungs-
objecte 366.
— 8, auch Wein.
Lemberg, Station für diagnostische Lyssa-Impfung
407.
Lehranstalten, gewerbliche und commereielle, Unter-
kunft der Tagesschüler 258.
Bars gebrauchte, Einfuhrverbot 213, 334,
437.
Leichen-Beschau, s. Todtenbeschau.
— Conservirungsmittel 485.
— -Ueberführungen nach Prag,
118.
— — Delegirung der Amtsärzte 299.
— Thier- s. Cadaver.
Lichtbäder, elektrische, Concessionsertheilung 18.
Lippowaner, Blattern unter denselben 445.
Liverpool, Schule für Tropenkrankheiten 160.
Lloyddampfer »Berenice<, Pest 465, 475, 490,
518.
Locande sanitarie, s. Pellagracongress.
Lohe, s. Streumaterial.
Loretin, Löschung der Wortschutzmarke 288,
Lungenentzündung, croupöse der Berg- und Hütten-
arbeiter, 8. Beilage.
Lungenseuche, s. Viehverkehr.
Lungentuberculose, Kranken-Unterstützungsdauer
330,
Lymphe, Haffkine’sche, Anwendung 397, 477.
Lysidin, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Lyssa, Einsendung von Untersuchungsobjecten zur
Diagnostik 237.
diagnostische Impfung an der thierärztlichen
Hochschule in Lemberg 407,
Schutzimpfungsanstalt in Krakau, Jahresbericht
408.
— Anfnahme in Wien 437.
Verständigung
— — Falırpreisbegünstigung für Heilbediirftige
439.
— Schutzimpfung, Belehrung 437.
— 8. auch Inteerionskrankheiten, Jahresbericht,
Hundswuth, Wuthkrankheit.
M.
Madagascar, Pestmassnahmen 107.
— Pestnachrichten 107, 170, 346, 386, 407, 441,
465, 489, 518.
Mähren, Anstellungsdecrete der Districteärzte
301.
— Beiziehung der: Amtzárzte bei Schulbauten
158.
— — zu den Verhandlungen über Einrichtung
vun gewerblichen Betriebsanlagen 158.
Blattern 162.
Fahrpauschale der Districtsiirzte 72.
Flecktyphus 100.
Führung des Titels Stadtphysicus 417.
Hintanhaltung der Curpfuscherei 473.
Jahresversammlung der Amtsärzte 478.
Kafill-Desinfectionslage in Brünn 276.
neues Krankenhans in Mährisch-Ostrau 339.
Prüfung der Anstellungsdecrete der Districts-
ärzte 301.
Typhus-Epidemie in Langenlutsch 460.
Ueberwachuug des Verkaufes von vorschrifts-
mässigen Hebammengeräthschaften 301.
unentgeltliche Vornahme der Schiiler-Revacci-
nation durch die Gemeinde- und Districtsärzte
472.
Untersuchung der Schüblinge 119.
Verhandlungen der Landes-Sanitätsräthe 64, 218,
270, 310, 516.
Verpflegstaxe in den öffentlichen Humanitäts-
anstalten 182, 183.
Versorgungsgenüsse der Gemeinde-und Districts-
ärzte 72.
Mährisch-Ostrau, neues Krankenhaus 339,
Mahlproducte, s. Ausreuter.
Mais, Beziehungen zur Pellagra, s. Pellagra-Con-
gress.
Malaria, s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Malé, Errichtung eines Gemeindeversorgungs- und
Krankenhauses 454.
Maltonweine 362.
Malzweine 362.
Markenschutz für Arzneimittel, s. Schutzmarken.
Marokko, Pestmassnahmen 107, 220, 329, 464.
- Maschinen, Verwendung von Putzhadern zur Reini-
gung derselhen 184.
Masern, Auslagen des Staates für Tilgungsmass-
nahmen 22, 479.
— s, auch Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
— Massnabmen in Kärnten 22.
Massnahmen wegen Ausreuter 30.
gegen Blattern 62, 107.
— Cholera, Krankenabgabestationen 287.
— in Bulgarien 441.
Curpfuscherei 473.
Flecktyphus 93, 133.
Infectionskrankheiten 157, 307.
— Iufectionskrankheiten, Anzeige an die Schul-
leitung 487,
Infectionskrankheiten in Curorten 52,
— Staatsausgaben hiefiir 22, 479.
Masern 25.
Pest, s. Pestmassnahmen.
Rinderpest, Einfuhrsverbot 203.
— im Seeverkehre 16).
Schweinepest 187, 190, 192, 358, 361.
Massnahmen gegen Tuberculose s. Tuberculose.
— 8. auch Vorkehrungen.
Maskarenen, Pest, s. Mauritius, Réunion.
Mastanstalten für Schweine, Regelung des Ver-
kehres mit Schweinen 361.
Materialwarenhandlungen, 8. Droguenhandlungen.
Maul- und Klauenseuche, s. Viehverkehr.
Mauritius, Pestnachrichten 107, 170, 222, 273, 281,
330, 374, 465.
Maximaldosen auf Standgefässen in Apotheken 118.
May-Ol Cadeverol, Leichenconservirungsmittel 485.
Medicinalpersonen, s. Aerzte.
Meningitis cerebrospinalis, s. Genickstarre.
Menschenhaare, Einfuhrsverbot 213, 334, 437.
Mesopotamien, Cholera 407, 420, 441, 452, 475.
Methylalkohol-Erzeugung in Putna 137.
Milchkühe für Kinderernährung, Fütterung 160.
Miliaria, e. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Militär-Tbierarznei-Institut, Einsendung von Unter-
suchungsobjecten zur Lyssadiagnose 237.
Milzbranderkrankung einer Blumenbinderin 302,
— s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Mineralwässer, Ueberwachung der Aufbewahrung
und des Verkaufes 280,
— Erhebungen über Umfüllung aus
flaschen 287.
Misstánde; bei Haltung von Kost- und Pflege-
kindern 208.
Mittelschüler,| Instruction für Kost- und Quartier-
geber 151.
Mittbeilung wichtiger sanitärer Vorkommnisse an
den Obersten Sanitätsrath 157.
Moorbäder, Verabreichung derselben 288.
Mortalität, s. Bevölkerungsbewegung.
Mozambique, Pestmassnahmen 107.
— Pestnachrichten 374, 441, 464.
Mumps, s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Mustersendungen aus dem Auslande, Arzneimittel
als solche 216.
Original-
N.
Nahrungsmittel, s. Lebensmittel,
Narcose, Todesfälleanzeige 260, 334, 335.
New-Orleans, Gelbfieber 374.
Nicholson'sche Gehörheilmittel, Einfuhrsverbot 317.
Niederlande, Pestmassnahmen 170, 254, 329, 337,
245, 373, 398, 419, 452.
Niederösterreich, Anzeige von Todesfällen in der
Narcose 260, 334, 335.
— Blattern 108, 120, 136, 162, 178, 262, 274.
— Concessionsbedingungen für elektrische Licht-
bäder 18,
— Gemeindesanitätsdionst 129,
— Hintanhaltung von Thierquälerei bei Lasten-
fuhrwerken 159.
— Ingerenz der Landesstelle bei Errichtung von
Waisenhänsern 488.
— Isolirräume in Spitälern 18.
— — in Humanitäts- und Erziehungsanstalten 514.
— Lebensmittel-Untersuchungsanstalt des Oester-
reichischen Apotheker-Vereines 318.
— Massnahmen gegen Infectionskrankheiten
Erziehungsanstalten 279, 514.
— Missstände bei Haltung von Kost- und Pflege-
kindern 208.
in
XIII
| Niederösterreich, Regehing der Aufnahme Geistes-
kranker in die Landes-Irrenanstalten 512.
— Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 28,
54, 119, 127, 144, 217, 261, 307, 461,
515.
— Verpflegstaxen in den öffentlichen Humanitäts-
anstalten 180, 183.
— Wasserversorgung in Krems a. d. Donau 423.
-— e. auch Wien.
Norwegen, Pestmassnahmen 373.
Nutrose, Löschung der Wortmarke 288,
O.
Obduction, gerichtliche und sanitätspolizeiliche,
Auskünfte 430.
Oberösterreich, Anzeigen von Infectionserkrankungen
an die Schulleitungen 487.
Blattern 222, 274.
an für den Gemeinde-Sanitätsdienst
393.
Oeffentlichkeitsrecht und Verpflegsgebühren des
Kinder-Hospizes in Sulzbach 352,
Privat-Entbindungsanstalten 202.
Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 268.
Verpflegstaxen in den ¿feutlichen Humanitäts-
anstalten 180, 183.
Oberster Gerichtshof, Entscheidungen: Executions-
fiihrung auf Apotheken 28.
Haftung des Gewerbeinhabers fiir die Vor-
nahme der Vieh- und Fleischbeschau 26.
Ucbertretung des Einfuhrverbotes in Thier-
seuchenangelegenheiten 197.
Verhängung und Dauer der Stallsperre 42.
Verwendung des Viehpasses beim Verkaufe des
Thieres 205.
Oberster Sanitätsrath, Gutachten:
peutische Präparate 29,
schwefelige Säure im Weine 2.
Mittheilungen über wichtige sanitäre Vorkomm-
nisse an denselben 157.
— Pestbelehrung 450, s. auch Beilage.
— Verhandlungen: 21, 45, 77, 101, 109, 155,
179, 207, 239, 255, 275, 399, 431, 455, 491.
Occlusivpessarium, Einfuhrverbot 417.
—
—
organo-thera-
— Mayer’s, Vertriebsverbot 267.
Oeffentliches Gesundheitswesen in Spanien 231.
— Humanititsanstalten, Verpflegstaxen 180.
— Krankenanstalten, s. Krankenanstalten.
Oeffentliches Krankenhaus in Mährisch-Ostrau 339,
— — in Graupen, Auflassung 442.
Oeftentlichkeitsrecht für Krankenanstalten 352, 497,
Oesterreich, Bewegung der Bevölkerung im Jahre
1898, 353.
— in den letzten 80 Jahren 370.
Erfolge der Diphtherie-Heilserumbehandlung 457.
Jahresbericht über ira
Jahre 1898 443.
Pestmassnahmen 213, 214, 219, 237, 334, 345,
437, 450, 475.490, 518.
Pestbelehrung 450.
Regelung des Viehverkehres mit Ungarn 308,
361.
— Verpflegstaxen in den öffentlichen Humanitäts-
anstalten 180.
Infectionskrankheiten
XIV —
Oesterreich, Verwendung ausländischer Zahnärzte | Pestmassnahmen in:
als zahnärztliche Gehilfen 41.
Oesterreich-Ungarn, Uebereinkommen mit Italien
wegen wechselseitiger unentgeltlicher Kranken-
unterstützung 235, 316.
Ohrenklinik, Erweiterung in Wien 36.
' Operateur, Titelfiihrung 156, 384.
Operations. Institut, augenarztliches 43.
Ordensspital des Deutschen Ritterordens in Friedau
454.
Ordinationsräume der Aerzte keine Ambulatorien
161.
Organisation des
Böhmen 147.
— — — in Niederösterreich 129.
Organo-therapeutische Präparate, Verkehr 29, 63.
Ortssiechenhäuser, Errichtung in Böhmen 424,
Ostindien, s. Britisch-Ostindien.
Ostrau, Mährisch-Ostrau, Krankenhaus 339.
Oxalsäure, Verkaufsberechtigung 465.
Gemeinde-Sanitätsdienstes in
P.
Padua, Pellagra-Congress 256.
Pagliano-Syrup, Verbot 135.
Papierindustrie, Betriebsanlage 37.
Paraguay, Waaren-Einfuhrverbot
437.
— Pest 386.
Pass, s. Viehpass.
Passail, Typhus-Epidemie 458,
Pathologische Präparate, Vorgang bei Einsendung
497, 499.
Pellagra-Congress in Padua 256.
Pellagrosarien, s. Pellagra- Congress.
Pension, s. Ruhegenüsse,
Pensionate s. Erziehungsanstalten.
Pensionsbeitrag bei Dienstalterszulage der Staats-
beamten 171.
Perrons auf Eisenbahnen, Reinhaltung 451.
Persien, Pestmassnahmen 170, 365.
— Pestnachrichten 222, 230, 273, 271, 329.
Personal-Dienstalterszulagen der Staatsbeamten,
Einrechnung in die Pension 171.
Percentnachlass bei Lieferung von Arzneimitteln
für Arme 366.
— — — -— für Krankencassen 142.
Pest, Belehrung 450, s auch Beilage.
Pestfälle auf Schiffen 108, 170, 238 (Türkei), 281
(Aegypten), 003 (Türkei). 419, 440, 452 (Gross-
Britannien), 465 (Brasilien) 475, 490, 318.
Pestfall im Triest 441, 448.
Pestimpfung, s. Impung gegen Pest.
Pestkranke, Fisenbahn-Abgabestationen für die-
selben 287.
Pestlaboratorien im deutschen Reich, Vorschriften
418.
Pestlymphe 397, 477,
Pestmassnalımen, Eisenbahn-Abgabestationen für
Pestkranke 287.
Pestmassnahmen in:
Aegypten 107, 170, 219, 229, 237, 246, 330,
338, 346, 365, 398, 4U7, 419, 452.
Algier 271, 338.
Arabien 169, 220.
wegen Pest
E EE nn A A A A A Y EE
Argentinien 346, 398,
Belgien 337,
Brasilien 354, 398, 419, 465, 475.
Britisch-Ostindien 12, 440.
Bulgarien 170, 220, 229, 346, 353, 373, 429,
464, 475, 517.
Capstadt 272.
China 221, 330.
Congostaat 398,
Dänemark 329, 337.
Deutsches Reich 337, 353, 406, 418.
Frankreich 220, 336.
Griechenland 170, 220, 229, 237, 253, 273,
329, 345, 364, 386, 440, 452, 464, 475,
488, 502, 518.
Italien 220, 238, 246, 329, 345, 364,
419, 502.
Japan 107.
Madagascar 107.
Marokko 107, 220, 329, 464,
Mozambique 107.
Niederlande 170, 254, 329, 337, 345,
398, 419, 452.
Norwegen 373.
Oesterreich, Seesanitäre 214, 219, 237, 345,
475, 490, 518.
— sonstige 213, 324, 437, 450.
Persien 170, 365.
386,
373,
Portugal 328, 336, 345, 353, 363, 372, 386,
397, 417, 429, 473.
Rumänien 220, 229, 254, 281, 3385, 346, 354,
364, 373, 488, 518. +
Russland 170, 386, 398. ..
Schweden 345.
Schweiz 329, 337, 386.
Singapore 169.
Spanien 329, 407.
Türkei 170, 220, 238, 246, 329, 345, 353,
364, 386, 419, 452, 464, 488, 518.
Tunis 220, 230, 329.
Uruguay 398,
Zanzibar 107,
Pestnachrichten:
Aegypten 219, 229, 237, 245, 253, 271, 281,
329, 346, 354, 364, 374, 386, 398, 430,
489.
Algier 452, 489,
Anzob (Anjob) 107, 365.
Arabien 107, 169, 220, 230, 238,
Bombay, s. Britiscb-Ostindien.
Brasilien 407, 419, 452, 475, 489, 502, «
Britisch-Ostindien "107, "169, 221, 238, 246,
272, 330, 346, 354, 374, 386, 398, 407°
419, 430, 440, 452, 489, 502, 2918.
Caleutta s. Britisch-Ostindien,
China 330, 407.
Formosa 107.
Hongkong 169, 221, 238, 234, 273, 281, 330,
346, 374, 407, 441.
Japan 452.
Madagascar 107, 170, 346, 386, 407, 441,
465, 489, AIS.
Mauritius 107, 170, 222, 273, 281, 330, 374,
460.
Mozambique 374, 441, 464.
Paraguay 386.
Pestnachrichten:
Persien 222, 230, 273, 281, 329,
Portugal 328, 336, 345, 353, 363, 372, 386,
397, 406, 417, 429, 440, 452, 464, 475,
488, 502, 517.
Reunion 330, 465, 518.
Russland 329, 346, 354, 364, 398, 488.
Samarkand 107, 365.
Straits Settlements 273, 330, 346.
Triest 441, 448.
Pest in Wien, s. Infectionskrankheiten, Jahresbe-
richt.
Pestserum, Anwendung 397, 477.
Pestuntersuchungen in Laboratorien 418.
Pest, s. auch Rinder- und Schweinepest.
Pflanzenschädlinge, Vertilgung durch Tabakextract
245.
Pdegekinder, Uebelstinde in der Haltung 208.
Pharmaceuten, Unterkünfte, dienstliche Ueber-
bürdung 344.
Pbarmaceutisches Hilfspersonale, Statistik 121.
— Präparate, Einfuhr nach dem Deutschen Reiche
34.
— Löschung von Schutzmarken 288.
— unbefugter Vertrieb in Apotheken 288.
— Priifungscommission 410.
Pharmacie, Reform, Interpellalionsbeantwortung 19.
Pharınaceuten, s. auch Apotheker.
Phosphorpaste, Verkauf 442.
Physicatsprüfuugen, Ergebnisse 36.
— Einführung der praktischen Prüfung aus Hygiene
in Innsbruck 146.
Physicus, Stadt-, Titelfiihrung 417.
Pinkpillen, Dr. W:'lliams, Verbot 472.
Pneumonie, croupöse der Berg- und Hüttenarbeiter
s. Beilage.
Podewil's Apparat, s. Kafıll-Desinfector.
Politische Behörden, Einflussnahme auf die Wasser-
versorgung 273.
— — Sanitäts- und Veterinärpersonale bei den-
selben s. Beilage.
Polizeiärzte, Thätigkeit derselben, s. Jahresbericht
des Polizei-Chefarztes.
Polizeichefärztlicher Bericht pro 1897 57.
— — — 1898, s. Beilage.
Portugal, Waareneinfuhrsverbot wegen Pest 334.
— Pestmassnahmen 328, 336, 345, 353, 363, 372,
386, 397, 417, 429, 475.
— Pestnachrichten 328, 336. 345, 353, 363, 372,
386, 397, 406, 417, 429, 440, 452, 464, 479,
488, 502, 517.
Präparate pharmaceut., Löschung von Wortschutz-
marken 288.
— pharmaceutische, unbefugter Vertrieb in Apo-
theken 288.
— pharmaceutische und chemische, Einfuhr nach
dem Deutschen Reiche 54.
— organo-therapeutische, Verkehr 29, 63.
Präservativa. 8. Anticonceptionelle Mittel.
Prag, augenärztliches Operationsinstitut 43.
— Unterrichtscurse in der Unfallheilkunde 146.
— Verständigung der Behörden bei Leichenüber-
führungen dorthin 118.
Praxis, ärztliche im Grenzgebiete, Verständigung
der prakticirenden fremden Aerzte von den
geltenden Vorschriften 266.
Preisverzeichnis nicht offieineller Arzneimittel 106.
AV
EE
Privat-Aerzte, Honorirung durch die Arbeiter-Unfall-
versicherungs-Anstalt 430.
Entbindungsanstalten, s. Entbindungsanstalten.
Heilanstalten, Isolirräume 18, 514.
Ordinationsraum kein Ambulatorium 161.
Schlachtstätten, Anlage 291, 297, 298.
Prostitution in Wien, s. polizeichefärztlicher Bericht.
Protokolle für Todtenbeschau in Kärnten 24,
Prüfungscommission, ärztliche und pharmaceutische
409, 410.
Prüfung der Anstellungsdecrete der Gemeinde- und
Districtsirzte durch die politischen Bezirks-
behörden 301.
— der Arzneirechnungen für Häftlinge 146.
Prüfungen, s. Physicatsprüfungen.
Puina, Verkohlungsanstalt 137.
Putzhadern, Verwendung zur Reinigung von Ma-
schinen 184,
Pyramidon, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Pyrantin, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Q.
Quarantaine, Massregeln in Japan 420.
— — 8. auch unter Pestmassnahmen,
Quartiergeber für Mittelschüler, Instruction 151,
R.
Rasirstuben, s. Barbierstuben. |
Reconvalescentenanstalt, Errichtung in Böhmen 465.
Recept, s. ärztliche Verschreibung.
Rechtsprechung, 8. Entscheidungen und Erkennt-
nisse,
Recurszug bei Apothekenverleihungen 383.
Reform des Apothekerwesens, Interpellationsbeant-
wortung 19.
Regelung der Aufnahme Geisteskranker in die
niederösterreichische Landes-Irrenanstalt 512,
— des Viehverkelires mit Ungarn 358, 361.
— des Flaschenbierliandels 149, 381.
Regierungscommissäre bei den medicinischeu und
pharmaceutischen Rigorosen 409, 410.
Regierungscommissär bei den thierärztlichen Rigo-
rosen 477.
Reinhaltung der Wartesiile und Perrons auf Fisen-
bahnen 451.
Raisegepäck, Einfuhr aus pestverseuchten Gegen-
den 213, 334, 437.
Reisen der Amtsärzte 167.
Rettungswesen in Wien, s. Jahresbericht des Polizei-
Chefarztes.
Reunion, Pestnachrichten 330, 465, 518.
Revaceination, Erfolge, Beurtheilung 187.
Revaccination, unentgeltliche der Schüler durch
die (remeinde- und Dißtrietsärzte in Mähren 472.
— s, auch Impfung.
Rigorosen, medicinische, Regierungscommissire und
Coexaminatoren 409.
— pharmacentische,
Examinatoren 410.
— thierärztliche, Regierungscommissär 477.
Rinderpest, Eintuhrsverbot 203. «
— Massnahmen im Seeverkehr 160.
Regierungscommissäre und
5 VE 2s
Reetheln, s. Infectionskrankbeiten, Jahresbericht.
Rohproducte, thierische, Eintuhrsverbot wegen Pest
213, 334, 437.
— — — wegen Rinderpest 203.
Rom, Amtsärzte im alten 20.
Rothlauf, s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Rotz, s, Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Rotzverdacht, Verhängung der Stallsperre 42.
Ruhegentisse der Gemeinde- und Districtsarzte in
Mähren 72,
— der Staatsbeamten, Einrechenbarkeit der Dienst-
Alterszulage 171.
Ruhr, s. Dysenterie.
Rumänien, Pestmassnahmen 220, 229, 254, 281,
338, 346, 354, 364, 373, 488, 518.
Russland, Pestmassnahmen 170, 386, 398.
— Pestnachrichten 329, 346, 354, 364, 398, 488.
S.
Saccharin-Controle in Apotheken und Gross-Dro-
guerien 428,
Sachverständige, gerichtsärztliche, Verwendung der
Amtsärzte 260.
— bei Lebensmittelfälschungen 56.
Säcke, gebrauchte, Einfuhrsverbot wegen Pest 213,
334, 437.
Sigespäne, a. Streumaterial.
Saitlinge, Einfuhrverbot wegen Rinderpest 203.
Salzburg, Entbindungsanstalten 252.
— Subventionirung der Gemeindeärzte 330.
— Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 28,
127, 217, 515.
— Verpflegstaxen in den üffentlichen Humanitäts-
anstalten 180, 183.
Samarkand, Pest 107, 363.
Sand, 8. Streumaterial.
Sanitäre Auforderungen an Schlachthäuser 291,
298.
— Einrichtungen in Karlsbad, s. Beilage.
— Gesichtspunkte bei Betriebsanlagen der Holz-
und Papierindustrie 37,
— Interessen, Wahrnehmung bei Errichtung von
Waisenhäusern durch die politische Landes-
behórde 488.
— Uebelstiinde in den Gemeinden Istriens 326,
— Ueberwachung in den Gemeinden, Einführung
von Stammbüchern 393.
-—- Verhältnisse in Curorten, Erhebungen 52,
— Vorkommnisse wichtige, Berichterstattung an
deu Obersten Sanitätsrath 197.
Sanitätsaufseher-Curse in Wien 99,
Sanitits-Anslagen, im Jahre 1803 14,
— — sonstige, Bestreitung der Kosten der He-
bammen Amtstage aus denselben 466.
Sanitäts-Convention zwischen Brasilien und Argen-
tinien betretfend Gelbfieber 489,
Sanitätsdienst in den Gemeinden, Böhmen 147.
— — —- Niederösterreich 129.
— — — -- Salzburg 330.
— — — —, Drucksorien in
393.
Sanitiits- Jahresbericht, Einsendung an das arbeits-
statistische Amt 100.
— — in Tirol und Vorarlberg 152.
Oberösterreich
|
on Obductionen, Auskunftertbeilung
430.
— Ueberwachung des Fremdenverkebres aus in-
fieirten Gegenden 370.
— Vorschriften, Verständigung der im Grenz-
gebiete practicirenden Aerzte aus dem Devt-
schen Reiche 266.
Sanitätspersonale bei den politischen Behörden s.
Beilage.
— Räthe, Landes-, s. d.
— Rath, Oberster, s. d.
— Station in Wien, s, Beilage.
— Wesen, öffentliches in Spanien 231.
Sanoform, Löschung der Wortschutzmarke 288.
Säuerling in Klösterle 490.
Säure, schwefelige, Grenzen des Gehalter im Weine 2.
Schafwolle, Einfuhrsverbot wegen Rinderpest 203.
Scharlach, Auslagen für Tilgungsmassnahmen 22,
479.
— s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Schiffe, Pestfälle auf d., 8. d.
Schifffahrt, Verbütung der Verbreitung der Pest
durch dieselbe in Oesterreich 214, 219, 237,
345.
— — === — in Britisch-Ostindien 12.
——— - Japan 420,
— sanitäre Massnahme, s. Seesanitát, Quarantaine,
Pestmassnahmen.
Schiffmann’s Asthmapulver, Verbot 216.
Schlachthäuser, sanitäre Anforderungen 291, 298.
Schlachthausanlage mit Kafilldesinfector in Brünn
276.
Schlacken, s. Streumaterial.
Schlesien, Anlage von Schlachthiusern 291, 298,
— Blattern 154.
— Flecktyphus 206.
— Gutachten des Landes-Sanititsrathes tiber Schul-
irzte 303.
— Intervention des Amtsarztes bei Leichenüber-
führungen 299,
— Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 128,
145, 270, 317, 517.
Schlesien, Verpflegstaxen in öffentlichen Huma-
nitäts-Anstalten 182, 183.
— Vorgehen bei Errichtung von Humanitäts-An-
stalten 300.
Schüblinge, ärztliche Untersuchung 119.
Schüler, Instruction für Kost- und Quartiergeber
an Mittelschüler 151.
, — -Revaceination unentgeltliche, durch Districts-
j
ärzte 472.
— an gewerblichen und commerciellen Lehranstal-
ten, Unterkunft 258.
Schulärzte-Bestellung, Gutachten des schlesischen
Landes-Sanitätsrathes 3U2.
Schulbauten, Beiziehung der Amtsärzte 158.
Schule für den Unterricht in Tropenkrankheiten
in Liverpool 160.
Schulen, Anzeigeerstattung von
heiten an dieselben 457.
— fiir Krankenwiirter 36,
-- Desinfection mit Formaldehyd 72.
— 8, auch Erziehungsanstalten,
Schutzimpfung gegen Lyssa, Belehrung 437.
— — Pest 397, 47%,
Schutzimpfungsanstalt ge¿en Lyssa
Jahresbericht 408.
Infectionskrank-
in Krakau,
— ee, e
S:hutzimpfungsanstalt in Wien, Belehrung über die | Statistik,
Aufnahme 437.
— Fahrpreisbegünstigung bei Abgabe in dieselbe
439.
Schutzmarken für
Löschung 288.
Schutzrayon fiir Heilquellen 230.
Schweden, Postmassnahmen 345.
Schwefelige Säure, Grenzgelialt im Weine 2.
Schweinepest, Massnahmen 187, 358, 361.
— Abwehr und Tilgung 1%, 192.
— Certificate 19.
— Belehrung 196.
Schweiz, Pestmassnahmen 329, 337, 386.
Seebehörde Triest, Massnahmen gegen die Pest 214,
219, 237, 345.
Seesanitáre Massnahmen in Oesterreich, s.
behórde.
— — im Auslande 12, 420,
— — s. auch Pestmassnahmen.
Seesanitätsdienst, Auslagen 17.
— in Japan 420.
Seeverkehr, veterinäre Massnahmen im 160.
Sehvermögen der Eiseubahnbediensteten, Anforde-
rungen 311.
Seidlitzpulver, Verkaufsberechtigung 465.
Siechenhäuser-Errichtung in Böhmen 474.
Singapore, Pestmarsnahmen 169.
Sinnesorgane, s Hör- u. Sehvermögen.
Sonntagsruhe, Verlängerung der Desinfectionsfrist
auf Eisenbahnen wegen derselben 159.
Spanien, öffentliches Sanitätawesen 231.
— Pestmassnahmen 329, 407.
Spitäler, s. Krankenanstalten.
Staatsausgaben für sanitäre Zwecke i. J. 18983 14.
Massnahmen gegen Infectionskraukheiten
22, 479.
Staatsbeamte, Dienstalterszulage bei Bemessung
von Ruhegenüssen 171.
— Sterbequartal bei Dienstalterszulage 171.
Stadtphysicus, Titelfúbrung 417.
Stallsperre, Dauer derselben 42,
Stammbücher für die Evidenzhaltung der sani-
tiren Verhältnissen in den Gemeinden 393.
Standgefässe in Apotheken, Maximaldosisangabe
118.
Station für diagnostische Lyssaimpfung in Lemberg,
Thátigkeitsbericbt 407.
Statistik, amtsirztliches und amtsthierärztliches
Personal bei den politischen Behörden, s. Bei-
lage.
— Bewegung der Bevölkerung in Frankreich 36.
— — — in Oesterreich 355.
in den letzten 80 Jahren 370.
diagnostische Lyssaimpfung in Lemberg 407.
Drucksorten für den Gemeinde-Sanitiitsdienst
in Oberösterreich 393.
Eheschliessung, s. Bevö kerungsbewegung.
Erfolge der Diphterie-Heilserumbehandlung in
Bosnien und Hercegovina 289.
— — — in Oesterreich 457.
Geburtenausweise der Hebammen 175.
Geburten, s. Bevölkerungsbewegung.
— Gemeinde-Sanitätsdienst in Niederösterreich 129.
— Impfergebnisse in Bosnien und Hercegovina
354.
— — im k. und k. Heere und der Landwehr 374.
pharmaceutische Präparate,
See-
wm ee
XVII
Infectionskrankheiten im Jahre 1898
443,
— Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungs-
anstalt in Wien 375.
— Lyssa-Schutzimpfung in Krakau 408.
— pharmaceutisches Hilfspersonale 121.
— Physikatspriifungsergebnisse 36.
— Todesfälle durch Rlitzschlag 230.
— Todesursachen, s. Bevólkerungsbewegung.
— Todtenbeschau-Protocolle, neue, in Kärnten 24.
Statut des augenärztlichen Operationsinstitutes in
Prag 43.
Steiermark, Amtsärzte als Gerichtsärzte 260.
— amtsärztliche Bezirksbereisungen 167.
Blattern 162, 178, 206, 346.
croupöse Pneumonie der Berg- und Hütten-
arbeiter, s. Beilage.
Eröffnung des deutschen Ritterordensspitales in
Friedau 454,
Impfung, Durchführung 172.
— Anwendung der Tegminverbände 173, 280.
Massnahmen gegen Infectionskrankheiten 157.
Verbot der Ueberführung Intectionskranker 279.
Todesfälle durch Blitzschlag 230,
Typhusepidemie in Passail 458.
Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes 28,
128, 145, 269, 308, 515.
Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-
anstalten 180, 183.
Versammlung der Amtsärzte 19.
Sterbequartal der Staatsbeamten bei Dienstalters-
zulage 171.
Steuer, s. Verzehrungsstener.
Steuerfreier Alkohol, Aufbebung der Taxensátze
für denselben 333.
Stickereien, benützte, Einfuhrverbot wegen Pest
213, 334, 437.
Strafanstalten, Arzneiwaarenbezug 146.
Straits Settlements, Pestnachrichten 273, 330, 346.
Streumateriale für den Viehtransport auf Eisen-
bahnen 382,
Stroh, s. Streumateriale.
Strohzeugfabrication, s. Holz- und Papierindustrie.
Stuhluntersuchungen bei Ankylostomiasis 185.
Substitution der Hebammen bei Infectionskrank-
heiten 267.
Sulzbach, Kinderhospiz, Oeffentlichkeitsrecht 352.
Syrup, Paglianosyrup, Verbot 130.
—
T.
Tabakextract, Verwendung zur Ungeziefervertilgung
243.
Tabaktabriken, Ausgaben für humanitäte Zwecke
17.
Tagesschüler an gewerblichen und commerciellen
Lehranstalten, Unterkunft 258.
Talg, Einfuhrverbot bei Rinderpest 203.
Tanger, offene Arztesstelle 154.
Tauglichkeit zum Eisenbahndienst 311.
Taxansätze bei steuerfreiem Alkohol, Aufhebung 333.
Taxe, 8. Arzneitaxe, Verpflegstaxe, Diensttaxe.
Tegminverband bei Impfung 173, 280,
Teppiche, benützte, Einfuhrverbot bei Pest 213,
334, 437.
— XVIII —
Terpentinöl, Vorsichtsmassregeln bei Verwendung | Todtenbeschau-Protokolle, Abänderung in Kärnten
2
desselben zum Putzen von Maschinen 184.
Theaterinspectionen, s. Jahresbericht des D?
chefarztes.
Thierärztliche Hochschule in Lemberg, diagnostische
Lyssaimpfung 407.
— — in Wien, s, Thierarznei-Institut.
Thierärztliche Rigorosen, Regierungscommissär 477.
Thierärztliches Diplom, Formulare 427.
Thierarznei-Institut, Militär-, in Wien, Einsendung
von Untersuchungsobjecten zur Lyssadiagnose |
237.
Thierblasen, Einfuhrverbot 213, 334, 437.
Thierhaare, Einfuhrverbot wegen Pest 213, 334,
437.
— — — Rinderpest 203.
Thierische Rohproducte, Einfuhrverbot wegen Pest
213, 334, 437.
— — — — Rinderpest 203.
Thierquálerei bei Lastenfuhrwerken 159.
Thierseuchen, Dauer der Stallsperre bei denselben
42.
— Massnahmen, s. Rinderpest, Schweinepest, Vieh-
verkehr.
— Uebertretung des Einfuhrverbotes bei denselben
197.
Thierschutz, s. Thierquälerei.
Tbiertransport auf Eisenbahnen, Streumateriale 382.
— -- — Verlängerung der Desinfectionsfrist wegen
Sonntagsruhe 159.
Thierry’s Balsam und Centifoliensalbe, Verbot 94.
Thyreoidin, s. organo-therapeutische Präparate.
Thyrojodin, s. organo-therapeutische Priiparate.
Tiefquellenleitung in Krems a. d. Donau 423.
Tilgung der Schweinepest 190, 192,
Tinctura Chinae comp., Verkaufsberechtigung
465.
Tirol und Vorarlberg, Abfassung des Sanitäts-
Jahresberichtes 152.
— — — Blattern 262,
— — — Erhebungen bei.
19.
— — — Einfiihrung der praktischen Priifung aus
Hygiene an der Universität Innsbruck 146.
— — — Entbindungsanstalten 95.
— — — Gemeindeversorgungs- und Krankenhaus
in Male 454.
— — — Substitution der Hebammen bei Auftreten
von Intectionskrankheiten 267.
— — — Ueberbiirdung und Unterkünfte der Apo-
thekerassistenten 344,
Uebersichten
der Hebammen 175.
— — — Verhandlungen des Landes-Sanitätsrathes
20, 88, 218, 269, 309, 462, 516.
— = — Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-
anstalten 181, 183.
— — Wasserleitung in Zwölfmalgreien 504.
— — — Wasserversorgung in Brixen 430.
Tironen, Apotheker-, s. Aspiranten.
Titelführung der Zöglinge von Operationsinstituten,
s. Operateure,
Titelführung der Hebammen 282.
Todesfälle durch Blitzschlag 230.
— in der Narcose, Anzeigeerstattung 260,
330.
Todesursachen, Statitik, s. Bevilkerungsbewegung,
Infectionskrankheiten
über Geburten-Ausweise
334,
Torf, as. Streumateriale.
bath r. Infectionskrankbeiten, Jahresbericht.
Transport Infectionskranker von einer Gemeinde in
die andere, Verbot 279.
— von Leichen nach Prag, Verständigung 118.
— — — Intervention der Amtsärzte 299.
Trauungen, Statistik 355.
Trichinosis, s. Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
Triest, Krankenwärterschule 36.
— Massnahmen der Seebehörde gegen Pest 214,
219, 237, 345.
— Pestfall, eingeschleppter 441, 448.
— Pest auf »Berenice«, s. Berenice.
-— Schule für Krankenwärter 36.
— Wasserversorgung 366.
— Wiederholungscurse für Hebammen 310.
— Verpflegstaxen in öffentlichen Humanitäts-
anstalten 181, 183.
Trinkwasser als Ursache von Drsenleriäätkrankun:
gen 282.
Trinkwasserversorgung, s. Wasserversorgung.
Tropenkrankheit, Unterricht 160.
Tuberculose-Belebrung 164.
Tubereulose-Congres in Berlin 99, 157,
199.
— -Vorkehrungen 163.
Türkei, Cholera in Mesopotamien 407, 420, 441,
452, 475.
— Pestmassnahmen 170, 220, 238, 246, 329, 345,
353, 364, 386, 419, 452, 464, 488, 518,
Tunis, Pestmassnahmen 220, 230, 329.
Tutelol, Einfuhrverbot 417.
Typhus, Auslagen des Staates fiir Tilgungsmass-
nahmen 22, 479.
— -Epidemie in Langenlutsch 460,
— — in Passail 458,
— s, auch Infectionskrankheiten, Jahresbericht.
160,
U.
Uebelstände in Apotheken 344.
— sanitäre, in den Gemeinden Istriens 326.
Ueberbürdung der Apothekerassistenten 344,
Uebereinkommen zwischen Oesterreich-Ungarn und
Italien, wechselseitige unentgeltliche Kranken-
unterstützung 235, 316.
Ueberfiihrung Infectionskranker, s. Transport,
— von Leichen, Intervention der Amträrzte 299,
— — — nach Prag, Verständigung 118.
UVebergabe geisteskranker italienischer
angehiriger 298,
Uebersichten über Geburtenausweise der Hebammen
175.
Uebertragbare Augenkrankheiten, s8.
krankheiten, Jahrerbericht.
Uebertragung von Krankheiten in Frisir- und Bar-
bierstuben 177, 454.
Ueberwachung des Fremdenverkehrs aus inficirten
Gerenden 370.
— des Mahlgutes 30.
— des Mineralwasserhandels in Böhmen 280.
— des Verkaufes von Hebammengeräthschaften 301.
Staats-
Infections-
Umfüllung von Mineralwässern, Erhebungen 287.
ge gg np ve
a SER: Ber — —
XIX
Unbefugter Vertrieb pharmaceutischer Präparate in | Verbot von Geheimmitteln:
Apotheken 288.
Unentgeltliche Abgabe von Diphtberie-Heilserum
aus dem hygienischen Institut in Krakau 343.
— Vornahme der Schüler-Revaccinationen durch
die Distrietsärzte 472.
Unfall-Heilkunde, Unterrichtscurse 146.
— -Versicherungsanstalten, Honorirung der Aerzte
430.
Ungarn, Einfuhr von Vieh aus Ungarn 358, 361.
— Hygiene in Barbier- und Frisirstuben 177.
— Regelung des Viehverkehres mit Oesterreich 358.
— Vorkehrungen gegen Ankylostomiasis 441.
— 8, auch Oesterreich-Ungarn.
Ungeziefervertilgung durch Tabakextract 245.
Universitáten, Staatsausgaben fúr das Jahr 1898
14.
Apotheker, Diplomirungen 124.
— Augenirztliches Operationsinstitut in Prag 43.
chirurgische Operationsinstitute, Bezeichnung
der Frequentanten 156.
Geburtshilflicher Operationscurs, Titelfiihrung
der Zöglinge 384.
— Innsbruck, Einführung der praktischen Prüfung
aus der Hygiene 146.
Prag, Unfallheilkunde 146.
— Regierungscommissire und Examinatoren bei
den medicinischen und pharmaceutischen
Rigorosen 409, 410.
— Wien, Ohrenklinik, Erweiterung 36.
Unterkünfte der Apothekerassistenten 344.
Unterkunftswesen der Tagesschüler an gewerblichen
und commerciellen Lehranstalten 258.
Unterricht in Tropenkrankheiten 160.
Unterrichtscurse in der Unfallheilkunde 146.
Unterstützung, wechselseitige, unentgeltliche, der
Kranken in Oesterreich-Ungarn und Italien 235,
316.
Unterstützungsdauer bei Mitgliedern von Kranken-
cassen 330,
Untersuchung, ärztliche der Eisenbahbediensteten
311.
— — der Schüblinge 119.
Untersuchung auf Ankylostomiasis 185.
Untersuchungsanstalt für Lebensmittel des Oester-
reichischischen Apothekervereines in Wien 318.
— für Lebensmittel, gerichtliche Sachverständige 56.
Untersuchungen auf Pest, Laboratorien 418.
Untersuchungsobjecte zur Lyssa - Diagnose, Ein-
sendung 237.
— der Lebensmittel-Untersuchungsanstalt, verzeh-
rungssteuerfrei 366.
— pathologische, Entnahme, Verwahrung und Ver- :
sendung 497, 499.
Uruguay, Pestmasscahmen 398.
vV.
Vaganten, s. Schtiblinge.
Varicellen, s. Infectionskrankheiten,
Verabreichung von Moorbäder 288.
Verantwortlichkeit des Apothekers für die richtige
Angabe der Maximaldosen auf den Stand-
gefässen 118.
— s, auch Haftung.
Jahresbericht.
|
|
f
|
=
MN
Thierry’s Centifoliensalbe, Wundbalsam 94.
Pagliano-Syrup 135.
Dr. Schiffmann’s Asthmapulver 216.
Augsburger Lebensessenz 301.
Nichbolsohn’sche Gehörheilmittel 317.
Dr. Williams Pinkpillen 472.
Verbot der Einfubr und des Vertriebes von Occlu-
sivpessar 267, 417.
>Tutelol< 417,
SE Ketten der Firma Winter
16.
Voltakreuz 167.
Verbot des Vertriebes von Apparaten zur Ver-
hütung der Conception 267, 417.
— der Einfuhr ausländischer Arzneimittel als
Muster ohne Werth 216.
—— — — — mittelst Briefpost 281.
— der Ein- und Durchfuhr gewisser Gegenstände
und Waaren aus Aegypten 213,
aus Portugal 334.
aus Brasilien und
Paraguay 437.
— der Einfuhr von thierischen Robproducten aus
der Türkei wegen Rinderpest 203.
der Einfuhr von Hunden nach Grossbritannien
204.
der Ueberführung Infectionskranker 279.
— der Verbreitung von Druckschriften, Kund-
machung in der Wiener-Zeitung 286.
der Wiederbenützung der Trauerkränze von
Infectionsleichen 168.
Verein Alland, Tuberculose Belehrung 164.
Verhältnisse, sanitäre, in Curorten 52.
Verhandlungen der Landes-Sanitätsräthe, s. d.
— des Obersten Sanitätsrathes 21, 45, 77, 101,
109, 155, 179, 207, 239, 255, 275, 399, 431, 455,
491.
Verkaufsberechtigung von Heilmitteln 465.
Verkauf von Phosphorpasta 442.
— von Malzweinen 362.
Verkehr mit Mineralwdssern, Erhebungen 287.
— mit organo-therapeutischen Präparaten
63.
— — Schweinen aus Mastanstalten 361.
— mit Vieh zwischen Oesterreich und Ungarn
358.
Verkehrsbeschränkung für anticonceptionelle Mittel
267,
Verkehrsverbot, s. Verbot.
Verkohlungsanstalt in Putna 137.
Verleihung von Apothekenconcessionen, Recurszug
383.
Verpflegskostenersatz, gegenseitiger, zwischen
Oesterreich-Ungarn und Italien 235, 316.
Verptlegstaxen in den öffentlichen Krankenanstalten
in Bosnien und der Hercegowina 183.
in Bulgarien 184.
in Oesterreich 180, 352.
Versammlung der Amtsärzte in Steiermark 19.
— — — in Mähren 478.
Verschreibung, ärztliche, Begriff der 282,
Versendung von pathologischen Untersuchungs-
objecten 497, 499.
von Wasserproben 497, 499.
ersorgungsgenüsse der Gemeinde- und Districts
ärzte in Mälıren 72.
29,
— XX —
Verständigung der zuständigen Bezirkshauptmann- |
schaft bei Ueberführung von Leichen auf
Prager Friedhöfe 118.
Vertilgung von Ungeziefer durch Tabakextract 245,
Vertrieb, unbefugter, pharmaceutischer Präparate in
Apotheken 288.
Vertriebsverbote, s. Verbot.
Verwahrung von pathologischen Untersuchungs-
objecten 497, 499.
— von Wasserproben 497, 499.
Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse:
Aerztekammerbeiträge 396.
Entziehung der Zahntechniker-Concession 452.
Fiibrung des Titels »emeritirter Operateure 384.
Haltung einer Hausapotheke 176.
Recurszug bei Apothekenverleihungen 383.
Verwendung zahntechnischer Gehilfen bei
Zahnärzten 205.
Wahlrecht in die Aerztekammer 371.
Verwendung der Amtsärzte als Gerichtsärzte 260.
— von Putzhadern 184.
— von Tabakextract zur Ungeziefervertilgung 245.
Verzehrungssteuerfreiheit der Untersuchungsobjecte
der Lebensmittel-Untersuchungsanstalt 366.
Verzeichniss der Krankenabgabestationen für Cho-
lera- und Pestkranke, Richtigstellung 287.
— der Eisenbahnverwaltungen, welche Lyssaheil-
bedürfrigen Fahrpreisermässigung gewähren 439.
Veterinäre Massnahmen gegen Rinderpest 203.
.— — — — im Seeverkehre 160.
— — gegen Schweinepest 187, 190, 192.
— — — — 8, auch Viehverkehr.
Veterinärpersonale bei den politischen Behörden,
s. Beilage.
Viehpass, Verwendung desselben durch den Käufer
203.
Viehverkehr, Regelung zwischen Oesterreich und
Ungarn 358.
Vieheinfuhr aus Ungarn 361.
— Transport auf Eisenbahnen, Streumateriale 382.
— — Desinfectionsfrist - Verlängerung auf Eisen-
bahnen wegen Sonntagsruhe 159.
Vieh- und Fleischbeschau, Haftung des Gewerbe-
inhabers für die Vornahme 26,
Volksheilanstalten, Erhebungen über den Stand 471.
Volta-Kreuz, Einfuhr und Vertriebsverbot 167.
Vorarlberg, s. Tirol.
Vorkehrungen gegen Ankylostomiasis 441.
— — Infectionskrankheiten in Erziehungsanstalten
279, 514.
— — — — Galizien 307.
— — — — Steiermark 157.
— — Pest 401).
— — Tuberculose 163.
— — Uebertragung von Krankheiten in Barbier-
und Frisirstuben 177, 454.
Vorkehrungen, s. auch Massnahmen.
Vorkommnisse, wichtige sanitäre, Mittheilung an
den Obersten Sanitätsrath 197.
—, wichtige, in den Wiener k. k. Krankenanstalten
334, 335.
Vorschriften, sanitätspolizeiliche, Verständigung der
im Grenzgebiete prakticirenden Aerzte des
Deutschen Reiches von denselben 256.
— über die Anforderungen an das Seh- und Hör-
vermögen von Eisenbahnbediensteten 311.
WW.
Waaren-Einfahrverbot wegen Pest 213, 334, 437.
— — — Rinderpest 203.
Währing— Wien, Eröffuung des Diakonissen-Kran-
kenhauses 454.
Wahlrecht in die Aerztekammer 371.
Wärter, Krankenwärterschule in Triest 36.
Wäsche, gebrauchte Leibwäsche, Einfuhrverbot wegen
Pest 213, 334, 437.
Waisenhäuser, Einflussnahme der Landesstelle bei
Errichtung 488.
Wartesäle auf Eisenbahnen, Reinbaltung 451.
Wasenmeisterei, s. Abdeckerei.
Wasser, s. auch Trinkwasser.
Wasserproben, Vorgang bei Entnahme, Verwahrung
und Verpackung zur chemischen und bacterio-
gischen Untersuchung 497, 499.
Wasserversorgung in den Gemeinden, Einfluss-
nahme der politischen Behörden 273.
— — Brixen 430.
— — Krems a. d. Donau 423.
— — Triest 366.
— — Zwölfmalgreien bei Bozen 504.
— Projecte, Begutachtung durch den Amtsarzt
117. Ä
— — Vorlage derselben 176.
Wein, Grenzgehalt an schwefeliger Säure 2.
— 8. Malzwein.
Wiederbenützung der Trauerkränze von Infections-
leichen 168.
Wiederholungscurse für Hebammen in Triest 310.
Wiederimpfung, s. Revaccination, Impfung.
Wien, Aufnahme in die Lyssa-Schutzimpfungs-
anstalt 437.
— Curse für Sanitätsaufseher 99.
— Erweiterung der Obrenklinik 36.
— evangelisches Diakonissen-Krankenhaus, Er-
öffnung 454.
— Jahresbericht des Polizei-Chefarztes57, s. Beilage.
— Lebensmittel-Untersuchungsanstalt des Oester-
reichischen Apothekervereines 318.
— Milzbranderkrankung einer Blumenbinderin 302.
— Prostituirten-Untersuchung, s. Jahresbericht des
Polizei-Chefarztes.
— die Sanitätsstation
8. Beilage.
— Wohnungsverhältnisse, 8.
Polizei-Chefarztes.
— thierärztliche Rigorosen, Regierungscommissär
474.
Wiener Zeitung, Kundmachung des Verbotes der
Verbreitung von Druckschriften 286.
Williams Pinkpilleu, Verbot 472,
Winter's galvano-elektrisehe Ketten, Einfuhr- und
Vertriebsverbot 316.
Wohnungen der Tagesschüler an gewerblichen und
commerciellen Lehranstalten 258.
— der Hebammen als Entbindungsanstalten 94,
95, 97, 166, 202, 252.
Wohnungsverhältnisse in Wien, fr. Wien.
Wolle, 8. Schafwolle.
Wortmarken für Arzneimittel, Löschung 288.
W undinfeetiouskrankheiten,s.Infectionskrankheiten,
Jahresbericht,
Wuth. s. Lyssa.
Wuthkrankheit, Massnahmen in England 204,
im II. Gemeindebezirke
Jahresbericht des
A E Č 2 A, G ec steal
s KKI =
x. Zahnärztliche Operationsräume keine Ambulatorien
Xeroform, Verkaufsberechtigung 465. Zahntechniker, Concessionsentziehung 452.
Zahntechnische Gehilfen bei Zahnärzten 205.
Zanzibar, Pestmassnahmen 107.
2. Zeugnisse, ärztliche, behufs Aufnahme in eine
böhmische Landes-Irrenanstalt 396.
Zahnärste, Verbot der Verwendung ausländischer | Zöglinge der Operationscurse, Bezeichnung der-
Zahnärzte als Assistenten 451. selben 156, 384.
—, Verwendung technischer Gehilfen 205. | Ziegenhaare, Einfuhrverbot wegen Rinderpest 203.
Zahnärztliche Gehilfen, ausländische, bei Zahnärzten | Zwangsverwaltung, s. Executionsführung.
451. ı Zwölfmalgreien bei Bozen, Wasserleitung 504.
Anhang.
Chronologisches Verzeichniss
der im XI. Jahrgange dieser Zeitschrift enthaltenen Gesetze, Verordnungen und
Erlässe.
(Die mit S. bezeichneten Zahlen geben die Seiten an, auf welchen die betreffenden Gesetze, Ver-
1896.
1898.
1899.
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ordnungen und Erlässe im Blatte zu finden sind,
A. Reichsgesetze, Ministerial-Verordnungen und Erlasse.
Uebereinkommen zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien vom 25. Juni, R. G. Bl. 1899,
Nr. 103, S. 235.
Erlass des Eisenbahnministers vom 27. Mai, Z. 18743, S. 382.
» » Ministeriums des Innern vom 9, September, Z. 29842, S. 135.
> > > fiir Cultus und Unterricht vom 1. October, Z. 23703, S. 43.
Schreiben des Ministeriums des Innern vom 18, November, Z. 36938, S. 56.
Erlass > Handelsministeriums vom 22. November, Z. 44971, S. 288.
> > Ministeriums des Innern vom 1. Jäuner, Z. 36702 ex 1898, 8. 288.
> > > > > » 14. > Z. 19759 ex 1898, H. 162.
» > » » » 19, > Z. 41401 ex 1898, E 146.
» > Köksrbaukaiminterkume vom 23. Jänner, Z. 43335 ex 1898, S, 230.
» » Ministeriums > Ipnern vom 26. Jänner, Z. 628, S. 94
» > » > > 26. » 2. 1492, S. 54.
> > > fiir Cultus und Unterricht vom 28. Jänner, Z. 25762 ex 1898
S, 72,
Erlass des Ministeriums des Innern vom 29. Jänner, Z. 2708, S. 52.
» » » > > > 2. Februar, Z, 18559 ex 1898, S. 63.
> » > » > > 2 > 2. 2753, S. 62.
» > Justizministeriums vom 11. Februar, Z. 29388 ex 1898, S. 146,
» > Ministeriums des Innern vom 16. Februar, Z. 5:08, S. 93.
> > » > > » 25. » Z. 35446, S. 106.
Schreiben des Ministeriums des Innern vom 2. März, Z. 5450, S. i
Erlass » » » > >» 4. > Z. ad 1492 des E 106.
Verordnung des Finanzministeriums vom 17. März, Z. 60167 ex 1898, . 171.
Erlass des nn des Innern vom 21. März, Z. 15318, S. 366.
» > » > > 23. > Z, 824, S. 151.
Verordnung der Ministerien des Handels und des Innern vom 30. März, R. G. Bl. Nr. 64,
S. 149.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 30. März, Z. 32101 ex 1898, S. 156.
Verordnung des Ministeriums des Innern vom 1. April, R. G. Bl. Nr. 63, S. 142.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 1. April, Z. 1677, S. 142,
> > » > > » D. > 2. 9333, S. 159.
> » Finanzministeriums » 8. > 7. 65510 ex 1808, S. 366.
> > Ministeriums des Innern » 11. > Z. 10499, S. 282.
> » » » > » 13 > Z, 11618, S. 156.
$ » » > > » 13. >» 2. 11969, S. 184.
» > s > » > 14, » Z. 6379, S. 156.
> > » » > > 15. > Z. 6763, S. 157.
> > > » » » 18. > 2. 21117 ex 1898, S. 167.
» > » > > » 13. > 2. 10507, S, 186.
— XXIII —
1899. Erlass des Ministeriums des Innera vom 19. April, Z. 8702, S. 274.
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> > > > > > 21. > Z. 13324, S. 166.
> > » > » » 30. > Z. 35069 ex 1898, 8. 184,
« > > > 30. > Z. 16314, 8. 430.
Kaiserliche Verordnung vom 2. Mai, R. G. Bl. Nr. 81, S. 190.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 5. Mai, Z. 10879, 8. 204.
Verordnung des Ministeriums des Innern, der Justiz, des Handels, der Eisenbahnen und des
Ackerbaues vom 6. Mai, R. G. Bl. Nr. 82, S, 192.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 9. Mai, Z. 11230, S. 205.
> > > > > » 10. » Z. 8636, 8. 203.
» > > für Cultus und Unterricht vom 10. Mai, Z. 2159, S. 258.
> » > des Innern vom 17. Mai, Z. 15587, S. 245.
> » » > >» 19. » Z. 8972, 8. 216.
Verordnung des e vom 19. Mai, J. V. Bl. pag. 174, 8. 362.
Kaiserliche Verordnung vom 22. Mai, R. G. Bl. Nr. 102, S. 235.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 23. Mai, Z. 14535, S. 237.
>» > >» > > 25. » Z. 17221, 8. 281.
> > » > > > 2, Juni, Z. 11931, S. 282.
> > > > > 2 » Z. 18391, 8. 214.
Verordnung der Ministerien des Innern, des Handels und der Finanzen vom 6. Juni, R, G. Bl,
Nr. 99, 8. 213.
Erlass des nn des Innern vom 8. Juni, Z. 18007, S. 330.
> > > > » 19. » Z. 848, 8. 266.
Verordnung des ee vom 20. Juni, J. V. Bl. Nr. 29, S. 286.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 24. Juni, Z. 14968, S. 267.
> > > » > >» 17, Juli, Z. 20278. 8. 287.
» > > » > >» 17. » Z. 22312, S. 287.
> > > > « » 22. » Z. 21639, S. 287.
> > > » > > 27. » Z. 23501, 8. 298.
Kundm. > > > > » 31. > R.G. BI. Nr. 146, S. 316.
Erlass > » » > » 10. EES Z. 26476, S. 316.
Schreiben » > » > > 11. Z. 25135, S. 465.
Erlass > > » » > 12 ` Z. 22376, S. 317.
> > > > » » 21. > 2. 7343 ex 1898, S. 454.
Verord. » > » » » 30. >» R. G. BI. Nr. 169, S. 333.
Verordnung der Ministerien des Innern, des Handels und der Finanzen vom 31. August,
R. G. BI. Nr. 170, S. 334.
Schreiben des Ministeriums des Innern vom 31. August, Z. 28923, S. 442,
Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz, des Handels und des Ackerbaues vom
5. September, R. G. Bl. Nr. 182, S. 362.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 8. September, Z. 12513, S. 370.
Kaiserliche Verordnung vom 21. September, R. G. Bl. Nr. 176, S. 358.
Verordnung der Ministerien des Innern, des Ackerbaues und des Handels vom 22. September,
R. G. BI. Nr. 179, 8. 358.
Verordnung der Ministerien des Handels und des Innern vom 22. September, R. G. Bl, Nr. 183, S. 381.
Kundmachung des Ministeriums des Innern vom 22. September, S, 361.
Erlass des Handelsministeriums vom 22, September, Z. 27381, S. 381.
Erlass det Ministeriums des Innern vom 23. September, Z. 19386, 8. 439.
Verordnung der Ministerien des Innern, der Finanzen und des Handels vom 2. October,
R. @. Bl. Nr. 201, S. 417.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 6. October, Z. 1153, S. 430.
Kundmachung des Ministeriums für Cultus und Unterricht im Einvernehmen mit dem Reichs-
kriegsministerium und den Ministerien des Innern und des Ackerbaues vom 10. October,
U. V. BI. pag. 432, S. 427.
Erlass des Eisenbahnministeriums vom 12. October, Z. 12328, S. 451.
> > Ministeriums des Innern vom 18. October, Z. 27680, S, 428,
> > > > » >» 23, > Z. 15478, S. 437.
> > o» » > » 29 > Z. 33584, S. 466.
> > » > > >» 31, » 2. 26554, S. 471.
Verordnung der Ministerien des Innern, des Handels und der Finanzen vom 9. November,
R. G. BI. Nr. 213, 8. 437.
Erlass des Ministeriums des Innern vom 10. November, Z. 38025, S. 451.
> > » > > > 12. > Z. 38224, S. 450,
» > >» > » 13. > 2. 36811, S. 471.
> > » > » >» 15. » Z. 38869, S. 450.
> A > > > > 26. > Z. 40022, S. 472.
Verord. > > > > » 5. December, R. G. Bl. Nr. 241, S. 481.
— XXIV —
B. Landesgesetze, Verordnungen und Erlässe der politischen Landes-
behörden und Landesausschüsse.
Böhmen. 1898. Erlass der Statthalterei vom 30. Juni, Z, 55753, 8. 497.
1899. > > > > 15. Februar, Z. 16429, 8, 118.
» > > > » 17. > Z. 4561, 8. 118.
» > > > > 19, März, Z. 28945, S. 157.
> > > > » 10. Mai, Z. 174658, S. 280.
> > > 10, Juni, Z. 89569, 8. 301.
> > des EE vom 14. Juni, Z. 35414, S. 474.
> > der Statthalterei vom 26. August, Z. 139578, 8. 396.
> Gesetz vom 15. November, L. G. Bl. Nr. 83, S. 497.
> Erlass der Statthalterei vom 22. November, Z. 187778, 8. 490.
Bukowina. 1898. Erlass der Landesregierung vom 15. December, Z. 25140, S. 35.
1899 > » > » 19. Jänner, Z. 25044 ex 1898, S. 97.
> > > > > 24. Mai, 2. 12145, S. 301.
> » > > » 29. Juli, Z. 16557, 8. 395.
Galizien. 1899. Erlass der Statthalterei vom 5. Jänner, Z. 101378 ex 1898, S. 343.
> > > > > Ze Juli, 2. 60529, 8. 307.
Kärnten. 1898. Kundmachung der Landesregierung vom 16. December, Z. 15912, L. @. Bl. Nr. 34,
S, 24.
1899. Erlass der ee vom 6. Jänner, Z. 17536 ex 1898, S. 25.
> > > » 10. > 2. 708, S. 94.
» » > > > 16. Februar, Z . 2851, 8. 126.
> > » > » 29, Marz, Z. 3029, s. 168.
> > > » » 26. Juni, Z. 6631, S. 486.
Küstenland. 1898. Erlass des Landesausschusses in Istrien vom 10. September, Z, 4809, 8. 326.
> > der Statthalterei vom 3. October, Z. 20626, S. 326,
1899. > > > » 12. Jänner, Z. 852, S. 117.
> > » > » 2. März, Z. 4586, S. 107.
Mähren. 1898. Erlass der Statthalterei vom 17. November, Z. 42808, S. 158.
» Verordnung des Statthalters vom 13. December, L. G. Bl. Nr, 10, S. 72.
1899. Erlass der Statthalterei vom 2. März, Z. 8638, S. 119.
» > dee Landesschulrathes vom 28. März, Z. 15030, S. 158.
der Statthalterei vom 17. April, Z. 14718, S. 176.
> >
> > > > » 20. Mai, Z. 20425, S. 301.
> > > > > 7. Joli, Z. 26410, 8. 301.
> > » > > 3. August, Z. 29489, S. 417.
> > > > > 3. Sepiembit; Z. 30771, S. 472.
> > > > > 16. Z. 36384, S. 473.
Niederösterreich. 1895. Erlass der Statthalterei vom 21. März, Z. 27631, S. 335.
189. > > > > 3. Jänner, Z. 121649 ex 1895, S. 335.
1898. > » » » 20. December, Z. 7454, S. 18.
> » > > » 23. > Z. 119545, S. 18.
1899. Verordnung des Statthalters vom 6. Februar, Z. 94795 ex 1898,
L. G. Bl, Nr. 13, S. 159.
Erlass der Statthalterei vom 9. Februar, Z. 7174, S. 260.
> » > » 14. Juni, 2. 32788, S. 334.
> > >» 17, » Z, 35845, S. 279.
> > > » 22 » Z, 34101, 8. 512.
> > > > 30. October, Z. 53606, S. 514.
» > » 4. November, Z. 88198, S. 488.
Oberösterreich. 1899. Erlass der Statthalterei vom 8. April, Z. 4574, S. 202,
>
> 2 S » 13. Juni, Z, 8514, 8, 393.
# Kundmachung der Statthalterei vom 30. August, Z. 15892, L. G. Bl. Nr. 28,
S. 352.
>» Erlass der Statthalterei vom 8. October, Z. 17986, S. 487.
Salzburg. 1899. Erlass der Landesregierung vom 31. Mai 1899, Z. 5309, 8. 252,
Schlesien. 1899. Erlass der Landesregierung vom 12, Juni, Z. 9247, S. 298.
> > > > » 1. Juli, Z. 12119, S. 299.
> > > > > 19. » Z. 10746, S. 300.
—
— XXV —
Steiermark. 1899. Erlass der Statthalterei vom 6. April, Z. 11686, 8. 157.
> > > > > 6 > Z, 11689, 8. 167,
6. >» Z. 11690, 8, 172.
11. Mai, Z, 11843, S. 260.
15. » Z. 15586, 8. 279.
9. Juni, Z. 18431, S. 280.
9. September, Z. 98877, 8. 485.
Tirol und Voreribers. 1899, Erlass der Statthalterei vom 16. Jänner, Z . 2333, S. 75.
20. > Z. 1333, 8. 95.
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> > > > »
» > k > » 21. Februar, Z. 1332, S. 175.
: e 3 S > 6. März, Z. 7602, 8. 152.
> > » > >» 13. April, Z. 12972, 8, 267.
» » » > > 22. Juli, Z. 26512, S. 344.
C. Erlasse der Seebehörde in Triest.
Erlass vom 5. April 1899, Z. 3709, S. 160.
> > 31. Mai » Z. 6205, 8. 219.
> > 7. Juni >» Z. 6462, 8. 237,
e >» 14. August » Z. 9516, 8. 345.
D. Judioate.
Erkenntnis des Verwaltungs-Gerichtshofes vom 24. October 1897, Z. 4669, 8. 206.
> > > > » 12. Jänner 1899, Z. 274, S. 176.
> > » 28. April » Z. 2862, S. 384.
> > > > » 9. Mai > Z. 3281, S. 396.
> » » > e 15. Juni > Z. 4681, 8. 371.
$ » » » > 1. Juli » Z. 2314, S. 383.
» » s Š. > Z. 5547, S. 452.
Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16. August 1898, Z. 10935, S. 26.
> > > 31. > > Z. 11256, S. 28.
» » > » > 6. GEES > 2. 11062, S. 42.
> > > » » 27. Z. 13338, S. 205.
> > > > >» 6. October » Z. 13582, S. 197.
Sinnstörende Druckfehler.
Seite 22, 14. Zeile von unten Dalmatien anstatt Bukowina und
> A >» Bukowina anstatt Dalmatien.
>» 417, Fussnote zur Ministerialverordnung vom 2. October 1899 S. 267 anstatt 276.
> 442, in der Notiz »Verkanf von Phosphorpasta« letzte Zeile Schreiben des Ministeriums des
Innern vom 31. August 1899 anstatt Erlass des Ministeriums des Innern vom 31. August 1898,
» 474, in der Ueberschrift des Erlasses des Landesausschusses des Königreiches Böhmen vom
14. Juni 1899 hat »ex M. Z. 25534—99e zu entfallen.
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Drack von Friedrich Jasper in Wien. ~~
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Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathen.
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
i¿RKothenthurmetrasecs 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei directer Postsusendung gansjibrig f. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 5. Jänner 1899. Mr. 1.
Inhalt. Abonnements-Einladung. — Gutachten des k. k. Obersten Sanitätsrathes über die
Grenzen des zulässigen Gehaltes an schwefeliger Säure im Weine. — Mittheilungen über sanitäre
Verhältnisse und Verfügungen im Auslande,
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Die gefertigte Verlagshandlung beehrt sich zum Abonnement auf
„Das österreichische Sanitätswesen‘“‘,
dessen XI. Jahrgang mit dieser Nummer beginnt, höflichst einzuladen.
Diese Zeitschrift bringt ausser Berichten über die Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitäts-
rathes auch dessen wichtigeren Gutachten, bringt ferner Arbeiten über das öffentliche Sanitätswesen
und ist das einzige Blatt, welches alle einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Erlässe in ihrem
authentischen Wortlaute, Erkenntnisse und Entscheidungen vollständig und unter gleichzeitiger
Berücksichtigung aller einschlägigen Gesetze und Verordnungen veröffentlicht.
„Das Österreichische Sanitätswesen“
erscheint jeden Donnerstag und wird nur ganzjährig abgegeben.
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Fir Stadt-, Gemeinde- und Distriotsärzte, Verwaltungen von Sanitats- und Humanitäts-
Anstalten sowie für Gemeindebehörden wurde der jährliche Pränumerationspreis mit fl. 4.60 fest-
gesetzt, jedoch nur dann, wenn der Bezug direct durch die Verlagshandlung erfolgt.
Hochachtungsvoll
Alfred Hölder,
k. u. k, Hof- und Universitäts-Buchhärdler.
1
Wien, 5. Jänner 1899.
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Gutachten des k. k. Obersten Sanitätsrathes
über die Grenzen des zulässigen Gehaltes an schwefeliger Säure im Weine,
(Auszugsweise Mittheilung.)
(Referent: O.-S.-R. Hofrath Prof. Dr. E. Ludwig.)
Das k. k. Ackerbauministerium hat im Jahre 1894 von landwirthschaftlichen
Versuchsstationen Gutachten dariiber verlangt, ob und inwieferne es nothwendig oder
gerechtfertigt wire, bei der Beurtheilung der Natureigenschaft gewisser Weine und
der Zulässigkeit der Einfuhr solcher Weine vom Standpunkte der Gesundheitspolizei
auch den Gehalt an schwefeliger Säure in Betracht zu ziehen und hienach eventuell
die bestehenden Verordnungen entsprechend zu ergänzen.
Die Veranlassung hiezu gab ein specieller Fall, in welchem dem von einer
Versuchsstation über eine Weinprobe abgegebenen Gutachten zufolge dieser Wein
bezüglich des Gehaltes an Alkohol, Extract, Glycerin und Asche den gestellten An-
forderungen entsprach, dagegen der Gehalt an schwefeliger Säure abnorm hoch war,
210 Milligramm pro Liter betrug.
Da nach dem Gutachten der medicinischen Facultät in Wien im Maxi-
mum 8 Milligramm und nach den Vereinbarungen der bayerischen Vertreter der
angewandten Chemie 80 Milligramm schwefeliger Säure im Liter zulässig sind, so hat
die Versuchsstation den untersuchten Wein als gesundheitsschädlich erklärt.
Das Gutachten einer zweiten|Versuchsstation stimmte der Beurtheilung, wie sie
die erstere Versuchsstation dem untersuchten Wein zutheil werden liess, vollkommen
bei, da der Genuss eines an schwefeliger Säure so reichen Weines von schädlichen
Folgen für die Gesundheit des Consumenten sein müsse. Wenn ein Wein selbst
weniger als 80 Milligramm schwefeliger Säure pro Liter enthält, so macht sich diese
schon bei der Kostprobe unangenehm fühlbar und es dürfte ein so reichlich ge-
schwefelter Wein wegen seines auffallenden Geruches und Geschmackes in den meisten
Fällen von dem Consumenten im Vorhinein zurückgewiesen werden. Die schwefelige
Säure verschwindet allmälig aus dem Weine, indem sie sich zu Schwefelsäure oxydirt,
welche Sulfate bildet, die in den geringen Mengen, um die es sich da handelt, weder
den Geschmack des Weines verändern, noch gesundheitsschädlich wirken. Demnach
wäre ein eine gewisse Grenze überschreitender Gehalt an schwefeliger Säure nur für
Weine zu verbieten, die zum sofortigen Consum bestimmt sind oder sich im Aus-
schank befinden. Die schwefelige Säure verhält sich eben anders, als Salicylsiure,
Saccharin, Theerfarbstoffe u. dgl. Die schwefelige Säure ist ein unentbehrliches Hilfs-
mittel in der Kellerwirthschaft, und sie muss namentlich jungen Weinen, die einen
längeren Transport zu ertragen haben, reichlich zugesetzt werden.
Es erscheine demnach nicht nothwendig, bei Beurtheilung der in Frage stehenden
Fassweine betreffs deren Naturechtheit auch ihren Gehalt an schwefeliger Säure
zu berücksichtigen.
Sollte dies aber doch geschehen, dann wäre die zulässige Maximalmenge eher
höher, als zu niedrig festzusetzen. Am gerechtesten dürfte ein Maximum von 80 Milli-
gramm pro Liter sein. Die importirten Weine haben nach Ueberschreitung der Grenze
noch einen Transport durchzumachen, an ihrem Bestimmungsorte angelangt, müssen
sie längere Zeit lagern und erst dann werden sie in kleinere Fässer überfüllt und
dem Consume zugeführt; es ist demnach in der Regel Zeit genug dafür, dass die
schwefelige Säure unter die zulässige Maximalmenge herabgeht, welche nach dem
Urtheile verschiedener Fachmänner 8 bis 80, im Mittel also 44 Milligramm pro Liter
betragen soll.
Bei Flaschenweinen wäre allerdings der Gehalt an schwefeliger Säure zu berück-
sichtiren, denn in ihnen bleibt diese Säure für längere Zeit unverändert und kann
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demnach, wenn sie in grüsserer Menge vorhanden, gesundheitsschädlich wirken; es
sollte also aus sanitären Rücksichten die Einfuhr von Flaschenweinen mit mehr als
8 Milligramm schwefeliger Säure im Liter verboten werden.
Das Gutachten einer dritten landwirthschaftlichen Versuchsstation behandelt
die Frage über die Bedeutung der schwefeligen Säure im Weine sehr ausführlich
und gründlich.
Folgendes ist der wesentliche Inhalt dieses Gutachtens:
Wegen der Schädlichkeit der schwefeligen Säure für den menschlichen Organismus
hat man schon lange Bedenken geäussert gegen die Verwendung des Schwefels in
der Kellerwirthschaft, es wurden auch an verschiedenen Orten Weine wegen eines
verhältnissmässig geringen Gehaltes an schwefeliger Säure beanständet, aber zu einem
Verbote der genannten Verwendung des Schwefels ist es doch nirgends gekommen,
weil die Sachverständigen darin übereinstimmen, dass der Schwefel in der Keller-
wirthschaft nicht ganz entbehrt werden kann.
In folgenden Fallen gelangt durch die Anwendung des Schwefels schwefelige
Säure in den Wein:
1. Beim Einbrennen leerer Fässer und Ständer, welches unumgänglich nöthig
ist, um sie frei von Pilzbildung zu erhalten.
2. Beim Ueberziehen von Weisswein wird in den zu füllenden Fässern vorher
Schwefel verbrannt, und zwar 1 bis 2 Gramm oder auch mehr pro Hektoliter. Nur
dadurch gelingt es, schön gefärbte und rein schmeckende Weine zu erbalten und
den zerstörenden Einfluss der Luft auf die Bouquetstoffe zu miissigen. Diese Be-
handlung ist insbesondere bei Weinen sehr nöthig, welche aus reifen, säurearmen,
theilweise angefaulten Trauben gewonnen sind.
Wenn man in einem leeren Fasse so lange Schwefel verbrennt. bis er erlischt
und darauf dasselbe mit Wein füllt, so gelangen durchschnittlich 100 Milligramm
schwefeliger Säure in 1 Liter Wein. So stark wird wohl gewöhnlich nie eingebrannt;
aber wenn auch bei jedem Abstich nur 10 bis 30 Milligramm schwefeliger Säure
in 1 Liter Wein gelangen. so kann doch der Wein, wenn er durch mehrere Jahre
im Keller lagert und bäufig abgezogen wird, schliesslich viel schwefelige Säure
enthalten.
3. Der Gehalt an schwefeliger Säure kann beträchtlich anwachsen, wenn der
Wein aus einem Fasse abgezogen, dieses nicht sogleich angefüllt wird, sondern, um
den zurückbleibenden Wein vor dem Verderben zu schützen, ausgeschwefelt wird.
4. Bei weitem Transport von Wein im Sommer pflegt man denselben, um Ver-
derben zu verhüten, etwas einzuschwefeln.
5. Most wird vor der Versendung geschwefelt, um ein zu rasches Vergähren
desselben zu verhindern.
Sehr häufig wird dieser Most erst nach beendeter Gährung als Wein zum
Consum gebracht.
6. Stärkerer Schwefelbrand wird häufig angewendet, um erkrankte Weine her-
zustellen oder vor weiterem Verderben zu schützen; es gelangen dann ziemlich grosse
Mengen schwefeliger Säure in den Wein.
7. Junge Weine, die von der Behandlung der Trauben mit Schwefel gegen
Oidium einen starken Schwefelwasserstofigeruch haben, befreit man davon durch
Abfüllen in eingeschwefelte Fässer.
8. Sehr stark eingebrannt wird häufig bei der Herstellung südlicher Dessert-
weine, welche in oberirdischen warmen Räumen lagern müssen und nicht immer
sogleich den schützenden Alkoholzusatz erhalten.
Nach Untersuchungen von Haas, welche in der Klosterneuburger Versuchs-
station ausgeführt wurden, entsteht unter Umständen auch bei der Gährung der
Weine schwefelige Säure; Haas fand 49 ja selbst 57 Milligramm Schwefeldioxyd in
1 Liter Wein. Seiffert fand in 11 von 24 im Laboratorium bereiteten Weinen
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Schwefeldioxyd theils in nicht bestimmbaren Spuren, theils in Mengen bis zu 8 Milli-
gramm pro Liter, in diesen Fällen fanden sich stets beträchtliche Mengen von
Bacterien im Weine.
An der Versuchsstation in S. Michele wurden sieben allerdings gesunde Weine,
die aus im Laboratorium gekelterten Trauben bereitet waren, auf schwefelige Säure
untersucht, wobei sich ein vollkommen negatives Resultat ergab.
Die bezüglichen Angaben von Haas und Seiffert bedürfen demnach noch
weiterer Bestätigung und Aufklärung.
Bis zum Erscheinen der Schmitt’schen Arbeit über die Nassau'schen
Cabinetsweine hatte man allgemein angenommen, dass die vom Weine auf-
genommene schwefelige Säure theils durch Verdunsten, theils durch ziemlich raschen
Uebergang in Schwefelsäure bald aus dem Weine verschwinde; zahlenmässige Be-
weise für diese Annahme lagen aber nicht vor.
Aus Erfahrung wusste man, dass in der Regel nur frisch geschwefelte Weine
nach schwefeliger Säure riechen und beim Genusse gesundheitsschädlich wirken.
Auf die genannten Anschauungen und Erfahrungen gründet sich der Erlass
der ungarischen Regierung vom Jahre 1879, in welchem es heisst: » Jene Weine,
in welchen ein stärkerer Gehalt an schwefeliger Säure constatirt wurde, sind als
gesundheitsschädlich aus dem Verkehre zu weisen und der Kellerbehandlung insolange
zu unterwerien, bis die freie schwefelige Säure im Wege der langsamen Oxydation
vollkommen verschwindet. Diese Weine sind nicht zu vernichten und ist ein Ein-
schreiten gegen den Besitzer nur dann am Platze, wenn trotz des behördlichen Ver-
botes solche Weine in den Verkehr gesetzt werden«.
In der Klosterneuburger Versuchsstation wurden verschiedene Weine des
Handels auf ihren Gehalt an schwefeliger Säure untersucht; derselbe wurde
zwischen 35 und 120 Milligramm im Liter gefunden, in einem Weine betrug er sogar
289 Milligramm.
Im Jahre 1888 veröffentlichte Professor Rösler die Resultate der Unter-
suchung von 73 verschiedenen Weinen auf schwefelige Säure; es wurden 6 bis
204 Milligramm pro Liter gefunden. Unter den untersuchten Weinen waren auch
einige sehr feine, die bei der Triester Ausstellung 1882 prämiirt worden waren; sie
kamen erst drei Jahre später zur Untersuchung und enthielten 71, 129, 147 und
204 Milligramm Schwefeldioxyd im Liter.
Professor Rösler bat damals das Ackerbauministerium, ein Gutachten über die
zulässige Maximalgrenze des Gehaltes des Weines an freier schwefeliger Säure ein-
zuholen, wobei er ausdrücklich bemerkte, dass es sich insbesondere darum handle,
ob Weine mit mehr als 100 Milligramm schwefeliger Säure ım Liter so lange vom
Consum zurückzuhalten seien, bis sich deren Gehalt an schwefeliger Säure unter
100 Milligramm pro Liter verringert hätte.
Die medicinische Facultat in Wien sprach sich in ihrem Gutachten vom
29. November folgendermassen aus:
»Da nach den eingeholten Ansichten sehr erfahrener und reeller Weinprodu-
centen ein miissiges Schwefeln geniigt, um den Wein zu conserviren und da die
dabei in den Wein gelangende Säure bald zu Schwefelsäure oxydirt wird, welche
einen normalen Weinbestandtheil bildet, da ferner dermalen über die noch zulässigen
minimalen Mengen von schwefeliger Säure, welche den menschlichen Organismus
nicht schädlich aftciren, nichts genaues bekannt ist, so wird man zwar das Schwefeln
der Fässer nach wie vor gestatten können, aber man wird verlangen müssen, dass
der Wein erst dann zum Consum gelange, wenn die schwefelige Säure aus demselben
bereits vollständig verschwunden, also in Schwefelsäure übergegangen ist. Um zu
verhindern, dass der Wein durch wiederholtes Schwefeln nicht zu reich an Schwetel-
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säure, respective an schwefelsauren Salzen werde, die ja in grösserer Menge in einem
Genussmittel nicht gleichgiltig sind, so wäre zu empfehlen, die von anderen Staaten
acceptirte Maximalmenge von Schwefelsäure, welche 2 Gramm neutralem schwefel-
saurem Kalium im Liter Wein entspricht, anzunehmen und demnach jeden Wein als
unzulässig zu erklären, der mehr Schwefelsäure enthält«.
Ein zweites Gutachten der Wiener medicinischen Facultät über die-
selbe Angelegenheit wurde am 19. März 1887 abgegeben. ,
In demselben werden therapeutische Versuche von Bernatzik u. G. Braun
mit schwefeliger Säure erörtert. Nach diesen Versuchen wurden Dosen von 80 bis
100 Milligramm schwefeliger Säure sehr schlecht vertragen. Es wird ferner daran
erinnert, dass frisch geschwefelte Weine selbst bei an Weingenuss gewöhnten Personen
erfahrungsgemäss unerträglichen Kopfschmerz bewirken und dass manche Menschen
schon gegen einen sehr geringen Gehalt des Weines an schwefeliger Säure em-
pfindlich sind.
Professor Rösler hatte mitgetheilt, dass Bier, das aus geschwefeltem Hopfen
bereitet ist, bis zu 7°8 Milligramm schwefeliger Säure enthalten kann, die aus dem
Biere nur langsam verschwinden und in Baiern tolerirt werden, ferner, dass Flaschen-
weine, welche die Anstalt in S. Michele 1882 in Triest ausgestellt hatte, nicht mehr
als 8 Milligramm schwefeliger Säure im Liter enthielten.
Am Schlusse des Gutachtens heisst es:
»Eine Lösung von schwefeliger Säure in dieser Verdünnung wird selbst, wenn
grössere Quantitäten derselben genossen werden, die Gesundheit nicht beeinträchtigen,
demnach wird man Bier, Wein oder Getränke überhaupt, welche im Maximum
8 Milligramm Schwefeligsäureanhydrid im Liter enthalten, vom sanitären Standpunkte
für den Consum noch als zulässig bezeichnen können, einen höheren Gehalt an
Schwefeligsäureanhydrid aber entschieden als unzulässig erklären müssen«.
Auch nach Hilger’s Vereinbarungen der freien Vereinigung bayerischer
Vertreter der angewandten Chemie (1885) wird der Consum von Weinen, die
mehr als Spuren von schwefeliger Säure enthalten, als gesundheitsschädlich angesehen,
und für nöthig erachtet, dass die geschwefelten Weine erst nach Umwandlung der
schwefeligen Säure in Schwefelsäure zum Consum gelangen, welche Umwandlung
nach Stomann allmälig vollständig vor sich gehen soll. Mehr ‘als »Spuren« schwefeliger
Säure wird angenommen, wenn im Liter Wein mehr als 10 Milligramm schwefeliger
Säure gefunden werden.
Dr. L. Pfeiffer macht in seiner 1888 veröffentlichten Arbeit über schwefelige
Säure und deren Verwendung zur Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln
die Annahme, dass die in den Wein gelangende schwefelige Säure bald in schwefelig-
saures Salz übergeht durch Verbindung mit dem Kalium des Weinsteines. Ueber den
zulässigen Gehalt des Weines an schwefeliger Säure schreibt er:
>Aus den mitgetheilten Versuchen geht hervor, dass 80 Milligramm schwefeliger
Säure, im Laufe eines Tages genossen, noch heftige Erscheinungen zur Folge haben
können. Der Grenzwerth muss also kleiner als 80 sein; ich glaube, dass für Wein,
in den durch das wiederholte Schwefeln der Fässer und des Weines selbst mehr
schwefelige Säure gelangen kann, ein solcher von 20 Milligramm pro Liter sowohl
den Ansprüchen der Hygiene genügen dürfte, als auch für die Fabrication keine
zu engen Schranken setzt«.
Auch Pfeiffer nimmt an, dass die schwefelige Säure im Weine allmälig in
Schwefelsäure tibergeht, doch nehme die vollständige Umwandlung anscheinend sehr
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lange Zeit in Anspruch, weil man auch in älteren Weinen häufig noch Spuren von
schwefeliger Säure finde.
E. List berichtete 1888 vor der freien Vereinigung bayerischer Chemiker, dass
es unmöglich sei, stark geschwefelte Weine vor dem Consume so lange liegen
zu lassen, bis der Gehalt an schwefeliger Säure wesentlich geringer geworden.
Den angeführten Maximalgrenzen gegenüber muss hervorgehoben werden, dass
in den meisten tadellosen, theilweise vorzüglichen Handelsweinen weitaus grössere
Mengen von schwefeliger Säure gefunden wurden.
So fand Kämmerer bei der Untersuchung von 81 Weinen im Mittel 93 Milli-
gramm, bei den Weissweinen schwankte der Gehalt an Schwefeligsäureanhydrid
zwischen 32 und 210 Milligramm; in einem Apfelmost fand er sogar 730 Milligramm.
In Folge dessen schlug List 1889 (7. Versammlung der freien Vereinigung
bayerischer Chemiker) vor, einstweilen von der Aufstellung sogenannter Grenzwerthe
ganz Abstand zu nehmen.
Persönliche Erkundigungen des Directors Mach von S. Michele ergaben,
dass in Süddeutschland sehr verschieden vorgegangen werde; ein Chemiker bean-
ständete schon 15 Milligramm, der andere erst 60 Milligramm schwefeliger Säure im
Liter Wein.
Der Verein der schweizerischen analytischen Chemiker beschloss 1891
in Luzern, dass erst Weine, welche mehr als 80 Milligramm schwefeliger Säure im
Liter enthalten, nicht in den Handel kommen dürfen, sondern der Kellerbehandlung
zu unterziehen sind.
So war die Angelegenheit der schwefeligen Säure im Weine recht unklar, als
1892 die wichtige Schrift von Dr. C. Schmitt in Wiesbaden über die Weine des
herzoglich Nassau’schen Cabinetskellers erschien. Schmitt fand in keinem
der von ihm untersuchten 52 grösstentheils hochfeinen Weine der Jabrgänge 1706
bis 1880 weniger als 59 Milligramm, in einem Rüdesleimer 186ler sogar 260 Milli-
gramm schwefeliger Säure im Liter; die Bestimmung der letzteren erfolgte nach der
bis dahin allgemein angenommenen Methode von Haas. Der erwähnte 186ler Rüdes-
heimer wurde von hervorragenden Weinkennern mit den Worten charakterisirt:
»Honigduft, feinstes Gewürz, non plus ultra« und »überaus gross«. Nach den Unter-
suchungen von M. Ripper war diese grosse Merge schwefeliger Säure an Acetaldehyd
gebunden, welches durch Oxydation aus dem Alkohol entstehend ein Bestandtheil aller
Weine ist.
Nach Schmitt verbindet sich beim Einschwefeln eines Weines alsbald ein Theil
der schwefeligen Säure mit Aldehyd und nach längerem Lagern ist gewöhnlich
sämmtliche im Wein enthaltene schwefelige Säure an Aldehyd gebunden.
Die untersuchten Cabinetsweine enthielten durchaus keine freie schwefelige
Säure, sondern nur aldehydschwefelige Säure.
Ripper hat eine practisch brauchbare Methode zur Bestimmung der an Aldehyd
gebundenen schwefeligen Säure angegeben, die wenigstens bei Weissweinen gute
Resultate liefert.
Die aldehydschwefelige Säure ist verhältnissmässig sehr beständig, der Oxydation
wenig zugänglich, erst bei höherer Temperatur (nach Seiffert bei 72 Grad C.)
im Wein zerfallend; sie riecht nicht unangenehm und sollnach Schmitt in keiner
Weise schädlich auf den Organismus wirken. Mitglieder des Schmitt’schen
Laboratoriums haben in vielen Versuchsreihen nicht allzu kleine Weinmengen ge-
trunken mit einem Gehalte von 1 Gramm aldehydschwefeliger Säure pro Liter, ohne
dass auch nur einer derselben im mindesten sich unwohl fühlte, oder über Kopf-
und Magenbeschwerden zu klagen gehabt hätte.
Damit ist wohl noch nicht bewiesen, dass die adlehydschwefelige Säure ganz
unschädlich ist, aber es ist wohl fast zweifellos, dass die schwefelige Säure in dieser
Verbindung, in der sie der Oxydation so starken Widerstand leistet, dass Jod sie
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nicht in Schwefelsäure umwandelt, auf den Organismus nicht so wirken wird, als im
freien Zustande. Director Mach stimmt deshalb nicht der Ansicht von Seifert
zu. dass bei Beurtheilung eines Weines nur der Gesammtgehalt an schwefeliger
Säure in Betracht gezogen werden könne.
Es ist gewiss sehr wünschenswerth, dass die Wirkung der aldehydschwefeligen
Säure auf den Organismus möglichst bald von autoritativer medicinischer Seite studirt
werde; aber auch heute schon kann man über die Schmitt’sche Arbeit bei der
Beurtheilung von Weinen nicht hinweggehen; diese Arbeit hat erst das Verhalten
der schwefeligen Säure im Wein klargestellt. Jetzt versteht man, warum einge-
schwefelte Weine nach längerem Lagern nicht mehr nach schwefeliger Säure riechen
und wie von allen Seiten beobachtet wurde, nicht mehr gesundheitsschädlich wirken,
obwohl sich in ihnen noch bedeutende Mengen von schwefeliger Säure nachweisen
lassen; diese Aenderung ist nicht einer vollkommenen Umwandlung der schwefeligen
Säure in Schwefelsäure, sondern der Bildung von Aldehydschwefeligersäure zu-
zuschreiben.
Die Direction von S. Michele glaubt, dass ein Wein wegen eines grösseren Ge-
haltes an Aldehydschwefeligersäure nicht beanständet werden solle, oder dass man
mindestens eine sehr hohe Grenze, etwa 300 Milligramm, festsetzen müsste.
Wollte man mit Rücksicht auf die noch nicht absolut sicher nachgewiesene
Unschädlichkeit der aldehydschwefeligen Säure strenger vorgehen, so liefe man Ge-
fahr. einen sehr grossen Theil, und zwar gerade der besseren Weissweine des Handels
als gesundheitsschädlich beanständen zu müssen.
Kein Weinproducent wäre vor Unannehmlichkeiten und Strafen sicher, da oft
aus Zufall, wenn ein oder das andere Fass Wein in Folge wiederholter Versendungen
kleiner Mengen häufiger abgezogen, der Wein überreich an gebundener schwefeliger
Säure wird, weil eine Oxydation dieser zur Schwefelsäure, wenn überhaupt, mindestens
nur sehr langsam vor sich geht.
Im Anstaltskeller von S. Michele wird mit dem Schwefel kein Missbrauch
getrieben und doch fanden sich unter den eingelagerten Marken einzelne, die sehr
viel, bis zu 160 Milligramm gebundener schwefeliger Säure enthielten; diese gehörten
zu den besten Flaschenweinen und man hatte vor Durchführung der Untersuchung
keine Ahnung von diesem hohen Gehalte an gebundener schwefeliger Säure; sie
machten auf jeden Sachverständigen einen guten und angenehmen Eindruck.
Um Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage: Wie sollen Weine be-
urtheilt werden, die noch freie schwefelige Säure enthalten? zu gewinnen, wurden
zahlreiche Weine von verscbiedener Provenienz und von verschiedenen Jahrgängen
ia der Anstalt S. Michele untersucht.
Dabei ergab sich, dass selbst in tadellosen, zum Theile sehr guten Flaschen-
weinen mitunter noch kleine Mengen freier schwefeliger Säure (bis zu 8 Milligramm)
vorkommen können, ohne dass sie sich störend bemerkbar machen. Demnach dürfte
es den thatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen, selbst in direct zum Aus-
schank kommenden Weinen die geringste Spur freier schwefeliger Säure zu be-
anständen.
Weine mit grösseren Mengen freier schwefeliger Säure sollen allerdings nicht
zum Ausschank zugelassen aber doch nicht beanständet werden, so lange sie sich
noch in den Händen des Weinhändlers oder in der Schulung betinden, denn die im
Fassweine enthaltene freie schwefelige Säure geht ja doch allmälig in den ge-
bundenen Zustand über. Allerdings findet dieser Uebergang nicht immer sehr rasch
statt. Sofort nach dem Einschweteln wird ın der Regel ein beträchtlicher Theil der
schwefeligen Säure rasch an Aldehyd gebunden, dann aber geht diese Bindung meist
nur sehr allmälig vor sich in dem Masse, als sich langsam Aldehyd bildet. Durch
Versuche in der Anstalt S. Michele ist dies ermittelt worden, dieselben haben auch
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gelehrt, dass bei stärkerem Einschwefeln ein Theil der freien schwefeligen Säure
erst nach längerem Lagern und allmälig sich mit Aldehyd verbindet.
Kleine Mengen freier schwefeliger Säure, die durch den Geschmack nicht mehr
erkannt werden, dürften sich demnach in vielen im Consum befindlichen Weissweinen
finden, selten dürfte dies bei Rothweinen der Fall sein, welche man, wenn sie gesund
sind, beim Abziehen von Fass zu Fass nicht einschwefelt, schon wegen ihrer Farbe.
Bei den heutigen Regeln der Kellerwirthschaft ist es daher wohl nicht thunlich,
die geringsten Mengen freier schwefeliger Säure in Consumweinen zu beanständen,
denn selbst der ttichtigste Gastwirth und“ Händler könnte sich fortwährenden
Unannehmlichkeiten und Strafen nur dann entziehen, wenn er jeden Wein, bevor
er zum Consum gelangt, analysiren liesse und das ist practisch undurchführbar.
Es ist gewiss wünschenswerth, dass vom Schwefel in der Kellerwirthschaft nur
ein mässiger Gebrauch gemacht werde, aber es ist doch zu empfehlen, dass selbst
für Consum- oder Schankweine ein gewisser Gehalt an freier schwefeliger Säure
tolerirt werde und dass solche Weine erst bei einem Gehalt von 20 Milligramm oder
zum mindesten 10 Milligramm freier schwefeliger Säure als für den Genuss noch
nicht geeignet bezeichnet werden.
Medicinalweine sollen gar keine freie schwefelige Säure enthalten.
Weine dagegen, die noch nicht zum Genusse gelangen, sondern im Handel von
einem Keller in den andern versandt werden, können wohl auch bei einem grösseren
Gehalt an freier schwefeliger Säure nicht beanständet werden, weil ihr Gehalt an
gesundheitsschädlicher schwefeliger Säure bis zu dem Augenblicke, in dem sie dem
Consum tibergeben werden, noch verschwinden oder auf die zulässige Maximalziffer
herabgehen kann.
Die Direction einer Versuchsanstalt stellte an, das k. k. Ackerbauministerium
die Bitte, es wolle die Abgabe eines neuen Gutachtens über die Frage des zulässigen
Gehaltes an schwefeliger Säure im Weine von autoritativer medicinischer Seite ver-
anlassen, damit nicht in einzelnen Fällen auf Grund des eitirten Gutachtens der
Wiener medieinischen Facultät vom 19. März 1887 dem Weinhandel unnöthige
Schwierigkeiten verursacht werden.
Gutachten.
Die schädlichen Wirkungen, welche schon verhältnissmässig geringe Mengen
von sehwefeliger Säure, sowie von schwefeligsauren Salzen auf den menschlichen
Organismus ausüben, wenn sie in den Magen gelangen, sind die Ursache, dass seit
lange vom sanitären Standpunkte angestrebt wurde, den Zusatz der schwefeligen
Säure zu Nahrungs- und Genussmitteln zu verbieten. Ein solches Verbot war aber
nicht zu erreichen, weil die schwefelige Säure wegen ihrer eminent conservirenden
Eigenschaften bei der Erzeugung und Aufbewahrung gewisser Lebensmittel nicht
entbehrt werden kann, so insbesondere auch bei der Weinproduction und speciell in
der Kellerwirthschaft. Man musste sich schliesslich begnügen, das Schwefeln des
Weines soweit als möglich einzuschränken und nur solche Weine zum Consum
zuzulassen, deren Gehalt an schwefeliger Säure schr gering ist und daher keine
schädlichen Wirkungen auf den menschlichen Organismus auszuubén vermag.
Die medicinische Facultät hat sich in ihrem Gutachten vom 29. November 1885
dahin ausgesprochen, dass das Schwefeln der Weinfässer nach wie vor gestattet sein
möge, dass aber der geschwefelte Wein erst dann zum Consum zugelassen werden
solle, wenn die schwefelize Siure durch Oxydation beim Lagern vollständig in
Schwefelsäure übergegangen ist.
Es wurde daher von Consumweinen verlangt, dass sie frei von schwefeliger
Siiure sein sollen.
Dieses Gutachten genügte insbesondere den Analytikern, welche Weine zu
untersuchen und zu begutachten haben, nicht und so erbat sich über Drängen der
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Klosterneuburger Versuchsstation das Ackerbauministerium von der Wiener medici-
nischen Facultät ein zweites Gutachten, in welchem für den Gehalt des Weines
an schwefeliger Säure eine Grenze festgesetzt werden sollte. In dem Gutachten vom
19. März 1887 erklärt die Facultät, dass Wein, Bier oder Getränke überhaupt,
welche im Maximum 8 Milligramm Schwefeligsäureanhydrid pro Liter enthalten, vom
sanitären Standpunkte als für den Consum noch zulässig bezeichnet werden können,
dass aber ein höherer Gehalt an Schwefeligsäureanhydrid entschieden unzulässig sei.
Selbstverständlich bezog sich der vorgeschlagene Grenzwerth auf freie schwetelige
Säure. In jener Zeit war man allgemein der Anschauung, dass das allmälige
Verschwinden der schwefeligen Säure aus geschwefelten Weinen lediglich auf einem
Oxydationsvorgange, auf der Umwandlung in Schwefelsäure beruhe.
Durch die seither veröffentlichten Resultate der bedeutsamen Arbeiten von
Ripper und Schmitt sind der Beurtheilung des Verhaltens und der Bedeutung
der schwefeligen Säure im Weine wichtige neue Gesichtspunkte erwachsen.
Ripper hat nachgewiesen, dass die in den Wein gelangende schwefelige Säure
beim Lagern nur zum kleinsten Theile durch Oxydation verschwindet, dass aber eine
Verbindung der schwefeligen Säure mit Aldehyd entsteht, welche relativ beständig ist
und sich gegen Reagentien anders verhält, als die freie schwefelige Säure. Diese
aldehydschwefelige Säure zerlegt sich bei Körpertemperatur nicht, ihre Zerlegung
erfolgt erst bei weit höherer Temperatur, sowie bei der Einwirkung energischer
Reagentien, wie Mineralsäuren und dtzender Alkalien.
Durch die Anziehung der schwefeligen Säure zu den Aldehyden verschwindet
die freie schwefelige Säure, welche durch das Schwefeln in den Wein gelangt, beim
Lagern allmälig vollständig und es ist in gutj gelagerten Weinen, die nach dem
Schwefeln beträchtliche Mengen von freier schwefeliger Säure entbielten, auch nicht
die Spur derselben nachzuweisen, dagegen kann man sich leicht überzeugen, dass die
schwefelige Säure nicht etwa zu Schwefelsäure oxydirt wurde, sondern in aldehyd-
schwefelige Säure tibergegangen ist, wenn man solchen Wein mit Kalilauge behandelt
oder der Destillation unterwirft, in welchen beiden Fällen die schwefelige Säure vom
Aldehyd abgespalten und dem Nachweis durch die geeigneten Reagentien zugänglich
gemacht wird.
Schmitt theilt in seinem berühmten Buche: »Die Weine des herzogl.
Nassau schen Cabinetskellers« mit, dass er bei der Untersuchung dieser Weine, die
als das Höchste der Weinproduction und Kellerwirthschaft hingestellt werden und
die Jahrgänge 1706 bis 1880 umfassen, zwischen 59 und 260 Milligramm schwefeliger
Säure pro Liter gefunden hat; aber die schwefelige Säure war in diesen Weinen
vollständig an Aldehyd gebunden, freie schwefelige Säure liess sich da nicht nach-
weisen.
Das Verhalten der schwefeligen Säure im Weine gestaltet sich nach eingehender
Untersuchung folgendermassen:
Das beim Schwefeln des Weines entstehende Schwefeligsäureanhydrid wird
zunächst vom Weine absorbirt und verbindet sich allmälig mit dem im Weine
vorbandenen Aldehyd, gleichzeitig kann auch ein Theil der schwefeligen Säure durch
den Sauerstoff der atmosphärischen Luft zu Schwefelsäure oxydirt werden, dieser
Antheil ist aber gewiss gering. Findet die schwefelige Säure weder Aldehyd noch
Sauerstoff, so wird sie selbstverständlich frei, unverbunden bleiben und man wird in
einem solchen, gewiss seltenen Falle selbst nach längerem Lagern auch noch freie
schwefelige Säure in dem Weine finden. Es ist von vornherein klar, dass nach der
durch die Untersuchungen von Schmitt und Ripper gegebenen Sachlage die
Frage der schwefeligen Säure im Weine anders steht als vorher und dass es nicht
mehr genügt, bei der Beurtheilung eines Weines dessen Gesammtgehalt an schwefeliger
Säure zu berücksichtigen, sondern dass zwischen freier und an Aldehyd
gebundener schwefeligerSäure wohl unterschieden werden muss.
=. =
Wenn nun heute ein Gutachten darüber abgegeben werden soll, welche Mengen
von schwefliger Säure in Consumweinen vom sanitären Standpunkte zugelassen werden
‚dürfen, so ist selbstverständlich die freie schwefelige Säure und die aldehydschwefelige
Säure getrennt zu berücksichtigen.
Was die freie schwefelige Säure anbelangt, so ist und bleibt
das Gutachten der medicinischen Facultätin Wien vom 19. März
1887 massgebend, welches als Maximalgrenze 8Milligramm Schwefelig-
säureanhydrid pro Liter Wein festsetzt. Dieses Gutschten beruht auf klinischen
Beobachtungen, welche durch neuere Untersuchungen in ihren Resultaten
bestätigt wurden und es trägt auch den billigen Anforderungen einer correcten
Kellerwirthschaft Rechnung.
An dieser Bestimmung der medicinischen Facultät sollte also unter keiner
Bedingung gerüttelt werden.
Für die Beurtheilung der aldehydschwefeligen Säure mussten zunächst Unter-
suchungen über deren Wirkung auf den menschlichen Organismus angestellt werden.
Es lagen nur die Ergebnisse einiger Versuche aus dem Schmitt’schen Laboratorium
und die Ergebnisse von zwei Versuchsreihen vor, welche der Züricher Stadtarzt
Dr. Leuch mitgetheilt hat.
Bezüglich der Versuche im Schmitt’schen Laboratorium heisst es in dem
bereits erwähnten Werke: »Um die Unschädlichkeit der aldehydschwefligen Säure
noch besonders darzuthun, haben wir nichtgeschwefeltem Wein künstlich dargestellte
aldehydschwefelige Säure in fünffach so grosser Menge zugesetzt, wie wir sie im
Durchschnitte in gutem Rheinwein ermittelten. Bei dem wiederholten Genusse solchen
Weines, selbst in erheblichen Quantitäten konnte eine schädliche oder selbst nur
unangenehme Nebenwirkung niemals constatirt werden«.
Dr. Leuch zieht aus seinen Versuchen, die er sowohl mit kar als mit
aldehydschwefeliger Säure angestellt hat, den Schluss, man könne pro Liter Wein
noch einen Gehalt von 40 Milligramm freier schwefeliger Säure und von 200 Milli-
gramm an Aldehyd gebundener schwefeliger Säure zulassen, eventuell die Grenze für
die letztere noch etwas höher stecken.
Im Einverständnisse mit dem Obersten Sanitätsrathe hat sich der Referent
an Herrn Hofrath Neusser mit der Bitte gewendet, derselbe möchte auf
seiner Klinik Versuche über die Wirkung der aldehydschwefeligen Säure anstellen
lassen. Dieser Bitte wurde bereitwillig entsprochen und es liegt uns eine Publication
des Herrn Dr. Julius Marischler in der Wr. klinischen Wochenschrift (Jahr-
sang 1896, Nr. 31) vor, welche klinische Untersuchungen über die
Wirkung der an Aldehyd gebundenen schwefeligen Säure im
Weine behandelt. Die zu diesen Versuchen verwendete aldehydschwefelige Säure
war mit ailer Sorgfalt im Laboratorium für medicinische Chemie dargestellt und
untersucht worden. |
Die Ergebnisse dieser klinischen Untersuchungen sind in folgenden zwei Sätzen
znsammengefasst:
1. Der Zusatz von 0'012, 0'024, 0036 Gramm an Aldehyd gebun-
dener schwefeliger Säure zu 10 Cubikcentimeter ausgeheberten
Magensaftes lässt keine Störung der Eiweissverdauung con-
statiren.
2. Bei Verabreichung von grossen Quantitäten schwefeliger
Säure an Aldehyd gebunden, in verhältnissmässig sehr hoher
Concentration konnten wir bei unseren Versuchspersonen keine
Störungen beobachten, welche mit Sicherheit als schädigende
Wirkung dieser Substanz hätten gedeutet werden können.
Die von Dr. Marischler gercichten Mengen aldehydschweteliger Säure
entsprachen 0:16, 0:32, ja selbst 0'64 Gramm Schweteligsäureanhydrid.
er IT, e
Wenngleich das gesammte vorliegende experimentelle Material tiber die Wirkung
der aldehydschwefeligen Säure noch recht gering ist, so kann doch das eine daraus
gefolgert werden, dass die au Aldehyd gebundene schwefelige Säure gewiss bei
weitem unbedenklicher für den menschlichen Organismus ist, als die freie schwefelige
Säure und dass, da schädliche Wirkungen eines mässigen Genusses selbst an aldehyd-
schwefeliger Säure sehr reichem Weine niemals beobachtet wurden, der gewöhnliche
Gehalt der Weine an aldehydschwefeliger Säure für die Gesundheit des Menschen
keinerlei Störung bedingt.
Ripper will bezüglich des Gehaltes an schwefeliger Säure folgende Forderung
stellen: »Der grösste Theil der schwefeligen Säure muss in den geschwefelten
Weinen in gebundener Form — von mir als aldehydschwefelige Säure bezeichnet —
enthalten sein. Als freie schwefelige Säure darf in den geschwefelten Weinen nicht
mehr als 2 Milligramm Schwefeligsäureanhydrid in 100 Cubikcentimetern vorkommen«.
Dr. Leuch will, wie schon erwähnt, pro Liter Wein 40 Milligramm freier
und 200 Milligramm an Aldehyd gebundener schwefeliger Säure zulassen.
Director Mach ist der Ansicht, dass ein Wein auch wegen eines grösseren
Gehaltes an mit Aldehyd verbundener schwefeliger Säure nicht beanständet werden
soll oder dass man da mindestens eine sehr hohe Grenze, etwa von 300 Milligramm
festsetzen müsse.
Auf die Forderung, den Gehalt der Weine an aldehydschwefeliger
Säure unberücksichtigt zu lassen und nur die freie schwefelige
Säure bei der Beurtheilung der Weine in Betracht zu ziehen,
kann vom sanitären Standpunkte nicht eingegangen werden, denn
erstens ist es ja durchaus nicht erwiesen, dass grosse Dosen von aldehydschwefeliger
‘Säure unschädlich sind und zweitens würde durch Eingehen auf diese Forderung der
Weinpantscherei von diesem Punkte aus Thür und Thor geöffnet.
Schmitt weist darauf hin, dass die aldehydschwefelige Säure den Geruch und
Geschmack des Weines wesentlich günstig beeinflusst, was liegt also näher, als
anzunehmen, dass diese Erfahrung sofort durch Zusatz künstlich dargestellter aldehyd-
schwefeliger Säure nutzbar gemacht werden wird; was für Präparate würden aber da
mitunter zur Anwendung gelangen?
Man muss also wohl auch da eine Grenze festsetzen und erscheint vorläufig
zweckmässig, dieselbe auf 260 Milligramm Schwefeligsäureanhydrid,
gebunden an Aldehyd pro Liter Wein zu normiren.
Es ist ja immerhin möglich, dieselbe, wenn noch mehr Erfahrungen vorliegen
werden, weiter hinauszurücken, vorläufig erscheint dies aber durchaus nicht gerathen
und es wird durch diese Grenze die rationelle Kellerwirthschaft, die ja doch auch
mit dem Schwefeln haushalten lernen muss, keineswegs beengt.
Der Oberste Sanitätsrath erklärt demnach, dass bei der
BeurtheilungderfürdenConsumbestimmtenWeinevomsanitären
Standpunkte, insofernesich dieselben auf denGehalt an schwefe-
liger Säure bezieht, zwischen freier schwefeliger Säure und an
Aldehyd gebundener schwefeliger Säure unterschieden werden muss.
In Bezug auf die freie schwefelige Säure soll das Gutachten
der Wiener medicinischen Facultät vom 19. März 1887 aufrecht
erhalten bleiben, demzufolge eine Maximalgrenze von 8 Milli-
gramm Schwefeligsäureanhydrid pro Liter Wein festgesetzt ist.
Medicinalweine sollen aber völlig frei von freier schwefeliger
Säure sein.
In Bezug auf die an Aldehyd gebundene schwefelige Säure
sollen nur solche Weine zum Consum zugelassen werden, welche
nieht über 200 Milligramm Schwefeligsäureanhydrid, gebunden an
Aldehyd, pro Liter enthalten.
— 12 —
Mittheilungen. über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Ausiande.
Pestma:snahmen in Britisch-Ostindien. Verordnungen der indischen Regierung enthalten
die folgenden Verfügungen über die in der Stadt Bombay zu treffenden Massnahmen, sowie
über die Behandlung der aus- und einlaufenden Schiffe.
1. Die Durchführung der Vorschriften in der Stadt Bombay erfolgt unter Aufsicht
der Regierung durch den Bürgermeister und die Stadtverwaltung, welchen das Recht eingeräumt
ist zur Anstellung von Unterbeamten, zur Absperrung der Zugänge zur Stadt auf Landseite,
zu Anhaltung und ärztlicher Ueberwachung vorgefundener verdächtiger Personen.
Ein dem Bürgermeister zugewiesener Beamter ist berechtigt: öffentliche und private Gebäude
zu inspieiren und die Eigenthümer zu entsprechender Reinigung oder Schliessung des Gebäudes
aufzufordern;
zur Besichtigung pestverdächtiger Oertlichkeiten, und zur Einleitung der Massnahmen,
welche eine Verbreitung der Seuche von dort aus zu begünstigen im Stande sind;
zu Inspection der Wasserversorgungsanlagen ;
zur Unterbringung von Pestkranken;
Hauseigenthiimer zur Desinfection ihrer Gebäude, sowie zum Verlassen derselben an-
- zuhalten;
die allfällige Demolirung von Bauten anzuordnen;
inficirte sowie zur Verbreitung der Ansteckung "sich eignende Gegenstände vernichten
zu lassen.
Die Anordnungen des Bürgermeisters und der demselben zugetheilten Beamten müssen
sofort befolgt werden.
2. Auslaufende Schiffe. Jedes Schiff, welches aus dem Hafen ausläuft, muss eine
ärztliche Bestätigung haben, dass der Führer, die Mannschaft und die Passagiere bei Tag auf
dem Lande untersucht und pestfrei befunden wurden. Die ärztliche Untersuchung findet
zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang statt. Bei Schiffen, welche Bombay anlaufen ohne
mit der Stadt in Verbindung zu treten, beschränkt sich die Untersuchung auf die von Bombay
aus die Reise antretenden Personen. Die Consuln der auswärtigen Mächte dürfen bei der Unter-
suchung anwesend sein.
Der Pest verdächtige Personen und deren Angehörige dürfen sich nicht einschiffen, werden
über Anordnung, des leitenden Beamten unter ärztliche Aufsicht gestellt, ihr Gepäck desinficirt.
In den Schiffspapieren ist hierüber eine Bemerkung einzutragen.
Personen und Gepäck dürfen nach Ausstellang des Sanitätsbefundes nicht mehr an Bord
genommen werden, sofern nicht etwa vorher die ärztliche Untersuchung stattgefunden hat.
Schiffe, welche nach 6 Uhr Morgens auslaufen, werden neuerdings einer Untersuchung
unterworfen, welche sich, falls ein Verkehr mit dem Lande seit der früheren Untersuchung nicht
stattgefunden, auf das Schiff beschränkt.
3. Einlaufende Schiffe, welche aus einem verseuchten Hafen kommen oder mit
einem solchen anders, als blos mittelst Signalen oder mündlich verkehrten, oder welche Pest
an Bord haben oder noch zwölf Tage vor der Ankunft hatten, müssen die vorgeschriebenen
Quarantainsignale geben, dürfen ausser mit den Lootsen und den berufenen Beamten mit Niemand
verkehren, werden untersucht und bei günstigem Ausgange der Inspection zum Verkehre zugelassen.
Bei verseuchten Schiffen (mit Pest an Bord oder Pestfällen innerhalb der letzten zwölf
Tage) kommen folgende Massnahmen in Anwendung.
Ausschiffung der Kranken und Unterstellung unter ärztliche Aufsicht. Die übrigen Per-
sonen haben gleichfalls das Schiff zu verlassen und unterliegen ärztlicher Ueberwachung. Nur
die aus Dienstesrücksichten auf dem Schiffe unentbehrlichen Personen dürfen unter ärztlicher
Aufsicht auf demselben zuriickbleiben. Desinfeetion verdächtigen Gepäckes.
Ersatz des Trinkwassers an Bord durch Vorrath von gesundem Wasser, Entfernung des
Soodwassers. Vollständige oder theilweise Desinfeetion des Schiffes.
Verdächtige Schiffe, d. i. jene, welche bei der Abreise oder während der Fahrt, nicht
mehr aber innerhalb der letzten zwölf Tage Pestfäile hatten, unterliegen der Untersuchung,
werden desinfieirt, haben frisches Trinkwasser aufzunehmen, das Soodwasser zu beseitigen.
Für „den Umständen nach reine“ Sehiffe, bestimmt die Behörde die in Anwendung zu
bringenden Massnahmen.
Ueberfüllte Schiffe können eine gleiche Behandlung erfahren wie verdächtige.
Schiffen, welche sich der angeordneten Behandlung nicht unterzieben wollen, ist es, 80
lange mit der Ausschiflung nicht begonnen wurde, freigestellt, den Hafen zu verlassen.
erantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
ií Rothenthurmasatrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung gansjährig &. 6.—.
eee
ZI. Jahrgang. Wien, 12. Jänner 18989. Nr. 2.
Inhalt. Abonnements-Einladung. — Staatsausgaben für sanitäre Zwecke im Jahre 1898. —
Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlässe der niederösterreichischen Statthalterei, betreffend die An-
wendung elektrischer Lichtbäder, und betreffend Vorsorge für Isolirriume zur Pflege von Infections-
kranken in Spitälern. — Vermischte Nachrichten.
ga Dieser Nummer liegt das Inhalts-Verzeichniss zum Jahrgange 1898 bei.
Abonnements-Einladung.
Die gefertigte Verlagshandlung beehrt sich zum Abonnement auf
„Das österreichische Sanitatswesen“,
dessen XI. Jahrgang mit voriger Nummer begann, höflichst einzuladen,
Diese Zeitschrift bringt ausser Berichten über die Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitäts-
ratbes auch dessen wichtigeren @utaohten, bringt ferner Arbeiten über das öffentliche Sanitätswesen
und ist das einzige Blatt, welches alle einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Erlässe in ihrem
anthentischen Wortlaute, Erkenntnisse und Entscheidungen vollständig und unter gleichzeitiger
Berücksichtigung aller einsohlägigen Gesetze und Verordnungen veröffentlicht.
„Das österreichische Sanitätswesen“
erscheint jeden Donnerstag und wird nur ganzjährig abgegeben.
Der Preis beträgt bei directer Postzusendung jährlich fi. 6.—.
Für Stadt-, Gemeinde- und Distriotsärzte,. Verwaltungen von Sanitäts- und Humanitäts-
Anstalten sowie für Gemeindebehörden wurde der jährliche Pränumerationspreis mit fi. 4.60 fest-
gesetzt, jedoch nur dann, wenn der Bezug direct duroh die Verlagshandlung erfolgt.
Hochachtungsvoll
Alfred Hölder,
Wien, 5. Jänner 1899. kuk Hof- und Universitäts-Buchhändler.
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Staatsausgaben für sanitäre Zwecke im Jahre 1898.*)
Mit der auf Grund des $ 14 des Staatsgrundgesetzes vom 21. December 1867,
R. G. Bl. Nr. 141, erlassenen kaiserlichen Verordnung vom 28. December
1898, R. G. Bl. Nr. 237, wurden an Stelle des Finanzgesetzes für den Central-
Rechnungsabschluss über den Staatshaushalt der im Reichsrathe vertretenen König-
reiche und Länder für das Jahr 1898 die Ausgaben und Einnahmen festgestellt.
Von diesen Ausgaben entfallen auf den Sanitätsdienst, auf medicinische Unter-
richtsinstitute und andere mit dem Sanitáts- und Veterinärwesen in Beziehung
stehende Bedürfnisse folgende Beträge.
I. Ministerium des Innern.
An Gehalten und Activitätszulagen für 8 Beamte im Sanitäts-Departement er-
scheinen 24208 fl. (18708 fl. Gehalt, 5500 fl. Activitätszulage) eingestellt, für Honorare
und sonstige Auslagen des Obersten Sanitätsrathes der Betrag von 17000 fi., für
sonstige Sanitätsauslagen der Betrag von 8000 fl., die Kosten des ständigen Beirathes
für Angelegenheiten des Verkehres mit Lebensmitteln und einigen Gebrauchsgegen-
stände mit 3000 fl., jene für Erhaltung, Ausgestaltung und Betrieb der fünf Nahrungs-
mittel- Untersuchungsanstalten (Wien, Graz, Prag 2, Krakau) mit 103000 fi., zusammen
somit bei der Centralleitung für Sanitätszwecke ein Betrag von 155208 fl. vor-
gesehen.
Die Auslagen des Sanitäts- und Veterinärdienstes in den einzelnen Verwaltungs-
gebieten und die Bestimmung der betreffenden einzelnen Credite lässt die folgende
Uebersicht (siehe S. 15) entnehmen.
Für die Anstalten zur Gewinnung animaler Vaccine erscheinen 26500 fl., für
das sero-therapeutische Institut in Wien 50000 fl., für die Lyssaschutzimpfungsanstalt
in Wien 4000 fl., als Subvention der Wiener freiwilligen Rettungsgesellschaft der Be-
trag von 5000 fl. eingestellt.
Die Förderung besonderer Sanitäts- und Assanirungszwecke wurde durch ent-
sprechende Erhöhung mehrerer Credite für sonstige Sanitätsauslagen ermöglicht.
II. Ministerium für Cultus und Unterricht.
Ausser dem ordentlichen Erfordernisse für den medicinischen Unterricht wurden
folgende ausserordentliche und Investitionsausgaben festgestellt.
1. Universität in Wien.
Bau des hygienischen Institutes und der staatlichen Lebensmittel-
Untersuchungsanstalt (zweite Rate) . . . 50000 fl.
Herstellung eines Thierstalles beim pathologischen Institute pe cii 5800 ə
Nachzahlungen fir die Krankenhauskliniken . . 2» 2 202. 7470 >
Nachzahlungen für die Gebärkliniken . . . 16000 »
Anschaffung eines Mikroskopes für die Il. psychiatrische Klinik 450 »
zusammen . 79720 A.
2. Universität in Innsbruck.
Nachzahlung von Beiträgen für die Krankenhauskliniken aus dem
Jahre 1897 . . .. o... 120008.
Installirung der Wasserleitung im Hörsaale, Ambulatorium und
Arbeitez imo der medic nischen Klinik . . .. 500 >»
Anschaffung von elektro-medieinischen Apparaten für die medi-
einische Klinik A ee 380 >
E? Verreck Jahrg. 1897 d. Bl, S. 58.
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|
68L MIYVL WI UDpPAQUIE WONISBIOA gpr up q JsUOIpPS}YINTG Up 10] U9qUIsn y
= 16: se
Anschaffung eines grösseren Mikroskopes für das histologisch-
embryologische Institut .
Completirung der wissenschaftlichen Ausstattung. des Institutes
für gerichtliche Medicin (erste Rate)
Completirung des pathologisch-anatomisches Institutes (erste Rate)
Einrichtung und Ausgestaltung eines Cabinets zur Untersuchung
mit Röntgenstrahlen bei den Krankenhauskliniken
Wissenschaftliche Ausstattung und innere Anne des hygieni-
schen Institutes. .
Wissenschaftliche Ausstattung der gynäkologischen ‘Klinik und
Anschaffung von?’ Einrichtungsstücken für die Runen
Klinik oe und letzte Rate) a
zusammen
. Universität in Graz.
Nachzahlungen für die Krankenhaus- und Gebärkliniken .
Anschaffung eines mul, für das SE
Institut .
Neuherstellung einer Gasleitungsanlage für die Krankenhaus-
kliniken
Anschaffung von Einrichtungsstücken ‘fiir das chemische Labo-
ratorium der pädiatrischen Klinik
Adaptirung und Einrichtung eines Sammelraumes für das ana-
tomische Institut (erste Rate) .
Wissenschaftliche Ausstattung des hygienischen. lustitutes (zweite
und letzte Rate) E Se ee ie dns
zusammen
. Deutsche Universität in Prag.
Bau des physiologischen Institutes (erste Rate).
Anschaffungen und Herstellungen für die chirurgische Klinik
Ergänzung der wissenschaftlichen Ausstattung für die zahnärzt-
liche Specialordination an der Poliklinik (erste Rate) . ;
Ergänzung der wissenschaftlichen Ausstattung der II. medicini-
schen Klinik .
Anschaffung eines Lichtprojectionsapparates í für das physiologische
Institut (zweite und letzte Rate) . .
zusammen
500 fl.
500 »
400 »
550 »
2800 »
500 »
18130 tl.
15000 fl.
500 »
1400 »
600 >
600 >
750 »
18850 fl.
100000 fl.
5660 >»
500 »
1000 >
500 >»
107660 fl.
Böhmische Universität in Prag.
Ausbau des medicinischen Institutsgebäudes sammt innerer Ein-
richtung (zweite und letzte Rate)
Nachzahlung von Concurrenzbeiträgen für die provisorische Be-
niitzung des Isolirpavillons beim “allgemeinen Krankenhause
Adaptirung des physiologischen Hörsaales
Erste wissenschaftliche Ausstattung des hygienischen Institutes .
Anschaffung von Apparaten zu Arbeiten mit Röntgen-Strahlen
für die medieinische Facultät .
Herstellungen am Gebäude der Kinderklinik
Ergänzung des wissenschaftlichen Inventars der geburtshilflich
gyni äkologischen Klinik
Ansch affung von Apparaten und Instrumenten für das p: athologisch-
anatomische Institut (erste Rate) .
Wissenschaftliche Ausstattung des Instituts fiir Histologie und
Embryologie (zweite und letzte Rate) .
zusammen
7000 fi.
12994 >»
4800 »
3000 »
800 »
450
y
700 >
300 »
500 >
30544 fl.
A — =- aa
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ad 4 und 5. Gemeinschaftlicher Aufwand beider Universititen.
Nachzahlungen fiir die Krankenhauskliniken . 75000 fl.
Für die Dislocation der Kliniken anlässlich der F erigstellung des
Pavillon VI im allgemeinen Krankenhause ; 10000 »
zusammen 85000 fl.
6. Universität in Lemberg.
Wissenschaftliche Ausstattung und innere Einrichtung der Institute
und Kliniken an der medicinischen Facultät 55000 fl.
7. Universität in Krakau.
Einrichtung einer Werkstätte für den Mechaniker beim physio-
logischen Institute . 600 fl.
W issenschaftliche Ausstattung. des anatomischen Institutes (erste
Rate) . . 1000 »
Completirung der wissenschaftlichen Ausstattung für das hygieni-
sche Institat (erste Rate) . 2000 »
Anschaffung von Mikroskopen fiir klinische Mikroskopir-Uebungen
(erste Rate) 400 »
Ergänzung der wissenschaftlichen Ausstattung ‘des Institutes fur
gerichtliche Medicin (erste Rate) . at E 250 >
Neubau der oculistischen Klinik (zweite Rate) . 20000 »
Ergänzung der Lehrmittelsammlung und des Instrumentariums
fiir den Hebammenunterricht an der Gebirabtheilung des
St. Lazarus-Spitales (zweite und letzte Rate) 500 >
zusammen . 24750.
8. Hebammenschulen.
Ordentliche und ausserordentliche Ausgaben . 49778 fl.
9. Thierarznei- und REES in Lemberg.
Ordentliche Ausgaben 36900 fl.
MI. Finanzministerium.
Tabakfabriken.
Herstellung von Arbeiterhäusern (dritte Rate) für den, Neubau
eines Maschinenhauses und für men eines neuen Arbeiter-
bades in Hainburg . 45000 fl.
Herstellung eines Arbeiterbades in Budweis . 8000 »
Herstellung eines Arbeiterbades in Sacco. 7000 »
Herstellung einer Arbeiter-Speisehalle in Neutitschein
zusammen
Ausserdem nicht detaillirt specificirte Ausgaben für eine Wärme-
küche in Fürstenfeld, und für Woblfahrtseinrichtungen.
IV. Handelsministerium.
Gewerbe-Inspection, ordentliche Ausgaben
Hafen- und Seesanitätsdienst .
V. Ackerbau-Ministerium.
Regie- und Erhaltungskosten der staatlichen Entsumpfungsaniage
bei Aquileja (zweite Rate) und Neuherstellungen daselbst .
Sanirungsbeitrag für die Bruderladen . EE E
10000 »
. 70000 fl.
181360 fl.
766220 fl.
10570 fl.
85505 fl.
~
18
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. niederösterreichischen ! nisse über die ärztliche Behandlung von Kranken
Statthalterei vom 23. December 1898, | mit Lichtbädern zu fördern, jene Privatbeil-
Z. 119545,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Anwendung elektrischer Licht-
; bäder.*)
Mit dem Erlasse vom 21. November 1898,
Z. 36890, hat das h. k. k. Ministerium des
Innern die therapeutische Anwendung elektri-
scher Lichtbäder in hiefür entsprechend ein-
gerichteten Heilanstalten nach ärztlicher An-
ordnung und unter ärztlicher Ueberwachung
sowie unter den nachfolgenden, vom nieder-
Landes-Sanitätsrathe in
*Sitzung vom 17. October 1898 empfohlenen
österreichischen der
Bedingungen für zulässig erklärt:
1. Dass die Badeeinrichtung durch elektro-
technisch geschulte Fachleute hergestellt und
eventuell fachmännisch geprüft wird.
2. Dass, nachdem es sich um die anstalts-
mässige Einrichtung von elektrischen Licht-
bädern zu Heilzwecken handelt, diese Anstalten
im Sinne der Ministerial-Verordnung vom
2. März 1892, Z. 14498 al. 5,**) unter Leitung
und Ueberwachung eines zur Praxis berech-
tigten Arztes stehen miissen.
3. Dass die Bäder nur über Anweisung
eines zur Praxis berechtigten Arztes benützt
und dass während dieser Be-
ärztliche
werden dürfen,
nützung des Bades Ueberwachung
stattfindet.
4. Endlieh, dass die elektrischen Licht-
bäder,
Indieationen noch nicht genügend wissenschaft-
lich festgestellt sind,
werden.
nachdem deren ‚Wirkungsweise und
auch klinisch geprüft
In letzterer Beziehung wird unter Einem
der k. k. Wiener
über die Resultate der
die medicinische Facultät
Universität veranlasst,
an den Universitätskliniken über den Gegen-
stand gewonnenen Erfahrungen in angemessener
Zeit zu berichten.
Uebrigens werden um den beabsichtigten
Zweck, nämlich die Erweiterung der Kennt-
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 441.
**) Siehe Jahrg. 1592 d. Bl, S. 82.
Ei a ee —.. Gage gece Wee
anstalten, in welchen elektrische Lichtbäder zur
Anwendung kommen, jeweilig zu verpflichten
sein, anlässlich der alljährlich zu erstattenden
sanitären Berichte über die Erfahrungen und
Wahrnehmungen bei den mit elektrischen
Lichtbädern unternommenen Curen eingehend
zu berichten.
Hievon wird die k. k. Bezirkshauptmann-
schaft mit dem Beifügen in Kenntniss gesetzt,
dass selbstverständlich bei Neuerrichtung von
Heilanstalten für elektro- und mechano-thera-
peutische Behandlung (elektrische Lichtbäder),
sowie bei Einführung elektrischer Lichtbäder
in schon bestehenden Heilanstalten die im all-
gemeinen für Errichtung und Erweiterung von
Heilanstalten geltenden Grundsätze und Vor-
schriften zur Anwendung zu gelangen baben,
beziehungsweise hiefür die besondere h. o. Be-
willigung einzuholen sein wird.
k
Erlass der k. k. niederösterreichischen,
Statthalterei vom 20. Decem ber 1898
Z. 7454,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend Vorsorge für Isolirräume zur
Pflege von Infectionskranken in Spitälern.
Da es nothwendig erscheint, dass in jeder
Krankenanstalt, auch wenn dieselbe statutarisch
infectiós Erkrankter nicht be-
rechtigt oder verpflichtet erscheint, ein Isolir-
zur Aufnahme
raum vorhanden sei, in welchem Pfleglinge, die
während ihres Aufenthaltes in der Anstalt von
oder infeetionsverdächtigen
Krankheit befallen werden, nicht bloss vorüber-
Ueberführung
Infectionsspital, sondern auch, wenn ihr Zustand
einer infectiösen
gehend bis zu ibrer in ein
einen Transport nicht mehr zulassen sollte,
dauernd und ohne Gefährdung ihrer selbst,
sowie der übrigen Pfleglinge untergebracht und
verpflegt werden können,‘ wird über Antrag
des niederösterreiehischen Landes-Sanitätsrathes
in Ergänzung des h. o. Erlasses vom 13. Mai 1882,
eg >
Z. 48671, angeordnet, dass bei allen Neu- und
Adaptirungsbauten von öffentlichen und privaten
Krankenanstalten auf die Beistellung eines den
19 —
den k. k. Krankenanstalten adjungirten Kinder-
spitáler) und des flachen Landes dieser aus
den Epidemievorschriften sich ergebenden Forde-
sanitären Anforderungen entsprechenden Isolir-
raumes zur Behandlung nicht transportabler
Infectionskranker, die in der Anstalt selbst von
der Infectionskrankheit befallen wurden, Bedacht
genommen werde.
rung der Isolirung Infectiöser Rechnung ge-
tragen wird, ist in eingehender Weise durch
den betreffenden Amtsarzt zu erheben und
darüber unter Stellung bestimmter Anträge,
längstens bis 1. Mai 1899 ausführlich zu be-
in den einzelnen Kloster- | richten.
und Privatspitälern Wiens (mit Ausnahme der
In wie weit
Vermischte Nachrichten.
Reform des Apothekerwesens. Seine Excellenz der Herr Ministerpräsident als Leiter des
Ministeriums des Innern beantwortete in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 9. De-
cember d. J. die Interpellation der Abgeordneten Hueber und Genossen über diese Angelegenheit
mit folgendem Wortlaute:
„Der Reform des Apothekerwesens wurde vom Ministerium des Innern schon seit einer
Reibe von Jahren die vollste Aufmerksamkeit zugewendet und sind einzelne Abschnitte derselben
auch bereits zur Durchführung gelangt.
So wurden die Verhältnisse des Eintrittes von Candidaten der Pharmacie in die Apotheker-
praxis, sowie im Einvernehmen mit dem Ministerium für Cultus und Unterricht die pharma-
ceutischen Studien und Prüfungsverhältnisse an den Universitäten geregelt, weiter wurden die
Verhältnisse des Apothekenbetriebes, so namentlich betreffend den Handverkauf und die Her.
stellung von pharmaceutischen Präparaten für denselben normirt.
Desgleichen sind in Absicht auf die Regelung der weiteren bei der gedachten Reform in
Betracht kommenden Verhältnisse die erforderlichen Vorarbeiten durchgeführt und die bezüglichen
Fachgutachten des Obersten Sanitätsrathes eingeholt worden, und wird nunmehr die Revision
der bestehenden Gremialordnungen unter Regelung der Dienstverhältnisse des pharmaceutischen
Personals und Sicherstellung einer entsprechenden Vorsorge hinsichtlich der humanitären Ein-
riehtangen für dasselbe in Angriff genommen, wobei auch auf die Vertretung der bediensteten
Pharmaceuten im Gremialverbande entsprechende Rücksicht genommen werden soll.
Desgleichen soll hiebei eine zeitgemässe Revision der Bestimmungen peurenend die Er-
richtung und die Erwerbung von Apotheken platzgreifen.
Bei diescn Reformarbeiten werden selbstverständlich auch die verschiedenen Vorschläge
des pharmaceutischen Standes selbst, daher auch jene, welche vom allgemeinen österreichischen
Pharmaceuten-Vereine gemacht wurden, der eingehendsten Erwägung unterzogen“.
Versammlung der steiermärkischen Amtsärzte. Am 25. November 1998 fand in Graz
eine Versammlung der steiermärkischen Amtsärzte Statt, an welcher sich ausser den Staatsärzten
auch die Amtsärzte der autonomen Städte betheiligten.
In dieser Versammlung wurden folgende Vorträge gehalten:
1. Die Typhus-Epidemie in Passail. (K. k. Sanitätsassistent Dr. Julius Prochaska.)
2. Erhebung und Revision bei Infectionskrankheiten. (K. k. Landes-Sanitäts-
inspector Dr. Ludwig Possek.)
3. Besprechnng des Naturheilverfahrens vom sanitätspolizeilichken Standpunkte.
(K. k. Bezirksarzt Dr. Johann Mauczka.)
Ferner demonstrirte Stadtphysiker Dr. Eberstaller eine Sehering'sche Formalin-
desinfectionslampe.
Der vom k. k. Bezirksarzte Dr. Adolf R. v. Kutschera angeregte Gedanke der
Gründung eines allgemeinen österreichischen Medicinalbeamtenvereines wurde von der
Versammlung beifällig aufgenommen, und Dr. v. Kutschera mit der Einleitung der vorbereiten-
Jen Schritte in dieser Angelegenheit betraut.
(Amtsärzte im alten Rom.) Aus Anlass der bevorstehenden preussischen Gesetzesvorlage
betreffend die Medieinalreform, hat Sanitätsrath E w er aus Berlin in der „Deutschen Medicinischen
Presse“ eine geschichtliche Studie über die Stellung der beamteten Aerzte im alten römischen
Reiche veröffentlicht. Die Anstellung solcher reicht bis in das erste Jahrhundert n. Chr. zurück.
Die ärztlichen Beamten trugen den Titel Archiater und genossen hohe Achtung. Der älteste in
der Geschichte genannte Archiater ist Andromachus der Aeltere, der sein Amt unter Kaiser Nero
ausübte.
Man unterschied zwei Ranggruppen unter den staatlich angestellten Vertretern der
Heilkunde. Die vornehmsten waren die „Archiatri palatini“, die zu den ersten Hofbeamten gehörten.
Sie erhielten zuweilen den Titel der höchsten Hofeharge und wurden sogar von dem Kaiser mit
der Anrede „praesui spectabilis* geehrt. Wer diesen Rang nach einer gewissen Zahl von Dienst-
jahren erreicht hatte, war von jeder öffentlichen Abgabe, der die übrigen Bürger unterlagen,
befreit; er war nicht zur Uebernahme von Einquartirung verpflichtet und durfte vor keinen
Gerichtshof gefordert werden. Während für die übrigen Aemter bestimmte Summen von den
Bewerbern gezahlt werden mussten, genossen die palatinischen Staatsärzte das sogenannte
beneficium adlectionis. Ihr Ansehen war so gross, dass sogar für ihre nächsten Erben noch
etwas davon abfiel, indem diesen das Beiwort „spectabilis et perfectissimus vir“ zugestanden wurde.
Die zweite Gruppe der Aerzte führte die Bezeichnung „Archiatri populares“, gewissermassen
„Volksstaatsärzte“, deren Stellung etwa mit jener der Stadt- und Kreisphysici zu vergleichen
wäre; ihre Zahl wurde für jede Stadt besonders festgesetzt. In Rom hatte jeder Stadtbezirk
einen solchen ärztlichen Beamten, ausserdem war noch je einer für die, wir würden sagen
Hauptturnhalle und für die vestalischen Jungfrauen angestellt. Der Kaiser Antoninus Pius regelte
für die anderen Städte das Aerztewesen derart, dass auf die grösseren Städte 10, auf die mittleren 7
und auf die kleinen 5 Archiatri populares kamen. Wollten sich noch andere Aerzte über diese
Zahl hinaus in einer Stadt niederlassen, so blieb ihnen das unbenommen, jedoch hatten sie
keinen Anspruch auf die Vorrechte der Staatsärzte. Die Archiatri populares wählten unter sich
eine Standesvertretung, welche die Kenntnisse eines von der Verwaltung und den Bürgern einer
Stadt zum Archiater gewählten Arztes zu prüfen hatte; wurden die Kenntnisse genügend
befunden, so wurde der Name des Examinanden vorgemerkt, und dieser hatte Anspruch auf
eine erledigte Stelle. Als Beweis dafür, dass die obersten Staatsbehörden des römischen Reiches
von der Bedeutung des ärztlichen Berufes voll überzeugt waren, kann die Thatsache gelten, dass
die Kaiser Valens und Valentinianus ausdrücklich bestimmten, es dürfe nicht auf Gunst oder
Fürsprache einflussreicher Personen gesehen werden, sondern nur auf Fachkenntnisse und
Geschicklichkeit. Die höheren Staatsärzte bedurften der Bestätigung des Kaisers, die niederen
nicht. In die Pflichten der letzteren war der Unterricht begabter Jünglinge in der Heilkunde
einbegriffen. Alle übrigen Aerzte, also die Privatärzte, standen unter der Oberaufsicht des aus
der Mitte der Staatsärzte gebildeten Aerztecollegiums, dem sie für ihre Thätigkeit verantwortlich
waren; folgenschwere Fehler, die aus Unwissenheit begangen waren, wurden hart bestraft. Die
Vorrechte der Staatsärzte gingen noch weiter: Sie durften mit keinem anderen beschwerlichen
Amte oder einer zeitraubenden Obliegenheit betraut werden; so durften sie nicht zur Uebernahme
von Vormundschaft oder Curatel herangezogen werden. Wurden sie beleidigt, so wurde kein
langes Gerichtsverfahren eingeleitet, sondern der Richter konnte dem Verklagten nach seinem
Ermessen eine Strafe auferlegen, die meist in Bezahlung einer Geldsumme bestand. Hatten die
Staatsärzte einen Process angestrengt, so musste dieser mit besonderer Schnelligkeit und von
den Richtern allein erledigt werden. Selbst zur Zeit der grössten Gefahr durften weder die
Aerzte noch deren Söhne zum Kriegsdienste angenommen werden, weil die Ausübung ihres
Berufes für nützlicher gehalten wurde. Eben so wenig brauchten sie in Kriegszeiten Abgaben
zu zahlen, weder in Geld, noch in Naturalien. Der Gehalt wurde den Staatsärzten pünktlich und
ohne jeden Abzug halbjährig ausgezahlt. Hatten sie Aerzteschulen gegründet, in denen sie
Vorlesungen hielten, so wurde ihr Gehalt erhöht; dieser bestand meist in barem Gelde, daneben
aber auch in Getreide und anderen natürlichen Werthgegenständen. Für alle ihre Vorrechte
hatten sie die Pflicht, armen Kranken unentgeltlich Behandlung und Arzueien zutheil werden
zu lassen. Von den bemittelten Kranken durften sie Bezahlung annehmen, jedoch konnte das
Honorar nur dann vor Gericht eingeklagt werden, wenn der Kranke die Zahlung in verhältniss-
mässig gesundem Zustande versprochen hatte; dagegen galt ein Honorar-Versprechen nichts,
wenn der Kranke es aus Angst vor der Todesgefahr abgegeben hatte. (Wr. Zeitung.)
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hilder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
L Kkothenthurmstrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fi. 6.—.
ZI. Jahrgang. Wien, 19. Jänner 1899. Nr. 3.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Auslagen des Staatsschatzes für
Massnahmen gegen Infectionskrankheiten im Jahre 1897. — Sanitätsagesetze und Verordnungen: Kund-
machung und Erlass dar Landesregierung in Kärnten, betreffend die Einführung neuer Todtenbeschau-
Protokolle und betreffend Vorkehrungen gegen Verschleppung der Masernkrankheit. — Recht-
sprechung. — Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes am 14. Jänner d. J. erstattete
0. S. R. Prof. Dr. Weichselbaum nach Mittheilung des Einlaufes durch den
Vorsitzenden O. S. R. Hofrath Prof. Dr. A. Ritter v. Vogl, Bericht über den
Congress zum Studium der Massnahmen zur Bekämpfung der Tuber-
culose und wies auf die Nothwendigkeit hin, dass auch in Oesterreich eine wirksame
Action gegen diese Infectionskrankheit eingeleitet werde.
Ueber Anregung des Referenten wurde ein aus Mitgliedern des Obersten
Sanitätsrathes bestehendes Comite zur Feststellung der hinsichtlich der Tilgung der
Tuberculose vom Obersten Sanitätsrathe zu beantragenden Massnahmen eingesetzt.
Sodann referirte O. S. R. und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kusy über
den Stand der Pest und Cholera im Auslande.
Hierauf gelangten nachstehende Referate zur Erledigung:
l. Gutachten über die Zulässigkeit der Ableitung von Abwässern aus einer
Kattunfabrik in ein offenes Gerinne. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr.
E. Ludwig.)
2. Gutachten über die Anlage einer Bierbrauerei in Böhmen. (Referent:
O. S. R. Prof. Dr. F. Kratschmer.)
3. Gutächtliche Aeusserung über die desinficirende Wirkung eines neuen
Desinfectionsmittels. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. M. Gruber.)
Schliesslich beschäftigte sich der Oberste Sanitätsrath mit einem Theilberichte
des aus Anlass des Auftretens der Pesterkrankungen in Wien eingesetzten besonderen
Comites, in welchem die unumgänglichen Vorbedingungen zur zeitgemässen
EES des k. k. allgemeinen Krankenhauses in Wien dargelegt
werden. :
— 92 —-
Auslagen des Staatsschatzes fiir Massnahmen gegen Infections-
krankheiten im Jahre 1897.*)
Seit einer Reihe von Jahren wurden in diesem Blatte Uebersichten über die
aus Staatsmitteln zum Zwecke der Abwehr und Bekämpfung von Infectionskrankheiten
bestrittenen Kosten veröffentlicht, welche die Nachweisungen der Morbiditits- und
Mortalitäts-Statistik ergänzen. Allerdings werden Staatsmittel zu dem genannten
Zwecke nicht in allen Verwaitungsgebieten gleichmässig in Anspruch genommen, da
eine intensivere Ausbildung und Handhabung des Gemeinde-Sanitätsdienstes in
einzelnen Ländern grössere Actionen auf Staatskosten erspart, während in anderen
Ländern, zumal in jenen mit einer geringen Zahl von Aerzten, die Exponirung
solcher in Epidemiegebiete, häufige Nachsichtsreisen der Amtsärzte etc. nöthig
machen und so die Auslagen aus Staatsmitteln erhöhen.
Im Jahre 1897 belief sich die Gesammtsumme der vom Staate bestrittenen
Auslagen in dieser Richtung auf rund 207982 fi, welche sich nach den wichtigsten
Infectionskrankheiten auf die einzelnen Verwaltungsgebiete mit folgenden Summen
(Gulden) vertheilten:
Davon für
Gesammtsumme —— tn
Blattern Scharlach Diphtherie Masern Typhus**)
Niederösterreich. 6410 107 425 935 1495 1250
Oberösterreich . 1871 — 212 258 60 921
Salzburg . . . 843 19 34 202 43 245
Steiermark . . 1175 58 1185 2064 173 1620
Kärnten . . . 1888 — 207 992 19 621
Krain . . . . 4402 542 1322 610 83 1397
Kiistenland . . 10125 715 1456 3325 129 2657
Tirol-Vorarlberg 5050 — >41 1170 540 2238
Böhmen . . . 43959 2800 4305 9844 10329 1032
Mähren Se 1175 311 1170 369 107 4134
Schlesien . . . 4261 275 267 106 1130 457
Galizien . . . 99980 7747 25187 5291 5997 23415
Dalmatien. . . 10446 2139 3628 2392 76 - 1595
Bukowina . . 3197 16 144 981 66 81
Summe . 207982 14788 40081 . 24139 20246 41662
In der Gesammtsumme von 207982 fl. sind auch 5352 fl., welche für in früheren Jahren
durchgeführte Vorkehrungen gegen Cholera erst nachträglich zur Auszahlung kamen,
inbegriffen. Ebenso müssen von der genannten Summe mehrere gleichfalls. auf
Rechnung des Credites für Epidemieauslagen bestrittene Beträge ausgeschieden
werden, welche sich nicht auf directe, sondern entfernte Massnahmen gegen eine
bestimmte Infectionskrankheit, sowie auf mit dem Epidemiedienste nur in entferntem
Zusammenhange stehende Anlässe bezogen. Nach Ausschaltung dieser Beträge sowie
der auf Staatskosten im Küstenlande zum Zwecke der Abwehr der Pest bestrittenen
Auslage von 590 fl. ergibt sich für die 14 Verwaltungsgebiete an Epidemiekosten
für das Jahr 1897 die Summe von 198979 Al.
Für Massnahmen gegen andere als die vorgenannten Infeetionskrankheiten wurden
verausgabt, und zwar für solche gegen
*) Vergl. Jahrg. 1597 d. DL, S. 345.
**) Tleo- und Flecktyphus.
— DI —
Dysenterie 10551 fl. | Puerperalfieber . . . . . . 433 fl
Keuchhusten. 10025 » | Lesen . . . . . . . . . 354 >
Varicella . 6384 >» Kritze. . . . . 2 200. 186 >
Cholera nostras 4996 > ¡ Genickstarre . . . .. . 144 >»
Influenza . 1779 > , Schweissfieber . . . ; 85 »
Mumps 1288 » AndereKrankheiten und andere
Trachom . 1019 » , Ausgaben .
14822 >»
Mit Ausnahme der beiden Vorarlberger Bezirke Bludenz und Bregenz, in denen
Epidemiekosten dem Staatsschatze überhaupt nicht erwachsen sind, wurden für alle
anderen Bezirkshauptmannschaften grössere oder kleinere Beträge an Commissions-,
Erhebungskosten etc. nachgewiesen. In vielen Fällen betrafen diese Auslagen nur
prophylaktische Vorkehrungen, wenn die Einschleppung einer Krankheit von auswärts
zu besorgen, eine solche im betreffenden Bezirke selbst aber nicht aufgetreten war. Die
durehschnittlichen Auslagen per Kopf der Bevölkerung und per Bezirk überhaupt,
sowie für die einzelnen der wichtigsten Infectionskrankheiten für je einen von der
Krankheit betroffenen Bezirk weist folgende Uebersicht nach:
Durchschnittliche Ausgaben
per Kopf der per betroffenen Bezirk in Gulden
Bevölkerung || mn
(Kreuzer) überbaupt Blattern Scharlach Diphtherie Masern Typhus
Niederösterreich . 0:22 317 15 33 62 88 69
Oberösterreich 0:23 156 — 31 29 17 78
Salzburg 0:47 169 9 17 40 21 49
Steiermark . 0:58 387 58 13 109 22 85
Kärnten 0:51 270 — 41 99 10 89
Krain 0:86 400 90 165 87 28 155
Küstenland. 1:32 954 143 182 333 43 266
Tirolu. wann 0:53 250 — 42 69 31 118
Böhmen 071 470 45 65 18 123 87
Mähren . 0:30 217 24 53 18 14 129
Schlesien Lo. . 037 295 39 33 27 141 57
Galizien . . . . . 1:36 1271 172 336 881 105 308
Bukowma . . . . . 1:47 1161 306 403 299 25 177
Dalmatien . 0:27 118 38 36 164 66 27
Oesterreich 0°79 589 93 158 92 98 155
Die in Rede stehenden Ausgaben schwanken selbstverständlich in dem Ver-
hältnisse, in welchem die Infectionskrankheiten mit grösserer oder geringerer In- uud
Extensität auftreten und die Behörden zu ausgedehnteren Erhebungen und
umfassenderen Vorkehrungen sich veranlasst sehen. Ein Vergleich mit den analogen
Ziffern für die früheren Jahre gibt die folgende Zusammenstellung der Epidemiekosten.
Jahr Gesammtausgabe Davon für
(Gulden) Blattern Scharlach Diphtherie Masern Typhus
1891 . 160535 30459 24100 9743 16887 23097
1892. 332099 32126 24607 11739 14867 46811
1893. 386478 30533 27685 13601 12862 42355
1894 . 550529 21317 24541 20342 22564 32377
1895 . 401947 16241 32467 29107 15687 43041
1896. 286276 11243 42681 28327 13243 50075
1897 . 207982 14788 40081 24139 20246 47662
2%
m. ZE e
Die analogen Relativzahlen für diese sieben Jahre sind:
Durchschnittliche Ausgaben
Eet be,
Jahr e Kopf der per betroffenen Bezirk in Gulden
evölkerung
(Kreuzer) überhaupt Blattern Scharlach Diphtherie Masern Typhus
1891 . . . 0:67 488 144 83 39 55 17
1892 . . . 1:39 1009 157 77 39 47 137
1893 . . . 1°62 1174 148 82 42 43 122
1894 . . . 217 1673 137 12 62 69 "93
1895 . . . 168 1222 167 104 95 54 135
18986 . . . 1:17 860 14 164 108 61 176
1897 . . . O79 589 93 158 92 98 155
Aus den beiden vorstehenden Uebersichten ist zu entnehmen, dass die Epidemie-
kosten, welche bis zum Jahre 1894 bedeutend angestiegen waren, in den Jahren 1895,
1896 und 1897 successive gesunken sind. Es war allerdings die relativ sehr hohe
Auslage in den früheren Jahren hauptsächlich durch die Vorkehrungen gegen Cholera
bedingt. Von den speciell angeführten fünf Infectionskrankheiten verursachten die
Blattern im Jahre 1896 kaum mehr die Hälfte der Kosten wie im Jahre 1891 und
ist die neuerliche Steigerung derselben im Jahre 1897 nur durch die sofortige Durch-
führung strenger Massnahmen veranlasst, welche die Verhinderung der epidemischen
Ausbreitung der allenfalls eingeschleppten Krankheit zur Folge hatten.
Der strengeren Handhabung und frühzeitigen Einleitung der sanitätspolizeilichen
Vorkehrungen ist auch die im Allgemeinen eingetretene Steigerung der Kosten aus
Diphtherie, den umfassenderen Assanirungsactionen die relativ nicht unbedeutende
Höhe der Kosten aus Typhusvorkehrungen zuzuschreiben. Auch andere, in früherer
Zeit wenig oder nicht beachtete Infectionskrankheiten, wie Varicella, Mumps, Trachom,
Influenza, Puerperalfieber finden heute die erforderliche sanitätspolizeiliche Behandlung
und sind die hiefür verausgabten Beträge zum allgemeinen Wohle verwendet worden.
Es erscheint daher die Erhöhung der Epidemiekosten exclusive jener für Cholera,
welche gegen 1891 rund 38400 fl. beträgt, relativ gering gegen den damit erreichten
Erfolg umfassenderen Epidemieschutzes.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Kundmachung der k. k. Landesregie- | zu Folge hierämtlicher Kundmachung vom
rung für Kärnten vom 16. December | 24. November 1894, Z. 14648, L. G. u. V. BI.
r v . 29, hierlands noch im Gebrauch steh :
1898, 2. 15912. Nr. 29, 1 1 h stehenden
. : „Todtenbeschau-Protokolle* lit. D aufzulassen
NN und neue ,,Todtenbeschau-Protokolle“, welche
betreffend die Einführung neuer Todten- | mit den neuen „Todtenbeschauscheinen“ gleieh-
beschau-Protokolle. ‘ . s
lautend sind, einzuführen.
Im Nachhange zur hierämtlichen Kund- Diese abgeänderten, beziehungsweise neuen
machung vom 12. October 1898, Z. 13196, Drucksorten haben mit 1. Jänner 1899 all-
L.G. u. V. Bl. Nr. 28, betreffend die Ein- | gemein zur Verwendung zu gelangen.
führung neuer Formularien für „ärztliche Be- (Das Todtenbeschauprotokoll enthält fol-
handlungsscheine“ und ,,Todtenbeschauscheine“, | gende 17 Rubriken: Nr. (laufende Zahl), die in
findet die k. k. Landesregierung, auch die | den Todtenbeschauscheinen sub Nr. 1—15
—
25
(siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 415) verzeich- | des hierämtlichen Erlasses vom 22. Februar
neten Daten, endlich am Schlusse eine An-
merkungsrubrik.)
Erlass der k. k. Landesregierung
in Kärnten vom 6. Jänner 1899,
Z. 17536 ex 1898,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend Vorkehrungen gegen Verschiep-
pung der Masernkrankheit.
Anlässlich der Masernepidemie, welche sich
im Laufe des Jahres 1898 in fast allen politi-
schen Bezirken des Kronlandes verbreitete,
wurde amtlich constatirt, dass die Verschleppung
dieser Infectionskrankheit mehrfach durch
Kinder schulpflichtigen Alters in der Art ge-
achah, dass diese mit dem Infectionsstoffe
schon behaftet, zur Schule und insbesondere
vom flachen Lande in die Städte Klagenfurt
und Villach zum Besuche einer höheren Lehr-
anstalt eintrafen und hiedurch die Veranlassung
zur Weiterverbreitung der genannten Krank-
heit gaben.
Eine derartige Verschleppung der epide-
misch aufgetretenen Infectionskrankheit war
in diesen Fällen nur dadurch möglich, dass
die Anzeige der Erkrankung von den hiezu
verpflichteten Factoren ausser Acht gelassen
und hiedurch ein rechtzeitiges wirksames Ein-
greifen der
breitung derselben illusorisch gemacht wurde.
Um nun in Hinkunft diesen Uebelständen
vorzubeugen, bat der k. k. Landesschulrath
für Kärnten unter dem 20. December 1898,
2.3227, nachfolgenden Erlass an die k. k. Be
zirksschulräthe, den Stadtschulrath Klagenfurt,
ferner an die Directionen der k. k. Gymnasien
in Klagenfurt, Villach und St. Paul, der k. k.
Realschule und Lehrerbildungsanstalt in Kiagen-
furt gerichtet.
„Der k. k. Landesschulrath hat wahrge-
nommen, dass betreffs der Hintanhaltung der
Weiterverbreitung Krankheiten
durch die Schule nicht überall die gehörige
Vorsicht obwaltet, und dass nicht allenthalben
mit der gehörigen Strenge auf die Befolgung
Behörden gegen die Weiterver-
ansteckender
1888, Z. 405, L. G. BI. Nr. 8, gesehen wird.
Wenn diese Verordnung strenge gehand-
habt wird und besonders, wenn die SS 2, 3,
6 und 7 seitens der Schüler sämmtlicher
kärntnerischen Lebranstalten genau befolgt
werden, so ist eine Gefahr der Ansteckung
und Verschleppung von Infectionskrankheiten
durch die Schule nicht leicht zu befürchten.
Die k. k. Bezirksschulräthe und der
k. k. Stadtschulrath Klagenfurt, sowie die
Directionen der Mittelschulen Kärntens und
der Lehrerbildungsanstalt in Klagenfurt
halten daher den Auftrag die Veranlassung zu
treffen, dass allen Schülern bei jeder sich
bietenden Gelegenheit, insbesondere aber beim
Beginne des Schuljahres im Sinne des § 9
obiger Verordnung die Bestimmungen der
8$ 2, 3, 6 und 7 derselben zur genauen Dar-
und
er-
nachachtung in Erinnerung gebracht.
Uebertreter dieser Vorschrift
zur Rechenschaft gezogen werden.
Ferner ist in geeigneter Weise dahin zu
wirken, dass die bezüglichen Bestimmungen der
Verordnung auch den Eltern und den Personen,
welcbe Kostzöglinge halten ete., bekannt werden,
und dass insbesondere Vorsteher von Instituten
der Jugenderziehung sich mit den Bestimmungen
unnachsichtlich
derselben vertraut machen.
Die Schulleitungen haben aber auch darauf
zu sehen, dass die ihnen unterstehenden Lehr-
personen sich keine Vernachlässigung hinsicht-
lich der rechtzeitigen Verlesung, Erklärung
sowie Handhabung der Verordnung zu Schulden `
kommen lassen.
Vorkommende Vernachlässigungen sind
strenge auszustellen, eventuell ist Anlass zur
Diseiplinarbehandlung zu nehmen.“
Nachdem nach $ 4, lit. a des Reichs-
Sanitätsgesetzes vom 30. April 1870, R. G. Bl.
Nr. 65, die Durchführung der ärztlichen Vor.
kehrungen zur Verhütung ansteckender Krank-
heiten und ihrer \Weiterverbreitung den Ge-
meinden im übertragenen Wirkungskreise ob-
liegt, und nur von dem Zusammenwirken aller
hiezu berufenen Factoren ein Erfolg bei der
Infectionskrankheiten und
ihrer Epidemien wird die
k. k. Bezirkshauptmannschaft aufgefordert, di«
Bekämpfung von
zu erhoffen ist,
— 9% —
Gemeinden ihres politischen Bezirkes sowie die | weiteren erfolgreichen sanitätspolizeilichen Mass-
Districtsirzte nochmals auf die Punkte 32 und | nahmen, als Vornahme eingehender Desinfection,
34 der mit h. ä. Verordnung vom 13. August | zweckentsprechender Isolirung und so fort bildet.
1886, Z. 8832, L. G. u. V. Bl. Nr. 29, ver- Weiters ist den Gemeinden in Erinnerung
öffentlichten Cholera-Instruction, welche nach | zu bringen, dass eine Nichtbefolgung oder
Punkt 7 der Verordnung auf alle mit bös- | mangelhafte Ausführung der Anzeigepflicht
artigem Charakter auftretenden Menschenseuchen | nach Punkt 8 der erwähnten Verordnung auf
sinngemässe Anwendung zu finden haben, auf | das Strengste geahndet würde.
das Eindringlichste aufmerksam zu machen, mit Schliesslich ist Vorsorge zu treffen, dass
dem Hinweise, dass die genaue und sofortige | die Schulleitungen über das Auftreten epidemi-
Befolgung der Anzeige von Infectionskrank- | scher Erkrankungen so schnell als möglich in
; heiten geradezu die Grundbedingung für die | Kenntniss gesetzt werden.
— oo
Rechtsprechung.
Rücksichtlich der im § 12 des Gesetzes vom op Februar 1850, R. G. Bl. Nr. 35, und im § 399 St. G. an-
geordneten Vieh- und Fleischbeschau haftet der Gewerbeinhabour unmittelbar selbst; dass er die Einleitung
der Beschau seinen Bediensteten auftrug, reicht nicht aus, ihn von dieser Hafıung zu befreien.
Plenarentscheidung desk.k. Obersten Gerichtshofes vom 16. August 1898, Z. 10935.
Der Cassationshof hat in Erledigung der von der Generalprocuratur nach $ 33 St. P. O.
erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht erkannt: Durch das Urtheil des Kreis- als Berufungs-
gerichtes in St. Pölten vom 13. September 1897, Z. 4334, womit in Abänderung des Urtheiles
des städtisch-delegirten Bezirksgerichtes daselbst vom 26. März 1897, Z. 187, Georg S. von
der Anklage wegen Uebertretung nach $ 12 des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl.
Nr. 35, und wegen Uebertretung nach $ 399 St. G. gemäss $ 259, Absatz 3, St. P. O. frei-
gesprochen ward, wurde das Gesetz, insbesondere in den Bestimmungen des $ 12 des Gesetzes
vom 29. Februar 1530, R. G. Bl. Nr. 35, und des $ 399 St. G. verletzt.
Gründe: Mit Urtheil des städtisch - delegirten Bezirksgerichtes St. Pölten vom
26. März 1897, Z. 187, wurde Georg S. wegen Uebertretung des § 399 St. G. und Ueber-
tretung des S 12 des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35, und Artikel I des
Gesetzes vom 24. Mai 1882, R. G. Bl. Nr. 51, begangen dadurch, dass er am 5. December 1896
in der städtischen Schlachtbrücke in St. Pölten eine Kuh im Fleischwerthe von 32 fl. geschlagen
habe, deren Fleisch nicht beim Sehlachten beschaut worden, und dass er dieses nicht beschaute
Fleisch nach dessen Verarbeitung in seinem Selehergeschäfte veräussert habe, zu einer Geldstrafe
von 15 fl verurtheilt. Die Gründe des Urtheiles nehmen als erwiesen an, dass die fragliche
Kuh nicht beschaut worden sei, und sprechen aus, Angeklagter könne sich nicht damit recht-
fertigen, dass er sich auf seine Leute verlassen habe, welche von ihm beauftragt waren, die
Fleischbeschau besorgen zu lassen, deren Unterlassung im vorliegenden Falle ihm nicht mitgetheilt
worden sei. Angeklagter betreibe als Fleischhauer selbst das Gewerbe, sei daher für die in
diesem Gewerbe begangenen Unterlassungen seiner Leute haftbar, er sei als Fleischhauer im
Sinne der Vieh- und Fleischbeschauordnung für Niederösterreich vom 26. September 1886,
Nr. 84191, L. G. Bl. Nr. 49, S$ 8 und 10, verpflichtet, eine ordnungsmässige Beschau der
Scehlachtthiere vor oder während oder unmittelbar nach der Schlachtung vornehmen und das
Fleisch der gesehlachteten Thiere nicht früher von der Schlachtbrücke wegfübren zu lassen, als
bis die Fleischbeschau stattgefunden hat, er könne sich daher auf seine Leute nicht ausreden,
da er die Pillcht hatte, vor der Verarbeitung und vor dem Verkaufe des Fleisches bei diesen
sich zu vergewissern, dass die Fleischbeschau auch wirklich vorgenommen worden sei. In der
gegen das Urtheil eingebrachten Berufungsausführung brachte der Angeklagte die neue Thatsache
an, dass bei Schlachtung seiner am 4. December 1596 angemeldeten Kuh der Bezirksthierarzt
Johann S. im Schlachthause erschien, das Fleisch der geschlachteten Kuh besichtigte und ein
Stück vom Lungenzapfen wegschneiden liess, weshalb seine Leute der Meinung waren, dass
diesmal der Bezirksthierarzt die Beschau vornahm. Aus diesem Grunde meinte Angeklagter, dass
von unbeschautem Vieh überhaupt nicht die Rede sein könne; zum mindesten aber habe ein
thatsächlicher Irrthum obgewaltet, der ein strafbares Vorgehen nicht erkennen liess, daher mit
dev Straflosigkeit der Dienstleute auch seine persönliche Entschuldbarkeit im Gefolge habe. Der
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pa E) an
Angeklagte fügte auch bei, dass ihm der Hergang nachträglich gemeldet wurde. Ueber diese
Berufung fällte das Kreisgericht in St. Pölten das freisprechende Erkenntniss vom 13. Septem-
ber 1897, Z. 4334, in dessen Gründen es ausführt: Der Gerichtshof nehme zwar an, dass
objectiv festgestellt sei, dass zur fraglichen Zeit von den Bediensteten des Angeklagten Georg 8.
eine nicht beschaute Kuh geschlagen und deren Fleisch in der Folge im Geschäfte desselben
veräussert worden sei. Es handle sich jedoch um die Frage, ob in diesem Falle den Georg $.
die Verantwortung für dieses Vorgehen seiner Bediensteten treffe oder nicht. Die Aussage der
Dienstleute des Angeklagten habe ergeben, dass er ihnen den strengen Auftrag gab, die zum
Schlagen bestimmten Viehstücke früher sanitätspolizeilich beschauen zu lassen und zu diesem
Behufe die Anzeige bei der Gemeinde für den Thierarzt vorerst immer zu erstatten. Diese
Anmeldung sei vor der fraglichen Schlachtung erstattet worden, und es müsse dem Angeklagten
vom Gerichtshofe die Concession gemacht werden, dass derselbe seinen Bediensteten soviel
Vertrauen entgegenbringen konnte, dass er nicht zu zweifeln brauchte, dieselben hätten seine
Aufträge etwa ausser Acht gelassen, und wohl annehmen durfte, dass auch in dem fraglichen
Falle die Kuh ordnungsmässig beschaut worden sei. Er habe daher die Berechtigung gehabt,
das Fleisch veräussern zu lassen. Wenn auch der Gerichtshof der Verantwortung des Angeklagten,
er sei von seinen Bediensteten speciell aufmerksam gemacht worden, dass die Kuh vom Bezirks-
thierarzt beschaut worden sei, keinen Glauben schenkte, so hielt er denselben doch insoweit für
entschuldigt, dass er mit Rücksicht auf den Auftrag, jede Schlachtung anzumelden und nur
beschautes Vieh zu schlagen, nicht daran zu zweifeln brauchte, dass seine Leute diesem Auftrage
nachgekommen seien, umsomehr als er selbst nie sich auf die Schlachtbrücke begab, also ohne
besondere Veranlassung die Manipulation ruhig seinen Bediensteten überlassen konnte. Diese
Auffassung der Appellinstanz, die im Wesen darin gipfelt, dass der Inhaber eines Fleischer-
gewerbes seinen ihm als solchen obliegenden Verpflichtungen Genüge gethan habe, wenn er nur
seinen Dienstleuten den Auftrag ertheilte, bei Schlachtung von Vieh und bei Verkauf des
Fleisches im Gewerbe die bestehenden Vorschriften zu beobachten, ist eine rechtsirrthümliche.
Die Beschau des Viehes hei der Schlachtung ist durch $ 12 des Gesetzes vom 29. Februar 1880,
R. G. Bl. Nr. 35, zum Schutze der inländischen Viehzucht gegen die Viehseuche, die Beschau
des Fleisches vor dem Verkaufe desselben in einem Gewerbe durch $ 399 St. G. zum Schutze
der Gesundheit der Menschen verordnet. Es ist wohl klar, dass damit eminent wichtige staatliche
Interessen tangirt werden; dass dieselben die richtige Förderung erhalten, dafür hat der Gesetz-
geber Vorsorge getroffen. Dies tritt in der Bestimmung des $ 12 des Gesetzes vom 29. Februar 1880,
R. G. Bl. Nr. 35, hervor, der die Vieh- und Fleischbeschau allgemein obligatorisch macht und
in Gemeindeschlachthäusern und in grösseren Schlachthäusern approbirten Thierärzten überträgt,
und ist weiters aus der strengen Strafsanction des $ 399 St. G. zu entnebmen, die bei einem
dritten Rückfalle den Uebertreter seines Gewerbes verlustig und zu einem Gewerbe dieser Art
für immer unfähig erklärt. Diese Fassung des Gesetzes lässt aber auch erkennen, dass der
Träger des Gewerbes in erster Linie haftbar bleibt. Es ist dies in der Natur der Sache
begründet, da derselbe sonst, wenn er die Verantwortung auf seine nur mit manueller Thätigkeit
betrauten und mit Rücksicht auf die Grösse der Gefahr nur mit relativ geringfügiger Geldstrafe
fassbaren Dienstleute überwälzen dürfte, die bestehenden Vorschriften illusorisch machen und
zum Schaden des angedeuteten Zweckes hintergehen könnte. Es mag zugegeben werden, dass
der Inhaber eines Fleischergewerbes berechtigt ist, seine Dienstleute mit der Anmeldung der
Schlachtung und Vornahme derselben zu betrauen; allein dies enthebt ihn keineswegs der
Verpflichtung, sich auch die Ueberzeugung zu verschaffen, dass dieselben die ihn selbst bindenden
Vorschriften auch wirkiich beobachtet haben. In der Unterlassung dieser pflichtschuldigen
Aufsicht ist auch ein Verschulden (culpa) des Gewerbsinhabers gelegen (§ 238 St. G.), das
durch die blosse Vermutnung, dass das Hilfspersonale seine Aufträge befolge, nicht beseitigt
werden kann. Zum Zwecke dieser Controle hat die Vieh- und Fleischbeschauordnung für Nieder-
österreich vom 26. December 1896, Z. 48191, L. G. Bl. Nr. 49, im § 18 dio Verfügung
getroffen, dass der Vieh- und Fleischbeschauer nach vorschriftsmässig durchgeführter Beschau,
wenn das Fleisch gesund befunden wird, den Beschauzettel auszufüllen und nach eingeholter
Fertizung desselben seitens des Gemeindevorstehers der Partei auszufolgen hat. Haben sich die
Gemeindeorgane diesbezüglich eine Vernachlässigung ihrer Obliegenheiten zu Schulden kommen
lassen, so kann dies den Gewerbsmann nicht entschuldigen, da diese Vorschriften auch für ihn
erlassen wurden. Aus dem Gesagten folgt, dass durch das angefochtene Urtheil das Gesetz in
den Bestimmungen des § 12 des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35, und des
§ 399 St. G. verletzt wurde, weshalb der Nichtigkeitsbeschwerde stattzugeben war.
(Beil. z. V. Bl. d. Justizminist.)
— 98 —
Auf Apotheken kann die Execution durch Zwangsverwaltung oder durch Verpachtung ohne Rücksicht
auf den Alleinbetrieb oder auf die Zahl der Hilfsarbeiter geführt werden ($$ 251, Z. 9 und 341 E. O.).
‚Entscheidung des k. k. Obersten Gerichtshofes vom 31. August 1898, Z. 11286.
Der erste Richter hat dem Begehren des betreibenden Gläubigers um Bewilligung der
Zwangsverwaltung des vom Verpflichteten mit zwei Hilfsarbeitern betriebenen Apothekergewerbes
wegen Abganges der Voraussetzungen des $ 341 E. O. keine Folge gegeben.
Das Recursgericht hat in Abänderung des erstrichterlichen abweisenden Bescheides dem
Begehren stattgegeben, weil die Gewerbeordnung auf Apothekergewerbe keine Anwendung findet,
und die im ersten Absatze des $ 341 E. O. enthaltene Einschränkuug für solche Betriebe
nicht gilt.
Der Oberste Gerichtshof hat den Beschluss des Recursgerichtes bestätigt, und zwar
aus folgenden Erwägungen: Wird die im zweiten Satze des ersten Absatzes des $ 341 E. O.
enthaltene Bestimmung der im vorangehenden Satze ausgedrückten allgemeinen Regel gegenüber
gehalten, so muss daraus gefolgert werden, dass im zweiten Satze des ersten Absatzes des
eitirten Paragraphen nur jene Gewerbe von der Regel des ersten Satzes, unter den dort fest-
gesetzten Voraussetzungen, ausgeschlossen werden wollten, welche in der gegenwärtig bestehenden
Gesetzgebung gerade jene bestimmten Bezeichnungen, nämlich „handwerksmästig“ oder „conces-
sionirt“ führen.
Die Gewerbeordnung ist nun allein dasjenige Gesetz, welches die Begriffe „handwerks-
mässige“ und „concessionirte" Gewerbe festzustellen bestimmt ist, und welches sie auch that-
sächlich und zwar auf eine solche Art festgestellt hat, dass es, sei es im Gesetze selbst, sei es
in den nach Zulass desselben ergangenen bezüglichen Verordnungen, dieselben namentlich und
ausdrücklich als handwerksmässige bezeichnet oder als concessionirt erklärt.
Wenn auch andere gewerbliche Unternehmungen und Handelsbetriebe bestehen, deren
Ausübung dem Unternehmer nicht freigestellt ist, so können jene Bezeichnungen auf dieselben
nicht übertragen werden, weil eben nur bestimmte Unternehmungen als solche gesetzlich
bezeichnet werden.
Der Betrieb einer Apotheke wird nun gesetzlich nirgends als ein concessionirtes, geschweige
denn als ein handwerksmässiges Gewerbe bezeichnet. Die im ersten Absatze des $ 341 E. O.
statuirte Ausnahme kann deshalb auf dieses Gewerbe nicht zur Anwendung gelaugen, und der
recurrirte Beschluss erscheint deshalb gerechtfertigt. (Beil. z. V. Bl. d. Justizminist.)
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung vom 19. December 1898 sprach sich der nieder-
österreichische Landes-Sanitätsrath für die geplante Erweiterung eines Privatspitales in
Wien aus und erklärte die dagegen von mehreren Seiten erhobenen Einwendungen als
unbegründet.
Weiterhin wurde die beantragte Errichtung einer neuen Öffentlichen Apotheke in
einer Gemeinde Niederösterreichs für nothwendig und zulässig erklärt.
Salzburg. In der Sitzung am 27. December 1398 wurde das Gutachten über die sanitären
Bestimmungen einer Instruction tür Kost- und Quartiergeber von Mittelschülern (Referent:
Landes-Regierungsrath Dr. E. Sacher), ferner ein Gutachten über die innere Einrichtung einer
Heilanstalt mit einfachen, elektrischen, Kohlensäure- und Lichibädern (Referent: Stadtphysicus
Dr. K. Sieber) erstattet.
Steiermark Verhandlungsgegenstände in der Sitzung am 28. December 1898;
1. Gutächtliche Aeusserung über das Ansuchen um Ertheilung der Concession zur
Errichtung einer Privat-Irrenanstalt in Ragnitz bei Graz.
2. Gutächtliche Aeusserung über das Ansuchen um die Bewilligung zum Vertriebe
eines Mineralwassers.
3. Gutiichtliche Aeusserung über den Reeurs des J. B. u. Consorten wegen Aufstellung
und Betrieb eines Gasmotors durch die Firma C. W. in Graz.
a . ER AA Ar
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern.
Verlag von Alfred Hólder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
lt. Rothenthurmetrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prénumerationapreia bei directer Postzusendnng ganzjährig fl. 6.—.
ZI. Jahrgang. $= Wien,
Wien, 26. Jänner 1899. Nr. 4.
Inhalt. Gutachten des k. k. Obersten Sanitatsrathes über den Verkehr mit den sogenannten
organo-therapentischen Präparaten. — Sanititsgesetze und Verordnungen: Erlass der Bukowinaer
Landesregierung, betreffend die Verwendung von Ausreuter und die Ceberwachung von Mahlgut sowie
Mahiproducten. — Vermischte Nachrichten.
Gutachten des k. k. Obersten Sanitätsrathes
über den Verkehr mit den sogenannten organo-therapeutischen Präparaten.
(Referent: OÖ. S. R. Hofrath Prof. Dr. August Ritter v. Vogl.)
Die chemische Industrie unserer Tage überschwemmt förmlich den Heilmittel-
markt mit meist synthetisch dargestellten Präparaten, grösstentheils aus der Reihe
der Fieber-, Nerven-, Schlaf- und der antiseptischen Mittel, welche mit Hilfe einer
schrankenlosen Reclame den Aerzten und dem leichtgläubigen Publicum in möglichst
anlockender, respective zum Einnehmen einladender Form angeboten. ja förmlich
aufgedrungen werden.
Viele, zumal jüngere Aerzte greifen ohne Ueberlesung und Prüfung zu diesen
modernen Medicamenten, von denen die Mehrzahl nach kurzem Dasein wieder von der Bild-
fläche verschwindet. Aber jenen Aerzten genügt die Anpreisung und die Versiche-
rung des Fabrikanten, dass das Mittel wirksam und unschädlich sei, um es sofort an
ihren Patienten auszuprobiren, leider häufig genug zu deren Schaden am Leibe und
am Vermögen.
Oft reicht ein einziger wirklich oder nur scheinbar günstig verlaufender Krank-
heitsfall aus, um den Arzt zu veranlassen, so rasch als möglich in einem Fachblatte
darüber des Längeren zu berichten. So kommt er wenigstens, wenn auch nur
vorübergehend, zu einem Namen! Dabei wird selbstverständlich die Trefflichkeit
des Mittels gerühmt, seine gänzliche Unschädlichkeit, das »Freisein von allen
unangenehmen Nebenwirkungen« und seine Vorzüge gegenüber anderen concurriren-
den, von anderen Seiten empfohlenen Mitteln in das gehörige Licht gestellt.
Es lassen sich unschwer dutzendweise Artikel dieser Art aus der Literatur
zusammenstellen, welche fast nach einer Schablone geschrieben erscheinen. Hinter
zahlreichen derselben steckt entschieden der Fabrikant. Die Sucht, immer und immer
neue derartige Mittel zu erfinden, ist zu einer fürmlichen Manie geworden. Die
chemischen Fabriken, aber auch gewisse »Forschere sind darin unerschöpflich.
4
=, BO. ze
Unter der ins Ungemessene, ins Unabsehbare gesteigerten Fülle der von den
Fabriken, man kann sagen fast täglich neu auf den Markt geworfenen Heilmittel
droht, wie von sehr berufenen Seiten geäussert wird, die Gefahr, “dass den practischen
Aerzten die Uebersicht und jedes Urtheil über den Werth oder Unwertl dieser
Mittel abhanden geht und bewährte ältere Heilmittel der unverdienten Vergessenheit
anheim fallen, zum Schaden der leidenden Menschen.
Wie viel Unheil hat wohl schou dieses zum guten Theile gewissenlose Treiben,
welches geeignet ist, den Arzneischatz immer mehr der Pharmacie zu entfremden
und zum Monopol einiger Fabriken zu erlieben, gestiftet.?2) Es ist wohl die höchste
Zeit, dass demselben Halt geboten wird!
Fast scheint es, als ob wir vor einem Abschnitte der Reaction stünden. Allerdings
verspricht diese, wie sie sich eben anlässt, kaum eine Besserung der trostlosen Zu-
stände, eher eine Uebertragung auf ein anderes Gebiet bei gleicher Masslosigkeit.
Seit den letzten Jahren nämlich bereitet sich ein Umschwung insofern vor, als
man begonnen hat, wieder Heilmittel thierischen Ursprunges in die Therapie ein-
zuführen.
Eigentlich haben wir es hier mit einer Rückkehr zu früheren Epochen der
Heilmittellehre und der Therapie zu thun. in welchen Mittel aus dem Thierreiche
im Arzncischatze schr reichlich vertreten waren. *)
Seither wurden sie grösstentheils wieder ausgeschieden und nur einzelne Pharma-
copöen, wie z. B. die Hispanica (v. J. 1584) verfügen noch über eine immerhin
stattliche Anzahl von thierischen Mitteln.
Viele Aerzte pflegten auch diese wenigen Reste einer früheren Glanzperiode, wie
z. B. das Castoreum, den Moschus u. dgl. zu verdammen, sie als unsinnig, lächerlich
oder mindestens als überflüssig hinzustellen, so dass alle Aussicht vorhanden war.
auch sie bald gänzlich aus dem Arzneischatze verschwinden zu sehen.
Das scheint sich nun geändert zu haben, die alte Organotherapie lebt wieder
auf, seitdem Brown- -Séquard mit der Lehre von der inneren Secretion und
den Hodensattinjectionen aufgetreten und diesen bald die Schilddrüsentherapie nach-
gefolgt ist. 4)
Da die chemische Industrie sich alsbald auch dieses Gegenstandes bemächtigte,
macht sich auch hier, wie bei den synthetischen Mitteln, die Masslosigkeit geltend.
Den Hoden und der Schilddrüse folgten bald andere drüsige und schliesslich
so gut wie alle möglichen Organe des Thierkörpers, so dass die moderne Organo-
therapie oder wie man sie auch nennt, die Gewebssafttherapie, wenigstens in Bezug
auf Mannigfaltigkeit der Mittel die alte Organotherapie übertrifft.
Zur Orientirung möge folgende kurze Uebersicht der von der modernen Urgano-
therapie herangezogenen Organe und der Krankheiten, gegen welche sie angewendet
werden, dienen: 1. Thymusdrüse gegen Kropf und Basedow’sche Krankheit,
2. Schilddrüse gegen Myxoedem, Cachexia strumipriva, Fettsucht und Kropf,
3. Hypophysis cerebri gegen Akromegalie und Epilepsie, 4 Nebennieren
gegen Addison’sche Krankheit und Diabetes insipidus, 5. Nieren gegen Nephritis,
Urämie und E pilepsie, 6. Leber gegen atrophische Lebercirrhose und Icterus gravis,
7. Pankreas gegen Diabetes mellitus, 8. Hoden als Tonicum des Nervensystems,
9. Ovarien gegen klimakterische ‘Beschwerden, Chlorose mit Amenorrhoe und
()steomalacie, 10. Prostata gegen Hypertrophie dieses Organes, 11. Milz gegen
Malariacachexie und als Eurythrol®) gegen Animie und Chlorose, 12. Knochen-
mark gegen perniciüse Anämie und Leukämie. (Vgl. Landau, S. 34, Anm. 13.)
Daran schliessen sich an Cerebrum siccatum, Corpus ciliare, Glandulae bron-
chiales siecatae, Parotis, Mammae siccatae, Pulmones siccati, Lymphdriisen, Herz,
Muskeln, ja sogar Uterus und Fallopische Tuben, welche fabriksmässig verarbeitet
werden.
ie Bj) e
Das sind zum Theile Mittel, wie sie schon in früheren Jahrhunderten gebräuch-
lich waren, allerdings jetzt in verklärter, von der chemischen Industrie veredelter
Gestalt.
Wenn das so fortgeht, werden wir vielleicht auch noch andere schöne Sachen
aus dem Index der alten organo-therapeutischen Medicamente wieder erhalten. ê)
Schon liefern Fabriken in Deutschland, Frankreich, England etc. eine Unzahl
solcher moderner organo-therapeutischer Präparate, um sie möglichst zu verbreiten
und sie möglichst an den Mann zu bringen, gleich mit Angabe der Dosirung und
der Indicationen ihrer Anwendung.’) Es sind theils die Orgene und Organtheile in
Substanz, getrocknet, comprimirt oder gepulvert, sowie daraus dargestellte Extracte
und sogenannte wirksame Bestandtheile in verschiedenen Formen, meist als Pulver
oder in Tabletten und Pastillen.
Ursprünglich wurden Extracte, aus den frischen Organen mit Hilfe von ver-
dünntem Glycerin bereitet, subcutan applicirt. Wegen Schmerzhaftigkeit dieser
Applicationsweise und eintretender starker örtlicher Reaction aber wurde diese
Methode grösstentheils verlassen und werden jetzt fast ausschliesslich die oben er-
wähnten Präparate per os eingeführt.
Die Herstellung der verschiedenen Präparate ist natürlich nach den Fabriken
nicht gleich und im Detail wohl nicht bekannt. Nach der Angabe von Knoll&C.
werden die Organe unter thierärztlicher Aufsicht entnommen, gereinigt, klein
zerhackt und ım frischen Zustande sofort weiter verarbeitet. Diese Verarbeitung
ist nach dem Objecte etwas verschieden. Im Allgemeinen erfolgt sie unter dem
Gesichtspunkte, dass alle Bestandtheile des Organes, welche nicht zu den Trägern
der wirksamen Bestandtheile gehören und welche die Haltbarkeit des Priiparates
beeinträchtigen könnten, beseitigt werden. Im Allgemeinen werden 100 Gramm des
zerkieinerten Organs mit 200 Gramm Glycerin, das mit einem Drittel seines
Gewichtes Aqua destillata verdünnt wurde, bei 38 Grad digerirt und nach 48 Stunden
tltrirt, eventuell das Präparat im Vacuumapparate hergestellt. Die schliesslich bis zu
einem gewissen Grade isolirten und rein dargestellten Substanzen sind vorwiegend
Eiweissverbindungen.
Im Handel kommen diese Zubereitungen nach den Fabriken unter verschiedenen
Namen vor, aus England Frankreich ete. z. B. als Cerebrin, Medullin, Cardin,
Musculin ete., aus der Knoll’schen Fabrik als Thyradén, Medulladén, Renadén, Supra-
renadén, Ovaradén, Heparadén: Merck unterscheidet organo- und opotherapeutische
Präparate; von den ersteren bringt er in den Handel Glandulae bronchiales siecatae,
Glandula thyreoidea siccata, Ovaria siccata etc., von letzteren ein Opocerebrinum,
Opolieninum, Opothyreoidimum, Opomamminum, Opoorchidinum etc.
Was die therapeutischen Erfolge der Gewebssafttherapie anbelangt, so sind
jene, welche mit der Schilddrüse und ihren Präparaten erzielt wurden, wenigstens
bei Mxyoedem, zum Theil auch bei Cachexia strumipriva und Fettsucht, in der
That überraschend.
Ueber die wirksamen Bestandtheile der Schilddrüsen, die hiebei in Betracht
kommen, bestehen noch Controversen und über die Art und Weise der Wirkung
selbst eine ganze Reihe von Hypothesen.
Unter dem Namen Thyreoidin oder Thyroidin kommen im Handel verschiedene
Präparate aus der Hammelschildditise vor, ein Glycerinextract. das trockene Extract
oder Pulver von verschiedenen Eigenschaften oder die Drüse selbst in getrocknetem
und gepulvertem Zustande in Pillen, Pastillen, Tabletten ete. mit oder ohne Cacao-
hülle. Es gibt so ziemlich eben so viele Thyrcoidive als Fabrikanten organo-thera-
peutischer Präparate.
Als wirksame Substanz der Thyreoidea wird von Notkin ein Enzym an-
genommen, ebenfalls Thyreoidin genannt; Fränkel nennt ein von ihm dargestelltes
Präparat Thyreoantitoxin und Baumann (1896), welcher allgemein in der
4*
E EE
Schilddrüse der Warmblüter einen Jodgehalt®) nachwies, hat eine Jodverbindung
aus der Schilddrüse isolirt, das Jodothyrin oder Thyrojodin, als specifisch
wirksamen Bestandtheil, ein bräunliches, in kaltem Wasser unlösliches Pulver mit
einem Jodgehalt von circa 10 Percent. °)
Die bisherigen Erfahrungen lehren, dass die bei der Gewebssafttherapie in
Anwendung kommenden Mittel durchaus keine indifferenten sind, sondern dass ihre
therapeutische Anwendung mit unangenehmen Nebenwirkungen, selbst mit Gefahren
für die Gesundheit und das Leben des damit Behandelten verbunden ist.
Namentlich hat sich dies bei der jetzt schon häufigen legalen und missbräuch-
lichen Anwendung, respective Benützung der verschiedenen Schilddrüsenzubereitungen
gezeigt. Die Zahl der hier beobachteten Nebenerscheinungen ist eine ungewöhnlich
grosse. Zumal gewisse Erkrankungen, wie die Basedow’sche, scheinen solche besonders
zu begünstigen. Diese Neben- oder Vergiftungserscheinungen (Tbyreoidismus) scheinen
in erster Linie im Zusammenhange zu stehen mit dem bedeutenden Eingriff der
Thyreoideatherapie in die Stoffwechselvorgänge: Steigerung des Sauerstoffverbrauches,
des Eiweisszerfalles, der Kohlensiiureproduction ; Steigerung der Diurese, Abnahme
des Körpergewichtes (oft sehr hochgradige) mit Schwäche und Hinfilligkeit, Er-
höhung der Pulsfrequenz (bis 160 Schläge in der Minute), zuweilen wochenlang an-
haltend, sowie der Körpertemperatur, Herzklopfen, stenocardische Anfälle, Schlaflosigkeit,
Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Zuckungen, Zusammenschrecken, Druck in
der Nierengegend, Albuminurie, seltener Glykosurie ete., selbst psychische Störungen,
maniakalische Anfälle mit nachfolgendem Sopor wurden beobachtet.
Verschiedene, zumal englische Autoren berichten selbst über Todesfälle.
Lewin!) erwihnt zwölf bisher in der Literatur angeführte lethale Fälle in
Folge von Thyreoideatherapie. Eine Frau, welche 92 Gramm rohe Schilddrüse in
elf Tagen eingenommen hatte, machte einen schweren Thyreoidismus durch, genas
aber, während eine andere nach einer kleinen Menge (angeblich '/, Lappen einer
Schilddrüse) in 24 Stunden im Coma zugrunde ging. Eine andere Frau starb elf
Wochen nach Beginn der Cur und eine vierte am 17. Tage plötzlich. Ein Mann, der
gegen Fettsucht 11) Schilddrüse gebrauchte, ging unter den Symptomen des Ver-
tolgungswahns an acutem Hirnödem zugrunde. Stabel (1896) erwähnt einen Fall,
wo ein Mann in Folge Missbrauchs der Thyreoidintabletten starb.
Eulenburg (1895) berichtet über einen ihm vorgekommenen Fall, eine
dramatische Künstlerin betreffend, welche nach dem Anrathen des Apotheker s, um
magerer zu werden, täglich sechs Thyr eoideatabletten über cinen Monat lang einnabm,
während Eulenbu rg “nach den gemachten abschreckenden Erfahrungen nicht über
zwei Stück Tabletten pro die bei sorgfältiger Controle hinausgcht. Bei jener Dame
traten sehr schwere Störungen der Herz- “und Nerventhätigkeit ein und es hatten
sich unter ziemlich bedeutender Abmagerung Erscheinungen einer hydrämischen
Blutbeschaffenheit (ohne sonstige organische Ursache) rapid entwickelt.
Die bei Anwendung der Thyreoideapräparate beobachteten Nebenerscheinungen
werden von einzelnen Autoren zuin Theil darauf zurückgeführt, dass die ım Handel
befindlichen Präparate theilweise von Schilddrüsen abstammen, welche bei der Ver-
arbeitung nicht mehr frisch waren, sondern in mehr oder weniger hochgradiger
Fäulniss sich befanden'*). Sie vergleichen die Symptome des Thyreoidismus wenigstens
zum Theil mit jenen der Wurst- oder Fleischvergiftung.
So ausgesprochen giinstige Erfolge, wie die Schilddrüsentherapie sie aufweist,
lassen sich von der übrigen Organotherapie durchaus nicht berichten. Angeblich will
man auch hier hie und da günstige Resultate erzielt haben. Aber gewiss ist hier
häufig Suggestion im Spiele gewesen. —
Wenn auch die moderne Organotherapie sich im Allgemeinen nicht abweisen
lässt, namentlich mit Rücksicht auf die Erfolge der Schilddrüsentherapie, so ist dieselbe
doch noch ganz unsicher und zweifelhaft.
ee, OS ce
Vielleicht vom Baumann’schen Jodothyrin abgesehen, sind wirksame
Bestandtheile in reiner Form aus den verschiedenen zur Anwendung heran-
gezogenen Organen durchaus noch nicht dargestellt. Es ist überhaupt fraglich, ob
dies jemals möglich sein wird.
Bis dahin und bevor nicht unter Anwendung der Hilfsmittel der modernen
Forschung mit diesen reinen Stoffen Versuche ausgeführt sind, ihre physiologische Wir-
kung erforscht und in einer grösseren Reihe von Beobachtungen an Menschen ihr
therapeutischer Werth klargelegt, ist es nicht möglich, ernste Schlüsse über die Be-
deutung und den Werth dieser therapeutischen Methode zu ziehen. 17
Bei den organotherapeutischen Präparaten eröffnet sich ganz besonders für ein
unreelles Gebaren, für den Arzneischwindel, ein weites und ausgiebiges Feld.
Wie soll man die Identität und Qualität dieser Präparate, dieser Pulver,
Extracte, Tabletten etc. erkennen und controliren? Von Identitäts- und Qualitäts-
reactionen ist wenigstens vorläufig gar nichts bekannt und werden solche auch in
den meisten Fällen überhaupt nicht möglich sein. Wie soll insbesondere erkannt und
nachgewiesen werden, dass die Präparate wirklich aus ganz frischen unzersetzten
und gesunden Organen hergestellt wurden, ob sie nicht vielleicht, wenn aus mehr
oder weniger zersetzten oder erkrankten Theilen bereitet, schädliche oder selbst
giftige Stoffe enthalten? Zudem gibt es für diese Mittel — mit theilweiser Ausnahme
der Schilddrüsenpräparate — überhaupt keine gesicherten Indicationen und Dosirungen
pd ihre Anwendung. Vorläufig werden beide grússtentheils von den Fabrikanten
ictirt.
Man ist angewiesen, sich lediglich auf die Gewissenhaftigkeit und Exactheit
der Fabrikanten dieser Präparate, respective des Verkäufers derselben zu verlassen.
Daher müsste jedenfalls, da man schliesslich diese Präparate nicht aus der Welt
schaffen kann, angeordnet werden, dass nur aus einer verlässlichen, in unzweifel-
haftem Rufe stehenden Fabrik chemischer Präparate oder von Apothekern, welehe
ein zur tadellosen Herstellung solcher organo-therapeutischer Präparate geeignetes,
amtlich als ein solches anerkanntes Laboratorium besitzen und deren Verlässlichkeit
ausser jedem Zweifel steht, sowie nur über ärztliche Verschreibung aus Apotheken
diese Präparate bezogen werden dürfen. Ueber ihre Qualität muss der Producent,
über ihre Verwendung der betreffende ordinirende Arzt die volle Verantwortung
übernehmen.
Gerade hier müsste strenge darauf gesehen werden, dass diese Präparate dem
nicht controlirbaren Handverkaufe durchaus entzogen bleiben.
Dass die organo-therapeutischen Mittel nur über Vorschrift eines hiezu
berechtigten Arztes und nur in EE dispensirt werden dürfen, geht ohne
Weiteres hervor aus al. 3 des $ 3 der notae et regulae generales der Pharmae.
Austr. edit. VII. Denn sie gehören zu den dort angezogenen, »in neuester Zeit feil-
gebotenen Arzneizubereitungen, welche unsicher in ihrer Wirkung und kaum durch
klinische Erfahrungen erprobt sind«.
Ferner sind für den Handel und für die Abgabe dieser Mittel massgebend al. 2
des § 1 der Miniaterialverordnung vom 17. September 1883 und die für den Vertrieb
der sogenannten Specialitäten giltigen Vorschriften der Ministerialvrerordnung vem
17. December 1894.
Der Vorschlag, diese Präparate aus eigenen staatlichen Anstalten beziehen zu
lassen, klingt sehr bestechend und wäre gewiss der Empfehlung werth. Aber solche
Anstalten müssten erst mit grossen Kosten errichtet werden und um solches zu
empfehlen, dazu fehlt uns vorläufig jede Grundlage, jede Berechtigung.
Wie wir gesehen haben, stehen wir mit der Organotherapie erst am Anfange,
im Stadium der Versuche und es wird einer längeren Zeit bedürfen, bis man in der
Lage sein wird, über ihren Werth endgiltig entscheiden zu können. Erst dann wird
man im günstigen Falle an die Errichtung von staatlichen Laboratorien für diese
Präparate denken können, vielleicht wird dann auch der Zeitpunkt gekommen sein,
der Frage nach der Deckung des gesammten Arzneimittelbedarfs aus Staatsanstalten
näher zu treten.
Vielleicht aber wird in nicht zu langer Zeit die neu entflammte Organotherapie
EE spurlos von der Bildfläche verschwunden sein.
1) Sehr bezeichnend und fast Regel ist, dass sobald ein solches neues Mittel auftaucht und in
der obigen Weise herausgestrichen wird, acbon in dea náchsten Publicationen über dieses Mittel von
anderer Seite über unangenehme, selbst gefährliche Nebenwirkungen desselben berichtet und vor dessen
Anwendung gewarnt wird.
*) Sehr zutreffend drückt sich Volland (Therap. Monatsh. 1894) aus, es lige die Gefahr nahe,
»dass die heutige Krankenbehandlung auf's Neue, wie schon einmal durch die Homöopathie, bald wieder
etwas unsanft daran erinnert werden köunte, dans die Krankheiten auch wohl obne Medicin heilen
können, und dass ein Zuviel davon nicht nur Gefahr für den Kranken, sondern auch für den Mediciner
bergen ‘kann, für den Letzteren dadurch, dass der Kranke eines schönen Tages alle Arzneien zum
Fenster hinaus wirft und sich der arzneilosen Heilweise oder dem Kneipperianismus oder einer ähn-
lichen Errungenschaft On de sitcle ergibt, die auf die Leichtgläubigkeit der Vielen rechnet, für welche
das Unwahrscheinlichste am leichtesten zum Glaubenssatz wirde.
1) So werden im »Dispensatorium pharmaceuticum universale< von Trillerus, I, Frankfurt
1764 unter den simplicia aus dem Thierreiche vicht weniger als 70 Artikel aufgezáhlt, ungerechnet die
zahlreichen (20) Fette.
#) Interessant ist zu hören, was Felkin (1895) über die Veranlassung erzählt, welche ihn zur
Anwendung der Gewebssafttherapie brachte. Er sah auf einer Reise in Centralafrika, dass die Wilden
stark herabgekommenen Kranken frisches menschliches Sperma eingaben, um sie zu stärken und
thatsächlich sollen sie sich dabei erholt haben. Weiters sah er, dass die Wilden die Hoden frisch
erlegter Thierae roh verspeisten, um sich zu kräftigen und für Strapazen widerstandsfähiger zu machen,
5) Mit Bezug auf dieses moderne. aus der Milz hergestellte Präparat macht Stinde (Therap.
Monatshefte 1898) auf ein analoges Präparat von Paracelsus (Archidoxa, Strassburg 1570) auf.
merksam, »zu provociren die Menstrua ist ein Specificum ex splene bovis castrati zu einem magisterio
oder quinta essentia bereitete. Möglicherweise war diese Quintessenz des Paracelsus im Wesent-
lichen dasselbe wie das moderne Eurythrol.
$) Noch im vorigen Jahrhundert standen im Arzneischatze z. B. Cervi, Tauri und Ceti priapus,
Equi testis, Aibum graecum, Stercus et urina vaccae, Stercus pavonis, Sanguis hirci und hominis,
Cranium humanum, Mumia vera ete und ein Jahrhundert früher ausser Hundskoth auch Tauben- und
Schafskoth und vom Menschen selbst Axungia hominis, Spiritus urinae und cerebri.
1) Siehe E. Merck in Darmstadt, Jahresb. 1895, Knoll & Co. in Ludwigshafen a. Rh. (1896) u. A.
8) Der Jodgehalt der Hammelschilddriise und der Schilddrüse überhaupt schwankt zwischen
1—10 Percent. Er ist abhängig von Rasse, vom Erniibrungs-, Gesundheitszustand des Thieres ete.
2) Dieses Präparat wird jetzt vielfach bevorzugt. Jedonfalls gebürt ihm, wie Stabel (1897)
hervorhebt, aus wissenschaftliehen Gründen der Vorzug vor den anderen Schilddrüsenpräparaten, da
seine Darstellungsweise jede Urbertragung von Nebenproducten, Ptomainen etc. in das reine Präparat
ausschliesst und seine Eigenschaft als einbeitlicher Körper die genaue Dosirung gestatiet. Es wird dies
auch von anderen Seiten bestätigt, z. B. von Vamossy und Vös (1890), welche fanden, dass das
Jodothyrin als solches nur durch Veränderungen des Stoffwechsels seine Wirkung zu entfalten im
Stande itt., Von Schiff (1898) wird indess neuestens aufmerksam gemacht, dass die Wirksamkeit des
Jodothyrins selbst gleicher Provenienz keine ganz gleichmässige zu sein scheint.
7 Nebenwirkungen der Arzneimittel. Berlin 1599,
11) Ueber den Missbrauch mit Thyroidin-Präparaten, gerade hier, äussert sich sehr zutreffend
Eulenburg (1895): »Seirdem durch Leichtenstern der unter Umständen bei Fettleibigrkeit
mit Schilddrüsenfütterung erzielbare Nutzen bekannt gemacht wurde, ist in weiten
Kreisen des Publiecums, zumaldes weiblichen, ein fürmlicher Entfettungssport
ausgebrochen, welchem, nur zu Päufig ohne ärztliche Ueberwachung, in der willkürlichsten und
schädigendsten Weise getröhnt wird. Die rasche Entfettung durch Schilddrüsenfütterung ist an de
Stelle der eiust beliebten Schwenninger-Cur getreten und diesem Treiben durch den bisher
ungehinderten Vertrieb der englischen und deutschen Thyreoidintabletten und anderer,
angeblich aus Schilddrüsensubstanz hergestellter uneontrolirbarer Präparate in bedenk-
lichster Weise Vorschub geleistete
12) Es wird anch darauf aufmerksam gemacht, dass im Sommer die Nebenerscheinungen stärker
hervortreten (was wohl nur für die Cur mit der frischen Drüse gilt).
12) Mit Recht sart Landau (Ueber Organotherapie. Aerztlicher Verein, Nürnberg 1897): >» Wir
bedürfen nicht der Mittheilungen eines einzelnen Enthusiasten, sondern grosser Versuchsreihen
nüchterner Beohachter, ehe wir die Organotherapie für einen Gewinn unserer Wissensshaft erachten
diirfen.<
39
Sanitátsgesetze und Verordnungen.
Erlass der Bukowinaer k. k. Landes-
regierung vom 15. December 1898,
Z. 25440,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Verwendung von Ausrenter
wad die Ueberwachung von Mahligut sowie
Mahlproducten,
Im Grunde Erlasses des h. k. k. Ministe-
riums des Innern vom 16. April 1898, Z. 94€1,*)
hat die k. k. Landesregierung eingebende Er-
hebungen über die hierlands übliche Verwen-
dung und Verwerthung des sogenannten Aus-
reuters geptlogen.
Aus diesen Erhebungen hat sich ergeben,
dass der hierländige Grundwirth in der Regel
den beim Reinigen des Getreides gewonnenen
Ausreuter in der eigenen Wirthschaft zur
Fütterung der Schweine und des Geflügels ver-
wendet. Nur bei Grosswirthschaften kommt
es mitunter vor, dass der Ausreuter in den
Verkehr gebracht wird. Der Verkauf dieses
Productes erfolgt stets im Detail. Grosshand-
lungshäuser für dasselbe gibt es nicht. Da die
Mühlenbesitzer nur sorgfältig gereinigtes Ge-
treide ankaufen, so wird in den Mühlen eine
relativ geringe Menge Ansreuter gewonnen,
derselbe wird nach Angabe der Mühlenbesitzer
vetmahlen und der Kleie beigemischt. Für ge-
wöbnlich werden bis 6 Percent Ausreuter der
Kleie beigemengt.
Dieser Zusatz des Ausreuters zur Kleie
scheint derselben keine gesundheitsschiidlichen
Eigenschaften als Viehfutter zu verleihen, da
bis nun keinerlei Klagen über die Schädlichkeit
einer solchen Kleie vorgekommen sind.
Zu Backmehlen wird nach dem Resultate
der Erhebungen der vermahlene Ausreuter hier-
lands bis nun nicht verwendet.
Aus dem Obigen ist zu entnehmen, dass
der Ausreuter im hierländigen Verwaltungs-
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 183.
A a ge a
bezirke in gesundheitsschädlicher Weise bis nun
nicht verwendet wird. Daher es
derzeit nicht erforderlich, besondere Beschrän-
kungen, betreffend die Verwendung des Aus-
reuters, zu erlassen.
erscheint
Um aber eine etwaige gesundheitsschäd-
licbe Verwendung des Ausreuters sofort abzu-
stellen, wird die k. k. Bezirkshauptmannschaft
(der Stadtmagistrat) aufgefordert, die Art der
Verwendung des Ausreuters, besonders in den
Grossmühlen sorgsam zu überwachen und darauf
ob zu welchen Zwecken
Mühlenbesitzern
zu sehen, und
von den Ausreuter ange-
kauft wird.
Eine etwaige gesundheitsschädliche oder
missbräuchliche Verwendung des Ausreuters ist
sofort abzustellen und hierüber anher zu be.
richten.
Gleichzeitig wird der k. k. Bezirkshaupt-
mannschaft (dem Stadtmagistrate) der Erlass
des h. k. k. Ministeriums des
2. Juni 1895, Z. 13271*) intimirt mit
dem Erlasse vom 7. Juli 1895, Z. 9283 —
betreffend die genaue und öftere Untersuchung
des Mehles und des in den Mahlmühlen bevor-
räthigten Getreides auf
Gehalt von Mutterkorn
bracht.
Schliesslich wird die k. k. Bezirkshaupt-
mannschaft (der Stadtmagistrat) mit Riicksicht
auf die grosse Verwendung des Maismehles und
auf das häufige Vorkommen der Pellagra hier zu
Lande, aufgefordert, die Qualität des in Ver-
kehr gesetzten Maismehles sorgsam überwachen
Innern vom
einen eventuellen
in Erinnerung ge-
zu lassen.
Ueber etwaige aus Anlass dieser eingehend
vorzunehmenden Untersuchungen constatirte
Anstände ist unter Anschluss der beanständeten
Mehlprobe
des und
unter Angabe des Verfiigten der k. k. Landes-
regierung eingehender Bericht zu erstatten.
Untersuchungsbefundes
*) Siehe Jahrg. 1895 d. Bl., S. 236.
det, ZE "e
r
Vermischte Nachrichten. .-
Ergebnisse der Physicatspriifungen im Jahre 1898.*) Den zur Erlangung einer bleiben-
den Anstellung im öffentlichen Sanitätsdienste bei den politischen Behörden vorgeschrieberen
Prüfungen unterzogen sich im Mai- und Novembertermin v. J. 67 Aerzte und 55 Thierärzte.
Unter ersteren waren 4, unter letzteren ‘13, welche einen Theil oder die ganze Prüfung
wiederholten.
Die erzielten Prüfungscalcule waren folgende:
Aerzte Thierärzte
f Ne, g Eemere" TEE,
Auszeichnung genügend ungenügend Auszeichnung genügend ungenügend
Mal et oe we. ee Gee te de a 2+ 3 T 18 6
November . . . 202000. 4 26 2 4 13 1
12 50 D 11 əl 13
|
Dr
Nach den Städten, in welchen Prüfungscommissionen bestehen, vertheilten sich die
Candidaten in nachstehenden Zahlen:
Aerzte Thieriirzte
ee | Von RT, A EE
Mai November zusammen Mai November zusammen
Wien: u een a we: OF 4 11 16 15 31
Graz ee A O a 4 11 T 3 10
Innsbruck . . . 20.202... 4 9 1 3 4
Prag a so e e e e O 12 22 — SS? —
Lemberg . 2. 2 . . . .— _ — 7 3 10
Krakau. . 2 2 202020. D S 1 — — —
35 52 GT 31 24 55
Wien. Ohreuklinik. Die bedeutend erweiterten und zum Theile neuerrichteten Räume der
Ohrenklinik des Prof. A. Politzer wurden am Samstag den 21. Jänner d. J. eröffnet.
Krankenwärterschule in Triest.**) Im Jahre 1897 wurden im städtischen Krankenhause
in Triest 3 Curse über Krankenpftlezedienst abgehalten, an denen 2 Wärter und 8 Warterinnen
der. Anstalt, 13 männliche und 22 weibliche nicht in der Anstalt bedienstete, zusammen somit
45 Personen theilnahmen. Am Schlusse jedes Curses fand eine Prüfung statt, bei welcher
ausser dem den Unterricht ertheilenden Primararzte auch der Stadtphysieus und der Präsident
des spitalsärztlichen Collegiums intervenirten.
Frankreich. Bewegung der Bevölkerung. Im Jahre 1896 war die Zahl der Geburten
um 95700, im Jahre 1397 um 105088 grösser als jene der Todesfälle.
Den vorliegenden Nachweisungen zufolge zählte man:
1896 1897
Eheschliessungen . 2. 2 20202000. 200171 291462
Geburten . 2. 0. . . . . . . . +. S60086 859107
Todesfälle . (CL BB0 751019
Die Gesammtbevölkerung wurde pro 1896 auf 39,161.003 und 1597 auf 38,269.091 Be-
wohner berechnet.
”) Vergl, Jahrg. 1898 d. BL, S, 45.
Sei Vergl. Jahrg. 1597 d. Bl., S. 202.
a ER.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Hanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitá tsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
. Rotbentburmstrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fl. 6.—.
ZI. Jahrgang. Wien, 2. Februar 1899. Nr. 5.
Inhalt. Sanitáre Gesichtspunkte bei Beurtheilung von Betriebsanlagen der Holz- und Papier-
industrie mit besonderer Rücksicht auf die Gewinnung von Ersatzstoffen
. — Rechtsprechung. —
Vermischte Nachrichten.
Sanitäre Gesichtspunkte bei Beurtheilung von Betriebsanlagen
der Holz- und Papierindustrie mit besonderer Rücksicht auf die
Gewinnung von Ersatzstoffen.
Von Dr. Egbert Kleinsasser, k. k. Landes-Sanitätsinspector.
Um einen bestimmten Industriebetrieb einer Beurtheilung vom sanitären Stand-
punkte unterziehen zu können, ist vor Allem eine möglichst genaue Information
über die hiebei in Betracht kommenden mechanischen und chemischen Vorgänge und
technischen Hilfsmittel unerlässlich.
Die Vielseitigkeit der Holzindustrie, die rasche und zunehmende Verbreitung
derselben in den Industriegebieten unserer Reichshälfte, die damit verbundene Ver-
schiedenheit ın den Betriebsarten, die Häufigkeit in der Aenderung der Betriebs-
methoden, namentlich in den der Gewinnung von Papierfasern aus Ersatzstoffen von
Hadern gewidmeten Gewerbeanlagen veranlassen mich, mit nachstehender Abhandlung
hervorzutreten.
Dieselbe wird keine erschöpfende Darlegung der Hygiene der Papier- und
Holzindustrie enthalten, sondern nur einige practische Winke für die bei etwaigen
Consentirungsvéragn dlungen zugezogenen Amtsärzte sollen in dieser Publication
gegeben, kurz. gefässte Mittheilungen über die gebräuchlichsten Betriebsmethoden
sollen gemacht, und die hiebei wahrzunehmenden sanitären Gefahren sollen angedeutet
werden. Mit der Anführung mehrerer dagegen mit Erfolg angewandten gewerbe-
hygienischen und sanitätspolizeilichen Einrichtungen sollen die ‘Momente festgestellt
werden, dic es ermöglichen, die zur Beurtheilung. solcher Industrien in sanitärer Hin-
sicht nothwendigen Gesichtspunkte ins Auge zu ‚ fassen,
Die Pflanzenfaser ist bekanntlich das w wichtigste Material für die Papierfabrication,
nur solche mit bestimmten Eigenschaften sind hiezu verwendbar. Ueberreste von
möglichst häufig in Benützung gewesenen Leinenzeugen (Hadern) liefern das ge-
schätzteste Papierfasernmaterial.
9
2s “BR. cae
Mangel an derartigen Ueberresten hat die Nothwendigkeit ergeben, auf Ersatz-
mittel fiir die Hadern Bedacht zu nehmen.
Unter den vorgeschlagenen Ersatzmitteln haben sich nur zwei billig genug
und auch in hinreichender Menge leicht beschaffbar erwiesen: das Holz und das
Stroh. (Ein -drittes, das Alfa, kommt fiir unsere Gegenden dermalen noch nicht in
Betracht.)
Vom Holz und vom Stroh wird nur die aus Cellulose bestehende Pfanzenfaser
in Verwendung gezogen und diese durch eigene Methoden aus diesen Stoffen ge-
wonnen, was durch die sogenannte Holz- und Strohzeugfabrication erfolgt.
A. Holzzeugfabrication.
Das Holz besteht bekanntlich aus Zellen, die zu Holzfasern gruppirt sind, die
Holzzelle selbst aber aus dem Zellgeriiste (Zellstoff) mit dem Lignin und Holzsaft.
Die Nadelhölzer liefern im Allgemeinen besseres Fasernmaterial als die Laub-
hölzer, die Fichte besseres, als die Kiefer und diese wieder brauchbareres, als die
Tanne und die Lärche.
Die Faser der Aspe (Zitterpappel) ist weicher und leichter verfilzbar als die
der Schwarzpappel, die Birkenfaser ist roth oder blaugrau, die Buchenfaser des
braunen Farbentones halber gar nicht brauchbar,
Um nun die aus Cellulose und Lignin bestehende Holzfaser für die Papier-
fabrication nutzbar zu machen, kann man dieselbe in zwei verschiedenen Zuständen
gewinnen. und Zwar:
1. Als rohe Faser (Holzstoff oder Holzschliff).
2. Als reine Cellulose (Holzzellstoff oder reine Holzfaser).
Zur Gewinnung der ersteren reicht ein mechanisches Verfahren aus, im zweiten
Falle sind noch überdies chemische Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen.
Diesen verschiedenen Gewinnungsarten gamäss gibt es auch zwei Arten von
Holzzeugfabrication. und zwar Holzstofffabriken und Holzzellstofffabriken.
Beide Fabricationsarten erfordern, dass an dem hiezu bestimmten Holze eine
Reihe von vorbereitenden Operationen vorgenommen werden, deren Zweck der
ist, aus dem rohen Holze alles zu entfernen, was der Fasergewinnung hinderlich ist.
Bei diesen Operationen wird deshalb das Holz abgerindet. von Aesten und
Knorren befreit, zweckmässig zerkleinert etc, was Alles dnrch cigene Schäl-, Fräs-,
Astbohr-, Hackmaschinen, Kreissägen u. dgl. m. besorgt wird.
Die vorbereitenden Operationen erfordern bereits eine Reihe von gewerbe-
hygienischen Anordnungen, die sich in erster Linie auf Schutz gegen Verletzungen
durch diese Maschinen erstrecken, aber auch die sich hiebei bemerkbar machende
Staubentwickelung erfordert sanitäre Massnahmen.
Der Holzstaub ist in allen Holzbearbeitungswerkstätten eine Quelle der
Gesundheitsgefährdung für die hiebei Beschäftigten.
Holzstaub ist leicht, füllt fein vertheilt die Luft aller Arbeitsstitten, wo Holz,
ob durch maschinelle Kraft oder durch lländearbeit, bearbeitet wird, aus, und wird
von den Beschäftigten eingeathmet.
Sicher kann solcher Staub, welcher seiner Zusammensetzung nach aus Holz-
gewebstheilen mit eingerissenen schärie an Rändern, aus Rudimenten von Holzzellen be-
steht, auf die Athmungsorgane reizend wirken und bei dauernder Einwirkung zu
Erkrankungen der Athmunesorgane führen.
Aus diesem Grunde ist es nothwendig, die sanitäre Anforderung zu stellen, dass
in Handwerksbetrieben der Holzbearbeitung durch entsprechende Lüftung und
Reinigung der Arbeitsstätten, in Industriebetrieben mit maschinellen Werksvorrich-
tungen aber durch Ventilations- und Absaugevorrichtungen, eine rasche und best-
möglichste Staubabfuhr erfolge.
E GE
Solche Anordnungen sind demnach nicht nur in der Holzzeugfabrication- sondern
auch in Sägewerken, Drechslereien, Tischlereien, Waggon-, Gewehrschaft-, Schuh-
leisten-, Holzmöbelfabriken, Bautischlereien u. dgl. m. anzufordern und gibt der Local-
augenschein immerhin die beste Aufklärung, in wie weıt diese Anforderungen mit
dem wirklichen Bedürfnisse in Einklang zu bringen sind.
Erfordert die sich bildende Staubmenge Entfernung derselben durch Absaugung,
so darf diese nicht etwa in der Weise erfolgen, dass man den Staub durch Exhaus-
toren im Arbeitsraume erst aufwirbeln lässt, die Absaugung des Holzstaubes soll viel-
mehr von der Stelle aus, wo er sich bildet, d. i. von der betreffenden Maschine weg,
durch, bei derselben trichterförmig ausmündende, unter dem Fussboden fortgeleitete
Absaugrohre, die mit kräftig wirkenden Absaugern verbunden sind, erfolgen, und
ist hiebei auch stets noch zu trachten, dass damit auch die Unschädlichmachung
des Staubes für die Umgebung verbunden werde.
In der Holzzeugfabrication hat die Gewerbetechnik diesen Anforderungen der
Hygiene bereits Rechnung getragen, indem sie eine Holzbearbeitungsmaschine (System
Goetjes & Schulze in Bautzen) erfunden, welche all’ die vordem zur Ausführung
der vorbereitenden Operationen als unentbehrlich angeführten Schäl-, Bohr- und
Fräsmaschinen etc. sammt den hiezu gehörigen Sieben und Transmissionen entbehr-
lich macht.
Diese Maschine, in einer grösseren Zahl solcher Industriebetriebe bereits ein-
geführt, leitet durch einen automatisch arbeitenden Elevator die aus den zugeführten
Baumstämmen in Scheiben von 2 Centimeter Dicke zerschnittenen Stücke einer
Centrifugalmaschine zu, wo dieselben zerkleinert werden.
Ein zweiter Elevator trägt dieses Mahlproduct einer grossen Siebtrommel zu,
wo die Holztheile von Staub, Aesten und sonstigen Beimengungen getrennt werden,
worauf die weitere Bearbeitung der Holztheile erfolgt.
Bevor in die Erörterung der rohen Holzfaser- oder Holzschliffdarstellung ein-
gegangen wird, muss vorerst die vordem eingestreute Frage, wie die Staubabfuhr
auf eine für die Anwohnerschaft unschädliche Weise erzielt werden kann, zur Be-
antwortung gelangen. Industriestaub ım Allgemeinen wird für die Umgebung der
Industriebetriebe unschädlich gemacht, wenn man ihn aus den Arbeitsräumen einfach
ins Freie absaugt. Dies ist aber nur bei vollkommen isolirter Lage des Betriebes
und sonstigen von der Oertlichkeit abhängigen Bedingungen zulässig.
Eine zweite Art der unschädlichen Beseitigung des abgesaugten Staubes ist die,
dass man ihn durch zweckmässige Einrichtungen in den nächsten Wasserlauf ab-
leitet (kann die Fischzucht gefährden), wobei man früher in einer Staubkammer den
griberen Staub absetzen lässt (System Kraft). Nach dem System Körting
wird der durch den Exhaustor abgeleitete Staub einem Condensator zugeführt und
in demselben durch Wasserspray zu Schlamm niedergeschlagen und dieser dann ab-
geführt.
Eine andere Methode der Unschädlichmachung von abgesaugtem Staub besteht
darin, dass man ihn in die Feuerung einleitet und verbrennt.
Lässt man die mit Staub geschwiingerte Luft in einen Hohlkegel (Cyclon)
tangential eintreten, so geräth sie dadurch in eine kreisende Bewegung. Die
Centrifugalkraft presst die Staubtheile an die eonische Wand des mit der Spitze
nach abwärts gestellten Hohlkegels, schraubenförmige Rippen der Wand leiten sie
der Kegelöffnung an der Spitze zu, wo sie in ein geschlossenes Sammelgefäss ab-
fallen, während die staubfreie Luft nun mittelst eines an der Kegelbasis angebrachten
Sehlottes ins Freie entweicht.
Eine sechste Methode zur unschädlichen Beseitigung des abgesaugten Industrie-
staubes ist auch die, nach welcher der Staub der abzuführenden Luft vor ihren
Ablassen ins Freie mittelst Gewebefiltern gesammelt wird.
Ok
été 0 ës
Diese, sowie die als fünfte angeführte Methode, sind besonders dort sehr werthvoll,
wo der Staub aus verwerthbaren Producten besteht, wo es sich z. B. um Mebl-, Cement-,
Farbenstaub u. dgl. handelt. In diesen Industriebetrieben sind auch solche Staub-
collectoren, deren es bereits eine Unzahl' durch Patente geschützter Systeme gibt, in
recht beträchtlicher Zahl bereits eingerichtet, und werden solche Einrichtungen, weil
die Industriellen aus dem Nutzen, aus dem Gewinne des verwerthbaren Productes
die Auslagen der Einrichtung sehr bald decken können, ohne Widerspruch bei-
gestellt.
Es entsteht nun auch die Frage, wie lässt sich die Staubentwickelung in
Arbeitsräumen unschädlich machen, wenn die Staubabsaugung von der Maschine, vom
Arbeitsplatze weg undurchführbar ist, wenn die Ummantelung der Maschine unmöglich
und die Arbeitsräume sehr gross sind’? |
Verhältnisse, welche diese Frage aufwerfen, sind in der Holz- und Papierindustrie
zwar nicht vorhanden, nachdem jedoch die Frage der unschädlichen Beseitigung des
Staubes in vorstehenden Zeilen eine Erörterung fand, erscheint mir die Beantwortung
derselben schon der Vollständigkeit halber sicherlich nicht überflüssig.
In der Tabak- und in der Textilindustrie aber sind solche Verbältnisse gegeben.
Eine Ventilationseinrichtung ist hier nur im Sommer von theilweisem Werthe,
im Winter hingegen führt eine von theilweisem Erfolge begleitete Ventilation solcher
Arbeitsräume nur zur Staubaufwirbelung und raschen Auskühlung derselben, jede
Heizanlage zeigt sich als unzureichend und viel zu kostspielig.
Es müsste die zuströmende Luft stark vorgewärmt werden, um den Arbeitern
das Verweilen in solchen Sälen zu ermöglichen. Um nun in solchen Fällen das
Möglichste an Staubabfuhr zu erreichen, ohne die Leute durch Zugluft zu schädigen,
muss man zur Circulationslüftung greifen.
Die vom Staub infiltrirte Luft solcher Arbeitsräume wird durch Filter gereinigt
und dann wieder in den Arbeitsraum zurückgeleitet, dabei wird frische Luft nur in
dem Masse zugeführt, als für die im betreffenden Raume befindlichen Arbeiter noth-
wendig ist.
Durch eine nach diesem Prineipe eingerichtete Lüftungsmethode ist es auch
möglich, die grössten Arbeitsräume continuirlich vom in der Luft fein vertheilten
Staube zu befreien.
I. Holzstoff- oder Holzschlifffabrication.
In dieser Fabrication wird das Holz auf mechanischem Wege in solche Fasern
verwandelt. wie sie für die Papierfabrication gefordert werden.
Nach den vorerwähnten vorbereitenden Operationen wird das Holz zerfasert,
d. h. geschliffen, was durchwegs auf maschinellem und behufs Staubverhinderung auf
nassem Wege in eigenen Zerfaserern (Defibreuren) erfolgt, deren es heute bereits eine
grössere Zahl von Systemen gibt.
Das durch dieses Schleifen oder Zerfasern erhaltene Erzeugniss heisst Holzschliff
oder roher Holzstoff.
Wird das Holz ohne jedwede vorhergegangene Dämpfung nach den vor
bereitenden Operationen den Zerfaserern übergeben. so erhält man den weissen
Holzstoff. Er heisst weisser zum Unterschied vom braunen, auf dessen Darstellung
noch später zurückzekommen wird.
Der von den Detibreuren gelieferte Holzschliff schliesst beim weissen wie beim
braunen eine gleichmässige Beschaffenheit der abgeschliffenen Fasern aus, er bedart
vielmehr einer Trennung nach Gleichheit und Feinheit.
Zu diesem Behufe bestehen in jeder Holzschleiferei Sortirmaschinen, welche
Splitter, unbrauchbare Fasern, Holzpulver von den brauchbaren Fasern absondern
und auch diese auf Dreh- und Schüttelsieben nach bestimmten Feinheitsscalen ‘sortiren.
— 41 —
Sortirter Holzschliff eignet sich noch immer nicht zur Papierfabrication, er muss
noch verfeinert werden, was in sogenannten Fein- oder Stoffmühlen (Raffineuren)
oder in Holländern — Cylindermühlen geschieht, worauf die Holzschliffmasse in den
Fällen, wo sie unmittelbare Verwendung findet, keiner weiteren Bebandlung mehr
unterzogen wird.
Soll aber der weisse Holzstoff aufbewahrt oder versendet werden, so muss er auf
besonderen Entwässerungsmaschinen (Langsieb-, Cylindersiebmaschinen, Centrifugen,
hydraulischen Pressen) entwässert, getrocknet, und zu geschichteten oder gerollten
Pappen verarbeitet in Vertrieb gebracht zu werden.
Weisser Holzstoff oder Holzschliff hat keine rein weisse, sondern eine Sie
graue Holzfarbe. Diejenige Weisse, welche zur Herstellung weisser Papiere erforderlich
ist, kann nur durch das Bleichen und Entharzen des Holzschliffes erzielt werden.
Die mannigfachen Bleich- und Entbarzungsmethoden, bei denen schwefelige Säure,
Schwefelkohlenstoff zur Verwendung kommen kann, haben theils der grossen Unkosten
halber, theils der Feuersgefabr wegen sich nicht bewährt, aber auch die Erfolge der
Bleichmethoden als solche waren ungünstige; die Erfahrung hat ergeben, dass die
Harze der Incrustationsmasse des Zellstoffes die Bleichung verhindern, dass weisser
Holzschliff erst nach Entfernung der Harze gebleicht werden kann.
Diese Schwierigkeiten beim Entfärben des weissen Holzschliffes, ferner seine
grosse Starrheit führten zur Darstellung des braunen Holzschlitfs.
Holz mit Dampf durch 3—4 Stunden unter einem Drucke von 4—5 Atmo-
sphären in eigenen Kochern gekocht, führt zur Beseitigung der Extractivstoffe, zur
theilweisen Zersetzung des Lignins, welche Stoffe sich bei dieser Procedur in der
entstehenden braunen Flüssigkeit aus dem Holze abtrennen und durch Dampfdruck
aus demselben ausgetrieben werden.
Das auf diese Art der Extractivstoffe entledigte, durch theilweise Zersetzung
des Lignins nur mehr gelockerte Holz enthält biegsamere Fasern, die sich leicht
abschleifen lassen und einen langfaserigen, leicht vertilzbaren Holzstoff geben, der
unter dem Namen brauner Holzstoff oder Dampfholzschlitf in der
Holzstoffindustrie eingeführt ist und im Rohzustande bereits zur Darstellung des
Lederpapieres und Pappendeckels verwendet, aber auch in Form von Pappen, gleich
dem weissen Holzschlift, als halbgetrockneter Halbzeugstoff zum Versandt gebracht wird.
Zur Darstellung feinerer Papiere muss der stark braune Holzschliff gebleicht
werden, was durch 8—10Ostündiges Kochen nach Zusatz von Oxalsäure am besten
erzielt wird.
Die bei der Darstellung des braunen Holzschliffs durch das Dämpfen und
Kochen des Holzes entstehende braune Flüssigkeit wird durch eine chemische
Aenderung des Lignins und Holzsaftes hervorgebracht, was auch daraus zu vermuthen
ist, weil sich bei dieser Procedur in den Kochern Ameisensäure bildet, welcher
Umstand zur Vermeidung der schnellen Zerstörung der Kocher eine Auskleidung der
Innenwand derselben mit einem schützenden Ueberzug, wozu sich Kupfer bestens
bewährt, fordert.
Auch in der bei uns so verbreiteten und bedeutenden Industrie der Erzeugung
gebogener Holzmóbel (Thonetmóbel) wird das Dämpfen des Holzes zum gleichen
Zwecke verwendet, das Holz biegsamer, geschmeidiger zu machen, um es ohne
Bruch in allerlei Formen zu bringen. In diesen Formen wird nun derartig bearbeitetes
Holz in eigenen Trockenkammern getrocknet und dadurch in seiner künstlich
gegebenen Form erhalten.
Vom sanitären Standpunkte sind dem Gesagten zufolge in der Holzschlif-
Fabrication die Abwässer von Bedeutung.
Beide Holzschliffdarstellungen erfordern bedeutende Mengen von Betriebswasser.
welches insbesondere in den Defibreuren, Schleitmühlen, Raffineuren, llolländern als
Spül- oder Waschwasser in grossen Mengen gebraucht wird und somit nicht olıne
Sea 42 ZZ i
verunreinigende Beimengungen an organischen Stoffen bleibt, was immerhin allein
schon genügt, die aus solchen Betriebsanlagen resultirende und nicht mit Unrecht
beklagte Verunreinigung der Wasserläufe und die Schädigung der Fischzucht zu erklären.
Immerhin ist die Darstellung des weissen Holzstoffes, insolange derselbe nicht
gebleicht wird, bei weitem nicht so bedenklich als die des braunen Holzschliffes,
dessen Abwässer ausser den durch sogenannten Stofffänger leicht zu entfernenden Stoff-
substanzen noch die Harze und Incrustationsstoffe in gelöstem Zustande und etwa
noch Bleichmittel enthalten können.
Abwässer von Betriebsanlagen zur Darstellung des braunen Holzstoffes dürfen
ungeklärt nicht in Wasserläufe abgelassen werden und selbst da sind die örtlichen
Verhältnisse einer eingehenden Berücksichtigung zu unterziehen, ob nicht trotzdem
das Wasser des betreffenden Wasserlaufes zu ökonomischen wie auch zu technischen
Zwecken unbrauchbar wird.
Ausser den Abwässern der Holzbearbeitung sind auch die Abfallstoffe derselben,
die Sägespäne, vom sanitären Standpunkte nicht zu vernachlässigen, weil sie bei ihrer
Aufbewahrung unter Umständen sogar sanitäre Gefahren hervorzurufen im Stande sind.
In den Lagerräumen der Sigespine sammelt sieh Kohlensäure in grisserer
Menge neben Butter-, Baldrian-, Ameisen- und Propionsäure an. Diese alle bilden
sich als Zersetzungsproducte der Harze und des Gummi im Holze und entwickeln
sich daher vorzugsweise aus Nadelholzspänen.
Lagerräume für Sägespäne sollen daher, um unter Umständen nicht nachtheilig
einzuwirken, nie in geschlossenen, sondern stets in luftigen Räumen, nie in
Wohnhäusern angebracht werden und auch nie als Schlafräume Verwendung finden.
(Schluss folgt.)
Rechtsprechung.
Div Verhangung der Stallsperre (§ 20, Z.2 lit, b des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl, Nr. 35) bleibt
bis zur behördlichen Aufhebung derselben verbindlich; trüheres Enttallen des Anlasses zu jener Mass-
regel kann fur die Straflosigkeit des Zuwiderhandelns nicht angerufen werden.
Plenarentscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 6. September 1898, Z. 11062.
Der Cassationshof hat nach $ 33 und 292 St. P. O. zu Recht erkannt: Durch das
den Gustav M. von der Anklage wegen der Ucbertretung nach SS 20, Z. 2, lit b und 45 des
Gesetzes vom 29. Februar 1850, R. "G. BI. Nr. 35, A Urtheil des Bezirksgerichtes
in Hotzenplotz vom 23. Márz 1595 sei das Gesetz verletzt worden, welcher Ausspruch jedoch
ohne Wirkung auf den Angeklagten bleibt.
Gründe: Nach den in dem Uctheile des Bezirksgerichtes in Hotzenplotz vom 23. Marz 1898
enthaltenen Feststellungen wurde mit Verfügung der Bezirkshauptmannsehaft in Jägerndorf vom
4. Februar 1898 bei dem Pferdehiindler Gustav M., weil ein Pferd desselben auf dem Viehmarkte
in ‘Troppau wegen Rotzverdacht+s beanstiindet worden war, die Stallsperre im Sinne des $ 20,
Z. 2 lit. b. des Gesetzes vom 29. Februar 1&80, R. G. BL Nr. 35, bis auf weiteres verhängt,
das heisst, es warde beziiglich des Pferdestalles des Gustav M. eine Einstellung oder Heraus-
nahme von Pferden und die Verwendung derselben verboten. D eses Verbot wurde mit der
Vertüzung der genannten Bozirkshauptmannschaft vom 14. Februar 1598 wieder aufgehoben,
nachdem die Bezirkshauptmannschaft an demselben Tage mit der Note des Biirgermeisteramtes
in Troppau vom 7. Februar 1595 verständigt worden war, dass die vorgenommene Oeffnung
des rotzverdäehtigen Pferdes den Abzang einer Ivotzkrankheit ergeben hat. In der Zwischenzeit,
und zwar am 9. Februar 1895 hat Gustav M., der von dem Sectionsergebnisse durch den
Troppauer städtischen T'hierarzt sofort verständigt worden war, aus seinem damals noch mit der
Sperrmassregel Se Stalle drei Pferde verkauft. Von der Auklage, diese Sperrmassregel
nach S 20, Z. 2 lit b und S 45 des Gesetzes vom 29. Februar 1580, R. G. Bl. Nr. 35,
verletzt zu haben: wurde er mit dem bezogenen Urtheile des Bezirksgerichtes in Hotzenplotz
freigrsprochen, weil die getroffene Sperrmassregel nur eine vorläufige, von dem Seetionsergebnisse
bei dem verdächtigen Pferde abhängige war, durch das negative Ergebniss des Befundes hinfällig
EG “ze
wurde, und der Angeklagte daher, sobald er von demselben in verlässlicher Weise erfuhr, sich
für berechtigt halten konnte, wieder Pferde aus seinem Stalle zu verkaufen, zumal die behördliche
Aufhebung der Sperre gewiss noch am 8. Februar 1898 erfolgt wäre, wenn das Bürgermeister-
amt in Troppau von dem negativen Sectionsergebnisse sofort die entsprechende Anzeige er-
stattet hätte.
Diese Freisprechungsbegriindung ist rechtsirrthiimlich. Die Uebertretung, welche dem
Angeklagten nach der Anklage zur Last fällt, charakterisirt sich als ein reines Verbotsdeliet,
welches unter die Regel des $ 238 St. G. fällt, wonach schon die gegen ein Verbot vollbrachte
Handlung, soferne sie durch das Gesetz dafür erklärt wird, ein Vergehen oder eine Uebertretung
ist, obgleich weder eine böse Absicht dabei unterlaufen, noch Schaden oder Nachtheil daraus
erfolgt ist. Unter der Voraussetzung, dass die Erfüllung des Verbotes möglich war, unterwirft
also die blosse Nichtbeachtung desselben der Strafe. Dem staatlichen Rechte des Gehorsams
gegen die Verfügungen der Behörden entspricht die Pflicht, sich diesen Verfügungen zu unter-
werfen. Dieses staatliche Gehorsamsrecht würde losse und die Durchführung der Mass-
regeln, welcher der Staat zur Erreichung seiner Zweeke bedarf, in Frage gestellt, weun die
Respectirung der absoluten Verbote bestimmter Handlungen von der Beurtheilung des dadurch
Betroffenen abhienge, ob die Voraussetzungen des Verbotes, welche für die verfügende Behörde
massgebend waren, gegeben sind oder zur Zeit noch bestehen, oder ob die Interessen, welche
die Behörde mit ihrer Verfügung zu schützen beabsichtigt, dureh ihre Ausserachtlassung that-
sächlich gefährdet werden könnten. Nur in Verkennung des Wesens des in Frage kommenden
Delictes konnte also das Bezirksgericht in Hotzenplotz den Angeklagten damit exculpiren, dass
er nach der ihm von der behördlichen Aufnebung des Verbotes von anderer Seite gewordenen
Mittheilung die Voraussetzungen der Erlassung des Verbotes als entfallen und das Verbot als
hinfällig ansah, welehe Annahme schon deshalb nicht stichhältig ist, weil dieser nicht wissen
konnte, ob die Behörde nicht etwa aus anderen, ihm unbekannten Gründen die Verlängerung
des Verbotes im Auge hatte. Hiezu kommt, dass nach der Note des Bürgermeisteramtes in
Troppau vom 26. Februar 1898, Z. 3296, Gustav M. durch diese Behörde von dem Ergebnisse
des Seetionsbefundes mit dem Bedeuten in Kenntniss gesetzt wurde, er habe die weiteren Ver-
füguogen der Bezirkshauptmannschaft in Jägerndorf abzuwarten. Nach dem Wesen und Zwecke
der zur Abwehr und Tilgung ansteekender Thierkrankheiten erlassenen Gesetze und Verordnungen
greift die Pflicht genauer Befolgung bei denselben ganz besonders ein, da ihr Zweck nicht
anders als unter Mitwirkung aller hiebei interessirten Berufskreise zu erreichen ist, und daher
such von jedem Betheiligten verlangt werden muss, dass er nichts unterlasse, was die Behörde
zur Vermeidung der Ansteckungsgefahr anzuordnen findet. Eine Unterscheidung zwischen vor-
läufigen Verfügungen und solchen, die dies nicht sind, ist dem $ 45 T. S. G. fremd; dass die
Verzögerung der Mittheilung des Sectionsbefundes des Bürgermeisteramtes in Troppau den
Angeklagten nicht berechtigen konnte, sich über das besteliende Verbot hinwegzusetzen, liegt
auf der Hand.
Es war daher unter Constatirung der erfolgten Gesetzesverletzung wie oben zu erkennen,
(Beil. z. V. Bl. d. Justizminist.)
Vermischte Nachrichten.
Statut für das augenirztliche Operationsinstitut an der deutschen medicinischen Facultiit
m Prag. Mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums fiir Cultus und Unterricht vom 1. October 189k,
2. 23703 wurden nachstehende Bestimmungen über dieses Institut genehmigt.
S 1. Der Zweck des Institutes ist gründliche Ausbildung einer Anzahl von Aerzten in
der Augenheilkunde.
S 2. Der Leiter des Institutes ist der Vorstand der k. k. deutschen Universitäts-Augenklinik.
S 3. Zum Eintritte in das Institut ist jeder Angehörige der im Reichsrathe vertretenen
länder unter Nachweisung des erworbenen Doctordiplomes der gesammten Heilkunde und Er-
füllung der Coneursbedingungen berechtigt. Unter sonst gleichen Umständen gebiirt den
Seeundarärzten des allgemeinen Krankenhauses der Vorzug vor anderen Bewerbern.
8 4. Die Dauer eines Curses beträgt 6 Monate. Der erste Curs beginnt mit dem 1. October
und endet mit dem letzten März; der zweite Curs beginnt mit dem 1. April und endet mit dem
letzten September jedes Jahres.
— 44 —
Ueber Antrag des klinischen Vorstandes kann den Frequentanten die Zeit ihrer Ver-
wendung bis auf 4 Semester erstreckt werden.
$ 5. In jeden Curs können in der Regel nicht mehr als 4 Frequentanten neu auf-
genommen werden. Doch können Frequentanten, denen über Antrag des Institutsleiters eine
Erstreckung ihrer Verwendungszeit vom Professoren-Collegium bewilligt ward, auch über diese
Anzahl extra statum in Verwendung gelassen werden, doch darf die Zahl dieser Frequentanten
4 nicht übersteigen.
S 6. Die Bewerber haben ihre Candidatur dem Decanate nach Ausschreibung des Con-
eurses unter Nachweis ihrer allfälligen bisherigen Verwendung anzumelden.
S 7. Um aus der Zahl der Bewerber die entsprechende Auswahl treffen zu können,
müssen sich diese einer Prüfung vor dem Professor in Gegenwart des Decanes unterziehen, in
der sie insbesondere auch ihre bis dahin erlangte Fertigkeit im Untersuchen von Augenkranken
darzulegen haben.
S 8. Ueber die Verleihung aller Stellen entscheidet das Professoren-Collegium über Antrag
des klinischen Vorstandes.
S 9. Die Frequentanten des Curses unterstehen unmittelbar dem klinischen Vorstande
und seinen Stellvertretern an der Klinik, unbeschadet der dem verantwortlichen Director zu-
kommenden Leitung der ganzen Krankenanstalt. Sie haben im Turnus an der Klinik den
Inspectionsdieust zu versehen, sie sind verpflichtet allen Operationen als Hilfsärzte beizawohnen,
sich an den Operationsiibungen an der Leiche und den Thieraugen zu betheiligen; sie haben
die ihnen zugewiesenen Untersuchungen fiir die Klinik und die Ambulanz durchzufiihren und
sind berechtigt, je nach ihrer Vertrauenswürdigkeit nach freiem Ermessen des Vorstandes unter
seiner oder seiner Stellvertreter Leitung ihnen von diesem zugewiesene kleinere Operationen auch
am Lebenden vorzunehmen. Den Frequentanten wird beim Beginne des Curses eine Belehrung
über ilıre Verpflichtungen eingehändigt.
S 10. Nach Beendigung des Curses werden den Frequentanten auf Verlangen über ihre
Verwendung vom Vorstande ausgestellte und vom Decanate vidirte Zeugnisse ausgefolgt.
BS 11. Der Austritt aus dem Institute während der Dauer des Curses ist nur ausnahms-
weise unter schriftlicher Bekanntgabe zwingender Gründe über Bewilligung des Professoren-
Collegiums gestattet; dagegen kann über Antrag des Professors die sofortige Entfernung eines
Frequentanten aus seiner Stellung wegen wiederholter Nachlässigkeit im Dienste, wegen Wider-
setzlichkeit und ungebührlichen Betragens vom Professoren-Collegium verfügt werden.
Instruction für die Frequentanten des augenärztlichen Operations-
institutes:
S 1. Die Frequentanten des Curses unterstehen unmittelbar dem klinischen Vorstande
und dessen Stellvertretern, unbeschadet der dem verantwortlichen Direetor zukommenden
Leitung der gesammten Krankenanstalt, dem sich die Frequentanten beim Dienstantritte vor-
zustellen haben.
S 2. Die Frequentanten haben täglich zur bestimmten Stunde Morgens an der Klinik zu
erscheinen, die Morgenvisite und Abendrisite mitzumachen und unter Tags die ihnen zugewiesenen
Arbeiten zu verrichten.
S 3. Sie sind verpflichtet an der Durchführung der administrativen Schreibgeschäfte,
ebenso wie andere klinische Hilfskräfte theilzunehmen und sich hiebei genau an die bezüglichen
Normen zu halten; sie haben die ihnen zugetheilten Krankengeschichten klinischer und ambu-
lanter Kranken in der angeordneten Weise zu verfertigen und fortzuführen, die ihnen zu-
gewiesenen Verriehtungen bei Operationen genau zu versehen und die ihnen aufgetragenen
Untersuchungen vorzunehmen.
S 4. Sie sind verpflichtet die Operationsübungen an der Leiche oder an Thieraugen unter
Leitung des Vorstandes oder seiner Stellvertreter mitzumachen. Kleinere Operationen am Leben-
den dürfen sie nur nach freiem Ermessen und mit Zustimmung des Vorstandes oder seiner
Stellrertreter unter Leitung und Verantwortlichkeit dieser nach Massgabe ihrer Verwendbarkeit
und des vorhandenen Materiales durchführen. Es besteht hiebei für sie weder ein Anspruch
auf eine bestimmte Zahl noch auf eine bestimmte Art von Operationen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien,
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— m EG gl E, Fee
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
ií Rothenthurmsetrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postzusendung ganzjährig fi. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 9. Februar 1899. Nr. 6.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitiitsrathes. — Sanitäre Gesichtspunkte bei Be-
urtheilung von Betriebsanlagen der Holz und Papierindustrie mit besonderer Riicksicht auf die
Gewinnung von Ersatzstoffen. (Schluss.) — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlässe des Ministeriums
des Innern, betreffend Erhebungen über sanitäre Verhältnisse und Vorkehrungen gegen Infections-
krankheiten in.Curorten und betreffend die Einfuhr pbarmaceutischer uud chemischer Präparate nach
dem Deutschen Rsiche. — Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe. — Vermischte
Nachrichten. x
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitátsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes vom 4. Februar 1899 machte der
Vorsitzende O. S. R. Hofrath Prof. Dr. August Ritter v. Vogl nach Begrüssung
der neuernannter ordentlichen Mitglieder des Obersten Sanitätsrathes: Universitäts-
Professor Dr. Ritter Wagnerv.Jauregg und Reichsrathsabgeordneter Dr. Jobann
Dvorak, Mittheilung über Einläufe, sowie über Erledigungen, welche über Gutachten
des Obersten Sanitätsrathes erfolgt sind.
Sodann referirte Obersanitäts- und Ministerialrath Dr. Emanuel Ritter v. Kusy
über die seit der letzten Sitzung des Obersten Sanitätsrathes im Wege des Ministeriums
des Aeussern eingelangten ‘Nachrichten über die Pest.
Hierauf gelangten nachstehende Gegenstände zur Erledigung:
1. Referat betreffend die Ergänzung der österreichischen Pharma-
kopöe Ed. VII. (Referent: OÖ. S. R. Hofrath Prof. Dr. A. Ritter v. Vogl namens
des pharmaceutischen Comitús.)
2. Gutachten betreffend den Import amerikanischer Schweineproducte.
(Referent: O. S. R. Prof. Dr. St. Polansky im Einvernehmen mit Obersanitäts- und
Ministerialrath Dr. Em. Ritter v. Kusy und Ministerialrath B. Sperk.)
3. Gutachten über den Entwurf eines Enteignungsgesetzes für eine Stadt
in Galizien vom sanitären Gesichtspunkte. (Referent: O, S. R. Prof. Dr. Max
Gruber.)
— 46 —
Sanitäre Gesichtspunkte bei Beurtheilung von Betriebsanlagen
der Holz- und Papierindustrie mit besonderer Rücksicht auf die
Gewinnung von Ersatzstoffen.
Von Dr. Egbert Kleinsasser, k. k. Landes-Sanitätsinspector.
(Schluss.)
II. Holzzellstoff- und Cellulosefabrication.
Bei der Holzschliffherstellung nehmen die grossen Mengen Waschwassers den
grössten Theil der im Wasser lislichen oder im Holzsaft suspendirten Stoffe auf.
Doch das im Wasser nicht gelöste Lignin bleibt mit der Holzfaser so innig verbunden,
dass die Gewinnung des reinen Holzzellstoffes auf mechanischem Wege allein nicht
durchführbar ist.
Bei der Darstellung des braunen Holzschliffs wurde erwähnt, dass der Dämpfungs-
und Kochprocess bereits zu einer theilweisen chemischen Veränderung des Lignins
führe, dass sich hiebei Verbindungen bilden, die einer Oxydation ihre Entstehung
verdanken dürften. (Die chemisehen "Vorgänge nd übrigens noch keineswegs genügend
aufgeklärt.) Die beim Däwpten des Holzes sich bildende Ameisensäure spricht für
diese Annahme Die durch Versuche erwiesene Zersetzung des Lignins durch
Salpetersäure unter Entwickelung von salpetriger Säure, das Gelb- und Braunwerden
des Holzes bei höherer Temperatur und Gegenwart von Wasser unter Bildung von
Essigsäure sind weitere Beweise für die Wahrscheinlichkeit dieser Hypothese. Wie
soll nun Cellulose ohne die geringste Veränderung aus Holz dargestellt werden?
Auf experimentellem Wege wurde festgestellt, dass dies nur dann möglich sei,
wenn das Lignin in Formen übergeführt werden kann, welche seine Abscheidung
von der Holzfaser ohne Zerstörung des Zellstoffes ermöglichen.
Die Gewerbetechnik hat drei Darstellungsverfahren der Cellulose, und zwar:
l. Das Säure-,
11. das Alkali- oder Schwefelnatrium- und
III. das Sultitverfahren ausgebildet.
Das Säureverfahren hat heute keine practische Bedeutung mehr. Bereits
vor 50 Jahren brachte. man es zur Cellulosedarstellung in Verwendung, indem man
Holzspäne oder Holzscheiben mit Mineralsäuren übergoss und so lange darin liegen
liess. bis die Incrustation gelöst war; worauf dann durch Sortiren, Mahlen, Waschen
die Cellulose als Produet hervorging.
Das Säureverfabren war. wie nicht anders denkbar, mit vielen Gesundheits-
gefahren für die hiebei Beschäftigten, mit vielen Belästieungen der Änrainer und
Schädigungen der Culturen der Umgebung verbunden. Die schlimmen Abwässer,
die Schwierigkeit der Beschaffung passender (refässe und Apparate machen es be-
sreiflich, dass man dieses Verfahren sehr bald verliess und seit der Entdeckung des
Alkali- und Sulfitverfahrens nur mehr diese practisch verwendet.
Das Alkaliverfahren (von Watt und Burgess 1854 entdeckt) beruht
anf dem Principe, dass bei hoher Temperatur in Gegenwart von Alkali aus dem
Holze Säuren sich bilden, dass diese neutralisirt und in wasserlösliche Verbindungen
übergeführt werden.
Da man als Alkali der Billigkeit halber Natronverbindungen verwendet, hat
sich für dieses Verfahren der Name Natronrverfahren eingebürgert.
Wie die Ligninzersetzung bei diesem Verfahren erfolgt, ist nicht ganz aufgeklärt.
Das Alkali spielt die Hauptrolle dabei Das anwesende Alkali dürfte zur V erscifung der
Harze und harzähnliehen Stoff» dienen. All diz Producte der Ligninzersetzung finden
sich in jener braunen Flüssigkeit, die nach der Kochung des Holzes abläuft.
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Eine häufig angewendete Modification des Alkaliverfahrens beruht auf der Ver-
wendung von Natronlauge mit schwefelsaurem Natrium oder von Schwefel-Natrium allein.
In der hiebei entstehenden braunen Lauge ist zwar der grösste Theil der In-
crustationsstoffe der Holzfaser gelist. Die in der Faser zurückgehaltenen, dieselbe
rerunreinigenden Stoffe müssen aber noch ausgewaschen werden.
Aus diesen Gründen muss an den Kochprocess und das Ablassen der Lauge
ein Abspülen der Holzfaser mit heissem Wasser oder Dampf sich anschliessen,
welcher Waschprocess auch durch eine Procedur nach dem Principe des continuir-
lichen Auslaugens ersetzt werden kann. |
Im Laufe der Zeit haben sich im XNatronverfahren eine Reihe Darstellungs-
methoden eingebürgert, welche alle zum gieichen Ziele führen. (Die bekanntesten
sind die Methoden von Siemens, Kellner und Ungerer [Wien].) Laugenstirke,
Verschiedenheit des Dampfdruckes beim Kochprocess, Einrichtung und Anordnung der
Kocher, Circulation der Lauge, Wiedergewinnung des Natrons etc. sind die wichtigsten
Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden des Natronverfahrens.
Der Kochprocess bei all diesen Verfahrungsmethoden besteht grundsätzlich
darin, dass in hermetisch verschlossenen Kesseln unter einem Druck von 8—14 Atmo-
sphären zerkleinertes Holz mit Alkalien (Aetznatron) gekocht wird. Nach dem Aus-
laugen des Holzstoffes werden die Laugen eingedampft, der Rückstand in Caleinir-
öten ausgezlüht und so Na, CO, gewonnen, welches durch Kalkzusatz in Natronhydrat
verwandelt wird. Das Natronverfahren führt ebenfalls zu Belästigungen der Arbeiter.
und der Anwohner, und zwar sind es die beim Oeffnen der Kocher entweichenden
wilerwärtig riechenden Dämpfe und die von der Caleinirung der Lauge herrührenden
stirkenden Abzugsgase, die zu diesen Belästigungen Anlass geben.
Zur Vermeidung dieser Uebelstände fordert man beispielsweise in Deutschland
bei jeder Consentirung einer Cellulosefabrik mit Natronverfahren die behördliche
Genehmigung der Darstellungsmethoden nnd verpönt bei Strafe jede eigenmächtige
Abweichung von der consentirten Betriebsmethode. Alle Betriebsoperationen (Kochen,
Waschen, Eindampfen) müssen in vollständig geschlossenen Systemen vor sich gehen, alle
Apparattheile, in denen Laugen unter Druck erhitzt werden, müssen dicht sein. die
Zeit der Kocherentleerungen innerhalb 24 Stunden ist genau zu fixiren und darf die
Zahl acht nicht überschreiten.
Alle Leitungsrobre der Lauge zu den Kochern, Ausblaseeylindern, Laugen-
behältern, Condensateuren müssen durchwegs geschlossen sein.
Die Kocherdämpfe müssen continuirlich abgeblasen und durch Condensatoren
mit Wasserkühlung zu eigenen Aufnahmebehältern geleitet werden, wo sich Oele und
Wasser abscheiden. Die im Condensator sich nicht verdichtenden Gase haben durch
ein geschlossenes Röhrensystem behufs Verbrennung der Feuerung zugeleitet zu
werden. |
Das in den Aufnahmebehältern vom Condenswasser sich abscheidende Oel muss
in geschlossenen Gefässen abgeführt, das sodann zurückbleibende Condenswasser aber
neuerlich einem Ausdämpfer zugepumpt werden. in dem die letzten Reste von flüch-
tigen Oelen und Riechstoffen ausgetrieben und der Feuerung zugeleitet werden.
Für die Einrichtungen zur Natronwiedergewinnung wird gefordert, dass die
Feuerwand, die den Vorraum begrenzt, woselbst Lauge eingedampft wird, luftdicht
sel, so dass keine übelriechenden Gase in die übrigen Betriebsräume ausströmen
können. Vor Eintritt der Ofengase in den Schornstein haben dieselben noch eine
Endfeuerung zu passiren, damit allfällig noch übrig gebliebene Riechstoffe ja voll-
ständig verbrannt werden.
Diesen . augenscheinlich so strengen Betriebsbedingungen für Natroncellulose-
fabriken ist die Gewerbetechnik, wie die Erfahrung lehrt, leicht gerecht geworden.
Man kocht heute in den Fabriken, welche hygienischen Anforderungen entsprechend
eingerichtet sind, das Holz nicht mehr mit derselben Lauge fertig, sondern lässt
— 48 —
diese in einer Reihe von neben einander aufgestellten in verschiedenen Stadien
des Kochprocesses befindlichen Kochern in der Weise eirculiren, dass der Holzstoff
zuletzt mit reiner Lauge in Berührung kommt. Dadurch wird ein geringerer Laugen-
verbrauch erzielt und gleichzeitig concentrirtere Lauge ftir den Calcinirungsprocess
erhalten.
Das Ausblasen der Kocher erfolgt nicht mehr offen, sondern in geschlossenen
Gefässen, ebenso das Auswaschen des Kocherinhaltes. Kocher mit heisser Kochmasse
gefüllt, werden in Folge dessen nicht mehr geöffnet und die daraus entstehende
Geruchsbelästigung ist entfallen.
Die Erfüllung der Vorschrift wegen Ableitung der condensirten Dämpfe, der
Condenswässer ist nicht schwer, wenn mehrere Sammelgruben alternirend in Ge-
brauch gezogen werden. Die Oele werden durch Feuer vernichtet, die ausgedämpften
der Riechstoffe entledigten Condenswässer werden mit Actzkalk geklärt und nicht
abgelassen, sondern in der Fabrication neuerlich verwendet. Die vollständige Ver-
brennung der beim Calciniren entstehenden Gase ist bei entsprechender Einrichtung
der Oefen durch intensive mit starkem Luftzutritt betriebene Feuerung leicht zu erzielen.
Aus all dem geht hervor, dass bei entsprechenden Einrichtungen derartiger
Betriebsanlagen und genauer Befolgung der auf vieljähriger Erfahrung beruhenden
gewerbebehördlichen, den hygienischen Anforderungen Rechnung tragenden Betriebs-
methoden sich auch die mit Recht von Arbeitern und Anrainern gefürchteten gesund-
'heitsschädlichen Einwirkungen der Emanationen und Abwässer der Natroncellulose-
darstellung auf ein minimales Mass vermindern lassen.
Das Sulfitverfahren. Wie bereits angedeutet, vermag Waser bei hoher
Temperatur (180 Grad) das Holz zu zersetzen, eine braune, zwar leicht zerreibliche
Fasernmasse zu geben, die sich aber nicht bleichen, nicht entfiirben lässt.
Die Forschung nach der Ursache dieser beim Kochen des Holzes vor sich
gehenden Oxydation des Lignins führte den Schweden Eckmann auf den Gedanken,
reducirende Mittel in Anwendung zu bringen und bei höherer Temperator auf das
Holz einwirken zu lassen. Als Reducens wählte er schwefelige Säure. Die Versuche
gelangen, 20 Percent der incrustirenden Substanz mehr wurden aufgelöst, als bei der
einfachen Behandlung des Holzes mit erhitzten Wasserdämpfen, 40— 50 Percent Holzzell-
stoff liessen sich erhalten. )amit bei diesem Sultitverfahren, diesich bildende Schwefelsäure
den Zellstoff nicht zerstöre, sondern sofort neutralisirt werde, wandte Eckmann die
schwefelige Säure nur an Basen gebunden (Magnesiumsulfit), und zwar in einer Con-
centration von 1'5 Percent Magnesia zu 45 Percent Säure als Kochflüssigkeit an.
Das Sulfitverfahren von Mitscherlich bringt eine Lösung von Caleiumsulfit in
Schwefelsäure zur Anwendung, welche Kochlauge auf ähnliche Weise wie beim
Eckmann’schen Verfahren gewonnen wird.
Zum Betriebe einer Sulfitcelluloseanlage ist dort, wo die Sulfite selbst erzeugt
werden, eine Röstofen-, eine '[hurmanlage, eine Kocherei und Wäscherei, sowie eine
Abtheilung zur Zerfaserung- des Holzfaserstoffes nothwendig.
Im Röstofen wird metele Säure erzeugt. Diese wird nun in die Thurm-
anlage von unten ber eingeleitet. Die Thurm: anlage, welche auch aus mehreren
Thürmen bestehen kann, ist durch senkrechte oder auch horizontale Scheidewände
in Kammern untergetheilt. Jede Kammer enthält in verschiedenen Höhen Roste, auf
diesen ist gebrannter Magnesit oder Kalk aufgeschichtet. Die schwefelige Säure
dringt nun von unten herauf durch die Magnesia- oder Kalkschichten; von oben
herab rieselt Wasser, welches die entstehende schwefeligsaure Magnesia beziehungs-
weise den schwefeligsauren Kalk löst und freie schwefelige Säure absorbirt, sich am
Boden sammelt und von da weg in Cementkästen abgeleitet wird. Die Thiirme sind
Bleithürme mit innerer Holzverschalung. Die schwetelige Säure im Röstofen wird
durch starkes Glühen aus Eisenkies, Zinkblende, Kupferkies oder Gaskalk (ein
Nebenproduct der Leuchtgasfabrication) unter Luftzutritt dargestellt.
Die vielen Unzuträglichkeiten bei dieser Art der Sulfitbereitung, namentlich
auch die Schwierigkeit der vollständigen Absorption dieses Gases haben diese Art der
Sulfitdarstellung bereits obsolet gemacht und zur Bereitung von Laugen aus schwefelig-
sauren Lösungen von Kali, Natron, Magnesia etc. geführt.
Das rein gesäuberte Holz gelangt in den Kocher, einen mit einem Dampf-
mantel umgebenen, mit Blei oder der sogenannten Wenzelmasse ausgekleideten
Cylinderkessel. Nach Beschickung des Kochers mit Holz und der Lange als Koch-
flüssigkeit, wobei Bleiplatten das Holz niederhalten, wird im Dampfmantel ein Ueber-
druck hervorgebracht, der sich innerhalb fünf Stunden im Innenkessel allmälig bis
auf 6 Atmosphären steigert, unter welchem Enddruck der Kocher 1—3 Stunden
noch belassen wird, bis eine Probe die Vollendung des Processes anzeigt.
Nun wird der Kocher abgelassen, die Kochflüssigkeit abgeseiht, der Kocher-
inhalt ausgestürzt. gewaschen, gemahlen und, falls er nicht gleich zur gewöhnlichen
Papierfabrication verwendet, sondern zu feineren Papieren gebraucht wird, mit Chlor-
kalk gebleicht und sodann in Pappenform geschichtet oder gerollt in Versandt gebracht.
So wie das Natronverfahren wird auch das Sulfitverfahren nach mehr-
fachen Methoden durchgeführt.
Sie zeigen zumeist nur Abweichungen im Kochprocess, in der Darstellung der
Kochlaugen oder in der continuirlichen Benützung derselben.
Die gebräuchlichsten Darstellungsmethoden im Sulfitverfahren sind die naclı
Mitscherlich, Franke, Kellner, v. Ritter, Graham, Tictel und
Brelaz. Näheres hierüber möge in Handbtichern der mechanischen und chemischen
Technologie nachgelesen werden.
Die Cellulosedarstellung nach dem Sulfitverfahren gehört keineswegs zu den
sanitär belanglosen Industriebetrieben. Vor Allem sind Kocherexplosionen nicht
selten, weil durch die Einwirkung der schwefeligen Säure eine rasche Kocher-
abnützung Platz greift. Rigorose und häufige Ueberprüfung der Festigkeit der Kocher
und ihrer Auskleidung, welche letzteren entweder aus Blei oder aus Wenzelmasse
mit glasirtem Thonkachelnüberzug besteht, schützt vor dieser Gefahr. (Wenzelmasse
ist eine Mörtelmasse, die aus Chamottemehl, hydraulischem Kalk- und Natron
wasserglas besteht.) |
Bei der vordem beschriebenen Sulfitbereitung durch Einleitung von schwefeliger
Säure in den mit Magnesia oder Kalk gefüllten Thurm ist das herabrieselnde Was+er
nur bei zweckmässiger Einrichtung der Apparate im Stande, alle freie Säure zu
absorbiren. Dieselbe würde entweichen, falls sich nicht Einrichtungen schaffen liessen,
um dies zu verhindern.
Bei der bekannt schädlichen Einwirkung der Säuren auf die Thier- oder Pflanzen-
welt muss es Aufgabe der solche Anlagen consentirenden Gewerbebehörden sein,
durch zweckmässige Anordnungen beziehungsweise Consensbedingungen Vorsorge zu
treffen, dass diese freie Säure, sowie jedwede sonstige gesundheitsschädliche Emanation
aus dem gegenständlichen Betriebe am Eintritt in die Arbeitsräume beziehungs-
weise am Entströmen in die umgebende Luft verhindert werde, dass durch das
Sulfitrerfahren weder die Gesundheit der hiebei beschäftigten Arbeiterschaft gefährdet,
noch die gesundheitsgemässe Atmosphäre beeinträchtigt und der wirthschaftliche
Werth der Umgebung geschädigt werden.
Demgemäss werden sich die Consensbedingungen hauptsächlich darauf zu
erstrecken haben, dass bei allfälliger Darstellung der Säure durch Rösten bei den
betreffenden Ocfen Absorptionsapparate und Absaugevorrichtungen angebracht und die
Röstöfen sehr dicht sind, damit ja kein Ausströmen der Gase ins Freie oder in
Betriebsräume erfolge.
Weiters ist die Condensation aller beim Absasen der Kocher, beim Oeffnen
derselben, beim Ablassen der Kochlauge entweichenden Dämpfe und ein Uentralisiren
der sich bildenden flüssigen Abgänge zur Pflicht zu machen.
Schickt man die Dämpfe bei unvollständiger Condensation mit den Röstgasen
durch die Kalk- oder Magnesiathürme, so darf das entweichende Gas- und Dampf-
gemisch höchstens einen Gehalt von 0'003 Volumpercent schwefeliger Säure enthalten,
was durch eigene Controlapparate täglich, so oft ala gewünscht wird, festgestellt werden
kann und notirt werden soll, damit die Behörde in die Lage kommt, die Befolgung
dieser Anordnung zu überwachen.
In allen Betrieben mit auf Kiesabröstung basirender Laugenbereitung ist für
etwaige, mitten im Betriebe eintretende Störungen in denselben ein zweiter Laugen-
apparat bereit zu halten, in dem die Kochlauge im Nothfalle auch aus fertiger
flüssiger schwefeliger Säure bereitet werden kann.
Se wie das Natronverfahren erfordert auch das Sulfitverfahren permanent
dichten Zustand der Leitungen und Apparate. Die Rostflächen der Kiesöfen sind so
zu bemessen, dass ein Ausstossen der Oefen vermieden wird.
Die Sammelbehälter für Kochlaugen sind dicht zu erhalten, mit Standrohren zu
versehen, in denen sich Einrichtungen zur Bindung etwa austretender Gase
befinden.
Rückstände aus der Fabrication sind so zu lagern, dass weder eine Belästigung
der Nachbarschaft, noch eine Verunreinigung des Untergrundes, der Brunnen oder
der Wasserläufe stattfinden kann.
Die Waschwässer und Abgänge der Stoffmaschinen dürfen nur in vollständig
gereinigtem Zustande abgelassen werden. Hinsichtlich der verbrauchten Kochlaugen
aber hat die Anordnung Platz zu greifen, dass dieselben, getrennt von sonstigen
flüssigen Abwässern des Betriebes, im neutralisirten und geklärten Zustande mittelst
Betoncanälen am besten einer Berieselungsanlage oder einem grösseren, Wasserlaufe
zugeführt werden.
Die Begründung dieser sanitären Anforderungen ist folgende:
Die Abwässer der Sulfitcellulosedarstellung enthalten die Incrustationssubstanzen
der Holzfaser (Pectin, Eiweiss, Zucker, Harze, Gerbstoffe) vermischt mit dem Ueber-
schuss an schwefeligsaurer Magnesia oder Kalk oder anderen Mineralsalzen und etwa
freier schwefeliger Säure; ihre chemische Zusammensetzung ist demnach bedenklich.
Solche Abwässer würden kleine und auch manche grössere Flussläufe in argem Grade
verunreinigen, daher ist es nothwendig, sie nur nach vorheriger Klärung abzulassen
und zu diesem Zwecke in Sammelbassins zu leiten, sie dort vorerst durch Kalk
zu neutralisiren, beziehungsweise die Sulfate oder Bisulfate daraus zu fällen. Nach
dieser Manipulation lässt man die festen Körper sedimentiren und kann dann die
geklärten Wässer vorsichtig ablassen oder, was noch besser ist, zur Berieselung
bringen und den Sedimentschlamm entfernen.
Da die abzelassenen Flüssigkeiten noch einen Theil organischer Bestandtheile,
ferner Kalk mit Mineralsalzen enthalten, erscheint es manchmal auch noch geboten,
die abzulassenden geklärten Abwässer noch einer Oxydation der organischen Stoffe
mit nachfolgender Filtration zu unterwerfen, was in verschiedener Weise geschieht,
indem man Schornsteingase in die geklärte Lauge hineinleitet (Rauchgase neutralisiren
den Kalk und oxydiren die organischen Stotfe) oder die Wässer auf ein Gradirwerk
aufpumpt und nach dem Gradiren durch poröse Erde oder Sand filtriren lässt.
Auch das Verdampfen der Laugen und das Verbrennen, bezichungsweise
Weiterverarbeiten auf gewerbliche Produete zum Zwecke der Unsehädlichmachung
der Abwässer avird in einigen Sulfitcellulosefabriken zur Anwendung gebracht. Das
durch Kalk gefällte Monosulfit dient wieder zur Bereitung der Kocher laugen.
Alle diese auf möglichst unschädliche Beseitigung “der Abwässer abzielenden
Vorschläge und Kläreinrichtungen genügen leider nicht immer. Die gcklärten und
filtrirten Abwässer ¿faserfabrication, ob diese auf mechanischem oder mecha-
nischem und ace aa erfolgt, es häufig in Wasserläufe erst nach oder
(or V ung mit vieldrag Vasser eingelassen “werden dürfen, was allerdings
MAY 21 1929 “
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zumeist von localen Verhältnissen abhängt. Ueberhaupt wäre es erwünscht, Holz-
zellstofffabriksanlagen nur in die Nähe grösserer Wasserläufe situiren zu können, um
in der Ableitung ihrer Wässer weniger behindert zu sein. |
Bei Situirung solcher Betriebe in der Nähe kleinerer Wasserläufe mit ungenügen-
den Mengen von Betriebswasser (eine für die Consentirung solcher Anlagen wichtige
Vorfrage) sind sanitäre Missstände, die sich aus der Bergung der Abwässer allein
ergeben, unvermeidlich.
Nach König’s Analysen enthält 1 Liter der Abwässer einer Holzstofffabrik 150
bis 700 Milligramm organische, 200 Milligramm unorganische suspendirte, 2300 bis
4700 Milligramm organische und 50—150 Milligramm unorganische gelöste Bestand-
theile nebst Kalk, Schwefel, Chlor u. dgl. m. Diese Daten allein sprechen genug
für die sanitäre Bedeutung und Bedenklichkeit solcher Abwässer.
B. Strohzeugfabrication.
Stroh nennt man bekanntlich die getrockneten hohlen Stengel oder Halme der
Gräser und hülsenfrüchtigen Pflanzen, insbesondere der Cerealien, des Mais, der
Bohnen etc. Da diese Pflanzen einjährig sind, sind die Zellen dieser Pflanzen nicht
stark verholzt. Das Eigenthümliche an den Fasern dieser Pflanzen ist die Knoten-
bildung; diese Knoten stören ihre Zerfaserung und müssen bei der in Rede stehenden
Fabrication entfernt werden. Wie beim Holz, besteht auch beim Stroh die Haupt-
masse aus Fasern, Incrustationsstoffen und überdies aus Kieselsäure. Wie beim Holz sind
auch die einzelnen Stroharten in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr verschieden
und besteht der auffallende Unterschied in den einzelnen Arten darin, dass das Ver-
hältniss der im Wasser löslichen Substanzen zu den in Alkalien löslichen bedeutend
abweicht und z. B. beim Weizenstroh und Gerstenstroh 1:5, beim Kornstroh 1:17,
beim Hafer 2:2, beim Mais 1:3 beträgt.
Auch der Werth der Faser ist bei den einzelnen Gattungen ein sehr ver-
schiedener. Der Percentgehalt an verwerthbaren Fasern schwankt zwischen 40 und
50 Percent. Oertliche Verhältnisse spielen hiebei oft eine Rolle.
Bei uns wird erfahrungsgemäss Kornstroh von Winterroggen als das beste
Strohmaterial für die Strohzeugfabrication, als das beste derartige Ersatzmittel für die
Hadernfaser angesehen.
Die Strohfaser lässt sich überhaupt leichter darstellen, als die Holzfaser. Der
Zusammenhang der Strohfaser wird hauptsächlich durch Kittstoffe bewirkt, die im
kalten Wasser nicht löslich sind, erst nach chemischer Veränderung beim Kochen
gelingt es durch mechanisches Bearbeiten im Holländer oder Kollergang, die Trennung
der Strohfasern, die Zerfaserung des Strohes zu erzielen, und eine Faser zu gewinnen,
welche der Faser des Holzschliffes entspricht und ohne weitere Behandlung in der
Strohpapier- oder Strohpappe-Darstellung verwerthet werden kann.
Soll aber aus Stroh eine geschmeidigere Faser gewonnen werden, dann genügt
auch das mechanische Verfahren der Fasergewinnung nicht, da müssen auch hier
chemische Hilfsmittel die Incrustationstoffe entfernen und vorbereitende Operationen die
Strohhalme reinigen, zerstören und zerkleinern, zu welchem Behufe Häckselmaschinen
eine Art Getreideputzmaschinen, Windfegen in Gebrauch gezogen werden.
Die Abscheidung der Incrustation von den Strohfasern beruht auf denselben
Grundsätzen, welche bei der Holzzellstoffgewinnung erörtert wurden, auch hier kann
man nach der Wahl der chemischen Hilfsmittel
I. Das Alkaliverfahren und
‘II. das Sulfitverfahren unterscheiden.
Das erstere kommt häufiger ın Anwendung. Die Ausführung des Processes erfolgt
in der Art, dass das Strohhäcksel in grossen Eisenblecheylindern .mit kalter Natron-
lauge ausgelaugt wird, um die Incrustations-Materie möglichst zu entfernen ohne die
— 52 —
Kieselsäure anzugreifen. Das Dämpfen und Waschen des Strohes geschieht dann in
Dampfkesseln (Kochern) mit überhitztem Dampte, nachdem die Natronlage abgelassen
ist; es wird abwechselnd gedämpft und warmes Wasser zugeleite, um die Aut-
schliessung der Kieselsäure zu bewirken, die sich zunächst in kieselsaures Natron
umwandelt und dann mittelst heissem Wasser ausgewaschen wird.
Als Nacharbeiten werden dann das Bleichen und Zermalmen der Strohmasse
ausgeführt, was in Holländern mittelst Chlorkalk erfolgt. Der Brei wird dann noch
in Kollergängen fein zermalmt, ehe er entweder als solcher in den Handel kommt,
oder direct auf Papier verarbeitet wird.
Unter den verschiedenen Alkali-Verfahrungsarten sind namentlich das Verfahren
von Lahousse in Prag, Ungerer in Wien hervorzubeben.
Das Sulfitverfahren zur Gewinnung von Strohzellstoff ist dem gleichnamigen
Verfahren fiir Holzsulfitstoff ganz gleich, nur ist die Concentration der Kochflüssig-
keit eine schwächere und die Kochzeit eine kürzere.
Das Sulfitverfahren bei Strohverarbeitung hat jedoch geringe Verbreitung und
wenig Zukunft, einerseits weil es in sanitätspolizeilicher Hinsicht grösseren Anständen
begegnet, und weil das Strohmaterial viel weniger Schwierigkeiten tür die Fasern-
bloslegung durchs Natronverfahren als durchs Sultitrerfahren darbietet.
Die Abwässer beider Verfahren, ob sie nun sauer oder alkalisch sind, haben
besonderes sanitätspolizeiliches Interesse. Die Bleichmittel die auch noch zur Ver-
wendung kommen erhöhen dasselbe.
Der freie Abfluss dieser Abwässer in kleine Wasserläufe tödtet alle Fische
und macht das Wasser zuökonomischen, wie auch zu technischen Zwecken unbrauchbar.
Der Gehalt an Farbstoffen macht es oft auflange Strecken noch besonders bedenklich.
Die organischen Bestandtheile solcher Abwässer bewirken Fiiulnissprocesse.
Neutralisation und Verdünnung bei sauren Wässern, Klärbassins mit Verwerthung
der Rückstände und neuerliche Oxydation und Filtration sind auch hier nothwendig,
um eine unschädliche Beseitigung dieser Abwässer zu ermöglichen.
Auch Strohzeug-Fabriken gehören nur in die Nähe grosser Wasserläufe, eine
Vorbedingung. die bei Consentirung derartiger Industriebetriebe nie genug beherzigt wird.
| Die Gewinnung von Fasern aus Esparto, Diss und Alfa aus schilf- und gräser-
artigen aussereuropäischen Pflanzengattungen ist bei uns in Oesterreich noch nicht
eingebürgert. Die Darstellung der Faser erfolgt auch hier nach dem Natron- und
Sultitverfahren und ist bei dem hohen Faserngehalt dieser Pflanzen und der geringen
Schwierigkeit bei der Fasernbloslegung eine recht lohnende und in England sehr beliebte.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern Aet EE ‚alınlieher” "Yersammlungen; “im
vom 29. Jänner 1899, Z. 2708, Auslande vielfach erörterte Frage, „die Infections-
gefahr in Curorten und die dagegen zu treffen-
an alle politischen Landesbehörden mit Ausnahme 2
I i den Schutzmassregeln“ einen Gegenstand der
jener in Dalmatien i
jener in , Verhandlung bilden soll.
Um nun über den gegenwärtigen Stard
der in den Österreichischen Curorten hinsichtlich
| des Auftretens und der Ursachen von Infections-
krankheiten bestehenden Verhältnisse und der
betreffend Erhebungen über sanitäre Verhält-
nisse und Vorkehrungen gegen Infections-
krankheiten in Curorten,
Der Centralverband der Balneologen Oester-
reichs veranstaltet in den Tagen vom 27. bis zu ihrer Ilintanhaltung zu Gebote stehenden
Einriehtungen Anhaltspunkte zu finden, welche
29, März d. J. eine wissenschaftliche Ver-
l
sammlung, in weleher auch die in neuester | für die weitere Berathung als Grundlagen
dienen können, hat das vorbereitende Comite
einen Fragebogen vorgelegt und ersucht, dass
über die darin verzeichneten Fragen die Aus-
kiinfte der landesfiirstlichen Amtsärzte eingeholt
werden.
Mit Rücksicht auf die grosse sanitáre und
wirthschaftliche Bedeutung der genannten An-
gelegenheit für die österreichischen Curorte
nimmt das Ministerium des Innern keinen An-
stand, dem Ansuchen des Comités zu entsprechen
und wird daber die k. k...... eingeladen, ohne
Aufschub die Amtsärzte, in deren Wirkungs-
gebiete sich Curorte von mehr als uur lediglich
loealer Bedeutung finden, zur beschleunigten
möglichst genauen Beantwortung der vorgelegten
Fragen anweisen zu lassen und die so ge-
sammelten Auskünfte zuverlässig spätestens bis
zum 25. Februar d. J. anher vorzulegen.
Die vom Comité gestellten Fragen lauten:
1. Welche
und wie viele Fälle von Blattern, Scharlach,
Masern, Croup und Diphtheritis, lleotyphus,
Flecktyphus, Dysenterie und Keuchhusten sind
im Curorte . .... . innerhalb der drei Jahre
1846, 1897 und 1898 (für jedes Jahr ge-
sondert anzugeben) zur Kenntniss der politischen
acuten Infectionskrankheiten
Behörde gelangt?
2. Welche allgemeinen und speciellen Ur-
sachen des Auftretens der einzelnen dieser
Krankheiten konnten sicher nachgewiesen, welche
als wahrscheinlich erhoben werden?
Hiebei ist besonders darauf Rücksicht zu
nehmen:
a) Ob eine Einschleppung der betreffenden
Krankheit durch Personen (Curgäste, Passagiere,
andere Leute) oder Gegenstände (Reisegepäck,
Rleider, Wäsche u. dgl.) stattgefunden hat.
bi Ob die Infection auf Genuss von inficirtem
Trinkwasser, Lebensmitteln oder
c) auf andere und welche speciellen oder
loealen Ursachen zurückzuführen war.
3. Sind Infectionen an Tuberculose, Milz-
brand, Trichinose oder Toxinvergiftungen mit
Fleisch-, Wurst-, Fisch-, Käse- oder anderen
Giften beobachtet worden?
Angabe a) der Zahl der speciellen Fille
nach Krankheitsformen geordnet,
53
Sege, mp LE Ee beet,
|
|
|
—
b) wie viele derselben auf den Genuss
von Milch, wie viele auf jenen von inficirtem
.Fleiseh zurückzuführen waren.
4. Hat der Aufenthalt von a) Tuberculösen
(Leprösen), b) syphilitischen Kranken im Cur-
orte oder in dessen Umgehung nachweisbar eine
grössere Verbreitung der genannten Infections-
krankheiten veranlasst?
Einschlägige statistische,
Jahre sich erstreckende Daten wären
eventuell auf
frühere
erwünscht.
d. Herrschten iunerhalb der drei Jahre
1596, 1897 und 1898 im Curorte oder in dessen
Umgebung endemische Krankheiten: Malaria,
Typhus, Dysenterie oder andere:
6. Art der Wasserversorgung des Curortes:
centrale Hochquellen, Tiefquellen, mit
Einzelbrunnen und Woasserbezug aus Quellen,
aus
Grundwasser.
Cysternen. ' Beschaffenheit
Qualität des Wassers.
der Brunnen,
7. Besteht im Curorte eine Canalisation»
wie ist dieselbe eingerichtet’
8. Wie erfolgt die Beseitigung der Fäcalien
und sonstigen Abfallstoffe ?
9. Bestehen im Curorte eigene Isolirräume
zur gesonderten Unterbringung von Infections
kranken, in denselben eigene Abtheilungen für-
bestimmte Infectionskranke?
Einrichtung und Belagraum dieser Loeali-
täten.
10. Sind im Curorte Desinfectionsapparate
ist Eigen-
locale
vorhanden, welchen Systems, wer
thümer derselben, bestehen besondere
Vorsehriften für die Desinfeetion und welche?
11. Sind für die Besorgung des öffentlichen
Sanitätsdienstes im (urorte eigene Aerzte be-
stellt, wie viele? mit welehem Wirkungskreise?
Besteht eine locale Sanitätseommission, eine
ständige oder wird dieselbe nur fallweise zu-
sammenberufen ?
12. Wie viele ständige Einwohner zählt
der Curort (wo Zahl nicht genau bekannt, nach
Schätzung) und wie viele Curgäste weisen in
jedem der genannten Jabre die Curlisten aus?
Es wäre erwünscht, dass den Antworten
auf vorstehende Fragen Druckexemplare oder
der und sonstigen in
Abschriften Curstatute
ae JD ae
sanitärer oder hygienischer Beziehung erlassenen der Grenzzollämter im Einvernehmen mit der
localen Vorschriften, Instructionen ete. ange- k. k. Finanz-Landesdirection, sowie der be-
treffenden politischen Bebörde in die Kenntniss
gesetzt, dass laut Mittheilung des Ministeriums
des Aeussern die Grenzzollämter in Preussen,
schlossen werden.
Bayern und Sachsen angewiesen worden sind,
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern die in dem mit dem h. o. Erlasse vom 28. März
vom 26. Jänner 1899, Z. 1492, 1892, Z 1315,%) mitgetheilten und mit dem
h. o. Erlasse vom 2. Juli 1898, Z. 21312,
theilweise abzeänderten Verzeichnisse ange-
an die politischen Landesbebörden in Linz,
Prag, Lemberg, Innsbruck, Brünn, Salzburg
A führten einfachen pharmaceutischen und chemi-
und Troppau
SE schen Präparate und Droguen im Grenzverkehr
betreffend die Einfuhr pharmacenutischer und ohne Beibringung eines ärztlichen Receptes in
chemischer Präparate nach dem Dentschen a ! s
Reiche. Gemässheit der Bestimmungen Punkt 9 der An-
' lage C zum Handels- und Zollvertrage zwischen
Im Nachhange zum h. o. Erlasse vom Oesterreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche
2. Juli 1898, Z. 21372*) wird diek. k.... | vom 6. December 1891, R. G. Bl. Nr. 15
00. behufs Veranlassung der Verständigung , ex 1892, zollfrei einzulassen.
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 282. *) Siehe Jahrg. 1392 d. BL, 8. 122.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. Zu Beginn der Sitzung vom 9. Jänner 1899 wurde der neuernannte
Landes-Sanitätsreferent, k. k. Statthaltereirath Dr. August Netolitzky namens des Landes-
Sanititsrathes vom Vorsitzenden begrüsst und als demselben vermöge seiner amtlichen Stellung
angehöriges Mitglied vorgestellt.
Nach Erledigung einiger administrativer Angelegenheiten wurde über die Erriehtung einer
orthopädischen Turnriege in einem Gymnasium Wiens berathen und beantragt, vor Abgabe
eines Gutachtens einen dieses Turnen betreffenden, genauen Lehrplan einzuholen und zur weiteren
Berathung einen orthopädischen Fachmann beizuzichen.
Fernerhin wurde über das Ansuchen um die Bewilligung zum Betriebe einer Kalt-
wasserheilanstalt in der Nähe Wiens ein Gutachten abgegeben und die Ertheilung der
Concession, sowie die Genehmigung des Statuts und der Haus- und Badeordnung empfohlen.
In der Sitzung vom 16. Jänner 1599 bildete das Ansuchen um die Bewilligung zum Be-
triebe einer Trink- und Curanstalt in einer Gemeinde Niederösterreiehs den ersten Berathungs-
gegenstand. Die Ertheilung der angesuchten Concession wurde unter gewissen Badingungen
empfohlen.
Hierauf wurde über den Jahressanitätsbericht für das Jahr 1897 berathen und
dessen Drucklegung beantract.
Zum Schlusse wurde beziiglich der Institute für ärztliche Untersuchungen und Be-
handlung mittelst Röntzenstrahlen ein Initiativantrag eingebracht und für das Studium
dieser Frage ein Comité in Aussicht genommen.
Kärnten. In den Monaten October, November und December 1898 gelangten
folvende Gegenstände zur Verhandlung:
1. Vorschläge zur Besetzung der Bezirks-Hebammenstellen in Krumpen-
dorf, St. Ruprecht bei Klagenfurt, Obervellach, St. Michael ob Blei-
burg. Ingolsthalund Leifling. ‘Referent Landes-Regierungsrath Dr. E,. Meusburger.)
2. Begutachtung der Pläne des neuen Búrgerschulgebiudes fúr Knaben in
St. Veit. (Referent: Sanitätsrath Dr. Hauser.)
Nach dem Gutachten der sanitären und technischen Sachverständigen entspricht der
Neuban allen gesetzlichen Anforderungen, welche im Detail besprochen wurden; nur wünschte
der Landes-Sanitätsrath, dass der Herstellung von Pissoirs und der Errichtung von Garderoben
ein besonderes Augenmerk gewidmet werde.
3. Gutächtliche Aeusserung über die Gesuche von fünf Hebammen um die Bewilligung,
ihre Wohnungen zum Zwecke der Entbindung fremder Frauen geschäfts-
mässig verwenden zu dürfen und über die „Alllgemeinen Grundsätze für die politischen
Bebörden I. Instanz rücksichtlich der Behandlung solcher Gesuche von Hebammen.“ (Referent:
Kaiserlicber Rath Dr. v. Josch.)
4. Aeusserung über die Eignung eines Secundararztes für die Stelle eines gerichts-
ärztlichen Sachverständigen. (Referent: Kaiserlicher Rath Dr. v. Josch.)
5. Gutächtliche Aeusserung über die Massnahmen zur Hintanhaltung einer missbräuch-
lieben Verwendung des „Ausreuters“ als Beimengunz zum Getreide, welches für den
menschlichen Genuss bestimmt ist. (Referent: Kaiserlicher Rath Dr. C. Pichler.)
6. Subseription auf die Jubiläums-Festschrift: „Oesterreichische Wohlfahrtseinrichtungen
1548— 18985“. (Referent: Landes-Regierungsrath Dr. E. Meusburger.)
7. Besprechungen und vorläufige Beschlüsse über die Frage des geeignetsten Platzes zur
Erriehtung der neuen kärntnerischen Blindenanstaltin Klagenfurt. (Referent:
Landes-Regierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
8. Gutächtliche Aeusserung über das Gesuch eines Apothekers um die Bewilligung zur
Erzeugung und zum Vertriebe von sogenannten „Hustenpastillen“. (Referent: Landes-
Regierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
9. Vorschlag zur Besetzung der Districtsarztesstelle in Feldkirchen.
Referent: Sanititrrath Dr. A. Smoley.)
10. Referat über das Gesuch eines Aushilfsdieners um eine Remuneration pro 18938.
‚Referent: Kaiserlicher Rath Dr. C. Pichler.)
11. Mittheilungen über den Stand der Epidemien, über sonstige, den Landes-
Sanitäterath interessirenden Erledigungen der k. k. Landesregierung, über Bestellungen von
Zeitschriften für die Bibliothek und über die Verwendung der Dotation des Landes Sanitätsrathes
pro 1898. (Referent: Landes-Regierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
Krain. In der am 15. December 1893 abgehaltenen Sitzung gelangten nachstehende
Referate zur Erledigung:
1. Beurtheilung der Qualification von Bewerbern zur Besetzung der Stelle eines Ober-
hergarztes in Idria, beziehungsweise auch eines Bergarztes dortselbst. (Referent: Sanitätsrath
Dr. Slajmer.)
2. Aeusserung über die seitens des Stadtmagistrates gestellte Frage in Betreff der Art
und Weise der Regelung der Prostitution in Laibach. (Referent: Landes-
Sanitätsrath Dr. Keesbacher.)
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 17. December 1S9$ kamen nachfolgende
Gegenstände zur Verhandlung:
1. Gutachten üner die Erfordernisse zur Ertheilung der Erlaubnis an Hebammen,
Schwangere in ihre Wohnungen aufzunehmen.
2. Gutachten betreffs Abfassung eires neuen Formulares fürstatistische Zwecke.
3. Gutachten betreffs Errichtung einer Filial-Apothekein Vetriolo.
Böhmen. In der Sitzung am 14. Jänner 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verhandlung:
l. Errichtung einer öffentlichen Apotheke in Alt-Paka.
2. Gutachten betreffend das Vorkommen von Wundstarrkrampf in der Landes-Gebär-
und Findelanstalt in Prag. Nach eingehender Debatte wurde unter Billigung der bereits ge-
troffenen Massregeln die Einsetzung eines Comités zur Vorberathung hinsichtlich weiterer Vorschläge
beschlossen und vollzogen. Hinsichtlich der Zahl der Fälle ist zu bemerken, dass bereits im
Jahre 1891 ein Fall von Starrkrampf vorgekommen ist; nachdem die Jahre 1592 und 1893 frei-
geblieben waren, kamen zur Beobachtung: im Jahre 1894 ein Fall, im Jahre 1895 fiinf Falle,
Im Jahre 1896 zwei Fälle, im Jahre 1897 sieben Fälle, im Jahre 1898 endlich 11 Fiille.
> G0. 4s
. Reinigung der Abwässer aus der genossenschaftlichen Stärkefabrik in Pilgram.
. Errichtung eines Gemeindeschlachthauses in Policka.
. Betrieb der Heilbadeanstalt in Welchow (Velichovky).
. Ausleitung der Abwässer ans dem Bräuhause in Bohusovice.
Anschluss mehrerer Abortsenkgruben an den Dejwitzer Gemeindecanal.
. Betrieb einer Stärkefabrik in Königinhof.
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Vermischte Nachrichten.
Blattern und Flecktyphus in Galizien und in der Bukowina.
Blattern herrschten in Galizien nach dem Stande am 24. December 1898 in
folgenden politischen Bezirken: Borszezöw (Sj*), Brody (1), Brzozow (1), Buezacz (4), Czort-
kow (2), Horodenka (3), Husiatyn (2), Jaroslau (1), Kolomea (1), Kosow (2), Krakau-
Umgebung (1), Lancut (2), Nadwórna (2), Podgorze (1), Rohatyn (2), Rzeszów (11), Sanok
Strzyzow, Tarnopol, Tlumacz (je 1), Zaleszezyki (2) und Zbaraz (4), zusammen in 22 politischen
Bezirken und 54 Gemeinden; ferner in den autonomen Städten Lemberg und Krakau; — in der
Bukowina nach dem Stande vom 14. Jänner 1899 in den politischen Bezirken: Radautz (1>,
Sereth (1), Storozynetz (3) und Wiznitz (2). :
Flecktyphuserkrankungen bestanden in Galizien am 24. December 1895
in den Bezirkén: Dobromil (1), Drohobycz (4), Husiatyn, Jaworow, Mosciska, Przemysl (je 1),
Rawa (3), Sniatyn, Stryj, Trembowla (je 1) und Zydaczow (6), zusammen in 11 politischen
Bezirken und 21 Gemeinden. — Die Bukowina war frei von Flecktyphus.
Sachverstiindige bei Lebensmittelfiilschnngen. Es besteht bei einzelnen Gerichten die
Uebung, dass als Sachverständiger unmittelbar jener Beamte der staatlichen Lebensmittel-
untersuchungsanstalt gewählt wird, welcher das (zutachten dieser Anstalt fertigte. Nach einer
Mittheilung des Ministeriums des Innern vom 18. November 1898, Z. 36938, ist dieser Vorgang,
so sehr an sich die Wahl der Sachverständigen aus dem Kreise der Untersuchungsanstalten zu
empfehlen ist, mit Unzukömmlichkeiten verbunden. Die diesbezügliche Mittheilung lautet:
„Nach den für die Untersuchungsanstalten bestehenden Dienstvorschriften sind nämlich
die von der Anstalt hinauszugebenden schriftlichen Befunde und Gutachten, dann die Amts-
eorrespondenzen überhaupt von dem Vorstande oder dem jeweils zu dessen Stellvertretung be-
rufenen Beamten zu unterfertigen, und es bezeichnet daher die Unterschrift auf den Ausfertigungen
an sich nicht jenen Beamten, der die technische Untersuchung in dem speciellen Falle vor-
genommen hat.
Hiezu kommt, dass die Arbeiten der Anstalten ihrer Natur nach in zwei Abtheilungen
zerfallen, die chemische einerseits, die mikroskopische und bacteriologische Abtheilung anderseits,
welche in wissenschaftlicher Beziehung von einander verschieden und theilweise auch hinsichtlich
des mit der Durchführung der Arbeiten betrauten Personales von einander getrennt sind, so
dass in vielen Fällen eine einzige Untersuchung zwei oder noch mehr technische Beamte der
Anstalt beschäftigt und auch nicht jeder Beamte hinsichtlich beider wissenschaftliehen Ab-
theilungen gleich qualifieirt ist.
Die ärztlich-hygienische Beurtheilung endlich obliegt wieder einem besonderen Fachmann,
in der Regel dem Anstaltsvorstande.
Bei dieser Sachlage wird es, wenigstens in der Regel der Fälle, zweckmässiger sein, wenn
die Gerichte im Sinne des $ 4 der Ministerialverorduung vom 13. October 1897, R. G. Bl.
Nr. 240°), die Aufforderung zur Entsendung eines Sachverständigen an die Anstalt als solche
richten, micht aber einen bestimmten Beamten der Anstalt berufen, damit der Anstaltsvorstand
in die Lage komme, in jedem Falle den competenten Fachmann abzuordnen.
Hiezu genügt es, wenn die auf dem betreffenden Befunde, beziehungsweise Gutachten
der Untersuchungsanstalt ersichtliche Controlnummer im Requisitionsschreiben angegeben wird.
lu Fällen, wo noch keine technische Untersuchung seitens der betreffenden Anstalt vor-
genommen wurde, wäre der Gegenstand, über welchen das Sachverständigengutachten gewünscht
wird, thunliechst genau abzugeben“. (V. Bl. des Justizminist. )
*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezeichnen die Zahl der inficirten Gemeinden.
**) Siehe Jahrg. 1807 d, BL, S. 414.
OE SP ED,
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das Österreichische Sanitatswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanltätsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
i Rothenthurmasastrassase 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei directer Postsusendung gansjdbrig &. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 16. Februar 1899. Nr. 7.
Inhalt. Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizeidirection in Wien fir das
Jahr 1897. — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend Mass-
nahmen gegen Verbreitung der Blattern und betreffend den Verkehr mit organo-therapeutischen
Präparaten. — Aus den Verbandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizei-
direction in Wien für das Jahr 1897.
Vom Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witlatil.
Einleitung.
Mit diesem Jahresberichte schliesst das erste Quinquennium der durch die
Allerhöchste Entschliessung vom 3. October 1891 in das Leben gerufenen Neu-
organisation des polizeiärztlichen Dienstes im Wiener Polizeirayon ab. Das Urtheil,
inwiefern sich diese Organisation bewährt hat, steht nicht dem Berichterstatter zu,
er kann nur constatiren, dass die Ausgestaltung derselben durch Anstellung und
Vertheilung des nothwendigen ärztlichen Personales bereits im ersten Jahre des
Bestandes erfolgt ist, dass der gesammte Dienst ausschliesslich durch dieses Amts-
personale nach der Instruction vom 30. September 1892 (L. G. Bl. Nr. 65),*) versehen
wird, und zwar auch der streng polizeiärztliche Dienst bei der Sicherheitswache, und
dass diese Dienstleistung sich nicht nur ohne Anstand vollzieht, sondern auch, wie
aus dem vorliegenden chefärztlichen Jahresberichte zu entnehmen sein dürfte, mit
sehr günstigen Resultaten. Da das reiche Erfahrungsmateriale, welches der polizei-
ärztliche Dienst bietet, auch für weitere Fachkreise von Werth sein dürfte, so
erscheint die Veröffentlichung des wesentlichen Inhaltes und einzelner nicht überall
zu Gebote stehender Daten aus diesem Jahresberichte wie aus den vier früheren
wohl angezeigt, umsomehr als sich ein lebhaftes Interesse für die früheren Ver-
öffentlichungen kundgegeben hat.
I. Der polizeiärztliche Personalstand.
Personalveränderungen sind im Laufe des letzten Jahres nicht eingetreten und
es versehen wie bisher unter der Leitung des Chefarztes 9 Polizei-Bezirksärzte
IL Classe (IX. Rangsclasse), 14 II. Classe (X. Rangsclasse), 6 mit 600 fl. und 6 mit
*) Siehe Jahrg. 1892 d BI., S. 466.
= ON
500 fi. adjutirte, dann 15 nicht adjutirte Assistenzärzte, welche den 22 Commissariaten
und dem Polizei-Gefangenhause zu je 2 Amtsärzten, dann einer dem Chefarzte
zugetheilt sind, den polizeiärztlichen Dienst ohne Unterschied des Ranges. Eine noch
aus früherer Zeit stammende Hebamme wird nur ausnahmsweise bei Gassengeburten
im VI. Bezirk in Anspruch genommen.
II. Das Sanitätsdepartement der Polizeidirection.
Dieses Departement, welches erst mit der Neuorganisation des polizeiärztlichen
Dienstes geschaffen wurde, da früher die sanitätspolizeilichen Agenden und der
polizeiärztliche Dienst dem Administrativbureau zugewiesen waren, hat die Leitung
des gesammten polizeiärztlichen Dienstes und die Erledigung der ihm vom Präsidium
und vom Vorstande der administrativen I. Section der Polizeidirection zugewiesenen,
sowie der von anderen Departements zur Einsichtnahme oder Aeusserung zugemittelten,
sanitäre Fragen bertihrenden Acten.
Vorstand ist der Polizei-Chefarzt, zugetheilt ist ihm als Hilfskraft ein Assistenz-
arzt, unterstellt sind ihm in fachmännischer und disciplinärer Beziehung die übrigen
49, den Commissariaten und dem Polizei-Gefangenhause zugetheilten Polizeiärzte.
Die Instruction weist dem Chefarzte zu:
a) Die Ueberwachung der Handhabung der Sanitätsgesetze und Verordnungen
durch die dazu berufenen Organe der Polizeibehörde, insbesondere der fachmännischen
Thätigkeit ihrer Amtsärzte, sowie die Wahrnehmung der gesammten sanitären
Gebahrung im Polizeidienste, welche er in einem wissenschaftlichen Jabres-Sanitits-
berichte darzustellen und zu deren Vervollkommnung er die geeigneten Anträge zu
stellen hat.
Die seit der Schaffung der Chefarztstelle und der Ernennung des Bericht
erstatters für die Jahre 1893 einschliesslich 1896 vorgelegten im »¿sterreichischen
Sanitätswesen« auszugsweise veröffentlichten Jahresberichte dürften sowie der gegen-
wärtige den Beweis liefern, dass der Chefarzt dieser Verpflichtung nachzukommen
bestrebt war. In den tiber seine Inspectionen der polizeilichen Amtslocalitäten in
allen Bezirken erstatteten Berichten wurden von ihm auch alle als nothwendig und
ausführbar erscheinenden Anträge gestellt und soweit dies thunlich war, auch zur
Ausführung gebracht.
b) Periodische und fallweise Revisionen der Amtslocalitäten. Die periodischen
haben in jedem Jahre alle Commissariate, die Kasernen und Wachzimmer der
Sicherheitswache und das Gefangenhaus umfasst. worüber die sub 1 erwähnten
Berichte vorliegen und auch hier kurz berichtet werden wird; über die fallweisen
wurde in jedem einzelnen Falle berichtet.
c) Die Bearbeitung der in das Gebiet des Sanitätswesens einschlägigen
Geschäftsstücke der Polizeidirection.
Die Bearbeitung der theils von der I. Section, theils unmittelbar vom Präsidium
zugetheilten Geschäftsstücke hat stets in kürzester Frist und rückstandslos statt-
getunden.
d) Die dienstliche Anwesenheit im Amte während bestimmter Stunden. Dieselbe
erfolgte jeden Tag während der Amtsstunden, soweit nicht Inspectionen oder amtliche
Commissionen in diese Stunden fielen.
e) Das Personalreferat über die Polizeiärzte rücksichtlich der Behandlung der
Qualificationstabellen.
Der Chefarzt führt Grundbuchblätter über alle Polizeiärzte, in welchen alle
wesentlichen Momente und Veränderungen angeführt werden, erstattet als Referent
die Vorschläge in polizeiärztlichen Personalfragen, hält die Erkrankungen und
Beurlaubungen in Evidenz, sowie die Standesveränderungen, Nebenbeschäftigungen
E ei
u. 8. w. und spricht sich über die Qualification der ärztlichen Competenten bei
Besetzungsvorschlägen aus,
f) Die fachgemässe Leitung und Ueberwachung des gesammten polizeiärztlichen
Dienstes. |
Von dieser Leitung und Ueberwachung geben die Protokolle der monatlichen
Versammlungen der Polizeiärzte und die zahlreichen, theils an einzelne, theils an
den Körper ertheilten Weisungen Zeugniss. Ä
g) Das Sanitätsreferat der Polizeidirection.
Das Protokoll des Sanitätsdepartements weist 1792 Geschäftstücke auf, in
welchen ausser den zur eigenen Erledigung eingelangten auch die von anderen
Departements zur Aeusserung übermittelten enthalten sind, nicht aber die laufenden
periodischen Ausweise über die polizeiärztlichen Amtshandlungen, die Untersuchungen
der Prostituirten u. s. w. Eine bedeutende Vermehrung der Einläufe hat sich aus
der Uebernahme des chefärztlichen Dienstes bei der Sicherbeitswache ergeben, da
alle Acten über erlittene Verletzungen, sowie alle eine Superarbitrirung erfordernden
Gesuche um Beurlaubung, Versetzung in den Ruhestand, Zuzählung von zehn Dienst-
jahren wegen Invalidität durch den Dienst u. s. w., dann die auf die Wachunterkünfte
bezüglichen Acten zur chefärztlichen Kenntnissnahme und Beurtheilung gelangen.
h) Die Sanitätsnormalien wurden vorschriftsmässig gesammelt und verzeichnet,
sowie die sonst néthigen Vormerkungen geführt.
III. Der polizeiärztliche Dienst.
a) Der Chefarzt.
Aus dem umfänglichen Berichte ist ersichtlich, dass die Ueberwachung innerhalb
jener Grenzen, welche die nothwendige Selbstständigkeit der polizeilichen Bezirks-
behörden und in weit höherem Grade die der autonomen Organe bedingen, statt-
gefunden hat; letzteren gegenüber muss sich die polizeiärztliche Thätigkeit darauf
beschränken, auf wahrgenommene Mängel aufmerksam zu machen und die Sanitäts-
behörde durch die Controlirung der Ausführung der von ihr getroffenen Anordnungen
zu unterstützen. Nur von diesem Gesichtspunkte wollen die in dem vorliegenden
Jahresberichte des Chefarztes, sowie in den Einzelberichten der Polizeiärzte in den
Bezirken enthaltenen Bemerkungen beurtheilt werden.
Die periodischen Ausweise der Polizeiärzte über ihre Amtshandlungen und zwar
die wöchentlichen über die Prostituirten-Untersuchungen und die monatlichen, sowohl
ziffermässigen als erläuternden über ihre anderweitigen Amtshandlungen geben dem
Chefarzte eine stete Uebersicht ihrer Thätigkeit und liefern ihm ein reiches Arbeits-
materiale, welches in den über Anzeigen, Zeitungsberichte, Anfragen, Aufträge der
Oberbehörde etc. abverlangten Berichten noch einen bedeutenden Zuwachs erhält.
Sowohl bei diesen Anlässen, als in den jeden Monat stattfindenden Versammlungen
ist, soweit nicht schriftliche Weisungen notlwendig sind, die Gelegenheit zu
Belehrungen und Correcturen geboten, welche stets mit Schonung des Selbstgefühls
und ohne alle Blosstellung stattfinden uud darum auch in der Regel von Erfolg
begleitet sind. Ist auch der Natur der Sache nach weder die Begabung noch die
Erfahrung und Urtheilsfähigkeit Aller die gleiche, so darf doch der Getertigte
constatiren, dass der Wille durchwegs ein guter und das Zusammenwirken der
Polizeiärzte ein gedeihliches ist. Auch die Beziehungen zu den städtischen Sanitäts-
organen sind im Allgemeinen collegiale, die gemeinsamen Ziele fördernde.
Die Protokolle über die beiden in jedem Monate stattfindenden polizeiärztlichen
Versammlungen, in welchen die vorherrschenden Krankheiten constatirt, die
summarischen Ausweise über die Amtshandlungen vorgelegt und besprochen, die
behördlichen Erlässe mitgetheilt und nothwendige allgemeine Informationen gegeben
GF
sa EI. =
werden, werden vom Chefarzte dictirt, von allen Anwesenden unterzeichnet und
quartalweise der hohen Statthalterei und dem hohen Ministerium des Innern vorgelegt.
Sie bieten jedem Mitgliede Gelegenheit, Anfragen zu stellen nnd Anträge vorzubringen.
Der Zusammenhang mit den monatlichen Versammlungen der städtischen Amtsärzte, dem
sogenannten Sanitäts-Hauptrapporte ist dadurch erhalten, dass die Polizeiärzte,
welche früher Theilnehmer dieser Versammlungen waren, durch den Chefarzt, der
nunmehr als ihr Vertreter und zugleich als jener der staatlichen Sanitätsbehörde
beiwohnt, von den wesentlichen Vorkommnissen in denselben insbesondere dem
Morbiditäts- und Mortalitätsberichte Kenntniss erhalten.
In den Monatversammlungen der Polizeiärzte gelangten auch bedeutsame
wissenschaftliche und practische Fragen zu Discussion. Dahin gehört zunächst jene
über die Zurechnungsfähigkeit von chronischen Alkoholikern verübter Gewalt-
' thätigkeiten, welche in einem Falle von den Gerichtsärzten des Landesgerichtes in
Strafsachen geläugnet, von der Irrenanstaltsdirection und ihrem ktinischen Vorstande
aber behauptet wurde. Die Polizeiärzte standen auf Seite der Gerichtsärzte und
fanden ihre Ansicht durch das Facultätsgutachten über diesen Fall bestätigt. Eine
andere Discussion wurde durch Vorschläge eines Spitalsarztes veranlasst, welche
Infectionen durch Prostituirte mittelst Desinfection und warnendem Wandanschlag
in den Wohnungen der Prostituirten verhindern wollten; das zur Prüfung nieder-
gesetzte Comité sprach die Erfolglosigkeit und Undurchführbarkeit dieser Vorschläge
aus und die Versammlung stimmte ihm bei.
Zu den instructionsmässigen Obliegenheiten des Chefarztes gehören auch die
Untersuchungen von Staatsbeamten der VIII. bis VI. Rangsclasse, bei Gesuchen um
Beurlaubung, Pensionirung u. s. w. Sie betreffen aber auch Bedienstete niederer
Rangsclassen, wenn es sich um ein Superarbitrium handelt und haben durch die Aus-
dehnung des chefärztlichen Dienstes auf die Sicherheitswache, welche die Beurtheilung
aller Anzeigen über Verletzungen der Mannschaft erheischt, eine bedeutende
Erweiterung erhalten, wenngleich die unmittelbare Untersuchung und Begutachtung
den Amtsärzten der Bezirke zusteht. Auch kommt es nicht selten vor, dass Witwen
und Waisen nach Officieren und Staatsbeamten sich um die Bestätigung ihrer fort-
dauernden Erwerbsunfähigkeit statt an die Bezirksärzte an den Chefarzt wenden,
die ihnen dann bei deren wirklichem Bestande auch nicht verweigert wird.
Einen besonderen und sehr wichtigen Theil der chefärztlichen Thätigkeit bildet
die sanitäre Ueberwachung der Prostitution, sowohl durch die stete Einsichtnahme
in die betreffenden Berichte der Untersuchungsärzte und Klarstellung jedes zweifel-
haften Falles oder incorrecten Vorganges, als durch stichprobenweise Superrevisionen,
zu denen sowohl die Locale für die wöchentlich zweimalige Untersuchung als die
bordellartigen Unterkünfte von Prostituirten die geeignetste Gelegenheit boten. Wenn
auch hie und da noch die alte laxere Methode der Untersuchung angetroffen und
bemängelt wird, so untersucht doch die weitaus grösste Mehrzahl der Amtsärzte mit
einer Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit, welche nichts zu wünschen übrig lässt.
Dass trotzdem Infectionen vorkommen können, ist begreiflich, wenn erwogen wird,
dass zwischen zwei Untersuchungen abwechselnd zwei und drei Zwischentage sind,
an welchen die bisher latent gebliebene Krankheit sich durch ein infectiöses Product
manifestiren kann, abgesehen von den Kunstgriffen, durch welche diese Personen
ihre Krankheit zu verheimlichen wissen, um der gefürchteten Spitalsabgabe zu ent-
gehen. Uebrigens hat jede, obgleich anonyme Anzeige über eine Infection die
schleunige Einleitung der umfassendsten Erhebungen und die sofortige amtsärztliche
Untersuchung der Beschuldigten, eventuell ihre sogleiche Spitalsabgabe zur Folge.
Anzeigen über Infectionen, welche von den Truppenkörpern der Garnison einlangen,
werden, auch wenn sie nicht in Evidenz stehende Prostitutionsverdächtige betreffen,
in gleicher Weise eingehend behandelt und wird das betreffende Commando von dem
Ergebnisse der Untersuchung verständigt.
sten, il e
Endlich ist die Inspection der simmtlichen polizeilichen Amtslocalitäten mindestens
einmal in jedem Jahre eine Verpflichtung des Chefarztes, welche, da es sich um
22 Commissariate und das Gefangenhaus, dann um die Kasernen, Stallposten und
Wachzimmer der Sicherheitswache handelt, von welch letzteren 179 über ganz
Wien und die vereinigten Gemeinden Floridsdorf, Gross-Jedlersdorf, Donaufeld und
Jedlesee zerstreut sind und zugleich als Rettungsanstalten dienen, grosse Zeit und
Mühewaltung in Anspruch nimmt, aber auch bereits zu einer Anzahl wesentlicher
hygienischer Verbesserungen geführt hat. Da hierbei Gelegenheit geboten ist, Jahr
für Jahr sich von den gesundheitlichen Verhältnissen des ganzen Wiener Polizeirayons
zu überzeugen, die Fortschritte zu constatiren und auf das noch Mangelnde auf-
merksam zu machen, so ist damit nicht nur das Materiale für den hygienischen
Theil des aufgetragenen Jahresberichtes geboten, sondern auch die vom Chefarzte
verlangte Unterstützung des Landes-Sanitätsreferenten und der städtischen Sanitäts-
verwaltung, indem sie auf bestehende Mängel aufmerksam gemacht wird und die
Anträge ihrer Fachorgane die nothwendige Unterstützung finden.
b) Die Polizei-Bezirksärzte.
Die Gesammtzahl ihrer Amtshandlungen betrug ohne Einbeziehung der regel-
mässigen Prostituirten-Untersuchungen 94879, davon kamen 1446 auf Leichen-
besichtigungen, 11023 auf Untersuchungen wegen körperlicher Beschädigung, 281
wegen Sittlichkeitsdelicten, Fruchtabtreibung und Kindesmord, 60170 betrafen die
Untersuchung von Beschuldigten und Arrestanten, 4517 Untersuchungen des Geistes-
zustandes und der Zurechnungsfähigkeit, 4331 staatsärztliche Untersuchungen von
Beamten, Dienern, Witwen und Waisen von solchen und Schülern von Staatsschulen.
Wegen der Aufnahme in Humanitätsanstalten fanden 4634 Untersuchungen
statt, zur Constatirung der Erwerbs- oder Arrestfähigkeit 1374, wegen Ertheilung
von Licenzen 1365, hygienische Untersuchungen wurden 897 vorgenommen, Hilfe-
leistungen der Polizeiärzte fanden 2940 statt, wegen Krankheit oder Schwangerschaft
818, wegen Hundebiss 545 (davon 412 durch wuthkranke Hunde). Die Zahl der
gerichtlichen Interventionen betrug 106.
Die meisten Besichtigungen der Leichen von Selbstmördern (34) kamen im Mai
vor, die wenigsten (20) im Juli; die meisten Todesfälle durch fremde Gewalt (19)
im September, die wenigsten (5) im Jänner und Februar, die meisten schweren
Beschädigungen im Mai (46), die wenigsten im December (22), die meisten Noth-
zuchtfälle (22) im März, die wenigsten (6) im October, die meisten Abgaben in das
Werkhaus (251) im December, die wenigsten (153) im August, die meisten Anhal-
tungen (5542) im Juli, die wenigsten (4400) im Februar, die meisten Geisteskranken
und Irrsinnsverdächtigen (283) im Mai, die wenigsten (202) im October, die meisten
Hundebisse (69) im Juni, die wenigsten (27) im Februar.
Nach den Polizeibezirken betrachtet war die Zahl der Selbstmörder am grössten
in den Polizeibezirken Stadt (25) und Prater (24), am kleinsten (6) in Wieden,
Simmering und Brigittenau, die der Todesfälle durch fremde Gewalt am grössten
im Polizeibezirke Leopoldstadt (20), am kleinsten in Meidling und Hietzing (1),
die meisten schweren Körperbeschädigungen kamen im Bezirke Leopoldstadt vor (88),
die wenigsten im Stadtbezirk (5), die meisten Fälle von Nothzucht und Schändung
(13) in Leopoldstadt. Margarethen, Favoriten, Ottakring und Währing, die wenigsten
(1) im Stadtbezirke, die meisten Abgaben in das Werkhaus (883) erfolgten vom
Commissariate Favoriten, in dessen Bezirk es liegt, und vom Stadtcommissariate (396),
die wenigsten (1) von Leopoldstadt, die Zahl der Anhaltungen war am grissten im
Stadtbezirk (8215), am kleinsten (1186) in Margarethen, die meisten Untersuchungen
wegen Verdacht der Geistesstörung fanden in Alsergrund statt (477), woran die
Nähe der Beobachtungsstation und der Irrenanstalt die Hauptschuld trägt, besonders
durch die von auswärts hergebrachten Kranken, die wenigsten (24) in Hietzing, die
as po
meisten Hundebisse kamen in Favoriten vor (46), die meisten von wuthkranken
Hunden aber in Landstrasse (24), in 17 Bezirken kamen gar keine Bisse von
wüthenden Hunden vor, in Simmering wurde die kleinste Zahl von Personen über-
haupt von Hunden gebissen (6).
Im Jahre 1896 betrug die Zahl der polizeiärztlichen Amtshandlungen ebenfalls
mit Ausschluss der Prostituirten-Untersuchungen 87600, sohin beträgt die Zunahme
im Jahre 1897 (mit 94879) 7279. Nach der Gesammtzahl der Angehaltenen reihen
sich die Commissariate so:
l. Stadt . . . . . . . . 8215 | 12. Meidling . . . . . . . 2306
2. Favoriten. . . . . . . 9989 | 13. Hietzing . . . . . . . 1906
3. Leopoldstadt. . . . . . 4533 14. Neubau . . . . . . . 1887
d Prater `, . . . . . . . 3749 15. Simmering . . . . . . 1841
5. Landstrasse . . . . . . 3098 | 16. Josefstadt. . . . . . . 1784
6. Währing . . . . . . . 3056 | 17. Döbling . . . . . . . 1781
7. Hernals . . . . . . . 2822 18. Schmelz . . . . . . . 1633
8. Alsergrund . . . . . . 2696 19. Brigittenau . . . . . . 1449
9. Ottakring . , . . . . 2266 20. Floridsdorf . . . . . . 1423
10. Wieden . . . . . . . 2397 21. Mariahilf. . . . . . . 1362
11. Rudolfsheim . . . . . . 2326 22. Margarethen. . . . . . 1186
c) Die Gefangenhaus-Aerzte.
Die Zahl ihrer Amtshandlungen liegt nicht ziffermässig vor, lässt sich aber
daraus ermessen, dass die beiden alle 24 Stunden im Permanenzdienste wechselnden
Aerzte jeden der 26587 im Jahre 1897 Aufgenommenen zu untersuchen und zum
Zwecke der Untersuchung dreimal im Tage zu erscheinen hatten und dass sie ferner
die hygienischen Verhältnisse des Polizei-Gefangenhauses und die Verköstigung der
Bewohner zu überwachen hatten. Die Angaben über die Krankheitsbefunde und
Spitalsabgaben finden sich im hygienischen Theile dieses Berichtes unter: »Polizei-
Gefangenhaus«. (Fortsetzung folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern | auf eine mangelhafte Handhabung des sanitäts-
vom 2. Februar 1899, Z. 2753, polizeilichen Epidemie-Tilgungsverfahrens zu-
rückgeführt werden müssen, wird die k. k....
zur entsprechenden strengen Anweisung der
politischen Unterbehörden darauf aufmerk-
sam gemacht, dass sich die vorgeschriebene
In jüngster Zeit sind Blatternerkranukungen | Evidenzhaltung jeder Blatternerkrankung und
in Galizien mit zunehmender Häufigkeit auf- | die in jedem solchen Falle in verlässlicher
getreten und auch in der Bukowina, dann in | Weise durchzuführenden Isolirungsmassregeln
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend Massnahmen gegen Verbreitung
der Blattern,
Schlesien und Mähren zur Beobachtung gelangt. | auch darauf beziehen müssen, dass der Verkehr
Den amtlichen Berichten zufolge sind hiebei | der Wohnungsgenossen des Blatternkranken
Uebertragungen von Blattern von Ort zu Ort, | nach bewirkter Absonderung desselben während
insbesondere durch unüberwachten Verkehr | der Incubationszeit nach der letzten An-
von Personen aus den infieirten Wohnungs- | steckungsgelegenheit und — falls die grund-
gemeinschaften vorgekommen. sätzlich stets anzustrebende Unterbringung des
Mit Rücksicht auf die schweren Folgen | Blatternkrauken in isolirter Spitals- oder Noth-
derartiger Infectionsverschleppungen, welche | spitalsptlege nicht stattfinden könnte — auch
63
während der ganzen Krankheitsdauer, soweit | der Umgebung jedes Blatternherdes sowohl in
dies sanitäts-polizeilich nothwendig ist, beschränkt
werde.
Umsomehr muss es hintangehalten werden,
dass sich derlei im sanitätsgefährlichen Zustande
befindliche Personen in andere Gemeinden be-
geben.
Es sind daher von der für die Durch-
fübrung der Sanitäts-Massregeln verantwort-
lichen Behörde die nothwendigen Verhaltungs-
massregeln für die Genossen der inficirten
Haushaltung mit aller Bestimmtheit und Ge-
nauigkeit vorzuschreiben und ihre Durchführung
wirksam zu überwachen.
Sollte sich die Abreise von der Ansteckung
infieirten Haus-
haltungen ausnahmsweise aus zwingenden Grün-
den nothwendig erweisen, so darf dieselbe nur
mit sanitätspolizeilicher Genehmigung unter An-
ordaung aller erforderlichen Vorsichten und
unter gleichzeitiger Verständigung der Sanitäts-
Verwaltung des Ankunftsortes, bei welcher der
ausgesetzten Personen aus
Reisende seine Ankunft anzumelden hat, erfolgen.
Um die auf Blatternverschleppungen be-
züglichen Vorgänge der genauen Ueberwachung
und Controle zugänglich zu machen, wird die
eingeladen, den politischen Be-
hörden I. Instanz ungesäumt aufzutragen, dass
dieselben vom Tage der Verständigung an in
jedem Falle, in welchem das erste, wenn auch
vereinzelte Auftreten von Blattern in einer Ge-
meinde constatirt wird, von der vorgeschriebenen
Anzeige an die politische Landesbehörde, so-
wie von den weiterhin zu erstattenden Wochen-
berichten eine Abschrift gleichzeitig und un-
mittelbar an das Ministerium des Innern
einzusenden haben.
Die k. k....... wird in ihren stets
mit grösster Beschleunigung und unter genauer
Einhaltung der Termine vorzulegenden vier-
wöchentlichen Epidemieberichten das Auftreten,
sowie den Gang der Infection und der Infections-
tilgung eingehend zu schildern haben.
Es wird alsselbstverständlich vorausgesetzt,
dass die Wartpersonen von Blatternkranken,
sowie das mit der Behandlung und Ueberwachung
der letzteren betraute ärztliche uud anderweitige
Personaldurch Impfung, beziehungsweise Wieder-
impfung blatterngeschützt sein soll und dass in
der blatterninficirten Gemeinde, wie auch in den
Nachbargemeinden inficirter Ortschaften auf die
Herstellung eines guten Impfzustandes, ins-
besondere der Kinder im schul- und vorschul-
pflichtigen Alter mit allem Nachdrucke hin-
zuwirken ist.
Die zur Leitung des Epidemiedienstes be:
rufenen amtlichen Sanitätsorgane haben in jedem
Fallo des Auftretens von Blattern, ohne erst
die Verbreitung derselben abzuwarten, sofort
einzugreifen, und insbesondere auf die Auf-
deckung und Unschädlichmachung der ursprüng-
lichen Infectionsquelle Bedacht zu nehmen.
Die exacte Handhabung des Epidemie-
dienstes zur Tilgung der Blattern ist von den
inspieirenden Amtsärzten besonders aufmerksam
zu überwachen.
Da Blattern durch exacte Epidemietilgungs-
und Impfschutz-Massregeln mit Erfolg bekämpft
und zum mindesten Blatternverschleppungen
pach auswärts hintangehalten werden können,
sind die mit der Handhabung der Gemeinde-
Sanitätspflege betrauten, sowie die Sanitits-
organe der politischen Behörden auf die Ver-
antwortlichkeit aufmerksam zu machen, mit
welcher sich dieselben bei laxer Durchführung
der sanitäts-polizeilichen Vorkehrungen belasten.
Von den im Gegenstande getroffenen Ver-
fügungen sind nach Vorschrift Abschriften an-
her vorzulegen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 2. Februar 1899, Z. 18559 ex 1898,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend den Verkehr mit organo-therapeu-
tischen Präparaten,
In jüngster Zeit wurde wiederholt die
Wahrnehmung gemacht, dass sogenannte organo-
therapeutische Präparate in öffentlichen Apo-
theken im Handverkaufe und auch in Droguerien
im Detailverkaufe an Parteien abgegeben werden.
die
practicirenden Aerzte und die Apotheker, sowie
die Droguenhändler des unterstehenden Ver-
waltungsgebietes im Wege der politischen Bezirks-
wird eingeladen,
64
behörden, beziehungsweise städtischen Magistrate, | der Verschreibung eines zur Praxis berechtigten
darauf aufmerksam zu machen, dass die organo-
therapeutischen Präparate unter jene Heilmittel
gehören, welche nach den Bestimmungen des
§ 3 der Ministerialverordnung vom 1. Juli 1889,
R. G. Bl. Nr. 107,*) mit welcher die in der
österreichischen Pharmakopo@ Ed. VII.
baltenen normae et regulae generales zur all-
gemeinen Darnachachtung verlautbart worden
sind, nur in öffentlichen Apotheken auf Grund
ent- |
Arztes an Parteien verabfolgt werden dürfen.
Diese Heilmittel sind sonach vom Hand-
verkaufe gänzlich ausgeschlossen und dürfen
dieselben, von Grossdroguisten nur an Apotheker
in Originalverpackung unter genauer Angabe
der Fabriksfirma abgegeben werden.
Der Apotheker ist dafür verantwortlich,
dass nur von unbedingt verlässlichen Fabriks-
firmen hergestellte organo-therapeutische Präpa-
rate in ihren Apotheken in Verkehr gebracht
| werden.
*) Siehe Jahrg. 1889 d. BI., S. 248.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Mähren. Verhandlungsgegenstände in der am 28. December 1898 abgehaltenen Sitzung:
1. Einrichtung eines elektrischen Lichtbades in den Räumlichkeiten
Charlottenbades in Brünn. (Referent: K. k. Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
2. Einschreiten des Impfanstaltsbesitzers Dr. Moriz Winter in Brünn um die Weiter-
belassung der Lieferung animaler Lymphe auf Landeskosten für die allgemeinen
öffentlichen Impfungen in Mähren. (Referent: Ausserordentliches Mitglied des Landes-Sanitäts-
rathes, k. k. Landes-Sanitätsinspector Dr. Spitzer.)
3. Errichtung einer öffentlichen Apotheke in der Gemeinde Morkowitz. (Referent:
K. k. Sanitätsrath Dr. A. Fleischer.)
4. Ansuchen der Delegirtenversammlung des Raitzer Sanitätsdistrietes um die Genebmigung
der Verlegung des Wohnsitzes des Distrietsarztes von Raitz nach Doubrawitz.
(Referent: K. k. Statthaltereirath Dr. Schoe fl.)
5. Gesuch der Gemeinde Tlumatschau um Ausscheidung aus dem Sanitäts-
districte Kwassitz und Bestellung eines eigenen Gemeindearztes für dieselbe. (Referent:
K. k. Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
6. Einschreiten der Stadtgemeinde Briinn um die Bewilligung zu einer Mehrentnahme
von Wasser aus dem Schwarzawaflusse fir die Brünuer Wasserleitung. (Referent:
Ausserordentliches Mitglied des Landes-Sanititsrathes, k. k. Landes-Sanititsinapector Dr. Spitzer.)
des
Galizien. Berathungsgegenstände in der Sitzung am 6. December 1898:
1. Gutichtliche Aeusserung in Betreff der Abänderung einzelner Bestimmungen des
Statutes fiir den Curort Iwonicz, Bezirk Krosno. (Referent: Sanitätsrath, k. k. Landes-
Sanitätsreferent Dr. Merunowiez.)
2. Gutächtliche Acusserung betreffend die Creirung neuer Sanitätsdistriete in NiZan-
kowice (Bezirk Przemysl), in Stryszow (Bezirk Wadowice), Osiek (Bezirk Biala) und in Bóbrka.
(Referent: Sanitätsrath, k. k. Landes-Sanitätsreferent Dr. Merunowicz.)
3. Fachgutachten über eine Bäckereianlage in Komorowice, Bezirk Biala. (Referent:
Sanitátsrath Docent Dr. Schramm.)
4. Gutächtliche Aeusserung über eine Gemeindeanstalt zur Trocknung thierischer
Häute in Wileze, Bezirk Przemysl. (Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
5. Gutachten über die Naphtha-Destilliranstalt in Kolomea. (Referent:
Docent Dr. Schramm.)
Sanitätrath
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
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Das österreichische Sanitátswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanltätsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
. Rotbanıburmmstrasse 15,
Erscheint jedem Donnerstag.
Pränumerationapreis bei directer Postsusendung ganzjährig @. 6.—.
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XI. Jahrgang. Wien, 23. Februar 1899. Nr. 8.
Inhalt. Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizeidirection in Wien für das
Jahr 1897. (Foortsetzung.) — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass des Ministeriums für Cultus und
Unterricht, betreffend die Desinfection mittelst Formaldehyd; Verordnung des Statthalters in Mähren,
betreffend die Bestimmungen über die Versorgungrgenüsse der Gemeinde- oder Districtsärzte und über
das Fabrpauschale der Distrietsärzte; Erlass der Statthalterei in Tirol und Vorarlberg, betreffend die
Erhebungen beim Auftreten von Infectionskrankheiten.
Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizei-
direction in Wien für das Jahr 1897.
Vom Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witlacil.
(Fortsetzung.)
Einen wesentlichen Theil der Dienstleistung der Polizeiärzte bildet die Unter.
suchung der Prostituirten, sowohl der in Evidenz stehenden, als der aufgegriffenen
oder zur Anzeige gebrachten, sich frei der Prostitution Ergebenden. Der folgende
Abschnitt, welcher die Untersuchung der Prostituirten und deren Ergebnisse behandelt,
bildet daher die Vervollständigung des Berichtes über die Amtshandlungen der
Polizeiärzte, von denen nur die Doctoren Rosenfeld und Fischer keine regel-
mässigen Untersuchungen bei in Evidenz stehenden Prostituirten vornehmen.
Untersuchung der Prostituirten.
a) Statistisches.
Am 31. December 1897 standen 1696 Prostituirte in polizeilicher Evidenz,
was verglichen mit einer Bevölkerung von rund 1,500000 Einwohnern ein Ver-
hältniss von 1:903 geben würde, aber bei der die eingeschriebenen weit überragenden
Zahl der freien (geheimen) Prostituirten weit unter der Wirklichkeit ist. Das Alter
derselben war folgendes:
Jahre 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Zahl 2 11 34 40 95 90 108 125 130 122
Jahre 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Zahl 108 110 109 68 73 62 6l 46 46 32
Jahre 35" 36 37 38 39 40 41 42 43 44
Zab 23 3 30 18 26 l4 #19 7 5 12 —
Jabre 49 46 47 48 49 52 54 55 56 5
6
{
Zahl 5 5 9 1 2 2 3 2 2 1
Hiernach waren
unter 20 Jahren 272 = 16°04 Percent,
von 21 bis 30 > 1015 = 5985 >
19 34
» 31 > 40 » 328 = >
» 41 > 50 > 69 = 407 >»
» 51 >» 60 > 12 = 070 >
Die Jiingste war 15, die Aelteste 60 Jahre alt, die meisten zwischen 19 und
27 Jahren.
Dem Civilstande nach waren:
Ledig 1565 = 92:2 Percent,
Verheiratet 44 = 27 >
Geschieden 61 = 36 >
Verwitwet 26 =: 15 a
Die am 31. December 1897 ın Evidenz gestandenen Prostituirten waren in
den verschiedenen Polizeibezirken wie folgt vertheilt:
Stadt 372, Leopoldstadt 315, Alsergrund 248, Mariahilf 134, Neubau 125,
Währing 95, Wieden 92, Josefstadt 63, Landstrasse 58, Ottakring 52, Favoriten 50,
Rudolfsheim 32, Margarethen 21, Hernals 13, Brigittenau 12, Schmelz 7, Meidling 6,
Simmering 1, Prater 0O, Floridsdorf 0, im Ganzen 169%. ,
Neu in die Evidenz getreten sind in diesem Jahre 312 Prostituirte im Alter von:
Jahren 5 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26
Anzahl 1 10 30 46 42 46 31 26 12 25. 7 10
Jahren 27 28 29 30 31 32 8 35 36 37 39
Anzahl 8 2 3 4 2 1 ze
1 1 1 2
Bis 20 Jahre waren also 179 56:1 Percent,
21 bis 30 > > » 128
41°] »
31 > 40 » > > 9
æ OO
Al
2:8 >
Die Jüngste war 15, die Aeltesten waren 39 Jahre alt, die meisten zwischen
18 und 20.
Ihrer bisherigen Beschäftigung nach waren:
Dienstmädchen 187 = 59°93 Percent, Cassierinnen und Verkäuferinnen 43 =
13°78 Percent, Handarbeiterinnen 40 = 12:82 Percent, ohne Beschiftigung 25 —
801 Percent, Sängerinnen und Schauspiclerinnen 5 = 1:60 Percent, Fabriks-
arbeiterinnen 5 == 1°60 Percent, Bonnen 4 = 1°28 Percent, Masscuse 1, Modell 1,
Friseurin 1.
Es waren also mehr als die Hälfte der neu in die Evidenz Getretenen (fast
60 Percent) Dienstmädchen, aus denen sich überhaupt die Prostituirten vorzugsweise
recrutiren, wie es denn auch vorkommt, dass Personen, welche unter Aufsicht oder
frei sich der Prostitution ergeben haben, wieder in Dienst treten.
Die Fluctuation dieses Theiles der Bevölkerung ist überhaupt eine sehr
bedeutende, wodurch es kommt, dass gegenüber den 1696 am Schlusse des Jahres
in Evidenz Gestandenen, die Gesammtzahl der während des ganzen Jahres in der-
selben längere oder kürzere Zeit betindlich Gewesenen 23S0 beträgt.
A DS a aR mmm ee E
- a — e”
ën BT e
Von diesen wurden bei den regelmässigen Untersuchungen geschlechtlich
infectiös krank gefunden 713, d. i. 29'95 Percent Personen in 1317 Krankheitsfällen,
es wurde also fast ein Drittel der gesammten im Laufe des Jahres in Evidenz
Gestandenen wegen venerischer Erkrankungen in ein Spital abgegeben.
Die Art der venerischen Erkrankungen war:
Blennorrhöe (Tripper) bei 214 Personen, d. i. 30°01 Percent, Ulcus molle
(weicher Schanker) bei 134 Personen — 1879 Percent, Syphilis (primäre und
spätere Formen) bei 216 — 30:29 Percent, Tripper und weicher Schanker zugleich
bei 38 — 532 Percent, Tripper und Syphilis zugleich bei 56 = 7:85 Percent,
Schanker und Syphilis zugleich bei 42 — 5:89 Percent, Tripper, weicher Schanker
und Syphilis zugleich bei 13 — 1:82 Percent.
An eigentlicher Syphilis litten 327 Personen, d. i. 45°86 Percent aller venerisch
Erkrankten, somit nicht viel unter der Hälfte.
Die Zahl der blennorrhoischen Krankheitsfälle betrug 488, d. i. 37°05 Percent
aller venerischen Fälle, jene der Fälle vom weichem Schanker 296, d. i. 22°48 Percent,
die von Syphilis 533, d. i. 40°47 Percent. Wiederholte venerische Erkrankungen
waren häufig. Die Zahl der Spitaltage betrug 23386, die durchschnittliche Behand-
lungsdauer bei Tripper 15:5 Tage, bei weichem Geschwiir 19°9, bei Syphilis 194.
Ungewöhnlicher Sitz der Erkrankung.
Geschwür am After . . . . 2 2 2 . . a . 8 Fille
Geschwür am linken Oberschenkel. . . . . . . . 1 Fall
Sklerose (hartes Geschwiir) an der Innenseite des rechten
Oberschenkels . . . . 2 2 2 2 2 2 22... 1 >
Sklerose an der Hinterbacke . . . . . 22.2... 1 >
Sklerose an der Scheidenportion der Gebärmutter. . . 4 Fälle
Sklerose an der Oberlippe . . . . 2. .... =. I Fall
Sklerose an der linken Mandel . . . . . . . . . 1 >
12 Fille.
Vereiterungen der Leistendrüsen (Bubonen) kamen 15mal vor, stets bei
weichem Geschwür.
Schwangerschaft trat bei 49 Prostituirten auf (etwas über 2 Procent). Von
diesen gebaren ein reifes lebendes Kind 15 (30°6 Percent), sie waren im Alter von:
17 18 20 21 2 23 24 26 30 31 34 35 39 Jahren.
l1 1 1 2 2 1 1 lI 1I 1 1 1 1l
Eine 21 jährige gebar im Jänner und im December 1897, je ein lebendes,
reifes Kind.
Frühgeburten kamen 3 vor, und zwar 2 im 8. und 1 im 9. Mondmonate, die
betreffenden Frauen standen im Alter von 20, 21 und 31 Jahren.
Bei 16 erfolgte Abortus, und zwar im 2., 3., 4., 5., 6., 7. Mondmonate.
bil 6 4 2 2 1 Schwangeren.
Ihr Alter war 18 19 20 21 22 23 24 27 32 33 34 Jahre.
=- —— nn an en
2 1 1 2 3 1 2 1 1 1 1 Anzahl.
Unbekannt blieb der Ausgang der Schwangerschaft bei 14, weil sie entweder
am Jahresschlusse noch schwanger waren oder wegen vorgerückter Schwangerschaft
das Buch zurtickgelegt haben. Sie waren schwanger im 4, 5, 6., 7, 8. Monate.
2 6 3 2 1 Anzahl,
und im Alter von 17 18 19 20 22 23 24 27 29. 32 Jahren
mn mn Un Sa
1 2 1 2 2 2 .1 1 1 Anzahl.
ga
Krankheiten deren Ursprung auf die Prostitution zurück-
zuführen ist:
Gonorrhoische Kniegelenksentzündung . . . . 1 Fall
Entziindungen der Gebirmutter und ihrer Anhänge . . sehr häufig
Menstruationsbeschwerden . . . . . . . sehr häufig
A ke Se ew ow e e a o DB Balle:
In méglichem Zusammenhange stehen:
Bauchfellentzindung . ..... . . . 1 Fall
Nierenentziindung . . . (1 gestorben) 2 Fälle
Magenkatarrhe (vom übermässigen Genusse geistiger Ge-
trinke). . 2 2 oo oe. re. . häufig
Mastdarmfissur. . . . . ......... ~. 1 Fall
Mastdarmfistel . . . 2. 2. . . . .. . . . 1
Herpes tonsurans . . ......... +. ~. . 2 Fille.
Anderweitige Erkrankungen bei Prostituirten.
Angina. . . een... . sehr häufig
Kehlkopfentzündung E A ee en Ee
Bronchialkatarrh . . ......2...... 8
Longenentzündung MT er d E
Lungentuberculose . . . . . (davon 4 gestorben) 10
Gelenksrheumatismus . Sege e ee d
Stomatitis . ; l
Gesichtsrothlauf. 2
Gelbsucht . se 3 1
Blinddarmentzündung . 1
Ekzem . 4
Abscess 3
Furunculose . 2
Brustkrebs > 1
Gebärmutterkrebs . 1
Uterusfibrom. . 1
Scheidenvorfall . 1
Hämorrhoiden 1
Hysterie 1
Geistesstörung . 1
Selbstvergiftung mit Sublimat . 1
Eine Prostituirte (Kath. Mottele im XVI. Bezirk, Neulerchenfeld, Hasnerstrasse 18)
fiel Anfangs November mit einer ganz unbedeutenden Beute dem Raubmorde eines
Besuchers zum Opfer, ein Fall, wie er sich von Zeit zu Zeit ereignet und die Ge-
fahr zeigt, in welcher sich diese Personen durch die Aufnahme ihnen meistens ganz
unbekannter Männer befinden.
Der angebliche Schutz ihrer Liebhaber (Strizzi im Volksmunde genannt, in
Berlin Louis) ist ein sehr zweifelhafter, sie gehören selbst dem Abschaume an, leben
von dem Schandlohne ihrer Dirne und sind zumeist Verbrechernaturen, die auch die
Mädchen nicht selten zu Verbrechen verleiten.
Nicht in Evidenz stehende Frauenspersonen wurden bei den Streifungen 2009
wegen Verdachts der geheimen Prostitution angehalten, von welchen 343, das ist
etwas über 16 Percent. dem Spital übergeben wurden.
— 69 —
Die im Berichte fiir 1896 gegebene Vergleichung der Spitalsbewegung der
venerisch Kranken mit den friiheren Jahren, welche eine stetige Zunahme gezeigt
hat, konnte für 1897 nicht gegeben werden, da die Zusammenstellung für letzteres
Jahr noch nicht vollendet war. |
b) Bemerkungen aus den Prostituirten-Untersuchungsberichten der Polizeiärzte.
Missbrauch geistiger Getränke ist sehr häufig; eine 26jährige Prostituirte wurde
wegen Säuferwahnsinns der psychiatrischen Station übergeben. (Dr. Kienast, III.)
Die meisten neu in Evidenz Getretenen waren schon früher der freien Prosti-
tution ergeben und wegen venerischer Krankheiten in Spitalsbehandlung gewesen.
¡Dr. Merta, IX.)
Die Parametritis steht als Folge von Gonorrhöe im Zusammenhange mit der
Prostitution, ebenso die durch sie gesetzten, mit Schmerzen einhergehenden Exsudate,
welche aber die Prostituirten nicht dauernd behindern. (Dr. Merta, IX.)
Unter 27 ım Prater aufgegriffenen liederlichen Frauenspersonen waren 20 Dienst-
boten. (Dr. Schaumann XXI.)
Dr. Fröhlich (IV.) bestätigt aus den Erfahrungen in seinem Bezirke die
Vorzüge der Beherbergung mehrerer Prostituirten bei einer Unterstandsgeberin
gegenüber dem Zerstreutwohnen sowohl in Bezug auf die polizeiliche Ueberwachung
als auch auf die ärztliche Controle. Das öffentliche Aergerniss und das Herum-
streichen in den Strassen entfällt, für die Untersuchung kann in der vollkommensten
Weise gesorgt werden, die Prostituirten werden rein gehalten und bekommen gute
Nahrung, die Erkrankungen sind selten primäre, beschränken sich vielmehr auf
Recidiven von Syphilis und Tripper.
Als Illustration für das Verhalten der nicht in Evidenz stehenden Prostitution
zu den in Untersuchung stehenden führt Dr. Prager (XVI.) zwei Prostituirte an,
welche mit weit vorgeschrittenen, höchst ansteckenden Erkrankungen aufgegriffen
wurden, die eine war wenige Monate zuvor hier in Evidenz gestanden, die andere
in Pressburg. Eine in Floridsdorf Aufgegriffene hatte Papeln im Munde, massenhaft
zerfallende am Genitale und After und Roseola annulata. (Dr. Weihrauch, XXII.)
Dr. Kolben, der im IX. Bezirke zur Untersuchung zugetheilt ist, und von
105 bei ihm in Evidenz gestandenen 51 Percent in 105 Fallen, darunter eine mit
Blennorrhée 10mal in das Spital geschickt hat, und tiberdies mehrfach eine lange
Behandlungsdauer aufweist, plaidirt für eigene polizeiliche Spitalsabtheilungen für
Prostituirte, in welchen sie von erfahrenen Polizeiärzten behandelt werden sollen.
Ein Berichterstatter schlägt statt des gegenwärtigen Evidenzsystems, wie schon
in seinen früheren Jahresberichten vor:
1. Die Prostitution soll nie und nirgends geduldet, sondern bestraft werden und
zwar wäre oft die Cumulirung der Arreststrafe mit Geldstrafe angezeigt.
2. Als Nebenstrafe hätte sich die Stellung unter Polizeiaufsicht auf drei Jahre,
bei neuerlicher Abstrafung wegen gewerbsmässiger Unzucht mit Verlängerung der-
selben anzuschliessen. Sie hätte zur Folge zu haben: Verschärfte Anzeigepflicht
von Wohnungswechsel, Auskunftspflicht über Beschäftigung und Unterhalt, Verbot
gewisse Locale und Strassen aufzusuchen und Nachts ohne zwingenden Grund die
Wohnung zu verlassen. Zulässigkeit einer Haus- oder Personsdurehsuchung zu jeder
Zeit, endlich und vor allem die Verpflichtung, sich der periodischen ärztlichen Unter-
suchung zu unterziehen.
3. In geeigneten Fällen wie bisher Abgabe in eine Besserungs- oder Zwangs-
arbeitsanstalt.
So plausibel die Vorschläge vom rein ethischen Standpunkte erscheinen mögen,
so sind sie doch practisch undurchführbar und vermag sie daher der gefertigte
Chefarzt nicht zu empfehlen.
wan “UO. oes
c) Abstrafungen der Prostituirten.
Dass gegen die Ausschreitungen der Prostituirten mit aller Strenge vorgegangen
wird, ist aus den folgenden Abstrafungen zu ersehen.
Polizeiliche Abstrafungen.
Verspäteter Eintritt, d. h. nicht am Tage der Weisung, in das Spital, wurde
im Laufe des Jahres in 104 Fällen zur Anzeige gebracht und wenn keine grund-
hältige Verhinderung nachgewiesen werden konnte, bestraft; wegen Nichteinhalten
der Prostitutions-Vorschriften wurden im Ganzen 125 bestraft, wegen Gassenstrich
und unanständigen Benehmens auf der Strasse 1664, wegen Evidenzentziehung 6),
wegen Nichterscheinens bei der ärztlichen Untersuchung 95.
Gerichtliche Abstratungen.,
Wegen Wachebeleidigung . . . . . St G. § 312 16 Bestrafte
Körperlicher Beschädigung bei Raufhändeln . . . . $41 6 >
Falschmeldung § 320e 10 >
Oeffentliches Aergerniss erregender Verletzung der Sittlichkeit . 8516 4 »
Boshafter Beschädigung fremden Eigenthums § 468 1 »
Minderer Veruntreuungen und Betrügereien . Ss 461 3 >
Kuppelei $ 512 2 >
Uebertretung durch Diebstahl § 460 3 ,
Veruntreuung § 181 1 e
Verleitung zum Verbrechen da > ee, A >
Vagabundage-Gesetz § 5, al. 2, Anzeige SR 764 >
Vagabundage-Gesetz $ 5, al. 3, Prostitution im wissentlich
angestecktem Zustande. . . . ele ea Oe, a 1 >
d) Bemerkungen des Chefarztes über die Prostitution.
Die Regelung der Prostitution in Wien, wie sie seit 1873 besteht und seitdem
ohne wesentliche Aenderungen gehandhabt wird, ist im vorjährigen Berichte dar-
gestellt worden. Sie beruht auf dem Principe der Evidenthaltung der sich freiwillig
als Prostituirte unter die sitten- und sanitätspolizeiliche Aufsicht Stellenden, Ge-
nehmigung ihrer Unterkünfte, möglichster Entfernung aus der Oeffentlichkeit, Ver-
hinderung Aergerniss erregender Schaustellung auf der Strasse und am Fenster,
wöchentlich zweimaliger genauer Untersuchung durch die Polizeiärzte, Spitalzwang
für die venerisch krank Befundenen, strenge Bestrafung jeder Uebertretung der
polizeilichen Anordnungen. Der Erfolg der Untersuchungen ist durch die nur noth-
gedrungen zu überschreitende Maximalzahl von 40 einem Arzte Zugewiesenen
möglichst sichergestellt, sie werden für den ganzen Körper gefordert unter Anwendung
des Mutterspiegels, die Zwischenzeiten von zwei und drei Tagen sind möglichst kurz
(in Berlin eine Woche, in Paris zwei Wochen!), da tägliche Untersuchungen wegen Zeit-
mangel und Kosten nicht möglich sind, so werden die Prostituirten und ihre Unter-
standsgeberinnen verhalten, jede verdächtige Erkrankung sogleich selbst zu melden
und Erstere über die Krankheitszeichen belehrt. Für die ärztliche Behandlung der
venerisch Erkrankten stehen in drei öffentlichen Spitälern: Allgemeines Krankenhaus,
Krankenhaus Wieden und Krankenanstalt Rudolph-Stiftung Kliniken und Abtheilungen
fiir syphilitische und Hautkrankheiten zur Verfügung, für die Ausbildung der Unter-
suchungsärzte ist durch die Forderung eines mehrmonatlichen Dienstes auf einer
solchen Klinik oder Abtheilung gesorgt und es sind die meisten Amtsärzte aus-
gediente Secundariirzte oder Assistenzärzte. die auf solchen Kliniken oder Abtheilungen
ihre Ausbildung erlangt haben. Die Evidenz und Controle ist durch mit der
Photographie versehene, zugleich die sitten- und sanitätspolizeilichen Vorschriften
entbaltende Gesundheitsbücher, Wochenrapporte, Evidenz- und Krankenprotokolle,
tte e e:
nn er
——
Spitalbefundscheine und Certificate, Evidenzblätter mit Verzeichnung des Nationale,
der Wohnungswechsel, Krankheiten und Abstrafungen, die sowohl auf den Commissa-
riaten, als im Administrativbureau geführt werden, sichergestellt; der Chefarzt endlich
hat das Untersuchungswesen zu überwachen und durch unvermuthete Superrevisionen
zu controliren.
Die dienstlichen Erfahrungen, welche der Berichterstatter in dieser Ueberwachung
während der fünf letzten Jahre gemacht hat, haben seine Ueberzeugung befestigt:
1. Dass es nicht angeht, die Prostitution einfach sich selbst zu überlassen, zum
grossen Schaden für die Sitten, das Familienleben und die öffentliche Gesundheit.
2. Die Unterdrückung der Prostitution ein Ding der Unmöglichkeit ist, weil sie
in einem mächtigen Naturtriebe wurzelt, dessen Zweck die Erhaltung des Menschen-
geschlechtes ist, dessen legale Befriedigung, ın der Ehe aber für eine grosse Zahl
unmöglich ist und bei den heutigen socialen Verhältnissen immer schwerer möglich wird.
3. Dass daher in der behördlichen Ueberwachung der Prostitution keine Ver-
läugnung der ethischen Aufgaben des Staates liegt, sondern vielmehr die Erfüllung
einer Pflicbt, welcher er sich im moralischen wie im gesundheitlichen Interesse der
Bevölkerung nicht entziehen darf.
4. Erfahrungsmässig wird die Prostitution durch Prostitutionshäuser am besten
sittlich und sanitär unschädlich gemacht, weil sie dadurch aus dem Verkehr entfernt
und ihre Ueberwachung wesentlich erleichtert wird.
e D Den Nachtheilen solcher Häuser kann durch vorsichtige Wahl der Oertlich-
keit und der Unternehmung, so wie durch Ueberwachung des Gebahrens derselben
wirksam begegnet werden.
6. Es wäre dahin zu streben, die möglichst grösste Zahl der Prostituirten in
solchen Prostitutionshäusern zu vereinigen. Prostituirte ausserhalb derselben sollten
nicht geduldet werden und falls dies nicht möglich wäre, nur ganz ausnahmsweise.
7. Für die Regelung und Ueberwachung der Prostitution, soweit sie unter
polizeilicher Aufsicht steht, erscheint das in Wien gehandhabte System, verglichen
mit jenen in anderen grossen Städten, als das Zweckmissigste.
8. Es wird dies noch im höheren Grade sein, wenn es durch die legale Zu-
lassung der Prostitutionshäuser, des Bordellzwanges für alle notorisch der erwerbs-
mässigen Prostitution ergebenen Frauenspersonen und strenges Vorgehen gegen die
geheime Prostitution ausgestaltet wird.
9. Die Prostitutionshäuser wären derart einzurichten, dass der Mädchenhandel
durch strenge Bestrafung unterdrückt, die Ausbeutung der Mädchen durch Controli-
rung der Abrechnungen mit den Unternehmerinnen hintangehalten, die fortgesetzte,
nicht blos periodische Ueberwachung ihres Gesundheitszustandes sichergestellt und
auch für die Abhaltung inficirter Besucher Vorsorge getroffen wird.
10. Der Austritt aus dem Prostitutionshause unter Nachweisung eines an-
ständigen Erwerbes muss den Prostituirten jederzeit frei stehen, doch bleibt es Auf-
gabe der Behörde, sich die Ueberzeugung zu verschaffen, dass die Betreffende nicht
die Prostitution insgeheim forttreibe.
Der Einfluss der Untersuchungen auf die Hintanhaltung von Infectionen möge
aus folgender Vergleichung entnommen werden:
Jahr englisches Heer *) französisches Heer”*) russisches Heer**)
Venerisch Erkrankte überhaupt.
1889 . . . 2170 per Mill, 458 per Mille, 407 per Mille.
1890 . . . 2124 > » 438 » >» 430 > >
1891 . . . 1974 > » 437 >» » 415 >» >»
1892 . . . 2011 > » 40 » > 446 » »
*) Keine Untersuchung der Prostituirten.
”*) Regelmässige Untersuchung.
— 72 _
Jahr englisches Heer französisches Heer russisches Heer
Syphilitische.
1889 . . . 357 per Mille,
1890 . . . 373 > >»
1891 . ay 8 32:2 » >
1892 . . . 3838 » >
9'1 per Mille, 12:9 per Mille.
91 » > 13:4 > »
89 > >» 122 >» œ
92 >» > 137 > >
(Fortsetzung folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums fiir Cultus |
und Unterricht vom 28. Jänner 1899,
Z. 25762 ex 1898,
an die Landes-Schulbehörden,
betreffend die Desinfection mittelst Formal-
debyd.
des Innern vom 23. September 1898, 7. 282%),
wurden den politischen Landesbehörden nähere
Weisungen über die Verwendung von Formal-
dehyd zu Desinfectionszwecken ertheilt.
|
|
Mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums |
Dieses Desinfectionsmittel erweist sich laut
dieses Erlasses und des darin bezogenen Gut-
achtens des k. k. Obersten Sanitätsrathes vom
9. Juli 1898 **) als ein kräftiges, bei directer Ein-
wirkung Bacterien und Sporen tödtendes Mittel,
welches in geeigneten Fällen auch zur Desinfection
von Schulräumen verwendet werden kann. |
Da jedoch die Wirksamkeit dieses Des- |
infeetionsmittels von der sachverständigen An-
wendung des bezüglichen Desinfectionsverfahrens
und von der Beschaffenheit der zu desinficirenden
Objecte abhängt, ist es nothwendig, dass Des-
infectionen von Schulräumen nach Weisung
der politischen Bezirks- als Sanitätsbehörden
i
unter Ueberwachung der verantwortlichen
sachverständigen Sanitätsorgane nee
werden. |
Der k. k. Landesschulrath wird aufgefordert, |
den unterstehenden Bezirksschulrithen sowie |
den Directionen der Mittelschulen und Lehrer- |
beziehungsweise Lehreriunenbildungsanstalten in
dieser Angelegenheit entsprechende Weisungen |
zu ertheilen. |
|
|
i
|
ee et ebe
*) Siehe Jahrg. 1898 d. BL, S. 352,
**) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 345.
*
Verordnung des k. k. Statthalters in
Máhren vom 13. December 1898,
L. G. u. V. Bl. Nr. 10,
; zur Durchführung des Gesetzes vom 2. August
1898, L. G. u. V. Bl. Nr. 66,
betreffend die Bestimmungen über die
| Versorgungsgentisse der Gemeinde- oder
Districtsirzte und tiber das Fahrpauschale
der Districtsirzte.
Zum Zwecke eines gleichmässigen Vor-
ganges bei Durchfübrung des mit dem
20. August 1898 in Wirksamkeit getretenen
Gesetzes vom 2. August 1898, L. G. u. V. Bl.
Nr. 66,*) findet die k. k. Statthalterei im Ein-
vernehmen mit dem mährischen Landesausschusse
nachstehendes zu verordnen:
Zu $ 1. Die Versetzung eines Gemeinde-
oder Distrietsarztes in den Ruhestand erfolgt
durch den Landesausschuss jm Einverstiindnisse
mit der k. k. Statthalterei.
Sie kann entweder auf Ansuchen des be-
treffenden Arztes unter Beibringung eines die
Dienstunfähigkeit bestätigenden staatsärztlichen
Zeugnisses, oder ohne ein solches Ansuchen
von amtswegen erfolgen, wenn der Arzt unfähig
geworden ist, den ÖObliegenheiten des Dienstes
nachzukommen.
Die Versetzung in den Ruhestand ist ent-
weder eine bleibende oder zeitweilige. Im letz-
teren Falle hat der Betroffene, sobald die Ur-
sache seiner zeitweiligen Versetzung in den
Ruhestand behoben ist, sich nach Weisung des
Landesausschusses im Einverständnisse mit der
k. k. Statthalterei im Sanitätsdienste wieder
verwenden zu lassen.
Nach zurückgelegter vierzigjähriger Dienst-
zeit kann der Gemeinde- oder Distrietsarzt über
eigenes Ansuchen ohne den sonst erforderlichen
*) Siehe Jahrg. 1898, d. Bl, S. 310,
ste
mn ml oae r
Nachweis der Dienstunfähigkeit in den Rube-
stand versetzt werden.
Jenen vor Wirksamkeit dieses Gesetzes
angestellten Gemeinde- oder Districtsärzten,
welche auf Grund des $ 8, Absatz 5 des Ge-
setzes vom 10. Februar 1884, L. G. u. V. BI.
Nr. 28, Anspruch auf Einrechnung der Zeit
der provisorischen Dienstleistung überhaupt in
die für die Ruhe- und Versorgungsgenüsse an-
rechenbare Dienstzeit erlangt haben, bleibt
dieser Anspruch gewahrt.
Zu S 3. Den Hinterbliebenen eines in der
Activität oder im Ruhestande verstorbenen Ge-
meinde- oder Distrietsarztes gebürt, unbeschadet
der sonstigen gesetzlichen Versorgungsgenüsse,
ein Sterbequartal in der Höhe des dreifachen
Betrages der von dem Verstorbenen zuletzt als
Gehalt oder Ruhegenuss bezogenen Monatsgebür.
Zu § 5. Die Verpflichtung der Leistung
der dreipercentigen Beiträge für Pensionszwecke
seitens der Gemeinde- und Districtsärzte beginnt
mit 1. September 1898 und finden die zu diesem
Behufe erforderlichen Abzüge von den Gehalten
mit Ausschluss des Fahrpauschales und ander-
weitiger Bezüge als Quartiergeld etc. etc. der
Aerzte bei den Districtsärzten durch die
k. k. Steuerämter, bei den von den Sanitäts-
gemeinden angestellten Gemeindeärzten hingegen
durch die betreffende Gemeindecassa statt. Die
Sanitätsgemeinden sind verpflichtet, den in Ab-
zug gebrachten Pensionsbeitrag an das zuständige
k. k. Steueramt regelmässig in vierteljährigen
Decursivraten in Abfuhr zu bringen.
meindeärztenin selbstständigen Sanitätsgemeinden
zuleistenden Pensionsbeiträgehabendiek.k. politi-
schen Behörden genaue Nachweisungen über die
im Amtstezirke bestellten Gemeindeärzte und
deren Bezüge auf Grund des Standes vom
1. September 1898 zu verfassen und hievon je
ein Pare dem betreffenden k. k. Steueramte und
dem Landesausschusse zu übermitteln und diesen
Behörden in Hinkunft die jeweiligen Verände-
rungen im Stande und den Bezügen der Ge-
meindeärzte mitzutheilen.
Stellvertretende Gemeinde-
ärzte sind von der Leistung des Pensionsbeitrages
von den Substitutionsbezügen befreit.
oder Districts-
13
|
Or ee
—
Zum Zwecke der Vorschreibung und Ver-
reehnung der für den Pensionsfond einfliessen-
den Beiträge haben die k. k. Steuerämter
Mährens und der
Schlesien vom 1.
mährischen Enclaven in
September 1898 an ein
Journal für den genannten Fond zu eröffnen,
in welchem als Einnahmen die von den Aerzten
zu leistenden dreiprocentigen Pensionsbeiträge
und allfällige Zuschüsse des Landesfondes und
als Ausgaben die erfolgten Ruhe- und Ver-
sorgungsgenüsse und Sterbequartale zu ver-
rechnen sind.
Dieses Journal ist monatlich abzuschliessen
und in derselben Weise, wie die Journale der
anderen in der Verwaltung des Landes stehen-
den Fonde, zu behandeln.
Zu § 8.
bis auf eine Decimalstelle zu berechnen, wobei
Die Kilometerentfernungen sind
Hundertel von fünf aufwärts als ein ganzes
Zehntel anzunehmen, dagegen unter fünf nicht
zu berücksichtigen sind.
Insoferne das gegenwärtige Fahrpauschale
der Distrietsärzte die nach der abgeänderten
Gesetzesbestimmung normirte Höhe nicht er-
reicht, muss dasselbe erhöht und vom 1. Septem-
ber 1898 an in dem erhöhten Ausmasse erfolgt
werden.
In jenen Sanitätsdistrieten, in welchen die
Summe der einprocentigen Steuerquoten und
| der Beiträge der Contributions-Vorschusscassen
zur Deckung des erhöhten Erfordernisses für
das Fahrpauschale nicht ausreicht, ist der Ab-
' gang, insoferne nicht auch weiterhin auf selbst-
Behufs Evidenzhaltung der von den Ge- | ständige Bestellung des Distrietsarztes reflectirt
wird, über Antrag der k. k. politischen Behörde
vom Landesausschusse aus dem Landesfonde
flüssig zu machen.
Die in der Durchfiihrungsvorschrift zu $ 2
des Gesetzes vom 2. Februar 1886, L. G. u.
Y.
Uebersicht der Verhältnisse des Sanitätsdistrictes
Bl. Nr. 12, vorgeschriebene tabellarische
(der Sanitätsgemeinde) ist fortan nach dem aus
der Beilage ersichtlichen abgeänderten Formulare
anzufertigen.
|
Fortianfönde Zahl der Gemeinden Ir
en ss
SUNUPIO
qna
-eydie ur)
Wohnsitz des Arztes e
| Area in Qu.-Kilom. ve
| Einwohnerzahl nach der letzten —
= | = Volkszählung _ | |
— i =
=
ichtigkeit der Bevölkerung iı im ga ganzen
Sanitátsdistricte. auf 2. _Qu- -Kilom. | Sg y
ei Hatleranng dey dsweinde vom
sl | Wohnsitze des Arztes |
~~ Anzahl der Reisekilometer für jede _
__ einzelne Gemeinde (Hin- und Rückfahrt) a
E Samme der vorgeschriebenen
| directen Steuern |
A
> An Gehalt nach Einwohner)
nn —_—— zahl, beziehungsweise | =
E Flächenausdehnung 3
[ES An Fahrpauschale nach | > >
o Jk Entfernung der Gemeinden ST E
| re N a
IS vom Wohnsitze des Arztes 5 2:
m nn === A ne == —— | ag
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AAA = Vë Zusammen KE
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Aus der Contributionscasse e SI
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= Betrag = ©
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= Betrag ‘der im Sinne der §§ 16, 21; `
— IU und 22 des Gesetzes seitens der X
bo
* Gemeinde zu leistenden Beiträge
m| Auf die Bezüge des Arztes |
— bewilligte Ergänzung aus dem 5
Bee og _Landesfonde _ _ |
Tec 2 Lo "Ta A ~ Gesammtbeziige des Arztes
= en | nach Beschluss der Delegirten- >)
| a | versammlung ut
Geck SCH fei Zahl | |
CZ >: dE ) . ` | |
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191
(Les Arztes medicinischer Grad, Taut-
und Zuname, Nationale (Geburtsjahr,
Religion, Stand, Familienverhiitnisse >
u. s. w.), Datum des Diploms, Datum,
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Anmerkung ec)
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.......
'(opuowop) JOLISIPSIBNURS
td
Erlass der k. k. Statthalterei in Tirol | verrichtung u. dgl., erstere unter Vorbehalt der
und Vorarlberg vom 16. Jänner 1899,
Z. 2333,
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die Erhebungen beim Auftreten
von Infectionskrankheiten.
Ungeachtet auf S. 10 des h. o. Erlasses
vom 21. Mai 1393, Z. 13004,*) die Aufnahme
von wo möglich protokollarischen Weisungen
über die von den Gemeinden durchzuführenden
Sebutz- und Tilgungsmassregeln bei Gelegenheit
der Constatirungen von ansteckenden Krank-
heiten von Seite der Amtsárzte gleich an Ort
und Stelle, angeordnet wurde, wird diese Be-
stimmung dennoch nicht allseitig, manchmal
auch nicht sinngemäss befolgt.
Die Statthalterei sieht sich
anlasst, die Amtsärzte zu ver-
daher ver-
neuerdings
pflichten, bei der Constatirung von anstecken-
den Krankheiten überall dort, wo die Aufnahme
eines schriftlichen Protokolles, sei es vor dem
Gemeinde- oder Fractionsvorsteher oder einem
Gemeindeausschusse möglich ist, an Ort und
Stelle ein solches aufzunehmen.
Bei der Verschiedenartigkeit der Verhält-
nisse und Umstände, unter welchen die an-
steckenden Krankheiten vorkommen können, ist
es klar, dass diese Protokolle nicht nach der
Schablone verfasst sein sollen, sondern dass sie
den jeweiligen Verhältnissen entsprechend alle
jene Massnahmen zu entbalten haben, welche
zur Verbütung der Verschleppung und zur
Tilgung der Krankheit geeignet
welche die Gemeinden nach $ 4 lit. a des
Reichs-Sanitätsgesetzes durchzuführen haben.
Diese protokollarischen Weisungen haben
daher die Vorschriften in Bezug auf Isolirung
ihrer Wärter, der
ganzen Familie oder der Hausbewohner, welche
sind und
der Kranken, eventuell
sich je nach den Umständen ändern; in Bezug
auf Republicirung der Anzeigepflicht, wo eine
solche nothwendig erscheint ; in Bezug auf die
Abgabe der nicht isolirbaren Kranken in
Isolirspital oder auf Errichtung eines solchen;
das
in Bezug suf Sperrung eines Gewerbes oder
Geschäftes, zeitweilige Einstellung einer Dienst-
*) Siehe Jahrg. 1893 d. BI., S. 225.
ee o a ŘŮõ— M EE, E, e
Eotscheidung von Seite der politischen Be-
hörde; in Bezug auf den Schulbesuch der
Schulkinder in der inficirten Familie oder im
Hause, wobei, auch wenn der Fall in einem
Hause vorgekommen ist, in welchem keine
Schulkinder sich befinden, der Möglichkeit des
Auftretens gleicher Krankheitsfälle in einem
solchen mit Schulkindern Rechnung zu tragen
und daher diesbezügliche Anordnung zu treffen
ist, eventuell in Bezug auf den Schluss von
_ Kinderbewahranstalten
u. dgl., Desinfection der Schullocale etc., welche
Classen oder Schulen,
Massregel zu begriinden ist; in Bezug auf die
Möglichkeit eines Todesfalles an dieser Krank-
heit, in Bezug auf Einberufung der Sanitäts-
endlich
zunehmende Desinfection, welche ebenfalls von
commission; in Bezug auf die vor-
Fall zu Fall sich ändern kann, — in bündiger,
aber doch erschöpfender Weise zu enthalten.
Das Protokoll hat auch jene Punkte aus
dem Abschnitte II, lit. a der h. ä. Verordnung
vom 6. Juli 1883, L. G. u. V. Bl, Nr. 20,
welche für den vorliegenden Fall nach Punkt 10
desselben für verbindlich zu erklären für noth-
wendig befunden werden, wobei
insbesondere auf das Verbot des Abtransportirens
anzuführen,
von an gleicher Krankheit Leidenden in andere
Gemeinden aufmerksam gemacht wird.
Der besseren Uebersichtlichkeit hulber sind
die verfügten Massregeln nach Punkten zu
ordnen.
Die Fassung des Protokolles -hat somit
eine solche zu sein, dass sowohl der Amtschef
und die Statthalterei sich aus demselben die
Ueberzeugung verschaffen können, dass für den
vorliegenden Fall keine zur Hintanhaltung der
Verbreitung und zur Tilgung der Krankheit
vorgeschriebene oder sonst nothwendige Mass-
regel anzuordnen unterlassen wurde, als auch
die Gemeindevorstehung in sicherer Weise weiss,
welche Massregeln sie durchzuführen hat.
Wird sich in diesen Anordnungen auf Ver-
ordnungen, Erlässe u. dgl. bezogen, hat sich
der Amtsarzt vorher möglichst die Ueberzeugung
zu verschaffen, dass dieselben auch im Besitze
der Gemeinde sind. Bei Zweifel hierüber wird
ee sich empfehlen, die Anordnungen in kurzer
bündiger Weise im Detail zu geben.
— “6
Bei Typhuafällen kann sich in Bezug auf |
die sanitätspolizeilicben Massregeln, insoferne .
die Fälle nicht noch anderweitige verlangen, |
auf den mitgenommenen und der Gemeinde- |
vorstehung und der Partei ad hoc übergebenen
Abdruck der von der Statthalterei heraus-
gegebenen populären Typhusbelehrung berufen |
werden. |
Während dieser Inspection in den Ort- |
schaftenundHäusern wabrgenommenehygienische |
Gebrechen, deren Nachforschung schon mit |
Rücksicht auf den häufigen ursächlichen Zu- |
sammenhang mit der vorliegenden ansteckenden |
Krankheit nie zu verabsäumen ist, sind kurz
in das Protokoll aufzunehmen und deren Be-
hebung anzuordnen; sie können aber auch
Gegenstand eines separaten Protokolles sein.
|
Von dem aufgenommenen und beiderseits,
eventuell auch durch den Gemeindearzt ge-
fertigten Protokolle ist entweder sofort oder
unter Zurücklassung desselben bei dem mit-
wirkenden Gemeindevertreternachträglich vonder |
Gemeinde eine Abschrift zu nehmen’und hat diese
dann das Original unter Beifügung der Be-
stätigung der genommenen Abschrift der politi-
schen ' Behörde
stellen.
ehestens wieder zurück zu
Es erscheint daher nicht unnöthig, daran
zu erinnern, dass diese Protokolle deutlich
leserlich geschrieben seien.
Die politische Behörde hat hierauf mittelst
Decretes an die betreffende Gemeindevorstehung
diese Anordnungen, die selbstverständlich sofort
in Kraft treten, zu bestätigen, eventuell zu er-
weitern oder abzuändern und eine Abschrift
derselben dem Gendarmerieposten zur Ueber-
wachung zuzufertigen.
Das Protokollsoriginal ist sodann mit dem
Erhebungsberichte des Amtsarztes, welcher den
Umstand, der zur Constatirung Veranlassung
gab, weitere erwähnenswerthe Umstände, die |
erhobene Krankheitsprovenienz, im Falle die
Constatirung die ärztlich angezeigte Kranhheits-
art nicht bestätigte, eine eingehendere Schilde-
rung der wichtigsten Krankheitssymptome, und |
die gepflogenen Erhebungen betreffs etwaiger
Vernachlässigung der Herbeirufung ärztlichen
Beistandes zu den Kranken, unterlassener oder
verspäteter Anzeige u. dgl. zu enthalten hat,
nebst der Anzeige, der Rapportstabelle und der
Reiserechnung, insoweit eine solche zulässig ist,
anher in Vorlage zu bringen.
Selbstverständlich kann sich in dem Er-
hebungsberichte in Betreff der verfügten Schutz-
und Tilgungsmassregeln lediglich auf das Proto-
koll bezogen werden.
Sollte wegen der Entfernung der Stelle der
Erhebung von einem Gemeindevertreter oder
aus anderen triftigen Griinden die Aufnahme
eines schriftlichen Protokolles an Ort und Stelle
unmóglich sein, ist dieses im Erhebungsberichte,
welcher dann auch die angeordneten Schutz-
und Tilgungsmassregeln aufzuführen hat, zu
begründen.
Dass in einem solchen Falle ausser der
mündlichen Verständigung der Parteien die be-
treffende Gemeindevorstehung und der be-
treffende Gendarmerieposten mit möglichster
Raschheit nachträglich schriftlich von den Ver-
fügungen in Kenntniss zu setzen ist, erscheint
selbstverständlich.
Auf S. 3 und 14 des eingangs bezogenen
h. 4. Erlasses wurde bereits angeordnet, dass
bei dem Ausbruche einer ansteckenden Krank-
heit in einer Gemeinde oder Ortschaft die be-
nachbarten Gemeinden und eventuell Bezirke
zur Treffung von Vorsichtsmassregeln zu ver-
ständigen sind.
Nachdem dieser zur Verhütung der Ein-
schleppung ansteckender Krankheiten wichtigen
Massregel, wie es scheint, nicht allseitig die
gebürende Beachtung geschenkt wurde, werden
die k. k. Bezirkshauptmannschaften beauftragt,
dieser Anordnung genau nachzukommen und ist
in dem Vorlagsberichte zu derartigen Erhebungen,
insoferne sie von der ersten Constatirung des
Ausbruches einer infectiósen Krankheit han-
deln, stets zu berichten, welche Gemeinden
eventuell politische Behörden hievon verständigt
wurden.
A EEE CEE E
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
A A A A A mh ll in ME il a nn nn E
Das osterreichische Sanitatswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
L Rothenthurmstrasse 15
Erscheint jeden I Donnerstag.
Prénumerationapreis bei directer Postsusendung ganzjährig 4. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 2. März 1899. Nr. 9.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Aus dem Jahresberichte des Chef-
arztes der k. k. Polizeidirection in Wien fiir das Jahr 1897. (Fortsetzung.) — Aus den Verhandlungen
der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitátsrathes.
In der am 25. Februar 1899 abgehaltenen Sitzung des Obersten Sanitätsrathes
berichtete Obersanitäts- und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kusy nach Mittheilung
des Einlaufes durch den Vorsitzenden O. S. R. Hofrath Prof. Dr. A. Ritter v. Vogl
über den Stand der Beulenpest in Indien, über das Auftreten von Fleck-
typhus in Böhmen und die zur Tilgung dieser Infectionskrankheit eingeleiteten
sanitätspolizeilichen Massnahmen, sowie über das Ergebniss der am 6. und 7. Februar 1899
in Budapest stattgefundenen Berathungen von Vertretern der österreichischen,
ungarischen und kroatisch-slavonischen Sanitätsverwaltung über die Grundsätze einer
einheitlichen Regelung des Verkehres mit Geheimmitteln und pharma-
ceutischen Specialitäten.
Hierauf gelangten nachstehende Referate zur Erledigung:
1. Gutächtliche Aeusserung über einen Antrag wegen Einführung einer
obligatorischen Trichinenschau in den Grenzbezirken Böhmens, beziehungsweise
über gesetzliche Regelung der Fleischbeschau. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. St. Polansky.)
2. Gutachten über die Verwendung der Namen natürlicher Quellen bei B e-
nennung künstlicher Salze und Salzmischungen. (Referent: O. S. R. Hof-
rath Prof. Dr. E. Ludwig.)
3. Gutachten über die zulässige Menge von Kupfer in im Grossbetriebe
hergestellten Conserven bestimmter Gemüsegattungen. (Referent: O. S. R. Prof.
Dr. Max Gruber Namens des Specialcomites.)
4. Gutachten in Angelegenheit eines Recurses, betreffend die Errichtung eines
Kalkofens in der Nähe eines Curortes. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. Florian
Kratschmer.)
as Ue sE
Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizei-
direction in Wien fiir das Jahr 1897.
Vom Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witlacil.
(Fortsetzung.)
Polizei-Gefangenhaus.
Laut des Berichtes der Polizeiärzte des Gefangenhauses wurden von den
26587 Internirten 118 in ein Spital abgegeben, das ist 4'4 per Mille, im Jahre 1896
von 23372 Internirten 85 = 36 per Mille.
Auf die einzelnen Monate vertheilten sich die Spitalabgaben wie folgt:
Männer Weiber Zusammen
Jänner . 5 3 8
Februar 6 -- 6
März 5 5 10
April 5 2 7
Mai. 7 3 10
Juni. 3 3 6 `
Juli . 9 8 17 Maximum.
August 14 1 15
- September 8 — 8
October 8 2 10
November 7 6 13
December 6 2 8
Jahr 1897 83 35 118
Die Abgabe in das Spital erfolgte:
am Tage der Aufnahme bei
Wegen
Männern _ Weibern
Fieber
Manie. a ae
Gelenksrheumatismus
Melancholie.
Bronchialkatarrh .
Paranoia
Selbstvergiftung .
Gallensteinkolik
Papuloser Syphilis
Eingeklemmtem Bruch
Herzfehler (Krämpfe)
Lungenkatarrh
Eierstockeyste
Kriitze
Bartholinitis
et leo
cafe lelel | dll eee]
l
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co
23
Sl sl i g,
o si i a A
A A En ae — =
A A A A o
am Tage nach der Aufnabme bei
Wegen m nn en.
Männern Weibern
Fieber
Syphilis .
Ekzem :
Weichem Geschwür .
Balanitis
Krätze
Contusion
Trachom
Epilepsie
Urethritis
Nierensteinen .
Manie 4
Delirium potatorum ;
Bisswunde
Lymphangioitis
Melancholie .
Varicellen .
mel If iemel fol E
os
© | | eines no | el ka bh Fe ES bet Fa EI
15
Die vorstehend verzeichneten beiden Kategorien dürften sämmtlich ihre krank-
hafte Affection schon in das Gefangenhaus mitgebracht haben.
Das häufigere Auftreten von Magen- und Darmkatarrhen während des Aufenthaltes
in der Anstalt dürfte auf die Kost bei wenig Bewegung, die Erkrankungen der
Resp'rationsorgane aber dürften auf Temperaturwechsel, zumal in Folge der noth-
wendigen Lüftung zurückzuführen sein.
Zusammen
Im Ganzen kamen zur Spitalabgabe:
Männer Weiber Zusammen
Wegen Intern-Erkrankungen . . . 42 16 58
darunter mit Status febrilis ohne Localisation 19 4 23
mit Magenkatarrh . , 5 3 8
mit Darmkatarrh 5 2 7
Chirurgische Fälle 9 1 10
Augenleiden (mit Trachom) 7 — 7
Geisteskrankheiten 9 4 13
davon Verücktheit 4 1 5
>» Tobsucht 2 1 3
» Melancholie . — 2 2
Säuferwahnsinn . 3 — 3
Venerische Krankheiten. 11 9 20
Uretbritis . . . 2 oo oo or ey 4 1 5
Balanitis 1 — 1
Bartholinitis . — 1 1
Ulcus molle . . 3 3 6
Papulose Syphilis 3 4 7
Hautkrankheiten . 5 5 10
Krätze . en 4 4 8
Ekzem . e Ee ep ra ke E 1 — 1
Varicellen . . . . . 2 200 u — 1 1
Im Ganzen 83 39 118
*, Kinder derselben Familie.
— 80 —
Bei einem fiebernd ins Spital abgegebenen Kranken entwickelte sich dort
Abdominaltyphus. Scorbut und Drüsenanschwellungen entwickelten sich auch bei
längerem Aufenthalte nicht. Zweimal kam Selbstmord durch Erhängen vor.
Der ärztliche Permanenzdienst wird in der Weise versehen, dass der Dienst-
habende vier- bis fünfmal ım Tage zur Untersuchung der Arrestanten erscheint und
ausserdem, so oft er gerufen wird; bei seinen Visiten überwacht er auch den
hygienischen Zustand der Hausräume und die Verköstigung.
Die Gefangenhausärzte weisen auf die in ihren Berichten wiederholt geschilderten
Gebrechen des Gefangenhauses hin, beklagen den Mangel von Marodezimmern, so
wie den grossen Raummangel bei dem in fortwährendem Wachsen begriffenen Zuzuge,
der nicht von em Anwachsen der Bevölkerung allein abhänge, sondern auch von
den socialen Verhältnissen, Zeuge dessen, dass nicht selten Familien das Gefangenhaus
wegen Subsistenz- und Unterstandslosigkeit selbst aufsuchen nnd sprechen sich ganz
entschieden für das Bedürfniss eines seinem Zwecke entsprechenden Neubaues aus.
Die Aufnahmen der fünf letzten Jahre waren:
Im Jahre 1893 . . . . . . . 19255
> > 1894 . ... . . . 19292 mehr um 37
> » 1895 . . . . . . . 19764 > > 472
> >» 1896 . . . . . . . 23342 » > 3578
> » 1897 .... . 26587 » » 3245
Zunahme von 1893 bis 1897 um 7332.
IV. Hygienischer Inspectionsbericht des Chefarztes über die amtlichen Locali-
täten der Polizeibehörde im Wiener Polizeirayon.
Es kann nicht Aufgabe dieses Berichtes sein, die in den früheren Jahres-
berichten angeführten Mängel wieder anzugeben, um so weniger, als sie in dem über
jeden Polizeibezirk abgesondert eingesendeten Inspectionsberichte angeführt erscheinen,
es wird sich vielmehr darum handeln, die im Laufe des Berichtjahres erzielten Ver-
besserungen namhaft zu machen.
1. Das Gebäude der k. k. Polizeidirection. (I. Schottenring Nr. 11.)
Das ehemalige Hotel Austria, in welches nach Ankauf desselben die Polizei-
direction aus der früheren Unterkunft I. Tuchlauben übersiedelt ist, enthält ausser
den Bureaux der Centralleitung auch jene des Bezirkscommissariates der inneren
Stadt nebst den zugehörigen Naturalwohnungen. Da die hauptstädtische Bevölkerung
im steten Anwachsen begriffen ist, so ist es begreiflich, dass das Hauptgebrechen
dieses Gebäudes, der Raummangel mit all seinen Folgen nicht ab, sondern stetig
zunimmt, ebenso klar ist es ferner, dass die in der Construction gelegenen sanitären
Gebrechen sich nicht beseitigen lassen. Die gründliche Abhilfe wäre nur durch ein
neues, für seinen Zweck entsprechend erbautes Haus möglich, dessen Kosten aber
sehr bedeutende wären.
Was an Verbesserungen möglich war, ist geschehen und geschieht fortwährend,
Ventilation, Leitung des Hochquellenwassers in alle Stockwerke, elektrische Beleuch-
tung, Spülung und Wasserverschluss der Aborte, Reinhaltung der Stiegen, Gänge
und Localitäten ungeachtet des beständigen grossen Partheienverkehres, fortgesetzte
Beseitigung der sich ergebenden Gebrechen zeigen, wie sehr man bestrebt ist, den
Anforderungen der Wohnlichkeit und Gesundheit gerecht zu werden und die kost-
spieligen Adaptirungen, welche besonders in letzterer Zeit vorgenommen worden
sind, haben sehr wesentliche Verbesserungen erzielt. Die lang geplante aber immer
a en A m 0 EE
bar RE s
auf Schwierigkeiten zunächst finanzieller Natur stossende Ausquartierung des Stadt-
commissarlates würde wenigstens dem Raummangel und allen seinen Nachtheilen
abhelfen.
Von den Wachzimmern dieses Bezirkes sind die an der Augarten- oder Maria-
Theresienbrücke, Stuben- und Elisabethbrücke in Folge der Verkehrsanlagen zur
Demolirung bestimmt, wodurch auch die vorfindlichen ungünstigen sanitären Ver-
hältnisse ihre Beseitigung finden werden. Die Ersetzung jenes in der Postgasse
konnte trotz der bestandenen Absicht bisher nicht durchgeführt werden, jene im
Landhause und am Petersplatz leiden an Lichtmangel, das recht ungünstige in der
Bartensteingasse erfuhr seit dem die Versetzung in günstigere Localitäten.
2. Commissariat Leopoldstadt.
Der II. Gemeindebezirk ist seines grossen Umfanges und seiner besonderen
Verhältnisse wegen in drei Polizeibezirke Leopoldstadt, Brigittenau und Prater
getheilt, von denen ersterer den dem Stadtbezirke, sowie den angrenzenden Theilen
des IX. und lII. Bezirkes gegenüberliegenden Theil dieser Donauinsel, der zweite
den nördlich und östlich davon gelegenen Theil und der dritte den südlichen und
südöstlichen Theil, den Prater nämlich mit den Neubauten der sogenannten Donau-
stadt, der Freudenau und jenseits des regulirten Stromes mit den Kaisermühlen
eınnımmt.
Das Haus des Commissariates Leopoldstadt liegt in der Grossen Sperlgasse 11.
auf einem Platze, welcher bei der unvermeidlichen Strassenregulirung die längst
verdiente Demolirung erheischt, mit welcher seinen wiederholt amtlich constatirten
sanitären Nachtheilen das Ende bereitet wird. Einstweilen hat man sich mit Adap-
tirungen beholfen, welche es noch leidlich practieabel erscheinen lassen, die Kasern-
localitäten sind günstiger beschaffen, als die Bureaux. Die Sicherheitswach- Kaserne
im ehemaligen Schiffamt und späteren Bezirksgericht ist in einem alten Bau, der
sanitär entsprechend hergerichtet wurde ( Schiffamtsgasse 1). Das Haus hat die ehemals
bezirksgerichtlichen Arreste zur Verfügung des Commissariates.
Die Amtslocalitäten im Nordbahnhofe und Nordwestbahnhofe sind entsprechend,
die sehr ungünstige alte Wachstube »Am 'labor« ist demolirt und durch ein schönes
Wachzimmer in der Pazmanitengasse 30 ersetzt. Die Wachzimmer in der Wein-
traubengasse 5 und Franzensbrückenstrasse 30 lassen zu wünschen übrig. Die Ver-
grösserung des ersteren ist im Zuge.
3. Commissariat Landstrasse.
Das communale, längst zur Demolirung bestimmte Haus Ungargasse 12, in
welchem sich das Commissariat befand und dessen schlechte sanitäre Verhältnisse
dringendst eine Umsiedlung erheischten, ist endlich seinem Schicksale verfallen, das
Amt ist bereits in seinem neuen Domicil Rudolfsgasse 13a untergebracht, welches
allen sanitären Anforderungen entspricht und sammt der zugehörigen Kaserne, welche
die baufällige und sanitätswidrige in Nr. 94 der Lauptstrasse ersetzt hat, musterhaft
genannt werden muss. Hier, wie in den andern neuen Kasernen ist auch berittene
Wachmannschaft sammt Pferden in sehr gut eingerichteten Ställen bequartirt. In der
Pfarrhofgasse wurde ein neues Wachzimmer gemiethet, auch auf dem Centralvich-
markte wurde eines eingerichtet, das alte Wachzimmer bei der ehemaligen St. Marxer-
linie und das auf dem Aspanger-Bahnhofe haben ziemlich ungünstige Verhältnisse,
dagegen ist das mit Wasserfahrern besetzte nächst der Sophienbrücke Rasumofsk y-
gasse 2 und jenes in der Fasangasse 31 sehr gut untergebracht.
— 82 —
4. Commissariat Wieden.
Das Commissariat ist ziemlich central in der Fleischmanngasse Nr. 2 ein-
gemiethet, seine sanitären Verhältnisse sind, abgesehen von den Nachtheilen des zu
hoch gelegenen Hauptcanales, gut.
Den Uebelständen an den Aborten zu ebener Erde ist durch deren Recon-
struction abgeholfen worden. Kasernirung ist im Hause nicht, da der Bezirk die
grosse »Trappelkaserne« Igelgasse Nr. 2 hat. deren sanitäre Verhältnisse in fort-
schreitender Verbesserung begriffen sind, indem das Haus einer allmäligen gründ-
lichen Restaurirung und Adaptirung unterzogen wird. Es sind die fehlenden Putz-
und Waschräume geschaffen worden, die Aborte haben Wasserverschluss und Spülung.
ersterer permanent aber mit lästigem Aufspritzen verbunden, letztere selbstthätig
periodisch; von den Pissoirs ist der üble Geruch nicht vollständig beseitigt. Dem
Rauchaustritt in einzelne Zimmer wurde abgeholfen.
Sehr schön sind die Monturmagazine hergerichtet worden, auch die Ställe sind
schön. Da im Keller Wasser aufstieg, wurde zur Entwässerung im Hofe ein neuer
Brunnen angelegt.
Von den Wachzimmern ist das im Freihause (Mühlgasse 1) in Folge seiner
Raumbeschränktheit und Feuchtigkeit das schlechteste, jene in der Goldegggasse 10
und Gusshausstrasse 21 sind entsprechend, ebenso das in der Victorgasse 16, dessen
minder günstige Verlegung auf die andere Seite des Hauseinganges stattfinden sollte.
jenes in der Starhemberggasse 39 in einem ziemlich neuen Hause ist ganz ent-
sprechend, den Eingang über Stufen hinauf ausgenommen.
5. Commissariat Margarethen.
Das Commissariat ist sammt der Kaserne in dem Hause Nr. 1 Wehrgasse dem
Unterstützungs- Institute der Sicherheitswache gehörig, eingemiethet. Die ebenerdig und
im zweiten Stock befindlichen Amtslocalitäten sind geräumig, die Zimmer der Sicher-
heitswache mit 6 bis 8 Betten haben das entsprechende Normalausmass von 6m?
per Mann. Die hotseitige freie Lage der Kaserne hat bei windigem Wetter starken
Lufizug zur Folge, was die Schliessung der vorhandenen Ventilations-Oeffnungen
veranlasst hat.
Die ausser der bei jedem Commissariate vorhandenen Wachstube noch im
Bezirke befindlichen Wachzimmer sind in der unteren Bräuhausgasse 74 nächst der
städtischen Sanitätsstation, Sonnenhofrasse 4, Nikolsdorferstrasse 2, Siebenbrunnen-
gasse 56 und in Neu-Margarethen. Wolfganggasse 27, letztere ın neuen Häusern
gut untergebracht. |
6. Commissariat Mariahilf.
Obschon der Raummangel und die ungünstige Lage einzelner Localitäten das
Bedürfniss eines anderen Amtshauses schon seit längerer Zeit nahe legt, so ist doch,
ungeachtet es an Anboten nicht gefehlt hat. CH wenig Aus cht auf eine
Acnderune: Das Haus Kaunitzgasse 6 bildet einen Bestandtheil einer grüsseren Rea-
lität, welche zwisehen der Gumpendorferstrasse und Kaunitzgasse eclegen ist; ein
in dem Hofe aufgeführter Einbau benimmt den gegenüber liegenden Localen ‘Luft
und Licht. Besonders ungünstig sind die Arreste. auch fehlt ein eigenes ärztliches
Untersuchungszimmer. Was die Arreste anbelangt, so bietet das in diesem Bezirke
liegende Polizei-Gefanzenhaus dureh eine in demselben befindliche Commissariats-
W alba die nothwendige Aushilfe. Im dritten Stockwerk sind 10 Mann in 3 Locali-
täten, welche licht und lüttig sind, kasernirt.
Das Wachzimmer Koller gerngesse 4 wurde als zu beschränkt und tief gelegen
aufeclassen und in Chwallagasse 1 verlegt, wo die Loealitäten geräumig sind, auch
die Wachstube des EE wade erweitert. Ferner sind Wachzimmer in
der Stumpergasse 8 und Millergasse 35, letzteres feucht und zur Trockenlegung
=s MO a
beantragt, Wallgasse 12 mit 4 Mann Kasernirung, endlich Königsklostergasse 1 in
einem neuen Hause ganz zweckmässig.
7. Commissariat Neubau.
Das Commissariat ist in Nr. 25 der Neubaugasse, dem Gemeindehause, welches
auch das magistratische Bezirksamt, den Bezirksausschuss und die Feuerwache-Station
enthält, ziemlich central gelegen und entsprechend untergebracht. Die Bureaux haben
ausreichend Luft und Licht, auch die Kasernzimmer sind geräumig und entsprechend,
seit eine Erweiterung stattgefunden hat; weniger entsprechend sind die Arreste.
Von den Wachzimmern musste das in der Schottenfeldgasse 94 zur Trocken-
legung oder Auflassung beantragt werden, letztere wurde bereits unter Miethung
eines geeigneten in der Zieglergasse 75 angebahnt. Die Wachzimmer Halbgasse 1a,
Seidengasse 44 und Döblergasse 14 sind entsprechend.
8 Commissariat Josefstadt.
Auch dieses Commissariat liegt ziemlich im Centrum des relativ kleinen Bezirkes,
im eigenen Hause, Fuhrmannsgasse 5; es hat durch die vorgenommenen Restau-
rırangsarbeiten wesentlich gewonnen. Die Localitäten sowohl des Amtes, als der
Kaserne sind licht, luftig und freundlich, die Fussböden neu gelegt, die Canalisation
wurde, so weit dies bei der hohen Lage des Strassencanals möglich war, verbessert,
der nördliche ebenerdige Seitentract trocken gelegt.
Die auswärtigen Wachzimmer liegen in der Florianigasse 59 mit 6 Mann
Kasernirung, im ersten Stock, Albertgasse 31, wo die Reconstruction des Abortes
beantragt und eingeleitet wurde und Wickenburggasse 7.
9. Commissariat Alsergrund.
Das ärarische Haus Nr. 18a in der Waisenhausgasse, in welchem sich das
Commissariat und räumlich getrennt nebenan die Kaserne befindet, ist ein allen
hygienischen Anforderungen entsprechender Neubau aus dem Jahre 1894, in ziemlich
centraler Lage, mit geräumigen, hohen lichten Zimmern in beiden Gebäuden, welche
als musterhatt gelten können, während das frühere Amtsgebäude in der Nussdorfer-
strasse 19 unter dem Niveau liegend und den Wildwässern des darunter fliessenden
Alsbaches ausgesetzt, sich in den ungtinstigsten hygienischen Verhältnissen befand.
Die Polizeiinspection auf dem Kaiser Franz Josefs-Balnhofe ist ganz entsprechend
untergebracht.
Statt der aufgelassenen Kaserne in der Mariannengasse ist die vom Sicherheits-
wach-Unterstützungs-Institute 1893 neuerbaute Kaserne in der Müllnergasse 23
und 25 allen hygienischen Anforderungen entsprechend bis auf den Einbau eines
Stalles in den Hot, der den gegenüberliegenden Localitäten Licht und Luft schmälert.
Von den Wachzimmern sind jene im ehemaligen Linienamte Währing (für das
Jubiläumstheater bestimmter Platz) und Nussdorf zur Demolirung bestimmt, das in
der Spitalgasse 3 ist hygienisch nicht günstig durch die Abortanlage, jenes bei der
Brigittabrücke liegt über dem in den Donaucanal einmündenden Alsbache.
10. Commissariat Favoriten.
Das Haus Landgutgasse 24 ist bereits für das Commissariat zu klein, übrigens
gut gelegen, mit lichten trockenen Localitäten, nur das Permanenzzimmer hat bloss
secundäres Licht.
Die Polizeiinspection auf dem Südbahnhofe ist, wie jene auf dem Staatsbahn-
hofe, entsprechend untergebracht.
Die Kasernen Himbergerstrasse 149, Linienamt Rothneusiedl. Himbergerstrasse dt,
wo das Trinkwasser zugeführt werden muss, Linienamt Inzersdorf ‘Triesterstrasse.
ze. $09) - 2k:
wie die vorige ein Neubau und Laaerwald 2 sind wohl entfernt, haben aber eine
gesunde Lage, ebenso das Wachzimmer in der Eugengasse 67, im Franz Joset-
Spitale, in der Laxenburgerstrasse 34 und 88 und in der Simmeringerstrasse 2 und 131.
11. Commissariat Simmering.
Auch die Räume dieses Commissariates sind schr beschränkt, es liegt im alten
Gemeindehause, Krausegasse 18, dessen grösseren Theil das Bezirksgericht ein-
genommen hat; die vorgenommenen Adaptirungen haben den vorhandenen Mängeln
nur theilweise abzuhelfen vermocht. Insoferne eine Erweiterung schwerlich ausführbar
sein dürfte, wird in nicht ferner Zeit die Nothwendigkeit der Uebersiedlung in
geräumigere Localitäten eintreten.
Die Kaserne in der Rinböckgasse 66 ist älteren Datums, die neueren sind im
Linienamte Schwechat-Viaduct und in der Expositur Schwechat Drehergasse 77, der
fehlende Putz- und Waschraum in ersterer wurde hergestellt.
Das Wachzimmer Simmeringer Hauptstrasse 177 wurde durch Herstellung
eines entsprechenden Abortes in seinem sanitären Zustande wesentlich verbessert,
jenes in Kaiser-Ebersdorf ermangelt noch, obschon es sich in einem Neubaue be-
findet, des Putz- und Waschraumes.
12. Commissariat Meidling.
Das Commissariat ist im Gemeindehause des XII. Bezirkes Meidling Hufeland-
gasse 4 gut untergebracht, seine Localitäten sind ebenso wie jene der eben dort
befindlichen Sicherheitswach-Kaserne geriiumig, licht und lüftig. Die Abortanlage bei
den Arresten wurde verbessert, das ärztliche Untersuchungszimmer entsprechend
eingerichtet.
Eine zweite Kasernirung befindet sich im Linienamt Atzgersdorf in ganz ent-
sprechenden Localitäten. Das sanitätswidrige Wachzimmer in der Meidling-Schön-
brunnerstrasse 134 wurde aufgelassen und in die Rothemühlgasse 1 verlegt; das
feuchte, theilweise unter dem Terrain liegende in der Dörfelgasse 7 wurde zur Ver-
legung beantragt, die auch seitdem eingeleitet worden ist mit der Transferirung in
die geriumigen Localitäten Dörtelgasse 8 der Omnibus-Gesellschaft. Die Wach-
zimmer in der Hetzendorferstrasse 102 in Hetzendort, Breitenfurterstrasse 58 in
Altmannsdorf, dann im Linienamte Neusteinhof. Laxenburgerallee 21 sind entsprechend.
13. Commissariat Hietzing.
Das Amt befindet sich in Miethe in dem villenartigen Hause, Hietzing, Dom-
mayergasse ] und hat schöne Localitäten, nur die Arreste lassen zu wünschen übrig.
Das Haus hat durch die Einleitung des Hochquellenwassers sehr gewonnen, auch
die Canalisation hat stattgefunden, es fehlt jedoch noch der Anschluss an den noch
nicht fertiggestellten rechtseitigen Sammelcanal längs der Wien.
Die Sicherheitswäche ist kasernirt in dem alten Hause der früheren Polizei-
Expositur in Penzing, Nisselgasse 18, deren nasse ebenerdige Localitäten trocken
gelegt worden sind, in der Auhofstrasse 33 in Unter-St. Veit und in dem schünen
neuen Linienamtsgebäude Hütteldorf, Linzerstrasse 457.
Das sehr geeignete Wachzimmer in der Trautmannsdorfgasse 18 in Hietzing
musste in die Eskelesgasse 1 verlegt werden, das in Baumgarten Linzerstrasse 232
wurde trocken gelegt, jenes in Ober-St. Veit, Hietzinger Hauptstrasse 164 hat die
Zuleitung des Hochquellenwassers erhalten, das Wachzimmer in Speising, Lainzer-
strasse 188 ist theilweise feucht. dagegen das im neuen Linienamte Mauer vollkommen
entsprechend (Speisingerstrasse 104).
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14. Commissariat Rudolfsheim.
Im Amtshause des magistratischen Bezirksamtes fir den XIV. Bezirk, Rudolfs.
heim, Kellinggasse 2. Die Localitäten sind geräumig, luftig und licht, als Warteraum
dient der gepflasterte Corridor, welcher im Winter geheizt wird. Die Arreste haben
eingebaute Nischen mit Abertkübeln; die früher mangelhafte Heizung derselben
wurde durch Abschluss nach aussen verbessert. Auch die Kasernlocalitäten sind
ganz entsprechend. |
Die Polizeiinspection auf dem Westbahnhofe hat ganz entsprechende Localitäten.
Von den Wacbzimmern ist das in der Pereiragasse 3 räumlich beschränkt,
jenes in der Dadlergasse 16 ist gassenseitig feucht, noch mehr das in der Robert
Hammerlinggasse 25, dessen Trockenlegung beantragt wurde, das in der Winkelmann
gasse 12 ıst ganz gut.
15. Commissariat Schmelz.
Die Verlegung des gegenwärtig in einem durch Raummangel, leichte Con-
struction, ungünstige Eintheilung der Localitäten und übermässigen Luftzug ganz
ungeeigneten Hause an der Südwestseite des grossen Exercirplatzes liegenden Hause
Fünfhaus, Hütteldorferstrasse 71 eingemietheten Amtes sammt Kaserne in einen
geeigneten ärarischen Neubau ist bereits in Verhandlung und dürfte der Bau vielleicht
noch im Jahre 1899 begonnen werden.
Die freie, gegen Nord ungeschützte Lage am Exercirplatz ist in der guten
Jahreszeit der reinen Luft wegen gesund, in der rauhen und bei windigem Wetter
erzeugt sie Verkühlungen und Rheumatismen.
Die leichte Bauart erschwert den Heizeffect. Die Aufgangsstiege zum Com-
missariat ist finster und noch dazu durch ein Platzel mit ein paar Stufen gefährlich.
Die nicht für Bureaux sondern für kleine Wohnungen berechnete Bauart hat eine
Anzahl Vorräume geschaffen, welche Licht und Luft nur secundär erhalten und für
Bureauxzwecke nicht verwendbar sind. Die Arreste sind dumpfig und leiden unter
dem Gestank der eingebauten Aborte, dem Canal fehlt das entsprechende Gefälle.
Die Wachzimmer im Commissariate, in der Beingasse 14, Johnstrasse 7 und
Linzerstrasse 84 sind entsprechend, das Wachzimmer in Breitensee, Draskovich-
strasse 2 hat 4 Kasernirte in einem etwas feuchten Zimmer.
16. Commissariat Ottakring.
Es befindet sich im eigenen Hause Ottakring, Hubergasse 5, dessen Localitäten
mit Ausnahme des ebenerdigen südlichen Hoftractes ganz entsprechend sind; die in
letzterem untergebrachten Arreste und das’ ärztliche Untersuchungszimmer lassen
zu wünschen übrig. Die Kaserne befindet sich nicht im Commissariatsgebäude, sondern
in der nächst gelegenen Reinhartsgasse 38, in welchem Hause Wohnungen und
Ställe zu Kasernzwecken adaptirt worden sind. Ibre Localitäten sind entsprechend.
Die Aborte sind ohne Spülung, der Canal unter dem Stalle bedarf ein stärkeres Ge-
fälle, ein Isolirstall fehlt.
Das Commissariats-Wachzimmer ist etwas beschränkt, ein in der Kaserne be-
findliches etwas feucht; die Wachzimmer Grundsteingasse 34 in Neulerchenfeld.
Kirchstetterngasse 25 und Richard Wagnerplatz 12 daselbst, Ottakring Haupt-
strasse 105 und 185, Wilhelminengasse 84 sind entsprechend, die am südwestlichen
Abhange des Galizynberges am Waldesrande gelegene in der Steinhofstrasse 135 mit
2 Kasernirten ist in einem kleinen Hause im Villenstyl, jene in der Wilhelminen-
bergstrasse liegt nahe der Galizynberg-Restauration am nördlichen Parkende.
17. Commissariat Hernals.
Hernals, Jörgerstrasse 62 das Amt, die Kaserne in Nr. 64 hiniiberreichend,
beide eingemiethet und räumlich ziemlich beschränkt, die Arreste und ihre Abort»
— 8 —
in einen schmalen Lichthof mündend, daher sanitätswidrig, das ärztliche Unter-
suchungslocale durch einen Verschlag vom Parteienzimmer abgetrennt.
Die Wachzimmer im Commissariate, in Hernals, Geblergasse 18 und Hormayer-
gasse 42 sind entsprechend, jene in Rosensteingasse 26 und Dornbacher Haupt-
strasse 158 sind behufs Kasernirung sanitätsgemäss erweitert worden, die in Dornbach
Rupertusplatz 2 befindet sich in einem alten Hause, dagegen in Neuwaldegg Kaserne
und Wachstube in dem schönen villenartigen Linienamte an der Marswiese sehr
entsprechend, nur ist die Hochquellenleitung noch nicht bis dahin geführt.
18. Commissariat Währing.
Es befindet sich im eigenen Hause Währing, Weinhauserstrasse 45, seiner
Raumbeschränktheit wurde durch Zumiethung von Localitäten in dem umgebauten
Hause Nr. 43 Abhilfe geschaffen, indem die Vorstandswohnung und das Weach-
zimmer dahin verlegt wurden; dadurch konnten die hofseitigen sanitätswidrigen
Arreste von der westwärts des Hauseinganges gelegenen Seite auf die östliche ver-
legt, das westliche Parterre vom Meldungsamte eingenommen und ein Vorranm mit
Schalter geschaffen, die Arreste nunmehr mit Luft und Licht versorgt und um einen
vermehrt und den Aerzten ein lichtes Untersuchungszimmer, welches früher ganz
gefehlt hat, verschafft werden.
Die Kaserne Paulinengasse 16 ist ganz entsprechend eingemiethet, auch
die Wachzimmer daselbst, die Wachzimmer in Währing, Kreuzgasse 8, Hildebrand-
gasse 39 und Sempergasse 36 sind entsprechend, das in Gersthof Alseggerstrasse 32
hat 9 Kasernirte, jenes in der Gersthoferstrasse 138 bedarf der Erweiterung, in Neu-
stift am Walde Wienerstrasse 68, mit 4 kasernirten, wurde die Trockenlegung der
gartenseitigen Mauer angeordnet.
19. Commissariat Döbling.
Das Haus Kreindlgasse 13 in Döbling, wo sich Commissariat und Kaserne ein-
gemiethet befinden, wurde zwar bei seiner Erbauung bereits für die polizeiliche Be-
nützung bestimmt, jedoch so hergestellt, dass es auch zur Vermiethung an Wohn-
parteien verwendet werden kann, was zur Folge hat, dass die gangseitigen Vorräume
keine entsprechende Verwendung finden können. Die Lage ist eine sehr günstige;
das Haus präsentirt sich aussen und innen sehr gut, doch ist nicht genug Raum
vorhanden, so dass das Schulzimmer belest werden muss, und das ärztliche Unter-
suchungszimmer durch Untertheilung des Telegraphistenzimmers gewonnen werden
musste. Für das Pissoir im Lichthofe, dessen Ausdünstungen in das Wachzimmer
eindringen, wurde selbstthätige Spülung beantragt.
Die Wachzimmer in Döbling, Gymnasiumstrasse 67, Obkirchergasse 11, Pfarr-
wiesengasse 34 und Heiligenstädterstrasse 91 sind entsprechend, die in Nussdorfer-
lände 13 mit 5 Kasernirten und Nussdorf Heiligenstädterstrasse 176 mit 7 ebenfalls;
jenes im neuen Linienamte Kahlenbergerdorf Heiligenstädterstrasse 297 ist schön,
in Heiligenstadt, Armbrustergasse 1 mit 4 kasernirten entsprechend, jenes in Grinzing
Kobenzlgasse 3 wurde trocken gelegt, das in Sievering, Sieveringerstrasse 12 mit
7 Kasernirten bedarf der Trockenlegung, wogegen Kaserne und Wachzimmer im
neuen Linienamte Sieveringerstrasse 275 sehr gut dislocirt sind. Auf dem Kahlen-
berge (Josefsdorf 28) befindet sich rechts vom Eingange ein Wachzimmer, links eine
Kasernlocalität, deren Vorraum feucht ist.
20. Commissariat Brigittenau.
Das Amt befindet sich in Nr. 5 der Rafaclgasse, einem grossen Hadernmagazin
gegenüber, in keiner günstigen Lage, ist auch in seinem Raume sehr beschränkt
AO ee ee ka Pages
— 87 —
und der Weiberarrest geradezu sanitätswidrig, wesshalb auf die Erwerbung eines
anderen Hauses angetragen wurde; den Aborten fehlt Wasserverschluss und Spülung.
Dagegen ist die in das anstossende Eckhaus auf den Brigittaplatz hinüberreichende
Kaserne licht, luftig und geräumig.
Im Meldungsamte wurden Verbesserungen vorgenommen.
Ausser dem entsprechenden Commissariats- Wachzimmer befinden sich noch
Wachzimmer am linken Donaucanalufer bei der Kaiser Franz Josef-Jubiläumsbrücke
mit 4 Kasernirten, am rechten Ufer des Donaustromes bei der Kaiser Franz Josef-
brücke in der Pöchlarnstrasse 18, am Sachsenplatz 8 und in der Othmargasse 12,
simmtlich entsprechend befunden.
21. Commissariat Prater.
Das aus dem Weltausstellungsjahr 1873 stammende Amtshaus Ausstellungs-
strasse 171 ist wie die dabei befindliche Kaserne ein Riegelwandbau mit seinen Vor-
elen bei guter und Nachtheilen bei schlechter Witterung, Kälte und Zug; dabei
Lichtmangel und seit den Strassenaufschüttungen in der Umgebung auch Tieflage,
wesshalb ein entsprechender Neubau bereits in Verhandlung ist. Der Stall der be-
rittenen Abtheilung ist schön.
Wachzimmer sind ausser jenen des Commissariates, auf der Feuerwerkswiese,
in der Rotunde, in Nr. 2 Hauptallee, in Schiittelstrasse 19, bei der Kaiser Josef-Briicke
am linken Donaucanal-Ufer, in der Freudenau, auf dem Dampfschiff-Landungsplatz,
an der Kronprinz Rudolfs-Briicke, rechtseitiges Ufer des Hauptstromes, beim Quai-
bahnhof, wo die Trockenlegung der durch ein rückwärts angelegtes Pissoir feuchten
Wand veranlasst wurde, endlich jenseits des Stromes im Inundationsgebiete bei der
Militär-Schiessstätte und in der Colonie Kaisermühlen Schüttaustrasse 50; alle in
Ordnung gefunden.
22, Commissariat Floridsdorf.
Es befindet sich in dem neu erbauten Amtshause in Floridsdorf, welches vom
Aerar für die Bezirkshauptmannschaft sammt Steueramt, das Bezirksgericht und das
Commissariat nebst Sicherheitswachkaserne erbaut worden ist und allen hygienischen
Anforderungen der Neuzeit entspricht. Die Localitäten haben durchwegs eir reich- -
liches Raumausmass, sind licht, luftig, ventilirbar und gut heizbar, Ueberfüllung ist
durchaus vermieden. Im alten Hause, Floridsdorf, Schlosshoferstrasse 16 befindet
sich noch ein Wachzimmer von beschränktem Ausmasse, weitere Wachzimmer sind
in Donaufeld, Stefaniegasse 1 und Vereinsgasse 35, ferner in der Baumergasse 61
za Gross-Jedlersdorf, endlich in Jedlesee, Prager Reichsstrasse 37; in der Nordwest-
bahncolonie Jedlersee sind 4 Mann untergebracht. Alle diese Localitäten gaben
keinen Anlass zu einer Bemänglung.
Polizei-Gefangenhaus.
Das zwischen der Laimgrube, Windmühl- und Theobaldgasse gelegene ehe-
malige Klostergebäude, welches gegenwärtig, in zwei Abtheilungen getheilt, als
Gefangenhaus für die polizeilichen und magistratischen Häftlinge dient, verfällt in
nicht ferner Zeit der Demolirung, welche bereits in seiner Umgebung um sich ge-
griffen hat und bei der fortschreitenden Regulirung Strassen und Neubauten Platz
machen muss. Der Natur der Sache nach sind die beiden genannten Abtheilungen
räumlich wie administrativ getrennt. Das Parterre und den Halb-Souterrain nehmen
die Manipulationslocalitäten ein, das erste und zweite Stockwerk die Arreste, Beamten-
wohnungen und Kanzleien, das dritte die Sicherheitswachkaserne; das Wachzimmer
ist ebenerdig. Die Kasernlocalitäten sind von den polizeilichen die besten, die
Männer Arreste für Einzelne und die gemeinsamen für Schüblinge die sanitär
schlechtesten, während die Weiber-Arreste ziemlich entsprechend sind. Die Unter-
,
— 88 —
künfte sind durchwegs beschränkt, die Arreste haben nur nothdürftig Luft und
Licht, Ventilation fehlt theils, theils ist sie nicht entsprechend angebracht, die Aborte
ermangeln der Closetanlage, in die Männer-Schubarreste sind sie mit einfachem Thür-
abschluss eingebaut. Ein mit Bäumen bepflanzter Hof gestattet bei günstiger Witterung
den Häftlingen Luftgenuss, reichliche Fensterlüftung und sorgfältige Reinhaltung des
Fussbodens ermöglichen im Vereine mit der sofortigen Reinigung der mitgebrachten
Kleidung und Wäsche und mit der unverzüglichen Abgabe eines jeden Kranken in
das Spital das Fernhalten infectidser und Gefängniss-Krankheiten. Die wiederholten
Inspectionen dieses Hauses haben stets ein günstiges Resultat ergeben und gezeigt,
dass fortwährend getrachtet wird, seine Zustände möglichst zu verbessern; gründliche
Adaptirungen aber sind bei der Aussicht auf den nicht mehr langen Bestand
dieses Gefangenhauses und die daher nicht zu rechtfertigenden grossen Kosten um
so weniger möglich, weil das Eigenthumsrecht von der Commune angesprochen
wird. Die Idee eines Neubaues, vielleicht weiter an der Peripherie, wird daher bereits
erwogen, die Verbindung eines Spitals mit dem Gefangenhause zur Unterbringung
erkrankter Häftlinge empfiehlt sich, wurde in Budapest bereits mit Erfolg ausgeführt.
(Fortsetzung folgt.)
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 4. Februar l. J. kamen nachfolgende Gegen-
stände zur Verhandlung:
1. Gutachten über die Gestattung des Vertriebes eines Mineralwassers unter dem Namen
„Arsen-Eisen-Phosphorhältiges Mineralwasser“.
2. Gutachten über die Höhe eines gerichtsirztlichen Particulares.
3. Gutachten betreffs Bewilligung einer Privatheilanstalt.
Galizien. Sitzung am 3. Jänner 1899:
1. Gutachten in Betreff der Naphta-Destillirfabriken in Lisko, in Boryslaw,
Bezirk Drohobycz und in Kolomea. Referenten: Savitätsrath Docent Dr. Schramm, Sanitätarath
Dr. Merezynski, Sanititsrath Professor Dr. Machek.
2. Gutächtliche Aeusserung über die Aenderung der Spitalsverpflegstaxe in
Saybusch. Referent: Sanitätsrath Professor Dr. Machek.
3. Gutachten in Betreff der Creirung neuer Sanitätsdis tricte in Jordanów und
Maków, Bezirk Myslenice. Referent: Sanitátsrath, k. k. Landes-Sanitársreferent Dr. Merunowicz.
4. Vorstellung eines Candidaten zur Besetzung des Docentenpostens fir Hygiene
und Somatologie in dem Lehrerseminarium in Sambor. Referent: Sanitätsrath Professor
Dr. Kadyi.
Berathungsgegenstände in der Sitzung am 14. Februar 1899:
1. Gutdchtliche Aeusserung über die Anlage eines Gemeindeschlachthauses und
eines Viehmarktplatzes in Lemberg. (Referent: K. k. Landesthierarzt Timoftiewiecz.)
2. Besetzungsvorsehlag für zwei erledigte k. k. Sanitätsconcipistenstellen. (Referent:
K. k. Landes-Sanitiitsreferent Sanitátsrath Dr. Merunowiez.)
Bukowina. Sitzung vom 19. Jänner 1899.
1. Gutächtliche Aeusserung betreffend die Activirung der Jubiläums-Irrenpflege-
anstalt in Czernowitz.
2. Gutächtliche Aeusserung hinsichtlich der von einem Apotheker angesuchten Verlegung
des Standortes seiner Apotheke aus der Vorstadt Rosch in das Innere der Stadt Czernowitz.
3. Gutachten betreffend die Massnahmen beim Auftreten ansteckender Krank-
heiten im Hausstande von Bibliotheksbediensteten. |
4. Begutachtung des Entwurfes einer Belehrung für Kost- und Quartiergeber für
Schüler.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
eh
Das österreichische Sanitátsmesen,
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitatsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hólder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
ll. Rothenthurmstrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis beoi directer Postzusendung ganzjährig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 9. März 1800. Nr. 10.
Inhalt. Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k, Polizeidirection in Wien für das
Jahr 1897. (Fortsetzung.) — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlässe des Ministeriums des Innern,
betreffend Berichterstattung und Vorkehrungen bei Flecktyphuserkrankungen und betreffend den Ver-
trieb der von Thierry hergestellten Geheimmittel »Balsam« und »Centifoliensalbe« ; Erlass der Landes-
regierang in Kärnten, Erlass der Statthalterei in Tirol und Vorarlberg und Erlass der Bukowinaer
Landesregierung, betreffend die Privatentbindungsanstalten in den Wohnungen der Hebammen.
Vermischte Nachrichten.
Beilage: Das Sanitäts- und Veterinärpersonale bei den k.k. politischen Behörden am 1. Jänner 1899.
Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizei-
direetion in Wien für das Jahr 1897.
Vom Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witlacil.
(Fortsetzung.)
V. Rettungswesen.
Wenn man auch nicht sagen kann, dass das Rettungswesen in Wien in jener
idealen Weise eingerichtet ist, welche in allen Bezirken Rettungsstationen mit ärzt-
licher Permanenz und vollständiger Ausrüstung erfordern würde, so muss doch zu-
gegeben werden, dass der Rettungsdienst durch das Zusammenwirken der Polizei,
der Gemeinde und der Freiwilligen Rettungsgesellschaft derart organisirt ist, dass es
bei Unglücksfällen an rasch eingreifender Hilfe nicht fehlt. Die Wachzimmer sind
von der Polizei als Rettungsanstalten zur Verfügung gestellt und gekennzeichnet.
Die Sicherheitswache wird fortlaufend über die erste Hilfeleistung theoretisch und
practisch unterrichtet, der Unterricht wird vom Chefarzt und theilweise auch von
der Freiwilligen Rettungsgesellschaft in ihrer Samariterschule ertheilt. Die Commune
hat die Wachzimmer als Rettungsanstalten mit Rettungskästen, welche allerdings
nur die nothwendigsten Instrumente, Verband- und Labemittel enthalten, einen regel-
rechten aseptischen Verband aber nicht ermöglichen, und mit Tragbahren ausgestattet
und ergänzt über Meldung das Fehlende. Die Rettungsgesellschaft endlich erscheint
über telephonische oder telegraphische Verständigung in kürzester Frist, sendet, wenn
sie von einem Unglücksfalle Kunde erhält, aus eigenem Antriebe eine Ambulanz
sofort an die Unglücksstätte, beordert bei grossen Menschenansammlungen vorbauend
fliegende Ambulanzen an Ort und Stelle, bringt alles für die erste Hilfeleistung
Erforderliche und ein geschultes Personale in ihrem wohl eingerichteten Rettungs-
wagen mit und vermittelt den Transport in die Spitäler in der raschesten und für
den Verunglückten zuträglichsten Weise, sie ist ein ebenso ausgezeichneter als unent-
behrlicher Factor im Rettungsdienste geworden.
10
— 90 —
Für den freien Gebrauch Jedermanns hat die Gesellschaft an verschiedenen
Punkten Wiens im Ganzen 28 Tragbahren aufgestellt.
Die Freiwillige Rettungsgesellschaft wurde im Berichtsjahre in 13.123 Fällen
in Anspruch genommen, darunter waren:
2334 plötzliche Erkrankungen, 3437 Verletzungen, 1108 Irrsinnige, 1 in der
Station Gestorbener, 157 todt Aufgefundene, 71 Simulanten, 257 irrige Meldungen,
5504 Krankentransporte, fliegende Ambulanzen wurden 56 aufgestellt.
Die meisten Inanspruchnahmen erfolgten im Juni und Juli (1216 und 1297},
die wenigsten im Februar (839).
Die freiwilligen Feuerwehren mehrerer früherer Vorortegemeinden betheiligten
sich ebenfalls am Krankentransporte und Rettungsdienste.
VI. Theater-Inspectionen.
Als Mitglied der Wiener Theater-Localcommission (auch der Landescommission)
hat der Chefarzt den Verhandlungen derselben mit reger Betheiligung angewolnt
und sich auch an deren Theater-Revisionen sowohl vor Eröffnung der Saison, als
während des Betriebes betheiligt.
Er hat ferner den ärztlichen Dienst in den Theatern mit Ausnahme der seiner
Aufsicht nicht unterstehenden Hottheater durch wiederholte Nachschau überwacht
und gefunden, dass derselbe ordnungsmässig geleistet wird.
Mängel, welche von der Theater-Localcommission bei den Inspectionen vor-
gefunden wurden, sind theils abgestellt worden, theils sind sie, wie bei den Hot-
theatern, zur Kenntniss der berufenen Factoren gebracht und ist deren Abstellung
beantragt worden.
Im Grossen und Ganzen sind die Einrichtungen und Vorkehrungen derart, dass
das Publicum mit Beruhigung die Theater und Circus besuchen kann und wenn bei
einer Panik nicht alle Besonnenheit verloren geht, Massenverunglückungen nicht
mehr zu besorgen sind.
VIL Sicherheitswache.
Erkrankungen der Sicherheitswache.
höchster Stand niedrigster Stand
Jänner. . . . . . . . 202 am 26. 124 am 2.
Februar e, 227 > 14. 114 + 26.
März & s s oa a e a a -159 > 24 149 » 28.
April e, 49 > 2%. 123 » 19,
Mal. e ll ss e ern O E 112 » 2.
Jun... ..... . 140 > 17. 126 > 3.
Juli... ..... . 146 » 12. 113 » 2
August... . . . . . 146 » 19. 118 > 2.
September. . 2... . . 147 >» JB. 110 » 30.
October . . . . . . . 136 + 29 109 » 3.
November. . . . . . . 171 > 29. 120 » 1.
December. . . . . . . 181 » 5 154 » 31.
Höchster Krankenstand im Jahre: 227 am 14. Jänner, kleinster 109 am
3. October.
Sen GE ee
Vertheilung des Krankenstandes in den Abtheilungen der
Sicherheitswache.
Abtheilung durchschnittl Erkran- Krankheitsdauer
Mannschaftsst. kungen 1_8 Tage 8—30 Tage 1—2 Monate 3—10 Mon.
Stadt . . . . 286 944 767 123 40 14
Leopoldstadt . . 159 303 234 39 23 7
Landstrasse. . . 165 272 209 41 20 2
Wieden . . . . 100 192 - 144 28 15 D
Margarethen . . 107 237 157 67 10 3
Mariahilf. . . . 94 180 116 44 12 8
Neubau . . ...8 13 62 11 — —
Josefstadt . . . 683 126 87 33 4 2
Alsergrund . . . 131 188 121 48 16 3
-Favoriten . . . 192 355 253 81 19 2
Simmering . . . 93 182 148 26 5 3
Meidling . . . . 115 118 89 22 4 3
Hietzing . . . . 122 214 158 43 10 3
Rudolfsheim. . . 95 131 104 20 6 1
Schmelz . . . . 97 135 107 18 9 1
Ottakring. . . . 121 208 105 80 18 5
Hernals . . . . 114 165 103 49 10 3
Währing. . . . 92 171 122 36 12 1
Dóbling . . . . 132 212 156 48 4 4
Brigittenau . . . 85 94 60 30 4 —-
Prater. . . . . 124 103 19 16 ¢ 1
Floridsdorf . . . 96 110 89 15 3 3
Gefangenhaus . . 54 76 44 22 10 Ss
Berittene. . . . 132 105 TO 30 5 —
Reserve . . . . 75 18 9 5 4
Polizeidirectionsab-
theilung . . . 70 19 48 23 7 1
2999 4991 2041 998 207 15
Die Gesammtzahl der Krankheitstare betrug 53615. wonach auf enen kranken
durchschnittlich 10°7 Krankheitstage kommen und auf einen Mann des durchschnitt-
lichen Standes 6 Krankheitstage.
In Spitälern wurden behandelt:
422 active Mann . durch 11991 Tage, durchschnittlich 28 Tage.
14 Agenten. . . » 232 >» > 17 >
21 Pensionisten . » DIL: » > 24 >
Das ungiinstigste Verhdltniss zeigt die Abtheilung Stadt, zu der aber auch die
Kaserne in der Miillnergasse gchirt, mit 33 Erkrankungen af 10 Mann. hiernach
kommt Margarethen mit 22 auf 10 und ‚Josefstadt mit 20 auf 10; in der Reserve kommt auf
jeden vierten Mann eine Erkrankung; in der Abtheilung Neubau kommen auf die
85 Mann nur 73 Krankheitsfälle, im Prater auf 124 Mann Durchschnittsstand nur 102,
in Brigittenau auf 132 nur 105. Im Ganzen kommen auf 10 Mann fast 17 Erkran-
kungen. Hiebei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Zahl der Krankheits-
fälle mit kurzer Dauer bei der Stadtabtheilung relativ am grössten ist und mehr als
das Vierfache der Fälle mit längerer Dauer "ausmacht, bei Josefstadt mehr als das
Doppelte, bei Margarethen etwas weniger als das Doppelte, Im Ganzen überwiegen
10*
die Erkrankungen mit nicht mehr als achttägiger Dauer die länger dauernden um
2291. die mit einer mehr als jzweimonatlichen Dauer betragen 0.15 Percent aller
Erkrankungen, während die von nicht mehr als achttägiger Dauer 81 Percent aus-
machen.
Die Krankheiten, welche die Invalidität des Mannes und sohin die Versetzung
in den Ruhestand bedingten, waren folgende:
Altersschwäche 3, Neurasthenie 4, Lähmungen 3, Gliederzittern 1, Blutarmutb 1,
chronischer Alkoholismus 1, Melancholie 1, Gehirn- und Rückenmarksleiden 4, Nen-
ralgien 4, chronischer Gelenks- und Muskelrheumatismus 9, chronischer Bindehaut-
katarrb 1, Sehschwäche 1, Sehnervenschwund 1, Schwerhörigkeit 1, chronischer
Kehlkopfkatarrh 1, chronischer Bronchialkatarıh 6, Lungenemphysem 7, Lungen.
spitzenkatarrh 1, Lungentuberculose 6, Driisentuberculose 1, Organischer Herzfehler 3,
chronischer Magenkatarrh 2, Magengeschwür 1, chronische Nierenentziindung 2,
varicöse Geschwüre 1, Muskel- und Sehnenzerrung 1, Folgen von Verletzungen 4,
zusammen 71, das ist etwas über 2'6 Percent des Mannschaftsstandes, 68 dauernd
3 zeitlich.
Todesfälle im Jahre 1897.
Durch Gehirnblutschlag 1, Lungentuberculose 7, Herzlähmung (Herzfehler) 1,
Magengeschwiir 1, Lebercirrhose 1, Neugebilde 1, Verungliickung: Gehirnerschütte-
rung 1, Ertrinken beim Rettungsversuche 1, Selbstmord durch Erschiessen 1, zu-
sammen 15 Mann, d. i. 5 per Mille des Mannschaftsstandes und 3 per Mille der
Krankheitsfille.
Hierzu kommen noch:
1 Mitglied des Beamtenstandes (plötzlich an organischem Herzfehler), 5 Mit-
glieder des Agenten-Institutes, 25 Pensionisten, und zwar: an Marasmus 2, Blut-
zersetzung 1, Gehirnblutschlag 4, Gebirnerweichung 5, Lungen- und Rippenfell-
entziindung 1, Lungentuberculose 7, organischem Herzfehler 2, Speiseröhre-Entartung 1.
Leber-Entartung 2, chronische Nierenentziindung 1, Mastdarmkrebs 1, Selbstmord
durch Ertriinken 2, Selbstmord durch Erhenken 1.
Wenn man erwägt, wie sehr die Sicherheitswache im Strassendienste allen
Unbilden der Witterung ausgesetzt ist, überdies aber wie vielen Gefahren und
körperlichen Beschädigungen sowohl durch ihre Hilfeleistung bei Unglücksfällen als
durch gewaltthätigen Widerstand von Excedenten, so erscheinen diese Krankheits-,
Invaliditäts- und Mortalitätsverhältnisse keineswegs ungünstig, wobei noch in Betracht
kommt, dass die Löhnung knapp bemessen ist.
Anderseits ist aber die Fürsorge für die Wachmannschaft eine ausgezeichnete.
sowohl in Bezug auf Bekleidung und Ausrüstung als auf die Bequartierung der
Kasernirten und der im Dienste Stehenden, namentlich in letzterer Hinsicht ist in
neuerer Zeit viel vorgesorgt worden, wie die neuen Kasernen und manche Wach-
zimmer zeigen; auch für die Verköstigung der ledigen Mannschaft ist in den
Kasernen durch gut eingerichtete Menagen mit wohlfeiler, nahrhafter und gut
bereiteter Kost gesorgt. Für Erkrankte ist die ärztliche Hilfe in allen Bezirken von
Seite des Unterstützungsinstitutes der Sicherheitswache vorgesorgt, von welchem
37 Institutsärzte aufgestellt sind und bei längeren Dauer der Krankheit die Kosten
der Verpflegung im Militärspitale, auch nothwendige Badecuren bestritten werden.
Arzneien, Bandagen und Mineralwässer lictert ebenfalls das Institut für die kranke
Mannschaft; den Verheirateten steht für ihre Familien nur ärztliche Hilfe zur Ver-
fügung. Endlich werden bei Invalidität, welehe durch im Dienste erlittene Ver-
letzungen herbeigeführt worden ist, zehn Dienstjahre für die Pension zugezählt.
Es wird übrirens bei der Aufnalıme in die Sicherheitswache auf eine gesunde
kräftige Constitution gesehen und erfolgt dieselbe nur auf Grund einer genauen
chefärztlichen. der Militärassentirung gleichgehaltenen Untersuchung. Diese Assentirung
findet allwöchentlich an einem bestimmten Tage statt und erstreckt sich auch auf
ing in. ser mn al O mM li TTT |
diejenigen, welche bereits das Probejahr zurückgelegt haben, in der Regel werden nur
kriegsdiensttauglich Befundene aufgenommen, zumeist gediente Militärs. Von 673 bei
den Assentirungen Vorgestellten wurden 418 d.i. 62°11 tauglich befunden, 396 wurden
als definitiv geeignet erkannt.
Den Sanitätsunterricht des Chefarztes haben 255 besucht, ım Jänner 1898 auch
noch 200 den der Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft.
Zur Herstellung nach überstandencer Krankheit erhielten 125 Mitglieder im
Ganzen 1550 fl. an Unterstützungsbeiträgen, 5 je 30 fl. nebst Freiplatz in Karlsbad,
3 ebendasselbe in Teplitz.
Bader wurden 4288 fiir 1111 fl. 96 kr. verabfolst nebst 1100 vom Esterhazybad.
gespendeten; Mineralwässer wurden um 104 fl. 79 kr., Bandagen um 323 fl. 58 kr.
Brillen um 156 fl. 50 kr. erfolgt.
Die Mitglieder im Ruhestande erhalten zu ihrer Pension einen Pensionszuschuss;
für die Verstorbenen bestreitet das Institut die Leichenkosten, die Hinterbliebenen
betheilt es mit der festgesetzten Unterstützungsquote als Abfertigung.
Der leitende Arzt des Unterstützungs-Institutes Herr Oberstabsarzt i. R. Dr.
Orel berichtet, dass die säimmtlichen Herrn Institutsärzte den übernommenen Ver-
pfliehtungen mit grösster Bereitwilligkeit nachgekommen sind.
(Schluss folgt.i
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern Die politischen Behörden I. Instanz werden
vom 16. Februar 1899, Z. 5708, in ihren betreffenden, an die k. k. Statthalterei
zu erstattenden Rapporten über das Vorkommen
nd di breit :
betreffend Berichterstattung und Vor- Se ie Verbrei e EE Flecktyphus und
kehrungen bei Filecktyphuserkrankungen, | Blatfern jedesmal zu bemerken haben, dass die
Mit Rücksicht auf das mehrfache Auftreten Vorlage der HEEN an das Ministerium des
von Flecktyphus in Galizien und Böhmen wird Innern erfolgt ist.
die k. k. Statthalterei eingeladen, sämmtliche Bei diesem Anlasse wird neuerlich in Er-
innerung gebracht, dass von dem Auftreten und
der Verbreitung der Blattern und des Fleck-
typhus in einer Gemeinde jedesmal auch dio
politischen Behörden des dortigen Verwaltungs-
gebietes ungesäumt dahin anzuweisen, dass von
den an die politisebe Landesbehörde zu er-
stattenden ersten Anzeigen über das constatirte | Gemeinden, welche mit dem Infectionsorte be-
nachbart sind oder im lebhaften Verkehre
an die Statthaltereien in Lemberg und Prag,*)
Auftreten eines Flecktyphusfalles in einer Ge-
meinde, sowie von den weiterhin zu erstattenden į stehen, terner, dass seitens der politischen Be-
Wochenberichten über die Verbreitung und den | hörden, in deren Gebiete sich derlei Infections-
Stand des Flecktyphus in den politischen Be- ! herde bilden, die Amtsvorstände der angrenzen-
b. o. Erlasse vom?2. Februar 1599, Z. 2753,**) | Militär- und Justizbehörden, sowie auch andere
hinsichtlich der Blatternerkrankungen angeordnet Interessirte Diensteastellen zu verständigen sind.
wurde, regelmässig Abschriften direct an das Die politischen Behörden I. Instanz der im
Ministerium des Innern mit der Bezeichnung Grenzgebiete gelegenen Bezirke haben in analoger
„Für den Obersten Sanitätsrath“ eingesendet
Weise den Verwaltungsbehörden der Grenz-
werden.
bezirke der Länder der ungarischen Krone,
o Abschriftlich den übrigen politischen | SOwie der Auslandsstaaten, Nachricht zu geben.
Landesbehörden zur Kenntnissnahme nnd gleich- Von dem Vollzuce di EE ty
massigen Darnachachtung mitgetheilt. on dem Vollzuge dieser O g
**) Siehe 8. 62 d. Bl. e | unter Vorlage der vorgeschriebenen Abschriftr
t
zirken in derselben Weise, wie dies mit dem den politischen Bezirke ferner die respectiven
|
der ergangenen Weisungen anher die Anzeige | des
zu erstatten.
x
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 26. Janner 1899, Z. 628,
an die k. k. Statthalterei in Prag, *)
betreffend den Vertrieb der von Thierry her-
gestellten Geheimmittel, „Balsam“ und „Centi-
foliensalbe‘-.**)
Mit Beziehung auf den Bericht vom
24. April 1898, Z. 62500, betreffend den
reclamehaften Vertrieb der vom Apotheker
A. Thierry in Pregrada hergestellten Geheim-
mittel „Balsam“ und „Centifoliensalbe“ wird
der k. k. Statthalterei unter Riickschluss der
Beilagen mitgetheilt, dass laut Zuschrift der
königlichen Landesregierung in Agram vom
21. December 1898, Z. 82933, dem genannten
Apotheker die vorschriftswidrige Einfuhr und
der Verkauf, Annonciren
Präparate in der diesseitigen Reichshälfte ver-
boten worden ist.
Zugleich wurde das Ersuchen gestellt, dass
jeder Fall von Vertrieb dieser Geheimmittel
durch den genannten Apotheker in den im
Reichsrathe und
Ländern der königlichen Landesregierung in
sowie das seiner
vertretenen Königreichen
Agram behufs weiterer Amtshandlung mit-
getheilt werde.
Die k. k. Statthalterei wird demnach ein-
geladen, die unterstehenden Bezirksbehörden
anzuweisen, über jeden zur Kenntniss gelangen-
den Fall des Vertriebes dieser Geheimmittel
durch öffentliche Apotheken oder andere Ge-
schäfte nach Durehführung der entsprechenden
Amtshandlung unter Vorlage der Bezugsacten
zu berichten.
*
Erlass der k. k. Landesregierung in
Kärnten vom 10. Jänner 1899, Z. 708,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Privatentbindungsanstalten
in den Wohnungen der Hebammen,
Gemäss $ 14 der neuen Dienstesvorschriften
für Hebammen, erlassen mit der Verordnung
*) Den übrigen politischen Landesbehörden zur
Kenntnissnahme und gleichmässigen Darnach-
achtung mitgetheilt.
**, Vergl. Jahrg. 1894 d BL, S. 24 u. 561.
94
|
|
|
hohen Ministeriums des Innern vom
10. September 1897, R. G. Bl. Nr. 216*) ist
es denselben ohne besondere behördliche Be-
willigung nicht gestattet, ihre Wohnungen für
Zwecke der Entbindung fremder Frauenspersonen
geschäftsmässig zu verwenden.
Hieraus ergibt sich, dass die Bewilligung
zu einem derartigen Geschäftsbetriebe an die
Erlangung einer Concession gebunden ist, welche
im Grunde der Erlässe des Ministeriums des
Innern vom 2. März 1892, Z. 14498 ex 1891 **)
und vom 26. August 1898, Z. 22243***) nur
von der politischen Behörde ertheilt
werden kann.
Damit nun diek.k. Landesregierung in jedem
einzelnen Falle beurtbeilen könne, ob die Person
der Bewerberin, sowie dieihrzur Verfügung stehen-
den Localitäten und Einrichtungen die noth-
wendige Gewähr für einen tadellosen Geschäfts-
betrieb bieten, findet die k. k. Landesregierung
über Antrag des k. k. Landes-Sanitätsrathes in
Ergänzung des hierämtlichen Erlasses von
3. September 1898, Z. 11744, mit welchem
weitere auf die Ausübung dieses Berufszweiges
bezughabende Bedingungen in Aussicht gestellt
worden sind, nachfolgende von den Amtsärzten
zu berücksichtigende Gesichtspunkte behufs
einheitlicher Behandlung derartiger Gesuche
vor ihrer Vorlage an die k. k. Landesregierung
festzustellen:
1. Von der Gesuchstellerin muss vor Allem
die moralische Unbescholtenheit, die un-
bedingte Verlässlichkeit und volle Ver-
trauenswürdigkeit in Beziehung auf die
Ausübung ihres Berufes nicht nur im All-
gemeinen, sondern insbesondere auch in der
Richtung gefordert werden,
tbeilende Bewilligung nicht etwa zu unerlaubten
oder die Pfleglinge schädigenden Zwecken miss-
dass die zu er-
braucht werde.
2. Die Wohnung der Hebamme muss
den hygienischen Anforderungen entsprechen;
es dürfen in derselben keine Aftermiether oder
Kostkinder beherbergt werden.
3. Für jede Frauensperson, welche für die
Zeit der Entbindung und des Wochenbettes von
*) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 360.
**) Siehe Jahrg. 1892 d. BL, 8. 82.
*2%*) Siehe Jahrg. 1803 d. Bl. S. 309.
— 9 —
einer Hebamme in Wohnung und Pflege über- |
nommen werden soll, muss ein eigenes,
lichtes, luftiges und reinliches Zimmer
zur Verfügung stehen. Dasselbe soll eine
Bodenfläche nicht unter 15 Quadratmeter be-
sitzen, soll gut heiz- und ventilirbar sein und
darf von den Wohnungsgenossen nicht als
Durchgang benützt werden.
4. In diesem Raume muss nebst dem
Bette fir den Pflegling auch ein Kinderbett
(Kinderkorb) vorhanden und in unmittelbarer
Nähe des Better, für den Pflegling leicht er-
reichbar, muss eine Glocke oder der Taster
einer elektrischen Klingel angebracht sein,
um jederzeit Hilfe herbeirufen zu können, für
weich letztere ständig gesorgt werden
muss.
5. Alle zur Pflege von Schwangeren, Ge-
birenden oder Wöchnerinnen nothwendigen
Geräthschaften, insbesondere auch eine Bade-
wanne fiir Frau und Kind, sollen nebst
genügender Bettwäsche in tadellosem Zustande
vorhanden sein.
6. Ueber das Ergebniss der mit fach-
minnischer Umsicht vorzunehmenden Er-
hebungen ist ein Protokoll aufzunehmen, in
welchem insbesondere die Lage und Beschaffen-
heit der Localitäten zu beschreiben und in
|
|
i
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|
|
welchem unter Anschluss einer einfachen, jedoch
deutlichen Planskizze auch anzugeben ist, in
welcher Zahl die für die aufzunehmenden
Pfleglinge bestimmte Wäsche vorhanden ist.
Das Gesuch ist sodann unter Anschluss
des Protokolles und der sonstigen Erhebungs-
acten mit einem motivirten Antrage an die
k. k. Landesregierung zu leiten, wobei an-
zugeben ist, ob Gesuchstellerin vollkommen
vertrauenswürdig sei und ob die ihr zur Ver-
fügung stehenden Räumlichkeiten, und zwar
für wie viele Pfleglinge, die Eignung zum ge-
dachten Zwecke besitzen oder nicht.
T. Bei einem Wohnungswechsel einer
solchen Hebamme erlischt natürlich die
Concession und müsste eventuell eine neue
Coneession erwirkt werden. Selbstverständlich
wird dieser Hebamme das Betreiben einer
reclamehaften Annoncirung strengstens zu
verbieten sein.
Soferne etwa eine derartige Bewilligung
von den politischen Behörden I. Instanz vor
Veröffentlichung des hierämtlichen Erlasses vom
3. September 1898, Z. 11744 ertheilt worden
sein sollte, ist sofort das Entsprechende zu ver-
anlassen, damit auch die betretfende Hebamme
den soeben mitgetheilten Grundsätzen ent-
sprechend sich in die Regel setze.
+
Erlass der k. k. Statthalterei in Tirol
und Vorarlberg vom 20. Jänner 1899,
2. 1333,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Privatentbindungsanstalten
in den Wohnungen der Hebammen.
Nach § 14, Absatz 1 der mit der Ver-
ordnung des k. k. Ministeriums des Innern
vom 10. September 1897, R. G. Bl. Nr. 216*)
herausgegebenen Dienstesvorschriften für Heb-
ammen ist es diesen ohne besondere behördliche
Bewilligung nicht gestattet, ihre Wohnung für
Zwecke der Entbindung fremder Frauenspersonen
geschäftsmässig zu verwenden.
Diese besondere behördliche Bewilligung zu
ertheilen steht dem Erlasse desk. k. Ministeriums
des Innern vom 26. August 1898, Z. 22243,
y Oesterreichisches Sanitátswesen“ 1898, $. 309,
zufolge der politischen Landesbehörde zu.
Die politischen Behörden I. Instanz werden
daher beauftragt, die in ihrem Bezirke sich
aufhaltenden Hebammen zu verständigen, dass
sie, wenn sie ihre Wohnung für Zwecke der
Entbindung fremder Frauenspersonen geschäfts-
mässig verwenden wollen, um diese Bewilligung
mittelst mit Stempel zu 1 Krone verschenen
Gesuches im Wege der ihnen vorgesetzten
politischen Behörde einzukommen haben.
Selbstverständlich gilt dieses auch für
Hebammen, welche bisher ohne Bewilligung
oder seit der Geltung der besagten Instruction
ohne Bewilligung der politischen Landesbehörde
Privatentbindungen in ihren Wohnungen vor-
genommen haben, wenn sie dieses Geschäft
auch nunmehr ausüben wollen.
*) Siehe Jahrg. 1898, d. BL, S. 360.
——
Gewerbsmässige Privatentbindungen in den
Wohnungen der Hebammen ohne erhaltene
h.ä. Bewilligung sind einzustellen und letztere
eventuell nach § 31 Instruction, zur Strafe zu
ziehen, daber in dieser Richtung den politischen
Behörden entsprechende genaue Ueberwachung
aufgetragen wird.
die
wohnungen zur Entbindung Fremder im drin-
Für Verwendung von Hebammen-
genden Nothfalle gibt der bezogene 8 14,
Absatz 2 die entsprechenden Verhaltungsmass-
regeln an.
Rücksichtlich der Behandlung derartiger
Gesuche ist zu beachten, dass die Statthalterei
vollkommen in die Lage gesetzt sein muss, be-
urtheilen zu können, ob die. Person der Be-
werberin und die ihr zur Verfügung stehenden
Localitäten und deren Einrichtung die noth-
wendige Gewiilir fiir tadellose Vornahme solcher
Privatentbindungen bieten.
Es ist daher Aufgabe der politischen Be-
hörden I. Instanz, derartige Gesuche vorerst
in verschiedenen Richtungen zu prüfen, eventuell
Ergänzungen derselben zu fordern und zu ver-
anlassen.
Die Statthalterei findet sich
erfolgter Einholung der gutiichtlichen Aeusserung
des Landes-Sanitätsrathes veranlasst, den politi-
schen Behörden I. Instanz folgende Gesichts-
punkte zur Beurtheilung der Zulässigkeit der
daher nach
gewerbsmässigen Aufnahme von Frauenspersonen
in den Wohnungen der Hebammen zum Zweeke
deren Entbindung bekanntzugeben.
1. Als erste Bedingung wird die unbedingte
Verlässlichkeit und vulle Vertrauenswürdigkeit
der Hebamme sowohl in Bezug auf die Aus-
übung ihres Berufes als in der Richtung ge-
fordert, kein Missbrauch der
dass eventuell
ertheilten Bewilligung zu besorgen ist; es ist
daher dem Gesuche ein Sitten- und Leumunds-
zcugniss und die amtsärztliche Bestätigung der
bisherigen tadellosen beruflichen Thätigkeit der
Gesuchstellerin beizuschliessen.
Im Falle dessenungeachtet Bedenken in der
einen oder anderen Richtung bestehen sollten,
sind hierüber sorgfältige und verlässliche Er-
hebungen zu pflegen.
.2. Das zur Aufnahme von Schwangeren
bestimmte Locale darf ausschliesslich nur für
J
|
fi. ==
solche dienen, dasselbe muss licht, gut ventilir-
bar, heizbar und so gelegen sein, dass es einen
eigenen Eingang besitzt und nicht als Dureb-
gang zur eigenen Wohnung der Hebamme be-
nützt werden muss. Mehr als zwei Schwangere
iu einem Locale unterzubringen, ist nicht statt-
haft und wird per Person ein Luftraum von
mindestens 20 Cubikmeter gefordert.
3. Jeder
eigenes Bett mit reiner Bettwäsche, ein eigene:
Aufgenommenen müssen ein
Wasch- und eigene zum Bedürfnisse nöthige
Geräthe zugewiesen sein; für jedes einzelne
Kind muss ein Kinderbett oder Korb mit der
nöthiren Bettwäsche bereit gehalten werden und
muss eine Badewanne vorräthig sein. Zur Her-
beirufung eventuell uöthiger Hilfe muss bei
jedem Bette eine Glocke oder elektrische Klingel
vorhanden, für die entsprechende Wartung der
Aufgenommenen muss vorgesehen sein.
4. Die hygienische Eignung der Wohnung
der
nach vorstehenden Bedingungen,
Umständen auch
Hebamme zu dem angesuchten Zwecke
zu welchen
nach noeh andere zu be-
achtende Momente hinzu kommen können, ist
von dem betreffenden Amts-, beziehungsweise
Stadtarzte nach b-i auswärtigen Ilebammen bei
dgl.
unter Zuzug des Gemeindevorstehers und der
Gelegenheit dienstlicher Bereisungen u.
Gesuchstellerin vorgenommenem Augenscheine
der
deren Gebrechen eingehend darzustellen.
Wohnung eventuell sind
zu bestätigen,
Die dorartig gehörig belegten Gesuche sind
sodann von den politischen Behörden mit dem
begründeten Antrage auf Genelimigung und
zwar nach Massgabe obiger Bedingungen für
auf
welche Zahl von Aufzunehmenden, oder
Abweisung vorzulegen.
In Betrefi der Aufnahme von Schwangeren
nach erfolgter Bewilligung der Benützung
der Hebammenwohnung zu besagtem Zwecke
werden noch folgende Bedingungen gestellt, von
welchen die die Bewilligung ansuchenden Heb-
ammen gleich im Vorhinein zu verständigen sind.
5. Schwangere, welche in der Wohnung
einer Hebamme behufs Entbindung aufgenommen
werden, haben derselben ein ärztliches Zeugniss
vorzuweisen, welches bestätigt, dass die Schwan-
gere an keiner Erkrankung leidet, aus welcher
ar em, ee ee ee us a
— 9 —
eine Gefahr für die anderen Aufgenommenen | die Schwangeren und deren Einrichtung, den
erwachsen kann. Gesundheitszustand der Anwesenden, die Art
6. Schwangere vor dem sechsten Schwanger- | deren Pflege, die Richtigkeit des geführten
schaftsmonate dürfen nur über ein die Noth- Tagebuches und das Vorhandensein der im
wendigkeit der Aufnahme bestätigendes ärztliches Vorstehenden verlangten ärztlichen Zeugnisse
Zeugniss aufgenommen werden, welches sofort | mindestens einmal im Jahre bei Gelegenheit
nach der Aufnahme der politischen Behörde zur | dienstlicher Bereisung, im Orte selbst in jedem
Einsicht einzuschicken ist. Quartale eingehend zu prüfen und im Falle
Bei Gefahr im Verzuge ist der $ 14, | vorgefundener oder sonst erhobener Mängel oder
‚Absatz 2 der Instruction massgebend. Gebrechen ihrer vorgesetzten politischen Be-
1. Jede Hebamme hat über die in ihrer | hörde Anzeige zu erstatten; wenn dieselben
Wohnung stattgehabten Entbindungen ein | jedoch schwererer Art sein sollten, im Wege
eigenes, nach dem Muster in Beilage I zur | ihrer vorgesetzten Behörde begründete Antröge
Instruction beschaffenes Tagebuch genau zu | auf Entziehung der ertheilten Bewilligung zu
führen. stellen.
Die Ausweise über diese Entbindungen, Ueber den diesfälligen Befund bei den im
welche aus dem Tagebuche in die Geburts- | Bezirke sich aufhaltenden Hebammen, welche
tabellen übertragen wurden, sind unter An- | ihre Wohnung zum besagten Zwecke gebrauchen,
schluss der in den Punkten 5 und 6 erwähnten | ist im Ergänzungsberichte lit. R unter der
ärztlichen Zeugnisse nach Ablauf jedes Halb- | Rubıik „Hebammen“ jährlich eingehender Be-
jahres der politischen Behörde zur Prüfung | richt zu erstatten.
einzuschicken.
8. Bei Verdacht der Erkrankung einer |
Wöchnerin an Wochenbettfieber oder einer
Erlass der Bukowinaer k. k. Landes-
anderen ansteckenden Krankheit hat die Heb-
regierung vom 19. Jänner 1899
amme sofort einen Arzt zu rufen; bestätigt 8 8 i
dieser den Verdacht, ist die Anzeige an die Z. 25044/98,
politische Behörde zu erstatten. . an alle unterstehenden politischen Behörden,
9. An Wochenbettfieber Erkrankte sind, | betreffend Privatentbindangsanstalten inden
wenn möglich, in ein Spital zu übertragen; - Wehnungen der Hebammen,
über die weiters zu treffenden Massnahmen `
entscheidet die vorgesetzte politische Behörde;
die weitere Aufnahme von Schwangeren bei
dieser Hebamme ist sofort zu sistiren und nach
$ 12, Absatz 1 Instruction, vorzugehen.
10. Bei Wohnungswechsel der Hebamme,
welcher sofort der vorgesetzten politischen Be-
hörde anzuzeigen ist, ist, falls die Aufnahme
von Schwangeren auch in der neuen Wohnung
Gemäss des$ 2, litera b des Reichs-Sanitäts-
gesetzes vom 30. April 1870, R. G. Bl. Nr. 68,
Kee der den Wirkungskreis der politischen
Lë umgrenzenden Ministerialverordnung
' vom 13. Jänner 1853, R. G. Bl. Nr. 10, fällt
die Ertheilung der Bewilligung zur Errichtung
—
von privaten Heil- und Humanitätsanstalten jeder
Art, somit auch der in den Wohnungen der
Hebammen zu etablirenden Privatentbindungs-
fortgesetzt werden will, ein neues Gesuch ein-
anstalten in die Competenz der k. k. Landes-
zubringen.
regierung und dürfen solche Anstalten ohne
11. Die unmittelbare Ueberwachung dieses
Unternehmens steht nach $ 4, lit. e des Reichs-
Sanitätsgesetzes der Gemeinde zu; daher die
betreffende Gemeindevorstehung von jeder er-
gangenen gegenständlichen Bewilligung zu ver-
ständigen ist.
Es ist Pflicht der Amts-, beziehungsweise | ___
tadtärzte, die Beschaffenheit der Locale für *) S. Jahrg. 1892 d. Bl., 8. 82.
behördliche Bewilligung nicht geführt werden.
Mit dem Erlasse des hohen k. k. Ministe-
riums des Innern vom 2. März 1592, Z. 14498
ex 1891,*) intimirt mit dem Erlasse vom
3. März 1892, Z. 3713, wurden diese Bestim-
mungen ausdrücklich in Erinnerung gebracht
und besondere Weisungen, betreffend den Vor-
gang bei der Verleihung der in Rede stehenden
Concessionen ertheilt.
Auf Grund der obenangeführten Bestim-
mungen hebt der § 14 der mit der Verordnung
des hohen k. k. Ministeriums des Innern vom
10. September 1897, *) R. G. BI. 1897, Nr. 216
erlassenen Dienstesvorschrift für
ausdrücklich hervor, dass es der Hebamme
ohne besondere behördliche Bewilligung nicht
gestattet ist, ihre Wohnung für Zwecke der
Entbindung fremder Frauenspersonen geschäfts-
mässig zu verwenden.
Hebammen
Um nun bei Ansuchen von Hebammen zur
Ertheilung einer Concession für die Errichtung
einer Privatentbindungsanstalt ein einheitliches
Vorgehen zu sichern, werden der k.k. Bezirks-
hauptmannschaft (dem Stadtmagistrat) nach
Anhörung des k. k. Landes-Sanitätsrathes jene
Grundsätze bekanntgegeben, nach welchen bei
Behandlung solcher bei der k. k. Bezirkshaupt-
mannschaft (beim Stadtmagistrate)
reichenden Concessionsgesuche vor ihrer Vorlage
zu über-
an die k.k. Landesregierung vorzugehen sein wird.
Vor allem hat die k. k. Bezirkshauptmaun-
schaft (der Stadtmagistrat) sicherzustellen, ob
die einschreitende Hebamme eine moralisch un-
bescholtene, vertrauenswürdige und vollkommen
verlässliche Person ist, von welcher ein Miss-
brauch der ertheilten Concession zu unerlaubten
oder die Pfleglinge schädigenden Zwecken nicht
zu besorgen ist.
Ferner ist amtsärztlich festzustellen, ob die
Concessionswerberin nicht an einer leicht über-
tragbaren oder an einer mit Eiterung verbundenen
Krankheit leidet.
Im Falle, wenn nicht schon wegen mangel-
hafter Vertrauenswürdigkeit der Bewerberin oder
aus Anlass des Anhaftens derselben mit einer
übertragbaren Krankheit die Abweisung des
Ansuchens zu beantragen sein wird, bat die
kk. Bezirkshauptmannschaft (der Stadtmagistrat)
unter Zuziehung des Amtsarztes und des zu:
ständigen Gemeindevorstehers, sowie des Ge-
meindearztes die nothwendigen Erhebungen zu
pflegen und nachstehende Momente festzustellen:
1. An der Hand des dem Concessions-
98
Grundrisses und der Baubeschreibung der fiir
die zu errichtende Privatentbindungsanstalt in
‘Sicht genommenen Localitäten ist durch com-
missionelle Erhebung festzustellen, ob dieselben
hygienisch einwandfrei, d. i.
rein, genügend hell,
genug geräumig,
luftig, leicht
ventilirbar und heizbar sind.
2. Die für die Zwecke der Privatentbin-
dungsanstalt bestimmten Zimmer dürfen von
den Hausgenossen zu anderen Zwecken, so als
Wohn-, Durchgangs-, Arbeitszimmer nicht ver-
wendet werden.
trocken,
Die ganze Zimmereinrichtung
muss ihrem Zwecke entsprechen, sie muss daher
einfach und leicht desinficirbar sein. In einem
Zimmer darf nicht mehr als ein Pflegling
Unterkunft finden. Jedes derartige Zimmer muss
mit einemmit tadellosem Bettzeuge ausgestatteten
Bette für den Pflegling und mit einem Bette
In der Nähe
des Bettes des Pfleglings muss ein leicht er-
für das Kind eingerichtet sein.
reichbarer Taster zu einem in der Wohnung
der Hebamme befindlichen elektrischen Läute-
werk angebracht werden.
3. Die Zimmer für die Unterbringung der
Schwangeren müssen von der übrigen Wohnung
der Hebamme getrennt sein.
4. In diese Privatentbindungsanstalt dürfen
ausser Schwangeren und Wöchnerinnen keine
anderweitigen Kranken aufgenommen werden.
5. Die Concessionswerberin hat sich zu
verpflichten, keine Aftermiether oder Kostkinder
zu beherbergen.
6. Die Concessionswerberin muss die für
den Pflegling und den Neugeborenen nothwendige
Wäsche, die Pflege der
Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen
ferner übrigen zur
nothwendigen Utensilien und Desinfectionsmittel
bevorräthigen. Insbesondere muss eine Bade-
wanne für die Mutter und eine solche für das
Kind in Bereitschaft gehalten werden.
7. Die Concessionswerberin ist verpflichtet,
iiber die in ihrer Privatentbindungsanstalt Auf- ,
genommenen ein besonderes Aufnahmsprotokoll
zu führen.
Das alle obigen Punkte beleuchtende
Commissionsprotokoll ist dem Concessions-
gesuche unter gleichzeitiger Antragsstellung der
gesuche stets anzuschliessenden Situationsplanes, | k. k. Landesregierung zur competenten Amts-
*) Vergl. Jahrg. 1897 d. Bl., S. 260.
handlung vorzulegen.
eae “GO „ze
Vermischte Nachrichten.
Congress zur Bekämpfung der Tuberculose. In den Tagen vom 24.—27. Mai d. J.
findet in Berlin (im Reichstagsgebäude) ein Congress zur Bekämpfung der Tuberculose als
Volkskrankheit statt. Ä
Die Aufgabe des Congresses soll es sein, die Tubereulose als Volkskrankheit, ihre
Gefabren und die Mittel, sie zu bekämpfen, den weitesten Kreisen vor Augen zu führen.
Demnach sollen die wissenschaftlichen Grundlagen unserer Kenntnisse von dem Wesen der
Krankheit und ihrer Verbreitung, sowie die Mittel und Wege, welche uns zur Zeit für ihre
wirksame Verbütung and Behandlung zu Gebote stehen, insbesondere die Bedeutung besonderer
Heilstätten dargelegt und einer freien Discussion unterbreitet werden.
Es wird hiebei wesentlich darauf ankommen, in möglichster Kürze und Präcision dasjenige
vorzuführen, was gegenwärtig in Theorie und Praxis als feststehend anzusehen ist, oder, wenn
dies noeh nicht der Fall ist, wenigstens durch die Discussion soweit gefördert werden dürfte,
dass eine practische Entscheidung gewonnen werden kann. Es ist jedoch selbstverständlich, dass
eine solche Entscheidung sich aus dem Verlauf der Discussion ergeben, nicht aber durch
Abstimmung herbeigeführt werden soll. Fragen, welche für die Zwecke der Schwindsuchts-
bekimpfong nicht direct von Einfluss sind, dürfen gestreift, doch nicht ausführlich behandelt
und discutirt werden. Nur durch eine solche Beschränkung wird es möglich sein, die Aufgabe
des Congresses in fruchtbarer Weise zu lösen.
Um diesen Aufgaben zu entsprechen, hat das Organisations-Comité den ganzen Gegen-
stand in fünf Abtheilungen zerlegt:
1) Ausbreitung, 2. Aetiologie, 3. Prophylaxe, 4. Therapie, 5. Heilstättenwesen,
welche der Reihe nach an den Congresstagen zur Verhandlung gelangen sollen. Die
Vorbereitung dieser Speeialverhandlungen haben die Herren Köhler und Krieger für
Abtheilung 1, R. Koch und B. Fränkel für Abtheilung 2, Gerhardt und Schjerning für
Abtheilung 3, v. Ziemssen und v. Schroetter für Abtheilung 4, Gaebel und Dettweiler
für Abtheilung 5 übernommen. Zunächst werden Referate über jedes Thema gegeben und dann
die Diseussionen angeschlossen werden. Die Referate über die einzelnen Gebiete sollen in dem
schon angeführten Sinne möglichst kurz und präcise gefasst werden. Der Inhalt derselben soll,
in Schlusssätzen zusammengefasst, dem Organisations-Comité, Berlin W., Wilhelm-Platz 2,
vorher zugestellt werden.
Mitglied des Congresses kann jeder werden, der Interesse an der Bekämpfung der
Tuberculose als Volkskrankheit nimmt und eine Mitgliedskarte, Preis 20 Mark, beim Bureau
des Organisations-Comités löst. Baldige Anmeldung ist erwünscht.*)
Die Regierungen der deutschen Bundesstaaten sowie Gemeinden, Facultäten, Aerzte-
kammern, Versicherunganstalten, Heilstättenvereine und sonstige Corporationen, die sich an der
Schwindsuchtsbekämpfung betheiligen, werden von der Abhaltung des Congresses verständigt
und ersucht werden, Delegirte als Mitglieder (Ziffer 5 der Satzung) zu dem Congress zu ent-
senden. Auch wird den Regierungen des Auslandes von dem Stattfinden des Congresses Mit-
theilung gemacht werden. Das Organisations-Comit6 behält sich ausserdem vor, Ehrengäste
einzuladen.
Nähere Auskünfte ertheilt der Generalsecretär des Congresses, Bureau: Berlin W., Wilhelm-
Platz 2.
Wien. Curse für Sanitätsaufseher. 7u den Unterrichtseursen zur Ausbildung von Sanitäts-
aufsebern, über deren Programm im Jahrgange 1897 d. BI. (S. 115) Mittheilung gemacht
wurde, meldeten sich im Jahre 1897 : 26, im Jahre 1898 : 62 Personen verschiedener Berufs-
zweige. Von letzteren wurden 22 theils wegen vorgeschrittenen Alters, theils wegen physischer
Untauglichkeit ausgeschieden und nur 40 zum Unterrichte zugelassen. Die am Schlusse der
Curse anberaumte Prüfung legten 12, beziehungsweise 20 Theilnehmer ab, und zwar 1 mit sehr
gutem, 22 mit gutem und 9 mit ungenügendem Erfolge.
*, Jedes Mitglied ist berechtigt, sich an den Verhandlungen und Abstimmungen zu betheiligen,
sowie Anträge einzubringen, In der Eröffnungssitzung des Congresses wird die Congressleitung endgiltig
von den Mitgliedern gewählt. Die Vorträge und Besprechungen finden in deutscher Sprache statt.
Der Vorsitzende hat das Recht, Ausnahmen zu gestatten, Anträge zu den Verhandlungsgegenständen,
soweit sie sich nicht auf die Geschäftsordnung beziehen, sind bis zum 15. Mai beim Organisations-
Comité anzumelden. Ueber die Zulassung entscheidet das Organisations-Comité. Jedes Mitglied erhält
ein Exemplar der gedruckten Verhandlungen.
— 100 —
Blattern in Galizien und in der Bukowina.
Blattern herrschten in Galizien nach dem Stande am 283. Jänner 1399 in
folgenden politischen Bezirken: Bobrka (2)*), Bochnia (1), Borszezöow (7), Brzezany (1),
Brzozow (1), Buczacz (6), Czortkow (1), Horodenka (5), Husiatyn (5), Jaroslau (1), Kolomea (3),
Kosow (5), Krakau-Umgebung (1), Lancut (5), Nadwörna (1), Podgorze (1), Rohatyn (1),
Rzeszow (11), Strzyzow (1), Tlumacz (2), Zaleszezyki (2) und Zbaraz (5), zusammen in 22 politi-
schen Bezirken und 68 Gemeinden; ferner in den Städten Lemberg und Krakau; — in der
Bukowina nach dem Stande vom 25. Februar 1899 in der Stadt Czernowitz und in den
politischen Bezirken: Radautz (1), Sereth (1) und Wiznitz (5).
Flecktyphuserkrankungen in Böhmen. In der Zeit vom 25. Jänner bis 25. Februar 1899
sind Erkrankungen in folgenden Gemeinden vorgekommen:
Datum der
Politischer Bezirk Gemeinde - ersten Zabil der Darunter Todesfalla
Erkrankungen
Erkrankung
Stadt Prag Prag 3. Februar 1**) 1 (erloschen:
Karolinenthal Chabern 28. Jänner 3 —
i Karolinenthal 28: 5% Lee) 1 (erloschen)
de Kobylis 2. Februar 1 —
Lieben 25. Jänner 14 2
Königgrätz Urbanitz 17. Februar 1 —
Landskron Friedrichswalde 16. = 2 =
a Gutwasser — 3 —
e Landsberg 12. Februar 7 1
E Landskron — 1 —
j Liebenthal 17. Februar 2 —
Leitmeritz Hrdly I; i 7 3 (erloschen)
Leitmeritz 26. Jänner DSP) — (erloschen)
d Theresienstadt 8. Februar 1 1 (erloschen)
Melnik Melnik 2. > 1**) —
Raudnitz Ctinowes 2: a 1 —
a Dolanek 31. Jänner 2 1
s Lečitz 27. 5 3 —
S Raudnitz 5. Februar SCH) — (erloschen)
= Rohatetz 31. Jänner 3 —
Reichenau Petrowitz 5. Februar 4 —
Senftenberg Lukawitz 11. 5 4 1
Senftenberg de & 1 1
9 23 TO 12
In Mähren ist am 4. Februar 1599 ein zugereister Mann wegen Flecktyphus in das
in Trebitsch aufgenommen worden,
allgemeine Krankenhaus
heit erlag.
woselbst derselbe der Krank-
Galizien. Flecktyphuserkrankungen bestanden am 28. Jänner 1899 in den Bezirken:
Bohorodezany (2), Dolina (1), Husiatyn (3), Jaworow (1), Kalusz (1), Kamionka (J), Mosciska (1),
Neumarkt (3), Peezenizyn (1), Rawa (3), Sanok (1), Sniatvn (1), Sokal (1), Stryj (3), Zloczow (1),
Zydaczow (2), zusammenin 16 politischen Bezirken und 26 Gemeinden.
*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezeichnen die Zahl der inficirten Gemeinden.
e) Die mit **) bezeichneten Kranken sind in allgemeinen Krankenanstalten isolirt untergebracht.
***) In Isolirbaracke untergebracht.
Hiezu eine Beilage.
EEE
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfre3 Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern.
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
we
i Rothanthurmetrasase 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung gansjährig í. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 16. März 1899. Nr. 11.
ee u Les neue Eur a us nn au ee Sein A nn
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrather. — Aus dem Jahresberichte des
Chefarstes der k. k. Polizeidirection in Wien für das Jahr 1897. (Schluss.) — Sanitätsgesetze und
Verordnungen. — Mittheilungen über sanitäre Verbältnisse und Verfügungen im Auslande. — Ver-
mischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes am 11. März 1899 gelangten nach-
stehende Referate zur Erledigung.
1. Gutächtliche Aeusserung über die Qualification der Bewerber:
a) um die erledigte Stelle eines Landes-Sanitätsreferenten für Schlesien
(Referent: Obersanitäts- und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kusý Namens des
Specialcomités);
b) um die neusystemisirte Stelle eines Landes-Sanitätsinspectors für
Böhmen (Referent: Obersanitäts- und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kus y);
c) um die erledigte Stelle eines Landesthierarztes für Niederösterreich.
(Referent: O. S. R. Prot. Dr. Polansky und a. o. Mitglied Ministerialrath B. Sperk.)
2. Gutachten über eine Vorstellung des Verbandes der Genossenschafts-
krankencassen in Wien wegen Vertheuerung des Medicamentenbezuges. (Referent:
an und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kusy Namens des pharmaceutischen
mités.)
3. Gutachten über die Zulässigkeit der künstlichen Imprägnirung eines
Mineralwassers mit Kohlensäure und über den Vertrieb solcher Wässer mit
künstlichem Kohlensäurezusatz. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr. E. Ludwig.)
4. Gutachten in Angelegenheit eines Recurses gegen die Genehmigung einer
Betriebsanlage für Honigsiederei, Wachszieherei una Kerzengiesserei.
(Referent: O. S. R. Prof. Dr. Fl. Kratschmer.)
5. Gutachten betreffend den Recurs einer Stadtgemeinde in Böhmen gegen die
einer Domäne bewilligte Spannung eines Teiches. (Referent: O. S. R.
Dr. Johann Dvořák.)
Zum Schlusse der Sitzung referirte Obersanitäts- und Ministerialrath Dr. E. Ritter
v. Kusy über den Stand der Beulenpest in Ostindien, Madagascar und auf der
Insel Mauritius, in Djeddah und Mekka und über die von dem internationalen Sanitäts-
conseil in Constantinopel und Alexandrien getroffenen sanitären Massnahmen anlässlich
der Pilgerfahrten nach Mekka, endlich über den Stand der Flecktyphus-
epidemie in Böhmen und Galizien, der Blatternepidemie in Galizien und in der Bukowina.
11
— 102 —
Aus dem J ahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizei-
direction in Wien fiir das Jahr 1897.
Vom Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witlaéil.
(Schluss.)
VIL Bericht des Chefarztes úber die hygienischen Verhältnisse Wiens im
Allgemeinen.
Mit der Erweiterung des Gemeindegebietes der Reichshauptstadt bis auf den
Kamm des westlichen Gebirges und die Höhe des Wienerberges, an die Schwechat
und das linke Stromufer sind Verhältnisse geschaffen worden, welche eine völlige
Umgestaltung zur Folge haben mussten und der hauptstädtischen Commune Aufgaben
gestellt haben, deren Lösung ein Aufgebot von Einsicht, Schaffenskraft und finan-
zielle Opfern erheischte, das selbst unter den günstigsten politischen Verhältnissen
nicht immer und überall zu beschaffen sein dürfte. Hatten sich auch die grossen
Gemeinden vor dem Linienwalle, welche nunmehr der Grosscommune einverleibt
wurden, in dem Bewusstsein, dass sie nur politisch geschiedene Ableger der städtischen
Bevölkerung seien, in den letzten Decennien redlich bemüht, ihre localen Verhältnisse
nach dem städtischen Muster, insbesondere auch in Bezug auf die öffentliche Ge-
sundheitspflege auszugestalten und hatten die Verwaltungsbehörden sie hierin anregend
und fördernd unterstützt, so fehlten ihnen doch vor allem die grossen Mittel, von
welchen eine derartige Action unbedingt abhängt; auch der Uebergang von der alteu
Ordnung der Dinge in die neue konnte nicht mit einem Schlage erfolgen und so
konnte der Process der Neugestaltung nur allmälig sich entwickeln. Mussten dem-
nach in den früheren chefärztlichen Jahresberichten so manche Desiderien zum Aus-
drucke gelangen, so haben sich doch dieselben mit jedem Jahre vermindert und ist
es heute bereits gestattet, auf eine stattliche Reihe von Erfolgen und Schöpfungen
hinzudeuten, welche die neue Aera in das Leben gerufen hat und auf welche in dem
Folgenden hingewiesen werden soll. Allerdings ist das Werk noch nicht vollendet;
der ersten Stadterweiterung, welche bereits das Bild Wiens total verändert hatte
und der zweiten, welche diese Veränderung im grossen Massstabe fortsetzte, folgen
nunmehr die grossen Verkehrsanlagen, welche ungeahnte neue Verhältnisse schaffen
und das Werk des Monarchen krönen werden.
Für den Verkehr, dessen Erleichterung auch in hygienischer Beziehung nicht
zu unterschätzen ist, weil mit dem Wachsen der Entfernungen das unvermeidliche
Hasten und Sichabhetzen zunimmt, ist durch neue Strassenanlagen, Verbesserung der
bestehenden und Förderung des Transportwesens bereits viel geschehen. Es ist nicht
die Schuld der Stadtverwaltung, wenn der Tramway- und Omnibusverkebr noch
nicht auf der Höhe der berechtigten Anforderungen steht; hier werden die Stadt-
bahnen die ersehnte Abhilfe bringen müssen.
Auch an dem guten Willen, die primitive Art der Strassenreinigung und der
Abfuhr des Kehrichts zeitgemäss zu verbessern, hat es nicht gefehlt, doch ist man
in dem Streben nach dem Allerbesten bisher über Projecte und Studien nicht hinaus-
gekommen.
Ein General-Baulinien- und Stadtregulirungsplan hat zur Zeit der Einbeziehung
der Vororte nicht existirt, wohl aber hatten die meisten grossen Vororte ihren
Regulirungsplan, die Stadt selbst nicht; nunmehr musste von allgemeineren Gesichts-
punkten ausgegangen werden, und so hart der Generalplan heute noch seiner
Vollendung. Es fehlt aber auch ene den grossstädtischen Verhältnissen und den
gesundheitlichen Grundsätzen entsprechende Bauordnung; die Abänderung der be-
stehenden ist um so mchr Bedürfniss geworden, weil die halb ländlichen an der
— 103 —
Peripherie gelegenen Orte jetzt in die Wiener Verwaltung getreten sind, während
sie früher der Bauordnung für die niederösterreichischen Landgemeinden unterworfen
waren. Aber selbst abgesehen davon, ist auch die bestehende Wiener-Bauordnung
in Bezug auf Strassenbreite, Höhe der Häuser im Verhältniss zur Breite der Gassen,
das Ausmass der Höhe, die Belassung unverbauten Grundes, auf Fabriks- und ge-
werbliche Anlagen sehr verbesserungsbedürftig und ist demnach die Beschleunigung
der schon so lange schwebenden Verhandlungen über die Abänderung der Bau-
ordnung ein dringendes Bedürfniss.
Im Zusammenhange damit stehen die meist sehr ungünstigen Wohnungs-
verhältnisse der unteren Volksclassen. Es wurde in den letzten Jahren viel und
schön gebaut, selbst die von der Armuth bewohnten neuen Häuser tragen aussen
einen gewissen Luxus zur Schau, aber die inneren Zustände sind meist trostlos. Der
theure Baugrund bedingt die möglichste Ausnützung; hohe Häuser mit Souterrains,
Halbstöcken, gangseitige Wohnräume ohne genügende Luft- und Lichtzufuhr, Dach-
bodenzimmer und Ueberfüllung aller Wohnräume sind die Folge. Ich will die
Schilderung der traurigen Wirkungen dieser Zustände nicht aus meinen früberen
Berichten widerholen ; wie viel menschliche Arbeitskraft da zu Grunde geht, wie die
Gesundheit schon im zartesten Alter und weiterhin durch alle Altersstufen unter-
graben wird, wie viele Leben durch sie vernichtet werden, wie alle edleren Triebe
im Keime erstickt werden und die Verrohung und Verwahrlosung immer tiefer
greift, die schlechtesten Leidenschaften immer üppiger gedeihen, das braucht nicht
geschildert zu werden; wer offenen Auges um sich schaut, sieht es leider selbst.
Wohl sind Versuche zur Besserung gemacht worden, aber sie stehen in keinem
Verhältnisse zum Umfange und zur Grösse des Uebels. Die Cottage-Anlage im
XVIII. und XIX. Bezirk ist nicht ftir die armen Leute, auch nicht jene des bestan-
denen Wohnungs Reformvereines und ¿ibnlicher Unternehmungen und was weiter
geplant wurde, ist noch nicht viel tiber das Projects-Stadium hinausgediehen. Familien-
häuser im bescheidensten Styl, aber wohnlich, luftig und licht, deren Räume auch
dem armen Arbeiter ein liebes Heim bieten, an Stelle der Miethkasernen mit ihren
Wucherzinsen, aus denen er flieht, um sich im Wirthshause oder in der Schnaps-
bude zu erholen und dem Dämon Alkohol zu verfallen, solche Cottage-Anlagen thun
noth; sie zu schaffen in jenem ausgedehnten Masse, in welchem sie die grosse Masse
des armen Volkes und der sogenannten Unbemittelten braucht, und für welches die
weiten Flächen unverbauten Grundes der Riesenstadt noch Raum im Uebermasse
bieten: das wire ein Werk der Humanitit, ein Denkmal des Jahrhunderts an seinem
Schlusse, zu dessen Schöpfung sich die edelsten Geister vereinigen sollen. Vom
Staate kann da die Initiative nicht erwartet werden, er thut vorerst sein Möglichstes,
indem er Steuerbefreiungen für Neubauten, zumal solche mit kleinen Wohnungen
gewährt; doch die Speculation hat sich bald zur Ausnützung dieser Vortheile ein-
gefunden und der Arme wohnt auch in diesen Neubauten theuer und schlecht; die
Gemeinde, welche dazu am meisten berufen wäre, hat heute andere Sorgen und so
beruht alle Hoffnung nur auf dem Zusammenwirken privaten Unternehmungsgeistes
mit der menschenfreundlichen Absicht, zum Wohle der Tausende, welche nicht mit
Gütern gesegnet sind, sich mit einer bescheidenen Verzinsung des ausgelegten
Capitals zu begnügen.
Ob sich genug solche Menschenfreunde in der durch ihre Wohlthätigkeit be-
rühmten Kaiserstadt finden werden? An Mustern solcher Bauanlagen fehlt es nicht;
manche Städte des Auslandes und auch Grossindustrielle nicht fern von der Haupt-
stadt haben sie geliefert.
Für die bemittelten Classen ist, was Bequemlichkeit und gesunde Verhältnisse
der Wohnungen betrifft, in ausgiebiger Weise durch Neu- und Umbauten gesorgt
worden, wobei allerdings viel Gartengrund verschwunden ist und von der zulässigen
Maximalhóhe per 26 Meter nur selten herabgegangen wird, zum nicht geringer
11*
— 104 —
Schaden fiir die Brustorgane, wenn kein Aufzug zu Gebote steht. Man muss tibrigens
anerkennen, dass abgesehen von dieser Schuld, welche zunächst die Bauherrn trifft,
wie nicht minder jener des zu frühen Beziehens noch nicht genug augetrockneter
Wohnungen, unsere Architekten und Baumeister in letzter Zeit viel hygienisches
Wissen in sich aufgenommen haben und practisch verwerthen.
Die Strassenerweiterungen und Durchbrüche haben bei der sehr lebhaften Bau-
thätigkeit der letzten Jahre ungemein gewonnen und nicht nur einzelnen Strassen
sondern ganzen Bezirkstheilen ein total verändertes Aussehen gegeben, dabei den
Verkehr und die hygienischen Verhältnisse mächtig gefördert.
Grossartig sind die in der Ausführung begriffenen Regulirungs- und Verkehrs-
anlagen. Bei Tullnerbach baut die Societé des eaux de Vienne das Wolfsgraben-
Reservoir der Wienthal-Wasserleitung, welches bei den Hochwässern der letzten
Julitage die unterhalb gelegenen Anwohner in Angst versetzte, glücklicherweise ohne
dass der gefürchtete Dammbruch erfolgte; bei Purkersdorf beginnt bereits die Regu-
lirung des Wienflusses, welche in Verbindung mit dem Baue der Wienthalbahn sich
bis gegen die Einmündung in den Donaucanal hinabzieht. Beide diese Gerinne werden
durch grosse Sammelcanäle längs ihrer beiden Ufer von den Unrathabfltissen ent-
lastet, welche nur mehr bei grossen Hochwässern in sie überfallen. Die Stadtbahnen
sind, soweit es nicht die später in Angriff zu nehmenden Linien betrifft, in vollem
Bau begriffen; die Vororte- und Gürtelbahn sehen bereits der Eröffnung entgegen;
dabei soll das Tramwaynetz weiter entwickelt und der elektrische Betrieb auf den
neuen Linien eingeführt werden.
Indessen hat auch ein anderes grosses Werk, die Umwandlung des Donau-
canales in einen Winterhafen und sein Abschluss gegen den Hauptstrom grosse Fort-
schritte gemacht; der Schutz der Hauptstadt vor Ueberfluthungen scheint jetzt
gesichert; werden einmal die beiderseitigen Sammelcanäle bis unter die Einmündung
des Donaucanals in den Strom ausgeführt sein und wird dafür gesorgt werden, dass
ihre Ueberfälle nur höchst selten in Function treten und die Durchschwemmung bei
niederem Wasserstande vollständig erfolgt, dann wird auch für die Gesundheit der
anliegenden Stadttheile ein schr grosser Fortschritt erzielt sein.
Dass aber nicht nur diese Flussregulirungen, sondern auch die eigentlichen
Verkehrsanlagen für die Gesundheit von grosser Bedeutung sind, zeigt die blosse
Ueberlegung, wie viel Zeit und Kraft durch die Kürzung der Entfernungen und
die Beschleunigung des Transports gewonnen wird und wie grosse Bedeutung bei
dem heutigen Hasten im Erwerbe dieses Ersparniss für alle Jene hat, welche auf
die billigsten Verkehrsbehelfe angewiesen sind.
Neben diesen in die Augen springenden grossartigen Bauten schreiten die
weniger auffälligen und doch hoch bedeutsamen Assanirungsarbeiten, welche die
Drainage des Bodens und die Abfuhr der Abwässer zum Ziele haben, stetig fort.
Es ist in den letzten Jahren durch Neucanalisirung, Umbau und Vergrösserung
alter Canäle und Wasserliiufe, Ucberdeckung zu Unrathsliiufen gewordener natür-
licher Gerinne viel geschehen, manches bleibt noch zu thun und was das Richtigste
wire, die Umwandlung des ganzen heutigen Systems der Canalisation in ein Schwemm-
system mit Pumpanlagen, das ist wohl unmöglich geworden, so lange die Stadtanlage
nicht eine gänzlich veränderte geworden ist. Es gehörte dazu aber auch Ueberfluss
an Wasser, an dem wir heute noch so sehr Mangel leiden.
Wohl hat auch die Wasserbeschaffung durch die Einbeziehung weiterer Hoch-
quellen Fortschritte gemacht, aber schon ein paar Wochen Trockenheit machen die
Zuflüsse spärlicher, schneearme Winter, oder andauernde strenge Kälte eröffnen
sofort die Aussicht auf Wassernoth und so lange man auf das Wassersparen für
den täglichen Hausverbrauch angewiesen ist, kann von einem Schwemmsystem, wie
es die Gesundheitspflege fordert, nicht die Rede sein.
Es ist aber auch das Bedürfniss nach ausreichendem Zuflusse von Trinkwasser
noch immer ein dringendes. Bei aller Bedachtnahme auf die Forderungen der modernen
Hygiene wird doch, um der Wassernoth abzuhelfen, schliesslich nichts übrig bleiben,
als unter das Mass derselben herabzugehen, wenn auch nicht bis zu einem Punkte,
wo die öffentliche Gesundheit Gefahr lauft. Wenn man wirklich die riesigen Kosten
einer neuen Hochquellenleitung aus dem Gebirge südwärts des Semmering und so
weit noch Quellen verfügbar sind, im nördlichen Semmering- und Wechselgebiete
nicht scheut, so bleibt es doch zweifelhaft, ob auch damit das nothwendige Ausmass
unter allen Umständen erreicht wird. Indess wird gewiss mit Berechtigung auf das
unterirdische Wasserreservoir des Steinfeldes hingewiesen und die Wienthal-Wasser-
leitung setzt ihre Arbeiten, auf welche sie bereits grosse Summen verwendet hat,
unbeirrt durch die Opposition, welche ihr seit dem Beginne entgegensteht, fort, ohne
dass man heute weiss, ob die gewiss rationelle Verbindung mit der Wienflussregu-
lirang communalerseits zugestanden werden wird; selbst die Verwendung des Donau-
wassers zu Nutzzwecken hatte man bereits für die Vervollständigung der Wasser-
versorgung in Aussicht genommen und es wird diese wahrhaft brennende Frage
endlich doch gelöst werden müssen.
Inzwischen ist ein neues grosses Unternehmen in Angriff genommen worden,
die Gasbeleuchtung in eigener Regie der Commune. Man hat von dem Aufreissen
des Bodens zur Legung der neuen und Entfernung der alten Rohre für die Gesund-
heit der Bevölkerung gefürchtet; doch haben sich wenigstens aus ersterer Arbeit
bisher keine sanitären Nachtheile ergeben, wenn auch bedeutende Verkehrsstörungen
und manche Unfälle. Wie sich die neue Gasbeleuchtung gegenüber der bisherigen
verhalten wird, kann erst die Zukunft lehren. Thatsache ist, dass die gegenwärtige
Strassenbeleuchtung unzureichend und eine Verbesserung nothwendig ist, ob durch
Gas allein, durch Auer'sches Licht, durch Acetylen oder Elektricitát, das ist mehr
eine finanzielle als eine sanitäre Frage, wenn sich auch nicht leugnen lässt, dass bei
der elektrischen Beleuchtung bei grösster Lichtstärke die geringste Gefahr ist, das
milde elektrische Glühlicht dem Auge sympathischer ist als das intensive Bogenlicht
und das durch sein intensives Grünlichweiss reizende Auer- und Acetylenlicht. Man
muss übrigens bedenken, dass wir in der Verwöhnung der Augen von der Talgkerze
und der Studir-Oellampe bis zum elektrischen Sonnenbrenner fortgeschritten sind
und dass es an der Zeit wäre, dieser Verwöhnung Einhalt zu thun.
Die Gesundheitsverhältnisse Wiens sind, Dank der fortgesetzten Assanirung
und fachmännischen Ueberwachung in fortschreitender Verbesserung begriffen, die
Mortalität ist sehr herabgegangen, die Infectionskrankheiten sind auf jenes Mass von
Verbreitung reducirt, welches von einer Grossstadt unzertrennlich ist. Flecktyphus
kommt seit Jahren nicht mehr vor, der Abdominaltyphus kann sich nicht mehr zur
Höhe einer Epidemie erheben, die Blattern sind mit der strengeren Durchführung
der Impfung geschwunden, die Cholera konnte keinen Boden mehr gewinnen, nur
Diphtherie, Scharlach und zeitweise, mit wenigen schweren, aber vielen, sehr leichten
Fällen, die Masern machen sich immer noch bemerkbar. Nicht zum kleinsten Theile
sind diese günstigen Verhältnisse der Entwicklung des städtischen Sanitätsdienstes
unter der Leitung des Stadtphysicates zu danken, und es vollzieht sich die städtische
Sanitätspflege nach den heutigen Anforderungen der Hygiene unter Aufnahme aller
erprobten neuen Errungenschaften auf diesem Gebiete.
Die Trennung des polizeiärztlichen vom communalen Sanitätsdienste, welche
erst mit Beginn des Jahres 1893 erfolgt ist, war für beide Dienstzweige vom besten
Erfolge, abgesehen davon, dass ihre Verquickung einer Zeit angehörte, wo die Be-
griffe der autonomen und der staatlichen Verwaltung und sohin auch die Grenzen
beider noch nicht zum Bewusstsein gelangt waren. Indem die locale Sanitätsptlege
die Behandlung der kranken Armen, und die Impfung ganz an die städtischen
Aerzte übergingen, wurden die Polizeiärzte durch die Entlastung von diesen Ob-
— 106 —
liegenheiten in die Lage versetzt, sich ganz ihrem eigentlichen Dienste zu widmen,
während die städtischen Sanitätsorgane den bisher theilweise versehenen Dienst nun-
mehr voll übernahmen, der Physikatsdienst in Uebereinstimmung mit der politischen
Verwaltung decentralisirt werden konnte und mit den höheren Anforderungen an die
städtischen Aerzte auch eine höhere Berechtigung in der Rangstellung und im Ge-
halte für sie erwuchs. Wohl ist die Ausgestaltung des städtischen Sanitätsorganismus
insoferne nicht vollständig, als sie theilweise noch einen provisorischen Charakter
trägt, auch hat man sich nicht entschliessen können, die Leitung aus der Hand
eines Magistratsbeamten in die des Stadtphysicus zu legen, analog den Sanitäts-
departements der Länderstellen und des Ministeriums des Innern; es steht aber zu
erwarten, dass mit der Consolidirung des Geschaffenen und den sich herausstellenden
Bedürfnissen der Sanitätsorganismus Wiens allmälig zu jener Höhe der Stellung
gelangen wird, welcher einer Reichshaupt- und Grossstadt zukommt. Damit wird so
manches seine Vervollständigung und seinen Abschluss finden, was heute noch
Mängel aufweist, wie ein wohlorganisirtes Rettungswesen, der Kranken- und Leichen-
transport, die Armenpflege, das heute noch ganz der Staatsverwaltung aufgebürdete
Spitalwesen, und auch so manche dringende sanitäre Massregel, wie die Reform der
Strassenreinigung und der Entfernung der Abfallstoffe, die Beseitigung der Uebel-
stände im Bauwesen, die Bekämpfung der Alkoholpest, die Aufdeckung des socialen
Elends als der Quelle von Siechthum und frühzeitigen Tod und das ernste Suchen
nach den Mitteln zur Rettung der Gesellschaft, nicht bloss von den sie bedrohenden
Krankheitskeimen, sondern auch von dem Elende, welches sie dem Verderben wider-
standslos tiberliefert.
Indem wir diesen hohen Zielen zustreben, schliessen wir die fiinfzig Jahre des
Werdens und Schaffens unter der Regierung Sr. Majestiit, welcher Wien so unendlich
viel verdankt, würdig ab und hoffen, dass das herannahende Jahrhundert segenvoll
ernte, was das scheidende gesäet hat.
Sanitätsgessetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern | aber von jedem derartigen Berichte ein Exemplar
vom 4. März 1899, Z. ad 1492 M. J. | an die Bibliothek des arbeitsstatistischen Amtes
im k. k. Handelsministerium einzusenden.
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Einsendung derSanitätsjahres- | S
berichte an die Bibliothek des arbeits. `
E EE Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
Das k. k. Handelsministerium hat mit Note | vom 25. Februar 1899, 2. 5446,
vom 15. Februar d. J., Z. 8989, den Wunsch an alle politischen Landesbehörden,
bekannt gegeben, dass der Bibliothek des neu
betreffend das Preisverzeichniss nicht-
errichteten arbeitsstatistischen Amtes auch die officineller Arzneimittel,
von den EE beziehungsweise Dis: Dira. das üstegreichischen
von den politischen Landesbehörden veröffent- | Apotheker-Vereines in Wien hat für das
lichten Sanitätsjahresberichte zugehen. | Jahr 1899 eine neue Ausgabe der Recepturtaxe
Die k. k...... wird daher eingeladen, | für nichtoffieinelle Arzneimittel verfasst, welche
durch Einführung der Maximaldosen und der
Standortebestimmung eine wesentliche Ver-
von den bisher veröffentlichten Berichten, so
weit Exemplare noch zur Verfügung stehen,
je ein Exemplar jedes Jahrganges, in Zukunft | besserung erfahren hat.
Wen. q rá
a aos <a hh,
bam de We —
Mit Beziehung auf den h. a. Erlass vom
29. März 1898, Z. 9152,*) wird derk.k......
anverwahrt ein Exemplar dieser Taxe zum Amts-
gebrauche mit der Einladung übermittelt,
sämmtliche Apotheker des unterstehenden Ver-
waltungsgebietes auf das Erscheinen dieser
neuen und verbesserten Ausgabe der Receptur-
taxe nichtoffieineller Arzneimittel aufmerksam
machen zu lassen.
107
Innern gelangten Mittheilung zu Folge herrschen
in Griechenland an verschiedenen Orten Blattern
und hat sich deshalb kgl. italienische Ministerium
des Innern veranlasst gesehen, mit See-Sanitäts-
verordnung vom 4. Jänner d. J. Nr. 1, die
Einfuhr von getragenen Kleidern, Bettzeug
und Hadern aus Griechenland zu verbieten.
Obige Behörden werden hievon zu Folge
Erlasses des Ministeriums des Innern vom
2 23. Februar ]. J., Z. 6002, mit dem Auftrage
E in die Kenntniss gesetzt, zu verfiigen, dass dem
Erlass der k. k. Statthalterei im Küsten- i
S Gesundheitszustande von Personen, welche aus
lande vom 2. März 1899, Z. 4586, Griechenland zureisen, besondere Aufmerksam-
an die unterstehenden politischen Behörden,
keit zugewendet und im Falle, als Blattern-
erkrankungen eingeschleppt sollten,
sofort im Sinne der Weisungen des h. o. Er-
lasses vom 8. Februar |. J., Z. 3094, vor-
gegangen werde.
betreffend Vorkehrungen gegen Einschlep-
pung der Blattera aus Griechenland.
werden
Einer im Wege des k. u. k. Ministeriums
des Aeussern an das k. k. Ministerium des
D Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 140.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest. Britisch-Ostindien. In Bombay ist die Zahl der Erkrankungen an
Pest bis zur Mitte des Monates November v. J. allmälig gesunken und hatte in der zweiten
Hälfte November den tiefsten Stand erreicht. Von der ersten Decemberwoche an trat eine
grössere Erkrankungshäufigkeit ein und auch die Sterblichkeit wurde eine höhere, steigt
seither continuirlich an. In den seit 6. December v. J. aufeinanderfolgenden Wochen wurden
verzeichnet Erkrankungs-(Todes-)-fälle an Pest: 126 (95), 128 (115), 130 (113), 177 (155),
221 (208), 327 (299), 508 (425), 655 (530), 716 (591), 829 (683), 836 (776).
Pest trat ferner in den Centralprovinzen, in Poona, Madras und Calcutta auf und breitet
sich die Epidemie in Kurachee stärker aus. Laut Beschluss des Sanitätsconseils in Alexandrien
vom 18. Februar d. J. finden auf Provenienzen aus Calcutta die Bestimmungen des Pest-
reglements Anwendung.
In Formosa war die Pestepidemie im November erloschen und wurde von der japanischen
Regierung die gegen dortige Provenienzen angeordnete ärztliche Untersuchung und Revision
ausser Kraft gesetzt. Im December brach die Seuche neuerdings aus und wurden im Monat
Jänner Erkraukungen in grösserer Zahl gemeldet.
Arabien. Ende Februar wurden in Djeddah 3 Pestfälle constatirt, in der ersten Woche
des Monates März ein solcher Fall auch in Mekka. Der Sanitätsconseil in Tanger verfügte, dass
Schiffe mit aus Mekka zurückkehrenden Pilgern in Marokko nicht zugelassen werden.
Die Pest in Anzob ist erloschen.
Afrika. Am 26. November v. J. ereignete sich in Tamatave auf Madagascar der erste
Pestfall. Bis 19. December zählte man 139 Erkrankungen, 93 Todesfälle, in den darauf bis
l. Februar d. J. folgenden Wochen: 65 (39), 35 (26), 39 (28), 7 (8), 2 (1); seit 9. Februar
sind weitere Fälle nicht mehr vorgekommen. Die friinzósische Regierung hatte die strengsten
Massnahmen zur Hintanhaltung einer Weiterverbreitung der Krankheit angeordnet, das Seuchen-
gebiet wurde isolirt, die Desinfection aller verdichtigen Gegenstände, Verbrennung vieler
Objecte veranlasst. Die Epidemie blieb localisirt.
Die Regierungen in Zanzibar und Mozambique unterwerfen Provenienzen aus Madagascar
einer Quarantaine, in Italien unterliegen diese Provenienzen den im Sinne der Venediger
Internationaler Sanitétsconferenz von 1897 erlassenen Seesanitätsverordnungen vom 8. Mai und
Yom 15. Jali 1897.
Auf der Insel Mauritius kam am 25. Jänner d. J. eine tödtlich verlaufene Pest-
erkrankung vor, welcher am 7. Februar eine zweite folgte. Ausserdem wird von pestverdächtigen
— 18 —
Erkrankungen berichtet. Der internationale Sanitätsconseil in Egypten setzte daher gegen
Provenienzen von dieser Insel das Pestreglement in Kraft.
Pestfälle auf Schiffen. Der englische Dampfer „Caledonia“ hatte in Bombay
unmittelbar vor seiner Abfahrt einen dortselbst aufgenommenen erkrankten Matrosen ausgeschiftt,
bei welchem nachträglich die Pesterkrankung bestimmt festgestellt wurde. Bei der am 27. November
erfolgten Ankunft in Suez wurden zwei pestverdächtige Fälle constatirt, das Schiff zu den Moses-
quellen in Quarantaine dirigirt. Die Erkrankten sind genesen, weitere Fälle nicht aufgetreten.
Auf dem englischen Dampfer „Golconda“, welcher am .19. November v. J, Calcutta
verlassen und am 17. December Marseille angelaufen hatte, erkrankte alsbald darauf ein in
Calcutta eingeschiffter Cajütenpsssagier unter pestverdächtigen Erscheinungen und wurde an
Bord isolirt. Derselbe genas. Die bacteriologische Untersuchung konnte das Vorhandensein von
Pest nicht feststellen. Gleichwohl wurde das Schiff in Plymouth nach den Vorschriften der
Venediger internationalen Sanitätsconvention bebandelt.
Auf dem Frachtdampfer „Bhundara“, welcher aus Kurachee kam, traten während der
Fahrt nach Mambassa (Zanzibar) sechs Pestfälle auf. Das Schiff begab sich, da es in Mambassa
nicht zugelassen wurde, nach Zanzibar, wo es frisches Wasser erhielt, entfernt von einer Insel
ankern musste und dann in den Auslaufbafen zurückdirigirt wurde.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
im Sinne der Erlässe des Ministeriums des Innern vom 2. Februar 1899, Z. 2753 (Oester-
reichisches Sanitätswesen S. 62) und vom 16. Februar 1899, Z. 5708 (Oesterreichisches
Sanitätswesen S. 93) an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 26. Februar bis
4. März 1899.
polit. Bezirk Gemeinde GE E polit. Bezirk Gemeinde S EE
Niederösterreich. Nadworna Przeerosl 8
Baden Baden . ..... 4 j Tarnawica . 1
SE wi E i
o de “Wa n
Münchengrätz Klein-Weissl . . . . 1 Stanislau Paneles 1
Galizien. S Stanislau 5
Brzożow Lubna 3 Stryj Dzieduszyce 5
e Starawies 2 S Uhelna . 4
Buczacz Barysz 1 Zbaraz Hrycowce 1
a Zurawince . 2 S Kapuscince . 5
K Zyznomierz . 2 $ Kretowce 2
Chrzanow Ostreznica . 3 a Kujdance 2
Gorlice Malaslow 2 E Malachowka 1
Kolbuezowa Wulka . 5*) i Sieniachowka . 6
Kolomea Balince . 1 is Stryjowka . 2
e Gwozdziec . 6 S Tarasowka . 4
5 Kulaczkowce 2 d Walachowka 1
a Rohynia 20 S Zbaraz 12
5 Trofanowka 2 ,
i Zahajpol. 7 Bukowina.
Nadworna Lojowa . 1 | Radautz Szipot së e, 32
ks Majdan gorny. 4 Sereth Wolezynetz. . . . . 10
> Mikuliezyn 4%) | Wiznitz Ispas. . . . . 4
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 26. Februar bis
4. März 1898:
Böhmen. Raudnitz Dolanek . .... 1
Karolinenthal Chabern Sr E | = Raudnitz . . . . . 1
Melnik Mlasitz . . . © e œw L i 5 Rohatetz . . . .. 4
*) Die mit *) bezeichneten Fälle beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachträglich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das Österreichische Sanitátswesen,
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitaéts-Buchhandler in Wien
ie Rothenthurmeetrasae 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig f. 6.—.
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ZI. Jahrgang. _ Wien, 23. März 1899. Nr. 12.
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Inhalt. Verbandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Hygienische Anforderurgen an
Erziehungsinstitute. — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass der Statthalterei im Küstenlande,
betreffend die amtsärztliche Begutachtung von Wäasserversorgungsprojecten; Erlässe der Statthalterei
in Böhmen, betreffend die Verantwortlichkeit der Apotheker für richtige Angabe der Maximaldosen auf
den Standgefässen und betreffend die bei Leichenüberführungen nach Prag erforderlichen Verständigungen;
Erlass der mährischen Statthalterei, betreffend die ärztliche Untersuchung der Schüblinge vor ilırer
Abtransportirung. — Aus den Verbandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe. — Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes am 18. März 1899 berichtete Ober-
sanitäts- und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kusy nach Mittheilung der ein-
gelaufenen Geschäftstücke durch den Vorsitzenden Obersanitätsrath Hofrath Professor
Dr. A. Ritter v. Vogl über den Verlauf der Flecktyphus-Epidemie in Böhmen,
welche in rascher Abnahme begriffen ist.
Hierauf gelangten nachstehende Referate zur Verhandlung:
1. Gutächtliche Aeusserung über die Qualification der Bewerber um die neu-
systemisirte Stelle eines Chefarztes bei der k. k. Polizei-Direction in
Prag. (Referent: Obersanitäts- und Ministerialrath Dr. E. Ritter v. Kusy);
2. Bericht über eine commissionelle Verhandlung, betreffend die Ver-
besserung der Filteranlage der Wienthalwasserleitung. (Referent:
O. 8. R. Prof. Dr. Max Gruber.)
3. Gutachten über eine Abänderung desLehrplanes an den Lehrer-
bildungsanstalten in Bezug auf den Unterricht in der Somatologie und Hygiene.
(Referent: O. S, R. Prof. Dr. Max Gruber.)
4. Initiativantrag des O. S. R. Dr. Johann Dvorak, betreffend sanitäts-
polizeiliche Massnahmen im Betriebe der Natural-Verpflegs-
stationen in Epidemiegebieten behufs Verhütung der Verschleppung von Infections-
krankheiten.
1?
— 110 —
Hygienische Anforderungen an Erziehungsanstalten.
Von Dr. Egbert Kleinsasser, k. k. Landes-Sanitätsinspector.
In den letzten Jahren wurden mehrfache Klagen laut über auch in sanitärer
Hinsicht belangreiche Missstände in Erziehungsanstalten, Knabenseminarien, Convicten,
Pensionaten und Studentenquartieren.
Diese Klagen sind der Aufmerksamkeit der Sanitäts- und Unterrichtsbehörden
nicht entgangen und haben im Nachhange zu den auf körperliche Ausbildung der
Schüler und auf Schulgesundheitspflege hinzielenden Erlässen des k. k. Unter-
richtsministeriums vom 15. September 1890, Z. 19097 und vom 12. März 1895,
Z. 27638 noch den Erlass vom 17. December 1897, Z. 26715,*) zur Folge gehabt,
welcher den Schutz der Gesundheit der in solchen Anstalten untergebrachten Kinder
betrifft.
Nachdem der grösste Theil dieser Massnahmen darauf ausgeht, die durch
das Zusammenleben der Jugend in derlei Anstalten nach verschiedenen Rich-
tungen in weitaus höherem Masse als in der Familie bedrohte Gesundheit derselben
einem besonderen Schutze zu überweisen, ein solcher Schutz jedoch nur unter Mit-
wirkung der Aerzte und besonders der Amtsärzte erfolgen kann, halte ich es für
nicht unzeitgemäss, nachfolgend die Grundsätze zu besprechen, welche in hygieni-
scher Hinsicht bei der Errichtung solcher Anstalten als unerlässlich zu fordern
wären, beziehungsweise welche bei bereits bestehenden Anstalten als eine sanitäts-
polizeiliche conditio sine qua non ihres Fortbestandes aus öffentlichen Rücksichten
nachträglich anzusprechen wären.
Eine der Cardinalforderungen, die vom sanitären Gesichtspunkte an derlei Ar-
stalten zu stellen wären, ist vor Allem wohl die, dass sich solche Anstalten nur in
gesunden Gegenden befinden sollen.
Solche Anstalten sollen demnach thunlichst auf dem Lande oder in Städten kleineren,
höchstens mittleren Umfanges, fernab von Grossstädten zur Errichtung kommen. Bei
der Wahl der Oertlichkeit werden demnach die hygienischen Verhältnisse der ansässigen
Bevölkerung nach Alter und Geschlecht gesondert, die Morbidität und Mortalität an
Infectionskrankheiten des betreffenden Ortes in erster Linie in Erwägung zu ziehen
sein. Orte in waldreicher Gegend, mit reiner, staubfreier Luft, in sonniger, erhöhter
Lage, der Inundation nicht ausgesetzt; Orte mit wenig geräuschvollem Treiben, mit
nicht allzu regem Verkehr, werden bei der Wahl für die Errichtung von! derlei
Anstalten gegenüber Orten in Niederungen, in der Nähe von Industrien, Bergwerken,
wo die Gelegenheit zu Infectionen, zu Unglücksfällen eine häufigere ist, vorzu-
ziehen sein.
Die Möglichkeit der Verunreinigung von Luft und Boden soll in solchen Orten
thunlichst ausgeschlossen sein. Orte mit offener Verbauung sollen solchen mit
geschlossener Verbauung unter Umständen vorgezogen werden, Orte mit Wohn-
gebäuden in verborgener, der Besonnung nicht ausgesetzter Lage sind zu vermeiden;
Orte, die keine zweckmässige Canalisirung, keine geregelte Mehrungsabfuhr besitzen,
Orte mit einer schlechten Trink- und Nutzwasserversorgung, oder solche, in denen
die allgemeine Wohnungshygiene keine oder nicht die gebürende Beachtung findet,
die allgemeine Ortsreinlichkeit vernachlässigt wird, sind bei der Wahl der Oertlichkeit
für solche Anstalten als ungeeignet zu bezeichnen.
*) Siehe Jahrg. 1890 d. Bl, S. 6u1, Jahrg. 1895 S. 180 und Jahrg. 1898, S. 35.
— 11 —
Ist nun die Oertlichkeit für die Errichtung einer solchen Anstalt als sanitär
geeignet erkannt, so obliegt es dem in solchen Fällen intervenirenden Arzte, bei der
Wahl der Baustelle und bei der Bestiminung der Bauart der Anstalt seinen Einfluss
mit aller Energie dahin auszuüben, dass das Bauterrain ein vollkommen gesundes
sei, dass der Bau nach den Grundsätzen der Bauhygiene ausgeführt werde, und sind
die in dem Erlasse des Ministeriums für Cultus. und Unterricht vom 9. Juni 1873,
Z. 4816, hinsichtlich der Wahl des Bauplatzes und der Bauausführung im Allgemeinen
für Schulhausbauten angeführten Grundsätze auch bei derlei Angelegenheiten in
analoger Weise zu verwerthen.*)
Was nun die weitere Ausgestaltung solcher Baulichkeiten, speciell die Eintheilung
sowie Anordnung der Räume etc. anbelangt, so wird man in dieser Hinsicht die
sicherlich berechtigte Anforderung stellen müssen, dass jedes derartige Institut, ab-
gesehen von allen dem etwaigen Unterricht gewidmeten Übicationen, für Wohnzwecke
allein zu enthalten haben wird: Tagesaufenthalts-, Schlaf-, Speise- und Neben-
räume.
Hinsichtlich der Tagesaufenthaltsräume, welche zugleich Arbeits- (Studir-)
räume sein können, ist die Forderung zu stellen, dass dieselben wegen ordentlicher
Belichtung und Besonnung nach Süden, Südwest und Südost situirt sein sollen. Hin-
sichtlich der Grösse dieser Räume ist zu verlangen, dass diese mit der Zahl der
Insassen im richtigen Verhältniss stehen soll, wobei die für einen Insassen zu
begehrende Bodenfläche je nach dem Alter des Zóglings mit mindestens 5—7 Qm.,
der Luftcubus aber mit 12, 15, 18 Cbm. zu berechnen sein wird,
Nachdem die heranwachsende Jugend gegen unreine Luft besonders empfindlich
ist, und bei Mangel an solcher gleich Schaden an der Gesundheit erfährt, kann die
Forderung nach fleissiger Lufterneuerung in solchen Tagesaufenthaltsräumen nicht
decidirt genug aufgestellt werden und hat diese am vortheilhaftesten in der Weise
zu geschehen, dass Thüren und Fenster zu allen Zeiten, wenn sich die Insassen
einer solchen Anstalt nicht in diesen Räumen aufhalten, geöffnet bleiben, während
in der übrigen Zeit die beständige Lufterneuerung durch zweckmässige Venti-
lationseinrichtungen bewirkt werden soll (vide Schulhygiene, vorne citirter Ministerial-
Erlass).
Die Ventilation kann in der Heizperiode in sehr zweckmässiger Weise mit den
Heizanlagen verbunden sein.
Die Heizung soll den Zimmern eine ausreichende gleichmässige Wärme liefern
obne die Luft zu verschlechtern.
Kleinere Erziehungsanstalten mit geringer Zahl von Wohnräumen werden mit
der Localheizung das Auslangen finden, für grössere Institute wird die Centralheizung
anzuwenden sein.
Zur Localheizung werden Kachel- und Mantelöfen mit Kachelbekleidung, für
Ventilation eingerichtet, von innen heizbar, mit absperrbaren Heizthüren, ausreichen,
während gusseiserne Oefen alter Construction keine Verwendung finden dürfen.
Von den Centralbeizungen können die Luft-, die Warm- und Heisswasser-, und
namentlich die Warmwasser-, Niederdruck-Heizung in Frage kommen, Die letztere
ist nach den bisherigen Erfahrungen die leistungsfähigste.
Die wünschenswerthe Temperatur für Wohnräume liegt zwischen 16 bis
19 Grad C.
*, Diese Verordnung hat der Oberste Sanitätsrath im Jahre 1888 gelegentlich der Berathung
eines derartigen Entwurfes für die Bukowina als den auf dem Gebiete der Schulbygiene eingetretenen
Forschritten nicht mehr entsprechend, somit revisionsbedürftig hingestellt, und wurden die geltend
gemachten Abänderungsanträge dieses Fachratlies in der Verordnung des k. k. Ministeriums fiir Cultus
und Unterricht vom 8. Juni 1890, Z. 9782 (vide Dr. Daimer, Handbuch der österreichischen Sanitäts-
gesetze, II. B1., Seite 593) zum grössten Theil aufgenommen.
12*
— 112 —
Hinsichtlich der Belichtung der Tagesaufenthaltsriume wird man mit den analogen
Anforderungen, welche die Schulhygiene an Lehrzimmer stellt, das Auslangen finden;
zur kiinstlichen Beleuchtung empfiehlt es sich, wo dies möglich ist, zur elektrischen
Glühlichterbeleuchtung zu greifen. Nach dieser ist Gaslicht mit Glühkörpern zunächst
zu empfehlen; allerdings müsste bei dieser Beleuchtung vorgesorgt werden, dass die
Brenngase sofort bei ihrer Entwicklung abgeleitet und jede strahlende Wärme fern-
‚gehalten wird. Iu Ermanglung der Möglichkeit zur Beleuchtung durch elektrisches
oder Gasglühlicht erübrigt nichts als die Oel- und Petroleumbeleuchtung.
Nach den Untersuchungen von Prof. Prausnitz ist die indirecte diffuse Be-
leuchtung mit elektrischem oder Gasglühlicht der directen Beleuchtung unter allen
Verhältnissen vorzuziehen (vide die einschlägige Abhandlung, publicirt im Archiv
für Hygiene, Bd. XXIX, 2. Heft).
Selbstverständlich darf man bei jeder dieser künstlichen Beleuchtungsarten nur
solche Einrichtungen zulassen, die auch allen Rücksichten für die körperliche Sicher-
heit der Anstaltsinsassen Rechnung tragen.
‚Die Lichtmenge für die Arbeitsplätze wird man im Minimum mit sieben Meter-
kerzen festzustellen haben, d. h. man wird verlangen müssen, dass die Arbeitsplätze
derart beleuchtet sind, als wenn auf jeden das Licht von wenigstens sieben in circa
1 Meter Entfernung aufgestellten Normalkerzen ausstrahlen würde. (Als Normalkerze
wird eine Stearinkerze angenommen, von welcher zwölf auf 1 Kgr. gehen.)
Was die weitere Ausgestaltung der Tagesaufenthaltsräume anbelangt, haben
dieselben Arbeitstische zu enthalten, die nach den gleichen Prineipien wie die
Subsellien für Schulzimmer zu construiren sind, was selbstredend auch für Sessel
gilt. In dem Arbeitsraum sind auch die Bücherstellagen, Kleiderrechen und Kästen
für Oberkleider anzubringen. Ist die Schaffung eigener Garderobezimmer erreichbar,
so ist selbstverständlich derselben das Wort zu reden.
Wäschekiästen gehören ins Schlafzimmer. Schmutzige Wäsche aber ist nach dem
jeweiligen Wechsel allsogleich aus den Wohnräumen abzutragen, d.h. wegzuschaffen.
Ein ganz besonderes Augenmerk ist den Schlafräumen zuzuwenden.
Dieselben sind stets in einem Obergeschoss des betreffenden Gebäudes, niemals
im Souterrain oder Dachraume unterzubringen, auch empfiehlt es sich, dieselben von
den Tagräumen vollends abzuschliessen.
Schlafzimmer dürfen nie nach Norden gelegen sein; auch ist es wünschens-
werth, denselben eine solche Lage zu geben, dass sic auf zwei gegenüber liegenden
Seiten Fenster erhalten können, "wobei jedoch strenge zu vermeiden sein wird, dass
die Schlafstellen der Zugluft ausgesetzt wären. In Betreff der Lüftung der Schlaf:
räume gelten dieselben Grundsätze, wie für die Tagesräume. Der auf jeden Zögliog
entfallende Luftraum darf im Schlafzimmer zum Mindesten nicht geringer sein, als
im Tagraume. Er hat somit bei einer Mindestbodenfläche von 6 Qm. je nach "dem
Alter der Zöglinge 12, 15, 18, 20 Cbm. zu betragen.
Für jeden Zögling ist ein eigenes Bett beizustellen. Etagebetten sind zu ver-
bieten; zwischen je zwei Betten, beziehungsweise zwei Bettreihen hat ein Abstand
von mindestens 1'5—2'0 Meter frei zu bleiben.
Die Schlafzimmer sind des Nachts beleuchtet zu halten. Oellicht in Hängelampen
mit mattem Glas, Gasflammen oberhalb der Eingangsthüre, hinter einem Glasfenster,
elektrisches Glühlicht mit durchscheinenden Schirmen bedeckt, sind die gebräuch-
lichsten Beleuchtungsarten für diese Zwecke. Die Anbringung des Nachtlichtes ober
der Eingangsthüre ist besonders empfehlenswerth, weil dadurch auch der Corridor
beleuchtet, und bei Gas-, Oel- oder Petroleumbeleuchtung die Erfüllung des Schlaf-
zimmers mit Verbrennungsgasen verhindert wird.
Alle Schlafzimmer müssen gut ventilirt und heizbar sein. Bei Localheizung ist
die Anbringung von sogenannten Ofenklappen strengstens zu verbieten.
— 13 —
Das in einigen Convicten und Seminarien eingeführte Schlafen der Zöglinge in
ungeheizten Zimmern, bei offenen Fenstern, ist eine bei jugendlichen Individuen im
Alter von 10—14 Jahren nicht zu billigende Einrichtung, gegen die sich vielleicht nur
in südlichen Klimaten nichts einwenden liesse. Bei dem Klima in den Alpenländern,
in den Sudettenländern, in Galizien und der Bukowina bringt dieselbe im Winter
bei intensiver Kälte oder bei feuchter Luft leicht direete Gesundheitsgefahren
mit sich. |
Die Benützung von Nachttöpfen in den Schlafzimmern gegenständlicher Anstalten
ist aus Sittlichkeits- und Reinlichkeitsgrtinden zu vermeiden, allerdings setzt aber
diese Anforderung voraus, dass die Abortanlagen nicht zu weit von den Schlaf-
zimmern entfernt, somit leicht zugänglich sind, dass sie des Nachts entsprechend
beleuchtet sind und eine den hygienischen Anforderungen entsprechende Ausgestaltung
haben, d. b. mit Vorräumen, Wasserbespülung, Geruchsverschlüssen, guter Ventilation etc.
versehen sind. Auch ist es nothwendig, dass die Abortriume, wenn nicht gerade
beheizt, so doch so weit vorgewärmt sind, dass die Institutsinsassen bei der nächt-
lehen Benützung dieser Anstandsorte sich nicht erkälten können.
Was nun die Betten anbelangt, ist es ganz natürlich, dass jedes der Grösse
des Zöglings entsprechen muss. Eisenbetten mit Drahteinsätzen, Matratze, Rosshaar-
keilkissen, dem nöthigen Leinenzeug, ein oder zwei Wolldecken, sind die besten und
gesündesten Lagerstätten für die wachsende Jugend.
In den Schlafzimmern ist strenge Zucht und Ordnung zu halten. Dieselben
dürfen nur unmittelbar vor Beginn der durch die Hausordnung festgesetzten Schlaf-
stunde betreten werden und sind die Ueberkleider und Schuhe wohl nie im
Schlafzimmer, sondern stets ausserhalb desselben, auf eigens hiezu bestimmten
Stellen abzulegen, damit durch die Ausdünstung des Schuhwerks und der Kleider
nicht gleich von vorneherein die Luft des Schlafzimmers verunreinigt wird.
Das Speisezimmer soll thunlichst nahe der Küche angebracht sein und hat
die der Zöglingszahl erforderliche Grösse, eine hinreichende Geräumigkeit und Höhe,
sowie Helligkeit und Ventilation zu besitzen.
An Nebenräumen soll jede Anstalt, in der Kinder zusammenleben, vor Allem
separate Waschzimmer enthalten, in denen sich die Zöglinge waschen können.
Diese Räume sollen thunlichst nahe den Schlafzimmern sein und womöglich direct
von diesen und auch von den Tagesräumen zugänglich sein, cementirte Fussböden
und die nothwendigen Waschrequisiten besitzen. Die Rücksicht auf die Rein-
und Trockenhaltung der Schlafzimmer allein erfordert die Errichtung separater
Waschräume. Die Waschvorrichtung, aus wasserdichtem Material, ist am besten in
der Mitte des Zimmers aufgestellt, damit sie von allen Seiten zugänglich ist. Für
jeden Zögling ist eine eigene Waschschüssel, nach Art der Küppschüsseln, anzubringen
und hat das benützte Waschwasser mittelst einer fleissig durchspülten, mit Geruchs-
verschlüssen versehenen Rohrleitung abgeführt zu werden. Ueber jeder Schüssel sollen
sich der Wasserzufluss, ein Handtuch und Schwammbalter, unter ihr ein Fach für
Kämme, Seife, Bürste, ein Wasserglas, die Zahnreinigungsrequisiten etc, befinden. An
den Wänden des Waschzimmers sollen die Spiegel aufgehängt sein, welche den
Zöglingen das Toilettemachen ermöglichen. |
Weitere unentbehrliche Nebenräume, die jedes derartige Erziehungsinstitut in
ener nach Massgabe der Zöglingszahl entsprechenden Menge haben soll, sind die
Baderäume.
Dieselben können neben den Waschräumen, oder was noch besser ist, abgesondert
von denselben, zunächst der Koch- oder Waschküche angebracht sein und haben ausser
aner zweckmässigen salubren Situirung und Zugänglichkeit, eine der Zahl der Zóglinge
angepasste Zahl von Cabinen für Wannenbäder oder gut eingerichtete Brausebäder
zu enthalten.
ez Te
Auf alle Fälle sollte den Zöglingen mindestens wöchentlich einmal ein Fussbad
und alle 14 Tage ein Wannenbad verabfolgt werden.
Sind Brausebäder vorgesehen, so hätte jeder Zögling mindestens wöchentlich einmal
ein Brausenbad zu erhalten.
In Betreff der Küchen (Wasch- und Kochküche sammt Zugehör) ist die For-
derung zu stellen, dass dieselben so zu situiren und auszustatten sind, dass sie in
keiner Weise, weder durch Lärm, noch durch Dünste und Dämpfe, belästigen und
falls halbwegs thunlich von jedem Contact mit den Zöglingen abgeschlossen bleiben.
Eine tadellose Wasserversorgung ist eine für jede Erziehungsanstalt selbst-
verständlich unerlässliche Anforderung.
Hinsichtlich der Aborträume wird auf das bereits Gesagte verwiesen. Im
Allgemeinen wird man gut thun, in dieser Hinsicht sich an die Bestimmungen der
mehrfach erwähnten schulbygienischen Vorschriften zu halten.
Endlich ist auch eine besonders wichtige Anforderung hinsichtlich der Unter-
bringung vonkranken Zöglingen zu stellen. Jedes Institut, in welchem Kinder
zusammenleben, bedarf je nach der Grösse, beziehungsweise Zöglingszahl eines oder
mehrerer Krankenzimmer für nicht infectiöse Kranke und ausserdem der geeigneten
Localitäten zur Isolirung der an übertragbaren Krankheiten Leidenden oder solcher
Verdächtigen.
Das Minimum, was in dieser Hinsicht gefordert werden muss, umfasst ein
Zimmer für Contagiöse, ein Zimmer für Suspecte, ein Wärterzimmer, ein Badelocal
und eine Theeküche, Diese Krankenisolirstation darf jedoch nicht im eigentlichen Gebäude
der Anstalt, sondern muss in einem separaten Gebäude untergebracht sein.
Hinsichtlich des Vorganges bei Erkrankungen von Zöglingen ist anzuordnen,
dass jede, wenn auch noch so unscheinbare Erkrankung dem Hausarzte unverzüglich
bekannt zu geben ist, damit von diesem sofort die geeigneten Verfügungen getroffen
werden können. Nichtinfectiöse Kranke werden ın den Krankenzimmern, Suspecte
oder Infectiöse hingegen ohne Verzug in der Isolirstation unterzubringen und daselbst
bis zum Ablauf der Erkrankung, eventuell anderweitigen Verfügung zu belassen sein.
Auf alle Fälle ist das Belassen von Kranken in den gemeinschaftlichen Schlaf- und
Tagräumen auf das Rigoroseste hintanzuhalten, und sind dieselben erst nach ihrer
vollkommenen Genesung zum allgemeinen Verkehr mit den übrigen Zöglingen zu-
zulassen.
Krankenbesuche in der Isolirstation sind weder den Zöglingen, noch dem
sonstigen Institutspersonale, mit Einschluss des Lehrpersonales, zu gestatten.
Für die genaue Durchführung aller in dieser Hinsicht sich als nothwendig er-
gebenden und von den Sanitätsbehörden vorgeschriebenen Massnahmen bleibt der
Anstaltshausarzt insolange verantwortlich, als sich der betreffende Zógling in der
Anstaltspflege befindet.
Hinsichtlich des Wärterpersonales ist der Anstaltsvorstehung die Verpflichtung
aufzuerlegen, hiezu nur geschultes, verlässlich erprobtes, zur Pflege der Jugend
geeignetes Personale zu verwenden.
Jedes derartige Institut hat einen vertrauenswürdigen Hausarzt zu bestellen,
dessen Anordnungen aufs pünktlichste zu befolgen sind.
Die Bestellung eines Arztes zur Beaufsichtigung der Institutsinsassen in gesund-
heitlicher Hinsicht ist eine der unerlässlichsten hygienischen Forderungen, die
krassesten Missstände liessen sich wiederholt auf den Mangel derartiger Aufsicht
zurückführen.
Aus eigener Erfahrung sind mir Fälle bekannt, dass in solchen Instituten
Infectionskrankheiten durch lange Zeit vertuscht wurden, was in weiterer Folge zu
grossen Hausepidemien geführt hat. Die Typhusepidemie im Convict zu Seitenstetten,
die Ruhrepidemie im Vincentinum zu Brixen, die Trachomepidemie im Waiseninternat
zu Judenau, Bezirk Tulln und dergleichen mehr sind Beweise für die Richtigkeit
— 115 —
vorstebender Angaben. Irrationell geübte Abhärtung der Jugend in einigen Convicten,
Seminarien und Internaten, führte erhobenermassen zu schweren Gesundheitschädi-
gungen für die betroffene Jugend: ausgebreitete Congelationen mit Geschwürsbildung
waren die Folge solch unvernünftiger unberechtigter Laieneingriffe in die Gesund-
heitspflege der solchen Instituten anvertrauten Jugend.
An meinem eigenen, in einem solchen Institute untergebrachten Sohne hat der
Prifect, als sich an dem Kinde in Folge Frostsalbenanwendung unter Ausseracht-
Jassung jedweder Asepsis zu einer Congelation mit Geschwürsbildung am Arme eine
Phlegmone des Vorderarmes hinzu gesellte, mittelst eines Taschenmessers eine Incision
in das entztindete Gewebe gemacht, den Institutsarzt aber nicht zugezogen.
Dem Sohne eines meiner Bekannten wurden in einem solchen Institute eben-
falls über Anordnung des Studienpräfecten in einer Barbierstube wegen Zahnschmerz
unmittelbar nacheinander 14 Zähne gezogen.
Das Kind konnte in Folge dieses radicalen Eingriffes durch fast ein Jahr
schwer kauen und litt an permanenten Verdauungsstörungen, bis sich allmälig durch
die zweite Dentition die Zahnreihen wieder füllten.
Solche Thatsachen, die leicht von den traurigsten Folger für die Be-
troffenen hätten begleitet sein können, liessen sich noch weitere aufzählen. Sie sind
für alle Fälle deutliche Beweise, wie dringend es ist, zur erfolgreichen Durchführung
aller auf den Gesundheitsschutz unserer Jugend abzielenden Bestrebungen sich vor
Allem die Mitwirkung der hygienisch geschulten Amtsärzte zu sichern. Der
hygienisch nicht erzogene Pädagoge, der nach den guten Intentionen unserer Unter-
richtsbehörden sich um die Körperpflege auch kümmern soll, hat für Anforderungen
der Gesundheitspflege mitunter kein tieferes Verständniss.
Wie unzureichend und unrichtig wird in einer grossen Zahl unserer Volks-
und Mittelschulen der Turnunterricht getrieben, wie kläglich sieht es in so vielen
Anstalten mit den Jugendspielen aus. Obligater Turnunterricht und Jugendspiele
könnten hygienisch ausgezeichnet wirken, wenn sie nur richtig betrieben würden.
Das Freiwilligenjahr mit den militärischen Drill-, und den obligaten methodischen
Körperübungen, sowie der stundenlangen Bewegung im Freien, hat sich für die
körperliche Entwicklung unserer männlichen Jugend als eine ganz ausgezeichnete
staatliche hygienische Einrichtung bewährt und corrigirt so manche Vernachlässigung
der Körperpflege in unseren Volks- und Mittelschulen.
Es erübrigt mir nur noch auf einige wichtige Punkte in der Gesundheitspflege
unserer Jugend aufmerksam zu machen und hiebei vor Allem die Ernährung
unserer Jugend zu erwähnen. Kinder im Alter von 6—15 Jalıren benöthigen
nach den Grundsätzen der Hygiene eine Tageskost, die zum Mindesten 80—90 Gramm
Eiweiss, 50 Gramm Fette, 250—300 Gramm Kohlehydrate enthalten soll. Die Jugend
von 15—18 Jahren benöthigt um 1—2 Drittel dieser vorstehenden Angaben mehr.
Die richtige Ernährung des Kindes in der Zeit seines stärksten Wachsthums, d. i.
m den Jahren um die Pubertät herum, ist eine der wichtigsten Aufgaben der
Gesundheitspflege und niemals lässt sich ein Versäumniss in dieser Hinsicht, aus
Minderzufuhr von Nahrung in diesen Jalıren, wieder gutmachen. Der Kost in Er-
ziehungsanstalten ist demnach ein besonderes Augenmerk zuzuwenden.
Sowie in jeder Krankenanstalt oder beim Militär soll auch für gegenständliche
Anstalten unter den Consensbedingungen die genaue Vorschreibung der Kostmenge nach
hygienischen Grundsätzen Aufnahme finden.
Die Kost in Erziehungsanstalten soll nicht nur hinreichend sein, sie muss auch
eine entsprechende Abwechslung schaffen und gut zubereitet sein. Die Speisen sollen
reizlos, jedoch schmackhaft zubereitet und appetitlich servirt sein. Ihre Darreichung
erfolge in gleichmässig abgetheilten Portionen, in angemessener Temperatur und zur
regelmässigen Zeit. Die Nahrung soll eine Combination von animalischen und vegetabili-
schen Nahrungsmitteln darstellen und die früheren Gewohnheiten der Zöglinge möglichst
— 16 —
berücksichtigen. Vegetabilien sollen nicht zu oft prävaliren, schwer verdauliche, derbe
cellulosereiche Substanzen sollen thunlichst vermieden werden.
Milch, Fleisch, Eier, Obst, Käse, Butter, Brot, Schmalz, Reis, Kartoffel, grüne
Gemüse, Mehle sollen die Grundsubstanzen der Kost bilden und sind als Genussmittel
Thee, Cacao, Kaffee und etwas einfache Gewürze beizufügen.
Wurstzeug, Conserven und sogenannte Delicatessen sind thunlichst zu vermeiden,
Näschereien ganz zu verpönen. Quantität und Qualität der Speisen und Getränke
entspreche strenge den Anforderungen der Diätetik.
Eine ungemein wichtige hygienische Anforderung an die Gesundheitspflege bei
in Anstaltsverflegung lebenden jugendlichen Individuen ist schliesslich auch die der
Leibesübung.
Zu diesem Behufe soll jede derartige Anstalt geräumige Spielplätze und Garten-
anlagen besitzen, woselbst die Jugend viele nnd regelmässige Gelegenheit erhalten soll,
sich im Freien zu tummeln und das Muskelsystem zu üben. Ein rationell und nicht
schablonenmässig geleiteter Turnunterricht fördert diese Zwecke in ausserordentlichem
Masse. Ein gut eingerichteter Turnsaal ist in unserem Klima für jede grössere der-
artige Anstalt unerlässlich.
Häufige Spaziergänge mit länger dauernder Bewegung im Freien, im Walde
oder auf Fluren, mässige Bergpartien in günstiger Jahreszeit, werden der Anforderuug
nach Leibesübung sicherlich nur förderlich sein. Gelegenheit zum Schwimmen, ein
geregelter Schwimmunterricht innerhalb gedeckter Schwimmanstalten, soll in jeder
grösseren Anstalt geboten sein; geeignete ungefährliche Schlittschuhlaufplätze werden
sicherlich in dieser Hinsicht ganz vorzügliche Dienste leisten.
Nichts macht die Kinder frischer, nichts befördert mehr die Assimilation der
Nahrung, die Blutbildung, stärkt den Körper und den Geist, als rationell geleitete
‚derartige Leibesübungen. So manches geistig gut veranlagte in Folge zurück-
gebliebener körperlicher Entwicklung geistig leicht ermüdende und in Folge Un-
kenntniss solcher Zustände als zerstreut, schlecht veranlagt und faul beurtheilte
jugendliche Individuum wird sich bei Unterbringung in derlei Instituten, in "denen
allen den erwähnten Anforderungen der Hygiene Rechnung getragen wird, sehr bald
körperlich und geistig kräftigen und so manche Schwierigkeit im Studienfortgang
unserer Jugend würde sich spielend leicht bewältigen lassen, wenn auch von päda-
gogischer Seite den Anforderungen der Gesundheitspflege die gebürende Beachtung
geschenkt werden würde, und die Mehrzahl der Pädagogen auch hygienisch denken
und fühlen möchten.
Diese soeben angeführten Grundsätze beziehen sich auf Anstalten, in denen die
Jugend in grösserer Zahl Unterkünfte zu mehr oder wenigerfreiem Zusammenleben findet,
aber auch die Unterkünfte, in denen unsere Jugend innerhalb einzelner Familien in
gewerbsmässig betriebenen Kosthäusern, Studentenquartieren untergebracht ist, be-
dürfen besonderer sanitärer Beaufsichtigung und Ueberwachung.
Die durch die Bestimmungen des Ministerialerlasses vom 25. August 1849,
2.5619 (Marenzeller Normalien-Sammlung, I, Seite 159), den Lehrkörpern der öffent-
lichen Lehranstalten auferlegten Verpflichtung zur Beaufsichtigung der Studenten-
quartiere wird zumeist nur einseitig gehandhabt, indem nur die didactische Seite
Berücksichtigung findet.
Der Eingangs der Abhandlung angeführte Erlass des Unterrichts-Ministeriums
vom 17. December 1897, Z. 26715, schreibt den Lehrkörpern der Mittelschulen zwar
vor, eine sanitäre Belehrung für Kost- und Quartiergeber unter Berücksichtigung
localer Verhältnisse zu verfassen, in welcher Aufklärungen und Weisungen in sani-
tärer und moralisch-erziehlicher Richtung gegeben werden sollen; die Zuziehung
des Amtsarztes zu den Berathungen des Lehrkörpers über diese Belehrung ist in
diesem Ministerialerlasse nicht vorgeschrieben, sie wird deshalb auch in den meisten
Fällen unterbleiben.
— 17 —
Wer ist denn am ehesten in der Lage, die sanitären localen Verhältnisse -in
einem Orte am häufigsten wahrzunehmen und dieselben am besten zu kennen und
voraussichtlich am richtigsten zu beurtheilen; der Arzt oder ein Mitglied des Lebr-
körpers einer Mittelschule? Wer wird solche Wahrnehmungen und Erfahrungen in
einer derartigen Belehrung richtiger verwerthen können, ein Arzt oder ein Mittel-
schulprofessor ?
Mit der Vorschreibung, dass diese vom Lehrkörper ohne Zuziehung des com-
petenten ärztlichen Fachmannes (des landesfürstlichen Bezirksarztes) verfasste Be-
lehrung erst nach gepflogenem Einvernehmen mit der Landesstelle als Landessanitäts-
behörde vom Landesschulrathe genehmigt werden dürfe, ist diesem Mangel noch lange '
nicht immer abgeholfen. i
Die politische Bezirksbehörde ist und bleibt als Sanitätsbehörde für derlei
iocalen Verhältnissen anzupassende gesundheitliche Verfügungen die einzig competente
Stelle. Sie führt nämlich über die Gemeinden ihres Verwaltungsbezirkes, denen ja
nach $ 3 des Reichs-Sanitätsgesetzes vom 30, April 1870, R. G. BI. Nr. 68, die Hand-
habung der sanitátspolizeilichen Vorschriften in Bezug auf Wohnungen zufällt, die
staatliche Oberaufsicht. Diese Oberaufsicht fällt nach $ 8, lit. a und b desselben
Gesetzes, besonders in den ämtlichen Wirkungskreis des landesfürstlichen Bezirks-
arztes.
Soll demnach die gut gemeinte und die Beseitigung der Missstinde anstrebende
Verordnung des Unterrichts-Ministeriums die erhoffte Wirkung voll erzielen, so ist
ausser der Belehrung der Quartiergeber für Studenten ferner nothwendig, dass
durch geregelte sachgemässe Nachschau eine wirksame Aufsicht über die Beobachtung
dieser Belehrung zur Durchführung gelangt.
Der Leiter oder Lehrer einer Mittelschule ist aber auch gar nicht befugt, sanitäre
Revisionen in Wohnungen vorzunehmen, und so in den Wirkungskreis der Gemeinde
einzugreifen. Eine solche Revision der Studentenquartiere seitens eines Delegirten des
Lehrkörpers, ohne Mithilfe der Gemeinde kann und wird bei den Quartiergebern
auch auf berechtigten Widerstand stossen, zu höchst unliebsamen Conflicten mit
Parteien führen und in Folge dessen vom Lehrkörper sehr bald unterlassen werden.
Der Amtsarzt jedoch ist Kraft seiner ihm nach dem Sanitätsgesetze zustehenden
Befugniss nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die sanitätspolizeiliche
Wirksamkeit der Gemeinden zu überwachen. Er wird demnach immer, so oft sich
ihm eine Gelegenheit bietet, in der Lage sein, dem sanitären Zustande der Studenten-
quartiere sein Augenmerk zuzuwenden, erhobene Mängel im Wege seiner vorgesetzten
Behörde oder auch unmittelbar unter eigener Verantwortung beseitigen zu lassen.
Ohne Mithilfe der Amtsärzte ist eine wirksame fachmännische Beaufsichtigung
der Studentenquartiere vom gesundheitlichen Standpunkte absolut undenkbar. Nach
diesen Ausführungen wird es Jedermann, der ganz unbefangen zu dieser Frage
Stellang nimmt, sicherlich nur höchst wünschenswerth erscheinen, dass diese staatliche
sanitäre Aufsicht über die angeführten Unterkunftsräume unserer Jugend sich zu
einer recht wirksamen und erfolgreichen gestalten möge.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. Statthalterei im | sorgungsanlagen entbehren in der Regel der
Küstenlande vom 12. Jänner 1899, gutächtlichen Aeusserung des Amtsarztes über
Z. 852, die Beobachtung der hygienischen Vorschriften
an die unterstehenden politischen Behörden, bei Ausarbeitung des Projectes.
betreffend die amtsärztliche Begutachtung Da es jedoch unbedingt erforderlich ist,
von Wasserversorgungsprojecten. | dass Wasserversorgungsprojecte, welche zur
Die von den k. k. Bezirksbehérden vor- | Subvention aus Staatsmitteln empfohlen werden
gelegten Subventionsgesuche für Wasserver- | sollen, nicht nur in technischer, sondern auch
118
in sanitärer Beziehung entsprechen, eine dies- | Signirung der Standgefässe nicht verantwort-
bezügliche Beurtheilung jedoch ohne Kenntniss | lich gemacht werden kann, werden der Herr
der localen Verhältnisse nicht erfolgen kann, |
werden die k. k. Bebörden im Nachhange zum
h. o. Erlasse vom 5. August 1891, Z. 13049
und 13. März 1892, Z. 2010 eingeladen, die
ihnen zugetheilten Amtsärzte mit dieser Aufgabe
zu betrauen.
Dieselben werden somit über jedes zur Er-
wirkung einer Subvention eingereichte Wasser-
versorgungsproject eine gutächtliche Aeusserung
abzugeben haben, dass allen Verhältnissen
Rechnung tragen soll, welche bei der Beur-
theilung einer solchen Anlage in Frage kommen.
Die Qualität des Wassers bei Brunnen-
und Quellleitungen ist hiebei, insoferne der
Verdacht auf eine bedenkliche Verunreinigung
des Wassers nicht durch besondere Umstände
gerechtfertigt ist, nach den grobsinnlichen
Eigenschaften zu beurtheilen.
Durch diese ärztliche Begutachtung der
Wasserversorgungsprojecte soll keine Ver-
zögerung der rechtzeitigen Vorlage derselben
eintreten und weder der Gemeinde noch dem
Staatsschatze in der Regel eine besondere Aus-
lage erwachsen. Die Amtsärzte werden daher
den Localaugenschein, falls derselbe erfordert
wird, gelegentlich anderer Dienstreisen vor-
zunehmen haben.
Erlass der k. k. Statthalterei in Böhmen
vom 17. Februar 1899, Z. 4561,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Verantwortlichkeit der Apo-
theker für richtige Angabe der Maximaldosen
auf den Standgefässen.
Aus Anlass des vorgekommenen Falles, dass
bei der amtsärztlichen Visitation einer Apotheke
die auf Standgefässen in eingebrannter Schrift
angebrachten Bezeichnungen der Maximaldosen
mit der Tabelle III der österreichischen Pharma-
kopoe, Edit. VII nicht in Uebereinstimmung
befunden wurden, und so zu folgenschweren
Täuschungen Veranlassung geben könnten, die
beanständete Fahriksfirma jedoch für die richtige
|
|
\
l
k. k. Bezirkshauptmann ersucht, sämmtliche
Besitzer der öffentlichen, sowie Hausapotheken
des dortigen Verwaltungsgebietes auf ihre Ver-
pflichtung aufmerksam zu machen, dass alle in
ihren Officinen in Verwendung stehenden oder
neu anzuschaffenden Standgefässe dieser Art
unter persönlicher Verantwortung stets mit
richtigen Angaben der Maximaldosen versehen
sein müssen.
Der k. k. Amtsarzt ist anzuweisen, bei den
Apothekenvisitationen künftighin diesem Um-
stande volle Aufmerksamkeit zu widmen und
über etwaige Anstände eingehend anher zu be-
richten.
*
Erlass der k. k. Statthalterei in Böhmen
vom 15. Februar 1899, Z. 16429,
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die bei Leichenüberführungen
nach Prag erforderlichen Verständigungen.
Anlässlich des Vorkommens von Fällen, dass
bei Ueberführungen von Leichen auf die Prager
Friedhöfe die bezügliche Verständigung an den
Magistrat der königl. Hauptstadt Prag, statt an
die Bezirkshauptmannscbaft, in deren Amtsbe-
reiche der betreffende Friedhof liegt, gerichtet
wird, findet sich die Statthalterei bestimmt, den
Circularerlass vom 13. November 1887, Z. 90080,
zur genauen Darnachachtung in Erinnerung zu
bringen, nach welchem in derartigen Fällen der
Leichenpass nicht nach Prag, sondern nach dem
betreffenden Bestimmungsorte auszustellen und
die (telegraphische) Verständigung von der be
willigten Ueberführung nicht an den Magistrat
der königl. Hauptstadt Prag, sondern an jene
Bezirksbauptmannschaft zu richten ist, in deren
Gebiete sich der betreffende Friedhof befindet.
Iliebei wird darauf aufmerksam gemacht, dass
bezüglich der Friedhöfe in Wolschan dermal die
Bezirksbauptmannschaft in Zızkow zu ver-
ständigen ist.
A ts A ee AO SE TEE der ef -=
— 119 —
Erlass derk.k.mährischen Statthalterei
vom 2. März 1899, Z. 8638,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die ärstliche Untersuchung der
Schüblinge vor ihrer Abtransportirung.
Anlässlich des vorgekommenen Falles, dass
ein Sehübling, welcher von einem Gemeinde-
vorstande ohne vorausgegangene ärztliche Unter-
suchung im Schubwege weitergegeben wurde,
kurze Zeit darnach an Flecktyphus erkrankte
und starb, werden die Bestimmungen des h. a.
Erlasses vom 30. April 1833, Z. 10500, gemäss
welchem Vaganten und Schüblinge vor der Ab-
transportirung thunlichst der ärztlichen Unter-
suchung zu unterziehen sind, und dem Gesund-
heitszustaude sonstiger herumziehender Personen
männern, Hausirern, Viehtreibern, Bettlern,
Unterstandslosen und dergleichen seitens der
Aufenthaltsgemeinde in Hinsicht auf ansteckende
Krankheiten die entsprechende Aufmerksamkeit
zuzuwenden ist, neuerlich in Erinnerung gebracht,
und werden der Herr k. k. Bezirkshauptmann
angewiesen, das entsprechende zu veranlassen,
damit in jenen Gemeinden, in welchen Gemeinde-,
beziehungsweise Districtsirzte ansässig sind,
Schüblinge ausnahmslos vor der .Abtrans-
portirung ärztlich untersucht und im Falle sie
krank befunden wurden, nicht weiter abgeschoben,
falls sie jedoch mit einer ansteckenden Krank-
heit behaftet wären, gemäss der Kundmachung
vom 27. April 1882, L. G. Bl. Nr. 58,8 4, Abs. a
Punkt 2 in isolirte óffentliche Krankenpflege in
loco übernommen werden.
und ihrer Familien, als den Komödianten, Werkel-
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung vom 23. Jänner 1899 wurde anlässlich einer gegen die
Erricbtung einer Betriebsstätte für Naphthalin erhobenen Beschwerde das Gutachten dahin
abgegeben, dass der Geruch nach Naphthalin eine schwerere Gefährdung der Gesundheit zwar
nicht berbeizuführen geeignet sei, jedoch zu jenen Belästigungen gehöre, die im Stande sind,
das Wohlbefinden der dauernd davon Betroffenen zu beeinträchtigen, wesshalb bei der Bewilligung
zur Errichtung und zum Betriebe derartiger gewerblieher Anlagen die localen Verhältnisse in
Berücksichtigung gezogen werden müssen.
Ferner wurde bezüglich der Errichtung einer Familiengruft ein Gutachten abgegeben
und die Einhaltung gewisser, vom sanitären Standpunkte erforderlicher Bedingungen beantragt.
Zum Schlusse wurde ein Referat über eine Privatheilanstalt für Geistes, Gemüths-
und Nervenkranke in Wien erstattet, die Beschlussfassung über diesen Gegenstand jedoch
auf die nächste Sitzung vertagt.
Böhmen. In der Sitzung am 18. Februar 1899 gelangten nachstehende Gegsnstände zur
Verhandlung:
1. Gutachten betreffend bauliche Aenderungen in einer Privatheilanstalt in Bubenf.
. Betriebsanlage eines Brauhauses in Branik.
. Besetzungsvorschlag für die Stelle eines Polizei-Chefarztes in Prag.
. Betrieb des städtischen Schlachthauses in Budweis.
. Betrieb einer Kunstdünger- und Chemikalienfabrik in Budweis.
. Erweiterung des bürgerlichen Brauhauses in Königliche Weinberge.
. Berathung anlässlich des Vorkommens von Fleektyphus-Erkrankungen in
verschiedenen Orten Böhmens. (Die bereits getroffenen Verfügungen wurden einstimmig als
zweckmässig anerkannt. Die Erkrankungen datiren seit 25. Jänner l. J. Es sind im
Ganzen 46 nachweisliche Flecktyphuskranke ermittelt worden, von denen 8 starben: 25 waren
in Krankenhäusern und Isolirspitälern untergebracht, die übrigen sind in den betreffenden
Gemeinden isolirt worden. Herderkrankungen sind in den Bezirken Karolinenthal (18 Kranke),
Leitmeritz (13 Kranke) und Kaudnitz (11 Kranke) sichergestellt. Die Mehrzahl der Kranken
ist bereits reconvalescent. Die Erkrankten waren zunächst Hausirer, Maurer, ein Häftling, die
Polizeiwachmannschaft in Lieben, ein Bahnwächter, ferner mehrere Gastwirthe und einzelne
Familienmitglieder, die Familie eines Meierhofschaffers.)
IND N
120 —
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 5. März bis
11. März 1899.
polit. Bezirk Gemeinde ee et ! polit. Bezirk Gemeinde ae E
a | Nadworna Majdan Bay: E S
Niederösterreich. . Pal 2. un
Baden Baden 2 | Peczenizyn Luczt s + s wo 8
j Hirtenberg . 1 | Przemyśl Chydynua . . ... 2
i Weikersdorf . 3 | y Kupna . . . . . . 11
| Rohatyn Bolszowce . . . . . 1
ss ' Rzeczow Babica 2
Galizien. | , ag 9
Bobrka Lubeszka 3 | SS Ruskawies . 1
o Nowosielce . 6*) | Sanok Rymanow 2
ý Wierzbica . D S Czeremcha . 4
Bochnia Wola zabierzowska . 3 | Stanislau Stanislau 3
Brzozow Lubna 2 | Strzyzow Wyzne i a: & 2. S
á Starawies 1 | Stryj Dzieduszyce . . . . 12
Buczacz Barysz ae Bratkowce . 3
e Jezierzany . 2 | Tarnopol Tarnopol 1
š Wierzbiatyn 2 S Iwanowka . 5
Horodenka leakow . 4 | Zbaraz Roznoszynce 1
S Okno 1 5 Szyby 3
g Toporowce . ae g Tarasowka . 4
Tyszkowce .' 4 i ys Sieniachowka 5
t own Wulka sokol. d gs Zaluze 4
Kolomea Rohynia 1 |
= Gwozdziec . 6 | Bukowina.
e Trofanowka EE Slorozynetz Storozynetz 1
E Zahajpol. . 1 | Wiznitz Berhometh . . 4
Lancut Albigowa 2 | e »Koniatyn . . . . . 3
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 5. Mirz bis
11. Marz 1899:
Böhmen. | Kolbuszowa Mazuny . 2
Melnik Melnik 1 | Nisko Jezowe 2
Raudnitz Raudnitz 1 | Przemyslany Zamose 4
| Sniatyn Krasnostawce 3
Galizien | e Roznow . 8
eons | Stanislau Uhorniki 8
Bohorodezany Rosulna 4 | Stryj Zulin 3
e Lachowce 3 | Zloczow Remizowce . 1
Drohobyez Boryslaw 1%) | 5 Mszana . 10
Husiatyn Nizborg stary . 2 ks Uhoree . 6
di Celejow . 3 | Zolkiew Butyny . 16
e Krogulec 1 | Zydaeczow Piaseczna 4
*) Die mit *) bezeichneten Fälle beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachträglich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Halder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
ir Rothenthurmeatrasae 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung gansjährig 8. 6.—.
EE EE
XI. Jahrgang. Wien, 30. März 1899. Nr. 13.
Inhalt. Ueber die Bewegung des pharmaceutischen Hilfspersonales in Oesterreich. — Sanitäts-
gesetze und Verordnungen: Erlass der Landesregierung in Kärnten, betreffend die Einführung einer
Kündigungsfrist für Bezirkshebammen. — Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Ueber die Bewegung des pharmaceutischen Hilfspersonales in
Oesterreich.
(Auf Grund amtlicher Daten zusammengestellt im Sanitätsdepartement des k. k. Ministeriums des Innern.)
In Folge wiederholter Klagen aus Apothekerkreisen über den in den letzten
Jabren auftretenden Mangel an Assistenten und Aspiranten der Pharmacie (Tironen)
sah sich das Ministerium des Innern veranlasst, mit dem Erlasse vom 17. Mai 1898.
2.13463*), genaue Erhebungen über den gegenwärtigen Stand des pharmaceutischen
Hilfspersonales in den öffentlichen Apotheken, sowie tiber die Bewegung des pharma-
ceutischen Personales in den letzten 1O Jahren anzuordnen und die Ursachen des
angeblichen Mangels an pharmaceutischen Hilfskräften zu erforschen.
Das Ergebniss der betreffenden Erhebungen enthält die nachstehende Tabelle,
welche die Zahl des pharmaceutischen Hilfspersonales in den öffentlichen Apotheken
nach dem Stande vom 1. Juni 1898 unter Berücksichtigung der Vorbildung und des
Alters der Aspiranten der Pharmacie nachweist.
Aus dieser Darstellung ist zu entnehmen, dass mit 1. Juni 1898 in 1402 öffentlichen
Apotheken, 1957 pharmaceutische Hilfspersonen, und zwar 1385 diplo-
mirte, 217 nicht diplomirte Assistenten und 355 Aspiranten (Tironen)
der Pharmacie in Verwendung standen. Die letzteren betrugen 18'1 Percent des ge-
sammten pharmaceutischen Hilfspersonales. Von den 355 Aspiranten der Pharmacie
standen 118 im I, 113 im II. und 124 im III. Lehrjahre. Hinsichtlich der Vor-
bildung hatte die Mehrzahl derselben (322) die zum Eintritte in die Apotheker-
praxis vorgeschriebene VI. Gymnasialclasse absolvirt, 2 Aspiranten haben die VII,
18 die VIII. Gymnasialclasse ohne Maturitätsprüfung und 11 Aspiranten die Maturitäts-
prüfung abgelegt. Blos ein Aspirant hat sich mit der VI. Reulschulclasse ausge-
wiesen. Ausserdem wurde. ein weibliches Mitglied einer Congregation in Troppau
mit Volksschulbildung zum Eintritte in die Apothekerlelrre zugelassen.
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 199.
gers oe D
Stand des pharmaceutischen Hilfspersonales in den öffentlichen Apotheken mit 1. Juni 1898.
=
|. gall Zahl der | Ge EE Aspiranten (Tironen)
$4 a Assistenten davon im Vorbildung ce, | Alter
Länder DEE -——| _ |. — |Gymnasialclasse | 3813 2 1 E E DEE
SESİ mit | obne oo er EE
KEE Diplom Diplom| S | Lehrjahre VI. [VIL NU) e = a fe ES RINIA IS ISIS SI Si
i | | | |
Niederösterreich, Wien 106 | 810 34, 21) 7| 12| 2 o7/ 1/ ı' al ıl- 1; 2| 411| 1|.. d wg dl d
» Land! 93 | 57| 32 | 13| 4| 3| 6 , |.) 3) 5 1) 2). Lea
Oberösterreich . . . 60 48 15, 3: 11 . 2 3j. ; . Va al 2 ST e A A E
Salaburg ....., 13] 18 3/2 .| 1 1 2|. E Be Wee ti reise ae Pett ole ais
Steiermark. ... . 62 89 15 9 1: 4| 4 6. : I ee MN ase Ny it SE ee ee
Kirntn. .....|/ 18) 191 91 1, 11 1.1 1: |: EEN Lei ee as tte Sege:
Krain .......| 21 12 TE Ar Di -s KEE aE 38 SE DEE re o be].
Triest . . . . . . .| 25| 39 fe Ro las elias
| Görz-Gradisca . . d 21 12 1 2 EK g 1 SL | . J è E | le ee Le E | ts
Istrien. 2.2. 22..2.1 34 9 6) 12, 5) 2) 6) 11 GK Ser lk 518. | 3): : re
Tirol . 2... 77 o 2 A es Mt Steeg Er
A gr 8 Ge ` ` 3 |: ee Z le sik ape gees f pat ;
"7 IBóbmen . .... . | 361 | 29 | 53 1136| 38] 46| 51] 128! 1| 5l 1]. |. | 4116|41 3825 9 1, 1,.|.|.|- |-
Mähren Bresal 12 97| 15 47; 17! 15| 15| 451. 2 | ed. |. 1, 6/13/15 9] 111 UR leg a tes
| Schlesien . . . . .| 39] 47 . 14) 8] 2) 4) 10; . | 1) 2] 1 "lais E be EE
Galizien . | | | 11° 25| 228| 11" 55 20; 16] 19) 49] 2} 5) 1). 2) 2 5) 5 16) B 31411 20:11).
Bukowina .... 24 17 5" 138) 6| Al 31 2. 1 | a era a ET ces | RE
Dalmatien . . ...| 43) 10 a 4 5l 2| 7 Sak SE ech e EE
li | | | Ä | | | | | |
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PE 1402 | 1385 | 217 355 118, 113 124, 322 de 211 15 40 lá 64,27, 91 7 5 7 l 1 1
| 1602 | | | | BS | | |
| | | |
| | | | | |
| E | Kä
|
*\ Ein weiblicher Tiro mit Volksschulbildung.
— 123 —
Das Alter der Aspiranten der Pharmacie bewegte sich zwischen 16 und
29 Jahren. Der überwiegend grösste Theil der Aspiranten stand im Alter von
20 Jahren (104 Aspiranten), 19 Jahren (80 Aspiranten) und 21 Jahren (64 Aspiranten).
Der jüngste Tiro zählte 16 Jahre, und je einer stand im verhältnissmässig höheren
Lebensalter von 27, 28 und 29 Jahren.
Nach den Publicationen der k. k. statistischen Central-Commission ergibt sich
der Stand der Aspiranten der Pharmacie in den Jahren 1888—1897
wie folgt:
Stand der Tironen in den Jahren 1888-1897.
| 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897
Niederösterreich 69 62 54 47 11 13 27 22 34 30
Oberösterreich 17 18 12 6 2 5 8 4 2 2
Salzburg . . 9 9 7 4 4 2 2 2 2 3
Steiermark. . 23 25 15 7 3 5 7 12 12 8
Kärnten. . . 15 13 12 9 7 6 4 3 3 3
Krain ... 5 5 7 1: 1 3 3 3 1 2
Triest . . . 10 12 12 12 5 6 6 4 4 5
Górz-Gradisca . 7 9 8 6 3 2 2 5 4 2
lstrien . . . 12 17 11 5 5 6 3 6 9 9
Tirol. . . 47 40 28 15 10 4 8 11 15 11
Vorarlberg. . 1 1 — — 1 — — 1 — —
Böhmen. . . 218 206 162 128 92 110 120 184 131 124
Mähren. . . 75 67 66 47 36 44 48 49 51 45
Schlesien . . 22 24 20 14 11 8 9 10 8 12
Galzien. . . 150 147 91 86 68 66 62 53 52 47
Bukowina . . 14 18 15 13 11 6 D 7 7 11
Dalmatien . . 16 21 18 9 4 11 11 15 10 15
Summe . 710. 694 538 415 | 274 297 325 341 345 329
Aus dieser Zusammenstellung ist zu entnehmen, dass die Zahl der Aspiranten
ın Oesterreich schon vom Jahre 1888 angefangen allmälig abgenommen hat und
im Jahre 1892, in welchem die Aufnahme der Aspiranten mit absolvirter Sexta in
Gemässheit der neuen pharmaceutischen Studienordnung begonnen hat, die Zahl der-
selben fast auf die Hälfte gesunken ist. In den nächstfolgenden Jahren macht sich
wieder eine allmälig fortschreitende Steigerung der Aspirantenzahl bemerkbar.
Wird der Zufluss der Aspiranten zur Pharmacie in den letzten
zehn Jahren (1888—1897) allein in Betracht gezogen, so ist, wie aus der fol-
genden Tabelle hervorgeht, in den ersten zwei Jahren 1888 und 1889 des
abgelaufenen Jahrzehnts noch ein stattlicher Zuwachs von 349, beziehungsweise
339 Aspiranten zu verzeichnen, jedoch schon im Jahre 1890 sinkt die Zahl rapid
bis fast auf ein Drittel (122) und bleibt in den folgenden Jahren mit geringen
Schwankungen constant niedrig, wenn sich auch die Zahl der Aspiranten mit dem
Jahre 1892 als dem Beginne der Einführung der neuen pharmaceutischen Studien-
ordnung, etwas erhebt.
In den letzten zehn Jahren sind sonach 1833 Aspiranten in die Apotheker-
praxis aufgenommen worden. Diese Zahl drückt jedoch nicht den factischen Zuwachs
zum Apothekerstande aus. Derselbe ist thatsächlich niedriger, da eine grosse An-
zahl der eingetretenen Aspiranten im Laufe ihrer Apothekerpraxis wieder ausgetreten
ist, um sich einem anderen Berufszweige, insbesondere dem thierärztlichen Studium.
Post- und Telegraphendienste, Lehramtsberufe etc. zuzuwenden.
13*
— 124 —
Zuwachs der Tironen in den einzelnen Kronländern in den Jahren 1888 bis 1897.
1888 1889 1890 1891 | 1892 1893 1894 1895 1896 1897 Summe
Niederösterreich . . . 30 41 9 13 12 14 13 18 21 8 179
Oberösterreich . . . . 7 6 — 1 — 4 2 1 2 — 23
Salzburg . ..... 8 1 1 — 1 3 1 1 1 — 12
Steiermark . . . . . 12 5 3 1 4 2 3 5 5 1 4
Kärnten . . . 2... 4 => — — 4 4 — — 1 13
Krain . . . 2 2020. 2 2 1 1 — 2 1 1 1 — ll
Triest und Gebiet. . . T 4 2 3 2 2 2 1 1 4 2
Görz und Gradisca . . 12 13 10 7 6 2 3 4 4 3 64
Istrien =... a dé 8 — 1 4 3 1 9 4 4 4l
Tirol e, 2% 17 5 2 4 2 5 5 4 4 7%
Vorarlberg Too — = = — ees em =
Böhmen . .. . . . 91114 49 53 59 46 66 64 48 60 650
Mähren . .. . . . 45 34 15 14 19 24 25 22 20 20 238
Schlesien . . . . . . 10 10 35 7 4 8 4 6 9 61
Galizien . . . . . . 76 67 20 18 47 34 27 12 2 8 311
Bukowina ..... 9 8 4 2 4 2 5 2 4 3 43
Dalmatien . . ... 79 — — 4 5 3 8 1 6 48
349 339 122 121 | 177 149 164 157 124 131 1833
Mit der Abnahme der Zahl der Aspiranten der Pharmacie steht selbstverständlich
auch die Abnahme der an den 8 Universitäten in Oesterreich in den letzten
10 Jahren stattgefundenen Diplomirungen von Pharmaceuten im Zusammenhange.
Ausweis über die an den k. k. Universitäten in Oesterreich in den Jahren 1888—1897 diplo-
mirten Pharmaceuten.
Zahl der diplomirten Pharmaceuten an der k. k. Universität in
ELE EEE E EEES EES E A u EEE,
Jahr Wien Prag (deutsche) Prag (böhmische) Graz Innsbruck Krakau Lemberg Czernowitz Summo
1888 63 15 ol 40 8 29 27 7 240
1889 70 27 27 41 16 19 22 1 223
1890 104 16 36 26 20 21 23 11 257
1891 102 25 29 40 8 16 21 3 240
1892 91 16 54 34 38 35 8 12 288
1893 66 39 44 53 26 21 31 11 291
1894 55 23 55 27 12 17 30 9 228
1895 46 23 25 21 5 1 10 7 144
1896 20 8 40 12 2 H 9 6 106
1897 31 11 26 15 5 17 14 1 120
Summe 648 203 383 309 140 191 195 €8 2137
An sämmtlichen 8 Universitäten Oesterreichs wurden vom Jahre 1888—1897
2137 Pharmaceuten diplomirt, von welchen in absteigender Reihenfolge 648 auf die
Universität in Wien, 333 auf die böhmische Universität in Prag, 309 auf die Grazer
Universität, 203 auf die deutsche Universität in Prag, 195 auf die Lemberger, 191
auf die Krakauer, 140 auf die Innsbrucker und 68 auf die Czernowitzer Universität
entfallen. In den Jahren 1894, 1895 und 1896 ist eine bedeutende Abnahme der
Zahl der Diplomirungen von Pharmaceuten bemerkbar. Im Jahre 1897 ist eine
Steigerung der Zahl derselben um 14 zu verzeichnen. Diese Abnahme der pharma-
ceutischen Diplomirungen ist jedenfalls auf die Einführung der neuen Studien- und
— 125 —
Prüfungsordnung, beziehungsweise auf den geringeren Zufluss von Candidaten zur
Pharmacie zurückzuführen, wiewohl dieser Einfluss in den ersten 3 Jahren, das ist
im Uebergangsstadium, noch nicht zum Ausdrucke gelangt.
Zuständigkeit der in den Jahren 1888—1897 an den k. k. österreichischen Universitäten diplo-
mirten Pharmaceuten.
von diesen waren zuständig nach:
Es
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N a4 Ojan n |S Ajna Alao MAA aa MA n [E | |
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Wien .. oli 648 1150 18; 5| 2/110| 3| 4 3 96,133| 46| 43| 2| 4i 101 24 2| 2 |
€ all ‘ ‘ "a ar K ei ‘
Prag(deutsch)| 203 BT eae har) se EN ral. (| 3| 1 |
» (böhm.) || 383 1 cher ‚1327| 48| 1| 2 Blat, g |
No. 309 17 16| 2/36|114| 9|64| 11 16) 23| 4| 2 221 57 11| 29 1| 2
Innsbruck . 140 LU 9 3 2 6/100) 3; 1 4 3 D S 2 1
Krakau . . .|| 191 A ee S e ET aa D ee AT 10. 1| 1
Lemberg . .|| 195 Picek catke || Ger hm I] RR. N Kli gh AM? |
Czernowitz . 68 Das d: ath os x e ; > Th a 1 1 ER klot ak dk ss,
Summe . .|| 2137 |173| 43| 10/38/26 12 74 1146201217 53423 37/ 301 178 5111514 6| 1| 1| 1|
1870 267 |
Wird die Zuständigkeit der in den letzten 10 Jahren diplomirten Pharmaceuten
in Betracht gezogen, so ist aus der vorstehenden Tabelle zu entnehmen, dass Böhmen
die grösste Zahl der diplomirten Pharmaceuten (620) lieferte. An dieses Land schliessen
sich Galizien mit 413 diplomirten Pharmaceuten und Mähren mit 217 diplomirten
Pharmaceuten an.
Von den 2137 diplomirten Pharmaceuten waren 1870 nach Oesterreich zu-
ständig, während 178 auf die Länder der ungarischen Krone, 89 auf das Ausland
entfallen. Letztere kommen für das Bedürfniss des Inlandes nicht: in Betracht, weil
denselben als Ausländern die Ausübung der pharmaceutischen Praxis in Oesterreich
nicht gestattet ist.
Jene Länder, welche eine Universität besitzen, liefern ein grösseres Percent der
an der betreffenden Universität studirenden Pharmaceuten als die übrigen Kron-
länder, welche nur einen geringen Percentsatz abgeben. So waren von 383 Pharma-
ceuten an der böhmischen Universität in Prag 327 nach Böhmen, 48 nach Mähren
zuständig, während nur 1 Pharmaceut nach Schlesien, 2 nach Galizien und 1 nach
Niederösterreich zuständig war. Von den 191 an der Krakauer und 195 an der
Lemberger Universität diplomirten Assistenten waren 179, beziehungsweise 175 nach
Galizien zuständig, nur 4 Pharmaceuten beider Universitäten gehörten der Zuständig-
keit nach in andere Kronländer des Inlandes, die übrigen waren Ausländer. Auch
an der Czernowitzer Universität herrschte die Zahl der Bukowinaer (33) und der
Galizianer (22) vor. |
Einen mehr internationalen Charakter in Bezug auf die Zuständigkeit der
Pharmaceuten zeigen die Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck. Auch
an diesen Universitäten stammt ein grosser Theil der Studirenden der Pharmacie aus
dem betreffenden Kronlande (Niederösterreich, Steiermark, Tirol), jedoch auch die
übrigen, selbst entfernteren Länder liefern einen ansehnlichen Percentsatz der Phar-
Mmaceuten. So waren von den 648 an der Wiener Universität diplomirten Pharma-
ceuten 150 nach Niederösterreich, 133 nach Mähren, 96 nach Böhmen, 46 nach
Schlesien und 43 nach Galizien zuständig, 101 Pharmaceuten waren ungarische
Staatsangehörige, die übrigen vertheilen sich auf die übrigen Kronländer. Eine grosse
126 —
Mannigfaltigkeit der Pharmaceuten in Bezug auf die Zustärdigkeit ist auch an der Grazer
Universität zu beobachten, an welcher mehr Küstenländer (64) als Landesangehörige (36)
ihre Studien absolvirten. Auch von Ungarn aus war die Universität stark frequentirt (57).
An der Innsbrucker Universität wurden in den letzten 10 Jahren 100 Pharma-
ceuten, welche nach Tirol zuständig waren, diplomirt, während 40 sich auf die
übrigen Kronländer des Inlandes und auf das Ausland vertheilen.
Wenn auch in vielen Ländern insbesondere in den Alpenländern die Klage über
den Mangel an Assistenten und Aspiranten der Pharmacie zum Theile nicht unbe-
gründet ist, macht sich in den übrigen Ländern ein solcher Mangel nicht fühlbar, ja in
einzelnen Ländern wie in Böhmen, Mähren, Galizien, Bukowina, Dalmatien
und im Küstenlande ist eine Ueberproduction an Pharmaceuten zu constatiren,
so dass die ausgebildeten Pharmaceuten in ihrem Lande keine Anstellung finden
können und gezwungen sind, entweder in Apotheken anderer Länder Unterkunft
zu suchen oder sich anderen "Berufszweigen zuzuwenden.
: Wenn angenommen wird, dass in den 1402 öffentlichen Apotheken: ungefähr
400 Apotheker wegen geringer Erträglichkeit ihrer Apotheken insbesondere auf dem
flachen Lande ohne Hilfskräfte arbeiten, so entfallen bei dem gegenwärtigen, Stande
von 1957 pharmaceutischen Hilfspersonen auf jede der übrigen Apotheken zwei
pharmaceutische Hilfskräfte.
Von den competenten Factoren sowohl aus den Apotheker- als den ärztlichen
Kreisen wurden zur Sanirung der gegenwärtigen Verhältnisse zahlreiche Vorschläge
gemacht, welche insbesondere in nachstehenden Forderungen ihren Ausdruck finden:
Verbesserung der socialen Verhältnisse der bediensteten Pharmaceuten,
Erleichterung der Erlangung einer Selbsständigkeit durch . thunlichste Ver-
mehrung der Zahl von Apotheken und Einführung der obligatorischen Altersversorgung
durch Gründung eines allgemeinen Pensionsinstitutes für Pharmaceuten in Oesterreich.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. Landesregierung in
Kärnten vom 16. Februar 1899, Z. 2851,
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
verhiltnisses eine zweimonatliche Kündi-
gungsfrist vorgeschrieben werde, welche Be-
dingung stets in die Concursausschreibung
aufzunehmen sein wird, damit diese Heb-
ammen sich schon im Vorhinein darnach zu
richten vermögen.
betreffend die Einführung einer Kündigungs-
(rist für Bezirkshebammen.
Nachdem im Laufe der Zeit die Erfahrung
gemacht wurde, dass die meisten Bezirks-
hebammenstellen, bei Verzichtleistung der Heb-
ammen auf ihren Dienstesposten sehr lange
weil Mangels eines dies-
die
ohne weiters ihren Posten verlassen und die
hierauf nöthig werdenden Verhandlungen puncto
Wiederbesetzung
unbesetzt bleiben,
bezüglichen Vertrages Bezirkshebammen
Concursausschreibung und
solcher Stellen eine geraume Zeit in Anspruch
nehmen, so findet die k. k. Landesregierung
im Einverständnisse mit dem kärntnerischen
Landesausschusse die Verfügung zu Defien,
dass den zu bestellenden Bezirkshebammen von
Hievon werden die k. k. Bezirkshaupt-
mannschaften zur Kenntnissnahme und Dar-
nachachtung in einschlägigen Fällen mit dem
Auftrage benachrichtiget, allen vor dem 15. De
cember 1898 angestellten, im dortigen politi-
schen Bezirke ansässigen Bezirkshebammen den
gleichen Vorgang bei ihrer eventuellen Kündi-
gung dringend anzuempfehlen und ihre dies-
beziiglichen Erklärungen binnen 2 Monaten
anber zur Einsicht und Vormerkung vorzu-
legen. Den nach dem 15. December 1898 an-
gestellten Bezirkshebammen wurde vom kärnt-
nerischen Landesausschusse im Ernennungs-
decrete bereits die zweimonatliche Kündigungs-
nun an für den Fall der Lösung des Dienstes- | frist vorgeschrieben.
— 127 —
Bei dieser Gelegenheit wird den k. k. Be- | ausschreibungen in der Regel einen Termin von
rirkshauptmannschaften bei dem Umstande, | höchstens 3 Wochen aufzunehmen und die An-
als die Wiederbesetzung solcher Stellen vielfach | träge auf Verleihung von Bezirkshebammen-
ohne Grund ungebürlich in die Länge gezogen | stellen so schnell als möglich anher in
wird, die Weisung ertheilt, in die Concurs- ' Vorlage zu bringen.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung am 6. Februar d. J. wurde an Stelle des in den Ruhestand
getretenen und aus dem Landes-Sanitätsrathe geschiedenen Vorsitzenden Hofr. Dr. Ritterv. Karajan
der k. k. Regierungsrath und Polizei-Chefarzt Dr. Andreas Witla¢il zum Vorsitzenden und
der k. k. Regierungsrath, Director der k. k. Krankenanstalt Rudolfstiftung Dr. Anton Ullmann
zum Stellvertreter des Vorsitzenden gewählt.
Bei Berathung der Verhandlungsgegenstinde wurde ein Comité zur Festsetzung jener
hygienischen und sanitätspolizeilichen Massnahmen gewählt, welche bei der Anwendung
der Untersuchungsmethode mittelst Röntgenstrahlen zu diagnostischen und Heilzwecken zu
beobachten sind.
Ferner wurde über die Zulässigkeit der Ausübung der Praxis durch eine angeblich
geisteskranke Hebamme in einer Gemeinde Niederösterreichs die Aeusserung abgegeben.
Anlässlich der mehrfach vorgekommenen Fälle, dass von wüthenden oder wuth-
verdächtigen Thieren verletzte Personen erst nach Ablauf einer längeren Zeit nach der
Verletzung und ohne die nothwendigen Documente und Anweisungen der Schutzimpfung zu-
geführt werden, so dass wegen verspätet eingeleiteter Behandlung ein günstiger Erfolg nicht er-
zielt werden konnte oder für die Aufnahme der Verletzten in die Behandlung sich mannigfache
Schwierigkeiten herausstellten, beantragte der Sanitätsrath, dass neuerdings eine kurzgefasste
Belehrung über die Nothwendigkeit der rechtzeitigen Einleitung der Behandlung, sowie über den
weiteren Vorgang bei der Einbringung der Verletzten hinausgegeben werde und zur weitesten
Verbreitung gelange.
In dieser Belehrung wäre besonders hervorzuheben, dass die Behandlung, soweit dieselbe
ambnulatorisch stattfindet, unentgeltlich vorgenommen wird und bei leichten Fällen 14, bei schwereren
20—30 Tage in Anspruch nimmt.
Im Interesse einer verlässlichen Wirkung der Behandlung ist es erforderlich, dass dieselbe
bereits in den ersten Tagen nach der Verletzung beginne. Bei bereits eingetretenen Erscheinungen
der Wuth ist dieselbe nicht mehr anwendbar.
Nachdem erfahrungsgemäss die Kostenfrage zumeist die Ursache der verspäteten Einbringung
der Verletzten bildet, sprach sich der Sanitätsrath dafür aus, dass für die Bestreitung der Kosten
des Transportes und der Verpflegung der Behandelten in geeigneter Weise vorgesorgt werden möge.
Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung über eine Privatheilanstalt für
Geistes- und Nervenkranke wurde fortgesetzt und der Fortbetrieb der Anstalt unter gewissen
Bedingungen beantragt.
In der am 20. Februar l}. J. stattgefundenen Sitzung erstattete der Landes-Sanititsrath
über die seitens der Aerztekammer erfolgte Anregung betreffend die von den Anhängern des
sogenannten Naturheilverfahrens gegen die wissensehaftliche Medicin, sowie gegen
staatliche sanitäre Einrichtungen betriebene Agitation Vorschläge, welche dahin abzielen, diese
in sanitätspolizeilicher Hinsicht so wichtige Angelegenheit in ihrer Beziehung zur öffentlichen
Gesundheitspflege zu regeln.
Ferner wurde für die erledigte Stelle eines niederösterreichischen Landes-Thier-
arztes ein Besetzungsvorschlag erstattet.
Zum Schlusse wurde über die hygienischen Verhältnisse auf der Abtheilung
einer k. k. Krankenanstalt in Wien ein Gutachten abgegeben.
Salzburg. In der Sitzung am 10. Februar d. J. wurde nach Mittheilung des Einlaufes
seit der letzten Sitzung auf das Verfahren der staubfreien Beseitigung des Strassen-
kehriehtes nach Leopold Bürger, über welches eine Brochure vorlag, aufmerksam
gemacht und beschlossen, der Stadtgemeindevorstehung Salzburg im Wege der k. k. Landes-
— 128 —
regierung nahezulegen, eine den hygienischen Grundsätzen mehr entsprechende Art der Beseiti-
gung des Strassenkehrichtes einznführen, als diejenige, welche gegenwärtig geübt wird.
Hierauf trug Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Schumacher das Referat über die
Massnahmen zur Hintanhaltung einer missbräuchlichen Verwendung des sogenannten Aus
reuters vor.
Am Schlusse desselben wurde der Antrag gestellt und angenommen, dass nur das Verbot
des Handels mit Ausreuter im gemahlenen Zustande die Hintanhaltung einer missbräuchlichen
Verwendung dieses Productes erfolgreich durchzuführen geeignet wäre.
Bezüglich des Initiativantrages des ausserordentlichen Mitgliedes des k. k. Landes-Sanitäts-
rathes Mag. pharm. Ritter v. Angermayer, betreffend Führung des aus dem Auslande
bezogenen Tetanus-Heilserums wird nach dem Referate des Primararztes Dr. Göttinger
beschlossen:
1. Das Behring’sche Tetanus-Heilserum an Stelle des viel theuereren italienischen von
Pizzoni zu empfehlen, da es bei viel billigerem Preise ebensoviel leistet.
2. Durch die k. k. Landesregierung das Apothekergremium zu veranlassen, dass dieses
Heilserum zu einem festen Preise in der Stadt Salzburg gehalten werde.
Nach diesem Beschlusse referirte Stadtphysicus Dr. Sieber über eine im Hotel Europe
in Salzburg beabsichtigte Badeanlage und erklärte die Localitäten und Einrichtung derselben
vom sanitären Standpunkte aus entsprechend.
Zum Schlusse berichtete Landesregierungsrath Dr. Sacher über das Ergebniss der
Impfungen im Kronlande Salzburg im Jahre 1898 und stellte den Antrag, dass den Aerzten
und anderen Persönlichkeiten, welche sich um die Impfung verdient machten, wie in den voraus
gegangenen Jahren die Anerkennung in der amtlichen Salzburger Zeitung, sowie mittelst eines
Decretes der politischen Bezirksbehörde bekanntgegeben werde.
Alle diese Anträge fanden ihre Annahme.
Steiermark. Verhandlungsgegenstände in den Sitzungen am 28. Jänner und 11. Februar|.J.:
1. Gutächtliche Aeusserung über das Project zur Errichtung einer Fäcaliensturzbrücke
in Graz.
2. Gutächtliche Aeusserung über den Recurs des J. B. u. Cons. wegen Aufstellung und
Betrieb eines Gasmotors durch die Firma C. W. in Graz.
3. Gutächtliche Aeusserung über die aus sanitären Rücksichten erfolgte Scehliessung
der Schule in Vorau.
4. Gutächtliche Aeusserung über den Vertrieb eines als Heilmittel angekündigten
elektrischen Apparat es.
5. Gutächtliche Aeusserung über das Ansuchen des Dr. G. v. H. um Ertheilung der
Concession für die Errichtung einer Wasserheilanstalt in Topolschitz.
Schlesien. Die am 12. Jänner 1. J. abgehaltene Sitzung eröffnete der Vorsitzende mit einer
an den k. k. Statthaltereirath Dr. Netolitzky gerichteten Begrüssungsansprache, in welcher
er dem Genannten anlässlich der ihm zu "Theil gewordenen Allerhöchsten Auszeichnung und zur
Ernennung zum Landessanitätsreferenten in Niederösterreich die Glückwünsche des Landes-
sanitätsrathes sowie das Bedauern über sein Scheiden zum Ausdruck brachte.
Hierauf wurde zur Berathung der folgenden Tagesordnung übergegangen.
1. Gutächtliche Aeusserung betreffend die Concessionirung einer Kaltwasserheilanstalt
in Nieder-Hillersdorf. (Referent: S. R. Dr. Fizia).
2. Begutachtung des Projectes fiir die Errichtung einer Canalanlage in der Stadtgemeinde
Odrau. (Referent: S. R. Dr. Tischler.)
3. Gutachten betreffend die Erklärung einer Badeanstalt in Neu-Erbersdorf als Natur-
heilanstalt. (Referent: S. R. Dr. Husserl.)
4. Gutächtliche Aeusserung über die Eignung eines Bauplatzes zur Errichtung eines
Krankenhauses der Elisabethinerinnen in Teschen. (Referent: S. R. Dr. Boeck.)
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Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
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Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
L Rothenthurmstrasse 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Prénumerationspreis bei directer Postsusendung gansj&hrig &. 6.—.
> —
XI. Jahrgang. | Wien, 6. April 1899. Nr. 14.
Inhalt. Fortschritte der Organisation des Gemeinde-Sanitätsdienstes in Niederösterreich. —
Vermischte Nachrichten: Massnahmen gegen Flecktyphus; Verkauf von Pagliano-Syrup; Stand der
Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich.
Fortschritte der Organisation des Gemeinde-Sanitätsdienstes in
Niederösterreich.
Wenige Jahre nach Auflassung des niederen medicinisch-chirurgischen Studiums
erhoben sich in der Tages- wie in der Fachpresse Stimmen, welche den da drohenden,
dort eingetretenen Aerztemangel auf dem Lande besprachen, die Ursachen desselben
erörterten und als solche in erster Reihe die Einführung nur einer Kategorie von
Heilpersonen, welche wegen der längeren Dauer des kostspieligen Studiums höhere
Anforderungen stellen, bezeichneten. In der That war die Zahl der Heilpersonen trotz
des ansehnlichen jährlichen Zuwachses von solchen, auf dem Lande in Abnahme
begriffen, wogegen jene ir den Städten und grösseren Gemeinden sich von Jahr zu
Jahr vermehrte. Diese Klagen wurden zunächst aus jenen Ländern laut, in denen
dank den in schon weit zurtickliegender Zeit mit ‘vollem Verständnisse für die Be-
dürfnisse der Bevölkerung getroffenen Einrichtungen ein das ganze Gebiet umfassendes
Netz chirurgischer Gewerbe geschaffen worden war. Zu diesen Ländern zählte auch
Niederösterreich. Am Schlusse des Jahres 1875, mit welchem Zeitpunkte die fernere
Erwerbung wundärztlicher Diplome eingestellt wurde, übten ausserhalb der drei Städte
mit eigenem Statute in den politischen Begzirken Niederösterreichs 254 Aerzte und
954 Wundärzte die Praxis aus und musste ein häufigerer Abgang der letzteren all-
málig dahin führen, dass sachverständiger Beistand in Erkrankungsfällen immer
schwerer zu beschaffen war, wenn die Lücken nicht mit Aerzten ausgefüllt wurden.
Lag es daher nahe, die Aufhebung der sogenannten Chirurgenschulen als die
wahre und ausschlaggebende Ursache des Aerztemangels zu beschuldigen, so unter-
suchte man doch nicht näher die Ursache, aus welcher die Ausfüllung der entstandenen
Lücken unterblieb und man beschränkte sich mit dem Hinweise auf die Thatsache,
dass die jungen Aerzte mit Vorliebe die Städte als Niederlassungsorte wählen. Dass
die Existenzbedingungen für einen nach jahrelangem, mit einem grossen Geldaufwande
verbundenem Studium in das practische Leben eintretenden Arzt auf dem Lande
vielfach ganz ungentigende waren, dass die socialen Verhältnisse in Gegenden, welche
vom Verkehre weit abliegen, zur Wahl für ständigen Aufenthalt nicht einladen konnten,
14
— 130 —
übersah man. Erst der Erfolg der nun in fast allen Ländern eingeführten Organisation
des Gemeinde-Sanitätsdienstes beweist, dass auch junge Aerzte auf das Land gehen.
wenn ihnen die Mittel für ein gewiss oft genug nur sehr bescheidenes Auskommen
gesichert werden.
Unter den Ländern, in welchen der weitere Ausbau der gesetzlich eingeführten
Organisation des Gemeinde-Sanitätsdienstes eine zielbewusste stetige Förderung findet,
nimmt Niederösterreich einen hervorragenden Platz ein. Die Landesvertretung beschränkt
sich nicht auf die Erhaltung des Standes der einmal getroffenen Einrichtungen in
diesem Zweige der Verwaltung, sucht vielmehr denselben fortwährend zu verbessern
und zu vervollkommnen, um auch den Bewohnern des flachen Landes und abgelegener
Gegeuden Aerzte zuzuführen und den Gemeinden die ihnen obliegende Pflicht der
Fürsorge für Erreichbarkeit sachverständigen ärztlichen Beistandes in Erkrankungs-
fällen zu erleichtern.
In Nr. 46 des Jahrg. 1897 des Blattes wurden einem an den niederösterreichischen
Landtag erstatteten Berichte des Landesausschusses entnommene Daten über die
Fortschritte dieser Organisation mitgetheilt. Seither hat Dr. Karl Kostersitz,
welchem diese Agenden im Landesausschusse zugewiesen sind, und dessen Karte der
Sanititssprengel Niederisterrcichs auch heute noch ein Unicum ihrer Art bildet, in
der »Statistischen Monatschrift«*) eine erschipfende Darstellung aller fiir die Frage in
Betracht kommenden Verhältnisse für das Jahr 1897 veröffentlicht, welche im Vereine
mit den für das Jahr 1898 vorliegenden amtlichen Nachweisungen dem Nachstehenden
zu Grunde liegt.
Im Jahre 1897 bestanden 465, im Jahre 1898 461 Sanitätssprengel, nämlich
in jedem der beiden Jahre 107 selbstständige Sanitätsgemeinden, im ersteren Jahre
358. im letzten 354 Sanitätsgemeindegruppen. Da die Gemeindegruppen im gegen-
scitigen Uebereinkommen der Gemeinden freiwillig, wenn aber ein solches nicht zu
Stande kommt, von der Statthalterei im Einvernehmen mit dem Landesausschusse
gebildet werden, wobei selbstverständlich die bestehenden localen Verhältnisse mass-
gebend sind, Wünsche der Gemeinden möglichste Berücksichtigung finden, ergeben
sich begreiflicher Weise immerfort Veränderungen durch Auflassung, beziehungsweise
Neubildung von Gruppen oder Ausscheidung von Gemeinden aus und Zuweisung
derselben an andere Nachbargruppen. Es lehrt nicht selten auch erst die Erfahrung.
dass die für einzelne Gruppen bestellten Gemeindeärzte die Existenzbedingungen nicht
tinden, die Aerzte ihre Posten aufgeben und in Folge dessen erst neue Abgrenzungen
festgestellt werden müssen.
Die Zahl der im Gemeinde-Sanitätsdienste angestellten Heilpersonen umfasste
187 . . . . . . 272 Aerzte, 164 Wundiirzte, zusammen 436
1898: 2-2: & 2 o 2 2B 3 162 » » 440
In der überwiegenden Mehrzalıl der selbstständigen und Gruppen von Sanitäts-
gemeinden ist ein Gemeindearzt bestellt‘ 7 Gemeinden haben mehrere (2—4) Ge-
meindeärzte. Mehrere Gemeindeärzte versehen den Dienst ausser in ihrem eigenen,
auch in benachbarten Sprengeln. Ohne eigene Gemeindeärzte waren im Jahre 1897
36, Ende 1898 27 Sanitätssprengel.
Hinsichtlich der fixen Bezüge der niederösterreichischen Gemeindeärzte stellen
sich von Jahr zu Jahr günsticere Verhältnisse heraus. Von Seite der Gemeinden
wurde im Jahre 1897 cin Gesammtbetrag von 116.682 f., im Jahre 1898 von
118.687 fl. für feste Entlohnung ihrer Sanitätsorgane zugesichert. Die dem einzelnen
Gemeindearzte von der Gemeinde ausgezahlten Bezüge schwankten im Jahre 1893
zwischen 33 fl. 87 kr. und 1000 fl, beit ugen im Durchschnitte für eine Gemeinde
beziehungsweise Gemeindegruppe 257 fl. (im Vorjabre rund 251 fl).
*) Jahrg. 1898, VI. bis VII Heft.
Fe
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— 132 —
Am günstigsten stellt sich dieses Verhaltniss in den Bezirken Baden mit 359 4,
Hietzing mit 329 fl, Korneuburg mit 326 fl., Floridsdorf mit 305 fl, Bruck mit
303 fl, wogegen der Durchschnittsbetrag an den von der Gemeinde bestrittenen
Bezügen in den Bezirken Zwettl und Waidhofen a. d. Th. sich auf 206 fi. beziehungs-
weise 205 fl. beläuft und im Bezirke Horn auf 200 fi. sinkt.
Verhältnissmässig ungleich besser als von Seite der betheiligten Gemeinden
werden gemeindeärztliche Posten von Seite des Landes dotirt. Der Landtag bewilligte
in den Jahren 1886 und 1887 zur Subventionirung von Gemeinden behufs Gewinnung
von Gemeindeärzten einen Betrag von je 3000 fl. Im Jahre 1888 wurden diese Sub-
ventionen auf 6000 fl., 1889 auf 20.000 fl. und in der Folge fast alljährlich erhöht,
so dass dieselben 1892 50.000 fl, 1895 70.000 fl. erreichten. Für das Jahr 1898 war
die Subvention mit 100.000 fl. präliminirt, welcher Betrag aber nicht vollständig
zur Ausgabe gelangte.
Im Jahre 1897 bezogen 239 Sanitätssprengel Landessubventionen, im Jahre
1898 aber 254 (38 selbstständige und 226 Gruppen von Gemeinden).
Das Ausmass der flüssig gemachten einzelnen Subventionen schwankt je nach
der finanziellen Lage der unterstützten Gemeinden zwischen 100 und 700 fl., betrug
im Jahre 1898 im Durchschnitte 359 fl. (im Vorjahre 356 fl.). Auf mehr als 400 il.
im Durchschnitte beliefen sich die Landessubventionen in den Bezirken: Lilienfeld
438 fl., Melk und Scheibbs je 410 fl, Krems 409 fl. und Amstetten 406 fl., dagegen
auf weniger als 300 fl. in den Bezirken: Baden 294 fl, Floridsdorf 286 fl. und
Mistelbach 267 fl.
Für die Sanitätssprengel, welche Landessubventionen beziehen, werden die Ge-
meindeärzte vom Landesausschusse im Einvernehmen mit der Statthalterei ernannt.
Der betreffenden Gemeinde steht nur das Recht des Vorschlages zu.
Im Durchschnitte belief sich das fixe Einkommen eines Gemeindearztes (aus
den Beiträgen der Gemeinden und aus Landessubvention) im Jahre 1897 auf 430 fl.
im Jahre 1898 auf 477 fl.
Ausser diesen fixen Bezügen fliesst vielen Gemeindeärzten auch noch für Armen-
behandlung, ferner in der Eigenschaft als Fabriks-, Werks-, Krankencassen-, Bahn-
ärzte ein Einkommen zu. Mit dem eigentlichen gemeindeärztlichen Dienst ist in ge
wissem Sinne zur die Armenbehandlung verknüpft. Dr. Kostersitz beziffert den
Aufwand für ärztliche Armenbehandlung in Niederösterreich auf 38.606 fl. In den
Bezirken ist aber dieser Betrag sehr verschieden, bewegt sich zwischen 680 tl
(Lilienfeld) und 3327 fl. (Floridsdorf), betrug im Mittel per Bezirk 1930 fl. und per
Sanitätsgemeinde 83 fl. Die auf eine Sanitätsgemeinde entfallenden Beträge schwanken
zwischen 40 fl. 54 kr. (Korneuburg) und 179 fl. 58 kr. (Scheibbs) ferner die Aus
gabe per Kopf der Bevölkerung zwischen 1:5 kr. (Korneuburg) und 6'8 kr. (Scheibbs'.
Für das Jahr 1898 liegen vollständige Nachweisungen hierüber nicht vor.
Rechnet man die Vergütung für Armenbehandlung (1897) zu den für Berorgung
des Gemeindesanitätsdienstes entfallenden Bezügen, so ergibt sich im Jahre 1897 für
einen Gemeindearzt ein durchschnittliches fixes Einkommen von 513 fl., im Jahre
1898 von 560 fl. In den einzelnen politischen Bezirken ergaben sich nach den vor-
liegenden Nachweisungen für diese Bezüge folgende Durchschnittsbeträge: Scheibbs
779 fl, Krems 669 fl, Lilienfeld 643 4, Melk 628 fl, Tulln 616 fl, Baden 599 tl,
Zwettl 597 fl., Waidhofen a. d. Th. 588 fl, Wiener-Neustadt 587 fl., Korneuburg 561 f.,
Hietzing - Umgebung 555 H. Neunkirchen 518 fl, Amstetten 512 fl, Mistelbach
506 fl., Bruck a. d. L. 503 fl., Floridsdorf 477 fl., Horn 446 fl., Oberhollabrann 398 fi.,
St. Pölten 380 fl., Mödling 378 fl.
— 133 —
Vermischte Nachrichten.
Massnahmen gegen Flecktyphus. Die k. k. Statthalterei in Prag hat nachetehende Be-
lehrung über die Vorsichtsmassnahmen beı vorkommenden Flecktyphuserkrankungen unter der Be-
völkerung Böhmens vertheilt:
„Der Flecktyphus ist eine Krankheit, welche in unseren Gegenden nur durch Ansteckung,
d. h. durch Uebertragung vom Menschen auf den Menschen oder durch die Effecten kranker
Menschen hervorgerufen zu werden pflegt.
Während er bei jenen Bevölkerungsschichten, welche sich geordneter Lebensweise, einer
ausreichenden Nahrung und einigermassen entsprechenden Wohnung erfreuen, nur sehr selten
eine grössere, sogenannte epidemische Verbreitung gewinnt, findet er, wenn er einmal in die
schlecht gelüfteten, von Schlafgebern überfüllten Wohnungen der Aermsten von zugewanderten
Kranken eingeschleppt worden ist, unter den Insassen zahlreiche Opfer, ebenso wie in Schlaf-
herbergen, Arresthäusern u. dgl., und man sah ihn namentlich in früheren Zeiten häufig im Ge-
folge schwerer Hungersnoth, in schlecht verpflegten Armeen u. s. w. sich ausserordentlich ver-
breiten. Daher die Bezeichnung „Hungertyphus“ oder „Kriegstyphus“. Ob er unter solchen ganz
besonders ungünstigen Verhältrissen sich selbstständig entwickeln könne, oder ob er wenigstens
in Europa jederzeit nur durch Einschleppung entstanden ist, lässt sich noch nicht mit Bestimmt-
heit entscheiden. Die letzten Ausbrüche dieser Seuche in unseren Gegenden haben sich seit
Jahrzehnten mit Sicherheit auf die Einschleppung aus den östlichen Gegenden Europas zurück-
führen lassen.
Die ersten Fälle, welche bei uns zur Beobachtung kommen, betreffen meistens zugereiste,
unterstandslose Personen, Bettler, Wandersleute, am allerhäufigsten Landstreicher; und die
nächsten Erkrankungen sieht man bei uns regelmässig bei solchen Personen auftreten, welche
berufsmässig mit Leuten der ersterwähnten Kategorie zu thun haben, das sind Gefangenaufseher,
Polizeiorgane, Wirthe, Krankenwärter und Aerzte.
Mit dem bei uns leider noch immer heimischen (endemischen) Unterleibstyphus (Abdominal-
typhus, Nervenfieber) hat er nur den Namen gemein, ist aber eine von demselben absolut ver:
schiedene Krankheit und verbreitet sich, wie schon erwähnt, nur durch Ansteckung, während
bei dem Unterleibstyphus die Ansteckungsgetuhr von Person zu Person eine ausserordentlich
geringe ist, wogegen diese letztere Krankheit hauptsächlich durch Verunreinigung des Bodens,
des Trinkwassers, der Nahrungsmittel mit den Krankheitskeimen verbreitet wird. Während aus
dem letzteren Grunde die Gefahr der Verbreitung des Unterleibstyphus für alle Bevölkerungs-
classen eines Ortes fast gleichmässig besteht, werden beim Flecktyphus mit Ausnahme der schon
erwähnten berufsmässig oder durch ihre Lebensweise der Ansteckung ausgesetzten Personen oder
deren Angehörigen, andere Leute nur ausserordentlieh selten und nur dann, wenn sie mit Fleck-
typhuskranken zusammenkamen, von der Krankheit befallen.
Der wesentlichste Punkt zur Vorbeugung der Ausbreitung des Flecktyphus ist deshalb
die Verhütung der direeten Ansteckung durch Kranke oder deren Effeeten. Daher dürfen solche
inficirte Effecten weder verschleppt, noch ohne Desinfection verschenkt oder in andere Wohn-
räume gebracht werden. Es ergibt sich hieraus, dass man die Flecktyphuskranken so rasch als
möglich in geeigneter Weise isoliren, sie in entsprechend geräumige Krankenzimmer mit guter
Ventilation bringen, ihre Kleidungsstücke und sonstigen Effecten einer sofortigen und wirksamen
Desinfection unterziehen soll. Die Rücksicht auf die gewöhnlich sehr beschränkten und ärmlichen
Lebensyerhältnisse der zuerst Erkrankten, welche meist obdachlos sind, aber auch bei anderen
Leuten die Rücksicht auf die Verhütung einer Erkrankung in der Umgebung macht es noth-
wendig, dass die Erkrankten so rasch als möglich den nächsten Isolirräumen der Gemeinden
oder den öffentlichen Krankenanstalten übergeben werden, wo für die nöthige Pflege, für die
ihrer Krankheit entsprechende Unterbringung und Wartung, sowie für die geeignete, ständige
Behandlung gesorgt ist. Die Flecktyphuskranken in der Privatpflege zu belassen, ist nur dann
statthaft, wenn diese Voraussetzungen, die das Wohl der Kranken selbst betreffen, vollständig
ohne Gefährdung der Nachbarschaft erfüllt werden können. Solche Kranke sind in ihrer Wohnung
vollständig zu isoliren und jeder, der nicht unmittelbar mit ihrer Pflege zu thun hat, von dem
Verkehre mit ihnen absolut auszuschliessen. Die Hausgenossen des Kranken ebenso wie die zu
seiner Uebertragung bestimmten Personen, ferner die mit dem Kranken etwa angekommenen
Begleiter, welche in seiner Krankheit mit ihm in Berührung standen, haben verlässlich ihre
Kleider zu desinficiren, sind in Evidenz zu halten, und hinsichtlich ihrer Gesundheit zu über-
wachen. Als gewissenlos muss die Uebung bezeichnet werden, fiebernde Dienstboten ohne vor-
herige ärztliche Constatirung ihrer Krankheit in Epidemiezeiten zu ihren Verwandten und nicht
— 134 —
in die zur Beobachtung bestimmten Isolirloeale zu schieken. Auf diese Weise wird die Krankheit
leider häufig in Landgemeinden verschleppt. Da der Krankheitsstoff auch an den Eftecten,
Kleidungsstücken, den Bettfournituren und selbst an der Zimmereinrichtung haften kann, so sind
für diese Gegenstände die vorgeschriebenen Desinfectionsmassregeln auf dag sorgfältigste auszu-
führen. Die Ausführung dieser Massregeln ist umso nothwendiger, als man sich gegen den Fleck-
typhus nicht ähnlich wie gegen die Blattern, etwa durch eine Impfung, schützen kann. Für alie
diejenigen Gegenstände, welche die B=handlung mit strömendem Dampfe vertragen, ist diese Des-
infeetionsweiee die zweckmässigste und ist in den hiezu in den Gemeinden vorräthigen Desin-
fections-Apparaten vorzunehmen. Die Wäsche kann mit Seife ausgiebig gekocht werden. Nach
Ablauf der Krankheit oder nach der Ueberführung des Kranken in ein Isolirspital, ist die
Wohnung ausnahmslos zu desinficiren sammt allen Etfeeten und dem Mobilar der Krankenstube;
die Wände sind, wenn sie nicht einen Oelanstrich besitzen, der ihr Abwaschen mit (2 —3per-
centiger) Lysol- oder Lysitollösung gestattet, abzukratzen und frisch zu tüncben. Subsidiär können
Formalindämpfe zuerst vor der späteren detaillirten Desinfection einzelner Gebrauchsgegenstánde
zur oberflächlichen Desinficirung des Krankenzimmers verwendet werden. Tapeteniiberziige der
Wände sollen bei der Unmöglichkeit, sie gehörig zu desinfieiren, vollständig erneuert werden.
Der Fussboden ist mit Schmierseife ausgiebig zu waschen, die Bettstätten, wo möglich, mit
strönendem Dampfe zu desinfieiren, mindestens aber nacheinander mit starker Lysol- oder Lysitol-
lösung und dann mit Seife zu waschen. Gebrauchte Bett- und Leibwäsche sollen bereits im
Kranpkenzimmer durch 12 Stunden in der erwähnten Desinfectionsflüssigkeit belasseu werden,
ehe sie durch Auskochen mit Seife vollständig gereinigt werden (um Ansteckung beim Waschen
zu verhüten). Auch Bücher und Schriften, welche ein Fleektyphuskranker benützt hat, können
die Uebertragung der Krankheit vermitteln; sind daher, falls sie wieder benützt werden müssen,
vorher einer gründlichen Desinfection in trockener 150 Grad übersteigender Hitze zu unterziehen.
Die Leichen etwa Verstorbener sollen nicht ausgestellt, sondern in ein mit 5percentiger
Carbollösung getränktes Leintuch gehüllt, eingesargt und vor der Beerdigung keine Paramente
verwendet werden. Die Ueberführunz von Kranken und Verstorbenen in andere Ortschaften ist
nicht statthaft. Die Leichen sind nicht in der Wohnung bis zur Bestattung zu belassen, sondern
in die Leichenkammer zu überführen und auf dem ortszuständigen Friedhofe beizusetzen. Auch
der Harn und der Stuhl der Kranken sollen, bevor sie ausgeschüttet werden, desinficirt werden,
da es möglich ist, dass sie die Krankheitskeime enthalten. Hiezu kann Kalkmileh, Carbol, Lysol
oder Jiysitol verwendet werden; jedoch ist eine Vermischung und mebrstündige Einwirkung des
Desinfectionsmittels mit dem Inbalte zur vollen Desinfection nöthig. Dasselbe gilt von dem Aus-
wurfe, welcher namentlich in denjenigen nicht seltenen Fällen zu berücksichtigen ist, wo sich zu
dem Flektyphus eine Lungenentzündung gesellt. Die zur Desinfection nothwendigen Geräth-
schaften sind von verlässlichen Firmen, ebenso wie die Desinfectiorsmittel zu beziehen. Die ge-
nannten Deisnfectionsmittel sind in vorgescehriebener Qualität in jeder Apotheke vorräthig.
Ein wichtiges Erforderniss zur Verhütung der Verbreitung ist eine möglichst frühzeitige
Erkennung der Krankheit; diese hat grosse Schwierigkeiten. Der allererste Anfang gleicht für
den Laien dem aller anderen schweren fieberhaften Infeetionskrankheiten: ein mässig hobes Fieber
(ungefähr 39 Grad C.), öfter mit Frösteln, zuweilen mit Schüttelfrost, eine ungewöhnlich grosse
allgemeine Mattigkeit, Appetitverlust, mauchmal leichte Röthung der Augen, des Schlundes,
eröffnet die Krankheit. Erst nach 4—5 Tagen, wenn die Temperatur schon eine Höhe von bei-
nahe 4U Grad erreicht hat, bricht allmählich ein aus zahlreichen, Rumpf und Gliedmassen be-
deckenden, mohn- bis hanfkorngrossen rothen, von leicht rosenrothem Hofe umgebenen Knötchen
oder grösseren, masernähnlichen Flecken bestehender Ausschlag aus, zu dem sich später, etwa
zu Ende der ersten Woche oder zu Anfang der zweiten punktförmige kleine Blutergüsse (so-
genannte Petechien) gesellen,
Die Unterscheidung dieses Ausschlages theils von demjenigen eines gewöhnlichen Unter-
leibstyphus, theils in besonderen Fällen von jenem der Masern, erfordert seitens des Arztes
grosse Erfahrung und ist umso schwieriger, als bei den meist den ärmsten vagahundirenden
Leuten zugehörigen Kranken die Haut durch Ungeziefer verschiedener Art mit allerlei Flecken,
Krusten und Kratzeffeeten bedeckt sein kann. Ansteekend ist aber die Krankheit jedenfalls schon,
bevor der eigentliche Ausschlag des Flecktyphus aufgetreten ist und auch nach dem Schwinden
der Fiebererseheinungen in der Reconvalescenz. Da also der Laie die ersten Zeichen nicht erkennen
kann und da, wenn der Ausschlag auftritt, viele Leute sich angesteckt haben können, so ist es
zur Verhütung des letzteren Falles nothwendig, zur Zeit drohender Epidemiegefahr bei jedem
Menschen, welcher an heftigerem Fieber erkrankt, die Krankheitsursache, so bald als möglich
von einem erfahrenen Ärzte sicherstellen zu lassen, den Kranken bis dahin aber nach Mög-
— 139 —
lichkeit vom Verkehre mit anderen fern zu balten. Ist es schon Menschenpflicht, den Aermsten
der Armen in Krankheitszuständen beizuspringen, so gilt dies in noch erhöhtem Masse zu einer
Zeit, wo eine Krankheit auftritt, welche, wenn sie durch Vernachlässigung grössere Ausdehnung
gewinnt, zahllose Opfer aus der Bevölkerung dahin raffen kann. Die berufenen Hüter des öffent-
lichen Gesundheitswohles sind aber die Aerzte, an deren aufopferndes Wirken man bei solchen
Anlässen in erster Reihe aug>wiesen ist, und deren Rathschläge man auch vertrauensvoll und
pünktlich ausführen soll.
Da es sichergestellt ist, dass Hunger und Noth einerseits, Unreinlichkeit und schlechte
Lebensweise anderseits der Verbreitung der Krankheit ausserordentlich Vorschub leisten, so
sind sofort mit dem Auftreten der ersten Fälle alle Massregeln zu treffen, welche nach den
genannten Richtungen hin Besserung schaffen können. Die erste Aufgabe ist die Sorge für
Unterkunft und Nahrung für die mittellosen und unterkunftslosen Menschen, Reinigung der
Wohnungen, der Höfe, aller verdächtigen Effeeten u. s. w., ärztliche Controle der Asylhäuser,
Verpflegsstationen, Massenherbergen, der Einkehrhäuser, Fuhrwerke und Eiseubahnwägen, welche
von Fiecktyphuskranken benützt worden sind, sind der sorgfältigsten und strengsten Desinfection
nach den bestehenden Vorschriften zu unterziehen. Was die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung
betrifft, so ist die letztere für kräftige und gesunde Leute nicht geringer als für Kranke. Nur
wer die Krankheit bereits in zweifelloser Weise überstanden hat, hat eine geringere Wahrschein-
lebkeit, sich wieder anzustecken, doch werden keineswegs alle Menschen krank, welche mit
Flecktyphuskranken zu thun gehabt haben, sondern nur ein gewisser, wenn auch grosser Bruch-
teil derselben. Jede überflüssige Berührung mit dem Körper der Flecktyphuskranken, soweit es
nicht die Pflicht (Aerzte, Wärtersleute) mit sich bringt, ist zu vermeiden, das llantieren mit
ihren Eftecten (z. B. Kleider, Schriften und dgl.) auf das Nothwendigste einzuschränken, die
Hände nach Berührung mit infectionsverdächtigen Objecten sorgfältig mit Seife zu waschen, auch
Mund und Schlund gut zu reinigen. Bei jenen Leuten, welche wie Aerzte und Wärter mit dem
Haupte den Leib der Kranken berühren mussten, ist Kopf- und Barthaar zu waschen. Es ist
nützlich, zum Schutze der eigenen Kleidung lange und geschlossene Oberkleider zu tragen, wenn
man mit den Flecktyphuskranken berufsmässig zu verkehren hat.
Die Lebensgefahr ist in Friedenszeiten und bei normalen Ernährungsverhältnissen der
Berölkerung keine sehr grosse und kann nach den bisherigen Erfahrungen aus den letzten
Epidemien iu unseren Gegenden derart veranschlagt werden, dass von 100 Kranken etwa 12—15
sterben.
Die Dauer der Krankheit ist eine viel kürzere als beim Abdominaltyphus und beträgt
meist nur 13—14 Fiebertage. Die nachfolgende Erholung braucht lange Zeit, schwere Nach-
krankheiten sind bei uns selten. Wer die Krankheit überstanden hat, ist gewöhnlich ebenso gesund,
wie er vor derselben gewesen war.
Fassen wir also alles Gesagte zusammen, so ist der Flecktyphus zwar ein böser Gast, aber
die Art seiner Verbreitung ist eine so sieher gekannte, dass uns wirksame Massregeln zu ihrer
Verhütung zur Verfügung stehen, die ihren Zweck erreichen, wenn sie gewissenhaft und allseitig
gehandhabt werden. Frühzeitige Erkennung der Krankheit durch sachverständige Untersuchung
aller heberhaften Kranken, frühzeitige Isolirung der erkrankt Befundenen oder Krankheitsver-
dächtigen, Sorge für ausreichende Verpflegung und Behandlung derselben, strenge Desinfection
der Effecten und der Wohnungen, scharfe Beaufsichtirung der Vagabundage sind die beim Aus-
bruche der Seuche wirksamsten Massregeln. Die sicherste Vorbauung aber besteht in der un-
ausgesetzten Sorge für das Wohl der Mitmenschen und insbesondere für eine entsprechende
Unterbringung und Ernährung der ärmsten Bevölkerungsschichten; und in denjenigen Ländern,
welche in den allgemeinen Wohlfahrtseinriehtungen am meisten vorgeschritten sind, ist der
Flecktyphus thatsächlich zu einer ausserordentlich seltenen Erscheinung geworden.“
Verkauf von Pagliano-Syrup. Ueber die von einer politischen Landesbehörde zur Kenntniss
gebrachte Vorstellung, dass der Pagliano Syrup in das Verzeichniss der verbotenen Arznei-
zubereitungen (siehe Jahrgang 1898 d. Bl. Seite 267) aufgenommen wurde, eröflnete das Mini-
sterium des Innern mit dem Erlasse vom 9. September 1898, Z. 29842, dieser Landes-
behérde, „dass die Abgabe des Pagliano-Syrup, dessen Zusammensetzung geheim gehalten wird
und welcher stark wirkende Stoffe enthält, im Sinne der bestehenden Vorschriften verboten ist,
zumal diese zusammengesetzte ausländische Arzneizubereitung in unstatthafter Weise durch Ver-
breitung marktschreierischer Broschüren in Vertrieb gesetzt wird und in wiederholten Fällen bei
amtlicher Confiseirung dieses Priiparates in öffentlichen Apotheken constatirt worden ist, dass
— 136 —
dasselbe durch die vorgeschriebene Bereitungsvorschrift nicht gedeckt war. Es sei daher kein
Grund vorhanden, dieses ala ein Geheimmittel sich darstellende Präparat aus dem gedachten
Verzeichnisse zu eliminiren.*
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode vom
12. März bis 25. März 1899:
in Niederösterreich, im politischen Bezirke Baden: Baden 2, Weikersdorf 2;
in Galizien, in der Stadt Krakau, in den politischen Bezirken: Bobrka: Bakowce 2,
Chodorow 3, Holdowice 14*), Horodyszcze 9, Lubeszka 1*), Nowosielee 5*), Podliski 3,
Trybuchowce 1, Wierzbica 16, Woldatycze 1, Zabokruki 4 und Zagoreczko 1; Borszczow:
Borszezow 1, Losiacz 1, Piszczatynce 2 und Sapahow 5; Brzozow: Ulucz 2 und Wesola 2;
Buczacz: Barysz 12, Jezierzany 5, Potokzloty 2 und Sokolow 4; Chrzanow: Ostreznica 1;
Dobromil: Nowemiasto 1; Gorlice: Malastow 1; Horodenka: Chmielowa 2, Hawrylak 3,
leakow 4, Niezwiska 3*), Obertyn 1, Toporowce 1, Tyszkowce 11, Zukow 2 und Zywaczow 1*);
Husiatyn: Czabarowka 4, Kroguiec 1, Nizborg nowy 1 und Nizborg stary 4; Jaroslau:
Dybkow 1; Kolbuszowa: Mazury 2 und Trzebuszka 3; Kolomea: Balince 1, Gwozdziec
maly 3, Gwozdziec stary 2, Iwanowce 1, Kobylec 6, Rohynia 1 und Zabajpol 4; Kosow:
Chomezyn 5, Stebne 3 und Szeszory 2; Lancut: Albigowa 3; Nadworna: Fitkew 9,
Hwozd 1, Lojowa 3, Majdan gorny 10, Nadworna 3, Przerosl 5, Sadzawka 13, Wulka 1 und
Zielona 3; Niako: Lowisko11; Peczenizyn: Jablonow 2*), Kluczow 1 und Lucza 3; Przemys!:
Kupna 2; Robatyn: Bolszowce 2, Czercze 4, Wierzbolowce 5 und Wiszniow 3; Ropezyce:
Nawsie 2; Rzeszow: Babica 3, Blazowa 2, Krasne 1, Lubenia 12, Rzeszow 1, Ruskawies 1
und Siedliska 10; Sniatyn: Demycze 2, Ilince 1, Roznow 5 und Rudniki 3; Stanislau:
Koihinin 1, Paweleze 1 und Stanislau 1; Stryj: Bratkowce 2; Strzyzow: Luteza 2*);
Tarnobrzeg: Jeziorko 2; Tarnopol: Tarnopol 1; Tlumacz: Horyhlady 1; Trembowla:
Iwanowka 1; Zaleszezyki: Blyszezanka 2, Kulakowce 1, Szezytowce 3, Torskie 9; Zbaraz:
Czahary 2, Hluboczek 3, Roznoszynce 2, Sieniahowka 8, Tarasowka 10,Zaluze 4, Zarudeczko 1,
Zbaraz 11 und Zbaraz stary 3;
in der Bukowina, in der Stadt Czernowitz 7 und in den politischen Bezirken Gura-
humora: Arbora 2; Radautz: Pulna 1*) und Radautz 1; Sereth: Kamenka 12 und Wolczy-
netz 2; Storozynetz: Karapeziu 5, Slobodzia Komarestie 4 und Storozynetz 3.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode
vom 12. März bis 25. März 1899:
in Böhmen in den politischen Bezirken: Brüx: Katharinenberg 1; Jungbunzlau: Neu-
Benatek 1; Karolinenthal: Chabern 1; Landskron: Gutwasser 3, Landsberg 2, Liebenthal 3
und Michelsdorf 1; Raudnitz: Raudnitz 1 und Rohatetz 1;
in Galizien in der Stadt Lemberg 1, in den politischen Bezirken Bobrka: Bobrka 1;
Bohorodezany: Lachowce 23, Manasterezany 5*) und Rosulna 6; Dobromil: Nowemi-
asto 1; Dolina: Witwica 5; Drohobyez: Tustanowice 1; Husiatyn: Celejow 1, Horod-
nica 8, Kluwince 16, Myszkowce 19, Nizborg stary 3, Postolowka 11 und Rakowkat 5; Jaworow:
Nahaczow 24; Kamionka: Dziedzilow 33; Kolbuszowa: Mazury 17 und Sokolow 3;
Lemberg- Umgebung: Szezerzee 1; Mosciska: Bortiatyn 5, Krysowice 5*), Slomianka 12%),
Stojance 5, Tuliglowy 10%) und Twiercza 26; Nadworna: Ostawy biale 32; Peczenizyn:
lablonow 4; Przemyslany: Zamose 5; Skalat: Kolodziejowka 1, Krasne 4, Panasowka 8,
Sadzawki 3, Skalat 11 und Zerebski 1; Sniatyn: Roznow 19; Stanislau: Uhorniki 4
und Wolczvniee 4; Stryj: Kalne 5, Koniucliow 5, Libohowa 12*), Plawie 5 und Zulin 5;
Tarnopol: Ihrowica 5 und Szlacheince 2*); Zloezow; Cecowa 2, Remizowce 3, Skawina
13, Uhorce 14, Zborow 4 und Zloezow 1; Zolkiew: Mohylany 12; Zydaczow: Piaseczna 4.
*) Die mit *) bezeichneten Fiille beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachträglich gemeldete Erkrankungen.
CA REPARA EEE)
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
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Ar + AU SA ATA A ee e
mr ë e r
Das österreichische Sanitåtswesen,
Organ für die Publicationen |
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitaéts-Buchhandler in Wien
i. Rothenthurmeatrasse 18,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direster Postsusendung ganzjährig £. 6.—.
——
ZI. Jahrgang. Wien, 13. April 1899. Nr. 15.
Inhalt. Die Verkohlungsanstalt in Putna. — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Verordnung
und Erlass des Ministeriums des Innern, betreffend die ergänzenden Bestimmungen zur Arzneitaxe. —
Vermischte Nachrichten.
Die Verkohlungsanstalt in Putna.
Von Dr. M. A. Rudnik, k. k. Sanitätsrath und Ober-Bezirksarzt. |
Den Endpunkt des von Karlsberg abgehenden einzigen Zweiges der neuen, erst
Mitte des Jahres 1898 dem Betriebe übergebenen Localbahn Radautz-Karlsberg-Brodina
bildet die Ortschaft Putna. Diese kleine, am Eingange ins Vicenthal reizend gelegene
Gemeinde, welche 1890 zur Zeit der letzten Volkszählung eine Bevölkerung von kaum
1400 Seelen aufzuweisen hatte, ist berühmt durch das daselbst befindliche, reiche
griechisch-orientalische Kloster gleichen Namens, welches der Moldauerfürst Stephan
der Grosse 1466—1469 erbaut und in welchem er auch seine letzte Ruhestätte
gefunden hat. Sie beherbergt seit einer Reihe von Jahren ein grosses Dampfsägewerk,
das Hunderten von Arbeitern Beschäftigung und Lebensunterhalt gewährt und eine
der Eröffnung entgegensehende Cementfabrik. Seit mehr als einem Jahre besitzt die-
selbe auch eine Verkohlungs- oder Holzdestillationsanstalt mit Dampfbetrieb.
Hiedurch hat die Zahl der industriellen Etablissements des Bukowinaer Verwaltungs-
gebietes eine erfreuliche Bereicherung erfahren.
Bei dem niedrigen Niveau, welches die industrielle Entwicklung des Herzog-
thums Bukowina im Allgemeinen aufzuweisen hat, und nachdem zur Zeit blos fünf
derartige Betriebsanlagen in Oesterreich-Ungarn existiren (2 in Galizien, 1 in Ungarn,
2 in der Bukowina), dürfte eine Skizzirung der Anstaltsgebäude, der Art des Be-
triebes und der hiebei gewonnenen Producte, sowie der anlässlich der commissionellen
behördlichen Erhebung, beziehungsweise Collaudirung der mehr als 100 Arbeiter
beschäftigenden Fabriksanlage in technischer und sanitärer Beziehung gemachten
Wahrnehmungen am Platze sein.
Die Gesammtanlage besteht aus folgenden Objecten:
I. dem Holzdestillationsgebäude mit den Unterabtheilungen ol Kesselhaus,
b) Maschinenraum, c) Raspelraum, d) Retortenraum, e) Condensationsraum,
£) Destillationsraum sammt Kiihlhause;
IL einer Kalkdarre;
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III. dem Briquettenraume sammt Werkstätte;
IV. dem Trockengebäude;
V. einem Magazine mit zwei Abtheilungen für fertige Fabrikate;
VI. dem Betriebsgebäude sammt Kanzlei und Fremdenzimmern;
VII. einer Theer-Destillationsanlage;
VIII. einer Wärme- und :
IX. einer Badestube für die Arbeiter und sonstigen Bediensteten.
Das Hauptgebäude ist, ebenso wie die übrigen Objecte, aus Ziegeln erbaut `
und mit Dachpappe gedeckt. Zwischen dem Kessel- und dem Maschinenhause, sowie -
zwischen letzterem und dem Manipulationsraume sind zwei Stück Feuermauern bis
über Dach aufgeführt.
Das Betriebsverfahren, wie es in der Anstalt vor sich geht, besteht in der
Destillation des Holzes auf trockenem Wege und dessen Grundprincipien fussen auf
dem »Patente Bergmann, Zunächst werden die Holzstücke, beziehungsweise die
Holzabfalle auf mechanischem Wege im Holzverarbeitungsraume zerstückelt,
zerkleinert, sodann dieses zerkleinerte Holz gleichfalls auf mechanischem Wege
in eigens zu diesem Zwecke construirten eisernen Apparaten mittelst unge-
spanntem oder auf circa 3 Atmosphären gespanntem Dampfe getrocknet. Hierauf
geschieht das Abtreiben des von seinem Wassergehalte befreiten, trockenen und in
Briquetform gepressten Holzmaterials in schmiedeeisernen Retorten mittelst directer
Heizung durch Holz oder Kohle einerseits und durch die nicht condensirbaren Gase
anderseits (Gewinnung des Rohdestillates). Den Schluss bildet die Verarbeitung des Robh-
destillates, respective der Rohsäure auf Holzgeist, Methylalkohol, eventuell Essig und
essigsauren Kalk vermittelst der fractionirten Destillation in geeigneten, jenen bei der
Spiritusfabrikation ähnlich beschaffenen Apparaten.
Holzkohle und Theer bilden die hiebei gewonnenen Nebenproducte, erstere als
Rückstand der abgetriebenen Retorten, während der Theer sich am Boden der für
die Rohsäure bestimmten Sammelgefässe absetzt.
Als Zwischenstation zwischen den Retorten und den Rohsäure-Percipienten
dienen die sogenannten Condensationskasten. Es sind dies schmiedeeiserne, mit Wasser
gefüllte Gefässe, im Innern mit kupfernem Rohrsysteme ausgestattet, durch welches
das Destillat geleitet und verdichtet wird.
Die nicht condensirten Gase werden an jedem Condenskasten nochmals durch
einen Einzelgaskühler geführt, wo sie eine Wasserschichte durchdringen müssen.
Die Anstalt besitzt 7 Condenskästen mit je 2 Einzelgaskühlern. Aus letzteren
gelangen die nicht condensirten Gase abermals nach einem gemeinschaftlichen,
entsprechend grossen Kühler, einem aus Schmiedeeisen hergestellten, mit eingezogenem
Kühlröhrensysteme und mit Wasserfüllung ausgestatteten Gefässe, und schliesslich
von hier aus in eine eiserne Röhrentour, um vermittelst Anschlussrohren nach den
einzelnen Feuerungsherden der Retorten geleitet zu werden. Einem Rückschlagen der
Flamme in die Röhrentour, respective einer Explosionsgefahr ist durch die ge-
troffenen Anordnungen vorgebeugt. Die im sogenannten Raspelraume aus zer-
kleinerten, getrockneten Holztheilchen hergestellten Holzbriquets gelangen in
schmiedeeisernen Retorten bei Luftabschluss zur Verkolilung, wobei sich allmiilig bei
400 Grad Hitze die condensirbaren, d. h. flüssig werdenden Gase, dann. die unconden-
sirbaren Gase und theerigen Bestandtheile abscheiden. Die flüssigen Antheile (das
Condensat oder die Rohsäure) werden durch Kühlröhren in Holzbottichen gesammelt,
während die nicht condensirten Gase durch Rohrleitungen und geschlossene Kühl-
kästen geleitet, unter den Feuerungen der Retorten verbrannt werden. Die nach
ertolgter Destillation bei Luftabschluss (trockene Destillation) in den Retorten zurtick-
bleibende Kohle wird nach dem Abkühlen in Eisenkästen entleert und zur Herstellung
von Kohlenbriquets (als Brennmaterial) verarbeitet.
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Das rohe Condensat oder die Rohsäure, welche rohe Essigsäure, Holzgeist, Aceton
und Theer enthält, wird in Holzbottichen solange stehen gelassen, bis sich der Theer,
weil specifisch schwerer, abgeschieden hat, welcher mittelst Pumpen in separate
Bottiche geleitet wird, um später in der sogenannten Theerdestillation vom Oel und
der Rohsäure abdestillirt und als reiner Theer zum Streichen von Dachpappe, Im-
prägniren von Hölzern u. dgl. verwendet zu werden, während in der Blase als
Rückstand der sogenannte Asphalt oder das Schusterpech zurückbleibt.
Die vom Theer befreite Rohsäure gelangt mittelst Pumpen und kupferner
Röhren in den Destillirraum, woselbst die Trennung der rohen Essigsäure vom Holz-
geist und Aceton vor sich geht. Dies geschieht in der Art, dass man die Rohsäure in
kupferne Blasen einführt, Dampf in diese einleitet und eine entsprechende Menge von
Kalkmilch zugibt. Es bildet sich essigsaurer Kalk, während der Holzgeist mitsammt
dem Aceton bei 70—80 Grad Wärme überdestillirt und durch Kühlen in geeigneten
Kupfergefässen verflüssigt wird. Dieses flüssige Gemisch wird in einem eisernen
Reservoir gesammelt, um später für sich auf Denaturirungs-Holzgeist, beziehungsweise
auf Methylalkohol verarbeitet zu werden, während die in der Kupferblase zurück-
gebliebene, vom Holzgeist freie, essigsaure Kalklösung nach Filterpressen geleitet wird,
woselbst sie vom Schlamme befreit und in der sogenannten Kalkdarre bis zur Trocken-
beit eingedampft wird. Der so erhaltene Brei gelangt in der Darre auf heisse Eisen-
platten, woselbst die vollständige Trocknung bei einer Temperatur von 100—120 Grad C.
vor sich geht. Der resultirende essigsaure Kalk stellt ein graues, trockenes, körniges
Pulver dar, das nach Farben- oder Essigfabriken abgegeben wird.
Die im Eisenreservoir gesammelte, verdünnte Lösung von Holzgeist enthält,
wie erwähnt, Methylalkohol und Aceton und geschieht deren Verarbeitung entweder
zu denaturirtem Holzgeist oder zu Methylalkohol, und zwar in sogenannten Rectificir-
gefässen — geschlossene Kupferapparate mit Colannen und Kühlgefässen — woselbst
ein Theil des rohen Holzgeistes mit einem gleichen Theile Wasser und etwas Kalk-
milch eingeführt und mit Dampf erhitzt wird.
Man erhält gereinigten Holzgeist oder Denaturirungs-Holzgeist, welcher in Glas-
ballons für sich gesammelt wird oder aber man destillirt den gereinigten Holzgeist
ein zweites Mal mit einem Zusatze von Aetznatronlösung (Natronlauge) und hierauf
ein drittes Mal mit einem Zusatze von Schwefelsäure und übermangansaurem Kali
im genannten Rectificirapparate, wodurch man in den ersten Glasballons den sogenannten
>» Vorlauf< (der wieder zur ersten Operation zurückgeht oder als Denaturirungs-
Holzgeist verwendet wird), während man in den späteren Glasballons reinen Holz-
geist mit '/,—1 Procent Acetongehalt erhält, aus dem man durch Zusammenmischen
der geeigneten Lösungen reinen Methylalkohol mit einem Gehalte von 0'1—0'3 Procent
Aceton herstellt, welcher in Farbenfabriken Absatz findet.
Mit der Rohsäure kommt kein Arbeiter in directe Berührung, der ganze Process
geht vielmehr vollkommen mechanisch und continuirlich vor sich. Auch ist das Auf-
steigen von Rohsäuredämpfen im Innern des Arbeitsraumes ausgeschlossen, da die
Sammelgefässe für die Rohsäure nur kaltes Condensat aufnebmen und der fractionirte
Destillations- und Rectificationsprocess in völlig geschlossenen, untereinander organisch
verbundenen Systemen sich abwickelt. l
In der Kalkdarre befinden sich am Boden mit gusseisernen Platten über-
deckte, in Ziegel und Chamotte erbaute Canäle. Vor derselben liegt die schliessbare
Plan- und Treppenrostfeuerung für Holz und Kohle. Die Feuergase durchziehen die
Canäle und gelangen durch einen tiefliegenden Fuchs in den ausserhalb der Darre
stehenden Kamin. Dieser ist 11 Meter hoch, aus Ziegeln erbaut und besitzt einen
Querschnitt von 60 X 60 Centimeter innerer Lichte.
Die maschinelle Einrichtung in der Briquettirung besteht aus einem
ö0pferdigen, feststehenden Locomobil zum Antriebe von Elevatoren, Mühlen und
Kollergängen, Mischmaschinen und Kohlen für die Kohlenbriquetts.
41°
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Im Trockenofen liegen in von Zwischenwänden aus Ziegeln abgetheilten
Canälen gerippte Eisenröhren, durch welche trockener Dampf streicht. In den Canälen
stehen auf Geleisen eiserne, mit Kohlenbriquetts gefüllte Wagen solange, bis jene
trocken geworden sind und sodann ins Magazin befördert werden, Die Wasserdünste
gelangen durch die Kamine ins Freie.
Das Magazin dient zur Lagerung der Fabriksproducte wie essigsaurer Kalk,
Holzessig, Methylalkohol, Theer, Terpentin, Kohlenbriquetts, ferner für Embailagen,
Schmiermaterialien, Werkzeuge u. dgl. |
Die Anlage ist für eine jährliche Verarbeitung von 15000 Tons Holz projectirt,
wobei 300 Arbeitstage zu mindestens 20 Arbeitsstunden zu Grunde gelegt sind.
Die Dampfmaschine wird circa 120 Pferdekräfte leisten und an Dampfkesseln sind
3 Stück vorgesehen. Ein Hochreservoir im Wasserthurme versorgt die Condensatoren
und Kühler mit dem Bedarf an Kühlwasser, zwei Kaltwasserpumpen, von denen
eine als Reserve dient, übernehmen das Hinaufbefördern des Brunnenwassers.
Im Kesselhause befindet sich u. A. eine Dampfspeisepumpe, welche gleichzeitig
als Feuerspritze zu dienen vermag. |
Die Beleuchtung der ganzen Anlage erfolgt mittelst elektrischer Bogen- und
Glühlampen in ausreichendem Masse.
Der Heizerstand vor den Retorten wird abgedeckt, so dass einer Gefährdung
des die Feuerungen bedienenden Arbeiters vorgebeugt erscheint.
Anlässlich der commissionellen Erhebung der geschilderten, gegenwärtig einer
Actiengesellschaft gehörenden Fabriksanlage, wurden folgende Vorkehrungen vor-
geschrieben: |
1. Strenge Einhaltung der Feuerpolizeivorschriften sowohl beim Aufbaue der
Gebäude, als auch bei Herstellung der Feuerungsanlage; .2. Versehung der Maschinen,
Transmissionswellen oder Treibriemen, Schwung- oder anderen Zahnräder mit Ge-
ländern, Gittern, Verkapselungen, respective Verschalungen; 3. Stiegen oder erhöhte
Arbeitsplateaux haben Geländer zu erhalten; 4. die Eingangsthüren sind entsprechend
gross und nach Aussen zum Oeffnen einzurichten; 5. für gute Beleuchtung der Arbeits-
räume und genügende Ventilation derselben ist Vorsorge zu treffen; 6. Fenster und
Thüren sind so anzulegen, dass keine Belästigung oder Schädigung der Arbeiter durch
Zugluft platzgreife; 7. sämmtliche Räume müssen licht, geräumig, genügend hoch
und luftig sein, mit Kalk übertünchte Wände, sowie wasserundurchlässige Pflasterung
erhalten; 8. das Löschen des Kalkes, die Rectification der Rohsäureproducte ist derart
vorzunehmen, dass die hiebei beschäftigten Arbeiter keiner gesundheitsschädlichen
Atmosphäre oder einer zu hohen Lufttemperatur ausgesetzt werden; 9. die Locomobile
für die Briquettefabrik muss mit den vorgeschriebenen Armaturen und Schutz-
vorrichtungen ausgerüstet sein; 10. simmtliche Arbeitsmaschinen, wie Elevatoren.
Mühlen, Kollergänge, Mischmaschinen und Pressen sollen so aufgestellt werden, dass
deren Bedienung sicher und bequem sei; die rotirenden Theile dieser Maschinen
müssen zweckentsprechende Schutzvorkehrungen besitzen. Auch darf aus keiner dieser
Maschinen Staub in die Arbeitsräume entweichen. Sollte die Thätigkeit der Holz-
verkleinerungsapparate mit Staubentwicklung einhergehen, so müssten dieselben im
Interesse der betreffenden Arbeiter mit einem Exhaustor in Verbindung gebracht
werden; 11. alle Oeffnungen in den Fussbiden, die in Fussböden eingelassenen Bottiche,
ferner Treppen, Gallerien u. dgl. müssen zweckentsprechend eingefriedet, beziehungs-
weise mit Geländern gesichert sein; 12. die Maschinen- und Kesselwärter müssen
ihre fachmännische Eignung durch ein entsprechendes Prüfungszeugniss documentiren;
13. die Vorschriften für den Betrieb, wie sie in der Gewerbeordnung vorgesehen sind,
wären in einem Rahmen, an einem ersichtlichen Orte der Fabrik anzubringen; 14. die
Maschine im Maschinenraume ist mit einem 0:9 Meter hohen Geländer zu umgeben,
desgleichen das Bahnplateau zwischen der Kalkdarre und dem Hauptgebäude durch
ein Geländer zu begrenzen; 15. in allen Arbeitsräumen sollen Tafeln, enthaltend das
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A e Bun P om Ae es
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Verbot des Rauchens, angebracht werden; 16. der Souterrainraum ist während der
Arbeit entsprechend zu beleuchten und für Fremde unzugänglich zu machen; 17. auch
muss der Raum, in dem sich die Batterien befinden, stets abgesperrt gehalten werden;
18. der Fussboden in der Badestube ist aus weichem Holze herzustellen, 19. jener
der Wärmestube im Winter mit Strohmatten zu bedecken.
Zum Schlusse möge das bei der Collaudirung abgegebene sanitäre Gutachten
Platz finden. »Die Betriebsanlage zu Putna befindet sich ausserhalb des bewohnten
Theiles des Dorfes an einer Waldlehne, am Kreuzungspunkte des Vicen- und Putna-
baches, mehrere hundert Meter von den Wohnhäusern entfernt.
Eine Belästigung durch die dem 28 Meter hohen Kamine entsteigenden Rauch-
gase findet nicht statt. Im Retortenraume sind Vorkehrungen getroffen, um die ver-
brennbaren Gase zur Retortenfeuerung durch hermetisch geschlossene Röhren und
Wasserkühlvorrichtungen zurückzuleiten. Im Holzbearbeitungsraume ist die Staub-
entwicklung eine geringe und jedenfalls schwächer, als sie in Brettsägen beob-
achtet wird.
Ein Ausströmen von Dampf oder Gasen in die Arbeitsräume erscheint unter
Rücksichtnahme auf die Ventilationsvorkehrungen und sonstigen Einrichtungen aus-
geschlossen.
Die Arbeitsräume sind durchgehends licht: geräumig, rein gehalten und nicht
iibermässig temperirt.
Bei der angewandten Art des Betriebes findet weder ein Entweichen gas-
förmiger, noch eine Ablagerung flüssiger oder fester Abfallstoffe statt.
Das zur Kühlung der Condensrühren benützte Wasser gelangt durch ange-
brachte Eisenrohrleitung in eine ausserhalb der Anlage befindliche, gemauerte, be-
tonirte und gedeckte Cysterne, von wo dasselbe mittelst Pumpen zur Speisung nach
den Dampfkesseln geleitet wird.
Der Betrieb findet bei Tag und Nacht statt und lösen sich die Arbeiterschichten
nach je 12 Stunden ab. Frauen und Kinder unter 15 Jahren finden hier keine
Verwendung.
Eine Belästigung durch üblen Geruch — abgesehen von einem leichten Theer-
geruche, wie er durch die Natur des Betriebes bedingt ist — macht sich in- und
ausserhalb der Fabriksanlage nicht bemerkbar.
Für vollkommen reines, tadelloses Trinkwasser ist durch Fassung einer ergiebigen,
reinen Quelle Vorsorge getroffen worden.
Sämmtliche in hinreichender Zahl vorhandenen Aborte sind mit Ventilations-
schläuchen versehen, jene für die Werkmeister bestimmten mit Wasserspülung aus-
gestattet. Die Fallrobre münden in betonirte, beziehungsweise cementirte Senkgruben,
aus welchen der Inhalt nach Massgabe des Bedarfes in Fässer entleert und in den
Vicenbach ausserhalb der Ortschaft deponirt wird.
Die Wärmestube, bestimmt als Verweilstätte für die Angehörigen der Arbeiter
und als Speise- und Erholungsraum für die Letzteren, ist entsprechend gross, licht,
heiz- und ventilirbar, besitzt die nöthigsten Einrichtungsstücke und betonirten
Fussboden.
Die Badestube ist ftir Douche- und Wannenbäder eingerichtet, gentigend hell
und geräumig und enthält zwei Metallwannen, sowie ein Thermometer.
Wohnräume oder Schlafstätten für die in der Fabrik beschäftigten Arbeiter,
deren Anzahl zwischen 80 und 106 sich bewegt, sind vorläufig nicht vorhanden.
Doch ist seitens der Betriebsgesellschaft die Erbauung von Arbeiterhäusern in ab-
sehbarer Zeit in Aussicht genommen. Das Gros der Arbeiter recrutirt sich aus Putna
und dem benachbarten Karlsberg und findet bei den Angehörigen Unterkunft.
Es wird demnach vom sanitären und hygienischen Standpunkte gegen die In-
betriebsetzung der Verkohlungs- oder Holzdestillationsanstalt in Putna kein Bedenken
erhoben. «
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Sanitätsnesetze und Verordnungen.
Verordnung des K. k. Ministeriums des
Innern vom 1. April 1899,
R. G. Bl. Nr. 63,
mit welcher ergänzende Bestimmungen zur Ver-
ordnung des Ministeriums des Innern vom
3. December 1898, R. G. Bl. Nr. 219,
betreffend die Arzneitaxe für das Jahr 1899,
erlassen werden.
1. Die in der Arzneitaxverordnung für
das Jahr 1899 vom 3. December 1898, R. G. Bl.
Nr. 219,*) durch die Bestimmungen des $ 10
und $ 12 vorgeschriebenen Vereinfachungen
in der Arzneiabgabe und Ermässigungen der
Arzneiberechnung in den öflentlichen Apotheken
bei Dispensation von Arzneien nach der Ordi-
nationsnorm vom 17. März 1891, R. G. Bl.
Nr. 45,#*) haben bei der Arzneiabgabe für Rech-
nung der nach dem Krankenversicherungs-
gesetze vom 30. März 1888, R. G. Bl. Nr. 33,
eingerichteten Krankencassen — insoferne nicht
durch das ärztliche Recept besondere Verord-
nungen gegeben sind — stets zur Anwendung
zu kommen.
Dasselbe gilt hinsichtlich der Bestimmung
des $ 18 der gedachten Ordinationsnorm, wor-
nach für die in gebrauchsfähigem und gehörig
gereinigtem Zustande in die Apotheke zurück-
gebrachten Arzneigefässe bei Wiederbenützung
derselben zur Dispensation von Arzneien für
Rechnung der nach dem Krankenversicherungs-
gesetze eingerichteten Krankencassen keine Auf-
rechnung gestattet ist.
2. Bei der Taxirung von Recepten, nach
welchen Arzneien gegen Verrechnung auf Kosten
des Staates, öffentlicher Fonde oder der nach
dem Krankenversicherungsgesetze eingerichteten
Krankencassen erfolgt werden, hat die im S 15
der Arzneitaxverordnung vom 3. December 1598,
IG Bl. Nr. 219, angeführte Ausgleichung
des eine ungerade Zahl darstellenden Tax-
betrages nicht stattzufinden.
3. Bei der Taxirung von Recepten für
Itechnung der nach dem Krankenversicherungs-
gesetze eingerichteten Krankencassen ist von
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 460.
"Si Siehe Jahrg. 1891 d. BL, S. Lid.
!
A A A A A nn ml ge A er i em arene
dem ermittelten taxmissigen Arzneipreise ein
Nachlass zu gewähren, welcher mindestens mit
10 Percent von der für die Recepturarbeiten
entfallenden Taxquote zu bemessen ist. Zu
diesem Zwecke sind die einzelnen Ansätze der
Arbeitstaxe für Recepturarbeiten am Recepte
in geeigneter Weise wie durch Herausrücken
der betreffenden Ziffern aus der Colonne der
übrigen Taxansätze ersichtlich zu machen.
Die Gewährung höherer oder anderweitiger
Taxnachlässe bleibt der Vereinbarung der
Krankencassen mit den Apothekern überlassen.
Die politischen Landesbehörden werden
ermächtigt, für die Apotheken eines bestimmten
Krankencassengebietes insbesondere der Haupt-
städte und Industrieorte nach Massgabe des in
demselben stattfindenden Medicamentenumsatzes
für Rechnung der nach dem Krankenversiche-
rungsgesetze eingerichteten Krankencassen, so-
wie der localen Verhältnisse einen höheren
Percentnachlass, und zwar bis 25 Percent von
der Taxquote für Recepturarbeiten vorzu-
schreiben, wobei stets ein gleichmässiges Vor-
gehen bezüglich aller Apotheken des betreffen-
den Gebietes zum Zwecke der Hintanhaltung
von Störungen der regelmässigen Medicamenten-
versorgung des Publicums innerhalb der ämt-
lich festgesetzten Absatzgebiete der Apotheken
zu beobachten ist.
4. Diese Verordnung tritt mit dem Tage
der Kundmachung in Wirksamkeit und hat auf
alle in diesem Zeitpunkte noch in Verrechnung
stehenden einschlägigen Medicamentenconten für
das Jahr 1899 Anwendung zu finden.
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 1. April 1899, Z. 7677,
an aile politischen Landesbehörden,
betreffend die ergänzenden Bestimmungen
zur Arzneitaxe,
Anverwahrt wird der k.k....... die
Abschrift einer im Reichsgesetzblatte zur Ver-
lautbarung gelangenden Verordnung übermittelt,
mit welcher ergänzende Bestimmungen zur
Arzneitaxverordnung für das Jahr 1899 vom
3. December v. J., R. G. Bi. Nr. 219, erlassen
werden.
Die k.k..... » . wolle im Wege der
unterstehenden Behórden sofort alle Apotheker,
die Hausapotheken führenden Aerzte, sowie die
nach dem Krankenversicherungsgesetze vom
sl. März 1558, R. G. Bl. Nr. 33, eingerichteten
Krankencassen auf diese Verordnung aufmerksam
machen und die genaue Beobachtung ihrer Be-
«timmungen durch die Amtsärzte, die sich mit
denselben vertraut zu machen haben, über-
wachen lassen.
Die im Punkte 3 der Verordnung vor-
gesehene Ingerenz der politischen Landesbehörden
aufdie obligatorische Herabminderung der Arznei-
mittelpreise für Rechnung der gedachten Kranken-
cassen wird in der Regel nur dann einzutreten
haben, wenn zwischen Apothekern und Kranken-
cassen nicht besondere Vereinbarungen, welche
durch diese Verordnung unberührt bleiben, auf-
recht erhalten oder geschlossen werden und ein
Streit ūber das Ausmass der Taxnachlässe sich
ergibt.
Die obligatorische Herabsetzung der für
die Reccpturarbeiten entfallenden 'Taxbetrige
bel der Arzneidispensation fiir Rechnung der
gedachten Krankencassen ist in dem Umstande
begründet, dass die revidirte pharmaceutische
Arbeitstaxe per 1899 in Folge der nothwendig
gewordenen theilweisen Erhöhung der Ansätze
für umständlichere und mühevollere Receptur-
arbeiten eine Steigerung der Arzneimittelpreise
verursacht hat, obgleich die Taxpreise für
Arzneimaterialien wesentlich herabgemindert und
jene für Arzneigefässe nicht erhöht worden sind.
Zusatz für Wien.
Diese Verhältnisse wurden durch die vom
pharmaceutischen Comité des Obersten Sanitäts-
rathes über hb. o. Weisung vorgenommene
Ueberprúfung von 732 Krankencassenrecepten
aus dem Jabre 1898 ermittelt, welche nach der
neuen Arzneitaxe für das Jahr 1599 bewerthet,
mit der gegen seinerzeitige Rücksendung bei-
geschlossenen Eingabe des Verbandes der Ge-
nossenschafte-Krankencassen und der Allgemeinen
Arbeiter-Kranken- und Unterstützungscasse dito.
pr. 10. Februar l, J. vorgelegt worden sind.
143
nn m
A eegene. 2
Durch die fachtechnische Prüfung dieses
Receptmateriales wurde festgestellt, dass die
der gedachten 732 Kranken-
cassenrecepte, welche nach der Taxe pro 1898
mit 465 Kronen 52 Heller bewerthet waren,
nach der Taxe pro 18939 auf 499 Kronen
9 Heller, sonach um 33 Kronen 57 Heller
theuerer zu stehen kämen, d. 1. um 7°2 Percent
des gesammten Taxbetrages. Die in der ob.
gedachten Eingabe gemachte Bemerkung, dass
die Vertheuerung 10°1 Percent betrage, stellte
sich als irrig und dadurch verursacht heraus,
dass hinsichtlich der Taxirung der Arzneigefässe
pro 1899 eine andere Auslegung der gleichen
Bestimmung der Arzneitaxe zu Grunde gelegt
wurde als pro 1898.
Werden die nach § 15 der Arzneitax-
verordnung pro 1899 zulässigen Ausgleichungen
der ungeraden Taxbeträge, auf welche bei der
summarischen Verrechnung der Arzneiconten
vom Apotheker kein Anspruch erhoben werden `
Dispensation
kann, ausser Acht gelassen, so verringern sich
die Mehrkosten der gedachten Recepte von
33°57 Kronen auf 30:78 Kronen, d. i. 6 Percent
des vorjährigen Taxbetrages.
Weiters hat sich herausgestellt, dass auch
diese Steigerung zur Gänze ausgeglichen werden
kann, wenn die auf die Ordinationsnorm bezüg-
lichen Bestimmungen der Arzneitaxverordnung
bəi der Dispensation und Taxirung zur An-
wendung gebracht werden, da sich der pro 1898
mit 465°52 Kronen ermittelte Taxpreis der
732 Recepte bei Berechnung nach der Arznei-
taxe pro 1899 unter gleichzeitiger Anwendung
der gedachten, auf die Ordinationsnorm Be-
zug nehmenden Taxbestimmungen auf
464'13 Kronen belaufen würde.
Es erschien daher angemessen, dass den
nur
Krankencassen diese nicht unbeträchtliche Herab-
minderung der Arzneimittelpreise durch obliga-
torische Vorschreibung der Taxirung nach den
auf die Ordinationsnorm sich beziehenden Be-
stimmungen der Arzneitaxverordnung gesichert
werde.
Die bei Nichtberücksichtung der Ordinations-
norm sich ergebende etwa 6percentige Preis-
steigerung der Arzneimittel erfährt übrigens
eine ansehnliche Compensation durch die in
ı der Arzneitaxverordnung pro 1599 neu auf-
genommenen Bestimmungen über die bedeutende | versicherungsgesetze
(20—36percentige) Herabsetzung der Material-
preise beim Besuge der 10facher bis 100 fachen
Menge und über die Nichtberechnung der
Branntweinsteuer bei alkoholischen Arzneimitteln,
welche auf Rechnung der Krankencassen ver-
schrieben werden.
Es wurde rechnungsmässig ermittelt, dass
die erwähnte relative Vertheuerung des Medi-
camentenbezuges für die in ihren wirthschaft-
lichen Interessen möglichtt zu fördernden
Krankencassen lediglich auf der theilweisen
Richtigstellung der Arbeitstaxe für pharma-
ceutische Recepturarbeiten beruht, da die Preise
der Arzneimaterialien fiir das Jabr 1899 durch-
schnittlich um 7 Percent billiger berechnet
wurden als im Jahre 1898 und binsichtlich der
Taxe für Arzneigefässe eine Preissteigerung
nicht eingetreten ist.
Mit Rücksicht auf die theilweise Erhöhung
der Arbeitstaxe fiir Recepturarbeiten in den
öffentlichen Apotheken war die Möglichkeit ge-
boten, den Interessen der nach dem Kranken-
144 --
cassenohne übermässige Belastung der Apotheken
durch Reduction der auf die Receptur ent-
eingerichteten Kranken
fallenden Taxquote der Recepte um 10 bis ;
25 Percent entgegenzukommen,
Zusammenhalte mit den übrigen für Kranken-
cassenrecepte nunmehr festgestellten Begünati-
gungen einer Erhöhung des Aufwandes dieser
Krankencassen für Arzneimittel vorgebeugt
sein wird.
Hievon wolle die k. k. Statthalterei dem
Verbande der Genossenschaftskrankencassen
Wiens unter Riickstellung der vorgelegten
Recepte, dann der Allgemeinen Arbeiterkranken-
Unterstützungscassa in Erledigung ihres Ein-
schreitens ddto. 10. Februar d. J., desgleichen
dem Wiener Apothekerhauptgremium die Ver-
ständigung zugehen lassen und den nachdrück-
lichen Einfluss der k. k. Stattbalterei auf die
Herstellung geordneter Beziehungen zwischen
diesen streitenden Partien geltend machen.
Ueber den Erfolg wird nnter Communicats-
rückschluss baldmöglichst zu berichten sein.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung am 27. Febuar d. J. bildete ein Ansuchen um ;
Bewilligung zur Errichtung einer Kaltwasserheilanstalt in einer Gemeinde Nieder-
österreichs den ersten Berathungsgegenstand.
Weiters wurde über die Errichtung einer orthopädischen Anstalt in Wien ein
Gutachten erstattet.
Endlich wurde über die vom Wiener Gemeinderathe beschlossene Unificirung der
Grabgebüren in den ehemaligen Vorortefriedhöfen und über die Regelung des Beerdigungs-
wesens im erweiterten Gemeindegebiete von Wien mit Ausnahme des Centralfriedhofes berathen.
Unter Beziehung auf die vom Sanitätsrathe in seiner Sitzung vom 1. Jänner 1891 in
dieser Angelegenheit aufgestellten Grundsätze empfahl derselbe einige Zusätze und Abänderungen
und erklärte im Uebrigen die Vorlage als den sanitären Anforderungen entsprechend.
In der Sitzung am 6. März ]. J. wurde anlässlich des Antrages auf Herstellung von
Wasserbetten in einer k. k. Krankenanstalt in Wien das Gutachten dahin abgegeben,
dass die Anschaffung derselben nicht nur für dieses Spital, sondern für jedes grössere Kranken-
haus nothwendig erscheine.
Weiter wurde gegen die Umwandlung einer chirurgisch-orthopädischen
Privatheilanstaltin ein Sanatorium vom sanitären Standpunkte keine Einwendung erhoben.
Schliesslich sprach sich der Landes-Sanitätsrath in einem Initiativantrage über die
Gefährlichkeit der elektrischen Oberleitungen aus und empfahl, Erhebungen
darüber einzuleiten, beziehungsweise Beobachtungen: zu sammeln, auf Grund deren die erforder-
lichen Schutzmassregeln anzuordnen wären.
In der Sitzung am 27. März wurden die Entwürfe des Statuts, der Instruction fir
den ärztlichen Leiter und das Dienerpersonale, sowie der Haus- und Badeordnung
wodurch im
y
3
d
|
t
2
— 145 —
einer Privatheilanstalt in Wien begutachtet und deren Genehmigung mit einigen Abänderungen
empfohlen.
Ferner wurden über mehrere Gesuche um Bewilligung zur Errichtung von Privatheil-
snstalten für Kaltwassercuren, Massage, Elektro- und Merhaustherapie in Wien
Gutachten erstattet und wurde die Ertheilung der Concessionen beantragt.
Steiermark. Verhandlungsgegenstände in der Sitzung am 4. März 1. J.:
1. Gutächtliche Aeusserung über die Canalisirungsanlagen in einer Wasser-
beilanstait.
2. Gutächtliche Aeusserung über ein Ansuchen um die Bewilligung zur Benützung einer
Kapelle als Gruft.
Böhmen. In der Sitzung am 4. Februar 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verhandlung:
1. Besetzungsvorschlag für die Stelle eines k. k. Bezirksthierarztes.
2. Betrieb einer Lederfabrik in Dašić.
3. Massregeln zur Bekämpfung der Kindertuberculose.
4. Mittheilungen des Vorsitzenden über das Vorkommen von zwei weiteren Starrkrampf-
erkrankungen in der Landesgebäranstalt in Prag und über die zur Bekämpfung dieser
Krankheit bisher verfügten Vorkehrungsmassnahmen.
5. Aenderungen eines Lagerplanes der Gemeinde Weinberge.
6. Erbauung eines Theaters im Prager Stadtparke.
In der Sitzung am 11. März 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur Verhandlung:
1. Mittheilungen des Vorsitzenden über den Stand der Flecktyphus-Erkrankungen
in Böhmen.
2.Errichtung öffentlicher Apotheken in Neustrakonitz, in Pankraz und in Brewnow.
3. Verlegung der Dittrich’schen Apotheke von der Kleinseite auf den Hradschin.
4. Errichtung eines neuen Schlachtbauses in Beraun.
5. Anlage des einstweiligen Gemeindeschlachthauses in Lieben.
6. Betrieb einer Gerberei in Lieben.
Schlesien. In der am 23. Februar }. J. stattgefundenen Sitzung wurden nachstehende
Verhandlungsgegenstände der Berathung unterzogen:
1. Gutachten über das Project für eine Schlachtanlage in Troppau. (Referent:
Landesthierarzt Stengel im Einvernehmen mit dem Sanitätsrathe Dr. Fizia und Baurath
Stenzel.)
2. Feststellung des Mindestmasses jener sanitären, veterinirpolizeilichen und bautechnischen
Anforderungen, von welchen bei der Errichtung von Schlachtháusern in den
kleineren Gemeinden nicht Umgang genommen werden kann. (Referent: Sanitätsrath Dr. Husserl.)
3. Begutachtung des Projectes eines Ergänzungsbaues zu dem Hauptpavillon des all-
semeinen Krankenhauses in Bielitz und eines in diesem Spitale neu zu erbauenden
Pavillons für Infeetionskranke. (Referent: Sanitätsrath Dr. Boeck im Einvernehmen
mit dem Baurath Stenzel.)
Galizien. In der am 21. Februar |. J. stattgefundenen Sitzung gelangten nachstehende
Gegenstände zur Verhandlung:
1. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der projectirten Abänderung einzelner
Paragraphe im Statute des Curortes Rabka, Bezirk Myslenice. (Referent: K. k. Landes-
Sanitätsreferent Sanitätsrath Dr. Merunowicz.)
2. Gutachten in Angelegenheit der Verwandlung einer Saisunapotheke in eine stabile
Apotheke in dem Curorte Rabka, Bezirk MySlenice. (Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
3. Gutachten betreffend die Errichtung des Trockenhauses für thierische Häute
in Pruchnik, Bezirk Jaroslau. (Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
4. Landes-Sanitätsbericht für das Jahr 1597 sammt den bezüglichen Anträgen.
(Referent: K. k. Landes-Sanitätsreferent Sanitätsrath Dr. Merunowicz.)
— 146 —
Vermischte Nachrichten.
s
Physicatspriifungen. Der zuerst in Wien, dann auch in Graz, Prag und Krakau*) einge-
führte Vorgang, dass bei den ärztlichen Physicatsprüfungen ausser der Prüfung aus Chemie und
Pharmakognosie auch jene aus Hygiene im betreffenden Universitätsinstitute vorgenommen und
die mündliche mit einer practischen Prüfung verbunden wird, wogegen der schriftliche Prüfungsaet
aus letzterem Gegenstande entfällt, findet nunmehr auch in Innsbruck statt. Die Prütung
aus Sanitätsgesetzkunde bleibt auch in Zukunft eine schriftliche und eine mündliche. (Erlass
des k. k. Ministeriums des Innern vom 19. Jänner 1899, Z. 41401 ex 1898.;
Unterricht in Unfallheilkunde. In Folge des Aufschwunges, welchen die Unfallversiche
rung der Arbeiter in den letzten Jahren genommen hat, stellte sich das Bedürfniss nach einer
gründlichen Ausbildung der Aerzte, insbesondere der Amtsärzte, in diesem Zweige der gericht-
lichen Medicin heraus. Das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht betraute mit Erlass
Z. 33066 ex 1898, an der deutschen medicinischen Facultät in Prag den Professor der gericht-
lichen Medicin mit diesem Unterrichte, welcher vom Studienjahre 1899/1900 angefangen im
Ausmasse von 2—3 Stunden wöchentlich im Winter- oder Sommersemester unentgeltlich statt-
finden wird.
Arzneiwaarenbezug fiir Strafanstalten. Das k. k. Justizministerium hat mit Erlass
vom 11. Februar 1399, Z. 29388, den Oberstaatsanwaltschaften eröffnet, dass die sogrenanuten
Apotheken in den Strafanstalten nach den geitenden Normen lediglich für den Handgebrauch
des betreffenden Anstaltsarztes bestimmt sind, demnach nur als Hausapotheken desselben ange-
sehen werden können. Aus diesem Grunde ist der Bedarf an den erforderlichen arzneilichen,
chemischen und pharmaceutischen Präparaten ausschliesslich aus einer der nächstgelegenen öffent-
lichen Apotheken zu decken und muss dieser Bezug durch ein eigenes Fassungsbuch nach-
gewiesen werden.
Prüfung von Arzneirechnungen für Häftlinge. Mit der Verordnung des k. k. Justiz-
ministeriums vom 23. December 1850, Z. 16615, war anlässlich der Organisation der Medicinal-
verwaltung u. A. auch bestimmt worden, dass Medicamentenrechnungen (fiir den Justizetat) in
linea medica von dem Kreis-Medicinalrathe zu prüfen, dann an die Buchhaltung zur Prüfung
quoad taxam und quoad caleulum zu übergeben sind. Obschon nun in Folge der Organisation
des öffentlichen Sanitätsdienstes die Agenden der Kreisärzte, beziehungsweise -Medicinalräthe an
die Bezirksärzte übergingen, enthält das Reichs-Sanitätsgesetz keine ausdrückliche Bestimmung,
dass die landesfürstlichen Amtsärzte Arzneirechnungen zu prüfen verpflichtet sind. Aus Anlass
eines speciellen Falles, in welchem über diese Verpflichtung der staatlichen Sanitätsorgane zu ent-
scheiden war, wurden zwischen der Statthalterei und dem Oberlandesgerichts-Prásidium in Graz
Verhandlungen gepflogen und das Uebereinkommen getroffen, dass, wie bisher, die Medicamenten-
rechnungen für Häftlinge in linea medica vom Landes-Sanitétsreferenten, quoad taxam aber von
dem bei der Statthalterei bestellten Taxator gepriift werden. Das Oberlandesgeriehts-Prasidium
machte aber die unterstehenden Gerichte auf eine möglichst weitgehende Verwendung der landes-
fürstlichen Amtsärzte als Gerichtsärzte aufmerksan.
Unberechtigter Heilmittelverkauf. Aus Anlass des Falles, dass eine Essenz als Heilmittel
von einem Droguisten verkauft wurde, hat das Ministerium des Innern sich mit Schreiben vom
2. März 1899, Z. 5450, dahin gutächtlich geäussert, dass als diätetische Mittel nur solche Genuss
artikel bezeichnet werden können, welche lediglich die Anregung und Förderung der physiologischen
Funetionen des Körpers, insbesondere in Bezug auf die Ernährung, nicht aber die Beseitigung
krankhafter (pathologischer) Zustände zum Zwecke haben. Sie dürfen daher keine Stoffe enthalten,
welche nur zu arzneilicher Verwendung dienen und dürfen auch nicht unter Voranstellung arznei-
lieher Wirkung in Verkehr gesetzt werden. (Verordnungsblatt des Justizministeriums.)
*) Siehe Jahrgang 1898 d. Bl., S. 46.
nr EECHER
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das Österreichische Sanitatswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hólder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándier in Wien
LRothenthurmstrasne 16,
Erscheint jeden Donnerstag.
Prinumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fi. 6.—.
———
ZI. Jahrgang. Wien, 20. April 1899. Nr. 16.
Inhalt. Zur Organisation des Gemeindesanitätsdienstes in Böhmen. — Sanitätsgesetze und Ver-
orduungen: Verordnung der Ministerien des Handels und des Innern, betreffend die Regelung des
Flaschenbierhandels; Erlass des Ministeriums des Innern, betreffend Vorlage der Instructionen rür Kost-
und Quartiergeber von Mittelschiülern; Erlass der Statthalterei in Tirol und Vorarlberg, betreffend den
Sanitäts-Jahresbericht. — Vermischte Nachrichten.
Zur Organisation des Gemeindesanitätsdienstes in Böhmen.
In Nr. 51 des Jahrganges 1897 dieses Blattes wurde über Durchführung und
Erfolge der Organisation des Gemeindesanitätsdienstes in Böhmen eine gedrängte
Uebersicht veröffentlicht. So bedeutend die Erfolge in allgemein sanitärer und socialer
Hinsicht für die Bevölkerung sind, fühlten sich doch die Aerzte, denen die Besorgung
des Sanitätsdienstes in den Gemeinden übertragen wurde, und deren eifriger Mit-
wirkung im öffentlichen Sanitätsdienste der wesentlichste Antheil an diesen Erfolgen
zugeschrieben werden muss, nicht befriedigt. Die Aerztekammer, wie die Vereinigungen
der deutschen und jene der böhmischen Aerzte strebten eine Besserung ihrer materiellen
Lage, eine Abänderung des Landessanitätsgesetzes und der Durchfiihrungsbestimmungen
zu demselben an.
Ueber die Petitionen der Aerztekammer und der genannten Vereinigungen be-
richtete im verflossenen Jahre der Abgeordnete Obersanitätsrath Dr. Dvorak dem
Landtage. Diesem Berichte entnehmen wir Folgendes:
Durch die Errichtung der Sanitätsdistriete wurden der Mehrzahl der practischen
Aerzte auf dem Lande nicht nur ihr Distriet, sondern auch ihr bisheriger Wirkungs-
kreis und ihre Praxis, durch Hervorrufung oder Erhöhung der Concurrenz bei der
Mehrzahl derselben das Erträgniss der Praxis und hiedurch auch die Existenzbedin-
gungen geschmälert.
Das einzelnen von ihnen gewährte Fixum hat in der Mehrzahl der Fälle die
erlittenen Verluste nicht aufgewogen und dies umsoweniger, als sich die Mehrzahl
der Gemeinden auf das gesetzliche Minimum des distrietsärztlichen Gchaltes be-
schränkt hat und die Höhe des Gehaltes nicht jener Summe von verschiedenen, durch
die Dienstinstruction dem Districtsarzte auferlegten Verpflichtungen gleichkommt,
welche wegen ihres polizeilichen Characters zur Schädigung der Privatpraxis bei-
getragen haben, abgesehen von der Einbusse in der socialen Stellung und dem
Verluste vieler wertbvoller bürgerlicher Rechte, welchen die Uebernahme einer
Distrietsarztesstelle für den Arzt zur Folge hatte.
16
— 148 —
Kein Wunder daher, wenn diese neue Institution in ärztlichen Kreisen so viel
Bitterkeit hervorrief und wenn die Mehrzahl der Aerzte blos zur Verhinderung der
Concurrenz und einzig, um sich eine Existenz zu sichern, die Distrietsarztesstelle
annimmt. Der Ertrag der ärztlichen Praxis, die ehemalige Quelle der Existenzmittel
des Arztes ist im Laufe der Zeit nicht nur in Folge der Zunahme der Zahl der
Aerzte, sondern auch in Folge der allmäligen Errichtung von Bezirks- und Betriebs-
kankencassen, in neuester Zeit in Folge Einführung der Institution von kranken.
cassen für Meister und Gewerbetreibende gesunken, daher durch die beständig fort-
schreitende Pauschalirung der ärztlichen Functionen der Ertrag der ärztlichen Praxis
auf ein solebes Minimum beschränkt, dass heutzutage ein grosser Theil der Districts-
und Gemeindeärzte in erster Reihe und ausschliesslich auf den fixen Gehalt ange-
wiesen bleibt und einem traurigen Kampfe um seine materielle Existenz preisgegeben ist.
Zu der Schmälerung und dem tiefen Verfalle der Existenzmittel der Districts-
und Gemeindeärzte trägt in den letzten Jahren in nicht geringem Masse die Zunahme
von Specialisten, sowie die rapid zunehmende Kneipp’sche Wasserheilmethode, welche
durchwegs zu unbefugten Curpfuschereien den Anlass bietet, und schliesslich auch
die für die Menschheit sonst erfreuliche Verminderung der Häufigkeit der Krankheiten
und Sterbefälle, namentlich der Infectionskrankheiten bei.
Der Bericht würdigt ferner die Petitionen der Aerztekammer und der ärztlichen
Vereine. Erstere strebt die Gewährung von Pensionen für Gemeinde- und Distrietsärzte
in der für Landesbeamte normalmässig festgesetzten Höhe an, weiters Versorgungs-
genüsse für die Witwen und Waisen nach den genannten Aerzten, ferner die Ein-
reihung der Gemeinde- und Districtsirzte unter jene Beamtenkategorien, welchen
nach 35jähriger Dienstzeit der volle Gehalt als Pension gewährt wird, endlich die
Errichtung einer Landcspensionsanstalt aus Beiträgen des Landes und der im Gemeinde-
sanitätsdienste stehenden Aerzte.
Die ärztlichen Vereine schritten um Erhöhung der bisherigen Minimalgehalte
und Reisepauschalien, um Festsetzung angemessener Honorare für jene sanitären
Funetionen, welche im Auftrage der politischen Behörden vorgenommen werden, ein.
wiederholten die von der Aerztekammer aufgestellten Postulate und machten auf die
Nothwendigkeit aufmerksam, durch geeignete Reformen den Verfall des wohlwirkenden
und wichtigen Äerztestandes zu verhindern.
Auf Grund des Berichtes wurden eingehende Erhebungen eingeleitet, auf deren
Ergebniss wir seinerzeit zurückkommen werden.
In den Jahren 1897, 1898 und neuerdings wieder in dem gegenwärtig tagenden
Landtage brachten die Abgeordneten Karl Adámek, Dr. Brzorád und Genossen
den nachstehenden, auf eine Reform der Sanitätsorganisation abzielenden Antrag ein:
der Landtag wolle
I. den Landesausschuss beauftragen 1. unverzüglich die unterm 8. Februar 1889.
2.1089, erlassene Durchfiihrungsverorinung*) zu dem Gesetze vom 23. Februar 1888
mit diesem Gesetze in vollen Einkl: ang zu bringen und hiebei insbesondere daraut
Bedacht zu nehmen, dass sämmtliche Arbeiten und Öbliegenheiten der
Districtsirzte innerhalb der Grenzen des Gesetzes vom Jahre 1888
genau und richtig festgestellt und begrenzt werden, insbesondere aber,
dass die obligatorische Leichenbeschau nur auf plötzliche und verdächtige
Todesfälle. auf Leichen von árztlich nicht behandelten Personen, auf Leichen unehe-
licher Kinder und auf solche Fälle beschränkt werde, in welchen der Gemeinde-
vorsteher die Leichenbeschau eigens verlangt. 2. Den Entwurf einer Saniıtäts-
Polizeiordnung auszuarbeiten und dem Landtage behufs Genehmigung vorzulegen.
ll. Den Eondosuuscchuss beauftragen, dem Landtage einen auf autonomer
Grundlage ausgearbeiteten Entwurf einer Reform des Gesetzes vom 23. Februar 1888
vorzulegen, wobei insbesondere folgende Grundsätze festzustellen sind:
*) Siche Jahrgang 1889 d. Bl. S. 71.
— 149 —
1. Bei der Aenderung der Sanitätsdistricte sowie bei Bestimmung
der Sitze derselben ist den Bezirksvertretungen ein entscheidender Einfluss
einzuräumen, und nur in Fällen, wenn gegen die betreffenden Beschlüsse einer
Bezirksvertretung Beschwerde erhoben wird, soll die Entscheidung dem Landes-
ausschusse zustehen.
2. Die Distrietsärzte haben die vollkommene Kenntniss der Landes
sprachen in Wort und Schrift mittelst ordentlicher Belege nachzuweisen.
3. Die Distrietsärzte haben den Diensteid in die Hände des Bezirksobmannes
abzulegen.
4. Das Verbiiltniss der Districtsárzte zu den landesfürstlichen Behörden im
Allgemeinen und zu den k. k. Bezirksärzten insbesondere, sowie der Wirkungskreis
derselben ist im Gesetze genau zu regeln und abzugrenzen.
5. Die landesfürstlichen Organe sollen mit den Distrietsärzten nur im Wege
der Bezirksausschüsse verkehren.
6. Den Bezirksausschüssen ist das Recht einzuräumen, die Durchführung von
Aufträgen oder die Unternehmung von Arbeiten, die von den landesfürstlichen
Organen den Districtsärzten auferlegt werden, und zu deren Leistung diese von
Gesetzeswegen nicht verpflichtet sind, zu sistiren. In den sich hieraus ergebenden
Streitigkeiten entscheidet der Landesausschuss.
7. Sämmtliche von den Districtsärzten zu verfassenden Berichte und Ausweise
sind an die Bezirksausschüsse zu erstatten.
8. Den Bezirken sind behufs Deckung der ordentlichen und ausserordentlichen
Sanitätsauslagen Landessubventionen zn gewähren, und zwar unter besonderer
Berücksichtigung nieht nur der absoluten, sondern auch der relativen Höhe
dieser Lasten, sowie der Steuerkraft und deren Vertheilung im Bezirke.
9. In dem Gesetze sind auch die bei der Bewilligung dieser Landessubvention
zu beobachtenden Bedingungen und Grundsätze genau festzustellen.
Il. Den Landesausschüsse zu beauftragen, in der nächsten Landtagssession
Anträge, betreffend die Bewilligung einer angemessenen Dotation für ordentliche
und ausserordentliche Subventionen an Bezirke im Sinne des § 9 des Gesetzes vom
23. Februar 1888, behufs Deckung der Sanitätsauslagen vorzulegen.
IV. Der Landesausschuss wird beauftragt, über die Verhältnisse und Ergebnisse
des Sanitätsdienstes im Königreiche Böhmen dem Landtage alljährlich Bericht
zu erstatten.
V. Der Landesaussehuss wird beauftragt, in der nächsten Landtagssession über
die Durchführung dieser Beschlüsse zu berichten.
In formaler Beziehung wird beantragt, den vorliegenden Antrag der Commission
für Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten zur Vorberathung und Berichterstattung
zuzuweisen.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Verordnung der Ministerien des Han- | findet das IIandelsministerium im Einvernehmen
dels und des Innern vom 30. März | nit dem Ministerium das Innern im Grunde
A Ge
1899, ) mittheilt, vom k. k. Handelsministerium alle politi-
R. G. Bl. Nr. 64, schen Landesbehörden auf diese Verordnung,
betreffend die Regelung des Flaschenbier- | welche die Beseitigung der beim Betriebe des
handels. Flaschenbierhandels zu Tage getretenen Uebelstände
bezweckt, besonders aufmerksam gemacht und
wurde die Erwartung ausgesprochen, dass es durch
Handels mit Bier in verschlossenen Flaschen | umsichtige und thatkräftige Handhabung der Be-
stimmungen dieser Verordnung gelingen werde,
+) Im Einvernehmen mit dem k. k. Ministe- | den auf diesem Gebiete eingerissenen Unzukönm-
rium des Innern wurden, wie die »Wien^r Zeitung: | lichkeiten zu begegnen,
Behufs der Regelung des gewerbemässigen
16*
$
des $ 24 der Gewerbeordnung (Gesetz vom |
15. März 1883, R. G. Bl. Nr. 39) und des
Im Einzelnen wird in diesem Erlasse zu den
Bestimmungen der Verordnung Nachfolgendes be
merkt:
Das Abfüllen des Bieres in Flaschen zum
Zwecke des Vertriebes von Flaschenbier wird im
Hinblicke auf die hiebei in Betracht kommenden
öffentlichen Rücksichten, namentlich sanitärer Art,
welche bei der Ausübung dieser gewerblichen
Thatigkeit eine besondere Reinlichkeit und Sorg-
falt erfordern, an eine Concession gebunden. Es
wird nichts im Wege stelen, den bisherigen
Fiaschenbierhändlern, sofern die im $ 2 der Ver-
ordnung angeführten Bedingungen zutreffen, über
ihre Bewerbung die Concession zum Betriebe des
Fiaschenbierfüller-Gewerbes zu ertheilen. Um nicht
eine Störung in der Deckung des Bedarfes an
Flaschenbier herbeizuführen, werden die erfo:der-
lichen Amtshandlungen und Erhebungen mit tlıun-
licher Beschleunigusg vorzunehmen sein. Bei der
Beurtheilung der persönlichen Verlässlichkeit des
Bewerbers (§ 2 der Verordnung und $ 23 der Ge-
werbeordnung) wird insbesondere darauf zu achten
sein, dass der Concessionswerber eine hinlängliche
Gewähr gegen den Missbrauch der Concession zum
Zwecke des unbefugten Ausschankes im Locale
biete. Die Rücksicht auf den Localbedarf wird
dagegen bei der Verleihung der Concession nicht
in Betracht zu ziehen sein, da die Bierabfüller ja
häufig auch fiir die Deckung eines territorial aus-
gedehnteren Bedarfes an Fiaschenbier thätig sind.
In objectiver Beziehung wird den sanitären
Anforderungen entsprechend ein geeignetes rein-
liches und Inftiges Abfüllungslocal, welches zu
keinem anderen, seiner Bestimmung abträglichen
Zwecke benützt wird, ferner der Besitz von ge-
eigneten Depot- und Kellerlocalitäten, 80 wie von
entsprechenden Einrichtungen und Betriebsmitteln
für die Reinigung, Füllung und Verkorkung der
Flaschen nachzuweisen sein, wovon sich die Ge-
werbebehérde vor Ertheilung der Concession die
Ueberzeugung zu verschatfen haben wird.
Die im $ 3 den Bierbrauern zuerkaunte Be-
rechtigung zum Bierabfiillen ohne besondere Con-
cession kann auch in Zweigetablissements oder
Niederlagen von Bierbrauereien (§ 40 G. O.) aus-
geübt werden. Dagegen stelıt diese Berechtigung
den von Bierbrauereien bestellten Agenten oder
Vertretern als solchen nicht zu; dieselben haben
daher, wenn sie sich mit dem Abfüllen von Bier
in Flaschen beschäftigen wollen, hiezu eine Con-
cession zu erwirken. Die sauitäreu Vorschriften
beziiglich des Locales, der Betriebseinrichtungen
und Betriebsmittel, so wie auch die Bestimmungen
der Verordnung vom 13. October 1897 (R. G. BL
Nr. 237) betreffend die Verwendung von Bierdruck-
apparaten finden eben so wie auf die concessio-
nirten Flaschenbierfüller auch auf die das Abfüllen
von Bier in Flaschen ausübənden Bierbrauer und
Schankgewerbetreibenden Anwendung.
Zu der Definition der verschlossenen Gefässe
beim Vertriebe des Flaschenbieres ist zu bemerken,
dass es zulässig, ja auch wünschenswerth erscheint,
den vorgeschriebenen Korkverschluss durch An-
150
|
Gesetzes vom 3. Juli 1896, R. G. Bl. Nr. 205,
zu verordnen, wie folgt:
§ 1. Der gewerbliche Betrieb der Ab-
füllung des Bieres in Flaschen zum Zwecke des
Vertriebes von Flaschenbier wird auf Grund
des $ 24, Absatz 1 der Gewerbeordnung (Gesetz
vom 15. März 1883, R. G. Bl. Nr. 39), an
eine Concession gebunden.
S 2. Bewerber um die Verleihung dieses
concessionirten Gewerbes (Flaschenbierfüller‘
haben nebst dem Nachweise der zur Erlangung
eines jeden concessionirten Gewerbes vorge-
schriebenen Bedingungen ($$ 22 und 23 der
Gewerbeordnung) sich über geeignetes
Locale, in weichem das Gewerbe betrieben
werden soll, dann über den Besitz der zum
rativnellen Betriebe nothwendigen Einrichtungen
und Betriebsmittel auszuweisen.
ein
S 3. Bierbrauer, dann die zum Bieraus-
schank berechtigten Gast- und Schankgewerbe-
treibenden ($ 16, lit. c. der Gewerbeordnung:
sind schon kraft ihrer Gewerbeberechtigung
zum Abfiillen des Bieres berechtizt, ohne die
im § 1 erwähnte Concession erwirken zu
müssen.
S 4. Die Verpflichtung bezüglich eines ge
eigneten Locales, in welchem das Abfüllen des
und be
züglich des Besitzes der zum rationellen Be-
triebe nothwendigea Einrichtungen und Be
triebsmittel ($ 2) trifft ausser den Bewerbern
Bieres in Flaschen betrieben wird,
bringung von Metallkapseln, Siegeln, Siegelmarken
u. 8. w. weiter zu vervollkommnen.
Gegen den unbefugten Ausschank, welcher
bisher mit Hilfe der Flaschen mit dem sogenaunteu
Patentverschlusse so vielfach ausgeübt wurde, ist,
da die gegenwärtige Verordnung wirksamere Hand-
haben für die Controle bietet, mit Entschiedenheit
und aller Strenge vorzugehen, und ist gegebenen
Falles unnachsichtlich die Entziehung der Gewerbe-
berechtigung auf Grund des § 138 der Gewerbe-
ordnung zu verfügen,
Das Feilbieten von Flaschenbier im Umher-
ziehen von Haus zu Haus und auf der Strasse im
Sinne des § 60, Absatz 2, der Gewerbeordnung
ist, da es sich nicht um einen unter diese Gesetzes-
bestimmung fallenden Artikel handelt, nicht ge-
stattet, und ist demnach die Zufuhr oder Zustellung
von Flaschenbier nur auf Bestellung zulässig. Die
Einhaltung dieser Beschränkung ist gleichfalls in
wirksamer Weise zu überwachen und durch ent-
sprechende Ahudung von Zuwiderhandlungen zu
sichern.
um die Verleihung des im $ 1 genannten
concessionirten Gewerbes alle jene Gewerbe-
treibenden, welche das Abfüllen des Bieres in
Flaschen betreiben oder künftig betreiben
wollen.
$ 5. Sofern beim Betriebe des Abfüllens
von Bier Druckapparate verwendet werden,
finden hierauf die Bestimmungen der Verord-
vung vom 13. October 1897 (R. G. Bl. Nr. 237)*)
Anwendung.
S 6. Der Vertrieb des Flaschenbieres
in vorschriftsmässig verschlossenen Flaschen
iFlaschenbierhandel) bleibt ein freies Gewerbe.
Die Befugniss zu diesem Vertriebe steht
den in den § 1 und 3 genannten Gewerbe-
treibenden schon im Grunde ihrer Gewerbe-
berechtigung zu.
S 7. Den Inhabern von Detailhandels-
gewerben (Gesetz vom 4. Juli 1896, R. G. Bl.
Nr. 205), welche den Handel mit Flaschenbier
nicht ausschliesslich, sondern neben dem Ver-
schleisse anderer Artikel betreiben oder künftig
zu betreiben beabsichtigen, steht die Berechti-
gung zum gewerbemässigen Abfüllen von Bier
in Flaschen und zum Handel mit Flaschenbier
vom Zeitpunkte des Inkrafttretens der gegen-
wärtigen Verordnung angefangen nicht schon
auf Grund ihrer
sondern es gelten auch für diese Gewerbe-
treibenden die Vorschriften dieser Verordnung.
Den beabsichtigten Handel mit Flaschen-
bier haben sie der Gewerbebehörde ausdrücklich
anzumelden.
$ 8. Als verschlossene Gefásse ( 17 der
Gewerbeordnung) sind beim Vertriebe des
Flaschenbieres nur solche Flaschen anzusehen,
in deren Hals ein Korkpfropf, welcher den
Namen, beziehungsweise die Firma des berech-
tigten Abfüllers in deutlicher Brandschrift
trägt, dicht und 80 eingesenkt ist, dass seine
äussere Fläche mit dem Rande des Flaschen-
kopfes annähernd in einer Ebene liegt.
§ 9. Flaschen mit dem sogenannten Patent-
verschluss, bei welchem
mit Kautschukdichtung an einem beweglichen
Drahtbügel zum Verschlusse der Flasche dient,
sind beim Vertriebe von Flaschenbier auch
Gewerbeberechtigung zu,
ein Porzellanpfropf
Le
*) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 408.
151
dann, wenn dieser Verschluss oder seine Um-
hüllung mit dem Flaschenkopfe verbunden ist,
nicht als verschlossene Gefässe im Sinne des
$ 17 der Gewerbeordnung anzusehen. Es ist
auch nicht gestattet, zum Vertriebe des Flaschen-
bieres Flaschen in Verwendung zu nehmen,
welche mit dem sogenannten Patentverschluss
versehen waren, oder an welchen sich nebst
dem vorschriftsmässigen Verschlusse noch ein
Patentverschluss befindet.
8 10. Der Gebrauch des im $ 9 erwähnten
sogenannten Patentverschlusses iet nur den zum
Bierausschank berechtigten Gast- und Schank-
gewerbetreibenden ($ 16, lit. c der Gewerbe-
ordnung) im Verkehre mit den Consumenten,
beziehungsweise den Bierbrauern im Verkehre
mit obigen Gast- und Schankgewerbetreibenden
gestattet.
§ 11. Die bestehenden Propinationsvor-
schriften werden durch die gegenwärtige Ver-
ordnung nicht berührt.
§ 12. Uebertretungen der Vorschriften
dieser Verordnung sind nach den Strafbestim-
mungen der Gewerbeordnung zu ahnden.
$ 13. Diese Verordnung tritt mit dem
Tage ihrer Kundmachnng in Kraft.
Gleichzeitig wird die Verordnung vom
6. December 1891, R. G. Bl. Nr. 171, ausser
Wirksamkeit gesetzt.
Doch darf Bier in solchen Flaschen, welche
der Vorschrift des § 2 der eben erwähnten
Verordnung entsprechen, noch bis Ende Sep-
tember 1899 in Verschleiss gebracht werden.
ak
Erlass des k. k. Ministeriums des Inne rn
vom 23. März 1899, Z. 824,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend Vorlage derInstructionen für Kost-
und Quartiergeber von Mittelschülern.
Aus den im „Oesterreichischen Sanitäts-
der
dass
wesen“ veröffentlichten Verhandlungen
Landes-Sanitätsräthe wurde entnommen,
die in dem Erlasse des k. k. Ministeriums für
Cultus und Unterricht vom 17. December 1897,
Z. 26715 („Oesterreiehisches Sanititswesen“,
X. Jahrgang, S. 35) bezeichneten Belehrungen
für Kost- und Quartiergeber von Mittelschilern
— 152 —
bereits vielfach Gegenstand der Begutachtung | Statthaltereierlass vom 24. Mai 1897, Z. 17481,
der Landes-Sanitätsräthe waren. aufmerksam gemacht wurde.
Eine derartige eingehende Bearbeitung des
Sanitiitsberichtes, welcher ein erschöpfendes
Bild der fortschreitenden Entwickelung der
sanitären Verhältnisse bringen soll, hat zur
Voraussetzung, dass seitens der Amtsärzte an-
liisslich der periodischen Bereisungen, sowie
überhaupt bei Besorgung der amtlichen Geschäfts-
agenden alle das Gebiet der öffentlichen Gesund-
heitspflege betreffenden Daten sorgsam ver-
zeichnet, und dass sämmtliche neu entstehenden
Einrichtungen und Verbesserungen, insbesondere
in Bezug auf die Humanitätsanstalten, Assanirung
in den Gemeinden, wie in den gewerblichen
Betrieben, in Bezug auf die Lebensmittelcontrole,
auf die Schul- und Fabrikshygiene u. dgl. be-
rücksichtigt und sachgemäss beschrieben werden.
Die politischen Behörden I. Instanz werden
daher weiter angewiesen, nicht zu verabsäumen,
über wichtige sanitäre Vorkom m-
nisse innerhalb des gedachten Rahmens un-
Da es für das Ministerium des Innern von
Interesse ist, Kenntniss zu erlangen, welche
sanitären Gesichtspunkte den betreffenden Gut-
achten zu Grunde lagen und in welcher Weise
das Verhältniss zwischen Schule und Haus, be-
ziehungsweise Studenten-Quartieren in sanitärer
Hinsicht in den verschiedenen Verwaltungs-
gebieten geregelt erscheint, wird die k.k.......
eingeladen, fünf Abdrücke der von der Landes-
schulbehörde genebmigten Instructionen unter
Anschluss des über den Entwurf der Belehrung
eingeholten Fachgutachtens des Landes-Sanitäts-
rathes ehestens vorzulegen.
Erlass der k. k. Statthalterei
Tirol und Vorarlberg vom 6. Marz 1899,
2. 7602, beschadet deren Darstellung im Jahres-Sanitäts-
an die unterstehenden politischen Behörden, | berichte die vorgeschriebenen Mittheilungen au
betreffend den Nanitäts-Jahresbericht, das Ministerium des Innern mit der Bezeichnung
„Für den Obersten Sanitätsrath“ stets von Fall
Im Anschlusse folgt der seinerzeit vor- | zu Fall zu erstatten.
gelegte Sanitäts-Ergänzungsbericht litR. pro 1897 Selbstverständlich bat die Vorlage der
nach von demselben gemachter Gebrauchnahme | verschiedenen, zum grossen Theile noch aus.
mit dem Auftrage zurück: künftighin, d. h, mit | ständigen Theilberichte entsprechend früher zu
dem Berichte über das Jahr 1898 beginnend, | erfolgen und ist daher deren vollständige Ein-
bei der Darstellung der Einrichtungen der sendung einschliesslich jener über die Anwendung
öffentlichen Sanitätspflege im genannten Sanitäts- | des Diphtheritis-Heilserums, über notorische
berichte auch alle jene sanitären Verhältnisse | Trinker und Selbstmordursachen, über erfolgte
und Zustände in Erörterung zu ziehen, auf | Bestätigungen der fünfjährigen Servirzeit von
welche mit dem Erlasse des k. k. Minlsteriums Pharmaceuten, die Apothekenvisitationen, In-
des Innern vom 16. Mai 1897, Z. 15444 | fectionskrankheiten etc. zu beschleunigen und
(„Oesterreichisches Sanitätswesen“, Nr. 21) | sodann lit R. bis Ende März vorzulegen.
Vermischte Nachrichten.
Ausstellung für Krankenpflege zu Berlin 1899, 20. Mai bis 18. Juni. Das Organisations-
comite, dessen Ehrenpräsidium der Staatsminister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medieinalangelegenheiten, D. Dr. Bosse übernommen hat, und welchem der geheime Medicinalrath
Prof. Dr. v. Leyden als Vorsitzender und zahlreiche hervorragende Gelehrte, Aerzte u. s. w.
als Mitglieder angehören, versendet folgenden Aufruf:
e “Die Kanteen pees hat in den letzten Jahren nicht nur in wissenschaftlieher Hinsicht
eine erhebliche Vertiefung erfahren, sondern auch einen reichen Zuwachs an technischen Hilfs
— 153 —
mitteln gewonnen, an Geräthen und Apparaten, welche dem Wohle des Kranken dienen. Es ist
dringend zu wünschen, dass dieser grosse Heilschatz, welcher nicht etwa nur die Beschwerden
und die Leiden des Kranken zu mildern vermag, sondern der zu einem unentbehrlichen und
wirksamen Hilfsmittel des ärztlichen Handelns und der Heilung der Krankheit selbst geworden
ist, immer mehr ausgestaltet werde; und dass die Kenntniss dieser vielfachen und werthvollen
Hilfsmittel sich immer mehr verbreite. In der Ueberzeugung von der erheblichen Wichtigkeit
aller dieser Mittel und durchdrungen von der Anschauung, dass es an der Zeit und geboten sei,
den Heilschatz der Krankenpflege und das vorhandene technische Material im Zusammenhange
vorzufiihren und zur Anschauung zu bringen, hat das Comite sich entschlossen, eine Aus:
stellung für Krankenpflege zu veranstalten, welche gelegentlich des Congresses zur
Bekämpfung der Tuberculose als Volkskrankheit in Berlin stattfinden und vom 20. Mai bis
18. Juni 1899 in den Gesammträumen der neuerbauten Philharmonie ubgehalten werden soll.
Im abgelaufenen Jahre hat das Centralcomité vom „Rothen Kreuz“ eine „Ausstellung
auf dem Gebiete der freiwilligen Krankenpflege mit besonderer Berücksichtigung des Transport-
wesens“ veranstaltet, welche das Material dieser für die Krankenpflege im Kriege vornehmlich
bestimmten Institution in mustergiltiger Weise vorführte. Unsere Ausstellung bezweckt, weiteren
Kreisen die grosse Zahl der technischen Geräthschaften und Einrichtungen auf dem Gebiete der
Krankenpflege vorzuführen, welche das „Instrumentarium der modernen Medien"? bilden, ein
Instrumentarium, dessen Umfang und Heilwerth noch lange nicht genug gewürdigt wird. Diese
Geräthe des medicinischen Heilschatzes und des ärztlichen Handelns finden zum grössten Theile
auch in den Behausungen und den Krankenzimmern des Einzelnen werthvulle Verwendung. Es
ist deshalb-von allgemeinstem Interesse, sie in einem möglichst vollständigen Bilde dem grossen
Publicum vor Augen zu stellen.
Unsere Ausstellung soll nur aus ausgewählten Gegenständen bestehen. Eine aus Vertretern
der einzelnen einschlägigen Fächer bestehende Jury wird die angemeldeten Gegenstände prüfen
und über ihre Zulassung entscheiden. Schon in der Zulassung zur Ausstellung wird eine
Anerkennung enthalten sein. Dementsprechend wird jeder Aussteller, dessen Objecte zur Aus-
stellung zugelassen sind, ein Zulassungsdiplom erbalten. Ausser der Zuerkennung der Zulassungs-
diplome werden Prämiirungen stattfinden; auch sind Staatsmedaillen in sichere Aussicht
gestellt worden.
Bei der Bedeutung des Apparates der Krankenpflege für den Universitätsunterricht und
für die Ausbildung der Aerzte besteht die Absicht, wenn möglich, aus der Ausstellung für Kranken-
pflege 1899 eine bleibende Einrichtung, eine Art von Museum für Krankenpflege, hervorgehen
zu lassen.
Wir sprechen das ergebene Ersuchen aus, zur Ausstellung geeignete Objecte uns in
Vorschlag zu bringen, und diese Vorschläge an das Bureau der Ausstellung, Berlin SW,
Philharmonie, Köthenerstrasse 32, einzusenden, wo auch die näheren Bestimmungen für die
Ausstellung ete. kostenfrei zur Verfügung stehen“.
Uebersicht des Ausstellungsprogramms.
A. Allgemeine Krankenpflege.
I. Das Krankenzimmer. 1. Beleuchtung. 2. Lüftung. 3. Heizung. 4. Reinigung.
5. Desinfection. 6. Zimmerausstattung.
II. Das Krankenbett. 1. Das Bettgestell. 2. Mechanische Bettgeräthe. 3. Bettböden.
4. Matratzen. 5. Bettstücke. 6. Bettwäsche. 7. Betteinlagen. 8. Bettzubehör.
IL Der Kranke 1. Ernährung; a) Darreichung, b) Zubereitung der Speisen, c) Nähr-
präparate. 2. Arzneidarreichung. 3. Körperruhe. 4. Bewegung: a) active Bewegung, b) passive
Bewegung. 5. Hautpflege: a) Allgemeine Körperreinigung, b) Hautpflege, e) Bäder. 6. Athmung
und Auswurf. 7. Ausscheidungen: a) Harnentleerung, b) Stuhlentleerung. 8. Wärme und Kälte.
9. Krankenkleidung (hiezu Kleidung der Wartung). 10. Zerstreuung und Beschäftigung.
IV. Allgemeines. 1. Wissenschaftliche Literatur über Krankenpflege. 2. Populäre
Literatur über Krankenpflege. 3. Unterricht in der Krankenpflege. -
B. Speciclle Krankenpflege.
I. Pflege der Lungenkranken. II. Kinderkrankenpflege. III. Wöchnerinnenpflege.
IV. Chirurgische Pflege. V. Irrenpflege. VI. Kriegskrankenpflege (Armee und Marine). VII. Kranken-
pflege in den Colonien.
— 154 —
Aerztestellen im Auslande Demnächst dürfte die Stelle eines Arztes der kaiserlich
chinesischen Seezölle in Hangchow (Provinz Chekiang) zur Besetzung gelangen, mit welcher
der Gehalt eines Zollamtsassistenten IV. Cl.b, d. i. 75 Haikuen Taels oder eirca 225 Reichs-
mark mit dem Anrechte auf Vorrückung in die höheren Gehaltsstufen verbunden ist. Bewerber
haben ihre Gesuche mit dem Nachweise ibrer Fachstudien, eventuell ihrer bisherigen medicinischen
Praxis und der vollständigen Kenntniss der englischen Sprache im Wege der k. u. k. Gesandschaft
in Peking an den Generalinspector der kaiserlich chinesischen Seezölle Sir Robert Hart,
G. C. m. g. zu richten.
Da dermalen in Hangehow ausser dem Zollarzte kein anderer Arzt ansässig ist, wird
demselben auch die ärztliche Behandlung der übrigen in Hangehow ansässigen Europäer
zufallen, wozu bei Erlernung der chinesischen Spracbe auch die Praxis unter den wohlhabenderen
und europäische Aerzte consultirenden Chinesen erworben werden kann.
Die Israelitengemeinde in Tanger sucht einen Arzt gegen eine monatliche
Subvention von 185 Fre., 2 Fre. Honorar für einen Krankenbesuch bei den zahlenden Israeliten.
Hauptbedingung: Gründliche Kenntniss der französischen Sprache, von grossem Vortheile; Kenntniss
der spanischen Sprache. Aussicht für einen wissenschaftlich gehildeten, im practischen und
Spitalsdienste erfahrenen, sprachkundigen Arzt auf relativ bedeutende Clientel. Die Confession
des Arztes kommt bei Besetzung der Stelle nicht in Betracht.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 26. März bis
1. April 1899:
in Schlesien, im politischen Bezirke Freistadt: Michalkowitz 2 und Reichwaldau 1;
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bobrka: Chodorow 7*) und Zabokruki 3;
Borszczów: Sapahow 1, Slobodka 5*) und Turyleze 3%); Buczacz: Barysz 3%), Hubin ?*,,
Koscielniki 1, Potok zloty 1 und Sokolow 2; Gorlice: Malastow 1; Horodenka: Chmie-
lowa 1, Czortowiec 2 und Toporowce 1; Husiatyn: Czabarowka 1; Jaroslau: Drbkow 2;
Kolbuszowa: Trzebos 1; Kolomea: Nazurna 5, Tlumaczek 4 und Trotanowka 1; Kosow:
Chomezyn 2; Lemberg-Umgebung: Zniesienie 1; Nadworna: Majdan 5, Nadworna 1,
Oslawy 3%), Sadzawka 7 und Zielona 1; Rohatyn: Bolszowce 3 und Czercze 2; Rzeszow:
Bialka 2; Sanok: Lipowiec 2 und Odrzechowa 14*); Skalat: Kolodziejowka 1; Stryj:
Dzieduszyce 3; Strzyzow: Luteza 2%) und Wyzne 5% Trembowla: Iwanowka 2;
Zaleszezyki: Blyszezanka 2; Zbaraz: Hluboczek 2, Stryjowka 9, Tarasowka 1, Zaluze 2,
Zbaraz 1 und Zbaraz stary 2;
in der Bukowina, in der Stadt Czernowitz 8 und in den politischen Bezirken Sereth:
Kamenka 1 und Wolczynetz 2; Storozynetz: Kurapcziu 1, Komarestie 4 und Storozy-
netz 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 26. März bis
1. April 1599:
in Böhmen im politischen Bezirke Landskron: Gutwasser 3 und Liebenthal 3;
in Galizien in der Stadt Lemberg 1 und in den politischen Bezirken Dolina:
Witwica 1; Husiatyn: Kociubince 9 und Myszkowce 4%); Jaworow: Nahaczow 4 und
Przylbice 23; Kamionka: Dziedzilow 53 und Stryhanka 4; Kolbuszowa: Sokolow 3
und Trzebos 4; Mosciska: Bortiatvn 2*), Krysowice 1 und Twierdza9 *); Nadworna:
Ostawy 14*); Peczenizyn: Jablonow 2; Przemyslany: Gliniany 1 und Zamoscie 2;
Skalat: Krasne 8, Sadzawki 1, Sorocko 4 und Stawki 1; Sokal: Sawezyn 3; Stanislau:
Uhorniki 6; Stryj: Hutar 15, Kalne 8, Libochora 2*), Plawie 3 und Zulin 9; Zolkiew:
Butyny 6%).
*) Die mit *) bezeichneten Fiille beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachträglich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen ,
k. k. Obersten Sanitatsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
. Rotrthenthurmstrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei dreeter Postzusendung ganzjährig 8 6.—.
E EE ee aa
ZI. Jahrgang. Wien, 27. April 1899. Nr. 17.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Sanitätsgesetze und Ver-
ordnungen. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte
Nachrichten.
Beilage: Sanitäre Einrichtungen der Stadt Karlsbad.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes vom 22. April l. J. wurde nach
Erledigung der Einliufe durch den Vorsitzenden O.S. R. Hofrath Prof. Dr. A. Ritter
v. Vogl über den im Monate Mai in Berlin stattfindenden internationalen Congresa
zur Bekämpfung der Tuberculose und die im diplomatischen Wege ein-
gelangte Einladung zur Betheiligung an demselben Mittheilung gemacht und be-
schlossen, de Entsendung von dreiMitgliedern des Obersten Sanitätsrathes
als Vertreter des gedachten Fachrathes zum Congress zu beantragen.
Hierauf referirte Ministerial- und Obersanititsrath Dr. Em. Ritter v. Kusý
über die auf die Pest bezüglichen Verhältnisse im Auslande, wobei die Zunahme
der Verbreitung und der Intensität der Pestepidemie in Indien constatirt wurde.
Ferner machte Referent Mittheilungen über die im Inlande herrschenden Fleck-
typhus- und Blatternepidemien, wonach die Flecktyphusepidemie in Böhmen
bis auf wenige sporadische Fälle getilgt erscheint, hingegen sowohl die Flecktyphus-
als die Blatternepidemie in Galizien an Ausbreitung derart zugenommen habe, dass
derzeit je 20 politische Bezirke von denselben betroffen sind.
Bei diesem Anlasse sprach der Oberste Sanitätsrath über Anregung des O. S. R.
Prof.Dr.M. Gruber den Wunsch aus, dass das Zustandekommen eines allgemeinen
Epidemiegesetzes, in welchem auch die obligatorische Impfung und
Wiederimpfung gegen Blattern vorzusehen wären, thunlichst beschleunigt werde.
Hierauf gelangten nachstehende Referate zur Erledigung:
1. Gutachten über die Errichtung einer Reinigungsanlage für Abwässer
einer Stärke-Syrup- und Traubenzuckerfabrik. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof.
Dr. E. Ludwig.)
2. Gutachten über eine Eingabe eines Gerbereibesitzers um Wiederaufnahme
des Verfahrens in Angelegenheit seines Recurses, betreffend das Waschen von
rohen Häuten in einem offenen Gerinne. (Referent: O. S. R. Prof. Dr.
Fl. Kratschmer.)
17
— 156 —
3. Gutachten über die Zulässigkeit der Ertheilung eines Privilegiums für
ein Haarfarbemittel. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. Fl. Kratschmer.)
4. Gutächtliche Aeusserung über die Zulässigkeit der Errichtung einer Betriebs-
anlage zum Trocknen von Häuten in der Nähe einer grossen Humanitits-
anstalt. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. St. Polansky.)
5. Gutächtliche Aeusserung in Betreff der Errichtung einer Abdeckerei in
der Nähe einer Hauptstadt. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. St. Polansky.)
6. Gutachten über die Zulässigkeit der Ertheilung eines Privilegiums für
eine Vorrichtung zum Zwecke der Heilung verschiedener Krankheiten.
(Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr. Sigmund Exner.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern | Hebammenamtstage unter Anschluss eines Aus-
vom 30. März 1899, Z. 32101 ex 1898, | weises über die aus diesem Anlasse dem Staats-
h ie
O A schatze EEN Kosten unter SE
des auf jede einzelne politische Behörde ent-
fallenden Antheiles mit thunlichster Beschleuni-
gung vorzulegen.
betreffend die Führung des Titels »Operateur«.
Diek.k.... wird auf denim Verordnungs-
blatte des Ministeriums für Cultus und Unterricht, S
Nr. 51, publicirten, der k.k..... intimirten
Erlass des Ministeriums für Cultus und Unter- | Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
richt vom 12. September 1898, Z. 23130,*) an vom 13. April 1899, Z. 11618,
die Decanate der medicinischen Facultäten, mit
welchem die Führung des Titels „Operateur“
seitens der ehemaligen Frequentanten von
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die in Berlin stattfindende Aus
stellung für Krankenpflege.
Universitits-Operationscursen für unzulässig
erklärt wird, mit der Einladung aufmerksam Das k. u. k. Ministerium des Aeussern
gemacht, von dem Inhalte dieses Erlasses die hat mit Note vom 6. April d. J., Z. 17500,
Aerztekammern und die unterstehenden politi- | anber mitgetheilt, dass anlässlich des Congresses
zur Bekämpfung der Tuberculose in der Zeit
vom 20. Mai bis 18. Juni d. J. zu Berlin ın
den Räumen der „Philharmonie“ auch eine
Ausstellung für Krankenpflege unter dem
Ehrenpräsidium des Staatsministers und Ministers
der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-
angelegenheiten Dr. Bosse stattfinden wird,
schen Behörden behufs Verständigung der Aerzte
ın die Kenntniss zu setzen.
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 14. April 1899, Z. 6379,
an die Mohrzahl der politischen Landesbehörden, welche nicht an das Deutsche Reich allein ge:
bunden sein, sondern einen internationalen
betreffend die Vorlage der Berichte über die
Hebammenamitstage und der Nachweisungen
|
Charakter tragen soll.
über die hieraus erwachsenen Auslagen. BCE EE EE wird eingeladen,
` , den Landesausschuss, die Directionen der
Dieu Ke Kk 24: ae as wird mit Beziehung
auf den h. o. Erlass vom 10. September 1897,
Z. 5555,**) eingeladen, den Bericht über die
im Jahre 1898 durch die Amtsirzte abgehaltenen
Krankenanstalten, die Gemeinden und Corpora-
tionen, welche Kraukenanstalten unterhalten,
und die Verwaltungen der Anstalten auf diese
Ausstellung, deren Programm in Nr. 16 der
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S, 363 Wochenschrift „Das österreichische Sanitäts-
**) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 360. wesen“ veröffentlicht wird, aufmerksam zu machen
und über allfällige Betheiligung derselben an
der Ausstellung mit thunlichster Beschleunigung
auber zu berichten.
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 15. April 1899, Z. 6763,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend den Berliner internationalen Con-
gress zur Bekämpfung der Tubercnlose,
Die hiesige kaiserlich Deutsche Botschaft
hat im Wege des k. u. k. Ministeriums des
Aeussern die Mittheilung gemacht, dass in den
Tagen vom 24—27. Mai l. J. ein internationaler
Berlin zusammentreten wird,
welcher die Frage der Bekämpfung der Tuber-
eulose als Volkskrankheit zum Gegenstande hat.
Congress in
wird eingeladen, die
ärztlichen Kreise ihres Verwaltungsgebietes im
Wege der Aerztekammer, sowie andere Persön-
lichkeiten und Körperschaften, welche die
practische Durchführung der auf dem Gebiete
der Volkshygiene, insbesondere hinsichtlicb der
Bekämpfung der erzielten Er-
rungenschaften verfolgen, auf diesen Congress
Tuberculose
?
dessen Programm*) in der Nummer 10 des Jahr-
ganges 1899 der Wochenschrift „Das öster-
reichische Sanitätswesen“ veröffentlicht wurde,
aufmerksam zu machen und die der ......
bekannt werdenden Congresstheilnehmer aus
dem dortigen Verwaltungsgebiete anher namhaft
zu machen.
*
Erlass der k.k. steiermärkischen Statt-
halterei vom 6. April 1899, Z. 11686,
an alle politischen Unterbehörden,
betreffend Vorkehrungen gegen Infections-
krankheiten.
Im Hinblicke auf das ungleiche Vorgehen
der Behörden I. Instanz bezüglich der nach
der Uebergabe eines Infectionskranken an die
Isoliranstalt, oder nach dem Tode desselben
noch einzuhaltenden Contumazzeit wird der
k. k. Bezirkshauptmannschaft
öffnet:
folgendes er-
#) Siehe auch unten S. 160.
157
—
Die Gefahr einer Verschleppung von An-
be-
ziehungsweise Hausgenossen eines Infections-
kranken erscheint auch nach der Abtransporti-
rung oder dem Tode desselben und nach der
Durchführung der Desinfection
insolange nicht beseitigt, als die Möglichkeit
besteht, dass die betreffende Krankheit auch
noch bei einem der zurückgebliebenen nnd all-
fällig schon infieirten Hausgenossen zum Aus-
bruche kommt, und zwar umsomehr, als die
neu inficirte Person schon während der Incu-
bationsdauer für andere infectiös werden kann,
wie dies für verschiedene Krankheiten nach-
steckungskeimen durch die Angehörigen,
genauesten
gewiesen ist.
Es ist daher bezüglich der Aufhebung
der Contumaz nach der Abtransportirung eines
Infectionskranken oder nach dem Tode eines
solchen stets auf die besonderen Verhältnisse
Rücksicht zu nehmen und sind die angeord-
neten Verkehrsbeschränkupgen auch nach Durch-
führung aller gebotenen Desinfectionsmassregeln,
falls noch infeetionsfahige Personen im be-
treffenden Haushalte zurückbleiben,
Dauer der für die einzelnen Krankheiten be-
kannten Incubationszeit aufrecht zu erhalten
und erst dann aufzuheben, wenn während dieser
Zeit im inficirt gewesenen Hause keine neuer-
für die
liche, verdächtige Erkrankung mehr aufge-
treten Ist.
*
Erlass der k. k. Statthalterei in Böhmen
vom 19. März 1899, Z. 28945,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend Einsendung von Mittheilungen
über wichtige sanitäre Vorkommnisse an
den Obersten Sanitätsrath.
Das k. k. Ministerium des Innern hat an-
lisslich der Vorlage
berichtes bemerkt, dass über die Mehrzahl der
des Landes-Sanitäts-
verzeichneten wichtigen sanitären Vorkommnisse
im hiesigen Verwaltungsgebiete im Jahre 1597
die
Obersten Sanitätsrath nicht erstattet worden sind.
vorgeschriebenen Mittheilungen an den
Der Herr k. k. Bezirkshauptmann werden
daher zu Folge des Erlasses des genannten
Ministeriums vom 14. Februar 1899, Z. 2976,
aufgefordert, den Bestimmungen des mit dem
17*
1
Statthalterei-Circularerlasse vom 20. December
1888, Z. 117065, kundgemachten Erlasses
desselben Ministeriums vom 13. December 1888,
Z. 20604 („Oesterreichisches Sanitätswesen“
Nr. 1 ex 1889), stets und rechtzeitig zu ent-
sprechen und zum Gegenstande der gedachten
Anzeigen nicht allein die Beschreibungen der
neu erbauten Humanitätsanstalten zu nehmen,
sondern auch wichtige Verbesserungen öffent-
lieher sanitärer Einrichtungen, wie z. B. in
Bezug auf einheitliche Wasserversorgung von
Gemeinwesen, auf systematische Beseitigung
der Abfallstoffe, Bereinigung der Gewässer,
die Errichtung von Schlachthäusern, belang-
reiche sanitäre Fortschritte in den grossen
industriellen Betrieben, auf Arbeiter-Wohlfahrts-
Einrichtungen u. dgl.
Hinsichtlich des bei der Einsendung dieser
Mittheilungen an den Obersten Sanitätsrath
einzuhaltenden Vorganges wird auf die Bestim-
mungen der Schlussabsätze des Statthalterei-
Circularerlasses vom 12. Mai 1889, Z. 49391,
hingewiesen.
*
Erlass des k. k. mährischen Landes-
schulrathes vom 28. März 1899,
Z. 15030,
an siimmtliche Bezirksschulrithe,
betreffend die Beiziehung der Amtsirzte bei
Commissionen wegen Schulbauten.
Laut Note der k. k. miihrischen Statthalterei
vom 17. November 1898, Z. 42808, hat der
k. k. Landes-Sanitätsinspeetor wahrgenommen,
dass die Bezirksschulbehórden nicht selten die
Bestimmungen des $ 20 der Verordnung des
Ministers für Cultus und Unterricht vom
17. Juli 1875, Z. 6525 L. G. u. V. Bl. Nr. 36,
insofern nicht beachten, als zu den commissio-
nellen Zu-
Umbauten von Volksschulen die lf. Sanitäts-
organe, beziehungsweise Stadtphysici nicht bei-
Verhandlungen über Neu-, und
gezogen werden.
Mit Rücksicht darauf, dass bei Umgang-
nahme von der nach der eitirten Verordnung
vorgeschriebenen Mitwirkung der Amtsärzte
häufig die vom gesundheitlichen Standpunkte an
die Schulen im Allgemeinen und an ihre
-
Ə
== a o: it
8
—
Unterrichtsräume im Besonderen zu stellenden
Anforderungen zum Nachtheile der körperlichen
Entwickelung der Schuljugend nicht erfüllt
werden, sieht sich der k. k. Landesschulrath
veranlasst, die k. k. Bezirksschulräthe anzu-
weisen, zu den commissionellen Verhandlungen
wegen Genehmigung des Bauplatzes und des
Bauprogrammes für den Neubau eines Volks-
schulgebäudes, sowie zu den diesbezüglichen
Verhandlungen hinsichtlich grösserer Um- und
Erweiterungsbauten und nach Massgabe der
Bedeutung und Wichtigkeit des Gegenstandes
auch zu Collaudirungen auch die amtsärztlichen
Fachorgane unter rechtzeitiger Verständigung
über den Zeitpunkt der stattfindenden Com-
mission beizuziehen, beziehungsweise stets deren
Fachgutachten einzuholen.
*
Erlass derk.k.mährischen Statthalterei
vom 17. November 1898, Z. 42808,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Beiziehung der Amträrzte zu
den Verhandlungen über Errichtung gewerb-
licher Betriebsanlagen.
Es wurde die Wahrnehmung gemacht, dass
die Unterbehörden häufig die Bestimmungen
der h. ä. Erlässe vom 31. März und 30. Mai
1590, Z. 11519 und 19995, betreffend die
Wahrung der sanitären Rücksichten bei den
Erhebungen über die Zulässigkeit der Genehmi-
gung gewerblicher Betriebsanlagen, insofern
nicht beachten, als zu den betreffenden com-
missionellen Verhandlungen weder der Amts-
arzt beigezogen noch das Fachgutachten des-
selben eingeholt wird.
Mit Rücksicht darauf, dass die Nicht-
beachtung der citirten Normativerlässe nicht
selten eine Gefährdung der öffentlichen gewerbe-
hygienischen Interessen zur Folge hat, deren
Wahrung nach $ 25 der Gewerbeordnung den
politischen Behörden I. Instanz obliegt, und
überdies die Genehmigung der beabsichtigten
Betriebsanlagen bei etwaigen gegen dieselben
vorgebrachten Einwendungen auch dadurch be-
deutend verzögert wird, weil das obne Zuziehung,
beziehungsweise Einvernahme des Amtsarztes
durchgeführte Verfahren häufig als mangelhaft
behuben werden muss, werden der Herr k. k. Be-
zirksbauptmann (wird der Gemeinderath) ange-
wiesen, in Hinkunft zu den die Errichtung der,
der behördlichen Genehmigung unterworfenen
Anlagen und die Collaudirung solcher betreffen-
den commissionellen Amtshandlungen stets
auch den Amtsarzt zuzuziehen, beziehungsweise
im Falle er seine persönliche Intervention bei
der Verhandlung nicht als nothwendig erachten
sollte, sein Fachgutachten über die Zulässigkeit
der Betriebsanlage unter Feststellung der vom
die Arbeiter
sanitären Staudpunkte aus für
159
—
oder Anrainer nóthigen Bedingungen einzu-
holen.
Die eingelangten Projecte sind jedesmal
dem Amtsarzte behufs eingehender Information
über die beabsichtigte Anlage zu übermitteln
und Vorsorge zu treffen, dass derselbe stets
rechtzeitig von dem Zeitpunkte der commissio-
nellen Verhandlung verständigt wird.
ist dem Amtsarzte zur
Kenntnissnabme und Eintragung in sein Norma-
Dieser Erlass
lienbuch mitzutheilen.
Thierseuchen und veterinärpolizeiliche Verfügungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern | leichnamstag,
vom 5. April 1899, Z. 5333,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Verlängerung der Denin-
feetiomsfrist anlässlich der Sonntagsruhe im `
Gtiterverkehre.
Nach einer Mittheilung des k. k. Eisen-
babnministeriums wurde anlässlich der im Vor-
Jahre bestandenen Einschränkung des Güter-
verkehres an Sonn- und bestimmten Feiertagen
auf den Linien der österreichischen Eisenbahnen
die Wahrnehmung gemacht, dass sowohl bei
den Staatsbahnen als auch Privatbahnen die
Zuführung der entladenen Viehtransportwagen
indie zugehörigen Desinfeetionsstationen vielfach
nicht so rechtzeitig erfolgen konnte, um die
Wagendesiofection innerhalb der im $ 1 der
Darehfúhrungsverordnung vom 7. August 1879,
R. G. Bl. Nr. 109, zum Gesetze vom 19.Juli 1879,
R.G. Bl. Nr. 108, betreffend die Verpflichtung
der Desinfection bei Viehtransporten auf Eisen-
bahnen und Schiffen, Frist
45 Stunden nach der Entladung vornehmen zu
normirten von
können.
Aus diesem Anlasse findet das Ministerium
des Innern im Einvernehmen mit dem k. k. Justiz-
und dem k. k. Eisenbahnministerium zu be-
stimmen, dass während der Dauer der Ein-
schränkung des Güterverkehres an Sountagen
und den betreffenden Feiertagen, d. i.
Neujahrstag, dem zweiten Ostertag, dem Himmel-
fahrtstag, dem zweiten Pfingsttag, dem Frohn-
dem
dem Allerheiligentag und den
beiden Weihnachstagen, diese Tage in die
normirte 4S8stiindige Desinfectionsfrist nicht
einzurechnen sind.
Verordnung des Statthalters in Nieder-
österreich vom 6. Februar 1899,
Z. 94795 ex 1898,
mit welcher der § 6 der Verordnung vom
30. April 1891, Z. 773, (L. @. BI. Nr. 29) wegen
Hintauhaltung von Thierquälereien bei dem
Betriebe des Lastenfuahrwerkes und insbeson-
dere bei der Verführung des Erdaushubes
aus Bangruben abgeändert wird.
I. Der $ 6 der Verordnung vom 30. April
1891, Z. 173 (L. G. Bl. Nr. 29%), wegen Hint-
anhaltung von Thierquälereien bei dem Betriebe
des Lastenfuhrwerkes und insbesondere bei der
Verführung des Erdaushubes aus Baugruben
tritt in seiner damaligen Fassung ausser Kratt
und hat folgendermassen zu lauten:
S 6. Die Geschirre der Zugthiere miissen
passend angefertigt und gut erhalten sein, die
Verwendung zu schwerer Kummete ist ver-
boten.
ll. Diese Verordnung tritt mit dem Tage
der Kundmachung in Wirksamkeit.
*) Siehe Jahrg. 1891 d. Bl., S. 183.
x
— 160 —
Veterinäre Massnahmen im Seeverkehre an- | und an der Somaliküste in Afrika im Grunde
lässlich Rinderpestgefahr. des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl.
Die k. k. Seebehörde in Triest hat mit | Nr- 37 und der Durchführungs-Verordnung zu
Cireular-Erlass vom 5. April d. J., Z. 3709, | demselben, R. G. Bl. Nr. 38, ein entsprechen-
wegen des Ausbruches der Rinderpest in Suakim |! des Ein- und Durchfuhrverbot erlassen.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Berlin. Fütterung der Milchkühe. Einer Bekanntmachung des Polizeipräsidenten vom
16. Februar d. J. zufulge, dürfen Kühen, deren Milch als Kindernahrung benützt wird, die
nachstehenden Futtermittel nicht verabreicht werden:
1. Fabrikrückstände, wie Branntweinschlämpe, Melasse und deren Präparate, Riiben-
schnitzel, Kartotfelpulpe (Kartoffelreibsel), Weizenkleber, Reisfuttermehl, Fleisch- und Blutmehl,
frische, d. h. nicht getrocknete Biertreber, Raps-, Senf- und Rieinuskuchen, Baumwollsamenmehl.
2. Schrot von Bohnen, Wicken und Lupinen. 3. Stroh von Erbsen, Bohnen, Linsen,
Wicken und Lupiuen. 4. Rüben aller Art und rohe Kartoffeln. 5. Rübenblätter, Kohlblátter
und anderes Grünfutter. 6. Küchenabfälle. 7. Verschimmelte, ranzige, faulige, sauer gewordene
oder sonstwie verdorbene Futtermittel jeder Art. (Veröff. d. kais. Gesundh.-A mtes.)
Liverpool. Unterricht über Tropenkrankheiten. Dem Universitäts-College und dem
kgl. Southern Hospitale wurde eine internationale Schule. für den Unterricht über Krankheiten
in den Tropengegei.den angegliedert. Liverpool unterhält regen Schiffahrtsverkehr mit Afrika,
Südamerika und dem Orient und suchen in diesen überseeischen Ländern erkrankte Personen
in grosser Zahl das genannte Krankenhaus auf, in welchem sie in isolirten, nach allen Vor-
schriften der Hygiene ausgestatteten Krankenzimmern Pflege und ärztliche Behandlung finden.
In der Nähe des Spitales stehen geräumige, den heutigen Anforderungen der Wissenschaft und
Forschung entsprechend eingerichtete Laboratorien für chemische, mikroskopische und bacterio-
logische Untersuchungen dem Unterrichte zur Verfügung.
Der Unterricht ist theils ein klinischer, theils ein systematischer und practischer. Der
klinische Unterricht wird im genannten Spitale ertheilt. Der systematische Unterricht umfasst:
l. Kraukheiten, welche durch thierische Parasiten hervorgerufen werden: Sumpf-
fieber, Filaria, Dysenterie, Tropenabscess, Parasiten des Darmes, der Leber, der Pfortader ete.
2. Baeterielle Krankheiten: Cholera, Tropentyphoid, Maltafieber, Gelbfieber, Beri-Btri,
Frambocsic, Lepra, Pest, Madurafuss.
3. Hautkrankbeiten: Tropen-Trichopetie, Pinta, Craw-Craw, Filaria Medinensis, Filaria
Boa Guyot, filaria Volvulus, Myiasis cutanca, Egelkrankheit, Biskra- oder Aleppo-Beule,
phagedenisches Greschwúr, Medinageschwiúr, ansteckender Pemphigus, Warzen; Tropen- Lichen,
Keloid, Ainhun.
4. Andere Krankheiten, wie Dengue, Lethargie (Negro L.) u. 8. w.
o. Von Thieren verursachte Krankheiten: Sura, Tsetse-Fliege.
Bei den practischen Uebungen stehen bacteriolugische Untersuchungen (Methodik, Sterili-
sation, Culturen ete.) über die einzelnen Krankheiten, Untersuchungen thierischer Parasiten,
Sehlangenbisse, die Immunisirung und Herstellung der Ileilsera u. s. w. im Vordergrunde.
Die Curse dauern je zwei Monate. Der erste Curs wurde am 4. April d. J. eröffnet. Das
Honorar für einen Curs ist mit 265 Fre., für Curs und Pension mit 107 Fre. per Woche fest-
gesetzt. Zur Theilnahme am Unterrichte werden diplomirte Aerzte aller Länder und Mediein-
studirende des 5. Jahrganges, ausnahmsweise über besondere Bewilligung auch andere Personen
zugelassen. Am Schlusse der Curse findet eine Prüfung statt und erhalten die Frequentanten
ein Diplom mit Bestätigung des Besuches des Curses.
Anmeldungen sind an Professor Boyce, University College, Liverpool, zu richten, welcher
auch weitere Auskünfte ertheilt.
Vorträge auf dem Congresse zur Bekämpfung der Tuberculose als Volkskrankheit.
Berlin, 24. bis 27. Mai 1899.
Adtheilung L. Ausbreitung der Tuberculose. 1. Allgemeines über die Ausbreitung und
Bedeutung der Tuberculose als Volkskrankheit. (Referent: Köhler-Berlin.) — 2. Beziehungen
— 161 —
zwischen den äusseren Lebensverhiltnissen und der Ausbreitung der Tuberculose. (Referent:
Krieger-Strassburg.) — 3. Ausbreitung der Tuberculose unter der versicherungspflichtigen
Bevölkerung. (Referent: Gebhardt-Lübeck.) — 4. Die Tuberculose in der Armee. (Referent:
Schjerning-Berlin.) — 5. Die Tuberculose unter den Hausthieren und ihr Verhältniss zur
Ausbreitung der Krankheit unter den Menschen. (Referent: Bollinger-München.)
Abtheilung II. Aetiologie. 1. Der Tuberkelbacillus in seinen Beziehungen zur Tuberculose.
(Referent: Flügge-Breslau.) — 2. Art und Weise der Uebertragung. (Referent: Fränkel-
Halle.) — 3. Mischinfeetion. (Referent: Pfeiffer-Berlin.) — 4. Erblichkeit, Immunität und
Disposition: (Referent: Löffler-Greifswald.)
Abtheilung III. Prophylaxe. 1. Allgemeine Massnahmen zur Verhütung der Tuberculose.
(Referent: Roth-Potsdam.) — 2. Die Verhütung der Tuberculose im Kindesalter. (Referent:
Heubner-Berlin.) — 3. Eheschliessung. (Referent: Kirchner-Berlin.) — 4. Wohn- und
Arbeitsriume und Verkehr. (Referent: Rubner-Berlin.) — 5. Krankenhäuser. (v. Leube-
Würzburg.) — 6. Nahrungsmittel. (Referent: Virchow-Berlin.)
Abtheilung IV. Therapie. 1. Heilbarkeit der Lungentuberculose. (Referent: Curschmann-
Leipzig.) — 2. Medicamentöse Therapie der Lungentuberculose, einschliesslich der Inhalation.
‚Referent: Kobert-Rostock.) — 3. Behandlung der Lungentuberculose mit Tuberculin und
ähnlichen Mitteln. (Referent: Brieger-Berlin.) — 4. Klimatische Therapie, einschliesslich
Seereisen, Waldluft pp. (Referent: Hermann Weber-London.) — 5. Ueber hygienisch-diätetische
Behandlung der Lungentuberculose und Anstaltsbehandlung. (Referent: Dettweiler-Falkenstein.)
Abtheilung V. Heilstáttenwesen. 1. Entwickelung der Heilstättenbestrebungen. (Referent:
v. Leyden- Berlin.) — 2. Finanzielle und rechtliche Träger der Heilstätten-Unternehmungen.
(Referent: Meyer-Berlin.) — 3. Mitwirkung der Krankencassen und Krankencassenärzte bei
der Heilstättenfürsorge. (Referent: Friedeberg-Berlin.) — 4. Bauliche Herstellung von Heil-
stätten. (Referent: Schmieden-Berlin.) — 5. Einrichtung und Betrieb von Heilstätten und
Heilerfolge. (Referent: Werner-Berliu.) — 6. Fürsorge für die Familien der Kranken und die
aus Heilstätten Entlassenen. (Referent: Pannwitz-Berlin.)
Das Centralcomite ersucht in seinem Circulare diejenigen Herren, welche Vorträge zu
halten beabsichtigen, die Anmeldungen an das Bureau des Congresses, Berlin W., Wilhelm-
Platz 2, zu senden. Von diesem werden sie je nach dem Inhalt den Abtheilungsvorsitzenden
überwiesen werden. Diese Vorträge sollen nach den oben aufgeführten Referaten in der vom
Vorsitzenden zu bestimmenden Reihenfolge zur Verhandlung kommen. Ihre Dauer soll 10 Minuten
nieht überschreiten.
Zugleich werden die anmeldenden Herren gebeten, den Inhalt ihrer Mittheilungen behufs
etwaiger vorheriger Veröffentlichung im Tageblatt des Congresses in kurzen Leitsätzen zusammen-
sufassen und bis zum 15. Mai einzusenden.
Vermischte Nachrichten.
Privatordinationsráume der Aerzte dtirfen nicht als Ambulatorien bezeichnet oder
angekündigt werden. Die Ambulatorien in den Krankenanstalten entstanden im Laufe der Zeit
aus dem Grunde, weil die Spitäler weder an Zahl noch hinsichtlich des Belegraumes in dem
Masse ausgestattet werden konnten, um alle Kranken, welche Anstaltsbehandlung aufsuchen
wollen, zu fassen. Anderseits kommen auch zahlreiche Erkraukungsformen zur Behandlung,
welche eine Aufnahme in eine Krankenanstalt nicht unbedingt erheischen. Um nun solchen
Kranken eine unentgeltliche entsprechende Behandlung zu sichern und in der weiteren Absicht,
dem klinischen Unterrichte auch Krankheitsformen, mit denen der practische Arzt täglich zu
thun, die er aber auf der Klinik zu sehen keine Gelegenheit hat, zuzuführen, wurde zuerst
neben den Kliniken, dann in vielen grösseren und in der Folge auch in kleineren, zumal
Werkespitálern die ambulatorische Krankenbehandlung eingerichtet. Die Ambulatorien bilden
shin ständige Einrichtungen der Spitäler und Kliniken und einen wesentlichen Bestandtheil
dieser Heilanstalten, welche letzteren nur mit behördlicher Genehmigung errichtet werden dürfen
(siehe Erlass des k. k. Ministeriums des Innern vom 2. März 1892, Z. 14498 ex 1891, Jahrg.
1392 d. BI., S. 82). Im Gegensatze zu diesem Begriffe des „Ambulatoriums“ steht die während
der bestimmten Ordinationsstunden in der Wohnung des Arztes geübte Krankenbehandlung,
— 162 —
welche als Ausibung des Berufes gemeiniglich „Hausordination“ genannt wird. Wenn nun auch
Hausordinationen oft genug unentgeltlich ertheilt werden, so prägt dieser Umstand der Ordination
noch nicht den Charakter eines Ambulatoriums auf, weil ja für dieses — als Humanit&tsanstalt
— die besondere bebördliche Bewilligung erforderlich ist.
In einem speciellen Falle hat das k. k. Ministerium des Innern (Entscheidung
vom 14. Jänner 1899, Z. 19759 ex 18398) dem Recurse eines Arztes, welchem die Bezeich-
nung und Ankündigung seiner Privatordination als „zahnärztliches Ambulatorium“ untersagt
worden war, keine Folge gegeben, weil die für besondere Anstalten zur Krankenbehandlurg
übliche Bezeichnung „Ambulatorium“ für die während der Ordinationsstunden eines Arztes
geübte private Krankenbehandlung nicht zutreffend und für das Publicum irreführend ist.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode vom
2. April bis 15. April 1899:
in Niederösterreich, im politischen Bezirke Baden, Weikersdorf 1;
in Steiermark im politischen Bezirke Voitsberg: Kowald 1*);
in Galizien, in der Stadt Krakau 1 und in den politischen Bezirken: Bobrka: Bobrka 2,
Chodorow 3, Holdowice 3 und Zabokruki 2; Borszezéw: Borszezow 1, Krzyweze do!ne 2,
Losiacz 8, Mielnica 8, Piszezatynee 5, Sapahow 6, Slobodka turylecka 6 und Wysuczka 1;
Buczacz: Barysz 7, Buezacz 1, Hubin 4 und Jezierzany 3; Horodenka: Czortowiec 5,
Dabki 1, Hawrylak 1, Isakow 6, Obertyn 1, Rakowiec 5 und Tyszkowce 4; Kolbuszowa:
Wulka sokolowska 1; Kolomea: Chomiakowka 8, Gwozdziec 3, Kobylee 1, Nazurna 1 und
Robynia 2; Kosow: Chomeczyn 1, Kosmacz 2 und Kosow3; Lemberg-Umgebung: Zniesie-
nie 1; Nadworna: Fitkow 1, Majdan gorny 1, Mikuliczyn 1, Nadworna 1, Oslawy biale 10,
Sadzawka 15 und Zielona 2; Nisko: Lowiko 9; Peczenizyn; Akreszory 4, Lucza 8 und
Peczenizyn 1: Rohatyn: Bolszowce 4 und Hrehorow 3; Ropezyce: Nawsie 5; Rzeszow:
Babica 3, Blazowa 20, Kakolowka 2, Krasne 1, Lubenia 8, Siedliska 2 und Straszydla 4,
Sanok: Beskie 8; Jasliska 3, Nowotaniec 2, Odrzechowa 8 und Siemuszowa 7; Sniatyn:
Roznow 4; Stanislau: Uhorniki 4; Strzyzow: Nowa wies 2 und Wyzne 9; Tarnopol:
Tarnopol 1; Zaleszezyki: Blyszezanka 2, Szezytowce 2 und Torskie 7; Zbaraz: Hluboczek 2,
Sieniawa 7, Stryjowka 5, Zaluze 3 und Zbaraz 4;
in der Bukowina, in der Stadt Czernowitz 18 und in den politischen Bezirken Kotz-
man: Kotzman 1; Radautz: Radautz 2.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode
vom 2. April bis 15. April 1899:
in Böhmen im politischen Bezirke Deutsch-Brod: Deutsch Brod 1; Jungbunzlau:
Neu-Benatek 1; Landskron: Gutwasser 2;
in Galizien in den politischen Bezirken Bohorodezany: Chmielowka 5, Lachowce 14
und Rosulna 3: Borszezow: Wysuczka 2; Dobromil: Piatkowa 23; Husiatyn: Kluwince
12, Kociubince 8, Myszkowce 15, Postolowka 7 und Rakowkat 5; Kamionka: Dziedzilow 23
und Zelechow 7; Kolbuszowa: Markowizna 2 und Mazury 11; Mosciska: Bortiatyn 3,
Slomianka 2 und Twierdza 1; Nadworna: Ostawy biale 2; Nisko: Jezowa 5; Peczeni:
zyn: Jablonow 7; Rawa: Ulhowek 11; Rohatyn: Rohatyn 1; Rzeszow: Borek
stary 12 und Kielnarowa 3; Rudki: Ostrow 5; Skalat: Krasne 1, Skalat 3 und Sorocko 2;
Sniatyn; Roznow 9 und Zablotow 1; Sokal: Dobraczyn 5, Sawezyn 1 und Wojslawice 14;
Stanislau: Stanislau 6 und Wolezyniee 1; Stryj: Hutar 2, Kalne 1, Koniuchow 6,
Lawoezne 5, Plawie 1 und Zulin 8; Tarnopol: Dubowce 13, Ihrowica 2 und Obarzance 4;
Zloczow: Mszana 9, Remizowce 3, Slawna 9, Uhorce 16 und Zborow 1; Zolkiew:
Butyny 7; Zydaczow: Piaseczna 4;
in der Bukowina in der Stadt Czernowitz 1.
*) Der vereinzelte Blatternfall in Kowald in Steiermark ist auf Verschleppung aus Russisch-Polen
durch einen Glasarbeiter zurückzuführen.
Hiezu eine Beilage.
II
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Da. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts- Buchhändler in Wien
LRothenthurmetrasase 15
Erscheint jedem Donnerstag.
Prinumerationspreis bei directer Postsusendung gansjährig í. 6.—.
ee ee _—_ A
XI. Jahrgang. Wien, 4. Mai 1899. Nr. 18.
Inhalt. Vorkehrungen gegen Tuberculose. — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlásse des
Ministeriums des Ianern, betreffend die Bewilligung von Privatentbindungsanstalten in den Wohnungen
der Hebammen und betreffend das Verbot des Verschleisses und der Annoncirung des sogenannten
Volta-Kreuzes als Heil- und Schutzmittel gegen Krankheiten ; Erlass der steiermärkischen Statt-
balterei, betreffend die amtsärztlichen Bezirksbereisungen und die auf Grund der hiebei gemachten
Wabrnehmungen zu ertheilenden Aufträge; Erlaes der Landesregierung in Kärnten, betreffend das
Verbot der Wiederverwendung bei Infectionsleichen bereits benützter Trauerkränze. — Mittheilungen
über sanitaire Verhältnisse urd Verfligungen im Auslande,
Vorkehrungen gegen Tuberculose.
In der gegenwärtigen Session des Landtages des Königreiches Böhmen haben
die Abgeordneten Obersanitätsrath Dr. J. Dvofak, Dr. Zahof und Genossen
folgenden Antrag, betreffend Massnahmen gegen die Verbreitung der Tuberculose,
eingebracht:
Der Landtag wolle beschliessen:
»Der Landesauschuss wird beauftragt, mit der k. k. Regierung in Verhandlungen
zu treten, anderseits im eigenen Wirkungskreise folgende Massnahmen zu treffen.
I. dass alle prophylaktischen Mittel und Massnahmen, welche die Hebung der
Resistenzfähigkeit des menschlichen Organismus bezwecken, sowie die Disposition zur
tuberculösen Infeetion herabsetzen, in Anwendung gebracht werden, insbesondere:
1. durch Hebung und Verbreitung der allen Volksschichten angepassten Kennt-
niss der Hygiene und der sanitären Erziehung, und zwar:
a) durch Einführung des hygienischen Ünterrichtes, und zwar wenigstens der
Grundprincipien desselben an den Mittel-, Volks- und Fachschulen,
b) durch Verbreitung von populären Schriften und Aufsätzen,
c) durch Creirung von Schulärzten;
2. mittelst Regelung und Hebung der socialen Verhältnisse der Bevölkerung,
mittelst Förderung der arbeitenden und producirenden Bevölkerungsclassen behufs
Erreichung eines entsprechenden Wohlstandes, sowie mittelst Hintanhaltung des
physischen und moralischen Verfalles aller Volksschichten;
3. durch Hintanhaltung der Verbreitung des Alkoholismus;
4. durch Beschränkung und Hintanhaltung verschiedener sanitärer Uebelstände
in industriellen Unternehmungen und in verschiedenen Gewerben, welche die
Disposition zur tuberculösen Infection fördern.
Ferner wird der Landesausschuss beauftragt mit der k. k. Regierung in Ver-
handlungen zu treten, anderseits im eigenen Wirkungskreise |
18
— 164 —
II. erforderliche Massregeln zunı Behufe der Hintanhaltung der Uebertragung
der tuberculösen Infection von Kranken auf Gesunde zu treffen und zwar:
1. mittelst geeigneter hygienischer Vorkehrungen in Schulen, Kinderbewahr-
und in simmtlichen Unterrichtsanstalten,
in den Kranken- und Humanitätsanstalten,
.ın allen öffentlichen Localen (Gasthäusern u. dgl.),
. in Straf- und Zuchtanstalten,
in Landes- und Staatsämtern,
bei allen öffentlichen Verkehrsmitteln, Eisenbahnen u. a.,
. in den Fabrikslocalitäten und Gewerbewerkstätten,
. in Gemeinden überhaupt,
. durch eine gehörige Desinfecetion bei Todesfällen an Tuberculose.
III. Der Landesausschuss wird beauftragt, mit der k. k. Regierung in Ver-
handlungen zu treten, anderseits im eigenen Wirkungskreise alle Vorkehrungen für
die mit der Tuberculose Behafteten zu treffen und zwar:
1. durch Isolirung der an Tuberculose Erkrankten,
2. durch Errichtung von eigenen Pfiegeanstalten und Sanatorien für die mit der
Tuberculose Behafteten.
IV. Dem Landesausschusse wird aufgetragen, mit der k. k. Regierung in Ver-
handlungen zu treten. im eigenen Wirkungskreise anderseits alle Mittel und Vor-
kehrungen, welche die Hintanhaltung der Uebertragung der tuberculösen Infection
von Thieren auf Menschen bezwecken, in Anwendung zu bringen, und zwar:
1. durch die Revision des Thierseuchengesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl.
Nr. 35, und Einbeziehung der Perlsucht in dasselbe,
2. durch eine systematische Beschränkung der Verbreitung der Perlsucht der
Rinder, und zwar:
a) durch die Einführung der facultativen Impfung der Rinder mit Tubereulin
zu diagnostischen Zwecken,
b) durch eine strenge lsolirung der mit Tuberculose inficirten Stücke von den
gesunden,
c) durch die facultative Keulung der mit Tuberculose behafteten Rinder;
3. mittelst einer verschärften fachmännischen Aufəicht in Schlachthäusern und
mittelst einer intensiveren Untersuchung des Schlachtviehes und Fleisches,
4. mittelst Beschränkung des Genusses der Rohmilch von infieirten Stücken
und durch eine strenge Beaufsichtigung des Milchhandels. «
Der »Verein Heilanstalt Alland«, der »niederösterreichische Ge
werbeverein« und der »Verband der niederösterreichischen Bezirks
krankencassen« verbreiteten eine populäre Belehrung über Tuberculose und
Schutzmittel gegen diese Krankheit und veröffentlichten in der gleichen Absicht
folgenden Aufruf unter dem Titel:
Achtung vor der Tuberculose«.
Die Tuberculose (Schwindsucht, Lungensucht, Auszehrung) ist die häufigste
und gefährlichste Krankheit, besonders in den ärmeren und arbeitenden Volksschichten.
Sie kann erblich von der Mutter auf das Kind übertragen werden, entsteht
aber meist erst während des späteren Lebens. Sie ist verursacht durch einen nur
mit den stärksten Vergrösserungen sichtbaren stäbchenförmigen Pilz, den sogenannten
Tuberkelbacillus, der durch das Eintrocknen des tuberculósen Aus:
wurfes in die Luft und schliesslich mit dem Staube in die Lungen der Ge
sunden gelangt, der ferner durch Milch und Fleisch tuberculóser Thiere
den Menschen vom Verdauungsapparat aus anstecken oder in Wunden ge-
langend, cine Tuberculose der Haut erzeugen kann.
In den meisten Fillen kommt ausser der Ansteckung noch eine bescndere
Empfinglichkeit des einzelnen Menschen fiir diese Krankheit hinzu. Diese
Peer
— 165 —
kann angeboren oder erworben sein; angeboren durch Tuberculose der Eltern,
erworben durch verschiedene Krankheiten, wie z. B. Masern, Keuchhusten, Zucker-
rubr, ferner durch Alles, was den Körper schwächt, besonders die Lungen schädigt
(häufige Geburten, lange fortgesetztes Stillen der Kinder, Ueberanstrengungen, Aus-
schweifungen aller Art, dann Katarrh der Athmungsorgane u. dgl.); ganz besonders
schädlich sind dunkle, feuchte Wohnungen, ungenügende Ernährung
und Arbeiten, die mit starker Staubentwicklung verbunden sind.
Die Mittel zur Verhütung der Tuberculose, die jeder Einzelne in seiner
Hand hat, sind folgende:
1. Keiner spucke in geschlossenen Localen auf den Boden und
soll auch nach Möglichkeit die Anderen daran hindern. Zu Hause sollte jeder eine
Schale mit Wasser gefüllt aufstellen und als Spucknapf benützen; der Inhalt
ist in den Abort zu leeren. Asche, Sand, Sägespäne, Erde sind als Spucknapf-
füllung unzweckmässig, weil sie die so gefährliche Eintrocknung und nachträgliche
Verstäubung des Auswurfes nicht verhüten. Bettlägerige Kranke sollen sich einer
mit Wasser gefüllten Spuckschale bedienen. Betolgt der Kranke die
angegebenen Massregeln, so ist er ganz ungefährlich, sollte also nicht wie
ein Aussätziger gemieden werden. Die Angehörigen sollen im Kranken-
zimmer nicht essen, vor dem Verlassen desselben sich die Hände reinigen.
Ebenso sollte der Arbeiter nie in den Arbeitsräumen seine Mahlzeit zu sich nehmen,
um nicht mit ihr den schädlichen Staub zu schlucken. Nöthigen ihn die Verhältnisse
doch dazu, so sollte vorher eine gründliche Reinigung, wenigstens der Hände vor-
senommen werden.
2. Wohnungen sollen nie trocken ausgekehrt, sondern zur Verhütung des Staubes
feucht gereinigt werden.
3. Die Nahrung sei den Verhältnissen entsprechend zweckmässig (Fleisch,
gekochte Milch, Fett, grüne Gemüse, Geistige Getränke, besonders
Schnaps, sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Am besten ist Bier in
geringen Quantitäten. Der ganze Lebenswandel sei überhaupt möglichst zweck-
entsprechend und vernünftig. Milch darf nie ungekocht, Fleisch nie
halbroh genossen werden.
4. Jede, selbst die kleinste Wunde, soll womöglich vom Arzt, jedenfalls aber
zweckmässig (antiseptisch) verbunden werden.
5. Eheschliessungen zwischen Tuberculösen sollten möglichst
vermieden werden, das Kind solcher Verbindungen bald in gesunde Verhältnisse
(Landaufenthalt) gebracht werden, um es der Ansteckungsgefahr durch die kranken
zu entziehen. Die schwindsüchtige Mutter sollihr Kind nicht
stillen.
6. Schon früh sollte das Kind durch tägliche kühle Waschungen, durch
fleissigen Aufenthalt im Freien, durch Turnübungen und gute
Lüftung der Wohnungen abgehärtet und zur grössten Reinlichkeit
erzogen werden.
7. Auch dem Erwachsenen können die ungeheuren Vortheile, die dem Körper
aus der Reinlichkeit erwachsen, nicht genug vor Augen gehalten werden. Ganz
besonders zu empfehlen ist es, sich vor jeder Mahlzeit die durch die Arbeit ver-
unreinigten Hände zu waschen. Ebenso sollte der Mund- und Zahnpflege
durch Ausspülen des Mundes und Putzen der Zähne eine grössere Aufmerksamkeit
geschenkt werden. Auch bringen Wannen- und Vollbäder (Volksbäder) den
grössten Nutzen, sollten daher, so oft es die Verhältnisse erlauben, genommen werden.
8. Bei der Frage Berufswahl soll vor Allem der Gesundheits- und Kräfte-
zustand ins Auge gefasst werden; solche, die von kranken Eltern stammen oder aus
anderen Ursachen schwächlich sind, hätten sich für Berufsarten zu entscheiden, die
den Aufenthalt im Freien mit sich bringen. Erkranken Arbeiter, so sollten sie sich
15*
166
nach ihrer Genesung stets mit ihrem Arzte darüber besprechen, ob sie unbeschadet
ihrer Gesundheit bei ihrem Berufe bleiben dürfen oder diesen zu wechseln haben.
Jeder, dessen Arbeit mit Staubentwicklung verbunden ist, sollte die freie Zeit möglichst
viel in frischer Luft zubringen.
9. In jedem Falle von länger dauerndem oder oft wiederkehrendem Husten,
bei Abmagerung und Abnahme der Kräfte, Bluthusten, Nachtschweiss, sollte stets
die Hilfe des Arztes rasch gesucht werden, damit die Tuberculose schon in ihren
ersten Anfängen erkannt und mit Aussicht auf den besten Erfolg behandelt werde.
was in den späteren Stadien der Krankheit sehr erschwert ist.
10. Jeder befolge die angegebenen, leicht zu erfüllenden Massregeln umso ge
nauer, als er dadurch nicht nur sich selbst, sondern seine Angehörigen,
Weib und Kinder, vor der verderblichsten Krankheit schützt, der sie sonst
leicht zum Opfer fallen.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern |
vom 21. April 1899, Z. 13324,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Bewilligung von Privatent-
bindungsanstalten in den Wohnungen der
Hebammen.
Aus Anlass der Wahrnehmung, dass von
den politischen Landesbehörden hinsichtlich der
Durchführung des $ 14 der Dienstesvorschriften
für Hebammen vom 10. September 1897,
R. G. Bl. Nr. 216,*) betreffend die Ertheilung
von Bewilligungen an Hebammen zur geschäfts-
mässigen Verwendung ihrer Wohnungen zur
Entbindung fremder nicht
gleichmässig vorgegangen wird, wird darauf
Frauenspersonen,
aufmerksam gemacht, dass derartige Bewilli-
gungen aus öffentlich sanitären Rücksichten
nur ausnahmsweise in Frage kommen können,
wenn nach den zu erhebenden localen Ver-
hältnissen ein dringendes Bedürfnies hiefür
nachweisbar, und die Erreichbarkeit der ge-
burtshilflichen Unterkunft und Hilfeleistung in
öffentlichen Anstalten nicht gesichert ist. Auch
in diesem Falle ist der Umfang der Bewilligung,
welche sich stets nur auf einzelne fallweise
nisse, als auf die der Wohnung und der Ent-
bindungslocalität selbst, auf die Wartung und
Pflege der Hilfsbedürftigen, sowie auf den ärzt-
lichen Beistand im Bedarfsfalle gestellt werden
müssen, Genüge geleistet ist.
Das Entbindungslocal, sowie die auf die
einschlägigen Hausentbindungen gerichtete
Thätigkeit der Hebamme sind der unmittel-
baren Ueberwachung des beamteten Gemeinde-
arztes, sowie der Beaufsichtigung des Amts
arztes der politischen Behörde zu unterstellen,
und hinsichtlich der genauen Buchführung über
jede aufgenommene Hilfsbedürftige, der Anzeige
ı jedes Geburtsfalles, des Verbotes der Annonci-
rung und der Anlockung von fremden Schwan-
geren, der Einhaltung eines soliden Betriebes
überhaupt, die genauesten Weisungen vorzu-
schreiben.
Hievon sind sämmtliche politischen Unter-
behörden zur Darnachachtung im Falle der
Erhebung und Antragstellung über einlangende
Gesuche von Hebammen, in Kenntniss zu
setzen. i
Die politische Landesbehörde hat über
sämmtliche Bewilligungen von derlei Entbin-
dungslocalitäten bei Hebammen fortlaufend ge-
Entbindungen erstrecken und niemals das Ent-
stehen von Winkel-Entbindungsanstalten bei
Hebammen ermöglichen darf, genau abzugrenzen
| naue Evidenz zu führen und über deren Stand
und die Pfleglingsbewegung in denselben unter
Anschluss einer tabellarischen Specification
' halbjährig, d. i. nach dem 30. Juni
Anforderungen, 31. December j. J. im Laufe des folgenden
sowohl in Bezug auf die Person der betreten- : Monates, zu berichten.
Hausstandsverhält- |
und zu beachten, dass allen sanitätspolizeilichen und
insbesondere jenen, welche
den Hebamme und ihre
*) Siehe Jahrg. 1597 d. Bl., S. 360.
167
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern | fiir die Sanitätsbereisung jährlich, wie bisher
vom 18. April 1899, Z. 21117 ex 1898,
an die Statthalterei in Wien,*)
betreffend das Verbot des Verschleisses und
der Annonecirung des sogenannten Volta-
Kreuzes als Heil- und Schutzmittel gegen
Krankheiten.
Das Ministerium des Innern findet dem
mit dem Berichte vom 25. Juni 1898, Z. 57455,
vorgelegten Recurse der Gemischtwaarenver-
schleisserin R. in Wien, gegen die d. ä. Ent-
scheidung vom 5. November 1897, Z. 53871,
mit welcher das in dem Bescheide des Wiener
Magistrates vom 5. November 1897, Z. 53871,
ausgesprochene Verbot des Verschleisses und
der Annoncirung des sogenannten Volta-Kreuzes
als Heil- und Schutzmittel gegen verschiedene
Krankheiten bestätigt wurde, nach Einholung
des Gutachtens des Obersten Sanitätsrathes aus
nachstehenden, sanitätspolizeilichen Gründen
keine Folge zu geben:
Abgesehen davon, dass dem aus Kupfer-
und Zinkmetall hergestellten Apparate (nach
Art der Geheimmitte], Arcana) in filschlicher
und das Publicum irrefiihrender Weise geheim-
nissvolle Heilwirkungen gegen verschiedene
|
|
|
zur Genehmigung vorzulegen sei. Da in Folge
des Erlasses vom 19. November 1893, Z. 18484,
mit welchem auf Grund des vorgelegten Ent-
wurfes über die jährliche Sanitätsbereisung das
amtsärztliche Reisepauschale bis auf Weiteres
festgestellt wurde, auch der Umfang der, gemäss
dem Ministerialerlasse vom 11. März 1897,
2. 6832, („Oesterreichisches Sanitiitswesen“ 1897,
Nr. 12), beziehungsweise dem h. ä. Erlasse
vom 4. Mai 1897, Z. 8049, vorzunehmenden
Bereisungen fixirt erscheint, bat die jährliche
Vorlage des Reiseprogrammes in Hinkunft zu
entfallen, jedoch sind allfällige wesentliche
Abweichungen von dem im Voranschlage auf-
gestellten Programme bei Vorlage des Be-
reisungsberichtes zu begründen.
Betreff3 der Vornahme der Bereisungen
wird in Erinnerung gebracht, dass dieselben
nach den bestehenden Verordnungen in grösseren
Touren erfolgen und längstens mit Ende
October abgeschlossen werden sollen, so dass
das gesammte Reiseoperat rechtzeitig, das
ist bis 30. November des Berichtsjahres vor-
gelegt werden kann.
Gleichzeitig wird dringend empfohlen, die
Krankheitszustinde zugeschrieben werden, ist | auf Grund der amtsärztlichen Erhebungen
derselbe geeignet, durch die beim längeren
Tragen am blossen Körper mit den Absonde-
rungen der Haut sich bildenden giftigen Metall-
verbindungen Hauterkrankungen, ja selbst
. Blutvergiftung hervorzurufen.
Der gewerbsmässige Vertrieb desselben in
der bezeichneten Art ist daher sanitär unzulässig.
+
Erlass der k. k. steiermärkischen Statt-
halterei vom 6. April 1899, Z. 11689,
an alleunterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die amtsärztlichen Bezirksbe-
reisungen und die auf Grund der hiebei ge-
machten Wahrnehmungen zu ertheilenden
Aufträge.
Mit dem Erlasse vom 4. Mai 1897,
Z. 3049, wurde angeordnet, dass das Programm
*, Den übrigen politischen Landesbehörden,
in Absicht auf ein gleichmässiges Vorgehen der
politischen Behörden gegen den Vertrieb derartiger
sanitatswidriger Gebrauchsgegenstände, zur Kennt-
nissnabme mitgetheilt.
nothwendigen Verfiigungen — wie dies bei
einzelnen Bezirkshauptmannschaften auch der-
zeit schon üblich ist, stets alsbald nach den
bezüglichen Revisionen — und nicht erst nach
Abschluss der ganzen Bereisung zu treffen und
die diesbezüglichen Erledigungen auch mit Be-
schleunigung zu expediren und, einerseits weil
sich — wenn die Erledigung längere Zeit ver-
zögert wird, nicht selten mittlerweile wesent-
liche Veränderungen an den besichtigten
Objecten ergeben, so dass die Erlässe dann
oft dem thatsächlichen Bestande gar nicht mehr
entsprechen, andererseits weil durch Aufträge,
welche erst geraume Zeit nach der Erhebung
.ergehen, bei den betroffenen Parteien der Ein-
druck minderer Dringlichkeit der geforderten
Verbesserungen erregt werden muss — und
endlich, weil im Hinblicke auf die klimatischen
Verhältnisse mitunter sehr dringende bauliche
Herstellungen, welche vielleicht im Herbste,
während der Schulferien o. dgl. noch leicht
möglich gewesen wären, erst viele Monate
später in Angriff genommen werden können,
wenn die diesfälligen Aufträge zu einer Jahres-
zeit, die eine Ausführung derselben nicht mehr
zulässt, hinausgegeben werden.
Hiebei wird neuerlich auch darauf hin-
gewiesen, dass die amtsärztlichen Bereisungs-
protokolle nicht schon an sich die Grundlage
instanzmässiger Entscheidungen, sondern ledig-
lich den Anstoss zur weiteren Amtsbandlung
geben können und dass erst auf Grund des,
wo nöthig, eingeleiteten contradictorischen Ver-
instanzmässigen Entscheidungen
fahrens mit
vorzugehen ist.
Erlass der k. k. Landesregierung in
Kärnten vom 29. März 1899, Z. 3029,
an alle unterstehenden politischen Bebörden,
betreffend das Verbot der Wiederverwendung
bei Infectionsleichen bereits benützter
Trauerkränze.
Im Nachhange zum hierämtlichen Erlasse
vom 30. November 1898, Z. 16060,*) betreffend
die sanitären Uebelstände in Folge des Kränze-
ausleihens bei Bestattungen von an Infections-
krankheiten Verstorbenen, werden die k. k. Be-
zirksbauptmannschaften und der Stadtmagistrat
in Klagenfurt verständigt, dass sowohl das fürst-
bischófliche Gurker Ordinariat, als auch die Wiener
evangelische Superintendentur A.C. in Arriach
ihre Bereitwilligkeit ausgesprochen haben, zur
Abstellung der missbräuchlichen Verwendung
von Leichenkränzen, Sträussen und anderen
Zierraten aus künstlichen Blumen bei Infections-
leichen in ihrem Wirkungskreise das Erforder-
liche beizutragen.
Aus der diesbezüglichen Zuschrift des
hochwürdigen fürstbischöflichen Ordinariates ist
zu entnehmen, dass gelegentlich der bischöf-
lichen Visitationen bereits seit Jahren diesem
Unfuge entschieden entgegengetreten und den
bei
Leichen in Verwendung gekommener Krinze
Pfarrvorstinden das Anbringen solcher
aus künstlichen Blumen untersagt wurde.
Die Verbotes
dürfte fúrstbischóflichen
Ausserachtlassung dieses
nach Ansicht des
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 486.
168
Ordinariates in den meisten Fällen weniger den
Pfarrvorständen als vielmehr den Messnern zur
Last zu legen sein, welche
ähnlichen Dingen leider oft eigenmächtig vor-
in solchen und
gehen.
Um diesem Uebelstande nachdrücklichst
zu begegnen, wird das in Rede stehende Ver-
bot im nächsten, in Kürze erscheinenden kirch-
lichen Verordnungsblatte publicirt und den
Pfarrvorstehern die sorgsame Ueberwachung
der unterstehenden Kirchendiener aber auch
die Belehrung der Parochianen über die Ge-
fahren für die Gesundheit, ja für das Leben
selbst im Falle der Nichtbeachtung eindring-
lichst ans Herz gelegt werden.
Die Wiener evangelische Superintendentur
A. C. in Arriach theilte anher mit, dass die
evangelischen Pfarrämter in Kärnten nicht nur
auf die aus dem leichteinnigen Gebaren mit den
Todtenkränzen entstehenden Gefahren der In-
fectionskrankheiten aufmerksam gemacht und
zur Mitwirkung bei der Abstellung des Kränze-
ausleihens gemahnt wurden, sondern auch den
Auftrag erhielten, das Aufhängen der Todten-
kränze in den evangelischen Kirchen nicht mehr
zu gestatten.
Nachdem hiemit die Mitwirkung der Geist-
lichkeit des Kronlandes bei Abstellung der ge-
rügten Uebelstände gesichert erscheint, werden
die k. k. Bezirkshauptmannschaften beauftragt,
sämmtliche Gemeinden Ver-
waltungsbezirkes auzuweisen, das diesbezügliche
Verbot der Wiederverwendung von künstlichen
Blumen, welche bei einer Infectionsleiche be-
nützt worden waren, mit dem stricten Auftrage
zu verlautbaren, dass die genannten Gegen-
stände mit der Leiche in das Grab zu ver-
ihres
senken sind.
Insbesondere sind die Gemeinden aufmerk-
sam zu machen, dass speciell den Messnern und
Todtengräbern, welche sich häufig mit dem
Kränzeausleihen befassen, dieses Verbot ein für
allemal eingeschärft werde.
Die Distrietsärzte, sowie die Laien-
todtenbeschauer sind gleichfalls dahin zu
verständigen, dass sie bei jeder sich bietenden
Gelegenheit der Bevölkerung das Verbot der
Wiederbenützung von bei Infectionsleichen ge-
brauchten Leichenkränzen, Sträussen und ähn-
lieben Zierraten aus künstlichen Blumen in
Erinnerung bringen und im Falle der con-
statirten Ausserachtlassung dieser Massnahmen
sofort die Anzeige erstatten.
Weiters werden auch die hochwürdigen
Pfarrämter einzuladen sein, bei den ihnen
unterstehenden Organen auf die genaue Be-
folgung dieses Verbotes hinzuwirken.
169
Schliesslich werden die k. k. Bezirks-
bauptmannschaften und der Stadtmagistrat in
Klagenfurt beauftragt, gegen Zuwiderhandelnde
mit unnachsichtlicher Strenge im Grunde der
kaiserlichen Verordnung vom 20. April 1854,
R. G. Bl. Nr. 96, damit die
traurigen Folgen dieses vom sanitätspolizeilichen
Standpunkte sehr groben Unfuges sich nicht
mehr wiederholen.
vorzugehen,
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest.*) In Britisch-Ostindien hat die Seuche im Monate Februar
weitere Ausbreitung gewonnen, im Monate März aber zeigte sich bereits in einzelnen Städten
und Districten eine deutliche Abnahme, während in anderen die Epidemie noch weitere Fort-
sehritte machte. Während des Zeitraumes vom 21. Februar bis 10. April d. J. wurden in den
aufeinanderfolgenden sieben Wochen in der Stadt Bombay 1036 Erkraukungen (941 Todes-
fälle), 1199 (1029), 1258 (1081), 1307 (1108), 1443 (1128), 1169 (906), 887 (679) angezeigt.
Vorzugsweise traten die pneumonischen Formen auf, seltener ausgesprochene Bubonenpest. Zahl-
reiche Pestleichen wurden täglich in den Strassen gefunden.
In der Präsidentschaft Bumtay starben in den vom 12. Februar bis 19. März
aufeinanderfolgenden Wochen 1500, 1534, 1457, 1347, 1509 Personen an der Pest.
In Kuracbee und Calcutta breitete sich die Krankheit erheblich weiter aus. In
ersterer starben vom 22. Februar bis 28. März während der einanderfolgenden fünf Wochen
23, 56, 68, 125, 178 Personen, in Calcutta erkrankten (starben) in der Zeit vom 5. Februar
bis 25. März 421 (366), und hat Erkrankungshäufigkeit wie Mortalität von Woche zu Woche
eine Steigerung erfahren. Die Vorkehrungen, welche im Jahre 1897 in Kraft standen, wurden
wieder angeordnet.
Aus Hongkong wurden bis 18. März 18 Pesttodesfälle gemeldet. Gegen Provenienzen
aus Hongkong hat die Colonialregierung in Singapore eine neuntägige, jene von Niederländisch-
Indien eine zebntägige Quarantaine angeordnet.
Arabien. In Djeddah ereigneten sich zwischen 28. Februar und 13. März d. J.
13 Pesttodesfälle,e vom 14.—20. März 17, vom 21.—27. März 20, vom 28. März bis 3. April 19
und vom 4.—10. April 22. Am 18. März kam im Seelazarethe zu Kamaran 1 Pest-
fall vor.
Der Anfangs März aus Mekka gemeldete Todesfall soll nicht auf Pest zu beziehen
sein. Eine spätere telegraphische Mittheilung vom 11. April meldete 2 Pestfälle in Mekka.
Zum Zwecke der Verhinderung einer Ausbreitung der Pest in Djeddah wurde eine voll-
ständige Isolirung des Pilgerverkehrs von dieser Stadt angestrebt in der Weise, dass die Pilger
6 Kilometer nördlich derselben an einer erst zu errichtenden Landungsbrücke die Schiffe ver-
lassen und, ohne Djeddah zu berühren, die Strasse nach Mekka erreichen. Diese Vorkehrungen
erregten die Missstimmung der Bevölkerung in Djeddah, weil sie ihnen die mit dem Pilger-
verkehre verbundenen Einnahmen entziehen würden, und kam es zu einem Aufstande, welcher
eine Abänderung der geplanten Vorkehrungen zur Folge hatte. Diese bestand darin, dass die
Isolirung der Stadt aufgehoben, den Pilgern gestattet wurde, dieselbe zu passiren. Dagegen
hat eine strenge Isolirung der Pesthäuser stattzufinden, die Effecten der an Pest Erkrankten und
Verstorbenen sind zu verbrennen, die Localitäten wirksam zu desinficiren, alle pestverdächtigen
Häuser werden täglich einer sanitären Revision unterzogen, ein Pestspital wird errichtet. Leichen
dürfen erst nach sanitätsämtlicher Erlaubniss bestattet werden, die mit Leichen und deren
Bestattung beschäftigten Personen unterliegen strenger sanitärer Aufsicht. Die Assanirungs-
*) Siehe 8. 107 d. Bl.
— 0: =
vorechriften sollen pünktlich durchgeführt werden. Aehnliche Vorkehrungen wurden in Mekka
getroffen.
Afrika. In Port Louis (Mauritius) kamen am 23. Februar 2, am 16., 26. Februar,
24. und 28. März je 1 Pesttodesfall vor.
In Tamatave (Madagascar) ereigneten sich keine weiteren Pestfälle und erhalten von
dort auslaufende Schiffe reine Patente.
Pestfälle auf Schiffen. An Bord des Dampfers „Peninsular“ erkrankte während
der Fahrt durch den Suezcanal ein indischer Matrose unter pestverdächtigen Erscheinungen. Die
Ausschiffung des Kranken wurde vom Sanitätsamte in Port Said verweigert und setzte der
Dampfer, nachdem er daselbst en quarantaine Kohlen eingenommen hatte, die Fahrt nach
Marseille fort, wo er im Lazarethe zu Frioul am 11. März der für indische Provenienzen
angeordneten Behandlung unterzogen wurde, und am 12. März die\Passagiere in libera pratica
ausschiffte, um dann die Fahrt nach London fortzusetzen. Die in Suez ausgeschifften Personen
mussten bei den Mosesquellen die vorgeschriebene Quarantaine absolviren.
Unter den auf dem englischen Dampfer „Mirzapore* am 12. März aus Chitagon in
Djeddah angekommenen 759 Pilgern wurde einer an Pest erkrankt befunden.
Von dem aus Bombay gekommenen englischen Dampfer „Caledonia“ wurden in Aden auf
den Dampfer gleicher Fiagge „Oceania“ 16 indische Matrosen (Laskaren) und 14 Passagiere,
deren Reiseziel Aegypten war, überschifft. Die „Oceania“ verliess Aden am 5. April mit der
Bestimmung nach Suez. Am 7. April wurde an einem Individuum der Bemannung der „Caledonia“
Pest constatirt, der Dampfer daher den Quarantainevorschriften, welche vom Tage der statt-
gehabten Ueberschiffung zählte, unterstellt, die nach Aegypten bestimmten Passagiere bei den
Mosesquellen zehntägiger Quarantaine unterzogen.
Massnahmen gegen Pest. Die russische und die persische Regierung haben die Betheiligung
an der diesjährigen Pilgerfahrt untersagt.
Türkei. Provenienzen aus Djeddah unterliegen in den türkischen Häfen einer zehn-
tägigen Quarantaine. Später wurde diese Massnahme auf alle Herkünfte der Küste des Rotlien
Meeres zwischen Lith und Yambo (diese Häfen ausgenommen) erstreckt.
Aegypten. Auf Provenienzen aus dem Hedjaz findet vom 23. April ab (letzter Tag
des Kurban Bairum-Festes) das für die Pilgerfabrten geltende Pestreglement Anwendung.
Für Herstellung eines Lazaretbes in Port Said widmete die ägyptische Regierung die
Summe von 3000 Pfund.
Bulgarien. Aus Häfen des Rothen Meeres zur See ankommende Reisende dürfen nur
über Varna und Bourgas nach strenger Desinfection ihrer Effecten eintreten. Als verseucht gilt
die ganze Küste des Rothen Meeres mit Ausnahme von Suez.
Der muselmännischen Bevölkerung wurde die Theilnahme an der heurigen Pilgerfahrt
untersagt. Jene, welche diese Fahrt bereits angetreten haben, dürfen erst nach zehntägiger
Quarantaine und sorgfältiger Desinfection ihrer Effecten in die Heimat zurückkehren. Dieselben
werden nachträglich eonsignirt und erhalten der diplomatische Vertreter in Constantinopel, die
Handelsagenten in der Türkei, sowie die Grenzbehörden je ein nominelles Verzeichniss dieser
Pilger, um dieselben überwachen und die entsprechende Behandlung einleiten zu können.
Griechenland. Das Verbot der Einfuhr von Postpacketen und Mustersendungen
ohne Werth, sowie von rohen Häuten, Wolle, Thieren und frischen Rohproducten, Hadern, ge-
brauchten Kleidern und Wäsche aus allen jenseits Bab-el-Mandeb gelegenen Ländern wurde
dahin modihieirt, dass dieses Verbot in Zukunft nur mehr gegen Provenienzen aus Bombay An-
wendung findet.
Provenienzen aus Djeddah unterliegen einer zehntärigen Quarantaine, in welche die Reisezeit
nicht eingerechnet wird, jene von der Küste des Rothen Meeres und aus Aegypten einer strengen
sanitiren Revision.
Niederlande. Calcutta wurde als pestverseucht erklärt und unterliegen dortige
Provenienzen einer zehntägigen Quarantaine.
Hiezu eine Separatbeilage.
AAN IS A A TE TE A PEE ETRE STIER EEE AN RN E AE NN SD gg reg RCN CARA EEN
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitatsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium dee Innern,
Verlag von Alfred Hólder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmetrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig f. 6.—.
nn
ZI. Jahrgang. `
een e "e
Wien, ll. Mai 1899. Nr. 19.
A RED
Inhalt. Sanititsgesetze und Verordnungen: Verordnung des Finanzministeriums, betreffend die
normirten Dienstalters-Personalzulagen bei der Bemessung des Ruhegenusses und des Sterbequartales etc.;
Erlass der steiermärkischen Statthalterei, betreffend die Durchführung der Impfung; Erlass der Statt-
halterei in Tirol, betreffend die aus den Geburtenausweisen der Hebammen zu verfassenden Ueber-
sichten; Erlass der mährischen Statthalterei, betreffend die Vorlage von Projecten tür centrale Wasser-
versorgungsanlagen an die Statthalterei. — Rechtsprechung. — Vermischte Nachrichten.
Beilage: Die von der Gemeinde Wien neu errichtete sanitäre städtische Sanitätsstation im
Il, Bezirk, Gerhardusgasse 3/5.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Verordnung des k. k. Finanzministe-
riums vem 17. Marz 1899, Z. 60167
ex 1898,
betreffend die Anrechenbarkeit der im Ar-
tikel IIT des Gesetzes vom 19. September 1898,
R. €. Bl. Nr. 172, normirten Dienstalters-
Persenalzulagen beider Bemessung des Ruhe-
genusses und des Sterbequartalen sowie die
Entrichtung der Diensttaxe und des Bpercen-
tigen Pensionsbeitrages von derselben.
Im Nachhange zur Verordnung des Finaunz-
ministeriums vom 20. September 1898,*) be-
treffend die Durchführung des Gesetzes vom
19. September 1898, Nr. 172, R. G. BI.,**)
womit einige Bestimmungen des Gesetzes vom
15. April 1875, Nr. 47, R. G. Bl, betreffend
die Regelung der Bezüge der activen Staats-
beamten abgeändert werden, wird bekannt ge-
macht, dass die Dienstalters-Personalzulagen,
welcbe nach Artikel III des bezogenen Ge-
setzes den Staatsbeamten der drei untersten
Rangsclassen nach 16, beziehungsweise 20 in
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 430.
**) Ibid. S. 401.
einer und derselben Rangsclasse vollstreckten
Dienstjahren gebiiren, bei Bemessung des Ruhe-
genusses und des Sterbequartals gleich dem Ge-
halte anzurechnen sind; dagegen ist von den-
selben auch die Diensttaxe gemiiss des § 178 des
kaiserlichen Patentes vom 27. Jänner 1840, sowie
der 3percentige Pensionsbeitrag nach Mass-
gabe des § 15 des Gesetzes vom 14. Mai 1896,*)
R. G. Bl. Nr. 74, zu entrichten.
Die Verpflichtung zur Entrichtung der
Diensttaxe und des 3percentigen Pensionsbeitrages
von den Dienstalters-Personalzulagen erstreckt
sich auch auf jene Beamte, welche schon vor
der Wirksamkeit des Gesetzes vom 19. Sep-
tember 1898, Nr. 172, R. G. Bl., eine Dienst-
alters-Personalzulage aufGrund der Allerböchsten
Entschliessung vom 14. December 1894 bezogen
haben.
*) Siehe Jahrg. 1896 d. Bl, S. 249.
Se
19
Erlass der k. k. steiermärkischen Statt- |
halterei vom 6. April 1899, Z. 11690,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Durchführung der Impfung.
Die k. k. Bezirkshauptmannschaft wird ein-
|
geladen, behufs Einleitung der ve
öffentlichen Impfung und Schulimpfung unter
Beachtung aller bestehenden Vorschriften un- |
verzüglich das Erforderliche zu veranlassen.
im Interesse der Be-
|
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|
völkerung gelegen ist, dass bei den Impflingen
Da es einerseits
durch die Impfung, abgesehen von dem normalen
Verlaufe der localen Veränderungen keine über-
flüssige Störung des Wohlbefindens und der
Gesundheit verursacht wird und da anderseits
derartige Störungen den in Folge der mass-
losen Agitation der Naturheilvereine immer
zahlreicher auftretenden will-
kommenen Anlass zur Bethätigung ihrer impf-
feindlichen Bestrebungen bieten, wird der Ver-
Impfgegnern
Störungen eine besondere
Aufmerksamkeit zuzuwenden und den Impf-
ärzten die genaueste Beachtung aller darauf
abzielenden Vorsichtsmassregeln,
meidung solcher
insbesondere
aber die Anwendung einer vollkommen ratio-
nellen Impftechnik auf das nachdrücklichste
zur Pflicht zu machen sein.
Dass sich in dieser Beziehung durch klaglos
aseptische Durchführung der Impfung die besten
Erfolge erzielen lassen, ist von hervorragenden
Fachmännern bereits wiederholt betont und dar-
gethan worden.
Nur ist hiebei zu beachten, dass allfällig
angewendete Desinfectionsflüssigkeiten mit dem
da `
beeinträchtigt
Impfstoffe nicht in Berührung kommen,
hiedurch dessen Wirksamkeit
werden könnte.
Es wird daher in allen jenen Fällen, in
denen chemische Desinfectionsmittel zur Des-
infection der Instrumente oder des Impffeldes
verwendet werden, eine hinreichende Menge
sterilen Wassers zur Abspülung bereit zu
halten sein.
Zum Abtrocknen sind stets nur sterilisirte
Tücher oder, da diese in der Regel nicht zur
Verfügung stehen werden, die in jeder Apotheke
erhältliche
oder Gaze zu verwenden.
sterilisirte Bruns'sche Baumwolle
172
Selbstverständlich ist es unbedingt erforder-
lich, dass sich der Impfarzt vor Beginn der
Impfung die eigenen Hände verlässlich mit
warmem Wasser, Seife und Bürste reinigt und
geeigneten Desinfectionsflüssigkeit
mit einer
desinficirt.
Weiters wird bereits anlässlich der Kund-
machung der Impfung, beziehungsweise anläss-
lich der Vorladung der Parteien darauf auf-
merksam zu machen sein, dass die Impflinge
rein gewaschen und mit frischer Wäsche zur
Impfung erscheinen.
Dadurch wird eine besondere Desinfection
des Impffeldes in der Regel entfallen können
oder es wird genügen, dieselbe mit warmem
Wasser und Seife und nachträglichem Abreiben
mit steriler Baumwolle und Alkohol oder Aether
vorzunehmen.
Die Gemeindevorstehungen werden zur
Beistellung geeigneter Impfloecalitäten, die vor
der Impfung verlässlich gereinigt und gelüftet
werden sollen, zu verhalten sein.
Auf allen Impfsammelplätzen, wo voraus-
sichtlich mehr als zehn Impflinge erscheinen,
wird für die Beistellung eines abgesonderten
Warteraumes für die Impflinge Sorge zu tragen
sein, und sollen die Impflinge in das eigent-
liche Impflocale nur nach und nach in kleinen
Gruppen eingelassen werden, damit jedes un-
nöthige Aufwirblung von Staub und die Ver-
schlechterung der Luft vermieden wird.
Kranke und schwächlich entwickelte Kinder
sind nicht zu impfen, sondern zur nächstjährigen
Impfung zu bestellen.
Die eigentliche Methodik der Impfung muss
Jedem einzelnen Impfarzte überlassen bleiben,
nur ist hiebei unter allen Umständen zu ver-
langen, dass eine streng aseptische Durchführung
gewährleistet wird.
Um jedoch jenen Aerzten, die sich eine
derartige vollkommen verlässliche Impftechnik
bisher nicht angeeignet haben, hiefür Anhalts-
punkte zu geben, sind alle Impfärzte auf die
vom k. k. Impfdirector Dr. Gustav Paul in
der Beilage zu Nr. 23 der Wochenschrift „Das
österreichische Sanitätswesen“ vom Jahre 1896
veröffentlichteStudie überaseptischeMethoden der
Schutzpocken-Impfung aufmerksam zu machen.
173
Ueber Anregung des genannten k. k. Impf- | lingen und von drei bis vier Impfstellen am
directors hat die Fabrik chirurgischer Instru-
mente J. Odelga in Wien, IX./3, Garnisons-
gasse Nr. 11 ein leicht transportables Impf-
besteck zusammengestellt, das derart eingerichtet
ist, dass das Impfinstrument für jeden einzelnen
Impfling ohne erheblichen Zeitverlust unmittel-
bar vor jeder Impfung durch Auskochen sterili-
sirt werden kann.
Die genannte Firma hat sich bereit erklärt,
dieses Impfbesteck, dessen gewöhnlicher Preis
15 fl. beträgt, bei Bestellung einer grösseren
Anzahl um den Preis von 12 fl. zu liefern.
Es werden daher jene Impfärzte, die auf
ein solches Impfbesteck reflectiren, einzuladen
sein, dasselbe durch das Sanitätsdepartement
der Statthalterei zu bestellen, um es bei einer
voraussichtlich grösseren Bestellung zu dem
angegebenen Preise von 12 fl. zu erhalten.
Die genauere Beschreibung dieses ungemein
practischen Impfbesteckes ist nebst erläuternden
Abbildungen an der eitirten Stelle nachzulesen
und soll bier nur erwähnt werden, dass das
Besteck drei Impflancetten enthält, von welchen,
aachdem alle drei durch Auskochen sterilisirt
werden, adwechselnd immer eine zur Impfung
verwendet wird, während sich die zweite noch
im kochenden Wasser befindet und die dritte
zur Abkühlung und zur Verwendung bei der
nächsten Impfung bereit liegt.
Ueber die Impfinstrumente sagt Dr. Paul:
„Das Impfinstrument muss eine scharfe Spitze
haben, darf jedoch nicht scharfschneidend sein,
weil man beim Impfen nur ritzen und nicht
schneiden soll. Ferner muss es der Lymphe ein
leichtes Abfliessen gestatten, so dass das Impfen
mit der armirten Lancette in einem Tempo
geschehen kann. Es empfehlen sich deshalb
alle jene Instrumente, welche langstielig sind
und eine breite lanzenförmige Spitze mit so-
zenanntem steilen prismatischen Schliff besitzen,
wie ihn Chalybaeus bei seiner Impflanze an-
gezeben hat.“
Ueber dieImpfmethode selbst fährt Dr. Paul
fort:
„Einen vollvirulenten Impfstoff voraus-
gesetzt, genügt die Anlegung von je zwei
linken Oberarme bei Revaccinanden.
Das einzelne Impfschnittchen, oder besser
gesagt Impfritzchen, braucht die Linge von
1/, Cm nicht zu überschreiten. Ein Schaben oder
Kritzeln ist zu vermeiden, da hiedurch über-
mässig grosse Pusteln und unerwünscht heftige
Reactionserscheinungen entstehen.*
Endlich erklärt es Dr. Paul’als wünschens-
werth, die gesetzte Impfverletzung auch aseptisch
zu erhalten und den Impfling vor der Möglich-
keit einer Spätinfeetion zu bewahren, sowie die
entwickelte Schutzpocke vor traumatischen Ein-
wirkungen zu schützen.
Für den ersteren Zweck wird die Anwen-
dung eines kleinen aseptischen Schutzverbandes
unmittelbar nach der Impfung empfohlen und
dürfte sich die Bedeckung der frischen Impf-
ritzchen mit Zinkoxyd-Epidermin, auch Tegmin
genannt, und mit einer dünnen Wattalage wegen
der Einfachheit und Billigkeit des Verfahrens
als bei öffentlichen Impfung allgemein
durchführbar erweisen.
der
Diese Tegminverbände zum Schutze der
Impfstellen werden vom Apotheker Rothziegel
in Wien, I. Rudolfsplatz Nr. 5 in den Handel
gebracht und stellt sich der Preis derselben für
25 Impfungen auf 30 kr., bei grösserem Be-
darfe noch billiger.
Das Tegmin ist ein aseptisches, unzersetz-
liches Wachsliniment, das in dünner Schichte
auf die geimpften Hautstellen aufgetragen und
sofort mit einem kreisrunden Scheibchen aus
dünner sterilisirter Zellstoffwatta bedeckt wird,
die sehr rasch antrocknet, so dass man den
Impfling bald ankleiden lassen kann, ohne be-
fürchten zu müssen, dass das Deckmittel ab-
gestreift wird.
Dasselbe haftet ein bis zwei Tage und
erfüllt daher den Zweck des Verhiitens der
nachträglichen Infection der Impfwunde voll-
stindig.
Occlusivverbinde während der ganzen
Pustulationsperiode haben sich nicht bewährt
und sind daher die Eltern der geimpften Kinder
nur anzuweisen, durch geeignete Massregeln
das Aufkratzen oder sonstige Beschädigungen
Impfstellen an jedem Oberarme bei Erstimpf- , der entwickelten Impfpusteln zu verhüten.
19*
— 174
Um weiters das Vertrauen der Bevölkerung | Stichhältigkeit
zur Schutzpocken-Impfung zu heben, wird em-
pfohlen, allgemein verständliche Belehrungen
über den Zweck und den Nutzen der Impfung,
sowie über das zweckmässigste Verhalten der
Geimpften während der Entwicklung der Pusteln
zu verfassen und diese Belehrungen entweder
auf den Impfsammelplätzen öffentlich kund-
zumachen oder jeder Partei gleichzeitig mit der
Vorladung zur Impfung zuzustellen.
Als Muster hiefür kann die auf S. 119
desLandes-Sanitätsberichtes „Das steiermärkische
Sanitätswesen im Jahre 1896“ veröffentlichte
allgemein verständliche Belehrung über die
öffentliche Impfung verwendet werden.
Die Statthalterei verschliesst sich durchaus
nicht der Einsicht, dass durch die angeführten
Massregeln der volle angestrebte Erfolg nicht
sofort erreicht werden wird, ja dass vielleicht
in einzelnen Fällen die Impfergebnisse, soweit
sie die Haftung des Impfstoffes betreffen, durch
allzu unbeschränkte Desinfectionsbestrebungen
sogar vorübergehend verschlechtert werden
können, anderseits wird jedoch mit Zuversicht
vorausgesetzt, dass es dem jederzeit bewährten
Eifer der Impfärzte gelingen wird, die eich an-
fänglich etwa entgegenstellenden Schwierigkeiten
zu beseitigen und durch stete Verbesserung der
rationellen Impfmethodik das Vorkommen von
Impfschäden vollkommen zu vermeiden und auf
diese Weise das Vertrauen der Bevölkerung zu
der so segensreichen Institution der Impfung
immer mehr zu befestigen.
Dem Vorkommen von wirklichen oder auch
nur behaupteten Impfschäden wird aber in Hin-
kunft eine ganz besondere Aufmerksamkeit zu-
zuwenden sein, zu welchem Zwecke Folgendes
angeordnet wird:
Die Angehörigen oder Pflegeeltern ge-
impfter Kinder sind anlässlich der Impfung an-
zuweisen, dass gie jede Erkrankung, die als
unmittelbare Folge der Impfung auftritt, dem
Impfarzte, oder wenn dies nicht möglich sein
sollte, dem Gemeindevorsteher unter genauer
Schilderung des Entstehens und aller Erscheinun-
gen der Krankheit unverzüglich anzeigen.
Diese Anzeige ist vom Impfarzte oder
Gemeindevorsteher mit einer Aeusserung über
die eigene Wahrnehmung hinsichtlich ihrer
zu versehen und auf dem
kürzesten Wege der Bezirkshauptmannschaft
vorzulegen, die hierüber die weiteren Ver-
fügungen zu treffen und je nach den Umständen
des Falles womöglich den Amtsarzt zur Er-
hebung an Ort und Stelle abzuordnen hat.
Da es sich hiebei ohnedies zumeist um
eine Infectionskrankheit oder Verdacht auf eine
solche handeln wird, hat der Amtsarzt seine
Wahrnehmungen in einem Erbebungsprotokolie
in der für Infectionskrankheiten vorgeschriebenen
Form niederzulegen; dieses Erhebungsprotokoll
ist nebst dem Reiseparticulare des Amtsarztes
und einem kurzen Berichte über die getroffenen
Verfügungen der Statthalterei vorzulegen.
Besonders wichtig ist die genaueste Unter-
suchung allfälliger Todesfälle, deren Zusammen-
hang mit der erfolgten Impfung behauptet
wird; es sind daher sämmtliche Todtenbeschauer
der Bezirkshauptmannschaft der-
artige Todesfälle unverzüglich zur Anzeige zu
bringen und sind die erforderlichen Vorkeh-
rungen zu treffen, dass in solchen Fällen zur
Klarstellung der Todesursache stets die sanitäts-
polizeiliche Obduction womöglich durch
den Amtsarzt vorgenommen wird.
Bei allen derartigen Erhebungen ist in
dem Falle, wenn thateächliche Schädigungen
der Gesundheit festgestellt werden können,
genauestens zu erforschen und im Erhebungs-
protokolle ausdrücklich anzuführen, ob dieselben
durch die Impfung unmittelbar verursacht oder
durch andere zufällig hinzugetretene Ursachen,
wie z. B. unzweckmässiges Verhalten, Mangel
an Reinlichkeit, Nichtbefolgung ausdrücklich
gegebener Vorschriften und dergleichen herbei-
anzuweisen,
geführt worden sind.
Um über die Thätigkeit der Impfärzte und
allfällige besondere Ereignisse bei der Impfung
ein einheitliches Bild zu erhalten, wird ange-
ordnet, dass alle Impfärzte einen Bericht in
Form eines Fragebogens, für welchen der k. k.
im Anschlusse
entsprechende Anzahl von Formularien über-
mittelt wird, auszufüllen und ibrem Impfoperate
Bezirkshauptmannschaft eine
anzuschliessen haben.
Diese Fragebögen sind vom Amtsarzte zu
sammeln und seinem alljährlich zu erstattenden
Impfberichte anzuschliessen.
Hinsichtlich des Impfstoffbezuges bleibt es | Diese 7 Tabellen sind in den Text des
bei der im Vorjahre getroffenen Verfügung, | erwähnten Ergänzungsberichtes einzufügen, es
wonach die Bezirkshauptmannschaft den Bedarf | bedarf daher keiner gesonderten Tabellen.
ao Impfstoff aus der Impfstoffgewinnungsanstalt
des Dr... ... zu decken hat. E .
Formulare desSummarausweises.*)
e |
Erlass der k.k. Statthalterei in Tirol
und Vorarlberg vom 21. Februar 1899,
Z. 1332,
I. Num. currens.
II. Gemeinden.
III. Zabl der Hebaınmen.
IV. Zahl der: Einzelgeburten, Zwillings-
geburten, Drillingsgeburten.
V. Alter der Mütter: unter 15 Jahren,
15—20, 20—25, 25—30, 30—35, 35—40,
40—45, 45—50 Jahre.
VI. Darunter ledige Gebärende.
VII. Die wievielte Niederkunft hatten die
Gebärenden: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10,
über 10.
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die aus den Geburtenausweisen
der Hebammen zu verfassenden Uebersichten.
|
Die mit der neuen Dienstes-Instruction für
Hebammen herausgegebenen Geburtsausweise
haben gegenüber den bisher giltigen, einige
Abänderungen erfahren, wodurch eine Abände-
rung der bisher vorgeschriebenen Tabelle für VIII. Nach der Lage des Kindes waren:
die Zusammenstellung deren Inhaltes und des , Hinterhauptslage, Gesichtslage, Becken-Endlage,
Bezirks-, beziehungsweise Landes-Summariums | Querlage, Unbestimmte Lage.
nothwendig wurde. IX. Geschlecht des Kindes: männlich,
In der Anlage erhalten die Bezirkshaupt- | weiblich, unbestimmt.
mannschaften und Magistrate die zur Bericht- X. Darunter Missbildungen.
erstattung über diesen Gegenstand für das XI. Der Eintritt der Geburt war: recht-
Jahr 1899 für Concept- und Reinschrift nöthige | zeitig, vorzeitig, unzeitig.
Anzahl von Tabellen, welche letztere ent- XII. Ausgang der Geburt für die Mutter:
sprechend ausgefüllt ganzjährig und mit | günstig, mit schweren Gesundheitsstörungen,
Ende Februar jedes Jahres nebst den Hebammen- | tödtlich.
ausweisen anher vorzulegen ist. XIII. Ausgang der Geburt für das Kind:
Zur Verwerthung dieses statistischen | lebend, scheintodt, todt.
Materiales, beziehungsweise der Summe des XIV. Verlauf des Wochenbettes: Infect.,
Bezirkes oder Stadtgebietes im Jahresergänzungs- | regelmässig; Wochenbettfieber: erkrankt, ge-
bericht lit. R werden die für Niederösterreich | storben; Anderweitige Krankheiten; erkrankt,
erlassenen und im Jahrgange 1898 des Oester- gestorben.
reichischen Sanitätswesens auf S. 233 u. 234 XV. Während der Wochenzeit: erkrankten
veröffentlichten 7 Tabellen mit folgenden, vom | Kinder, starben Kinder.
Landes-Sanitätsrathe beantragten Abänderungen XVI. Anzahl der Geburten: ohne beson-
vorgeschrieben: dere Kunsthilfe; mit Kunsthilfe: Zange, Wen-
In Tabelle III lautet die letzte Rubrik | dung, Perforatio, künstliche Frühgeburt, künst-
statt „Anmerkung“ „unbestimmte Lage“. liche Placentalösung.
In Tabelle V ist der Ausdruck „vor-
zeitigen* in der Fussnote in „unzeitigen* ab-
zuändern.
In Tabelle VII ist zu „Puerperalfieber“
„ınfectiöses* beizufügen.
*) Die Zifiernsummen der in diesem Ausweise
bezeichneten Rubriken IV, V, VII, XI und XII,
desgleichen auch jene der Rubriken VIII, IX,
XIII und XVI müssen untereinander vollkommen
übereinstimmen; jene von XIV mit der Ersteren
Für die Rubrik „B — gestorben“ sind | nach Abzug der während oder gleich nach der
vorher „die todtgeborenen“ abzurechnen, da | Geburt gestorbenen Mütter; jene von XV mit der
dieselben schon in Rubrik V erscheinen. Letzteren nach Abzug der todtgeborenen Kinder.
XVII. Anmerkung: Hier sind unter Hin-
weis auf No. anzuführen: Allfällige
Extra-Uterinalschwangerschaft, Umstülpung des
Uterus, Gebärmutterriss, Kaiserschnitt an
Lebenden oder Verstorbenen sammt dem Er-
folge, Puerperal-Manie oder
respective bemerkenswerthe Vor-
curr.
sonstige unge-
wöhnliche,
kommnisse.
Erlass derk.k.mährischen Statthalterei
vom 17. April 1899, Z. 14718,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Vorlage von Projecten für
centrale Wasserversorgungsanlagen an die
Statthalterei.
Um bei Errichtung von centralen Wasser-
versorgungen den hygienischen und technischen
Anforderungen die mit Riicksicht auf die öffent-
liche Gesundheitspflege unter Wahrung der
materiellen Interessen der Gemeinden zu stellen
176
sind, rechtzeitig Rechnung tragen zu können,
sieht sich die k. k. Statthalterei im Grunde
des der Staatsverwaltung nach $ 1 des Reichs-
sanitatsgesetzes vom 30. April 1870, R.G. Bl.
Nr. 68, zustehenden ÖOberaufsichtsrechtes über
das gesammte Sanitätswesen veranlasst, anzu-
ordnen, dass in Hinkunft die Projecte über
Central Wasserversorgungen vor Ertheilung der
Ausführungsbewilligung der k. k. Statthalterei
vorgelegt werden.
Demgemäss sind fortan die an die politi-
schen Behörden I. Instanz gelangten derartigen
Eingaben in vorschriftsmässiger Weise unter
Beiziehung der ärztlichen und technischen Fach-
organe dieser Behörden der Vorprüfung zu
unterziehen und nach ordnungsmässig durch-
geführter Localerhebung zur Einsichtnahme und
eventueller weiterer Verfügung an die k. k. Statt-
halterei zu leiten.
Der gleiche Vorgang wird auch bei wesent-
lichen Umgestaltungen bereits bestehender
Wasserwerke einzuhalten sein.
Rechtsprechung.
Die Befugniss zur Haltung einer Hausapotheke kommt dem Arzt nur nach Massgabe der hinsichtlich
seines Aufenthaltsortes im gegebenen Zeitpunkte bestehenden thatsächlichen Verhältnisse zu.
Erkenntniss des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1399, Z. 274,
V. G. H.
Der k. k. Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. J. T., Arztes in N.,
gegen die Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 24. November 1897, Nr. 33804,
betreffend die Haltung einer Hausapotheke nach der am 12. Jänner 1899 durchgeführten,
öffentlichen, mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt.
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe.
Der Ministerialrecurs des Beschwerdeführers gegen die Entseheidung der k. k. Statthalterei
in P. vom 13. April 1897, mit welcher die dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmann-
schaft in J. unter dem 15. October 1896 ertheilte Ermächtigung zur Führung einer ärztlichen
Hausapotheke in L. aufgehoben worden war, wurde mit Rücksicht auf den Umstand, dass der
Beschwerdeführer seinen Wohnsitz inzwischen von L. nach N. verlegt hatte, mit dem heute
angefochtenen Erlasse des k. k. Ministeriums des Innern vom 24. November 1897, Z. 35804,
als gegenstandslos zurückgestellt.
Die vorliegende Beschwerde erblickt in dieser Erledigung eine Verletzung des behaupteten
Rechtes des Beschwerdeführers auf die meritorische Erledigung seines Ministerialrecurses. —
Mit Unrecht.
Die Berechtigung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke richtet sich nach den durch
die Ministerialverordnung vom 26. December 1882, R. G. Bl. Nr. 182, unberührt gebliebenen
gesetzlichen Vorschriften, als welche hier der § 13 des Hofdecretes vom 3. November 1808,
Z. 16135, (Kropatschek Sammlung, Band 25, Nr. 8211, S. 220) und der im Wesentlichen
— 177 —
gleieblautende $ 32 der mit Hofkanzleidecret vom 9. Mai 1822, Z. 11762, genehmigten
»Gremialordnung für die Wundärzte* (böhm. Prov. Ges. Sammlung, Band 4, Nr. 359, S. 813)
in Betracht kommen. Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist einem Arzte die Haltung
einer Hausapotheke gestattet, wenn sich weder in seinem Aufenthaltsorte noch im Umkreise von
einer Stunde eine öffentliche Apotheke befindet.
Die im Punkte 2 der citirten Ministerialverordnung der politischen Bezirksbehörde vor-
behaltene diesfällige „Ermächtigung“ stellt sich hiernach als eine Declaration der Verwaltungs-
behörde dar, dass dem einschreitenden Arzte in seinem gegenwärtigen Aufenthaltsorte
nach den im gegebenen Zeitpunkte bestehenden thatsächlichen Verhältnissen diese Befugniss
Kraft der eitirten gesetzlichen Vorschriften zukommt. Da aber die Haltung einer Hausapotheke
begrifflich an den Wohnsitz des Arztes gebunden ist und dieses Recht erst dann existent wird
und nur so lange besteht, als der Arzt in einem Orte seinen Wohnsitz hat, bezüglich dessen die
obigen gesetzlichen Voraussetzungen zutrefien. so ist es klar, dass für die Behörde ein Anlass
oder die Pflicht nicht besteht, das Vorhandensein dieser gesetzlichen Voraussetzungen bezüglich
eines Ortes zu untersuchen, in welchem der einschreitende Arzt nicht einmal seinen Wohnsitz hat.
Es ist nun allerdings richtig, dass die Entscheidung über ein Parteibegehren im Allgemeinen
jenen Sachverhalt zur Grundlage zu nehmen hat, welcher zur Zeit der Anbringung des Begehrens
vorgelegen ist, dass somit auch die über ein Rechtsmittel ergehende Entscheidung auf die Basis
des Erkenntnisses der ersten Instanz zurückzugehen hat. Allein im vorliegenden Falle muss
festgehalten werden, dass es sich bier — wie oben dargelegt — nicht um die Feststellung
eines von dem Wohnungswechsel unabhängigen subjectiven Rechtes, sondern nur um einen
den jeweilig bestehenden Verhältnissen anzupassenden Verwaltungsact handelt,
bei welchem naturgemäss auch die im Laufe des Instanzenzuges eintretenden Aenderungen
dieser Verbältnisse berücksichtigt werden müssen. Da der Beschwerdeführer durch seine Ueber-
siedlung die begriffliche und wesentlichste Voraussetzung der von ihm im Instanzenzuge für
L. angestrebten Ermächtigung aufgegeben hatte, war auf seiner Seite die Legitimation erloschen,
die für ihn dadurch gegenstandslos gewordene Angelegenheit im weiteren Instanzenzuge zu ver-
folgen, und er kann diese Legitimation keineswegs etwa auf das behauptete Interesse der
Gemeinde L. oder eines anderen sich künftighin daselbst niederlassenden Arztes stützen, zu
deren Vertretung er eben nicht berufen ist. Als nunmehr ausserhalb L. wohnhafter Arzt besitzt er
die processuale Berechtigung nicht, eine prineipielle Entscheidung über die für seinen concreten
Fall völlig irrelevante Frage zu begehren, ob für den Ort L. die gesetzlichen Voraussetzungen
der Haltung einer Hausapotheke zutreffen.
Eine solche Feststellung hätte übrigens weder für die Vergangenheit noch auch für die
Zukunft irgend welche rechtlichen Folgen bewirken künnen.
Für die Vergangenheit nicht, weil dem Beschwerdeführer auch im Falle einer meritorischen
Erledigung seines Ministerialrecurses die von ihm im Administrativverfahren angestrebte Er-
mächtigung für eine Hausapotheke in L. unter allen Umständen schon deshalb hätte verweigert
werden müssen, weil er daselbst nicht wohnt, für die Zukunft aus dem Grunde nicht, weil eine
solche nur die jeweiligen Verhältnisse betreffende Feststellung einer materiellen
Rechtskraft der Staatsverwaltung gegenüber nicht fähig, sondern von allen möglichen Aende-
rungen dieser Verhältnisse (Errichtung kürzerer Communicationen, Verlegung oder Neuerrichtung
öffentlicher Apotheken in der nächsten Umgebung u. s. w.) abhängig ist und in jedem Falle
einer künftigen conereten Entscheidung überprüft werden müsste.
Diesen Erwägungen zu Folge konnte der Verwaltungsgerichtshof in der Unterlassung der
vom Beschwerdeführer begehrten meritorischen Entscheidung eine Rechtsverletzung nicht er-
blicken und gelangte sohin zur Abweisung der vorliegenden Beschwerde.
Vermischte Nachrichten.
Zur Hygiene der Barbier- und Friseurstuben.*) Ein im Vereine mit dem Vorsteher der
Genossenschaft der Barbiere vom Stadtphysicate in Budapest ausgearbeitetes Regulativ
schreibt die nachstehenden Vorkehrungen vor:
1. Der Inhaber einer Barbierstube hat für die grösste Reinlichkeit im Locale zu sorgen,
Thiere dürfen in demselben nicht gehalten werden.
2. Die Lehne des Barbiersessels ist bei der Bedienung des Gastes mit einem sauberen
Tuche zu bedecken.
*) Vergl. Jahrg. 1898 d. Bl., S. 54.
— 178 —
3. In der Barbierstube darf Niemand ein Nachtlager haben.
4. Angestellte, die mit Haar- oder Hautkrankheiten behaftet sind, miissen sofort ent-
lassen werden.
5. Die Angestellten müssen nach der Bedienung eines jeden Gastes ihre Hände waschen,
Personen, welche an einer Haut- oder Haarkrankheit leiden, dürfen nicht bedient werden.
6. Scheeren, Rasirmesser und jedes metallene Werkzeug müssen nach dem Gebrauche
mit dreipercentiger Sodalösung gereinigt werden.
7. Kämme und Bürsten müssen nach jedem Gebrauche mit dreipercentiger Sodalösung
abgewaschen werden. Die Anwendung von Walzbürsten ist untersagt.
8. Es darf keine Reismehl-Streubüchse (Puderquaste) gebraucht werden, sondern das
Einpudern hat mittelst reiner Watte zu geschehen, welche nach Gebrauch wegzuwerfen ist.
9. Gemeinsame Schnurrbartbinden dürfen nicht verwendet werden.
10. Bei jedesmaligem Haarschneiden muss ein vollständig reines, nach dem Waschen
noch nicht gebrauchtes Tuch verwendet werden.
11. Das Regulativ muss in jeder Rasirstube an leicht bemerkbarer Stelle angebracht werden.
12. Für die genaue Einhaltung des Regulativs ist der Eigenthümer des Locals verantwortlich.
13. Jedes Vergehen gegen diese Bestimmungen wird mit einer Geldstrafe von 50 fil.,
eventuell mit einer entsprechenden Freiheitsstrafe geahndet.
14. Die Controle über die genaue Einhaltung dieser Vorschrift ist Aufgabe des Bezirksamtes.
(Gesundheit.)
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 23. April bis
29. April 1899:
in Niederösterreich, im politischen Bezirke Baden: Weikersdorf 1;
in Steiermark, in der Stadt Graz 1;
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bochnia: Chobot 1*) und Wola zabierzowka 7*);
Horodenka: Czernelica 1, Horodenka 1 und Rakowiec 1%); Kolomea: Chwaliboga 1 und
Gwozdziec maly 3); Kosow: Jasionow gorny 8, Krzyworownia 5, Stebne 2 und Tudiow 9;
Nadworna: Majdan gorny 2*), Majdan graniczny 1, Tarnawica 2 und Zielona 1); Pecze-
nizyn: Kluczow 2; Rzeszow: Bialka 2%), Blazowa 4*), Futoma Sei, Kakolowka 2*),
Rzeszow 1 und Solonka 6; Sanok: Besko 2*), Czeremcha 4, Jasiliska 1, Krolik 1 und
Odrzechowa 1; Sniatyn: Roznow 3 und Rudniki 1; Strzyzow: Czudec 2, Nowa wies 1*)
Polomyja 3, Przedmiescie czudeckie 1*) und Pstragowa 2; Tarnopol: Tarnopol 1; Tlumacz:
Krzywotuly stare 2 und Zakrzewce 3; Trembowla: lwanowka 5; Zaleszczyki: Blyszczanka 4;
Zbaraz: Stryjowka 3, Zbaraz 4 und Zbaraz stary 1;
in der Bukowina, im politischen Bezirke Wiznitz: Ispas 4.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 23. April bis
29. April 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken Bohorodezany: Lachowce 4; Brzezany:
Plaucza mala 23; Dolina: Kalna 9; Drohobyez: Drohobycz 1; Husiatyn: Kociubince 2,
Myszkowce 3%), Nizborg nowy 5%), Nizborg stary 5*), Samoluskowce 2 und Siekiezynce 8;
Jaworow: Nahaczow 10%) und Przylbice 13*); Kamionka: Dziedzilow 5 und Strychanka 2;
Kolbuszowa: Trzebos 1; Mosciska: Bortiatyn 4*), Slomianka 2%), Szeszorowice 7 und
Twierdza 2%); Nadworna: Ostawy biale 11 und Oslawy czarne 5; Peczenizyn: Jab-
lonow 5; Przemyslany: Zamoscie 4*); Rawa: Rawa 3%) und Ulicko 6; Ropezyce:
Niedzwiad 2; Rzeszow: Chmielnik 2; Skalat: Krasne 2, Panasowka 1, Sadzawki 2 und
Skalat 6; Sniatyn: Roznow 6; Sokal: Dobraczyn 3; Stryj: Kalne 1*), Koniuchow $,
Libochowa 5*), Plawie 5*), Orawa 2 und Zulin 5; Tarnopol: Biala 1, Dubowce 5 und
Obarzance 3; Tlumacz: Krzywotuly 2; Wadowice: Bugaj 1 und Stanislaw gorny 20;
Zloczow: Cecowa 3, Mszana 3, Remizowce 1, Slawna 3, Uhorce 1 und Zborow 3;
Zolkiew: Butyny 9*).
*) Die mit *) bezeichneten Fälle beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachträglich gemeldete Erkrankungen.
Hiezu eine Beilage.
(ERBEN Br ER ED aS SEPT
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium dee Innern.
Verlag von Alfred Hólder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
Le Rotthenthurmstrasse |
Erscheint jeden I Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direoter Postsusendung ganzjährig R. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 1 18. Mai 1899. Nr. 20.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Die Verpflegstaxen in den öffent-
lichen Humanitätsanstalten im Jahre 1899. — ‚Sanitätegeretze und Verordnungen: Erlässe des Ministeriums
des Innern betreffend die Verpflegsgebüren in den öffentlichen Krankenanstalten Bulgariens und be-
treffend sanitäre Vorsichten bei Verwendung von Putzhadern. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse
und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes vom 13. Mai d. J. berichtete
Obersanitáts- und Ministerialrath Dr. Em. Ritter v. Kusy über den Stand der
Pest im Auslande und über den Stand und Verlauf der Blattern- und Fleck-
typhus-Epidemie in Galizien.
Hierauf gelangten nachstehende Referate zur Erledigurg:
1. Gutichtliche Aeusserung über die Qualification des Bewerbers um die Stelle
eines Veterinär-Inspectors für Niederösterreich. (Referent: O. S. R. Prof.
Dr. St. Polansky mit dem a. o. Mitgliede des Obersten Sanitätsrathes Ministerial-
rathe Bernhard Sperk.)
2. Gutachten über die Zulässigkeit der Ableitung der Abwässer aus einer
Bleich- und Appreturanstalt in ein offenes Gerinne. (Referent: O. S. R.
Hofrath Prof. Dr. E. Ludwig.)
3. Gutachten in Angelegenheit eines Recurses, betreffend die Errichtung einer
Oelfabrik mit Dampfbetrieb in der Nähe eines Wasserwerkes. (Referent: O.S.R.
Hofrath Prof. Dr. E. Ludw ig.)
4. Gutächtliche Aeusserung über die projectirte Errichtung einer Stauanlage
bei einer Rübenzucker- und Spiritusraffinerie. (Referent: O. S. R.
Dr. Johann Dvorak.)
Schliesslich machte O. S. R. Prof. Dr. Wagner v. Jauregg Mittheilung
von den bei Besichtigung der Telephoncentrale in Wien gemachten sanitären
Wahrnehmungen über neue Einrichtungen im Telephonbetriebe.
20
— 180 —
Die Verpflegstaxen in den öffentlichen Humanitätsanstalten
im Jahre 1899.*)
Im Jahre 1899 sind in den öffentlichen Kranken-, Gebär- und Irrenanstalten
für Verpflegung nach der III. Classe die nachstehend verzeichneten täglichen Gebüren
festgesetzt.
Verpfilegstaxen IIIT. Classe im Jahre 1892.
A. Allgemeine öffentliche Krankenanstalten.
em E E -e
——$ i eee A EEE —
Horn. Kais, Frz, Jos. -Bez -Krkh, 34 | —.90
Klosterneuburg. Allgemeines
Krankenhaus ....... 57 | —.85
Korneuburg. Allg. Krankenhaus 90 | —.90
Arems. Allg, Krankenhaus . .| 175 | —.95
Salzburg. |
Salzburg. St. Johann-Spital . . | 320 1—
| Ver. | ee
| Betten BEE | Betten . tax x |
| fl. iz q
|
Niederösterreich. | |
Allentsteig. Allgem. Öffentliches | | Oberösterreich.
Krankenhaus. ....... 19 ' —85 || Ischl. Allg. TAN EnNAUS de 30 | —.80
Baden. Wohlthatigkeitshaus . .| 949 —.60 || Linz. > 200, 1.—
— Ratb'sches allg. Krankenh. .| 113 | 1.— || Schärding. Allg. krankenhaus ; 84 | —.70
Eggenburg, Allgem. öffentliches | Steyr, St. Anna-Spital . . . 47! 1—
Krankenhaus. ....... 30 —.90 Vöcklabruck. Allg. Krankenhaus 28 | —.68 |
Feldsberg, Allg. Krankenbans ; 13 —.63 | Windischgarsten. Allg. Kranken- ge e
Hainburg. > 18 | —.90 | haus
Steiermark.
|
Zwettl. Allg. Krankenhaus .. 10 Valerie-Spital ....... 130 | —.68
Melk. > > 25 —.90
, Módling. » 5 1,— ] |
| Neunkirchen. Allg. Krankenhaus En 1.— | Bruck a.d. Mur, Rudolphs-Spital de | =
Oberhollabrunn. Kaiser Franz | Citli, Gisela-Spital . . . ... 800 | — 90 '
Joseph-Spital . ...... 50 | —.90 oa Allg. Krankenhaus . . 101 | —30'
| se Pölten. Allg. Krankenhaus .| 244 | 1.— ae ke: > 100 | —.80
‚ Stockerau. » 47. —.80 ||! Gg
| Waidhofen a. Th. Allg. Kranken | Knittelfeld. » i a
baus en 16 | —.72 || Leoben. Stephanie-Spital Ee 9 80
e a. Y. Allg. Kranken- | VE Allg. penal Se _ 35
EE ENEE —.85 ||: “ariaze A |
Wien. K. k. Krankenanstalten: = 2 Ä ee Krankenh. 200 Dias Se
— All Ze — || Pettau, All rankenhaus . . 7
eee Seen See | Radkersburg. Allg. Krankenh. . a | a
= Kaserin Elisabeih Spilal >. — || Rann. Allg. Krankenhaus . . . f 190 | — 2:
Bs K or Rudol h- Stiftg, 510 Le | Rottenmann. Allg. Krankenhaus | 110 —.90
| r n p -} 860 | J.— 11... r | — BO
| — Krankenhaus Wieden . . 503 | 1— || Mindischgraz »
— Kronprinz. Stephanie- Spital 08 | 1— e
— St. Rochusspital ..... = En | Kärnten. |
— Wilhelminen-Spital . . . 117. 1— | Klagenfurt. Landeskrankenhaus | 494 | —.15 |
Wiener-Neustadt. Allg. Kranken- | Villach. Kaiser Franz Joseph-Sp. | 120 | —.40 |
haus, a ne nn .-+1168| 1 | Wolfsberg. Erzherzogin Maria
|
GN
S
Steyr: Vom 1. April 1899 an, früher —.85. Kärnten; für Angehörige fremder Länder: Klagen-
furt —.85, Villach —.80, Wolfsberg —.78.
*) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 87.
| Krain.
Laibach. Allg. Krankenhaus . .
Triest.
| Triest. Allg. Krankenhaus. . .
|
Görz u. Gradisca.
Görz. Spital der Barmherzigen
' Brüder
— — Schwestern
Istrien.
less d'Istria. Spital S. Nazario
S. Pelagio. Maria Theresia-See-
hospiz
ı Pola, Städtisches Spital. . . .
i Tirol.
. Arco. Veran Dr ge
Borgo. Lorenzo
Bozen. Stadtspital ii ds da
Brixen. »
| Bruneck, Birgerspital. . . . .
Hall. Stadtspital
Innichen. Allg. Krankenhaus
Innsbruck. Stadtspital
Kaltern. Heil. Geist-Spital . .
Kitzbühel. Allg, SSES
| Kufstein. >
Lienz. Stadtspital
Meran. Allg. Krankenhaus
Neumarkt. Allg Krankenhaus
Riva. Bürgerspital
_ Rovereto. >»
S-hlanders. pele Geist- pe
Schwaz.
Sterzing. Allg. Krankenhaus
Strada. Ospedale Pieve di Bono .
Tesero, Giovanelli-Spital
Trient. St, Chiara-Spital
ı Zams. St, Vincenz-Spital . .
| Zell a. Z. Franz Joseph-Spital
| Böhmen.
| Arnau. K. Franz Jos.-Krankenh,
Aussig a, E. Allg, Krankenhaus
Beneschau. Bezirkskrankenhaus
B.-Leipa. K, Frz. Jos.-Krankenh.
. Braunau. Allg. Krankenhaus
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Budweis, Birger]. >
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Betten
480
1403
180
218
150
310
62
120
100
128
90
64
94
52
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Ver- i]
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Caslau. K, Franz Jos.-Krankenh,
Chlumec. Allg, Krankenhaus. .
Chrudim. St, Martin-Spital . .
Deutschbrod. Allg. Se
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Elbogen. >
Gabel. K. Franz Jos. ¿Kradkenh,
Gablonz.KronprinzRudolph-Spit.
Graupen. Tesswitz-Karwitzer
Bezirksspital . . . . 2...
Hohenelbe. Allg. Krankenhaus
Hohenmauth. >»
Horitz. K. Franz Joseph- -Spital .
Humpoletz. Allg. Krankenhaus
Jaroměř. K, Franz Jos.-Krankenb.
Jicin, Allg. Krankenhaus . . .
Jungbunzla u, K, Frz. J,-Krankenh.
Karlsbad. Allg. Krankenhaus. .
»
Königgrätz. Erzherz. Elisabeth-
Spital
. Königinhof. Allg. Krankenhaus
| Konigstadtl
Kolin. Allgemeines Krankenhaus
Komotau. > >
Kuttenberg. »
ı Laun. Kronprinz Rudolph- Spital
Leitmeritz. Allg. PLA DD
Leitomischl. >»
Melnik. Kronprinz Bud “Spital .
Nachod. Allg. Krankenhaus st
Nechanitz. »
Neubydäow. 2 = Joseph- Spit.
Neuhaus.
Neupaka. Allg. Krankenhaus
Nimburg. PS ER GE
Nixdorf.
Opoéno.
Pardubitz. St. Marien- Spital
Pilgram. Allg. Krankenhaus .
Pilsen. > »
| Pisek. > »
Pocatek. »
- Podersam. Kronpr, Steph, -Spital
Polička. K. Franz Jos.-Krankenh,
. Prag K. k. Allg. Krankenhaus .
— Allg. Krankh. für Israeliten
Préitz, Allg. EES
ı Piibram. >»
Pürglitz. >»
Rakonitz, Städtisches "Spital .
Raudnitz. Allg. Krankenhaus
Reichenau. Kaiser Franz Jos,-Sp.
Reichenberg. Stephans-Spital
Rumburg. Kaiser Franz Joseph-
Spital
E
Betten u
fi.
153 | — 60
20 | —55
55 | —.70
80 | —.75
110 ; —.75
64 | —.67
72 | —.72
128 | —.80
42 | —70)
70 | —61
85 | — 55
110 | —.65
60 | —.68
63 | —.65
180 | —.65
133 | —69
80 | 1—
39 | —.70
|
101 | —.76 |
50 | — 68 ,
51 | —.68 |
100 | —.70 |
38 | —.54
127 | —.66
36 : —.80
106 | —.80
76 , —.66
70 | —.70 |
100 | —.62
44 | —.60
66 | —.75
72 | —.61
77 | —.72
89 | —.60 |
70 | —.63
82 | —.65 |
70 | —.62 |
34 | —.60
110 | _.65
63 | —.64
40 | _.62
30 | _.73
61 | —.67
1186 | —.95
65 | —.80
75 | e
107 | e
17 | _.59
59 | _.78
60 | —.80 |
54 | — Gë
320 | —.75
35 | —.55
In Triest: für Triestiner, Dienstpersonen, Sicherheitswache —.75, fir Waisenkinder —.50. Gurz:
für Einheimische —.50. Rovigno: Taxe für Kinder, die auf Rechnung öffentlicher Fonde untergebracht.
sind —.81, far Private fl. 1.— Prag: für kranke Angehörige der Landeshauptstadt —.57.
20*
Saaz. Kaiserin Elisabeth-Spital 62 | —.70 Galizien.
Schlan. Allg. Ben . | 100 | —.57
Starkenbach. Bezirksspital . Ke 67 | —.64 Bochnia. S 55 1—.67° |
Strakonitz. Allg. Krankenhaus . 82 | —68 || Brody. > 70 1—.523 3
Tabor. K. Franz Jos. EE 100 | — 56 || Brzezany. » 82 —.591 |
Tachau = 22 | —79 Drohobycz. » 80 |—.66*
Tannwald. Kaiser Franz Joseph- i | Jaslo. S 100 |—.62!
Bezirkskrankenhaus . . . .| 150 | _.zo || Holomea. 70 |—.523
Taus. Allg. Krankenhaus. . 54 | —60 ||| Arakau. St. Lazar- -Spital e. | 591 '—.6313
Teplitz. Kaiser Franz Joseph- Lemberg. Allg. Krankenhaus und
Sophien-Kinderspital . . 835 | 805
l
Bezirkskrankenhaus ... 150 | —.
Trautenau. Aligem. Krankenhaus 106 = Lubaczow Allg. Krankenhaus 50 |—.601
Warnsdorf. St. Josephs-Spital . 87 | —.62 | Neu-Sandec. > 60 |—.672 |
Wolin. Erzherz. Elisabeth- -Spital 68 | —.59 | Podhajce. > "60 ¡—.486
Zwickau. St. Georg-Spital . . . 61 | —60 Se » 175 ah
| Rzeszow. » 100 |—.64s
Sambor, » 62 |—.60! |
| Sanok. > 80 — Bär
Mähren. |
Bärn. Allg. Krankenhaus . . . 46 | —-95
Brünn. Landeskrankenanstalt . | 843 | —.90
Saybusch.Kaiser Fr. Joseph-Spital SO |—.54!
Sniatyn. Allgem. Krankenhaus . 24 |—.56*
Sokal. Erzherz, Gisela-Spital 73 |—.601
Schluckenau » E 44 60 Biala. Allg. Krankenhaus 98 Ban
|
|
Iglau. St. Lazar-Spital . . 111 | —85 | Stanislau. Erzh. Ferd. d'Este » 120 |—.525
Mährisch-Ostrau. Allg. Krankhaus 188 —.95 | Stryi Allg. Krankenhaus 99 |—.70°
» Schönberg, >» » 60 | —-98 Tarnopol. $ 100 — 60!
» Trübau, Oeff. Krankenh, 40 —.95 | Tarnow. » 140 — 620
Neutitschein. Rudolph-Spital .| 100 —.90 | Wadowice. > 41 — 76"
Olmütz. Allg. Krankenhaus . .| 274 ! 1.— ||| Zaleszcz yki. e 52 |_ 518
Prossnitz. Kronpr, Steph.-Spital| 120 | —-84 || Zroczów. 5 80 — 582
Unyarisch-Hradisch. Allg, Kran- ' Zolkiew. » 120 |—.507
kenhaus . - » 22 22.2 .. 25 | —.85 || Š i
Weisskirchen. Allg. Krankenh.] 108 : —.80 | Bukowina, y
Znaim. Allg. Krankenhaus .. 0, —-80 | Czernowitz, Allg. Landeskranken- Ä
' anstalt sammt Irren-Abtheil.. | 250 :—.90 |
Kimpolung. Allg. Krankenhaus |
y >spitalul districtuals« . . . 45 '—85 |
Schlesien. e Radautz. Allg. Krankenhaus
Bielitz, Kaiser Franz Joseph- || „>Rudolphstiftunge . . . . . 62 |—.85 |
Spital `... 150 | —.90 | Suczaiwa. Allg. Krankenhaus . 66 |—.90
Freudenthal. Allg. Krankenhaus 40 ; —.80 || | |
Teschen » 120 | —.86 | Dalmatien. |
Troppau. Dr. Heidrich'sches |, Ragusa. Landesspital. .| 152 '—.74 |
Krankenhaus. ....... 126: 1— | Sebenico, > 152 :—.61 |
—Nothspital für Typhus- u. Noth- | Spalato. > 110 ¡—.16
spital für Blatternkranke . . 18: —80 | Zura, > 170 :—.19 |
i `
Mähren. Zu Folge eines Beschlusses des mährischen Landtages vom 3. Februar 1898, wurde
die Verpflegsgebür der III. Classe in allen öffentlichen Krankenanstalten Mährens für nach Mähren zu-
ständige Krankencassenmitglieder für die Dauer von 3 Jahren (1899, 1900 u. 1901) auf 65 kr. täglich
und für nach Mähren zuständige Lehrlinge der gewerblichen Genossenschaften in Mähren auf 50 kr.
herabgesetzt. Die Differenz zwischen den in einzelnen Krankenhäusern bestehenden Gebüren und dieser
Ermässigung hat der Landesfond übernommen. — Schlesien: In Bielitz, Freudenthal, Teschen für
Kinder unter 11 Jahren 50 kr. — Galizien: Für Kinder unter 7 Jahren !) 30, °) 34, "2) 26, 4) 33,
23 40, 0) 24, 7) 25, 5) 32, 9 35, 10 31, 11) 38, 1?) 29, 13) Abth. f. Syphilis u. Hautkrankheiten 80 kr. —
Bukowina: Czernowitz, für Kinder von 3—7 Jahre 60 kr., für Kinder bis 3 Jahre 45 kr.; Kimpolung
und Radautz fiir Kinder unter 13 Jahren 42'/, kr. — Dalmatien: fiir Einheimische in Ragusa 34 kr.,
in Sebenico 48 kr., in Spalato 53 kr., in Zara 04 kr.
+
— 183 —
B. Oeffentliche Gebäranstalten.
| Ver-
GE i | A
egs- egs-
| Betten | P Gees | Betten Kach
' a. A. fi.
| |
| EN | |
N.-Oesterr., Landesgebar-Anstalt |; Bhmen, L-Gebäranstalt Prag. .| 337 | 521/,
Wien. a a e e 562 | 1.30 || Mähren, » Brünn .| 122 | 1.—
0.-Oesterr., > » Linz 67 | 1— || < > Olmiitz . 49 | 1.—|
Steiermark, > » Graz| 92 | —.95 ||; Galizien, » Lemberg | 140 | —.80:
Kärnten, » » Klagen- | — Gebáranstalt Krakau . . 60 | — 63
furt im Landeskrankenhause 63 | —.85 || Bukowina, Landes- Gebäranstalt
‚Krain, Landesgebär-Anstalt Lai- || _ Czernowitz. .... 18 _.90|
Dach... wa nee wie 20; 1— | Dalmatien, Gebäranstal Ragusa . 10 | —.74
Triest, Gebäranstalt in Triest. . 48 "98 || — Sebenico 6 | — 68
Tirol, L.-Gebärklinik Innsbruck- — » Spalato . 10 | —.73
Wilten ........ +. . 80 | 85 | — > Zara. . 10 | —.82
Ht |
Wien, auf den Kliniken. — Klagenfurt, für Einheimische 75 kr. — Triest, für Einheimische
75 kr. — Prag, auf den Kliniken. — Ragusa, für Einheimische 33 kr. — Sebenico, für Einheimische
47 kr. — Spalato, für Einheimische 54 kr. — Zara, für Einheimische 52 kr.
+
C. Landes-Irrenanstalten.
' Ver. | | Ver-
pflegs- pflegs-
| Beten taxe Betten taxe
jp A |
| | |
Niederösterreich: Wien . . . .| 700 1.10, Küstenland: Görz, Irrenanstalt der
— Klosterneuburg-...... 510 | 1—: Barmherzigen Schwestern . . 80 | —.81
— Kierling-Gugging ...... 600 | 1.— Tirol: Hall... .. 2.22 .. 300 ı —.78
— Langenlois (Zweiganstalt) - .| 184 | 1.— || — Pergie .......... 240 |! — 70
‘— YbbS e ER ei 450 | 1.— ||| Vorarlberg: Valduna,Priv.-Anst. .| 120 | —.68
Oberösterreich: Niedernhart . . | 550 | —.90 ||| Böhmen : Prag ........ 1360 | —.80
— Filiale in Gschwandt . . . . | —.90 | — Kosmanos.......... 1450 | —.80
Salzburg: Landes-Irrenanstalt . 70 | —.96 | — Dobran .......... 283 ' —.8U
Steiermark: Feldhof bei Graz .| 402, — 80. — Ober-Berkowitz, Filiale . . .] 390 | —.80
.— Kainbach, Filiale . . . . . . 108 ¡ —.45 e Wopoiran, Filiale... .. . 400 | —.80
— Lankowitz >» ...... 125 | —. Mähren: Brúna ........ 600 | —.82
— Schwanberg, Irreusiechenanst. 35 | — — Sternberg ......4... 634 | —.64 '
— Hartberg >» ....] 186 | —.45 | Schlesien: Troppau . . . . . .| 322! —.95
Kárnten: Klagenfurt . . . . . . 320 | — FO — Troppau, Irren-Siechenanst. . ' —.60
Krain: Studenec ....... 240 | —.80 Galizien: Lemberg (Kulparkow) . | 560 | = 30
Kiistenland: Triest, Irrenanstalt.| 110 —.98 | — Krakau ......... 115 |
— Görz, Irrenanstalt der Barm- le | Dalmatien : Sebenico ..... 118 — a
herzigen Briider. . .... ‚si | |
Küstenland: Triest, für Triestiner 75 kr; im Spital der Barmherzigen Brüder und im Spital der
Barmherzigen Schwestern in Görz für Einheimische 50 kr. — Vorarlberg, für Nicht-Vorarlberger 85 kr.
— Dalmatien, für Einheimische 54 kr.
In den Krankenanstalten von Bosnien und Hercegovina. sind die tiigliche Verpflegstaxe
in der pro 1897 bestimmten Höhe (siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 118) auch für das Jahr 1899 fest-
gesetzt worden.
184
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 13. April 1899, Z. 11969,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Verpfliegsgebüren inden öffent-
lichen Krankenanstalten Bulgariens.*®)
Laut Mittheilung des k. u. k. Ministeriums
des Aeussern vom 8. d. M., Z. 17300/3, wurden
die Verpflegskosten in den bulgarischen öffent-
lichen Krankenanstalten auf Grund eines im
bulgarischen Verordnungsblatte vom 20. No-
vember 1898, Z. 253, veröffentlichten fürst-
lichen Ukas in folgender Weise festgesetzt:
In den Spitälern I. Classe in Sofia
(Alexanderspital), Philippopel, Varna, Rust-
schuk, Tirnowo, Lootscha, Widdin, Sliven,
Plevna, Lom, Burgas, Silistria, Sistow und
Orehova betragen die Verpflegskosten 2 Fes. per
Tag, in den im obbezogenen Verordnungsblatte
einzeln nicht benannten Spitälern II. Classe
1''2 Fes. und in jenen III. Classe 1 Fes.
per Tag.
Etwaige Abänderungen dieses Tarifes
werden in Hinkunft zu Beginn jedes Jahres
bekanntgegeben werden.
wolle hievon auch
den Landesausschuss in die Kenntniss setzen.
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 30. April 1899, Z. 35069 ex 1898,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend sanitäre Vorsichten bei Verwen-
dang von Patzhadern.
Auf Grund von Erhebungen iiber die Ver-
wendung von Stoffabfillen und Hadernzeug
zum Putzen von Maschinenbestandtheilen in
Gewerbebetrieben findet sich das Ministerium
des Innern nach Einholung des Fachgutachtens
des Obersten Sanitätsrathes bestimmt, die poli-
tischen ala Geweıbebehörden darauf aufmerksam
zu machen, dass die Verwendung eines der-
*, Vergl. Jahrg. 1897 d. Bl., S. 286.
artigen Putzmateriales, wenn dasselbe nicht
vorher mindestens durch nachhaltiges Aus
kochen welches jedoch auf zur Speise-
bereitung dienenden Herden nicht stattfinden
darf — von ansteckungsfähigen Krankheits-
keimen befreit wurde, die Gesundheit der das-
selbe verwendenden Arbeiter durch Infectionen
bedroht und zur Verbreitung von Ansteckunge-
krankheiten Anlass zu bieten vermag.
In vielen Fällen wird es zweckmássiger
und ökonomischer sein, wenn statt des Hadern-
materiales, Fliesspapier bei den Putzarbeiten
zur Verwendung gelangt.
Wird beim Putzen der Maschinenbestand-
theile Terpentinöl verwendet, so empfiehlt es
sich, dass zum Schutze der damit hantirenden
Arbeiter flüssigkeitsdichte Handscbuhe in Ver-
wendung gelangen und fiir energische Liftung
des Arbeitsraumes zur Verdiinnung der reizen-
den Dämpfe des Terpentinöls gesorgt werde.
Nachdem das Terpentinöl im Allgemeinen,
insbesondere aber das ungereinigte Terpentinöl
durch seine Reiz verursachende Einwirkung
auf die Haut zu schmerzhaften und langwierigen
Hauterkrankungen zu führen pflegt, wäre die
Verwendung desselben in den Industriebetrieben
thunlichst einzuschränken.
Selbstverständlich ist es in Betrieben, wo
Putzmittel in grossem Umfange Verwendung
finden, nöthig, dass die mit den Putzarbeiten
beschäftigten Arbeiter zur entsprechenden Haut-
pflege angehalten und dass denselben die biezu
erforderlichen Utensilien jedesmaligen
Reinigung nach Beendigung der Arbeit ge-
boten werden.
Die politischen Behörden und ihre Sanitäts-
organe, sowie die zur Inspection der Gewerbe-
betriebe berufenen Organe werden auf diese,
von fachmännischer Seite hervorgehobenen Um-
zu machen sein, um in
ihrer gewerbepolizeilichen Wirksamkeit auch
der Verhütung von Gesundheitsschädigungen
auf diesem Wege ihre Aufmerksamkeit zu-
wenden zu können.
zur
stände aufmerksam
i
— 15 —
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Untersuchungen auf Ankylostomiasis.*) Der Oberarzt der Oberschlesischen Knappschaft
theilte den Knappschaftsärzten folgende Anweisung über Gang und Technik der Ankylostoma-
Untersuehung mit:
„Für die Untersuchung von Arbeitern, welche der Behaftung mit dem Eingeweidewurme
¡Ankylostoma duodenale) verdiichig sind, ist eine zum mindesten dreitägige Beobachtung in
einem Krankenbause erforderlich, während welcher eine eingehende Untersuchung der Darm-
entleerungen vorzunehmen ist.
Wenn es auch in der Mehrzahl der Fälle schon bei der ersten Untersuchung gelingen
wird, die Anwesenheit des Parasiten durch die mikroskopische Prüfung der Fäces mit Sicherheit
zu diagnosticiren, so kann doch anderseits durch eine nur geringe Anzahl von Ankylostomen
in Darme des Wirthes die Ovulation eine verhältnissmässig geringe sein, so dass sich das für
die Diagnose so wichtige Ei des Wurmes dem Nachweise des Oefteren entzieht.
Aeusserlich bieten die mit dem Parasiten Behafteten je nach der Dauer der Infection
einen durch die andauernde Blutentziebung bedingten anämischen, unter Umständen geradezu
kschektischen Anblick dar; die äussere Haut ist je nach der Schwere des Falles blass mit
einem Stich ins Graugelbliche. Die Schleimhäute, Fingernägel werden fast weiss angetroffen;
sehr häufig besteht eine Milzschwellung und eine Verminderung der Zahl der rothen Blutkörperchen.
Subjective Beschwerden werden von den auf Arbeitsfähigkeit zu Untersuchenden wohl
kaum geäussert werden.
Da der Parasit vermöge seines die Mundhöhlung umgebenden Klammerapparates der
Darmschleimhaut seines Wirthes mit grosser Zähigkeit anhaftet und auch den besten Abtreibungs-
mitteln sehr häufig den grössten Widerstaud entgegensetzt, so ist für eine schnelle Diagnose
von dem Nachweise des Wurmes selbst in erster Linie gänzlich abzusehen.
Für die sichere Diagnose ist vielmehr von der grössten Wichtigkeit das Ei des Parasiten.
Bei der grossen Fruchtbarkeit des Wurmes sind die Eier meist in sehr grosser Anzahl in den
Darmabgängen enthalten.
Von allen Eiern der Wurmparasiten kommt das Ankylostomaei der eiförmigen Gestalt
am nächsten. Dasselbe hat eine Lánge von im Mittel %/,00, mm und eine grösste Breite von
“i mm. In der glashellen durchsichtigen Chitinhülle ist die Dottermasse von graubläulicher
Farbe zu sehen. Diese Dottermasse befindet sich in den frisch mit den Darmabgängen abgesetzten
Eiern ausnahmslos im Stadium der- Furchung und zwar beobachtet man gewöhnlich zwischen
zwei bis acht Furchungskugeln. Gerade diese Furchungskugeln sind so charakteristisch und
darum für die Diagnose unbedingt nothwendig. Eier mit ausgefurchter Dottermasse werden
überaus selten in den Fäces anzutreffen sein, da die Entwicklung der Eier bereits im Genital-
apparato des Weibchens ihren Anfang nimmt. Anderseits ist es in Anbetracht des Entwicklungs-
ganges direct ausgeschlossen, in den frisch untersuchten Stühlen jemals ein Ei mit angedeuteter,
geschweige denn entwickelter Larvenbildung zu finden.
Technik der Stuhluntersuchungen auf Ankylostoma-Eier. Man
entnimmt mit einer Nadel ein möglichst kleines Kothpartikelchen und streicht dasselbe auf
einem Objeetträger möglichst weit und dünn aus, damit das Ei von Pflanzen-, Fleischfasern
und sonstigen Residuen möglichst unverdeckt liegt. Bei breiigem oder dünnem Stuhl sind
irgend welche Zuthaten nicht vonnöthen, hartem Stuhl wird man eine Kleinigkeit Wasser
zısetzen müssen. Das so entstandene Präparat, mit einem Deckgläschen belegt, wird nun
zunächst mit möglichst schwacher Vergrösserung (etwa 70facher) ohne Condensor durchsucht,
wobei das Eigebilde sofort deutlich auffällt. Dieses wird dann allmälig bis auf 240fache
Vergrösserung eingestellt, um das charakteristische Bild der Kugelfurchung beobachten zu können.
Da ein einmaliges negatives Ergebniss nicht von entscheidender Bedeutung sein kann,
so sind bei jeder Stuhluntersuchung etwa sechs Präparate aus verschiedenen Bezirken des
Stuhles zu entnehmen und in vorstehender Weise zu bebandeln. Die zu untersuchenden Darm-
ausscheidungen lässt man auf Abführmittel (am besten Calomel) hin erfolgen, welche bei erst-
maligem negativem Resultate an den folgenden Tagen eventuell verstärkt gegeben werden müssen.“
(Deutsche Vierteljahrsachrift f. öft. Gesundheitsptlege.)
*) Siehe Jahrgang 1898 d. Bl. S. 370,
— 186 —
Vermischte Nachrichten.
Beurtheilung des Revaccinationserfolges. Viele Impfärzte sehen nur jene Revaccinations-
erfolge als positive an, bei welchen sich ähnlich wie bei der Erstimpfung eine Pustel zeigt.
Nach der allgemein massgebenden Auffassung werden jedoch die Revaccinationen als erfolgreiche
bezeichnet, wenn sich auch nur eine sogenannte „unechte* Pustel oder ein Bläschen oder ein
Knötchen gebildet hat. Bei Zurückstellung der statistischen Impfausweiee wurde daher eine politische
Landesbehörde mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums desInnern vom 18. April 189%,
7. 10507, aufmerksam gemacht, dass in den tabellarischen Jahresberichten über Revaccinationen
die Entwicklung von Pusteln, Bläschen oder Kovötchen unter die positiven Reactionen einzureihen
und nur in jenen Fällen, in denen eine Impfreaction überhaupt ausblieb oder insofern zweifelhaft
erscheint, als sie weder zu einer Pustel, noch zu einem Bläschen oder Koötchen geführt hat,
negativer Erfolg einzutragen ist.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 30. April bis
6. Mai 1899:
in Galizien, in der Stadt Krakau 1 und in den politischen Bezirken: Bobrka: Chobot 1.
Chodorow 1, Dobrowlany 2*), Duliby 4*), Holdowice 2*), Hranki 8*), Kniesiolo 3*), Laszki
gorne 2, Wierzbica 1*) und Zagoreczko 3; Bochnia: Grobla 2 und Wola zabierzowska 5:
Bohorodezany: Molotkow 5; Borszczow: Burdiakowce 4*), Germanowka 2, Gleboczek 3
und Krzyweze gorne 2¥): Brzozow: Jasienica 6; Buczacz: Barysz 2, Hubin 1, Podlesie 2
und Trybuchowce 4; Horodenka: Czortowiec 8*), Hawrylak 1*), Isakow 2*), Obertyn 2%) und
Zukow 4*); Kolomea: Chwaliboga 10, Chomiakowka 1, Kolomea 2 und Kulaczkowce 3;
Kosow: Kobaki 5, Krasnoila 4, Pistyn 2, Stebne 1 und Tudiow 2; Lemberg-Umgebung:
Zniesienie 1; Nadworna: Majdan gorny 1, Mikuliczyn 4*), Oslawy 1*), Sadzawka 5 und
Tarnawica 3; Nisko: lezowe 1*); Peczenizyn: Lucza 2; Rohatyn: Podkamien 3; Rzeszow:
Babica 2*), Futoma 1*), Kraezkowa 3%) und Piatkowa 4; Sanok: Krolik polski 1 und
Odrzechowa 1; Sniatyn: Roznow 2 und Trojca 2; Strzyzow: Czudec 3, Przedmiescie
ezudeckie 1 und Zaborow 2; Tarnopol: Tarnopol 1; Tlumacz: Zakrzewce 1; Trembowla:
Trembowla 1*); Zbaraz: Sieniawa 4, Stryjowka 2, Zaluze 1 und Zbaraz 1;
in der Bukowina, in der Stadt Czernowitz 7 und in den politischen Bezirken
Storozynetz: Starocynetz 5; Wiznitz: Millie 2.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 30. April bis
6. Mai 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken Bohorodezany: Lachowce 5*) und Niewoezyn ?:
Dobromil; Piatkowa 8 und Sufezyna 5; Husiatyn: Kociubince 4, Myszkowce 5b*), Nizborg
nowy 6, Nizborg stary 10, Nizborg szlachecki 6, Probuzna 1, Rakowkat 1, Samoluskowce 3
und Zabince 1; Jaworow: Nahaczow 4; Kamionka: Dziedzilow 20; Kolbuszowa:
Mazury 1 und Trzebos 2; Kolomea: Kolomea 1; Kosow: Rybno 5; Mielec: Radomysl 4;
Mosciska: Arlamowska wola 8*), Slomianka 2*), Tuliglowy 5*) und Twierdza 1*:
Nadworna: Ostawy biale 1*); Nisko: Wulka letowska 1; Peezenizyn: Jablonow 2:
Przemyslany: Zeniow 3*); Rawa: Teniatyska 1 und Ulicko 6; Skalat: Sadzawki 1:
Sniatvn: Kniaze 11, Oleszkow 17 und Roznow 15; Sokal: Wojstawice 5; Stanislau:
Uhorniki 2; Stryj: Koniuchow 9, Plawie 3%) und Zulin 3; Tarnopol: Obarzance 1:
Tlumacz: Krzywotuly 3 und Zakrzewce 4; Wadowice: Stanislaw gorny 15 und
Wysoka 4; Zloczow: Gologory 3, Hodow 3, Remizowce 2 und Uhorce 7.
*) Die mit *) bezeichneten Fille beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachtriiglich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
les
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt vor
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministeriuin des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
. Rorhenthurmsirasne 15.
Erscheint Jeden Donnerstag.
Pränumeratinnapreis bei directer Postzusendung ganzjährig í. 6.—.
ZI. Jahrgang. Wien, 25. Mai 1899. Nr. 21.
Inhalt. Massnahmen gegen die Schweinepest. — Thierseuchen und veterinirpolizeiliche Ver-
figingen: Kaiserliche Verordnung, betreffend die Abwehr und Tilgung der S:hweinepest (Schweine-
*üche): Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz, des Handels, der Eisenbahnen und des
Ackerbaues, mit welcher die Abwehr und Tilgung der Schweinepest (Schweineseuche) erlassen werden. —
Rechtsprechung. — Vermischte Nachrichten.
Massnahmen gegen die Schweinepest.
Vor etwa 50 Jahren trat eine sehr leicht übertragbare Krankheit der Schweine
m Nordamerika auf, welche in der Folge seuchenartige Verbreitung erlangte.
von den Farmern »Hog cholera< genannt, von Fachmännern als »Swine plagues,
Hog fovere bezeichnet wurde. Bei der Section der gefallenen Thiere fand man
Entzündung der Lungen, der Pleura, des Pericards und des Bauchtells, Vergrösserung
der Lymph- und Mesenterialdrüsen, Geschwüre im Dickdarm, in den flüssigen
Bestandtheilen des Körpers verschiedengestaltige Bacterier, die als »Bacillus suis«
bezeichnet wurden.
Klein beschrieb im Jahre 1878 eine in England unter den Schweinen
beobachtete Seuche als »Infeetious Pneumo-Enteritise, welche vorzugsweise in der
Lunge, auf den serösen Häuten und im Darme Veränderungen setzte.
In Schweden fand diese Seuche vor 12 Jahren Eingang, verbreitete sich
von da nach Dänemark, trat später seuchenartig in Preussen, Frankreich, Ungarn
aut und wurde auch nach Oesterreich eingeschleppt. Man vermuthet, dass die
Krankheit schon viel früher im Deutschen Reiche und in Oesterreich aufgetreten,
jedoch in ihrem Wesen nicht erkannt worden sei.
Geklärt sind die wissenschaftlichen Anschauungen über die Natur dieser ın
verschiedenen Ländern beobachteten, verschieden benannten Seuche auch heute noch
nicht, wenngleich darüber kein Zweifel besteht, dass dieselbe auf bacterieller Grund-
lage beruht. Während einzelne Autoren die Schweineseuche und die Schweinepest
als verschiedene, obgleich verwandte Krankheiten ansehen, halten andere beide für
identisch. Löffler und Schütz beschrieben als Erreger der Schweineseuche ein
ovales unbewegliches Bacterium von 1!’, Mikromillimeter’ Länge und O-4—-0°5 Mikro-
millimeter Breite, welches sich nur an den beiden Polen färbt und durch Theilung
der mittleren ungefärbten Partie vermehrt.
Frosch führt die Schweinepest auf ein längliches, ovales, bewegliches, 1:2 bis
(3 Mikromillimeter langes und halb so breites Bacterium zur ück, welches ein helleres
Mittelstück besitzt und die Gram’sche F ärbung nicht annimmt.
21
Die Viehverluste, welche in England und Nordamerika durch diese Seuche
herbeigeführt wurden, waren ausserordentlich hohe, es fielen 75—85 und selbst mehr
Procent der ergriffenen Thiere der Krankheit zum Opfer. Der in den Vereinigten
Staaten im Jahre 1885 durch die Seuche verursachte Schaden wurde auf 30 Millionen
Dollars geschätzt.
Angesichts dieser enormen Verluste drängte sich die Nothwendigkeit, durch
geeignete Massnahmen einer Weiterverbreitung dieser Seuche Einhalt zu thun und
dieselbe zu tilgen, in den Vordergrund und gab 1895 der internationale thierärztliche
Congress zu Bern durch Zustimmung zu der von Zschokke formulirten Resolution
seiner Anschauung in folgenden Worten Ausdruck:
»Die beiden Seuchen sind aus ätiologischen und practischen Gründen unter
semeinschaftlichem Namen den staatlich zu bekämpfenden Seuchen anzureihen, der
Anzeigepflicht zu unterstellen und ins Seuchenbulletin, getrennt vom Stäbchen-
rothlauf aufzunehmen.«
In Oesterreich hatte die Seuche in den ersten Monaten des Jahres 1895 Ein-
gang gefunden und hatte das Ministerium des Innern von dem gleichen Grund-
satze, welchen später der genannte Congress vertrat, ausgehend, im Einvernehmen
mit dem k. k. Ackerbauministerium mit dem Erlasse vom 23. Mai 1895, Z. 14022*,
bereits Massnahmen gegen Schweinepest (Schweineseuche) angeordnet. Der Oberste
Sanitätsrath beschäftigte sich in seiner Sitzung am 25. Mai 1895**) mit den
Vorkehrungen, welche einerseits zur Eindämmung und Unterdrückung derselben,
anderseits zum Schutze der Bevölkerung gegen die aus dem Genusse des Fleische:
von der Seuche ergriffener Thiere sich ergebenden Gesundheitsstörungen anzuordnen
wären.
Die Ministerialverordnung vom 9. Juni 1895, R. G. Bl. Nr. 79,***) reihte die
Schweinepest unter jene ansteckenden Thierkrankheiten ein, auf welche das all-
gemeine Thierseuchengesetz vom 29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35, Anwendung
zu finden hat. Endlich wurden mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums des Innern
vom 30. Juni 1895, Z. 18370,7) Verfügungen getroffen, um die Einschleppung der
Seuche aus Ungarn wirksam hintanzuhalten, ohne zugleich die Approvisionirungs-
bedürfnisse zu schädigen.
Wenn es nun auch den Bemühungen der Regierung gelang, die Ausbreitung
der Seuche zu beschränken, blieb doch der Erfulg einer vollständigen Tilgung in
einzelnen Verwaltungsgebieten aus. Bis October 1898 fielen derselben circa
78.000 Schweine zum Opfer, wodurch ein Schaden von rund 1.560.000 fl. herbei-
geführt wurde.
Weit grösser war aber der Nachtheil, dass der Schweineverkehr ım Inlande
zurückging und dass Nachbarstaaten die Einfuhr österreichischer Schweine unter-
sagten, die Ausfuhr daher unterblieb. Einer Zusammenstellung der Landwirtbschatt-
gesellschaft in Krakau zufolge betrug die Gesammtausfuhr der Schweine aus Galizien:
Im Jahre 1894 . . . 780.000 Stück im Handelswerthe von 24 Millionen fl.
> > 1895 . . . 680.000 » » » > 20 > >
> > 1896 . . . 595000 » > > » 18 > >
> » 1897 . . . 330.000 » > > » 10 > >
Tritt in diesen Ziffern der Niedergang des internen Verkehrs mit
Schweinen aus einem Verwaltungsgebiete hervor, so ergibt sich ein noch weit
höherer Ausfall von Einnahmen, wenn man die Ausfuhr von Schweinen nach dem
)
—
*) Siehe Jahrgang 1895 d. BL, S, 217,
Zei Ibid. S. 199,
#**) Ibid. S, 223,
+) Ibid. S. 264,
— 189 —
Auslande in Betracht zieht. Dieser Export war im Jahre 1894 auf 489.245 Stück
im Handelswerthe von 26,699.575 fi. gestiegen. Im Jahre 1897 aber betrug der
Handelswerth der in das Ausland ausgeführten Schweine nur mehr 159.722 fl.
Noch bedeutungsvoller werden diese ungünstigen Verhältnisse in volkswirth-
schaftlicher Hinsicht, wenn man bedenkt, dass in Oesterreich fast ausschliesslich die
kleinen Grundbesitzer Schweinezucht betreiben, aus dem Ertrage derselben ihr Ein-
kommen beziehen und daher.durch den Ausfall des Exportes in ihrer Existenz schwer
bedroht werden.
In der XIV. Session des Reichsrathes brachte der Abgeordnete Freiherr von
Czecz einen Antrag ein, welcher die gründliche Tilgung der Schweinepest durch
Tödtung der erkrankten Thiere gegen Entschädigung aus Staatsmitteln — in analoger
Weise, wie die Tilgung der Lungenseuehe mit bestem Erfolge früher durchgeführt
worden war — zum Gegenstande hatte.
Der in Folge dessen von Seite der Regierung ansgearbeitete und im Reichs-
rathe zur verfassungsmässigen Behandlung vorgelegte Gesetzentwurf war daher auch
im Wesentlichen dem Lungenseuche-Tilgungsgesetze *) nachgebildet.
Dieser Gesetzentwurf wurde vom Thierseuchenausschusse des Abgeordneten-
hauses in Berathung gezogen. In dem Berichte, welchen dieser Ausschuss über den
Gesetzentwurf erstattete, wird hervorgehoben, dass derselbe einem dringenden Bedürt-
nisse der Landescultur aller Königreiche und Länder, in denen die Landwirthschaft
und speciell die Schweinezucht eine hervorragende Rolle spielt, entspricht und nicht
blos als eine bedeutende Errungenschaft der Wirthschaftspolitik anzusehen ist,
sondern dass das Project auch als socialpolitische That gelten kann. Die angeregten
sanitären und finanziellen Massregeln bezwecken die allgemeine Förderung agrarischer
Productions- wie Verkehrsinteressen, kommen aber zuvörderst den untersten, ökonomisch
schwächsten Classen der landwirthschaftlichen Bevölkerung zu Gute, welche im
Allgemeinen und in gewissen Gegenden fast ausschliesslich aus der Schweinezucht
und dem Schweinehandel ihr Haupteinkommen, ja oft ihren einzigen Erwerb schöpfen
und deren Existenz in den letzten Jahren durch die Schweineseuche geradezu in
Frage gestellt wurde.
Wie gewichtig diese Thatsache in die Wagschale fällt, geht aus der im Jahre
1890 erhobenen Höhe des Schweinestandes in den einzelnen Ländern hervor.
Diese betrug:
in Galizien . . . . . 746.192 Stück| in der Bukowina . . . 131.783 Stück
» Steiermark . . . . 637.607 > >» Krain. . .. . . 94985 >
» Böhmen . . . . . 514.367 » ə Schlesien. . . . . 78.333 >
> Niederösterreich . . 412.703 » >» Tirol u. Vorarlberg . 75.153 >
> Mähren . . . . . 322.239 > » Küstenland . . . . 57289 »
> Oberösterreich . . . 247.902 » » Dalmatien . . . . 40.721 >
e Kärnten . . . . . 1838.480 » > Salzburg. . . . . 13.638 »
Aus diesen Zahlen und den obigen Nachweisungen über den bedeutenden
Rückgang der Schweineausfuhr lässt sich der alljährlich aus dem Fortbestande der
Seuche erwachsende enorme Nachtheil ermessen, welcher bei neuerlicher Ausbreitung
derselben sich noch sehr wesentlich steigern würde. Die prophylaktischen Mass-
regeln haben nur bis zu einer gewissen Grenze Erfolg und erscheint daher ein
radicales Verfahren, welches die sofortige unschädliche Beseitigung aller an der Seuche
erkrankten Thiere und die Leistung des Ersatzes aus Staatsmitteln anstrebt, allein
geeignet, der Seuche dauernd Herr zu werden.
Die hieraus dem Staatsschatze erwachsende Auslage wurde bei dem Seuchen-
stande im Jahre 1898 auf 80.000 fl. veranschlagt und sind bei Berechnung dieser
*) Siehe Jahrg. 1892 d. BL, S. 328,
21*
— 190 —
Summe die beider Lungenseuchentilgung gewonnenen Erfahrungen verwerthet worden.
Dieser Aufwand ist gegenüber dem zu gewiártigenden Erfolge um so weniger von
besonderem Belange, da die Kosten der bisher auf Grund der bestehen gesetzlicher
Vorschriften versuchten Seuchentilgung im Jahre 1395 allein schon 41.518 fl. betrugen.
Der Motivenbericht zum Gesetzentwurfe gibt der Erwartung Ausdruck, dass
nach durchgetührter Keulung aller verseuchten Bestände der Anlass zur weiteren
Aufrechthaltung der bestehenden Schweineausfuhrverbote entfallen und dass sich
dann wieder die Schweinezucht zu Exportzwecken lohnend gestalten werde.
Der Thierseuchenausschuss brachte zu den $$ 1, 3, 4 und 9 der Regierungs:
vorlage einzelne Abiinderungen in Antrag, im Plenum des Abgeordnetenhauses ge-
langten aber die Verhandlungen über den Gesetzentwurf nicht zum Abschiusse. Dir
als sehr dringlich allseitig anerkannten Vorkehrungen wurden unter Beriicksichtigung
der vom Thierseuchenausschusse gestellten Anträge mit der nachfolgenden kaiser-
lichen Verordnung vom 2. Mai 1899, R. G. Bl. Nr. 81, in Wirksamkeit gesetzt.
Thierseuchen und veterinärpolizeiliche Verfügungen.
Kaiserliche Verordnung vom 2. Mai | allen Einzeweiden nnd Abfällen vorschrifts
1899, mässig zu vernichten.
Die nach der Schlachtung gesund be-
R. G. BI Nr. 81, À , g
fundenen Schweine sind zu Gunsten des Staats-
betreffend die Abwehr und Tilgung der schatzes bestmöglich zu verwerten.
Schweinepest (Schweinescuche).
$ 3. Für jene Schweine, welche nach der
Auf Grund des § 14 des Grundgesetzes | von amtswegen vorgenommenen Schlachtunz
über die Reichsvertretung vom 21. Dezember | als pestfrei befunden werden, erfolgt, und zwar:
1567, R. G. Bl. Nr. 141, finde Ich anzuordnen, a) für Consumschweine auf Grund de
wie folgt: festgestellten Gewichtes der geschlachteten Thiere
sammt anhaftenden Lungen und Herz, Zwerch-
felle, Leber, Nieren und Nierenfette, dann den
Gekrösefette, vorbehaltlich der Bestimmungen
SS 5 und 6, eine Vergütung aus dem
Stantsschatze, welche 95 Percent des per Kilo-
gramm berechneten durchschnittlichen Markt-
|
|
SL Zum Zwecke der möglichst raschen
Tilgung der Schweinepest(Schweineseuche) ist mit
der Tödtung der an Schweinepest kranken, daun
der der Schweinepest verdächtigen, endlich jener
Schweine vorzugehen, welche mit den kranken
oder verdächtigen Schweinen in demselben Ge-
preises beträgt, der im vorausgegangenen
Monate in der betreffenden Landeshauptstad:
für geschlachtetse Schweine aller Qualitäten
amtlich notirt war;
b) für Zuchtschweine dieselbe Entschäd!-
höfte oder Standorte untergebracht sind, oder auf
demselben Weideplatze verkehren und daher der
Ansteckung verdächtig sind.
In der gleichen Weise sind auch jene
Schweinetriebe und jene Schwrinetransporte auf
Eisenbahnen, Schiffen und Fuhrwerken zu be- | gung wie im Absatze a), jedoch mit einem Zv-
handeln, unter welchen die Schweinepest eon- | schlage von 25 Percent derselben aus dem
statirt wird. | Staatsschatze.
S 2. Die verendeten und die nach der | Die Classificirung in „Zucht- und Consum-
Schlachtung von der amtirenden Seuchencom- schweine“ durch die Seucheneommission erfulg!
in der Regel nach dem Grundsatze, dass alle
Fett- und Mastschweine, sowie zur Zucht nicht
mehr taugliche Thiere und Schnittlinge unter
mission (S 18 des allgemeinen Thierseuchen-
gesetzes vom 29. Februar 1850, R. G. Bl.
Nr. 35) an dieser Seuche erkrankt befundenen
Schweine sind nach beendeter Section sammt | Absatz a), Zuchteber, tragende oder säugendr
“oT ge
191
Zuchtsäue und solche junge Schweine, die | festgestellt wird, das dasselbe bereits zur Zeit
nachweislich zur Zucht bestimmt sind, in Ab-
gatz b} rangiren.
S 4. Während der ersten 60 Tage nach
Eintritt der Wirksamkeit dieser Verordnung '
wird vorbehaltlich der Bestimmungen der ES 3
und ö auch für jene Schweine, welche wegen
Schweinepest von amtswegen getödtet oder nach
der von amtswegen erfolgten Schlachtung an `
Schweinepest erkrankt befunden werden, nach
Massgabe des Gewichtes dieser Schweine, und
zwar in vollkommen ausgeweidetem Zustande,
eine Vergütung aus dem Staatsschatze im Be-
trage von 50 Percent des im $ 3 bezeichneten
Durchschnittspreises geleistet, wenn der Seuchen-
fall innerhalb der obigen Frist rechtzeitig zur
Anzeige gebracht wurde.
Nach Ablauf dieser 60tägigen Frist wird
für erkrankt befundene Schweine diese Ent-
schädigung nicht mehr geleistet.
$ 5. In folgenden Fällen wird für die auf |
Grund dieser Verordnung getödteten Schweine
anstatt der in den SS 3 und 4 dieser Verord- |
bung vorgesehenen Entschädigung nur eine
Vergütung in der Höhe des erzielten Erlöses
'$ 2) nach Abzug aller durch die Amtshand-
tung der Behörde erwachsenen Auslagen ge-
leistet :
a) wenn die vorgeschriebene rechtzeitige
Anzeige ($ 15, Absatz 1—5 des Thierseuchen-
gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. BI.
Nr. 35) über den Ausbruch der Seuche oder
den Verdacht ihres Bestandes unterlassen wurde;
b) wenn die Einschleppung der Scuche
durch eine den geltenden veterinärpolizeilichen
Vorschriften zuwiderlaufende Einstellung von
seines
Vertreters oder Bestellten verschuldet wurde;
Schweinen seitens des Eigenthümers,
c) wenn die Seuche bei einem Schweine
zuerst ausbricht, welches
40 Tagen (im Handelsverkehre oder im Vor-
vor weniger als
merkverfahren) aus einem nicht zum Geltungs-
gebiete dieser Verordnung gehörigen Lande
eingeführt wurde und nicht der Nachweig er-
bracht wird, die
dass Ansteckung dieses
Schweines erst nach dessen Einfuhr stattge- '
funden hat, oder wenn bei einem innerhalb
der Einbringung mit dieser Krankheit behaftet
gewesen sein musste.
S 6. Wenn unter den getódteten Schweinen
innerhalb der letzten 40 Tage auch nur Ein
in verbotswidriger Weise aus einem nicht zum
Geltungszebiete dieser Verordnung gehörigen
Lande eingeführtes Schwein war,
wird demjenigen, den an der verbotswidrigen
Einbringung eine Schuld oder Mitschuld trifft,
für diese getödteten Schweine eine Entschädi-
gung überhaupt nicht geleistet.
$ 7. Die politische Landesbehörde ent-
scheidet in erster Instanz über die Zu- oder
Aberkennung der Entschädigung unter Frei-
lassung der Berufung an das Ministerium des
gestanden
Innern.
S 8. Der für die getödteten Schweine er-
zielte Erlös ($ 2) ist unter allen Umständen
sofort an den Staatsschatz abzuführen.
Die nach §$ 3, 4 und 5 gebiirende Ent-
schädigung ist mit möglichster Beschleunigung,
und zwar längstens binnen 4 Wochen, das ist
28 Tage, nach Abschluss des Desinfections-
verfahrens, aus dem Staatsschatze flüssig zu
machen.
§ 9. Nach durchgeführter Beseitigung aller
Schweine eines verseuchten Gehöftes oder
Standortes hat der Amtsthierarzt die gründ-
lichste Reinigung und Desinfection der Stal-
lungen, Standplätze, Dungstätten, der Stall-
einrichtungsgegenstinde und Geräthschaften,
Viehverladerampen, eventuell deren gebotene
Vernichtung etc. auf Staatskosten sofort durch-
führen zu lassen. Hand- und Zugarbeiten sind
von der Partei unentgeltlich beizustellen.
Nach Beendigung des Desinfectionsver-
fahrens ist die betreffende Stallung durch acht
Tage gut zu durchliitten.
Nach Ablauf von weiteren 40 Tagen ist,
wenn in der betreffenden Ortschaft (Gutsgebiet)
ein neuer Erkrankungs- oder Todesfall in Folge
von Schweinepest (Schweineseuche) nicht vor-
kommt, die Seuche amtlich als erloschen zu
erklären.
$ 10. Wurde in einer Ortschaft (Guts-
gebiet) der gesammtsa Schweinestand dem Til-
derselben Zeit eingeführten Schweine nach der | gungsverfahren unterworfen, so ist die Orts-
Schlachtung auf Grund des Sectionsergebnisses
(Gutsgebiets-) Sperre bis zum 21. Tage nach
192
durchgeführtem Desinfectionsverfahren aufrecht | betreffend die Abwehr und Tilgung der Schweine-
zu erhalten.
§ 11. Uebertretungen dieser Verordnung
oder auf Grund derselben erlassener Anord-
nungen, welche nicht unter die Strafbestim-
mungen des allgemeinen Tbierseuchengesetzes
vom 29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35, be-
ziehungsweise unter jene des Gesetzes vom
24. Mai 1882, R. G. Bl. Nr. 51, fallen, sind
von der politischen Behörde erster Instanz, be-
ziehungsweise rücksichtlich der Seeprovenienzen
der Seesanitätsbehörde erster Instanz mit in den
Staatsschatz fliessenden Geldstrafen nicht unter
5 fl. und nicht über 100 fl., oder mit Arrest
nicht unter 24 Stunden und nicht über 20 Tage
zu ahnden.
Wird jedoch durch ein derartiges Zuwider-
handeln gegen Bestimmungen dieser Verordnung
oder der auf Grund derselben erlassenen An-
ordnungen eine der im Artikel I, § 45, des
Gesetzes vom 24. Mai 1882, R. G. Bl. Nr. 51,
aufgeführten schweren Folgen herbeigeführt,
so ist die Zuwiderhandlung als Vergeben nach
dieser Gesetzesstelle zu bestrafen.
$ 12. Diese Verordnung tritt mit dem achten
Tage nach der Kundmachung in Wirksamkeit.
Die Durch-
näheren Bestimmungen zur
führung dieser Verordnung insbesondere über
die im $ 2 derselben vorgesehene Verwerthung
der getödteten Schweine zu Gunsten des Staats-
schatzes fest-
werden im Verordnungswege
gesetzt.
§ 13. Mit dem Vollzuge dieser Verordnung `
sind Meine Minister des Innern, der Justiz, des
Handels, der Eisenbahnen und des Ackerbaues
betraut.
*
Verordnung der Ministerien des Innern,
der Justiz, des Handels, der Eisen-
balınen und des Ackerbaues vom
6. Mai 1599,
R. G. Bl Nr. 82,
ınit welcher die Schweinepest unter die an-
ateckenden Thierkrankheiten eingereibt nnd
Darchfaihrangsbestimmungen zur kaiser-
lichen Verordnung vom 2. Mail 1899, R. G. BI.
Ne. Si, betreffend die Abwehr und Tilgung
der Schweinepest (Schweincseuche), erlassen
werden.
Zur Durchführung der kaiserlichen Ver-
ordnung vom 2. Mai 1599, R. G. BI. Nr. 81,
U
| pest (Schweineseuche),
werden nachfolgende
Bestimmungen getroffen:
Ad §§ 1 nnd 2.
Sobald iiber den Ausbruch oder Verdacht
der Schweinepest (Schweineseuche) nach $$ 15
und 16 des Gesetzes vom 29. Februar 1850
(R. G. BI. Nr. 35), betreffend die Abwehr und
Tilgung ansteckender Thierkrankheiten, die
pflichtgemässe Anzeige an den Gemeinde: (Guts-
gebiets-) Vorsteher erstattet wird, oder derseibe
von dem Auftreten dieser Seuche, oder von
auf den Bestand derselbon hindeutenden krark-
haften Erscheinungen oder Todesfällen unter
den Schweinen auf irgend eine Weise Kenntniss
erlangt, hat derselbe unverzüglich an die poli-
tische Bezirksbehúrde unter Angabe der be-
|
kannt gewordenen bezüglichen Verhältnisse die
Anzeige zu erstatten, sofort die thunlichste Ab-
erkrankten Schweinen zu veranlassen, jeden
sonderung der noch gesunden von den bereits
Verkehr mit Schweinen aus oder nach dem be-
treffenden Gehöfte zu untersagen und somit die
Stallsperre zu verfügen.
Die bei der politischen Behörde erster In-
_ stanz einlangenden Anzeigen über den Bestand
i
der Schweinepest (Schweineseuche) oder über
Krankheitserscheinungen, welche den Verdacht
dieser Seuche begründen, sind sofort zu pro-
tokolliren und weiter zu behandeln.
Anzeigen, welche von den betreffenden
Schweinebesitzern an demselben Tage erstattet
werden, an welchem eventuell auch Anzeigen
von anderer Seite über den betreffenden Seh weine-
bestand einlangen, sind als gleichzeitig
erstattet zu betrachten.
Hat die politische Behörde erster Instanz
über einen Fall der Schweinepest (Schweine-
des Verdachtes Seuche
Kenntniss erlangt, ist der Amtsthierarzt ohne
seuche) oder dieser
Verzug an Ort und Stelle zur Erhebung zu
‚ entsenden.
Der Amtsthierarzt hat in Gemeinschaft mit
den "Gemeinde-(Gutsgebiets)-Vorsteher directe
Erhebungen zu pflegen, und sobald aus den
_ protokollarisch festzustellenden Aussagen der
betreffenden Parteien ein Verdacht auf den
| Bestand der Schweinepest (S«hweineseuche‘ sieh
ergibt, noch vor dem Betreten der als ver-
dächtig bezeichneten Stallungen (Standplätze
oder Weiden) den Schweinestand der einzelnen
Wirthechaftsgehöfte der Ortschaft (Gutsgebietes)
und in grossen geschlossenen Gemeinden des
nach Lage der wirthschaftlichen Verhältnisse
zunächst gefährdeten Theiles derselben durch
Begehung der einzelnen Schweinestallungen
Standplätze oder Weiden) riicksichtlich des
seuchenunbedenklichen Zustandes genau zu
untersuchen und in ein besonderes Viehstands-
verzeichniss aufzunehmen.
Nach Sicherstellung dieser Verhältnisse ist
die genaueste Untersuchung der Schweine in
den als seuchenverdächtig bezeichneten Gehöften
‘Standorten, Weideplätzen) unter Beobachtung
der Vorsicht vorzunehmen, dass die als seuchen-
bezeichneten Ab-
tneilungen oder Stallungen zuletzt betreten werden.
Wird der Bestand der Seuche, eventuell
nach der gemäss $ 19 des allgemeinen Thier-
seuchengesetzes erfolgten Tödtung eines seuchen-
verdächtigen Schweines, sichergestellt, so hat
die Seuchencommission die nach Massgabe der
kaiserlichen Verordnung vom 2. Mai 1899,
HG Bl. Nr. 81, zu beseitigenden Schweine,
wenn deren Tödtung am Tage der Constatirung
verdächtig oder verseucht
mit
einem unverwischbaren Kennzeichen zu märken
der Seuche nicht beendet werden kann,
und ist das gesetzte Märkzeichen im Commis-
stonsprotokolle genau zu bezeichnen.
Im Commissionsprotokolle sind auch alle
jene Momente umständlich zu erörtern und ge-
nau sicherzustellen, welche für die Beurtheilung
des Anspruches auf die Entschädigung mass-
gebend sein können.
verendeten Schweine sind nach dem behördlich
zenenmigten oder von der Seuchencommission
speciell ausgemittelten Aasplatze zu überführen,
nach beendeter Section und genauer Beschrei-
bung der Sectionsergebnisse über jedes einzelne
verendete oder dort getödtete Schwein, sowie
der Feststellung des Gewichtes derselben im `
Sinne des $ 3 der kaiserlichen Verordnung vor-
schriftsmässig zu vernichten.
Die Seuchencommission darf den Aasplatz
erst nach beendeter Verscharrung aller Cadaver
verlassen.
193
|
|
|
|
|
| mittelst
Die seuchekrank befundeuen oder bereits
Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn
Fortgang der Verscharrung durch Gen-
oder ein beeidetes Gemeindeorgan
überwacht werden kann.
In Gemeinden, in welchen ein behördlich
genehmigter Kafilldesinfector oder ein thermo-
chemischer Apparat im Betriebe ist, dürfen
derlei Cadaver durch diese Apparate verarbeitet
werden und haben demgemies auch die vor-
der
darmerie
stehendermassen am Aasplatze durchzuführenden
Amtshandlungen in dieser Betriebsanlage statt-
zufinden.
Die bei der amtsthieriirztlichen Unter-
suchung gesund befundenen Schweine des ver-
seuchten Gehöftes (Standortes, Weideplatzes),
sind von der Seuchencommission der Schlach-
tung zu unterziehen und zu diesem Behufe in
jenen Gemeinden, in welchen ein öffentliches
Schlachthaus besteht, nach demselben zu über”
führen.
die best:
mögliche Verwerthung der getödteten Schweine
Die Seuchencommission hat für
zu sorgen.
Ist die Verwerthung nur einzelner auch
nach der Schlachtung vollkommen gesund und
zum Consum zulässig befundener Schweine in
der verseuchten Gemeinde (Gutsgebiet) selbst
möglich, so ist dieselbe im Wege der öffent-
lichen Versteigerung, eventuell auch des freien
Verkautfes durchzuführen.
Ist jedoch in der verseuchten Gemeinde
(Gutsgebiet) die
Schweine mit Schwierigkeiten verbunden, können
Verwerthung geschlachteter
dieselben nach vollständigem Erkalten nach
geeigneten Consumorten und Uebernahinsstellen
der Eisenbahn
wenn die niichste Station in wenigen Stunden
verfrachtet werden,
erreicht werden kann und der Transport keine
grossen Kosten verursacht.
In diesem Falle hat die amtirende Seuchen-
commission das vorgeschriebene Certificat ( For-
mulare A) auszustellen und der Fleischsendung
beizugeben.
Der Erlös für
und die verwerthbaren Theile von geschlachteten
die verwerthbaren Thiere
Thieren ist von der Seuchencommission im Wege
der betreffenden politischen Behörde erster In-
stanz in der vorschriftsmässigen Weise unter
Beischluss eines von derselben vidirten Geren-
scheines an das zuständige k. k. Steueramt so-
fort abzuführen.
Wurden derlei geschlachtete Schweine oder
verwerthbare Theile derselben behufs besserer
Verwerthung nach einem anderen politischen
Bezirke versendet, so hat das mit der Ver-
werthung dort betraute Organ den erzielten
Erlös an die von der Seuchencommission zu
benennende politische Bezirksbehörde sofort ab-
zuführen.
Ad SS 3, 4 und D.
Der in der Landeshauptstadt in den
einzelnen Monaten im Sinne der kaiserlichen
Verordnung vom 2. Mai 1899, R. G. Bl. Nr.81
‚zu ermittelnde Durchschnittspreis für das Kilo-
gramm Fleisch von todten (Weidner) Schweinen
wird in den ersten fünf Tagen jeden Monats
von der politischen Landesbehörde nach den
durchschnittlichen Marktpreisen im Vormonate
fustgesetzt und in ihrem Amtsblatte verlautbart.
Ad § 7.
Die von der politischen Landesbehörde
liquid befundenen Entschädigungsbeträge sind
zu Handen der Bezugsberechtigten gegen Vor-
weisung des bezüglichen Verständigungsdecretes
und gegen scalamässig gestempelte Quittung
bei jenem Steueramte zahlbar anzuweisen, in
dessen Bezirke die verseuchte Stallung (Stand-
ort, Weide) liegt.
Ad $ $.
Das von den Betheiligten unterfertigte
Seuchenerhebungsprotokoll in welchem insbe-
sondere auch die Ergebnisse der Abwage der
Schweine ersichtlich zu machen sind, dann die
Protokolle über den Erfolg einer allfälligen
Versteigerung oder des freien Verkaufes des
Fleisches und der verwertbaren Theile der ge-
tödteten Schweine sind ohne Verzug der politi-
schen Landesbehörde zum Zwecke der Ent-
scheidung über die dem betreffenden Schweine-
besitzer zukommende Entschädigung in Vorlage
zu bringen.
Ad § 9.
Nach vollständiger Entleerung des Seuchen-
stalles oder Standortes hat der Amtsthierarzt
194
1
die vorgeschriebene Desinfection auf Staats-
kosten zu veranlassen, jedoch die hiebei er-
forderlichen Hand- und Zugarbeiten von der
Partei ohne Entgelt in Anspruch zu nehmen.
Vor allem sind das vorhandene Streu-
materiale, die Futterreste und der Dünger zu
entfernen und sodann der Seuchenstall, falls
derselbe gewölbt oder stuccatort ist, der Räuche-
rung mit Schwefeldämpfen (schwefliger Säure)
durch 12 Stunden bei gut geschlossenen Thüren
und Fenstern oder sonstigen Oeffnungen aus-
zusetzen; erst nach Ablauf dieser Zeit und nach
entsprechender Durchlüftung sind die nach-
folgenden weiteren Arbeiten vorzunehmen:
1. Entfernung des Fussbodens — soferne
derselbe nicht aus undurchlässigem Materiale
(Cement, Asphalt) hergestellt ist — sammt der
darunter liegenden, mit Jauche durchfeuchteten
Erd- oder Schotterschichto;
2. die Entfernung der oberflächlichen
Schichte von sonst gut erhaltenem festen Mauer-
werke durch Abkratzen, nöthigenfalls die Ab-
nahme des schadhaften Anwurfes;
3. die Entfernung alles schadhaften Holz-
sowie der schadhaften,
Einrichtungsgegenstände
werthlosen
hölzernen und Ge-
räthe, der hölzernen Futtertröge und Fussboden-
dielen, soferne dieselben nicht von allen Seiten
werkes,
mit starker heisser Kali- oder Natronlauge rein-
gewaschen und nach vollkommener Abtrocknung
abgehokelt oder desinficirt werden können;
4. das Ausglühen der eisernen nicht email-
leicht entfernbaren Bestandtheile und
das
entfernbaren metallenen Be-
lirten,
Einrichtungsgegenstinde
Erhitzen
standtheile und Einricbtungsgegenstände bis auf
und überhaupt
aller
mindestens 120 Grad Celsius in der Dauer von
30 Minuten auf der Ofenplatte, im Backofen,
in der Schmiede, oder in einem eventuell zur
Verfügung stehenden Desinfectionsapparate;
5. das Einlegen derjenigen Kleidungsstücke
in starke Kali- oder Natronlauge durch wenig-
stens zwölf Stunden, welche vom Warte- oder
Aufsichtspersonal in der Ausiibung des Dienstes
im Seuchenstalle getragen worden sind.
Die Räucherung muss unter Aufsicht des
und durchgeführt
werden; während derselben ist der Zutritt ven
Amtsthierarztes eingeleitet
Menschen verboten.
Die Desinfection des Düngers und der `
Jauche erfolgt durch Uebergiessen mit einer so |
kräftigen Kalkmilch, wie dieselbe zum Weissen
der Mauerwände benützt wird.
Die Fussböden
welche aus gut erhaltenem undurchlässigem
(Stein, Ziegel, Cement oder Beton
Asphalt etc.) hergestellt sind,
derjenigen Stallungen,
Material
werden durch
Ueberstreichen und Abfegen mit Kalkmilch,
welche mindestens zwei Tage darauf einwirken
soll, desinfcirt.
Simmtliche hölzernen Bestandtheile, Ein-
rientungsgegenstände und Geräthschaften eines
Senchenstalles, welche schadhaft und werthlos,
mm m ls mn
daher zu vernichten sind, müssen noch am Tage
der Durchführung der Stallräucherung unter
ge:
macht (zerhackt) und womöglich gleich. ver-
Autsicht des Auntsthierarztes unbrauchbar
brannt werden.
Nach Vollendung dieser Arbeiten sind alle
hulzernen und gereinigten Bestandtheile des
Stalles, die Einriehtungsgezenstände und Ge:
: a
räthe u. dgl. mit Ka'kanstrich zu versehen.
Während der nächsten acht Tage müssen
jedoch Fenster und Thüren offen erhalten
195
Diese Verorduung tritt gleichzeitig mit der
kaiserlichen Verordnung vom 2. Mai 1899,
R. G. BI. Nr. SI, in Wirksamkeit.
Mit diesem Zeitpunkte tritt die Ministerial-
verordnung vom 9. Juni 1895, R. G. Bl. Nr. 79,*)
mit der Massgabe ausser Kraft, dass die im
Eingange dieser Verordnung angeordnete Ein-
reihung der Schweinepest (Schweineseuche) unter
die im ersten Absatze des $ 1 des allgemeinen
Thierseuchengesetzes vom 29. Februar 1880,
RG Bl. Nr. 35, angeführten Thierkrankheiten,
ferner die gleichfalls im Eingange dieser Ver-
ordnung angeordnete Anwendung der ebendort
bezeichneten Gesetze und Anordnungen auf
diese Epizootie, insoweit die letzteren Vor-
schriften dureh die kaiserliche Verordnung vom
2. Mai 1899, R. G. Bl. Nr. 81, keine Ab-
äncerungen erfahren, auch fernerbin in Wirk-
samkeit bleiben.
An die Stelle der mit der bezeichneten
Ministerialverordnung kundgemachten Belehrung
tritt die nachstehend beigedruckte Belehrung
über die Krankheitserscheinungen der Schweine”
pest (Schweineseuche).
werden. | *) Siehe Jahrg. 1895 d. Bl., S. 223.
Formular A.
Gemeinde ........ Land GS ae 2 rn
Politischer Bezirk ......
Certificat
für Fleisch von aus Anlass der Tilgung der
Schweinepest (Schweineseuche) geschlachteten
Schweinen, welches nach vorausgegangener sanitätspolizeilicher Beschau zum Consum verwendbar
befunden und von der Seuchencommission zum Versandt bestimmt worden ist.
Anzahl der unzertheilten Schweine sammt Nieren und intactem Nierenfett ..... Stück
im Gewichte von ..... Kilogramm.
Die Versendung erfolgt in der Eisenbahn-(Schilttahrts- Station . . . 2.22.22... nach der
Bestimmungsstation . . 222 2.2.20... VD ers ae da
Anmerkung:
Die Seuchencomnmission:
K. k. Bezirksthierarzt:
Gemeindevorsteher:
Belehrung
über die Krankheitserscheinungen der
Schweinepest (Schweineseuche).
Die Schweinepest (Schweineseuche) ist eine
ansteckende Thierkrankheit, welche in den im
Reichsrathe vertretenen Königreichen und Län-
dern bis in die neueste Zeit völlig unbekannt
war und daher von den Viehbesitzern vielfach
nicht beachtet und zum Theile mit der Roth-
laufseuche der Schweine verwechselt wurde.
Ihre Ansteckungsfähigkeit ist jedoch weit
bedeutender, als die der Rothlaufseuche, und
werden in der Regel die meisten, mitunter alle
Schweine der davon betroffenen Gehöfte be-
fallen; auch die Sterblichkeit unter den er-
krankten Schweinen ist ungleich grösser, als
bei der Rothlaufseuche; die meisten Schweine
gehen daran zu Grunde.
lbre Verbreitung wird vorzugsweise ge-
fördert durch den Handelsverkehr mit Schweinen,
aber auch durch Zwischenträger und
besondere: das Wartpersonale, die sogenannten
Sauschneider (Castrirer), durch Gegenstände
und vorzugsweise Dünger aus verseuchten
Stallungen u. s. w.
Durch die Nothschlachtung von an der
Schweinepest erkrankten Schweinen entstehen
in den betreffenden Gehöften gefährliche Seuchen-
quellen oft für lange Zeit, und ist es auch er-
wiesen, dass durch das Fleisch und die Abfälle
von solchen geschlachteten die
Seuche weiter verbreitet wird.
Das Fleisch dieser kranken Thiere ist der
menschlichen Gesundheit nachtheilig und hat
häufig das Aussehen von gekochtem Fleische.
ins-
Schweinen
Schweine, welche nur in geringerem Grade
Krankheit gegenüber
grössere Widerstandsfühigkeit besitzen, wie dies
erkranken oder der
bei den einheimischen, mit englischen Racen
nicht gekreuzten Racen der Fall ist, daher nur
vorübergehendes Unwohlsein äussern, ver-
schleppen besonders häufig diese Seuche.
Am wenigsten widerstandsfähig sind die
jüngeren Schweine (Ferkel, Läufer).
Der Ansteckungsstoff wird durch die aus-
geathmete Luft, durch die beim Husten der
Thiere
das gemeinsame Futter, respective die Futter-
erkraukten entleerten Auswurfsstofte,
196
II € A A
o e en a
reste, die Tränke, den abgesetzten Koth und
Harn, durch den Mist aus verseuchten Stal-
lungen, Streureste, Stallgeräthe etc. verschleppt.
Die Krankheit selbst besteht in einer
Lungen- und Darmentzündung mit häufig aus-
gebreiteter Zerstörung der Darmschleimhaut; in
vielen Fällen tritt auch eine schwere Erkran-
kung der Nieren und Harnorgane überhaupt
hinzu. Nicht selten finden ähnliche Zerstörungen
wie auf der Darmschleimhaut sich auch auf der
Schleimhaut des Maules, der Rachenhéhle, des
Schlundes und der Luftróbre.
Je nachdem die Erkrankung der Lunge
oder die des Darmes, respective der ganzen
Luftwege oder der
walten, sind die Krankheitserscheinungen ver-
Verdauungsorgane vor-
schieden ausgeprägt.
Die Krankheit beginnt mit mangelnder
Fresslust und mit Durst, grosser Hinfälligkeit
der Thiere und Schwäche,
Hintertheile; der Gang ist matt, taumelnd,
schwankend im Hintertheile, die Fiisse
steif, die Schritte kurz. Die Schweine liegen
viel, verkriechen sich unter die Streu und stehen
nur ungern und schwer auf, grunzen selten und
merklich heisser, husten schwach, oft schwer
vernehmbar, kurz, athmen schnell mit auffallen-
der Bewegung der Bauchwandungen. Vielfach
wird im Beginne der Krankheit und auch
im weiteren Verlaufe Erbrechen oder auch
blutig gefärbter Durchfall, mitunter der Ab-
gang klein geballten, blutig gefärbten oder
stark mit blutigem Schleim tiberzogenen Kothes
beobachtet.
Die kranken Thiere fiebern heftig, zittern
am Körper, die Haut fühlt sich zuweilen heiss,
zuweilen kühl an und ist oft, namentlich um
die Ohren, am Rüssel, unter dem Halse, am
Bauche und an der inneren Fläche der Schenkel
hochroth bis blau gefärbt; in den meisten Fällen
stellt sich ein mit Schorf-(Krusten-)Bildung ver-
bundener Ausschlag ein.
namentlich im
sind
Anfangs thränen die Augen, bald jedoch
werden sie durch eine zähe eitrige Masse ver-
klebt und halb geschlossen gehalten.
Die Thiere magern schnell ab und ver-
enden oft nach wenigen Tagen; mitunter dauert
jedoch die Krankheit mehrere Wochen,
seltenen Fällen auch Monate.
in
— 197 —
Die Krankheitserscheinungen treten bei können. Schon die Wahrnehmung der bei
nen angekauften Schweinen in der Regel bald | Beginn der Krankheit auftretenden Erschei-
naeh der Einstellung auf und sind so auffällig, | nungen verpflichtet die Schweinebesitzer zur
dass sie bei nur einiger aufmerksamer Beob- | unverziiglichen Anzeige bei dem Gemeinde-
achtong dem Wartepersonale nicht entgehen | vorsteher.
Rechtsprechung.
Für die Zurechnung des Zuwiderhandelns wider ein Einfuhrverbot kommt es nicht darauf an, dass die
eingeführten Thiere dom verseuchten Orte unmittelbar entstammen; es kann genügen, dass transitirende
Thiere unverdäachtigen Ursprungs daselbst verladen wurden.
Entscheidung desk.k. Obersten Gerichtshofes vom 5. October 1898, Z. 13582.)
Der Cassationshof bat in Erledigung der von der Generalprocuratur zur Wahrung des
Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde in Sachen des Ludwig G. wegen der im § 49 des
Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. BI. Nr. 35, und im Art. I des Gesetzes vom 24. Mai 1882,
R. G. Bl. Nr. 51, bezeichneten Uebertretung nach durchgeführter öffentlicher Verhandlung zu
Recht erkannt:
Durch das Urtheil des Bezirksgerichtes Jägerndorf vom 6. April 1898, womit Ludwig G.
von der Anklage wegen der im § 45 des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35,
beziehungsweise im Art. I des Gesetzes vom 24. Mai 1582, R. G. BI. Nr. 51, bezeichneten
Uebertretung nach § 259, Z. 2, St. P. O., freigesprochen ward, wurde das Gesetz in den Be-
stimmungen der $3 20, 26 und 45 des Gesetzes vom 29. Februar 1580, R. G. Bl. Nr. 35,
verletzt.
Gründe:
Wie aus den von der Generalprocuratur dem Cassationshofe mitgetheilten Acten ersichtlich
ist, liess Ludwig G., Viehbiindler aus Troppau, in Podgórze, Bezirk Podgórze in Galizien eine
Herde Schlachtschweine nach Krakau verladen, welche laut des auf dem Viehpasse befindlichen
Vermerkes am 11. Februar 1898 in Krakau getheilt wurde. Ein aus 21 Stück bestehender
Theil dieser Herde wurde sodann mittelst Eisenbahn von Krakau nach Jägerndorf befördert und
daselbst auswaggonirt. Da mit Verordnung der schlesischen Laudesregierung vom 10. Jänner 1898,
Z. 27.327, die Einfuhr von zu Handels-, Zucht- oder Nutzungszwecken bestimmten Klauen-
tbieren (Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen) aus ganz Galizien und die Einfuhr von zur
Schlachtung bestimmten Klauenthieren aus gewissen Bezirken (darunter zwar nicht Podgórze,
wohl aber Krakau) nach Schlesien verboten war, wurde Ludwig G. aus Anlass der Einfuhr der
Schweine von Krakau nach Jägerndorf wegen der im § 45 des Gesetzes vom 29. Februar 1880,
R. G. Bl. Nr. 35, beziehungsweise im Art. I des Gesetzes vom 24. Mai 1882, R. G. BI. Nr. 91,
bezeichneten Uebertretung zur Verantwortung gezogen, jedoch mit dem Urtheile des Bezirks-
gerichtes Jägerndorf vom 6. April 1898 von der gegen ihn erhobenen Anklage mit der Be-
gründung freigesprochen, dass die Schweine nicht aus Krakau, sondern aus dem nicht verseuchten
Bezirke Podgörze herstammten und darum, wenn auch in Krakau verladen, straffrei nach
Schlesien eingeführt werden durften. Dieses in Rechtskraft erwachsene Urtheil beruht auf einem
Rechtsirrthume.
Der Zweck der in dem Gesetze vom 29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35, entbaltenen
Bestimmungen geht dahin, die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten zu verhindern. Was
in dieser Beziehung betreffend den inländischen Verkehr mit Hausthieren im S 20 und, belangend
insbesondere die Maul- und Klauenseuche, im $ 26 des Gesetzes an Schutzmassregeln vorgesehen
erscheint, zielt darauf ab, jeden Contact gesunder Thiere mit kranken oder krankheits-
verdächtigen hintanzuhalten, um eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes zu vermeiden.
Diesen im Gesetze zum klaren Ausdrucke gebrachten Intentionen entsprechend, sucht auch die
Verordnung der schlesischen Landesregierung vom 10. Jänner 1598, Z. 27327, die Berührung
des in Schlesien befindlichen Klauenviehes mit solchen Thieren zu verhindern, die entweder
selbst an der Maul- und Klauenseuche erkrankt sind oder der Krankheit verdächtig, oder doch
durch dieselbe gefährdet erscheinen oder endlich mit solchen Thieren, welehe in Folge des
Contactes mit kranken, verdächtigen oder gefährdeten Thieren oder den von diesen infieirten
Gegenständen Träger des Ansteckungsstoffes sein können (S 20, al. 2, des Gesetzes vom
29. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35). Wenn daher die eitirte Verordnung die Einfuhr von
zur Schlachtung bestimmten Klauenthieren aus gewissen Bezirken Galiziens verbietet, so will
sie damit nicht nur die Einfuhr soleber Thiere inhibiren, die direct aus verseuchten Bezirken
— 198 —
stammen, sondern gewiss auch solcher, die zwar an sich von unverdächtiger Provenienz, doch
in verseuchten Bezirken mit kranken. verdächtigen oder gefährdeten Thieren oder den von
diesen etwa inficirten Gegenständen in Berührung kamen oder doch mit solchen Thieren,
respective Gegenständen leicht in Berülirung Kommen. konnten; denn es bedarf keiner Erörterung,
dass auch dureh solche, einen verseichten Bezirk ohne ausreichende Schutzmassrezeln
(z. B. ununterbrochener Verschluss im plombirten Eisenbahnwaggon) transitirenden Thiere die
Gefahr einer Einschieppung der Seuche herbeigeführt werden kann. Im concreten Falle nun
wurde die aus Podgörze stammende Ursprungsherde in der in einem verseuchten Bezirke ge-
legenen Stadt Krakau getheilt. also jedenfalls der Verechluss des Eisenbabnwaggons, wenn auch
nur voriibergeheud, aufzehoben, 21 Stiick derselben wurden, wie der Viehpass ausweist. in
Krakau nach Jägerndorf neu verladen, und es bestand darum unzweifelhaft die Gefahr der Ein-
schleppung von in der Stadt Krakau aufgenommenen Krankheitskeimen durch diese Herde rach
Schlesien. Dieselbe war somit durch das Verbot der schlesischen Landesregierung von
10. Jänner 1898, Z. 57327, sowohl dessen Wortlaut als dessen Zweck nach getroifen, die Ein-
fuhr der in Krakau neu verladenen Schlachtschweine nach Jägerndorf begründet ein Zuwider-
handeln gegen dasselbe, und es war somit gegen Ludwig G. mit einem Schuldspruche vorzugehen.
Es musste souach der auf Grund der Bestimmuugen der SS 33 und 292 St. P. O. gegen
das bezogene bezirksgerichtliche Urtheil von der Generalprocuratur zur Wahrung des Gesetzes
ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde stattgegeben und die unterlaufene Gesetzesverletzung aus-
gesprochen werden. (V. Bl. TL Eisen. u. Schitif.)
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 7. Mai bis
13. Mai 1599:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bobrka: Borodezyce 1%), Dobrowlany 1*;,
Strzeliska nowe 1, Wierzbica 2%), Zabokruki 1*); Bochnia: Chobot 1, Grobla 1 und Wola
zabierzowska 2; Borszezow: Burdiakowce 3, Germakowka 3, Gleboczek 2, Irzyweze gorne 2%,,
Niwra 1%) und Uscie biskypie 1; Brzozow: Jasienica 2; Buezacz: Hubin 2, Folwarki 1,
Podlesie 1 und Trybrchowee 2; Czortkow: Uhryn 1; Dolina: Podberez 4; Husiatyn:
Kociubinezyki 3; Kolomea: Chomiakowka 1, Kulaczkowce 1 und Ostrowiec 2; Kosow: Jasienow
sorny 3 und Krzyworownia 3; Laneut: Albigowa 2 und Pogwizdow 1; Nadworna: Nad-
worna 1, Przerost 1 und Sadzawka 6%); Nisko: Lowisko 4; Peczenizyn: Akreszory 4;
Przemysl: Babice 3%); Rzoszow: Blazowa 3%), Futoma 6 und Piatkows 4; Sanok: Szklary 2;
Sniatyn: Borszezow 1, Roznow 2 und Trojea 1; Stryj: Dzieduszyce male 3; Strzyzow:
Polomyja 1%), Pstragowa 2%), Zaborow 4%) und Zawadka 3%); Tarnobozeg: Zupawa 3:
Tlumaez: Ostrynia 1, Ottynia 1 und Zakrzewee 1; Wadowice: Lgota 3; Zbaraz: Sieniawa 1
und Zbaraz 5; Zloczow: Sassow 1; Zydaczow: Pobercze 1;
in der Bukowina, in der Stadt Czernowitz 5 und in den politischen Bezirken
Storozynetz: Storozynetz 4; Wiznitz: Millie 2.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 7. Mai bis
13. Mai 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken Bohorodezany: Bohorodezany 1 uni
Lachowee 13; Brzezany: Plaueza mala 5; Dolina: Kalna 1; Husiatyn: Kociubince 6,
Kociubinezyki 3, Kopyezynee 28*), Nizborg rustykalny 2 und Nizborg stary 5; Jaworow:
Nahaczow 3%) und FPrzylbice 5; Kamionka: Dziedzilow 15; Kolbuszowa: Mazury 5
und ‘I'yzebos 4; Mielee: Radomysl 4*); Mosciska: Arlamowska wola 1%), Tuliglowy 1*;
Twierdza 3%) und Zakosciele 5; Nadworna: Oslawy biale 6%); Peczenizyn: Jablonow 1;
Przemyslany: Zamoscie 3; Skalat: Kolodziejowka 1, Panasowka 1, Skalat 5 und
Sorocko 4#); Sniatyn: Kniaze 1, Oleszkow 3 und Roznow 4; Sokal: Dobraczyn 2 uod
Wojslawice 3; Stanislau: Mykietynce 1; Stryj: Lawoezne 6 und Zulin 8; Tlumacz:
Krzywotuly 3 "und Zakrzewce 1; W adowiee: Bugay 1*), Stanislaw gorny 3 und Wysoka 1;
Zloczow: Bohutyn 3, Jozetowka 4, Mszana 6, Plesmiany 5, Remizowce 3, Slawna 7 und
Uhorce 10; Zolkiew: Butyny 1%).
*) Die mit *) bezeichneten Fälle beziehen sich auf in der Vorwoche aufgetretene und erst
nachträrlich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Hölder ın Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. d. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
LRothenthurmetrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prénumerationspreis bei directer Postsusendung gansj&brig f. 6.—.
| EE DEER EE DE
ZI. Jahrgang. Wien, 1. Juni 1899. Nr. 22.
Inhalt. Der Congress zur Bekämpfung der Tuberculose als Volkskrankheit in Berlin. —
Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass der Statthalterei für Oberösterreich, betreffend Privatentbindungs-
anstalten in den Wohnungen der Hebammen. — Thierseuchen und veterinärpolizeiliche Verfügungen:
Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend die Einfuhr thierischer Robproducte aus der Türkei und
betreffend das Verbot der Einfuhr von Hunden nach Grossbritannien. — Rechtsprechung. — Vermischte
Nachrichten.
Der Congress zur Bekämpfung der Tuberculose als Volks-
krankheit in Berlin, 24.—27. Mai 1899.
Der Congress zur Bekämpfung der Tuberculose in Berlin hat durch die zahl-
reiche Betheiligung von Mitgliedern und die Entsendung von Delegirten aller
Culturstaaten einen wahrhaft internationalen Charakter erhalten, wie die Krankheit,
deren Bekämpfung sein grosses und doch glücklich begrenztes einziges Verhandlungs-
thema ist.
Ueber 2000 Mitglieder und mehr als 200 officieile Delegirte nahmen an den
Berathungen im Sitzungssaale des Reichstagsgebäudes hinter dem Brandenburger
Thore bei. Der Bedeutung des Congresses war die Eröffnung würdig, welche daselbst
am 24. Mai in Gegenwart der a. h. Protectorin Ihrer Majestät der Kaiserin
Auguste Victoria Namens des Ebhrenpräsidenten Sr. Durchlaucht des Reichs-
kanzlers Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst durch das Mitglied des Ehren-
prásidiums, den kön. preussischen Staatsminister und kaiserlichen Staatssecretär
Excellenz Dr. Graf v. Posadowsky-Wehner stattfand, worauf die Verhand-
lungen durch den Präsidenten Victor Herzog v. Ratibor eröffnet und durch den
Geheimen Medicinalrath Prof. Dr. v. Leyden weitergeführt wurden. Zuvor hatte
der Bürgermeister Kirschner von Berlin Namens dieser Stadt und Geheimer
Medicinalrath Prof. Dr. Waldeyer als Rector der Friedrich Wilhelms Universität
Namens dieser die Festversammlung begrüsst und hatten die Delegirten der in Berlin
vertretenen Grossmächte, der Vereinigten Staaten von Amerika (Boyd), von
Frankreich (Brouardel), von England (Sir Grainger Stewart),
Italien (Maragliano), Oesterreich (Ritt. Kusy v. Dibraw) und Ungarn
(Koranyi), sowie von Russland (Berthenson) in lebhaft acclamirten Ansprachen
das Interesse ihrer Staaten am Congresse zum Ausdrucke gebracht und demselben die
besten Wünsche ihrer Regierungen für einen vollständigen Erfolg übermittelt. Särumt-
liche genannte Delegirte wurden zu Ebrenprisidenten des Congresses ernannt.
5)
— 200 —
Der österreichische Delegirte Sanitätsdepartementschef im Ministerium des Innern.
Ministerial- und Ober-Sanitätserath Dr. Ritter v. Kusy, welcher zugleich mit der
Vertretung des Fürstenthums Montenegro beauftragt war, hielt nachstehende Ansprache:
„Eure Majestät! Hochansebnliche Versammlung! Das erhabene Werk der
Humanität und Sanität, welchem dieser unter dem verheissungsvollen Protectorate Aller-
höchst Ihrer Majestät tagende Congress gewidmet ist, hat die lebhafteste Theilnahme
innerhalb der Grenzen Vesterreichs — vom Riesengebirge bis hinab zu den entlegensten
Gestaden der Adria — ja noch darüber hinaus geweckt und ist mir die Ehre geworden,
demselben die besten Glückwünsche eines yollen Erfolges Namens der österreichischen
Regierung und des benachbarten Fürstenthumes Montenegro zu übermitteln. Die öster-
reichische Regierung hat durch Entsendung von Delegirten ihrer verschiedener Ressorts*;,
des Ministeriums des Innern, des Unterrichts, des Ackerbaues und der Finanzen, des Obersten
Sanitätsrathes und mehrerer Landes-Sanitätsräthe, der Reichshauptstadt Wien, sowie sanitärer
Staatsinstitute ihrem lebhaften Interesse an dem Congresse Ausdruck zu geben getrachtet.
Obschon es vor Allem die Gemeinsamkeit der höchsten Culturziele auf sanitärem
Gebiete gewesen ist, welche eine grosse Zahl von Fachmännern aus Oesterreich der Ein-
ladung in die gastliche Metropole des Deutschen Reiches folgen hiess, so muss ich doch
bekennen, dass uns auch die wachsende Erkenntniss des Bedürfnisses nach Befreiung
von dem Uebel der Tuberculose im eigenen Lande drängte, in gemeinsamer Berathung
an dieser Stelle die Mittel und Wege zu suchen und zu finden, um die Tuberculose, die
ärgste Feindin unserer Gesundheit, wirksam, zu bekämpfen. Es hat zwar die Tuberculose
in Oesterreich in manchen Gebieten, insbesondere auch in Wien, wo sie einst als Morbus
Viennensis so gefürchtet war, dank den umfassenden Assanirungswerken der letzten
Jahrzehnte und der gesetzlichen Regelung des Gemeindesanitätswesens wesentlich ab-
genommen. Dennoch ist sie in Oesterreich wie anderwärts die dominirende Krankheits-
form geblieben, welche die Volksgesundheit fortwährend untergriibt. Sie liefert in
Oesterreich im Durchschnitte 5';, Pereent aller in den 618 Spitälern verpflegten Kranken
und leider an 25 Percent aller Sterbefälle in denselben. Von je 100 Personen, welche
in Oesterreich jährlich aus den Reihen der Lebenden scheiden, sind 13 durch diese
Volksseuche dahingerafft, was ein jährliches Hekatombenopfer von 88.000 durch den
Tuberkelbacillus vernichteter Menschenleben bedeutet.
Seitdem die Tuberculose durch Robert Koch's unsterbliches Verdienst als
Infectionskrankheit, sonach auch als verhitbare und endlich selbst ver-
tilgbare Krankheit erkannt ist, wurde dem Studium derselben auch in Oesterreich
erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet und ihre Bekämpfung im Wege der Volksbelehrung,
von Sanitätsmassnahmen in Curorten fiir Tuberculése, im Eisenbahnverkehre nach
denselben, in Gefängnissen und Staatsfabriken u. dgl., in neuerer Zeit auch durch Er-
richtung einer grossartigen Heilstätte für Tuberculose in Alland bei Wien — eine ver-
dienstvolle Grossthat unseres verehrten Hofrathes Prof. v. Schrötter — angebahnt.
Dass diese Sanirungsanläufe viel zu schwach sind, um den so mörderischen Feind wirksam
zu bekämpfen, dessen sind wir uns vollkommen bewusst und des besten Willens, uns die
mächtige, in Deutschland zum Durchbruche gelangte Bewegung zur Bekämpfung der
Tuberculose zum aneifernden Beispiele dienen zu lassen.
Von dem unter so hohem Schutze tagenden, durch ein so glänzendes und er-
leuchtetes Präsidium geleiteten, eine solche Fülle erlesener Fachkräfte vereinigenden
Congresse erwarten wir die Feststellung einer practischen Ordre de bataille im
Kampfe gegen den ins Auge gefassten Feind, die Tuberculose, und hegen den innigsten
Wunsch, dass die Berathungen des Congresses die Einschränkung und schliessliche
Vernichtung dieser Infectionskrankheit vorbereiten mögen, — einen Sieg, der würdig wäre,
den grössten Errungenschaften der Culturgeschichte beigezählt zu werden.“
*) Als Delegirte waren entsendet worden: vom Ministerium des Innern: Ministerialrath Dr, Ritter
v. Kusý, vom Unterrichtsministerium: Hotrath Prof. R, v. Schrótter, vom Obersten Sanitatsrath
Prof. Dr. A. Weichselbaum, Director Dr. V. Mucha, Abg. Dr. Joh. Dworäk, vom Acker
bauministerium: Sanitätsconsulent Dr. Tinus, vom Finanzministerium für die ärarische Tabakrsgie:
O. B. A. Dr. Eugen Hofmokl, vom niederösterreichischen Laudes-Sanitätsrathe: Prof. Dr. Paltauf,
Impfdirector Dr. Gust. Paul, von der Stadt Wien: Regierungsrath und Oberphysicus Dr. E. Kammerer,
vom Landes-Sanititsrathe in Böhmen: Hotrath Prof. Dr. Pribram, vom Landes-Sanititsrathe in
Tirol: Prof. Dr. Lode, vom Congress fiir interne Medicin: Hofrath Prof. Jaksch in Prag, ferner
Delegirte von Aerzte- und Humanitätsvereinen, Städten u. 8. w.
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— 201 —
Nach Beendigung seiner Ansprache legte der österreichische Delegirte eine
Sammlung von auf den Gegenstand bezüglichen Facharbeiten aus Oesterreich, eine
eolorirte Karte über die Verbreitung der Tuberculose nach politischen Bezirken in
Oesterreich, die von Prof. Weichselbaum verfasste Volksschrift des öster-
reichischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege über Tuberculose, Arbeiten des
Stadtphysicus Dr. Kammerer iiber die Abnahme der Tuberculose in Wien, vom
Bezirksarzt Dr. R. v. Kutschera über die Tuberculose in Steiermark, Abdrücke
derim »Oesterreichischen Sanitätswesen« publicirten Verordnungen und Abhandlungen
über Massnahmen zur Bekämpfung der Tuberculose in Curorten, im Eisenbahn-
verkehre u. s. w. auf den Tisch des Congresses.
Alle Mitglieder desselben wurden mit zahlreichen gedruckten Abhandlungen
über die neueren Bestrebungen zur Bekämpfung der Tuberculose, darunter Be-
arbeitungen des Reichsgesundheitsamtes und der Medicinalabtheilung des preussischen
Kriegsministeriums, ferner mit Festnummern von in Berlin erscheinenden Fach-
zeitschriften betheilt. Ein sorgfältig redigirtes Tageblatt brachte das Resum&e aller
gehaltenen und auf die Tagesordnung gesetzten Vorträge, sowie die laufenden Mit-
theilungen über Congressangelegenheiten.
Von diesen ist ein stattlicher Theil den Kundgebungen der officiellen Gast-
freundschaft gewidmet, mit welcher die Congressmitglieder in ehrender Weise aus-
gezeichnet wurden. Hiezu ist der Begrüssungsabend zu zählen, an welchem die
Delegirten dem Congresspräsidenten S. D. Herzog v. Ratibor vorgestellt und
von ihm begrüsst wurden, ein grosser Empfang im Berliner Rathhause, ein Garten-
fest bei S. D. dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe, eine Festvorstellung in der
kaiserlichen Hofoper, das gemeinsame Abschiedsfestmahl im zoologischen Garten etc.
Ausserdem war Gelegenheit zur Besichtigung der zahlreichen wissenschaftlichen und
sanitären Institute Berlins geboten, über welche ein eigener Führer ausgegeben wurde.
Die gleichzeitig in Berlin veranstaltete Ausstellung für Krankenpflege war
sehr reichhaltig und erregten die Apparate der staatlichen Impfstoffgewinnungsanstalt
in Wien (demonstrirt vom k. k. Impfdirector Dr. Paul) und der neuen Central,
anstalt für Sterilisation von Verbandmaterialien im Wiener k. k. allgemeinen Kranken-
hause (demonstrirt vom Director O. S. R. Dr. Mucha) ein besonderes fachmännisches
Interesse.
Am Sonntage wurde eine Anzahl von Delegirten des Congresses von Seiner
Majestät dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. in Anwesenheit ihrer Majestät der
Kaiserin und der Prinzen des kaiserlichen Hauses im neuen Palais in Potsdam
empfangen und unteren Anderen auch die österreichischen Theilnehmer, Sanitätsreferent
Dr. Ritter v. Kusy, Hofrath Prof. Dr. Schrötter, Hofrath Prof. Dr. Jaksch von
Sr. Majestät dem Kaiser, von Ihrer Majestät der Kaiserin und vom Kronprinzen in
längere Gespräche gezogen.
Die Theilnehmer des Congresses kehren mit einem so ausführlichen, wissen-
schaftlich gesicherten und präcisirten Wissensmateriale über die Tuberculose in ihre
Heimat, die Delegirten an die Stätte ihres amtlichen Wirkens zurück, dass dieses
nur einer weithin ausgestreuten Aussaat verglichen und daher die Hoffnung gewährt
werden kann, dass dieselbe in erfreulicher Weise die Halme schiessen und die
Sterblichkeit in Oesterreich, welche im Wege der fortschrittlichen Sanitätsverwaltung
und Assanation im Jahre 1897 bereits auf 26 pro Mille der Bewohner gesunken war,
m Folge der Eindämmung der Tuberculose noch weiter gebessert, der Schatz des
Staates an Volksgesundheit, Arbeitsfähigkeit und Wohlfahrt weiter gewahrt
werden wird.
Möge auch in Oesterreich die gesammte gebildete Gesellschaft von jener Werth-
: schätzung der Bestrebungen zur Förderung des allgemeinen Gesundheitwohles durch-
- drungen werden, welche die Theilnehmer am Tuberculosencongresse in allen Schichten
der Bevölkerung der deutschen Reichshauptstadt zu bewundern Gelegenheit hatten.
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202
Sanitátsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. Statthalterei für Ober- | übung der Hebammenkunst vertrauenswürdig
österreich vom 8. April 1899, Z. 4574, sei; ein wichtiges Moment zur Beurtheilung der
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend Privatentbindungsanstalten
den Wohnungen der Hebammen.
in
Zu Folge des Erlasses des k. k. Ministe-
riums des Innern vom 26. August v. J.,
Z. 22243, findet die k. k. Statthalterei mit Be-
ziehung auf den h. a. Erlass vom 9. Septem-
ber 1898, Z. 15644,*) nach Anhörung des
k. k. Landes-Sanitätsrathes in Betreff der Heb-
ammen etwa zu ertheilenden -Bewilligung zur
geschäftsmässigen Verwendung ihrer Wohnung
für Zwecke der Entbindung fremder Frauens-
personen Nachfolgendes anzuordnen:
Ueber die von den Hebammen dortamts
eingebrachten Gesuche sind vorerst Er-
hebungen zu pflegen:
1. in Betreff der Person (Hebamme),
welche die Bewilligung zu erlangen strebt;
2. in Betreff der Localitäten, welche
in der Wohnung der Hebamme zum Auf-
enthalte der fremden Frauenspersonen während
ihrer Schwangerschaft und Niederkunft und
während des Wochenbettes dienen sollen und
3. in Betreff der Hilfsmittel, welche
zur Erfüllung des angestrebten Zweckes, zur
gewerbsmässigen Entbindung fremder Frauens-
personen vorhanden sind.
Die Erhebungen sind in der Regel vom
Amtsarzte persönlich zu pflegen und
haben sich bezüglich der Person darüber zu
erstrecken, ob dieselbe moralisch unbescholten,
verlässlich und in Bezug auf die fachliche Aus-
*) Diesem Erlasse zu Folge sind alle An-
suchen um Bewilligung zur geschäftsmässigen Ver-
wendung der Hebaminenwohnungen zur Aufnahme
von Frauen zur Entbindung unter Anschluss eines
Gutachtens des Amtsarztes, welcher sich von der
sanitätspolizeilichen
Eignung der betreffenden
Hebammenwohnung als Privatentbindungsanstalt
und von dem Vorhandensein der den Dienstes-
vorschriften für Hebammen entsprechenden Be-
dingungen bei Entbindungen, sowie der Erfüllung
aller übrigen bei solchen Anstalten zu stellenden
Anforderungen zu überzeugen haben wird, der |
Statthalterei zur Entscheidung vorzulegen.
t
Zuverlässigkeit wird die exacte Führung der
Tagebücher und Ge
burtenausweise liefern im Stande
sein, sowie selbstverständlich auch der Bestand
der eigentlichen Hebammengeräthe in
Bezug auf deren Vollstindigkeit, Reinbaltung,
Ort der Aufbewahrung u. dgl.
Der für die zu entbindenden Frauens-
personen bestimmte Wohnraum soll einen
vorgeschriebenen
zu
separirten Eingang haben und darf keinesfalls
als Durchgang für die übrigen Insassen der
Wohnung dienen, wie auch Aftermiether, Kost-
gänger u. dgl. von solchen Hebammen, welche
ihre Wohnung zur gewerbsmässigen Entbindung
benützen wollen, nicht beherbergt
dürfen. Die zur Aufnahme von Schwangeren
und Gebäreuden bestimmten Localitäten sollen
in hygienischer Hinsicht gut gelegen, licht,
hinlänglich gross, heizbar und ausgiebig zu
lüften sein; absolute Reinhaltung und min-
destens einmalige Tünehung der Wände im
Jahre wird als nothwendig vorausgesetzt.
Da die Bewilligung niemals für mehr
werden
als gleichzeitig zwei von einer Hebamme
in Obhut und Verpflegung zu nehmende fremde
Frauenspersonen ertheilt wird, ist sich bienach
bei Beurtheilung der Grösse und Beschaffenheit
der dazu in Aussicht genommenen Localitäten
zu halten.
Jeder Pflegling muss ein eigenes, voll-
kommen ausgestattetes Bett haben, in dem
sich je eine dreitheilige Rosshaarmatratze be
findet; neben jedem Bette muss ein Glocken
zug oder Taster für eine elektrische Klingel
angebracht sein; die Bettwäsche muss in
hinreichender Menge und guter Beschaffenheit
und stets in sauberem Zustande vorhanden
sein; zum Zudecken sollen nicht Federbetten,
sondern an einer Seite mit einem reinen weissen
Leintuche überzogene Woll- oder Stepp-
decken verwendet werden. Auch für die Neu-
geborenen müssen eigens eingerichtete Bettstellen
vorhanden sein, ebenso wie eine Badewanne
für eine Kinderbade-
wanne.
Erwachsene und
Zur Aufbewahrung der Wäsche und
anderer Gebrauchsgegenstände soll ein eigener
Sehrank Verfügung stehen. Von
Wäschesorten sollen für je eine zu Ver-
pflegende vorräthig sein: 12 Leintücher für
Erwachsene, 12 Leintücher für Kinder, 12 Hand-
tücher, 12 Compressen, 12 Polsterüberzüge für
Erwachsene, 12 Polsterüberzüge für Kinder;
ausserdem müssen zwei Stück Kautschuk-
unterlagen & 1!/, Quadratmeter für Ge-
bárende und Wochnerinnen und zwei Stück
Kautschukunterlagen fúr Kinder,
grosserer Vorrath (sechs Schachteln a !/, Kilo-
gramm) Wundwatte und 4 Kilogramm
Lysol in Bereitschaft gehalten werden.
Von sonstigen Gebrauchsgegenständen sind
vorräthig zu halten: Eine Leibschüssel
aus Hartsteingut, eine Wärmflasche, drei
zur
weiters ein
Waschschüsseln aus Porzellan oder Hart-
steingut, zwei Krüge zu je 6 Liter Faesungs-
für jede Verpflegte je ein Nacht-
geschirr, ferner ein Ausgusskübel und die
vollkommen ausgerüstete Hebammencassete.
Ueber die an Ort und Stelle vom Amts-
arzte, eventuell unter Zuziehung des Gemeinde-
arztes oder eines anderweitigen Gemeindeorgans
gepflogenen Nachweisungen ist ein Befund
aufzunehmen und derselbe dem an die Statt-
halterei vorzulegenden Gesuche beizufiigen.
Wird der Gesuchstellerin die Concession
zar Aufnahme von Schwangeren und Gebiren-
den ertheilt, so ist sie von der politischen Be-
raum,
203
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|
hörde I. Instanz in Evidenz zu halten und
ist sie insbesondere auch dazu strengstens zu
verhalten, dass sie den polizeilichen
Meldevorschriften, sowie der Verpflich-
tung, über jeden, bei ihr sich ereignenden
Geburtsfall der Gemeindevorstehung die An-
zeige zu erstatten, pünktlichst nachkomme.
Sollte sich bei einer Verpflegten oder einem
anderen Mitbewohner ein Infectionsfall er-
eignen, so missen die Gesunden sofort entfernt
und der Behörde der Fall zur Anzeige gebracht
werden. Nach der Genesung oder dem Ableben
der Erkrankten darf der zur Aufnahme von
Schwangeren oder Gebärenden bestimmte Wohn-
raum erst dann der neuerlichen Benützung
übergeben werden, wenn die Desinfection des-
selben und aller Gebrauchsgegenstände erfolgt
ist; über den Zeitpunkt zur Wiederbe-
nützung entscheidet die politische Behörde
I. Instanz.
Mindestens einmal jährlich ist durch den
Amtsarzt die Wohnung der Hebamme uner-
wartet Im Falle wahr-
genommenen Missbrauches mit der ertheilten
Concession, Nichteinhaltung oder Umgehung
der daran geknüpften Bedingungen oder sonstiger
sanitärer Unzukömmlichkeit wird nach vorheriger
Verwarnung auf Entziehung der
Concession zur Aufnahme von Schwan-
geren und Gebärenden behufs Niederkunft in
der Wohnung der Hebamme der Antrag zu
zu inspiciren.
stellen sein.
Thierseuchen und veterinärpolizeiliche Verfügungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 10. Mai 1899, Z. 8636,
an die politischen Landesbehörden mit Aus-
nahme jener von Triest und Zara,
betreffend die Einfuhr thierischer Rohpro- |
ducte aus der Türkei.*)
Angesichts des andauernden Herrschens
der Rinderpest in der Türkei und der dadurch
”, Die k. k. Seebehörde in Triest hat mit
Gefahr ihrer Einschleppung, sieht
Ministerium des Innern im Einver-
bedingten
sich das
nehmen mit den betheiligten k. k. Ministerien
bestimmt, bis auf Weiteres die Einfuhr von
thierischen Rohproducten — vollkommen
trockenen Häuten, Knochen, Hórnern, Horn-
: haaren,
spitzen und Klauen, gesalzenen und getrockneten
Rinderdármen, ungeschmolzenem
Talg,
Saitlingen,
in Fässern und Wammen, sowie Kuh-
Sehweinsborsten, Schafwolle, Ziegen-
Circular-Erlass vom 11. Mai 1899, Z. 5261, eine | haaren in Säcken oder Ballen verpackt — aus
analoge Verfügung getroffen.
|
seuchenfreien Gebieten der Tiirkei nach Oester-
— 204
reich in bestimmte industrielle Anlagen von
der fallweisen Ertheilung einer speciellen Be-
willigung und der bebördlichen weiteren Con.
trole über deren Verwendung abhängig zu
machen.
Diese Bewilligung wird jedoch vom Mini-
sterium des Innern nur für solche Sendungen
ertheilt werden, die nachweislich aus seuchen-
freien Gegenden stammen und nach der An-
kunft in der Endstation auch mittelst Pferde-
bespapnungen directe an den Bestimmungsort
(Industrie-Etablissement) überführt werden
können.
Die k.k...... wird eingeladen, im vor-
stehenden Sinne die Verlautbarung zu veran-
lassen.
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 5. Mai 1899, Z. 10879,
an alle politischen Landesbehórden,
betreffend das Verbot der Einfuhr von
Hunden nach Grossbritannien.
Laut einer im Wege des k. und k. Mini-
steriums des Aeussern anher gelangten Ver-
ordnung des königlich englischen Ackerbau-
ministeriums vom Februar |. J. ist behufs Ver-
hütung der Einschleppung der Wuthkrankheit
die Einfuhr von Hunden nach Grossbritanien
aus irgend einem anderen Lande als von den
Canal-Inseln ohne vorher schriftlich eingeholte
specielle Bewilligung dieses Ministeriums bei
einer Strafe von 20 Pfund Sterling und der
Saisirung der betreffenden Hunde verboten.
Ansuchen um eine bezügliche Einfuhr-
bewilligung sind an das genannte Ministerium
(The Secretary, Board of Agriculture, 4 White-
hall Place, London S. W.) zu richten, von dem
auch die eigens hiezu vorgeschriebenen und mit
einem vom Bittsteller zu fertigenden Reverse,
betreffend die Verpflichtung der genauen Ein-
haltung der vorzuschreibenden Bedingungen,
versehenen Formularien wie auch Abdrücke der
oben bezogenen Verordnungen zu beziehen sind.
In besonders berücksichtigungswürdigen
Fällen kann das genannte Ministerium auch
über telegraphisches Ansuchen die Einfuhr von
Hunden gestatten, wenn eine genaue Be-
schreibung des zu importirenden Hundes hin-
sichtlich der Haarfarbe und Abzeichen, des
Geschlechtes, Alters und der Rage gegeben
und sowohl der Provenienzort wie auch der
Bestimmungeort, woselbst und unter wessen
verantwortlicher Ueberwachung dessen min-
destens 90tägige Verwahrung zu erfolgen hat,
genau bezeichnet wird.
Ohne Ausweisung mit der erforderlichen
Einfuhrliceenz dürfen nach Grossbritanien be-
stimmte Hunde auf Schiffen nicht verladen
werden.
Die wesentlichste Bedingung
solchen Licenz ist eine sechsmonatliche Inter-
nirung des importirten Hundes unter verläss-
licher Aufsicht an einem von dem mehrge-
nannten Ministerium genehmigten Orte, die
jedoch gegen Vorlage einer Bestätigung eines
Thierarztes über den völlig unbedenklichen
Zustand des betreffenden Thieres auf 90 Tage
verkürzt werden kann.
einer
Zur Einfuhr dressirter Hunde, welche an
Vorstellungen zur Unterhaltung des Publicums
theilnehmen, wird die Licenz nur dann ertheilt,
wenn der hinreichende Nachweis geliefert wird,
dass sie von allen anderen Hunden absolut
getrennt gehalten werden.
Personen, welche Grossbritannien auf ihrer
Reise nur durchqueren, kann die Ausschiffung
von Hunden unter entsprechenden Vorsichts-
massnahmen gestattet werden, wenn der Aufent-
halt dortselbst nicht länger als zehn Tage
dauert.
Hievon wird diek.k..... im Nachhange
zu dem h. o. Erlasse vom 19. Juli 1897,
Z. 19035, zur entsprechenden Verlautbarung in
Kenntniss gesetzt.
— 205 —
Rechtsprechung.
Des vom Vormanne erwirkten, noch giltigen Viehpasses kann sich, ohne straffällig zu werden, der
Vebernehmer eines Viehstückes auch dann bedienen, wenn darin der Wechsel in der Person des Eigen-
thümers nicht ersichtlich gemacht ist.
(Entscheidung des k. k. Obersten Gerichtshofes vom 27. September 1898, Z. 13338.)
Das Bezirksgericht in Haugsdorf hatte in mehreren Fallen Angeklagte der Uebertretung
der §$ 8, lit. b) und 45 des Gesetzes vom 20. Februar 1880, R. G. Bl. Nr. 35, beziehungs-
weise des Art. I des Gesetzes vom 24. Mai 1882, R. G. Bl. Nr. 51, schuldig erkannt und
deshalb Geldstrafen wider dieselben verhängt. Der Thatbestand dieser Uebertretung wurde
durchwegs darin erblickt, dass die Verurtheilten bei dem Abtriebe von auf dem Znaimer Vieh-
markte angekauften Rindviehstücken mit Viehpässen betreten wurden, welche zwar an sich giltig
waren, aber, da sie auf den Namen der früheren Besitzer lauteten, also den Wechsel in der
Person des Eigenthümers nicht offenbarten, nach Meinung des Bezirksgerichtes als ordnungs-
gemásse Pässe nicht angesehen werden konnten. Die Verurtheilten unterliessen es, ein Rechts-
mittel anzubringen; die Generalprocuratur jedoch überreichte eine Nichtigkeitsbeschwerde zur
Wahrung des Gesetzes. Ihr stattgebend, fand der Cassationshof die betreffenden Urtheile unter
Constatirung der unterlaufenen Gesetzverletzung aufzuheben und die Angeklagten freizusprechen.
Gründe:
Die Auffassung des Bezirksgerichtes ist rechtsirrthimlich. Die Angabe der Person des
Eigenthiimers des Viehstückes gehört ebensowenig wie die Nennung des Bestimmungsortes zu
jenen für die Gesundheitsverhältnisse der Thierstücke relevanten Umständen, zu deren Con-
statirung der Pass zu dienen hat; darum, weil er die in dem Eigenthume des Viehstückes
während der Giltigkeitsdauer eingetretene Veränderung nicht ausweist, verliert der Pass nicht
seine Giltigkeit. Es ergibt sich aus der Bestimmung des § 4 des citirten Gesetzes, dass Haus-
thiere, die den im § 1 citirten Gesetzes bezeichneten Krankheiten unterliegen, zur Einfuhr nur
gegen Vorweisung von Viehpässen, in welchen der unverdächtige Zustand des Thieres beim
Abgange vom ständigen Aufenthaltsorte bestätigt ist, zugelassen werden, sowie aus der Durch-
führungsvorschrift zu dem bezogenen $ 4, wonach die Viehpässe die Stückzahl der Thiere, die
nähere Bezeichnung und etwaige Merkmale derselben, sowie die Bestätigung enthalten müssen,
dass die Thiere beim Abgange gesund waren, und dass sie von einem Standorte kommen, in
welehem und in dessen Umgebung zur Zeit des Abganges der Thiere eine auf diese Thier-
gattung übertragbare Krankheit nicht herrschte. Damit aber sind die wesentlichen, zur Er-
reichung des angestrebten Zweckes nothwendigen Erfordernisse eines Viehpasses erschöpft, und
zwar selbstverstindlich auch fiir die sub § 8a bis d) citirten bezeichneten Fälle. Daher findet
sich auch auf dem für Viehpässe vorgeschriebenen Formulare eine Anmerkung nur des Inhaltes,
dass etwaige Abgänge von Vieh, Passverlängerungen und Bestätigungen des Gesundheitszustandes
der Viehtriebe auf der Rückseite des Passes zu bemerken sind.
Aus diesen Erwägungen war in Erledigung der von der Generalprocuratur in Gemässheit
der $$ 33 und 292 St. P.O. zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde wie
oben zu erkennen. (V. Bl. f. Eisenb. u. Schifff.)
Vermischte Nachrichten.
Zahntechnische Gehilfen der Zahnärzte. Ueber die Eingabe einer Zahntechniker-Genossen-
schaft, welche darüber Beschwerde führte, dass Zahnärzte zahntechnische Gehilfen beschäftigen,
obwohl nach Ansicht der Genossenschaft der Zahntechniker im Sinne des § 1 der Ministerial-
Verordnung vom 20. März 1892, R. G. BI. Nr. 55 (siehe Jahrg. 1392 d. Bl., S. 107) ausser
den concessionirten Zahntechnikern nur die Zahnärzte selbst zur Ausübung der Zabntechnik
befugt seien, liess das k. k. Ministerium des Innern (Erlass vom 9. Mai 1897, Z. 11230)
der Genossenschaft bedeuten, dass es sich zu einer Verfügung in dem in der Eingabe beab-
sichtigten Sinne um so weniger veranlasst sehe, als in den $$ 4 und 5 der erwähnten
Ministerial-Verordnung nicht nur die Haltung von zahntechnischen Lehrlingen und Gehilfen
seitens der Zahnärzte vorgesehen ist, sondern speciell der citirte § 5 zur Erlangung der
Concession für das Zahntechnikergewerbe eine dreijährige Verwendung als zahntechnischer
Gehilfe bei einem Zahnarzte sogar ausdrücklich vorschreibt.
— 206 —
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen diesen Erlass gerichtete Beschwerde der
(Genossenschaft nach den $S 2 und 21 des Gesetzes vom 22. October 1875, R. G. BI. 1876,
Nr. 36, ohne weiteres Verfahren zurück, weil der angefochtene Erlass nicht eine instanzmissige
Entscheidung oder Verfügung über Parteirechte in einem conereten Falle zum Inhalt hat,
sondern mit demselben nur die Ausübung der von der beschwerdeführenden Genossenschaft
angestrebten Erlassung einer allgemeinen Weisung an die Unterbehörden in Angelegenheit der
Haltung zahntechnischer Gehilfen seitens der Zahnärzte abgelebnt wird, der angefochtene Erlass
sich somit nicht als eine bei dem Verwaltungsgerichtshof anfechtbare Entscheidung oder Ver.
fügung im Sinne des $ 2 des erwähnten Gesetzes darstellt. (Erkenntniss vom 24. October 1897,
Z. 4669.)
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 14. Mai bis
20. Mai 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bobrka: Chodorow 3*), Czartorya 2,
Czyzyce 1, Dobrowlany 2, Hranki kuty 1, Podnistrzany 1, Stezulki 1, Strzeliska nowe 2,
Wybranowka 1, Zagöreczko 5*), Zabokruki 3; Bochnia: Chobot 1, Grobla 1 und Wola
zabierzowska 5; Bohorodezany: Molotkow 1; Borszezöw: Burdiakowce 10, Germakowka l,
Krzyweze gorne 3*), Niwra 5*), Iwanie puste 6, Turyleze 1%), Wierzbowka 2*); Buczacz:
Barysz 3, Buczacz 2*), Przewloka 2; Chrzanow: Siersza 1; Dolina: Wola zaderewacka 2;
Horodenka: Czernelica 5*), Cserniatyn 3, Czortowiec 8*), Izakow 1*), Rakowice 3*),
Tyszkowce 3*), Zukow 2; Husiatyn: Horodnica 1; Kolomea: Chomiakowka 3, Kolomea |,
Kulaczkowce 3; Kosow: Dolkopole 3, Jasieniow gorny 8*), Kobaki 2*), Krasnoila 5*), Krzy-
worownia 4*), Perechrestne 2, Pistyn 1 und Tudiow 3; Lancut: Albigowa 1, Medynia
glogowska 1 und Pogwizdow 2; Nadworna: Hwozd 1*), Majdan gorny 1, Nadworna 1 und
Worochta 2*); Nisko: Kamien 7 und Lowisko 2; Peczenizyn: Akreszory 3; Przemysl:
Babice 1*); Przemyslany: Tuczne 3; Rzeszow: Blazowa 10%), Futoma 4*) Kakolowka 2%),
Kraczkowa 4*), Solonka 3; Skalat: Kolodziejowka 4 und Mazurowka 10; Sniatyn:
Borszezow 3 und Roznow 8*); Strzyzow: Nowawies 2*, Zawadka 1 und Zaborow 4;
Tlumacz: Delawa 3; Trembowla: Ostrowezyk 2; Zbaraz: Sieniawa 5 und Zaluze 3;
Zolkiew: Butymy 11*);
in der Bukowina, in der Stadt Czernowitz 3 und in den politischen Bezirken
Storozynetz: Czudin 2 und Storozynetz 1; Wiznitz: Ispas 3 und Millie 2;
in Böhmen im politischen Bezirke Königl. Weinberge: Königl. Weinberge 2;
in Steiermark in der Stadt Graz 1 (ausserdem ein Verdachtefall), im politischen Bezirk
Graz Umgebung: St. Stefan am Gratkorn 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 14. Mai bis
20. Mai 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken Bohorodezany: Lachowce 5*); Buczacz:
Medwedowce 8; Dobromil: Piatkowa 7; Dolina: Kalna 2; Husiatyn: Horodnica 6,
Kociubince 3, Kopyezynce 11, Nizborg stary 5, Rakow kat 3, Rudki ad Suchostaw 2 und
Samotuskowce 3;{Jaworow: Nahaczow 15*), Przylbice 2, Troscianiec 4*) und Wierzbiany 52*);
Kamionka strumilowa: Dziedzilow 19*) und Ruda sielecka 1; Kolbuszow: Mazury 1
und 'Irzebos 3; Lemberg: Lesienca 1; Mosciska: Arlamowska wola 1*), Bortiatyn 3%),
Stomianka 2*) und Twierdza 2*); Nadworna: Oslawy biale 7*); Peczenizyn: Jablonow 6;
Przemyslany: Zeniow 1*); Rawa: Ulicko zarembane 1; Ropcezyce: Lubzina 2;
Skalat: Krasne 1, Panasowka 1, Sorocko 6*) und Stawki 7*); Sniatyn: Nowosielica 1,
Uleszkow 5 und Roznow 9*); Sokal: Belz 5, Dobraczyn 6, Tyszyca 3 und Wojslawice 5;
Stryj: Orawa 1%), Plawin 1%) und Zulin 5; Tarnopol: Dubowce 5 und Stechnikowce 4?);
—Tlumacz: Targowiec b; Wadowice: Stanislaw gorny 4*) und Wysoka 2; Zloczow:
Bohutyn 1; Zolkiew: Butyny 14;
in Schlesien im politischen Bezirke Jägerndorf: Geppersdorf 6 (aus Galizien
eingeschleppt).
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Dr. J DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
L.Rothenthurmetransasel
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerstionspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig f. 6.—,
m Ener EE eene
ZI. Jahrgang. Wien, 8. Juni 1899. . Nr. 23.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanititsrathes. — Gutachten des k. k. niederöster-
reichischen Landes-Sanitätsrathes über Missstände bei Haltung von Kost- und Pflegekindern. —
Sanitätsgesetze und Verordnungen. — Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe. —
Vermischte Nachrichten,
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanititsrathes vom 3. Juni l. J. berichtete
Ministerial- und Ober-Sanitätsrath' Dr. Em. Ritter v. Kusy über den Stand der
Pest im Auslande, insbesondere über das Auftreten von Pesterkrankungen
in Alexandrien unter der einheimischen Bevölkerung und über die aus diesem
Anlasse auf Grund der Venediger Convention vom Handelsministerium im Ein-
vernehmen mit dem Ministerium des Innern vorläufig eingeleiteten SCHTIEMSSTEBEN
gegen die Einschleppung der Pest im Seewege nach Oesterreich.
Der Oberste Sanitätsrath nahm diese Mittheilungen, sowie die vom Mister
des Innern bereits erlassenen Weisungen an die politischen Behörden wegen sorg-
faltiger Ueberwachung des Fremdenverkehres, exacter Durchführung des Epidemie-
dienstes, Fortsetzung der Assanirungsaction zustimmend zur Kenntniss und besprach
jene Massnahmen, welche zur raschen und sicheren wissenschaftlich bacteriologischen
Feststellung sich etwa ergebender Verdachtsfälle ins Auge zu fassen wären.
Weiters wurden die Mittheilungen des Referenten über den Stand der Blattern-
und Flecktyphus-Epidemie in Galizien und in der Bukowina, sowie über
mebrere unter zugereisten Arbeitern aus Galizien in Jägerndorf in Schlesien auf-
getretenen Flecktyphusfälle, deren rechtzeitige Localisirung und Tilgung durch
rasches Eingreifen der Sanitätsverwaltung vollständig gesichert wurde, entgegen
genommen.
Hierauf erstattete O. S. R. Prof. Dr. Max Gruber das Referat über die
Anwendbarkeit des Desinfectionsverfahrens mit Formaldehyd nach
den neuesten, im hygienischen Institute der k. k. Universität in Wien durchgeführten
Untersuchungen.
Hiebei wurden die Modalitäten genau festgestellt, unter welchen dieses
Desinfectionsverfahren, welches die Handhabung durch genau instruirte Desinfections-
diener und sachverständige ärztliche Ueberwachung zur Voraussetzung hat, im
Epidemiedienste zur Anwendung kommen soll.
23
— 208 —
Schliesslich berichtete Ministerial- und Ober-Sanititsrath Dr. Em. Ritter
v. Kusy über die Ergebnisse des in Berlin stattgefundenen Congresses zur
Bekämpfung der Tuberculose und legte zahlreiche, anlässlich desselben
gesammelte, diesen Gegenstand betreffende Druckwerke und Abhandlungen vor,
welche dem mit der Antragstellung über die Massnahmen zur Bekämpfung der
Tuberculose in Oesterreich eingesetzten Comité des Obersten Sanitätsrathes über-
wiesen wurden.
Gutachten des k. k. n.-ö. Landes-Sanitätsrathes
über
Missstände bei Haltung von Kost- und Pflegekindern.
(Referent: Sanitátsrath, Regierungsrath Dr. E. Braun, Director der n.-ö. Landes-Gebär- und Fiodelanstalt.)
Eine in der »Oesterreichischen Land-Zeitung« (1898. Nr. 4) enthaltene, » Geschäft
mit Findelkinderün« betitelte Notiz, in welcher auf die Ausbeutung der Findelkinder
seitens der ungemein armen Pflegeparteien im Pöggstaller Bezirke hingewiesen wird,
hat die k. k. niederösterreichische Statthalterei veranlasst, die k. k. Bezirkshaupt-
mannschaft Krems mit der Einleitung eingehender Erhebungen nach dieser Richtung
zu beauftragen.
Die hierüber eingelangten Aeusserungen der Gemeindevorstände und Pfarrämter
des genannten Bezirkes stimmen nach dem Berichte der k. k. Bezirkshauptmann-
schaft Krems dahin überein, dass die Erziehung der Findelkinder im Allgemeinen der
landesüblichen Kindererziehung entspricht, dass die Findelkinder von den Pflege-
parteien wie ihre eigenen Kinder, ja in manchen Fällen aus Furcht vor der Ent-
ziehung des Kindes sogar reinlicher gehalten werden als die eigenen Kinder. Viele
Findelkinder werden von den Pflegeparteien nach dem Normalalter unentgeltlich
gepflegt, und, wie von verschiedenen Pfarrämtern betont wurde, zu braven und
arbeitsamen Menschen herangezogen, die an ihren Pdegeeltern mit kindlicher Liebe
hängen und denselben die Stiitze des Alters werden.
Einer Regelung dringend bedürftig erscheint der k. k. Bezirkshauptmannschaft
Krems aber die Abgabe von Säuglingen, welche nicht in der Findelanstalt geboren
sind. sogenannte Pflegekinder, an Privatparteien.
In Folge dieses Berichtes der k. k. Bezirkshauptmannschaft Krems wurden auch
die anderen Bezirkshauptmannschaften, sowie die Städte mit eigenem Gemeindestatut
aufgefordert, über ihre Wahrnehmungen, betreffend die Verpflegung der Kostkinder
zu berichten und eventuell Anträge zu stellen. Aus fast sämmtlichen diesen Be-
richten geht hervor, dass eine Regelung des Haltckinderwesens dringend geboten
erscheint.
Unabhängig von dieser Action hat das k. k. Ministerium des Innern mit Erlass
vom 13. Jänner 1899. Z. 1601, auf dieselben Missstände und auf die Nothwendigkeit
einer Abhilfe hingewiesen.
Mit dem Referate über diesen Gegenstand betraut, künnte sich Referent auf die
Besprechung der Uebelstände. die sich in der Verpflezung der Haltekinder ergeben
haben. sowie auf die Vorschläge zur Beseitigung dieser Uebelstände beschränken.
Es empfiehlt sich jedoch aus mehrfachen Gründen, bei dieser Gelegenheit auch auf
die Verhältnisse der Findlingspflege einzugehen.
Um Weitschweifigkeiten und Wiederholungen zu vermeiden, sollen in den nach-
stehenden Erörterungen diejenigen Kinder, die dem Verbande der Findelanstalt an-
wchören, als Findlinge, jene Kinder. die auf privatem Wege zu fremden Kost-
— 209 —
parteien in entgeltliche Pfiege gegeben werden, als Haltekinder bezeichnet
werden, wobei nur nebenbei bemerkt sei, dass sowohl der Ausdruck Findlinge als
Findelanstalt den heutigen thatsächlichen Verhältnissen kaum mehr entspricht. Beide
Kategorien dieser Kinder sind gleicher Provenienz; es handelt sich fast durchwegs
um uneheliche Kinder der Armen und erscheint daher von vorneherein eine thun-
liehst gleichförmige Behandlung derselben am Platze. Aehnliche Klagen, wie sie in
der eingangs berührten Notiz der »Oesterreichischen Land-Zeitung« enthalten sind, kehren
häufig wieder; sie sind nicht alle ethischen Impulsen, nicht immer dem Sinne für
Humanität und dem Mitgefühl für das Loos dieser Geschöpfe zuzuschreiben, sie
stimmen aber alle darin überein, dass diese Kinder armen Parteien in Pflege gegeben
werden, die aus dem geringen Kostgelde noch Nutzen ziehen wollen.
Hiezu muss gleich bemerkt werden, dass die Findelanstalt die Findlinge, und
dasselbe gilt auch bezüglich der Haltekinder und jener Kinder, welche im Wege
der Armenversorgung an Kostparteien abgegeben werden, eben an jene Parteien
abgeben muss, die sich mit der Pflege solcher Kinder zu befassen bereit erklären.
Thatsächlich sind dies nahezu ausnahmslos nur arme Leute, die aus der Ver-
pflegung solcher Kinder Nutzen ziehen wollen.
Immer und immer wieder tauchen aber auch Vorschläge auf, in dieser Richtung
dadurch Abhilfe zu schaffen, dass die Findelanstalt die ihr angehörigen Kinder,
anstatt sie in Pflege zu geben, im Hause verpflegen solle, beziehungsweise Anstalten
zur Verpflegung dieser Kinder zu errichten. Derartige Massnahmen, nämlich die
Errichtung von Anstalten, werden nun auch von massgebender Seite zur Verbesserung
des Looses der Haltekinder in Anregung gebracht. Offenbar geben sich diejenigen,
welche solche Reformen planen, der Anschauung hin, dass durch Anstaltsverpflegung
günstigere Resultate zu erzielen wären, als durch Aussenpflege.
Gerade in der jüngsten Zeit, wohl unter dem Einflusse ähnlicher Notizen, wie
die der »Oesterreichischen Land-Zeitung« wurden von verschiedenen Seiten an den ge-
fertigten Referenten Anfragen gerichtet, ob die Findelanstalt geneigt wäre, Kinder
gleich in den ersten Lebenstagen anstatt an Privatparteien in aus privaten Mitteln
zu erbauende Anstalten abzugeben und die üblichen Pflegegelder den Vereinen, die
derartige Anstalten errichten, zur theilweisen Deckung der Betriebskosten zukommen
zu lassen. So gut solche Vorschläge zweifellos gemeint sind, so wenig sind sie ge-
eignet eine Besserung der Verhältnisse herbeizuführen. Sowohl Findlinge als Halte-
kinder kommen schon im zartesten Alter, meist wenige Tage oder Wochen nach der
Geburt, in Pflege. Wollte man also an Stelle der Aussenpflege die Pflege in ge-
schlossenen Anstalten treten lassen, so würde es sich darum handeln, Säuglingspflege-
anstalten zu errichten, beziehungsweise die Säuglinge in der Findelanstalt zurück-
tuhalten und daselbst zu verpflegen.
Nun ist es eine allen Leitern von Findelanstalten wohlbekannte Thatsache, dass
durch das Beisammensein von vielen Säuglingen in Anstalten unbygienische Ver-
haltnisse sich ergeben, welche auf den Gesundheitszustand und die Entwicklung der
Pfleglinge nicht ohne nachtheiligen Einfluss bleiben. Die unvermeidliche Verderbniss
der Luft in solchen Anstalten, die nicht auszurottenden Enteritiden, Bronchitiden
zweifellos infectiöser Natur, sowie anderweitige infectiüse Erkrankungen, die in der-
artigen Anstalten rasch um sich greifen, fordern ihre Opfer unter den wenig wider-
standsfähigen Organismen. Muss nun in einer derartigen Anstalt noch zur künstlichen
Ernährung gegriffen werden, was bei der ausschliesslichen oder vorwiegenden Anstalts-
pflege aus dem Grunde nicht zu vermeiden wäre, da die Beschaffung des noth-
wendigen Ammenmateriales nicht im Bereiche der Möglichkeit liegt, so würden die
Folgen des Anstaltsaufenthaltes geradezu verhängnissvoll werden.
Dies kann schon aus den ungünstigen Resultaten geschlossen werden, die in
Findelanstalten an solchen Kindern gemacht werden, bei denen aus irgend welchem
Grunde die künstliche Ernährung platzgreifen muss, und doch handelt es sich b
oon
— 210 —
den derzeitigen Einrichtungen doch immer nur um vereinzelte Kinder, die künstlich
ernährt werden, nicht aber um eine künstliche Ernährung von Massen von Säuglingen.
Nur in der thunlichst raschen Entfernung der Säuglinge aus der Anstalt und der
Möglichkeit durch Abgabe der Kinder in die Aussenpflege, dieselben den schädlichen
Einflüssen der Anstalt thunlichst bald zu entziehen, in der Vermeidung stärkerer
Ueberfüllurgen solcher Anstalten liegt der Erfolg der modernen Findelanstalten, die
nichts anderes als Central-Aufnahmsstellen und für die gesunden Kinder Durchzugs-
stationen sein sollen.
Länger verbleiben müssen in der Anstalt kranke Kinder, allzuschwache Kinder.
für welche der Transport in die Aussenpflege eine grössere Gefahr involviren würde
als der Aufenthalt in der Anstalt, Kinder syphilitischer Eltern, beziehungsweise
Mütter, auch wenn selbe gesund sind, behufs mehrmonatlicher Beobachtung, und
schliesslich bei der Einrichtung der Wiener Findelanstalt Kinder der Ammen, welche
an und für sich kräftiger, und von ihren eigenen Müttern genährt, widerstands-
fähiger sind als die übrigen. Aber selbst für die ganz schwachen und kranken
Kinder soll der Aufenthalt nie länger, als es unbedingt nothwendig erscheint, dauern.
Diese Anschauungen theilen wohl alle Fachmänner, und es wird genügen, einige
Citate hierüber anzuführen.
So sagt Heubner (Säuglings-Ernährung und Säuglings-Spit. Berlin 1897):
»Aber selbst eine musterhafte Einrichtung und Bedienung eines Asyls vorausgesetzt,
darf ein Säuglingshospital oder Asyl doch stets nur einem kurz dauernden Aufenthalte
des einzelnen Kindes dienen, darf es weiter für die bebördlich zu versorgenden
Kinder unter allen Umständen nichts anderes als einen Durchgangsort. bilden«, zu
welchen Worten zu bemerken ist, dass Heubner für ein Säuglingsasyl, abgesehen
von einer entsprechenden Einrichtung desselben, bei künstlicher Ernährung für
8 Säuglinge sage 5 Pflegerinnen fordert.
Dr. Max Taube (Der Schutz der unehelichen Kinder in Leipzig, pag. 44, 1893)
ein entschiedener Gegner von Findelanstalten — allerdings schweben demselben die
alten Findelhäuser romanischen Systems vor — sagt: »Die einjährigen Beobachtungen
unseres Asvls liefern einen grossen Beweis für die Behauptung, dass die Gründung
von Findelhäusern in der Jetztzeit als der grösste Rückschritt und als ein Unglück
für die unehelichen Kinder und die Nation zu bezeichnen wäre. Für einen Säugling
gibt es nur einen Weg, auf welchem er eine kräftige Gesundheit erlangen kann,
dieser ist durch die Einzelnpflege. Diesen Satz konnten wir besonders im Sommer
täglich bestätigen.«
Dr. Friedinger sagt in seiner Denkschrift über die Wiener Gebär- und
Findelanstalt, Wien 1887: »Das Wiener Findelhaus ist daher vorherrschend Auf-
nahms- und Durchgangsbureau; Princip ist das Zerstreuungssystem. Das Zerstreu-
ungssystem wird dem Anhäufungssystem aus sanitären Gründen vorgezogen; die
zarten Organismen der Säuglinge sind für die Schädlichkeiten des Zusammenlebens
der Menschen bei Weitem empfindlicher als die abgehärteten Organismen der Er-
wachsenen« und weiter »es ist daher selbstverständlich, dass die Säuglinge nicht ohne
dringende Nothwendigkeit im Findelhause behalten werden«.
Prof. Dr. Epstein (Studien zur Frage der Findelanstalten unter besonderer
Berücksichtigung der Verhältnisse in Böhmen, Prag 1882) spricht sich dahin aus:
>» Die ideale Aufgabe der Anstalt besteht also darin, dass das ihrer Obsorge anvertraute
Kind sofort nach dem Eintreffen einer tauglichen Pflegemutter am Lande über-
geben werde, bis zur Erreichung seines Normalalters, d.i. bis zum sechsten, respective
zehnten Jahre bei den Pflegeeltern verbleibe und sodann von der Anstalt an die
Mutter oder Heimatsgemeinde übergeben werde, also im Ganzen nur zweimal
während seines Lebens die Räumlichkeiten der Anstalt auf nur wenige Stunden zu
betreten habe; für die Mehrzahl der Kinder ist demnach die Prager Anstalt nichts
— 211 —
weiter als eine Durchzugsstation, welche mit den mitteralterlichen Findelanstalten,
die vorzügliche Pflegeanstalten waren, auch nicht die entfernteste Aehnlich-
keit hat.« ,
Leon Lallemand (Histoire des enfants abandonnés et delaissés, Paris 1885)
äussert sich über diesen Gegenstand: »Partout, en Italie, en Espagne, en Portugal,
en Russie, le placement chez les particuliers devient la règle, l'hospice n'est qu'un
lieu de passage.<
In einer. wenn auch hauptsächlich die Verhältnisse Italiens berücksichtigenden,
schr beachtenswerthen Broschüre des Dr. Antonio Agostini »Sul governo degli
espostie (Milano 1898) sagt der Autor: »Die beste Form der Auferziehung der
Findlinge von ihrer ersten Kindheit an ist, nach übereinstimmendem Urtheil, jene,
dieselben Privatfamilien, insbesondere bäuerlichen Familien, anzuvertrauen. Es gibt
derzeit keine Nation und kein Land, die sich nicht endgiltig diesem durch lange und
vielseitige Erprobung und durch ausgezeichnete Resultate bewährten Systeme zuge-
wendet hätten.«
Thatsächlich sind in neuerer Zeit gemachte Versuche mit Anstaltsverpflegung
von Säuglingen sowohl ın Berlin wie in Wien kläglich gescheitert. Man kann mit
vollem Rechte behaupten, dass die Forderung der Anstaltspflege für Säuglinge an
Stelle der Aussenpflege ein folgenschwerer Irrthum ist und einen Rückschritt zu den
Ergebnissen der alten Findelhäuser bedeuten würde, dass solche Säuglingspflege-
anstalten, in denen die Kinder grossgezogen werden sollten, nichts anderes wären als
Anstalten, in denen, wie sich ein moderner Autor ausdrückt, die Kinder zu Tode
verpflegt werden.
Wenn bisher hauptsächlich von den sanitären Nachtheilen der Anstaltspflege
der Säuglinge gesprochen wurde, so .bilden diese keineswegs das einzige Moment,
warum der Aussenpflege der Vorzug gegeben werden muss; auch von dem nicht zu
unterschätzenden socialen Gesichtspunkte aus verdient die Familienpflege der hier in
Betracht kommenden Kinder die vollste Beachtung.
Wenn auch fast ausnahmslos nur arme Parteien solche Kinder, und zwar haupt-
sächlich des Gewinnes halber übernehmen, so ändert sich oft schon nach kurzer Zeit
das Verhältniss der Pflegepartei zu ihren Pfleglingen. Die Pflegemutter gewöhnt
sich nach und nach an das übernommene fremde Kind. sie gewinnt es lieb, und oft
genug bildet sich ein Anhänglichkeitsverhältniss zwischen Pflegemutter und Pflege-
kind heraus, ein Verhältniss, welches das Kostkind nicht mehr als ein Object der
Speculation, nicht mehr als einen Fremdling im Hause der Pflegepartei erscheinen
lässt. Das Kind wird als zum Hause gehörig betrachtet, den eigenen Kindern gleich-
gehalten, es findet im Hause seiner Pflegeeltern ein Heim, das ihm von Seite seiner
Eltern nicht geboten werden kann oder will. Hört die Zahlung für das Kind auf,
so bleibt es in vielen Fallen bei seinen Pflegeeltern und gehört zum Hausstande
derselben. Resultate, die durch Anstaltspflege nie und nimmer zu erzielen sind.
Dies sind die idealen Ziele der Findelanstalten, die nur durch Familienpflege
erreichbar sind, allerdings aber nur dann, wenn öftere Wechsel in der Pflege eines
Kindes vermieden werden, da nur durch längeres ununterbrochenes Beisammensein
von Kind uud Pflegeeltern jene wünschenswerthe Anhänglichkeit zwischen Beiden
erreicht wird. Es sollen daher andere als humanitäre Rücksichten nicht zum Anlasse
der Uebergabe eines Kindes zu anderen Pflegeeltern genommen werden, eine Forde-
rung, die bedauerlicher Weise in Folge der in Oesterreich bestehenden nationalen
Rücksichten nicht in genügender Weise berücksichtigt wird. Es ist die Familien-
pflege der Findlinge und Haltekinder nicht nur für diese, sondern auch für die Ge-
sellschaft von grosser Bedeutung. Ein Kind, das von seinen Eltern verlassen, kein
Heim, keinen Anschluss an eine Familie und an die Gesellschaft besitzt, vielmehr
von letzterer verachtet wird, kann keine Liebe zur Gesellschaft fühlen, vielmehr
wird in ihm der Keim zum Hasse gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung
gelegt; durch die Familienpflege wird ein solches Kind für die Gesellschaft wieder
gewonnen.
Gewiss wäre es wünschenswerth, dass jedes Kind bei seiner Mutter verbleiben
kann, unter den heutigen Verhältnissen bei dem herrschenden und stets noch zu-
nehmenden Pauperismus, den gesellschaftlichen Anschauungen und Vorurtbeilen ist
dies ein Ding der Unmöglichkeit.
Aus dem Gesagten erhellt, wie schädlich die soweit verbreitete Abneigung gegen
Findel- und Haltekinder ist, die sich ganz besonders bei den localbehördlichen
Organen ‘in der Weise bemerkbar macht, dass sie die Unterbringung der Kinder in
Familienpflege erschwert. In den meisten Gemeinden werden derlei Kinder nur
ungern, in vielen gar nicht aufgenommen; die den Gemeindeorganen erwachsenden
Mühen, die Besorgniss, dass durch Aufnahme von Findlingen Vergrösserungen der
Schulen und Friedhöfe sich als nothwendig herausstellen könnten, auch die Befürch-
tung der Schädigung der öffentlichen Moral, obwohl diese zweifellos vielmehr ge-
schädigt wird, wenn die Kinder einfach von sich gestossen werden, sind die Haupt-
gründe für die so verbreitete Abneigung gegen Pflegekinder. Es wäre im hohen
Grade wünschenswerth, dass diese engherzigen Motive und Vorurtheile zum Schweigen
kommen und der Verpflegung jener Kinder nicht solche Schwierigkeiten entgegen-
gestellt werden, wie dies heute thatsächlich der Fall ist.
Auch die Fälle der Misshandlungen von Findlingen können nicht gegen die
Familienpflege des Findiings ins Treffen geführt werden. Dass bei einer Gesammt-
zahl von über 20.000 Wiener Findlincen, wozu alljährlich 8000 neu aufgenommene
Kinder kommen, sich vereinzelte Fälle von Misshandlungen von Findlingen, die
sich wohl in den meisten Fällen durch eine verschärfte Ueberwachung verhüten
liessen, ereignen, kann doch nicht gegen eine sonst bewährte Institution sprechen.
So bedauerlich. so verabscheuungswürdig solche Fälle sind, so darf doch nicht über-
sehen werden, dass auch bei ehelichen, bei ihren eigenen Müttern befindlichen
Kindern Derartiges vorkommt, und wird wohl Niemanden einfallen, aus diesen Vor-
kommnissen die Nothwendigkeit des Aufhérens der Erziehung der Kinder im Hause
der Eltern folgern zu wollen.
Nur um Missverständnisse auszuschliessen, sei erwähnt, dass das bezüglich der
Anstaltspflege Gesagte sich nicht auf Asyle für ältere Kinder, Waisenhäuser etc..
ebensowenig auf die Anstaltspflege bestimmter Kategorien von Kindern (blinde, taub-
stumme, schwachsinnige etc.) bezieht.
Bei allen Reformen, welche auf eine Verbesserung des Looses der Pkegekinder
überhaupt abzielen, muss daher mit zwei Thatsachen gerechnet werden, erstens, dass
nur die Familienpflege, nicht die Anstalıspflege in Betracht kommen kann, zweitens,
dass mit der Verpflegung dieser Kinder fast ausschliesslich nur arme Familien sich
befassen.
Wenn auch bezüglich der Findlingspflege manches verbesserungsbedürftig er-
scheint, so ist das Loos der Findlinge noch immer ein unvergleichlich besseres, als
dus der Haltekinder. Von jeder Pilegefrau, welche einen Findling übernehmen will,
wird ein Zeugniss verlangt, in dem Gemeinde- und Pfarramt die Eignung der be-
treffenden Pflegemutter zur Uebernahme eines Findlings bestätigen; in Wien, wo
übrigens Findlinge nahezu ausschliesslich nur zu Blutsverwandten, oder vorüber-
sehend in Pilege gegeben werden, wird auch die Bestätigung des betreffenden
Polizeicommissariates gefordert; ferner wird der Nachweis verlangt, dass in der be-
treffenden Gemeinde zur Zeit keine infectiöse Krankheit herrscht; die Findlinge sind
nach dem Reichs-Sanitätsgesetze von Seite der Gemeinden in Evidenz zu halten und
ist deren PHege zu überwachen, auch durch Organe der Anstalt findet eine Ueber-
wachung der Pflege statt. Für ärztliche Behandlung im Erkrankungsfalle ist gleich-
falls vorgesorgt und stehen die Findlinge unter der Vormundschaft der Direction
der Findelanstalt. Jede Partei, der ein Findling in Pllege gegeben wird, erhält einen
— 213 —
sogenannten Findelbogen, in welchen die Personaldaten der Pfegepartei, Aufnahms-
zahl und Jahr, Confession uud Kräftezustand des übergebenen Kindes und Ueber-
nahmstag des Pflegliogs in der Anstalt eingetragen werden. Ausserdem enthält der
Findelbogen die Rechte und Pflichten der Pflegemutter und eine kurzgefasste Be-
lehrung über die künstliche Ernährung der Säuglinge.
Von alldem findet man bezüglich der Haltekinder in Niederösterreich so gut .
wie gar nichts. Wer will, kann heute Haltekinder in Pflege nehmen, ohne dass
er dazu irgend einer behördlichen Bewilligung bedarf. Dass bei dieser Sachlage unter
den mit der Pflege von Haltekindern sich befassenden Parteien sehr viele sind, die
zur Kinderpflege nicht geeignet erscheinen, liegt auf der Hand. Sehr häufig befassen
sich Personen damit, die der mangelnden Eignung zu Pflegemüttern wegen von der
Findlingspflege ausgeschlossen sind, der sie sich schon aus dem Grunde der Sicher-
heit der Zahlung wegen jedenfalls lieber widmen würden, als der Pflege von Halte-
kindern. Diese Weiber begnügen sich nicht mit ein oder zwei Kostkindern, sondern
wie aus den Berichten der politischen Behörden zu entnehmen, suchen sie möglichst
viele solche Kinder zu übernehmen, um einen grösseren Gewirn zu erzielen. Fälle,
wo Parteien gleichzeitig fünf ja sieben Haltekinder bei sich haben, sind bekannt.
Eine Evidenzhaltung und Ueberwachung der Pflege solcher Kinder erscheint unter
diesen Umständen ausgeschlossen. Wer soll eine solche auch ausüben? Die Gemeinde
ist wohl zur Evidenzhaltung und Ueberwachung der Findlinge, nicht aber der Halte-
kinder verhalten, deren Provenienz oft genug der Pflegemutter selbst unbekannt ist.
Durch irgend eine Mittelsperson häufig unter Zusage verlockender Zahlungen, die
oft genug nach ein oder zwei Monaten aufhören, übernehmen solche Weiber Kinder,
deren Provenienz, Confession, ja deren Namen sie nicht einmal kennen. Diese Kinder
sind heute in Niederösterreich recht. und schutzlos.
Eine gründliche Remedur dieser Verhältnisse, und zwar auf gesetzlichem W ege,
wie dies anderwärts der Fall ist, erscheint dringend geboten. In England und
Frankreich ist der Kinderschutz "gesetzlich, in den meisten Städten Deutschlands
durch ortsstatutarische Bestimmungen geregelte. In Ungarn, wenigstens in jenen
Comitaten, in denen ein grosser Theil der Bevölkerung sich mit der Pflege von
Kostkindern befasst, ist dieser Zweig der Kinderpflege durch Ministerial-Verordnungen
geregelt; (Neutraer Comitat: Verordnung des königl. ungarischen Ministeriums des
Innern vom 24. November 1895, Eisenburger Comitat: Vdg. d. königl. ung. Ministeriums
des Innern vom 29. Juni 1893), in Steiermark ist das Landesgesetz vom 4. Septem-
ber 1896,*) betreffend den Schutz der in entgeltlicher Pflege untergebrachten Kinder
unter 2 Jahren in Kraft. (Schluss folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Verordnung der Ministerien des Innern, Aegypten im Einvernehmen mit der kön.
des Handels und der Finanzen vom ungarischen Regierung die Ein- und Durchfuhr
6. Juni 1899, nachbezeichneter Waaren oder Gegenstände aus
' Aegypten verboten:
R. G. BI. Nr. 99, ;
S r 1. Gebrauchte Leibwäsche, abgenützte und
getragene Kleidungsstücke (Etřecten zum persin-
lichen Gebrauche), benütztes Bettzeug.
betreffend das Verbot der Ein- und Durch- |
fahr gewisser Waaren und Gegenstände aus
Aegypten.
Soferne diese Gegenstände als Reisegepäck
Aus Anlass der in Alesandrien vorge- oder in Folge eines Domicilwechsels als Urber-
kommenen Pestfälle wird zum Zwecke der siedlungsettecten befordert werden, unterliegen
Verhütung der Einschleppung der Pest aus sie den besonderen Bestimmungen über sanitäts-
+) Siehe Jahrg. 1897 d. BI., S. 83.
— 214 —
polizeiliche Revision und Behandlung beim | Schiffes, wird, wenn die Fahrt weniger als zehn
Grenzübertritte. Tage beträgt, in den ebenfalls von den Conferenz-
2. Hadern und Lumpen mit Inbegriff der | bestimmungen vorgesehenen Fällen, dass das
unter hydraulischem Drucke zusammengepressten | Schiff nach dem Ergebnisse der ersten ärztlichen
Hadern, welche als Handelsartikel in Ballen | Visite ungünstige hygienische Verhältnisse auf-
befördert werden. | weist, in der Weise durchgeführt, dass die
3. Gebrauchte Säcke, Teppiche und Sticke- | ärztliche Visite an Bord oder in einem See
reien in benütztem Zustande. lazarethe wiederholt vorgenommen wird.
4. Grüne, ferner nicht vollständig luft- Die dadurch bedingte Zurückhaltung des
trockene oder ungekalkte oder nicht mit Gyps, | Schiffes und der Passagiere und die Dauer
Arsen oder anderweitig präparirte ruhe Häute | derselben wird von Fall zu Fall nach Massgabe
und Felle. des Ergebnisses der ärztlichen Revision verfügt.
9. Frische (rohe) thierische Robproducte, Die Dauer einer solchen Zurückhaltung
wie Knochen, Klauen, Hufe, Blasen, Därme im | wird so bemessen, dass sie mit der Fahrzeit
frischen, nicht getrockneten oder nicht ge- | zusammen in der Regel höchstens sieben Tage
salzenen Zustande, soferne sich die genannten | betrage.
Artikel als thierische Abfälle darstellen; weiter Wenn die Fahrdauer eines Schiffes mehr
Haare und Borsten. als zehn Tage beträgt, erfolgt die Zulassung
6. Menschenhaare. zum freien Verkehre ohne weitere Beschränkung
Die Durchfubr der aufgezählten Waaren | unter der Voraussetzung, dass das Vorhanden-
oder Gegenstände ist, falls die Bewilligung zur | sein ungünstiger hygienischer Verhältnisse an
Einfuhr in das benachbarte ausländische Durch- | Bord nicht zu besonderen Massnahmen berechtigt.
zugs-, beziehungsweise Einfuhrgebiet nachge- Die übrigen Beschlüsse der Venediger
wiesen ist, nur zulässig, wenn sie unter Raum- | Conferenz bleiben unberührt und haben strenge
verschluss derartig verpackt sind, dass jede | Anwendung zu finden.
Manipulation mit denselben unterwegs unmög- (Wiener Zeitung vom 6. Juni.)
lich ist.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage, an
welchem sie den betreffenden Zoll-, beziehungs-
weise Seesanitätsbehörden bekannt wird, in Kraft.
*
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 2. Juni 1899, Z. 18391,
an alle politischen Landesbehörden,
Massnahmen gegen die Gefahr der
Einschleppung der Pest zur See aus
Aegypten.
In Folge des jüngst constatirten Auftretens
von Pesterkrankungen in Alexandrien (Aegypten)
ist die Gefahr einer Einschleppung der Seuche
umso näher) gerückt, da bereits eine grosse
Zahl von Personen von dort nach Europa zu
flüchten beginnt.
Das Ministerium des Innern sieht sich
daher veranlasst, die mit den h. o Erlässen
vom 19. März 1897, Z. 5630*) und vom
29. Marz 1898, Z. 9631**), ergangenen Wei-
sungen zur Einleitung aller jener Massnahmen,
welche zur wirksamen Hintanhaltung einer
Weiterverbreitung der Krankheit, falls dieselbe
eingeschleppt werden sollte, zu ergreifen sind,
Die Grundlage des Vorganges gegen Her-
künfte zur See aus Alexandrien haben die Be-
schlüsse der Venediger Convention vom Jahre 1897
zu bilden.
Auf die Schiffe werden im Sinne der Be-
schlüsse dieser Conferenz, Titel VIII, die für
verdächtige Schiffe vorgesehenen Massnahmen
angewendet werden. (Aerztliche Visite, Des-
infection, Entfernung des Sodwassers und Er-
setzung des an Bord befindlichen Wasservor-
rathes durch gutes Trinkwasser.)
Die für die Schitfe vorgesehene Ueber-
wachung der Passagiere durch einen Zeitraum *) Siehe Jahrg. 1897 d. BL, 9, 105.
betreffend Vorkehrungen gegen die Pest.
| =x) Siehe Jahrg. 1898 d. BL, S. 139.
von zehn Tagen, vom Tage der Abfahrt des
in Erinnerung zu bringen, und wird die k. k.
“220... eingeladen, die Unterbehörden auf
diese ihrem wesentlichen Inhalte nach
republicirenden Erlässe mit dem Bemerken auf-
merksam zu machen, dass die in denselben
enthaltenen Anordnungen sofort und mit allem
Nachdrucke in Vollzug zu setzen sind.
Vor Allem wird die in den letzten Jahren
anlässlich der Cholera- und Pestgefahr wieder-
holt aufgetragene und in vielen Gemeinden
mit grossem Eifer, sowie bestem Erfolge durch-
geführte Assanirung und Beseitigung sanitärer
Missstände kräftigst zu fördern und, wo dieselbe
bisher mangelhaft oder ungenügend war oder
gar vernachlässigt wurde, ernstlich in Angrift
zu
zu nehmen sein.
Desgleichen haben sich die politischen
Behörden von dem Vorhandensein und von
der entsprechenden Einrichtung der zur Auf-
nahme von Infectionskranken in den Gemeinden
bereit zu haltenden Isolirlocalitäten und Kranken-
transportmittel ferner von der Bereithaltung
entsprechender Vorräthe von Desinfections-
mitteln, von der Verwendbarkeit vorhandener
Desinfectionsapparate in den Gemeinden die
Ueberzeugung zu verschaffen und dort, wo sick
Mängel zeigen, ungesäumt Abhilfe zu schaffen.*)
Die sorgsamste Aufmerksamkeit. muss den
aus Pestgegenden ankommenden Personen zu-
gewendet werden.
Aus Alexandrien abreisende Personen
werden daselbst vor ihrer Einschiffung einer
ärztlichen Untersuchung auf ihren Gesundheits-
zustand, deren Reisegepäck, wenn nöthig, einer
Desinfeetion unterzogen. Die Schiffe des
österreichisch-ungarischen Lloyd, welche Reisende
befördern, haben ausnahmslos einen Arzt an
Bord, welcher während der Ueberfahrt den
Gesundheitszustand aller eingeschifften Personen
*) Der Erlass an die Landesbehörden, denen
Landessanitätsinspectoren zugetheilt sind, enthält
ferner den Auftrag, dass diese bei ihren nunmehr
auf möglichst viele Gemeinden auszudehnenden
Inspectionsreisen der Assanirung in den Gemeinden
und der Herstellung einer entsprechenden Bereit-
schaft für den Fall des Auftretens einer Epidemie
das besondere Augenmerk zuzuwenden und in
ihren periodischen Berichten die gemachten Wahr-
nehmungen zu schildern haben.
215
m — hip 1 mm mm nn nn
überwacht. Bei der Ankunft iu österreichischen
Häfen findet eine sanitäre Revision sowohl der
Personen, wie des Gepäcks und des Schiffes
selbst statt, und zwar während der im Sinne
der Beschlüsse der Sanitätsconferenz von Venedig
(1897) eingerichteten verlängerten Observation
(siehe Cireularerlass der k. k. Seebehörde in
Triest vom 17. Juni 1897, Z. 5684, „Oesterr.
Sanitätswesen“ 1897, S. 267.)
Eine Liste der zum freien Verkehre zu-
gelassenen Personen wird seitens der k. k.
Seebehörde der Polizeibehörde des Ankunfts-
hafens übergeben, welch’ letztere verpflichtet
ist, in der anlässlich der Choleragefahr fest-
gesetzten Weise und auf kürzestem Wege die
nothwendigen Verständigungen an die zunächst
in Frage kommenden Verkehrsanstalten (Eisen-
bahnstation, Einschiffungsstation, Verkehrs-
unternehmung), an welche die Weiterreisenden
überwiesen werden, eventuell bei anderweitiger
Fortsetzung der Reise an die Ortegemeinde und
die politische Behörde des nächstgewählten
Aufenthaltsortes gelangen zu lassen, damit
diese Aukómmlinge der in den Beschlüssen der
gedachten Conferenz vorgesehenen, vom Tage
der Zulassung zum freien Verkehre an zu
rechnenden 10tigigen sanitiren Ueberwachung
unterstellt werden können.
Diese Ueberwachung setzt eine sehr ge-
naue Haudhabung der Fremdenpolizei voraus,
welche daher den Gemeinden strengstens zur
Pflicht zu machen ist.
Sollten sich bei einem Ankómmlinge oder
bei anderen Personen irgend welche bedenkliche
Krankheitserscheinungen, welche auf den mög-
lichen Bestand einer Pestinfection hindeuten,
zeigen, so ist ohne jeden Verzug unter allen
gebotenen localpolizeilichen Vorsichten und
Massnahmen die Ueberstellung des Kranken in
isolirte Krankenpflege zu veranlassen und auf
dem kürzesten Wege der vorgesetzten politi-
schen Behörde die Anzeige erstatten,
welcher es dann obliegt, ungesäumt ihren Amts-
arzt zur eingehendsten und sorgfältigsten Er-
zu
hebung, sowie zur sofortigen Einleitung der
weiter gebotenen Massnahmen
Ueber ein derartiges Vorkommniss, über das
Resultat der Erhebungen und die eingeleiteten
politischen
zu entsenden.
Sanitätsmassnahmen ist von der
216
Behörde ungesäumt an die Landesbehörde und | aufmerksam gemacht, dass der Verkauf dieser
gleichzeitig an das Ministerium des Innern, nach
kurzer telegraphischer genau und
bündig zu berichten. Das grösste Gewicht
muss auf die bacteriologische Feststellung der
Diagnose und bei den ersten zweilfelhaften
Todesfällen auf die Vornahme der sanitäts-
polizeilichen Obduction gelegt werden.
Hiusichtlich der Entnahme und Einsendung
von Untersuchungsobjecten für die bacteriologi-
sche Diagnose sind die mit h. o. Erlass vom
29. Juli 1897, Z. 21414 (, Oesterreichisches
Sanitätswesen“ 1897, S. 291) an die küsten-
ländische Statthalterei ergangenen Weisungen
Anzeige
zur Richtschnur zu nehmen.
An Pest erkrankte Personen und deren
\Wartepersonale müssen sorgfältigst und sicher
isolirt, ihre Kleider, Wäsche und sonstigen
Effecten, die Localitäten, in denen sie sich
aufgehalten haben, gründlich desinfieirt, minder-
werthige Gegenstände verbrannt werden.
Das Ministerium des Innern gewärtigt,
dass im Falle des Auftretens pestverdächtiger
oder wirklicher Pesterkrankungen mit aller
Umsicht den bestehenden Vorschriften gemäss
vorgegangen wird.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 19. Mai 1899, Z. 8972,
an aile politischen Landesbehörden,
betreffend das Verbot des Geheimmittels
„Dr. Schiffmann'’s Asthmapulver‘“, und die
Einfahr aasländischer Arzneizubereitungen
als „Wuster ohne Werth‘.
In Folge der seit längerer Zeit in Tages-
blättern erscheinenden marktschreierischen An-
kiindigungen von „Dr. Schiffmann’s Asthma-
pulver“, einer ausländischen Zubereitung aus
Arzneistoffen, von denen einzelne nur gegen
ärztliche Verschreibung in den Apotheken ab-
a nr rec rt ee ee SS re
gegeben werden dürfen, wird die k.k..... |
fertigen Arzneizubereitung, welche überdies al-
Arcanum gegen Asthma in Verkehr gesetzt wird,
und deren Anwendung laut eingelangter Be
schwerden bereits Gesundheitsschädigungen ver-
ursacht hat, nach den Bestimmungen der h. o.
Verordnung vom 17. December 1994, R. G. BI.
Nr, 239*), auch in Apotheken, daher über-
haupt unstatthaft und verboten ist.
wird eingeladen, hievon
sofort sowohl die Apotheker als auch die zum
Grosshandel mit berechtigten
Droguisten in Kenntniss setzen zu lassen.
Gleichzeitig wird die k.k......
merksam gemacht, dass derartige Arzneimittel
aus dem Auslande an Private als „Muster
ohne Werth“ Da aus-
ländische Arzneipräparate in Gemässheit der
Arzneiwaaren
versendet werden.
Bestimmungen der Ministerialverordnung vom
25. Mai 1582, R. G. Bl. Nr. 49, nur von
Apothekern ohne besondere Bewilligung der
politischen
dürfen, daher auch der Vertrieb derselben in
Landesbehörden bezogen werden
offenen Mustersendungen unstatthaft ist, wird
eingeladen zu veranlassen.
dass die politischen Bezirksbehörden im Ein-
mit den k. k. Postbehörden der
Umgehung der sanitätspolizeilichen Vorschriften
vernehmen
in der Richtung entgegen treten, dass solehe
offene als „Muster ohne Werth“ bezeichnete
Arzneimittelsendungen sowie unbefugte Arznei-
sendungen aus dem Auslande überhaupt von
der Zustellung an Privatpersonen ausgeschlossen
und der sanitätspolizeilichen Amtshandlung zu-
geführt werden.
Mit Rücksicht auf Ankündigung dieser
verbotswidrigen Arzneizubereitung „Dr. Schift-
mann’s Asthmapulver* in den öffentlichen
Blättern, wolle die k.k....... auch die
Staatsanwaltschaften und die Polizeidireetionen
von diesem Erlasse in Kenntniss setzen.
*) Siehe Jahrg. 1894 d. Bl., S. 721.
— 217 —
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitatsrathe.
Niederösterreich. In der Sitzung am 10. April d. J. gab der Landes-Sanitätsrath über
die von der Aerztekammer für Niederösterreich mit Ausschluss Wiens angeregte Abänderung
einiger Punkte der Todtenbeschauordnung vom 30. Mai 1897 ein Gutachten ab. Ferner
wurde ein Referat über die Abgrenzung der Befugnisse der Aerzte in den Wiener k. k. Kranken-
anstalten ausserhalb der Kliniken hinsichtlich der Vornahme scientifischer Heilversuche und
Heilstudien erstattet.
Sehliesslich sprach sich der Sanitätsrath mit Rücksicht auf die bei Haltung von Kost-
und Pflegekindern zu Tage getretenen vielfachen Missstände für die gesetzliche Regelung
dieser Frage aus und stellte jene Momente fest, welche bei der Schaffung eines neuen Landes-
gesetzes vom Standpunkte des öffentlichen Gesundheitswohles und zum Schutze der Pflegekinder
zu beachten wären.
In der Sitzung am 17. April LJ wurde ein vom k. k. niederösterreichischen Landes-
schulrathe übermitteltes Werk über „Erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen und plötz-
lieben Erkrankungen in Wort und Bild“ begutachtet.
Ferner wurde über die Entwürfe eines Statuts für das Spital der Barmherzigen
Brüder im II. Wiener Gemeindebezirke und für das Reconvalescentenhaus derselben
in Hütteldorf Gutachten erstattet und die Genehmigung dieser Statuten mit entsprechenden
Abänderungen empfohlen.
Schliesslich wurde über ein Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung eines ärztlichen
Institutes für Röntgenuntersuchungen in Wien eine Aeusserung abgegeben.
Salzburg. Verbandlungsgegenstände in der Sitzung am 13. April 1899:
1. Gutachten über Abänderungen, welche an der Badeordnung und dem Curstatute
von Wildbadgastein beantragt wurden. (Referent: Director Dr! Dornig.)
Der k. k. Landes-Sanitätsrath sprach sich gegen die beantragten Aenderungen an der
Badeordnung, welche Einschränkungen im Badegebrauche betrefien, aus, erklärte es dagegen
ala wünschenswerth, dass bei Neuerrichtung von Curbäusern und Badeanstalten die Pläne für
dieselben von den ärztlichen Mitgliedern derselben begutachtet werden sollen, sowie dass in
Angelegenheiten, welche das balneologische oder hygienische Interesse des Curortes betreffen,
stets ein Gutachten der Curcommission, bei dem speciell auf die ärztlichen Mitglieder derselben
Rücksicht zu nehmen ist, eingeholt werde.
2. Gutachten über Recurse, welche anlässlich der Verleihung der neuen Apotheken-
eoncession in Salzburg eingebraeht wurden. (Referent: Primararzt Dr. Göttinger.)
Kärnten. In den Monaten Jänner, Februar und März 1899 gelangten folgende Gegen.
stände zur Verhandlung:
1. Besetzung der Districts- und Werksarztesstelle in Feistritz im Rosenthale, ferner
der Districtsarztesstellen in Maria Saal und Greifenburg. (Referent: Sanitätsrath Dr. A. Smoley.)
2. Besetzung der Bezirkshebammenstellen in Maria Gail, Köstenberg, Annabichl
und Moosburg. (Referent: Landesregierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
3. Gesuche von Hebammen um Bewilligung zur Verwendung ihrer Wohnungen als
Privatentbindungsstellen. (Referent: Kais. Rath Dr. v. Josch.)
4. Begutachtung eines neuen Hebameninstrumentariums. (Referent: Prof. Dr.
F. Torggler, als ausserordentliches Mitglied beigezogen.)
5. Begutachtung der Pläne für das Dr. Krassnigg'sche Kinderspital in Klagenfurt.
(Referent: Sanitätsrath Dr. F. Hauser.)
6. Bericht über den Stand der Blindeninstitutsfrage, namentlich in Bezug auf die
Wahl des Bauplatzes. (Referent: Landesregierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
T. Mittheilungen über den Stand der Epidemien, über sonstige den Landes-Sanitätsrath
interessirende Erledigungen der k.k. Landesregierung, Bestellung von Zeitschriften,
Remuneration des Aushilfsdieners. (Referent: Landesregierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
Krain. Verhandlungsgegenstände in der Sitzung am 24. Jänner 1999:
1. Gutächtliche Aeusserung über den seitens des Stadtmagistrates von Laibach aus-
gearbeiteten Entwurf einer Instruction für den städtischen Marktinspector. (Referent:
Sanitätsrath Dr. Koptiva.)
— 218 —
2. Aeusserung über die Errichtung ciner Lederwalkerei und Gerberei. {Referent:
Sanitátsrath Dr. Kopřiva.)
3. Begutachtung der Pläne für den Bau einer Taubstummenanstalt in Laibach.
(Referent: Sanitätsrath Dr. Bock.)
4. Gutachten wegen Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke in einer Gemeinde
Krains. (Referent: Sanitätsrath Dr. Slajmer.)
Verhandlungsgegenstände der Sitzung vom 28. März 1899:
1. Gutichtliche Aeusserung über die Qualification einer Bewerberin um einen Bezirks-
hebammenposten. (Referent: Regierungsrath Dr. Valenta.)
2. Aeusserung über die Zweckmässigkeit eines für ein in Krain neu zu eröffnendes
Krankenhaus anzuschaffenden Instrumentariums. (Referent: Sanitätsrath Dr. Slajmer.)
3. Gutächtliche Aeusserung über einige, von einem Apotheker in Krain angemeldete
pharmaceutische Erzeugnisse. (Referent: Sanitätsrath Dr. Kopfiva.)
4. Aeusserung über eine Gruftkapelle. (Referent: Sanitätsrath Dr. Bock.)
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 18. März l. J. kamen nachfolgende Gegen-
stände zur Verhandlung:
1. Vorschlag über Prämiirung und Belobung der um die öffentliche Impfung im
Jahre 1898 verdienten Personen.
2. Gutachten über die Bedingungen, unter welchen die im $ 15, Absatz 2 der neuen
Hebammeninstructien enthaltene Bestimmung aufrecht zu erhalten ist.
3. Gutachten über die Errichtung eines Sanatoriums in Arco.
4. Gutachten über die sanitären Gefahren, welche durch Anlegung von Culturen von
pathogenen Bacterien und die Impfung von Thieren mit solchen in einem Öffentlichen
Institute in Innsbruck erwachsen können.
Böhmen. In der Sitzung am 22. April 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verhandlung:
1. Gutachten betreffend den Verkauf der aus Mais hergestellten Grütze. Abgesehen
von den Verfälschungen der Weizengrütze lag dem Landes-Sanitätsrathe die Frage vor, ob die
aus Mais hergestellte und als solche ausdrücklich bezeichnete Grütze zum Verkaufe zuzulassen
sei. Diese Frage wurde einstimmig bejaht.
2. Erweiterung der Canalisation von Rosawitz und Seldnitz.
3. Verleihung der Apothekenconcession für Chrast.
4. Ausleitung der Abwässer aus einer Filzwaarenfabrik in Katowitz.
5. Betrieb einer Lohgerberei in Schüttenhofen.
6. Ausleitung der Abwässer aus einer Handschuhlederfärberei in
Abertham.
T. Gutachten betreffend die neue Wasserleitung für die. Stadt Pisek. Mit Rück-
sicht, dass bei diesem kostspieligen Projecte jeder Nachweis über die chemische und bacterio-
logische Beschaffenheit des für die Versorgung in Aussicht genommenen Wassers fehlte, wurde
eine entsprechende Ergänzung des Actes beantragt.
8. Aeusserung hinsichtlich der sanitären Schädlichkeiten der bestehenden Gürtl erei-
betriebe in Gablonz.
9. Errichtung eines Reconvalescentenheimes in Wiesenthal.
10. Errichtung eines elektrischen Lichtbades in Bilin.
Mähren. Sitzung am 4. April 1899:
1. Sanitäre Missstände in dem Thayaflusse, hervorgerufen durch die Schwemm-
canalisation in der Stadt Znaim. (Referent: K. k. Sanitätsrath Dr. P. Wenzliczke.)
2. Zulässigkeit der Erweiterung des städtischen Schlachthauses in Prerau durch den
Zubau einer Schlachtstätte für das Borstenvieh und eines grossen Schweinestalles. (Referent:
K. k. Sanitätsrath Dr. A. Fleischer.)
3. Project zur Errichtung einer Wasserheilanstalt in Tischnowitz. (Referent :
K. k. Sanitätsrath Dr. A. Fleischer.)
Verhandlungen in der am 26. April d. J. abgehaltenen Sitzung:
1. Gesuch der Stadtgemeinde Wall.-Klobouk um Ausscheidung aus dem Sanitits-
distriete Wall.-Klobouk und Constituirung zu einer eigenen Sanitätsgemeinde. (Referent:
k. k. Statthaltereirath und Landes-Sanitätsreferent Dr. Schoefl.)
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. Neubau einer Waisenanstalt in der Gemeinde Jundorf bei Brünn. (Referent:
k. k. SEET und Landes-Sanit&tsreferent Dr. Schoe fl.)
3. Ansuchen des Naturheil- (Kneipp- -)Vereines in Brünn um die nachträgliche Bewilligung
zur Errichtung und zum Betriebe einer Anstalt für Wasserproceduren, Massage
ud elektrische Bäder (in Verbindung mit Lichtbad) im Hause Nr. 7 des Franzens-
glacis in Brünn. (Referent: a. o. Mitglied des Landes-Sanititsratbes, Landes-Sanitátsinspector
Dr. Spitzer.)
Galizien. Berathungsgegenstände in der Sitzung am 28. März 1899.
1. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Errichtung einer neuen öffentlichen
Apotheke in Zamarstynow, Bezirk Lemberg. (Referent: Regierungsrath und Sanitätsrath
Dr. Opolski.)
2. Gutachten betreffend die projectirte Errichtung eines Trockenhauses für thierische
Häute in Ostrow, Bezirk Przemyśl. (Referent: Sanititsrath Docent Dr. Schramm.)
Vermischte Nachrichten.
Mittheilungen über Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Am 4. Mai kam in das
griechische Hospital zu Alexandrien ein Grieche mit hohem Fieber und Anschwellung der
Leistendriisen. Am 17. Mai wurde ein zweiter Grieche, welcher aus dem gleichen Stadtviertel
stammte, mit Ähnlichen Krankheitserscheinungen in demselben Spitale aufgenommen und alsbald
darauf bei letzterem Pest bacteriologisch festgestellt. Beide Kranken sollen Alexandrien
seit langer Zeit nicht verlassen haben. Am 23. und 24. Mai ereigneten sich je 2, am 25. und
25. zusammen 3, am 27. und 31. Mai, sowie am 1. Juni je 1 weiterer Fall, zusammen somit
12 Erkrankungen, von denen bisher 2 lethalen Ausgang nahmen. Am 30. Mai wurde der Bestand
eines localen Seuchenherdes ausgesprochen. Die Kranken sind im Spitale isolirt, die Hausgenossen
derselben und einer stattgehabten Infection Verdächtigen stehen im Lazarethe Gabari unter Be-
obaehtung, die Wohnungen und Effecten der Kranken worden desinficirt.* Ueber die Provenienz
dieser Pestfälle liegen bestimmte Nachrichten bis nun nicht vor.
Das internationale Sanitätsconseil verfügte, dass die aus Alexandrien abfahrenden Schiffe
und mit diesen abreisenden Personen der sanitären Revision, deren Effecten der Desinfection
unterzogen werden. Provenienzen aus Alexandrien werden in egyptischen Häfen nach den Be-
stimmungen der Venediger Convention (1897) behandelt.
Die k. k. Seebehörde in Triest traf mit Erlass vom 31. Mai d. J., Z. 6205,
folgende Anordnungen:
Aus Alexandrien kommende Schiffe werden im Sinne des P. VII (2. Absatz) und P. X
des Circular-Erlasses vom 17. Juni 1897, Z. 5684,*) und mit Rücksicht auf den Umstand, dass
dieselben wegen der kurzen Ueberfahrtszeit nicht als unverdächtig gelten können, als verdächtige
bebandelt.
Die P&sonen und Effecten unterliegen einer sehr strengen sanitären Revision, welche nur
bei Tage in einem Seelazarethe, bezw. in einer abgesonderten Sanitätsstation stattfinden darf.
Die Provenienzen aus dem Litorale um Alexandrien werden einer mit wiederholten täg-
lichen Revisionen verbundenen verlängerten Observation. wenigstens bis zum Ablanfe des siebenten
Tages nach der Abfahrt, bezw. des zehnten Tages, falls die im P. X des erwähnten Circular-
Erlasses bezeichneten Umstände vorliegen, desgleichen, wenn es sich um Transporte von Arbeitern,
Vaganten, Pilgern und ähnlichen Personengruppen handelt, unterworfen.
Sebstverständlich bleiben die übrigen im erwähnten Circular-Erlasse enthaltenen Bestim-
mungen der Venediger Sanitätsconvention in Kraft.
Die Ankunft jedes Schiffes aus Alexandrien ist telegraphisch der Seebehörde anzuzeigen.
Auf Provenienzen aus Alexandrien findet das mit der Ministerial-Verordnung vom 27. Mai 1808,
R. G. BI. Nr. 90**) erlassene Ein- und Durchfuhrverbot Anwendung.
*) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 267.
**) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 199.
— 220 —
Von Seite des k. k. Ministeriums des Innern ergingen aus Anlass der Pest-
gefahr an alle politischen Landesbehörden die oben (S. 214) abgedruckten Weisungen. Ausser-
dem wurde die Veranlassung getroffen, dass der österreichisch-ungarische Lioyd eine Reserve
von Schiffsirzten in Bereitschaft halte und dass für diese Lloydärzte Instructionscurse über Pest,
Massnahmen gegen die Krankheit, sowie über Schiffshygiene in Triest abgehalten werden.
Von den seitens der Regierungen anderer Staaten anlässlich des Auftretens der Pest in
Alexandrien verfügten Massnahmen sind folgende zu erwähnen:
Frankreich. Provenienzen aus Egypten werden nach den Vorschriften des Sanitätsregle-
ments vom 4. Jänner 1896, jedoch mit Berücksichtigung der im Titel VIII, Capitel II der
Venediger Convention bezüglich der Incubationsdauer der Pest bezeichneten Fristen angewendet.
Aus Egypten stammende Waaren werden gemäss dem Decrete vom 15. April 1897 (Verbot der
Einfuhr von Hadern, gebrauchter Leib- und Bettwäsche, Kleidern, thierischer Rohproducte etc. etc.)
behandelt.
Griechenland. Aus Alexandrien seit 18. Mai und aus Kreta seit 19. Mai abgegangene
Schiffe unterliegen einer eilftägigen Quarentaine.
Italien. Mit Seesanitátsverordoung vom 21. Mai d. J. Nr. 3, wurden die egyptischen
Häfen als pestverseucht erklärt und finden auf Provenienzen aus denselben die Vorschriften
der Verordnungen vom 8. Mai 1897, Nr. 3 und 15, Anwendung. Demgemäss werden die am
Bord befindlichen Personen bei der Ankunft in italienischen Häfen der sanitären Revision, die
nicht tadellos reinen persönlichen und Gebrauchseffecten der Desinfection unterzogen, das Trink-
wasser wird nach Desinfection der Behälter erneuert. Haben die Schiffe einen Arzt und einen
Desinfectionsapparat, so werden sie zum freien Verkehre zugelassen, falls der Schiffsarzt unter
Eid erklärt, dass die Effecten der Personen erst nach vorausgegangener Desinfection eingeschifft
oder am Bord desinticirt worden sind, ferner, dass weder bei der Einschiffung noch während
der Ueberfahrt eine Erkrankung oder ein Verdachtsfall von Pest vorgekommen sind. Die See-
sanitätsverordnung vom 21.Mai d.J., Nr. 4, knüpft diese Behandlung der aus als pestverseucht
erklärten indischen, egyptischen und anderen Häfen kommenden Schiffe an die Bedingung, dass
seit der Abfahrt volle zehn Tage verflossen sein müssen.
Gegenüber Schiffen, welche nicht vollkommen unverdächtig sind, finden die strengeren in
der Venediger Convention vorgesehenen Massnahmen Anwendung.
Gemäss der Seesanitätsverordnung vom 28. Mai, Nr. 5, werden Schiffe, welche eimen
ezyptischen Hafen angelaufen haben, falls sie dort einer strengen Contumaz unterworfen waren,
zum freien Verkehre zugelassen. Als solche Schiffe gelten jene, welche in Egypten weder
Reisende noch Waaren aufnahmen, wenn die an Bord befindlichen Passagiere anderweitiger
Provenienz in Egypten nicht das Land betreten haben und auch nicht in anderer Weise mit
dem verseuchten Lande in Berührung gekommen sind, endlich wenn die Post (ausgenommen
Pakete und Mustersendungen) in getheerten Säcken nach vorausgegangener und bestätigter
24stündiger Einwirkung von Formaldehyddämpfen aufgenommen wurde.
Ein Erlass des italienischen Ministers des Innern vom 23. Mai fordert die Gemeinden zur
möglichst umfassenden Assanirung und Bereithaltung aller Vorkehrungen gegen Pest auf.
Marokko. Der Gesundheitsrath hat den Hafen von Alexandrien als verseucht erklärt.
Rumänien. Provenienzen aus Egypten unterliegen in Sulina zehntägigem Aufenthalte.
Türkei. In Folge Beschlusses des internationalen Sanitätsconseils in Constantinopel werden
Provenienzen aus ganz Egypten einer zehntizigen, in einem ottomanischen Lazarethe zu
erledigenden (Juarantaine unterworfen.
Tunis. Alle Provenienzen aus Ezypten werden zurückgewiesen.
Arabien. In der Zeit vom 28. April bis 12. Mai kamen in Djeddah sechs Todesfälle
an Pest vor, seit 13. Mai wurde kein weiterer Todesfall gemeldet. Die Rückkehr der Mekka-
pilger vollzog sich bisher ohne irgend welche sanitäre Störungen.
Die in türkischen Häfen bestandene zehntägige Quarantaine fiir Provenienzen aus dem
Hedjaz zwischen Yambo und Lith wurde aufgehoben, Pilgerschiffe baben nach der in El Tor
absolvirten Quarantaine in einem ottomanischen Lazarethe noch eine fünftägige Quarantaine
zu bestehen.
Für die Rückkehr der Mekkapilger hat die bulgarische Regierung folgende
Anordnungen erlassen:
1. Die Pilger, welche nach in Suez oder in einem anderen Hafen diesseits des Suez-Canales
absolvirter Qnarantaine zurückkehren, dürfen in das Fürstenthum erst dann eintreten, wenn
— 221 —
ibre Eftecten, einschliesslich die Gefässe mit dem geweihten \Vasser wirksam desinfieirt wurden
und die Pilger selbst eine 24stündige Quarantaine absolvirt haben. Befinden sich unter den-
selben Kranke mit erhöhter Körpertemperatur, so bleiben sie bis zur Genesung oder bis zur
sicheren Feststellung ihrer Krankheit in der Quarantaine in Behandlung.
2. Jene Pilger, welche nirgends eine Quarantaine absolvirten, werden der im $ 2 der
Verordnung vom 1. März d. J. vorgezeichneten Behandlung (zehntägige Quarantaine und Des-
infection der Effecten) unterworfen.
3. Nach Entlassung aus der Quarantaine werden sie in ihren Aufenthaltsorten einer fiinf-
tägigen Ueberwachung unterstellt, und sind zu diesem Zwecke die betreffenden Verwaltungs-
und Polizeibebörden seitens der Quarantainebehörden rechtzeitig zu verständigen.
4. Aus der Türkei kommende Eisenbahnzüge müssen vor der Quarantaine in Hebibtchevo
halten und die Pilger mit ihrem Gepäcke zurücklassen. Die Wägen, in denen die Pilger und
deren Gepäck befördert wurden, sind in Harmanli zu desinficiren.
5. Reisende, welche mit den Pilgern in Berührung kamen, unterliegen in Hebibtchevo
einer ärztlichen Untersuchung, ihr Gepäck, sofern es mit jenem der Pilger in Berührung kam,
der Dampfdesinfection.
6. Nach Bulgarien zurückkehrende Pilger dürfen nur über Bourgas, Varna und Hebibtchevo
eintreten. Alle anderen Grenzstationen sind ihnen verschlossen.
T. Pilger, welche irgendwo heimlich die Grenze überschreiten und von der Polizei-
o-hörde betreten werden, sind sofort zu isoliren und bis auf weitere Weisung des Obersten
Gesundheitsratbes unter strenger Ueberwachung zu halten. Die Kleider und das Gepäck dieser
Leute ist sofort einer strengen Desinfection zu unterziehen.
8. Den Grenzpolizeibehörden ist die aufmerksamste Handhabung der Passcontrole bei den
von der Pilgerfahrt zuriickkehrenden Mohamedanern zur Pflicht gemacht.
Britisch-Ostindien. Der bereits im Monate März eingetretene Rückgang der Pestepidemie
inBombay hielt seither an. In den aufeinanderfolgenden Wochen zwichen 11. April und
15. Mai wurden gemeldet Erkrankungs- podes tale: 694 (553), 561 (451), 439 (326), 410
(391), 340 (296).
In Calcutta verzeichnete man in der Zeit vom 2.—29. April 470 Erkrankungen und
373 Todesfälle.
In der Präsidentschaft Bombay und in einzelnen Provinzen ist die Zahl der Pesterkrankungen
gesunken, in anderen aber die Epidemie in Zunahme.
In Hongkong wurden vom 9.—15. Mai 10 Erkrankungen und 4 Todesfälle, vom 16. bis
22. Mai 31 Erkrankungen und ebenso viele Todesfälle an Pest constatirt. Die Gesammtzahl der
bisher gemeldeten Todesfälle beläuft sich auf 79.
Das Hafenamt in Shangai hat Hongkong und Formosa als verseucht erklärt und hin-
sichtlich der Behandlung der dortigen Provenienzen folgendes angeordnet:
1. Jedes Schiff, welches beim Seelazarethe Chung-Pao Sha eintrifft und einen Pestkranken
an Bord hat oder an dessen Bord innerhalb 10 Tagen vor der Ankunft ein Pestfall oder ein
anderer verdächtiger Erkrankungsfall sich ereignet hat oder der Leichnam eines an Pest oder
an einer anderen verdächtigen Krankheit Verstorbenen sich befindet, gilt als verseucht.
2. Jedes Schiff, welches innerhalb 10 Tagen von Hongkong oder einem Formosahafen
direct oder mit Berührung eines Zwischenhafens in Chung-Pao Sha ankommt, gilt als seuchen-
verdächtig.
3. Jedes Schiff, welches in Chung-Pao Sha verseucht oder seuchenverdächtig ankommt und
nach Shangai oder einem Jangtschhafen bestimmt ist, hat bei seinem Eintreffen die Quarantaine-
flagge zu hissen, in der Höhe des genannten Seelazarethes zu ankern und darf keine Person
das Schiff verlassen oder an dessen Bord gehen. Ebensowenig ist dem Commandanten des
Schiffes gestattet, Waaren zu löschen, es sei denn, dass die competente Sanitätsbehörde hiezu
die Erlanbniss ertheilt hat.
4. Falls ein Schiff verseucht ist, werden von der zuständigen Sanitätsbehörde alle nötbigen
Vorkehrungen zur Entfernung und ‘Tsolirung aller inficirten oder der Seuche verdiichtigen |
Personen, sowie zur Entfernung aller inficirten Gegenstiinde und Desinfection des Schitles
getroffen werden und wird das Schiff nicht früher aus der Quarantaine entlassen, als die vorerwähnte
Desinfection stattgefunden hat und seit dem Ablaufe der letzten Erkrankung zehn Tage ver-
strieben sind.
5. Schiffe, welehe nicht seuchenverdächtig sind und auf welehen bei der Revision kein
pest- oder sonst verdächtiger Kranker vorgefunden wurde, erhalten sofort die Bewilligung des
freien Verkehrs.
— 222 —
6. Die Einfuhr nach Hongkong ist untersagt für Hadern, altes Papier, frisches (bast,
Gemüse, lebende Pflanzen aller Art, Särge mit Leichen, Erde und Sand.
Persien. In Maskat sind am 12. April d. J. 2 leichte (eingeschleppte) Pesterkrankungen
aufgetreten, die in Genesung endeten.
Afrika. In Port Louis (Mauritius) kam am 14. April der letzte Pesttodesfall vor. Seit
29. April erhalten dort auslaufende Schiffe reine Patente. Die Regierung der dänischen Antillen
hat die gegen Mauritius bestandene Quarantaine aufgehoben.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 21. Mai bis
27. Mai 1899:
in Oberösterreich, in der Stadt Linz 1;
in Böhmen im politischen Bezirke Klattau: Neuern 1;
in Galizien, in der Stadt Krakau 1 und in den politischen Bezirken: Bobrka:
Chodorow 2, Dobrowlany 1 und Strzalki 1; Bochnia: Chobot 2 und Wola zabierzowska 5;
Bohorodezany: Molotkow 1; Borszczów: Burdiakowce 2, Germakowka 6, Gleboczek 4,
Krzyweze dolne 3*), Niwra 7*), Sapahow 1*) und Turyleze 2; Brody: Gontowa 3*); Buczacz:
Barysz 4, Dubiecko 1, Folwarki 1, Hubin 2, Podlesie 1 und Trybuchowce 1; Czortkow:
Uhryn 2, Ulaszkowce 5*) und Zablotowka 4*); Dolina: Podberez 3; Gorlice: Kunkowa 1
und Rychwald 2*); Horodenka: Chmielowa 3, Czernelica 4, Czerniatyn 2 und Czortowiec 16*);
Husiatyn: Boszyny 1, Chlopowka 2 und Czabarowka 1; Kolomea: Chomiakowka 1, Chwali-
boga 3*), Kulaczkowce 2 und Winograd 3; Kosow: Jasien gorny 6*), Kobaki 1, Krzywo-
rownia 4*) und Tudiow 4; Lancut: Pogwizdow 1; Nadwórna: Nadwórna 1*), Sadzawka 3*)
und Zielona 2*); Przemysl: Babice 1; Rzeszow: Bialka 5*), Blazowa 3*), Kakolowka 1*),
Piatkowa 1, Trzciana 1*) und Wola rafalowska 2*); Sanok: Prusiek 3*); Skalat: Borki
male 7, Kolodziejowka 2 und Touste 2; Sniatyn: Borszezow 1, Roznow 4 und Trojea 1;
Sokal: Baranie przetoki 1; Strzyzow: Czudec 1, Zaborow 3 und Zawadka 1; Tlumacz:
Budzyn 1, Delawa 8*), Krzywotuly nowe 3*), Milowanie 3 und Uhorniki 3; Zaleszezyki:
Blyszczanka 5; Zbaraz: Kujdance 9, Lubianki nizsze 9, Ochrymowce 15 und Zbaraz 4;
in der Bukowina, in den politischen Bezirken Kotzman: Okna 3%); Storozynetz:
Hlinica 6 und Storozynetz 2; Wiznitz: Millie 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 21. Mai bis
27. Mai 1899:
in Bóhmen, im politischen Bezirke Deutschbrod: Deutschbrod 1;
in Galizien in der Stadt Lemberg 1 und in den politischen Bezirken Bobrka:
Chodorow 3 und Husiatyn 1; Bohorodezany: Jablonka 3*), Lachowce 5 und Rosulna 1;
Borszezow: Pilatkowce 3; Brzezany: Plaucza mala 6*); Buczacz: Medwedowce 7;
Dobromil: Piatkowa 11; Dolinu: Kalna 3; Drohobycz: Boryslaw 1*); Husiatyn:
Kociubince 4, Kopyezynce 7, Myszkowce 1, Nizborg szlachecki 2, Nizborg stary 6, Rakowkat 2,
Samoluskowce 1 und Siekierzynce 4; Jaworow: Nahaczow 15*), Przylbice 2, Troscianiec 4 und
Wierzbiany 6*); Kalusz: Medynia 18; Kamionka: Cholojow 2*), Chreniow 3, Dziedzi-
low 14*) und Horpin 1; Kolbuszow: Mazury 2, Sokolow 1 und Trzebos 1; Kosow:
Kosow stary 1; Mielec: Radomysl 3: Mosciska: Slomianka 1, Tuliglowy 1 und
Twierdza 1*); Nadworna: Oslawy biale 11%); Peczenizyn: Akreszory 1 und Jablonow 8;
Skalat: Zerebki 4; Sniatyn: Oleszkoy 14*) und Roznow 3*); Sokal: Dobraczyn 3 und
Wojslawice 3; Stanislau: Wolezyniec 4*), Stryj: Holowiecko 3, Orawa 1, Tucholka 5
und Zulin 2; Tarnopol: Dubowce 1*), Hladki 2, Ihrowica 1, Obarzance 1 und Stechni-
kowce 1; Tlumacz: Krzywotuly stare 3*), Targowica 4 und Zakrzewce 4; Wadowice:
Lgota 1*), Stanislaw gorny 2*) und Wysoka 2; Zloczow: Bohutyn 1, Cecowa 1, Gologory 5*),
Jozefowka 6, Mrzana 4, Plesniany 12, Remizowce 6*), Slawna 4, Uhorce 6, Wolosowka 3 und
Zborow 3; Zolkiew: Butyny 5*).
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
A ST I NS A NT ME ANA
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmestrasse 18S
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postzusendung ganzjährig fi. 6.—.
e Ee e a ce E EE 5
XI. Jahrgang. Wien, 15. Juni 1899. Nr. 24.
Seenen ve
Inhalt. Gutachten des k. k. niederösterreichischen Landes-Sanitätsrathes über Missstände bei
Haltung von Kost- und Pflegekindern. (Schluss.) — Vermischte Nachrichten: Stand der Pest und Mass-
nahmen gegen dieselbe; Schutzrayon für Heilquellen; Todesfälle durch Blitzschlag in Steiermark:
Stand der Blattern und des Flecktyphus.
Gutachten des k. k. niederósterreichischen Landes-Sanitátsrathes
über
Missstände bei Haltung von Kost- und Pflegekindern.
(Referent: Sanitätsratb, Regierungsrath Dr. E. Braun, Director der n.-ö. Landes-Gebár- und Findelanstalt.)
(Schluss.
Die Massnahmen, die zum Schutze der Haltekinder erforderlich sind, beziehen
sich bauptsächlich auf 3 Punkte:
1. Behördliche Bewilligung zur Uebernahme von Haltekindern.
2. Evidenzführung der Kinder und Pflegeparteien und wirksame Ueberwachung
der Pflege.
3. Vormundschaftlichen Schutz für diese Kinder.
Was zunächst die Nothwendigkeit der behördlichen Bewilligung zur Uebernahme
von Haltekindern betrifft, fragt es sich, wer diese Bewilligung ertheilen soll. Analog
mit den bezüglich der Findlinge bestehenden Vorschriften wird es sich empfehlen,
die Uebernahme von Haltekindern von der Zustimmung des Gemeindeamtes abhängig
zu machen. Dass die Gemeindevorstehungen biebei, soweit es sich um die Beurtheilung
sanitärer Verhältnisse handelt, das Gutachten der ihnen beigegebenen Sanitätsorgane,
Gemeinde- oder Districtsiirzte, zu berücksichtigen haben, ist eigentlich selbst-
verständlich. Fraglich erscheint es, ob zur Uebernahme von Haltekindern die Zu-
stimmung des Ortsseelsorgers, wie ‚dies bei den Findlingen der Fall ist, gefordert
werden soll.
Nach den Erfahrungen, die Referent als Director der Findelanstalt gemacht
hat, möchte er auf diese Instanz zur Bewilligung zum Halten von Pilegekindern nur
ungern verzichten. Es scheint liefür die Erwägung massgebend, das der Pfarrer
seinen Pfarrkindern gegenüber weit unabhängiger ist als der Gemeindevorstand den
Gemeindeangehörigen gegenüber. Mannigfache Interessen lassen es für den Gemeinde-
24
— 224 —
vorstand oft ‚schwierig erscheinen, die Bewilligung zur Uebernahme von Pflegekindern
zu verweigern, und so kommen Fälle vor, dass Gemeindevorstände Frauen zur Üeber-
nahme von Pfleglingen mit den vorgeschriebenen Zeugnissen empfehlen, gleichzeitig
aber der Direction der Findelanstalt vertraulich mittheilen, man möge trotzdem den
empfohlenen Parteien, denen aus anderen Rücksichten das verlangte Zeugniss nicht
vorenthalten werden konnte, keine Findlinge anvertrauen, da sie zur Pflege von
Kindern nicht geeignet sind. Solche Rücksichten existiren für den Seelsorger in der
Regel nicht, so dass sein Urtheil bezüglich der Eignung der Pflegemutter, insbesondere
was die sittlichen und Familienverhältnisse betrifft, ein unbefangenes ist. Allerdings
dürfte es kaum eine gesetzliche Handhabe geben, die Seelsorger zu diesen Agenden
zu verpflichten und dürfte es wohl nur auf gütlichem Wege durchführbar sein, die
nicht zu unterschätzende Mitwirkung der Pfarrämter in der in Rede stehenden Frage
zu erreichen.
Wenn nun auch die Nothwendigkeit einer behördlichen Bewilligung zur Ueber-
nahme von Haltekindern ausser Zweifel steht, wenn auch nur zur Kinderpflege ge-
eigneten Personen diese Bewilligung ertheilt werden darf, so ist es anderseits von
grosser Bedeutung, dass derartige Bewilligungen nicht ohne Gruud verweigert werden.
Würde Leuten, die Kinder in Verpflegung nehmen wollen und hiezu auch die
Eignung besitzen, aus irgend welchen Rücksichten die Bewilligung zur Uebernahme
von Pfleglingen verweigert werden, so wäre hiemit die Abgabe von Findlingen
wesentlich erschwert, und wenn dieser Vorgang verallgemeinert würde, überhaupt
unmöglich. Was soll aber eine Mutter, die ihr Kind in Pflege zu geben gezwungen
ist, die für ihr Kind gerne nach Kräften sorgen will, thun, wenn sie vor der Un-
möglichkeit steht, für ihr Kind eine Pflegepartei zu erhalten. Gerade dieses Moment
kommt in neuerer Zeit sehr in Vergessenheit und doch ist es von der höchsten
Wichtigkeit; es scheint viel leichter aufzutragen, wohin Kinder nicht abgegeben
werden dürfen, als wohin sie gegeben werden sollen, und die letzte Frage ist doch
von eminenter Bedeutung. In früherer Zeit wurde auf die Nothwendigkeit, dass
Pflegepärteien, insbesondere Pflegeparteien auf dem Lande zur Uebernahme von
Kostkindern zur Verfügung stehen, viel grösseres Gewicht gelegt. So verfügt das
Hofkanzleidecret vom 29. Mai 1830, Z. 12157, dass die Bestätigung der Zeugnisse
zur Erlangung von Findelkindern in die Pflege die Pfarrer ohne gegründete Be-
denken nicht zu verweigern haben. Es soll im Gegentheil die Landbevölkerung
geradezu aufgemuntert werden sich der Kinderpflege zu widmen, und könnte in
dieser Richtung der Clerus in erspriesslicher Weise wirken. Gewiss wird es sich
daher empfehlen, in dem zu schaftenden Landesgesetze ausdrücklich zu betonen, dass
ohne zwingenden Grund die Bewilligung zur Uebernahme von Pflegekindern nicht
versagt werden darf. Bei den geringen Garantien, die ledige Frauenspersonen bezüg-
lich einer erspriesslichen Kindererziehung bieten, soll, wie dies bei der Findlings-
pflege schon der Fall ist, auch die Uebernahme von Haltekindern nur an verheiratete
und verwitwete Frauen zugestanden werden.
Bei der Beurtheilung der Eignung einer um die Pflege von Haltekindern sich
bewerbenden Partei sind zu berücksichtigen: die Erwerbs- und Wohnungsverhältnisse.
die Lebensweise, die Gesundheitsverhältnisse sowohl der Pflegemutter als auch deren
Familienmitglieder und Wohnungsgenossen, ganz besonders aber das Verhalten den
eigenen Kindern gegenüber. Auch die Zahl der gleichzeitig zu verpflegenden Kinder
soll beschränkt sein. Wenn sich auch hiefür keine allgemein giltigen Normen fest-
setzen lassen, dies vielmehr von der Zahl und dem Alter der eigenen Kinder, den
Wohnungsverhiiltnissen ete. abhängig gemacht werden muss, so wäre doch im Interesse
der Doze der Kinder zu empfehlen, dass in der Regel nur ein oder zwei Kinder
- gleichzeitig gehalten werden dürfen. Ob die Bewilligung für ein oder zwei, eventuell
auch ein drittes Kind ertheilt werden kann, muss der Beurtheilung der Localbehörden
überlassen werden, jedenfalls sollen aber die bei einer Pflegepartei gleichzeitig in
— 225 —
Pflege stehenden Haltekinder im Alter um mindestens 1 Jahr differiren und scheint
dies namentlich für Kinder in den ersten 2 Lebensjahren schon der Möglichkeit der
Verwechslung wegen bei gleichem Geschlechte der Kinder nothwendig. Auch
dürfte die genügende Obsorge für zwei fremde Säuglinge gleichen Alters nur selten
zu finden sein, so dass Ausnahmen von dieser Regel aus naheliegenden Grlinden nur
bei Zwillingskindern zugestanden werden könnten.
Wird einer Pflegepartei die Bewilligung zur Uebernahme von Haltekindern
ertheilt, so soll derselben ein Pflegschaftsbuch ausgestellt werden, in dem ausser den
Rubriken zur Eintragung der Personaldaten der Kinder auch die wichtigsten
Bestimmungen des Gesetzes zum Schutze der Haltekinder, sowie eine kurze und in
licht fasslicher Form gegebene Belehrung enthalten sein soll. Diese Belehrung hätte
sich auf Vorschriften für künstliche Ernährung und Pflege der Säuglinge, auf die
Reinhaltung derselben, auf die namentlich bei der Landbevölkerung so arg ver-
nachlässigte Wohnungslüftung, auf Bäder und Schlafstätten der Kinder, auf die
Nachtheile der »Zuzel«, sowie das Verbot der Anwendung von Schlaf- oder Betiubungs-
mitteln zu beziehen. Auch auf die Nothwendigkeit der rechtzeitigen Inanspruchnahme
ärztlicher Hilfe beim Auftreten krankhafter Erscheinungen bei den Pfleglingen wäre
hinzuweisen. Bei den bezüglich der Kindespflege, namentlich unter der ländlichen
Bevölkerung so verbreiteten Vorurtheilen erscheint die Aufnahme derartiger Bestim-
mungen in das Pflegschaftsbuch von Wichtigkeit. Allerdings darf man sich keinen
allzugrossen Erwartungen hingeben, dass diese Belehrungen auch immer gelesen,
noch weniger, dass sie immer befolgt werden; immerhin aber werden sie in Ver-
bindung mit einer verständigen und wirksamen Ueberwachung in der später zu
besprechenden Weise von Nutzen sein.
Die Evidenzhaltung und Ueberwachung der Haltekinderpflege soll den
Gemeinden, denen gesetzlich schon die Evidenzhaltung und Ueberwachung der
Findlinge aufgetragen ist, obliegen. Zur Durchführung dieser Evidenzhaltung
erscheint es nothwendig, dass jede Pflegepartei, die ein Haltekind übernimmt, dies
innerhalb 48 Stunden nach Uebernahme bei dem Gemeindeamte unter Vorweisung
des Geburtszeugnisses, sowie eines die Heimatsangehörigkeit des Kindes nachweisenden
Documentes (ohne solches darf überhaupt kein Kind in Pflege übernommen werden)
meldet, wo dann die diesbezüglichen Eintragungen in das Pflegschaftsbuch zu
erfolgen haben.
Von den Gemeindeämtern sind Verzeichnisse über Pflegeparteien und Halte-
kinder zu führen, in denen alle sich ergebenden Veränderungen, die von Seite der
Partei anzuzeigen sind, eingetragen werden. Summarische Ausweise über den Stand
der Pflegekinder hätten die Gemeinden alljährlich an die politischen Behörden zu
liefern. Bei jedem Wohnungswechsel hat die Partei neuerlich um die Bewilligung
zur Verpflegung von Haltekindern anzusuchen. Bei allen den Pfleglingen nachtheiligen
Veränderungen der persönlichen oder häuslichen Verhältnisse, arger Vernachlässigung
oder Misshandlung des Kindes wäre die Bewilligung zurückzunehmen, das Pfleg-
schaftsbuch einzuziehen, in letzteren Fällen auch die Anzeige an das zuständige
Gericht zu erstatten. Von grösster Bedeutung für die Pflege der Kinder ist die
Ueberwachung der Parteien. Das Bewusstsein, einer Controle und den Folgen der-
selben ausgesetzt zu sein, bildet für die Pflegeeltern einen Ansporn, und in sehr
vielen Fällen werden die bei solchen Controlbesuchen seitens der zur Ueberwachung
bestimmten Organe ertheilten Ratlıschläge und Vorschriften von Nutzen sein.
Handelt es sich doch in der Regel bei Fehlern in der Pflege nicht um den Mangel
des guten Willens, sondern um das mangelhafte Verständniss. Als geeignetste
Persönlichkeit zur Ueberwachung erscheint ganz besonders bei Kindern im ersten
Lebensjahre, bei denen ja das physische Wohl allein in Betracht kommt, der
Gemeindearzt; ihm soll daher in erster Linie die Ueberwachung der Haltekinder
obliegen, und zwar wird sich die Besichtigung des Kindes thunlichst bald nach
24*
— 226 —
Uebernahme des Haltekindes seitens der Pflegeparteien, die daher zur Vorstellung
der Kinder beim Gemeindearzte innerhalb 48 Stunden nach Uebernahme zu verhalten
wären, sowie die Wiederholung dieser ärztlichen Untersuchungen in den drei ersten
Lebensmonaten des Kindes in kurzen, etwa l4tägigen Intervallen empfehlen, da
gerade in dieser Zeit das Auftreten von Erscheinungen hereditärer Lues mit den
traurigen Consequenzen namentlich für die säugende Pflegemutter bei anscheinend
ganz gesunden Kindern zu besorgen steht. Diese ärztlichen Untersuchungen könnten
in einem von der Gemeinde zur Verfügung zu stellenden Raume vorgenommen
werden; für die älteren Kinder dürfte kaum mehr als eine viertel- bis balbjährige
Nachschau, die aber in den Behausungen der Pflegeparteien vorzunehmen wäre, sich
durchführen lassen. Ausser dem Gemeindearzte ist selbstverständlich der Gemeinde-
vorstand, sowie der Vormund des Kindes zur Controle berufen, und der Ortsseelsorger,
sowie der Bezirksarzt zur Nachschau berechtigt.
Trotz dieser in viertel- bis halbjährigen Zwischenräumen vorzunehmenden
Besuche der Gemeindeärzte und dem Zusammenwirken der übrigen genannten
Controlorgane erscheint es zweifellos wünschenswerth, dass noch ein anderer Factor
zur Ueberwachung der Pflegekinder herangezogen werde. Ich denke hiebei an das
Eingreifen von Frauenvereinigungen.
Die Frau ist doch in erster Linie dazu berufen, dort einzugreifen, wo es sich
um das Wohl von Kindern handelt; das warme Gefühl für Kinder, das durchwegs
den Frauen insbesondere den Müttern innewohnt, die Gabe der Frauen, mit den
Kindern umzugehen lassen dieselben prädestinirt erscheinen zu der hier in Aussicht
genommenen Aufgabe.
\Würden in jeder Gemeinde, in welcher sich Haltekinder befinden, Frauenvereine
sich organisiren zum Zwecke der Ueberwachung dieser Kinder, so könnten dieselben
‘allerdings unter Voraussetzung gewisser Bedingungen Erspriessliches leisten. Es soll
nicht verhehlt werden, dass die Anschauungen über den Werth solcher Frauen.
vereinigungen allerdings getheilt sind; während von vielen Seiten der Nutzen der-
selben anerkannt wird. perhorresciren ‘andere, insbesondere auch Taube in Leipzig,
das Eingreifen solcher privater Frauenvereine und reden den bezahlten Pflegerinnen
das Wort. Ich glaube, dass gewiss nicht jede Frau zu dieser Aufgabe geeignet ist,
und denke mir den Nutzen solcher Institutionen, wie schon erwähnt, abhängig von
gewissen Voraussetzungen.
Nur gebildete, mit klarem Blick begabte, selbstlose, mit den Hauptgrundsätzen
der Hygiene des Kindes vertraute Frauen können dieser Aufgabe gewachsen sein.
Leider herrscht aber bezüglich des letzten Punktes auch in den Kreisen gebildeter
Frauen nur ein geringes Verständniss, so dass es unbedingt nothwendig erschiene,
dass solche Frauenvereine mit Aerzten sich ins Einvernehmen setzen und mit den-
selben stets in Fühlung bleiben, die sie über Hygiene des Kindes, über Ernährung
und Pflege der Säuglinge belehren. Würden derart theoretisch vorgebildete Frauen
von Seite der Aerzte beispielsweise gelegentlich der l4tägigen Untersuchungen der
Haltekinder einen practischen Unterricht über Pflege, Entwicklung der Kinder, über
Anzeichen beginnender Erkrankungen derselben erhalten, so wären dieselben in
genügender Weise vorbereitet, um rer Aufgabe gerecht werden zu können. Von
Wichtigkeit erscheint es, dass jede Aufsichtsfrau nur eine ganz geringe Zahl und
bestimmte Kinder zu überwachen habe, da nur bei häufigen Besuchen und Beob-
achtungen derselben Kinder innerhalb kurzer Intervalle sich ein richtiges Bild von
der Ptlege und Entwicklung des Kindes gewinnen lässt. Bei einer derartigen Ein-
führung wird jede Aufsichtsfrau in der Lage sein, zu beurtheilen, wo es in der
Ptlege eines Kindes fehlt, und kann dann durch Rath und Belehrung die Pflegepartei
in ihrer Aufgabe unterstützen.
Unbedingt nothwendig erscheint es, diese Frauen mit behördlichen Legitimationen
als Aufsichtsfrauen zu versehen, da an dem Grundsatze festzuhalten ist, dass nicht
— 221 —
Jedermann berufen, und daher nicht Jedem zugestanden werden kann, als Ueber-
wachungsorgan aufzutreten.
Würden in den verschiedenen Gemeinden oder Districten, wo die Bevólkerung
sich mit Pflege von Kostkindern befasst, derartige Frauenvereinigungen, die sich den
Kinderschutz zur Aufgabe machen, entstehen, wiirden diese Vereinigungen einen tiber
ganz Niederósterreich verbreiteten Frauenverband bilden, die einzelnen Gruppen
dieses Verbandes miteinander in Fühlung bleiben, und ein Austausch der gemachten
Beobachtungen und Erfahrungen stattfinden, so könnte dies zu einer Institution
werden, die für die künftigen Generationen von grösster Bedeutung wäre.
Durch die den Frauen zu Theil gewordenen Belehrungen, durch die selbst
gemachten Beobachtungen würden richtigere Anschauungen über Kinderernährung,
Kinderpflege und Erziehung verbreitet werden. Allerdings dürften diese Frauen bei
Beurtheilung der Pflege von Haltekindern nicht den Massstab grossstädtischer Ver-
hältnisse anlegen, auch dürften dieselben nicht in Verabreichung von Almosen oder in
Veranstaltungen von Vergnügungen zu wohlthätigen Zwecken ihre Aufgabe erblicken,
sondern sie müssten im vollsten Masse ihre eigene Person in den Dienst der
Humanität stellen. Von dem Tacte gebildeter Frauen ist es wohl als selbstverständlich
vorauszusetzen, dass sie ihr Benehmen den Pflegeparteien gegenüber derart einrichten,
um nicht als lästige Eindringlinge, sondern als schätzenswerthe Beratherinnen zu
erscheinen.
Unerlässlich zum Schutze der Haltekinder erscheint es, dass dieselben, insoweit
es sich um uneheliche Kinder handelt, unter vormundschaftlichen Schutz gestellt
werden. Es wäre daher Aufgabe der Gemeinden, alle unehelichen Haltekinder, für
welche nicht bereits ein Vormund bestellt ist, dem zuständigen Bezirksgerichte behufs :
Bestellung eines solchen anzuzeigen.
Zum Schlusse wire zu bestimmen, bis zu welchem Alter Haltekinder unter Schutz
des zu schaffenden Gesetzes zu stellen sind. Die Bestimmungen hiertiber sind in den
verschiedenen Ländern nicht conform. Das steierische Landesgesetz vom 14. Sep-
tember 1896 stellt nur die Pflegekinder unter zwei Jahren unter behördlichen Schutz.
Allerdings war hiebei nicht die Erwägung ausschlaggebend, dass die über zwei
Jahre alten Pflegekinder eines gesetzlichen Schutzes nicht bedürfen, sondern wie es
im >Oesterreichischen Sanitätswesen«, Jahrg. 1897, S. 82, heisst: » verhinderten leider
die Rücksichtnahme auf die unter Umständen zu bedeutende Arbeitsvermehrung der
erst in jüngster Zeit bestellten Gemeinde- und Districtsärzte einerseits. auf die erst
zu bestellenden Ortsarmenräthe anderseits und die Nothwendigkeit einer Beschränkung
der financiellen Ansprüche die Ausdehnung des gesetzlichen Schutzes auch auf die
Kinder im Alter von 2—6 Jahren.« Massgebend fiir die Einschränkung des
steierischen Kinderschutzgesetzes ist ja auch zweifellos die Wiedererrichtung der
Grazer Findelanstalt mit einer nur zweijährigen Findlings- Verpflegsdauer. In Berlin
stehen die Haltekinder bis zum vollendeten vierten Jahre, in Elberfeld, in der Provinz
Preussisch-Schlesien und in Leipzig bis zum vollendeten sechsten Jahre, in München
bis zum achten Jahre, in Dresden sogar bis zum vierzehnten Lebensjahre unter
öffentlichem Schutze.
In Uebereinstimmung hiemit müsste wohl das zu schaffende Gesetz auf Kinder
mindestens bis zum vollendeten sechsten Jahre Anwendung finden.
Ich beehre mich auf Grund der vorstehenden Darlegungen dem geelırten
Landes-Sanitätsrathe nachstehende Anträge zur Annahme zu empfehlen:
1. Die gesetzliche Regulirung des Haltekinderwesens in Niederösterreich ist
dringend geboten.
2. Das zum Schutz der Haltekinder zu schaffende Gesetz soll Anwendung
finden auf alle jene Kinder, welche auf privatem Wege zu fremden Pflegeparteien
m entgeltliche Pflege abgegeben werden, bis zum vollendeten sechsten Lebensjahre;
— 228 —
als fremde Pflegeparteien sind alle Pflegeparteien mit Ausnahme der eigenen Mutter,
der Grosseltern und der Vormünder anzusehen.
3. In dem zu erlassenden Gesetze zum Schutze der Haltekinder sollen nach-
stehende Punkte Berücksichtigung finden:
a) Jede Partei, die ein fremdes Kind durch private Vermittlung in entgeltliche
Pflege nehmen will, bedarf hiezu einer behördlichen Bewilligung; diese Bewilligung
ertheilt der Gemeindevorstand auf Grund eines gemeinde-, beziehungsweise districts-
ärztlichen Gutachtens im Einvernehmen mit dem Ortsseelsorger. Die Erlaubniss zur
Uebernahme von Haltekindern soll nur jenen verheirateten Frauen oder Witwen
gegeben werden, welche die Eignung zur Verpflegung solcher Kinder besitzen, darf
aber, wenn nicht stichhältige Gründe vorliegen, nicht verweigert werden. Bei
Beurtheilung der Eignung einer Partei zum Halten von Kostkindern ist Rücksicht
zu nehmen auf die Sesshaftigkeit, Erwerbsfähigkeit, auf die Wohnungsverhältnisse,
das moralische Verhalten, auf die Gesundheitsverhältnisse der Pflegepartei, deren
Familien- und Wohnungsgenossen und auf die Pflegeverhältnisse der eigenen Kinder.
Die Bewilligung soll in der Regel nur für ein oder zwei, nur ausnahmsweise bei
Vorhandensein genügender Garantien für gute Verpflegung für mehr Pflegekinder
ertheilt werden, und ist in letzteren Fällen darauf zu sehen, dass die Pflegekinder,
ausgenommen hievon sind Zwillinge, mindestens einen Altersunterschied von einem
Jahre aufweisen.
b) Jeder Pflegepartei, welcher die Bewilligung zur Pflege von Haltekindern
ertheilt wird, ist ein Pflegschaftsbuch zu übergeben; dasselbe hat zu enthalten:
Namen, Alter, Confession, Stand und Wohnung der Pflegepartei, ferner Rubriken
fiir die Personaldaten der in PHege übernommenen Kinder, einen Auszug der
wichtigsten Bestimmungen des Haltekinderschutzgesetzes und endlich eine kurze
leichtfassliche Belehrung. In dieser Belehrung sollen Vorschriften über künstliche
Ernährung der Säuglinge, über Reinhaltung der Pfleglinge, über Säuberung und
Lüftung der Wohnräume und über die Lagerstätten des Kindes enthalten sein;
ausserdem soll in dieser Belehrung das Verbot des Gebrauches sogenannter Zuzel
oder Lutschker, sowie der Anwendung von Schlaf- oder Betäubungsmitteln ausgesprochen
sein. In jedem Erkrankungsfalle eines Haltekindes ist ärztliche Hilfe in Anspruch
zu nehmen, die Kosten hiefür, sowie für Medicamente sind von der Pflegepartei,
beziehungsweise von den Angehörigen des Kindes zu tragen. Ferner wäre in diese
Belehrung aufzunehmen, dass die Pflegepartei verpflichtet ist, den Ueberwachungs-
organen den Zutritt zu den Pflegekindern anstandslos zu gewähren, diesen Organen
gegenüber ein anständiges Benehmen an den Tag zu legen und deren Ermahnungen
oder Aufträgen nachzukommen. Im Falle eines Wohnungswechsels ist seitens der
Pflegepartei die Bewilligung neuerdings, einzuholen. Bei eventuellen Aenderungen
der häuslichen oder personellen Verhältnisse, welche eine Partei zur Pflege von
Haltekindern nicht mehr geeignet erscheinen lassen, oder im Falle der Vernachlässigung
eines Haltekindes ist die Bewilligung zurückzunehmen und das Pflegschaftsbuch
einzuziehen,
c) Innnerhalb 48 Stunden nach Uebernahme cines Haltekindes hat die Pflege-
partei die Anzeige hievon beim Gemeindeamte unter Vorweisung eines Geburts-
zengnisses (Taufscheines) und eines die Heimatsangehörigkeit des Kindes nachweisenden
Documentes zu erstatten, und sind im Gemeindeamte die Personaldaten des Kindes
in das Pflegschaftsbuch einzutragen. '
d) Dem Gemeindevorstande obliegt, die in seiner Gemeinde befindlichen Halte
kinder und TVfilegeparteien in Evidenz zu halten und Verzeichnisse hierüber zu
führen, ın welchen alle Veränderungen, wie Abgang eines Pfleglings durch Ueber-
nahme seitens der Angehörigen oder Uebergabe an eine andere Pflegepartei oder
eine Anstalt, Vollendung des sechsten Lebensjahres oder Tod des Pfleglings,
Wohnungsänderungen der Partei etc., die seitens der Pflegepartei dem Gemeindeamte
— 229 —
bekanntgegeben werden müssen, einzutragen sind. Jährliche summarische Ausweise
über Haltekinder und Pflegeparteien sind an die zuständigen k. k. Bezirkshauptmann-
schaften zu erstatten. |
e) Die Ueberwachung der Haltekinder obliegt den Gemeinden; jedes Haltekind
ist innerhalb 48 Stunden naclı Uebernahme, wenn es dessen Gesundheitszustand, die
loealen Communicationsverhältnisse und Witterung zulassen, von der Pflegepartei
dem Gemeindearzte behufs ärztlicher Untersuchung vorzustellen, und sind seitens
der Gemeinde-, beziehungsweise Districtsärzte die Haltekinder in den ersten Lebens-
monaten in l4tägigen Zwischenräumen in einem von der Gemeinde zur Verfügung
zu stellenden, geeigneten Locale zu untersuchen; späterhin ist jedes Haltekind in
seiner Behausung mindestens zweimal im Jahre ärztlich zu untersuchen, und sind die
hiebei gemachten Beobachtungen in dem Pflegschaftsbuche einzutragen; ausserdem
ist auch der Ortsseelsorger, sowie der Bezirksarzt zur Ueberwachung der Pflege-
oder Haltekinder berechtigt.
f) Jedes uneheliche Haltekind, fiir welches nicht bereits ein Vormund bestellt
ist, ist seitens der Gemeinde dem zuständigen Bezirksgerichte behufs Aufstellung
eines Vormundes zur Anzeige zu bringen.
g) Für Fälle der Ausserachtlassung der in dem Gesetze enthaltenen Bestimmungen
von Seite der Pflegeparteien sind Strafbestimmungen festzusetzen.
4. Behufs Erzielung einer wirksamen Ueberwachung erscheint die Schaffung
von Frauenvereinen nach den im Referate angeführten Grundsätzen wünschenswerth.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Den neuesten Mittheilungen zu-
folge waren unter den ersten vier Kranken in Alexandrien drei Griechen, von denen zwei als
Bedienstete in einem und demselben Colonialwaarengeschäfte standen. In dem Hause, in welchem
dieselben wohnten, befindet sich ein Restaurant und Einkehrhaus. Näheres ist über die
Provenienz der Seuche nicht bekannt, man nimmt Einschleppung aus Bombay oder aus Djeddah
an. Am 6. Juni ereigneten sich 4, am 7. 1, am 8. 4, am 9. 2, am 10. und 11. je 1, am
12. 3 Erkrankungen. Die Kranken stammen aus verschiedenen Gegenden der Stadt, jedoch fast
ausnahmslos aus Quartieren, die von der urmen Volksclasse bewohnt werden. Alle Kranken
sind theils im griechischen, theils im Regierungsspitale isolirt untergebracht.
Das Sanitätsconseil beschloss, die in ägyptischen Häfen gegen Provenienzen aus Alexandrien
angeordneten Massnahmen aufzulassen. Aus Alexandrien abgehende Schiffe unterliegen, ob sie
nun nach einem ägyptischen oder ausländischen Hafen bestimmt sind, der sanitären Revision.
Bulgarien. Ganz Aegypten wurde als pestverseucht erklärt.
Griechenland. Ein königliches Decret vom 8. (20.) Mai verfügte eine elftägige Quarantaine,
welche im Seelazarethe zu Delos absolvirt werden muss, gegen alle Provenienzen aus Alexandrien.
Das königliche Decret vom 9. (21.) Mai, welches auch über Provenienzen aus Kreta
eine elftägige Quarantaine verhängte, wurde, nachdem die kretensische Regierung gegen Aegypten
sanitäre Vorsichtsmassregeln getroffen hatte, dahin modificirt, dass aus Kreta kommende Schiffe
in den griechischen Häfen, welche Sanitätsämter I., II. oder III. Classe haben, oder im See-
lazarethe zu St. Georg in der Bucht von Salamis einer 24stündigen Beobachtung unterliegen.
Rumänien. Alle aus Pesthäfen ankommenden Schiffe, einschliesslich jene aus Aegypten,
müssen, wenn sie nicht in Constantinopel die (Juarantaine absolvirten, in den Hafen von Sulina
einlaufen, wo selbe einer sechstigigen Observation und Desinfection unterliegen. Schiffe, welche
die erwähnte Quarantaine bestanden haben, werden im Hafen von Sulina ärztlicher Revision
und Desinfection unterzogen.
Verboten ist die Einfuhr aus Mekka und Aegypten von: Leibwäsche, benütztem und
nicht gereinigtem Bettzeug, Tüchern, getragenen Kleidern und allen anderen gebrauchten
Effecten, ferner von Lumpen ohne Unterschied, ob sie gepresst und mit Eisenreifen gebunden
sind oder nicht, von gebrauchten Säcken, benützten Teppichen, gebrauchten Stickereien, rohen,
nicht bearbeiteten Häuten, mögen sie frisch oder getrocknet sein, von rohen thierischen
Producten, von ungewaschenen Haaren, Wolle, Menschenhaaren.
— 230 —
Türkei. In Djeddah ist die Pest erloschen.
Tunis. Provenienzen aus Aegypten werden den im Jänner 1897 gegenüber Herkünften
aus Ostindien angeordneten Massnahmen unterworfen.
Persien. In Buschir ist die Pest ausgebrochen. Bis 10. Juni wurden 11 Todesfälle
constatirt.
Schutzrayon für Heilquellen. Eine politische Bezirksbehörde hatte für eine Heilquelle,
welche kurz vorher von der Landesbehörde als öffentliche heilkräftige Mineralquelle anerkannt
und unter bestimmten Bedingungen zum Vertriebe zugelassen worden war, auf Grund eines
fachtechnischen Gutachtens einen Schutzrayon festgesetzt, die Landesbehörde aber in Folge
Recurses der betreffenden Gemeinde, welche sich biedurch in ihrem und ihrer Bewohner Wasserbezug
beeinträchtigt fühlte, diesen Bescheid mit Rücksicht auf den Mangel einer gesetzlichen
Grundlage für die Festsetzung eines solchen Schutzrayons behoben. Das k. k. Ministe-
rium des Innern im Einvernehmen mit dem k. k. Ackerbau-Ministerium gab dem vom Besitzer
der Heilquelle dagegen eingebrachten Recurse aus den Motiven der angefochtenen Stattbalterei-
Entscheidung keine Folge. (Entscheidung vom 23. Jänner 1899, Z. 43335 ex 1898.)
Todesfälle durch Blitzschlag in Steiermark und Kärnten. In der „Meteorologischen Zeit-
schrift“ (Jahrg. 1898 und 1899, S. 32 beziehungsweise 128) berichtet Prof. Carl Prohaska
in Graz über Blitzschäden in den Jahren 1856— 1892, 1896 und 1897. In diesen neun Jahren
wurden in den genannten zwei Ländern 153 Personen und 158 Hausthiere durch Blitz getódtet,
nämlich in den aufeinanderfolgenden Jahren 24, 18, 14, 10, 12, 22, 18, 24, 11 Menschen und
130, 85, 43, 115, 42, 111, 98, 31, 103 Hausthiere.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 28. Mai bis
3. Juni 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bobrka: Czartorya 1*) und Zagoreczko 3*;;
Bochnia: Chobot 2 und Wola zabierzowska 3; Bohorodczany: Molotkow 2; Borszczow:
Germakowka 8, Sapahow 5 und Uscie biskupie 1; Brody: Gontowa 3*); Brzozow: Jasienica 5*;;
Buezacz: Dubienko 1; Dolina: Lisowce 1, Podberez 1 und Wola zaderewacka 2; Horo-
denka: Chmielowa 2, Czerniatyn 1, Czortowiec 3 und Rakowiec 1; Husiatyn: Kociubinczyki 3;
Kolomea: Kolomea 1; Kosow: Dolkopole 2, Jasienow gorny 5*), Kobaki 1, Krasnoila 5*),
Krzyworownia 4%) und Przechrestne 6%); Krosno: Odrzykow 2*); Nadworna: Nadworna £;
Nisko: Kamien 1; Peczeniczyn: Peczeniczyn 4 und Tekucza 1; Podgorze: Podgorze 6;
Rzeszow: Biala 3*), Cierpisz 1*), Futoma 1*), Hermanowa 4*) und Kakolowka 2*); Skalat:
Debiny 3 und Kolodziejowka 2; Sniatyn: Widynow 5: Strzyzow: Pstragowa 3; Trembowla:
Kaptury 1%) und Ostrowezyk 1*); Tlumacz: Milowanie 2 und. Zakrzewce 1; Zbaraz: Kouj-
dance 1, Lubianki nizsze 3, Ochrymowce 2, Sieniawa 1 und Zbaraz 2;
in der Bukowina, in den politischen Bezirken Czernowitz; Raraneze 3, Kotzman:
Wereszezanka 1; Sereth: Scherboutz 4; Wiznitz: Ispas 1:
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 28. Mai bis
3. Juni 1899: ]
in Galizien in den politischen Bezirken Bohorodezany: Lachowce 7; Brzezany:
Plaucza mala 2; Dobromil: Piatkowa 1 und Suferyna 1; Dolina: Kalna 2; Drohobyez:
Boryslaw 2*); Husiatyn: Kociubinee 2, Kociubinezyki 2, Koszyezynce 5, Myszkowce 7*),
Nizborg stary 6*) und Sickierzynce 1; Jaworow: Nahaczow 22*), Przylbice 1, Wierzbiany 6
und Zmijowka 6; Kalusz: Medynia 8; Kamionka strumilowa: Dziedzilow 13,
-Rzepniow 1 und Wyrow 2; Mielec: Radomysl 2*); Nadworna: Oslawy biale 6;
Peezenizyn: Jablonow 3; Rawa: Rawa 1*); Skalat: Krasne 3, Podwoloczyska 1,
Skalat 1 und Sorocko 1; Sniatyn: Budylow 11 und Oleszkow 1; Sokal: Dobraczyn 1
und Wojslawice 3; Stryj: Tucholka 1 und Zulin 1; Wadowice: Stanislaw gorny 3*) und
Wysoka 1; Zloezow: Bohutyn 2, Czyzow 3, Mezana 2, Uhorce 6 und Wolosowka l;
Zolkiew: Butyny 1; Zydaczow: Piaseczna 4.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
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Das Österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitats-Buchhandler in Wien
iI Rothenthurmetraseaee 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postsusendung ganzjährig fl. 6.—.
ZI. Jahrgang. wien, 22. Juni 1899. Nr. 25.
Inhalt. Das öffentliche Gesundheitswesen in Spanien. — Sanitätsgesetze und Verordnungen:
Kaiserliche Verordnung, betreffend das Uebereinkommen zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien `
hinsichtlich der wechselseitigen unentgeltlichen Unterstützung mittelloser Kranker. — Erlass des
Ministeriums des Innern, betreffend die Einsendung von Uutersuchungsobjecten zur Lyssadiagnose. —
Vermischte Nachrichten.
Das öffentliche Gesundheitswesen in Spanien.
Bericht des Delegirten zum IX. internationalen Congresse für Hygiene und Demographie in Madrid,
Statthaltereirath Dr. A. Bohata, k. k. Landes-Sanitätsreferent in Triest.
Bei meinen Studien über die Organisation des Sanitätswesens und der Pflege
der öffentlichen Gesundheit in den verschiedenen Ländern vermisste ich in der mir
zu Gebote stehenden Literatur jede Andeutung, wie sich diese in Spanien entwickelt
und fortgebildet hätte.
Finkelnburg, Götel und Uffelheim lassen in ihren Darstellungen der
bezüglichen Verhältnisse in ausserdeutschen Gebieten die iberische Halbinsel gänzlich
ausser Betracht, trotzdem bereits schon damals aus spanischen Publicationen zu
ersehen war, dass auch in diesem Lande die Anforderungen der modernen Hygiene
erfasst, und deren Verwirklichung angestrebt wurde.
Schon in den Achtzigerjahren belehrte mich unter anderen Schriften das Werk des
Prof. Benito Alcina an der medicinischen Facultät in Cadix (Tratato de Hygiene
privada y publica Cádiz 1882, 2 vol.), sowie jene damals mir nur im Auszuge
bekannt gewordene Monographie von Dr. Th. Hauser, betreffend die Cholera in
Spanien in den Jahren 1884—1885*) über den regen Antheil, welchen Hygieniker
und Aerzte daselbst an den Fortschritten der Wissenschaft nahmen, und von ihrem
Eifer, nicht nur mit jenen des benachbarten Französischen Reiches, sondern, was
bemerkenswerther war, mit den immer glänzender hervortretenden des Deutschen
sich vertraut zu machen und diese allmälig auch im eigenen Lande zur practischen
Geltung zu bringen.
*) Dr. Tb. Hauser: »Estudios epidemiológicos, relativos á la etivlogia y profilaris del cólera
ee durante la epidemie colérica de 1884—1885 en España.c< Madrid 1887. 3 Bände mit einem
tias.
25
— 232 —
In den weiteren internationalen hygienischen Congressen traten auch Vertreter
Spaniens mehr hervor und reihten sich den zahlreichen Kämpfern an. um das hohe
Gut der öffentlichen Gesundheit zu schützen und die bezüglichen Massnahmen in
Einklang zu bringen mit den reformirenden Ergebnissen der Forschung.
Die Erkenntniss, dass Spanien sich den heutigen Bestrebungen auf dem Gebiete
der Volksgesundheit zusehends anschliesst. fand ihren unzweideutigen Ausdruck in
der Wahl seiner Hauptstadt zum Sitze des IX. internationalen hygienischen Congresses.
Der Besuch des Congresses ermöglichte die Organisationen näher kennen zu
lernen, welche das öffentliche Wohl im Auge haben, sowie die ihnen zu Grunde
liegenden und weiter ausgestalteten gesetzlichen Verfügungen, und wie letztere durch
die in so Manchem von anderen Ländern abweichenden Sitten und Eigenthümlich-
keiten dieses Volkes beeinflusst werden.
Im Nachfolgenden mögen meine Wahrnehmungen und Nachforschungen eine
bündige Schilderung erfahren.
Als Anhaltspunkte hiefür dienten ausser den vorgenannten Arbeiten vornehmlich
das in cultureller und socialer Hinsicht für Spanien überhaupt lehrreiche Werk von
Dr. Ph. Hauser über die medicinisch-topographischen und medicinisch-socialen
Verhältnisse von Sevilla (1882—1884), sowie die in der officiellen »Gazeta de
-Madrid« und im »Boletino de Sanidade veröffentlichten Verordnungen und Gesetze.
nebstbei auch die Resumés in dem officiellen fiir den Congress bestimmten Führer
von Madrid.
Die oberste Leitung des Sanititsdienstes liegt in der Hand des Ministers des
Innern, dem als Generaldirector für das öffentliche Gesundheitswesen der Unterstaats-
secretär beigegeben ist.
Nach dem organischen Gesetze vom 28. November 1855 und den mit Gesetz
vom 24. Mai 1866 eingeführten Abänderungen correspondirt die Generaldirection
als executives Organ des Ministeriums des Innern mit den Civilgouverneuren der
Provinzen und erhält von diesen die bezüglichen auf die ganze Sanitätspflege sich
erstreckenden Berichte und Vorschläge.
Als consultatives Organ mit dem Rechte, Reformvorschläge zu erstatten, besteht
bei dem Ministerium der königliche Gesundheitsrath.
Derselbe setzt sich zusammen aus dem Minister des Innern als Präsidenten,
aus einem Vicepriisidenten, als welcher ein gewesener oder jubilirter hoher
Administrativbeamter fungirt, aus dem Generaldirector des öffentlichen Gesundheits-
wesens, den (Generaldirectoren der Heeres-Sanitét, einem Militirchef, einem diplo-
matischen Agenten, einem Rechtskundigen, zwei Consuln, sieben Professoren der
Medicin und drei der Pharmacie. Diese letzteren müssen entweder den bezüglichen
Facuitäten angehören oder wirkliche Mitglieder der königlich medicinischen Akadeuie,
respective der Rechtswissenschaften sein oder zehn Jahre als Sanitätschefs bei der
Armee oder als Beamte in der staatlichen Sanitätsverwaltung gestanden sein oder
endlich sich überhaupt um die Pflege der öffentlichen Gesundheit besondere Verdienste
erworben haben.
Ausser den Genannten sind noch als Mitglieder beigezogen ein Professor der
Veterinärkunde mit wenigstens zehnjähriger Thätigkeit als solcher, ein Generalinspector
des Corps der Civilingenieure, ein der Akademie von San Fernando angehöriger
Architekt, zwei höhere Administrationschefs und ein Bergwerks-Ingenieur.
Dieser königliche Gesundheitsrath ist berufen, sein Gutachten abzugeben:
1. Ueber Gesetzentwtirfe und Reglements, welche sich auf das öffentliche Wohl
beziehen;
2. über Tarifreformen für Quarantänen und Lazarethe;
3. über Reform in der Organisation und dem Dienste der Seesanität;
4. über Pensionen, Prämien und Strafen für die bezüglichen Beamten;
— 233 —
5. über Reclamationen auswärtiger Regierungen oder ihrer Vertreter betrefís
Quarantainen und sanitärer Behandlung der Schiffe;
6. tiber ärztliche Vereinigungen und Collegien;
7. über die Mineralbäder;
8. über die Qualificirung von Büchern und Abhandlungen, welche von Professoren
der medicinischen und verwandten Fächer eingereicht werden;
9. über die Zulassung von neuen Arzneimitteln.
Sowohl der Secretär des königlichen Gesundheitsrathes, ala auch die Hafen-
directoren in den Seestädten sind Aerzte.
Ersteren sowie die anderen Secretariatsbeamten, die genannten Hafendirectoren,
die Aerzte zur Untersuchung der Schiffe und jene der Lazarethe ernennt die
Regierung auf Vorschlag des königlichen Gesundheitsrathes.
Das Schreiber- und Hilfspersonal des Secretariats wird über Antrag des
Secretärs vom Vicepräsidenten ernannt; die übrigen Beamten der speciellen Sanitäts-
üirectionen und der Lazarethe ernennt nach Einvernahme der respectiven Provinzial-
Gesundheitsjunta der Civilgouverneur.
Zu den für öffentliche Sanitätszwecke consultativ beigezogenen Körper-
schatten zählen auch, obwohl sie das Sanitätsgesetz nicht namhaft macht, die im
Jahre 1830 gegründeten königlichen Akademien für Mediein und
Chirurgie,
Nach der königlichen Ordre vom 20. Juni 1863 waren übrigens diese vor-
nehmlich zur Lösung gerichtsärztlicher Fragen berufen, welche sich bei den höheren
Justizbehörden (Obergerichtshöfen) ergaben.
Die Akademien galten hiebei als letzte Instanz, indem deren Begutachtung
nur nach vorliegender Wohlmeinung von Gerichtsärzten oder einer anderen legalen
wissenschaftlichen Corporation angesprochen werden konnte.
In der Folge (königliche Ordre 11. Juli 1886) wurden drei Institute für
zerichtliche Medicin geschaffen und ihnen als Sitz Barcelona, Madrid und Sevilla
angewiesen.
Ihre Aufgabe besteht in der Vornahme chemischer und mikroskopischer
Untersuchungen und Abgabe gerichtsärztlicher Gutachten für die ihrem Sprengel
zugewiesenen Gerichtshöfe. Das technische Personal wird im Concurswege vom Justiz-
minister ernannt, und stehen diese Institute unter der Oberaufsicht des Obergerichts-
präsidenten ihres Sitzes, sowie der Ministerien der Justiz und des Cultus.
In den Provinzen sind die Civilgouverneure mit der Leitung der sanitären
Administration betraut und bedienen sich zu diesem Zwecke als Beirath der
Provinzial-Gesundheitsjuntas, deren Functionsdauer alle zwei Jahre ablauft.
Die Civilgouverneure sind die Vorsitzenden dieser Fachräthe; als Vicepräsident
fungirt ein Provinzialdelegirter, und setzen sie sich weiter zusammen aus dein
Bürgermeister, dem etwa vorhandenen Hafencapitän, einem Architekten und Civil-
ingenieur, je zwei Professoren der medieinischen und pharmaceutischen Facultit,
dem Militär-Sanitätschef, den Vorständen von Provinzial-Laboratorien, einem Veterinär
und drei Vertretern des höheren Census, des Handels und der Industrie. Zu den
stimmberechtigten Mitgliedern zählen ausserdem die Hafendirectoren.
Die Provinzial-Gesundheitsjunta wählt aus ihrer Mitte den Seeretär, welcher
ein Arzt sein muss und für Bestreitung der Schreibgeschätte ein geringes Emolument
bezieht.
In jeder Provinz wird ferner die sanitäre Inspection durch besondere Inspectoren
und in den Gerichtsbezirken durch delegirte Aerzte, Pharmaceuten und Veterinäre
ausgeübt.
Die Ueberwachung der Prostituirten und der Bordelle unterliegt gleichfalls
hiezu bestimmten, vom Gouverneur abhängigen Aerzten.
29°
— 234 —
Es sei nebenbei bemerkt, dass Syphilis und Venerie in Spanien, namentlich in
den unteren Volksschichten in hohem Grade verbreitet sind. Ohne in nähere Details
einzugehen, welche wohl von einer anderen Feder hehandelt werden dürften, soll
nur auf das lesenswerthe Capitel über die Prostitution in Hauser's »Estudios
medico sociales de Sevilla« hingewiesen werden.
Zur Characterisirung der Zustände mag aber erwähnt werden, dass beispiels-
weise im grossen Krankenhause (Hospital Central) in Sevilla Prostituirte und
anständige, mit Gebärmutterleiden behaftete Frauen in einer Abtheilung zusammen
behandelt wurden! Ebenso widerstrebt es unseren Gefühlen, wenn man in den
öffentlichen Bedürfnissanstalten ausführliche Ankündigungen von Aerzten vorfindet,
welche beiden Geschlechtern ihre Hilfe für Sexualkrankheiten anbieten.
Die Ausdehnung syphilitischer Erkrankungen unter dem Volke hat wohl auch
zur sonderbaren Verquickung der Evidenzhaltung und Controle von Ammen mit
jener von Prostituirten geführt.
Es dürfte nicht ohne Interesse sein, die Erstere betreffenden Bestimmungen des
für die Madrider Provinz geltenden Reglements bekannt zu geben.
Mit dem Erlasse des Civilgouverneurs vom 31. Juli 1877 wurde eine besondere
Einrichtung unter dem Titel »Inspeccion de la Salubridad« geschaffen, um die Ver-
breitung und Uebertragung von Ansteckungen durch Ammen und Prostituirte hint-
anzuhalten und zu unterdriicken. In dieser Absicht wurden zwei, in ihrer Action
von einander unabhängige, doch in ihrem Endpunkte identische Sectionen gebildet,
welche die Hygiene der Ammen und jene der Prostitution zu pflegen haben.
Für die Ammen-Section wurde ein ärztliches Corps angestellt, bestehend
aus einem Chefarzte, acht definitiven und neun tüberzähligen Inspectoren, welche
durch das bezügliche Administrations- und Ueberwachungspersonal unterstützt
werden. Ihre Aufgabe umschliesst die Controle der Ammen in sittlicher und sanitärer
Hinsicht. Jede Frau, welche sich zur Ammenschaft meldet, wird in ein specielles
Verzeichniss aufgenommen und erhält hierauf eine Sanitätskarte, in welcher der
allfällige Wohnungswechsel und das Ergebniss der Untersuchung ihres körperlichen
Zustandes und der Milch verzeichnet werden. Für die Inscription einer Amme sind
erforderlich der Nachweis der Wohnung, die Erlaubniss des Vaters oder Vormundes
bei Ledigen, des Gatten bei Verheirateten, das Sittenzeugniss, ausgestellt vom Vorstande
Stadtbezirkes, in welchem sie durch wenigstens eın Jahr gewohnt hat und ein
weiterer Nachweis aus dem Civil- oder Pfarrregister über die Zeit der letzten Nieder-
kunft. Eine Untersuchung unterbleibt jedoch, wenn sie durch einen anderen Arzt
gepflogen wurde, und dies von dem Delegirten des betreffenden Sanitätsbezirkes
bestätigt wird. In einem derartigen Falle findet aber nach Ablauf eines Monates die
Ueberprüfung ihres Gesundheitszustandes durch den Sections-Inspector gegen Leistung
fixirter Gebühren statt.
Die bei der Einschreibung gemachten Angaben werden administrativ auf ihre
Richtigkeit geprüft und auch zu sanitätsstatistischen Zwecken verwerthet.
Sobald eine Amme von ihrer Dienstleistung zurücktritt, wird der ihr ausgestellte
Gesundheitsschein eingezogen. Auf diesem muss der Eintritt in den Dienst und der,
Austritt aus demselben seitens des betreffenden Familienhauptes vermerkt werden
und ist er innerhalb drei Tagen der Section zur Vidimirung vorzulegen.
Findet eine Amme keine Verwendung, so hat sie den jeweiligen Wohnungs-
wechsel bekannt zu geben und sich vor der Uebernahme einer Ammenschaft
neuerlich untersuchen zu lassen. Die gleiche Anzeige hat unter Einziehung des
Gesundheitsscheines stattzufinden, wenn sie Madrid für einige Zeit verlässt; nach
ihrer Rückkehr wird ihr das Attest, sobald die Abwesenheit nicht über zwei Monate
währte, nach vorgenommener Untersuchung zurückgestellt. Bei allfälligem Verluste
dieses Scheines muss sie sich binnen acht Tagen ein Duplicat verschaffen.
— 235 —
Die Bestätigung ihrer Eignung zum Ammendienste wird widerrufen, falls sich
bei ihr während der Ammenzeit eine contagiöse oder übertragbare Krankheit ergibt.
Es erfolgt die Einziehung des Gesundheitsscheines und die Aufforderung, sich der
Behandlung zu unterziehen, sowie unter Strafandrohung das Verbot der geheimen
Ausübung dieses Gewerbes.
Gegen Uebertretung der Vorschriften und Anordnungen werden Geldstrafen
von 5—50 Pesetas verhängt, und kann eventuell die Ausschliessung von jedem
ferneren Ammendienste ausgesprochen werden.
An Taxen haben die Ammen für den Gesundheitsschein 50 Centimes und für
die erste Untersuchung 2 Pesetas und 50 Centimes zu erlegen. Letzterer Betrag ist
auch von den Parteien, welche eine Untersuchung veranlassen oder eine Wiederholung
derselben verlangen, zu bezahlen.
Die Aufnahme von Ammen darf seitens einer Familie ohne Gesundheitszeugniss
nicht erfolgen; das Familienhaupt ist, wie erwähnt, zur Anzeige des Ein- und Aus-
trittes einer Amme verpflichtet, und steht es ihm frei, bei moralischen und gesund-
heitlichen Gebrechen, welche an ihr wahrgenommen werden, die Section hievon in
Kenntniss zu setzen.
(Fortsetzung folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Kaiserliche Verordnung vom 22. Mai | angehörigen im Falle ihrer Erkrankung in
1899, | Italien, sowie jene, welche den italienischen Staats-
angehórigen im Falle ihrer Erkrankung in
R. G. Bl. Nr. 102, . e $ s
Oesterreich oder Ungarn zu gewähren ist, in
womit die Kundmachung des Ueberein- | einer bestimmteren Weise zu regeln und ins-
kommens zwischen Oesterreich-Ungarn und , .
Italien, betreffend die wechselseitige unent- besondere von dem Wunsche geleitet, die
Wirksamkeit der im Jahre 1861 zwischen
geltliche Unterstüzung mittelloser Kranker
Oesterreich und dem Königreiche Sardinien in
vom 25. Juni 1896, angeordnet wird.
Betreff der wechselseitigen unentgeltlichen Be-
handlung mittelloser Kranker ausgetauschten
Erklärungen auf das ganze Königreich Italien
auszudehnen, sind die Unterzeichneten auf
Grund der ihnen zu diesem Zwecke gehörig
ertheilten Vollmachten über Folgendes überein-
gekommen:
Auf Grund des § 14 des Grundgesetzes
über die Reichsvertretung vom 21. December
1367, R. G. Bl. Nr. 141, finde Ich zu ver-
ordnen, dass das Uebereinkommen zwischen
Üesterreich-Ungarn und Italien, betreffend die
wechselseitige unentgeltliche Unterstützung
mittelloser Kranker vom 25. Juni 1896, mit
der Wirksamkeit für die im Reichsrathe ver-
tretenen Königreiche und Länder kundgemacht
werde,
Artikel I. Jeder der vertragschliessenden
Theile verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass
auf seinem Gebiete mittellose Angehörige des
anderen Theiles, welche in Folge einer körper-
lichen oder geistigen Erkrankung Hilfe und
ärztliche Behandlung benöthigen, ebenso be-
handelt werden, wie die eigenen Staatsange-
hörigen, und zwar so lange, bis ihre Rück-
sendung in die Heimat ohne Gefahr für ihre
eigene Gesundheit und für die Gesundheit
Dritter sich bewerkstelligen lässt.
Artikel II. Ein Rückersatz der durch diese
Hilfeleistung und Behandlung, sowie durch die
Uebereinkommen zwischen Oester-
reich-Ungarn und Italien vom 25. Juni
1896,
R. G. Bl. Nr. 103,
betreffend die wechselseitige unentgeltliche
Unterstützung mittelloser Kranker.
In der Absicht, die Hilfeleistung, welche
den österreichischen oder ungarischen Staats-
Beerdigung solcher Personen sich ergebenden
Kosten kann weder aus Staats-, Provinzial-
oder Gemeindemitteln, noch aus irgend einem
anderen öffentlichen Fonde Staates,
welchem die unterstützte Person angehört, an-
jenes
gesprochen werden.
Artikel III. Ein Ersatz der fraglichen
Kosten kann nur in den: Falle verlangt werden,
wenn die unterstützte Person selbst oder andere
Personen, welche auf Grund der bestehenden
gesetzlichen Vorschriften an ihrer Stelle hiezu
verpflichtet sind, die betreffenden Auslagen zu
bestreiten vermögen.
Zu diesem Zwecke verpflichtet sich jeder
der vertragschliessenden Theile, dem anderen
Theile über ein im diplomatischen Wege ge-
stelltes Verlangen den nach den Gesetzen des
Landes zulässigen Beistand zu leisten, damit
diese Kosten, welehe auf Grund der üblichen
Taxen zu berechnen sind, den hiezu Berech-
tigten ersetzt werden.
Artikel IV. Die Kosten, welche bis zu
dem Zeitpunkte, in welchem das gegenwärtige
in Kraft treten wird,
ungarischen Kranken-
Uebereinkommen den
österreichischen und
anstalten aus der Behandlung mittelloser An-
gehöriger der venetianischen Provinzen, sowie ;
der Provinz Mantua, oder den Krankenanstalten
der genannten italienischen Provinzen aus der
Behandlung mittelloser österreichischer oder
ungarischer Staatsanzehöriger erwachsen, wer-
den von den betreffenden Regierungen nach
den bisher geltenden Grundsätzen ersetzt werden.
Artikel V. Der Zeitpunkt, mit welehem
die gegenwärtige Uebereinkunft in Kraft treten `
soll, wird einverstindlich festgesetzt werden,
sobald die durch die Verfassungsgesetze der
contrahirenden Theile vorgeschriebenen Förm-
liehkeiten erfüllt scin werden.
Diese Uchbereinkunft bleibt noch ein Jahr
in Geltung, nachdem der eine oder der andere
der vertragschliessenden Theile seine Absicht, die-
selbe ausser Kraft treten zu lassen, mitgetheilt
haben wird.
Zu Urkund dessen haben
neten die gegenwärtige Uebereinkunft gefertigt
die Unterzeich-
und ihre Siegel beigedriickt.
236
| So geschehen in zweifacher Ausfertigung
Izu Wien am 25. Juni 1896.
Fiir Oesterreich Für Italien:
und für Ungarn:
Der Botschafter Seiner
Majestät des Königs
von Italien bei
k. u. k. Apostolischen
Der Minister des
Aeussern von Oester-
reich-Ungarn: Seiner
Majestät:
Goluchowski m. p. Nigra m. p.
L. S. L. S.
Protokoll.
Bei Unterzeichnung der gegenwärtigen
Convention, betreffend die wechselseitige un-
¡entgeltliche Unterstützung mittelloser Kranker,
ı sind die Gefertigten übereingekommen, namens
der vertragschliessenden Theile zu erklären,
| dass als zwischen ihnen vereinbart zu betrachten
| sei, dass die wechselseitige Refundirung der im
Artikel IV der gegenwärtigen Convention vor-
gesehenen Kosten in zwei, durch ein Jahr von
einander getrennten Fälligkeitsterminen vor sich
gehen kann.
So geschehen zu Wien in zweifacher Aus-
fertigung am 25. Juni 1896.
|
|
|
Für Oesterreich Für Italien:
| und für Ungarn:
Der Botschafter Seiner
| Majestät Königs
von Italien bei Seiner
k. u. k. Apostolischen
Der Minister des
Aeussern von Oester- des
reich-Ungarn:
|
| Majestät:
| Goluchowski m. p. Nigra m. p.
| L. S. L. S.
|
| Wird in Folge vorsteheader kaiserlicher
ias vom 22. Mai 1899, R. G. B.
Nr. 102, mit der Wirksamkeit für die im
hiemit kundgemacht.
Wien, am 22, Mai 1899.
Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder
| Thun m. p.
emgebaut Al el
s D es
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern | in dem k. u. k. Militär-Thierarznei-Institute und
vom 23. Mai 1899, Z. 14535, der thierárztlichen Hochschule in Wien“
adressirt werden, da sonst eine Verzögerung
in dem Geschäftsgange mit den eingelangten
betreffend Einsendung von Untersuchungs- | Qpjecten eintritt, wodurch letztere besonders im
objecten zur Lyssadliagnose. , .
Sommer derart leiden, dass eine Untersuchung
an alle politischen Landesbehörden,
Das Rectorat des k. und k. Militär-Thier- | derselben unmöglich wird.
armei-Institutes und der thierärztlichen Hoch- Mit Beziehung auf den h. o. Erlass vom
schule in Wien hat das Frsuchen gestellt, dass | 23. September 1895, Z. 28202*), wird die
seitens der politischen Behörden Sendungen von | k. k....... eingeladen, hievon die unter-
Thiercadavertheilen, Hundeköpfen ete. behufs | stehenden Bezirksbehörden zur Darnachachtung
Constatirung der Lyssa nicht an „das k. u. k. | in Kenntniss zu setzen.
Militär-Thierarznei- Institut“, sondern direct an | ———_——
.die Station für diagnostische Thierimpfungen | *) Siehe Jahrg. 1895 d. Bl., S. 435.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Die k. k. Seebehörde hat mit
Erlass vom 7. Juni d. J., Z. 6462, in Abänderung des Erlasses vom 31. Mai d. J. (siehe
S. 219 d. Bl.) die nachfolgenden Veifügungen getroffen:
Aus Alexandrien kommende Schiffe sind im Grunde der Sanitätsconvention von Venedig
1897) als verdächtige zu behandeln, unterliegen daher der sanitären Revision, Desinfection,
Entfernung des Sodwassers und Ersetzung des an Bord befindlichen Trinkwassers durch anderes
gutes Wasser.
Die in der gedachten Convention vorgesehene, vom Tage der Abfahrt zu rechnende
lWtágige Ueberwachung hat, sofern die Reise kürzer als 10 Tage dauerte, und wenn die erste
ärztliche Visite ungünstige hygienische Verhältnisse des Fahrzeuges ergab, in der Weise statt-
znfinden, dass die sanitäre Revision an Bord oder in einem Seelazarethe wiederholt vor-
genommen wird.
Die Zeit, während welcher das Schiff und die Passagiere zurückzuhalten sind, wird von
Fall zu Fall nach dem Ergebnisse der sanitären Revision und unter Berücksichtigung, dass sie
einschliesslich die Fahrtdauer 7 Tage nicht überschreite, bemessen.
Falls die Fahrt länger als 10 Tage dauerte, erfolgt die Zulassung zum freien Verkehr
ohne weitere Beschränkungen, vorausgesetzt, dass nicht ungünstige Verhältnisse an Bord zu
besonderen Massnahmen berechtigen.
Die übrigen im Cireularerlasse vom 17. Juni 1897, Z. 5654, (siehe Jahrg. 1897 d. BI.
S. 267) enthaltenen Bestimmungen der genannten Convention bleiben aufrecht und haben
strenge Anwendung zu finden.
Die Ankunft eines Schiffes aus den Häfen von Aegyten, sowie das Ergebniss der sani-
tären Revision desselben muss sofort an die Seebehörde angezeigt werden.
Aegypten. Aus Alexandrien wurde am 13. und 14. Juni je eine, am 15. und 16. Juni
je zwei Erkrankungen und innerhalb derselben Zeit 4 Todesfälle gemeldet.
Auf den in Alexandrien ausgestellten Schiffspässen wird angemerkt, unter welchem Datum
der letzte Pestfall isolirt wurde.
Ueber Beschluss der Permanenz-Commission des internationalen Sanitätsconseils findet auf
Provenienzen aus Hongkong das Pestreglement Anwendung.
Griechenland. Alle aus ägyptischen Häfen, sowie aus Häfen des Rothen Meeres kommende
Schiffe unterliegen einer effectiven 11tigigen Quarantaine, in welche die Ueberfabrtezeit nicht
eingerechnet wird.
— 238 —
Hongkong. In der Woche vom 23.—29. Mai wurden 28 Erkrankungen und 34 Todes-
fälle, in der Woche vom 30. Mai bis 5. Juni 64 Erkrankungen und 52 Todesfälle an Pest
constatirt.
Italien. Für die Durchführung der angeordneten seesanitätspolizeilichen Massregeln gegen-
über Provenienzen aus pestverseuchten Gegenden wurden ausschliesslich die Häfen von Genus,
Livorno, Neapel, Nisida, Palermo, Messina, Brindisi und Venedig bestimmt.
Britisch-Indien. In den 2 Wochen vom 16.—29. Mai kam in Bombay 232, beziehungs-
weise 142 Erkrankungs- und 180 beziehungsweise 137 Todesfälle an Pest vor.
Türkei. Auf dem Dampfer ,,Haideri“, welcher mit Pilger aus Djeddah kam, wurde in
Bassorah 1 Pestfall constatirt, das Schift in das Lazareth dirigirt, wo es nebst den ausgeschifften
Pilgern 15 Tage in Quarantaine bleibt.
In Djeddah ist die Pest erloschen.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 4. Juni bis
10. Juni 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bobrka: Berteczow 1*), Dobrowlany 1*),
Stezulki 1 und Zagoreszko 2; Bohorodezany: Grabowiec 7 und Molotkow 4; Borszczow:
Burdiakowce 2*), Krzyweze dolne 1, Krzyweze gorne 1, Skala 5*) und Slobodka turylecka 1*);
Buczacz: Buczacz 1; Czortkow: Ulaszkowce 1 und Zablotowka 2*); Dobromil: Piatkowa 1;
Gorlice: Kunkowa 1*) und Rzepiennik suchy 1; Horodenka: Chmielowa 1, Czernelica 7,
Czerniatyn 3, Czortowiec 5 und Obertyn 2; Husiatyn: Chlopowka 1, Czabarowka 1, Nizborg
stary 3 und Tlustenkie 1; Kolomea: Winograd 1 und Kulaczkowce’1; Kosow: Jasieniow
gorny 2*), Krzyworownia 3*) und Tudziow 1; Krosno: Odrzykon 1 und Targoweska 6;
Nadwörna: Delatyn 1*), Jablonica 1*) und Polanica czemegowska 7*); Peczeniczyn: Run-
gury 1*); Przemysl: Przemysl 7; Rohatyn: Oskzesnice 3; Rzeszow: Bialka 1*), Blazowa 4,
Kakolowka 2, Piatkowa‘2*), Staroniwa 1*) und Straszydle 1*); Skalat: Kat 1*) und Soroka 3;
Sniatyn: Borszezow 2*), Nowosielica 1, Sniatyn 1*), Trojca 3*) und Widynow 5; Stanislav:
Knihinin 2*); Staremiasto: Staremiasto 1; Tlumacz: Delawa 1; Zbaraz: Huszczanka 3,
Kujdance 1, Lubianki nizsze 1 und Ochrymowce 2;
in der Bukowina in der Stadt Czernowitz 1, in den politischen Bezirken Czerno-
witz; Raraneze 2*); Wiznitz: Ispas 1 und Wiznitz 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 4. Juni bis
10. Juni 1899;
in Galizien, in den politischen Bezirken Bohorodezany: Lachowce 3; Brzezany:
Kozlow 2; Buczacz: Medwedowce $; Cieszanow: Lubaczow 1; Dobromil: Piatkowa 1;
Husiatyn: Kociubince 4, Kopycezynce 2, Myszkowce 4, Nizborg nowy 1, Nizborg stary 2,
Nizborg szlachecki 1, Postulowka 4, Rakow kat 1, Rudki ad Suchostaw 1 und Samoluskowce 2;
Jaworow: Kurniki 16*) und Zawada 6%); Kalusz: Medynia 8; Kamionka stru-
milowa: Dziedzilow 10, Suszno 7 und Wyrow 1; Kolbuszowa: Zembrza 4; Kolomea:
Kolomea 8; Mosciska: Artamowska wola 5%), Zakosciele 3*), Twierdza 2*) und Tuliglowy 2;
Nisko: Jezowa 1; Przemyslany: Zamoscie 1 und Zeniow 1; Rawa: Alewczany 4*,,
Krzewica 7*), Rawa 2, Rzeczyca 3*) und Szezerzec 6*); Rudki: Ostrow 2; Rzeszow:
Chmielnik 2%); Sanok: Strachocina 7*); Sniatyn: Kniaze 2 und Oleszkow 1; Sokal:
Belz 1*) und Dobraezyn 2; Stanislau: Sapahów 2; Stryj: Stansko 3; Tarnopol:
Dubowce 2%) und Ihrowica 1; Wadowice: Stanislaw gorny 4; Zloczow: Remizowce 1;
Zydaczow: Piaseczna 2.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
SS BE Dr REDE BET BR er pp er EECHER,
Verantwortlicher Reüacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasger in Wien.
‚ Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dre. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmastrasse 15
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direster Postsusendung ganzjährig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. wien, 29. Juni 1898. Nr. 26.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanititsrathes. — Das öffentliche Gesundheitswesen
in Spanien. (Fortsetzung.) — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass des Ministeriums des Innern,
betreffend die Verwendung von Tabakextract zur Ungeziefervertilgung. — Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes am 24. Juni d. J. beglückwünschte
der Vorsitzende Ober-Sanitätsrath Hofrath Prof. Dr. A. Ritter v. Vogl den Sanitäts-
referenten im k. k. Ministerium des Innern Dr. Em. Ritter v. Kusý zur Aller-
höchsten Auszeichnung durch Verleihung des Titels und Characters eines Sections-
chefs, wofür dieser seinen Dank aussprach und sich die Unterstützung des Obersten
Sanitätsrathes für die Sanitätsverwaltung erbat.
Hierauf referirte Sectionschef Dr. Em. Ritter v. Kusy über die auf die Pest
in Alexandrien und Asien bezüglichen Vorkommnisse und sanitätspolizeilichen
Massnahmen, weiter über die Qualification der Bewerber um erledigte Oberbezirks-
arztesstellen in Böhmen und in Oberösterreich.
Ferner gelangten zur Verhandlung: Ein Gutachten über die Einführung
desVeterinärunterrichtes an denlandwirthschaftlichen Schulen
(Referent: Ober-Sanitätsrath Prof. Dr. St. Polansky Namens eines Specialcomites);
ein Gutachten tiber die Zulässigkeit der Verwendung von gewissen, in Ver-
kehr gebrachten pharmaceutischen Präparaten zur Substitution von
officinellen und nichtofficinellen pharmaceutischen Präparaten und Arzneiformen
(Referent: Ober-Sanitätsrath Prof. Dr. A. Ritter v. Vogl Namens des pharmaceutischen
Comites).
Schliesslich gelangte ein Initiativantrag der Ober-Sanitätsräthe Prof. Dr. Max
Gruber und Prof. Dr. Weichselbaum, betreffend den Arbeitsbeirath, zur
Berathung und Beschlussfassung.
26
-- 240 —
Das öffentliche Gesundheitswesen in Spanien.
Bericht des Delegirten zum IX. internationalen Congresse für Hygiene und Demographie in Madrid.
Statthaltereirath Dr. A. Bohata, k. k. Landes-Sanitätsreferent in Triest.
(Fortsetzung)
Wie alle anderen sanitären Einrichtungen unterstehen auch die in den Provinzen
vorhandenen Impfinstitute der Oberaufsicht des Gouverneurs.
Am Sitze der Centralregierung wurde mit königlichem Decrete vom 24. Juli 1871
ein Staatsinstitut für Impfung geschaffen, welches schon damals der königlichen
Akademie der Aerzte unterstellt war. In dem citirten Decrete war es als dessen
Aufgabe bezeichnet, nicht nur die Impfung und Wiederimpfung zu verbreiten und
die humanisirte Lymphe zu erhalten, sondern auch Forschungen über die Blattern-
epidemien des Reiches und deren anderweitige Bekämpfung anzustellen und Vor-
schläge zu einer Statistik derselben zu erstatten.
Nach späteren Erlässen, zuletzt jenem vom 23. November 1885 scheint die
Thätigkeit dieses Institutes nur auf das eigentliche Impfgeschäft beschränkt zu sein,
nachdem als solche bezeichnet wird: Die Erhaltung der Kuhpockenlymphe durch
successive Impfungen auf Kälber, die Besorgung der öffentlichen Impfung und
Wiederimpfung in Madrid und der Versandt der Lymphe in die Provinzen.
Die Leitung dieses Institutes obliegt dem Präsidenten der Akademie der Aerzte,
und fungiren daselbst nebst einem Chefarzte fünf Impflärzte.
Ausser mehreren Privatinstituten bestehen jedoch in den Provinzen auch von den
Provinzialausschüssen subventionirte Institute, die den Gouverneuren unterstellt sind, wie
z.B. in Barcelona, Valencia, Cadix und Sevilla. Letztere Anstalt bediente sich schon 1874
der animalen Vaccine und gelang es ihr nach Hauser allmälig festen Fuss zu
fassen, den Widerstand der Bevölkerung zu beseitigen und das Impfgeschäft den
Händen von Barbieren und alten Weibern zu entziehen.
Die Einführung der Impfung in Spanien datirt aus dem Jahre 1815, indem mit dem
königlichen Decrete vom 14. August j. J. in allen Spitälern ein Raum zur unentgelt-
lichen Impfung für Kinder bestimmt, und die Operation den angestellten Chirurgen
anvertraut wurde Am 30. November 1833 erging eine königliche Ordre an alle
Gouverneure und Bürgermeister, mit welcher die Zulassung ungeimpfter Kinder in die
öffentlichen Schulen untersagt wurde. Weitere Erlässe, worunter jener vom 12. Juni 1858
die Gewinnung des animalen Impfstoffes behandelte, bezweckten, der Schutzimpfung
eine grössere Verbreitung zu geben.
Als während des deutsch-französischen Krieges die Folgen der Vernachlässigung
dieser prophylactischen Massnahme in erschreckender Weise sich fühlbar machten,
wurde mit Decret vom 30. December 1870 die obligatorische Impfung und Wieder-
impfung für alle Personen angeordnet, welche in öffentlichen Anstalten und Straf-
häusern untergebracht sind oder aufgenommen werden, somit auch für alle Kranker,
wenn ihr Zustand es gestatte. In den Spitälern musste eine Trennung der Blatternden
von den übrigen Kranken durchgeführt werden. Ebenso wurde die Impfung und
Revaccination für die gesammte Mannschaft des stehenden Heeres und der Marine
obligatorisch gemacht.
Trotz dieser, in den nächsten Jalrren sich wiederholenden Aufträge scheint die
Impfung nur beim Militär genau zur Durchführung gelangt zu sein, nachdem bis in
die jüngste Zeit ihre Wirkung eine geringe geblieben ist, wie dies die Mortalität an
Blattern unter der Civilbevölkerung darthut.
Nach den seit dem Jahre 1888 eingeführten, jedoch immer noch lückenhaften
Veröffentlichungen der Generaldirection für Gesundheit über Todesfälle an Infections-
krankheiten in den 47 Provinzen ergab sich für dieses Jahr eine ganz ausserordent-
liche Sterblichkeit an Blattern, da auf 36 ausgewiesene Provinzen mit rund 12 Millionen
— 241 —
Einwohnern 14.378 Todesfälle, also 111 auf 100.000 Lebende entfielen. Speciell hatten
die nn Madrid (483.000 Einwohner) 272 und Barcelona (272.000 Einwohner)
506 Todte.
Das Jahr 1890 brachte Madrid eine mörderische Epidemie; die Anzahl der Opfer
bezifferte sich auf 2712 und betrug noch 1891 490 Fälle.
In dem Jahre 1891 wurden aus 37 Provinzen 9081 Todesfälle an Blattern
gemeldet, 1892 aus 30 Provinzen 6854 und im Jahre 1893 aus 23 Provinzen 5194.
Wie viele in den anderen Provinzen vorkamen, blieb unbekannt. Aber selbst
im Jahre 1896 forderten in Madrid die Blattern (August— December) 539 Opfer;
und für 1897 weist das statistische Wochenbulletin der Stadt 202 Todesfälle aus,
von denen 46 auf Erwachsene kamen.*)
Von der Verwüstung, welche Blattern in Spanien anrichten, zeigen auch die
vielen Pockennarbigen und Blinden, denen man in den Städten auf Tritt und Schritt
begegnet.
Das letzte Glied in der staatlichen Organisation der Sanitätspflege bilden die
Municipien (Ayantamientos) mit dem Alcalden (Bürgermeister) an der Spitze, welcher
von der Regierung ernannt wird und dem Gouverneur der Provinz untergeordnet ist.
Er ist der Vorsitzende der municipalenGesundheitsjunta, die sich aus
Aerzten, einem Pharmaceuten, einem Veterinär, den Vorständen der städtischen
chemischen Laboratorien, den städtischen Ingenieuren und aus Stadtvertretern
zusammensetzt. Mitglieder dieser Junta sind in den Küstenstädten auch die Hafen-
capitine und Hafen-Sanitätsdirectoren.
Ausser der Vollziehung der von der Regierung erlassenen Ordres obliegt der
städtischen Sanitätsverwaltung die ständige Vorsorge für die Regelung und Ver-
besserung der localen Gesundheitsverhältnisse und saritären Einrichtungen auf Grund
des municipalen Reglements. Sie umfasst daher sowohl die Hygiene der Stadt in
Bezug auf Reinhaltung der Strassen, Wasserleitungen, Mehrungsabfuhr, die Wohnungs-
hygiene und Controle tiber die öffentlichen Anstalten, Märkte, Schlachthäuser und
Industrien, das Leichenwesen und die Friedhöfe, als auch die Massnahmen gegen
endemische, epidemische und epizotische Vorkommnisse und deren Evidenzhaltung.
Zu diesem Zwecke ist ein municipales Sanitätspersonal: Aerzte, Pharmaceuten und
Thierärzte vorhanden, und obliegt weiter den Gemeindeärzten die Besorgung des
ärztlichen Dienstes in den Wohlthätigkeitsanstalten und die Armenbehandlung.
In den grösseren Capitalen der Provinzen sind munieipale Laboratorien für
Untersuchung der Nahrungsmittel und für bacteriologische Studien eingerichtet.
Die Verheerungen, welche die Cholera in den Jahren 1884 und 1885 in vielen
Landestheilen anrichtete, rüttelten so manche Municipien aus ihrer Apathie auf, und
während in früheren Zeiten zur Besserung localer Zustände nichts oder wenig
seschab, begannen vor Allem in grösseren Städten Assanirungen sich bemerkbar
zu machen, wie in Alicante, Barcelona, Cadix, Jerez, Madrid, Malaga und Sevilla. Der-
artige Bestrebungen mehren sich in der jüngsten Zeit ersichtlich, wie bezügliche, in
der Ausstellung des Congresses vorgefiihrte Projecte für Cartagena, Coruña, Leòn,
Murcia, Oviedo uad Valladolid erkennen lassen.
Wie sehr noch die städtische Hygiene vor einem Dutzend von Jahren im
Argen lag, illustrirt eingehend Dr. Hauser in seinen erwähnten Werken und geht
auch hervor aus einem Erlasse des Madrider Alcalden vom 7. Juni 1885. In
diesem wurde die tägliche Reinigung der Strassen, Höfe und Stallungen und
die Abfuhr der Mehrung angeordnet, das Verbot der Zucht von Schweinen,
Geflügel und anderen Nutzthieren in der Stadt ausgesprochen und die Schliessung
aller Wäschereien befohlen, die unzulängliches und unreines Wasser besassen. Für
*) Solche Ausweise über Todesfälle ın Infectionskrankheiten wurden durch ein Rundschreiben
der Generaldirection vom 1. August 1888 an die Alcalden für alle Städte von 10.000 Einwohnern
aufwärts angeordnet.
26°
— 242 --
die Wäschereien wurden besondere Plätze bestimmt, speciell auch für die Schmutz-
wäsche aus Spitälern und Anstalten, die nur in desinfieirtem Zustande ausgeführt
werden durfte, und weiter die Reinigungsstellen in Manzanares für Färbereien,
Gerbereien und ähnliche Gewerbe aus der Nähe der Bäder entfernt, sowie ihre
Beaufsichtigung dem Vorstande des stidtischen Laboratoriums übertragen.
In demselben Erlasse wurde das Publicum aufgefordert, Proben gefälschter
oder verdächtiger Nahrungs- und Genussmittel zur unentgeltlichen Prüfung
an das gedachte Laboratorium abzugeben. Gegenwärtig findet durch den Municipal-
adjuncten und die Gesundheitsjunta die Revision der bezüglichen Verschleissläden
statt, und sind hiezu auch die Functionäre des Laboratoriums und die Veterinär-
inspectoren ermächtigt.
Jeder Käufer kann verlangen, dass zum Zwecke der Analyse ein Muster der
Waare in drei Partien abgetheilt werde, von denen je eine in den Händen des
Käufers und Verkäufers verbleibt, und die dritte an das Laboratorium übermittelt
wird. Im Falle sich die Waare als schlecht erweist, hat der Municipaladjunct in
officieller Form aus dem Geschäfte eine neuerliche Probe zu entnehmen. Bestätigt
sich die Verfälschung oder Schädlichkeit der Substanz, so verfällt der Verkäufer
nicht nur einer Strafe und dem Ersatze des vom Kiufer entrichteten Preises, sondern
muss auch die Kosten der Analyse tragen. Der Verkäufer kann in keinem Falle
Unkenntniss über die Beschaffenheit seiner Waaren vorschützen, da es ihm zukommt.
sie durch das Laboratorium prüfen zu lassen. Die qualitative Untersuchung vor
Brot, Fleisch, Fische, Milch, Oel, Wein und Branntwein wird auf Verlangen für
Jedermann ohne Entgelt vorgenommen.
Uebrigens wendet vor Allemdie Centralregierung der Untersuchung von Weinen und
alkoholischen Getränken und der Kunstweinfabrikation eine besondere Sorgfalt zu, wie
dies aus wiederholten Erlässen zu entnehmen ist. So wurden mit königlichem Decrete vom
15. October 1887 die in der Provinz Barcelona befindlichen Kunstweinfabriken
geschlossen und die Besitzer derselben mit Strafen belegt.
Ein ausführliches Decret vom 9. December 1887 normirt die Errichtung von
20 Laboratorien für die Weincultur; jene von Madrid, Santander, Cadıx, Barcelona,
Alicante und San-Sebastian bilden Generaldepöts für alle Provinzen, und sollen diese.
wie die Provinzialdepöts, den Käufern Proben zur Verfügung stellen. Diese Laboratorien
unterstehen dem Ministerium für Volkswirthschaft, haben die Prüfung von Wein
und Spirituosen auf Verlangen der Producenten oder Käufer vorzunehmen, den
Behörden über alle vorgefundenen Fälschungen zu berichten und sich mit der Hebung
der Weincultur zu beschäftigen.
In einem weiteren Erlasse vom 30. Jänner 1888 werden die Gouverneure der Pro-
vinzen angewiesen, den Verkauf von Weinen und Spirituosen, welche schädliche
Stoffe enthalten, strafrechtlich verfolgen zu lassen, und solche Getränke für den
Consum unbrauchbar zu machen.
Auf Grund des Gutachtens der königlichen Akademie der Medicin und des
königlichen Gesundheitsrathes sind Weine als verfälscht zu erklären, wenn sie ent-
halten: Unreine Industrie-Alkohole, Salicylsiiure und andere antiseptische Stoffe, fremde
Farbstoffe jeder Art, künstliche Glukose, Stärkezucker und Glycerin.
Das Decret vom 11. März 1892 untersagte auch den Zusatz von Borsäure,
Alkalicarbonaten, Bleiglätte, aller Metallsalze, Säuren, Bouquetstoffen, von Aether
und Essenzen.
Mit demselben Decrete wird strengstens die Bezeichnung als Wein für Getränke
verboten, welche nicht aus dem Traubensafte durch Gährung gewonnen wurden.
Ohne Rücksicht auf strafrechtliche Folgen hat der Gouverneur bei constatirter
Uebertretung mit einer Geldstrafe bis zu 500 Pesetas, im Rückfalle mit einer
solchen und der Schliessung eines derartigen Geschäftes bis nur zu einem Jahre (.)
— 243 —
vorzugehen, wogegen dem Betroffenen innerhalb 14 Tagen der Recurs an das Ministerium
für Volkswirthschaft offen steht.
Als Nachhang zu diesem Decrete erschien unterm 2. December 1892 ein aus-
führliches Reglement über das Vorgehen gegen Fälschungen des Weines und
alkoholhältiger Getränke. In letztere wurde auch der Essig einbezogen, und darf als
solcher nur jenes Product verkauft werden, welches durch die Essigsäuregährung
des Weines gewonnen ist und dem Gewicht nach wenigstens 4 Procent Essigsäure
enthält.
Die Civilgouverneure in den Hauptstädten, respective die Alcalden in den
Municipalbezirken sind mit der Ueberwachung betraut, und sind zur amtlichen
Visitirung Chemiker oder sonst geeignete Personen zu verwenden. Wurde von diesen
eine Fälschung nachgewiesen, so ist eine zweite Probe dem Gouverneur zu tiber-
mitteln, und hat dieser die neuerliche Analyse an dem staatlichen oenotechnischen
Laboratorium, bei Abgang eines solchen an einer municipalen Untersuchungsanstalt zu
veranlassen. Nach Erhalt der binnen 14 Tagen durchzuführenden Analysejund nach
Begutachtung seitens des Gresundheitsrathes und des Provinzialrathes fiir Landwirthschaft,’
Industrie und Handel entscheidet der Gouverneur unter Offenlassen des Recurses an das
Ministerium für Volkswirthschaft. Die Kosten der Untersuchungen hat der Schuldige zu
tragen ; erweist sich der Verdacht als ungerechttertigt, fallensiedem Privatanzeiger zur Last.
Endlich beschäftigt sich mit diesem Gegenstande das königliche Decret vom
27. Juli 1895, und möge daraus nur erwähnt werden, dass nach Anhörung des
königlichen Gesundheitsrathes das administrative Verfahren des Weiteren ausgestaltet
und die Errichtung eines nationalen Institutes für Bacteriologie und Hygiene in
Aussicht genommen wurde, wobei dieses als Centrallaboratorium zu dienen hätte.
Bis zu dessen Errichtung fungirt als letzte technische Instanz die oenologische
Centralstation in Madrid.
Ein weiterer Fortschritt auf dem Gebiete der Sanitätspflege wurde durch das
königliche Decret vom 17. Februar 1836 herbeigeführt, welches die Anlage neuer
Friedhöfe betrifft.
Im Anfange dieses Jahrhunderts gab es überhaupt nur in wenigen grösseren
Städten öffentliche Friedhöfe, indem Bemittelte in den Kirchen je nach der Höhe
der erlegten Taxen an mehr oder minder bevorzugten Stellen begraben wurden.
Aus diesen wurden die Ueberreste nach einer Reihe von Jahren in Beinhäuser
übertragen, welche sich im Umkreise der Kirchen befanden, um zuletzt, wenn
diese Ossarien überfüllt waren, auf einem eingefriedeten Anger verscharrt zu werden,
wo sich auch die Massengräber für Arme befanden.
Dieser Zustand dauerte z. B. in Sevilla bis zum Jahre 1820, in welchem
Jahre das Verbot des Begrabens innerhalb der Städte erging, und es zur Errichtung
von Friedhöfen durch Privatunternehmer kam. Späterhin errichtete die Gemeinde
einen eigenen Friedhof, um die Ausbeutung der Bevölkerung durch jene Unternehmungen
zu beschränken und entschloss sich erst 1852 zur completen Anlage eines städtischen
Friedhofes.
Aber auch dieser entspricht nicht den sanitären Erfordernissen; die Unterbringung
der Leichen des bemittelten Standes findet entweder in Nischen oder in Gräbern
von 1 Meter Tiefe statt, jene der Armen in Sammelgräbern von 84 Meter Länge,
420 Meter Breite und 3°30 Meter Tiete. Mehr als die Hälfte der im jährlichen Mittel
bis 4000 betragenden Verstorbenen finden ihre letzte Ruhe in diesen Gruben.
Madrid verfügt über geordnetere Einrichtungen, und wurden in den 5 Friedhöfen
die Massengräber aufgehoben. Jedes Grab soll eine Länge von 2 Meter, eine Breite von
84 Centimeter und eine Tiefe von 2:40 Meter haben und allseitig von den übrigen Gräbern
60 Centimeter abstehen. Alle Leichen müssen 2—3 Centimeter hoch mit Aetzkalk be-
deckt werden, und hat die Erdschichte des Grabes wenigstens 1'/, Meter zu betragen.
-- 244 —
Das Begräbniss darf nicht vor 24 Stunden nach Eintritt des Todes vollzogen
werden; bei Leichen mit rascher Zersetzung oder aus unzulänglichen Wohnräumen,
oder wenn der Tod Folge von Infectionskrankheiten ist, muss deren Ueberfiihrung in
die Friedhofshallen binnen 6 Stunden stattfinden.
Aus den Bestimmungen für die Madrider Friedhöfe lässt sich entnebmen, dass
noch vor nicht langer Zeit Kindesleichen im Arme oder auf dem Rücken zum
Friedhofe getragen wurden; ein Gebrauch, der ausdrücklich verboten wird.
Das vorgedachte königliche Decret centralisirt die Neuschaffung von Fried-
höfen, indem die Erlaubniss hiezu der obersten Staatsverwaltung vorbehalten bleibt.
Das hiebei einzuhaltende, ziemlich complicirte Verfahren ergibt sich aus Nach-
stehendem:
Sobald eine Stadtverwaltung die Errichtung eines neuen Friedhofes beabsichtigt.
hat sie durch einen Architekten oder Ingenieur einen Plan ausarbeiten zu lassen,
aus welchem zu entnehmen sind: die Fläche des projectirten Friedhofes, seine mittlere
Entfernung von der Ortschaft, seine Lage rücksichtlich der Himmelsgegend, und zwar
emit Beziehung auf die herrschende Windrichtung, sowie die genaue Angabe der
geologischen Verhältnisse des Terrains. Dieser Plan ist durch einen zweiten zu ver-
vollständigen, auf welchem die Vertheilung der Baulichkeiten auf dem Friedhofe,
und zwar der Capelle, der Wohnungen für den Caplan und das Kirchhofspersonal,
der Leichenhalle und des Aufbewahrungsraumes für die Beerdigungsgerithschaften
und endlich die Einfriedung des Begräbnissraumes für Akatholiken ersichtlich zu
machen ist.
Die Gemeindeärzte sind berufen, in einem besonderen Berichte die hygienischen
Verhältnisse der neuen Friedhofsanlage, ihre Entfernung von Flüssen und Wasser,
läufen, sowie Alles zu erörtern, was zur Würdigung des gewählten Platzes beizutragen
vermag. Ausserdem, dass in diesem Berichte die Anzahl der Todesfälle im letzten
Decennium und das zehnjährige Mittel nachzuweisen ist, obliegt es auch noch dem
Municipium darzulegen, für wie viele Jahre der beabsichtigte Friedhof mit Rücksicht
auf die jährliche Leichenzahl genügen werde, da ein solcher zum Mindesten für
20 Jahre auszureichen hat, und sonach innerhalb dieses Zeitraumes eine Entfernung
von Todtenresten nicht stattfinden darf.
Alle diese Vorarbeiten und Berichte sind dem Gouverneur vorzulegen, welcher
hierüber das Gutachten der Provinzialgesundheitsjunta und der Architekten der
Deputation einholt und alsdann das gesammte Actenmaterial der Generaldirection
tür Wohlthätigkeit und Gesundheit überliefert. Hiebei darf schon von der Provinzial-
behörde nur jenes Project berücksichtigt werden, bei welchem die für den Friedhof
in Aussicht genommene Stelle wenigstens 2 Kilometer von dem letzten Hause des
Ortes entfernt liegt, wenn dieser 20.000 Einwohner oder mehr zählt. In Ortschaften
mit einer Bevölkerung von unter 20.000—5000 Einwohner genügt eine Distanz von
1 Kilometer, bei weniger als 5000 Einwohner eine solche von einem halben Kilo-
meter.
Die Generaldirection leitet den vollständigen Bericht an den königlichen Gesund-
heitsrath zur Abgabe seiner gutächtlichen Aeusserung. Je nach dem Ausfalle der-
selben beantragt endlich die Generaldirection die Genehmigung oder Verwerfung
des Projectes bei Ihrer Majestät, und obliegt dann die Kundgebung der Entscheidung
dem Minister des Innern.
Im Nachhange zu diesem Erlasse folgte eine königliche Verordnung vom
5. April 1889 betreffend den Vorgang bei Beförderung von Leichen. Ihr
Abtransportirung darf nur genehmigt werden, wenn die Leichen einbalsamirt wurden,
oder falls sie exhumirt werden müssen, bereits zwei Jahre seit der Beerdigung
verHossen sind.
(Schluss folgt.)
— 245 —
Sanitatsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministerium des Innern |
vom 17. Mai 1899, Z. 15587,
an alle politischen Landesstellen,
betreffend die Verwendung von Tabakextract
zur Ungeziefervertilgung.
Laut Zuschrift des k. k. Finanzministeriums
vom 4. Mai d. J., Z. 16952, hat die General-
direction der Tabakregie zur Kenntniss des ge-
nannten Ministeriums gebracht, dass der Ver-
schless an Tabakextract, welcher als vorzüg-
liches Mittel zur Vertilgung von Pflanzenschäd-
lingen allgemein unerkannt wird, immer noch
sehr geringfügig ist,
darauf zurückzuführen sei,
der Verwendung des Tabakextractes und die
Verschleissstellen desselben den Gärtnern und
was zum grossen Theile
dass die Vortheile
Landwirthen zu wenig bekannt sind.
Mit Rücksicht hierauf wird die k. k.....
über Ersuchen des k. k. Finanzministeriums
eingeladen, die unterstebenden politischen Be-
zirksbehörden anzuweisen, die Veröffentlichung
über den Tabakextract“ in den Amtsblättern
zu veranlassen.
Mittheilungen über Tabakextract.
Der Tabakextract wird bei den k. k. Tabak-
fabriken durch Abdampfen des bei der Virginier-
Cigarrenfabrication beim Auslaugen der Roh-
stoffe erhaltenen Wassers gewonnen. Derselbe
wird auf 40-41 Grad Beaumé eingedickt, an
Landwirthe und Gärtner abgegeben und ent-
hält in diesem Zustande 8:0 bis 9°4 Procent
Nicotin.
|
|
der im Anschlusse mitfolgenden ,Mittheilungen
Mit gutem Erfolge wird der Extract in
angemessener Verdünnung zur Vertilgung von
auf Obstbäumen und Pflanzen der Garten- und
Feldeultur lebenden schädlichen Inseeten (Spin-
nen, Raupen, Blattläusen etc.) verwendet.
Die Anwendung des Extractes erfolgt am
besten durch Bespritzen der Pflanzen. Hiebei
soll eine Lösung mit weniger als 5 Procent
Tabakexctract gebraucht werden, weil sonst
zarte Pflanzen leicht geschädigt werden können.
Die Pflanzenschädlinge sind gegen den
Tabakextract verschieden empfindlich, am em-
pfindlichsten die nackten oder dünnhäutigen,
am widerstandfähigsten die mit Haaren, Chitin-
panzern oder sonstigen Schutzdecken bewehrten
Schädlinge, unter diesen namentlich die Käfer.
Gegen die Raupe des Kohlweisslings war
jedoch eine fünfprocentige Tabaklauge ohne
Erfolg, während für Blattläuse (Aphiden) schon
eine einprocentige Tabaklauge, für Milben
(Acariden) eine zweiprocentige, für Spinnen
(Arachnoiden) und dünnhäutige, schwächer be-
wehrte Insecten eine drei- bis fünfprocentige
Lösung genügte.
Durch einen Zusatz
Amylalkohol wird der
solche Insecten wirksam,
diesen Zusatz keine Wirkung erzielt wird.
Der Tabakextract kann von den ärarischen
Tabakfabriken in Budweis, Hainburg, Krakau,
Laibach, Linz und Sacco, dann von den Tabak-
Verschleissmagazinen in Briinn, Graz, Lemberg,
von Spiritus und
Extract auch gegen
an welchen ohne
Prag und Triest und endlich vom Tabakein-
' lösungsamte in Spalato gegen ordnungsmässig
ausgefüllte Tabakextract-Fassungsscheine, welche
in allen Tabakfabriken, bei den landwirthschaft-
lichen Gesellschaften und bei den politischen
Bezirksbehörden erhältlich sind, bezogen werden.
Die Preise stellen sich loco Tabakfabrik
oder Amt
1 Gulden per Blechbüchse mit 1'3 Kilogramm
netto Tabakextract, 3 Gulden per Blechbüchse
mit 5 Kilogramm netto Tabakextract und
12 Gulden ein Fässchen mit 20 Kilogramm
netto Tabakextract.
inclusive Original-Emballage auf:
Vermischte Nachrichten.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Pest blieb bisher auf Alexandrien beschränkt.
Aegypten. Das Auftreten der
In dieser Stadt wurden am 20., 22., 23. und
24. Juni l. J. je zwei neue Erkrankungen an Pest (darunter 4 mit tödtlichem Verlaufe) gemeldet.
Laut amtlicher Mittheilungen sind daselbst seit dem ersten Auftreten der Pest (am 4. Mai) bis zum
17. Juni 1. J. insgesammt 32 Pesterkrankungen mit 10 Todesfällen constatirt worden. Als auf-
— 246 —
fallend wird es bezeichnet, dass auch hier gerade zur Zeit des Ausbruches der Epidemien eine
verheerende Seuche unter den massenhaft vorhandenen Ratten bestanden hat.
Das Permanenzcomit& des internationalen Sanitätsconseils in Alexandrien hat ein Reglement
für die den Suezcanal freiwillig in Quarantäne transitirenden Schiffe ausgearbeitet. Nach dem
Inhalte desselben sollen solche Schiffe behufs Verminderung jedweder Berübrung mit infections-
verdächtigen Personen, beziehungsweise mit den als verseucht erklärten Häfen von Suez und
Port Said, von Piloten geleitet werden, welche bis zu ihrer in der Regel nach Ablauf eines
Monates erfolgenden Dienstesablösung andauernd auf Lazarethschiffen isolirt und hinsichtlich
ihres Gesundheitszustandes genauestens überwacht werden.
Britisch-Indien. In Bombay sind in der Woche vom 30. Mai bis 5. Juni 1. J. 100 Er-
krankungen und 64 Todesfälle an Pest vorgekommen.
Italien. Das königlich italienische Ministerium des Innern hat die Einfuhr von ge-
brauchten Effecten und Hadern mittelst Postpaketen verboten.
Türkei. Zufolge Conseilsbeschlusses wurde die Quarantäne gegen Provenienzen aus
Aegypten von 10 auf 12 Tage erhöht.
Cholera in Britisch-Indien. Laut amtlichen Mittheilungen sind in Britisch-Indien vom
1. März bis 23. Mai insgesammt 515 Todesfälle an Cholera vorgekommen (darunter in den
Städten Bombay und Calcutta 16, beziehungsweise 50).
In Kurachee ist in der zweiten Hälfte Mai eine heftige Choleraepıdemie ausgebrochen.
Die Zahl der Todesfälle stieg bis zu 246 an einem Tage. Die Epidemie nahm rasch ab, als in
den am meisten in Mitleidenschaft gezogenen Stadttheil unverdächtiges Trinkwasser zugeleitet wurde.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 11. Juni bis
17. Juni 1899:
in Galizien, in den Städten Krakau 3, Lemberg 2*) und in den politischen Be-
zirken: Bochnia: Chobot 3*), Nowa wins 2, Wiznicz 2 und Wola zabierzowska 3; Bobo-
rodezany: Grabowice 1, Molotkow 1; Borszczow: Germakowka 2, Skala 2; Brzozow:
Lipnik 1*); Buezacz: Barysz 6*), Dubienko 5, Koropiee 6; Chrzanow: Chrzanow 1;
Czortkow: Uhryn 1*), Zablotowka 1*); Horodenka: Czortowiee 1, Komiow 1, Semnnowka 2;
Kolomea: Winograd 8; Kosow: Jasiegiow gorny 2*), Joworow 5, Krzyworownia 6*), Przech-
restne 3*), Rybno 2; Krosno: Odrzykon 2; Nadworna: Borsuczna 1*), Wolosow 4*::
Nisko: Kamien 1; Podgorze: Podgorze 1; Przemysl: Bolestraszyce 1, Mackowce 1;
Rohatyn: Herbutow 4, Wiszniow 6; Rzeszow: Kalolowka 1, Solonka 3*), Tyczyn 2:
Skalat: Debiny 1*), Kat 2*), Soroka 6; Sniatyn: Trojea 1, Widynow 3*); Tarnopol:
Chodaczkow wielki 3; Tlumacz: Holoskow 3, Krasilowka 4*), Krzywotuly nowe 3*), Milo-
wanie 3, Tysmienica 3; Trembowla: Ilaweze 1; Zbaraz: Sieniawa 2, Zbaraz 1*);
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: lllinitza 2%);
in Böhmen im politischen Bezirke Klattau: Neuern**).
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 11. Juni bis
17. Juni 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Brzezan: Plaucza mala 5; Dobromil:
Piatkowa 4; Dolina: Kalna 1; Husiatyn: Kociubince 1*), Kopyezynce 4*), Myszkowce 3,
Nizborg nowy 2, Nizborg stary 3#); Jaworow: Kurniki 6*), Nahaczow 3*), Starzyska 1*).
Szklo 3*), Wulka zmijowska 9, Zmijowska 12*); Kalusz: Medynia 1; Kamionka strumi-
lowa: Dziedzilow 11. Wyrow 1; Kolomea: Kolomea 1, Turka3; Lemberg: Czarmiszowice 1*):
Mosciska: Artamowska wola 2*), Zakosciele 1; Nadworna: Ostawy biale 15%); Peezeniczyn:
Berezow nizny 5, Jablonow 2*); Rawa: Krzewica 3*), Mosty male 6; Ropczyce: Lubzina 7:
Skalat: Kokoszyn 6, Kolodziejowka 1, Luka mala 3*), Sorocko 1*), Zerebki krolewskie 2*);
Sniatyn: Oleszkow 1; Sokal: Dobraczyn 2, Wojslawice 1; Stanislau: Konihinin 1.
Stryj: Stawsko 1; Tarnopol: Ihrowica 1*), Malaszowce 3*); Wadowice: Stanislaw gorny 1*):
Lgota 1*); Zloczow: Danilowce 2*), Gologóry 3, Hodowa 1*), Mszana 4*), Plesniany 11%..
Remizowce 5, Slawna 9, Uhorce 2; Zolkiew: Butyny 6;
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
**) In einer Bettfedernreinigungsanstalt, welche die Federn aus Galizien, Ungarn und Rumänien
bezieht, erkrankte am 18. Mai ein Arbeiter und am 12. Juni eine Arbeiterin.
(EEE A E S EROT
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wier.
Das Österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern, ;
Verlag von Alfred Hólder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
L Rothenthurmeatrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prénumerationspreis bei directer Postsusendung gansjibrig f. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 6. Juli 1898. Nr. 27.
Inhalt. Das öffentliche Gesundheitswesen in Spanien. (Schluss) — Sanitätsgesetze und
Verordnungen: Erlass der Landesregierung in Salzburg, betreffend Privatentbindungsanstalten. —
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. — Vermischte Nachrichten.
Das öffentliche Gesundheitswesen in Spanien.
Bericht des Delegirten zum IX. internationalen Congresse für Hygiene und Demographie in Madrid,
Sratthaltereirath Dr. A. Bohata, k. k. Landes-Sanitätsreferent in Triest.
(Schluss.)
Die Massnahmen gegen Infectionskrankheiten schliessen sich den
heutigen Anforderungen an in Bezug auf Anzeigepflicht, Isolirung der Kranken und
Anwendung chemischer Desinfectionsmittel, sowie der Desinfectionsapparate.
Bei ausgebreiteten Epidemien werden eigene Sanitätsinspectoren bestellt; durch
den königlichen Erlass vom 11. August 1888 an die Direction des Gesundheitsamtes
wurde auch die eventuelle Entschädigung von vernichteten Utensilien ausgesprochen.
Auch die Massnahmen gegen Einschleppung der Cholera auf dem Landwege
stehen durch den Wegfall der Landquarantänen in Uebereinstimmung mit jenen anderer
Länder. Anlässlich des Auftretens der Cholera in Frankreich im Jahre 1892 wurde an
der Ortsgrenze in Porte-Bou ein sanitärer Ueberwachungsdienst organisirt und mit
königlichem Decrete vom 22. Februar 1893 auf Irun ausgedehnt.
Die eintretenden Reisenden mussten sich der ärztlichen Revision unterwerfen,
hatten ihre Personalien und das Reiseziel anzugeben, erhielten, wenn gesund
befunden, ein Certificat, welches sie binnen 24 Stunden nach der Ankunft in dem
bezeichneten Orte dem hievon telegraphisch verständigten Alcalden vorzuweisen hatten,
und wurden durch 7 Tage unter Einrechnung der Ankunftszeit an der Grenze ärzt-
licher Beobachtung unterzogen. Passagiere mit verdächtigen Symptomen mussten.
falls sie es nicht vorzogen nach Frankreich zurückzukehren, in Beobachtungsräumen
an der Grenze untergebracht werden. Ihre Effecten wurden, wenn schmutzig be-
funden, desinfieirt; dasselbe geschah mit verdächtigen Waaren, jedoch blieben die
mit dem Grenzsanitätsdienste beauftragten Aerzte ersatzpflichtig für den Schaden,
den unrichtige Auswahl’ und Anwendung des Desintectionsverfahrens bei Effecten
und Waaren verursachte.
21
— 248 —
Die Kosten aller bezüglichen Massnahmen, d. i. der ärztlichen Untersuchung
und Beobachtung, der Ausstellung des Gesundheitsscheines und eventuellen Beband-
lung in den Isolirräumen, sowie der Desinfectionen wurden vom Staate getragen.
Während in solcher Weise zu Lande vorgegangen wird, vermochte sich Spanien
bekanntlich bisher nicht zu entschliessen, die Quarantänen für Seeprovenienzen zu
beseitigen. Es stützt sich zur Rechtfertigung des Festhbaltens an dieser Einrichtung
auf seine geographische Lage, die Ausdehnung seiner Küsten und den unmittelbaren
Contact mit den Ursprungsstätten von Gelbfieber, Cholera und Pest.
Von jeher hat es daher diesem Zweige der Sanitätsverwaltung ein besonderes
Augenmerk zugewendet und sind die bezüglichen Verordnungen und Verfügungen
so zahlreiche, dass in dem Zeitraume von etlichen Jahrzehnten über achtzig erflossen.
Die Grundlage für die gegenwärtig geltenden Normen bildet das Gesetz vom
25. November 1855 und das weitere vom 24. Mai 1866, welche mannigfache Zu-
sätze und Abänderungen erhielten.
Aus eben diesen Nachtragsverordnungen lässt sich schliessen, dass der maritime
Sanitätsdienst nicht gerade mit der von der Regierung angestrebten Exactheit
vollzogen wurde, nachdem in denselben wiederholt die Nachlässigkeit des hiemit
betrauten Personals und die mangelhaften Einrichtungen in den Quarantänanstalten
wie in den Lazarethen von Mahon, Pedrosa und S. Simon hervorgehoben werden.
Die gegenwärtig geltenden Bestimmungen sind im Reglement vom 17. Juni 1887
enthalten, welches trotz seiner Ausführlichkeit charakteristisch genug als ein pro-
visorisches bezeichnet ist.
Bei der Bedeutung, welche der maritimen Sanitätsverwaltung in Spanien zu-
kommt, dürfte ein näheres Eingehen in deren Organisation sich von selbst recht
fertigen.
Das gedachte Reglement fixirt die Obliegenheiten der Cental Provinzial und
Localverwaltungen, setzt die Einrichtung und Verwaltung der Special-Gesundbeits-
directionen der Häfen und Lazarethe fest und normirt die Massnabmen, welche die
gesundheitliche Ueberwachung von solchen Häfen betreffen, die nicht mit Special-
directionen ausgestattet sind. Die Centralstelle bildet auch für die Seesanität, wie
schon Eingangs dieser Skizze bemerkt, die dem Ministerium des Innern beigegebene
General-Gesundheitsdirection; ihr Wirkungskreis umtasst sämmtliche aut
die Seesanität sich beziehenden Agenden, daher unter Anderem die Erlassung von
Instructionen für die Ausführung von Vorschriften und königlichen Verordnungen,
die Verfügungen, Häfen als unrein, verdächtig und rein zu erklären, die Ernennungen
der Beamten der Gesundheitspolizei und des hilfsärztlichen Personales und deren dis-
ciplinare Behandlung, die Bestätigung von Geldstrafen, welche seitens der Gouverneure
und Bürgermeister wegen Uebertretung der Vorschriften auferlegt werden, die Ver-
öffentlichung gesundheitlicher Notizen und Mittheilungen des Auslandes, sowie der
Schiffsbewegung im Allgemeinen in der officiellen »Gazeta de Madrid«, den Vorschlag
zur Errichtung oder Einziehung von Sanititsdirectionen, sowie schliesslich die Ge.
nehmigung von Bauarbeiten.
Zu ihren besonderen Obliegenheiten gehört es übrigens, den königlichen Ge-
sundheitsrath in allen Fällen zu befragen, wo es das dienstliche Interesse er-
heischt, und dessen Sitzungen mit berathender Stimme beizuwohnen. Ebenso veran-
lasst sie die regelmässige Inspection der Anstalten und die Controle über die Aus-
führung der Vorschriften und Dienstesobliegenheiten, sei es durch den Genera!-
director, durch Beamte der Centralstelle oder durch das Secretariat des königlichen
Gesundheitsamtes.
In den Provinzen obliegt es dem Gouverneur, sowohl Berichte und Ausweise
an das Ministerium des Innern, respective die General-Gesundheitsdirection über alle
Vorkommnisse vorzulegen, als auch Weisungen im eigenen Wirkungskreise an die
ihm unterstehenden Directionen der Häfen und Lazarethe zu erlassen und ihre
pein ze
-= —
— 249 —
Thätigkeit zu überwachen. Die ihm als fachliches, berathendes Organ dienende
Provinzial-Gesundheitsjunta hat ausser ihren übrigen Aufgaben Gutachten
abzugeben über Fragen der Seesanität, über die Vornahme der Leichenbeschau der
in Lazarethen Verstorbenen, über Reclamationen gegen angeordnete Quarantäne, über
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Directoren der Häfen und den zweiten
Aerzten.
In den Seestädten hat weiter der Alcalde die Regierung in der Durchführung
maritimer Bestimmungen zu unterstützen, die örtliche Gesundheitsjunta über
Wunsch der Directoren der Häfen und Lazarethe zu berufen und Verbesserungen
in der Seesanitätspolizei vorzuschlagen. Die städtische Gesundheitsjunta, deren
Sitzungen die Directoren der Häfen und Lazarethe als stimmberechtigte, die Häfen-
und Lazarethärzte als berathende Mitglieder beizuziehen sind, erstattet die von ihr
abverlangten Gutachten und einschlägige Anträge.
Was die Directionen der Häfen anbelangt, so sind solche für jeden Hafen
festgesetzt, welcher dem Einfuhrhandel dient. Die Häfen Spaniens werden nach
ihrer mercantilen und sanitären Bedeutung in 4 Classen eingetheilt, und unterliegt
ihre Rangstellung gegebenen Falles einer Verschiebung. Je nach der Wichtigkeit
der einzelnen Häfen, respective ihrer Classeneintheilung verfügen sie über eine
grössere oder kleinere Anzahl von Beamten, welche das Seesanitätscorps bilden.
Mit Inbegriff des Directors bewegt sich ihre Zahl zwischen 3—5 Aerzten in
der I. Classe, während für die II. und III. je 3, für die IV. Classe 2 Aerzte
systemisirt sind. Selbstverständlich ist auch für das übrige Personal vorgesorgt,
worunter sich ein Dolmetsch zu befinden hat. |
Fiir die Seuchen-Lazarethe ist ausser dem Director noch ein zweiter
dirigirender Arzt angestellt, und besteht das tibrige Personal aus 5 Aerzten und
| Thierarzte. Ueberdies werden in ihnen und den Beobachtungs-Lazarethen
jüngere Aerzte als Practikanten verwendet.
Sowohl von den Directoren als von den Secretären der Lazarethe wird die
Kenntniss der französischen Sprache gefordert, und sind erstere, wie die Hafenärzte
und Secretäre I. Classe in der doppelten Höhe ihres Gehaltes (2000—3000 Pesetas)
cautionspflichtig.
Bei den Bewerbungen um derlei Posten, welche nur Spanier erlangen können,
werden besonders Aerzte bevorzugt, welche in der Kriegs- und Handelsmarine ge-
dient haben, hiebei sich specielle Kenntnisse in Gegenden erwarben, wo Cholera,
Gelbes Fieber und Pest vorkommen, oder Aerzte, die in derlei Epidemien gewirkt
haben, sowie solche, welche sich durch Publicationen über Seuchen und die öffentliche
Gesundheitspflege bemerkbar gemacht haben.
Den Directoren der Häten und Lazarethe obliegt, die Sanitätspolizei daselbst
zu leiten. Ihre Aufgabe ist gleichzeitig eine administrative, indem sie die sanitären
Gesetze und reglementarischen Bestimmungen handhaben, und zwar in Folge der
Anordnungen des Gouverneurs unter Aufsicht des Bürgermeisters und im Ein-
vernehmen mit den Capitänen, Zoll- und Baubehörden des Hafens. Weiterhin
Iunctioniren sie als dirigirende Hafenärzte und sind als Chefs des besondern Sanitäts-
personales fiir die dienstlichen Verrichtungen ihrer Untergebenen verantwortlich.
In dieser Eigenschaft beantragen sie auch den Hafencapitänen Verbesserungen
der Gesundheitspflege im Hafen und bezeichnen mit Bezug hierauf die geeigneten
Stellen zum Anlegen der Schiffe, interveniren bei den Sitzungen der Gesundheits-
jinta und setzen sich in Verbindung mit den Consularämtern und im Bedarfsfalle
mit den Directoren anderer spanischer Häfen und Lazarethe.
Ausser den administrativen Berichten haben sie jede Veränderung des Gesund-
heitszustandes des Hafens in Bezug auf Seuchen zu melden und jährliche Beiträge
zur medicinischen Topographie desselben und der angrenzenden Ortschaften unter
Anschluss der meteorologischen Beobachtungen und des Verzeichnisses der Schiffs-
218
— 200 —
passe zu liefern. Es obliegt ihnen unter ausschliesslicher Verantwortlichkeit, die
gesundheitspolizeilichen Vorschriften für Schiffe in Bezug auf Einlaufen, Aufenthalt
und Abfahrt zu erlassen und die Gesundheitspässe auszustellen.
An ärztlichen Verpflichtungen kommt ihnen zu: die Untersuchung der an-
langenden und abgehenden Schiffe im Hafen oder im Beobachtungslazarethe, die
Besorgung der nothwendigen Medicamente, die Beistellung der Hilfe bei Ausbruch
von Feuer und Schiffbrüchen, die Führung eines Tagebuches über die ansteckenden
Krankheiten im Amtssitze unter Schilderung des Ganges jeder Krankheit und auf
Grund desselben die Vorlage monatlicher und jährlicher Uebersichten der speciellen
Seuchen. |
Ausserdem haben sie die Untersuchung des aus den vereinigten Staaten von
Amerika eingebrachten Schweinefleisches und Schweinefettes vorzunehmen, wenn
diese Controle nicht in einem nationalen Seelazarethe ausgeführt werden kann. In
dieser Beziehung gelten die Bestimmungen des königlichen Decretes vom 20. Mai 1892,
nach welchem Schweinefleisch aus Amerika von der mikroskopischen Untersuchung
befreit ist, wenn die Waare mit dem Ursprungscertificate und der amtlichen Be-
scheinigung versehen ist, dass sie frei von Trichinen und gesundheitschädlichen
Substanzen befunden wurde. Die Einführung von Schweineschmalz aus den Ver-
einigten Staaten ist jedoch ohne Beigabe obiger Bescheinigungen gestattet, wenn es
auf dem Wege des Fusionsverfahrens gewonnen wurde, und ebenso wird Speck ohne
Muskeltheile anstandslos zugelassen. Ueber die Anzahl der Schweinefleischsendungen
und das Ergebnis der Untersuchung ist monatlich der General-Gesundheitscommission
zu berichten.
In ihrem Wirkungskreise werden die Directoren in entsprechender Weise durch
das übrige ärztliche Personal unterstützt.
Wie erwähnt, erscheinen die Lazarethe in doppelter Form organisirt als
Beobachtungs- und als Seuchen- Lazarethe,
Die ersteren werden an Punkten errichtet, wo das Landen von Personen und
das Ausladen von Waaren ohne Gefährdung der Umgebung zulässig ist, und voll-
zieht sich daselbst die Beobachtung nach Speecialvorschriften. Ihre Errichtung findet
auf Kosten der Gemeinde, der Provinz oder des Handelsstandes statt. Sie bestehen
aus einem Gebäude zur Aufnahme der Reisenden und sind mit Wohnungs- und
Arbeitsräumen für die Beamten, mit einem Speisehause, Krankenzimmern, Apotheke
und einer Anzahl von Magazinen für Reinigung und Desinfection, Lüftung und Auf-
bewahrung leicht verderbender Waaren versehen.
In die Seuchen-Lazarethe werden jene Schiffe dirigirt, welche Quarantäne
zu halten haben, falls ihre Papiere auf Cholera, Gelbtieber oder Pest lauten. Ihre
Anzahl wird auf fünf gebracht, indem nebst den schon bestehenden in Mahön, San
Simon und Pedrosa noch solche in Gando und Corufia zur Errichtung gelangen.
Die Seuchen-Lazarethe zerfallen in eine Beobachtungsabtheilung und in die
eigentliche Seuchen- und Desinfectionsabtheilung. In der ersteren verfügen sie
über ein Badehaus, Unterkunftsräume und Restaurationen, welche derartig hergestellt sind,
dass die Provenienzen jedes Fahrzeuges isolirt bleiben. Weiter umfassen sie ein
Krankenhaus mit abgesonderten Sälen für die einzelnen Seuchen, eine Apotheke,
Amtswohnungen und einen Raum zur Leichenschau. Nebst einer Abtheilung für
Genesende findet sich noch ein Kirchhof mit Leichenhaus vor, wobei Akatholiken
gesonderte Plätze zugewiesen sind, ferner eine Anzahl von Viehhöfen und Magazinen zur
Reinigung, Lüftung und Desinfection und zwei Waschanstalten, von denen eine für
Seuchenkranke dient. An diese Baulichkeiten schliessen sich die Bureaux der Sanitäts-
und Zollbeamten, des untergeordneten Personales und die Wachstuben.
Mit Ausnahme dieser letztgenannten Gebäude, der Unterkunftsräume und
Restaurationen besitzt ähnliche Eirrichtungen auch die Seuchenabtheilung.
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— 251 —
Die Directoren dieser Lazarethe haben die ganze Leitung unter sich. Ihr
Charakter ist gleichfalls ein administrativer; sie sind mit der Durchführung der vor-
geschriebenen Massnahmen tiber Quarantäne, Gesundheitsnachweis und Desinfection
betraut und haben sich hiebei nach den Anordnungen des Gouverneurs zu richten
und mit den Marine-, Zoll- und Baubehörden ins Einvernehmen zu setzen.
In ärztlicher Beziehung obliegt ihnen in Gemeinschaft mit dem anderen ärzt-
lichen Personale die Versehung des laufenden Dienstes, speciell die Leitung des
Lazarethdienstes, die Inspection der Apotheke, der Reinigungs- und Lüftungsräume,
erentuell die Vornabme der Leichenschau und Vorlage der Krankheitsgeschichte.
Der zweite dirigirende Arzt ist der eigentliche Chef der Seuchen- und Des-
nfeetionsabtheilung; ihm obliegt, die Untersuchung der verseuchten Schiffe vorzu-
nehmen, den ärztlichen Dienst im Lazarethe zu besorgen, bezügliche Berichte und
Meldungen an den Director zu erstatten.
Der Verkehr des ärztlichen und Verwaltungspersonales, sowie sämmtlicher im
Lazarethe befindlicher Personen kann während der Quarantänen mit der übrigen Be-
vilkerung nur in einem besonderen Sprechzimmer stattfinden und wird erst 20 Tage
nach Abgang des letzten quarantänirten Fahrzeuges oder des letzten Kranken wieder
treigegeben.
_ In Häfen, welche keine Sanitätsdirection besitzen, nimmt die gesundheitliche
Untersuchung der Bürgermeister unter Mitwirkung des Ortsarztes und der localen
Gesundheitsjunta vor. In diesen Häfen ist der Eintritt keinem Schiffe gestattet,
das aus unreinen oder verdächtigen Häfen anlangt, etwa Schiffbrüchige und
schwimmendes Gut aufgenommen hat, oder kein reines Patent nachweist.
Das Reglement enthält schliesslich eine detaillirte Aufzählung mannigfacher
leichter und schwerer Vergehen, wegen welcher gegen die Directoren und das Personal
mit Strafen und eventuell Amtsentsetzung vorzugehen wäre,
Betreffs der Untersuchung der Schiffe und der Bestimmung ihrer freien Zu-
lassung oder quarantäneren Behandlung müssen sie mit drei Documenten ausgestattet
sem. Diese sind das Patent, das Tagebuch und das Schiftsjournal.
Bis zur internationalen Pariser Sanitätsconferenz (1859) besass Spanien fünf
Arten von Patenten, die durch besondere Flaggen gekennzeichnet waren. Und zwar
reines Patent mit weisser Flagge; unreines mit gelber Flagge und schwarzer Kugel
ım Mittelfelde, sobald im Abgangsorte oder dessen Umgebung eine contagiöse Krank-
heit herrschte; halb unreines Patent (patente tocada, wörtlich Patent mit Berührung)
mit gelber Flagge, wenn in einem gesunden Hafen zugleich Schiffe aus Seuchen-
gegenden vorhanden waren; verdächtiges Patent mit gelber und schwarzer Flagge,
wenn im Auslaufshafen sich verdächtige Krankheiten vorfanden oder ein Contact
des Schiffes mit suspecten Orten stattfand und schliesslich Seuchenpatent (patente
apestada) mit schwarzer Flagge bei Erkrankungen auf dem Schiffe.
Gegenwärtig wird nur an zwei Patenten festgehalten, dem reinen und unreinen
'sucia), beide mit gelber Flagge, welche erst nach Verificirung der vollen Verdacht.
losigkeit des untersuchten Schiffes eingezogen und durch die weisse ersetzt wird.
Das zweite Document ist das sanitäre Tagebuch, in welchem alle Vorkommnisse,
welche sich auf die Gesundheit am Borde beziehen, sonach auch die Kranken-
geschichten durch den Schiffsarzt vom Beginne der Fahrt bis zum Eintreffen in
dem jeweiligen Hafen einzutragen sind. Bei Schiffen ohne Aerzte hat der Capitän
eine schriftliche Aeusserung über den Gesundheitszustand am Schiffe abzugeben.
Das Schiffsjournal endlich besitzt in sanitärer Hinsicht insoferne Bedeutung,
als aus demselben zu entnehmen ist, ob das aus reinem Hafen stammende Fahrzeug
während der Fahrt mit einem unreinen in Berührung gelangt ist.
252
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. Landesregierung in |
Salzburg vom 31. Mai 1899, Z. 5309,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Privatentbindungsanstalten
in den Wohnungen der Hebammen.
Aus Anlass der Wahrnehmung, dass von
den politischen Landesbehörden hinsichtlich der
Durchführung des $ 14 der Dienstesvorschriften
für Hebammen vom 10. September 1897,
R. G. Bl. Nr. 216,*) betreffend die Ertheilung
von Bewilligungen an Hebammen zur geschäfts-
mässigen Verwendung ihrer Wohnungen zur
Entbindung fremder Frauenspersonen, nicht
gleichmässig vorgegangen wird, eröffnete das
k. k. Ministerium des Innern mit Erlass vom
21. April 1. J., Z. 13324,**) dass derartige
Bewilligungen aus Öffentliehen sanitären Rück-
sichten nur ausnahmsweise in Frage kommen |
können, wenn nach den zu erhebenden localen
Verhältnissen ein dringendes Bedürfniss hiefür
nachweisbar und die Erreichbarkeit der geburts-
hilflichen Unterkunft und Hilfeleistung in öffent-
lichen Anstalten nicht gesichert ist. Auch
diesem Falle ist der Umfang der Bewilligung,
welche sich stets nur auf einzelne fall-
in
weise Entbindungen erstrecken und
niemals das Entstehen von Winkel-
Entbindungsanstalten bei Hebammen
ermöglichen darf, genau abzugrenzen und
zu beachten, dass allen sanitätspolizeilichen
Anforderungen, insbesondere jenen, welche so-
wohl in Bezug auf die Person der betreffenden
Hebamme und ihre Hausstandsverhiltnisse, als
auf die der Wohnung und der Entbindungs-
localität selbst, auf die Wartung und Pflege
der Hilfsbedürftigen,
Beistand im Bedarfsfalle gestellt werden müssen,
sowie auf den ärztlichen
Genüge geleistet ist.
Das Entbindungslocal, sowie die auf die
einschlägigen Hausentbindungen gerichtete
Thätigkeit der Hebamme sind der unmittel-
baren Ueberwachung des beamteten
Gemeindearztes, sowie der Beaufsichti-
gung des Amtsarztes der politischen
© *) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 360.
**) Siehe S, 166 d. Bl.
und hinsichtlich der
genauen Buchführung über jede aufgenommene
Hilfsbedürftige, der Anzeige jedes Geburtsfalles,
des Verbotes der Annoncirung und der An.
lockung von fremden Schwangeren, der Ein-
haltung eines soliden Betriebes überhaupt die
genauesten Weisungen vorzuschreiben:
Die Landesregierung findet die k. k. Be-
zirkshauptmannschaft hievon im Nachhange zu
ihrem Erlasse vom 4. September 1898, Z. 9800)
zur genauen Darnachachtung in Kenntnis zu
| setzen und anzuordnen,
Behörde zu unterstellen,
bei jedesmaliger Ein-
bringung von Gesuchen um die Bewilligung
zur Aufnahme Schwangerer in die Wohnungen
der Hebammen nachstehende Gesichtspunkte
zu beachten:
|
1. Von der Gesuchstellerin muss vor Allem
die moralische Unbescholtenheit, die unbedingte
Verlässlichkeit und volle Vertrauenswürdigkeit
in Beziehung auf die Ausübung ihres Berufes
nicht nur im Allgemeinen, sondern insbesondere
auch in der Richtung gefordert werden, dass
die zu ertheilende Bewilligung nicht etwa zu
unerlaubten oder die Pfleglinge schädigenden
i Zwecken missbraucht werde.
2. Die Wohnung der Hebamme muss den
hygienischen Anforderungen entsprechen; es
'; dürfen in derselben keine Aftermiether oder
Kostkinder beherbergt werden.
3. Für jede Frauensperson, welche für die
Zeit der Entbindung und des Wochenbettes
von einer Hebamme in Wohnung und Pflege
übernommen werden soll,
lichtes,
muss ein eigenes,
luftiges und reinliches Zimmer
zur Verfügung stehen.
Dasselbe soll eine Bodenfläche nicht unter
15 Quadratmeter besitzen, soll gut heiz- und
ventilirbar sein und darf von den Wohnungs-
genossen nicht ala Durchgang benützt werden.
Für die Schwangeren wird ein Luftraum von
mindestens 20 Cubikmeter gefordert.
4. In diesem Raume muss nebst dem Bette
Pilegling auch Kinderbett
(Kinderkorb) vorhanden und in unmittelbarer
D Nähe des Bettes für den Pflegling leicht er-
| weiter muss eine Glocke oder
für den ein
| reichbar sein,
— 25
der Taster einer elektrischen Klingel angebracht
sein, um jederzeit Hilfe herbeirufen zu können,
fir welch letztere ständig gesorgt werden muss.
5. Auch für eine Badewanne für Frau
und Kind ist Sorge zu tragen, desgleichen für
alle zar Pflege von Schwangeren, Gebärenden
Geräth-
schaften, weiters muss genügende Bettwäsche
ia tadellosem Zustande vorhanden sein.
6. Damit die Landesregierung, welcher
zufolge des Erlasses des k. k. Ministeriums des
Innern vom 26. August 1898, Z. 22243*) (h. o.
Intimation vom 4. September 1898, Z. 9890)
die Entscheidung über die Zulässigkeit der
Benützung der Wohnungen der Hebammen fir
oder Wochnerinnen nothwendigen
Zwecke der Entbindung fremder Frauenspersonen
von Fall zu Fall zusteht, in die Lage gelangt,
sich ein Urtheil über die Zulässigkeit bilden
zu können, ist von der politischen Bezirks-
behörde, beziehungsweise deren Amtsarzte ein
Protokoll welchem ins-
besondere die Lage und Beschaffenheit der
aufzunehmen, in
Localitáten zu beschreiben und in welchem.
unter Anschluss einer einfachen, jedoch deut-
lieben Planskizze auch anzugeben ist, in welcher
Zahl die für die aufzunehmenden Pfleglinge
bestimmte Wäsche vorbanden ist.
Das Gesuch ist sudann unter Anschluss
des Protokollee und der sonstigen Erhebungs-
acten mit einem motivirten Antrage an die
k. k. Landesregierung zu leiten, wobei anzu-
geben ist, ob die Gesuchstellerin vollkommen
SI Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 309.
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vertraueaswürdig sei, und ob die ihr zur Ver-
fügung stehenden Räumlichkeiten, und zwar
für wie viele Pfleglinge, die Eignung zum ge
dachten Zwecke besitzen oder nicht.
7. Beieinem Wohuungswechseleiner solchen
Hebamme erlischt die ertheilte Berechtigung zur
Aufnahme schwangerer Frauenspersonen und
Selbst-
verständlich ist reklamhafte Ankündigung von
Seite einer Hebamme über die ertheilte Berechti-
gung unstatthaft und strengstens hintanzuhalten.
8. Jede Hebamme, welcher die Berechti-
gung zur Aufnahme solcher Frauenspersonen
muss von Neuem nachgesucht werden.
von der k. k. Landesregierung ertheilt wurde,
hat hierüber genaue Aufschreibungen zu führen,
zu welchen die für die Geburtenausweise be-
stimmten Drucksorten zu benützen sind.
Dieselben sind jedoch abgesondert von
den Geburtenausweisen zu führen. Diese Aus-
weise sind gleichzeitig mit den Geburtenausweisen,
jedoch abgesondert von diesen, halbjährig und
zwar bis Mitte der Monate Jänner und
Juli jedes Jahres nach
Durchsicht und Vidirung von Seite der Amts-
ärzte der politischen Bezirksbehörden der k. k.
vorausgegangener
Landesregierung vorzulegen, welche hierüber
dem k.k. Ministerium des Iunern berichten wird.
Diese treten mit dem
1. Juli }. J., zu welchem Zeitpunkte die neue
Anordnungen
Landesgebäranstalt in Salzburg eröffnet werden
wird, in Kraft, und sind hievon die unterstehen-
den Gemeindevorstehungen, sämmtliche Aerzte
und Wundärzte und die Hebammen in Kennt-
niss zu setzen.
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Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Aegypten.
In Alexandrien sind am 25. Juni l. J. eine Erkrankung und ein Todesfall,
am 28. vier und am 29. Juni eine Erkrankung an Pest vorgekommen.
Nach amtlichen Mittheilungen sollen schon vor dem 4. Mai, dem Tage, an welchem der
erste Pestfall in Alexandrien constatirt wurde, pestverdächtige Erkrankungen dortselbst vor-
gekommen sein. Der erste dieser Fälle betraf einen Griechen, welcher am 7. April mit Fieber
nnd Schwellung der Lymphdrüsen in das griechische Hospital in Alexandrien aufgenommen und
dortselbst mit der Diagnose Lymphdrüsenentzündung in Behandlung gestanden war. Da der-
selbe nach seiner Genesung sich in seine Heimat begeben hatte, konnten weitere Nachforschungen
uach der Provenienz der Krankheit nicht angestellt werden.
Griechenland. Eine königliche Verordnung vom 31. Mai bestimmte eine eilftägige effective
Quarantäne für alle aus pestinficirten Ländern angekommenen Schiffe, vom Tage der
Ankunft, beziehungsweise der vorgenommenen Revision des Schiffes an gerechnet; bei einer
Ueberfahrtsdauer von mebr als 15 Tagen wird die Quarantäne auf 8 Tage herabgesetzt. Schiffe,
dieauspestverdächtigen Ländern kommen, unterliegen einer Beobachtungsquarantäne von
— 254 —
24 Stunden bis zu 8 Tagen; bei einer Ueberfahrtsdauer von mehr als 15 Tagen werden dieselben sofort
frei gegeben. Die effective Quarantine darf nur in Hifen mit Seelazarethen absolvirt werden.
Schiffe, welche bereits im Auslande in einem Hafen die dort vorgeschriebene Quarantäne durch-
gemacht haben, müssen nach ihrer Ankunft in Griechenland, sofern die Quarantänedauer dort-
selbst weniger als 11 Tage betragen hat, die auf diese Zeit noch fehlenden Tage in Quarantäne
verbringen.
Die Einfuhr von nicht bearbeiteten Häuten, von Knochen, Klauen, Thbier- und Menschen-
haaren, von roher Seide und Wolle, von Hadern in jeder Packung, von altem Tauwerk, ge-
brauchten Kleidern, schmutziger Wäsche und sonstigen gebrauchten Effecten, endlich von
Teppichen aus pestinficirten Gegenden ist verboten; die Einfuhr solcher Artikel aus unver-
seuchten Gegenden ist an die Bestätigung des competenten griechischen, beziehungsweise eines
Consulates der europäischen Mächte gebunden. Die Posteäcke aus infieirten Gegenden müssen in das
jeweilige hiezu bestimmte Lazareth abgegeben werden und sind dort zu desinfieiren. Die Einfuhr
von Postpacketen und Mustersendungen aus pestinficirten und pestverdächtigen Gegenden ist
untersagt. Die Handelswaare aus pestverdächtigen Gegenden ist keiner Quarantäne
unterworfen, jene aus pestverseuchten Ländern unterliegt einer eilftägigen Quarantäne,
während welcher dieselbe dem Sonnenlichte und andauernder Lüftung auszusetzen ist.
Hongkong. In der Woche vom 30. Mai bis 5. Juni l. J. sind 92 Erkrankungen und
97 Todesfälle an Pest constatirt worden. Seit 1. Jänner l. J. wurden insgesammt 531 Erkrar-
kungen und 471 Todesfälle beobachtet. Die Zahl jener Fälle, welche sich der Evidenz entziehen,
wird als eine nicht unbeträchtliche angegeben.
Niederlande. Für Schiffe aus Alexandrien wurde ein zehntägige Quarantäne angeordnet.
Rumänien. Die Einfuhr von Waaren und Producten jedweder Art aus Aegypten ist
verboten. Früchte und sonstige Waaren aus nicht inficirten Gegenden müssen mit einem Ursprungs-
certificate versehen sein.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 18. Juni bis
24, Juni 1899:
in Galizien, in der Stadt Lemberg 2 und in den politischen Bezirken: Bochnia:
Chobot 1, Moszezenica 1, Wola zabierzowska 1, Zabierow 7; Bohorodezany: Grabowice 3;
Borszczow: Germakowka 2; Buczacz: Koropiec 2; Czortkow: Zablotowka 1*); Dobromil:
Piatkowa 1; Dolina: Lisowice 1; Gorlice: Sietnica 2; Horodenka: Czerniatyn 2, Obertyn 1*),
Podwerbce 3; Husiatyn: Hrynkowce 4*), Husiatyn 2*), Kociubinezyki 2; Kosow: Jasiegiow
gorny 3*), Joworow 7, Kuty stare 5, Krzyworownia 2%), Rybno 3; Krosno: Lubatowa 2*);
Nadworna: Dora 1, Jamna 6, Welesnica lesna 1; Peczeniczyn: Berczow nizny 1*), Pecze-
nicezyn 1%); Przemysl: Przemysl 5*); Rohatyn: Bolszowice 5*); Rzeszow: Bialka 1,
Blazowa 2*); Skalat: Grzymalow 4, Mazurowka 1, Soroka 1; Sniatyn: Roznow 2, Sniatyn 2;
Stanislau: Stanislau 2; Tlumacz: Holoskow 1, Milowanie 2; Trembowla: llawcze 4*);
Zbaraz: Ochrymowce 3;
in der Bukowina im politischen Bezirke Storozynetz: Illnitza 1*), Jordanestie 2 und
Petroutz 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 18. Juni bis
24. Juni 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bohorodezany: Lachowce 1; Buczacz:
Medwedowce 2; Husiatyn: Kopyezynce 4, Myszkowce 4, Nizborg stary 5; Jaworow:
Czolhynie 5, Kurniki 1, Nahaczow 10%), Nienowice 6, Wierzbiany 8, Zawadow 4, Zmijowisks 4;
Kalusz: Medynia 2; Kamionka strumilowa: Dziedzilow 2; Kolomea: Turka 3*); Kosow:
Jasienow górny 1%); Mosciska: Zakosciele 1; Myslenice: Jawornik 4; Nadworna: Delatyn 1*),
Ostawy biale 2; Misko: Szyperki 1%); Peezeniczyn: Stopezalow 1; Rawa: Mosty male 1;
Sanok: Strachocina 2; Skalat: Zerebki krolewskie 2; Sniatyn: Roznow 6, Sniatyn 1%);
Sokal: Dobraczyn 3; Tarnopol: Steblicha 5*); Wadowice: Lgota 1*); Zaleszezyki:
Tluste 2; Zloezow: Bohutyn 2*), Danilowce 2*), Jozefowka 4*), Plesniany 3*), Strutyn 1*);
ZLydaczow: Piaseezna 4.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
A
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper ln Wien.
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Das österreichische Sanitatswesen.
Organ für die Publicationen
des
| k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
LRothenthurmesatrasse 18,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung gansjāhbrig f. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 13. Juli 1899. Nr. 28.
Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
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Vorsichtsmassnahmen bei Arbeiten mit pathogenen Mikroorganismen
Comités.)
2. Vorläufiges Referat betreffend die Reform des Irrenwesens in Oester-
reich. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. R. Wagner v. Jauregg.)
3. Gutächtliche Aeusserung über die Nothwendigkeit einer Dienstwohnung
für den Vorstand einer chirurgischen Abtheilung in einer Wiener
k. k. Krankenanstalt. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr. Albert.)
SS
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Der Congress zur Bekämpfung der
Pellagra in Padua. — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass des Ministers für Cultus und
Unterricht, betreffend das Unterrichtswesen der Tagesschüler an gewerblichen und commerciellen Lebr-
anstalten. Erlass der niederösterreichischen Statthalterei, betreffend die Anzeige von Todesfällen während
oler uach der Narcose. Erlass der k. k. steiermärkischen Statthalterei, betreffend die Verwendung von
Amtsärzten als gerichtliche Sachverständige. — Aus den Verhandlungen der Landessanitätsräthe. —
Nach Mittheilung des Einlaufes durch den Vorsitzenden Hofrath Prof Dr. A.
R. v. Vogl wurden nachstehende Berathungsgegenstände in Verhandlung gezogen:
1. Entwurf einer Pestinstruction, sowie einer Instruction, betreffend die
in bacteriologischen Laboratorien und im Verkehre mit infectiösen bacteriologischen
Präparaten. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. Weichselbaum Namens eines Special-
tern
-
=
AB TT TTT TT TT ET eem AN
— 256 —
Der Congress zur Bekämpfung der Pellagra in Padua.
Von Dr. Guido v. Probitzer, k. k. Oberbezirksarzt in Rovereto.
Am 8., 9. und 10. April d. J. tagte in Padua zum ersten Male in Italien ein
allgemeiner Congress, welcher sich die Erörterung der gegen Pellagra einzuleitender
Massnahmen zur Aufgabe machte und den zahlreichen Theilnehmern aus den italieni-
schen Provinzen Gelegenheit bot, die bisher bei der Bekämpfung dieser schweren
Volkskrankheit gesammelten Erfahrungen auszutauschen. Bei der grossen Wichtigkeit
dieser in einzelnen Gegenden Italiens sehr verbreiteten Krankheit und dem hohen
Interesse, welches die massgebenden Kreise den Vorkehrungen gegen dieselbe
entgegenbringen, war dem Congresse von vorneherein eine rege Theilnabme und
warmes Interesse der Persönlichkeiten, welche eingehende Studien auf diesem Gebiete
gemacht und reiche Erfahrungen gesammelt hatten, gesichert, und glaubte ich in meiner
Eigenschaft ala Leiter des Pellagrosariums in Rovereto*) an demselben umso mehr
theilnehmen zu sollen, als nicht blos Aerzte, sondern auch die berufenen Verwaltungs-
behörden sich bei demselben vereinigten, und Gelegenheit geboten war, werthvolle
Anregung und Belehrung zu finden, welche die Bestrebungen zur Bekämpfung der
Krankheit auf heimatlichem Boden zu fürdern geeignet erschienen.
Mit grösstem liebenswürdigen Entgegenkommen wurde mir nicht blos der Zu-
tritt zu den Verhandlungen vom Vorsitzenden, dem als Gelelirten wie Philantropen
anerkannten Professor Napoleone d'Ancona, mit welchem ich bereits früher in
brieflichem Verkehre gestanden war, sondern auch über Antrag des Präsidiums von
der Versammlung einstimmig gestattet, mich an der Discussion zu betheiligen und
gleichfalls mein Votum abzugeben.
Es sei mir vergünnt, dieses Umstandes hier besonders Erwähnung zu thun. um
hiedurch für die mir erwiesene Ehre den Dank öffentlich auszusprechen.
Dem Congresse lagen folgende, geraume Zeit vorher schon bestimmten Referenten
zur Berichterstattung zugewiesene Fragen vor:
I. Bis jetzt in der Besserung des Gesundheitszustandes der einzelnen
Pellagrakranken, sowie rücksichtlich der Verminderung der Häufigkeit
pellagróser Geistesstórung mit den Pellagrosarien und Locande sani-
tarie (hygienische Küchen) erzielte Erfolge. (Referent: Vorsitzender der
Landescommission für Bekämpfung der Pellagra in Udine, Advocat Dr. Luigi
Perisutti).
Nach den bisherigen Erfahrungen steht es ausser allem Zweifel, dass durch
Pellagrosarien und durch die Locande sanitarie in vielen Fällen vollständige Heilunr.
in anderen ausgiebige Besserung der Krankheit erzielt wurde. In den Pellagrosarien
von Mogliano bei Venedig und von Inzago in der Lombardei ist sowohl Zunahme
des Körpergewichtes wie (durch Messung mit dem Dynamometer) Erhöhung der
Körperkraft der Kranken constatirt worden. und zwar in jedem Turnus der Be
handlung. Nicht weniger befriedigend sind die Ergebnisse der sorgfältigsten Erhebungen
über die anhaltende Fortdauer der erreichten Erfolge.
Hinsichtlich der Locande sanitarie muss ich einige Aufklärungen vor-
ausschicken. Locande sanitarie entstanden zuerst in der Provinz Bergamo (1892
und fanden alsbald auch in den Provinzen von Brescia, Verona, Padua und Udine
Eingang.
Ihre Einrichtung ist die denkbar einfachste. Sie umfasst ein Local für die
Patienten, eine improvisirte Küche mit transportablen Kesselherden, eine kleine Vor-
*) Siehe Jahrg. 1898 d DI. Nr. 34,
— 27 —
rathskammer, Tische und Bänke, Geschirr, Gläser etc, eine Waage für Nahrungs-
mittel und eine solche für die Kranken.
Sie stehen unter Aufsicht eines Comités, und werden die Pellagrakranken, denen
der Zutritt gestattet ist, vom Arzte ausgewihlt.
Die Küche ist während 30 Tage im April und eben so lange im November
geöffnet. Die Zusammensetzung der Diät ist folgende: Weizenbrot 300 Gramm,
gekochtes Rindfleich ohne Knochen 100 Gramm, Suppe einen Liter mit 100 Gramm
Teigwaare und 100 Gramm Bohnen, Wein '/, Liter.
Mit dieser Diät soll in 30 Procent der Fälle vollständige Genesung, in 56 Procent
beträchtliche Besserung, in 20 Procent geringere Besserung erzielt worden sein; nur
in 4 Procent der Fälle blieb der Zustand stationär.
Wenngleich die obigen Daten fast allzu günstig erscheinen mögen, so ist der
grosse Einfluss einer entsprechenden diätetischen Behandlung auf die Heilung,
beziehungsweise Besserung der Pellagrakranken ganz unzweifelhaft.
Es betheiligten sich viele Redner an der Debatte und schliesslich wurde folgende
Resolution angenommen:
L In den Pellagrosarien und in den Locande sanitarie dürfen auf
Zeugnis des betreffenden Gemeindearztes und nach genauer Untersuchung nur Indi-
viduen Aufnahme finden, welche die unzweifelhaften Merkmale der Pellagra im
l. oder 2. Stadium aufweisen.
2. Es werden vorzugsweise junge Leute, sowie stillende Frauen aufgenommen.
3. Die Kranken müssen sich persönlich in der Locanda sanitaria einfinden
da es unbedingt verboten ist, die Speisen wegzutragen.
II. Pellagrosarien oder Locande sanitarie oder Pellagrosarien
und Locande sanitarie?
An der äusserst lebhaften und weitgreifenden Discussion betheiligten sich der
Referent Dr. Iginio Sormanı aus Mailand, der Leiter des Pellagrosariums
zu Ingazo Dr. Friz, Ingenieur Gris für die Pellagrosarien, Dr. dAncona
aus Padua, Advocat Perisutti aus Udine, und war auch mir Gelegenheit geboten,
die kurzen Erfahrungen, welche ich in der Anstalt zu Rovereto machen konnte,
darzulegen.
Es wurde die nachstehende Resolution angenommen :
» Der Congress ist der Meinung, dass, nachdem das Hauptprineip der Bekämpfung
der Pellagra in guter Ernährung bei Ausschluss von Mais besteht, sämmtliche In-
stitutionen, welche diesen Zweck anstreben, zu unterstützen sind, seien es nun
Locande sanitarie, Pellagrosarien oder andere ähnliche Anstalten, und
dass die Wahl der einen oder der anderen von dem Zustande des Kranken und
den localen Verhältnissen abhängig zu machen sei.«
Nach meiner Ansicht ist die Beantwortung der Frage: Ob Pellagrosarıum,
oder Locanda sanitaria von den vorhandenen Mitteln abhängig. Reichliche Mittel
verweisen auf das Pellagrosarıum, geringere auf die Locande sanitarie,
welche letztere übrigens in unserer gebirgigen Gegend mit schwierigen Communications-
verhältnissen wohl kaum ihren Zweck erfüllen dürften. Die allerdings kostspieligen
Pellagrosarien berechtigen zur Hoffnung auf sichere und andauernde Resultate.
IIL Locande sanitarie. — Deren Organisirung und Betrieb auch mit
Rücksicht auf die äusserste Entfernung des Wohnortes der Patienten
von denselben. — Günstige Jahreszeit für deren Eröffnung. — Jährliche
Dauer der Cur; ob es vortheilhaft sei, diese in einem einzigen ununter-
brochenen Zeitraume vorzunehmen oder in zwei getrennten Zeiträumen?
28*
— 258 —
ferner, ob die Durchführung derselben täglich oder nach Tagen ab-
wechselnd vorzuziehen sei? (Referent: Dr. Alessandro Randi aus Padua.)
Der Congress kam zu folgenden Beschlüssen:
a) Die Locande sanitarie müssen nach allgemeinen, von den Landescommissionen
festgesetzten Normen errichtet werden; ihre Einrichtung ist den Localcomites anzuver-
trauen, welche am besten in der Lage sind, die practischen Bedürfnisse des Ortes, auf
welche die Hausordnung basirt sein muss, zu kennen. Die grösste Entfernung des
Wohnortes des Kranken von der Küche sollte 2 Kilometer nicht übersteigen.
b) Die günstigste Jahreszeit zur Eröffnung der Locande sanitarie ist das Früh-
jahr, wobei die Monate nach den örtlichen und hauptsächlich nach den klimatischen
Verhältnissen gewählt werden sollten. In den Provinzen, in denen ein doppelter
Turnus für angezeigt gehalten wird, soll der zweite im Spätherbste abgehalten werden.
c) Die jährliche Dauer der Cur soll nicht weniger als 60 Tage betragen und
sich womöglich auf 80 erstrecken.
IV. Welche ist die zweckmässigste Zusammensetzung der Diät der
Kranken in den Locande sanitarie und Pellagrosarien mit Berück-
sichtigung der therapeutischen Wirkung und des Kostenpunktes? (Referent:
Dr. Stanislao Mandoleti aus Umbrien.)
Beschluss: 1. Bei der Bestimmung der plastischen Nährstoffe der Diät des
Pellagrakranken muss man sich an ziemlich hohe Percentsätze halten.
2. Ein Theil der Eiweisskörper (circa ein Drittel) muss aus animalischen
Substanzen bestehen.
3. Wenn es auch nicht rathsam ist, die Fleischnahrung ganz auszuschliessen,
so kann dieselbe doch theilweise durch Käse ersetzt werden.
4. Von den Eiweisskörpern kann der grüssere Theil vegetabilischen Substanzen
entnommen werden und zwar vorzugsweise Hülsenfrüchten und Weizen.
5. Besonders in jenen Anstalten, welche dem Pellagrakranken während der
Dauer der Cur täglich die Rückkehr nach Hause gestatten, ist bei der Auswahl der
Diät darauf zu achten, dass das Gefühl der Sättigung eintrete, um zu vermeiden,
dass der Kranke daheim schlechten Mais dazwischen geniesse.
6. Wenn übrigens eine einzige Mahlzeit verabreicht wird, muss das Verhältnis
zwischen den Kohlehydraten und den Eiweisskörpern geändert, die Menge dieser
erhöht, jener aber bis unter die Hälfte der ganzen Ration herabgesetzt werden.
7. Nach Feststellung der Grundlagen bei Bestimmung der Ernährungsprincipien
in Hinsicht auf die quantitative Seite, sowie auf das Verhältnis zwischen vegetabilischer
und animalischer Nahrung, muss jedoch stets bei der endgiltigen Wahl oder bei dem
Ausschlusse einzelner Nahrungsmittel auf die localen Zustände Rücksicht genommen
werden, sowie auf die Nahrungsgewohnkeiten in den verschiedenen Gegenden.
(Schluss folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des Ministers für Cultus und
Unterricht vom 10. Mai 1899, Z. 2159,
betreffend das Unterkunftswesen der Tages-
schüler an gewerblichen und commerciellen
Lehranstalten.
Mit dem Ministerialerlasse vom 2. April
1898, Z. 4042, wurden die Landesstellen (mit
Ausnahme jener von Niederösterreich, Galizien
und Dalmatien), sowie die Landesschulrätbe
für Niederösterreich und Galizien aufgefordert,
über das Unterkunftswesen der Schüler an ge-
werblichen Lehranstalten (Tagesschulen), sowie
eventuell auch an commerciellen Tagesschulen
Erhebungen zu pflegen und sodann darüber zu
berichten, welche Vorkehrungen zur Abstellung
von eventuell in dieser Hinsicht bestehenden
Uebelständen zu treffen wären und inwieferne
es nothwendig und gerathenerscheinen würde, den
bezogenen Erlass auch auf die gewerblichen und
commereiellen Tagesschulen oder einzelne Kate-
gorien derselben zur Anwendung zu bringen.
Aus den bezüglichen Erhebungen, welche
mit lobenswerthem Eifer gepflogen worden sind
und denen eine Reihe beachtenswerther Vor-
schläge beigegeben wurde, geht hervor,
an vielen gewerblichen und commerciellen
Tagesschulen schon derzeit ganz entsprechende
Einrichtungen sowohl hinsichtlich des Unter-
kunftswesens der Schüler, als auch rücksicht-
lich des Verkehres zwischen Schule und Haus
bestehen, dass jedoch im allgemeinen die Unter-
bringung nicht ortsangehöriger Schüler in
sanitärer und moralischer Beziehung noch viel-
fach mit grossen Uebelständen verbunden ist,
gegen welche die berufenen Organe trotz an-
erkennenswerther Bemühungen bisher
rollen Erfolg angekämpft haben.
Zur Beheburg dieser Uebelstinde finde
ich mich bestimmt, eine Reihe von Vorkeh-
rungen, welche sich an einzelnen Orten schon
bewährt haben und eine wohlthätige Einwirkung
erwarten lassen, zur
achtung zu empfehlen.
Im Hinblicke auf die verschiedenartige
Organisation der gewerblichen und commer-
eiellen Lehranstalten, insbesondere mit Rück-
sicht auf die vielgestaltigen Einrichtungen und
Lehrziele der ersteren und die mannigfachen
Abstufungen im Lebensalter der Schüler an
denselben, werden bezüglich der im Folgenden
sub 1., 2., 3. und 5. getroffenen Verfügungen
von den Lehrkörpern nach eigenem Ermessen
Ausnahmen bei jenen Frequentanten zu treffen
sein, welche entweder volljährig sind, oder bei
entsprechendem Alter Lebens-
stellung im practischen Berufe einnehmen, die
eine Ingerenz der Schule hinsichtlich des Ver-
haltens ausserhalb der Schulzeit nur bedingt
nóthig erscheinen lässt;
können, je nach den gegebenen Verhältuissen,
für ganze Abtheilungen ausgedehnt oder bloss
dass
ohne
allgemeinen Darnach-
eine solche
dese Ausnahmen
für einzelne Schülergruppen, beziehungsweise
Einzelfälle, statuirt werden.
259
mm aaa maa a aaaŘĖ—ŘiŘaIImIMIIiIiħie
|
1. Es ist wünschenswerth, dass von den
Lehrkörpern stark frequentirter gewerblicher
und commercieller Tagesschulen, ferner über-
baupt dort, wo sich eine günstige Wirkung
im Hinblicke auf die localen Verhältnisse er-
warten lässt, eine Belehrung für Kost- und
Quartiergeber verfasst werde, in welcher Auf-
klärungen und Weisungen in sanitárer und
moralisch-erzieblicher Richtung,
über das Zusammenwohnen der Schüler mit
anderen Personen, über ihre Ueberwachung,
über die Regelung der Zeit für Arbeit und
Erholung derselben, namentlich über die Pflichten
des Hauses gegenüber der Schule und Aehn-
An jenen Schulorten,
insbesondere
liches gegeben werden.
wo gleichzeitig Mittelschulen bestehen, ist der
Inhalt der Belehrung jenem der Instruction an
letztgenannten Anstalten möglichst gleichartig
zu gestalten. Die Belehrung ist der Landesstelle
zur Genehmigung vorzulegen.
Ein Exemplar derselben ist im Vereine mit
der Disciplinarordnung jedem verantwortlichen
Aufseher in sicherer Art seitens der Anstalt
zu übermitteln.
2. In die Diseiplinarordnung der gewerb-
lichen und commerciellen Tagesschulen ist
folgende Bestimmung einzuschalten, beziehungs-
weise die Correctur der betreffenden Stelle zu
veranlassen:
„Lassen wohlbegründete Thatsachen einen
Kost- oder Wohnort als gänzlich ungeeignet
oder gar verderblich erscheinen, so steht dem
Lehrkörper das Recht zu, die Aenderung des-
selben von den Eltern oder deren Stellvertretern
zu verlangen, oder, wenn dem Veriangen
nicht Rechnung getragen wird, den Schüler
von der Anstalt auszuschliessen.“
3. Die Lehrkörper der gewerblichen und
commerciellen Lehranstalten haben sorgfältig
darüber zu wachen, dass die Diseiplinarvor-
schriften auch rücksichtlich ihrer Bestimmungen
für das Verhalten der Schüler
Schule allgemein beobachtet werden;
genommene Uebelstände sind zur Anzeige zu
ausserhalb der
wahr-
bringen.
4. Die Directionen, respective Leitungen
der gewerblichen und commerciellen Lehr-
anstalten, haben die Pflicht, den Eitern bei
Unterbringung ihrer Kinder rathend und be-
lehrend zur Seite zu stehen; wo ein specielles
Bedürfniss besteht, ge-
eigneter Kost- und Wohnbäuser zu führen,
welches zum Amtsgebrauche dient und zur Er-
theilung einzelner Auskünfte an die Eltern oder
deren Stellvertreter zu benützen ist.
In den Jahresberichten, Programmen, An-
kündigungen des Schulbeginnes etc. ist auf
die vermittelnde Thiatigkeit der Anstalt hin-
sichtlich der Schiilerquartiere besonders hinzu-
weisen und den Eltern oder deren Stellver-
tretern die Inanspruchnahme des Rathes der
Schule nachdriicklichst zu empfehlen.
5. Die Beaufsichtigung der Unterkiinfte
nicht ortsangehöriger Schüler liegt in der
Pflicht und Befugnis des Lehrkörpers. Das
Besuchen der Wohnungen soll in der Regel
nur dann geschehen, wenn dies der ausdrück-
liche oder muthmassliche Wunsch der Eltern
zulässt, wenn glaubwürdige Mittheilungen über
bestehende Uebelstände vorliegen oder wenn
überhaupt besondere Anlässe die Revision be-
dingen.
6. Wo es nothwendig und ausführbar er-
scheint, wolle die k. k. Statthalterei veran-
lassen, dass eine regelmässig wiederkehrende
ist ein Verzeichnis
Revision der Schiilerquartiere oder eines Theiles
derselben durch die Sanitätsorgane eingeleitet
werde, an welcher über Wunsch der betreffen-
den Lehranstalt auch Delegirte derselben bei-
gezogen werden können.
7. Die Errichtung von öffentlichen oder
privaten Schülerconvieten (Bursen) mit pädago-
gisch gebildeten Leitern an der Spitze verdient
in aller Weise gefördert zu werden, insbesondere
an solchen Orten, in welchen Wohnungsnoth
herscht.
8. Ein besonderes Augenmerk ist jenen
Schülern zuzuwenden, welche in Folge grösserer
Entfernung ihres Wohnortes von der Schule
während der Mittagspause in den Schulräumen
zu verbleiben genöthigt sind; es ist nach Mög-
lichkeit dafür Sorge zu tragen, dass den unbe-
mittelten unter denselben warme Kost ver-
abreicht werde.
9. Im Allgemeinen wird erwartet, dass die
Lehbrkörper der gewerblichen und commerciellen
Lehranstalten, soweit dies nicht schon geschieht,
260
Stellvertretern in Angelegenheit der Erziebunz
und des Unterrichtes der der Schule anver-
trauten Jugend anbahnen und erhalten, dass
derselbe überall in concilianter, yon Wohlwollen
zeugender und dadurch Vertrauen erweckender
Weise sich vollziehe, um das schwierige Bildung:-
und Erziehungswerk der Schule zu fördern.
(V. B. d. Unt.-Minist.).
*
Erlass der k. k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 9. Februar 1899,
Z. 7174,
au die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Anzeige ven Todesfalies,
welehe während oder nach der Narcose ein-
treten.
Da es mehrfach vorgekommen ist, dass die
Statthalterei von Todesfällen während oder nach
der Narcose erst nach längerer Zeit durch eine
Notiz in den Tagesblättern oder mittelbar durch
die Gerichtsbehörde nach durchgeführter Amts-
erhalten hat,
jedoch darauf Gewicht gelegt werden muss,
von derartigen Ereignissen jederzeit sofort genau
unterrichtet zu werden, wird die k. k. Bezirks-
hauptmannschaft angewiesen, Veranlassung zu
treffen, dass in Hinkunft jeder derartige Todes-
fall, und zwar auch dann, wenn die Narcose
handlung Kenntnis hieramıs
nicht als unmittelbare Veranlassung des Todes
angesehen wird, sofort hieher angezeigt und
weiters das bezügliche Obduetionsprotokoll und
die Krankengeschichte nebst dem Berichte über
etwa durchgeführte Erbebungen vorgelegt werde.
*
Erlass der k. k. steiermärkischen Statt-
halterei vom 11. Mai 1899, Z. 11843,
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Verwendung von Amtsärzien
als gerichtliche Sachverständige.
Der k. k. Oberstaatsanwalt hat mit der
Note vom 6. April d. J., Z. 1423, anher mit-
getheilt, dass er sämmtliche ihm unterstehende
Staatsanwaltschaften angewiesen hat, in Straf-
fällen, die die Sanitätsverwaltung berühren,
immer die Beiziehung des Amtsarztes der poli-
tischen Behörde als Sachverständigen zu be-
einen regen Verkehr mit den Eltern und deren | autragen, gleichzeitig hat der k. k. Oberstaats.
— 261 —
anwalt das k. k. Oberlandesgerichtsprisidium
ersucht, den Gerichten in Steiermark, Kärnten
und Krain anzuempfehlen, in allen derartigen
Straffällen den Amtsarzt als Sachverständigen
beizuziehen.
Die auf diese Weise angestrebte Klar-
stellung solcher Straffälle, zu denen insbesondere
die Uebertretungen der Vorschriften über den
Arzneimittelverkehr, über Curpfuscherei und
über die Pflichten des gesammten Sanitäts-
personales gehören, ist für die Sanitätsver-
waltung besonders wichtig, weil hiedurch ein ein-
verständliches Vorgehen der Gerichts- und Ver-
waltungsbehörden erleichtert und die Befolgung
der betreffenden Gesetze und Verordnungen
wirksam gefördert wird.
Durch den in Aussicht genommenen Vor-
cang werden die Verwaltungsbehórden von der-
artigen Fällen auf dem kürzesten und raschesten
Wege Kenntnis und häufig die Gelegenheit
erlangen, in weiterer Verfolgung der gericht-
lichen Verhandlungen oder nach deren Ein-
stellung Amtshandlungen einzuleiten, die zur
Regelung sanitär belangreicher Angelegenheiten
zu führen geeignet sind.
Die Amtsärzte werden daher angewiesen,
allen diesen Fällen ihre Aufmerksamkeit zu-
zuwenden und über ihre bei solchen Anlässen
gemachten Wahrnehmungen unter specieller
Anführung aller Einzelfälle und allfälliger
weiterer Amtshandlungen in dem Abschnitte
Jahres-Sanitätsberichtes, der über die
Agenden des Amtsarztes handelt, eingehend zu
berichten.
des
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitatsrathe.
Niederösterreich.
In der Sitzung am 1. Mai |. J. wurden Besetzungsvorschläge
für zwei erledigte Sanitätsconcipistenstellen und für die Stelle eines Veterinärinspectors, eventuell
eines Veterinärconcipisten erstattet.
Ferner wurde bezüglich der Errichtung einer zweiten Apotheke in einer Gemeinde
Niederösterreichs die Vervollständigung der Erhebungen beantragt.
Für den in Berlin vom 24.—27. Mai l. J. stattfindenden internationalen Congress zur
Bekämpfung der Tuberculose wurde die Entsendung eines Mitgliedes des Sanitätsrathes
als Delegirten desselben beschlossen.
Schliesslich wurde in die Berathung des Entwurfes einer Dienstes-Instruction und einer
Instruction fiir Cassa- und Materialgebahrung der k. k. Impfstoff-Gewinnungsanstalt in
Wien eingegangen.
In der Sitzung am 15. Mai d. J. wurden jene sanitären Massnahmen festgestellt, welche
bei der therapeutischen Anwendung der Röntgenstrahlen und bei Versuchen mit
denselben zu beobachten sind.
Auf Grund eines Initiativantrages wurden Vorschläge erstattet, welche auf die Beseitigung
der Staubplage und die Behebung der sanitären Mängel in den Strassen der Stadt Wien
abzielen.
Weiters wurde ein Gutachten betreffend die Errichtung einer neuen Apotheke in
einer Gemeinde Niederösterreichs erstattet.
Der Entwurf einer neuen Todtenbeschau-Ordnung für Wien nebst einer Instruction
für die Beschauorgane wurde zur Annahme empfohlen.
Ferner wurde das Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung einer Kaltwasserheil-
anstalt in einer Gemeinde Niederösterreichs in Berathung gezogen.
Das Project der im k. k. St. Rochusspitale in Wien auszuführenden Adaptirungs-
bauten wurde als im Interesse der Verbesserung der hygienischen Verhältnisse der Anstalt
gelegen zur Ausführung empfohlen,
dieses Krankenhauses befürwortet.
Schliesslich wurde über die
Aenderungen ein Gutachten abgegeben.
in einer Privatheilanstalt in
zugleich aber eine zeitgemässe moderne Ausgestaltung
Wien beabsichtigten
In der Sitzung am 29. Mai d. J. wurde über die in Mauer-Oehling zu errichtende
Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke ein Gutachten erstattet.
— 262 —
Weiters wurde die Abänderung des Curstatutes für den Curort Baden in Berathung
gezogen.
Schliesslich wurde über die Zulässigkeit des Waschens und Einlegens sogenannter grüner
Häute in einem offenen Bachgerinne ein Gutachten abgegeben.
In den Sitzungen am 5. und J2. Juni d. J. wurde über die angesuchte Neuerrichtung
einer öffentlichen Apotheke in einer Gemeinde Niederösterreichs, beziehungsweise über die
Verlegung einer bestehenden benachbarten Apotheke in die betreffende Gemeinde ein Gutachten
abgegeben.
Ferner wurde das geänderte Statut, sowie die Instruction für das Öffentliche
Krankenhaus in Baden (Rath’sches Krankenhaus) einer eingehenden Beratbung unterzogen und
mit entsprechenden Aenderungen zur Annahme empfohlen.
Endlich wurde über geplante Aenderungen in der Organisation des Findlingswesens
ein ausführliches Referat erstattet und unter Beiziehung von Vertretern der beiden Aerzte-
kammern in eingehender Weise berathen.
nm nn ee ee
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 25. Juni bis
1. Juli 1899:
in Galizien, in der Stadt Krakau 1 und in den politischen Bezirken: Bobrka:
Bobrka 1, Kalinowka 3*), Molodyneze 1*); Bochnia: Wola zabierzowska 2, Zabierzow 7;
Bohorodezany: Grabowiec 5, Molotkow 5; Buczacz: Koropiec 1; Gorlice: Rozembark 3%);
Horodenka: Czernelica 1*), Czerniatyn 3, Dabki 2, Obertyn 8, Olejowa Korniow 3;
Husiatyn: Chlopowka 1*), Hrynkowce 1; Kolomea: Folwark Gwozdziec 3; Kosow:
Jasieniow gorny 2*), Jaworow 4, Krzyworownia 3*), Kuty stare 1; Krosno: Krasna 3;
Nadworna: Delatyn 1, Tarnowica lesa 1, Welesnica lesna 2; Nisko: Kamien 5*); Peezeni-
ezyn: Peczeniczyn 2, Rungory 2*); Przemysl: Przemysl 6*); Rohatyn: Czereze 1, Pod-
grodzie 3*); Rzeszow: Tyczyn 2*); Skalat: Grzymalow 4, Mazurowka 3, Podlesie 1, Soroka 1;
Strzyzow: Stryzow 1; Tlumacz: Holoskow 1, Krzywotuly nowe 1; Trembowla:
llaweze 1*); |
in der Bukowina im politischen Bezirke Gurahumora: Solka 1;
in Niederósterreich: in der Stadt Wien 1;
in Tirol: im politischen Bezirke Riva: Molina 4*). (Zwei nicht geimpfte Männer, welche
am 31. Mai l. J. aus Südamerika in Genua ankamen, erkrankten mehrere Tage nach ihrer
Rückkunft. In weiterer Folge erkrankte die Warteperson des Ersterkrankten und ein Bruder
desselben);
in Mähren: in der Stadt Brünn 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 25. Juni bis
1. Juli 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bohorodezany: Lachowce 4; Brzezany:
Planeza mala 1; Buczaez: Koropiee 1, Medwedowce 1; Dabrowa: Dabrowa 1; Dobromil:
Piatkowa 1; Dolina: Kalna; Husiatyn: Horodnica 3, Samoluskowce 1, Tlustenkie 1,
Zabince 1; Jaworow: Czernilowo "Pi, Nahaczow 5*), Olszanica 2, Przylbice 2, Szklo 1,
Wulka zmijowska 8%), Zmijowiska 4; Kalusz: Medynia 1; Kamionka strumilowa: Dziedzi-
low 1%); Kolbuszowa: Mazury 1; Kolomea: Turka 2; Mosciska: Artamowska wola 1,
Zakoseiele 1; Nadworna: Ostawy biale 8; Nisko: Kamien 7%), Rudnik 1*); Rawa: Mosty
male 1; Skalat: Sorocko 1%); Sniatyn: Roznow 7; Sokal: Dobraczyn 9; Stanislau:
Sapahow 1; Tarnow: Tarnow 2; Wadowice: Lgota 1*); Zaleszczyki: Milowce 3.
*) In den mit *) bezeichneten Fiillen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachtraglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
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Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Höldar in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
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Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmestrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postsusendung gansjährig fl. @.—.
—
XI. Jahrgang. Wien, 20. Juli 1899. Nr. 29.
Inhalt. Der Congress zur Bekämpfung der Pellagra in Padua (Schluss). — Sanitätsgesetze und
Verordnungen: Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend die Verständignng der in Oesterreich
practicirenden Medicinalpersonen aus dem deutschen Reiche von den einschlägigen sanitätspolizeilichen
Vorschriften und betreffend die Hintanhaltung des Vertriebes von Apparaten und Mitteln zur Ver-
hinderung der Conception; Erlass der Statthalterei in Tirol und Vorarlberg, betreffend die Substitution
von Hebammen, in deren Familien Infectionskrankheiten aufgetreten sind. — Aus den Verhandlungen
der k, k. Landessanitätsräthe. — Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. — Vermischte
Nachrichten.
Der Congress zur Bekämpfung der Pellagra in Padua.
Von Dr. Guido v. Probitzer, k. k. Oberbezirksarzt in Rovereto.
(Schluss,)
V. An welche frommen Stiftungen oder Wohlthätigkeitsanstalten
in den verschiedenen Centren, wo eine Präventivcur der Pellagra noth-
wendig erscheint, hat man sich im Interesse des Betriebes der Locande
sanitarie zu wenden, und welche Körperschaften könnten zu den
fraglichen Curkosten Beiträge leisten, beziehungsweise in welchem
Ausmasse die einzelnen? (Referent: Advocat Dr. Luigi Perissutti aus
Udine.)
Der Congress gelangte zu folgenden Schlusssätzen:
1. Der Betrieb der Locande sanitarie kann, damit dieselben ihren Zweck bestmög-
lich erfüllen, seitens der Local-Comit«s den Spitälern, Versorgungshäusern und Volks-
küchen in Orten, wo diese segensreichen Einrichtungen bestehen, anvertraut werden.
2. Die Kosten zu deren Gründung und Betrieb sind vom Landesausschusse,
vom Staate, den Gemeinden im Verein mit dem Örtsarmenfonde, sowie unter Mithilfe
der Privatwohlthätigkeit aufzubringen.
3. In Erwartung durchgreifender Massregeln möge bei der dazu berufenen
Behörde dahin gewirkt werden, dass ein Theil der von den Gemeinden für Armen-
betheilung bestimmten Gelder zur Bekämpfung der Pellagra verwendet werde.
VI. Massnahmen zur Verbreitung der Ueberzeugung von der Niitz-
lichkeit der Locande sanitarie und Pellagrosarien und zur Erlangung
der Unterstützung und werkthätigen Antheilnahme der leitenden Classen
29
— 24 —
an diesen humanitären Anstalten. (Referent: Cav. Cesare Merossi aus
Udine.)
Der Congress beschloss:
1. Zur Verbreitung der Ueberzeugung von der Nützlichkeit der Locande sanitarie
und Pellagrosarien empfiehlt sich:
a) Bekanntmachung der Urtheile der Aerzte und positiver Daten, welche be-
weisen, dass Locande sanitarieund Pellagrosarien durchaus keine Utopien
sind, sondern bisher als die wirksamsten und ökonomischesten Mittel zur Erzielung
einer Präventiv-Behandlung der Pellagra in Anwendung gebracht wurden, im Wege
der Presse, inbesondere durch Zeitungen, Rundschreiben und durch Berichte der
Landes-Commissionen.
b) Begünstigung von Vorträgen, Zusammenkünften und Anlehnung zu diesem
Behufe an die landwirthschaftlichen Vereine, damit die Vortragenden sich nebst
andern Agrarfragen auch mit Pellagra, Locande sanitarie und Pelagrosarien befassen
mögen.
c) Den Gemeinden die Geringfügigkeit der Auslage mit Rücksicht auf den
Zweck und im Hinblicke auf die Verringerung der Spitalsauslagen begreiflich zu
machen und gleichzeitig auf die Möglichkeit, den Locande sanitarie oder Pellagrosarien
einen Theil jener Beträge zuzuwenden, welche bisher dem Armenfonde zuflossen,
hinzuweisen.
d) Heranziehung der Privatwohlthätigkeit oder Abhalten von öffentlichen Ver-
anstaltungen zu Gunsten der Locande sanitarie und Pellagrosarien mindestens in
Orten, wo Pellagra herrscht und grössere Ausgaben erfordert.
e) Grösstmöglichste Verbreitung von Circularen, Berichten, Veröffentlichungen
mit Notizen, Aufklärungen (wie sub a), c), d), Zusendung derselben nicht nur an
die Gemeindevorsteher, sondern auch an alle einzelnen Gemeinderäthe in Orten, wo
obige Institutionen in Aussicht genommen sind.
VII. Die unterstützende Thätigkeit der Gemeindeärzte in der
Landes-Commission für Bekämpfung der Pellagra. (Referent: Dr. Cesare
Ceresoli aus Brescia.)
Der Congress stimmte einer Resolution bei, welche den Gemeindeärzten für
ihre erspriessliche Thätigkeit bei Einführung von Präventiv-Massregeln zur Bekämpfung
der Pellagra volles Lob ertheilt.
VIII. Volksküchen. Grössere Verbreitung derselben durch materielle
und moralische Unterstützung seitens der Landes-Commissionen. (Referent:
Prof. Nicolo Rezzara aus Bergamo.)
Nach Besprechung der Verbreitung der Volksküchen verschiedener Art be-
schloss der Congress:
a) Die Errichtung von Volksküchen ist unter die zur Bekämpfung der Pellagra
geeigneten Präventiv-Massregeln einzureihen.
b) Dieselben sind auf jede Weise zu fördern und zu unterstüzen.*)
*) Bei diesem Anlasse wies ich darauf hin, dass über meine Initiative in der k. k, Tabak-
Hanptfabrik in Sacco 1837 eine Volkskiiche errichtet wurde, von welcher bei der grossen Anzahl von
Arbeiterinnen (circa 1509) ein wohlthätiger Einfluss zu erwarten steht, da diese dem Bauerastande
angeliören und viele unter ibnen pellagrakrank sind.
Die gelieferte Kost (la Liter Suppe mit etwas gehacktem Fleisch und "1, Kilo Polenta) ist gat
und dem gezahlten Preise entsprechend. Sollte jedoch eine sichere Hebung der allgemeinen Ernährung
mit dem Zwecke der Bekämpfung der Pellagra ins Auge gefasst werden, so müssten in der Zusammen-
setzung der Nahrung die plastischen Nährstoffe vermehrt, und auch die Quantität soweit vergrössert werden,
dass das Gefühl der Sättigung mit derselben erzielt werden kaun. Was den Kostenpuukt betrifft, so
$
— 265 —
IX. Trockenöfen für Mais. (Referent: Dr. Alessandro De Orchi aus
Como.)
Die über diese Frage eingeleitete Discussion ergab, dass trotz des unleugbaren
Werthes der Trockenöfen diese wegen der Schwierigkeiten der Anlage, ihrer Kosten
und verschiedener anderer Umstände halber zu keiner grossen Verbreitung gelangen
konnten.
Der Congress stimmte folgender Resolution bei:
Alle jene Massnahmen, welche zur vollkommenen Austrocknung des Mais führen,
sowie die sogenannten Gemeinde-Backöfen, in welchen vollständiges Ausbacken des
Brotes gesichert erscheint, sind als vorzügliche Einrichtungen zur Prophylaxe der
Pellagra empfehlenswerth.
X. Unterstützung stillender, pellagröser Mütter. (Referent: Prof.
Ruggero Dambroni aus Ferrara.)
Nach kurzer Debatte wurde folgende Resolution angenommen:
Das vernünftigste, practischeste und wirksamste Mittel, um den schwächlichen
und kränklichen Säugling einer pellagrösen Mutter zu kräftigen, ist, ihr denselben
zwar zu belassen, jedoch für deren reichliche und kräftige Ernährung zu sorgen,
welche durch Locande sanitarie oder ähnliche Einrichtungen erreichbar ist.
XI. Bade- und Arsenikcuren für Pellagrakranke. (Referent: Dr. Ales-
sandro De Orchi aus Como.)
In der Discussion über diese Frage wies ich auf die erfolgreiche Wirkung der
eisen- und arsenikhältigen Wässer von Levico und Roncegno hin, welche schon seit
Langem von unseren Gemeindeärzten erkannt und sowohl zu Bade- wie zu Trink-
curen als specifisches Mittel gegen Pellagra angewendet wurden. |
Der Congress sprach sich dahin aus, dass zur Bekämpfung der Pellagra ausser
der guten Ernährung in einigen Fällen auch die Anwendung von Medicamenten ge-
boten sei und dass in dieser Hinsicht Arsenik-Trink- und Badecuren die besten
Resultate erzielt haben..
XIL Practischere und einfachere Geschäftsgebahrung bei den
Landes - Commissionen. Nothwendigkeit der fortwährenden Evidenz-
haltung der Pellagrakranken der einzelnen Gemeinden. Einführung
besserer statistischer und administrativer Formularien, welche bei sämmt-
lichen Commissionen gleichmässig in Anwendung zu bringen wären.
(Referent: Ingenieur Giovanni Battista Cantarutti aus Udine.)
Der Congress erkannte als nothwendig:
1. Genaue statistische Daten zu sammeln, um die Verbreitung der Krankheit
in den verschiedenen Gemeinden kennen zu lernen.
2. Die Einsetzung localer Commissionen in den Gemeinden.
3. Die Ausbreitung der Propaganda zur Bekämpfung der Pellagra.
4. Die Zusammenstellung detaillirter Berichte über Pellagra.
5. Die Verbreitung der jährlichen Berichte über Pellagra.
6. Veröffentlichung der betreffenden Statistik mindestens alle 2 Jahre,
könnte einerseits der von den Arbeiterinnen gezahlte Preis um ein Geringes erhöht, das Fehlende
jedoch von der k. k. Tabakregie beigesteuert werden. Letztere hätte dagegen den Vortheil verminderter
Krankenbewegung, sowie weniger häufigerer Pensionirung der Arbeiterinnen wegen vorzeitigem durch
Pellagra erzeugten Marasmus.
297
— 266 —
7. Die Aufzählung der Pellagrakranken sei womöglich eine zominelle.
8. Die Irrenanstalten mögen die Daten über die mit pellagröser Geistesstörung
Behafteten gesondert sammeln.
9. Einführung gleichlautender Formularien.
XU. Der Mais. Mittel zur Regelung seines Anbaues und Ver,
brauches. Beschränkung der Production, besonders des Quarantino
und Cinquantino. Entsprechende gesetzliche Vorkehrungen. Art der
Conservirung des Mais durch natürliche und künstliche Mittel. Ueber
das Gift im Mais und Verbreitung der Kenntnisse desselben. (Referent:
Dr. G. Antonini aus Bergamo.)
Der Gegenstand wurde ausführlich behandelt und beschloss der Congress:
1. Durch eine thätige Propaganda die Kenntniss der bestehenden Wechselwirkung
zwischen verdorbenem Mais und Pellagra zu verbreiten.
2. Die Einschränkung des Maisanbaues und die Ersetzung desselben durch
eine andere Culturgattung anzurathen.
3. Darauf hinzuwirken, dass von der Maiscultur in jener Gebirgszone, in
welcher derselbe nicht mehr zur vollen Reife gelangen kann, sowie auch von jener
des »Quarantino« in der Ebene abgegangen werde.
Diesem Beschlusse lag die Ueberzeugung zu Grunde, dass die Pellagra eine
langsam sich entwickelnde Vergiftungskrankheit ist, welche in den toxischen Sub-
stanzen des verdorbenen Mais ihre Ursache hat.
Die zum Beweise dieser Annahme in Angrift genommenen Untersuchungen sind,
wenngleich noch nicht abgeschlossen, doch schon sehr vorgeschritten. Lombroso,
Gosio, Ferrati, Pellizzi, Tirelli undCarraroli beschäftigen sich mit den-
selben.
Auch weitere einschlägige Fragen wurden nebst den erwähnten erörtert; so
wurde die Errichtung von ehrlich geleiteten Consumvereinen als Mittel zur
Verbesserung der Ernährung empfohlen, und die Anregung zu agrarischen
Reformen gegeben (Einführung der Zuckerrübencultur und Clinton-
anbau). Schliesslich wurde die Nothwendigkeit einer pecuniären Unter-
stützung seitens der Regierung zur Verbesserung der traurigen Lage der Land-
bevölkerung betont.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern | zwischen Oesterreich-Ungarn und dem Deutschen
vom 19. Juni 1899, Z. SAS, Reiche vom 30. September 1852, R. G. Bl.
| Nr. 120 ausüben, die genaue Einhaltung der
| in dieser Beziehung geltenden Vorschriften aus
dem Grunde erschwert erschein il die ge-
betreffend die Verständigung der in Oester- Ge Y t, weil d Be
reich practicirenden Medicinalpersonen aus dachten Medicinalpersonen von den h. O. sanıtäts-
dem Deutschen Reiche von den einschlägi- polizeilichen Vorschriften nicht fortlaufend
gen sanitätspolizeilichen Vorschriften.
an die politischen Landesbehörden in Innsbruck,
Salzburg, Linz, Prag und Troppau,
; Kenntnis erlangen.
In einem specielien Falle hat sich heraus- | Das k. k. Ministerium des Innern findet
gestellt, das seitens der Sanitätspersonen, welche | daher anzuordnen, dass seitens der politischen
Behörden I. Instanz der im Grenzgebiete des
' Deutschen Reiches gelegenen Bezirke — insofern
| es bisher nicht geschehen sein sollte — über
ım Deutschen Reiche ansässig sind und ihre
Berufsthätigkeit auch im österreichischen Grenz-
cebiete im Grunde des Uebereinkommens
267
jene sanitätspolizeilichen Verfügungen, welche | politischen Landesbehörde verboten ist, haben
zur Kenntniss aller praxisberechtigten Sanitäts-
personen gebracht werden, künftigbin die Mit-
theilang auch an die Verwaltungsbehórden der
angrenzenden Bezirke im Deutschen Reiche
behufs Verständigung der denselben unter-
stehenden Medicinalpersonen zu erfolgen habe.
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 24. Juni 1899, Z. 14968,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Hintanhaltung des Vertriebes
von Apparaten und Mitteln zur Verhinderung
. der Conception.
Laut Mittheilung des kgl. ung. Ministeriums
des Innern hat dasselbe mit dem Cireular-Erlasse
vom 21. April d. J., Z. 41458, die Herstellung
nnd den Vertrieb des von Heinrich Mayer in
Budapest unter der Bezeichnung „Occlusivpessar*
in Verkehr gebrachten Apparates zur Ver-
hinderung der Conception fiir das Königreich
Ungarn aus sanitätspolizeilichen Gründen ver-
boten.
Hievon wird die k. k.... mit dem Be-
merken in die Kenntniss gesetzt, dass der Ver-
trieb dieses Apparates auch in der diesseitigen
keichshälfte unzulässig ist.
Bei diesem Anlasse wird der k. k....
binsichtlich des Vertriebes derartiger Gebrauchs-
gegenstände Nachstehendes eröffnet:
Laut anhergelangter Anzeigen einzelner
politischer Landesbehörden werden aus dem
Auslande an Privatpersonen auch chemische
Präparate nieht declarirter Beschaffenheit mit
der ausdrücklichen Bestimmung versendet um —
mittelst beigegebener chirurgischer Apparate
in die weiblichen Geschlechtswege eingebracht —
durch medicamentöse Einwirkung die Conception
künstlich zu verhindern.
Da der Bezug derartiger, mit Rücksicht
auf ihre Einwirkung auf den menschlichen
Urganismus den medicamentösen Stoffen gleich
zu baltender Präparate aus dem Auslande durch
Privatpersonen nach den bestehenden Medicinal-
vorschriften, sowie in Gemiissheit des $16, P. 2 a
der Ministerial-Verordnung vom 25. Mai 1882
'R. G. Bl. Nr. 49) ohne Bewilligung der
die politischen Landesbehérden wegen Einleitung
der entsprechenden sanitätspolizeilichen Amts-
handlung beim Einlangen solcher Artikeln bei
den k. k. Zollämtern im Einvernehmen mit der
dortigen k. k. Finanz- Landesbehörde die noth-
wendigen Vorkehrungen su treffen.
Seitens aller politischen Landesbehörden
sind die politischen Bezirksbehörden anzuweisen,
den gewerbsmässigen Vertrieb derartiger Artikel '
jedweder Provenienz im Inlande, insoferne die-
selben nicht in hiezu befugten Geschäftsbetrieben
(chirurgischen Instrumentenfabrication, Apo-
theken) zum ärztlichen Gebrauche oder über
ärztliche Weisung hergestellt oder abgegeben
werden, aus sanitdtspolizeilichen Rücksichten
strengstens hintanzuhalten.
Dieselbe sanitätspolizeiliche Ingerenz der
politischen Behörden hat mit Rücksicht auf die
laut Gutachtens des Obersten Sanitätsrathes
mögliche Schädigung der Gesundheit auch hin-
sichtlich des unbefugten gewerbsmässigen Ver-
triebes aller mechanischen, instrumentellen Vor-
welche mit der
ausdrücklichen Bestimmung zur Verhütung der
Conception zur Anwendung in der obgedachten
Weise empfohlen und in Verkehr gebracht
werden.
MitZustimmung desk.k. Finanzministeriums
vom 16. Juni 1899, Z. 31435, wolle die k, k.
Finanz-Landesbehörde eingeladen werden, die
richtungen stattzufinden,
unterstehenden Zollämter anzuweisen, im Falle
der Einfuhr derartiger Gebrauchs-Gegenstände
der politischen Behörde des Bestimmungsortes
behufs Hintanhaltung des Vertriebes derselben
im Inlande die Anzeige zu erstatten.
*
Erlass der k.k. Statthalterei in Tirol
und Vorarlberg vom 13. April 1899,
Z. 12972,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Substitution von Hebammen,
im deren Familie Infectionskrankbheiten auf-
getreten sind.
Es ist kürzlich im Verwaltungsgebiete der
Fall vorgekommen, dass von Seite einer Be-
zirksbehörde, beziehungsweise des die Er-
hebung pflegenden Amtsarztes einer Hebamme,
deren im Familienverbande lebende Kinder an
Scharlach erkrankten, eingeschärft wurde, den
im § 15, Absatz 2, der neuen Hebammen-
instruction*) erwähnten dringenden Nothfall
einer Hilfeleistung nur im wirklichen Nothfalle
anzuwenden und sich hiebei sorgfältiger als
sonst zu desinficiren.
Bei dieser Anordnung wurde einestheils
die Möglichkeit der Substituirung der Hebamme
in ihrem Geschäfte durch eine nicht allzuweit
entfernte Hebamme oder eventuell einen Arzt
nicht genügend erwogen, welcher Umstand in dem
eitirten Paragraphen mit den Worten:, wenn eine
andere Hebamme nicht zu erlangen ist“ aus-
drücklich betont ist; anderntheils den nöthigen
Sicherheitsmassregeln bei einer derartigen aus-
nahmsweisen Dienstverrichtung nicht gebührend
Rechnung getragen. Ion der Regel wird es
möglich sein, wenn in der Wohnung einer
Hebamme oder
nicht als vollständig isolirt angesehen werden
kann, eine der im eitirten $ 15 aufgezählten
Krankheiten aufgetreten ist, für deren Sub-
stitution, sei es durch eine im Orte oder in der
in deren Hause, worin sie
Nachbarschaft befindliche Hebamme Sorge zu
tragen, und wird hiedurch in den meisten Fällen
eine ausnahmsweise Verwendung der in Sperre
sein. Im
ersteren Falle wird die zweite Ortshebamme
mit der Substitution zu betrauen, im zweiten
Falle die betreffende Gemeindevorstehung zu
verhalten sich
Substitution mit einer der Nachbar-Hebammen
gelegten Hebamme zu vermeiden
sein, in Betreff zeitweiliger
ins Einvernehmen zu setzen und diese Verein-
barung ehestens in der Gemeinde in ange-
messener Weise kundzumachen. Selbstverständ-
lich ist es zulässig, die Aueübung der Praxis
von Seite der Hebamme in derartigen Fällen
o *) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 36).
268
m re a 5 a sr ann nr m nn
zu gestatten, wenn sie freiwillig nach erfolgter
Reinigung und Desinfection ihres Körpers uni
ihrer Kleider in ein nicht inficirtes Haus über-
siedelt, vorausgesetzt, dass die Sicherheit des
Nichtwiederbetretens des infieirten Hauses gegeben
ist, was jedoch bei Erkrankungen in der eigenen
Familie wohl nicht leicht anzunehmen sein
wird. Sollte jedoch in ganz besonderen Aus
nahmsfällen wegen Verhinderung der Nachbar-
Hebammen und Abgang sonstiger kunstge-
rechter Hilfe eine Notbfallshilfeleistung der
contumacirten Hebammen unvermeidlich sein,
so hat dieselbe vor Antritt des Ganges sich in
der im § 15 erwähnten Weise zu reinigen und
zu desinficiren, im Hause nicht getragene
Kleider anzulegen, ihre Dienstleistung
jene während der Geburt und nach derselben
3 Stunden nach Abgang der Nachgeburt (§ 24
der Instruction) zu beschränken und die weitere
Hilfeleistung im Wochenbette der nun wieder
beweilten Nachbar-Hebamme oder dem Arzte zu
überlassen; ebenso wenig darf sie sich beim
Taufgange, Taufschmause u. dgl. be-
theiligen.
auf
dem
Ueber diese ausnabmsweise Verwendung
hat sie im Wege der Gemeindevorstehung der
politischen Bezirksbehörde die Anzeige zu er:
statten.
Hievon werden die politischen Behörden
erster Instanz nach eingeholter gutächtlicher
Aeusserung des Landes-Sanitatsrathes bebufs Ver-
meidung allenfalls im Verwaltungsgebiete vor-
kommender allzu leichter Auslegung deserwäbnten
Paragraphen zur Darnachachtung und sinn-
Durchführung
analogen Fällen in Kenntnis gesetzt.
Bei Gelegenheit der Hebammen-Amtstage
wollen die Amtsärzte für entsprechende Bre-
gemässen in vorkommenden
lehrung der Hebammen über den mehrgenanpten
| Paragraphen Sorge tragen.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Oberösterreich.
zur Verhandlung:
In der Sitzung vom 9. Mai 1899 gelangten nachstehende Gegenstände
1. Abgabe von Theesorten durch eine Privatperson.
2. Ansuchen eines Apothekers um Bewilligung zur Erzeugung und zum Vertriebe einer
Roob-Mixtur und Roob-Salbe.
— 269 —
3. Die Beantwortung der Frage, ob einige bestimmte, von einem Kaufmanne zur Erzeugung
und zum Vertriebe angemeldete arzneiliche Mischungen als solche anzusehen seien, für
deren Herstellung eine ärztliche Verschreibung nothwendig sei.
4. Die Begutachtung von L. Biirger's System einer staubfreien Kehrichtabfuhr.
5. Die Herstellung einer Klostergruft.
In der Sitzung vom 19. Mai wurde der Besetzungsvorschlag für die Stelle eines
k.k. Oberbezirksarztes und jene eines k. k. Sanitätsconcipisten erstattet.
Steiermark. In der am 6. Mai l. J. abgehaltenen Sitzung kamen folgende Gegenstände
zur Berathung:
1. Gutächtliche Aeusserung über ein Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung und zum
Betriebe einer Privatheilanstalt bei Graz.
2. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Betriebsanlage einer Cementfabrik.
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 13. Mai l. J. kamen nachfolgende Gegen-
stände zur Verhandlung:
1. Erstattung von Vorschlägen betreffs Besetzung einer vacant gewordenen k. k.
Bezirks-Thierarztesstelle im Verwaltungsgebiete.
2. Gutachten über die Nothwendigkeit der Haltung eines erweiterten Nothapparates
in einer Gemeinde und dessen eventuellen Umfang.
Küstenland. In der Sitzung vom T. März l. J. kamen nachstehende Gegenstände zur
Berathung:
1. Gutachten über einen Recurs gegen die Auflassung der dritten Apotheke in
Rovigno.
2. Gutachten über die sanitäre Eignung von Localitäten für das Ambulatorium des
Vereines „Igea“ in Triest.
3. Begutachtung der Pläne für das neue Versorgungshaus in Pola.
In den Sitzungen vom 3. und 4. Juni J. J. wurden die Massnahmen erörtert, welche
gegen die Einschleppung der Pest aus Alexandrien in Anwendung gelangen, sowie die
Vorkehrungen besprochen, welche im Hinblicke auf ein eventuelles Auftreten der Pest zu
treffen wären.
Hiebei gelangten in specielle Berücksichtigung die sanitären Verhältnisse der Stadt Triest
als Einbruchspforte fiir Provenienzen aus Alexandrien.
Den Berathungen wurde auch der Garnisons-Chefarzt beigezogen.
Böhmen. In der Sitzung am 6. Mai 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verbandlung:
1. Errichtung einer zweiten öffentlichen Apotheke in Hohenelbe.
2. Verleihung der Concession für die vierte Apotheke in Pilsen.
3. Initiativantrag betreffend Schutzmassregeln gegen die Tuberculose beim Menschen.
Nach durchgeführter vorläufiger Besprechung wurde die Fortsetzung der Generaldebatte
für die nächste Sitzung beschlossen.
4. Errichtung eines Reconvalescentenheimes in Keindlitz.
5. Besetzungsvorschlag für mehrere Stellen im öffentlichen Sanitätsdienste.
Sitzung vom 3. Juni 1899:
. Errichtung einer öffentlichen Apotheke in Mirowitz.
. Verlegung der Hospitalsapotheke in Dux.
Anlage eines Gemeindecanales in Tabor.
, Betrieb einer Papier- und Cellulosefabrik in Bubentsch.
- Gutachten betreffend die Zusammensetzung gewisser ÄArzneiwaaren.
. Anlage einer Wasserleitung aus dem sogenaunten Königsteiche in Rudolfstadt.
. Betrieb eines Moorbades in Tauschim.
. Gutachten betreffend die Schliessung des alten Friedhofes in Schönfeld.
. Gesuch eines Gewerbetreibenden um die Bewilligung zum Verkaufe von mit Saccharin-
Zusatz hergestellten Bäckerei- und Zuckerbäckereiwaaren in Prag.
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— 210 —
10. Gutachten betreffend die Sperrung des Friedhofes in Ronsperg.
11. Mittheilung über den in Berlin stattgehabten Congress zur Bekämpfung der
Tuberculose.
Mähren. Berathungsgegenstände in der Sitzung am 3. Juni 1899:
1. Ueber Rodung zweier Waldparcellen in der Gemeinde Hentschelsdorf im Aus-
masse von 207 Joch 815 Quadratmeter, beziehungsweise 3 Joch 155 Quadratmeter. (Referent:
K. k. Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
2. Errichtung einer Privatheilanstalt fúr Kaltwassercuren, Massage.
elektrische Bäder, Heilgymnastik und Elektrotherapie in Mährisch-Schönberg. (Referent: A. o.
Mitglied des Landes-Sanitätsrathes Landes-Sanitätsinspector Dr. Salomon Spitzer.)
3. Auflassung der bei der Landeskrankenanstalt in Brünn bestehenden Beobachtung»
abtheilung für Geisteskranke und eventuell Neuerrichtung einer mit der Irrenanstalt
administrativ vereinigten Beobachtungsabtheilung, an welche eventell eine Irren-Siechenanstalt
anzugliedern wäre. (Referent: A. o. Mitglied Landes-Sanitätsinspector Dr. Spitzer.)
Fortsetzung am 5. Juni 1899:
4. Zuerkennung des Oeffentlichkeitsrechtes an das neuerrichtete Kranken-
haus in Leipnik. (Referent: A. o. Mitglied Landes-Sanitätsinspector Dr. Spitzer.)
5. Project für die Errichtung eines neuen Krankenhauses in Mährisch-Nenstadt.
(Referent: A. o. Mitglied Landes-Sanitätsinspector Dr. Spitzer.)
6. Project fiir den Neubau eines chirurgischen und Isolirpavillons, sowie
eines Leichenhauses bei dem allgemeinen Krankenhause in Iglau. (Referent: A. o. Mitglied
Landes-Sanitätsinspector Dr. Spitzer.)
T. Ansuchen mehrerer Gemeinden des Sanitätsdistrietes Jaromefitz Gewitsch um Aus,
scheidung aus dem genannten Districte und Bildung eines neuen Sanitátsdistrictes
Gross-Opatowitz. (Referent: K. k. Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
8. Neuerrichtung von Sanitätsdistrieten in Kietin, Tassau-Gross-Bittesch und
Mutenitz. (Referent: K. k. Statthaltereirath Dr. Schoefl.) i
9. Zulässigkeit der Errichtung von öffentlichen Apotheken in Hrozenkau,
beziehungsweise Gross-Karlowitz. (Referent: K. k. Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
Schlesien. In der Sitzung am 2. Mai 1. J. gelangten nach Vorstellung und Begrüssung
des neuernannten Landes-Sanitätsreferenten R. R. Dr. Egbert Kleinsasser durch den Vor-
sitzenden nachstehende Gegenstände zur Berathung nnd Beschlussfassung:
1. Begutachtung der Baupläne für eine Schlachthausanlage in Friedek. (Referent:
Landesthierarzt Stengl.)
2. Fortsetzung der Berathung und die definitive Formulirung der Entwürfe über das
Mindestmass jener sanitären, veterinärpolizeilichen und bautechnischen Anforderungen, von
welchen bei der Errichtung von öffentlichen und privaten Schlachthäusernin
den kleineren Gemeinden Schlesiens nieht Umgang genommen werden kann. (Referent: Sanitäts
rath Dr. Husserl, Correferenten: Baurath Stenzel und Landesthierarzt Stengl.)
Galizien. Verhandlungsgegenstände in der Sitzung am 18. April d. J.:
1. Veterinärbericht für das Jahr 1596. (Referent: Sanitätsrath Prof. Dr. Kadyi.;
2. Gutachten über ein Gemeinde-Schlachthaus in Knihynin, Bezirk Stanislau.
(Referent: K. k. Landesthierarzt Timoftiewicz.)
3. Verleihung des Stipendinms aus der Dr. Jakot Rappaport’schen Stiftung an einen
Hörer der Medicin. (Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
+. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Ertheilung einer Apotheken
concession in Skole, Bezirk Stryj. ((Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
5. Vorschlag des für die Verleihung der Apothekerconcession in Schodnica,
Bezirk Drohobyez, geeigneten Candidaten. (Referent: Sanitätsratb Docent Dr. Schramm.)
6. Gutiehtliche Aeusserung in Angelegenheit einer Fabriksanlage zur Erzeugung Yon
Sandalen- und anderem leichtenSchuhwerke in Podgürze. (Referent: Sanititsrath Prof.
Dr. Machek.)
— 211 —
Sitzung am 9. Mai d. J.:
l. Gutächtliche Aeusserung betreffend eine Anstalt für elektrische Li ichtbäder
in Lemberg, (Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Widmann.)
2. Gutächtliche Aeusserung in Betreff einer Zie gelbrennerei in Lezajsk, Bezirk
Laneut. (Referent: Sanitätsrath Dr. Festenburg.)
3. Gutachten betreffend eine Bäckereianlage in Chrzanów. ((Referent: Sanitätsrath
Dr. Festenburg.)
4. Gutachten über eine Seifensiederei in Boryslaw, Bezirk Drohobyez. (Referent:
Sanitätarath Dr. Festenburg.)
9. Gutächtliche Aeusserung über eine zu errichtende Privatheilanstalt in Lemberg.
‚Referent: Sanitäterath Dr. Festenburg.)
6. Gutachten betreffend eineSodawasserfabrik in Rohatyn. (Referent: Sanitätsrath
Professor Dr. Kadyi.)
7. Gutachten über die Creirung eines neuen Sanitätsdistrictes in Chocimierz,
Bezirk Tłumacz. (Referent: Sanitätsrath, k. k. Landes-Sanitätsreferent Dr. Merunowicz.)
$. Gutachten betreffend eine Gedärm-Darre in Przemysi. (Referent: Sanitätsrath
Dr. Merezynski.)
Bukowina. In der Sitzung vom 2. März 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Berathung und Beschlussfassung :
1. Gutáchtliche Aeusserung über die Nothwendigkeit und Zweckmässigkeit der in einer
Essisfabrik behördlich angeordneten Herstellungen.
2. Fachgutachten über das Project einer in der Gemeinde Toutry des politischen Be-
zirkes Kotzman auszuführenden Wasserleitung.
3. Gutächtliche Aeusserung über die Bedingungen, unter denen die Abhaltung von
Seelenmessen in Gruftkapellen ohne sanitäre Bedenken statthaft erscheint.
4. Gutáchtliche Aeusserung hinsichtlich der Concessionirung eines elektrischen
Liehtbades in der Stadt Czernowitz.
5. Gutichtliche Acusserung über die Frage, ob ein chirurgischer Subject zur Vor-
nahme von Zahnextractionen berechtigt ist.
6. Initiativantrag betreffend Massnahmen zur Hintanhaltung der Einschleppung
ansteckender Krankheiten in die Stadt durch Schulkinder vom Lande.
In der Sitzung vom 21. April 1599 gelangten nachstehende Gegenstände zur Ver-
handlun
L. Gutächtliche Aeusserung hinsichtlich der Befreiung schwachsinniger Kinder vom
Schulbesuche.
2. Gutachten über eine vom Landtage gefasste Resolution betreffend die Einführung der
obligatorischen Impfung.
3. Gutachten über die Vermehrung der Zahl der Apotheken in der Bukowina.
Der Landes-Sanitätsrath beantragte die successive Errichtung von 12 öffentlichen Apotheken,
und zwar: 2 Apotheken in der Stadt Czernowitz, je 1 Apotkeke in der Gemeinde Kuczur-
mare im politischen Bezirk Czernowitz, in der Gemeinde Illischestie im politischen Bezirke
Gurahumora, in der Gemeinde Wama im politischen Bezirke Kimpolung, in den Gemeinden
Luzan und Okna im politischen Bezirke Kotzman, in der Stadt Radautz und in der Ge-
meinde Ober Wikow (eventuell im Industrieorte Patia) im politischen Bezirke Radautz, in
der Gemeinde Hliboka im politischen Bezirke Sereth und in der Stadt Suczawa im
politischen Bezirke Suczawa.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Aegypten. In Alexandrien sind in der Zeit vom 30. Juni bis 11. Juli 21 SE d
a 9 Todesfälle an Pest vorgekommen, nämlich Se den aufeinander folgenden Tagen: 4 D,
2(1,1,1(),1,1,1(,2(0,23,3,208,1().
Algier. Provenienzen aus Griechenland unterliegen seit 28. Juni einer strengen Quaran-
taine. Die Schiffe müssen an der vom Lootsendienste bestimmten Stelle der Bai von Agha ankern,
dürfen aus den an dieselben herangekommenen Lichterschitfen Kohlen und Lebensmittel ane
nehmen, es darf aber Niemand an Bord gehen, die Umladung hat Jdas Schiffspersonal zu besorgen.
— 212 —
Die leeren Kórbe werden den Lieferanten nicht mehr zuriickgestellt, und alle mit dem als ver-
dächtig behandelten Schiffe in Berührung gekommenen Gegenstände unterliegen strenger Des-
infection.
Britisch-Ostindien. Aus Bombay werden in den Wochen vom 13. Juni bis 3. Juli 147 Er-
krankungen (148 Todesfälle) gemeldet.
Capstadt. Mit Regierungsverordnung vom 13. Juni d. J. wurden folgende Quarantaine-
vorschriften gegen Einschleppung der Pest erlassen:
Provenienzen aus verseuchten Häfen. 1. So oft ein Schiff in einem Hafen oder Platz dieser
Colonien einläuft, welches aus einem im Sinne des 11. Abschnittes der Parlamentsacte Nr. 4
vom Jahre 1863 als infieirt anzusehende Orte kommt oder einen solchen berührt hat, sowie jedes
Schiff, welches eine Person oder einen Gegenstand, welcher aus einem infieirten Orte kommt
oder einen solchen berührte, an Bord genommen hat oder verdächtig ist, an Bord genommen
zu haben, soll der Hafensanitätsbeamte, bei Ermangelung eines solchen der Hafenbeamte sich
durch persönliche Inspection und Nachfrage bei den Officieren, Passagieren oder der Mannschaft
oder in irgend anderer Weise vergewissern, dass kein Fall von orientalischer oder Beulenpest
oder ein pestverdächtiger Krankheitsfall, noch sonst etwas, was die Ansteckung vermitteln könnte,
sich an Bord des Schiffes befindet oder befunden hut.
Bedingungen für Zulassung zum Verkehre: 2. Falls der Hafenbeamte diese Gewissheit
erlangt hat, soll das Schiff zum Verkehre zugelassen werden, vorausgesetzt jedoch, dass nicht
weniger als 12 Tage, d. i. 288 Stunden seit der Abfabrt des Schiffes aus dem verseuchten
Hafen oder seit der Aufnahme einer von einem inficirten Orte kommenden Person oder Sache
abgelaufen sind, und dass die unten aufgeführten Bestimmungen hinsichtlich Desinfection der
Ladung eingehalten werden. Sollte aber diese volle Frist von 12 Tagen nicht abgelaufen seiu,
dann ist das Schiff bis zum Ablaufe derselben in Quarantaine zu setzen und darf aus derselben
nicht entlassen werden, so lange der Hafen-Sanitätsbeamte diese Gewissheit nicht erlangt hat.
Ankunft eines verseuchten Schiffes. 3. Wenn ein Schiff aus einem verseuchten Hafen oder
von irgend einem anderen Orte in- oder ausserhalb dieser Colonie in einem Hafen oder Platze
desselben ankommt und einen Fall von orientalischer oder Beulenpest an Bord hat, oder wenn
ein Pest- oder pestverdächtiger Fall während der Reise an Bord vorgekommen ist, oder wenn
es unter Umständen einläuft, welehe den Hafen-(Sanitäts-)beamten zu dem Verdachte berechtigen.
dass es von Pest verseucht ist, so sollen das Schiff und alle Gegenstände an Bord durch den
genannten Functionär sofort in Quarantaine gesetzt werden, und hat dieser unverweilt, wenn
möglich telegraphisch, den Sanitätsarzt der Colonie von allen Umständen des Falles zu benach-
richtigen.
Entlassung aus der Quarantaine. 4. Kein Schiff, keine Person noch Sache soll aus der
Quarantaine entlassen werden, bis nicht wenigstens 12 Tage seit der Entfernung, dem Tode oder
der vollständigen Genesung des an orientalischer oder Beulenpest Erkrankten oder Verdächtigen an
Bord des Schitfes verstrichen sind; und im Falle irgend eines anderen Quarantaineplatzes auf dem
Lande oder sonstwo wird keine Person oder Sache aus der Quarantaine entlassen, so lange nicht
wenigstens 12 Tage seit der Entfernung, dem Tode oder der vollstiindigen Heilung des letzten Pest-
kranken oder Verdächtigen und in keinem Falle früher, «ls die Desinfection zur Zufriedenbeit
der competenten Sanitätsorgane der Colonie durchgeführt ist. Vorausgesetzt wird, dass das Sood-
wasser nach gehöriger Desinfeetion, das Trink- und sonstige an Bord befindliche Wasser entleert
und jeder möglicherweise infieirte Schiftstheil völlig desinfieirt, endlich wo möglich alle Ratten
auf dem Schiffe vertilgt wurden.
Bei pestvertdächtigen Krankheitsfällen. 5. Für den Zweck dieser Bestimmungen soll ein
pestverdächtiger Krankheitsfall nur so lange als verdächtig betrachtet werden, bis der Hafen-
Sanitätsbeamte, der Sanitätsarzt oder der ärztliche Sanitätsassistent der Colonie die Ueberzeugung
gewonnen haben, dass der Verdacht nicht mehr besteht.
Wenn ein Schiff sich der Quarantaine nicht unterwerfen will. 6. Wenn ein Schiff, welches
der Quarantaine unterliegt, in irgend einem Hafen einläuft, steht es demselben frei in Quaran-
taine zu gehen oder seine Reise fortzusetzen. Im letzteren Falle hat der Schiffsfübrer dies nebst
der beabsichtigten Bestimmung des Schitfes dem Hafen-Sanitätsbeamten bekannt zu geben, welcher
dann zugleich, wenn möglich telegraphisch, alle Umstände des Falles dem Sanitätsarzte der
Colonie anzeigen wird.
Schitte, welche sich der Quarantaine unterziehen. 7. Wenn ein der Quarantaine zu unter-
werfendes Sehiff in einem Hafen eintrifft, der augenblicklich keinen Pestfall an Bord hat, so
kann dasselbe, wenn der Capitän sich dafür entscheidet, auf die Gefahr des oder der Rheder,
für die Dauer der Quarantaine entweder im Ankunfts- oder in einem auderen Hafen liegen bleiben.
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— 273 —
vorausgesetzt, dass es die Absicht, dies zu thun, der Hafenbehörde sowohl im Ankunfts- als im
beabsichtigten Bestimmungshafen anzeigt und hiezu vorher die Genehmigung des Secretärs der
Colonie erhält.
Wenn das Schiff vorzieht, die Quarantaine im Ankunftshafen zu absolviren, so kann die
Hafenbehörde desselben sofort eine oder mehrere verlässliche Bedienstete an Bord senden, um
testzustellen, ob während der Quarantaine eine Verletzung derselben oder einer dieser Bestim-
mungen stattfindet, oder sie wird die zur wirksamen Hintanbaltung einer solchen Verletzung
geeigueten Schritte machen. Jedes in Quarantaine befindliche Schiff wird durch Polizeiboote oder
in sonstiger geeigneter Weise genau überwacht, und der Capitän eines jeden Schiffes ist ver-
pfichtet bei Durchführung der vorstehenden Bestimmungen die Hafenbehörde zu unterstützen
und allen an ihn in dieser Beziehung gestellten gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.
Anlegen der Schiffe. 8. Wenn ein Schiff Pest an Bord hat, oder wenn unter den Ratten
in demselben sich eine grössere Sterblichkeit zeigt, darf dieses Schiff unbeschadet der durch,
geführten Desinfection des Kielraumes und aller anderen Schiffstheile weder an einer Werfte,
enem Hafendamme oder Landungsplatze, noch nächst einem anderen verankerten Schiffe anlegen,
sondern bat seine Ladung mittelst Lichter so weit als möglich vom Ufer des Han dungepiatse?
entfernt, zu löschen.
Löschung der Ladung in Quarantaine. 9. Wenn in irgend einem Hafen dieser Colonie
ein nach den gegenwärtigen Vorschriften quarantainepflichtiges Schiff einläuft, kann es, wenn-
gleich in Quarantaine, seine Ladung löschen unter der Voraussetzung, dass in jedem Falle,
wenn es die Hafen-Sanitätsbehörden für nöthig erachten, der Kielraum und andere Schiffstheile
desinfieirt und behufs Vernichtung der in der Ladung oder auf dem Schiffe befindlichen Ratten
wirksam behandelt worden sind, endlich unter der weiteren Voraussetzung, dass zur Zeit kein
Pestfall an Bord aufgetreten ist.
Die unten verzeichneten Waaren und Gegenstände dürfen nur auf Grund schriftlicher Be-
willigung des Hafen-Sanitätsbeamten oder eines anderen vom Seeretär der Colonie bevollmächtigten
Beamten unter Beobachtung der von dem Sanitätsbeamten für angezeigt erachteten Decinfections-
vorkehrungen und Beschreibungen aus dem Fahrzeuge ausgeschifft werden.
Persönliche Effecten, Bettzeug, alte Kleider, Lumpen (mit hydraulischer Kraft gepresste
und in Ballen als Waaren verfrachtete nicht ausgenommen), Säcke, Sackzeug, benützte Teppiche
und Matten, Häute, Hufe, Klauen und andere Thieravfälle, Haare, rohe Seide und Wolle, Haare
für Friseure und andere Handelsgewerbe.
Strafbestimmungen. 10. Wer einer Uebertretung dieser Vorschriften überwiesen wird,
unterliegt einer, 20 Pfund nicht überschreitenden Geldstrafe oder, wenn er diese nicht zahlt,
einer 3 Monate nicht überschreitenden Gefängnissstrafe mit oder ohne Zwangsarbeit.
Griechenland. Zufolge königl. Decretes vom 9. i21.) Juni werden aus pestverseuchten
Legenden kommende Schiffe, welche keinen Arzt an Bord haben, nach strenger, ärztlicher
Untersuchung der Reisenden und der Mannschaft zum freien Verkebre zugelassen, wenn die
Ueberfahrt volle 30 Tage dauerte. Schiffe mit Arzt an Bord werden freigegeben, wenn: die
Veberfahrt volle 25 Tage dauerte.
Hongkong. In den drei Wochen vom 6. bis 25. Juni wurden 97, beziehungsweise 109
und 145 Erkrankungen, und 91 beziehungsweise 118 und 138 Todesfälle an Pest gemeldet.
Mauritius. Bis 31. Mai zählte man 9 Pestfälle, zwischen 2. und 16. Juni weitere 3,
davon 2 lethale.
Persien. Die sanitäre Lage in Bender-Buschir wird als eine befriedigende bezeichnet.
Straits Settlements. In Penang sind bis 13. Mai 2 Erkrankungen und 1 Todesfall an
Pest vorgekommen, in den folgenden drei Wochen bis 10. Juni 3 (3), 5 (3), 10 (10).
Vermischte Nachrichten.
Einflussnahme der ldf. politischen Behörden auf die Wasserversorgung in Gemeinden.
Anlässlich einer Typhusepidemie ın einer Gemeinde, deren Bevölkerung wegen Mangels öttent-
lieber Trinkbrunnen auf den Wasserbezug aus nachgewiesenermassen meist durch benachbarte
Senkgruben inficirte Privatbrunnen angewiesen ist und wiederholt von Typhus heimgesucht war,
hatte die vorgesetzte Bezirkshauptmannschaft (die Gemeindevorstehung aufgefordert, auf einem
geeigneten, leicht zugänglichen Platze einen öffentlichen Trinkbruunen zu errichten. Dem
gegen Giesen Auftrag eingebrachten Reeurse hat die politische Landesbehörde keine Folge ge-
geben, weil die angefoehtene Verfügung, welche die Verhinderung der Verbreitung ansteckender,
— 974 —
mit dem Genusse verunreinigten Trinkwassers im Zusammenbange stehender Krankheiten bezweckt,
und deren Anlass das wiederholte Auftreten des Typhus in dieser Gemeinde bildete, als eine
nothwendige Epidemie-Tilgungsmassregel, deren Durchführung der recurrirenden Gemeinde gemäss
S 4, lit. a) des Gesetzes vom 30. April 1870, R. G. Bl. Nr. 68, obliegt, gerechtfertigt erscheint.
Ueber die von der Gemeinde beim Ministerium des Innern eingebrachte Beschwerde wurde
sowohl die Entscheidung der Landesbehörde als auch der erstinstanzliche Bescheid einerseits
wegen mangelhaften Verfahrens, anderseits wegen Incompetenz aufgehoben, weil denselben
keine commissionelle Localerhebung zu Grunde lag, deren Vorhandensein schon im Hinblicke
darauf unbedingt geboten war, dass die Lösung der Frage, ob der Bedarf an geeignetem Trink-
wasser in einer Gemeinde gedeckt ist, beziehungsweise negativen Falles, der Frage, auf welche
Weise dem Mangel an Trinkwasser abgeholfen werden könne, wesentlich nur von den Local-
verhältnissen abhängt; weil es sodann nicht Sache der Staatsbehörde ist, der Gemeinde eine
bestimmte Art der Wasserversorgung imperativ vorzuschreiben, da diese Angelegenheit dem
selbstständigen Wirkungskreise der Gemeinde angehört.
Es wurde daher der Landesbehörde überlassen, nach entsprechender Constatirung der
bisher rücksichtlich der Trinkwasserversorgung in der Gemeinde bestehenden Verhältnisse die
Sperrung oder entsprechende Bezeichnung jener Brunnen zu verfügen, welche sanitär bedenkliches
Wasser liefern, und sodann in Erwägung zu ziehen, ob und in wie weit ein Mangel an trink-
barem \Vasser vorhanden ist, welcher den Grund bieten könnte, die Gemeinde eventuell im
Wege des Landesausschusses zu der erforderlichen Abhilfe zu vermögen. (Entscheidung
vom 19. April 1899, Z. 8702.)
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 2. Juli bis
8. Juli 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Bochnia: Wola batorska 2, Wola zabier-
zowska 2, Zabierzow 3; Bohorodczany: Grabowiec 2, Molotkow 1; Borszezow: Germa-
kowka 1, Skala 1, Uscie biskupie 2; Buczacz: Barysz 1, Koropiec 2; Horodenka: Czernia-
tvn 2, Dzurkow 1, Korniowka ad Korniow 4, Obertyn 2, Olejowa Korniow 2, Podwerbce 2,
Raszkow 1; Husiatyn: Chlopowka 2, Kluwince; Kolomea: Kolomea 1; Kosow: Jasieniow
gorny 4%*), Jaworow 2, Krzyworownia 1, Kuty stare 3, Uscieryki 2; Krosno: Krasna 1;
Nadworna: Cucylow 1, Jamna 2*), Ostawy biale 2, Ostawy czarne 2; Przemysl: Buszko-
wice 1, Medyka 1, Pratkowce 1, Przemysl 11%), Sklad Toroki 1; Sniatyn: Ilince 4, Roznowl,
Tulawa 1; Tlumacz: Krasilowka 1, Krzywotuly nowe 3, Milowanie 1, Tlumacz 2;
“aleszezyki: Blyszezanka 4, Ubhrynkowce 6, Zaleszezyki 1, Zaleszezyki stare 1; Zbaraz:
Kujdauce 3, Lozowka 2:
in der Bukowina iu der Stadt Czernowitz 1 und in den politischen Bezirken:
Radautz: Radautz 1%); Storozynetz: Jordanestie 2;
in Niederösterreich: in der Stadt Wien 1;
in Oberösterreich im politischen Bezirke Freistadt: Mönchsdorf 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 2. Juli bis
8. Juli 1899:
in Galizien, in den politischen Bezirken: Brzezany: Plancza mala 1; Buczaes:
Medwedowce 2; Dobromil: Piatkowa 2; Husiatyn: Kociubinee 3, Kopyezynce 2, Nizborg
nowy 2, Nizborg stars 2, Rakow kat 2, Szydlowce 2, Siebierzynce 1; Jaworow: Przylbice 1,
Wierzbiany 7*); Kalusz: MedyniaS; Kamionka strumilowa: Chreniow 3, Dziedzilow 5.
Suszno 2: Kolomea: Kolomea 1; Mosciska: Artamowska wola 4; Nadworna: Ostawy
biale 3, Ostawy ezarne 1; Peczeniczyn: Berezow wvzny 2, Jablonow 2; Rawa ruska:
Mazury 3, Rawa 1%), Telow 16%), Ulicka zarembane 6*); Skalat: Sorocko 1*); Sniatya:
Budylow 1, Dzurow 3, Kniaze 1, Oleszkow 2, Roznow 4; Sokal: Dobraczyn 1; Stanislau:
Sapahow 1; Stryj: Stawsko 2; Wadowice: Lgota 27%), Wysoka 4*,;; Zbaraz: Lubiank
nizsze 1; Zloczow: Czvzow 1, Jozefowka 1, Koropiec 2, Plesniany 3*), Presowce 1, Slawna 2.
Uhorce 6; Zolkiew: Butyny 2*..
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedriok Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De J. DAIMER
Secotionsratch im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
LRothenthurmetrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerstionspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig f. 6.—.
— ege
ZI. Jahrgang. Wien, 27. Juli 1899. Nr. 30,
a CEA
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitátsrathes. — Die Abdeckerei- und Kafill-
Desinfectionsanlage in Brünn. — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass der niederösterreichischen
Statthalterei, betreffend Vorkehrungen gegen Infectionskrankbeiten in Erziehungsanstalten; Erlässe der
steiermärkischen Statthalterei, betreffend das Verbot der Ueberführung von Infectionskranken in fremde
Gemeinden und die Anwendung von Tegminverbänden bei Impfungen; Erlass der böhmischen Statt-
balterei, betreffend Ueberwachung der Aufbewahrung und des Verkaufes von Mineralwässern. — Stand
der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. — Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der am 22. Juli d. J. abgehaltenen Sitzung des Obersten Sanitätsrathes
gelangten nach Mittheilung der eingelaufenen Geschäftsstücke, welche sich zum
Theile auf Nachrichten über die Beulenpest in Aegypten und Asien, sowie auf die
von den verschiedenen Staaten gegen die Gefahr einer Einschleppung getroffenen
Massnahmen bezogen, nachstehende Referate zur Erledigung:
1. Gutachten über die Anwendung von Rüntgenstrahlen zur Durch-
leuchtung des menschlichen Körpers insbesondere in Beziehung auf die Errichtung
eigener Heilanstalten. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr. S. Exner.)
2. Gutächtliche Aeusserung über einige auf Grund des Lebensmittel-
Gesetzes zu erlassende Verordnungen, und zwar betreffend qualitätsverändernde
Beimengupgen zur Presshefe, Erzeugung von Speiseessig aus Essigsäure, den Aus-
schluss sauer gewordenen Bieres vom Ausschanke, die Erzeugung von Zuckerwaaren
mit ungeniessbaren, eventuell gesundheitsgefäührlichen Einschlüssen, die Verwendung
von Farben bei Herstellung von Lebensmitteln und gewissen Gebrauchsgegenständen.
(Referenten: O. S. R. Prof. Dr. Fl. Kratschmer, Hofrath Prof. Dr. E. Ludwig,
Prof. Dr. M. Gruber.)
Am Schlusse gelangte ein Initiativantrag wegen Revision der bestehenden Vor-
schriften über die Einrichtung der Leichenkammern zur Mittheilung und
Beschlussfassung.
30
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— 276 —
Die Abdeckerei- und Kafill-Desinfectionsanlage*) in Briinn.
An Stelle der alten, in der ‘verlängerten Thalgasse gelegenen Abdeckerei in
Brünn, deren mannigfache, durch die Lage und den Betrieb bedingte sanitäre Uebel-
| stände Gegenstand seit Jahren
Fig. 1. geäusserter Klagen der Um-
gebung bildeten, errichtete die
Stadtgemeinde Brünn im Jahre
1898 eine neue Wasenmeisterei.
| verbunden mit einem Podewils-
schen Apparat zur Verarbeitung
von Thierleichen (Kafill-Desin-
eg | fector).
.. kn Da derartige Anlagen in
28 ileal einer gleichen Ausführung in
EE | „Oesterreich nicht bestehen, und
es wünschenswerth erscheint,
| weitere Kreise auf deren Vor-
theile in sanitärer und wirth-
5 schaftlicher Beziehung aufmerk-
> | sam zu machen, dürfte die nach-
stehende Veröffentlichurg ge-
rechtfertigt sein.
Die in Rede stehende neue
Gesammtansicht. Anlage in Brünn wurde an das
dermalen in Ausführung be-
griffeneneue Centralschlachthaus
angegliedert, und werden beide
Anlagen nach Vollendung des
letzteren ein organisches, unter
gemeinsamer Aufsicht und Lei-
tung stehendes Ganzes bilden.
Die Angliederung der Ab-
deckerei an das projectirte
Schlachthaus empfahl sich aus
sanitären und wirthschaftlichen
Gründen, weil nur im Schlacht-
hause eine strenge thierärztliche
Controle statifindet und weil
auch die meisten der in der
Kafill - Desinfectionsanstalt zu
vernichtenden Güter aus dem.
selben stammen.
Ausserdem wird hiedurch
der Vortheil erzielt, dass das
Hofansicht. mit der Eisenbahn ankommende
Desinfections- Verwaltungs- Stall- und Wohn- kranke Vieh direct aufdem Eisen-
gebäude. gebäude. gebäude. bahnwagen ohne vorherige Aus-
ladung in die Abdeckerei gelangt.
Zur Erbauung des projectirten Schlachthauses und der Abdeckerei hat die
Gemeinde Brünn die an der südöstlichen Peripherie der Stadt am rechten Ufer des
Zwittawaflusses gelegenen ehemaligen Augustinergründe angekauft.
*) Siehe Jahrg. 1895 d. Bl., Nr. 349.
to
Fig.
|
RI TAN a
— 270 —
Obgleich dieselben nur circa 400 Meter von der Stadtgrenze und nicht ganz
2 Kilometer vom Centrum der Stadt entfernt liegen, so ist doch nicht zu besorgen,
dass sich in absehbarer Zeit bei der Ausbreitung der Stadt durch die Nähe der
gedachten Anlagen sanitäre Uebelstände herausstellen werden, da die localen Fluss-
und Eisenbahnlinienverhältnisse
die Erbauung von Wohnhäusern
in der Nähe des gewählten Fig. 3.
Terrains nicht voraussetzen
lassen. |
Die Situirung der Kafillerie
wurde derart getroffen, dass
selbesowohl von den eigentlichen
Schlachträumen, als auch von
dem seinerzeit zu erbauenden
Schlachtviehmarkte leicht und
ohne Umwege erreicht werden
kann. Auch gewährt die ge-
wählte Lage den Vortheil, dass
se von den Ausladerampen der
projectirten Schleppgeleise zu- |
gänglich ist und dass eine Ein-
bringung von verseuchtem Gute
von auswärts möglich ist, ohne
den Schlachthofrayon passiren
zu müssen. Ueberdies kann Kafill-Desinfectionsgebäude.
jederzeit eine Vergrösserung der
Anlage gleichzeitig mit der Ver-
grösserung des Schlachthofes
vorgenommen werden.
Die Gesammtanlage (Fig. 1)
besteht aus drei Gebäuden und.
einem offenen Schupfen und ist
ringsum mit einer festen Ziegel-
mauer abgeschlossen.
Sie bildet ein langes von
Ost nach West situirtes Recht-
eck (Fig. 2), an dessen westlicher |
Kurzseite das Wohnhaus mit den
Kanzleien sich befindet, wiihrend
an dessen nördlicher Längsseite
die Kafill- Desinfectionsanlage,
an der südlichen Längsseite das
Wasenmeistereigebäude mit den
Stallungen und an der östlichen |
Kurzseite ein offener Schupfen
gelegen sind. a
Die Kafill - Desinfections-
anlage (Fig. 3) besteht im
Wesentlichen aus folgenden
Räumlichkeiten: Aus dem Depöt für fertige Producte (Talg und Häute), dem Secir- und
Schlachtraume, dem Apparatenraume mit dem darüber betindlichen Depöt tür Fleisch-
guano, dem Kesselhause, dem Kohlenmagazine, dem Laboratorium und aus dem
Dachbodenraume für die Unterbringung von Maschinenrequisiten.
Ce
Apparatenraum.
30*
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<n — e e me oe $ ae Paba aie e o
— 278 —
Die Anlage ist nach dem Systeme Podewils durchgeführt, dessen Vorzüge
folgende sind:
1. Die gesammte Verarbeitung, bestehend in Dämpfung, Sterilisirung, Fettextrac-
tion, Trocknung und Pulverisirung erfolgt in einem einzigen Apparate,
wobei das Fett der Cadaver gewonnen wird, und diese selbst in ein marktfähiges
Product (Fleischguano) verwandelt werden. Ein mehrfaches Transportiren des Roh-
ro. sowie die Verwendung von besonderen Trocken- und Mahlvorrichtungen
entiällt.
2. Die sanitär bedenkliche, sehr stickstoffhaltige Fleischbrühe und die flüssigen
Abgänge der Thierleichen und die Waschwässer des Schlachtraumes werden zur
Trockene eingedampft.
3. Das Mahlen erfolgt zugleich mit der Trocknung, also im günstigsten
Stadium, in welchem die Cadavertheile den geringsten Wassergehalt besitzen.
4. Die Verarbeitung ist
absolut geruchlos, weil die
Cadaver bis zum Schlusse des
Processes im luftdicht verschlos-
| senen Apparate verbleiben.
5. Der Apparat eignet sich
nicht nur zur Verarbeitung von
Cadavern, sondern auch von
Blut und allen Abfällen
thierischen Ursprunges.
Construction der Trommel.
Den Haupttheil des Appa-
rates (Fig. 4) bildet eine starke
doppelwandige Trommel mit
doppelten gewölbten Böden,
welche auf zwei hohlen Zapfen
gelagert sind.
In einem mit Stopfbüchse
abgedichteten Rohre tritt der
Dampf durch den Zapfen der
einen Seite zunächst in den einen Doppelboden, aus diesem in den Heizmantel, sowie in
den anderen Doppelboden. Durch ein Rohr, welches durch denselben Zapfen mit
Stopfbüchse geführt ist, wird das im Heizmantel sich bildende Condenswasser abgeleitet
und in der Regel wieder zur Kesselspeisung verwendet. Durch eine Abzweigung
der Dampfleitung kann auch Dampf in das Innere des Apparates eingeführt werden.
Die in der Trommel entstehenden Dämpfe werden durch ein Rohr einem Conden-
sator zugeführt. Dieses Rohr ist siebartig durchlöchert, lässt sich durch einen
Handhebel von aussen drehen und steht in Verbindung mit einer kleinen Seih-
vorrichtung. Im Innern der Trommel befindet sich eine hohle freibewegliche
Walze.
Alle Theile des Apparates bestehen aus bestem Materiale, die Trommel ist aus
sorgfältig geschweissten starken Kesselblechen hergestellt, die Zapfen aus Stahl
veschmiedet.
Der Zahnkranz zum Antricb der Trommel ist direct an einen der Béden fest-
zeschraubt, so dass die Zapfen von Torsion befreit sind,
Die Aussenfläche der Trommel wird durch einen schlecht leitenden Ueberzug
vor Wärmeverlust geschützt.
Fettabscheider,
— 279 —
Construction des Fettabscheiders.
Der Fettabscheider (Fig. 5) besteht aus einem einfachen Gefässe, welches Fett
und Fleischbrühe auf kurze Zeit aus der Trommel aufzunehmen hat, um eine
sründliche Ausscheidung des Fettes zu ermöglichen.
Um das abgeschiedene und obenauf schwimmende Fett bequem abfliessen lassen
zu können, ist der Fettabscheider mit einem Rohre versehen, welches durch einen
Hebel gedreht werden kann.
(Schluss folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k.k. niederösterreichischen | fälligen Incubationszeit im kürzesten Wege ver-
Statthaltereivom17. Juni1899,Z.35845, | ständigt werden hónnen.
Bei derartigen Entlassungen von Schülern
und Pfleglingen ist jedoch darauf zu achten,
dass vor der Abreise der unbedenkliche Ge-
sundheitszustand derselben sichergestellt und
die Kleider und Effecten desinficirt werden.
an sämmtliche unterstehenden politischen Be-
hörden,
betreffend Vorkehrungen gegen Infections-
krankheiten in Erziehungsanstalten.
|
Anlässlich des Auftretens von Scharlach Hievon wird die (der) . . . zur Darnachtung
in einem Convicte mussten, um einer Weiter- | und weiteren Veranlassung in die Kenntnis
verbreitung dieser Infectionskrankheit unter den | gesetzt.
Zöglingen sicher zu begegnen, bei Berück- *
sichtigung der localen Verhiltnisse die gesunden
Zoglinge so rasch wie möglich aus der Anstalt
entfernt werden.
Die (der)... wird darauf aufmerksam ge-
macht, dass, um eine auf diese Weise mögliche
Verschleppung ansteckender Krankheiten mög-
liebst hintanzuhalten, mit dem Erlasse des
Ministeriums des Innern vom 26. December 1896,
2. 42643”) (intimirt mit dem Statthalterei-Er-
lasse vom 4. Jänner 1897, Z. 122564 ex 1896),
wenn in einem Convicte, einem Internate und
in anderen ähnlichen Instituten eine Infections-
krankheit zum Ausbruche kommt, und es im
sanitätspolizeilichen Interesse behufs einer raschen
Tilgung notbwendig erscheint, dass die gesunden
Zöglinge dieser Anstalten nach Hause entlassen
Erlass der k.k. steiermärkischen Statt-
halterei vom 15. Mai 1899, Z. 15586,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend das Verbot der Veberführung von
Infectionskranken in fremde Gemeinden.
Es ist in jüngster Zeit der Fall vorge-
kommen, dass ein blatternkrankes Kind, während
der Arzt, der die Krankheit constatirt hatte,
die bezüglicbe Meldung an die Behörde :er-
stattete, von seinem Vater aus einer Land-
gemeinde mittelst Eisenbahn nach Graz über-
bracht wurde, wodurch nicht nur Personen,
welche den gleichen Waggon beniitzten, ernst-
lich in ihrer Gesundheit gefährdet, sondern
auch thatsächlich die Blättern nach Graz ver-
schleppt wurden.
Iın Hinblicke auf die unabsehbaren Folgen
werden, angeordnet wurde, die Abreise derselben
stets rechtzeitig dem Gemeindevorstande und
der vorgesetzten Bezirkshauptmannschaft unter
Angabe des Reisezieles anzuzeigen, damit die | derartiger Verschleppungen infeetiöser Krank-
Gemeinde und die politische Behörde, in deren | heiten und unter Hinweis auf die Kundmachung
Gebiet sich diese Personen begeben, behufs | des k. k. Statthalters vom 4. Mai 1890, L. G.
aufmerksamer sanitätspolizeilicher Wahrnehmung |; u. V. Bl. Nr. 16, Absehn. 11, Post 3, al. 7*),
ihres Gesundheitszustandes während der all- | nach welcher eine Ueberstellung der von leicht
*) Siehe Jahrg. 1896 d. Bl., S. 522, *, Siehe Jahrg. 1890 d. BL, S. 231.
übertragbaren Infectionskrankheiten befallenen
Personen aus eiuer Gemeinde in eine andere
oder in öffentliche Krankenanstalten in der
Regel nicht stattfinden darf und Ausnabmen
nur über behördliche Bewilligung und unter
Anordnung der entsprechenden Vorsichtsinass-
regeln gestattet sind, wird die k. k. Bezirks-
hauptmannschaft eingeladen, dieses Verbot den
Gemeinden behufs allgemeiner Verlautbarung
Gleichzeitig sind die
Aerzte und Wundärzte des Bezirkes anzuweisen,
neuerlich einzuschärfen.
für den Fall, als bei Constatirung einer Infec-
tionskrankheit mit Rücksicht auf die gegebenen
Verhältnisse die Möglichkeit nicht ausgeschlossen
erscheint, dass der Kranke eigenmächtig in
eine andere Gemeinde oder in eine öffentliche
Krankenanstalt überstellt werden könnte, die
verantwortlichen Personen des betreffenden
Hausstandes auf das bestehende Verbot der
Ueberstellung Infectionskranker ohne behörd-
liche Bewilligung ausdrücklich aufmerksam zu
machen und weiters unverzüglich im kürzesten
Wege das Gemeindeamt und unter Umständen
auch den nächste Gendarmerieposten von dem
Krankheitsfalle und der Nothwendigkeit, eine
eigenmächtige des
etwaige Ueberstellung
Kranken hintanzuhalten, zu verständigen.
*
Erlass der k. k. steiermärkischen Statt-
halterei vom 9. Juni 1899, Z. 18431,
an alle politischen Unterbehörden,
betreffend die Anwendung von Tegminver-
bünden bei Impfungen.
Der steiermärkische Landesauschuss hat
sich mit der Note vom 18. Mai, Z. 16925, be-
reit erklärt, auf die Vorschläge der k. k. Statt-
halterei bezüglich der Tegminverbände, sowie
der Kosten für die Desinfeetion einzugehen.
Hievon wird die k. k. Bezirkshauptmann-
schaft mit Beziehung auf den Erlass vom
6. April 1899, Z. 11690, behufs Verständigung
der Impfärzte mit dem Bemerken in Kenntniss
gesetzt, dass der Bezug der Tegminverbände
den Impfärzten im künftigen Jahre durch die
Statthalterei vermittelt werden wird, worüber
seinerzeit die erforderlichen Weisungen nach-
Da
folgen werden. im laufenden Jahre die
280
SS _—_ er en Er
— me aH gs
öffentliche Impfung bereits allenthalben im
Gange ist, kann an eine gemeinsame Bestellung
der Tegminverbände nicht mebr gedacht werden
und sind jene Impfärzte, welche diese Ver-
bände anwenden, anzuweisen, die hiefür aner-
laufenen Kosten, sowie die Kosten allfällig ver-
wendeter Desinfectionsmittel unter Anschluss
der bezüglichen Rechnungen, sowie der ordnungs-
mässig taxirten Recepte in den Impfparticularien
ersichtlich zu machen.
Hiebei
angeordnet, dass Desinfectionsmittel nur in der
wird aus Ersparungsrücksichten
in jedem Impfsprengel verwendeten Gesammt-
menge und nur in Substanz, beziehungsweise
in concentrirter Form verrechnet werden dürfen,
und dass die für die einzelnen Impfsammel-
plätze allfällig erforderliche Abtheilung und
Lösung der Desinfectionsmittel von den Impf-
Ärzten kostenlos zu besorgen ist.
=
Erlass der k. k. Statthalterei in BOhmen.
vom 10. Mai 1899, Z. 17-4658.
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend Teberwachung der Aufbewahrung
und des Verkaufes von Mineralwässern.
Da sich die Fälle mehren, dass in Folge
zu langen Lagerns oder anderer Umstände ver-
dorbene und ungeniessbare Mineralwässer im
Handel vorkommen, werden der Herr k. k. Re-
zirkshauptmann aufgefordert, die Aufbewahrung
und den Verkauf der Mineralwässer bei den
betreffenden Gewerbetreibenden in der geeigneten :
D -p 4 a
m ën — u
ek
. =E
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mae
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Weise zu überwachen und insbesondere darau! '
zu achten, dass nicht Flasehen von allzu alter
In dieser
Beziehung muss darauf hingewiesen werden,
dass die Gubernialverordnung vom 19. Decem-
ber 1833, Z. 54140 (Prov.-G.-S. XV. Band,
S. 625), insoweit sich dieselbe auf die sanitäts-
polizeiliche Ueberwachung des Handels mit
Füllung zum Verkaufe gelangen.
Mineralwässern bezieht, noch in Geltung steht
und entsprechend durchzuführen ist.
pm Gin off
Es wird sich empfehlen, die Bestimmung `
des
nach
Punktes 5 der bezogenen Verordnung,
welcher die Mineralwasser-Händler ver-
pflichtet sind, jeden verdorbenen \Vasserkrug
— 281 —
beziehungsweise jede Flasche mit verdorbenem | der am Lager gehaltenen Mineralwässer durch
Mineralwasser), wenn die Rückstellung gleich | Stichproben die Ueberzeugung zu verschaffen.
nach dem Aufmachen erfolgt, zurückzunehmen Schliesslich ist dafür zu sorgen, dass nach-
und durch gutes Wasser zu ersetzen, sowohl | gewiesene Uebelstände derjenigen Bezirkshaupt-
den Händlern als dem Publicum in geeigneter ! mannschaft bekannt gegeben werden, in deren
Weise in Erinnerung zu bringen. | Verwaltungsgebiete die Brunnenversendung der
Ferner haben sicb die Bezirksärzte ge- | betreffenden Heilquelle ihren Sitz hat.
iegentlich von der vorwurfsfreien Beschaffenheit
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Aegypten. In Alexandrien sind in der Zeit vom 12. bis 20. Juli 7 Erkrankungen und
ò Todesfälle an Pest vorgekommen und zwar am 17. Juli 4 Erkrankungen und 2 Todesfälle
und an den folgenden drei Tagen je eine Erkrankung und ein Todesfall.
Der am 9. Juli von Bombay in Suez eingetroffene englische Dampfer „Dictator“ hatte
zwei pestkranke und drei verdächtig erkrankte Matrosen an Bord; das Schiff wurde sogleich
nach den Mosesquellen dirigirt und die Kranken sowie alle mit denselben in Berührung ge-
kommenen Personen an das Lazareth abgegeben.
Hongkong. Im Laufe der mit 3. Juli 1. J. endigenden Woche sind 142 Erkrankungen
und 144 Todesfälle an Pest vorgekommen.
Mauritius. Vom 23. Juni bis 11. Juli 13 Pestfiille, hievon 12 mit lethalem Verlaufe.
Rumänien. Die Quarantäne für Herkünfte aus pestverseuchten Ländern (Aegypten u. s. w.)
wurde von 6 auf 10 Tage verlängert; dieselbe kann nur im Hafen von Sulina absolvirt werden,
wo ärztliche Visite und Desinfection zur See stattfindet. Für Schiffe aus Indien bleibt unter
der Voraussetzung, dass dieselben Alexandrien nicht berührt baben, die sechstägige Quarantäne
aufrecht. Provenienzen aus Rangoon werden nach ärztlicher Visite und Desinfection zur See
sum Verkehre zugelassen.
Persien. In Buschir sind in der zweiten Woche des Monates Juni 3 Pestfälle vorgekommen;
man vermuthet, dass die Krankheit durch Passagiere eines aus Indien eingetroffenen arabischen
Seglers, welche, um der Quarantäne zu entgehen, nachts schwimmend das Ufer erreicht batten,
aufs Festland verschleppt wurde.
Vermischte Nachrichten.
Unbefugte Einfuhr ausländischer Arzneiwaaren mittelst Briefpost. Aus einem besonderen
Anlasse wurde den k.k. Postämtern neuerdings*) in Erinnerung gebracht, dass zubereitete Arzneiwaaren
aus dem Auslande von Privatpersonen nur mit besonderer Bewilligung der politischen Landes-
behörde bezogen werden dürfen. Die k. k. Postämter sind daher verpflichtet, alle Briefpost-
sendungen aus dem Auslande an Privatpersonen, gleichgiltig ob dieselben verschlossen oder als
„Muster obne Werth“ einlangen, woferne der Inhalt derselben offenkundig oder allem Anscheine
nach aus Arzneiwaare besteht, im Sinne der SS 13 und 15 der Vorschriften über das post-
imtliche Verfahren mit Postsendungen, welche der Stellung zum Zollamte unterliegen (Post- u.
Telegr. Vdg. Bl. Nr. 92 ex 1883), an das nächste Zollamt zur Amtshandlung zu überstellen.
(Post- u. Telegr. Vdg. Bl. 1899, Nr. 50, S. 217.)
Erhebungeu beim Auftreten von Blattern. Aus Anlass eines speciellen Falles hat das
k. k. Ministerium des Innern mit Erlass vom 25. Mai 1599, Z. 17221, eine Landesbehúrde
angewiesen, dass in jedem Falle einer Erkrankung oder des Verdachtes auf Blattern der
Provenienz und der Art und Weise, wie die Infection erfolgt ist, die surgfältigste Beachtung
zugewendet und nach dem Ergebnisse der Erhebungen jene Behörden sofort verständigt
werden, in deren Gebiete etwa besondere Massnahmen aus diesem Anlasse sich als nothwendig
erweisen.
*) Siehe Jahrg. 1897 d. BI, S. 262.
— 282 —
Ruhrartige Erkrankungen in Folge Genusses von schlechtem Trinkwasser. In einer
Gemeinde Niederösterreichs sind in der Zeit vom 1.—5. Juni unter der dortselbst dislocirten
Militärmannschaft 120 Fälle von Darmerkrankungen vorgekommen, wovon die schwereren
einen ausgesprochenen ruhrartigen Charakter zeigten. Die Ursache dieser Erkrankungen dürfte
zweifellos auf den Genuss von Triukwasser aus der die Kaserne versorgenden ärarischen
Wasserleitung zurückzuführen sein, deren am Abhange eines Berges in unmittelbarer Nähe von
Wohnstätten in einer Mulde gelegene Brunnenstube gelegentlich der im Monate Mai l. J. vor-
gekommenen Regengüsse durch Eindringen von Oberfliichenwasser verunreinigt worden sein
dürfte. Unter der Civilbevölkerung sind nur zwei ähnliche Erkrankungen an Kindern beob-
achtet werden, welche nachweislich Wasser aus der fraglichen Wasserleitung getrunken hatten.
Mit der von der Militärbehörde verfügten Sperrung der Wasserleitung hat die Zahl der
Erkrankungen rapid abgenommen.
Titelführung der Hebammen. Ueber die Anfrage einer Landesbebörde, ob es den
Hebammen im Grunde der Dienstesvorschriften für Hebammen gestattet sei, auf ihren An-
kündigungen sich der Bezeichnung „Geburtsfrau“, „Geburtshelferin*“ etc. und der Beifiigung
»diplomirt“, „geprüft“ oder dergleichen zu bedienen, hat das k. k. Ministerium des
Innern dieser Behörde mit dem Erlasse vom 2. Juni 1. J., Z. 11931, eröffnet, dass den
zur Hebammenpraxis berechtigten Frauenspersonen der officielle Titel „Hebamme“ zukomme
und daher jede andere Titelführung auf Grund des $ 5 der Dienstesvorschriften für Hebammen
unzulässig sei; der Gebrauch von wahrheitsgemässen Beifügungen unterliege jedoch keinem
Anstande.
Begriff der ärztlichen Verschreibung. Das k. k. Ministerium des Innern bat
anlässlich eines speciellen Falles in der Frage der Verabfolgung von Arzneimitteln durch
Droguisten und Materialwaarenhindler an Mitgliedern von Krankencassen in dem an eine
Landesbehörde gerichteten Erlasse vom 11. April. J., Z. 10499, darauf aufmerksam gemacht,
dass die blosse Unterschrift des Arztes auf eine Anweisung die letztere noch nicht als eine
ärztliche Verschreibung im Sinne der Ministerialverordnung vom 17. September 1883, R. G. B!.
Nr. 152 qualificire, falls es sich nicht um ein ausschliesslich arzneiliches Heilmittel oder um eine
bestimmte Dispensationsform eines zu Arzneizwecken dienlichen Stottes handle.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 9. Juli bis
15. Juli 1599:
in Galizien in der Stadt Lemberg 1, und in den politischen Bezirken: Bochnia:
Wola batorska 1; Bohorodczany: Molotkow 2; Borszczow: Kogotowka 1; Brody:
Pieniaki 6; Buezacz: Buezaez 1, Horodenka: Czerniatyn 3, Dabki 2; Husiatyn: Chlo-
powka 3, Kluwince 4, Wasylkow 2; Kolomea: Folwark ad Gwozdziec 2; Kosow: Fereskula 5*),
Holowy 8, Jasieniow gorny 3, Jaworow 2; Nadworna: Bereczne 1*), Cucylow 1, Ostawy
ezarne 7; Przemysl: Przemysl 3*); Rzeszow: Drabinianka 2*), Skalat: Grzymatow 1%),
Mazurowka 1*); Sniatyn: Roznow 1; Stanislau: Zagwozdz 6; Tlumacz: Krasilowka 2,
Krzywotuly nowe 1; Zaleszezyki: Blyszezanka 2, Dupliska 9, Ubrynkowce 2; Zbaraz:
Koszlaki 4, Lozowka 1*);
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 9. Juli bis
15. Juli 1599:
in Galizien in den politischen Bezirken: Dobromil: Piatkowa 1; Husiatyn:
Horodnica 3, Kociubinee 1, Myszkowce, Nizborg nowy 2*), Rakow kat 1, Sidorow 1, Zabince 1:
Jaworow: Nahaczow 2, Wierzbiany 2%), Zmijowiska 3; Kalusz: Medynia 3; Kamionka
strumilowa: Dziedzilow 3, Wyzow 2; Kolbuszowa: Mazury 1, Turza 1*); Kolomea:
Turka 3; Mosciska: Arlamowska Wola 1; Nadworna: Nadworna 1, Ostawy biale 2;
Peczeniezyn: Jablonow 1; Rawa ruska: Ulicka zarembane 2; Skalat: Skalat 6; Sokal:
Belz 1, Dobraczyn 1; Tarnopol: Dubowee 3; Zloczow: Jozefowka 1, Plesniany 4, Uborce 1;
ZLolkiew: Butyny 1*),
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
e - apn OO | tern
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LR
othenthurmeatrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerstionspreis bei directer Postsusendung gansj&hrig fi. 6.—.,
XI. Jahrgang. Wien, 3. August 1899. Nr. 31.
Inhalt. Die Abdeckerei- und Kafill-Desinfectionsanlage in Brünn. (Schluss) — Sanitätsgesetze
und Verordnungen: Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Kundmachung des gerichtlichen
Verbotes der Verbreitung einer Druckschrift; Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend die
Anzeige über Erkrankungen epidemischer Genickstarre, den Verkehr mit Mineralwässern, welche aus
Originalflaschen umgefüllt wurden und die Richtigstellung des Verzeichnisses der Krankenabgabe-
stationen. — Vermischte Nachrichten, |
Die Abdeckerei- und Kafill-Desinfectionsanlage in Brünn.
(Schluss.)
Betrieb des Apparates.
Ist die Trommel mit Material gefüllt und das Mannloch geschlossen,
so wird zunächst die Luft aus derselben entfernt, wozu eine Luftpumpe dient.
Hierauf beginnt der Dämpfungsprocess durch Einleiten von Dampf in das Innere
der Trommel. Der unmittelbar auf die Cadavertheile geleitete Dampf erhitzt
dieselben bis zu Temperaturen von 160 Grad C. Durch diese intensive Ein-
wirkung findet eine fast vollständige Entfettung und Entleimung der Materialien
statt; die Knochen werden erweicht, Sehnen und Hufe verlieren ihre Festigkeit und
bilden nach wenigen Stunden einen Brei. Hierauf lässt man die Trommel, die bisher
stilgestanden hat, kurze Zeit langsam rotiren. Dadurch findet in der Masse, solange
dieselbe breiförmig ist, eine mässige Bewegung statt, die nothwendig ist, um die zer-
weichten Stücke aufzurühren und die Ausscheidung des Fettes aus demselben zu befördern.
Nun lässt man den Apparat einige Weit stillstehen und drückt das alsdann oben
schwimmende Fett durch ein Rohr in den Fettabscheider. Zu diesem Zwecke ist die Ver-
bindungsleitung zum Abscheider zu öffnen und mittelst des Hebels das Rohr bis zur
Berührung mit der oberen Fettschicht zu drehen: der in der Trommel herrschende
Druck fördert das Fett in den Fettscheider, wobei man, um dies möglichst vollständig
zu erzielen, auch einen Theil der Fleischbrühe mit übergehen lässt.
Das Fett wird aus dem Abscheidegefäss mittelst eines drehbaren Rohres ent-
fernt, die überschüssige Fleischbrühe aber wird in die Trommel zurückgedrückt, wo
sie sich mit dem Cadavermaterial zusammen ohne Schwierigkeit trocknen lässt.
Inzwischen wird die Trommel in Bewegung gesetzt und zum Zwecke der
Trocknung der Doppelmantel, sowie die Böden mit Dampf geheizt. Die beim
Trocknungsprocesse im Innern entstehenden Dämpfe werden durch ein Rohr zum
31
A A AAA ee ee, eee:
— 284 —
Condensator abgeleitet. Die Eindampfung bei rotirender Trommel wird so lange
fortgesetzt, bis die Masse durch die im Apparate freibewegliche Walze in ein Pulver
verwandelt ist. Nach beendeter Trocknung wird das Mannloch geöffnet, worauf sich
der Apparat nach circa 40 Um-
Fig. 6. . drehungen selbstthätig entleert.
Das Düngepulver wird schliess-
lich durch ein Wurfgitter ge-
worfen und die zurückbleiben-
den Knollen zur besseren
Pulverisirung gelegentlich in den
Apparat zurück gebracht.
AufGrund der statistischen
Erhebungen wurde berechnet,
dass jährlich 100.000 Kilogramm
Cadaver und Cadavertheile zu
verarbeiten sein werden.
Eine solche Quantität er-
heischt zur rationellen Aus-
nützung der Anlage einen con-
tinuirlichen Betrieb und eine
tägliche Leistungsfähigkeit von
300—350 Kilogramm Roh-
material, weshalb ein Pode wils-
SE scher Apparat Nr. I gewählt
wurde.
Dieser Apparat verarbeitet
das erwähnte Quantum in 12
bis 14 Stunden; da somit inner-
halb 24 Stunden eine zweimalige
Beschickung des Apparates mög-
lich ist, so bietet diese Anlage
bereits in dem projectirten Um-
fange genügende Sicherheit auch
für höhere Anforderungen.
Der Apparatenraum
di AN WLL DN rer ist durch entsprechende Con-
Bh. Um ON / i Mi d ii *| struction des Lagerrahmens fir
| 4 H die Aufstellung eines zweiten
= | Trommelapparates Nr. I einge-
richtet, and ist ftir diesen Fall
auch die Betriebsmaschine und
der Kessel gentigend gross.
Es könnte daher nach
Aufstellung eines zweiten solchen
Trommelapparates und bei Tag-
Wasenmeistereigebäude. und Nachtbetrieb die vierfache
Pferde- Wohnhaus. Hundestall. Menge, also rund 400.000 Kilo-
rail gramm Rohmaterial jährlich ver-
arbeitet werden.
Der Kessel ist bereits für die innerhalb der ersten Anlage ermöglichte Ver-
grösserung auf die doppelte Tagesheizung bemessen, d. h. mit 10 Quadratmeter Heiz-
fläche angenommen und so als Cornvalldampfkessel mit seitlich liegendem Flammen-
rohr auf 6 Atmospbären Ueberdruck construirt.
Die liegende Maschine ist mit einfacher Schiebersteuerung ohne Conden-
sation mit Drosselklappenregulator, welcher bei 100 Umdrehungen per Minute und
6 Atmosphiren Kesselspannung 6—10 indirecte Pferdekräfte zu leisten vermag,
ausgeführt.
Anstossend an den Appa-
ratenraum befindet sich das Secir-
locale (Fig. 6). Dasselbe steht mit
dem Apparatenraume in Ver-
bindung. Die Wände des lichten,
hoben, gut ventilirten Raumes
sind bis zu einer Höhe von
2 Metern mit glasirten Kacheln
verkleidet, der Boden ist cemen-
tit und mit Gefälle nach der
Mitte versehen.
Am tiefsten Punkteist eine
dicht cementirte, durch einen
eisernen Deckel luftdicht ab-
schliessbare Grube hergestellt, in
welche die bei der Section sich
ergebenden Abfallsflüssigkeiten,
sowie die Spülwässer eingeleitet
werden. Diese Grube wird nach
jedesmaliger Benützung ausge-
schöpft und der Inhalt im Dampf-
apparate eingedampft. Für die
ausgiebigste Reinigung dieser,
sowie aller übrigen Räume wurde
durch Anbringung von Spritz-
schläuchen vorgesehen.
Die Cadavertheile werden
direct vom Secirtische mittelst
einer ober demselben angebrach-
ten, die Trennungsmauer durch-
setzenden eisernen Rinne zum
Mannlochedes Kafill-Desinfectors
befördert und die Rinne sodann
mit Wasser nachgespiilt.
Im Wasenmeisterei-
gebäude (Fig. 7) sind ausser
einer aus 2 Zimmern, 1 Kammer
und 1 Baderaume bestehenden
Wohnung der Hundestall für
gesunde, ein Beobachtungsstall
fir kranke und verdächtige
Hunde, ein Stall für die zur
Wasenmeisterei gehörigen Pferde
Fig. 8.
Pferdestall.
Fig. 9.
Hundekafige.
(Fig. 8), je ein Beobachtungsstall für kranke Rinder und Pferde und eine Wagen-
remise vorhanden.
Sämmtliche zur Aufnahme von Thieren bestimmten Räume sind mit wasser-
dichten Fussböden und cementirten mit waschbarem Oelanstrich versehenen Wänden
ausgestattet.
oie
286
Die Hundekäfige (Fig. 9) sind aus Eisen und Draht construirt und können sowohl
durch eine nach oben zu öffnende Schieberthür mittelst Rollenzug, als auch durch
Aufklappen des Käfigdaches geöffnet werden.
Die Fütterung und Tränkung der in denselben verwahrten Hunde geschieht
mittelst des an der linken Seite jedes Käfigs im Gitter angebrachten, um eine
horizontale Axe drehbaren Futtertoges, welcher nach aussen umgeklappt, beschickt
und sodann wieder nach innen umgelegt wird. Hiebei verschliesst, wenn der
Futtertrog nach aussen umgelegt ist, dessen Boden und Rückwand die entstehende
Oeffnung vollständig, so dass eine Beschädigung der fütternden Person ganz aus-
geschlossen ist. |
Die ganze Anlage ist canalisirt, jedoch gelangen in das Canalsystem weder
die Abgänge aus dem Secirlocale und dem Laboratorium, noch jene aus den Contumaz-
ställen; diese werden in hiezu bestimmten Gruben gesammelt und im Pode wils’schen
Apparate zur Trockene verdampft.
Das im Kafıll-Desinfectur als Rest der Cadaver gewonnene Pulver ist grob-
körnig, brauner Gartenerde ähnlich, fühlt sich nur wenig fettig an und besitzt keinen
unangenehmen Geruch. Dasselbe wird wegen seines hohen Nährwerthes als ein
vorzügliches Schweinefutter verwendet und erfreut sich schon jetzt einer solchen
Beliebtheit, dass die Nachfrage nach demselben das erzeugte Quantum weit übersteigt.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Verordnung des Justizministeriums
vom 20. Juni 1899,
J. V. BI. Nr. 29, S. 239,
an alle Gerichte und Staatsanwaltschaften,
sondern
an die
das k. k. Ministerium des Innern,
(unter einem Couvert) unmittelbar
Direction der „Wiener Zeitung“ in Wien ein-
zusenden sind.
Diese letzteren Anzeigen haben gleichfalls
betreffend die Kundmachung des gericht-
lichen Verbotes der Verbreitung einer Druck.
schrift.
Um die gebotene Beschleunigung in der
Veröffentlichung des gerichtlichen Verbotes der
Verbreitung einer Druckschrift ($ 493 St. P. O.
und § 36 Pr. G.) herbeizuführen, werden die
Gerichte angewiesen, die ihnen gemäss § 17,
Absatz 1, der Instruction zum Pressgesetze
obliegende unverzügliche Veröffentlichung der
Verbotserkenntnisse in der officiellen Landes-
zeitung sofort nach Fällung solcher Erkennt-
nisse zu veranlassen. Weiters wird im Ein-
vernehmen mit dem k. k. Ministerium des
Innern in theilweiser Abänderung des § 17,
Absatz 2, der Instruction zum Pressgesetze
verfügt, dass die von den Staatsanwälten an
das k. k. Ministerium des
weiterer Verlautbarung in der „Wiener Zeitung“
Innern behufs
und den übrigen Landeszeitungen zu erstatten-
den Anzeigen über erflossene Verbotserkennt-
nisse vom 1. August 1599 an nicht mehr an
sofort nach Fällung der Verbotserkenntnisse,
und zwar unter Benützung der mit dem Justiz-
ministerialerlasse vom 25. September 1899,
Z. 20082, eingeführten Formularien*) zu e:
folgen.
*) Diese Formularien lauten:
a) für Pressverbote inländischer periodischer
Druckschriften:
»Das k. k, Landes- (Kreis-) als Pressgericht
Wien eege hat mit dem Erkenntnisse
VOM... eens IN ie , die Weiter-
verbreitung der Nummer...........- der Zeit-
gchrift VOM. 189.....
wegen der Stelle von..........................- bis.
des Artikels.......................... - nach $........... St. G
verboten.«
b) für Pressverbote ausländischer periodischer
Druckschriften:
»Das k. k. Landes- (Kreis-) als Pressgericht
Dis dica hat mit dem Erkenntnisse
MOM in BIero Dosiaren , die Weiter-
ee
es Ae ag
287
Endlich werden die Staatsanwaltschaften | Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
angewiesen, in derselben Art und mit gleicher
Beschleunigung von allen nicht periodische
Druckschriften betreffenden Verbotserkennt-
nissen unmittelbar den Verein der österreichisch-
ungarischen Buchhändler in Wien, I. Himmel-
pfortgasse Nr. 9, zu verständigen.
%
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 22. Juli 1899, Z. 21639,
an alle politischen Landesbehörden,
beireffend die Anzeige über Erkrankungen
an epidemischer Genickstarre.
Das Ministerium des Innern findet die mit
dem h. o. Erlasse vom 27. November 1891,
2. 23122*), getroffene Anordnung, dass über
den Ausbruch von epidemischer Genickstarre
telegraphisch anher zu berichten ist, ausser
Kraft zu setzen. |
Bei zweifelbaften Todesfällen wird nach
wie vor die sanitätspolizeiliche Obduction vor-
zunehmen sein. Dem Ermessen der k. k....
bleibt es überlassen, in besonderen Fällen zur
Feststellung der Diagnose und wissenschaft-
lichen Erhebungen eine Fachautorität des
Landes-Sanitätsrathes eventuell einer medicini-
schen Facultät zu entsenden.
Dem Ministerium des Innern ist über
derartige Erkrankungen in gleicher Weise
wie über andere Infectionskrankheiten zu be-
richten.
der Zeit-
189... nach
c) für Pressverbote inländischer und auslän-
discher nicht periodischer Druckschriften:
»Das k. k, Landes- (Kreis-) als Pressgericht
Dauert hat mit dem Erkenntnisse
AN ID a , die Weiter-
verbreitung der im Verlage.................... erschienenen
Druckschrift ee nach 6.............
St. G. verboten.<
*) Siehe Jahrg. 1891 d. Bl., 8. 421.
vom 17. Juli 1899, Z. 22312,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend Erhebungen über den Verkehr mit
Mineralwässern, welche aus Originalflaschen
umgefüllt wurden.
Dem Ministerium des Innern ist zur
Kenntnis gebracht worden, dass in Gastwirth-
schaften, Restaurationen und Kaffeehäusern
Mineralwasser aus grossen Originalflaschen in
kleinere Gefässe umgefüllt und in dieser Form
in den Geschäftsverkehr gebracht werde.
Durch diese zur Erzielung grösseren Ge-
winnes vorgenommene Manipulation würde die
ursprüngliche Beschaffenheit des Mineralwassers
zum Nachtheile des Consumenten verschlechtert
werden.
wird eingeladen, zu
berichten, ob und in welchem Umfange eine
derartige Gebarung mit Mineralwasser in dem
derselben unterstehenden Verwaltungsgebiete
beobachtet wurde und zu ämtlichen Verfügungen
Anlass gegeben habe.
*
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern
vom 17. Juli 1899, Z. 20278,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Richtigstellung der Verzeich-
nisse der Krankenabgabestationen.
In Ergänzung der hinsichtlich der Vor-
kehrungen aus Anlass des Auftretens der Pest
in Südasien erflossenen
in die Kennt-
in Alexandrien und
Weisungen wird die k.k.....
nis gesetzt, dass alle jene Eisenbahnstationen,
welche in den mit Nr. 14 und 42 des „Oester-
reichischen Sanitätswesen“, Jahrgang 1894,
ausgegebenen Verzeichnissen als Abgabestationen
für cholerakranke Reisende angeführt sind, auch
für die Abgabe pestkranker Reisender in Aus-
sicht genommen sind.
wird eingeladen, alle
seit der Veröffentlichung des mit Nr. 42 der
gedachten Zeitschrift, Jahrgang 1894, aus-
gegebenen Nachtragsverzeichnisses eingetretenen
Aenderungen in diesen Krankenabgabestationen,
— 288 —
soferne dieselben nicht bereits im Sinne des | Reisender bestimmten Isolirspitaler besondere
h. o. Erlasses vom 11. Februar 1895, 2.1579, | Aufmerksamkeit zuzuwenden.
gemeldet worden sind, ehestens anher bekannt In Hinkunft wolle jede Veränderung im
zu geben und die unterstehenden politischen | Stande dieser Abgabestationen fallweise anher
Behörden anzuweisen, dem Zustande der für | angezeigt und auch der betreffenden Eisenbahn-
die isolirte Unterbringung infectionskranker | verwaltung mitgetheilt werden.
nn
Vermischte Nachrichten.
Unbefugter Vertrieb pharmaceutischer Präparate. Einem Apotheker, welcher angeblich
auf Bestellung trockene Extracte zur Herstellung von Infusen und flüssige Extracte zur Bereitung
von Syrupen und Tincturen angefertigt und in Verkehr gesetzt hatte, wurde die fernere Erzeugung
und der Vertrieb dieser Präparate untersagt, weil weder die ordnungsmässige Anmeldung voraus
gegangen, noch die behördliche Bewilligung eingeholt worden war.
Das k. k. Ministerium des Innern gab dem bei demselben eingebrachten Recurse dieses
Apothekers gegen das Verbot der Erzeugung und des Verkaufes der nicht ordnungsmässig
angemeldeten und genehmigten pharmaceutischen Präparate und zwar der trockenen Extracte
zur Bereitung der Infusa digitalis, senegae und ipecacuanhae, ferner der Fluidextracte zur
Herstellung des Syrupus althaeae und capillorum veneris, sowie der Tinetura rhei aquosa keine
Folge, weil sich die gedachten pharmaceutischen Präparate — abgesehen davon, dass die Her-
stellung von Decocten oder Infusen auf andere als durch die Pharmakopöe vorgeschriebene
Weise unstatthaft ist — als pharmaceutische Specialitäten im Sinne des $ 3, Abs. 2 der
Ministerial-Verordnung vom 17. December 1894*), (R. G. Bl. Nr. 239), darstellen und daher die
Erzeugung und der Vertrieb derselben in Gemässheit der Bestimmungen des $ 6 der erwähnten
Ministerial-Verordnung nur mit ausdrücklicher Zulassung der politischen Landesbehörde erfolgen
darf. (Entscheidung vom 1. Jänner 1899, Z. 36702 ex 1898.)
Löschung von Schutzmarken für pharmaceutische Präparate. Mit dem Erlasse vom
22. November 1898, Z. 44971, hat das k. k. Handelsministerium die Löschung einer Reihe
von bei der Wiener Handels- und Gewerbekammer hinterlegten Wortmarken für pharmaceutische
Präparate verfügt, und zwar: Die von der Actiengesellschaft vormals Meister, Lucius und
Brüning in Höchst a. M. am 2. December 1896 bei der genannten Kammer angemeldeten
Marken „Nutrose, Sanoform, Lysidin, Loretin, Pyrantin, Ferripyrin, Argonin, Carniferin, Dermatol,
Benzosol, Pyramidon und Formol“; ferner die von der Firma Valentiner u. Schwarz in Leipzig-
Plagwitz am 9. Juli 1897 angemeldete Marke „Epidermin“. Diese Verfügung wurde damit
begründet, dass die erwähnten Worte nachgewiesenermassen bereits vor dem Tage ihrer An-
meldung als Bezeichnung für pharmaceutische Präparate im Apothekenverkehre und auch in
ärztlichen Kreisen bekannt und üblich waren.
Verabreichung von Moorbädern. Die k. k. Statthalterei in Prag hat in einem speciellen
Falle die Bewilligung zur Verabreichung von Moorbädern an nachstehende Bedingungen
geknüpft:
1. Die Moorbäder dürfen nur über ärztliche Anordnung verabreicht werden; die Dauer
und die Temperatur des Bades ist in jedem einzelnen Falle vom Arzte zu bestimmen. Es darf
nur das amtlich geprüfte und als gut anerkannte Moor zu Bädern verwendet werden.
2. Der Preis des Bades (inclusive der Wäsche) ist in der Hausordnung, welche in jeder
Badecabine anzubringen ist, ausdrücklich ersichtlich zu machen.
3. Einmal gebrauchter Moor darf nicht mehr zu Bädern verwendet werden.
4. Die verantwortliche Aufsicht über die Moorbäder obliegt ausschliesslich dem vom
Besitzer des Bades mit Genehmigung der politischen Behörde bestellten ärztlichen Leiter. Der
Badearzt hat zur bestimmten Stunde in der Anstalt anwesend zu sein; im Falle der Abwesenheit
des Badearztes ist für einen Stellvertreter zu sorgen, welcher bei längerer Dauer der Substitution
der politischen Behörde namhaft zu machen und von derselben zu genehmigen ist. Für ärzt-
liche Hilfe hat während der Badestunden stets vorgesorgt zu sein.
*) Siehe Jahrgang 1894 d. Bl., S. 721
— 29 —
5. Das Badepersonale hat sich strenge an die ärztlichen Weisungen zu halten; dasselbe
ist über die erste Hilfeleistung bei plötzlichen Erkrankungsfällen zu belehren. In der Anstalt
ist ein Rettungskasten mit den erforderlichen Verband- und Arzneimitteln aufzustellen.
6. Ohne Erlaubnis der Statthalterei darf in der Anstalt kein neues, nicht erprobtes
Heilverfahren angewendet werden.
71. Bei Ankündigungen der Anstalt hat sich der Besitzer jeder unzulässigen, markt-
schreierischen Anpreisung zu enthalten.
8. Ueber die Verabreichung der Bäder, beziehungsweise über die behandelten Krankheits-
fälle hat der Anstaltsarzt ein Tagebuch mit Aufzeichnungen über den Verlauf und Ausgang
der Krankheit zu führen; am Schlusse des Jahres ist hierüber der vorgesetzten politischen
Behörde Bericht zu erstatten.
9. Die Badeanstalt untersteht der Aufsicht der politischen Behörde, beziehungsweise des
derselben zugewiesenen Amtsarztes.
Gehalte der Aerzte und Beamten der k. k. Krankenanstalten. Im Grunde der Aller-
höchsten Entschliessung vom 2. April 1899 findet das Gesetz vom 19. September 1898,
RG Bl. Nr. 172,*) womit einige Bestimmungen des Gesetzes vom 15. April 1873, R. G. Bl.
Nr. 47, betreffend die Regelung der Bezüge der activen Staatsbesmten abgeändert werden, mit
der Wirksamkeit vom 1. Jänner 1899 sowohl auf die Directoren, Primarärzte, Prosectoren, ein-
schliesslich den Vorstand des pathologisch-chemischen Institutes im Rudolphspitale, ferner auf
die Verwaltungsbeamten, das Personale der Küchen- und Medicamenten-Eigenregie in den Wiener
k. k. Krankenanstalten, wie auch auf den Director und die Verwaltungsbeamten im Prager
k. k. allgemeinen Krankenhause Anwendung, und wurde den Directoren der genannten Wiener
Anstalten der volle rangsclassenmässige Gehalt zuerkannt.
Erfolge der Heilserumbehandlung bei Diphtherie in Bosnien und in der Herzegowina.
Einer von der bosnisch-herzegewinischen Landesregierung veranlassten Zusammenstellung über
die Anwendung des Heilserums bei Diphtherie in Bosnien und in der Herzegowina ist zu ent-
nehmen, dass im Jahre 1898 von den 2380 zur Anzeige gebraehten Diphtherie-, beziehungs-
weise Crouperkrankungen insgesammt 822 Personen mit Heilserum behandelt wurden, hievon
32 im Landesspitale in Sarajevo, welche im Nachstehenden nicht berücksichtigt sind. Von den
übrigen 790 Kranken sind 82 gestorben, was einer Lethalitit von 10°37 Percent entspricht.
Bei drei Verstorbenen trat der Tod schon binnen 12 Stunden nach erfolgter Injection, also
bevor noch das Serum zur Wirkung gelangt war, ein, und in fünf weiteren Fällen war die
Wirkung des Heilserums wegen des vorgeschrittenen Krankheitsprocesses im Vorhinein nahezu
aussichtslos. Nach Abzug dieser acht Fälle sinkt die Lethalität der mit Heilserum behandelten
Personen auf 9:37 Percent. Von den 1590 der Serumbehandlung nicht theilbaftig gewordenen
Individuen sind 676 gestorben; die bezügliche Lethalität beträgt somit 42°51 Percent und ist
mehr als viermal so gross als jene der mit Serum behandelten Fälle.
Die Zahl der schweren Diphtherieerkrankungen, welche der Serumbehandlung unterzogen
wurden, betrug 129 mit 78 Todesfällen (18°8 Percent), die der leichten Fälle 361 mit 4 Todes-
fallen (1:1 Pereent).
Die Sterblichkeit, nach dem Tage der vorgenommenen Injection
berechnet, betrug bezüglich der am ersten Krankheitstage mit Serum behandelten Fille
1:23 Percent, bezüglich der am zweiten Krankheitstage behandelten 3°55 Percent, und rück-
sichtlich des dritten bis inclusive sechsten Tages 8:13, 12°59, 13°51 und 26°60 Percent, zeigt
demnach bis zum sechsten Tage ein continuirliches Ansteigen; bezüglich der späteren Tage ist
die Sterblichkeit Schwankungen unterworfen, welche in der relativ geringen Zahl der an diesen
Krankheitstagen vorgenommenen Injectionen ihre Erklärung finden dürfte; so weisen die am
siebenten Krankheitstage Injicirten 15:65 Percent, am achten Tage 28:57 Percent und an den
darüber hinaus folgenden Tagen 20:36 Percent Mortalität auf.
Nach dem Alter wurden injieirt Kinder unter einem Jahre 15 mit 2 Todesfällen
(13:3 Percent), Kinder im Alter von ein bis fünf Jahren 257 mit 28 Todesfállen (10:8 Percent),
im Alter von über fünf Jahren 552, von welchen 59 starben (10°68 Percent).
Der Localisation nach wurden behandelt 782 mit Affection des Rachens (Mortalitit
9°59 Percent), 16 mit Affection des Nasen-Rachenraumes (Mortalitit 18°75 Percent und 26 mit
Affectionen des Kehlkopfes (Croup), Mortalität 42:3 Percent.
*) Siehe Jahrg. 1898 d. BI, S. 401.
— 290 —
Der Einfluss der Injection zeigte sich gewöhnlich schon nach 24 Stunden im
Nachlassen der schweren allgemeinen Erscheinungen und in einer Abgrenzung des localen Pro-
cesses; in einem fast agonischen Falle trat nach der Injection des Serums auffallende Besserung
und rasche Genesung ein. Reactionserscheinungen nach der Injection wurden beob-
achtet: Herpes, Urticaria und Erythem in je einem Falle, Abscess, beziehungsweise Infiltration
in drei Fällen.
Zur Anwendung gelangte in 727 Fällen Wiener Serum mit 11 Percent Lethalität, in
97 Fällen Höchster Serum mit 9°3 Percent Lethalitit. Eine bacteriologische Untersuchung
wurde in keinem Falle vorgenommen; die Untersuchung des Harnes hat nur in einzelnen Fallen
stattgefunden.
Als Präventiv- beziehungsweise Schutzimpfung gelangte das Heilserum in 1751 Fällen
zur Anwendung; von diesen erkrankten an Diphtherie 14, wovon in acht Fällen ein tödtlicher
Ausgang constatirt wurde.
Die Wirkung der Schutzimpfung wird in den bezüglichen amtlichen Darlegungen durch
einige eclatante Fälle, in welchen mit Heilserum geimpfte Kinder vollkommen gesund geblieben
sind, während alle übrigen an Diphtherie erkrankten, in einer über den Werth der Schutz-
impfung keinen Zweifel zulassenden Weise illustrirt.
Bemerkt wird, dass in der eingangs erwähnten amtlichen Zusammenstellung auch noch
34 Fälle von Scharlachdiphtherie, welche gleichfalls mit Heilserum behandelt worden sind, ein-
bezogen und bei der Berechnung der Mortalitätspercente berücksichtigt worden sind, was im
Interesse der Statistik über die Heilserumwirkung wohl besser vermieden werden sollte. Diese
Fälle sind in den vorstehenden Ausführungen nur dort einbezogen, wo eine Trennung nicht
möglich war, und zwar bei der Berechnung der Mortalität nach dem Tage der vorgenommenen
Injection nach dem Alter der Kranken und der Localisation der Krankheit.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 16. Juli bis
22. Juli 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Bochnia:Wola zabierzowska 1; Bohorod-
czany: Grabowiec 1, Molotkow 1; Borszczow: Mielnica 1*); Czortkow: Ulaszkowce 2*);
Horodenka: Czerniatyn 1, Podwerbce 1*); Husiatyn: Kociubinezyki 1; Kosow: Jaworow 1;
Nadworna: Cucylow 1, Ostawy czarne 3; Nisko: Kamieu 2; Przemysl: Przemysl 2*):
Rzeszow: Hermanowa 2*), Kakolowka 6*); Skalat: Eleonorowka 1, Poplawy ad Skalat 1;
Sniatyn: Roznow 2; Stanislau: Miedzyhorce 3, Zagwozdz 2; Tarnopol: Ditkowce $*);
Tlumacz: Krasilowka 1; Trembowla: Chmielowka 1; Zaleszezyki: Blyszezanka 2, Dobrow-
lany 1, Dupliska 1, Uhrynkowce 2; Zydaczow: Malechow 1;
in Dalmatien in den politischen Bezirken: Imotski: Cista 3; Spalato: Opanci ad
Almissa 3;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 16. Juli bis
22. Juli 1899:
in Galizien in der Stadt Lemberg 2 und in den politischen Bezirken: Bohorad:
ezany: Lachowce 4; Buczacz: Medwedowce 4; Dobromil: Piatkowa 1; Husiatyn:
Kociubince 1, Probuzna 2; Jaworow: Nahaczow 9*), Wielkie oczy 6, Wierzbiany 9*), Wulka
zmijowska 2*), Zmijowiska 3; Kamionka strumilowa: Dziedzilow 2; Kolomea: Turks 1;
Mosciska: Artamowska wola 1; Myslenice: Jawornik 1; Nadworna: Ostawy biale 4,
Ostawy czarne 1; Peczeniczyn: Berezow nizny 2; Skalat: Polupanowka 1; Sniatyn:
Roznow 5; Sokal: Dobraczyn 4; Stanislau: Sapahow 2; Stryj: Korczyn 9; Zaleszczyki:
Tluste 1*); Zloezow: Czyzow 5, Gologory 1, Jozefowka 2, Plesniany 3, Presowce 1, Slawna 1,
Uhorce 5; Zolkiew: Butyny 3.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen,
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Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
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Das Österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
. Rotrthenthurmsiırassa 165,
1
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direster Postsusendung gansjährig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 10. August 1899. | Nr. 32.
Inhalt. Gutachten des schlesischen Landes-Sanitätsrathes über das Mindestmass der bei Neu-
anlage und Einrichtung von Schlachthäusern in kleineren Gemeinden zu stellenden Anforderungen. —
Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass des Ministeriums des Innern, betreffend die Verhandlungen
wegen Uebernahme. geisterkrauker italienischer Staatsangehöriger; Erlässe der schlesischen Landes-
regierung, betreffend die Errichtung öffentlicher Schlachthäuser, die Delegirung der Amtsárzte bei Leichen-
überführungen und die vor Errichtung von Sanitäts- und Humanitätsanstalten zu pflegenden Erhebungen
und Verhandlungen; Erlass der Stattnalterei in Böhmen, betreffund das Verbot von Kiesow’s Augsburger
Lebensessenz; Erlasse der mihr. Statthalterei, botr.die Anstellungsdecrete der Districtsärzte und den Ver-
schleiss vorschriftsmässiger Hebammengeräthe in Apotheken und Droguerien; Erlass der Bukowinaer Landes-
regierung, betr. die Einscharfung der Anzeigepflicht bei Infectionskrankheiten. — Vermischte Nachrichten.
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Me al la PU i
Gutachten des k. k. schlesischen Landes-Sanitätsrathes
über das
Mindestmass der bei Neuanlage und Einrichtung von Schlachthäusern
in kleineren Gemeinden zu stellenden Anforderungen.
Indem der k. k. schlesische Landes-Sanitätsrath die Wiederaufnahme der im
Jahre 1894 begonnenen, leider ohne nennenswerthen Erfolg gebliebenen Action zur
Förderung von Schlachthausbauten in den Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl
von 3000—5000 freudigst begrüsst, kann er auf die Darlegung der aus einem
centralisirten Schlachthausbetriebe resultirenden, nach sanitärer, hygienischer, veterinär-
polizeilicher und öconomischer Richtung ausschlagenden eminenten Vortheile umso
eher verzichten, als dieselben bereits im Erlasse der k. k. schlesischen Landes-
regierung vom 28. August 1894, Z. 15160*) eine erschöpfende Erörterung gefunden haben.
Die bisherigen Anregungen, die Gemeinden mit mittlerer Bevölkerungszahl zum
Baue von Schlachthäusern zu bestimmen, haben einen besonderen Erfolg nicht auf-
gewiesen. Selbst wo die Unerträglichkeit der durch die ortszerstreuten, zumeist übel
bewirthschafteten Privatschlachtstätten und die ungenügende und unverlässliche
Ueberwachung des Fleischverkchres den Gegenstand allgemeiner Klage bilden, haben
sich die Gemeinden dem Projecte eines Schlachthausbaues gegenüber ablehnend
verhalten.
Die Ursachen hiefür sind allerorts die gleichen. Einmal besteht in den meist
unbemittelten, umlagebelasteten Gemeinden eine typische Scheu vor Neuerungen, die
Kosten verursachen könnten, und erhält sie in dem conservativen Zuge, sich weiter
mit Uebelständen abzufinden, die bisher ertragen wurden, und »von 100 anderen
Gemeinden« ertragen werden.
+) Siehe Jahrgang 1894 d. BI, S. 483
A A EE e EE EE
— 292 —
Es kommt hiezu der Umstand, dass selbst in der Erkenntniss der Vortheile
des Schlachthausbetriebes weiter vorgeschrittene Gemeinden sich den überspanntesten
Befürchtungen über die Höhe der für den Bau eines Schlachthauses erforderlichen
Opfer hingeben.
Es gebricht eben an allen Anhaltspunkten für die Projectirung eines nach
Umfang und Gestaltung den Verhältnissen der mittleren Gemeinden angepassten
Schlachthauses, demnach auch an der Basis für die Calculation der Kosten und der
Capitalverzinsung. — Gewöhnlich helfen in der Gemeindevertretung mitstimmende
Mitglieder der Fleischerzunft, das Project zu Falle zu bringen, indem sie als unver-
meidliche Folgen eines Schlachthausbaues die Erhöbung der Gemeindelasten und die
Fleischvertheuerung an die Wand malen.
Darum ist die Schaffung von Normalprojecten für den Bau von Schlachthäusern
in den mittleren Gemeinden ein unabweisbares Erforderniss. Nur hiedurch kann
der landläufige Wahn zerstört werden, dass auch kleinere Schlachthäuser in Bauart.
architektonischer Ausgestaltung, Raumeintheilung und maschineller Ausrüstung dem
Muster der Schlachthäuser der grösseren Städte zu folgen behördlich gehalten sind. Durch
Normalprojecte wird den Gemeinden auch die Unterlage für die Berechnung der
Kosten und fiir den Ueberschlag der Rentabilität einer, ihren Verhältnissen ent-
sprechenden Schlachthausanlage geboten.
Deshalb unterzieht sich der k. k. schlesische Landes-Sanitätsrath in dem Be-
streben, den auf die Förderung der öffentlichen Wohlfahrt gerichteten Intentionen
die in seiner Competenz gelegene Unterstützung entgegen zu bringen, gerne der ihm
gestellten Aufgabe, mit der Herabsetzung der Anlagekosten parallel gehende
Reductionen der an Schlachthausbauten in mittleren Gemeinden zu stellenden An-
forderungen bis zu einem Mindestmasse vorzunehmen, das noch mit der Rücksicht
auf die Wahrung der sanitären und der anderweitigen, mit dem geregelten Schlachı-
hausbetriebe verbundenen Vortheile vereinbarlich ist.
Es musste bei den nachstehenden Aufstellungen der Erfahrungsthatsache Rech-
nung getragen werden, dass Gemeinden mit gleicher Bevölkerungszahl nicht stets den
gleichen Fleischeonsum aufweisen, demnach nicht die Bevölkerungszahl, sondern die Grösse
des örtlichen Fleischverbrauches, die jedoch weit weniger in der Zahl der Gewerbe-
treibenden, als in der Anzahl der nachgewiesenen jährlichen Schlachtungen ihren
Ausdruck findet, den annäherungsweise richtigen Massstab für die Anlageverhältnisse
eines Schlachthauses abgeben dürfte. Hiebei ist die Schwierigkeit, unter den gegen-
wärtigen Verhältnissen, wo alle Daten über die vorgenommenen Schlachtungen aus
der trüben Quelle des ihre Zahl notorisch unterbietenden Schlachtungsprotokolles
fliessen, die thatsächliche jährliche Schlachtungszahl zu constatiren, nicht übersehen,
jedoch durch Stichberechnungen festgestellt worden, dass der um ein Drittel auf-
gebesserte dreijährige Durchschnitt der protokollirten Schlachtungszahlen der factischen
jährliehen Schlachtungszahl entsprechen dürfte.
Bei aller Beschränkung der Ansprüche musste an dem Grundsatze festgehalten
werden, die Schlachthäuser der mittleren Gemeinden nicht aufein Niveau herabzudrücken,
dass sie zur centralen Sammelstelle der von den Privatschlachtstätten ausgehenden
Uebelstiinde werden, dass auch weiters in diesen Schlachthäusern ein reinlicher
Schlachtbetrieb und eine gesundheitsgemässe Gewinnung und Beschaffenheit des
Fleisches gesichert sei, und das Schlachtgeschäft mit zeit- und kraftsparender Bequen-
lichkeit abgewickelt werden könne.
Der k. k. schlesische Landes-Sanitätsrath glaubt sich endlich keiner Ueber-
schreitung der ihm gestellten Aufgabe schuldig zu machen, wenn er anhangsweise
auch die an Privatschlachtstätten in den kleinen, zu Schlachthausbauten nicht heran-
zuziehenden Gemeinden zu stellenden Anforderungen im Mindestmasse formulırt.
Denn die geplante Sanirung des Schlachtbetriebes sollte sich nicht lediglich auf
mittlere Gemeinden beschränken, sondern sich auch auf die Ueberzahl der kleinen
nx `" pw derg ge ag a y
— 293 —
Gemeinden des flachen Landes erstrecken, in denen nahezu durchwegs ein überaus
missstándiges Privatschlachtstättenwesen die fortwährende Quelle sanitätswidriger
Unzukömmlichkeiten und gesundheitlicher Gefahren abgibt.
Erst wenn die Erfüllung bestimmter Anforderungen mit zur unerlässlichen
Bedingung für die Concessionirung neuangemeldeter Fleischergewerbe in den kleinen
Gemeinden gemacht, und die allmähliche Reconstruction der bestehenden Privat-
schlachtstätten im Sinne der für neuconcessionirte Gewerbe obligaten Bestimmungen
zur Durchführung gebracht würde, könnte von einer durchgreitenden Sanirung des
Schlachtbetriebes gesprochen werden.
Im nachstehenden Entwurfe einer Norm über die an Schlachtbäuser der mitt-
leren Gemeinden zu stellenden Anforderungen sind Bestimmungen über controverse
oder alternativ entscheidbare Fragen und Aufstellungen, welche in concretisirter
Behandlung an Uebersichtlichkeit gewinnen, motivirt und erläutert.
Als Literaturbehelfe standen zur Verfügung: Gutachten des Obersten Sanitäts-
rathes aus dem Jahre 1893*), betreffend die Regelung der Vieh- und Fleischbeschan ;
Gutachten des k. k. galizischen Landes-Sanitätsrathes vom 1. Juli 1890, Z. 70**);
Deutsche Vierteljahresschrift für öffentliche Gesundheitspflege; Monatsschrift der
österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege; Osthof, Schlachthöfe für kleine
und mittelgrosse Städte.
I. Entwurf von Bestimmungen über die an Schlachthäuser mittelgrosser
Gemeinden zu stellenden Anforderungen.
l. Bauplatz für die Anlage eines Schlachthauses sind Grurdstücke geeignet.
welche möglichst nahe dem Verkehrsmittelpunkte (\WVeichbilde) der Ortschaft, doch
ausserhalb des bewohnten Gebietes derselben, wenn möglich an Wasserläufen, und
zwar an deren Unterlaufe gelegen sind.
Die meist gestellte Forderung einer möglichst weiten Hinausrückung der Schlacht-
häuser aus dem Stadtgebiete muss für Schlachthäuser mittelgrosser Gemeinden fallen
gelassen werden; denn der Fleischtransport aus einem entlegenen Schlachthause zu
den im Stadtgebiete gelegenen Verkaufsstellen, ist für die zumeist kleinen, über ein
Fuhrwerk nicht verfügenden Fleischer mit Schwierigkeiten oder mit Kosten ver-
bunden, die multiplicirt auf die Fleischpreise geschlagen würden. Eine Nachgiebigkeit
zu Ungunsten der sanitären oder hygienischen Interessen kann hierin nicht erblickt
werden, da ein zweckmässig eingerichtetes und regelrecht betriebenes Schlachthaus
nach allen vorliegenden Erfahrungen, eine Verderbnis des umgebenden, geschweige
des entlegeneren Luftkreises durch übelriechende Gase niemals verursacht und nicht
verursachen darf. In der gleichen Erwägung wurde auch eine Anforderung in
Bezug auf die Lage des Schlachthauses zur herrschenden Windesrichtung bei Seite
gesetzt.
2. Form und Grösse des Bauplatzes: Die geeignetste Form des Bau-
platzes ist die rechteckige, sodann die quadratische.
Das Flächenmass eines Schlachthausbauplatzes kann ın Ortschaften bis zu oder
wenig über 3000 Einwohnern, mit 900—1000 Om. und solchen bis zu 6000 Ein-
wohnern mit 1200—1500 Qm. bemessen werden.***)
Bei diesen Ansätzen ist unter das theoretisch geforderte Flächenmass weit
herabgegangen worden, denn für Ortschaften bis zu 3000 Einwohnern werden auf
jeden Einwohner 050 Qu. — 1500 Qu., für Ortschaften bis zu 6000 Einwohnern
*) Siehe Jahrg. 1893 d. Bl., S, 423,
**) Siehe Jahrg. 1892 d. DL, S, 222.
**#) Zu Punkt 2 des Entwurfes beschliesst der Landes-Sanitiitsrath die Resolution: »Die k. k.
Landesregierung wird ersucht, Schlachthäuser durch Bewilligung einer Bannmeile zu unterstützen.e
32*
— 294 —
0:40 Qu. per Einwohner = 2000 —2400 Qu. postulirt. Eine weitere Reduction des
angesetzten Flächenmasses dürfte kaum angängig sein, wenn auf die Erweiterungs-
fähigkeit der Anlage die nothwendige Rücksicht genommen wird.
3. Sicherung ausreichenden Betriebswassers. Wo nicht eine Wasser-
leitung verfügbar ist, muss das erforderliche Betriebswasser durch Anlage von
Brunnen beschafft werden.
4. Bausystem. Die Schlachthäuser sind ausschliesslich im sogenannten
Hallensystem auszuführen.
Das übrigens in neuerer Zeit immer mehr verlassene, sogenannte Zellensystem,
ist bei den in Rede stehenden, wenig umfänglichen Schlachthausbauten ausser Be-
tracht zu lassen, da durch Unterabtheilung der Schlachträume überaus beengte und
eine bequeme Manipulation ausschliessende Schlachtzellen geschaffen würden; ausser-
dem sind die von Schlachthallen gebotenen Vortheile auch kleineren und mittelgrossen
Schlachthäusern zu wahren und soll demnach auf die Erleichterung der behördlichen
Controle des Schlachtgeschäftes und auf die gegenseitige Ueberwachung der Fleischer
‚in dem gemeinsam benützten Schlachtraume nicht verzichtet werden. Ueberdies ist
der Bau nach dem Zellensystem kostspieliger.
5. Bauart. Die Schlachthäuser sind am zweckmässigsten aus hartem Materiale
(Ziegel, Stein) herzustellen.
6. Erforderliche Räumlichkeiten und Anlagen: Für ein Schlachthaus
sind erforderlich:
a) Ein Schlachtraum fiir Gross- und Kleinvieh (Kälber, Schafe etc), b) ein
Schlachtraum für Schweine, c) ein Schweinebrühraum, d) ein Raum für die Kuttelei,
e) ein Locale für den Beschauthierarzt, f) ein Ablegeraum (Wärmestube für das
Fleischerpersonale, g) Aborte, h) ein Raum für Wampenwäsche, i) eine Dunggrube,
j} eine Abwasserkläranlage, k) ein Stall für die den Wochenschlachtungen ent-
sprechende Anzahl von Gross- und Stechvieh, 1) bei örtlichem Bedürfnisse ein
Pferdeschlachtraum,
Die sub a), b), c) und d), sowie die sub e), f) und k) angeführten Objecte
können unter je a Dache vereinigt werden.
Die Kuttelei ist in einem, von den Schlachträumen gesonderten, doch leicht
zugänglichen Raume unterzubringen.
In Schlachthäusern, welche für die Betriebsräume, ausschliesslich der Kuttelei,
nicht mehr als 50 Qm. Bodenfliche erforderlich machen, kann ein Schlachtraum für
alle Thiergattungen gemeinschaftlich angelegt werden, unter der Voraussetzung, dass
der Brühraum von demselben abgesondert und auf die Durchfiihrbarkeit einer
zukünftigen Erweiterung, beziehungsweise Theilung in nach Thiergattungen gesonderte
Schlachträume Bedacht genommen wird.
Von der Alternative, den Kleinviehschlachtraum entweder mit dem Schlacht-
raum für Grossvieh oder mit jenem für Schweine zu vereinigen, wurde mit Rücksicht
auf die in der Schweineschlachtballe nach dem Abbrühen sich entwickelnden Wasser-
dämpfe die erstere gewählt. Es steht jedoch auch der Wahl der zweiten Alternative ein
gewichtiges Bedenken nicht im Wege, ja es erscheint in Schlachthäusern sehr ge
ringen Umf fanges selbst statthaft, für alle drei Viehgattungen einen gemeinsamen
Schlachtraum anzulesen. unter der Voraussetzung, dass der Brühraum in einem
eigenen, mit dem Schlachtr aume nicht offen verbundenen Raume untergebracht wird.
. Flächenausmass der Betriebsräume. Mit Ausschluss der für Comuni-
SE und Manipulationsplätze anzurechnenden Flächenquote sind an Boden-
fläche zu bemessen:
Für einen Grossvichschlachtstand 8Qm., für einen Kleinviehschlachtstand 1:2 Qm.,
für einen Schweineschlachtstand 2 Qm.
— 295 —
Das Bodenmass der Kuttelei ist mit einem Drittel der auf sämmtliche Gross-
viehschlachtstände entfallenden Bodenfläche, mindestens jedoch mit 8 Qm. anzusetzen.
Das Flächenmass des Brühraumes ist dem des Schweineschlachtraumes gleichzuhalten.
Als Bedarfsfläche für die Schlachträume der einzelnen Thiergattungen hat das
um ein Drittel erhöhte durch Rechnung gefundene Flächenmass zu gelten.
Die Höhe der Betriebsräume hat mindestens 3°5 Meter zu betragen.
Es ist hier die geeignete Stelle, an einem concreten Beispiele die Art der Be-
rechnung des Raumbedartes für die wesentlichen, den Umfang eines Schlachthauses
bestimmenden Räumlichkeiten darzulegen.
Der Berechnung sind die, wie eingangs angeführt, im Durchschnitte von
3 Jahren für die einzelnen Thiergattungen sich ergebenden, um ein Drittel erhöhten
Schlachtungszahlen, ferner (nach der nahezu in allen mittleren Gemeinden bestehen-
den Gepflogenheit) 3 regelmässige Schlachttage in der Woche und das oben angeführte
für je einen Schlachtstand erforderliche Flächenmass zu Grunde zu legen.
Eine Gemeinde weist im 3jährigen Durchschnitt die Schlachtungszahlen auf:
Fiir Grossvieh . ...... ... . . . 250
» Kleinvieh .......... . . . 180
>» Schweine ........... . . 840.
Nach Erhöhung dieser Zahlenum ein Drittel kann die factische Schlachtungs-
zahl angesetzt werden:
Für Grossvieh 2 2 2 2 2.830
> Kleinvieh . ..... & og e e a 20)
» Schweine ........ .. . . . 450.
Bei 156 Schlachtungen im Jahre (3 Schlachttage in der Woche) entfallen auf
einen Schlachttag Schlachtungen:
Von Grossvieh 2 oo or H
>» Kleinvieh. . . 2. 2 2202020202... . 150
> Schweinen ............ . 3
Es ergibt sich sonach mit Zuschlag von '/, ein Flichenbedarf fiir Schlachtungen
von Grossvieh von . . . . . . . . . 2 X8 =16 +5 =21 Qn,
> Kleinvieh > . . 2. . . . . n” 15X12= 18+06= 24 »
» Schweine > . 3 x2 = 6 +2 = 8 >
hiezu Flichenmass der Kuttelei mit dem geforderten Mindestmass von . 8 »
und des Brühraumes . . . . . . ee ee eee ee ee 8 »
woraus sich das für die Betriebsräume erforderliche Gesammflächenmass von 4774 Qm.
ergibt, welches Ausmass sich auf den Grossvieh- und Kleinviehschlachtraum mit
234 Qm., auf Schweineschlacht- und Brühraum 16 Qm. und auf die Kuttelei mit 8 Qm.
vertheilt.
Bei dieser Art der Raumberechnung kann der Eigenart eines Ortes in Bezug
auf den Consum bestimmter Thiergattungen Rechnung getragen werden, so beispiels.
weise bei Anlage eines Schlachthauses für eine Gemeinde, in welcher eine grössere
Zahl von Schweineschlachtungen nicht allein für den Ortsbedarf, sondern fiir den
Export vorgenommen wird. |
Der Aufschlag von einem Drittel der Bodenfliiche soll dem Bedarfe an Raum
für Comunicationsgänge, Manipulationsräume u. s. w. Geniige leisten.
8. Beschaffenheit der Betriebsriume. Die Innenwiinde der Betriebs-
räume sind bis auf 2 Meter mit Cement zu verputzen. Im Interesse der Reinlichkeit
— 296 —
sind die Wände bis 2 Meter über den Fussboden mit einer hellen (nicht rothen oder
braunen) Oelfarbe zu streichen; das Holzwerk eines freiliegenden Dachgespärres soll
mit Öelfarbe eingelassen, — Holzimprägnirungsmittel von durchdringendem Geruche
dürfen zum Anstrich von Holzwerk nicht verwendet werden.
Die Fussböden sind undurchlässig (cementirt, asphaltirt), mit einem offenen
Rinnsale herzustellen und mit einem solchen Gefälle zu versehen, dass die Abfalls-
flüssigkeiten rasch und vollständig abfliessen können.
Die Fenster sollen eine lichte Fläche von einem Sechstel der Bodenfläche erhalten,
und ihre oberen Flügel sind als vom Innenraum aus leicht stellbare Kippflügel ein-
zurichten.
Die Unterkante der Fenster soll mindestens 1' 50 Meter über dem Fussboden
liegen.
Die Südseite ist als Fensterseite möglichst zu vermeiden.
Die Thüren sollen nach aussen aufschlagen.
9. Ventilation der Betriebsräume. Zur ausreichenden Ventilation können
nebst den Kippflügeln auch Dachreiter, eventuell Luftschläuche angelegt werden.
10. Künstliche Beleuchtung. Die Art der künstlichen Beleuchtung ist von
den jeweilig bestehenden örtlichen Verhältnissen abhängig.
11. Wasserleitung. Die Wasservertheilung im Schlachthause hat, wenn nicht
im Orte eine Wasserleitung besteht, von einem entsprechend angebrachten Behälter
zu erfolgen, von welchem das Wasser den Gebrauchsstellen zufliessen kann.
12. Abfallbeseitigung. Sämmtliche zur Aufnahme fester oder flüssiger Ab-
fälle bestimmten Behälter sind wasserdicht herzustellen, ebenso die zur Ableitung
flüssiger Abfälle dienenden Canäle.
An der Einmündungsstelle der in den Betriebsräumen angelegten offenen
Rinnsale in den Ableitungscanal sind Senkkästen, die zugleich als Geruchsverschluss
einzurichten sind, anzubringen. Die Dunggrube muss dicht schliessend verdeckt sein.
Der Hauptcanal der Abwässerleitung ist in wasserdicht herzustellende Klär-
gruben zu führen, deren Scheidewände 0'7—1 Meter über der Grubensohle mit einer
Uebertfallöffnung zu versehen sind.
Die Klärgruben sollen einen zur Aufnahme des täglichen (auf etwa 0:30 bis
0:35 Cbm. per Schlachtung zu schätzenden) Abwasserquantums ausreichenden
Fassungsraum besitzen.
Ueber die Erforderlichkeit eines weiteren Abwasser-Reinigungsverfahrens und
die Art der zu diesem Zwecke zu schaffenden Einrichtungen ist von Fall zu Fall
zu entscheiden.
13. Erforderniss an maschinellen Einrichtungen. Zur Einrichtung eines
Schlachthauses gehören:
a) Für jeden Grossviehschlachtstand eine eiserne Winde und ein in den Boden
eingelassener Ring.
b) Für jeden Kleinviehschlachtstand vier in einer Entfernung von 25 Cm. an
einem eisernen Rahmen sitzende Eisenhaken.
c) Für jeden Schweineschlachtstand ein ebensolcher Hakenrahmen und ein an
der Wand tiber dem Fussboden angebrachter eiserner Ring.
d) Für den Brühraum: Ein Brühkessel mit Feuerung, von einem für zwei Schweine
ausreichenden Fassungsraume; wo nicht zweckmässigster Weise ein Krahn zum
Ein- und Ausheben der Schweine eingerichtet wird, ist durch geeignete Anlage des
Kessels Sorge zu tragen, dass dem Hineinstürzen von Arbeitern vorgebeugt ist. Ein
Enthaarungstisch.
e) Für die Kuttelei: Ein Brühkessel mit Feuerung;
liegenden Tischplatten.
f) Für die Wampenwäsche: Ein Trog mit Bodenöffnung zum Ablassen der
Waschwässer in den Canal.
Tröge mit dazwischen-
um wg, äm gem ` mm -~
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f. =u Lmh „y ën
— 297 —
Ausserdem sind fúr den Kleinviehschlachtraum die gebräuchlichen hölzernen
Schlachtböcke und zur Beförderung der Pansen zur Dunggrube geeignete Transport-
karren, sowie Haken in allen Schlachtrdumen zum Aufhängen von Thiertheilen er-
forderlich.
14. Erfordernisse fiir einen Pferdeschlachtraum. Der Pferdeschlacht-
raum ist abgesondert von den übrigen Schlachthausobjecten und nur durch eine
eigene, das Schlachthausgebiet nicht bertihrende Zufahrtstrasse zugängig anzulegen,
Dessen Beschaffenheit muss der des Grossviehschlachtraumes gleichgehalten
werden; dessen Flächenmass hat mindestens 12 Qm., dessen Höhe mindestens
35 Meter zu betragen. Derselbe ist mit Winde und mit im Boden befestigten Ringen
und mit Hakenrahmen auszustatten, und ist in demselben ein Trog und ein Brühkessel
aufzustellen.
Die festen und flüssigen Abfälle sind von den übrigen Abgängen des Schlachthauses
getrennt zu behandeln.
15. Die Anlage eines Kühlraumes oder Eiskellers ist der bauführenden
Gemeinde anzuempfehlen.
16. Die Einrichtung von Nebenbetrieben im Schlachthause, (Talg-
schmelzerei, Knochensiederei u. s. w.) unterliegt einem besonderen Concessionsverfahren.
17. Die Aufstellung eines Kessels zur Abkochung von nur in gekochtem
Zustande freizugebenden, minderwerthigen Fleisches, sowie zur Fettschmelze ist im
Interesse der verlusttragenden Fleischer empfehlenswert.
18. Das Schlachthausterrain ist zu umzäunen.
I. Entwurf von Bestimmungen über die an Privatschlachtstätten zu
stellenden Anforderungen.
Eine Privatschlachtstätte für Einzelbetrieb hat nachfolgenden Anforderungen
zu entsprechen:
1. Sie darf sich weder im Vorhause, noch überhaupt zwischen bewohnten
Räumen befinden; soll womöglich ganz vom Wohnhause getrennt sein und aus-
schliesslich zu Schlacht- und nicht auch zu anderen (häuslichen oder wirthschaftlichen)
Zwecken, insbesondere auch nicht als Selch- oder Verkaufslocale verwendet werden.
2. Alle Schlachtungen sind in der Schlachtstätte vorzunelimen. Das Schlachten
im Freien ist strenge untersagt.
3. Die Schlachtstätte ist aus hartem Materiale (Ziegel, Stein) herzustellen.
4. Bei jeder Schlachtstätte muss ein entsprechend grosser Hofraum und ein
entweder im Hofe oder im Schlachtraume selbst befindlicher Pumpbrunnen vorhanden
sein; der Wasserbezug hat mittelst in den Schlachtraum geführter Saugleitungen und
keineswegs durch directe Entnahme mittelst Schöpfgeräthen zu geschehen.
5. Da der Schlachtraum zur Schlachtung aller Thiergattungen bestimmt ist,
hat derselbe einen Flächenraum von mindestens 15 Quadratmeter zu erhalten. Die
Höhe hat mindestens 3 Meter zu betragen.
6. Der Fussboden muss wasserdicht (cementirt, asphaltirt u. s. w.) und gegen
eine in der Mitte anzulegende Rinne mit einem solchen Gefälle hergestellt werden,
dass die Abfallwässer rasch und vollständig abtliessen können.
Ausser dem für die Abwässerrinne bestimmten Mauerdurchlass darf in Fuss-
bodenhöhe keine weitere. ins Freie führende Maueröffnung angebracht werden.
Die Wände jeder Schlachtstätte sind in einer Höhe von 2 Meter mit glattem
Cementverputz herzustellen. In jedem Falle sind die Wände bis 2 Meter über dem
Fussboden mit einem lichten (nicht rothen oder braunen) Oelfarbenanstrich zu
versehen.
— 298 —
Der übrige Theil der Wände, sowie die Decke ist mindestens einmal jährlich
weiss zu tünchen.
7. Die Fenster haben eine lichte Fläche zu erhalten, welche einem Sechstel
der Bodenfläche entspricht; ihr oberer Flügel ist als leicht stellbarer Klappflügel
einzurichten.
8. Die Thüre darf nicht strassenseitig liegen und soll nach aussen aufschlagen;
sie ist mit einem Öberlichtkippflügel zu versehen.
9. An die Rinne des Schlachtlocales hat ein möglichst gerade laufender, innen
glatter, wasserdicht hergestellter Canal anzuschliessen, welcher in eine Sammelgrube
mündet und mit Geruchsverschlüssen versehen ist. Letztere muss von mindestens
1 Cubikmeter Rauminhalt, in Sohle und Wänden wasserdicht, standhaft und dicht
abgedeckt sein und darf niemals an einer Strasse und vom Brunnen weniger als
6 Meter entfernt gelegen sein.
10. Für die festen Abfälle ist gleichfalls eine in Wänden und Sohle wasser-
dichte und dicht bedeckte Dunggrube anzulegen.
Beiderlei Abfallgruben können, durch eine Scheidemauer getrennt nebeneinander
angelegt werden.
Für die rechtzeitige Abfuhr der Abfälle ist der Gewerbeinhaber verantwortlich.
11. Jede Schlachtstätte ist mit einer eisernen, mit Sperrvorrichtung versehenen
Aufzugswinde und einem metallenen Hakeurahmen, sowie mit einem Klapptisch
auszurüsten.
12. Die Anbringung eines Brühkessels in der Schlachtstätte ist im Allgemeinen
unstatthaft. Wo jedoch besondere Verhältnisse die Aufstellung eines Brühkessels in
der Schlachtstätte erforderlich machen, ist derselbe mit einer Dunsthaube zu ver-
sehen, an welche ein mindestens 1 Meter über Dach reichendes Dunstrohr anschliesst.
13. Für Schlachtstätten grüsserer Gewerbebetriebe ist bezüglich Anlage und
Einrichtung von Fall zu Fall mit Zugrundelegung der für Schlachthäuser geltenden
Bestimmungen zu entscheiden.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Die k.k..... . Wird eingeladen, dem-
gemiiss die unterstehenden politischen Bezirks-
behörden entsprechend anzuweisen, damit derlei
Ansuchen im Wege der k.k...... behufs
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern |
vom 27. Juli 1899, Z. 23501,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Verhandlungen wegen Ueber-
nahme geisteskranker italienischer Staats.
angehöriger.
Aus dem Anlasse, dass sich eine politische
Bezirksbehürde wegen Uebernahme einer geistes-
kranken italienischen Staateangehörigen direct
an die italienische Grenzbehörde gewendet hatte,
wurde vom k. u. k. Ministerium des Aeussern
mit Zuschrift vom 3. Juli 1899, Z. 37811/3
mitgetheilt, dass einem Wunsche der kónigl.
Ueber-
Staats-
angehörige betretien, auf diplomatischem Wege
italienischen Regierung entsprechend,
nahmsbegehren, welche italienische
ausgetragen werden sollen, um stets nach
gleichen Grundsätzen geregelt werden zu können.
Weiterleitung an das k. u. k. Ministerium des
Aeussern anber vorgelegt werden.
$
Erlass der k. k. schlesischen Landes-
regierung vom 12. Juni 1899, Z. 9247,
andie unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die Errichtung öffentlicher
Schlachthäuser.
Die mit dem h. ä. Erlasse vom 28. August
1894, Z. 15160,*) angeregte Einflussnahme
auf Errichtung öffentlicher Schlachthäuser hat
*) Siehe Jahrg. 1894 d. Bl., 8. 483.
Da il
Lé beier fe —
ue E e
bisher nur geringen Erfolg erzielt, indem nur |
in wenigen grösseren Städten des Landes öffent-
liche Schlachthäuser zur Errichtung gelangten.
Diese bedauerliche Erscheinung dürfte vor-
wiegend auf den Umstand zurückzuführen sein,
dass die Gemeinden abgesehen von der
allgemeinen Scheu vor Neuerungen überhaupt
— sich den überspanntesten Befürchtungen
binsichtlich der Höhe der mit dem Baue und
Betriebe eines Schlachthauses
Kosten hingeben, beziehungsweise eines Mass-
stabes für die Beurtheilung des Kostenpunktes
und der Rentabilität entbehren.
Um nun diesfalls die in erster Linie notb-
wendige Aufklärung zu bieren und hiedurch
die auf die Errichtung öffentlicher Schlacht-
bäuser abzielende Action zu fördern, habe ich
den k. k. schlesischen Landes-Sanitätsrath mit
der Aufgabe betraut, ein Normale über das
Mindestmass jener Anforderungen zu entwerfen,
welche bei Errichtung von Schlachthäusern in
mitteljgrossen Gemeinden gestellt werden müssen.
verbundenen
Indem ich Euer \Woblgeboren anliegend
eine Abschrift des beziiglichen Gutachtens des
k. k. Landes-Sanitätsrathes*) mit der Weisung
zur Verfügung stelle, die in diesem Gutachten
niedergelegten Grundsätze bei gewerbebehörd-
lieber Genehmigung öffentlicher Schlachtbäuser
zur Richtsehnur zu nebmen, ersuche ich Euer
Wohlgeboren, auf die Gemeinden des unter-
stehenden Bezirkes durch entsprechende Be-
sowie durch Mittheilung von Ab-
schriften des Gutachtens, beziehungsweise des
lebrung,
Entwurfes der Normalbestimmungen, mit allem
Nachdrucke dahin Einfluss zu nehmen, dass
sich wenigstens die grösseren Gemeinden — sei
es fúr sich allein, sei es im Vereine mit un-
mittelbar angrenzenden Nachbargemeinden —
wenn auch be-
zur Errichtung eines, nur
scheidenen Schlachthauses entschliessen.
Diesfalls dürften
sirke insbesondere nachbenannte Gemeinden in
Betracht kommen .
Gemeinden mit Angabe der Einwohnerzahl).
im unterstehenden Be-
. . (folgen die betreflenden
Daher wollen Euer Wohlgeboren Ihren
Einfluss namentlich bezüglich dieser Gemeinden
geltend machen.
*) Siehe S. 291 d. BI.
Ueber das Ergebniss der diesfälligen Be-
miihungen gewärtige ich einen Bericht bis
Ende December d. J.
Schliesslich bemerke ich, dass der dem
mitfolgenden Gutachten sub II angeschlossene
Entwurf von Bestimmungen über die an Einzel-
Privatschlachtstätten zu stellenden Anforderungen
in erster Linie als genau zu beachtende Ricbt-
bei gewerbehördlicher
einzelner Privatschlachtstätten, sowie bei Aus-
schnur Genehmigung
übung der gewerbe- und sanitätspolizeilichen
Ueberwachung bestehender Privatschlachtstätten
zu dienen hat, zu welchem Ende der mit dem.
bezüglichen Referate zu betrauende politische
den bezüglichen Amts-
handlungen jeweilig beizuziehende landesfürst-
Beamte, sowie der
liche Bezirksarzt und Bezirksthierarzt mit je
einer Abschrift der erwähnten Bestimmungen
zu betheilen sein werden.
Erlass der k. k. schlesischen Landes-
regierung vom 1. Juli 1899, Z. 12119
an die unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Delegirung der Amtsärzte bei
Leichenüberführungen.
Die k. k. Landesregierung hat die Wahr-
nehmung gemacht, dass seitens einiger Bezirks-
behörden bei
führungen von der Delegirung des Amtsarztes
behufs
dabei zu beobachtenden, mit der Verordnung
Gelegenheit von Leichenüber-
sanpitätspolizeilicher Ueberwachung des
des Ministeriums des Innern vom 3. Mai 1874,
R. G. Bl. Nr. 56 genau vorgezeichneten Vor-
ganges abgesehen, und die diesbezügliche Ob-
sorge sowie Verantwortlichkeit dem Gemeinde-
vorstande im Sterbeorte überwiesen wird. Da
ein derartiger Vorgang den Bestimmungen der
eitirten Ministerial-Verordnung, welche im S 3
ausdrücklich und ausnahmslos die persönliche
und verantwortliche Intervention eines amtlichen
Sanitátsorganes vorschreibt, widerspricht, ein
laxeres Vorgehen bei Ertheilung von Bewil-
ligungen für Leichentransporteund Exhumirungen
aus naheliegenden sanitiiren Riicksichten jedoch
300
—
nicht gestattet werden kann, wird es der (dem) | instruirt waren, dass die Staatsverwaltung die
. zur strengsten Pflicht gemacht, in allen
Fällen, in welchen um die Bewilligung zur
Ueberführung von Leichen auf einen anderen
als den Friedhof des Sterbeortes angesucht wird,
den Amtsarzt behufs Ueberwachung und An-
ordnung des bei der Versargung und dem Trans-
porte einzuhaltenden Vorganges abzuordnen.
Dasselbe hat bei der Uebernahme und
Controle von aus anderen Kronländern oder
Bezirken einlangenden Leichentransporten zu
geschehen, und ist eine Vertretung des Amts-
arztes durch einen Privatarzt nur im Falle
einer Verhinderung des Amtsarztes und bei
Unaufschiebbarkeit der Amtshandlung gestattet.
Gleichzeitig wirdder(dem)... bedeutet, dass
weder die Unbedenklichkeit der im betreffenden
Falle constatirten Todesursache noch auch die
geringe Entfernung des in Aussicht genommenen
Bestattungsortes, noch die Rücksichtnahme auf
die durch die amtsärztliche Intervention auf-
laufenden Kosten die Ausserachtlassung des
in der citirten Ministerial-Verordnung vor-
geschriebenen Verfahrens zu rechtfertigen ver-
möchte, zumal nur bei genauer Einhaltung dieses
Verfahrens eine Regelung des Leichentransport-
wesens zu erwarten ist.
Auch wird die (der)...
folgte amtsärztliche, beziehungsweise ärztliche
Intervention in den bezüglichen Berichten stets
ausdrücklich hervorzuheben und hiebei auch die
. angewiesen, die er-
angeordneten Vorsichtsmassregeln stets in Kürze
auzufiihren.
x
Erlass der k. k. schlesischen Landes-
regierung vom 19. Juli 1899, Z. 10746,
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die vor Errichtung von Sanitäts-
und lumanititsanstalten zu pflegenden Er-
bebungen und Verhandlungen.
In der neueren Zeit wurde wiederholt die
Wahrnehmung gemacht, dass seitens der politi-
schen Behörden I. Instanz Gesuche um Be-
willigung zur Errichtung von Uumanitiits-
anstalten, beziehungsweise der Projecte fiir die
Herstellung der zur Unterbringung derselben
bestimmten Bauliehkeiten in einer solchen Weise
ihr auf Grund des mit Allerhöchster Ent-
schliessung vom 14. September 1852, R. G. BI.
Nr. 10 ex 1853, sowie im Grunde des $ 2 des
Reichs-Sanitätsgesetzes vom 30. April 1870,
R. G. BI. Nr. 68 zustehende Ingerenz zu nehmen
nicht in der Lage war.
Nicht selten fehlten die Protokolle über
die unter Zuziehung der Fachmänner (Arzt und
Techniker) zu pflegenden Localerhebungen und
über die mit den Betheiligten durchgeführten
Ververhandlungen, oder es waren die Protokolle
nicht in der wünschenswerthen Ausführlichkeit
und Deutlichkeit verfasst.
Auch wurde die Wabrnehmung gemacht,
dass die Herstellung soleher Baulichke:ien be-
gonnen, ja selbst vollendet wurde, bevor noch
die Staatsverwaltung hinsichtlich der Ausführung
des bezüglichen Projectes die oberwähnte In-
gerenz genommen hatte.
Da solche Vorgänge geeignet sind, die
staatliche Ingerenz auf die Errichtung von
Anstalten der bezeichneten Art illusorisch zu
machen, indem den zur Prüfung der bezüglichen
Projecte gesetzlich berufenen Factoren und
Fachorganen die Gelegenheit benommen wird,
auf die Ausführung solcher Baulichkeiten den
entsprechenden Einfluss zu nehmen, so werden
die unterstehenden politischen Bezirksbehörden
aufgefordert, der Herstellung oder Adaptirung
und Einrichtung von Bauten, welche zur Unter-
bringung von Sanitäts- oder Humanitätsanstalten
bestimmt sind, besondere Aufmerksamkeit zu
widmen, und die beziiglichen Projecte in Hiv-
kunft erst dann in ämtliche Verhandlung zu
ziehen, wenn dieselben in Bezug auf ihre In-
struirung eine solche Vollständigkeit aufweisen,
dass die ungehinderte Durchführung der vor-
geschriebenen Amtshandlungen gesichert er-
scheint. Ä
Im gegentheiligen Falle wird vor Allem
auf eine entsprechende Ergänzung oder Er-
liuterung des Projectes zu dringen sein.
Einer allfälligen unbefugten Inangrifioahme
von Bauführungen mehrerwähnter Art wird mit
allen gesetzlich zulässigen Mitteln entgegen zu
treten sein.
*
— 301
Erlass der k. k. Statthalterei in Böhmen | decrete,
vom 10 Juni 1899, Z. 89569,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend das Verbot von Kiesow’s Augs-
burger Lebenessenz.
Das k. k. Ministerium des Innern hat an-
Basch der Erledigung einer Strafsache mit
dem Erlasse vom 25. Mai 1899, Z. 17037,
darauf aufmerksam gemacht, dass der Vertrieb
von „Kiesow's Augsburger Lebensessenz“ bereits
mit dem Hofkanzlei-Decrete vom 15. Sep-
tember 1833, Z. 21227,*) überhaupt verboten
worden ist, daher dieses scharf wirkende Stoffe
enthaltende ausländische Präparat vom Ver-
kehre sowohl im Grossen als im Kleinen aus-
geschlossen ist.
Hievon werden der Herr k. k. Bezirks-
bauptmann zur Darnachachtung in Kenntniss
gesetzt.
*
Erlass der k. k. mährischen Statt-
halterei vom 20. Mai 1899, Z. 20425,
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die Anstellungsdeerete der Di-
strictsärzte.
Der Vorstand der mährischen Aerzte-
kammer hat mit der Eingabe vom 14. Mai 1. J.,
Z. 270, anher berichtet, dass nicht selten
die den Gemeinde- und Districtsärzten von
solchen Sanitätsgemeinden und Sanitätsdistriets-
Vertretungen, die keine Subvention aus dem
Landesfonde geniessen, ausgestellten Anstellungs-
deerete sowohl ihrer Form als ihrem Inhalte
nach mangelhaft sind, so dass begründete
Zweifel bezüglich ihrer rechtlichen Giltigkeit
entstehen können. Nachdem diese Anstellungs-
decrete seit dem Inkrafttreten des Landes-
gesetzes vom 2. August 1898**) die gesetz-
liche Grundlage für die Pensionsberechtigung,
sowie für die Berechnung der Höhe der
Pension dieser Gemeinde- und Districtsärzte
bilden, werden der Herr k. k. Bezirkshaupt-
mann aufgefordert, gelegentlich der Bestätigung
der Gelöbnissablegung auf dem Anstellungs-
#) Siebe Jahrg. 1898 d. Bl., S. 266.
ze) Siehe Jahrg. 1898 d. BL, S. 310.
ec nn
-
— nn
dieses bezüglich der rechtsgiltigen
Form seines Inhaltes zu prüfen und nicht ent-
sprechende Decrete zurückzuweisen, beziehungs-
weise die betreffende Sanitätsgemeinde- oder
Districts-Vertretung zur Ausfertigung
ordnungsmässigen Decretes zu verhalten.
eines
*
Erlass der k.k. mährischen Statthalterei
vom 7. Juli 1899, Z. 26410,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend diesmtliche Aufsicht, dass nur vor-
schriftsmässige Hebammengeräthschaften in
Apotheken und Droguerien verkauft werden.
Anlässlich der Erledigung des Antrages
der mährischen Aerztekammer, dahin gehend,
dass die Apotheker und Droguisten nur solche
Instrumente für Hebammen am Lager zu halten
und abzugeben haben, welche den neuesten
Dienstesvorschriften für Hebammen enteprechen,
hat das k. k. Ministerium des Innern in dem
Erlasse vom 22. Juni 1599, Z. 14016 bemerkt,
dass es den politischen Behörden zukommt.
darüber zu wachen, dass die Hebammen nur
die im $ 2 der gedachten Dienstesvorschriften
angeführten und genau beschriebenen Requisiten
führen und geliefert erhalten.
Hievon werden der Herr k. k. Bezirks-
hauptmann (wird der Gemeinderath) behufs ent-
sprechender Verständigung des dortigen Amts-
arztes in Kenntniss gesetzt.
*
Erlass der k. k. Bukowinaer Landes-
regierung vom 24. Mai 1899, Z. 12145,
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die Einschärfung der Anzeige-
pflicht bei Infectionskrankheiten.
Aus der angeschlossenen Tabelle wird die
kk Bezirkshauptmannschaft entnehmen, dass
die den Gemeinden obliegende Anzeigepflicht
über das Auftreten infeetiöser Krankheits- und
Todesfälle recht lückenhaft ist, indem von den
im Jahre 1898 vorgekommenen Blatterntodes-
fällen im Jandesmittel blos 78°9 Percent, ja
im politischen Bezirke Czernowitz nur 44:1 Per-
cent zur Anmeldung gelangt sind. — Fern ~
— 302 —
kamen von den im ganzen Lande im Jahre 1898 Ebenso wurden fünf Todesfälle an Puer-
constatirten Scharlachtodesfällen blos 61:7 Per- | peralfieber im politischen Bezirke Kimpolung
cent zur Anzeige, in den politischen Bezirken | und ein solcher Todesfall im politischen Be
Suezawa und Storozynetz nur 22-0, beziehungs- | zirke Storozynetz nicht zur amtlichen Kennt-
weise blos 39:3 Percent. niss gebracht.
Von den Diphtherietodesfállen wurden nur Die k. k. Bezirkshauptmannschaft wolle
52°8 Percent angemeldet, ja im politischen Be- | simmtlichen Gemeinden und Gutsgebieten die
zirke Storozynetz nur 8°5 Percent. Verpflichtung der sofortigen Anmeldung selbst
Von den im Lande vorgekommenen Ileo- | vereinzelter infectiöser Krankheits- und Todes-
typhustodesfällen gelangten nur 48:8 Percent | fälle in Erinnerung bringen und den k. k. Amts-
zur amtlichen Kenntniss, in den politischen ! arzt, sowie die Gemeindeárzte zu einer in-
Bezirken Sereth und Storozynetz nur 27:5, be- ; tensiveren Ueberwachung der Gemeinden und
ziehungsweise 33°5 Percent. Gutsgebiete in dieser Hinsicht verpflichten. Gegen
|
Ja je zwei in den Bezirken Kotzman und | die säumigeren Gemeinden wäre jedenfalls mit
Sereth vorgekommene Flecktyphusfälle wurden | aller Strenge vorzugehen.
amtlich gar nicht angezeigt.
Vermischte Nachrichten.
Milzbranderkrankung einer Blumenbinderin. Anfangs Juni l. J. gelangte in einem
Wiener Krankenhause eine Blumenbinderin, welehe die zur Ausübung ihres Gewerbes erforder-
lichen Blumen von verschiedenen Gärtnern bezog, mit einem Furunkel zur Aufnahme, der sich
bei der mikroskopischen und bacteriologischen Untersuchung als durch Milzbrandbacillen ver-
ursacht erwies. Auf welchem Wege die Infection erfolgte, blieb unermittelt.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 23. Juli bis
29. Juli 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Borszezow: Germakowka 1*), Kogutowka
ad Skala 1; Brody: Piaski 2, Zalozee 2; Buezacz: Kosopice 2, Rzepince 2; Horodenka:
Obertyn 2; Husiatyn: Bossyry 3, Kluwince 4; Kosow: Fereskula 7*), Holowy 10%,
Jaworow 3; Przemysl: Przemysl 1%); Rzeszow: Blazowa 6*); Sanok: Lipowice 3; Skalat:
Poplawy ad Skalat 2; Stanislau: Miedzyhorce 1; Trembowla: Brykula nowa 6; Zaleszezyki:
Dobrowlany 1, Dupliska 1; Zolkiew: Lipina 3; Zydaczow: Bızezina 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 23. Juli bis
29. Juli 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Kociubincee 4*), Nizborg
nowy 1, Nizborg szlachceki 2, Siekierzynce 1, Wojewodynce 1; Jaworow: Nahaczow 2, Wierz-
biany 2, Zawadow 9; Kalusz: Medynia 2; Kamionksa strumilowa: Dziedzilow 2; Kol
buszowa: Turza 2; Mosciska: Artamowska Wola 1; Peczeniczyn: Jablonow 1*); Rawa
ruska: Maznoy 1, Ruda zurawiecka 1%); Skalat: Sadzawki 4, Stawki 1; Sniatyn: Dzurow l,
Roznow 6; Stryj: Korezyn 1; Zaleszczyki: Tluste 2%); Zloczow: Czyzow 1, Jozefowka 2,
Plesniany 2, Presowce 1, Uhorce 1.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
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Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jesper in Wien.
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Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitatsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmeatrasse 16,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig 8. 6.—.,
ZI. Jahrgang. Wien, 17. August 1899. Nr. 33.
¡A
Inhalt. Gutachten des schlesischen Landes-Sanitätsrathes, betreffend die Bestellung von
sändigen Schulärzten, — Sanitätsgesetze und Verordnungen: Circular-Erlass der Statthalterei in Lemberg,
betreffend Vorkehrungen gegen Verschleppungen von Infectionskrankheiten. — Aus den Verhandlungen
de kk Landessanitätsräthe. -—- Vermischte Nachrichten.
Gutachten des k. k. Landes-Sanitätsrathes in Schlesien,
betreffend die vom schlesischen Landtage angeregte allgemeine Be-
stellung von ständigen Schulärzten.
(Referent: Sauitätsrath und Oberbezirksarzt Dr. Heinrich Husserl.)
Ueber die vom schlesischen Landtage gegebene Anregung, die allgemeine Be-
stellung von ständigen Schulärzten in Erwägung zu ziehen, wurde der k. k. schlesische
Landes-Sanitätsrath im Verfolge der Angelegenheit von der k. k. schlesischen Landes-
regierung mit dem Erlasse vom 11. Juni l. J., Z. 10684 zur gutächtlichen Aeusserung
aufgefordert und erlaubt er sich, dieselbe im Nachfolgenden zu erstatten:
Eine der Haupttendenzen der modernen Medicin ist auf die Krankheitsverhütung
gerichtet. Dem Ziele einer wirksamen Prophylaxe rückt sie immer näher, da die
exacten Ergebnisse der ätiologischen Forschung der propbylactischen Thätigkeit
immer mehr neue und sichere Angriffspunkte verschaffen. Die practische Hygiene hat
allgemach nicht allein die individuelle Lebensführung wohlthätig beeinflusst, sondern
auch die Förderung der physischen Wohlfahrt geschlossener Bevölkerungsgruppen,
sowie die Abschwächung oder Beseitigung der aus der gemeinsamen, gleichen
Lebensaufgabe fliessenden Schädigungsmöglichkeiten bewirkt. Die Erfolge der
systematisch ausgestalteten Zweige der allgemeinen Gesundheitspflege: der Fabriks-
(Arbeiter-), Spitals-, Wohnungs-, Gefiingniss-, Gewerbe-, Militér- und Schulhygiene
liegen für Jedermann offen.
In den letzten Jahren macht sich jedoch in den betheiligten Kreisen des In-
und Auslandes eine lebhafte Bewegung zu Gunsten der weiteren Ausgestaltung der
Schulhygiene geltend und geben ärztliche und pädagogische Vereine in Resolutionen
der Nothwendigkeit Ausdruck, der Schule besondere Sanitätsorgane (Schulärzte)
beizugeben, welche zur einhellig geforderten, continuirlichen und intensiven Hand-
habung der Schulgesundheitspflege im Grunde einer ihre Thätigkeit regelnden
Specialinstruction verpflichtet wären. Auch die Unterrichtsverwaltungen be-
33
AA SEE d ee Se e
— 304 —
gegnen diesen Bestrebungen nicht ohne Sympathie. Dessenungeachtet ist die
Institution der Schulärzte nur im Königreiche Sachsen und, wie verlautet, in Ungarn
zur officiellen Einführung gelangt; dagegen sind zahlreiche Gemeinden des In- und
Auslandes selbstständig mit der Creirung von Schulärzten vorgegangen, in Schlesien
allen voran die Landeshauptstadt, deren Beispiele sodann auf Impuls des k. k. schlesi-
schen Landesschulrathes eine Reihe anderer Gemeinden gefolgt ist.
Auf welchen Motiven fusst und mit welchen sachlichen Erfahrungen wird die
Anforderung begründet, dass unbeschadet der staatlichen Oberaufsicht die unmittel-
bare Wahrnehmung der schulgesundheitlichen Verhältnisse eigenen Organen über-
wiesen werde?
Das massgebendste Motiv für die erhöhte hygienische Fürsorge ist offenbar in
der Eigenart der Altersgruppe, wie sie die Schuljugend darstellt, gelegen;
denn bei nicht abgeschlossener Körperentwicklung, bei der generellen Zartheit der
Constitution, der grösseren Neigung zu Krankheiten und Infectionen entbehrt sie der
Widerstandskraft gegen die von der Schulgemeinschaft überhaupt und von einer
missständigen insbesondere ausgehenden Gefahren und Schädlichkeiten. Wird biebei
erwogen, dass das Gesetz die Schuljugend zwingt, sich mit dem obligaten Schul-
besuche den Gefahren des Schulverkehres auszusetzen, so erscheint es mehr als ein
humanes, als ein rechtlich begründetes Gebot, der gesetzlichen Schulpflicht die
correlative Pflicht gegenüber zu stellen, die Schulgemeinschaft nach allen Kräften ihrer
gesundheitlichen Gefahren zu entkleiden, die letzteren zumindest auf das Mass der vom
allgemeinen oder vom Familienverkehre ausgehenden-berabzusetzen. Es bedarf endlich
keiner ausdrücklichen Hervorhebung, dass die volle physische und geistige Entwicklung
und Leistungsfähigkeit der Staatsbürger der Zukunft im eminenten Interesse des Staates
gelegen ist. Dass dieser auch der Bedeutung der Schulgesundheitspflege in vollem Mas:e
gerecht geworden, zeigt der offenkundige gewaltige Fortschritt, der sich unter den
Auspicien des Staates und unter der Wirkung der staatlichen schulgesundbheitlichen
Normen in der Schulassanirung vollzogen hat. Gleichwohl kann die Discussion der
Frage nicht unstatthaft erscheinen, ob die gewonnenen sachlichen Erfahrungen über
die Praxis der Schulhygiene eine Reform derselben im Zwecke einer erschöpfenderen
Bethätigung der schulgesundheitlichen Grundsätze wünschenswerth oder erforderlich
erscheinen lassen. Und darauf läuft zuletzt die ganze Schulärztefrage hinaus.
Die diesbetreffende Erörterung kann nicht anders als von dem gegenwärtigen
Stande der schulhygienischen Praxis ihren Ausgang nehmen.
Seitens der Unterrichtsverwaltung ist eine Reihe, auf die Handhabung der Schul-
gesundheitspflege bezüglicher Erlässe erflossen (Verordn. d. k. k. Minist. f. Cultus und
Unterricht vom 26. August 1878, Z. 171, vom 9. Juni 1891, Z. 9043*), Erlass d. Minist.
d. Innern vom 12. Juli 1891 ad Z.8509**), Erlass des k. k. schles.Landesschulrathes vom
26. September 1883, Z. 2506 ete. etc.) und obliegt dieselbe den Amtsärzten der
politischen Behörden I. Instanz (in einzelnen Verwaltungsgebieten auch den von den
autonomen Behörden bestellten Sanitätsorganen). Sie sind berufen, in Schulbau- und
Schuleinrichtungs-Angelegenheiten sich gutächtlich zu äussern, bei Auftreten an-
steckender Krankheiten unter den Kindern die gebotenen sanitären Massnahmen zu
treffen und durch periodische Inspectionen von den gesundheitlichen Verhältnissen
der Schulen ihres Amtsgebietes sich die Kenntniss behufs Veranlassung der Beseiti-
gung vorgefundener Missstände zu verschaffen. Der Umfang des den Amtsärzten
zugewiesenen Wirkungskreises, sowie die Zahl der Aufsichtsobjeete gestatten jedoch
die Vornahme der regelmässigen sanitären Inspectionen in kürzeren als in Jahres-
perioden nicht. Von gelegentlich anderweitiger Amtshandlungen gepflogener Nach-
schau abgesehen, kommen die Amtsärzte demnach günstigen Falles in jedem Jahre
einmal in die Lage, jede ihrer zuständigen Schulen in Augenschein zu nehmen. Hiebei
*) Siehe Jahrg. 1891 d. Bl, S. 204.
Sr Sielie Jahrg. 1891 d Bl., S. 246.
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vermögen dieselben wohl die mehr weniger invariabeln Verhältnisse in Bezug auf
Lage, Umgebung, räumliche Anlage der Schule, relatives Flächenmass und relativen
Luftraum der Schulzimmer, Beschaffenheit der Schulbänke, Aborteinrichtung, Trink-
wasserbezug u. s. w., ebenso die momentanen, nämlich am Infectionstage vor-
gefundenen in Bezug auf Beheizung, Ventilation, Beleuchtung, Reinlichkeit der
Schulräume, auf Sitzordnung und Haltung der Schüler u. s. w. zu constatiren,
nebstbei sich eirca nach Jahresfrist von der Art des Vollzuges behördlich verfügter
Assanirungsmassnahmen die persönliche Ueberzeugung zu verschaffen. Dagegen bleibt
ihnen der fortlaufende Einblick in das ständige, schulhygienisch in Betracht fallende Ge-
bahren,ingesundheitlichnicht belangloseGepflogenheiten bezüglich der Beheizung, Lüftung
und Reinlichkeitspflege, der Sitzvertheilung nach der Körpergrösse, der Sitz- und
chreibhaltung der Schüler verschlossen und die methodische Ueberwachung ihres
Gesundheitszustandes, die Evidenz und fachmännische Beobachtung gebrechlicher,
mit Krankheitsanlagen behafteter, in der Entwicklung rückständiger Schüler und
— last not least — in den ärztelosen und in der Berufung eines Arztes säumigen
Gemeinden des Landes die Möglichkeit einer Frühdiagnose und somit einer raschen
und wirksamen Bekämpfung ansteckender Krankheiten versagt.
Es erhellt hieraus, dass die jährliche regelmässige amtsärztliche Schulrevision
wichtigen schulhygienischen Rücksichten nicht Rechnung zu tragen vermag und
ene wirksame schulhygienische Ueberwachung durch Bestellung von Organen
erstrebt werden sollte, denen die besondere, in einer Dienstordnung umschriebene
Aufgabe einer ständigen, unmittelbaren, die amtsärztliche Aufsichtsfunction unberührt
lassenden Ueberwachung der Schulen, als ihrer speciellen Aufsichtsobjecte, zukäme.
Die durch die instructionsgemäss jährlich mehrmals vorzunehmenden Inspectionen
gesicherte fortlaufende Fühlung mit Schule und Schülern wird diese Organe (Schul-
ärzte) in die Lage setzen, gesundheitlich bedenkliche Gepflogenheiten aufzudecken
und abzustellen, sonst vorgefundenen Mängeln in kurzem Wege durch persönliche
Einwirkung auf die Mitglieder der Gemeindevertretung und des Ortsschulrathes
unverzögerte Abhilfe zu schaffen, auf Grund der gewonnenen Kenntniss des Ge-
sundheitszustandes der Schüler Winke fiir eine individualisirende Behandlung zu
geben, sowie die Aufmerksamkeit der Eltern auf Gebrechen, Krankheitsan'agen etc.
der Kinder zu lenken und durch frühzeitige Constatirung der ansteckenden Natur
von Schulerkrankungen, insbesondere der leicht zu übersehenden prodromalen Zeichen
einer Infectionskrankheit eine, weit über repressive Abwehr gehende, präventive
Thätigkeit zu entfalten. Die Durchführung behördlich angeordneter Massnahmen
würde sich unter der sachverständigen Ueberwachung des Schularztes vollziehen.
Der Schularzt wäre schliesslich das Organ, welches der Lehrerschaft in allen schul-
hygienischen Fragen, so auch zur Begutachtung der Schulfähigkeit Genesener oder
mit Gebrechen Behafteter, von Ansuchen um Dispensen u. s. w. leicht verfügbar wäre.
Das allgemeine Streben nach Einführung der Institution von Schulärzten
dürfte hiernach wohl motivirt und die Anschauung zutreffend sein, dass mit derselben
der Schulgesundheitspflege die eigentliche, jeder Entwicklung Raum gebende Basis
geschaffen würde. Bezüglich ihrer Durchführung kommen jedoch zwei wichtige
Momente in Betracht. Wenn, wie vorausgesetzt wird, nicht für einzelne, sondern für
sämmtliche Volksschulen Schulärzte bestellt werden sollen, so kann kein Zweifel
darüber bestehen, dass die Schaffung und der Bestand einer allgemeinen Institution
nicht vom officium boni viri abhängig gemacht werden können. Mag die Opfer-
willigkeit der Aerzte auch die Schulen ihres Domicils mit freiwilligen Schulärzten
versehen, so werden die ärztelosen Gemeinden des flachen Landes derselben ent-
behren müssen, da wohl kaum Aerzte aus der Umgebung bereit oder in der Lage
sein dürften, auf Entgelt selbst nur des mit der Versehung eines Excurrendodienstes
verbundenen Zeitaufwandes zu verzichten. Deshalb steht und fällt das Project der
allgemeinen Bestellung ständiger Schulärzte mit der Entscheidung über deren Be-
33*
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soldung. Welcher der drei Interessenten, Staat, Land und Gemeinde zur Contribution
herangezogen werden sollte, entzieht sich als ein ausserhalb des Competenzbereiches
gelegener Gegenstand der Erörterung an dieser Stelle.
Durch die Resolution des schlesischen Landtages werden ferner lediglich Mass-
nahmen zum Zwecke der gewünschten Förderung der Schulgesundheitspflege der
Erwägung empfohlen, und wird hiemit der Annahme Raum geschafft, dass zu
diesem Zwecke die Creirung einer neuen Aerztekategorie, der Schulärzte, ins Auge
zu fassen sei.
Demgegenüber muss hervorgehoben werden, dass die Loslösung des schul-
hygienischen Ressorts von den Agenden des Gemeindesanitätsdienstes nicht allein
financiell in Betracht fällt, sondern meritorische Bedeutung besitzt, da durch die
Theilung des Wirkungskreises dem Gemeindearzte die unerlässliche Uebersicht über
die gesammten, unter den sanitären Gesichtspunkt fallenden Verhältnisse benommen
und das Ineinandergreiten derselben! zu Grenzconflieten zwischen den beiden neben
einander wirkenden Organen rücksichtlich der ihnen zustehenden Befugnisse und
Pflichten Anlass geben würde. Die Schulärztefrage kann einer gedeihlichen Lösung
nur im Anschlusse und im Vereine mit der Organisirung des Gemeindesanitätsdienstes
zugeführt werden, deren legislative Unterlagen so weit vorbereitet sind, dass gegründete
Hoffnung auf deren Durchführung in absehbarer Zeit vorhanden ist.
Mit der grundsätzlicher Vereinigung des nach besonderer Instruction zu regelnden
schulärztlichen Dienstes zugleich mit den sonstigen sanitären Agenden des Gemeinde-
arztes würde die in der Intention des schlesischen Landtages gelegene erhöhte Pflege
der Schulhygiene den Schulen aller zur Bestellung von Sanitätsorganen gesetzlich
gehaltenen Gemeinden und Gemeindegruppen gesichert.
Diese principielle Bestimmung schliesst jedoch selbstredend nicht aus, dass in
Gemeinden mit einer grösseren Anzahl höher organisirter Schulen der umfangreiche
schulärztliche Dienst zwischen dem Gemeinde- und einem oder mehreren anderen
Aerzten in gleicher Weise wie die sanitären Agenden grösserer Städte zwischen
mehreren Stadtärzten getheilt werde.
Die mit der Verwendung der Gemeindeärzte als Schulärzte verbundene besondere
Mühewaltung rechtfertigt endlich die Anforderung, dass der schulärztliche Dienst in
die Kategorie der im $ 10 des Landesgesetzes vom 30. April 1896 (L. G. BI. Nr. 31)*)
angeführten gemeindeärztlichen Agenden eingereiht werde, und dass die zur Sicherung
des schulärztlichen Dienstes zu verpflichtenden Gemeinden demnach bezüglich der Be
sorgung desselben in gleicher Weise Beschlüsse zu fassen haben, wie bezüglich der
Besorgung der Todtenbeschau, der Armenbehandlung und der Vieh- und Fleischbeschau.
Als Leitsätze ergeben sich aus dem Voranstehenden:
1. Die erhöhte hygienische Fürsorge für die Schuljugend ist aus Gründen
ihrer physiologischen Qualität gehoten.
2. Die ständige gesundheitliche Ueberwachung der Schule und Schüler durch
besondere Organe (Schulärzte), unbeschadet der periodischen amtsärztlichen Aufsichts-
pflege, ist dringend zu empfehlen.
3. Der Dienst der Schulärzte soll kein ehrenämtlicher, sondern ein besoldeter sein.
4. Derselbe wäre zweckmässigster Weise im Vereine mit dem Gemeinde:
sanitätsdienste zu organisiren.
5. Als Schulärzte wären grundsätzlich nur die Gemeindeärzte zu bestellen,
wobei die fallweise erforderliche oder zweckmässige Theilung der schulärztlichen
Agenden zwischen mehreren Aerzten nicht ausgeschlossen ist.
6. Die Gemeinden sind zur Sicherstellung des schulärztlichen Dienstes ver-
pflichtet und haben für die Besorgung desselben die erforderlichen Beschlüsse
zu fassen.
*) Siehe Jahrg. 1896 d. Bl., S, 64.
— 307 —
Sanitátsgesetze und Verordnungen.
Circular-Erlass der k. k. Statthalterei | Behérden verheimlicht werden, dann ist den
in Lemberg vom 7. Juli 1899, Z. 60529, | Ortsbewohnern der Besuch von Wochen- und
Jahrmärkten, sowie von Ablassorten zu ver-
bieten.
Wenn in einem Orte, in welchem ein
Jahrmarkt oder ein Ablass stattfinden soll,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend Vorkehrungen gegen die Ver-
schleppung von Infectionskrankheiten.
(Uebersetzung. )
mehrere Blattern- oder Flecktyphusfälle con-
Eine der Hauptursachen der Verbreitung | statirt worden sind, diese jedoch nicht genügend
der Blattern- und Flecktyphusepidemie im
Lande ist unstreitig der Verkehr mit Personen
isolirt werden konnten, ist für die Dauer der
Epidemie die Abhaltung derartiger Versamm-
sus infieirten Gemeinden, beziehungsweise | lungen zu untersagen.
Wohnungen auf Jahrmärkten, bei Ablässen und
während der Massenwanderungen der Arbeiter.
Von jeder diesbeziiglichen Verfiigung hat
der Herr k. k. Bezirkshauptmann (Stadtpräsident)
Da nun in nächster Zeit solche Massenversamm- | der k. k. Statthalterei unverzüglich die Anzeige
lungen häufiger als sonst stattfinden werden,
ist diesem Umstande besonders Rechnung zu Mit der Durchführung der getroffenen
tragen, und sind behufs möglichster Hintan- ; Verfügung, dass Personen aus stärker inficirten
haltung einer Verschleppung der erwähnten | Gemeinden und aus Isolirlocalititen an den
Infectionskrankheitenentsprechende Verfügungen | erwähnten Versammlungen nicht theilnehmen
zu treffen. In erster Reihe ist es geboten, | dürfen, sind die Gemeindevorstehungen zu be-
alle vorkommenden Krankbeitsfälle genau fest- | trauen, und diese sind mit Nachdruck zur
zustellen, entsprechend zu isoliren und für die | strengen Invigilirung des Verbotes aufzufordern,
Umgebung unschädlich zu machen. Wenn dies | gleichzeitig aber auch zu belehren, dass das
mit Sicherheit gelingt, entfällt die Nothwendig- | sicherste Mittel zur Hintanhaltung von Infections-
keit des Verbotes der Abhaltung von Wochen- | krankheiten die Pflege der Reinlichkeit im
und Jahrmärkten und von Ablässen, wodurch | Orte und die Versorgung der Bevölkerung mit
einerseits der erwerbsuchenden Bevölkerung | gutem und reichlichen Trinkwasser ist. Die
keine Schwierigkeiten bereitet und keine Noth- | Infeetionskrankheit würde dann selbst im Falle
lage geschaffen, und anderseits die Möglichkeit | ihrer Einschleppung im Orte keine günstigen
des Besuches von Wallfahrtsorten nicht be- | Bedingungen zu ihrer Ausbreitung finden, und
zu erstatten.
nommen wird. sich blos auf einzelne sporadische Fälle be-
Sollte jedoch in einem Orte die Fleck- | schränken.
typhus- oder Blatternepidemie eine grössere Der k. k. Amtsarzt ist zu beauftragen,
Verbreitung erlangt haben, oder sollte der | bei jeder Gelegenheit im angedeuteten Sinne
Verdacht besteben, dass Krankheitsfälle den | zu wirken.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung am 26. Juni l. J. wurde über die vom niederöster-
reichischen Landesausschusse angeregte Frage der Ausschliessung notorischer Simulanten
von der Aufnahme in die Irrenanstalten ein Gutachten abgegeben.
Weiters wurde über die Zweckmässigkeit der Errichtung einer sogenannten orthopädi-
schen Turnriege in einem k. k. Gymnasium in Wien ein Gutachten erstattet.
Ferner wurde die Frage der Abgrenzung der Versuche an Patienten der Wiener
k.k. Krankenanstalten einer Berathung unterzogen.
Schliesslich wurde der geplante Zubau in einer privaten Anstalt für arme, unheil-
bare Kranke in Wien begutachtet, und dessen Ausführung gegen Einhaltung der vom sanitären
Standpunkte zu stellenden Bedingungen in Antrag gebracht.
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In der Sitzung am 3. Juli d. J. wurde das Project der Wiener-Neustddter Tief-
quellenleitung begutachtet, und unter Berufung auf das im Gegenstande bereits im Jahre 1887
erstattete Fachgutachten neuerdings die Verwendung des Grundwassers aus dem Steinfelde bei
Wiener-Neustadt zum Zwecke der Wasserversorgung der Gemeinden von Wiener-Neustadt bis
Mauer bei Wien befürwortet.
Ferner wurde über die angesuchte Bewilligung zur Errichtung je einer Kaltwasser-
heilanstalt in zwei Gemeinden Niederösterreichs Gutachten erstattet, und das Statut, die Bade-
ordnung und die Instruction für den Arzt einer Kaltwasserheilanstalt in einer Gemeinde
ausserhalb Wiens mit entsprechenden Abänderungen zur Annahme empfohlen.
Weiters wurde über die Errichtung einer neuen Apotheke in einer Gemeinde
Niederösterreichs berathen, und die Errichtung derselben wegen mangelnden Bedürfnisses nicht
in Antrag gebracht.
Die Frage über die Zulässigkeit der brieflichen, beziehungsweise Distanzbehandlung
von Kranken wurde einer Berathung uuterzogen und wurden die geeigneten Massnahmen
zur Abstellung der hiedurch bedingten Unzukömmlichkeiten in Vorschlag gebracht.
Schliesslich wurde über ein Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung einer Gruft
auf einem bereits seit längerer Zeit aufgelassenen Friedhofe ausserhalb Wiens das Gutachten
erstattet.
In der Sitzung am 10. Juli I. J. wurde der Besetzungsvorschlag fiir drei erledigte
Bezirksthierarztesstellen erstattet.
Ferner wurde über die gegen die Concessionsverleihungen für die fünf neu zu
errichtenden Apotheken in Wien und für die neue Apotheke in einer Gemeinde ausserhalb
Wiens eingebrachten Recurse Gutachten abgegeben.
Schliesslich wurde über die Verlegung eines Friedhofes in einer Gemeinde Nieder-
österreichs ein Gutachten erstattet.
Steiermark. In der am 3. Juni d. J. abgehaltenen Sitzung standen folgende Gegenstände
in Verhandlung:
1. Initiativantrag, betreffend die Neuanlage von Brunnen für ein Wasserwerk.
2. Initiativantrag, betreffend Massnahmen gegen die Einschleppung und Verbreitung
von Epidemien.
3. Gutächtliche Aeusserung über den Recurs eines Arztes gegen das Verbot der Führung
des Titels „Brunnenarzt“.
4. Gutächtliche Aeusserung über das Ansuchen einer Gemeinde um Errichtung einer
öffentlichen Apotheke.
Verhandlungsgegenstände in den am 7. und am 9. Juli abgehaltenen Sitzungen:
1. Gutächtliene Aeusserung über die geplante Erweiterung einer Wasserleitungs
anlage.
2. Gutächtliche Aeusserung über ein neu zu errichtendes Landes-Siechenhaus.
3. Gutächtliche Aeusserung über die Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung zweier
Heilanstalten fiir orthopidische Chirurgie, Heilgymnastik und Massage
in Graz.
4. Gutächtliche Aeusserung über ein Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung eines
Sanatoriums für Nervenkranke in Graz.
5. Gutächtliche Aeusserung, betreffend die Ertheilung der Concession zum Vertriebe eines
Mineralwassers.
6. Gutächtliche Aeusserung iiber das Project der Umlegung der Einmiindung des Graz-
baches in die Mur.
7. Gutächtliche Aeusserung über den Neubau des Priesterspitales in Graz.
8. Gutächtliche Aeusserung über einen Zubau in der Landes-Irrenanstalt Feldhof
bei Graz.
Kärnten. In den Monaten April, Mai und Juni 1899 gelangten folgende Gegenstände
zur Verhandlung:
1. Besetzung der Distrietsarztesstellen in Grades und Reichenfels.
(Referent: Sanitátsrath Dr. A. Smoley.)
— 309 —
2. Gesuch einer Hebamme in St. Veit um Bewilligung zur Errichtung einer Privat-
entbindungsanstalt. (Referent: Sanitätsrath Dr. J. Ritter v. Josch.)
3. Gutachten über das Gesuch der Gemeindevorstehung Diex um Errichtung eines
eigenen Hebammendistrictes. (Referent: Sanitätsrath Dr. C. Pichler.)
4. Vorschläge zur Besetzung der Bezirkshebammenstellen in St. Urban, Steuer-
berg, Pusarnitz, Krassnitz und Friesach. (Referent: Landes-Regierungsrath Dr. E. Meus-
burger.)
5. Gutächtliche Aeusserung über den Recurs einer Gemeinde gegen die Entscheidung
der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt in Frage der Erweiterung des Friedhofes.
(Referent: Sanitätsrath Dr. C. Pichler.)
6. Begutachtung der abgeänderten Hebammen-Instrumententasche der Firma
Nowakowski in Wien und einer weiteren Hebammentasche des R. Nüssler in Graz. (Referent:
Prof. Dr. Torggler als a. o. Mitglied.) e
7, Aeusserung über ein Gesuch um Bewilligung zur Errichtung einer Kaltwasser-
heilanstalt in Seebach bei Vietring. (Referent: Sanitätsrath Dr. A. Smoley.)
8. Begutachtung der Pläne für den Bau einer Bürgerschule in Völkermarkt.
(Referent: Sanitätsrath Dr. F. Hausner.)
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 8. Juli 1. J. kamen nachfolgende Gegen-
stände in Verhandlung:
1. Gutachten über den Entwurf einer Vorschrift zur Verhinderung der Ausbreitung von
snsteckenden Krankheiten speciell der Tubereulose im Curorte Arco.
2. Gutachten über die Ansuchen um die Ertheilung der Concession zur Errichtung von
Heubadeanstalten in Cavalese und Truden.
Böhmen. In der Sitzung am 17. Juni 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verhandlung:
1. Gutachten, betreffend die Erzeugung des Mundwassers „Odol“.
2. Errichtung einer Privatheilanstalt für Lupus- und krebsartige Erkrankungen
in Bubentsch.
3. Auflassung des alten Friedhofes in Krätonohy.
4. Berathung über Massregeln zur Bekämpfung der Tuberculose beim Menschen.
Bei der bezüglichen Verhandlung, an welcher auch die Vertreter der internen Kliniken,
der pathologisch-anatomiscben Institute und der Aerztekammer theilnahmen, wurde eiustweilen
von der Formulirung detaillirter Durchführungsbestimmungen für die einzelnen Massregeln
abgesehen, vielmehr wurden vorerst gewisse leitende Grundsätze festgestellt. Dieselben beziehen
sich auf folgende Punkte: a) Desinfection der Effecten, b) Umfang der Anzeigepflicht, c) Ersatz
der Kosten fiir die zu vernichtenden Effecten bei Unbemittelten, d) die geeignetsten Wege zu einer
entsprechenden Belehrung der Bevölkerung, e) Art der erforderlichen amtlichen Kundmachungen
und Warnungen, f) specielle Vorsorge für die Unschädlichmachung des Auswurfes der Tuber-
culósen, g) Massregeln hinsichtlich der Schulen, h) Vorkehrungen rücksichtlich verschiedener
öffentlicher Anstalten, i) Gründung besonderer Heilstiitten fiir Tuberculose.
Sitzung vom 1. Juli 1899:
. Errichtung neuer Apotheken in Aussig, in Krammel und in Michle.
. Betrieb einer neuen Brauerei in Saaz.
. Betriebserweiterung einer Lederfabrik in Dasic.
. Gutachten, betreffend eine neue Wasserleitung für die Stadt Pisek.
. Betriebsanlage einer Feinledergerberei in Stein-Schönau.
. Gutachten, betreffend die Weiterbenützung des Friedhofes in Kolinetz.
. Gesuch einer Firma um die Bewilligung zur Erzeugung und zum Verkaufe von Zucker-
bäckerwaaren mit Saccharin-Zusatz und zum Bezuge von Saccharin.
8. Anlage eines neuen Friedhofes in Repora.
9. Reinigung der Abwässer aus der Zuckerfabrik in Vinor.
10. Canalisation der Gemeinde Altstadt.
1 57 Tia 09 bi kä
In der Sitzung am 15. Juli 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur Verhandlung:
1. Errichtung einer zweiten öffentlichen Apotheke in Lieben.
2. Besetzung der Stelle eines If. Bezirksthierarztes.
3. Gutachten, betreffend Neuherstellungen bei der Landes-Irrenanstalt in Woboran.
— 310 —
. Betrieb einer Cichoriendórre in Dolan.
. Weiterbenützung des Friedhofes in Weberschan.
Trinkwasserversorgung der deutschen Mittelschulen in Prag.
. Verlegung des Friedhofes in Altbunzlau.
. Betrieb einer Brauerei in Bohusovic.
. Gutachten, betreffend eine Privatheilanstalt in Pilsen.
10. Betrieb eines Moorbades in Chrudim.
11. Weiterbenützung des israelitischen Friedhofes in Nachod.
12. Gutachten, betreffend die Wiederbenützung der Kirchengruft in Rabenstein.
ONDU
Mähren. Verhandlungen in der am 30. Juni 1899 abgehaltenen Sitzung:
1. Gutächtliche Aeusserung über den Recurs der Gemeinde Neusiedl gegen die Bewilligung
zur Regulirung der Endstrecke des Jaispitzbaches wegen der angeblich hieraus für die
Gemeinde resultirenden sanitären Missstände. (Referent: Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
2. Gutachten, betreffend den Umbau einer Gerberei in Wollein. (Referent: Sanitätsrath
Dr. Fleischer.)
3. Zulässigkeit der Errichtung eines Feldkalkofens in Deutsch-Jassnik. (Referent:
Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
4. Begutachtung des Projectes für den Bau eines Isolirpavillons bei dem städtischen
Krankenhause in Zwittau. (Referent: Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
Vermischte Nachrichten.
Wiederholungscurs für Hebammen in Triest. An der k. k. Hebammenlehranstalt in
Triest wird ebenso wie im Vorjahre am 15. September ein 14tägiger Wiederholungscurs für
Hebammen in italienischer und slovenischer Sprache eröfinet werden. Die Frequentantinnen
erhalten aus den Landesfonden ein Taggeld von 52'2 Kreuzer, und werden ihnen die Reisespesen
vergütet. Es werden vorzugsweise ältere Hebammen des Landes, welche mit den Forderungen
eines klaglosen Vorganges in ihrer Praxis weniger vertraut erscheinen, zu dem Curse herangezogen.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs an Blatternerkrankungen in der Woche vom 30. Juli bis
5. August 1899:
in Galizien in der Stadt Lemberg 1, und in den politischen Bezirken: Borszezow:
Germakowka 2; Buczacz: Koropiee 1; Horodenka: Czerniatyn 1; Husiatyn: Chlopowka 2*),
Kluwince 3; Kosow: Jablonica 6; Nadworna: Hwozd 2*), Ostawy ezarne 3, Szewelowka ad
Delatyn 9%); Nisko: Kamien; Przemysl: Przemysl 2*); Stanislau: Miedzyhorce 1;
Tlumacz Krasilowka 1, Tiumacz 1; Zaleszezyki: Blyszezanka 1;
in der Bukowina in den politischen Bezirken: Storozynetz: Hlinitza 3; Wiznitz:
Jablonica 3.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 30. Juli bis
5. August 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Bochnia: Ksiasnica 24, Lezkowice 3,
Siedlec 3, Targowiska 4; Bohorodezany: Lachowce 1; Dobromil: Piatkowa 5*);
Husiatyn: Kociubince 1, Nizborg stary 4; Jaworow: Nahaczow 2*), Przytbice 7, Starzyska 2,
Wielkie Oczy 2%), Wulka zmijowska 3*), Zmijowiska 8%); Kalusz: Medynia 3; Kamionka
strumilowa: Humniska 1; Nadworna: Ostawy biale 4*); Peczeniczyn: Berezow nizny 1,
Jablonow 1*); Rawa Ruska: Kamiouka Lipnik 1; Skalat: Zerebki Królewskie 1; Sniatyn:
Roznow 1; Tarnopol: Chodaezkow maly 6, Dubowce 1%); Tlumacz: Krzywotuly stare 5;
Zloczow: Koropiec 4, Plesniany 2; Zolkiew: Butyny 1.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder ia Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Saniltätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
L Rothenthurmaetrassa 1565,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationspreis bei directer Postrusendung gansjibrig fi. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 24. August 1899. Nr. 34.
Inhalt. Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen von Eisenbahnbediensteten. — Sanitäts-
gesetze und Verordnungen: Kundmachung des Ministeriums des Innern, betreffend das Inkrafttreten
des Cebereinkommens zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien hinsichtlich der wechselseitigen unentgelt-
lieben Unterstützung mittelloser Kranker: Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend das Verbot
der Einfuhr und des Vertriebes galvano-elektrischer Ketten und der Nicholsohn’schen Heilmittel für
Gehörleiden. — Aus den Verhandlungen der k. k. Landessanitätsräthe. -- Vermischte Nachrichten.
Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen von Eisenbahn-
bediensteten.
Das k. k. Eisenbahnministerium hat über die Bedingungen zur Tauglichkeit
fir den Eisenbahndienst mit Rüchsicht auf die Beschaffenheit der Sinnesorgane für
den Amtsbereich der k. k. Staatsbahnen nachstehende Vorschriften erlassen:
Vorschriften, betreffend die Bedingungen zur Tauglichkeit für den
Eisenbahndienst mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der Sinnes-
organe.
Für die meisten Dienstleistungen im Eisenbahndienste müssen an die Beschaffen-
heit der hiebei in Betracht kommenden Sinnesorgane der Bediensteten im Interesse
der persönlichen und der Betriebssicherheit gewisse Anforderungen gestellt werden.
Untersuchung der Aufzunehmenden und der Bediensteten.
Bei der Untersuchung von Personen, welche in ein bleibendes Dienstverhältniss
aufgenommen, sowie auch jener, welche im Taglohn für den executiven Betriebsdienst
! dauernd oder vorübergehend, oder auch nur aushilfsweise verwendet werden sollen.
muss daher sowohl die Sehschärfe, als auch das Farbenunterscheidungs- und das
Hörvermögen derselben genau geprüft werden.
Dies gilt nicht nur für Neuaufzunehmende, sondern auch für Bedienstete, welche
von einer anderen Beschäftigung zu einer Dienstleistung übertreten. für welche eine
bestimmte Beschaffenheit dieser Sinnesorgane erforderlich ist.
Da sich diese Anforderungen nach der Art der Beschäftigung richten, so werden
in dieser Hinsicht alle Eisenbahnbediensteten in vier Gruppen geschieden.
34
— 312 —
Bedingungen zur Diensttauglichkeit.
Zur Tauglichkeit für die betreffende Dienstleistung müssen im Allgemeinen die
Sinnesorgane der Bediensteten der beiden ersten Gruppen eine hinreichend gute Be-
schaffenheit besitzen, um alle üblichen Signale geben und wahrnehmen, ferner um
die Entfernung und Bewegung der Fahrbetriebsmittel, sowie den Zustand des Bahn-
körpers und dessen nächster Umgebung richtig beurtheilen zu können.
Gruppe A.*) Speciell wird von den Bediensteten der Gruppe A gefordert,
dass dieselben auf beiden Augen, die nachstehend vorgeschriebene Sehschärfe, normales
Farbenunterscheidungsvermögen und auf beiden Ohren normales Hörvermögen besitzen,
d. h. es darf zu diesen Dienstleistungen Niemand verwendet werden, der nicht mit jedem
einzelnen Auge ohne Correctionsglas den Druck der Instruction Nr. XXVI aut Ent-
fernung von mindestens 70 Centimeter (Snellen °/,—§/,,) bei günstiger Beleuchtung
lesen kann. Auch dürfen solche nicht verwendet werden, bei welchen wegen Schielens
der gleichzeitige Gebrauch beider Augen nicht möglich ist, sowie auch solche, welche
an Nachtnebel (Hemeralopie) leiden, d. i. in der Dämmerung unverhältnissmässig
schlechter sehen, was vor dem Antritte einer solchen Dienstleistung constatirt werden
muss, so wie es bei Gruppe B angegeben ist.
Ferner müssen diese Bediensteten im Stande sein, mit jedem einzelnen Auge
alle Farben genau zu unterscheiden und mit jedem Ohre das Ticken einer Taschen-
uhr auf Entfernung von mindestens 25 Centimeter deutlich zu hören, beziehung:
weise Worte, welche aus einer Entfernung von 3—5 Metern in Flüstersprache oder
mit leiser Stimme gesprochen werden, nachzusprechen.
Gruppe B.*) Die Bediensteten der Gruppe B müssen bezüglich des Hör-
und Farbenunterscheidungsvermögens den gleichen Antorderungen entsprechen, wie
jene der Gruppe A.
Die Sehschärfe derselben muss eine solche sein, dass sie den Druck der
Instruction Nr. XXVI mit jedem einzelnen Auge ohne Correctionsglas auf Entfernung
von mindestens 40 Centimeter (Snellen °/,,—*/,,) und mit entsprechenden Brillen
auf Entfernung von 70 Centimeter (Snellen °/,—°/,,) noch lesen können.
Wenn die Sehschärfe auf beiden Augen nicht ganz gleich ist, muss das
schwichere Auge dieser Anforderung noch gentigen. Diese Bestimmungen gelten nicht
nur fiir Kurzsichtige, sondern auch fiir solche, deren Sehschirfe durch andere Ursachen
herabgesetzt ist.
Uebersichtige sind für diese Dienstleistungen nur dann aufzunehmen, wenn sie
obigen Druck auf Entfernung von 70 Centimeter und bei allmähliger Annäberung
desselben auch noch auf Entfernung von 40 Centimeter mit jedem einzelnen Auge
ohne Brille lesen können.
Kurzsichtige Aufnahmswerber, welche nur während ihrer Ausbildung bei dem
executiven Betriebsdienste verwendet werden, die eigentliche Verwendung aber im
*) Gruppe A. Beamte und Werkmeister in den Heizbäusern, welche in die Lage kommen
können, die Führung einer Locomotive zu übernehmen, Locomotivführer, Locomotivführerstellvertreter,
Oberheizer, soferne sie zur Fahrt auf der Locomotive verwendet werden sollen, Locomotivheizer,
ambulante Wagenwärter, Zugsführer, Manipulations-Conducteure, Conducteure, Bremser, Wagenputzer,
Stations- und Magazinsarbeiter, wenn sie aushilfsweise zum Verschub- oder Fahrdienste verwendet
werden, Wagenmeister, Wagenaufseher, Oberverschieber, Verschieber, Weichenwáchter, Weichensteller.
Stationsdiener und -arbeiter, soferne diese Wechsel bedienen oder Signale geben und wahrnehmen
müssen, Blocksignaldiener, Blockwächter in Stationen und auf der Strecke, Bahnmeister, Babnrichter.
Bahnwächter, Schiffscapitäne, Steuermänner, Untersteuermänner, Matrosen.
**) Gruppe B. Beamte aller Dienstzweige, inclusive der Aspiranten und Volontäre, welche in den
Gruppen A und D nicht angeführt sind, Stationsleiter, Stationsexpedienten, Stationsmeister, Stations
anfseher, Stationsgehilfen, Wagenschreiber, Lampisten, Wagenrevisoren, stabile Wagenwärter, Zugsrevisoren,
Wächtercontrolore, Brückenmeister, Telegraphenmeister, Uebersetzungswächter, Schrankenwächterinneß,
Blockmeister, Werkmeister in den Werkstätten, Werkmeister in Heizhäusern und Oberheizer, welche ın
Gruppe A nicht angeführt sind, Maschinenwärter, Schiffsmaschinisten.
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— 313 —
Bureaudienste finden sollen, dürfen nur dann aufgenommen werden, wenn sie bezüglich
der Sehschärfe zum mindesten den Anforderungen entsprechen, welche an Bedienstete
der Gruppe D gestellt werden.
Zur selbständigen Dienstleistung in der Gruppe B dürfen mithin mit Rücksicht
auf die erforderliche Sehschärfe niemals zugelassen werden:
a) Kurzsichtige, welche mit jedem einzelnen Auge obigen Druck ohne Brille
auf Entfernung von 40 Centimeter nicht mehr lesen können (Snellen °/,,—*/,,).
b) Solche, welche an Nachtnebel leiden, und zwar auch dann, wenn bei Tages-
licht ihre Sehschärfe obigen Anforderungen entspricht.
Die Neuaufgenommenen sind daher von ihren Dienstvorständen zu beobachten,
obsie nicht bei eintretender Dunkelheit oder bei künstlicher Beleuchtung unverhältniss-
mässig schlechter sehen, als andere Menschen mit gleicher Sehschärfe. Nach etwaiger
Constatirung dieses Gebrechens ist die Entscheidnng wegen weiterer Verwendung
des Betreffenden einzuholen.
c) Solche, bei welchen das gleichzeitige Sehen mit beiden Augen wegen
Schielens nicht möglich ist, oder welche wegen Herabsetzung der Sehschärfe auf
einem Auge unter obige Grenze das Sehen mit diesem ignoriren.
In allen Fällen, in welchen zur vollständigen Correction der Kurzsichsichtigkeit
Brillen benöthigt werden, sind die Bediensteten dieser Gruppe zu verpflichten,
während ihrer Dienstleistung im Freien die Brillen immer zu tragen. Weitsichtige
(Presbyopen) und Uebersichtige (Hypermetropen) können bei ihrer Dienstleistung
für die Nähe entsprechende Convexgläser benützen.
Gruppe C.*, Die Bediensteten der Gruppe C müssen einen solchen Grad
von Sehschärfe und Hörvermögen besitzen, welcher hinreicht, um die zu besorgende
Dienstleistung anstandslos zu versehen und bei allfälligem Betreten der Geleise ihre
persönliche Sicherheit zu wahren. Dieselben müssen also bei gleichzeitigem Gebrauche
beider Augen obigen Druck ohne Brillen auf Entfernung von 40 Centimeter
(Snellen ®/,,—8/,,) lesen, oder falls sie des Lesens unkundig sind, auf Entfernung
von 50 Centimeter den Stand der Zeiger auf einer gewöhnlichen Taschenuhr richtig
ausnehmen können und die gewöhnliche Sprache auf Entfernung von 5 Metern mit
jedem Ohre deutlich verstehen.
Aufnahmswerber, welche auf einem Auge ganz blind sind, dürfen auch für diese
Gruppe nicht aufgenommen werden.
Normales Farbenunterscheidungsvermögen wird von Bediensteten dieser Gruppe
nicht gefordert, wenn dieses nicht etwa für die specielle Dienstleistung der Betreffenden
unerlässlich ist.
Gruppe D.**) Die Gruppe D umfasst jene Bediensteten, welche während
der ganzen Dauer ihrer Dienstleistung ausschliesslich im Bureaudienste verwendet
werden.
Das Hörvermögen derselben muss mindestens auf einem Ohre so beschaffen
sein, dass der Betreffende gewöhnliche Sprache auf Entfernung von 5 Metern
deutlich versteht.
*) Gruppe C. Dolmetsche, Portiere, Thürsteher, Stationsdiener und Stationsarbeiter, welche in
Gruppe A nicht angeführt sind, Thorwächter, Nachtwächter, Ladescheinschreiber, Parthieführer der Wagen-
putzer, Magazinsmeister, Magazinsaufseher, Magazinsgehilfen, Magazinsdiener, Wagenputzer und Magazins-
arbeiter, welche in Gruppe A nicht angeführt sind, Gepäcksträger, Gebäudemeister, Hausaufseber, Beleuch-
tungsaufseher, Werkmeister in den Gasanstalten, Werkmeister in den elektrischen Anstalten, Werkmeister
in den Imprägnirungs-Anstalten, Oberwerkmänner, Werkmänner, Blockschlosser, Werkgehilfen, Pumpen-
warter, Stabilkesselheizer, Schiffsheizer, Locomotivputzer, Kohlenarbeiter.
**) Gruppe D. Bedienstete, welche während der ganzen Dauer ihrer Dienstleistung ausschliesslich
im Bureaudienste verwendet werden, und zwar: Beamte, Unterbeamte, Telegraphisten, d. i. Bedienstete
welche aus irgend einem Grunde ausschliesslich zum Telegraphendienste verwendet werden, Diurnisten,
Zeichner, Manipulantinnen, Drucker, Kanzleigehilfen, Kanzleidiener, Telegraphen-Laboranten.
34*
— 314 —
Bezüglich des Farbenunterscheidungsvermögens gelten bei derselben die gleichen
Bestimmungen, wie bei Gruppe C.
Die Sehschärfe von Bewerbern, welche in dieser Gruppe verwendet werden
sollen, muss eine solche sein, dass dieselben bei vorhandener Kurzsichtigkeit mit
entsprechenden Correctionsgläsern obigen Druck mit einem Auge auf Entfernung
von 70 Centimeter (Snellen °/,,) und mit dem anderen auf Entfernung von 30 Centi-
meter (Snellen °/,,) lesen können, und dürfen hiezu für jedes Auge keine stärkeren
Concavgläser als 5 Dioptrien (Nr. 7'/,) nöthig sein.
Uebersichtige dürfen nur aufgenommen werden, wenn die Convexgläser, welche
sie für die Naharbeit gewöhnlich benützen, nicht stärker sind als 3 Dioptrien
(Nr. 121/,).
Aufnahmswerber, die an infectiösen oder solchen Krankheiten der Augen leiden,
durch welche später eine Beeinträchtigung des Sehvermögens zu befürchten ist,
dürfen für keine der angeführten Gruppen aufgenommen werden.
Arbeiter und Taglöhner, bei welchen die eingehende Unter-
suchung der Sinnesorgane nicht nöthig ist.
Arbeiter und Taglöhner, welche in den Gruppen A, B und C nicht angeführt
erscheinen, sind — sofern sie nicht im Sinne des Absatzes 69 der Instruction
Nr. XXVI zu Aushilfsleistungen im executiven Betriebsdienste bestimmt sind —
auf Farbenblindheit nicht zu untersuchen; die Sehschärfe und das Hörvermögen
derselben muss für die geforderten Leistungen hinreichend sein, was auch ohne ein-
gehende Untersuchung leicht zu beurtheilen ist.
Untersuchungsmethoden.
Bezüglich der bei der Prüfung des Farbenunterscheidungs- und des Hör-
vermögens anzuwendenden Untersuchungsmethoden ist auch fernerhin nach den im
Artikel VII der Instruction Nr. XXVI enthaltenen Vorschriften vorzugehen.
Die Prüfung der Sehschärfe kann mittelst Leseproben oder mittelst Snellen-
schen Tafeln vorgenommen werden. Zu diesem Zwecke werden anderwärts gewöhn-
lich die Tafeln von Snellen verwendet. Da jedoch bekanntlich in den Wohn-
und Bureaulocalititen jene Beleuchtung, welche für ein gleichmässiges Resultat der
mittelst dieser Tafeln vorzunehmenden Prüfung benöthigt wird, sowohl bei künst-
lichem als auch bei Tageslicht von verschiedenen Umständen abhängt und sehr
schwer zu erzielen ist, liefert diese Methode nicht immer verlässliche Resultate,
während die bei den k. k. Staatsbahnen bisher übliche Leseprobe leicht auszuführen
ist und selbst bei weniger guter Beleuchtung über den für diesen Zweck erforder-
lichen Grad der Sehschärfe keinen Zweifel aufkommen lässt. Mit Rücksicht auf
diese Umstände, und weil die Erfahrung zeigt, dass Bedienstete, welche nach dem
Ergebnisse der Leseprobe und der täglichen Praxis im Dienste eine den betreffenden
Anforderungen genügende Sehschärfe besitzen, mitunter die dieser Sehschärfe ent-
sprechende Buchstabenreihe auf den Snellen’schen Tafeln dennoch nicht lesen
können, muss bei dem Gebrauche der letzteren eine Minimalgrenze festgesetzt
werden, welche bei den einzelnen Gruppen an den bezüglichen Stellen in Klammern
ersichtlich gemacht ist. Bei auffallendem Unterschiede zwischen dem Ergebnisse der
beiden Untersuchungsmethoden hat der Sanitätsconsulent die Ursache derselben nach
Thunlichkeit. nöthigenfalls mit Hilfe des Augenspiegels zu erforschen.
Jeder Bahnarzt muss seine eigene Sehschärfe genau kennen, um bei verschiedener
Beleuchtung richtige Schlüsse auf die Schschärfe der zu Untersuchenden ziehen
zu können.
Die Bahnärzte haben die Prüfung der Schschärfe auch fernerhin in der Weise
vorzunehmen, dass bei möglichst günstigem Tageslichte in der unmittelbaren Nähe
— 315 —
eines Fensters dem mit dem Rücken gegen dasselbe gewendeten zu Untersuchenden
gewöhnlicher Fracturdruck, bei welchem die kleinen Buchstaben »i«, »m«, »r» ete.
je 175 Millimeter hoch sind (Druck der Instruction Nr. XXVI für den Sanitätsdienst
der k. k. Staatsbahnen) in solcher Entfernung vorgehalten wird, dass er denselben
noch lesen kann, und ist die Distanz, bei welcher dies mit jedem einzelnen Auge
ohne Correctionsglas möglich ist, zu notiren. Falls der Betreffende diese Schrift-
gattung nicht lesen kann, ist hiezu der mit lateinischen Buchstaben von gleicher
Höhe gedruckte Text einer der bezüglichen doppelsprachigen Instructionen zu ver-
wenden, zu welchem Zwecke jedem hiebei in Betracht kommenden Bahnarzte eine
solche Instruction einzuhändigen ist.
Ueberprüfung durch die Sanitätsconsulenten.
Wenn bei der Untersuchung von Aufnahmswerbern um Dienstposten der
Gruppe A und B von den Bahnärzten nicht die für die Gruppe A vorgeschriebene
Beschaffenheit der Sinnesorgane unzweifelhaft constatirt wird, so sind erstere stets
vom Sanitätsconsulenten nochmals zu untersuchen. Dieser hat sich bezüglich der
Sehschärfe vorerst zu überzeugen, ob ein nicht zu behebender angeborener Fehler
der Augen, die Folge einer abgelaufenen, oder einer noch bestehenden Krankheit
derselben die Ursache des schlechteren Sehens sind, oder ob ein Refractionsfehler
vorliegt, welcher durch entsprechende Brillen corrigirt werden kann. In den Parerien
sind die Nummern der zur Correction erforderlichen Gläser stets anzugeben.
Bei nicht normalem Hörvermögen hat sich der Bahnarzt, beziehungsweise
Sanitätsconsulent zu überzeugen, ob nicht Verstopfung der äusseren Gehörgänge
durch Cerumen-Pfröpfe daran Schuld ist und eventuell nach Entfernung derselben
die Prüfung neuerdings vorzunehmen.
Dem Sanitätsconsulenten steht es selbstverständlich frei, bei der Prüfung der
Sinnesorgane zur Controle verschiedene Untersuchungsmethoden anzuwenden. Im
Parere jedes nach den Bestimmungen der Absätze 43 und 44 der Instruction
Nr. XXVI Untersuchten hat der Bahnarzt, beziehungsweise Sanitätsconsulent, falls
ein solches Gebrechen der Sinnesorgane vorgefunden wurde, welches den Untersuchten
nach obiger Vorschrift für den zu übernehmenden Dienst untauglich macht, dies
nebst dem Befunde der Sinnesorgane in den hiefür bestimmten Rubriken ausdrück-
lich auszusprechen.
Wiederholte Untersuchung der Bediensteten.
Die Locomotivführer und Heizer, welche stets bei schnellfahrenden Zügen
verwendet werden, sind nach Ablauf von je drei Jahren und alle übrigen Bediensteten
der Gruppe A und B nach Ablauf von je fünf Jahren auf die Function ihrer Sinnes-
organe neuerlich zu untersuchen. Ausserdem ist die wiederholte Untersuchung
sogleich vorzunehmen bei Wahrnehmung von Krankheitserscheinungen im Sinne des
Artikels XXIX! der Instruction Nr. XXVI, ferner nach jeder überstandenen
Krankheit der Sinnesorgane, sowie nach jeder sonstigen schweren Krankheit, nach
jeder am Kopfe erlittenen Verletzung und nach dienstlichen Verschulden, welche
geeignet waren, Unfälle zu verursachen.
Bedienstete, welche an einer Nierenkrankheit, an Diabetes oder Syphilis leiden,
sind während der ganzen Dauer einer solchen Krankheit alljährlich neuerlich zu
untersuchen. Bei den wiederholten Untersuchungen muss das Farbenunterscheidungs-
vermögen aller Untersuchten und die Sehschärfe der Kurzsichtigen auf jedem Auge
denselben Anforderungen, welche für Neuaufzunehmende der bezüglichen Gruppe
vorgeschrieben sind, genügen. widrigenfalls die Betreffenden ın ihrer bisherigen Dienst-
leistung nicht weiter verwendet werden dürfen.
— 316 —
Bedienstete, welche früher eine andere Beschäftigung versahen, oder schon in
diesen Gruppen verwendet wurden, sind, falls im Verlaufe ihrer Dienstleistung die
Accomodationsfähigkeit ihrer früher normalen Augen abgenommen (Presbyopie) oder
die früher schon vorhandene Uebersichtigkeit (Hypermetropie) zugenommen hat, zu
Dienstleistungen dieser Gruppe noch tauglich, solange sie ohne Brillen obigen Druck
mit jedem Auge auf Entfernung von 70 Centimeter lesen können. Wenn eine solche
Verschlechterung der Sehschärfe constatirt wird, dass dieselbe die unterste zulässige
Grenze erreicht hat, so sind die Betreffenden von da ab alljährlich neuerlich zu unter-
suchen.
Bedienstete, welche in mässigem Grade schwerhörig befunden wurden, können
solange ihren Dienst weiter versehen, als es mit Rücksicht auf die persönliche und
Verkehrssicherheit, sowie auf die dienstlichen Anforderungen statthaft ist; also so-
lange als sie im Stande sind, mit jedem einzelnen Ohre die bei ihrer Dienstleistung
gebräuchlichen acustischen Signale aus der nötigen Entfernung deutlich wahrzunehmen
und die gewöhnliche Sprache jener Personen, mit welchen sie zu verkehren haben,
deutlich zu verstehen, welche Bedingungen bei dem Fahr- und Verschubpersonal,
sowie bei den Bediensteten der Bodenseeschiffe auch während der Fahrt aut
der Maschine, beziehungsweise in den Wagen oder auf den Schiffen zutreffen
müssen.
Die betreffenden Dienstvorstände haben sich alljährlich zu überzeugen,
ob bei solchen Bediensteten diese Beschaffenheit des Hörvermögens noch vorhanden
ist. Wenn dies auch nur auf einem Ohre nicht mehr der Fall ist, gleichgiltig ob
in Folge vorgeschrittenen Alters, oder vorhandener oder bereits abgelaufener
Krankheiten des Ohres, so sind die Betreffenden von dieser Dienstleistung ab-
zuziehen.
Die Bediensteten der Gruppen C und D sind auf die Beschaflenheit ihrer
Sinnesorgane nur dann neuerlich zu untersuchen, wenn von Seite der Bahnärzte
oder Dienstvorstände solche Gebrechen wahrgenommen werden, durch welche die
fernere Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, oder die persönliche Sicherheit des Betreffenden
gefährdet wird.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Kundmachung des k. k. Ministeriums des zwischen den betheiligten Regierungen im
des Innern vom 31. Juli 1899. ‚ Sinne des Artikels V des Uebereinkommens
R. G. Bl. Nr. 146, | erzielten Einverständnisses am 1. October 1899
|
in Kraft.
womit der Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Cebereinkommens zwischen Oesterreich-
Ungarn und Italien hinsichtlich der wechsel-
seitigen unentgeltlicher Unterstützung
mittelloser Kranken bekannt gegeben wird.
xæ
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
, vom 10. August 1899, Z. 26476,
an alle politischen Landesbehörden,
Das auf Grund der kaiserlichen Verord-
nung vom 22. Mai 1899, R. G. BI. Nr. 102,*) | betreffend das Verbot der Einfuhr and des
Vertriebes der sogenannten galvano-elektri-
verlautbarte Uebereinkommen zwischen Oester- wi
reich-Ungarn und Italien hinsichtlich der |
wechselseitigen unentgeltlichen Unterstützung Laut des Berichtes vom 28. Juli 1899,
mittelloser Kranken vom 25. Juni 1896, | Z. 17963, hat die k. k. Statthalterei in Graz
R. G. Bl. Nr. 103 ex 1999, tritt in Folge mit dem Erlasse gleichen Datums und Zahl
die Einfuhr und den Vertrieb der sogenannten
*) Siehe 8. 235 d. BI. | galvano-elektrischen Ketten der Firma Adolf
— 317 —
Winter, welche in ähnlicher Weise wie das
„Volta-Kreuz“ mittelst reelamehafter Broschüren
gegen eine Reihe von Krankheiten und Krank-
heitszuständen angepriesen werden, verboten.
wird hievon unter Hin-
weis auf den h. o Erlass vom 18. April 1899,
2.21117 ex 1898*) in Absicht auf ein gleich-
māssiges Vorgehen der politischen Behörden
gegen die Einfuhr und den Vertrieb derartiger
sanitätswidriger Gebrauchsgegenstände in Kennt-
niss gesetzt.
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern
vom 12. August 1899, Z. 22376,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend das Verbot der Einfuhr der
Nieholsohn’schen Heilmittel für Gehör-
leiden.
Laut Anzeige einer politischen Landes-
behörde versendet ein gewisser J. H. Nichol-
sobn in London, Longeott, Gumersbury,
London W., unter dem Vorwande unentgeltlicher
+) Siehe S. 167 d. Bl.
Uebermittlung von „Ohrtrommeln“ gegen
Schwerhörigkeit in verbotswidriger Weise
Medicamente zur Behandlung von Gehör-
leiden.
Die k.k....... wird hievon mit der
Einladung in die Kenntniss gesetzt, in analoger
Weise, wie dies mit dem h. o. Erlasse vom
24. Juni 1899, Z. 14968*) aus anderem Anlasse
angedeutet wurde, im Einvernehmen mit den
k. k. Finanz-Landesbehörden verbots-
widrigen Bezug der erwähnten Nicholsohn’schen
Heilmittel gegen Gehörleiden gemäss der Be-
stimmung des S 16 der Ministerialverordnung
vom 25. Mai 1882, R. G. Bl. Nr. 49, hintan-
den
| zuhalten, und hinsichtlich der Versendung von
Arzneimitteln im Wege der Briefpost sich die
Bestimmungen der in Nr. 26 des ,Oesterreichi-
schen Sanititswesen“ ex 1897, S. 262, mit-
getheilten Erlasses des Handelsministeriums
vom 19. Juni 1897, Z. 33276, welcher mit
dem Erlasse desselben Ministeriums vom
8. Mai 1899, Z. 24926 (Post- und Telegraphen-
Verordnungsblatt Nr. 50**) in Erinnerung ge-
bracht wurde, gegenwärtig zu halten.
*) Siehe S. 267 d. Bl.
**) Siehe S. 281 d. Bl.
— A
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Krain. In der Sitzung am 6. Juni wurden Besetzungsvorschläge für die Stelle eiues
Veterindrconcipisten, dann fiir die eines Sanitätsassistenten und für zwei erledigte
Bezirkshebammenposten erstattet.
Ferner gelangte der Impfbericht für das Jahr 1898 zur Discussion.
Schliesslich wurde über die Zulässigkeit der Verwendung einer Gruftkapelle zu gottes-
dienstlichen Zwecken ein Gutachten abgegeben.
In der Sitzung am 19. Juli d. J. wurden begutachtet die Pläne: a) zur Adaptirung
eines Bezirksspitales, b) für ein neuzuerbauendes Armenhaus
städtische Badeanstalt in Laibach.
und c) für eine
Weiters wurden Vorschläge erstattet, welche auf die Eindämmung des Trachoms in
Krain abzielen.
Ferner wurde das Ansuchen um Bewilligung der Benützung einer Hebammenwohnung
als Privatentbindungsanstalt in Berathung
gezogen, und schliesslich ein Besetzungsvorschlag
für die Stelle einer Bezirkshebamme erstattet.
Schlesien. In der Sitzung vom 20. Juni LJ gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verbandlung :
1. Gutachten, betreffend die projectirte Errichtung
eines Trockenhauses fir
thierische Häute in Teschen. (Referent: Sanitätsrath Dr. Tischler.)
2. Begutachtung der Pläne für den Bau einer Badeanstaltin Johannisbrunn.
(Referent: Landes Regierungsrath Dr. Kleinsasser.)
— 318 —
Berathungsgegenstände in der Sitzung am &. Juli 1. J. waren:
1. Gutächtliche Aeusserung betreffend die Verbesserung der Lebensbedingungen
der breiten Schichten der Bevölkerung Schlesiens. (Referent: Landes
Sanitätsrath Dr. Dworzak.)
2. Gutachten, betreffend die allgemeine Bestellung von Schulärzten in Schlesien.
(Referent: Sanitätsrath Dr. Husserl.)
3. Aeusserung über die Errichtung eines Moorbades in Ustron. (Referent: Sanitäts-
rath Dr. Tischler.)
4. Gutächtliche Aeusserung über die Qualification der Bewerber um eine in Schlesien in
Erledigung gekommene k.k. Oberbezirksarztesstelle. (Referent: Landes-Regierungs-
rath Dr. Kleinsasser.) Ä
In der am 27. Juli |. J. stattgefundenen Sitzung gelangte nachstehender Gegenstand zur
Verhandlung:
Gutächtliche Aeusserung über das Project für den Neubau eines Krankenhauses der
Elisabethinerinnen in Teschen. (Referent: Sanititsrath Dr. Boeck, Correferent: Baurath Stenzel).
Da in dem Bauprogramme und den Planskizzen allen an eine Krankenanstalt zu stellenden
sanitären und hygienischen Anforderungen in jeder Richtung Rechnung getragen ist, wurde die
Genehmigung zur Ausführung des Baues ohne jede Abänderung der Pläne in Antrag gebracht.
Zugleich gab der Landessanititsrath nach Mittheilung des Namens des Projectverfassers
seiner Befriedigung auch dahin Ausdruck, dass dieses nach jeder Richtung hin mustergiltige
Project eines Frauenklosters und hiezu gehörigen privaten Krankenhauses von einem den hier-
ländischen technischen Kreisen angehörigen Fachmanne stammt.
Vermischte Nachrichten.
Nahrungsmittel-Untersuchungsanstalt des österreichischen Apothekervereines in Wien
Auf Grund des $ 31 des Gesetzes vom 16. Jänner 1896, R. G. BI. Nr. 59 ex 1897, betreffend
den Verkehr mit Lsbensmitteln und einigen Gebrauchsgegenständen hat die k. k. nieder-
österreichische Statthalterei über Ermächtigung des k. k. Ministeriums des Innern dem
Directorium des allgemeinen österreichischen Apothekervereines gestattet, dass die Unter-
suchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel des genannten Vereines und des Wiener
Apotheker-IHauptgremiums in Wien, IX. Bezirk, Spitalgasse Nr. 31, in dem bisherigen Umfange
unter der Bedingung weiter betrieben werde, dass der jeweilige Leiter der Anstalt, sowie die
mit der Vornahme bacteriologischer Untersuchurgen betraute Persönliebkeit die Genehmigung
des k. k. Ministeriums des Innern erlangt habe. Gleichzeitig wurde der gegenwärtige Leiter
der Anstalt, Dr. Moriz Mansfeld, als solcher genelimigt.
Stand der Blattern und des Flecktyphus in Oesterreich, zusammengestellt auf Grund der
an das Ministerium des Innern erstatteten Anzeigen.
Zuwachs au Blatternerkrankungen in der Woche vom 6. August bis
12. August 1899:
in Galizien in der Stadt Krakau 1, und in den politischen Bezirken: Bochnia:
Wola zabierzowska 1; Bohordezany: Grabowiec 1; Brody: Zalozce 2; Horodenka: Choci-
mierz 2, Czerniatvn 1: Husiatyn: Kluwince 2; Kosow: Fereskula 5%), Holowy 1*) Jasieniow
gorny 2; Nadworna: Ustawy czarne 2; Przemysl: Przemyal 4*); Rzeszow; Blazowa 4*;;
Stanislau: Miedzvhorce 1; Strzyzow: Blizianka 3; Trembowla: Brykula nowa 2*),
Wierzbowiec 1”).
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 6. August bis
12. August 1599:
in Galizien in den politischen Bezirken: Bochnia: Bochnia 1, Ksiaznice 1%,
Lezkowice 3%), Wyzyce 5; Dobromil: Piatkowa 1; Jaworow: Swidnica 1, Wierzbianr 6,
Wulka zmijowska 1; Mosciska: Wolostkow 1%); Nadworna: Ostawy biale 3; Rawa
Ruska: Uhnów 1; Stanislau: Sapahow 2; Tlumacz: Krzywotuly stare 3; Zloczow:
Hodów 1, Plesniany 3; Zolkiew: Butyny 2.
*) In den mit *) bezeichneten Fällen sind in der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich
gemeldete Erkrankungen eingeschlossen.
a VE EE TEE EEE i A GENEE EEN
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das Österreichische Sanitatswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Saniltätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmesatrasse 18,
Erscheint jeden Donnerstag.
Prinumerationspreis bei directer Postsusendung gansj&brig fl. 6.—.
—-_—
ZI. Jahrgang. Wien, 31. August 1899. Nr. 35.
++ mn
Inhalt. Die Flecktyphusepidemie in Búbmen im Jahre 1899. — Sanitätsgesetze und Ver-
ordpungen: Erlass der Statthalterei in Triest und Circular-Erlass des Landesausschusses in Istrien,
betreffend Assanirungen in den Gemeinden. — Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. —
Vermischte Nachrichten.
Die Flecktyphusepidemie in Böhmen im Jahre 1899.
(Aus einem amtlichen Berichte der k. k. Statthalterei in Prag.)
Die Flecktyphusepidemie, welche heuer im Monate Jänner das Kronland Böhmen
heimgesucht und bis zum April angedauert hatte, errregt insbesondere desbalb ein er-
höhtes Interesse, weil die Ursache der Weiterverbreitung der Epidemie mit voller
Bestimmtheit sichergestellt und auf die Infectionsverschleppung durch eine vagante
Person zurückgeführt werden konnte, welche, ohne selbst erkrankt zu sein, auf der.
Heimreise von Leitmeritz nach Liebenthal (Bezirk Landskron) begriffen, die Krankheit
durch eine ganze Reihe von Gemeinden verbreitete und nach einer dritthalb Wochen
langen Reise in der Heimatsgemeinde angelangt, noch zu schweren Erkrankungen
die Veranlassung gab.
Die Entstehungsursache der ersten Flecktyphuserkrankung, das Weib des er
wähnten Vaganten betreffend, welche in einem Stalle in Ziegelkratschen, einer Ort
schaft des Leitmeritzer Bezirkes nach vorausgegangenem längeren Unwohlsein eine
schwere Erkrankung durchgemacht hatte, ohne dass diese zur behördlichen Kennt-
niss gekommen und überhaupt ärztliche Hilfe gesucht worden wäre, ist trotz ein-
gehendster und umtassendster Nachforschungen unklar geblieben, so dass ein autoch-
thones Entstehen derselben nicht ausgeschlossen werden kann, dies umsoweniger.
als zu jener Zeit im ganzen Lande kein einziger Fall an Flecktyphus vorkam und
als es erwiesen ist, dass sich das Vagantenpaar unter kümmerlichen Lebensverhältrissen
stets nur in Stallungen und sonstigen elenden Unterkunftsräumen nothdürftig fort-
brachte.
Die aufmerksame Verfolgung der kurz nacheinander emisión Epidemie-
ausbrüche in Gemeinden, die sämmtlich in einer Richtung liegen, einerseits, ander-
seits der Umstand, dass die aus anderen Gemeinden, welche ausserhalb der Reiserichtung
des Vaganten gelegen sind, berichteten verdächtigen Erkrankungstiille sich nicht als
Flecktyphus heraussteliten, führten zeitlich auf die Vermuthung, dass die ganze
Epidemie auf die Verschleppung durch eine bestimmte Person zurückzuführen sein
dürfte, welche Muthmassung durch das Resultat der in Liebenthal (Bezirk Lands-
35
— 320 —
kron), der Heimatsgemeinde des Vaganten, nach dessen Eintreffen gepflogenen amts-
ärztlichen Erhebung bald als begründet und richtig sich herausstellte.
Ueber die Extensität der Epidemie, beziehungsweise über die Zahl und chrono-
logische Aufeinanderfolge der von der Epidemie betroffenen Gemeinden, sowie über
das Verhalten des. Flecktyphus während der einzelnen Berichtswochen liefern die
beiden folgenden tabellarischen Nachweisungen ein Bild, aus welchem zugleich der
Beginn und das Erlöschen der Einzelepidemien, sowie die Mortalitätsverhältnisse
in jeder Gemeinde ersichtlich sind.
I. Zeitlicher Verlauf der Epidemie.
| | Zahl ¡Von d. letzten Hievon sind Es bleiben
| der | Vë 7 ———|| in Behand-
¡inficirt, | erkrankteu | = | genesen | gestorben lung |
D E | = > E $ ke Ka | du > |
83 215 5 Eis 558 5 sls 3s
| lilo, 8 FE OMSIB IESE |B] s:2.e
| | Loes? | | |
I. Berichtsperiode 2,1.—19./II. . .)| 8, 11133, 10, 3, 46/ 3 2 2; 7 2: — 23 6 d
| IL » 20. 11.—27./11. 8 10,11 7 6.28 6 4 k) La en E e
Ill. > 28..11.—4 MT. . . N 8 17 4 2229 812 1 2 SC 1; — 19 7 1
| Iv. ; B/ML—11/lL . 8/16) Da 2a 5 3 7 3 2
| V, > 12,117 -18/111. .| 8 o 5 1 1 7 2 — 2 1-—|— 9 4 I
vI. ; 19.111. —25./10. . d SE EES SES SE EN
| VIL > 26.,111.—1. IV. JI? el 1-1) 352332 be 4 2 5
VIII. > DIS ade en ey nee ne
| IX. > II. Iv... ci] 3 af 2 al 4 yd ln — —1- -— 3 231
ı X, > 16./1V.— 2./IV. Km 3 bie = — — jf, i 1. ——- — 2 1 —
| Xd > 23. IV. Ca AV... 8 ale + — 2 1—-— — = = Së — —
| ' | i
Vom 2. 11.—29./1V. 1899 . | |59 26 18.103 48 ve 18 u 8 — — = —
|
I. Art der Verbreitung der Epidemie.
Am 2. Febuar |. J. wurde seitens der k. k. Bezirkshauptmannschatt in Leitmeritz
vom Vorkommen einer Flecktyphuserkrankung im dortigen allgemeinen Kranken-
hause die Anzeige erstattet. Dieselbe betraf die 20jáhrige Prostituirte A. T., welche
an Ekzem des behaarten Kopftheiles leidend, am 13. Jänner |. J. von Lobositz
höchst verwahrlost in das Krankenhaus eingebracht wurde und daselbst auf der
Externabtheilung in Behandlung stand.
Am 21. Jänner erkrankte sie unter heftigen Fiebererscheinungen und wurde
einige Tage darauf als infeetiös verdächtig in die in des Kranken-
hauses übertragen.
Am 28. Jänner erkrankten unter gleichen Erscheinungen de Ordensschwester
S., welche die Kranke auf der Externabtheilung gepflegt hatte; weiters zwei Männer
im Nachbarzimmer derselben Abtheilung, welche seit dem 5., beziehungsweise
13. Jänner daselbst wegen leichten Erkraukungen in Pflege standen und bereits
reconvaleseent waren; auch der Hausmeister erkrankte. Zusammen erkrankten
5 Personen nacheinander in dieser Anstalt. Etwa am sechsten Krankheitstage kan
bei allen unter heftigen Fiebererscheinungen ein masernihnliches Exanthem zum
Vorschein.
Am 27. Jänner ]. J. erkrankte in der Gemeinde Le¢ic, Bezirk Raudnitz, der
Grundbesitzer S. an Flecktyphus, am 29. Jänner darauf sein 16jähriger Sohn, am
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3l. Jänner die Dienstmagd und am 2. Februar der Knecht. Der Letztere wurde
zu seinen Angehörigen nach dem benachbarten Ctineves überführt und daselbst am
12. Februar anlässlich der Intervenirung des Sanitätsinspectors ins Isolirlocale dieser
Gemeinde übertragen. Die Ueberführung dieses Kranken geschah im Beginne der
Erkrankung, als die Art der letzteren ärztlich noch nicht sichergestellt war. Die
Magd ging zu ihren Eltern nach Leiic.
Am 28. Jänner erkrankten in der nahen Gemeinde Hrdly des Bezirkes Leitmeritz
der Bahnwächter im Wichterhiuschen Nr. 404 an derselben Krankheit, sowie fünf
andere Dorfbewohner.
Die von Prof. Dr. Chiari durchgeführte Obduction der Leiche des Bahn-
wächters ergab als Todesursache zweitellos das Vorhandensein von Flecktyphus.
Ueber eingelaufene Anzeige infectionsverdächtiger Erkrankungsfälle in Rohatetz,
Bezirk Raudnitz, hat der If. Amtsarzt auch in dieser Gemeinde 6 Flecktyphus-
erkrankungen sichergestellt, deren erste vom 30. Jänner ]. J. datirte. Hiebei wurde
in Erfahrung gebracht, dass auch in Dolanky, der Nachbargemeinde von Hrdly die
Flecktyphusepidemie zum Ausbruche kam und wurden bei der unter Einem daselbst
vorgenommenen Localerhebung zwei Flecktyphuskranke vorgefunden.
Der k. k. Sanitiitsinspector hat bei der Revision des allgemeinen Kranken-
hauses in Raudnitz unter anderen zwei Flecktyphuskranke vorgefunden, deren einer
aus den Bezirksgerichtsarresten in Libochovitz eingebracht worden, der andere aber
am 6. Februar von Hrdly zugereist gekommen war und wegen eines Fussgeschwiires
Aufnahme gefunden hatte.
Zu gleicher Zeit kam auch in Theresienstadt eine Erkrankung an Flecktyphus
bei der am 6. Februar erkrankten Sattlersgattin und bei einem Soldaten zum Aus-
bruche. Der Gemahl der ersteren hat nachweislich in Hrdly. seinem Geburtsorte,
wo er zu Besuch war, die Infection acqunirirt, Beide Kranken wurden in der seitens
des k. u. k. Stationscommando daselbst zur Aufstellung gelangten Isolirbarake unter-
gebracht.
Wenn auch in den einzelnen Gemeinden nach Constatirung des Ausbruches
des Flecktyphus das Entstehen weiterer Erkrankungen auf den vor der amtsärzt-
lichen Intervenirung stattgehabten Verkehr der Parteien unter einander leicht zurück-
geführt werden konnte, so war doch der Gang der Infection, die Art und Weise der
Verschleppung derselben von Gemeinde zu Gemeinde bis dalıin unklar und blieb
die Sicherstellung des ätiologischen Zusammenhanges aller dieser Erkrankungsfälle
der späteren Nachforschung vorbehalten.
Am 5. Februar kamen mehrere, vom Beginne desselben Monates datirende
Krankheitsfälle an Flecktyphus unter der Polizeiwachmannschaft in Lieben zur
behördlichen Kenntniss.
Dieselben wurden anfänglich wegen der zu gleicher Zeit vorgekommenen
zahlreichen Erkrankungen an Influenza umsomehr für eine solche gehalten, als
anfänglich für Flecktyphus charakteristische Symptome fehlten. Am 5. Februar
waren bereits acht Wachleute und der Amtsleiter krank und wurden die ledigen
davon am selben Tage dem Isolirspitale in Lieben übergeben. Am 7. Februar
stand die Diagnose auf Flecktyphus fest und wurde die Ueberfúbrung sämmtlicher
bis dahin (12) Erkrankten in die Isolirriiume der Gemeinde verfügt. Zu gleicher
Zeit erkrankte auch die Bedienerin der Wachleute und ein Arbeiter “der Ledertabrik
(Kolcavka). Eine weitere, kurz darauf daselbst vorgekommene Erkrankung betraf
einen Kürschnergebilfen, welcher sich nachweislich in den Polizeihattlocalitäten, wo
er kurz arretirt war, inficirt hatte.
Ende Jänner erkrankte auch in der unweit von Lieben entfernten Gemeinde
Chabry die Frau eines Maurers, am &. Februar der Letztere, am 5. deren fünf-
jährige Tochter. Der Mann arbolei? vordem in Lieben.
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— 324 —
Weitere vereinzelte, mit den anfänglichen Krankheitserscheinungen in dieselbe
Zeit fallende Flecktyphuserkrankungen im selben Bezirke Karolinenthal wurden
angemeldet: von Kobylis (bei Lieben) beim Gastlauspächter, von Hloubetin bei
einem Maurer, der einige Tage vor der Erkrankung in Lieben gearbeitet hatte und
von Altbunzlau bei einem slovakischen Paputschenhausirhändler, welcher sich bereits
zu Anfang Februar unwohl fühlend, angeblich im Teplitzer Bezirke herumhausirte,
am 4. Februar in Altbunzlau ankam und wegen Infectionsverdachtes dem Kranken-
hause in Melnik übergeben wurde.
Anscheinend ohne Zusammenhang mit den vorangeführten Erkrankungen kam
nahezu zu gleicher Zeit auch in Urbanitz, Bezirk Königgrätz, eine Flecktyphus-
erkrankung zur Anzeige, welche den Gasthausbesitzer und zugleich Gemeinde-
vorsteher betraf.
Seine Wirthschaft liegt an der Hauptstrasse und wird daher häufig von nacht-
quartirsuchenden Passanten frequentirt. Diese Erkrankung wurde am 16. Februar
zweifellos als Flecktyphus diagnosticirt.
Mit den Telegrammen vom 23. und 25. Februar |. J. sind Anzeigen über
Flecktyphusausbruch in den Bezirken Landskron (in Liebenthal, Landsberg, Friedrichs-
walde und Gutwasser), Senftenberg (Lukawitz und Senftenberg) und Reichenau
(Petrowitz) eingelangt.
Die bei der eingehenden amtsärztlichen Localerhebung in Liebenthal gepflogenen
Nachforschungen nach den Ursachen des Epidemieausbruches ergaben, dass mit
Wahrscheinlichkeit die Ursache der ersten Erkrankung daselbst, welche eine böjährige
Taglöhnerin betrat, darauf zurückzuführen ist, dass sie die schmutzige Wäsche des
Landstreichers Franz H. gewaschen hatte, welcher kurz zuvor von einer längeren
Fussreise aus dem Leitmeritzer Bezirke bei seinem Bruder in Liebenthal eingetroffen
war. Zugleich mit der Taglöhnerin erkrankte auch der Bruder des H. Hierauf
wurden nun sofort in allen infieirten Bezirken unter Bekanntgabe des Erhebungs-
resultates umsichtige Nachforschungen eingeleitet, welche zusammengenommen mit
den Ergebnissen der veranlassten Einvernahme des H., in die Ursachen der Epidemie-
verbreitung volles Licht brachten.
H. hatte am 15. Jänner, nachdem seine Frau mit der 6jährigen Tochter mittelst
Wohlthatstuhre ins allgemeine Krankenhaus in Leitmeritz überführt worden war,
von Ziegelkratschen, einer Einschichte bei Pitschkowitz, mit seinem 8jáhrigen Sohne
die Heimreise angetreten und die Habseligkeiten seiner Frau, darunter zwei Kotzen,
welche ihm während der ganzen Zeit der Reise zum Nachtlager gedient hatten,
zusammengebunden, mitgenommen.
Die Eheleute H. arbeiteten im Herbste zuvor beim Bahnbaue Lobositz— Böhm.
Leipa. halfen dann bei den Feldarbeiten und in der Zuckerfabrik in Bauschowitz
und waren zuletzt in Pitschkowitz beschäftigt, wo sie sich in der Einschichte Ziegel-
kratschen in einem Einkehrwirthshause im Stalle beherbergen liessen. Hier machte
die Frau eine schwere Erkrankung durch, welche etwa 14 Tage gedauert haben soll,
Die Art derselben blieb unaufgeklärt, weil sie nicht ärztlich behandelt wurde. Ins
Krankenhaus überführt wurde die ausgehungerte, ganz verwahrloste Frau, welche
nurmehr abendliche Fieberbewegungen, aber keine charakteristischen Krankheits-
erscheinungen zeigte, voll Ungeziefer und mit Eczema am Kopfe behaftet war, neben die
gleichfalls unreine Prostituirte A. T. gelegt und so wie diese von der Ordensschwester
S. und dem Hausmeister gereinigt.
Der Mann hielt sich am Heimwege in Gasthäusern oder Maierhöfen über Nacht
auf und schlief auf den mitgebrachten Kotzen in der Schänke oder im Stalle.
Zuerst war er über Nacht in der Schänke in Hrdly, sodann im Maierhofe in Rohatetz
er kelirte in Kobylis im Gasthause ein und ersuchte daselbst um ein Nachtlager.
das ihm jedoch verweigert wurde. Darauf ging er mit dem Sohne nach dem nahen
Lieben weiter. Daselbst wurde er wegen Unterstandslosigkeit von der Polizei ver-
Dr mn
— 325 —
haftet und aufs Polizeicommissariat gebracht, wo er die Nacht in der Separation
zubrachte. Sámmtliche Wachleute, welche an diesem Tage im Polizeiwachlocale
übernachteten, erkrankten in der Zeit vom 28. Jänner bis 7. Februar an Flecktyphus,
ebenso der Commissiir, der ihn verhört und seine Documente revidirt hatte. Weiters
erkrankte die Bedienerin, die die Separation reinigte, sowie ein Kürschner, welcher
wegen Trunkenheit arretirt worden war. Auch erkrankte derjenige Wachmann,
welcher den H. nach der Haft aus dem Polizeirayon hinauszuschaffen hatte, an
Fleektyphus.
Das beim Polizeicommissariate in Lieben aufgenommene Verzeichniss aller
Effecten, welche H. mit sich hatte, machte es möglich, dass man die letzteren in
Liebenthal, wo sie H. verborgen hielt, eruiren und unschädlich machen konnte.
Hier sei bemerkt, dass H. als notorischer Branntweintrinker das Bild eines
höchst verwahrlosten Menschen darbietet, auf einer sehr tiefen Bildungsstufe steht
und ein geringes Erinnerungsvermögen besitzt. Eigenschaften, welche auf den ganzen
Gang der Untersuchung und die Abwendung der Gefahr erschwerend ein-
wirkten.
Die letzterwähnte Eigenschaft erklärt es auch, dass er sich nicht zu erinnern
weiss, in welchen Gemeinden er sich auf der Reise von Lieben bis Urbanitz (Bezirk
Königgrätz) aufgehalten hatte.
Von der letztgenannten Gemeinde zog er nach Petrowitz, wo er im Gasthause
übernachtet hatte und berührte auf der Weiterreise nachweislich alle Gasthäuser und
Wirthschafteu, wo etwa 10 Tage darauf Erkrankungen an Flecktyphus zum Aus-
bruche gekommen sind.
Die in den ausserhalb der Reiseroute des H. gelegenen Gemeinden Senftenberg
und Landskron vorgekommenen Erkrankungen stehen mit dem beschriebenen
Infeetionswege im engen Zusammenhange; der erkrankte herrschaftliche Kutscher in
Senftenberg hat sich im Gasthause in Lukawitz, wo H. in der Schänke übernachtete,
mficirt. Die in Landskron ausgewiesene Erkrankung betraf ein Mädchen, welches
im Gasthause in Lukawitz »auf Tausche war, um böhmisch zu lernen. Zugleich
mit der Gastwirthin erkrankt, wurde dasselbe von den Eltern abgeholt und nach
Landskron überführt, bevor noch die Behörde von diesen Erkrankungen in Kennt-
niss kam.
Hinsichtlich der sonst vereinzelt vorgekommenen Erkrankungsfälle in Chabry,
Neubenatek und Deutschbrod haben die behufs Sicherstellung der Infectionsquelle
eingehend vorgenommenen Erhebungen zwar keine positiven Anhaltspunkte ergeben;
immerbin müssen jedoch unter Berücksichtigung der Beschäftigungs-, beziehungsweise
Berufsart der Erkrankten, sowie der Nähe der Infectionsherde, wo dieselben verkehrt
hatten, die Ursachen der Erkrankung auch auf diesen Ursprung zurückgeführt werden.
H. und sein Sohn blieben gesund.
Hinsichtlich des Krankheitsverlaufes sei bemerkt, dass derselbe im Allgemeinen
ein milder war, hiefür spricht auch das günstige Lethalitätsverhältniss von 20 Percent.
Insbesondere verlief die Erkrankung bei Kindern mild und rasch.
Schwer war der Verlauf bei Alkoholikern und bei älteren oder durch ander-
weitige Gebrechen geschwächten Personen.
Behufs zweifelloser Sicherstellung der Diagnose dieser sonst unter ausgesprochenen
Symptomen, welche für Flecktyphus “charakteristisch sind, verlaufenen Erkrankungs-
fälle wurden im Beginne der Epidemie vom Leitmeritzer Krankenhause von vier
Kranken je eine Blutprobe an das deutsche pathologische Institut des Hofratlies
Prof. Dr. Chiari in Prag übersendet. Die Untersuchung derselben ergab bei allen
ein gleiches Verhalten. |
Die Widal'sche Reaction war auch bei einem Verhältnisse von 1:25 voll-
kommen negativ; Mikroorganismen waren keine nachweisbar, die auf Nährsubstanzen
ausgeführten Impfungen der Blutproben blieben steril.
— 326 —
Von den behandelnden Aerzten erkrankte keiner; wohl aber wurden in mehreren
Fällen Personen, welche mit der Pflege der Kranken zu thun hatten, von Fleck-
typhus befallen.
In den Krankenhäusern in Leitmeritz und Raudnitz kamen Fälle von Haus-
infectionen vor.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. Statthalterei in Triest | Gemeinwesen des Bezirkes bestehenden sanitären
vom 3. October 1898, Z. 20626 ex 98, | Uebelstände zu erfolgen baben, welche der
k. k. Amtsarzt auf Grund seiner bei ver-
an alle unterstehenden politischen Behörden,
schiedenen Anlässen gemachten Wahrnehmungen
betreffend Assanirungen in den Gemeinden. ;
zusammenzustellen haben wird.
Die Action der k. k. Bezirkshauptmann-
schaft wird sich an der Hand dieses Schemas
welches gleichzeitig als übersichtliche Controle
für die fortschreitende Behebung von Uebel-
ständen dienen wird, zweckentsprechend in
erster Linie gegen die echreiendsten Gebrechen
richten. Selbstredend wird sich das Schema
nicht mit einem Schlage zusammenstellen
lassen und muss daher auch die Action der
k. k. Bezirkshauptmannschaft nach Massgabe
des Fortschreitens derselben eintreten. Damit
jedoch ein stetiger Fortgang dieser Arbeit ge-
sichert bleibt, wird allmonatlich anlässlich der
Vorlage des Berichtes über die Assanirungs-
| fortschritte der bis dahin fertiggestellte Theil
| des vom Amtsarzte zusammengestellten Schemas
Im Nachhange zum h. o. Erlasse vom
5. Juli d. J., Z. 14414, betreffend das Ein-
vernehmen mit dem J.andesausschusse bei der
Durchführung der Assanirungsarbeiten in den
Gemeinden wird der k. k. Bezirkshauptmann-
schaft eine Abschrift des Circular-Erlasses des
Istrianer Landesausschusses an sämmtliche Ge-
meindevorstehungen vom 10. September d. J.,
Z. 4809, (siehe unten) zugemittelt, in welchem
denselben die Durchführung der angeordneten
Abstellung sanitärer Uebelstände zur besonderen
Pflicht gemacht wird, und sie aufgefordert
werden, alljährlich eine zu Assanirungszwecken
bestimmte Summe als laufende Ausgabepost in
den Voranschlag einzustellen.
Da nunmehr die volle Mitwirkung des
I,andesausschusses gesichert erscheint, gewärtigt
die Statthalterei die Inangriffnahme der in den
Gemeinden schwebenden Assanirungsarbeiten,
wobei im Sinne der Ausführungen der Wei-
sungen des Landesausschusses an die Gemeinde-
vorzulegen sein.
Ueber die Art und Weise, in welcher das
mehrgenannte Schema zusammengestellt werden
soll, werden die entsprechenden Weisungen
nachfolgen.
*
vorstehungen vorliutig die dringendsten Arbeiten
sofort durchgeführt werden sollen, bei grösseren E
Arbeiten aber, welche das Gemeindevermögen Circular-Erlass des Landesausschusses
bedeutend in Anspruch nehmen würden, auf in Istrien vom 10. September 1898,
4
die Aufstellung eines Arbeitsprogrammes zu Z. 4809,
dringen ist, nach welchem die erforderlichen an alle Gemeindevorstehungen des Kron-
Arbeiten nach Massgabe der verfügbaren landes:
Geldmittel zur Durchführung gelangen sollen.
Um jedoch der ganzen weiteren Assanirungs- | Im grellen Gegensatze zu der sonst von
action das erforderliche einheitliche Gepräge den Gemeinden entwickelten anerkennens-
und eine gleichförmige zielbewusste Richtung werthen Thätigkeit auf dem weiten Gebiete
zu geben, wird dieselbe auf Grund einer des ihnen auf Grund der geltenden Gesetze
schematischen Zusammenstellung der in den zukommenden eigenen Wirkungskreises steht
ee ege = wë pt enge `"
die volle Vernachlässigung der Anforderungen
der öffentlichen Gesundheitspflege seitens eines
grossen T'heiles der Gemeinden.
Und doch ist die Fürsorge für die Be-
bebung der Ursachen
namentlich solcher ansteckender Natur, nicht
minder wichtig und nicht weniger Pflicht der
Gemeinden als die Beschaffung neuer Gemeinde-
báuser, Schul- und Theaterbauten.
Dessen ungeachtet hat man fast nirgends
von Erkrankungen,
ernstliich an die Herstellung von Senkgruben
und zweckmässiger Canalisationsanlagen ge-
dacht, fast überall besteht mehr oder minder
verbreitet ein directes Zusammenleben mit den
unreinlichaten Thieren, fast allerorts finden
sich die Privathófe, ja Neben- und Haupt-
strassen mit stillschweigender Zustimmung der
Gemeindebehörde als öffentliche Mistablagerungs-
plätze in Verwendung.
Der k. k. Landes-Sanitätsinspector hat in
den verflossenen Monaten die sanitären Ver-
hältnisse mehrerer Istrianer Städte und Dörfer
erhoben und hiebei so entmuthigende Verbält-
nisse zu Tage gefördert, dass das eventuelle
Einschreiten der Oberbehérden, welche
gesichts der Unthätigkeit derjenigen Factoren,
die zur Abhilfe in erster Linie berufen wären,
obne eine schwere Verantwortung auf sich zu
an-
laden, nicht passiv bleiben könnten, vollkommen
gerechtfertigt erscheint.
Es ist der verehrlichen Gemeindevertretung
bekannt, dass die Handhabung der Sanitäts-
polizei im Grunde § 27 der Gemeindeordnung
insbesondere im Grunde des $ 3 des
Reichssanitátsgesetzes vom 30. April 1870,
R. G. Bl. Nr. 68, in den eigenen Wirkungs-
kreis der Gemeinde fällt. Wenn jedoch einer-
seits diesem Rechte der freien Wahl
torderlichen Mittel die unbedingte Verpflichtung
gegenüber steht, für das als nothwendig Er-
kannte vorzusorgen, s0 ist dieses Recht ander-
und
der er-
seits vornehmlich in Bezug auf das Ausmass
der zu treffenden Vorkehrungen eingeschränkt
durch das den Staatsbehúrden im Grunde des
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S 1 des eitirten Gesetzes eingeräumte Recht `
der Oberaufsicht in allen Sanitätsangelegen-
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heiten, insbesondere aber durch deren volle
und absolute Actionsfreiheit während des
Anzuges und der Dauer von Epidemien ($$ 2
und 4 des citirten Gesetzes).
Es bedingt daher nicht nur das Ansehen
der Gemeinden, sondern auch ihr eigenstes
Interesse, den bestehenden Uebelständen durch
geeignete’Massnahmen aus freien Stücken abzu-
helfen, da diese gegentheiligen Falls gesetz-
mässig auf ihre Kosten von den hiezu berech-
tigten Factoren würden durchgeführt werden.
Allerdings Landesausschuss
seinerseits erklären, dass er, in Kenntniss der
finanziellen Bedrängnisse fast aller Gemeinden
des Landes, diese nicht verpflichtet halten
kann zur sofortigen und erschöpfenden Durch-
führung von
muss der
welche ihre
Kräfte übersteigen, und auch nicht beanspruchen
Sanirungsarbeiten,
kann, dass Missbräuche und eingelebte, selbst
schlechte und unter Umständen verderbliche
Gewohnheiten, allesammt auf einmal behoben
werden, wenn sich eine unerträgliche Belastung
der
daraus
sich
ausserordentliche Unannebmlichkeiten
fir Private ergeben.
Gemeinden hiemit verbindet, oder
Hingegen könnte der Landesausschuss der
politischen Behörde, noch wollte er dies, wenn
er auch könnte, seine Mitwirkung, beziehungs-
weise seine Zustimmung nicht versagen hin-
sichtlich der Durchführung aller jener Assani-
rungsarbeiten, welche mit den finanziellen
Kräften der Gemeinden in Einklang gebracht
werden können.
Die Gemeinden werden daher zu diesem
Endeauf dieNothwendigkeit aufmerksam gemacht
zur Durchführung der wichtigeren, sanitären
Vorkehrungen einen entsprechenden Betrag in
den Voransehlag eines jeden Jahres, und zwar
als laufende Auslage einzusteilen.
Unterdessen aber werden die Gemeinden
zur Vermeidung der angedeuteten Folgen ein-
die
durchzuführen,
geladen, dringendsten Assanirungsmass-
nahmen beziehungsweise den
Privaten aufzutragen, und deren exacte Durch-
führung zu überwachen.
— 328 —
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Portugal. Die portugiesische Tagespresse brachte am 10. August Nachrichten über ver-
einzelte Pestfälle in der Stadt Oporto und wenige Tage darauf wurde das Vorkommen von
Pesterkrankungen daselbst amtlich constatirt, nachdem die vorgenommenen bacteriologischen
Untersuchungen den Nachweis der Pestbacillen erbracht hatten. Die ersten Erkrankungen datiren
vom 4. Juni d. J. Man vermuthete zuerst, dass die Einschleppung durch Waarenballen, welche
ein englischer Dampfer aus Bombay importirt hatte, erfolgt sei, später stellte sich diese Annahme
als unbaltbar heraus. Der erste Fall betraf einen Arbeiter an Bord eines Dampfers aus New-
York, welcher Getreide zuführte, der zweite einen Mann auf einem Dampfer, welcher Stockfisch-
ladung aus Norwegen löschte.
In den vom 4. Juni bis 5. August nen, an a sich daselbst
Erkrankungen (Todesfälle) an Pest: 2 (1), 6 (0), 5 (3), 3 (2), 4 (0), 2 (2), 1 (0), 1 (1),
5 (1) zusammen 29 (10), vom 6. bis 8. August kein Fall, am 9. 1, am 10. 2 Erkrankungsfälle,
am 11., 12., 13., 14. August kein Fall, am 15. ein lethaler Fall, am 16. und 19. je 2 Er-
krankungen, am 21. 1 Erkrankung, 2 Todesfálle, am 22., 23. und 24. je 2 Erkrankungen,
am 21. 2, am 22. und 23. je ein Todesfall.
Wegen Mangels eines Isolirspitales, welches erst errichtet werden soll mit einem Belegraum
für 100 Personen, wurden bisher die Kranken in den Spitiillern und Wohnungen isolirt, die
Häuser der letzteren strenge überwacht. Personen, welche abreisen wollen, unterliegen vorber
einer neuntägigen ärztlichen Ueberwachung, ihr Gepäck wird desinficirt, die Waarenausfubr ist
beschränkt. Besonderes Augenmerk wird der öffentlichen Hygiene zugewandt; die Strassen
werden begossen und mit Chlorkalk bestreut. Die Desinfection in Wohnungen und von Effecten
strenge gehandhabt. Die Abschliessung der Stadt durch einen Militärcordon soll bis 25. August
durchgeführt sein.
In der nördlich von Oporto gelegenen Stadt Braga starb ein aus Oporto Zugereister ap
Pest. Die Meldungen tiber weitere Verschleppungen der Krankheit nach Auswärts bestätigten
sich nicht.
Die Stadvertretung von Lissabon ordnete strengste Reinhaltung der Strassen an, lässt
durch ihre Aerzte die Quartiere regelmässig inspiciren und hat die Errichtung eines Crematoriums
in Aussicht genommen.
Mit Deeret vom 17. August wurden von der Regierung folgende Massnahmen
angeordnet:
1. Sämmtliche Vergnügungszüge, alle Jahrmärkte, Kirchweihfeste und andere Volks-
versammlungen werden verboten.
2. Mit der Eisenbahn abreisende Personen und Bedienstete werden einer ärztlichen
Untersuchung unterworfen und wird Jeder, der auch nur verdächtige Symptome darbietet,
zurückgehalten.
3. Aus Oporto Zureisende unterliegen im Orte des Reisezieles der sanitären Aufsicht
und müssen sich während aufeinanderfolgender neun Tage ärztlich untersuchen lassen.
a) Diese Untersuchung nehmen in Lissabon die Delegirten des Gesundheitsamtes, in den
anderen Verwaltungsbezirken die Aerzte der Municipalität vor.
b) Der Inspectionsdienst bei ankommenden Zügen wird in den Bezirkshauptstädten in den
Bahnhöfen activirt.
c) Den Ort für die weiteren ärztlichen Untersuchungen der Reisenden bestimmen die
Bezirksvorstände.
4. Jeder aus Oporto kommende Reisende erhält einen Schein, dessen Duplicat an den
Civilgouverneur einzusenden ist, und hat diesen Schein bei der Ankunft sowie bei den weiteren
Untersuehungen vorzuweisen,
5. Mit der Eisenbahn aus Oporto angekommene Reisende werden in den hiezu im
Bahnhofe bestimmten Räumen untersucht und in die erwähnten Scheine eingetragen.
a) Kraukheitsverdächtige Reisende werden sofort unter Beobachtung der nöthigen Vorsicbts-
massregeln in die für Isolirung bestimmten Localitäten abgegeben.
b) So lange die sanitäre Untersuchung in den Ankunftsbahnhöfen nicht activirt ist, sind
die Reisenden nichtsdestoweniger verpflichtet, sich innerhalb zwölf Stunden und während neun
Tagen in dem Verwaltungsamte zu melden.
c) Bis zur Eröffnung der Epidemiespitäler werden die Kranken und Verdächtigen in
Lissabon nach dem Quarantainelazaretlie gebracht, anderwärts nach provisorisch und den Um-
ständen gemäss hergestellten Plätzen und Privatheilanstalten.
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— 329 —
6. Das Gepäck der aus Oporto Abreisenden wird desinficirt, Waaren dürfen nur zur See
ausgeführt werden, es wäre denn, dass vor der Verladung eine Desinfection stattfand.
7. Besitzer und Verwalter von Hôtels und Gasthäusern müssen der Polizeibehörde
glich eine Liste der angekommenen Reisenden unter Angabe der Provenienz derselben
vorlegen.
Spanien verfügte zuerst Grenzsperre zu Land gegenüber Portugal, stellte einen Militär-
cordon auf, gestattet aber jetzt den Verkehr über die inzwischen errichteten Sanitätsstationen
und unterwirft portugiesische Seeprovenienzen der Quarantaine in einem Lazarethe nach
den Bestimmungen des Sanitätsgesetzes.
Niederlande. Der Minister des Innern erklärte Oporto als pestverseucht und unterliegen
daher im Sinne des Gesetzes vom 28. März 1877 dortige Provenienzen einer zehntägigen
Quarantaine.
Schweiz. Mit Verfügung vom 18. August d. J. wurde der Hafen von Oporto als von
Pest verseucht erklärt und das im Sinne der Venediger Convention (1897) gegenüber Pro-
venienzen aus Bombay erlassene Einfuhrverbot auf jene aus Oporto ausgedehnt.
Italien. Die Seesanitätsverordnung vom 17. August, Nr. 9, erklärt die portugiesischen
Häfen als pestverseucht und unterstellt dortige Provenienzen dem in den Seesanitätsverordnungen
vom $. Mai und 15. Juli 1897, Z. 3 und 6 angeordneten Verfahren. Die seesanitäre Behand-
lung der Schiffe findet nur in den Häfen von Genua, Livorno, Neapel, Nisida, Palermo, Messina,
Brindisi und Venedig statt. Die nach Ertheilung der libera pratica ausgeschiftten Personen
‚Reisende und Mannschaft) erhalten von der betreffenden Präfeetur ein Reisecertificat und werden
behufs zehntägiger Ueberwachung, welche von dem Zeitpunkte der Abfahrt aus dem letzten
verseuchten Hafen zu rechnen ist, der Gemeindevorstehung des Reisezieles telegraphisch an-
gezeigt.
Türkei. Ueber Beschluss des Sanitätsconseils unterliegen die seit 16. August aus einem
portugiesischen Hafen abgegangenen Schiffe einer zehntägigen Quarantaine.
Marokko. Provenienzen aus Oporto werden in allen Häfen zurückgewiesen, andere portu-
giesische Provenienzen einer strengen Quarantaine unterzogen.
Russland. Zeitungsnachrichten meldeten den Ausbruch der Pest im Gonvernement Astra-
chan. Amtlichen Nachrichten zufolge sind seit Mitte Juli in dem Orte Kolobovka des Bezirkes
Tsarewo in der Provinz Astrachan 21 Personen an Lungenentzündungen heftigen Charakters
gestorben, seitens der Regierung die entsprechenden Vorkehrungen für ärztliche Hilfeleistung
und Isolirung der betreffenden Localitäten eingeleitet worden. Ob es sich thatsächlieh um Pest
handelt, müssen die weiteren Nachrichten aufklären. |
Aegypten. Vom 27. Juli bis 26. August kamen in Alexandrien 13 Erkrankungen und
3 Todesfälle an Pest vor, vom 21. bis 26. Juli, an vielen Tagen des August wurde kein
Pestfall constatirt. In dem benachbarten Damanhur starb eine aus Alexandrien gekommene
Person an Pest. Die Behörde betreibt eifrigst die Assanirung der Stadt.
In der Türkei wurde die bestandene zwölftägige Quarantaine für ägyptische Provenienzen
auf zehn Tage herabgesetzt.
In Griechenland wurde die Quarantaine für Schiffe aus Häfen Aegyptens und des Rothen
Meeres auf zwölf Tage ausgedehnt, für Provenienzen aus dem Persischen Golf, aus Bombay und
Calcutta eine elftägige, im Lazareth zu Delos zu absolvirende Quarantaine angeordnet. Baum-
wolle darf aus Aegypten nicht eingeführt werden.
In Dänemark wurden Herkünfte aus Aegypten und Schiffe, welche mit ägyptischen Häfen
oder mit aus solchen kommenden Schiffen verkehrten, nach den Bestimmungen des Epidemie-
gesetzes behandelt. Hadern, alle Kleider ete. sind von der Einfuhr ausgeschlossen, Uebersied-
lungseffecten unterliegen vor der Einfuhr einer Desinfection.
Tunis. Schiffe, mögen sie direct oder mittelbar aus Aegypten kommen, werden in den
Häfen der Regentschaft zurückgewiesen, wenn sie Gepäckstücke führen, welche gebrauchte
Kleider, Teppiche, tbierische Rohproduete etc. enthalten.
Persien. Während der Woche vom 23. bis 29. Juli kamen in der zwischen Busehir und
Mohamera gelegenen Stadt Bender Dilem 6 pestverdächtige Todesfälle vor, bis 1. August
— 330 —
wurden 12 verdächtige Fälle gemeldet. In Buschir soll der letzte Fall am 11. Juli vorge-
kommen sein. In Aegypten werden Provenienzen aus Buschir nach den Bestimmungen des
Pestreglements behandelt.
Britisch-Ostindien. In den aufeinanderfolgenden sechs Wochen vom 2. Juli bis 14. August
wurden aus Bombay 59 Erkrankungen (57 Todesfälle), 77 (54), 75 (72), 74 (62), 93 (79),
96 (69) an Pest gemeldet. In der Präsidentschaft Bombay, in Kurachee, Calcutta und in den
Provinzen dauert die Epidemie fort.
Hongkong. Die Zahl der Erkrankungen (Todesfälle) an Pest betrug in der Woche vom
4. bis 10. Juni 100 (96), vom 11. bis 17. Juni 109 (107), vom 18. bis 24. Juni 148 (138),
vom 25. Juni bis 1. Juli 142 (144), vom 2. bis 8. Juli 100 (92).
Straits Settlements. In den vier aufeinanderfolgenden Wochen vom 11. Juni bis 8. Juli
wurden 11 (8), 7 (6), 4 (3), 4 (1) Erkrankungen, beziehungsweise Todesfälle an Pest
gemeldet.
China. Amoy wurde am m0 Juli für pestverseucht erklärt. Die Krankbeit tritt mit
steigender Heftigkeit auf.
Maskarenen. Auf Mauritius war die Epidemie in Zunahme: seit 8. Juli ereigneten sich in
den bis inclusive 4. August aufeinanderfolgenden vier Wochen Erkrankungen (Todesfälle) in
Folge derselben 20 (14), 36 (29), 30 (21), 52 (37).
In St. Denis auf der Insel Reunion sind in der ersten Hälfte Juli vereinzelte Fälle von
Pest aufgetreten. In Aegypten wurde gegen dortige Provenienzen das Pestreglement in Anwendung
gebracht, jedoch auf die Meldung, dass weitere Fälle nicht mehr vorgekommen sind, diese Ver-
fügung wieder aufgehoben.
Vermischte Nachrichten.
Ueber die Bestimmung der Krankenunterstützungsdauer in zeitlich getrennten Krank-
heitsfillen, welche auf die gleiche, in der Constitution des Erkrankten liegende Ursache
(Lungentuberculose) zurückzuführen sind. Die Statthalterei in W. hat die Bezirkskrankencasse
in W. anlässlich der in einem öffentlichen Krankenhause in W. erfolgten Verpflegung ihres
Mitgliedes J. H. zum Ersatze der Verpflegskosten an dieses Krankenhaus verpflichtet.
Dem dagegen von dieser Casse eingebrachten Ministerialrecurse, in welchem dieselbe
einwendete, dass J. H. in dem fraglichen Zeitraume nicht mehr Anspruch auf die Gewährung
der vollen Krankenunterstützung hatte, hat das k. k. Ministerium des Innern mit dem Erlasse
vom 8. Juni 1899, Z. 18007, mit folgender Begründung keine Folge gegeben:
J. H. hat die Krankenunterstützung für die Zeit vom 25. December 1896 bis 23. April 1897,
also durch 120 Tage. dann vom 4. Juli bis 1. October 1897, durch 90 Tage, also im Ganzen
allerdings durch 30 Wochen erhalten und es ist richtig, dass in allen Fällen Lüngentuberenlöse
als die Ursache seiner Erkrankung bezeichnet wird. Es ist jedoch dem entgegen zu halten, dass
J. H. am 23. April 1897 als erwerbsfähig aus dem Krankenstande entlassen wurde und in der
Zwischenzeit bis 4. Juli 1897 nach dem Verlassen keine Krankenunterstützung erhalten hat.
dass also eine derartige Unterbrechung seiner Krankheit eingetreten. beziehungsweise dass sein
Zustand in der Zwischenzeit ein solcher geworden war, dass er der im Krankenversicherungs-
gesetze vorgesehenen Fürsorge entbehren konnte, also keinen Anspruch auf die Casseleistungen
hatte. Auf dieses letztere Moment aber kommt es bei der Bestimmung der Krankheitsdauer für
die Zwecke des Krankenversicherungsgesetzes an, und nicht darauf, ob zwei zeitlich getrennte
Perioden der Hilfsbedürftigkeit auf gleiche in der Constitution des Patienten liegende Ursachen
zurückzuführen sind.
Demnach war J. H. in dieser Zwischenzeit, zwischen 23. April und 4. Juli, nicht als
krank anzusehen und jedenfalls der 4. Juli 1897 als der Tag des Beginnes einer neuen Unter-
atützungsperiode zu behandeln. Es war also zur Zeit seiner Aufnahme in das Krankenhaus die
für die Gewährung der vollen Krankenunterstützung im Statute mit 30 Wochen angesetzte
Mindestdauer keinesfalls abrelaufen. (Amtliche Nachrichten.)
Gemeindesanitätsdienst im Herzogthum Salzburg. Der Landtag des Herzogthumes
Salzburg hat über Antrag des Verwaltungsausschusses den für die Subventionirung von Ge
meindeärzten bestimmten Betrag für das Triennium 1899—1901 von 3000 auf 4000 fl. erhöht.
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Verantwortlicher KRedacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jaeper in Wien.
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Das Osterreichische Sanitatswesen.
Organ fúr die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitátsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium dee Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
Ae Rothbentburmstrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prénumerationspreis bei directer Postsusendung ganzjährig fl. 6.—.
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ZI. Jahrgang. Wien, 7. September 1899. Nr. 36.
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Inhalt. Die Flecktyphusepidemie in Búbmen im Jahre 1899. (Schluss.) — Sanitätsgesetze und
Verordpungen: Verordnung des k. k. Ministeriums des Innern, mit welcher die Taxansätze für die mit
abgabefreiem Branntwein hergestellten Heilmittel aufgehoben werden; Verordnung der Ministerien des
Innern, des Handels und der Finanzen, betreffend die Ausdehnung des Verbotes der Ein- und Durch-
fubr gewisser Waaren und Gegenstände aus Aegypten auf Portugal; Erlässe der niederösterreichischen
Statthalterei, betreffend die Berichterstattung über wichtige Vorkommnisse etc. — Stand der Pest und
Massnahmen gegen dieselbe. — Vermischte Nachrichten.
Die Flecktyphusepidemie in Böhmen im Jahre 1899.
(Aus einem amtlichen Berichte der k. k. Statthalterei in Prag.)
(Schluss.)
Il Vorkehrungen.
Bei dem stürmischen und nahezu zu gleicher Zeit vorgekommenen mehrseitigen
Auftreten der Epidemie mussten nebst localen Vorkehrungen, welche auf die Abwendung
der Gefahr der Infectionsverbreitung in den inficirten Gemeinden und von diesen
auf die Umgebung abzielten, auch präventive Massnahmen mehr allgemeiner Natur
getroffen werden.
Von den in ersterer Hinsicht angeordneten sanitätspolizeilichen Massregeln sei
msbesondere hervorgehoben die Fürsorge für die Isolirung der Erkrankten. Da, wo
lsolirlocalitäten zur Verfügung standen, oder rasch beschafft werden konnten, wurde
die Uebertragung des Kranken dahin und die Desinfection seiner Wohnung, aller
Effecten sowie der in Verwendung gekommenen Transportmittel ausnahmslos unter
amtsärztlicher Aufsicht veranlasst.
Zu diesem Zwecke wurde eine strenge Beaufsichtigung und Instruirung des
zum Krankentransporte verwendeten Personales angeordnet. Wo mangels eines
geeigneten Locales oder aus dem Grunde, weil die Abgabe des Kranken in aus-
wärtige Pflege seitens der Angehörigen nicht zugelassen wurde, die Isolirung im
Spitale nicbt durchgeführt werden konnte, musste sich auf die thunlichste Separirung
des Kranken in der Familie und auf die Erlassung des Verbotes jeglichen Verkehres
mit dem inficirten Hause beschränkt werden.
Die Verpflegung der in solcher Art abgesonderten Familien wurde bis zum
Zeitpunkte der durchgeführten Schlussdesinfection durch den Gemeindevorstand
veranlasst. Die mit dem Kranken in letzter Zeit in Verkehr gestandenen Personen
wurden genau in Evidenz geführt und der ärztlichen Beobachtung unterzogen.
36
— 332 —
Im Hinblick auf die namhafte Verbreitung der Epidemie im Landskroner Be-
zirke über mehrere Ortschaften, in denen geeignete Isolirlocalitäten nicht beschaftt
werden konnten, wurde beim Landeshilfsvereine vom Rothen Kreuze um die dies-
bezügliche Mitwirkung angesucht und wurden über Vermittlung des letzteren von
der Bundesleitung in Wien hereitwilligst drei Nothbaracken für diesen Bezirk zur
Verfügung gestellt, deren eine in Liebenthal, die andere in Friedrichswalde zur
Aufstellung kam; die dritte wurde für etwaige Bedarfsfälle auf dem Bahnhofe in
Landskron in Reserve gehalten. Nur die Baracke in Liebenthal kam in Verwendung,
die in Friedrichswalde blieb unbenützt, weil Dank dem energischen und umsichtigen
Eingreifen der berufenen Organe die Erkrankungen in Friedrichswalde und in dem
angrenzenden Landsberg auf die seit dem Epidemiebeginne infieirten Familien be-
schränkt blieben.
Um in Militärstationen, wo eventuell aus Anlass des Epidemieausbruches Militär-
baracken zur Aufstellung kommen sollten (wie dies in Theresienstadt der Fall war,
die Beschaffung besonderer Unterkunftsräume für etwaige Erkrankungsfälle unter der
Civilbevölkerung sowie die Fiirsorge einer besonderen Krankenwartung entbehrlich
zu machen, wurde über Einschreiten der Statthalterei seitens des k. und k. 9. Corps-
Commandos die Mitbenützung solcher Baracken fürs Civil sofort. seitens des
k. und k. 8. Corps-Commandos über Anordnung des k. und k. Reichs-Kriegsmini-
sterium in Aussicht gestellt.
Von den weiteren localen Vorkehrungen verdient hervorgehoben zu werden
die detaillirte Anordnung des Desinfectionsverfahrens im Sinne der Ministerial-
vorschrift vom 16. August 1887, Z. 20662*), sowohl bezüglich der vom Kranken
während der Dauer der Erkrankung abgelegten Wäsche als auch hinsichtlich der
Schlussdesinfection. Zur Desinfection solcher Effecten, welche für die Behandlung
mit Dampf geeignet sind, wurde die Verwendung von Dampfdesinfectoren, welche
eventuell ausgeborgt werden mussten. zur Pflicht gemacht.
Die zur Beförderung der Kranken oder der Leichen gebrauchten Transport-
mittel wurden ebenso wie die dabei in Verwendung gekommenen Personen der vor-
geschriebenen Desinfection unterzogen. Die Ueberführung Flecktyphuskranker in
andere Gemeinden wurde verboten.
In Hinsicht auf die Krankenwartung wurde den Gemeinden die Nothwendigkeit
der Fürsorge für geeignete Wartepersonen nahegelegt und empfohlen, hiezu in erster
Reihe Personen in Aussicht zu nehmen, welche den Flecktyphus bereits über-
standen haben.
Für die Isolirbaracke in Liebenthal wurde seitens des Frauenhilfsvereines vom
Rothen Kreuze eine geschulte Wärterin zur Verfügung gestellt; im Isolirlocale io
Neubenatek kam eine verlässliche Krankenwärterin des Prager k. k. allgemeinen
Krankenhauses, welche in der letzten Epidemie Flecktyphuskranke gepflegt und die
Krankheit durchgemacht hatte, in Verwendung.
Die Bestellung besonderer Epidemieärzte wurden im Isolirhause in Lieben und
in der Nothbaracke in Liebenthal nothwendig.
Selbstverständlich wurde den Gemeinden inficirter Bezirke behufs Ermöglichung
eines rechtzeitigen Einschreitens die gewissenhafteste Handhabung der Vorschriften
über die Verpflichtung zur Anzeige vorkommender infectiöser Erkrankungsfälle ein-
geschärft, der IHausirhandel in solchen Bezirken eingestellt.
Um auch dem Herumziehen von Bettlern von Haus zu Haus zu steuern.
wurde für Gemeinden mit vorwiegend armer Bevölkerung — so namentlich in den
Bezirken Senftenberg und Landskron — die Begründung von besonderen Suppen-
anstalten dringend empfohlen und wurden solche in allen grösseren Gemeinden, wo
Flecktyphuskranke waren. sofort nach der Constatirung activirt.
*) Siehe Jahrg. 1890 d. Bl, Separatbeilage zu Nr. 29, S. 14.
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— 333 —
In dieser Weise wurden die Vaganten in ihren Behausungen zurückgehalten
und vom Herumbetteln abgewendet.
Von Präventivmassnahmen sei erwähnt, dass nach Constatirung der Epidemie
in Lieben — in der nächsten Nähe der Landeshauptstadt — an alle bedroliten Be-
zirkshauptmannschaften in der Umgebung Prags und an den Magistrat der kgl. Haupt-
stadt die Aufforderung gerichtet wurde, Anstalten zu treffen, dass für die Bereithaltung
isolirter Krankenunterkünfte und für Krankentransportmittel entsprechend vorgesorgt,
der Behebung sanitärer Mängel in allen Localitäten, wo Fremde und namentlich
vagirende Personen nächtigen, sowie dem Gesundheitszustande der letzteren ein be-
sonders wachsames Auge zugewendet, dass für die Reinhaltung und ausgiebige
Durchlüftung der Localitäten für Arrestanten und Schüblinge Sorge getragen und
die schleunigste Anzeige etwa vorkommender infectionsrerdächtiger Erkrankungsfälle
nicht unterlassen werde.
Das k. k. Oberlandesgericht wurde ersucht, anzuordnen, dass in sämmtlichen
Arresten der Gerichte des Prager Polizeirayons eine etwaige Ueberfüllung der De-
tentionsräume hintangehalten werde, dass die letzteren stets rein gehalten eventuell
desinfieirt und die zuwachsenden Häftlinge der ärztlichen Untersuchung unterzogen
werden.
Unter Mittheilung der bezüglich der allgemeinen Krankenhäuser getroffenen,
auf Bereithaltung der Isolirlocalitäten abzielenden Massnahmen wurde der Landes-
ausschuss des Königreiches Böhmen zugleich ersucht, behufs Förderung der Epidemie-
tlgungszwecke durch die Districtsärzte entsprechend einzuwirken und namentlich
auch die Verpflegsstationen rücksichtlich des Gesundheitszustandes der Aufgenommenen
ärztlich überwachen zu lassen. Seitens dieser Landesbehörde wurde an die Landes-
humaritätsanstalten ein Circulare mit besonderen Verhaltungsmassregeln erlassen und
angeordnet, aus inficirten Gemeinden kommende Personen abgesondert unterzubringen
und solange ärztlich zu beobachten, als die Infectionsgefahr nicht ausgeschlossen ist.
Ueber Antrag des Landessanitätsrathes wurde eine allgemeine Belehrung*) über
den Schutz der Personen beim Auftreten der Infectionsgefahr sowie eine Anleitung
über das Benehmen rücksichtlich Flecktyphuskranker und ihrer Effecten ver-
lautbart.
*) Siehe S. 133. d. Bl.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
werden die mit der Verordnung des Ministeriums
des Innern vom 3. December 1898, R. G. Bl.
Nr. 219,*) in der Arzneitaxe fiir das Jahr 1899
mit welcher die Taxansitze fiir die mit ab- | herausgegebenen ,, Taxansi&tze fiir diealkoholischen
gabefreiem Branntwein hergestellten Heil- | Heilmittel der Pharmakopöe und Thierheilmittel,
Verordnung des k. k. Ministeriums des |
mutter una dle merapr Pertgiicho Best. insoferne dieselben mit abgabefreiem Spiritus
i
Innern vom 30. August 1899,
R. G. Bl. Nr. 169,
mung des § 10, al. 3, der Verordnung des
Ministeriums des Innern vom 3. December
1898, R. G. Bl. Nr. 219, aufgehoben werden.
bereitet werden“, sowie die hierauf bezügliche
Bestimmung des $ 10, letztes Alinea der
eitirten Verordnung ausser Kraft gesetzt.
Diese Verordnung tritt mit 1. September
1599 in Wirksamkeit.
In Folge der mit der kaiserlichen Ver-
ordnung vom 17. Juli 1899, R. G. BI. 120,
II. Theil, getroffenen Abänderung des $ 6 des
Gesetzes vom 20. Juni 1855, R. G. Bl. Nr. 95,
womit die Steuerfreiheit des zu Heilzwecken
verwendeten Branntweins aufgehoben wird, |
*) Siehe Jahrg. 1898 d. B1., S. 460.
*
36*
— 334 —
Verordnung der k. k. Ministerien des | vom 10. December 1896, Z. 113167, betreffend
Innern, des Handels und der Finanzen | Todesfälle in Folge der Narkose oder bei Ope-
vom 31. August 1899, rationen, Jahrbuch V, I. Theil, S. 356 und
410*) ausgesprochenen Verpflichtung zur An-
R. G. BI. Nr. 170,
zeige aller wichtigen Vorkommnisse so rasch
betreffend die Ausdehnung des Verbotes der
Ein. und Durchfuhr gewisser Waaren and
Gegenstánde aus Aegypten, R. G. Bl. Nr. 99
ex 1899, auf Portugal.
|
als méglich nachzukommen.
Solehe Vorkommnisse sind z. B.: Tod in
der Narkose oder während einer Operation,
Selbstmord oder Entweichen eines Patienten,
Rauf- oder sonstige Excesse in den Räumen
|
Aus Anlass der in Oporto vorgekommenen
E Spitales, aussergewöhnliche Begegnungen
|
Pestfälle wird zum Zwecke der Verhütung der
Einschleppung ansteckender Krankheiten im
Einvernehmen mit der königlich ungarischen
Regierung das mit der Ministerialverordnung
vom 6. Juni 1899, R. G. Bl. Nr. 99,*) er-
lassene Verbot der Ein- und Durchfuhr ge-
wisser Waaren und Gegenstände aus Aegypten
auf Portugal ausgedehnt.
mit Parteien, Brände, Auftreten seltener Infec-
tionskrankheiten, Angriffe in Zeitungsartikeln.
Derartige Vorfallenheitsberichte sind
thunlichst in Notizform zu verfassen und so
rasch als möglich durch einen Diener dem De-
partement VIII, Bräunerstrasse 4, zu über-
bringen. Die Abfassung eines Conceptes, be-
ziebungsweise einer Mundirung, sowie Titel
(Aufschrift) Einleitungs- und Schlusssätze haben
zu unterbleiben, doch müssen Schrift und Form
derart sein, dass der Bericht zur etwaigen
| höheren Vorlage geeignet ist.
| Vorfallenheitsberichte über das Auftreten
| seltener schwerer Infectionskrankheiten oder
Erlass der k.k. niederösterreichischen | über den begründeten Verdacht solcher Krank-
Statthaltereivom14.Juni 1899, 2.3278, | heiten sind in zwei Parien auszufertigen, wovon
eines dem Departement VIII, das andere dem
| Departement XI zuzustellen ist.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage, an
welchem sie den betreffenden Zollämtern,
beziehungsweise Sanitätsbehörden bekannt wird,
in Kraft.
an alle Wiener k. k. Krankenanstalten-Direc-
tionen, beziehungsweise Leitungen; .
Auch zur Anzeige kurzer Absenzen des
Directors (Leiters) oder den Anstaltsärzten
gewälhrter kurzer Urlaube, sowie der Rückkehr
Die k. k. Statthalterei hat in letzter Zeit | des Directors (Leiters) oder Arztes und in
wiederholt die Wahrnehmung gemacht, dass Ähnlichen Personalangelegenheiten kann dieses
ungeachtet der ausführlichen Bestimmungen des Formulare benützt werden.
h. o. Normalerlasses vom 21. März 1895, Besonders wichtige Vorfallenheiten
Z. 27631, Jahrbuch IV., II. Theil, S. 522,**) . sind vorbehaltlich der Erstattung des eben vor-
über wichtige Vorfälle in den Wiener k. k. | geschriebenen Vorfallenheitsberichtes, sofort
Krankenanstalten, obwohl diese auch in den | telephonisch dem Statthalterei-Präsidium an-
Tagesblättern besprochen waren, entweder nicht zuzeigen.
oder verspätet berichtet wurde, Weiters ist in allen Fällen, wo das ge
Die Direction (Leitung) wird demnach | meldete Vorkommniss Anlass zu einer dortseitigen
dringendst aufgefordert, der in dem eitirten Verfügung bietet (Protokollarerhebung, Anzeige
Normalerlasse, weiter in den Normalerlässen | an die Polizei oder an das Gericht) dies um
vom 3. Jänner 1356, Z. 121649 ex 1895 und Schlusse der Anzeige in Kürze anzuführen,
— jedoch ist selbstverständlich zur Erstattung des
*) Siehe S. 213 d. Bl. EE
|
~*) Siehe den nachfolgenden Erlass. *) Siehe Seite 335.
betreffend die Berichterstattung über wich-
tige Vorkommnisse.
33
Vorfallenbeitsberichtes keineswegs erst das Er | Vorfallenheiten solcher Art
gebniss dieser Erhebungen oder Verfügungen
abzuwarten.
Durch Erstattung dieser möglichst rasch
sorzulegenden und daher möglichst kurz zu
verfassenden Anzeigen wird übrigens die Ver-
plichtung zur ausführlichen Berichterstattung
in besonders wichtigen Fällen keineswegs auf-
gehoben, namentlich dann nicht, wenn über den
Gegenstand der Anzeige von der Statthalterei
eine Amtshandlung vorzunehmen kommt, wenn
eine hieramtliche Verfügung erbeten wird oder
dortigerseits Anträge gestellt werden. In solchen
Fällen ist in dem Vorfallenheitsberichte der in
Aussicht stehende Bericht anzukündigen.
In diesen ausführlichen Berichten wird
auch wie bisher bei Todesfällen in der Narkose
über das Ergebnis der gerichtlichen Obduction
und etwaiger weiterer gerichtlicher Erhebungen, ı
über die Qualität des verwendeten Chloroforms !
und bei Selbstmorden oder Entweichungen von
Patienten etc. über die erfolgte Anzeige an das
Gericht oder die Polizei zu berichten sein.
Erlass der k. k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 21. März 1895,
Z. 27631,
an alle Directionen (Leitungen) der Wiener
k. k. Krankenanstalten,
betreffend Berichterstattung über wichtige
Vorfallenheiten in den Wiener k. k. Kranken.
anstalten.
Es ist in der letzten Zeit wiederholt vor-
sekommen, dass die Statthalterei erst durch die
Berichte der Tagesblätter von wichtigen Vor-
in den Wiener k. k. Kranken-
sich
fallenheiten
anstalten, welche entweder an und für
vder mit Rücksicht auf die begleitenden Um
Bedeutung und der
öffentliches Auf-
sehen zu erregen und welche auch thatsäch-
stände von besonderer
Sache nach geeignet. waren,
lieh öffentlich besprochen wurden, Kenntniss
erhielt.
Das dies bei einer geregelten Administration
nicht vorkommen darf, wird die Direction
Leitung) hiemit erinnert, Vorkommnisse oder
-
Ə
|
B. Brände,
ausser-
(z.
Ungliicksfálle, Selbstmorde, Excesse,
gewöhnliche Begegnungen mit Parteien) jedes-
mal sofort in Kürze telephonisch und hierauf
ausführlich schriftlich anhber zu melden, und
zwar gleichfalls mit thunlichster Beschleunigung.
In dem schriftlichen Berichte sind immer
alle Thatumstände genau anzugeben und die
allenfalls schuldtragenden Personen zu nennen,
ferner die Massnahmen anzuführen, welche
seitens der Direction (Leitung) mit Rücksicht
auf etwa nothwendige Abhilfen, die Sicher-
Thatbestandes, die Verant-
u. 8. w. eingeleitet
stellung des
wortung Schuldtragender
oder durchgeführt wurden.
Selbstverständlich ist jedesmal auch direct
die Anzeige an die Behörde (Gericht oder
Polizei) zu erstatten, wenn strafbare Hand-
| lungen unterliefen, welche der Ahndung durch
letztere unterliegen, und ist dieser Umstand in
dem hieher zu erstattenden Berichte immer
besonders zu erwähnen.
+
Erlass der k. k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 3. Jänner 1896,
Z. 121649 ex 1895,
an alle Directionen (Leitungen) der Wiener
k. k. Krankenanstalten,
betreffend die Anzeige der Todesfälle in Folge
von Narkose.*)
In der Directorenconferenz am 19. Decem-
ber 1595 wurde die Frage aufgeworfen, ob die
Spitalsvorstehung verpflichtet sei, der Behörde
die Anzeige zu erstatten, wenn ein Patient
während der Narkose oder nach derselben
stirbt.
Mit Beziehung hierauf wird der Direction
(Leitung) Nachstehendes zur Darnachachtung
eröffnet:
Bei der Anwendung von Narkotisirungs-
mitteln kommt es in einer Anzahl von Fällen
vor, dass trotz der peinlichsten Beobachtung
aller durch die Erfahrung gebotenen Vorsichten
in Folge unbestimmbarer individueller Körper-
beschaffenheit der Narkotisirten der Tod während
oder nach der Narkose eintritt.
ng Siehe auch S. 260 d. Bl.
— 336 —
Dafür, dass diese Fälle auf die verhältniss- | scheiden berufen ist, so ergibt sich hieraus die
mässig geringe und — wie es bereits scheint — | Verpflichtung zur Anzeigeerstattung, welche
dermalen noch unvermeidliche Zahl beschränkt | nicht blos in der ärztlichen Privatpraxis, sondern
bleiben, bietet der staatlichen Oberaufsicht die , auch in der öffentlichen Spitalsbehandlung —
Einrichtung der k. k. Krankenanstalten, insbeson- | und zwar hier auch unter dem höheren Ge-
dere die hohe ärztliche Ausbildung und Er- | sichtspunkte der Aufklärung und Beruhigung
fahrung, sowie die integre Vertrauenswürdigkeit | des auf die Anstaltenpflege angewiesenen
der bestellten verantwortlichen Abtheilungs- | Publicums — zu entsprechen ist.
vorstände wohl eine ausreichende Gewähr.
Nichtsdestoweniger muss daran festgehalten
werden, dass bei einem derartigen ausser-
gewöhnlichen Ereignisse der Tod nicht als eine
natürliche Folge der Krankheit, wegen welcher
behufs operativer Behandlung narkotisirt wurde,
Es ist daber die Anzeige über die in einer
Wiener k. k. Krankenanstalt vorgekommenen
Todesfälle in Folge von Narkose behufs Ein-
leitung der vorgeschriebenen ersten Erhebungen
seitens der Direction (Leitung) der betreffenden
Anstalt unter allen Umständen unverweilt an
die k.k. Polizeibehörde und mit Rücksicht auf
die Verpflichtung der Directionen (Leitungen),
wichtige Vorfallenheiten der vorgesetzten
Administrationsbehörde zu melden, gleichzeitig
auch hieher zu erstatten.
%
sondern in Folge Vergiftung als unnatiirlicher
Todesfall auftritt, bei welchem das fiir un-
natürliche Todesfälle vorgeschriebene Verfahren
eingeleitet werden muss. Massgebend in dieser
Beziehung erscheinen die Bestimmungen des
§$ 336, lit. d und 359 des Strafgesetzes, ferner
die Bestimmungen des § 3, lit.c der Ministerial-
Verordnung vom 28. Jänner 1855, R. G. BI.
Nr. 26, und des Punktes 2 der Ministerial-
Verordnung vom 8. April 1857, R. G. Bl.
Nr. 73.
Da im Sinne dieser Vorschriften bei Todes-
Mit dem Ministerialerlasse vom 27. No-
vember 1896, Z. 3800, Statthaltereierlass vom
10. December 1896, Z. 113167, wurde angeordnet,
dass jeder Todesfall während der Operation auch
dann, wenn die Chloroformnarkose nicht als un-
mittelbare Veranlassung desselben angesehen wird,
sofort der k. k. Statthalterei anzuzeigen ist, und
dass das bezügliche Obductionsprotokoll und die
Krankengeschichte nebst dem Berichte über etwa
durchgeführte Erhebungen vorzulegen sind.
füllen in Folge von Narkose die zuständige
Gerichts-, beziehungsweise politische Behörde
über die Einleitung der gerichtlichen, beziehungs-
i EE DE
weise sanitätspolizeilichen Leichenötfnung zu ent-
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Portugal. Am 25. August wurde in Oporto kein Pestfall gemeldet, am 26., 27. und 23.
je 1 Todesfall, am 29. August 2, am 30. eine Erkrankung und ein Todesfall bei einem
früher Erkrankten.
Die Regierung ordnete die Abschliessung der Stadt an, welche zu Land durch einen
Militäreordon, auf der Seeseite durch eine dreifache Reihe von Wachschiffen (auf dem Flusse, im
Hafen und auf der See) bewerkstelligt wird. Für die Verproviantirung der Stadt ist vorgesorgt.
Reisende, Gepäck und \Vaaren dürfen nur an den Stellen und unter den Bedingungen, welche
die Regierung festsetzt, in einem Sonderzuge die Stadt verlassen. Für die Revision und Des
infection der Abreisenden ist das Lazareth in Granja bestimmt. Uebertretungen der sanitären
Vorschriften werden mit schweren Strafen bedroht.
Frankreich. Schiffe aus Oporto werden nur in den Häfen von Algier, Marseille, Pauillac
(Bordeaux), St. Nazaire, Havre und Dünkirchen zugelassen und gemäss den Bestimmungen der
Venediger Convention (1897) behandelt. Die Anordnungen des Decretes vom 15. April 15%
wurden durch jene des Decretes vom 15. Juni d. J. verschärft. Von allen aus portugiesischen
oder spanischen Häfen in Frankreich eintretenden Schiffen wird die Beibringung von Gesund-
heitsattesten verlangt.
— 337 —
Belgien. Ein Decret vom 17. August d. J. erklärt Provenienzen aus Aegypten, Portugal
und von den Maskarenen als verseucht und unterwirft dortige Seeprovenienzen der in der
Venediger Convention vorgesehenen Behandlung in den Quarantainestationen in der Schelde,
sowie in den Häfen von Ostende, Nieuport und Selzaete. Schiffe aus Portugal müssen mit
Sanitätspässen versehen sein.
Niederlande. Die Ein- und Durchfuhr aus Oporto von Hadern, alten Kleidern, unge-
waschener Leib- und Bettwäsche, und zwar von beiden letzteren auch, wenn sie Bestandtheile vom
Reisegepäck sind, wurden verboten. Die Ein- und Durchfuhr ist gestattet für Waaren, welche,
wenn sie auch aus Oporto kommen, erwiesenermassen von anderswo herstammen und so verpackt
und transportirt worden sind, dass sie mit inficirten Gegenständen in keine Berührung kommen
konnten; die Durchfuhr von Waaren aus Oporto ist zulässig, wenn selbe so verpackt sind,
dass unterwegs jede Manipulation oder Behandlung derselben ausgeschlossen war.
Dänemark. Schiffe aus portugiesischen Häfen und Schiffe, welehe mit portugiesischen
Provenienzen unterwegs in Verkehr getreten sind, werden gemäss dem Gesetze vom 2. Juli 1870
im Seelazareth zu Kaensö in Schweden in Quarantaine gesetzt.
Die Einfuhr aus Portugal ist untersagt für Hadern, Lumpen, gebrauchte Watte, Woll-
abfälle, Papierschnitzel, Teppiche, Stickereien, Rohseide, Haare, Häute, thierische Rohstoffe,
schmutzige Wäsche, benütztes Bettzeug, getragene Kleider. Im Reisegepäcke befindliche Kleider
und Wäsche unterliegen nicht dem Einfuhrverbote, werden aber desinficirt.
Deutsches Reich. Mit kaiserlicher Verordnung vom 22. August wurde zur Verhütung
der Einschleppung der Pest dıe Einfuhr von Leibwäsche, alten und getragenen Kleidungs-
stücken, gebrauchtem Bettzeug, Hadern und Lumpen jeder Art aus Portugal bis auf Weiteres
verboten. Leibwäsche, Bettzeug und Kleider dürfen im Reisegepäcke eingeführt, jedoch kann
die Gestattung der Einfuhr von vorheriger Desinfection abhängig gemacht werden.
Dem Reichskanzler ist die Gestattung von Ausnahmen vom Einfuhrverbote und die Aus-
debnung desselben auf Portugal benachbarte Länder vorbehalten.
Laut Bekanntmachung des Hamburgischen Senats vom 1. September wurden alle aus
den von Pest befallenen Häfen kommenden, sowie jene Schiffe, welche solche Häfen angelaufen
haben, nach Massgabe des Gesetzes vom 18. April 1898 in Cuxhaven durch einen dort statio-
nirten Arzt unter Leitung des hamburgischen Hafenarztes, einer strengen gesundheitspolizei-
lichen Controle unterzogen, damit Pestkranke oder der Krankheit Verdächtige an Bord im
Quarantainelazareth zurückgehalten werden und das Schiff nur nach vorheriger Desinfection in
den Hamburger Hafen gelang.
Mit Rücksicht auf das Auftreten der Pest in Oporto wurde vom Reichskanzler für den
Fall, dass trotz der getroffenen Vorsichtsmassregeln eine Einschleppung derselben erfolgen sollte,
die Anordnung der Anzeigepflicht für solche Erkrankungen und Verdachtsfälle angeregt und
machte daher der Senat die Aerzte auf ihre Verpflichtung, von jedem solchen zu ihrer Kenntniss
kommenden Falle innerhalb 24 Stunden dem Medicinalbureau in vorgeschriebener Weise Mit-
theilung zu machen, aufmerksam. Desgleichen wurde allen mit der Behandlung und Pflege dieser
Kranken beschäftigten Personen, Haushaltungsvorständen und Wohnungsinhabern die Anzeige-
pflicht in Erinnerung gebracht.
Die Führer von Seeschiffen und Flussfahrzeugen, auf denen in den Häfen des ham-
burgischen Staatsgebietes ein Erkrankungs- oder Todesfall an Pest oder pestverdächtiger
Krankheit vorkommt, sind gleichfalls verpflichtet, hievon unverzüglich die Anzeige zu erstatten
und zwar an den Haufenarzt, in Cuxhaven an den Vertreter desselben.
Schweiz. Laut Bundesrathsbeschluss vom 22. August finden im Reiseverkehre folgende
Vorkehrungen Anwendung. Aus pestverseuchten Gegenden ankommende Reisende sollen im
Ankunftsorte während 10 Tagen, vom Zeitpunkte der Abreise gerechnet, einer gesundheitspolizei-
lichen Ueberwachung unterstellt werden. Der mit der Ueberwachung betraute Arzt oder
Sanitätsbeamte hat sich täglich wenigstens einmal in discreter Weise von dem Befinden dieser
Personen zu überzeugen und, falls er verdächtige Zeichen an denselben wahrgenommen hat, die
zuständige Gesundheitspolizeibehörde zu benachrichtigen. Mit der ersten Personalinspection ist
die sanitäre Revision, eventuell auch Desinfection des Gepäckes zu verbinden, sofern eine solche
nicht schon in der Eingangsstation stattgefunden hat.
Die freie Bewegung der der Ueberwachung unterstellten Personen darf, solange sie und
ihre Angehörigen gesund und unverdächtig sind, nicht gehindert werden. Wenn aber eine solche
Person vor Ablauf der 10 Tage weiterreist, ist hievon die Gesundheitsbehörde des nächsten
Aufenthaltsortes zu verständigen.
— 338 —
Besitzer von Gastböfen, Pensionen, Logirhäusern, Herbergen müssen die bei ihnen an-
gekommenen Personen, welche vor weniger als 10 Tagen an einem ämtlich als pestverseucht
erklärten Orte waren, der localen Gesundheitspolizeibehörde oder einer von der letzten be-
zeichneten Meldestelle anzeigen.
Personen, welche vor weniger als 10 Tagen einen pestverseuchten Ort verlassen haben,
‘sind verpflichtet, sofort nach ihrer Ankunft an einem Aufenthaltsorte dem Quartiergeber hievon
Mittheilung zu machen, und wenn sie vor Ablauf der 10tägigen Ueberwachungsdauer weiter-
reisen, dem überwachenden Arzte oder Sanitätsbeamten das nächste Reiseziel anzugeben.
Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften unterliegen den Strafbestimmungen des Art. 9
des Bundesgesetzes, betreffend Massnahmen gegen gemeingefährliehe Epidemien vom 2. Juli 1556
(Geldbusse von 10—500 Francs, welche in schwereren Fällen, insbesondere bei absichtlicher
Umgehung sanitätspolizeilicher Anordnungen bis auf 1000 Frances erhöht werden kann, sofern
nicht die cantonalen Strafgesetze zur Anwendung kommen. Nicht einbringliche Geldbussen
werden nach dem Massstabe von 5 Francs per Tag in Gefängnissstrafe umgewandelt).
Mit Kreisschreiben des eidgenössischen Departements des Innern vom 23. August wurden
alle Cantonregierungen auf die bei dem Näherrücken der Pest und der kurzen Dauer der Reise
aus den verseuchten Orten nach der Schweiz erhöhte Gefahr der Einschleppung aufmerksam
gemacht und denselben bei Ausführung des Bundesrathsbeschlusses vom 22. August die angeordnete
10tägige Ueberwachung der Ankómmlinge aus Pestgegenden, eine Massvahme, welche sich nach
dem amtlichen Berichte über die Pest in Indien daselbst als ausserordentlich nützlich er-
wiesen hat, empfohlen. Gleichzeitig wurde die Nothwendigkeit der Errichtung von Isolirlocali-
täten, der Bereitbaltung von Krankentransportmitteln und Desinfectionseinrichtungen und Mate- `
rialien, die Fürsorge für Krankenpflege und Desinfectionspersonale betont.
Grosses Gewicht legt das Kreisschreiben auf die Durchführung der im Epidemiegesetze
vorgesehenen allgemeinen prophylaktischen Vorkehrungen, speciell auf Reinhaltung der Wob-
nungen und Ortschaften.
Rumänien. Schiffe aus Portugal unterliegen im Hafen von Sulina einer 10tägigen Quaran-
taine. Zu Lande aus Portugal Ankommende werden untersucht, desinficirt und im Aufenthalts-
orte während 12 Tagen einer sanitären Ueberwachung unterstellt. Gemüse, rohe Häute und Wolle,
gebrauchte Säcke dürfen aus Portugal nicht eingeführt werden.
Algier. Provenienzen aus Oporto dürfen nur über den Hafen von Algier einlaufen, solche
aus anderen portugiesischen und spanischen Häfen unterliegen einer besonderen Ueberwachung.
Aegypten. Auf Provenienzen aus Oporto und Lissabon findet das Pestreglement An-
wendung.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 20.—26. August:
in Galizien in den politischen Bezirken: Brody: Zalozee 1; Grodek: Lubien
maly 5; Husiatyn: Kluwince 2; Kosow: Holowy 2, Jablonica 1: Nadworna: Delatyn 1*),
Ostawy ezarne 1; Rzeszow; Hennanowa 4; Sanok: Sanok 3; Stryj: Lawoczne 4; Tlumacz:
Kozywotuly nowe 2; Trembowla: Brykula nowa 3;
in der Bukowina im politischen Bezirke Witznitz: Jablonica 3.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 20.—26. August:
in Galizien in den politischen Bezirken: Bohorodezany: Lachowce 5;
Husiatyn: Hadynkowce 1, Nizborg stary 1; Jaworow: Wulka zmijowska 1; Nadworns:
Ostawy ezarne 1; Rawa: Werchrata 6; Stryj: Slawsko 1; Tlumacz: Ottynia 4:
Zaleszezky: Tluste 5; Zloczow: Pobocz 1;
in der Bukowina im politischen Bezirke Radautz; Radautz 1.
*) In der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmeaetraseaece 1S.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fl. 6.—.
ZI. Jahrgang. Wien, 14. September 1899. Nr. 37.
Inhalt. Das Kaiser Franz Josef-Krankenhaus in Mährisch-Ostrau. — Sanitätsgesetze und Ver-
ordoungen: Circular-Erlass der Statthalterei in Galizien, betreffend den Bezug von Diphtherie-Heilserum
aus dem hygienischen Institute aus Krakau; Erlass der Statthalterei für Tirol und Vorarlberg, betreffend
die mangelhaften Unterkünfte und die dienstliche Ueberbürdung des pharmaceutischen Personales, —
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. — Vermischte Nachrichten.
Das Kaiser Franz Josef-Krankenhaus in Mährisch-Ostrau.
Geschichte und Anlass der Errichtung desselben. Der ganz ausserordent-
7 liche Aufschwung, den das Ostrauer Kollenrevier im letzten Decenium bezüglich seiner
“W Industrieanlagen genommen hat, zog eine solche Zunahme der Bevölkerung und ein so
rapides Anwachsen der einzelnen Gemeinwesen nach sich, wie man selbe sonst nur
von amerikanischen Städten zu hören pflegt.
An der von Schönbrunn nach Mährisch-Ostrau führenden circa 9 km langen Reichs-
strasse standen vor 10 Jahren nur einige Häuser.
Heute liegen drei fast neu entstandene Ortschaften mit zusammen 5000 Ein-
wohnern an beiden Seiten derselben, und ist die Zeit nicht ferne, wo diese Strasse
an beiden Seiten von einer geschlossenen Häuserreihe umsiiumt sein wird.
Ein Bild der kolossalen Bevölkerungszunahme gibt namentlich Mährisch-Ostrau,
welches im Jahre 1870 noch 6881, 1890 schon 19.243 Einwohner hatte und
gegenwärtig über 30.000 Einwohner zählt und derart binnen weniger Jahre aus
einem unbedeutenden Landstädtehen eine der grössten und wichtigsten Centralen des
Kronlandes Mähren geworden ist.
Mit der Zunahme der Bevölkerung stiegen jedoch auch die sanitären Bedürfnisse
der Stadt und es erwuchsen aus derselben eine Reihe brennender Fragen, deren
Lösung durch den Druck der vom Jahre 1892—1895 dem Östrauer Reviere
drohenden Gefahr einer Cholera-Invasion ungemein beschleunigt wurde und
hiebei an die Energie und Arbeitskraft der Verwaltungsbehürde ebenso grosse An-
sprüche stellte, als sie Einsicht und Opferwilligkeit seitens der Gemeindevertretung
erforderte.
Es musste gesundes Wasser beschafft, die die Stadt verunreinigenden zahl-
reichen Privat-Schlachtstätten durch Erbauung eines Centralschlachthofes beseitigt
werden; die Anlage eines Canalnetzes, die Verfassung eines zweckmässigen Ver-
bauungsplanes, die Errichtung neuer, mit breiten Gassen versehener Stadttheile, die
37
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Dre
— 340 —
Hintanhaltung der in Mährisch-Ostrau besonders intensiven Staub- und Kothentwicklung
durch entsprechende Pflasterung, die Regelung des Desinfectionsdienstes, alle diese
und manche andere Aufgaben der Hygiene erheischten und fanden baldige Lösung.
Nunmehr wandte sich die Gemeindevertretung über Anregung des Bürger-
meisters Dr. A. Johanny der Erledigung eines Problemes zu, dessen Dringlichkeit
schon frühzeitig gewürdigt worden war.
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Es galt, das städtische Krankenhaus in Mährisch-Ostrau, welches im Jahre 1848
errichtet und 1892 mit Oeffentlichkeitsrecht versehen worden war, durch einen den
modernen Bedürfnissen und Auschauungen quantitativ und qualitativ entsprechenden
Neubau zu ersetzen.
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Das bisherige Krankenhaus, ein in der Brückengasse im Centrum der Stadt
situirtes, einstückiges Gebäude mit einem Belegraume von 40 Betten reichte, ab-
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— 341 —
gesehen von seiner geradezu primitiven Ausstattung, für das Localbedürfniss einer
Stadt von 30.000 Einwohnern beiweitem nicht mehr aus, und auch dann nicht, als
man nothgedrungen die chronischen Kranken, insbesondere die tuberculósen und
syphilitischen, in dem im Jahre 1892 auf der Viehweide errichteten Isolirspitale
unter brachte.
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y un 7 cy ox E — = cm zez? SC = Ei
Es standen nämlich für 30.000 Bewohner höchstens 70 Betten zur Verfügung,
während nach Burdett Spitäler in Bergwerksgebieten auf je 1000 Einwohner einen
Belegraum von 4 bis 5 Betten aufweisen sollen.
I. Stock.
Zog man in Betracht, dass sich die Frequentanten des Ostrauer Spitales aus
dem ganzen Reviere rekrutiren, dessen Bevölkerungsziffer mit 60.000—70.000 zu
veranschlagen ist, so waren zur Deckung des Bedarfes 240—280 Betten er-
forderlich.
37°
— 342 —
Da im Witkowitzer Werksspitale eirca 140 Kranke untergebracht werden
können, musste die Errichtung eines Krankenhauses mit einem Belegraume von 1W
bis 140 Betten ins Auge gefasst werden.
Von den über Ausschreibung eingelangten Entwürfen wurde derjenige des
Architekten Hans Ulrich in Witkowitz acceptirt und von demselben, nachdem die
von der Bezirkshauptmannschaft in Mistek am 17. August 1895 vorgenommene
Localerhebung keinen Anstand ergeben hatte, unter Aufsicht des Stadtingenieurs
Karl Cerwenka zur Ausführung gebracht.
Bauplatz. Die Auswahl unter den für einen Spitalbau geeigneten Grund-
stücken war- in Mährisch-Ostrau durch die Rücksicht auf den Bergbau und auf die
Stadterweiterung ungemein beschränkt; es erschien für diesen Zweck das aus den
G.-P. Nr. 1189, 1190, 1191, 1192, 1195, 1196, 1214, 1215, 1216 und 1221 be
stehenden Areale des Riedes >» Viehweide« am geeignetsten.
Situirung. Dieses Areale, welches sich in isolirter Lage, von den nächsten
Objecten circa 40 m entfernt befindet, liegt beinahe im Centrum des Mährisch-Ostrauer
Stadtgebietes, nordwestlich der Einmündungsstelle der von Witkowitz kommenden
Bezirksstrasse in die von Troppau nach Teschen führende, die Ortschaften Polnisch-
Ostrau, Ellgoth, Neudorf und Zabfeh-Witkowitz verbindenden Reichsstrasse, von
letzterer circa 200m entfernt, und ist also nur ein wenig seitlich von der Haupt-
verkehrslinie zwischen Mährisch-Ostrau und Witkowitz gelegen.
Die nächste Haltestelle der Localeisenbahn ist in circa drei Minuten, der Bahnhof
der Ostrau-Friedlanderbahn in etwa zebn Minuten erreichbar.
Höhenverhältnisse. Der Bauplatz ist auch in Bezug auf die Höhen-
verhältnisse äusserst günstig situirt, da die an dem Krankenhause vorbeiführende
Strasse 10m hoch über dem Niveau des Ringplatzes liegt, eine Seehöhe von circa
23050 m aufweist und somit beinahe den höchsten Punkt des Stadtgebietes occupirt.
Windrichtung. Die Wahl dieser hochgelegenen Grundstücke entspricht
für Zwecke eines Krankenhauses auch hinsichtlich der Qualität der Atmosphäre;
durch die vorherrschenden Nordwestwinde werden die in Folge der zahl
reichen diversen Industrien entstehenden Gase, inbesondere die die Luft ver-
unreinigenden Nebenproducte der Verkoakung, der Eisen- und Stahlproduction, der
Herstellung von Theeren und Ammoniak von dieser Gegendferngehalten, so dass die Luft
an dieser Stelle eine relativ gute genannt werden muss. Mit Rücksicht auf die er-
wähnten Vorzüge des Bauplatzes konnte auch der Umstand nicht weiter ins Gewicht
fallen, dass derselbe nur 116m von der Friedhofsgrenze entfernt ist.
Die Krankenhausanlage. Das projectirte Krankenhaus wird für einen
Belag von circa 150 Betten eingerichtet, welcher zusammen mit dem des Werks-
spitales in Witkowitz, das demnächst eine Erweiterung erfahren wird, bis auf Weiteres
für den Localbedarf des Revieres ausreichen dürfte. |
Dieser relativ geringe Belegraum liess die Anwendung des Corridorssystems
umso vortheilhafter erscheinen, als biedurch einerseits Kosten erspart, andererseits
(Gartenfläche gewonnen wurde.
Die Krankenhausanlage besteht aus sieben in der vorstehenden Situationsskizze
mit Nummern bezeichneten Objecten und zwar:
1. Hauptgebäude.
. Wirthschaft gebäude,
. Schwesternhaus mit Betraum,
. Leichenhalle,
. Eishalle,
. Pumpenhaus.
. Pavillon für Infectionskranke.
“16> Gt Vë DD
— 343 —
Die sub 1, 4, 5, 6 und 7 angeführten Objecte sind Neubauten, während das
früher bestandene Isolirspital als Wirthschaftsgebäude und als Schwesternhaus Ver-
wendung fanden.
Der ganze Gebäudecomplex ist von Gartenanlagen umgeben, der ein Gesammt-
ausmass von circa 17.300 m? beträgt, wovon circa 500m? dem Gemüsebau gewidmet
sind; sonach entfällt auf ein Bett circa 115m? Garten und 133m? Gesammtfläche.
Hauptgebäude. Das Hauptgebäude ist mit Rücksicht auf die zu ge-
rnge Länge der Area in Hufeisenform mit einer gothisch gehaltenen Facadirung an-
gelegt und besteht aus einem Vordertracte, welcher gegen Südost gerichtet ist und
ıwei senkrecht an diesen Tract in nordöstlicher Richtung angebauten symmetrischen
Flügeln, von denen bis nun nur der östliche zur Ausführung kam.
~ Der zwischen den Flügeln entstehende Hof ist durch zwei weite Durchbrüche
im Keller mit dem Vorgarten an der Südseite in Verbindung gebracht.
Das Gebäude ist einstöckig, mit einem in der Mitte des Vordertractes auf eine
Länge von 18 m aufgesetzten zweiten Stockwerke, in welchem sich die Wohnungen der
Aerzte befinden, und wird von der vorüberführenden Krankenhausstrasse durch
einen 10m breiten mit stylvoll ausgeführtem Drahtgitter umgebenen Vorgarten ge-
trennt.
Eintheilung. Das Hauptgebäude enthält im Erdgeschosse die Aufnahms-
und Verwaltungsräume, die chirurgische Abtheilung sammt zugehörigen Operations-
und Arbeitszimmern, sowie eine Isolirzelle fiir Geisteskranke. lm ersten Stockwerke
sind an internen, Haut- und Geschlechts-Krankheiten Leidende untergebracht. Jede der
eben angeführten Abtheilungen zerfällt in einen Männer- und Weibertract, wovon
der erstere im rechten, der weibliche im linken Flügel untergebracht ist.
Im Souterrain befindet sich die Kesselanlage der Heizleitung und der Warm-
wasserleitung, sowie die Wohnungen der Spitalsbediensteten und diverse Vorraths-
räume. Am Dachboden über dem zweistückigen Aufbaue wurden die Wasserreservoirs
der Nutzwasserleitung aufgestellt.
(Schluss folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Circular-Erlass der k. k. Statthalterei
in Galizien vom 5. Jänner 1899,
Z. 101378 ex 1898,
analle unterstehenden Bezirkshauptmannschaften,
betreffend den Bezug von Diphtherie-Heil-
serum aus dem hygienischen Institute in
Krakan.
(Uebersetzung.)
Prof. Odo Bujwid, Leiter des hygienischen
Institutes an der Jagellonischen Universität
in Krakau, hat sich für die ihm von dem hohen
k. k. Ministerium des Innern ertheilte Sub-
vention verpflichtet, den k. k. Bezirkshaupt-
mannschaften 1200 Dosen coneentrirten
Diphtherieheilserums zu je 1000 Einheiten un-
entgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Hievon wird der Herr k. k. Bezirkshaupt-
mann mit der Aufforderung in die Kenntniss
gesetzt, sich wegen des Heilserums, falls die
Anwendung desselben, und zwar ausschliess-
während
erforderlich
lieh für unbemittelte Kranke,
einer Diphtherie-Epidemie sein
sollte, direet an das hygienische Institut in
Krakau zu wenden und von jeder erhaltenen
Sendung der k. k. Statthalterei unverzüglich
Mittheilung zu machen.
Der Herr k. k. Bezirkshauptmann wird
zugleich aufmerksam gemacht, dass nur das
unumgänglich nothwendige Quantum Heilserum
verlangt werden darf.
der Herr k. k.
zunichst aus
Die Portospesen, welche
Bezirkshauptmann dem Amts-
pauschale der k. k. Bezirkshauptmannschaft zu
344
ëmge
decken haben wird, werden nach Vorlage der | dem eine verantwortliche und nicht selten an-
betreffenden Verrechnung aus dem Epidemiefonde
zurückerstattet.
Bei dieser Gelegenheit werden dem Herrn
k. k. Bezirkshauptmann die h. ä. Erlässe vom
29. October 1894, Z. 87676, und vom 9. De-
cember 1895, Z. 99616, mit der Aufforderung
in Erinnerung gebracht, die von Amtswegen
zur Behandlung Diphtheriekranker delegirten
Aerzte Wochen-
berichten genaue Angaben über die von ihnen
anzuweisen, in ihren
bei Anwendung des Heilserums gemachten
Wahrnehmungen, über die in jedem Krank-
heitsfalle verwendete Menge und über den
Krankheitstag, an welchem das Heilserum
angewendet wurde, sowie über die Heilerfolge,
zu machen. Die k. k. Amtsárzte sind ver-
pflichtet, diese Angaben in den vierwöchent-
lichen Epidemieberichten zusammenzustellen.
*
Erlass der k. k. Statthalterei fiir Tivol
und Vorarlberg vom 22. Juli 1899,
Z. 26512,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend einiger Tebelstände in den Apo-
theken, speciell dienstliche Teberbürdung
der Assistenten (zu lange Tagesdienstzeit
und schlechte Unterkünfte des pharmaceuti-
schen Personales).
k. k.
Innern im h. ä. Wege gerichteten Eingabe hat
In einer an das Ministerium des
die Ortsgruppe Meran des allgemeinen öster-
reichischen Pharmaceutenvereines unter Anderem
den Nacht-
inspeetionsdienst oder als Wohnung für das
auch vorgebracht, dass die für
pharmaceutische Ililfspersonale in den Apo-
mitunter
An-
forderungen nicht entsprechen, ja nicht selten
theken dienenden Unterkunftsräume
auch den bescheidensten hygienischen
geradezu gesundheitswidrig sind.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch
die Ueberwachung einer der Gesundheit ent-
sprechenden Beschaffenheit der vorbezeichneten
Räume der Staatsverwaltung nach S 2, lit. e
des die
in Gesetzes
hiefür
be-
und dieses um
Reichs-Sanitiitsvesetzes durch
S 6, lit. a und b,
zeichneten Organo
dieses
zukommt,
so mehr, als schon aus öffentlichen Rücksichten
gestrengte Dienstleistung zukommenden phar-
maceutischen Hilfspersonale die Möglichkeit,
sich durch die Nachtruhe für seinen Dienst
wieder stärken und in Fällen, in welchen das-
selbe die Wohnung in der Apotheke geniesst,
die Gelegenheit in dienstfreien Stunden sich
in seinem Berufe in einem gesundheitsgemässen
Zimmer theoretisch ausbilden zu können, ge-
boten sein muss.
Die k. k. Bezirks- und Stadtärzte werden
daher beauftragt, bei der jährlichen Visitation
der öffentlichen Apotheken auch den Unter-
künften des pharmaceutischen Hilfspersonales
für den Nachtinspectionsdienst, eventuell den
diesem zugewiesenen Wohnungsräumen die ent-
sprechende Beachtung zu widmen, insoferne
dieses bisher noch nicht geschehen sein sollte;
im Falle vorgefundener wesentlicher hygieni-
scher Gebrechen dieser Räume aber deren Ab-
stellung von dem Besitzer zu verlangen, dieses
in dem Apotheken-Visitationsprotokolle zu be-
merken und sodann weiter das Amt zu handeln,
beziehungsweise handeln zu lassen.
Da in der eingangs erwähnten Eingabe
auch eine theilweise Ucberbiirdung des pharma-
dureh übermässig
behauptet wird,
werden die k. k. Bezirks- und Stadtärzte weiters
bei der
öffentlichen Apotheken auch diesem Momente
die und
falls eine solche Ueberanstrengung hiebei con-
ceutischen Hilfspersonales
lange tägliche Dienstzeit
auch angewiesen, den Visitationen
gebürende Beachtung zu scheuken
statirt werden sollte, welche aus dem Gesichts-
punkte der öffentlichen Rücksichten Bedenken
der Möglichkeit der Verwechslung von Arzneien,
unrichtiger Dispensation u. dgl. in Folge von
Uebermüdung der Hilfskräfte erregen müssen,
zu veranlassen, beziehungsweise anzuregen, dass
dieser Uebelstand abgestellt werde.
Ueber allenfalls eonstatirte Gebrechen in
und
Arbeitsüberbürdung und das Resultat der zu
Bezug auf die Wohnungsverhiltnisse
deren Behebung gemachten Schritte ist in dem
vorgeschriebenen Jahresausweise über die Er-
gebnisse der Visitationen der öffentlichen und
Hausapotheken und im Ergänzungsberichte
(lit. R) an geeigneter Stelle Bericht
statten.
zu er-
— 34 —
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Mit Circularerlass der k. k.Seebehirde in Triest vom 14.August d.J.
Z. 9516, wurde angeordnet, dass die Lioyddampfer der indo-chinesischen Linie, welche den
Hafen von Alexandrien nicht anlaufen, weiteren (d. i. über die gegen ostasiatische Provenienzen
in Anwendung kommenden hinausgehenden) sanitären Massnahmen nicht zu unterliegen baben,
weil der Lloyd die Aufnahme von Reisenden, die aus Aegypten kommen, untersagt hat. Das-
selbe gilt auch für jene Dampfer, welche unter gleichen Bedingungen aus Aegypten kommen
ohne den Hafen von Alexandrien berührt oder Reisende in anderen ägyptischen Häfen auf-
genommen zu haben.
Alle anderen aus Aegypten kommenden Fahrzeuge sind gemäss den Bestimmungen der
Venediger Convention (1897) als verdächtige zu behandeln und zwar nach Absatz 2 des
Punktes 7 des Erlasses der Seebehörde vom 17. Juni 1897, Z. 5684 (siehe Jahrg. 1897 d. Bl.,
Seite 268).
Portugal. In der Zeit vom 31. August bis 4. September wurden in Oporto 7 Erkrankungen
tnd ein Todesfall an Pest gemeldet.
Der Seuchenherd blieb bisher auf einen kleinen Rayon im Centrum der Stadt in der
Nähe des Flusses beschränkt.
In Lissabon werden eifrigst alle nöthigen Vorkehrungen betrieben, um im Falle einer
Einschleppung der Seuche dieselbe wirksam zu bekämpfen. Die Assanirung sehreitet vorwärts,
die sanitären Inspectionen, die Ueberwachung des Lebensmittelverkehres werden strenge gehand-
habt, die Anzeigepflicht wurde eingeschärft, für Spitalslocalitäten vorgesorgt und fiir Unter-
bringung von Kranken auch ein schwimmendes Lazareth auf einer abgeriisteten Fregatte in
Aussicht genommen.
Niederlande. Die bisher nur gegen Provenienzen aus Oporto angeordneten Vorsichts-
massregeln wurden auf Portugal überhaupt ausgedehnt.
Schweden. Mit Verordnung vom 17. August wurde Oporto als pestverseucht erklärt.
Demgemäss unterliegen dortige Provenienzen einer 10tägigen Quarantaine, welche im Lazarethe
zu Kaensö zu absolviren ist.
Italien. Die Seesanitätsverordnung vom 25. August, Nr. 10, erklärt alle Häfen der
portugiesischen Colonie Mozambique, welche am Indischen Ocean liegen, für pestverseucht und
unterwirft dortige Provenienzen der mit der Verordnung vom 17. August, Nr. 9, angeordneten
Behandlung. (Siehe S. 329 d. Bl.)
Griechenland. Provenienzen aus Häfen von Aegypten und der Küste des Rothen Meeres
unterliegen anstatt einer 12tägigen nur mehr einer lltägigen etfectiven Quarantaine im Lazarethe
za Delos. Schiffe, welche bereits in einem ausländischen Lazarethe eine effective Quarantaine
von 10 Tagen mit Desinfection der Mannschaft und Reisenden absolvirt und im betreffenden
Staate libera pratica erhalten haben, werden, sofern sie sich hierüber durch amtliche Schiffs-
papiere ausweisen können, nach strenger ärztlicher Visite zum freien Verkehre zugelassen.
Ein kónigl. Decret vom 8. August (27. Juli) gestattet mit Rücksicht darauf, dass in Kreta
Provenienzen aus Aegypten nicht zugelassen werden und auf der Insel sich kein griechisches
Consulat befindet, dass die von dort kommenden Dampfer und Segelschifte Handelswaaren und
andere Gegenstände ohne Vorweisung des consularämtlichen Visums in Griechenland einführen
dürfen, sofern sie die Bestätigung der Sanitätsbehörde oder eines anderen Amtes beibringen,
welche die Herkunft aus Kreta nachweist.
Mit königl. Decrete vom 23. (11.) August wurde die Einfuhr von Handelsgütern aus
Calcutta, Bombay und den Küstenstrichen des Persischen Golfes verboten.
Laut eines von dem gleichen Tage datirten königl. Decretes unterliegen die seit 14. August
aus einem portugiesischen Hafen ausgelaufenen Dampfer und Segelschiffe einer 11tigigen
Quarantaine im Lazarethe zu Delos, in welche die Ueberfahrtszeit nicht eingerechnet wird. Die
Einfuhr von Handelswaaren aller Art, welche seit 14. August in Portugal verladen wurden, ist
untersagt.
Türkei. Provenienzen aus dem Azow’schen Meere und von der rusisch-asiatischen Küste
des Schwarzen Meeres unterliegen einer strengen ärztlichen Visite in einem Hafen, in welchem
sich ein Seesanitätsarzt befindet.
— 346 —
Bulgarien. Mit Verordnung vom 17. (5.) August wurde ganz Portugal als pestverseucht
erklärt. Alle Provenienzen aus Portugal, Schiffe und Reisende, unterliegen einer Quarantaine.
Rumänien. Alle Schiffe, welche aus dem Azow'schen Meere, aus Häfen des kaukasischen
(asiatischen) Litorales des Schwarzen Meeres, einschliesslich die Häfen von Poti und Batum
kommen, werden in Sulina einer sanitären Revision der Mannschaft und Reisenden unterzogen.
Bei verdächtigen Fällen tritt Quarantaine ein.
Alle aus Russland kommenden Reisenden unterliegen einer Ueberwachung; aus Astrachan
kommende Personen werden zurückgewiesen, wenn sie nicht nachweislich schon vor 20 Tagen
von dort abgereist sind.
Längs des Pruth wurde ein doppelter Militäreordon aufgestellt, nur die Eintrittsstationen
Ungheni, Galatz, Falciu und Radautz, in denen sanitäre Revision stattfindet, sind für den
Verkehr offen.
Russland. Der Regierungsanzeiger vom 29. August meldet, dass seit der ersten Mit-
theilung vom 20. August in dem Orte Kolobowka der Provinz Astrachan noch 2 Todesfälle
vorgekommen und nur mehr 3 Kranke vorhanden sind. In der ganzen Umgebung ist keine ähn-
liche Erkrankung vorgekommen. Das Ergebniss der bacterivlogischen Untersuchung, welche in
Petersburg ausgeführt wird, soll seinerzeit veröffentlicht werden.
Aegypten. Aus Alexandrien wurde am 5. September 1 Erkrankungsfall und 1 Todesfall
an Pest gemeldet.
Mit Rücksicht auf die mehrfachen Fälle, dass Pestleichen aufgefunden wurden, ohne dass
die Erkrankung der betreffenden Person bekannt geworden wäre, erhöhte die Stadtverwaltung
die Prämie für jede Anzeige eines Pestfalls von 8 auf 15 Francs.
Britisch-Ostindien. In der Woche vom 15.—21. August kamen in Bombay 82 Erkran-
kungen und 71 Todesfälle an Pest vor.
Straits Settlements. Zwischen 9. und 24. Juli ereigneten sich in Penang noch 2 Pest-
todesfälle.
Hongkong. Die Pestepidemie soll im Rückgange begriffen sein; in letzterer Zeit ist
aber eine verhältnissmässig grössere Zahl von Europäern erkrankt. Zwischen 11. und 31. Juli
wurden 131 Erkrankungen und 136 Todesfälle ausgewiesen.
Madagaskar. In Tamatave ist neuerdings Pest constatirt worden.
Argentina. Ein Regierungsdecret vom 15. August erklärt wegen des Auftretens der
Pest in Oporto die Provenienzen aus Häfen des Königreiches Portugal als verdächtig.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 27. August bis 2. September 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Chorostkow 3, Wasylkow 2;
Kosow: Jablonica 6;
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Koniatyn 1;
in Steiermark im politischen Bezirke Rann: Kapellen 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 27. August bis
2. September:
in Galizien in den politischen Bezirken: Bohorodezany: Lachowce 2;
Dobromil: Liskowate 2; Husiatyn: Kotowka 1, Postolowka 1; Jaworow: Bonow 4,
Zbadyn 2; Kolbuszowa: Sokolow 1%); Rawa: Rawa 2*); Tarnobrzeg: Grebow 3;
Zaleszezyky: Tluste 1*);
in der Bukowina im politischen Bezirke Radautz: Radautz 1.
*) In der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich gemeldete Erkrankungen.
SSS SSS sss SSS ss EEE
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitats-Buchhandler in Wien
LRothenthurmstrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prinumerationspreis bei directer Postsusendung ganzjibrig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 21. September 1899. Nr. 38.
AENA CUATE
Inhalt. Das Kaiser Franz Josef-Krankenhaus in Mährisch-Ostrau. (Schluss,) — Sanitätsgesetze
and Verordnungen: Kundmachung der oberösterreichischen Statthalterei, betreffend die Verleihung des
Oeffentlichkeitsrechtes an das Kaiser Franz Josef-Kinderhospiz in Sulzbach. — Stand der Pest und
Massnahmen gegen dieselbe. — Vermischte Nachrichten.
Das Kaiser Franz Josef-Krankenhaus in Mährisch-Ostrau.
(Schluss.)
Baubeschreibung. Der ganze Bau wurde mit Ausnahme der 1m hohen
betonirten Fundamente aus gut gebrannten Maschinenziegeln ausgeführt und mit
Schiefer gedeckt.
Stiegen. Zu jedem Tracte führt eine separate zweiarmige, direct beleuchtete
Stiege von 2m Stufenbreite; dieselbe ist gegen die Corridore durch Glaswände mit
Spielthüren abgeschlossen.
Als Stufenmaterial diente guter lagerhafter schlesischer Sandstein. Die Stufen sind
30cm breit und 15cm hoch und gestockt.
Corridore. Die Corridore der einzelnen Abtheilungen sind durch Glasspiel-
thiiren von einander getrennt, sie sind direct beleuchtet und heizbar eingerichtet.
In Folge‘ ihrer Breite von 2°75 m erscheinen sie als Tagriume vorziiglich ge-
eignet und ermöglichen, dass die leichteren Kranken durch ihre Angehörigen besucht
werden können, ohne dass letztere zum Betreten der eigentlichen Krankenzimmer
genöthigt sind.
Als Deckenconstruction wurde Flachgewölbe zwischen Traversen nach dem
Patente »Ludwig« in Anwendung gebracht. Die Beschüttung unter dem Fussboden
besteht aus keimfreier Kohlenlösche, welche mit gut ausgetrocknetem Mauerschutte
vermengt wurde.
Fussböden. Die Fussböden der Gänge, Nebenräume (Bäder, Aborte), sind
aus dessinirten Platten, die der Krankenräume, Theeküchen und Tagesräume im
Haupttracte und im rechten Flügel aus Bretteln, im linken Flügel aus Xylolitflötz her-
gestellt; die Fussböden des Öperationssaales, des Laboratoriums und der Küchen in
Terrazzo ausgeführt.
Höhe der Räume. Die Höhe der Räume im Souterrain beträgt 3'05 m, die
der Räume des Parterres und des ersten Stockwerkes 4°30 m.
38
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— 348 —
Fenster und Thüren. Die Fenster sind 140m breit und 3m hoch;
deren obere um eine horizontale Achse aufklappbare Flügel sind mit einem Scheeren-
verschlusse versehen. Zwischen den Fenstern sind Plachenroleaux angebracht.
Die Thüren sind durchaus zweiflügelig, nur die zur Tobzelle führende Polster-
thür ist einflügelig, mit abgerundeten Kanten und Falzen.
Wände. Die Wände sämmtlicher Räume, welche der Krankenpflege dienen,
sind weiss getüncht, mit einem 2m hohen, in weissem Emaillack ausgeführten Sockel.
Lage der Nebenräume. Die Räume zweiter Ordnung, wie Stiegen, Corri-
dore und dergleichen sind genau gegen die herrschende nordwestliche Windrichtung
gekehrt und hiedurch einerseits einer gründlichen Durchlüftung zugänglich gemacht,
während sie anderseits die dahinterliegenden Krankenzimmer vor allzugrosser Aus-
kühlung schützen.
Die Krankenzimmer enthalten pro Kranken circa 85m? Grundfläche
und bei 43m lichter Höhe 3655m?’ an Luftraum. Die Fenster, Thüren und
die sonstigen Einrichtungsgegenstände dieser Zimmer sind weiss gestrichen.
Die aus vollem Rundeisen ausgeführten Betten haben Stahldrahtmatratzen, auf
welchen noch Rosshaarmatratzen und ebensolche Pölster aufruhen. Insgesammt
stehen vorläufig, da der westliche Flügel noch nicht gebaut wurde, 70 Betten zur
Verfügung; nach vollständigem Ausbaue werden im Hauptgebäude 100—107 Kranke
Platz finden. Neben den Betten stehen aus Blech angefertigte und mit Marmorplatten
versehene Nachtkiistchen. Ausserdem enthält jedes Krankenzimmer einen an die
Kalt- und Warmwasserleitung angeschlossenen eisernen Waschtisch mit porzellanenem
Kipplavoir, einen in der Mitte stehenden Kasten, worin der erforderliche Handvorrath
an Wäsche und dergleichen verwahrt ist, sowie einen nach Bedarf ausgestatteten Ver-
band-, beziehungsweise Medicamententisch.
Nebenräume. Zu den Krankenzimmern gehören folgende Nebenräume:
1. Theeküchen, zugleich Wartezimmer,
2. Tagräume,
3. Bäder,
4. Aborte.
ad 1. Die Theeküchen, in welchen sich zugleich die Wärterbetten befinden,
sind mit dem anstossenden Krankenzimmer durch ein Schiebfenster verbunden, so
dass jederzeit der Wärter den Krankenraum übersehen kann. Ein darin in einem
eisernen Wandkasten angebrachter (Grasofen ermöglicht die Bereitung warmer Ge-
tränke ausserhalb der Ausspeisezeiten und das Warmhalten, beziehungsweise Nach-
wärmen der Kost.
ad 2. Die Tagräume, welche für Reserve-Krankenzimmer vorgesehen sind,
erhielten eine entsprechende Einrichtung.
ad 3. Die Bäder, mit Hähnen für warmes und kaltes Wasser, enthalten eine
feststehende und eine fahrbare Wanne.
ad 4. Zu jeder Abtheilung gehören zwei Aborte, welche mit Wasserspiilung
versehen sind. Die Closetschalen sind im Interesse der Reinlichkeit ohne jede Holz-
verkleidung und nur mit einem Klappsitze versehen.
Ausser den zu jeder Abtheilung gehörigen Bädern ist noch ein Bad für die
Aerzte im zweiten Stockwerke, sowie eines im Souterrain fiir das Personal ‘vor-
handen. Neben der chirurgischen Abtheilung befindet sich ein Raum mit zwei
IHebra’schen Wasserbetten.
Operations- und Untersuchungszim mer. Ganz besondere Sorgfalt
wurde der Ausgestaltung des Operations- und des Untersuchungszimmers zu-
gewendet.
Ersteres ist ein gegen Osten gerichtetes Eckzimmer von 7:3 m Länge, 6m Breite
und 43m Höhe und erhält: durch 3 mit Spiegelscheiben verglaste Fenster von je
= ae =
— 349 —
14X3'0m Fläche Licht, so dass die Gesammtfensterfläche nahezu ein Drittel der
Bodenfläche beträgt.
Für eine günstige Erhellung des Operationssaales zur Nachtzeit ist durch einen
sechsarmigen Glühlampenluster vorgesorgt, dessen Leuchtkraft bis zu einer Inten-
sitit von 100 Normalkerzen gesteigert werden kann.
Die Helle des Raumes wird noch dadurch erhöht, dass nicht nur die Wände,
sondern auch die Decke mit einem Emaillackanstrich versehen sind. Der Operations-
tisch von Knake & Dachsler in Dresden entspricht bezüglich leichter Beweglichkeit
und Aseptik allen Anforderungen. Ein von Baumann in Wien bezogener Dampf-
sterilisator wurde in solcher Grösse gewählt, dass darin ausser den erforderlichen
Verbandstoffen auch alle in der Nahe des Operationsfeldes zur Verwendung gelan-
genden Mäntel, Leinen u. dgl. Platz finden
Der hölzerne Verband- und Instrumentenkasten ist mit einer Marmorplatte
versehen und durch geschliffene Glasplatten in Fächer eingetheilt. a
Eine im fahrbaren Instrumententische angebrachte heizbare Nickelwanne dient
zur Sterilisirung der Instrumente, welche nach Abkühlung durch eine Kühlschlange
dem Operateur direct aus der Wanne zugereicht werden können.
Zur persönlichen Reinigung des Operationspersonales dienen sechs Waschbecken
welche in grosse Marmorplatten eingelassen sind. In die Waschbecken kann mittelst
einer Trittvorrichtung nach Bedarf kaltes und warmes sterilisirtes Wasser aus einem
mit einem Gasofen armirten Reservoir eingelassen werden. Letzteres befindet sich
in einem ausserdem auch als Mikroskopirlocale dienenden Nebenraume, der dieser
Bestimmung entsprechend mit zwei Mikroskopen und einem Mikrotom ausge-
stattet ist.
Die übrigen Einrichtungsgegenstände dieser Locale, wie Irrigatorstinder, Scheme],
Kleiderrechen sind aus Eisen hergestellt und mit Emailfarbe weiss gestrichen.
In dem an den Operationssaal anstossenden Spiegelzimmer wird der die Beleuchtung
des Hauses versehende Strom mittelst eines Transformators aus einem Wechselstrome in
einen Gleichstrom verwandelt; mittelst entsprechender Nebenapparate kann letzterer nicht
nur zu faradischen, galvanischen, kaustischen und zu Beleuchtungszwecken, sowie zum
Betriebe von Massirapparaten, Circularsägen und Bohrern gebraucht, sondern auch
zur Erzeugung von Röntgenstrahlen durch einen Rumkorff’schen Inductor von 20 cm
Funkenlänge verwendet werden. Um letzterer Bestimmung zu entsprechen, hat das
Spiegelzimmer auch die Einrichtung einer photographischen Dunkelkammer erhalten.
Bei der Zusammenstellung des reichhaltigen Iustrumentariums sowie der vor-
beschriebenen Ausstattung der Operations- und Untersuchungsräume nahm sich der
hiemit betraute Primararzt Dr. Neugebauer nahezu ausschliesslich die chirurgische
Klinik in Graz, welcher derselbe durch mehrere Jahre als Operationszögling und
Assistent angehört hatte, zum Muster.
Isolirspital. Bis zur Fertigstellung des projectirten Infectionspavillons
(Nr. 7 der Situationsskizze, Seite 340), dient diesem Zwecke das von früher her be-
stehende, ebenerdige, mit Dachpappe gedeckte Isolirspital (Nr. 2), welches in Ziegel-
rohbau ausgeführt und durch einen Mittelgang in zwei Abtheilungen, bestehend
aus je zwei Krankenzimmern, je einem Separatzimmer, und einem Aborte ge-
schieden ist.
Ausserdem enthält dieses Object im Mitteltracte gegen das Schwesternwohnhaus
zu, auf der einen Seite des Einganges ein Bad, auf der anderen ein Zimmer, welches
als Ordinationszimmer verwendet werden kann.
Nach Herstellung des neuen Infectionspavillons soll dieses Gebäude zu Wirth-
schaftszwecken Verwendung finden.
Wohnhaus für die Pflegerinnen sammt Betzimmer (Nr. 3). Die mit
der Krankenhauspflege betrauten barmherzigen Schwestern wurden in dem vorderen
Pavillon des früheren Isolirspitales, welches selbstverständlich demgemäss abgeschlossen
38*
— 350 —
und adaptirt wurde, untergebracht. Derselbe ist ein ebenerdiger, nur theilweise unter-
kellerter Ziegelrohbau und enthält ausser den für die Schwestern bestimmten fünf Ubi-
cationen sammt Bad und sonstigen Nebenräumen ein eventuell auch den Kranken
zugängliches Betzimmer. Sämmtliche Räume sind 375m hoch und die Fenster mit
Klappflügeln versehen. Der hölzerne Fussboden liegt 052m über dem Terrain.
Leichenhalle und Desinfectionsraum (Nr. 4). Die in der äussersten
südwestlichen Ecke des Areales zunächst dem Friedhofe situirte Leichenhalle wurde
in ähnlichem Style wie das Krankenhaus errichtet und ist von der Friedhofstrasse
direct zugänglich. Sie enthält eine Leichenkammer mit drei aufklappbaren Tischen,
ein zweckmässig eingerichtetes Obductionslocal, und eine Aufbahrungshalle; ferner sind
darin die aus 2 durch den Thursfield’schen Desinfectionsapparat getrennten Kammern
bestehenden Desinfectionsräume untergebracht. In die spitalsseitige Kammer werden die
inficirten Gegenstände abgeliefert, aus der strassenseitigen nach Vornahme der Des-
infection ausgefolgt.
Der Fussboden des nicht unterkellerten Gebäudes ist 050m über dem Terrain
und in Terrazzo ausgeführt, Die lichte Höhe der gut ventilirten Räume beträgt 3'60 m.
Eishaus (Nr. 5). Als Eishaus wurde ein Ziegelrohbau von circa 180 m?
Fassungsraum errichtet, dessen Mauern einen vom Fussboden bis zur Decke reichenden
Hohlraum einschliessen.
Die Decke ist ein mit Asche und Schlacke ausgefüllter Hohldoppelboden ; der
Fussbodenbelag wurde aus Hobellatten mit entsprechenden Zwischenräumen hergestellt,
um das Schmelzwasser abzulassen, welches durch einen Canal mit Syphonverschluss
abgeleitet wird.
Der Boden unter dem Eishause ist auf 1m Tiefe ausgehoben und sodann
mit Schlacke ausgefüllt und gepflastert worden,
Beheizung und Ventilation. Für die Beheizung des Hauptgebäudes
wurde nach reiflicher Erwägung das System der »Niederdruck-Dampfheizung« in
Anwendung gebracht.
Dem Projecte wurde die Aufgabe zu Grunde gelegt, dass in allen der Kranken-
pflege dienenden Räumen, als Krankenzimmern, Corridoren, Bädern und Aborten
eine Temperatur von +20 Grad C. auch dann erhalten werden kann, wenn die Aussen-
temperatur bis auf —20 Grad C. sinkt.
Der Operationssaal ist auf mindestens 24 Grad C. beheizbar; auch wurde in
diesem Raume noch ein Reserveheizkörper für eventuelle weitere Erhöhung der
Temperatur aufgestellt.
Die Wärmung der Nebenräume bis zur Temperatur der Krankenzimmer erschien
deshalb nothwendig, weil erfahrungsgemäss die Kranken beim Oeffnen und Schliessen
der in minder temperirte Räume führenden Thüren einem lästigen Zuge aus-
gesetzt sind.
Die Heizkörper sämmtlicher Räume wurden, um ihre Reinhaltung zu ermóg-
lichen, aus glatten (nicht gerippten) Röhren hergestellt, welche in den grossen Kranken-
zimmern und im Operationssaale, zu einer aus mehreren Stücken bestehenden Gruppe
vereinigt, längs der Fensterwand horizontal verlaufen, während sie in den übrigen
Räumen als auf gusseisernen Sockeln aufrecht stehende Spiralen ausgeführt sind.
Der zur Beheizung erforderliche Dampf wird in zwei Röhrenkesseln von je
26 m? Heizfläche erzeugt; ausserdem wurde auch ein Reservekessel aufgestellt. An
die Heizleitung sind Kammern für die Vorwärmung der einströmenden Frischluft an-
geschlossen; in denselben sind Rippenheizkörper von einer solchen Oberfläche an-
gebracht, dass die Frischluft darin von —20 Grad C. bis auf --20 Grad C. erwärmt
werden kann. Vermöge dieser Einrichtung kann die Luft in den Krankenräumen
stündlich zweimal, im Operationssaale dreimal erneuert werden, ohne dass sich eine
Zugluft bemerkbar machen würde.
Die Beheizung der Nebengebäude erfolgt durch eiserne Oefen.
— 351 —
Wasserversorgung. Da die Ostrauer Trinkwasserleitung nur einen geringen
Druck hat, und das Wasser demnach in Folge der hohen Lage des Krankenhauses
nur in das Parterre desselben geleitet werden konnte, musste behufs Beschaffung
des erforderlichen Nutzwassers eine eigene Pumpstation errichtet werden. Dieselbe
besteht im Wesentlichen aus einem 8m tiefen Brunnen von 2m Durchmesser, in
welchem eine Schachtpumpe mit einer Leistungsfähigkeit von 2 bis 8 Secundenliter
eingelassen ist, und wird durch einen an die elektrische Stromleitung! angeschlossenen
Wechselstrommotor von 3 Pferdekräften betrieben. Durch die Pumpe wird das
Wasser in zwei am Dachboden befindliche je 25 m? fassende schmiedeeiserne Reservoire
gehoben, von wo es in einem entsprechenden Rohrnetze zu den Verbrauchsstellen,
sowie auch zu dem im Souterrain stehenden Warmmwasserkessel geleitet wird.
Ueber dem Brunnen wurde ein Riegelwandhäuschen mit Dachpappendeckung
errichtet.
Warmwasserbeschaffung. Zur Zuleitung von Warmwasser an die
einzelnen Verbrauchsstellen (Bäder, Waschtische u. dgl.) dient eine separate Leitung,
welche von einem im Keller aufgestellten Warmwasserkessel gespeist wird. Letzterer
wird zur Zeit des Betriebes der Niederdruck-Dampfheizung mittelst einer an diese
angeschlossene Spirale, sonst durch directe Feuerung erhitzt.
Beleuchtung. Die Errichtung einer elektrischen Centralstation in Mährisch-
Ostrau durch die Firma Ganz & Co. ermöglichte es, das Krankenhaus ohne be-
sondere maschinelle Anlagen elektrisch zu beleuchten, und wird zu diesem Zwecke
der in das Gebäude eingeführte Wechselstrom durch einen im Souterrain eingebauten
Transformator in einen für Beleuchtungszwecke benützbaren Gleichstrom umgewandelt,
von wo sich derselbe in die einzelnen Beleuchtungskörper, als welche Glühlampen
von 16 N. K. Lichtstärke gewählt wurden, vertheilt.
Auf diese Art sind beleuchtet:
a) das Hauptgebäude,
b) das Infectionsgebäude,
c) die Leichenhalle,
d) der Garten.
In den Krankenzimmern sind Flaschenzugsgehänge mit Mattglas-Glühlicht an-
gebracht.
Die Krankenzimmer sowie die Separatzimmer sind mit elektrischen Untersuchungs-
lampen ausgestattet.
Gasleitung. Neben dem elektrischen Strome wurde auch Gas in das Haus
eingeleitet, doch beschränkt sich dessen Verwendung nur auf das Beheizen der Gas-
üfen in den Theeküchen und auf die Erhitzung der Sterilisationsapparate.
Feuerschutz. Sämmtliche zum Spitalscomplex gehörigen Gebäude wurden
mit Blitzableitern versehen.
In den Gängen des Hauptgebäudes sowie im Garten stehen Hydranten in
genügender Menge für Löschzwecke in Bereitschaft.
Telepbon. Das Krankenhaus ist in das staatliche Telephonnetz eingeschaltet.
Krankentransport. Zum Krankentransporte von auswärts steht ein des-
inficirbarer Wagen, der nach dem Hamburger Systeme gebaut ist, zur Verfügung.
Durch die Anlage einer entsprechenden hofseitig situirten Rampe ist es ermöglicht,
die Krankenwägen direct in die Corridore einfahren zu lassen.
Zum internen Transporte dienen Tragbahren.
Beseitigung der Abfallstoffe und Vorkehrungen gegen
Krankheitsverschleppung. Die Dejecte werden in überwölbten, cementirten
— 392 —
Senkgruben gesammelt und aus diesen ausgefiihrt, die Wasch- und Ktichenwisser
sammt den Niederschlagswässern in das städtische Canalnetz geleitet.
Das unbrauchbar gewordene Verbandmateriale wird dem im Souterrain situirten
Verbrennungsofen überantwortet. Die schmutzige Wäsche gelangt von den Kranken-
räumen mittelat eigener Schächte in das Souterrain.
Die von den Kranken mitgebrachten Kleidungs- und Wäschestücke dürfen,
wenn sie inficirt oder mit Ungeziefer beladen erscheinen, erst nach erfolgter Des-
infection im Magazin eingelagert werden.
Die Patienten III. Classe erhalten fiir die Dauer ihres Aufenthaltes im Kranken-
hause eigens hergestellte Spitalskleider und Wäsche.
Aerztlicher Dienst. Für den ärztlichen Dienst ist ein Primararzt bestellt,
welchem die Leitung des Krankenhauses übertragen ist. Demselben sind zwei Secundar-
ärzte, von welchen der eine auch als Spitals-Todtenbeschauer fungirt, sowie ein
Spitalsverwalter und ein Aufnahmsbeamter beigegeben.
Die Secundarärzte haben Naturalwohnung im Krankenbause.
Krankenpflege. Die Krankenpflege ist den barmherzigen Schwestern vom
heiligen Kreuz anvertraut; derzeit stehen zwölf Schwestern und eine Oberin in Ver-
wendung.
Als Hilfskräfte dienen:
1 Hausmeister (Portier),
1 Maschinist,
1 Heizer (im Winter),
3 Wärter.
Die Seelsorge versehen die geistlichen Functionäre in Mährisch-Ostrau.
Verköstigung. Die Verköstigung erfolgt in eigener Regie. Die Verpflegs-
taxen betragen für die III. Classe 95 kr., fiir die 1L Classe 2 fl. und für die I. Classe
4 fl. per Tag.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Kundmachung der k. k. oberöster- ' sterialerlasses vom 4. December 1856, Z. 26641,
reichischen Statthalterei vom 30. Au- und nach Inhalt der Anstaltstatuten vom
gust 1809, Z. 15892,V. 20. December 1892 als eine allgemeine öffent-
liche Krankenanstalt anerkannt.
betreffend die Anerkennung des Kaiser Franz
Jonef-Kinderhospizes in Sulzbach als eine Dies wird mit dem Beisatze zur allgemeinen
allgemeine öffentliche Krankenanstalt und | Kenntniss gebracht dass auf Grund des Erlasss
die Verptlegsgebühr in derselben. | en
des k. k. Ministeriums des Innern vom 10. April
| 1857, Z. 10946, nach dem gepflogenen Ein-
derennsischen Landtages vom 28. Miirz 1899 | vernehmen mit dem obderennsischen Landes-
In Folge der mit dem Beschlusse des ob-
ertheilten Zustimmung und mit Genehmigung ! ausschusse die Verpflegsgebühr in der gedachten
des k. k. Ministeriums des Innern vom 26. Juli | öffentlichen Krankenanstalt auf 84 kr. (achtzig
1899, Z. 23466, wird das Kaiser Franz Josef- | und vier Kreuzer = Einhundertsechzig und acht
Kinderhospiz in Sulzbach im Sinne des Mini- | Heller) pro Kopf und Tag festgesetzt wurde.
— 353 —
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Portugal. In der Zeit vom 5. bis 10. September sind in Oporto 3 Erkrankungen und
3 Todesfälle vorgekommen, und zwar am 7. September 2, am 8. 0 (2), am 9. 1 (0) und am
10. September 0 (1). Seit Beginn der Epidemie (4. Juni) bis zum 10. September sind insgesammt
167 Erkrankungen und 28 Todesfälle an Pest beobachtet worden. Die ersten 24 Erkrankungs-
fille sind in dem in der Nähe des Flusses gelegenen, von ausschliesslich armer Bevölkerung
bewohnten Stadttheile in einem Umkreise von 300 Meter vorgekommen, hievon allein 14 in der
kaum 150 Meter langen Rua fonte taurina. Der Militärcordon ist seit 1. September geschlossen.
Ungefähr 30.000 Personen haben vor Schliessung des Cordons die Stadt verlassen.
In Lissabon wurde auf einem aus Macau eingetroffenen Transportdampfer ein pest-
verdächtiger Todesfall beobachtet, der sich aber bei der Obduction als durch Staphylococcen-
infection bedingt herausstellte.
Mit dem Regierungsdecrete vom 2. September 1. J. wurde die Ausfuhr folgender Gegen-
stände von Oporto oder aus anderen Orten, woselbst der Ausbruch der Pest constatirt werden
sollte, verboten. 1. Hadern, Späne und Abfälle von Holz oder Papier, Webereiabfälle und
ähnliche Gegenstände. 2. Muster und Postsendungen irgend welcher Art. 3. Früchte und Ge-
müse, frisch oder getrocknet. 4. Bettwäsche oder Kleider und sonstige Gegenstände persönlichen
Gebrauches. 5. Wolle, Baumwolle, Hanf, Flachs und Seide, wenn nicht manufacturirt.
6. Zimmerausstattungsstücke, wie Tapeten und Vorhänge T. Gebrauchte Möbel, gepolsterte
Möbel und sonstige gebrauchte Gewebe für Hausausschmückung, gebrauchte Wagen. 8. Ge-
brauchtes Schuhzeug und alte Anzüge, ausgenommen als Reisegepäck. 9. Pflanzenfasern, Heu,
gepresste Kräuter. 10. Dünger und in Fäulniss befindliche organische Substanzen. 11. Därme
und Thierabfille, wie Blut, Haute, Felle, Pelze, Haare und Federn in natürlichem Zustande
oder nicht verarbeitet. 12. Haare und Knochen, frisches Fleisch, in Säcken oder gesalzen.
13. Schinken und Würste. 14. Leim, Gelatine, Speck und Butter. 15. Wein- und Oeltrebern.
16. Zubereitetes Brot, Mehl und ähnliche Erzeugnisse von Brot, wie Biscuits und Teigwaaren.
17. Gährungsmittel. 18. Todte oder lebende Thiere. 19. Fische, frisch, getrocknet oder ge-
salzen. 20. Milch, Milchspeisen, Eier und Honig. 21. Rohes Wachs. 22. Conservirte Lebens-
mittel. 23. Reis, Kaffee, Zucker und Conditorei-Erzeugnisse. 24. Tabak, roh und verarbeitet.
25. Kuhlymphe. 26. Bauholz. 27. Korkholz. 28. Cerealien. 29. Alle den obigen verwandten oder
ähnlichen Gegenstände. Folgende Gegenstände dürfen bis zur endgiltigen Entscheidung wieder
frei ausgeführt werden: 1. Mineralische Kohle, lose und in offenen Lowris, welche keine andere
Ladung haben. 2. Rohmetalle oder verarbeitete in nicht susceptiblen Packungen. 3. Substanzen,
welche als Desinfectionsmittel angesehen werden, unter Vertauschung oder Desinfection der
Packung. Unter Umständen kann durch ministerielle Verfügung die Durchfuhr von Früchten
in geschlossenen Kisten und von conservirten Lebensmitteln, sowie die Ausfuhr von Medicamenten
und von Droguen vegetabilischen oder thierischen Ursprungs von Fall zu Fall bewilligt werden.
Die übrigen im Vorstehenden nicht bezeichneten Artikel können bei entsprechender Desinfection
ausgeführt werden. Vom Reisegepäcke werden die nicht zulässigen Gegenstände vernichtet.
Deutsches Reich. Zur Verhütung der Einschleppung der Pest verfügte der Senat in
Hamburg, dass Officiere und Mannschaften der in Hamburg ankommenden Seeschiffe ihr Schiff
nicht eber verlassen dürfen, bis die in der Hafenordnung vorgeschriebene gesundheitspolizeiliche
Untersuchung durch den Hafenarzt oder einen Vertreter desselben stattgefunden hat. Die erste
Untersuchung ist thunlichst sofort, nachdem das Schiff fest vertäut wurde, vorzunehmen, und
zwar auch während der Nacht. , Die Hafenpolizei ist angewiesen, jede Uebertretung dieses Ver-
botes zu verhindern.
An ansteckenden Krankheiten, sowie an Fieber, Brechdurchfall, Ausschlag und Skorbut
leidende Personen dürfen das Schiff erst nach Besichtigung durch den Hafenarzt und nur mit
Jessen Erlaubniss verlassen.
Türkei. Alle gegen Aegypten angeordneten Massnahmen haben auch gegen Provenienzen
aus Portugal Anwendung zu finden.
Auf dem aus Alexandrien am 11. September in Beirut eingetroffenen Passagierdampfer
„Equateur“ ist ein Passagier an Pest gestorben.
Bulgarien. Das Regierungsdecret vom 17. (29.) August erklärt das Gouvernement
Astrachan als pestverseucht. Direet aus diesem Gouvernement kommende Provenienzen werden
zurückgewiesen. Die Quarantäinebehörden sind angewiesen den Provenienzen (Personen, Schiffen)
aus den Häfen des Azow'schen Meere sowie der russischen Küste des Schwarzen Meeres be-
— 304 —
sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und im Sinne der bestehenden Quarantaine-Vorschriften
vorzugeben.
Rumänien. Den aus Russland kommenden Reisenden ist der Eintritt nur in den Stationen
Ungheni und Galatz gestattet, woselbst sie einer genauen ärztlichen Visite zu unterziehen sind.
Aus pestverseuchten Gegenden anlangenden Personen ist der Eintritt nach Rumänien gänzlich
untersagt. Der Militärcordon auf dem Pruth, welcher durch Kriegsschaluppen unterstützt wird,
wurde verstärkt. Die Einfahrt in den Hafen von Constanza ist allen aus verdächtigen Häfen
kommenden Schiffen untersagt.
Die vorstehenden Verfügungen wurden nachträglich dahin modificirt, dass die von Russ-
land kommenden Schiffe nach ärztlicher Visite zum freien Verkehre zugelassen werden, ebenso
auch die aus dem Gouvernement Astrachan ankommenden Reisenden, falls seit deren Abreise 12 Tage
verflossen sind.
Russland. In Kolobowka, Gouvernement Astrachan, ist seit 10. (22.) August kein weiterer
verdächtiger Krankheitsfall vorgekommen.
Die kaiserliche Commission zur Verhütung und Bekämpfung der Pest in Petersburg hat
das Gebiet von Kwantung in China als von Pest bedroht erklärt. In Samara sind in der Zeit
vom 15. (27.) August bis 26. August (7. September) 8 pestverdächtige Erkrankungen (darunter
4 mit tödtlichem Ausgange) vorgekommen, welche sich jedoch im weiteren Verlaufe als schwere
Malariafälle erwiesen. Ä
Aegypten. In Alexandrien sind in der Zeit vom 24. bis 31. August 2 Pesterkrankungen
aufgetreten und zwar je eine am 25. und 26. August. Seit Beginn der Epidemie sind insgesammt
85 Erkrankungen und 42 Todesfälle beobachtet worden.
Brasilien. Die aus portugiesischen Häfen des Atlantischen Oceans, ferner aus den spani-
schen Häfen von Vigo, Corona, Santander und Bilbao nach dem 31. Juli ausgelaufenen Schiffe
müssen sich, bevor sie in brasilianische Häfen zugelassen werden, einer Untersuchung im
Lazarethe llha grande unterziehen. Zur wirksamen Durchführung dieser Verfügung wurde nach
dem am Eingange des Hafens von Rio de Janeiro gelegenen Fort von Santa Cruz und nach
dem Lazarethe der Ilha grande, sowie nach anderen brasilianischen Häfen Kriegsschiffe beordet.
Bombay. In der Zeit vom 21. bis 27. August sind 94 Erkrankungen und 79 Todesfälle
und vom 23. August bis 4. September 136 Erkrankungen und 110 Todesfälle an Pest vor-
gekommen.
Vermischte Nachrichten.
Impfergebnisse in Bosnien und der Hercegovina. Im Jahre 1898 wurden in 21 Be-
zirken Bosniens und der Hercegovina insgesammt 16.663 Impfungen vorgenommen, und
zwar in 73.752 Fällen mit Erfolg (Haftungspercent 96°19). Hievon entfielen 46.390 Vaccinationen
und 8967 Revaceinationen auf die gemeindeweise Impfung und 11.080 Vaccinationen und
10.225 Revaceinationen auf die Local- und Nothimpfungen. Der Impfstoff wurde aus der
Impfanstalt des Dr. Heinrich Papai in Neupest und aus der k. k. Impfstoff-Gewinnungs-
anstalt in Wien bezogen. In dem 12jiihrigen Zeitraume von 1887—1895 wurden insgesammt
103.580 Impfungen, darunter in 168.355 Fällen an Mohamedanern durchgeführt.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 3. September bis 9. September 1899:
in Dalmatien im politischen Bezirke Spalato: Opanei 2;
in Galizien in den politischen Bezirken: Grodek: Lubien maly 1; Husiatyn:
Kluwince 2; Kosow: Holowy 1, Jablonica 1, Fereskula 1, Zabie 3; Nadworna: Oslawy
biale 1; Stryj: Lawoczne 2; Sniatyn: Tulukow 1; Tlumacz: Krzywotuly nowe 3;
Galeszezyki: Tluste 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 3. September bis
9. September:
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Hadynkowce 1; Jaworow:
Wulka zmijowska 1; Rawa: Werchrata 1; Rohatyn: Ujazd 2.
EL PE AO
Veraniwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Húlder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmestrasse 15
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig fi. 6.—.
XI. Jahrgang.
Inhalt.
Verordnungen: Kaiserliche Verordnung, betreffend das wirthschaftliche Verhältniss zu den Ländern der
ungarischen Krone: Verordnung der Minister des Innern, des Ackerbaues und des Handels, betreffend
Durchführungsvorechriften für den Viehverkehr mit den Ländern der ungarischen Krone; Kundmachung _
des Ministeriums des Innern, betreffend die Regelung der Einfuhr von Vieh aus den Ländern der
Wien, 28. September 1899. Nr. 39.
Bewegung der Bevölkerung und Todesursachen im Jahre 1898. — Sanitátsgesetze und
üngarıschen Krone; Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz, des Handels und des Acker-
baues, betreffend die Bezeichnung der Malz- (Malton-) Weine; Verordnung des Justizministeriums, be-
treffend die Handhabung des Lebensmittelgesetzes. — Stand der Pest und Massnahmen gegen
dieselbe. — Vermischte Nachrichten.
Bewegung der Bevölkerung und Todesursachen im Jahre 1898.
In den »amtsärztlichen Vormerkungen« über die sanitätsstatistischen Verhältnisse
im Jahre 1898 sind verzeichnet:
Geborene
Trauungen —————— eee ` — Sterbefälle
Gesammtzahl uneheliche todtgeborene
Niederösterreich 25742 98945 24604 3142 64127
Oberösterreich . 5942 25882 4653 1094 19885
Salzburg . 1419 6143 1536 221 4701
Steiermark . 9218 42121 9594 1956 30677
Kärnten . 2084 12070 5068 373 9106
Krain . 3210 18542 1157 377 12013
Triest. : 1349 5476 918 317 4654
Görz-Gradisca . 1536 1974 235 221 5613
Istrien . 2589 12044 440 320 8819
Tirol . . . . . . D133 25418 1857 597 18957
Vorarlberg . . . +. . 813 3646 182 48 2621
Böhmen . Se e 50940 221756 29002 1485 149075
Mähren . 18796 88235 8731 2300 58687
Schlesien. 5560 26593 2684 166 16199
Galizien . 55106 303066 36835 6814 196976
Bukowina 5018 27904 3525 581 18345
Dalmatien 4191 21544 845 186 13708
Summe 1898 199246 947159 131866 26828 634363
39
— 396 —
Die in der »Statistischen Monatsschrift«*) veröffentlichten Ergebnisse der cen-
tralen Bearbeitung der Matrikenauszüge weichen in mehreren Ländern von den
obigen Ziffern mehr oder weniger ab, geben die Zahl der Trauungen mit 199723,
die der Geborenen mit 949398 und jene der Sterbefälle mit 635341 an. Zum grossen
Theile, aber nicht vollständig, erklären sich die Differenzen aus dem Umstande, dass
die amtsärztlichen Vormerkungen nur die in der Civilbevólkerung vorgekommenen
Standesfälle umfassen, während bei der centralen Bearbeitung seitens der k. k. sta-
tistischen Centralcommission auch die in den Militirmatriken verzeichneten Standes-
fälle einbezogen wurden.
Im Vergleiche mit den analogen Nachweisungen der vorausgegangenen drei
Jahre**) zeigt sich, dass die Zahl der Trauungen, der unehelich und todt Geborenen
sowie der Sterbefälle unter jener der früheren drei Jahre, jene der Geborenen über-
haupt unter jener der beiden Jahre 1896 und 1897 blieb, aber die Zahl des Jahres
1895 überstieg.
Nach steigenden Geburten- und Sterblichkeitsziffern geordnet, folgen die einzelnen
Länder in nachstehender Weise:
Auf 1000 Einwohner
Lebendgeborene ~~ Sterbefille
Vorarlberg. .|. . . . . . . 296 | Vorarlberg . '. . . . . . . . 213
Oberösterreich : . . . . . . 8301 | Niederösterreich . . . . . . . 217
Steiermark . . . : 2 . . . . 3011 | Steiermark . . . . . . . . . 230
Tirol. a ss... 3085 Tirol. esmas. 4 290
Kärnten. . . 2 202 2.2.5319 | Dalmatien . . . . . .. . . 238
Niederósterreich 326 | Kram. . ..... . 238
Salzburg . 32:8 | Oberösterreich . 2492
Triest. 33-3 ' Görz-Gradisca . 244
Gurz-Gradisca . 34:7 Böhmen . 245
Böhmen . 352 . Kärnten . 24-8
Krain. 355 Mähren . 248
Istrien 361 | Oesterreich 24°9
Mähren . 36:2 | Bukowina 298
Oesterreich 363 | Salzburg. 25-9
Dalmatien 38-0 | Schlesien 259
Bukowina 38:9 Istrien 264
Schlesien 397 | Galizien . 273
Galizien . 41:3 | Triest. 282
Die Mortalitätsziffern sind gegenüber jenen in den vorausgegangenen Jahren
in allen Ländern gesunken, aber auch die Geburtsziffer ist in der Mehrzahl der
Länder zurückgegangen.
Hinsichtlich der Häufigkeit der Inanspruchnahme sachverständigen Hebammen-
beistandes bei Entbindungen Sind; im Vergleiche mit dem Jahre 1897 keine bedeutenden
Veränderungen, immerhin aber ein Fortschritt zu verzeichnen.
Von 100 Geburten erfolgten unter geburtshilflichem Beistande:
in Triest . . te ‘a 100 in Salzburg. . . . . . . . . 985
» ()berúster ech er 9093 \» Mähren . . . . . . . . . 981
>» Vorarlberg . . . . . «+ . 990!» Tirol . . . toe ew ew ww) 6 OFH
» Bohmen. . . . Hä > Niederösterreich Saa es ww. “Gees
*) Siehe Jahrg. 1899 d. BL, S. 377,
##) Siehe Jahrg. 18598 d. BI, S. 410.
"re" "rg virge ` mm Ce, a
— 357 —
in Górz-Gradisca . o... 9lbjinKrainm. . . . . . . . . . 638
» Schlesien . . . . . . . . 903|> Steiermark. . . . . . . . 578
» Kärnten . . . . . . . . . 715 |» der Bukowina . << @ ae ae ui OS
» Oesterreich . . . . . . . 673 |> Dalmatien . . . . . . . . 319
>» Istrien . . . . 5. .. . . 639;¡» Galizien. . . . . . . B82
Die Sterbefälle vertheilen sich nach dem Lebensalter in folgender Weise:
über
1. Monat 1. Jahr 0—5 J. 5—15 J. 15—30 J. 30—50 J. 50—70 J. 70J.
Niederösterreich 7741 21234 27822 2186 4959 8059 11522 9555
Überösterreich . 2556 6435 3182 104 1121 1805 3878 4192
Salzburg. . . 592 1428 1781 203 323 541 999 $53
Steiermark . . 3379 8385 11572 1359 2014 3285 6888 5550
Kämten . . . 1070 2462 3423 370 547 1020 2092 1650
Krain. . . . 1114 2771 4904 746 815 1098 2190 2256
Tnet. . .. 372 1275 1919 217 383 651 883 601
Girz-Gradisea . 613 1540 2323 323 406 528 1011 1022
Istrien . . . 942 2526 4098 555 646 113 1214 1593
Tirol . . . . 9115 4732 6337 805 1273 2160 4101 4270
Vorarlberg . . 353 132 912 110 187 329 599 484
Böhmen . . . 19736 50727 69830 5350 10701 14480 25081 23633
Mähren . . . 287 19653 27378 2484 3964 6150 10043 8661
Schlesien. . . 1956 5516 8006 846 1148 1933 2748 2110
Galizien . . . 26055 64134 105558 14460 12816 18162 30530 15018
Bukowina . . 2748 6608 9566 1253 1053 1842 3053 1568
Dalmatien . . 1356 3701 6279 1079 1147 1261 1791 2139
Summe . 109985 203859 299890 33050 43503 64037 108623 85155
Die Verminderung der Zahl der Sterbefälle tritt in allen angeführten Altersstufen
hervor, nur die Zahl der im Alter von 50—70 Jahren war im Jahre 1898 eine grössere
als in den beiden früheren Jahren. Ein besonders erfreuliches Zeichen ist die Ab-
nahme der Kindersterblichkeit.
Auf 100 Lebendgeborene kommen Sterbefälle bei Kindern im ersten Lebensjahre:
in Oberösterreich . . . . . . . 26 S Niederösterreich. . . . . . . 22
- der Bukowina . . . . . . . 24 Oesterreich . . . . . . . . 22
» Böhmen .. . 2 22 2. = » Schlesien . . 2 ...... 2!
> Triest i Se » Kärnten . HI
> Salzburg > Vorarlberg . . . . . . . . 20
» Galizien Bae ep on. a “Er > Görz-Gradisca . " . . . . . 20
» Mähren. . . 2. 2 2 2 202. + Tirol g-a e as a a a ce 19
» Steiermark er éi wer e E >» Dalmatien. . ...... . 17
> Istrien . y a >» Krain & 20 2 8 8 0 a ee 18
Auf 1000 Lebendgeorene treften Sterbefälle:
in Schlesien. . . . EE | in Gérz-Gradisca. . . . . . . 704
> Dalmatien . . . . . . . . 636); » Vorarlberg. . . . 2... . 719
Niederösterreich . . . 2. . . 648)» Steiermark . . . . . . ... 727
» Galizien . . . 2 2 .-. . . O49) » Istrien . e, 7132
> Kram. ....... . . 655 >» Tirol... . . 2 2020020. 746
» der Bukowina. . . . . . . 691 |» Kiirnten . . . . . . . . . 704
» Mähren . ...... . . 669 | > Salzburg. . 2 2 . ... . . 769
» Oesterreich . . . . . . . 670 |» Oberústerreich . . . . . . . 768
» Böhmen . . . . . . . . . 621» Triest. . . . . . . . . . 850
(Schluss folgt.)
SOA
. 398
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Kaiserliche Verordnung vom 21. Sep- | Verordnung der Minister des Innern,
tember 1899,
R. G. Bl. Nr. 176,
betreffend das wirthschaftliche Verhältniss
zu den Ländern der ungarischen Krone, die
sänzliche Einlösung der Staatsnoten, die Ein-
führung der Kronenwährung als Landes-
währung, die Verlängerung des Privilegiums
der österreichisch-ungarischen Bank und die
Ordnung der Schuld von ursprünglich 50 Mil-
lionen Gulden.
Auf Grund des $ 14 des Staatsgrund-
gesetzes vom 21. December 1867, R. G. BI.
Nr. 141, finde Ich anzuordnen, wie folgt:
1. Theil.
Artikel VII.
Viehverkehr.
Die einem Staate herstammenden
Thiere, thierischen Robproducte und giftfangen-
den Gegenstände werden in dem anderen Staate
im allgemeinen grundsätzlich nicht anders be-
handelt werden, als die gleichartigen Trans-
porte des eigenen Staates,
Es können demgemäss Transporte, die aus
aus
seuchenfreien Gegenden stammen und am Be-
stimmungsorte gesund anlangen, in den freien
Verkehr des anderen Staates treten.
Im Falle der Feststellung einer anstecken-
den Thierkrankheit bei einem eingebrachten
Transporte kann dessen Rücksendung erfolgen;
im Falle der Einschleppung einer solchen
Krankheit oder bei deren Bestande, insbeson-
dere in einem Grenzbezirke, kann die Einfuhr
der empfinglichen Thiergattung beschränkt
oder verboten werden.
Diese Verfügungen sind nach Massgabe
der von den beiden Regierungen auf die Dauer
der Giltigkeit der vorstehenden Bestimmungen
über den Viehverkehr vereinbarten Durch-
führungsmodalitäten zu treffen und werden,
soweit es sich nicht um die Rücksendung ver-
seuchter Transporte oder um die im Verkehre
der Grenzbezirke zunächst den dortigen Be-
hörden obliegenden Vorkehrungen handelt, von
den zuständigen Ressortministern veranlasst.
des Ackerbaues und des Handels vom
22. September 1899,
R. G. Bl. Nr. 179,
mit welcher Vorschriften zur Durchführung -
der den Viehverkehr mit den Ländern der
nngarischen Krone regelnden Bestimmungen
des Artikels VII des ersten Capitels im
I. Theile der kaiserlichen Verordnung vom
21. September 1899, R. G. Bl. Nr. 176, er-
lassen werden.
Gemäss Artikel VII des ersten Capitels
im I. Theile der kaiserlichen Verordnung vom
21. September 1899, R. G. Bl. Nr. 176, haben
für den gegenseitigen Viehverkehr die im Nach-
stehenden kundgemachten, mit der königlich
ungarischen Regierung vereinbarten Durch-
führungsmodalitäten zu gelten.
Artikel I. Der nach Massgabe der
veterinärpolizeilichen Vorschriften sich voll-
ziehende gegenseitige Verkehr mit Thieren,
thierischen Rohproducten und giftfangenden
Gegenständen innerhalb des gemeinsamen Zoll-
gebietes unterliegt keiner anderweitigen Be-
schränkung, und können demgemäss gesunde
Thiere aus seuchenfreien Gegenden des einen
Staates in den anderen Staat unbeanständet
eintreten.
Behufs Nachweises der seuchenfreien Pro-
venienz der T'hiere müssen die Transporte mit
behördlichen Ursprungs- und Gesundheitszeug-
nissen gedeckt sein, die besagen, dass am Her-
kunftsorte und in den Nachbargemeinden, be-
ziehungsweise in den angrenzenden Gemeinde-
rayons innerhalb der letzten 40 Tage vor der
Absendung eine ansteckende Krankheit, hin-
sichtlich deren die Anzeigepflicht besteht, und
die auf die betreffende Thiergattung, für welche
die Zeugnisse ausgestellt sind, übertragbar ist,
nicht geherrscht hat.
In Gemeindegebieten von mehr als 350
Quadratkilometern soll es nicht ausgeschlossen
sein, nach Massgabe ihrer Configuration und
der dadurch bedingten veterinärpolizeilichen
Sicherstellung eine Untertheilung in kleinere
Rayons vorzunehmen. Die beiden Theile werden
sich von Fall zu Fall über die Frage der Zu-
359
lissigkeit einer solehen Theilung, sowie über | seuchte Transport stammt, weniger als 10 Kilo-
die Festsetzung der natürlichen Grenzen dieser
Rayons verständigen. Eine solche Untertheilung
bat rücksichtlich der Lungenseuche keine Giltig-
koit.
Die Dauer der Giltigkeit der Ursprungs-
Gesundheitseertificate beträgt acht Tage.
Bei Eisenbahn- und Schiffstransporten muss
vor der Verladung eine besondere Untersuchung
durch einen staatlich angestellten oder von der
Staatsbehörde hiezu besonders
Thierarzt vorgenommen und der Befund in das
ermächtigten
Zeugniss eingetragen werden.
Sendungen von frischem Fleische müssen
Certificate beigelegt haben, des Inhaltes, dass
die betreffenden Thiere bei der vorschrifts-
mässigen Beschau im lebenden Zustande und
nach der Schlachtung von einem behördlichen
Thierarzte fiir gesund befunden worden sind.
Wenn die Rinderpest in dem einen Staate
auftritt, so steht der Regierung des anderen
Staates das Recht zu, die Einfuhr von Wieder-
käuern, Schweinen und thierischen Rohstoffen,
sowie von giftfangenden Gegenständen bis zum
vollen Erlöschen der Krankeit zu beschränken
oder zu verbieten.
Wenn aus dem einen Staate durch den
Viehverkehr die Lungenseuche, die Maul- und
Klauenseuche, die Schweinepest oder eine andere
Krankheit von gleicher Gefährlichkeit in den
anderen Staat eingeschleppt worden ist, so steht
der Regierung des letzteren das Recht zu, die
Einfuhr der für die betreffende Krankheit em-
pfánglichen Thiergattungen
waltungsbezirke (in den im Reichsrathe ver-
aus dem Ver,
tretenen Königreichen und Ländern: Bezirks-
hauptmannschaft oder Stadt mit eigenem Statut;
in Ungarn Stuhlrichterbezirk, beziehungsweise
Stadt
Slavonien: die Bezirksbehirde, beziehungsweise
mit Jurisdietionsrecht; in Croatien-
der Stadtmagistrat), aus welchem der verseuchte
Transport stammt, bis zur amtlichen Erklärung
des Erlöschens der betreffenden Krankheit
Sinne der
mungen zu beschränken oder zu
im
bezüglichen gesetzlichen Bestim-
verbieten.
Diese Verfügung kann sich auch auf jeden
angrenzenden Verwaltungsbezirk erstrecken, von
dessen Grenze der Ort,
aus welchem der ver-
meter entfernt ist.
Artikel II.
schränkungen oder Verboten im gegenseitigen
Viehverkehre wird von den betreffenden Central-
stellen (in den im Reichsrathe vertretenen
Königreichen und Ländern und in Ungarn von
den betreffenden Ministerien, in Croatien-
Slavonien von dem Banus) veranlasst, welchen
von den Unterbehórden über vorgekommene
Beanständungen einzelner Transporte, sowie
über das Auftreten von Seuchen im Gebiete
des anderen Theiles in dem Falle, und zwar
in der Regel auf telegraphischem Wege, Bericht
zu erstatten ist, als die Erlassung solcher An-
ordnungen für nothwendig erachtet wird.
Die Centralstelle bestimmt die Art und
den Umfang der zu treffenden Anordnungen,
sowie den Termin für das Inkrafttreten der-
selben, und verständigthie von telegraphisch die
Die Anordnung von Be.
Centralstelle des anderen Theiles. Transporte,
welche spätestens am Tage nach Eintreffen
der
Centralstelle des anderen Theiles abgerollt sind,
telegraphischen Verständigung bei der
werden noch zur Einfuhr zugelassen.
Im Verkehre zwischen den Grenzbezirken
(in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen
Bezirkshauptmannschaft oder
Stadt mit eigenem Statut; in Ungarn: Stuhl-
richterbezirk, beziehungsweire Stadt mit Juris-
dietionsrecht; in Croatien-Slavonien: die Bezirks-
behúrde,
beider Theile untereinander kann jedoch die
Grenzbezirksbehúrde im Falle des Bestandes
einer Seuche im angrenzenden Bezirke des an-
bei
ansteckenden Thierkrankbeit an einem von dort
und Ländern:
beziehungsweise der Stadtmagistrat)
deren Theiles oder Constatirung einer
zum Eintritte gelangten Tbiere den Eintritt der
für die betreffende Krankheit empfänglichen
Thiergattungen aus dem betroffenen Bezirke
provisorisch beschränken oder verbieten. Diese
Verfügung ist der Grenzbezirksbehirde des
anderen Theiles sofort mitzutheilen.
Diese Massnahmen, welche sich auf den
Eisenbahn Schiff
Transitverkehr über das gesperrte Gebiet nicht
mittelst oder erfolgenden
beziehen, werden von der vorgesetzten Behörde
(das ist der Behörde zweiter Instanz‘, an welch«
erlasseenden Grenzbezirksbehorie
sie von der
berichtet werden, auf dem kürzesten Wege ge-
nehmigt oder abgeändert.
Die hievon gleichzeitig verständigte be-
treffende Centralstelle gibt derartige Mass-
nahmen der Centralstelle des anderen Theiles
gleichfalls telegraphisch bekannt und bleibt es
der letzteren vorbehalten, wegen etwa ge-
wünschter Aenderungen sich mit der ersteren
direct ins Einvernebmen zu setzen.
Die Beschrinkungen des Grenzviehverkehres
sind ausser Kraft zu setzen, sobald in dem
gesperrten Bezirke die Krankheit, welche hiezu
Anlass geboten hat, amtlich als erloschen er-
klärt worden ist.
Artikel III. Die beiden Theile räumen
sich gegenseitig die Befugniss ein, behufs Ein-
holung von Erkundigungen über den Gesund-
heitszustand der Viehbestände, die Einrichtung
von Viehmirkten, Schlachthäusern, Mast-
anstalten, Viehcontumazanstalten u. dgl., sowie
über die Durchführung der bestehenden veterinär-
polizeilichen Vorschriften Delegirte in den an-
deren Staat ohne vorgängige Anmeldung zu
entsenden oder dort auch dauernd zu exponiren.
Beide Theile werden ihre Behörden anweisen,
den erwähnten Fachorganen des anderen Theiles,
sobald dieselben sich als solche legitimiren, auf
Wunsch Unterstützung zu gewähren und Aus-
kunft zu ertheilen.
Artikel IV. Viehtransporte aus dem Ge-
biete des einen Staates, die in dem anderen
Staate am Bestimmungsorte mit einer an-
steckenden Thierkrankheit behaftet befunden
worden sind, hinsichtlich deren die Verpflichtung
zur Anzeige besteht, unterliegen der gleichen
Behandlung wie die similären Sendungen aus
dem eigenen Gebiete und können demgemiss
in das Aufgabsgebiet zurückgesendet werden.
Ueber Wunsch des Eigenthümers wird die
competente politische Behörde am Bestimmungs-
orte die Verwerthung der betreffenden Thiere
im Wege der sofortigen Schlachtung gestatten,
wenn dies der Krankheitszustand der Thiere
zulässt und die Möglichkeit einer Verschleppung
der Krankheit ausgeschlossen werden kann.
Diese Bewilligung wird in der Regel jedoch
nur dort ertheilt, wo die Eisenbahnstation mit
dem Schlachthause mittelst Schienenstranges
verbunden ist.
EE ae a EE EE EE
360 —
Bei der Constatirung der Krankheit kann
ein ` Sachverständiger Ursprungslandes
(Punkt III) falls
binnen 24 Stunden herangezogen werden kann.
Im Falle einer Meinungsverschiedenheit
hinsichtlich der Natur der Erkrankung findet
eine Ueberprüfung durch ein staatliches höheres
Veterinärorgan des Bestimmungslandes statt,
dessen Gutachten dann für das weitere Ver-
fahren massgebend ist.
Das ganze Verfahren muss jedoch unter
des
interveniren, ein solcher
allen Umständen spätestens binnen 45 Stunden,
vom Zeitpunkte der Beanständung gerechnet,
abgewickelt werden.
Die erwachsenden Kosten sind von der
Partei zu tragen.
Artikel V. Grössere Vieh-
etablissements, die unter unmittelbarer staatlicher
isolirte
Ueberwachung gestellt sind und über ent-
sprechende bauliche Einrichtungen und einen
veterinirpolizeilich gesicherten Betrieb
fügen, werden hinsichtlich der veterinärpolizei-
ver-
lichen Verwaltung als eigene Administrations-
gebiete betrachtet. Dieselben können dement-
sprechend nur im Falle einer Verseuchung der
dortigen Viehstände unter gestellt
werden.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung
derartiger Etablissements als eigene Administra-
Sperre
tionsgebiete werden im gegenseitigen Einver-
nehmen festgesetzt. (Beilage.)
Dem betreffenden Minister (in Croatien-
Slavonien dem Banus) bleibt es vorbehalten,
die auf dem eigenen Gebiete gelegenen Vieh-
etablissements, bezüglich deren es anerkannt
ist, dass sie den oberwähnten Voraussetzungen
entsprechen, als solche Sondergebiete zu er-
klären.
Artikel VI. Die Tilgung der Lungen-
seuche hat in den beiden Staaten nach den
gleichen Grundsätzen zu erfolgen und hat ins-
besondere die sofortige obligatorisebe Schlach-
tung aller erkrankten und aller ansteckungs-
verdächtigen Thiere stattzufinden.
Artikel VII. Aenderungen in den be-
stehenden Thierseuchengesetzen sind gleich
mässig auf den Verkehr mit Thieren aus dem
Gebiete deg anderen Staates anwendbar. Es ist
jedoch selbstverständlich, dass die dem beider
gebotenen Garantien während der Dauer der
Giltigkeit dereelben nur im gegenseitigen Ein-
vernehmen abgeändert werden können.
Diese Ministerialverordnung tritt mit dem
Tage ihrer Kundmachung in Kraft.
Beiluge
Verkehr mit Schweinen aus Mast-
anstalten.
Hinsichtlich des Verkehres mit Schweinen
werden jene Schweinemastanstalten als Sonder-
gebiete in veterinärpolizeilicher Richtung an-
erkannt, welche unter der unmittelbaren Auf-
sicht je eines ausschliesslich nur für ihre Zwecke
b»stellten staatlichen Thierarztes stehen, hin-
sichtlich der Zu- und Abfuhr von Schweinen
competenten Centralstelle
ge-
bunden sind und bezüglich ihrer baulichen An-
an einen von der
vorgeschriebenen regelmässigen Betrieb
lage den nachstehenden Anforderungen ent-
sprechen:
a) Die betreffenden Anstalten müssen
ausserhalb von Ortschaften angelegt und von
ihrer Umgebung als solche räumlich vollkommen
ahgeschlossen sein; dieser Abschluss selbst muss
derartig hergestellt sein, dass die dortselbst
untergebrachten Schweine gegen jeden unüber-
wachten Verkehr völlig gesichert sind; diese
Anstalten müssen überdies durch Schienen-
stränge mit der Eisenbahn in directer Ver-
bindung stehen;
b) die einzelnen Szälläse müssen durch
Mauerwerk oder gut verfugte und entsprechend
bohe Holzwände von einander getrennt. sein,
vollkommen undurchlässige Bodenflächen auf-
weisen, mit Aus- und Einladerampen versehen
sein; mm Falle die Schweine nicht
den betreffenden Szälläsen zur Verladung ge-
langen können, sondern zu diesem Behufe aus
dem Szállase zur Laderampe getrieben werden,
müssen auch die Triebwege von gleicher Be-
schliesslich muss das Eta-
direct aus
achaffenheit sein;
blissement auch mit einer functionstüchtigen
Canalisation mit ständigem Wasserlaufe aus-
gestattet sein.
i
|
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i
|
|
— 31 —
seitigen Viehverkehr laut dieser Verordnung | Kundmachung des k. k. Ministeriums
des Innern vom 22. September 1899,
womit die Einfahr von Vieh ans den Ländern
der ungarischen Krone nach den im Reichs-
rathe vertretenen Königreichen und Län-
dern bis auf Weiteres geregelt wird.
Auf Grund der im Artikel VII des ersten
Capitels im ersten Theile der kaiserlichen Ver-
ordnung vom 21. September 1899 (R. G. Bl.
Nr. 176) und in der Ministerialverordnung
vom 22. September 1899 (R. G. Bl. Nr. 179)
getroffenen Anordnungen findet das Ministe-
rium des Innern in Ansehung der Vieh-
einfuhr aus den Ländern der ungarischen Krone
zu verfügen, wie folgt:
(Hier werden alle jene Stuhlbezirke und
Städte mit Jurisdiction, ferner alle jene Ge-
meinden, (einschliesslich deren Umgebung) ange
führt, aus welchen wegen erfolgter Einschlep-
pung beziehungsweise wegen des Bestandes von
Thierseuchen die Einfubr von Vieh nach den
im Reichsrathe vertretenen Königreichen und
Ländern bis auf Weiteres untersagt ist. Siehe
Wiener Zeitung Nr. 215 vom 23. September
1899.)
Fiir die zur Einfuhr gelangenden Thiere
miissen behördlich ausgestellte Viehpässe bei-
gebracht werden, welche bescheinigen, dass am
Herkunftsorte und in den angrenzenden Ge-
meinderayons innerhalb der letzten 40 Tage
der Absendung der betreffenden Thiere
und
vor
zur
ge-
übertragbare
Krankheit
eine auf dieselben
Anzeige verpflichtende nicht
herrscht hat.
Wird
der Bestimmungsstation
Seuche constatirt, so ist der betretiende Vieh-
transport soferne die Ueber-
führung der Thiere nach einem mit der Eisen-
bahnstation mittelst Schienenstranges verbun-
denen öffentlichen Schlachthause gestattet
Herkunft in
einer
unter Thieren dieser
der Bestand
nicht etwa
wird — unter Beachtung der diesbezüglich
bestehenden Vorschriften nach der Auf-
gabsstation des Provinzgebietes zurückzu-
senden.
Die vorstehenden Verfügungen treten so-
fort in Kraft.
Mit dem Zeitpunkte des Beginnes ihrer
Wirksamkeit verlieren alle bisherigen, vom
Ministerium des Innern, sowie von den politi-
schen Landesbehörden in Ansehung des Vieh-
362
|
verkehres mit den Ländern der ungarischen .
Krone erlassenen Einfuhrverbote und Beschrän-
kungen ihre Giltigkeit.
Auf verbotswidrig eingebrachte Viehtrans-
porte finden die Bestimmungen des $ 46 des
Gesetzes vom 29. Februar 1880 (R. G. BI.
Nr. 35) Anwendung.
Verordnung der Ministerien des
Innern, der Justiz, des Handels und des
Ackerbaues vom 5. September 1899,
R. G. Bl. Nr. 182,
die Bezeichnung
(Malton-) Weine.
betreffend der Malz.
Auf Grund des § 7 des Gesetzes vom
16. Jänner 1596, R. G. Bl. Nr. 89 ex 1897,
betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und
einigen Gebrauchsgegenständen, wird bestimmt:
Das gewerbsmässige Verkaufen und Frei-
halten, sowie der Ausschank von Malz- (Malton-)
Weinen im Sinne der P. P. 16 und 15 des
S 15 des Gesetzes vom 15. März 1883,
R. G. Bl. Nr. 39, betreffend die Abänderung
und Ergänzung der Gewerbeordnung, darf nur
unter einer Bezeichnung des Getränkes statt-
finden, welche dessen wirkliche Beschaffenheit
deutlich kennzeichnet.
Diese Verordnung tritt sofort in Kraft.
*
Verordnung des Justizministeriums
vom 19. Mai 1899,
an sämmtliche Gerichte und Staatsanwalt-
schaften,
betreffend die Handhabung des Lebensmittel-
gesetzes.
Es hat sich gezeigt, dass einzelne Gerichte
bei Einbringung der Gebüren der Lebensmittel-
Untersuchungsanstalten nicht mit der nöthigen
Entschiedenheit vorgehen, was eine Belastung
der Dotation dieser Anstalten zur Folze hat.
Die Gerichte und Staatsanwaltschaften
werden auf die Bestimmungen des § 29 des
Gesetzes vom 16. Jänner 1896, R. G. Bl.
Nr. 89 ex 1897, und des $ 7 der gemeinsamen
Verordnung vom 13. October 1897, R. G. BI.
Nr. 240, verwiesen. Darnach haben die Unter-
suchungsanstalten die auferlaufenen Kosten der
technischen Untersuchung dem Strafgerichte
bekannt zu geben (es wird dies regelmässig aus
Anlass der Strafanzeige geschehen). Diese
Kosten bilden nun insoferne einen Theil der
Kosten des Strafverfabrens, als sie mit diesen
gemäss $ 389 oder 390 St. P. O. einzuheben
sind, soferne nicht die nach $ 391 St. P. 0.
zu treffende Entscheidung auf Uneinbringlich-
keit der Kosten lautet.
die Kosten einbringlich sein, insbesondere, wenn
sich die Gerichte bei Beurtheilung des Straf-
falles vor Augen halten, dass es dem Zwecke
Regelmässig werden
des angeführten Gesetzes und der Strafrechts-
irgend eines
pflege nicht entsprechen würde, wenn das Ge-
richt den Einzelfall stets mit der Aburtheilung
untergeordneten Organes eines
Es ist viel-
mehr sowohl Aufgabe der Gerichte als der an-
tragstellenden
lländlers erledigt erachten würde.
staatsanwaltschaftlichen Fune-
tionäre und der die letzteren überwachenden
oder selbst einschreitenden Staatsanwaltschaften.
die Urheber der Fälschung oder der schäd-
lichen Herstellungen zu ermitteln und zur Ver-
Bei diesen Urhebern,
wie bei den Händlern selbst dürfte aber regel-
antwortung zu ziehen.
mässig die Kostenentscheidung nicht negativ
Die Gerichte werden ferner aut-
merksam gemacht, dass jede Entscheidung nach
$ 391 St. P. O. den staatsanwaltschaftlichen
Functionären, beziehungsweise,
ausfallen.
wenn es sich‘
ein Vergehen oder Verbrechen handelt,
dem Staatsanwalte zur Kenntniss zu bringen
ist, weil den Genannten die Beschwerde gemäss
S 392 t. P. O. zusteht.
Von dem Ergebnisse des Strafverfahrens
ist unter allen Umständen die Untersuchungs:
anstalt zu verständigen, und genügt
um
es hiezn
im Falle der Verurtheilung, in Kürze den Ur
theilsspruch und die Kostenentscheidung be-
kannt zu geben. Wird mit der Kosteneinbrin-
guug vorgegangen, so kann die Verständigung
mit der Uebersendung der eingebrachten Ge
— 363 —
büren verbunden werden. Die Verständigung
darf aber auch in den anderen Fällen (Ein-
stellung, Verfallserklärung, Freispruch) nicht
unterlassen werden, weil die Untersuchungs-
anstalt dies zur endgiltigen Erledigung des
Falles und bei vorliegendem Rückersatzanspruche
eines Privatanzeigers ($ 29, Abs. 1, Lebens-
mittelgesetz) zur Erledigung diesee Anspruches
nöthig bat.
Schliesslich werden die Gerichte und Staats-
anwaltschaften bei diesem Anlasse neuerdings
auf die volkswirthschaftliche und sanitäre Be-
deutung des Lebensmittelgesetzes aufmerksam
gemacht. Gerade zu Beginn der Wirksamkeit
eines solchen Gesetzes ist es nothwendig, der
Bevölkerung den Ernst der Strafbestimmungen
an sich nur einen Bruchtheil der Fälschungsfälle
bilden, und es könnte sich daher nur zu leicht
ereignen, dass die Fälscher angesichts einer
mehr oder minder formellen, schablonenhaften
Erledigung der Straffälle die auferlegten Strafen
gewissermassen in ibren Geschiftscalcii] ein-
stellen, mit einem gewissen Procentsatz solcher
Abstrafungen rechnen. Eine strenge indivi-
dualisirende Behandlung der Straffrage ist
ebenso wie eine strenge Handhabung der
Kostenentschädigung geeignet, diese Berechnung
zu durchkreuzen und der Absicht des Gesetz-
gebers entgegenzukommen, welche in der all-
mählichen Einschränkung von Fälschungen und
sonstigen schädlichen Herstellungen von Lebens-
mitteln und anderen Gebrauchsartikeln gipfelt.
(Verordn. Bl. des k. k. Justizminist. 1899,
S. 174.)
vor Augen zu führen. Es ist nicht zu über-
sehen, dass die zur Anzeige gebrachten Fiille
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe.
Portugal. In Oporto sind in der Zeit vom 11. bis 21. September 1. J. 9 Erkrankungs-
nnd 3 Todesfälle an Pest vorgekommen, und zwar: am 11., 13., 14., 15., 16., 15., 19., 20.
und 21 September in nachstehender Reihenfolge: 1 (0), 1 (1), O (1), 2 (0), 1 (0), 105, 1 (0;
1 (1), 1 (0).
Der Sanitätscordon um Oporto wird auch weiterhin aufrecht erhalten; es wurde jedoch
den Bewohnern gestattet, die Stadt per Bahn und auf gewissen Punkten nach Erwirkung
eines Passes und nach vorgenommener ärztlicher Untersuchung und Desinfection zu
verlassen. Die mittelst Eisenbahn die Stadt verlassenden Bewohner Oportos werden in
mit Aufschrift gekennzeichneten Waggons befördert und dürfen nur in den auf ihren Pässen
verzeichneten Stationen die Waggons verlassen. Die Namen der Abreisenden sind vom
Vorstande der Abfahrtsstation jenen der Ankunftsstation mitzutheilen, welcher wieder dafür
verantwortlich ist, dass die Ankunft derselben telegraphisch den zuständigen Districts-, be-
ziehungsweise Polizeibehörden mitgetheilt werde.
Die Civilverwaltung in Lissabon hat nachstehende Belehrung über das Ver-
halten bei Pestgefahr veröffentlicht. (Uebersetzung.)
Die Pest ist eine Krankheit, vor welcher sich jede Person leicht und erfolgreich be-
wahren kann.
Eine reinliche Person, welche in einem sauberen Hause wohnt und sich vor der Berührung
mit Individuen, Thieren oder Gegenständen, welche infieirt worden sind, bewahrt, darf sich als
pestfrei ansehen. Die Reinlichkeit und die Desinfection sind die grossen Feinde der Pest; dass
unter den Aerzten und Pflegern in Oporto keine Pesterkrankungen vorgekommen sind, beweist dies.
Die hygienischen Massregeln, welche angesichts der in Oporto herrschenden Epidemie zu
befolgen sind, sind folgende:
1. Peinlichste Reinlichkeit des ganzen Körpers, der Bekleidung und insbesondere der
Wohnung (Fussboden). 2. Grösste Mässigkeit und Regelmässigkeit beim Essen, Trinken und
sonstigen Vorgängen des Lebens. 3. Vermeidung intimer und längerer Berührung mit Personen
oder Gegenständen (besonders mit nicht desinfieirter Wäsche), welche wegen ihrer Herkunft
aus infieirten Orten verdächtig sind. 4. Wiederholtes Waschen der Hände und des Gesichtes,
und zwar stets vor dem Essen, unter Vermeidung des Führens der Hände zum Gesichte. be:
sonders zum Munde. Man erzielt eine gute Waschung durch Wasser und Seife und einer
Bürste für die Nägel, welche noch durch Alkohol oder starken Branntwein vervollständigt
werden mag. 5. Gründliche Lüftung der Häuser behufs Aufbesserung der Luft und Aur,
hebung der Feuchtigkeit, die darin herrschen könnte. 6. Wegschatfung aller schlechtriechenden
und feuchten Orte in den Häusern und deren Dependenzen durch Lüftung, Desinfection oder sinnge-
— 364 —
mässe Bauherstellungen, je nach den Fällen. 7. An anderen Orten, wo schlechte Gerüche sind, die
durch einfache Lüftung nicht beseitigt werden können, erzielt man die Bonificirung durch Abbrenuen
von Schwefelblumen, durch Aufstellung von Gefässen mit Chlorkalk unter Beimengung von etwas
Wasser oder von mit Essig angesäuertem Wasser. Zu empfehlen sind auch Formalinlampen.
S. Es sollen alle Keller ete., welche im schlechten Zustande sind, ebenso schadhafte Canäle,
die den Mäusen und Ratten Durchgang gewähren könnten, sofort ausgebessert und erneuert
werden. Die Hausbewohner mögen den Beistand der Behörden erbitten, um die Mieths-
herren zur Vornahme der Arbeiten zu zwingen. 9. Fussböden, besonders solche, die schadhaft
sind, sind besser unbedeckt zu lassen und wiederholt mit Seife zu waschen, als durch Bedecken
mit irgend welchen Stoffen die Ansammlung von Staub und Insecten zu erleichtern. 10. In
Häusern mit mehreren \Vohnparteien sollen diese im gemeinsamen Interesse sorgfältig für die
Reinigung der Treppen und Höfa sorgen. 11. Kleidungsstücke und irgend welche andere Gewebe
desinficirt man durch Waschung, wenn diese zulässig ist, sonst wenn also Wasser dieselben
verdirbt, durch Ausbiirsten und Klopfen im Freien, indem man sie alsdann der Einwirkung von
Luft und Licht aussetzt. 12. Erhaltung der Abtritte und Ausgüsse im Zustande peinlichster
Sauberkeit, durch öfteres Erneuern des Wassers in den Röhren, wobei dieses nicht in dünnem
Strahle, sondern in grossen (Juantitäten auszugiessen ist. 13. Ausrottung der Ratten, Mäuse und des
sonstigen Ungeziefers (Flöhe, Wanzen ete.) in den Häusern. 14. Derjenige, welcher in eine directe
verdächtige Berührung gekommen ist, soll sofort Wäsche wechseln, sie in einen Eimer zum
Auskochen werfen oder sie desinfieiren lassen und alsdann sich selbst sorgfältig mit einem in
5percentige Carbolsäurelösung getauchten Schwamme ganz abreiben, welcher Massnahme ein
Vollbad und Abwaschung mit Seife vorausgehen mag. Die Carbolsäure darf nur durch analoge
Mittel ersetzt werden (Lysol, Creolin ete.), welche im Sinne der beim Verkaufe mitgegebenen
Anweisungen zu gebrauchen sind. 15. Vermeidung der Verwendung von Desinfectionsmitteln,
welche nicht vom Arzte angeordnet sind. 16. Jeder, der irgendwie von einem verdächtigen
Falle hört, soll dies sofort auf der nächsten Polizeiwache melden unter Angabe der Veranlassung
oder des Grundes des Verdachtes. 17. Jeder Familienvorstand oder Leiter eines Geschäftes,
wo eine fieberhafte Erkrankung einer Person, welche direct oder indirect mit einer Person oder
mit Gegenständen (besonders Wäsche) in oder aus infieirten Plätzen in Berührung gewesen zu
sein verdächtig ist, soll sofort einen Arzt rufen, um den Kranken zu untersuchen.
Griechenland. Mit königlichem Decrete vom 31. August (11. September) 1. J. “wurde die
Waareneinfuhr nach Griechenland von Calcutta, Bombay und vom persischen Meerbusen verboten.
Gegen alle vom Schwarzen und Azow’'schen Meere seit dem 10. (22.) August abgegangenen
Provenienzen wurde eine strenge ärztliche Visite angeordnet.
Italien. Das königlich italienische Ministerium des Innern hat angeordnet, dass die Des-
infectionsmittel in den Seesanitätsstationen vermehrt und Depots für solche Mittel in verschiedenen
Stationen errichtet werden. Auch wurde auf der Insel Pianosa ein Laboratorium zur Erzeugung
von Haffkin'’schem Serum errichtet.
Rumänien. Die Provenienzen aus Kleinasien und der asiatischen Türkei wurden als
suspect erklärt. Die Einfuhr von Früchten und Gemüsen aus Constantinopel, Smyrna, Beirut
und Jatfa ist verboten. Die Schiffe aus diesen Häfen unterliegen der ärztlichen Visite.
Russland. Die Pesterkrankungen in Kolobowka sollen in einer Papierfabrik aufgetreten
und soll die Krankheit durch Hadern aus Persien eingeschleppt worden sein. Gegenwärtig ist
die Pest dortselbst vollkommen erloschen. Die erste Erkrankung ist am 18. Juli, die letzte
am 21. August und der letzte Todesfall am 25. August vorgekommen. Der verseuchte Ort war
über Anordnung der unter der Leitung des Prinzen von Oldenburg dahin entsendeten Pest-
commission durch einen Cordon abgesperrt.
Türkei. Reisende, welche aus Aegypten an Bord von solchen Schiffen ankommen, die
ihre Fahrt unter Contumaz nach einem ausländischen Hafen fortsetzen wollen, obne die ver-
geschriebene Quarantaine absolvirt zu haben, werden in den Lazarethen des ottomanischen
Reiches nicht aufgenommen.
Aegypten. In der Woche vom 31. August bis 7. September ist in Alexandrien 1 Pest-
fall, betrettend einen am 3. September erkrankten Eingeborenen, welcher am folgenden Tage
starb; vom S. bis 23. September war die Stadt vollkommen pestfrei: an letzterem Tage wurden
neuerdings zwei Pesterkrankungen, darunter eine mit tudtlichem Ausgange constatirt.
— 36) —
Im Hinblicke auf die nunmehr beendete diesjährige Pilgerwanderung beschloss der Sanitäts-
conseil, dass verspätete Pilger sich einer 12tägigen Observanz bei den Mosesquellen zu unter-
ziehen haben und dass bei allen aus dem Hedjaz kommenden Reisenden die Desinfection der
gebrauchten Leibwäsche und der getragenen Kleidungsstücke vorzunehmen sei.
Nach dem vorläufigen Berichte der zur Erforschung der Provenienz der Pest in Alexandrien
eingesetzten Commission des Sanitiitsconseila sind schon im Monate Jänner in einer Familie drei
pestverseuchte Erkrankungsfälle vorgekommen. Ein directer Zusammenhang dieser Erkı ankungen
mit den ersten amtlich constatirten Pestfällen liess sich nicht feststellen. Die Commission hält
jedoch dafür, dass die Krankheitskeime nicht durch unmittelbare Uebertragung auf Menschen
fortgepflanzt wurden, sondern dass die Ratten das Bindeglied zwischen den erwähnten drei
Erkrankungen und den späteren amtlich constatirten Fällen abgeben haben, nachdem die
älteren Erkrankungsfälle fast ausschliesslich in jenem Stadttheile vorgekommen sind, wo die
Ratten in grosser Menge vorkommen und wo vor dem Auftreten der ersten constatirten Pest-
fälle eine verheerende Seuche unter diesen Thieren bestanden hatte.
Persien. Die persische Regierung hat den Hafen von Buschir für pestfrei erklärt.
Vermischte Nachrichten.
Die Pest in Samarkand im Jahre 1898. Aus dem vom Prinzen Alexander Petrowitsch
von Oldenburg veröffentlichten Berichte über seine Mission nach Samarkand zur Tilgung der im
Jahre 1898 dortselbst ausgebrochenen Pestepidemie ist zu entnehmen, dass in dem Dorfe
D'Anjob, auf welches die Epidemie beschränkt blieb, von 387 Einwohnern 237 der Pest er-
legen sind. Die Epidemie währte von Anfang August bis in die zweite Hälfte des November.
Die erste Erkrankung betraf nach dem Ergebnisse der über die Provenienz der Krankheit ge-
pflogenen Erhebungen eine junge Frauensperson, welche Ende Juli in dem 16 Werst entfernten
Dorfe Marzith dem Leichenbegingnisse einer anverwandten Frau, die nebst ihren beiden Söhnen
an einer unbekannten Krankheit gestorben war, beigewohnt hatte; dieselbe starb drei Tage
nach ihrer Rückkunft von dem genannten Dorfe, und bald darauf traten ähnliche Erkrankungen
such unter den Verwandten dieses Mädchens, sowie unter solchen Personen, welche an dem
Leichenbegängnisse desselben theilgenommen hatten, auf. Auf welchem Wege die Krankheit
nach dem Dorfe Marzith gebracht worden war, konnte nicht sichergestellt werden ; vermuthlich
wurde dieselbe durch drei Reisende aus Turkestan, welche die Ortschaft im Juli passirt hatten,
eingeschleppt. Der Charakter der Epidemie war ein intermittirender; ihren Höhepunkt er-
reichte dieselbe nach der Exhumirung der Leiche der zuerst verstorbenen Frauensperson. Die
Natur der Krankheit wurde von dem Bacteriologen Finkelstein auf culturellem Wege
sicher gestellt. Die officiellen Kreise in Petersburg wurden am 10. (22.) October von dem Aus-
bruche der Pest in Samarkand in Kenntniss gesetzt. Ueber Befehl des Czaren begab sich
vier Tage später eine mit Aerzten und den erforderlichen Ausrüstungsgegenständen reichlich
bedachte Expedition unter der Überleitung des Prinzen Alexander Petrowitsch von Olden-
burg nach Samarkand. Die von dieser Expedition getroffenen Tilgungsmassnahmen bestanden in
der Absperrung des inficirten Dorfes durch Aufstellung eines Cordons, Errichtung eines Spitales
in dem ersteren und von Übservationsstationen in den Nachbargemeinden Tokfane und Margnife
sowie in den Städten Samarkand und Tschardjoui. Ueberdies wurden um die Cordonlinie noch
eine innere und eine äussere den Krankbeitsherd in weitem Bogen umspannende Quarantaine-
linie activirt (Quarantainedauer 10 Tage) und deren Stationen mit Ambulanzen und Aerzten
versehen. Das inficirte Dorf wurde durch eine Telephon- und Telegraphenanlage mit der Cordon-
linie verbunden. In der an Samarkand angrenzenden transkaspischen Provinz wurden die
erforderlichen Massnahmen zur Ueberwachung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung und
der Reisenden, namentlich der Eisenbahnreisenden getroffen, am Schwarzen und am Kaspischen
Meere wurden gleichfalls Quarantainestationen errichtet und für die Schiffe des Kaspischen
Meeres die ärztliche Visite angeordnet. Im Ganzen wurden bei der eingeleiteten 'Tilgungsaction
verwendet 56 Aerzte und 15 Aerztinnen, 46 Sanitätsofficiere und 3 Garden. Desinfectionsmittel
waren in grosser Menge vorräthig. Desinfectionsapparate wurden aus Dresden bezogen. Von
Haffkin wurden 2500 Dosen antiseptischer Lymphe und aus Petersburg Yersin'sches Pestserum
bestellt. Nach dreiwöchentlicher Thitigkeit konnte die Epidemie als erloschen bezeichnet
werden.
— 366 —
Befreiung der an die Lebensmittel-Untersuchungsanstalt eingesendeten Untersuchungs-
objecte von der Verzehrungsstener. Das k. k. Finanzministerrum hat mit Erlass vom
8. April 1399, Z. 65510 ex 1398, verfügt, dass Untersuchungsobjecte, welehe an die auf Grund
des (Gesetzes vom 16. Jänner 1896, R. G. Bl. Nr. 89 ex 1397,*) betreffend den Verkehr mit
Lebensmitteln und einigen Gebrauchsgegenständen, bestellten Untersuchungsanstalten eingesendet
werden, beim Eintritte über die Verzehrungssteuerlinie dann verzehrungssteuerfrei zu behandeln
seien, wenn bei Uebersendung dieser Gegeustände mittelst Post oder Bahn aus der Begleit-
adresse deren Bestimmung als Untersuchungsobjecte ersichtlich ist, oder wenn ausser diesem
Falle solche Gegenstände mit dem Amtssiegel eines gemäss $ 2 des Gesetzes bestellten Auf-
sichtsorganes, eines Gerichtes oder einer öftentlichen Behörde versehen und zugleich durch ein
die Bestimmung als Mustersendung bescheinigendes Certificat gedeckt sind. (V. Bl. d. k. k.
Justizminist. 1999, S. 158.)
Die Wasserversorgangsfrage in Triest. Zum Zwecke der Versorgung der Stadt Triest
mit sanitätsgemässem Trinkwasser sind zwischen der Gemeindeverwaltung und der Wasser-
leitungsgesellschaft „Aurisina® neue Verhandlungen eingeleitet worden. Die gedachte Gesellschaft
erklärte sich bereit, alle erforderlichen Arbeiten, sowohl jene im Wasserleitungswerke der
Südbahngesellschaft, als auch jene von den Quellen gegen die Stadt und in der Stadt selbst
auszuführen und alle erforderlichen Maschinen beizustellen, um ein Quantum von 20.000 Cbm.
Wasser binnen 24 Stunden pumpen und in die Stadt leiten zu können, ein (Juantum, welches
nach den veraustalteten Messungen den gesammten Ertrag aller Aurisinaquellen zu Zeiten der
Trockenheit darstellen soll.
Die Gesellschaft verpflichtet sich auch, diese Arbeiten nach erfolgter Genehmigung seitens
der Regierung und der eigenen Generalversammlung und nach vorgängiger Erwirkung des Ent-
eignungsrechtes in einem sehr kurzen Zeitraume herzustellen und noch vor Vollendung dieser
Arbeiten ein grösseres Quantum als bisher in die Stadt zu leiten. Nach Herstellung der
Arbeiten erhalte die Gemeinde das Recht, vor allen anderen Consumenten von dem in Triest
verfügbaren Wasserquantum eine bestimmte Menge zum öffentlichen Gebrauche gegen einen zu
vereinbarenden Preis in Anspruch zu nehmen.
Der Gemeinde Triest bleibe es jedoch unbenommen, das für die Bedürfnisse des öffent-
lichen Gebrauches nothwendige Wasser selbst zu beschaffen, hingegen wäre jede Lieferung von
diesem Wasser an Private gegen oder ohne Entschädigung ausgeschlossen, da das ausschliessliche
Wasserverkaufsrecht der ,,Aurisina“ an Private, wie es gegenwärtig besteht, in Geltung und
unberührt zu bleiben hätte. |
Schliesslich verpflichtet sich die Gesellschaft im Falle des Zustandekommens des neuen
Vertrages, am 13. März 1909, an welchem Tage die Concession derselben abläuft, unter Ver-
ziehtleistung auf die ihr vertragsmässig mit Ablauf der Concession zugesicherten Rechte, alle
Objecte gegen eine Einlisungssumme von 2,300.000 fl., zahlbar in bestimmten Terminen, an
die Gemeinde abzutreten.
Die beziiglichen Punktationen wurden der Municipal-Delegation zur Schlussfassung vor-
gelegt.
Die Forderungen eines Percentnachlasses fiir gelieferte Arzneimittel im Armengesetze
nicht begründet. Ueber den Recurs cines Apothekers gegen die Entscheidung der politischen
Behörde I. Instanz, mit welcher demselben im Grunde eines das Armenwesen regelnden älteren,
im Landesgesetzblatte publicirten Statthaltereierlasses die Gewährung eines 25percentigen Nach-
lasses bei Medicamentenlieferung fiir Arme aufgetragen wurde, hat die betreffende Landesbehörde
die gedachte Entscheidung behoben, weil die Bestimmungen des angezogenen Statthaltereierlasses
durch die Ordinationsnorm vom Jahre 1391 als aufgehoben zu betrachten seien.
Dem gegen diese Entscheidung der Landesbehörde seitens der interessirten Gemeinde ein-
gebrachten Recurse hat das k. k. Ministerium des Innern in der Erwägung keine Folge gegeben, dass
der obeitirte Statthaltereierlass durch das indessen in Wirksamkeit getretene Landesarmengesetz,
in welchem alle früheren auf das Armenwesen Bezug habenden Gesetze und Verordnungen aus-
drücklich derogirt wurden, ausser Kraft gesetzt sei (Erlass des Ministeriums des Innern vom
21. März 1599, Z. 153918).
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitatswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándler in Wien
RothenthurmstrFasagel
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig fl. 6.—.
gez; — e e a — (m
ZI. Jahrgang. Wien, 5. Ootober 1899. Nr. 40.
Inhalt. Bewegung der Bevölkerung und Todesursachen im Jahre 1898. (Schluss.) — Sanitäts-
gesetze und Verordnungen: Erlass des Ministeriums des Innern, betreffend die sanitátspolizeiliche
Ueberwachung des Fremdenverkehres aus inficirten Gegenden. — Rechtsprechung. — Mittheilungen
über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Bewegung der Bevölkerung und Todesursachen im Jahre 1898.
(Schluss.)
Todesursachen. Hinsichtlich der ärztlichen Beglaubigung ist ein kleiner
Fortschritt zu verzeichnen. Allerdings geben die Nachweisungen hierüber kein ganz
zutreffendes Bild der in dieser Richtung bestehenden Verhältnisse. Wenn in dem
Matrikenauszuge die Todesursache nach dem Leichenbeschaubefunde eingetragen ist,
wird dies vielfach schon als ärztliche Beglaubigung aufgestellt, während doch nur
jene Todesursachen in dieser Rubrik zusammenzufassen wären, welche durch den für
den Todtenbeschaubefund massgebenden ärztlichen Behandlungsschein oder durch die
von ärztlichen (nicht von Laien-) Todtenbeschauerr vor Ausstellung des Befundes
gepflogenen Erhebungen als sichergestellt oder wenigstens als wahrscheinlich zu be-
zeichnen sind.
Den vorliegenden Nachweisungen zufolge waren von den verzeichneten Todes-
ursachen beglaubigt.
Percent | Percent
in Galizien. . . . . . . . . 254 lin Steiermark. . ..... . 789
» der Bukowina. . . . . . . 270!» Tirol. . . 2 . . .. . . 914
> Dalmatien . . . . . . . . 283 | » Vorarlberg. . . . . . . . 936
> Krain. ....... . . 291)» Mithren . . . . . . . . . 945
» Istrien . . .. . . . . BOB |» Triest. . 2 ..... . . 9792
> Görz- Gradisca. o... 41:'2| » Oberústerreich. . . . . . . 991
>» Oesterreich . . . . . . . 673 |» Salzburg. . . . . . . . . 992
>» Schlesien . . . . . . . . 689)!» Böhmen. ...... . . 996
> Kärnten. . . . . . . . . 708: » Niederösterreich . . . . . . 999
Die in sanitätspolizeilicher Hinsicht wichtigsten Todesursachen weist. die folgende
Tabelle nach, welcher zum Vergleiche auch die Schlussergebnisse des Jahres 1897 bei-
gefügt sind.
40
368
Todesursachen im Jahre 1898.
E 3 g : 3 2 oe LES S
o Ta © Du > S ou $
HIE (IE aa
ai Al23|2|2%2 wahre
| ER N nd a 18
| | | | | |
Niederösterreich . . 2... | — | 307, 1107, 1016| 243 291) —| 12 8 232
Oberösterreich . . zo 1 58 383 253 218 135 — 2 5 8t
Salzburg. J+. ef — [| 22 9 43 13 36 —| — 6 123
Steiermark oo — | 187. 795, 222] 260, 208 —| 171 1, 7
Kärnten . . deren tates o. ll — a 373, m 40 81 — 15 D 63
Keain `. hl 91 695 16 170 182 —| 129 4 46
Triest. ©. oaoa‘ ao e | o 8 11) 23 63 — 2 — 431
Görz-Gradisca . . . ei ës Al, Se 56 179 350) 36 65 — 209 19 15
Istrien ©. ee ee ee el | 177 308 95 e IT 37, 19 123
Tirol `... 1 28 242 31| 125 229 —| 38 8 223
Vorarlberg. `, el — 7 13 19) 19 8&8 =|= — Ä 42
Böhmen . . . ee 3| 1926 3129 2480, 621 713 2 80 38 4888
Mähren . an g 708, 1454 735) 384 440, 1| 35 3 1570
Schlesien . . . . oe 1} 209 #86 108) 405 126 — H 2 61
Galizien... . . 2.1, 2003110340 9396 8018 7383 3220 521 2172 141 2707
Bukowina .. «ff 460) 426 314 527 404 463 25) 357 22 50
Dalmatien . . . . o Së slk = 25 ECH 1 a 48 — 14 — 24
Summe . 13695110402 6385 549| 3302 281 10816
Im Jahre 1897 . 1407 141383 23049! 442 4642 302 10549
|
|
2474 14875 19440
|
|
|
9246 12996 6796
|
i
| |
L
|
+
Eo eaj
wae
| |
162 555
57 99
10 2
83 279
11 56
op 24
5, 21
18 22
17 36
42 198
5 18
358 862
102 332
32 75
1011 477
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2005 3113 1
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314| 137
1611 368
1901 56
162 16
7737| 3498
7937 d
— 369 —
Die meisten dieser Todesursachen sind im Jahre 1898 mit einer geringeren Zahl
von Fällen vertreten als Vorjahre. Eine Ausnahme machen Blattern, Scharlach,
Masern, Flecktyphus, Cholera infantum, Wundinfectionskrankheiten und die durch
Selbstmord, Mord und Todtschlag herbeigeführten Sterbefälle.
In der Sammelrubrik »andere Infectionskrankheiten« sind inbegriffen: 33 Fälle
von Varicellen in Folge von Complicationen, 246 von Genickstarre, 130 an Erysipel,
2 von Pest, 326 von Malaria, 367 von Syphilis, 202 von Pellagra, 1 von Miliaria; in
der Sammelrubrik »übertragbare Thierkrankheitene: 21 Fälle von Lyssa, 67 von
Milzbrand, 2 von Rotz.
Auf 100.000 Einwohner entfielen Sterbefälle in Folge von acuten Infections-
krankheiten:
in Vorarlberg . . . . .2..2.2...58,im Mähren . . . . . . . . . 160
» Daimatien . . .... . . 69|» Triest. . . ...... . 196
» Niederösterreich . . . . . . 1121» Schlesien. . . . . . . . . 224
> Tirol . 2 2 2 . . . . . . 1290; » Istrien. . . . . . . . . . 231
> Salzburg. . . . . . . . . 122|» Krain. . o A A O
> Oberösterreich. . . . . . . 135» Görz- Gradisch cp aa a a a a 206
> Steiermark . . . . . . . . 141;» Oesterreich . . . . . . . 287
> Böbmen . . . . . . . . . 150;» der Bukowina . . . . . . . 419
» Kärnten . . . . .. . . . 160» Galizien . . . . . . . . . 612
Seitdem genaue Nachweisungen tiber diese Todesursachen vorliegen, hat die
Sterblichkeitsziffer derselben in keinem Jahre einen so tiefen Stand erreicht wie im
Jahre 1898.
Die Sterblichkeit an einzelnen Infectionskrankheiten in Oesterreich und die
extremen Schwankungen derselben zeigt folgende Berechnung auf 100.000 Ein-
wohner:
Durchschnitt Minimum Maximum
Scharlach . Ap 1 (Kärnten) 143 (Galizien)
Diphtherie . . . . . 76 10 (Vorarlberg) 134 (Krain)
Masern . 2 0 (Dalmatien) 111 (Galizien)
Keuchhusten. . . . . 41 . (Dalmatien) 192 (Galizien)
Ileoctyphus . ....% 7 (Vorarlberg) 64 (Bukowina)
Dysenterie . . . . . 13 0 (4 Länder) 91 (Górz-Gradisca)
Kindbettfieber . . . . 8 1 (Dalmatien) 14 (Galizien)
Mit dem Jahre 1898 schliesst der SOjiihrige Zeitraum ab, Tür welchen genaue
Nachweisungen über die Bewegung der Bevölkerung in den österreichischen Ver-
waltungsgebieten vorliegen. Sind dieselben auch nicht in den Details nach gleichen
Gesichtspunkten bearbeitet, so geben sie doch über die wichtigsten Verhältnisse, über
die wesentlichen Grundlagen eines Urtheiles über Zuwachs und Abgang der Be-
vöülkerung Aufschluss.
In der nachstehenden Uebersicht sind die Mittelwerthe für je 10, beziehungs-
weise 12 und 5 Jahre zusammengestellt. Die Berechnungen des Verhältnisses zur
Einwohnerzahl können, da aus der ersten Hälfte des Zeitraumes genaue Erhebungen
über die Einwohnerzahl fehlen und auch in der zweiten Hälfte die Durchnittszitiern
genommen werden mussten, allerdings innerhalb enger Grenzen als durchaus zutreffend
anerkannt werden, dagegen haften den Berechnungen der einzelnen statistischen Werthe
auf Grund der ausgewiesenen Standesfälle diese Mängel nicht an.
40*
E
Auf 1000 Einwohner Auf 1000 L d
u ebendgeborene Unter 1000
Sterbefälle Sterbefälle Geborenen
Lebend- über- Kinder bis über- im im Alter unehe- todt-
geborene haupt (4)5J.*) haupt 1.J. bis(4)5J.*) liche geborene
1819—1830 . . . 401 289 130 120 232 327 ? 10
1831—1840 . . . 377 318 136 842 249 359 122 12
1841—1850 . . . 383 333 14:2 871 253 370 135 14
1851—1860 . . . 375 31:2 140 831 250 314 146 20
1861—1870 . . . 390 31:0 14:9 (94 256 383 147 21
1871—1850 . . . 392 316 154 807 256 393 132 24
1881—1890 . . . 382 297 14:3 C7 250 310 148 28
1891—1895 . . . 376 280 135 145 245 358 148 29
*) Bis zum Jahre 1850 sind die Sterbefälle im Alter bis zu 4 Jahren, seit dem Jahre 1851 jene
im Alter bis zu 5 Jahren in den Nachweisungen verzeichnet.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Da aber dessen ungeachtet die Möglichkeit
der Einschleppung von Infectionskrankheiten
' aus infieirten Orten durch den Reiseverkehr
nicht ausgeschlossen erscheint und die recht-
zeitige Aufdeckung solcher Krankheitsver-
schleppungen nur durch strenge Handhabung
der Fremdenpolizei erreicht werden kann, wird
dem Fremdenverkehre aus verseuchten Orten,
beziehungsweise Gegenden besondere Beachtung
zuzuwenden und die sanitätspolizeiliche Ueber-
wachung der aus solchen Orten eintreffenden
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern
vom 8. September 1899, Z. 12513,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die sanit&tspolizeiliche Ueber.
wachung des Fremdenverkehres aus in-
ficirten Gegenden.,
Anlisslich des vorgekommenen Falles, dass
seitens einer politischen Landesbehürde behufs
Hintanhaltung der Einschleppung des Fleck-
typhus aus inficirten Gegenden eine ent-
sprechende ÜUeberwachung, beziehungsweise
Einschränkung des freien Verkehres jener
Reisenden in der geeigneten Weise durchzu-
führen sein, damit allfällige Krankheitsver-
schleppungen unverzüglich zur Kenntniss der
Personen, welche mit Flecktyphuskranken in ; e
Ska dé Sanitätsbehörden gelangen und die erforderlichen
nähere Berührung gekommen und daher als ve
i , E i . Tilgungsmassnahmen rechtzeitig getroffen werden
infectioneverdächtig anzusehen sind, b. o. in
Antrag gebracht wurde, findet das k. k. Mini-
sterium des Innern allgemein darauf aufmerksam
können.
Um die angedeutete sanitätspolizeiliche
Ueberwachung des Fremdenverkehres nament-
lich rücksichtlich der aus blattern- und fleck-
typhusinfieirten Orten eintreffenden Reisenden
zu machen, dass die Ueberwachung, beziehungs-
weise Verkehrsbeschränkung der einer Infection
ausgesetzt gewesenen Personen bereits mit dem
h. o. Erlasse vom 26. December 1896,
4. 42445, bezüglich aller allgemeinen In- | Monaten der jeweilige Stand dieser Krank-
fectionskrankheiten, welche durch den | heiten in der Wochenschrift „Das Oester-
Be nn rn. nn nn
zu ermöglichen, wird schon seit mehreren
Verkehr verschleppt werden können, angeordnet ı reichische Sanitätswesen“ fortlaufend bekannt
wurde. gegeben.
Rechtsprechung.
Kammerangehörige Aerzte, welche als Ausländer das Wahlrecht in der Gemeinde nicht be-
sitzen, sind vom Wahlrechte und der Wählbarkeit in die Aerztekammer ausgeschlossen, weil
im $6 des Kammergesetzes vom 22. December 1891 nicht bestimmte Anordnungen der
Gemeindegesetze, sondern die bestehenden Gesetze überhaupt bezogen sind.
Erkenntniss des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juni 1899, Z. 4681.
Der k. k. Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. J. R. in W. gegen
die Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 30. August 1897, Nr. 26729, be-
treffend die Zusammensetzung der Wählerliste für die Wiener Aerztekammer, nach der am
15. Juni 1899 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die angefochtene Entscheidung wird als gesetzlich nicht begründet aufgehoben.
Entscheidungsgründe.
Zufolge Reclamation des Beschwerdeführers gegen die Wählerliste für die Wiener Aertze-
kammer hat der Wiener Magistrat mit Beschluss vom 15. Mai 1897, Z. 97838, nach Ein-
vernehmung der Aerztekammer entschieden, dass der Reclamation stattgegeben unà die Streichung
aller jener Aerzte, welche zufolge der amtlichen Erhebung in der Wählerliste für den Wiener
Gemeinderath nicht eingetragen sind, aus der Wählerliste vorgenommen werde, und zwar aus
dem Grunde, weil die betreffenden Aerzte, ohne Rücksicht darauf, ob sie das Wahlrecht be-
sitzen oder nicht, zweifellos von der Ausübung des Wahlrechtes ausgeschlossen, daher auch
nach $ 6 des Gesetzes vom 22. December 1591, R. G. Bl. Nr. 6 ex 1592, von dem Wahlrechte
und der Wählbarkeit in die Aerztekammer ausgeschlossen seien.
Die k. k. niederösterreichische Statthalterei hat über Recurs mehrerer Aerzte und der
Wiener Aerztekammer ausgesprochen, dass als ausgeschlossen vom Wahlrechte fiir die Wiener
Aerztekammer im Sinne der SS 5 und 6 des Gesetzes vom 22. December 1891, R. G. Bl. Nr. 6
ex 1892, nur die in den $3 4 und 5 der Wiener Gemeindewahlordnung genannten Kategorien
anzusehen sind, den Erlass des Wiener Magistrates aufgehoben und den Magistrat aufgefordert,
über das Wahlrecht aller dureh die erwähnte Entscheidung betroffenen Personen unter Zugrunde-
legung der im Vorstehenden ausgeführten Rechtsanschauung neuerlich zu entscheiden.“
Gegen die Bestätigung dieser Entscheidung durch das k. k. Ministerium des Innern richtet
sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof vermochte die Beschwerde allerdings insoferne nicht für be-
gründet zu erachten, als die Entscheidung des Magistrates, mit welcher alle jene Aerzte, welche
thatsächlich in die Wählerliste für den Wiener Gemeinderath nicht eingetragen sind, aus
den Wählerlisten für die Aerztekammer gestrichen wurden, mit Recht behoben wurde, weil der
SG des Gesetzes vom 22. December 1591, R. G. Bl. Nr. 6 ex 1892, nicht die Wahlberechti-
zung und Wählbarkeit in der Gemeinde als Voraussetzung des activen und passiven Wahlrechtes
tür die Aerztekammer festsetzt, sondern nur die von der Ausübung des activen und passiven
Wahlrechtes in der Gemeinde Ausgeschlossenen auch vom Wahlrechte für die Kammern aus-
schliesst, die Begriffe „Mangel der Wahlberechtigung* und „Ausschliessung vom Wahlrechte“
aber nieht identisch sind, wenngleich sich allerdings gerade bei Aerzten im Hinblick auf § 1,
lit. f, kaum wesentliche Differenzen in dieser Richtung werden ergeben können.
Die von der Ministerialinstanz vollinhaltlich bestätigte Statthaltereientscheidung hat aber die
Entscheidung des Magistrates nicht nur behoben, sondern denselben auch angewiesen, über das
Wahlrecht der betroffenen Personen, unter Zugrundelegung der von der Statthalterei entwickelten
Rechtsanschauung neuerlich zu entscheiden.
Da der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsanschauung aber nicht für im Gesetze begründet
erachten konnte, musste er die angefochtene Entscheidung in dieser Richtung beheben.
Denn im $ 6 des Gesetzes vom 22. December 1891, R. G. Bl. Nr. 6 ex 1892, sind nicht
nur bestimmte Anordnungen der Gemeindegesetze bezogen, sondern die bestehenden
Gesetze überhaupt, Wenn nun auch die in lit. a bis k des S 1 der Gemeindewahlordnung
für Wien genannten Personen nicht von der Ausübung des Wahlrechtes in der Gremeinde au s-
geschlossen, sondern nur nicht in der Gemeinde wahlverechtigt sind, so sind doch
nicht nur die in §$ 4 und 5 der Wiener Gemeindewablordnung vom Wablrechte Aus-
geschlossenen als von der Ausiibung des Gemeindewahlrechtes ausgeschlossen anzusehen. Ins-
= 39 ei
besondere wären nach der Rechtsanschauung der k. k. niederösterreichischen Statthalterei auch
diejenigen in Wien domicilirenden Aerzte als von der Ausübung des Wahlrechtes nicht sus-
geschlossen in die Wählerliste aufzunehmen, respective in ihr zu belassen, welche Ausländer
sind. Von diesen aber wird man gewiss sagen müssen, dass sie vom „Wahlrecht in der Gemeinde“
ausgeschlossen sind; Art. IX, al. 2, und Art. X des Gemeindegesetzes vom 5. März 1862,
R. G. Bl. Nr. 18, und die entsprechenden Bestimmungen der einzelnen Gemeindegesetze hatten
gar keinen Anlass, diese Personen erst noch auszuschliessen, weil sie schon nach Art. IX, al. |],
des Gesetzes vom 5. März 1862, R. G. Bl. Nr. 18, respective Art. IV des Gesetzes vom
21. December 1867, R. G. Bl. Nr. 142, vom Wahlrecht in der Gemeinde ausgeschlossen waren,
beziehungsweise was die Gemeindewahlordnung fiir Wien betrifit, schon durch § 1, al. 1 der
Wiener Gemeindewahlordnung vom Wahlrecht als solchem ausgeschlossen sind.
Weil nach § 1, a, der Gemeindewahlordnung fiir Wien die dsterreichische Staatsbiirger-
schaft als principielles Grunderforderniss fiir das Wahlrecht in der Gemeinde aufgestellt ist,
beziehen sich auch die Ausschliessungsgriinde der $$ 4 und 5 dieser Gemeindewahlordnung überhaupt
nur auf österreichische Staatsbürger. Die Consequenz der Statthaltereientscheidung würde also
eigentlich dazu führen, dass Ausländer, auch wenn sie in Oesterreich abgestraft worden wären,
doch das Wahlrecht in die Aerztekammer haben müssten; denn sie sind ja doch nicht erst „wegen
strafbarer Handlungen“ vom Wahlrecht in der Gemeinde ausgeschlossen, da sie dieses als
Ausländer von Anbeginn an nicht hatten. Aber ganz abgesehen davon, stehen der An-
wendung der SS 4, a, bund5, a, auf Ausländer überhaupt innere Schwierigkeiten entgegen: sie
passen eben gar nicht auf Ausländer. Während es beim österreichischen Staatsbürger zweifellos ist,
dass nur die Abstrafung etc. durch ein österreichisches Gericht gemeint sein kann (SS 36, 235,
Strafgesetz), müsste man für den Ausländer die fragliche Bestimmung wieder ganz anders ver-
steben. Denn während der Inländer wegen eines wo immer begangenen Delictes der Judicatur
der österreichischen Gerichte untersteht, wird für den Ausländer principiell die Zuständigkeit
der Strafgerichte seines Heimatsstaates anerkannt (SS 39, 234, Strafgesetz). Sollten also dieselben
Bestimmungen, die in der Gemeindewahlordnung nur von den österreichischen Strafgerichten
gemeint sind, nun auch auf die Urthbeile ausländischer Gerichte übertragen werden, und
dies, obwohl diesen Bestimmungen die Nomenclatur und Paragraphenzählung des öster-
reichischen Strafgesetzbuches zu (Srunde gelegen ist ? Oder sollte vielleicht der ausländische
Arzt, der im Auslande wegen eines im Auslande begangenen Verbrechens gegen die Sicherheit
des Lebens, des Eigenthumes etc. abgeurtheilt wurde, und wegen dessen er daher ver den
österreichischen Gerichten nicht mehr belangt werden kann — wenn er nach Verbüssung seiner
Strafe sein Domicil nach Wien verlegt — dort das Wahlrecht in die Aerztekammer haben?
Die SS 4, 5 der Wiener Gemeindewahiordnung sind eben in ihrem ganzen Complex nur auf
österreichische Staatsbürger berechnet und nur von ihnen gemeint, und darum ist auch die
Voraussetzung ihrer Anwendbarkeit auf das Wahlrecht für die Aerztekammer, dass auch die
Voraussetzung dieser Paragraphen für das Wahlrecht in die Aerztekammer mit acceptirt
ist, nämlich die Ausschliessung der Ausländer vom Wahlrecht.
Die angefochtene Entscheidung war somit als im Gesetze nicht begründet zu beheben.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind in der Zeit
vom 22.—23. September 19 Erkrankungen (8 Todesfälle) an Pest vorgekommen und zwar an den
aufeinanderfolgenden Tagen: 2 (0), 2 (0), 4 (0), 1 (3), 4 (1), 3 (3), 3 (1). Von den 3 Fällen am
27. September ist einer in einem Orte unweit von Oporto ausserhalb der Cordonlinie vor-
gefallen.
Das für Oporto erlassene Ausfuhrverbot (siehe S. 253 d. Bl.) wurde bezüglich einzelner
Waaren (Wolle, Baumwolle, Pflanzenfasern, Wachs, Conserven, Reis, Tabak) aufgehoben, be
ziehungsweise die Ausfuhr derselben an die Desinfection der Verpackung gebunden.
In Lissabon wurde eine sanitäre Ambulanz errichtet, deren Aufgabe es ist, auf den ersten
Ruf sofort mit allem Nöthigen nach irgend einem Punkte des Reiches, woher ein Pestfall ge-
meldet werden sollte, aufzubrechen.
Die Reisenden aus Oporto werden im Ankunftsorte einer neuntägigen Beobachtung
unterzogen. è
— 373 —
Bulgarien. In dem nahe an der Dobrudscha gelegenen bulgarischen Grenzdorfe
Tachifuskój sind mehrere mit Blutungen aus Mund und Nase einhergehende verdächtige Er-
krankungen vorgekommen, welche zu dem Gerüchte Anlass gaben, dass dortselbst die sibirische
Pest ausgebrochen sei. Die von der Regierung an Ort und Stelle entsendeten ärztlichen Organe
haben die Grundlosigkeit dieses Gerüchtes in einer jeden Zweifel ausschliessenden Weise
sichergestellt.
Mit der Verordnung vom 9. September I. J. wurden dieam 26.u.27. Aug. (7.u.8.September l. J.)
getroffenen Massnahmen in nachstehender Weise modificirt: 1. Dampfschitfen, Seglern, Schaluppen
und Barken von was immer für einer Provenienz sind nur die Häfen von Bourgas und Varna offen,
wo sie für alle bulgarischen Häfen des Schwarzen Meeres libera pratica erhalten. 2. Direct
aus der Provinz Astrachan kommende Provenienzen sind nur dann zuzulassen, wenn sie von
einem Certificate begleitet sind, aus welchem hervorgeht, dass seit dem Verlassen des Gouverne-
ments mindestens 12 Tage verstrichen sind. 3. Alle aus anderen Provinzen Russlands stammenden
Wasren können frei nach Bulgarien eingeführt werden. 4. Dampfschiffe ete., welche aus den
russischen Häfen des Schwarzen Meeres kommen, können nach ärztlicher Visite frei verkehren.
9. Reisende, welche aus einem russischen Hafen des Schwarzen Meere eintreflen, werden nach ärzt-
lieher Untersuchung zugelassen, jene, welche aus der Provinz Astrachan kommen, dann, wenn seit
ihrer Abreise mindestens 12 Tage verstrichen sind. 6. Die gleichen Massnahmen haben auch
in Silistria rücksichtlich der aus Russland einlangenden Schiffe, Waaren und Reisenden An-
wendung zu finden. 7. Die Einfuhr gebrauchter Säcke ist nur nach erfolgter Desinfection
gestattet.
Niederlande. Im „Staatscourant“ wurde das am 14. September 1899, Nr. 207, heraus-
gegebene (resetzblatt über die Anwendung der Gesetze vom 26. April und vom 20. Juli 1884,
betreffend ausserordentliche Massnahmen zur Verhütung von ansteckenden Krankheiten ver-
öffentlicht; dasselbe lautet:
Artikel I. Unsere Minister des Innern und der Finanzen sind befugt, Länder und
Oertlichkeiten zu verzeichnen, aus denen die Einfuhr, der Transit und Transport von Hadern,
alten Kleidern und ungewaschener Leib- und Bettwäsche verboten ist. Die Kundmachungen
dieser Minister werden mindestens einen Tag bevor sie in Kraft treten, mittelst Einschaltung
im niederländischen Amtsblatte zur öffentlichen Kenntnise gebracht. Unsere genannten Minister
sind ermächtigt, diese Kundmachungen abzuändern, so oft es die Umstände zulassen oder er-
fordern; ebenso können sie darüber entscheiden, ob und in welchem Ausmasse das von den
Reisenden mitgeführte Gepäck unter dieses Verbot fällt. Die diesbezüglichen Anordnungen
werden gleichfalls im Amtsblatte veröffentlicht werden.
Artikel II. Wenn die Prohibitivmassregeln die asiatische Cholera betreffen, so werden
unsere genannten Minister in ihren Kundmachungen über die Ein- und Durchfuhr aus Ländern,
welche der am 15. April 1893 in Dresden abgeschlossenen und durch das Gesetz vom
9. Juli 1894 approbirten internationalen Convention zur Verhütung der Cholera beigetreten sind,
die Bestimmungen dieser Convention zu beachten haben. Wenn die gedachten Massnahmen die
Pest betreffen, so werden die genannten Minister bei ihren Kundmachungen über die Ein- und
Durchfuhr aus Ländern, welche der am 19. März 1897 abgeschlossenen und durch das Gesetz
vom 14. Juli 1898 approbirten Venediger internationalen Convention beigetreten sind, die Be-
stimmungen dieser Convention zu beachten haben.
Artikel III. Gegenwärtige Verordnung, welche während der Dauer eines Jahres Gesetzes-
kraft behalten wird, tritt am zweiten Tage nach dem Datum des Gesetzblattes und der amt-
lichen Zeitung, in welches dasselbe eingeschaltet sein wird, in Kraft.
Norwegen. Die königlich norwegische Regierung hat im norwegischen Gesetzblatte
eine Kundmachung über die Quarantainebestimmungen gegen die Provenienzen aus pest-
verseuchten Gegenden erlassen, ferner eine Desinfectionsvorschrift veröffentlicht und in einer
weiteren Verordnung die Einfuhr von gebrauchter Leibwäsche, gebrauchten Kleidern, Hadern
und Lumpen, gebrauchten Säcken, Teppichen und Stickereien, von grünen oder ungearbeiteten
Häuten und thierischen Rohproducten und von Menschenhaaren aus Portugal verboten.
Rumänien. Die Einfuhr von Leibwäsche, gebrauchten Säcken, Obst und Gemüse aus
den Küstenstrichen der Levante bis nach Aegypten ist verboten. Aus Constantinopel und
Smyrna stammende Provenienzen und Früchte werden, wenn sie mit ordnungsmiissigem Certificate
versehen sind, zum Verkehre zugelassen. Reisenden aus der Levante wird nur dann die Aus-
schiffung gestattet, wenn seit ihrer Abreise mindestens 12 Tage verstrichen sind.
Die gegen Russland angeordneten Massnahmen wurden sistirt; nur die ärztliche Uhnter-
suchung der Reisenden an der Grenze bleibt aufrecht.
— 374 —
Aegypten. Aus Alexandrien ist seit 23. September kein Pestfall gemeldet.
Britisch-Indien. In Bombay sind in der Woche vom 5.— 11. September 82 Erkrankungen
und 79 Todesfälle, in der folgenden Woche vom 12.—18. September 96 Erkrankungen und
97 Todesfälle vorgekommen.
Hongkong. In den auf den 29. Juli folgenden drei Wochen sind bis 19. August
folgende Erkrankungen (Todesfälle) an Pest vorgekommen: 29 (29), 20 (23), 24 (23).
Mauritius. Vom 4.—21. August sind in Mauritius 164 Erkrankungen und 133 Todes-
fälle an Pest vorgekommen.
Mozambique. In Magude bei Lorenzo Marquez ist die Pest aufgetreten.
Penang. Seit 14. Juli kein Pestfall.
Cholera. In Gwadar, Beludschistan ist neuerdings die Cholera ausgebrochen,
auch in Kurachee, Britisch-Indien, soll sich diese Krankheit wieder gezeigt haben.
Gelbes Fieber. \om 1. September an sind in New-Orleans 3 Fälle von Gelbem Fieber
vorgekommen.
Vermischte Nachrichten.
Ergebnisse der Impfung im k. u. k. stehenden Heere und in der k. k. Landwehr in den
Jahren 1895 —1898.*) Die Ergebnisse der Impfung im k. u. k. stehenden Heere und in der
k. k. Landwehr in den Jahren 1895—1898 sind aus nachstehender Tabelle ersichtlich:
Im stehenden k. u. k. Heere:
Erstimpfungen Wiederimpfungen
J a h r en EE _ QQ —
Zahl Haftungspercent Zahl Haftungspercent
1895: x A 18:4 138.178 14:3
1896 . . . . . 16.805 ` 88:0 149.603 T46
189 2.2 de des e 10611 83:3 169.196 SEW
1898 ac o e o o LOUIS 80% 171.095 827
In der k. k. Landwehr:
1899 e u: = 2192 827 16.718 80:2
1896 . . . . . 38.874 89:8 26.464 82:9
1897 . . . . . 2834 87:4 21.146 85.1
1898 . . . . . 2164 86:0 22.126 83:0.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der zweiwöchentlichen Periode vom 10. September bis 23. September 1899 :
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Slobodzia Banilla 1;
in Galizien in den politischen Bezirken: Bobrka: Strzeliska 1; Chrzanow:
Szczakowa 2; Czortkow: Dzurin 2; Husiatyn: Kluwince 3, Wasylkow 3; Kolomea:
Kamionki wielkie 13; Kosow: Hryniawa 7, Jablonica 2; Nadworna: Przerost 1; Rzeszow:
Zglobien 2; Stanislau: Stanislau 1; Stryj: Tarnawka 1, Krzywotuly nowe 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode
vom 10. September bis 23. September:
in Galizien in den politischen Bezirken: Bochnia: Niedary 2; Husiatyn: Nizborg
stary 3, Samoluskowce 7; Jaworow: Borow 1, Wierzbiany 1, Wulka zmijowska 3; Kamionka:
Dziedzilow 4; Mosciska: Makuniow 4%); Rawa: Kamionka-Lipnik 1*), Werchrata 2*),
Rawa 1; Stryj: Plowie 4, Stynowa 7*), Korczyn 4; Tlumacz: Krzywotuly stare 11, Ottynia 3;
Zaleszezyki: Tluste 2; Zloczow: Pobocz 1, Czyzow 1.
*) In der Vorwoche aufgetretene und erst nachträglich gemeldete Erkrankungen.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler In Wien
L.Rothenthurmeatrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 12. Ootober 1899. Nr. 41.
Inhalt. Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien für 1898. — Sanitäts-
gesetze und Verordnungen: Verordnung der Ministerien des Handels und des Innern, betreffend die
Regelung des Flaschenbierhandels; Erlass des Handelsministeriums, betreffend die Beschaffenheit des
Fülllocales und der Betriebsmittel der Flaschenbierhándler; Erlass des k. k. Eisenbahnministers, be-
treffend die Verwendung von Streumaterialien bei Verladung von lebenden Thieren im Eisenbahn-
wagen. — Rechtsprechung. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Aus-
lande. — Vermischte Nachrichten.
Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien
über das Betriebsjahr 1898.
Erstattet vom k. k. Impfdirector Dr. Gustav Paul.
I. Geschäftsbericht.
Die seitens der Anstaltsbuchhaltung auf Grund von Journalauszügen gelieferte
tabellarische Zusammenstellung (Tabelle I) gibt ein übersichtliches Bild der Impfstoff-
bewegung im Jahre 1898.
An das Ausland, und zwar an Ungarn, Siebenbürgen, Bosnien, Croatien, Deutsch-
land, Russland, Italien, Schweiz, Türkei, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Montenegro,
Griechenland, Kleinasien, Afrika und Süd-Arabien wurden im Ganzen 99.475 Impf-
portionen abgegeben gegen 15.200 Portionen des Vorjahres, was einer Mehrausfuhr
von 84.275 Portionen entspricht.
Das Versandtbuch wies 7223 Nummern (gegen 6913 des Vorjahres) aus, und zwar:
Für öffentliche Impfungen 2783 (2649 ım Jahre 1897)
> private > 3437 (3239 >» > » )
> Militär- > 1008 (1025 » > » )
Das Exhibitenprotokoll enthielt 486 Nummern (gegen 538 des Vorjahres), das
Protokoll fiir Directionsstiicke 20 Nummern (gegen 32 des Vorjahres).
Die erhebliche Verminderung der Zahl der Exhibitennummern hat ihren Grund
nicht etwa in einer Verminderung der Geschäftsagenden, welche im Gegentheile von
Jahr zu Jahr wachsen, sondern darin, dass zahlreiche einlaufende Zuschriften, so z.B.
die Infectionsanzeigen aus der Findelanstalt ete. nicht mehr wie früher jedesmal
exhibirt, sondern als Sammelstücke behandelt werden.
41
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Der Gang des Versandtgeschäftes ist aus der nachfolgenden Zusammenstellung
ersichtlich:
Tabelle II.
Expedition der Impfstoffbestellungen.
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| 5) 11) — 1 1155 — 2 —| 7 83 585) 56 103 — | 191; 129 13305 5195
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82.522) —| 345,587| 60689 —| 2 — | 34 547 3175| 426) 977 — | 515 1784105520, 52970
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Aus der nachstehenden Zusammenstellung (Tabelle III) ist die Anzahl der an
die Impfstoffwerber in den Jahren 1893—1898 abgegebenen Impfstoffquantitäten nach
den einzelnen Füllungsarten zu ersehen
Tabelle "IL
Anzahl der in den einzelnen Jahren abgegebenen Impfstoff-Detailquantitäten nach
dem Fassungsbuche.
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1898... .i 12016 11978 986
4010 4177 + 822710
41*
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2. Die Impfstoffgewinnung.
A. Die Beschaffung und Verpflegung der Impfthiere.
Zur Impfung wurden nach wie vor ausschliesslich Jungrinder, zumeist Bullen
verschiedener Provenienz im Alter von 8 Monaten bis zu 3 Jahren benützt.
Mit der Lieferung derselben war wie in. den Vorjahren der Fleischhauer
F. Polsterer betraut. Das von dem genannten Fleischhauer gelieferte Thiermaterial
war in jeder Beziehung zufriedenstellend.
Die Anstalt blieb im Berichtsjahre von einer Seucheninvasion glücklicher Weise
verschont, ebensowenig kamen Fälle von intercurrirenden Krankheiten bei den Impf-
thieren vor. Dies ist hauptsächlich der genauen thierärztlichen Untersuchung der für
Impfzwecke auf dem Centralviehmarkte gekauften Thiere noch vor ihrer Einstellung
in die Anstaltsstallungen zu verdanken.
Die Verpflegung der Impfthiere geschah wie in den Vorjahren in eigener
Regie.
Im Ganzen wurden 136 (gegen 95 des Vorjahres), und zwar 116 Bullen, 7 Kal-
binnen und 10 Jungochsen in die Anstalt eingestellt. Von diesen wurden 135 Stück
geimpft. Ein Thier, bei welchem man erst gelegentlich des Auflegens auf den Impf-
tisch behufs Vorbereitung zur Impfung eine eiternde Fistel am Hodensacke con-
statirte, wurde als für Impfzwecke ungeeignet ausgeschieden. Der Bedarf an Impf-
tieren in den einzelnen Monaten seit der Errichtung der Anstalt ist aus der
Tabelle IV ersichtlich.
Tabelle IV.
Der Bedarf an Impfthieren in den einzelnen Monaten.
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Die Fouragekosten (für Heu, Stroh, Häcksel, Futtermehl etc.) beliefen sich auf
608 fl.60 kr., so dass die Verpflegung eines Impfthieres durchschnittlich 4 fl. 47 kr.
kostete.
Die Anzahl der Verpflegstage betrug 2022; ein Verpflegstag kam demnach auf
30 kr. zu stehen.
Die Leihgebühr für ein Impfthier betrug wie in den Vorjahren 20 fl.
Die Gesammtkosten für die Beschaffung und Verpflegung der 135, beziehungs-
weise 136 Impfthiere beziffern sich auf 3308 fl. 60 kr. Es entfiel demnach aut ein
Impfthier der Betrag von 24 fl. 47 kr.
Die diesbezüglichen Auslagen in den einzelnen Betriebsjahren sind in chrono-
logischer Reihenfolge aus der Tabelle V auf nachfolgender Seite zu ersehen.
Im thierärztlichen Dienste, in der Einstellung, Contumacirung, Wartung und
PHege der Impfthiere, der Futterverwahrung, sowie endlich in der Diensteintheilung
des Wartepersonales, worüber im Jahresberichte pro 1896*) ausführlich berichtet
wurde, ist keine Veränderung eingetreten. |
*) Siehe Jahrgang 1897 d. Bl., S. 365.
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B. Impfstoffgewinnung und Impfstoffgebahr ung.
Der in den Jahresberichten pro 1896 und 1897*) ausführlich beschriebene
Vorgang bei der Impfung, Abnahme, Bereitung und Verfüllung des Impfstoffes ist
auch im Berichtsjahre genau und mit ebenso günstigem Erfolge eingehalten worden.
Ebensowenig hatte man Veranlassung von dem Principe abzuweichen, für die Menschen-
impfungen ausschliesslich mindestens 4 Wochen alte Glycerinlymphe in den Verkehr
zu bringen. Ä Ä
Der Tegminverband, dessen genaue Beschreibung und Anwendung aus der im
»Oesterreich. Sanitätswesen« Jahrg. 1898, Nr.52, erschienenen Publication des Vortrages
»Ueber eine verlässlicheMethode zur Erzeugung einer von vorne
herein keimarmen animalen Vaccine«, den der Berichterstatter im Jahre
1898 in der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf ge-
halten bat, ersehen werden kann, ist auf Grund der bisherigen durchaus günstigen
Erfahrungen zu einem unentbehrlichen Theile der hierorts geübten Metbodik der
Thierimpfung geworden.
Die Vortheile des Tegminverbandes als: die durch keine andere practisch ver-
wendbare Methode zu erreichende Reinerhaltung des Impffeldes, die Förderung der
Entwicklung kräftiger und krustenfreier Pocken, sowie endlich die ganz ausserordent-
liche Beschränkung der unter anderen Umständen massenhaft in der frischen
Lymphe vorkommenden parasitischen und saprophytischen Mikroorganismen, sind so
gross, dass sie denselben als eine wirkliche Bereicherung der animalen Impftechnik
erscheinen lassen.
Die Erzielung der genannten Vortheile hängt jedoch wesentlich von der Qualität
des Tegmins und von der richtigen Application des Verbandes ab, welch’ letztere
eine gewisse Uebung verlangt. Das Rothziegel’sche Präparat genügt allen Anfor-
derungen; nicht dasselbe lässt sich von dem vom Apotheker H. Hiller in Stettin er-
zeugten und in den Handel gebrachten Tegmin sagen, welches weder bezüglich seiner
Zusammensetzung, noch insbesondere bezüglich seiner Reinheit (dasselbe ist nicht
sterilisirt) sich mit dem Rothziegel’schen Tegmin messen kann.
Die hie und da bei dem letzteren beobachtete, mit der Sterilisirungsprocedur
in Zusammenhang stehende Scheidung des sehr empfindlichen Präparates in eine
obere dichtere, leicht körnige und in eine untere dünnflüssige Schichte lässt sich
dadurch leicht ausgleichen, dass man das so veränderte Tegmin unmittelbar vor dem
Gebrauche mit einem sterilisirten Metallspatel kräftig durchrührt. Bei einem durch
längeres Stehen zu dick gewordenen Tegmin kann man durch Hinzufügen von
wenigen Tropfen sterilen Wassers und darauffolgendes kräftiges Durchrühren
die ursprüngliche Consistenz wieder herstellen.
Als kleine Abweichung von der früher bei uns geübten Methode ist zu erwähnen.
dass bei der Erneuerung des Verbandes nach Ablauf von 48, beziehungsweise 96
Stunden das Impffeld nicht mehr gewaschen und desinficirt, sondern nur mit sterili-
sirten Mullbauschen trocken abgerieben wird, um die Entwicklung der Pocken durch
eine stärkere Maceration der Pusteldecke nicht zu stören. Erst am 7. Tage (nach
Ablauf von 6% 24 Stunden) wird das Impftfeld, wie vor der Impfung, nach Abnahme
des Verbandes in der gewöhnlichen Weise mit Schmierseife und warmem Wasser
gründlich mechanisch gereinigt, mit ?percentiger Lysollösung energisch desinficirt
und mit abgekochtem Wasser nachgewaschen. Die anfangs gehegten Besorgnisse.
e
*) Siehe Jahrg. 1997 d. BI, Nr. 40 und Jahrg. 1838, Nr. 37,
381
dass dieser aus Zweckmässigkeitsgründen gebotene Ausfall der früher geübten
Waschungen des Impffeldes bei jedesmaligem Verbandwechsel eine Vermehrung des
Keimgehaltes zur Folge haben könnte, haben sich als grundlos erwiesen.
(Fortsetzung folgt.)
Sanitätsorsetze und Verordnungen.
Verordnung der Ministerien des Handels |
und des Innern vom 22. September 1899,
R. G. BI. Nr. 183,
betreffend die Regelung des Flaschenbier-
handels,
In Ergänzung der Verordnung vom
30. März 1899, R. G. BI. Nr. 64*), betreffend
die Regelung des Flaschenbierbandels wird zur
Vermeidung einer plötzlichen Entwertung der
für den sogenannten Patentverschluss herge-
stellten Flaschen verordnet, wie folgt:
Artikel I.
genannten Patentverschlusse versehen waren,
Flaschen, welche mit dem so-
dürfen, wenn sie nach vollkommener Beseiti-
gung des Patentverschlusses gemäss der Vor-
schrift des § 9 der eitirten Verordnung ver-
korkt werden, zum Vertriebe des Flaschen-
bieres noch bis Ende September 1900 in Ver-
wendung bleiben.
Artikel II. Diese Verordnung tritt mit
1. October 1899 in Kraft.
+
Erlass des k. k. Handelsministeriums
vom 22. September 1899, Z. 27381,
an alle politischen Landesstellen,
betreffend die Beschaffenheit des Fülllocnles
und der Betriebsmittel der Fiaschenbier-
händler.
Bei der Handhabung der Verordnung vom
30. März 1899, R. G. Bl. Nr. 64,*) hat sich
gezeigt, dass die Bestimmung des $ 2 beziig-
lich der Beschaffenheit des Locales, in welchem
das Gewerbe des Flaschenbierfüllens betrieben
werden soll, dann der zum Betriebe nothwen-
digen Einrichtungen und Betriebsmittel, von
deren Nachweisuug die Ertheilung der Concession
für dieses Gewerbe abhängig ist, von den Ge-
werbebehörden nicht in gleichmässiger Weise
angewendet wird.
*) Siehe 8. 149 d. BI,
Um eine der Intention der Verordnung
entsprechende einheitliche Handhabung der er-
wähnten Bestimmung zu erleichtern, findet das
Handelsministerium im Einvernehmen mit dem
Ministerium des Innern der k.k........
zu eröffnen, dass den objectiven Erfordernissen,
von welchen die Ertheilung der Concession für
das Gewerbe des Flaschenbierfüllens im Sinne
des $ 2 der eitirten Verordnung abhängig ist,
im Allgemeinen durch den Nachweis folgender
Einrichtungen entsprochen wird.
1. Die Räume, in denen Bier aus Fässern
in Flaschen abgefüllt wird, müssen trocken,
licht, gut ventilirt und mit einem wasserdichten
Fussboden (Cement, Beton, Asphalt oder dicht-
gefiigte Steinplatten) versehen werden; der Fuss-
boden muss, wenn das Wasser aus dem Raume
direct in einen Canal abfliessen soll, ein geniigendes
Gefälle zu dem Canal haben, welcher mit einem
Geruchsverschluss versehen sein muss.
Die an den Fussboden anstossenden Wand-
theile sind, insoweit sie einer Verunreinigung
ausgesetzt werden, aus wasserdichtem Materinle
herzustellen oder mit einem solchen Änstriche
zu versehen.
2. Die Reinigung der Behälter (Flaschen,
Krüge u. dgl.) hat mit schnell rotirenden Bürsten
Wo
die Form des Behälters die Anwendung von
oder Sandstrahlapparaten zu geschehen.
Bürsten unmöglich macht, kann Porzellan oder
Stahlschrott Die Ver-
wendung von Bleischrott ist unbedingt ver-
angtwendet werden.
boten.
3. Jeder Behälter muss nach der Reini-
gung mit einem in hygienischer Beziehung
einwandfreien Wasser nachgespiilt werden, und
darf das
wasser nicht wieder gebraucht werden.
verwendete Reinigungs- und Spul-
4. Korke müssen vor ihrer Verwendung
in Dampf aufgekocht werden, um die darin
enthaltenen Bacterien zu vernichten und sind
| nur compacte Karke von soleher Grösse +
verwenden, dass damit ein dauernd luftdichter | Verwendung von Torf als Streumaterial bei
Verschluss der Flaschen erzielt werden kann.
5. Wo ohne Druckapparat abgefüllt wird,
darf die Luft des Abfüllraumes nicht direct in
das abzufüllende Fass strömen,
vorher durch einen mit Baumwolle gefüllten
Gegenstand (Luftventil) dem Fasse zugeführt
werden.
Auf das Zutreffen dieser objectiven Vor-
aussetzungen ist bei der Verleihung der Con-
cession fiir das im § 2 der eitirten Verordnung
erwähnte Gewerbe Bedacht zunehmen.
Auch ist bezüglich des Vorhandenseins der
objectiven Bedingungen in den bereits concessio-
nirten Gewerbebetrieben Nachschau zu halten.
Mit der im Reichsgesetzblatte kundgemachten
Nachtragsverordnung vom heutigen Tage*) wird
gleichzeitig eine Uebergangsfrist hinsichtlich
der Verwendung der mit dem
Patentverschlusse
sondern muss
sogenannten
versehen gewesenen,
jedoch vorschriftsmässig verkorkten Flaschen
zum Vertriebe von Flaschenbier bis Ende
September 1900 gewährt.
Im Uebrigen ist die Verwendung der mit
dem sogenannten Patentverschlusse versehenen
Flaschen zum Vertriebe von Flaschenbier, ab-
gesehen von den Fällen des $ 10 der eitirten
Verordnung, vom 1. October 1899 an untersagt.
Hievon sind die unterstehenden Gewerbe-
behörden, sowie auch die Handels- und Ge-
werbekammer und die in Betracht kommenden
Gewerbegenossenschaften zu verständigen.
*
Erlass des k. k. Eisenbahnninisters
vom 27. Mai 1898, Z. 18743,
an die Verwaltung der k. k. priv. Südbahn-
Gesellschaft als derzeit geschäftsfübrende Ver-
waltung in der Eisenbahn-Directoren-Conferenz,
betreffend die Verwendang von Streumate-
rialien bei Verladung von lebenden Thieren
in kEisenbahnwagen.
Der
der Lundestorffelder*
„Erste Galizische Exploitationsverein
hat an das Eisenbahn-
ministerium das Ansuchen um Zulassung der
*) Siehe oben.
Verladung von lebenden Thieren in Eisenbahn-
wagen gestellt.
Das k. k. Ministerium des Innern, welchem
dieses Ansuchen zur Kenntniss gebracht worden
ist, hat darauf hingewiesen, dass eine ent-
sprechende Einstreu in die Wagen schon wegen
thunlichster Vermeidung von Thierquälerei
nieht entbehrt werden könne, eine solche ins-
besondere bei der Beförderung von Nutz- und
Zuchtvieh aus hygienischen Gründen erforder-
lich sei, und dass es sich daher dringend em-
pfehle, die Benützung der wegen der werth-
| vollen hygroskopischen Eigenschaften beliebten
Torfstreu nieht auszuschliessen.
Nach den Seitens des Eisenbahnministeriums
im Gegenstande gepflogenen Erhebungen werden
dermal als Streumsterialien bei Viehtransport-
wagen verwendet: Erde, Farnkräuter, Fichten-
nadeln, Häckerling, Holzspäne, Kohlenlösche,
Lohe, Sägespäne, Sand, Schlacken, Stroh und
in vereinzelten Fällen auch Torf.
Mit Rücksicht auf die leichte Entzündbar-
keit der Mehrzahl der vorstehenden Streu-
materialien, insbesondere des Strohes durch
Funkenflug ist die Verwendung derartiger
Streumaterialien bei Viehtransporten unstatthaft;
dagegen würde es nach den bei den deutschen
Bahnen gemachten Erfahrungen und unter Hin-
weis auf die einschlägige Zusatzbestimmung IV,
Punkt 5 des deutschen Tarifes, Theil I zu § 44
keinem An-
besprengtes
Siigemehl mit oder ohne Zusatz von Sand,
wie Torfstreu,
mässig angefeuchtet ist,
der deutschen Verkehrsordnung,
stande unterliegen, mit Wasser
80-
Wasser
als Streumaterial bei
Viehtransporten zuzulassen.
wenn sie vorher mit
Der geehrte Verwaltungsrath wird sohin
eingeladen, eine Abänderung des Schlusssatzes
der e III des Tarif-Theiles I,
Abth. A, zu § 44 (1) des Eisenbahn-Betriebs-
reglements im a Sinne in der ge-
| meinsamen Directoren-Conferenz zur Berathung
zu bringen und úber das Ergebniss der letzteren
; Selnerzeit zu berichten.
(Verordn. Bl. f. Eisenb. u. Schifffahrt.)
— 383 —
Rechtsprechung.
Bei Verleihung einer Apothekenconcession ist ein weiterer Recurszug dann nicht mehr zu-
lässig, wenn durch den Spruch der Landesstelle die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt
wurde,
Erkenntniss des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1899, Z. 5314.
Der k. k. Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des A. Z. in K. gegen die
Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 27. August 1897, Z. 26447, betreffend
die Verleihung einerApothekerconcession, nach der am 1. Juli 1599 durchgeführten öffentlichen,
mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die angefochtene Entscheidung wird als gesetzlich nicht begründet aufgehoben.
Entscheidungsgründe.
Mit der Entscheidung vom 25. April 1896, Z. 12981, hat die k. k. Bezirkshauptmann-
schaft in K. die Concession zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke in P. Z. dem Magister
der Pharmacie A. Z. verliehen; der Genannte war in den übereinstimmenden Gutachten des
Apothekergremiums und des k. k. Bezirksarztes in K. als der Würdigste von allen Bewerbern,
welche auf Grund des im Sinne der Allerhöchsten Entschliessung vom 26. November 1833,
publicirt mit Gubernialverordnung vom 2. December 1840, Z. 79335 (galizische Provinzial-
Gesetz-Sammlung, Nr. 130, Seite 640), ausgeschriebenen Concurses um die Concessionsertheilung
eingeschritten sind, bezeichnet worden.
Die dem A. Z. verliehene Concession wurde auch mit der Entscheidung der galizischen
k. k. Statthalterei vom 27. Februar 1897, Z. 72641, nach Einholung des Gutachtens des Landes-
sanitätsrathes unter Zurückweisung sämmtlicher dagegen eingebrachten Recurse mit dem Bei-
fügen aufrecht erhalten, dass den Recurrenten das Recursrecht an das k. k. Ministerium des
Innern innerhalb der im Hofkanzleidecrete vom 28. October 1799, Politische Gesetz-Sammlung,
Band XIV, Nr. 73, vorgesehenen Frist zustehe.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das k. k. Ministerium des Innern die citirte
Entscheidung der galizischen k. k. Statthalterei über die eingebrachten Recurse mehrerer
Magister der Pharmacie behoben und die in Rede stehende Concession einem der Recurrenten,
dem Magister der Pharmacie M. G., verliehen. Ä
In der dagegen von A. Z. eingebrachten Beschwerde wird das Verfahren angefochten
und die Incompetenz des k. k. Ministeriums des Innern zur Ertheilung der Apothekerconcession
behauptet.
Der Verwaltungsgerichtshof fand die erhobene formelle Einwendung, dass diese An-
gelegenheit gemäss § 3, lit. e, des Gesetzes vom 22. October 1875, R. G. Bl. Nr. 36 ex 1876,
von der hiergerichtlichen Judicatur ausgeschlossen sei, zu übergehen, weil der Beschwerdeführer
das Verfahren anficht und die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung wegen In-
eompetenz des k. k. Ministeriums des Innern zur Ertheilung der Apothekerconcession an M. G.
behauptet, die Prüfung der Stichhältigksit dieser Beschwerdepunkte aber in der Competenz des Ver-
waltungsgerichtshofes liegt. Hienach in die Sache seltst eingehend, musste der Verwaltungsgerichts-
hof die angefochtene Entscheidung als gesetzlich nicht begründet erkennen. Denn das in der Statt:
haltereientscheidung im Hinblicke auf die Bestimmung des Artikels V, lit g, des kaiserlichen
Patentes vom 20. December 1859, R. G. Bl. Nr. 227, berufene Hofkanzleidecret vom 28. Oc-
tober 1799, Politische Gesetz-Sammlung Nr. 73, womit grundsätzliche Bestimmungen in Ansehung
der Recurse in Gewerbsangelegenheiten festgesetzt wurden, hat durch die auf Grund des zufolge
Allerhöchster Entschliessung vom 28. April 1832 an sämmtliche Länderstellen
ergangenen Hofkanzleideeretes vom 11. Mai 1532,*) Politische Gesetz-Sammlung, Nr. 49,
Der bezügliche Passus in dem citirten Ilotkanzleidecrete vom 11. Mai 1832, Z. 9558, mit
welchem der Wirkungskreis der Länderstellen erweitert wurde, lautet: »Bei Gewerbeverleihungen,
wenn durch den Spruch der Landesstelle die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt wird, findet
kein weiterer Recurs mehr statt. Wird aber bei Abweisungen nach einiger Zeit und bei veränderten
Umständen die Gewerbsverleihung neuerdinge von demselben oder anderen Impetranten angesucht, so ist
das Gesuch stets wieder bei der ersten Instanz anzubringen und wie ein ganz neues Ansuchen zu
verhandeln.
— 3854 —
publieirte Gubernialverordnnng vom 31. Juli 1832, Z. 38571, (galizische Provincial-Gesetz-
Sammlung Nr. 107, Seite 220) insoferne eine Einschränkung erfahren, als nach dieser Gubernial-
verordnung bei Verleihung von Gewerben ein weiterer Recurszug dann nicht mehr stattfindet,
wenn durch den Spruch der Landesstelle die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt wird,
und diese Einschränkung galt im Allgemeinen für alle Gewerbe bis zur Einführung der Ge-
werbeordnung, wie aus der Ministerialverordnung vom 27. December 1848, R. G. Bl. Nr. 57
ex 1849, hervorgeht, und gilt daher heute noch fiir die Verleihung von Apothekergewerben,
welche keinen Gegenstand der Gewerbeordnung bilden (Absatz V, lit. g, des kaiserlichen Patentes
vom 20. December 1859, R. G. Bl. Nr. 227).
Da nun mit der Entscheidung der galizischen k. k. Statthalterei vom 27. Februar 1897,
Z. 72641, die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt wurde, war das k. k. Ministerium des
Innern allerdings nicht berechtigt, die dem Beschwerdetührer rechtskräftig verliehene Apotheker-
concession dem M. G. zu verleihen.
Die Entscheidung der galizischen k. k. Statthalterei war vielmehr lediglich, da sie eine
unrichtige Belehrung darüber enthält, ob sie noch einem Rechtszuge unterliegt, nach $ 3 des
Gesetzes vom 12. Mai 1896, R. G. Bl. Nr. 101, wegen uorichtiger Rechtsmittelbelehrung auf-
zuheben und die Hinausgabe einer mit der richtigen Belehrung versehenen Entscheidung an-
zuordnen.
Da statt dessen die Verleihung der galizischen Statthalterei materiell abgeändert wurde,
musste die angefochtene Entscheidung, mit welcher dies geschah, als gesetzlich nicht begründet
aufgehoben werden.
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Die Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 26. Mirz 1888, Z. 5595, mit
welcher die Führung des Titels, „emeritirter Operateur“ seitens der absolvirten Zöglinge der
Operations-Institute an den geburtshilflichen Universitätskliniken als unstatthaft bezeichnet
wurde, ist einerseits in der ganzen Einrichtung dieser Operations-Institute, andererseits in
dem der Obersten Sanitätsbehörde zustehenden Aufsichtsrechte begründet.
Erkenntniss des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1899, Z. 2862.
Der k. k. Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. H. F. in W. gegen
die Entscheidung des kk Ministeriums des Innern vom 1. September 1897, Z. 26195, betreftend
die Inhibirung des Titels „emeritirter Operateur der I. geburtshilflichen Klinik“ nach der am
28. April 1899 durchgeführten öftentlichen, mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegiündet abgewiesen.
Entscheidungsgründe.
Mit der angefochtenen Entscheidung wurde die unter Strafandrohung getroffene Ver-
fügung des magistratischen Bezirksamtes für den XV. Bezirk in Wien vom 17. October 1896,
Z. 20807, dass der Beschwerdeführer von seinen Ankündigungstafeln die Bezeichnung „emer.
Operateur der I. geburtshilflichen Klinik“ zu entfernen habe und sich dieses Titels weiterhin
nicht bedienen dürfe, bestätigt.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Gesetzmässigkeit dieser Verfügung, indem er behauptet,
dass eine gesetzliche Grundlage für dieselbe nicht vorhanden sei, aber auch öffentliche Rück-
sichten für dieselbe nicht in Betracht kommen, dass daher die Behörden nicht berechtigt ge-
wesen seien, die angefochtene Verfürung zu treffen. Insbesondere bestreitet der Beschwerde-
führer, dass der Erlass des k. k. Ministeriums des Innern vom 26. März 1838, Z. 5595, auf
welchen sich die Anordnung des magistratischen Bezirksamtes stützt, mangels gehúriger Kund-
machung bindende Kraft besitze.
Diesen Ausführungen der Beschwerde gegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof erkannt,
dass dem k. k. Ministerium des Innern als der obersten Sanitätsbehörde der im Reichsrathe
vertretenen Königreiche und Länder das Befugniss nicht abgesprochen werden kann, auf Grund:
des der Staatsverwaltung zu Folge des Gesetzes vom 30. April 1870, R. @. Bl. Nr. 68, zu-
stehenden Oberaufsichtsrechtes über das gesammte Sanitätswesen, wozu gemäss S 2, lit. a, ina-
besondere die Evidenzhaltung des gesammten Sanitätspersonales und die Öberaufsicht desselben
in ärztlicher Beziehung zählt, in Angelegenheiten, wie die vorliegende, von Amtswegen ein-
zuschreiten. Denn gewiss knüpft sich daran, dass das Publicum seitens eines Arztes durch die
Anmassung eines unbefugten Titels oder einer der Wahrheit nicht entsprechenden Bezeichnung
— 38) —
in dessen Ankündigungen irregeführt wird, ein Öffentliches Interesse, welches, da es sich um
eine Sanitätsangelegenheit handelt, in den Wirkungskreis der obersten Sanitätsbehörde fällt.
Was nun das Meritum anbelangt, so ist allerdings richtig, dass, wie die Beschwerde
behauptet, eine positive gesetzliche Verfügung nicht besteht, welche die Führung der erwähnten
Bezeichnung verbieten würde. Allein es wird vom Beschwerdeführer selbst zugegeben, dass
das mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 16. Juli 1882,
7. 3642, für das geburtshilfliche Operationsinstitut an der medieinischen Facultät der Universität
in Wien aufgestellte provisorische Statut: den absolvirten Frequentanten dieses Institutes das
Recht zur Führung des Titels „em. Operateur des geburtshilflichen Operationsinstitutes“ ebenso-
wenig einräumt, wie die mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht
vom 1%. Februar 1883, Z. 1995, genehmigte Instruction für die Frequentanten des Instituts.
Ein Recht zur Führung der beanständeten Bezeichnung als Titel kann also der Be-
schwerdeführer für sich gewiss nicht ableiten. Es kann sich nur noch fragen, ob diese Be-
zeichnung lediglich als Hinweis auf die frühere Thätigkeit des Beschwerdeführers zulässig
wäre. Dies muss aber jedenfalls dann verneint werden, wann die Bezeichnung eine der Wahrheit
nicht entsprechende Angabe enthält.
Im vorliegenden Falle lässt die Bezeichnung .emeritirter Operateur“ keine andere
Deutung zu, als dass der Beschwerdeführer angestellter selbstständiger Operateur an dem
Operationsinstitute gewesen sei. Dies ist aber, da er zugestandenermassen nur Frequentant ge-
wesen ist, nicht der Fall.
Denn gemäss S 1 des provisorischen Statutes ist der Zweck des Institutes die A us-
bildung einer grösseren Anzahl von geübten Geburtshelfern. Gemäss $ 8 unterstehen die
Frequentanten den Professoren und ihren Stellvertretern, haben auf den Kliniken im Auftrage
des Professors den subalternen Dienst, insbesondere die Inspection, zu besorgen, sind dagegen
allen Operationen als Hilfsärzte beizuziehen und haben thunlichst bald, je nach ihrer Ver-
trauensfähigkeit unter der Leitung der Professoren oder ihrer Stellvertreter in
viva geburtshilfliche Operationen vorzunehmen. Gemäss § 7 der Instruction hat sich
jeder Frequentant möglichst bald die Befähigung zur Ausführung geburtshilflicher Operationen
anzueignen und durch eine Prüfung zu erweisen, damit er nach Massgabe der Befähigung im
Tnrnus zu Operationen an Lebenden herangezogen werden kann.
Aus dieser Bestimmung will insbesondere der Beschwerdeführer seine Berechtigung, “sich
„Operateur an der geburtshilflichen Klinik“ zu nennen, ableiten. Allein, dass es sich auch hier
nicht um die selbstständige Vornahme von Operationen handelt, ergibt sich deutlich aus $ 8
der Instruetion, welcher lautet: „Geburtshilfliche Hilfeleistungen, was immer für einer Art,
sowie eigentliche geburtshilfliche Operationen dürfen von den Frequen-
tanten, jedoch nur mit Zustimmung des Vorstandes oder dessen Stell-
vertreters und unter Verantwortlichkeit derselben durchgeführt
werden.“
Aus den angeführten Bestimmungen geht hervor, dass die Frequentanten des geburts-
hilflichen Operationsinstitutes allerdings zur Vornahme von Operationen ausgebildet und je nach
Masszabe ihrer Verwendbarkeit schon während des Curses zu Operationen herangezogen werden,
Jedoch immer nur als Zöglinge, Lernende, nicht aber als selbstständige Operateure. Es enthält
daher die Bezeichnung „em. Operateur der I. geburtshilflichen Klinik“ in doppelter Beziehung
eine Unwahrheit: erstens, weil die Bezeichnung „emeritirt“ nicht zutrifft, da dieselbe auf eine
ehemalige Bedienstung, Bestellung, nicht aber auf die blosse Theilnahme an einem Lehreurse
als Zögling, hinweist, dann aber auch deshalb, weil der Beschwerdeführer niemals Operateur
der geburtshilflichen Klinik war.
Nun liegt darin gewiss eine Täuschung des ärztliche Hilfe suchenden Publicums, dass in dem-
selben die Meinung erweckt wird, ein Arzt habe als Operateur an der I. geburtshilflichen Klinik
gewirkt und besitze demnach eine höhere specielle Befähigung in der Eigenschaft als Operateur.
Das k. k. Ministerium des Innern war daher auch vollkommen im Rechte, als es mit
dem Erlasse vom 26. März 1588, Z. 5595, die niederösterreichische Statthalterei beauftragte,
den med. Doctoren deu Gebrauch des Titels „em. Operateur der reburtshilflichen Klinik“ ein
zustellen, und es benüthigte das Ministerium dieser Weisung gar nicht, um im vorliegenden
Falle seine Entscheidung zu stützen, weil die Berechtigung dieser Entscheidung, wie eben er-
örtert wurde, einerseits in der ganzen Einrichtung des Operationsinstitutes gelegen ist, ander-
seits aber ein Ausfluss des Aufsichtsrechtes der obersten Sanitätsbehörde ist. Es kann daher
die Frage der rechtlichen Wirksamkeit des citirten Erlasses gar nicht in Betracht kommen.
Nach dem Gesagten musste die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.
À
— 386 --
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. Aus Oporto wurden in der
Zeit vom 29. September bis 4. October l. J. 22 Pesterkrankungen und 3 Todesfälle gemeldet,
und zwar in den aufeinanderfolgenden Tagen: 5 (1), 3 (1), 2 (0), 4 (0), 4 (1), 4 (0).
Die Krankheit hat bereits den Militärcordon, welcher von allen in Oporto zum
Studium der Pest eingetroffenen ausländischen Aerzten als unzweckmässig und geradezu schädlich
bezeichnet wird, überschritten und auf die Umgebung von Oporto übergegriffen. In der Ortschaft
Baquim sind allein 6 Todesfälle an Pest, in Villa Nova de Gaya, gegenüber von Oporto am
linken Ufer des Duro, und in anderen in der Nähe von Oporto gelegenen Orten sind wiederholt
verdächtige Todesfälle vorgekommen.
Die Schifffahrtsgesellschaft Mala Real Portugueza beschloss, ihre Dampfer der brasilianischen
Linie wieder in Leixoes, dem Hafen von Oporto anlaufen zu lassen, jedoch nur zur Aufnahme
von Ladung. Passagiere werden nur von Lissabon aus aufgenommen. Nach Afrika bestimmte
Waaren aus Oporto werden in Lissabon nach Desinfection im Lazerethe auf einen Dampfer
der Afrika-Linie umgeladen.
Seitens der Regierung wurde eine ausführliche Desinfectionsvorschrift erlassen.
Griechenland. Mit königlichem Decrete vom 30. August (12, September), wurden die von
Syrien seit dem 27. August (8. September) abgegangenen Provenienzen einer strengen ärztlichen
Visite unterzogen.
Italien. Mit Rücksicht auf die erfolgte amtliche Constatirung der Pest in Paraguay hat
die königliche italienische Regierung die Häfen dieses Landes als pestverseucht erklärt und die
Anwendung der Bestimmungen der Venediger Convention angeordnet; die seesanitiren Mass-
nahmen dürfen ausschliesslich nur in den Häfen von Genua, Livorno, Neapel, Nisida, Palermo
und Messina durchgeführt werden.
Russland. Laut telegraphischer Meldung des Prinzen Alexander Petrowitsch von Oldenburg,
des Präsidenten der in Russland zur Tilgung der Pest eingesetzten ständigen Commission, vom
12. (24.) September aus Ramine wurde der Militärcordon um Kolobowka nach gründlicher Des-
infection und nach Verbrennung der infiecirten Häuser aufgehoben und die Stadt als pestfrei
erklärt. Die sanitären Verhältnisse in Samara und des Gebietes an der Wolga wurden als zu-
friedenstellend erklärt. Die Truppen wurden mit Ausnahme kleiner Detachements in Tsaref und
Tsaritsyne zurückgezogen.
Schweiz. Der Bundesrath hat die sanitäre Ueberwachung der aus pestverseuchten Orten
zugereisten Personen während der ersten 10 Tage vom Datum der Abreise und die Desinfection
des Gepäckes angeordnet.
Türkei. Die gegen Provenienzen aus den Azow’'schen Meere und von den russisch-asiatischen
Küsten des Schwarzen Meeres angeordnete ärztliche Untersuchung wurde eingestellt.
degypten. In Alexandrien ist am 2. October nach neuntägiger Pause abermals ein
Pestfall mit lethalem Verlaufe vorgekommen.
Britisch Indien. Im Stadtbezirke Bombay sind in der Woche vom 19.—25. September
109 Erkrankungen und 36 Todesfälle an Pest beobachtet worden.
Madagaskar. In Tamatave sind in der Zeit vom 7.—12. September 3 lethale Pestfälle
vorgekommen. Der Ausbruch der Pest in Tamatave wurde von der französischen Regierung
officiell notificirt.
Paraguay. Der Ausbruch der Pest in Assomption ist amtlich festgestellt worden.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 24. September bis 30. September 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Borszezow: Borszezow 1; Husiatyn:
Celejow 5, Kluwince 3, Kolomea: Kamionki wielkie 1; Kosow: Hryniawa 3, Jablonica 1;
Zabie 1; Nadworna: Oslawy biale 2; Podgorze: Ludwinow 1; Rzeszow: Blazowa 3;
Stryj: Tarnawka 1, Tlumacz: Krzywotuly nowe 1; Tlumacz 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 24. September
bis 30. September 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Samoluskowce 1; Nadworna:
Oslawy biale 3; Stryj: Stynowa 2; Tlumacz: Krzywotuly stare 2.
EH
" onteortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das Österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
d
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Unfversitäts-Buchhändlor in Wien
LRothenthurmestrasse 15
Erscheint jeden I Donnerstag. g
Prinumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig f. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 19. Ootober 1899. Nr. 42.
ar ED
Inhalt. Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien für 1898. (Fortsetzung.) —
Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlass der Statthalterei in Oberösterreich, betreffend die Einführung
von Drucksachen für den Gemeindesanitätsdienst; Erlass der Bukowinaer Landesregierung, betreffend
die Einführung einer einheitlichen Berichterstattung über Hebammenamtstage; Erlass der böhmischen
Statthalterei, betreffend die Ausstellung von ärztlichen Zeugnissen behufs Aufnahme in die böhmischen
Landesirrenanstalten. — Rechtsprechung. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen
im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien
tiber das Betriebsjahr 1898.
Erstattet vom k. k. Impfdirector Dr. Gustav Paul.
(Fortsetzung.)
Eine genaue Uebersicht über die Impfstoffausbeute in den einzelnen Betriebs-
jahren liefert die folgende Tabelle VI.
Ueber das Alter des im Laufe des Jahres 1898 zur Versendung gelangten
Impfstoffes, beziehungsweise über den Zeitpunkt der Abnahme desselben vom Tbiere
sowie jenen des Beginnes und des Abschlusses der Versendung jeder einzelnen Impf-
stofiserie gibt die Tabelle VII genauen Aufschluss.
Die Vereinigung der Impfstoffernte von mehreren Thieren
zu einer Impfstoffserie, welcher Vorgang bereits im Vorjahre sich be-
währt und auch im Berichtsjahre durchwegs befriedigende Resultate ergeben
hat, geschah hauptsächlich aus dem Grunde, weil von der Direction der Landes-
Findelanstalt zur Zeit der Hauptimpfsaison im Frühjahre und im Herbste, wo
der Impfstoff von einer grossen Anzahl von Thieren in relativ sehr kurzem Zeit-
raume hinausgegeben werden muss, nicht so viele Kinder zur Verfügung gestellt
werden können, um den Impfstoff von jedem einzelnen Thiere wenigstens an
zwei Kindern bezüglich seiner Haftbarkeit commissionell zu erproben. Selbst-
verständlich erfolgte diese Vereinigung des Impfstoffes zu Serien erst dann, bis
durch die bezüglichen Schlachtungsbefunde der vollkommen intacte Gesundheits-
zustand der Impfthiere und durch die bacteriologische Untersuchung die Reinheit der
42
— 388 —
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Detaillirte Uebersicht über die Impfstoff-
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1) 3127 Gramm eigener Erzeugung 4500 Gramm Hay'scher Lymphe.
*) Hiezu noch 176 Gramm vom Vorjahre.
3) Hiezu noch 396 Gramm vom Vorjahre.
*) Hiezu noch 396 Gramm vom Vorjahre.
>) Hiezu noch 2859 Gramm vom Vorjahre.
6) Hiezu noch 412 Gramm vom Vorjahre.
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1897 . .| 95] —| —| 3 — SENA “91 100 250] 4 126; 1| 18
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Summe . |605] 71598] I6| 7 1 551| 16083] 64332
einzelnen Impfstoffernten erwiesen waren. In den Wintermonaten, wo der Bedarf
an Impfstoff ein geringer ist, wird der Impfstoff von den einzelnen Thieren separat
abgegeben. Die folgende Tabelle IX illustrirt den ebenerwähnten Vorgang, und ist
in derselben auch die Keimzalıl der einzelnen Impfstoffserien ersichtlich. Weiters
kann man aus der Tabelle IX ersehen, dass in der Regel die Impfstoffernten von
jenen Thieren zu Serien vereinigt worden sind, welche an ein und demselben Tage
abgeimpft wurden oder bei denen der Zeitpunkt der Impfstoffabnahme nur wenige
Tare auseinander lag. Nur die für die Herbstimpfungen verwendeten Serien
(XXIXXVI) enthalten neben Impfstoff zumeist älteren Datums (in Folge des Aus-
falles der Thierimpfungen während der heissen Jahreszeit) solche jüngeren Datums aus
den bereits oben erwähnten Gründen.
— 389 —
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ausbeute in den einzelnen Betriebsjahren.
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12
210) 8401 37878-813515 502| 14994 | 60480 |41020,50497| 1028]17292|1927913584270
—
Die bacteriologische Untersuchung sämmtlicher tür den Versandt bestimmter
Lymphserien, welche 300 Proben umfasste, ergab ein äusserst befriedigendes Resultat.
Die Lymphe erwies sich vor ihrer Abgabe als durchwegs sehr keimarm und stets
frei von parasitischen, die Gelatine verflüssigenden Staphylococcen. `
Zu diesen Befunden widersprechenden Untersuchungsergebnissen ist Maassen in
Berlin gekommen, welcher im Jänner 1898 zwei Lymphproben, die dem kaiserlichen
Gesundheitsamte in Berlin seitens der Wiener Anstalt behufs Vornahme von Control-
untersuchungen übersendet worden waren, bacteriologisch geprüft und die Resultate
dieser Untersuchungen als Anhang zu der Publication Deeleman’s: »Ueber den
Bacteriengehalt der Schutzpockenlymphe« in der Zeitschrift »Ar-
beiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte« mitgetheilt hat.
42%
— 390 —
Tabelle VIIL
Nachweisung über das Alter des im Laufe des Jahres 1898 zur Verwendung ge-
langten Impfstoffes nach dem Materialien-Journale und dem Fassungsbuche.
A AO AA EE E
Ses [Ases (58235 _| 9 Zoe [yv 2323 ¡oia 2
Thier- pas E “alo "BES S wl SC gus MEE g
Nr (88 gis Euge ¿| m BES 283 Egua E CES
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Sep 883 [338 ZS Bee E Sep 225 e283 2228 E
ZZ Wb alo ER 2 am| g~ Ass EERK A
92 1 || 29./10.| 10./1. 27./1. 90 | 57 || 20./3. 2./6. 8./6. 80
931% || 1./11.| 22./12.| 21./1. 83 58 || 25./3. > » 70
94 We 4./11.| 10./1. 27./1. 90 59 > ` 75
9510 > > > 90 60 > 6./6 18./6 85
2 9.1. 3./2. 8./2. 31 61 || 27./3. > > 83
3 |10./1. | 27./1. 17./2. 39 62 > » > 83
4 > 7.12. 16./2. 38 63 > » 12./7 108
5 > 19./1. 4./2. 26 65 || 29./3. > > 106
6 | 14./1. 4./3. 8./3. 54 66 || 1/4. > > 103
8 > 5./3. 12./3. 58 67 > > > 103
10 || 16./.1 8./3. 31./3. 75 68 > > 12./7. 103
11 > 19./3 19./4 94 ES 69 [| 3./4. | 10./6 22./6. 81 o
12 | 21./1 14./2 3./3 42 71 » > > 81
a Viele | 937 34 || 32l > : > 81 | 5
14 > 24./2 4./3 43 = 73 | 18./4. | 11./6, 7./7. 81 D
15 || 23./1 17./2. 7./3 44 a 74 > > > 81 to.
20 4./2. | 26./3. 29./5 110 e 75 > > » 81 e
21 » > > a P 2 25./4 1./6. 1./6. = kel
22 > » > 11 7 » > > 3
23 6./2. » > 108 = 78 > > > 37 >
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d > » > » » >
26 [11.2 8.4. 20./5 99 = 81 > > > 30 7
27 > » » 99 = 82 | 9./5 2.7. 1./8. 84 au
28 » > » 99 83 » > > 84 —
29 || 18./2 > > 92 7 | 84] > > > 3 |7
30 > » > 92 fe 85 || 16./5 > > 17 =
31 > > > 92 D 86 » > > 77 ha
32 | 20./2. | 21./4. 16./5. 86 - 87 > > > 77 w
33 > > > 86 = 88 || 23./5. | 29./7 15./9. 116 =
34 > > » 86 = 90 > > > 116 =
36 || 25. /2 > > 81 5 91 || 30./5. > > 109 e
37 » > » 81 bo 93 > > > 109 20
38 |27./2 » > 79 o 94 | 5./6. 1./10 4./10. 132 ©
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41 | 4/3. 5 79 II oam > ; 124 |%
42 > 13./5. 23./5 81 E 98 » > > 124 Im
43 2./3 > 83 = 99 || 20./6 4./10. 6./10. 109 5
44 5./3 > > 80 a 100 > > > 109 a
45 6./3. | 18./5, 25./5 8 101 > » > 109
46 | 11.3 » > 76 103 || 27./6 6./10. | 12./10. 108
47 » > » 76 104 > » > 108
48 » 1 23.5 | 31./5 82 105 | > S S 108
49 » > > 82 106 > > > 108
50 ¡13.3 > > 80 107 > > > 108
51 jo >» > > 80 108 | 4./7. | 28./9 24./10 113
52 | 18.3 » > D a > 113
jo 1 > > > 5 10 > > 113
| 54 5 » 28-:5 7.6 81 112 || > š » 113
dd | 20.;3 » 79 113 | 10..7 7./10. 9./12 153
79 114 | 11.7 > > 152
|
|
|
|
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|
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|
dung dieser
Serie
Alter der zu- |
Datum der
letzten Sen- |
: | 9./12.
29.12.
6./10.
12./10.
24./10.
9./12.
4.10. |
12./10.
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ID ug 7,/10. | 9.12.1 152 3 ‚30,8. | 7.:10
| 117 118.77. | 19./10. | 29.12.) 165 |, e | 19/10.
118 || > | S e 165 5 ‚ 5.9.| 4./10. |
| 119 > > O les 128 | 6./9. | 6.10.
1220| > | > > : 165 (35| 129 >» | 28/9.
- 121 e? > | > | 164 In = 130 i > | 7.710.
122 | 78. | 12.9. | 710. 60 ¡| 131, 7.9. | 1/10.
123 | 8.8. | 19.10.) 29,12.) 144 5 | 132; | 610.
194 BS 28.9. | 24.10.) 56 |8 | 134 | 26./10.
| E |
| | | | A l
Tabelle IX.
Nachweis über die Vereinigung zu Lymphserien des von den einzelnen Impfthieren
| abgenommenen Impfstoffes.
L
|
im Jahre 1899 |
|
|
letzt versen-
leten Lymphe
in Tagen
Bemerkungen
Durchwegs befriedigende
Haftung
|
|
|
+
me Ee EE
aj Ot aj aJ fa OD Ca Oz OG EM UA O UD UU Y YU OO AIO OW Vë
Anzahl
Nummern
der Thiere, von denen der Impfstoff zu einer "
Serie vereinigt wurde
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« © ¢€ e e e
* * o a e e e
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se e ew ò e
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Sg eg e gg e
= 17, 18
20—25
26—31
32—34, 36—38
39—41
42--44
45—47
48—50
51—53
54—56
57—59
60—62
63, 65—68
69, 71, 72
7375
76—78
79—81
82—87
88, 90, 91, 93
94—98 u. 131
99—101 u. 127
103—107. 128, 132
108—110, 112, 124, 12%
113—115, 125, 130
117—121, 123, 126
| Datum der Impfstoff-
abnahme
29./10., 1./11., 4.11.
9.1., 28.1.
4.2., DI. |
11.:2., 18,/2. |
20./2., 25./2. de 2, |
26./2., E 2, 4.8. |
2/3. 4/3, 5.3. |
6.3. 11.3. |
11.j3., 13.13. |
13./3., 18./3. |
18./3., 20./3. |
203. 25./3.
25./3., 27.3.
27./3., 29./3,, 1./4.
au.
18.4
25.4. |
2.73.
9.5., 16./5.
23.:5., 30./5.
5.:6., 6./6., 13.6., 7./9.
20./6., 5.8. |
27./6., 6.9, 7.9.
4.'7., 30.8., 6.9. e
10./7., 11./7,, 30./8.,
(gi, 19/7, 8/8., a a
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der Serie
—KReimzahl in
Bezeichnung
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XXII
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XXV |
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|
|
00:1 gr. Lymphe
unmittelbar vor
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me 00 DO = DO OP AT RR AT DOT PW Ph OO OS om E
*) Serie II wurde wegen constatirter Abschwächung der Virulenz ausgeschieden.
Der Impfstoff von den Thieren Nr. 93 vom Jahre 1897 2—15, 122 und 134 wurde einzeln abgegeben.
abe
Durchwegs frei von parasitischen, die Gelatine ver-!
Anmerkung
flüssigenden Staphylococcen.
|
— 392 —
Maassen fand nämlich in der einen Probe, und zwar in jener, welche eine 80 Tage
alte Lymphe betraf, in 1 Cbem. neben 128 saprophytischen 2 goldgelbe Colonien.
welche (Gelatine verflüssigten und für Mäuse sehr stark pathogen waren,
während die zweite Probe, welche am Tage der Untersuchung 13 Tage alt war,
also noch sehr frische Lymphe betraf, conform den hiesigen Untersuchungen sehr
keimarm und frei von thierpathogenen Staphylococcen befunden worden ist.
Dieser von den in der hierortigen Anstalt an 10 Proben erhaltenen Untersuchungs-
resultaten differirende Befund ist um so auffallender, als die genau zu der-
selben Zeit und an Proben derselben Lymphserien im hygieni-
schen Institute der Wiener Universität und in dem bacterio
logischen Institute des städtischen Krankenhauses, in Frank-
furt a M. vorgenommenen, bacteriologischen Parallelunter-
suchungen die in der hierortigen Anstalt gefundenen Resultate
in vollem Umfange bestätigten. Auch stehen die Befunde Maassen’s
mit jenen Deeleman’s in directem Widerspruche, der 39 aus sämmtlichen ausser-
preussischen Impfanstalten stammende Lymphproben und ausserdem eine Lympbhprobe aus
der königlichen Impfanstalt in Berlin einer genauen bacteriologischen Prüfung unter-
zogen hat und unter Anderem in seinen diesbezüglichen Ausführungen in der oben
eitirten Publication wörtlich sagt: »Ueberdies habe ich thierpathogene Staphy-
lococcen in der Lymphie nie nachgewiesen, sobald diese das Alter eines
Monates überschritten hatte.«*) Im vorliegenden Falle scheint es sich demnach
bei den Berliner Untersuchungen um eine zufällige Verunreinigung bei der Aussaat
gehandelt zu haben.
Berichterstatter nimmt weiters Gelegenheit, an dieser Stelle den leicht zu
Missverständnissen Anlass bietenden Passus aus dem in Nr. 11 der »Hygienischen
Rundschau« (Jahrg. 1899) über die Publication Maassen’s erschienenen Referate
Kiibler’s: »Der Einsender (Paul) hatte mitgetheilt, dass die Lymphe unter An-
wendung der (zuerst von Schulz-Berlin empfohlenen) Deckverbände
gewonnen und wesentlich in Folge dieses Verfahrens keimarm, namentlich frei
von Staphylococcus aureus sei« — dahin richtig zu stellen, dass Schulz-Berlin aller-
dings seinerzeit über einige Versuche mit einem mit Collodium zu befestigenden
Verbande von hydrophiler Gaze und über eine Verminderung des Keimgehaltes
der unter diesem Verbande cultivirten Pocken, beziehungsweise der aus den
letzteren gewonnenen Lymphe Mittheilung gemacht hat, dass jedoch der in der
Wiener Impfanstalt seit Jahr und Tag ausnahmslos zum Schutze des Impffeldes
bei den Impfthieren angewendete Tegminverband ein von den Schulz’schen
Versuchen vollkommen unabhängiges und principiell verschiedenes Verfahren
darstellt.
C. Die Verfüllung, Verpackung und Evidenzführung des zur
Abgabe gelangenden Impfstoffes.
In der Art der Impfstoffverfüllung ist im Berichtsjahre keine Veränderung
eingetreten. Dem Wunsche der Landesausschüsse von Salzburg und Schlesien ent-
sprechend, welche Kronländer erst seit Beginn des Jahres 1808 den Impfstoff für
die öffentlichen Impfungen aus der hiesigen Anstalt beziehen, wurden gebauchte
Glasröhrchen mit einem für 25 Impfungen ausreichenden Inhalte neu eingeführt.
Sonst werden, wie stets zuvor, für je 5 und 10 Impfungen Röhrchen und für
*) Siehe Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte, Band XIV.
— 393 —
je 50 und 100 Impfungen Glasflischchen mit Gummipfropfen verwendet. Die
Verpackung ist dieselbe geblieben wie im Vorjahre, auch die Fassung des Materialien-
journales (Journal zur Registrirung der erzeugten und verfüllten Impfstoffmengen)
und des Fassungsbuches (Journal zur Evidenzführung aller Impfstoffsendungen) ist
unverändert beibehalten worden, da dieselbe ihrem Zwecke vollkommen entspricht.
Auch an der Textirung der Berichtskarten über die erzielten Impferfolge ist eine
Veränderung nicht vorgenommen worden.
Es kann an dieser Stelle nicht unerwäbnt bleiben, dass von den ausgesendeten
Berichtskarten kaum die Hälfte an die Impfanstalt zurückgelangt, was aus dem
Grunde sehr zu bedauern ist, weil dieselben für die Impfanstalt ein sehr werth-
volles Material zur raschen Orientirung über die erzielten Impfungsergebnisse. ab-
geben und im Zusammenhalte mit den eigenen Erfahrungen ein sicheres Urtheil
über die Art der Wirkung der einzelnen zum Versandt gebrachten Imptstofiserien
ermöglichen. Unter den anhergelangten Berichtskarten findet man tiberdies viele zum
Theile ungenau ausgefüllt, zum Theile erst viele Wochen, ja Monate nach vollzogener
Impfung eingesendet. Es kann nicht dringlich genug auf die Wichtigkeit dieser Be-
richtskarten hingewiesen werden, deren genaue Ausfüllung und Uebermittlung durch-
aus keine überflüssige Behelligung der Impfärzte ist, da sie das Interesse der Impf-
anstalt ebenso sehr, als jenes der Impfärzte tangiren. Allerdings muss die Absendung
unmittelbar nach constatirtem Impferfolge und unter Ausfüllung aller auf
der Karte befindlichen Rubriken erfolgen, wenn diese Art der Berichterstattung
ihren Zweck erfüllen soll.
(Fortsetzung folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
B. eines Stammbuches über die sanitären
Verhältnisse der Sanitätsgemeinde, und zwar
' über das Sanitátspersonale, die Humanitäts-
an alle k. k. Bezirkshauptmannschaften, | anstalten, die Schulen und Kinderbewahr-
anstalten, die Wohnungsverhältnisse, dasLeichen-
_ wesen, die Gewerbebetriebe, die Wasserverhält-
| nisse, die Lebensmittelpolizei und über sanitäre
‚ Uebelstände und deren Behebung;
Erlass der k.k. Statthalterei in Ober- |
österreich vom 13. Juni 1899, Z. 8514,
betreffend die Einführung von Drucksorten
fir den Gemeindesanit&tsdienst.
Die k. k. Statthalterei findet im Ein-
vernehmen mit dem oberösterreichischen Landes-
ausschusse nach Anhörung des durch die
Delegirten deroberösterreichischen Aerztekammer
verstärkten k. k. Landessanitätsrathes in Durch-
führung der Bestimmungen des $ 13 des Ge-
setzes vom 22. September 1893 (L. G. und
V. Bl. Nr. 35), beziehungsweise des Punktes 7
der dazu gehörigen Dienstesinstruction für die
Gemeindeärzte die allgemeine Einführung
folgender Drucksorten für den Gemeinde-
sanitätsdienst anzuordnen:
C. eines Gestionsprotokolles für den Ge-
meindearzt und
D. eines Armenbehandlungsprotokolles.
¡o
Das Stammbuch über die sanitären
Verhältnisse in den Gemeinden soll keines-
wegs den Zweck haben, eine erschöpfende Auf-
. zeichnung aller diesbezüglichen Momente einzu-
führen, sondern soll durch eine übersichtliche
Anordnung des gesammten Stoffes dem Gemeinde-
' arzte Gelegenheit und Anregung geben, seine
A. eines Stammbuches über Geisteskranke,
Kretinen, Taubstumme, Blinde und Findlinge |
mit Einschluss der Kost- und Haltekinder;
Beobachtungen auf dem Gebiete der öffentlichen
Hygiene durch jeweilige Aufzeichnungen zu
| leiten und festzustellen, während das Gestions-
Protokoll zur steten Ersichtlichmachung der |
dem Gemeindearzte jeweilig obliegenden Ver-
pflichtungen und der noch einer Erledigung
zuzuführenden Geschäftsstücke dienen soll und
das Armenbehandlungsprotokoll, welches
eine Uebersicht über diese, dem Gemeindearzte
vornehmlich obliegende, seinen weitesten Wir-
kungskreis bildende Thätigkeit zu geben ver-
mag, unter Umständen die Grundlage zur
Beurtheilung seiner Leistungen zu bilden
hätte.
Bezüglich des Stammbuches über die
Bresthaften wird darauf aufmerksam ge-
macht, dass in dasselbe in der Rubrik der
„Findlinge“ auch alle, von
bei geschäftsmässig befassenden
Pflegeparteien untergebrachten Neugeborenen
und Kinder des frühestens Lebensalters (Kost-
und Haltekinder) sind, deren
Evidenthaltung zum Zwecke einer wirksamen
Ueberwachung ihrer Pflege unumginglich noth-
wendig erscheint.
ledigen Müttern
sich damit
einzutragen
Durch die Anwendung dieser Drucksorten
wird die Besorgung des gemeindeärztlichen
Dienstes erleichtert, da der Gebrauch von in
allen Sanitätsgemeinden gleichen Formularien
die Uebersichtlichkeit fördert, auch den minder
geübten Organen eine correcte Führung der
erforderlichen Ausweise ermöglicht und eine
gewisse Continuität in der Besorgung der
Agenden des gemeindeärztlichen Dienstes auch
bei öfterem Wechsel der Person des Gemeinde-
arztes sichert.
Die Gemeinden, beziehungsweise Sanitäts-
die
nöthige Anzahl von Drucksorten, von Lee?
=n E E ENEE EE EE a
beggen
gemeindevertretungen sind anzuweisen,
die Drucksorten A, C und D per Bogen um
den Preis von je 3 kr., und die Drucksorte B
2 kr. in E. Mareis Buchdruckerei in Linz er-
hältlich sind, von dieser unmittelbar oder durch
die k. k. Bezirkshauptmannschaft sich anzu-
schatten.
lichen und zweckentsprechenden Führung dieser
Drucksorten seitens der Gemeindeärzte gelegent-
lich ihrer Dienstesreisen zu überzeugen.
|
i
S i
Die Amtsärzte haben sich von der thatsäch-
*
394
: Findelanstalt
Beilagen.
A. Stammbuch über Bresthafte
mit fünf Einlagebogen und zwar:
E. Geisteskranke. 1. Vor- und Zuname.
2. Aufenthalt in der a) Ortsgemeinde, b) Ort-
schaft, c) Hausnummer, 3. Geburtsjahr, 4. Stand
a) ledig, b) verheiratet, c) verwitwet, d) ge-
schieden). 5. Beschäftigung (Beruf). 6. Geistes-
krank seit. 7. Hat Kinder. 8. Befindet
a) in Privatpflege bei..., b) im Versorgungshause.
9. Anmerkung über den Abgang (durch Auf-
nahme in die Irrenanstalt in... ., durch
Auswandern oder Tod). Verpflegung, Art der
Geisteskrankheit.
sich
F. Cretine. 1. Vor- und Zuname, 2. Auf-
enthalt in der a) Ortsgemeinde, b) Ortschaft,
ce) Hausnummer. 3. Geburtsjahr. 4. Arbeitsfähig.
5. Arbeitsunfähig, 7. Ob in seiner Familie der
Einzige. 7. Eingewandert aus. 8. Befindet sich
in a) Privatpflege bei, b) dem Versorgungshause
9. Anmerkung über dem Abgang durch Aus-
wandern oder Tod, über Verpflegung etc.
M. Taubstumme. 1. Vor- und Zuname.
2. Aufenthalt in der a) Ortsgemeinde, b) Ort-
schaft, ce) Hausnummer. 4. Taubstumm a) ge-
boren, b) geworden. 5. Befindet sich in a) Privat-
pflege bei, bi dem Versorgungshause. 6. An-
merkung über den Abgang durch Auswandern
oder durch Tod, über Verpflegung ete.
J. Findlinge. 1. Vor- und Zunahme,
2. Aufenthalt in a) Ortsgemeinde, b) Ortschaft,
c); Hausnummer. 3. Befindet sich in Pflege bei.
4. Geburtsjahr. 5. Uebernommen a) von, b) aus
6. Anmerkung über den
Abgang durch Auswandern oder Tod, Art der
Verptlegung und Haltung.
in.
S. Blinde. 1. Vor- und Zunahme. 2. Auf-
enthalt in a) Ortsgemeinde, b) Ortschaft, c) Haus-
nummer. 3. Geburtsjahr. 4. Blind a) geboren,
b) geworden (durch Blennorrhoea neonatorum,
Blattern, Verletzung, Krankheiten).
5. Confession. 6. Beschäftigung oder Beruf.
7. Stand (ledig ete.). 8. Befindet sich in a) Privat-
pflege bei, b) dem Versorgungshause. 9. An-
merkung über Abgang durch Auswandern oder
Tod, über Pflege etc.
andere
395 —-
B. Stammbuch über die sanitären Verhältnisse | C. Gestionsprotokoll des Gemeindearztes der
in der Sanitätsgemeinde,
mit folgenden Einlagebögen.
A. Sanitätspersonale. (Aerzte, Wund-
ärzte, Hebammen, Apotheker und pharma-
ceutisches Hilfspersonale, Sanitätsaufseher, Des-
infeetionsdiener; Bemerkungen über Curpfuscher
Afterhebammen, über unberechtigten Verkauf
von Arzneimitteln, Giften u. dgl.
B. Humanitätsanstalten (Armenver-
sorgungs- und Krankenhäuser, Isolirlocale ;
Standort derselben, Bettenzahl, Einrichtung,
Verpflegung etc., Rettungsvorkehrungen, Geräth-
schaften zum Krankentransporteund zur Kranken-
pflege, Vorhandensein von Nothapotheken,
Rettungskästen, Verband- und Desinfections-
mitteln, Privatentbindungsanstalten.
C. Schulen und Kinderbewahr-
anstalten, Kindergärten. (Raum- und Luft-
verhältnisse, Wasserversorgung, Reinhaltung
der Aborte, Rauminhalt der benützten Locali-
täten und Verhältniss derselben zur durchschnitt-
lichen Anzahl der Schüler, beziehungsweise
Pfleglinge; Beleuchtung. Beheizung; Massen-
quartiere für Studierende; Kostorte).
D. Wasserverhiltnisse (offene Ge-
wässer, Grundwasser, Brunnen, Quellen, Wasser-
leitungen, Bäder etc.).
E. Wohnungsverbältnisse. (Inter-
vention bei Baubewilligung und Wohnungs-
consens, Verpflegsstationen, Arreste, Abfuhr-
wesen, Canalisirung; Bemerkungen über feuchte
oder sonstwie gesundheitswidrige Wohnungen,
Wohnungsüberfüllung, Wohnstätten im Ueber-
schwemmungsgebiete u. dgl.)
F. Leichenwesen. (Friedhöfe, Friedhofs-
ordnung, Leichenkammern, Leichenbestattung,
Grúfte etc.)
G. Lebensmittelpolizei. (Marktauf-
sicht, Vieh- und Fleischbeschau etc.).
H. Sanitäre Verhältnisse der Ge-
werbebetriebe. (Raum- und Luftverbältnisse,
Verkaufsstätten, Arbeitszeit und Wohnräume
der Bediensteten, Sicherheitsvorkehrungen, Ven-
tilation, Ableitung gesundheitsbedenklicher
Dünste, Abwässer und Abfälle ete.).
I. Sanitäre Uebelstinde und deren
Behebung. a) Beschreibung derselben, b) Art
ihrer Behebung.
Sanitätsgemeinde.
1. Laufende Zahl. 2. Datum des Einlangens.
3. Datum, Zahl und Geschäftszahl des Acten-
stückes. 4. Eingelangt von. 5. Gegenstand.
6. Tag der Erledigung. 7. Erledigung oder
Amtshandlung. 8. Anmerkung.
D. Armenbehandlungsprotokoll.
1. Laufende Zahl. 2. Name, Alter, Wohn-
ort und Hausnummer des Kranken. 3. Be-
nennung der Krankheit. 4. Entfernung vom
Wohnsitze des Arztes. 5. Tag a) des Besuches
b) der Hausordination 6. Verordnete, beziehungs-
weise abgegebene Arzneimittel. 7. Taxbetrag.
8. Anmerkung.
+
Erlass der k. k. Bukowinaer Landes-
regierung vom 29. Juli 1899, Z. 16557,
an alle k. k. Bezirkshauptmannschaften und den
Czernowitzer Stadtmagistrat
betreffend dieEinführung einereinheitlichen
Berichterstattung über Hebammenamitstage.
Zur Herbeiführung eines einheitlichen Vor-
gehens in der amtsärztlichen Berichterstattung
über die Hebammenamtstage wird die k. k. Be-
zirkshauptmannschaft (der Stadtmagistrat) be-
auftragt, den Amtsarzt anzuweisen, in Hinkunft
über das Ergebniss dieser Amtstage in einer
tabellarischen Uebersicht nach dem mitfolgenden
Formulare zu berichten.
In der Rubrik: „Infectionsbefund“ ist kurz
und präcise anzuführen:
1. Der Stand der fachlichen Kenntnisse
der betreffenden Hebamme, insbesondere in der
Desinfectionslehre und in den Massnahmen zur
Verhütung des Puerperalfiebers;
2. die Kenntniss der Dienstesinstruction;
3. der Zustand der Instrumente, Geräthe:
Desinfections- und Labemittel;
4. die Art der Führung des Tagebuches.
In der Rubrik ,Anordnungen zur Be-
hebung der etwa vorgefundenen Anstiinde“ ist
ob und welche
Hebammen
in aller Kürze anzuführen,
Weisungen an . die (Gemeinde-
vorstand, Gemeindearzt) ergangen sind, und ob
denselben entsprochen wurde.
— 396
Formulare.
1. Postnummer. 2. Zeit und Ort der Ab-
haltung des Hebammenamtstages. 3. Vor- und Zu-
name der Hebammen. 4. Wohnort derselben.
5. Stand, Alter, Religion. 6. Schreibkundig.
7. Als Gemeindehebamme bestellt? 8. Inspections-
befund. 9. Anordnung zur Behebung etwa vor-
gefundener Anstände. 10. Anmerkung.
*
Erlass der k. k. Statthalterei in Böhmen
vom 26. August 1899, Z. 139578,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Ausstellung von ärztlichen
Zeugnissen behufs Aufnahme in die béhmi-
schen Landesirrenanstaltıen.
Wie bereits wiederholt in den Vorjahren
erscheinen auch heuer die kgl. böhmischen
Landesirrenanstalten stetig mit Kranken über-
füllt, ja es musste in letzter Zeit zufolge Mit-
theilung des Landesausschusses des Königreiches
Böhmen, die Aufnahme von Geisteskranken auf
die k. k. böbmische psychiatrische Klinik sogar
vollständig eingestellt werden.
Um diese Ueberfüllung der Anstalten
dauernd hintanzuhalten, sowie den Schwierig-
keiten bei der Unterbringung von Krankeu zu
begegnen, welche absolut der Anstaltspflege be-
dürfen, hat der Landesausschuss mit Rücksicht
darauf, dass die Aerzte häufig durch Ausstellung
von Zeugnissen in weniger dringenden Fällen
die Aufnahme von Geisteskranken ermöglichen,
welche weder der Umgebung noch sich ge-
fährlich sind, und auf diese Weise, wenn auch
für kurze Zeit, den sonst in den Irrenanstalten
schwer vermissten Platz einnehmen, unterm
10. August 1899, Z. 55522, an alle Bezirks-
ausschüsse die Aufforderung gerichtet, allen
Distriets- und Gemeindeärzten eindringlich auf-
zutragen, mit Rücksicht auf den jetzigen
Krankenstand in den Irrenanstalten die vor-
geschriebenen Krankengeschichten nur in den
dringendsten Fällen auszustellen, in welchen der
Geisteskranke thatsächlich gemeinschädlich ist,
und seine Abgabe in eine Irrenanstalt unaus-
weichlich erscheint.
Hievon werden der Herr k. k. Bezirks-
hauptmann über Ansuchen des Landesaus-
schusses desKönigreiches Böhmen vom 10. August
1899, Z. 55522, mit der Aufforderung in die
Kenntniss gesetzt, darauf Einfluss zu nehmen,
dass auch im dortigen Verwaltungsgebiete
seitens aller competenten Organe bei der an-
gestrebten Unterbringung von Geisteskranken
in den Landesirrenanstalten im angedeuteten
Sinne stets mit der grössten Rigorosität vor-
gegangen werde.
Rechtsprechung.
Zur Frage der Festsetzung der Aerztekammerbeitrige.
Irkenntniss des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1899, Z. 3281.
Der k. k. Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. W. Sp. in H. gegen
die Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 9. October 189% Z. 26198, betreffend
Beiträge für die Aerztekammer, nach der am 9. Mai 1899 durchgeführten Öffentlichen, münd-
lichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe.
Beschwerdeführer, welcher durch fünf Monate (Mai bis September) im Jahre sich als
Badearzt in H. aufhält und die übrigen sieben Monate die ärztliche Praxis in A. in Tirol aus-
übt, bestreitet keineswegs, dass er für die Zeit des Aufenthaltes im Lande Oberösterreich zum
Beitritte als Mitglied der oberösterreichischen Aerztekammer verpflichtet sei. Die Beschwerde
wendet sich lediglich dagegen, dass Beschwerdeführer für verpflichtet erkannt wurde, den vollen
Mitgliedsjahresbeitrag per 5 fl. zu entrichten, und glaubt nur zur Zahlung des auf fünf Monate
ntfallenden Betrages per 2 tl. 9 kr. verpflichtet zu sein, wobei sich auf einen an die Landes-
— 397 —
regierung in Salzburg rücksichtlich der dortigen Aerztekammer ergangenen Ministerialerlass vom
23. September 1896, Z. 31591, sowie auf den $ 2 der Geschäftsordnung für die oberöster-
reichische Aerztekammer berufen wird.
Der Verwaltungsgerichtshof war aus nachstehenden Erwägungen nicht in der Lage die
Beschwerde als begründet zu erkennen:
Ganz abgesehen davon, dass ein an eine Kammer über deren Anfrage ergangener, nicht
im Reichsgesetzblatte publicirter Ministerialerlass keineswegs als eine allgemein bindende, auch
für alle anderen Kammern geltende Norm bezeichnet werden könnte, enthält dieser Ministerial-
erlass rücksichtlich der heute in Frage stehenden Entrichtung des Kammerbeitrages solcher
Aerzte, welche regelmässig im Laufe des Jahres ihr Domicil wechseln (also auch der Badeärzte)
keineswegs eine striete Norm, sondern es wird nur angedeutet, dass wegen der Entrichtung
der Kammerbeiträge mit einer quartalweisen Vorschreibung vorgegangen werden könnte und
eventuell das Einvernehmen mit jener Kammer, welcher der betreffende Arzt bisher angehört
hat, zu pflegen wäre. — Hiernach wird der Kammer das ihr zweifellos im Grunde des $ 13
des Aerztekammergesetzes vom 22. December 1891, R. G. Bl. Nr. 6 ex 1892, zustehende
Recht der Bemessung des Kammerbeitrages gegenüber den Aerzten gewahrt und derselben
lediglich ein hiebei etwa zu beobachtender Vorgang empfohlen. — Es spricht daher der Inhalt
dieses Erlasses nicht gegen die angefochtene Entscheidung.
Letztere widerspricht aber auch nicht der Bestimmung des $ 2, Punkt c, der genehmigten
Geschäftsordnung der oberösterreichischen Aerztekammer, welche dahin lautet, dass die nur
vorübergehend sich im Kammerbezirke aufhaltenden, die Praxis ausübenden Aerzte für die
Dauer ihres Aufenthaltes sich im Kammersprengel aufnehmen zu lassen haben, womit sie für
diese Zeit in alle Pflichten und Rechte eines Mitgliedes der Kammer treten, den Kammer-
beitrag zu leisten haben und allen für die Kammer getroffenen Bestimmungen unterliegen. —
Denn von der Aerztekammer wurde in der Sitzung vom 21. Mai 1897 der von den Badeärzten,
d. h. von solchen Aerzten, welche sich voraussichtlich nicht durch das ganze Jahr im Kammer-
bezirke aufhalten, zu entrichtende Kammerbeitrag mit dem vollen Betrage von 5 fl., gleich dem
Jahresbeitrage der ständigen Mitglieder, festgesetzt, diese Bemessung liegt gemäss $ 13 des
Aerztekammergesetzes zweifellos im Wirkungskreise der Kammer und ist sonach rechtsverbindlich,
und haben daher die Badeärzte die Verpflichtung, diesen rechtsgiltig bemessenen Beitrag zu
leisten. Die Entrichtung des Beitrages nur mit einem aliquoten, nach der Dauer des Auf-
enthaltes berechneten Theile würde dem von der Kammer gefassten Beschlusse widerstreiten
und wäre nur dann zulässig, wenn die Kammer selbst durch einen bezüglichen Beschluss einen
solchen restringirten Beitrag feststellen würde.
Hienach musste die Beschwerde als gesetzlich nicht begründet abgewiesen werden.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom 5. bis
10. October 22 Erkrankungen und 3 Todeställe an Pest vorgekommen, und zwar an den auf-.
einanderfolgenden Tagen: 4 (0), 3 (1), 6 (1), 4 (0), 2 (0) 3 (1).
Die von der portugiesischen Regierung zur Prüfung und Begutachtung
der präventiven und therapeutischen Wirkung des Pestserums
und der Pestlymphe eingesetzte Commission, welcher die meisten der in
Oporto zum Studium der Pest anwesend gewesenen ausländischen Aerzte beigezogen
waren, ist in ihrem Gutachten zu nachstehenden Schlussfolgerungen gekommen: 1. Das
Antipestserum des Insitutes Pasteur, in subcutanen Injectionen angewendet, erzeugt selbst
in grossen Dosen zu 40—60 Cubikcentiueter per Tag keine unangenehmen Neben-
erscheinungen. 2. Dasselbe besitzt eine nicht zu bestreitende Schutzkraft gegen die Pest und
zeigt auch eine deutliche therapeutische Wirkung, welche sich bei der klinischen Beob-
achtung der damit im Pestspitale in Oporto behandelten Fälle in unzweifelhafter \Weise er-
geben hat. 3. Die durch Injection von 5 Cubikcentimeter Serum erzielte Immunität ist kräftig und
unmittelbar; wenngleich die Dauer derselben nicht genau begrenzt werden kann, dürfte dieselbe
jedoch 25 Tage nicht überschreiten. 4. Die Impfung mit abgetödteten Pestbacillen-Culturen
(Lymphe) nach der Methode Ferran-Haffkine bewirkt nach den in Indien gemachten Erfahrungen
eine länger dauernde Immunität; aber diese stellt sich nicht vor 8—10 Tagen ein. 5. Durch
die combinirte Methode der gleichzeitigen oder aufeinander folgenden Anwendung von Serum
und Lymphe kann eine unmittelbare Immunität erzielt werden, welche im Stande ist, vor allen
— 398 —
Zufälligkeiten der Infection bis zu dem Zeitpunkte des Eintrittes der definitiven Immunität zu
schützen.
Russland. Die Mittheilungen der Tagesblätter über das angebliche Auftreten der Pest in
Zarizyn an der Wolga haben sich als unrichtig erwiesen. Einzelne malariaartige Influenzafälle
sollen zu diesem Gerüchte Anlass gegeben haben.
In allen Zollstationen der russischen Grenze ist die obligatorische Desinfection der aus
dem Auslande kommenden Hadern angeordnet; die Kosten der Desinfection hat der Empfänger
zu tragen. Die für Papierfabriken bestimmten Hadern werden unter der Bedingung zugelassen,
dass sie ausdrücklich und ausschliesslich für diesen Zweck bestimmt erklärt werden.
Aegypten. In Alexandrien hat sich seit 2. October kein neuer Pestfall ereignet.
Seit dem ersten Auftreten der Pest (6. Juni) sind insgesammt 92 Erkrankungen mit
47 Heilungen und 45 Todesfällen vorgekommen.
Der Sanitätsconseil beschloss in seiner Sitzung vom 11. October, den Schiffen mit Rück-
sicht auf den Umstand, dass seit 10 Tagen in der Stadt kein weiterer Pestfall vorgekommen
ist, reines Patent zu ertheilen und die Desinfectionsmassregeln einzustellen.
Argentina und Uruguay. Die aus den Häfen von Portugal, Madeira und den Acoren
kommenden Schiffe, welche einen Arzt an Bord haben und deren Gesundheitszustand perieaigend
ist, werden nach Desinfection zum freien Verkehre zugelassen.
Jene Schifte, welche mehr als 14 Tage vor ihrer Ankunft im Bestimmungsort einen oder
mehrere pestverdächtige Fälle an Bord gehabt haben, werden einer 10tägigen Beobachtung,
jene Schiffe hingegen, welche weniger als 14 Tage vor ihrer Ankunft im Bestimmungshafen
einen oder mehrere pestverdächtige Fälle gehabt haben, werden einer ldtägigen Beobachtung
unterzogen. In diesem wie in dem ersteren Falle wird die Beobachtungszeit der Passagiere
vom Tage der Durchführung der Desinfeetion ihres Gepäckes an gerechnet. Die Ladungen
werden je nach ihrer Provenienz desinficirt. Die Einfahrt in die argentinischen Häfen steht
allen Schiffen offen.
Brasilien. Die Einfuhr aller trockenen Gemüse aus Portugal ist verboten. Die Einfuhr
von trockenen Feigen in Kisten und Blechbüchsen ist gestattet.
Britisch-Indien. In Calcutta sind in der Woche vom 13.—19. August l. J. 44 Erkran-
kungen und 43 Todesfälle, in der Woche vom 20.—26. August 47 Erkrankungen und ebenso-
viele Todesfälle an Pest vorgekommen.
Congostaat. Der Verkehr mit Schiffen, welehe von Portugal kommen oder portugiesische
Häfen angelaufen haben, ist untersagt. Der Postdienst via Portugal wurde eingestellt.
Niederländisch-Indien. Die von der königlich niederländischen Regierung gegen Portugal
getroffenen Pestmassnahmen (siehe S. 337 d. Bl.) wurden auch von der Regierung von Nieder-
ländisch-Indien adoptirt.
Vermischte Nachrichten.
Aerztekammerwahl in der Bukowina. Da die dreijährige Funktionsperiode der Buko-
winaer Aerztekammer mit 9. Nevember l. J. zu Ende geht, wurde seitens der k. k. Landes-
regierung in Czernowitz die Neuwahl für den 25. October ausgeschrieben. Die im Jahre 1893
getroftene provisorische Eintheilung in sechs Wahlgruppen wurde beibehalten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 1. October bis 7. October 1599:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Jablonitza 2;
in Dalmatien im pelitischen Bezirke Spalato: Almissa 6;
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Celejow 5, Kluwince 1,
Kolomea: Kamionki wielkie 1; Kolomea 1; Kosow: Hryniawa 4, Jablonica 1; Stanislau:
Stanislau 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 1. October bis
T. October 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Ilusiatynm: Liczkowie 2; Skalat: Lnha
mala 3; Stryj: Korczyn 1; Tarnow: Sierakowice 5.
AAA An CA
verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Dr. J. DAIMER
Secotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hilder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
LRothenthurmestrasse 18,
|
Das österreichische Sanitätswesen.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postsusendung gansj&brig 4. 6.—.
—
XI. Jahrgang. Wien, 26. Ootober 1899. Nr. 43.
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Jabresbericht der k. k. Impf-
stoffgewinnungsanstalt in Wien für 1898, (Fortsetzung.) — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse
und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten. — Regierungs-Commissáre und Coéxamina-
toren bei den medicinischen Rigorosen im Studienjahre 1899—1900. — Regierungs-Commissáre und
Examinatoren bei den pharmaceutischen Vorprüfungen und Rigorosen im Studienjabre 1899—1900.
Beilage: Belehrung über die: Pest und die sanitären Massnahmen zur Verhütung und
Tilgung derselben.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Nach der Eröffnung der Sitzung des Obersten Sanitätsratbes am 21. October
d. J. durch den Vorsitzenden O. S. R. Hofrath Professor Dr. A. Ritter v. Vogl,
welcher die Mitglieder am Beginne des neuen Geschäftsjahres begrüsste, beglück-
wünschte Sectionschef Dr. Ritter v. Kusy den Vorsitzenden Hofrath Professor Dr.
A. Ritter v. Vogl und den Vorsitzenden -Stellvertreter Hofrath Professor Dr. Ernest
Ludwig zu ihrem jüngst stattgefundenen Dienstjubiläum der 25jährigen Wirk-
samkeit als Universitätsprofessoren.
Nachdem der Vorsitzende O. S. R. Hofrath Professor Dr. A. Ritter v. Vogl
hiefür seinen Dank ausgesprochen, erstattete derselbe dem Obersten Sanitätsrathe
Bericht über die seit der letzten Sitzung stattgefundenen dienstlichen Vorkommnisse
und über die für den Obersten Sanitätsrath eingelaufenen Geschäftsstücke.
Hierauf machte Sectionschef Dr. Ritter v. Kusy Mittheilung über das Auf-
treten und den Stand der Pest im Auslande, über die gegen dieselbe
getroffenen sanitätspolizeilichen Massnahmen, sowie über die wissenschaftlichen und
praktischen Erfahrungen, welche bei der Bekämpfung der Pest gemacht wurden.
Hierauf wurden nachstehende Referate erstattet:
1. Gutächtliche Aeusserung über die Qualifieationen der Bewerber
um je eine Oberbezirksarztesstelle in Schlesien und in der Bukowina.
(Referent Sectionschef Dr. Ritter v. Kusy.)
2. Gutachten über die Zulässigkeit des Vertriebes einer Compo-
sition zur Herstellung von Kunstwein. (Referent O. S. R. Professor Dr.
Max Gruber.)
43
— 400 —
Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien
über das Betriebsjahr 1898.
Erstattet vom k. k. Impfdirector Dr. Gustav Panl.
(Fortsetzung.)
D. Resultate derImpfungen und Wiederimpfungen mit dem imJahre
1898 erzeugten und zur Verwendung gelangten Impfstoffe.
Die durchschnittlichen Haftungsergebnisse mit der im Jahre 1898 in der hier-
ortigen Anstalt erzeugten und in den Verkehr gebrachten Lymphe können, wie aus
den tabellarischen Zusammenstellungen (Tabelle X, XI u. XIL) ersehen werden kann,
als zufriedenstellend bezeichnet werden. Nur das Ergebniss der Militärimpfungen
zeigt im Jahresdurchschnitte einen Rückgang der Haftung gegen das Vorjahr um
circa 4 Percent. Worin diese Verminderung der erfolgreichen Impfungen beim Heere
ihren Grund hat, lässt sich schwer beurtheilen, da der Impfanstalt keine directen
Nachrichten mittelst Berichtskarten seitens der Militärärzte zugeben, wie dies seitens
der öffentlichen Impfärzte der Fall ist, und dieselbe nur die Totalergebnisse der
Impfungen beim Heere in Erfabrung bringen kann. In Folge dessen können keine
Vergleiche der mit Impfstoff derselben, jedoch an verschiedenen Orten verimpften
Lymphserien angestellt und Folgerungen daraus gezogen werden. Immerhin ist es
auffällig, dass gegenüber diesen verminderten Impferfolgen beim Militär die Ergebnisse
der öffentlichen Impfungen und Wiederimpfungen mit geringen Schwankungen auf
gleicher Höhe mit dem Vorjahre stehen, ja dieselben zum Theile etwas übertreffen,
und auch die commissionellen Probeimpiungen vor dem Versandt jeder einzelnen
Lymphserie, sowie die Resultate der Vaccinationen und Revaccinationen in der öffent-
lichen Impfstation der hiesigen Anstalt voll befriedigt haben. Erwägt man weiters,
dass die Resultate der Thierimptungen im Berichtsjahre nichts zu wünschen übrig
liessen und die Erzeugung und Behandlung des Impfstoffes nach denselben Grund-
sätzen vor sich ging wie in den Vorjahren, so kommt man zu dem Schlusse, dass die
Differenzen in den Haftungsergebnissen nicht in einer minderen Qualität des Impf-
stoffes ihren Grund haben können, sondern dass hiebei andere Ursachen im Spiele
sein müssen.
Die Fortschritte der animalen Impfteebnik in den letzten Jahren, an denen
die Wisner staatliche Impfanstalt lebhaften Antheil genommen hat, haben es er-
möglicht. einen sicher haftenden Impfstoff herzustellen, welcher nicht nur bezüglich
seiner Reinheit allen hygienischen Anforderungen entspricht, sondern auch bezüglich
seiner milden Wirkung "sich vortheilhaft von dem Impfstoffe aus jener Zeitperiode
unterscheidet, zu welcher man der unerwünscht starken Virulenz der animalen Vaceine
noch nicht eine so grosse und berechtigte Aufmerksamkeit geschenkt hat, wie jetzt.
Diese starke Virulenz haftet beinahe ausnahmslos jeder frisch, d. h. unmittelbar nach
ihrer Abnahme vom Thiere zur Kinderimpfung verwendeten animalen Vaceine als
unangenehme Eigenschaft an, weshalb die Verwendung frischer animaler Vaccine
nicht nur im hiesigen Institute, sondern auch in vielen anderen Impfanstalten ganz auf-
gegeben worden ist. Die animale Vaccine verliert nämlich bei entsprechend langer
Aufbewahrung in Glycerin diese heftige Virulenz, ohne ibre Wirksamkeit einzubüssen
und macht gleichzeitig einen Selbstreinigungsprocess durch, indem die in der frischen
Lymphe zumeist 2: aleich vorkommeuden fremdartigen Bacterien hiebei verschwinden.
Diese in ihrer Wirkung durch Ablagerung mitigirte Lymphe verlangt, jedoch
gegenüber der frischen Ly mphe, welche auch bei minder sorgtiiltiger Impfung sehr
leicht haftet, eine exacte Impttechnik, wenn die Taftungsergebnisse auf derselben
Ilöhe bleiben sollen, wie jene mit ganz frischer Lymphe, deren Verwendung aber
sich aus oben angeführten Gründen nicht empfiehlt.
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EN
— 402 —
Tabelle XI.
Haftungsergebnisse nach den Impfberichten der Länderstellen im Jahre 1898.
| Erwiesenes Haftungs-
mit un-
Land E Heron mit ohne Erfolg bekanntem percent im Jahre!)
urden Erfolg nmm
Erfolge 1898 | 1897
1. Allgemeine öffentliche Impfung.
Bukowina ..... 23430 22113 ` 144 1173 | 99-3 | 99-7
Kärnten ...... 9683 8767 253 663 ` 971 ` 99
Kran: ie de i 13765 10659 509 2597 | 954 | 977
Niederösterreich . . 52333 | 48736 1088 2509 | 978 | 979
Oberösterreich. . . . 14863 14536 173 154 98:8 | 99:4
Salzburg?) .... . 4049 3869 143 37 | 964 =
Schlesien?) . . .. 27464 | 24300 1281 | 1883 | 928 | —
| 7 | 145987, 132980 , 3o91 YOl6 973 | Yeo
2. Schüler-Impfungen.
| a) Erstimpfungen.
| Bukowina .......|| 1593 | 1390 203 | O | 872 | 893
Kärnten ...... | 2745 2498 128 | 119 951 94-2
Krain ....... | 2862 2171 x67 424 89 857
Niederösterreich . . . d 3555 3109 200 246 ` 939 93-5
Oberösterreich . . . . | 2633 2427 156 50 93-9 952
| Salzburg ...... | 232 232 0 | 0 100 —
Sehlesien . . . . «| 1471 1293 | 96 82 | 93 —
| 7 | 15091 | 13120 | 1050 | 921 | 925 ¡ 92
| b) Revaccinationen.
| Bukowina ..... 15582 | 13245 2337 0I 85 I 87
Kärnten ...... 4815 2999 1442 374 | 675 66
l Krain . .- 0... 9558 4620 4315 623 51°7 | 60
` Niederösterreich . . . 29329 | 23112 4821 1376 82-6 85°6
| Oberdsterreich . . . . 10222 | 8210 1903 109 81:1 | 82:88 '
| Salzburg . 2... 1201 933 262 6 78 == ?
Schlesien . . . . . . 6713 4913 990 780 | 833 | |
3. Nothimpfungen aus Anlass von Blattern.
a) Erstimpfungen. |
Bukowina .... .| 5797 5415 177 205 968 98-4
Galizien , ale 11502 10244 589 669 94:5 92:3
Niederösterreich . . .| 31 31 0 0 100 —
3 | 17330 | 15690 | 766 | 874 — Y3 93
b) Revaccinationen,
Bukowina ..... | 42477 ' 35726 3159 3592 | 91:9 811 |
Galizien . . 2x... | 37590 : 28305 5342 3943 841 796 |
2 | 80067 | 64u31 ; 8501 , 7535 , 882 | 803 |
4. Revaccinationen.*) |
Niederösterreich . . . 514 | am | 63 ` 80 | 84 | — |
1) Mit Abrechnung der Nichtrevidirten.
2) Im Jahre 1898 neu hinzugekomman.
3) Gelegentlich der öffentlichen Impfung. |
Me o o =
— 403 —
Tabelle XII.
Haftungsergebnisse in der Öffentlichen Impfstation der k. k. Impfstoff-Gewinnungs-
anstalt in Wien im Jahre 1898.
—— = — PF O eee Se
|
25 | 25 ` — 100
| t
|
| | `. | Von den Revidirten | Erwiesenes I Haftungs- |
Zur | Hievon Zur Revision H | percent
Impfung y wurden ge- [tn ¡ mit Erfolg [ohne Erfolg — — — RE
erschienen impft nicht i | || personeller
erschienen erschienen | geimpft befunden | Erfolg re
|
a) Erstimpfungen. ,
| | | |
9 | 122 | 1 121 | 12 = + 10 | 999 |
11 | ` :
b) Revaccinationen. |
| 1
51 | 51 | 26 93-3
Anmerkung. Zur Verimpfung gelangten alle im Jahre 1899 in den Verkehr gebrachten
Lympbserien.
Würde die hiesige Anstalt ihre Aufgabe einzig und allein darin erblicken, mit
dem von ihr erzeugten Impfstoffe möglichst hohe Haftungspercente zu erzielen, ohne
Rücksicht darauf zu nehmen, wie derselbe seine Wirkung entfaltet, so könnte sie
dieser Aufgabe sehr leicht durch die Versendung des Impfstoffes unmittelbar nach der
Abnahme vom Thiere gerecht werden, wodurch mit Sicherheit ein nicht mehr zu
übertreffendes Haftungsergebniss erzielt werden könnte.
Bei einem solchen Vorgange würden jedoch die unangenehmen Begleit-
erscheinungen, wie sie der Impfung mit frischer anımaler Lymphe zukommen, nämlich
die übermässig starken Impfreactionen, die sich bis zu phlegmonösen Dermatitiden
und Adenitiden steigern können, ein häufiges Vorkomniss bilden, während gegenwärtig
die Berichte der Länderstellen übereinstimmend die milde, jedoch hinreichend sichere
Wirksamkeit der aus der Wiener Staatsanstalt stammenden Lymphe rühmend hervor-
heben, deren Anwendung nirgends zu ernsteren Gesundheitsstörungen oder gar zu Todes-
fällen in Folge der Impfung geführt hat. Nach unserer Ansicht muss jedoch eine
Impfanstalt, welche ihrer Aufgabe voll gerecht werden will, nicht nur dafür Sorge
tragen, dass der von ihr erzeugte Impfstoff möglichst wirksam sei, d. i. möglichst
hohe Haftungspercente liefere, sondern auch darauf bedacht sein, dass derselbe keine
schädlichen Nebenwirkungen hervorbringe. Dieser doppelten Aufgabe glaubt die
hiesige Anstalt ganz nachgekommen zu sein, sie kann jedoch der wirksamen Mithilte der
öffentlichen Impfärzte in der Richtung nicht entrathen, dass durch eine exacte Impf-
technik eine entsprechende Verwendung des Impfstoffes und dadurch ein in jeder
Beziehung vollkommenes Impfresultat gesichert werde. Grössere Schwankungen in
den erreichten Haftungsergebnissen werden sich allerdings so lange nicht vermeiden
lassen, so lange der bei den öffentlichen Impfungen einzuhaltende Vorgang nicht nach
einheitlichen Grundsätzen geregelt, beziehungsweise nicht durch entsprechende Vor-
schriften fixirt sein wird.
3. Thätigkeitsbericht der öffentlichen Impfstation der k. k. Impfstoff-
gewinnungsanstalt.
Durch die im April 1898 erfolgte Activirung einer öffentlichen Impfstation ist
eine wichtige Ausgestaltung der Einrichtungen der Impfstoffgewinnungsanstalt ge-
— 404 --
schaffen worden. Das Fehlen einer eigenen Impfstation wurde schon längst als ein
empfindlicher Mangel gefühlt, da die zum Zwecke der commissionellen Erprobungen
der Lymphe in der Findelanstalt vorgenommenen Impfungen wohl über die Haft-
sicherheit der Lymphe, nicht aber über den ganzen Impfverlauf vollständigen Auf-
schluss gaben, indem viele der zu diesen Probeimpfungen verwendeten Kinder, dem
Zwecke der Findelanstalt entsprechend, noch vor der vollständigen Entwicklung der
Impfpusteln in die Aussenpflege übergeben werden müssen, so dass man an diesen
Kindern wohl die erfolgte Haftung, aber nicht die Art der Wirkung auf der Höhe
der Pustelentwicklung constatiren kann. Die |Impfanstalt war daher vor der Creirung
einer eigenen Impfstation bezüglich der Beurtheilung der Impfresultate vorwiegend
auf die Berichtskarten der Impfärzte angewiesen.
Die räumlichen Verhältnisse der Impfstoffgewinnungsanstalt gestatteten es leider
nicht, die Impfstation im Anstaltsgebäude selbst unterzubringen, und auch sonst
ergaben sich bezüglich der raschen Unterbringung derselben in der Nähe der Anstalt
nicht unbedeutende Schwierigkeiten. Dem besonderen Entgegenkommen der Verwaltung
des Wiener k. k. Krankenanstaltenfondes und der Direction des k. k. Allgemeinen
Krankenhauses war es zu danken, dass die Impfstation im Directionsgebäude des
Allgemeinen Krankenhauses installirt werden und am 18. April 1898 ihre Thätigkeit
beginnen konnte. Der Umstand, dass im Rayon der Impfstation der hiesigen
Anstalt neben den temporären Impfstationen in den Schulen sich noch die
Impfstationen der Findelanstalt, der Poliklinik, des St. Anna-Kinderspitales be-
finden, brachte es mit sich, dass die neuerrichtete Impfstation im ersten Jahre
ihrer Thätigkeit keine allzugrosse Frequenz aufzuweisen hatte. Abgesehen von der
Neuheit dieser Institution beeinflusste auch noch die Scheu vieler Mütter vor dem
Krankenhause die Frequenzziffer in ungünstigem Sinne, trotzdem Sorge dafür getragen
war, dass die Besucher der Impfstation mit Kranken nicht in Berührung kamen.
Aus letzterem Grunde wurde auch bereits die baldige Verlegung der Impfstation
in ein Privatgebäude in Aussicht genommen. Immerhin hat auch im Berichtsjahre die
Impfstation für die Bedürfnisse der Impfanstalt ausreichendes Materiale geliefert und
den in sie gesetzten Erwartungen entsprochen.
Zur Impfung vorgestellt wurden im Ganzen:
124 Erstimpflinge, hievon wurden 2 wegen Krankheit (Scrophulose und aus-
gebreitete Prurigo) ausgeschieden.
Geimpft wurden 122,
zur Revision erschienen 121, hiebei wurden
mit Erfolg geeimpft befunden 121, und zwar entwickelten sich bei diesen von
478 Impfinsertionen 474 Pusteln, was einem Schnitterfolge von 99'2 Percent und einem
personellen Erfolge von 100 Percent entspricht. Complicationen des Impfverlaufes
‚ ergaben sich in keinem Falle. In einem Falle entwickelte sich ein kleinmaculöses,
fieberloses Erythem (Roseola vaccin.).
Bezüglich der Wirkung der verimpften Lymphserien ist Nachfolgendes zu be-
merken:
In 33 Fällen waren die Reactionszonen confluirend, und in 80 nicht confluirend.
Die Reactionszonen waren dunkelroth und stark elevirt in 12, hellroth und
schwach elevirt in 110 Fällen.
Die Pockenentwicklung war kräftig in 115, schwächlich in 5 Fällen und abortiv
in 1 Falle.
Am Revisionstage fand man die Pocken auf der Höhe ihrer Entwicklung
in 103, noch nicht vollkommen entwickelt in Y und bereits im Involutionsstadium
in 9 Fällen.
Die entzündliche Infiltration der Haut an den Impfstellen war stark in 2 und
mässig in 119 Fällen.
XIII.
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— 406 —
Die Axillardrtisen waren deutlich tastbar (vergrössert) und dabei empfindlich in 8,
nicht empfindlich in 15, nicht tastbar (nicht vergrössert) und dabei empfindlich in 2
und nicht tastbar, nicht empfindlich in 96 Fällen.
Zur Revaccination erschienen 51 Personen, zumeist Schülerinnen der Heb-
ammenschule und Wärterinnen des Allgemeinen Krankenhauses, denen vor ihrem
Eintritte ins Krankenhaus die Wiederimpfung zur Pflicht gemacht ist.
Revaccinirt wurden alle 51, zur Revision erschienen blos 25, hievon wurden
revaccinirt befunden mit Erfolg 25, und zwar entwickelten sich bei diesen von 75
Impfinsertionen 70 Pusteln, was also einem personellen Haftungserfolge von 100 Percent
und einem Schnitterfolge von 93:3 Percent entspricht. Bei diesen Revaccinirten waren:
Die Reactionszonen confluirend in 2, nicht confluirend in 23, dunkelroth und
stark elevirt in 3, hell roth und schwach elevirt in 22 Fällen.
In 2 Fällen waren die Reactionszonen über mehr als ein Drittel des Oberarmes
verbreitet. Die bei diesen letztgenannten Fällen verwendeten Lymphserien waren am
Tage der Impfung 2'/, Monate alt und sehr keimarm; bei den übrigen mit demselben
Impfstoffe revaccinirten Individuen war die Reaction eine sehr milde. Diese Fälle
werden deshalb besonders hervorgehoben, weil sie zeigen, dass die individuelle Dis-
position bei der Impfung eine grosse Rolle spielt.
Die Pockenentwicklung war kräftig in 11, schwächlich in 10 und abortiv in
4 Fällen.
Am Revisionstage fand man die Pocken auf der Höhe ihrer Entwicklung in
6, bereits im Involutionsstadium in 19 Fällen.
Die entzündliche Infiltration der Haut an den Impfstellen war stark in 3 und
mässig in 22 Fällen.
Die Axillardrüsen waren deutlich tastbar und dabei empfindlich in 7 Fällen,
nicht empfindlich in 1 Falle, nicht tastbar, empfindlich in 1 Falle und nicht tastbar,
nicht empfindlich in 16 Fällen.
Complicationen im Verlaufe des Pustulationsprocesses wurden nicht beobachtet.
Zur Registrirung der Impflinge und der Imptbefunde wird ein Journal nach
dem Muster der Tabelle XIII benützt.
(Schluss folgt.)
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom 11. bis
16. October 31 Erkrankungen und 9 Todeställe an Pest vorgekommen, und zwar an den auf-
einanderfolgenden Tagen: 9 (0), 7 (1), 4 (1), 7 (2), 3 (1), 1(4),.
In der Ortschaft Baguim sind 10 Erkrankungen mit 6 Todesfällen an Pest beobachtet
worden. Die genannte Ortschaft wurde in den Cordon einbezogen.
Deutsches Reich. Der Reichskanzler (Reichsamt des Innern) hat in dem Rundschreiben
vom 26. August l. J. den Bundesregierungen die Einführung der Anzeigepflicht für Pest und
pestverseuchte Fälle und anderer Massnahmen (telegraphischer Benachrichtigung des Kaiserlichen
(zesundheitsamtes von dem Auftreten solcher Fälle, Errichtung von Untersuchungsstellen
für die bakteriologische Feststellung der Pest) empfohlen. (Siehe auch S. 337 d. Bl.)
lu einem weiteren Rundschreiben wurde den Regierungen der Bundesstaaten die im
Kaiserlichen Gesundheitsamte ausgearbeiteten Entwürfe: a) einer Belehrung über das Wesen und
die Verbreitungsweise der Pest, b) einer Anweisung zur Entnahme und Versendung pest-
verdächtiger Untersuchungsobjecte und ei von Bestimmungen über Einrichtung und Betrieb
derjenigen Laboratorien, welchen die Feststellung pestverdächtiger Krankheitsfälle und anderer
Untersuchungen mit Pesterregern übertragen werden, zur Kenntnissnahme und weiteren Ver-
anlassung übermittelt.
— 407 —
Spanien. Die Einfuhr von gebrauchter Leibwäsche, Kleidungsstücken, Hadern, Matrazen,
Pölstern, Decken, gebrauchten Tüchern, Holz- und Eisenbetten, Teppichen und Matten, frischen
und ungegerbten Häuten, von Leder, eingesalzenen Fellen und sonstigen thierischen Producten,
sowie von gebrauchten Baumaterialien und Bandagen ist verboten. Provenienzen aus Oporto
sind, soferne deren Einfuhr nach dem Vorstehenden überhaupt gestattet ist, vor ihrer Einbriogung
einer eingehenden Desinfection zu unterziehen. Lebendes Vieh, wie Ochsen, Kühe, Schafe u. dgl.,
deren Producte den Menschen zur Nahrung dienen, werden einer 10tägigen Beobachtung
unterzogen, bei anderen Thieren, wie Pferden und Mauleseln genügt eine 3tägige Beobachtung.
In Ayamonte (Provinz Huelva) wurde eine sanitäre Flussinspection ähnlich der in Badajaz,
Fregeneda etc. bereits bestehenden Landes-Gesundheitsinspectionen erster Ordnung und in
Sanlúcar de Guadiana eine solche zweiter Ordnung, endlich in Isla Cristina (Huelva) eine
städtische Subinspection zur Ueberwachung der Fischerei errichtet.
Alerandrien. Seit 11. October wird den von Alexandrien abgebenden Schiffen reines
Patent ertheilt. Seitens der Mehrzahl der auswärtigen Consulate wird dem Visum das Datum
des letzten Pestfalles (2. October) beigesetzt.
Britisch-Indien. Im Stadtbezirke Bombay sind in der Woche vom 26. September bis
2. October '118 Erkrankungen und 90 Todesfälle an Pest vorgekommen, in Calcutta vom
27. August bis 2. September 54 Erkrankungen und ebenso viele Todesfälle, in Kurachee
vom 30. August bis 12. September 10 Erkrankungen und 10 Todesfälle.
China. In Hongkong kamen in der ersten Hälfte September noch durchschnittlich
2 Pestfälle in der Woche vor, während in den früher infieirten Häfen der chinesischen Küste,
in Amoi und Pakhoi die Krankheit erloschen ist. Seit 1. Jänner sind in Hongkong mit einer
Bevölkerung von circa 247.000 Einwohnern insgesammt 1420 Erkrankungen und 1369 Todesfälle
an Pest beobachtet worden. Seit Juni wurde kein einziger Fall einer Genesung an Pest
gemeldet. Die grüsste Verbreitung zeigte die Pest in Hongkong Ende Mai und im Verlaufe
des Monates Juni, während welcher Zeit die Zahl der wöchentlichen Erkrankungsfälle bis auf
140 stieg; seither ist ein constantes Abnehmen der Krankheit bemerkbar. In Niuchuang,
dem nördlichsten Hafen von China werden täglich 20—30 tödtliche Pestfälle beobachtet.
Brasilien. In Santos sind in der Zeit vom 16. bis 18. October 7 pestverdächtige Er-
krankungen vorgekommen; in 2 tödtlich verlaufenen Fällen soll das Vorhandensein des Pest-
bacillus constatirt worden sein.
Madagaskar. In Tamatave ist laut Mittheilung der französischen Regierung seit
12. September kein neuer Pestfall aufgetreten; die Gesundheitsverhältnisse daselbst werden als
normal bezeichnet.
Cholera. Laut telegraphischer Meldung des Sanitätsarztes in Bassorah vom
T. October ist dortselbst die Cholera ausgebrochen. Die erste Erkrankung betraf einen Matrosen
eines englischen Kriegsschitfes, das, von Indien angekommen, am 29. September nach 10tägiger
Quarantaine zum freien Verkehre zugelassen worden war. Der Erkrankte wurde am 7. October in
das Marinespital ausgeschifft, wo er noch am selben Tage starb; in einer südlich gelegenen
Vorstadt von Bassorah wurden am 7. October ein Fall und am folgenden Tage vier tédtliche Cholera-
fälle constatirt. Der internationale Sanitätsconseil in Constantinopel beschloss, gegen alle
Provenienzen aus Bassorah eine 10tigige Quarantaine zu verhängen. Diejenigen Reisenden,
welche Bassorah verlassen, um sich in eine am Flusse gelegene Oertlichkeit (Mohammera und
Umgebung inbegriffen, zu begeben, haben sich früher einer 10tägigen Quarantaine auf der am
Chat el Arab gelegenen kleinen Insel Chemsumit zu unterziehen, woselbst schleunigst ein Noth-
Jazareth aus Zelten errichtet werden wird. Bis zu dessen Herstellung ist das Verlassen
Bassorahs gänzlich untersagt. An der persisch-türkischen Grenze soll ein sanitärer Ueber-
wachungsdienst eingerichtet werden. |
Vermischte Nachrichten.
Die Station für diagnostische Lyssaimpfungen an der thierärztlichen Hochschule in
Lemberg in den Jahren 1897 und 1898.*) Die zu Folge Erlasses des Ministeriums des Innern
vom 12, October 1896, Z. 31000, errichtete Station hat mit Anfang des Jahres 1897 ihre
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bi, S. 177,
— 408 —
Thätigkeit begonnen. Der Umfang derselben war ursprünglich ein beschränkter und erweiterte sich
erst dann, als seitens der Statthalterei in Lemberg mit dem Erlasse vom 20. September 1897,
Z. 74855, angeordnet worden war, dass in jedem Falle einer Uebertragung von Lyssa auf
Menschen — wie überhaupt bei Uebertragung von ansteckenden Thierkrankheiten, wie Milzbraud
Rotz, Trichinose — in der für die Infectionskrankheiten vorgeschriebenen Weise die ein-
gehendsten Erhebungen zu pflegen und die erforderlichen Massnahmen einzuleiten sind, und
in Fällen von Verletzungen von Menschen durch ein wuthverdächtiges Thier das Gehirn und
verlängerte Mark desselben zum Zwecke subduraler Versuchsimpfungen direct an die thierärztliche
Hochschule in Lemberg einzusenden ist.
Von der Activirung dieser Station wurde auch die Landesregierung in Czernowitz
mit der Einladung verständigt, in vorkommenden Fällen die Untersuchungsobjedte an die genannte
Anstalt in Lemberg absenden zu lassen. (Ministerialerlass vom 19. August 1897, Z. 21449.)
Während im Jahre 1897 nur 42 Untersuchungsobjecte an die Station gelangt sind, stieg
deren Zahl im folgenden Jahre bereits auf 121, und betrug im ersten Halbjabre 1899: 90.
Die in den Jahren 1897 und 1898 zur Untersuchung abgegebenen Objecte stammten aus
22, beziehungsweise 43 politischen Bezirken Galiziens und aus einem politischen Bezirke (Wiznitz)
der Bukowina. Vorwiegend waren es Hundeschädel, nur in 6 Fällen Schädel von Katzen,
beziebungsweise dreimal solche von Pferden, je einmal stammten die Objecte von einer Kuh,
einer Kälbin und einem Schweine,
Von den betreffenden wuthverdächtigen Thieren sind 67 Personen im Jahre 1897 und
173 Personen im Jahre 1898 gebissen worden. Nur eine geringe Zahl_ derselben hat sich —
insoweit Nachrichten hierüber der Versuchsstation zugekommen sind — der antirabischen Be-
bandlung unterzogen, und zwar 44 in Krakau (8 im Jahre 1897 und 36 im Jahre 1898), 2 in
in Wien und 3 Personen aus der Bukowina in Bukarest.
Ein Theil der eingesendeten Objecte (8, beziehungsweise 16) war in Folge der eingetretenen
Fäulniss zu diagnostischen Untersuchungen nicht mehr geeignet. An den 34 im Jahre 1597
und au den 105 im Jahre 1898 untersuchten Fällen konnte der Wuthverdacht 31, beziehungs-
weise 92 mal bestätigt werden; von dem Ergebnisse der Untersuchung wurde auch die zu-
ständige politische Bezirksbehörde, eventuell die betreffende Lyssaschutzimpfungsanstalt, falls
sich in dieselbe verletzte Personen begeben hatten, in jedem Falle verständigt.
Als Versuchsthiere wurden Kaninchen verwendet; dieselben sind in der Regel 2 bis 3
Wochen nach der Impfung an Lyssa verendet, in einzelnen Fällen erst nach 6 bis 9 Wochen,
ganz vereinzelt auch schon nach einigen Tagen.
Lyssa-Schutzimpfungsanstalt in Krakau. Im Jahre 1898 wurden im Ganzen 285 Per-
sonen der antirabischen Behandlung unterzogen. Von denselben starben zwei Personen an Lyssa.
Ziffermässiger Ausweis
der Bissarten bei diesen 285 Personen:
Art des Bisses A B C D Zusammen
Ins Gesicht und den Kopf . . . 2 A 12 5 i 21
in die oberen Extremitäten . . . 2 2 2 nen. 80 94 54 1 179
in die unteren Extremitäten und Rumpf . . . . . . 10 98 17 : 85
in den nackten Kórper. . . . 2. 2. ee ee BD 110 44 1 190
durch die Kleidung . . . +. . 2 H 54 32 : 95
Gesammtzahlen 2. 2. ww wee ee ee 4 164 16 1 255
Die Rubrik A enthält solche Fälle, bei welchen die Bisswunde von Thieren herrührten, deren
Wuth durch Probeimpfungen an Kaninchen, oder durch den Lyssa-Tod von Personen, welche von ilınen
gebissen worden waren, constatirt wurde,
Die Rubıik B enthält jene Fälle, welche von Thieren gebissen wurden, derea Wuth durch
die thierärztliche Obduction sicher gestellt wurde.
Die Rubrik C die von wuthverdichtigen Thieren Gebissenen,
Die Rubrik D jene Personen, welche von Thieren gebissen wurden, die zwar wuthverdächtig
waren, bei welchen aber die vorgenommene Ueberimpfung ein negatives Resultat ergeben hat.
Bissverletzungen brachten bei: In 265 Fillen Hunde, in 16 Fallen Katzen, in 3 Fällen
Pferde. in 1 Falle eine Kuh.
Probeimpfungen behufs Constatirung der Wuth bei wuthverdächtigen Thieren wurden
23 vorgenommen.
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Das Österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitátsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern.
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
L Rothenthurmstrasse 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postsusendung ganzjährig í. 6.—.
Nr. 44.
XI. Jahrgang. Wien, 2. November 1899. .
Inhalt. Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien fiir 1898. (Schluss.) —
Sanitätsgesetze und Verordnungen: Verordnung der Ministerien des Innern, der Finanzen und des
Handels, betreffend das Verbot der Einfuhr des »Occlusivpessare und des »Tutelol<; Erlass dor
mährischen Statthalterei, betreffend die Führung des Titels »Stadtphysicus«. — Mittheilungen über
sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande, — Vermischte Nachrichten.
Jahresbericht der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien
über das Betriebsjahr 1898.
Erstattet vom k, k. Impfdirector Dr. Gustav Paul.
(Schluss.)
Ueber den auf der Impfstation der hiesigen Anstalt geübten Vorgang bei der
Impfung gibt die folgende für das bei den Impfungen fungirende ärztliche Anstalts-
personale geltende Impfungs-Instruction genauen Aufschluss.
Impfungs-Instruction
für das bei den Impfungen in der öffentlichen Impfstation der kk Impfstoff-Gewinnungsanstalt
fungirende ärztliche Personale.
§ 1.
Die Impfungen in der Anstaltsstation haben nicht den Charakter von Probeimpfungen,
wie die commissionellen Erprobungen des Impfstofles in der niederösterreichischen Landes-
findelanstalt, durch welch’ letztere die Wirksamkeit der auf ibre Reinheit und tadellose Be-
schaffenheit vorher bacteriologisch untersuchten Lymphe erwiesen werden soll, sondern dieselben
sollen vor Allem dazu dienen, um aus persönlicher Ansehauung die Art der Wirkung der ver-
schiedenen in der Anstalt erzeugten, jedoch auf ihre Wirksamkeit in der Findelanstalt bereits
erprobten Lymphserien genau kennen zu lernen.
S 2.
Die Impfungen in der Impfstation finden das ganze Jahr hindurch mit Ausnahme der
heissen Sommermonate Juli und August an jedem Montag und Donnerstag {die Feiertage aus-
genommen), die Revision der Geimpften an jedem Dienstag und Freitag zwischen 4—5 Uhr
Nachmittags statt.
44
— 412 —
$ 3.
An den Impfungen hat sich das ärztliche Personale der k. k. Impfstoff- Gewinnungsanstalt
alternirend’ oder im Bedarfsfalle auch in corpore zu betheiligen.
S 4.
Die Anzahl der an einem Impftage vorzunehmenden Impfungen wird vorläufig auf
höchstens 50 beschränkt.
Bei einem eventuell grösseren Andrange werden die über die bestimmte Anzahl erschienenen
Parteien für den nächsten Impftag vorgemerkt.
-
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S 9.
An den Revisionstagen werden Impfungen nur an jenen Individuen vorgenommen, bei
welchen die erste Impfung erfolglos geblieben ist.
S 6. i
Die zur Impfung vorgestellten Individuen werden in der Reihenfolge ihrer Anmeldung
von dem Protokollführer vor dem Beginne des eigentlichen Impfactes in die Stationsliste (Impf-
journal) eingetragen. Die Parteien erhalten daraufbin eine Karte, auf welcher die laufende
Nummer der Stationsliste und das Datum des Revisionstages verzeichnet ist.
Ausserdem erhält jede Partei ein gedrucktes Exemplar der „Verhaltungsvorschriften
für die Angehörigen der Impflinge“.
S 7.
Bei der Vornahme der Parteien muss darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Parteien
auf einmal in dem eigentlichen Impfraume sich aufhalten.
S 8.
. Die Wahl der zur Verwendung gelangenden Lymphserien bestimmt der Impfdirector
oder sein Stellvertreter.
S 9.
Zur Impfung nicht zugelassen sind:
1. Kinder unter 2 Monaten,
2. Kranke und mit Hautausschlägen jeder Art behaftete Individuen.
(Mit ausgebreitetem Ekzem (Milchschorf, Vierziger) behaftete Kinder zu impfen ist
geradezu gefährlich.)
Ausnahmen hievon sind (namentlich beim Auftreten der natürlichen Blattern) gestattet
und werden dem Ermessen des Impfarztes überlassen.
8 10.
Als oberster Grundsatz hat bei der Vornahme der Impfung wie bei jedem anderen
chirurgischen Eingriffe die Beobachtung peinlichster Sauberkeit und strenger Asepsis zu gelten
unter selbstverständlicher Voraussetzung der vollkommenen Beherrschung einer entsprechenden
Impftechnik.
§ 11.
Seitens der impfenden Aerzte sind, hinsichtlich des Impfungsvorganges in der k. k. Impf-
station nachstebende Regeln zu beobachten:
a) Der Operateur hat sich mit einem Operationskittel zu bekleiden.
b) Unmittelbar vor Inangriffnahme des Impfacetes hat derselbe seine Hände nach voraus-
gegangener Säuberung der Fingernägel und der Nagelfalze, mit warmem Wasser und Seife
unter Zuhilfenahme einer Bürste gründlich mechanisch zu reinigen und hierauf mit 19/99 Sublimat-
lösung oder 2%‘, Lysollösung zu desinficiren. Eine Schüssel mit Desinfectionsflüssigkeit wird in
die Nähe des Impfarztes so aufgestellt, dass derselbe bequem nach jeder einzelnen Impfung die
Hände in dieselbe eintauchen kann.
e) Die Sterilisirung der Impfinstrumente hat ausschliesslich durch Auskochen unmittelbar
vor dem Impfacte zu geschehen.
d) Zur Impfung in der Impfstation darf nur das von dem Impfdirector hiezu bestimmte
Instrumentarium benützt werden.
e) Der reingewaschene Oberarm des Impflings muss an der Stelle der vorzunehmenden
Impfung in entsprechender Ausdehnung mit einem mit Schwefeläther befeuchteten sterilen Gaze-
oder Wattebäuschehen sorgfältig abzerieben werden. Als Aufbewahrungsgefäss für den Aether
sind gutschliessende Flaschen mit einer entsprechenden Tropfvorrichtung zu verwenden.
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— 43 —
f) Die Impfung darf nur mittelst seichter, nicht blutender Ritzer-von 1/, Cm. Lange
mit der Spitze der steil gehaltenen Lanzette geschehen.
Bei Erstimpfungen sind auf beiden Oberarmen je 2 Impfritzer in einer Entfernung von
3 Cm. zu setzen.
Bei Revaccinirenden werden die Impfritzer nur an der Aussenfläche des linken Oberarmes
in der oben bezeichneten Grösse und Distanz vertheilt. Die Lanzettenspitze ist unmittelbar vor
der Schnittführung mit einer minimalen Quantität Impfstoff zu armiren.
Ein nachträgliches Einreiben des letzteren ist unnöthig und unzweckmässig.
Bei richtig ausgeführter Impfung entsteht ein 1/, Cm. langes, nicht blutendes, sondern
nur blutig tingirtes Ritzerchen.
g) Nach vorgenommener Impfung sind die Impfstellen ausnahmslos mit einem entsprechen-
den aseptischen Schutzverbande (Tegminverbändcehen) zu versehen, welcher den Zweck hat, die
Impfstellen durch mindestens 24 Stunden vor Verunreinigung und Infection zu schützen.
S 12.
Am Revisionstage ist vor Allem der a der Impfung in die beziiglichen Rubriken
der Stationsliste genau einzutragen.
Hiebei ist besonders auf jede Abweichung von dem normalen Impfverlaufe, sowie über-
haupt auf jede auffallende Erscheinung zu achten und der Befund in conciser jedoch klarer
und genauer Form protokollarisch in die betreffenden Rubriken der Impfliste aufzunehmen.
§ 13.
Wenn bei der Nachschau der Erstgeimpften oder Revaccinirten constatirt wird, dass die
Impfung das erstemal erfolglos geblieben ist, so muss dieselbe am Revisionstage womöglich mit
einer anderen Lymphserie wiederholt werden; gelingt sie auch dann nicht, so soll dieselbe erst
in nächsten Jahre zum dritten und letzten Male vorgenommen werden. Bei einer am Revisions-
tage wiederholten Impfung ist darüber eine EES Notiz in der Anmerkungsspalte zu
machen.
§ 14.
Jede von der Entwicklung mindestens zweier [mpfpusteln gefolgte Erstimpfung oder
Revaccination ist als eine solche „mit Erfolg“ zu verzeichnen. Bei der Revaccination treten
nicht immer Pusteln auf, welche mit allen charakteristischen Merkmalen versehen sind. Als
Wiederimpfung (Revaccination\ mit Erfolg ist also auch jene anzusehen, nach welcher sich
mindestens zwei wenn auch nur kleinere mehr oder weniger eingetrocknete Pusteln oder die
Borken von zwei oder mehreren rasch in ihrer Entwicklung verlaufenen Pusteln vorfinden.
8 15.
Ist bei den Erstimpflingen und den Revaccinirten blos eine einzige Pustel aufgegangen,
so ist die neuerliche Vaccination auf dem sterilen Arme womöglich mit einer anderen Lymph-
serie, mit zwei Schnittchen vorzunehmen. Die sogenannte Autorevaccination, d. i. die Eutnahme
von Lymphe aus der einen entwickelten Schutzblatter zur Impfung des sterilen Armes hat in
der Regel zu unterbleiben.
S 16.
Einfach geplatzte oder in Folge traumatischer Einwirkung aufgerissene nässende Pusteln,
welche nicht erhebliche Entzündungserscheinungen darbieten, werden gelegentlich der Revision
mit einem antiseptischen Streupulver bestreut, und die Partei angewiesen, diese Procedur zu
Hause bis zur völligen Eintrocknung der Pusteln fortzusetzen.
Erhebliche Entzündungen oder Ulcerationen werden nach chirurgischen Grundsätzen be-
handelt, und hat der betreffende Impfling gleich nach der Revision einen entsprechenden Ver-
band zu erhalten.
s 17.
Ueber jede erfolgreiche Impfung und Wiederimpfung ist der Partei ein Impfungs- be-
ziehungsweise Wiederimpfungszeugniss auf den hiezu bestimmten Formularien einzuhändigen.
Die betreffenden Zeugnisse baben bereits zum Revisionstermine für alle Impflinge ausgefüllt
vorzuliegen.
$ 18.
Ein dreimal mit wirksamer Vaccine ohne Erfolg geimpftes oder revaccinirtes Individuum
ist als hinreichend vor Blatternerkrankung geschützt anzusehen, weshalb demselben ein Impf-
zeugniss auszustellen ist, wobei selbstverständlich auf dem Zeugnisse die Erfolglosigkeit der
Impfung bemerkt werden muss.
44*
— 44 —
S S 19
> .
Die in der Impfstation dienstbabenden Aerzte sind fiir die Aufrechthaltung der Ordnung
und einen klaglosen Impfvorgang verantwortlich.
§ 20.
In der Impfstation gelten ausnahmslos die Bestimmungen vorstehender Instruction.
Eventuelle Abweichungen von derselben können nur mit Zustimmung des Impfdirectors Platz
greifen.
Die an die Angehörigen der Impflinge am Impftage in einem Druckexemplare
vertheilten » Verhaltungsvorschriftene haben den nachfolgenden Wortlaut:
Verhaltungsvorschriften für die Angehörigen der Impflinge.
1. Aus Familien und Häusern, in denen ansteckende Krankheiten, wie Masern, Diphtheritis,
Scharlach, Rothlauf, Blattern, Typhus u. s. w. bestehen, ‚dürfen Kinder in keinem Falle in das
Impflocal gebracht werden.
2. Das zu impfende Kind muss am Impftage jrisch gebadet und mit vollkommen reiner
Wäsche vorgestellt werden.
3. Auch nach vollzogener Impfung ist sorgfältige Reinhaltung des Impflings strenge Pflicht.
4. Die Kinder sind nach der Reihenfolge ihres Namensaufrufes, beziehungsweise des Auf-
rufes der in den Händen der Parteien befindlichen Kartennummern dem Impfarzte mit völlig
entkleidetem Oberkörper vorzustellen.
5. Die Eltern sind aufgefordert, über frühere oder noch bestehende Krankheiten des Impf-
lings zu berichten.
6. Am vierten Tage nach der Impfung beginnen sich die Schutzblattern zu entwickeln
und erreichen am 8. bis 10. Tage ihre grösste Ausdehnung. Während dieses Zeitraumes besteht
eine Entzündungsröthe in der Umgebung der Schutzblattern und während der letzten 2 bis
3 Tage der Entwicklung derselben mässiges Fieber, welches von selbst schwindet und daher
auch keiner Behandlung bedarf. Vom 10. bis 12. Tage beginnen die Schutzblattern zu einem
Schorfe (Borke, Kruste) einzutrocknen, welcher 3 bis 4 Wochen nach der Impfung von selbst
abfällt. Ein gewaltsames Abreissen dieser Kruste in einem früheren Zeitpunkte ist möglichst
zu vermeiden.
T. Das Kind soll in der Zeit nach der Impfung bis zum Abfallen der Krusten nicht
gebadet, muss jedoch täglich am ganzen Körper mit Ausnahme der geimpften Oberarme sorg-
fültig gewaschen werden.
8. Die Lebensweise (Diät) des Kindes soll unverändert bleiben, auch darf dasselbe bei
günstigem Wetter ins Freie getragen werden.
9. Beengende Kleidungsstücke, namentlich enge Hemdärmel sind zu vermeiden. Ebenso-
wenig dürfen die Kinder in zu warme Kleider oder Betten eingepackt werden.
10. Obwohl man die Kinder in jedem Alter ohne Schaden impfen lassen kann, so ist
doch als das geeignetste Lebensalter zur Impfung das von 3 Monaten bis zu 2 Jahren anzusehen.
11. Die Vornahme der Impfung ist in jeder Jahreszeit thunlich, doeh ist es nicht
zweckmässig, die Kinder in den heissen Sommermonaten (Juli, August) impfen zu lassen. Aus
diesem Grunde bleibt die k. k. Impfstation während der Monate Juli und August geschlossen.
12. Die Impfblattern sind sorgfältig vor dem Aufreiben und Zerkratzen, sowie vor Be-
schmutzung zu bewahren. Vom 3. Tage noch der Impfung bis zur ärztlichen Nachschau bleiben
die sich entwickelnden Impfpustelu zweekmässig ohne jeden Verband und genügt die Beobachtung
peinlicher Sauberkeit, um das Kind vor einer Schädigung seiner Gesundheit zu bewahren. Vom
8. Tage nach der Impfung an ist es besonders bei geplatzten (nässenden) Pusteln gerathen, die
Schutzblattern sammt dem Entzündungshofe mit dem seitens der Aerzte der k. k. Impfstation
zu verordnenden Strenpulver zwei- bis dreimal im Tage dick zu bestreuen, um die Eintrocknung
der Pusteln zu beschleunigen.
13. Bei stärkerer Entzündung und Schwellung in der Umgebung der Schutzblattern,
sowie bei einer jeden etwa nach der Impfung eintretenden Erkrankung ist sofort ärztlicher
kath einzuholen.
14. An dem auf der jeder Partei eingehändigten Nummernkarte bezcichneten Tago ist
der Impfling zur bestimmten Stunde pünktlich zur Nachschau vorzustellen. Hierauf erfolgt im
— 415 —
Falle einer erfolgreichen Impfung die Aushändigung des Impfungszeugnisses. Eine Ausfolgung
des Letzteren ohne persönliche Vorstellung des Impflinges findet keinesfalls statt.
15. Ist der Impfling am Tage der Nachschau erheblich krank, und kann er deshalb ins
Impflocal nicht gebracht werden, so haben die Eltern (Pfleger) den Aerzten der Impfstation an
den festgesetzten Nachschautagen bievon Mittheilung zu machen.
16. Sollten in den nächsten Tagen nach stattgefundener Nachschau noch mit der Impfung
anscheinend zusammenhängende Krankbeitserscheinungen bei dem Impflinge auftreten, so sind
die Eltern (Pfleger) gebeten, der Direction der k. k. Impfanstalt, VIII., Laudongasse 12 entweder
miindlich oder schriftlich hievon Mittheilung zu machen.
Bezüglich der Application der Tegminverbändehen zum Schutze der Imptstellen
sei ergänzend bemerkt, dass nach vollzogener Impfung auf die flache Seite der Impf-
lanzette aus der mit aseptischem Tegmin gefüllten Zinntube durch leichten Druck
ein Tropfen Tegmin gebracht und mit der so armirten Lanzette die Impfstellen nach-
einander tiberstrichen werden. Der Rest des auf der Lanzette zurückgebliebenen
Tegmins wird dazu benützt, um damit einige zusammenhängende Zellstoffwattescheibchen
mittelst der Lanzette aufzunehmen, worauf dann durch leichte Berührung (rasches
Auftupfen) der untersten Lage dieser Scheibehen mit den mit Tegmin bestrichenen
Impfstellen auf die letzteren eine Wattelamelle fixirt wird. Das Verbändchen trocknet sehr
rasch, so dass man beinahe unmittelbar nach der Impfung die Impflinge ankleiden
lassen kann, ohne befürchten zu müssen, dass dasselbe abgestreift werden könnte. Dasselbe
haftet sicher ein bis zweimal 24 Stunden, erfüllt also seinen Zweck vollständig. Sehr
häufig kommt es vor, dass die Tegminwattescheibchen während des ganzen Pustu-
lationsverlaufes auf der Pustel fixirt bleiben, ohne die Entwicklung und die Ein-
trocknung derselben zu stüren.
Am Revisionstage werden in der Impfanstalt die Angehörigen der Impflinge mit
kleinen sterilisirten Pappschachteln, welche je ein kleines mit Streupulver gefülltes
Mullsäckchen*) enthalten, betheilt und ihnen hiebei bedeutet, mehrmals im Tage die Pusteln
behufs Beförderung der Eintrocknung derselben zu bestreuen.
Das Streupulver hat folgende Zusammensetzung:
Dermatoli, Zinc. oxyd. aa 10 Gramm,
Amyli, Talci a aa 40 Gramm.
Das Einpudern der Pusteln mit dem oberwähnten Streupulver, welches neben
seiner austrocknenden und antiseptischen Wirkung, die besonders bei nässenden
Pusteln am Platze ist, auch die Eigenschaft besitzt, dass es den Juckreiz und das
Gefühl der Spannung an den Impfstellen mildert, hat sich nach unseren Erfahrungen
sehr bewährt und verdient deshalb lebhaft empfohlen zu werden.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass in der Station als Impfinstrumentarium das
von mir und Dr. Kohn zusammengestellte und seinerzeit beschriebene Impfbesteck **)
benützt wird. An demselben wurden seither keine Veränderungen vorgenommen, nur
an Stelle des damals angegebenen Impfverbandes ist das oben beschriebene Tegmin-
verbändchen getreten.
4. Bauliche Neuherstellungen, Adaptirungen, Neuanschaffung von wichtigeren
Apparaten, Instrumenten und Behelfen zur Impfstoffgewinnung ete.
Im Jahre 1898 wurden keine baulichen Neuherstellungen oder Adaptirungen
durchgeführt. Ä
Neu angeschafft wurde die vom Mechaniker A. Csokor construirte Doppel-
eonsole mit Lymphmühle, Füll- und Löthvorrichtung, von welcher bereits im Jahres-
*) Die fabriksmässige Herstellung dieser Puderschachteln besorgt für die Austalt die Firma
Hans Turinsky in Wien.
**) Siehe Oe. S. W., Jahrg. 1896, Nr. 23.
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berichte pro 1897 Erwähnung geschah.*) Dieser neue Apparat ermöglicht, zu gleicher
Zeit 2 Lymphmühlen, 2 Füllvorrichtungen und 2 Gasgebläse zur Verlöthung der
Röhrchen im Gange zu erhalten, was sich bei dem grossen Umfange der Lymph-
production zur Zeit der Impfsaison als nothwendig herausgestellt hat.
Diese Apparate haben sich in jeder Beziehung vortrefflich bewährt. Für die
Brauchbarkeit derselben spricht wohl schon auch der Umstand, dass sie bereits in
25 in- und ausländischen Impfanstalten eingeführt wurden.
Das Laboratorium erfuhr eine Ergänzung durch die Aufstellung eines grossen
Heissluftsterilisators, welcher genügend Raum zur gleichzeitigen Sterilisirung von
6 Lymphmühlen und anderen kleineren Glasutensilien bietet. Dieser von der Firma
Stefan Baumann in Wien hergestellte Sterilisator functionirt ausgezeichnet.
Anstalts-Chronik.
Im Jahre 1898 ist eine Aenderung im Stande der Anstaltsfunctionäre nicht
eingetreten.
Für das Laboratorium wurde für die Dauer der Impfsaison eine Manipulantin
aufgenommen, welche ausschliesslich die Verfüllung und Adjustirung der Impfstoff-
röhrchen und Flaschen zu besorgen hat.
Der Anstaltsdirector wurde ex offo zu der im September 1898 gleichzeitig mit
der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf tagenden
Versammlung der deutschen staatlichen Impfstoff-Gewinnungsanstalten entsendet, in
welcher er ein Referat: »Ueber die Erfahrungen bei der Verwendung
abgelagerter Lymphe« erstattet hat. In der Section für Hygiene der
erwähnten Naturforscherversammlung hat derselbe einen Vortrag: »Ueber
eine verlässliche Methode zur Erzeugung einer von vorne
herein keimarmen animalen Vaccine« gehalten, welcher in
der Nummer 52 der Zeitschrift: »Das österreichische Sanitätswesen« Jahrg. 1898,
erschienen ist. Das oben erwähnte Referat ist in den von dem Director der staat-
lichen Impfanstalt in Dresden Dr. Chalybaeus redigirten und in der Berliner
»Allgemeinen medicinischen Central-Zeitunge publicirten Verhandlungsprotokollen der
Versammlung der Vorstiinde der staatlichen Impfstoff-Gewinnungsanstalten im Aus-
zuge abgedruckt. Gelegentlich des im Anschlusse an diese Versammlung statt-
gefundenen gemeinschaftlichen Besuches der staatlichen Impfanstalt in Köln a. Rh. hat
derselbe die in der Wiener Anstalt geübte Anwendungsweise des Tegminverbandes
am Impfthiere demonstrirt.
Anhang. Die beiliegende Curventafel bildet eine graphische Erläuterung
der Tabelle VIII über das Alter des im Laufe des Jahres 1898 zur Versendung gelangten |
Impfstoffes und liefert ein anschauliches Bild über das Alter des ausgegebenen Impf-
stoffes, beziehungsweise über den Zeitpunkt der Abnahme desselben vom Thiere, sowie
jenen des Beginnes und des Abschlusses der Versendung jeder einzelnen Impfstoffserie.
Die horizontalen Zifferreihen dieser Tafel bedeuten die Nummern der abgeimpften
Thiere nach dem Thierbuche, die verticalen Zahlenreihen das Alter des Impfstoffe
nach Tagen; die oberen Monatsbezeichnungen den Zeitpunkt der Impfstoffabuahme
vom Thiere, die unteren Monatsbezeichnungen den Zeitpunkt. in welchem mit dem
Versandt der von den betreffenden Impfthieren gewonnenen Lymphserie begonnen wurde.
Vergleicht man die Curve des Jahres 1898 mit jenen der Vorjahre,**) so sieht
man, dass sie sich, so wie jene des Jahres 1897, ziemlich gleichmässig in ein und
derselben Höhe bewegt. Die Schwankungen am Schlusse der Curve sind dadurch
bedingt, dass zu den Serien älteren Datums vorsichtshalber, um deren Virulenz zu
steigern, frischere Lymphe hinzugefügt wurde. Ä
*) Siehe Jahrg. 1898 d. Bl., Nr. 39.
**) Siehe die Tabellen VI, VII u. VIII des Jahrg. 1897 d. Bl. Nr. 40 und die Tabelle VIII des
Jahrg. 188, Nr. 38.
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— 417 —
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Verordnung der Ministerien desInnern, | Erlassder k.k. mährischen Statthalterei
der Finanzen und des Handels vom vom 3. August 1899, Z. 29489,
2. October 1899, an die unterstehenden politischen Behörden,
R. G. Bl. Nr. 201 betreffend die Führung des Titels „Stadt-
. . . A . 9
physicus“.
betreffend dan Verbot der Einfuhr des unter Aus Anlass einer von der mährischen
der Bezeichnung ,,Occlusivpessar* in den ege
Handel gebrachten Apparates, sowie den | Aerztekammer gestellten Anfrage bezüglich der
unter dem Namen „Tutelol“ in den Verkehr | Berechtigung zur Führung des Titels „Stadt-
tivmitteis. * : é
See eer a rare oer ewe EE physicus“ seitens der Aerzte, beziehungsweise
Im Grunde des Artikels VI des Gesetzes | Stadtärzte hat die k. k. Statthalterei im Ein-
vom 25. Mai 1882, R. @. Bl. Nr. 47 wird die verstindnisse mit dem mihrischen Landes-
Einfuhr des unter der Bezeichnung „Occlusiv- ausschusse entschieden, dass die Führung dieses
pessar“ in den Handel gebrachten, die Titels wohl den leitenden Amtsärzten der Städte
Empfängniss verhindernden Apparates, sowie mit eigenem Statute, nicht aber den im $ 14
des unter dem Namen „Tutelol“ in den Ver- | des Landes-Sanitätsgesetzes vom 10. Februar
kehr gesetzten, die Conception verhindernden 1884, L. G. u. V. Bl. Nr. 28 genannten
Frauenpräservativmittels aus sanitären Rück- Aerzten zusteht, weil dieses Gesetz nur von „Ge-
meinde- und Distrietsärzten“ spricht und einen
anderen Titel nicht anerkennt.
Hievon werden der Herr k. k. Bezirks-
er a hauptmann zur Wissenschaft und Verständigung
*) Siehe 8. 276 d, Bl, der Gemeindesanitätsorgane in die Kenntniss
* | gesetzt.
sichten verboten.
Dieses Verbot tritt mit dem Tage der
Kundmachung in Kraft.
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Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom 17. bis
20. October 12 Erkrankungen und 4 Todesfälle an Pest vorgekommen, und zwar an den auf-
einanderfolgenden Tagen: 5 (1), 1 (0), 5 (3), 1 (0).
In Guimaraes, einem von Oporto mit der Eisenbahn in 4 Stunden zu erreichenden (rte,
wurde eine verdächtige Erkrankung beobachtet, welche ein aus Oporto herbeigeholter Arzt als Pest
erkannte. Der Kranke wurde unter Beobachtung der strengsten sanitären Massnahmen nach Oporto
in das dortige Pestspital befördert.
In dem Regierungsdecrete vom 4. Wether wurde mit Rücksicht auf das Verhalten
eines Theiles der Presse in Oporto, welcher das Bestehen der Bubonenpest leugnet und die von
den Bshörden getroffenen Massregeln abtällig beurtheilt, angeordnet, dass „jene periodischen
Druckschriften, welche in der Stadt Oporto der Gttentlichen Meinung die Ueberzeugung bevi-
zubringen suchen, dass sie Krankheitsfälle, welche als Pest oder pestverdächtige Erkrankungen
erklärt werden, als von einer anderen Ursache herrührend bezeichnen, und die getroffenen sanı-
tären Massnahmen abfiillig kritisiren oder die Behörde und die mit der Durchführung der Tilgungs-
massnahmen betrauten Organe in irgend einer Weise beleidigen, auf eine entsprechende Zeit
suspendirt und im \WViederholungsfalle unterdrückt werden. Von diesen Bestimmungen sind nur
die wissenschaftlichen Zeitschriften ausgenommen, ohne dass sich diese Ausnahme auch auf die
Reproduction in Zeitungen anderer Art erstrecken würde“.
Ein weiteres Deeret vom 7. October setzt jene Massnalımen fest, welche beim
Auftreten eines Pestfalles ausserhalb des Sanitätseordons zu treffen sind. lliernach
werden Pest- oder pestverdächtige Fälle, wenn deren Transportirung in das im Orte befindliche
Isolirspital nach ärztlichem Gutachten nicht thunlich ist, im Hause, wo die Erkrankung vor-
gekommen ist, isolirt und daselbst von dem Personale behandelt, welches vom zunächst gelegenen
Spitale zu entsenden ist, und zwar unter Leitung des betretfenden Spitalsarztes. Die Wohnungs-
genossen werden desinficirt, in einem anderen Hause untergebracht uud einer _neuntägigen ärzt-
— 418 —
lichen Beobachtung unterzogen. Das infieirte Haus wird gründlich desinficirt, die dem Kranken
gehörigen Effecten geringeren Werthes werden verbrannt, eventuell auch das Haus selbst, wenn
dasselbe nach dem Gutachten der Sachverständigen nicht wirksam desinficirt werden kann. Das
verseuchte Haus hat nach der durch Auslüftung vervollständigten Desinfection durch mindestens
zwölf Tage unbewohnt zu bleiben. Pestleichen werden unter genauester Einhaltung der dies-
bezüglich geltenden Vorsichtsmassregeln desinficirt und unter Wahrnehmung der von competenten ärzt-
lichen Organen angeordneten Massnahmen beerdigt. Den zur Behandlung und Wartung von Pest-
kranken bestimmten Personen wird es nahegelegt, sich der Schutzimpfung zu unterziehen. Bei
epidemischem Auftreten der Pest an einem Orte, beziehungsweise Ortstheile, sind alle Kranken
thunlichst in einem besonderen Spitale unterzubringen und die inficirten Häuser gänzlich zu
räumen. Die Behörden haben darauf zu sehen, dass im Falle des Auftretens der Pest in Form
eines Seuchenherdes die Canäle, Abzugsgräben u. dgl. gründlich desinfieirt und unschädlich
gemacht werden.
Deutsches Reich. In dem Rundschreiben des Reichskanzlers (Reichsamt des Innern) vom
22. September, wurden die Bundesregierungen aufmerksam gemacht, aus Anlass der Pestgefahr
der Ausrottung der Ratten und Mäuse, durch welche erfahrungsgemäss die Ausbreitung der Pest
begünstigt werden kann, ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und namentlich dahin zu
wirken, dass auf den in den Seehäfen liegenden Schiffen die Tödtung der Ratten und Mäuse
betrieben und deren Anslandkommen verhindert werde. Ein etwa auftretendes massenhaftes Ab-
sterben dieser T'hiere, welches häufig dem Ausbruche der Pest unter den Menschen vorangehe,
soll unverzüglich zur Kenntniss der Behörden gebracht werden.
Der Entwurf der Bestimmungen über die Einrichtung und den Betrieb von Labo-
ratorien, welchen die Feststellung pestverdächtiger Krankheitsfälle und anderer Unter-
suchungen mit Pesterregern übertragen werden (siehe S. 406 d. Bl.) lautet folgendermassen:
A. Lage und Einrichtung der Arbeitsräume. 1. Zu Untersuchungen mit dem Pesterreger
oder mit pestverdächtigem Material — Züchtung des Erregers in Verbindung mit Thierversuchen
— sind besondere Arbeitsräume erforderlich, welche von anderen Räumen getrennt liegen und
für sich einen sicher abschliessbaren Eingang besitzen. Das Schloss der Eingangstbür darf sich
nur mittels des dazu gehörigen Schlüssels (nicht durch sogenannte Hauptschlüssel) öffnen lassen...
Es kann ein einziger Raum ausreichen; zu empfehlen ist jedoch das Vorhandensein
wenigstens zweier Räume, von denen der eine hauptsächlich für Unterbringung, Section und
Vernichtung der Versuchsthiere, der andere hauptsächlich für die Züchtung des Erregers und
für mikroskopische Untersuchungen u. s. w. zu verwenden ist. Die Räume sollen mittelbar neben
einander liegen und durch eine abschliessbare Zwischenthür verbunden sein.
2. Die Arbeitsräume müssen für Luft und Licht überall leicht zugänglich und — namentlich
auch in den Winkeln — glatte, undurchlässige, leicht zu reinigende und zu desinficirende Fuss-
höden und Wände haben; es dürfsn keine Oeftnungen vorhanden sein, durch welche kleinere
Tbiere oder gar Ratten ein- und ausschlüpfen können. Ventilationsöffnungen sind mit dichten
Drathnetzen zu überziehen. Die Fenster müssen zuverlässig dicht schliessen; werden sie geöffnet,
so sind in die Fensteröffnuungen Einsätze mit engmaschigem Drahtgitter einzufügen.
3. Die Räume müssen für sich allein mit allen denjenigen Einrichtungen und Instrumenten
ausgestattet sein, welche für die Züchtung von Mikroorganismen und zur Anstellung von Tbier-
versuchen erforderlich sind, namentlich dürfen nicht fehlen:
a) ein mit sicherem Schlosse versehener Behälter zur Anfbewahrung lebender Culturen und
von verdichtigem Material,
b) Einrichtungen für sichere Unterbringung der Versuchsthiere — (am besten hohe, in
Wasserdampf sterilisirbare Glasgefiisse mit beschwertem oder fest anzuschliessendem Drahtdeckel
und mit Watteabschluss), — fiir die Oeffnung der Thiere und für die Vernichtung der Cadaver
und sonstiger infieirter Gegenstände — (Verbrennungsofen oder säurefeste Gefässe für Auflösung
in concentrirter Schwefelsäure), — für die Sammlung und Desinfeetion der Abgänge der Ver-
suchsthiere, einschliesslich der Streumaterialien und Futterreste (säurefeste Behälter).
c) Einrichtungen zur Reinigung und Desinfeerion der Hände und aller bei den Arbeiten
gebrauchten Gegenstände.
4. Andere Ausstattungsregenstände, als die zur Ausführung der Untersuchungen etec. er-
forterlichen,' dürfen in den Arbeitsräumen nicht untergebracht werden; namentlich ist auch das
Anbrinzen von Vorhiingen innerhalb des Arbeitszimmers zu vermeiden.
D Leitung und Betrieb. 1. Der Leiter der Untersuchungsstelle ist von der zuständigen
Staatsbehörde speciell zu bezeichnen und mit Auftrag zu versehen. Derselbe ist für die dauernde
— —__ EN er Fa O A
— 419 —
ordnungsmässige Instandbaltung und für den gesammten Betrieb in den Arbeitsräumen persönlich
haftbar.
Er kann für einzelne Verrichtungen solche Persönlichkeiten mit seiner Vertretung betrauen
oder zu seiner Hilfe heranziehen, welche nach Vorbildung und persönlichen Eigenschaften (Zu-
verlässigkeit etc.) im Stande sind, die volle Verantwortlichkeit neben ibm zu übernehmen.
Laboratoriumsdiener dürfen sich zur Vornahme von Reinigungsarbeiten u. dgl. in den
Arbeitsräumen nur in Gegenwart des Leiters oder des mit seiner Vertretung Beauftragten auf-
halten. Sie sind besonders auszuwählen und zu unterweisen.
2. Der Leiter hat dafür zu sorgen, dass die Arbeitsräume, sowie auch der in denselben
für die Aufbewahrung der Culturen u. s. w. dienende Behälter (vgl. A 3a) unter sicherem
Verschlusse gehalten und Niemandem, ausser dem etwa von ihm persönlich beauftragten Vertreter
(Nr. 1) zugänglich werden.
Wird aus zwingenden Gründen der Zutritt einer anderen Person vorübergehend gestattet,
so hat der Leiter, beziehungsweise dessen Vertreter (Nr. 1) persönlich die Verantwortung für
deren Sicherheit vor Ansteckung.
3. Während des Aufenthaltes in den Arbeitsriumen sind Schutziiberkleider zu tragen,
welche vor dem Verlassen der Räume wieder abzulegen sind; diese Schutzkleider sind vor der
Ausgabe zur Wäsche in den Arbeitsräumen selbst zu desinficiren. (Autoklav, Dampfkochtopf.)
In den Räumen darf nur bei geschlossenen Thüren und Fenstern gearbeitet werden (even-
tuell Drahteinsätze nach A 2).
4. Bei den Arbeiten mit Versuchsthieren ist namentlich auf das Sorgfältigste darauf zu
achten, dass ein Entweichen von Thieren oder eine Verstreuung von infectionstüchtigem Materiale
nicht stattfindet.
Thiere, welche in den Arbeitsräumen untergebracht waren, sind in diesen selbst zu ver-
nichten; die Cadaver werden am zweckmässigsten entweder verbrannt oder in concentrirter
Schwefelsäure aufgelöst.
5. Vor dem Verlassen der Räume hat sich der Leiter oder dessen Vertreter (Nr. 1) zu
vergewissern, dass die Versuchsthiere und Culturen sicher untergebracht sind und das Infections-
material nicht verstreut ist. (Veröffentl. des kaiserl. Gesundbeitsamtes.)
Grossbritannien. Auf dem aus Bombay in Plymouth eingetroffenen Dampfer ,Peninsular*
ist am 21. October ein Pestfall vorgekommen. Der Kranke wurde ausgeschifft und isolirt; der
Dampfer setzte seine Fahrt nach London fort.
Niederlande. Der Hafen von Santos wurde als pestverseucht erklärt, die Quarantaine-
dauer mit 10 Tagen fixirt.
Italien. In Folge des officiell constatirten Auftretens der Pest in Santos wurden die
brasilianischen Häfen als pestverseucht erklärt.
Türkei. Zu Folge Beschlusses des internationalen Sanititsconseils werden die gegen
Provenienzen aus Aegypten erlassenen Massnahmen unverändert aufrecht erhalten, wenn auch
die von dorther ankommenden Schiffe mit reinem Patente versehen sind.
Aegypten. Der Sanitátsconseil in Alexandrien hat mit Rücksicht auf das amtlich con-
statirte Erlöschen der Pest in Tamatave die Aufhebung der gegen Herkünfte aus diesem Orte
angeordneten Massnahmen beschlossen. Alexandrien ist seit 2. October pestfrei.
Britisch-Indien. In Bombay sind von 3.—9. October 129 Erkrankungen und 118 Todes-
fälle an Pest vorgekommen.
Brasilien. Aus Anlass des Auftretens der Pest in Assuncion, der Hauptstadt von Para-
guay hat die brasilianische Regierung nachstehende Verfügungen getroffen: 1. Alle paraguayani-
schen Häfen, sowohl des Paraguaystromes als auch des Paraná werden fiir inficirt erklärt, und
ist das Einlaufen in brasilianische Häfen den direct aus diesen Häfen kommenden Schiffen ver-
webrt. 2. Die aus den brasilianischen Häfen des Staates Matto-Grosso ausgelaufenen Schifte,
welche paraguayanische Häfen berührt haben, sind den direct aus paraguayanischen Ilifen
kommenden Schiffen gleichgestellt. (Der Staat Matto Grosso liegt am oberen Laufe des Para-
guay, eines Nebenflusses des La Plata und ist vom übrigen Brasilien wegen gänzlichen Mangels
von Landverkehrswegen nur zur See über Buenos Ayres auf dem Wege des La Plata- und
Paraguaystromes zu erreichen.) 3. Die aus den brasilianischen Häfen des Staates Matto-Grosso
ausgelaufenen Schiffe, welche den Paraguaystrom in Quarantaine hinabgefahren sind, müssen
sich, bevor sie in einen brasilianischen Hafen einlaufen, nach dem Lazarethe Ilha Grande be-
geben, wo sie sich einer strengen Untersuchung und denjenigen Sanitätsmassregeln im Sinne
— 420 —
des geltenden Reglements zu unterwerfen haben, die durch die Vorfälle an Bord bedingt sind. 4. Die
Schiffe, auf die sich Punkt 3 bezieht, müssen beim Herabfahren des Paraguaystromes an der
Mündung des Apaflusses halten und der dort aufgestellten Militärbehörde die Passagier- und
Frachtenliste vorzeigen mit Angabe des Ortes, woher die Passagiere kommen, und die Ursprungs-
certificate über die mitgeführten Waaren vorweisen. Diese Documente werden dem Schiffsführer nach
Vidirung durch die Militärbehörde zur weiteren Gebrauchsnahme zurückgestellt. 5. Mit Ermächtigung
der argentinischen Regierung wird der bisher in Assuncion bewerkstelligte Waarenumschlag
nach Corrientes verlegt. Der brasilianische Consularagent im letztgenannten Hafen hat zu
verificiren, ob die von Matto-Grosso gebrachten Passagiere und Waaren mit den in der von der
Militärbehörde am Apaflusse gezeichneten Liste angeführten Reisenden, beziehungsweise Waaren
übereinstimmen; im gegentheiligen Falle hat derselbe die Consularamtshandlung zu verweigern,
6. Derselbe Agent hat die Passagier- und Frachtenlisten bei der Umladung von einem reinen
Schiffe in ein anderes gleichfalls reines, welches den Paraguaystrom mit der Bestimmung nach
Matto-Grosso hinauf zu fahren beabsichtigt, zu centrasigniren und dem Schiffsfiihrer zu übergeben,
welcher sie der an der Mündung des Apaflusses etablirten Militärbehörde vorzuweisen bat, die
ihm nach Vergleich derselben im Falle der Uebereinstimmung das Hinauffahren in den brasilia-
nischen Theil des Paraguaystromes gestatten wird. 7. Ueber die Erfüllung der im Vorstehenden
angeführten Förmlichkeiten sind die officiellen Referenten, sowobl vor dem Sanitátsinspector in
den Häfen von Matto-Grosso als auch vor der General-Sanitätsdirection die jeweiligen, von
dieser bestimmten Aerzte, von welchen sich auf jedem Schiffe, das den Paraguaystrom in
Quarantaine durchführt, Einer befinden muss. Derselbe hat auch an Bord die Funetionen des
Sanitätsinspeetors im Sinne des Reglements auszuüben. Die Schiffe, welche in dem als Umschlag-
platz bestimmten Hafen von Corrientes Passagiere und Frachten von aus Matto-Grosso kommen-
den Schiffen an Bord nehmen und deren Transport nach brasilianischen Häfen besorgen, unter-
liegen den Vorschriften des Punkt 3. 9. Für dringende Fälle behält sich die Regierung Aus-
nahmsmassregeln vor. 10. Gegenwärtige Vorschriften haben rückwirkende Kraft bis 1. September.
Den Santos berührenden Schiffen wurde das Anlaufen anderer brasilianischer Häfen untersagt.
Cholera. In Bassorah sind vom 7. October, dem Tage der amtlichen Constatirung des
ersten Falles bis zum 14. October |. J. 25 Erkrankungen und 19 Todesfälle an Cholera vor-
gekommen. Die näheren Erhebungen über den ersten Cholerafall (siehe S. 407 d. Bl.) haben
ergeben, dass der an Bord des englischen Kriegsschiffes erkrankte Matrose die Krankheit sich
in einer südlichen Vorstadt von Bassorah zugezogen hat, woselbst er Nachts über verweilt hatte. Das
Lazareth, in welchem die nach dem Innern des Landes Reisenden sich einer 10tigigen Obser-
vation zu unterziehen haben, wurde in Keremit-Ali, einem eine Stunde nördlich von der Stadt
gelegenen Orte errichtet und am 15. October in Betrieb gestellt. Von der als Quarantaine-
station in Aussicht genommenen Insel Chemsumie wurde, da dieselbe 4 Stunden südlich von
Bassorah gelegen ist, Umgang genommen. Die für die nach Mohammarah {auf persisches Gebiet am
linken Ufer des Chat-el-Arab) sich begebenden Reisenden vorgesehene Beobachtung entfällt, da
die persische Regierung gegen Herkünfte aus Bassorah, Fao und Moscat eine 10tigige Quaran-
taine verhängt hat.
Japan. Quarantainemassregeln in den Seehäfen. (Ges. Nr. 19 vom 13. Februar 1899.)
Artikel 1. Alle Schiffe, welche von einem auswärtigen Hafen oder von Formosa her
ankommen, sind zur Verhütung der Einschleppung ansteckender Krankheiten den Quaıantaine-
mussregeln unterworfen.
Diejenigen Sechäfen, in welchen diese Quarantainemassregeln zur Ausführung zu bringen
sind, und die Arten von ansteekenden Krankheiten, auf welche sich diese Massnahmen er-
strecken, werden durch den Minister des Innern bestimmt.
Artikel 2. Wenn ein Schiff von einem auswärtigen Hafen oder von formosa her in
einem (Juarantainehafen ankommt, so darf es erst, nachdem es in Gemiässheit dieses Gesetzes
untersucht worden ist und einen Erlaubnissschein erhalten hat, in den Hafen einlaufen, mit dem
Lande oder mit anderen Schitlen in Verkehr treten, Passagiere oder Mannschaften landen oder
(egenstände ans Land bringen.
Tritt auf einem solchen Sehiffe nach dem Einlaufen in den Hafen ein Fall einer an-
steekenden Krankheit auf, so darf es erst, nachdem es der Anordnung der Quarantainebeamten
entsprechend aufs neue untersucht worden ist und einen Erlaubnissschein erhalten hat, nach
einem anderen Hafen in die See gehen, mit dem Lande oder anderen Schiffen verkehren, Passa-
giere oder Mannschaften landen oder Gegenstände an das Land bringen.
Artikel 3. Der Capitän, die Mannschaften und die Passagiere baben die Fragen der
Onarantainebeamten zu beantworten, der Capitän und die Mannschaft haben ferner auf Verlangen
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der Quarantainebeamten nach dem vorgeschriebenen Formulare eine Erklärung über den Sach-
verhalt mit ihrer Namensschrift abzugeben.
Der Capitän hat auf Verlangen der Quarantainebeamten sein Schiffsjournal vorzulegen und
alle Räume im Schiffe zu öffnen und untersuchen zu lassen. Der Ladungsraum ist jedoch der
Untersuchung nur dann unterworfen, wenn während der Fahrt Passagiere oder Mannschaften in
demselben sich aufgehalten haben oder aus sonstigen Gründen der Verdacht besteht, dass er
inheirt sein könnte.
Artikel 4. Schiffe, welche von auswärtigen Häfen oder von Formosa her in einem
Quarantainehafen ankommen, haben von der Zeit des Einlaufens in den Hafen an bis zur Er-
haltung des Erlaubnissscheines das Quarantainesignal zu führen, wenn auch nur einer der nach-
stehend aufgeführten Fälle vorliegt:
1. Wenn zur Zeit ein mit einer ansteckenden Krankheit Behafteter oder an einer solchen
Verstorbener sich an Bord befindet,
2. wenn während der Fahrt ein derartiger Krankheits- oder Todesfall vorgekommen ist,
3. wenn das Schiff direct oder indirect von einem Orte gekommen ist, wo eine ansteckende
Krankheit herrscht, oder wenn es mit einem inficirten Schifte Verkehr gehabt hat.
Die im Artikel 2, Absatz 2, erwähnten Schiffe haben von der Entdeckung der Erkrankung
an bis zur Erhaltung des Erlaubnissscheines das Quarantainesignal zu führen.
Das Quarantainesignal besteht des Tages über aus einer am Vordermast zu hissenden
gelben Flagge oder des Nachts in zwei an der erwähnten Stelle über einander aufgezogenen
Lichtern, von denen das eine rotlı und das andere weiss ist.
Artikel 5. Schiffe, welche von einem auswärtigen Hafen oder von Formosa her in einem
anderen Hafen als einem Quarantainehafen ankommen, haben, wenn einer der Fälle des Artikels 4,
Absatz 1, vorliegt, oder während des Aufentbaltes in dem Hafen eine ansteckende Krankheit
an Bord auftritt, nach der Bestimmung des vorhergehenden Artikels das Quarantainesignal zu
führen, der ÖOrtspolizeibehörde die Anzeige zu erstatten und deren Anordnungen abzuwarten.
Auf Befehl der Ortspolizeibehérde hat in einem solchen Falle das Schiff sofort nach
einem Quarantainehafen zu fahren und sich dort der Quarantaine zu unterziehen.
Im Falle des Absatz 1 darf das Schiff, bevor die Polizeibehörde ihre Anordnungen ge-
troffen hat, weder einen anderen Hafen aufsuchen, noch mit dem Lande oder anderen Schiffen
in Verkehr treten, noch Passagiere oder Mannschaften landen oder Gegenstände ans Land bringen.
Artikel 6. Die Quarantainebeamten können bezüglich der im Artikel 1 erwähnten
Schiffe in folgender Weise verfahren:
1. Wenn zur Zeit ein bezüglicher Erkrankungs- oder Todesfall vorliegt, so können
sie das Schiff auf bestimmte Zeit festhalten, Anordnungen hinsichtlich der Behandlung des
Erkrankten oder Verstorbenen treffen, das Schiff oder die Gegenstände in demselben desinficiren
und — wenn sie es für erforderlich erachten — die Passagiere und die Besatzung in die
(Juarantainestation schicken,
2. wenn während der Fahrt ein bezüglicher Erlrankungs- oder Todesfall vorgekommen
ist, so können sie in einer den Bestimmungen der Nr. 1 entsprechenden Weise verfahren,
3. wenn das Schiff direct oder indirect von einem Orte bergekommen ist, wo eine an-
steckende Krankheit herrscht, oder wenn dasselbe der Infection verdächtig ist, so können sie,
wenn sie es für erforderlich erachten, in einer den Bestimmungen unter Nr. 1 entsprechenden
Weise verfahren,
4. wenn während des Aufenthaltes im Hafen eine ansteckende Krankheit auf dem Schiffe
auftritt, so können sie aufs neue entsprechend den Bestimmungen unter Nr. 1 verfahren,
5. liegt eine Erkrankung vor, bezüglich deren der Verdacht besteht, dass sie ansteckender
Natur sei, so können sie das Schiff auf höchstens 2 Tage im Hafen festhalten.
Artikel 7. Ein Schiff, welches im Hafen festgehalten wird, bat an der von den
Quarantainebeamten ihm bezeichneten Stelle zu ankern und darf sich ohne Erlaubniss von diesem
Ankerplatz nicht entfernen.
Artikel 8. Passagiere und Mannschaften, welche in die Quarantainestation geschickt
worden sind, dürfen ohne Erlaubniss der Quarantainebeamten weder mit ihrem Schiffe noch
anderweitig verkehren, noeh dürfen sie Gegenstände herausschafften.
Artikel 9. Die Desinfection des Schiffes und der auf demselben befindlichen Gegen-
stände wird von den (uarantainebeamten ausgeführt. Der Capitän und die Mannschaften sind
verpflichtet dabei Hilfe zu leisten.
Die Kosten der Desinfection werden von dem Eigenthümer des Schiffes, vom Capitin
oder deren Vertreter erhoben.
t
— 422 —
Artikel 10. Die Kosten des Unterhaltes der in die Quarantainestation geschickten
Personen, sowie die durch Erkrankungen und Todesfálle entstandenen Kosten werden, soweit es
sich um Mannschaften handelt, von dem Capitán oder dessen Vertreter, im Falle eines Passagiers
dagegen, von dem Betreffenden selbst eingehoben.
Die entsprechenden Anordnungen bezüglich der in diesem Artikel, sowie im Artikel 9,
Absatz 2, erwähnten Zahlungen werden im Verordnungswege getroffen.
Artikel 11. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der Artikel 2, 5, 7 u. 8
werden mit Geldstrafe von 50 bis zu 500 Yen bestraft.
Artikel 12. Wer die Ausführung dieses Gesetzes verweigert oder derselben Hindernisse
in den Weg legt, oder auf die ¡Fragen der Quarantainebeamten keine oder eine wissentlich
unwahre Angabe macht, oder den Anordnungen derselben keine Folge leistet, wird mit Geld-
strafe von 20 bis zu 200 Yen bestraft.
Wenn der Capitän oder der die Functionen desselben Wahrnehmende eine der im vorigen
Absatz erwähnten Zuwiderhandlungen begeht oder solehen von Passagieren oder von den Mann-
schaften begangenen Zuwiderhandlungen wissentlich keinen Einhalt thut, wird er mit einer
Geldstrafe von 50 bis zu 500 Yen bestraft.
Zusatzbestimmungen:
Artikel 13. Wenn ein in- oder ausländisches Kriegsschiff in einem Quarantainehafen
einläuft, so hat, wenn keiner der im Artikel 4, Absatz 2, ausgeführten Fälle vorliegt, der
Commandant oder der Arzt des Kriegsschiffes dies den Quarantainebeamten durch eine schrift-
liche Erklärung mitzutheilen.
Liegt bezüglich eines in- oder ausländischen Kriegsschiffes einer der Fälle des Artikels 2,
Absatz 2, oder des Artikels 4, Absatz 1, vor, so können die Quarantainebeamten den Verkehr
des Kriegsschiffes mit dem Lande oder mit anderen Schiffen, sowie das Landen von Mannschaften
und Gegenständen Beschränkungen unterwerfen. Trifft einem solchen Kriegsschiffe gegenüber
die Bestimmungen des Artikels 5 zu, so kann die Polizeibehörde des Ortes die vorerwähnten
Anordnungen treffen.
Liegt einer der Fälle des Artikels 2, Absatz 2, oder des Artikels 5 vor, so hat der
Commandant oder der Arzt des Kriegsschiffes dies den (uarantainebeamten oder der Polizei-
behörde mitzutheilen.
Ausser den Fällen der drei vorhergehenden Absätze haben die Quarantainebeamten einem
Kriegsschiffe gegenüber die Quarantainemassregeln nach Verständigung mit dem Commandanten
in einer den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechenden Weise zur Anwendung zu bringen.
Artikel 14. Der Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes wird durch kaiserliche Ver-
ordnung bestimmt.
Artikel 15. Die Bekanntmachung Nr. 29 vom Jahre 1879, die Bekanntmachung
Nr. 31 vom Jahre 1882, die kaiserliche Verordnung Nr. 65 vom Jahre 1891 und die kaiser-
liche Verordnung Nr. 56 vom Jahre 1894 treten mit der Einführung dieses Gesetzes ausser Kraft.
Anmerkung: Die Bekanntmachung vom 21. Juli 1879 betrifft Bestimmungen über Quaran-
taine von Schiffen; die Bekanntmachung Nr. 31 vom 23. Juni 1882 die ärztliche Untersuchung
von Schiffen, welche aus cholerainfieirten Gegenden kommen; die kaiserliche Verordnung Nr. 65 vom
22. Juni 1891 handelt von der Quarantaine von Schiffen, welche von ausländischen Häfen kommen
und die kaiserliche Verordnung Nr. 56 vom 26. Mai 1894 von der Schifisquarantaine gegenüber den in
China und Honkong herrschenden Epidemien.
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 8. October bis 14. October 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Jablonitza 5;
in Galizien in den politischen Bezirken: Kolomea: Kolomea 1; Podgorze:
Ludwinow 1; Tlumacz: Krzywotuly nowe 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 8. October bis
14. October 1899; Ä
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Samoluskowce 2, Zabince 2;
Jaworow: Gnojnice 3, Huki 3; Kalusz: Bania 1; Nadworna: Oslawy biale 2;
Rawa: Smolin 1; Stryj: Stynawa nizna 3.
M ———————
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen,
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanititsrathes.
Redigirt von
Dr. J DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien 7
LRothenthurmestrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prinumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fi. 6.—. |
ee er Emer gms.
ZI. Jahrgang. Wien, 9. November 18989. ’ Nr. 45.
e AA
Inhalt. Die Wasserversorgung in Krems a. d. Donau. — Sanitätsgesetze und Verordnungen:
Kundmachung des Leiters des Ministeriums für Cultus und Unterricht, betreffend das Formulare für
die neuen thierärztlichen Diplome; Erlass des Ministeriums des Innern, betreffend die Controle der Ver-
wendung des Saccharins in Apotheken und in Droguen- und Materialwaaren-Grosshandlungen. — Mit-
theilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Die Wasserversorgung in Krems a. d. Donau.
Krems a. d. Donau, am östlichen Ausgange der romantischen Wachau, jenes
tiefeingeschnittenen, engen Thales, welches von dem Durchbruche der Donau
durch den südlichen Theil des böhmisch-österreichischen Gebirgsmassives gebildet
wird, gelegen, zählt gegenwärtig nahezu 11.000 Einwohner und 664 Häuser. Die alte
Stadt erhebt sich am südöstlichen Abhange des gegen die Donau mässig steil ab-
fallenden Gebirgsstockes, besteht zumeist aus Häusern älterer Bauart und. mit Ausnahme
der langgestreckten, am Fusse des Berges dahin führenden »Landstrasse« und einigen
grösseren Plätzen, aus engen, schmalen und nicht selten auch steilen Gassen, während
der neue Stadttheil, welcher innerhalb der letzten Jahrzehnte auf den durch Auf-
führung eines Schutzdammes vor Hochwasser geschützten Gebieten der ehemaligen
Vorstädte Und und Gartenau entstanden ist, moderne Häuser, breite Strassen
mit schattigen Alleeen und ausgedehnte Parkanlagen aufweist.
Die Stadt ist der Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Kreisgerichtes, besitzt
eine grössere Garnison, mehrere Mittelschulen (Gymnasium, Realschule mit Handels-
schule, Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt) und wird wegen ihres milden Klimas
und wegen der herrlichen Umgebung von vielen Privaten, Pensionisten und von
Familien, welche ihren Kindern eine angemessene Erziehung zu geben beabsichtigen,
gerne zu dauerndem oder vorübergehendem Aufenthalte aufgesucht.
Die Stadt ist canalisirt, der neue Stadttheil besitzt ein vollständig neues Beton-
rohrnetz; ein Gaswerk sorgt für die Beleuchtung von Krems und deren donauaufwärts
gelegenen Schwesterstadt Stein.
Die Trinkwasserversorgung erfolgte bis in das letzte Jahrzehnt fast ausschliesslich
durch Brunnen, die jedoch den hygienischen Anforderungen zum Theile
gar nicht, zum Theile nur temporär entsprechen. Die Brunnen im. alten Stadttheile
liefern, da dessen Boden durch Jahrhunderte hindurch der Verunreinignng ausgesetzt
war, ein an organischen Stoffen reiches Wasser, dessen Genuss bedenklich erscheint,
45
— 424 —
und schon zu wiederholten Malen nicht ohne Grund als die Veranlassung von infec-
tiósen Magen- und Darmerkrankungen angesehen werden musste. Das Wasser in
den Brunnen des neuen, tiefer gelegenen Stadttheiles ist zu normalen Zeiten zwar
ziemlich einwandfrei; da dieselben jedoch zum grissten Theile von Seihwasser der Donau
gespeist werden, wird das Wasser derselben bei Hochwasserstand in der Donau
triibe und ungeniessbar. Nebst den Brunnen bestand seit langen Jahren eine Quellen-
wasserleitung, welche einige öffentliche Auslaufbrunnen versorgte; das Wasser
derselben genügte aber nicht, um auch nur den nothwendigsten Bedarf der Bevölke-
rung an Trinkwasser zu decken.
Es war daher seit jeher die Sorge der Stadtgemeindevertretung, sanitätsgemässes
Trinkwasser in ausreichenden Mengen herbeizuschaffen. Anfangs glaubte man, durch
"Übersichts-Situation der Jubiläums-Wasserleitung in \
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Erweiterung der erwähnten, aus dem nahe gelegenen Alaunthale führenden
Wasserleitung den Bedürfnissen entsprechen zu können. In den Jahren 1892
bis 1895 wurden umfangreiche Arbeiten zu diesem Zwecke durchgeführt. Es wurden
neue Quellen einbezogen, Drainagen geschaffen, das Bachbett des Alaunbaches an
einzelnen Stellen erhöht, und die kahlen Gehänge des Thales aufgeforstet; diese An-
lagen hatten zwar eine Steigerung der Ergiebigkeit der Wasserleitung von 700 auf
1400 bis 2000 Hektoliter im Tage zur Folge und ermöglichten es, die Zahl der
bestehenden Auslaufbrunnen auf 17 zu erhöhen; die gelieferte Menge reichte aber
für den Bedarf einer nahezu 11.000 Einwohner zählenden Stadt bei Weitem nicht
aus. Ein weiterer Mangel dieser Wasserleitung besteht auch darin, dass das Wasser
wegen der geringen Mächtigkeit, welche die filtrirenden Bodenschichten im Alaunthale
aufweisen, von den jeweiligen Temperaturverhältnissen. in hohem Grade beeinflusst
und bei lange andauernden Regengüssen stark getrübt wird.
— 425 —
Da nach dem Gutachten der beigezogenen Sachverständigen eine weitere Steige- i
rung der Ergiebigkeit der Alaunthalwasserleitung in Folge der eigenthümlichen, im
Nachstehenden noch näher zu erörternden Bodenbeschaffenheit des Niederschlagsgebietes
nicht zu erwarten war, beschloss die Gemeindevertretung, die Einleitung anderer Quellen
ins Auge zu fassen und wandte sich zu diesem Zwecke an den Adjuncten der
k. k. geologischen Reichsanstalt, F. Geyer, mit dem Ersuchen, die geologischen
Verhältnisse in der Umgebung von Krems in Absicht auf die Ausfindigmachung
neuer ergiebiger Quellen zu durchforschen.
Die von dem genannten Fachmanne
angestellten Untersuchungen haben jedoch Geologische Schichtung beim Brunnen.
zu keinem befriedigenden Ergebnisse ge- Mafsstab1:200.
führt. Nach dem Gutachten desselben
bildet das für die Errichtung einer Hoch-
quellenleitung in Frage kommende Terrain ZINN |
der Umgebung von Krems den stidóst-
lichen Abhang des böhmisch-österreichi-
schen Gebirgsmassives, welches vom Thale
der Krems durchschnitten wird, und be-
steht in seinen Grundfesten aus Gneis,
der nur vereinzelte Lager von Horn-
blendeschiefer führt und an vielen Orten
und auf weite Strecken, insbesondere auf
Höhenrücken und in engen, steilen Thälern Si | en
unmittelbar zu Tage tritt, während er TEE | Rieselschotter
entlang sanfter Lehnen und weiterer Thäler 7 GEES
vielfach von Gehängschutt maskirt wird,
welcher aus in sandigen Lehm eingebet-
| MUMUS
fester Lehm
Schotter bis 8°"
teten Goneistrümmern besteht. Nur im = 8:8 Gröľse mit Sand
Nordosten von Krems wird der Gneis “<2.%9:? j an
von einer mächtigeren Lössdecke über- f BE
kleidet, deren tiefere Schichten auch Lager
von Schotter und Gerölle führen.
Da der Gneis wasserundurchlässig
ist, und in denselben das Wasser nur in |
die vereinzelten Klüfte und Spalten einzu- rl W grobSchmit Sand
dringen vermag, liefern die spärlich auf- ee una
tretenden Felsenquellen nur geringe Mengen 2:20:50 EE feiner gemischtSch.
Wasser. Auf die Heranziehung solcher č -zizemerm DEE —
Quellen musste daher nach der Anschauung == 2esëe dire udaa 7
des genannten Fachmannes im Vorhinein
verzichtet werden. Auch die erwähnten
Lösslager im Nordosten von Krems liessen
wegen ihrer relativ geringen Mächtigkeit und ihrer mangelhaften Durchlässigkeit
die Bildung grösserer Quellen nicht erwarten.
Es erübrigte somit nur noch, die den Gneis bedeckenden Schuttlager
einer Untersuchung zu unterziehen. Die Erschliessung reichlicher Quellen
in diesen Ablagerungen liess sich nur dann erhoffen, wenn die letzteren eine
besondere Mächtigkeit und Ausdehnung aufwiesen.
Der Gehängschutt im Kremsthale, im Reicha- und Steinbachgraben zeigte aber ebenso,
wie dies in dem Niederschlagsgebiete der Alaunthalwasserleitung beobachtet wurde, nureine
geringe Mächtigkeit. Die zu Tage tretenden Quellen sind daher nirgends ergiebig und eine
Erhöhung der Ergiebigkeit könnte nur durch ähnliche Herstellungen, wie sie bei der Alaun-
thalwasserleitung durchgeführt wurden, bewerkstelligt werden. Die Kosten einer Wasser-
15*
— 426 —
leitung aus den fraglichen Quellengebieten wiirden aus diesem Grunde und weil die Her-
anziehung vieler Quellen und ausgedehnter, weit entfernter Quellengebiete erforderlich
gewesen wäre, eine unverhältnissmässige Höhe erreicht haben; dazu kam noch die
Erwägung, dass das Wasser dieser Quellen, ebenso wie jenes in dem Quellengebiete
der Alaunthalwasserleitung, wegen der geringen Mächtigkeit der filtrirenden Schichten
den äusseren Temperatureinflüssen ausgesetzt ist und bei anhaltenden Regengüssen
häufig durch mitgerissene Bodenbestandtheile verunreinigt wird.
Unter diesen Umständen musste die Absicht der Errichtung einer Hochquellen-
leitung fallen gelassen und die Deckung des Wasserbedarfes durch Heranziehung
von einwandfreiem Grundwasser ins Auge gefasst werden.
Der genannte Fachmann verwies diesbezüglich auf die ausgedehnte Schotter-
ebene, die sich östlich von Krems am linken Ufer der Donau, zwischen dem nord-
östlichen Rande des Gebirgsmassives und dem Kampflusse hinzieht. In demselben
konnte mit Bestimmtheit ein mächtiger Grundwasserstrom vorausgesetzt werden,
welcher der Donau und dem Kampflusse zuströmt und von den Niederschlägen des
betreffenden Gebietes und von jenen der umliegenden aus Lösslagern gebildeten
Höhen gespeist wird.
Im Sommer des Jahres 1896 beschloss die Stadtgemeindevertretung auf Grund
eines eingehenden Referates des um die Wasserversorgung von Krems verdienten
Gemeinderathes und Wasserreferenten J. B. Wallenstorfer, die endgiltige Lösung
der Wasserversorgungsfrage in Angriff zu nehmen und zu diesem Behufe Bohrungen
in dem erwähnten Gebiete vornehmen zu lassen. Mit der Durchführung dieser
Vorarbeiten wurde die Bauunternehmungsfirma für Wasserleitungsanlagen, Rumpel
und Waldek in Wien betraut.
Auf der dem Bürgerspitalsfonde in Krems gehörigen Grundparcelle Nr. 112 in
der zur angrenzenden Gemeinde Landersdorf gehörigen Ried »Thalland«, wurden
vier Bohrlöcher bis zur Tiefe von 16:2 Meter abgeteuft. Da die Bohrversuche hin-
sichtlich der Grundwasserverhältnisse befriedigende Ergebnisse lieferten, wurde die
Absenkung eines 3 Meter weiten Brunnens, der aus hartgebrannten Ziegeln mit
Portland-Cement hergestellt wurde, in eine Tiefe von 80 C'entimetern unter der durch-
lässigen Schichte vorgenommen.
Das bei den Bohrungen, beziehungsweise bei der Aushebung des Brunnen-
schachtes durchschnittene Material bestand aus: 0'30 Metern Humus, 3'10 Meter festem
Lehm, 1'0 Meter feinem, festgelagertem Schotter, 0'60 Meter Rieselschotter, 0°30 Meter
hartem, festgelagertem Schotter, 70 Metern Schotter bis zu 8 Centimeter Grösse, mit
Sand gemischt, 2'0 Metern grobem Schotter, mit grösseren Steinen bis 12 Centimeter
und mit Sand gemischt, 1'10 Meter feinem, gemischtem Schotter und Sand, 0'30 Meter
Conglomerat und 0'50 Meter Schotter bis 6 Centimeter gross, gemischt mit Sand;
darunter folgte blauer Letten mit Sand und wenig Schotter, welcher die undurch-
lässige Schichte bildet.
Der Wasserspiegel stellte sich nach Absenkung des Brunnens in einer Tiefe
von nahezu 11 Metern unter dem Terrain ein; die Wassersäule im Brunnen erreichte
cine Höhe von mehr als 5 Meter.
Die chemische und bacteriologische Untersuchung des unter den entsprechenden
Cautelen entnommenen Wassers ergab ein günstiges Resultat. Bei den wiederholten
Messungen der Temperatur des Wassers im Sommer 1896 wurden constant 7:5° R.
erhoben. Die Ergiebigkeit des Brunnens wurde durch sechswúchentliches, ununter-
brocheues Pumpen mittelst Dampfpumpe erprobt. Bei einer Entnahme von 30 Secunden-
liter sank der Wasserspiegel aut 40 Centimeter und blieb bei andauerndem Pumpen
nahezu constant auf dieser Höhe. In dem 83 Meter nördlich gelegenen Bohrloche
war noch eine Absenkung des \Wasserstandes um 2 Centimeter, im 93 Meter südlich
gegen die Donau zu gerichteten Bohbrloche eine solche von 10 Centimetern bemerkbar,
weil das Gefälle der Grundwasserwelle gegen die Donau zu flacher wird.
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Ww >
Da bei einer Entnahme von 30 Secundenlitern und bei der Annahme eines täg-
lichen Wasserbedarfes von 100 Litern per Kopf die Menge des aufgeschlossenen Wassers
auch für eine Bevölkerung von 25.000 Einwohnern ausreichend erschien, welche
Ziffer die Stadt Krems unter der Voraussetzung normaler Entwicklungsverhältnisse
auch in den nächsten 50 Jahren kaum erreichen dürfte, war mit der vorgefundenen
Wassermenge nicht nur der Bedarf vollkommen gedeckt, sondern unter den gegen-
wärtigen Verbrauchsverhältnissen im Falle der Errichtung eines entsprechend grossen
Reservoirs auch die Reducirung der täglichen Pumpzeit auf 10 bis 12 Stunden er-
möglicht. Diese günstigen Grundwasserverhältnisse und das befriedigende Ergebniss
der chemischen und bacteriologischen Untersuchung waren für das weitere Vorgehen
von ausschlaggebender Bedeutung. Es wurde die Errichtung einer Tiefquellen-
anlage beschlossen.
Die Sparcasse in Krems spendete zu diesem eminent gemeinnützigen Werke
aus Anlass des 50jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers 40.000 Gulden,
wodurch das Unternehmen eine finanziell gesicherte Grundlage gewann.
Mit der Ausarbeitung des Projectes wurde die Firma Rumpel und Waldek,
welche die Vorarbeiten geleitet hatte, betraut.
Das fertiggestellte Project erhielt seitens der Bezirkshauptmannschaft Krems
auf Grund der in der Zeit vom 12. bis 20. April 1898 vorgenommenen commissionellen
Verhandlungen gegen Einhaltung einer Reihe wichtiger sanitärer Bedingungen die
Genehmigung. |
Die Durchführung der geplanten Arbeiten wurde im Offertwege der genannten
Firma übertragen. Anfangs Juni 1898 wurden die Bauarbeiten unter der Leitung
des Ingenieurs H. Adolf in Angriff genommen. Ende December 1898 war das be-
deutsame Werk schon so weit vorgeschritten, dass die Wasserleitung provisorisch er-
öffnet und der Betrieb bis zu der am 20. August 1899 erfolgten Fertigstellung des
definitiven Hochreservoirs ununterbrochen aufrecht erhalten werden konnte.
(Schluss folgt.)
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Kundmachung des Leiters des Mini- | et voluntate caes. et reg. Apostolicae Maiestatis
steriums für Cultus und Unterricht | praescripta rite absolvit et severis examinibus
im Einvernehmen mit dem Reichs- ' legitimis laudabilem in medicina veterinaria
kriegsministerium, dem Ministerium scientiam et facultatem probavit, ad medici
des Innern und dem Ackerbaumini-
sterium vom 10. October 1899,
betreffend das Formulare für die auf Grund
des 5 38 des neuen thierärztlichen Studien- : ; e ze
planes (Erlass des Ministers für Cultus und In cuius rei fidem hoc diploma sigillo
Unterricht vom 27. März 1897, R. G. B1. Nr.80) | academiae muniendum curavimus et nostra manu
auszustellenden thierärztlichen Diplome.
veterinarii gradum promotum esse eumque cum
artis veterinariae exercendae tum testimoniorum
legitimorum in rebus veterinariis conscribendorum
ius atque potestatem habere.
subscripsimus.
I. Lateinischer Diplomtext: Vindobonae........
Nos Rector et Promotores caes. et reg.
instituti militaris animalibus eanandis atque pS IONES
academiae veterinariae Vindobonensis hoc diplo- Wir Rector und Promotoren des k. und
mate promulgamus ac testamur, Dominum... | k. Militiir-Tbierarzneiinstitutes und der thier-
ER: oriundum ex......in..... | ärztlichen Hochschule in Wien bestätigen mit
postquam rerum veterinariarum studia auctoritate | diesem Diplome, dass Herr ...... gebürtig
aug....... in
missiger Absolvirung der auf Grund Aller-
höchster Entschliessung Seiner k. und k.
Apostolischen Majestät vorgeschriebenen thier-
ärztlichen Studien und nach erfolgreicher Ab-
legung der strengen Prüfungen den Grad eines
Thierarztes erlangt und hiemit die Berechtigung
erworben hat, die Thierheilkunde auszuüben
und rechtsgiltige thierärztliche Zeugnisse aus-
zustellen.
Urkund dessen haben wir dieses mit dem
Siegel der Hochschule versehene Diplom mit
unserer eigenhändigen Unterschrift ausgefertigt.
Wien,..... ;
(V. Bl. d. Unt.-Min. S. 432).
*
Erlass des k. k. Ministeriums des
Innern vom 18. October 1899, Z. 27680
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Controle der Verwendung des
Saccharins in Apotheken und in Droguen-
und Materialwaaren-Grosshandlungen.
Zum Zwecke der Durchführung einer genauen
Controle über die Verwendung des Saccharins in
öffentlichen Apotheken und in Droguen- und
Materialwaaren-Grosshandlungen wird im Sinne
der Ministerialverordnung vom 20. April 1898,
R. G. Bl. Nr. 51 und 52, im Einvernehmen
mit dem k. k. Finanzministerium Nachstehendes
angeordnet: ,
Anlässlich der periodischen Visitation der
Apotheken und der alljährlich vorzunehmenden
und
commissionellen Revision der Droguen-
Materialwaaren-Grosshandlungen unter Inter-
vention des Amtsarztes ist durch diesen auch
eine genaue Controle über die Verwendung des
Saccharins in diesen Geschäften vorzunehmen.
Die erste dieser Controlirungen ist jeden-
falls noch im Laufe dieses Jahres an der Hand
von den betreffenden Amtsärzten im Dienstwege
sofort zu übermittelnden Auszügen aus den
heigeschlossenen zollämtlichen Nachweisungen
aus dem Aus-
lande bis Ende des Jahres 1898 und weiterhin
bis zum 30. Juni 1599 durchzuführen.
über die Einfuhr yon Saecharin
Insoferne die diesjährige Apothekenvisi-
428
tation bereits stattgefunden hat, hat der Amts- `
i
i tee BS , nach ordnungs- | arzt zu diesem Zwecke besondere Dienstreisen
vorzunehmen und die Controlirung unter Zu-
ziebung eines Vertreters des Gemeindeamtes
durchzuführen.
Die hiedurch erwachsenen Auslagen werden
auf Rechnung des Reisepauschales des Arztes,
beziehungsweise der Reisepauschalsreserve,
eventuell aus der Dotation für sonstige Sanitäts-
auslagen, jedenfalls ohne Ueberschreitung des
bewilligten Gesammteredites für Sanitätsauslager,
zu bestreiten sein.
Bei dieser Amtshandlung
stehender Weise vorzugehen:
Sowohl in den öffentlichen Apotheken, als
auch in Droguen- und Materialwaaren-Grosshand-
lungen ist zunächst durch Einsichtnahme in die
von diesen zu führenden Register festzustellen,
welche Saccharinmengen bis zum 20. April
1898 vorbanden waren, beziehungsweise nachher
bis zum 1. Juli 1898 im Inlande erworben
oder seit 20. April 1898 bis Ende des Jahres
1898 und weiters bis zum 30. Juni 1899 aus
dem Auslande bezogen und in das Empfangs-
register eingestellt wurden.
Bei den Apothekern ist ferner aus diesem
Register die Menge des in der Zeit vom
20. April 1898 bis Ende 1898, beziehungsweise
bis zum 30. Juni 1899 von inländischen Droguen-
und Materialwaaren-Grosshändlern erworbenen
Saccharins zu constatiren.
ist in nach-
Zu diesen Mengen sind sodann die even-
tuell nach dem 31. December 1898, beziehungs-
weise 30. Juni 1899 bis zum Tage der Con-
trolirung, und zwar bei den Apothekern und
Droguen-Grosshändlern aus dem Auslande, bei
ersteren auch von inländischen Droguen-Gross-
händlern
zurechnen.
bezogenen Sacecharinmengen hinzu-
Hiebei ist die genaue Uebereinstimmung
der Eintragungen der in der Zeit vom 20. April
bis 31. December 1898
30. Juni 1899 aus dem Auslande bezogenen
und weiters bis zum
Mengen an der Hand der betreffenden Angaben
in den angeschlossenen zollämtlichen Nach-
weisungen zu prüfen.
Diese Prüfung wird hinsichtlich der nach
dem 30. Juni 1899 gemachten Bezüge aus dem
Auslande erst bei der nächsten Controlirung
auf Grund der von den Zollämtern für das
"Wë
— 429 —
zweite Semester d. J. zu liefernden Nach-
weisungen vorzunehmen sein.
Nach Prüfung des Bezuges von Saccharin
sind die Ausgaberegister in der Weise zu iiber-
prüfen, dass zu constatiren ist, welche Saccharin-
mengen in der Zeit vom 20. April bis 1. Juli
1898, und welche Mengen seit dem 1. Juli 1898
bis zum 30. Juni 1899, und welche bis zum
Tage der Controlirung in Ausgabe gestellt
wurden, sowie ob diese Abgaben in der
Ministerialverordnung vom 20. April 1898,
R. G. Bl. Nr. 52 begründet sind.
Es wird daher im Sinne dieser Ministerial-
verordnung Folgendes zu constatiren sein:
1. Bei Apothekern. Die Menge
der (monatlich summarisch nachzuweisenden)
Quantitäten des zur Erzeugung von Arzneien
und diätetischen Mitteln oder der im Hand-
verkaufe abzugebenden saccharinhältigen Prä-
parate verwendeten Saccharinmengen (SG 2,
al. 1), ferner ob und welche Saccharinmengen
an bezugsberechtigte Kunden (§ 2, al. 2 be-
ziehungsweise $ 3) abgegeben wurden.
In letzterer Richtung sind hiebei die Daten
des Ausgaberegisters mit dem (nach $ 4) von
den Apothekern zu führenden Vormerkbuche
zu vergleichen.
2. Bei Apothekern und den Dro-
guen- und Materialwaaren-Gross-
händlern. Ob und welche Mengen an be-
zugsberechtigte Institute ($ 5, al. 1) oder be-
zugsberechtigte Gewerbetreibende ($ 5, al. 2
¡ und 3, beziehungsweise $$ 6 und 7, al. 2) oder
an Apotheken abgegeben wurden.
Bei der Controlirung der Droguen-, be-
ziehungsweise Materialwaaren-Grosshändler sind
hiebei die Daten des (nach $ 8, al. 2) von
denselben zu führenden Vormerkbuches mit
den Angaben des Ausgaberegisters zu ver-
gleichen.
Sodann ist zur Erhebung der factisch vor-
handenen Saccharinvorräthe zu schreiten und zu
constatiren, ob dieselben mit den am Tage der
Controlirung buchmässig vorhanden sein sollen-
den Vorräthen übereinstimmen.
Das Ergebniss dieser Prüfung ist in den
Registern ersichtlich zu machen und sind etwaige
vorgefundene Differenzen sofort im Dienstwege
der zuständigen Finanz-Bezirksdirection, be-
ziehungsweise dem Finanzinspectorate anzu-
zeigen.
Ueber das Ergebniss der amtlichen Revision
ist ein besonderes, sowohl vom Amtsarzte und
dem Vertreter des Gemeindeamtes, als auch
von der Partei zu fertigendes Protokoll zu ver-
fassen, welches von der k. k. politischen Be-
zirksbehörde der k. k. politischen Landesbehörde
vorzulegen ist.
Diese Protokolle sind nach vorgenommener
Prüfung derselben seitens der k.k.......
unter Anschluss einer summarischen Landes-
übersicht und unter Rückschluss der zuliegen-
den Ausweise der Finanzlandesbehörden sofort
anher vorzulegen.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom 21. bis
23. October 1 (0), 6 (1), 1 (3) Erkrankungen (Todesfälle) an Pest vorgekommen.
Behufs Desinfection und Reinigung der Häuser wurden von den Behörden sogenannte
„Desinfectionsbrigaden“ geschaffen, welche die Aufgabe haben, unter Leitung eines Arztes die
inficirten und unreinen Häuser der Stadt zu desinficiren, beziehungsweise zu reinigen; auch die
Associagao Commercial hat zwei solche Brigaden errichtet, weichen die Reinigung der am
Hafen gelegenen Häuser übertragen wurde.
Bulgarien. Mit Cireularerlass vom 5. October wurden in Vervollständigung der bisher
angeordneten Quarantainemassnahmen hinsichtlich der Weaareneinfuhr nachstehende Bestim-
mungen getroffen: 1. Waaren, welche aus einem inficirten Lande stammen, dürfen nach Bulgarien
eingeführt werden, wenn dieselbe aus diesem Lande vor mindestens 75 Tagen ausgeführt worden
sind, in einem europäischen Depot oder Zwischendepot abgelagert und daselbst zum freien
Verkehre zugelassen waren, und wenn dieselben nach Bulgarien mit einem reinen Schiffe an-
gekommen sind. Solche Waaren müssen mit einem Certificate versehen sein, in welchem genau
angegeben zu sein hat: die Herkunft, der Tag der Ausfuhr aus dem infieirten Lande und der
— 430 —
Ankunft in dem Depot des europäischen Hafens, ferner die Bestätigung, dass die be-
treffende Waare in dem Lande, wo sie abgelagert war, zum freien Verkehre zugelassen war,
und dass in diesem Lande kein Fall von Cholera, Pest oder Gelbfieber vorgekommen ist.
2. Ausgenommen hievon sind Säcke und Baumwolle, welche nur nach vorausgegangener Des-
infection eingeführt werden dürfen. 3. Die Einfuhr von Waaren, welche direct aus einem
inficirten Hafen kommen, ist verboten. 4. Waaren, welche von einem Certificate begleitet
sind, das bestätigt, dass sie Producte des Landes sind, aus welchem sie kommen, dass sie auf
einem reinen Schiffe angekommen sind und keinen inficirten Hafen berührt haben, können frei
nach Bulgarien eingeführt werden.
Britisch-Indien. In Bombay (Stadt) sind vom 9. bis 16. October 135 Erkrankungen und
113 Todesfälle an Pest vorgekommen.
Aegypten. In Alexandrien ist nach nahezu fünfwöchentlicher Pause am 5. November
neuerdings ein Pestfall vorgekommen.
Vermischte Nachrichten.
Wasserversorgung. Die Stadtgemeinde Brixen hat den Bau einer neuen Hochquellen-
leitung behufs Versorgung des Stadtgebietes Brixen mit Trink- und Nutzwasser beschlossen. Das
Quellengebiet befindet sich im Schaldererthale. Der Bau soll bis Ende l. J. fertig gestellt werden.
Honorirung der Privatärzte durch die Arbeiter-Unfallversicherungsanstalten. Anlässlich
der Beschwerde eines Privatarztes gegen die Zuerkennung eines ärztlichen Honorares fiir die
Abgabe eines in Angelegenheit der Arbeiter-Unfallversicherung erstatteten Gutachtens im Aus-
masse der in dem gerichtsärztlichen Tarife vom 17. Februar 1855, R.G. Bl. Nr. 33, festgesetzten
Gebüren hat das k.k. Ministerium des Innern mit dem Erlasse vom 30. April 1. J., Z. 16314, der
betreffenden Landesbehörde eröfinet, dass es keinen Anlass finde, hierüber eine Verfügung zu
treffen, weil der in der erwähnten Beschwerde berufene Ministerialerlass vom 9. September 1891,
Z. 1358, (siehe Jahrgang 1891 d. Bl. S. 350) seinem unzweideutigen Wortlaute nach einzig
und allein auf die bei den landesfürstlichen politischen Behörden angestellten Aerzte sich bezieht und
kein Zweifel darüber bestehen könne, dass die Ansprüche von Privatärzten für über Ansuchen
der Unfallversicherungsanstalten vorgenommene Erhebungen und sonstige Leistungen als auf
einem rein privatrechtlichen Verhältnisse gegründet, keineswegs im administrativen, sondern im
Civilrechtswege auszutragen sind.
Auskünfte über Ergebnisse gerichtlicher oder sanitätspolizeilicher Obductionen an Privat-
personen etc. Das k. k. Ministerium des Innern hat über die von einer Landes-
behörde gestellte Anfrage, ob den Vorständen von gerichtlich-medieinischen Instituten die Abgabe
von Aeusserungen und Befunden über die Todesursache von in den betreftenden Instituten
obducirten Personen an Privatparteien, Genossenschaften, Versicherungsgesellschaften etc. ge-
stattet sei, mit dem Erlasse vom 6. October 1899, Z. 1153, eröffnet, dass es dem Wesen
einer über behördlichen Auftrag vorgenommenen Amtshandlung nicht entspreche, wenn über die
Ergebnisse derartiger Obductionen an Privatparteien seitens der Obducirenden oder der Institute,
in welchen die Obductionen stattfinden, Auskünfte ertheilt werden; soferne für Privatparteien
solche Auskünfte und Gutachten thatsächlich von besonderer Wichtigkeit sind, werden sich dieselben
unter Nachweisung des Grundes oder Zweckes, für welchen dieselben diese Informationen an-
streben, an jene Behörde zu wenden haben, welche die Obduction veranlasst hat und welcher
es auch vorbehalten bleibt, ob und in welchem Umfange sie die Auskünfte zu ertheilen oder
das Gutachten der Partei bekannt zu geben findet.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der zweiwöchentlichen Periode vom 15. October bis 28. October 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Jablonitza 1, Ploska 1;
in Galizien in den politischen Bezirken: Dobromil: Leszezawa gorna 6; Husiatyn:
Celejow 1; Kolomea: Kamionki wielkie 2, Kolomea 1; Rzeszow: Borek nowy 1, Zglobien 1;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode
vom 15. October bis 28. October 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Dobromil: Liskowate 5; Husiatyn:
Samoluskowce 2, Zabince 9; Nadworna: Oslawy biale 7; Przemyslany: Przegnojow 1;
Rawa: Smolin 2; Tlumacz: Krzywotuly stare 6; Zaleszezyki: Worwolince 1.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
—-A A Gegen er —
—
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Das Österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen ,
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmeastrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pránumerationsoreis bei directer Postzusendung ganzjährig fi. 6.—.
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XI. Jahrgang. gien, 16. November 1899. Nr. 46.
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Inhalt. Die Wasserversorgung in Krems a. d. Donau. (Schluss.) — Sanitátsgesetze und Ver-
ordnungen: Verordnung der Ministerien des Innern, des Handels und der Finanzen, betreffend die
Ausdehnung des Verbotes der Ein- und Durchfuhr gewisser Waaren und Gegenstände aus Brasilien
und Paraguay; Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend die Hinausgabe einer Belehrung über
die Schutzimpfung gegen Wuth und über die Aufnahme in die Schutzimpfungsanstalt gegen Wuth in
Wien und betreffend das Verzeichniss jener Eisenbahnverwaltungen, welche den in die Schutzimpfungs-
anstalt nach Wien, beziehungsweise nach Krakau abgegebenen, heilbedürftiigen Personen Fahrpreis-
begünstigungen gewähren. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Aus-
laude. — Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes am 11. November 1899 gelangten
nachstehende Referate zur Erledigung:
1. Gutachten über die Privilegirbarkeit gewisser Vorrichtungen zur Be-
handlung von Krankheiten, (Referent O. S. R. Hofrath Prof. Dr. S. Exner).
2. Gutachten über ein Project der Regulirung und Einwölbung eines
Industriewasserzulaufes in Böhmen. (Referent O. S. R. Prof. Dr. Max Gruber
und Hofrath Franz Ritter v. Gruber).
3. Begutachtung eines Lehrbuches der Somatologie des Menschen für
Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten. (Referent O. S. R. Prof.
Dr. Fl. Kratschmer).
Ferner gelangte eine Eingabe des Centralausschusses des Vereines der Thier-
ärzte in Oesterreich in Angelegenheit der thierärztlichen Praxis und der Standes-
organisation der Amtsthierärzte zur Discussion und ein diesfälliger Antrag zur An-
nahme.
Zum Schlusse der Sitzung machte Sectionschef Dr. Ritter v. Kus y Mittheilung
über die auf Pest und Cholera bezüglichen Vorkommnisse im Aus-
lande, sowie über die von der Regierung getroffenen und im Zuge begriffenen sanitäts-
polizeilichen Massnahmen, welche zustimmend zur Kenntniss genommen wurden.
Die vom Obersten Sanitätsrathe verfasste und an die politischen Behörden
und Aerzte hinausgegebene Instruction zur Behandlung und Bekämpfung
der Pest gelangte zur Vorlage und Vertheilung.
46
— 432 —
Die Wasserversorgung in Krems a. d. Donau.
(Schluss.)
Die Wasseranlage besteht aus: 1. der Wasserentnahmstelle, 2. aus der
Druckleitung, 3. aus dem Hochreservoir und 4. aus der Vertheilungs-
leitung.
1. Die Wasserentnahmstelle. Dieselbe befindet sich in der Ried
»Thalland« nordöstlich von Krems auf einer dem Bürgerspitalsfonde gehörigen
Ackerparcelle.
Der Brunnen ist von der vorüberführenden Bezirksstrasse Krems-Hadersdorf
43 Meter entfernt, hat einen kreisförmigen Querschnitt von 3 Metern Lichtweite, ist
in Ziegelmauerung mit Cementkalk ausgeführt und mit gut schliessenden Eisenplatten
abgedeckt; über demselben ist ein Brunnenbäuschen mit einer versperrbaren Thüre
angebracht.
Die um den Brunnen liegende Humusschichte ist auf 4 Meter im Umkreise
entfernt, der Boden mit einem 05 Meter dicken Lehmschlage versehen, über dem
Lehmschlage ist eine 15 Centimeter starke Betonschichte, darüber eine Sandschichte,
welche von einem gegen die, Peripherie schief abfallenden Pflaster bedeckt ist, dessen
Fugen mit Pflasterkitt ausgegossen sind.
Unmittelbar neben dem Brunnen befindet sich das Maschinen- und Kessel-
haus, dessen vordere Längsseite der Bezirksstrasse zu gewendet ist.
Im Maschinenraume, dessen Fussboden 42 Meter unter dem Terrain
liegt, sind 2 Compoundmaschinen mit Condensation und 38 Pferdekräften auf-
gestellt; im anstossenden Kesselhause, welches mit seinem Boden über dem Terrain
gelegen ist, befinden sich 2completeEinflammrohrkessel. Je eine Compound-
maschine und ein Einflammrohrkessel bilden für sich ein abgeschlossenes Pump-
werk mit 4 Pumpen, welche, zu zweien an jeder Pumpseite angebracht, unabhängig
von einander ein- und ausgeschaltet werden können. Dieselben werden gegenwärtig
abwechselnd täglich durch "10—12 Stunden in Betrieb gesetzt, innerhalb welcher Zeit
die Hebung der für den ganzen Tag erforderlichen Wassermenge durchgeführt
werden kann. In jeder Maschine liegt eine gewisse Reserve, indem jede Pumpseite
der doppeltwirkenden Pumpe für sich allein in Betrieb zu setzen ist. Die Maschinen
sind im Stande, je 2000 Cubikmeter Wasser auf die erforderliche manometrische
Förderhöhe von 88-4 Metern innerhalb 23 Stunden zu heben. Maschinen- und Kessel-
haus sind durch eine Thüre verbunden und habeu ein gemeinsames Dach, welches
im Maschinenhause zur Hintanhaltung der äusseren Temperatureinflüsse eine Decke
besitzt. Im Maschinenhause ist überdies noch Raum zur Aufstellung einer Compound-
Reservemaschine fiir den Fall, als zur Bedeckung des Wasserbedarfes in allerdings
ferner Zukunft die beiden derzeit vorhandenen Maschinen gleichzeitig in Thätigkeit
gesetzt werden müssten.
Der Schornstein befindet sich 1 Meter hinter dem Kesselhause und ist für
3 Kessel dimensionirt.
An der hinteren Front des Maschinen- und Kesselhauses befindet sich ein
Wärterzimmer für den Maschinenwiirter und ein Kohlenmagazin. Im Maschinen-
und Kesselhause, sowie auch im Kohlenmagazine sind ausreichende Ventilations-
vorkehrungen angebracht.
Das Wohnhaus liegt mit seiner Front an der Bezirksstrasse; in demselben
sind die beiden abwechselnd dienstleistenden Maschinenwärter untergebracht. Die
Aborte im Wohnhause und jener im Maschinenhause sind mit Tonnen versehen,
welche in aus Stampfbeton hergestellten 'Tonnenkammern untergebracht sind und
durch eine Hebevorrichtung leicht ausgewechselt werden können.
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K— (re —
A
— 433 —
Die Umgebung des Brunnens ist gegen Westen und Norden in einer Entfer-
nung von 50 Metern, gegen Osten und Süden, wegen der hier verlaufenden öffentlichen
Wege (Gemeindeweg und Bzzirksstrasse), in einer Entfernung von 47, beziehungs-
weise 43 Metern durch einen 0°5 Meter hohen Damm vor dem Zufliessen von: Nieder-
schlagswässern gesichert und durch eine auf dem Damme angebrachte 1'5 Meter hohe
Staketten-Einfriedung nach Aussen abgeschlossen. Die Strassengräben der vorüber-
führenden Bezirksstrasse sind in der ganzen Länge der Kinfriedung (93 Meter)
beiderseits betonirt; der längs des östlichen Gemeindeweges gezogene Wasser-
lauf ist mit Steinen ausgelegt. Der eingefriedete Raum ist derart planirt, dass
die Niederschlagswässer einem in den betonirten Strassengraben führenden Rohr-
canale zufliessen, in welchen auch die Dachwässer des Maschinenhauses und des
Wohnhauses eingeleitet werden. Vom Strassengraben werden die Tagwässer durch
einen den Strassen- und Eisenbahnkörper durchschneidenden betonirten Durchlass
in den in der Richtung gegen; Landersdorf zur Donau führenden Woasserabzugs-
graben geleitet.
Die Condensationswässer der Dampfmaschinen werden durch eine
eigene, aus glasirten Thonröhren hergestellte Leitung in zwei jenseits der Strasse und
der Eisenbahn ungefähr 200 Meter vom Brunnen entfernt gelegene Sickerschächte
geführt, welche einen Durchmesser von je 3 Metern besitzen und bis zur Schotter-
schichte hinabreichen; bis auf eine Höhe von 1 Meter liegt das Ziegelmauer-
werk trocken, von da ab sind die Schächte überwölbt;: ihre grösste Tiefe be-
trägt 1'75 Meter. Eine Steinplatte bedeckt die Einsteigöffnung. Die Schächte sind
mit Erde bedeckt und derart hergestellt, dass dieselben entweder gleichzeitig oder
einzeln in Thätigkeit gesetzt werden können. Zu letzterem Zwecke besitzt jeder Schacht
einen Verschlussschieber.
Der eingefriedete Platz ist mit Waldbäumen bepflanzt. Jede wie immer
geartete Verunreinigung desselben ist strengstens untersagt. Der hiedurch geschaffene
Schutzrayon ist allerdings ein beschränkter; die Erwerbung eines allen Anforderungen
entsprechenden Schutzgebietes stiess bei dem Mangel eines Enteignungsrechtes und
bei den eigenthümlichen Besitzstandsverhältnissen in der Ried Thalland von vorne-
herein auf unüberwindliche Schwierigkeiten; die Ablösung der Eigenthumsrechte der
in Betracht kommenden zahlreichen Besitzer der umliegenden Grundparcellen würde
nicht nur langwierige Verhandlungen, sondern insbesondere für die Stadt Krems un-
erschwingliche und zu den Kosten der Wasserleitung in keinem Verhältnisse stehende
(reldsummen erfordert haben.
Welche Hindernisse in dieser Beziehung zu erwarten standen, haben die
Verhandlungen zum Zwecke der Herstellung des gegenwärtigen, engeren Schutzgebietes
gezeigt. Zu letzterem war die Erwerbung eines Grundstückes, welches nicht im Be-
sitze des Bürgerspitalsfondes stand, sondern einem Anrainer gehörte, nothwendig. Erst
nach langen Verhandlungen und gegen Bezahlung eines für die dortigen Grundpreise
geradezu horrenden Betrages konnte die Abtretung dieses einige hundert Quadratmeter
grossen Ackertheiles erzielt werden.
_ Unter diesen Verhältnissen musste seitens der Sanitätsbehörde im Interesse des
Zustandekommens der Wasserleitung von der ursprünglichen Forderung eines
grösseren Schutzrayons abgegangen werden. Es wurde der Stadtgemeinde
Krems jedoch nahe gelegt, Vereinbarungen zu treffen, dass in der Umgebung nicht
übermässig gedüngt, und dass zur Düngung keine Jauche verwendet werde; auch
wurde derselben anempfohlen, sich eine Art erweiterten Schutzgebietes dadurch zu
sichern, dass im Umkreise von circa 250 Metern die Errichtung von gewerblichen
Betrieben, welche den Boden zu verunreinigen geeignet wären, hintangehalten und
die Erbauung von Wohnstätten verhindert werde.
46*
— 434 —
2. Die Druckleitung. Die Druckleitung hat eine Länge von 3025 Metern,
besteht aus gusseisernen Muffenrohren mit einer inneren Lichtung von 225 Millimetern;
der Scheitel.der Rohre liegt 15 Meter unter dem Terrain.
Die Trace der Druckleitung folgt anfangs in einer Länge von 1530 Metern der
naclı Krems führenden Bezirksstrasse, biegt sodann nördlich in einen Gemeindeweg,
durchquert rasch ansteigend die terassenartig übereinander liegenden Weingärten
und mündet schliesslich in das nördlich von Krems gelegene Hochreservoir ein.
Die Dichtung der Muffen ist mit Hanf und Blei hergestellt und vermag einem
Drucke von 10 Atmosphären Widerstand zu leisten.
An den höchsten Punkten der Leitung sind mechanisch functionirende Luft-
ventile, an den tiefsten Stellen Grundablässe angebracht, durch welch’ letztere
das Wasser der Druckleitung im Bedarfsfalle abgeleitet werden kann.
Am Beginne der Druckleitung ist eine Rückschlagklappe eingesetzt, die den
Rückfluss des Wassers beim Aufhören der Pumpwirkung behindert.
3. Das Hochreservoir. Dasselbe bezweckt einen ökonomischen Betrieb des
Pumpwerkes, die Fortdauer der Wasserversorgung bei eintretender Störung in der
Zuleitung und die stossfreie und ruhige, dem Verbrauche entsprechende Uebermittlung
der vom Brunnen zufliessenden Wassermenge an das Vertheilungsnetz.
Es ist nördlich von Krems auf der Ried »Kraxen« 2687 Meter über dem Meeres-
spiegel gelegen und in den gewachsenen Boden eingebaut. Der geodätische Höhen-
unterschied zwischen dem tiefst abgesenkten Wasserspiegel im Brunnen und dem
Wasserspiegel im Reservoir beträgt 78°4 Meter, wodurch nicht nur die Einleitung des
Wassers in die höchst gelegenen Häuser, sondern auch die Benützung desselben bei
Feuersgefahr an irgend einem Punkte der Stadt ermöglicht ist.
Die Mauerung ist in Sohle, Wänden und Decke aus Beton hergestellt. Die Sohle
ist 60 Centimeter, die Wände sind 1 Meter stark. Die Ueberwölbung ist durch
eine Asphaltschichte gegen Eindringen von Tagwässern geschützt. Ueber dieser
Schichte liegt noch eine circa 2 Meter hohe Anscelitittung zum Schutze vor äusseren
Temperatureinfliissen,
Das Reservoir besitzt einen Fassungsraum fiir 600 Cubikmeter, ist durch eine
Zwischenmauer in zwei gleiche Hälften getheilt, von denen jede mit separater Zu-
und Abflussleitung und mit gesonderter Entleerungs- und Ueberlautleitung versehen
ist. In jeder Halfte sind Fiihrungsmauern eingesetzt, welche den Zweck haben, das
Wasser in steter Circulation zu erhalten.
Eine elektrische Leitung übermittelt den jeweiligen Stand des Wassers
im Reservoir an die Pumpstation.
Die Lufteirculation ist durch Kamine ermöglicht. Zur Bergung und Hand-
habung der Absperrschieber ist an der Vordermanuer ein eigener Vorbau hergestellt, aus
dem man auch ins Reservoir zum Ein- und Ueberlauf gelangen kann. Zu den Aus-
läufen führen besondere Schächte.
4. Vertheilungsleitung. Die Vertheilung des Wassers geschieht durch
Combination des Veriistelungs- und Circulationssystems.
Das Fallrohr führt die Gesammtmenge des Wassers vom Reservoir über die
Langenloiserstrasse zur Wienerbriicke; hier zweigen Rohre in die Wienerstrasse und
ILohensteinstrasse ab. Hierauf übersetzt das Hauptrohr den Kremstluss syphonartig
und verzweigt sich längs der einzelnen Strassenzüge der Stadt, deren Leitungsrohre in
den (uerstrassen durch Communicationsstränge mit einander verbunden sind.
Sämmtliche Leitungen bestehen aus gusseisernen Mu ffenrohren mit Blei-
und Hantdichtung. Dieselben liegen ebenso wie die der Druckleitung mindestens
15 Meter unter dem Terrain. :
An den Abzweigstellen sind Absperrschieber angebracht, wodurch Betriebs-
störungen in Folge Ruhrbruches auf kleinere Gebiete localisirt werden können.
>
FP -
— 435 —
Zu Feuerlöschzwecken und zur Strassenbespritzung sind Hydranten (Unter-
und Oberflurhydranten) in einer Entfernung von je 80—100 Metern aufgestellt.
Die Wasserabgabe an die Häuser erfolgt durch Anbohrung der Strassenleitung.
Für die Hauseinleitungen werden geschwefelte Bleiröhren verwendet.
Sowohl die Strassenleitungen als auch die Hauseinleitungen sind mit Absperr-
ventilen versehen; die der ersteren sind nur für Organe der Stadt zugänglich,
während die Absperrvorrichtungen der Häuser dem Hausbesitzer überantwortet
werden, damit die Leitung im Winter bei starkem Froste oder im Falle der Vor-
nahme von Reparaturen entleert werden kann.
Da die von der eingangs erwähnten Alaunthalwasserleitung gespeisten Aus-
laufbrunnen dem öffentlichen Bedürfnisse genügen, und eine Vermehrung derselben
im Interesse der allgemeinen Einführung der Hauseinleitungen nicht angezeigt er-
schien, wurde das Wasser der neuen Leitung ausschliesslich für Hauseinleitungen
bestimmt.
Die Zahl der Hauseinleitungen betrug zur Zeit des provisorischen Be-
triebes 320; mit der Einführung des definitiven Betriebes ist dieselbe auf 405 ge-
stiegen, so dass gegenwärtig fast zwei Drittel aller Häuser von Krems mit Tiefquellen-
wasser versorgt sind.
Ergebniss der chemischen und bacteriologischen Untersuchung.
Die Bewilligung zur definitiven Inbetriebsetzung der Wasserleitung wurde seitens
der Sanitätsbehörde von dem Ergebnisse der vorausgegangenen, neuerlichen Unter-
suchurg des Wassers durch eine autorisirte Fachanstalt abhängig gemacht.
Zu diesem Zwecke wandte sich die Stadtgemeinde-Vertretung an die k. k. all-
gemeine Untersuchungsanstalt für Lebensmittel in Wien, welche am 11. Februar 1899
ein Fachorgan zur Vornahme der Untersuchung des Wassers an Ort und Stelle ent-
sandte. Das zu untersuchende Wasser wurde commissionell entnommen, und die
Gelatine-Culturproben wurden sofort nach Entnahme des Wassers angelegt.
Das von der k. k. Untersuchungsanstalt für Lebensmittel erstattete
Gutachten lautete folgendermassen:
„Die Untersuchung der am 11. Februar 1899 durch den k. k. Adjuncten der Anstalt
Dr. Franz Schardinger entnommenen Wasserproben hat ein befriedigendes PER
geliefert.
Das untersuchte Wasser ist frei von Ammoniak, schwefeliger Säure und Schwefelwasser-
stoff und enthält nur minimale Mengen von organischen Stoffen, zeigt somit keine Spuren
frischer Verunreinigung durch Fäulniss- menschliche oder thierische Abfallstoffe. Die gefundenen
Mengen von Chlor und Salpetersäure liegen innerhalb jener Grenzen, welche von reinen Trink-
wässern aus Culturböden eingehalten werden.
Der Härtegrad des Wassers (13:36) ist gutem Trinkwasser entsprechend.
Die Keimzahl (34 pro Cubikcentimeter innerhalb 8 Tagen) liegt unter der Grenzzahl, die
gewöhnlich bei reinen Wässern noch als zulässig angesehen wird (50 Keime im Cubik-
centimeter).
Bei der Besichtigung der Oertlichkeit des Brunnens und des Punes wurde kein
Anstand gefunden mit Ausnahme des Umstandes, dass das der Stadtgemeinde gehörige Schutz-
gebiet allzu klein bemessen ist. Es sollte sichergestellt werden, dass der Boden in der Nachbar-
schaft des Pumpwerkes auf ein paar hundert Meter EE stromaufwärts nicht gedüngt
werde (vgl. die obigen| Ausführungen). Mindestens ist anzuempfehlen, den Reinheitszustand
des Wassers zur Zeit der Düngung und stärkerer Niederschläge durch neuerliche, wiederholte
chemische und bacteriologische Untersuchungen sicherzustellen. Gegen die Verwendung des
Wassers in seinem dermaligen Zustande zum Trinken und zum Hausgebrauche ist nichts ein-
zuwenden.“
Einfluss desandauernden Betriebes, der Niederschläge und
des Wasserstandes der Donau auf die Wasserstandsverhältnisse
im Schachtbrunnen. Die mittlere Höhe der Wassersäule im Brunnen beträgt
— 436 —
4:5 Meter. Der Spiegel derselben liegt 11:7 Meter unter dem Terrain und 1:2 Meter
über dem relativen Nullpunkte des Wasserstandes der Donau.
Das Verhältniss des Wasserstandes im Pumpbrunnen zu jenem der Donau ist
aus dem unten dargestellten Querprofile ersichtlich; in demselben ist die Höhe 50 mal
grösser genommen als die Länge, wodurch das Bild allerdings verzerrt erscheint,
dafür jedoch an Anschaulichkeit gewonnen hat. |
Querprofil vom Pumpbrunnen gegen die Donau.
k.kStaatsbahn.
Landersdorf
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runnen Sohle.
Mafsstab: Längen 1:25000, Höhen 1:500.
Bei Entnahme von 800 Cubikmetern Wasser fällt der Wasserspicgel im Brunnen
um 76 Centimeter und bleibt auf diesem Punkte, wenn auch noch weitere bedeutendere
Quantitäten entnommen werden.
Bei anhaltenden Niederschlägen steigt die Wassersäule bis auf eine Höhe
von 5'8 Metern und sinkt bei längerer Trockenheit bis auf 4 Meter herab.
Da der Grundwasserstrom im Wasserentnahmgebiete mit dem Donauwasser
in keinem anderen Zusammenhange steht, als dass derselbe in der Richtung von
Nordwest nach Südost in sanftem Gefälle dem Donaubette zufliesst, stand zu
erwarten, dass die HHochwasserstände in der Donau den Wasserstand im Brunnen
nur indirect durch Rückstauung beeinflussen werden. Thatsiichlich betrug der
Wasserstand im Brunnen anläs-lich des im September 1599 bestandenen Hochwassers,
bei welchem die Donau eine Höhe von 6°25 Metern über Null erreichte nur 5'8 Meter
über der Brunnensohle und blieb somit um 3°75 Meter niedriger wie in der Donau.
Auf die makroskopische Reinheit des Brunnenwassers hat der Hochwasserstand
keinen Eintluss genommen; eine bacteriologische oder chemische Untersuchung des
Wassers wurde damals nicht veranlasst.
Kosten und Rentabilität der Wasserleitung. Die Gesammtkosten der
beschriebenen Anlage. welche den Namen >Kaiser Franz Josef Jubiläums-
Wasserleitung: führt, beziffern sich ausschliesslich der Kosten für Hausein-
leitungen, welche von den Hausbesitzern zu tragen sind, auf 182.000 fl.
Die jährlichen Betriebskosten betragen ungefähr 5500 Al.
Die Berechnung des Wasserzinses für die einzelnen lläuser erfolgt nach
der Zahl der vorhandenen Räumlichkeiten. Für einen Wohn- oder Küchenraum werden
— 437
jährlich 1 fl. 50 kr., fir ein Closet 3 fl, für ein Badezimmer mit Wasserzuleitung
5 fl., ohne letztere 3 fl. berechnet. Für Waschküchen mit Wasserzuleitung sind
1fl. 50 kr. per Partei und Jahr zu entrichten. In Gewerbebetrieben, in welchen
grössere Wassermengen verbraucht werden (Gast- und Caféhiuser, Fleischhauereien,
Selchereien ete.) sind Wasseruhren aufgestellt. Das Erträgniss des Wasserzinses im
Jahre 1899 ist mit mindestens 11.000 fl. veranschlagt.
Nach Abzug des von der Sparcasse in Krems gespendeten Capitals von 40.000 fl.
verbleiben zur Verzinsung 142.000 fl, wozu bei einem Zinsfusse von 4 Percent
(einschliesslich der Amortisation) 5680 fl. erforderlich sind.
Die jährlichen Ausgaben betragen somit unter Zuzählung der Betriebskosten
11.180 fl. und erscheinen durch die Einnahmen schon in diesem Jahre nahezu voll-
ständig gedeckt; bei der voraussichtlichen Zunahme der Zahl der Hauseinleitungen
steht zu erwarten, dass sich schon in den nächsten Jahren ein namhafter Betriebs-
überschuss ergeben werde, welcher am zweckmässigsten zur Erweiterung des Ver-
theilungsnetzes bis zu den an der Peripherie des Gemeindegebietes gelegenen
Häusern und zur Errichtung neuer öfřentlicher Auslaufbrunnen verwendet werden kann.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Verordnung der Ministerien desInnern, | Erlass des k.k. Ministeriums des Innern
des Handels und der Finanzen vom |
9. November 1899,
R. G. Bl. Nr. 213,
betreffend Ausdehnung des Verbotes der
Ein- and Durchfahr gewisser Waaren und
Gegenstände aus Aegypten, R. G. BI. Nr. 99
ex 1899, auf Brasilien und Paraguay.
Aus Anlass der in Santos in Brasilien und
in Paraguay vorgekommenen Pestfälle wird
zum Zwecke der Verhütung der Einschleppung
ansteckender Krankheiten im Einvernehmen mit
der königlich ungarischen Regierung das mit
der Ministerialverordnung vom 6. Juni 1899,
R. G. Bl. Nr. 99, erlassene Verbot der Ein-
und Durchfuhr gewisser Waaren und Gegen-
auf
stände aus Aegypten auf Brasilien und
Paraguay ausgedehnt.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage, an
welchem sie den betreffenden Zollämtern, be-
ziehungsweise Scesanitätsbehürden bekannt wird,
in Kraft.
vom 23. October 1899, Z. 15478,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Hinausgabe einer Belehruug
über die Schutzimpfang gegen Wuth und
über die Aufnahme in die Schutzimpfungs-
anstalt gegen Wuth in Wien.
Während des vierjährigen Bestandes der
staatlichen Schutzimpfungsanstalt gegen Wuth
(Lyssa) in Wien (in der k. k. Krankenanstalt
„Rudolfstiftung“, III. Gemeindebezirk, Boerhave-
gasse Nr. 2 und Rudolisgasse Nr. 15) haben
sich laut Berichtes der Statthalterei in Wien
in Bezug auf die Ueberstellung von auswärtigen
Hilfsbedürftigen in die gedachte Anstalt Uebel-
stände ergeben, auf welche die unterstehenden
politischen Behörden behufs Vermeidung der-
selben in künftigen Fällen aufmerksam zu
machen sind.
Insbesondere wurde in mehreren Fällen
dio Wahrnehmung gemacht, dass bereits an
Wuth erkrankte Personen zur antirabischen,
ihrem Wesen nach vorbeugenden (nicht etwa
die heilenden) Be-
handlung in die k. k. Krankenanstalt „Rudolfs-
ausgebrochene Krankheit
stiftung” gebracht, dass ferner von wüthenden
oder der Wuth verdiichtigen Hunden gebissene
Personen ohne entsprechende Belehrung über
— 438 —
die mindestens 14tägige Behandlungsdauer, oder | Militär-Tbierarzneiinstitut und
verspätet, nicht selten sogar erst nach Wochen,
oder aber ohne Mittheilung darüber, ob die
betreffenden Thiere zweifellos wuthkrank, be-
ziehungsweise dieser Krankheit blos verdächtig
waren, in die Schutzimpfungsanstalt gegen Lyssa
befördert wurden. :
Zum Zwecke der Behebung dieser Mänge
wird der k. k....... die angeschlossene
vom niederösterreichischen Landessanitätsratbe
verfasste Belehrung über Aufnahme und Be-
bandlung von Pfieglingen der erwähnten Anstalt
mit der Einladung übermittelt, die Gemeinde-
vorsteher, Gendarmieposten, Aerzte, Thierirzte
sowie weitere Bevölkerungskreise in geeigneter
dem Inhalte derselben bekannt
machen zu lassen.
Hiebei wird ausdrücklich bemerkt, dass,
obgleich die Behandlung in der Schutzimpfungs-
Weise mit
anstalt gegen Lyssa in der Regel ambulatorisch
erfolgt, heilbediirftige Personen, welche fir ihre
Unterkunft und Verpflegung in Wien nicht
sorgen können, in den Verpflegsstand der k. k.
Krankenanstalt „Rudolfstiftung“ aufgenommen
werden.
Um bei Einleitung der antirabischen Be-
handlung genügende Anhaltspunkte dafür zu
erlangen, ob eine Wuthinfeetion vorliege, ist
auch in der Richtung Vorsorge zu treffen, dass
im Grunde der Bestimmung der Durchfiihrungs-
verordnung zum Thierseuchengesetze ($ 35) in
Fällen, in welchen Menschen von wuthverdäch-
tigen Thieren gebissen worden sind, die be-
Thiere,
(Gefahr eingefangen und sicher untergebracht
tretfenden insoferne dieselben ohne
werden können, nicht sofort getödtet, sondern
verwahrt und unter thierärztliche Beobachtung
gestellt werden, um den Bestand der Wuth
constatiren oder ausschliessen und hienach die
entsprechenden weiteren Massnahmen treffen,
eventuell den gebissenen Personen Beruhigung
gewähren zu können.
Im Falle der Tödtung oder des Verendens
wuthverdichtiger Thiere, von welchen Menschen
gebissen worden sind, ist stets der Kopf sammt
dem ersten Drittel des Halses des betrettenden
Erlasses vom
23. September 1595, Z. 25202 (Oesterreichisches
Cadavers im Sinne des h. o.
thierárztliche
Hochschule in Wien behufs Durchführung der
erforderlichen diagnostischen Thierimpfungen
zu senden.
In jedem Falle ist vorzusorgen, dass den
Hilfsbedürftigen die rascheste Abreise in eine
Schutzimpfungsanstalt ermöglicht und das amt-
liche Certificat über die Nothwendigkeit der
antirabischen Bebandlung nach dem in der
Nr. 39 des „Oesterreichischen Sanitätswesen“
vom Jahre 1894 veröffentlichten Formulare un-
verweilt ausgestellt werde.
In den vierwöchentlichen Nachweisungen
über Infectionskrankheiten ist hinsichtlich der
von wuthverdächtigen Thieren gebissenen Per-
sonen regelmässig anzuführen, ob die gedachten
Personen der präventiven Pasteur’schen Be-
handlung zugeführt worden sind, beziehungs-
weise aus welchem Grunde dieselbe unterblieb.
Der Gesundheitszustand der gebissenen,
auch der mittelst Priiventivimpfung behandelten
Personen ist durch ein Jahr lang in Evidenz
zu halten.
Ueber die anlässlich dieser Beobachtungen
gewonnenen Erfahrungen ist im jährlichen
Sanitätsberichte der Amtsärzte lit. R in einem
gesonderten Abschnitte zu berichten.
Bei der Bekämpfung der Wuthkrankheit
an Menschen und Thieren wird das einvernehm-
liche Vorgehen der Sanitäts- und Veterinär-
beamten der politischen Behörden jederzeit
vorausgesetzt.
Zwei Abschriften der im Gegenstande ge-
troffenen Verfügungen sind vorschriftsmässig
anher vorzulegen.
Belehrung
über die Schutzimpfung von Personen,
welche von wuthverdächtigen Thieren
gebissen wurden und über die Aufnahme
gegen
in die Schutzimpfungsanstalt
Wuth in Wien.
In der seit dem Jahre 1894 bestehenden
Schutzimpfungsanstalt gegen Wuth in Wien
(in der k. k. Krankenanstalt’ ,, Rudolfstiftung“)
werden von wüthenden oder wuthverdächtigen
Thieren verletzte Personen einer gegen den
Ausbruch der Wuthkrankhbeit gerichteten Be-
Sanititswesen Nr. 46) direct an das k. und k. | handlung (nach Pasteur) unterzogen.
en ee
WG
Diese Behandlung ist, soweit
ambulatorisch stattfindet, unentgeltlich und
nimmt in leichten Fällen 14, bei schweren
Ver:etzungen (z. B. Bissen im Gesichte) 20 bis
30 Tage in Anspruch.
Die Behandlung besteht in Einspritzungen
unter die Haut, welche täglich einmal vor-
“ genommen werden, daher die Aufnahme des
in die Krankenanstalt gewöhnlich
nicht erforderlich ist, sie ist vielmehr nur bei
Verletzten
solchen Personen wünschenswerth, welche ent-
weder — wie Kinder — ohne Begleitung Er-
wachsener kein geeignetes Unterkommen in
Wien finden, oder — wie völlig Unbemittelte
— unterstandslos sind.
Im Interesse einer sicheren Wirkung der
Behandlung ist es erforderlich, dass diese
Impfungen möglichst bald, in den ersten Tagen
nach der Verletzung beginnen können. Bei
bereits vorhandenen Erscheinungen der Wuth-
krankheit ist die Behandlung nicht mehr an-
wendbar, und sind
eigenen Interesse und dem ihrer Umgebung
solche Kranke in ihrem
- nicht nach Wien zu dirigiren. Sollte ein solcher
Transport aber unvermeidlich sein, so ist eine
verlässliche Begleitperson, die von einem Ärzte
zu instruiren ist, beizustellen.
Die in die Schutzimpfanstalt gegen Wuth
in Wien überwiesenen Personen haben das
amtliche Certificat,
auch die das wüthende oder wuthverdächtige
Thier betreffenden Angaben zu enthalten hat,
mitzubringen.
vorgeschriebene welches
Mittellosen heilbedürftigen Personen, welche
sich behufs antirabiecher Behandlung in die
Lyssa-Schutzimpfungsanstalt nach Wien begeben,
beziehungsweise auch dem etwa nothwendigen
Begleiter solcher Verletzten werden seitens der
Bahnverwaltungen laut Erlasses des Ministeriums
das Innern vom 23. September 1599, Z. 19386,*)
Fahrpreisbegünstigungen gewährt.
Bei begründetem Wuthverdachte ist nicht
erst das Ergebniss der eingeleiteten experi-
mentellen Constatirung der Wuth abzuwarten,
sondern sofortige Behandlung zu empfehlen.
*) Siehe den folgenden Erlass,
*
439
pc a SE EE EE EE
—
dieselbe | Erlass des k. k. Ministeriums des
Innern vom 23. September 1899,
Z. 19386,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend das Verzeichniss jener Eisenbahn-
verwaltangen, welcheden indie Lyssa-Schutz-
impfangsanatalt nach Wien, beziehungsweise
mach Krakau abgegebenen heilbedtirfiigen
Personen Fahrbegünstigung gewähren.
Um den mehrfach vorgekommenen Miss-
verständnissen, welche sich anlässlich der Be-
heilbedürftigen
in die Lyssa-Schutzimpfungsanstalt
nach
förderung von mittellosen,
Personen
(Schutzimpfungeanstalt gegen Wuth)
Wien, beziehungsweise nach Krakau mittelst
Eisenbahn bezüglich des Anspruches auf Fahr-
preisermässigung ergeben haben, zu begegnen,
wird der k.k.......
Verzeichniss
zur weiteren Veran-
lassung Eisenbahn-
verwaltungen übermittelt, welche sich laut anher
ein jener
gelangter Mittheilungen bis auf Weiteres bereit
erklärt haben,
Fahrbegünstigung zu gewähren.
in den erwähnten Fällen eine
Uebersicht
über die Fahrbegiinstigungen auf den öster-
heil-
bedürftige Personen, welche sich in die Lyssa-
reichischen Eisenbahnen für mittellose,
Schutzimpfungsanstalt nach Wien, beziehungs-
weise nach Krakau begeben.
A. Die Fahrkarte
wird mittelbar anderPersonencasse
auf Grund des
ausgestellten gemeinde-
ermässigte
ausgefertigt, und zwar
vorgewiesenen, legal
ämtlichen Zeugnisses, in welchem die Mittellos-
sigkeit der betreffenden Person und die Be-
dürftigkeit der Reise in die Lyssa-Schutz-
impfungsanstalt, sowie die allfällige Noth-
wendigkeit eines Reisebegleiters bestätigt wird,
beziehungsweise bei der Rückfahrt auf Grund
einer dem erwähnten Zeugnisse beigegebenen
Bestätigung der Anstaltsdireetion über die er-
folgte antirabische Behandlung.
1. K. k. österreichische Staatsbahnen.
Art der Begünstigung: Halber Fahrpreis in
der IHI. Wagenclasse,
(Freifahrtscheine können in berücksichtigungswür-
digen Fällen bei gänzlicher Mittellosigkeit über
ein diesbezügliches Ansuchen seitens der k. k.
— 440 —
Staatsbahndirectionen verabfolgt, eventuellkönnen '5. K. k. privilegirte Kaschau—Oderberger
die bei den Personencassen bezahlten halben | Eisenbahn.
Fabrpreise im KRückvergütungswege erstattet Art der Begünstigung: Gebührenfreie Fahrt
werden.) in der II. Wagenclasse. (Auf den öster-
; reichischen Linien.)
2. K. k. privilegirte Eisenbahn Wien —Aspang. 6. Privilegirte ósterreichisch - ungarische
Art der Begünstigung: conform mit der Be- ; Staats-Eisenbahngesellschatt.
günstigung auf den k. k. Staatsbahnen. (Auf den österreichischen Linien.)
(Hinsichtlich der Freifahrtscheine, beziehungsweise Art der Begünstigung: Halber Fahrpreis in
der Rückvergütung der entrichteten Fahrgebühren | der III. Wagenclasse. (Express- Luxus- und
wird ein analoger Vorgang wie bei den k. k. Schnellzüge ausgenommen).
Staatsbahnen beobachtet.)
Die gleiche Begünstigung gilt auf der Schneeberg- B. Die Fahrpreisermässigung
bahn. :wird über sehriftliches Einschreiten
bei der Eisenbahnverwaltung ge-
3.K. k. privilegirte Aussig—Teplitzer Eisen- : währt; eventuell kann im Falle der Noth-
bahn. | wendigkeit einer sofortigen Abreise die entrich-
Art der Begünstigung: Halber Fahrpreis in tete Fahrzebür zurückvergütet werden.
der III. Wagenclasse.
1. K. k. privilegirte österreichische Nordwest-
bahn und süd-norddeutsche Verbindungs-
bahn.) bahn.
Art der Begünstigung: Ermässigte Zonenkarte,
4. Ausschl. privilegirte Buschtéhrader Eisen- welche einen Nachlass von circa 50 Percent von
bahn. den normalen Fahrpreisen repräsentirt.
Art der Begünstigung: Halber Fahrpreis in | 2. K. k. privilegirte Südbahn-Gesellschaft.
der III. Wagenclasse der Personen- und |; Art der Begünstigung: OSOperc. Fahrpreis-
(Auf sämmtlichen Linien der Haupt- und Local-
der gemischten Züge, ¡ ermässiguug in der III. Wagenclasse.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom
24. October bis 29. October 27 Pesterkrankungen und 4 Todesfälle vorgekommen, und zwar
an den aufeinander folgenden Tagen: 4 (0), 8 (25, 3 (1), 5 (0), 6 (0), 1 (1).
(Griechenland. Mit kóniglichem Decrete vom 8. (20.) October wurde aus Anlass des
Auftretens eines Pestfalles in Plymouth gegen Provenienzen aus dieser Stadt eine strenge
ärztliche Visite angeordnet.
Grossbritannien. Die am Dampfer ,Peninsular* in Plymouth vorgefallene Pesterkrankung
(siehe S. 419 d. Bl.) betraf einen indischen Heizer, welcher am 9. October, kurz nach der
Abfahrt von Marseille unter verdächtigen Symptomen erkrankt und sofort isolirt worden war.
Am 14. October wurde derselbe mit dem ihm beigegebenen Wärter in Piymouth auf das Hafen-
lazarethschiff gebracht, woselbst die Erkrankung am 17. October als Pest erkannt wurde.
Nach eingehender ärztlicher Revision des Schiffes wurde den Passagieren die Ausschiffung
gestattet.
Britisch Indien. In Bombay sind vom 17.—23. September 159 Erkrankungen und
95 Todesfälle an Pest vorgekommen, in Caleutta vom 16.—23. September 47 Erkrankungen,
sätnmtliche mit tödtlichem Verlaufe, in Kurachee vom 27. September bis 3. October 8 Er-
krankungen und 5 Todesfälle.
Die Pilgerfahrt nach Mekka wird von der indischen Regierung aus nicht infieirten
Gegenden gestattet. Die Pilger dürfen sich jedoch nur in dem Hafen von Chittagong ein-
schiffen.
— 441 —
Hongkong. In Hongkong sind im Monate September 50 Erkrankungen an Pest, durch-
wegs mit tidtlichem Ausgange beobachtet worden.
Madagaskar. In Tamatave ist neuerdings die Pest ausgebrochen. Vom 26. September
bis 23. October sind 12 Erkrankungen, darunter 8 Todesfälle, constatirt worden. In dem Hafen
von Antoirane ist am 6., 8. und 10. October je ein Pestfall vorgekommen.
Mozambique. In Lorenzo Marquez sind 3 Pestfälle constatirt worden.
Choleranachrichten. Türkei. Die Cholera ist in Bassorah in Abnahme begriffen; vom
15. bis 21. October sind blos 5 neue Erkrankungen und 5 Todesfälle, vom 22. bis 28. October
nur mehr 2 Erkrankungen und 2 Todesfälle vorgefallen. Hingegen hat die Krankheit in der
Umgebung, namentlich in der Richtung gegen Norden an Ausbreitung gewonnen; so wurden
in einem an dem Zusammenflusse des Euphrat und Tigris gelegenen Orte vom inspicirenden
Sanitätsarzte in der Zeit vom 17. bis 19. October 15 Erkrankungen und 5 Todesfälle beob-
achtet.
Bulgarien. Mit Decret vom 6. (18.) October wurde mit Rücksicht auf das Auftreten der
Cholera in Bassorah diese Stadt als verseucht erklärt.
Vermischte Nachrichten.
Eingeschleppter Pestfall. Auf dem am 28. October aus Constantinopel nach Berührung
verschiedener türkischer und griechischer Zwischenhäfen in Triest eingetroffenen türkischen
Dampfer „Polis Mitilene* befand sich ein Bootsmann, welcher sich bereits seit 5—6 Tagen
unwohl gefühlt hatte. Alsbald nach der Ankunft in Triest begab sich derselbe aus eigenem
Antriebe zu einem Arzte. Dieser constatirte Bronchialkatarrh mit mässiger Athemnoth und
schickte den Kranken an Bord des Schiffes zuriick. In den folgenden Tagen besuchte der Arzt
den Kranken über Verlangen an. Bord, fand den Krankheitszustand verschlimmert und ver-
anlasste am 31. October, an welchem Tage der Dampfer Triest verliess, die Ueberführung des
Kranken in das allgemeine Krankenhaus, wo derselbe auf der Zahlabtheiluug Aufnahme fand.
In der Nacht vom 2. auf den 3. November traten auf der Haut des Unterleibes und der unteren
Extremitäten rosenrothe Flecken, welche auf Fingerdrücke verschwanden, auf und erregten
bei dem behandelnden Arzte den Verdacht auf Flecktyphus, weshalb derselbe die Anzeige an
das Stadtphysicat erstattete. Am 4. November starb der Kranke. Die Obduction ergab als Todes-
ursache Pyämie. Bei der bacteriologischen Untersuchung wurde eine Bacillenart gefunden,
welche mit Pestbacillen grosse Aehnlichkeit zeigte. Aus den an das pathologisch-anatomische
Institut in Wien eingesandten Trockenpräparaten und Culturen wurde von Obersanitátsrath
Professor Dr. Weichselbaum die Diagnose auf Pest sichergestellt.
Der Kranke war sofort, als der Verdacht einer Infeetionskrankheit aufgetaucht war, in
aicherer Weise in den hiezu bestimmten Räumlichkeiten isolirt worden, desgleichen das Wart-
personale, und sind alle zur Verhütung der Weiterverbreitung der Krankheit gebotenen Vor-
kehrungen getroffen. Professor Weichselbaum, welcher ohne Verzug zu weiteren wissenschaft-
lichen Erhebungen nach Triest entsendet worden war und hat sich über die getroffenen Anord-
nungen und prophylaktischen Vorkehrungen vollkommen befriedigt erklärt.
Irgend welche weitere verdächtige Erkrankungen sind in Triest nicht vorgekommen.
Vorkehrungen gegen Anchylostomiasis in Ungarn. Mit Circularerlass vom 19. Juni d. J.
Z. 65000, hat das königl. ungarische Ministerium des Innern zur Verhinderung dieser Krankheit
unter den Arbeitern, die Bergbau betreiben, folgende Anordnungen getroffen.
l. Die Bergarbeiter dürfen ihre Nothdurft im Innern des Bergwerkes nur an bestimmten
Plätzen in die daselbst aufgestellten, gut schliessenden und leicht transportablen Leibstühle
verrichten. Die Kübel der letzteren sind täglich hinauszuschaffen und nach Desinfection des In-
haltes an den hiezu bestimmten Orten zu entleeren. Zur Abtödtung der Eier ist wegen des niederen
Preises am besten Kalkmilch oder verdünnte Schwefelsäure zu verwenden.
2. Die Schmutzwässer der Bergwerke sind womöglich vollständig abzuleiten und ist die
Bildung von stehendem Wasser oder von Tümpeln hintanzuhalten.
3. Die als inficirt bekannten Plätze und Vorriehtungen der Bergwerke, wie z. B. die
Gerüste, an denen sich ein zäher Beleg bildet, welcher eine vorzügliche Brutstätte für die Ent-
wicklung des Anchylostomawurmes ist, sind durch häufige Kaiklösung zu desinficiren.
ze O
4. Den Arbeitern ist nach entsprechender Belehrung bei Geldstrafe strenge zu verbieten,
im Bergwerke zu essen und dort stagnirendes Wasser zu trinken. In letzterer Hinsicht muss
den Arbeitern frisches Trinkwasser in Gefässeen von Aussen zugeführt werden. Mit bescnderer
Aufmerksamkeit ist darüber zu wachen, dass Lebensmittel nicht heimlich in die Bergwerke
eingeschmuggelt werden.
5. Die Arbeiter sind zu verhalten, dass sie sich vor dem Verlassen des Bergwerkes
gründlich waschen, namentlich aber haben sie vor dem Essen Gesicht und Hände zu waschen.
Zu diesem Zwecke muss für eigene, entsprechend eingerichtete Waschvorrichtungen in der Nähe
des Bergwerkes vorgesorgt sein.
6. Der Ventilation der Bergwerke ist eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Den mit der hygienischen Ueberwachung der Arbeiter betrauten Aerzten obliegt die Pflicht,
die angeordneten Massnahmen und die Evidentführung der infieirten Kranken zu beaufsichtigen.
T. Ueber alle an Anchylostomiasis leidenden Personen muss ein eigenes Grundbuch
geführt, und müssen die in demselben Verzeichneten, auch wenn sie inzwischen geheilt wurden,
periodisch untersucht werden.
Es ist daher nothwendig, dass sich die Bergärzte zum Zwecke sicherer Diagnose der
Krankbeit und zur Vornahme der periodischen Untersuchungen mit einem kleinen Mikroskope
versehen.
Diesen Aerzten wird strenge zur Pflicht gemacht, die erwähnte Evidenthaltung und die
Controluntersuchungen mit grösster Sorgfalt durchzuführen, weil nur auf diesem Wege eine
genaue Kenntniss und ein reines Bild der thatsächlichen Verbreitung dieser Bergkrankheit ge-
wonnen werden kann.
8. Die Behandlung der an Anchylostomiasis leidenden Arbeiter soll womöglich im Spitale
stattfinden, und sind solche Bergarbeiter nur nach entsprechender ärztlicher Behandlung wieder
zum Bergwerksbetriebe zuzulassen.
9, Alle, insbesondere aber neue, aus anderen Gegenden kommende Arbeiter müssen
vorerst einer ärztlichen Untersuchung, ob sie nicht an Anchylostomiasis leiden, unterzogen
werden.
Die Municipien wurden aufgefordert, diese Anordnungen allen in ihrem Gebiete befind-
lichen ärarischen und Privatbergwerken zur ehesten genauen Durchführung mitzutheilen, die
Amtsärzte anzuweisen, dass sie die in ihrem Amtsbezirke befindlichen Ziegeleien, deren Arbeiter
gleichfalls, wenn auch seltener, an dieser Krankheit leiden, behufs periodischer Untersuchung
derselben inspieiren, um festzustellen, ob sich nicht auch unter denselben derartige Kranke vor-
finden.
Verkauf von Phosphorpasta. Ueber eine Anfrage eines Bezirksgerichtes, ob zum Verkaufe
von Phosphorpasta die Apotheker einer besonderen Councessiou bedürfen und ob Phosphorpasta,
hergestellt aus dem Phospor der Köpfchen der im freien Verkehre befindlichen Zündhölzchen,
zu jenen Giften gehört, deren Verkauf auch bei Apothekern an eine besondere Concession geknüpft
ist, hat das Ministerium des Innern diesem Gerichte eröffnet, dass Phosplhorpasta, gleichgiltig, ob
dieselbe aus gewöhnlichem Phosphor oder aus Köpfchen der im freien Verkehre befindlichen Phosphor-
zündhölzchen hergestellt wird, zu jenen Giften gehört, deren Verkauf laut Giftverordnung vom
21. April 1876 (R. G. Bl. Nr. 60) allgemein, somit auch in Apotheken an eine besondere Con-
eession gebunden ist. Insoferne jedoch Phosphorpasta über ärztliche Verschreibung zu arzneilichen
Zwecken in der Apotheke hergestellt und abgegeben wird, ist hiezu seitens des Apothekers eine
lesondere Coneession nicht erforderlich, weil laut $ 1 der Ministerialverordnung vom 17. Sep-
tember 1883 (R. G. Bl. Nr. 152) die Zubereitung und der Verkauf von Arzneien jeder Art und
Form nach ärztlicher Verschreibung ausschliesslich den Apothekern vorbehalten ist. Hinsichtlich
der Verwendung der Phosphorpasta zum Zwecke der gewerbsmässigen Vertilgung von Ratten und
Mäusen finden auch die Bestimmungen der Ministerialverordnung vom 26. April 1874 (R. G. BL
Nr. 53) Anwendung. (Erlass des Ministeriums des Innern vom 31. August 1898, Z. 28923.)
Böhmen. Auflassung eines öffentlichen Krankenhauses in Graupen. Dieses öffentliche
Krankenhaus wurde mit der im Einvernehmen mit der k. k. Statthalterei in Prag erfolgten
Genehmigung des böhmischen Landesausschusses aufgelassen, nachdem das Anstaltsgebäude
sowohl in baulicher Beziehung als auch hinsichtlich seiner Einrichtung den hygienischen An-
forderungen nicht mehr entsprach, zur Errichtung eines neuen (Gebäudes die erforderlichen
Geldmittel fehlten, und der Fortbestand dieser Anstalt nach dem Ausbaue des grossen Öffentlichen
Krankenhauses in Teplitz sich nicht mehr als nothwendig erwies.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Hanitätswesen.
Organ für die ‚Fublieationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Dr. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hilder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmetrasse 15.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig f. 6.—.
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XI. Jahrgang. Wien, 23. November 1899. Nr. 47.
Inhalt. Die Infectionskrankheiten im Jahre 1898. — Der Pestfall in Triest. — Sanitätsgesetze
und Verordnungen: Erlässe des Ministeriums des Innern, betreffend die Hinausgabe der vom Obersten
Sanitätsrathe ausgearbeiteten »Belehrung über die Pest und die sanitären Massnahmen zur Verhütung
und Tilgung derselben«; betreffend Vorkehrungen gegen Pest und betreffend die Verwendung aus-
ländischer Zahnärzte als zahnärztliche Gebilfen; Erlass des Eisenbahnministerinms, betreffend die Rein-
baltung der Wartesäle und Perrons. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im
Auslande. — Rechtsprechung. — Vermischte Nachrichten.
Beilage. Die croupöse Pneumonie der Berg- und Hüttenarbeiter im Gebiete des steirischen
Erzberges.
Die Infectionskrankheiten im Jahre 1898.*)
Die Nachweisungen des Standes der Infectionskrankheiten lassen in den letzten
Jahren hinsichtlich ihrer Vollständigkeit in der überwiegenden Mehrzahl der Ver-
waltungsgebiete wesentliche Fortschritte erkennen. Da die möglichst ausgedehnte
Kenntniss von dem Auftreten und der Verbreitung dieser Krankheiten die wichtigste
Voraussetzung und nothwendige Grundlage erfolgreicher Massnahmen gegen dieselben
bildet, wurde bereits in den früheren, den gleichen Gegenstand behandelnden Mit-
theilungen in diesem Blatte der Oeffentlichkeit über das Mass, in welchem der be-
stehenden Anzeigepflicht entsprochen wurde, Rechenschaft gegeben. Als Massstab
diente das Verhältniss zwischen der Zahl der betreffenden Sterbefälle, welche einer-
seits in den periodischen vierwöchentlichen, beziehungsweise in den Jahresberichten
über Infectionskrankheiten anderseits in den sanitätsstatistischen Vormerkungen
verzeichnet waren; hiebei wurde sich auf die acht in den periodischen Berichten auf-
genommenen wichtigsten Infectionskrankheiten: Blattern, Scharlach, Diphtherie, Masern,
Tleo- und Flecktyphus, Ruhr und Kindbettfieber beschränkt, weil die übrigen übertragbaren
Krankheiten, entweder nur in verhältnissmässig geringer Zahl auftreten oder aber die
Nachweisungen, wie z. B. hinsichtlich des Keuchhustens nicht einwandfrei erscheinen,
da unter letzterer Diagnose sehr häufig auch die in grösserer Zahl gleichzeitig auf-
tretenden Erkrankungen kindlicher Respirationsorgane, welche gegenwärtig nicht zu den
Infectionskrankheiten im strengen Wortsinne gerechnet werden, ausgewiesen erscheinen.
Was nun die Erfüllung der Anzeigepflicht betrifft, ist die erfreuliche Thatsache
zu verzeichnen, dass derselben fast überall von Jahr zu Jahr genauer entsprochen
wird. Die vierwöchentlichen Epidemieberichte für das Jahr 1598 weisen 34500 Todes-
fälle in Folge der angeführten 8 Krankheiten nach, die vorliegenden Jahresberichte
aber 34981. Die Differenz erklärt sich daraus, dass nach Ablauf der betreffenden
Berichtsperiode bekannt gewordene Todesfälle erst in dem Jahresausweise ver-
zeichnet wurden. In einigen Verwaltungsgebieten erscheinen auch die in der Morta-
*) Vgl. Jahrg. 1898 d. BI., S. 418.
47
— 444 —
litätsstatistik verzeichneten Infectionstodesfälle in die Epidemiestatistik übertragen, um die
beiderseitigen Daten in Einklang zu bringen. Es kommen aber auch Fälle vor, in denen
die Epidemiestatistik Todesfälle an einzelnen Krankheiten, so insbesondere in Folge
acuter Exantheme mit Complicationen, in grösserer Zahl verzeichnet, als die Sterbe-
listen, weil in den Todtenbeschaubetunden die Grundkrankheit nicht immer genau
bezeichnet und nur die unmittelbare Todesursache eingetragen wird.
Von den in der Mortalitätsstatistik ausgewiesenen 62725 Todesfällen in Folge
der gedachten Krankheiten sind im Laufe des Jahres 35981 oder 57 Percent zur
Kenntniss der politischen Behörden gekommen. Es ist leicht begreiflich, dass in
ärztearmen Gegenden und dort, wo ärztlicher Beistand bei Krankheiten zumal der
Kinder nicht zur Hand ist oder nicht gesucht wird, die Erfüllung der Anzeigepflicht
zu wünschen übrig lässt. Diese ungünstigen Verhältnisse bestehen noch immer in
grossen Gebieten von Galizien, theilweise in der Bukowina, in Schlesien, in Istrien
und iu Krain, in welchen beiden letzteren Ländern trotz der bestehenden Organisation
des Gemeindesanitiitsdienstes die Herbeirufung des für ein grosses Gebiet bestellten
Arztes wegen schwieriger Communicationsverhiltnisse oder wegen der Kosten nur
zu oft unterlassen wird.
Scheidet man aber Galizien und die Bukowina aus, so ergibt sich, dass in den
übrigen Verwaltungsgebieten von 23411 der in Rede stehenden Todesfälle 21298
oder 91 Percent während des Jahres zur Anzeige gebracht wurden. Im Jahre 1895
erreichte dieses Verhältniss im gleichen Ländergebiete nur 76 Percent.
Gleichwohl bestehen zwischen den einzelnen Verwaltungsgebieten: in dieser Hin-
sicht ganz erhebliche Verschiedenheiten. In Salzburg verzeichnen die Epidemie-
berichte um 2 Todesfälle mehr als die Mortalitätsstatistik, in Triest und in Böhmen
beträgt die Differenz nur 1, beziehungsweise 3. In Dalmatien sind 99, in Nieder-
österreich 98, in Steiermark 95, in Vorarlberg 94, in Mähren 93, ın Oberösterreich
und in Tirol je 92, in Kärnten 91, in Krain 66, in Görz-Gradisca und in der
Bukowina je 54, in Istrien 53, in Schlesien 51 und in Galizien 36 Percent aller der-
artigen Sterbefälle in den Epidemie-Jahresberichten ausgewiesen.
Ein Vergleich mit den analogen Ziffern für das Jahr 1895*) lässt ausser in
Görz-Gradisca und in Istrien in allen anderen Ländern einen, in einzelnen einen
sehr bedeutenden Fortsehritt erkennen und gibt beredtes Zeugniss von der immer
intensiver sich gestaltenden Ausbildung des öffentlichen Sanitätsdienstes.
Hinsichtlich der einzelnen Krankheiten stellt sich auch im Berichtsjahre wieder
heraus, dass die Sterbefälle an Masern am häufigsten angezeigt wurden (67 Percent),
während die bösartigen Infectionskrankheiten wie Blattern, Diphtherie, Kindbettfieber
etwas seltener zur Kenntniss der Behörde gelangen. Für Flecktyphus berechnet
sich das Verhiiltniss im Jahre 1898 auf 66, fiir Scharlach auf 65. für Blattern auf
64, fiir Ileotyphus auf 56, fiir Diphtherie auf 49, für Kindbettfieber auf 42 und
fiir Ruhr auf 38 Percent. In Galizien wurden nur 26 Percent der Todesfiille
an [leotyphus, 10 Percent jener an Diphtherie und 2 Percent jener an Kindbettfieber
angezeigt.
Die Verbreitung der genannten Infectionskrankheiten nach Bezirken und Ge-
meinden, Krankenstand und Todesfälle, welche die Epidemie-Jahresberichte nach-
weisen, sind in der Tabelle auf Seite 446 und 447 zusammen gestellt. Hinsicht-
lich der in der Mortalitätsstatistik enthaltenen Todesfälle muss auf die Tabelle in
Nr. 40) d. Bl. (S. 368) verwiesen werden.
Blattern. Durch strenge Handhabung der sanitätspolizeilichen Vorkehrungen
und insbesondere durch ausgedehnteste Durchführung der Schutzpockenimpfung war
es gelungen, die Blatternerkrankungen im Vergleiche mit früheren Jahren (1889 :
50145 angezeigte Fälle) sehr wesentlich einzuschränken. Im Jahre 1896 erreichten
*) Siehe Jahrg. 1897 d. BI, S. 131.
— 445 —
dieselben ihren niedrigsten Stand: 2663, wovon 1703 auf Galizien, 580 auf die
Bukowina, 159 auf Krain, 82 auf Istrien und auf weitere 10 Länder 139 entfielen.
Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg blieben blatternfrei. Schon im folgenden Jahre
mehrte sich die Zahl dieser Erkrankungen in Folge der in Galizien sich ausbreitenden
und in der Bukowina beginnenden Epidemien, welche im Jahre 1898 in beiden Ländern,
namentlich aber in der Bukowina um sich griffen. Ausser diesen Ländern sind nur Sr
Blatternfälle nachgewiesen, deren Provenienz mitunter auf directe Einschleppung aus Gali-
zien oder aus Blatterngegenden des Auslandes bestimmt zurückgeführt werden konnte, in
nicht wenigen Fällen aber ganz unaufgeklärt blieb. Verheimlichung bestehender Er-
krankungen und in einzelnen Fällen auch Verschleppung derselben aus nicht ge-
nügend isolirten Spitalsabtheilungen trugen zur weiteren Verbreitung der Epidemie bei.
Von besonderem Interesse ist die Epidemie in den Lippowaner-Ge-
meinden Klimoutz und Fontina alba des Bezirkes Sereth in der Bukowina.
Ueber diese Epidemie entnehmen wir dem eingehend bearbeiteten Berichte des
Bezirksarztes Dr. Josef Perl in Sereth auszugsweise Folgendes:
Im Bezirke Sereth haben die Blattern in den Lippowaner Gemeinden Klimoutz
und Fontina alba eine besonders auffallende Verbreitung gewonnen. Während in den
übrigen 21 Gemeinden des Bezirkes mit einer Bevölkerungsziffer von . 40117 Ein-
wohnern im Berichtsjahre bloss 231 Personen, d. i. 0°5 Percent der Bevölkerung an
Blattern erkrankten, wurden in den beiden genannten Gemeinden mit 2353 Ein-
wohnern im Verlaufe von fünf Monaten 667 Blatternerkrankungen beobachtet (Mor-
bidität 27 Percent).
Behufs richtiger Beurtheilung der sanitären Verhältnisse in diesen Gemeinden
und der Ursachen der grossen Ausbreitung der Blattern in denselben müssen einige
ethuologische und culturhistorische Bemerkungen über die Lippowaner vorausgeschickt
werden. Die Lippowaner sind ihrer Abstammung und Sprache nach Grossrussen.
Sie bilden eine religiöse Secte, welche im 17. Jahrhunderte anlässlich der vom
Patriarchen Nikon’ ertolgten Einführung von Reformen sich von der russischen Kirche
getrennt hat und nach ihrem Apostel Philipp benannt ist. Da sie in Russland wegen
ihres Glaubens verfolgt wurden, wanderten dieselben nach der Türkei, vorzugsweise
aber nach Rumänien und Bulgarien aus. Auch in der damals noch zur Moldau ge-
hörigen Bukowina hatte sich eine grössere Zahl derselben niedergelassen und die
Niederlassungen Mikota und Klimoutz begründet. Dadie Lippowaner als nüchterne fleissige
Leute galten, wurde deren Einwanderung namentlich von Kaiser Josef II. gefördert;
auch wurden dieselben mit besonderen Privilegien (Nachsicht der Steuern für 20 Jahre,
dauernde Befreiung vom Militärdienste) ausgestattet. In diese Zeit fällt auch die
Gründung der Colonie Fontina alba. Die günstigen Anschauungen, welche über die
Lippowaner zu dieser Zeit herrschten, wurden aber schon zu Anfang dieses Jahr-
hunderts in Folge ihrer Widerhaarigkeit gegen alle behördlichen Anordnungen in
das Gegentheil verwandelt. Unter Berufung auf die ihnen ertheilten Privilegien
widersetzten sie sich der Einführung jedweder Neuerung, verweigerten die Ab-
legung des Eides, an dessen Stelle sie das Gelöbniss mit Handschlag leisten; die Ein-
tihrung eines geordneten Matrikenwesens haben sie durch Jahrzehnte zu verhindern
gewusst, bis im Jahre 1858 ein politischer Beamter mit der Einrichtung und Führung
der Matriken betraut wurde; seither wird die Matrikenführung durch ein von der
Regierung bestelltes Organ besorgt. Der Impfung widersetzten sie sich mit der Be-
gründung, dass ihr Glaube eine Vermischung des Blutes mit thierischen Stoffen oder
mit dem Pustelinhalt Andersgläubiger verbiete.
Die Beiziehung von Aerzten bei Erkrankungen halten sie für unstatthaft, da
die Krankheiten nach ihrer Anschauung von Gott gesandte Heimsuchungen seien,
die nur von Gott wieder genommen werden können. Die Blattern werden als eine
Krankheit angesehen, welche das Blut reinigen und den Körper vor anderen Er-
krankungen schütze.
47*
— 446 —
Ueber-
des in den Jahresberichten nachgewiesenen Standes
| Blattern Scharlach | Diphtherie | Masern
Betroffene | = Betroffene a Betroffene, © | Betroffene | ö
E Ee EE EE
216 8818 le 2,42 3 12 31883 leg[8 58 5
ae 12813159148. 3 (518/48 3
HUECO Ra) Ei l EES
, od A CIA i a o | A EA NEE EE
|
Niederösterreich | 1; 1 8 éi ir A 23 2991 3700 = 23 569 5735 107 23,590 28405| 1012
Oberösterreich . | —| — — —|| 14! 74| 450 14:160; 13201 319| 14183, 10824] 265
Salzburg ...'—|—| — 4 18 124] 2: 6. 68 364, 95 5) 95! 3628| 45
Steiermark . . | 2 2 4 |19 127| 819| 161] N 452) 2637| 723| 24336' 10604 218
Kärnten . . . . || — — = 6,19 48| 3 815012831 827| de 4315| 64
Krain... .. Ju 3 8 10! 37! 4651 90| 121146) 1316| Aen Ou 89 1
Triest ..... "tU 4 1} 1} 467 1) 547 8) 1 1 164 11
Görz-Gradisea .,— —| — 4| 231 317 53} 376! 111) 5) 13) 1281| 28
Istrim. . . . . va a 7| 17! 564 7. 411 896! 197) 5| 5; 131] 6
Tir ..... „| —| —' —i| 22l174! 2066 148! 919 246| 171122 2527| 27
Vorarlberg. . .' —| —| —; —| 3 7| 33 10 20 9| 3| 32; 1430, 23
Böhmen . ...| 3! 3) 4 — 941467111865 2359] 9609 3129| 94lz409 57377] 2480
Mähren .. .. 71111] 20) 3l 39:571| 4164 888 3354| 1242] 39/681| 19418, 748
Schlesien . . .| 2 2 2 —| 111132 1412 11165 819) 214| 11| 96: 3074 69
Galizien . . . . E 547| 6996| 1228| 79|1022 22624) 5421| 59-274| 2399] 851| 76/962* 47862] 3961
Bukowina . . . | 10| 89 1627| 363| 10| 87| 1027| 26: ei 396) 166] 10122 7241| 220
Dalmatien . . .| —! —| —|¡ —[10194| 199 3 45! 1365! 2 Vi 7 65 1
Summe . | 81/660, 8674; 1594/356l4022 50344| 9651/351'5615 38356 9539348 57371198435, 9179
|
|
Bei solchen Grundsätzen wird auch die Renitenz der Bevölkerung gegenüber
allen sanitätspolizeilichen Anordnungen begreiflich und die rasche Ausbreitung der
Blattern erklärlich, welche auch durch die den Lippowanen angeborene Neigung
zur Reinigung des Körpers durch Bäder nicht verhindert werden konnte.
Fontina alba zählt 997 Einwohner und wird ausschliesslich von Lippowanern
bewohnt, welche zur Secte der Popowzy (Priesterlichen) gehören; der Ort ist der Sitz
eines Metropoliten und hat zwei Lippowanerklöster. Klimoutz ist zwei Kilometer von
Fontina entfernt, zählt 1309 Einwohner, unter welchen auch einige Ruthenen, Deutsche
und Juden sich befinden. Die Lippowaner von Klimoutz gehören zum Theile der
Secte der Popowzy, zum Theile aber jener der Bespopowzy (Priesterlosen) an, bei welchen
der Aelteste der Gemeinde die gottesdienstlichen Verrichtungen versieht; ein kleiner
Bruchtheil gehört der griechisch-orientalischen Kirche an, zu welcher im Jahre 1871
zehn Lippowaner Familien zurückgekehrt sind. Diese sind es, welche das fortschritt-
liche Element unter den Lippowanern bilden.
Dem Berufe nach beschäftigen sich die Klimoutzer Lippowaner zum grössten
Theile mit Erdarbeiten, die von Fontina mit Obsthandel. Die Bewohner beider Orte
befinden sich demnach während eines beträchtlichen Theiles des Jahres in der Fremde.
Jede Gemeinde besitzt eine Privatschule, in welcher die Kinder im Lesen und
Schreiben unterrichtet werden.
Die erste Erkrankung an Blattern wurde vom Gendarmerieposten in Klimoutz
am 31. Juli 1898 zur Anzeige gebracht; dieselbe betraf einen ?jährıgen Knaben in
der zweiten Krankheitswoche, welcher in der ersten Hälfte des Monates Juli ‘mit
seiner Mutter in Czernowitz gewesen war und dortselbst erwiesenermassen bei einer
— 447 —
sicht
der Infectionskrankheiten im Jahre 1898.
lleotyphus =. Flecktyphus Leme Dysenterie Kindbettfieber
Betroffene | Betroffene | , ö Betroffene e Betroffene 2
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| |
Familie tibernachtet hatte, in welcher zu dieser Zeit drei Kinder an Blattern erkrankt
waren.
Ueber den Gang der Epidemie in Klimoutz und über den Zeitpunkt der Ver-
schleppung der Krankheit in das benachbarte Fontina alba vermochten die Er-
hebungen keine verlässlichen Anhaltspunkte zu liefern, da seitens der Lippowaner
hartnäckig ärztlicher Beistand zurückgewiesen und die Erkrankungen gegentiber der
Behörde verheimlicht wurden. Erst als im Monate October wegen der massenhaft
aufgetretenen Blatternerkrankungen und des schweren, oft tödtlichen Verlaufes der-
selben zur Ueberwachung der sanitären Massnahmen Gendarmerie beordert wurde,
konnte eine verlässlichere Evidenzhaltung der Kranken erzielt werden.
Die Zahl der während der sechsmonatlichen Dauer der Epidemie in Evidenz
genommenen Blatternfälle betrug in Klimoutz 195, jener in Fontina alba 144.
Von den in beiden Gemeinden gemeldeten 339 Erkrankungen betrafen nur 4 Fälle
Erwachsene, die übrigen 335 Erkrankungsfälle hingegen ausschliesslich
das kindliche Alter. Von allen Erkrankten waren nur zwei Personen (1 Mann
und 1 Kind ruthenischer Nationalität) geimpft, alle übrigen ungeimpft. Von den Er-
krankten sind 90 (ausschliesslich ungeimpfte Kinder) gestorben (Lethalität 26°5 Percent).
Die auffallende Erscheinung, dass fast ausschliesslich Kinder in beiden Gemeinden
erkrankten, liess die Vermuthung gerechtfertigt erscheinen, dass die Erwachsenen
vielleicht schon in den vorausgegangenen Jahren Blattern überstanden hatten.
Die in dieser Hinsicht vom ldf. Amtsarzte von Haus zu Haus gepflogenen
Erhebungen haben diese Vermuthung vollinhaltlich bestätigt und gezeigt, dass
von den 2306 Bewohnern beider Gemeinden 1532, also zwei Drittel derselben
— 448 —
in früheren Jahren — die letzte Epidemie hatte im Jahre 1889 bestanden — die
Blattern überstanden hatten und die sichtbaren Merkmale der überstandenen
Krankheit an sich trugen. Diese Erhebungen haben auch die nach den vorausgeschickten
Bemerkungen nicht sonderlich überraschende Thatsache ergeben, dass die Zahl der
während der in Rede stehenden Epidemie an Blattern erkrankt gewesenen Personen
667, also das Doppelte der in Evidenz gehaltenen Fälle betragen hat, und
dass somit mehr als der vierte Theil der Bevölkerung von der
Krankheit ergriffen war. Von den übrigen in beiden Gemeinden ansässigen
Individuen, welche bisher von Blattern verschont geblieben sind, wurden bei dieser
Revision 102 geimpft befunden, wovon 95 erst während der Epidemie des Impfschutzes
theilhaftig geworden sind.
Der Umstand dass die Blattern gerade in den beiden Lippowanergemeinden im
Jahre 1898 eine so ausgedehnte Verbreitung gewinnen konnten, während in den
übrigen Gemeinden des Bezirkes Sereth, in welchen der Impfzustand der Bevölkerung
als ein günstiger bezeichnet wird, trotz wiederholt constatirter Einschleppung der
Krankheit aus Fontina, beziehungsweise Klimoutz nur vereinzelte Erkrankungen an
Blattern beobachtet wurden, sowie die Thatsache, dass in den beiden Gemeinden
nahezu die Gesammtheit der des Impfschutzes entbehrenden Bevölkerung die Blattern
überstanden hat, sprechen eine deutliche Sprache und sind ein neuerlicher Beweis für
die wohlthätige Wirkung der Kuhpockenimpfung.
Die sanitätspolizeilichen Massnahmen, welche zur Bekämpfung der Epidemie und
ihrer Weiterverbreitung getroffen wurden, bestanden, abgesehen von der Einleitung
der Nothimpfung, in thunlichster Isolirung der Erkrankten, Desinfeetion der Kranken-
räume, der Kleider und Effeceten der Kranken unter Ueberwachung der exponirten
Grendarmerieposten und in dem Verbote der Abreise infectionsverdächtiger Personen.
Der Infection nicht verdächtige Personen mussten sich vor ihrer Abreise ein auf
den Namen und das Alter des Inhabers lautendes Reisecertificat erwirken, welches vom
Gemeindevorsteher auszutertigen und vom Gendarmerieposten-Commando zu be-
stätigen war. Die Reisenden wurden verpflichtet, sich in dem Ankunftsorte sofort bei
der Gemeindevorstehung zu melden. Die das Certificat ausstellende Gemeinde war
überdies verhalten, die neue Aufenthaltsgemeinde von der bevorstehenden Ankunft
der betreffenden Person zu verständigen. Die hierauf Bezug habenden Anordnungen
waren in der amtlichen Czernowitzer Zeitung verlautbart.
Wie rege der Verkehr der Bevölkerung dieser beiden Gemeinden war, be-
weist, dass innerhalb zweier Monate nahezu 1500 soicher Reisecertificate ausgestellt
wurden.
Blatternverschleppungen haben, wie bereits erwähnt, mehrfach in die benachbarten
Gemeinden, sowie in einzelnen Fällen in die Bezirke Kimpolung und Radautz stati-
gefunden; dieselben sind jedoch fast ausschliesslich zur Zeit erfolgt, als die Epidemie
noch eine geringe Ausdelinung hatte und die strengen Massregeln nicht eingeführt
waren. (Fortsetzung folgt.)
Der Pestfall in Triest.
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 17. November |. J. beantwortete
Sr. Excellenz der Minister des Innern Dr. von Koerber die Interpellation über
die pestverdächtige Erkrankung des in Triest verstorbenen Bootsmannes des türkischen
Dampfers »Polis Mitilene« in folgender Weise:
Die von den Herren Abgeordneten Dr. Lueger und Genossen in der Sitzung des Ab-
rordnetenhauses vom 14. November eingebrachte Interpellation, betreffend die pestverdächtige
Erkrankung des im Isolirtracte des Triester Krankenhauses verstorbenen Bootsmannes des türkischen
— 449 —
Dampfers „Polis Mitilene“ beehre ich mich durch die folgenden Mittheilungen über das Ergebniss
der amtsärztlichen Erhebungen und über die getroffenen sanitären Massnahmen zu beantworten:
Am 12. November d. J. sind die von der Triester Statthalterei an das Wiener patho-
logische Universitäts-Institut übersendeten mikroskopischen Präparate eingelangt, welche nach
der Obduction des verstorbenen Bootsmannes Namens Barbarissa angefertigt und pestverdächtig
befunden worden waren.
Durch die genaue Untersuchung dieser Präparate, welche von dem als Autorität auf
bacteriologischem Gebiete anerkannten Obersanitätsrathbe Professor Dr. Anton Weichselbaum
sofort vorgenommen wurde, war der Verdacht der Pest in positiver Weise bestätigt worden.
Angesichts dieses Ergebnisses wurde vom Ministerium des Innern Professor Weichselbaum
mit dem Assistenten Dr. Ghon unverzüglich zur weiteren wissenschaftlichen sanitätspolizeilichen
Information und Barichterstattung nach Triest entsendet, und die Statthalterei in Triest telegraphisch
mit der Vornahme der genauesten Erhebungen über alle Beziehungen des Pestkranken nach
aussen, sowie mit der sofortigen Durchführung aller erforderlichen sanitären Massnahmen beauf-
tragt, welche übrigens, wie spätere Berichte ergeben, bereits veranlasst oder im Zuge waren.
Nach genauer Erhebung des Verlaufes der vorgefallenen pestverdächtiren Erkrankung und
nach Prüfung aller scientiischen Behelfe zur Beurtheilung des Falles war Professor Weichsel-
baum schon am nächsten Tage, am 13. November, in der Lage, die positive Diagnose einer
unter den Erscheinungen der Eitervergiftung des Blutes (Pyämie) tödtlich verlaufenen Pester-
krankung des Bootsmannes Barbarissa dem Ministerinm des Innern telegraphisch anzuzeigen,
worauf der bis dahin bekannte Sachverhalt in der „Wiener Abendpost“ vom 13. November zur
öffentlichen Kenntniss gebracht wurde.
Aus dem vom Statthalter in Triest erstatteten und mit einer ausführlichen Relation des
Stadtphysicates in Triest instruirten Berichte geht hervor, dass der gedachte Bootsmann, welcher
sich bereits seit einiger Zeit unwohl fühlte, nach seiner Ueberstellung in das allgemeine Kranken-
haus zu Triest mit Bronchitis auf der Zahlabtheilung dieser Krankenanstalt, sonach von den
übrigen Kranken gesondert, verpflegt und am zweitnichstea Tage, als der behandelnde Spitalsarzt
das Auftreten kleiner rother Hautfleckchen als erstes Zeichen einer möglichen, als Flecktyphus
gedeuteten Infectionskranklieit bemerkte, sofort mit seinen Wärtern auf der ‚sonräbihellung des
Spitales untergebracht wurde.
Ungesäumt wurde die vorschriftsmässige Anzeige an das Stadtphysieat erstattet und im
Spitale Alles vorgekehrt, um jede Infeetionsverschleppung hintanzuhalten. Durch den Umstand.
dass der Kranke, welcher keine Drüsengeschwülste, noch sonstige äusserliche Zeichen der Pest
erkennen liess, auch keine infectidsen Ausscheidungen hatte, war die Gefahr der Ansteckung
eine wesentlich verminderte.
Seitens der städtischen und staatlichen Sanitätsbehörde in Triest wurden nach erstatteter
Infectionsanzeige über die Beziehungen des Dampfers „Polis Mitilene“ und des kranken Boots-
mannes nach aussen die eifrigsten Nachforschungen gepflogen, um etwa erforderliche Sanitäts-
massregeln treffen zu können.
Hiebei stellte sich heraus, dass der gedachte türkische Frachtendampfer unverdächtiger
Provenienz fünf Reisende griechischer Herkunft mitgeführt hatte, hinsichtlich welcher eine aus-
nahmsweise sanitiire Behandlung nach den bestehenden Vorschriften nicht stattzufinden hatte.
Die Namen der betreffenden Reisenden wurden nach dem Bekanntwerden des Falles von
der Polizei aus den Fremdenlisten ermittelt und sodann ungesäumt den Gemeindebehörden jener
Städte, in welche sie mittelst Eisenbahn weitergereist waren, telegraphisch bekanntgegeben.
Allerdings konnte diese Mittheilung mit Rücksicht auf das späte Auftreten des Verdachtes
einer so schweren Infectionskrankheit, deren wissenschaftliche Diagnose gleichfalls einige Zeit
in Anspruch nahm, in diesem besonderen Falle nicht sofort erfolgen, während sonst stets dafür
Sorge getragen wird, dass Reisende, hinsichtlich welcher sich ein derartiger Infeetionsverdacht
ergibt, schon während der Reise unverzüglich der sanitären Ueberwachung unterstellt werden.
Da der als verseucht anzusehende Dampfer den Triester Ilafen vor Ermittlung der Ursache
der Erkrankung des Bootsmannes verlassen hatte, wurden die Regierungen Griechenlands und
der Türkei von dem Sachverhalte im diplomatischen Wege durch das Ministerium des Aeussern
verständigt.
Schon aus Anlass des Auftretens der Pest in Alexandrien und Oporto sind die sanitäts-
polizeilichen Vorschriften zur Abwehr der Pest, Cholera und aller gefährlichen Infectionskrank-
beiten überhaupt allgemein in Erinnerung gebracht worden und in dauernder Uebung.
Bei stricter Anwendung dieser Massnahmen zur Bekämpfung der Infectionskrankheiten
durch die berufenen Organe, sowie mit Riicksicht auf den Umstand, dass seit dem 4. November.
— 450 —
dem Tage des Ablebens des krank nach Triest zugereisten Bootsmannes Barbarisss, mehr als
die zehntägige Incubationszeit ohne jede Anzeige eines neuen Verdachtfalles verstrichen ist, darf
Jeder weitere Anlass zur Beunruhigung als beseitigt erachtet und die Hoffnung ausgesprochen
werden, dass die unbedingte Offenheit und Objectivität, mit welcher die österreichische Sanitäts-
verwaltung — getreu den Beschlüssen der internationalen Conferenzen in Dresden und Venedig
— beim Auftreten von Epidemiegefahren grundsätzlich vorgeht, auch im Auslande zur Hintan-
haltung jedweder unmotivirten Störung des Verkehres aus Anlass dieses vereinzelt gebliebenen,
von aussen eingeschleppten Pestfalles beitragen werde, da nach den erwähnten internationalen
Vereinbarungen nur einheimische Infectionsherde und niemals vereinzelt eingeschleppte und
wirksam getilgte Infectionsfälle Anlass zu Verkehrsbeschränkungen bilden sollen.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des | in die Kenntniss setzen. Ebenso wird es sich
Innern vom 12. November 1899, empfehlen, weitere Kreise auf das Erscheinen
Z. 38224, dieser Belehrung in der geeigneten Weise
(durch Mittheilung in den Amtsblättern der
politischen Behörden und dergleichen) mit dem
betreffend die Hinausgabe der Weier Obersten | Bemerken aufmerksam zu machen, dass dieselbe
WI E EUR | durch die Verlagsbuchhandlung Alfred Hölder
zur Verhütung und Tilgung derselben.“ in Wien, I. Rothenthurmstrasse 15, bezogen
werden kann.
, a An alle Landesstellen mit Ausnahme jener
Separatabdrücke der vom Obersten Sanitätsrathe as Wien Ling tind Salting:
ausgearbeiteten und im ,,Oesterreichischen Br wre
Sanitätswesen“ als Beilage zu Nr. 43, Jahr-
gang 1899, publicirten „Belehrung über die
an alle politischen Landesstellen,
In der Anlage werden der k.k......
anheim-
gestellt, nach Massgabe des vorhandenen Be-
dürfnisses die Uebersetzung dieser Belehrung
in die Landessprachen, eventuell im Einverständ-
nisse mit den Landesbehörden jener Verwaltungs-
gebiete, in welchen gleichartige Sprachen-
verhältnisse bestehen, auf Rechnung der Dotation
für Epidemieauslagen zu veranlassen.
Pest und die sanitären Massnahmen zur Ver-
hütung und Tilgung derselben“ mit dem Bei-
fügen übermittelt, dass sich darnach die
politischen Behörden ım Falle der Einschleppung
der Pestkrankheit zu richten haben.
Demgemiiss wird die k. k.........
aufgefordert, die unterstehenden politischen *
Behörden und deren Amtsärzte, ferner die
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern
vom 15. November 1899, Z. 38869,
an alle politischen Landesstellen,
Gemeindeärzte, die Directionen und Aerzte der
öffentlichen allgemeinen Krankenanstalten mit
je einem Exemplare der Belehrung zu betheilen
und anzuweisen, sich vorkommenden Falles
ra a ee
betreffend Vorkehrungen gegen die Pest.
dem Inhalte der Belehrung entsprechend zu , , g
6 l Mit Rücksicht auf das Vorkommen eines
benehmen.
Weiters wolle die k. k. . 2. 2 2»... dem
Landesausschusse eine entsprechende Zahl von
eingeschleppten, jedoch isolirt gebliebenen Pest-
falles in Triest und auf die gegenwärtige Ver-
breitung der Pest wird diek. k........
Exemplaren für die demselben unterstehenden | . E SE
, A , SN eingeladen, den unterstehenden politischen Be-
und nicht bereits seitens der politischen Be-. j .
S i 5 End hörden die genaueste Beobachtung aller jener
hörden mit der Belehrung betheilten Humanitäts-
Massnahmen, welche mit dem h. o. Erlasse
anstalten zur Verfügung stellen und die Aerzte- soni De Juhi “did 2. 18908, %) nd mit deñ
A
|
|
|
kammer von der Hinausgabe dieser Belehrung |
unter Uebermittlung eines Exemplares derselben *) Siehe S. 214 d. Bl.
—
in diesem bezogenen früheren Erlässen an-
geordnet worden sind, neuerdings strengstens
einzuschärfen,
Insbesondere erscheint es nuthwendig, im
Wege sorgfältiger Ueberwachung des Fremden-
und Reiseverkehrs dem Gesundheitszustande
jener fremdländischen Personen,
Gegenden zureisen, in denen pestverdächtige
Infectionskrankheiten bestehen, oder aus Ländern
kommen, welche mit solchen Gegenden in regem
Verkehre stehen, die sorgfältigste Aufmerksam-
keit zuzuwenden.
Im Falle einer Erkrankung solcher Personon
ist auf schleunige Zuziehung eines Arztes und
Constatirung der Natur der Krankheit das
grösste Gewicht zu legen und, wenn sich der
Verdacht einer bedenklichen Infection ergeben
sollte, unter sofortiger Isolirung des Kranken,
die
Behörde zu erstatten, welche im Falle eines
welche aus
ungesäumt die Anzeige an politische
Pestverdachtes im Sinne der mit hierortigem
Erlasse vom 12. d. M., Z. 38224,*) der k. k.
mitgetheilten Pestinstruction vor-
zugehen haben wird.
e e ò% wa ọ e e
Erlass des k. k. Ministeriums des
Innern vom 10. November 1899,
l Z. 38025,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend die Verwendung ausländischer
Zahnärzte als zahnärztliche Gebilfen.
Aus den von den politischen Tandesbshörden
vorgelegten ämtlichen Nachweisungen über den
ihres Hilfs-
personales hat sich ergeben, dass eine Anzahl
Personalstand der Zahnärzte und
von Zahnärzten ausländische Staatsangehörige,
welche im Auslande die Berechtigung zur zahn-
ärztlichen Praxis erworben haben, als zalın-
ärztliche Gehilfen in ihbren zahnärztlichen
Ordinationen bestellt haben und durch
ihrer zahnärztlichen Praxis auch
sich
dieselben in
vertreten lassen.
Durch dieses mit den bestehenden Ver-
ordnungen nicht im Einklange stehende Vor-
gehen der Zahnärzte werden die im Inlande
*) Siehe S. 450 d. Bl.
451
zu Zabnärzten ausgebildeten Doctoren der Heil-
kunde und insoferne die ausländischen Hilfs-
kräfte auch Zahntechnik betreiben, auch die
Zahntechniker in ihrem Wirkungskreise wesent-
lich beeinträchtigt.
wolle daher im
Wege der politischen Unterbehörden die Zahn-
ärzte darauf aufmorksam machen lassen, dass
zur Ausübung der zahnärztlichen Praxis jeder
Art im Inlande lediglich inländische Doectoren
der gesammten Heilkunde berechtigt sind, und
die Anstellung von im Inlande zur zahnärztlichen
Praxis nicht berechtigten ausländischen Staats-
angehörigen als Hilfsärzte obne besondere Be-
willigung des Ministeriums des Innern unzu-
lässig ist.
*
Erlass des k.k. Eisenbahnministeriums
vom 12. October 1899, Z. 12328,
an alle k. k. Staatsbahndirectionen und die
österreichischen und gemeinsamen Privatbahnen,
betreffend die Reinhaltung der Wartesile
and Perrons.
Das Eisenbahnministerium findet aus
hygienischen Rücksichten der Reinhaltung der
Wartesäle und Perrons hiemit Folgendes zu
verfügen:
1. Die Fussböden der Wartesäle und über-
dachten Perrons sind häufig, und zwar dort wo
ein starker Verkehr besteht, täglich nass auf-
zuwischen.
2. Von Zeit zu Zeit sind auch die Wände
oder Wandverkleidungen, soweit deren Be-
schaffenheit (Oelanstrich etc.) dies gestattet,
bis zur Kopfhöhe abzuwaschen.
3. Bei
derungen ist thunlichst darauf Rücksicht zu
und Wände der
obiger Weise ohne Nachtheil
unterzogen werden können.
Neubauten und baulichen Aen-
nehmen, dass Fussböden
Reinigung in
4. In den Wartesiilen und, wo es angeht,
auf Fluren und Treppen sind Spucknipfe in
ausreichendar Zahl und geeigneter Form auf-
zustellen.
(Verord. Bl. f. Eisenb. u. Schifff., S. 2217).
— 452 —
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind in
der Zeit vom 30. October bis 6. Norember 21 Erkrankungen und 5 Todesfälle an Pest vor-
gekommen, und zwar an den aufeinander folgenden Tagen: 4 (1), 4 (1), 2 (0), 4 (1), 1 (0),
0 (0), 2 (1) 4 (1).
In Lissabon wurde am 10. November ein Pestfall, betreffend den aus Oporto zuriick-
gekehrten Baeteriologen Dr. Pestana, constatirt.
Griechenland. Gegen Schiffe aus Oesterreich-Ungarn wurde vom 31. October (12. November)
an eine im Lazarethe in Delos zu absolvirende eilftigige Quarantaine angeordnet, welche nach-
träglich in eine 24stündige Beobachtung umgewandelt wurde.
Grossbritannien. In Plymouth (S. 440 d Bl.) ist keine weitere Pesterkrankung vor-
gekommen; der pestkranke Heizer befindet sich auf dem Wege der Besserung und wird nach
seiner Herstellung in die Heimat zurückbefördert werden, ohne das Land betreten zu haben.
Niederlande. Lorenzo Marquez wurde als pestverseucht erklärt und gegen dortige Pro-
venienzen eine zehntägige Quarantaine festgesetzt.
Türkei. Gegen Provenienzen aus Triest wurde für die Zeit vom 13. bis 23. November
eine ärztliche Revision angeordnet. Gegen Schiffe aus Algier wurde eine zehntägige Quaran-
taine fixirt.
Aegypten. Zu Folge Beschlusses des Sanitätsconseils wurde in Alexandrien, nachdem
dortselbst seit 5. November kein weiterer Pestfall vorgekommen ist, die Desinfeetion und ärzt-
liche Visitirung der abgehenden Schiffe am 16. November eingestellt.
Britisch-Indien. In Bombay sind in der Woche vom 24. bis 30. October 168 Erkran-
kungen und 91 Todesfälle in der Woche vom 31. October bis 6. November 113 Erkrankungen
und 75 Todesfälle an Pest vorgekommen; in Caleutta vom 23. bis 30. September 50 durch-
wegs tödtlich verlaufene Pestfille; in Kurachee vom 4. bis 10. October 6 Erkrankungen
und 7 Todesfälle.
Japan. In Kobe wurden 12 Pestfälle constatirt.
‚Ugier. Laut amtlicher Mittheilungen ist das in den Tagesblättern gemeldete Auf-
treten der Pest in Philippeville und Bougie noch nicht officiell constatirt: seitens
des Gouverneurs von Algier wurden die Gerüchte von dem epidemischen Auftreten der Pest
in Algier dementirt.
Brasilien. Das Auftreten der Pest in Santos wurde am 19. October officiell constatirt.
Bis zum 23. October sind 9 Erkrankungen und 4 Todesfälle vorgekommen. Nach den vor-
liegenden Berichten wurde seit Mitte September in Santos ein massenhaftes Absterben der
Ratten beobachtet, und Ende September waren cirea ‘100 Personen an Driisenschwellungen er-
krankt; diese Erkrankungen zeigten jedoch sämmtliche einen milden Verlauf und endeten durch-
wegs mit Genesung.
Choleranachrichten. In Bassorah sind vom 30. October bis 6. November nur mehr
2 Cholerafälle aufgetreten; hingegen scheint die Krankheit in das Innere des Landes immer
weiter vorzudringen.
Rechtsprechung.
Zur Frage der Entziehung der Zahntechnikerconcession.
Erkenntniss des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 1899, Z. 5547.
Der k. k. Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des F. K. in Sch. gegen die
Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 28. December 159%, Z. 29790, betreffend
die Entziehung der Concession als Zahntechniker, nach der am 5. Juli 1899
durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die angofochtene Entscheidung wird als gesetzlich nicht begründet aufgehoben.
A enge
— 453 —
Entscheidungsgrinde.
Der Beschwerdeführer F. K. in Sch. suchte im Jahre 1895 um die Verleihung der Con-
cession zum Betriebe des Zabntechnikergewerbes an und producirte dabei zwei von Dr. A. K.
unter dem 21. und 22. Mai 1895 ausgestellte Zeugnisse, und zwar ein Lehrzeugniss über die
Erlernung der Herstellung des Zabnersatzes und der Abdrucknahme für die Zeit vom 7. Juli
1886 bis 8. Juli 1889, dann ein Arbeitszeugniss über die Verwendung als Gehilfe bei der
Verfertigung künstlichen Zahnersatzes vom Juli 1889 bis 22. Mai 1895. Auf Grund dieser
Zeugnisse wurde dem Beschwerdeführer die angesuchte Concession mit dem Erlasse der Statt-
halterei vom 26. Juni 1895, Z. 88626, gemäss $ 7 der Ministerialverordnung vom 20. März 1892,
R. G. Bl. Nr. 55, ertheilt.
Dagegen fand die Statthalterei mit der Entscheidung vom 11. Juni 1897, Z. 79320,
diese Concession auf Grund des $ 57 der Gewerbeordnung zurückzunehmen und dem Beschwerde-
führer den Fortbetrieb des Gewerbes zu untersagen, und letztere Verfügung wurde im Instanzen-
zuge mit der angefochtenen Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern vom 28. December
1897, Z. 29790, bestätigt. Die Administrativbehörden sind hiebei von der Erwägung aus-
gegangen, dass durch die nachträglich gepflogenen Erhebungen festgestellt worden sei, dass
F. K. in den Jahren 1886—1888 seinen Wohnsitz in Sch. hatte und in den Jahren 1889 bis
1896 durch 8 Monate sich im Ausland aufhielt, wogegen Dr. K. in der Zeit vom Jahre 1886
bis 1888 in U.-M. wohnte und erst im Jahre 1888 nach Sch. übersiedelte. Hieraus folgern die
Administrativbehórden, dass F. K. während dieser ganzen Zeit nicht in fortwährender zahn-
technischer Verwendung bei Dr. K. gestanden sein kann, sondern denselben nach den eigenen
Aussagen der beiden Genannten höchstens ein- bis zweimal jede Woche behufs zahntechnischer
Verrichtungen besucht habe. Es könne deshalb diese gauze Zeit nicht als in zahntechnischer
Verwendung zugebracht angesehen werden, und dies umsoweniger, als Dr. K. sich nicht aus-
schliesslich mit der Zahnheilkunde beschäftigte. Der in den $$ 4 und 5 der eitirten Ministerial-
verordnung vorgeschriebene Befähigungsnachweis könne somit als erbracht nicht angenommen
werden.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei seiner Entscheidung von folgenden Gesichtspunkten
ausgegangen:
Gemäss $ 57 der Gewerbegesetznovelle vom 15. März 1883, R. G. Bl. Nr. 39, ist die
Zurücknahme eines Gewerbescbeines oder einer Concession dann zulässig, wenn bei einem
Gewerbetreibenden der ursprüngliche und noch fortdauernde Mangel eines der gesetzlichen Er-
fordernisse des selbstständigen Gewerbebetriebes nachträglich zum Vorschein kommt.
Es wird sich daher in jedem einzelnen Falle darum handeln, ob thatsächlich bei der
Concessionsverleihung der Mangel der gesetzlichen Erfordernisse schon vorhanden war und noch
fortdauert.
Die Administrativbehörden haben bei Verleihung der Concession im Jahre 1895 die in
der Ministerialverordnung vom 20. März 1892 vorgeschriebenen Erfordernisse auf Grund der
zwei erwähnten Zeugnisse des Dr. K. als nachgewiesen angenommen, diesen Nachweis jedoch
in der Folge als hinfällig angesehen, weil einerseits die Verschiedenheit des Wohnsitzes durch
eine längere Zeit auf keine regelmässige Ausnützung der Lehr- und Arbeitszeit schliessen lasse,
andererseits, „weil Dr. K. nicht ausschliesslich mit der Zahnheilkunde sich beschäftigte und
überhaupt kein eigenes zahntechnisches Atelier besass“.
Diese Motivirung beweist, dass das Ministerium die Ministerialverordnung so ausgelegt
hat, dass die Lehrzeit nur bei einem befugten Zahntechniker oder einem Zahnarzte (Speeialisten)
zurückgelegt werden könne, und sogar nur bei einem Specialisten, welcher sıch ausschliesslich
mit der Zahnheilkunde beschäftigt. Dies ist eine Auffassung der Verordnung, welche zweifellos
bei der Ertheilung der Concession nicht vorgelegen war, und welche daher auch die Zurück-
nahme der damals auf Grund einer anderen Interpretation dieser Ministerialverordnung tbat-
sächlich ertheilten Concession nicht begründen kann. Denn der § 57 hat zur Voraussetzung,
dass nachträglich ein thatsächlicher Mangel der vorgeschriebenen Erfordernisse für den Gewerbe-
betrieb hervorkommt, dagegen kann eine blosse Aenderung in der Rechtsanschauung der die
Concession ertheilenden Behörde nicht dazu führen, eine, wenn vielleicht auch rechtsirrthüm-
licherweise, ertheilte Concession binfällig zu machen.
Was aber das andere von den Administrativbehörden constatirte Moment anbelangt,
nämlich die Verschiedenheit des Wohnsitzes, sowie den Umstand, dass F. K. durch mehrere Monate
im Auslande, und zwar — wie bei der mündliehen Verhandlung hervorgehoben wurde — unweit
der österreichischen Grenze, in Aufenthalt war und nur wöchentlich ein- oder zweimal die Zahn-
— 454 —
technik bei Dr. K. practicirte, so kann in diesen Feststellungen gleichfalls ein hinreichender
Grund nicht erblickt werden, um den ursprünglich als giltig angesehenen Befähigungsnachweis
nachträglich für hinfällig zu erachten. Denn die zufällige Thatsache, dass Dr. K. und F. K.
in verschiedenen, jedoch ganz nahe beieinander liegenden Ortschaften wohnhaft waren, schliesst
die Möglichkeit gewiss nicht aus, dass F. K. die Zahntechnik bei Dr. K. erlernen konnte, und
ebenso erscheint der vorübergehende Aufenthalt des Ersteren im Auslande mit Rücksicht auf
die vorerwähnten Thatumstände nicht so ins Gewicht fallend, um hieraus auf die thatsächliche
Unrichtigkeit der in den Zeugnissen des Dr. K. constatirten Thatumstände und somit auf den
Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses im Sinne des $ 57 schliessen zu können, zumal nach den
erwähnten Umständen auch während dieser Zeit des Aufenthaltes im Auslande die zeitweilige
Anwesenheit des Beschwerdeführers bei dem Dr. K. ganz wohl möglich war. Die ununter-
brochene Anwesenbeit während der gesetzlich fixirten Zeit aber könnte wieder nur unter der
Voraussetzung verlangt werden, dass es sich um die Unterweisung durch einen Specialisten,
nicht durch einen auch mit anderweitiger ärztlicher Praxis beschäftigten Arzt handelte, welches
gezeigtermassen bei der Ertheilung der Concession nicht die Auffassung der Behörde war.
Der Verwaltungsgerichtsbof war daher des Erachtens, dass die Voraussetzungen des er-
wähnten $ 57 für die Entziehung der Concession im gegebenen Falle nicht zutreffen, weshalb
die angefochtene Entscheidung gemäss $ 7 des Gesetzes vom 22. October 1875, R. G. Bl. Nr. 36
ex 1876, aufzuheben war.
Vermischte Nachrichten.
Vorkehrungen gegen Uebertragung von Krankheiten in Barbier- und Friseurstuben
Aus Anlass der seitens einer politischen Lundesstelle in Anregung gebrachten Frage der Ein-
führung der obligatorischen Desinfeetion von Instrumenten und Geräthschaften in Rasir- und
Frisirstuben, hat das k. k. Ministerium des Innern die betreffende Landesstelle auf das im
„Oesterreichischen Sanitätswesen“, Jahrgang 1898, Seite 54 ff. im Auszuge publieirte Gut-
achten des Obersten Sanitätsrathes über die Vorkehrungen gegen Uebertragung von Krankheiten
in Barbier- und Friseurstuben bingewiesen und bemerkt, dass es bis zur Regelung der Verhältnisse
dieses Gewerbes, sowie der einschlägigen Gewerbsbetriebe zweckmässig erscheinen dürfte, bei
Entgezennahme der Anmeldung dieses handwerksmässigen Gewerbes den Betriebswerbern die
Beobachtung der im gedachten Gutachten angeführten sanitätspolizeilichen Massnahmen zur
Hintanhaltung von Gesundheitsschädigungen beim Betriebe dieses Gewerbes zu empfehlen. (Erlass
des Ministeriums des Innern vom 21. August 1899, Z. 1345 ex 1898).
Neue Humanitätsanstalten. In der Marktgemeinde Male in Tirol, wurde eine Gemeinde-
Versorgungsanstalt mit einem Belagraume von 14 Betten, welche zugleich als Gemeindespital
dient. und in Friedau Steiermark, das vom Deutschen Ritter Orden erbaute neue Ordensspital
eröffnet. In Wien fand am 6. October 1l. J. die feierliche Eröffnung des evangelischen Diakonissen-
Krankenhauses in Währing statt.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 29. October bis 4. November 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Dolhopole 1, Waszkoutz 1;
in Dalmatien im politische Bezirke Spalato: Almissa 3;
in Galizien in den politischen Bezirken: Chrzanow: Krzeszowice 1; Dobromil:
Lesznowa gorna 1; Husiatyn: Celejow 1, Husiatyn 1; Kolomea: Kamionki wielkie 2;
Kosow: Chorocowa 4; Podgorze: Ludwinow 2; Zaleszezyki: Tluste 1;
Zuwachs an Flecktyphbuserkrankungen in der Woche vom 29. October
bis 4. November 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Nadworna: Delatyn 1, Oslawy biale 1;
Rohatyn: Bolszowce 1; Tlumacz: Krzywotuly stare 1.
Hiezu eine Beilage.
Verantwortlicher Reuacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische »anitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
Da. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hof- und Universitáts-Buchhándier in Wien
LRothenthurmesatrassase 15,
Erscheint jeden Donnerstag.
Prinumerationspreis bei directer Postzusendung gansjährig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 30. November 1899. Nr. 48.
A A nen A A A eS
Inhalt. Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes. — Die Infectionskrankheiten im
Jahro 1898. (Fortsetzung.) — Ans den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe. — Mittheilungen
über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes.
In der am 15. November d. J. abgehaltenen Sitzung des Obersten Sanitätsrathes
gelangte das Referat über die Arzneitaxe für das Jahr 1900 zur Erledigung,
in welcher die Bedürfnisse der nach dem Krankenversicherungsgesetze eingerichteten,
sowie der unter staatlicher Controle stehenden, sonstigen Krankencassen, ferner mehr-
fache, von den Vertretungen der Apotheker verschiedener Verwaltungsgebiete ein-
gebrachte Anträge Berücksichtigung fanden. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr,
August Ritter v. Vogl Namens des pharmaceutischen Comités.)
Hierauf referirte Sectionschef Dr. Ritter v. Kusy über die auf die Verbreitung
der Pest und Cholera im Auslande bezüglichen Verhältnisse und über die sani-
tären Massnahmen, welche hinsichtlich der Behandlung des aus Brasilien im See-
lazarethe zu S. Bartolomeo bei Triest eintreffenden Lloyddampfers »Berenice«,
auf welchem Todesfälle an Pest. vorgekommen waren, in Aussicht genommen sind.
Der Oberste Sanitätsrath präcisirte in eingehender Berathung die massgebenden
Gesichtspunkte, welche bei der sanitären Behandlung dieses Schiffes und seiner Ladung
in Betracht kommen.
Hierauf gelangten nachstehende Referate zur Erledigung:
l. Gutachten in Angelegenheit eines Recurses betreffend die Bewilligung eines
Schutzrayons für eine Heilquelle. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof.
Dr. Ludwig.)
2. Gutachten über die Errichtung eines Depöts im Inlande für Soolproducte
einer ausländischen Heilquelle. (Referent: O. S. R. Hofrath Prof. Dr. E. Ludwig.)
3. Gutächtliche Aeusserung über die Zulässigkeit der Aufnahme von Uebungen
im Netzen von Geweben, insbesondere in der Verfertigung von Haarnetzen
in den Volksschulunterricht über weibliche Handarbeiten in ge-
wissen Industriegegenden Mährens. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. Max Gruber.)
Am Schlusse der Sitzung gelangte ein von O. S. R. Prof. Max Gruber ein-
gebrachter Initiativantrag, betreffend die SchliessungderBrantweinschänken
und anderer Brantweinverschleissstellen an Sonntagen zur Be-
rathung und Beschlussfassung.
15
— 456 —
Die Infectionskrankheiten im Jahre 1898.
(Fortsetzung.)
Scharlach herrschte in weiterer Verbreitung als im Vorjahre, und war die
Zahl der Erkrankungen und der Todesfälle während der letzte 10 Jahren nur im
Jahre 1896 eine noch grössere als 1898. Nur aus verhältnissmässig wenigen Bezirken
wurden keine derartigen Fälle gemeldet.
Nach Ländern zeigten sich Scharlacherkrankungen weniger verbreitet und in
einer kleineren Zahl von Fällen in Nieder- und Oberösterreich, Kärnten, Krain,
Görz-Gradisca, Dalmatien, Mähren und in der Bukowina, in allen übrigen war die
Erkrankungshäufigkeit eine grössere, insbesondere in Tirol, Böhmen und Schlesien,
ferner in Salzburg, Istrien und Galizien. In Tirol und in Schlesien war die Krank-
heit bereits im Vorjahre erheblich häufiger aufgetreten, und bildeten die Epidemien
nur die Fortsetzung bereits bestandener. In Böhmen hingegen hatten sich solche erst
entwickelt und der Krankenstand die doppelte Höhe von jenem im Jahre 1897 erreicht.
Das Lethalitätspercent (19°2) hielt sich innerhalb der An früheren Jahren ge-
fundenen Grenzwerthe (184— 202).
Von den Todesfällen kamen während des Jahres in Galizien 52, in der
Bukowina 62, in Schlesien 75, in Niederösterreich und jn Istrien 82, in Görz-
Gradisca 84, in Vorarlberg 86, in Oberösterreich 91, in Tirol 98, in Krain und in
Mähren 99 Percent der in den sanitätsstatistischen Nachweisungen vorgemerkten
Fälle, in Salzburg, Steiermark, Kärnten, Triest, Dalmatien und Böhmen sämmtliche
rechtzeitig zur Kenntniss der politischen Behörden.
Diphtherie. Hinsichtlich der Zahl der Bezirke und Gemeinden, in denen
solche Erkrankungen auftraten, ergibt sich den früheren Jahren gegenüber keine
Verminderung der Häufigkeit derselben, die Zahl der Erkrankungen blieb aber unter
jener der vorausgegangenen 5 Jahre und ist seit der im Jahre 1894 bestandenen
pandemischen Verbreitung derselben ein dauernder, recht erheblicher Abfall zu
erkennen. ;
Diese Verminderung der Erkrankungshäufigkeit tritt noch mehr hervor, wenn
man bedenkt, dass im Jahre 1898 der Anzeigepflicht ungleich besser entsprochen
wurde als in den früheren Jahren, in denen kaum der dritte Theil der Diphtherie-
sterbefälle sofort den Behörden zur Kenntniss gekommen war. Hiedurch wurde
damals auch ein unmittelbares Eingreifen und die rechtzeitige Einleitung prophylak-
tischer Vorkehrungen sehr erschwert, und waren auch die wohlthätigen Wirkungen
der Serotherapie noch unbekannt.
Die Erfüllung der Anzeigepflicht über solche Krankheitsfälle war auch 1898
in der Mehrzahl der Länder keine so vollständige, als zu wünschen gewesen wäre.
Von 100 Todesfällen, welche die Mortalitätsstatistik nachweist, erscheinen in den
Epidemie-Jahresberichten verzeichnet: ın Galizien 10, in Schlesien 37, in der Buko-
wina 53, in Göürz-Gradisca 62, in Istrien 64, in Krain 67, in Vorarlberg 69, in
Oberösterreich 83, in Mähren 85, in Kärnten 88, in Steiermark 91, in Niederöster-
reich 97, in Dalmatien 99, in Salzburg, Triest, Tirol und Böhmen sämmtliche.
Die Zahl der angezeigten Erkrankungen hat sich dem Vorjahre gegenüber in
Galizien um 797, in der Bukowina um 466, ın Dalmatien um 445, in Görz-Gradisca
um 385, in Steiermark um 291, in Niederösterreich um 264, in Triest um 252, in
Istrien um 179, in Mähren um 112 und in Vorarlberg um 101 vermindert, ist da-
gegen in Krain um 45, in Schlesien um 62, in Tirol um 100, in Salzburg um 171,
in Kärnten um 229, in Oberösterreich um 485 und in Böhmen um 2063 gestiegen.
Die Mortalitätsstatistik weist dagegen eine Abnahme der Zahl der Sterbetälle
auf in Galizien um 3221, in Dalmatien um 351, in der Bukowina um 317, in Krain
um 240, in Steiermark um 149, in Górz-Gradisca um 09, in Niederösterreich um 98,
in Triest und in Tirol um je 31, in Vorarlberg um 16, hiugegen eine Zunahme um
— 457 —
14 in Istrien, um 21 in Schlesien, um 36 in Salzburg, um 55 in Kärnten, um 69
in Mähren, um 98 in Oberösterreich und um 651 in Böhmen.
Das Lethalitätspercent der angezeigten Fälle ist von 43'8 im Jahre 1889, und
31°6 im Jahre 1895 auf 28°6 im Berichtsjahre gesunken.
Es kann die andauernde Verminderung der relativen Zahl der Sterbefälle in
erster Linie wohl nur auf die immer ausgedehnter in Anwendung kommende Sero-
therapie bezogen werden, und ist nur zu wünschen, dass diese Behandlung allent-
halben ermöglicht werde, was bisher noch nicht in vollem Masse der Fall war.
In den vorliegenden Jahresberichten wurden 32.296 Falle von Diphtherie mit
Rücksicht auf die Heilserumtherapie verzeichnet, es sind dies nahezu 97 Percent
aller angezeigten Erkrankungsfälle. Die Zahl der Fälle, in denen das Heilserum in
Anwendung gebracht wurde, beläuft sich auf 15.333, die Zahl der Fälle, in denen
diese Behandlungsform nicht in Anwendung kam, auf 16.963.
In Niederösterreich, Salzburg, Triest, Görz-Gradisca, Istrien, Schlesien,
Galizien und Dalmatien übertrifft die Zahl der mit Heilserum behandelten Fälle jene,
in denen diese Therapie nicht eingeschlagen wurde. Der allgemeinen Einführung der
letzteren steht wohl noch immer der Umstand entgegen, dass in vielen Gegenden
das Heilserum nicht rechtzeitig aus der Apotheke beschafft werden kann.
Wie die folgende Tabelle nachweist, tritt der günstige Erfolg der Heilserum-
behandlung deutlich hervor. Während von den ohne Heilserum behandelten Kranken
39:30 Percent starben, sinkt das Lethalitätsverhältniss bei Anwendung des Heilserums
auf 15°83. Besonders wichtig erscheint, dass die letztere Lethalitätsziffer ın den
einzelnen Ländern bereits eine grosse Uebereinstimmung zeigt, während in den ersten
Jahren nach Einführung der neuen Behandlungsmethode noch erhebliche Unter-
schiede bestanden.
|
i
E —Diphtherie- -Kranke | davo n
E .. 2 mit Se rumbehandlung ohne Serumbehandlung
ar ERE TE E
i 8 3137 3 1406628 3 [ió 432
_ : w na N ¿ISS | 31532
| | | | '
Niederösterreich . . . . - . | 5655. 1056 ' 1867 | 3521| 442 | 12-55 | 2134| 614 | 28:77
Oberösterreich. . . . .. . | 1272 318 ` 25-00 576 89 | 15°45 | 696! 229 | 32:90
Salzburg... 2... | 345, 83 2406) 215] 380 | 13:95) 180) 5B | 40-77
Steiermark . . .. . ..| 2845 723 2941 | 1160 | 163 ' 145 | 1385! 560 | 40:43
Kärnten nee. | 1196. 291 2458 | Saul 94 | 16°81) 637| 200! 31-39
Krain .......... | 1315) 467 3551|} 817| 42 | 1825 | 998) 425 | 42-58
Triest ..... ....| 534; 85/1592)! 508| 70 11378) 26! 15 | 57-69
Ee a a owe Bo 368° 110 29:89 | 254| 37 |1457" 114) 73 | 64-03
Tätrien eee ds sk Swe 890. 190 21:34) 651| 93 11428 | 239! 97 | 40:58
Tirol. 2... | 856° 238 2780) 146! 22 | 15:07 710) 216 | 30-42
Vorarlberg . 2... 2... 22 731811 oi 3,5000) 16' 4] 25-00
Böhmen . 1... . | 9187| 2784 3030 | 3856| 710 | 18-41 ‚ 5381 | 2074 | 38:90
Mähren 2 2... 3268 1242 38-00 | 1513. 280 | 1850. 1755| 962 | 54:81
| Schlesien... 2.0.0... 823. 225 2734| 452 61 | 13:49 371) 164 | 44:20
Galizien 2 Co 2 2 20. 2291 814 35:58) 442| 126 | 28:50 | 1849: $88 | 36:67
Bukowina 222000. 392 164 un 162| 35 | 2160" 230| 129 | 56-09
Dalmatien . . 2.2 22.0. 1337 295 22:06 | 995) 131 > 16 | | 164 , 47:95
|
Summe. . . 132296 ' 9095 28:16 (115333 | 2428 15:83 id 6667 39-30
| | |
| | | i |
Eine Ausnahme macht nur Vorarlberg, doch kann bei der ganz geringen Zahl
der nachgewiesenen Fälle die Relativziffer nicht ausschlaggebend sein gegenüber der
auf einer grossen Summe von Fällen beruhenden Statistik.
45*
— 458 —
Masern. Nur wenige politische Bezirke blieben von dieser Krankheit frei.
Aus 5737 Gemeinden wurden: Fälle derselben angezeigt. Der Krankenstand
(198.435) wurde nur im Jahre 1896 (227.176) übertroffen, in allen anderen Jahren
des letzten Decenniums blieb derselbe zum Theile sehr weit unter demselben (1889:
100.884 Fälle).
Die in den früheren Jahren von ausgedehnten Epidemien heimgesuchten süd-
lichen Länder: Krain, Triest, Istrien, Dalmatien, ferner Mähren und Schlesien wiesen
eine erhebliche Verminderung des Krankenstandes auf, dagegen haben Masern in
Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Vorarlberg, Galizien und in der
Bukowina an Ausbreitung gewonnen.
Hinsichtlich der zeitlichen Häufigkeit des Auftretens der Krankheit stellte sich
der Einfluss des Beginnes des Schulunterrichtes abermals in eklatanter Weise heraus.
Der leichten Steigerung der Erkrankungshäufigkeit in den ersten Wochen des Monats
Mai folgte während der Sommerferien ein rapider Abfall, mit dem Beginne des Unter-
richtes im Herbste stieg die Zahl der Neuerkrankungen von der 9. zur 10. und von
der 10. zur 11. Berichtsperiode je nahezu um das Doppelte und erreichte im Monate
December den höchsten Stand im Jahre. Am auffälligsten tritt dieses Verhalten in
Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien hervor.
In Oberösterreich und in Salzburg bestanden Epidemien vorwiegend in der
ersten Jahreshälfte, in Vorarlberg in den Monaten Februar und März, in Kärnten
im späteren Frühjahre und Sommer, in Schlesien im Sommer.
Das Lethalitätspercent der angezeigten Fille (4:6) stellte sich ungünstiger als
in den 5 vorausgegangenen Jahren (4‘O bis 4:1), aber günstiger als in den Jahren
1889—1891 (4:7 bis 5:8).
In Oberösterreich, Salzburg, Triest, Vorarlberg, Böhmen, Mähren und Dalmatien
sind in den Epidemieberichten die Maserntodesfälle in gleicher Zahl, zum Theile in
grösserer Zahl, nachgewiesen als in der Mortalitätsstatistik, in Niederösterreich 99, in
Steiermark 98, in Kärnten 91, in Tirol 87, in Schlesien 64. in Istrien 63, in Görz-
Gradisca 56, in Galizien 49, in der Bukowina 42 und in Krain 6 Percent der
letzteren. |
lleotyphus zeigte eine annähernd gleiche Verbreitung wie im Vorjahre.
Nur wenige politische Bezirke hatten keine solche Erkrankung aufzuweisen. Die Zahl
der angezeigten Fälle war um drei grösser als im Vorjahre und ist seit dem Jahre
1895 ım Ansteigen begriffen. Insbesondere sird in Niederösterreich, Steiermark,
Krain, Triest, Görz-Gradisca, Mähren und Dalmatien Typhusfälle in erheblich grösserer,
dagegen in Kärnten, Istrien, Böhmen und Galizien in einer kleineren Zahl von Fällen
gemeldet worden. In den übrigen Ländern bewegen sich die Schwankungen nach
oben und unten gegenüber den Vorjahre in engeren Grenzen.
Die Zalıl der Typhussterbefälle hat sich sowohl der Epidemie- wie der Mortalitäts-
statistik zu Folge vermindert, nach ersterer um 67, nach letzterer um 411, und darf,
da die Angaben der letzteren als richtigere angenommen werden müssen, hieraus
auf ein wesentlich selteneres Auftreten der Krankheit geschlossen werden.
Gleich viele derartige Todesfälle weisen die Epidemieberichte und die amts-
ärztlichen Vormerkungen auf in Nieder- und Oberösterreich, Salzburg und Böhmen,
dacegen entsprachen erstere in Kärnten 99, in Steiermark, Triest, Mähren und
Dalmatien 98, in Vorarlberg 88, in Tirol 86, in Górz-Gradisca 74, in Krain und in
Schlesien 67, in der Bukowina 49. in Galizien 26 und in Istrien 22 Percent der in
den Sterbelisten verzeichneten Fälle.
Epidemisches Auftreten von Typhus wurde in dem Berichtsjahre aus einer
Reihe von Orten gemeldet. Bemerkenswerth nicht nur wegen der bedeutenden Ausbreitung
und des geradezu explosiven Charakters des Ausbr uches, sondern auch wegen der hiebei
gemachten Beobachtungen über die Verbreitungswege erscheint die Typhus-
epidemie in Passail im politischen Bezirke Weiz in Steiermark.
— 459 —
Der Beginn der Epidemie fiel in den Monat Juni 1898, nachdem schon in
den vorausgegangenen Monaten erwiesenermassen wiederholt sporadische Erkran-
kungen, deren typhöse Natur jedoch wegen Mangels oder wegen der Kürze der
ärztlichen Behandlung nicht klargestellt wurde, vorgekommen waren. Die amtsärztliche
Constatirung der Epidemie erfolgte am 27. Juni, als in Folge eines von den Sommer-
gästen Passails verbreiteten Gerüchtes über das Auftreten von typhösen Er-
krankungen in letzterem Orte seitens der Bezirkshauptmannschaft Weiz der Amts-
arzt zur Vornahme der Erhebungen entsendet worden war. Der letztere stellte hiebei
fest, dass in Passail fünf Personen unter typhösen Symptomen erkrankt waren, und
ordnete sofort die gebotenen sanitären Massnahmen an. Seitens der Bevölkerung wurde
der vom Amtsarzte gestellten und vom Landessanitätsinspector gelegentlich der bald
darauf vorgenommenen Revision bestätigten Diagnose kein Glauben beigemessen,
und selbst dann noch an dem Bestande des Typhus gezweifelt, als durch die Ob-
duction der Leiche eines in der Nachbargemeinde Hart verstorbenen Mädchens,
das sich in einem Gasthause in Passail inficirt haben dürfte, der Bestand von lleo-
typhus ausser allen Zweifel gestellt, und die Zahl der unter gleichen Symp.
tomen Erkrankten bereits auf 13 gestiegen war. Die Folge davon war, . dass
die angeordneten sanitären Massnahmen nur mangelhaft durchgeführt, und hiedurch
der Verbreitung der Krankheit Vorschub geleistet wurde. In der Zeit vom 13. bis
19. Juli nahm die Epidemie plötzlich einen bedrohlichen Charakter an, indem
hintereinander 44 Schulkinder von Passail und Umgebung, welche die Volks-
schule in Passail besucht hatten, unter typhösen Symptomen erkrankten. Aus
diesem Anlasse wurde über telegraphischen Bericht der Bezirkshauptmannschaft Weiz
seitens der Statthalterei in Graz in Vertretung des Landes-Sanitätsinspectors der zu-
getheilte Amtsarzt zur Vornahme der Erhebungen entsendet, und auf Grund des von
demselben gestellten Antrages das Epidemieverfahren eingeleitet; als Epidemiearzt
wurde ein amtliches Sanitätsorgan bestellt, welchem die unmittelbare Anordnung der
erforderlichen sanitären Massnahmen, die Ueberwachung der Durchführung derselben
und die Behandlung der mittellosen Kranken übertragen wurde.
Die Provenienz der in so grosser Zahl unmittelbar hintereinander aufgetretenen
Schulkindererkrankungen konnte mit Bestimmtheit auf die Schule als gemeinsamen
Infectionsherd zurückgeführt werden. Unter den bei der vorerwähnten amtsärztlichen
Erhebung am 27. Juli in Passail vorgefundenen fünf Typhuserkrankungen befand
sich nämlich auch die Mutter eines im Schulhause wohnenden Lehrers, welche un-
gefähr 14 Tage vorher erkrankt war und bis zu der vom Amtsarzte sofort ver-
fügten Entfernung aus dem Schulgebäude bei ihrem Sohne in Pflege stand. Da
deren Wäsche ohne irgend welche Desinfectionsmassregeln bei dem äusserst mangel-
haft eingedeckten Schulbrunnen gewaschen, und die Dejecte ohne vorausgegangene
Desinfection in die knapp neben dem Brunnen gelegene, undichte Senkgrube enleert
wurden, erscheint die Vermuthung, dass die Infection der Schulkinder durch den
Genuss des verunreinigten Brunnenwassers erfolgte, wohlbegriindet. Diese Annahme
fand aber auch darin ihre Bestitigung, dass gleichzeitig auch mehrere im Schulhause
wohnende Personen von der Krankheit befallen wurden, so der Schulleiter, welcher
derselben erlag, sowie dessen Frau und Tochter und ein bei dieser Familie zu
Besuch weilender Verwandter, welcber bald nach seiner Rückkehr aus Passail in
seinem ständigen Aufenthaltsorte erkrankte, und dass endlich zumeist nur Kinder
aus den umliegenden und nach Passail eingeschulten Ortschaften von der Krankheit
befallen wurden, welche während des ganzen Tages sich im Schulgebäude aufzu-
halten und das Wasser des Schulbrunnens zu geniessen pflegten, während in Passail
wohnhafte Schulkinder nur in geringer Zahl erkrankten.
Der Krankheitsverlauf bei den erkrankten Kindern war ein ausserordentlich
milder. Viele derselben waren nur wenige Tage bettlägerig und verbrachten die
übrige Zeit ihres Krankseins nicht selten im Freien und auf der Dorfstrasse, wodurch
— 460 —
die ons der Krankheit nach den einzelnen Ortschaften wesentlich begünstigt
wurde
Nach dem explosiven Auftreten der Schulkindererkrankungen trat ein schein-
barer Stillstand in der Ausbreitung der Epidemie ein; bald aber machten sich die durch
die Schulkinder in den einzelnen Häusern und Ortschaften bewirkten Infectionen
bemerkbar, die Epidemie trat mit erneuerter Heftigkeit auf und hielt sich bis Mitte
September nahezu auf der gleichen Höhe; erst von da an liess sich eine allmälige
Abnahme constatiren; am 15. October war ‘der Krankenstand so bedeutend vermindert,
dass das Epidemieverfahren eingestellt werden konnte.
In Passail wurde die Verbreitung der Epidemie insbesondere durch die mangel-
haft construirten Senkgruben und Düngerhaufen, neben welchen sich in den meist
engen Höfen die schadhaften, verunreinigtes Grundwasser führenden Brunnen be-
finden, in erheblichem Grade begünstigt; in den umliegenden Ortschaften trugen
der mangelhafte Reinlichkeitssinn der dortigen Bevölkerung und das dichte Zu-
sammenwohnen der bäuerlichen Familien in den in der Regel nur einen Wohnraum
enthaltenden Häusern wesentlich zur Verbreitung des Typhus bei.
In der Zeit von Ende Juni bis zu dem am 13. October erfolgten Abschlusse
des Epidemieverfahrens erkrankten in Passail und den dahin eingeschulten 28 Ort-
schaften bei einer Bevölkerung von rund 6200 Seelen in 124 Häusern 216 Personen,
wovon 192 genesen, 14 gestorben und 10 verblieben sind. Die Morbidität betrug
35 Promille der Bevölkerung, die Lethalität 648 Percent der Erkrankten. Der
Verlauf der Epidemie war somit ein relativ sehr milder.
Im Markte Passail erkrankten während der gedachten Zeit in 40 Häusern
70 Personen, von welchen 7 mit Tod abgiengen.
An sanitätspolizeilichen Vorkehrungen wurden ausser der verfügten Entsendung
eines Epidemiearztes noch getroffen: Sistirung des Unterrichtes in der inficirten
Volksschule während des Bestandes der Epidemie unter den Schulkindern und Er-
richtung eines Nothspitales in Passail, Reinigung und Reconstruction der Brunnen,
Räumung und Desinfection der Senkgruben und Diingerstitten, Beseitigung des
Ausfliessens der Jauche aus den Häusern etc.
Schliesslich gab die bestandene Epidemie den Anstoss, die Frage der Versorguug
des Marktes Passail mit gesundem Quellwasser in Fluss zu bringen. Es ist bereits
ein Wasserleitungsproject ausgearbeitet, welches nach Genehmigung des Landes-
ausschusses und Zuerkennung einer Subvention aus Landesmitteln zur Ausführung
gelangen soll.
In der 1728 Einwohner zählenden, zumeist von armen Hauswebern bewohnten
Gemeinde Langenlutsch, im politischen Bezirke Mährisch-Trübau, Mähren, sind
vom September bis Ende December 1898 92 Typhuserkrankungen, darunter 13 mit
tödtlichem Ausgange beobachtet worden. In einzelnen Familien sind 5 bis 7, ja in
einem Hausstande sogar 9 Fälle vorgekommen.
Als Ursache der so bedeutenden Ausbreitung der Epidemie wurde der Ge-
nuss des verunreinigten Bachwassers angesehen, welches von vielen Personen als
Trinkwasser benützt worden war, wiewoll Brunnen in genügender Zahl vor-
banden waren. Dank den im December 1898 getroffenen umfassenden Tilgungs-
massnalımen blieb die Epidemie im weiteren Verlaufe auf jene Häuser beschränkt,
in welchen schon vorher 'T'yphusfälle vorgekommen waren. Zur Linderung der Noth
in der von Typhus heimgesuchten Gemeinde wurden von der Statthalterei in Brünn aus
den staatlichen Nothstandsgeldern und vom. mährischen Landesausschusse Unter-
stützungen gewährt.
Flecktyphus trat in Galizien und in der Bukowina epidemisch, in Böhmen
in 3 Fällen und in Mähren in 1 Falle auf. Im Vergleiche mit dem Vorjahre war
die Krankheit häufiger (41499 Fälle) und auch die Zahl der Todesfälle ist um
107 gestiegen.
m
— 461 —
Das Lethalitätspercent war das niedrigste seit Einführung der gegenwärtigen
Berichterstattung (8°7 gegen 8°8 bis 12-0 in früheren Jahren).
In Böhmen und Mähren wurden die sporadischen Todesfälle sofort angezeigt,
in Galizien kamen 66, in der Bukowina 52 Percent der Todesfälle rechtzeitig zur
Kenntniss der Behörde.
Dysenterie zählt zu jenen Erkrankungen, welche durch eifrig betriebene
und geförderte Assanirungsarbeiten von Jahr zu Jahr in ihrem Verbreitungsgebiete
mehr und mehr eingeschränkt wurde. Hauptsitz der Erkrankungen sind die südlichen
und östlichen Länder, in denen dieselben, begünstigt von den klimatischen Factoren,
zeitweise grosse Verbreitung fand.
Galizien war in früheren Jahren von dieser Krankheit wiederholt sehr schwer
heimgesucht, Im Jahre 1898 trat dieselbe zwar in einer namhaften Zahl von Fällen,
doch in ungleich geringerer Ausdehnung auf, in der Bukowina zwar häufiger als im
unmittelbaren Vorjahre, doch viel seltener als in den Jahren 1890—1892. Dagegen
wurden aus Steiermark und zwar fast ausschliesslich aus den südlichen Bezirken
eine in früheren Jahren kaum übertroffene Zahl von Fällen gemeldet, was zum
Theile wohl auf Rechnung vollständigerer Erfüllung der Anzeigepflicht zu setzen ist.
Der hauptsächlich im Spätsommer und Herbste häufiger und über ausgedehnte Ge-
biete epidemisch verbreiteten Krankheit wurde von der Bevölkerung früher wenig
Bedeutung beigemessen, ärztliche Hilfe nur in schweren Fällen in Anspruch ge-
nommen, wesshalb auch die Behörden oft selbst von dem Bestande einer Epidemie
keine Kenntniss erlangten.
Kindbettfieber. Wie bereits im vorjährigen Berichte erwähnt wurde,
steigt die Zahl der angezeigten derartigen Erkrankungen von Jahr zu Jahr, im
Jahre 1898 sind um 168 Erkrankungen mehr nachgewiesen als im Vorjahre. Es
wäre aber ganz irrig, wollte man hieraus auf ein häufigeres Auftreten der Krankheit
schliessen. Die Mortalitätsstatistik lehrt im Gegentheile, dass die Zahl dieser Todes-
fälle in Abnahme begriffen ist. Im Jahre 1896 waren 2474, ım Jahre 1897: 2179
und 1898: 2005 Sterbefälle in Folge infectiöser Erkrankungen im Wochenbette
nachgewiesen. Dieselben haben sich somit innerhalb 3 Jahre um 531 Fälle ver-
mindert. Eine immer intensiver sich gestaltende Handhabung der neuen Dienstes-
vorschriften für Hebammen, welche in den alljährlich stattfindenden Hebammen-
amtstagen eingeschärft und deren Beobachtung von den Amtsärzten überwacht wird,
lassen, da auf die Hintanhaltung von Krankheitsübertragungen durch sorgfältige
Desinfection das grösste Gewicht gelegt wird, erwarten, dass diese Erkrankungen
in Zukunft noch seltener werden. (Schluss folgt.)
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung am 25. September d. J. wurde über die Nothwendig-
keit der Herstellung von Isolirlocalitäten in Erziehungs- und Humanitätsanstalten behufs
Unterbringung Infectionskranker ein Gutachten abgegeben.
Ferner wurde das Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung einer Abtheilung für Wasser-
curen in einer Badeanstalt in Wien zur Genehmigung empfohlen.
Weiters wurde für die Verleihung einer Apothekenconcession in einer Gemeinde
Niederösterreichs der Vorschlag erstattet.
Ueber das Ansuchen einer Firma um die principielle Genehmigung der Verwendung von
gewölbten Grabdeckeln aus Cement wurde das Fachgutachten erstattet.
Schliesslich wurde das Project einer Klär- und Filteranlage für die Abwässer eines
öffentlichen Krankenhauses ausserhalb Wiens begutachtet.
In der Sitzung am 9. October 1899 wurde über das Ansuchen um Bewilligung zur
Errichtung eines Institutes für Radiographie und Radiotherapie in Wien (Untersuchung
und Behandlung mit Röntgenstrahlen) ein Gutachten abgegeben.
— 462 —
Weiters wurde ein Gesuch um Bewilligung zum Betriebe eines sogenannten Institutes fiir
Psycho-Physiologie begutachtet.
Ferner wurde über die vom Wiener Magistrate in Anregung gebrachte Erlassung einer
Verordnung beziiglich des Verkehres mit Wiirsten die Aeusserung erstattet.
Die seitens des Verbandes der Genossenschaftskrankencassen Wiens und der allgemeinen
Arbeiter-Kranken- und Unterstützungscasse in Wien geplante Errichtung eines Reconvalescenten-
hauses in einem zu diesem Behufe zu adaptirenden Schlossgebäude in Niederösterreich wurde
als anerkennenswerther Fortschritt in der öffentlichen Krankenpflege erklärt und die Ausführung
des Projectes unter gewissen Bedingungen empfohlen.
Schliesslich wurde über die Zulässigkeit und die Bedingungen der Uebertragung der
Leichen von in einem der Wiener Spitäler Verstorbenen zum früheren Wohnhause und in die
zuständige Pfarrkirche ein Fachgutachten erstattet.
Io d:n Sitzungen am 16. und 30. October wurden folgende Gutachten abgegeben :
Ueber die Filteranlage des Wolfsgraben-Reservoirs der Wientlial-Wasserleitung, über
einen Recurs, betreffend den Fortbestand mebrerer Privatbiider in einer Gemeinde Nieder-
österreichs und über ein beim Ministerium fiir Cultus und Unterricht eingereichtes Manuscript :
„Ratlıschläge betreffend die Herstellung und Einrichtung von Gebäuden für Gym-
nasien und Realschulen“.
Schliesslich wurde die von einer geistlichen Corporation in Wien beabsichtigte Um-
wandlung eines Waisenhauses in ein Privatspital in Berathung gezogen.
Kärnten. In den Monaten Juli, August und September 1899 gelangten folgende Gegen-
stände zur Verhandlung:
1. Besetzung der Districtsarztesstelle in St. Georgen am Längsee. (Referent: Sanitäts-
rath Dr. A. Smoley.)
2. Vorschläge zur Wiederbesetzung der Bezirkshebammenstellen in Gnesau, Prävali,
Pulst und Rennweg. (Referent: Landes-Regierungsrath Dr. Ed. Meusburger.)
3. Begutachtung eines Ansuchens um die Ertheilung der Concession zur Erzeugung
und zum Verkaufe von Halbweinen. (Refererat: Landes-Regierungsrath Dr. Ed. Meus-
burger und Correferent Mag. pharm. H. Kommeter.)
4. Aousserung über ein Ansuchen um die Ertheilung der Concession zur Errichtung einer
Cur- und Wasserheilanstalt in Millstadt. (Referent: Sanitätsrath Dr. A. Smoley.)
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 14. October 1. J. kamen nachfolgende Gegen-
stände zur Verhandlung:
1. Gutachten, betreffend die Zulässigkeit der weiteren Beisetzung von Leichen in einer
Familiengruft.
2. Gutachten über die Angemessenheit einer in einem gerichtsärztlichen Particulare
aufgerechneten Gebühr.
Böhmen. In der Sitzung am 14. October 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Verhandlung: |
1. Besetzungsvorschlag für eine landesfürstliche Bezirksthierarztesstelle.
2. Errichtung einer öffentlichen Apotheke in Eulau.
3. Errichtung einer dritten öffentlichen Apotheke in Teplitz.
4. Betriebsanlage einer Oelgasanstalt auf der „Urabovka“ bei Prag.
5. Impfbericht für das Jahr 1898.
6. Gesuch der Piichter einer Restauration in Karlsbad um die Bewilligung zur Ver-
abreichung von mit Saccharin zubereiteten Speisen und Getränken.
T. Verlegung des Friedhofes in Nehasitz.
8. Gutachten, betreffend die Verabreichung von Moorbädern, sowie die Verwendung
der Franzensquelle in Běloves.’
9. Mittheilung des Vorsitzenden über einen in der Landesgebäranstalt vorgekommenen
Tetanusfall und die Durchführung der in dieser Angelegenheit eingeleiteten, umfassenden
Massregeln. Aus dieser Mittheilung ergab sich, dass alle sowohl von den klinischen Vor-
stiinden als auch vom Landes-Sanitiitsrathe beantragten Adaptirungen und örtlichen Herstellungen
auf den einzelnen Kliniken in tadelloser Weise durchgeführt wurden.
— 463 —
Rücksichtlich der noch erübrigenden Mängel, insbesondere der Ueberfüllung der für die
Schwangeren bestimmten Räume, des Fehlens abgesonderter Administrationslocalitäten, endlich
hinsichtlich des Baues eines Isolirpavillons, wurde bei der in der Anstalt abgehaltenen Enquéte
vom Vertreter des Landesausschusses die Erklärung abgegeben, dass letzterer, insoweit die be-
treffenden Herstellungen in den Wirkungskreis des Landesausschusses fallen, alle von berufener
Seite beantragten Massregeln ohne Rücksicht auf den Kostenpunkt zur Durchführung bringen
wird. Die getroffenen Vorkehrungen wurden durch einstimmigen Beschluss des Landes-
Sanitätsrathes als durchaus zweckentsprechend und ausreichend anerkannt.
Galizien. Verhandlungsgegenstände in den am 26. und 27. Juni und 4. Juli I. J. ab-
gehaltenen Sitzungen:
1. Berathung über Massregeln zur Hintanhaltung der Verbreitung der venerischen und
syphilitischen Krankheiten im Lande. (Referent: Landessanitäts-Referent Dr. Merunowicz).
2. Gutächtliche Aeusserung in Betreff der Verpflichtung der ordinirenden Aerzte zur Be-
stätigung der Todesursache. (Referent: Regierungsrath und Sanitätsrath Dr. Opolski).
3. Gutachten, betreffend eine Sodawasserfabrik in Tluste, Bezirk Zaleszezyki. (Referent:
Sanitätsrath Docent Dr. Widmann).
4. Gutachten über die Errichtung einer Düngergrube neben einer Branntweinbrennerei
in Tysmienica, Bezirk Tlumacz. (Referent: Sanitätsrath Dr. Merezynski).
5. Vorschläge zur Besetzung zweier Distrietsarztesstellen in Zabie und Pistyn, Bezirk
Kosow. (Referent: Sanitätsrath Dr. Festenburg.)
6. Gutächtliche Aeusserungen betreffend Bäckereianlagen in Chrzanów und in
Ludwinów, Bezirk Podgúzce.
Verhandlungsgegenstände in der Sitzung vom 11. September 1899:
1. Gutächtliche Aeusserung über zu errichtende Kaltwasserheilanstalten in
Przemyslany und in Brzuchowice, politischer Bezirk Lemberg. (Referent: Sanitätsrath Docent
Dr. Widmann.)
2. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Besetzung einer vacant gewordenen
Docentenstelle für Hygiene und Somatologie in der Lehrerbildungsanstalt in Stanislau.
(Referent: Sanitätsrath Prof. Dr. Machek.)
3. Gutachten über die Creirung neuer Sanitätsdistriete in Chorostków und Probuzna,
politischer Bezirk Husiatyn, sowie über die Verlegung des Wohnsitzes des Districtsarztes
von Dobromil nach Nowemiasto. (Referent: Landes-Sanitätsreferent Dr. Merunowicz.)
Verhandlungsgegenstände in der Sitzung vom 25. September.
1. Thätigkeitsbericht der allgemeinen staatlichen Untersuchungsanstalt für Lebens-
mittel und Gebrauchsgegenstände in Krakau pro 1898. (Referent: Sanitätsrath Dr. Festen-
burg.)
2. Vorschlag der Candidaten für die Verleihung der Apothekenconcession in Bochnia.
(Referent: Regierungsrath und Sanitätsrath Dr. Opolski.)
3. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Errichtung eines privaten Schlacht-
hauses in Zloezöw. (Referent: Sanitätsrath Prof. Dr. Kadyi.)
i 4. Gutachten über die Naphta-Destilliranlage in Lisko. (Referent: Sanitätsrath
Docent Dr. Schramm.)
D. Aeusserung in Angelegenheit der Verlegung des Wohnsitzes eines Districts-
arztes von Majdan Sredni, politischer Bezirk Nadworna, nach Lanezyn, desselben Bezirkes.
(Referent: Landes-Sanitätsreferent Dr. Merunowicz.)
6. Gutächtliche Aeusserung über eine Gerbereianlage in Kolomea. (Referent: Sanitäts-
rath Docent Dr. Sehramm.)
7. Begutachtung der Pläne eines neu zu errichtenden Krankenhauses in Kalusz.
(Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Widmann.)
8. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Errichtung einer dritten öffentlichen
Apotheke in Jaroslau. (Referent: Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
Verhandlungsgegenstände in der Sitzung vom 10. October.
1. Besetzungsvorschlag für drei erledigte Sanitätsconcipistenstellen. (Referent: Re-
gierungsrath S. R. Dr. Opolski).
— 464 —
2. Begutachtung der Pläne eines neu zu errichtenden israelitischen Siechenhauses in
Lemberg. (Referent: Regierungsrath S. R. Dr. Opolski.)
3. Vorschlag zur Besetzung von zwei k. k. Bezirksthierarztesstellen. (Referent:
S. R. Prof. Dr. Kadyi.)
4. Vorschlag der Candidaten für die Verleihung der Apothekenconcessionen in
Czarny Dunajec, politischer Bezirk Neumarkt (Referent: S. R. Dr. Merezyfski) und in
Oleszyce, politischer Bezirk Cieszanow. (Referent: S. R. Prof. Dr. Machek.)
5. Gutächtliche Aeusserung in Angelegenheit der Errichtung einer neuen Öffentlichen
Apotheke in Borynia, politischer Bezirk Turka. (Referent: S. R. Prof. Dr. Machek.)
6. Gutächtliche Aeusserung über die Schaffung neuer Sanitätsdistriete im Moseizka’er
Bezirke. (Referent: Landes-Sanitätsreferent Dr. Merunowicz.)
Bukowina. In der Sitzung vom 26. Mai 1899 gelangten nachstehende Gegenstände zur
Berathung:
1. Zulässigkeit der Errichtung einer Petroleum-Raffinerie in Alt-Zuczka.
2. Entwurf, beziehungsweise Ergänzung einer Desinfectionsvorschrift für
Schulen.
In der Sitzung vom 11. Juli 1899 gelangten nachstehende Angelegenheiten zur Ver-
handlung :
1. Gutächtliche Aeusserung über die Errichtung eines Isolirpavillons für Infections-
kranke in der Landeskrankenanstalt in Czernowitz.
2. Gutachten, betreffend die Errichtung und den Betrieb von Heil- und Badeanstalten
in der Gemeinde Dorna-Kandreny und im Curorte Dorna-Watra.
In der Sitzung vom 15. Juli 1899 wurden Besetzungsvorschläge für die erledigten Stellen
eines Oberbezirksarztes, eventuell eines Bezirksarztes, eines Sanitätsconcipisten und
eines Sanitätsassistenten erstattet.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom
7. bis 16. November 24 Erkrankungen und 10 Todesfälle an Pest vorgekommen, und zwar
an den aufeinander folgenden Tagen: 2 (2), 1 (1), 2 (1), 1 (0), 4 (1), 2 (1), 2 (1), 3 (1),
5 (0), 2 (2).
Der unmittelbar nach der Ankunft aus Oporto in Lissabon am 10. November an
Pest erkrankte Bacteriologe Dr. Pestana-Camara (siehe S. 452 d. Bl.) ist am 15. No-
vember der Krankheit erlegen. Weitere Erkrankungen sind in Lissabon nicht beobachtet
worden.
Griechenland. Die gegen Schiffe aus Triest angeordneten seesanitären Massnahmen (siehe
S. 452 d Bl.) wurden vom 18. November an auf die Vornahme der ärztlichen Revision
redueirt.
Bulgarien. Die sanitären Massregeln gegenüber Herkünften aus Djeddah und dem Rotben
Meere wurden mit Rücksicht aul das Erlöschen der Pest in Djeddah ausser Kraft gesetzt. Der
Hafen von Santos und die Küste von Algier wurden für pestverseucht erklärt. Die gegen
Triest angeordneten sanitären Massnahmen wurden zurückgezogen und gegen Provenienzen aus
dieser Stadt die ärztliche Visite eingeführt.
Türkei. Die gegen Provenienzen aus Triest angeordnete ärztliche Untersuchung wurde
eingestellt. Die Quarantainedauer für Schiffe aus Alexandrien wurde auf fünf Tage herabgesetzt.
Marokko. Der Gesundheitsrath in Tanger hat beschlossen, gegen Provenienzen aus
Lissabon die Quarantaine einzuführen. j
Mozambique. In Lorenzo-Marquez sind keine weitoren Pesterkrankungen (siehe
. 441 d. Bl.) beobachtet worden; dagegen soll daselbst eine Blatter nepidemie aufgetreten
sein, deren Ausbreitung durch die a ammlung vieler Tausender von Flüchtlingen aus dem Trans-
vaal begünstigt werde.
— 465 —
Madagaskar. In Tamatave sind vom 23.—30. October 8 neue Erkrankungen und
5 Todesfälle an Pest vorgekommen.
Reunion. In St. Denis ist die Pest ausgebrochen; vom 21.—31. October sind 7 Erkran-
kungen, darunter 6 mit tödtlichem Ausgange, beobachtet worden.
Brasilien. Zur Verhütung der Einschleppung der Pest nach Rio de Janeiro wurden nach-
stehende Massnahmen getroffen: 1. Strenge sanitátspolizeiliche Beaufsichtigung der aus Santos
kommmenden Reisenden. 2. Creirung von Desinfectionsposten in Santos und in Alto da Serra -
(Station zwischen Sao Paolo und Santos). 3. Vertilgung der Ratten und Zahlung einer Prämie
von 200 Reis für jede getödtete Ratte. 4. Ernennung einer grösseren Anzahl von Sanitäts-
inspectoren. Die Regierung hat für die Errichtung eines Laboratoriums zur Erzeugung von
Pestserum einen Credit von 200.000 Milreis bewilligt.
An Bord des aus Santos abgegangenen Lloyddampfers „Berenice“ sind während der
Ueberfahbrt einzelne pestverdächtige Erkrankungen und Todesfälle vorgekommen. Das Schiff,
welches längere Zeit bei den Capverdischen Inseln Aufenthalt genommen hatte, hat Gibraltar
bereits passirt und wird bei seiner Ankunft in Triest in das Seelazareth nach S. Bartolomeo
dirigirt werden.
Vermischte Nachrichten.
Berechtigung zum Verkaufe von Heilmitteln. Anlässlich eines speciellen Falles hat das
Ministerium des Innern nach gepflogenem Einvernehmen mit dem Handelsministerium mit
Zuschrift vom 11. August 1899, Z. 25135, die Fragen:
1. ob die von einem Droguisten verkauften, beziehungsweise zum Verkaufe bereitgebaltenen
Mittel: Aloë, Tinctura chinae composita, Seidlitzpulver, Acetum aromaticum und eine als „bittere
Magentropfen“ bezeichnete Mixtur, welche Kirschlorbeerwasser enthielt, als Heilmittel anzusehen
sind, zu deren Verkauf ein Droguist berechtigt ist, oder ob diese Mittel den Apothekern aus-
drücklich vorbehalten sind, und
2. ob Aloë und Oxalsäure Gifte sind, auf welche bei Verabreichung, beziehungsweise
Verwahrung die Vorschriften der $$ 365 und 366, beziehungsweise & 368, St. G. Anwendung
finden, nachstehend beantwortet:
Tinetura chinae composita, Seidlitzpulver und Acetum aromaticum sind officinelle pharma-
ceutische Präparate, welche, unbeschadet des Grosshandelsverkehres zwischen Fabrikanten, Gross-
handlungen und Apothekern, dem Verkaufe in Apotheken vorbehalten sind. (§ 2 der Ver-
ordnung des Ministeriums des Innern und des Handels vom 17. September 1853, R. G. Bl.
Nr. 152.)
Die Mixtur ,Magentropfen“, welche Aqua laurocerasi und Tinctura strychni (nucis
vomicae) entbält, ist eine zusammengesetzte Arzneimischung, welche selbst in Apotheken ohne
ärztliche Verschreibung nicht verabfolgt werden darf. (SS 4 und 5 der M. V. vom 1. Juli 1889
R. G. Bl. Nr. 107.)
Kreosot ist eine Drogue, welche sowohl zu Heilzwecken, als auch zu technischen Zwecken
benützt wird. Ausserhalb der Apotheken darf Kreosot nur unter den Beschränkungen der M. V.
über den Giftverkehr verabfolgt werden, in den Apotheken nur über ärztliche Verschreibung.
(§ 5 der M. V. vom 1. Juli 1889, R. G. Bl. Nr. 107.)
Das Xeroform (Bismuthum tribromphenilicum) ist ein neues, nicht officinelles Heilmittel,
welches wegen seiner Zusammensetzung im Sinne des $ 3 der M. V. vom 1. Juli 1889,
R. G. Bl. Nr. 107, nur von Apothekern über ärztliche Verschreibung abgegeben werden darf.
Aloë und Oxalsáure sind nicht als Gifte im Sinne der M. V. vom 21. April 1876,
R. G. Bl. Nr. 60, zu betrachten; das erstere ist ein scharf wirkendes Mittel, dessen Verkauf,
unbeschadet des Grosshandelsverkehres zwischen Fabrikanten, Grosshändlern und Apothekern,
nur in Apotheken, und zwar nicht ohne ärztliche Verschreibung stattfinden darf, die Oxalsäure
hingegen ein gesundheitsgefährliches chemisches Präparat, welches laut S 15 der eben outen
Ministerialverordnung in Gefässen mit einer deutlichen Aufschrift des Inhaltes aufzubewahren
und von Genuss- und Heilmitteln fernzuhalten ist.
Errichtung einer Reconvalescentenanstalt. Die Statthalterei in Prag hat die Errichtung
einer privaten Reconvalescentenanstalt unter nachstehenden Bedingungen bewilligt.
— 466 —
1. Der Concessionsinhaber vertritt die Anstalt nach aussen. Die ärztliche Leitung der
Anstalt obliegt einem eigens zu bestellenden und der politischen Bezirksbehörde nambaft zu
machenden Hausarzte. Für den Fall der Erkrankung oder einer längeren Abwesenheit des
leitenden Arztes ist ein geeigneter Stellvertreter der ‘genannten Behörde namhaft zu machen.
2. Diese Concession beschrinkt sich lediglich auf das für den Betrieb genehmigte Haus;
bei allen wesentlichen Aenderungen in dem baulichen oder sonstigen Zustande der Anstalt,
sowie bei eventueller Verlegung derselben in andere Localitäten oder in ein anderes Haus ist
die Genehmigung der Statthalterei einzuholen.
3. In die Anstalt dürfen ausschliesslich nur thatsächlich reconvalescente und ruhe- und
erholungsbedürftige Personen aufgenommen werden. Die Aufnahme der Pfleglinge darf nur
nach genauer ärztlicher Untersuchung durch den Hausarzt erfolgen. Von der Aufnahme in die
Anstalt sind grundsätzlich und unbedingt ausgeschlossen: Geisteskranke jeder Art, Alkoholiker,
Infectionskranke , ferner Reconvalescenten nach Infectionskrankheiten, insoferne nach der
Aeusserung des leitenden Arztes noch die Möglichkeit der Uebertragung dieser Krankheit
besteht; alle Arten von tuberculósen Erkrankungen und schliesslich schwangere Personen, welche
ihrer Niederkunft entgegensehen.
4. Bezüglich der in die Anstalt aufgenommenen Personen sind die allgemeinen Melde-
vorschriften genau einzuhalten, und die für Pfleglinge etwa erforderlichen Arzneien aus einer
zunächst gelegenen öffentlichen Apotheke zu beziehen.
9. Bei eventuell vorgekommenen Sterbefällen in der Anstalt ist die Leiche nach der vor-
genommenen Beschau durch den zuständigen Todtenbeschauer in die Leichenkammer ausserhalb
der Anstalt zu überführen.
6. Die Behandlung der Pfleglinge in der Anstalt muss nach anerkannten wissenschaftlichen
Grundsätzen stattfinden. Bei öffentlichen Ankündigungen der Anstalt ist jede Berufung auf
Curmethoden, welche einen Gegensatz zu wissenschaftlichen Heilverfahren darstellen, sowie auch
jede marktschreierische Anpreisung zu vermeiden.
7. Ueber die Pfleglingsbewachung in der Anstalt sind genaue Aufzeichnungen zu führen
und am Schlusse eines jeden Jahres die für die Heilanstalten vorgeschriebenen Berichte an die
politischen Behörden zu erstatten.
8. Beim Betriebe der Anstalt ist die genehmigte Hausordnung genau einzuhalten.
9. Das Ueberwachungsrecht steht der politischen Bezirksbehörde zu und wird durch die
| df. Sanitätsorgane ausgeübt.
Bestreitung der aus der Abhaltung der Hebammenamtstage erwachsenden Reisekosten
der Amtsiirzte. Das k. k. Ministerium des Innern hat aus einem speciellen Anlasse darauf
aufmerksam gemacht, dass nach dem Wortlaute des Erlasses vom 10. September 1897, Z. 5555, *
die aus der Abhaltung der Hebammenamtstage erwachsenen Reisekosten der Amtsärzte, falls diese
Amtshandlungen nicht anlässlich anderer Commissionsreisen anberaumt werden konnten, auf die
Dotation für sonstige Auslagen des Sanitätsdienstes zu übernehmen sind. Für die anlässlich der
Bezirksbereisungen von den Amtsärzten im Wohnorte der Hebammen vorzunehmenden Visi-
tationen ihrer Instrumente ete. sind jedoch besondere Reisegebühren nieht separat aufzurechnen,
die daraus erwachsenden Auslagen vielmehr aus dem Reisepauschale, beziehungsweise ım Falle
des Nichtzureichens aus der Reisepauschalreserve zu bestreiten. Nur dann, wenn die Inspicirung
bei einer Hebamme ausnahmsweise als gesonderte Amtshandlung nothwendig und angeordnet
wird, kann auch hiefür der Credit für sonstige Sanitätsauslagen herangezogen werden. (Erlass
des Ministerium des Innern vom 29. October 1899, Z. 33584).
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankun gen
in der Woche vom 5. November bis 11. November 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Willawce 1;
in Dalmatien im politische Bezirke Spalato: Spalato 1;
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Horodnica 2, Krywenkie 2,
Wierzchowce 5; Kosow: Chowocowa 3;
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 5. November
bis 11. November 1899: ; ee ,
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Zabince 2; Stanislau:
Stanislau 1; Stryj: Skole 3; Tarnopol: Dubowce 14.
*) Siehe Jahrgang 1897 d. Bl, S. 360.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
Das österreichische Sanititswesen,
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
Rorhenthurmsıirasse |
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direster Postzusendung ganzjährig fl. 6.—.
XI. Jahrgang. | Wien, 7. December 1889. Nr. 49.
Inhalt. Die Infectionskrankheiten im Jahre 1898. (Schluss.) — Sanitätsgesetze und Verord-
nungen: Erlisse des Ministeriums des Innern, betreffend die Verwendung flüssiger Kohlensäure bei
Bierdruckapparaten, den gegenwärtigen Stand der Volksheilanstalten und das Verbot von »Dr. Williams
Pinkpillen«; Erlässe der mährischen Statthalterei, betreffend die unentgeltliche Durchführung der Schüler-
revaccinationen und die Hintanhaltung der Curpfuscherei; Erlass des Landesausschusses des Königreiches
Böhmen, betreffend die Einrichtung von Bezirks- und Ortssiechenhäuser. — Mittheilungen über sanitäre
Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Die Infectionskrankheiten im Jahre 1898.
(Schluss. )
Auch die Nachweisungen tiber jene Infectionskrankheiten, tiber welche in den
vierwöchentlichen Berichten Zifferndaten nicht veröffentlicht werden, gewinnen von
Jahr zu Jahr an Vollständigkeit, insoferne fast in allen Verwaltungsgebieten Ueber-
sichten über die Verbreitung und über die Zahl der angezeigten Fälle verfasst und
vorgelegt werden.
Varicellen. Schafblattern traten im Jahre 1898 häufiger und innerhalb
weiter ausgedehnter Gebiete auf als im Vorjahre. In 2443 zu 301 Bezirken ge-
hörenden Gemeinden wurden 18764 (gegen das Vorjahr + 3026) Erkrankungsfälle
angezeigt, welche sich in folgender Weise auf die einzelnen Länder vertheilten:
Böhmen . . . 2 22.2... . 6607! Tirol . . 2 2 2 2 2 2022. 231
Niederösterreich . . . . . . . 496 Bukowina ........ . 177
Steiermark . . . . . . . . . 1437 Dalmatien ......... 123
Mähren . . . . . . . . . . 1320! Gorz-Gradisea. . . . 2 . . . 67
Galizien . . . . . . . . +. 1091 | Triest. . . . 2 2 Di
Schlesien. . . 2 . . . . . . 688 Istriem . . . . . . . . . . 29
Oberisterreich . . . . . . . . 685| Vorarlberg . . . . . . . . 7
Kirnten......... . 841
Salzburg. . . 2 2 2 2 2 en 244 Summe . 18764
Krain. . ........ . 236
Eine unverhältnissmässig grössere Zahl dieser Fälle wurde in den Städten, eine
ungleich kleinere Zahl in den Landgemeinden angezeigt, was wohl darin seinen
Grund haben dürfte, dass in den Städten der Anzeigepflicht vollständiger ent-
sprochen wird.
49
— 468 —
Die Erkrankungshiufigkeit zeigt in den meisten Stidten ein ziemlich tiber-
einstimmendes Verhalten, grössere Epidemien wurden nur selten beobachtet.
Von den angezeigten Fällen endeten den Epidemieberichten zu Folge 42 lethal
und zwar zumeist in Folge gleichzeitig bestandener Erkrankungen der Athmungs-
oder der Verdauungsorgane. Die Mortalitätsstatistik verzeichnet 37 derartige Todes-
fälle, und erklärt sich die Differenz: aus dem Umstande, dass in einzelnen Fällen
nicht die Varicella, sondern die complicirende Erkrankung als Todesursache ein-
getragen wurde.
Rötheln erreichten nur in Böhmen, Ober. und Niederösterreich eine etwas
weitere Verbreitung, in einer erheblich kleineren Zahl von Fällen trat diese Exanthem-
form in Steiermark, Schlesien, Krain und Tirol auf.
Aus 53 Bezirken, 126 Gemeinden kamen 1779 Fälle zur Anzeige, davon 1033
in Böhmen, 332 in Oberösterreich und 326 in Niederösterreich. Gestorben ist von
den 1779 Kranken 1 Kind.
Keuchhusten. Im Vergleiche mit dem Vorjahre war im Jahre 1898 das
Verbreitungsgebiet der Krankheit ein räumlich beschränkteres, und auch die Zahl
der angezeigten Erkrankungs- und Todesfälle war eine kleinere. In 2509 Gemeinden.
welche sich auf 315 politische Bezirke vertheilten, zählte man 49030 Erkrankungen,
und zwar in:
Galizien . . . . . . . . . 16312| Bukowina . . . . . . . . . 403
Búhmen .. .. . . . . . 9671 | Górz-Gradisca . . . . . . . 3091
Niederústerreich . . . . . . . 6326 | Salzburg . . . . . . . . . 8314
Mähren . . . 2 . . . . . . 4428 | Vorarlberg. . . . .. . . . 212
Steiermark ..... . . . 8669/Istrien . . . ...... . 176
Oberösterreich . . . . . . . 2388| Dalmatien . . . . . . 2 2. 52
E Priest. « ei wo ee 38
Krain ........ . . 1160
Schlesien . . . .... . . 1043 Summe . . 49030
Kärnten ....... . . 792
Die obige Reihenfolge der Länder stimmt bis auf einzelne unbedeutende Ver-
schiebungen mit jener der Masernfälle in den Ländern überein.
In den Epidemieberichten sind 3162, in der Mortalitätsstatistik 10402 Keuch-
hustentodesfälle angegeben.
Mumps. Aus 8l Bezirken 3275 Gemeinden wurden 9446 Erkrankungsfiille
angezeigt, von denen 11 in Folge von Complicationen mit Tod endeten. Die Krank-
heit trat’ zumeist in Form von Localepidemien nahezu in allen Ländern auf. Besondere
Erwähnung verdient die Epidemie, welche in den niederösterreichischen Bezirken
nördlich der Donau und in der Stadt Wien ihren Hauptsitz hatte und nach dem süd-
lichen Mähren und dem gleichfalls nördlich der Donau gelegenen östlichen Theile
von Oberösterreich übererift.
Eine räumlich mehr beschränkte Epidemie bestand in den schlesischen Be-
zirken Jiizerndorf und Teschen.
Die Mortalitätsstatistik verzeichnet 7 Todesfälle, somit um 4 weniger als die
Epidemieberichte; die Differenz erklärt sich dadurch, dass complicirende Erkran-
kungen zum Tode führten, und dass daher diese als Todesursache eingetragen sind.
Influenza trat den Epidemieberichten zu Folge viel seltener auf als im
Vorjahre, in 8175 gegen 19691 Fälle. Aus dem Küstenlande und aus Dalmatien
liegen Berichte nicht vor.
— 469 —
Von den erwähnten Erkrankungen entfallen auf Tirol 4879, auf Galizien 1352,
auf Steiermark 756, auf Oberösterreich 312, auf Böhmen 311, auf die Bukowina 247,
auf Niederösterreich 187, auf Mähren 100, auf Kärnten 12, auf Salzburg 10 und
auf Schlesien 9.
Eine ausgedehnte Epidemie bestand im Bezirke Primiero in Südtirol, in welchem
' 3540 Erkrankungsfälle unter 10622 Einwohnern angezeigt wurden, somit der dritte
Theil der Bevölkerung erkrankte.
In Oberösterreich beschränkte sich das Verbreitungsgebiet der Krankheit vor-
wiegend auf die Stadt Steyr und den Bezirk Kirchdorf.
Von den in der Mortalitätsstatistik nachgewiesenen 541 Todesfällen an Influenza
erscheinen 181, der dritte Theil, in den Epidemieberichten verzeichnet, und war daher
Influenza weit häufiger, als aus letzteren Berichten hervorgeht.
Die Mortalitätsstatistik weist in Galizien 193, in Tirol 66, in Steiermark 57,
in Istrien 48, in Niederösterreich 36, in Böhmen 30, in Krain und in Mähren je 19,
in der Bukowina 17, in Triest 16, in Vorarlberg 13, in Kärnten 11, in Görz-
Gradisca 8, in Oberösterreich 6 und in Schlesien 2 Influenzatodesfälle nach.
Cholera nostras. Obschon Erkrankungs- und Sterbefälle an einheimi-
scher Brechruhr in sanitätspolizeilicher Hinsicht mit besonderer Aufmerksamkeit ver-
folgt werden sollen, erhalten die politischen Behörden doch nur von einem Theile
derselben rechtzeitig Kenntniss.
In den Epidemiejahresberichten sind in 90 zu 49 Bezirken gehörenden Ge-
meinden blos 271 Erkrankungen verzeichnet, von denen 81 mit Tod endeten, während
die amtsärztlichen Vormerkungen diese Todesursache in 281 Fällen nachweisen. Von
diesen letzteren. entfallen auf Galizien 141, auf Böhmen 38, auf die Bukowina 22,
auf Görz-Gradiska und Istrien je 19, auf Niederösterreich und Tirol je 8, auf Salz-
burg 6, auf Oberösterreich und Kärnten je 5, auf Krain 4, auf Mähren 3, auf
Schlesien 2 und auf Steiermark 1. |
Miliaria. In Niederösterreich wurden 4 (Wien 1, Bezirk St. Pölten 2, Bezirk
Scheibbs 1), in Tirol (Bezirk Cles) 1 Fall angezeigt, von denen 3 lethal endeten.
Epidemisch ist die Krankheit nirgends aufgetreten.
Genickstarre. Dem Auftreten dieser Krankheit wird in neuerer Zeit
sanitätspolizeilich immer mehr Aufmerksamkeit zugewendet, und dürfte dies der Grund.
sein, warum die Zahl der bekannt gewordenen Erkrankungsfälle succesive steigt.
Während früher nur ausnahmsweise über derartige Krankheitsfälle berichtet wurde,
verzeichnet für das Jahr 1898 die Mehrzahl der Landesbehörden solche Erkrankungs-
und Todesfälle, deren Gesammtsumme sich auf 191, beziehungsweise 93 beläuft und
sich auf 37 Gemeinden in 32 Bezirken vertheilt Da aber die Mortalitätsstatistik
255 Todesfälle, somit um 162 mehr als die Epidemieberichte, verzeichnet, muss auf
ein ungleich grösseres Verbreitungsgebiet geschlossen werden. Es starben in Folge
dieser Krankheit in Galizien 91, in Böhmen 89, in Steiermark 27, in Mähren 21,
in Niederösterreich 9, in Krain 7, in Schlesien 5, in Istrien 3, in Salzburg, in Kärnten
und in Tirol je 1 Person. |
Besonderes Interesse bietet die Epidemie, welche in Trifail in Steiermark be-
stand, mit welcher auch die in den benachbarten Gemeinden Sagor und Kostrede
des Bezirkes Littai im Zusammenhange gestanden sein dürften. Ueber die Epidemie
in Trifail wurde in den Nr. 17 und 25 des Jahrg. 1398 d. Bl. gesondert berichtet,
und muss auf diese Mittheilungen verwiesen werden.
Malariafieber. Das Auftreten von Intermittens hat in den Epidemie-
berichten noch nicht jene Beachtung gefunden, welche diese Krankheit wegen der
Ursachen, die derselben zu Grunde liegen, in vollem Masse verdient, und liegen
i 49*
— 470 —
gerade aus jenen Lindern, in denen Malariakrankheiten in gewissen Gegenden endemisch
sind und zeitweise sehr häufig auftraten, Berichte nicht vor. Eine Ausnahme macht
in dieser Hinsicht nur die Stadt Pola, in welcher, wie im Jahrg. 1893 d. Bl, S. 146,
berichtet wurde, die Vorkehrungen gegen die Krankheit seitens einer Permanenz-
commission überwacht und hierüber alljährliche Berichte erstattet werden.
Im Jahre 1898 verzeichnet nur der Epidemiebericht aus Böhmen 4 Intermittens-
fälle, welche in 4 zu verschiedenen Bezirken gehörenden Gemeinden beobachtet
wurden.
Pest. Ueber die 3 in Wien im Herbste 1898 vorgekommenen Erkrankungen,
welche sämmtlich lethal endeten, wurde im vorigen Jahrgange d. Bl. (siehe S. 389
und Beilage zu Nr. 45) berichtet.
Uebertragbare Augenkrankheiten. Im Epidemiejahresberichte für
Niederösterreich wurden 5 Fälle von folliculärer Conjunctivitis in Wien
verzeichnet,
ferner von Augenblennorrhöe 63 Fälle in 4 Bezirken von Salzburg, 83 Fälle
in 9 Bezirken Steiermarks, 47 Fälle in 5 Bezirken von Kärnten, endlich 3 Fälle
in einem schlesischen Bezirke.
Trachom. Mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg, in welchen Ländern
diese Krankheit seit Jahren nur an zufällig eingeschleppten Fällen ausnahmsweise
beobachtet wurde, haben alle anderen Länder derartige Erkrankungen nachzuweisen.
Es betrug die Zahl der Neuerkrankungen in Böhmen 1269, in Mähren 649, in
Istrien 646, in Galizien 624, in Steiermark 336, in Niederösterreich 311, in der
Bukowina 280, in Schlesien 156, in Triest 132, in Dalmatien 72, in Krain 64, in
Görz-Gradisca 40, in Kärnten 19, in Oberösterreich 8 und in Salzburg 7, zu-
sammen 4613.
Am meisten betroffen sind die an Ungarn grenzenden Länder und Bezirke,
zumal jene, nach welchen landwirthschaftliche Arbeiter aus Ungarn in gewissen
Jahreszeiten einwandern. In Böhmen und in Mähren sahen sich daher auch die
politischen Landesbehörden zu besonderen Massnahmen behufs Aufdeckung und zum
Schutze gegen die Weiterverbreitung dieser Krankheit veranlasst. Die betreffenden
Verfügungen wurden in diesem Blatte mitgetheilt.
Wundinfectionskrankheiten, zu denen vor allem auch der Rothlauf zu
rechnen ist, wurden in der Morbiditätsstatistik, da eine allgemeine Anzeigepflicht nicht
bestebt, nur unvollständig nachgewiesen, und auch die Mortalitätsstatistik gibt über
die Häufigkeit des Auftretens nicht genügend sicheren Aufschluss, da manche dieser
Fälle nach der primären Krankheitsveranlassung unter den gewaltsamen Todesarten
(in Folge Verletzung) ausgewiesen werden.
Milzbrand. Angezeigt wurden in 5 Ländern 45 Erkrankungen und 20 Todes-
fille. Die Mortalitätsstatistik verzeichnet dagegen 67 Todesfälle, nämlich 43 in Galizien,
9 in Mähren, je 5 in Niederösterreich und in Triest, 3 in der Bukowina und je
1 in Görz-Gradisca und Böhmen.
Die Infection erfolgte in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle durch
Manipulation mit Milzbrandcadavern, in ganz vereinzelten Fällen in Gewerbebetrieben
durch infieirtes thierisches Rohmateriale (Häute, Felle, Borsten).
Rotz wurde in einem lethal ausgegangenen Falle in Troppau beobachtet.
Trichinose trat in Böhmen im Bezirke Tetschen auf. Alle 4 erkrankten
Personen sind genesen.
— 471 —
Lyssa. In den Epidemiejahresberichten sind in 3 Ländern, 7 Bezirken 9 Lyssa-
erkrankungen verzeichnet, welche mit Tod endeten. Die Mortalitätsstatistik weist aber
21 Lyssatodesfälle nach, nämlich 8 in Galizien, 4 in Niederösterreich, 3 in Böhmen,
2 in Dalmatien, je 1 in Steiermark, in Mähren, Schlesien und in der Bukowina.
Von wuthverdächtigen Hunden wurde eine namhafte Zahl von Personen verletzt,
die sich mit geringen Ausnahmen in den Anstalten in Wien, Krakau, aus der Buko-
wina in Bukarest, der antirabischen Behandlung unterzogen.
Herpes tonsurans. In 4 Gemeinden des Bezirkes Lussin in Istrien, in denen
schon seit geraumer Zeit die Krankheit, insbesondere unter Schulkindern beobachtet
wurde und epidemische Ausbreitung gefunden hatte, sind während des Jahres 1898
noch weitere 64 Erkrankungsfälle bekannt geworden,
Krätze. Aus dem oberösterreichischen Bezirke Gmunden wurden 94, aus 2
schlesischen Bezirken 5 Fälle angezeigt. Die eingeleitete zweckmässige Behandlung
führte zur Heilung der Kranken und verhinderte eine weitere Ausbreitung der
Krankheit.
Aktinomykose. Der steiermärkische Bericht verzeichnet 4 Erkrankungsfälle,
von denen 1 mit Tod endete.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass des k. k. Ministeriums des | nung — abgesehen werden kann, da die Rein-
Innern vom 31. October 1899, Z. 26554. : heit derartiger flüssiger Kohlensäure schon
durch den Aggregatszustand derselben hin-
an die k. k. Statthalterei in Prag*)
reichend gewährleistet ist.
betreffend die Verwendung flüssiger Koblen-
säure bei Bierdruckapparaten. *
Das mit dem Berichte vom 29. Juli |. J.
Z. 126732 anher vorgelegte Ansuchen der
Actiengesellschaft fiir die Darstellung und Ver-
werthung der Kohlensäure in Prag um Erleich-
terungen bei der Einführung von Bierdruck-
apparaten mittelst durch Compression ver-
flüssigter Kohlensäure folgt im Anschlusse mit
Erlass des k.k. Ministeriums des Innern
vom 13. November 1899, Z. 36811,
an alle politischen Landesstellen,
betreffend den gegenwärtigen Stand der
Volksheilanstalten.
Das k. k. Handelsministerium hat den
Wunsch geäussert, für das arbeitsstatistische
als Druckmittel beim gewerbsmässigen Aus- Amt nähere Informationen über die gegenwärtig
schanke des Bieres anstatt der Luft von der | bestehenden Volksheilanstalten, namentlich für
im $ 3 Punkt f der Verordnung der Mini- ' Lungenkranke, sowie von Reconvalescenten-
häusern zu erlangen.
Die k. k. Statthalterei..... wird demnach
eingeladen, zu erheben und zu berichten, ob,
dem Bemerken zurück, dass bei Benützung von
flüssiger Kohlensäure verlässlicher Provenienz
sterien des Innern und des Handels vom 13. Oe-
tober 1897*), R. G. BI. Nr. 237, in Absicht auf
die Prüfung der Reinheit der Kohlensäure vor-
geschriebenen besonderen Bewilligung — un- | in welchen Gemeinden, von wem, und mit
beschadet der Ueberwachung der sonstigen | welcher besonderen Bestimmung Anstalten der
gedachten Art bisher errichtet wurden und
Vorschriften der gedachten Ministerialverord-
' gegenwärtig bestehen.
*, In Abschrift an alle Landesstellen zur ' © > 2
Kenntnissnahme und gleichmässigen Darnach- Ferner wolle bei zukünftiger Errichtung
achtung ergangen. derartiger Anstalten fortlaufend hierüber anher
**) Siehe Jahrg. 1897 d. Bl., S. 408.
berichtet werden.
—
4
pa
(
2
Gleichzeitig ist den unterstehenden poli- | Erlass der k. k. mährischen Statt-
tischen Behörden der h. o. Erlass vom 13. De-
cember 1888, Z. 20604 (Oesterreichisches Sani-
tätswesen, Jahrgang 1889, Nr. 1) neuerdings
in Erinnerung zu bringen, gemäss welchem Mit-
theilungen über Errichtung von Heil- und
Humanitätsanstalten fallweise an den Obersten
Sanitätsrath einzusenden sind.
*
Erlass des k. k. Ministeriums des Innern
vom 26. November 1899, Z. 40022,
an alle politischen Landesbehörden,
betreffend das Verbot von ,,Dr. Williams
Pinkpillen“.
Das Ministerium des Innern ist zur Kenntniss
gelangt, dass in Tagesblättern eine von der
Firma Gablin & Co. in Paris unter der Be-
zeiehnung „Dr. Williams Pinkpillen“ in Ver-
kehr gebrachte, mit keiner Bereitungsvorschrift
versehene pharmaceutische Zubereitung gegen
verschiedene Krankheitszustände in einer den
Bestimmungen der Ministerialverordnung vom
17. December 1894 (R. G. Bl. Nr. 239) zu-
widerlaufenden Weise angekündigt wird, und
dass der Anpreisung dieses Geheimmittels
dienende Druckschrifteg in grosser Zahl ver-
breitet werden.
ee eee wird eingeladen
die unterstehenden politischen Behörden sofort
behufs Verständigung der Apotheker und der
Aerzte darauf aufmerksam zu machen, dass
der Verkauf dieses Geheimmittels sowohl
den öffentlichen Apotheken als auch ausserhalb
derselben nach den bestehenden Vorschriften
verboten ist.
in
TEREE . . . wolle die politischen
Unterbehörden zugleich beauftragen, die Beob-
achtung dieses Verbotes zu überwachen und
vorkommenden Falles nach den bestehenden
Vorschriften das Amt zu handeln. |
Wegen Hintanhaltung der verbotswidrigen
Colportage von Reelambrochüren ist das Geeig-
nete zu veranlassen.
A an U ame aa
halterei vom 3. September 1899,
Z. 30741,
an alle k. k. Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die Verpflichtung der Districts-
ärzte zur unentgeltlichen Durchführung der
Schüler-Revaecinationen.
Anlässlich der diesjährigen Allgemein-
impfung wurde seitens mehrerer Gemeinde- und
Distrietsärzte die unentgeltliche Vornahme der
Revaccination der Schulkinder unter Berufung
darauf, dass sie zu derselben gesetzlich nicht
verpflichtet sind, abgelehnt.
Mit Rücksicht auf dieses unter bedauerlicher
Verkennung der den Gemeindesanitätsorganen
in Gemässheit der Bestimmungen des andes-
sanitätsgesetzes vom 10. Februar 1834, L. G.
und V. Bl. Nr. 28, in Bezug auf die Herbei-
führung befriedigender Impf- und Gesundheits-
Pflichten
von Ge-
zustinde im Lande obliegenden
bekundete Vorgehen einer Gruppe
meinde- und Districtsärzten sieht sich die k. k.
Statthalterei im Einvernehmen mit dem mähri-
schen Landesausschusse veranlasst, hinsichtlich
der Verpflichtung der Gemeindesanitätsorgane
zur Vornahme der gedachten Revaceinationen
Nachstebendes zur Kenntnissnahme und Ver-
ständigung der Gemeinde- und Districtsárzte zu
eröffnen.
Die Erfahrung, dass der durch die Impfung
im zarten Kindesalter erlangte Blatternschutz
nach einer Reihe von Jahren wieder abzunehmen
beginnt, ist in zweifelloser Weise sichergestellt.
Die natürliche Consequenz
gestellten Thatsache ist, dass die Impfung zu
ihrer Ergänzung der Revaccination bedarf, durch
dieser fest-
welche die wiedererwachte Disposition zur Er-
krankung un Blattern beseitigt, oder doch im
hohen Grade verringert wird.
In diesem Sinne muss die Revaceination
der Schulkinder einerseits als ein subsidiärer
Theil des Impfgeschäftes, andererseits aber als
eine der wirksamsten vorbeugenden Massregeln
gegen das Auftreten und die Weiterverbreitung
einer der bösartigsten Infectionskrankheiten auf-
gefasst werden, durch deren Unterlassung die
in un
allgemeinen Gesundheitsverhältnisse
günstiger Weise beeinflusst werden können.
Da nun die Gemeinde- und Distrietsärzte |
in Gemässheit der Bestimmungen des § 12 des
obeitirten Gesetzes und des § 1 der mit der Statt-
haltereikundmachung vom 16. September 1884,
L. G. und Y. Bl. Nr. 68, verlautbarten Dienstin-
struction für Gemeindeärzte die zur Mitwirkung
bei der Handhabung der gesundheitspolizeilichen
Obliegenheiten (§$ 3 und 4 des Reichssanitits-
gesetzes vom 30. April 1870, R. G. Bl. Nr. 68)
berufenen ständigen Fachorgane der Gemeinden
sind, und diese Mitwirkung im vorliegenden
Falle, wo es sich um eine nur von einem Ärzte
ausführbare Vorkehrung handelt, welche die
Verbreitung Infectionskrankheit
zuschränken geeignet ist, naturgemäss nur in
der Vornahme der Revaccination durch den
Gemeindearzt bestehen kann, so erhellt daraus
dass die Gemeinde- und Districtsärzte zur Aus-
einer ein-
führung derselben als einer in den Umfang der
Gemeinde-Gesundheitspolizei fallenden Massregel
verpflichtet sind, ohne hiefür einen Anspruch
auf eine besondere Entlohnung aus dem Ge-
setze ableiten zu können.
Da der von den Gemeindesanitätsorganen
geltend gemachte Anspruch auf Vergütung der
auch
darauf zurückzuführen ist, dass seitens einzelner
Schüler-Revaceinationen möglicherweise
politischer Behörden die Anordnungen wegen
Vornahme der besagten Revaccinationen nicht
im Wege der Gemeindeämter, sondern direct an
die Gemeindeärzte erlassen worden sind, wodurch
die
glaubten, dass es sich hiebei um eine im Auf-
letzteren sich zur Annahme berechtigt
trage der Staatsverwaltung zu vollziehende und
von dieser zu entlohnende Verrichtung handelt,
werden der Herr k. k. Bezirkshauptmann unter
Hinweis auf den h. ä. Erlass vom 16. De-
cember 1894, Z. 44777, aufgefordert, zur Hintan-
haltung derartiger Missdeutungen in Hinkunft
die Aufträge zur Vornahme der Schüler-Erst-
impfungen und Revaceinationen nicht direct an
die Gemeindeärzte, sondern an die Gemeinden
ergehen zu lassen und letztere zu verpflichten,
der anstandslosen Durchführung dieser Im-
pfungen eine besondere Aufmerksamkeit zu-
zuwenden, und gegen allfällige Unterlassungen
im Sinne des $ 14 des citirten Landes-Sanitáte”
gesetzes einzuschreiten.
473
—
Im diesem Sinne ist auch bezüglich jener
Gemeinden, in welchen in Folge des ablehnenden
Verhaltens der Gemeindeärzte im laufenden
Jahre die Schüler-Revaccination noch nicht durch-
geführt wurde, vorzugehen.
Der Bericht über die Erfolge der mit Be-
ginn des Schuljahres 1899/1900 nachzutragenden
Schiiler-Revaccinationen wird, sofern derselbe
gemeinsam mit dem Sanitäts-Theilberichte Lit. O
nicht zur Vorlage gelangen könnte, abgesondert
längstens bis 15. Jänner l. J. zu erstatten sein.
*
Erlass der k. k. mährischen Statt-
halterei vom 16. September 1899,
Z. 36384,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Hintanhaltung | der Cur-
pfuscherei. i
hat das an-
im Kammer-
Die mährische Aerztekammer
geschlossene Verzeichniss der
sprengel angeblich befindlichen sogenannten
Curpfuscher mit der Bitte überreicht, die in
dem Verzeichnisse benannten Personen einer
besonderen Ueberwachung zu unterstellen und
die Vorschriften gegen die Curpfuscherei mit
aller Strenge zur Durchführung zu bringen.
Wie die Eingabe der Aerztekammer selbst
bemerkt, hat dieses Verzeichniss keinen An-
spruch auf absolute Richtigkeit, und thatsächlich
erscheint es als eine ungesichtete Zusammen-
stellung aller von den practischen Aerzten dies-
bezüglich gemachten Angaben.
Das Verzeichniss enthält daher einerseits
Personen, auf die allem Anscheine nach die
Bezeichnung ,Curpfuscher* nicht anwendbar
sein dürfte und andererseits auch‘Angaben, die
zu summarisch und unbestimmt sind, als dass
sie zur Grundlage eines amtlichen Vorgebens
dienen könnten; dennoch verbleiben in dem-
selben auch genug solcher Persönlichkeiten und
Fälle, bei welchen der Verdacht der Cur-
pfuscherei begründet erscheint. |
Um nun diesem Unfuge der Curpfuscherei,
welcher sich in vielen Gegenden Mährens zum
Schaden des ärztlichen Standes und zum Nach-
theile der öffentlichen Gesundheit breit macht,
— 474 —
zu steuern, werden der Herr k. k. Bezirks- |
hauptmann (wird der Gemeinderath) aufgefordert
das Gebahren solcher Persönlichkeiten einer
wirksamen Ueberwachung zu unterziehen, die
Bevölkerung bei sich ergebenden Gelegenheiten
durch den Amtsarzt über die Schädlichkeit der
Curpfuscherei belehren zu lassen: und dem Un-
wesen derselben mit aller Energie entgegen-
zutreten, insbesondere gegen Personen, denen
die Uebertretung der Vorschriften hinsichtlich
der Ausübung der Heilkunde, respective die unbe-
fugte Ausübung ärztlicher Praxis nachgewiesen
werden kann, insoferne nicht die strafgericht-
liche Behandlung einzutreten hat, nach voraus-
gegangener Verwarnung gemäss der Ministerial-
verordnung vom 30. September 1857, B. G. BI.
Nr. 198, amtszuhandeln.
Ueber die diesfälligen Amtshandlungen und
über die im politischen und gerichtlichen Wege
erfolgten Abstrafungen ist am Schlusse eines
Jeden Jahres anher zu berichten.
*
Erlass des Landesausschusses des
Königreiches Böhmen vom 14. Juni
1899, Z. 35414 ex M. Z. 25534 —99,
an alle Bezirksausschüsse,
betreffend die Einrichtung von Bezirks- und
Ortssiechenhäusern.
Die k. k. Statthalterei hat in der Note
vom 15. Mai 1899, Z. 33167, mitgetheilt, dass
zu Folge der steten Ueberfüllung des k. k.
allgemeinen Krankenbauses in Prag sich in
dieser Anstalt häufig hygienisch unzulässige
Verhältnisse einstellen, so dass es nötbig war, die
Verfügung zu treffen, dass die Aufnahme von
überzähligen Kranken auf die Abtheilungen
nur mit Bewilligung des Krankenhausdirectors
und nur dann stattfinden darf, wenn nach der
Natur der Krankheit die Unabweisbarkeit des
Kranken erwiesen ist. S
Demnach ist es fernerhin nicht statthaft,
die Beförderung der Kranken vom Lande zur
dauernden Behandlung in das k. k. allgemeine
Krankenhaus in Prag früher zu veranlassen,
so lange die Nothwendigkeit und Zweckmissigkeit
ärztlich einmal erwiesen und
derselben nicht
Nachbarbezirken
so lange nicht die Bewilligung der Direction
hiefür eingeholt ist.
Aber auch ein grosser Theil der allgemeinen
öffentlichen Krankenhäuser am Lande pflegt
bedeutend mit Kranken überfüllt
woraus verschiedene Uebelstände in diesen An-
zu sein,
stalten entstehen. Ein Grund dieser Ueberfüllung
der allgemeinen öffentlichen Krankenhäuser in
Prag und am Lande ist zum Theil der Umstand,
dass in diese Anstalten eine grosse Anzahl von
Kranken eintritt, welche auf den ersten Blick
schon in ein Siechenhaus gehören.
Ein grosser Theil solcher Kranken wird
von den Gemeindevorständen selbst dahin über-
wiesen und kann nicht abgewiesen werden, weil
die Kranken im Zustande höchster Erschöpfung
dahin gebracht werden und physisch schon
nicht mehr im Stande sind, den Rückweg in
die Ab-
weisung daher schon aus Humanitätsrücksichten
ihre Heimat wieder anzutreten und
untbunlich ist.
Diese Siechen werden noch am selben Tage
das Filial-
spital der barmherzigen Schwestern gewiesen.
Von da
ständigkeitsgemeinde damit erschwert, dass deren
oder bald nach der Aufnahme in
ist deren Transferirung in die Zu-
Abholung in Folge der vorgeschriebenen Sicher-
stellung der Zuständigkeitsgemeinde oft lauge
Zeit hindurch aufgehalten wird.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass durch
Errichtung von Siechenhäusern diesen Uebel-
ständen würde abgeholfen werden.
Unter Hinweis auf die in dieser Richtung
wohlthätige Wirksamkeit der schon bestehenden
Bezirkssiechenhäuser wird noch bemerkt, dass
dureh Errichtung solcher Institute überdies in
bedeutendem Masse die Vorsorge um das Armen-
wesen geregelt wird und dass auf diese Art
den Gemeinden und Familien die Sorge gerade
um jene Arme und Sieche abgenommen wird,
welche ihnen am meisten zur Last fallen.
Dem Bezirksaussehuss wird daher bedeutet,
die Errichtung eines Bezirkssiechenhauses zum
eigenen Gebrauch oder in Gemeinschaft mit den
in gründliche Erwägung zu
ziehen, eventuell den zugehörenden Gemeinden
die Gründung von Ortssiechenhäusern zu em-
pfehlen.
= AGG Ss
Endlich wird bemerkt, dass nach den | Wirkungskreis zwar nicht die Vorsorge um
giltigen Bestimmungen 50 Percent der Regie- | das Armenwesen und die diesem dienende An-
ausgabe der öffentlichen Siechenhäuser aus dem | stalten fällt, doch stets diesen Anstalten die
Landesfonde vergütet werden und dass von | gehörige Aufmerksamkeit und werkthätige
Seiten des Landesausschusses, in dessen ! Unterstützung zu Theil werden wird.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom
14. bis 23. November 22 Erkrankungen und 10 Todesfälle an Pest vorgekommen, und zwar
an den aufeinander folgenden Tagen: 3 (1), 5 (1), 2 (2), 2 (3), 0 (0), 2 (0), 0 (0), 5 (0),
2 (0), 1 (3).
Der Sanitátscordon um Oporto wurde aufgehoben und an Stelle desselben ein strenger
Patrouillendienst eingeführt.
Bulgarien. Die gegen Provenienzen aus Triest angeordnete ärztliche Visite wurde am
27. November eingestellt.
Griechenland. Mit königlichem Decrete vom 3. (15.) November wurde gegen alle seit dem
30. October (11. November) von Algier abgegangenen Provenienzen eine effective, 11tigige
Quarantaine, welche im Lazarethe zu Delos zu absolviren ist, angeordnet.
Brasilien. Vom 22. bis 28. October wurden in Santos 7 Erkrankungen und 4 Todes-
fälle constatirt.
Die Einschleppung der Pest nach Santos soll aus Oporto durch das portugiesische Schiff
„Rei de Portugal“ erfolgt sein, welches am 31. Juli 1. J., als die Pest in Oporto schon bestanden
hatte, aber noch nicht officiell constatirt war, diesen Hafen verlassen und in Brasilien zum
freien Verkehre zugelassen worden war.
Die in Rio de Janeiro vertretenen Schifffahrtsgesellschaften haben zur Verhütung der
Verschleppung der Pest die Einrichtung getroffen, dass die Passagierlisten der nach anderen
Häfen Brasiliens bestimmten Schiffe 24 Stunden vor der Abfahrt an die Sanit&tsdirection ein-
gesandt werden. Die letztere unterzieht diese Listen einer eingehenden Prüfung und bezeichnet
in denselben diejenigen Personen mittelst Personsbeschreibung, welche von Santos (über Sao
Paolo) angekommen sind und die 10Otägige Observanz noch nicht durchgemacht haben. Die
Schifffahrtsgesellschaften behalten sich vor, solche Reisende zurückzuweisen oder weiter zu
beförden.
Choleranachrichten. In Bassorah ist seit 28. October kein weiterer Cholerafall vor-
gekommen; hingegen soll die Krankheit im Innern der Provinz immer grössere Ausbreitung
gewinnen. Die Sicherstellung der Erkrankungen ist bei der nomadisirenden Lebensweise der
Bevölkerung sehr erschwert. Sicher constatirte Erkrankungs- und Todesfälle an Cholera wurden
von den entsendeten Aerzten aus Fao und Umgebung im Süden von Bassorah, sowie aus Hai,
südlich von Kut-el-Amara und aus dem Caza Chatra-el-Amara gemeldet.
Das Lazareth von Keremit-Ali (siehe S. 240 d. Bl.) welches seinem Zwecke nicht mehr
entspricht, wurde nunmehr weiter nördlich nach Kut-el-Amara verlegt.
w
Vermischte Nachrichten.
Vorkehrungen gegen Einschleppung der Pest. Der aus Santos zurückkehrende Lloyd-
dampfer „Berenice“, auf welchem 4 Erkrankungs- und Todesfälle an Pest vorgekommen sind,
ist am 30. November in Genua angelangt, um Kohlen einzunehmen, und setzte am folgenden
Tage die Reise nach Triest fort. Nachrichten aus Genua zufolge war während der letzten
17 Tage eine weitere Erkrankung unter den Schiffsinsassen nicht beobachtet worden.
Ueber die seesanitäre Behandlung dieses Schiffes in Triest sind vom k. k. Handels-
ministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern die nöthigen Verfügungen
— 46 —
getroffen worden. Die Durchführung dieser Vorkehrungen obliegt der k. k. Seebehörde, welche
im Einvernehmen mit der Statthalterei als politischen Landesbehörde und unter Zuziehung des
Stadtmagistrates als localer Sanitätsbehörde vorgeht.
Der Dampfer wird bei seiner Ankunft in das Seelazareth in Valle S. Bartolomeo ver-
wiesen, einer strengen sanitären Revision unterzogen, mit welcher eine eingehende Erhebung
aller für den sanitären Befund wichtigen Verhältnisse stattfindet.
Personen der Schiffsmannschaft — Passagiere führt das Schiff nicht — welche etwa einer
Pesterkrankung verdächtig sind, werden nebst ihren bisherigen Wärtern mittelst eigenen Bootes
der „Berenice“ in das Contumazspital des Lazarethes überführt, daselbst isolirt und von vorher
immunisirten Wartepersonen gepflegt.
Die gesund befundene Schiffsmannschaft wird, sofern dieselbe nicht ın das Lazareth
überstellt ist, auf dem Schiffe isolirt und sodann die sanitäre Behandlung der vorhandenen
Effeeten, die Desinfection und Reinigung der zugänglichen Schiffsräume durch immunisirte Des-
infectionsdiener vorgenommen. Die Durchführung aller dieser Massnahmen erfolgt unter stetiger
sachverständiger ärztlicher Aufsicht.
Besonderes Augenmerk wird den Ratten zugewendet, deren Entweichen aus dem Schiffe
durch Verschluss aller Ausgänge zu verhindern ist. Zunächst handelt es sich um pathologische
und bacteriologische fachmännische Untersuchungen, um festzustellen, ob die Schiffsratten von
Pest infieirt sind, in welcher Richtung auch die während der Fahrt bei den Ratten gemachten
Wahrnehmungen von grosser Bedeutung sein werden. Vorgefundene todte Ratten werden mittelst
Zangen oder Schaufeln gesammelt und verbrannt.
Zu pathologischen und bacteriologischen Untersuchungen ist das im Seelazarethe ein-
gerichtete Laboratorium bestimmt.
Hinsichtlich der Behandlung der zum grössten Theile aus Kaffee bestehenden Schiffs-
ladung ist der Befund, ob Rattenpest besteht oder nicht, massgebend.
Im Falle durch die Untersuchungen sanitätsämtlich dargethan wird, dass an Bord der
» Berenice“ Rattenpest vorhanden ist, muss commissionell genauestens erhoben und festgestellt
werden, ob und inwiefern die Ladung durch pestkranke Ratten benagt oder verunreinigt werden
konnte. Säcke, welche Spuren einer Benagung oder Verunreinigung zeigen, werden mit frisch-
bereiteter Kalkmilch desinfieirt und abgesondert behandelt. Säcke mit Löchern, durch welche der
Inhalt den Ratten und Mäusen zugänglich gemacht war, oder welche durch Benagen entstanden
sind, müssen auch hinsichtlich ihres Inhaltes verdächtig erscheinen, als inficirt behandelt, der
Inhalt, sowie verstreuter Kaffee abgesondert gelagert werden.
Die Katteesäcke, welche in die Magazine des Lazarethes geschafft wurden, werden einer
vollständigen Austrocknung unterzogen. Es ist bereits von vorneherein Vorsorge getroffen, dass
diese Magazine von Ratten und Mäusen frei sind, damit solche Thiere unter keinen Umständen
(selegenheit finden, sich zu inficiren.
Besondere Vorkehrungen betreffen den Schutz der bei den sanitären Manipulationen ver-
wendeten Arbeiter. Zunächst werden dieselben einer ärztlichen Untersuchung unterzogen. Jene,
welche nicht vollkommen gesund sind, oder irgend eine Hautverletzung aufweisen, bleiben von der
Verwendung ausgeschlossen. Ferner werden diese Arbeiter gegen Pest immunisirt, und sind der
küstenländischen Statthalterei seitens des Ministeriums des Innern zu diesem Zwecke die ent-
sprechenden Instructionen zugekommen (siehe unten). Während der Arbeit tragen dieselben
besondere Arbeitskittel mit Kapuzen und dichte Lederbandschuhe. Die als inficirt zu betrach-
tenden Säcke dürfen sie mit blossen Händen nicht Anfassen. Während der Arbeit zu essen, zu
trinken oder zu rauchen}ıst ihnen verboten. Nach Beendigung der Arbeit, sowie vor den Mahl-
zeiten müssen sie die Handschuhe und Arbeitskittel ablegen, sich Hände und Gesicht mit Seife
abwaschen. Die Arbeiter stehen unter ständiger sanitärer Ueberwachung, welche nach Beendigung
der Arbeit noch 10 Tage fortdauert. Für abgesonderte Unterbringung der Arbeiter ist vorgesorgt.
Nach Löschung der Waaren, Vertilgung und unschädlicher Beseitigung aller Ratten und
Mäuse auf dem Schiffe, sowie nach Vollzug aller weiteren, in der Venediger Convention (1897)
vorgeschriebenen Massnahmen (Desinfeetion und Entleerung des Sodwassers, Auswechslung des
Trinkwaässers) findet eine gründliche Desinfection aller Räume und Theile des Schiffes statt.
Die Durchführung der sanitären Vorkehrungen im JLazarethe überwacht eine besondere
ständige Commission, welcher auch der Chefarzt der Seebehörde und der Landes-Sanitätsinspector
angehören. Die Commission steht mit den Centralbehörden in Triest in regelmässigem Rapporte und
hat hinsichtlich der näheren Details bei Durehführung der nöthigen sanitären Massnahmen die
Verfügungen zu treffen. Das erforderliche ärztliche Wart- und Dienstpersonale befindet sich
bereits im Lazarethe in Bereitschaft und wurde immunisirt.
— 470 —
Schutzimpfungen gegen Pest. Ueber die Ausführung der Schutzimpfung wurde vom
k. k. Ministerium des Innern der Statthalterei in Triest eine Instruction übermittelt,
welcher wir Folgendes entnehmen:
Es gibt zwei Methoden der Schutzimpfung gegen die Bubonenpest; die eine wird mittelst
des Blutserums von Pferden, welche gegen Pestbacillen immunisirt sind, vorgenommen — die
andere mit einer aus abgetödteten und sterilen Culturen von Pestbacillen dargestellten Lymphe
(nach Haffkine).
Das pestwidrige Serum, in der Menge von 5—10 Chem. injicirt, verleiht den Schutz in
sehr rascher Zeit, doch verschwindet derselbe nach circa 15 Tagen; die aus Culturen bereitete
Lymphe verleiht den Schutz erst nach 7—8 Tagen, doch dauert derselbe länger an, gewiss
4—6 Monate. Der Schutz ist wie bei allen Schutzimpfungen (z. B. Blattern) ein relativer,
doch erkranken die Immunisirten gewiss seltener und weniger intensiv.
Demnach empfiehlt sich die Schutzimpfung mit pestwidrigem Serum bei Personen, welche
nur einmal vorübergehend kurze Zeit der Pestinfection ausgesetzt sind und dann ausser Infections-
gefahr kommen; die Schutzimpfung mit der aus den Bacillen bereiteten Lymphe jedoch für
alle jene Personen, welche dauernd oder wiederholt der Infectionsgefahr ausgesetzt sind, z. B.
Krankenwärter, Aerzte ete., Bewohner notorisch pestinficirter Localitäten.
A. Anwendung des pestwidrigen Serums (S. antipesteux).
Je nach der Stärke werden 5—10 Cbem. subcutan, wie das Serum antidiphteriticum, in der
Bauchgegend unter antiseptischen Cautelen injicirt. Die Injection hat keine weiteren Folgen, als
dass eventuell local oder auch universell nach einigen Tagen ein Erythem oder ein der Urticaria
ähnliches Exanthem auftritt.
B. Anwendung der Haffkine’schen Lymphe.
Die subcutane Injection derselben erzeugt locale Schwellung mit Schmerzhaftigkeit und
ein kurz dauerndes Fieber, ja es soll nach Haffkine im Mittel bei den geimpften Personen
ein Fieber von eirca 390 C. eintreten; die Dosirung der Lymphe ist dermalen im Laboratoriums-
wege noch nicht ermöglicht, sondern ist dieselbe erst an einem Vorversuche bei mehreren
kräftigen Personen festzustellen, bevor die Massenimpfungen vorgenommen werden; je nach
Angabe wird mit 11/,—2 Cbcm. diese Probeimpfung vorgenommen; erzeugt diese Dosis Fieber,
so bleibt man bei derselben, im anderen Falle wird sie bei einer zweiten Probeimpfung
um 1/,—1 Cbem. gesteigert. Jene Dosis, welehe bei gesunden, kräftigen Erwachsenen Fieber
erzeugt, wird für die ganze Serie festgehalten; bei schwächlichen, halbwüchsigen Personen,
Frauen und Kindern werden entsprechend geringere Dosen angewendet, z. B. wenn die Dosis
für kräftige Erwachsene 3 Cbem. wäre, wird dieselbe bei schwächliehen Individuen auf 2 bis
1!1/, Cbem., bei Kindern je nach dem Alter auf 1—0°5—0'3 Cbem. herabgesetzt.
Wegen der eintretenden Schwellungen empfiehlt es sich, die ebenfalls unter antiseptischen
Cautelen vorzunehmende Injection an der unteren, seitlichen Bauchgegend, eventuell am Arme,
aus naheliegenden Gründen am linken Arme (Streckseite des Vorder- oder Oberarmes) zu
machen. Aufgetretene Schwellungen sind am besten mit Umschlägen von essigsaurer Thonerde
zu behandeln.
C. Combination beider Methoden.
Mit Rücksicht auf die Thatsache, dass die Schutzimpfung nach Haffkine (active
Immunisirung) erst nach 7 Tagen Immunität verleiht, kann sich die Combination mit der Serum-
injeetion (passiven Immunisirung) empfehlen.
Man kann der Seruminjection nach 1—2 Tagen die Impfung mit Haffkin’scher Lymphe
folgen lassen, oder man kann gleichzeitig beide Injeetionen vornehmen, jedoch getrennt.
Wien, Impfstation der k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt. Die bisher im Direetionsrebäude
des k. k. allgemeinen Krankenhauses untergebrachte öffentliche Impfstation der genannten Anstalt
(siehe Jahrg. 1598, d. Bl. S. 140) wurde im Monate Mai d. J. in das Haus VIII. Langegasse 52
verlegt.
Thierärztliche Rigorosen. Der Leiter des Ministeriums für Cultus und Unterricht
hat im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern für die nach Massgabe der neuen thierärzt-
lichen Studienordnung vom 27. März 1897, R. G. BI. Nr. 80, am Militiér-Thierarzneiinstitute
und der thierirztlichen Hochschule in Wien im Studienjahre 1899/1900 abzubaltenden thierárzt-
— 478 —
lichen Rigorosen den Ministerialrath im Ministerium des Innern B. Sperk zum Regierungs-
commissär ernannt.
Jahresversammlung der máhrischen Amtsiirzte. Am 4. November l. J. fand die sechste
Jahresversammlung der ldf. Amtsärzte und Stadtphysiker der autonomen Städte unter dem
Vorsitze des Landessanitätsreferenten statt.
Vor der Conferenz besichtigten die Theilnehmer unter Führung des Landessanitätsinpectors
corporativ das Flaschenbieretablissement der Firma A. Hradetzky in Brünn.
Der Vorsitzende gab in seiner Begrüssung der versammelten Aerzte der freudigen Ge-
nugthuung Ausdruck, dass die ohne jeglichen Zwang aus freiem Entschlusse der Amtsárzte
hervorgegangenen Jahresversammlungen sich so eingelebt haben, dass kein Amtsarzt ohne
zwingenden Grund denselben ferne bleibe. Hierauf erörterte der Vorsitzende die seit der vor-
jährigen Versammlung erlassenen wichtigeren, das Medieinalwesen betreffenden Anordnungen
und knüpfte daran erläuternde Bemerkungen über die gemachten Wahrnehmungen bezüglich
der nothwendigen Ausgestaltung und Vervollkommnung der den Amtsärzten obliegenden Dienstes-
aufgaben, insoweit dieselben die Abfassung der Sanitäts-, Epidemie- und sonstige Berichten und
amtsärztlichen Zeugnisse betreffen, und legte ferner die dringende Nothwendigkeit der ungesäumten
Berichterstattung über alle sanitär belangreichen Vorkommnisse dar.
Sodann wurden einer eingehenden Besprechung unterzogen 1. die im Interesse einer ge-
ordneten Sanitätsstatistik unumgänglich nothwendige, strenge Handhabung der Anzeigepflicht
und genaue Evidenthaltung der Infectionskrankheiten, sowie die Controle des Epidemietilgungs-
dienstes; 2. der zu beobachtende Vorgang bei Aenderung der Sanitätsdistriete; 3. die Redu-
eirung der substitutarischen Todtenbeschau durch Nichtärzte auf das absolut unausweichliche
Mass; 4. die strengere Handhabung der Vorschriften über die Hausapotheken; 5. die Nothwendigkeit
der zielbewussten Fortsetzung der Assanirungen in den Gemeinden, inbesondere hinsichtlich der
rationellen Wasserversorgung, der zweckentsprechenden Beseitigung der Abfallstoffe und der Bereit-
haltung geeigneter Nothkrankenlocale, sowie entsprechend eingerichteter Leichenkammern, wobei
den Amtsärzten nahegelegt wurde, sich bei Anordnungen von Assanirungsmassnahmen stets die
Competenzfrage, sowie die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden vor Augen zu halten und
nicht bloss mit dem Wünschenswerthen, sondern mit dem Erreichbaren zu rechnen; 6. die zu
gewährenden hygienischen Rücksichten bei Schulen und Gewerben, bei welch’ letzteren von
übertriebenen, sachlich nicht begründeten und mit einem lohnenden Industriebetriebe nicht ver-
einbarlichen sanitären Anforderungen abzusehen ist. 7. Das Vorgehen in Friedhofsangelegenheiten,
insbesondere in der Frage der aus sanitätspolizeilichen Rücksichten zu schliessenden Friedhöfe,
bezüglich welcher vielfach auf Grund mangelhafter Vorerhebungen, die mit den bestehenden
Bestimmungen im Widerspruche stehen, Entscheidungen getroffen werden, endlich 8. der Vorgang
beim Recursverfahren.
An die Ausführungen des Vorsitzenden knüpften sich Anfragen und Discussionen, woranf
Bezirksarzt Dr. Sigmund Lewith in Littau „Ueber den Einfluss der Ernährungsweise auf die
Lebensdauer“, Stadtphysicus Dr. Igl „Ueber die Einrichtung von Nothspitälern in Brünn an-
lásslich der Choleragefahr im Jahre 1892“ Vorträge hielten. An letzteren Vortrag knüpfte sich
eine anregende Discussion.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der zweiwöchentlichen Periode vom 12. bis 25. November 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Marenicze 1, Waszkoutz 1;
in Dalmatien im politische Bezirke Spalato: Milna 1;
in Galizien in der Stadt Krakau 1, ferner in den politischen Bezirken: Borsz-
ezow: Skala 1; Husiatyn: Husiatyn. 1, Krywenkie 2, Wierzchowee 4; Kamionka:
Dobrotow 9; Kosow: Chorocowa 1; Mielce: Radomysl 1; Sanok: Senkowa wola 3; Stryj:
Lawoezne 3.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der zweiwöchentlichen Periode
vom 12. bis 25. November 1899; l
in Galizien in den politischen Bezirken: Brzezany: Wymyslowka 20; Nad-
worna: Oslawy biale 5; Skalat: Zerebki 2; Stryj: Synowodzko 9; Tarnopol:
Dubowce 16; Zalesczyki: Tluste 5.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das Österreichische Danitätswesen.
Organ für die Publicationen
des
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien
LRothenthurmeatrasse 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei direeter Postsusendung ganzjährig f. 6.—.
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XI. Jahrgang. Wien, 14. December 1899. Nr. 50.
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Inhalt. Auslagen des Staatsschatzes für Massnahmen gegen Infectionskrankheiten im Jahre 1898. —
Sanitätsgesetze und Verordnungen : Verordnung des Ministeriums des Innern, betreffend die Arzneitaxe
für das Jahr 1900; Erlass der steiermärkischen Statthalterei, betreffend die Anwendung des Leichen-
Conservirungsmittels >»May-Ol-Cadaverol«; Erlass der kärntnerischen Landesregierung, betreffend Er-
hbebungen über die einer Remuneration bedürftigen Bezirkshebammenstellen; Erlass der oberöster-
reichischen Statthalterei, betreffend die Verpflichtung der Gemeindeärzte zur Anzeige von Infections.
krankheiten an die Schulleitung; Erlass der niederösterreichischen Statthalterei, betreffend die Wahr-
nehmung der sanitären Interessen der politischen Landesbehörden bei Errichtung von Waisenbäusern. —
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Auslagen des Staatsschatzes für Massnahmen gegen Infections-
krankheiten im Jahre 1898.*)
Mit der intensiveren Handhabung der Prophylaxe gegen Infectionskrankheiten
ist naturgemäss auch eine Steigerung der Auslagen, welche mit der Durchführung
der gegen dieselben gerichteten Massnahmen verknüpft sind, eingetreten. Im Laufe
der Jahre hat das System der Epidemievorkehrungen wesentliche Wandlungen er-
fahren. Während in einer noch nicht weit zurückliegenden Zeit das Hauptgewicht
auf Eindämmung und Beschränkung bereits in epidemischer Verbreitung herrschender
Infectionskrankheiten gelegt wurde, ist es heute das eifrige Bestreben der modernen,
von wissenschaftlichen Grundsätzen geleiteten Sanitätsverwaltung, diesen Krankheiten
im Beginne entgegenzutreten, und die epidemische Verbreitung derselben zu ver-
hindern. Seit dieses Bestreben im Vordergrunde steht und die Sanitätsorgane leitet,
sind die grossen Fortschritte zu verzeichnen, welche die Mortalitätsstatistik in der
andauernd sinkenden Zahl der Sterbefälle in Folge übertragbarer Krankheiten
ziffernmässig nachweist. Die Erhaltung zahlreicher Menschenleben, welche ohne diese
Fürsorge den genannten Krankheiten zum Opfer gefallen wären, ist ein Preis, welcher
die dafür gemachten Auslagen vollkommen aufwiegt.
Die Gesammtsumme der aus dem Staatsschatze für Massnahmen gegen In-
fectionskrankheiten im Jahre 1898 bestrittenen Auslagen betrug rund 245.092 fl., um
37.110 fl. mehr als im Vorjahre Darunter sind 1152 fl. inbegriffen, welche für
Vorkehrungen während der letzten Choleraepidemie erst nachträglich angewiesen und
ausgezahlt wurden.
Ueber die Vertheilung der in Rede stehenden Ausgaben nach Verwaltungs-
gebieten gibt nachstehende Uebersicht Auskunft.
50
— 480 —
Davon bei
Gesammtsumme Blattern Scharlach Diphtherie Masern Typhus*)
Niederösterreich . 22.103 125 528 650 - 1519 1.922
Oberösterreich 2.135 — 137 332 132 1.087
Salzburg 1.015 9 110 232 339 191
Steiermark 10.198 150 853 1.652 573 2.673
Kärnten 2.279 — 46 1.081 106 597
Krain ' 3.702 223 569 441 28 1.768
Küstenland . 6.969 48 1.738 2.504 102 1.421
Tirol und Vorarl 5.834 — 1.640 1.152 346 2.070
Böhmen 57.724 3.718 8.718 6.457 16.716 8.507
Mähren . 8.239 ` 548 135 446 95 5.363
Schlesien . . 3314 225 662 all 897 954
Galizien . 109.130 14.915 27.241 3.771 1.368 30.148
Bukowina . 12.450 1.542 1.173 572 239 2.408
Dalmatien. 2.442**)
Summe. . 247.534 27.503 44.150 19.601 28.460 59.069
Im Vergleiche mit den Nachweisungen für das Jahr 1897 ergibt sich mit Aus-
nahme von Krain, Küstenland, Schlesien und Dalmatien in allen übrigen Verwaltungs-
gebieten eine Steigerung der Auslagen, und ist diese insbesondere in Niederösterreich
wegen der Kosten, welche die Pestfälle in Wien verursachten, eine sehr bedeutende.
Von den einzelnen Infectionskrankheiten führten Blattern, welche, wie früher
(s. S. 445 d. Bl.) nachgewiesen wurde, in Galizien und in der Bukowina epidemisch
auftraten, nach anderen Verwaltungsgebieten verschleppt wurde und deshalb um-
fassende Vorkehrungen nothwendig machten, zu einem grösseren Aufwande als im
unmittelbar vorhergegangenen Jahre. Den eingeleiteten Vorkehrungen ist es zu ver-
danken, dass die Krankheit in den anderen Verwaltungsgebieten mit vollem Erfolge
unterdrückt wurde.
Scharlach und Masern machten in Folge ihres häufigeren Auftretens gleichfalls
ausgedehntere Vorkehrungen nothwendig, die mit grösseren Auslagen als im Vorjahre
verbunden waren. Dagegen waren die Auslagen bei Diphtherie geringer.
Die intensivere Durchführung und Ueberwachung der prophylaktischen Vor-
kehrungen gegen Typhus kommen in der grösseren Summe der hiefür verausgabten
Beträge und in der niedrigeren Mortalitätsziffer zum Ausdrucke. Die Vorkehrungen
gegen diese Krankheit wurden in einzelnen Bezirken mit grossem Nachdrucke be-
trieben und haben in denselben auch die Gemeinden ihrerseits grosse Auslagen nicht
gescheut, dafür aber auch der Erfolg, dass viele Gegenden, in denen der Typhus
früher endemisch herrschte, im letzten Jahre von dieser Krankheit ganz frei blieben.
Ausser den Auslagen bei Bekämpfung der genannten Krankheit sind ferner
Kosten erwachsen für die Vorkehrungen bei
Keuchhusten . 9436 fl. | Seorbut . en 2921 fl.
Dysenterie . . 9106 » | Lyssa. . . . . . .. . . . 220 »
Varicellen . 7220 » ¡ Cholera nostras . . . . . . 104 »
Mumps a. 2406 » | Kritze . . . . . . . . . 89»
Trachom . . . . . . . . « 1696 » | Miliaria ie e e A Be. ee om a AS
Influenza. . . 2 2 . . . . 879 » | Miizbrand . . . . . . . . 34»
Geniekstarre . 2 2 . . . . 777» | Rothlauf. . . . . 2 2 2. 14: 5
Kindbettficber . . . . . . . 568 » , Trichinose . . . . 2. 9 >
Syphilis . . 2. . a o 492 » |
o +) Tleo- und Flecktyphus. ; :
**) Details über die bei einzelnen Krankheiten erlaufenen Auslagen liegen nicht vor.
— 481 —
Der tiberwiegend grössere Theil dieser Ausgaben kommt auf Rechnung der
Reisekosten der ldf. Sanitätsorgane. In einzelnen Ländern wurden bei epidemischer
Verbreitung von Infectionskrankheiten auch die Auslagen für die an Arme verab-
folgten Arzneien theilweise aus Staatsmitteln vergütet.
Für Zwecke der Förderung der Epidemievorkehrungen, für besondere Mass-
nahmen, so insbesondere auch anlässlich der Pesterkrankungen in Wien wurde ein
Gesammtbetrag von 31.840 fl. verausgabt.
Es sind nur wenige politische Bezirke, in welchen aus Staatsmitteln Auslagen
für Massnahmen gegen Infectionskrankheiten nicht erlauten sind.
Eine Uebersicht über die durchschnittlichen Kosten für die betroffenen Bezirke
und das Verhältniss der Auslagen zur Einwohnerzahl bietet folgende Tabelle.
Durchschnittliche Ausgaben
pro Kopf der Be- pro betroffenen Bezirk in Gulden
völkerung (kr.)überhaupt Blattern Scharlach Diphtherie Masern Typhus
Niederösterreich . . 0:75 339 16 41 41 89 113
Oberösterreich . . 0:26 178 — 20 37 22 99
Salzburg . . . . 0:56 203 9 28 46 85 48
Steiermark . . . . 076 510 75 50 83 29 134
Kärnten. . . . . 062 326 — 23 154 35 80
Kran . . .. . 073 337 112 114 49 28 177
Küstenland. . . . 096 697 12 248 250 51 142
Tirol-Vorarlberg . . 062 254 — 103 61 25 115
Böhmen. . . . . 095 627 64 108 80 197 104
Mähren. . . . . 035 250 37 33 23 16 173
Schlesien . . . . 051 414 45 83 44 112 119
Galizien. . . . . 152 1417 317 354 73 112 397
Bukowina . . . . 1°75 1383 838 168 114 80 268
Dalmatien . . . . 042 — — — — —- —
Oesterreich. . . . 095 752 182 166 76 121 195
Sanitátsgesetze und Verordnungen.
Verordnung des Ministeriums des | Die Verordnung des Ministeriums des
Innern vom 5. December 1899, Innern vom 3. December 1898, R. G. Bl.
R. G. Bl. Nr. 241, Nr. 219, betreffend die österreichische Arznei-
|
|
| taxe für das Jahr 1899 und die ergänzende
betreffend die Arzneitaxe für das Jahr 1900. Verordnung des Ministeriums des Innern vom
1. April 1899, R. G. Bl. Nr. 63, werden mit
1. Jänner 1900 ausser Wirksamkeit gesetzt
Am 1. Jänner 1900 tritt die unter dem
Titel „Arzneitaxe für das Jahr 1900 zur öster-
reichischen Pharmakopöe vom Jahre 1889“ im
Verlage der k. k. Hof- und Staatsdruckerei er-
schienene, auf Grund der jüngsten Droguen-
und haben an deren Stelle die nachstehenden
Bestimmungen zu treten:
S 1. Alle Apotheker ohne Ausnahme, dann
preislisten in Kronenwährung festgesetzte | die zur Führung einer Hausapotheke befugten
Arzneitaxe in Kraft. Aerzte und Wundärzte, beziehungsweise Thier-
50*
— 482 —
ärzte haben sich genau an die am 1. Jänner 1900 | pensirt werden, wenn vom Arzte der Gewichts-
in Kraft tretende Arzneitaxe zu halten und | menge das Ausrufungszeichen (!) beigefügt ist.
sich mit einem Druckexemplare derselben zu
versehen.
§ 2. Den Apothekern, sowie den Aerzten
und Wundärzten haben die der VII. Ausgabe
der österreichischen Pharmakopöe vorangestellten
„Allgemeinen Bestimmungen und Regeln“,
welche mit der Verordnung des Ministeriums
des Innern vom 1. Juli 1889, R. G. Bl. Nr. 107,
verlautbart worden sind, sowie die nachstehenden
besonderen Bestimmungen zur genauen Darnach-
achtung zu dienen.
- $ 3. Diejevigen Arzneiartikel, in Beziehung
auf deren Verabfolgung besondere beschränkende
Anordnungen bestehen, und welche — insoferne
sie zu den officinellen gehören — in dieser
Arzneitaxe gleichwie in der Pharmakopúe durch
auffällige (fette) Schriftzeichen ersicht-
lich gemacht und überdies in der Tabelle IV
der Pharmakopöe zusammengestellt sind, dürfen
von den Apothekern nur gegen ordentliche Ver-
schreibung eines hiezu berechtigten Arztes,
Wundarztes oder Thierarztes hintangegeben
werden.
Ausgenommen hievon sind in Gemässheit
der Verordnung des Ministeriums des Innern
vom 1. August 1834, R. G. Bl. Nr. 131, die
Carbolsäure, der Zink- und Kupfervitriol,
insoferne diese Stoffe nicht als Heil, sondern
lediglich als Desinfectionsmittel verwendet werden,
in welchem Falle jedoch diese Verwendung
durch die auf der Signatur des Gefiisses deut-
lich ersichtlich zu machende Bezeichnung „Zur
Desinfection“ vorgezeichnet werden muss,
dann das Chloroform in einer „Zum Äusser-
lichen Gebrauche“ bestimmten Mischung,
in welcber die Menge des Chloroforms 20 Per-
cent der Gesammtmischung nicht übersteigen
darf.
$ 4. Bei Bereitung und Abgabe der
Arzneien sind die Weisungen der ärztlichen
Verschreibung (des Receptes) in allen Punkten
genau zu befulgen.
Recepte, in denen die in der Tabelle III
der VII. Ausgabe der österreichischen Pharma-
kopöe vom Jahre 1889 verzeichneten Maximal-
Arzneimitteln überschritten sind,
loosen Von
i
|
|
Ausserdem wird angeordnet, dass die
Gewichtsmengen der in einem Recepte ver-
ordneten, in der Maximaldosen-Tabelle ent-
haltenen Arzneimittel vom Ärzte nicht blos
mit Ziffern, sondern auch mit Worten genau
bezeichnet werden sollen.
Bei der Dispensation von abgetheilten
Pulvern ist das Oeffnen des Lumens der Papier-
kapseln durch Anblasen mit dem Munde aus
sanitären Rücksichten zu vermeiden.
§ 5. Das Recept muss in allen Theilen
deutlich und leserlich geschrieben sein. Auf
unleserlich geschriebene oder dem Apotheker
nicht völlig verständliche Recepte darf keine
Arznei ohne früher eingeholte Aufklärung seitens
des ordinirenden Arztes verabfolgt werden.
Auf jedem Recepte soll in der Regel Name
und Wohnort der Partei, für welche die ver-
schriebene Arznei bestimmt ist, ersichtlich sein,
und sind diese Angaben, falls dies vom Arzte
unterlassen worden sein sollte, in der Apotheke
beizufügen. Verweigert die Partei die Mit-
theilung derselben, so ist das Recept in deren
Einvernehmen mit einer geeigneten Bezeichnung
zu versehen, durch welche einer Verwechslung
bei Erfolgung der Arznei vorgebeugt werden
kann. *)
§ 6. Die wiederholte Dispensation einer
Arznei nach Einem Recepte ist nur fiir die auf
demselben bezeichnete Partei zulässig.
Steht die Verwendung
einer Arznei mit Grund zu besorgen, so hat
der ordinirende Arzt dem betreffenden Recepte
die Clausel „ne repetatur" beizufügen, und es
ist dem Apotheker untersagt, nach mit dieser
Clausel versehenen Recepten die Arznei wieder-
missbräuchliche
bolt zu verabfolgen.
Receptblankette mit vorgedruckten „ne
repetatur“ sind nicht zulässig.
*) Mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums
des Innern vom 19. Jänner 1890, Z. 1169
(siehe Jahrgaug 1890 d. BL, S. 74) wurde
in Erinnerung gebracht, dass bei Beobachtung
dieser auf die Verhütung von Arzneiverwechslungen
und anderen Unzukimmlichkeiten abzielenden Be-
stimmung die jedem Apotheker obliegende Ver-
pflichtung der vollständigsten Verschwiegenheit
und des rücksichtsvollsten Benehmens gegen das
nur dann in der ordinirten Weise dis- | Publicum nicht ausser Acht gelassen werden darf
i
- ——
S 7.
Receptcopien und das Copiren von Recepten
in den Apotheken ist untersagt, es sei denn,
dass das letztere durch bestimmte Umstände,
z. B. wegen der Dispensation einer Arznei auf
Kosten öffentlicher Fonde, von Humanitits-
anstalten, von Krankencassen, von Vereinen
u. dgl. geboten ist, in welchem Falle jedoch
die Veranlassung zur Anfertigung der Recept-
copie auf dieser zu bemerken ist.
Die Receptcopie ist mit der deutlichen Be-
zeichnung der Apotheke und der Unterschrift
des Expedienten zu versehen.
§ 8. Recepte mit dem Vermerke „cito“
oder „statim“ sind so rasch als möglich zu
dispensiren.
SO. Recepte mit dem Beisatze „secundam
meam praescriptionem“ oder mit einer anderen
Bemerkung, durch welche auf ein geheimes
Einverständniss oder auf irgend eine Abmachung
des Apothekers mit dem Arzte, die in allen
Beziehungen des Arztes zum Apotheker un-
statthaft ist, hingewiesen wird, dürfen in den
Apotheken nicht dispensirt werden. Den Aerzten
wird untersagt, Ausdrücke oder Be-
merkungen in ihren Recepten zu gebrauchen.
§ 10. Bei der Dispensation von Arzneien
auf Rechnung Öffentlicher Fonde, Humanitäts-
anstalten,
derlei
Krankencassen u. dgl., sowie für
Unbemittelte, dann über besonderes Verlangen
der Parteien sind nur die in der Taxe billigst
angeführten Behältnisse in Anwendung und
Rechnung zu bringen, insoferne nicht gemäss
S 18 der Ordinationsnorm vom 17. März 1891,
R. G. Bl. Nr. 45, von einer Anrechnung von
Gefässen abzusehen ist.
Dasselbe hat stattzufinden, wenn wegen
Mittellosigkeit des Arzneibedürftigen vom Arzte
die Bemerkung: ,,Fiat expeditio simplex“ dem
Recepte beigefügt ist.
Die in der Ordinationsnorm vom 17. März
1591, R. G. Bl. Nr. 45, vorgesehenen Verein-
fachungen in der Arzneiabgabe und Ermässi-
gungen der Arzneiberechnung haben bei der
Dispensation von Arzneien fiir Rechnung der
nach dem Krankenversicherungsgeretze
30. März 1888, R. G. Bl. Nr. 33,
vom
einge-
483
Die Ausfolgung von Arzneien auf | kommen, wenn nicht durch das ärztliche Recent
besondere Vorschriften gegeben sind.
S 11. Bei der Taxirung von Recepten für
Rechnung der nach dem Krankenversicherungs-
gesetze eingerichteten, sowie der unter staat-
licher Controle stehenden Krankencassen ist
vom Apotheker ein Nachlass in der Höhe von
mindestens 5 ermittelten tax-
mässigen Arzneipreises zu gewähren.
Höhere Nachlässe bleiben der Vereinbarung
zwischen Apothekern und Krankencassen über-
lassen.
In strittigen Fällen sind die politischen
Landesbehörden ermächtigt, den Apotheken
eines bestimmten Krankencassengebietes,
besondere der Hauptstädte und Industrieorte,
nach Massgabe des in demselben stattfindenden
Medicamentenumsatzes für Rechnung der ge-
dachten Krankeneassen, sowie nach Massgabe
der localen Verhältnisse einen höheren Procent-
nachlass, und zwar bis 15 Procent des gesammten
Percent des
ins-
Taxpreises vorzuschreiben, wobei stets ein
gleichmässiges . Vorgehen bezüglich aller
Apotheken des betreffenden Gebietes zum
Zwecke der Hintanhaltung von Störungen der
regelmässigen Medicamentenversorgung des
Publicums innerhalb der ämtlich festgesetzten
Absatzgebiete der Apotheken zu beobachten ist.
= $ 12. Für zehnfache Ausmass
(Menge, Stückzahl) der in der Arzneitaze ent-
das
haltenen Mittel ist nur der achtfache Preis-
ansatz der Taxe in Anrechnung zu bringen; bei
Abgabe des hundertfachen Ausmasses ist
wieder nur der achtfache Betrag des für das
zehnfache Ausmass giltigen Ansatzes (das ist
das des
Taxansatzes) zu berechnen.
Dieser erniedrigte Preisansatz hat auch
dann in Anwendung zu kommen, wenn bei der
Vierundsechzigfache einfachen
Taxirung für ein Ausmass (Menge, Stückzahl)
von Arzneimitteln unter dem zehnfachen,
beziehungweise Hundertfachen der in der
Arzneitaxe enthaltenen Dosis ein höherer Be-
trag sich ergibt, als dem ermässigten Preis-
ansatze für die grüssere Menge entsprechen
würde.
S 13. Der kleinste Preisansatz für die Be-
richteten, sowie der unter staatlicher Controle | wertung eines Artikels bei Taxirungen, auf
stehenden Krankencassen zur Anwendung zu |
welche die mit der Verordnung des Ministeriums
— 484 ---
des Innern vom 17. März 1891, R. G. Bl |
Nr. 45, erlassene Ordinationsnorm, sowie die |
Bestimmung des $ 14 dieser Verordnung keine
Anwendung findet, beträgt fünf Heller, bei der
Taxirung nach der Ordinationsnorm jedoch nur
zwei Heller.
Ein Preisansatz beim Taxiren, welcher
einen ganzen Heller nicht erreicht, darf als
ganzer Heller berechnet werden, und ebenso
darf, wenn bei der Taxirung für einen Arznei-
artikel nebst einem oder mehreren Hellern
noch ein Bruchtheil eines Hellers sich ergibt,
dieser als ganzer Heller angerechnet werden.
§ 14. Fir Aqua communis bis zur Menge
von einem Liter, sowie für jeden weiteren
Liter darf mit Ausnahme des Falles, dass
dieses Wasser zum Decocte oder Infusum ver-
wendet wird, der Betrag von zwei Hellern an-
gerechnet werden.
§ 15. Apothekern, welche beim Bezuge
von Spiritus ausser der staatlichen Branntwein-
steuer eine den Betrag von 20 Hellern pro Liter
überschreitende Abgabe an.
Communalsteuern für Branntwein zu entrichten
|
|
|
|
oder
haben, kann über Einschreiten von der politischen |
Landes-
Landesbehörde eine Erhöhung des Taxpreises
für jene spirituösen Artikel, welche in dem
der Arzneitaxe beigeschlossenen Verzeichnisse
namentlich angeführt sind, in der Weise be-
willigt werden, dass für den Gewichtsansatz
von 10 Gramm ein Heller, für den Gewichts-
ansatz von 100 Gramm acht Heller zu den in
der Arzneitaxe für diese Artikel festgestellten
Preisansätzen zugerechnet werden.
$ 16. Ist in dem Recepte die Gewichts-
menge eines indifferenten Bestandtheiles vom
Arzte nicht näher angegeben, oder ist zur
Herstellung der verwendeten Arzneiform ein im
tecepte nicht angeführter indifferenter Zusatz
nothwendig, so ist bei der Taxirung die ver-
brauchte Menge des inditferenten Bestandtheiles
oder Zusatzes auf dem Recepte vom Expedienten
ersiehtlich zu machen.
Bezüglich der Berechnung von tropfenweise
verordneten Arzneimitteln hat Folgendes zu
gelten:
Von fetten, sowie von schweren ätherischen
Velen, von Tineturen, verdünnten Mineralsäuren
und wässerigen Flüssigkeiten überhaupt, werden
20 Tropfen, von den übrigen ätherischen Oelen,
von Essigäther, Aetherweingeist und Chloroform
25 Tropfen, von reinem Aether 50 Tropfen
gleich einem Gramm gerechnet.
§ 17. Auf jedem Recepte, nach welchem
in einer öffentlichen oder in einer Hausapotheke
Arzneien bereitet und abgegeben werden, ist
vor der Expedition der Taxbetrag in Ziffern .
deutlich aufzuschreiben und bei der ersten
Taxirung auch nach den Materialien, der Arbeit
und den Bebältnissen (Gefässen, Schachteln
u. dgl., zu specificiren.
In den öffentlichen Apotheken hat der-
jenige, welcher die Arznei taxirte, auf dem
Recepte nebst dem Preise auch das Datum
und die Firma der Apotheke ersichtlich zu
machen und seine Namensfertigung beizusetzen,
während derjenige, welcher die Arznei expedirte,
auf der Signatur jedesmal das Datum der
Expedition und seine Namensfertigung beizu-
fügen hat.
Dieselben Vormerkungen — bei abweichen-
der Taxirung auch der Taxbetrag — sind bei
wiederholter Dispensation einer Arznei nach dem-
selben Recepte auf dem letzteren, beziehungsweise
auf der Signatur jedesmal anzubringen.
S 18. Es ist erlaubt, die Arzneien unter
der Taxe hintanzugeben; in einem solchen Falle
muss jedoch auf dem Recepte sowohl der tax-
mässige, als auch der freiwillig herabgesetzte
Betrag mit Ziffern angemerkt werden.
Jedoch müssen auch die unter der Taxe
hintangegebenen Arzneien von derselben tadel-
losen Beschaffenheit sein, welche in der Pharma-
kopöe vorgeschrieben ist und darf auch dem
Gewichte nach nicht etwa weniger gegeben
werden.
Auch im Handverkaufe dürfen die Preise
von Arzneimitteln niemals höher als nach den
Ansätzen der Arzneitaxe berechnet werden.
S 19: Bei der Bemessung der Preisansätze
jener Arzneimittel, welche in der Pharmakopúe
nicht enthalten sind, haben die politischen Be-
hörden in den zu ihrer Beurtheilung gelangenden
Fällen nach denselben Grundsätzen vorzugehen,
nach welchen die Taxbemessung für die in der
Pharmakopöe enthaltenen Arzneimittel statt-
findet und deren Wortlaut der Arzneitaxe für
das Jahr 1900 beigefügt ist.
ee Ee
485
§ 20. Blutegel sind nicht als ärztlicher |
Gegenstand zu betrachten. Die Apotheker sind
jedoch verpflichtet, dieselben in gutem Zustande
vorräthig zu halten.
Der Verkaufspreis derselben inelusive Dis-
pensation wird für die Apotheken mit 20 Heller
festgesetzt. die
Rechnungsleger, welche auf Kosten öffentlicher
Fonde Arzneien liefern, bei der Vergütung
keinem Percentabzuge.
§ 21. Die Preise der in die Pharmakopée
aufgenommenen Verbandstoffe sind in einer
besonderen Taxe im Anhange zur Arzneitaxe
enthalten; dieselben unterliegen im gleichen
Falle keinem Procentabzuge. |
8 22. Aerzte und Wundärzte, welcbe zur
Führung einer Hausapotheke oder
Nothapparates berechtigt oder verpflichtet sind
(Verordnung des Ministeriums des Innern vom
26. December 1882, R. G. Bl. Nr. 182), haben
die zur Einriehtung und Ergänzung ihrer Haus-
apotheken oder Nothapparate erforderlichen
chemischen und pharmaceutischen (ein-
fachen und zusammengesetzten) Präparate,
sowie sonstige arzneiliche Zubereitungen
ausschliesslich aus einer der nächst-
gelegenen Apotheken zu beziehen und sich
Dieser Preis unterliegt für
eines
über diesen Bezug durch ein eigenes Fassungs-
buch auszuweisen, in welchem der Name und
das Gewicht der Arzneimittel, sowie die Zeit
ihres Bezuges genau anzugeben und durch die
Namensfertigung des Apothekerszu bestätigen ist.
Hiebei bleibt die Preisermässigung dem
gegenseitigen Uebereinkommen überlassen.
§ 23. Bei Berechnung von Thierheil-
mitteln hat, soweit dieselben nicht in der be-
sonderen Taxe für dieselben angeführt, sondern
in der Taxe für Heilmittel der Pharmakopöe
enthalten sind, von den sich hienach ergebenden
Taxpreisen ein Abzug von 10 Procent zu er-
folgen.
Gefässe
wird bei Thierheilmitteln die Anwendung der-
selben Taxe, wie bei den Arzneimitteln zum
Gebrauche für den Menschen gestattet.
S 24. Die Apotheker sind verpflichtet, die
Labe- und Desinfectionsmittel, sowie Verband-
artikel, welche durch die mit der Verordnung
Für Recepturarbeiten und für
des Ministeriums des Innern vom 10. Sep-
tember 1897, R. G. Bl. Nr. 216, erlassenen
„Dienstesvorschriften für Hebammen“
vorgezeichnet sind, vorräthig zu halten, sowie
berechtigt, die übrigen zur Ausrüstung der
Hebammen erforderlichen Geräthschaften zu
führen. l
Den Hebammen ist beim directen Bezug
dieser Artikel aus der Apotheke ein zehn-
percentiger Nachlass des Taxpreises zu ge-
währen.
§ 25. Die in der Arzneitaxe im Ein-
vernebmen mit dem k. k. Handelsministerium
durchgeführte Specification der officinellen
Arzneimittel hat bei Handhabung der Ver-
ordnungen der Ministerien des Innern und des
Handels vom 17. September 1883, R. G. Bl.
Nr. 152, und vom 17. Juni 1886, R. G. Bl.
Nr. 97, zur Richtschnur zu dienen.
& 26. Jede Uebertretung der vorstehenden
Anordungen wird, insofern hierauf nicht die Be-
stimmungen des allgemeinen Strafgesetzes An-
wendung finden, mit Geldstrafen bis zu 100f.
oder mit Arrest bis zu 14 Tagen geahndet.
(Ministerialverordnung vom 30. September 1857,
R. G. Bl. Nr. 198.)
S 27. Die ausser diesen Bestimmungen
sonst noch bestehenden Vorschriften, betreffend
den Bezug, die Führung und den Verkauf von
Arzneiwaren und Arzneien, bleiben in Kraft.
Erlass der k. k. steiermarkischen Statt-
halterei vom 9. September 1899,
Z. 28877,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Anwendung des Leichen-
Conservirungsmittels »May-O1-Cadaverol«.
Die concessionirte Leichenbestattungsanstalt
„Pietät“ hat dem Stadtrathe Graz die Anzeige
erstattet, dass sie in Hinkunft auf eventuellen `
Wunsch der Angehörigen das Leichen-Conser-
virungsmittel „May-Ol-Cadaverol“ in Anwendung
zu bringen gedenke und hat eine Probe dieser
Flüssigkeit zur eventuellen Untersuchung zur
Verfügung gestellt.
Nachdem die durch die staatliche allgemeine
Untersuchungsanstalt für Lebensmittel in Graz
vorgenommene chemische Untersuchung der
schwachviolett gefärbten, eigenthümlich riechen-
den und stark sauer reagierenden Flüssigkeit
ergeben hat, dass dieselbe keine giftigen Metalle
entbalte und der Hauptsache nach aus einer Lösung
von Borsäure und Salieylsäure bestehe, welcher
eine kleine Quantität eines zur Violettfärbung
dienenden Eisensalzes und ein nicht bestimm-
barer Riechstoff zugesetzt ist, also eine un-
bedenkliche Zusammensetzung dieses Wasch.
wassers sicherstellte, hat der Stadtrath Graz
die Bewilligung zur Anwendung des „May-Ol-
Cadaverol” folgenden Be-
dingungen gestattet:
an Leichen unter
1. Dasselbe darf nur nach vorher erfolgter
Todtenbeschau und bei zweifellos durch dieselbe
sichergestelltem Tode in Anwendung gebracht
werden;
2. ausser durch zu inneren Eingriffen auch
an Leichen berechtigte Aerzte darf niemals eine
innere Einspritzung, Eingiessung oder subder-
male Anwendung, sondern stets nur eine ober-
flächliche nach Art der Waschung oder Ein-
Sollte eine
reibung Platz greifen. innerliche
Anwendung beabsichtigt sein, so ist hievon
stets der amtliche Todtenbeschauer, soferne der-
selbe Arzt ist, behufs allfälliger Intervention
rechtzeitig in die Kenntniss zu setzen, oder
aber die Vornahme durch einen Amtsarzt an-
zusprechen;
3. darf dieses Conservirungsmittel nicht
fälschlich ale Desinfectionsmittel bezeichnet,
beziebungsweise bei an leicht übertragbaren
Infectionskrankheiten verstorbenen Personen
behufs Desinfection der Leiche in Anwendung
gezogen, und dürfen demselben also nicht Eigen-
schaften zugelegt werden, die ihm vermige
seiner Zusammensetzung nicht zukommen können.
Hievon wird die k. k. Bezirkshauptmannschaft
behufs Einhaltung eines gleiehmässigen Vor-
ganges im vorkommenden Falle in Kenntniss
geseizt.
486
| Erlass
EE DEE EE,
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nn
der k. k. kárntnerischen
Landesregierung vom 26. Juni 1899,
Z. 6631,
an alle k. k. Bezirkshauptmannschaften,
betreffend Erhebungen tiber die einer Er-
höhung der Remuneration bedürftigen Be-
zirkshebammenstellen.
Die k. k. Landesregierung hat in dem
Bestreben der Existenz-
bedingungen jener Bezirkshebammen, welche auf
anerkannt materiell wenig erträglichen Posten
practiciren und unter sebr beschränkten Er-
Verbesserung der
werbsverhältnissen leiden, mit dem kärntneri-
schen Landesauschusse Verhandlungen über die
Erhöhung der Remuneration derartiger Bezirks-
hebammenstellen eingeleitet, durch welche Mass-
nahme die erschwerte Besetzung derselben
möglichst behoben und eine gewisse Stabilität
des Hebammenpersonales auf diesen Stellen
erreicht werden könnte.
Der kärntnerische Landesausschuss hat
sich nun in seiner Note vom 27. December
1898, Z. 18281, dahin geäussert, dass falls
wirklich
hebammenstellen ob des geringen Einkommens
welches sie bieten, nicht besetzt werden könne,
allerdings kein anderes Auskunftsmittel übrig
bleibe,
Stellen etwas zu erhöhen.
weiteren Anregung der
eine grössere Zahl von Bezirks-
als die Remuneration einiger dieser
Beziiglich einer
k.k. Landesregierung, der kärntnerische Landes-
ausschuss möge jene Gemeinden, in welchen
die Bezirkshebammen der Armuth
der Bevölkerung und sonstiger ungünstiger Er-
in Folge
werbsverhältnisse kaum
Lebensunterhalt verdienen können, dazu ver-
ihren nothdürftigsten
halten, den Bezirkshebammen ein Freiquartier,
respective ein entsprechendes Quartieräquivalent
zuzusichern, sprach der kärntnerische Landes-
ausschuss die Erwartung aus, dass es durch
die Einwirkung der k. k. Bezirksärzte «uf die
betreffenden Gemeinden bei Neunuschreibungen
vielleicht oft möglich sein werde, der Bezirks-
hebamme eine freie Wohnung zu sichern.
Damit nun die k. k. Landesregierung in
den Stand gesetzt werde, im Gegenstande mit
ganz bestimmten Vorschlären an den Landes-
herantreten zu werdeu
ausschuss können,
487
die k. k. Bezirkshauptmannschaften einge- | für die Erreichbarkeit der nöthigen Hilfe bei
| Entbindungen und somit auch die Entlohnung
laden,
1. jene Bezirkshebammenstellen im dortigen
politischen Bezirke namhaft zu machen, welche
im Sinne der obigen Ausführungen zu den an-
erkannt minderwerthigen gehören, s80
dass sie in Folge ihrer geringen Ertragsfähigkeit
innerhalb der letzten fünf Jahre erst nach mehr.
maliger erfulgloser Concursausschreibung oder
überhaupt nicht besetzt werden konnten;
2. für jede solche Bezirkshebammenstelle
anzugeben,
. a) die durchsebnittliche Zahl der Geburten
in den letzten fünf Jahren,
b) womöglich die Zahl der zahlungsfäbigen
Parteien, respective deren Stand (für dev gleichen
Zeitraum),
c) locale Verhältnisse, welche einen Schluss
auf die Erwerbsverhältnisse der betreffenden
Bezirkshebamme gestatten, wie Dichtigkeit der
Bevölkerung, Industrie- und Handelsverhältnisse,
Armuth der Bevölkerung, Terrainschwierigkeit
des Postens, Zerstreutheit der Ortschaften etc.
Auch wird hervorzubeben sein, ob die Be-
zirkshebamme in der Lage ist, sich ala Kranken-
pflegerin oder sonstwie einen Nebenverdienst
zu erwerben.
Diese Erhebungen sind mit thunlichster
Genauigkeit zu pflegen und nur jene Bezirks-
hebammenstellen nambaft zu machen, welche
wirklich derart ungünstige Verhältnisse für den
Erwerb der Bezirkshebamme bieten, dass eine
Erhöhung der Remuneration das einzige Mittel
darstellt, der Bevölkerung die Erreichbarkeit
der Hilfe bei Entbindungen möglichst zu sichern.
Gleichzeitig jedoch erhalten die k. k. Be-
zirkshauptmannschaften den Auftrag, bei allen
zur Erhöhung. der Remuneration in Vorschlag
gebrachten, in Hinkunft
Erledigung kommenden minderwerthigen Bezirks-
sowie bei allen in
hebammenstellen mit der Domicilsgemeinde in
geeignete Verhandlungen zu treten, um für die
betreffende Bezirkshebamme ein Freiquartier,
respective ein entsprechendes Quartieräquivalent
zu erwirken.
Hiebei werden die betreffenden Gemeinden
nachdrücklichst daran zu erinnern sein, dass
nach $ 3, lit. b des Reichssanititsgesetzes vom
30. April 1870, R. G. Bl. Nr. 68, die Fürsorge
1
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der Bezirkshebammen den Gemeinden obliegt,
und dass — nachdem der kärntnerische Landes-
ausschuss in seiner bekannten Opferwilligkeit
die Remunerationen derselben aus Landesmitteln
bestreitet — die Gemeinden doch verpflichtet
erscheinen, wenigstens einen kleinen Bruchtheil
der Auslagen für die Bezirkshebammen zu
tragen.
Die bezüglichen Anträge betreffs Erhöhung
der Remuneration der Bezirkshebammen werden
bis 1. October 1899 gewärtigt, während über
das Resultat der Verhandlungen betreffs der
Gewährung eines Freiquartiers von Fall zu Fall
zu berichten sein wird.
Erlass der k. k. oberösterreichischen
Statthalterei vom 8. October 1899,
Z. 17986,
an alle k. k. Bezirkshauptmannschaften,
betreffend die Verpflichtung der Gemeinde-
ärzte zur Anzeige von Infectionskrankheiten
an die Schulleltungen.
Auf Grund der Dienstesinstruetion für die
Gemeindeärzte wird über Ansuchen des k. k.
Landesschulrathes angeordnet:
An Infectionskrankheiten erkrankte Schüler
oder Schülerinnen sind von den Gemeindeärzten
unmittelbar ehestens an die Schulleitung anzu-
zeigen, ebenso auch alle übrigen mit ersteren
in einer die Uebertragung der Infectionskrank-
heiten Art Berührung
stehenden, die Schule besuchenden Geschwister
ermüglichenden in
und Hausgenossen.
Ebenso sind die Gemeindeärzte zu ver-
pflichten, behufs Wiederaufnahme des Schul-
besuches seitens der Reconvalescenten nach In-
feetionskrankheiten und ilırer Geschwister und
Hausgenossen, von der Ungefährlichkeit dieses
Wiederbesuches der Schule,
Desinfection
eventuell nach
stattgehabter der Schulleitung
Mittheilung zu machen oder dieselbe in jedem
einzelnen Falle zu bestätigen.
*
— 488 —
Erlass der k.k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 4. November 1899,
Z. 88198, |
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Wahrnehmung der sanitären
Interessen und die Einflussnahme der
politischen Landesbehörde bei Errichtung
von Waisenhäusern.
Anlässlich eines speciellon Falles hat das
k. k. Ministerium des Innern mit dem Erlasse
richtung und bezüglich des Betriebes dieser
Anstalten in gleicher Weise einzutreten bat,
wie bei Siechen-, Versorgungs- und anderen
sanitären Humanitätsanstalten.
Dementsprechend wird künftighin bei Er-
richtung von allen derartigen Anstalten in ana-
loger Weise wie bei Errichtung von Kranken-
anstalten im Sinne des $ 2 des Reichssanitäts-
gesetzes von 30. April 1870, R. G. Bl. Nr. 68,
vorzugehen, und werden in jedem einzelnen
Falle die betreffenden Pläne, Localaugenscheins-
protokolle und Verhandlungsacten vor Beginn
des Baues der Statthalterei vorzulegen sein.
vom 28. September 1. J., Z. 10323, eröffnet,
dass bezüglich der Waisenhäuser ähnliche
sanitätspolizeiliche Rücksichten zu wahren sind
wie bei den Versorgungsanstalten, und dass
daher die Einflussnahme der politischen
Landesbehörden in sanitärer Hinsicht bei Er-
Hievon wird die k. k. Bezirkshauptmann-
schaft zur weiteren Veranlassung und Darnach-
achtung in die Kenntniss gesetzt.
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom
24. bis 30. November l. J. 16 Erkrankungen und 4 Todesfälle an Pest vorgekommen, und
zwar an den aufeinander folgenden Tagen: 2 (1), 3 (1), 2 (0), 1 (0), 4 (1), 1 (0), 3 (1).
Griechenland. Mit kgl. Decrete vom 12. (24.) November 1. J. wurde die gegen ägypti-
sche Provenienzen angeordnete eilftägige Quarantaine aufgehoben und durch eine fünftägige
Beobachtungs-Quarantaine ersetzt, welcher sich alle seit dem] 9. (21.) November von Aegypten
abgegangenen Schiffe zu unterziehen haben und welche in jedem griechischen Hafen, in dem
sich ein Sanitätsamt I. Classe befindet absolvirt werden kann.
Rumänien. Die Quarantaine für ägyptische Provenienzen wurde von 10 auf 8 Tage
herabgesetzt. Producte aus Indien und Aegypten, welche bereits in einem europäischen Hafen
zum Verkehre freigegeben waren und von dort nach Rumänien eingeführt werden, werden
ohne Ursprungscertificat zugelassen; die direct von Indien und Aegypten kommenden Waaren
bleiben der bisherigen Behandlung unterworfen.
Die Häfen von Philippeville und Bona wurden als pestverseucht erklärt; die von diesen
Häfen direct kommenden Provenienzen unterliegen der ärztlichen Untersuchung und im Ver-
dachtsfalle der ärztlichen Observanz.
Russland. Das Ergebniss der Berathung der Pestconferenz in Petersburg, welche von
der kaiserlich russischen Regierung zur Begutachtung der Natur der in Kolobowka vorgefallenen
pestverdächtigen Erkrankungen (siehe S. 346 d. Bl.) eingesetzt worden war, wurde im „Reichs-
anzeiger* vom 11. (23.) November veröffentlicht. In dieser Conferenz wurden die Berichte
der nach Kolobowka zur Erforschung der Krankheit entsendeten Special-Delegirten Professor
K. N. Winogradow und J. F. Raptschewski über die bezüglichen Erhebungen und über
die hierauf im Pestlaboratorium in Kronstadt vorgenommenen bacteriologischen Untersuchungen
zur Kenntniss gebracht. Nach eingehender Berathung sprach sich die überwiegende Majoritat
der Conferenzmitglieder dahin aus, dass die in Kolobowka bestandene Krankheit ohne Zweifel
die Pest gewesen "sei, während eine Minorität die Anschauung vertrat, dass diese acut-contagiúse
Krankbeit ihrem Charakter nach der Pest in ihrer pneumonischen Form sehr ähnlich gewesen sei.
Türkei. Schiffe, welche von der ägyptischen Küste nach 30tiviger Fahrt in einem
ottomanischen Ilafen eintreffen, erhalten hier libera pratica, wenn sie schon vorher in einem
— 489 —
fremden Hafen zum freien Verkehre zugelassen waren. Jedoch wird in diesem Falle die Des-
infection susceptibler Waaren und der Effecten der Bemannung vorgenommen.
Die 10 tágige Quarantaine gegen Algier wurde aufgehoben.
Schiffe aus Ceylon werden wieder zum freien Verkehre in den ottomanischen Häfen zu-
gelassen, wenn dieselben keine Pilger oder Passagiere an Bord haben und sich mit einem
reinen Patente ausweisen können.
Aegypten. In Alexandrien ist seit 5. November kein weiterer Pestfall beobachtet
w orden.
Algier. Laut officieller Mittheilung sind ausser den in Philippeville und Bougie
vorgekommenen pestverdächtigen Fällen (siehe S. 452 d. Bl.) in Algier keine weiteren der-
artigen Erkrankungen vorgekommen, und ist der Gesundheitszustand dortselbst ein vollkommen
befriedigender.
Britisch-Indien. In Bombay wurden in der Woche vom 7.—13. November 140 Er-
krankungen und 79 Todesfälle und in der darauffolgenden Woche bis 20. November 130 Er-
krankungen und 107 Todesfälle beobachtet. In Calcutta sind in der Zeit vom 30. September
bis 7. October 46 und vom 8.—14. October 51 Todesfälle, in Kurachee vom 28.—31. October
1 Todesfall an Pest vorgekummen.
Madagaskar. In Tamatave sind vom 6.—11. November 18 Erkrankungen und 13 Todes”
fälle, vom 12.—20. November 5 Erkrankungen und ebenso viele Todesfälle an Pest beobachte!
worden. .
Brasilien. Dem veröffentlichten Berichte des Obersten Sanitätsinspectors über die Provenienz
der Pest in Santos au das brasilianische Ministerium des Innern ist zu entnehmen, dass bereits
im Juli und ein zweites Mal im August eine grosse Sterblichkeit unter den Ratten in Santos
beobachtet worden war. Jedes Mal sollen dieser Erscheinung nach einer Pause von ungefähr
18 Tagen zahlreiche, von Drüsenschwellungen begleitete Erkrankungen unter den Menschen ge-
folgt sein; das erste Mal (im August) seien diese Erkrankungen ausserordentlich milde verlaufen
und sämmtliche Erkrankten genesen; beim zweiten Auftreten (im October) habe aber die
Krankheit einen bösartigen Charakter angenommen, worauf dieselbe als Pest erkannt worden
sei. Auf Grund dieser Wahrnehmungen wird in dem erwähnten Berichte die Annahmen als
vollkommen begründet bezeichnet, dass die Pestkeime schon im Juli nach Santos eingeschleppt
worden waren, und dass die Rattensterblichkeit im Juli und im August ebenso wie die unter
den Bewohnern von Santos im August aufgetretenen und gutartig verlaufenen Driisenerkrankungen
durch Pestinfection bedingt gewesen sind. Aus dem Umstande, dass in der Zeit vom 4. Juli bis
14. August eine grössere Zahl von Schiffen aus Leixoes, dem Hafen von Oporto, in Santos an-
gefahren ist sind und daselbst frei verkehrt hat, während andere verdächtige Schiffe Santos zu
dieser Zeit nicht berührt haben, sei mit Sicherheit darauf zu schliessen, dass die Krankheit
aus Oporto eingeschleppt wurde.
Gelbes Fieber. Zum Zwecke der Verhiitung der Einschleppung von Gelbem Fieber
aus Brasilien nach Argentinien wurde zwischen der brasilianischen und argentinischen
Regierung eine Sanitätsconvention abgeschlossen, welche bereits am 15. November |. J. in
Kraft getreten ist. Dieselbe lautet:
Artikel 1. Vom 15. November jedes Jahres bis zum 15. Mai werden die nach Argentinien
abgehenden Schiffe, welche Passagiere I. Classe von Rio de Janeiro oder Santos bringen oder
in diesen Häfen angelegt haben, keine Passagiere III. Classe aufnehmen.
Artikel 2. Die zum Transporte von Passagieren III. Classe bestimmten Schiffe dürfen
dieselben nicht aufnehmen, ohne ein amtliches Zeugniss, dass die letzteren fieberfrei sind und
nicht ohne vorausgegangener Desinfection der Bagage und Wäsche.
Artikel 3. Passagiere I. Classe haben ein Certificat beizubringen, welches bestätigt, dass
sie an keiner mit dem Gelben Fieber leicht zu verwecheelnden Krankheit leiden und dass ihre
gebrauchte Wäsche und Kleider desinficirt wurden.
Artikel 4. Die Schifffahrtsgesellschaften dürfen Passagiere und Mannschaften, welche ihre
Reise fortsetzen, nicht mit dem Lande verkehren lassen, und müssen letztere, falls ein solcher
Verkebr dennoch nothwendig sein sollte, Gesundheits- und Desinfectionszeugnisse vorweisen.
Artikel 5. In den bezeichneten Monaten wird auf jedem Passagierschiffe ein argentinischer
Arzt oder ein zur Ausübung der Funetionen eines Sanitätsinspectors geeignetes argentinisches
Sanitätsorgan mitreisen, dessen Bezahlung den Schifffahrtsgesellschaften obliegt.
— 490 —
rtikel 6. In den Hifen von Rio und Santos wird eine aus je einem argentinischen
und brasilianischen Arzte zusammengesetzte Commission zur Inspicirung der nach argentinischen
Häfen bestimmten Passagiere fungiren; dieselbe wird den Passagieren die Certificate kostenfrei
ausstellen, beziehungsweise vidiren.
Artikel 7. Unter solchen Umständen werden die obne Zwischenfall angekommenen Schiffe
nach vorausgegangener Desinfection für Passagiere I. Classe libera pratica geniessen, wenn seit
ihrem Auslaufen aus dem brasilianischen Hafen 6 Tage verflossen sind. Die Schiffe, welche
Passagiere III. Classe führen, bleiben der Desinfection der Passagiere, Mannschaft und ver-
dächtiger Ladungen im Lazarethe von Martin Gareia unterworfen und können vor Ablauf von
S Tagen, von dem Tage des Auslaufens aus dem brasilianischen Hafen gerechnet, libera pratica
nicht erlangen.
Vermischte Nachrichten.
Ankunft des Lloyddampfers »Berenice« in Triest. Am 7. November traf der aus Brasilien
kommende Dampfer „Berenice“, auf welchem während der Fahrt vier tödtliche Pesterkrankungen
aufgetreten waren (siehe Seite 475 d. Bl.) in Triest ein und wurde daselbst in das Seelazareth
S. Bartolomeo dirigirt.
Der Dampfer hatte am 18. October mit reinem Patente und bei voller Gesundheit der Be-
mannung (45 Mann) und einer an Bord befindlichen, aus 6 Képfen bestehenden, heimgesendeten
Auswandererfamilie aus Avio, Bezirk Rovereto, Tirol, Santos verlassen; am folgenden Tage
nahm derselbe in Rio de Janeiro (wegen des mittlerweile constatirten Ausbruches der Pest in
Santos in sospesa pratica) Ladung, sowie Kohlen, Proviant und Trinkwasser ein und setzte
hierauf seine Reise fort. Nach zwölftägiger Fahrt (am 31. October) erkrankten der Steuer-
mann Orevich und der Schiffsjunge Duda unter pestverdächtigen Symptomen; am 4. November
folgte ein dritter Fall, welcher die zehnjährige Tochter der an Bord befindlichen Auswanderer-
familie betraf. Orevich starb am 4., die beiden anderen Kranken am 8. November. Indessen
traf das Schiff vor S. Vincenti ein (6. November), wurde aber wegen der an Bord befindlichen
Pestfälle’nach La Praja zurückgewiesen, wo es bis zum 15. November verblieb. Am 9. November
erkrankte ein vierter Schiffsinsasse, der Kellner Marich, unter den gleichen Erscheinungen und
starb am 17. desselben Monates. Das Schiff setzte die Fahrt von La Praja am 15. November
fort und nahm nur noch in Gibraltar (am 23.) und in Genua (am 30. November) Aufenthalt, wo-
selbst unter den strengsten Vorsichtsmassregeln Kohle etc. eingenommen wurde.
Sofort nach dem Auftreten der ersten Erkrankungen wurden unter Leitung des Bordarztes
Dr. Ditrich die energischesten Vorsichtsmassnahmen eingeleitet.
Seit der Ankunft des Schiffes im Scelazarethe ist der Gesundheitszustand der Bemannung
wie auch jener der Auswandererfamilie andauernd ein vollkommen befriedigender.
Neuer Säuerling. Der Gemeinde Klösterle wurde mit dem Erlasse der k. k. Statt-
halterei in Böhmen vom 22. November l. J., Z. 187778, die Bewilligung zum Verkaufe und
zur Versendung des städtischen Säuerlings daselbst als Tafelwasser und heilkräftiges Mineral-
wasser ertheilt.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 26. November bis 2. December 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Dichtenitz 7;
in Galizien in der Stadt Krakau 1, ferner in den politischen Bezirken: Husia-
tyn: Husiatyn 1; Kosow: Bialoberezka 14, Chorocowa 2, Hryniawa 7; Podgorze: Zakno-
wek 1; Stryj: Lawoczne 1.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 26. November
bis 2. December 1899:
in Galizien in den politischen Bezirken: Brzezany: Wymyslowka 8; Stryj:
Kalue 7 und Stynawa 2; Tarnopol: Dobowce ¢.
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Verlag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
Das österreichische Sanitätswesen.
Organ fair die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
E Dr. J DAIMER
Seotionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchhändier in Wien
lL. Rothenthurmetrasse 1S.
Erscheint jeden Donnerstag.
Pränumerationspreis bei directer Postzusendung ganzjährig fl. 6.—.
xt. Jahrgang. Wien, 21. December 1899. Mr. 51.
Inhalt. Verhandlungen des, k. k. Obersten Sanitiitsrathes, — Die Freibank im städtischen
Schlachthofe in Karlsbad. — Die Arzneitaxe für das Jahır 1900. — Sanitätsgesetze und Verordnungen:
Gesetz, wirksam für das Königreich Böhmen, betreffend die Ertheilung des Oeffentlichkeitsrechtes an
das Bezirkskrankenhaus in Hochstadt; Erlass der böhmischen Stattbalterei, betreffend Entnahme, Ver-
wahrung und Versendung von Wasserproben und von pathologischen Untersuchungsobjecten. — Mit-
theilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Vermischte Nachrichten.
Beilage: Aus dem Jahresberichte des Polizei-Chefarztes in Wien für das Jahr 1898.
Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitätsrathes,.
In der Sitzung des Obersten Sanitätsrathes vom 16. December |. J. reterirte
Sectionschef Dr. Ritter von Kusy über die sanitäre Behandlung des im
Seelazarethe zu S. Bartolomeo befindlichen Lloyddampfers »Berenice« und
die hiebei in sanitärer Hinsicht gemachten Wahrnehmungen.
Sodann gelangten nachstehende Referate zur Erledigung:
1. Gutachten über einen Recurs wegen Reinigung der Abwässer aus
einer Mineralöl-Raffinerie. (Referent: O. 5. R. Hofrath Prof. Dr. E. Ludwig.)
2. Gutachten über einen Recurs wegen Errichtung eines Kalkofens in
einer viel besuchten Sommerfrische des Salzkammergutes. (Reterent: O. S. R. Prof.
Dr. Kratschmer.)
3. Gutächtliche Aeusserung über die Zulässigkeit der Verwendung von Benzoe-
säure und Fluorverbindungen als Conservirungsmittel tiir Lebens-
und Genussmittel. (Referent: O. S. R. Prof. Max Gru ber.)
4. Begutachtung des Entwurfes der Verordnung einer politischen Landesbehörde,
betreffend die Verwendung finnigen Fleisches zum menschlichen Genusse
in gekochtem Zustande. (Referent: O. S. R. Prof. Dr. Polansky.)
5. Gutachten, betreffend die Unterstützung der von einem Vereine geplanten
und vom Priisidium der Jubiläums- W ohlfahrtsausstellung angeregten Errichtung cines
socialen Museums in Wien. (Referent: Sectionschef Dr. Ritter von Kus y
Namens des Special-Comitcs.)
Ferner wurde über Anlangen des Unterrichtsministeriums über die Entsendung
eines Mitgliedes des Obersten Sanitätsrathes in die vom genannten Ministerium ein-
zuberufende Commission für die Errichtung neuer klinischer Spitals-
bautenin Wien berathen, und O. S. R. Prof. Max Gruber mit der Vertretung
des Obersten Sanitätsrathes in dieser Commission betraut.
~
31
— 492 —
Schliesslich gelangte ein Initiativantrag des O. S. R. Hofrathes Prof. Dr.
Chrobak, betreffend die Förderung der fachmännischen gynäkolo-
gischen Behandlung, insbesondere in den Krankenanstalten Wiens durch V er-
mehrung der gynäkologischen Abtheilungen zur Berathung und Be-
schlussfassung.
Die Freibank im städtischen Schlachthofe in Karlsbad.
(Von Hans Messner, Stadtthierarzt in Karlsbad.)
Wer je die Fleischbeschau practisch ausgeübt hat, wird zugestehen müssen,
dass man hiebei sehr häufig Fleisch trifft, bei welchem eine vollständige Beschlagnahme
und Vernichtung ungerechtfertigt wäre und eine böswillige Schädigung des Eigen-
thümers bedeuten würde, dass aber anderseits ein vollständiges Freigeben eines solchen
Fleisches ebenso wenig gerechtfertigt und einer Schädigung des kaufenden Publicums
gleichzuachten wäre, da das letztere mit Recht verlangen kann, dass in den öffent-
lichen Fleischverkaufsläden zu den üblichen Preisen nur Fleisch von gesunden
Thieren verkauft werde. Vor diese unangenelime Alternative wird der Beschauer
regelmässig gestellt, wenn es sich um "Fleisch von solchen Thieren handelt.
welche nach der Schlachtung deutliche, manchmal sogar ziemlich ausgebreitete
pathologische Veränderungen aufweisen, von welchem man jedoch erfahrungsgemäss
weiss, dass es ohne Nachtheil für die menschliche Gesundheit genossen werden kann,
und zwar entweder schon im rohen oder erst im gekochten Zustande. Solches Fleisch
wurde schon von altersher als nicht bankmässig (bankwürdig) bezeichnet, und be-
standen in vielen Städten Deutschlands bereits im XIH. Jahrhundert eigene Vor-
schriften für den Verkauf dieser Waare. Ostertag schreibt hierüber in seinem
»Handbuch der Fleischbeschaue: »Die Freibank und der Declarationszwang für
mangelhaftes Fleisch sind alte deutsche Einrichtungen, deren Unentbehrlichkeit sich
schon bei der empirischen Regelung der Fleischbeschau herausstellte. Das Augsburger
Stadtrecht (1276) schreibt bereits vor: „Swelch Fleisch manger ein varch sleht, das
phinnik ist, das soll er niemen gäben wande mit wizzen.“ Solches Fleisch durtte.
sofern dessen Verkauf überhaupt gestattet war, nicht auf den gewöhnlichen Fleisch-
bänken verkauft werden, sondern der Verkauf musste auf einer, von den gewöhhn-
lichen entfernt, mitlin freistehenden Bank geschehen.
Die Freibänke hiessen zum Theile auch »Finnenbänke«, weil sie vornehmlich
dem Verkaufe finnigen Fleisches dienten. Für eine derartige »pfinnbank« schre:bt
das Stadtrecht von Wimpfen (1404) vor, dass dieselbe drei Schritte von den gewöhn-
lichen Fleischbänken entfernt aufgestellt werden müsse. Die Ansicht, dass Freibänke
früher nur in Süddeutschland bestanden hätten, ist unzutreilend; denn nach dem
Hamburger Schlächterstatute (1375) musste finniges »Fleisch in einer besonderen Bude
auf einem weissen Lacken verkauft werden, desgleichen ın Lübeck und Stade.«
In den Wirren des 30jährigen Krieges kamen, wie so vieles Andere, auch diese
Vorsehriften ausser Gebrauch, und erst in den letzten Jahrzehnten erstanden die
Freibiinke in Deutschland, wenn auch in modifieirter und den heutigen wissenschaft-
lichen Grundsätzen angepasster Form aufs neue.
Als ich im Jahre 1892 im Auftrage der Stadtgemeinde Karlsbad eine längere
Studienreise nach Deutschland internal, um die neuen Schlachthofbauten eingehend
kennen zu lernen. bot sich mir auch reichlich Gelegenheit, das Institut der Freibauk
an verschiedenen Orten näher zu studiren, und ver: Säite mich die hiebei gewonnene
Einsicht, dem Stadtrathe ın Karlsbad die Errichtung einer Freibank im neuen
städtischen Schlachthofe in Vorschlag zu bringen, weleher Antrag auch angenommen
wurde und noch im selben Jahre zur Errichtune der Freibank führte, Karlsbad dürfte
f — 493 —
demnach die erste Freibank in Oesterreich errichtet haben und obwohl sich dem
Unternehmen anfangs weder die Fleischer noch das Publicum besonders freundlich
gegenüberstellten, gewöhnten sich beide in überaus kurzer Zeit daran, und schon nach
einem Jahre konnte man sagen, dass die Nothwendigkeit und Nützlichkeit dieser
Einrichtung von allen Seiten anerkannt werde. Die von mancher Seite beliebte An-
feindung der Freibank mit der Motivirung, das hiedurch das minderwerthige
Fleisch den ärmeren Bevölkerungsschichten förmlich aufgedrungen werde, erscheint
wohl hinfällig, wenn man bedenkt, dass Niemand zum Kaufe auf der Freibank
gezwungen wird.
Bevor ich mich mit der näheren Beschreibung der hiesigen Freibank befasse, möchte
ich noch ausdrücklich hervorheben, dass Sich die Errichtung einer solchen nur
in kleineren und mittleren Städten empfiehlt, woselbst man den Verkauf entsprechend
überwachen kann; für grosse Städte ist es angezeigter, das gesammte minderwerthige
Fleisch nur in gekochtem Zustande unter Declaration verkaufen zu lassen.
Da der Schlachthof in Karlsbad nicht besonders weit entfernt von der
Stadt ist, so wurde die Verkaufsstelle der Freibank daselbst errichtet, und zwar
in der Nähe des Einganges, damit die Käufer mit dem übrigen Theil der Anlage so
wenig als möglich in Berührung kommen. Bei entfernter liegenden Schlachthäusern
dürfte es angezeigter sein, das Verkaufslocal in der Stadt selbst einzurichten.
Die Freibank ist ähnlich einem Fleischerladen ausgestattet. enthält also Pult,
Wage, Hackstock, Aufhängevorrichtung für das Fleisch etc.
Den Verkauf besorgt über Wunsch des Eigenthümers ein eigener Freibank-
schlächter, welcher an einen festen Tarif für seine "Entlohnung gebunden ist.
Die Autbewahrung des der Freibank überwiesenen Fleisches geschieht in einer
eigenen Zelle des Kühlraumes unter Verschluss der Schlachthofverwaltung.
Die Art und Weise des Betriebes der Freibank ist aus der am Schlusse an-
geführten Freibankordnung zu ersehen. Nicht alles Fleisch kommt roh zum Ver:
kaufe, und kann man in dieser Beziehung von drei Classen sprechen.
1. Fleisch, welches gleich nach der Beanständung in rohem Zustande verkauft
werden kann, (z. B. von Ebern, scehlechtgenährten Thieren, bei gewissen Graden
von Cholämie, ausgebreiteter localer Tuberculose, von einzelnen Nothschlachtungen etc.).
2. Fleisch, welches erst nach längerer Aufbewahrung im Kühlraume in rohem
Zustande verkauft werden darf (z. B. von schwachtfinnigen Rindern nach 21 Tagen,
nach welcher Zeit erwiesenermassen die Rinderfinnen [Cysticercus inermis] im Fleische
abgestorben, also für den Menschen unschädlich sind).
3. Fleisch, welches erst nach entsprechender Behandlung im Dampfkochapparate
seine gesundheitsschädlichen Eigenschaften verliert und dann verkauft werden darf
(z. B. von schwachfinnigen Schweinen, bei gewissen Tuberculoseformen etc.).
Den hiezu verwendeten Henneberg’schen Fleischdämpfapparat habe ich in meinem
Artikel: »Der Fleischconsum in Karlsbad und seine sanititspolizeiliche Ueberwachung «
(Beilage zu Nr. 17 d. Bl.) näher beschrieben, und erübrigt nur zu erwähnen, dass die zu
dämpfenden Fleischstücke nicht zu gross sein dürfen (höchstens 3—5 Kgr., um die
entsprechend hohe Temperatur im Innern derselben zu erzielen, welche zur Tödtung
der Parasiten oder der Bacterien nothwendig ist und dass dem rohen Fleische die
nöthige Menge Salz zugesetzt wird, um dasselbe schmackhaft zu machen.
Was den Absatz des Fleisches auf der Freibank anbelangt, ist so derselbe bei allen
Arten rohen Fieisches, ferner bei gekochtem Schweine- und Selchfleisch ein sehr rascher.
Gekochtes Rindfleisch wird weniger gern gekauft, und muss sich daran das Publicum erst
gewöhnen. In Spandau, erinnere ich mich, haben due Leute schon am Schlachthofe
auf die Beendigung des Kochprocesses gewartet. und fand nicht nur das Fleisch
schnell Abnabme, auch die Suppe wurde gerne gekauft. Für letztere haben wir in
Karlsbad noch keine Abnehmer gefunden. und wird dieselbe über Anregung des
derzeitigen Bürgermeisters Ilerrn Ludwig Schäffler langsam eingedämpft bis nur
al”
— 494 —
ein dicker Extract zurtickbleibt, welcher in luftdichtverschlossenen Gläsern aufbewahrt
wird und in der Volkskiiche nach Bedarf Verwendnng findet. Die hieraus hergestellte
Suppe ist sehr gut.
Der Gewichtsverlust, den das Fleisch durch das Behandeln im Dampfkoch-
apparate erleidet, schwankt nach den hiesigen Beobachtungen zwischen 30—40Percent.
Die Dauer des Kochprocesses im Henneberg’schen Fleischdämpfer hängt von der
Grösse der eingelegten Stücke ab, gewöhnlich genügen 2'/, Stunden. Die Fleischpreise
auf der Freibank variiren selbstverständlich je nach dem Nährzustande und der Aus-
breitung der Krankheit des Tbieres, von welchem das Fleisch stammt: Nachstehend
eine Uebersicht der erzielten Preise:
Rohes Rindfleisch . . . . . . perl Kilogramm 44—60 kr.
> Kalbfleisch . . e > 1 > 40—58 >
» Schaf- und Ziegenfleisch . a “a 1 > 28—54 »
> Schweinefleisch . . . . . » 1 » 54—62 »
Gekochtes Rindfleisch . . . . . >» 1 » 25 >
> Schweinefleisch . . > 1] » 40—50 »
> Selchfleisch und Seiruken » 1 > 50—80 »
Wenn auch in anderen Stidten so hohe Preise nicht immer erreicht werden
diirften, wird doch stets der Eigenthiimer des Fleisches durch die Freibank in die
Lage versetzt, beim Verkaufe desselben in rohem Zustande 60 Percent und manchmal
auch mehr, in gekochtem Zustande entsprechend weniger, vom Erstehungspreise zu
retten, ohne den Consumenten hiebei zu schädigen; die Freibank muss infolge dessen
als ein nationalökonomisch wichtiges Institut bezeichnet werden, welches derzeit ohne
irgendwie die menschliche Gesundheit zu gefährden, die Verwerthung von Fleisch
ermöglicht, welches in früherer Zeit entweder der Vernichtung anheimfiel oder wider-
rechtlicher Weise als vollkommen gesundes Fleisch verkauft wurde.
Den beiden Hauptmomenten, auf welche bei der Verwerthung minderwerthigen
Fleisches Rücksicht genommen werden muss, nämlich der strengen Ueberwachung des
Verkaufes und der Declaration des Fleisches, d. h. der öffentlichen Bekanntgabe der
Ursache der Beanständung an den Käufer, wird durch die heutige Ausbildung des
Freibankwesens voll und ganz Rechnung getragen.
Aus diesen Gründen kann die Errichtung von Freibänken gewiss nur anem-
pfohlen werden, und gleichwie in Deutschland sieh die Zahl derselben von Jahr zu Jahr
bedeutend vermehrt, hat diese Institution auch in Oesterreich bereits Eingang gefunden,
indem ausser Karlsbad auch schon mehrere andere Städte Freibänke eröffneten. Für
grosse Städte empfiehlt es sich jedoch, wie bereits gesagt, und wie auch Ostertag
in seinem schon früher citirten Ilandbuche der Fleischbeschau angibt, an Stelle der
Freibank eine freibankähnliche Einrichtung, wie sie in Berlin besteht, zu schaffen,
woselbst das ganze nicht bankwürdige Fleisch nur in gekochtem Zustande abge-
geben wird.
Zum Schlusse lasse ich den Wortlaut der für Karlsbad giltigen Freibankordnung
folgen
Freibankordnung.
S 1. Auf dem stiidtischen Schlachthofe wird eine Verkaufsstelle für minderwerthiges
Fieisch errichtet. Dieselbe steht unter Aufsicht des städtischen Thierarztes, und darf daselbst
nur minderwerthiges Fleisch feilgeboten und verkauft werden.
$ 2. Der Verkauf des Fleisches fiadet unter polizeilicher Controle zu den vom Stadtrathe
bestimmten Stunden durch den Eigenthümer des Fleisches oder einen Bevollmächtigten desselben
statt. Fleisch, welches bis zum Schlusse der Verkaufszeit nicht verkauft ist, bleibt unter Ver-
schluss der Schlachthofverwaltung. Vor dem Verkaufe am nächsten Tage ist dasselbe einer
neuerlichen Beschan durch den städtischen Thierarzt zu unterziehen. Täglich hat der Eigen-
thümer für gründliche Reinigung zu sorgen.
oar iy
— 495 —
§ 3. Das auf der Freibank zum Verkaufe gelangende Fleisch darf nicht in kleineren
Mengen als 250 Gramm und nicht in grösseren Mengen als 3 Kilogramm an einzelne Käufer
abgegeben werden. Zum Wiederverkaufe darf Fleisch aus der Freibank nicht bezogen werden.
An Personen, welche aus dem Verkaufe von Fleisch ein Gewerbe machen, als: Fleischer, Selcher,
Gastwirthe etc. darf Fleisch aus der Freibank überliaupt nicht, weder gegen, noch ohne Ent-
gelt abgegeben werden.
S 4. Den Preis des Fleisches bestimmt der Eigenthümer oder dessen Bevollmächtigter im
Einvernehmen mit dem städtischen Thierarzte und einem hiezu designirten Mitgliede der Fleischer-
innung. Derselbe muss stets niedriger als der Wochenpreis der betreffenden Fleischgattung in
Karlsbad sein. Dieser Preis, sowie die Ursache, wegen welcher das Fleisch auf die Freibank
verwiesen wurde, ferner das Geschlecht und die Gattung des Thieres, von welchem dasselbe
stammt, müssen an einer für den Käufer leicht sichtbaren Stelle, auf einer Tafel deutlich im
Verkaufslocale bekannt gegeben sein.
S 5. Die Entscheidung, ob das Fleisch als minderwerthig zum Verkaufe auf die Freibank
zu verweisen ist, erfolgt durch den als Vieh- und Fleischbeschauer fungirenden städtischen
Thierarzt und auf Verlangen der Partei endgiltig durch den k. k. Bezirksthierarzt. Die Kosten
der Untersuchung durch letzteren hat die Partei zu tragen.
S$ 6. Unter dem Ausdrucke „minderwerthiges Fleisch“ versteht man solches Fleisch und
solche Eingeweide, welche, gleichgiltig ob von aussen eingeführt oder von am städtischen
Schlachthofe geschlachteten Thieren stammend, bei der thierärztlichen Untersuchung mit solchen
Veränderungen behaftet befunden wurden, dass das Fleisch zwar nicht gesundheitsschädlich ist,
jedoch als nicht bankmässig, d. i. der Qualität des in den öffentlichen Verkaufsstellen in Karls-
bad feilgebotenen Fleisches nicht gleichkommend, bezeichnet werden muss.
S 7. Solches Fleisch ist als minderwerthig mit einem rothen dreieckigen Stempel mit der
Aufschrift „Untersucht, Freibank Karlsbad“ zu stempeln,
S 8. Als nieht bankmässiges Fleisch wird insbesondere anzusehen sein, beziehungsweise
nach stattgefundener Untersuchung zum Verkaufe auf die Freibank überwiesen werden:
I. Fleisch von gesunden Thieren:
a) wenn dieselben zu alt und in Folge dessen stark abzemagert sind;
b) Fleisch, welches einen unangenehmen Geruch, oder eine auffallende Farbe angenommen
hat, ohne dabei gesundheitsschädlich zu sein, wie z. B. das Fleisch von alten Ebern oder
Ziegenbúcken.
II. Fleisch von kranken Thieren:
a) welche mit ausgebreiteter localer Tuberculose behaftet sind;
L) welche an Lungenseuche gelitten haben, mit Ausnahme der Lungen. (Seuchengesetz
vom 29. Februar 1850, $ 28);
c) welche nothgeschlachtet wurden wegen von Trommelsucht, Schlundverstopfung, Ver-
letzungen und anderer örtlicher Krankheiten, wenn die Nothschlachtung spätestens 12 Stunden
nach Beginn des Leidens erfolgte;
d) welche nothzeschlachtet wurden in Folge von Geburtshindernissen, wenn ausser dem
Fleische sämmtliche Eingeweide des betreffenden Thieres, inclusive des Uterus zur Untersuchung
gelangen, und dureh dieselbe die Unschädlichkeit des Fleisches für den menschlichen Genuss
ganz bestimmt nachgewiesen werden kann.
S 9. Die Bekanntgabe, dass auf der Freibank im städtischen Schlachthofe Fleisch zum
Verkaufe feilgeboten wird, erfolgt in jedem Falle durch Anschlagen von Plakaten in den ein-
zelnen Stadttheilen.
S 10. Uebertretungen dieser Vorschriften werden in der gleichen Weise wie Uebertretungen
der Schlachthaus-, Vieh- und Fleischbeschauordnung bestraft.
S 11. Diese Vorschriften treten mit dem Tage der Eröffnung der Freibank am städtischen
Schlachthofe in Kraft.
Die Arzneitaxe für das Jahr 1900.
Im Reichsgesetzblatte. Stück XCIN, Nr. 241, und in der Wiener Zeitung vom
12. December 1. J., Nr. 293, wurde die Verordnung vom 5. December d. J., mit
welcher die Arzneitaxe für das Jahr 1900 herausgegeben wurde,*) verlautbart.
*) Siehe S. 481 d. BI.
— 496 —
Wir machen im Nachstehenden auf die verbessernden Aenderungen in der
neuen Arzneitaxe aufmerksam, welche in Berticksichtigung der sowohl von Seite
vieler Krankencassen als auch von Seite vieler Apothekervertretungen vorgebrachten
berechtigten Wünsche platzgegriffen haben.
Noch vor Beginn der eigentlichen Berathungen über die Arzneitaxe fiir das Jahr 1900 im
pharmaceutischen Comité des Obersten Sanitátsrathes fanden im k. k. Ministerium des Innern
unter dem Vorsitze des Sanitätsreferenten k. k. Sectionschefs Dr. E. R. v. Kusy informative
Besprechungen mit sanitären Vertretern staatlicher Fonde und Retaxatoren mehrerer Kranken-
cassen statt. Die bei diesem Anlasse bekannt gewordenen mannigfachen Wünsche und An-
regungen boten für die nachfolgenden Berathungen über die Feststellung der Arzneitaxe
pro 1900 ein sehr schätzenswertbes Materiale. Ausserdem lagen der Arzneitaxcommission Ein-
gaben aus Apothekerkreisen aus Stadt und Land vor. Alle diese Wünsche wurden vom phar-
maceutischen Comité, einer eingehenden Prüfung unterzogen, und ist ein grosser Theil derselben
bereits in der neuen Arzneitaxe der Verwirklichung zugeführt.
Die Taxverordnung wurde gegenüber dem Vorjahre in nachstehenden Punkten ab-
geändert:
Im $ 7 wurden die Bestimmungen über die Anfertigung von Receptcopien für öffentliche
Fonde und Kraukencassen genauer präeisirt.
Der letzte Absatz im § 10, welcher die Berechnung alkoholhältiger Arzneimittel nach
der Taxe für die mit abgabetreiem Spiritus bereiteten Heilmittel für Verschreibungen auf Grund
der Ordinationsnorm anordnet, entfällt nunmehr, nachdem seit 1. September 1899 Spiritus für
Heilzwecke nicht mehr steuerfrei bezogen werden kann.
Nachdem erhoben wurde, dass in manchen Kronländern, beziehungsweise Städten die
Apotheker beim Bezuge von Alkohol ausser der staatlichen Branntweinsteuer noch einen be-
deutenden Landes- oder Communalzuschlag für Spiritus zu entrichten haben, die Taxpreise für
Spiritus und die mit Alkohol bereiteten Heilmittel jedoch auf Grund der Wiener Einkautspreise
in die Taxe eingestellt sind, wurden die politischen Landesbehörden ermächtigt, denjenigen
Apothekern, welche eine den Betrag von 20 Hellern pro Liter überschreitende Consumabgabe
zu leisten haben, auf deren Verlangen zu gestatten, einen Zuschlag zu den in einem Verzeich-
nisse der Taxe aufgezählten spiritushältigen Arzneimitteln anrechnen zu dürfen, welcher Zu-
schlag beim Preisansatze fiir 10 Gr. einen Heller, beim Ansatze für 100 Gr. 8 Heller beträgt.
Die mit der Verordnung des Ministeriums des Innern vom 1. April 1399, R. G. Bl. Nr. 63,
den Apothekern bei der Taxirung von Recepten für die nach dem Krankenversicherungsgesetze
vom 30. März 1888, R. G. BI. Nr. 33, eingerichteten Krankeneassen aufgetragene Berechnung
des kleinsten Preisansatzes mit 2 Hellern, sowie die in der Ordinationsnorm vom 17. März 1891,
R. G. Bl. Nr. 45, vorgesehenen Vereinfachungen und Ermässigungen der Arzneiberechnung
wurde nunmehr auf die Arzneiabgabe für alle unter Staatsaufsicht stehenden Fonde oder Cassen
erweitert.
Der mit der eben citirten Ministerialverordnung für die erwähnten Kıankencassen gleich-
zeitig normirte Nachlass von mindestens 10 Percent von der Taxe für Recepturarbeiten ist
nunmehr mit mindestens 5 Percent von dem Gesammttaxbetrage angeordnet worden. Die
Gewährung höherer oder anderweitiger Taxnachlässe bleibt auch weiterhin der Vereinbarung
der Krankencassen mit den Apothekern überlassen. Die politischen Landesbehörden sind überdies
ermächtigt, einen Nachlass bis zu 15 Percent von dem Gesammttaxbetrage vorzuschreiben.
Die Bestimmung im 1. Absatze des S 14 wurde dahin ergänzt, dass die Ersichtlichmachung
des etwa verbrauchten indifferenten Zusatzes bei der Bereitung einer Arznei auf dem Recepte
vom Expedienten zu geschehen hat.
Die im $ 15 der vorjährigen Taxverordnung im 2. Absatze zugelassene Auf- oder Ab-
rundunz des Taxbetrages auf eine gerade Hellerzahl hat, da vom 1. Jänner 1900 angefangen
die Rechnung nach der Kronenwährung allgemein eingeführt sein wird, zu entfallen.
Als eine vom hygienischen Standpunkte begründete Neuerung ist die zum § 4 der Tax-
verordnung neu aufgenommene Bestimmung hervorzuheben, dass in den Apotheken bei der
Dispensation von abgetheilten Pulvern das Einblasen in dio Pulverkapseln zu vermeiden ist.
Bei den Preisansiitzen der Arzneitaxe wurden fiir das Jahr 1900 auf Grund der
geänderten Einkaufspreise bei 15 Artikeln billigere und bei 42 Artikeln höhere Taxpreise ein-
gestellt. Zwei Artikel (Bismuthum subnitricum und Zincum oxydatum) erfuhren eine bedeutende
Preisherabsetzung dadurch, dass dieselben als fertige Handelswaare und nicht als ein im
Apothekenlaboratorium hergestelltes Präparat berechnetwurden. Bei Aqua destillata ist ein Preis
— 497 —
fir 1000 Gramm neu eingestellt. Bei den Artikeln: Atropinnm sulfuricum, Emplastrum adhaesivum,
Emplastrum Hydrargyi extensum, Emplastrum saponatum extensum, Infusum Sennae cum manna,
Kalium hypermanganicum, Linimentum saponato-camphoratum, Natrium salicylicum, Oleum Olivae,
Oleum Pini Pumilionis, Radix Rhei pulv., Spiritus camphoratus, Spiritus saponatus, Spiritus
saponis kalinus, Unguentum Diachylon, Vinum Chinae, Vinum malagense wurden den Wünschen
der Vertreter der Krancenkassen entsprechend grössere Gewichtsmengen in die Taxe eingestellt.
In der Taxe für die Recepturarbeiten wurden nur geringfügige Abänderungen ge-
troffen. Im § 10 (Anmerkung) wurde durch Weglassung des Punktes 35 (bei der Aufzählung
der Ausnahmen für die Aufrechnung des Betrages von 10 Hellern für die Dispensation) den
Apothekern zugestanden, bei Verabfolgung getheilter Pulver in Oblatenkapseln auch die Dis-
pensationsgebühr barechnen zu dürfen. Hiedurch wurde für diese immerhin zeitraubendere Arbeit
gegenüber der Dispensation getheilter Pulver in Papierkapseln eine Entschädigung geboten, nach-
dem bisher bis zur Anzahl von 10 Pulvern der Taxansatz für beide Arbeiten der gleiche war.
Im Punkte 36 wurde für die Verabreichung von Arzneistoffen in Gelatine- oder Deckel-
kapseln die Menge, bis zu welcher der Ansatz von 5 Hellern per Stück zu rechnen gestattet
ist, auf 20 Dosen (gegen bisher 30) Dosen) herabgesetzt, und hiedurch eine Verbilligerung dieser
Recepturarbeit erreicht.
In der Taxe für Gefässe, sowie in der Taxe für Verbandartikel wurden die pro
1599 eingestellten Preise unverändert beibehalten; blos im letzten Absatze der Anmerkung
bei der Gefässtaxe wurde die mit der Ministerialverordnung vom 1. April 1899, Punkt 1,
Absatz 2, festgesetzte Ausnahme bei der Berechnung von zurückgebrachten Gofässen auf Rech-
nung öffentlicher Fonde oder Krankencassen ersichtlich gemacht. Die Preise für Calicobinden
in der Taxe für Verbandartikel wurden dahin ergänzt, dass auch solche für 14 Cm. breite
Binden eingestellt wurden. Die Preise der Gefässe und der Verbandartikel wurden soweit als
möglich in einer schematischen, übersichtlicheren Weise dargestellt.
Durch die im Vorstehenden angegebenen Neuerungen in der Arzneitaxe für das Jahr 1900
dürfte bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Arzneitaxe für alle im Reichsrathe ver-
tretenen Königreiche und Länder Geltung hat, sowohl den Ansprüchen des arzneiconsumirenden
Publicums, insbesondere der Krankencassen, als auch den gerechtfertigten Anforderungen des
Apothekerstandes soweit als möglich entsprochen sein.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Gesetz vom 15. November 1899, ' einerseits und von pathologischen Producten
wirksam für das Königreich Böhmen, und Präparaten anderseits behufs fachmännischer
betreffend die Ertheilung des Oeffentlich- Untersuchung bei dem k. k. Landessanitätsrathe
keitsrechtes an das Bezirkskrankenhaus in
Hochstadt.
Ueber Antrag des Landtages Meines König-
haben sich zahlreiche, zum Theil den Zweck
der Untersuchung wesentlich beeinträchtigende
reiches Böhmen finde ich anzuordnen, wie folgt: Slanzei und Gebrechen ergeben:
S 1. Der Bezirkskrankenanstalt Hochstadt _ Die Statthalterei sieht sich hiedurch ver-
wird im Sinne des Landesgesetzes vom . aulasst, die beigeschlossenen Instructionen für
5. März 1888, L. G. Bl. Nr. 19, das Oeffent- die Entnahme, Verwahrung und Versendung
- lichkeitsrecht verliehen. _ derartiger Objecte zu erlassen.
S 2. Mein Minister des Innern wird mit Hievon werden der Herr k. k. Bezirks-
e e $ o e 1 e : J
dem Vollzuge dieses: Gesetzos beauttragt hauptmann zur genauen Darnachachtung mit
ODE NED: Ie Gier H dem Beifügen in Kenntniss gesetzt, dass jeder
Erlass der k. k. Statthalterei ın politischen Behörde I. Instanz je fünf Stück
Böhmen vom 30. Juni 1898, Z. 55753, Flügge’sche Fläschchen, ferner zwei Eprouvetten
an die unterstehenden Bezirkshauptmannschaften | mit je sechs sterilisirten und zugeschmolzenen
betreffend Entnahme, Verwahrung und Ver- : Capillarien, endlich zwei Eprouvetten nach
sendung von Wasserproben und von patholo- | Swob-System zukommen werden
gischen Untersuchungsobjecten.
Bei der Entnahme und Einsendung von
Im Falle der Verwendung eines dieser
verdächtigen Gebrauchs- und Trinkwässern , Gegenstände ist stets der Ersatz desselben bei
— 498 —
der k. k. Statthaltorei-Hilfsiimterdirection zu |
beanspruchen.
A. Instruction,
betreffend den bei
wahrung und Versendung von Wasser.
der Entnahme, Ver-
proben, welche im Sinne des Circular-
erlasses vom 2, Juni 1891, Nr. 47378, der
Untersuchung
k. k.
werden sollen, einzuhaltenden Vorgang.
durch Fachminner des
Landessanitätsrathes zugeführt
I. Wasserproben für die chemische Unter-
suchung.
a‘ Zur Aufnahme von Wasserproben, von
welchen mindestens eine (Juantität von zwei
Litern einzusenden ist, sind vorher sorgfältig
gereinigte Flaschen aus weissem Glase zu ver-
wenden, welche entweder mit gut eingeschliftenen
(slasstöpseln versehen oder, falls solebe nicht
zur Verfügung stehen sollten, mit vorher nicht
gebrauchten Gummistöpseln oder Korkstöpseln
zu verschliessen sind. Etwa zu verwendende
Korkstöpsel sind vor ihrer Verwendung stets
mit reinem Wasser auszukochen.
b) Bei der
sind die Flaschen
sntnahme der Wasserproben
zunächst zwei bis dreimal
mit dem zu entnehmenden Wasser auszuspülen
und sodann erst zu füllen.
Die Füllung selbst hat in der Weise zu
erfolgen, dass, wenn es sich um Wasser aus
einem Pumpenbrunnen oder einem Wasser-
auslaufe handelt, das Wasser direct, ohne Ver-
mittlung eines Füllgefässes in die Flaschen auf-
gefangen wird, wobei es sich empfiehlt, bei
Pumpenbrunnen die Pumpe zunächst einige
Minuten (3—5 Minuten) in Betrieb zu halten
und sodann erst zur Entnahme des Wassers zu
schreiten. Bei Entnahme von Wasserproben aus
Bassins, Brunnenschiichten oder aus Gerinnen,
ist die Füllung der Flaschen womouglich immer
dureh Untertauchen unter den Wasserspiegel
vorzunehmen, wobei es sich empfiehlt die
Mündung des Flaschenhalses einige Centimeter
unter der Wasseroberfläche zu halten, damit
die auf der Obertläche des Wasser schwimmenden
auf-
Verunreinigungen nicht in die Flasche
genommen werden.
l
|
|
Sollte eine Entnahme von Wasser durch
Untertauchen der Flaschen gegebenen Falles.
wie bei tiefen Brunnenschachten (Ziehbiunnen }
oder sehr seichten Bassins oder Gerinnen nicht
möglich sein, so ist zur Füllung der Flaschen
ein vollkommen reines, vorher wiederholt mit
dem zu entnehmenden Wasser ausgespültes
Gefäss (Trinkglas oder ein reiner Krug, eventuell
ein reiner Topf) zu verwenden, eventuell bei
Ziehbrunnen die Füllung durch Untertauchen
der Flasche in den frisch gefüllten Förderungs-
kübel vorzunehmen.
e) Die in solcher Weise gefüllten Flaschen
sind niemals bis an den Hals zu füllen, viel-
mehr hat stets die Füllung nur soweit zu er-
folgen, dass ein nıindestens 10 Cubikcentimetern
entsprechendes Luftquantum in der Flasche
verbleibt.
Sydann ist die Flasche mit dem zugehörigen
Glasstöpsel, beziehungsweise dem Gummipfropfen
oder Korkpfropfen, welche vor dem Aufsetzen
dem zu eutnehmenden
auf die Flasche mit
Wasser sorgfältig abgespült werden müssen,
zu verschliessen und über den Pfropfen-
verschluss ein Verband aus Pergamentpapier
anzulegen.
d) Die in solcher Art verwahrten Wasser-
proben sind sodann mit ciner die Provemenz
der Probe enthaltenden Bezeichnung (auf einer
Klebe- oder Hinge-Signatur) zu versehen, die
Flaschen sodann mit einer Umhüllung von
reinem Papier zu umkleiden und in eine Trans-
portkiste mittelst Holzwolle, reiner Sägespäne,
Heu oder Stroh, zu verpacken.
e) Ueber aie vorgenommene Probeentnahme
ist ein Protokoll aufzunehmen, in welchem der
bei der Probeentnahme eingebaltene Vorgang
zu beschreiben und weiters die näheren Ver-
hältnisse des Brunnens, der Quelle, beziehungs-
weise des Wasserbagsins oder des Gerinnes, im
Sinne des in Nr. 45 der Zeitschrift „Oester-
1593“
Fragepunkte, anzugeben sind.
reichische Sanitätswesen angeführten
f) Die entnommene und gehörig verpackte
Wasserprobe ist unter thunlichster Vermeidung
jeglichen Verzugs direet an eines der zur Vor-
nahme derartiger Untersuchungen autorisirten
Institute, welche im Anhanre namentlich auf-
gezählt sind, franco zu senden, und dem be-
—— = sch
499
treffenden Institute gleichzeitig das Entnahms- | nahme von Proben für die chemische Unter-
protokoll mit dem Auftrage zur Vornahme der
Untersuchung unter Angabe des Zweckes der-
selben einzusenden.
Anderseits ist der Statthalterei ein Bericht
über die erfolgte Einsendung des Untersuchungs-
objectes unter Beischluss der sonstigen Bezugs-
acten zuzumitteln.
II. Wasserproben fiir bacteriologische Unter-
suchung.
a) Zur Entnahme von Wasserproben fiir
Zwecke der bacteriologischen Untersuchung sind
in der Regel die von Fliigge empfohlenen
sterilisirten luftleeren Füllgefässe (Füllröhren)
von 50—100 Cubikeentimetern Inhalt zu ver-
wenden.
b) Die Aufnahme der Wasserprobe in
solche Gefässe hat so zu erfolgen, dass das
Flügge'sche Füllgefäss mit seiner Spitze in den
Wasserstrahl des Pumpenbrunnens
Wasserauslaufes eingeführt, beziehungsweise
bei Wasserbassins oder Gerinnen einige Centi-
meter unter die Wasseroberfläche eingeführt
und sodann mit einer reinen, vorher ausgeglühten
Pincette die zugeschmolzene Spitze abgebrochen
wird. Das Wasser tritt nun in Folge der im
Innern des sterilisirten Gefässes herrschenden
Luftleere rasch in das Röhrchen ein und füllt
dasselbe vollständig. Ist die Füllung vollzogen,
so wird die Oeffnung des Gefässes durch Ein-
führung der Spitze in eine Spiritusflamme sofort
zugeschmolzen, wobei lediglich die Vorsicht zu
gebrauchen ist, dass das Gefäss mit der Spitze
nach oben gehalten wird und in dieser Stellung
so lange belassen wird, bis die zugeschmolzene
Stelle wieder völlig kalt geworden ist.
c) Die in solcher Weise gefüllten und ver-
wahrten Wasserproben sind hierauf entsprechend
bezeichnet, in ein kleines Holzkistchen, sorg-
fältig in Baumwolle verpackt, einzuschliessen
und sofort franco an das zur Vornahme solcher
Untersuchungen autorisirte Institut einzusenden,
welchem zugleich der schriftliche Auftrag zur
Vornahme der Untersuchung unter Angabe des
Zweckes derselben zuzumitteln ist.
oder des
d) Ueber die vorgenommene Probeentnahme
und die Art derselben ist, falls dies nicht an-
lässlich einer gleichzeitig vorgenommenen Ent-
suchung geschehen sein sollte, ein Protokoll auf-
zunehmen, in welchem in gleicher Weise wie
sub I e) vorgeschrieben, die näheren Verhält-
nisse des Brunnens, der Quelle ete. anzuführen
sind, und ist dieses Protokoll dem Institute zu-
zusenden, an welches die Probe eingesendet
wurde. Ebenso ist der Statthalterei behufs Ver-
ständigung des Landessanitätsrathes, sofern dies
nicht schon anlässlich der gleichzeitigen Ent-
nahme von Wasserproben für die chemische
Untersuchung erfolgt ist, der Bericht über die
erfolgte Einsendung des Untersuchungsobjectes
unter Beischluss der Bezugsacten zu erstatten.
e) Bei der Entnahme von Wasserproben
aus Pumpentrunnen empfiehlt sich, die
Pumpe vor der Entnahme einige Minuten im
Betriebe zu baiten. Jedenfalls ist im Entnahms-
protokulle anzugeben, ob die Entnahme der
Probe aus den ersten Partien des geförderten
Wassers oder erst nach längerem Pumpenbetriebe
und nach welcher Dauer desselben erfolgt ist.
f) Die im Vorstehenden vorgeschriebene
Entnahme und Verwahrung, beziehungsweise
Zusendung von Wasserproben hat nur für den
Fall zu gelten, als es sich um eine Untersuchung
des Wassers auf specifische pathogene Keime
handelt. Handelt es sich um die Bestimmung
der Keimzahl in einem
Wasser, so kann eine solche Untersuchung mit
Proben, bei welchen zwischen dem Zeitpunkte
der Entnahme und der Einhändigung derselben
an den untersuchenden Fachmann ein selbst
es
zu untersuchenden
nur mehrstündiges Intervall verstrichen ist,
keine verlässlichen Resultate liefern, und ist
vielmehr in solchen Fällen die Berufung eines
mit der Vornahme derartiger Untersuchungen
vertrauten Fachmannes an Ort und Stelle un-
erlässlich.
B. Instruction,
betreffend den Vorgang bei Entnahme,
Verwahrung und Versendung von patho-
logischen Objecten, welche der Unter-
suchung durch Fachmänner des k. k.
Landessanitätsrathes zugeführt werden
sollen.
I. Proben von pathologischen Flüssigkeiten.
a) Die Entnahme pathologischer Flüssig-
wie
keiten von dünnflüssiger Beschaffenheit,
>
3)
Blut, Harn, gewisser Exsudate hat am besten
mittelst sterilisirter Glasscapillaren zu erfolgen,
in welche die Flüssigkeit einfach durch Capillar-
wirkung aufgenommen, eventuell (bei Capillaren
von stirkerem Lumen) angesogen wird.
Zu diesem Zwecke hat der Amtsarzt stets
eine Anzahl von in einer sterilisirten Eprou-
vette mit Baumwollpropfenverschluss verwahrten,
beiderseits zugeschmolzenen Capillarróhrchen
vorräthig zu halten, welche erst unmittelbar
vor der Probeentnahme aus ihrer Verwahrung
zu entnehmen sind.
b) Die Probeentnahme selbst ist so vor-
zunehmen, dass die zu füllende Capillare in
der Mitte angefasst, sodann durch Abbrechen
der zugeschmolzenen Spitzen mit einer vorher
ausgeglühten Pincette geöffnet und mit einem
der otfenen Enden zu entnehmende
Flüssigkeit eingetaucht wird. Sobald die Füllung
in dieser Weise vorgenommen wurde,
in die
werden
die beiden offenen Enden des Capillarrohres
durch Auftragen Menge ge-
schmolzenen Siegellackes verschlossen, und die
so verwahrte Probe zwischen zwei in die Eprou-
vette lose eingeführte Baumwollpfropfen in dieser
verwahrt; die Eprouvette wird mit dem zu-
gehörigen Baumwollpfropfen wieder geschlossen
und in ein passendes Holzkistehen, in Baumwolle
eingehüllt, verpackt, nachdem die Eprouvette
mit einer entsprechenden, den Inhalt derselben
einer kleinen
angebenden Signatur versehen wurde.
c) An Stelle der Aufnahme in Capillaren
können pathologische Flüssigkeiten, zumal wenn
grössere Mengen derselben zur Einsendung
kommen sollen, auch direct in sterilisirte Eprou-
vetten, welche erst unmittelbar vor der Füllung
geöffnet werden dürfen, aufgenommen werden,
zu welchem Zwecke man sich einer sterilisirten
Pipette bedient, an deren Saugende en Pfröpf-
chen von sterilisirter Baumwolle eingeführt ist.
Das Ansaugen der Flüssigkeit in die Pipette
kann entweder mit dem Munde oder mittelst
eines kleinen Kautschukballons mit Schlauch-
ansatz erfolgen.
Die mit der Pipette aufgenommene Flüssig-
keit wird direete in die Eprouveite entleert,
diese hierauf sofort mit dem zugehörigen
Baumwollptropfen geschlossen, dieser sodann
völlig in die Eprouvette kineingedrückt, nnd
00
- —— M
die
Siegellack dicht verschlossen.
Eprouvette endlich mit geschmulzenein
d) Consistentere pathologische Objecte, wie
Exsudate, Sputa, oder Dejecte
können entweder ebenfalls in Capillaren von
Erbrochenes
etwas grösserem Lumen aufgenommen und, wie
sub b) verwahrt
sendet, beziehungsweise in sterilisirte Eprou-
vetten, wie sub c) vorgeschrieben, aufgenommen
vorgeschrieben, und ver-
und in solchen verwahrt und versendet werden,
doch können zur Aufnahme und Verwahrung
solcher auch die nach dem Swob-System ad-
justirten Eprouvetten verwendet werden, be-
welchen die Aufnahme des Objeetes mittelst
eines am Ende eines in die Eprouvette hinein-
ragenden vernickelten Neusilber- oder Eisen-
drabtes befestigten Bauschens sterilisirter Baum-
wolle erfolgt, der mit dem anderen Ende in
dem den Verschluss der Eprouvette bildenden
Baumwollpfropfen fixirt ist. Zur Aufnahme des
Objectes wird einfach so vorgegangen, dass der
den Draht mit dem Baumwollbauschen tragende
Verschlusspfropfen unmittelbar vor der Probe-
entnahme aus der Eprouvette entnommen, der
Baumwollbausch am Drahtende mit dem aufzu-
nehmenden Materiale dureh direetes Eintauchen
oder Anreiben an demselben benetzt, beziehungs-
weise bedeckt wird, sodann sofort in die steri-
lisirte Eprouvette zurückgeführt wird, worauf
der Verschlusspfropfen möglichst tief in die
Mündung der Eprouvette gedrückt und diese
sodann mit geschmolzenem Siegellack hermetisch
verschlossen wird.
Derartig beschickte Eprouvetten sind in
gleicher Weise, wie oben sub b) vorgeschrieben
in passende Holzkistehen mit Baumwolle sorg-
fältig zu verpacken und selbstverständlich mit
entsprechenden Signaturen zu versehen.
II. Pathologische Organe oder Theile von
solchen.
a) Bei der Entnahme von solchen ist selbst-
verständlich die grösste Vorsicht in Bezug auf
die Sterilisirung der zur Entnahme derselben
dienenden Instrumente anzuwenden, und ins-
besondere bei der Abtrennung von Theilen (Ab-
schnitten) solcher Organe sich stets eines frisch
derselben
ausgeglühten Messers, zum Passen
einer frisch ausgeglühten Pincette zu bedienen.
Kleinere Stücke solcher Organe können in
entsprechenden sterilisirten Eprouvetten mit
Baumwollpfropfen und Siegellackverschluss ver-
wahrt und versendet werden, grüssere Stücke
dagegen oder ganze Organe sind in entsprechend
weissem
grossen, weithalsigen Flaschen aus
Glase aufzunehmen, welche vorher vollständig
gereinigt und wirksam sterilisirt worden sein
müssen.
Zur Sterilisirung solcher grösserer Glas-
flaschen empfiehlt es sich, dieselben nach er-
folgter gründlicher Reinigung in einem grösseren,
reinen Kochgefässe in destillirtem Wasser aus-
zukochen, indem man dieselben in das mit
destillirtem Wasser gefüllte Kochgefäss so ein-
legt, dass sie vollständig vom Wasser über-
deckt sind, und sodann das Kochgefäss auf
einem Ofen bis zum Eintritte des Siedens des
Wassers erhitzt und das Wasser etwa 10 Mi-
nuten in lebhaftem Sieden erhält. Sodann wird
das Gefäss vom Feuer genommen, de Glas-
flasche, mit Vermeidung jeglichen Anfassens
derselben am Halse, entleert und mit der Mün-
dung nach unten gekehrt gehalten und aus-
tropfen, beziehungsweise abtrocknen gelassen.
In die so vorbereitete weithalsige Glastlasche
ist, nachdem sie gleichzeitig etwas verkühlt ist,
der Organtheil einzulegen, und die Glasflasche
hierauf sofort zu verschliessen. Zum Verschlusse
hat entweder ein zu der Flasche passender
Glasstöpsel, der natürlich zugleich mit der
Flasche durch Auskochen mit Wasser sterilisirt
worden sein muss, oder in Ermanglung von
geeigneten Flaschen mit eingeschliffenem Glas-
stöpsel, eine doppelte Lage von reinem Perga-
mentpapier zu dienen, das vor seiner Verwen-
dung auf einige Minuten in siedendes destillirtes
Wasser eingetaucht wurde.
Bei Glasstöpselverschluss ist über den Glas-
stöpsel übrigens immer ebenfalls ein Pergament-
papierverband anzulegen.
b)
oder Theile derselben sind sodann entsprechend
In solcher Weise verwahrte Organe
signirt, in Holzwolle sorgfältig verpackt, in
passenden Kistchen zu verschliessen.
501
nn
Sollte, was namentlich bei Versendung
grösserer Mengen pathologischer Flüssigkeiten
oder Dejecte, beziehungsweise auch Organe ein-
treten könnte, eine Infectionsgefabr fiir den
Fall
während des Transportes entstehen können, so
des Bruches des Verwahrungsgefässes
sind derlei Objecte zur Vermeidung einer
solchen Gefahr stets zunächst in Blechbüchsen
mit Watte einzupacken, und die geschlossenen
respective verlötheten Blechbüchsen erst in eine
Kiste einzupacken.
HI.
Die Versendung so entnommener und ver-
wahrter Untersuchungsobjecte hat stets ohne
Verzug franco an das zur Vornahme derartiger
Untersuehungen autorisirte Institut direct zu
erfolgen, und ist seitens der Versandtstelle dem
betreffenden Fachmanne zugleich der Unter-
suchungsauftrag unter Angabe des Zweckes der
Untersuchung zuzustellen.
Gleichzeitig ist der Statthalterei der Be-
richt über die erfolgte Sendung unter Beischluss
etwaiger Bezugsacten, beziehungsweise des etwa
bei der Probeentnahme aufgenommenen Proto-
kolles zu erstatten.
Anhang.
Zur Vornahme der Untersuchungen sind
ermächtigt:
L Für chemische Untersuchungen: K. k.
Professor Dr. Quido Goldschmiedt (deutsches
chemisches Institut), k. k. Professor Dr. Johann
Horbaczewski “búhmisches chemisches In-
stitut), k. k. Regierungsrath Professor Dr. Anton
Bélohoubek (böhmischetechnische Hochschule),
k. k. Professor Dr. Wilhelm Gint] (deutsche
technische Hochschule).
II. Für bacteriologische und pathologisch-
anatomische Untersuchungen: K. k. Professor
Dr. Johann Chiari (deutsches pathologisch-
anatomisches Institut) und k. k. Professor Dr.
Jaroslav Hlava (böhmisches pathologisch-
anatomisches Institut).
— 502 —
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto sind vom
l. bis 7. December L J. 8 Erkrankungen und 6 Todesfälle an Pest constatirt worden, und
zwar an den aufeinander folgenden Tagen: 3 (0), 0 (1), 3 (1), O (0), 0 (0), 2 (4 darunter
2 Pflegerinnen von Pestkranken), 0 (0). |
Im „Hospital Senhor do Bomfin“, welches zur Aufnalıme der Pestkranken bestimmt ist,
befanden sich am 6. December 22 Männer und 25 Frauen und Kinder in Pflege.
Griechenland. Die gegen Provenienzen aus Algier angeordnete 11tägige Quarantaine
wurde mit kgl. Decrete vom 20. November (2. December) l. J. aufgehoben, und es unterliegen
die seit dem 17. (29. November) aus Algier abgegangenen Schiffe nur mehr einer strengen
ärztlichen Visite.
Mit kgl. Decrete vom 16. (28.) November 1. J. wurde gegen alle Provenienzen aus den
Häfen Spaniens eine strenge ärztliche Visite angeordnet.
Italien. Zu Folge Seesanitätsverordnung Nr. 15 des kgl. italienischen Ministeriums des
Innern vom 7. December wurde die Ttägige Beobachtung der von Aegypten eintreffenden
seuchenfreien Schiffe eingestellt, und werden solche Schiffe nach Durchführung der vorgeschriebenen
sanitären Massnahmen ohneweiters zum freien Verkehre zugelassen. Hingegen bleibt die Ver-
pfliehtung zur 10tiigigen Ueberwachung der Passagiere und der Mannschaft dieser Schiffe
in jenen Orten, nach welchen sich die betreffenden Personen gewendet haben, aufrecht.
Britisch-Indien. In Bombay sind in der Zeit vom 21. bis 27. November 106 Er-
krankungen und 137 Tdesfälle an Pest beobachtet worden.
Brasilien. Der Stand der Pestkranken im Isolirspitale in Santos betrug am 12. No-
vember 12 Fille. Vom 14. October bis zum 8. November wurden insgesammi 22 Pestkranke
in das genannte Spital abgegeben; hievon sind 9 gestorben und 1 Fall ist genesen.
In Sao Paulo sind in der ersten Hiilfte des November zwei Pesterkrankungen vor-
gekommen. Auch in S. Luiz, Rio Grande do Sul, sollen sich mehrere pestverdächtise
Erkrankungen ereignet haben. ;
Vermischte Nachrichten.
Stand der Blattern und des Flecktyphus. Zuwachs an Blatternerkrankungen
in der Woche vom 3. bis 9. December 1899:
in der Bukowina im politischen Bezirke Wiznitz: Dichtenitz 8;
in Galizien in der Stadt Krakau 3, ferner in den politischen Bezirken: Borszezow:
Skala 1; Husiatyn: Ilorodnica 3, Peremilow 11; Kosow: Bialoberezka
m
(, Hryniawa 3;
Nadworna; Oslawy biale 1; Podgorze: Podgorze 2.
Zuwachs an Flecktyphuserkrankungen in der Woche vom 2. bis 9. De
cember 1899;
in Galizien in den politischen Bezirken: Husiatyn: Kopyezynee 1; Jaworow:
Szklo 7; Stryj: Stynawa nizna 1; Tarnopol: Dobowce 3, Iwaczow 5.
Hiezu eine Beilage.
ieee
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriag von Alfred Holder in Wien. Druck von Friedrich Jasper in Wien.
| l
Das Österreichische Sanitätswesen.
Organ für die Publicationen
k. k. Obersten Sanitätsrathes.
Redigirt von
De. J. DAIMER
Sectionsrath im Ministerium des Innern,
Verlag von Alfred Holder, k. und k. Hot und Universitats-Buchhandler in Wien
L Rothenthurmeatrasae 18.
Erscheint jeden Donnerstag.
Prénumerationspreis bei directer Postsusendung ganzjährig f. 6.—.
XI. Jahrgang. Wien, 28. December 1899. Nr. 52.
Inhalt. Abonnements-Einladung. — Die neue Wasserleitung der Gemeinde Zwölfmalgreien. —
Sanitätsgesetze und Verordnungen: Erlässe der niederösterreichischen Stattbalterei, betreffend die Regelung
der Abgabe von Geisteskranken in die niederösterreichischen Landes-Irrenanstalten und die provi-
sorische Schaffung von Aufnahmsbezirken für die einzelnen Austalten und betreffend die Beistellung
von Isolirráumen und Humanitáts- und Erziehungsanstalten. — Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-
Sanitätsräthe. — Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande. — Ver-
mischte Nachrichten.
Abonnements-Einladung.
Die gefertigte Verlagshandlung beehrt sich zum Abonnement auf
„Das österreichische Sanitátswesen“,
dessen XII. Jahrgang mit nächster Nummer beginnt, höflichst einzuladen.
Diese Zeitschrift bringt ausser Berichten über die Verhandlungen des k. k. Obersten Sanitäts-
rathes auch dessen wichtigere Gutachten, bringt ferner Arbeiten über das öffentliche Sanitätswesen
und ist das einzige Blatt, welches alle einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Erlässe in ihrem
authentischen Wortlaute, Erkenntnisse und Entscheidungen vollständig und unter gleichzeitiger
Berücksichtigung aller einschlägigen Gesetze und Verordnungen veröffentlicht.
„Das österreichische Sanitätswesen“
erscheint jeden Donnerstag und wird nur ganzjährig abgegeben.
Der Preis beträgt bei directer Postzusendung jährlich fl. 6.—.
Für Stadt-, Gemeinde- und Distrliotsärzte, Verwaltungen von Sanitäts- und Humanitäts-
Anstaiten sowie für Gemeindebehörden wurde der jährliche Pränumerationspreis mit fl. 4.60 fest-
gesetzt, jedoch nur dann, wenn der Bezug direct durch die Verlagshandlung erfolgt.
Hochachtungsvoll
Alfred Hölder,
k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler.
52
Wien, Eude 1899.
— 504 —
Die neue Wasserleitung der Gemeinde Zwölfmalgreien bei
Bozen.
- Von Dr, P. Foppa, k. k. Bezirksarzt in Bozen.
Die Assanirung der Gemeinden hat auch im politischen Bezirke Bozen im
Laufe der letzten Jahre erfreuliche Fortschritte gemacht. Namentlich hat die Trink-
wasserversorgung einer beträchtlichen Anzahl von Ortschaften eine wesentliche
Besserung erfahren. So sind während der letzten 7 Jahre in den Gemeinden Auer,
Margreid, Eppan, Kaltern und Neumarkt im Eitschthale, in Waidbruck, Latzfons
und Ritten im Eisackthale, ferner in St. Ulrich in Gröden ganz neue Wasserleitungen
entstanden, welche entweder die ganze Gemeinde oder Theile derselben ausreichend
mit Trinkwasser versehen. Ueberdies sind an vielen der schon früher bestandenen
Wasserleitungen wichtige Verbesserungen durchgeführt worden, durch welche theils
die Menge des gelieferten Wassers vermehrt, theils dieses vor bedenkkchen Verun-
reinigungen geschützt wird. Einige derartige Anlagen sind noch in der Ausführung
begriffen und unter letzteren verdient die von der Gemeinde Zwölfmalgreien am
Schlusse des Vorjahres in Angriff genommene Wasserleitung sowohl hinsichtlich der
Schwierigkeit des Unternehmens, des bedeutenden Kostenaufwandes, der Menge und
Beschaffenheit des gelieferten Wassers, als auch wegen der nicht nur für die genannte
sondern auch für die Nachbargemeinden zu erwartenden wohlthätigen Folgen eine
besondere Erwähnung.
Die Gemeinde Zwölfmalgreien mit etwa 420 Häusern und einer Bevölkerung
von ungefähr 5000 Einwohnern, welche die Stadt Bozen von Norden, Osten und
Süden umschliesst und ausserdem aus mehreren abgetrennten, zum Theile höher gelegenen
Ortschaften und Gehöften besteht, litt bisher unter den ungünstigsten Trinkwasser-
verhältnissen. Mit Ausnahme von wenigen Häusern in der unmittelbaren Nähe der
Stadt, welche an der städtischen Wasserleitung participiren, und der sehr hoch ge-
legenen Gehöfte der Fractionen Kampenn, Kollern und Virgl, welchen entsprechende
Quellen zur Verfügung stehen, war bisher der bei Weitem grössere Theil der Gemeinde
auf das Wasser aus den von der Talfer oder Eisack zur Bewässerung von Grund-
stücken abgeleiteten Canälen oder aus anderen offenen Rinnsalen auch zu Genuss-
zwecken angewiesen. In Folge dieser misslichen Verhältnisse ereigneten sich alljährlich
mehr oder weniger zahlreiche typhöse Erkrankungen im Gemeindegebiete, wesshalb
von Seite der Sanitätsbehörde von jeher in Absicht auf Erzielung besserer Trink-
wasserverhältnisse auf die Gemeinde eingewirkt wurde.
Die Durchführung der ergangenen Aufträge zog sich nicht in Folge des Wider-
standes der Gemeinde, sondern lediglich wegen der ungewöhnlichen Schwierigkeiten,
welche sich einem solehen Unternehmen entgegenstellten, sehr in die Länge. Von dem
Anschlusse an die Wasserleitung der Stadt Bozen zur "Wasserversorgung von Zwölf-
malgreien musste a priori abgesehen werden, einerseits weil das hiezu erforderliche
Wasserquantum nicht immer "Verfügbar gewesen wäre, anderseits aber, weil auch die
Druckverhältnisse in der fraglichen Leitung so ungünstig sind, dass das Wasser zu den
etwas höher gelegenen Ortschaften der Gemeinde gar nicht gebracht werden könnte.
Ferner wurde eine solche Eventualität von Seite der Gemeinde Zwölfmalgreien auch
deswegen nie in Berechnung gezogen, weil gegen die Qualität des genannten Wassers
Bedenken gehegt wurden, welche, wie aus der folgenden kurzen Darstellung der er-
wähnten Wasserleitungsanlage hervorgeht, nicht ganz unbegründet sind.
Dieselbe ist eine Tiefquellenleitung, und zwar wird das Grundwasser in einer
am rechten Ufer der Talfer im Eingange des Sarnthales, etwa 2 Kilometer von der
nördlichen Stadtgrenze entfernten Wiese gesammelt. Die geologischen Verhältnisse
dieser Wiese sind äusserst einfache. indem unterhalb der im Mittel kaum 0'40 Meter
mächtigen Humusschichte eine gleichmässige Schichte von grobem Schotter bis zu
— 505 —
einer bisher noch nicht festgestellten Tiefe folgt, welche sich als Alluvialschutt der
Talfer darstellt. Zur Fassung des Wassers wurde Ende der Siebzigerjahre in einer
Entfernung von 150 Metern von der Talfer ein 250 Meter langer bis zur Sohle im Mittel
9-5 Meter tiefer und 1:5 Meter breiter Saugstollen hergestellt, welcher eine Lichtung
von 1 Meter Höhe besitzt. Derselbe ist trocken ausgemauert und mit losen Stein-
platten bedeckt, so dass die Decke des Stollens von der Wiesenoberfläche 8°5 Meter
absteht. Am südlichen Ende des Stollens befindet sich ein undurchlässig hergestelltes
und verdecktes, durch eine Thür zugängliches Reservoir mit einem Inhalte von
5 Cubikmetern. Das Druckleitungsrohrs teht mit dem Reservoir in directer Verbindung.
Da die durch diesen Stollen gewonnene Wassermenge für den steigenden Bedarf
nicht mehr ausreichte, wurde im Jahre 1898 auf derselben Parcelle in einer Entfernung
von nur 12—15 Metern von der Talfer die Herstellung einer zweiten Wasserversorgungs-
anlage in Angriff genommen und im Frühjahre 1899 zu Ende geführt. Dieselbe
besteht aus einem 18 Meter tiefen Brunnenschachte, welcher vom Terrain bis zu
einer Tiefe von 10 Metern mit Cement wasserdicht vermauert und im unteren Theile
bis zur Sohle mit durchlöcherten Monierröhren ausgefüttert ist. Das Wasser wird
durch einen Heber mittelst Strahlrohres in das Druckleitungsrohr gehoben. Der Brunnen
ist mit einer undurchlässigen Decke versehen.
Die alte Leitung geht vom Reservoir bis zur Talferbrücke dem rechten Talferufer
entlang, auf welcher dieselbe, nachdem sie eine Abzweigung nach Gries abgegeben
hat, die Talfer überschreitet, während die neue Leitung schon 400—500 Meter unter-
halb des Brunnenschachtes bei St. Anton den genannten Fluss übersetzt und längs
der linksseitigen Wassermauer in die Stadt gelangt. |
Bei den geschilderten geologischen Verhältnissen der Wiese, aus deren Untergrund
das Wasser entnommen wird, und der Lage des Stollens,. beziehungsweise des Brunnens,
deren Sohle um ein Betrichtliches tiefer ist als das Talferbett, ist es wohl zweifellos,
dass das Wasser der beiden beschriebenen Leitungen zum grossen Theile aus Seihwasser
der Talfer besteht, und zwar wird dieses mit Rücksicht auf die Entfernungen in der
neuen Leitung in höherem Masse der Fall sein, als in der alten. Aus eben demselben
Grunde wird auch das in den alten Stollen durchsickernde Talferwasser besser filtrirt
sein, als das in den neuen Brunnen dringende.
Als Beweis für die Richtigkeit der obigen Behauptungen dienen folgende That-
sachen: Die aus den fraglichen Anlagen gewonnene Wassermenge hängt von dem
Wasserstande der Talfer ab und ist daher eine sehr schwankende, indem die Maximal-
menge auf 35, die Minimalmenge auf 15 Secundenliter veranschlagt wird. Ebenso
wird die Temperatur des Leitungswassers von der Lufttemperatur, beziehungsweise von
der Temperatur der Talfer beeinflusst. Bei der durch Witterungsverhältnisse be-
dingten Trübung der Talfer erfährt auch das Wasser in der neuen Leitung eine
Triibung.
Bedenklicher als die Beimengung von Talferwasser erscheint jedoch für die
Wasserversorgungsanlagen der Umstand, dass bisher auf die Schaffung eines Schutz-
gebietes für dieselben nicht Bedacht genommen worden ist. Die mehrerwähnte Wiese,
in welcher das Wasser gefasst wird, ist Privatbesitz und muss, um ertragsfähig zu
bleiben, wegen der geringen Mächtigkeit der Humusschichte sogar in ausgiebiger
Weise gedüngt und bewässert werden, wodurch zu gewissen Zeiten eine geradezu ge-
fährliche Verunreinigung des Grundwassers herbeigeführt werden kann.
Ueber Anregung des Stadtphysicates hat zwar die Stadtgemeinde schon vor
Jahren den Beschluss gefasst, durch Ankauf der fraglichen Wiese und Bepflanzung
derselben mit Sträuchern das bei der Anlage der Wasserleitung Versäumte nach-
zuholen: bisher ist jedoch zur Ausführung dieses Beschlusses leider nichts Ernstliches
unternommen worden.
Die Stelle, an welcher das Bozener Trinkwasser entnommen wird, liegt 304 Meter,
die Stadt Bozen im Mittel 268 Meter über dem Meeresspiegel, woraus sich ein Höhen-
E
— 506 —
unterschied von 36 Metern ergibt. Der dadurch bedingte Druck von etwas mehr
als 3 Atmosphären ist eben nur für die Vertheilung des Wassers in der Stadt aus-
reichend.
Aus den obigen Auseinandersetzungen geht nun hervor, dass die Verwendung
der städtischen Wasserleitung für die Wasserversorgung der Gemeinde Zwölfmalgreien
ernstlich gar nicht in Betracht gezogen werden konnte. Da aber für diese Ge-
meinde die Lösung der Wasserfrage sich immer dringlicher gestaltete, wurde das
wasserreiche Eggenthal, welches 3 Kilometer ostwärts von Bozen bei der Ortschaft
Kardaun in das Eisackthal mündet, zu diesem Zwecke in Aussicht genommen.
Zuerst wurde über Anregung des Prof. Dr. Lueger aus Stuttgart der Versuch
zur Anlage einer Tiefquellenleitung in der Nähe des Eggenthalerbaches nach Art
der Bozener Wasserleitung unternommen. Nachdem die bezüglichen Bohrarbeiten
nicht zu dem gewünschten Resultate geführt hatten, griff man zu dem schon früher
gefassten, wegen des Kostenpunktes jedoch wieder fallen gelassenen Plane, einige
— 507 —
der zahlreichen, im genannten Thale entspringenden Quellen für die Wasser-
versorgung der Gemeinde heranzuziehen, wieder zurück, und wurde zu diesem
Behufe vom dermaligen Gemeindevorsteher Anton Zelger im Jahre 1895 ein
Grundstück käuflich erworben, das ungefähr zwei Wegstunden von der Ortschaft
Kardaun entfernt liegt, und auf welchem in der Nähe der Strasse, am rechten Ufer
des Eggenthalerbaches erhebliche Wassermengen zu Tage treten, die bisher un-
benützt in den genannten Bach abflossen.
Die geologischen Verhältnisse des Eggenthales in dem für die Wasserentnahme
in Betracht kommenden Gebiete sind in den beigegebenen, vom Geologen Prof. Dr.
J. Blaas in Innsbruck entworfenen Skizzen zur Darstellung gebracht. Aus der
Uebersichtskarte des Eggenthaler Quellengebietes (siehe S. 509) und der vorstehen-
den Skizze (Fig. 1) ist ersichtlich, dass der Eggenthalerbach an der fraglichen
Stelle eine scharfe Biegung nach Westen und dann wieder zurück nach Osten macht,
durch welche sich ein schmaler Rücken aus dem rechtsseitigen Gehänge ergibt.
Dieser Rücken besteht zum Theile aus Porphyr, wie dieser in der ganzen nächsten
Umgebung ansteht, zum Theile aus geschichtetem Conglomerat und losem Schotter.
An der Nord- und Südseite dieses Rückens entspringen aus dem Schotter die oben-
Fig 2.
|
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erwähnten Quellen, und zwar die südlichen in einer Höhe von 702 Metern, die
nördlichen in einer solchen von 675 Metern über dem Meeresspiegel.
Die vom genannten Fachmanne an Ort und Stelle vorgenommenen Studien
führten zu der Annahme, dass diese Quellen dem Porphyr entspringen, in den
_ prä- und postglacialen Schotter eintreten und dann in letzterem zu Tage kommen.
Behufs Feststellung der Richtigkeit dieser Annahme wurde an der Stelle, an
welcher die nördlichen Quellen austreten, einen Meter oberhalb der Strasse, längs
dem Porphyrfelsen ein Stollen eingeschlagen und knapp am Felsen weitergeführt.
Das Resultat war, dass in den Stollen immer mehr Wasser eintrat, und die
obertägigen Quellen immer spärlicher wurden, bis bei einer Länge von 72 Meter, das
Wasser mächtig in denselben einbrach, und zugleich auch die südlichen Quellen um
mehr als die Hälfte an ihrer Ergiebigkeit einbüssten.
Die zahlreichen Messungen der Menge und der Temperatur des Wassers ergaben
einen constanten Zufluss von 30 Litern ın der Secunde mit einer stets gleichbleibend,
kaum 0'1 Grad R. wechselnden Temperatur von 7:0 Grad R., wobei weder durch die
wechselnde Lufttemperatur, noch durch den Wasserstand und die Temperatur des Eggen-
thalerbaches noch durch die Witterungsverhältnisse auf die Menge und Temperatur
des aus dem Stollen heraustretenden Wassers irgend ein merklicher Einfluss aus-
geübt wurde.
Durch diese ein ganzes Jahr hindurch, von April 1895 bis März 1896 fort-
gesetzten Beobachtungen konnte mit Sicherheit festgestellt werden, dass die obige
Annahme bezüglich des Ursprunges der Quellen zutreffend war, und es aus-
geschlossen ist, dass diese etwa als Austritt von Tagwasser höherer Gehängetheile,
— 508 —
das in Schutt versinkt, oder als durch den Schutt gedrungenes Eggenthalbachwasser
anzusehen seien.
Da diese Thatsache eine Gewähr für die unveränderte Güte des Wassers
bildete, und auch die seit Beginn der Beobachtungen constant gebliebene Ergiebigkeit
der Quelle nicht nur die Deckung des Wasserbedarfes der Gemeinde Zwölfmalgreien.
sondern noch einen bedeutenden Ueberschuss sicherte, so wurde die Verwendung
der besagten Quellen zur Wasserversorgung der genannten Gemeinde beschlossen.
Leider verzögerte sich die Ausführung dieses Beschlusses in ungebührlicher
Weise, indem die Ertheilung der Bewilligung zur Einleitung der Quellen auf
unerwartete Hindernisse stiess und nach zahllosen Verhandlungen erst am Schlusse
Id ` Fig 3
Cen
f
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or
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Jungers A \
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" -- Drluyium
ıpDeg-Teyjuas ST
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(lk — = Glacıaldıluvium
4
des Jahres 1898 ertheilt wurde, so dass erst mit dem Beginne des Jahres 1899 die
Hauptarbeiten in Angriff genommen werden konnten.
Die Ausführung der Wasserleitung geschieht in folgender Weise:
Zur Fassung der Quelle wurde nicht der früher beschriebene Orientirungsstollen
benützt, welcher zur Legung der ersten Leitungsröhre sich nicht geeignet hätte,
Fig.&. |
5 fl)
3 ch | N
wi
Ip N Se,
ll (ea \
sondern ein neuer Stollen im festen Felsen in einer Länge von 150 Metern angelegt
und fortgesetzt, bis die Quelle in ihrem Ursprunge erreicht wurde. An der Stelle,
wo das Wasser zwischen Porphyr und Glacialschotter austritt, wurde eine wasser-
dichte Brunnenstube von 2 Cubikmetern Inhalt hergestellt, welche zugänglich ist und
kühl im Felsen liegt, daher gegen die Hitze und Kälte nicht geschützt zu werden
braucht. Das Ableitungsrohr ist mit Absperrschieber und kupfernem Seiher versehen.
Ausserdem ist ein Ueberlauf und ein Leerlauf vorhanden. welche das Wasser
der Stollensohle und dem Bache zuführen. Durch die Fassung der Quelle an ihrem
Ursprunge hat sich die Ergiebigkeit derselben auf 40 Secundenliter erhöht, und ist
die in der südlichen Wiese zu Tage tretende Quelle fast versiegt.
— 509 —
' Die Zuleitung des Wassers zum Hochdruckreservoir bietet ganz ungewöhn-
liche Schwierigkeiten dar. Das Eggenthal ist bis zur Quelle eine enge, pittoreske
Felsenschlucht, in welcher oft nur die Strasse und der Bach Platz finden. Die
Strasse, vielfach im Felsen eingeschnitten oder im Tunnel geführt, macht auch wegen
der Breiteverhältnisse das Legen der Rohre an derselben zum grossen Theile un-
möglich, zum Theile aber erscheint dieselbe wegen der vielfachen Steinschläge,
Rutschungen und Gefährdungen durch das Wasser des Wildbaches zur Placirung
einer Trinkwasserleitung ungeeignet. Man musste sich daher entschliessen, da das
Thal nur in der Anfangsstrecke der Leitung so breit ist, dass neben der Strasse
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des \
Esgenthaler Quellengebietes. \
Maßstab -1:2500 EL
und dem Bache auch für die Leitung Platz ist, und selbst diese Strecke zum grossen
Theile so ungünstige Terrainverhältnisse darbietet, dass das einfache Eingraben der
Wasserrohre mit Rücksicht auf die Sicherheit nicht rathsam erschien, zur Bergung
derselben viele kürzere oder längere Stollen in den Felsen einzuhauen, welche zu-
sammen eine Länge von mehr als 4 Kilometer haben.
Die Trace gestaltet sich demnach folgendermassen: Nach dem Austritte aus
dem Fassungsstollen befindet sich die Leitung in einer Länge von rund 500 Metern
zuerst am rechten Bachufer längs der Strasse, überschreitet dann mittelst einer
Brücke von 13 Meter Spannweite den Egg genthalerbach und verbleibt fortan am
linken Ufer desselben. Durch weitere 3100 Meter sind die Leitungsrohre zum Theile
in kleinere, im Felsen eingehauene Stollen eingelegt, zum Theile zwei Meter tief
vergraben.
— 510 —
Dort, wo die beiden Bachufer ganz eng aneinandertreten, beginnt ein in die
am rechten Bachufer beinahe senkrecht aufsteigende Felswand eingehauener rund
drei Kilometer langer Stollen, welcher an der Sohle 1:20 Meter breit und 2°5 Meter
hoch, somit passirbar ist, und einen Querschnitt von 2°5 Quadratmeter besitzt. In
diesem wird auf einer eisernen Unterlage das Wasserleitungsrohr gelegt.
Der Umstand, dass die Herstellung dieses für die Sicherheit der Wasserleitung
nothwendigen Stollens mit ungewöhnlich hohen Kosten verbunden ist, liess es
räthlich erscheinen, die Wasserleitungsanlage mit einer Wasserkraft- und elektrischen
Anlage zu verbinden dadurch, dass in den Stollen der Eggenthalerbach einge-
lenkt wird. |
Der Stollen mündet im linksseitigen Gehänge des Eisackthales bei der Ortschaft
Kampenn.
Nachdem die Wasserleitung den Stollen verlassen, führt dieselbe, in den Boden
eingebettet, zu dem von der Ausmündung des Stollens 300 Meter entfernten, west-
wärts befindlichen Hochdruckreservoir, welches 420 Meter tiber dem Meeresspiegel
und 150 Meter über der Thalsohle liegt. Der Höhenunterschied zwischen der Stelle
des Austrittes der Quelle und dem Wasserspiegel des Reservoirs beträgt 230 Meter.
Die Länge der Leitung vom Ursprunge der Quelle bis zum Hochdruckreservoir
betriigt rund 6800 Meter. Das Wasser fliesst von dessen Austritt aus dem Fassungs-
schachte bis zum langen Stollen mit einem Gefille von 45 pro Mille, im Stollen
selbst von 15 pro Mille, vom Austritt aus dem Stollen bis zum Reservoire von 120
pro Mille. Zur Regelung des Druckes und Reducirung desselben auf die normale
Höhe von 10—12 Atmcsphären mussten an verschiedenen Stellen Entlastungskästen
aufgestellt werden. Ausserdem ist für die Anbringung von zahlreichen Entlüftungs-
ventilen vorgesorgt worden.
Das Hochdruckreservoir stellt einen in festem Porphyr eingehauenen Stollen
mit einem Profile von 4 Metern Tiefe, 4 Metern Breite und einer Länge von
25 Metern dar, welcher somit 400 Cubikmeter fasst. Vermöge seiner Lage im Felsen
ist derselbe stets kühl. Das Zuleitungsrohr, welches mit Schwimmventil versehen ist,
um den Zulauf zu regeln, tritt direct in den Stollen. Der Leer- und Ueberlauf geben
in den benachbarten von Kollern kommenden Graben. Das Druckrohr ist mit Schiebern
nebst einem Luftrohre versehen. Wenn das Reservoir abgesperrt werden soll, mündet
das Zuleitungsrohr in eine kleine Entlastungskammer, von welcher ein Umlauf zum
Druckrohr geht, so dass dieses auch ohne Reservoir gespeist werden kann. Es kann
der Inhalt des Reservoirs bei 20 Litern Wasserconsum in der Secunde etwa 5!/⁄ St.
vorhalten und ebenso das Wasser fiir vier Hydranten durch fiinf Stunden liefern.
Die Stollenwände sind in Portlanteementverputz gelegt, und wird das Reservoir
durch einen Kamin geliiftet.
Die vom Reservoir beginnende Druckleitung geht über die Berghalde zum
Eisack und übersetzt denselben auf der Eisenbahnbrücke bei Kardaun. Von da geht
die Leitung durch die links von der Reichsstrasse befindlichen Felder bis zum öst-
lichen Ende des Bozner Bahnhofes, durchkreuzt unterirdisch den Babnkörper und
gelangt in die vom Bahnhofe nach Osten sich wendende Bahnhofstrasse, an deren
Ende sie sich nach Norden wendet und bis St. Anton, am Eingange des Sarnthales
fortsetzt, wo sie auf einer eisernen Brücke die Talfer übersetzt und in das Gemeinde-
gebiet von Gries gelangt.
Die auf dem Wege von Kardaun bis St. Anton von der Hauptleitung ab-
zweigenden Vertheilungsleitungen sind alle nach dem Cireulationssysteme hergestellt.
In der Gemeinde Zwölfmalgreien und Gries werden sowohl für die Haupt-
als auch für die Vertheilungsleitungen hauptsächlich Gemeindewege oder aber die
keichsstrasse benützt.
Die Länge der Druckleitung vom Reservoir bis Kardaun beträgt 350 Meter,
von Kardaun bis zum Bahnhofe 2500 Meter, vom Bahnhofe bis St. Anton 1800 Meter.
— dll —
Die Hauptleitung besitzt sonach vom Ursprunge der Quelle bis zur Gemeinde-
grenze von Gries eine Linge von rund 11.450 Metern. Die Linge der Vertheilungs-
leitungen ist gegenwärtig auf 17.500 Meter veranschlagt.
Für die Hauptleitung werden gusseiserne Muffenrohre mit einer inneren Lichtung
von 225, 200 und 175 Millimetern verwendet. Das vom Reservoir zum Eisack führende
Rohr ist mit Kork umhüllt und in einen Kasten verlegt. Für die Vertheilungsleitung
sind Rohre von 150, 125 und 100 Millimetern vorgesehen.
Alle Abzweigungen werden mit Absperrschiebern versehen. An den Abzweigungen,
an den bestehenden und künftigen Strassen werden T Stücke eingelegt. Ebensolche
Stücke kommen in Distanzen von 50—100 Metern zur Aufstellung von Hydranten
in Verwendung, wobei besonders darauf Rücksicht genommen wird, dass diese an
den Scheitel und höchsten Punkt der Leitung kommen, um selbe zu entlüften.
Die Abzweigungen zu den Häusern werden überall durch Anbohrung der
Strassenleitung hergestellt, wodurch auch eine Entlüftung des Rohres bedingt wird.
In Folge der günstigen Druckverhiltnisse ist es möglich, sämmtliche
Fractionen der Gemeinde Zwölfmalgreien und Gries, abgesehen von den höchst-
gelegenen Häusern dieser Gemeinden, welchen jedoch schon bisher ausreichende
Quellen zur Verfügung standen, mit Wasser in reichlichem Masse zu versorgen.
Bei dem Umstande, dass die Quelle 680 Meter, der Bahnhof in Bozen
265 Meter, und St. Magdalena, die höchste Ortschaft der Gemeinde Zwölfmalgreien,
welche bezüglich der Wasserversorgung in Betracht kommt, 376 Meter über dem
Meeresspiegel liegen, ergibt sich eine Höhendifferenz von 415 Meter im niedersten
und 304 Meter im höchsten Punkte des Gebietes, auf welchem sich nach dem vor-
läufigen Projecte das Vertheilungsnetz ausbreiten soll. Daraus geht hervor, dass im
Bedarfsfalle auch höher gelegene Ortschaften und Häuser der beiden genannten
sowohl, als auch der Gemeinden Ritten, Wangen und Karneid in das Vertheilungsnetz
einbezogen werden können, in welchem Falle nur das Druckreservoir entsprechend
erhöht werden müsste,
Das gegenwärtig durch die Wasserleitung gelieferte Wasserquantum beträgt,
wie bereits erwähnt wurde, 40 Liter in der Secunde, kann jedoch durch Zuleitung
von drei anderen im Eggenthale verfügbaren Quellen im Bedarfsfalle auf 50— 55 Secunden-
liter erhöht werden. Bei der Annahme eines täglichen Wasserverbrauches von
100 Litern per Kopf würde demnach schon die gegenwärtig vorhandene Wassermenge
für eine Bevölkerungszahl von 34.000 Einwohnern, somit nicht nur für die Gemeinden
Zwölfmalgreien und Gries, sowie für die in Betracht kommenden Ortschaften der
Gemeinden Karneid, Ritten und Wangen mit einer Gesammtbevölkerung von höch-
stens 11.000 Einwohnern, sondern auch für die Stadt Bozen, welche dermalen bei-
läufig 15.000 Einwohner zählt, vollkommen ausreichen, und zwar könnte in Anbetracht
der oben angedeuteten möglichen Vermehrung der Wassermenge auch einer in der
Folge etwa eintretenden, beträchtiichen Zunahme der Bevölkerung Rechnung getragen
werden.
Das Ergebniss der ın der landwirthschaftlichen Lehr- und Versuchs-
anstalt in S. Michele vorgenommenen chemischen Untersuchung zweier Wasser-
proben, welche vor der Anlage des Sammelstollens der nördlichen und der südlichen
Quelle entnommen worden waren, wird in dem folgenden Gutachten ausgedrückt:
Das vollständige Fehlen von Salpetersäure, salpetriger Säure, von Ammoniak
und von Schwetelwasserstoff, sowie die ganz minimale Menge von Chlor (0:79, be-
ziehungsweise 1:08 Milligramm im Liter) und der organischen Stoffe (zu deren Oxy-
dation waren nöthig 0'63, beziehungsweise 0'21 Milligramm übermangansaures Kali)
kennzeichnet die beiden Wasserproben als aussergewöhbnlich reine Wiisser.
Der Gehalt an Kalk, Magnesia und Schwefelsäure ist für ein gutes Trinkwasser
gerade ein entsprechender. Dio beiden Wasserproben sind weder zu weich noch zu
hart (9:46, bezw. 9:36 Härtegrade), und erscheinen beide Wässer naclı dem Ergebnisse der
chemischen Untersuchung zur Anlage einer Wasserleitung ganz vorzüglich geeignet.
Eine bacteriologische Untersuchung hat nicht stattgefunden, da bei der Lage
und dem Ursprunge der Quelle zwischen Felsen und Glacialschotter das Vor-
handensein irgend welcher bedenklicher Keime im Wasser a priori EES
werden durfte.
Die Temperatur des Wassers bei dessen Austritte aus dem Summelstallen
beträgt, wie bereits erwähnt wurde, 7 Grad R. und schwankt zu den verschiedenen
Jahreszeiten um höchstens 0'1 Grad.
Die Bauarbeiten sind zur Zeit in befriedigender Weise vorgeschritten. Die
Hauptleitung bis zum langen Stollen und von der Mündung desselben bis zur
Stelle der Ueberschreitung der Talfer bei St. Anton, sowie das Hochdruckreservoir
und ein beträchtlicher Theil der Vertheilungsleitung sind fertiggestellt. Die Haupt-
schwierigkeit bildet der lange Stollen. in welchem trotz der durch die Anlage von
mehreren Fenstern ermöglichten zahlreicheren Angriffspunkte die Bohrungsarbeiten
wegen der ungewöhnlichen Härte des Porphyrs nur langsam von statten gehen.
Dennoch steht bis zum Sommer 1900 die Eröffnung der Wasserleitung zu erwarten.
Mit der Verfassung des Projectes und mit der Bauleitung wurde der Berg-
und Hüttendirector a. D. Herr Carl Bauer, behördlich autorisirter Berg- und Civil-
ingenieur betraut, die Ausführung der Arbeiten geschieht in eigener Regie der Ge-
meinde.
Somit geht binnen Kurzem ein Werk der Vollendung entgegen, welches von
einer einzelnen Landgemeinde mit einem Kostenaufwande von 650.000 fl. (ein-
schliesslich der elektrischen Anlage) unternommen, nicht nur dieser, sondern der
ganzen Gegend zum Segen gereichen wird. Abgesehen von der Besserung der Ge-
sundheitsverháltnisse, welche wohl als die wichtigste Folge angesehen werden muss,
wird durch die neue Wasserleitung zweifellos auch ein bedeutender wirthschaftlicher
Aufschwung, besonders der Gemeinden Zwölfmalgreien und Gries bedingt werden.
Die Stadt Bozen, von den beiden genannten Gemeinden von allen Seiten eng ein-
geschlossen, kann sich nicht vergrössern, und die im Gebiete derselben verfügbaren
Gründe werden binnen Kurzem verbaut sein. Der von Jahr zu Jahr steigende Verkehr
und der stets zunehmende Zuzug vom Fremden wird daher nothwendigerweise ein
Heranziehen der in der Peripherie der Stadt gelegenen Gründe als Baugründe ım
Gefolge haben, was aber nur durch Versorgung der betreffenden Gemeinden mit
ausreichenden Mengen guten Trinkwassers möglich gemacht wird.
Als weitere wichtige Folge der neuen Wasserleitung muss angesehen werden.
dass durch dieselbe auch der Stadt Bozen die Möglichkeit einer besseren Wasser-
versorgung als bisher geboten wird.
Sanitätsgesetze und Verordnungen.
Erlass der k. k. niederösterreichischen | täten der Unterbringung Geisteskranker und
Statthalterei vom 22. Juni 1899, EES mit der k. k. niederöster-
Z. 34101, reichischen Statthalterei eine Vereinbarung ge-
troffen, der zu Folge für die Dauer der Giltiz-
keit des abzuschliessenden beziiglichen Ueher-
an alle unterstehenden politischen Behörden,
|
i
betreffend die Regelung der Abgabe von | einkommens die niederústerreichischen Landes-
Geisteskrankenin die niederósterreichischen | Irrenanstalten alle constatirt geisteskranken.
4 s- ` stalten und die provisorische o pe
EE o l der Irrenanstaltspflege bedürftigen Personen
Schaffung von Aufnahmsbezirken für die f . ! i `
einzelnen Anstalten. GER Unterschied ihrer Zuständigkeit aufzu-
| nelımen haben, wogegen die dermalen geltende
Der niederösterreichische Landesausschuss | Beschränkung der Bestimmung der psychiatri-
t
hat behufs provisorischer Regelung der Modali- ı schen Abtheilung des k. k. Allgemeinen Kranken-
—
513
hauses in Wien auf eine Localanstalt für die | österreichischen Landes-Irrenanstalten in Folge
Wiener Gemeindebezirke I—IX aufgehoben,
diese Abtheilung allen Irrsinnsverdächtigen ohne
Unterschied ihrer Provenienz zugänglich ge-
macht wird und die k. k. niederösterreichische
Statthalterei die Verpflichtung übernimmt, in
allen jenen Fällen, in welchen die Constati-
rung der Heimatsangehörigkeit Geisteskranker
Schwierigkeiten bereitet, die Zuständigkeits-
verhandlungen bis zum Abschlusse selbst zu
führen, endlich die Verhältnisse bezüglich der
Beobachtung Irrsinnsverdächtiger auf dem
flachen Lande im Einvernehmen mit
Landesausschusse ehestens die dringlich
forderliche Regelung zu erfahren haben.
Auf Grund der vom k. k. Ministerium
des Innern mit Erlass vom 24. December 1898,
Z. 38316, ertheilten Ermächtigung zur Vor-
kehrung aller für die Durchführung der er-
wähnten Vereinbarung erforderlichen Mass-
nahmen bat die k. k. niederösterreichische
Stattbalterei zunächst veranlasst, dass dem un-
geregelten Zuzuge von Irren und Iırsinns-
verdächtigen vom flachen Lande her durch
strenge Weisungen
dem
er-
an die Gemeinden vor-
gebeugt und nicht zugelassen werde, dass sich
die Ueberführung Geistesgestörter aus den Ge-
meinden ohue vorangegangene Anzeige an die
politische Behörde, beziehungsweise eventuell
amtsärztliche Intervention vollziehe.
Weiters wurden im Wege einer am 18.
und 29. März 1899 stattgehabten commissionellen
Besprechung unter Anderem folgende
für
meine Grundsätze
allge- :
die Unterbringung | den Anstaltsvorstehungen das Recht eingeräumt,
Geisteskranker und Irrsinnsverdächtiger fest- |
gestellt.
Ohne Unterschied derZuständigkeitkommen:
a) Alle offenkundig der Irrenanstaltsbe-
handlung Bedürftigen in die niederösterreichi-
schen Landes-Irrenanstalten.
b) Unheilbar Geisteskranke
Versorgung bedürfen,
die nur der
in die Gemeindepflege.
c) Alle übrigen Geisteskranken und Ver-
die
k. k. Allgemeinen Krankenhauses.
dächtigen in Beobachtungsstation des
In weiterer Ausführung dieser allxemeinen
Grundsätze wurden für die Zeit bis zur end-
giltigen Regelung der Frage der Bestimmung
von Aufnahmsbezirken für die einzelnen nieder
|
|
obiger Vereinbarung
der niederösterreichischen Landes-Irren-
anstalt Wien : die Wiener Gemeindebezirke I— XI
und die Wiener Bahnhöfe (für dort Aufge-
griffene),
der niederösterreichischen Landes-Irren-
anstalt Klosterneuburg: der Stadtbezirk Wiener-
Neustadt und die vorwiegend von städtischer
Bevölkerung bewohnten politischen Bezirke:
Baden, Floridsdorf, Korneuburg, Mödling und
Wiener - Neustadt,
der Landes-Irrenanstalt Kierling-Gugging:
die politischen Bezirke Bruck a. d. Leitha,
Mistelbach, Neunkirchen, Oberhollabrunn, Tulln
und Waidhofen a. d. Thaya,
den beiden Landes-Irrenanstalten Kloster-
neuburg und Kierling-Gugging zusammen die
Wiener Gemeindebezirke XII— XIX,
der Landes-Irrenanstalt in Ybbs: der
Stadtbezirk Waidhofen a. d. Ybbs, sowie die
politischen Bezirke Amstetten, Hietzing-Um-
gebung, Lilienfeld, Melk, St. Pölten, Scheibbs
und Zwettl, endlich
der Landes-Irrenzweiganstalt Langenlois,
unbeschadet ihrer Bestimmung zur Aufnahme
aller augenleidenden Geisteskranken, die politi-
schen Bezirke Horn und Krems als Aufnahms-
bezirke zugewiesen.
Mit Rücksicht auf die nunmehr provisorisch
erfolgte Schaffung von Aufnahmsbezirken wurde
vom niederösterreichischen Landesausschusse
in allen jenen Fällen, in welchen bei denselben
direet um die Aufnahme Geisteskranker ein-
geschritten wird, also auch in den im $ 9b
' des Anstaltsstatutes vorgesehenen, die Aufnahme
|
selbstständig gegen nachträgliche Einholung
der Genehmigung des niederösterreichischen
Landesausschusses zu verfügen, dies jedoch
nur dann, wenn die statutenmässig vorge-
schriebenen Aufnahmsbedingungen erfüllt sind
Geisteskrankheit,
Irrenanstaltsbediirftigkeit des Aufzunehmenden
durch den k. k. Bezirksarzt,
Stadtphysicus der Städte mit eigenem Statute
(Wiener-Neustadt und Waidhofen a. d. Ybbs)
bestätigt erscheint.
und die beziehungsweise
respective den
914
Hiebei wird ein Unterschied hinsichtlich |
der Zustándigkeit nicht gemacht, und hat daher
in Hinkunft bei Unbemittelten das Verlangen
nach Verpflegskostenhaftung oder nach einer
Verpflegskosten-Vorauszahlung seitens der Do-
micilgemeinde zu entfallen.
Die k. k. Er E . Wird
sonach aufgefordert, im Hinblicke auf die den
Anstaltsvorstehungen eingeräumte Befugniss der
directen Aufnahme constatirt Geisteskranker
ihre Ansuchen um die Aufnahme solcher con-
statirt Geisteskranker jeweilig direct an die
ihrem Aufnahmsbezirke Landes-
Irrenanstalt zu richten.
Dem Stadtrathe Wiener-Neustadt,
den Bezirkshauptmannschaften Baden, Mödling,
Wiener-Neustadt, Bruck a. d. Leitha, Mistel-
bach, Neunkirchen und Oberhollabrunn wird in
Anbetracht der Umständlichkeit des Transportes
Geisteskranker aus diesen Bezirken
ständigen Landes-Irrenanstalten Klosterneuburg
und Kierling-Gugging das Recht eingeräumt,
ausnahmsweise in Fällen, in welchen die Trans-
portirung Geisteskranker in die zuständige
Irrenanstalt Schwierigkeiten bereiten sollte, die
Intervention der Landes-Irrenanstalt Wien in
der Form in Anspruch zu nehmen, das schwer
zu transportirende Geisteskranke aus den be-
zugehörige
sowie
in die zu-
zeichneten Bezirken
Wien überbracht werden können, welche An-
stalt derlei Kranke sobin ihrem
die Landes-Irrenanstalt
ziehungsweise Kierling-Gugging
Transporte anschliessen wird.
nächsten an
be-
abgehenden
Klosterneuburg,
Die Aufnahme Irrsinnsverdächtiger
in die Landes-Irrenanstalten ist selbstverständ-
lich ausgeschlossen und sind solche an das
k. k. Allgemeine Krankenhaus in Wien zu
weisen.
Schliesslich wird ausdrücklich darauf auf-
merksam gemacht, dass die gehörig instruirten
Ansuchen um directe Aufnahme in eine
niederósterreichische Landes-Irrenanstalt seitens
der Leitung der betreffenden Irrenanstalt nur
dann berücksichtigt werden können, wenn durch
ein amtsärztliches Parere die Geistes-
krankheit, beziehungsweise Irrenanstaltsbedürf-
tiskeit des Kranken bestätigt erscheint.
in die Landes-Irrenanstalt -
a i eae Ds Ba he an
Hmm ee OO
In letzterer Beziehung wird übrigens noch
eine Weisung nachfolgen.
*
Erlass der k. k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 30. October 1899,
2. 53606,
an alle unterstehenden politischen Behörden,
betreffend die Beistellung von Isolirriumen
zur Unterbringung von Infectionskranken
in Humanitäts- und Erziehungsanstalten.
Mit dem h. o. Erlasse vom 20. December
1898, Z. 7454,*) wurde die Beistellung eines
den sanitären Anforderungen entsprechenden
Isolirraumes zur Behandlung nicht transportabler
Infectionskranker in den öffentlichen und
privaten Krankenanstalten angeordnet.
Nachdem bei Privatheilanstalten ver-
schiedenen Humanitäts- sowieErziebungsanstalten
ähnliche Vorkehrungen nothwendig erscheinen,
findeich nach Anhörung desniederösterreichischen
Landessanitätsrathes Nachstehendes anzuordnen:
Beim Neubaue oder bei Adaptirungen von
Reconvalescenten- und Siechenhäusern, Zufluchts-
und Waisenhäusern, Vorsorgungsanstalten, Er-
ziehungs- und Unterrichtsanstalten mit Inter-
naten (Convicten), in welchen einer grösseren
Anzahl Personen Unterkunft geboten
wird, muss auf die Beistellung eines
sanitären Anforderungen entsprechenden Isolir-
raumes zur Behandlung Infectionskranker
Bedacht genommen werden, und ist ein solches
Locale schon bei den Bauverhandlungen sieher-
zustellen.
von
den
Desgleichen wird das Geeignete zu ver-
anlassen dass bei schon bestehenden
grösseren solchen ITumanitäts- und Erziehungs-
anstalten womöglich solche Isolirräume sicher-
sein,
gestellt werden.
Anstalten obiger Kategorien, welche wegen
Eintheilung, Be-
sanitären
besonderen Situation,
stimmung oder Kleinheit
Forderung nicht gerecht werden können, daher
einen Infectionskranken ehebaldigst nach aussen
in Pflege zu geben genóthigt sind, werden zu
ihrer
dieser
*) Siehe S, 18 d. BL
— 515 —
verhalten sein, der politischen Sanitätsbehörde Hiebei wären in erster Liuie die bestehenden
jene Localitäten, Spital etc. namhaft zu machen, | Gem einde-Nothspitäler ins Auge zu fassen.
wo ein Infectionskranker ihres Pfleglingsstandes | Hienach ist das Weitere zu veranlassen,
untergebracht werden soll, und durch Ab- | und über die Ergebnisse und gemachten Wahr-
machungen mit den Leitungen benachbarter | nehmungen gelegentlich der Vorlage des Er-
Spitäler die Aufnahme ihrer Infecetionskranken | gänzungsberichtes zum Jahressanitätsberichte
sicherzustellen. | lit. R zu berichten.
Aus den Verhandlungen der k. k. Landes-Sanitätsräthe.
Niederösterreich. In der Sitzung am 20. November d. J. wurden über das Ansuchen,
betreffend die Errichtung einer gynäkologischen Abtheilung in einer Privat-Kranken-
anstalt in Wien, ferner über die Zulässigkeit der Erzeugung von löslichen Gewürzen und
Conservirungsmitteln als Zusatz für Nahrungsmittel und schliesslich über die Frage der
Vorkehrungen gegen das Auftreten von Bleivergiftungen in gewissen .Gewerbe-
betrieben Gutachten abgegeben.
In der Sitzung am 27. November l. J. wurden über das Project der Wasserversorgung
eines Curortes in Niederösterreich, ferner über den Transport und die Aufnahme
infectiös erkrankter Personen in das k. k. Kaiser Franz Josef-Spital Gutachten
abgegeben; bei letzterem Anlasse sprach sich der Landes-Sanitätsratb neuerlich über das Be-
dürfniss mehrerer an der Peripherie Wiens vertheilter Spitäler für infeetiös kranke Kinder und
die Nothwendigkeit von Vorkehrungen zu ihrer Aufnahme bis zu deren Erbauung aus.
In den Sitzungen am 12. und 18. December 1899 wurde über die Errichtung einer
zweiten öffentlichen Apotheke in einer Gemeinde Niederösterreichs das Gutachten er-
stattet, dann die Concessionirung einer Bauunternehmung in einer Gemeinde Niederöster-
reichs unter gewissen Bedingungen empfohlen.
Ferner wurde über die in Anregung gebrachte Abänderung der Todtenbeschau-
formularien für das tlache Land Niederösterreichs berathen und eine Aenderung in mehreren
Punkten beantragt.
Ueber das Jahrbuch der Wiener Krankenanstalten pro 1897 wurde ein Referat
erstattet und bei diesem Anlasse auf die Nothwendigkeit der zeitgemässen Abänderung des
Krankheitenschemas hingewiesen.
Schliesslich wurde über die Errichtung einer Irrencolonie in der Nähe einer nieder-
österreichischen Landes-Irrenanstalt ein Gutachten abgegeben.
Salzburg Verhandlungsgegenstände in der Sitzung vom 11. October 1899:
1. Gutachten in Betreff der Pflege unehelicher Kinder. (Referent: Prof. Dr. Lumpe.)
2. Aeusserung in Bezug auf die geplante Erweiterung des städtischen Friedhofes.
(Referent: Stadtphysicus Dr. Sieber.)
3. Gutachten in Betreff der Blennorrhöe Neugeborener. (Referent: Primararzt
Dr. Gampp als ausserordentliches Mitglied.)
Steiermark. In dor Sitzung am 11. November l. J. gelangten folgende Gegenstände zur
Verhandlung:
1. Gutächtliche Aeusserung über Anträge, betreffend Assanirungen in den Betriebs-
stätten von Bäckereien.
2. Gutächtliche Aeusserung, betreffend die Beseitigung der Abwässer aus einer Bier-
brauerei.
3. Gutächtliche Aeusserung über die Zulässigkeit oder die Entbehrlichkeit einer neu zu
errichtenden öffentlichen Apotheke im politischen Bezirke Bruck a. d. M.
— 516 —
Tirol und Vorarlberg. In der Sitzung vom 18. November ]. J. kamen nachfolgende Gegen-
stände zur Verhandlung:
1. Gutachten, betreffend Gesundheitsschädigungen durch Verfütterung von sogenanntem
Ausreuter an das Vieh.
2. Gutachten über die Erriebtung einer Schlosserwerkstätte in einem Curorte.
In der Sitzung vom 16. December l. J. gelangten nachfolgende Gegenstände zur Be-
rathung :
1. Gutachten iiber die Bewilligung einer Kaltwasserheilanstalt.
2. Gutachten über die Bewilligung eines Sanatoriums.
3. Gutachten über den Bauplan für ein Krankenhaus,
Böhmen. In der Sitzung am 2. December 1899 gelangten nachstehende Gegenstände
zur Verhandlung:
1. Errichtung einer zweiten öffentlichen Apotheke in Neubydschow.
2. Betrieb einer Brauerei in Saaz.
3. Errichtung einer Privatheilanstalt in Koschif.
4. Ausleitung der Abwässer aus einer Hutfabrik in Bubna.
5. Betrieb einer Niederlage roher Häute und Felle in Türmitz.
6. Ableitung der Schmutzwässer aus dem Schlossbräuhause und Schlossgebäude,
sowie aus dem Gemeindeschlachthause in Pardubitz in die Elbe.
T. Betrieb einer Wasserheilanstalt in Aussig.
8. Bau eines Isolirpavillons bei der Landes-Findelanstalt in Prag.
9. Erriehtung einer Gemeinde-Wasserleitung in Castalowitz.
10. Gutachten, betreffend einen in einer Apotheke vorgefundenen vorschriftswidrigen
Arzneiartikel.
11. Verabreichung kohlensäurehältiger Bäder auf der Sophien-Insel in Prag.
12. Erbauung und Betrieb einer Badeanstalt in Reichenberg.
13. Verwendung der Dotation des k. k. Landes-Sanitätsrathes für das Jahr 1899.
In der Sitzung am 16. December 1599 gelangten nachstehende Gegenstände zur Ver-
handlung:
1. Errichtung einer dritten öffentlichen Apotheke in Königliche Weinberge.
2. Betrieb einer Margarin-Butterfabrik in Schönpriesen.
3. Betrieb einer Glasschleiferei in Zilow.
4. Erweiterung des Friedhofes in Piedalav.
5. Betrieb der Nestomitzer Zucker-Raffinerie.
6. Entwurf einer Desinfectionsordnung und einer Instruction fiir den Dienst auf
den Infectionsabtheilungen des k. k. allgemeinen Krankenhauses in Prag.
(Die Beschlussfassung wurde bis zur niichsten Sitzung vertagt.)
7. Errichtung einer Privatheilanstalt in Rumburg.
8. Besetzungsvorschlag fiir die systemisirten polizeidrztlichen Stellen in Prag.
Mithren. Verhandlungen in der Sitzung am 26. October 1899.
1. Recurse gegen die seitens der politischen Bezirksbehörde erfolgte Verleihung der
Apothekenconcession in Stramberg. (Referent: Sanitätsrath Dr. Franz Brenner.)
2. Ansuchen der Gemeinde Dubiiian um Ausscheidung aus dem Sanitätsdistricte
Göding-Dubnian. (Referent: Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
3. Herstellung eines Schwemmcanalsystems iu den k. u. k. Militärbildungsanstalten
in Mabrisch-Weisskirchen. (Referent: Landes-Sanitätsinspector Dr. Spitzer.)
4. Abänderungen des Projectes für die Umgestaltung des mit dem Oeffentlichkeits-
rechte auszustattenden Krankenhauses in Eibenschitz. (Referent: Landes-Sanitiitsinspector
Dr. Spitzer.)
5. Gesuch der Gemeinde Bernhau um Ausscheidung aus dem Sanitätsdistricte
Sponau. (Referent: Statthaltereirath Dr. Schoefl.)
Sitzung am 21. November 1899:
1. Zulissigkeit des Weiterbestandes der Apotheke in Höflein. (Referent: Statt-
haltereirath Dr. Schoefl.)
a =
2. Ansuchen um die Bewilligung zur Eröffnung einer Privat-Entbindungsanstalt in
Brünn. (Referent: Sanitätsrath Dr. Schoefl.)
3. Errichtung einer öffentlichen Apotheke in Ung.-Ostra. (Referent: Sanitätereth
Dr. Franz Brenner.)
Schlesien. In der Sitzung am 26. October beglückwünschte der Vorsitzende den Landes-
Sanitätsreferenten und Landes-Regierungsraih Dr. Kleinsasser, sowie den kaiserlichen Rath
und Oberbezirksarzt Dr. Husserl zu den ihnen aus Anlass der wirksamen Bekämpfung der
Flecktyphusepidemie in Kohlbach zu Theil gewordenen Allerhöchsten Auszeichnungen.
Nach Begrüssung des vom schlesischen Landesausschusse entsendeten neuen Mitgliedes
Dr. Otto Zinsmeister wurden nachstehende Gegenstände der Berathung und Beschlussfassung
unterzogen:
1. Begutachtung der Schlachthausordnung und der Dienstesinstruction für den
Thierarzt im Schlacbthause der Fleischergenossenschaft in Wagstadt. (Referenten: Sanitätsrath
Dr. Dworzak und Landesthierarzt Stengl.)
2. Gutächtliche Aeusserung über einen Recurs gegen die Bewilligung zur Errichtung
eines Häute-Trockenmagazines in Teschen. (Referent: Sanitätsrath Dr. Tischler.)
3. Gutachten über ein Gesuch um Verlegung des Standortes der öffentlichen
Apotheke in Oderberg, beziehungsweise über die Nothwendigkeit der Errichtung einer
neuen Öffentlichen Apotheke in Schönbichel. (Referent: Sanitätsrath Dr. Dworzak.)
4. Gutächtliche Aeusserung, betreffend die Nothwendigkeit, beziehungsweise Zulässigkeit
der Feststellung eines Schutzrayons für die Heilquellen im Curorte Johannisbrunn vom
Standpunkte der öffentlichen Intereseen. (Referent: Sanitätsıaıh Dr. Husserl.)
In der am 7. December 1. J. abgehaltenen Sitzung wurden nachstehende Gegenstände
‘der Beratbung unterzogen:
1. Begutachtung des Projectes einer Entwässerungsanlage in der Stadt Bielitz.
(Referenten: Sanitätsrath Dr. Boeck und Baurath Stenzel.)
2. Gutächtliche Aeusserung über die Qualification der Bewerber um die Spitalleiter-
stelle in Wagstadt. (Referent: Sanitätsrath Dr. Husserl.)
Galizien. In der Sitzung am 6. November 1899 standen nachstehende Gegenstände in
Verhandlung:
1. Gutächtliche Aeusserung über die Anlage einer Röststätte für Zinkbleude in dem
Zinkhüttenwerke Trzebinia, Bezirk Chrzanow. (Referent: Sanitiitsrath Docent Dr. Schramm.)
2. Gutächtliche Aeusserung über die Creirung neuer Sanitätsdistricte in Mrzygloöd,
Bezirk Sanok und in Knihynin, Bezirk Stanislau. (Referent: Landes-Sanitätsreferent Dr. Meru-
nowicz.)
3. Besetzungsvorschlag für eine erledigte Oberbezirksarztesstelle. (Referent: Landes-
Sanitätsreferent Dr. Merunowicz.)
4. Begutachtung der Pläne eines neu zu errichtenden Siechenhauses in Lemberg. (Referent:
Landes-Sanititsreferent Dr. Merunowicz.)
D. Gutachten über einen Recurs, betreffend eine Cichorienfabrik in Tarnopol. (Referent:
Sanitätsrath Docent Dr. Schramm.)
6b. Veterinärbericht pro 1897. (Referent: a o Mitglied Landesthierarzt Timoftiewicz.)
7. Gutächtliche Aeusserung über die Thätigkeit mehrerer Distrietsärzte. (Referenten:
Sanitiitsrath Prof. Dr. Czyzewiez und Sanitätsrath Regierungsrath Dr. Opolski).
Mittheilungen über sanitäre Verhältnisse und Verfügungen im Auslande.
Stand der Pest und Massnahmen gegen dieselbe. Portugal. In Oporto ist vom
8. bis 15. December 1. J. blos eine neue Pesterkrankung beobachtet worden. Im Pestspitale
befanden sich am 15. December noch 33, darunter 5 schwer Kranke.
Bulgarien. Paraguay wurde als pestverseucht, die Ilifen von Philippeville und Bougie
(Siehe S. 464 d. Bl.) als pestfrei erklärt, und die gegen letztere angeordneten Massnahmen
wurden behoben.
— 518 —
Griechenland. Die gegen Provenienzen aus Aegypten angeordnete fünftägige Observations-
quarantaine (siehe S. 488 d. Bl.) wurde mit königlichem Decrete vom 23. November (5. De-
cember) l. J. auf 48 Stunden herabgesetzt; dieselbe kann in jedem Hafen, in welchem sich ein
Sanitätsamt 1. Classe befindet, d. i. in den Häfen von Corfu, Piräus, Syra und Volo absolvirt
werden.
Rumänien. Die Bestimmung, dass Provenienzen aus Indien und Aegypten nur gegen
Beibringung eines Ursprungscertificates zum freien Verkehre zugelassen werden (siehe S. 488 d. BI.)
wurde aufgehoben.
Türkei. Die Einfuhr von Früchten und Gemüsen aus Aegypten wurde freigegeben, Post-
collis aus diesem Lande werden wieder zugelassen.
Der im tripolitanischen Gebiete an der ägyptischen Grenze gezogene Militärcordon wurde
aufgehoben.
Die aus dem äussersten Osten, d. h. östlich von Britisch-Indien mit reinem Patente an-
kommenden Schiffe werden in Hinkunft nicht mehr einer 24 stündigen Observation unterzogen,
sondern erhalten nach vorausgezangener Prüfung der Schiffspapiere libera pratica.
Die Regierung von Cypern hat die Quarantaine gegen Provenienzen aus Aegypten auf
5 Tage herabgesetzt.
Britisch-Indien. In Bombay sind vom 23. November bis 2. December 191 Erkrankungen
und 137 Todesfälle, in Caleutta vom 14. bis 20. October 39, vom 21. bis 27. October 60
und vom 28. October bis 3. November 38 Todesfille an Pest beobachtet worden; in Kurachee
ereigneten sich vom 1. bis 6. November 1 und vom 7. bis 12. November 3 Erkrankungen und
2 Todesfiille.
Madagaskar. In Tamatave sind vom 21. bis 26. November 5 neue Eıkrankungen
und 3 Todesfälle vorgekommen; vom 27. November bis 4. December ist kein weiterer Fall
beobachtet worden.
Reunion. In St. Denis wurden vom 17T. bis 30. November 4 Pestfälle beobachtet.
Vermischte Nachrichten.
Sanitäre Behandlung des Lloyddampfers »Berenices. (Siehe S. 465, 475 u. 490 d. BI).
Nach Ankunft des Schiffes im Seelazarethe Valle S. Bartolomeo wurde dasselbe noch vor
Eröffnung der Laderäume einer eingehenden Revision und Desinfection unterzogen. Ratten waren
während der letzten Wochen der Fahrt von der Schiffsmannschaft an Bord nicht beobachtet
worden, auch konnten lebende Ratten bei den seit der Ankunft des Schiffes im Lazarethe
eifrigst gepflogenen Durchsuchungen nicht vorgefunden werden.
Die Löschung der Ladung erfolgt im Lazarethe, und hängt die endgiltige Entscheidung
über die weitere Behandlung derselben von dem bei der Löschung sich ergebenden sanitären
Befunde ab. Das im Lazarethe befindliche ärztliche und Wärterpersonale, sowie die zur Durch-
führung der Löschungsarbeiten aufgenommenen Hafenarbeiter wurden durch Injection von
Pestserum immunisirt. Die Arbeiten, welche vor zehn Tagen in Angriff genommen wurden und
ungefähr drei Wochen in Anspruch nehmen dürften, werden unter strenger ärztlicher Aufsicht
vorgenommen.
Die bisher ausgeladenen Kaffeesäcke zeigen keine Spuren einer Annagung oder
Verunreinigung durch Ratten.
Der Gesundheitszustand der Schiftsmannschaft, sowie der Hafenarbeiter und aller übrigen im
Lazarethe befindlichen Personen ist ein andauernd günstiger. Die mit dem Schiffe heimgesendete
Auswandererfamilie wurde nach zehntägiger ärztiicher Ueberwachung im Lazarethe unter den ent-
sprechenden Vorsichtsmassregeln in ihre Heimat nach Avio, Bezirk Rovereto, befördert, wo sie
bereits eingetroffen ist.
Die Reinigungs- und Desinfeetionsarbeiten wurden ununterbrochen fortgesetzt; dieselben
sind nunmehr bis auf jene in den Laderäumen durchgeführt.
EEE BE I EE EE CEEEEEREEEgese
Verantwortlicher Redacteur: Ludwig Werner. Veriax von Alfred Hölder in Wien. Druck von Friedrioh Jasper in Wien.
BEILAGEN
DER WOCHENSCHRIFT
DAS ÖSTERREICHISCHE SANITÄTSWESEN.
ORGAN FÜR DIE PUBLICATIONEN
DES
K. K. OBERSTEN SANITÄTSRATHES.
REDIGIRT VON
Dr. J. DAIMER.
SECTIONSRATH IM MINISTERIUM DES INNERN.
XI. JAHRGANG 1899.
WIEN 1899.
ALFRED HOLDER,
K, U. K. HOF- UND UNIVERSITATS-BUCHHANDLER
l. ROTHENTHURMSTRASSE 15.
Alle Rechte, auch das der Uebersetzung, vorbehalten.
Inhalts-Verzeichnis.
. Das Sanitäts- und Veterinärpersonale bei den k. k. politischen Behörden am 1. Jänner 1899 .
. Sanitäre Einrichtungen der Stadt Karlsbad
. Die von der Gemeinde Wien neu errichtete städtische Sanitätsstation im II. Bezirk, Gerhardus-
gasse 3,5 und die derzeitige Besorgung der Desinfection und des Krankentransportes in
Wien e . - o
. Belebrung über die Pest und die sanitären Massnahmen zur Verhütung und Tilgung der-
selben » . e D e . e D . ° . . e . . . . . . . . e $ e . e . . D . . e e $ e LU
„ Die eroupöse Pneumonie der Berg- und Hüttenarbeiter im Gebiete des steirischen Erzberges.
Eine epidemiologische Studie von Dr. Adolf Kutschera, Ritter von Aichbergen, k. k.
Bezirksarzt .
. Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizeidirection in Wien für das Jahr 1898
Vom Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witladil .
Seite
25
119
113
Druck von Friedrich Jasper in Wien.
—
»Das österreichische Sanitätswesen.« Beilage zu Nr. 10, 9. März 1899.
Verlag von Alfred Hölder, k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändler in Wien, I., Rothenthurmstrasse 15.
Das Sanitáts- und Veterinárpersonale
bei den
k. k. politischen Behörden am I. Jänner 1899.
(Zusammengestellt im Sanitätsdepartement des k. k. Ministeriums des Innern.)
FR
In den seit Ausgabe des Verzeichnisses der ldf. Sanitäts- und Veterinärorgane
nach dem Stande am 1. Jänner 1894 (siehe Beilage zu Nr. 7 des Jahrg. 1894 d. BI.)
verflossenen fünf Jahren haben sich im Status dieser Staatsbeamten Veränderungen
in den Rangsverhältnissen der Aerzte vollzogen und ist abermals eine Vermehrung
der Zahl der amtsärztlichen und amtsthierärztlichen Stellen eingetreten. Das Gesetz
vom 5. Jänner 1896, R. G. Bl. Nr. 17,*) brachte den Amtsärzten die lange ersehnte
Reorganisation des Standes und begründete den sanitären Inspectionsdienst, welcher
bisher allerdings erst in sechs Verwaltungsgebieten organisirt ist und von eigens
bestellten Sanitätsbeamten versehen wird. Die Reorganisation bestand darin, dass die
Amtsärzte nicht mehr wie bis dahin zu zwei Fünftel in die IX. und zu drei Fünftel
in die X. Rangsclasse der Staatsbeamten eingereiht werden, sondern je ein Fünftel
derselben in der VIII. und X., drei Fiinftel in der IX. Rangsclasse stehen. Im
Laufe des Jahres 1896 vollzogen sich diese Veränderungen.
Gleichzeitig fand eine Vermehrung der Zahl der amtsärztlichen Stellen
statt in der Weise, dass grundsätzlich jeder Bezirkshauptmannschaft ein eigener
Amtsarzt, welcher Oberbezirksarzt, Bezirksarzt, Sanitätsconcipist oder Sanitätsassistent
sein kann, zugewiesen wird. Nur vier Bezirkshauptmannschaften entbehren eigener
Amtsärzte, weil aus besonderen, zumeist localen Gründen die Zuweisung zum Amts-
sprengel eines benachbarten Sanitätsbezirkes zweckmässiger erschien.
Seit 20 Jahren ist die Zahl der Amtsärzte von 241 auf 437 gestiegen. Im
Jahre 1878, in welchem ?°-"- Grunde des Reichs-Sanitätsgesetzes vom 30. April 1870
durchzuführende allgem: ‚anisation des Standes der Sanitätsbeamten mit jener
in Galizien abgeschlossen - de, zählte man bei den Landesstellen und bei den
politischen Bezirksbehörden 239 Amtsärzte, von denen 24 Sanitätsassistenten waren.
Die Folge war, dass einem Amtsarzte zwei bis fünf und mitunter auch mehr Bezirke
zugewiesen werden mussten. In Böhmen waren für 89 Bezirke nur 27, in Mähren
*) Siehe Jahrg. 1896 d. Bl, S. 34.
vs I e
für 31 Bezirke nur 9 Bezirksärzte bestellt. Nur allmälig und schrittweise wurde die
Zahl der Amtsärzte vermehrt, in den Jahren von 1878—1887 die Zahl der Bezirks-
ärzte um 17, jene der Sanitätsassistenten um 15 und mussten letztere in den ihnen
zugewiesenen Bezirken den bezirksärztlichen Dienst in seinem vollen Umfange ver-
sehen, wogegen sie nur das mit 500 fl., ausnahmsweise mit 600 fl. bemessene Adjutum
als Entlohnung bezogen.
Vom Jahre 1888 an trat eine raschere Vermehrung der Zahl der bezirks-
ärztlichen Stellen ein, auch weitere Adjuten für Sanitätsassistenten wurden bewilligt.
Am 1. Jänner 1894 betrug die Zahl der Amtsärzte bei den Centralstellen und bei
den Bezirkshauptmannschaften 388, darunter waren 59 Sanitätsassistenten.
Am 1. Jänner 1899 betrug die Zahl der systemisirten staatsärztlichen Stellen 416.
Deren Vertheilung nach Verwaltungsgebieten und Rangsclassen weist die folgende
Tabelle nach.
Am 1. Jänner 1899 systemisirter Stand der Amtsärzte und Amtsthierárzte.
Amtsärzte Amtsthierärzte
| : Bull s | I
1 Ve) UI. VIENA K [Say S VVL IX S 1 II
| E< | E — 8
| Rangsclasse 5g | a Rangsclasse | 5
| > 4N | N 4 IN
Ministerium des Innern . 1 2 1 2 2 a , 8 1 1 2) — — 4
Niederösterreich . . . . — l 1 D 14 5 2 2g] — 1 EI oo 2011 23
Oberösterreich . . . . . = 1 - 3 5 2 | LOT = L| 1 12|| 14
twee a a a a — | 1 4; 1| — qj — La 1 5| 7
Steiermark ...... — 1 4 | 13| 4 2 || 25| = | 1; 1); 20) 23
eebe, 2 A Ar e Wi — 1 | — 2 5| 1| — 91 — l | — 1 7 9
ee He We. SL Sëll Ess lU LI IN
Küstenland . . . — 1 | 2 7 2 2 DS == Led ee 3 ii Y
Tirol und Vor: ariberg — ] ms 5 14 4 3 ey re l1| 1|— 241 26
Böhmen 1 a) LO 56 | 19 b 11021 - DAY vr 2 93 Hp
Mähren 1 1 7 SEL Y 3 Hal 1 GA 3 33 || 36)
Schlesien . | 2 GI, MCL: et Sa E cee d Hu 10
Galizien 1 Zi 10 46| 16 001-3871 — l 1 1; 77 80
Bukowina ...... — 1 2 6; 2 1 12 l Se A: "3 91 11
ı Dalmatien I | — d 8; 3 2 17} — l|¡—| 1 11 13)
Summe . | 16 9 | 76 |219| 70 | 29 |416 1 | 15 | 8 | 13 | 83?) 374)
|
|
Die Zahl der Amtsärzte ist aber eine grössere, beläuft sich, wie aus dem unten
folgenden nominativen Verzeichnisse derselben hervorgeht, auf 430 und wurde, wenn
die sieben vacanten Stellen ebenfalls besetzt wären, 437 betragen.
Die Differenz zwischen der systemisirten ind wirklichen Zahl erklärt sich
daraus, dass eine Reihe von Stellen provisorisch besetzt ist oder die Bezüge aus
anderen als den für Gehalte bestimmten Crediten bestritten werden.
Ungleich bedeutender als bei den Aerzten ist die Vermehrung der Zahl der
Stellen bei den Thierärzten. Im Jahre 1878 war jeder politischen Landesbehörde
ein Landesthierarzt zugetheilt. Bezirksthierärzte gab es nur 26 (10 in Galizien, 4 in
der Bukowina, je 3 in Steiermark. im Küistenlande und in Mähren, je 1 in Salzburg,
Krain und Tirol-Vorarlberg). Von 1878 an wurden in jedem Jahre neue amtsthier-
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Ser ZER ap
ärztliche Stellen systemisirt, 1883 bestanden 60, 1888:160, 1894 : 320, den am
l. Jänner 1899 systemisirten Stand (374) weist die vorstehende Tabelle nach.
In den Rangsverhältnissen der Amtsthierärzte sind Veränderungen nur insoferne
eingetreten, als nunmehr jeder politischen Landesstelle ausser dem Landesthierarzte
noch ein Veterinärinspector oder ein Veterinärconeipist oder (in Wien, Graz, Prag,
Brünn und Lemberg) je ein solcher zugetheilt wurde.
Veränderungen sind im Stande dieser Beamten während des ftinfjährigen Zeit-
raumes theils in Folge Eintrittes einer grossen Zahl von Aerzten und Thierärzten
in den Dienst bei den politischen Behörden, theils durch Tod oder in Folge Aus-
scheidens aus dem activen Dienste vorgekommen. Von den Amtsärzten sind 23
gestorben, darunter 8 (in Galizien) als Opfer ihres Berufes am Fleck-
typhus. Die Verstorbenen hatten ein durchschnittliches Alter von 46 Jahren
erreicht und eine mittlere Dienstzeit von 12 Jahren zurlickgelegt.
In den bleibenden Ruhestand traten 16 Amtsärzte, deren durchschnittliches
Lebensalter 61 Jahre, das mittlere Dienstalter 25 Jahre betrug.
Die Verstorbenen standen im Durchschnitt im Alter von 34!/, Jahren, die in
Folge Pensionirung ausgeschiedenen Amtsärzte durchschnittlich im Alter von
35!/, Jahren, als sie in den Staatsdienst eingetreten waren.
Von den Amtsthierärzten gingen 6 mit Tod ab, 7 traten in den Ruhestand.
Die ersteren hatten im Durchschnitte 9, die letzteren 15!/, Dienstjahre zurückgelegt,
die ersteren standen im Alter von 40, die letzteren von 49'/, Jahren.
Vergleicht man diese Daten mit den analogen in den früher ausgegebenen Ver-
zeichnissen der ldf. Amtsärzte und Amtsthierärzte, so lässt sich nicht verkennen, dass
diese Kategorie von Staatsbeamten gegenüber den anderen sich in ungünstigeren Verhält-
nissen befindet, Aerzte und Thierärzte, namentlich aber die ersteren im Allgemeinen,
in einem bedeutend höheren Alter in den Staatsdienst eintraten als der Jurist, der
nach absolvirten Studien bereits zur Praxis zugelassen wird, oder die Beamten
anderer Dienstzweige, welche schon als Practicanteneintreten können und ehe sie noch
die Staatsprüfung ablegten, während Aerzte und Tbierärzte, um zur Probepraxis
zugelassen zu werden, bereits eine längere practische Verwendung im Spitale oder die
erfolgreiche Ablegung der sogenannten Physicatsprüfung, zu welcher sie gleichfalls
erst nach einer mehrjährigen practischen Verwendung zugelassen werden, nach-
weisen Müssen.
Allerdings baben sich diese Verhältnisse in der neuesten Zeit wesentlich
gebessert und treten gegenwärtig Aerzte und Thierärzte schon in einem früheren
Alter in den Staatsdienst ein, wogegen noch 1871 und im ersten, zum Theile auch
noch im zweiten Decennium der Wirksamkeit des Reichs Sanitätsgesetzes die ein-
tretenden Aerzte bereits gegen 40 Jahre alt waren, viele dieses Alter sogar schon
überschritten hatten. Doch kam es auch in neuester Zeit noch vor, dass Aerzte im
Alter von 38—40 Jahren als Sanitätsassistenten eintraten.
Bei den Thierärzten gestalteten sich diese Umstände günstiger, weil die Studien-
dauer und die behufs Zulassung zur Physicatsprüfung geforderte Dauer practischer
Verwendung eine kürzere ist. l
Um eine allgemeine Uebersicht über die berührten persönlichen Verhältnisse
der Sanitäts- und Veterinärbeamten zu gewinnen, wurde aus den vorliegenden
1*
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Standesbüchern das Lebens- und Dienstalter dieser Aerzte und Thierärzte berechnet.
Aussser Betracht musste das Lebensalter von neun Thierärzten bleiben, weil die
Daten über das Geburtsjahr fehlen.
Was die Zeit des Dienstantrittes betrifft, sind die zur Verfügung stehenden
Daten aus dem Grunde nicht ganz genau, weil bei einer Reihe von Aerzten und
Thierärzten wohl der Beginn der anrechenbaren Dienstzeit angegeben erscheint,
nicht aber der Termin des Eintrittes in den politischen Staatsdienst. Diese Aerzte
und Thierärzte standen früher entweder im Militär- oder als Aerzte im öffentlichen
Krankenhausdienste. Hiedurch erscheinen die Lebens- und Dienstaltersverhältnisse
günstiger als sie in der That sind.
Hinsichtlich des Lebensalters stellte sich heraus, dass von den im unten
folgenden Verzeichnisse aufgeführten 430 Aerzten bei den politischen Landes- und
Bezirksbehörden und von 362 Thierärzten geboren wurden:
| Amtsärzte Amtsthierärzte
im Jahre 1829 . .....°. 1 —
1880—1834 ....... 11 2
1835—1839 ...... .. 21 3
1840—1844 . . . . . . . 48 18
1845—1849 . .. ... . 14 29
1850—1854 . . . . . . . bb 42
1855—1860 . . . . . . . 45 56
1861—1864 . . . . . . . 92 108
1865—1869 . . Bä 86
1870—1874........ #5 © N
1875 ee. tee SS 1
430 362*)
Die anrechenbare Dienstzeit beginnt bei
Amtsärzten Amtsthierärzten
vor dem Jahre 1871 . . . . . . . 22 | 10
1871—1873 . .... . .~ «299 {
1876-1880 . . . . . . . D4 21
1881—1885 ....... 4l 46
1886-1890 . . . ... . 87 113
1891—1895 . . .... . 126 137
1896—1898 ....... 71 37
430 371
Die beiden vorstehenden Uebersichten bedürfen keines Commentars, sie bringen
die Verschiedenheiten in den Lebens- und Dienstaltersverhältnissen der Amtsärzte
*) Von neun Amtstbierärzten ist das Geburtsjahr nicht genau bekannt, daher die Differenz.
= e
und Amtsthierärzte ziffermässig zum Ausdrucke, lassen aber auch entnehmen, wie
rasch sich die Kräfte der Amtsärzte abnützen, wodurch diese, wenn nicht der Tod
sie frühzeitig als Opfer ihres Berufes dahinrafft, ein Umstand, welcher nicht selten
gewissermassen als selbstverständlich genommen wird, gezwungen werden, nach einer
durchschnittlich weit kürzeren Dienstzeit aus der Activität zu scheiden als Beamte
anderer Dienstzweige.
Ein Umstand, der in dieser Richtung vielleicht wesentlich in die Wagschale
fällt, ist jedenfalls der in einem verhältnissmässig schon vorgerückten Alter statt-
findende Eintritt in den Staatsdienst. Die im unten folgenden Verzeichnisse auf-
geführten Amtsärzte und Amtsthierärzte traten in den Staatsdienst (unter Einrechnung
der vor dem Eintritte in den Dienst der politischen Verwaltung vollstreckten
anrechenbaren Dienstzeit) im Alter von
Amtsärzte Amtsthierärzte
25 und weniger Jahren . . . . . . . 13 16
26-30 » Er a & &-@ E 173
31—35 > p e a d ër, AD 74
36—40 > ee GE ae 30
41—45 >» aa. AO 7
46—48 > ee « 6 | 2
430 362 *)
Das mittlere Lebensalter der gegenwärtig activen Amtsärzte beim Beginne
ihrer anrechenbaren Dienstzeit war 32 Jahre, jenes der Amtsthierärzte 29 Jahre.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass fast alle, deren Dienstzeit in
relativ jungen Jahren beginnt, vor dem Eintritte in den politischen Staatsdienst in
anderen Zweigen practisch thätig gewesen, dass erst seit Vermehrung der Zahl der
amtsärztlichen und amtsthierärztlichen Stellen eine grössere Zahl von jungen Kräften
in den Dienst eintreten, stellt sich ein wesentlich günstigeres Verhältniss und eine
grössere Wahrscheinlichkeit für den Einzelnen heraus, ein höheres Dienstalter zu
erreichen, als dies vor 20 Jahren der Fall gewesen.
Im Jahre 1878 zählte man 241 Amtsärzte und 40 Amtsthierärzte. Von diesen
standen am 1. Jänner 1899 nur mehr 85 Aerzte und 27 Thierärzte im activen
Dienste, 136 Aerzte und 13 Thierärzte waren in den 20 Jahren in Abgang gekommen.
*) Siehe Fussnote S. 4,
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Verzeichniss
Sanitäts- und Veterinärorgane
k. k. politischen Behörden
nach dem Stande am 1. Jänner 1899.
I. K. k. Ministerium des Innern.
A. Sanitäts-Departement.
Dr. Kusy Emanuel Ritter v. Dubrav, k. k. Ministerialrath, Sanitätsreferent
und Vorstand des Sanitäts-Departements.
a) Sanitätspolizeiliches Referat.
(Agenden: Personalangelegenheiten der Sanitätsverwaltung, sanitätspolizeiliche Evidenz (Sanitätsstatistik),
Infectionskraukheiten, Assanirung, Gemeinde-Sanıtätsdienst, Todtenbeschau, Friedhöfe, Grüfte, Leichen-
transport, sanitätsgewerbliche Angelegenheiten [exclusive Apothekerwesen und Medicinalwaarenhandel],
Marktpolizei, Fleischbeschau, Schlachtwesen [insoweit es sich nicht um veterinärpolizeiliche Agenden
handelt], Impfung. prophylaktische Massnahmen, Schul-, Wohnungs- und Arbeiter-Hygiene.)
Dr. Daimer Josef, k. k. Sectionsrath, Abtheilungsvorstand.
Dr. Kleinsasser Egbert, k. k. Landes-Sanitätsinspector.
Dr. Hofmokl Eugen, k. k. Bezirksarzt.
Dr. Markl Gottlieb, k. k. Bezirksarzt.
b) Medicinalpolizeiliches Referat.
(Agenden: Heilanstalten jeder Art, Curorte, Mineralwässer, medicinische Studien, Ausübung der Heil-
kunde, Aerztekammern, Physicatsprüfungen, Apothekerwesen, Hebammen, zahntechnische Angelegen-
heiten, Ärztliche Hilfsgewerbe, Impfstoff- und Serumerzeugung, Cur pfuscherei.)
Dr. Illing Ferdinand, k. k. Sectionsrath, Abtheilungsvorstand.
Dr. Melichar Leopold, k. k. Ministerialsecretär.
Dr. Blumenfeld Heinrich, k. k. Bezirksarzt.
Dr. Celebrini Emil v., k. k. Bezirksarzt.
Dr. Helly Karl Ritter v., k. k. Bezirksarzt.
B. Veterinär-Departement.
Sperk Bernhard, k. k. Sectionsrath mit Titel und Charakter eines Ministerialrathes,
Veterinärreferent. |
Suchanka Franz, k. k. Landesthierarzt.
Januschke Eduard, k. k. Veterinärinspector.
Ponicki Franz, k. k. Veterinärinspector.
nn
12
II. Sanitätsorgane
k. k. politischen Landes- und Bezirksbehörden.
Böhmen.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
in Prag:
Pele Ignaz, k. k. Statthaltereirath und Landes:
Sanitätsreferent.
Brechler Ritter von Troskowitz Vincenz,
k. k. Landes-Sanitätsinspector.
Slavik Vincenz, k k. Landes-Sanitiitsinspector.
Plzák Franz, k. k. Oberbezirksarzt, mit Titel `
Wenisch Friedrich, k. k. Oberbezirksarzt.
Cerny Josef, k. k. Bezirkaarzt.
Kratochvile Josef, k. k. Sanitätsconcipist.
Die Stelle eines dritten Landes-Sanitäts-
inspectors ist vom Jahre 1899 an systemisirt,
aber noch nicht besetzt.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangseclasse):
3. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse):
Dr,
Dr,
Dr.
Dr,
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
. Fuchs Abraham in Jungbunzlau.
. Gellner Stephan in Saaz.
. Grohmann Johann in Teplitz.
. Hainze Ignaz in Tetschen.
. Halik Michael in Chrudim.
. Hellmuth Friedrich in Pilsen.
. Hochberger Josef in Karlsbad.
. Krbec Ferdinand in Kolin.
. Müller Josef in Reichenberg.
. Peduzzi Gustav in Caslau.
. Plzak Franz, s. o. Statth.
. Presl Friedrich in Jicin.
. Rattay Johann in Neustadt a, d. M.
. Rybak Johann in Neuhaus.
. Seyss Gustav in Leitmeritz.
. Talsky Heinrich in Turnau.
‚ Urban Adolf in Königgrätz.
. Voigt Carl in Schüttenhofen.
. Wenisch Friedrich, s. o. Statth.
Arnstein Josef in Blatna.
Barth Wilhelm in Kóniginhof.
Beck Sigmund in Plan.
Bloch Leopold in Neybydschow.
Brumlik Ignaz in Rokycan.
Burian Gustav in Tabor.
Butula Theodor in Klattan.
Černohorský Vincenz in Pardubitz.
Cerny Josef, a. oben Stattbalterei.
und Character eines Laudes-Sanitiitsinspectors.
|
|
Dr. Dvofak Victor in Budweis.
Dr. Fischel Emil in Gablonz.
Dr. Fischer Ludwig in Karolinenthal,
Dr. Fried] Ferdinand in Zizkow.
Dr. Formanek Franz in Schlan.
Dr. Gottlieb Leopold in Joachimsthal.
Dr. Havliéek Jaroslav in Kuttenberg.
Dr, Hejtman Prokop in Wittingau.
Dr. Hlinecky Franz in Rakonitz.
Dr. Hofice Alfred in Münchengrätz.
Dr. Hornidek Michael in Smichow.
Dr. Iltis Alfred in Kaaden.
Dr. Karas Johann in Deutsch-Brod.
Dr. König Josef in Braunau.
Dr. Kohn Samuel in Falkenau.
Dr. Kostlivy Wilhelm in Taus.
Dr. Koutnik August in Hofovic.
Dr. Kováf Josef in Starkenbach.
Dr. Krácik Wenzel in Beneschau.
Dr. Kralert Miroslaw in Pilgram.
Dr. Kulhavy Franz in Kónigl. Weinberge.
Dr. Kvasniéka Innocenz in Raudnitz.
Dr. Lurje Felix in Podébrad.
Dr. Malkovsky Ferdinand in Pisek.
Dr. Metze Alexander in Böhm.-Leipa,
Dr. Metzel Adolf in Friedland.
Dr. Odstréilik Josef in Leitomischl.
Dr. Pelikan Friedrich in Böhm.-Brod.
Dr. Pick Jnlius in Landskron.
Dr. Porges Rudolf in Krumau.
Dr. Pustulka Alois in Laun.
Dr. Pross Karl in Reichenau.
Dr. Quirsfeld Eduard in Rumburg.
Dr. Reisinger Gottlieb in Komotau.
Dr. Rudofsky Franz in Bischofteinitz,
Dr. Scholz Franz in Eger.
Dr. Schwarzkopf Salomon in Tachau.
Dr. Stéin Israel in Kaplitz.
Dr Strauss Julius in Aussig.
Dr. Theimer Josef in Mies.
Dr. Tichy Josef in Trautenau.
Dr. Tobek Wenzel in Hohenmauth.
Dr. Uttl Franz in Strakonitz.
Dr. Vezvald Franz in Pfibram.
Dr. Vodiansky Ludwig in Brüx.
Dr. Walter Wenzel in Kladno.
Dr. Wolff Hugo in Dux.
4. K. k. Sanitätsconeipisten (X. Rangsclasse):
Dr. Barkmann Wenzel in Senftenberg.
‚Dr. Czemetschka Johann in Luditz.
*) Die mit *) bezeichneten Sanitätsconeipisten führen den Titel »Bezirksarzie«.
13
. Dvofak Josef*) in Policka.
. Kratochvile Josef, s. oben Statthalterei.
. Krist Johann in Mühlhausen.
. Křiž Richard*) in Gabel.
. Mareček Josef in Kralovic.
. Novák Anton in Melnik.
Pokorný Josef in Ledetsch.
. Richter Josef*) in Podersam.
. Rubeš Franz*) in Pfestitz.
. Schulhof Heinrich*) in Prachatitz.
. Sternberger Ludwig*) in Tepl. `
. Sykora Wilhelm in Semil.
. Tobisch Josef in Graslitz.
. Truxa Jaroslav in Selcan.
Dr.
Dr.
Dr.
Tysovsky Franz in Dauba.
Vytvar Anton*) in Hohenelbe.
Zörkendörfer Karl in Schluckenau.
5. K. k. Sanitätsassistenten:
Basta Johann in Chotébot. `
Bauer Oskar, Edler v. Skallheim in ZiZkow.
Bazika Wladimir in Smichow.
Guth Karl in Neuhaus.
Pičman Ladislaus in Karolinenthal.
Pilaf Josef in Königl. Weinberge.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Bukowina.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Landes-
regierung in Czernowitz:
Dr. Kluezenko Basil, k. k. Landes-Regierungsrath
und Sanitätsreferent.
Dr. Flinker Arnold, k. k. Sanitätsconcipist.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse):
Dr. Poras Hermann in Czernowitz.
Dr. Rudnik Moriz Anton in Radautz.
3. K. k. Bezirksärzte (IX. Rangsclasse):
Dr. Brunstein Wolfgang in Suezawa.
Dr. Getzlinger Leopold in Wiznitz, mit Titel und
Charakter eines Oberbezirksarztes.
Dr. Mandybur Eugen in Gurahumora.
Dr. Okuniewski Athanasius in Storozynetz.
Dr. Perl Josef in Sereth.
Dr. Tittinger Hermann in Kotzman.
4. K. k. Sanititsconcipisten (X. Rangsclasse):
Dr. Flinker Arnold, s. oben Landesregierung.
Dr. Wolf Adolf*) in Kimpolung.
5. K. k. Sanitätsassistent:
Die Stelle ist unbesetzt.
Dalmatien.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei
in Zara:
Dr. Ivanics Gustav, k. k. Statthaltereirath und
Landes-Sanitátsreferent.
Givanovic Jacob, k. k. Oberbezirksarzt, mit
den Functionen eines inspicirenden Amtsarztes
bet’ aut.
Battara Rudolf, k. k. Sanitätsassistent.
Dr.
. Dr. |
|
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse):
Dr. Givanovic Jakob, s. oben Statthalterei.
Dr. Tommaseo Nikolaus v. in Sebenico.
Dr. Vipauc Karl in Zara.
3. K. k. Bezirksärzte (IX. Rangselasse):
Dr. Buzolic Stephan in Cattaro.
Dr. Degiovanni Johann in Sin).
Kargotic Wladimir in Imoski.
Kónig Arnold in Curzola.
Malvic Jakob in Spalato.
Manger Kasimir in Lesina.
Nagy Gustav in Metković.
Wendzilowicz Marcell in Ragusa.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
4. K. k. Sanitätsconcipisten (X. Rangsclasse):
Dr. Boara Alfons in Benkovac.
Br. Defranceschi Franz in Makarska.
r
Dr. Stermich Ritter v. Valerociata Anton in Knin
5. K. k. Sanitiitsassistent:
. Battara Rudolf, s. oben Statthalterei.
Eine Srelle nicht besetzt.
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Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr,
14
Galizien.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei
in Lemberg:
Merunowicz Josef, k. k. Statthaltereirath und
Landes-Sanitätsreferent.
Barzycki Josef, k. k. Landes-Sanitätsinspector.
Lachowiez Zdislaus, k. k. Landes-Sanitäts-
inspector.
Gotebiowski Karl Josef, k. k. Sanitätsconeipist
Josse Johann Eugen, k. k. Sanitätsassistent.
Janikiewicz Stanislaus, k. k. Sanitätsassistent.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse):
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
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Dr.
Dr.
Dr.
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Bienczewski Alexander in Dobromil.
Biesiadecki Johann in Jaslo.
Dembowski Miecislaus in Podgorze.
Gladyszowski Emil in Tarnopol.
Janowski Ignaz in Drohobycz.
Obtulowiez Ferdinand in Lemberg.
Rosner Maximilian in Kolomea.
Serkowski Boleslaus in Stryj.
Skalski Ladislaus inu Sambor.
Skibicki Anton in Brzezany.
Stanko Adalbert in Tarnów.
Wagrowski Karl in Czortkow.
Werner Karl in Sniatyn.
Wurst Adolf in Kalusz.
Zaleski Eustachius in Zloczow.
Zawadzinski Stanislaus in Wadowice.
8. K. k. Bezirksirzte (IX. Rangsclasse):
Dr.
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Balicki Stanislaus in Grödek.
Bednarski Johann in Neumarkt,
Berggrün Adolf in Chrzanow.
Bielanski Gustav in Krakau, mit Titel und
Charakter eines Oberbezirksarztes.
Ciepielowski Kasimir in Kolbuszowa.
Coghen Anton in Kosow.
Czyzewiez Ladislaus in Sanok.
Danielski Johann in Rzeszow.
Dorozynski Jakob in Bobrka.
Dzikowski Sigmund in Przemys), mit Titel und
Charakter eines Oberbezirksarztes.
Filewicz Johann in Neu-Sandez.
Friedberg Josef in Tarnobrzeg.
Frydman Zenon in Gorlice.
Gawlikowski Stanislaus in Kamionka.
Giowinski Vincenz in Sokal.
Goldhaber Adolf in Borszezöw.
Hirschler Miecislaus in Buczacz.
Hordynski Andreas in Jaworów.
Jabtonski Hyacinth in Lisko.
Jendl-Sausenhofen Ignaz in Grybów.
Kownacki Josef in Wieliczka.
Kramarzynski Miecislaus in Dabrowa.
Krzyzanowski Kalixt in Podhajce.
Kuhn Adolf in Trembowla.
Lebedowicz Emil in Mosciska,
Lic Heinrich in Brzozów.
Lisinski Ludwig in Rawa.
Dr.
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. Marynowski Miecislaus in Jaroslau.
. Momidlowski Valerian in Tarnobrzeg.
. Nycz Heinrich in Brzesko.
. Nycz Vincenz in Biala.
. Opienski Johann in Zotkiew.
. Peters Josef in Dolina.
. Pietrzycki Anton in Bochnia.
. Pohorecki Ladislaus in Husiatyn.
. Schmidt Philipp in Myslenice.
. Sciborowski Kasimir in Limanowa.
. Slaczka Anton in Krosno.
. Sobolewski Franz in Brody.
. Szajna Josef in Nadworna.
. Szezepanski Vladimir in Ropczyce.
. Teodorowiez Thaddäus in Stanislau.
. Warzycki Bronislaus in Mielec.
. Wasylewski Titus in Rohatyn.
. Witkowski Eduard in Lancut,
Litwinowicz Orest in Tlumacz.
Löwy Alois in Nisko.
4, K. k. Sanitátsconcipisten (X. Rangsclasse):
. Biesiadzki Anton ln Pilzno.
. Bory Julius in Zydaczów.
. Borysiewiez Victor.
'. Fuchs Leon in Buhorodczany.
. Gotebiowski Karl Josef, s. oben Statthalterei.
. Hyzycki Cirill Stanislaus in PrzemySlany.
. Iwanski Karl in Skalat.
. Karpinski Stanislaus in Turka.
. Krzyszkowski Erasmus in Stryzów.
. Milewski Thaddáus in Horodenka.
. Piotrowski Eduard in Rudki.
. Stoktosinski Franz in Staremiasto.
. Zukotynski Franz in Zbaracz.
Zwei Stellen waren zu Beginn des Jahres
nicht besetzt.
5. K. k. Sanitätsassistenten:
. Bakowski Theophil in Saybusch.
. Dolnicki Cyrill in Peczenizyn.
“ Godtowski Alexander in Przemysl,
n Haim Leopold iu Krakau.
. Janikiewiez Stanislaus, s. oben Statthalterei.
. Jastrzebski Alexander in Stauislau.
. Josse Johann Eugen, s. oben Statthalterei.
. Kosinski Johann Leopold in Tarnow.
. Kowalewski Edmund in Rzeszow.
. Kurasiewiez Josef in Drohobycz.
. Lie Felix in Sniatyu.
. Mataczynski Roman in Lemberg.
. Michalik Josef in Stryj.
. Mosler Maximilian in Borszezöw.
n Mossor Kasimir Stanislaus in Tarnopol.
, Orski Johann Julian in Jaworów.
'. Serkowski Roman Stanislaus in Zloczöw.
. Soniewicki Theodor in Kosow.
. Szajnowski Marian in Jaslo.
. Tyszkowski Leon in Cieszanów.
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Kärnten.
1. Sanitätsorgane bei der k.k. Landesregierung | Dr. Wachner Hugo in Klagenfurt.
in Klagenfurt: Dr. Widmann Alois iu St. Veit.
Dr. Meusburger Eduard, k. k. Landes-Regierungs- Dr. Wittman Friedrich in Wolfsberg.
ratlı und Sanitätsreferent.
Dr. Schlauf Josef, k. k. Sanititsconcipist.
2. K. k. Oberbezirksárzte (VIIL Rangsclasse):
Dr. Hólzl W. Anton in Villach,
Dr. Hussa Victor in Vólkermarkt,
3. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse) :
Dr. Hussa Josef in Hermagor. | Dr. Zych Eduard in Völkermarky.
Dr. Porges Salomon in Spittal.
4. K. k. Sanitätsconcipist (X. Rangsclasse):
Dr. Schlauf Josef, s. oben Landesregierung.
5. K. k. Sanititsassistent:
Krain.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Landes- | Dr. en er Frl
e e e ; . Dr. Mahr red, s. oben Landesregierung.
regierung in Laibach Dr. Pregel Anton in Loitsch.
Dr. Zupanc Franz, k. k. Landes-Regierungsrath | Dr. Šavnik Eduard in Krainburg.
und Sanitätsreferent. E S | Dr. Vaupotic Johann in Rudolfswertb.
Dr. Mahr Alfred, k. k. Bezirksarzt.
2. K.k. Oberbezirksárzte (VIII. Rangsclasse): | 4 K. k. Sanitiitsconcipisten (X. Rangsclasse):
Dr. Binter Anton in Stein. Dr. Mitrovic Nikolaus in Tschernembl.
Dr. Paulic Ignaz in Littaj. Dr. Seemann Friedrich in Gottschee.
Dr. Sterger Stanislaus in Laibach.
8. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse): 5. K. k. Sanitätsassistent.
Dr. Gallasch Bronislaus in Gurkfeld. Die Stelle unbesetzt.
Dr. Jelouschek Ignaz in Radmannsdorf.
3
Küstenland.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei in | Dr. Hausenbichler Angust, s. oben Statthalterei.
Triest: Dr. Jaschi Franz in Sesana.
Dr. Lius Anton in Parenzo.
Dr. Bohata Adalbert, k. k. Statthaltereirath und! pr. Schiavuzzi Bernhard in Pola.
Landes-Sanitätsreferent. Dr. Tamaro Johann in Volosca.
Dr. Meeraus Emil, k. k. Landes-Sanitätsinspector.
Dr. Hausenbichler August, k. k. Bezirksarzt,
Dr. Mandić Franz, k. k. Sanitátsassistent. 4. K. k. Sanitätsconeipisten (X. Rangsclasse):
2. K. k. Oberbezirksiirzte (VIII. Rangsclasse):
Dr. Radoicovich Casar in Capodistria.
Dr. Zencovich Alexander in Görz.
Dr. Baicich Nikolaus in Cherso.
Dr. Graffe Eduard in Tolmein.
3. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse):
Dr. Beden Guido Ritter v., in Mitterburg.
Dr. Berger Ludwig in Gradisca, mit Titel und | Dr. Devescovi Karl in Pola.
5. K. k. Sanitätsassistent:
Charakter eines Oberbezirksarztes, Dr. Mandić Franz, s. oben Statthalterei.
Mähren.
1. Sanitátsorgane bei der k, k. Statthalterei in; Dr. Spitzer Salomon, k. k. Landes-Sanititsinspector.
Brünn: Dr. Vasiéek Erwin, k. k. Bezirksarzt, mit Titel
und Charakter eines Oberbezirksarztes,
Dr. Schoefl Robert, k. k. Statthaltereirath und| Dr. Fortwángler Johann, k. k. Bezirksarzt.
Landes-Sanitätsreferent, Dr. Smély Anton, k. k. Sanitätsassistent.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse):
Hochgemuth Moriz in Neutitschein.
Koneény Stephan in Ung.-Hradisch.
Krubner Johann in Iglau.
Kurfürst Stephan in Mähr.-Weisskirchen.
Kytlica Johann in Kremsier,
Löw Leopold in Olmütz.
Wolfenstein Nathan in Znaim.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
3. K. k. Bezirksärzte (IX. Rangsclasse):
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dvořak Ernst in Brünn.
Fortwängler Johann, s. oben Statthalterei.
Gayer Alois in Sternberg.
Haunold Josef in Mähr.-Trübau,
Hnilica Franz in Prerau.
Kaan Hanns in Mistek.
Krejti Karl in Boskowitz.
Mandl Adolf in Göding.
Odstrčil Moriz in Mähr.-Kromau,
Porges Sigmund in Trebitsch.
Postulka Franz in Auapitz.
Protzkar Herbert in Hohenstadt.
Schuberth Anton in Gaya.
.
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16
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Schwarz Ludwig in Mähr.-Schönberg.
Singer Eduard in Wischau.
Stavél Ignaz in Prossnitz.
Vaña Johann in Máhr.-Budwitz.
Vasiéek Erwin, s. oben Statthalterei.
Vyhnánek Alois in Holleschau.
Weiss Friedrich in Neustadtl.
4. K. k. Sanitätsconeipisten (X. Rangsclasse):
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dlouhy Franz in Datschitz.
Fiala Zdenko*) in Römerstadt.
Gottlieb Ignaz*) in Mähr. Meseritsch.
Lewith Sigmund*) in Littau.
Wessely Ambros*) in Ung.-Brod.
Winter Arnold in Nikolsburg.
Eine Stelle nicht besetzt.
K. k. Sanititsassistenten:
Frisch Leopold in Gross-Meseritsch.
Podolier Moriz in Brünn.
Smely Anton, s. oben Statthalterei.
Niederösterreich.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei | Dr. Stadler Franz in Krems.
Urbauer Friedrich in Neunkirchen.
Vischer Franz in Zwettl.
Winter Max, s. oben Statthalterei.
4. K. k. Sanitätsconcipisten (X. Rangsclasse):
in Wien: Dr.
Dr.
Dr. Netolitzky August, k. k. Statthaltereirath und | Dr.
Landes-Sanitätsreferent.
Dr. Friedinger Karl, k. k. Landes Sanitätsinspector.
Dr. Resch Thomas Edler v., k. k. Bezirksarzt.
Dr. Winter Max, k k. Bezirksarzt.
Dr. Dubowy Johann, k. k. Sanitätsconeipist. Dr.
Dr. Jahn Oskar, k. k. Sanitätsassistent. Dr.
Dr. Forstreiter Emerich, k. k. Sanitätsassistent, Dr.
Dr. Trübel Anton, k. k. Sanitätsassistent. Dr.
Dr. Gaiser Hanns, k. k. Sanitätsassistent.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse): |
Dr. Blau Wilhelm in Baden.
Dr. Blumenfeld Hermann in Bruck a. d. L,
Dr. Haberler Franz Ritter v., in Floridsdorf.
Dr. Rauchegger Josef in Hietzing.
Dr. Wawra Heinrich in Mödling.
3. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse):
. Grinschgl Josef in Mistelbach.
. Harkanyi Sebastian in Oberhollabrunn.
. Hostonsky Johann in Korneuburg.
. Kolilgruber Franz iu Waidhofen a. d. Th.
. Lasch Richard in Horn.
. Liömann Jolıann in Amstetten.
. Melzer Vincenz in Tulln,
. Mitscha Angust in Melk. |
. Novak Josef in Scheibbs, mit
Charakter eines Oberbezirksarztes.
. Resch Thomas, Edler v., s. oben Statthalterei.
Titel
und
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dubowy Johann, s. oben Statthalterei.
Reder Josef in St. Pölten.
Schnitzer Josef in Wr.-Neustadt,
Schönbaner Franz in Lilienfeld.
Eine Stelle nicht besetzt.
5. K. k. Sanitätsassistenten:
Forstreiter Emerich, s. oben Statthalterei.
Gaiser Hanns, s. oben Statthalterei,
Jahn Oskar, s. oben Statthalterei.
Trubel Anton, s. oben Statthalterei.
6. K. k. Polizei-Sanitätspersonale in Wien.
Dr.
a) K. k. Polizei-Ohefarzt.
Witlacil Andreas, mit Titel eines k. k.
Kegierungsrathes.
b) K. k. Polizei-Bezirksärzte IX. Rangsolasse
Dr.
Dr
Dr.
Dr.
Dr.
bei den Commissariaten :
Biach Alois, Innere Stadt,
Deimel Sebastian, Innere Stadt.
Hirsch Karl, Mariahilf.
Horfitzky Rudolf, Margarethen.
Jaksch Rudolf, Hernals.
17
Dr, Merta Anton, Alsergrund.
Dr. Pollak Moriz, Währing.
| Dr.
| Dr.
Dr. Rosenfeld Lazar Alois, Meidling. | Dr.
Dr. Weiss Wilhelm, Neubau. | Dr
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
bei den Commissariaten:
Dr. Adler Gustav, Margarethen.
Dr. Baumgarten Rudolf, Rudolfsheim.
Dr. Fuchs Karl, Polizei-Gefangenhaus.
Dr. Hagel Isidor, Landstrasse.
Dr. Kienast Franz, Landstrasse,
Dr. Koch Karl Gideon, Favoriten.
|
o) K. k. Polizei-Bozirksirzte X. Rangsolasse |
|
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|
{
. Dr.
Dr.
—
Hönigsfeld Julius, Mariahilt.
Kien Simon, Alsergrund.
Landesmann Moriz, Neubau.
Lipschütz Isaak, Schmelz.
Pollak Alfred, Brigittenau.
Reischer Berthold, Rudolfsheim.
Schild Ignaz, Leopoldstadt.
Silberstern Philipp, Döbling.
Weihrauch Samuel, Floridsdorf.
' 'e) K. k. Polizei-Assistenzärzte ohne Adjutum:
Friedmann Johann, Hietzing.
Fuhrmann Friedrich, dem Chefarzt zugetheilt.
Dr. Munk Julius, Josefstadt. Dr. Hlawatsch Friedrich, Alsergrund.
Dr. Popper Heinrich, Wieden. Dr. Koch Julius, Schmelz.
Dr. Schaumann Raimund, Prater. ‘ Dr. Kolben Siegfried, Döbling.
Dr. Schmitt Josef, Simmering. Dr. Lang Ludwig, Hernals.
Dr. Schrank Josef, Josefstadt. | Dr. Mandl Moriz, Floridsdorf.
Dr. Steinberger Ignaz, Leopoldstadt. : Dr. Pollak Max, Ottakring.
Dr. Steiner Moriz, Meidling. | Dr. Popper Ignaz, Innere Stadt.
Dr. Winter Julius, Prater. | Dr. Prager Karl, Ottakring.
‚ Dı. Rappaport Jakob, Leopoldstadt.
d) K. k. Polizei-Assistenzärzto mit Adjutum: | Dr. Rechnitzer Julius, Währing.
| Dr. Robitsek Josef Aladar, Polizei-Gefangenhaus.
Dr. Fischer Hermann, Hietziug. | Dr. Toch Josef, Brigittenau.
Dr. Fröhlich Josef. Wieden. | Dr. Wengraf Johann, Simmering.
Dr. Handl Norbert, Favoriten. |
Oberösterreich.
mh
; Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei |. Dr.
in Linz:
Dr. Kissling Adolf, Ritter v., k. k. Statthalterei- ¡ Dr.
rath und Landes-Sanitätsreferent. | Dr.
Dr. Schrack Karl, k. k. Bezirksarzt. Be
r,
|
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse):
Dr. Brandlmayer Michael in Linz.
Dr. Mayr Wilhelm in Schärding. | Hae
Dr. Schuster Josef, in Steyr. | i
3. K. k. Bezirksärzte (IX. Rangsclasse): |
Dr.
Dr.
: Dr.
Dr. Cybulak Franz in Perg.
Dr. Eigl Vincenz in Kirchdorf.
|
Dr.
Grill Johann in Braunau, mit Titel und
Charakter eines Oberbezirksarztes.
Hold Franz in Wels.
Locker Julius in Vöcklabruck.
Orthner Johann in Ried.
Schardinger Hermann in Gmunden.
Schrack Karl, s. oben Statthalterei.
| 4. K. k. Sanitiitsconcipisten (X. Rangsclasse):
Furrer Ulrich in Freistadt.
Veitl Karl‘) in Rohrbach.
5. K. k. Sanitiitsassistenten:
Födinger Ludwig in Linz.
Hauk Richard in Steyr.
Zechenter Clemens in Linz.
Salzburg.
k. Sanitätsorgane bei der k. k. Landes- |
regierung in Salzburg: e
Dr.
Dr.
Dr,
Dr. Sacher Emanuel, k. k. Landes'Regierungsrath
und Sanitiirsreferent.
Dr. Schonka Josef, k. k. Sanitätsconcipist,
| Dr.
2. K. l. Oberbezirksarzt (VIII. Rangselasse): | |
| e
|
|
Dr. Póll Franz in Salzburg. Dr.
3. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse):
Eigner Anton in St. Johann,
Erlacher Anton in Tamsweg.
Martin Ferdinand in Zell am See, mit Titel
una Charakter eines Oberbezirksarztes.
Minnigerode Karl Ritter v., in Hallein.
K. k. Sanitätsconeipist (X. Rangselasse):
Schonka Josef, s. oben Landesregierung.
2
tod
Die Stelle eines Landes-Regierungsrathes und Sani-
e
18
Schlesien.
3. K. k. Bezirksärzte (IX. Rangsclasse):
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Landes-
regierung in Troppau:
tätsreferenten unbesetzt.
Dr. Nowotny Franz, k. k. Bezirksarzt.
Dr. Pustowka Jokann, k. k. Sanitätsassistent.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse): |
Dr.
Fizia Bernhard in Teschen.
Dr. Husserl Heinrich in Jägerndorf.
1.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr
2.
Dr
Dr
Dr
Dr
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Dr
Dr
Dr
4.
Dr.
Dr.
Dr.
. Friemel Moriz in Freiwaldau.
Dr.
Nowotny Franz, s. oben Landesregierung
. Offner Ernst in Bielitz.
Dr.
Studeny Alfred in Troppau.
. Wieluch Johann in Freistadt.
K. k. Sanitätsconcipisten (X. Rangsclasse):
Hermann Cyrill in Freudenthal.
Müller Franz in Wagstadt.
ö. K. k. Sanitätsassistent:
Pustowka Johann, s. oben Landesregierung.
Steiermark.
Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei
in Graz: |
Landes-Sanitätsreferent.
Bezirksarzt.
Karner Felix, k. k. Sanititsconcipist.
Rositzky Alexander v., k. k. Sanitätsassistent.
K. k. Oberbezirksärzte (VIII. Rangsclasse):
. Leonhard Albert in Marburg.
. Mayrgündter Heinrich in Graz.
. Sadnik Rudolf in Pettau.
. Schascha Franz in Weiz.
3. K. k. Bezirksiirzte (IX. Rangsclasse):
Dr
Dr
Dr.
. Brzezina Ludwig in Leoben.
. Friedrich Karl in Voitsberg.
Hochberg Albert in Leibnitz.
Possek Lndwig. k. k. Landes-Sanitätsinspector.
Kutschera Adolf, Ritter v. Aichbergen, k. k.
Schneditz August, k. k. Statthaltereirath und |
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Kandutsch Johann in Deutsch-Landsberg.
Keppa Andreas in Cilli.
Koch Hermann in Marau.
Kutschera Adolf, Ritter v. Aichbergen, s. oben.
Statthalterei.
. Mauczka Johann in Liezen.
. Schaffer Felix in Gröbming.
. Schonauer Karl in Feldbach.
. Seshun August in Radkersburg.
. Sollgruber Karl in Bruck a, d. M.
. Tauerer Hubert in Windischgratz.
4. K. k. Sanitiitsconcipisten (X. Rangsclasse):
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Karner Felix, s. oben Statthalterei.
Varda Paul in Luttenberg.
Vicic Anton in Rann,
Wozelka Ferdinand in Hartberg.
5. K. k. Sanitiitsassistenten :
Kadletz Heinrich in Judenburg.
Prochaska Julius in Graz.
Rositzky Alexander v,, s. oben Statthalterei.
Tirol und Vorarlberg.
1. Sanitätsorgane bei der k. k. Statthalterei |
in Innsbruck :
|
Dr. Sauter Ferdinand, k. k. Statthaltereirath und |
Dr.
Dr.
Dr.
2. K. k. Oberbezirksärzte (VIIl. Rangsclasse):
Dr
Dr
e
Dr.
Dr.
Dr.
Lindes-Sanititsreferent.
Sander Friedrich, k. k. Sanitätsconeipist.
Baroni Dario, k. k. Sanitätsassistent.
Hirn Alois, k. k. Sanitätsassistent.
. Erlacher Jakob in Bruneck.
Kaan Raimund. Edler v. Albeszt in Meran.
Klebelsberg Konrad v. in Brixen.
Probitzer Guido v. in Rovereto.
Rigos Franz in Cles.
3. K. k. Bezirksirzte (IX. Rangsclasse):
. Blaas Alfons in Reutte,
. Benvenuti Albert in Tione.
. Foppa Peter in Bozen.
. Ganner Ferdinand in Innsbruck.
. Kaaserer Johann in Kitzbühel.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
| Dr,
| Dr.
Dr.
Dr.
Lenz Johann in Kufstein.
Matt Gustav in Schwaz.
Mezzena Carlo Marino in Cavalese.
Nagy Anton in Feldkirch.
Pfurtscheller Josef in Bludenz.
Poda Edwin in Trient, mit Titel und Charakter
eines Oberbezirksarztes,
Segalla Alois in Riva.
Theuille Josef in Landeck.
Tschurtschentlialer Anton ın Borgo.
4. K. k, Sanitätsconcipisten (X, Rangsclasse):
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Lamprecht Josef in Imst.
Neuhauser Ignaz*) in Bregenz.
Sander Friedrich, s. oben Statthalterei.
Worle Engelbert*) in Lienz.
5. K. k. Sanitiitsassistenten:
Baroni Dario, 8. oben Statthalterei.
Hirn Alois, s. oben Statthalterei.
Weiss Hektor in Buchenstein.
III. Veterinärorgane
bei den
k. k. politischen Landes- und Bezirksbehörden.
Böhmen.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Statthalterei
in Prag:
Doökal Franz, k. k. Landesthierarzt.
Mudroch Emanuel, k. k. Veterinärinspector.
Friedrich Gustav, k. k. Veterinärconeipist.
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse):
Apfelbach Karl in Pisek.
Beck Julius in Klattau.
Bendl Heinrich in Graslitz.
Bergmann Ferdinand in Friedland.
Berstl Sigmund in Joachimsthal.
Blahnik Wenzel in Jungbunzlau.
Blazek Franz in Blatna.
Bloch Simon in Pfestitz.
Bohaé Josef in Mühlhausen.
Bouza Johann in Kladno.
Brasch Friedrich in Tetschen.
Desensy Alfred in Smichow.
Deyl Wenzel in Tabor.
Dichtl Friedrich in Tabor.
Dobusch Leopold in Reichenberg.
Drescher Josef in Gabel.
Erhart Johann in Schlan.
Fanta Wilhelm in Braunan.
Fischl Friedrich in Königinhot.
Flög! Josef in Trautenau.
Flusser Josef in Gablonz.
Frank Anton in Mies.
Freund Ignaz in Turnau.
Frydrich Franz in Königgrätz.
Glöckner Franz in Dauba.
Grassl Franz in Eger.
Grüner Eduard in Saaz,
Hahn Moriz in Bölm.-Leipa.
Hanus Matthias in Melnik.
Hofbauer Josef in Schüttenhofen.
Hofmann Ludwig in Asch.
Honzalek Jaroslav in Miinchengritz.
Honzik Josef in Pardubitz.
Hora Franz in Aussig.
Hradek Ferdinand in Horowitz,
Hruza Anton in Taus.
Hylak Josef in Neustadt a. d. M.
Janele Engelbert in Kolin.
Janota Jaroslav in Poděbrad.
Jürschik Franz in Komotau.
Kasper Karl in Brüx.
nn LU ne ne na m na ne en rn AS A A
=> =
Konig Johann in Deutschbrod.
Kolar Josef in Jicin.
Hosatka Johann in Strakonitz.
Kotik Rudolf in Pilsen.
Kraus Franz in Polička.
Kunstovny Ignaz in Neuhaus.
Liebscher Wenzel in Rakonitz.
Löster Richard in Kaaden.
Marek Adalbert in Reichenau,
Marek Franz in Chot£bor.
Marschner Heinrich in Schluckenau.
Mazak Wenzel in Beneschau.
Messner Franz in Tepl.
Minzer Hugo in Plan.
Naaf Anton in Luditz.
Nadvornik Franz in Raudnitz.
Nesnera Franz in Pilgram.
Niemetz Cölestin in Krumau.
Novak Josef in Kuttenberg.
Ohmann Josef in Teplitz.
Packert Johann in Tochau,
Pavlat Karl in Chrudim.
Pelc Josef in Senftenberg.
Premus Karl in Karolinenthal.
Rebicek Franz in Rokytzan.
Rehak Alexander in Laun.
Reuter Robert in Karlsbad.
Riedl Franz in Rumburg.
Rosenfeld Max in Starkenbach.
Salus Moriz in Leitmeritz.
Schidlof Emanuel in Zizkow.
Schindlar Johann in Hohenmauth.
Slegl Bohuslav in Wittingau.
Schmied Rudolf in Dux.
Schönhauser Hermann in Pfibram.,
Schopf Josef in Podersam.
Schröter Josef in Kaplitz.
Slama Edmund in Sellan.
Soukup Johann in Leitomischl.
Spinka Moriz in Semil.
‘eindler Wilhelm in Hohenelbe.
Steyer Franz in Moldautein,
Svoboda Rudolf in Landskron.
Tuma Karl in Kgl. Weinberge.
Tutschka Josef in Kratowitz.
Wagner Friedrich in Caslau.
Weber Wenzel in Falkenau.
Weidmann Alois in Bischofteinitz.
Wit Ignaz in Prachatitz,
| Zemann Anton in Budweis.
Zuckriegel Ludwig in Neubydzow.
— 20 —
Bukowina.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Landes- ' XI. Rangsclasse, Issar Cassian V., in Radautz.
regierung in Czernowitz: > > Kröpfi Johann in Sereth.
> > Mayer Salomon in Gurahumora.
Nedved Franz, k. k. Landesthierarzt. > > Prelicz Constantin in Storozynetz.
Luczeskul Nikolaus, k. k. Veterinärconcipist. > > Tawstiuk Epifanias in Kimpolung. |
> > Tomiuk Emil in Czernowitz, |
í <
|
2. K. k. Bezirksthierärzte (X. u. XI. Rangs- 3, K k. Beschauthierärzte
| . K. k. Beschauthierärzte:
|
classe):
X. Rangsclasse, Hillardt Alois in Kotzman. e Eckhardt Wilhelm inNowosielitza.
> > Taniak Leontius in Wiznitz. > Faulent Karl in Itzkany.
XI. > Berghof Lazar in Suczawa. - (Die Stelle in M.-Sinoutz unbesetzt).
Dalmatien.
1. Veterinárorgane bei der k. k. Statthalterei | Lischka Karl in Knin.
in Zara: Mamak Stanislaus in Makarska.
> ‘an in R
Torre Peter, k. k. Landesthierarzt. so |. a
Trost Matthias, k. k. Veterinärconcipist. Weiner Max in Sinj.
Weiner Samuel in Spalato.
Drei Stellen unbesetzt.
2. K. k. Bezirkstbierärzte (XI. Rangsclasse):
Berger Ernst in Imoski. |
Inchiostri Ugo in Zara. |
Galizien.
1. Veteriniirorgane bei der k. k. Statthalterei | Dótsch Franz in Kosow.
in Lemberg: Dorozynski Teofil in Zloczow.
Duleba Marian in Lancut.
Dziurzynski Teofil in Biala.
Eitelberg Bruno in Sokal.
Fedorowicz Vladimir in Dolina.
Fertig Sigismund in Podgórze.
Fried Friedrich in Przemyśl.
. Galek Josef in Tlumacz.
Grochowski KarI in Mosciska.
Timoftiewicz Ludwig, k. k. Landesthierarzt.
Herasymowicz Dionys, k. k. Veterinärinspector.
Bloch Josef, k. k. Veterinärconeipist.
Kruczkowski Silvester, k. k. Bezirksthierarzt.
2, K. k. Bezirks- und Beschauthieriirzte : Grodecki Miecislaus in Stanislau.
Hammermann Tauchim in Bobrka.
a) K. k. Bezirksthierärzte (X. Rangsolasse): Hirsch Hermann in Grybow.
Hryniewiecki Emil in Kalusz. _ Horodnicki Nicolaus in Zbaraz.
Klich Karl in Krakau. a in E
eee aIKOWSKI JOSel ın RamionKa.
E E Kisiel Daniel in Brzesko.
' König Pinkas in Przemyślany.
Koniński Karl in Zydaczow.
Kruczkowski Sylvester s. oben Statthalterei.
b) E. k. Bez'rksthierárzte (XI. Rangsolasse):
Atlas Hermann in Limanowa. Kwiecinski Stanislaus in Jaroslau.
Audikowsky Marian in Lisko. Lang Heinrich in Lemberg.
Banach Anton in Zaleszykı. Lille Hersch Osias in Grodek.
Bardach Zacharias in Turka, ‚ Lubliner Leon in Brody.
Bernstein Josef in Jaworów. Lucki Josef in Drohobyez.
Bilinski Vladimir in Gorlice. Lukaszewski Andreas in Mielec.
Bloch Josef, siehe oben Statthalterei. Machalski Ladislaus in Kolomea.
Małecki Michael in Brzozów.
Bohdan Gregor in Chrzanów.
Marko Demeter in Czortków.
Cielenkiewiez Adalbert in Trembowla.
-—- 1 —
Maykowski Basil in Buczacz. | Stupnicki Anton in Dobromil.
Mikolaszek Johann in Bohorodczany. Szezerba Johann in Sanok.
Miziura Andreas in Neumarkt. | Szydtowski Zeno in Krosno.
Nowak Johann in Tarnobrzeg. Szymański Anton in Rawa.
Nowicki Josef in Husiatyn. Tychowski Victor in Borszczow.
Ochnicz Michael in Peczenizyn. Urich Leopold in Zotkiew.
Olbrycht Peter in Bochnia. Vergesslich Josef in Nisko.
Orzechowski Marian in Pilzno. Wasniewski Franz in Wieliczka.
Panek Johann in Ropczyce. Wedrychowski Josef in Kolbuszowa.
Pawlikiewiez Peter in Jasto. Weissberg Abraham in Rohatyn.
Pilch Anton in Strzyzöw. Weissberg Adolf in Rudki.
Piskovski Johann in Neusandez. Zagórski Josef Anton in Cieszanów.
Ce Rudolf in Skalat. Zorner Ferdinand in Wadowice.
Raff Ezechiel in Staremiasto.
Rohr Heinrich in Tarnopol
Rozankowski Johann in Sambor.
Rutkowski Kasimir in Krakau.
Serwacki Michael in Podwotoczyska.
Sigall Hermann in Brzezany.
Sikorski Narciss in Tarnów.
Skucinski Johann in Horodenka.
Smoluchowski Johann in Stryj.
Soltikiewicz Johann in MySlenice.
Strutynski Julian in Podhajce.
o) K. k. Besohauthierárzte (XI. Rangsolasse):
Markowski Sigismund in Dabrowa, besorgt den
Dienst bei der Bezirkshauptmannschaft.
Nestajko Eusebius in Nadworna, besorgt den Dienst
bei der Bezirkshauptmannschaft.
Proskarnicki Anatol in Saybusch,
Rudnicki Ladislaus in Oswiecim.
Serwa Josef in Szczakowa.
i a A
Kärnten.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Landes- Gerstenberger Julius in Villach.
regierung in Klagenfurt: Hable Josef in Völkermarkt.
Oertl Franz, k. k. Landesthierarzt. Kukutsch Rudolf in Spittal.
Rotter Adalbert, k. k. Veterinárconcipist. Lipold Paul in Klagenfurt.
Schwarz Johann in Hermagor.
2. K. k. Bezirksthierárzte (XI. Rangsclasse): ;
Dodell Wilhelm in Wolfsberg.
Folakowsky Alfred in St. Veit.
Krain.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Landes- | Korošec Anton in Krainburg.
regierung in Laibach: | Majdié Franz in Loitsch.
Pavlin Max ın Tschernembl.
Wagner Johann, k. k. Landesthierarzt, - | Sadnikar Josef in Stein.
Folakowsky Arthur, k. k. Veterinärconcipist. Salloker Rudolf in Radmannsdorf.
| | Schäber Theodor in Littai.
Skale Othmar in Rudolfswerth.
Turk Hugo in Laibach.
Wirgler Thomas in Gurkfeld (ad pers. X. Rangs-
classe).
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse):
Gaspari Ferdinand in Adelsberg.
Konig Alois in Gottschee.
Küstenland.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Stattlialterei | Martelaue Franz in Tolmein.
in Triest: Nardini Hadrian in Sesana.
Miorini Albert, Edler v. Sebentenberg, k. k. | Rebek Justus in Mitterburg.
Landesthierarzt Staudinger Alexander in Görz.
Zuttioni Egyd, k. k. Veterináirconcipist, mit Titel | Tomassich Josef in Veglia.
und Charakter eines Veterinärinspectors. Ussai Sigmund in Parenzo.
CN ann Zamarin Anton in Capodistria,
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse): | Zuttioni Eugen e GE
Cella Ramiro in Volosca.
Decolle Samuel in Pola.
— 22
Mähren.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Statthalterei
in Brünn:
Rudovsky Josef, k. k. Landesthierarzt.
Tanzer Ferdinand, k k. Veterinärinspector.
Hejbal Franz, k. k. Veterinärconeipist.
2. K. k. Bezirksthierárzte (XI, Rangsclasse):
Berger Ferdinand, in M.-Weisskirchen.
Berger Gustav in Sternberg.
Brand Max in Gaya.
Červenka Ferdinand in Datschitz.
Dolezal Adalbert in Ung.-Hradisch.
Dressler Rudolf in Nikolsburg.
Dworzak Eugen in Mistek.
Engelmann Gustav in Hohenstadt. `
Felzmann Adolf in Brünn.
Fiala Emil in Auspitz.
Fischer Hugo in M.-Budwitz.
Graf Franz in Gross-Meseritsch.
-æ a
Hanka Karl in Znaim.
Herrmann Franz in Iglau.
Hofer Eduard in Prossnitz.
Kanényf Albert in Neustadtl.
Korschann Ignaz in Ung.-Brod.
Koudelka Florian in Wischau.
Krause Johann in Römerstadt.
Kunz Max Jaromir in Brünn.
Lamprecht Andreas in Neutitschein.
Marsalek Franz in Wall.-Meseritsch.
Nelhiebel Conrad in M.-Kromau.
Pekar Josef in Boxkowits.
Schiirl Karl in M. Triibau.
Seifert Johann in Góding.
Taufer Josef in Trebitsch.
Tomanek Franz in Prerau.
Wladar Karl in M.-Schönberg.
Wollgart Karl in Olmütz.
Zatloukal Thomas in Littau.
Zivotsky Josef in Holleschau.
Zlinsky Franz in Kremsier.
Niederösterreich.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Statthalterei
in Wien:
Binder Anton, k. k. Landestbierarzt.
Wittmann Karl, k. k. Veterinärinspector.
Greiner Anton, k. k. Veterinärconcipist.
Sperk Otto, dipl. Thierarzt.
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI Rangsclasse):
Dexler Josef in Tulln.
Dürbeck Johann in Floridsdorf.
Ekhart Theodor in Melk.
Führer Max in Lilienfeld.
Güntner Karl in Oberhollabrunn.
Gylek Franz in Horn.
Jung Sigmund in Krems.
Justus Josef in Mistelbach.
Kling Ludwig in Waidhofen a. d. Th.
Koch Alois in Baden.
Koziol Hermann in Mödling.
Mrasek Egyd in Wr.-Neustadt,
Páckert Leopold in Hietzing.
Prig] Moriz in Amstetten,
Prinz Johann in Neunkirchen.
Schmidt Johann in St. Pölten.
Schwammel Max in Zwettl.
Seimann Michael in Korneuburg.
Styles Jakob in Bruck a. d. L.
Vietoris Franz in Scheibbs.
Oberösterreich.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Statthalterei | Gabriel Felix in Freistadt.
in Linz:
Pelschimovsky Sylvester, k. k. Landesthierarzt.
Höchsmann Ludwig, k. k. Veterinärconeipist.
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse):
Decker Josef in Kirchdorf.
Eppinger Johann in Ried.
Haselberger Alois in Wels.
Jomrich Franz in Vicklabruck.
Kirschik Josef in Braunau.
Marsch Alois in Perg.
Potsch Kar] in Steyr.
Potrejubes Franz in Linz.
Schramml Johann in Gmunden.
Steppan Adolf in Rohrbach.
Weigl Alois in Schärding.
Salzburg.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Landes-
regierung in Salzburg:
Schossleitner Karl, k. k. Landesthierarzt.
Kuschee Heinrich, k. k. Veterinirconcipist.
| 2. K. k. Bezirksthieriirzte (XL Rangsclasse):
Gerstner Rudolf in St. Jubann.
Hauptmann Franz in Salzburg.
Meisinger Josef in Tamsweg.
Palla Franz in Zell am See.
Schwaiger Heinrich in Hallein.
—3 —
| Schlesien.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Landes- | Heinisch Josef in Freiwaldau.
regierung in Troppau: , Knopp Anton in Freistadt.
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Koppitz Wilhelm in Jägerndorf.
Neumann Otto in Freudenthal.
Prudil Adolf in Wagstadt.
Zboril Josef in Bielitz.
Stengl Josef, k. k. Landesthierarzt.
Nesweda Franz, k. k. Veterinärconeipist.
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse):
Blasch Eduard in Teschen.
Freyssler Ludwig in Troppau.
Steiermark.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Statthalterei | Hodurek Karl in Graz.
Jeller Karl in Hartberg.
in Graz: ler | `
Kirschik Johann in Leibnitz.
Dr. Schindler Albert, k. k. Landesthierarst. Krendl Rudolf in Grébming.
Slowak Ferdinand, k. k. Veterinärinspector. Munda Johann in Rann.
Bonća Blasius, k. k. Veterinärconcipist. Opitz Egydius in Judenburg.
Pabst Johann in Leoben.
Paulin Alois in Luttenberg.
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse): | Rittmann Rudolf in Bruck a. d. M.
Schmidt Fridolin in Windischgraz.
Aigner Franz in Feldbach. Sowa Vincenz in Radkersburg.
Czak Josef in Pettau. Steininger Josef in Deutschlandsberg.
Fritz Josef in Liezen. Weiglein Ernst in Voitsberg.
Fest Bernhard in Murau. Vollouscheg Josef in Cilli.
Haage Hermann in Marbarg. | Wissiak Eduard in Weiz.
Tirol und Vorarlberg.
1. Veterinärorgane bei der k. k. Statthalterei | Knittel Georg in Meran.
in Innsbruck: ' Koch Johann in Ampezzo.
Köberle Ludwig in Kufstein.
Rizzoli Karl, k. k. Landesthierarzt. ' Langes Josef in Primiero.
Perini Max, k. k. Veterinirinspector. | Lorandini Ernst in Imst.
Nicolussi Guido in Cavalese.
2. K. k. Bezirksthierärzte (XI. Rangsclasse): | Šcharfetter Simon in Seawaz.
Bazzoli Heinrich in Riva. Schmalzl Josef in Tione.
Devarda Bruno in Trient. Sommer Josef in Innsbruck.
Dezulian Josef in Borgo. Soster Jakob in Rovereto.
Faschingbauer Ferdinand in Brixen Stramitz Florian in Lienz.
Feuerstein Lorenz in Bozen. Straudi Josef in Landeck.
Franco Moriz in Kitzbühel. Walsthöny Josef in Bruneck.
Fürthmaier Johann in Reutte. Wurm Johann in Feldkirch,
Holneider Fortunat in Cles. Zimmermann Josef in Bregenz.
DRUCK VOR FRIEDRICH JABPER IS WIEN.
WMR Warmwasser-Reservoir,
WMkw Wassermuschel mit
Keller.
schküchen-Gebäude.
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»Das österreichische Sanitätswesen.« Beilage zu Nr. 17, 27. April 1899.
Verlag von Alfred Hölder, k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändler in Wien, I., Rothenthurmstrasse 15.
Sanitäre Einrichtungen der Stadt Karlsbad.
Mitgetheilt von den städtischen Baubeamten
Baudirector Eduard Oertl und Ingenieur Franz Stibral.
Mit Abbildungen im Texte und 12 Tafeln.
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Die Curstadt Karlsbad, welche innerhalb der letzten Jahrzehnte sich zum Range
eines Weltbades emporgeschwungen hat, zu dessen heilbringenden Quellen alljährlich
Tausende aus aller Herren Länder pilgern, um Genesung ihrer Leiden zu suchen und
zu finden, hat sich der Erkenntniss nicht verschlossen, dass es nicht genügt, den Be-
diirfnissen des Curpublicums durch zweckentsprechende Cur- und Bade-Einrichtungen
im engeren Sinne des Wortes Rechnung zu tragen, sondern man fing bei Zeiten an,
auch den Anforderungen der allgemeinen Gesundheitspflege gerecht zu werden.
Karlsbad hatte das Glück, in der Mitte der Siebzigerjahre in der Person des
leider zu früh verstorbenen Bürgermeisters Ed. Knoll einen Mann an die Spitze
seines Gemeindewesens zu berufen, welcher, weit ausblickend, die Aera der grossen
Neuschöpfungen auf eurörtlichem und hygienischem Gebiete inaugurirte. Seine Nach-
folger haben mit nicht geringerem Scharfblicke und von den besten Intentionen be-
seelt, die Ausgestaltung des Curortes nach diesen beiden Richtungen mit vollem
Verständniss für die Forderungen der Jetztzeit weitergeführt:
Die Wasserversorgung der Stadt — Nutz- und Trink wasserleitung, Canalisation
nach dem Schwemmsystem, Regulirung und theilweise durchgeführter Betonirung des
Teplflusses, Errichtung eines nach den modernsten Prineipien erbauten Schlachthofes,
streng gehandhabte Vieh- und Fleischbeschau. Markt- und Lebensmittel- Polizei; Aus-
gestaltung der bereits bestehenden Bade-Einrichtungen nach den neuesten Anforderungen
der balneologischen Technik und mit modernstem Comfort, Erbauung neuer Bade-
Etablissements -- Kaiserbad — welches allenthalben als Musteranstalt angesehen
wird, Einführung neuer Heilfactoren: Schwedische Heileymnastik nach dem System
Dr. Zander in Stockholm, Kaltwasser-Curanstalt, elektrische Licht- und Wasser-
bäder, künstliche Kohlensäure-Bäder. — Erbauung der Sprudel-, Mühlbrunn- und
Marktbrunn-Colonnaden. —
Die Beleuchtung der Stadt erfolgt durch elektrisches und Gas-(Auer)-Licht, die
Strassen sind theils mit Asphalt-, zum grössten Theile jedoch mit Holzstöckelpflaster
versehen. Die Kehrichtabtuhr erfolst ohne Belästigung des Publieums in den frühen
Morgen- und späten Abendstunden, der Staubplage wird durch entsprechende Strassen-
bespritzung wirksam begegnet und die Strassen werden sogar in kurzen Intervallen
regelmässig mittelst Hydranten gespült!
Als neueste Errungenschaft ist die Erbauung des Franz Joseph-Krankenhauses
anzuführen, welches nach den Plänen des Architekten, Hofrath Franz Ritter v. Gruber
1
= 6 an.
in Wien im Pavillon-System ausgeführt und am 2. December 1898 am Tage
des 50-jährigen Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. er,
öffnet wurde.
Karlsbad hat sich im Bewusstsein seiner Bedeutung als Weltbad in Beziehung
auf curórtliche und hygienische Einrichtungen die höchsten Ziele gesteckt und hält
sich stets vor Augen, dass zur Erreichung dieses Zweckes nur das Beste gut genug ist.
Die Summen, welche in den letzten 20 Jahren in diesem Sinne zur Veraus-
gabung gelangten, belaufen sich auf rund 10—12 Millionen Gulden.
Im Nachstehenden sei eine Beschreibung einiger dieser Anstalten und Ein-
richtungen gegeben.
1. Das Wasserwerk der Stadt Karlsbad.
Vor der Erbauung des Wasserwerkes, welches am 23. April 1882 feierlich in
Betrieb gesetzt worden ist, bestand die Wasserversorgung Karlsbads aus einer Anzahl
laufender Brunnen, welche von den in der waldigen Umgebung der Stadt zu Tage
tretenden Wiesenquellen gespeist wurden. Die letzteren sind jedoch grossen
Schwankungen in Bezug auf die Wassermenge unterworfen, und war die Ergiebigkeit
der Quellen | im Hochsommer der trockenen Jahre so gering, ‘dass kaum der dringendste
Bedarf gedeckt werden konnte, ja es kam in den Sommern der Jahre 1875 und
1876 so weit, dass die Vertheilung des Wassers auf die einzelnen Häuser mittelst
nummerirter Gefässe unter stetiger Controle der Sicherheitsorgane bewerkstelligt
werden musste. Zu Canalspülungen, zu sanitären Zwecken und zur Haltung eines
Vorrathes zu Feuerlöschzwecken stand aus den alten Leitungen kein Wasser zur
Verfügung und führte jeder Brand in den oberen, von der Tepl entfernteren Stadt-
theilen die Wassernoth grell vor die Augen.
- Durchdrungen von der Absicht, eine gründliche Abhilfe zu schaffen, liess die
Stadtvertretung verschiedene Projecte über die Wasserversorgung der Stadt aus-
arbeiten und setzte zur Ueberprüfung der Vorschläge noch im Jahre 1876 eine
Wasserversorgungscommission ein, welche die oe Anschauungen in einem
Berichte an das Stadtverordneten-Colleginm unter dem 12. December 1876 zum
Ausdrucke gebracht hat. Darnach wurde die Erbauung einer Nutzwasserleitung aus
dem E gerflusse in Vorschlag gebracht, nachdem die Commission sich die Ueber-
zeugung verschafft hatte, dass sich i im Tepituale eine renügende Menge Grundwasser
für die im Wachsthume begriffene Stadt nicht gewinnen lasse. Aus dem Erzgebirge
liesse sich möglicher Weise Quellenwasser zuführen, allein bei dem Umstande, als
die Anlage unverhältnissmässig hohe Kosten verursachen und langjährige Studien
und Vorar beiten, bedinet dureh die Ordnung der Eigenthumsverhältnisse erfordern
würde, und nachdem bezüglich der Dringlichkeit kein Zweifel obwalten konnte,
beharrte die Commission in der richtigen Erwiigung, dass sich der Trinkwasserbedarf
durch die bestehenden, nur zu verbessernden Leitungen und eine fachgemässe Aut-
schliessung des wasserführenden Terrains reichlich decken lasse und nur der
empfindliche Mangel an Wasser zu alien anderen Zwecken, in erster Reihe
zur Behebung sanitärer Uebelstiinde. eine durchgreifende Abhilfe dringend nöthig
macht. trotz des von autoritativer Seite ge ‚machten Vor schlages, nicht aus der Eger,
sondern aus dem Rohlaubache das reese zu entnehmen, auf ihrem Vorschlage.
nachdem das letztere Project wegen der nóthig werdenden Einlösungen von Grund-
stücken und industriellen Anlagen in absehbarer Zeit nicht realisirbar geworden wäre.
So wurde denn im December 1877 die Erbauung eines Nutzwasserwerkes mit
Filterbetrieb und die Reconstruction der Trinkwasserleitungen beschlossen und die
Deutsche Wasserwerks-Gesellschaft in Frankfurt a. Main mit der Ausarbeitung eines
Detailprojeetes betraut: gleichzeitig wurden die Herren Professoren Ludwig und
Wedi in Wien und Dr. “Kerner in Frankfurt a. Main ersucht, das Egerwasser
|
ën, Bo,
chemisch und mikroskopisch zu untersuchen. Nachdem die genannten Autoritäten
in den separat erstatteten Gutachten die befriedigendsten Aufschlüsse tiber die
Beschaffenheit des Egerwassers zu geben in der Lage waren, indem dasselbe nach
sachgemässer Filtrirung sich auch zum Genusse eigne, und anderseits die deutsche
Wasserwerks-Gesellschaft bezüglich der Anlage des Wasserwerkes und der Reconstruction
der Trinkwasserleitungen ein Project vorgelegt hatte, welches den Beifall der technischen
Sachverständigen der Stadtgemeinde, Baurath Salbach aus Dresden und der Ober-
Ingenieure Labitzky aus Troppau und Mihatsch aus Wien gefunden hatte,
wurde seitens der Stadtvertretung das Project der deutschen Wasserwerks-Gesellschaft
angenommen und derselben die Bedingung gestellt, die ganze Anlage bis zum
1. Mai 1882 fertig zu stellen. Mit dem Baue wurde am 24. September 1880 begonnen
und wurde das Werk im April 1882 vollendet, so dass schon im selben Monat die
Collaudirung stattfinden konnte, zu welcher als Sachverständige der Stadtgemeinde
die Herren Ober-Ingenieur Labitzky und Civil-Ingenieur Schaffer zugezogen wurden.
Inzwischen wurde das Werk in Folge des ungeahnten Wachsthums der Stadt
wiederbolt erweitert und heute ist die Stadtgemeinde bestrebt, nur solches Nutz-
wasser zu liefern, welches alien Anforderungen entspricht, die an ein einwandfreies
Trinkwasser gestellt werden können.
Die anfängliche Wasservertheilung. So ungünstig für Karlsbad die
Verhältnisse in Bezug auf die Beschaffung einer allen Zwecken dienenden, einheitlichen
Quellwasserleitung liegen, so gross sind auch im Uebrigen die Schwierigkeiten für
die richtige Vertheilung des Wassers in den einzelnen Stadtgebieten und selbst für
die Ausführung der Bauwerke und Rohrleitungen. Schon die langgestreckte Gestal-
tung der Stadt und ihre Lage in dem engen, den Windungen des Teplflusses folgenden
Thale, mehr aber noch die Verschiedenheit der Höhenlage der Strassen zu beiden
Seiten der Tepl, endlich die Beschaffenheit des Untergrundes und das Auftreten
der Mineralquellen an manchen Stellen machten die Anordnung und Ausführung des
Rohrnetzes zu einer aussergewöhnlich schwierigen Aufgabe.
Die nächste Folge der verschiedenen Höhenlage der Stadt war die Trennung
der Wasserversorgung der hoch gelegenen von den tief gelegenen Stadttheilen; denn
wollte man beide aus einem gemeinschaftlichen Rohrnetze mit Wasser versehen, so
würde dies auf der einen Seite einen hohen Wasserdruck in den Rohrsträngen der
unteren Stadt und zugleich bei starkem Verbrauche in diesen Stadttheilen eine
Beeinträchtigung des Weasserbezuges für die höher liegenden Strassen zur Folge
haben, und anderseits würde eine grosse Menge Wassers, nämlich soviel für die
Versorgung der unteren Stadt erforderlich ist, fortwährend auf eine viel grössere
Höhenlage gehoben werden müssen, als dies für die Wasservertheilung erforderlich
ist. Die absoluten Höhen der verschiedenen Strassen variiren zwischen 340 und 414 Meter
über Meer; der grössere Theil der Stadt erstreckt sich längs der Tepl in einer
Höhenlage von 340—347°5 Meter, während die Strassen an beiden Ufern mit ihrer
Entfernung von der Tepl rasch aufsteigen. Es erschien deshalb als zweckmässige
Grenze für die Abtrennung der Versorgungsnetze die Höhenlage von 350 Meter über
Meer; es dürfte dann unter Berücksichtigung des Wachsthums der Stadt das untere
Netz etwa zwei Drittel, das obere ein Drittel des gesammten Stadtgebietes umfassen.
Zur ausreichenden Versorgung der unteren Stadt wurde ein minimaler Wasser-
druck von 25 Meter über der Oberfläche der höchst gelegenen Strassen vorausgesetzt
und deshalb unter Berücksichtigung der Reibungsverluste in den Röhren, welche
Verluste vom Hochbehälter bis zum Ende des Netzes an 6 Meter betragen, die Sohle
des Hochbehälters für das untere Netz auf 350-+25--6=381 Meter und der
höchste Wasserstand in demselben auf 335 Meter über Meer gelegt.
Für das obere Netz dagegen erhielt der Behälter in seinem höchsten Wasser-
spiegel die Höhe von etwa 430 Meter über Meer, d. i. nur etwa 16 Meter über den
höchst gelegenen Strassen, weil letztere nur wenige Häuser von geringer Höhe umfassen,
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die überdies in unmittelbarer Nähe des Behälters liegen, so dass die Reibungs-
verluste in den Leitungen bis zu diesen Häusern nur minimale sind; die meisten
Strassen des oberen Netzes haben die Höhenlage 390—400 Meter über Meer und
somit zu ihrer Versorgung einen Wasserüberdruck von 30—40 Meter.
Der Hochbehälter für die untere Zone wurde oberhalb der Habsburgerstrasse in
nächster Nähe der Stadt situirt und ist die Disposition so getroffen, dass die Pumpen
das Wasser direct dem Behälter zuführen; dagegen erschien es nicht geeignet, den
Hochbehälter der oberen Zone ebenfalls am linksseitigen Teplufer anzulegen, nachdem
sich der grössere Theil der hochgelegenen Häuser am rechten Teplufer befindet. So
wurde am linken Ufer auf dem Hühnerleitenberge nur eine Auslaufkammer
angeordnet, welche das Ende der Zuleitungsstränge von den Pumpen bildet, während
der Hochbehälter an der gegenüberliegenden Flussseite auf einem Gelände oberhalb
der Panoramastrasse seinen Platz gefunden hat. Beide sind miteinander durch den
Hauptvertheilungsstrang des oberen Netzes verbunden und musste die Auslautkammer
behuts Ueberwindung der Reibungsverluste in diesem Rohrstrange 8 Meter höher gelegt
werden, als der gegenüberstehende Hochbehälter, welcher nur den Ueberschuss des
gepumpten Wassers nach Abzug des Consums erhält und der sodann in den Stunden
stärkeren Consums auch das Wasser an das Vertheilungsnetz abgibt.
Als Grundlage für die Dimensionen des Stadtrohrnetzes wurde für die untere Stadt
ein Verbrauch von 2852 Cbm. per Tag und für die obere ein solcher von 1468 Cbm.,
zusammen 4320 Cbm. angenommen; hiebei wurde ein täglicher Wasserbedarf per
150 Liter per Kopf bei einer Einwohnerschaft von circa 22000 Personen inclusive
Curgiiste und Passanten vorausgesetzt und dem Bedarfe für curörtliche Zwecke
durch einen Zuschlag Rechnung getragen.
Die Trinkwasserleitungen, deren Quellen hoch genug gelegen sind, wurden mit
besonderen kleinen Hochbehältern versehen und derart in zwei Netze, das obere und
das untere Trinkwassernetz, vereinigt und diese letzteren mit dem oberen und
unteren Netze der Nutzwasserleitung durch Ueberläufe der höher angelegten neuen
Trinkwasserreservoirs derart in Correspondenz gebracht, dass der meist vorhandene
Ueberschuss der Ergiebigkeit der Trinkwasserleitungen gegenüber dem Verbrauche
der Nutzwasserleitung zu Gute kommt, wodurch das Pumpwerk der Nutzwasser-
leitung zu gewissen Jahreszeiten wesentlich entlastet wird.
Beschreibung der Anlage. Als geeignstste Stelle für die Wasser-
entnahme und die Anlage der Filter und Pumpwerke erschien das Gelände nord-
westlieh von Donitz auf der durch die Krümmung der Eger und durch den
Mühlgraben der ehemaligen Donitzer Mühle gebildeten Halbinsel, welches Terrain
sammt der Wasserkraft von 50 Pferdekriften um den Betrag von 50000 fl. von
der Stadtgemeinde erworben wurde. Die Höhenlage des Geländes entspricht den
Anforderungen für eine zweckmässige Anordnung” der Filter und Pumpwerke;
ausserdem liessen sich von hier aus Druckstränge nach dem Hochbehälter des unteren
Netzes und der Auslaufkammer fast ganz auf der Stadtgemeinde gehörigem Grund
und Boden verlegen.
Das Wasser wird dem Flusse oberhalb des neuen Wehres entnommen und in
einen Vorfilter geleitet; von hier aus wird es durch besondere Filterpumpen auf die
Filter gehoben und gelangt nach erfolster Filtration in den Reinwasserbehälter, aus
welchem die Hochdruckpumpen das reine Wasser in die Stadt fördern.
Stauwehr. las zum Zwecke der Ausnützung der Wasserkraft der Eger in
dieselbe eingebaute Stauwehr besteht aus einem Betonkörper von 83 Meter Länge,
2:5 Meter Höhe und 2 Meter Breite, welcher von Spundwänden aus 16 Um. starken
Pfosten eingefasst ist. Die Wehrkrone ist mit Granitsteinen in Portland-Cement
abrepflastertt und mit einem niedrigen Staubrett versehen. Die Betonmischung
bestand aus 1 Theil Perlinooser Portland-Cement, 2 Theilen reinem Egersand und
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9 Theilen Granitschotter, und nahm die Herstellung des Betonkörpers nur 68 Stunden
in Anspruch, wobei die einzelnen Lagen fest gestampft worden sind.
Vorfilter. Der Vorfilter besteht aus zwei gleichen Abtheilungen von je
15 Qm. Filterfläche und zwei Sammelkammern für das vorgereinigte Wasser, von
welchen die Saugrohre der Filterpumpen ausgehen. Der Vorfilter, von dem die
ältere Abtheilung aus Bruchsteinmauerwerk mit Cementmörtelverputz und die neuere
ganz aus Stampfbeton hergestellt ist, ist offen ausgeführt und wird als Filtermaterial
eine 1 Meter hohe Lage eigrosser Kieselsteine verwendet, durch welche das Wasser
von den gröbsten Verunreinigungen befreit wird. Das Rohwasser fliesst dem Vorfilter
mit natürlichem Gefälle zu und kann jede der beiden Abtheilungen zum Zwecke
der Reinigung durch Schieber ausgeschaltet werden. Der Vorfilter ist unmittelbar am
Turbinenobergraben situirt und wurde die Sohle desselben so tief unter den Nieder-
wasserspiegel der Eger gelegt, dass über dem Filtermaterial noch ein genügend
hoher Wasserstand vorhanden bleibt. Die Rohwasserentnahmestelle befindet sich vor
den Absperrschützen des Turbinengrabens und sind die beiden Rohrausmündungen
durch einen dichten eisernen Rechen geschützt.
Die Filtration des Wassers. Bezüglich der Filteranlage wäre in erster
Reihe zu erwähnen, dass die Wahl des Grundstückes deren gute Disposition sehr
günstig beeinflusst hat. Ihr Oberwasserspiegel kam auf 339°5 Meter über Meer zu
liegen, d. i. 08 Meter über dem höchsten, im Jahre 1872 beobachteten Hochwasser,
und nachdem der Niederwasserspiegel der Eger die Cote 336'247 besitzt, ergab sich
fiir die Filterpumpen eine gesammte Förderhöhe von nur 3'253 Meter. Die vorhandene
nutzbare Filterfläche von 4465 Qm. vertheilt sich auf zehn Sandfilter, von denen
zwei offen und acht überwölbt und mit einer 1'5 Meter starken Schichte Erdreich
bedeckt sind; erstere werden im Winter ausser Betrieb gesetzt. Von den überwölbten
Filtern sind drei neueren Datums und wurden dieselben Mitte Juli 1898 in Betrieb
genommen. Das Filtermaterial baut sich bei allen Filtern bei voller Höhe der
Sandlage aus folgenden Schichten auf:
Grosse Steine . HD Cm.
Faustgrossse Kiesel . . 2 2 2 2 nn nn. 20 »
Hiihnereigrosse Kiesel . . . . . . . .. . 15 »
Haselnussgrosse Kiesecl . . . . . . . . . . 10 >»
Kies von Bohnengrésse . . . . . . . . . . 10 >»
> NS E e, 10 »
Scharfer Flusssand . . . . . . . . .. . . 90 >
Summe . . . . .180 Cm.
Die normale Höhe des Wasserspiegels tiber dem Filtermaterial beträgt 80 Cm.
Durch die ganze Länge der einzelnen Filter gehen zwei übereinander liegende Canäle
von viereckigem Querschnitt, von welchen der obere offene mit der Vertheilungsleitung
der Filterpumpen communicirt; der untere Canal nimmt durch Sickerröhren, welche
auf der Sohle der Filter mit einem Gefälle gegen diesen Canal verlegt sind. das
gereinigte Wasser auf und führt es einem Reinwasserschachte zu, aus welchem das
Wasser durch eine Rohrleitung von 300 Mm. Durchmesser, welche die Reinwasser-
sehächte je einer Filtergruppe verbindet, in den Reinwasserbehälter abfliesst.
Die Filter sind in drei Gruppen von je vier, drei und drei zusammengezogen ;
gegen die Filterpumpen ist jeder Filter durch einen Schieber, durch den gleichzeitig
der Wasserzulauf regulirt wird, absperrbar, und erfolet dic Regulirung des Abflusses
durch Ueberfallschiitzen aus Rothguss, welche gleichzeitig zur Absperrung der Filter
gegen die Reinwasserleitung dienen. Ueber dem Mitteleanal der überwölbten Filter be-
tindet sich ein breiter und hoher Betriebsgang mit zahlreichen Licht- und Ventilations-
öffnungen. Die vier Filter der ersten ältesten Gruppe sind in Bruchstein- und
a, a
Ziegelmauerwerk mit hydraulischem Mörtel ausgeführt und Sohle und Umfassungs-
räume mit ÜCementputz versehen; die geschlossenen Filter sind mit Tonnen in
Ziegelmauerwerk überwölbt. Die sechs überdeckten Filter der zweiten und dritten
Gruppe sind ganz in Portlandcement-Stampfbeton von der Firma Pittel und
Brausewetter in Wien ausgeführt worden.
Zwischen den beiden ersten Filtergruppen liegt die denselben gemeinschaftliche
Entleerungsleitung, welche durch Schieber gegen die einzelnen Reinwasserschächte
absperrbar ist und in den Untergraben der Turbinenanlage mündet. Diese Ablass-
leitung hat ausser der Filterentleerung noch den Zweck, die Filter miteinander zu
verbinden, wenn ein Filter von einem andern aus gefüllt werden soll; zu diesem
Behufe wird die Entleerungsleitung gegen den Untergraben durch einen vorgesorgter.
Schieber abgesperrt.
Die Filter der dritten Gruppe haben eine eigene, direct in die Eger einmündende
Ablassleitung, welche aus Eisenrohren hergestellt und so eingerichtet ist, dass durch
dieselbe nicht nur die Filter communieiren, sondern bei regelrechtem Betriebe auch
das erste Filtrat unbenützt ablaufen kann.
Sowohl in den Filtern als auch in den Reinwasserschächten sind Pegel und
Scalen mit demselben Nullpunkte angebracht; auch die Scala, längs welcher die
- Ueberfallschütze gleitet, bat denselben Nullpunkt. Die Differenz zwischen den Ab-
lesungen der Wasserspiegelhöhen ergibt sonach den Filterdruck und die Höhen-
differenz zwischen dem Wasserspiegel im Reinwasserschachte und der Oberkante
der Ueberfallschütze die Stärke des abfliessenden Wasserstrahles, aus welcher sich
nach der Formel
Q=abhly2gh
die abfliessende Wassermenge berechnen lässt.
In dieser Formel bedeutet 5 die Breite der Ueberfallschütze, y = 9:81 Meter
die Acceleration der Schwere und A die Höhe des Ueberfalles iiber der Schütze;
der Coefficient æ musste experimentell bestimmt werden durch Beobachtung der
Senkung des Rohwasserspiegels bei geschlossenem Zulaufschieber, und zwar wurde
derselbe für die fast gleichen Filter der I. und II. Gruppe im Durchschnitte mit 0:48
und für die grösseren Filter der Gruppe III mit 044 ermittelt.
Die Filter 1 und 5, 2 und 6 und 3 und 7 haben gemeinschaftliche Schieber-
häuschen, in denen sich die Ablassvorrichtungen, die Absperrungen der Reinwasser-
schächte gegen die Reinwasserhauptrohre und die Ablassschieber für den unbenützten
Ablauf des ersten Filtrats befinden; der Filter Nr. 4 hat, weil seine Axe mit keinem
andern Filter zusammenfällt, eine separate Schieberkammer. Bei den Filtern
Nr. 8, 9 und 10 sind die Schieberkammern sammt den Regulir- und Reinwasser-
schächten, welche sich am Ende des Mittelganges betinden, in die Filter eingebaut
und sind die Schieberkammern dem Filtermeister durch besondere Thüren zu-
gänglich.
Die Höhe des Rohwasserstandes wird auf allen Filtern gleich gehalten mit
Hilfe von Ueberlaufrohren von 150 Mm. Durchmesser, welche durch Vermittlung
von Schächten theils in einen eigenen Rohwasserüberlaufeanal münden, theils auch,
und dies gilt in erster Reihe von den älteren Filtern, an den untern Theil der ge-
meinschaftlichen Ablassleitung angeschlossen sind.
Die Constanthaltung des Rohwasserspiegels mit Hilfe von Ueberläufen wurde
den Schwimmervorrichtungen vorgezogen, weil die Wasserverluste mit Rücksicht auf
die ohnehin grössere Leistungsfähigkeit der Filterpumpen über die Förderung der
Reinwasserpumpen ohne Bedeutung sind und diese Verluste bei regelrecht ein-
geleitetem und überwachtem Betriebe auf ein sehr geringes Mass beschränkt bleiben,
anderseits konnte man dadurch die lästige Instandhaltung der in der Regel schwer
zugänglichen Schwimmerventile umgehen. Auch bei der Regulirung des Filtrat-
— 80 ss
abflusses, beziehungsweise Einstellung einer bestimmten Geschwindigkeit hat mun
von Automaten vollständig Umgang genommen, nachdem die bisher bekannten der-
artigen Regler als Hauptbestandtheil ein Teleskoprohr besitzen, dessen Unverlässlich-
keit jedenfalls einen schwachen Punkt derartiger mehr oder weniger sinnreich construirten
Schwimmervorrichtungen bildet. Wenn auch die von Hand bewirkte Reeulirung
einer Filterschütze kleine Schwankungen der Filtergeschwindigkeit im Gefolge hat,
so wurde doch bewiesen, dass diese Schwankungen die Tadellosigkeit des Filtrates
in keiner Weise beeinflussen, und ist sogar aus den fortlaufenden bacteriologischen
Untersuchungen zu entnehmen, dass sich unter Umständen bei constanter Filtrations-
geschwindigkeit in den Proben höhere Keimzahlen ergeben haben, als bei Schwan-
kungen dieser Geschwindigkeit.
\Wenn auch die Stadtgemeinde Karlsbad über eigene Trinkwasserleitungen ver-
fügt, welche zu Genusszwecken genügend Quellwasser liefern und deren an anderer
Stelle noch besonders erwähnt wird, so war sich die Gemeinde bei dem Umstande,
als das filtrirte Wasser in Karlsbad fast in jedes Haus eingeleitet ist und aus schwer-
wiegenden curörtlichen und nachbarlichen Gründen auch die Versorgung der Stadt
Fischern mit Nutzwasser aus dem städtischen Wasserwerke übernommen werden
musste, wohl bewusst, dass an das Wasserwerk, trotzdem es nur Nutzwasser zu
liefern hat, solche Forderungen gestellt werden, denen zu Folge das Filtrat die Eigen-
schaften des Trinkwassers besitzen muss. Deswegen wird auch dem Filterbetriebe
die grösste Sorgfalt zugewendet und wird das nachstehende Verfahren streng ge-
handhabt:
Bei jedesmaliger Filterreinigung wird eine Sandschichte von 2—3 Cm. ab-
gehoben. und frischer Sand dann nachgetiillt, wenn die Stärke der Sandschichte aut
60 Cm. gesunken ist. Dieser Vorgang erscheint ganz gerechtfertigt, wenn man
bedenkt, dass die Keimdichtheit eines frischen Filters sehr mangelhaft ist und es
sonach von grösster Wichtigkeit erscheint, dass die Canälchen des obersten Sandes
bei Beginn des Filtrirens erst genügend verdichtet werden, bevor grüssere Geschwindig-
keiten zur Anwendung gelangen. Dieser Bedingung entspricht besser eine ab-
gelagerte, an der Filtration bereits betheiligt gewesene Sandschichte, und es ist er-
wiesen, dass ganz reiner Sand vollkommen insufficient ist, indem er die Bacterien-
schwirme fiir den Anfang in der Vorwiirtsbewegung wohl etwas hemmt, aber ihre
Entfaltung nicht hindert, so dass das so filtrirte Wasser unter Umständen mehr Keime
enthalten kann, als das untiltrirte.
Ebenso ist erwiesen, dass die Insufficienz der Sandfilter immer ım hölıeren
Grade nach der Einfüllung einer Sandschichte anhält, während sie nach einer Reini-
gung nur von kurzer Dauer und schnell vorübergehend ist; deswegen wird die
Nachfüllung des Sandes immer so bewerkstelligt, dass der alte abgeschaufelt und auf
den frisch Ste zum Theile wieder oben aufeetragen wird.
Jeder Filter wird nach einer vollzogenen Reinigung langsam von unten mit
filtrirtem Wasser bis iiber Sandhöhe angefüllt. Dadureh wird die Luft aus dem
Sande vertrieben, da sonst, wenn Luft “zurtickbleiben würde, sich Luftcanälchen
bilden würden, durch welche niedere Organismen durech den Sand und Kies gelangen
und das Filtrat schädigen könnten. Da das Anfüllen nur langsam geschieht, so
wird die obere Sandfläche, welche an der Filtration bereits betheiligt war, durch
längere Zeit der Luft und dem Lichte ausgesetzt, und wird so durch die Oxydation
entwicklungsfihiger Keime die wirksame Decke auf das Beste vorbereitet.
Jeder Filter wird bei seiner Inbetriebsetzung bis zur Bildung eines Schmutz-
häutchens gewaschen, indem das Filtrat unbenützt abgelassen wird, und darauf wird
ihm die in der Zeiteinheit ziemlich constante Wassermenge so lange entnommen, bis
der Filtrationsdruck in Folge des tieferen Eindringens der Schmutztheilchen in die
Sandporen die zulässige Grenze erreicht hat, worauf der Filter zur Reinigung ab-
gelassen wird.
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Untersuchungsbericht
über die am 24. September 1898 im Karlsbader städtischen Wasserwerke zu Donitz ent-
nommenen Wasserproben.
Wasserstand der Eger, abgelesen am städtischen Pegel des Wasserwerkes: 22 Cm, unter dem Normale.
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Die Wasserbefórderung nach den Hochbehältern betrug am 24. September 5052 Cbwm. |
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Nachdem jeder Filter mit einem breiten Mittelgange versehen ist, kann die
Sandeinfuhr bequem bewerkstelligt werden und wird dermalen die Anlage einer
Geleisbahn geplant, welche die Zufuhr des Sandes zur Sandwäsche und von derselben
zu den Filtern wesentlich verbillizen wird. Die Anlage zum Waschen des Filter-
sandes wurde von der Maschinenfabrik »Cyclop< der Firma Mehlis & Behrens
in Berlin eingerichtet und in einem besonderen Gebäude untergebracht. Dieselbe
besteht dem Wesen nach aus einer konischen Waschtrommel, welche durch Ver-
mittlung einer Transmission von einer besonderen Dampfmaschine langsam gedreht
und an deren grüsserer Stirnfläche der zu waschende Sand gleichmässig eıngeworfen
wird. Das reine Waschwasser wird einem Brunnenschachte entnommen. der mit
den beiden Reinwasserbehältern des Wasserwerkes in Verbindung steht und aus
welchem das Wasser durch eine Centrifugalpumpe der Waschtrommel an deren
kleineren Stirnfläche zugeführt wird. Durch die Rotation der horizontal gelagerten
Trommel, deren innere Mantelfläche dem Sande in Folge zahlreich angebrachter Stifte
und Winkel einen grossen Widerstand bietet, wird der Sand gezwungen, vor seinem
Austritte aus der Trommel in derselben einen langen Weg durch spiralförmige
Schiebung zurückzulegen, wobei der vorgereinigte nach vorne zu gedrückte Sand
mit immer reinerem Wasser in Berührung kommt, so dass zum Schlusse der reine
Sand an der Wassereintrittsstelle herausfillt, während das Schmutzwasser an der
tiefsten Stelle in der hintern Stirnwand der Trommel abtliesst. Dieses Abgangs-
wasser wird in grosse Klärbassins geleitet, woselbst die schweren Beimengungen
sedimentirt werden und erst das vollkommen geklärte Wasser in den Entwässerungs-
canal überfällt. Der Wasserverbrauch zur Reinigung: eines Cubikmeters bereits ge-
brauchten Sandes beträgt 10 Cbm. und stellen sich hiebei die Kosten für Coaks,
Schmier- und Putzmaterial, dann der Löhne inclusive Zufuhr und Abfuhr des Sandes
auf 87 Kreuzer per Cubikmeter, worin der Selbstkostenpreis des Wassers nicht
inbegriffen ist. Die Leistungsfähigkeit der Sandwäsche beträgt 2 Cbm. reinen Sandes
in der Stunde; in demselben Gebäude, in dem sich die Sandwäsche befindet, wurde
auch eine Zimmermanns- und Schlosserwerkstätte untergebracht, in welcher die beim
Filterbetriebe erforderlichen Reparaturen durchgeführt werden.
Nachdem in der letzten Zeit auch das Fischer’sche Filterplattensystem viel
von sich reden machte, sah sich die Stadtgemeinde Karlsbad anlässlich der Erbauung
der drei Filter der Gruppe III veranlasst, in zwei Kammern des Filters Nr. VIII
vier Plattenbatterien bestehend aus je 30 Elementen einzubauen, um auf Grund
eigener Erfahrungen sıch ein Urtheil bilden zu können, ob sich das Wormser Filter-
plattensystem zur einwandfreien Filtration des Egerwassers eignet und ob dasselbe
dem Sandfilter gleichwertbig oder gar in irgend welcher Beziehung überlegen sei.
Die Reihe der Versuche, für welche sich die Winterzeit wegen des geringen Wasser-
bedarfes nicht eignet, ist noch niebt abgeschlossen, allein es kann schon jetzt mit
Recht behauptet werden, dass der Sandtilter dem Sandplattenfilter im geregelten Be-
tricbe tiberlegen ist und dass die Ueberwachung des Sandplattentilters weit grössere
Ansprüche an die Bedienungsorgane stelit, "als jene des leicht übersichtlichen
Sand filters,
Beim Betriebe des Wasserwerkes ist sowohl die chemische als auch die bacte-
. riologische Untersuchung des Filtrates und des Rohwassers eingeführt, und wird die
erstere durch den Stadtchemiker Dr. Ludwig Sipöcz, letztere durch Dr. Karl
Reinhard continuirlich besorgt. Hiebei wird das Leitungswasser täglich, das
Rohwasser und das Filtrat bei “dem Abflusse der Filter wöchentlich einmal unter-
sucht; auch dann, wenn ein Filter nach dem Einführen frischen Sandes bis zur
Bildung des Schmutzhäutchens gewaschen wird, werden separate Untersuchungen
angestellt, während dieselben nach einer gewöhnlichen Filterreinigung nur noch von
Fall zu Fall vorgenommen werden, da durch die bisherigen mehrjährigen Erfahrungen
sicher gestellt wurde, dass cin gereinigter Filter schon nach 48 stiindigem Spülen
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hinreichend keimdicht wird. Zur besseren Veranschaulichung der Beobachtungen
und der Untersuchungsdaten werden auf Seite 33 und 34 zwei normale aufeinander-
folgende Wochenberichte über die Filteruntersuchung wiedergegeben.
Durch die Einführung des bacteriologischen Untersuchungsdienstes wurden
bereits viele Erfolge erreicht. welche hauptsächlich darin gipfeln, dass es gelungen
ist, einen mittleren Werth der Zeitdauer zu bestimmen, nach welcher ein im Stadium
der Spülung befindlicher Filter keimdicht wird, und dass mit Rücksicht auf die
Prüfung des rohen Wassers, welches in seiner Beschaffenheit je nach der Jahreszeit
sehr starken Schwankungen unterworfen ist, äusserst schätzenswerthe Unterlagen
gefunden wurden zur Feststellung der vortheilhaften und der noch zulässigen Ge-
schwindigkeit, wobei auch insbesondere gefunden wurde, dass bei einer Sandhöhe über
650 Mm. eine Filtergeschwindigkeit von 120 Mm. per Stunde ohne Weiteres zulässig
erscheint, wenn nur der Filtrationsdruck ein mässiger bleibt und der Uebergang von
der normalen Geschwindigkeit von 80 Mm. langsam und in stets gleicher Zunahme
bewirkt wurde. Auf Grund dieser Erfahrung wird die Sandschichte bei 650 Mm.
als dem zulässigen Minimum stets wieder auf die normale Höhe von 900 Mm. er-
gänzt, und wenn auch der Egersand nicht von jener Feinheit und Gleichmässigkeit
im Korn ist, wie der Berliner oder Hamburger Sand, so ergeben die bisherigen
Untersuchungen, dass dennoch sehr gute Resultate erzielt werden, wenn nur der
Filtrationsdruck für gewöhnlich 60 Cm. nicht überschreitet und jeder Filter bis zur
Bildung der Schmutzhaut gewaschen wurde.
Aus den chemischen Untersuchungen geht hervor, dass das Egerwasser unge-
mein weich ist und dass in demselben salpetrige Säure und Salpetersäure gar nicht
vorkommen. Im Nachstehenden wird eine Untersuchung angeführt, wie dieselben zur
Beurtheilung des Wassers im Frühjahre, wenn die Eger nach dem Eisgange ihren
höchsten Stand erreicht hat, durchgeführt werden, und die darum von besonderer
Wichtigkeit ist, weil gerade zu dieser Zeit der Keimgehalt des Rohwassers ein un-
gewöhnlich hoher wird und daher die Ueberwachung des Filterbetriebes die pein-
lichste Sorgfalt voraussetzt.
Chemische Untersuchung
von Wasserproben, entnommen am 20. März 1897 aus dem städtischen Wasserwerke
in Donitz.
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Am 20. März 1897 betrug der Wasserstand der Eger 0'42 Meter über dem
Normalpunkte des Wasserwerkpegels; das Wetter war an diesem Tage trüb, an-
haltend regnerisch und sttirmisch und ergab die Untersuchung des Rohwassers auf
entwicklungsfähige Keime 14610 in 1 Cbem. Das Filtrat selbst war befriedigend,
wenn gleich die Proben weit über 100, ja über 200 entwicklungsfähige Keime in
1 Cbem. Wasser ergaben, wobei jedoch nur fünf Arten gewöhnlicher Erd- und
Wasserbacterien vorkamen, von denen zwei nach vier Tagen die Nährgelatine ver-
flüssigten. Der ungewöhnlich ungünstige 20. März wurde deshalb zur gleichzeitigen
Entnahme von Wasserproben zur chemischen und bacteriologischen Untersuchung
gewählt, um über die Maxima der zulässigen Geschwindigkeit unter ungünstigen
Verhältnissen ein Urtheil zu gewinnen und um Anhaltspunkte zu erhalten zur
Bestimmung der minimalen Höhe der Sandschichte und der Korngrösse des Sandes,
nachdem die Durchführung von Verbesserungen an den Filtern der Gruppen I und IT
bevorstand und die friiher erhaltenen Durchschnittswerthe aus einer Reihe von Unter-
suchungen zur Feststellung der noch äusserst zulässigen Grenzwerthe als unmethodisch
verworfen werden mussten.
Reinwasserbehälter. Das gewonnene Filtrat der Filtergruppen I und II
wird einem Reinwasserbehälter zugeführt, welcher einen Fassungsraum von 300 Cbm.
besitzt und der den Zweck hat, die Schwankungen zwischen dem Filterbetriebe und
dem Betriebe der Hochdruckpumpen auszugleichen. Derselbe besteht aus zwei Ab-
theilungen, von denen jede für sich ohne Betriebsstörung ausgeschaltet werden kann,
ist in Bruchsteinmauerwerk mit Cementverputz ausgeführt und mit Ziegelgewölben
überdeckt; jede Abtheilung ist mit einem Ueberlaufe und einer Entleerung versehen,
welche in die Filterentleerungsleitung einmünden.
Mit dem gesteigerten Wasserconsum in der Stadt und mit Rücksicht darauf,
dass für den Betrieb der Sandwäsche täglich 200—300 Cbm. filtrirtes Wasser be-
nöthigt werden, wobei der vorhandene kleine Reinwasserbehälter die Schwankungen
im Filterbetriebe nicht mehr auszugleichen in der Lage war, trat an die Stadtgemeinde
die Nothwendigkeit heran, einen zweiten Reinwasserbebälter zu bauen, der das Filtrat
der Filtergruppe III und zum Theile auch II aufnimmt.
Derselbe hat einen Fassungsraum von 530 Cbm., ist ganz aus Portlandcement-
Stampfbeton hergestellt und wird durch zwei absperrbare Rohrstränge von 300 Mm.
Durchmesser, entsprechend der Eintheilung beider Bebälter in je zwei gleiche Ab-
theilungen, mit dem alten Rein wasserbehälter verbunden. Das neue Bassin fand seinen
Platz hinter dem bestehenden und wurde die Anordnung so getroffen, dass das Wasser
in beiden Behältern stets in Bewegung bleibt.
Maschinelle Anlagen. Die vorhandene Wasserkraft der Eger wurde für
den Betrieb der Pumpwerke ausgenützt, weswegen das Maschinenhaus an der Gefäll-
stelle direct an das linke Uter des Obergrabens situirt wurde. Das Maschinengebäude,
welches im Jahre 1886 wegen der Aufstellung eines zweiten completen Pumpwerkes
erweitert worden ist, bedeckt eine Grundfläche von 660 Qm. und besteht aus dem
Turbinenhause, dem alten und dem neuen Maschinenlocale und dem Kesselhause.
Von dem letzteren durch einen Wagenumkehrplatz getrennt, steht das Werkstätten-
haus mit Kohlen- und Oelmagazin, an dessen rückwärtiger Seite die Aborte an-
gebaut sind.
An Betriebsmotoren sind zunächst zwei Jonval-Turbinen vorhanden, welche
von der Firma Escher, Wyss & Co. in Leesdorf bei Wien gebaut worden sind;
dieselben machen normal 33 Umdrehungen in der Minute und treiben mittelst konischer
Zahnräder die Haupttransmissionswelle, von welcher abwechselnd sowohl das alte wie
das neue Pumpwerk durch Stirnräder betrieben wird. Die Regulirung der Turbinen
erfolgt durch Auflegen von Ringdeckeln an die Doppelleiträder und durch Einstellen
der Einlassschützen. die normale Wassermenge, die den Turbinen zugeführt werden
kann, beträgt 4 Cbm. per Secunde bei einem schwankenden Gefälle von 1—1'6 Meter.
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Diese Turbinen haben sich im Betriebe sehr gut bewährt und erforderten, tıotzdem
sie in den letzten Jahren besonders stark in Anspruch genommen wurden. in den
abgelaufenen 13 Betriebsjahren nicht die geringste Reparatur.
Das ältere Pumpwerk besteht aus zwei verticalen, einfach wirkenden
Filterpumpen, welche in 24 Stunden 3300 Cbm. bei 20 Umdrehungen der Pumpen-
welle per Minute auf die Filter heben, und aus zwei doppeltwirkenden, liegenden
Hochdruckpumpen, welche mittelst Kurbeln von einer gemeinschaftlicien Pumpen-
welle angetrieben werden.
Der Plungerdurchmesser der Pumpe für das untere Netz beträgt 280 Mm. und
die Förderhöhe zuzüglich der Reibungsverluste 50 Meter; die Druckpumpe des oberen
Netzes hat einen Plungerdurchmesser von 240 Mm. und beträgt die Förderhöhe
inclusive der Reibungsverluste 107 Meter. Der gemeinschaftliche Hub beträgt
600 Mm. und machen beide Pumpen in der Minute normal 20 Umdrehungen.
Als Reserve für die Turbinen ist eine eineylindrige Dampfmaschine mit Con-
densation, Rundschiebern und Achsenregulator aufgestellt, welche 105 Pferdestärken
indieirt und 65 Umdrehungen in der Minute macht. Mit derselben ist durch eine
lösbare Kupplung eine horizontale Differentialpumpe mit gesteuerten Ventilen nach
dem Systeme des Prof. Riedler verbunden, welche in der Stunde 70 Cbm. Wasser
fördert; ausserdem betreibt die Dampfmaschine vom verlängerten Kurbelzapfen aus
eine verticalo Filterpumpe, deren Leistung jene der Differential-Hochdruckpumpe
um 10", übersteigt. Die Differentialpumpe ist mit einem Stahlwindkessel ausgestattet
und ist die Einrichtung so getroffen, dass man mit dieser Pumpe sowohl in das
obere, als auch in das untere Vertheilungsnetz alternirend fördern kann, zu welchem
Behufe die Anschlüsse an die Druckrohre mit besonderen Absperrschiebern ver-
schen sind.
Die neuere Pumpenanlage, welche im Jahre 1887 um Betrieb genommen
wurde, besteht aus einer Compound-Dampfmaschine mit Condensation, zwei Pump-
werken für das untere und obere Netz und zwei Filterpumpen, von denen je eine
mittelst Kunstwinkel von der verlängerten Kolbenstange der Hochdruckpumpen an-
getrieben wird. Die Druckpumpe für das untere Netz hat einen Plungerdurchmesser
von 220 Mm., jene des oberen von 185 Mm.; der gemeinschaftliche Hub beträgt
800 Mm. und die Zahl der Umdrehungen in der Minute 25. Die Anordnung der
Transmission wurde so getroffen, dass auch diese Pumpenmaschinen von der Turbinen-
welle angetrieben werden können.
Diese, von der Prager Maschinenbau- Actiengesellschaft vormals Ruston & Co.
in Prag rebaute Maschinengruppe hat sich im Betriebe vorzüglich bewährt und weist
die Dampfmaschine einen sehr günstigen Wirkungsgrad auf.
Die vier von den Pumpenwindkesseln ausgehenden Druckstränge nach der
Stadt übersetzen den Turbinengraben auf zwei eisernen Rohrbrücken; für jeden
Druckstrang ist am rechten Ufer des Turbinencanals ein besonderer Hauptwindkessel
von 4 Meter Höhe und 1100 Mm. Durchmesser vorgesehen und können beide Windkessel
tür das untere Netz, ebenso wie jene für das obere Netz untereinander verbunden
werden. Diese Windkessel stehen in einem heizbaren Windkesselhause und ist die
Einrichtung derselben so getroffen. dass jeder Luftpolster durch einen im Turbinen-
hause installirten Luft- Compressor nach Bedarf ergänzt werden kann. Die beiden nach
der Stadt führenden Zuführungsstränge des unteren Netzes haben einen Durchmesser
von je 225 Mm., jene des oberen Netzes 175 Min.; dieselben sind mit continuirlicher
Steigung nach den Behältern verlegt.
Zur Dampferzeugung dienen zwei Dupuis-Kessel von je 40'9 Heizfläche und
erfolet die Feuerung auf Treppenrosten; gespeist wird filtrirtes Wasser, wofür an
Apparaten zwei Körting'sche Injecteure und eine Wand-Dampfpumpe vor-
handen sind.
— 39 —
Der Turbinen-Obergraben ist mit senkrechten Wänden in behauenen Bruch-
steinen und mit betonirter Sohle ausgeführt; er hat eine Breite von 8:5 Meter und
kann durch massive Eichenholzschützen am Eingange abgesperrt werden.
Für den Filtermeister und den Maschinenmeister ist ein eigenes Wohnhaus
vorhanden, der ganze Platz um die Wasser- und Elektricitäts-Anlagen ist in gefälliger
Weise eingezäunt, mit Obstbäumen bepflanzt und das Terrain an der Donitzer Strasse
von den Bediensteten in Zier- und Gemüsegärten verwandelt worden; das Werk
besitzt gemeinschaftlich mit dem Elektricitätswerke eine Brückenwaage, ist auf das
sauberste ausgestattet und wird elektrisch beleuchtet.
Im Laufe des heurigen Jahres wird eine bedeutende Vergrösserung des Werkes
durchgeführt, nachdem die bestehende maschinelle Anlage sich wegen des hohen
Wasserverbrauches in den Sommermonaten als nicht mehr zureichend erwiesen hat.
Zu dem Zwecke wird das Kesselhaus als solches aufgelassen und der gewonnene
Raum zu einem dritten Maschinenhause adaptirt; von der Errichtung einer neuen
Kesselanlage für das Wasserwerk konnte um so eher abgesehen werden, als sich das
Elektricitätswerk mit einer grossen Kesselbatterie in der nächsten Nähe befindet und
somit der Gedanke nahe lag, den benútbigten Dampf direct vom Elektricitätswerke
zu beziehen, dessen Kessel sich beständig unter Feuer befinden. In der That genügt
auch die Aufstellung eines einzigen Damptkessels im Kesselhause des Elektricitäts-
werkes, um auch das Wasserwerk dem vermehrten Bedarfe entsprechend mit Dampf
versorgen zu können, und kann in dem freigewordenen Kesselhause eine Compound-
Dampfmaschine aufgestellt werden nebst zwei direct betriebenen Differentialpumpen für
eine Wasserförderung von je 120 Cbm. per Stunde und zwei verticale eincylindrige
Dampfmaschinen zum Betriebe von zwei Filterpumpen, welche ebenfalls als stehende
Differentialpumpen für eine stündliche Leistung von je 135 Cbm. gebaut werden.
Die neue Hochdruckpumpenmaschine erhält eine eigene Druckleitung von 300 Mm.
Durchmesser, welche sowohl an den Behälter für das untere, als auch das obere
Vertheilungsnetz angeschlossen wird, wobei durch entsprechende Schieberstellung
gleichzeitig in beide Behälter dem Bedarfe entsprechend gefördert werden kann. Die
von dem Stadtverordneten-Collegium für diese Neuherstellungen bewilligten Geldmittel
betragen 95.000 fl, worin auch die Ausführung eines Ergänzungsrohrstranges in der
Stadt, im sogenannten Kieswege, inbegriffen ist.
Was die Leistung der Pumpwerke anbelangt, so wurden in den einzelnen
Jahren nachstehende Wassermengen nach den Hochbehältern gefördert:
1887. ........ . 680.889 Cbm.
1888... ..... 651.861 >»
1889. ......... 696.243 >
1890. ......... 664.670 >
1991. ......... 803.293 >
1892. ......... 818.458 >
18993. ......... 1,041.666 >
1894. ......... 920.888 >
1895. ........ . 1239.087 >»
18996. ........ . 1260.593 >
1897. ........ . 1,278.964 >»
1398. ........- . 1,879.559 >
Hochbehilter und Stadtrohrnetz. Der Hochbehälter für das untere
Netz musste mit Rücksicht auf die Terraingestaltung der Baustelle eine längliche
Form erhalten und besteht aus zwei parallelen, durch eine Mauer getrennten Kammern,
welche einzeln in Betrieb gesetzt oder ausgeschaltet werden können; dadurch ist es
möglich, eine zeitweise Reinigung des Behälters ohne Unterbrechung der Wasserver-
— 40 —
sorgung vorzunehmen. Der höchste Wasserstand im Behälter beträgt am Einlaufe
3°8 Meter, am Auslaufe 4°2 Meter; die Weite der beiden Kammern ist 4 Meter,
die Länge derselben 64 Meter, woraus sich ein Fassungsraum von 2000 Cbm.
ergibt.
An den schmalen Seiten sind Ventilkammern mit Portalen aus Granitquadern
angeordnet; diese leicht zugänglichen Kammern gestatten eine bequeme Handhabung
der Ein- und Auslaufschieber, beziehungsweise der Ablässe zur Entleerung der Be-
hälterhälften.
Der Hochbehälter von 1000 Cbm. für die obere Stadt liegt im Rücken des Ver-
theilungsnetzes, weswegen von der Theilung desselben in zwei Kammern Abstand
genommen werden konnte, nachdem dieser Behälter ohne Unterbrechung der Wasser-
‚versorgung abgesperrt werden kann. Das Terrain liess eine quadratische Form des
Reservoirs zu, welches zur Erzielung der stetigen Bewegung des Wassers in sieben
Kammern eingetheilt wurde, welche derart miteinander verbunden sind, dass der
Wassereintritt in der ratei. der Austritt dagegen in der siebenten Kammer erfolgt;
die erste und die letzte Kammer liegen Rücken an Rücken aneinander und münden
in eine vorgebaute Ventilkammer, in der sich die Absperr- und Entleerungsschieber
nebst zwei Klappenventilen in dem gegabelten Zulaufrohre befinden, durch welche
das Wasser gezwungen wird, die ihm vorgeschriebene Bewegungsrichtung zu verfolgen.
Die Umfassungsmauern beider Behälter wurden aus Bruchsteinen in hydrau-
lischem Mörtel und die Gewölbe aus Ziegelsteinen mit gleichem Mörtel ausgeführt;
die Sohle erhielt eine Unterlage von Beton, auf welcher zwei liegende Ziegelstein-
Pflasterschichten in Cementmörtel aufgelegt wurden. Sohle und Wandungen der Be-
hälter sind mit starkem Cementputz versehen und ebenso die Oberfläche der Ge-
wölbungen, auf welchen zum Schutze des inneren Raumes der Behälter gegen die
Einwirkung der Temperatur eine über den Gewölbsscheiteln 1'!/, Meter hohe Erd-
schichte aufgetragen wurde. Beide Behälter sind mit \Wasserstandszeigern versehen,
welche auf elektrischem Wege die Aenderungen des Wasserstandes von 5 zu 5 Cm.
sowohl im Maschinenhause des Wasserwerkes als auch im Bureau des Wasseramtes
anzeigen.
Statt der Auslaufkammer der Druckstriinge fiir das obere Netz, welche eine
Grundfläche von 9 Qm. und eine Höhe von 4 Meter besass, wobei der höchste
Wasserspiegel circa 8 Meter über jenem im Riickenbehilter des oberen Vertheilungs-
netzes lag, wurde dem gesteigerten Wasserverbrauche entsprechend in den Jahren
1896 und 1897 ein neuer Hochbehälter erbaut, welcher einen Fassungsraum von
1200 Cbm. besitzt nnd nach dem Zweikammersystem eingerichtet wurde. Derselbe ist
ganz in den Felsen eingebaut und hat man auf Grund der bei der Filtergruppe II
und dem neuen Reinwasserbehälter gemachten günstigen Erfahrungen der Ausführung
in Portlandeement-Stampfbeton den Vorzug gegeben.
Auch dieser Behälter besitzt eine facadırte Ein- und Auslaufkammer. in welchen
die Absperr- und Entleerungsschieber untergebracht sind; der höchste Wasserspiegel
liegt 4 Meter oberhalb der Sohle und wurde der Ueberlauf in den Hochbehälter für
das untere Netz eingeleitet, durch welche Anordnung jeder Wasserverlust vermieden
wird. Ucber den Gewölben, welche auch von aussen mit einem starken Cementverputz
versehen wurden, wurde eine 1'5 Meter starke Erdschichte aufgetragen, und sind
alle drei Behälter in den Gewölbescheiteln mit zahlreichen eisernen Ventilations- und
Dunströhren eigenen Systems ausgestattet.
Das Rohrnetz wurde auf Grund der Annahme gerechnet und ausgeführt, dass
in beiden Zonen eine Wassermenge von 4320 Cbm. in 12 Stunden verbraucht werde,
und wurde für die schwächsten” Stränge der Durchmesser von 80 Mm. aus dem
Grunde festgesetzt, um im Bedartsfalle die zur Speisung von Feuerhydranten er-
forderliche Wassermenge beschaffen zu können. Solcher Hydranten sind 223 vorhanden
und erscheint hauptsächlich der obere Stadttheil in den engeren Strassen reichlich
ete (A ee
mit Hydranten dotirt. Die Wasserleitung des oberen Netzes kann an mehreren Stellen
mit dem unteren Netze durch Vermittlung von Absperrschiebern verbunden werden,
welche Anordnung sich wiederholt als äusserst zweckmässig erwiesen hat.
Nachdem der Wasserverbrauch im oberen Netze insbesondere wegen der Ver-
wendung des Wassers zum Betriebe von hydraulischen Aufzügen und zu städtischen
Zwecken zunimmt, und da das Hauptrohr durch eine längere Strecke nur 150 Mm.
weit ist und sonach das von drei Pumpwerken in den Hochbehälter III gelieferte
Wasser nicht weiter zu leiten vermochte, sah sich die Stadtgemeinde gezwungen, im
oberen Netze ein zweites Hauptrohr von 200 Mm. Durchmesser zwischen dem Hoch-
behälter III und dem Hochbehälter II zu verlegen, an welches sich in der Neuen
Wiese bis zum Kaiserbade und in der Alten Wiese bis zum Etablissement - Grand
Hotel Pupp« je ein Seitenstrang von 150 Mm. Durchmesser anschliesst.
Die bisherigen Baukosten des Wasserwerkes sammt den Erweiterungen im
Stadtrohrnetze belaufen sich inclusive der im Laufe des Jahres 1899 durchzuführen-
den Neubauten auf 1,200.000 fl.; angeschlossen sind an das Leitungsnetz 971 Privat-
installationen, ın welchen sich bis zum 1. Jänner 1899 nachstehende Ausläufe be-
fanden (exclusive der Ausläufe in den Badeanstalten, Schulen und im Krankenhause):
Zapfhähne. . . . , DD Bück
Closetausliiufe . . . . . . . .4433 »
Pissoirausláiufe . . . . . . . . 492 >»
Feuerhähne . . . . . . . . . 149 >
Badeausläufe . . . . . . . 129 »
Sonsuige Ausläufe . . . . . 336 >
Zusammen . . . 9192 Zapfstellen.
Nachdem die Verzinsung und Amortisation des Anlagecapitals aus curörtlichen
Rücksichten von der Stadtgemeinde allein bestritten wird, konnte das Wasser zum
Hausgebrauche in einer Menge von 50 Litern per Kopf und Tag freigegeben werden;
der Mehrverbrauch sowie der Verbrauch zu motorischen Zwecken unterliegt der Be-
zahlung von 10 kr. per Cubikmeter. Die Wasserabgabe wird durch eine eigene »Ge-
brauchsordnung für das Wasserwerk der Stadt Karlsbad« geregelt und fanden die
Installationsvorschriften zur Ausführung der Privatleitungen die hochortige Ge-
nehmigung. Die Herstellung der Anschlüsse an das Rohrnetz erfolgt nur durch das
Wasseramt, einer Abtheilung des Stadtbauamtes, welches den Betrieb des Werkes
leitet, das Erproben der Hausleitungen vor der Inbetriebsetzung vornimmt, die
Wassermesser einsetzt und revidirt und die Hausleitungen nach Bedarf controlirt.
Zur Deckung der Verwaltungs- und Betriebskosten, welche durch den Wasser-
zins allein nicht bestritten werden können, werden Verwaltungsbeiträge eingehoben,
und zwar für den ersten Auslauf in einer Liegenschaft 6 fl. jährlich, für jeden
folgenden 1 fl. 50 kr, und zwar mit Ausnahme der Feuerhähne, auf welche sich
diese Bestimmung nicht bezieht. Um die allgemeine Hygiene zu fördern, hat die
Stadtgemeinde ein Abonnement auf Spülung der Hauscanäle vom Hydranten mittelst
Schläuchen eingeführt, und zwar gegen die schr mässige Entschädigung von 6 fl. für
12 Spülungen und 4 fl. für 6 Spülungen in einem Jahre; zu einer jeden Durch-
spülung werden 10 Cbm. Wasser verwendet und beträgt die Entschädigung für eine
einzelne Spülung 1 fl., worin die Löhne der Arbeiter und die Abnützung der gum-
mirten Hanfschläuche inbegriffen ist.
Für obligatorische oder zwangsweise Canalspülungen, welche vom Bürger-
meisteramte in Handhabung der Sanitätspolizei über Antrag der Stadtärzte angeordnet
werden, haben die Hausbesitzer die ermässigte Gebühr von 50 kr. per Spülung zu
entrichten; doch kommen solche Fälle, Dank dem Verständnisse der Hausbesitzer
für die Wichtigkeit der öffentlichen und privaten Sanitätspllege, nur vereinzelt vor.
2
2. Die städtischen Trinkwasserleitungen.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt wurde, ging die Erweiterung der Trink-
wasserleitungen mit dem Ausbaue des Nutzwasserwerkes Hand ın Hand, und wenn-
gleich das Streben der Stadtgemeinde, für den Curort eine einheitliche Wasserversorgung
selbst um den Preis der höchsten Anstrengung des finanziellen Könnens der Stadt-
gemeinde zu erreichen, in Folge der Unmöglichkeit. aus einem wenn auch ausge-
dehnten Quellengebiete die constante Wassermenge von 100 Litern per Secunde zu
gewinnen, zu keinem Resultate führte, so wurde stets noch der Zweck im Auge
behalten, und haben weder die jetzige, noch die früheren Gemeindevertretungen weder
Aufwand noch Múhe gescheut, um dem Curorte, seinem Wachsthume und Gedeihen
entsprechend, eine ausreichende Menge einwandfreien Trinkwassers zuzuführen.
Leider ist der Wasserbedarf Karlsbads gerade zu jener Zeit am grössten, wenn
in Folge der Trockenheit die Quellen am wenigsten ergiebig sind, und nachdem trotz
des oft gehörten Rathes: »Suchet im Erzgebirge Wasser, gerade die Erfahrungen
des Jahres 1895 dargethan haben, dass in den Geländen des Erzgebirges eine un-
gewöhnliche Wassernoth herrschte, während in Karlsbad das Trinkwasser noch in
hinreichender Menge zur Verfügung stand, nachdem ferner die Ueberzeugung vor-
handen ist, dass sich genügende Mengen von Grundwasser aus dem Teplthale in
Berücksichtigung der ertorderlichen hohen Lage des Quellengebietes nicht gewinnen
lassen und auch seinerzeit ausgeführte Bohrversuche im Egerthale ein negatives
Ergebniss geliefert hatten, mussten die nothgedrungen gefassten Beschlüsse der Ge-
meindevertretung, in der Nähe von Karlsbad Fassungsgebiete für Trinkwasser zu
suehen, umsomehr Aussicht auf Erfolg wecken, als die Stadtgemeinde ihren Waldungen
den höchsten Schutz angedeihen lässt und auch für die Neuanlage von Waldculturen
selbst an solchen Stellen sorgt, die abseits der Spazierwege gelegen, nur im Interesse
des Quellenbestandes angekauft und aufgeforstet werden.
Diesem zielbewussten Vorgange der Gemeindevertretung verdankt die Stadt
Karlsbad den Ausbau von drei der ausgiebigsten Trinkwasserleitungen: der neuen
Soosleitung, der Neudonitzer Leitung und der Trinkwasserleitung aus Brunnerslohe,
von welchen die erste mit der sogenannten alten Soosleitung, die zweite mit der Tränk-
trog-Leitung und die dritte mit der Ploben-Leitung einen gemeinschaftlichen Druckstrang
von je 100 Mm. Durchmesser besitzt.
Die dermalen bestehenden Trinkwasserleitungen führen folgende Namen:
Alte Klein-Versailler-Leitung,
Neue Klein-Versailler-Leitung,
Ploben-Leitung,
. Kohllohe-Leitung,
Postlohe-Leitung,
Pöhlenhof-Leitung,
Tränktrog-Leitung,
Soos- Leitung.
Die neue Klein- Versailles-, die Ploben- und die Postlohe-Leitung bilden die untere
Trinkwasserzone, jene von der Kohllohe, vom Pöhlenhof und aus dem Soosrevier das
obere Netz, während die Tränktrog- Leitung bis jetzt isolirt ist. im Laufe des Jahres 1899
jedoch mit der neuen Klein-Ver: sailler- Leitung durch cinen Ueberlaufstrang verbunden
wird, damit der Ueberschuss dieser wasserreichen Leitung dem unteren Trinkwasser-
netze zu Gute komme.
An diese Trinkwasserleitungen, welche zum Theile auch eigene Behälter besitzen
und für sich abgesperrt werden können, sind dermalen 42 öffentliche Auslaufbrunnen
angeschlossen, welche in der Stadt entsprechend vertheilt sind, und von welchen unter
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allen Umständen diejenigen beständig laufen, die sich am Ende eines Leitungsstranges
befinden; die anderen sind mit Ventilapparaten ausgestattet, wodurch Wasserverluste
in der trockenen Jahreszeit hintangehalten werden, wenn der etwa verminderte Zulauf
von den Quellen das sonst geübte Laufenlassen aller Ständer zu reduciren gebieten
würde. Ausser deu öffentlichen Ventilbrunnen sind auch in den Schulen, im Kranken-
hause, in den Badeanstalten und am Friedhofe mehrere Ausläufe an die Trink wasser-
leitungen angeschlossen.
Was die Ergiebigkeit des zumeist durch Tiefdrainagen, seltener durch Stollen
und Schächte gewonnenen Trinkwassers anbelangt, so schwankt dieselbe innerhalb
ziemlich bedeutender Grenzen, und sind es besonders die alten, nicht bis auf Fels-
untergrund reichenden Drainagen, welche in der Spätsommerzeit nur spärlich Wasser
liefern, während bei den neueren Fassungen das Minimum der Ergiebigkeit nicht
unter einem Drittel der normalen Lieferung zurückbleibt. Diese Schwankungen sind
auf die geringe Ausdehnung der bezüglichen Niederschlagsgebiete in der bergigen
Umgebung Karlsbad» zurückzuführen, wodurch die Stadtgemeinde genöthigt wird,
an zahlreichen, voneinander örtlich weit getrennten Stellen Wasserfassungen anzu-
legen, wodurch sich sowohl die Anlagen zur Wassergewinnung, als auch zur Fort-
leitung desselben unverhältnissmässig hoch stellen. Das in den Trinkwasserleitungen
investirte Capital übersteigt bereits 200.000 fl.ö. W.; gegenwärtig wird an der Voll-
endung neuer Tiefdrainagen oberhalb der sogenannten St. Leonhards-Teiche gearbeitet,
durch welche der Stadt ein weiteres Quantum von minimal 50 bis 60 Liter per Minute
zugeführt wird, so dass Ende September, zu welcher Zeit die Ergiebigkeit der Quellen
in der Regel am meisten nachlässt, noch mit einem Zulaufe von mindestens 400 Cbm.
per Tag gerechnet werden kann. Wenn auch der Bedarf an Trinkwasser gedeckt
erscheint und in Folge dessen die Zuschüttung der Hausbrunnen in dem geschlossenen
Baugebiete der Stadt verfügt werden konnte, so erscheint jede Vermehrung der Wasser-
fassungen dringend angezeigt, weil sich die Stadt durch Neu- und Umbauten von
Jahr zu Jahr vergrössert und ein Ueberschuss der Trinkwasserleitungen über den
Bedarf hinaus durchaus nicht verloren geht, sondern, wie schon an anderer Stelle
erwähnt, nur zur Entlastung des Nutzwasserwerkes beiträgt.
Dementsprechend werden diejenigen Gebiete, in denen Quellwasserläufe vor-
handen sind, beobachtet, das zu ‘lage tretende Wasser gemessen und untersucht,
und steht nach der Vollendung der Fassungsarbeiten bei den St. Leonhards-Teichen
die Inangriffnahme der Vorarbeiten für neue Quellenfassungen in der Nähe von Pirken-
hammer, welche sämmtlich in eigener Regie der Stadtgemeinde durchgeführt werden,
unmittelbar bevor.
Bezüglich der Beschaffenheit des Trinkwassers wäre zu erwähnen, dass dasselbe
eine Gesammtbärte von 1:25 bis 2 deutschen Hiirtegraden im Durchschnitte besitzt,
frei von Salpetersäure, salpetriger Säure und Ammoniak ist und auch nach den
bacteriologischen Untersuchungen ein gutes Verhalten zeigt. Die bacteriologischen
Untersuchungen werden monatlich zweimal vorgenommen, und zwar findet einmal
die Entnahme von Proben an den Quellen statt und das zweite Mal an den Ausläufen
der Ventilbrunnen. wodurch auch der Einfluss der Rohrleitungen, welche jede Woche
gründlich gespült werden, gekennzeichnet wird. Zur Beurtbeilung des Keimgehaltes
der einzelnen Wüässer werden im Nachstehenden zwei aufeinander folgende Unter-
suchungsresultate, das eine nach den Quellen-, das andere nach den Rohrnetzproben,
wiedergegeben:
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Untersuchungsbericht
über die im Monat Juni 1898 vorgenommenen bacteriologischen Untersuchungen der Karls-
bader städtischen Trinkwasserleitungen (Quellen-Entnahme).
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Untersuchungsbericht
über die im Monat Juli 1898 vorgenommenen bacteriologischen Untersuchungen der Karls-
bader städtischen Trinkwasserleitungen (Rohrnetz-Entnahme).
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3. Die Canalisation von Karlsbad.
Die frühere Abfuhr der Hausabwässer bestand darin, dass in dem kleineren
Theile der Häuser das Senkgruben- und Tonnensystem vorhanden war, im grösseren
Theile aber die Abwässer durch bestandene Hauscanäle dem Teplflusse zugeleitet wurden.
Der geringe Wasserstand des Teplflusses im Sommer brachte mancherlei Miss-
stände mit sich, denen man Anfangs dadurch begegnen wollte, dass man im unteren
Theile der Stadt, wo das Gebiet der Mineralquellen aufhört, in den Thalstrassen
Sammelcanäle erbaute, in welche man die im oberen Theile der Stadt längs der
beiderseitigen Ufermauern im Teplflusse errichteten offenen Rinnsale einmünden liess,
denen die Hausabwässer des oberen Stadttheiles, verdünnt durch an den Rinnsal-
enden oben zugetiihrtes Teplwasser, zuliefen.
Das Hinderniss für die Durchführung von Sammelcanälen in den Thalstrassen
der oberen Stadt bildete bis Mitte der 80er Jahre die am Marktplatze in geringer
Tiefe unter dem Strassenniveau befindliche »Sprudelschale«.
Im Jahre 1884—1885 wurde nun durch vorsichtige Bohrversuche in dem
fra;lichen Terrain am Marktplatze der Beweis erbracht, dass die »Sprudelschale«,
d. i. die oberhalb des heissen Mineralwassers befindliche, aus Arragonitablagerung
des Mineralwassers bestehende Steindecke von so grosser Mächtigkeit ist, dass es
möglich wurde, in dieselbe gusseiserne, bleigedichtete Canalrohre innerhalb eines,
die ausgebrochene Sprudelschale wieder ausfüllenden Cementbetonkörpers zu betten,
wodurch frühere Projecte, welche die Hebung des Canalwassers über die hochliegende
Sprudelschale hinweg mittelst eines stets entlüftbaren Heberrohres vorschlugen,
gegenstandslos wurden. Auf dieser Grundlage wurde sodann zur Verfassung eines
neuen Canalisationsprojectes durch den Ingenieur Friedrich Cuntz geschritten, das
die Anwendung des »getrennten Systemse, d. i. die separate Canalisation für die
Hausgebrauchswässer und für die Meteorwässer vorschlug.
Es galt sodann, die seitens des Projectanten für die Unrathscanäle mit Rück-
sicht auf die durch die vorhandene Nutzwasserleitung von selbst eingebürgerte
Verwendung von Waterclosets in den Häusern etwas gering projectirten Dimensionen
der Unrathsrohre practisch zu erproben.
Die mehrfachen Erprobungen haben nun, wie in Berlin, ergeben, dass man
Canalrohre unter 200- 250 Mm. Durchmesser nicht anwenden soll, und gaben
diese Erfahrungen auch den Anlass zur Modificirung des Projectes bei der Ausführung
in folgenden Richtungen:
1. Die mit geringerem Gefälle anzulegenden Sammelcanäle für das Unraths-
canalnetz sind wegen der successiven Herstellung der Canalisation und der dadurch
unvermeidlichen anfänglichen Einleitung grösserer Meteorwassermengen in dieselben
mindestens in zur Noth schliefbaren Eiprofilen von 60 Cm. Breite und 90 Cm.
Höhe herzustellen und durch passende Zuleitung von Teplwasser continuirlich zu
spülen; ebenso ist dieses Minimalprofil der Sammelcanäle auch wegen grösserer
Betriebssicherheit anzuwenden.
2. Die Separirung des Meteorwassers von den HausabwisSern hat sich nicht
bis in die Hiuser hinein zu erstrecken, nachdem eine Controle der Verwendung
der Einlauföffnungen im Hause und den Hofräumen fast undurchführbar erscheint;
bei den Häusern sind sonach, wo thunlich, nur die gassenseitigen Regenrinnen dem
etwa vorhandenen Regenwassercanale, respective dem Teplflusse zuzuführen.
3. Die geplanten, die Stadt einfassenden Abfanggerinne oder Canäle für
Meteorwässer sind successive auszuführen und dem Teplflusse zuzuleiten, und E
auch die Einleitung des Tagwassers von den Strassenflächen, wo immer möglich,
den Tepltluss stattzufinden.
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4. Für die Uebergangsperiode und dort, wo die localen Verbältnisse dies
unabweislich fordern, sind bei den Hauptsammlern des Unrathscanalnetzes Noth-
auslässe in den Teplfluss anzulegen, die jedoch derart zu construiren sind. dass sie
erst nach einer angemessenen Zeit nach Eintritt der grösseren Niederschläge, also
nach erfolgter Durchspiilung durch die ersten Wassermengen, in Function treten.
5. Die fiacher liegenden Hauptrohre der Hauscanalisation sollen nicht unter
200 —250 Mm. Durchmesser erhalten.
Auf Grund dieser principiellen Bestimmungen wurden die Canalisationsarbeiten
bis heute fortgesetzt und ist man dermalen dahin gelangt, dass die alten in die
Tepl mündenden Hauscanäle vollständig cassirt und durch neue Canäle (auf Strassen-
grund) ersetzt erscheinen, welche den Unraths-Sammelcanälen zugeführt sind, deren
Ausmündungen in den Egerfluss erst am untersten Ende der Stadt, und zwar unter-
halb des städtischen Schlachthofes stattfinden.
Hiedurch erscheint vorerst die Hauptaufgabe, die Sanirung des Teplflusses,
gelöst und wird es sich bej den fortzusetzenden Canalisirungsarbeiten nur noch um
die Auswechslung einiger älterer Canalstrecken in den Bergstrassen, um die Ver-
minderung des den Unráthscanilen derzeit noch zufliessenden grösseren Meteor-
wasserquantums durch Anlage von Abfanggerinnen und Tagwassercanälen, um die
Ausdehnung der getrennten Canalisation auf die zuwachsenden neuen Stadttheile, die
theilweise Beseitigung von Nothauslässen, die Anordnung von Spiilvorrichtunzen
durch das Canalwasser selbst, endlich um die Fortsetzung des Hauptsammelcanales
von der dermaligen Ausmündung in den Egerfluss bis unterhalb der nachbarlichen
Ortschaft Drahowitz mit der Ausmündung in den daselbst ein grösseres Gefälle
aufweisenden Egerfiuss handeln, dessen secundliche Wassermenge mindestens 6 Cbm.
beträgt, ein Quantum, dass noch eine fünfzigfache Verdünnung der eigentlichen
Sielwässer bei einer Bevölkerungsziffer von etwa 30.000 Personen ermöglicht.
Die letztere Arbeit erfordert einen grüsseren Geldaufwand und ist in Folge dessen
der Zeitpunkt der Ausführung von den finanziellen Mitteln der Stadtgemeinde
abhängig, welche im vorigen Jahre mit bedeutenden Kosten die Canalstrecke von
der ehemaligen Ausmündung in die Tepl bis unterhalb des Schlachthofes bewirkte;
im Vorjahre wurde auch das Wehr in der Eger fertiggestellt, in welchem ein
Dückerrohr von 400 Mm. Durchmesser gebettet ist für die Ueberfiihrung der
Fischerner Canalwässer in den Karlsbader Sammelcanal zum Zwecke eines gemein-
schaftlichen Austlusses in den Egertuss unterhalb der vorerwähnten Ortschaft
Drahowitz.
Karlsbad besitzt sonach ein nach dem Schwemmsystem ausgebildetes, durch die
theilweise Trennung der Meteorwässer von den Hausabwässern möglichst
entlastetes Unratliscanalsystem, dessen Dimensionirung im Interesse der Betriebs-
sicherheit, der Vermeidung von Verkehrsstörungen durch Autbrüche in den engen
Strassen wegen Verstopfung vielleicht etwas reichlieher gehalten wurde, als es absolut
nóthig gewesen wäre; ferner eine Einrichtung für die Hauscanalisation, die jeden
Missbrauch von Tagwassereanälen durch Einführnng oder Einschüttung von Haus-
abwässern deshalb auschliesst, weil sich die getrennte Canalisation nicht bis in die
Objecte hinein erstreckt.
4. Das städtische Elektrieitätswerk.
Dasselbe, eine der letzten Schöpfungen des verstorbenen hochverdienten Bürger-
meisters Eduard Knoll wurde am 1. Juli 189: dem Betriebe übergeben und ver-
sorgte damals 119 Bogenlampen und 2510 auf 65 Installationen vertheilte Glüh-
lampen von 16 Normalkerzen Leuchtkraft. Seit dem Tage der Inbetriebsetzung
musste das Werk bereits zweimal erweitert werden, und sind heute schon Beleuchtungs-
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installationen, welche über 14.000 Glühlampen à 16 Normalkerzen entsprechen, an
das Leitungsnetz angeschlossen, für welche zur Zeit der Saison der Strom Tag und
Nacht, ausserhalb der Saison dem thatsächlichen Bedarfe entsprechend von 3 Uhr
Nachmittag bis 9 Uhr Früh geliefert wird.
Mit Rücksicht auf örtliche Verhältnisse und den Charakter Karlsbads als Cur-
stadt erschien es empfehlenswerth, die Stromerzeugungsstätte in eine grössere Ent-
fernung von der Stadt zu verlegen, wobei noch darauf Bedacht zu nehmen war,
dass die Kosten der Leitungen nicht so hoch ausfallen, dass durch dieselben der
Betrieb des Werkes ungünstig beeinflusst werde. Als günstigstes Terrain zur Anlage
der Centrale wurde das städtische Grundstück neben dem Wasserwerke in Donitz
in Aussicht genommen, und wurde nach sorgfältigen Studien das Wechselstrom-Trans-
formatoren-System, wie es von den Ingenieuren Zipernowsky, Deri und Bläthy
ausgearbeitet und von der Firma Ganz & Co. in Budapest hauptsächlich zur Ver-
sorgung grösserer Consumgebiete mit elektrischem Strome mit Erfolg angewendet
wurde, seitens der Stadtvertretung zur Ausführung acceptirt. Zuvor wurden jedoch
die Ergebnisse der grossen Frankfurter Expertise, zu welcher der damalige Bürger-
meister Dr. Miquel in Frankfart a. M. die hervorragendsten Elektrotechniker ein-
geladen hat, abgewartet, welche die Verwendbarkeit des hochgespannten Wechsel-
stromes zur Beleuchtung ‚ausgedehnter Gebiete in technischer und wirthschaftlicher
Beziehung dargethan haben.
Dieses System basirt auf dem Principe der Erzeugung einphasiger hochgespannter
Wechselströme, deren Fortleitung mittelst Leitungen von verhältnissmässig geringem
Querschnitte möglich ist; dieser Wechselstrom wird an der Verbrauchsstätte beson-
deren Inductionsapparaten, den sogenannten Transformatoren, zugeführt, in denen
der Strom von geringer Stärke und hoher Spannung in einen Verbrauchsstrom von
einer solchen Spannung umgewandelt wird, wie man denselben vortheilhaft zum
Betrieb» von Glühlampen und Bogenlampen benöthigt.
Auf Grund dieses Systems wurden mehrere Projecte ausgearbeitet und gelangte
hieron jenes der Firma Ganz & Co. zur Annahme, welche Firma solche Trans-
formatoren baut, die auch das Parallelschalten der Bogenlampen für die öffentliche
Beleuchtung ermöglichen, eine Forderung, welche von der Stadtgemeinde im Inter-
esse der Ungestörtheit der Strassenbeleuchtung aufgestellt wurde und der ohne
weitere Hilfsmittel nur solche Transformatoren in einfacher Weise genügen, ‘welche
derartige secundäre Wickelungen besitzen, dass z. B. zwischen den äusseren Polen
eine Spannungsdifferenz von 100 Volt besteht. während dieselbe zwischen dem Mittel-
pole und dem Aussenleiter nur 50 Volt beträgt. Die Werkstation, mit deren Bau
im Juni des Jahres 1890 begonnen wurde, hat eine verbaute Fläche von 1020 Qm.,
wovon 600 Qm. auf die beiden Maschinenhäuser und 420 Qm. auf das Kesselhaus
nebst der Werkstätte entfallen. Zur Unterbringung des Holz- und Kohlenvorrathes,
der Requisiten und grober Geräthe dienen zwei ‘hartgedeckte Schupfen von zusammen
140 Qm. Grundfliiche; fiir die Kabel wurde ein eigener Schupfen von 120 Qm.
Grundfläche errichtet, welcher mit zwei Pinfahrtstioren versehen ist, und in welchem
auch alle bei der Kabellegung benöthigten Wägen, Geräthe und Requisiten auf-
bewahrt werden.
Die maschinelle Anlage besteht aus sechs Dampflichtmaschinen, welche auf
soliden, im Souterrain zugänglichen Fundamenten theils aus Stamptbeton, theils aus
Cementmauerwerk mit Bettquadern montirt worden sind. Jede derselben besteht aus
einer Dampfmaschine, einer Wechselstromdynamomaschine und einer Gleichstrom-
dynamo; der Strom der letzteren findet blos zur Erregung der Magnete der zu-
gehörigen Wechselstrommaschine Verwendung. Die Dampfmaschinen der vier kleinen,
die ursprüngliche Anlage bildenden Garnituren sind einevlindrig und horizontal;
bei 360 Umdrehungen in der Minute ist jede derselben im ‘Stande, eine Arbeit von
125 effectiven Pferdekräften zu produciren. Die Wechselstrommaschinen, deren Achsen
2, AN} ee
mit den Maschinenwellen direct gekuppelt sind, haben 14 feststehende Inductions-
spulen, an denen das mit ebenfalls 14 Magnetspulen armirte Magnetrad vorbeigeführt
wird; die normale Leistung einer solchen Maschine beträgt 80 Kilowatts, entsprechend
einem Wechselstrome von 40 Amperes und einer mittleren Spannung von 2000 Volts.
Die zur Erregung der Magnete der Wechselstrommaschinen dienenden Gleichstrom-
dynamos sind mit der Welle der Wechselstrommaschinen mittelst flexibler Kuppe-
lungen direct verbunden; dieselben können einen Strom von 50 Ampéres bei
110 Volts Spannung abgeben, so dass drei davon zur Erregung der vier Wechsel-
strommaschinen genügen wirden.
Die beiden grossen Lichtmaschinen von je 300 effectiven Pferdestärken ge-
langten im Jahre 1893 und Anfangs 1895 zur Aufstellung und bestehen aus je einer
Compounddampfmaschine mit Condensation, einer Wechselstrommaschine von 200.000
Watts Leistung und einer Erregerdynamo, welche mittelst Schleppkurbel von der
Dampfmaschine angetrieben wird und 8 Kilowatts leistet. Der Durchmesser des
Hochdruckceylinders beträgt 470 Mm., jener des Niederdruckeylinders 700 und der
gemeinschaftliche Hub 620 Mm.; von der Kolbenstange des Niederdruckcylinders
wird durch Vermittlung eines Kunstwinkels die Luftpumpe angetrieben, welche mit
der Maschine bei voller Belastung 170 Touren per Minute macht und dabei noch
das Einspritzwasser aus einem besonderen, am Wasserwerks-Turbinenuntergraben
gelegenen grossen Vorfilter auf eine Höhe von 3'/, Meter ansaugt. Diese hochiko-
nomischen Dampfmaschinen sind auf das solideste gearbeitet und mit den geeignet-
sten Armaturen ausgestattet; ebenso zeichnen sich die zugehörigen, aus 30 fest-
stehenden Inductions-pulen und 30 rotirenden Magnetspulen bestehenden Wechsel-
strommaschinen durch solide Bauart aus, wobei noch zu erwähnen bleibt, dass der
Kranz der Inductionsspulen seitlich leicht verschoben werden kann, wodurch vor-
kommende Arbeiten an den sonst auch bequem auswechselbaren Spulen leicht durch-
geführt werden können.
Die Erregerdynamos sind vierpolig und an der Niederdruckseite der Maschinen-
welle situirt; der Gleichstrom wird den Magneten der Wechselstrommaschinen
durch Kohlenschleifcontacte zugeführt, welche an der Maschinenwelle sitzen und
deren Construction sich sehr gut bewährt hat.
Die Steuerung sämmtlicher Dampfmaschinen erfolgt durch entlastete Kohlen-
schieber; die Aenderung der Voreilung geschieht automatisch durch einen Feder-
regulator, welcher direct auf das Excenter wirkt und durch Verdrehung desselben
die der jeweiligen Maschinenbelastung entsprechende Füllung einstellt.
Die Schmierung aller beweglichen Theile der Dampfmaschinen geschieht von
fixen Punkten; zur Oelung des Dampfes behufs Schmierens der Schieberflächen und
der Dampteylinder dienen neben Dampfschmiervasen noch separat betriebene auto-
matische Apparate, System Mollrupp. Die Dampfzuleitung erfolgt durch schmiede-
eiserne, isolirte Rohre von 132, respective 150 Mm. in den Abzweigungen, welche
nebst dem Hauptrohre den zugehörigen Wasserabscheidern und den Automaten in
geräumigen und iiberwélbten unterirdischen Gängen untergebracht sind. Während
der Luftpumpenauswurf der grossen Maschinen nach vorheriger sorgfältiger Entölung
des Wassers dem zuvor genannten Turbinenuntergraben wieder zugeführt wird, ge-
langt der Auspuffdampf der vier kleinen Maschinen mittelst dreier bis über den
Dachfirst des Maschinenhauses führenden Rohre von 237 Mm. Durchmesser ins Freie,
wobei nach Bedarf die Wärme des abgehenden Dampfes zur Vorwärmung des Speise-
wassers ausgenützt wird.
Jede beliebige Wechselstrommaschine kann mit einer oder mehreren anderen
(und ebenso auch die Erregerdvnamos untereinander) parallel geschaltet werden, wozu
eine Reihe von Apparaten und Instrumenten dient, die auf einer Schalttafel aus
Eichenholz übersichtlich angebracht sind, welche die ganze Breite des grossen Ma-
schinenhauses einnimmt und an deren Rückseite, dem Beschauer verborgen, sämmt-
u: A, e
liche Leitungen befestigt sind. Die Spannungsregulirung bei wechselndem Stromconsum
geschieht theils von der Hand, theils selbstthätig mittelst eines Automatregulators,
welcher durch einen den Namen »Egalisator« führenden Inductionsapparat beeinflusst
wird und der bei kleineren Variationen der Stromstärke die Spannung constant erhält.
Bis zu den Schaltapparaten werden die sämmtlichen isolirten Leitungen unter-
irdisch in einem bequem zugänglichen und ventilirten Canal geführt; erst von der
Schalttafel zweigen sechs blanke 8 Mm. starke Kupferdrähte ab, welche den Aus-
gangspunkt der oberirdischen Leitung bilden, die das Kabelnetz in der Stadt mit der
Centralstation verbindet.
In dem an beide Maschinenlocale anstossenden Kesselhause, welches durch zwei
grosse Dachlaternen beleuchtet und ventilirt wird, sind sieben Sicherheits-Röhren-
kessel, System Babcock und Wilcox, von je 113 Qm. Heizfläche untergebracht. welche
Dampf von 8 Atmosphären Ueberdruck erzeugen. Die Feuerung erfolgt auf Treppen-
rosten, welche. sich auch bei diesem Kesselsysteme zur Verbrennung minderwerthiger
Braunkohle als vorzüglich geeignet erwiesen haben. Die Esse, welche die Rauchgase
abführt, hat einen inneren Durchmesser von 1'7 Meter und die Höhe von 45 Meter;
der runde Schaft derselben ist aus Radialsteinen gebaut, welche vollkommen wetterfest
sind und eine lange Dauerhaftigkeit der Esse versprechen. An das Kesselhaus, in
welchem noch genügend Platz für einen achten Kessel vorhanden ist, schliesst sich
eine Werkstätte an, welche mit den erforderlichen Arbeitsmaschinen ausgestattet
wurde. |
Zur Speisung der Kessel dienen drei Dampfwandpumpen, von denen jede
8 Cbm. Wasser in der Stunde liefern kann, wobei das Speisewasser durch zwei
Druckvorwärmer gepresst wird, welche durch abziehenden Dampf geheizt werden;
zur eventuell erwünschten Constatirung des Speisewasserverbrauches dienen zwei
Kolbenwassermesser Patent Schmidt. Die Anordnung der Speisewasserleitungen ist
80 getroffen, dass jede der drei Pumpen in jeden Kessel, und zwar eventuell auch
mit Umgehung der Vorwärmer speisen kann, zu welchem Behufe die Leitungen, zu
deren Herstellung ausschliesslich nur Kupferrohre Verwendung fanden, doppelt an-
gelegt worden sind. Als Speisewasser wird filtrirtes Egerwasser verwendet, welches
dem Reinwasserbehälter des Wasserwerkes entnommen wird; für den Fall, als in
diesem Wasserbezuge aus irgend einem Grunde eine Störung eintreten sollte, ist ein
brunnenartiges Reservoir von 12 Cbm. Inhalt vorhanden, welches von dem Druck- |
strange der Wasserleitung nachgefüllt werden kann, und aus dem die Speisepumpen
das benöthigte Wasserquantum entnehmen können.
Der von den Kesseln erzeugte Dampf wird in ein mit vier Ventilen in drei
Abtheilungen trennbares schmiedeeisernes Hauptrohr geleitet, von welchem drei
Gruppenrohre zu dem ebenfalls in drei Abtheilungen theilbaren Vertheilungsrohre im
unterirdischen Maschinenhauscanal führen; sowohl die Vorwärmer, Receiver und
Wasserabscheider, als auch sämmtliche, frischen Kesseldampf leitende Rohre sind mit
Kieselguhr-Wärmeschutzmasse isolirt und mit Leinwandstreifen doppelt bandagırt.
Für die Bediensteten des Werkes wurde gegenüber dem Wohnhause der Wasser-
werksbediensteten ein eigenes Wohngebäude erbaut, welches auch die Bureaux und
Magazine nebst einem Mess- und Versuchszimmer enthält. Letzteres ist mit den zur
Aichung der Elektricititszihler, Controle des Stromverbrauches der Bogenlampen und
der Lichtstärke der Glühlampen ete. benöthigten Instrumenten und Apparaten aus-
gestattet.
Die Stromzuleitung vom Werke zur Stadt geschieht bis oberhalb der Park-
strasse oberirdisch mittelst sechs auf starken Telegraphensäulen unter Verwendung
starker Doppelglockenisolatoren gespannten Elektrolytkupferdráhten von 8 Mm.
Durchmesser. Von da ab beginnt die unterirdische Stromleitung vermittelst con-
centrischer, eisenbandarmirter Bleimantelkabel, welche zum Schutze gegen mecha-
nische Beschädigung in Canälen, welche aus Ziegeln geschlichtet, mit Sand gefüllt und
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mit Ziegeln überdeckt sind, verlegt wurden. Die beiden primären Haupt-
kabel führen über den Schlossberg bis zur Sprudelcolonnade, respective den beiden
daselbst befindlichen primären Hauptvertheilungskästen und verzweigen sich in eine
circa 7 Km. lange Ringleitung zu beiden Seiten der Tepl in die ganze Stadt; von
diesem primären Kabelnetze werden die verschiedenen, im Beleuchtungegebiete nach
Massgabe des Stromconsums vertheilten Transformatorstationen mit zusammen 100
Transformatoren gespeist, denen die Aufgabe zufällt, den hochgespannten Strom in
solchen von grosser Quantität und geringer, für die in Par allelschaltung stehenden
Glüh- und Bogenlampen verwendbaren Spannung umzuwandeln. Diese Transformator-
stationen sind theils in städtischen Objecten, theils auf öffentlichem Grunde oder bei
grösseren Privatobjecten auch auf privatem Grunde in gemauerten oder eisernen
Säulen, Kästen oder Behältnissen feuersicher und unter Verschluss des Elektricitäts-
werkes, Unbefugten vollkommen unzugänglich, untergebracht. Während grosse Con-
sumenten den Strom direct von den Transformatorstationen empfangen, wird derselbe
kleinen Consumenten und den Beleuchtungskörpern für die öffentliche Beleuchtung
durch ein secundäres Kabelnetz zugeführt, welches an geeigneten Stellen von den
Transformatoren gespeist wird und mit dem primären Netze in demselben Kabel-
graben verlegt wurde. Im Secundärnetze sind Vertheilungskästen mit Bleisicherungen
eingesetzt, die die Speisepunkte für die kleinen Installationen und die öffentliche Be-
leuchtung bilden. Selbstverständlich ist auch für eine Theilung des Primärnetzes im
Bedarfsfalle vorgesorgt. und sind zu diesem Behufe an Abzweigstellen Verbindungs-
kästen eingesetzt, welche ebenso wie die Transformatorstationen mit den entsprechen-
den Vorrichtungen zur Sicherung und Schaltung der einzelnen Abtheilungen des
Kabelnetzes versehen sind.
Als ein Vorzug des verwendeten Transtormatorsystems muss erwähnt werden,
dass trotz des ausserordentlich langen und auch verzweigten Netzes die Spannnng
bei noch so stark wechselndem Stromconsum ohne jede äussere Regulirung an allen
Stellen des Beleuchtungsgebietes gleichmässig ist. Die Länge der bıs jetzt verlegten
Primärhauptkabel beträgt 7400 Meter, jene der Primäranschlüsse 1900 Meter; an
secundären Hauptkabeln, davon die meisten concentrische Dreileiterkabel, stehen
5780 Meter in Verwendung, und beträgt die Länge der secundären Anschlüsse
1825 Meter. Von concentrischen Bogenlampenkabeln sind 420 Meter und von ein-
tachen 7445 Meter gelegt worden; zur Installation von 25 Strassenglühlampen, welche
an einzelnen Punkten in der inneren Stadt angebracht wurden, wurden 1600 Meter
einfaches Bleikabel mit doppeltem Mantel, beziehungsweise bestisolirte Drähte bei
oberirdischen Freileitungen verwendet,
Der Querschnitt der stärksten Primärleitung beträgt 2 X 150 Qmm., jener der
Seeundärkabel 50 + 30 -- 50 Qmm.; die einfachen Bogenlampenkabel haben einen
Querschnitt von 15 Qmm., die Glühlampenkabel von 3 Qmm. Die siimmtlichen Kabel
entstammen der Fabrik Felten & Guilleaume, vormals Jacottet & Co. in Wien
und haben sich bis jetzt auf das beste bewährt.
Was die zesammten Herstellungskosten des Werkes betrifft, so belaufen sich
dieselben zuzüglich der Auslagen für die partielle öffentliche Stadtbeleuchtung, an
ne dermalen 74 Bogenlampen a 12 Amperes und 14 a 16 ae dann
25 Glühlampen von diverser Lichtstiirke participiren, auf cirea 652300 fl. Der Be-
neh des Werkes wurde von der Armaturen- und Maschinenfabrik, Actiengesellscbaft.
vormals J. A. Hilpert in Nürnberg, die zugleich Pächterin des hiesigen Gaswerkes
ist, in Pacht genommen; durch diese Verpachtung, welche der Stadtgemeinde nebst
je Aigen Verzinsungs- und Amortisationsquote des Baucapitales noch die Hälfte
des Reingewinnes sie short, und durch den Zusammenfall des normirten Pacht-Ablauf-
termines mit dem Ende des Gasvertrages im Jahre 1902 ist der Verfügung der
seinerzeitigen Stadtvertretung über den Betrieb der Beleuchtungswerke freier Spiel-
raum gelassen worden.
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Tafel 3. Maschinenhaus und offene Filter des Wasserwerkes der Stadt Karlsbad.
Was den Betrieb des Werkes selbst anbelangt, so hat derselbe stets befriedigt,
und beweist der stetige Einlauf neuer Anmeldungen zum Lichtbezuge, dass durch
die Errichtung des Elektricitätswerkes einem Bedürfniss entsprochen wurde, ohne
dass die Stadtgemeinde ırgendwelches Risico zu übernehmen hatte.
Auch die Verwendung kleiner Motoren zu Ventilationszwecken und solchen von
grösseren Typen für Aufzugszwecke macht erfreuliche Fortschritte, und wenn auch
das Auer’sche Gasglühlicht dem elektrischen Glühlichte eine starke Concurrenz
macht, welche mit der Zeit ausserhalb der Saison stets zu Ungunsten der Elek-
trieität ausfällt, so gehört der letzteren in Folge der unleugbaren Vortheile des elek-
trischen Lichtes doch die Saison, welche eine volle Ausnützung der maschinellen
Anlage mit sich bringt, so dass für die letztere die dritte Erweiterung zum Jahre 1900
in Aussicht genommen werden muss.
Aus der nachstehenden Tabelle ist die zunehmende Entwicklung des Elek-
tricitätswerkes für die Zeit seines Bestandes ersichtlich.
Entwicklungsdaten des Elektricitätswerkes Karlsbad
vom Beginne des Betriebes im Jahre 1891 bis Ende 1898.
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| | | | 5 Maschinen
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> 1893 | 112 | 4674 123 | 6274 "S00 Pferde. dto. 131 ; 16
| | y | | stärken |
= 1894 | 132 | 5864 128 — | on dto. dto, 160 | 16
l i 1
i | | 6 Maschinen | 7 Kessel |
E car ll : 9 Stück mit limit zusammen!mit zusammen |
| > 1895 | 168 8033 137 | 241 amperen | 1032117100 Prerde- | 791 Qi, | 169 | 19
| | | | stärken Heizfläche
fof |
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> 1896 184 | 9291 140 1137 Amptren 11997 due dto. 190 23
on WE
+ 1897 : 205 | wa 137 39 Stick mi | 18000] die do. | 203 o:
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Kee |
> 1899 | 226 | 10989 141 H 14201 dto. dto. 212 36
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Die Stromabgabe erfolgt nur nach Messung, und stehen derinalen bei den
Abonnenten 211 Ganz’sche Zähler System Bläthy und 47 Aubert’sche Stundenzähler
in Verwendung. Die in 71 Stationen vertheilten Transformatoren können 861.000
Watts abgeben, entsprechend dem Stromverbrauche von 15.600 gleichzeitig brennen-
den Glühlampen zu 16 Normalkerzen.
5. Das neue Gaswerk der Stadtgemeinde Karlsbad.
Nachdem die alte Gasfabrik den an sie gestellten Forderungen nicht mehr
nachkommen konnte und eine jede Erweiterung der Anstalt vollkommen ausgeschlossen
war, kam zwischen der Besitzerin der Anstalt, der Armaturen- und Maschinenfabriks-
Actiengesellschaft vormals J. A. Hilpert in Niirnberg und der Stadtgemeinde Karlsbad
ein neuer Vertrag zu Stande, laut welchem die Stadtgemeinde Karlsbad die neue
Fabrik neben dem Wasser- und Elektricititswerke in Donitz selbst zu errichten
hatte, während die Firma das neue Werk als Pächterin bis zum Ablaufe des alten
Concessionsvertrages, d. i. dem Jahre 1902, zu betreiben haben wird.
Dem neu anzulegenden Gaswerke wurde ein ebenes Terrain von 15.000 Qm.
östlich vom Elektricitätswerke zugewiesen, welches unmittelbar an dem Wasserwerks-
canale, einem Zweigarme des Egerflusses, gelegen ist, und so einen kleinen Theil
des grossen städtischen Grundbesitzes bildet, welcher sich über die ganze durch den
Wasserwerkscanal gebildete Insel von 16°2 Hektar — 28'/, Joch erstreckt und von
welchem kaum 30.000 Qm für das Wasser- und Elektricitätswerk in Anspruch ge-
nommen worden sind. Es ist sonach für die künftige Vergrösserung der drei Werke
durch genügenden Platz auf das reichlichste vorgesorgt, und es erschien die Wahl
dieses Grundes als Baustelle umso geeigneter zu sein, als derselbe ziemlich genau
in dem gleichen Niveau liegt wie das Terrain, auf welchem seinerzeit die alte An-
stalt errichtet worden ist.
Der erste Ausbau der Anlage wurde bezüglich der Gebäude für eine Leistung
von 10.000 Cbm. in 24 Stunden angelegt, wobei erwähnt werden muss, dass der
bisherige grösste Gasconsum in 24 Stunden 4000 Cbm. betragen hat; bezüglich der
Oefen und Reiniger wurde dermalen nur eine Leistungsfähigkeit von 6000 Cbm.
verlangt, nachdem sich die vorhandene Ofenanlage theils durch den Einbau weiterer
Retorten, tbeils durch den Ausbau von zwei neuen Oefen, für welche im Ofenhause
genügend Platz gelassen wurde, jederzeit mit geringem Geldaufwande, nach Erfor-
derniss und ohne jede Benachtheiligung des Betriebes bis zu der Leistungsfähigkeit
der Apparate leicht erweitern lässt, während die Reinigeranlage durch das Hinzu-
treten des vierten Apparates, für welchen das Fundament und die Rohranschlüsse
bereits vorgesehen worden sind, bei eigetretenem Bedarfe auf die der Production von
10.000 Cbm. täglich entsprechende Grösse gebracht werden kann. Um aber die
ganze Anstalt jederzeit bis auf eine tägliche Leistungsfähigkeit von 20.000 Cbm.
vergrössern zu können, die allerdings erst in ferner Zukunft erwartet werden kann,
wurden die einzelnen Gebäude, aus denen sich das Gaswerk zusammensetzt, in
solchen Abständen voneinander ausgeführt, dass durch Aufführung gleich grosser
Bauten die Anstalt auf die doppelte Leistung gebracht werden kann, wobei immer
noch ein Coaks- und Lagerplatz von derselben respectablen Grösse übrig bleiben
wird, wie er dermalen schon mit Rücksicht auf diese fernere Zukunft angelegt
worden ist. Und da in Anbetracht auf den grossen Kohlenverbrauch der drei
städtischen Betriebsanlagen, die sich nebeneinander in Donitz befinden, auch eine
Geleiseverbindung mit der currenten Strecke der Karlsbad-Johanngeorgenstädter
Eisenbahn angestrebt wird, so wurden die einzelnen Gebäude des Gaswerkes bei
voller Berücksichtigung der schon bestehenden Anlagen derart situirt, dass das Ofen-
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haus mit dem vorgebauten Kohlenschupfen zunächst dem projectirten Kohlengeleise
zu liegen kam.
Die Gasanstalt selbst besteht aus den nachstehenden Baulichkeiten:
dem Otenhause mit zwei Anbauten,
dem Apparatenhause mit Theer- und Ammoniakwassergrube,
dem Reinigerhause mit zwei Anbauten,
dem Uhren- und Reglerhause,
. den Gasbehältern und
. dem Wohnbause für die Bediensteten des Werkes.
Das Ofenhaus besitzt eine Länge von 28°35 Meter und eine lichte Breite von
13 Meter, und sind in demselben dermalen 4 Vollgeneratoröfen, System Klönne,
untergebracht, von welchen 2 mit je 9 Retorten und 2 mit je 6 Retorten belegt
sind. .Die letztgenannten Oefen sind so eingerichtet, dass sie jederzeit auf 9 Retorten
erweitert werden können, weswegen die Gehäuse in derselben Grüsse ausgebaut
worden sind, wie jene der Neuner-Oefen; in der Ofenreihe ist überdies noch der erfor-
derliche Raum für 2 Oefen mit je 9 Retorten freigelassen worden. Dieser Bau, dessen
Fundirung sorgfältigst bis auf den tragbaren Schotter in einer Tiefe von 2'8 Meter
ausgeführt worden ist, wurde mit Falzziegeln auf einem eisernen Dachstuhl ein-
gedeckt; für die Entlüftung wurden zwei mächtige Ventilationsthürme aus Eisen-
construction mit Schiefereindeckung auf Holz- und Pappe-Unterlage vorgesehen,
welche den Gebäudefirst noch um 7 Meter überragen. Die Oefen wurden aus er-
probtem feuerfesten Materiale gebaut und sind durch starke Traversen und kräftige
Schliessen auf das solideste armirt; jeder Ofen ist mit einer eigenen Esse versehen,
deren Zugfähigkeit nach Bedarf regulirt werden kann, und erfolgte die Einmauerung
der Retorten derart, dass keine Retorte die andere belastet, und dass der ganze
Pfeilereinbau unabhängig vom Gehäuse blieb. Der Arbeitsflur vor den Oefen besteht
aus einer durch Säulen gestützten Eisenconstruction, zwischen deren Querträgern
Kappengewölbe aus Stampfbeton geschlagen sind; zur Pflasterung wurden Teplitzer
Chamotteplatten verwendet. Unmittelbar vor den Oefen wurde ein Flurstreifen von
3 Meter Breite mit gerauchten gusseisernen Platten von 20 Mm. Stärke belegt, und
befinden sich in diesem Belage auch die schmiedeeisernen Deckel der Generator-
Füllschächte und der Schütttrichter zum Abwurf der glühenden Coke. Zur leichten
und bequemen Hebung, dann zur Wiedereinsetzung der Deckel dient ein besonderes
fahrbares Hebezeug, dessen kurzer Hebelarm zum Eingreifen in die Oefen an den
Deckeln vorgerichtet ist.
Die Retorten sind 3 Meter lang und besitzen einen elliptischen Querschnitt von
600 Mm. und 420 Mm. Achsenlänge; die Retortenköpfe sind mit selbstdichtenden
Verschlüssen versehen. Die Steigrohre von 150 Mm. lichtem Durchmesser wurden
zur Hintanhaltung von Theerverstopfungen hoch geführt und sind mit practisch an-
geordneten Putzöffnungen mit rasch abnehmbaren Deckeln ausgestattet. Zwei vor
den Oefen angelegte eiserne Galerien ermöglichen den bequemen Zugang zu diesen
Putzverschlüssen und den Uebergangsröhren. Die Vorlage aus Flusseisen ist zwei-
theilig ausgeführt, mit Kühleinlagen und mit einem Sicherheits-Ueberlaufe versehen,
der die Höhe der Tauchung regelt; die Tauchröhren besitzen eine einfache Wasch-
einrichtung, indem das Gas stetig durch kleine Löcher brodeln muss, während es bei
der gewöhnlichen Bauart in grossen Blasen von Zeit zu Zeit durchgluckst.
Die Beschickung der Retorten erfolgt vermittelst einer Hängebahn unter Ver-
wendung einer Laufwinde mit Zahnstangenhebung und Lademulden; die Manipu-
lation ist einfach und ermöglicht ein rasches Laden der Retorten mit annähernd
gleichen Kohlenmengen. Zu einer Retortencharge werden zwei Mulden mit je 105
bis 110 Kg. Kohle verwendet. und wird am besten in sechsstündigen Chargen ge-
arbeitet; zur Befeuerung des Generators werden bei den Neuner-Oefen nach den an-
gestellten Versuchen 11'8 Kg. Coaks, bei den Sechser-Ocfen 157 Kg. Coaks auf
100 Kg. der vergasten Pilsner, beziehungsweise Zwickauer Steinkohle mit dem
üblichen Zusatze von Braunkohle benöthigt. Diese Daten wurden auf Grund von
zwei Proben genommen, die von mir und Herrn Director Haeffner am 8. und
11. März d. J. durchgeführt worden sind, und deren Zeitdauer bei einem Neuner-
Ofen auf volle 24 Stunden und bei dem Scchser-Ofen auf 12 Stunden ausgedehnt
worden ist. Im ersten Falle wurden in zusammen 54 Retortenchargen 8200 Kg.
Pilsner Steinkohle und 900 Kg. Falkenauer Braunkohle, zusammen 9100 Kg. Kohle
vergast. Die Gasausbeute betrug 2660 Cbm., d. 1. per 100 Ky. vergaster Kohlen
29:23 Cbm.; der Coaksgewinn stellte sich auf 5581 Kg. = 61:33 Procent.
Im Generator wurden 1073 Kg. Coaks verbrannt, d. i. 118 Kg. per 100 Kg.
vergaster Kohle. Die Leuchtkraft des erzeugten Gases wurde mit dem Giroud’schen
Photometer gemessen und constant mit 17°/, Hefnerlichten befunden; der Gehalt an
Ammoniak wurde nach der Dr. Knublauch’schen Methode wiederholt bestimmt, und
betrug derselbe vor den Waschern 26 Gr. in 100.000 Litern Gas; nach den Rei-
nigern konnte nur constatirt werden, dass der Ammoniakgehalt weit unter einem
Gramm geblieben ist, da diese Titrirmethode eine noch feinere Bestimmung nicht
mehr gestattet. Während der ganzen Dauer des 24stündigen Versuches war die Gas-
abgabe eine gleichmässige und blieb Generator und Ofen stets im gleichen Zustand,
wozu bemerkt werden muss, dass der Generator drei Stunden vor Beginn und drei
Stunden vor Ende des Versuches geschlackt worden ist. Während des 12stündigen
Versuches mit dem Sechser-Öfen wurden in 12 Retortenchargen a 225 Kg.
2250 Kg. Zwickauer und 450 Kg. Falkenauer Braunkohle, zusammen 2700 Kg.
Kohle vergast, wobei 950 Cbm. Gas von 18 Hefnerlichten Lichtstärke erhalten
wurden, d.i. 35:18 Cbm. Gas per 100 Kg. Kohle. Der Gewinn an Steinkohlencoaks
betrug 62:22 Procent, wovon 424 Kg. zur Unterfeuerung verwendet worden sind,
entsprechend 15:7 Kg. Coaks auf 100 Kg. vergaster Kohle. Der Ammoniakgehalt
bewegte sich um dieselben Ziffern wie bei dem ersten Versuche.
Der beim Ziehen der Retorten gewonnene Coaks fällt, soweit er nicht zum
Nachfiillen des Generators verwendet wird, durch die im Ofenflurgewilbe angebrachten
eisernen Schütttrichter in die Unterkellerung, woselbst auf Grubenschienen eiserne
Kippkarren direct unter die Schiitttrichter vorgeschoben werden; ein Kippkarren
fasst bequem den aus einer Retorte gezogenen Coaks. Hierauf wird der glühende
Coaks auf den Platz hinausgefahren, abgelöscht und in die Unterkellerung, welche
als Vorrathsraum dient, wieder zurückgefahren, wenn nicht in Folge eines raschen
Abganges der oder jener Coakssorte eine Aufstapelung am Platze angezeigter
erscheint.
Was den eingebauten Generator anbelangt, so ist derselbe in wirklich voll-
kommener Art durchgeführt, bequem zu befahren und derart eingerichtet, dass Re-
paraturen leicht durchführbar sind; derselbe wird in der Vorderwand gefüllt und in
der Hinterwand geschlackt, und wird die letztere Operation in der Regel in einem
Zeitraum von 15 Minuten vollzogen. Der Gedanke des Gegenstromes ist zweckent-
sprechend zur Durchführung gekommen, und wird auf beiden Seiten der Luftzüge
je ein Feuerstrom geführt; dabei sind die Trennungswände dünnwandig und die
einzelnen Steine mit Nuth und Feder miteinander verbunden, so dass in Folge der
Ausdehnunngsfähigkeit der einzelnen Steine die Bildung von Rissen möglichst hintan-
gehalten wird. Der Luftzutritt wird durch einstellbare Eisenschieber regulirt; für die
Beobachtung der Züge dienen eiserne Schauklappen, welche je nach Bedarf sowohl
in der vorderen, wie auch in der hinteren Ofenwand eingebaut sind.
Der Vorrathskohlenschupfen bildet den linksseitigen Anbau des Ofenhauses; er
besitzt dieselbe Länge wie das Retortenhaus und hat bei einer lichten Breite von
10 Meter eine Tiefe von 3 Meter unter dem Öfenflur, so dass in sechs Abtheilungen
dieses massiv gebauten Lagerraumes 60 Doppelwaggons Kohle eingelagert werden
können. Nachdem die Kohle dermalen noch mit Pterdewägen zugefahren werden
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muss, musste längs des Kohlenschupfens eine Rampe aufgeführt werden, wodurch
der Wagen in die Höhe der Einwurfthüren gebracht wird; die Entladung selbst voll:
zieht sich mittelst einer Hängebahn, welche den ganzen Kohlenschupfen und einen
Theil des Retortenhauses bestreicht, und auf welcher sechs Kippwägen laufen,
von denen zwei mit Flaschenzügen versehen sind und zum Hervorholen der Kohle
aus dem vertieften Lagerraume dienen, während die vier anderen Kippwägen sowohl
zum Transporte der Kohle vom Wagen direct zum Ofen, als auch vom Wagen in
die Vorrathslager benützt werden.
Der rechtsseitige Anbau des Ofenhauses hat eine lichte Breite von 7 Metern
und besteht aus vier Abtheilungen, nämlich dem Kesselhause, der Ammoniakfabrik,
der Arbeiterstube und dem Baderaume.
Im Kesselhause wurde ein Röhrenkessel von 42 Qm. Heizfläche aufgestellt und
mit einem '[’reppenroste versehen; als Brennmaterial wird kleiner Coaks und Kohlen-
gries verwendet, und ist die Feuerung in Folge der vorgebauten Feuerbrücke eine
fast rauchfreie, indem die Feuergase oberhalb des Rostes eine Wendung erfahren,
wodurch dieselben in Berührung mit den Flammen gebracht werden und insoferne
auch vollständiger verbrennen müssen. Die zugehörige, aus wetterfesten Radialsteinen
erbaute Esse hat eine Höhe von 25 Metern über dem Strassenniveau; dieselbe ist
mit eineın Blitzableiter versehen und kann sowohl innen als auch von aussen in
Folge doppelt angebrachter Steigeisen bestiegen werden. Der erzeugte Dampf wird
zum Betriebe der Dampfmaschinen, zur Verdichtung des Ammoniakwassers, zum
Vorwärmen des Wassers fiir Badezwecke und zum Heizen der Localitäten im Winter
verwendet; von der Aufstellung eines Reservekessels konnte abgesehen werden,
nachdem es in Folge der geringeren Entfernung des Elektricitätswerkes vortheil-
hafter erschien, eine Verbindungsleitung zwischen beiden Werken herzustellen, welche
dann in Function treten wird, wenn der Dampfkessel der Gasanstalt in Folge
Reinigung ausser Betrieb kommt, was für die elektrische Centrale ohne Belang ist,
da sich von der vorhandenen Batterie stets mehrere Kessel im Betriebe befinden.
In der sogenannten Ammoniakfabrik wird das aus der Vorlage und von den
Gaswaschapparaten gewonnene Ammoniakwasser mit Hilfe von desflegmirenden Appa-
raten nach dem Systeme des Dr. Feldmann verdichtet, um es für den Gebrauch in
chemischen Fabriken verkaufsfähig zu machen; zur Aufnahme des verdichteten
Ammoniakwassers dient ein Vorrathskessel von 10 Cbm. Inhalt, von welchem das
Abfüllen der Transportgefiisse erfolgt.
Die Ammoniakfabrik ist gut ventilirt und ebenso wie alle Räume dieses An-
baues mit Chamotteplatten gepflastert.
Die Arbeiterstube dient der Arbeiterschaft zum Aufenthalte während der Ein-
nahme der Mahlzeiten und zur Aufbewahrung von Kleidungsstücken unter eigenem
Verschluss.
In der Badestube wurden zwei gusseiserne, emaillirte Wannen mit kaltem und
warmem Wasserzulauf und je einer Brause mit Mischbatterie installirt; ausserdem
befindet sich hier ein grosser Waschtisch mit zwei Kipplavoirs aus Porzellan, in
welche nach Belieben kaltes und warmes Wasser eingeleitet werden kann.
Alle Räume dieses Zubaues sind mit Dampfheizung versehen, und ist im Ofen-
hause sammt Anbauten für ausreichende Wasservertheilung und die erforderliche
Beleuchtung in splendider Weise Vorsorge getroffen worden. Der von der Vorlage
abfliessende Theer und das Ammoniakwasser werden von einem Theerhochreservoir
von 50 Cbm. Inhalt aufgenommen, welches durch eine Scheidewand in zwei Abthei-
lungen, die Theer- und Wasserkammer, getrennt wird, deren respectiven Ueberläufe
in die Theer-, beziehungsweise Ammoniakgrube, welches Object dreikammerig neben
dem Apparatenhause angelegt worden ist, münden. Von der Theerkammer "werden
die Transportgefässe direct gefüllt; die Ammoniakwasserabtheilung des Hochbassins
— 56 —
steht mit der Ammoniakfabrik in Verbindung und kann durch Ueberpumpen aus
der Grube der Inhalt beider Kammern nach Bedarf ergänzt werden.
Die Längsachse des Apparatenhauses verläuft parallel mit jener des Re-
tortenhauses, und sind beide Objecte voneinander durch einen Strassenzug getrennt.
Das Gebäude selbst ist im Lichten 16'8 Meter lang und 8 Meter breit und ist durch
eine Zwischenmauer in zwei Abtheilungen getrennt, von denen in der grösseren die
Kühl- und Waschapparate, in der kleineren, dem Maschinenhause, die Betriebs-
maschine ‘und die .Gassauger Aufstellung fanden. Das Gebäude wurde wegen der
erwünschten Zugänglichkeit aller Fundamente und Rohrleitungen unterkellert und
die Kellerssohle ebenso wie bei den noch zu beschreibenden Baulichkeiten über das
Hochwasserniveau gelegt, wodurch auch die Annehmlichkeit erreicht wurde. zur Be-
leuchtung der Unterkellerung über dem Terrain situirte Kellerf-nster verwenden zu
können.
Der erste in dem Apparatenhause situirte Gaskühler ist ein sogenannter Vo-
lumenkübler von 1'5 Meter Durchmesser, 6 Meter Höhe und einer Kühlfläche von
rund 28 Qm. In diesem Apparate wird das Gas vorgekühlt, und erfolgt die Verbin-
dung desselben mit den Vorlagen durch ein schmiedeisernes Rohr von 450 Mm.
Durchmesser, welches im Freien als Kühlrohr geführt und durch eine Säulencon-
struction unterstützt wird. Dieser Blechcylinder, in Verbindung mit dem Kühlrohre,
bewirkt die trockene Vorkühlung des Gases, und da in demselben das Gas in Folge
der verminderten Geschwindigkeit längere Zeit verweilen muss, so findet hier eine
reichliche Theerausscheidung statt, was für die weiteren Apparate von nutzbringen-
dem Vortheile ist. Zur Nachkühlung des Gases wurden zwei Röhrenkühler von
1250 Mm. Durchmesser und 6 Meter Höhe aufgestellt. von denen einer aus der alten
Gasanstalt in das neue Werk übertragen wurde. Beide Kühler können sowohl als
Wasser- als auch als Luftkühler ver wendet werden, und da die gesammte Kühlfläche
der drei Apparate 110 Qm. beträgt, so kann die Kühlanlage für 10.000 Cbm. Tages-
production als hinreichend bezeichnet werden. Bei der Ausführung der Kühlanlage
wurde das meiste Gewicht auf die Forderung gelegt, dass das Gas nach und nach,
nicht sprungweise. auf die Temperatur von 12 bis 15 Grad C. gebracht wird, und
dass die Theerausscheidung schon auf diesem Wege eine möglichst vollkommene
werde. Dementsprechend wurde auf irgendwelche Ausscheidung von Ammoniak
während der Kühlung keine Rücksicht genonimen, vielmehr wurde verlangt, dass das
Ammoniak erst in der Wäscheranlage, zur Ausscheidung gelange, was mit einem
wesentlichen Vortheile verbunden ist, indem das Ammoniak aus dem kalten Gase
wesentlich mehr Kohlensäure mit sich nimmt. als aus noch warmem Gase.
Das gekühlte Gas wird nun von einem dreiflügeligen Exhaustor angesaugt,
welcher von einer direet angekuppelten Dampfmaschine betrieben wird. Dieser Gas-
sauger ist für eine Leistung von 10.000 Cbm. in 24 Stunden reichlich dimensionirt,
und wird die Dampfmaschine zum Zwecke der Einhaltung der der Production an-
gemessenen Tourenzahl von einem Regulator nach dem Hahn’schen Schwimmersystem
beeinflusst. Ausserdem wurde ein Dessauer Umlaufregler aufgestellt, durch welchen
im Vereine mit dem Dampfmaschinen-Regulator ein Unterdruck in der Vorlage sicher
vermieden wird; überdies wurde an geeigneter Stelle in der Rohrleitung noch eine
Bypassklappe eingesetzt. Neben dieser Saugergarnitur wurde eine ähnliche aus der
aufeelassenen alten Gasanstalt zur Reserve aufgestellt und deren Dampfmaschine von
120 Mm. Cylinderdurchmesser und 150 Mm. Hub mit einem Hahn’schen Regulator
versehen.
Zum Zwecke der Ersichtlichmachung des Gasdruckes vor den Exhaustoren
wurde ein Ochwadt’scher Automatschreiber angeschafft, welcher bei der Controle des
Gaswerkbetriebes ausgezeichnete Dienste leistet.
Der weitere Weg des Gases führt dasselbe in den Theerscheider, welcher nach
dem bewährten Sy stem von Pelonze & Audouin für eine Tagesleistung von 10.000 Cbm.
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ausgeführt wurde. Die Waschapparate bestehen aus einem Plattenwascher und einem
rotirenden Apparate, dem sogenannten Standardwascher, welcher erwiesenermassen
die letzten Spuren von Ammoniak aus dem Gase entfernt und in Folge dessen als
der beste und vollkommenste Waschapparat allgemein bezeichnet wird. Die Gas-
eingangsrohre der Kühler und der sämmtlichen Apparate sind mit Thermometern
versehen, während die Manometer hier und in den übrigen Gebäuden in hübsch aus-
gestatteten Wandschränken vereinigt sind.
Im Apparatenhause gelangten ferner zwei Theer- und zwei Ammoniak wasser-
pumpen zur Aufstellung, welche gleichzeitig mit dem Standardwascher durch
Vermittlung einer Wandtransmission von einer stehenden Dampfmaschine von acht
Pferdestärken betrieben werden. Diese Pumpen haben den Zweck, den Theer
und das Ammoniakwasser aus der Grube nach dem Hochbehälter zu fördern, und
wurden die best isolirten Druckrohre nebst der Dampfzuleitung in das Apparatenhaus
in einem schliefbaren Canale unter dem Terrain geführt. Das Gashauptrohr zwischen
den Apparaten hat einen Durchmesser von 300 Mm., ist in allen Punkten leicht
zugänglich, und sind die an Krümmungsstellen consequent angebrachten Putzdeckel
bequem zu bedienen; das Theersammelrohr von 200 Mm. Durchmesser nach der
Scheidekammer der Cisterne ist mit starkem Gefälle angelegt, und wurden alle Wasser-
verschlüsse der Apparate für eine Flüssigkeitshöhe von 800 Mm. construirt.
Die Beheizung des Apparatenhauses erfolgt theils durch den Auspuffdampf
der stehenden Betriebsmaschine, theils durch directen Dampf bei Verwendung von
Rippenheizrohren mit und ohne Vorsetzer; zur Beleuchtung wurden acht Aussen-
laternen mit Reflectoren verwendet, und wird der Apparatensaal durch einen Dach-
reiter auf das ausgiebigste ventilirt. Die Ausstattung der Maschinen und Apparate
lässt nichts zu wünschen übrig und haben die Betriebsproben dargethan, dass auch
dieser Theil der Gesammtanlage den Bedingungen des Bauvertrages vollkommen
entspricht.
An das Apparatenhaus schliesst sich eine überwölbte Theer- und Ammoniak-
wassergrube von einem nutzbaren Inhalte von 180 Cbm. an, deren Umfassungsmauern
derart dicht hergestellt worden sind, dass eine jede Bodeninfection als vollkommen
ausgeschlossen zu betrachten ist. Die Grube selbst besteht aus drei Abtheilungen,
von welchen jede mit einem eisernen Revisionsdeckel im Gewölbe versehen ist, wo-
durch auch die Saugrohre der Pumpen zugänglich gemacht worden sind.
Das Reinigerhaus schliesst den gepflasterten Coaksplatz gegen die Nordseite
ab und besteht aus einem erhöhten Mittelbau von 14:7 Meter Länge und 13 Meter
Breite, an welchen sich zwei niedrigere Anbauten von 7:5 Meter Breite anschliessen;
der linksseitige Anbau dient als Regenerirraum für die gebrauchte Reinigermasse,
der rechtsseitige als Schmiedewerkstätte und Magazin, zu welchem Zwecke der Raum
durch eine Scheidewand in zwei Abtheilungen getrennt wurde. In dem hohen,
geräumigen und luftigen Reinigerlocale, welches durch einen hohen Dachreiter mit
Jalousien ventilirt wird, wurden dermalen drei Reinigerkästen von je 15 Qm. Grund-
fläche und je drei Hordenlagen aufgestellt und das Fundament für den vierten Reiniger
ausgeführt, der jedoch erst dann zu beschaffen sein wird, wenn die Gasproduction
die Ziffer von 6000 Cbm. in 24 Stunden erreicht bat.
Die Reiniger wurden nach den neuesten Erfahrungen hergestellt, die versteiften
schmiedeisernen Deckel sind schwach gewölbt und zum Niederhalten mit je vier
Bügeln und Keilen eingerichtet; zum Heben und Fortbewegen der Reinigerdeckel
dient ein Laufkrahn, der von einem Arbeiter mühelos bedient werden kann und der
auch die Anschlussschienen fiir die Hochbahn im Regenerirlocal trägt. Diese Hoch-
bahn wurde für den Hin- und Rücktransport der Reinigermasse angelegt und mit
zwei Kippwägen ausgestattet, wodurch die Ausleerung und Wiederfüllung der Reiniger
3
— 58 —
wesentlich erleichtert worden ist. Der sehenswerthe Laufkrahn hat eine Länge von
12:4 Meter und eine Breite von 4:15 Meter und besteht aus einer soliden Eisen-
construction mit Doppelradantrieb. Auf diesem Laufkrahn bewegt sich ein Wagen
von 3'2 Meter Constructionslänge, welcher mittelst Seilzuges durch ein Räderpaar in
der auf die Bewegungsriahtung des Laufkrahnes senkrechten Richtung sowohl nach
rechts wie nach links vorgeschoben werden kann. Die Hebung der Reinigerdeckel
von 2300 Kgr. erfolgt durch vier gleich lange Ketten, welche paarweise an zwei
Schraubenmuttern befestigt sind, welche längs einer in der Mitte des Wagens ge-
lagerten Schraubenspindel mit Rechts- und Linksgewinde gleiten; diese Schrauben-
spindel wird mittelst eines Seilrades durch Kraftübertragung mittelst Gall’scher
Ketten gedreht, wodurch der Reinigerdeckel vollkommen horizontal ohne jede Schwan-
kung gehoben oder an seine frühere Stelle bei Vermeidung jeglicher Verschiebung
niedergelassen wird.
Für die Ventilation des Regenerirraumes wurde durch einen hohen, mit einem
Deflector versehenen Dachschlot vorgesehen und erfolgt der Luftzutritt durch
abschliessbare Oeffnungen in den Fensterparapeten; die Heizung der Locale erfolgt
mittelst Rippenröhren durch directen Kesseldampf mit redueirter Spannung, während
für die Beleuchtnng Aussenlaternen mit Reflectoren vor den Fenstern verwendet
werden. Das Souterrain des Reinigerhauses hat volles Tageslicht, die Rohrleitungen
und die Reinigerkästen sind in Folge der Fundirung derselben auf Traversen leicht
zugänglich und wurden für die Entwässerung der Gasleitung zwei grosse centrale
Wassertöpfe angelegt.
Nachdem das erzeugte Gas die Reiniger passirt hat, ist dasselbe technisch voll-
kommen rein und wird nun in den Anstaltsgasmesser im sogenannten Uhren- und
Reglerhause geleitet, welches Gebäude den Coaksplatz gegen Osten abschliesst.
Diese Baulichkeit besitzt eine Länge von 18 Meter und eine Breite von 92 Meter
und ist in drei Abtheilungen getheilt: den Uhrenraum, das Photometerzimmer und
das Laboratorium.
Der Anstalts-Gasmesser ist für 12.000 Cbm. Tagesproduction eingerichtet, mit
einem King’schen Ueberlauf und einem automatischen Schreibapparat versehen und
auf das Sorgfältigste ausgestattet; ihm gegenüber wurde der Druckregulator für
Wasser- und Gewichtsbelastung nebst einem automatischen Druckregistrirapparat
installirt. Ausserdem wird in diesem Raume ein sogenannter Sicherheitsregler aufzu-
stellen sein, der jedoch erst dann benöthigt wird, wenn die Vergrösserung der Gas-
behälter durch Telescopirung Platz finden soll. Die sämmtlichen zur Steuerung der
Gas-Ein- und -Ausgänge der Behälter etc. benöthigten Schieber wurden mit Spindel-
verlängerungen, Gusstellern und Porzellanschildern versehen, wodurch eine leichte
Uebersicht der Schieberstellungen ermöglicht wird.
Im Photometerzimmer wurde ein älterer Bunsen’seher Apparat aus dem auf-
gelassenen Gaswerke und ein Giroud’sches Photorheometer aufgestellt; das Laboratorium
wird nach dem weiteren Bedarf des Gaswerkes entsprechend mit Apparaten und
Requisiten auszustatten sein. Die Beleuchtung und Beheizung der Locale geschieht
in derselben Art wie im Reinigerhause, nur sind hier die Heizöfen wegen der besseren
Ausstattung des Uhrenhauses mit profilirten hölzernen Vorsetzern versehen.
An die hintere Giebelmauer des Uhrenhauses wurde ein Anbau situirt, in
welchem sich der Heizkessel zur Erwärmung des Sperrwassers in den Gasbehälter-
Bassins befindet.
Zum Zwecke der Gasansammlung wurden zwei Gasbehälter von je 2000 Cbm.
Nutzinhalt ausgeführt und derart eingerichtet, dass deren Vergrösserung auf
4000 Cbm. durch Telescopirung jederzeit bewirkt werden kann. Jede Gasglocke aus
Siemens-Martin-Flusseisen erhielt ein Bassin aus demselben Materiale von 21 Meter
=: 50; ze
Durchmesser und 72 Meter Höhe, welches auch die Führungsgerüste trägt. Die der-
maligen Glocken haben einen Durchmesser von 19'8 Meter und eine Mantelhöhe von
6-81 Meter; die Pfeilhöhe der Kuppe beträgt 1'65 Meter. Diese Glocken sind schon
mit den fertigen Tassen versehen, in welche seinerzeit die Unterglocken von 20:4 Meter
Durchmesser und 6°58 Meter Höhe nur eingehängt zu werden brauchen. Das ge-
sammte Material wurde vor seiner Verwendung in der Probirstation des Hoerder
Bergwerks- und Hüttenvereins eingehend erprobt und wurde für alle Bleche, Flach-,
Winkel- und Rundeisen eine Festigkeit von 41 Kgr. per Quadratmillimeter nachgewiesen
nebst einem Dehnungsvermögen von durchschnittlich 25 Procent und einer Contraction
von 51 bis 59 Procent. Die Berechnung der eisernen Bassins und der Führungs-
gerüste mit Tangentialrollen wurde auf das Sorgfältigste ausgeführt und der Berechnung
die Annahme zu Grunde gelegt, dass der Wind einen Druck von 250 Kgr. auf den
Quadratmeter ausübt, wobei noch alle Spannungen unter den zulässigen Werthen
blieben; im Uebrigen haben die Gasbehälter dem heftigen Wirbelsturme in der Nacht
vom 18. auf den 19. März 1898, der mit in unserer Gegend seltener Heftigkeit
gewüthet hat, in befriedigendster Weise Stand gehalten, wodurch die Solidität der
Construction und die Richtigkeit der ingeniösen Berechnung in ecclatanter Weise
bestätigt worden ist. |
Das Stadtrohr übersetzt den Turbinengraben des Wasserwerkes durch Ver-
mittlung einer eisernen Fahrbrücke und wurde im Zuge der Bezirksstrasse in einer
constanten Weite von 400 Mm. zur Stadt geführt, woselbst der Anschluss an das
bestehende Rohrnetz vor dem »Hötel Lyon« bewirkt worden ist.
Das zwischen der Strasse und dem Untergraben des Wasserwerkes erbaute
Wohnhaus enthält die Wohnung des Gasmeisters und die Wohnungen für vier ver-
heiratete Arbeiter, nebst den erforderlichen Bureaux und Magazinsräumen. `
Das ganze Grundstück und die Gebäude wurden nach Bedarf mit Wasser
versorgt und wurde auch am Coaksplatze ein Hydrant zum Schutze gegen Feuers-
gefahr eingebaut; der Platz ist ferner mit neun Gaslaternen beleuchtet, und da auch
den hygienischen Anforderungen im weitgehendsten Sinne Rechnung getragen wurde,
so kann wohl behauptet werden, dass die Anstalt den neuesten Erfahrungen auf dem
Gebiete des Gaswerkbaues entspricht und dass die Projectirung und Ausführung
derselben der Firma August Klönne in Dortmund als Unternehmerin des Werkes
und speciell dem Constructeur und Bauleiter desselben, Herrn Ingenieur Heinen,
zur Ehre gereicht. Die Ausführung der Hoch- und Tiefbauten hat die genannte
Firma dem Baumeister Josef Waldert übertragen, welcher seine Aufgabe trotz der
verhältnissmässig kurzen Zeit in gewohnter solider Weise gelöst hat, ebenso wie es
ihm gelungen ist, die grosse Platzanschüttung und die Herstellung der Strassen und
Umzäunungen zur richtigen Zeit fertig zu stellen.
Die Kosten der ganzen Gasanstalt nebst eiserner Fahrbrücke über den Turbinen-
graben, Platzanschüttung, Pflasterung, Umzäunungen, Herstellung der Zufahrtsstrasse,
Canalisirung, Platzbeleuchtung und Verlegung des Hauptrohres von 400 Mm. Durch-
messer und 1820 Meter Länge betrugen 338.390 fl. ö. W.
Mit dem Bau wurde am 1. Juni 1896 begonnen und erfolgte die erste Gas-
abgabe aus der neuen Anstalt bereits am 19. Februar 1897, so dass das alte Gaswerk
schon am 21. Februar, genau nach 30jähriger Thätigkeit aufgelassen werden konnte.
Bei der am 22. März |. J. stattgefundenen Collaudirung, bei welcher Herr Director
Joh. Moll aus Eger als Sachverständiger der Stadtgemeinde intervenirte, hat sich
nicht nur kein Anstand ergeben, sondern der Herr Sachverständige hatte Veranlassung
genommen, seiner vollen Zufriedenheit mit den Leistungen der Firma Klönne in
Dortmund ım Collaudirungs-Protokolle geeigneten Ausdruck zu verleihen.
Seither hat der Betrieb stets befriedigt und ist auch die Gasabgabe trotz der
ausgedehnten Verwendung des Gasglühlichtes in steter Zunahme begriffen; dieselbe
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betrug im ersten Betriebsjahre 1,213.120 Cbm., und da inzwischen auch das Rohr-
netz in der Nachbarstadt Fischern, auf den Stadttheil Alt-Fischern ausgedehnt und
jenes in Fischern-Neustadt bedeutend erweitert wurde, so ist zu erwarten, dass auch
der Abschluss des zweiten Betriebsjahres eine bedeutende Zunahme des Gasverbrauches
ausweisen wird.
Gegenwärtig sind Verhandlungen im Zuge wegen der Gasabgabe an die grosse
Ortschaft Altrohlau, welche zum Baue des Rohrnetzes im Frühjahre führen dürften,
und steht die Ausdehnung dieser Verhandlungen auf die nahe gelegene Ortschaft
Drahowitz in Aussicht, nachdem die Umfrage bei den dortigen Interessenten,
laut Mittheilungen des dortigen Gemeindeamtes, ein sehr günstiges Resultat er-
geben hat.
Der Fleischconsum Karlsbads und seine sanitätspolizeiliche Ueber-
wachung.
Von Hans Messner, städt. Thierarzt in Karlsbad.
Städte, deren Gebiet mit Quellen gesegnet ist, durch welche jährlich Tausende
von Menschen Heilung der verschiedensten Krankheiten erlangen, haben dieser leiden-
den Menschheit gegenüber gewiss die Pflicht, alle jene Einrichtungen herzustellen und
Anordnungen zu treffen, welche die Cur unterstützen und befördern. Eine Haupt-
aufgabe solcher Städte ist es aber auch, soweit als möglich dafür zu sorgen, dass
der die Cur gebrauchende Kranke während seines Aufenthaltes nicht vielleicht noch
eine andere Krankheit acquirire und Keime in sich aufnehme, deren Ausbreitung
später keine Quelle und kein Medicament der Erde hindern könnte.
Mit jeder Cur ist eine sorgfältig vom Arzte zusammengestellte Diät verbunden,
der Arzt kann sich jedoch blos auf die Angabe der verschiedenen Nahrungsmittel
beschränken, der Leitung und Verwaltung des Curortes aber muss es überlassen
bleiben, dafür zu sorgen, dass nur reine unverfälschte und unverdorbene und soweit
es sich um animalische Nahrungsmittel handelt, nur solche von gesunden Thieren,
in den Verkehr gelangen. Eine beständige, streng ausgeübte Controle aller Nahrungs-
mittel gehört also mit zu den zahlreichen Pflichten eines Curortes.
Karlsbad, für sanitäre und hygienische Zwecke stets zu den grössten Opfern
bereit, hat auch in dieser Richtung für seine Gäste gesorgt.
In erster Linie wurde das Augenmerk auf eine genaue Untersuchung des
gesammten zum Consum gelangenden Fleisches gerichtet und mit der Fertigstellung
des neuen Schlachthofes kann diese Massregel als durchgeführt betrachtet werden.
Die regelmässige Untersuchung von Milch und Butter, sowie die Controle aller anderen
Nahrungsmittel, ist einem hiezu eigens bestellten, geprüften Marktrevisor übertragen,
dem zwei Aufseher zur Seite stehen. Die Leitung und Beaufsichtigung der gesammten
Untersuchungen liegt in den Händen des städtischen Thierarztes.
Zweck dieser Zeilen nun soll es sein, die Art und Weise der Versorgung
Karlsbads mit Fleisch, sowie die sanitätspolizeiliche Controle derselben näher zu
beleuchten und zu schildern.
Jede Curstadt nimmt in Bezug auf Fleischversorgung eine exceptionelle Stellung
ein, indem dieselbe ein sehr grosses Absatzgebiet für die bevorzugten Fleischsorten
vorstellt, während es daselbst schwer fällt, die minder bevorzugten Theile an den
Mann zu bringen. Aus diesem Umstande nun wird klar, dass es nicht möglich ist,
den Bedarf an Fleisch für eine solche Stadt durch die entsprechenden Schlachtungen
daselbst allein zu decken, und dass zur vollständigen Approvisionirung mit Fleisch
auch noch andere Orte herangezogen werden müssen. Da die Fleischpreise in einer
Curstadt stets höher als in anderen Städten sind, so fällt es (für die betreffenden
Geschäftsleute) nicht schwer, solche Geschäfte einzuleiten, umsomehr als es Orte gibt,
wo das umgekehrte Verhältniss als wie in Curstádten besteht, d. h. wo das Absatz-
gebiet für die besseren Fleischsorten geringer ist, dagegen mindere Sorten in grossen
Quantitäten verbraucht werden (z. B. Städte mit grösseren Garnisonen, Fabriken etec.).
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Auch Karlsbad ist auf diese Art und Weise der Fleischversorgung angewiesen,
wie sich an der Hand des Ausweises über die Fleischbeschau daselbst im Jahre 1898
ganz deutlich nachweisen lässt.
Der Gesammt-Consum stellte sich in diesem Jahre auf:
1.157 Rinder,
10.301 Kälber,
4.240 Schafe,
5.883 Schweine,
731 Ziegen und Zickel, sowie ferner noch
871.260 Kgr. Rindfleisch und Selchfleisch.
Davon wurden durch die am städtischen Schlachthofe vorgenommenen Schlach-
tungen beigestellt:
1.157 Rinder,
5.123 Kälber,
2.864 Schafe,
1.096 Schweine,
31 Ziegen,
Der Rest von 5.178 Kälbern,
1.376 Schafen,
4.787 Schweinen,
700 Ziegen und Zickel, sowie
871.260 Kgr. Rindfleisch und Selchfleisch
musste durch die Einfuhr aus fremden Städten gedeckt werden. Das Gesammtgewicht
des eingeführten Fleisches betrug 1,349.043 Ker.
Pflicht der Verwaltung des Curortes war es nun, Vorsorge zu treffen, dass
diese immensen Quantitäten von Fleisch vor dem Consume auch zweckentsprechend
controlirt und das Gesunde vom Kranken getrennt werde,
Zu diesem Ende wurde schon im Jahre 1878, bei der Fertigstellung des städtischen
Schlachthofes, der Schlachthauszwang in Karlsbad eingeführt und dadurch sowohl
Gewerbsleute als auch Private verhalten, alle Schlachtungen künftighin nur mehr am
Schlachthofe vorzunehmen. Die Controle der Einfuhr wurde damals in der Weise
geregelt, dass die Polizeiorgane angewiesen waren, bei jeder Sendung das Beschau-
certificat aus dem Ursprungsorte zu verlangen. Diese Massregel erwies sich jedoch
im Laufe der Zeit als nicht ausreichend und so wurde dann im Jahre 1891 seitens
der Stadtgemeinde angeordnet, dass alles nach. Karlsbad eingeführte Fleisch, bevor
es noch in die Verkaufsläden der Stadt gebracht wird, der Untersuchung durch den,
die Fleischbeschau ausübenden Thierarzt, am Schlachthofe zu unterziehen ist. Damit
war eigentlich in sanitätspolizeilicher Richtung Alles geschehen und es blieb der Stadt-
gemeinde nur noch die eine Aufgabe übrig, den im Jahre 1878 erbauten Schlachthof
der Grösse des stetig wachsenden Curortes anzupassen und den modernen Anforde-
rungen der Hygiene entsprechend umzugestalten. Dies geschah auch im Jahre 1894
ım vollsten Umfange, indem mit einem Kostenaufwand von eirca 100.000 fl. der alte
Schlachthof bedeutend erweitert und vollkommen neu eingerichtet wurde, so dass er
Jetzt folgende Räumlichkeiten in sieben einzelnen Gebäuden umfasst.
I. Verwaltungsgebäude enthält:
a) Die Untersuchungshalle für das von fremden Orten eingeführte Fleisch.
6) Die Kanzleien der Schlachthofverwaltung.
c) Die Wohnungen des städtischen Thierarztes sowie des Schlachthofaufsehers.
II. Grossviehstall.
Derselbe ist 112 Qm. gross und bietet Raum zum Unterbringen von 25 Rindern.
Daselbst ist auch die Kanzlei des Schlachthofaufsehers und die damit verbundene
\Wage für lebendes Vieh untergebracht.
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III. Kleinviehstall.
Derselbe ist nur für Kälber und Schafe bestimmt, misst 150 Qm. und kann
200 Thiere aufnehmen.
In diesem Gebäude be-
findet sich auch die Frei- _
bank. Dieselbe stellt das N ge?
Verkaufslocal für minder- u E
werthiges Fleisch vor und goe
ist einem Fleischerladen <—_ a
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im Verlaufe dieses Artikels
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IV. Das Haupt-
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bietet für 300 geschlach-
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c) Die Schlachthalle |
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dung mit dem Stalle für
diese Thiere. Diese beiden
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30 Thiere berechnet, und Le Y Y | ¡
werden dieselben nach der a nn A
Tödtung mittelst eines be-
weglichen und drehbaren Schlachthofanlage. Situation.
Krahns in den ungefähr
10 Cbm. fassenden Brühbottich gehoben, dessen Wasser durch Einleitung von Dampf
auf die entsprechende Temperatur (+ 70°C.) gebracht wird. Nach dem Brühen entnimmt
as Gi ==
man die Thiere mit derselben Vorrichtung dem Bottich und bringt sie behufs Reini-
gung auf einen Putztisch, dessen verzinkte Eisenplatte durchlocht ist; von hier zieht
man sie mittelst eines Differentialflaschenzuges, der an einer Laufschiene beweglich
ist, in die Höhe und schiebt sie zur weiteren Aufarbeitung zu dem Aufhängegerüste.
d) Der Gerätheraum bildet eine Art Vorraum vor den drei Schlachthallen und
dient zur Aufbewahrung der in denselben nicht stets nothwendigen Geräthschaften
(als Kaldaunenkarren, Blutauffangschtisseln etc.); gleichzeitig sind daselbst auch
Kleiderrechen für die Oberkleider der Fleischer angebracht.
e) Die Kaldaunenwäsche. Dieselbe umfasst zwei Räume.
1. Den eigentlichen Brühraum. Daselbst stehen zwei Brühbottiche, welche dem
in der Schweineschlachthalle befindlichen vollkommen gleich sind. Der eine dient zum
Brühen der grösseren Theile, als Rindermägen, Rinderfüsse etc., während der zweite,
mit durchlochten und verzinnten Eisenblecheinsätzen, zum Brühen kleinerer Sachen,
als Kalbsfüsse, Kalbsköpfe etc. verwendet wird.
Schlachthofanlage. Erdgeschoss des Verwaltungsgebaudes.
a) Arbeitstische. m) Mistgefäss.
c) Confiscationsgefáss. p) Schreibpult.
h) Hackengestelle. w) Waage.
2. Der Putzraum. Derselbe dient zum Reinigen der gebrühten Theile und sind
an den beiden Wänden zwölf kleine Tische und Waschbassins abwechselnd angebracht;
auch befindet sich daselbst ein, gleichfalls mit Dampf versorgbarer Warmwasser-
bereiter. |
f) Das Kesselhaus sammt Kohlendepot. Der daselbst befindliche Kessel (System
Babcook und Wilcox) hat eine Heizfläche von 27°5 Qm., und liefert lediglich den
Dampf zur Erzeugung des Heisswassers; ausserdem ist hier auch die Reparatur-
werkstätte für den Maschinisten des Schlachthofes.
g) Der Dampfkochapparat. Derselbe, ein sogenannter Henneberg’scher Fleisch-
dämpfer, stellt ein grosses Kochgefäss dar, dessen Deckel dampfdicht verschlossen
werden kann und dessen Boden doppelwandig ausgeführt, mit einer directen Dampf-
zuleitung und Condensableitung versehen ist. Im Inneren sind eingepasste, verzinkte
Drabtkörbe, in welche die Fleischstücke gelegt werden. Beim Betriebe wird der
Apparat bis zum Rande des untersten Drahtkorbes mit reinem Wasser gefüllt, so
dass das Fleisch trocken liegt. Durch die Dampfzuleitung in der Doppelwand
a
ste SÉ, ES
des Bodens wird dieses Wasser zum Sieden gebracht, die sich. entwickelnden
Dämpfe steigen auf und umspülen das Fleisch. Der gewöhnlich verunreinigte
P
Eo ONO ATINA ie
.-— a =- -m
Kleinviehstall. Querschnitt.
Kesseldampf kommt also mit dem Fleisch in keine Berührung. Die Behandlung
des Fleisches erfolgt bei einem Druck von °’/, Atmosphären, entsprechend einer
=,
Temperatur von 118 bis 120
Grad C. Der Apparat dient
vornehmlich zum gründlichen
Kochen schwachfinnigen Flei-
sches.
V. Die Sanitätsab-
| a el d 2 Pes bé, theilung.
i pe T LA Sep SECH Dieselbe besteht aus
LER > | N einem kleinen Stall, sowie
| i = BE E einem mit allen Geräthen
| de. Die er ausgestatteten Schlachtraum
= SZ 55. für kranke oder verdächtige
SUS = g Ea Thiere. Angrenzend daran
1 Ei ! befindet sich eine Wagen-
"Ye A FEBA “4 remise, ce ein Pferde- und
= 3 ein Hundestall, woselbst die
+ SE Fleischer während der Arbeit
Gei fei r A am Schlachthofe ihre Pferde,
ARO lo respective Zughunde unter-
5 bringen können.
we VI. Das Diingerhaus.
Der in den Ställen ge-
wonnene Dünger wird bis zur
Abfuhr in einer entsprechend
gebauten verschlossenen Dün-
gergrube aufbewahrt, welche
so gross ist, dass eine zwei-
malige Abfuhr im Jahre ge-
nügt. Anders jedoch verhält
es sich mit dem bei der
Schlachtung erzeugten Dün-
ger (Magen- und Darminhalt,
A8 Bl Abfälle). Dieser geht
rasch in Fäulniss über, wes-
halb folgende Abfuhrmethode
in Anwendung gebracht
wurde.
Mittelst der Kaldaunen-
karren und der Blut- und
Misttransportgefässe bringt
man aus den Schlachthallen
den Dünger in ein eigenes
Diingerhaus.
Dasselbe besteht aus
zwei übereinander gelegenen
Er
A a ds oa 3 Räumen, von welchen der
< Y tra in ii ai A
a ee obere durch eine kleine Auf-
ie Schlachthalle. Grundriss.
a) Arbeitstische. ka) Kaldaunen-Karren. fahrtsrampe mit geringer
b) Brühbottiche. y 1) Laufkrähne. Steigung erreichbar ist und
c) Confiscationsgefässe. m) Miggerti che.
a) Drehkrabn. go mi) Mistgofässe, durch grosse (1 Qm.) Trichter
e) Entfettungstische. p) Speisepumpe. J
en) Enthaarungs-Schragen. x Speiswasser-Reservoir. mit dem unteren in Verbin
f) Fleischdämpfer. s) Schnellwaage. dung steht. Durch diese
h) Hackengestelle. t) Schafschlacht-Schragen.
k) Kaldaunen-Waschgefasse. w) Warmwasser-Reservoir. Trichter wird der Diinger
==. 67 2s
unmittelbar aus den Transportgefässen in die unten stehenden eisernen Wägen ge-
bracht, welche nach Vollfüllung sofort von dem betreffenden Pächter des Schlachthof-
düngers abgefahren werden müssen.
VII. Das Depot für frische Häute. Ein einfacher, gut betonirter und
canalisirter Raum mit in Cement geputzten Wänden, woselbst die frischen Häute, durch
zwei Tage hindurch, bis zur Abgabe an die Käufer aufbewahrt werden können.
Nach dieser kurzen Beschreibung erübrigt nur noch zu sagen, dass beim Baue
den beiden Hauptbedingungen, welche an einen Schlachthof gestellt werden müssen,
nämlich eine Versorgung mit Wasser über das Mass hinaus, ohne ans Sparen denken
zu müssen, sowie einer entsprechenden vollkommensten Canalisation in jeder Weise
Rechnung getragen wurde, indem die Anlage von der städtischen Wasserleitung in
der ausgiebigsten Weise mit Wasser versorgt wird (35 Auslaufhähne und 3 Hydranten)
und alle Räume mit glatten Rohrcanälen versehen sind. Die Tagwässer sind in die
Canalisation mit einbezogen und mündet der Sammelcanal des Schlachthofes in den
Hauptcanal der Stadt Karlsbad.
Die Schlachthalle. Schnitt A 3 (siehe Grundriss).
Der Fussboden ist sowohl in den Schlachthallen und Stallungen, als auch in
den übrigen Arbeitsräumen in Asphalt hergestellt, die Wände, tiberall auf 2 Meter
Höhe mit einem halbrauhen Cementverputz versehen, sind mit heller Oelfarbe ge-
strichen. Alle Geräthe und Maschinen sind, soweit es möglich war, in Eisen aus-
geführt und mit grauer Oelfarbe gestrichen.
Thiere, welche in das Schlachthaus eingeführt werden, müssen mit Gesundheits-
Certificaten ihres Provenienzortes gedeckt sein und werden nur dann zur Einstellung
in die allgemeinen Stallungen zugelassen. wenn sie nicht krank oder krankheits-
verdächtig erscheinen. Sollte letzteres der Fall sein, so müssen sie in dem Sanitäts-
stalle untergebracht werden. Jeder Schlachtung geht eine Untersuchung des lebenden
Thieres voraus; wird dasselbe hiebei krank oder verdächtig befunden, so erfolgt die
Tödtung und Aufarbeitung nicht in den allgemeinen Schlachthallen, sondern bei un-
unterbrochener Anwesenheit des städtischen Thierarztes in der Sanitätsabtheilung.
Alle Thiere, mit Ausnahme der nach israelitischem Ritus zu schlachtenden,
müssen vor der Blutentziehung vollkommen betäubt werden. Diese Betäubung
geschieht bei Rindern mit der Schlachtmaske, bei Schweinen mit dem Schlagbolzen-
hammer und bei Kälbern und Schafen mit der Keule.
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Nach der Schlachtung und Aufarbeitung, jedoch stets vor der gewerbsmissigen
Zertheilung des Thieres, wird eine nochmalige Untersuchung vorgenommen, welche
sich auf alle Organe erstreckt. Ist dieselbe beendet und hiebei das Thier gesund
befunden worden, so erfolgt die amtliche Markirung oder Abstempelung desselben in
der Weise, dass auch nach der gewerbsmässigen Zertheilung in grosse Stücke noch
jedes solche Stück an genau bestimmten Stellen den Stempelabdruck trägt. Dieses
Vorgehen erleichtert wesentlich die Controle in den Verkaufslocalen. Der Stempel selbst
ist von runder Form und trägt die Inschrift: »Untersucht, Schlachthof Karlsbad« mit
dem jeweiligen Datum der Untersuchung. Die blaue Farbe, welche man zum Stempeln
verwendet, wird aus vollkommen indifferenten, der Gesundheit unschädlichen Stoffen
eigens zu diesem Zwecke hergestellt.
Wird auf Grund des Untersuchungsbefundes ein ganzes Thier beanständet, so
muss es bis zur Abholung durch den Wasenmeister in der Sanitätsabtheilung unter
Verschluss aufbewahrt werden. Einzelne beanständete Theile (Eingeweide) werden in
verschlossenen eisernen Gefässen untergebracht, die eine Oeffnung besitzen, in welcher
sich ein Flügelrad befindet, das zwar das Einwerfen solcher Theile gestattet, jedoch
jede Entfernung derselben ohne gleichzeitiges Entfernen des Schlosses unmöglich
macht. Alle beanständeten Thiere oder Eingeweide werden vor der Uebergabe an
den Wasenmeister gründlich mit roher Carbolsäure begossen und getränkt.
Da es vorkommt, dass in gewissen Fällen das Resultat der Untersuchung
einerseits eine vollständige Beanständung und Vertilgung des Thieres nicht recht-
fertigt, anderseits jedoch solche Veränderungen nachweisbar sind, dass die Minder-
werthigkeit solchen Fleisches erwiesen erscheint, so wurde als Verkaufs-
stelle für derartiges minderwerthiges Fleisch, auf dem Schlachthofe eine Freibank
errichtet. Nur daselbst darf dieses Fleisch zur Ausschrotung gelangen und ist der
Verkauf von vollwerthigem Fleisch an dieser Stelle verboten. Der Preis, welcher stets
niederer als der Wochenpreis der betreffenden Fleischgattung in den öffentlichen
Fleischläden der Stadt sein muss, wird vom städtischen Thierarzte im Einvernehmen
mit dem Eigenthiimer der Wuare und einem hiezu designirten Mitgliede der Fleischer-
innung festgesetzt. Der Verkauf darf nur an Private stattfinden; an Personen, welche
aus dem Verkaufe von Fleisch ein Gewerbe machen, darf dasselbe überhaupt nicht
abgegeben werden.- Die Ursache, warum das Fleisch als minderwerthig erkannt
wurde, sowie das Geschlecht des Thieres, von welchem es stammt, und endlich der
Verkaufspreis sind auf einer Tafel öffentlich im Verkaufslocale kundzumachen. Zum
Unterschiede von dem vollwerthigen Fleische erhält das auf der Freibank zum Ver-
kaufe gelangende, einen rothen dreieckigen Stempel mit der Aufschrift: » Untersucht,
Freibank Karlsbad«. Das durch Behandeln im Dampfkochapparate gesundheits-
unschädlich gemachte Fleisch darf gleichfalls nur auf der Freibank und unter den
vorstehend angeführten Bedingungen verkauft werden.
Karlsbad war die erste Stadt in Oesterreich, welche eine Freibank errichtete,
und sind diesem Beispiele schon mehrere andere Städte gefolgt. Die Einführung von
Freibänken ist gewiss anzuempfehlen und bewähren sich dieselben sehr gut, jedoch nur
in kleineren Städten, in welchen der Verkauf überwacht werden kann; für grosse Städte
ist unbedingt das Sterilisiren des minderwerthigen Fleisches mittelst Dampf vorzuziehen.
So genau und aufmerksam die Untersuchung der am Schlachthofe geschlachteten
Thiere durchgeführt wird, ebenso intensiv geschieht auch die Controle des ein-
geführten Fleisches. Dass ohne diese Massregel die Fleischbeschau nur sehr unvoll-
kommen durchgeführt wäre, zeigt ein einziger Blick in den am Anfange dieses Artikels
angeführten Jahresbericht. Unter den daselbst citirten 871.260 Kgr. Rindfleisch und
Selchfleisch befanden sich:
5243 ganze Hinterviertel von Rindern,
670 ganze Vorderviertel von Rindern und
38.966 Stück Schinken.
— 69 —
Es ist gewiss nicht uninteressant zu erfahren, dass sich an der Vorsorguug
Karlsbads mit Fleisch, namentlich im Sommer, ständig circa 150 Orte betheiligen,
und zwar 80 Orte aus der Umgebung, welche das Fleisch mittelst Wägen zuführen
und 70 Ortschaften von grösserer Entfernung, welche dasselbe per Bahn liefern. Von
letzteren entfallen auf Böhmen 50, auf die übrigen Kronländer 10, und auf Deutsch-
land ebenfalls 10 Orte.
Der Beschau-Ordnung zu Folge muss alles nach Karlsbad eingeführte Fleisch
vor der Abladung in der Stadt der Untersuchung in dem dazu bestimmten Locale
am Schlachthofe unterzogen werden. Jede Sendung muss mit einem Atteste aus dem
Ursprungsorte gedeckt sein, in welchem der Gesundheitszustand des Thieres, von
welchem das Fleisch stammt, bestätigt ist, widrigenfalls letzteres zur Untersuchung gar
nicht zugelassen wird. Bei Fleischwaaren, welche im rohen Zustande gegessen werden,
z. B. Westphäler Schinken, muss ausserdem noch durch ein amtlich beglaubigtes
Certificat bescheinigt werden, dass dieselben mikroskopisch untersucht wurden. Derlei
Sendungen stammen gewöhnlich aus Deutschland, wo die Fleischbeschau bekannter-
massen in der genauesten Weise durchgeführt wird. Fehlt dieser Nachweis, so wird
diese Untersuchung vom städtischen Thierarzte nachgetragen.
Wie eingehend jede Untersuchung vorgenommen wird, zeigen die in dem
Eingangs erwähnten Berichte enthaltenen Daten, von denen einzelne hier Erwähnung
finden sollen. So wurden im Jahre 1898 beanständet und dem Wasenmeister
übergeben:
2 Rinder,
5 Kälber,
1 Schwein,
1 Ziege,
313 Kgr. Fleisch,
460 einzelne Thiertheile.
Als minderwerthig wurden zum Verkaufe auf die Freibank verwiesen:
8 Rinder,
35 Kalber,
6 Schafe,
11 Schweine,
3.396 Kgr. Fleisch.
’
Besonders bemerkenswerth ist es, dass öfter Fleisch, welches aus anderen Städten
Böhmens, mit Gesundheitscertificaten versehen, eingeführt wurde, bei der Nachunter-
suchung in Karlsbad als von kranken Thieren stammend, beanständet und beseitigt
werden musste‘ So wurden im verflossenen Jahre nicht weniger als 1280 Ker.
Schinken und Rauchfleischh wovon der allergrüsste Theil aus der Landeshauptstadt
Prag importirt wurde, wegen Finnen (Cysticercus cellulosae) vom Consum aus-
geschlossen.
Die Massnahmen über die Untersuchung werden noch ergänzt durch die ent-
sprechenden Vorschriften über den Transport des Fleisches in der Stadt, die Ein-
richtung der Verkaufsläden, sowie endlich dadurch, dass die Stadtärzte sowohl als
auch der städtische Thierarzt zur periodischen Nachschau in den Nahrungsmittel-
geschäften und Gastwirthschaften verpflichtet sind. Etwaige, bei solchen Revisionen
vorgefundene Miineel und Uebelstinde werden in entsprechenden Berichten, behufs
Abstellung, dem Stadtrathe übermittelt.
Hatte nun Karlsbad, wie bisher beschrieben, in ausgedehntestem Masse dafür
gesorgt, dass nur vollkommen gesundes Fleisch daselbst verkauft werde, so blieb
doch noch immer eine gewiss nur zu berechtigte Anforderung der Nahrungsmittel-
polizei unerfüll. Es fehlten nämlich den Geschäftsleuten noch die geeigneten Auf-
Set EE eg
bewahrungsräume für Fleisch. Die feuchten, oft ungenügend grossen Felsenkeller der
Stadt waren zu diesem Zwecke gewiss nicht besonders brauchbar. Gerade im Hoch-
sommer, woselbst der starke Menschenzuzug den grössten Fleischeonsum bedingt,
versagten diese Räume oft ihre Dienste. Als nun der Schreiber dieser Zeilen im
Jahre 1892 im Auftrage der Stadtgemeinde mehrere moderne Schlachthöfe Deutsch-
lands bereiste, studirte er bei dieser Gelegenheit auch die zur Aufbewahrung von
Fleisch verwendeten maschinellen Kühlanlagen. Zurückgekehrt, machte derselbe in
einem Vortrage die Fleischer in Karlsbad auf diese vorzüglichen Anlagen aufmerksam
und es gelang ihm, ein Consortium, bestehend aus fünf Innungsmitgliedern, zu be-
wegen, selbst eine solche Kühlanlage zu erbauen. Unter bestimmten Modalitäten erhielt
dieses Consortium den Baugrund unmittelbar hinter dem Schlachthofe von der Stadt-
gemeinde und schon im Jahre 1893 lernten die Fleischer sowohl wie das Publicum
die Wohlthaten dieser Neuerung kennen und schätzen.
Die Kühlanlage ist also derzeit Privatbesitz, wurde jedoch in die Umzäunung
der neuen Schlachthofanlage mit einbezogen und steht der Stadtgemeinde ein gewisses
Aufsichtsrecht zu, sowie auch dieselbe berechtigt ist, nach 25 Jahren dieselbe um
einen gewissen Betrag käuflich an sich zu bringen.
Als Kühlsystem wurde Kohlensäurecompression gewählt und die betreffenden
Maschinen von der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft im Vereine mit der Firma
C. A. Riedinger in Augsburg geliefert.
Das Princip, auf welchem die Kühlung beruht, besteht darin, dass Kohlensäure,
unter hohem Druck condensirt wird und dann plötzlich Raum zum Ausdehnen,
respective Verdunsten erhält, wodurch der Umgebung soviel Wärme entzogen wird,
dass sich dieselbe auf 10—15 Grad C. unter Null abkühlt. Diese Umgebung wird von
einer Chlorcaleiumlösung gebildet, welche bei diesen Temperaturen noch nicht gefriert.
Dieselbe wird mittelst Pumpen in ein ausgebreitetes Rohrsystem geleitet und circulirt
daselbst. Zwischen diesen Röhren nun, treibt ein Ventilator die aus dem zu kthlen-
den Raume aufgesaugte Luft durch, wodurch dieselbe auf eine Temperatur von
+ 3—4 Grad C. und darunter gebracht wird, worauf sie wieder in den Kühlraum
einströmt.
Die ganze Anlage theilt sich in drei Haupttheile, und zwar: 1. Kesselhaus
2. Maschinenhaus, 3. Kühlhalle zur Fleischaufbewahrung.
1. Das Kesselhaus ist den Vorschriften der Bauordnung entsprechend gebaut
und befinden sich daselbst zwei Cornwall-Kessel mit je 40 Qm. Heizfläche. In den-
selben wird der zur Arbeit erforderliche Dampf entwickelt.
2. Das Maschinenhaus gliedert sich in drei Abtheilungen. In der ersten derselben
steht die Dampfmaschine, der Compressor und eine kleine Dynamomaschine; in der
zweiten die zwei Salzwassercirculationspumpen, der Condensator und die Kühlwasser-
pumpen, in der dritten endlich der Refrigerator mit der Kunsteisbereitung und zwei
Ventilatoren. Die Dampfmaschine ist solid construirt, mit einfacher Ventilsteuerung
-und einer Leistungsfähigkeit von 40 Pferdekräften. Der Compressor stellt eine ge-
wöhnliche Saug- und Druckpumpe dar, welche die im Refrigerator befindlichen Kohlen-
säuredämpfe einsaugt, comprimirt und ın den Condensator leitet. Daselbst befinden
sich Rohrspiralen aus Schmiedeeisen, in denen die comprimirten Kohlensäuredämpfe
durch das Kühlwasser, welches die Rohrspiralen umgibt, verflüssigt werden. Die so
flüssig gewordene Kohlensäure tritt dann durch ein Regulirventil in den Refrigerator
ein, welcher den eigentlichen Kühlapparat vorstellt.
In demselben befinden sich schmiedeeiserne Rohrspiralen, in welchen die durch
das Regulirventil eintretende Kohlensäure verdampft und dabei die Chlorcalciumlósung,
welche die Spiralen umgibt, auf — 10—15 Grad C. abkühlt. Diese Chlorcalcium-
lösung wird nun von den beiden Circulationspumpen in einem Rohrsystem derart
in Bewegung erhalten, dass sie immer aufs neue abgekühlt wird. Dieses Rohrsystem
befindet sich in einem abgeschlossenen Raume zwischen dem Maschinenhaus und der
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eigentlichen Kühlhalle. Ein von der Dampfmaschine getriebener Ventilator saugt nun
aus dem Kühlraume die warme Luft ein und treibt dieselbe, nachdem sie das ganze
Rohrsystem passirt, in die Halle zurück. Da sich ein Theil desselben immer mit starken
Eiskrusten bedeckt und in Folge dessen an die vorüberstreichende Luft weniger Kälte
abgibt, das gewöhnliche Abeisen der Röhren aber Einstellung des Betriebes fordern
würde, so wurde eine Schiebervorrichtung angebracht, welche es ermöglicht, die Luft
auch in entgegengesetzter Richtung an den Röhren des Systems vorüberstreichen
zu lassen. Man stellt nun den Schieber immer derart, dass die aus der Kühlhalle
angesaugte warme Luft zuerst die mit Eiskrusten bedeckten Röhren berührt; damit
wird Zweifaches erreicht, einmal werden dadurch die Röhren abgeeist und zum
zweiten kühlt sich die warme Luft an den Krusten vor und wird dann auf ihrem
weiteren Wege leichter abgekühlt. Ein Umstellen des Schiebers ist beiläufig alle sechs
Stunden nur nothwendig und wird einfach durch eine Kurbel im Maschinenhause
besorgt. Die Wände sowie der Fussboden des Raumes, in welchem sich das Rohr-
system befindet, sind mit starkem Cementverputz versehen; das beim Abeisen ab-
tropfende Wasser wird direct in den Canal geleitet. Damit jedoch nicht immer
. dieselbe Luft, wenn auch abgekühlt, in der Kühlhalle sich befindet, so ist noch ein
zweiter Ventilator angebracht, der mit der Aussenluft in Verbindung steht und die
Luft der Halle nach Bedarf wechselt. Bevor ich zur Erörterung der Einrichtung der
eigentlichen Kühlhalle schreite, will ich noch kurz der mit der. Anlage verbundenen
Kunsteisbereitung Erwábnung thun.
Dieselbe befindet sich im Refrigerator, welcher einen grossen viereckigen eisernen
Kessel vorstellt, in welchem sich unten die Röhren, in denen die Kohlensäure ver-
dampft, befinden. Im Uebrigen ist der Refrigerator zur Hälfte mit der schon erwähnten
Chlorcaleiumlösung gefüllt, welche durch ein Rührwerk in beständiger Bewegung
gehalten wird.
In der Lösung nun hängen die aus verzinntem Eisenblech hergestellten pris-
matischen Formen für das Kunsteis (150 Stück).
Eine einfache Vorrichtung ermöglicht in kurzer Zeit, sämmtliche Formen mit
reinem Wasser zu füllen, worauf der Refrigerator mittelst hölzerner Deckel ver.
schlossen wird. Das in den Formen befindliche Wasser bedarf eines Zeitraumes von
circa 10 bis 12 Stunden bis es vollkommen gefroren ist. Hierauf hebt man diese Formen
oder Zellen mittelst eines Krahnes heraus und senkt sie in das sogenannte Thaubassin,
welches vom Dampfkessel aus mit warmem Wasser versorgt wird. Ein zweimaliges
kurzes Ein- und Untertauchen genügt, um das Eis von den Wänden der Zellen
loszulösen, worauf es aus denselben herausgenommen wird und zum Verkaufe bereit
ist. Dieser Verkauf bildet eine nicht geringe Einnahmsquelle der Anlage und ist
dieselbe im Stande, unbeschadet der Hallenkühlung, noch 4000 Kg. Kunsteis bei
22stündigem Betriebe zu erzeugen. Letzteres ist undurchsichtig, jedoch vollkommen
rein und wird hiezu filtrirtes Wasser aus der städtischen Wasserleitung verwendet.
Der Preis des Eises stellt sich per Block (circa 28 Kg.) auf 50 kr., doch dürfte
voraussichtlich noch eine Preisreduction erfolgen. An Haltbarkeit steht das Kunsteis
dem Natureis vollkommen gleich und wird ersteres wegen seiner vollkommenen
Reinheit namentlich zur Aufbewahrung von Lebensmitteln letzterem von den Parteien
vorgezogen.
Was nun die eigentliche Kühlhalle als Aufbewahrungsort für Fleisch anbelangt,
so stellt dieselbe ein rechteckiges Gebäude vor, dessen innere Bodenfläche 200 Qm.
gross ist. Die Wände sind 3:2 Meter hoch und von doppelten Ziegelmauern gebildet,
zwischen denen sich eine Isolirschichse befindet. Letztere besteht aus sogenannten
Korksteinen, welche mit Asphalt vergossen sind. An der Südseite ist eine doppelte
Korksteinlage angebracht. Die Decke der Halle ist auf Traversen eingewölbt und
befindet sich auf derselben noch eine 1 Meter hohe Isolirschichte von Säge-
spänen und Schlacke. Der Fussboden ist behufs Ablauf des Wassers bei der
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Reinigung canalisirtt und besteht auch aus in Cement gelegten Ziegeln,
über welchen eine starke reine Cementschichte lagert. Die Wände sind mit glatt-
_ geschliffenem Cementverputz versehen. Die einzelnen Abtheilungen für die Fleischer
sind verschieden gross (3 bis 10 Qm. Bodenfläche) und bestehen in ihrem Gerüste
aus Winkeleisen. Die Wände der Zellen werden von engmaschigen Drahtgittern ge-
bildet. Die Thüren sind zur Raumersparniss als Schubthtiren eingerichtet. Simmtliche
Eisenbestandtheile sind mit grauer Oelfarbe angestrichen. Vor der eigentlichen Kühl-
halle befindet sich ein Vorraum, welcher, was Wandputz und Bodenlage betrifft, wie
die Kühlballe selbst ausgestattet ist. Daselbst ist auch ein Ablasshahn der Wasser-
leitung installirt; derselbe dient zur Beschaffung des zur Reinigung der Anlage noth-
wendigen Wassers.
Zur gleichmässigen Kühlung der Luft in der Halle sind an der Decke Holz-
schläuche angebracht, welche entsprechend vertheilt sind. Ein Theil derselben ist zur
Ansaugung der warmen Luft bestimmt, während der zweite Theil zur Zubringung
der kalten Luft dient. Um einen vollständigen Abschluss der Halle gegen die äusseren
Einflüsse zu erzielen, wurde auf eine Anlage von Fenstern verzichtet. Die Beleuchtung
erfolgt durch die eingangs erwähnte, im Maschinenhause aufgestellte Dynamomaschine
ausgiebig und einfach. Gas kann selbstverständlich wegen seiner Heizkraft zur Be-
leuchtung nicht verwendet werden. Zum Schlusse sei es mir noch gestattet, einige
Worte über die Zweckmässigkeit oben beschriebener Anlage zu sagen. Wie die Er-
fahrung bisher zeigte, functionirt dieselbe vorzüglich; Betriebsstörungen kamen nicht
vor. Das in der Halle aufbewahrte Fleisch hielt sich viele Wochen lang vollkommen
frisch, wurde an der Oberfläche nicht schmierig oder missfärbig, sondern behielt sein
normales Aussehen. Der Gewichtsverlust war auch bei länger aufbewahrtem Fleisch
ein geringer. Als Beispiel sei erwähnt, dass zwei Hinterviertel einer Kuh, welche per
Bahn nach Karlsbad eingeführt, und daselbst bei der Ueberschau wegen Tuberculose
beanständet wurden, probeweise durch acht Wochen im Kühlraume (separirt) hängen
blieben. Dieselben erwiesen sich nach dieser Zeit vollständig intact, das Fleisch zeigte
keinerlei Veränderungen und die Oberfläche war allenthalben trocken.
Mit der Schaffung dieser Anlage war das letzte Postulat der Nahrungsmittel-
hygiene in Bezug auf den Fleischconsum in Karlsbad erfüllt, und es sei mir noch
gestattet, jenes Mannes zu gedenken, der, leider viel zu früh, in vollster Körper- und
Geistesfrische, seiner öffentlichen und privaten Thätigkeit durch den Tod entrissen,
der eigentliche intellectuelle Urheber aller dieser wohlthätigen Neuerungen war. Med.
Univ.-Dr. Franz Marterer war es, der in seiner Eigenschaft als Stadtrath
die Anregung zur Einführung einer geregelten Fleischbeschau gab und emsig an der
Erreichung dieses Zieles arbeitete. Leider war es dem Manne nicht vergönnt, das
Werk in seiner Vollendung zu schauen, unauslöschlich aber wird sein Name in den
Annalen des Weltcurortes Karlsbad verzeichnet sein, der stolz einen so tüchtigen
Mann zu seinen eifeigsten Arbeitern zählen konnte.
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Humanitätsanstalten.
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1. Das Kaiser Franz Joseph-Hospital.
In Karlsbad bestand seit dem Jahre 1836 eine städtische Anstalt für kranke
Handwerksgesellen, Dienstboten und andere Personen, denen in ihrer Wohnung die
erforderliche Pflege mangelte, das sogenannte »Dienstbotenhospital« in einem eigenen,
an Stelle des heutigen »Neubades« gelegenen Spitalsgebäude mitten in der Stadt,
Da sowohl die Mittel zum Baue dieses Spitales, als auch zur Erhaltung des-
selben, durch Beiträge der Stadtgemeinde, Sammlungen und wohlthätige Veranstal-
tungen gedeckt wurden und auch keine eigentliche Stiftung bestand, so war dieses
»Dienstbotenhospital« als Eigenthum der Stadtgemeinde vorgeschrieben.
Als mit dem Erlasse des h. k. k. Staatsministeriums vom 8. Juli 1866, Z. 10.277,
dieses für 24 Kranke eingerichtete Spital als öffentliches allgemeines Krankenhaus
erklärt worden war, musste das Bestreben der Stadtgemeinde vor Allem dahin gehen,
ein neues Gebäude zu erwerben, da das alte »Dienstbotenhospitale mitten in der
Stadt weder nach seiner Lage, noch nach seiner Grösse dem Zwecke einer allge-
meinen Öffentlichen Krankenanstalt entsprach.
Die Stadtgemeinde hat daher das nördlich der Stadt auf einer gegen den
Tepl- und Egerfluss abfallenden Anhöhe gelegene, isolirt stehende Haus Cons.-Nr. 731
um den Betrag von 50.000 fl. zu Krankenhauszwecken angekauft und den weiteren
Betrag von 20.000 fl. für die nöthigen Adaptirungen, die Herstellung eines eigenen
kleinen Gebäudes für contagiöse Krankheiten, sowie für die entsprechende Einrichtung
dieser neuen Krankenanstalt verausgabt und sodann diese beiden Gebäude sammt
zngehörigem Garten zu Zwecken des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses unter
dem Vorbehalte des Eigenthumsrechtes unentgeltlich gewidmet.
Die Uebernahme dieses Krankenhauses erfolgte bei Auflassung des alten » Dienst-
botenhospitales«e am 15. März 1877.
Diese neue Krankenanstalt war für 62 Kranke vollständig eingerichtet; eine
Erweiterung hat nur im Jahre 1886 durch die Erbauung der »Epidemiebaracke«
stattgefunden, die einen Belagraum für 15 Personen hat.
Durch das Wachsthum der Stadt und den Mangel ähnlicher Anstalten ın den
benachbarten Städten und Bezirken wuchs naturgemäss die Zahl der in dieser neuen
Anstalt zu verpflegenden Kranken immer mehr, so dass im Jahre 1882 bereits
463 Kranke, im Jahre 1892 aber schon 1050 Kranke aufgenommen werden mussten;
im Jahre 1890 betrug der höchste tägliche Krankenstand nur 74 Kranke, der
noch dem Belagraum der Anstalt halbwegs entsprach, im Jahre 1892 aber bereits
92 Kranke.
Diese Verhältnisse in Verbindung mit den erhöhten Ansprüchen der Spitals-
hygiene und mit den denselben nicht mehr entsprechenden Räumen des bestehenden
Krankenhauses drängten — auch mit Rücksicht auf den curortlichen Charakter der
anwachsenden Stadt — zur Schaffung einer den modernen Ansprüchen gewachsenen
Neuanlage.
Den Herren Stadtrath Dr. Franz Marterer, Stadtrath Dr. Karl
Becher und Primarius Dr. Franz Fink wurde auf Grund der im Jahre 1892 ein-
Karlsbad.
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getretenen grossen Ueberfrequenz der Anstalt, als fachlichen Beiräthen der Stadt-
vertretung, die Aufgabe zu Theil, das Programm für den in Aussicht genommenen
Neubau der Krankenhausanlage aufzustellen. Dieser Aufgabe sind die genannten
Herren durch einen auf Grund von Besuchen moderner Anstalten in Deutschland
und Oesterreich im September 1893 erstatteten, umfassenden Bericht in dankens-
werthester Weise nachgekommen. Ä
Nachdem in diesem Programmberichte der Platz des Krankenhauses und dessen
nächstliegende nachbarliche Grundstücke sowohl hinsichtlich der erhöhten, isolirten
Lage zur Stadt, bei Berücksichtigung der von derselben abgewendeten, hauptsäch-
lichen Windrichtung aus Nordwest, als auch wegen der Bodenverbältnisse und der
gegen die Eger abfallenden Terrainneigung noch als günstig, auch für den Neubau,
bezeichnet worden sind, falls der Erwerb einer an derselben Stelle noch etwas höher,
aber ebener gelegenen Privatgrundfläche nicht zu erreichen wäre — was nach den
eingeleiteten Verhandlungen im Jahre 1894 auch factisch der Fall war — so musste
für den Neubau der Grundbesitz der alten Krankenhausanlage in Verbindung mit
nachbarlichen Feldgrundstücken des Fremdenbospital- und Hl. Geistspitalfondes — even-
tuell noch mit Erwerb dreier kleinerer Privatgrundflichen zu Arrondirungszwecken —
endgiltig in Aussicht genommen werden.
Der vorgenannte Programmbericht beantragte die Schaffung einer nach dem
Pavillonsysteme herzustellenden Neuanlage für anfänglich 152 Kranke, welche aber
durch systematischen Zubau weiterer Krankenräume, respective Pavillons auf 200 Betten
Belagraum erweiterungsfähig sein müsse.
ae anfängliche, ebenerdig gedachte Krankenhausanlage sollte nach dem Programm
bastehen:
1. Aus Internpavillons fiir zusammen 90 Betten,
2. aus chirurgischen Pavillons fiir zusammen 50 Betten,
3. aus Isolirpavillons für zusammen 12 Betten,
4. aus dem Verwaltungsgebäude (als welches für eine Zeit das alte, adaptirte
Krankenhaus verwendbar erschien),
5. aus separaten Koch- und Waschküchengebäuden,
6. aus einem Desinfectionshaus,
7. aus einem Eishaus,
8. aus einem Leichenhaus mit Secirlocalen.
Da die Erwerbung der genannten ergänzenden Fondsgrundstücke als sicher
angesehen werden konnte, wurde Herr Architekt Franz Ritter v. Gruber, k. k. Hof-
rath, Professor in Wien, entsprechend dem Antrage der Berichterstatter ersucht, die
diesem Programme entsprechenden Skizzen, jedoch für Ausführung einstöckiger Pa-
villons zu verfassen. Leider erwies sich die durch diese im Jahre 1894 vorgelegten
Skizzen nothwendig erscheinende Erwerbung von nachbarlichem Privatgrund vor dem
Baubeginne, wegen der damals immensen Forderungen als nicht realisirbar.
Nach eingehenden Berathungen des Baucomites, welchen der Architekt bei-
gezogen war, und bei welchen beschlossen wurde, von einer durch diesen beantragten
centralisirten Dampfkesselanlage für den Küchen-, Waschküchen- und Bäderbetrieb
abzusehen, erfolgte, mit Rücksicht auf wiederholte Aenderungen in der Wahl der
anzukaufenden Grundstücke, die Vorlage mehrerer neuen Skizzen, für die durch
die Unebenheit des Terrains einigermassen schwierige Gesammtdisposition des Kranken-
hauses, bis die im Jahre 1896 vorgelegte Skizze vom Verwaltungsausschusse des allge-
meinen Krankenhauses und von der Stadtvertretung angenommen wurde, und dann die
principielle Genehmigung des h. Landesausschusses und der h. k.k. Statthalterei fand.
Nach Ueberwindung der vorerwähnten, die Platzfrage betreffenden Schwierig-
keiten, konnte endlich an die Verfassung der Baupläne für jene Objecte geschritten
werden, welche in der ersten der drei in Aussicht genommenen Bauperioden, mit
Rücksicht auf die verfügbaren Mittel, herstellbar erschienen.
4*
— 76 —
Die auf das eingehendste verfassten Baupläne, Baubeschreibungen und Kosten-
überschläge wurden von Herrn Hofrath Ritter v. Gruber im Jänner 1897 vorgelegt,
so dass nach erfolgter hochortiger Genehmigung der Pläne, im Juni 1897 mit den
Bauten der ersten Bauperiode unter der Leitung des Vorstandes des Stadtbauamtes,
Baudirector Eduard Oertl, nach Abschluss der Bauverträge mit den Unternehmern.
umso leichter begonnen werden konnte, als die Karlsbader Sparcasse über Antrag des
Directionsvorsitzenden Herrn Bürgermeister Ludwig Schäffler aus ihren Reinerträg-
nissen der Jahre 1895 und 1896 zu den Baukosten dieser Objecte von 300.000 fl.
anlässlich des bevorstehenden Regierurgsjubiläums Sr. Majestät unseres allergnädigsten
Kaisers, die Beträge von 100.000 fl. und weiters von 150.000 fl. der Stadtgemeinde
widmete.
Diesen Spenden fügte die Sparcasse aus dem Erträgnisse des Jahres 1897 noch
weitere 50.000 fl. hinzu, so dass der Karlsbader Sparcasse das Verdienst zugesprochen
werden muss, die gesammten Baukosten der ersten Bauperiode, welche nach den
nicht überschrittenen Kostenüberschlägen 300.000 fl. betrugen, allein bestritten zu
haben, während von der Stadtgemeiude die ihr gehörige alte Anlage sammt zugehörigem
Grunde beigestellt und die Kosten der erst während des Baues möglich gewordenen
Einlösung der drei arrondirenden Privatgrundstücke mit zusammen rund 20.000 fl.
bestritten wurden.
Am 2. December 1898, dem Tage des fünfzigjährigen Regierungsjubiläums
Sr. Majestät konnten die planmässig hergestellten Bauten der anfänglichen Anlage,
mit der den modernsten Anforderungen entsprechenden Einrichtung versehen, feierlich
ihrem humanen Zwecke übergeben werden nnd fanden dieselben bei dieser Gelegenheit
auch die volle Anerkennung seitens der berufenen Behörde.
Nach beendeter erster Bauperiode besteht die derzeitige Anlage:
1. Aus dem adaptirten alten Krankenhause zu Verwaltungszwecken und zur
Unterbringung von Internkranken in eirca . . . 2 . . . . . . 834 Betten,
2. aus dem alten Isolirhause mit . . . D »
3. aus der Epidemiebaracke mit . . 14° =»
4. aus dem neuen chirurgischen Pavillon für den Normalbelag mit 50-56 >
D aus dem neuen Isolirpavillon mu e, 16-17 »
somit aus Krankenräumen für 127 Betten
. aus dem Küchengebäude,
. aus dem Waschküchengebäude,
. aus dem combinirten Desinfections- und Leichenhause,
. aus den Verbindungsgängen zwischen dem alten Hause zum Küchengebäude
und zum chirurgischen Pavillon,
10. aus dem Desinfectionsgrubenbaue für die Abwässer des neuen Isolir-
pavillons.
(O 0 «1 O)
Für die zweite Bauperiode ist der Bau eines medieinischen Pavillons mit
dem Normalbelage von 50 Kranken in Aussicht genommen, welcher Bau einen
Kostenaufwand von 120.000 ti. inclusive Einrichtung erfordern wird; die Reali-
sirung dieses Pavillonbaues erscheint noch in diesem Jahre oder im Jahre 1900
dadurch gesichert, dass die Karlsbader Sparcasse auch aus dem 1898er Erträg-
nisse der Stadtgemeinde einen Betrag von 50.000 H zur Deckung der Kosten
der Einrichtung der dermaligen Anlage zuwenden konnte und weiters den Be-
schluss gefasst hat, einen von ihr zur eventuellen Errichtung einer Handwerker-
schule in Karlsbad angesammelten Fond von 112.000 fl. der Errichtung dieses zweiten
Krankenpavillons aus dem Grunde zuzuwenden, weil das Prosperiren der bestehenden
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gewerblichen Fortbildungsschule die Errichtung einer zweiten gewerblichen, respec-
tive Handwerkerschule noch längere Zeit entbehrlich erscheinen lässt.
Nach erfolgter Errichtung dieses medicinischen Pavillons wird es möglich, das
alte Haus noch weiter zu entlasten und trotzdem dem ersten Theile des aufgestellten
Programmes gerecht zu werden, welches dahin geht, dass, abgesehen von der Epidemie-
baracke, in der neuen Krankenanstalt für einen Belag von 152 Kranken Raum ge-
schaffen sein soll.
Die dritte Bauperiode wird die Neuerrichtung des Verwaltungsgebäudes
an Stelle des dann abzubrechenden alten Krankenhauses, sowie die Erbauung eines
kleinen Pavillons für Geisteskranke zu umfassen haben.
Der verfügbare Grund der neuen Krankenanstalt bietet durch die erfolgten .
Grundzukäufe die Möglichkeit, in Zukunft nicht allein bei dem auf 200 Kranke zu
erhöhenden Belagraum für den dann erforderlichen dritten Hauptpavillon Platz zu
reserviren, sondern auch noch für einen eventuellen zweiten Isolirpavillon und einen
Kinderpavillon.
Die Errichtung des dritten Hauptpavillons muss jedenfalls davon abhängig
bleiben, ob das Karlsbader allgemeine Krankenhaus nicht demnächst durch die in
benachbarten Städten und Bezirken in Aussicht genommenen Krankenhausbauten,
respective durch deren Realisirung, eine naturgemässe Entlastung deshalb erfährt,
weil diese Städte und Bezirke bisher ein grosses Contingent von Kranken in das
Karlsbader Krankenhaus stellen.
Zur Erläuterung des dermaligen Umfanges der Anlage und der Baulichkeiten
derselben diene der nachstehende Auszug der
Baubeschreibung.*)
I. Lage des Platzes.
Der Platz der derzeitigen erweiterungsfähigen neuen Krankenhausanlage ist,
wie schon erwähnt, auf einer Anhöhe am rechten Tepl- und Egerufer in der Nähe
der Katastralgrenze mit der Nachbargemeinde Drahowitz, nördlich von der Stadt und
vollständig isolirt gelegen. Während die Thalstrassen der Stadt unterhalb des Platzes
eine mittlere Seehöhe von 374 Meter (beim Sudhaus) haben, liegt der Krankenhaus-
platz auf einer mittleren Seehöhe von 405 Meter, also etwa 31 Meter höher als die
genannten Hauptstrassen. Von den im Thale am Fusse der Lehne befindlichen nächst-
liegenden Wohngebäuden ist der Platz überall 150 Meter entfernt und ist das zwischen-
liegende bewaldete Lehnenterrain ein unverbaubares Gebiet. Von der Stadtmitte
beträgt die Entfernung des Platzes in der Luftlinie etwa 900 Meter, die Zufahrt
zu demselben vermittelt die Aerarialstrasse gegen Prag und schliessen die Anstalts-
strassen bei der Strassendrehung oberhalb der »Eisenquelle« direct an diese Aerarial-
strasse an.
Der Zugang ist auch noch durch die an der bewaldeten Lehne angelegten
Promenadewege vermittelt.
Die für die Anstalt zur Verfügung stehende Area umfasst rund 28.000 Quadrat-
meter. Dieselbe verläuft in ihrer grösseren Dimension, von der genannten Strassen-
serpentine, in nordöstlicher Richtung, gegen die Gemeindegrenze mit Drahowitz, in
einer Länge von 200 Meter, bei einer durchschnittlichen Breite von 140 Meter. Dabei
fällt der Bauplatz gegen Nordwest nach seiner Breite um circa 17 Meter, so dass an
der Südostseite bedeutende Abgrabungen, an der Nordwestseite bedeutende An-
*) Der beschränktsa Umfang dieser Mittheilungen gestattet nicht, auf alle in der Baubeschreibung
eingehend erörterten Einzelheiten der Anlage und ihrer Einrichtungen einzugehen.
Die beiliegenden Tafeln 8—12 enthalten die wichtigsten Planskizzen für die Krankenhausanlage.
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schüttungen nölhig werden, um die drei Hauptpavillons, und zwar den bereits
erbauten chirurgischen Pavillon, den als Internpavillon demnächst zum Baue gelan-
genden Mittelpavillon und einen künftigen Ergänzungspavillon mit nicht allzu grossen
Niveaudifferenzen einander parallel stellen zu können. Die Terrainregulirung wurde
in dem Projecte derart festgestellt, dass die Höhendifferenz zwischen den Parterre-
fussböden je zweier benachbarter Pavillons, der Souterraingeschosshöhe des höher
gelegenen Pavillons (circa 3°5 Meter) entspricht. Die Krankenzimmer aller Neubauten
sind, nach der durch die Terrainverhältnisse bedingten Stellung der Gebäude, fast
ausschliesslich oder mit einer ihrer Langseiten gegen Südost orientirt.
Südwestlich von dem erst zu erbauenden Mittelpavillon wird seinerzeit das
neue Verwaltungsgebäude errichtet. an dessen Stelle sich gegenwärtig noch das alte
Spitalsgebäude befindet. Von der Strassenserpentine führt ein Fahrweg dahin, der
bei seinerzeitigem Ausbaue der Anlage als nordwestliche und nördliche Umfahrtsstrasse
durchzuführen sein wird, welche auch die Zufahrt zum Mittelpavillon zu vermitteln hat.
Mit dem Verwaltungsgebäude und den Krankenpavillons durch Gänge ver-
bunden, steht südöstlich von ersterem und südwestlich vom chirurgischen Pavillon
das Küchengebäude, dessen Verbindung mit dem alten Spitalsgebäude von der Bau-
leitung provisorisch hergestellt wurde. Südlich vom chirurgischen Pavillon fanden
das Waschküchengebäude und das Eishaus ihren Platz, jenseits einer Strasse, welche
hier eingeschaltet werden musste, da dermalen die Zufahrt nur von der Serpentine
aus möglich ist; jene Strasse führt zu dem Pavillon für Infectionskrankheiten und
zur Leichen- und Desinfectionsanstalt. Die Stellung der erwähnten Nebengebäude
wurde theils dadurch bedingt, dass sie von der Strasse leicht erreichbar seien, theils
durch die Rücksicht auf die herrschenden Nordwestwinde.
Der Baugrund hat sich überall als ein in hygienischer Beziehung günstiger
erwiesen und wurde, ausser in dem felsigen drainirten Grunde des Waschkücher-
gebäudes, beim Baue der neuen Objecte nirgends Wasser angetroffen, so dass der
Grundwasserspiegel bei den Bauten nirgends erreicht erscheint. Die unbebauten Theile
der Area werden parkartig mit Rasenflächen, Baumpflanzungen, Gehwegen etc. aus-
gestattet; bei dem Zuge der letzteren wurde getrachtet, ihnen möglichst geringe
Gefälle zu geben.
Die Anstaltsstrassen werden durch Auer Gasgliiblicht beleuchtet, welche Be-
leuchtungsart auch in den neuen massiv hergestellten Verbindungsgingen im alten
Hause, im Koch- und Waschküchengebäude, sowie in den Souterrains der Kranken-
pavillons eingeführt ist. Die Krankenzimmer und ihre Nebenräume, die Räume des
Operationstractes im chirurgischen Pavillon und die Secir- und Leichenräume sind
ausschliesslich mit elektrischer, vemi städtischen Elektricitätswerk gespeister Installation
ausgestattet.
Die Wasserversorgung der Feuer- und Gartenhydranten, der Closets, Wanc-
brunnen und Kesselanlagen aller Gebäude erfolgt von der Druckwasserleitung der
städtischen Nutzwasserwerke, welche auch den hydraulischen Personenaufzug im
chirurgischen Pavillon speist. Ausserdem sind in den Gängen vor den Kranken-
zimmern und in dem Kochküchengebäude Ausläufe der städtischen Trink wasserleitung
aus dem sogenannten »Soosbachthale« angeordnet, die die Versorgung der Anlage mit
(Jnellwasser vermitteln.
Die Ableitung des Niederschlags- und Schmutzwassers aller neuen Objecte und
des alten Hauses erfolgt durch eine Rohrcanalisirung nach dem einheitlichen Schwemm-
system, wobei durch Anlage einer Desinfectionsgrube in der Nähe des neuen Isolir-
pavillons dafür vorgesorgt ist, dass die Abwässer dieses Pavillons, vor ihrer Einleitung
in das Canalnetz der Anstalt der Desinfeetion unterzogen werden können.
Die Area der Anstalt ist gegen die Aerarialstrasse durch ein eisernes Gitter
mit zwei Einfahrtsthoren und einem Eingangsthürchen, sonst aber nur durch einen
Holzzaun aus Waldlatten mit dahinter angepflanztem lebenden Zaun eingefriedet.
Sämmtliche neuen Objecte besitzen eine locale Telephonverbindung untereinander
und mit der Verwaltungskanzlei im alten Hause.
II. Die Gebäude der alten Anlage.
Die drei vorläufig noch in Benützung zu belassenden alten Gebäude sind das
alte Krankenhaus, das alte Isolirhaus und die Epidemiebaracke.
a) Das alte Krankenhaus.
Dieses zweistöckige Gebäude konnte nach erfolgter Inbenützungnahme der Neu-
bauten bei eingetretenem niedrigeren Krankenstand einer durchgreifenderen Instand-
setzung und Adaptirung unterzogen werden, so dass es jetzt den an ein Krankenhaus-
object zu stellenden Anforderungen bei entsprechender Reducirung der früher con-
sentirten hohen Belagsziffer wohl noch solange zu entsprechen vermag, bis an seine
Stelle, nach Schaffung neuer Unterkünfte für Internkranke, das neue Verwaltungs-
gebäude treten kann.
Durch die Adaptirung wurden aus den fünf Zimmern des zweiten Stockwerkes
die erforderlichen Wohnräume für die vermehrte Zahl der geistlichen Kranken-
pflegerinnen und für einen Secundararzt geschaffen, sowie ein eigenes Badezimmer
für dieselben. Im ersten Stockwerke wurde in den fünf Zimmern genügende Unter-
kunft für 17 Kranke ermöglicht und für dieses Stockwerk ebenfalls ein eigener
Baderaum errichtet, und zwar mit fahrbarer Badewanne. In dem durch die bestehenden
Anbauten vergrössertem Parterregeschoss erscheint derzeit die Verwaltungskanzlei mit
dem zuvorliegenden Aufnahmszimmer, die Wohnung für den Hausmeister, ein Bade-
zimmer, vier Krankenzimmer mit zusammen 16 Betten und eine Isolirzelle fiir einen
Geisteskranken untergebracht und wurde das bestandene Operationszimmer ftir die
Op:rationen bei besonderen septischen Fällen reservirt.
Das alte Gebäude erscheint durch den am Podest der Stiege vom Parterre zum
ersten Stockwerk — also mitten zwischen den beiden Krankengeschossen — an-
schliessenden neuen Verbindungsgang mit dem Kochküchengebäude und mit
dem Verbindungsgang des chirurgischen Pavillons, sonach auch mit letzterem in
Communication gebracht.
Die bestehenden Dachwohnungen des Gebäudes dienen dermalen zu Verwaltungs-
zwecken und zur Unterkunft von weiblichen Dienstboten. Ein kleines, beim alten
Hause vorbandenes, früher häuslichen Zwecken dienendes ebenerdiges Nebengebäude
wurde für die Zeit bis zur Schaffung eines Kapellenraumes im künftigen neuen Ver-
waltungsgebäude, als Betraum für die geistlichen Pflegerinnen und Reconvalescenten
adaptirt.
b) Das alte Isolirhaus. \
Dieses in Stand gesetzte alte Object mit seinen zwei Krankenzimmern und den
Räumen für das Wartepersonal wird, insolange es nicht dem Baue des ersten Intern-
pavillons weichen muss, zur Unterbringung von Krätzekranken u. a e aushilfsweise
benützt, und zwar mit sechs Betten.
c) Die Epidemiebaracke.
Dieselbe bleibt ihrem eigentlichen Zwecke und als Reserve auch nach dem Baue
des zweiten Hauptpavillons erhalten, enthält 14 Betten, und muss erst beim Baue
des dritten Hauptpavillons beseitigt werden.
III. Die neuen Gebäude.
a) Der nene chirurgische Pavillon.
Dieser aus einem Souterrain, Parterre und 1. Stock bestehende, fast 70 Meter
lange Hauptpavillon wird durch das Stiegenhaus in zwei ungleiche Theile getheilt,
— 80 —
und zwar in den südöstlich von demselben gelegenen Operationstract und in den
grösseren Tract für die Kranken.
Im Souterrain des Gebäudes mündet an der freistehenden Thalseite der vom
alten Hause und dem Küchengebäude ausgehende Verbindungsgang direct in das
Stiegenhaus.
(Wegen der gegenüber dem Parterre des Küchengebäudes und dem Souterrain
des chirurgischen Pavillons etwas tiefen Lage des Parterres des alten Krankenhauses
wurde an der Abzweigstelle des Verbindungsganges zum chirurgischen Pavillon von
dem mit Stufen versehenen provisorischen Verbindungsgangtheil zwischen Küchen-
gebäude und dem alten Hause, ein runder Raum eingeschaltet, der nach drei Seiten
Windfangthüren gegen die abzweigenden Gangtheile besitzt, an der vierten Seite
gegen den Vorplatz bei der Aerarialstrasse jedoch eine Eingangsthür von Aussen er-
halten hat, die es ermöglicht, Kranke vom Wagen mittelst Tragsessel oder Trag-
babre etc., direct in den Verbindungsgang zum chirurgischen Pavillon oder zum
1. Stockwerke des alten Hauses zu bringen. ohne letzteres vorher zu berühren; hiedurch
wurde dem Uebelstande begegnet, den der Krankentransport zum chirurgischen Pavillon
durch das alte Krankenhaus wegen dessen tieferer Lage und der hiedurch erforder-
lich gewordenen Treppen mit sich bringen würde. In dem neuen Verwaltungsgebäude
wird der Fussboden des Erdgeschosses im Niveau des Souterrains vom chirurgischen
Pavillon liegen.) Im Stiegenhause des chirurgischen Pavillons befindet sich der vom
Souterrain bis zum 1. Stock reichende hydraulisch betriebene Krankenaufzug, der es
ermöglicht, ankommende Kranke im Bett oder auf der Tragbahre in die Kranken-
räume der beiden Obergeschosse zu fördern, oder den Transport von Kranken in
gleicher Weise vom oder zum ÖOperationsraume zu bewirken.
Im Souterraintracte unter den ÖOperationsräumen befinden sich die Wohnung
des Maschinisten, der Warmwasserkessel ftir den Operationstract mit Holz- und Kohlen-
lager, sowie einige Magazinsriume; der Souterraintract unter den Krankenräumen
erstreckt sich bis zu dem die grossen Krankensäle aufnehmenden nordöstlichen Flügel,
welcher nicht unterkellert, aber durch unter dem Erdgeschossfussboden eingeschaltete,
gemauerte Hohlräume vom Boden isolirt ist und welchen zwei schliefbare Canäle für
die Dampf- und Condensations-Wasserröhren an jenen Orten durchziehen, über welchen
im Erdgeschosse die Betten stehen. In diesem Souterraintheile, dessen Fussboden nur
wenig tiefer als das nordwestlich angrenzende Terrain liegt, sind für Diener bestimmte
Wohnräume, einige Magazinsräume, ein Raum für die Behälter des Kehricht- und des
Wäschabwurfschlauches, zwei Räume für die Unterbringung des Compressors und der
Maschine des hydraulischen Aufzuges und die nöthigen Räume zur Unterbringung
von Brennmaterial angeordnet; dieser Souterraintheil enthält ferner einen Kesselraum
für die beiden Kessel der centralen Niederdruckdampfheizung des Gebäudes und einen
Raum mit dem Warmwasserkessel für den Krankenzimmertract desselben.
Das Parterregeschoss enthält im Operationstract die Räume für Verbandzeug,
für Sterilisation, für ein chemisch-hystologisches und ein bacteriologisch-mikroskopisches
Laboratorium, sowie für Präparatensammlungen, endlich ein Badezimmer für die bei
den Operationen assistirenden Pflegerinnen und ein Closet. Da der dermalige Umfang
der Anstalt die volle Inanspruchnahme der Laboratoriums- und Sammlungsräume noch
nicht erheischt. so können bis zur Vollendung des Internpavillons drei von diesen
sieben Räumen im Bedarfsfalle als Zimmer für zusammen 6 Classenkranke benützt
werden.
An das zwischen den beiden Tracten befindliche Stiegenhaus ist eine von diesem
aus im Parterre und 1. Stock zugängliche, etacirte Holzveranda angebaut, die den
Iteconvalescenten einen geschützten Aufenthalt in frischer Luft ermöglicht und so
gross ist, dass auch Kranke in ihren Betten dahin gebracht werden können. Der
Krankentract enthält im Parterre und 1. Stock je einen, von beiden Längsseiten her
durch hochgelegene Fenster gut erhellten Krankensaal von 20 Meter Länge, 8°5
Tafel 7. Schlachthofanlage in Karlsbad von Norden.
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Meter Breite und 4'5 Meter lichter Höhe für den Normalbelag mit 19 Kranken, sowie
einen 8 Meter langen, 4°6 Meter breiten, an den Saal angeschlossenen heizbaren
Tagraum von gleicher Höhe; ferner je zwei Absonderungszimmer & 2 Betten. und je
zwei solche à 1 Bett, endlich die erforderlichen Nebenräume, d. i. je ein Zimmer
für 3—4 Pflegerinnen, je ein Badezimmer mit einer stabilen und einer transportabeln
Badewanne, je eine Theeküche, ein Utensilien- und ein Wäschemagazin, sowie die
erforderliche Closetgruppe.
Der Operationstract enthält im 1. Stock ein mit Ober- und Seitenlicht ausge-
stattetes aseptisches Operationszimmer und ein Operationszimmer ftir septische Fälle
das nur durch Seitenlicht erhellt wird. Ersteres ist durch das auch fiir elektrische
Behandlung eingerichtete Narkotisirzimmer zuginglich; in seinem Anschlusse befindet
sich das Instrumenten- und Sterilisirzimmer.
Der Hohlraum zwischen dem Dach- und Deckenlicht ist heizbar, das aseptische
Operationszimmer durch Dampfausstrémung staubfrei zu machen und fiir den Fall,
als die Niederdruckdampfheizung nicht in Thitigkeit gesetzt ist, mit einem Gasofen
versehen.
Beide Öperationszimmer sind mittelstSchläuchen mit Spritzmundstúcken in allenihren
Theilen überspülbar gemacht. Im Operationstracte befindet sich noch ein Zimmer für die
Aerzte mit daran angeschlossenem Badezimmer, endlich ein Ruhezimmer für Kranke,
welche schwere Operationen zu überstehen hatten und ein Closet, sowie eine Wendeltreppe
zur directen Communication zwischen den Verbandzeugräumen etc. im Parterre und
Operationsräumen im 1. Stock. Der central gelegene Vorraum des letzteren wird durch
Oberlicht erhellt, unter welchem ein Glasboden eingeschaltet ist, um im Vorraume des
Erdgeschosses das durch die Glasthüren einfallende Licht zu ergänzen. Sämmtliche
Räume der beiden Öbergeschosse des chirurgischen Pavillons haben ausschliesslich
Terazzofussböden erhalten, werden durch die centrale Niederdruckdampfheizung mittelst
Heizkörper erwärmt, die der leichteren Reinhaltung wegen aus Perkinsrohren mit
eisernen Vorsetzern und Marmorplattenabdeckung construirt wurden.
Die Ventilation aller dieser Räume geschieht mittelst entsprechender Frisch-
luftzufuhr zu den Heizkörpern, je nach der Jahreszeit mit oder ohne Zuhilfenahme
der Centralheizung und mittelst bis über das Dach emporgeführten Abzugsschloten.
Ausserdem ist für eine directe Lüftung aller Räume durch entsprechend stellbare
Oberflügel der Fenster vorgesehen worden. Für die Operationszimmer und Kranken-
säle wurden bei den Abzugsschloten Elektro-Ventilatoren oder Wobbebrenner ange-
tragen. Den grossen Krankensälen wird die frische Luft von einem Luftbrunnen aus
zugeführt, um an hinter eisernen Vorsetzern angebrachten Schlangenrohr-Heizkörpern
erwärmt zu werden. Die Wärmetransmissionsverluste werden durch längs der Aussen-
wände gezogene D)ampfrüöhren gedeckt. Für die Sommerventilation sind hier ausser
den oberen Klappflügeln der Fenster auch Etagencanäle vorgesehen, welche mit den
unteren Theilen der Fenster combinirt wurden.
Die Warmwasserzuleitung zu den Waschtischen der Operationsräume, Laboratorien
und Krankenzimmer, dann zu den Baderäumen, geht von den zwei im Souterrain
aufgestellten Warmwasserkesseln aus,
Was die Einrichtung betrifft, so “entspricht dieselbe sowohl hinsichtlich der Er-
fordernisse für die Operationsriiume, als auch bezüglich des Meublements der Kranken-
siile und Krankenzimmer den neuesten Anspriichen der Spitalshygiene und ist überall auf
die leichteste Reinhaltung aller Einrichtung, sowie auch der Wände der Kranken- und
Operationsräume Bedacht genommen worden, bei letzteren, indem alle Winkel, Decken-
und Bodenanschlüsse ausgerundet wurden und die Verwendung von Holz möglichst
vermieden worden ist. Alle Wände, die flach gewölbten Decken, Eisenmöbel u. s. w.
erhielten Emailleanstrich.
Ausser durch die telephonische Verbindung mit den anderen Bauobjecten ist
auch durch Anlage von Zimmertelegraphen für die rasche Verständigung zwischen
— 82 —
dem Krankenhauspersonal selbst, sowie zwischen diesem und den Patienten in den
Krankenräumen vorgesorgt worden. Alle der Anstaltsleitung nöthig erschienenen
Completirungen des Instrumentariums, und der Apparate für Operations- und Heil-
zwecke sind bewirkt worden.
b) Der neue Pavillon für Infectionskrankheiten.
Dieser ebenfalls einstöckige Pavillon wurde, in entsprechender Entfernung vom
chirurgischen Pavillon, nordöstlich von demselben erbaut.
Aus dem nach Aussen offenen Parterrevorraume gelangt man durch drei separirte
Stiegen in das Souterrain, das Parterre und das erste Stockwerk.
Das Souterrain entbält entsprechend der Forderung auf möglichste Isolirung des
in diesem Pavillon beschäftigten Personales eine eigene kleine Koch- und Spülküche
mit Wobnräumen für die Köchin und Küchenmägde, ferner die erforderlichen Magazins-
räume, einen eigenen Baderaum und ein separates Closet für dieses Küchenpersonal,
dann den Raum für den Warmwasserkessel der Zuleitang zu den Waschtischen und
Bädern der Obergeschosse; alle diese Souterrainräume haben gepflasterten Fussboden
mit Ausnahme der gedielten zwei Wohnräume und sind mit Gasbeleuchtung versehen.
Nachdem die neue Anlage eine eigene Desinfectionsanstalt besitzt, erschien die
Errichtung einer eigenen Waschküche in diesem Pavillon entbehrlich, da die gebrauchte
Wäsche, nach früherer Einweichung in Desinfectionsflüssigkeit im Pavillon selbst, aus
demselben zuerst im Desinfectionshause zur vollständigen Desinficirung gelangt, bevor
sie in das Waschküchengebäude zur normalen Behandlung abgegeben wird.
Die zweigeschossige Anlage des Oberbaues dieses Pavillons ermöglicht die Trennung
der Infectionsfälle in zwei voneinander durch die separaten Stiegen isolirte Abtheilungen,
mit denen für normale Verhältnisse das Auslangen zu finden ist. Für abnormale Vor-
kommnisse steht übrigens, wie schon erwähnt, auch noch das alte Isolirhaus mit seinen
zwei Abıheilungen à 3 Krankenbetten zur Verfügung, welches in der Zukunft durch
einen mit zwei voneinander vollständig getrennten Abtheilungen versehenen nur
erdgeschossigen Isolirpavillon ersetzt werden wird, welcher südöstlich von dem jetzt
neu hergestellten Pavillon erbaut werden wird. Das Parterre des Pavillons enthält,
bei ganz analoger Ausstattung in Bezug auf elektrische Beleuchtung, Terrazzofuss-
boden, Emailleanstrieh der Wände und Decken, Meublement, Waschtisch-, Telephon-
und Telegrapheneinrichtung u. s. w. wieim chirurgischen Pavillon, folgende Räumlich-
keiten:
2 Zimmer für je 1 Kranken.
1 Zimmer für 2 Kranke.
1 Zimmer für 4 Kranke.
1 Wäschemagazin (eventuell als Zimmer für 1 Kranken verwendbar).
1 Zimmer für 2 Pflegerinnen.
1 Badezimmer mit stabiler Wanne.
1 Tbeeküche.
1 Abortgruppe.
Das erste Stockwerk entbält die gleichen Räume wie das Parterre und ausser-
dem ein Zimmer als fir Tracheotomien ausgestattetes Operationslocale. Fast alle
Krankenzimmer sind — wie im chirurgischen Pavillon — gegen Südost gelegen und
besitzen neben der erforderlichen Einrichtung für die natürliche Ventilation
locale Heizanlagen in Form von kleinen, vom Corridor aus heizbaren, gusseisernen
Calorifereöfen mit Kachelmantel; die ersteren sind auf Schienen aus den Heiznischen
nach dem Gange verschiebbar, um sie hier reinigen zu können. Der Isolirpavillon hat
einen Normalbelarraum für zusammen 16—17 Kranke; dessen Abwässer gelangen,
wie schon früher bemerkt wurde, in eine in der Nähe des Pavillons errichteten
eigenen Desinfectionsgrube vor Einleitung in das Canalnetz der Anstalt.
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Die Dimensionirung der Krankenräume und Fenster in diesem Pavillon, sowie
auch im chirurgischen Pavillon ist eine sehr reichliche, jedem Kranken einen den
weitgehendsten Ansprüchen genügenden Luftraum und Lichteinfall sichernd.
¢) Das Desinfections- und Leichenhaus.
Das fiir diese Zwecke errichtete ebenerdige, nur in der separirten Abtheilung
fir das Leichenhaus unterkellerte Gebäude wurde nördlich des Isolirpavillons —
nahe an der Drahowitzer Gemeindegrenze — erbaut.
Es ist durch eine stärkere Scheidemauer in zwei vollständig getrennte Theile
geschieden, von denen der nach Südosten gekehrte Theil als Desinfectionsanstalt, der
nach Nordwest gerichtete dagegen als Leichen- und Secirhaus dient.
Die Desinfectionsanstalt hat einen gegen Nordost gelegenen, durch
Mauern und einer von innen zu öffnenden Thoreinfahrt umschlossenen Hof, aus welchem
mittelst des für den Transport der zu desinficirenden Gegenstände und Wäschestücke
bestimmten Handwagens die unreinen Sachen durch den Aufbewahrungsraum für
diesen Wagen zur Aufnahmsseite der Desinfectionsanstalt gelangen.
An dieser Aufnabmsseite befindet sich zuerst ein Locale mit einem Einweich-
becken und einer Einwurföffnung in einen Kataraktkochkessel, der durch die Scheide-
mauer in das correspondirende Entnabmslocale hinüberreicht, und dessen getheilter
Deckel mit einem Riegelverschluss derart eingerichtet ist, dass bei Oeffnung des
Deckels auf der Eingabeseite die Deckelhälfte auf der Entnahmeseite geschlossen ist
und umgekehrt.
Neben diesem Locale befindet sich ein Raum für die Einbringung der im
strömenden Dampf zu desinficirenden Gegenstände in den grossen Dampf- Desinfections-
apparat, für dessen Speisung ein kleiner stehender Röhrenkessel in einem anstossen-
den, vom Desinfectionshof direct zugänglichen Raume aufgestellt ist.
D.e Verbindung zwischen der Eingabe- und Abgabeseite erfolgt durch mehrere
kleine Locale, die für die Aufbewahrung der Arbeits- und reinen Kleider des Be-
dienungspersonales und den dazwischen befindlichen Baderaum für dieses Personal
bestimmt sind.
Auf der Ausgabeseite folgen dann die beiden Locale für die Entnahme
der desinficirten Gegenstände aus dem Dampf-Desinfectionsapparat und aus dem
Kataraktkochkessel, an welchen letzteren Raum der Aufbewahrungsraum für den
Handwagen zum Transport der desinficirten Gegenstände zur Stadt, zu den Gebrauchs-
stellen oder zur Waschküche sich anschliesst.
Alle Desinfectionslocale haben gepflasterte Fussbúden, mit Emailleanstrich ver-
sehene Wände und Decken, sowie locale Heizung durch Meidingerófen, ftir welche
auf der Ausgabeseite noch ein Brennmaterialraum vorhanden ist.
Sowohl die Annahme- als Ausgabeseite besitzt je einen Abort für das Personal.
Die Ventilation der Locale ist eine natürliche, zu deren Verstärkung, der geringen
Gebäudehöhe wegen, die in den Abzugschläuchen angeordneten Gas-Wobbebrenner
dienen können.
In dem Leichenhause wurden einige Räume in das Souterrain gelegt, um
das Gebäude nicht verlängern und dadurch die anzuschüttende Terrasse weiter ver-
grössern zu müssen. Im Souterrain befindet sich die für 4 Leichen ausreichende,
ınittelst Druckwasser in allen ihren Tbeilen «pülbare Leichenkammer, weiche durch
einen Meidingerofen heizbar und mit elektrischem Lichte beleuchtbar ist. Die Ein-
bringung der Leichen in diese Leichenkammer erfolgt vom Parterregang aus durch
einen mit Handantrieb versehenen, leicht zu reinigenden Aufzug, neben welchem die
für das Personal bestimmte Wendeltreppe angelegt ist.
Neben der Leichenkammer befindet sich ein kleines Sargmagazin, und abge-
sondert von diesen zwei Räumen ist im Souterrain auch für die Unterbringung von
Versuchsthieren Vorsorge getroffen. Das Parterre enthält zu beiden Seiten des Corridors
z= Bi =
mehrere Räume, und zwar einerseits neben dem Leichenaufzugsraum das entsprechend
eingerichtete Arbeits- und Mikroskopirzimmer der Aerzte, anderseits das zweck-
gemäss ausgestattete Secirlocale mit Secirtisch. Eine Kammer für zwei Infections-
leichen und ein Raum mit einem Kori’schen Verbrennungsofen für gebrauchtes Ver-
bandzeug, für Abfälle von Operationen und Sectionen, sowie für Kehricht u. s. w.
wurden derart in das Erdgeschoss eingeschaltet, dass sie nur von Aussen zugänglich
sind. Arbeitszimmer, Secirraum und Leichenkammer haben locale Heizung, elektrische
Beleuchtung und natürliche Ventilation mit Gasbrennereinsitzen in den Abzug-
schläuchen. Den Räumen des Leichenhauses ist im Erdgeschosse ein Closet an-
geschlossen.
d) Das Küchengebäude.
Dieses zum kleineren Theil einstöckige, sonst ebenerdige, fast vollständig unter-
kellerte Betriebsgebäude ist, wie erwähnt, nahe der Aerarialstrasse erbaut worden.
Dasselbe enthält im Keller die erforderlichen separaten Aufbewahrungsräume
für Kartoffel, Bier, Wein, Fleisch und Gemüse, die Kelier für das Brennmateriale
und das disponible Küchengeräth, endlich einen Manipulations- und Flaschen-
reinigungsraum.
Das Parterre besitzt die grosse Küche mit dem Kesselherd, welcher 7 Kessel
für Fleisch, Suppe, Gemüse ete. umfasst; ferner den Bratherd, 3 Wärmetische,
Kartoffelkocher und Kaffeebrenner, An die Kochküche schliessen sich ein grosser
Gemüseputzraum und die Spülküche für das Essgeschirr an, mit den nöthigen Spül-
becken mit Kalt- und Warmwasserzuleitung und mit einem heizbaren Geschirr-
trocken- und Wärmeschrank; weiters befinden sich neben der Kochküche der grosse
Speiseausgaberaum und der Ausgaberaum für Brot und Getränke, welcher eine directe
Wendeltreppenverbindung mit dem Magazın am Dachboden und dem Kellergeschosse
aufweist. Endlich sind im Parterre noch ein Aufbewahrungsraum für Mehl, Hülsen-
früchte und ein Küchenzimmer, zugleich Handmagazin, sowie ein Closet vorhanden.
Der einstöckige Theil des Gebäudes enthält ausser der Hauptstiege im ersten
Stock lediglich 2 Wohnzimmer und ein Closet für die den Küchendienst besorgenden
geistlichen Schwestern.
Abgesehen von den Holzfussböden der beiden Wohnzimmer sind die Fussböden
aller Localitäten des Küchengebäudes wasserundurchlässig, und zwar im Keller mit
Cementbeton, im Parterre mit Chamotteplatten- und Terrazzopflaster hergestellt.
Küche, Spülküche und Gemüseputzraum haben eine untere Wandverkleidung
init Chamotteplatten, letztere beiden auch Oelanstrich der oberen Wandflächen und
Decken.
Die Räume besitzen natürliche Ventilation und Lüftung durch die nöthigen
Abzugschläuche und Lüftungstlügel der Fenster.
Wo nöthig, sind Meidingeröfen zur Beheizung der Nebenräume vorhanden; die
Beleuchtung der Räumlichkeiten des Küchengebäudes erfolgt mit Gas.
Die Kichenfenerungen münden in ein “entsprechend “hohes, mit Deflector und
Blitzableiter versehenes gusscisernes Rauchrohr, das in den als Lockcamin gestalteten
Ventilationsschlauch der Küche eingebaut ist. Das Küchengebäude mit seinen Ein-
richtungen ist derart hergestellt, dass es für die Bedürfnisse einer auf 200—250 Kranke
eompletirten Krankenhausanlage ausreicht.
e) Das Waschküchengebäude.
Dieses zum kleineren Theil unterkellerte, ebenerdige. mit höherem Dachboden
als Sommer-Trockenboden erbaute Object liegt an der Aerarialstrasse südöstlich des
Kiichengebiudes und ist für Dampfbetrieb eben falle derart eingerichtet, dass es auch
einem a 200--250 Kranke erhöhten Belagsraume der erweiterten Krankenhaus
anlage genügt. Das Kellergeschoss enthält lediglich das Kessel- und Brennmaterial-
locale, sowie eine Schlosserwerkstitte und ein Arbeitercloset.
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Für den Dampfbetrieb ist im Kesselraum ein kleiner concessionsfreier Sicher-
heits-Wasserröhrenkessel aufgestellt, dessen Dampf zu Zwecken des Wäscherei- und
Heizbetriebes des Gebäudes dient.
Im Parterre befindet sich links vom E der Aufnahms- und
Sortirraum für die schmutzige Wäsche mit der nöthigen Einrichtung; aus diesem
Raum gelangt die Wäsche in die grosse Dampfwaschküche zur Behandlung in den
Einweichbottichen, der Trommelwaschmaschine, der Hammerwaschmaschine, dem
Wäschekochkessel, dem Ausschweifbottich und der Centrifuge etc. welche Apparate
Dampf- und Warmwasserzuleitung besitzen und durch eine kleine Wanddampfmaschine
in Bewegung gesetzt werden, die von ihrem Platze in der Waschktiche auch die
Wäschemangel im Mangel- und Bügelzimmer, sowie den Wäscheaufzug zum Dach-
boden antreibt. |
Aus der Dampfwäscherei gelangt die gesäuberte Wäsche zum Trocknen entweder
in die daneben befindliche, mit Dampfheizung versehene Trockenkammer, oder mittelst
des Wäscheaufzuges zum Sommertrockenboden im Dachgeschoss.
Der Sommertrockenboden hat einen Wäscheabwurfschacht zu dem darunter
befindlichen Manipulations- und Sortirraum, durch welchen auch die trockene Wäsche
aus dem Trockenraum in das anstossende Mangel- und Bügelzimmer mit der mecha-
nisch angetriebenen Wäschemangel und dem Bügelofen, hierauf in das Flickzimmer
und aus diesem in den Magazins- und Ausgabsraum für die fertige gereinigte Wäsche
gelangt. welcher letztere Raum wieder mit dem Eingangscorridor communicirt.
Wie alle bisher genannten neuen Gebäude hat auch das Waschküchenhaus nur
gewölbte Decken und gepflasterte oder Terrazzofussböden.
Die Beheizung der Waschküchenräume erfolgt mit reducirtem Dampf durch
Rippenheizrohre, respective Heizkörper mit Vorsetzern; die Beleuchtung geschieht mit
Gas, die Ventilation durch Lutt- Zu- und Abfuhr, mit oder ohne Zuhilfenahme der
Heizung. Alle neuen Gebäude haben Holzeementdächer mit Kiesschüttung.
f) Das Eishaus.
Dasselbe befindet sich vor dem Waschküchengebäude direct an der Aerarial-
strasse als ein nur wenig in den Boden versenkter Bau mit aufgesetztem Holz-
oberbau.
Der eigentliche Eisraum mit abgedichteter Sohle ist von starken Mauern mit
zwei isolirenden Luftschlitzen gebildet und gegen den Holzoberbau mittelst doppelten
(Gewölben isolirt; derselbe fasst 60 Cbm. Eis.
Der durch eine Holzstiege zugängliche Holzoberbau aus Riegelwand mit Säge-
spanfüllung zwischen der beiderseitigen, auch beim Dach durchgeführter Holzschalung
bildet den Manipulationsraum zum Ein- und Ausbringen des Eises mittelst Aufzug-
rolle und einer Fallthür in dem Eisraumgewölbe.
Zur besseren Isolirung ist der Manipulationsraum durch eine analog construirte
Vorkammer von der verdoppelten äusseren Eingangsthüre abgeschlossen.
g) Die Desinfectionsgrube.
Diese zum Isolirpavillon gehirige Anlage, nordóstlich desselben gelegen, ist ein
nur wenig über Terrain reichender unterirdischer Bau mit aufgesetzter hölzerner und
verglaster Laterne zur Beleuchtung des durch eine Abgangstreppe von Aussen zu-
gänglichen Manipulationsraumes. Dieser Raum enthält die Wasserzuleitung und die
Gefiisse zur Bereitung der Desinfectionsflüssigkeit (Kalkmilch), welche durch Stand-
rohrventile in zwei getrennte, unter dem Boden des Manipulationsraumes in runder
Form angelegte Mischbassins geleitet wird, in denen je ein von Hand zu betreibender
Rührapparat eingebaut ist. Die Abwässer aus dem lesolirpavillon gelangen durch zwei
— 86 —
zwischen den Mischbassins gelegene Schächte, von denen der zweite der Vertheilungs-
schacht ist, je nach Oeffnung des bezüglichen Zulaufventiles zu einem der Misch-
bassins. Nach vollzogener Desinfection durch den Kalkmilchzusatz und den Rühr-
process werden die desinficirten Abwässer durch die Bodenventile der Mischbassins
in den Canal abgelassen. |
Die Anlage zweier Mischbassins ermöglicht eine intensivere Desinfection durch
abwechselnde Füllung ‚derselben mit den Abwässern.
Durch die nunmehr in Benützung stehenden Neubauten ist auch der Curort
Karlsbad in die Zahl jener Städte eingereiht, die für eine den modernen Anforde-
rungen der Hygiene entsprechende Unterbringung der Kranken, dem dermaligen
Bedürfnisse entsprechend, in möglichst vollkommener Art gesorgt haben und erscheint
auch der succesive Ausbau der Gesammtanlage bei steigender Frequenz in einer Weise
gesichert, dass man das allgemeine öffentliche Krankenkaus in Bälde auch als eine
complete Musteranstalt, nach dem Pavillonsystem erbaut, bezeichnen darf.
2. Das Fremdenhospital.
DasKarlsbaderFremdenhospital,an der Giesshübler Strasse gelegen, wurde
an Stelle des alten, nächst der Felsenquelle befindlichen, welches den Anforderungen der
modernen Hygiene in keiner Weise mehr entsprach, im Jahre 1892 eröffnet. In
villenähnlichem Styl erbaut, von einem Garten umgeben, an welchen sich rückwärts
der Wald anschliesst, sind 26 Zimmer mit insgesammt 70 Betten zur Aufnahme von
Kranken eingerichtet. Ausserdem befindet sich im Hochparterre das Arbeitszimmer
des ärztlichen Directors, daran anschliessend ein mit allen Behelfen für physiologisch-
und pathologisch-chemische Untersuchungen eingerichtetes Laboratorium, ferner das
Wohnzimmer des ausschliesslich für den Dienst des Hauses bestimmten Assistenz-
arztes. Die Wirthschaftsräume des Pflegepersonales befinden sich im Tiefparterre.
während die Schlafräume des letzteren im Dachgeschosse liegen.
Nur während der Saison, d. i. vom 1. April bis Ende September geöffnet, ist
das Fremdenhospital ausschliesslich für Ortsfremde bestimmt. Es dient zweierlei Zwecken,
durch welche auch die Einrichtung und Anlage desselben bestimmt wurde.
16 grössere Zimmer, welche nach dem Cubikraume je 3 bis 6 Betten enthalten,
sind für die Aufnahme von Fremden ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit und
Religion bestimmt. Dieselben erhalten entweder gänzlich kostenfrei oder gegen Zahlung
einer täglichen Verpflegsgebür von 1 Krone Wohnung, B:köstigung, ärztliche Be-
handlung, Bäder und die etwa nothwendigen Medicamente. Zur Erreichung dieser
Begünstigung ist es nothwendig, ein mit einem ärztlichen Attest und einer Be-
scheinigung der Vermögenslosigkeit versehenes Gesuch an den Stadtrath in Karlsbad
zu richten, welcher sodann im Vereine mit dem ärztlichen Director über die Auf-
nahme entscheidet. Die Aufnahme erfolgt nur dann, wenn das ärztliche Attest eine
Erkrankung des Bewerbers nachweist, welche durch den Gebrauch der Karlsbader
Trink- und Badecur geheilt oder gebessert werden dürfte. Diese streng gehandhabte
Bedingung ist dem Stiftsbriefe, der zu Anfang dieses Jahrhunderts gegründeten
milden Stiftung entnommen. Die Dauer des Aufenthaltes für diese Kranken ist
meist mit vier Wochen bemessen, doch steht es dem Director zu, die Curdauer je
nach Umständen abzukürzen oder zu verlängern.
Ausserdem stehen zehn Zimmer mit je einem Bett zur Verfügung. Dieselben
sind für solche Curgäste bestimmt, deren Zustand eine intensivere Pflege und
Wartung erfordert, mag letztere durch eine während der Cur auftretende intercurrente
Erkrankung nothwendig erscheinen oder an und für sich durch die Schwere des
Leidens, welches den Curgebrauch veranlasste. Infectiöse und chirurgische Erkrankungen
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sind satzungsgemäss von der Aufnahme ausgeschlossen. Für Bewerber dieser Plätze
ist weder ein Gesuch noch ein Attest erforderlich, es genügt eine einfache Anmeldung
beim ärztlichen Director, welcher nach aufgenommenem Befunde und nach Massgabe
des Platzes über die Aufnahme entscheidet. Die Kosten stellen sich für solche
Patienten je nach Wahl des Zimmers und der Beköstigung zwischen 5 bis 9 Kronen
per Tag. In diesen vom Karlsbader Stadtrathe festgesetzten Preisen ist die Wohnung,
d.h. ein Zimmer mit einem Bett. die volle Verköstigung mit Ausnahme der Getränke,
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Das RE in Karlsbad.
freie ärztliche Behandlung, die erforderliche Wartung und Pflege und die Medicamente
inbegriffen.
Um auch bettlägerigen Kranken der Anstalt die Trinkcur der Mineralwässer
in ihrer natürlichen Wärme zu ermöglichen, führt vom Sprudel eine directe Leitung
in die Anstalt, aus welcher das Mineralwasser in einer Temperatur von 50° C. direct
entnommen werden kann. Ausserdem speist diese Leitung zwei im Hause befindliche
Badezellen, in Folge dessen auch die Badecur im Hause durchgeführt werden kann.
Vom Arzte verordnete Moorbäder werden den mit Mittellosigkeitszeugniss Auf-
genommenen vom Stadtrathe unentgeltlich verabfolgt.
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Die ärztliche Leitung untersteht dem Director Dr. August Herrmann und einem
Assistenzarzte. Die Pflege der Kranken ruht in den bewährten Händen der Schwestern
des Ordens vom heiligen Kreuz, von dessen Mutterhause so viele Spitäler in der
Schweiz, Süddeutschland und Oesterreich mit Pflegepersonal versehen werden.
Ueber die Gebahrung an der unter städtischer Oberaufsicht stehenden Anstalt
geben die folgenden statistischen Angaben ein klares Bild:
In den fünf Jahren, von 1894 bis 1898 standen im Ganzen 1884 Personen in
der Pflege des Karlsbader Fremdenhospitales. Von diesen waren 366 gegen eine
Verpflegsgebür von täglich 5 bis 9 Kronen, 732 gegen eine Verpflegsgebiir von
1 Krone täglich und 786 unentgeltlich aufgenommen. Der Staatsangehörigkeit nach
waren 1308 aus Oesterreich-Ungarn, 258 Preussen, 38 Bayern, 226 Sachsen, aus
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den übrigen deutschen Staaten 28, aus den übrigen europäischen Staaten 32 und
aus anderen Welttheilen 4,
Das der, Bestimmung der Anstalt entsprechende, ganz eigenartige Kranken-
material veranschaulichen am besten die folgenden Zahlen: Unter 1884 Kranken
befanden sich neben anderen 142 Fälle von Catarrhus ventr.. 170 Ulcus ventr.,
30 Dilatatio ventr., 55 Catarrhus intest., 35 Hepatitis hypertroph., 480 Cholelithiasis,
- 195 Diabetes mellitis, 35 Arthritis urica, 70 Nephrolithiasis, 32 Nephritis chronica.
3. Das evangelische Hospiz.
Das evangelische Hospiz im Villenviertel des »Westend« in der
Nähe der Waldungen gelegen, rings mit Garten umgeben, wird in dieser Saison
eröffnet und ist für die Aufnahme von kranken Curgästen evangelischer Religion
bestimmt.
Das Hospiz enthält in 50 Zimmern 60 Betten; dasselbe ist mit allen modernen
Einrichtungen, die jetzt an ein derartiges Haus gestellt werden, versehen.
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Die Verpflegung der Kranken erfolgt durch Diaconissinnen, wobei für diätetische
Küche nach Vorschrift der Aerzte Vorsorge getroffen ist.
4. Das Israelitenspital.
Das Karlsbader Israeliten-Hospital wurde im Jahre 1846 gegründet.
Im Jahre 1886 wurde das neue Haus erbaut, das einen Fassungsraum für circa
50 Betten hat. -
Die derzeit zur Verfügung stehenden Mittel genügen zur Aufnahme von
32 Kranken per Monat.
Im Jahre 1898 wurden 160 Kranke in der Zeit vom 1. Mai bis 30. September
verpflegt, und zwar aus Oesterreich 138, aus Deutschland 22. Die Verpflegskosten
beliefen sich auf fl. 3421:62.
Die Pfleglinge erbalten vollständige Kost, die nöthigen Bäder und geniessen
die ärztliche Behandlung seitens des leitenden Primararztes, dem der die Anstalt
verwaltende Secundararzt zur Seite steht.
Beschreibung des Leichenhallenprojectes für die Karlsbader Friedhöfe.
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Schon seit Jahren fühlte man das Bedürfniss, in Karlsbad anstatt der bestehenden
Leichenhalle einen den curortlichen und hygienischen Anforderungen entsprechenden
Neubau zu errichten. |
Die Lösung der Platzfrage nahm auch in diesem Falle lange Zeit in Anspruch
und ist selbst der jetzt gewählte Bauplatz in Folge ungerechtfertigter Einwendungen
der Nachbargemeinde Drahowitz noch nicht gesichert, und hängt die Lösung dieser
Frage im Instanzenzuge von den Entscheidungen der oberen Behörden ab.
Das geplante Object besteht aus einem ebenerdigen Mittelbau von 26°8 Meter
Frontlänge, an welchem an beiden Giebelseiten je ein höherer Anbau — risalitartig
vorspringend — von 11:2 Meter Frontliinge sich anschliesst.
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Situation der projectirten Leichenhalle.
Das als Souterrain bezeichnete Geschoss kann als Tiefparterre angesehen werden,
da es grösstentheils ganz frei steht.
Im ebenerdigen Mittelbaue sind die Leichenzellen untergebracht, und zwar im
Tiefparterre fünf Zellen für Infectionsleichen und drei Zellen als Reserveräume,
während im Erdgeschosse sechs kleinere und drei grössere Zellen für gewöhnliche
Leichen projectirt sind, wovon die letzteren auch zu Aufbahrungen verwendet
werden sollen.
Es ist somit in beiden Geschossen Raum für die gleichzeitige Unterbringung von
17 Leichen in abgesonderten Localen vorhanden.
An der vorderen Frontseite ist daselbst der Besichtigungscorridor und rückwärts
an die Leichenzellen anschliessend der Manipulationsgang geplant. An der Ostseite
schliesst sich die Kinsegen- und Wartehalle an, die kapellenartig ausgebildet erscheint.
Der westseitige Anbau enthilt im Souterrain eine Arbeiterwohnung.
Aborte fiir Herren und Damen mit getrennten Zugängen, ein Sargmazin und einen
Aufzug zum Parterre und dem daselbst ausgebauten ersten Stockwerke, respective
zu dem darin befindlichen Seeirraume, welcher Seiten- und Oberlicht hat.
Im Erdgeschosse dieses Anbaues ist ausser dem Bureau und einem Zimmer
für die Geistlichkeit die Wohnung des Friedhofverwalters nebst Abortanlage und
einer Requisitenkammer projectirt.
Anschliessend an den im ersten Stockwerke gelegenen Secirsaal ist ein Aerzte-
zimmer, ein Waschraum, der Aufzug und neben diesem ein Depotraum angeordnet.
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Rückwärts vom Neubaue ist der mit Mauern eingefriedete Raum situirt, der
durch den daselbst bestehenden Waldbestand gedeckt erscheint. Was die Detail-
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ausführung anbelangt, wird bemerkt, dass die Ventilationsanlage und Wasserinstallation
den Anforderungen entsprechend zur Ausführung gelangen. Die Wände der Leichen-
zellen und des Secirsaales werden mit einem Emailfarbenanstriche versehen.
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-© -Zur wasserdichten Herstellung der Fussböden dieser Räume wird ein Terrazzo-
belag verwendet. Hiedurch ist es möglich, jederzeit eine gründliche Reinigung oder
Desinfection dieser Räume vorzunehmen.
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Das Stadtverordneten-Collegium hat den zur Ausführung der Leichenhalle sammt
Einrichtung erforderlichen Credit von 65.000 Gulden bereits bewilligt und wird
sofort nach günstiger Erledigung der Recurse zum Baue geschritten werden.
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Die Gewinnung des Karlsbader Sprudelsalzes einst und jetzt.
Von Dr. Ludwig Sipöcz, Stadtchemiker und Betriebsleiter des städtischen Sprudelsalzwerkes in Karlsbad.
Gottfried Berger hat zwar schon im Jahre 1708 darauf hingewiesen, dass aus
dem Karlsbader Sprudelwasser ein abführendes Salz bereitet werden kann, dennoch
begann die Darstellung des Karlsbader Sprudelsalzes als Heilmittel erst im Jahre
1732, zu welcher Zeit der arzneibeflissene Nicolaus Borries, zweifelsohne auf An-
regung des berühmten Hallenser Professors Friedrich Hofmann, dem Karlsbader Färber-
meister Bernhard Richter die Bereitung des Sprudelsalzes lehrte. Richter erhielt
von dem in diesem Jahre in Karlsbad zum Curgebrauche anwesenden Karl VI. ein
kaiserliches Privilegium, das Karlsbader Salz anfertigen und verkaufen zu dürfen,
und zwar auf Fürsprache des im Gefolge mit anwesenden Leibarztes Garelli und
des zu gleicher Zeit in Karlsbad sich aufhaltenden Professors Friedrich Hofmann.
Richter hat das Karlsbader Salz durch Eindampfen des Sprudelwassers in eisernen
Kesseln über Holzfeuer in der Weise gewonnen, dass das bis zum Erscheinen eines
Salzhäutchens concentrirte Wasser filtrirt und hierauf der Krystallisation ausgesetzt
wurde. Die Mutterlaugen wurden wiederholt eingedampft, und zwar solange, bis noch
Krystallbildung eintrat.
Die erhaltenen Krystallisationen wurden miteinander vermengt und bildeten
das Karlsbader Salz. Das so erhaltene Karlsbader Salz hatte einen laugenhaften
Geschmack, färbte den Violensaft (Veilchensaft) grün und brauste mit allen, auch
` schwachen Säuren auf. Aus dieser Darstellungsweise und aus den Reactionen folgt,
dass das durch Richter nach Angaben von Borries gewonnene Salz ein wechselndes
Gemenge von Natriumsulfat und Natriumcarbonat war.
Um dem durch Richter bereiteten Karlsbader Salz eine Verbreitung zu ver-
schaffen, hat Friedrich Hofmann im Jahre 1734 eine Abhandlung veröffentlicht,
in welcher erwähnt ist, dass das Karlsbader Salz in Folge seiner Zusammensetzung
geeignet ist, durch Auflösen in Wasser das Karlsbader Mineralwasser zu ersetzen.
In Folge dieser Empfehlung durch Friedrich Hofmann hatte das Karlsbader Salz
bald einen so grossen Absatz gefunden, dass dasselbe nicht nur durch Richter in
Karlsbad, sondern auch durch einen Depositeur in Leipzig verkauft wurde.
Die Karlsbader Bürgerschaft befürchtete aber, dass durch den zunehmenden
Gebrauch des Salzes in den fremden Ländern der Zuzug der Curgiiste nach Karls-
bad beeinträchtigt werden könnte, wesswegen von der Bürgerschaft bei der königlichen
Statthalterei in Prag gegen den öffentlichen Salzverschleiss durch Richter Klage
erhoben wurde.
In Folge dieser Klage sehrieb im Auftrage der Prager medicinischen Facultät
Dr. Jacob Smith, Professor der ausübenden Arzneikunst, im Jahre 1738 eine
Dissertation, in welcher ausgesprochen wurde, dass »diejenigen, die glauben,
dass das Karlsbader Salz mit Wasser aufgelöst, eben die Dienste
thäte, als der Gebrauch des Wassers selbsten, unvernünftig
handeln«. Nachdem die Beschwerden der Bürgerschaft ungeachtet dieses Gutachtens
nicht aufhörten, so hat B. Richter die Salzerzeugung aufgegeben, worauf das Salz
vom Apotheker verfertigt wurde, der jedoch durch Eid verbunden war, das Salz
nicht nach Pfunden, sondern nur lothweise den Brunnengästen nach Vorschrift der
Aerzte zu verkaufen.
Die wechselnde Zusammensetzung des durch den Apotheker verfertigten Salzes,
was auch von Springsfeld bestätigt wurde, hatte Dr. David Becher veran-
lasst, eine genaue Vorschrift für die Bereitung des Karlsbader Salzes zu geben, denn
Dr. Becher beobachtete, dass das Natriumcarbonat enthaltende Salz einen uner-
träglichen Durst erweckt hatte. Becher schrieb demnach vor, dass die aus
den eingedampften Laugen erhaltenen Krystallisationen dreimaligem Auflösen in
reinem Wasser und Krystallisirenlassen unterworfen werden sollen.
Becher’s Zweck war, abweichend von jenem Friedrich Hofmann’s, durch
das Karlsbader Salz einen die Wirkung der Karlsbader Thermen unterstützenden
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Sprudelsalzwerk im Jahre 1897,
Zusatz zu erhalten, insbesondere für Fälle, wo es nothwendig erschien, eine purgirende
Wirkung hervorzubringen. Becher hatte ausserdem im Jahre 1764 statt der bis
dahin üblichen Verdampfungsmethode mittelst Holzfeuerung in höchst geistreicher
Weise das Verdampfen des Sprudelwassers durch die Eigenwärme der Sprudelquellen
eingeführt, wodurch die Concentration des Wassers bis zur Erzielung einer krystalli-
sationsfähigen Lauge nunmehr kostenlos bewirkt wurde. Denn bei der grossen Ver-
dünnung, also relativen Salzarmuth des Sprudelwassers, war zum Verdampfen des
Sprudelwassers ein grosser Aufwand von Holz als Brennmaterial nothwendig. Durch
die Einführung dieser Verdampfungsmethode hatte aber Becher neben den grossen
Ersparungen auch erreicht, dass die Bereitung des Sprudelsalzes mittelst Hofdecret
unter behördliche Aufsicht gestellt und an die städtische Verwaltung übertragen wurde.
Ungeachtet dessen, dass das Hofdecret bestimmte, dass die Einnahmen der Salz-
bereitung zur Hälfte zur Bestreitung der Steuerpflichten der Bürgerschaft, zur Hälfte
zur Verschönerung des Curortes verwendet werden sollen, hatte Becher dennoch
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— 95 —
viel durch die Verfolgungen der Bürgerschaft zu leiden. Die durch Becher im
Jahre 1764 eingeführte Verdampfungsmethode war nach beistehender Abbildung in
der Weise ausgeführt, dass um eine der Sprudelquellen ein grosses Behältniss aus
Brettern verfertigt und mit einem Deckel, in welchem runde grosse Löcher ausge-
schnitten waren, versehen wurde. Die Quelle füllte das Behältniss mit ihrem heissen
Wasser, von welchem der Ueberfluss durch angebrachte Abfälle im Verhältniss des
Anwuchses ablief. Hiedurch blieb das Wasser beständig in dem grössten Grade der
natürlichen Wärme und man hatte auf diese Weise ein Wasserbad zu Stande gebracht,
dass ohne Holzfeuer das ganze Jahr hindurch Tag und Nacht 58 Grad R.=
— 725 Grad C. Wärme hatte. In dieses Wasserbad waren durch die runden Aus-
schnitte des Deckels kupferne, inwendig verzinnte Kessel eingesetzt, die täglich mit
Sprudelwasser nachgefüllt wurden. Als Becher 1764 diese Art der Verdampfung
des Wassers und Salzgewinnung einrichtete, kamen 18 Kessel von je 25 altböhmischen
Seideln (12 Liter) in Verwendung, mit welchen möglich war, innerhalb eines Jahres
3 Centner (= 150 Kgr.) Karlsbader Brunnensalz fertigzustellen.
Trotzdem Dr. Becher in Folge Ver-
folgungen der Bürgerschaft, die fürchtete,
dass des Salzes wegen die Curgäste aus-
bleiben würden, im Juni 1767 alle Salzkessel
vom Sprudel wegnehmen liess, so wurde
mittelst Hofdecret vom 29. März 1769 die
Salzbereitung nach Dr. Becher's Methode
wieder eingeführt. 1788 wurde die Anzahl
der Kessel auf 42 erhöht, mit welchen dann
jährlich 5 Centner (= 250 Kgr) Salz
erhalten werden konnten. 1812 hatte man
schon 55 Kessel in Verwendung. deren Ze
Zahl später auf 69 vermehrt wurde. Im ITem
Jahre 1834 hatten die als Sachverständige |
zu Rathe gezogenen Professoren der Chemie E
zu Prag, Pleischl und Steinmann, mast z
zur Erzielung grösserer Salzquantitäten für Dr. Becher’s Sprudelsalzerzeugung 1764.
das Verdampfen des Sprudelwassers, statt
der bis dahin im Gebrauche stehenden verzinnten runden Kupferkessel mit hoher
Flüssigkeitssäule viereckige eiserne Verdampfgefässe (Wanneln) von nur einige Zoll
hober Flüssigkeitssäule und in Bezug auf die Zusammensetzung des bis dahin genau
nach der Vorschrift des Dr. D. Becher gewonnenen nnd demzufolge nur aus
Natriumsulfat bestehenden Karlsbader Sprudelsalzes, die Mitkrystallisirung sämmtlicher
Salze, also die des Natriumcarbonates und des Natriumchlorides in Vorschlag gebracht.
— Auf Grund gutächtlicherAeusserung der in Karlsbad practieirenden Aerzte wurde
die vorgeschlagene Aenderung betreffend der chemischen Zusammensetzung des Salzes
durch das Gubernium nicht acceptirt und beschlossen, das Salz an Curgäste und an
den Apotheker nur in Krystallen abzugeben, um zu verhüten, dass das im Handel
befindliche und stets etwas gelblich gefärbte Glaubersalz als Sprudelsalz verkauft
werde. Die Abdampfgefässe aus Eisen wurden eingeführt und es standen im
Jahre 1836 neben den 69 Kupferkesseln noch 25 aus starkem Eisenblech angefertigte
viereckige Abdampfschalen in Verwendung, deren Zahl später durch solche aus Guss-
eisen vermehrt wurde. Nachdem das Abdampfen bis zur Krystallisation erforderlichen
Dichte (Concentration) in den dickwandigen gusseisernen Abdampfschalen in Folge -
geringerer Wärmeübertragung viel Zeit erforderte, so wurde zur Gewinnung gut
krystallisationsfähiger Laugen statt der aufgelassenen verzinnten Kupferkessel, dünn-
wandige verzinnte Eisenblechkessel eingeführt. Es waren im Jahre 1841 neben 49
viereckigen eisernen Abdampfschalen noch 36 runde Weissblechkessel in der Salz-
— 9 —
siederei in Verwendung. Durch den im Jahre 1842 mittelst Gubernialverordnung ge-
statteten Verkauf von Sprudelsalz in Partien zu 10 Pfund an auswärtige Wieder-
verkäufer und durch die im Jahre 1844 eingeführte Versendung der Karlsbader
Mineralwässer hat der Absatz des Sprudelsalzes einen so grossen Aufschwung ge-
nommen, dass im Jahre 1849 neben 41 eisernen Abdampfschalen noch 196 Weiss-
blechkessel zur Abdampfung dienten. Der zunehmende Absatz hatte zur Folge, dass
Hlavaéek und Nendtwich im Jahre 1846 den Vorschlag machten, die Ge-
winnung des Sprudelsalzes durch Trockenverdampfen in der Weise zu regeln, dass
dasselbe neben Natriumsulfat auch das Natriumcarbonat und Natriumchlorid enthalte.
Dieser Vorschlag wurde aber auf Grund der gutächtlichen Aeusserung des landes-
fürstlichen Brunnenarztes Hofrath Dr. Hochberger durch das Gubernium nicht
genehmigt, vielmehr angeordnet, dass das Sprudelsalz fortan nach der Becher’schen
Vorschrift zu bereiten sei. Ueberblicken wir die bisher dargelegte Geschichte der
Sprudelsalzgewinnung, so finden wir, dass das von Richter naeh Borries An-
gaben erhaltene Sprudelsalz ein variables Gemenge von Natriumsulfat und Natrium-
carbonat war, welchem Friedrich Hofmann nach Anschauungen jener Zeit die
vollen Heilwirkungen der Quellen selbst zuschrieb und zu deren Benützung und
Empfehlung Hofmann weiterhin durch den Umstand gezwungen wurde, weil die
Ausfuhr des Mineralwassers unter strenger Strafe verboten und nur gegen besondere
Hoferlaubnisse gestattet war. Nach der Einführung der Verdampfungsmethode und
Gewinnungsvorschrift von Dr. Becher bestand das Sprudelsalz aus reinem Natrium-
sulfat, weil Becher das Sprudelsalz nicht als Ersatzmittel des Mineralwassers,
sondern nur als unterstützenden Zusatz insbesondere dann ver-
wendet hatte, wenn eine purgirende Wirkung erzielt werden sollte.
Wir müssen uns erinnern, dass Dr. D. Becher durch Verminderung der Becherzahl
bei der zu seiner Zeit noch üblichen Trinkmethode in grossen Quantitäten und durch
Einführung der Bewegung im Freien nicht zu selten in die Lage kam, bei eintreten-
der Obstipation ein gelindes Purgans anzuwenden, wozu sich nach seinen Erfahrungen
das nach seiner Vorschrift gereinigte Sprudelsalz vortrefflich eignete. In gleicher
Weise, wie am Principe der durch Dr. D. Becher inaugurirten Curmethode bis
heute festgehalten wird, so hatten die Karlsbader Aerzte auch bezüglich des Sprudel-
salzes eine Aenderung nicht gewünscht, weil ja den Zwecken eines die Wirkung der
Thermen unterstützenden Zusatzes und als gelindes Purgans das aus Natriumsulfat
bestehende krystallisirte Sprudelsalz stets entsprochen hatte. Man kann sonach an-
nehmen, dass das Karlsbader Sprudelsalz bis zu den Fünfzigerjahren nach Dr. Becher's
Vorschrift gewonnen, nur aus Natriumsulfat bestand.
Im Jahre 1853 stellte Apotheker Gött]l den Antrag, bei der Gewinnung des
Sprudelsalzes die durch Dr. D. Becher vorgeschriebene Umkrystallisirung des Salzes
wegzulassen und die gewonnenen Krystallisationen vermengt zum Verkauf zu bringen.
Diesem vorwiegend aus ökonomischen Gründen gemachten Vorschlage Gött!'s
können wir wohl zuschreiben, dass Prof. F.C. Schneider in seinem im Jahre 1855
erschienenen Commentar zur fünften Ausgabe der österreichischen Pharmacopoe aut
Seite 508 angibt:
»Das Karlsbader Salz kommt als ein sebr weissen, im Wasser leicht
lösliches, meist pulverförmiges Salz von bitterlich salzigem Geschmack vor, braust
mit Säuren auf, reagirt alkalisch, enthält als Hauptbestandtheile schwefelsaures Natrium
und kohlensaures Natrium nebst Kochsalz.« Diese Angabe Dr. Schneiders wird
einerseits durch die im Stadtarchive befindliche Analyse Göttl’s (1853), als auch
durch Analyse von Ragsky (1862) bestätigt, S. 97, indem beide Analysen 5 bis
6 Procent Natriumearbonat aufweisen.
Im Jahre 1864 waren beim Abdampfen des Sprudelwassers zusammen 620 Weiss-
blechkessel in Verwendung, welche in einem Bassin von 130 Qm. Oberfläche unter-
gebracht, eine Verdampfiliiche von 48°6 Qm. hatten.
Göttl Ragsky
(1853) (1862)
Schwefelsaures Natron. . . . . . + . . 36:24%, 37:695%
-Chlornatrium ............ 100% 0397
Kohlensaures Natron . casa a DO: 09977,
Schwefelsaures Kali . . . . . . . . E Spuren
Krystallwasser . . ....... . 57°32°/, 55520%
99-96%/, 99:609"/,. _
Nachdem der Bedarf an Sprudelsalz stetig grösser wurde und die im Jahre
1868 beim Sprudel im Betriebe stehenden 720 Stück Kessel; welche eine Jahres-
gewinnnng von mehr als 6000 Pfnnd (3000 Kgr.) gestatteten, den Anforderungen der
Versendung nicht mehr genügen konnten, die räumlichen Verhältnisse beim Sprudel
aber eine weitere Vermehrung der Abdampfkessel nicht mehr zuliessen, so musste
man im Jahre 1868 wieder zur Verdampfung mit Feuer übergehen. Zu diesem Be-
hufe wurde 2'/, Km. vom Sprudel entfernt ein provisorisches Salzsudhaus errichtet
und daneben das in der ersten Zeit in Fässern zugeführte, späterhin durch einen
eisernen Rohrstrang dahingeleitete Sprudelwasser in flachen Abdampfpfannen aus
Schmiedeeisen mittelst Kohlenfeuerung verdampft. Dessenungeachtet, dass die Zahl
der Abdampfpfannen innerhalb 10 Jahren nach und nach auf 12 gebracht wurde,
konnte der steigende Consum mit der einschliesslich beim Sprudel gewonnenen Salz-
quantität im Jahre 1878 kaum mehr gedeckt werden Und da wegen Umbau der
Sprudelcolonnade die durch mehr als 110 Jahre beim Sprudel betriebene Dr. Becher-
sche Verdampfungsmethode gänzlich eingestellt werden musste, so
wurde das provisorische Salzsudhaus vollkommen umgebaut, bedeutend vergrössert
~ und nach Plänen von Dr. A. Frank in Charlottenburg mit den mit Dampf betriebenen
Abdampfvorrichtungen versehen. Die Leistungsfähigkeit des Sprudelsalzwerkes wurde
hiedurch auf jährliche 50.000 Kgr. Salz gebracht.
In Folge steigender Kohlenpreise wurde die nur eine einfache Ausnützung der
Dampfwärme gestattende Verdampfanlage im Frühjahre 1898 einer Reconstruction
unterzogen und durch Verdampfapparate ersetzt, welche unter Benützung der Luft-
leere die mehrfache Ausnützung der Dampfwärme ermöglichen. Die von der Prager
Maschinenbau-Actiengesellschaft vorm. Ruston u. Cie. in Prag ausgeführte Vacuum-
verdampfanlage ist so compendiös, dass im früheren Verdampfungsraume noch ein
zweiter Vacuumverdampfapparat aufgestellt werden kann, wodurch dann die doppelte
Leistungsfähigkeit der früheren Anlage erreicht wird.
Mit dem zunehmenden Absatze, insbesondere vermehrten Exporte nach den
überseeischen Ländern kamen aber von mehreren Seiten Klagen, dass das Sprudelsalz
zuweilen in geschmolzenem Zustande anlange. Das Schmelzen des krystallisirten
Sprudelsalzes während warmer Jahreszeit oder in den Ländern der wärmeren Zone
ist aber durch die physikalischen Eigenschaften der an Krystallwasser reichen Krystalle
begründet, indem dieselben schon bei 25 Grad HR 31 Grad C. in ihrem (eigenen)
Krystallwasser schmelzen. Durch die practische Beobachtung bestimmt, dass ein an
Natriumcarbonat ärmeres Sprudelsalz weniger leicht zusammenschmilzt, hat die Sud-
hausleitung eine mehrmalige Umkrystallisation vorgenommen, wodurch aber zu den
Klagen über das Schmelzen noch jene über die ungleiche Zusammensetzung des Salzes
und insbesondere, dass das Karlsbader Sprudelsalz zuweilen nur gereinigtes Glauber-
salz darstelle, sich gesellten. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat der Stadtrath
von Karlsbad schon im Jahre 1879 Prof. E. Ludwig in Wien mit der periodischen
Untersuchung des in den Handel gebrachten Sprudelsalzes betraut, und die in den
Jahren 1879 und 1880 vorgenommenen Prüfungen führten zu dem Ergebnisse, dass
das zu jener Zeit in den Handel gebrachte Sprudelsalz ın dem Gehalte an: kohlen-
saurem Natron und Chlornatrium weit hinter dem Procentsatze zurückblieb, welche
— 98 —
die im Jahre 1862 veröffentlichte Analyse von Ragsky ergab. Während Prot.
Ludwig in den untersuchten neun Proben den Kochsalzgehalt zwar sehr gering.
| den Gehalt an kohlensaurem Natron
imkrystallisirten Sprudelsalze zwischen
15 und 2 Procent fand, hat E. H ar-
nack (1880) eine in Original-
packung bezogene Salzprobe fast nur
aus Glaubersalz bestehend gefunden.
Die wechselnde Zusammensetzung des
in den Siebzigerjahren in den Handel
gebrachten Sprudelsalzes wird auch
durch die Analysen von Almén und
Uloth bestätigt, indem Almen
(1876) 0°55 Procent und Uloth (188)
6°45 Procent kohlensaures Natron ge-
funden haben. Um nun eine stets
gleichmässige und den ärztlichen An-
forderungen genügende Zusammen-
setzung des Sprudelsalzes zu sichern,
hat die im September 1880 über die
Zusammensetzung und über die zweck-
miissigste Art der DBereitung des
Sprudelsalzes einberufene Sachver-
stindigen-Com mission (Prof. Lud wig-
Wien, Frank-Charlottenburg, Hof-
mann-Karlsbad und Pilz-Karlsbad)
dem Stadtrathe vorgeschlagen, das
krystallisirte Sprudelsalz genau nach
der von Ragsky gefundenen Zu-
sammensetzung zu gewinnen und
ausserdem, um den vielfach geäusser-
ten Wünschen der ausserhalb Karls-
bad practieirenden Aerzte und der
Pharmacologen zu entsprechen, die
Darstellung eines zweiten Quellen-
productes, welches sämmtliche im
Wasser löslichen Bestand-
theile des Sprudelwassers
enthalten solle, empfohlen. — Nach
dem ausführlichen Elaborate des vom
Stadtrathe mit den Vorarbeiten zur
Erzeugung des neuen Quellenproductes
betrauten Prof. Ludwig (Wien)
soll dasselbe erhalten werden durch
Aufkochen des Sprudelwassers, Ent-
fernung des dabei ausfallenden Nieder-
schlages (Sinters) durch Filtration,
Eindampfen des Filtrates bis zur
Erzielung einer noch mehrere Procente
Wasser enthaltenden Salzmasse und
Behandlung derselben mit Kohlensiuregas der Sprudelquellen bis zur Sättigung. Die
Behandlung der Salzmasse mit Kohlensäuregas der Sprudelquellen soll aus dem
Grunde erfolgen, um die während der Concentration des Wassers zersetzten Bicar-
Sprudelwasserzulauf.
— 99 —
bonate des Lithiums und Natriums mittelst natürlicher Kohlensäure wieder in
Bicarbonate umzuwandeln.
Die Bereitung des Sprudelsalzes (krystallisirt und pnlverförmig) erfolgt daher
seit 1882 nachfolgend: Das durch einen eisernen Rohrstrang von 15 Cm. Innenweite
in das Sprudelsalzwerk geleitete noch 54 Grad C. warme Sprudelwasser wird durch
rasches Aufkochen und Siedenlassen von den Erdearbonaten befreit, welche
bekanntlich durch das Austreiben der freien und halbgebundenen Kohlensäure zur
Ausscheidung kommen. Das Verdampfen des entsinterten Sprudelwassers bis zur Er-
Verdampfapparate.
zielung einer sehr concentrirten Sprudelsalzlösung erfolgt ebenso wie die Entsinterung
in einer Anzahl mit Dampfheizung versehener Vardampfapparate, worauf die con-
centrirte Lösung, je nachdem sie zur Darstellung von krystallisirtem oder pulver-
förmigem Salze verwendet wird, mittelst Rohrleitungen entweder in die, in einer ge-
räumigen Halle befindlichen Kühl-, beziehungsweise Krystallisirpfannen abgelassen
oder aber nach stattgefundenem Filtriren an einem eigens hierzu construirten Trocken-
apparate (Abdampfapparate) zur Trockne eingedampft wird.
Bei Gewinnung von krystallisirtem Sprudelsalz werden die durch Abkühlung
erhaltenen Krystalle der Umkrystallisation (Raffination) unterworfen, indem man das
bei der ersten Krystallisation gewonnene Salz in warmem Sprudelwasser löst, die
Lösung filtrirt, die in flachen Zinnschalen ausgeschiedenen Krystalle zwischen ge-
rifften Porzellanwalzen körnt und in den geräumigen Trockensälen auf weissem
— 100 —
Leinen trocknet. Das so gewonnene Sprudelsalz wird nach der schon oben (S. 97) an-
geführten, durch Ragsky im Jahre 1862 gefundenen Zusammensetzung hergestellt,
EA
“> = >
==
m
Umkrystallisation. Quetschen und Sieben.
Trockenräume. ‘laschenreinigung.
weswegen die Betriebsleitung Salze mit 5—6 Procent Natriumearbonat in den Handel
bringt. Erst nach durchgeführter chemischer Controlprüfung kommt das fertiggestellte
Produet in das Packlocal zur Verpackung.
— 101 —
Hingegen dient die an dem automatisch arbeitenden Moment-Trocken-
apparate zur Trockene eingedampfte Sprudelsalzlösung zur Darstellung von
pulverförmigem Sprudelsalz und wird behufs Wiederersetzung der beim
Eindampfen des Sprudelwassers zersetzten Bicarbonate des Natriums und Lithiums
in der Sprudelhallein Glaskästen der Einwirkung der den Sprudelquellen
entströmenden Kohlensäure ausgesetzt. Die Trennung der Kohlensäure vom Sprudel-
wasser, beziehungsweise das Auffangen des Quellengases sowie die Zuführung der
Packsaal. Trockenverdampfung seit 1890.
Kohlensäure zu den Sättigungs-Kästen erfolgt unter dem Fussboden der seitlichen
Sprudelhalle durch die auf S. 102 abgebildete Vorrichtung. Nach stattgefundener
Sättigung des Salzes mit Kohlensäuregas wird dasselbe im Sprudelsalzwerk auf
Porzellantassen gut getrocknet und nach Feinmablen auf einer Mühle mit Porzellan-
Absieben. Carbonisation in der Sprudelhalle.
walzen im Packlocale in die Flaschen gefüllt. Dieses seit 1882 nach der von Hofrath
Ernst Ludwig, Professor der medicinischen Chemie an der k. k. Universität zu
Wien, angegebenen Methode bereitete pulverförmige Sprudelsalz enthält mit Ausnahme
der Kieselsäure und der Carbonate des Mangans, Eisens, Calciums und Magnesiums
sämmtliche im Wasser löslichen Bestandtheile des Sprudelwassers, und zwar in der-
selben Verbindungsart (Natrium als Bicarbonat) und in denselben
quantitativen Verhältnissen, in denen sie im Sprudelwasser gelöst vor-
kommen. In Bezug auf die Trockenverdampfung des in den Verdampfapparaten vor-
concentrirten Sprudelwassers ist noch zu bemerken, dass dieselbe zur Zeit der Ein-
führung der Darstellung des pulverförmigen Sprudelsalzes (1882) in der beistehend
— 102 —
abgebildeten Abdampfschale unter fortwährendem Rühren erfolgte und erst mit Zu-
nahme des Absatzes der oben dargestellte (S. 101) Momenttrockenapparat (Verdampf-
walze) im Jahre 1890 in Betrieb gesetzt wurde. Durch die sozusagen sofortige Ver-
dampfung des zum Trockenverdampfen zugeführten concentrirten Sprudelwassers an
der derzeit im Betriebe stehenden Verdampfwalze ist die Garantie der Gleichmässig-
keit des Productes, sowie der mit dem Sprudelwasser tibereinstimmenden Zusammen-
setzung gegeben.
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Trockenverdampfung 1882—1890.
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Pulverisirung.
Nach der von Hofrath Prof. Ludwig im Jahre 1890 entnommenen Probe hat
das pulverfórmige Sprudelsalz folgende procentische Zusammensetzung:
Berechnet: Gefunden:
Kohlensaures Lithium . . » 2 2.200... 0:22 0:20
Doppeltkohlensaures Natrium . . . +. +. +. + 36:12 36°11
Schwefelsaures Kalium ......+ +++. 3:26 3:31
Schwefelsaures Natrium . . s. e s s e e 42:03 41:62
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Berechnet: Gefunden:
Chlornatrium . . 2» 2 2 2 2 2 2 a . 18:16 18:19
Fluornatrium . . . e s e e a a . .. 0:09 Spur
Borsaures Natrium . . . 2 2 2 2 2 200. 0:07 0:03
Kieselsäureanhydrid, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia — Spuren
Wasser e xrar G Eé Ré A — 0:44
und wodurch die vollständige Uebereinstimmung des Handelsproductes mit der theore-
tischen Zusammensetzung bestätigt ist.
Die gleichmässige Zusammensetzung des pulverförmigen Sprudelsalzes, sowie
dessen gute Uebereinstimmung mit der berechneten Zusammensetzung wird ferner-
hin durch die Controlprüfungen bestätigt, welche durch E. Harnack (1882) und
E. Geissler (1883) vorgenommen wurden:
STADTISCHES OPRUDELSALZWERK KARLSBAD.
Bautiche Entwickelung wo Lan his ISR
J a Le: 2 >
Da a P FOO
ate SD say of E
LA ;* RE bech
CA be ege, d
H d #ha¥- « wi?
e
Bauliche Entwickelung von 1869—1892. Chemisches Laboratorium.
Berechnet A a
| Harnack | Geissler | Ludwig
Doppeltkohlensaures Natrium und Lithium 36:349/, 36°19°, 34 979/, 36°219/,
Chlornatrium ............ 18:16%, 17:24), 17:949/, 18:19),
Schwefelsaures Natrium und Kalium . . 45-289, 46:099/, 46:56%, 44°93°/,
Die vorseitig stehende graphische Darstellung zeigt die voneinander abweichende
chemische Zusammensetzung des krystallisirten und pulverförmigen Sprudelsalzes in
Schwarzdruck:
Durch Einführung des pulverförmigen Sprudelsalzes als Heilmittel wurde nicht
nur die von Friedrich Hofmann (1734), Pleischl und Steinmann (1834) sowie
von Hlavadek und Nendtwich (1846) erstrebte annähernde Gleichmässigkeit
des Sprudelsalzes mit dem Sprudelwasser, also die Substitutionsmöglichkeit, erreicht,
sondern auch ein Quellenproduct in den Handel gebracht, welches in Folge seiner
grosser Haltbarkeit und Unveränderlichkeit die Ausbreitung des Sprudelsalzes sowie
dessen Export nach überseeischen Ländern ermöglicht. Selbstredend ist das pulver-
förmige Sprudelsalz wegen seiner Beständigkeit (Nichtzerfliessen) während der warmen
Jahreszeit und in den Ländern der wärmeren Zone dem krystallisirten Sprudelsalze
überall und in jeder Hinsicht vorzuziehen.
— 104 —
Ueber die Zunahme der Versendung des Sprudelsalzes geben die nachstehende:
Versandtziffern eine übersichtliche Orientirung:
1835 = 310 Kgr. 1870 = 6.216 Kgr.
1840 = 485 > 1875 = 18.261 >
1845 = 1.064 > 1880 = 38.099 >
1850 = 1.280 > 1885 — 39.341 >
1855 = 1.180 > 1890 == 48.972 >»
1860 = 1.790 > 1895 = 65.649 >
1865 = 3.000 > 1898 = 62.666 »
Die bauliche Entwicklung des Sprudelsalzwerkes ist aus der vorseitig stehenden
Skizze ersichtlich, in welcher die eingetragenen Ziffern die Jahre der Ausfiihrung
angeben. Durch Fertigstellung der im Jahre 1887 in Angriff genommenen Erweite-
rungsbauten im Jahre 1892 ist das städtische Sprudelsalzwerk derzeit fähig, jährlich
fast 100.000 Kgr. Sprudelsalz zu erhalten.
Das für die Controle der Sprudelsalzerzeugung im Jahre 1881 eingerichtete
chemische Laboratorium wurde im Jahre 1892 bedeutend erweitert. Dadurch, das
jetzt nicht nur das krystallisirte Sprudelsalz, sondern auch die Einzelphasen der Dar-
stellung des pulverförmigen Sprudelsalzes einer steten chemischen Controle unter-
worfen sind, ist Aerzten und dem Publicum die Garantie geboten, dass sowohl das
krystallisirte als auch das pulverfórmige Sprudelsalz in gleichförmiger Qualität in den
Handel kommen, und zwar das krystallisirte Sprudelsalz nahezu der von Ragskr
(1862) gefundenen Zusammensetzung, das pulverförmige Sprudelsalz in der dem
Sprudelwasser gleichkommenden Zusammensetzung.
— 105 —
Geschichtliche Notizen über die Versendung des Karlsbader Mineral.
Wassers.
Von Dr. Ludwig Sipöcz, Stadtchemiker in Karlsbad.
.——
Schon Reudenius (1618) erwähnt, dass das Karlsbader Wasser » viele Meilen
versendet, nicht ohne günstige Wirkung sei«, doch dürfte es den Empfehlungen durch
Friedrich Hofmann, der Karlsbad 18mal besuchte, sieben Abhandlungen über
Karlsbad schrieb und im Jahre 1705 den Mühlbrunn zu Trinkcuren empfahl, zuzu-
schreiben sein, dass ungeachtet des Verbotes der Ausfuhr des Karlsbader Mineral-
Wë mp 20 mir ug Diet rg,
niati demad Vermoge eines vor Khro Dromiich- Sräpferlihen,
aud) i Germanien, Hilpanien, Bingen and Boheimd
Föniglicen Latholiichen Sachit nieren alteranddigiten Bern Serra, otter
imitent etlafferien Keferipti, und bifage einds in conformir are diffen von Sem Heclöklichen Königluden
Yande®-Gouverna"jhro Excellen2 md Onadın erganarım nahdrudianien Reiterati nicht nur allein
Dike, tmeldhe das Niefige warme fund Warte teipften bemtich entführen und atragen, fondern auch alle
dıcknugen, toride beyon Kiina bata Dauman biuMiche Handtaflen, oder durch dis drig
Uunecrachenen que Bepi Borbifagten Waflers, ré adre dife untet was fùr etmem Piætext und
Vorwand, oder Art ud Werk es Inmietvong heifer Jaen, ir bre Pond GÍA Eerofe iplo fado
verfallen, Danute babei tin foldes audeny Ende da Did Me ¿nd dond anbeficen
fata, wind teomit fic) diman sedro wimi Wafer Buap, Disrdunch aber au vor ge
recam ave bar meu blo, iien Ge ärigchen in der Kdayhden
Etudt Tanie Larik Maad Musi. Monatbó. Tas Maji Ao. 1738,
A ‘ ` BA X $
Vuracrmeifer amd Haro,
Joannes ‘Stephanus Schmidt.
Suba Vide
T
Ausfuhrverbot-Kundmachung 1738.
wassers durch Kaiser Karl VI. im Jahre 1718 die Versendung des Thermalwassers
auf specielle Hoferlaubnisse dennoch öfters erfolgte, worüber im Stadtarchive 17 Ur-
kunden aufbewahrt sind.
Ungeachtet dessen, dass die Versendung des Wassers zu öfteren erfolgte, war
man allgemein der Anschauung, dass die Thermalwässer unversendbar seien und in
der kürzesten Zeit verdorben sein müssten.
Als aber das im Jahre 1793 zum Curort erklärte Franzensbad schon im
Jahre 1820 nahezu 130.000 Krüge und Flaschen, das erst seit 1807 als Curort be-
kannte Marienbad zu gleicher Zeit über 180.000 (1840 über 440.000) Krüge
Mineralwasser versendeten, fernerhin die durch Struve nach 1820 in vielen Städten
Deutschlands errichteten Curgärten, in welehen künstliche Mineralwässer jeder Art
in frischer Bereitung ausgeschenkt wurden, begann man auch in Karlsbad der Ver-
sendbarkeit des T'hermalwassers eine grössere. Aufmerksamkeit zu schenken. Er-
6
— 106 —
wähnenswerth ist, dass der Besitzer einer Mineralwasseranstalt in Wien, Namens
Pelikan, schon ım Jahre 1828 Karlsbader Wasser nach Wien mitgenommen hatte,
um dessen Haltbarkeit zu prüfen, und dass in späteren Jahren sehr häufige Anfragen,
ja von der Hofapotheke aus Wien auch Bestellungen auf Karlsbader Wasser einliefen.
Der grosse Aufschwung der Stru ve’schen Mineralwasseranstalten und Curgärten
hat schon im Jahre 1842 den früheren Professor der Chemie an der Prager medi-
cinischen Facultät, Dr. Pleischl (später Professor in Wien) veranlasst, die Ver-
sendbarkeit der Karlsbader Quellen wissenschaftlich zu prüfen. Fast zu gleicher Zeit
hatte in Karlsbad der um die Einführung der Mineralwasserversendung so verdienst-
volle Arzt Hlavalek durch die Verfassung einer populären Broschüre, in welcher
die schon oben erwähnten Hoferlaubnisse sowie andere Documente über versendetes
Sprudelwasser ausführlich beschrieben sind, bewirkt, dass seitens der Bürgerschaft
um die behördliche Prüfung der Versendbarkeit und um die behördliche Genehmigung
der Versendung eingeschritten wurde. Nachdem die in den grossen Krankenhäusern
zu Prag und Wien vorgenommenen Prüfungen ein günstiges Resultat ergaben, indem
die Professoren Oppolzer,Skoda,Schroff, Löschner, Redtenbacher u. A.
sowohl die Haltbarkeit als auch die günstigen klinischen Erfolge, die mit versendetem
Karlsbader Wasser erzielt wurden, bestätigten, wurde mit der behördlich autorisirten
Versendung im Jahre 1844 begonnen.
J. A. Hecht, der gleichzeitige Pächter der Brunnenversendung in Franzens-
bad, hat bei einer Jahrespachtsumme von 500 fl. so günstige Resultate erzielt, dass
im ersten Jahre (1844) schon 88.300 Krüge versendet wurden. Nach Verlauf von
drei Jahren folgten hierauf im Jahre 1847 die Karlsbader Bürger: Seifert und
Damm als Pächter um jährliche 6673 fl. Pachtzins. Diese hatten aber in Folge der
Unruhen während der Jahre 1848 und 1849 sehr ungünstige Ergebnisse erzielt.
Hierauf war die Versendung von 1850—1856 durch sieben Jahre in städtischer
Regie, ohne in der Zunahme des Absatzes nennenswerthe Erfolge zu erreichen.
Nach einer erfolglosen Pachtausschreibung im Jahre 1855, hatten im Jahre
1856 zwei junge Bürger aus Karlsbad, Heinrich Mattoni und Friedrich Knoll
die Versendung von 1857—1866 für die jährliche Pachtsumme von 6050 fl. in Pacht
genommen.
Die günstigen Erfolge dieser Pachtperiode, - während welcher die Versendung
von 164.500 Kriigen auf 270.000 Krüge stieg, veranlassten Heinrich M attoni, be
der nächsten Verpachtung von 1867—1876 ein Jahresanbot von 14.000 fl. zu stellen.
Die enorme Steigerung des Absatzes in dieser Pachtperiode, welche mit einer
Jahresabgabe von 1,050.000 Flaschen endete, veranlasste den Breslauer Kaufmann
Libel Schottlainder zu einem Jahresanbot von 70.000 fl. und nach dem Ablauf
des Pachtes im Jahre 1886, wiihrend welcher 1,500.000 Flaschen versendet wurder.
ab 1887 zu einer Jahrespachtsumme von 175.000 fl
Es wurden versendet in den Jahren:
e A u e.% 88.500 Krüge und Flaschen
1854 Be SS, 28 Ser 101.900 > > >
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ISTI o Sen an Se Rt D e 950.000 Flaschen
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1898 i, eg th oe Ge ee, “1820720 »
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107
Skizzen über die Curfrequenz von Karlsbad.
Berichtet durch Dr. Lndwig Sipöcz, Karlsbad.
Ueberblickt man die tabellarische Zusammenstellung der Curfrequenz seit 1764,
in welcher bis zu 1827 nur die Curparteien und erst seit 1828 neben den Cur-
parteien auch die Personenzahlen aufgeführt erscheinen, so kann constatirt werden, dass
die Zunahme der Curfrequenz bis zu den 40er Jahren dieses Jahrhunderts eine
ziemlich schwankende und nur in grösseren Perioden eine stetige war.
Von dieser
Zeit an ist die Zunahme der Curfrequenz mit Ausnahme der Kriegsjahre 1859, 1864.
1866 und 1870 eine fortschreitende. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass im Zeitraume
von 1764 bis 1863, also innerhalb 100 Jahren, die Zahl der Curparteien jeweilig in
20 Jahren eine Verdoppelung erfuhr.
1764 | 273
1765 | 274
1766 | 256
1767 | 275
| 1768 | 345
1769 | 296
1770 | 322
1771 || 207
1772 | 147
1773 | 229
1774 | 279
1775 || 294
1776 | 290
1777 | 260
1778 59
1779 | 244
1780 | 225
1781 | 187
1782 | 110
1783 | 235
1784 | 249
1785 | 445
1786 411
1787 | 469
1788 465
1789 | 466
790 || 368
1791 | 563
1792 | 613
1793 622
1794 | 547
1795 | 635
1796 678
1797 | 731
Cur-
EET ERTI ll
|
Curfrequenz in den Jahren 1764 — 1894.
‚Zunabme
Per- |
parteien | sonen
oder
Abnahme
der
Parteien
Jahr
Fr
{
Cur- | Per- |
parteien | sonen
t
|
3713 |
4382 |
4303 |
Zunahme
oder
Abnahme
der
Parteien
+42
211
4147
Personen
+109
+659
4121
Jahr
1831
1832
1833
1834
1835
1836
1837
1838
1839
1840
1841
1942
1343
1544
1845
1846
1547
1848
1549
1850
1951
1852
1853
1554
1555
1556
1557
1558
1359
1560
1861
1862
1863
1864 |
4
|
Cur- | Per- |
1785
2063
2933
3287
2137
2499
2772
2580
2647
2882
2809
2829
2952
3202
3234
3438
3435
1778
2987
4227
4626
4591
4620
4146
4712
6031
6068
5776
4545
6366
6615
7324
1363
1940
parteien , sonen |
|
‚Zunahme
oder
Abnabme
der
| Personen |
3111 | —1399|
3633 | +522
| 5431 | +1798
| 6306 | +875
: 5017 | --1289 |
4683 | —334 ,
5086 , +403 '
4743 | 1343 |
| 4870 | +127
| 5135 | +-265
' 4763 | --372
| 4927 +164 |
| 5137 | -+210
5382 | +245
| 5447 +69!
| 5619 | 4172 |
5540 | —79
2840 | —27C0_
4650 | +1810:
6638 -+1988
6994 | -+356 |
6930; —64
7145 215
| 6433 | —712|
| 7228 | +795 |
9267 | +2039 |
' 9336 +69 |
| 8608 | --728 |
6895 | —1713 |
| 9291 | 12396 |
| 9983 | +692
10720 | 4737,
10896 | +176.
110857 —39
|
6*
— 108 ==
| Ber 7, Ä Zunahme!
r- r- oder e gl oder
Jahr Cu dl Pe Abnahme ; Abnahme| Jahr Car Per Abnahme |
‚parteien sonen der parteien | sonen d parteien | sonen | ger `
| Personen | Personen
ge
| |
1865 7969 11348 +491] 1877 | 15636 21120; +419¡ 1889 | 21363 32678 -+2430 |
1866 3009 ' 4237; —71111[ 1578 | 16158 '21890 | +770| 1890 || 25330 | 34296 +1618 '
1867 9115 | 12999 | +-8762] 1879 | 17980 Li EE 1891 || 25832 | 35109 +813 |
1868 9389 | 13378) +379] 1880 | 19502 26450 +2034] 1892 | 26921 | 36396 | +1289
|
|
|
|
1869 | 10030 14182 | +804] 1881 19692 | 26614 +164] 1893 | 27154 | 36679 +283 |
| 1870 | 9729 [14001 —181| 1882 | 20307 27145) +4531] 1894 | 28731 | 39095 | +2416 ,
| 1871 | 12671 17974 | +3973] 1883 || 20692 | 27661; +516] 1895 || 31522 | 42940 +3845 |
|
|
| |
1872 | 13650 | 18961| +987] 1884 | 21546 , 28625, +964] 1896 | 31210 |42448| —492
1878 | 14076 | 19651! +690] 1885 || 20815 127911 | —714| 1897 | 32860 | 44478 | 4+-2030
1874 14616 20235, -584| 1996 | 21626 28571 | -+660| 1898 || 34733 | 46904 | -1-2426
1875 || 15632 21370 | +1135| 1887 | 21868 29084' +513 |
1876 ' 15411 120701! —669| 1888
| |
Der Anschluss Karlsbads an das Eisenbahnnetz im Jahre 1870 bewirkte aber,
dass die weitere Verdoppelung der Zahl der Curparteien jetzt schon nach 10 Jahren,
also im Jahre 1880 (1870 = 9727 Parteien, 1880 = 19502 Parteien) eintrat. Während
die Steigerung der Zahl der Curparteien gegenüber 1764. im Zeitraume von
100 Jahren (1764—1863) eine 27fache war, ist dieselbe nach weiteren 30 Jahren,
also innerhalb 130 Jahren (1764—1893) die 100fache und nach weiteren 5 Jahren
(1764—1898) die 127fache geworden.
22526 ~ ei | |
| |
1764 = 273 Parteien
1863 = 7363 >
1893 — 27154 >
1898 — 34733 »
Beim Vergleichen des Verhältnisses der Curparteien und Personen zueinander
findet man, dass seit 1828 dieses Verhiltniss eine constante Abnahme erfahren
hat, denn
im Jahre 1828 entfielen auf 100 Parteien 175 Personen
» >» 1840 » >» 100 > 178 >
157
» >» 1830 > >» 100 > >
» ». 1860 > > 100 > 146 >
» > 1870 > >» 100 » 144 >
> > 1880 » » 100.» 136 >
» » 1890 > >» 100 > 135 >
> >» 1894 » » 100 > 136 >
> >» 1898 > » 100 > 135 >
Seit 1890 ist die letztgenannte Verhältnisszahl nahezu constant geblieben.
Während also in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts als allgemeine Erscheinung
ealt, dass ım Durchschnitte immer nahezu zwei Personen gemeinsam die Curstadt
trequentirten, ist späterhin eine grössere Vereinzelung und Atomisirung des Curpublicums
eingetreten, indem die Begleitung durch Angehörige, Dienerschaft u. dgl. immer
seltener wird und wodurch erklärlich ist, dass die Zunahme bei den Curparteien
binsichtlich der Personenzahl nicht die gleiche Progression zeigen kann. Als Saison-
jahre mit stürmischer, über 2000 Personen betragender Zunahme, kann man in den
— 109 —
letzten zwei Decennien hervorheben die Jahre 1879, 1880, 1889, 1894, 1895, 1897
und 1898. |
In Folge der mit grosser Exactheit gehandhabten Führung des Melde-
wesens wird auf Grundlage der Meldezettel der jeweilige Stand der Anmeldung
(Ankunft der Curgäste nach Tagen) gegenüber der letzten Saison derzeit täglich
veröffentlicht.
Bei der tabellarischen Zusammenstellung oder graphischen Darstellung der so
erhaltenen Tagesanmeldungen findet man aber, dass dieselben vielfach zufälligen
Schwankungen unterworfen sind und insbesondere durch die Sonntage und durch
jeweilige Feiertage stark beeinflusst werden.
Durch Zusammenziehen der Anmeldungen über die Ankunft der Curgäste nach
Jahreswochen erhalten wir eine viel bessere Uebersicht von dem Zuwachsen der
Curgiiste. Aus dieser geht hervor, dass während der eigentlichen Saisonmonate
Mai, Juni, Juli und August die Maxima in der Ankunft der Curgäste in der Regel
mit dem Monatsbeginn zusammenfallen. Das Maximum der Ankunft liegt zwischen
der 19. und 34. Jahreswoche (Anfang Mai bis Mitte August), während welcher die
Ankunftsziffer stets tiber 1000 Personen beträgt. Die Zeit des Maximums der Ankunft
bietet mannigfache Schwankungen. Von 1885—1898, also innerhalb 14 Jahren, lag
das Maximum der Ankunft 3mal Anfang Juni ın der 23. Jahreswoche und 11 mal
Anfang Juli, und zwar 5 mal in der 28. Jahreswoche und 6 mal in der 27. Jahreswoche.
Während das Maximum im Jahre 1885 in der 23. Jahreswoche mit 1813 Personen
war, betrug das Maximum im Jahre 1898 in der 27. Jahreswoche schon 3318 Personen.
Das Minimum der Ankunft bieten der December und Jänner, besonders um die Zeit
der Jahreswende, wo die Zahl der wöchentlich kommenden erst seit 1894 mehr als
10 Personen beträgt. Von diesem Minimum lässt sich ein ziemlich constantes Steigen
beobachten, welches etwa bis Mitte‘ Mai andauert, ebenso wie mit August, gegen
Eode des Jahres zu, ein stetiger Abfall merklich wird. (Siehe Tabelle S. 110 u. 111.)
Würde die Aufenthaltsdauer, also die Curzeit bei allen Curgästen von nahezu
gleicher Dauer sein, so liesse sich aus den Anmeldungen die Zahl der gleichzeitig
anwesenden Curgäste, also die hieraus resultirende »Völle«e des Curortes, für jeden
Tag annähernd berechnen.
Die hierauf bezugnehmenden statistischen Berechnungen aus den Jahren 1887
bis 1889 ergaben jedoch, dass die Aufenthaltsdauer eine sehr variable ist, überwiegend
von 20—30 Tagen wechselt, und dass als die durchschnittliche Aufenthalts-
dauer 27 Tage anzunehmen sind. Die grösste Zahl der Curgäste fällt auf die
Curdauer von 27 Tagen, dann folgen jene mit 28, 29, 26, 21, 25, 30, 22, 24, 20,
23 Tagen Curdauer. Die Zahl der Curgiste mit mehr und weniger Tagen Cur-
dauer sind an Zahl sehr in Minderheit. (Siehe Tabelle S. 112.)
Um aber die Zahl der gleichzeitig anwesenden Curgäste kennen zu lernen,
wird aus den Anmeldungen und Abmeldungen deren Zahl für jeden Tag berechnet
und tabellarisch sowie graphisch zusammengestellt. Aus den die Jahre 1887—1898
umfassenden diesbezüglichen Zusammenstellungen (siehe Tabellen S. 113 u. ff.) ersehen
wir, dass mit Ausnahme des Jahres 1888 das Maximum der gleichzeitig an-
wesenden Curgäste, also die »Hochsaison«, auf die zweite Hälfte des Monates
Juli fällt und während das Maximum im Jahre 1887 noch rund 6800 Personen
betrug, ist das Maximum im Jahre 1898 schon auf über 11000 Personen ge-
stiegen. Die zu Ende Juni und zu Beginn Juli stets wahrnelimbare Verminderung
der gleichzeitig Anwesenden ist mit der in diese Zeit fallenden, etwas vermin-
derten Ankunft im Zusammenhange. In gleicher Weise wie der Beginn der
Saison selbst durch klimatische Verhältnisse beeinflusst wird, scheint auch die
Aufenthaltsdauer und die hieraus resultirende gleichzeitige Anwesenheit der Cur-
gäste durch die klimatischen Verhältnisse der Sommermonate einer Beeinflussung
zu unterliegen.
— 110 —
Zahl der angekommenen
1888 , 1889
1890 |
= 1886 1886 1887
Monat | | ee pane
be |
Personen | Personen | Personen Personen = Personen Personen |
Log o 7 Gr SE
. . 2 Ss 9 7 |
GE EE 12 12 | 8 9 | 9 19 |
A 11 9 10 14 10 9
1 A 14 11 10 7 8 18 |
| 6. 15 16 ` 22 10 17 16 |
Februar. . \. 7, 13 10 19 14 7 13 `
| 8. 23 21 16 13 17 18
009 22 12 | 23 25 25 17
10. 40 21 | 38 10 34 25
Made AL 29 2 | 41 27 | 27 38
+ 12 40 25 37 30 | 39 32 >
13, 38 43 | 35 39 | 31 TER
14. 88 96 45 102 | 128 150
15, 128 167 182 172 | 133 203
April...) 16 330 307 218 405 | 343 481 |
, 13 541 403 ' 461 469 , 444 686
I 18. 1053 510 685 996 | 1225 911
19. 1563 | 1376 | 1440 | 1150 | 1796 | 1989
Se 20, 1322 1383 ¡ 1873 1377 | 1882 883
tet ee. 125 , 1715 1561 1577 1870 1924
022. 1191 | 1554 | 1368 1882 1593 1495
| ` 29 1813 1746 | 1361 2152 | 1860 2811
SH | 24, 1698 1524 | 1629 1828 1418 1898
ch OB, 1642 1449 1635 1620 1803 1695
96. 1256 1450 | 1472 1414 1428 1643 |
27. 1519 1480 1374 1962 2095 1827
en E? 1779 1931 1884 1896 2129 2232
ol 29. 1649 1828 , 1766 1701 | 2003 2073
30. 1597 1638 | 1842 | 1440 1682 2049
o 81. 1192 1333 1372 i 1524 | 1517 1553
| 32. 1505 j 1608 ! 1581 | 1612 1827 1638
August . .), 38, 1077 1152 | 1347 ! 1164 1370 1407
| 34. 930 1033 1158 | 995 1075 1150
E 545 675 | 848 , 603 596 719
| 36. 400 | 536 541 | 506 575 576
37. 299 | 403 428 | 359 414 369
poe. 38 167 o 283 | ae 206 278
| 39, 114 | 166: 179 | 181 10, m
40, 63 | 88 ou ` 100 82 150
41. 60 68 | 109 | 57 | n2
October . .! 42. 40 58 54 | 36 46 73
43. 33 48 22 | 20 35 | 43
44. 21 14 18 24 29 ` 11
E: 24 "pr" 24 | 4g
46. 14 16 | 21 | 1 15 ` 20
E oe 21 0 ) 18 14 | 49
| 48. 13 | 12 . Yo | 7 23 | 6
49. 6 16 | 15 8 | 7 10
| 50. 10 | 8 | 11 | 7 6 9
December `, TI 51. 3 | 5 |! 5 | 3 8 3
| 52. | A ` 5 | 9 | 5 6 | 3
Bee | 6 Re 1 9
Fumie: = > GHOR 28213 | 98659 29760 | 32116 | 33819
|
\ | | |
een, PE <=
Curgäste (Personen) nach Wochen.
¢
SSS Sr SI NEED
a a OOOO AE A a EE
1891 | 1892 | 1893 1894 , 1895 | 1896 1897 1898 `
Personen | Personen | Personen Personen | Personen | Personen | Personen Personen |
A d
2 8 9 | 11 11 15 16 17 |
5 3 11 12 12 9 20 25 |
5 10 4 5 10 17 19 20
8 11 14 15 28 18 18 17
16 12 20 27 16 28 39 27 |
22 19 7 35 22 36 17 41 |
| 15 19 17 44 13 20 36 . 38
| 12 17 24 30 13 33 | 3 63 |
18 19 33 36 38 53 69 59 `
| 34 23 37 42 31 49 50 49 |
45 29 52 52 44 53 64 63
36 31 76 50 49 84 72 91
34 52 80 89 68 130 82 113 '
108 62 190 241 | 207 182 287 235
| 180 156 327 423 218 | 45 | 357 330
! 378 289 781 134 685 | 7144 | 475 620
| 454 447 831 | 804 | 869 831 | 870 945
| 733 660 1605 , 1781 | 2150 1693 2295 2367 |
1635 1874 14992 | 1694 | 2020 1702 1984 1932 |
' 1651 1590 2031 1984 | 2167 2080 1951 2518
| 1776 1635 1689 2021 | 1806 1642 1983 2134 |
| 1801 1614 2167 1968 | 1936 2602 2373 2547 |
| 2231 1901 2216 2275 | 201 | 2574 | 2189 2889 .
1969 1908 1749 1679 2289 2332 2467 2489 |
| 1663 2075 1881 | 1665 9154 2290 9994 2270 |
1590 1865 1606 | 1789 2235 2340 2194 2355
| 1980 1807 2488 2569 3094 2724 3026 3318 |
| 2410 2507 2089 2250 2747 2557 2771 2886 `
| 2150 2394 2345 2532 9595 2581 2904 2970 `
2100 2403 | 1718 1 2099 2245 2081 2245 | 2228 `
| 1660 1785 . 1863 ' 2035 2344 2306 2240 2645 |
1887 1998 1613 . 1786 1809 2108 2183 2252 |
1468 1617 | 1415 1415 1577 1534 1773 1711
| 1302 1395 994 ` 1012 1028 1044 1285 1361
| 841 896 |! 7298 | 810 875 878 886 862
756 689 | 606 ` 704 703 614 7332 | 737
ESE 412 | 363 406 488 387 455 547 |
| 375 271 '! 247 285 319 322 301 | 321
198 209 | 139 | 202 206 195 183 204
129 152 137 130 178 116 211 | 160
115 122 | 114 ` 82 93 106 82 : 106
55 85 ' 56 68 43 67 73 ` 71
| 64 39 48: 50 36 46 57, 57
| 41 30 | 31, 26 39 50 | 29 42
| 31 24 28 | 43 30 39 30 | 38
| 12 31 40 28 39 25 31 | 47
| 18 23 | 91 25 22 24 24 | 21
| 7 2 | M | 8 16 19 16 19
| 14 17 : 14 | 15 13 10 17 12
| 8 9 | 7 | 17 2 8 : 10
| 20 " 1 | 8 11 | 13
ee ee E 2 3 i 11 10 | 3 | 12 |
a > ==: | SEN
34590 mm (sm | aeoe | asia | a238 | aeei | 43827 | 46904 35466 | 36016 | 38132 | m
42358 E 41821 43827 | 46904
|
|
E ==
Curfrequenz nach der Aufenthaltsdauer in Tagen.
1887 | 1888 | 1889 1887 | 1888 | 1889 '
Curdauer, Tage ||————————— | Curdauor Taga LC
Personen | a
Dia cla y me A 342 296 379 ae Ae oe ge dl eg | 1254 re 1254 1227
9 56 37 51 de Zeie 859 938 896
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Ueber die Bäderfrequenz, welche sämmtliche Badearten einschliesslich der
Freibäder umfasst, ist zu constatiren, d>ss dieselbe gleich der Curfrequenz eine
starke Zunahme aufweist. So ist deren Gesammtzahl vom Jahre 1885 mit
113122 Bädern im Jahre 1898 auf 281715 Biider gestiegen.
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8446 8453
8311 8350
8186 8261
8088 8195
1928 8069
1804 TOTS
1628 1823
7479 7795
1322 1557
7167 1334
7012 7143
6806 6922
6675 6730
6434 6558
6327 6481
6092 6255
¿918 5959
5744 9705
ge +
1897 1818
9712 | 10202
9476 | 10011
9494 10090
9310 10068
9342 10063
9417 | 10032
9338 | 4929
9312 9800
9192 | 9755
9090 (DÄ,
8956 | 9514
8809 | 9437
8813 SE
8765 | 99
8634 3083
8438 8866
S388 8722
8235 | 8669
8132 85:30
1994 8460
1925 8316
1198 8067
1609 1851
Se T62
(231 | 7502
7081 | (329
6952 1164
6828 . 7044
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6385 6907
6202 6203
117
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Inhalt.
Sanitäre Einrichtungen der Stadt Karlsbad
1. Das Wasserwerk der Stadt Karlsbad 5
2. Die städtischen Trinkwasserleitungen oy
3. Die Canalisation von Karlsbad . B.S E A De D en E ee ds a e LE
4. Das städtische Elektricitätswerk . y
5. Das neue Gaswerk der Stadtgemeinde Kissat e
Der Fleischconsum Karlsbads und seine sanitätspolizeiliche Limo
Humanitätsanstalten e EE
1. Das Kaiser Franz Joseph Hospital. ie ibe Be A es SS ee a, A a a
2. Das Fremdenhospital . . ee we Sie A a es t-te der ës
3. Das evangelische Hospiz. . . 2... 2. 0. a en oye? es te, a
4. Das Ísraelitenspital . . . . . ee e eo os
Beschreibung des Eelere für die Karlsbader Friedhöfe ee Do E a l
Die Gewinnung des Karlsbader Sprudelsalzes einst und jetzt ............ tr
Geschichtliche Notizen über die Versendung des Karlsbader Mineralwassers. . . .. . 2 . | | yw
Skizzen iiber die Curfreyuenz von Karlsbad . SÉ uS
IRUR VON PRIEOA ON JABPER id win
»Das österreichische Sanitätswesen.« Beilage zu Nr. 19, 11. Mai 1899.
Verlag von Alfred Hölder, k.und k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, I., Rothenthurmstrasse 15.
Die von der Gemeinde Wien neu errichtete städtische Sanitäts-
station im II. Bezirk, Gerhardusgasse 3/5
und die derzeitige Besorgung der Desinfection und des Kranken-
transportes in Wien.
Am 15. Jänner 1899 wurde die neu errichtete Sanitätsstation, II. Gerhardus-
gasse 3/5, dem vollen Betriebe tibergeben und damit das Desinfectionsgeschäft zum
ersten Male und für eine Anzahl von Bezirken der Krankentransport nach Art der
Sanitätsstationen im V. und XIV. Bezirke in einer dritten Station centralisirt.
Auf die Nothwendigkeit einer solchen Ausgestaltung hat das Stadtphysicat seit
Jahren hingewirkt und an verschiedenen Orten, so auch im Oesterreichischen Sanitäts-
wesen für das Jahr 1894, die Grundzüge für die Verbesserung des Desinfections-
geschäftes ausgeführt.
Wenn auch die neu errichtete Sanitätsstation diesem Programme nicht voll-
ständig entspricht, indem vorläufig nur ein Theil der Desinfection, nämlich jene mittelst
der Dampfapparate centralisirt wird, so ist doch der Anfang für die gedeihliche
Entwicklung dieses Zweiges des öffentlichen Sanitätsdienstes gemacht und die Aussicht
vorhanden, dass die gleichsinnigen Bestrebungen des Wiener Magistrates zum Ausbau
derselben eine entsprechende Würdigung und Berücksichtigung seitens des Gemeinde-
und Stadtrathes finden werden.
` Wenn auch die Kosten für die Errichtung und den Betrieb solcher Anlagen
sich gewiss als sehr nutzbringend für die Förderung der sanitären Verhältnisse der
Reichshauptstadt erweisen werden, so darf doch nicht übersehen werden, dass dieselben
sich vorläufig ziemlich hoch stellen, da sie ausschliesslich von der Gemeinde getragen
werden, welche in der Frage des Kostenanspruches dem Beispiele anderer Städte nicht
gefolgt ist und das Desinfectionsgeschäft ebenso wie den Kranken- und Leichen-
transport unentgeltlich ausführt.
Die Sanitätsstation hat die Bestimmung, die Desinfection in den Bezirken I,
IL VII, IX und XIX, den Krankentransport in denselben Bezirken unter
Ausschluss des VII. zu besorgen und vorläufig auch noch die Leichen für die be-
hördlichen Obductionen aus allen Wiener Gemeindebezirken in die Leichenkammer
des k. k. Allgemeinen Krankenhauses zu überführen, welch’ letztere Aufgabe aller-
dings durch die in Aussicht genommene Ueberweisung einer Anzahl von Bezirken
an die beiden anderen derzeit schon bestehenden Centralstellen fir den Kranken-
transport im V. Bezirke, Untere Bräuhausgasse 61 und im XIV. Bezirke, Piller-
gasse 21, eingeengt werden soll.
Die grösste Schwierigkeit fand die Errichtung der Station in der Platzfrage,
ein Umstand, der sich der "Entwicklung sanitärer Einrichtungen in der Regel hemmend
1
— 120 —
entgegenstellt, da von Seite der Umgebung alles Mögliche ins Treffen geführt zu werden
pflegt, um ein jedes Territorium als ungeeignet erscheinen zu lassen, insbesondere
dann, wenn der Zweck der Anstalt Bedürfnissen gerecht werden soll, die über den
Rahmen des eigenen Bezirkes hinausgehen.
So vergingen auch einige Jahre, bis der bereits im Jahre 1893 ausgemittelte
Platz in der Gerhardusgasse zur Verbauung gelangen konnte.
Am 5. Februar 1896 wurde das vom Wiener Stadtbauamte im Einvernehmen
mit dem Stadtphysicate ausgearbeitete Project von dem landesfürstlichen Commissär
genehmigt und hierbei über Antrag des Magistrates folgende grundsätzliche Bestim-
mungen beschlossen:
1. Die Sanitätsstation des I. Bezirkes ist in die städtische Realität II. Gerhardus-
gasse 3/5 zu verlegen, daselbst eine vollständige Sanitätsstation für die Bezirke I,
II, IX und XIX zu errichten und diese Station in das Local-Telephonnetz einzu-
beziehen.
2. Die vom Wiener Stadtbauamte vorgelegte Projectskizze wird mit den vom
Magistrate beantragten Abänderungen genehmigt.
3. Es sind folgende Transportmittel anzuschaffen: 2 Wägen zum Transporte
von nicht infectiós Erkrankten, 1 Leichenwagen, 2 Wägen zum Transporte von
inficirten Gegenständen, 2 grosse Dampf-Desinfectionsapparate.
4. Zur Besorgung des Dienstes in dieser Station sind 12 Sanitätsdiener zu be-
stellen, respective zuzuweisen.
Ausserdem sind 2 Sanitätsaufseher und 1 Desinfectionsdiener in der Station
zu bestellen.
Unter Einem wurden die für den Bau erforderlichen Geldmittel genehmigt.
Nachdem auch die Schwierigkeiten, die mit Rücksicht auf die Schule in der
Treustrasse von Seite einzelner Schulorgane gegen die Ausführung des Baues gemacht
wurden, behoben waren, konnte der Bau endlich im Juli 1897 begonnen und im
Jänner 1898 im Rohbau beendigt werden.
Eine weitere Verzögerung erfolgte durch die innere Einrichtung und deren
Erprobung, welche rücksichtlich der Dampfapparate und des Verbrennungsofens, am
15. October zu einem günstigen Abschluss kam.
Nachdem am 1. December 1898 mit dem Krankentransporte für die oben
angeführten vier Bezirke begonnen worden war, wurde nun am 15. Jänner 1899
die Station in ihrem vollen Umfange activirt.
Als Grundprincip ist bei der Anlage die Sonderung der inficirten und der reinen
Objecte und Personen festgehalten, so dass das Desinfectionsgeschäft in einem be-
sonderen Gebäude im Centrum der ganzen Anstalt sich abspielt (siehe Planskizze
pag. 121), welches in der Gerhardusgasse von zwei abgesonderten, gesperrt ge-
haltenen Thoren aus zugänglich, von den übrigen Objecten durch zwei Höfe getrennt
ist und die infectionsreinen und unreinen Räume an gegenüberliegenden Seiten einer
mit der Treustrasse parallelen Axe gruppirt enthält.
An der Ecke der Treustrasse und der Gerhardusgasse befindet sich das von der
Treustrasse aus zugängliche, einstöckige Administrationsgebäude, dessen Eingang in
der 'Freustrasse gesperrt gehalten ist und von den Bediensteten nicht benützt werden darf.
Dasselbe ist unterkellert, enthält daselbst eine Waschküche nebst Bügelkammer für
die Hausbewohner. im Parterre das Permanenzlocal für die Krankenträger, eine
Menageküche, eine Kanzlei, zwei kleine Wohnungen für Anstaltsdiener, zwei Aborte
und in der Nähe des Thores, an der Ecke der Gerhardusgasse und Treustrasse, die
Remise für die Leichenwägen; im ersten Stocke dagegen zwei Wohnungen für zwei
Sanitätsaufseher, bestehend aus je einer Küche, Cabinet und Zimmer und die Schlaf-
räume für die Sanitätsdiener, nebst zwei Aborten. An das Administrationsgebäude
schliesst sich ein langgestreckter rechtsseitiger ebenerdiger Tract, welcher in der Mitte
einen Stall fiir acht Pferde nebst Futterkammer und ein Kutscherzimmer und an
— 121 —
beiden Enden, entsprechend den beiden Höfen, je eine Wagenremise für Infections-
und normale Krankentransportwägen besitzt.
Den rückwärtigen Hof begrenzt das Haus Gerhardusgasse 1 mit der städtischen
Leichenkammer, welche gegen die Sanitätsstation abgeschlossen ist und das von früher
belassene Sanitätsdepot, hinter dem noch ein Hofraum vorhanden ist, welcher mit
dem Hofe für den Verkehr mit inficirten Objecten offen communicirt.
In der unmittelbaren Nachbarschaft befinden sich Material-Lagerplätze.
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Vorliufig findet die Zufahrt in die Gerhardusgasse von der Treustrasse aus,
die Rückfahrt in umgekehrter Richtung statt; die Fahrt wird jedoch nach Regulirung
der Brigittenauerlände nach dieser hin abgelenkt werden.
Die Desinfectionsanstalt selbst enthält auf der Seite gegen den »unreinen« Hof
von der Gerhardusgasse aus gerechnet ein Desinfectionsmitteldepot, ein Depot für
inficirte Gegenstände, einen Desinfectionsraum, wo die inficirten Gegenstände ein-
gebracht werden, ein Kohlendepot, einen Verbrennraum. Jeder dieser Räume ist vom
Hofe aus direct zugänglich und steht überdies mit dem angrenzenden durch eine Thüre
in Verbindung. |
Aus dem Desinfectionsraume führt überdies eine Thüre in einen Garderoberaum
(zum Ablegen der inficirten Kleidung), aus welchem man in einen Baderaum (mit
Brause- und Wannenbad), aus diesem in einen zweiten Garderoberaum (für reine
Kleider) und aus diesem in die Abtheilung für desinficirte Gegenstände gelangt.
Diese Abtheilung besteht aus der Entnahmstelle und dem Depotraume. Den Abschluss
TI
ee
bildet einerseits, nächst dem vorderen Eingangsthore, das Expeditionslocale mit einem
Vorraume, anderseits an der den Stallungen gegenüberliegenden Seite zwei Abort-
gruppen nebst Pissoiren, je eine für die infectionsreine und unreine Abtheilung.
In dem von früher her erhalten gebliebenen rückwärtigen Depotgebäude sind
ein Kutscherzimmer und Remisen für Reservewägen vorhanden.
Die Höfe sind asphaltirt, ebenso alle Remisen, wie die Räume der Desinfections-
anstalt, und werden sämmtliche Räume durch Rohrleitungen mit zwei gesonderten
Ableitungen durch die beiden Höfe in den Strassencanal entwässert.
Die Arbeiten für die Lieferung der Desinfectionsapparate wurden im Offertwege
seitens des Stadtrathes der Firma A. Poppek & Söhne übertragen, welche auch —
allerdings erst nach manchen Correcturen — der übernommenen Aufgabe vollkommen
nachgekommen ist. Statt zweier grosser Apparate wurden zwei kleine mit einem ver-
fügbaren Desinfectionsraume von je circa 0'6 Cubikmeter und ein grosser Apparat
mit einem Desinfectionsraume von circa 3:2 Cubikmeter aufgestellt. Die kleinen
Apparate haben eine Linge von 1 Meter, der grosse von 2°2 Meter. Die Breite und
Höhe beträgt 80, beziehungsweise 120 Centimeter.
Die Apparate sind für strömenden Wasserdampf eingerichtet, sind mit einer
Trockenvorrichtung ausgestattet, lassen den Dampf von oben her in die Desinfections-
kammer ein- von unten her austreten, sind voneinander vollständig unabhängig zu
betreiben und sehr einfach zu bedienen, da nur die Stellung der Ventile auf » Dampf:«
am Schlusse der Desinfection in jene auf »Luft« abzuändern ist, wenn eine Durch-
lüftung mittelst warmer Luft erfolgen soll, sonst aber eine Aenderung der Ventil-
stellung überhaupt nicht nothwendig ist. Die Heizung ist für Coaks urd Koble
eingerichtet, doch besteht die Absicht, den Betrieb ausschliesslich mit Coaks
durchzuführen.
Jeder Apparat besteht aus einem oberen viereckigen Behälter, der Desinfections-
kammer, die aus starken schmiedeeisernen Blechen doppelwandig hergestellt und nach
aussen durch Holz- und Messingreifen isolirt ist. Nach vorne (Beschickung) und nach
rückwärts (Entnahme), ist je eine doppelwandige, den übrigen Wänden gleich her-
gestellte Thüre in Charnieren drehbar angebracht.
Dieselbe kann durch in Charnieren gelagerte Schrauben einfach und bequem
angeschraubt werden. Die Dichtung ermöglichen starke Gummistreifen.
Im grossen Apparate ist ein fahrbarer Wagen aus Holzstäben angebracht, der
mittelst vier Rollen auf zwei seitlichen Schienen läuft.
Zur Stütze beim Herausschieben des Wagens dient je eine vor und hinter dem
Apparate auf einem Ständer drehbar gelagerte Mittelschiene, welche durch Umklappen
an den geöffneten Apparat angelegt, das Herausfahren des Wagens ermöglicht.
Den zweiten Theil des Apparates bildet der unter der Dampfkammer befindliche
obne Danıpfspannung arbeitende Wasserkessel. Derselbe besteht aus einem starken
eisernen Aussenmantel, eingesetzter Feuerbüchse aus Schmiedeeisen, schmiedeeisernen
Feuerröühren und einem schmiedeeisernen Rauchkasten. Alle vom Feuer berührten
Flächen des Kessels sind von Wasser umspült, so dass die Feuerung ökonomisch
arbeitet und mit Leichtigkeit die erforderliche Dampfmenge und die Temperatur ven
100 Grad im Dampfraume erreicht werden. Der im Kessel erzeugte Dampf tritt in
die hohle Zwischenwand der Dampfkammer und von hier an der Decke durch ein
Rohr in einen mit vier Bohrungen versehenen Hahn, aus welchem ein rückläufige:
Lahr den Dampf an der Decke der Desinfectionskammer durch Oeffnungen ein- `
treten lässt.
Die Abströmung erfolgt seitlich unten durch eine Anzahl Oeffnungen in ein
Eisenrohr, welches über Dach mündet und mit dem vorbezeichneten Vierweghahu
verbunden ist. Nächst der Abgangsstelle des Ableitungsrohres aus der Desinfections
kammer ist in demselben ein leicht ablesbarer Thermometer angebracht. Der gros:*
Apparat besitzt überdies einen innerhalb desselben angebrachten elektrischen Signa-
ei NOS. =
‚Pyrometer mit Läutwerk. Bei der regelmässigen Stellung der drei vorhandenen Hebel
-auf »Dampf« strömt der erzeugte Dampf durch den Vierweghahn in den Apparat,
aus diesem auf dem Umwege durch den Vierweghahn ins. Freie. Werden jedoch die
drei Hebel auf »Luft« gestellt, so strömt der Dampf, ohne in die Dampfkammer
einzutreten, über Dach ab, während die Klappe an einem eisernen Ventilationsrohre,
zwischen diesem und der Desinfectionskammer, sich öffnet und die aus der Abtheilung
für reine Gegenstände aspirirte Luft, welche in zwei durch den Kesselraum gelegten
Röhren zugeleitet wird, den Apparat durchströmen und zur Trocknung der in demselben
eingelegten Gegenstände verwendet werden kann.
Zur Erkennung des Woasserstandes dient ein Wasserstandsanzeiger; ausserdem
ist auch ein Fülltrichter und ein Entleerungshahn vorhanden.
Zur Ableitung des Condensationswassers in den Kessel dient ein Rohr, welches
das Dampfrohr mit dem Kessel verbindet, ferner eine am Boden der Dampfkammer
angebrachte, in den Kessel nächst des Bodens mündende Röhre; das nach aussen
abfliessende Condensationswasser wird durch Rinnen und von hier aus durch Röhren
in einem Behälter gesammelt und von diesem aus wieder in den Kessel entleert.
Zur Bedienung der Dampfapparate sind
1 Sanitätsaufseher und vorläufig 1 Desinfections-
diener, zur Controle der Führer der Station vor-
handen, welche die vom Magistrate erlassenen Trennunigswand
Instructionen (Beilage 2 für den Führer, Beilage 3
für den Sanitätsaufseher und insbesondere auch
die Instruction zur Bedienung der Dampf-Des-
infectionsapparate (Beilage 4) zu beachten haben.
Für die Abholung der Effecten aus den in-
_ficirten Wohnungen ist der Vorgang durch die
in den Beilagen 5, 6, 7 enthaltenen Instructionen
geregelt. Die Station besitzt für diesen Zweck
zwei neue dicht verschliessbare, mit Zinkblech-
auskleidung versehene, bespannte Wägen, welche
die von den Sanitätsaufsehern der Bezirke in
dichten Säcken verpackten inficirten Objecte aus
den früher erwähnten Bezirken im Laufe des Vor-
mittages einsammeln; die Desinfection erfolgt im
Verlaufe des Nachmittages. Den Riicktransport der desinficirten Objecte besorgt die
unrein rein
Anstalt nur in den driugendsten Fällen, derselbe ist daher in der Regel durch die.
Parteien zu veranlassen.
Die in plombirten Behältern (Säcken, Tüchern) der Anstalt überlieferten Objecte
gelangen sammt der Hülle in den Dampfapparat. Dadurch ist jede Gefährdung für
die Umgebung vermieden. Da in der erwähnten Verpackung auch die Strohsäcke
‘mit inbegriffen sind, werden auch diese jedesmal sammt ihrem Inhalte im Dampf-
apparate desinficirt, so dass die Verbrennung des Bettstrohes in dem neuen nach den
Angaben des Stadtbauamtes (Herrn Oberingenieur Kautz) errichteten Verbrennungsofen,
nunmehr sich zu einer sanitär ganz harmlosen Manipulation gestaltet und sich dadurch
die Aussicht ergibt, in Zukunft neue, gute Strohsäcke nach erfolgter Desinfection den
Parteien zurückstellen zu können, anstatt wie dies bisher geschehen, mindestens ihren
Inhalt ausnahmslos zu vernichten.
Zur Leitung der Sanitätsstation ist ein Führer aus dem Stande der Sanitäts-
aufseber bestimmt, dessen Instruction beiliegt. ` |
Die Ueberwachung erfolgt durch den städtischen Bezirksarzt des Rayons
Brigittenau, das magistratische Bezirksamt II, das Stadtphysicat und durch das
Sanitätsdepartement des Wiener Magistrates. D
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— 124 —
Für den Krankentransport sind der Sanitätsstation 12 Sanitätsdiener zugewiesen.
deren Instruction sub 8 beiliegt, welche im Hause bequartirt sind, deren Permanenz-
locale in das Staatstelephonnetz eingeschaltet und durch die Telephonleitung aer
städtischen Feuerwehr mit dem k. k. Polizeicommissariate Brigittenau und mit cer
Feuerwehrfiliale Brigittenau verbunden ist, daher die Requisition des Kranken- uni
Leichentransportes, welcher in der Regel im Wege der k. k. Polizeicommissariaie
zu erfolgen hat, durch beide Telephonleitungen oder auch im telegraphischen Weg:
stattfinden kann.
Krankenwägen besitzt die Station derzeit 9. 5 für den Transport von Infections-
und 4 für den von gewöhnlichen Kranken; 2 der letzteren sind ganz neu mit be-
sonderen Federn und Vorrichtungen zur seitlichen Einschiebung des Kranken e:z-
gerichtet, einer davon mit Gummirädern ausgestattet. Für den Leichentransport sind
3 Leichenwägen vorhanden.
Nebst der Ueberfiihrung der Leichen in die Leichenkammer des k. k. Allgemeines
Krankenhauses zur behördlichen Obduction, hat die Station auch die Beisetzung de:
Leichen in den Bezirks-Leichenkammern I, II, IX und XIX zu besorgen, so oft dies
aus öffentlichen Rücksichten erforderlich ist.
Kutscher und Pferde unterstehen der Aufsicht des Feuerwehrcommandos, be-
ziehungsweise des Thierarztes der städtischen Feuerwehr. Es sind 4 Paar Pferie
eingestellt und 5 Kutscher zugewiesen, für welche 2 Kutscherzimmer vor-
handen sind.
Für die Vormerkungen in der Anstalt wurden eigene Drucksorten ar-
geschafft.
Die Anstalt verständigt durch einen Tagesrapport den städtischen Bezirksarzt der
Brigittenau von den durchgeführten Transporten und in jedem Falle die städtischen
Bezirksärzte, aus deren Amtsbereich ein Infectionskrankentransport stattgefunden ba:
Sie erstattet Monatsberichte an das Stadtphysicat und an den Magistrat. Der Berich:
für den ersten Betriebsmonat, den December 1898, weist 328 Transporte auf, uui
zwar 205 Krankentransporte, davon
169 Nichtinfections-
36 Infections-
Die ursprünglich genehmigte Kostensumme von 55.000 fl., hat sich durch die
Kosten für die Dampf-Desinfectionsapparate (3480 fl.), durch die ersten Anschaf-
fungen für die innere Einrichtung (Wagenbeschaffung etc.) auf circa 75.000 fl. erhöht.
welche vom Gemeinderathe, beziehungsweise Stadtrathe genehmigt wurden.
Kranke und 123 Leichen betreffend.
*
Die nachstehende Schilderung ist dem dermaligen Stande des Krankentransport::
und des Desinfectionsverfahrens in siimmtlichen Bezirken gewidmet, wobei auch zu:
Ermöglichung einer rascheren Uebersicht auf die folgenden Tabellen verwiesen wir:
Der Krankentransport in Wien.
Der Krankentransport in Wien wird für mehrere Bezirke von Centralstelie:
aus, den sogenannten Sanitätsstationen oder nur für den betreffenden Bezirk ver
sogenannten Krankentransportmittel-Depots aus mittelst der hiefür bestellten Kranker-
träger, Sanitätsdiener genannt, in besonderen Wägen für Infections- und ander
Kranke ausgeführt. i
Der Transport Infectionskranker erfolgt ausnahmslos mittelst bespannter W äger
für den Transport der übrigen Kranken hat sich in einigen Bezirken noch c:
Räderbahre erhalten.
=e JO
Die Sanitätsstation II. Gerhardusgasse 3/5 versieht den gesammten Kranken-
transport für die Bezirke I, II, IX und XIX, die Sanitätsstation V. Untere Bräu-
hausgasse 61 für die Bezirke IV, V, VI nnd X, die Sanitätsstation XIV., Piller-
gasse 21 für die Bezirke XII, XIII, XIV und XV; überdies befördert die Sanitäts-
station V. auch noch Infectionskranke aus dem Bezirke IJI und VIII.
In den beiden letzterwähnten Sanitätsstationen sind 11 beziehungsweise 8 Sanitäts-
diener in Verwendung und je 3 Paar Pferde mit je 3 Kutschern eingestellt; die
ersterwähnte Station besitzt 12 Sanitätsdiener, 5 Kutscher und 4 Paar Pferde.
Von den Depots im VII., XI.„ aus den beiden im XVI., ferner von den Depots
des XVII. und XVIII. Bezirkes besorgen die Sanitätsdiener die Krankentransporte
nur für den betreffenden Bezirk, und zwar wie bereits erwähnt, die von Infections-
kranken ausschliesslich mittelst bespannter Krankenwägen, die der übrigen Kranken
nur im XVII. Bezirke, in der gleichen Weise, in den nachstehend erwähnten Be-
zirken (UL, VII, VII., XI, XVI, XVII.) mittelst Räderbahre. Für die Be-
spannung der in den Depots der Bezirke VII, XI, XVI, XVII und XVIII befind-
lichen Wägen für Infectionskranke, sind Contrahenten bestimmt, welche im Bedarfs-
falle Pferde und Kutscher beistellen. Dringende Krankentransporte, insbesondere
die von Verunglückten, führen im XI. Bezirke die Freiwillige Turner-Feuerwehr, im
XVI. Bezirke die Freiwillige Feuerwehr Neulerchenfeld auf Kosten der Gemeinde
aus, endlich ist für den XVI. Bezirk ein sogenannter Landauer bereit gehalten, mit
welchem ein Contrahent normale Krankentransporte ausführt. Dem Depot des
XVIII. Bezirkes sind 5, des XVII. 4, den übrigen Depöts III, VII, VIII, XI und
den beiden des XVI. Bezirkes je 2 Sanitätsdiener zugewiesen. Derzeit sind im
Ganzen 31 mit Zinkblechauskleidung versehene leicht desinficir-
bare Infectionskrankenwägen und 9 sogenannte Ambulanzwägen
(Wägen für nicht infectiös Erkrankte) in Verwendung.
Durch die in Aussicht genommene Errichtung einer Sanitätsstation im III. Be-
zirke für die Bezirke III, X und XI und im XVII. Bezirke für die Bezirke XVI,
XVII und XVIII und durch die in Aussicht genommene Vermehrung der Ambulanz-
wägen ist eine weitere Vervollkommnung des Krankentransportes und des Desinfections-
geschäftes, welche Dienstleistungen in den Beilagen tabellarisch dargestellt sind, zu
erwarten.
Die Desinfection in Wien.
Zur Durchführung des Desinfection sind in Wien 35 den städtischen Bezirks-
ärzten unterstehende Sanitätsaufseher bestellt, welchen für die Besorgung der groben
Desinfectionsarbeiten 40 Desinfectionsdiener in der Weise zugewiesen sind, dass in
der Regel auf einen Sanitätsaufseher ein, ausnahmsweise zwei Desinfectionsdiener
entfallen, und dass mit Ausnahme des II. Bezirkes mit seinen drei Sanitätsaufsehern
und den Bezirken IV, VI, VII, VIII, XIV, XV mit je einem Sanitätsaufseher
die übrigen Bezirke je zwei Sanitätsaufseher besitzen.
Diese Organe besorgen die Wohnungsdesinfection mit Carbolsäure- oder Lysol-
lösungen, ausnahmsweise mittelst Formalin oder Paraformaldehyd mit der Schering-
schen Lampe oder mit Hilfe der Peronosporaspritze, ferner den Transport zu dem
Verbrennofen, endlich die Durchführung der Dampfdesinfectionen und Verbrennungen.
Eine Ausnahme bilden die Bezirke I, II, VIIL, IX, XIX, für welche die neue
Sanitätsstation in der Gerhardusgasse die Abholung der inficirten Gegeustände (für
den Dampfapparat und Verbrennofen) besorgt, so dass in diesen Bezirken die Sanitäts-
organe nur die Wohnungsdesinfection im engeren Sinne ausführen. Aus den eben
genannten Bezirken und aus den Bezirken XII, XIII und XVIII erfolgt der Trans-
port der inficirten Objecte mittelst bespannter mit Zinkblechauskleidung versehener
Wägen; alle übrigen Bezirke verfügen für diesen Zweck nur über ähnlich be-
— 126 —
schaffene Handwägen. Eine zweite centrale Desinfectionsanstalt besteht derzeit in
Wien nicht. Zwar besorgen die Sanitätsaufseher des IV., V., VI. und. VII. Bezirkes
ihre Dampfdesinfection und Verbrennung in der Sanitätsstation Margarethen; hier
ist jedoch nur die Benützung der Apparate eine gemeinsame und müssen daher die
Sanitätsorgane der verschiedenen Bezirke ihre Arbeiten in der Station selbst besorgen.
Die übrigen Bezirke haben ihre eigenen Dampfdesinfectionsapparate mit Aus-
nahme des XIV. Bezirkes, welcher den Dampfdesinfectionsapparat des XV. Bezirkes
benützt. Zur Verbrennung dient dem X. Bezirke der Verbrennofen des III. Bezirkes,
der XI. Bezirk hat einen eigenen Verbrennofen, die Bezirke XII, XV verbrennen
im Verbrennofen des XIV. Bezirkes, der XVII. und XVIII. Bezirk benützt den
Verbrennofen des XVIII. Bezirkes, so dass derzeit von allen Wiener Bezirken nur der
XVI. die Verbrennung von inficirten, werthlosen Objecten, wie Stroh, derzeit noch
im Freien vornimmt; eine Aenderung in dieser Hinsicht ist jedoch bevorstehend.
s DT o
Beilage 1.
Die Dampfdesinfection und die Verbrennstellen(ófen) in Wien, Anfangs 1899.
| Standorte der
| |
—
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S n mer
= E | Dampfdesinfections RE | g
S ER apparate
2 A a
J1., Gerhardus- Transport inficirter Gegen-
| Gerhardusgasse 3/5.
gasse 3/5. stinde mittelst bespannter
Wagen.
!) Davon 2 in der Station.
*) Davon 1 in der Station.
Transport inficirter Gegen-
stände mittelst bespannter
Wagen.
Neben dem St. Marxer III., Gürtel,
Friedhofe.
1 1 | UntereBriuhausg.61. | Untere Briuhousg. 61.
|
2 2 dto. dto.
1 1 dto. dto.
1 1 dto, dto.
1 1 II., Gerhardus- Gerhardusgasse 3/5. | Transport inficirter Gegen-
gasse 3/5. stände mittelst bespannter
Wagen.
2 2 | dto. dto. dto.
2 2 Triesterstrasse 46. | Landstrasser Gürtel.
2 2 || Inden Landen Nr. 7. | In den Landen Nr. 7.
2 2 | XII.,AmGerichtsweg. | XIV., Pillergasse 21. || Zufuhr der inficirten Gegen-
stände mittelst bespannter
| Wagen.
2 2 Stefaniebadgasse 3. dto. dto.
XIV. 1 2 | XV., Zwilfergasse 29. dto.
XV. 1 2 dto, dto.
XVI | 2 4 || Ottakringer Haupt- | Nächst dem Otta- 1) Im Freien.
| strasse 246, kringer Friedhofe, ')
|
XVII. } 2 2 | XVIL., Rotzergasse31.| Sommarugagasse 4,
| | XVIII.
XVII. i 2 2 | Sommarugagasse 4. dto. Zufuhr inficirter Gegenstände
mittelst bespannter Wagen.
XIX. 2 2 || Gerhardusgasse 3/5. | Gerhardusgasse 3/5.
*) *) Krottenbachstrasse, derzeit
| nicht in Verwendung, Trans-
port inficirter Gegenstände
Summe,
35 40 | mittelst bespannter Wagen.
128
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— 130 —
Anhang.
—
ad Mag.-Z. 222467 ex 1897 Beilage 2.
VII.
Instruction für den Führer der Sanitätsstation im II. Bezirke,
Gerhardusgasse Nr. 3/5.
i § 1. Zur Beaufsichtigung des in der Sanitätsstation verwendeten Personales, sowie zur
Ueberwachung der Durchführung der Kranken- und Leichentransporte und der Desinfectionen
in der Sanitätsstation wird ein Sanitätsaufseher als Führer der Sanitätsstation bestellt.
Derselbe muss die zur Erlangung einer städtischen Sanitätsaufseherstelle erforderlichen
Qualificationen haben und untersteht zunächst dem Magistrate und dem Stadtphysicate, beziehungs-
weise dem Herrn städtischen Bezirksarzte für den II. Bezirk (Brigittenau).
$ 2. Der Führer der Sanitätsstation ist verpflichtet, in der Anstalt zu wohnen und wird
ihm eine Dienstwohnung daselbst unentgeltlich zugewiesen.
Ausserdem bezieht derselbe den mit dem Gemeinderathsbeschlusse vom 7. Mai 1895, Z. 635
(Mag.-Z. 134900 ex 1892) festgesetzten Taglohn.
S 3. Der Führer der Anstalt hat im Allgemeinen dafür Sorge zu tragen, dass alle an
die Sanitätsstation ergehenden, die Dienstleistungen derselben betreffenden behördlichen Aufträge
genau ausgeführt werden; derselbe hat insbesondere zu überwachen:
a) Bezüglich des Kranken- und Leichentransportes:
1. Dass täglich alle Sanitätsdiener und Kutscher, welche nach dem eingeführten Turnus
zum Dienste bestimmt sind, rechtzeitig diesen Dienst antreten und (Krankheitsfälle ausgenommen!)
denselben nicht früher verlassen, bis die an die Reihe kommenden Mitbediensteten eintreten;
2. dass alle zum Kranken- und Leichentransporte nothwendigen Wagen im vollständig
gereinigten und betriebsfähigen Zustande bereit gehalten und mit der erforderlichen Einrichtung
versehen sind;
3. dass ‘alle Transporte sofort nach Einlangen der Meldung mit den hiefiir bestimmten
Wiigen ausgefiihrt und in die aufliegenden Protokolle vollständig eingetragen werden;
4. dass die Sanitätsdiener, welche von einem Infectionskranken-Transporte zurückkehren.
sich sofort einer gründlichen Reinigung eventuell Desinfeetion unterziehen, bevor sie dss
Permanenzlocale in der Station betreten;
5. dass in einem solchen Falle auch der Wagen gereinigt und falls die Desinfection
desselben im Spitale nicht bereits stattgefunden hat, desinficirt wird;
6. dass die Sonderung der Anstalt in eine Abtheilung fiir den Verkehr mit infieirten
Personen und Objecten und in eine solche für reine Objecte seitens aller Bediensteten der
Sanitätsstation strenge eingehalten wird.
b) Bezüglich der Desinfectionen:
1. Die rechtzeitige Abholung der zur Desinfection bestimmten Objecte, sowie des zu
verbrennenden Bettstrohes;
HA
— 131 —
2. die sorgfältige Entleerung der betreffenden \Wägen, welche im Innern des Desinfections-
raumes oder Depots zu erfolgen hat;
3. die sofortige Protokollirung der in der Consignation angeführten Objecte und die
Constatirung der Uebereinstimmung nach stattgefundener Desinfection derselben;
4. die sachgemässe Durchführung der Desinfectionen mittelet des Dampfapparates oder
mittelst der vorgeschriebenen Desinfectionsmittel; erstere sind in der Regel nur in schulfreien
Stunden vorzunehmen; bei den Desinfectionen hat der Führer der Station auch persönlich
mitzuwirken, wenn dies mit Rücksicht auf seine sonstigen Dienstesobliegenheiten möglich ist;
5. die ordnungsmässige Rückstellung der desinficirten Objecte an die betreffenden
Parteien.
S 4. Der Führer der Sanitätsstation hat die Instandhaltung sämmtlicher daselbst befind-
lichen Desinfectionsapparate, Wägen und anderen Einrichtungsstücke zu überwachen und sich
von der klaglosen Beschaffenheit derselben durch tägliche Nachschau die Ueberzeugung zu
verschaffen.
Derselbe ist auch für die ihm übergebenen Inventarsstücke der Gemeinde Wien gegenüher
verantwortlich.
S 5. Dem Führer der Anstalt obliegt es, das Inventar in Evidenz zu halten, etwaige
Mängel sogleich zur Anzeige zu bringen, kleinere Reparaturen im kurzen Wege durch das
Stadtbauamt zu veranlassen, im Falle der Nothwendigkeit von grösseren Reparaturen oder Neu-
herstellungen aber eingehend an den Magistrat zu berichten.
Wenn eines der in der Sanitätsstation eingestellten Pferde erkranken oder sonst dienst-
untauglich werden sollte, ist sofort das städtische Feuerwehrcommando telephonisch zu ver-
ständigen.
S 6. Die in der Anstalt bediensteten Sanitätsaufseher, Desinfeetionsdiener, Sanitätsdiener
und Kutscher sind dem Führer der Station untergeordnet.
Letzterer hat darauf zu achten, dass diese Bediensteten ihren Obliegenheiten instructions-
gemäss nachkommen.
Bei etwa vorkommenden groben Verletzungen der Dienstesvorschriften hat der Führer
der Station sofort eingehend an den Magistrat zu berichten.
SI. Der Führer der Anstalt kann sich im Falle seiner Verhinderung von einem anderen
in der Sanitätsstation bediensteten Sanitätsaufseher zeitweilig vertreten lassen.
S 8. Die in Gemässheit der Bestimmungen des $ 13 der Instruction für die Sanitätsdiener
vorzulegenden Ausweise sind von dem Führer der Anstalt nach vorheriger Prüfung zu vidiren.
S 9. Ueber die Zahl der in der Anstalt durchgeführten Desinfectionen und Stroh-
verbrennungen ist vom Führer der Anstalt allmonatlich ein Ausweis dem Sanitätsdepartement
des Wiener Magistrates durch das Stadtphysicat vorzulegen.
Ausserdem sind die wöchentlichen Desinfectionsberichte an das Stadtphysicat einzusenden.
§ 10. Der Anstaltsleiter ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von jedem Transporte
eines infectiós Erkrankten sofort der städtische Bezirksarzt jenes Bezirkes, aus welchem der
Krankentransport erfolgte, unter genauer Angabe der Adresse verständigt wird.
S 11. Ueber alle täglich im Dienste stehenden Bediensteten ist ein Evidenzprotokoll zu
führen und darüber zu wachen, dass insbesondere bei Kranken- und Leichentransporten die
Sanitätsdiener im Turnus nach der Reihe verwendet werden.
$ 12. Der Führer der Station hat alle den Dienst betreffenden wichtigen Verordnungen
und Weisungen den Bediensteten der Anstalt zur Kenntniss zu bringen und in ein Normalienbuch
einzutragen. |
S 13. Derselbe hat aber auch darüber zu wachen, dass die von der Gemeinde beigestellten
verbrauchbaren Materialien, wie Holz, Kohle, Coaks u. dgl. nur zu den hierfür bestimmten
Zwecken verwendet werden und jedwede Verschleppung derselben hintangehalten werde.
Insbesondere darf die Beheizung der Privatwohnungen in der Anstalt, solange eine
Bewilligung hierfür nicht ertheilt wurde, mit diesen städtischen Materialien nicht erfolgen.
Vom Magistrate der kk Reichshaupt- und Residenzstadt
Wien, im September 1898.
— 132 —
Wien, II. Bezirk. Sanitätsstation: Gerhardusgasse.
Rapport über die Kranken- und Leichentransporte
Zusammen
| Anmerkung
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x aus den Bezirken
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in die Bezirke- Leichen-
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in das k. k. Allgemeine | |
| Krankenhaus |
Summe der Kranken- und |
| Leichentransporte |
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Führer der Station.
*) Bei der Rubrik Infectionskrankheiten sind die Arten der Krankheiten bei den transportirten
Kranken allgemein anzuführen,
Leichen-
BR:
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ad. Mag.-Z. 222467 ex 1897. Beilage 3.
VIII.
Instruction für Sanitätsaufseher in der städtischen Desinfectionsanstalt,
II. Bezirk, Gerhardusgasse 3/5.
A. Allgemeine Bestimmungen.
S 1. Die Sanitätsaufseher in der städtischen Desinfectionsanstalt im II. Bezirke unter-
stehen gleichwie die übrigen Sanitätsaufseher dem Magistrate, dem magistratischen Bezirksamte
für den II. Bezirk, dem Stadtphysicate, beziehungsweise dem betreffenden städtischen Bezirks-
arzte und sind dem bestellten Führer der Sanitätsstation im 1I. Bezirke untergeordnet.
S 2. Die Dienstesobliegenheiten der Sanitdtsaufseher sind insbesondere:
a) Die rechtzeitige Veranlassung des Abholens der inficirten Gegenstände (Wäsche,
Bettzeug etc.), sowie des zum Verbrennen bestimmten Bettstrohes oder sonstiger werthloser
Gegenstände auge den Wohnungen im I., IIL, VIM., IX. und XIX. Bezirke mittelst der hierzu
bestimmten Wägen;
b) die vorschriftsmässige Desinfection der in die Anstalt überbrachten Objecte (siehe die
Instruction fiir die Ausführung der Desinfection nach ansteckenden Krankheiten im Sinne des
Erlasses des k. k. Ministeriums des Innern vom 16. August 1887, Z. 20662 ex 1886);
c) die Desinfeetion der Infeetions-Krankenwagen, wenn dieselben erwiesenermassen nicht
schon im Spitale desinfieirt worden sind, beziehungsweise die Leitung und Ueberwachung dieser
durch die städtischen Sanitätsdiener auszuführenden Desinfection, sowie die Ueberwachung
der Reinigung und der Desinfection der bei dem Krankentransporte verwendeten städtischen
Sanitätsdiener;
— 133 —
d) die Desinfection der in den Infections-Krankenwägen verwendeten Wäsche, Kotzen etc.;
e) das Verbrennen des inficirten Bettstrehes und anderer wegen ihrer Werthlosigkeit
hiezu vom Amtsarzte bestimmten Gegenstände;
f) die Ueberwachung, dass alle in die Station überbrachten infieirten Gegenstände genau
verzeichnet und bis zur Desinfection in dem hierfür bestimmten Raume aufbewahrt werden;
g) die Ueberwachung, dass weder inficirte Gegenstände, noch Personen, welche mit
solchen Gegenständen manipuliren, noch städtische Sanitätsdiener, welche vom Transporte eines
Infectionskranken zurückkehren, vor entsprechender Desinfection und Reinigung in die 11. (nicht
infectiöse) Abtheilung der Station gelangen, damit jede Verschleppung von Infectionskrankheiten
vermieden wird.
S 3. Die Dienstleistung dauert an Wochentagen in der Regel von 8 Uhr Früh bis 7 Uhr
Abends, wobei eine einstündige Mittagspause und je eine halbstündige Pause vor- und nach-
mittags festgesetzt wird.
Bei herrschenden‘ Epidemien sind die Sanitätsaufseher verpflichtet, im Bedarfsfalle auch
über die obige Arbeitszeit Dienste zu leisten. |
§ 4. Die Sanitätsaufseher haben den an sie ergehenden dienstlichen Aufträgen jederzeit
unweigerlich Folge zu leisten.
B. Besondere Bestimmungen.
§ 5. Die Desinfeetion der inficirten Gegenstände, sowie das Verbrennen des Bettstrohes u. dgl.
hat mit Rücksicht auf die der Anstalt gegenüberliegende städtische Schule in der Treustrasse
womöglich in den schulfreien Stunden zu erfolgen, während die übrige Zeit zum Abholen
der zu desinficirenden Gegenstände und eventuell auch zum Zurückstellen bereits desinficirter
Objecte zu verwenden ist.
§ 6. Bei Bedienung der Dampf-Desinfectionsapparate ist sich genau nach der diesbezüglichen
Instruction zu benehmen.
Sowohl bei den Apparaten, als auch bei Benützung des Verbrennofens ist jede stärkere
Rauchentwicklung und Geruchbelästigung zu vermeiden.
§ 7. Die Desinfectionen sind von den Sanitätsaufsehern selbst vorzunelmen, welche sich
allerdings der Beihilfe des Desinfectionsdieners bedienen können.
S 8. Sobald eine Anzeige einlangt, dass aus einem der obbezeichneten Bezirke Gegenstände
zur Desinfection abzuholen sind, hat ein Sanitätsaufseher mit dem Desinfectionsdiener und der
hierfür bestimmten Wagen an den Bestimmungsort zu fahren.
*) Demselben sind zwei Consignationen mitzugeben, in welchen die übernommenen Gegen-
stände genau zu verzeichnen sind und von welchen ein Exemplar mit der Unterschrift des
Sanitätsaufsehers der Partei ausgefolgt, das andere, von der Partei unterfertigte Exemplar bei
Ueberbringung in die Anstalt dem Führer derselben zu übergeben ist. Dieser hat die Ein-
tragung in das Journal und die Anbringung einer Marke, welche die Nummer der Consignation
trägt, an dem betreffenden Bündel zu veranlassen, und nach der Desinfection die Uebereinstimmung
der in der Consignation angeführten mit den thatsächlich überbrachten Gegenständen zu constatireu.
S 9. Jede der beiden Consignationen ist vor der Ausfolgung mit ein und derselben
Nummer und dem Anstaltssiegel zu versehen.
In diese Consignationen, fiir welche die bestimmten Formularien zu verwenden sind, ist einzutragen:
a) Die Nummer des Wagens;
b) die Namen der Begleitpersonen (Kutscher, Diener etc.);
c) die genaue Bezeichnung der inficirten Wohnung und der betreffenden Partei, von
welcher die Gegenstände abgeholt werden;
d) die genaue Angabe der Zahl und Beschreibung der einzelnen Gegenstände;
e) ob und wie dieselben verpackt waren oder durchdie städtischen Organe verpackt wurden.
S 10. Bei der Abholung infieirter Gegenstände ist womöglich eine solche Eintheilung zu
treffen, dass die Wägen nicht unnöthiger Weise dieselben Bezirkstheile wiederholt passiren.
§ 11. Die Wigen sind mit einem Reservevorrath von Säcken oder Leintüchern, welche
unter dem Kutschersitze zu verwahren sind, zu versehen.
Die zur Desinfection bestimmten Objecte sollen zwar schon in den betreffenden Wohnungen
in transportfihigem Zustande, und zwar in verschlossenen Säcken oder sonstigen Umhüllungen
verpackt, bereit liegen; wenn dies jedoch nicht der Fall ist, müssen dieselben von dem mit der
Abholung betrauten Organe so verpackt werden, dass jede unnöthige Verunreinigung vermieden wird.
*) Wurde abgeändert, s. Beilage 5.
—- 134 —
§ 12. Die mit der Abholung von inficirten Gegenständen betrauten Bediensteten müssen
bei der Ausfahrt jedesmal mit desinficirten Oberkleidern (Arbeitsmänteln) versehen werden und
haben dieselben bei der Rückkunft in die Station nach Ablieferung der Gegenstände zur
Desinfection abzugeben und sodann, wenn sie die nicht infieirte Abtheilung betreten wollen.
eine gründliche Desinfection ihrer eigenen Person vorzunehmen, wobei Gesicht und Hände mit
Seifenwasser gründlich zu reinigen und die Hände überdies mit einer zweipercentigen Lyso!-
lösung zu desinfieiren sind.
$ 13. Die Arbeitskleider, Arbeitsmántel etc. eines jeden Bediensteten sind mit einer ihn
zugewiesenen Nummer zu versehen und ist strenge darauf zu achten, dass jeder Bedienstete
nur die für ihn bestimmten Kleider, Wäschestücke, Geräthe u. s. w. benützt.
$ 14. Bei der Ankunft der Transportwägen mit infieirten Gegenständen in der Station
ist das Ausladen derselben im Freien zu vermeiden, vielmehr bat der Wagen mit dem Theile,
wo sich die Oeffoung befindet, an den betreffenden Raum heranzufahren, worauf die Ausladunz
daselbst zu erfolgen hat.
§ 15. Wenn der Hofraum nächst der Desinfectionsanstalt beim Ausladen der inficirten
Objecte verunreinigt worden sein sollte, so ist sofort die sorgfältigste Desinfection mit fini-
percentiger Carbolsäurelösung zu veranlassen.
S 16. Vor Inangriffnahme einer Desinfection, beziehungsweise vor dem Anheizen eine:
Dampf-Desinfectionsapparates muss der betreffende Apparat genau besichtigt werden und it
Jeder Fehler oder Mangel sofort dem Führer der Station zu melden. Ohne Zustimmung des
Letzteren darf die Verwendung eines Apparates, an welchem ein Mangel oder ein Gebreche
constatirt wurde, nicht erfolgen.
S 17. Jedes Paket, dessen Uebernahme nicht in der vorgeschriebenen Weise stattgefundes
hat, ist vor der Einbringung in den Dampf-Desinfectionsraum zu untersuchen, einerseits um den
Inhalt zu constatiren, anderseits um aus den Taschen von Kleidungsstücken etwa darin befindliche
leicht entzündbare Gegenstände und andere zur Schädigung der Objecte geeignete Materialien
zu entfernen, endlich um alle jene Gegenstände auszuscheiden, welche im Dampfapparate eine
Schädigung erfahren könnten.
Die letzteren Gegenstände sind auf der Consignation entsprechend zu bezeichnen urd
vorläufig in der Umhüllung zu belassen oder anderweitig separat zu verwahren.
Teppiche, Kleider u. dgl. müssen mit Vermeidung von Kniekungen und derart in den
Apparat eingelegt werden, dass zwischen den einzelnen Paketen ein Luftraum freibleibt, daher
diese Gegenstände auch von den Wandungen des Apparates in einiger Entfernung bleiben
müssen, um das Eindringen von Condensationswasser zu verhindern.
$ 18. Die bei der Uebernabme und Revision der inficirten Objecte, wie bei der Beschickung
des Verbrennofens beschäftigten Personen haben sich eines Respirators (vorgebundenes Tub.
eventuell Schwammrespirators) zu bedienen, welcher vor dem Gebrauche jedesmal vollstindiz
zu reinigen, respective zu desinficiren ist.
$ 19. Nach Beendigung der Strohverbrennung und der Desinfection haben die dabe
beschäftigten Bediensteten die Räume zu reinigen, Boden und Wände mit einer vorgeschriebenen
Desinfectionsflüssigkeit und sohin mit Wasser abzuwaschen und nach Vollendung dieser Reinigungs
arbeiten ein Bad zu nehmen und in der Garderobe reine Kleider anzulegen; die abgelegten
Kleider sind vor deren Wiederbeniitzung zu desinficiren.
S 20. Die von dem Transporte eines Infeetionskranken zurückkehrenden Sanitätsdiener
dürfen nur bei dem zweiten Thore in der Gerhardusgasse in die Station einfahren; die Ober
kleider derselben (Arbeitsmäntel), sowie die mitgenommene Tragbettenausrüstung und eventuell
von dem Kranken herrührende Gegenstände sind in jenen Fällen, wo die Desinfeetion nich!
schon in dem betreffenden Krankenhause durchgeführt worden ist, worüber die Bestätigung de
Spitalsverwaltung beigebracht werden muss, sofort in den Desinfectionsraum oder in das Dep:
abzuliefern und hierauf die Desinfection des Wagens zu veranlassen und diese wie die Reinigung
und Desinfeetion der Sanitätsdiener zu überwachen.
S 21. Das in der Station befindliche und ausschliesslich für die daselbst Bedienstete:
bestimmte Bad ist von Jedem nach dessen Benützung wieder in Ordnung zu bringen, wove
sich der Führer der Station durch häufige Nachschau zu üborzeugen hat.
8 22. In jenen Fällen, wo die Rückstellung der desinficirten Gegenstände am Tage d
durchgeführten Desinfection erfolgen muss, ist dies rechtzeitig zu veranlassen und sind dahe
solche Gegenstände bei der Durchführung der Desinfeetion in erster Linie zu berücksichtiget
$ 23. Zur Wahrung der ökonomischen Interessen der Gemeinde Wien ist jener Desinfection®
apparat in Betrieb zu setzen, dessen Rauminbalt am ehesten der zu bewältigenden Arbeit entsprich:
— 135 —
S 24. Die Sanitätsaufseher haben, sobald sie die Abtheilung für inficirte Gegenstände
(Desinfectionsraum, Depöt, Strohverbrennofen, sowie Vorraum) verlassen, sich ebenso wie die
Sanitáts- und Desinfectionsdiener der Desinfection und Reinigung im Bade zu unterziehen.
So lange sie in dieser Abtheilung nicht beschäftigt sind, haben sie das überflüssige
Betreten derselben zu vermeiden. i
§ 25. Für die Ausfolgung der desinficirten Gegenstände sind die hiefür bestimmten
Drucksorten zu verwenden und die einzelnen Stücke der abholenden Partei vorzuzählen, wobei
gleichzeitig aber auch eine genaue Durchsicht sämmtlicher Gegenstände durchzuführen ist, um
jede etwa in der Anstalt bei der Desinfection vorgekommene Beschädigung constatiren zu
können. In einem solchen Falle ist in Gegenwart der Partei ein besonderes Protokoll aufzunehmen,
welches mit der Journalnummer, unter welcher die Gegenstände eingelangt sind, zu versehen
ist, die genaue Bezeichnung der betreffenden Gegenstände und die Art ihrer Beschädignng zu
enthalten hat und von der Partei und dem Führer der Station oder dessen Stellvertreter zu
unterfertigen und drei Monate aufzubewahren ist.
Die Partei hat den Rückempfang der desinficirten Gegenstände auf der Consignation zu
bestätigen.
§ 26. Die in die Station überbrachten inficirten Gegenstände sind sobald als möglich, in
der Regel noch am selben Tage der Desinfection zuzuführen.
Die Unterlassung der Desinfection von solchen Gegenständen, die Ausfolgung oder ander-
weitige Beseitigung noch nicht desinficirter Gegenstände wird an den Schuldtragenden, ungeachtet
der strafrechtlichen Folgen eines solchen Vorganges mit der sofortigen Entlassung geahndet.
S 27. Jede Verhinderung im Dienste ist sofort dem Führer der Anstalt zu melden. Derselbe
ist auch von allen wichtigen Vorkommnissen sofort in die Kenntniss zu setzen,
S 28. Die Sanitätsaufseher der Anstalt haben sich eines soliden und nüchternen Lebens-
wandels zu befleissen, unter einander und mit anderen Bediensteten der Anstalt verträglich zu
sein, mit dem Publicum höflich zu verkehren und dürfen für ihre dienstlichen Leistungen unter
keinerlei Vorwand irgend eine Bezahlung oder ein Geschenk von den Parteien annehmen.
S 29. Bei Ausserachtlassung der Bestimmungen dieser Instruction wird gegen die Schuld-
tragenden mit der sofortigeu Entlassung vorgegangen.
Vom Magistrate der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt
Wien, im September 1898.
ad Map 2 32949 ex 1898. | Beilage 4.
OVIL `
Instruction zur Bedienung der Dampfdesinfectionsapparate in der
Sanitätsstation, II., Gerhardusgasse.
1. Die Dampfdesinfectionsapparate sind im Ruhezustande stets geschlossen, die Hebel
jederzeit — den Zeitpunkt der Lüftung ausgenommen — auf Dampf gestellt zu halten; in das
Ableitungsrobr fiir Condensationswasser in dem Entladeraum ist, um den Syphon stets gefüllt
zu erhalten, täglich Wasser nachzugiessen und ist das Condensationswasser jedesmal wieder
während des Betriebes in den Wasserbehälter zurückzugiessen.
2. Der Wasserstand in den Desinfectionsapparaten muss jederzeit bis zur rothen Marke
des Wasserstandsanzeigers reichen, darf während des Betriebes nie unter die tiefste Marke
sinken, daher beim Sinken des Wasserstandes Wasser durch den Fülltrichter nachzufüllen ist.
Steigt das Wasser während des Betriebes über die rothe Marke, ist das Feuer durch Schliessen
der Aschenthür oder Einstellung des Nachlegens zu mässigen.
3. Zur Heizung darf nur Coaks, zum Anheizen nur Holz verwendet werden.
4. Die Schienen sind im Falle ihrer Nichtbeniitzung in den dazu gehörigen Lagern gestützt
zu erhalten und daher nur für den Zweck des Ein- und Ausladens an den Apparat nach dessen
Oetfnung zu stützen.
D. Die Beschickung der Apparate geschieht von der Beheizungseite aus; die Desinfections-
dauer ist von dem Momente ab zu rechnen, wo das äussere Thermometer, beziehungsweise bei
2
— 136 —
dem grossen Apparate das elektrische Läutewerk des eingelegten Signalpyrometers 100 Grad C.
anzeigen. Von diesem Zeitpunkte an gerechnet sind die zu desinficirenden Gegenstände durel
1 Stunde dem strömenden Wasserdampfe auszusetzen. Nach Ablauf 1 Stunde ist der obere und
sodann die beiden unteren Hebel auf Luft zu stellen und sohin der Desinfectionsraum duret
'/, Stunde, während welcher Zeit das Feuer zu mässigen ist, von erwärmter Luft durchströmen zı
lassen. Die Ermässigung des Feuers geschieht durch das Schliessen der Aschenthiir und duret
Vermeidung des Nachlegens von Feuerungsmaterial. Die heisse Luft bringt den Dampf schnelle
zum Abzug und trocknet die bereits desinficirten Effecten.
6. Nach Entleerung des Apparates von der Gegenseite werden die Thüren wieder dich:
geschlossen und verschraubt und die Hebel auf der Beheizungseite wieder auf Dampf gestellt.
worauf eine neue Beschickung erfolgen kann.
7. Alle zum Verschlusse der Thüren dienenden Schrauben sind zeitweise mässig zu befetter.
8. Die Apparate sind schonend zu behandeln, der gute Zustand derselben überhaupt uns
insbesondere jener der Kautschukdichtungen täglich zu controliren.
9. Nach Beendigung der Desinfection ist das Beschickungslocale zu desinficiren, sodanr
die Aschenräume zu entleeren und die erkaltete Asche in der hierfür bestimmten Kiste zu ver wahrer.
10. So oft das Wasser im Wasserstandsglase trüb erscheint, jedenfalls aber allmonatlict
ist das Wasser aus dem Wasserbehälter bei erkaltetem Kessel durch den untersten Ablassbal:
am Knie des Füllrohres abzulassen und sodann zur gründlichen Reinigung durch Nachgiesser
von Wasser bei offenem Hahne zu spülen.
11. Die Reinigung der Heizung ist bei verlangsamter Dampfbildung, sowie allmonatliet
bei kaltem Apparate mittelst der biefür bestimmten Eisenbürsten durchzuführen, hiebei jedoch
die Entnahme von Russ auf der Ausladeseite bei dem Putzschieber erst dann zu veranlassen
wenn die Heiz- und Aschenthüren im entgegengesetzten Raume dicht geschlossen wurden.
Uebrigens darf diese Reinigung nur nach erfolgter Desinfection des Beschickungslocales stattfinden.
Vom Magistrate der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt
Wien, am 5. November 1898.
ad Mag.-Z. 150434 ex 1898. Beilage 5.
VIII. i
Directiven für dən Transport der zu desinficirenden Gegenstände aus
den Bezirken I, II, VII, IX und XIX in die Sanitätsstation.
II. Gerhardusgasse. l
1. Der Transport der im Dampfapparate zu desinficirenden Gegenstände aus Wohn- ode:
sonstigen Aufenthaltsriumen erfolgt mittelst der hiefür bespannten Wägen der Sanitdtsstatics
Gerhardusgasse durch das Sanitätspersonale dieser Anstalt.
2. Die zu desinficirenden Gegenstände müssen in der Regel für diesen Transport seitens
des Sanitätsaufsehers der betreffenden Bezirke in einer solchen Weise vorbereitet sein, dass da:
Personale der Sanitätsstation nur die Uebertragung derselben aus der Wohnung in den Wage:
und sohin in die Anstalt zu besorgen hat. |
3. Diese Gegenstände müssen daher in den für diesen Zweck bestimmten und bere:
gehaltenen Säcken eventuell in entsprechenden Umhüllen verpackt, mit der vorgeschriebene:
Plombe versehen und die Objecte für den Verbrennofen und für den Dampfapparat gesond:::
verpackt sein. |
4. Die erwähnten Hüllen sind, um Verwechslungen vorzubeugen, mit einer den Bezit
kennzeiehnenden römischen Ziffer und fortlaufenden Zahl in Bruchform zu versehen (also z. R
11. 4, VIII. 1, XIX. 3 ete.), so dass der Zähler den Bezirk, der Nenner die Nummer der Hülle angibt
3. Die zu transportirenden Gegenstände erhalten einen von dem Sanitätsaufseher de:
Bezirkes ausgefertigten Begleitschein, in welchem Zahl und Art der zu desinficirenden Object
und die Nummer der Hülle vorgemerkt ist. Ein gleichlautendes Exemplar erhält die Partei. Eı
‘rırtes behält der Sanitätsaufseher des Bezirkes, welcher den Transport veranlasste.
— 137 —
6. Der Uebernahmsschein für die Anstalt (Begleitschein) ist von der Partei und von
dem Sanitätsaufseher des Bezirkes zu unterfertigen; der der Partei übergebene Schein wird vom
Personale der Anstalt vidirt und dient als Legitimation zur Abholung der desinfieirten Effecten.
7. Der Wagen der Sanitätsstation hat jedesmal einen Vorrath von Reservesäcken und
Reservehüllen in dem Kutschersitze mitzuführen.
8. Die Anmeldung zur Ueberführung der infieirten Gegenstände erfolgt bei der Sanitäts-
station Gerhardusgasse durch die Sanitätsaufseher der Bezirke auf telegraphischem Wege und
zwar in der Weise, dass die telegraphischen Meldungen im Wege des Feuerwehrtelegraphen an
die Feuerwehräiiale Brigittenau gehen, welche dieselben in dringenden Fällen sofort an die
Sanitätsstation befördert oder die Station zur Abholung der Telegramme telephonisch auffordert,
sonst werden dieselben von der Sanitätsstation täglich um 5 Uhr Nachmittags abgeholt. In den
betreffenden Telegrammen oder sonstigen Anweisungen der Desinfectionsanstalt ist immer ausser
dem Namen der Partei die genaue Adresse mit Hausnummer, Hof, Stiege und Thürnummer
anzugeben.
9. In den telegraphischen Anzeigen der Sanitätsaufseher ist die genaue Adresse der
Partei und die Abholungszeit möglichst präcise zu bestimmen, namentlich in jenen Fällen, in
welchen die betreffende Wohnung zu einer anderen Stunde nicht zugänglich ist.
10. Für dringende aussergewóhnliche Desinfectionen kann auch die Verständigung unter
Benützung des Staatstelephons oder des Feuerwehrtelephons erfolgen.
11. Die Telegramme sollen täglich längstens um 4 Uhr Nachmittags der Feuerwebrfiliale
des Bezirkes, in welchem die Desinfection zu erfolgen hat, übergeben werden, von wo aus
jedesmal die Feuerwehrfiliale Brigittenau zu verständigen ist.
12 Der Führer der Station entwirft, sobald er die Telegramme erhalten hat, die Fahr-
ordnung für den nächsten Tag.
13. Um einerseits noch im Laufe des Nachmittags vorgekommene Aenderungen oder
Zuwächse für das Desinfectionsgeschäft des nächsten Tages der Sanitätsstation bekanntgeben,
anderseits von dieser die Mittheilung über inzwischen durchgeführte Spitalstransporte von
Infeetionskranken entgegen nehmen zu können, hat an Wochentagen täglich in der Zeit zwischen
6 Uhr bis 6'/, Uhr Abends ein Rapport zwischen den Sanitätsaufsehern der Bezirke und der
Station zu erfolgen.
14. Dieser Verkehr kann in der Weise geregelt werden, dass fiir jeden Bezirk nur ein
Sanitätsaufseher denselben vermittelt, dass daher Verständigungen, die seine Collegen betreffen,
von diesem veranlasst werden. Er erhält daher auf einem vereinbarten Orte die Verständigung
seiner Collegen, die er der Sanitätsstation mittheilt, er übermittelt von der Sanitätsstation in
Erfahrung gebrachte Veränderungen oder Transporte von Infectionskranken, wenn die Angelegenheit
dringend ist, noch am Abend, wo nicht, am kommenden Morgen seinen Collegen.
15. Wird dieser Rapport auf je einen Sanitätsaufseher eines jeden Bezirkes beschränkt,
kann die Verständigung wohl kaum anders als von den Feuerwehrfhilialen der Bezirke erfolgen;
wird derselbe jedoch für alle Sanitätsaufseher der Bezirke I, II, VIII, IX und XIX eingeführt,
kann jede Telephoustelle des Staatstelephons hiezu benützt werden. Zwischen dem Sanitäts-
aufseher in der Brigittenau kann der Rapport am Abend, insoferne derselbe in der Brigittenau
wohnt, auch ein persönlicher sein, indem er täglich Abends zwischen 6—6!', Uhr in der Sanitäts-
station zu diesem Zwecke erscheint.
16. Ist es möglich, bei dem angesprochenen Transporte eines Infectionskranken auch die
Intervention des Sanitätsaufsehers im Bezirke zu veranlassen, wird der Transport der im
Dampfapparate zu desinficirenden Objecte durch den Infectionskrankenwagen unter Einem mit
dem Transporte des Kranken besorgt werden können, wenn dieser Transport in ein Kinder-
spital und nicht in das k. k. Franz Joseph-Spital gerichtet ist und die zu trans-
portirenden Gegenstände von so geringem Umfange sind, dass sie obne Schwierigkeit und ohne
Belästigung des Kranken befördert werden können, Der Kranke wird in der gewöhnlichen
Weise ins Spital geführt und die Gegenstände bei der Rückkehr in die Station zur Desinfection
abgegeben.
17. Die Abholung der desinficirten Gegenstände hat in der Regel durch die Partei zu
erfolgen; die Rückstellung durch die Anstalt kann in allen dringenden Fällen stattfinden, wo
die Entziehung derselben die Herstellung von Lagerstätten oder den Verkehr unmöglich macht.
18. Die Controlo der zur Desinfeetion abgenommenen Gegenstände erfolgt bei ihrer
Entnahme aus dem Apparate.
9#
— 138 --
19. Die Rückstellung der den Bezirken gehörigen Säcke und Hüllen nach vollzogener
Desinfection erfolgt womöglich am nächsten Tage, im Allgemeinen bei dem ersten Kranken-
transporte, der einen Wagen an dem Amtslocale des städtischen Bezirksarztes vorüberführt.
Hiezu kann daher ebensogut ein normaler, wie ein Infectionskrankenwagen benützt, doch
müssen die Objeete im Kutschersitze verwahrt werden und muss der Wagen das Amtslocale
berühren, bevor er einen Infectionskranken aufgenommen hat.
20. Die Abholung der Objecte hat in der Regel in den Morgenstunden zu erfolgen, so
dass die Wägen zwischen 9 und 10 Uhr Vormittags wieder in der Anstalt eintreffen können.
Wien, am 14. December 1898.
| e —s
ad Mag.-Z. 150434 ex 1898. Beilage 6.
VIII.
Belehrung der Sanitätsaufseher der Bezirke I, II, VIIL, IX und XIX
hinsichtlich des Vorganges mit jenen Effecten, welche der Sanitäts-
station Gerhardusgasse zur Desinfection übergeben werden sollen.
Sobald der Sanitätsaufseher in den Bezirken I, II, VII, IX uud XIX in einer
inficirten Wohnung behufs Vornahme der Desinfection erscheint, hat derselbe nach der
Desinfectionsvorschrift sich zu benehmen, jedoch in allen Fällen, wo im Sinne derselben die
Verbrennung von Bettstroh ete. oder die Desinfeetion von Gebrauchsgegenständen im Dampf-
desinfectionsapparate vorgeschrieben ist, die Verpackung derselben und deren Bereithaltung für
den Transport in die Sanitätsstation, II. Gerhardusgasse zu besorgen.
Dieser Act ist bei den einleitenden Arbeiten zu der Desinfection in Gegenwart des Familien-
vorstandes oder seines Vertreters und zwar in der Weise zu besorgen, dass die im Verbrennofen zu
vernichtenden, beziehungsweise die im Dampfdesinfectionsapparate zu behandelnden Gegenstände
gesondert in den für diesen Zweck von der Gemeinde angeschafften Säcken und Hüllen und
ausnahmsweise in reinen, von den Parteien beigestellten Leintüchern zu verpacken sind. Diese
Pakete sind nach genauer Aufnahme ihres Inhaltes in der hiefür bestimmten Drucksorte durch
Plomben zu verschliessen, der Partei eine Abschrift des Inhaltes für sie selbst, eine zweite
Abschrift zu den Paketen zu übergeben und diese entweder in dem Vorraume oder aber nach
Beendigung der Desinfection in dem desinfieirten Locale aufzubewahren. Die Verzeichnisse sind
von dem Sanitätsaufseher der Bezirke zu fertigen, das der Partei übergebene Exemplar wird
von dem Abholungspersonal der Desinfeetionsanstalt, das für dieso bestimmte Exemplar auch
von der Partei unterschrieben.
Sohin wird mit der Partei die für die Abholung bestimmte Stunde vereinbart und die
Partei aufmerksam gemacht, dass die Abholung der plombirten Effecten zur festgesetzten
Stunde durch die Sanitätsstation Gerhardusgasse erfolgen wird. Auch ist die Partei aufmerksam
zu machen, dass sie die Abholung der desinfieirten Gegenstände am zweitnächsten Tage zu
veranlassen hat.
Wien, am 14. December 1898.
— 139 —
Vorderseite.*) Beilage 7.
_Prot.-Nr.... AN
© ex 1899.
Für die Sanitätsstation, II. Gerhardusgasse 3/5
zur Desinfection
WERBEN i ees VOR Herrn
Frau
Bez se Nr... Stiege ... .. Stock ......... Thür Nr............ übergebeu am...... .
Verzeichnisse der zu desinbeirenden ; Verzeichnis der zu desinticirenden k
Gegenstände Stück | Gegenstände SE |
EE SSS | AAA SE EE)
| |
Zur er te . Ba ee
en SE WINE, Ke | Sian E A |
|
> + e alos: O nn
y |
| Verzeichniss der zu verbrennenden Stück
Gegenstände
en inne En Beer ua A Zanea
| | Strohsäcke (mit [ohne] Hülle)
GE E RE IE nur ee
| | andere
Unterschrift der Partei Unterschrift des Banitätsautsehers
übernommen am ` ` durch (Personale der Anstalt): .. _... Nr, der Hille:
Rúokseite.
Sanitätsstation II. Bezirk.
For Zahl 0. on
Desinfection durchgeführt am ....... ....... - ..........
Mit dem umstehenden Verzeichnisse übereinstimmend befunden.
Die richtige Uebernahme wird bestätigt. Der Führer der Station.
Wien, AM ea tee ds ,
Name der Partei.
Die Abholung der desinficirten Effecten aus der
Sanitätsstation hat die Partei innerhalb drei Tagen
unter Vorweisung dieser Bestätigung in der Zeit von
7—10 Uhr Vormittags oder von 5-7 Uhr Nachmittags
zu besorgen. |
wo oo [m — a
”*) Besteht aus drei gleichlautenden Abschnitten.
— 140 —
ad Mag.-Z. 222467 ex 1897. Beilage 8.
UL
Instruction für die städtischen Sanitätsdiener in der neu errichteten
Sanitätsstation, II. Bezirk, Gerhardusgasse 35.
A. Allgemeine Bestimmungen.
§ 1. Die städtischen Sanitätsdiener sind provisorisch Angestellte der Gemeinde Wien, sie
sind dem Magistrate untergeordnet und unterstehen zunächst dem Führer der Sanitätsstation.
Dieselben haben den Anordnungen des Magistrates, den Weisungen des Stadtphysicates,
beziehungsweise des betreffenden städtischen Bezirksarztes Folge zu leisten und die ihnen seiteus
dieser Organe und von dem Führer der Station, sowie von den k. k. Bezirks-Polizeicommissariaten
ertheilten, auf ihre Dienstesobliegenheiten Bezug habenden Aufträge ohne Säumniss auszuführen.
§ 2. Die Dienstesobliegenheiten der städtischen Sanitätsdiener in der obigen Sanitätsstation
sind insbesondere:
a) Die Ueberführung von Kranken aus ihren Wohnungen im I., II., IX. und XIX. Bezirke
und von in diesen Bezirken plötzlich verunglückten Personen in die im Wiener Gemeindegebiete
befindlichen Spitäler beziehungsweise in die daselbst gelegene Wohnung.
b) Die Ueberführung der Leichen von im I., II., IX. und XIX. Bezirke verstorbenen
mittellosen Personen, welche vom städtischen Arzte zur Beisetzung in einer Leichenkammer
bestimmt werden, vom Sterbehause in die zugehörige Leichenkammer (Bezirksleichenkammer).
Der Magistrat behält sich vor, eventuell auch noch andere Bezirke dieser Station zuzuweisen.
c) Die Abtransportirung aller zur sanitätspolizeillichen odor gerichtlichen Obduction
bestimmten Leichen aus allen 19 Wiener Gemeindebezirken in das k. k. Allgemeine Krankenhaus.
§ 3. Die sämmtlichen vorbezeichneten Kranken- und Leichentransporte sind mit den
vorhandenen, für die betreffende Art des Transportes bestimmten Wägen auszuführen.
S 4. Die städtischen Sanitätsdiener haben die sämmtlichen Transportmittel jederzeit in
grósster Ordnung und Reinlichkeit bereit zu halten; die Transportwägen sind daher nach
jedesmaligem Gebrauche unverzüglich in der Station zu reinigen und geöffnet dem Zutritt
frischer Luft möglichst lange auszusetzen. Wenn jedoch ein infectiös Erkrankter oder eine
Infectionsleiche transportirt wurde, hat der Sanitätsdiener den betreffenden Wagen, sowie dessen
Einrichtung — wenn dies bei Krankentransporten nicht schon im Spitale geschehen ist, worüber
ein Certificat der Spitalsverwaltung beigebracht werden muss — sowie sich selbst sofort nach
Ausführung des Transportes vorerst vorschriftsmässig zu desinfieciren und hievon dem Führer der
Station die Meldung zu erstatten.
$ 5. Die im Dienste stehenden Sanitätsdiener haben sich in dem hiezu bestimmten
Permanenzlocale aufzuhalten und dürfen dasselbe, ausser bei Besorgung von Transporten, ohne
eingeholte Erlaubniss des Führers der Station nicht verlassen.
S 6. Behufs Besorgung des Krankon- und Leichentransportdienstes wird ein Turnus für
die Tag- und Nachtstunden festgesetzt, welcher von den Sanitätsdienern strenge einzuhalten ist.
Die Einhaltung der Diensteintheilung ist von dem Führer der Station täglich und periodisch
auch von dem städtischen Bezirksarzte zu überwachen.
S 7. Den städtischen Sanitätsdienern wird zur Pflicht gemacht, mit den Kranken und
Verunglückten mit Sorgfalt und Schonung zu verfahren; im Verkehre mit dem Publicum haben
sich die städtischen Sanitätsdiener stets höflich und bescheiden zu benehmen; insbesondere
haben sich dieselben eines nüchternen Lebeuswandels zu befleissen und untereinander verträglich
zu sein.
Bei Ausserachtlassung dieser Vorschriften wird gegen die Schuldtragenden mit deren
Entlassung vorgegangen.
$ 8. Den städtischen Sanitätsdienern ist es verboten, von Parteien Trägergebüren oder
Geschenke zu fordern.
B. Besondere Bestimmungen.
S 9. Bei Ausführung von Krankentransporten haben, wenn es sich um Erwachsene handelt.
stets zwei städtische Sanitätsdiener zu interveniren; mindestens einer derselben muss bei dem
Krauken im Wagen bleiben und denselben überw:.cl:en, | |
— 141 —
S 10. Beim Transporte von Infectionskranken sind die hiezu bestimmten Wägen zu
verwenden. Die den Transport ausführenden Sanitätsdiener haben die Arbeitsmäntel anzulegen
und dürfen nach Berührung mit dem Kranken nicht mehr am Kutschbocke sitzen.
$ 11. Leichen, welche zur gerichtlichen oder sanitätspolizeichen Obduction bestimmt sind,
dürfen nur über Auftrag eines k. k. Polizeicommissariates transportirt werden und ist in diesen
Fällen der den Todesfall betreffende polizeiliche Erhebungsact sammt dem Parere des Amtsarztes
von den Sanitätsdienern bei der Abtransportirung der Leiche in dem betreffenden k. k. Polizei-
commissariate des Bezirkes, in welchem die Leiche ‘liegt, abzuholen und zugleich mit der Leiche
dem Leichendiener im k. k. Allgemeinen Krankenhause zu übergeben.
Bei dem Transporte eines Infectionskranken dürfen die Sanitätsdiener weder heim Hin-
noch beim Rücktransporte den Wagen verlassen oder gar in einem Öffentlichen Locale einkehren.
§ 12. Vor jeder Abtransportirung eines Kranken in ein Spital, wenn dasselbe in dem
ämtlichen Auftrage nicht schon bezeichnet wäre, ist bei den betreffenden Spitalsverwaltungen
unter Angabe der Krankheitsform, insbesondere bei Infectionskranken vor der Ausfahrt tele-
phonisch anzufragen, ob der Kranke daselbst aufgenommen werden kann.
§ 13. Ueber jeden Kranken- oder Leichentransport ist ein genaues, leserlich geschriebenes
Protokoll nach den vorgeschriebenen Rubriken zu fiihren und sind die Transporte mit fort-
laufenden Nummern einzutragen und am Ende eines jeden Monates und Jahres abzuschliessen.
Allmonatlich ist ein genauer Auszug aus dem Protokolle, aus welchem die Zahl der
einzelnen im betreffenden Monate ausgeführten Kranken- und Leiehentransporte ersichtlich ist,
dem Sanitätsdepartement des Wiener Magistrates im Wege des Stadtphysicates vorzulegen.
Diese Ausweise sind von dem Führer der Anstalt zu prüfen und zu vidiren.
Ausserdem ist ein Tagesrapport nach dem vorgeschriebenen Formulare an den städtischen
Bezirksarzt zu übersenden.
S 14. Ucber die genaue Einhaltung und Beobachtung der obigen Vorschriften hat zunächst
der bestellte Führer der Station, sowie auch der dienstälteste Sanitätsdiener zu wachen.
Der Führer der Sanitätsstation wird alle etwa vorkommenden Ordnungswidrigkeiten, sowie
ha wichtigen Vorfälle in Dienstesangelegenheiten unverzüglich dem Magistrate zur Kenntniss
ringen.
Vom Magistrate der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt
Wien, im September 1898.
GAUCK VOM FRICORICH JASPER Th WIEN.
»Das österreichische Sanitätswesen.« Beilage zu Nr. 43, 26. October 1899.
Verlag von Alfred Hölder, k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändler in Wien, I., Rothenthurmstrasse 15,
Belehrung über die Pest
und die
sanitären Massnahmen zur Verhütung und Tilgung derselben.
(Gutachten des k. k. Obersten Sanitätsrathes, erstattet in der Sitzung vom 8. Juli 1899.)
I. Wesen der Pest.
Die Pest, auch Beulenpest genannt, ist eine durch den Pestbacillus
hervorgerufene und in Europa nur nach Einschleppung auftretende Infectionskrankbeit,
welche entweder local bleibt oder aber — und zwar bäufiger — zur Allgemein-
infection führt. Am häufigsten erkranken zuerst de Lymphdrüsen, seltener die
Lungen und noch seltener die Haut. Man nennt die erkrankten Lymphdrüsen
Bubonen, die Erkrankung der Lungen Pestpneumonie und die der Haut Car-
bunkel.
Die Bubonen können wieder in primäre und secundäre unterschieden
werden; erstere betreffen jene Lymphdrüsen, in welche der Pestbacillus von seiner
Eingangspforte aus zunächst und zwar auf dem Lymphwege gelangt, während die
secundären Bubonen durch die später erkrankenden Lymphdrüsen, beziehungsweise
Lymphfollikel dargestellt werden, in welche der Pestbacillus erst von dem primären
Bubo aus, und zwar durch die Blutbahn, verschleppt wird. Bei sehr raschem und
bösartigem Verlaufe der Krankheit können die Bubonen mitunter so wenig entwickelt
sein, dass sie sich dem klinischen Nachweise entziehen (Pestis siderans).
In jenen Fällen, in welchen der Process in den Lymphdriisen localisirt bleibt,
zeigt die Krankheit im Allgemeinen einen mehr gutartigen Charakter, obwohl zuweilen
auch in solchen Fäilen schwere Allgemeinerscheinungen auftreten können, welche
von der Resorption der durch die Pestbacillen producirten und hauptsächlich auf
das Herz und das Central-Nervensystem wirkenden Giftstoffe herrühren.
Kommt es zur Allgemeininfection, die mitunter erst spät eintritt, so
verläuft die Krankheit von nun an mehr weniger stürmisch, und zwar unter dem
Bilde der Septikämie, wobei gewöhnlich Blutungen in den verschiedensten Organen
auftreten, oder unter dem Bilde der Pyämie, mit metastatischen Herden vorwiegend
in Lunge, Leber, Niere und Haut; der Ausgang der Allgemeininfection ist gewöhnlich,
wenn auch nicht immer, ein tödtlicher.
Im Verlaufe der Pesterkrankung kommt es sehr häufig zurSecundärinfeetion
mit anderen pathogenen Bakterien, insbesonders mit den sogenannten Eitercoccen
(Staphylococcus und Streptococcus pyogenes) und den Pneumoniecoccen; sie tritt in
erster Line in den erkrankten Tonsillen und Lymphfollikeln der Mund- und Rachen-
höhle, weiters in den Lungen sowie in den Bubonen auf und kann schliesslich gleich-
talls zu einer Allgemeininfection führen.
1
— 144 —
II. Aetiologie der Pest.
Der Erreger der Pest ist ein Bacillus, welcher sich leicht künstlich cultiviren
lässt und auch unter natürlichen Verhältnissen ausserhalb des Organismus eine Zeit
lang zu existiren vermag. Er bildet aber keine Dauerformen (Sporen) und ist im
Allgemeinen gegen äussere Einwirkungen (Eintrocknung, Sonnenlicht, Hitze, chemische
Agentien) nicht sehr widerstandsfähig.
Gegen rasche, bei höherer Temperatur stattfindende Eintrocknung ist er sogar
sehr empfindlich, während er bei langsamer, z. B. bei einer Temperatur zwischen
15 und 18 Grad C. stattfindender Eintrocknung bis zu vier Wochen, allerdings unter
Abnahme seiner Virulenz, lebensfähig bleiben kann.
Unter Einwirkung des directen Sonnenlichtes gehen die Pestbacillen in wenigen
Stunden, bei feuchter Hitze von 80 Grad C. in 5 Minuten und von 100 Grad C.
augenblicklich zu Grunde. Von den gebräuchlichen chemischen Desinfectionsmitteln
tödten die Pestbacillen wässerige Lösungen von 1 per Mille Sublimat in einigen Augen-
blicken, von 2:5 Percent Carbolsiéiure oder Lysol in 1 Minute, von 1 Percent Chlorkaik
in 15 Minuten, von 1 Percent Aetzkalk in 30 Minuten; Kalkmilch (zu gleichen
Theilen mit der zu desinficirenden Substanz, z. B. mit Fäces vermengt) oder 3per-
centige Schmierseifenlösung vernichten die Pestbacillen auch erst in 30 Minuten. Im
aufbewahrten Sputum von Pestpneumonie waren die Pestbacillen nach 15 Tagen, in
faulenden Organen von Pestleichen nach 6 Tagen, in sterilisirten und dann mit
Pestbacillen versetzten Fiices nach 5 Tagen, in sterilisirtem Leitungswasser nach
10 Tagen und in gewöhlichem Leitungswasser nach 5 Tagen nicht mehr nachweisbar.
Die Haupteintrittspforten des Pestbacillus in den menschlichen Organismus
sind die Haut, die Respirationswege und der Digestionstract. Was die
Haut betrifft, so kann die Invasion zwar an jeder Stelle erfolgen; doch kommt hiebei die
Haut der entblössten Körpergegenden, namentlich der Hände und Füsse, in erster
Linie in Betracht, da an ihnen am häufigsten Verletzungen vorkommen und diese
das Eindringen des Pestbacillus erleichtern; der Pestbacillus kann aber auch an in-
tacten Hautstellen eindringen, wenn er in dieselben, beispielsweise durch die Finger
oder durch Wäschestücke, Kleider und dgl. gewissermassen eingerieben wird.
An der Eingangspforte in der Haut kommt es gewöhnlich zu gar keiner oder
wenigstens zu keiner sichtbaren Veränderung; erst in den zunächst gelegenen
Lymphdrüsen äussert sich die Wirkung des eingedrungenen Pestbacillus, und zwar
in der Erzeugung eines primären Bubo,
Im Respirationstracte vermag der Pestbacillus an beliebigen und selbst
an ganz unverletzten Stellen einzudringen; erfolgt die Invasion in der Nasenhöhle,
so kann es in den Hals-Lymphdrüsen zur Bildung eines primären Bubo kommen.
während bei dem Eindringen in die Bronchien oder die Lungenalveolen in diesen
selbst eine Entzündung, nämlich die sogenannte Pest-Bronchitis und Dest
Pneumonie entsteht, und zwar letztere in der Form einer confluirenden
Lobulärpneumonie.
Vom Verdauungstracte kommt eigentlich nur die Mund- und Rachenhöh'«
in Betracht, da vom Magen und Darm aus wohl nur selten eine Infection erfolgen
wird. In der Mund- und Rachenhöhle sind es vor Allem die Tonsillen, welche häufig
zur Eintrittspforte werden können; der primäre Bubo sitzt dann am Halse.
Was das Vorkommen des Pestbacillus innerhalb des erkrankten
Organismus betrifft, so findet er sich nicht nur in den Krankheitsherden und ir
den von diesen stammenden Excreten, namentlich im Sputum bei Pest-Bronchitis
und Pestpneumonie und im Speichel bei Affectionen der Mund- oder Rachenhöhle,
sondern bei Allgemeininfection auch im Blute und in den Hämorrhagien, daher
unter diesen Verhältnissen auch im Nasensecrete bei Epistaxis, im Erbrochenen und
in den Fiices bei Hämorrhagien der Magen- oder Darmschleimhaut, ım Menstrual-
blute und überdies nicht selten im Harne und in der Galle.
— 145 —
In die Aussenwelt kann der Pestbacillus mit den eben genannten Excreten,
sowie mit dem Exsudate der aufgebrochenen Bubonen, Carbunkeln und Blasen der
Haut gelangen. Die Uebertragung des Pestbacillus auf Gesunde erfolgt daher
zunächst durch die erwähnten Ausscheidungsstoffe, und zwar entweder direct durch
die letzteren oder durch Vermittlung von Objecten, welche mit diesen Stoffen be-
sudelt wurden und keine der Lebensfähigkeit des Pestbacillus abträgliche Beschaffen-
heit haben. Von diesen Objecten werden daher namentlich Wäsche-, Kleidungs- und
Verbandstücke zur Uebertragung geeignet sein, vorausgesetzt, dass sie nicht zu sehr
durch faulende Stoffe verunreinigt oder die Excrete nicht schon seit längerer Zeit
an ihnen eingetrocknet sind.
Eine Uebertragung des Pestbacillus durch die Luft ist nur auf geringe Ent-
fernung möglich, und zwar nicht durch Verstäubung von trockenen Substanzen, da
in diesen die Pestbacillen bereits abgestorben sind, sondern durch Verstäuben und
Verspritzen von Flüssigkeiten, wie z. B. von Sputum oder Speichel beim Husten
oder Sprechen der Pestkranken, wodurch nämlich feinste Flüssigkeitströpfchen in
in die nächste Umgebung des Kranken gelangen können.
Eine Uebertragung des Pestbacillus kann auch durch Fliegen und vielleicht
auch durch gewisse blutsaugendelInsecten (Flöhe, Wanzen) geschehen, wenn
deren Körper mit den zuvor genannten Auswurfsstoffen in Berührung gekommen war.
Endlich spielen bei der Verbreitung und Uebertragung des Pestbacillus noch
jene Thiere eine wichtige Rolle. welche spontan an Pest erkranken können. Zu
diesen gehören vor Allem die Ratten und Mäuse, bei welchen Pesterkrankungen
wiederholt constatirt werden konnten, und eine gegenseitige Ansteckung namentlich
dadurch begünstigt wird, dass die verendeten Thiere von den gesunden angenagt
oder gefressen werden.
Aber auch bei Katzen ist eine spontane Erkrankung nicht ausgeschlossen,
weil sie einerseits sehr leicht künstlich mit Pestbacillen zu inficiren sind, andererseits
mit Ratten oder Mäusen und deren Auswurtsstoffen in Berührung kommen können.
Alle diese Thiere werden dann den Pestbacillus auf den Menschen übertragen können,
wenn dieser mit ihnen oder ihren Auswurfsstoffen in directen oder indirecten Contact
kommt.
Alle anderen in unserer Umgebung lebenden Thiere sind aber entweder dem
Pestbacillus gegeniiber refractär, oder es ist ihnen, wie z. B. den sonst für den Pest-
bacillus sehr empfänglichen Meerschweinchen und Kaninchen keine Gelegenheit zu
einer natürlichen Infection geboten.
Die Incubationsdauer schwankt zwischen 2 und 7 Tagen.
III. Diagnostisch wichtige Krankheitssymptome.
Der Erkrankung geht entweder ein Prodromalstadium mit Mattigkeit,
Kopfschmerz, Ueblichkeiten und Schwindel von 1- bis 2tägiger Dauer voraus, oder
die Krankheit setzt ganz unvermittelt mit Schüttelfrost (oder wiederholtem
Frösteln), heftigem Kopfschmerz, intensivem Schwindel und Erbrechen ein.
Das Sensorium kann zwar bis zum Tode frei bleiben, ist aber gewöhnlich
getrübt, und es besteht oft sogar tiefstes Koma. Charakteristisch ist der taumelnde
Gang und die lallende Sprache der Kranken. Häufig kommen Delirien und
Fluchtversuche vor; oft beobachtet man auch Muskelzuckungen. Der Ge-
sichtsausdruck ist gewöhnlich leidend oder heiter-verwirrt, selten ängstlich. Diagnostisch
wichtig ist, dass stets eine Conjunctivitis besteht. Entzündliche Röthung des
Rachens, Schwellung der Tonsillen und trockener Husten sind häufig schon im
B:ginne der Erkrankung zu constatiren, während Herpes labialis constant
fehlt. Die Zunge ist im Anfange dickweiss belegt. Das Durstgefühl ist stets
erhöht. Hautblutungen kommen anfangs nur spärlich vor und treten in der Regel
erst terminal auf. Regelmässig besteht ein oft beträchtlicher, acuter Milztumor.
1”
— 146 —
Schmerzhaftigkeit undSchwellung einer Lymphdriisengrupp¢
tritt fast immer im Beginne der Erkrankung auf, meist schon zur Zeit des
initialen Schüttelfrostes, manchmal sogar vor demselben; die Schmerzhaftigkeit ist
ein diagnostisch wichtiges Symptom, da die Lymphdrüsen manchmal nur unmerklich
geschwollen sind.
Der Pestbubo wird in der Regel von mehreren benachbarten, geschwollenen
und nicht mehr gut voneinander abgrenzbaren Drüsen gebildet, die im Höhestadium
der Schwellung vonharter, unelastischer Consistenz sind. Die Haut darüber is:
verdickt, schwer abhebbar, die Umgebung des Bubo oft in weiter Ausdehnung
teigig-ödematös.
Gewöhnlich zeichnet sich der primäre Bubo vor den später entstehenden Bubonen
durch besondere Grösse aus. Doch gibt es auch Fälle mit geringer allgemeiner
Drüsenschwellung.
Am häufigsten werden die femoralen und inquinalen Lymphdrüsen ergriffen.
weniger häufig die axillaren, am seltensten die Drüsen am Halse. Die Bubonen
am Halse, oft mit Parotitis verbunden, können enorme Geschwülste bilden unü
zur Compression des Larynx und Glottisödem führen.
Im Verlaufe der Krankheit bildet sich der Bubo entweder zurück oder er
vereitert, was jedoch nicht immer mit Temperaturerhöhung verbunden sein muss.
Ausser Bubonen beobachtet man häufig noch Carbunkel; dieselben entstehen
mit der Bildung eines Bläschens auf einer gerötheten, juckenden Hautstelle und treter
fast immer secundär, sehr selten primär auf.
Die Temperatur ist in den ersten Tagen der Erkrankung gewöhnlich 39 bis
40 Grad C.; die Fiebercurve zeigt aber in der Regel starke Remissionen.
Ein sehr constantes Symptom ist die auffallendeHerzschwäche. Am Herzen
selbst ist klinisch ausser Schwäche der Töne nichts nachweisbar. Die Pulsfrequenz
ist meist hoch, die Pulswelle niedrig, schlecht abgesetzt, die Spannung sehr
gering.
Im Verlaufe der Erkrankung beobachtet man oft einen diphtheritischen.
gelblichweissen Belag der Tonsillen, gleichzeitig blutiges Sputum und Schlinge-
beschwerden. Sehr häufig ist noch eine diffuse Bronchitis vorhanden. Anderseit:
kann man nicht selten eine hochgradige Dyspno& bei normalem percutorischer
und fast normalem auscultatorischen Befunde beobachten.
Pneumonien kommen bei Pest sowohl primär als secundär vor. Im
ersteren Falle verläuft die Pest überhaupt unter dem Bilde einer Pneumonie und
wird von einem Schüttelfroste eingeleitet; die allgemeinen Symptome der Pest fehleu
aber nicht, während Lymphdrüsenschwellungen vorkommen oder ausbleiben können.
Auffallend ist hiebei die hochgradige Dyspnoé und Cyanose. Das Sputum
ist meist ‚reichlich, rostfarben oder rein blutig, bald dünnflüssig, bald zäh. Die
physikalische Untersuchung weist aber nichts für Pestpneumonie Charakteristische:
nach, und die Dämpfung ist oft eine geringfügige. Differentialdiagnostisch
wichtig ist das Fehlen von Herpes labialıs.
Die im Verlaufe der Erkrankung auftretenden secundären Pestpneu-
monien unterscheiden sich in nichts von gewöhnlichen Lobulärpneumonien.
Erwähnenswerth ist noch das manchmalige Vorkommen einer durch den Pest-
bacillus verursachten Meningitis ım Verlaufe der Beulenpest.
lm Harne ist stets Eiweiss vorhanden.
Die Mortalität beträgt nach Bitter durchschnittlich circa 40 Percent
während sie nach den Angaben anderer Autoren zwischen 60 und 90 Percent schwanker
soll; sie hängt jedenfalls von dem Stadium und der Schwere der Epidemie uni
namentlich von dem Vorherrschen der Pestpneumonie ab.
Die Reconvalescenz dauert meist viele Wochen oder Monate. Recidiven
warden nach 2—8 Wochen beobachtet; auch mehrmalige Erkrankun g an
— 147 —
Pest kann vorkommen, doch pflegt die spätere Erkrankung milde zu verlaufen. In
der Regel macht aber das Ueberstehen der Pest gegen eine male Erkrankung
immun.
IV. Feststellung der Diagnose.
Die Diagnose der Pest wird am Lebenden durch die klinische Untersuchung
allein nur dann ziemlich leicht und mit Sicherheit gestellt werden können, wenn
bereits eine Epidemie besteht und typische Erkrankungsformen vorliegen.
Handelt es sich aber um die ersten Erkrankungsfälle, so wird deren sichere
Erkennung auf rein klinischem Wege häufig sehr schwer oder gar nicht möglich
sein, und doch ist gerade in diesen Fällen eine richtige Diagnose die erste Be-
dingung für eine wirksame Bekämpfung der Ausbreitung der Krankheit. Es wird
daher in solchen Fällen unbedingt zur bacteriologischen Untersuchung
geschritten werden müssen. Zu diesem Zwecke wird vom intervenirenden Ärzte,
falls er selbst kein Bacteriologe ist, schleunigst die Delegirung eines solchen von
Amtswegen zu veranlassen sein.
Für die bacteriologische Untersuchung können benützt werden:
1. das Exsudat von Bubonen, Carbunkeln oder Hautblasen,
2. das Blut,
3. das Sputum.
Geschieht die Entnahme des Exsudates und des Blutes durch andere
Aerzte als durch den zur bacteriologischen Untersuchung bestimmten Fachmann, so ist
hiebei in folgender Weise vorzugehen:
Das Exsudat von noch nicht aufgebrochenen Bubonen oder Carbunkeln
suche man durch Punction und Aspiration mit einer sterilisirten Pravaz’schen oder
ähnlichen Spritze zu gewinnen. Die Sterilisirung der Spritze soll entweder durch
strömenden Wasserdampf (bei Vorhandensein eines Dampf-Desinfectionsapparates)
oder durch kochendes Wasser bewirkt werden, wobei die Spritze mindestens eine
halbe Stunde lang einer Temperatur von 100 Grad C. ausgesetzt werden muss. Im
Nothfalle oder, wenn die Zeit drängt, kann die Desinfection auch mittelst einer
O'l percentigen, wässerigen Sublimatlösung geschehen, indem man die Spritze zuerst
mit dieser Lösung und dann mehrmals hintereinander mit concentrirtem Alkohol und
Aether füllt und entleert. Vor dem Einstechen in den Bubo oder Carbunkel muss die
darüber liegende Haut nach dem Abrasiren etwa vorhandener Haare mittelst Seife
gut gereinigt und mittelst einer O'lpercentigen Sublimatlösung desinfieirt werden,
welche aber dann mittelst Alkohol und Aether wegzuspülen ist, bis die Haut wieder
ganz trocken erscheint.
In gleicher Weise ist vorzugehen, wenn man den Inhalt von Hautblasen ge-
winnen will, nur muss die Reinigung und Desinfection der Haut mit Vorsicht ge-
schehen, damit hiebei die Decke der Blase nicht einreisst.
Wenn es gelingen sollte, mit der Spritze mehr als einige Tropfen Flüssigkeit
zu aspiriren, so Kann letztere in ein sterilisirtes Gefäss (Eprouvette, Fläschchen)
ausgespritzt werden; sonst muss aber die Flüssigkeit in der Spritze bleiben und
letztere selbst in ein sterilisirtes Gefäss (Eprouvette, Fläschchen) gebracht werden.
In beiden Fällen ist das betreffende Gefäss mit einem durch die Flamme gezogenen
Wattapfropfen oder einem sterilisirten Stöpsel zu verschliessen.
Ist der Bubo oder Carbunkel bereits aufgebrochen und tritt das Exsudat
deutlich zu Tage, so ist dasselbe entweder mit einem sterilisirten Capillarröhrchen
aufzufangen oder mittelst eines geeigneten, sterilisirten Instrumentes in eine Eprouvette
oder ein Fläschchen oder Uhrschälchen oder zwischen zwei Objectträger zu bringen.
die aber ebenfalls steril sein müssen,
Ist von dem aufgebrochenen Bubo oder Carbunkel auf die eben angegebene
Weise kein Exsudat zu erhalten. so versuche man die Punktion und Aspiration
mittelst der Spritze.
— 148 —
Die Entnahme von Blut geschieht an einer Fingerbeere oder am Ohrlippcher
mittelst einer sterilisirten Nadel, nachdem vorher die Haut in der schon oben an-
gegebenen Weise desinfieirt worden war; zum Auffangen des Blutes bediene mar
sich eines sterilisirten Capillarröhrchens, welches hierauf in einer Flamme zuge-
schmolzen wird.
Das vom Kranken etwa expectorirte Sputum wird in ähnlicher Weise wie
das Exsudat eines aufgebrochenen Bubo in ein sterilisirtes Gefäss (Fläschchen oder
Eprouvette) gebracht.
Die Sterilisation aller bisher genannten Objecte kann entweder mittelst langsamen
Durchziehens derselben durch eine Gas oder Spiritusflamme, falls sie eine solche
Hitze vertragen, oder in der oben für die Spritze angegebenen Weise geschehen.
Alle jene Utensilien, welche bei den bisher beschriebenen Proceduren mit der
Excreten oder dem Blute des Kranken in Berührung gekommen waren, müssen zum
Schlusse jener Desinfectionsart unterzogen werden, welche überhaupt gegenüber der
Excreten oder Gebrauchsgegenständen des Kranken in Verwendung zu kommen bat
und im Abschnitte V angeführt ist.
Ist ein Kranker unter Pestverdacht gestorben, so kann der zur Feststellunz
der Todesursache designirte Arzt, falls er bacteriologisch geschult ist, beziehungsweis-
der requirirte bacteriologische Fachmann. wenn an der Leiche aussen siehtbar:
Bubonen oder Carbunkeln vorhanden sind, sich zunächst auf die bacteriologische
Untersuchung dieser beschränken.
Zu diesem Zwecke wird der Bubo oder der Carbunkel, nachdem die darüber
befindliche Haut in der schon früher angegebenen Weise gereinigt und desinficiri
worden war, mit einem ausgeglühten und wieder abgekühlten Messer eingeschnitter.
und das Exsudat sogleich mikroskopisch untersucht; können hiebei mit voller Be
stimmtheit Pestbacillen nachgewiesen werden, so bat die weitere Section, wenn ihr
Vornahme nicht etwa aus wissenschaftlichen Gründen angezeigt erscheint, aus Rück-
sicht auf die Gefahr, mit welcher die Section für den Obducenten und das Hi:s
personal verbunden ist, zu unterbleiben.
Ist aber das Resultat der Untersuchung ein negatives oder zweifelhaftes, oder
kann überhaupt die mikroskopische Untersuchung wegen Mangels eines bacteriols
gischen Fachmannes nicht sogleich vorgenommen werden, so muss nicht nur da:
Exsudat des Bubo, respective des Carbunkels, in der schon oben beschriebene:
‘Weise behufs Vornahme von Cultur- und Thierversuchen oder behufs Versendung a:
den zu den bacteriologischen Untersuchungen designirten Fachmann gesamme:
werden, sondern es ist auch die weitere Section unter den strengsten Vorsicht:
massregeln vorzunehmen.
Kann bei letzterer nicht mit voller Sicherheit eine andere Todesursache al:
Pest constatirt werden, so müssen behufs bacteriologischer Untersuchung sowohl as:
Exsudat von etwa vorhandenen Entzündungsherden, z. B. von einer Pneumonie.
als auch der Saft von der Milz und das Herzblut, beziehungsweise das Blut von
einer grossen Vene, gesammelt und, wenn kein bacteriologischer Fachmann anweseri
ist, behufs Versendung in sterilisirte Gefässe gebracht werden.
Das Einschneiden der betreffenden Organe geschieht in der bereits bei de:
Bubonen angegebenen Weise. Auch sollen kleine Stücke von den genannten
Organen, sowie von den Bubonen behufs mikroskopischer Untersuchung in reine.
concentrirten Alkohol enthaltende Gefässe eingelegt werden.
Zum Zwecke der Uebersendung der bisher angeführten Untersuchungsobjec::
an den designirten Fachmann werden dieselben in ähnlicher Weise verpackt, wie e
für die Versendung von Choleradejecten vorgeschrieben ist.
Das Untersuchungsresultat ist im kürzesten Wege sowohl der Localbehöri:
als auch der politischen Landesbehörde und dem Ministerium des Innern bekann
zu geben.
— 149 —
V. Prophylaxis.
Die prophylaktischen Massnahmen zerfallen in solche, welche bei
drohender Pestgefahr und in solche, welche nach dem Ausbruche der
Pest zu treffen sind. Die ersteren sind folgende:
1. Es sind Fachmänner zu designiren, weiche die für die Feststellung der
Diagnose bei pestverdächtigen Erkrankungen ertorderlichen bacteriologischen Unter-
suchungen vorzunehmen haben. Dieselben sind zu diesem Zwecke je nach den
Umständen entweder an Ort und Stelle zu berufen, oder es sind ihnen die Unter-
suchungsobjecte in der raschesten Weise zuzusenden.
2. Zur Aufnahme von Pestverdächtigen oder Pestkranken muss ein besonderes
Spital oder eine besondere Spitalsabtheilung bestimmt, beziehungsweise errichtet
werden.
Das Spital oder die Abtheilung muss nicht nur vollständig isolirt sein, sondern
nebst den eigentlichen Krankenräumen noch mehrere Nebenlocalitäten besitzen, welche
für die Unterbringung des Warte-, eventuell auch des ärztlichen Personales, für die
Vornahme von Desinfectionen, beziehungsweise die Deponirung der zur Desinfection
bestimmten Objecte, ferner als sogenannte Theeküche, als Baderaum u. dgl. zu
dienen haben. Auch muss ein Vorraum vorhanden sein, in welchem die Wartpersonen
mit dem auswärtigen Dienstpersonale verkehren können, ohne mit demselben in
directen Contact zu treten.
Die Krankenzimmer miissen gut ventilirbar und der Fussboden sowie die
Wiinde und das Mobiliar derselben leicht zu reinigen und zu desinficiren sein.
3. Für die Isolirung jener Personen, welche mit Pestkranken oder Pestverdächtigen
in Verkehr gestanden sind und nicht in ihren Wohnungen belassen werden können,
sind geeignete Localitäten, eventuell Isolirbaracken vorzubereiten. Auch in diesen
ınüssen Fussboden, Wände und Einrichtungsgegenstände so beschaffen sein, dass sie
leicht gereinigt und desinficirt werden können.
4. Es ist für das Vorhandensein des erforderlichen ärztlichen und Warte-
personales rechtzeitig Vorsorge zu treffen, ebenso für das Vorhandensein von
Kranken- und Leichentransportmitteln, sowie von Desinfectionsapparaten urd Des-
infectionsmitteln und einem geschulten Desinfectionspersonale.
5. Ausser jenen allgemeinen sanitären Massregeln, wie sie überhaupt bei dem
Herannahen einer epidemischen Krankheit zu treffen sind, muss noch der Reinlich-
keit des Körpers und der Wohnung eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet
werden; es ist daher auch jede Anhäufung von Abfällen und Schmutzstoffen in den
Wohnräumen, Häusern und Gassen, sowie die Ueberfüllung der Wohnungen oder
die Benützung dunkler, feuchter oder schlecht ventilirter Localitáten thunlichst
hintanzuhalten.
Was die Massnahmen beim Ausbruche der Pest betrifft, so ist hier-
über Folgendes zu bemerken:
1. Ergibt sich in einem Erkrankungsfalle ein begründeter Verdacht auf Pest.
so ist einerseits unverweilt die Anzeige hievon an die Ortsbehörde und durch diese
an die politische Bezirksbehörde zu erstatten, welche wiederum im kürzesten Wege
die politische Landesbehörde und das Ministerium des Innern zu benachrichtigen hat.
andererseits ist die erkrankte Person mit thunlichster Beschleunigung in das schon
vorher bestimmte Isolirspital, beziehungsweise auf eine vollständig isolirte Abtheilung
eines Krankenhauses zu transportiren und das Vehikel, welches zum Transporte ge-
dient hatte, in der später anzuführendenWeise zu desinficiren.
Die Ueberführung ins Spital kann nur dann unterbleiben, wenn die Isolirung
des erkrankten Individuums und seiner Wartepersonen, sowie die sonstigen bei der
Pflege von Pestkranken zu beobachtenden Vorsichts- und Desinfectionsmassregeln
in der Wohnung des Erkrankten in ebenso verlässlicher Weise durchgeführt werden
können, wie in einem eigens für Pestkranke bestimmten Spitale.
— 150 —
Bis zur Ueberführung ins Spital müssen alle Personen. mit Ausnahme de:
Pflegepersonales, aus der Umgebung des Kranken entfernt und seine Excrete,
namentlich Sputum, Urin und Fäces in der später anzugebenden Weise sorgfältig
desinficirt werden.
Nach Entfernung des Kranken sind die Räume, in welchen er sich aufgehalten
hatte, bis zur Feststellung der Natur der Krankheit zu sperren.
Ist die Diagnose auf Pest einmal sichergestellt. so müssen sowohl die Räume.
in welchen sich der Kranke befunden hatte, als auch alle Gegenstände, mit dener
er oder seine Excrete in Berührung gekommen sein konnten, einer entsprechenden
Desinfection unterzogen werden.
2. Jene Personen, welche mit dem Kranken verkehrt hatten, sind zunächst bi:
zur Constatirung der Natur der Krankheit zu isoliren und unter ärztliche Beob-
achtung zu stellen, und zwar entweder in ihren Wohnungen, falls daselbst eine voll
kommene Absperrung möglich ist, oder aber in einem lsolirspitale, beziehungsweise
in eigens für diesen Zweck bestimmten Unterkünften. Stellt sich der betreffende
Erkrankungsfall mit Sicherheit als Pest heraus, so hat die Isolirung durch volle
10 Tage zu währen; treten aber später auch unter diesen Personen Pesterkrankungen
auf, so ist die Isolirung der nicht erkrankten Personen um je weitere 10 Tage, vom
Datum des letzten Erkrankungsfalles gerechnet, zu verlängern, während mit den
Erkrankten in der bereits früher angegebenen Weise vorzugehen ist. Zugleich sind
die Leib- und Bettwäsche, sowie die Kleider der Internirten in der später anzu-
sebenden Weise zu desinficiren.
In die Isolirung werden die Aerzte, welche bei den verdächtigen Erkrankungen
intervenirt hatten, oder welche die Kranken weiterhin in den Wohnungen behandelr.
nicht einbezogen; doch haben dieselben nicht nur an sich selbst die erforderlichen
Desinfectionen vorzunehmen, sondern auch dafür zu sorgen, dass in den Wohnungen
der von ihnen behandelten Pestkranken alle jene Desinfections- und Schutzmas-
regeln genauestens ausgeführt werden, welche, wie später angeführt wird. für die
Krankenräume in einem Pestspitale zu gelten haben.
Das bei dem Transporte von Pestverdächtigen oder Pestkranken verwendeie
Personale ist zwar zu isoliren und unter ärztliche Beobachtung zu stellen, allein ur-
beschadet seiner weiteren Verwendung zum Transporte von Pestverdächtigen und
Pestkranken; ım Uebrigen gelten für dasselbe die gleichen Desinfections- und Schutz-
massregeln, wie sie später für das Wartepersonal von Pestkranken angegeben werden.
3. Herrschen in einem Hause, in welchem eine Pesterkrankung aufgetreten ist
sehr schlimme hygienische Verhältnisse, oder sind in einem Hause kurz hinter-
einander Pestfälie vorgekommen, so ist dasselbe, wenn thunlich, ganz zu evacuiren
und hierauf einer gründlichen Reinigung, beziehungsweise Desinfection zu unterwerfen.
Hiebei ist sowohl auf etwa vorhandenes Ungeziefer als auch darauf zu achten.
ob dieses Haus, namentlich jene Räume desselben, in welchen Menschen verkehren
(Hofe, Scheunen, Ställe, Keller. Dachboden, Gänge, Zimmer), von Ratten und Mäusen
neice werden, In diesem Falle sind die genannten Thiere zu vertilgen, oder
es ist wenigstens ihr Eindringen in die eben angeführten Räume hintanzubalten.
4. Kommt eine pestverdächtige Erkrankung auf einem Schiffe in einem Hafenorte
vor, so ist der Kranke in ein Isolirspital, beziehungsweise auf die Isolirabtheilun:
eines Krankenhauses zu schaffen und das Schiff einer lOtägigen Quarantaine z!
unterwerfen. Erweist sich die Erkrankung als Pest, so müssen nach Evacuatior
des Schiffes etwa vorhandene Ratten und Mäuse vertilgt und alle Räume, in welchen
sich diese oder der Kranke aufgehalten hatten, sowie die Gegenstände, mit denen
sie in Berührung gekommen sein konnten, desinficirt werden; desgleichen ist das
Kielwasser nach vorausgegangener Vesinfection zu entleeren.
5. Nach der Aufnahme von pestverdächtigen Kranken ın das hiefür bestimmte
Spital oder bei der etwaigen Wciterbelassung derselben in ihrer Wohnung ist vor
Allem dafür zu sorgen, dass die Natur der Erkrankung nach den im Abschnitte IV
angeführten Vorschriften so rasch als möglich festgestellt werde. Im Uebrigen sind
aber bereits alle jene Desinfections- und Schutzmassregeln anzuwenden,
welche gegenüber wirklichen Pestkranken beobachtet werden müssen; es sind dies
Folgende:
Die Excrete der Kranken, insbesonders Sputum, Urin und Fäces sind in
Gefässen, welche eine Lysollösung enthalten, aufzufangen. Gibt man zu diesen
Excreten so viel von einer wässerigen Lysollösung beliebiger Concentration, dass in
dem Gesammtgemische mindestens 3 Percent Lysol vorhanden sind, und sorgt man
noch für eine gleichmässige Vermengung der Lysollösung mit den Excreten, so
werden etwa vorhandene Pestbacillen rasch und sicher abgetödtet, und es können
dann die Excrete in der gewöhnlichen Weise beseitigt werden. Die Entleerung von
nicht desinficirten Excreten in Aborte oder Canäle ist aber durchaus unzulässig.
Alle Objecte, welche mit Pestkranken oder deren Excreten in Berührung
gekommen sein können, also vor Allem Leib- und Bettwäsche, Kleider, Bettdecken,
Matrazen, Bettgestelle, Instrumente u. dgl. müssen gut und zwar je nach ihrer
Beschaffenheit entweder in einem Dampf-Desinfectionsapparate durch eine halbe Stunde
oder mit einer mindestens 3percentigen, wässerigen Lysollösung desinficirt werden;
mittelst der gleichen Lösung können auch die Reste der Speisen, Getränke und
Arzneien der Kranken behandelt werden. Die Ess- und Trinkgeschirre, sowie die
Essbestecke der Kranken sind nach der Desinfection mit 3percentiger Lysollösung,
wenn sie von den Kranken wieder benützt werden, selbstverständlich mit Wasser
so lange abzuspiilen, bis jede Spur von Lysol entfernt ist. Das Wasch- oder Bade-
wasser der Kranken ist ebenso zu behandeln wie die Excrete derselben.
Jene Objecte, deren Desinfection nicht im Krankenzimmer oder in den dazu
gehörigen Nebenlocalitäten durch die Wartepersonen geschehen und auch nicht bis
zur Evacuirung des Krankenzimmers verschoben werden kann. müssen in mit
3percentiger Lysollösung getränkte Tücher gehüllt und in einem Vorraume des
Krankenzimmers, eventuell in einem eigenen Behälter deponirt und dann von einem
Desinfecetionsdiener abgeholt werden. Letzterer hat während des Abholens und der
Desinfection ein langes, waschbares Ueberkleid zu tragen, welches nach Beendigung
der Desinfectionsarbeiten abzulegen und ebenfalls zu desinficiren ist.
Nach der Genesung des Kranken muss derselbe in einem warmen Bade mit
Schmierseife gründlich gereinigt werden.
Wenn das Krankenzimmer nicht mehr mit Pestkranken belegt wird, so ist in
demselben, sowie in jeren dazugehörigen Nebenlocalitäten, in welche etwa Infections-
stoffe gelangt sein können, eine gründliche Desintection des Fussbodens und der
Wände, eventuell auch des Mobiliars mit einer 3percentigen Lysollösung vorzunehmen,
worauf die Wände frisch zu tünchen sind.
In der bisher beschriebenen Weise sind auch die Desinfectionsarbeiten in jenen
Häusern und Localitäten, in welchen Pestfälle vorgekommen sind, durchzuführen. Hiebei
können je nach der Beschaffenheit der Objecte auch die anderen ämtlich zugelassenen
Desinfectionsmittel (siehe Abschnitt II der mit dem Erlasse des Ministeriums des
Innern vom 16. August 1887, 2. 20662 ex 1886, hinausgegebenen Anleitung zum Des-
infeetionsverfahren beiansteckenden Krankheiten*) und Erlassdas Ministeriums
des Innern vom 21. August 1892, Z. 18716**), namentlich Chlor- oder Aetzkalk oder
Schniierseifenlösung, verwendet und werthlose Gegenstände verbrannt werden. Jene
werthvolleren Gegenstände, deren Desinfection nach den bisher angeführten Metlioden
ohne bedeutende Schädigung nicht möglich ist, sind durch mindestens 6 Stunden
dem directen Sonnenlichte derart auszusetzen. dass alle Flächen derselben von der
Sonne durch die gedachte Zeit bestrahlt werden.
*) Siehe Beilage zu Nr. 29, S, 14, des »Oesterreichischen Sanitátswesen<, Jabrg. 1890.
**) Siehe »Oesterreichisches Sanitätswesen«e, Jahrg. 1892, 8. 298.
— 152 —
Die Desinfectionsdiener haben bei ihren Arbeiten in inficirten Localititen nicht
-nur eigene Ueberkleider, sondern auch Capuzen und Stiefeln aus wasserdichtem
Stoffe zu tragen, die hierauf einer entsprechenden Desinfection zu unterziehen sind.
Die zum Abholen inficirter Gegenstände verwendeten Diener sollen auch mit Des
infectionsmitteln versehen sein, um, falls wihrend des Transportes, etwa in Folge
Zerbrechens infieirter Gegenstände, eine Desinfection nothwendig wiirde, dieselbe
sogleich vornehmen zu können.
6. Geht ein an Pest oder unter Verdacht auf Pest Erkrankter mit Tod ab, so
ist die Leiche vom Wartepersonale in Leintiicher, welche mit einer mindestens
dpercentigen Lysollósung getränkt sind, einzuhüllen und mittelst einer geschlossener
Tragbahre in einen Vorraum des Krankenzimmers zu schaffen. Von da erfolg:
dann die Abholung der Leiche mittelst derselben Tragbahre durch die Leichendiener,
welche die Leiche in eine besondere und ganz isolirte Beisetzkammer zu bringen
haben. Diese darf während der Beisetzung der Leiche nur von dem Beschauarzte
und den Leichendienern betreten werden, welche bei ihren Dienstesverrichtungen
lange, waschbare Ueberkleider zu tragen haben, die nach Beendigung der ersterer.
abzulegen und in entsprechender Weise zu desinficiren sind.
Eine partielle oder vollständige Obduction der Leiche ist nur dann vorzunehmen.
wenn dieselbe der Feststellung der etwa unbekannten Todesursache oder einem
besonderen, wissenschaftlichen Interesse dient. In diesem Falle müssen Obducenten
und Sectionsdiener nicht nur mit langen, waschbaren Ueberkleidern und nöthigentaäll:
auch mit einer impermeablen Fussbekleidung, welche beide später zu desinficiren
sind, versehen sein, sondern sie haben auch strenge darauf zu sehen, dass etwa aus
der Leiche dringende Flüssigkeiten, sowie die Spülwässer in derselben Weise auf-
gefangen werden, wie es früher für die Excrete der Kranken angegeben worden war.
Die bei der Section gebrauchten Instrumente und sonstigen Utensilien sind.
falls nicht etwa die Obduction mit Sicherheit eine andere Todesursache als Pest
ergeben hat, mit einer mindestens 3percentigen Lysollösung zu desinficiren, desgleichen
die Tragbahre und die Unterlage, auf welcher die Leiche in der Beisetzkammer
gelegen war, sowie der Fussboden und alle jene Gegenstände, mit welchen die Leiche
oder Flüssigkeiten aus der Leiche in Berührung "gekommen waren. Die Leiche
ist schliesslich in Leintücher, welche mit 3percentiger Lysollösung getränkt sind.
einzuhüllen und in einem gut schliessenden Sarge, auf dessen Boden Torfmull oder
Sägespäne sich befinden, zu verwahren.
Die mit Pestleichen manipulirenden Personen dürfen keine Verletzungen an
den Händen haben, und müssen nach Beendigung ihrer Dienstesverrichtungen ihre
llände oder sonstigen Körpertheile, welche mit infeetiösen Substanzen in Berührung
vekommen sind oder gekommen sein konnten, mittelst einer mindestens 3percentiger.
Lysollösung desinficiren.
Die Beerdigung der Pestleichen hat unter denselben Modalitäten zu ge-
schehen wie jene von Choler aleichen.
7. Die Leichen- und Desinfeetionsdiener sind nicht nur während jener Zeit-
periode, in welcher sie mit Pestleichen, beziehungsweise mit Objeeten zu thun haben.
welche von ersteren oder von Pestkranken stammen, sondern auch noch durch
10 Tage nachher zu isoliren und unter ärztliche Beobachtung zu stellen, und haben
während dieser Zeit jeden direeten Verkelir mit anderen Personen, jedoch unbeschadet
ihres Dienstes, zu meiden. Bevor sie aus der Observation entlassen werden, müssen:
auch ihre Leib- und Bettwäsche, sowie ihre Kleider desinficirt werden.
8. Die Wartepersonen von Pestkranken oder Pestverdächtigen haben sich im
Allgemeinen der grössten Reinlichkeit zu befleissigen und im Besonderen naeh
jeder Verrichtung, bei welcher ihre Hände oder andere Körpertheile mit dem Kranken
oder dessen Excreten oder den durch letztere verunreinigten Gegenständen ın Be-
rührung gekommen waren, die betreffenden Körpertheile mit einer mindestens
— 153 —
3percentigen Lysollösung sorgfältigst zu desinficiren. Sie dürfen sich nur während
ihres Dienstes im Krankenzimmer aufhalten und müssen während dieser Zeit lange.
waschbare Ueberkleider tragen, die entweder nach jeder sichtbaren Verunreinigung
durch Excrete des Kranken oder zum mindesten nach Beendigung des Tages- oder
Nachtdienstes in einem besonderen Raume abzulegen und in ein Gefiss mit
3percentiger Lysollösung derart zu bringen sind, dass sie von der Desinfections-
flüssigkeit vollständig bedeckt werden.
Die Wartepersonen jener Kranken, welche expectoriren, sollen sich namentlich
während des Hustens dieser Kranken nicht unnöthigerweise in unmittelbarer Nähe
der letzteren aufhalten und während der Zeit nothwendiger Dienstesverrichtungen in der
unmittelbaren Nähe des Kranken eine Nase und Mund schützende Maske, am Besten
aus Verbandwatte, tragen, welche nach dieser Zeit abzulegen und zu verbrennen ist.
Für die Wartepersonen müssen eigene Räumlichkeiten zum Essen, Schlafen,
Ankleiden, Waschen und Baden vorhanden sein, auch dürfen sie mit anderen
Personen, die behandelnden Aerzte ausgenommen, in keinen directen Contact treten,
weshalb das Zutragen der Speisen, Getränke, Medicamente und sonstigen Gebrauchs-
gegenstände durch besondere Personen zu geschehen hat.
Jene Wartepersonen, welche an ihren entblössten Körpertheilen Verletzungen,
wenn auch ganz unbedeutende, haben, dürfen nicht eher zum Dienste verwendet
werden, als bis ihre Verletzungen vollständig geheilt sind.
Hört die Verwendung von Wartepersonen bei Pestkranken dauernd auf, so sind
erstere noch durch 10 Tage nach Beendigung ihres Dienstes zu isoliren und unter
ärztliche Beobachtung zu stellen; vor Beendigung der letzteren müssen auch ihre
Leib- und Bettwäsche, sowie die Kleider desinficirt werden.
9. Für die behandelnden Aerzte von Pestkranken und Pestverdächtigen gelten
im Allgemeinen dieselben Vorschriften wie für das Wartepersonal; nur wird man
mit Rücksicht darauf, dass die Aerzte in Folge ihrer Einsicht in die Natur der
Krankheit die erforderlichen Desinfectionen und sonstigen Vorsichtsmassregeln mit
vollem Verständnisse und grüsster Genauigkeit ausführen werden, von einer Isolirung
derselben absehen können, und dieses umsomehr, als die letztere bei einem etwaigen
Mangel an ärztlichen Kräften oder bei einer stärkeren Ausbreitung der Epidemie
ganz undurchführbar wäre; doch werden auch diese den persönlichen Verkehr ausser-
halb ihres Berufes thunlichst zu beschränken haben.
Aus demselben Grunde wird auch eine Isolirung jener Personen, welche bei
Pestkranken geistliche Functionen zu verrichten haben, nicht immer durchführbar
sein; jedenfalls aber haben diese während ihrer Functionen und zwar wenn
möglich unter ärztlicher Intervention dieselben Schutz- und Vorsichtsmassregeln zu
beobachten wie die Aerzte und sich auch nachher durch 10 Tage einer ärztlichen
Beobachtung zu unterziehen.
10. Alle jene Personen, welche mit Pestkranken oder Pestleichen oder mit der
Desinfection der von diesen stammenden Objecte zu thun haben (Aerzte, Warte-
personen, Leichen- und Desinfectionsdiener), sollen mit ihrer Einwilligung einer Schutz-
Impfung unterzogen werden, und zwar durch subcutane Injection von abgetidteten
Pestculturen, desgleichen die Bewohner jener Häuser, in welchen wiederholt Pestfälle
vorgekommen sind, und unter Umständen auch noch andere Personen, namentlich
solche, welche in Massenquartieren und unter schlechten hygienischen Verhältnissen
leben oder mit vielen Personen verkehren müssen. Zu bemerken ist hiebei, dass bei
dieser Schutzimpfungsmethode der Schutz erst nach 7 Tagen beginnt; sie ist aber
dennoch der Impfung mit Pestserum vorzuziehen, da letzteres schwer zu beschaffen
ist und seine Wirkung nur sehr kurze Zeit anhält.
11. Wegen des Umstandes, dass Ratten und Mäuse an der Ausbreitung der
Pest theilhaben können, ist denselben eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Werden daher solche Thiere ausserhalb ihrer gewöhnlichen Aufenthaltsorte todt auf-
— 154 —
gefunden, oder wird ein Massensterben derselben beobachtet, so ist zunächst die
Feststellung der Todesursache durch einen Bakteriologen zu veranlassen; falls bebe
Pest als Todesursache nachgewiesen wird, müssen nicht nur alle todt aufgefundenen
Ratten und Mäuse durch besondere Personen und unter denselben Vorsichtsmassregeln,
wie sie bei der Desinfection von pestinficirten Objecten vorgeschrieben sind, aufgelesen
und verbrannt werden, sondern es ist auch ein Eindringen von Ratten und Mäusen
in die Häuser und Wohnungen hintanzuhalten und die Vertilgung dieser Thiere
durch Vergiftung anzustreben. Die in den Canälen beschäftigten Personen sind
dann ebenso zu behandeln, wie die Wartepersonen von Pestkranken.
Da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass auch Katzen durch Contacı
mit Ratten und Mäusen oder mit pestkranken Menschen sich inficiren und dar
durch den Eiter ihrer aufgebrochenen Bubonen die Pestkeime nach verschiedenen
Richtungen verstreuen können, so ist auch diesen Thieren eine entsprechende Be
achtung zu schenken und gegen sie im Falle ihrer Erkrankung ebenso vorzugehen
wie gegen die Ratten.
12. Da die Pest stets mit vereinzelten Erkrankungen beginnt, und die Za
derselben Anfangs nur allmählich’zunimmt, so lässt sich die Ausbreitung der Krankheit,
wenn nur die ersten Fälle rechtzeitig erkannt und gegen sie in rationeller Weis
mit den zuvor angeführten Massregeln vorgegangen wird, mit Sicherheit verhindern.
Von dieser Ueberzeugung müssen aber nicht nur die Behörden, sondern auch das
Publicum durchdrungen sein, weshalb erstere durch Belehrung und Aufklärurz
einer unbegründeten Beunruhigung der Bevölkerung kräftig entgegen zu arbeiten
haben, damit sowohl eine verständige Mithilfe der letzteren bei der Bekämpfung
der Krankheit erreicht, als auch jede überflüssige Schädigung von Handel und Wanie:
hintangehalten werden kann.
ERUCK VON FRIEER CH SAEFER IN WE.
»Das österreichische Sanitätswesen.« Beilage zu Nr. 47, 23. November 1899.
Verlag von Alfred Hölder, k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändler in Wien, I., Rothenthurmstrasse 15.
Die croupöse Pneumonie
der
Berg- und Hüttenarbeiter im Gebiete des steirischen Erzberges.
Eine epidemiologische Studie
Dr. Adolf Kutschera, Ritter von Aichbergen, k. k. Bezirksarzt.
I. Allgemeines.
Die croupöse Pneumonie ist in einzelnen, besonders in hochgelegenen Gegenden
Öbersteiermarks keine seltene Krankheit.
In den ÖOrtsgemeinden Eisenerz und Vordernberg erregte das epidemische Vor-
kommen dieser Erkrankung schon seit längerer Zeit besonderes Interesse, weil
daselbst einerseits ganz eigenartige örtliche und industrielle Verhältnisse zu finden
sind, und andererseits nahezu alljährlich Pneumonie-Epidemien von ungewöhnlicher
Ausbreitung und Bösartigkeit beobachtet wurden.
Die Industrie besteht in dem Erz-Bergbau, welcher auf dem Erzberge
als Tagbau in nahezu 50 Etagen, deren höchste in 1360 Meter Seehöhe gelegen ist,
betrieben wird.
Ein Theil der gewonnenen Erze wird in Eisenerz und in Vordernberg in
llochöfen, deren Zahl und Betrieb in den letzten Decennien beträchtlich reducirt
wurde, zu Roheisen verarbeitet, der grössere Tbeil jedoch in rohem oder geröstetem
Zustande an auswärtige Eisenwerke abgegeben.
Die Zahl der bei dieser Industrie beschäftigten Arbeiter schwankt nach Jahres-
zeit und Geschäftsgang; jene der Bergarbeiter steigt im Sommer, um diese Zeit
kommen die periodischen Arbeiter, meist aus Böhmen oder Tirol. Der Zuzug be-
trägt durchschnittlich circa 1200 Mann. (Tabelle 1.)
Die croupése Pneumonie tritt in Eisenerz und Vordernberg constant in un-
sewöhnlicher Häufigkeit auf; die Morbiditätsziffer betrug daselbst im Durchschnitte
von elf Jahren 153°5 auf 10.000 Einwohner. (Tabelle II.)
Zeitweise herrscht sie jedoch in grösseren Epidemien, welche mitunter auch
auf benachbarte und selbst weiter entlegene Gegenden übergreifen.
Die bedeutendste Epidemie, welche in jüngster Zeit beobachtet wurde, war jene
des Jahres 1885, während welcher in Eisenerz und Vordernberg 372 Erkrankungen
an croupöser Pneumonie vorkamen.
Wie schon aus Tabelle I hervorgeht, werden die Bergarbeiter, besonders
aber die Hüttenarbeiter häufiger von croupöser Pneumonie ergriffen, als die andere
Bevölkerung, weshalb man dieselbe mit Recht als eine Berufskrankheit dieser
Arbeiterkategorie bezeichnen darf.
1
— 156 —
Tabelle I.
Zahl der Berg- und Hüttenarbeiter in Eisenerz und Vordernberg in den Jahren |
1885—1895. |
(Die halbfetten Ziffern bedeuten die Zahl der Erkrankungen an Pneumonie.) |
EE EE —
h-
Maximum Minimum | sohni
J h "Bergarbeiter Hüttenarbeiter'; Bergarbeiter |Hüttenarbeiter
a r RR O ee A
e (Bs | 8 |esı 5 |Es3| 3 |3
a |S A |S a lS SIE
|
10 `
762 | — 391
2:
669 | — 382
9
433 | — 365
384 | — | 361
| 2
423 | 194 400
| 19
396 | 204 430
: 38 — 1
EE age ck: eon Er eg 2438 | 843 | 240 ! — |1188 | 355 | 226 380
10 — — 4
1692 5, 4-22 % ES Gites ane 1357 | 652 | 229; — 965 | 349 | 208 306
: 1 1 4
1893 5 put e a sa 1916 | 437 | 20 | — | 1161 | 254 | 213 253
25 18 1 12
EE, AR SE St eG GS 1816 | 556 | 219 | — {1081 | 233 | 206 278
Ba 5 2 | 4
1890 2 2 a ee a rl 2064 | 578 | 219 | — [1074 | 318 | 202 ' 278
|
T abelle II.
Relativzahlen der Mortalität und Morbidität an croupöser Pneumonie in Eisener:
= 1 Vordernberg, aut ou J) ein Jahr und a 000 Angehörige jeder Gruppe berechnet.
Op Mortalität Morbidität wengs | A Anmerkung
Markt Eisenerz. . . ..... 251 111:9 mo
x Krumpenthal. .. 222.2... 28:2 155:2
| 3 Münichthal . . . . . | 10:8 99:9
D a E 63:2 2258
ES Bergarbeiter . . .......] — 2951 | i
Hüttenarbeiter . . .. | — 248:6 N ach der Durchsch nitteeabi
Berg- und Hiittenarbeiter . . . 61:3 — der Arbeiter
| Bergarbeiter . . . - 22... — 140-1 |
eo [|¡ Hittenarbeiter . . . . . . +. | 2272 Nach der Durchschnittszat:
2 Berg- und Hüttenarbeiter . . . 81:5 172-2 | der Arbeiter
a Andere Männer ....... | 591 131:0
© Männersumme . . . 2.2... 7152 169:3 |
o Weiber . 2 2 2 2 2 a a a . +] 28-1 63:4 Nach dem Stande 1895
7 | Rinder: s ee ay s ani 18-9 168-6 |
| Summe Vordernberg .... . e 51:9 158°6 Die im Spitale Verpflegtes
mitgerechnet
ı Durehschn. Eisenerz-Vordernberg | 153:5
| | |
— 157 —
Für die vorliegende Arbeit bildeten theils die Todtenbeschauprotokolle der Orts-
gemeinden Eisenerz und Vordernberg, theils die amtlichen Acten der Bezirkshaupt-
mannschaft Leoben über die bisher beobachteten Pneumonieepidemien, theils endlich
die Beobachtungen, welche der Verfasser während seiner dreijährigen Wirksamkeit
als Bezirksarzt in Leoben zu sammeln Gelegenheit hatte, die Grundlage.
Aus dem statistischen Materiale wurden nur vollkommen verlässliche Angaben
benützt und gewaltsame Correcturen grundsätzlich vermieden, wesshalb die Angaben
einzelner Tabellen nicht genau übereinstimmen, was übrigens für die allgemeine Be-
urtheilung ohne Belang war.
Krankheitsbild.
Nahezu alle klinisch benannten Formen der croupösen Pneumonie sind auch
in Eisenerz und Vordernberg von den Aerzten beobachtet worden, und wurde hiebei
bemerkt, dass in der Regel jeder einzelnen Epidemie eine gewisse Gleich-
artigkeit der Erkrankungen zukam.
So herrschte in den Jahren 1869 und 1871—1872 in Vordernberg die soge-
nannte typhöse Form der croupösen Pneumonie vor, im Jahre 1882 war die Compli-
cation mit Meningitis ungemein häufig; in den Jahren 1889—1890 gab es in
Eisenerz vorwiegend Influenzapneumonien.
Besonders häufig treten aber die Pneumonien im Gebiete des steirischen Erz-
berges in einer ungewöhnlich bösartigen Form auf, deren eigenartige Sym-
ptome wohlbekannt sind und seit jeher das Schreckniss der Bergknappen und Hütten-
leute bildeten. |
Diese perniciösen ‚Pneumonien sind sporadisch nahezu alljährlich beobachtet
worden, bildeten aber vorzugsweise den Typus der Epidemien in den Jahren 1864—
1865, 1874, 1878—1879 und 1885—1886, in welchen einzelne Fälle einen foudroy-
anten Verlauf nahmen.
Die nachstehende Beschreibung dieser perniciösen Formen folgt der Hauptsache
nach dem Berichte des Bergarztes Dr. Caspaar in Vordernberg über die Epidemie
des Jahres 1885, mit welchem die Berichte der anderen Aerzte im Allgemeinen im
Einklange stehen; ausserdem wurden einzelne Angaben einer Reihe von Kranken-
geschichten, welche von dem genannten Arzte bei früheren Epidemien mit grosser
Genauigkeit angelegt worden waren, entnommen.
In den schwersten Fällen dieser pernieiösen Pneumonie wird der Kranke ge-
radezu wie vom Blitz getroffen auf das Sterbebett geworfen. |
Ohne irgend eine nachweisbare Ursache wird ein bisher gesunder Mensch
plötzlich von einer tödtlichen Schwäche befallen und ist, obgleich er eben noch die
schwersten Arbeiten verrichtet hatte, nicht mehr im Stande, sich aufrecht zu erhalten.
Todtenblässe bedeckt das Gesicht, die Züge sind verfallen, der apathische, schlummer-
süchtige Zustand geht in kürzester Zeit in vollständige Prostration über,
in welcher der Kranke mit weit gespreizten Beinen gegen das Fussende des Bettes
gleitet; kaum dass er Auskunft zu geben vermag, dass er Seitenstechen habe. Er
hustet wenig oder gar nicht. Heftige Durchfälle entleeren Massen von grünlich miss-
fürbiger Flüssigkeit. Die Lippen, Zähne und die Zunge bedecken sich schwarz.
Nach längerer Untersuchung findet man endlich eine kleine Infiltration
in einer Lunge, welche nicht viel vorschreitet, da das lethale Ende unter steter
Zunahme der Prostration rasch eintritt.
Wesentlich häufiger, als die eben beschiiebene Form. sind jedoch jene perni-
ciösen Erkrankungen an croupöser Pneumonie, welche ohne besondere Beein-
trächtigungdesSensoriums verlaufen; dieselben gestalten sich etwa folgender-
massen:
Schüttelfrost, grosse Hinfälligkeit und heftiges Seitenstechen eröffnen das Krank-
heitsbild. Das Gesicht ist blass, verfallen und graucyanotisch. Der Husten
1*
wo. Ll ur
— 158 —
liefert kurze Zeit ein blutig schaumiges Sputum, welches sehr bald braun wird,
den Charakter des Schleimes verliert und sich als eine zwetschken brib-
farbige, von einem dicken, schmutzig weissen Schaume bedeckte dünne Flüssigkei:
darstellt. Am Boden des Spucknapfes haften hellrothe Striemen und Striche eines
eigenthümlich pulverartig sedimentirten Blutes; bald aber verschwindet jede Spur
von Blut und röthlicher Färbung; die nicht mehr durch Husten, sondern durch
Räuspern zu Tage geförderte, einem schwarzen Kaffee ähnliche Flüssigkeit ist ganz
wässerig dünn und bildet keinen Schaum mehr.
Erwärmt, gerinnt diese Flüssigkeit wie reines Eiweiss zu einer festen Masse.
Der eigenthümliche, an unreife Maiskolben erinnernde Geruch dieses
Sputums wirdauch an dem Blute wahrgenommen, das allenfalls durch einen zweck-
losen Aderlass gewonnen wird.
Die Haut ıst kühl, von reichlichem Schweisse bedeckt.
Sehr bald treten auch hier Durchfälle von grünlich-brauner Flüssig-
keit auf.
Der Athem ist bis zum Eintritte des terminalen Lungenödems meist leise; die
subjective Athemnoth ist selbst, wenn es in der Trachea schon heftig rassel.
gering; das anfangs vorhandene Seitenstechen verschwindet sehr bali.
Unter fortwährenden Durchfällen und unter reichlicher, aber ganz leicht be
werkstelligter Expectoration der erdbraunen Flüssigkeit wird die Haut ganz leichen-
kalt und es geht dem Ende zu.
Dabei ist merkwürdigerweise das subjective Befinden oft auffallend
wenig alterirt und mancher Kranke versichert noch wenige Minuten vor seinem
Tode mit mühsam freundlichem Lächeln, dass es ihm gut gehe. Das Sensorium
bleibt bis zum Tode ganz frei.
Alle Fälle, in denen das Sputum erdbraun, wässerig dünn und ohne all-
Beimischung von Blut erscheint, oder die röthliche Färbung verloren hat, sind rettungs-
los dem Tode verfallen, mag das sonstige Befinden wie immer sein.
Die Frequenz und Qualität des Pulses erscheinen insbesondere in den erster
Krankheitstagen bezüglich der Prognose weit weniger verlässlich, als die Qualität des
Sputums; erst gegen das Ende der Erkrankung wird der Puls frequent und klein.
Die Körpertemperatur pflegt nicht übermässig gesteigert zu sein.
Diese eben beschriebenen perniciösen Pneumonien lassen sich am ehesten mit
den von Finkler*) als toxämische Pneumonien beschriebenen Formen vergleichen,
nur sind bei ersteren die Symptome derschweren Blutvergiftung, der massen-
haften Invasion von Infecetionskeimen noch intensiver als bei den von Finkler
beschriebenen Formen ausgeprägt.
Dieses Bild der Toxämie wird noch dadurch vervollständigt, dass in diesen
Fällen die physikalisch nachweisbaren Erscheinungen seitens der Lunge in der Regel
in gar keinem Verhältnisse zu der Schwere der Erkrankung stehen.
Von den Complicationen der Pneumonie ist die Meningitis erwihnenswerth.
welche auch als selbständige Erkrankung in den Gemeinden Eisenerz und Vordernberg.
sowie in den Nachbargemeinden Gai und Hafning ungewöhnlich häufig beob-
achtet wird.
Als Complication der Pneumonie tritt die Meningitis oft erst ein, wenn sich
der Patient schon scheinbar ausser Gefahr und in der Reconvalescenz befindet, und
verläuft regelmässig tödtlich. Verengerung der Pupillen und krampfhafte Contractiones
der ratte Gesichtsmuskeln verkiinden meist ihren Eintritt; plötzliche Erblindung,
ein Schrei mit unmittelbar darauf eintretender, nicht mehr weichender Bewusstlosig-
keit sind andere Initialsymptome.
*) Finkler, »Die acuten Lungenentzündungen als Infectionskrankheiten<. Wiesbaden 1821
a
pa e
— 159 —
Die Mortalität an croupöser Pneumonie betrug im eilfjährigen Durchschnitte
24-0 Percent, zeigte aber nach Zeit und Ort, sowie nach dem Alter und Berufe der
Erkrankten bedeutende Verschiedenheiten, welche in dem nächsten Abschnitte be-
sprochen werden.
Von 304 Todesfällen an croupöser Pneumonie ereigneten sich:
Am 1. Krankheitstage . . . . . 14| Am 7. Krankheitstage . . . . . 30
» 2. > co... 16| » 8. > soa ve a Sech
» 3 » . 30 > 9. » A
» 4, » 29 | » 10. s y Sei A e e D
» A > 48 | vom 11.—20. » are A AË AAN
> 6. » 51 | nach dem 20. » mo de We. A
Therapie.
Hinsichtlich der Behandlung haben sich. die Bergärzte übereinstimmend
darüber ausgesprochen, dass die Unterstützung der Herzkraft das wichtigste
Moment bei der Behandlung der croupösen Pneumonie bildet. Alkohol und Campher,
Coffein und Digitalis, sowie manche andere Stimulantien sind zur Genüge und häufig
mit sichtlichem Erfolge angewendet worden.
Ferner wird ein Hauptgewicht auf genügende Ernährung während der Er-
krankung gelegt, wobei sich saure Milch sehr gut bewährt haben soll.
Blutegel und Aderlass wurden in früherer Zeit häufig angewendet, letzterer,
wie aus Krankengeschichten hervorgeht, in manchen Fällen, besonders bei Lungen-
ödem oder bei Beginn der Entzündung auf der anderen Lunge, mit eklatantem
Erfolge. |
Schlimme Wirkungen des Aderlasses wurden nur bei Alkoholikern und bei
den beschriebenen perniciösen Pneumonien beobachtet.
Pathologische Anatomie.
Obductionsbefunde standen dem Verfasser blos über zwei Fälle zu Gebote,
welche er selbst bei typischen Fällen von perniciöser Pneumonie aufzunehmen Gelegen-
- heit hatte.
Die erste Obduction wurde an der Leiche eines 34 Jahre alten Bergarbeiters
in Eisenerz vorgenommen, welcher am fünften Krankheitstage an doppelseitiger crou-
pöser Pneumonie gestorben war; in der Leiche wurde ausser dem typischen Befunde
der croupösen Entzündung beider Lungen eine vergrösserte Milz (13:9 Cm.) mit
sehr brüchigem Gewebe und vermehrter Pulpa gefunden.
Die von Professor Eppinger in Graz ausgeführte mikroskopische Untersuchung
der Organe ergab in den Lungen charakteristisches fibrinöses Exsudat, in welchem
sich nur der Diplococcus pneumoniae (Fränkel-Weichselbaum) fand.
Auffallend war ferner der Reichthum an Fremdkörperpigmentim Lungen-
gewebe, die Hyperplasie und Fremdkörperpigment-Intiltration des adenoiden Gewebes
der Lunge. i
Die zweite Obduction betraf einen 29 Jahre alten Hüttenarbeiter in Vordernberg,
welcher am vierten Krankheitstage der doppelseitigen perniciösen Pneumonie er-
legen war.
Der Obductionsbefund ergab massenhafteAnfüllung beider Lungen,
derBronchien undderTrachea miteinererdbraunenFlüssigkeit,
bedeutende Vergrösserung der Milz (20:10 Cm.), deren Kapsel gespannt, und deren
Gewebe sehr weich, brüchig und reich an Pulpa war.
— 160 —
Die gleichfalls von Prof. Eppinger ausgeführte mikroskopische Untersuchung
liess eine geradezu enorme Anzahl der auch im ersten Falle nachgewiesenen
Diplococcen mit Kapseln erkennen.
Ausserdem erschien die ungewöhnlich reichliche Beimischung von Fremdkörper-
Pigment bemerkenswerth.
In den Lungen wurde eine vorwiegend zellige, nur da und dort auch fibrinöse,
intraalveoläre Exsudation und nur sehr mässige zellige, interstitielle Exsudation gefunden.
Dem Exsudate waren besonders dort, wo es rein zellig war, geradezu unglaublich viele
Diplococcen der bereits erwähnten Art beigemengt, und befanden sich die letzteren
besonders reichlich in den Exsudatzellen selbst, welche die Erscheinung der Phago-
cytose auffallend deutlich darboten.
Auch das Fremdkörper-Pigment war in den infiltrirten Lungenpartien, und zwar
intraalveolär überaus reichlich in feinst vertheilter Form abgelagert.
Ebenso reichlich waren in den Alveolarwandungen und im interstitiellen Gewebe
gruppirte und gröbere Pigmentfremdkörper nachweisbar.
Diplococcen konnten ausser in einzelnen Gefássen des Herzmuskels in keinem
der übrigen Organe nachgewiesen werden.
Prof. Eppinger fasst in seinem Berichte an die Statthalterei in Graz seine
Meinung dahin zusammen, dass in diesem Falle eine besonders hochgradige.
infectiöse lobuläre Pneumonie vorgelegen habe, die wie auch die zuerst
beschriebene, durch den Diplococcus hervorgerufen worden sei.
Ausgedehntere bacteriologische Untersuchungen konnten bisher nicht vor-
genommen werden.
Epidemiologie.
Den folgenden Ausführungen liegt die Anschauung zu Grunde, dass die
croupöse Pneumonie in der Mehrzahl der Fälle durch den Diplococcus pneumoniae
Fränkel-Weichselbaum, in einer Minderzahl von Fällen aber durch andere
Bacterien verursacht wurde.
Das häufige Vorkommen dieses Diplococcus bei gesunden Menschen einerseits
und die beträchtliche Verschiedenheit des Auftretens der croupösen Pneumonie unter
verschiedenen äusseren Bedingungen des menschlichen Daseins anderseits lassen
darauf schliessen, dass die Disposition bei der Ausbreitung dieser Krankheit eine
bedeutende Rolle spiele.
Die eigenartigen örtlichen und industriellen Verhältnisse, welche im Gebiete
des steierischen Erzberges zu finden sind, haben es ermöglicht, den Einfluss einzelner
Factoren auf diese Disposition und auf die Verbreitungsweise der croupósen Pneu-
monie zu studiren.
Der Verfasser hat bereits in seiner Arbeit tiber die »Verbreitung der Tuber-
culose in Steiermark«*) darauf hingewiesen, dass in einzelnen hochgelegenen
Gegenden Obersteiermarks, darunter auch im Bezirke Eisenerz, die Sterblichkei:
an entzündlichen Erkrankungen der Athmungsorgane eine bedeutende Höhe erreiche.
Im Gebiete des steirischen Erzberges, in welchem der Bergbau bis zu einer
Sechöhe von 1360 Meter betrieben wird, begünstigt die Hochlage offenbar auch
das häufigere Vorkommen der croupösen Pneumonie.
Dies wird durch den Umstand erhärtet, dass diese Krankheit in den um mehrere
hundert Meter tiefer gelegenen Nachbarorten Hieflau und Trofaiach unter den Hütten-
arbeitern. welche den gleichen industriellen Schädlichkeiten, wie die Eisenerzer und
Vordernberger Hüttenarbeiter ausgesetzt sind, nur selten auftritt.
Hingegen wurden in dem grossen Eisen -Hüttenwerke Donawitz, welches
noch tiefer gelegen ist, ab und zu Epidemien von croupöser Pneumonie beobachtet.
*) Beilage zu Nr. 42 des »Oesterreichischen Sanitätswesene vom Jahre 1895.
— 161 —
und ist eine derselben vom Werksarzte Dr. Anton Buchmüller in der »Oester-
reichischen Vereinszeitung« (Jahrgang 1890) beschrieben worden; aber auch hier lässt
sich das Vorkommen dieser Krankheit weder hinsichtlich des regelmässigen Auf-
tretens und der Ausdehnung der Epidemien, noch hinsichtlich der Schwere der
Erkrankungen den in Eisenerz und Vordernberg beobachteten Pneumonien an die
Seite stellen.
Beziehungen zur Seehöhe waren auch in den vier Katastralgemeinden der Orts-
gemeinde Eisenerz nachzuweisen, indem in den durchschnittlich höher gelegenen
Theilen auch eine grössere Morbidität und Mortalität an croupöser Pneumonie fest-
zustellen war.
Die Jahreszeiten lassen entschieden einen Einfluss auf das Vorkommen
der Pneumonie erkennen.
Im Gebiete des steirischen Erzberges fällt das Maximum der croupösen Pneu-
monie durchschnittlich in den Monat Mai, das Minimum in den Monat August.
Tabelle IH.
Morbidität und Mortalität an croupöser Pneumonie in Eisenerz und Vordernberg nach
Monaten.
(Hier sind nur jene Erkrankungen verzeichnet, bei welchen aus der Anzeige der Erkrankungsmonat
ersichtlich war.)
Erkrankungen e KW E |
1885 bis incl. 1895 Todesfälle ay ih ye
y E |: a 82 lá Sl e 185848 |
DE H: $ = e = 2 00 S XH = A =
BE ee SIE El 8 S S E
| es o 9 A An A e | ged | (“=
|” >e 3 BE Pag E Id
MC = N Bee «me N D
E - = Su
: | |
A A 18 SE ESA $ 57 70 | 127 | 30 61 91 218 || 9:88 |
Febrier en AS JE 56 42; 981 3 49 80 178 || 8-07)
Rie cu ees. e EEGEN, EK 69 | 122 || 26 74 | 100 | 222 || 10-06 |
GN echt ole ae wk aoe AOE) SER AREY ot 46 | 87 | 274 | 12:42
ae ERAS UR ee) Se ten lr, en 89 | 152 | 371 || 16:82 |
EE E E O E 68 | 19 | 3 47 85 | 277 || 12:56 |
Noe or endo RE A ba 29 27 | 56| 24 27 51 | 107 | 485]
ABE) 2 arras E 13 13| 26 8 19 27 53 2:40 |
SIDAD el A e Age A 25 1€ 41 16 17 33 14 | 3°36)
Gieres. Zu, Sara ee A A 39 12 61 |} 15 21 36 87 || 3-94]
Bees ZA E AAN A e 76 26 102 30 30 60 162 7:34 |
December al. Ls ta rd A A 80 32 | 112 32 39 71 183 | 8-30 |
Summe s s s acs sac: aa all 773 | 560 | 1888 || 364 | 519 | 878 || 22086 II100-00 |
|
| |
I
j
Dabei ist die Jahresschwankung sehr bedeutend und erreicht das Maximum
im Durchschnitte das siebenfache des Minimums.
Die Zahl der Pneumoniefälle in den ersten fünf Monaten des Jahres übertrifft
jene der übrigen sieben Monate.
Selbst wenn berücksichtigt wird, dass alljährlich Ende April durchschnittlich
1200 Sommerarbeiter von auswärts am Erzberge eintreffen, welche die Gegend Ende
October wieder verlassen, und dass diese verhältnissmässig häufig von Pneumonie
ergriffen werden, sinkt die Jahrescurve der croupösen Pneumonie nur vom Mai bis
October, der Culminationspunkt fällt jedoch noch immer in den Mai und der tiefste
Punkt in den August.
— 162 —
Dieses Verhalten der croupisen Pneumonie ist aber nicht blos im Durchschnit:-
sondern auch in den einzelnen Jahren in der Regel deutlich erkennbar.
Eine Ausnahme hievon machen blos die Epidemien der Jabre 18%8 und 153%.
in welchen das Haufigkeitsmaximum der croupösen Pneumonie :in letzterem Jahre
unter dem Einflusse der Influenza) in die Monate November und December Gel.
Ferner wurde in den Jahren 1874 und 1878 in Vordernberg ganz ausnanms-
weise auch im Monate August eine erhöhte Sterblichkeit an croupúser Pneumoni-
beobachtet; damals handelte es sieh um Epidemien der perniciösesten Form. b=
welcher die Schwere und die W ichtizgkeit der Infection schon aus dem Krankheit
bilde ersichtlich sind und disponirende Momente nur in sebr untergeordnetem Maas:-
in Betracht kommen.
Diese Beziehungen der croupösen Pneumonie zu den Jahreszeiten und zur See
höhe erklären sich vielleicht dadurch. dass die niedrigen Temperaturmitte.
sowie de bedeutenden Temperaturdifferenzen undSchwankunger
in der grösseren Höhenlage während der kritischen Monate besonders häufig zu Er
kältungen und zuKatarrhen der oberen Athmungswege Veranlassurz
geben, welche ihrerseits wieder die Disposition für eroupöse Pneumonie wesentlich zu
steigern scheinen. Letzteres ist aus den Krankenanzeigen zu entnehmen, nach welcher.
der Mehrzahl der Erkrankungen an croupöser Pneumonie katarrhalische oder en:-
zündliche Affectionen der oberen Athmungswege vorangegangen sind.
Es steht übrigens nach den Untersuchungen Lipori's*) fest, dass die Kälte
auch direct die Disposition für Pneumonie erhöht. nachdem es dem genannten Autor
gelungen ist, Pneumonie zu erzeugen, wenn er Versuchsthiere vor oder nach der
Injection pneumonischer Sputa in die Trachea der Kilte aussetzte, während die Ir-
jection ein negatives Resultat hatte, wenn die Thiere in gewöhnlicher mittlerer Tempe-
ratur belassen wurden.
Die Erkältungsmöglichkeit ist aber im Gebiete des steirischen Erzberges ir
Folge der Höhenlage, der Berufs- und Wohnungsverhältnisse in den Frühjahr:-
monaten am grössten, hingegen in den Monaten August und September, welche d:e
niedrigsten Pneumonieziffern aufweisen, am geringsten.
Dass de übrigen klimatischen Factoren aufdas epidemische Auftreter.
der Pneumonie keinen besonderen Einfluss üben können, lässt sich sche.
aus dem regelmässigen Verlaufe der einzelnen Epidemien, welcher sich mindestens über
mehrere Monate mit häufigem Witterungswechsel hinzieht, entnehmen.
Thatsächlich liess sich auch in -dieser Hinsicht bei einem Vergleiche der sehr
genauen Aufzeichnungen der Eisenerzer meteorologischen Beobachtungsstation en.
Zusammenhang nicht feststellen.
Als auffallend ist blos zu erwähnen, dass die bedeutendste Eisenerzer Pneumonise-
epidemie, jene des Jahres 1885 im Monate Juni, in welchem das schönste, trocken.
warme und windstille Wetter herrschte, ihren Höhepunkt erreicht hat.
Als weiterer Factor ist an der ungewöhnlichen Steigerung der croupösen Pneu:
monie in Kisenerz und Vordernberg im Zusammenhange mit der Höhe:r-
lage dieser Orte die Industrie betheiligt.
Darauf weist der Umstand hin, dass es zahlreiche andere Orte in gleicher oder
noch grösserer Jlöhenlage wie Eisenerz und Vordernberg gibt, in welchen die ln:
dustrie der letzteren Orte fehlt und die Pneumonie-Morbidität auffallend niedrig ist
lm politischen Bezirke Leoben sind dies z. B. die Gemeinden des oberen Liesing
thales, welche theilweise an die Gemeinde Eisenerz angrenzen und die gleiche:
klimatischen Verhältnisse wie letztere aufweisen.
Der Kintluss der Industrie auf das Vorkommen der croupüsen Pneumonie lis:
sich aber auch aus den statistischen Zusammenstellungen nachweisen, aus welcher
*) Gazzeta med, di Torino 1890,
163
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— 164 —
Tabelle V.
Mortalität an Pneumonie in Vordernberg in den Jahren 1861 bis inclusive 1894
im Vergleiche mit der Gesammtsterblichkeit und mit besonderer Berücksichtigung
des Berufes und Geschlechtes.
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1862 3 4 30 2 6| G 20 6 9 d 471 14 76) 90
1863 4 2 | Í H Si 12 2 1 271 10) 50| 66 EI N
1864 44 7 6] 7 sas al 1 4 16 1) 524 17) 86 gy "Ze `
1865 Ig 1 ı 3 2 al 16 9 4 10 30; 20) 49! 69 =
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1867 4 DL <= ] l a 13 Si 19 dl 20 9} Däi 61
1568 12 7 1 2 d 15 15 4 —| 25 19 54 78
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1870 | 4 20) — = A 32 2 (aa 7| 76) 83,
1811 | 13 13 1 3 15 22 — —| 36| 17| 72| 89 Typhusjahr
| 1872 |! 9} 8 — 2 10 1 19 1 11 48; 18| 91| 104
` 1873 ' 10 210 1 1 12| 26] 8 ə) 29) 17| 70) 87
1874 1 18 16. 1 = 14 25 6 1| 33) 21) 65 86
1875 | 5 8 — 1 6 10) 2 a 53: 11) 81 92
1876 [| 4 1, 2 1 7 17% 1 —| 37 8| 64) 72
1877 5 1 — 1 61 5 a 38| 18| 70| 83
1878 | 12 10! 2 6 20 15 1 4 37 5 66 a
79 | 10 16 1 1 12 22 6 11 48 19 9 (Di
1880 | 3 uj — 1 4 13 2 11 67 7 99 10610 ee
1881 6 12) — 8 9 18 4 11 39 14 79 9 Moningitis
| 1882 | 14 18 2 3 19| 26 4 1| 43) 2% 89/1131 jahr
1883 | 5 13 — 1 6 20) 2 2| 52! 10) 87, 97: at
1884 | 4 11, — 1 5 16 1 3| 42) 9) 70) 79| Pneumonie-
1885 | 1: 7 = = 18 IA 1 1} 43) 15; 70| 8d )epidemie in
1886 | 2 12% 2 8 aa 19 6 4| 41) 85| 72| 107,| Eisenerz
1887 | 8 = 1 4 19 — ai 29 6 73| 79.
1888 3 6 —| = 3 18) 1 2 32l 6 66 72:
1889 | 612 — a A ul 20) 5 4| 31) 20; 80 100] Babnbau
1890 | 14 4 7 19 25 33 4 3 48 32 96) 128.7 über den
1891 | 2 = 2 4 19 1 3) 42' 8| 75| 83} Prābichi
| 1892 | 5 MÍ ı 2 8 20 3 —) 44] 11) 83 9
1893 | 2 19 3 el 5) 19) 1 1] 34) 7| 72 79
| 1894 | 9 ge 3 14. 12 1 —| 23) 18 54 67.
| ' l! ij '
| Snmme || 262) 353) 34 67| 217, 368, 649| 96| 528| 5611302| 515124792994.
| Percentver- | | | i
hältniss zur | ,
(resammt = 300 20.0! 98-5
76:5'359| 641, 154| 846| 41 959/ 172 82
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dida "ii
|
‚sterblichkei 495,57
*) Unter der Bezeichnung »alpine Arbeiter« sind die Arbeiter des alpinen Montangesellschaft
und des Erzbergvereines verstanden.
— 165 —
hervorgeht. dass die Berg- und Hüttenarbeiter von allen Bewohnern vou
Eisenerz und Vordernberg weitaus am häufigsten an croupöser Pneu-
monie erkranken und sterben. (Tabelle IV und V.)
Bei den Todesfällen liess sich das Verhältniss zur Zahl der Lebenden nicht
berechnen, weil Durchschnittszahlen der letzteren für den in Frage kommenden
Zeitraum von 18, beziehungsweise 34 Jahren nicht zu beschaffen waren.
Es wurde daher nur das Verhältniss der Pneumonie-Todesfälle zur Gesammt-
sterblichkeit der einzelnen Berufsclassen festgestellt, was sichere und gut vergleichbare
Ergebnisse lieferte.
Hiernach sind in Vordernberg 425 Percent und in Eisenerz 478
Percent aller verstorbenen Berg- und Hüttenarbeiter der croupösen
Pneumonie erlegen. Von den Eisenerzer Berg- und Hüttenarbeitern sind überdies
15:7 Percent an Tuberculose, 10:8 an gewaltsamen Todesarten und nur 25'7 Percent
an anderen Krankheiten gestorben.
Eine Scheidung der Bergarbeiter von den Hüttenarbeitern war in den Mortali-
tätstabellen nicht möglich, weil der Beruf in den Todtenbeschau-Protokollen mitunter
nicht genau bezeichnet war. In den Morbiditäts-Tabellen konnte hingegen diese
Scheidung durchgeführt werden. Hier zeigen die auf ein Jahr und 10.000 Angehörige
derselben Berufsclasse berechneten Einheitsziffern (Tabelle II, dass die Hütten.
arbeiter in beiden Orten, von den Bergarbeitern hingegen besonders jene, welche
nach Eisenerz gehören, von der croupösen Pneumonie weitaus häufiger ergriffen
werden, als andere Leute.
Die der Vordernberger Bergdirection unterstehenden Bergleute, welche im
oberen Theile des Eisenerzer Erzberges arbeiten, aber zum Unterschiede von den
der Eisenerzer Bergdirection unterstehenden, am unteren Theile des Berges von
1186 Meter Seehöhe abwärts beschäftigten Eisenerzer Arbeitern kurz die Vordern-
berger Bergarbeiter genannt werden sollen, zeigen eine Pneumonieziffer,
welche niedriger ist, als jene der Gesammtbevölkerung Vordernbergs und weniger
als die Hälfte von jener der Eisenerzer Bergarbeiter beträgt.
Hierbei sind Fehler zu berücksichtigen, welche dadurch unterlaufen, dass ein
Theil der Vordernberger Bergarbeiter in den Nachbargemeinden Vordernbergs wohnt
und dass diese, falls sie in ihrer Wohnung erkranken und nicht ins Werkspital ge-
bracht werden, nicht mitgezählt sind.
Bei Berücksichtigung dieser Fälle erhöht sich aber die Pneumonieziffer der
Vordernberger Bergarbeiter nur von 140°1 auf ungefähr 180, bleibt also noch immer
sehr bedeutend hinter jener der Eisenerzer Bergarbeiter, welche 295:1 beträgt,
zurück.
Dieses Ueberwiegen der Pneumonieziffer bei den Eisenerzer
Bergarbeitern erscheint um so auffallender, als nach der Seehöhe der Arbeits-
stätten eher das Umgekehrte zu erwarten gewesen wäre.
Eine Erklärung hiefür findet sich in den Wohnungsverhältnissen am
Erzberge.
Die Knappenhäuser ım Vordernberger Antheile des Erzberges sind grösstentheils
gemauert, die heizbaren Schlafräume mit eisernen Betten versehen und gesundheitlich
entsprechend; überdies waren dieselben in den Jahren der Beobachtungsreihe nahezu
nie überfüllt.
Auf dem unteren Eisenerzer Antheile des Erzberges befinden sich hingegen fast
ausschliesslich Holzbaracken, von welchen blos einige kleinere aus starken Balken auf-
gczimmert sind, während die grösseren, einen Belegraum für mehrere hundert Mann
enthaltenden Baracken nur mit einfachen Bretterwänden verschalt und nahezu gar nicht
heizbar sind.
Die Schlafstellen bestehen daselbst aus hölzernen Pritschen, auf welche Stroh-
säcke aufgelegt sind.
— 166 —
Die gesundheitlichen Nachtheile dieser im Frühjahre und im Sommer in der
Regel stark überfüllten Räume machen sich besonders bei kaltem und nassem Wetter
geltend, wenn die bei der Arbeit durchnässten Arbeiter in die kalten Schlafräume
kommen und keine Gelegenheit haben, ihre nassen Kleider zu trocknen.
Diese Baracken, und zwar die beiden Dreikönigbaracken, die Leitnerbaracke
und die Liedemannbaracke, welche zusammen mitunter 1200 Arbeiter und darüber
beherbergen, bilden die Brutstätten der croupösen Pneumonie, und hier wurden die
meisten Hausepidemien der letzten Jahre beobachtet.
Von der Schädlichkeit dieser Baracken werden besonders die Sommer-
arbeiter getroffen, welche daselbst bequartiert sind. Bei dieser Arbeiter-
kategorie fällt überdies in die Wagschale, dass sie den Winter über nicht so
schwer gearbeitet haben, daher weder an die Strapazen der Arbeit, noch an die
Unbilden der Witterung gewöhnt sind. In Verbindung mit den gesundheitlichen
Uebelständen ihrer Quartiere mag dies dazu beitragen, dass die Sommerarbeiter
häufiger an croupöser Pneumonie erkranken, als die stabilen einheimischen Berg-
arbeiter.
Bei den Vordernberger stabilen Bergarbeitern kam in früheren Jahren noch
eine andere Schädlichkeit in Betracht.
Wie nämlich aus Tabelle VI zu entnehmen ist, erkrankten die Vordernberger
Bergarbeiter am Montag viel häufiger an Pneumonie, als an den übrigen Wochen-
tagen, ein Umstand, auf welchen bereits der Bergarzt Dr. Dauscher aufmerksam
gemacht hat. Der Grund hiefür scheint darin zu liegen, dass diese Bergarbeiter,
welche den Samstag und Sonntag bei ihren weit entfernt wohnenden Familien zu-
bringen, vor Beginn der Montagsarbeit im Hochgebirge einen weiten Weg, mitunter
bei den ungünstigsten Witterungsverhältnissen zurückzulegen und hiebei noch eine
beträchtliche Höhendifferenz zu überwinden hatten.
Seitdem diese Arbeiter um einen äussert billigen Preis mit der neuen Erzberg-
bahn an ihren Arbeitsort fahren können, haben sich die an Montagen beginnenden
Pneumonien merklich vermindert.
Tabelle VI.
Croupóse Pneumonie in Vordernberg und Eisenerz nach dem Krankheitsbeginn.
in Vordernherg |
Sa
| Bergarbeiter
Summe ........ «eee 87 83 556
Es erkrankten an croupöser Pneumonie rial Hütten- in Eisenerz || Zusammen
| arbeiter
le ee er sts
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Sonntag E EE | 13 13 ` 50 76
Montag... 0.0... ER CB o 13 | 60 94
Dienstag "2 eg ee a de a 8 ` 12 , 14 | 56 82
Mittwoch” .. Aue aa : 7 | 10 | 55 72
| Donnerstag . 2222 ee 0 12 ! 11 | 53 76
Freitag -o aa a 9 9 | 61 | 79
(Samstag .. .. .... eee | 13 13 51 7 Ä
386
|
|
|
Von den übrigen Schädlichkeiten, welchen die Berg- und Hiittenarbeiter aus
gesetzt sind, spielen die erhöhte Erkältungsgefahr bei der schweren Arbeit im Freien
oder in der Hütte mit ihren bedeutenden 'Temperaturwechseln, sowie die stete Io
halation des feinen und scharfen Erzstaubes eine Rolle.
VE u ee
— 167 —
Von letzterer haben die Hüttenarbeiter, ganz besonders aber die Röstarbeiter
viel zu leiden; dies dürfte auch der Grund für die bedeutende Mortalität an croupöser
Pneumonie bei diesen Arbeiterkategorien sein, welche in Vordernberg 41°4 Percent
und in Eisenerz 60 Percent, also mehr als doppelt soviel, wie bei der übrigen Be-
völkerung beträgt. (Tabelle VII.)
Die auffallend hohe Mortalität der croupösen Pneumonie in der
Gruppe »andere alpine Arbeiter< wird vorzugsweise durch die dieser Gruppe zu-
gezählten Pensionisten bedingt, deren Disposition wohl durch vorangegangene
croupöse Pneumonien erhöht, und deren höhere Mortalität durch die Zunahme der
Pneumonie-Sterblichkeit im höheren Alter bedingt ist.
Die Pneumonie-Mortalität der beim Bahnbau über den Präbichl beschäftigt
gewesenen Arbeiter, insbesondere der Tunnelarbeiter (Tabelle VII) bleibt weit
hinter dem Durchschnitte zurück, obgleich diese Leute in überfüllten und gesund-
heitlich sehr mangelhaften Baracken untergebracht waren.
Dies ist einerseits dadurch zu erklären, dass sich diese Arbeiter in Folge des
besseren Verdienstes besser und reichlicher ernährt haben, und anderseits dass die
Pneumonieepidemien zur Zeit des Bahnbaues unter dem Einflusse derInfluenza
sich zwar sehr ausbreiteten, jedoch bedeutend milder als die Epidemien früherer
Jahre verlaufen sind. |
Auffallend ist, dass die ständigen Bahnbediensteten und ihre
Familien, fernerdielandwirthschaftlichen Arbeiter, Jäger und Forst-
leute von der croupösen Pneumonie nahezu verschont bleiben, selbst wenn die
Wohnungsverhältnisse derselben sehr viel zu wünschen übrig lassen.
Beim weiblichen Geschlechte erreicht die Häufigkeitsziffer der Pneu-
monie nur wenig mehr als ein Drittel von jener der Männer.
Aus der Mortalitätstabelle (IV) für Eisenerz ist ersichtlich, dass dort die
Weiber der alpinen Arbeiter häufiger an croupöser Pneumonie sterben, als andere
Weiber, was bei gleichen übrigen Verhältnissen die Infection von den häufiger er-
krankenden Männern wahrscheinlich erscheinen lässt.
Die Zahl der an croupöser Pneumonie gestorbenen Kinder ist in Eisenerz
eine ausserordentlich geringe, in Vordernberg sind die Todesfälle an katar-
rhalischer Pneumonie mitgerechnet, wesshalb dort diese Zahl etwas höher, jedoch auch
noch relativ unbedeutend ist.
Auch die Zahl der Erkrankungen von Kindern an Pneumonie ist in den letzten
Jahren, in welchen mit dem zunehmenden Interesse der Aerzte nur die rein croupösen
Formen zur Anzeige gelangten, auffallend niedrig.
Diese geringe Receptivität des Kindesalters für die croupöse
Pneumonie steht im Widerspruche mit den Erfahrungen, welche Finkler*) in Bonn
gemacht hat.
Es wäre an die Möglichkeit zu denken, dass die eng begrenzte einheimische
Bevölkerung in Eisenerz und Vordernberg durch das constante endemische Vorkommen
der croupösen Pneumonie immunisirende Eigenschaften erworben hat, welche aber
nur im Kindesalter zur Geltung kommen, weil sie mit der Zeit des Wachsthums
durch Schädlichkeiten, welche auf Lunge und Herz einwirken, abgeschwächt werden
und theilweise verloren gehen.
Je höher das Alter, desto grösser ist die Disposition für die croupöse Pneu-
monie und desto höher die Mortalität. (Tabelle VIII u. IX.)
Der absoluten Zahl nach werden jedoch die meisten Individuen im
kräftigsten Mannesalter und zur Zeit des besten Verdienstes von der crou-
pösen Pneumonie dahingerafft, wodurch es begreiflich wird, weshalb diese Erkrankung
von der Bevölkerung so ausserordentlich gefürchtet ist.
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in Eisenerz
in Vordernberg
168
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1893: a A .|| 83° Di Bei — | 378
1894 ...... 258 1 | 31 = — | 29
1895 © o roa naea 3510 2° 83 — — 4018
Summe i 389110 201 2915 12* 30" 480115
|
Mortalitätspercent 28:3 60:0 51°7 16°6 23.3 30.4
| |
1885 . en 277 10! 12? | — — | 49%
1886 ......... 185 2212 Ww oj; = | — | 5re
1887 ......., 1 ge a o = 114
EE AE eg deco GE : Es — ee —- : 2
1889" ve. cece ed we 5! 2! 1 | 4 82 + 20t
1890 ..... 10! 195 3? 21? ` 17 701
BL ca i 10? 1 2 | — 4 1733
1892. EE : — 43 2 | — — 8°
1893 Sl 1! 41 45 | — — a 9:
E urn es io en | 13! 12° 93 Zo, — | 34°
1895 e, 5 4 Ta se SS | 133
!
Sumo gar: 8738 5116 25° | 294 | 284%
Mortalitätspercent 23:9 414 31:3 | 80 | 13°6 | 28:2
|
Gesammtsumme 48113 107% | 80?! 37t | 591 464276
Mortalitätspercent 274 | 448 | 38:7 10:8 18:6 29-6
|
|
**) Beim Bahnbau über den Präbichl.
NB. In dieser Tabelle sind nur die zur Anzeige gelangten Eıkrankungen verzeichnet. Die kleinen
*) Unter der Bezeichnung »alpine Arbeitere sind die Arbeiter der Alpinen Montangesellschaft
TA i AN. AA siwt a
- Me.
— 169 —
belle VII.
in den Jahren 1885 bis inclusive 1895 nach dem Berufe und Geschlechte.
Männer Kinder
ES SE — mn a a a e EE
| |
h kb o D D o
o = S = 8 e | S g Gesammt-
© = A 3 8 “Es 3 g summe
2 5 a | e | u SZ 2 d
< N |
BEE Arbeiter | [|| Arbeiter , _
|
153 1213+ 293 | 123 346 | 768 18: 947
A 14! 1 | 31 A = 7 z 18?
= 185 2 4 6 5! 3 8! 326
123 10536 146 | 4 185 4 sa 4 12712
105 10835 A | gl 132 3 = 3 12440
91 40:3 91 | 1! 2 1! ne 1! 4416
11 124 4 o 9 6? 1 = 1 196
10! 479 10? 3 ER 1 an 1 611
5: 349 ` 5 Ou 128 1 en 1 4717
A 4415 63 3! ga 1 1 2 5519
6318 54316 7023 | 484 | 11836 938 221 1159 776209
28-5 30-2 314 29-2 30-5 85 4-5 7-8 26-9
|
7 | 5613 VO 5 121 43: 12 55? 12316
75 58% Io" D | 12% 35: 9 44? 1143
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4810 33290 4412 | 965 701 1195 421 1615 563113
208 | 271 273 19-2 24-3 42 2:4 3-7 201
11123 87535 | 114% 7419 18853 91913 64? 276'5 1839322
252 | 290 | 998 7 282 61 | 31 54 240
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Ziffern bedeuten die Zahl der Todesfälle.
und des Erzbergvereines verstanden.
170
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Morbiditát an croupóser Pneumonie in Eisenerz und Vordernberg in den Jahren 1885 bis inclusive 1895
nach dem Alter, Berufe und Geschlechte.
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NB. Die kleinen Ziffern bedeuten die Zahl der Todesfälle. Es sind in dieser Tabelle nur jene zur Anzeige gelangten Erkrankungen verzeichnet, bei
welchen in der Anzeige die Altersdaten ersichtlich waren,
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— 172 —
Der Einfluss der Wohnungsverhältnisseauf das Vorkommen der crou-
pösen Pneumonie wurde in verschiedenen Richtungen geprüft.
Es liess sich feststellen, dass die croupöse Pneumonie häufiger in ein-
geschossigen, als in mehrgeschossigen und gleichfalls häufiger in nicht unter-
kellerten, als in unterkellerten Häusern auftritt. (Tabelle X.)
Man wird nicht weit fehlgehen, wenn man dies auf den Umstand 2urückführt,
dass die allgemeinen hygienischen Verhältnisse sowohl in eingeschossigen, als auch
in nicht unterkellerten Häusern in der Regel schlechtere sind, als in mehrgeschossigen
oder unterkellerten Häusern. |
Hiebei ist auch zu berücksichtigen, dass die Wärmevertheilung in den ersteren
Häuserkategorien ungünstiger ist, da dieselben den Einflüssen der Ausen-, beziehungs-
weise Bodentemperatur mehr ausgesetzt sind, als die mehrgeschossigen oder unter-
kellerten Häuser.
Bei der Zusammenstellung über das Vorkommen der Pneumonie nach einzelnen
Häusern ergab sich, dass die Pneumonieerkrankungen zerstreut in allen Gemeinde-
theilen, theils sporadisch, theils herdweise vorgekommen sind.
Die bedeutendsten Pneumonieherde stellen die bereits erwähnten vier
Baracken auf dem Eisenerzer Erzberge dar, deren gesundheitliche Verhältnisse viel
zu wünschen übrig lassen.
Die übrigen Häuser, in welchen Pneumonieherde nachzuweisen waren, lassen
in keiner Beziehung gemeinsame Merkmale erkennen.
Am auffallendsten ist dies bei dem Hause Nr. 55 in Vordernberg, welches
gleiche Lage, Bauart, Einrichtung, Bewohnungsdichte und beiläufige Einwohnerzahl
wie die drei Nachbarhäuser, Nr. 57, 58 und 60 aufweist. In dem ersteren Hause
kam während eilf Jahren keine Erkrankung und während 34 Jahren kein Todesfall
an croupöser Pneumonie vor, während sich in den drei Nachbarhäusern in derselben
Zeit 27 Erkrankungen und 16 Todesfälle an dieser Krankheit ereigneten.
In der Regel ist zu bemerken, dass sich das herdweise Vorkommen der Pneu-
monie in einzelnen Häusern auf ein oder höchstens zwei aufeinander folgende Jahre
beschränkt; dann können wieder viele Jahre vergehen, in welchen die Pneumonie
in dem betreffenden Hause entweder gar nicht, oder nur sporadisch auftritt.
In den Krankenanzeigen über die croupöse Pneumonie waren mitunter auch
Contusionen des Brustkorbes oder andere Beschädigungen, einmal die
Einklemmung einer Hernie erwähnt, welche der Erkrankung an Pneumonie
unmittelbar voran gegangen waren.
Nicht selten wurde die Beobachtung gemacht, dass Leute, welche durch fiber-
hafte Erkrankungen genöthigt waren, das Bett zu hüten, im Bette plötzlich von
croupöser Pneumonie befallen wurden.
Mehrmalige Erkrankungen an croupöser Pneumonie werden so hänfig
beobachtet, dass der Schluss gerechtfertigt erscheint, das Ueberstehen der Pneumonie
erhöhe die Disposition für de Wiedererkrankung.
Der Sohn eines verstorbenen Hutmannes in Eisenerz erzählte dem Verfasser,
dass sein Vater 23mal an croupúser Pneumonie erkrankt sei.
Für die Infeetiosität der croupösen Pneumonie sprechen die folgenden
Beobachtungen.
Der Nachweis der directen Contagion ist bei der Pneumonie wohl aus dem Grunde
schwer zu erbringen, weil es sich häufig um mehrere unbekannte Zwischenglieder
handeln mag, bei welchen geringe Disposition eine Erkrankung gar nicht oder nur
bis zur Stufe des Katarrhs entwickeln liess. >
Immerhin konnte man in einer grösseren Zahl von Fällen gegenseitige Bezie-
hungen insoferne erkennen, als kurze Zeit nacheinander in dergleichen Familie
Erkrankungen an croupöser Pneumonie nachgewiesen werden konnten. Besonders
häung erkrankten Reconvalescenten nach anderen Krankheiten,
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— 174 —
welche im Spitale in demselben Zimmer mit Pneumonikern
untergebracht waren.
Auch Erkrankungen des Pflegepersonales von Pneumonikern sind im
Spitale und bei häuslicher Pflege öfters vorgekommen.
Einmal wurde die Infection auf Benützung desselben Tascbentuche:
zurückgeführt; in diesem Falle erkrankte ein Weib während der Pflege ihres an
Pneumonie erkrankten Mannes und kurz darauf die erwachsene Tochter derselben
an Pneumonie. Die Frauen hatten sich des Taschentuches bedient, in welches der
Ersterkrankte seinen Auswurf entleert hatte.
Mit Sicherheit dürfte aber folgende Thatsache auf Contagion zurückzu-
führen sein:
Der Sohn einer im Eisenerzer Werksspitale wohnenden Wärterin erkrankte
beinahe jedesmal an Pneumonie, so oft ein Pneumoniker ins Spital gebracht wurde:
er wurde deshalb, nachdem er sechs Pneumonien überstanden hatte, aus dem Spitale
entfernt, und soll seither, d.i. seit 13 Jahren nicht mehr an Pneumonie erkrankt sein.
Abgesehen von diesen Fällen lässt sich aber aus allen Zusammenstellungen
eine gruppenweise Vertheilung der Pneumonie nachweisen, aus welcher hervor-
zugehen scheint, dass die Contagion bei der Verbreitung dieser Krankheit auch eine
Rolle spiele:
Bei dem zeitlichen Auftreten lässt sich in der Regel bemerken, dass, wenn am
Anfange eines Jahres mehrere Pneumonien vorkommen, die Zahl derselben gegen
die Mitte des Jahres beträchtlich anschwillt; wenn hingegen die Pneumonien im
Winter nur spärlich auftreten, kommt es gewöhnlich auch im weiteren Verlaufe des
Jahres zu keiner epidemischen Entwicklung.
Die einzelnen Epidemien ziehen sich stets über Monate, mitunter über Jahre
hinaus; nach Abschluss derselben ist gewöhnlich eine Pause bemerkbar, welche (bis
zum Beginne einer neuen Epidemie) Monate, mitunter Jahre dauert.
Eine solche Pause trat nach der schweren Typhusepidemie des Jahres 1864
in Vordernberg, während welcher auch eine bedeutende Pneumonieepidemie herrschte,
in den letzten beiden Dritteln des Jahres 1870 ein.
Eine gleiche Pause war nach der Typhusepidemie 1871/2 in der zweiten Hälfte
des Jahres 1872 zu bemerken. ferner im ganzen Jahre 1880, nachdem durch zwei
Jahre vorher eine Steigerung der Sterblichkeit an entzündlichen Erkrankungen der
Athmungsorgane überhaupt und an Pneumonie insbesondere stattgefunden hatte.
Eine mehr als zweijährige Pause, während welcher nur sporadische Pneumonietälle
zu verzeichnen waren, folgte der grossen Epidemie der Jahre 1885/6 und eine ein-
jährige Pause im Jahre 1891 nach der Influenza-Pneumonieepidemie des Jahres 1890.
Die Aerzte bemerken, dass die entzündlichen Erkrankungen der
Athmungsorgane in diesen Pausen sowohl nach Zahl, als auch
nach Intensität stark vermindert waren, und dass sporadische Pneumonien.
welche zu dieser Zeit auftraten, in der Regel nur katarrhalische oder sehr leichte
croupúse Form zeigten.
Es macht dies den Eindruck, als ob entweder die Bevölkerung durch das
Ueberstehen der bedeutenden Epidemien eine vorübergehende Immunität erlangt hätte.
oder aber, was wahrscheinlicher ist, dass der Infectionskeim im Verlaufe der Epidemie
an Virulenz eingebüsst hat.
Das zeitliche Auftreten der Epidemien in Eisenerz und Vordernberg stimmt
durchaus nicht immer überein, obgleich diese Orte aneinander angrenzen, und durch
den Erzberg zahlreiche Beziehungen zwischen beiden bestehen.
Von den Verschleppungen der croupúsen Poeumonie in andere Gemeinden
ist besonders jene merkwürdig, w elche im Jahre 1882 aus Eisenerz nach Mautern erfolgte.
l,etztere räumlich sehr ansgedehnte Gemeinde, in welcher eroupöse Pneumonie
wie im ganzen Liesingthale sehr selten vorkommt, grenzt ın hoher unwirthlicher
DE LE
Gebirgsgegend an Eisenerz und unterhält mit letzterer Gemeinde in Folge der
schwierigen Communication nahezu gar keinen Verkehr.
Im Frühjahr 1882 ereignete es sich, dass ein Eisenerzer Bergarbeiter, welcher
in einer an der Grenze gegen Mautern gelegenen Alphütte wohnte, an croupöser
Pneumonie erkrankte; bald folgten in den benachbarten Alphütten, welcbe in dem
von der Höhe des Gebirgsüberganges gegen den Markt Mautern herabziehenden
Hochthale gelegen sind, die Erkrankungen einiger Holzknechte, und in Kürze ent-
wickelte sich daselbst, sowie in der benachbarten Ortschaft Reitingau und im Markte
Mautern eine beträchtliche Pneumonieepidemie; derselben erlagen binnen wenigen
Monaten 13 Personen, während sonst Jahre zu vergehen pflegen, bis in der Gemeinde
Mautern ein Todesfall an croupöser Pneumonie zu verzeichnen ist.
Das gruppenweise Auftreten der Pneumonie ist ferner nach Tagen,
nach dem Berufe und wie bereits früher erwähnt, auch nach Häusern und
Wohnungen zu beobachten.
Es erkranken z. B. in einem Monate ausschliesslich Bergarbeiter, ein andermal
wiederum nur Röstarbeiter oder blos Weiber.
Die Hausepidemien sind bisher von der Aerzten zu wenig beachtet
worden, weil die einzelnen Kranken recht häufig in der Behandlung verschiedener
Aerzte gestanden sind. Die wichtigsten HausepidemienindenBaracken
am Erzberge wurden aber deshalb übersehen, weil alle Kranken von da in das
Spital abgegeben wurden, und dort ihr früherer Wohnort nicht festgestellt wurde.
Die vom Verfasser auf dem Erzberge beobachteten Hausepidemien waren
folgende:
Vom 1. October bis 14. November 1895 kamen in der Leitnerbaracke, welche
Raum für 300 Mann bietet, damals aber nur von 60 Mann belegt war, eilf Erkran-
kungen an croupöser Pneumonie vor.
Die Witterung war damals vorwiegend schön, warm und trocken. Zur selben
Zeit, sowie einen Monat vorher und nachher wurde weder unter den übrigen 1300
am Erzberge beschäftigten Bergarbeitern noch unter den sonstigen Bewohnern von
Eisenerz und Vordernberg eine Pneumonieerkrankung beobachtet.
Die Erkrankten hatten ihre Schlafstellen keineswegs nebeneinander, sondern in
allen Theilen der weitläufigen Baracke zerstreut; wohl aber kochten sie ihre Mahl-
zeiten in der gemeinsamen Küche nebeneinander, und es standen die Truhen, in welchen
die Einzelnen ihre Lebensmittel aufbewahrten, nahe beisammen.
Es wäre an die Möglichkeit zu denken, dass in diesen Fällen die Nahrungs-
aufnahme, etwa die mangelhafte Reinlichkeit bei Aufbewahrung, Zubereitnng und
dem Genusse der Lebensmittel eine Rolle in der Verbreitung der Erkrankung ge-
spielt habe.
Die Leitnerbaracke wurde Mitte November 1895 evacuirt und gründlich ge-
reinigt, worauf in derselben keine Erkrankung an Pneumonie mehr vorkam.
Die zweite Hausepidemie, welche der Verfasser beobachtete, begann Ende
März 1896 in der Dreikönigsbaracke am Erzberge; als daselbst binnen wenigen
Wochen zehn Erkrankungen an croupöser Pneumonie vorgekommen waren, wurde
die Baracke theilweise evacuirt; die vollständige Räumung war wegen Platzmangel
nicht möglich. Im Ganzen erkrankten bis 15. Mai 26 Bergarbeiter, darunter 26 Sommer-
arbeiter und nur ein Einheimischer an croupöser Pneumonie; 24 von diesen Arbeitern
hatten theils in der Dreikönigsbaracke, theils in drei anderen Baracken gewohnt,
in welch’ letztere die Pneumonie nachweisbar durch Arbeiter verschleppt worden war,
die aus der Dreikönigsbaracke transferirt wurden.
Unter der übrigen Bevölkerung von Eisenerz und Vordernberg kam während
dieser Zeit ebenso wie in den soliden Blockhäusern und den aus Stein gebauten
Knappenhäusern am Erzberge keine Erkrankung an croupöser Pneumonie vor.
— 176 —
Die vier Baracken, in welcben die Epidemie auftrat, sind hinsichtlich der Ban
art und inneren Einrichtung, wie auf Seite 165 erwähnt wurde, als mangelhaft zı
bezeichnen.
Ergebnisse.
Die Ergebnisse vorstehender Ausführungen sind in folgenden Sätzen zı-
sammenzufassen :
1. Die croupöse Pneumonie kommt in Eisenerz und Vordernberg ende misct
vor und breitet sich zeitweilig in grösseren Epi di emien aus, welche mitunter
auch auf Nachbarorte übergreifen.
2. Auffallend häufig wurden in den genannten Orten perniciöse Pneumon«r
beobachtet, deren Krankheitsbild dem einer schweren Blutvergiftung nal:
kommt; das für die lethale Prognose wichtigste Symptom ist hiebei di:
erdbraune, wässerige Beschaffenheit des Sputums.
3. Im Gebiete des steirischen Erzberges kommen für die Ausbreitung de:
croupösen Pneumonie folgende disponirende Momente in Betracht:
a) Die Höhenlage;
b) die Jahreszeiten; das Maximum der Pneumonien fällt in den Mona:
Mai, das Minimum in den Monat September;
c) die Industrie und der Beruf, Die Berg- und Hüttenarbeiter,
von letzteren besonders die Röstarbeiter zeigen die höchste Pneumoni«
Morbidität und Mortalität.
Bahnarbeiter und Bedienstete, landwirthschaftliche Arbeiter, Jäger und Fors-
leute sind weniger zur Pneumonie disponirt;
d) das Geschlecht. Männer erkranken und sterben nahezu dreimal häutigr
als Weiber an Pneumonie;
e) das Alter. Die Disposition der Kinder ist in Eisenerz und Vordernker:
auffallend gering. Die Mortalität an Pneumonie nimmt mit dem Alter zu;
f} Wohnungsverhältnisse. In ebenerdigen und nicht unterkeller:e:
Häusern kommt Pneumonie häufiger vor als in mehrgeschossigen oder unterkellerten.
Am bäufigsten wurde das Vorkommen der Pneumonie in einigen hygienisch mange:-
haften Baracken am Erzberge beobachtet;
g) Verletzungen, Reconvalescenz nach anderen Krankheiten erhöhe:
die Disposition;
h) Wiedererkrankung wurde häufig beobachtet.
Alle Momente, welche die Disposition für croupöse Pneumonie befördern, Er.
kältungen, Ueberanstrengung, Staubinhalation, ungünstige hygienische Lebensbedır-
gungen u. A. lassen als gemeinsames Merkmal eine Schwächung ds
Organismus und besonders des Herzens und der Lunge erkennen. |
4. Die Infectiosität der cronpúsen Pneumonie wird durch folgende Be `
obachtungen gestützt:
a) directe Ansteckung von Person zu Person. Die geringe Anzal.
der reinen Infectionsfälle spricht für die relativ untergeordnete Be
deutung der Contagion gegenüber der wichtigeren Disposition:
b) gruppenweises Auftreten der Erkrankungen nach Zeit, Ort un:
Berut;
e) Verschiedenartigkeit der einzelnen Epidemien nach Ir
tensität der Erkrankungen “und Complicationen;
d) Pausen, welche durch grössere Epidemien auftreten.
Die Prop h vlaxe der eroupösen Pneumonie wird sich einerseits mit der Ve:
meidung der Infectionsgefahr, ganz besonders aber mit der Beseitigung jener Moment.
welche die Disposition erhöhen, zu befassen haben.
Die allgemeine Prophylaxe wird den Verhältnissen entsprechend i
erster Linie von den Inhabern, beziehungsweise Leitungen des Bergbaues und der
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Hüttenwerke gehandhabt werden müssen, und nur ein kleiner Theil wird der Ge-
meinde obliegen.
Die regelmässige Anzeige jeder Erkrankung und die sofortige Ab-
gabe jener erkrankten Arbeiter, welche zu Hause nicht die nöthige Pflege finden,
in das Werksspital ist bereits bisher durchgeführt worden; seither ist auch
schon eine Abnahme nicht blos der Zahl, sondern ganz besonders in der Intensität
der Erkrankungen zu erkennen gewesen.
Mit Rücksicht auf die gesteigerte Disposition bettlägeriger Patienten und der
Reconvalescenten erscheint es wünschenswerth, dass die Pneumoniker in Hinkunft in
den geräumigen Werksspitälern von den übrigen Kranken gänzlich isolirt werden;
dies liesse sich am zweckmässigsten in der Weise durchführen, dass gewisse Zimmer
ausschliesslich für die Aufnahme von Pneumonikern bestimmt und Wäsche, Ess- und
Trinkgeschirr, kurz alle für diese Kranken nothwendigen Gebrauchsgegenstände in
besonderer Weise gekennzeichnet würden, damit dieselben bei anderen Kranken gar
nicht in Verwendung gezogen werden.
Bei den unter geeigneten Verhältnissen in häuslicher Pflege belassenen Pneu-
monikern erscheint eine Isolirung überflüssig und genügt das Fernhalten dis-
ponirter Individuen von der betreffenden Wohnung sowie die zuverlässige
Beseitigung des pneumonischen Sputums. Letztere wäre durch obliga-
torischen Gebrauch einer Spukschale, deren Inhalt in das Feuer oder nach Des-
infection in den Abort entleert wird, anzustreben.
Die Durchführung dieser Massregeln wäre durch Belehrung und Ueberwachung
der Parteien seitens der behandelnden Aerzte zu erreichen.
Am wichtigsten erscheint aber unter den allgemeinen prophylaktischen Mass-
nahmen die Assanirung der Wohnungen der besonders disponirten Arbeiter-
kategorien, in erster Linie der Baracken am Erzberge.
Dieselbe ist auch von den Bergverwaltungen als nothwendig erkannt worden
und es wird bereits seit mehreren Jahren nach Massgabe der vorhandenen Mittel
daran gearbeitet.
Die mit einfachen Bretterwänden verschalten Massenquartiere am Erzberge,
besonders die beiden Dreikönigsbaracken, die Leitner- und Liedemannbaracke wären
gänzlich aufzulassen.
Bei Neubauten ist die möglichste Isolirung gegen die Einflüsse der
Aussen- und Bodentemperatur zu berücksichtigen, zu welchem Zwecke hohe Um-
fassungsmauern, sowie in Ermanglung einer Unterkellerung ein Hohlboden mit
Labyrinthventilation empfohlen werden. Die Eingänge sind mit Doppelthüren ab-
zuschliessen, und ebenso sind überall Doppelfenster einzurichten. `
Jeder Wohn- und Schlafraum ist mit einer zweckmässigen Heizvorrichtung
zu versehen und im Frühjahre über die gewöhnliche Zeit hinaus mässig zu beheizen.
Für jeden Arbeiter ist ein eigenes Bett beizustellen.
Jenen Arbeitern, welche bereits Pneumonie durchgemacht
haben, ist besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Am geeignetsten erschiene es, dieselben einem anderen Betriebe der alpinen
Montangesellschaft an einem anderen Orte, wo Lungenentzündungen seltener vor-
kommen, zuzuweisen.
Sollte dies aus irgend einem Grunde undurchführbar sein, so wären solche
Leute durch Vermeidung von Ueberanstrengung und Accordarbeit, durch Schonung
bei Katarrhen nach ärztlichem Antrage, Zuweisung besserer Wohnungen etc. zu be-
rücksichtigen.
Für die Hebung der Ernährung der Arbeiter könnte seitens der Berg-
verwaltungen durch billige Beschaffung der nöthigen Mengen von Milch und
Fleisch, welche Nahrungsmittel bisher nicht in genügender Menge vertreten sind,
Einiges geschehen.
ee ` AS, Ss
Schliesslich wäre für die Rüstarbeiter, sowie für jenen Theil der Hütten-
arbeiter, welche zeitweise der Einwirkung des trockenen Erzstaubes in besonders
hohem Grade ausgesetzt sind, die Benützung eines praktischen Respirators
während der betreffenden Arbeitsphasen in Aussicht zu nehmen.
Die individuelle Prophylaxe muss alle Schädlichkeiten ver-
meiden, welche eine Schwächung des Organismus herbeiführen könnten, ander-
seits aber auch alle jene Momente berücksichtigen, welche geeignet erscheinen, die
Widerstandskraft des Organismus zu heben. Dieselbe wird somit der indi-
viduellen Hygiene sehr nahe kommen.
Eine leicht und allgemein verständliche Belehrung über die individuelle Pro-
phylaxe dürfte die Durchführung der letzteren am meisten und umso eher erleichtern,
als die Furcht vor der croupösen Lungenentzündung in Eisenerz und Vordernberg
besonders unter den Arbeitern allgemein verbreitet ist, und ein Schutz gegen diese
Krankheit als ein dringendes Bedürfniss empfunden wird.
Nachschrift.
Seit dem Abschlusse der vorstehenden Arbeit ist in Eisenerz eine neuerliche
Pneumonie-Epidemie im Frühjahre 1897 beobachtet worden, während welcher 54 Per-
sonen erkrankt sind. Hievon waren 48 Männer, und zwar 43 Bergarbeiter, 4 andere
am Erzberge beschäftigte Arbeiter und nur ein Holzknecht, der der Montanindustrie
ferne stand.
Von den 3 erkrankten Frauen besorgte eine ständig die Heizung der Koch-
baracke am Erzberge, die beiden anderen waren Bergarbeiterfrauen; von den 3 er-
krankten Kindern gehörten 2 zu Familien der Montanindustrie.
Anfangs beschränkte sich die Krankheit fast ausschliesslich auf die eben ein-
getroffenen und in den unhygienischen Baracken am Erzberge, insbesondere in der
Leitner- und Dreikönigsbaracke untergebrachten Sommerarbeiter und erst im Monate
Mai ergriff dieselbe auch eine Anzahl ständiger, in Eisenerz wohnhafter Bergarbeiter.
Seit dieser Epidemie, die Juni 1897 erlosch, ist de Pneumonie-Morbidität
im Erzberggebiete erheblich zurückgegangen und sind insbesondere
Massenerkrankungen im gleichen Hause und zu gleicher Zeit, wie dies in früheren
Jahren stets vorgekommen war, daselbst nicht mebr beobachtet worden, obgleich
gerade im Jahre 1898 die Pneumonie-Morbidität in mehreren anderen Gemeinden
des politischen Bezirkes Leoben auffallend erhöht war.
Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man diese erfreuliche Erscheinung auf
die erheblichen Verbesserungen der Arbeiterunterkünfte auf dem Erz-
berge und auf die zahlreichen sonstigen socialen Wohlfahrtseinrich-
tungen zurückführt, die von der Eisenerzer Bergverwaltung seither mit grossem
Verständnisse und beträchtlichem Kostenaufwande durchgeführt worden sind.
Dieser Erfolg Ichrt aber auch, dass die croupdse Pneumonie zu den ver m eid-
baren Krankheiten gehört, und dass es den fortgesetzten Bemtibungen der
massgebenden Kreise gelingen kann und muss, dieselbe im Gebiete des steirischen
Erzberges zu einem seltenen Vorkommnisse zu machen.
Druck von Friedrich Jasper in Wien
a kee
—
s Das österreichische Sanitätswesen.« Beilage zu Nr. 51, 21. December 1899.
Verlag von Alfred Hölder, k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändler in Wien, I., Rothenthurmstrasse 15.
Aus dem Jahresberichte des Chefarztes der k. k. Polizei-
direction in Wien für das Jahr 1898. :
Vom k k. Polizei-Chefarzte Dr. Andreas Witlaöil.
I. Die Organisation des polizeiärztlichen Dienstes 1848—1898.
Mit dem Jahre 1850, in welchem alle ärztlichen Anstellungen im Hinblicke
auf eine beabsichtigte neue Organisation des Sanitätsdienstes als provisorisch erklärt
wurden, begann auch für den ärztlichen Dienst bei der Wiener Polizeibehörde ein
42jähriges Provisorium, welches weder dem Dienste noch den betreffenden Aerzten
zum Vortheile gereichte. Die von diesem Zeitpunkte an in den polizeiärztlichen Dienst
Tretenden wurden nur als Functionäre auf Kündigung angestellt, sie waren weder
pensionsberechtigt, noch hatten sie Anspruch auf Anrechnung ihres Dienstes bei dem
Uebertritte auf einen definitiven Posten, selbst nicht auf einen polizeilichen; ihre
Aufnahme erfolgte nicht im Wege eines Concurses, sondern zumeist durch den Leiter
des betreffenden Bezirks-Polizeicommissariates, welcher seinen Hausarzt, oder einen
ihm näher bekannten oder empfohlenen Arzt als Functionär in Vorschlag brachte
und sub sperati in Verwendung nahm, worauf die Genehmigung der Polizeidirection
und der Statthalterei, in einzelnen Fällen auch der bestandenen obersten Polizeibehörde
erfolgte. Theilweise waren es von der Statthalterei angestellte provisorische k. k. Armen-
ärzte, welche zugleich als polizeiliche Functionäre in Verwendung genommen wurden,
und zwar nicht immer in demselben Bezirke, z. B. der Josefstiidter Armenarzt von 1856
bis 1871 im Polizeibezirke Ottakring. Uebrigens wurde in Verhinderung des Polizeiarztes
gewöhnlich der Armenarzt des Bezirkes im polizeilichen Dienste verwendet, auch
wenn er nicht als Functionär bestellt war; anderseits hatte der Polizeiarzt den armen-
ärztlichen Dienst gemäss seiner Instruction vom Jahre 1809 zu versehen, und zwar,
wenn der Bezirk keinen Armenarzt hatte, allein, sonst in dem ıhm für die Armen-
behandlung zugewiesenen Theile des Bezirkes. In Folge dieser ihrer armenärztlichen
Thitigkeit. waren die Polizeiärzte auch verpflichtet, Ausweise über dieselbe an das
Stadtphysicat zu liefern und bei den monatlichen Versammlungen, welche zur Con-
statirung des Gesundheitszustandes der Hauptstadt an jedem 12. unter dem Vorsitze
des Stadtphysicates stattfanden, zu erscheinen. Es lag nahe, dass hieraus eine theil-
weise Unterstellung unter das Stadtphysicat abgeleitet wurde, und letzteres dahin
sirebte, den polizeiärztlichen Dienst mit dem armenärztlichen in der Weise zu ver-
einigen, dass die communalen Aerzte auch den Polizeidienst zu versehen hätten, welche
Tendenz jedoch nicht zum Durchbruche gelangen konnte und in der Versammlung
selbst theilweisen Widerspruch fand, umsomehr, als der Dienst nach dem Plane
des Stadtphysicus Dr. Nusser derart gedacht war, dass jeder communale Arzt
1
— 180 —
simmtliche Functionen, also Armenbehandlung, Todtenbeschau, Localsanitiitspte::
und polizeilichen Dienst in dem ihm zugewiesenen Bezirke zu leisten gehabt hä:
Von dem Grundsatze, dass nur Functionäre auf Kündigung den polizeiärztlich:
Dienst provisorisch versehen sollten, wurde aber doch in einigen Fällen dur:
definitive Ernennung von Polizeibezirksärzten abgegangen, indem Dr. Sebasts:
Deimel als solcher für den Bezirk der inneren Stadt, Dr, Leopold Hopfgartn+:
für die Leopoldstadt und Dr. Ferdinand Pollender für die Wieden ernarı
wurden.
Die Polizeibezirksärzte und die polizeiärztlichen Functionäre hatten zwar cr
Dienst nach der obgenannten Instruction zu versehen, dies geschah jedoch in sel:
ungleichmässiger Weise in den verschiedenen Polizeibezirken; namentlich konnt!
die Functionäre bei ihrer prekären Stellung nur zu den nothwendigsten Leistung:
verhalten werden; ein Permanenzdienst bestand nicht, der Polizeiarzt war nicht ver
pflichtet, selbst auf dem Commissariate zu erscheinen, sondern nur, wenn er geruf:
wurde, was gewöhnlich nur in Fällen geschah, wo die Amtshandlung ohne ¿irztlic!-
Intervention absolut nicht durchgeführt werden konnte. Die früher schon ernarrt:
Polizei-Bezirksärzte, -Wundärzte und -Hebammen behielten ihre Stellen.
Während nun die Neusystemisirung der Amtsärzte bei den politischen Behörde:
schon im Jahre 1870 durch das Reichsgesetz vom 30. April, R. G. Bl. 68, erfolx
ist, dauerte das Provisorium des polizeiärztlichen Dienstes noch 22 weitere Jahre.
da die Systemisirung des polizeiärztlichen Status erst durch die Allerhöchste Eni-
schliessung vom 3. October 1891 vollzogen worden und am 1. Jänner 1893 in d.
Leben getreten ist. Durch sie wurden für die Wiener Polizeidirection ein Chetar”
in der VIIT. Rangsclasse, 9 Polizeibezirksirzte in der IN, 14 in der X. Rangsclas-~
6 mit 600 tl. adjutirte Assistenzárzte und 6 mit 500 fl. systemisirt unter Zulassi-
von unentgeltlichen Assistenziirzten je nach Bedarf. Nur zwei bereits während ¿=
Provisoriums definitiv angestellte Polizeibezirksärzte traten in den neuen Stata
über, der dritte ging in Pension; den Functionären wurde gekündigt, doch wurde:
bei der Besetzung fast alle angestellt, wobei ihre Einreihung seitens des Statthalter.
präsidiums nach den im Organisationsstatute aufgestellten Erfordernissen theils definitir.
theils provisorisch erfolgte. Diese Erfordernisse sind ausser den für den Staatsdiers
überhaupt geltenden das Doctorat der gesammten Heilkunde, ein mindestens er
Jähriger Spitaldienst, von welchem drei Monate auf einer chirurgischen Abtheilur.:
oder Klinik eines öffentlichen Spitales, drei auf einer für Dermatologie und Sypli
zugebracht sein müssen, und endlich die mit Erfolg abgelegte Prüfung für die bleiber.-
Anstellung im öffentlichen Sanitätsdienste bei den politischen Behörden (sogenan:”
Physicatsprüfung). Die älteren Functionäre schritten mit Ausnahme eines um cd:
Nachsicht der Physicatsprüfung ein, welche ihnen ebenso, wie die Altersnachsicht a:ıı
allen jenen, die das 40. Lebensjalır überschritten hatten, gewährt wurde.
Eine neue Instruction, erlassen von der Statthalterei und genehmigt vom Mir.
sterium des Innern erschien am 30. September 1892 und trat gleichzeitig mit Ge:
Dienstantritte der neu ernannten Polizeiärzte am 1. Jänner 1893 in Wirksamk-'
Obgleich die alte vom Jahre 1809 manches enthalten hatte, was auch in die ure
Instruction übergehen musste, so ist letztere doch ungleich präeiser und vollstäncir
und verlangt von den Polizeiärzten weit mehr als die erstere. Das ihr vorangeste.
Organisationsstatut erklärt sie als Beamte der Polizeidirection und unterstellt di:
Polizeibezirksärzte sammt ihrem Chef den Bestimmungen für die Staatsbeamten, di -
Assistenten jenen für die Praktikanten bei den politischen Behörden: ihr Dienst i
als ein Permanenzdienst erklärt, sie sind den Bezirkscommissariaten, beziehungewe'~
dem Gefangenhause zugetheilt, der Chefarzt der Polizeidirection; wo zwei Aerzte ein“
Commissariate zugetheilt sind, haben sie im Dienste abzuwechseln und sich gege
seitig zu vertreten. Sie haben in dem Polizeibezirke, welchem sie zugetheilt sind.
wohnen und sollen ohne triftigen Grund nicht versetzt werden; jedem Commissar...
— 181 —
sollte ein Bezirksarzt zugetheilt werden, ebenso dem Gefangenhause und nach Bedarf
ein Assistenzarzt. Diese Bestimmung konnte bei der Besetzung und Zutheilung im
Jahre 1893 nicht durchgeführt und musste ihre allmälige Durchführung der Zukunft
überlassen werden, weil die in den Status übernommenen in ihren bisherigen Bezirken
belassen werden mussten, wodurch es sich ergab, dass in manchen Bezirken zwei
Bezirksärzte, in anderen wieder zwei Assistenzärzte zugetheilt wurden, und weil ferner
zur Erzielung des nothwendigen Wechsels im Permanenzdienste und der erforderlichen
Zahl polizeilicher Untersuchungsärzte für die Prostituirten von der Ermächtigung
zur Aufnahme nicht adjutirter Assistenzärzte Gebrauch gemacht werden musste. Die
hiedurch bewirkte volle Ausgestaltung des polizeiärztlichen Körpers wurde sohin
durch die Aufnahme von fünfzehn nicht adjutirten Assistenzärzten erreicht, welche
blos auf die Untersuchungsgebühren angewiesen sind.
Die durch das Gesetz vom 5. Jänner 1896 den Amtsärzten der politischen
Behörden gewährte Verbesserung ihrer Rangstellung hat die Polizeiärzte nicht
berührt.
Die Vergleichung der Organisation des polizeiärztlichen Status und Dienstes
im Jahre 1848 mit dem Jubiläumsjahre 1898 zeigt den grossen Fortschritt, der sich
in allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung ergeben hat, auch in diesem, obgleich
er ‘erst in die letzten sechs Jahre fällt.
Der Polizeidienst überhaupt war zwar schon im Jahre 1848 ein geregelter aber
er stand sehr weit hinter dem heutigen zurück; dasselbe gilt von dem polizeiärztlichen
Dienste, Die Centralleitung hatte die Polizei-Oberdirection, in den Bezirken fungirten
Polizeibezirksdirectionen, welche ihre Polizeibezirksärzte, -Wundärzte und -Hebammen
hatten, die zwar als solche mit Gehalt angestellt, aber wenig beschäftigt waren: einen
Permanenzdienst gab es nicht, eine Registrirung von Prostituirten und deren periodische
Untersuchung ebenfalls nicht; das Stadtgebiet war auf die alten, die innere Stadt
mehr oder minder unmittelbar umschliessenden Bezirke beschränkt, welche mit einigen
Exposituren einzelner Executivbeamter, die sich fallweise ärztlichen Beirath verschafften,
den Wiener Polizeirayon bildeten, zu dessen Erweiterung zunächst die Ereignisse von
1848 führten. Das Anwachsen der Bevölkerung der Vororte und deren endliche Ein-
beziehung hat nun den Polizeirayon derart erweitert, dass er das Gebiet der Haupt-
stadt mit einem Umfange von 63 Kilometern und einem Flächeninhalte von 18.000
Hektaren und überdies jenes der nunmehr vorortlichen Gemeinden Floridsdorf, (früher
Floridsdorf, Jedlesee und Donaufeld) und Gross-Jedlersdorf mit 1541 Hektaren
umfasst.
Diesem kolossalen Unterschiede in der räumlichen Ausdehnung des polizeiärztlichen
Dienstes im Jahre 1898 gegen 1848 steht jener in der qualitativen "Leistung würdig zur
Seite; 1848 blos fallweise Berufung zum Amte, in den folgenden Jahren sogar ohne fixe
Stellung. kündbar und gegen blosse Remunerirung — 1898 ein systemisirter polizei-
ärztlicher Beamtenkörper in definitiver Stellung und pensionsfähig, mit voller Qualifi-
cation für seinen, ganz specielle Fachkenntnisse erfordernden, verantwortungsvollen
Dienst, der im ganzen Rayon ein permanenter ist, so dass zu jeder Zeit des Tages
und der Nacht der Diensthabende zur Verfügung steht, welcher überdies verpflichtet
ist, vor der täglich dreimaligen Arrestantenexpedition ungerufen im Amte zu er-
scheinen.
Eine Aenderung im Personalstande des polizeiärztlichen Corps ist im Jahre
1898 nicht erfolgt, nur ist der Polizeibezirksarzt 1. Cl. Dr. Anton Merta, der
Stelivertreter des Chefarztes, anlásslich des Allerhóchsten Jubiläums durch den Titel
eines kaiserlichen Rathes ausgezeichnet worden.
II. Der Polizei-Chefarzt und das Sanitátsdepartement der Polizeidirection.
Die Polizeidirection ist zwar nicht Sanitätsbehörde. aber es obliegt ihr die Mit-
überwachung des öffentlichen Gesundheitszustandes, weshalb die Zahl ihrer sanitären
1*
— 182 —
Agenden eine sehr bedeutende ist. Die Vermitilung der Krankenabgabe in die Spitäler.
die Constatirung der (zeistesstörungen und die Verweisung Geisteskranker in die be-
treffenden Anstalten, die Intervention bei gewalithitigen oder plötzlichen Todeställen, bei
Verunglückungen, die ausgiebigste Mitwirkung bei der Durchführung von Massregeln
gegen den Einbruch von Epidemien und Thierseuchen vollziehen sich in den
Commissarlatsbezirken, die ärztliche Leitung und Ueberwachung ist im Sanität-
departement. Dem Chefarzte als Vorstand desselben kamen im Berichtsjahre 1:08
Geschäftsstücke zur Erledigung zu; für die Concepts- und Manipulationsar beiten.
soweit letztere nicht dem Kanzleipersonale oblieren. ist ibm ein Assistenzarzt
(Dr. Fuhrmann) zugetheilt. Im Sanitätsdepartement laufen auch alle period:
schen Ausweise der Polizeiärzte ein, die monatlichen über ihre Amtsbandlungen,
sowohl numerisch als nominativ dargestellt, die wöchentlichen über ihre Untersuchungen
der Prostituirten, die Spitalscertificate über die aus der Behandlung an infectiöser
Geschlechtskrankheiten entlassenen Prostituirten, die Acten über die verletzten
Sicherheitswachleute, die Ausweise über die Erkrankungen der Wachmannschat:
u. 8. w., ausserdem zahlreiche Einsichtsacten anderer Departements, welche eine Be-
urtheilung vom sanitären Standpunkte erfordern.
Wenn daher auch der Chefarzt durch seine Instruction nicht an die vollen
gewöhnlichen Amtsstunden gebunden ist, so erfordert seine Stellung als Vorstand
des Sanitätsdepartements doch eine sehr bedeutende Bureauthätigkeit. Die weiter:
den weitaus grössten Theil seiner Zeit in Anspruch nehmende Thiitigkeit des Polize:-
chefarztes liegt in dem Inspectionsdienste, sowohl in der Richtung auf die Polizei-
commissariate, als in jener auf die Sicherheitswache und den Rettungsdienst. Ueber
die diesfälligen Leistungen geben die betreffenden Abschnitte dieses Berichtes Auskunt:
und sei nur im Allgemeinen auf die Instruction hingewiesen, welche den Chefarzt ver-
pflichtet, die gesammte sanitäre Gebahrung im Polizeidienste wahrzunehmen, und irn
Evidenz zu halten, die Handhabung der Sanitätsgesetze und Verordnungen durch
die dazu berufenen Organe der Polizeidirection, dann die fachmännische Thätigkei
der Polizeiirzte zu überwachen: er hat mindestens einmal im Jahre die Amtsloca!-
täten aller Commissariate einschliesslich die Arreste und das Polizeigefangenhaus, dant
alle Rettungsanstalten (Sicherheitswachzimmer) und alle Prostituirten- Untersuchung-
locale auf ihre sanitäre Beschaffenheit und Einrichtung zu untersuchen, den Sanitäts-
dienst in den Theatern zu überwachen, den Untersuchungsdienst bei den Prostituirten
zu controliren — ein den ganzen weiten Polizeirayon umfassendes Gebiet des externen
Dienstes. Daran schliessen sich noch der specielle Dienst als Chefarzt der Sicherheits-
wache mit den ungemein zahlreichen Begutachtungen, den wöchentlichen Assentirungen
zum Wachcorps, “dem Rettungsunterrichte der Sicherheitswache, endlich die Begut-
achtung des Gesundhe itszustandes und der Dienstfihigkeit von Beamten der VIII.
VIL und VI. Rangsclasse wegen Krankmeldung, Beurlaubung, Versetzung in den
Ruhestand u. s. w. einschliesslich die Superarbitrien über niedrigeren Rangsclasseu
Angehörende und über die Wachmannschaft.
HI. Die Polizeiarzte bei den Bezirks-Polizeicommissariaten.
Die Instruction unterstellt diese Aerzte dem Leiter des Commissariates, seiner
Stellvertreter, dem Journalbeamten vom Tage und dem Commissionsleiter oder Ir-
spectionsbeamten je nach den Umständen in Bezug auf den Dienst, in fachmännischer
Beziehung aber dem Chefarzte, dessen Weisungen sie zu befolgen haben. Im Berei:
schattsdienste haben die beiden Aerzte eines Commissariates zu w echseln, der Assistenzarz:
hat den dienstlichen Weisungen des Bezirksarztes zu folgen und sich in schwierigen
Fällen mit ihm zu benehmen, ebenso hat der dienstjüngere Assistenzarzt sich geen
den älteren zu verhalten
A A
— 183 —
Die Gesammtzahl ihrer Amtshandlungen betrug im Berichtsjahre 96855. Zu
diesen Amtshandlungen gehören:
1. Die äusserliche Beschau plötzlich oder durch Gewaltacte oder endlich ohne
ärztliche Behandlung Verstorbener, im Berichtsjahre im Ganzen 1310, von welchem
217 zur gerichtlichen, 652 zur sanitätspolizeilichen Obduction beantragt wurden, die
meisten (22, beziehungsweise 56) im Bezirke Ottakring.
2. Die Besichtigung körperlich Beschädigter, verbunden mit der nothwendigen
Hilfeleistung; sie betrafen 8348 leichte, 481 unbestimmbare und 369 schwere Ver-
letzungen, dann 1466 angebliche Verletzungen ohne nachweisbare Spuren, im Ganzen
10664 gerichtspolizeiliche Fälle, ferner 588 nicht strafgerichtliche Verletzungen, dar-
unter 1U3 schwere. Die meisten schweren Beschädigungen kamen im Polizeibezirke
Leopoldstadt (75) und im Monate Mai vor (43).
Wegen Nothzucht und Schändung wurden 259 Untersuchungen vorgenommen,
die meisten (33) im Polizeibezirke Ottakring und im Juni (33); wegen Unzucht wider
die Natur 29, wegen Fruchtabtreibung und Kindesmord 48.
Weiters wurden untersucht wegen Aufnahme in ein Spital 886, davon die
meisten (180) im Stadtbezirke und im Mai (97); für eine Versorgungsanstalt, 99, für
ein Kinderasyl 658, die meisten (167) in Bezirke Ottakring, für das Waisenhaus 16,
die Findelanstalt 480, davon im Bezirke Ottakring allein 125, für eine Besserungs-
anstalt 316 (Ottakring 42), für das Werkhaus 1296. Aut ihre Arbeits- und Erwerbs-
fähigkeit wurden 782, auf die Arrestfühigkeit 639 Personen untersucht.
Bei 80 Personen handelte es sich um die Erlangung einer Bettelmusiklicenz,
bei 22 um eine Hausierbewilligung, bei 383 um die Licenz zur Lenkung eines Lohn-
fuhrwerkes, bei 59 um die Erlangung eines Stiftangsgenusses, bei 585 um die Aus-
folgung eines Gesundheitsbuches. In 33 Fällen war die Frage, ob Schwangerschaft
vorhanden sei, durch die Untersuchung zu beantworten, in 615 war Krankheit zu
constatiren, in 339 die Eignung zur Uebernahme von Findlingen in die Pflege.
Hygienische Untersuchungen wurden über Anzeigen 178 von der Polizeiärzten vor-
genommen. Behufs der Reversbestätigung zur Uebernahme von Geisteskranken in
Privatpflege wurde bei 321 Parteien die polizeiärztliche Untersuchung der Eignung
der Personal- und Localverhältnisse für die Pflege und Ueberwachung vorgenommen,
in 24 Fällen die Nachschau wegen dieser Pflege.
Beschuldigte und Arrestanten wurden von den Polizeiärzten im Dances ace
61576 untersucht, nämlich 49949 Männer und 11627 Frauen (Verhältniss beiläufig
4:3: 1:0). Unter dies wurden 1125 (409 Männer, 716 Weiber, das ist beiläufig
4:7) venerisch krank befunden, 189 (181 Männer 8 Weiber) mit Trachom behaftet.
Die meisten zu Untersuchenden lieferten der Stadtbezirk (7151) und nach ihm
Favoriten (6271), die wenigsten Margarethen (1362) und Simmering (1364).
Bei der Beschlagnahme gesundheitsschädlicher Stoffe intervenirten nur 10 mal
Polizeiärzte, da diese “Action den städtischen Sanitätsbeamten obliegt.
Im Rettungsdienste waren die Polizeiärzte in 2856 Fällen thätig, wobei zu
bemerken ist, dass sie instructionsmässig nur bei Verunglückungen und plötzlichen
Erkrankungen auf der Strasse Hilfe zu leisten haben, aber doch auch bei dem Mangel
eines communalen permanenten Rettungsdienstes nicht selten um ihre Hilfe in den
Wohnungen angegangen werden.
Sehr zahlreich waren auch in diesem Jahre die Untersuchungen auf Geistes-
krankheit und Zurechnungsfähigkeit. Behufs Abgabe in eine Anstalt (Irrenanstalt
oder psychiatrische Station des Allgemeinen Krankenhauses) wurden 2914 Personen
untersucht, zur Constatirung der Zurechnungsfähigkeit Trunkener 859, auf Zu-
rechnungsfähigkeit für berangene strafbare Handlungen 433.
Nicht minder zahlreich waren die staatsärztlichen Untersuchnngen der Polizei-
ärzte, nämlich 4238; hievon entfallen 336 auf Beamte und 1083 auf Diener im
— 184 —
Staatsdienste zur Constatirung der Dienstfähirkeit. Krankheit, Urlaubsbedürttizt-
Nothwendigkeit der Versetzung in den Ruhestand endlich 999 auf Witwen u
Waisen von Staatsbediensteten wegen Gnadengaben. Schüler staatlicher Lehransta.
wurden 652 untersucht, Bewerber um Staatsanstellungen 979, Bewerber um
Aufnahme in eine Staatslehranstalt 189.
Zur Constatirung von zur Anzeige gelangten Sanitiitsgebrechen wurde in:
Fällen ein Polizeiarzt abgeordnet, in vielen anderen derlei Fiillen, deren Klarlegu.
medicinische Kenntnisse nicht zu erfordern schien, blos ein Agent. alle Fälle wur:
dem zuständigen magistratischen Bezirksamte, Fälle ausserhalb des Wiener Gemein“
gebietes der betreffenden Bezirkshauptmannschaft behufs Abstellung zur Kennt
gebracht. Bei Infeetionskrankheiten zu interveniren kamen Polizeiärzte 48 mal ın :-
Lage, wenn Anzeigen direct an die Polizei gelangten und dieselbe sonach der:
Grundhäitigkeit vor der Weiterleitung an die competente politische Bebúrce e
statiren und eventuell die dringendsten Vorkehrungen treffen musste.
Die Untersuchungen der unter sittenpolizeilicher Aufsicht stehenden Prosutur-
wurden zweimal in der Woche, im Ganzen über 175000, vorgenommen: Das Nihe
enthält der diesen Gegenstand speeiell erörternde Abschnitt dieses Berichtes.
Durch Hundebisse verletzte Personen wurden 563 untersucht, in 1 Falle v
der Hund wuthkrank, in 392 Fällen nicht, in 170 war dieses Moment nicht ie
stellbar, weil der Hund unbekannt blieb.
Laut Berichtes des k. u.k. Militär-Thierarznei-Institntes wurden im Jahre 18^
aus Wien und Umgebung dahin 7 todte und 658 lebende Hunde zur Untersuchw:
überbracht, 635 wurden sogleich als gesund entlassen, © wegen Bissigkeit und!
als herrenlos vertilgt, 6 sind verendet, von denen 2 wuthkrank waren und | ww
verdächtig.
Der Vergleich mit 1896 und 1897 ergibt Folgendes:
Ueberbrachte Gebissene Gebissene Wiithende u. win
Hunde Menschen Thiere verdiichtige Thi
1896 .. . . 619 412 133 D
Wor , DI 648 14 15
1808 . . . . 698 042 61 J
Der Bericht der Schutzimpfungsanstalt gegen Lyssa lag für 1898 noch pick!
vor: im Jahre 1897 wurden nach dem veröffentlichten Berichte des Leiters Profess
Paltauf 198 Personen geimpft, von denen jedoch eine, weil von einem #
sunden Hunde gebissen, entlassen wurde, zwei nur auf ihr Verlangen zu ihrer
ruhigung geimpft wurden, weil sie türchteten, sich bei der Pflege einer wauthkranke:
Verwandten infieirt zu haben, 1 Knabe, der schon Iyssakrank überbracht worcen Wi
nach 2 Tagen starb, und zwei vor Beendigung der Behandlung ausblieben; es bliebe
sohin nur 192 in Behandlung und Beobachtung, nämlich 75 Männer, 36 Fraut
81 Kinder. Von diesen wurden 81 ambulant behandelt, 111 im Spitale. ,
Von den Behandelten waren die meisten aus Böhmen 77, hienach aus Mähren ol.
aus Niederösterreich (davon 9 aus Wien) 21, aus Krain 18, aus Schlesien I-
aus Galizien 6, aus Dalmatien 4, aus Steiermark 3, aus Istrien 2, aus Tirol J, sohm
vom Inlande 175. a
v Nae e A ts
Aus Sachsen 11, aus Preussen 4, aus Ungarn 1, aus der Türkei 1, sohin YO
Anslande 17.
Von den Behandelten sind an Lyssa 3 gestorben — 1:56 Percent, nämlich:
1. Ein 12jähriger, am 20. Juni von einem herumstreifenden, vom Thierarzt“
institute als wuthkrank erkannten Hunde gebissener Knabe aus Kritzendorf ın Nieder
österreich; hanfkorngrosse, mit frischer Borke bedeckte Excoriation ober der Mit
— 18 —
der rechten Augenbraue; Impfung am 21.Juni, Entlassung nach Hause am 5. Juli, dort
erkrankt an Lyssa am 18., in der Rudolfstiftung gestorben am 20. Juli; Diagnose be-
stätigt durch die Verimpfung vom Centralnervensystem; der Krankheitsausbruch
war 28 Tage nach dem Bisse und 13 Tage nach der Spitalentlassung erfolgt.
2. Eine Qjiihrige Wirthstochter aus Chuchel in Böhmen, von einem wüthenden
Hunde am 9. August gebissen; leichte Verletzung am rechten Unterschenkel, Be-
handlung in der Anstalt vom 15. bis 28. August, Erkrankung an Lyssa am 26. No-
vember, Tod am 28. im Spital zu Caslau. Keine Obduction.
3. Eine 17jährige Bauerstochter aus Raje in Böhmen, am 11. October von einem
wüthenden Hunde am rechten Handgelenke mittelschwer verletzt, vom 17. bis 31.
October in der Anstalt behandelt; am 9. Jänner 1898 erkrankt, am 12. unter deut-
lichen Lyssaerscheinungen gestorben; Diagnose durch die sanitätspolizeiliche Obduction
bestätigt.
Die Vergleichung der Mortalität der Geimpften ergibt fiir 1895: 1°34 Percent,
1896: 0°89 Percent, 1897: 1:56 Percent.
In Niederösterreich ist die Hundswuthseuche bedeutend zurückgegangen; am
meisten waren die nordböhmischen Bezirke betheiligt, und neuestens Sachsen, von
wo zu den 11 Personen, welche im Jahre 1897 von dorther eingetroffen waren, bis
Mai 1398 noch weitere 19 Personen nebst mehreren Heilbedürftigen aus den an-
srenzenden Provinzen Preussens in die hiesige Impfanstalt zugereist kamen.
Polizeiärztliche Inspectionen (an öffentlichen Orten, bei Versammlungen, in
Theatern) sind 161 ausgewiesen, Untersuchungen gerichtlicher Objecte 52, endlich
62 Interventionen bei gerichtlichen Obduetionen, bei welchen die Polizeiärzte sowohl
zur Auskunftertheilung als zu ihrer Information zu erscheinen haben.
IV. Die Polizeiärzte im Polizeigefangenhause.
Die 27071 in das Gefangenhaus aufgenommenen Personen, deren Gesundheits-
zustand die beiden Polizeiärzte, Bezirksarzt Dr. Fuchs und Assistenzarzt Dr. Robitsek
zu überwachen hatten, lassen den Umfang der Untersuchungen, welche ihnen in dem
alternativ täglich zu versehenden Dienste oblagen, ermessen, indem sie täglich dreimal
die Arrestanten zu besuchen haben, und ausserdem, so oft sie gerufen werden. Kommt ein
Arrestant von einem Commissariate im Gefangenhause krank an, so wird der Chefarzt hie-
von verständigt, dernun die Nachforschungen pflegt, warum die Krankheit nicht schon vom
diensthabenden Commissariatsarzte constatirt und der Kranke nicht statt in das Ge-
fangenhaus in das Spital abgegeben wurde; jeder Kranke, der nicht binnen kürzester
Zeit gesundet, wird in das Spital abgegeben,’ was bei dem Mangel einer Maroden-
abtheilung unbedingt notwendig ist. Die 105 in das Spital Abgegebenen litten an:
Männer Weiber Zusammen Männer Weiber Zusammen
Status febrilis . . . . 17 1 18 Parametritis — 3 3
Angina tonsill. 1 — 1 Molimina gravid. — 2 2
Catarrh. bronch. 2 — 2 Keratitis . . . 2. - — 1 1
Catarrh. pulm. 1 — 1 Erysip. faciei. — 1 1
Hámoptoe . 1 1 2 Trachoma . D — 6
Pneumonie 1 1 2 Contusio s 1 — 1
Pleuritis 1 — 1 Inflamm. text. cellul. 1 — 1
Catarrh. ventr. — 1 1 Panaritium — 1 1
Hämatemesis . -~= . 1 1 Gonitis . 1 — 1
Vitium cordis. 1 — 1 Luxatio humeri 1 — 1
Kheumat. artic 1 — 1 Adenitis 1 — 1
theumat. muse. . H — 2 © Vulnus scissum 1 — 1
Ischias . l - l Delir. potat. 1 — l
— 186 — g
Männer Weiber Zusammen Männer Weiber Zosár:
Paranoia 3 — 3 Ulc. molle . 4 T 11
Paralys. progress. 1 — 1 Ule. durum 1 — 1
Mania g 1 — 1 Pap. syph. 1 4 $
Melancholia ; SD 1 === 1 79 32 14
Excoriatio e pediculis . 1 — 1 i i
Eczema capit. 1 1 9 hiezu Entbindung —- 1 l
genbies . 5 4 9 79 33 105
Urethritis . 11 — 11 |
Nach längerem Aufenthalte im Gefangenhause sind erkrankt:
mit Fieber am 9. Tage . 1 — | mit Krätze nach 6 Tagen 1 —
ý » an 11. Tage . 2 =| 5 „ 12 Tagen — J 2
j „ n 14. Tage. 1 — 7 SCH Schulterverrenkung am
> „n a 15. Tage. 2 = 10. Tage. . . 1 — 1
„ 19. Tage. 1 — mit Zeilgewebsentzündung
mit Muskelrheumatismus am am 8. Tage . : 1 — 1
15. Tage . 1 — 1 mit Bluthusten am 8. Tage 1 —
mit Urethritis am 6. Tage 1 — = „ nach 4 Wochen — 1 S
e zt , 9 Tage 2 — 3 | mit ee
mit Gonorrhöe am 5. Tage 1 — nach 7 Tagen . . — 1 l
” " „8. Tage 1 1 3 Entbunden nach 8 Tagen — 1
mit Zungenpappeln nach un e Er
3 Wochen . ... — 1 1
Unter den vorstehend verzeichneten Krankheiten ist keine, deren Entstehun:
dem Gefangenhause zugeschrieben werden kann, wenn man nicht etwa Ö Fälle w
fieberhafter Erkrankung, die sich im Spitale als Katarrhe der Respirations- oder Ver
dauungsorgane herausstellten, dahin rechnen wollte; die sexuellen Krankheiten si:
selbstverständlich schon als latente hineingebracht worden, ebenso wie die in Gei
vorstehenden Tabelle nicht angeführten, in den ersten paar Tagen des Autenthal::
aufgetretenen Krankhciten durchwegs als bereits mitgebracht sich erwiesen haben.
Der gute Gesundheitszustand im Gefangenhause trotz seiner höchst ungtinstig:t
localen Sanitätsverhältnisse zeigt, wie sorgfältig die mit seiner Ueberwachung v-
trauten Polizeiärzte ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, wobei sie von dem Vor
stande thätig unterstützt wurden; der Chefarzt war bei seinen Inspectionen stets |
der Lage, sich von dieser Sorgfalt zu überzeugen.
V. Untersuchung der Prostituirten.
Im Jahre 1898 standen insgesammt in Evidenz als Prostituirte 2535, im Jabr
1897 2380, also im Berichtsjahre um 153 mehr, am 31. December 1808 waren ıc ‘
Evidenz 1684, 1897 jedoch 1696, also im Berichtsjahre um 12 Prostituirte weniger
Die Fluctuation war sonach im Berichtsjabre grésser als im vorhergehende>.
der Stand aber ist dennoch gesunken, statt wie es vorauszusetzen gewesen wire, I:
steigen, was von den über Klagen der Nachbarschaft erfolgten zahlreichen Delogirunz«:
herrührt.
Von den 1684 waren ledig 1536 = 91°21 Percent, verheiratet 57 — Hi
geschieden 54 = 3:21 und verwitwet 37 = 219 Percent.
Alter.
Jahre 15 16 17 18 19 20 21 2 7023 24 =
Zahl 1 14 32 ne 86 Sí 97 107 119 125 es
|
-
SE
— 187 —
Jahre 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Zahl 98 88 98 62 78 56 60 4l 37 32 33
Jahre 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47
Zahl 26 26 20 23 17 12 1 12 6 3 7
Jahre 48 49 50 51 52 53 55 56 57 58 62
Zahl 3 4 2 3 1 4 2 1 1 1 ]
Fast sieben Achtel waren im Alter zwischen 19 und 28 Jahren.
Vertheilung in den Polizei-Bezirken:
Stadt . . . . . . 345 = 20:49°/, ` Meidling . . 2 2 2 220. 1
Leopoldstadt . . . . 306= 1817%;, | Hietzing . . . . 2 2 2 22.0
Landstrasse en... 0.69 | Rudolfsbeim . . . . . . . . . 49
Wieden . . 2 2 2 2 202020. 93 |Schmelz . . . . . . . . . 11
Margarethen . . . . . . . . . 25, Ottakrmg. . . . ..... . 68
Mariahilf . . . . . . 122—"7'24%, Hernals . . . . . . . . . . 10
Neubau . . . . . . 148=278%7, Wihrimg . . . . . . . . +. . Déi
Josetstadt . . . 2 2 2 202000. T0 | Döbling . 2 2 2 2 2 N nn —
Alsergrund . . . . .246= 14°46, | Brigittenau . . 2 2 202020... 12
Favoriten . d A D Bae 4B AO LA a e
Simmering . . . . . . . . . 1| Floridsdorf . . a aa‘ —
Die meisten wohnten also im J. und II. Bezirke, dann im IX.
Im Laufe des Jahres wurden 284 neu in die Evidenz gestellt gegen 312 im
Jahre 1897, somit 1898 um 28 weniger als im Vorjahre.
Alter derselben: | Ä
Jahre 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 2 26
Anzahl 3 15 29 35 38 36 27 24 16 l4 l 9
Jahre 27 28 29 30 32 35 36 44
Anzahl 25 Bo 4 4 3 1 l
Es waren also fünf Sechstel im Alter zwischen 17 und 25 Jahren.
Frühere Beschäftigung: Dienstmädchen 156 = 5141 Percent, also über die
Hälfte der neu in Evidenz Genommenen, Handarbeiterinnen 47 = 17°25 Percent,
Verkiiuferinnen und Cassierinnen 37 = 13°03 Percent, Fabriksarbeiterinnen 8,
Choristinnen und Schauspielerinnen 3, Erzieherinnen 2, Hausiererinnen 2, Modell 1,
(die Zahl der ausser Evidenz Befindlichen ist jedenfalls bearutender), Wärterin 1,
Buchhalterin 1, ohne Beschäftigung 24 = 8:45 Percent.
Erkrankungen der im Jahre 1898 ın Evidenz gestandenen
Prostituirten:
A. Venerische, d. h. infectiöse geschlechtliche Erkrankungen.
Bei 677 Prostituirten (26°7 Percent) 1151 Erkrankungsfille, und zwar an Go-
norrhée 409 Fille = 35°53 Percent der Erkrankten, an weichem Geschwür 270 Fälle
= 24:23 Percent, und an Syphilis 463 Fälle = 40:22 Percent, wobei die zur Behand-
lung gelangte Krankheit als Eintheilungsgrund genommen und von Combinationen
abgesehen ist,
— 188 —.
Werden letztere berücksichtigt, so erkrankten:
an Gonorrhóe allein . . . . 184 27°18 Percent Prostituirte,
IN
» weichem Geschwür . . . 146 2171 > >
» Syphilis . . m ae Be S >
» Gonorrhie und weichem Ge-
schwür . . . . . . 33 = 487 > >
> Gonorrhöe und Syphilis. . 50 = T38 > >
> weichem Geschwür und Sy-
philis . u za. Se 4a >’ >
> allen drei Formen. . . . 12 177 >» >
An Syphilis erkrankten also insgesammt 314 Prostituirte, d. i. 46°38 Percest
aller venerisch Erkrankten.
Wiederholt erkrankten venerisch im Berichtsjahre:
An Gonorrhöe 2 mal 33, 3mal 9, 4mal 7, 5mal 2 Prostituirte;, an weichem:
Geschwür: 2mal 19, 3mal 4. 4 mal 3 Prostituirte; an Syphilis 2mal 45. 3 mal 17
und 4mal 9 Prostituirte. Sicherlich in den meisten Fällen Recidiven der bestehe::-
den Krankheit, zumal Gonorrhöe und Syphilis.
Ungewöhnlicher Sitz der Erkrankung: Sklerose an der Vaginalportion 6 mal.
an der Oberlippe 1 mal. an der Zunge 1 mal und an der rechten Brustwarze 1m.al.
Dauer der Spitalbehandlung. a) Blennorhöe. Von 3 und 4 Tagen
(24. beziehungsweise 36 Prostituirte) bis zu 95 und 126 (je 1); durchschnittlich
149 Tage.
b) Weiches Geschwiir. Von 2 und 4 Tagen (1, beziehungsweise 7 Prosti-
tuirte) bis zu 96 und 126 (je 1);
c) Syphilis. Von 3 und 4 Tagen (15. beziehungsweise 40 Prostituirte) bis zu
9) (15; durchschnittlich 18:5 Tage.
Zwei mit weichem Schanker behaftete und zwei syphilitische Prostituirte ent-
zogen sich durch Flucht der Spitalbehandlung und wurden im Polizeianzeiger
beschrieben.
Die auffallend kurzen Spitalbehandlungen von nur ein paar Tagen, welche bei
allen drei Formen verzeichnet sind, betreffen jedenfalls Fälle von zweifelhatter
Diagnose oder bereits im Ablaufe begriffene, oder endlich solche, in denen der
Untersuchungsarzt Verdacht hatte, welchen die klinische Beobachtung nicht be-
stiitigte. Eine 13 Tage überschreitende Spitalbehandlung war bei der Gonorrhöe
Ausnahme; es ist jedoch bemerkenswerth. dass diese Ausnahmen zusammen-
senommen immerhin bedeutend sind, so 53 Fälle von 15 bis zu 21 Tagen, 30 von 22
bis zu 28, 19 von 20 bis 39, 11 bis zu 6 Wochen, 8 bis zu 7, 6 bis zu 8 Wochen,
2 durch 69 Tage und je 1 durch 60, 61, 65, 17, 89, 98 und 126 Tage!
Das zeigt wohl deutlich, wie man mit der acuten Genorrhöe bald fertig wird,
wie ungünstig es aber mit der chronischen bestellt ist, wozu noch die latente Form
kommt. von der die zahlreichen Reeidiven Zeugniss geben.
Auch der weiche Schanker greift in der Spitalbehandlung weit hinaus, bis zu
127 Tagen; hier sind es wohl mehr die Complieationen, z. B. Drüseneiterungen.
welche die Heilung verzögern; ferner darf nicht übersehen werden, dass uuter den
in den drei Krankheitsformen angeführten Fällen auch solche sind, die gleichzeitig
auch einer anderen Form angehören, während nur diejenige angegeben ist, welche
zunächst zur Spitalsabgabe geführt hat. |
Bei der Syphilis kommen auf die ersten 14 Tage 230 Fälle, auf 3 Wochen nur
mehr 91, auf 4 Wochen 59. auf 5 Wochen 42, auf & Wochen 21, auf T Wochen
nur 8, auf 8 Wochen 9. endlich einzelne Fälle auf 58. 59, 61, 63, 65, 66, 67, 74,
“1, 33 und VO Spitaltage. Da zwischen dem Primäraffeete, dann den häufie anı
— 189 —
tretenden Papeln, die eben so gut primär der Ausdruck der allgemeinen Syphilis sein
können, und der letzteren hier nicht unterschieden ist, so lassen sich verlässliche
Schlüsse aus diesen Zahlen nicht ziehen, und man kann nur darauf hinweisen, dass
die Syphilis die meisten Spitaltage aufzuweisen hat, und dass die gesammte Zahl der
Verpflegstage bei den drei venerischen Formen sich also verhält:
Syphilis | Weicher Schanker Gonorrhöe
ee nn nn nn a KEE
oder 1:59 : 1-00 1:41.
Die Gesammtzahl der Spitaltage der in Evidenz Stehenden betrug in diesem
Jahre 20064; rechnet man, was weitaus zu wenig ist, auf einen Spitaltag nur eine
verhiitete Infection, so sieht man den grossen Nutzen der Spitalabgabe und der Unter-
suchungen.
Noch sei bemerkt, dass die Zahl dieser Spitaltage unbedingt grösser wäre, weun
unsere Spitäler mehr Belegraum für solelie Kranke hätten. Nur das Allgemeine Kranken-
haus, die Krankenanstalt” Rudoltstiftung und das Krankenhaus Wieden haben Ab-
theilungen für diese Krankheiten, letztere zwei dienen zugleich für Hautkranke,
mit zusammen 534 Betten:
Allgemeines Krankenhaus . . . . . für 141 Männer, 104 Weiber, zusammen 245
Wieden . 2. 2 2 2 2 2 m ne.» 54 » 81 > > 135
Rudolfstiftung . . 2. . . . . . >» DÉI > 65 > > 154
Die Beschränktheit dieses Belegraumes nöthtigt dazu, die Kranken möglichst
bald wieder zu entlassen, deren’ Wünschen dies ohnehin entspricht; wenn daher der
Ausfluss aufhört und das Geschwür, obgleich vielleicht nur dünn, überhäutet ist, er-
folgt zumeist schon die Entlassung, welche sich gewöhnlich nur in schweren Fällen
verzögert; der Erwerb der Prostituirten verträgt sich aber nicht mit der noch er-
forderlichen Schonung und so kommt es leicht zu Recidiven. Ist der Tripper chronisch,
vielleicht latent geworden, oder der syphilitische Primäraffeet durchgemacht, ohne
dass sich sofort weitere Folgen zeigen, so tritt wohl in der Mehrzahl der Fälle jenes
verhängnissvolle Stadium ein, wo der Tripper sich neuerdings manifestirt, wo lueti-
sche Producte auftreten. die Prostituirte wieder infectiös geworden ist und dem
Spitale neuerdings zugeführt werden muss, aber zwischen den: zwei. wöchentlichen
Untersuehungen manchen Besucher inficirt haben kann. Die letztere Gefahr liesse
sich vermeiden durch tägliche Untersuchung, welche in Bordellen ganz gut möglich
ist; das venerische Siechthum der Prostituirten aber, welches nach den Erfahrungen
der Fachmänner weit häufiger ist, als man glaubt, könnte nur durch eine hinreichend
lange Spitalbehandlung verhütet werden, die Unschädlichmachung der latent kranken
Prostituirten aber durch die euphemistisch als eebe bezeichneten
Anstalten. Die letztere, theoretisch geforderte, aber noch nicht praktisch bewährte
Institution soll für die Zeit bis zur gänzlichen Behebung ihrer venerischen Krankheit
und Infectiositiit die Prostituirten an der Prostitution hindern, dabei jedoch ihre
Existenz ermöglichen. Das ist aber nur in eigenen Anstalten möglich, deren Betrieb
grosse Kosten verursachen würde; diese Kosten aufzubringen wird sich die öffent-
liche Verwaltung eben so wenig entschliessen können, als “Aussicht vorhanden ist,
dieselben aus Privatmitteln zu bestreiten.
B. Nicht venerische Erkrankungen:
Kritze . 2 2 22 en 2020. .26 ı Ekzem
Herpes tonsurans. . . . . . . 9. Polyarthritis acuta
Herpes Zoster. . . . . . . . . 1 Angina
“1 Do US
— 190 —
Neuralgia Trigemini. . 2. 220202 1:Gonitis .. . 2... 0.
Pneumonie, . 2 . . . . . . . Li Pleuritis. ....... ..
Mollucum 2 2 2 00 ee 1: Icterus 200.
Combustio . . . 2 2 22 1 Mobil ....... . ..
Morb. Werlhoff. . . . 2. . . . . 1 Tuberc. pulm.. . 2 2 2 20202.
Hiimatoma (ex coituy . . . . . . 1 Verworremheit. . . . . . . . o.
Todesfälle durch Alkoholismus chron. . . . . . . 1
> >» Operation von Salpingitis . . . . 1
» Verbrennung. . ....... 421
> > Ermordung . ....... - 2
5
Zusammen . .
C. Venerische Krankheitsbefunde bei nicht in Eviden:
stehenden Prostituirten:
STAPPE e A sa a a VE a ee e e OO
Weiches Geschwiir . . 2 22 2 2 2 2 . , 69
Syphilis s- a. s ee cel er we. A ër e AO
Zusammen . 670
D. Schwangerschaften der Prostituirten in Evidenz. In
Ganzen wurden 5l =2 Procent aller in Evidenz gestandenen Prostituirten de:
Jahres 1598 schwanger, von diesen gebaren ein reifes Kind 15 = 25°) Percent a:
(seschwängerten; es waren im Alter von:
Jahren: 17 20 21 — 22 25 27 28 30 3
Geschwängerte 2 1 | 2 2 2 1 1 l
Frühgeburten kamen vor bei 1 im 8. Mondmonate, 2 im 7. Mondmonate, also
3, darunter waren 18 Jahre alt 2, 19 Jahre alt 1.
Abortirt haben 15 = 2941 Percent, und zwar 8 im 3. Mondmonat, 4 ir
4. Mondmonat, 1 im 5. Mondmonat, 2 im 6. Mondmonat.
Von denselben stand je eine im 17., 18., 19., 21., 24.. 25., 27., 29., 30. und
31. Lebensjahre; zwei im 23. und 3 im 20. Lebensjahre.
Von 20 geschwängerten Prostituirten war der Erfolg am Jahresschluss nicht
bekannt, theils weil die Gravidität noch bestand, theils weil dieselben das Gesundheits-
buch bei vorgerückter Schwangerschaft zurückgelegt hatten.
E. Polizeiliche Bestrafungen. a) Der Prostituirten in Evidenz:
Wegen Uebertretung der sittenpolizeilichen Vorschriften durch Gassenstrich, un-
anständizes Benehmen auf der Gasse oder am Fenster. Excesse . . . . . 154
Weren Sichentziehens der Evidenz . 2... 6. eee eee ee . o. sy
Wegen Nichterscheinens zur ärztlichen Untersuchung . . . . . . . 0. 180
Wegen unterlassener Anzeige des Wohnungswechsels, verspäteten Spitaleintrittes it
Zusammen . . 924
Nach dem Vagabundengesetze, $ 2, wurden bestraft: nach al. 2 515, nach
al. 3 1, nach al. 5 2, zusammen 518.
bi Von Prostituirten ausser Evidenz. Nach dem Vagabundengesetze
$9, al. 1 35. al. 3.17, al. 5 11, zusammen 69.
beggen ` a n E EE E e Fai sy mmm, a
— 191 —
F. Gerichtliche Abstrafungen. Wegen:
Diebstahles (Verbrechen) . . . . . 3: Kuppelei . SS aes E
Diebstahles (Uebertretung) . . . . 10 | Verletzung der Sittlichkeit . . . . 4
Diebstahls-Theilnahme . . . . . . 1) Verbotener Rickkehr . . . . . . 2
Betrug ... . . . . . . « 2; Falschmeldung . ....... 8
Veruntreuung . . 6 | Wachebeleidigung . . .11
Boshatter Beschädigung fremden Eigen- Verleitung zum Missbrauch der Amts-
thumes . . . 1 gewalt Ka en,
Oeffentlicher Gewaltthätigkeit 1 : Oeffentlicher Beschimpfung ge eg te
Körperlicher el D | Im Ganzen . 61
Misshandlung . 1
Uebertretung gegen die körperliche |
Sicherheit . . . . ... .. 2
VI. Wahrnehmungen und Bemerkungen des Chefarztes über die Prostitution
in Wien.
Die Thatsache, dass bei einer Bevölkerung von anderthalb Millionen weniger als
1700 Frauenspersonen als selbst erklärte Prostituirte unter sittenpolizeilicher Auf-
sicht stehen, also ungefähr 1:882, während ein Gang durch die verkehrreichen
Strassen und der Besuch öffentlicher Belustigungsorte auf ganz andere Zahlen hin-
weisen, liefert den Beweis, dass die in Wien im Jahre 1873 eingeführte Reglementi-
rung der Prostitution und die Handhabung derselben nur sehr geringen Erfolg auf-
zuweisen haben. Dies zeigt sich weiter in der höchst ungleichmässigen Vertheilung
der eingeschriebenen öffentlichen Mädchen in den verschiedenen Bezirken; wenn es
auch nicht befremden darf. dass sie sich in der Inneren Stadt anbäufen, so muss
man sich doch billig wundern, dass in Polizeibezirken, wie Hietzing, Döbling, Prater
gar keine unter sittenpolizeilicher Aufsicht stehen, in anderen nur einige wenige.
Nicht minder spricht die starke Fluctuation in den Unterkünften dieser Frauens-
personen für recht ungünstige Verhältnisse der letzteren; meist ist ihres Bleibens nirgends
lange, wenn, oft genug ohne wirkliches Aergerniss bald diese, bald jene Nachbar-
schaft sich über ihr Dortwohnen beschwert, und das Commissariat sich genöthigt
sieht, die Delogirung zu veranlassen, so dass die Betroffenen keinen Unterstand mehr
finden. QOhnehin stehen sich die Sitten- und die Gesundheitspolizei mehr weniger
diametral gegenüber, wenigstens bei dem heutigen Stande der Dinge; die Sorge für
die öffentliche Gesundheit verlangt, dass möglichst alle Frauenspersonen, welche sich
nun einmal der Prostitution hingeben, periodisch ärztlich untersucht und die Kranken
in das Spital abgegeben werden, anderseits aber soll den unter sittenpolizeilicher
Aufsicht Gestellten alles untersagt und geahndet werden, was den öffentlichen An-
stand nur einigermassen verletzen kann; das ist aber nur möglich, wenn sie nicht
in der Oeffentlichkeit erscheinen und nur in Prostitutionshäusern (Bordellen) zu finden
sind, denen jedoch von vielen Seiten Schwierigkeiten gemacht werden. Dass in der
Gestattung solcher Häuser die wenngleich nicht vollständige — eine solche dürfte
nicht möglich sein — so doch die richtigste Lösung der heiklen Prostitutionsfrage
liegt, ist wiederholt gesagt und begründet worden und dürfte auch in den mass-
gebenden Kreisen anerkannt werden. Die Nachtheile der Bordelle lassen sich bei
strenger Aufsicht vermeiden, die Vortheile sind aber in sittlicher wie in gesundheit-
licher Beziehung augenscheinlich; das Aergerniss wird aus der Oeffentlichkeit ver-
bannt, der Gesundheitszustand der sich im Bordelle Preisgebenden beständig über-
wacht, die öffentliche Verwaltung aber trifft keine Mitschuld an der Unsittlichkeit,
weil sie dieselbe, da sie diese nicht verhindern kann, zur Verhütung ihrer Schäden
überwachen muss; sie kann auch das Concubinat und das Maitressenthum nich:
hindern, welche ja auch nicht mit der Moral im Einklange stehen. il
Ein Hinderniss für die Bordelle liegt allerdings in der Ungebundenheit der
meisten Prostituirten, denen der Zwang eines solchen Hauses unbequem ist und
welche das liederliche Leben für eigene Rechnung vorziehen. Es dürtte hierin der
Hauptgrund des Rückganges der Bordelle in manchen Städten liegen, zu welchem
schlechte Einrichtung und mangelhafte Beaufsichtigung sowohl dieser Häuser al:
der Prostituirten überhaupt das Weitere beigetragen haben. Auch wird es ın den
Grossstädten schwerlich gelingen, alle Freudenmädchen in Bordellen zu internirer:
es werden sich nicht genug solehe Häuser finden und man wird daher auch zerstreut
Wohnende dulden müssen, doch stets nur als Ausnahme von der Regel und woh!
überwacht.
Ein Grundgebrechen der gegenwärtigen Reglementirung liegt in der Frei-
willigkeit der Meldung für die sittenpolizeiliche Evidenz; es ist dringend nothwenciz.
dass jede der erwerbsmässigen Prostitution Ueberwiesene zwangsweise in Eviderz
gestellt und ihr nicht gestattet werde, das Gesundheitsbuch zurückzulegen, das heisst
aus der Evidenz zu treten, wenn sie nicht einen dauernden sittlichen Erwerb nach-
zuweisen vermag, und dass ihr Gebahren noch durch längere Zeit überwacht werde.
In der Genauigkeit der ärztlichen Untersuehung steht Wien keiner der anderer
Grossstädte nach, sie erstreckt sich instructionsmässig auf den ganzen Körper und
erfolgt zweimal in der Woche. Nichterscheinen in der Untersuchung wird bestrat:.
desgleichen verspäteter, d. i. nicht an demselben Tage vor 6 Uhr Abends erfolgter
Eintritt in das Spital, ebenso Renitenz gegen die ärztlichen Anordnungen oder
excessives Benehmen im Spitale.
Dass diese Anordnungen nicht’ blos bestehen, sondern auch durchgeführt werden,
dafür bürgt nicht nur die Ueberwachung seitens der Aerzte und der Prostitutions-
referenten der Commissariate, sondern auch die scharfe Controle des Chefarztes und |
seines Assistenten bei der Durchsicht der Spitalanweisungen und Entlassungscertificate, j
welche den Tag und die Stunde des wirklichen Eintrittes und den Tag der Spital-
abgabe gegenüber gestellt enthalten. Die Controlirung der Untersuchungsärzte wird
durch deren wöchentliche Ausweise mit allen nothwendigen Details der Autnahms-
und Entlassungsdaten ermöglicht, welche sowohl ziffermässig als nominativ gegeben
werden müssen, und gleichfalls der chefärztlichen Durchsicht unterliegen. Die Genauig-
keit der Untersuchung ist durch die Reduction der Maximalzahl der einem Arzte Zu-
gewiesenen von DU auf 40 gesichert, welche nur im Falle der Nothwendigkeit um Einive .
und daun bei Vertretungen in Folge von Krankheit oder Beurlaubung eines Unter +
suchungsarztes überschritten werden darf, Der Beweis für die Genauigkeit ist dureh die
zahlreichen Spitalabgaben geliefert und durch die von dem ärztlichen Personale der
Syphilisabtheilungen constatirte Thatsache, dass weit eher blos verdächtige als ver-
altete und schwere Fülle denselben aus der Reihe der Consecribirten zukommen:
welch’ letztere Fälle in der Regel der Schaar der freien Dienerinnen der Venus an-
gehören. Insbesondere die Aerzte der neuen Schule, welche auf Kliniken und Ab-
theilungen für Syphilis und Hautkrankheiten in den grossen Spitälern gedient haben.
nehmen die Untersuchungen schr ernst und entwickeln ein Wissen und eine Dex-
terität, welche von den älteren nicht in gleichem Masse verlangt werden können.
wiewohl diesen wieder die vieljährige Erfahrung bei gewissenhafter Pflichterfüllung
zu Gute kommt.
In Bordellen sind die ärztlichen Untersuchungen wesentlich erleichtert, weil
hier lichte Räume und die nothwendigen Behelfe, insbesondere der Speculirtisch
verlangt werden können, und auch für Reinlichkeit mehr gesorgt wird; hier ist auch
eine bessere Ueberwachung der Mädchen sowohl in sittenpolizeilicher als auch
gesundheitlicher Hinsicht möglich und der Spitaleintritt mehr gesichert. Die nieht un-
bedenkliche Zwischenzeit von zwei und drei Tagen zwischen den Untersuchungen
— 193 —
kann auf einen Tag reducirt werden, wenu die Bordellinhaberin die Visitation täg-
lich vornehmen lässt. sei es durch einen Hausarzt oder durch eine kundige Be-
dienstete; nur muss die Hausbehandlung Inficirter, die auch den Polizeiärzten unter-
sagt ist, ausgeschlossen bleiben. Die Beobachtung zweifelbafter Fälle durch 5 Tage
ist den Aerzten gestattet, doch wird von dieser Einrichtung heute nur wenig Gebrauch
gemacht, was auch in der Tbat besser ist, weil die Beobachtung im Spitale die
Weiterinfeetion hindert, welche zu Hause nicht mit Sicherheit verhindert werden
kann; in Beobachtung Befindliche müssen täglich unentgeltlich von den Polizeiärzten
untersucht werden. Eine tägliche Untersuchung aller Prostituirten in Evidenz geht
weder aus dienstlichen noch aus finanziellen Rücksichten an, so zweckmässig sie
wäre; es müsste dann die Zahl der Untersuchungsärzte bedeutend vermehrt und
wieder zur Verwendung von Privatärzten gegriffen werden, deren Stellung eine
zwitterhafte ist; die Kosten aber, welche die Prostituirten träfen, würden auf das
Dreieinhalbfache gesteigert, und es bliebe fraglich, ob ihnen eine solche Leistung
aufzubürden gerechtfertigt sei.
Ein weiterer in prophylaktischer Beziehung nicht zu unterschätzender Vortheil
der Bordelle ist die Untersuchung der sie aufsuchenden Männer. Mag sein, dass
die Einführung dieser Massregel anfangs auf Widerwillen stösst, aber als behördliche
Vorschrift, deren Befolgung im eigensten Interesse. der Bordellbälterin sowohl als
ihrer Mädchen liegt, wird sie zweifellos durchgreifen; ihre Ausführung liegt in der
Hand der Prostituirten selbst, sofern sie die nöthige Erfahrung haben. Neulinge
aber, denen dieselbe fehlt, können durch Erfahrene ersetzt werden; überdies ist eine
Belehrung über die Kennzeichen gonorrhöischer und syphilitischer Infectiosität eine
unbedingt nothwendige Mitgabe bei der Einschreibung; sie ist gegenwärtig Aufgabe
der untersuchenden Aerzte, bei einer neuen Auflage der Gesundheitsbücher sollte
sie in denselben enthalten sein.
Eine Aenderung des Modus der Honorirung der ärztlichen Visiten, welche bis-
her in derselben Weise, wie sie bei Aerzten überhaupt üblich ist, stattgefunden hat,
ist ungeachtet verschiedener Vorschläge, noch nicht erfolgt, die Vergütung durch
die Prostituirten selbst, welche eigentlich den Stein des Anstosses bildet, kann in
Bordellen sofort wegfallen, da die Honorirung der Inhaberin aufgetragen werden
kann, welche sie aueh unweigerlich leisten wird.
Die grösste Schwierigkeit erwächst der reglementirten Prostitution aus der
Localfrage. Vereinzelt wohnende Prostituirte fallen in der Regel nicht auf; häufen
sie sich aber in einzelnen Häusern oder Bezirkstheilen, so kommen bald Klagen aus
der Nachbarschaft, selbst dann, wenn ihr Benehmen kein Aergerniss erregendes ist,
und die Kläger vielleicht nieht Ursache hätten, als Sittenrichter aufzutreten. Eben
so schwer ist es für die Untersuchungsärzte, ein für ihre Amtshandlung geeignetes
Locale zu erhalten, weil die Hausbesitzer meist Anstand an einer solchen Miethung
nehmen, und auch hier die Nachbarschaft bald Beschwerde erhebt. Die Untersuchungs-
locale können daher angesichts der geschilderten Schwierigkeiten nicht mit jener
strengen Auswahl von den Aerzten gemiethet werden, welche eigentlich nothwendig
wäre, und es muss auch bei ihrer Genehmigung: auf diesen Umstand Rücksicht ge-
nommen werden.
Die Prostitutionsfrage war von jeher eine heikle und wird es stets bleiben, sie
hat die öffentliche Verwaltung seit Jahrhunderten beschäftigt und ist aus begreiflichen
Gründen nie zu einer befriedigenden Lösung gelangt; sie auf sich beruhen zu lassen
ist allerdings das Bequemste, aber unverantwortlich. Man ruft mit Recht nach den
strengsten Massregeln zur Abhaltung von Cholera und Pest, und selbst minder ver-
heerender Infectionskrankheiten, man inscenirt mit Recht und Erfolg Congresse und
ergreift Massregeln zur Bekämpfung der gefiirchtetsten Volkskrankheit, der Tubereulose;
die vener ehen Krankheiten, die nur durch Ansteckung verbreitet werden, welche
wenigstens bis zu einem gewissen Grade verhindert werden kann, zu bekämpfen
— 194 —
und einzudimmen, sollte man sich nicht entschliessen, vielleicht blos weil man keine
Ahnung davon hat, wie verbreitet sie offen und noch mehr latent unter beiden Ge-
schlechtern und in allen Schichten der Gesellschaft sind ?
Einige Anhaltspunkte mag hiefür die Spitalbehandlung venerisch Erkrankter
geben, wobei aber zu bedenken ist, dass sie den kleinsten Theil dieser Kranken in
sich schliesst, da ein weitaus grösserer sich in privatärztlicher Behandlung befinder.
über welche ‘jeder Nachweis fehlt, und ein grosser Theil gar nicht in Behandlung
steht, entweder aus Scheu vor derselben, ihren Kosten und Unbequemlichkeiten,
oder aus Unkenntniss des Krankheitszustandes, besonders wenn er latent ist.
Das Jahrbuch der Wienerk.k. Krankenanstalten weist im Jahre 1897 tür
ganz Niederösterreich als von venerischen und syphilitischen Krankheiten in Abgang ge-
kommen aus: 4387 Männer, 3640 Frauen, zusammen 8027 Individuen, von denen
4290 Männer, 3558 Frauen, zusammen 7848 Individuen geheilt oder gebessert,
90 Männer, 74 Frauen = 164 ungeheilt entlassen worden und 7 Männer, 8 Frauen
— 15 gestorben sind. Bei den Männern beträgt das Percent der Geheilten und
Gebesserten 97 8, bei den Hrauen 97°7.
Für das Jahr 1896 hat das genannte Jahrbuch in ganz Niederösterreich ohne
Waidhofen an der Ybbs 7596 Venerische und Syphilitische ausgewiesen, was fir
das Jahr 1897 mit 8027 ein Mehr von 431 ergibt, welches gewiss nicht von Waid-
hofen allein herrührt.
Für die acht k. k. Krankenanstalten Wiens stellen sich die Spitalabgänge an
diesen Kranken wie folgt:
Im Jahre . . . 1892 1893 1894 1895 * 1896 1897
Männer . . . . 2866 2769 2958 2995 3068 3178
Frauen . . . . 1986 2403 2901 2911 3096 3360
Zusammen . . . 4852 5172 5859 5906 6165 6538
Im Jahre. . . . . 1893 1894 1895 1896 1897
= Sohin dae . . 320 687 47 259 373
Die Zahl der jährlich nach venerischen und syphilitischen Erkrankungen in
den Wiener k.k. Krankenanstalten in Abgang Gekommenen hat daher von 1892 bis
1897 um 312 Männer und 1374 Frauen, zusammen um 1686 zugenommen.
Diese Zunahme rührt gewiss nieht von der Zunahme der Bevölkerung allein
her, sie ist vielmehr ein Beweis, dass die venerischen Krankheiten sicher nicht
ab- vielmehr zugenommen haben; die Reserve in diesem Ausspruche ist wahr-
scheinlich nicht vollbegründet, aber in Bezug auf das weibliche Geschlecht deshalb
nothwendig, weil die genauen Untersuchungen der Prostituirten mehr Spitalabgaben
veranlassen. Aus letzterem Grunde dürfte auch der Zunahme in den letzten Jahren
das grössere Gewicht beizulegen sein als jener in den Jahren 1893 und 1894.
VII. Chefärztlicher Bericht über die k. k. Sicherheitswache.
Assentirungen für die Wache haben im Berichtsjahre 51 stattgefunden.
Von den 550 vorgestellten Competenten wurden 362 = 658 Percent geeignet
befunden, ungeeignet 188 — 342.
Nach Ablauf der einjährigen provisorischen Dienstleistung wurden behufs der
Untersuchung ihrer Eignung zur detinitiren Aufnahme 227 Mann vorgestellt und
mit wenigen Ausnahmen geeignet befunden.
Die Untersuehungen werden nach den Grundsätzen der Assentirung zum
k. u. k. Heere vom Chefarzte und seinem Ässistenzarzte vorgenommen und erfordern
— 195 —
um so grössere Strenge in der Auswahl, weil die invalid Gewordenen dem Staats-
schatze zur Last fallen.
Wegen Krankheit oder körperlicher Beschädigung wurden im Superarbitrirungs-
wege 68 Untersuchungen vorgenommen, theils zur Constatirung der Dienstfähigkeit,
theils der Grundhältigkeit des Anspruches auf die Zurechnung von 10 Dienstjahren
wegen im Dienste erlittener körperlicher Beschädigung gemäss dem Gesetze vom
27. März 1873.
Der chefärztliche Unterricht im Rettungsdienste wurde im Laufe des Jahres
sieben Mal an je zwei Tagen theoretisch. und practisch ertheilt; derselbe wurde von
183 Wachmännern frequentirt. Ausserdem absolvirten 354 den Unterricht in der
Schule der Wiener freiwilligen Rettungsgesellschaft, davon 125 =— 353 Percent mit
sehr gutem Erfolge, darunter 1 Revierinspector, 40 Inspectoren und 3 Wachcomman
danten. |
Erkrankungen der Wachmannschaft.
Der durchschnittliche tägliche Krankenstand betrug: 7
Jänner = s dr a. A a œ a T68 Juh ais s s a s ao so w a 1%8
Februar © 2 222220220. 192 August 4 e s s s © & & dë, e Mie
März. oo on. 198} September ee et
Aprils: ws u Kai ss ee ATS) October a & 4 5 u mn ép e AS
Mal .. ... . . . . . . 168 | November . . . . . . . . . 138
Juni. . . . . . . . . . « 167 ¡ December . . . . . . . . - 144
Man sieht sofort die Abhängigkeit der Häufigkeit der Erkrankungen von der
Jahreszeit: Zunahme vom November bis Februar, höchster Stand im März und
April, Abnahme vom Mai bis October. In Procenten des activen Mannschaftsstandes
per 3025 ergibt sich die Erkrankungsziffer im:
Jänner. . 2. . 2 2 20202020. D5| Juli.
Februar... . . .. . Dr | August 4:5
März 2. . 2... 0. 0...) . DT September A ee
ADIL E o e E do ss e en October. = a 2 A x 39
Alan, e, DAD November 4°6
Juni a. 2 2 2 2222.20... 5°5 ' December 47
Die Gesammtzahl der Krankheitstage war 55796, so dass durchschnittlich auf
den Mann 184 Kranklıeitstage entfielen. was bei dem angestrengten Dienste der
Sicherheitswache, die allen Unbilden der W itterung und steten Gefahren ausgesetzt
ist, ganz natürlich erscheint, selbst wenn ein Marodiren von 1 oder 2 Tagen unter-
lauft. welches doch zumeist auf Ueberanstrengung im Dienste zurückzuführen ist;
solche Ueberanstrengung kommt aber sehr häufig vor, da die politischen und socialen
Verhältnisse und die Festlichkeiten des Berichtsjahres häufig ein grüsseres Aufgebot
der Wache erfordert haben, und lang dauernde Bereitschaften in meist viel zu kleinen
Räumlichkeiten der Gesundheit nichts weniger als zutriiglich sind.
Die Behandlung der kranken Mannschaft erfolgte bei kurzer Krankheitsdauer
in den Kasernen und in den Wohnungen derselben durch die 34 vom Unterstützungs-
institute der Sicherheitswache bestellten Aerzte und 3 Specialärzte; in schweren
Fällen und bei längerer Dauer in den Garnisonsspitälern Nr. 1 und 2 und in der
Militärbadeanstalt in Baden, ausnahmsweise auch in Civilspitälern gegen Vergütung
der Verpflegskosten durch das Unterstützungsinstitut. in der Regel der ganzen, bei
venerischen jedoch nur der halben, welch’ letztere bei erwiesener Verheimlichung
der Krankheit ganz entfällt und den Kranken ‘selbst trifft.
2
— 190 —
Der Spitalbehandlung wurden 412 der activen Mannschaft zugeführt und sind
hierdurch 12142 Verpflegstage aufgelaufen, also durchschnittlich für einen Kranken
29:5 Tage, welche hohe Zahl ihre Erklärung darin findet, dass wie gesagt, nur
länger dauernde und schwere Fälle in ein Spital abgegeben wurden.
Als invalid sind in den Ruhestand 48 Sicherheitswachorgane getreten, d. i.
16 per Mille des durchschnittlichen Standes; jene welche zugleich Mitglieder des
Unterstützungsinstitutes sind. erhalten einen Zuschuss zur Pension, bei ihrem Ableben
die Witwe eine Pensionszulage und die Kinder bis zum 18. Lebensjahre einen Er-
ziehungsbeitrag.
Gestorben sind im Berichtsjabre 5 Inspectoren nnd 13 Wachmänner. zusammen
18, das ist fast 6 per Mille des Durchschnittsstandes; 3 endeten durch Selbstmord.
Vom Polizei-Agenteninstitute wurden 10 Mitglieder des Unterstiitzungsinstitutes in
Spitalsbehandlung durch 200 Tage verpficgt. ‘Zu den auf Kosten des Institutes
verpflegten Mitgliedern kamen noch 27 vom Pensionsstande mit 1252 Verpflegstagen.
Von sämmtlichen Mitgliedern des Unterstützungsinstitutes, activen und Pensio-
nisten starben an:
Lungentuberculose 17 = 33 Percent, Gehirnapoplexie 6, Magenkrebs 5. Lungen-
entzündung 4, organischem Herzfehler 4, Wassersucht 3, Herzlihmung 3, Gehirn-
erweichung 2, Leberentartung 2, Altersschwäche 4, Typhus 1, Lungenemphysem 1,
Speiserdhrenverengerung 1. Lungenödem 1, allgemeiner Lähmung 2, Zuckerharn-
ruhr 1, Gelenksrheumatismus 1, Selbsterschiessen 2, Selbsterhängen 1. zusammen 6i.
Für Krankheitsurlaube erhielten an Aushilfen 122 Mitglieder des Activstandes
1582 fl. 50 kr., und 12 Pensionisten 130 fl., je 30 fl. Curkostenbeitrag wurden 8 activen
Mitgliedern und 12 Pensionisten für die Trinkeur ın Karlsbad, 1 activen für die
Cur in Pistyan und 1 für Teplitz erfolgt. Ferner wurden 5048 Wannen- und
Dampfbäder für 1328 fl. 50 kr. angewiesen, überdies hat die Verwaltung des
Esterhazybades 1000 Badeanweisungen gespendet; für Mineralwässer, Bandagen ete.
und Brillen hat das Unterstützungsinstitut 384 fl. 69 kr. ausgegeben.
VII. Sanitäts-polizeiliche Inspeetionen des Chefarztes.
Wie in den früheren Jahren wurden auch im Berichtsjahre alle polizeilichen
Amtslocalitäten, sowohl in der Centrale, als in den Bezirken, einschliesslich der
Ubieationen der Sicherheitswache, die Locale zur Untersuchung der in Evidenz
stehenden‘ Prostituirten, endlich die, Theater und ihnen analogen Vergnügungs-
etablissements vom Chefarzte inspicirt und die betreffenden Befunde und Anträge
dem Präsidium vorgelegt.
Das Wesentlichste aus diesen Berichten soll hier folgen:
‘ 1. Polizeidirection und Stadtcommissariat, Die vor allem durch
den Raummangel und durch bauliche nicht zu beseitigende Gebrechen verursachten
sanitären Nachtheile des Hauses I. Schottenring, Nr. 11. sind auch in den mass-
gebenden Kreisen anerkannt und haben nebst anderweitigen Erwägungen den Plan
einer Abhilfe durch Verlegungen und eventuelle Neubauten nahe gelegt; insbesondere
das ungeachtet aller änsebrächten Verbesserungen ungünstig die Gesundheit des
Personales beeinflussende “Centralmeldungsamt bedarf dringend einer besseren Unter-
kunft.
Auch die Unterkunft der Sicherheitswachreserve des Stadtcommissariates und
die Arrestlocalitäten entsprechen den hygienischen Anforderungen nicht.
Von den Wachzimmern sind jene am Donaucanale ganz entsprecbend, nicht
so jene bei der Stubenthor- und Elisabethbrücke an der Wien, nicht gut auch die
in der Postgasse und Landhausgasse wegen Liehtmangels.
— 197 —
2. Leopoldstadt. Das Haus, Grosse Sperlgasse 11, hat so zahlreiche
sanitire Uebelstinde, dass seit Jahren die Unterbringung des Commissariates in
einem geeigneten Gebiiude als nothwendig anerkannt ist; die vorgenommenen Adapti-
rungen und Restaurirungen konnten nur palliativ wirken, ohne die Grundgebrechen:
Raummangel, dunklen Stiegenaufgang zu den Amtslocalitäten im I. Stock, Lage der
Aborte daselbst wit einfachen Thüren unmittelbar gegenüber der Stiege, beschränktes
Wartezimmer {mit dunklem, todtem Winkel beseitigen zu können; wegen der un-
genügenden und ungeeigneten Arreste werden Nachts jene im alten Schiffamtshause
verwendet, wo auch eine Sicherheitswachkaserne sammt Wachzimmer (erstere seither
aufgelassen) sich befindet. Die Commissariatskaserne ist günstiger beschaffen.
Die Polizeiexposituren auf dem Nordbahnhofe und Nordwestbahnhofe. letztere
mit secundiirem Luft- und Lichtzutritt sind von den betreffenden Bahnen beigestellt
und so wie die zugehörigen, Wachzimmer entsprechend.
Während ferner die Wachzimmer in der Pazmanitengasse 30 und Fugbachgasse 9
entsprechend sind, mussten jene in der Weintraubengasse 5 wegen Dunkelheit und .
Raumbeschränktheit und Franzensgasse 31 wegen Kleinheit,. Tieflage und Nässe
neuerlich zur Auflassung beantragt werden. |
3. Landstrasse. Commissariat und Kaserne befinden sich in einem schönen
Neubau, Rudolfsgasse 13, dessen Räume gross, hell und luftig sind; sanitäre Uebel-
stände wurden nicht angetroffen, nachdem die Austrocknung der Mauern nunmehr
erfolgt ist; im Meldungsamte wurden nachträglich zweckmässige Adaptirungen vor-
genommen. Auch der Stall der berittenen Wache zeigte keine Feuchtigkeit und ist
sehr gut gehalten. Für die Menage in der Kaserne, welche 132 Mann verpflegt,
ist gut vorgesorgt.
Von den Wachzimmern sind jene des Commissariates, dann in der Salesianer-
gasse 31, Fasangasse 31, Rasumoffskygasse 2, Pfarrhofgasse 2 und am Central-
viehmarkt entsprechend, weniger jene in der Pfefferhofgasse 6 und Erdberg-
strasse 146, ım alten Linienamte Rennweg (St. Marx) und am Aspang-Bahnhofe.
4. Wieden. Die Localitiiten des Commissariates sind hinreichend geräumig,
licht und luftig; sie befinden sich im I. Stock des Hauses Fleischmanngasse 2; be-
schränkt sind die Räumlichkeiten der Commissariatswache. Die nothwendige Tiefer-
legung des Strassencanales ist noch nicht erfolgt, was auf den Hauscanal rückstauend
einwirkt. Die Kaserne in der Igelgasse (Trappelkaserne) hat durch die Adaptirungen
und Restaurirung ausserordentlich gewonnen. Von den Wachzimmern ist das im
Starhemberg’schen Freihause in der Miihlgasse das mindest entsprechende, jene in
der Victorgasse 16, Goldeggasse 10, Gusshausstrsse 3 und Starhemberggasse 39 sind
entsprechend.
5. Margarethen. Die Localitäten im II. Stockwerke des Hauses Wehr-
gasse Nr. 1, in welchem sich das Commissariat befindet, wurden restaurirt, sind
hinreichend geräumig und licht, eben so jene der Kaserne, deren Aborten jedoch der
Wasserverschluss fehlt.
Das Commissariatswachzimmer hat noch ein altes Instrumentarium, jenes in
der unteren Bräuhausgasse hat die städtische Krankentransportstation in unmittel-
barer Nähe; die in der Nikolsdorferstrasse 2, Sonnenhofgasse 4, Wolfganggasse 27
‚und Siebenbrunnengasse 45 sind ganz entsprechend.
6. Mariahilf. Die Localitäten des Commissariates in dem Hause Kaunitz-
gasse 2 haben durch zweckmässige Adaptirungen des Aufganges und der erweiterten
Wacheräume gewonnen; die Verdunkelung der dem Hofeinbaue gegenüberliegenden
Localitáten durch denselben, dann die ungünstige Beschaffenheit der Arreste, be:
sonders jenes für Männer, bestehen noch, überhaupt wäre cin geräumigeres und
besser situirtes Commissariatsgebäude nothwendig. Die Wachzimmer in der Stumper-
gasse 8 und Millergasse 39 sind sanitiitswidrig, ersteres ist dunkel, gegen die Feuchtig-
RE"
— 198 —
keit in letzterem wurde sich mit Verschalung der Wände beholfen, jene in der
Königsklostergasse 1, Wallgasse 12 und Chwallagasse 5 sind entsprechend.
7. Neubau. Das Commissariat ist im Gemeindehause, Neubaugasse 25, unter-
gebracht, die Localitäten sind sehr reparaturbedürftig, wie die Wände, Fensterstöcke
und Rahmen, Plafonds u. s. w. zeigen, übrigens soll das Haus zur Demolirung be-
stimmt sein. Die Arreste lassen zu wünschen übrig, jener für Männer ıst klein und
finster. Die Kaserne ist entsprechend, das Wachzimmer ebenfalls. Das sanitätswidrige
Wachzimmer in der Schottenfeldgasse 94 wurde gegen ein geeigneteres in der
Zieglergasse 75 vertauscht; jene in der Döblergasse 14, Seidengasse 44 (Kenyon-
gasse) uud Halbgasse la sind entsprechend.
8. Josefstadt. Das im eigenen Hause, Fuhrmanngasse 5, befindliche Com
missariat leidet durch die schlechten Canalisationsverhältnisse dieser Gasse, da der
Hauptcanal zu hoch liegt und Stauung des Hauscanales und Wasserlaufes bewirkt,
deren Folge ein sich in die neben- und überliegenden Localitiiten hineinziehender
Gestank ist. Das ärztliche Untersuchungszimmer ist zugleich Zimmer des Control-
Inspectors und Registratur; das Sicherheitswach-Schulzimmer hat zu wenig Licht.
die Arreste sind beschränkt. Die Kasernräume sind, abgesehen von der nicht ganz
beseitigten Feuchtigkeit im nördlichen, ebenerdigen Tracte, entsprechend. Das Uom-
missariatswachzimmer ist entsprechend. das in der Wickenburggasse 5 in der Gassen-
mauer etwas feucht. weil unter dem Strassenniveau, jenes in der Florianigasse ist
trocken gelegt, die Kasernzimmer im I. Stock daselbst sind gut. weniger der Auf-
gang, in der Albertgasse 31 ist der Abort sanitätswidrig.
9, Alsergrund. Im Hause 18a der Waisenhausgasse, einem ftir das Com-
missariat aufgeführten Neubau, sind dessen geräumige, lichte und luftige Localititen.
mit Ausnahme des Meldeamtes und des ebenerdigen Agentenzimmers, deren Lufi
minder gut ist, sehr sanitätsgemäss. Die Kasernlocalitäten, ebenfalls ein Neubau,
sind schön und geräumig; dasselbe gilt von der Sicherheitswachkaserne in der
Müllnergasse 23 und 25 und den betreffenden Wachzimmern ,; doch fehlen Marode-
zimmer und Isolirlocalitäten, welche jedoch bereits in Aussicht genommen sind.
Das Inspectionszimmer auf dem Franz Josefs-Bahnhofe entspricht den sanitären An-
forderungen. Die Wachzimmer in der Spitalgasse 3 und Nussdorferstrasse 90 (früheres
Linienamt) lassen zu wünschen übrig, letzteres war zur Auflassung bestimmt, die
seitdem erfolgt ist; ebenso das über der Alsbachmündung in den Donaucanal ge-
legene und hiedurch sanitätswidrige Wachzimmer an der Brigittabrücke, welches dem
Baue der Donaucanal-Linie der Stadtbahn weichen musste. Das Wachzimmer in
der Eisengasse 15 ist entsprechend.
10. Favoriten. Das Commissariat befindet sich in der Landgutgasse 24,
einem Hause, das für die heutigen Verhältnisse schon zu klein ist, geschweige denn
für die stetig anwachsende Bevölkerung dieses ausgedehnten Bezirkes ausreicht.
Fiir den im Permanenzdienste befindlichen Beamten ist nur eine Kammer ohne
genügende Licht- und Luttzufuhr vorhanden, die vom Nebenzimmer aus geheizt
werden muss, und nur durch Octfnen der gegen den Abort gerichteten Fenster ge-
ltiftet werden kann. Der Miinnerarrest ist zu klein, das Wachzimmer entsprechend.
In den Polizei-Inspeetionräumen auf dem Siid- ‘und Staatsbahnhofe sind im Allge-
meinen entsprechende Verhältnisse, doch ist die Temperatur und der Luftzug in dem des
Südbahnhotes bei rauhem Wetter ungünstig. In den Kasernen der Sicherheitswache
aut der Himbergerstrasse, bei den Linieniimtern, Triesterstrasse-Inzersdorf, Triester-
strasse-Laxenburgerstrasse, Rothneusicdl, Ilimbergerstrasse 106 und Oberlaa Laaer-
strasse sind die sanitären Verhältnisse völlig entsprechend, ebenso in den Wach,
zimmern in der Himbergerstrasse 149 und im Kaiser Franz Josef-Spitale, sowie in der
Simmeringerstrasse 131, Laxenburgerstrasse 88 und Eugengasse 29 (Herzgasse 60),
minder in der Simmeringerstrasse 2 und in Laaerwald.
7 im
— 19 —
11. Simmering. Auch hier sind die Räumlichkeiten des Commissariates in
dem der Commune gehörenden Hause, Krausegasse 18, recht beschränkt, insbesondere
das Wachzimmer, dann der Raum für den Manipulationsbeamten des Meldungsamtes;
die Arreste sind klein und dunkel. Die Kaserne in der Rimböckgasse 66 hat kleine,
jedoch entsprechende Localitäten; jene beim Linienamte Schwechat und der Expositur
Schwechat sind ganz zweckmässig, ebenso das Wachzimmer Linienamt Kaiser-Ebers-
dorf, minder das in der Simmeringer Hauptstrasse 177.
12. Meidling. Das Commissariat besitzt im Gemeindehause Meidling,
Hufelandgasse 4, hohe, geräumige, lichte und luftige Localitäten mit viel Zugluft in
Folge der Lage; minder gut ist die Disposition der Räumlichkeiten; die Kasernzimmer
sind schön, ebenso ist das Wachzimmer entsprechend; die Wände der Arreste wurden
bis zur halben Höhe zur Abhaltung von Ungeziefer erfolgreich mit Carbolineum an-
gestrichen, der Weiberarrest, welcher der bessere ist, wird, wenn er leer ist, im Be-
darfsfalle fiir Männer (Complicen) verwendet. Die Aborte haben Wasserspiilung
mit Wasserkästen. Ein Marodezimmer ist nicht vorhanden und müsste im Bedarfs-
falle ein verfügbares, leeres Zimmer mit 5 Betten hiezu verwendet werden.
Die Aerzte haben ein entsprechendes lichtes Unterkunftszimmer, die Rettungs-
behelfe sind in Ordnung, Hilfeleistungen kamen im Berichtsjahre auf dem Commissariate
117 vor.
Das sanitätswidrige, beschränkte, theilweise unter dem Niveau gelegene und
feuchte Wachzimmer ın der Dörfelstrasse 7 wurde mit einem sehr geeigneten in der
Dorfelstrasse 8 vertauscht; die Kasernirungen und Wachzimmer Linienamt Atzgers-
dorf, Hetzendorferstrasse 102, Altmannsdorf, Breitenfurterstrasse 38 und Linienamt
Neusteinhof sind ebenfalls ganz entsprechend, ebenso Schönbrunnerstrasse 189.
13. Hietzing. Das Commissariat ist in der Villa Hietzing, Dommayergasse
Nr. 1, recht gut untergebracht, und wurden in zwei Zimmern frische Fussböden
gelegt, die Arreste geweisst; die Senkgrube konnte in Folge der Canalisation auf-
gelassen werden. Die Kaserne in Penzing, Nisselgasse 16, wo früher die Polizei-
expositur war, ist in sanitätsgemässem Zustande hergestellt; das Wachzimmer in der
Lainzerstrasse 168 wurde trocken gelegt und mit Ventilation versehen, die Wach-
zimmer Linienamt Mauer und Linienamt Hütteldorf, sowie die Kaserne daselbst sind
sehr schön, die weiteren Wachzimmer Unter-St. Veit, Auhofstrasse 33 (schlechter
Abort), Ober-St. Veit, Hietzingerstrasse 164, Baumgarten, Linzerstrasse 232 und
Hietzing, Waltergasse 1, wurden entsprechend befunden.
14. Rudolfsheim. Das Commissariat befindet sich im ehemaligen Gemeinde-
hause, Kellinggasse 2, und ist im Allgemeinen gut untergebracht; als Parteienwarteraum
dient der gepflasterte Gang, der im Winter mit Brettern belegt wird, Arreste sind drei
vorhanden, ein vierter wird als Depot verwendet; der Einbau der Aborte muss als
sanitärer Nachtheil bezeichnet werden. Die Kasernlocalitäten sind ganz entsprechend,
ebenso die Amtszimmer und die Wachlocalititen. Die Localitäten der Polizei-
Inspection auf dem Westbahnhofe sind anstandslos; von den Wachzimmern ist jenes
in der Pereiragasse 3 klein, finster, feucht und moderig, die in der Dadlergasse 16
und Robert Hammerlinggasse 25, wurden trocken gelegt, das in der Winkelmann-
gasse 12 ist recht gut. |
15. Schmelz. Der Plan für ein neues Amtshaus, gemeinschaftlich mit einer
Finanzwachabtheilung, liegt bereits vor, seine Ausführung ist bei der gänzlichen
Nichteignung der gegenwärtigen Unterkunft, Hütteldorferstrasse 71, schr noth-
wendig; die finstere Aufgangsstiege, die dunklen, fast gar nicht verwendbaren
Vorräume, der heftige Luftzug in den Amtszimmern in Folge ihrer freien Lage am
Exercierplatze und des schlechten Fensterverschlusses, der Gestank von den Aborten
ohne Spülung, die in die Arreste eingebauten Aborte, die schadhaften Fussböden
und der enge, unreine Lichthof sind grelle sanitäre Uebelstände. Die Wachlocalitäten
— 200 —
im Commissariatshause und in der Beingasse, erstere sogar schon durch Austritt des
Canalunrathes überströmt, letztere mit offenem Abort ohne Spülung sind sanitätswidng,
auch jene in der Johnstrasse 7, die unter dem Terrain liegt und keine Abortspúlunz
hat; jene ın Penzing, Linzerstrasse 84, .und ın Breitensee, Draskovichgasse 2, sind
besser.
16. Ottakring. Die Räumlichkeiten des Amtes in dem Hause Ottakring.
Hubergasse 5, haben keinen Ueberfluss an Platz, insbesondere ist das Wachzimmer
zu klein, es fehlt ein entsprechendes árztliches Untersuchungszimmer und ein Unter-
suchungstisch, auch der Parteienraum ist beschränkt. Die Heizung der Arreste von
einem hinter ihnen gelegenen schmalen Gange aus ist unzweckmässig; würde dieser
ebenerdige Tract demolirt und durch einen mindestens einstückigen Neubau ersetzt.
so wäre der nothwendige Raum gewonnen, und die Besserung der sanitären Verbält-
nisse damit erreichbar.
Die Sicherheitswachkaserne in den adaptirten Localitäten des Hauses Rein-
hartsgasse Nr. 38 sind entsprechend, doch fehlt ein Isolirlocale, und wird ein
Zimmer sowohl als Schulzimmer wie als Speisezimmer benützt; den Aborten fehlt
die Spülung; ein Isolirstall fehlt, welcher Uebelstand bei den vorgekommenen Rotz-
fällen sich geltend gemacht hat. Die Wachzimmer in Neulerchenfeld, Grundsteingasse 34
und Kirchstetterngasse 25 boten keine Anstände; jenes am Richard-W agnerplatz 12
in Ottakring hat einen schlechten Abort, ebenso jene in der Ottakringer Haupt-
strasse 105 und 185; das in der Wilhelminenstrasse 84 ist schön, ebenso in der Stein-
hofstrasse 35, jenes in der Savoyenstrasse ist feucht; der Senkgrubenüberfall wurde
abgemauert.
17. Hernals. Die Amtslocalitäten in dem Hause Hernals, Jirgerstrasse 62,*)
sind licht und luftig, ebenso wie jene der Sicherheitswachkaserne, dagegen die Arreste
sehr schlecht in Folge ihrer Lage zwischen einem engen Gange, der nur secundär
Licht und Luft erhält und einem sehr schmalen Lichthofe. Die Kasernräume reichen
in das anstossende Haus Nr. 64 hinüber, die ebenerdigen Amtslocale sind feucht.
Die Wachzimmer auf dem Commissariate, in der Hormayrgasse 42 und Haupt-
strasse 158 sind entsprechend; in der Rosensteingasse 26 mit 12 Kasernirten ist die
Abortmauer sehr feucht, in der Geblergasse 26 kein Anstand; das Wachzimmer
am Rupertusplatz in Dornbach mit 3 Kasernirten ist beschränkt, die Sicherheitswach-
kaserne in Neuwaldegg, Linienamt, erhält noch immer das Trinkwasser im Fass zu-
geführt, das Hausbrunnenwasser schwefelt stark, der Pferdestall ist vom Dachboden
durch eine bölzerne Thüre, also nicht feuersicher abgeschlossen.
18. Währing. Die Lage gegenüber einer grossen Lohgerberei und einem
Brauhause ist nicht sanitätsgemäss; das Haus Währing-Weinhauserstrasse 45 hat
aber durch Verlegung der Wachlocalitäten nach Nr. 43 sehr gewonnen; auch den Uebel-
stinden in den Arresten ist abgeholfen. Das Wachzimmer ist entsprechend, ebenso
auch jene in der Kreuzgasse 8, Alseggerstrasse 32 (mit 9 Kasernirten) und Semper-
gasse 36. Die Kaserne in der Paulinengasse 16 ist sehr gut gelegen und sanitäts-
gemäss; das Wachzimmer in der Gorsthoferstrasse 138 hat durch Erweiterung sehr
gewonnen, jenes in Neustift am Walde ist theilweise trocken gelegt, der feuchte
Theil unbewohnt, das in der Hildebrandgasse 39 ist entsprechend.
19. Döbling. Das Commissariat befindet sich in dem cigens für dasselbe erbauten
Hause, Kreindlgass 13, in Miethe: da aber beim Baue zugleich eine eventuelle Ver.
wendung für Miethparteien berücksichtigt wurde, so sind unverwendbare Vorräume
geschaffen, und dadurch der Raum beschränkt, so dass das Schulzimmer der Kaserne zu-
gleich als Schlafzimmer dienen muss, und das ärztliche Untersuchungslocale durch Ab-
trennung vom Telegraphistenzimmer gewonnen werden musste; der Permanenzbeamte
*) Im Jahre 1899 bereits aufgelassen.
offe?
|
— 201 —
muss in einem Bureau schlafen. Das Wachzimmer des Commissariates ist entsprechend;
jenes in der Gymnasiumstrasse 67 ebenfalls, das im Heiligenstädter Bahnhofe war noch
mit keinem Rettungskasten versehen, in der Heiligenstädterstrasse 91 war der offene
Abort, in der Heiligenstädterstrasse 196 (Nussdorf) der Stiegenaufgang zu be-
anständen, jenes auf der Nussdorferlände 13 ist entsprechend, in der Pfarrwiesen-
gasse 34 zu beschränkt (ein Zimmer ohne Putz- und Waschraum), in der Obkircher-
gasse 11 ein kleiner Rettungskasten mit unvollständigem Instrumentarium; in Heiligen-
stadt, Armbrustergasse 1, kein Anstand, in Grinzing Kobenzlgasse 5 hat Trocken-
legung stattgefunden. Wachzimmer und Kasernirung im Linienamte Ober-Sievering
sind sehr entsprechend, doch fehlt die Wasserspülung des Abortes und Pissoirs, das
Wachzimmer in Unter-Sievering, Sieveringerstrasse 112 hat nur einen hölzernen
Abort. Die Wachzimmer in Kahlenbergerdorf und auf dem Kahlenberge sind ent-
sprechend.
20. Brigittenau. Die schlechte Lage und Beschaffenheit des Hauses, Raphael-
gasse 5, ist so oft geschildert worden, dass die Verlegung des Commissariates aus dem-
selben bereits ins Auge gefasst ist. Gegenüber ist ein grosses Hadernmagazin
mit Sortirung, die Localitäten sind im hohen Grade beschränkt, die Schlafstätte des
journalisirenden Beamten ist von einem Bureau durch einen Holzverschlag abgetrennt,
die Agenten sind ebenfalls in einem dunklen, luftarmen Raume untergebracht, die Aborte
haben anstatt Spülung nur Klappverschluss, die Arreste sind schlecht, jener für Frauen
ist ohne Licht und Luft, der für Männer zu klein und schlecht. Die Kasernlocalitäten,
welche in das Nachbarhaus am Brigittaplatz hinüber reichen, sind günstiger gelegen
und beschaffen.
Die Wachzimmer in der Raphaelgasse 5, Sachsenplatz 8, Othmargasse 12, Pöchlarn-
gasse 16, Jubiläumsbrücke und Kaiser Franz-Josephsbrücke wurden entsprechend
gefunden.
21. Prater. Der Plan für den Neubau eines Commissariatshauses im Prater liegt
bereits vor; das gegenwärtige Haus Nr. 171, Ausstellungsstrasse, war ein Provisorium
für die Weltausstellung 1873, besteht aber unter ganz geänderten localen Verhältnissen
bereits seit 25 Jahren. Als leichter Riegelwandbau ist es mehr für den Sommer als
für die übrigen Jahreszeiten; die Räume sind dem Luftzuge stark ausgesetzt, be-
schränkt, nicht licht genug; durch die neuen Strassenanlagen ist die Lage eine tiefe
geworden, und die Luft in den Localitäten keine gute, besonders in der Kaserne. Das
Wachzimmer ist feucht, wie überhaupt die Localitäten zu ebener Erde. Die Wachzimmer
Hauptallee 2, Feuerwerkswiese, am Dampfschiff-Landungsplatz, an der Kronprinz
Rudolfsbrücke und Kaiser Josefbrücke sind entsprechend; ebenso in der Schüttel-
strasse 19 und in der Freudenau. Das Wachzimmer bei der Militärschiessstätte hat
noch einen hölzernen Abort, während bei jenem in Kaisermühlen, Schüttaustrasse 50,
ein gemauerter hergestellt wird.
In Folge der Kaiser Jubiläumsausstellung wurden Wachbaraken aufgestellt,
welche, sowie das Wachzimmer in der Rotunde, ganz entsprechend waren.
22. Floridsdorf. In dem neu erbauten Amtshause, welches die Bezirkshaupt-
mannschaft, das Steueramt und das Bezirksgericht enthält, ist das Commissariat und
dabei auch die Sicherheitswachkaserne sehr gut untergebracht. Die grossen, lichten, luf-
tigen Localitäten lassen nichts zu wünschen übrig, nur sind sie wegen der Höhe schwer
heizbar; auch die Arreste sind völlig entsprechend. Von den Wachzimmern sind jenes des
Commissariates und in Schlosshoferstrasse 12, dann das in Gross Jedlersdorf, Baumer-
gasse 61, Jedlesee, Pragerstrasse 37, Donaufeld, Stefaniestrasse 1 und Vereinsgasse 35
(Mühlschüttel) entsprechend; doch sind die von den Gemeinden beigestellten Rettungs-
kästen mangelhaft.
23. Polizei-Gefangenhaus. Dass dieses Haus nur zur Demolirung reifund ein den
sanitären Anforderungen entsprechender Ersatz fürdasselbedringend nothwendigist, wurde
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Lereits friber gesagt. Die wiederbolie Inspection desseiten in aen seizen Raameciete
hat die vielen und groben Gevrechen dieses aiten, tar ganz ariere Zwecke Lerzestelz
Baca, aber auch Gie sorgialtize. bei den obwalieLden Uei=!stänien äusserst schwierz?
Keinhaliung und damit die Autrechthaltusg eines guten Gesucnabetszasiances
jedesmal bestätigt.
Theaterinspection.
Der Inspectionsdienst in den Theatern wurde vom Crefarzte irstructiorsmasig
durch wiederhoite Nachschau wihrend der Vorstellurgen. wohl auch vor Beginn der-
keclben und mitunter auch am Schlusse ausgesükrt: wesentliche Ansiande Laven sch
bic bet nicht ergeben
Als Mitghed der Theaterlocal- und Lardescommission war Gem Chkefarzie
reichlich Gelegenheit gegeben, tiber das diesfallige Gebshren cer Unternebmurzen
rich zu informiren und über vorgefundene Arstärde auszusprechen. Die Gebrecher,
welche in der Lage und in der baulichen Construction der bestehenden Theater,
insbesondere des Carltheaters, der Theater an der Wien und in der Josefstadt, des
Etablissements Ronacher und des Orpheums liegen, können natürlich nicht behoben
werden; bei Neubauten wird mit Strenge nach den Bestimmungen der Theater-
verordnung vorgegangen. Es kam im Laute des Jahres nur ein bedentenderer Anstand
vor, und Ge in Carltheater, indem nach der Inspection des Theaters, wo auch
Im Inspectionszimmer nichts von cinem Brandreruche wahrgenommen worden war,
während der Vorstellung sich ein solcher im Hause verbreitete und einen Theil der
Zuschauer zur Flucht aus dem Theater veranlasste; es stellte sich bei der Aach,
forschung heraus. dass das Sopha im Inspectionszimmer angebrannt war, was nach
der Situation nicht von dem daselbst befindlichen Ofen ausgegangen sein konnte,
s„ndern wahrscheinlich durch unvorsichtiges Gebahren mit Rauchrequisiten während
der Vorstellung: der Thäter wurde nicht eruirt. Die Theaterlocal-Commission
inspicirt alle Theater und analogen Schaustellungen jährlich vor Beginn der Saison,
dann während des Betriebes und vor beabsichtigten baulichen oder constructiven
Arnderungen, sowie nach Vorfällen wie dem angegebenen im Carltheater. Die beiden
Hoftheater werden nur einmal im Jahre inspicirt an einem Vormittage; die Controle
des ärztlichen Inspectionsdienstes in demselben steht dem Polizei-Chefarzte nicht zu.
Die Kaiser Jubiläumsausstellung gab nicht nur zu wiederholten Inspectionen
Anlass, sondern der Chefarzt war auch an der Ausstellung selbst wesentlich betheiligt.
Nachdem nämlich der damalige Polizeipräsident R. v. Stejskal seine Zustimmung
zur Betheiligung der Polizeidireetion an der Wohlfahrtsausstellung gegeben hatte,
bestimmte er neben Regierungsrath Wohl den Chefarzt zur Theilnahme an den be-
treffenden Comit“verhandlungen mit dem Präsidium der Wohlfahrtsausstellung; der
Chefarzt stellte den Antrag, den Vergleich zwischen 1848 und 1898 in der polizeilichen
Ausstellungen darzustellen und verfasste nach Genehmigung desselben ein detaillirtes Pro-
gramm, welches ebenfalls genehmigt wurde; ın der Ausführung musste er sich auf die
Darstellung des polizeiärztlichen Sanitätsdienstes beschränken, welche auch, soweit die
Behelte beschafft werden konnten, durchgeführt wurde; die Darstellung der übrigen
/wesge des polizeilichen Dienstes als Wohlfahrtsdienstes lag in den Händen der be-
treffenden Ressorts, Der polizciliche Ausstellungspavillon war einer der meist auf-
gesuchten, wenn nicht der besuchteste.
Ueberwachung des Untersuchungsdienstesin Bezug auf die
Prostitution.
Dieselbe hat auch in dem Berichtsjahre in ausgiebiger und sorgfältiger Weise
stattgefunden; Aenderungen der Untersuchungslocale wurden nur nach vorheriger
Inspection der neuen in Bezug auf ihre Eignung genehmigt; wiederholt wurde Nach-
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schau zur Zeit der Untersuchungen gepflogen. Eine ganz besondere Aufmerksamkeit
aber wurde jenen Localitäten gewidmet, in welchen eine Mehrzahl von Prostituirten-
bei einer Unterstandsgeberin bordellartig untergebracht ist. Es wurden nicht nur alle
diese Prostituirten untersucat, sondern auch sämmtliche Räumlichkeiten inspicirt, sowohl
jene für den Empfang, als die Schlafstätten der Mädchen und die Wirthschaftsräume;
das Resultat war durchwegs ein befriedigendes; vorgefundene kleinere Mängel wurden
sofort abgestellt, einige krank Befundene sogleich in das Spital gewiesen.
IX. Bericht des Chefarztes über die hygienischen Verhältnisse von Wien.
Die Lage der Reichshauptstadt ist für ihre Gesundheitsverhältnisse insoferne
eine sehr günstige, als sie die Nachtheile einer Grossstadt, welche das Zusammen-
wohnen einer grossen Menschenmasse auf einem verhältnissmässig sehr beschränkten
Raume inmitten ihrer Ausdünstungen, Abfälle, Beerdigungsstätten und industriellen
Betriebe mit sich bringt, in nicht unbeträchtlichem Grade herabmindert. Die Berge
an der West- und Nordwestseite, an deren Kämme das Weichbild der Stadt hinauf-
reicht, sind nicht hoch genug, um die vorherrschenden Winde abzuhalten, der Durch-
bruch, welchen sich der Donaustrom zwischen Leopolds- und Bisamberg geschaffen
hat, ist zugleich der Durchlass der nördlichen Luftströmungen; gegen das Marchfeld,
die ungarischen Grenzgebirge und die Alpenkette im Süden liegt die Stadt offen
in einer ausgedehnten Ebene, und ihr Häusermeer wird daher durch die fast be-
ständigen, nicht selten heftigen Winde kräftig ventilirt. Dass trotzdem enge Gassen,
todte Winkel, mit eng zusammengepferchten Inwohnern überfüllte Häuser eine um
so schlechtere Luft haben, je näher sie dem Centrum liegen, ist natürlich; denn die
Quellen der Luftverderbniss wirken beständig fort, nicht im gleichen Grade die
Lufterneuerung durch die Winde; dafür hat aber der Wiener die reine Luft der
Berge so nahe, dass er sie auf einem Spaziergange leicht erreicht, sogar in einem
Tage Alpenluft schöpfen und Hochtouren unternehmen und im Sommer sein Heim
in den nahen Bergen aufschlagen kann. Wenn daher auch in Folge der socialen
Verhältnisse die durchschnittliche Sterblichkeitsquote nicht zu den geringsten zählt,
so fehlt es in allen Schichten der Einwohnerschaft doch nicht an Beispielen hohen
Alters, welche für eine relative Langlebigkeit des Wieners sprechen.
Dass dies, abgesehen von den bezeichneten natürlichen Verhältnissen, zum Theile
auch den Bemühungen der Gemeindeverwaltung, insbesondere ihrer ärztlichen Organe
zur Schaffung gesundheitsmässiger Zustände zu danken ist, wird Jeder erkennen
müssen, welcher Umschau hält in dem weiten Stadtgebiete, und wissen jene am meisten
zu würdigen, die Wien vor fünfzig Jahren gekannt haben, geschweige in früheren
Decennien. Was wir unter unseren Augen werden gesehen und noch sehen, die Herein-
leitung der Alpenquellen, die Eindeckung der zu Kloaken missbrauchten Bäche, die
Regulirung der Flussläufe und ihre Entlastung von Unrathstoffen durch die Erbauung der
grossen Sammelcanäle, die Massendemolirungen und Neubauten, die grossartige Erleichte-
rung des Verkehres durch die Stadtbahn mit ihrem raschen und bequemen Verkehre,
die Umwandlung und grossgedachte Vervollständigung des Tramwaybetriebes mittelst
Llektrieität, die Durchführung neuer Strassen und die Verbreiterung der bestehenden,
die Umwandlung wüster Plätze in wohlerhaltene Gartenanlagen und so manche andere
der Volksgesundheit zu Gute kommende Schöpfungen sind assanatorische Massregeln
von hoher Bedeutung, welche die grossen für sie ausgelegten Capitalien durch die
Volksgesundheit reichlich verzinsen.
Allerdings bleibt noch mancherlei zu thun übrig; daran zu erinnern soll durchaus
kein Vorwurf sein, sondern nur ein Hinweis, welchen stets zu wiederholen die Pflicht
aller Organe ist, welche ihr Augenmerk auf die öffentliche Gesundheit zu richten
haben.
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%
Was in der Grundanlage verfehlt ist, lässt sich nicht, oder nur allmälig und mit
grossen Kosten verbessern. Dahin gehört vor Allem ein Haupterforderniss einer guten
Gesundheitspflege, die Wegschaffung der Unrathstoffe. Unser weit verzweigtes Canal-
netz, in welchem Millionen investirt liegen, ist kein Schwemm- sondern ein Senkgruben-
system, dessen Durchschwemmung dort, wo sie das Gefälle möglich macht, Jupiter
pluvius besorgen muss, und wenn dies nicht erfolgt, das Wasserfass und die Kricken
der Canalräumer schüchtern versuchen. Schliesslich gelangen die Abfallstoffe, soferne
sie nicht per nefas im Weichbilde der Stadt auf Miststätten abgeladen werden, zunächst
an einer Stelle in den Donausirom, welche noch zu nahe dem Verkehr liegt, um als
unbedenklich zu erscheinen, nämlich am Handelsquai.
Der Stallmist und die mit ihm weggeschafften thierischen Abfälle werden trotz
mancher Vorschriften am hellen Tage in offenen Wagen hinausgeführt, den Boden
durch verlorenen Dünger und die Luft durch Gestank verunreinigend.
Der Stubenmist und was sonst in den Kehricht kommt, wird vor den Haus-
thoren in die zu jeder Tageszeit, an Feier- wie Wochentagen vorüberfahrenden, auch
in der neuesten Type noch immer primitiven Sammelwagen geschüttet, verstaubt
beim Einfüllen und auf der langen Fahrt, welche sie bis an den Abladeplatz zurück-
legen müssen, der für das Gros auf der berüchtigten Fleckerlmiststätte am linken
Donaustrande besteht. Die Vorschläge und Anläufe zu einer Reform dieser Kehricht-
ausfuhr haben bisher kein Glück gehabt, die probeweise Abfuhr in das Marchfeld
hat nicht durchgegrifften; die Verbrennung war projectirt, ist aber nicht zustande
gekommen.
Nicht minder primitiv ist die Strassenreinigung; die übereinstimmenden Klagen
der Polizeiärzte sind, wie der Chefarzt aus vielfältiger eigener Erfahrung weiss, wohl
begründet. Wir leiden in Wien an einer permanenten Strassencalamität; wir haben
entweder Staub oder Koth, Zustände, die sich im Berichtsjahre besonders fühlbar
gemacht baben in Folge der zahllosen Aufgrabungen behufs der Gasrohrlegung.
Einerseits ist die Herstellung und Erhaltung der Strassen eine derartige, dass sie
die Quelle massenhafter Staubentwicklung bilden, auch dann, wenn sie gepflastert
sind. durch die breiten mit Sand ausgefüllten Fugen und die Sandbestreuung des frischen
Ptlasters, anderseits erfolgt die Kehrung auch in der warmen Jahreszeit oft ohne
oder mit ganz ungenügender Bespritzung durch die Strassenkehrer ohne Ver-
wendung von Maschinen, also langsam, staubaufwirbelnd und in der Zeit des
vollen Verkehres; die Hausbesorger, denen die Reinigung des Trottoirs zufällt,
folgen diesem Beispiele, wenn sie überhaupt kehren und sich nicht mit einem
Aufspritzen begnügen, bei welchem die weitaus grössere Bodenfläche trocken bleibt.
Ein Abwaschen des Bodens gibt es in der Regel nicht, nur Aufspritzen und Auf-
schütten. also kleine Wassertiimpel und Koth, welch letzteren Wind und Sonne
wieder in Staub umsetzen. Bei andauernden ausgiebigen Regenfällen bilden sich Koth-
lacken und grössere Wassertümpel in den vielen Unebenheiten des Bodens, die z. B. im
Strassenpflaster zwischen dem Schottenring und den ihn kreuzenden Radialstrassen
so bedeutend sind, dass die Passanten nur mit Wasserstiefeln trockenen Fusses hinüber-
kommen. Schnee und Eis werden recht langsam weggeschafft, der Schmelzprocess
muss da mithelfen und den Hauptantheil haben; spät genug erscheinen meist die
Schneepflüge und Kehrmaschinen! Ein Hauptfehler liegt in dem Mangel der Centrali-
sation der gesammten Strassenreinigung, woher es kommt, dass sie in den verschiedenen
Bezirken sehr ungleich und zu ungleichen Zeiten erfolgt. Die für eine Grossstadt
wegen des grossen Verkehres absolut nothwendige Strassenreinigung zur Nachtzeit
beschränkt sich anf den Ring und einzelne Theile des I. und VII. Bezirkes.
Auch die Klagen der Polizeiärzte über die W ohnungsverhältnisse sind voll-
berechtigt. Die beklagten engen Gassen werden bei den vielen Umbauten und Re-
eulirungen allmälig verschwinden; Wohnräume ohne Luft und Licht fehlen auch in
den Neubauten nicht, und die nothwendige Strassenbreite fällt nur zu oft den Grund-
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preisen zum Opfer. Es muss anerkannt werden, dass die Baubehörde die Bauordnung
mit Umsicht handhabt, sie ist aber noch an eine Bauordnung gebunden, welche längst
und insbesondere seit der Erweiterung des Stadtgebietes änderungsbedürftig geworden
ist und befindet sich sehr oft in einer Zwangslage. Diese nöthiget selbst bei öffentlichen
Gebäuden nicht selten zur allzufrühen Benützung, nicht minder bei Wohnhäusern,
für welche sich ja immer »Trockenwohner« finden. Die Ueberfüllung ist endlich in
‘den Neubauten der peripheren Bezirke nicht seltener als in alten Häusern; da
nützt keine Commission, kein Auftrag zur Räumung, erfolgt sie wirklich, so wechselt
die Ueberfüllung nur die Localität und es findet sich auch für die a bald
wieder eine vielköpfige Einwohnerschaft. Es ist dies tief in den socialen Verhältnissen
begründet; der Arme muss froh sein, wenn er nicht ein Massenpuartier aufsuchen muss,
und ein eigenes Heim hat, wenn er es auch mit anderen tbeilen muss, der Vermiether
aber kann gewöhnlich nur mittelst der Bettgeher seine Miethe zahlen, und wenn er
der Hausbesitzer selbst ist, vermiethet er seine Wohnungen so gut als möglich, das
heisst an so viele, als darin Platz haben oder auch nicht haben. Wie Gesundheit. Sitte,
Erziehung darunter leiden, ist an dieser Stelle wiederholt und eingehend geschildert
worden, es ist das eines der socialen Probleme, deren Lösung mit der Hebung des
allgemeinen Wohlstandes auf das Innigste verbunden ist; durch unsere heutigen
Zinskasernen wird sie nicht gelöst, zumal wenn die Baukosten durch einen Luxus,
der mit dem Innern und seinen Bewohnern in argem Widerspruche steht, so ver-
theuert werden. Dem besser situirten Theile des Mittelstandes bieten die Cottage- und
Heimstättenanlagen seinem Bedürfnisse entsprechende Wohnungen, aber das Klein-
gewerbe und der Arbeiter finden nur in den Ueberbleibseln einer Zeit, welche für
die Gesundheitspflege keinen Sinn hatte, und mit deren Schwinden in den Miethkasernen
Unterkunft, wo Zimmer, Kammer, Küche, Werkstätte von der Partei und den Hilfs-
arbeitern, Bettgehern und Bettgeherinnen mit ihren Kindern angefüllt sind. Da ist
freilich die Schänke das Heim, wo sie Erholung suchen und Noth und Sorgen er-
tränken!
Die Klagen der Amtsärzte der Polizei über den zunehmenden Uebergenuss
alkoholischer Getränke und seine verheerenden Wirkungen sind leider nur zu berechtigt;
sie sind ja Tag für Tag in der Lage dieselben zu constatiren. Strassenexcesse Be-
trunkener, Angriffe derselben auf harmlose Passanten, Raufereien der Siufer in den
Schänken, die sich auf die Strasse fortsetzen, mit Messerstichen, anderen schweren
Verletzungen, ja Todtschlag, Säuferwahnsinn und Geistesstirung in Folge von Alko-
holismus bilden das tägliche Hauptcontingent ihrer Amtshandlungen. Die Bestrebungen des
Vereines gegen Trunksucht verdienen alle Anerkennung, aber ihre Erfolge müssen sehr
beschränkt bleiben, so lange das Uebel nicht an der Wurzel gefasst ‘werden kann:
bei den unteren Massen wurzelt es im socialen Elend, bei den besser Situirten in
der verkehrten Erziehung und der leider auch von manchen Aerzten befürworteten
Gewöhnung der Kinder an den Genuss geistiger Getränke. Beschränkungen des
Branntweinverkaufes nützen da eben so wenig, als Vorträge und Versammlungen
der Temperenzler; die freiwillige oder zwangsweise Abstinenz in Trinkerasylen kann
gewiss dort etwas leisten, wo der eigene gute Wille nicht fehlt, aber zu solchen
Asylen haben wir es nicht bringen können; eine favorisirte derartige Privatunter-
nehmung ist ein Tropfen im Meere uud es bleibt überhaupt fraglich, ob man sich je
dazu entschliessen wird, für alle gemeinschädlichen Alkoholiker Asyle zu schaffen.
Dass ungeachtet” fortgesetzter Erweiterungen unsere Irrenanstalten nicht aus-
reichen und der vom Lande in Angriff genommene Neubau einer solchen Anstalt
mit Anwendung des Colonisationssystemes freudigst begrüsst werden muss, dass auch
die Spitäler zu wenig Belegraum haben, ganz besonders für Kinder, für welche die Com-
mune endlich einen Spitalbau in Angriff nehmen will, das sind oft genug wiederholte
Klagen; nicht minder, dass wir kein anderes communales Rettungswesen haben als
die dürftig eingerichteten Rettungsanstalten in den Sicherheitswachzimmern, wo die
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Polizei den Dienst besorgt, glinzend unterstiitzt von der Wiener freiwilligen Rettungs-
gesellschaft.
Der von Zeit zu Zeit recht unangenehm fühlbaren Wassernoth soll endlich
abgeholfen wer den, indem die Commune mit der Wienthalwasserleitung in Verhandlung
getreten ist, und ihre Wasserabgabe demnächst erfolgen soll; überdies soll eine zweite
Hochquellenleitung aus Wildalpen in Obersteiermark herübergeführt werden, abermals
ein Riesenwerk.
Sind auch die bier in grossen Zügen gestreiften Mängel und die von den
Polizeiärzten in ihren hygienischen Berichten angeführten Uebelstände unbestreitbare
Thatsachen, so kann Wien doch mit Befriedigung, ja mit Stolz auf das blicken, was es
während der Regierung des erhabenen Monarchen, deren fünfzigstes Jahr es in diesem
Jahre gefeiert, besonders in den letzten Decennien geleistet hat; es ist nicht nur zu
einer imposanten Grosstadt geworden, sondern hat auch Grossartiges geschaffen, wie
kaum eine andere Weltstadt in verhältnissmässig kurzer Zeit.
Druck von Friedrich Jasper la Wica
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