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57.
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Das
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Mädchen von Andros,
eine Komödie des Terentius,
in
den Versmalsen des Originals
übersetzt
von
F****
Mit Einleitung und Anmerkungen
herausgegeben
von
Yale; er FE 7 RE
Berlin, 182%.
Bei Ferdinand Dümmler
— Hanc esse regulam boni interpretis, ut idioma alterius linguae suae linguae
exprimat proprietate.
Hieronymus in Epist. ad Suniam et Fretellam.
Vo»rre.de.
U kessuwättich Uebersetzung eines der beliebtesten Lustspiele aus dem
Römischen Alterthume will nicht für vollendet gelten, sondern als erster
Versuch der nachsichtigen Beurtheilung billiger Richter empfohlen sein.
Der junge Uebersetzer, den natürlicher Beruf und demselben angemessene
Bildung zu einer andern verwandten Musenkunst bestimmten, widmete
dieser Arbeit wenige Mulsestunden. Der Herausgeber fand sie nach ge-
schehener Durchsicht und sorgsam angelegter Feile der öffentlichen Be-
kanntmachung nicht unwerth, aus Gründen, deren Darlegung ihn nöthigt,
seine Ansicht über das Wesen und die Erfordernisse der Uebersetzungs-
kunst überhaupt näher zu entwickeln, mit besonderer Beziehung jedoch
auf Terentius und das vorliegende Stück.
Zweierlei Wege hat man in Deutschland eingeschlagen zur Ueber-
tragung alter Dichterwerke in die Muttersprache. Der erste, der nicht
eigenthümlich Deutsch, sondern von den andern Europäischen Nationen
fast ausschliefslich zu gleichem Zwecke betreten ist, bestehet in einer
Umkleidung des antiken Werkes in ein modernes Gewand, wobei die
alte Form gänzlich aufgelös’tt, das Einzelne des Ausdrucks mit selbst-
schöpferischer Freiheit behandelt und nur das Wesentlichste des Inhalts
gerettet wird. Man gedenkt, wenn man anders des höchsten Zieles, zu
welchem dieser Weg führen kann, sich bewusst wird, nach Form und
*
Ausdruck so zu schreiben, wie der alte Dichter etwa geschrieben hätte,
wenn er gegenwärtig lebte; man beabsichtigt, denselben Eindruck auf
die jetzigen Leser hervorzubringen, den der alte Dichter auf die seinigen
machte. Muster in dieser Art der Ueberdichtung bleibt uns Wieland
in seinen Horazischen Episteln und Satiren.
Die andere, eigenthümlich Deutsche Weise der Uebertragung besteht
hingegen in einem treuen Anschliefsen auch an die Form und an den
einzelnsten Ausdruck der Urschrift. Keine lebende Sprache möchte, wie
die Deutsche, vermöge der ihr eigenthümlichen Gewandtheit und vermit-
telnden Stellung, fähig sein, diesen Weg mit Glück zu verfolgen. We-
nigstens hat bis heute keine Sprache diese Fähigkeit so beurkundet, wie
die Deutsche. In ihr zuerst wurde es ausgesprochen, dass wegen der
innigen Verschmelzung von Inhalt und Form in jedem echten Kunstwerke
man beide Seiten nicht von einander reilsen dürfe, wenn man ein mög-
lichst treues Abbild von dem Ganzen eines Dichterwerks geben wolle;
es wurde gelordert, das Heimische und Gewohnte zu vergessen und auf-
zugeben, um durch Hineindenken und Hineinfühlen in dem Fremden
heimisch zu werden. Auf diesem Wege schritt der hochverdiente, nun
auch verstorbene Voss voran; ihm folgten mit mehr oder weniger Glück,
mit grölserer oder geringerer Strenge gegen ihr eigenes Uebersetzer- Ver-
fahren Solger, W. v. Humboldt u. v. a.
Es wäre thöricht, der einen oder der andern dieser Weisen unbe-
dingt den Preis zuerkennen zu wollen. Beide Gebiete können, von Mei-
sterhänden angebaut, erfreuliche Früchte tragen, die ihre eigenthümlichen
Vorzüge haben. Aber auch das Beste ist ja vor dem Missbrauch und der
Misshandlung der unberufenen Menge nicht sicher, und so kann und
wird auch hier wie dort des Unkrautes genug aufwuchern. Auf der einen
Seite ist grenzenlose Willkür, auf der andern pedantische Aengstlichkeit
das fehlerhafte Extrem; dort ein ganz entstellendes Modernisiren, ein
willkürliches Verdrängen der Gedanken und Wendungen des Originals
durch zufällige Einfälle des Uebersetzers; hier im Gegentheil ein gänz-
—— v —
liches Aufopfern des eigenthümlichen Genius der neueren Sprache, so
wie der eigenen Denkthätigkeit des Uebersetzers, um nur recht treu zu
sein, wodurch denn eine Darstellung entstehet, die für den Laien ganz
ungenielsbar, für den Kenner des Originals kaum durch dieses verständ-
lich wird.
Wie die Sachen jetzt stehen, hat man im Allgemeinen mehr Ursache
vor dem letzteren Extreme zu warnen, als vor dem ersteren. Die For-
derung einer treuen Nachbildung der Form hat so sehr die Oberhand
gewonnen, dass man nur zu oft durch ängstliches Nachkünsteln derselben
der geistigen Treue ganz und gar verlustig geht, und die höchste Vers-
und Wort- und Buchstaben-Treue zur höchsten Untreue hinsichtlich des
eigentlichen Geistes und Fones der Urschrift führt. — Es kann keinem
Unbefangenen entgehen, dass Voss selbst, der hier zuerst Bahn gebro-
chen, in seinen spätern Uebersetzer- Arbeiten auf diesen Abweg gerathen
ist. Er überträgt mit grolser Genauigkeit Satz für Satz, Vers für Vers,
ja fast Wort für Wort; er bilder die metrische Form im Allgemeinen
genau und mit einer nur durch so grolse Uebung zu erwerbenden Mei-
sterschaft nach; und dennoch kann unmöglich sein neuester Homer, und
noch weit weniger sein Horatius oder Aristophanes dem Leser als ein
Abbild des Charakters und Stils dieser Dichter überhaupt, so wie des
besondern Colorits ihrer einzelnen Werke und wieder einzelner Stellen
in ihren Werken gelten. Wie wenig entspricht der zwar regelrechte, aber
schwerfällige und gedunsene Hexameter in den Horazischen Satiren und
Episteln dem mit bequemer, anmuthiger Nachlässigkeit behandelten Ho-
razisehen Verse! wie wenig die kühnen, oft tollkühnen Wortbildungen
und Wortstellungen, die sich der Uebersetzer erlaubt, dem leichten, na-
türlichen Gesprächstone des Römischen Dichters! Der Geist des Origi-
nals ist verflüchtigt, nur das Phlegma zurückgeblieben; die äulserste Treue
wird zur äufsersten Untreue; und ich stehe keinen Augenblick an, die
Wieland’sche Uebersetzung derselben Horazischen Gedichte für ungleich
treuer zu erklären.
—— v I —
Sollen wir denn nun zu jener Weise der Uebertragung zurückkeh-
ren und die Form ganz aufopfern? — Unbedenklich würde ich diese
Frage mit ja beantworten, wäre es nur auf diesem Wege möglich, so
viel von dem Geiste und Gehalte eines Dichters in die Uebersetzung hin-
überzuretten, als überhaupt gerettet werden kann; wäre nicht eine Ver-
einigung beider Forderungen denkbar, und nur dadurch das höchste Ziel
der Uebersetzung, wo nicht vollkommen zu erreichen, doch wenigstens
die grölstmögliche Annäherung an dasselbe allein zu bewirken. Wir
müssen hier die Charybdis vermeiden, ohne dort in die Scylla zu stür-
zen; freilich eine schwere Aufgabe, aber keine unlösbare, wenigstens
nicht bei allen Dichtern, nicht in allen Gattungen der Poesie. Denn
freilich, ob Dichter wie Pindar und Aeschylus (in den lyrischen Thei-
len) in diesem Sinne jemals genügend übertragen werden können, steht
sehr zu bezweifeln. Ihre ganze Anschauungs- und Darstellungs - Weise
liegt der unsrigen allzu fern; ihre Rhythmik bleibt uns trotz aller Bieg-
samkeit unserer Sprache unerreichbar, und auclı wenn es gelingt, dieser
ganz entsprechende Formen abzuringen — wie Wenige sind im Stande,
so umfassende rhythmische Gebilde. wahrhaft aufzufassen und zu begrei-
fen? und welche Opfer wird der Genius unserer Sprache dieser metri-
schen Treue bringen müssen! — Doch wollen wir den kühnen Wager
keinesweges abschrecken, den nach solchen Kämpfen gelüstet; vielleicht
gelingt der Folgezeit, den Preis zu erwerben, der gegenwärtig nicht er-
ringbar scheint. Das aber lässt sich mit Gewissheit behaupten, ja es ist
schon durch die That bewiesen worden, dass in vielen anderen Fällen
eine solche Treue, die der Form und dem Geiste zugleich Genüge thut,
keinesweges unerreichbar ist.
Fr. Aug. Wolf hat in seiner Uebersetzung der Wolken und eines
Bruchstücks der Acharner des Aristophanes, einer Satire des Horatius
und einiger Fragmente der Odyssee wohl die gelungensten Proben Deut-
scher Uebersetzungskunst aufgestellt. Ihm nachzueifern, in seinem Sinne
weiter zu arbeiten, möchte der richtigste Weg sein, den ein Uebersetzer
.
alter Dichter gegenwärtig einschlagen kann. Hauptgesetz bleibe immer
die geistige Treue, das Streben, sich ganz in des Dichters Eigenthümlich-
keit, so wie in die feinsten Farbentöne seiner Empfindungs- und Aus-
drucks - Weise hineinzuversetzen, und von dieser durchdrungen, den an-
gemessensten Ausdruck in der Muttersprache zu wählen, der nicht im-
mer der wörtlichste ist; jedoch ohne eigentlich zu modernisiren oder
des Dichters Individualität mit der eigenen zu vertauschen. Da aber die
Treue im Geist unmöglich vollständig erreicht werden kann, ohne Er-
haltung der Form — denn der Gehalt schlielst bei dem echten Dichter
die Form als wesentlich integrirenden Theil mit in sich —: so strebe
man ferner nach möglichster Annäherung an die Form des Originals, so
weit die verschiedene Natur der neueren Sprache diese irgend gestattet,
und so weit sie erreicht werden kann, ohne anderen wesentlicheren For-
derungen der sprachlichen Darstellung unleidliche Gewalt anzuthun. Hier
ist keine Grenze ein für allemal zu ziehen. Dem kühneren Schwunge
lyrischer Poesie, dem feierlichen Pathos des tragischen Kothurns wird
man grölsere und andere Sprachfreiheiten einräumen, als der ruhigeren,
gemälsigteren Haltung des epischen Gedichtes; wieder andere Freiheiten,
auf der einen Seite geringere, auf der andern gröfsere, wird der zur Um-
gangssprache des gemeinen Lebens herabsteigende Ausdruck der satirischen
Poesie und vor Allem der Komödie fordern.
| Bleiben wir nun, um unserem Gegenstande näher zu treten, bei der
Komödie der Alten stehen (worunter übrigens hier nur die neuere Ko-
mödie des Menander, Philemon, Diphilus u. s. w., und ihrer Römischen
Nachbildner Plautus und Terentius zu verstehen ist; denn der ganz ver-
schiedenartige Charakter der älteren Komödie des Aristophanes erfordert
schon eine andere Behandlung): so leuchtet von selbst ein, dass man bei
einer Uebertragung derselben vor Allem darauf bedacht sein muss, den
leichten klaren Fluls der Darstellung, die populäre, der Prosa sich an-
nähernde Umgangssprache, diesen $Sermo merus, die FVerba pura
(d. h. die einfachen, schmucklosen Worte) nach dem Ausdrucke des Ho-
E 2
ratius *) zu erhalten. Jede Sprachfreiheit also, die mit diesem Grund-
charakter streitet, jede kühne oder harte, der Umgangssprache fremde
Wortfügung oder Wortbildung, die sich z. B. der lyrische Dichter un-
bedenklich erlauben dürfte, werde verbannt. Kein Verszwang, der über-
haupt so wenig wie möglich sichtbar werden darf, kann entschuldigen,
was dem inneren Grundton zuwider lautet. Niemand wird sich auf die
freie, mitunter kecke Wortstellung der Ursprache stützen wollen, da diese
vermöge ihrer ganz verschiedenen grammatischen und syntaktischen An-
lage gerade jene Freiheit in einem Grade zulässt, wie sie bei uns im
kühnsten Oden- oder Hymnen-Schwunge unstatthaft wäre. Hier fordert
die Natur der einzelnen Sprache ihr Recht und der Genius derselben lässt
sich nicht ungestraft beleidigen. — Dagegen darf unstreitig der Ueber-
setzer der Komödie sich alle die Freiheiten erlauben, die, statt dem be-
zeichneten Charakter dieser Gattung zu widersprechen, vielmehr in dem-
selben gegründet sind und daraus wie von selbst hervorgehn. Sprach-
nachlässigkeiten, Redewendungen, welche die geregelte Schriftsprache ver-
wirft, die aber der Umgangssprache eben ihre wahre Lebendigkeit geben,
Abkürzungen wie 's ist für es ist, was für etwas, 'ne für eine (zu-
mal sich dieser Artikel in seinen zweisilbigen trochäischen Formen fast
immer zu breit macht im Verhältniss zu seiner Bedeutsamkeit) und man-
cherlei andere Licenzen dieser Art darf der Uebersetzer als ein mit die-
ser poetischen Gattung selbst ihm anheimgefallenes Recht fordern und
gebrauchen. Nur wird er freilich auch hierin mit Mals und Wahl ver-
fahren müssen, um nicht an die Stelle der gebildeten Umgangssprache
der Römer die Pöbelsprache seiner Nation zu setzen. Rühmt doch Ci-
cero
») Se LE V.45 EX.
Idcirco quidam, Comoedia necne poema
Esset quaesivere, quod acer spiritus ac vis
Nec verbis, nec rebus inest, nisi quod pede certo
Differt sermoni sermo merus. — —
Vergl. V. 53 £.
— IX —
cero (epist. ad Attic. III. 3.) an unserem Dichter namentlich die ele-
gantia sermonis, d.h. die Reinheit und feine Bildung der Sprache.
Der Uebersetzer wird nach Mafsgabe der Situationen, der Empfindungen
und Leidenschaften, und besonders der Personen, die er vorführt, die ihm
zugestandene Erlaubniss beschränken oder ausdehnen. Er wird den Sela-
ven und die Magd anders reden lassen, als den anständig eızogenen Jüng-
ling oder den gesetzten würdigen Mann; wird lieber jenen, als diesen
dergleichen Sprachnachlässigkeiten in den Mund legen u. s. w. Es ver-
steht sich ferner von selbst, dass man, um den bezeichneten richtigen
Ton in der Uebersetzung zu treffen, unmöglich Wort für Wort ängstlich
wiedergeben kann, sondern vielmehr für ganze Sätze und Wendungen ein
Aequivalent in der Muttersprache suchen, ein Römisches Betheurungs-,
Verwünschungs- oder Ausrufungs- Wort durch ein entsprechendes Deut-
sches, ein Römisches Wortspiel oder Sprichwort durch das ihm zunächst
kommende Deutsche zu ersetzen suchen, auch wohl, um einen Gleich-
klang, eine Assonanz nachzubilden, die Trerentius nicht selten mit offen-
barer Absicht als Redefiguren anwendet, von der wörtlichen Treue sich
etwas entfernen wird. Nur darf freilich dieses Substituiren des Neuen
nicht so weit getrieben werden, dass die antike Farbe ganz verloren geht
und das Kostüm wesentlich darunter leidet. Wer ertrüge Römer in der
Toga oder Griechen in ihrem ‘Pallium, die sich mit dem ınodernen Sie
und Ihnen anredeten; oder in einem Griechisch - Römischen Drama
Schwüre und Ausrufungen, die an christliche Vorstellungen und Glau-
benslehren erinnerten! — Es sei denn, dass von einer gänzlichen Mo-
dernisirung, etwa von einer Umarbeitung des antiken Stoffes für unser
Theater die Rede wäre. Eine solche aber würde nicht mehr den Namen
einer Uebersetzung verdienen.
Käme nun zu dieser treuen Beobachtung des inneren Charakters und
Tones noch eine nicht minder sorgsame, nach der Sprache der Ueber-
setzung modifieirte Nachbildung der äuflseren Form, des Rhythmischen,
hinzu, die, ohne jenen wesentlichen Eigenschaften zu schaden, vielmehr
“ *
— x —
ihre Wirkung unterstützte: so hätte wohl der Uebersetzer geleistet, was
auch die strengsten Anforderungen befriedigen muss.
Ich bin weit entfernt, behaupten zu wollen, dies Ideal einer Ueber-
setzung sei in vorliegendem Versuche erreicht, der auch in der Hinsicht
ein erster Versuch ist, dass, so viel mir bekannt, bisher noch kein Ue-
bersetzer des Terentius auch dessen Versmalse genau nachzubilden unter-
nommen hat. *) Nur das Ziel sollte durch Obiges angedeutet werden,
welchem der Uebersetzer und der nachbessernde Herausgeber vereinigt
nachgestrebt haben, welchem letzteren dieser Versuch eben desswegen der
Bekanntmachung werth schien, weil er zu bemerken glaubte, dass der
junge talentvolle Uebersetzer nicht invita Minerva gearbeitet, sondern
jenem, von ihm als einzig richtig anerkannten, Ziele im Ganzen mit Glück
nachgerungen habe. Wie weit er noch davon entfernt geblieben, mögen
einsichtsvolle und eben desshalb billige Richter entscheiden. Der Her-
ausgeber wünscht nur, seine, meist um des Metrischen, seltener um des
Sinnes und Ausdrucks willen angelegte Feile, möge nicht trotz aller Vor-
sicht dennoch hie und da der ursprünglichen Leichtigkeit und dem na-
türlichen Flusse geschadet haben.
Ueber das Metrische wird man mit Recht genauere Rechenschaft er-
warten. Ich fand für gut, zunächst für solche Leser, denen das Original
und die in demselben herrschenden rhythmischen Formen fremd bleiben
müssen, in einer besonderen Einleitung nähere Belehrung über die Te-
renzischen Versmafse und deren Behandlung in dieser Uebersetzung vor-
auszuschicken. Hier nur einiges Allgemeinere.
Zu der Zeit, wo Lateinische Dichter, wie Plautus, Caecilius, Teeren-
tius u. a. die Griechische Komödie auf Römischen Boden verpllanzten,
hatte Griechische Wissenschaft, Kunst und Litteratur noch keinen so
überwiegenden Einflufs auf die Römische Bildung und namentlich auf die
Gestalt der Römischen Poesie gewonnen, dass diese ihre selbständige Ei-
*) Für Plautus hat Köpke mit Glück die Bahn gebrochen, ohne jedoch die Forderungen ganz zu
befriedigen, die wir an eine treue Nachbildung Römischer, und komischer Versmalse machen müssen.
genthümlichkeit aufgegeben und verleugnet und zu einem blofsen Nach-
bilde der Griechischen sich umgemodelt hätte. Diesen Sieg errang Grie-
chenland erst in dem sogenannten goldenen Zeitalter der Römischen Lit-
teratur unter Augustus, da es längst aufgehört hatte, andere Siege zu
feiern, und auch der Schatten einer erträumten Freiheit, mit welcher der
schlaue Sieger das leichtgläubige, sich gern täuschende Volk eine Zeit-
lang hingehalten hatte, längst zu Grabe gegangen war. So waltete auch
hier die Nemesis. Hatten die Römer Griechenland unterworfen mit der
rohen äufseren Gewalt der Waffen, mit der mechanischen Uebermacht:
so erfocht das besiegte Griechenland noch in seiner Erniedrigung durch
die stille Gewalt geistiger Ueberlegenheit einen nicht minder glänzenden
Sieg über den stolzen Sieger, der in einer von aulsen her aufgenommenen
Welt allmählich sich selbst entfremdet, mit sich selbst zerfallen und sei-
nem Untergange näher gebracht werden musste. — Und in einer solchen
Selbsttäuschung lebten die damaligen Römer, wenigstens ihre Dichter
und Kunstrichter, dass sie diese angelernte Cultur als den Gipfel betrach-
teten, von dem sie auf frühere, echtere, volksmälsigere Kunstleistungen
mit Geringschätzung herabblickten. *)
Zwar hatte man zu Terentius Zeit schon Formen der Griechischen
Poesie herübergenommen. Der alte nationale Saturnische Vers war durch
den von Ennius eingeführten Hexameter verdrängt worden. Terentius
selbst und seine Mitbewerber auf der komischen Bühne bildeten Grie-
chische Versmafse nach; allein sie thaten dies, indem sie diese Formen
*) Siehe z. B. Horat. A. P. v. 270 #.
At vestri proavi Plautinos et numeros, et
Laudavere sales; nimium patienter utrumque.
Ne dicam stulte mirati, si quid ego et vos
Scimus inurbanum lepido seponere dicto,
Legitimumque sonum digitis callemus et aure.
Zu welcher Stelle man Wieland vergleichen kann (in seiner Uebersetzung der Horazischen Epi-
steln, Theil 11. S. 271.), wo er ganz der Ansicht des Horatius beipflichtet, ja sie noch überbietet.
Ferner sehe man besonders Horat. Epist. II. 1. v. 50—75.
BR ”
der Natur der Lateinischen Sprache gemäfs modelten und behandelten,
nicht umgekehrt die Sprache selbst jenen Formen anpassten. Sie griffen
die Lateinische Sprache nicht in ihrer Eigenthümlichkeit, gleichsam an
der Wurzel selbst an, sondern lielsen sie in ihrer ganzen natürlichen Fri-
sche unversehrt walten, und die in ihr dargestellten Formen beherrschen.
Während nämlich in der Griechischen Sprache das Gesetz der Quan-
tität, die rein materielle Bestimmung des Silbenwerthes nach ihrem kör-
perlichen Gehalte, die Prosodie beherrscht und wie in keiner anderen
Sprache eine vollkommene Selbständigkeit neben der qualitativen Be-
stimmung der Silben oder dem Silben-Accente behauptet, war die La-
teinische Sprache ihrer ursprünglichen Anlage nach, mehr den modernen
Sprachen sich nähernd, vorzugsweise accentuirend, so dass in ihr mehr
der Silbenton, als das Silbenmals als prosodisches Gesetz galt. Dieser
natürlichen Anlage gemäfs sehen wir nun bei den älteren ‘Römischen
Diehtern, vor Allem in der Komödie, die Sprache behandelt. Daher die
häufige Nichtbeachtung der Position, daher der durchgängige Gebrauch
der Spondeen und anderer dem Spondeus an Zeitdauer gleichen Vers-
fülse, welche die Griechen nur an gewissen Stellen in ihren jambischen
oder trochäischen Malsen zuliefsen. Das Römische Ohr war zufrieden,
wenn ihm nur die Accente den Versgang hörbar machten, unbekümmert
und kaum empfänglich für die oft sehr ungleiche quantitative Ausfüllung
der einzelnen Versglieder. — Die spätere Kunstpoesie der Römer hin-
gegen bildete die Sprache ganz nach der Griechischen Eigenthümlichkeit
um, indem sie die strenge Beachtung der Quantität zum Hauptgesetz
machte, den Accent derselben unterordnete und so die individuelle Na-
tur der Lateinischen Sprache, wo nicht gänzlich tilgte (denn mit schran-
kenloser Willkür konnte diese Umbildung allerdings nicht vor sich ge-
hen), doch wenigstens an der Wurzel angriff und umgestaltete. *)
*) Daher kam es. denn aueh, dass die späteren Theoretiker, gewöhnt an die Rhythmisirung der
Lateinischen Sprache nach streng Griechischer VVeise, jenen tiefer liegenden Grund, wesshalb die älte-
— XIII —
Eine ganz ähnliche Erscheinung nun zeigt die Deutsche Poesie in
ihrer unverkennbaren Theilung in zwei verschiedene Gebiete. Nur dass
diese beiden wesentlichen Hauptformen Deutscher Poesie nicht, wie die
Römischen successiv, sondern bei dem eigenthümlichen Auseinanderge-
ren National-Dichter freier mıt den Versmaßsen schalten durften, übersahen, und die Ursache in an-
deren, wohl mitwirkenden, doch nicht allein bestimmenden Umständen fanden. So sagt Terentia-
nus Maurus de Meeris über die jambischen Verse, insbesondere den Senar:
Culpatur autem versus in tragoedüis
Et rarus intrat ex iambis omnibus,
Ut ille contra qui secunde et talibus
Spondeon aut quem comparem receperit.
Sed qui pedestres fabulas socco premunt,
Ut quae loquuntur sumpta de vita putes,
Witiant iambon tractibus spondaicis
Ft in secundo et caeteris aeque locis.
Fidemque fictis dum procurant fabulis,
In metra peccant arte, non inscitia:
Ne sint sonora verba consuetudinis
Paulumque rursus a soelutis differant.
Magis ista nostri; nam fere Graecis tenax
Cura est iambi, vel novellis comicis,
Fel qui in vetusta praecluent comoedia.
Ihn hat offenbar vor Augen gehabt und nur in Prosa übertragen der Grammatiker Marius Vieto-
rinus, wenn er schreibt (Lib. 1I.): Improbatur autem apud Tragicos versus ex omnibus iambis
compositus, nam, quo sit amplior et par tragicae dignitati, interponunt Frequentius in locis dum-
taxat imparibus pedum dactylicorum meras et spondeum. Similiter apud Comicos laxius spatium
wersibus datum est. Nam et illi loca, quae propria ianmıbo debentur, spondeis occupant dacty-
loque et anapaesto, locis adaeque disparibus. Ita dum cotidianum sermonem imitari nituntur,
metra vitiant studio, non imperitia, quod frequentius apud nostros quam Graecos invenies. Die
Bemerkung, dass diese metrische Freiheit in diesem Grade eigentlich nur bei dem Römischen Dichtern
Statt fand, welche beide Grammatiker am Schlusse der angeführten Stellen machen, hätte wohl dar-
auf führen können, dass dieser Abweichung eine wesentliche Eigenheit des Lateinischen Sprach - Or-
ganismus zu Grunde liegen müsse, wäre nicht damals jene Eigenthümlichkeit selbst längst unterdrückt
gewesen. — Ganz ähnlich äußert sich Evanthius (de tragoedia et comoedia) darüber: Veteres,
etsi ipsi quoque in metris negligentius egerunt, iambiei versus duntaxas in secundo et quarto
loco, tamen = Terentio vincuntur resolutione hwus metri, quantum potest comminuli ad imaginem
prosae orationis. — Priseian, zu dessen Zeit die Terenzische Rhythmik den Meisten so fremd
geworden war, dass sie gar keine Versmalse mehr in: ihm fanden, worüber sich dieser Grammatiker
selbst so ausdrückt (de versibus comicis init.): Miror quosdam vel abnegare esse in Terentü co-
moedüs metra, vel ea quasi arcana quaedam et ab omnibus doctis semota, sibi solis esse cognüta
— xV —
hen Deutscher Kunst und Art nach den verschiedenartigsten Richtungen,
ziemlich gleichzeitig aufgetreten sind. Die Deutsche Sprache ist, wie alle
modernen, in noch höherem Grade, als die Lateinische eine accentui-
rende, die sich von ihren Zeitgenossen nur dadurch unterscheidet, dass
ein logisches Princip, die Bedeutsankeit der Silben, als Bestimmung des
Silbentons sich geltend gemacht hat, während in jenen das euphonische
herrscht. So, als accentuirende Sprache, wurde sie nun, seit sie über-
haupt in ihrer jetzigen Gestalt sich zu befestigen anfıng, bis auf die neu-
sten Zeiten von unseren grolsen Volksdichtern (im höchsten Sinne des
Wortes) allgemein behandelt. — Neben dieser eigentlichen Volkspoesie
aber bildete sich, seit Klopstock und besonders Voss antike Formen in
ihrer echten Gestalt unserer Sprache aneigneten, eine Kunstpoesie, die
confirmare —: Priscian erklärt sich jene gröfsere Freiheit wunderlich genug durch die allgemeine
Beobachtung: Solent autem Latini in multis initium aliquod accipientes a Graecis, ab angusto
in effusum licentiae spatium hoc dilatare, was er dann durch einige ganz heterogene Beispiele zu
beweisen sucht. \Venn er darauf hinzufügt: Sunt tamen qui altitudinis causa etiam et pom-
palitatis, quae stilo elocutionis convenit Latinae (hoc autem frequentia facit dactyli vel spon-
dei), et ut pene dissoluta et pedestri simillima esse videatur personarum sermo, id illos fe-
cisse arbitrantur: — so liegt darin, wie jeder sieht, ein offenbarer Widerspruch. — Viel näher,
als irgend einer vor ihm, kam Bentley der richtigen Ansicht, dieser grolse Kritiker, der iiberhaupt
in das Chaos der Terenzischen Metrik mit der Fackel seines Scharfsinnes zuerst Licht brachte. Er
sagt in seinem Schediasma de Metris Terentianis p. XII.: Profecto Terentius noster, si quisquam
alius, in artis leges arte peccavit,; studio, non ignorantia, necessitate vel salten commoditate
inductus, etc.; und erkennt mithin in dieser scheinbaren Willkür schon eine Nothwendigkeit. Wena
er ferner ganz richtig bemerkt: Adde huc, consonantes in lingua Latina pro vocalium numero fre-
quentiores esse, quam in Attica: adde omnia apud Latinos vocabula, monosyllabis duntaxat ex-
ceptis, esse barytona etc.: so sucht er den Grund der Abweichung in wesentlichen Eigenheiten des
Organismus der Lateinischen Sprache. Ganz nahe tritt er dem eigentlichen Hauptpunkte, wenn er
weiterhin (p. XIII), die Terenzische Rhythmik mit der Englischen vergleichend, auf beider Achn-
lichkeit aufmerksam macht, und unter andern sagt: Quo magis est dolendum atque indignandum,
iam a litteris renatis pueros ingenuos ad dactylica, quod genus patria lingua non recipit, edis-
cenda, ferula scuticaque cogi: Terentiana vero metra, quae domi tamen et in trivlis inscientes
ipsi cantitant, magistrorum culpa penitus ignorare. Nur dass er, noch gewohnt, auch auf die Verse
seiner Muttersprache die Gesetze der antiken quantitativen Metrik anzuwenden, den wahren Grund
dieser Verwandtschaft, das vermöge der accentuirenden Natur jener Sprachen an die Stelle des Zeit-
malsess getretene Tonmafs, nicht deutlich einsah.
nach einer festen prosodischen Grundlage in der Weise der alten Spra-
chen strebte, und dieselbe auch wirklich durch den letztgenannten eigent-
lichen Schöpfer der Deutschen Prosodie erlangte. Voss war zu tief in
das Wesen der Deutschen Sprache eingedrungen, um nicht einzusehen,
dass dieselbe, vermöge ihrer geistigeren Natur, die blo[s materielle Be-
stimmung des Silbenwerthes nach deın Lautgehalt durchaus abweisen
müsse. Sehr richtig verfolgte er das schon in der Betonung ausgespro-
chene logische Princip nur noch weiter, und gründete die Bestimmung
des prosodischen Werthes der Silben auf deren Bedeutsamkeit, auf ihr
geistiges Gewicht, wodurch eine geistige Silben-Quantität entstand, die,
wenigstens in vielen Fällen, von der Betonung unabhängig erschien. Ge-
wiss that er damit der Sprache keine Gewalt an; denn er hatte ihr nichts
Neues aufgedrungen, sondern ihr nur abgelauscht, was sie selbst forderte.
Gewiss ist nur dieser Weg der richtige für Jeden, der Griechische Rhyth-
men nachbildet; er kann die Grundsätze jener T'heorie weiter ausbilden,
verfeinern, sie aber nimmermehr umstolsen, ohne einen Rückschritt zu
thun, indem er die so gewonnene quantitirende Sprache wieder in eine
nur accentuirende verwandelt und sich dadurch weiter von seinem Vor-
bilde entfernt. — Zugleich aber kann sich nur der einseitige Verehrer
dieser Kunstpoesie wundern oder gar entrüsten, dass die eigentliche Volks-
dichtung von dieser T'heorie so gut wie gar keine Notiz genommen, son-
dern immer ihren eigenen Weg scheinbarer Regellosigkeit verfolgt hat;
ich sage scheinbarer; denn die Regel liegt nur noch verhüllt in ihr, und
sie zu entwickeln, ist die Aufgabe unserer Tage.
Obige Erörterungen mussten vorangelhen, um den richtigen Stand-
punkt für das Metrische in vorliegender Komödie zu gewinnen, welcher
nun kaum angedeutet zu werden braucht. Es erhellt nämlich nach dem
Gesagten von selbst, dass diese alt-Bömische Poesie unserer Deutschen
Volkspoesie weit näher liegt und verwandter ist, als die Griechische oder
die spätere Römische Kunstpoesie; denn in beiden herrscht ein und das-
selbe Princip: der Accent. Zur befriedigenden Nachbildung Griechischer
— x —
Versmalse muss unsere Sprache hinsichtlich des Prosodischen nothwen-
dig kunstmälsig geregelt werden, und die alte quantitative Silbenmessung
durch ein ihrer Natur angemessenes Surrogat ersetzen. Hier hingegen
brauchen wir nur zurückzugehen zu dem allgemein anerkannten herr-
schenden Princip der Deutschen Volkspoesie, der Betonung; und wir
werden hinsichtlich der Form dem Originale ganz nahe kommen. Die
Silben brauchen nicht so ängstlich abgewogen und abgezählt zu werden,
wenn nur in dem scheinbar nachlässigen Redefluss die rhythmischen Ac-
cente den Versgang fühlbar erhalten. —
Jedoch darf auf der andern Seite diese Freiheit nicht so weit aus-
gedehnt werden, dass die nun einmal gewonnenen und als gültig aner-
kannten Grundgesetze Deutscher Silbenmessung gänzlich aus der Acht ge-
lassen würden und man zu der ehemals gewöhnlichen Bestimmung des
Silbenwerthes nach dem blofsen Ueberton zurückkehren dürfte, nach wel-
chem Wörter wie Kirchthurmknopf, Mittagsmahl für Daktylen,
Könige, wunderte für Kretiker u. s. w. gelten mussten. Die proso-
dischen Gesetze werden streng beobachtet; innerhalb derselben aber be-
wegt sich das Versmafs in seinen mannichfaltig wechselnden Fülsen frei
und mit scheinbarer Nachlässigkeit, wobei nur der Ton festgehalten wird,
der namentlich bei den vielen Deutschen Mittelzeiten in der Regel ent-
scheiden muss, welcher prosodische Werth ihnen jedesmal beizulegen ist.
So darf sich also der Uebersetzer so gut, wie sein Original im jambischen
Trimeter an jeder Stelle (die letzte ausgenommen) den Spondeus, den
Tribrachys, den Anapäst (nicht leicht dan Daktylus mit steigendem Rhyth-
mus — er“ der der Natur der Deutschen Betonung zu arg zuwiderläuft)
erlauben; nie aber darf er uns einen Pyrrhichius statt des Jambus, einen
Kretikus statt des Anapäst einschwärzen; denn das hiefse unter dem Vor-
wande metrischer Freiheit die Gesetze der Prosodie über den Haufen werfen.
Es ist ein ganz richtiges Bestreben eines Uebersetzers, wenn er es da-
hin zu bringen sucht, dass auch der ungeübtere Leser über das Silben-
mals nicht zweifelhaft sein kann, sondern durch den natürlichen Gang
der
%
m RU
der Worte in der gewöhnlichen Aussprache genöthigt wird, den Vers
richtig zu lesen. Dies wird besonders erreicht durch naturgemälse Ton-
legung, wonach denn auch in dieser Uebersetzung im Ganzen gestrebt
worden ist, indem, so viel es sich thun liels, dafür gesorgt wurde, dass
die rhythmischen Haupt-Accente mit den Rede-Accenten zusammentrel-
fen. Auf der andern Seite aber würde eine durchgängige Uebereinstim-
mung in dieser Hinsicht unfehlbar Einförmigkeit erzeugen; denn eben
der Widerstreit der Vers- und Rede-Accente thut nicht selten grolse
Wirkung. Auch ist durchaus nicht zu verlangen, dass die Verse durch-
gängig der grobhörenden Menge mund- und N gebaut sein sol-
len, „in deren Munde (wie Wolf in der Vorrede zu Aristophanes’ Wol-
ken $. XXI. sich ausdrückt) die Spondeen zu Trochäen, die Kretiker zu
Daktylen, die Tribrachen zu Anapästen oder auch zu Daktylen, und so
weiter die gesundesten Fülse zu Humpelern werden.” Am wenigsten ist
dies zu verlangen bei den freien Versmalsen unseres Dichters, die «dem
Römer selbst mitunter fast wie Prosa klangen, wie Cicero bezeugt. ") —
Einige Kenntniss des Versbaues, einiges rhythmische Gefühl, hie und da
auch nachhelfender guter Willen muss bei dem Leser nothwendig vor-
ausgesetzt werden. Darin dem Unkundigen zu Hülfe zu kommen, ist der
Zweck der nachfolgenden Einleitung über die einzelnen Versmalse und
deren Behandlung. Hier bemerke ich nur noch, dass, um das Erkennen
des Versmalses zu erleichtern, zumal wo unerwartet ein neues (z. B. tro-
chäisches nach jambischem, oder umgekehrt) eintritt, besonders dahin ge-
sehen worden ist, den ersten Vers einer solchen neuen Reihe mit einem
entschiedenen, den jedesmaligen Versgang deutlich ankündigenden Anfang
einschreiten zu lassen, In den wenigen Fällen, wo dennoch Zweifel ob-
walten könnten, ist der neu eintretende Rhythmus durch ein Tonzeichen
auf der ersten Arsis des Verses angedeutet worden. —
*) Orator Cap. 55. Comicorum senariüi propter similitudinem sermonis sic saepe sunt abjecti,
ut nonnunquam vix in his numerus et versus intelligi possit.
u RUEIE
Ueber die sonstigen Zugaben des Herausgebers ist wenig zu sagen.
Im Ganzen liegt der Uebersetzung der Bentley’sche Text zu Grunde.
Die wenigen Stellen, wo eine Abweichung davon nöthig schien, sind in
den Anmerkungen am Schlusse des Stückes angezeigt und die Abweichun-
gen gerechtfertigt worden. Die Bemerkungen unter dem Text der Ue-
bersetzung selbst sollen nur das Bedürfniss ungelehrter Leser befriedigen,
und nichts mehr enthalten, als die nothwendigsten Erläuterungen, ohne
welche einzelne Beziehungen nicht ganz verständlich sein möchten. —
Die angehängte Uebersetzung einer Satire desHoratius (nach dem Hein-
dorf’schen Texte) ist ein Versuch, den oben ausgesprochenen Grundsätzen
gemäls, dem Ton und Charakter des Originals möglichst nahe zu kom-
men, und bedarf mithin keiner weiteren Bevorwortung. Kenner mögen
entscheiden, ob er nicht ganz misslungen ist. — Uebrigens weils ich
diese Vorrede nicht besser zu schliefsen, als mit den Worten eines un-
serer gründlichsten Sprach- und Alterthumsforscher, W. von Humboldt,
welcher in der Vorrede zu seiner in ihrer Art meisterhaften Uebersetzung
des Aeschylischen Agamemnon (S. XXIV.) sagt: „Uebersetzungen sind
doch mehr Arbeiten, welche den Zustand der Sprache in einem gegebe-
nen Zeitpunkt, wie an einem bleibenden Malsstab, prüfen, bestimmen, und
auf ihn einwirken sollen, und die immer von Neuem wiederholt werden
müssen, als dauernde Werke.” So wird denn auch uns jeder Mitkämpfer
auf gleicher Bahn willkommen sein.
Berlin, im Juli 1826.
K. Heyse.
Einleitung über die Versmalse.
} V ir beschränken uns hier auf die in diesem Stücke wirklich vorkommenden
Formen, und selzen die Bekanntschaft mit den Grundgeseizen der Verslehre über-
haupt, wie auch mit den gangbarsten Kunstwörtern und namentlich mit den Haupt-
regeln der Deutschen Silbenmessung voraus. *)
1. Jambische Verse.
Der jambische Rhythmus ist in der dramatischen Poesie der Griechen und Rö-
mer überhaupt vorherrschend. Aristoteles erklärt ihn für den geeigneisten zu dem
dramatischen Dialog, da er dem natürlichen Numerus der Prosa am nächsten komme. **)
Auch die neueren Sprachen haben diesen Rhythmus für denselben Zweck gewählt;
nür dass die Spanische vermöge des eigenthümlichen mehr lyrischen Charakters ihrer
dramatischen Poesie eine Ausnahme macht.
\Während aber die Französische Tragödie den rhetorisch pomphaften Alexandriner
festgehalten hat, das Deutsche Schauspiel nach dem Vorgange des Englischen den
für sich betrachtet eigentlich unferligen, und daher rastlos forteilenden und übergrei-
fenden Fünffüfsler anwendet, dadurch das unbefriedigte Hinausstreben ins Unendliche,
*) Die hinsichtlich der Prosodie befolgten Grundsätze findet man genauer entwickelt in KR, W.
L. Heyse's kurzgefasster Verslehre der Deutschen Sprache. Zweite Ausgabe. Hannover 1825.
**) Auch Cicero Orator Cap. 57. bemerkt: Sunt, qui iambicum (numerum) putent (maxime
cadere in orationem), quod sit orationi simillimus, qua de causa fieri, ut is potissimum propter
similitudinem veritatis adhibeatur in fabulis.
1
2
welches ein Charakterzug der romantischen Poesie ist, auch sinnlich ausdrückend:
herrscht in dem Drama der Griechen, die in ihrer ganzen Poesie nach Gehalt und
Form uns klare plastische Begrenzung im Endlichen zeigen, der durchaus in sich
abgeschlossene und vollendete Trimeter.
Ehe wir zu diesem Haupiverse übergehen, ist noch die allgemeine Bemerkung
vorauszuschicken, dass die Griechen sowohl ihre jambischen, als trochäischen Verse
nicht nach einzelnen Fülsen, sondern nach Doppelfülsen (Dipodieen) abtheil-
ten, so dass immer zwei Füfse zusammen ein Metrum, d. ı. einen Verstakt ausma-
chen, in welchem die Haupt-Arsis, d. ı. die stärkste rhylhmische Hebung auf der
ersten Länge ruht, so dass der zweite Fufs durch schwächere Betonung dem ersien
untergeordnet ist. Die jambische Dipodie hat folgende Gestalt: T--.—, woraus
man zugleich sieht, dass die erste Kürze mit einer Länge verlauscht, also statt des
ersien Jambus der Dipodie der Spondeus gesetzt werden kann, welche Freiheit in
allen jambischen Versen Statt findel.
Die Römer hingegen theilten nach unserer Weise ihre Verse nach Einzel-
füfsen (monopodisch) ab, welche Abweichung nicht nur auf ihre Benennung
der Verse, sondern auch auf die ganze Behandlung derselben wesentlichen Einfluss hat.
Vom jambischen Trimeter oder Senar.
Der Griechische Trimeier besteht aus drei jambischen Dipodieen, und er-
laubt aufser der schon bemerkten Vertauschung der ersten Kürze jeder Dipodie mit
einer Länge, auch die Auflösung jeder gehobenen Länge m zwei Kürzen. Nur der
letzte Fufs des ganzen Verses muls ein reiner Jambus (u —) sein, an dessen Stelle
nur der Pyrrhichius (u) stehen kann, da die letzte Silbe jedes antiken Verses-gleich-
gültig (anceps) ist. Die Gestalt des Trimeters ist mithin folgende:
In diesem Schema liegt für den zweiten Fufs jeder Dipodie (mit Ausnahme der leiz-
ten), also für die Fülse 2 und 4 des Verses, die Freiheit, statt des Jambus („ —)
auch den Tribrachys (x 2) mil steigendem Rhythmus zu gebrauchen. Der erste Fuls
jeder Dipodie aber, oder die Füfse 1, 3, 5 des Verses, gestalten mehr Abwechse-
lung; bier kann an die Stelle des Jambus treten: 1) der Spondeus (_ +), 2) der
Tribrachys („), 3) der Daktylus (— 2), alle natürlich dem herrschenden Rhyth-
mus gemäfs mit steigender Tonbewegung. Ja aufserdem erlaubt namentlich der Tri-
meter der Komödie in jeder Stelle des Verses (ausgenommen der letzten) den Ana-
PORDaEE, Dana ren
päst (u) statt des Jambns, wodurch denn die mannichfaltigste, lebendigste Vers-
bewegung, die gröfste Freiheit innerhalb der Regel entsteht, und der Dichter die
Fähigkeit gewinnt, jede Empfindung, jede Leidenschaft bis in ihre feinsten Schalti-
rungen binein auch in ihrer äufserlichen Gestaltung zu nüanciren.
Der diesem Malse nachgebildete Römische Vers heilst Senarius, d. i., Sechs-
fuls. weil ihm nicht die Dipodie, sondern der einzelne Fufs zum Grunde liegt. *)
Mit Ausnahme des letzten Fufses, der auch hier rein gehalten werden, d. h., ein rei-
ner Jambus, oder ein Pyrrhichius sein muss, geslatlet hier jeder Fufs alle Freiheiten.
die dort nur dem ersten jeder Dipodie zukamen. An jeder Stelle des Verses also
können Spondeus, Tribrachys, Daktylus, Anapäst den Jambus vertreten. Mithin hat
der Römische Senarius folgende Gestalt:
—u Wi — — 4 v
Wu I — Wi
In dem Gebrauch des Spondeus und der ihm an Dauer gleichen Fülse statt des Jam-
bus an jeder Stelle des Verses zeigt sich die geringere Berücksichtigung des Quan-
- titaliven und das Ueberwiegen des Princips der Betonung. Uebrigens fallen die Haupt-
accenle auch hier auf den ersten, dritten und fünften Fufs, denen die andern un-
tergeordnet werden. *”)
Es versteht sich von selbst, dass nicht leicht Verse aus lauter Spondeen, oder
Anapästen, oder gar Daktylen gebaut werden. Eben durch die dem Ohre angenehm
zusagende Abwechselung verschiedener Füfse, durch die charakteristische, Gedanken
und Empfindungen malende Mischung derselben, wobei jedoch der herrschende Grund-
*) Syllaba longa brevi subiecta vocatur Iambus,
Pes citus: unde etiam Trimetris accrescere iussit
Nomen iambeis, cum senos redderet ictus
Primus ad extremum similis si"i etc.
Horat. A. P. v. 251. gg.
*) Terentianus Maurus p. 2432.
lIambus ipse sex enim locis manet,
Et inde nomen inditum est Senario:
Sed ter feritur, hinc Trimetrus dicitur,
Scandendo binos quod pedes coniungimus.
Diomedes Grammat, p. 503. Feritur Senarius iambicus combinatis pedibus ter.
Vergl. Horat. Sat. I. 10. v. 42. ff.
— — Pollio regum
Facta canit pede ter percusso. — —
ae Se "u
rhythmus immer durchtönen muss, offenbart sich der Meister in der rhytbmischen
Composition.
Noch ist jedoch ein wesentliches Erforderniss dieses Verses, (so wie der mei-
sten längeren Versarten) zu erwähnen: die Cäsur. Unter Cäsur verstelit man den
Eimschnilt, der durch das Enden eines Wortfulses innerhalb eines Versfufses hervor-
gebracht wird. Verschieden davon ist ein Versabschnitt, welcher entsteht, wenn
ein Wortfuls mit einem Versfufse zugleich endet. *)
Der jambische Senar kann eine, oder mehrere Cäsuren an verschiedenen Stellen
des Verses haben. Die Haupteäsur fällt am besten in. den drilten oder vierten Fufs
des Verses; also:
A ee oder: pl Bet Eee
Doch können sich auch mit diesen noch andere Cäsuren oder Versabschnitte verbin-
den; auch kann die hier mangelnde Cäsur durch mehrere Einschnitte an anderen
Stellen des Verses ersetzt werden. Nur ganz cäsurlose Verse, in denen Wort- und
Versfülse durchgängig übereinstimmen, sind schlecht. Als Beispiele mögen folgende
Verse dienen, worim die Cäsuren durch (/), die Versabschnilte durch (||) bezeich-
net sind. hs
Inzwischen zog aus Andros — / es sind drei Jahre nun —
Ein Mädchen / hier in die Nachbarschaft, || durch bittre Noth
Und ihrer Verwandten / Lässigkeit |} dahingebracht,
Von hübscher Gestalt || und in frischem Jugendalter noch. —
OÖ weh! ich fürchte, / das Mädchen / bringt was Böses mit. —
Die lebte nun erst hier züchtig, / aber kümmerlich
Vom Lohne, / den sie mit Spindel / und Webestuhl erwarb ete.
(Act I. Sc. 1. Vers 42. F.)
Was nun die Behandlung des Senars im Deutschen betrifft, so ist vor Allem
der Abschnitt in der Mitte des Verses, nach dem dritten Fufse, zu vermeiden, durch
welchen der Vers in zwei Hälften zerfällt und in den Rhythmus des modernen Ale-
xandriners übergeht, welcher von dem Senar wesentlich verschieden ist. Man
vergleiche z. B. den Alexandriner:
Ein weiser König schützt || die Kunst und Wissenschaft
mit dem Senar:
Ein weiser König / schützet Kunst || und Wissenschaft.
Doch läfst sich jener Abschnitt nicht überall vermeiden, ohne wesentlichere Forde-
*) Ausführlicher ist dieser Gegenstand behandelt in meiner oben erwähnten Verslehre &. 133 — 136.
— BB. —
rungen aufzuopfern; auch ist er eigentlich wohl nur da fehlerhaft, wo er der ein-
zige ist, oder doch vermöge eines starken Sinnabschnittes am meisten ins Ohr fällt. *)
Im Originale selbst findet er sich häufig; aber der geschickte Leser wird ihn nicht
vorlönen lassen, sondern dennoch den eigenthümlichen Grundrhythmus fühlbar er-
halten. Auch entsteht ein solcher Abschnitt nur durch den Schluss eines ganzen
Tonworles, **) nicht durch das Enden eines jeden srarmnalischen Worles, wenn sich
an dasselbe ein nachfolgendes (als enclitica) eng anschliefst und mit ihm zu einem
Tonworte verschmilzt. So z. B. findet der Abschnitt gar nicht Statt in den Versen:
Ihr tragt hinein das. Geht nur. llöre Sosia
(Act I. Sc. 1. Vers 1.)
Nicht diese Gabe brauch’ ich jetzt zu dem, was ich
Bereite. — (Ebendas. Vers 5.)
Denn zwischen den Worten geht nur und brauch’ ich findet durchaus keine
Trennung Statt. Sie gelten dem Rhylhmus für ein Tonwort.
Hinsichtlich des Vertauschens des jambischen Grundfufses mit den oben erwähn-
ien Stellveriretern versteht sich von selbst, dass auch im Deutschen, sobald der La-
teinische Senar nachgebildet werden soll, der Spondeus an jeder Stelle des Verses
(die leizie ausgenommen) gebraucht werden darf, und zwar nicht blofs der jambisch
” l ”
steigende (z. B. frohloekt), sondern auch der vermöge des Sprachaccenis sinkende
spondeische Wortfuls (z. B. Unglück) mit widerstrebender rhythmischer Betonung. ""”)
Eben so ist die Vertauschung des Jambus mit dem seiner natürlichen Tonbewegung
nach ganz entsprechenden, nur lebhafteren Anapäst der Deutschen Sprache ganz
angemessen, auch schon von Deutschen Nationaldichtern in modernen Versmalsen
nicht selten angewendet. Seltener schon wird sich der Tribrachys anwenden
lassen, da er meistens nicht ohne Hülfe einer oder mehrerer mittelzeitigen Silben
sich bilden lässt, diese aber leicht durch die Zusammenstellung mit entschiedenen
Kürzen, vermöge des Uebertons, welchen sie über dieselben gewinnen, zu Längen
werden. Doch ist der Tribrachys, wo ihn der natürliche Ton begünstigt, oder wo
er aus drei wirklichen Urkürzen zusammengeselzt werden kann, keinesweges zu ver-
schmähen. Ganz verweisen aber möchten wir aus dem Deutschen komischen Senar
den Daktylus, als Stellvertreter des Jambus. Da nämlich der Natur unserer
®) Vergl. W. v. Humboldt: Vorrede zum Agamemnon $. XXVII.
**) Siehe meine Verslehre $. 45 u. $. 124. \
***) Vergl. meine Verslehre $. 99.
u 5
Sprache gemäfs jede betonte Silbe zugleich eine Länge ist, niemals aber eine wirk-
liche Kürze den Sprachaccent *) haben kann, so widerstrebt ein Daktylus mit stei-
TE
gendem Rhythmus (— IB. schreckliche) unserem Gefühle. Das vermöge eines
Sprachgeselzes uns natürliche Tonverhältniss wird so geradezu umgekehrt, indem
der Rhythmus die sprachlich betonte Länge niederdrückt, die tonlosen Kürzen hin-
gegen hebt. Ich behaupte keinesweges, dass nicht in Gedichten von höherem poe-
tischen Schwunge, besonders in künstlicheren Iyrıschen Versmafsen, die sirenge
Nachbildung der antiken Formen auch diese kühne Uebertretung des Sprachgesetzes
entschuldigen, ja fordern kaun. Es lässt sich der Bildsamkeit unserer Sprache viel
zummihen, und soll sie einmal durch quantitative Regelung den alten Sprachen nä-
her gebracht werden, so darf man sich nicht scheuen, den Widerstreit des rhylhmi-
schen und des Sprach - Accents auch bis auf diese Spitze zu treiben. Allein dem
Charakter der Terenzischen Komödie, deren Verse leicht und natürlich in gewöhn-
lichem Gesprächstone fliefsen sollen. scheint eine solche Kühnheit nicht angemessen.
Das Obige gilt übrigens nicht allen von dem Senar, sondern auch von den
übrigen jambischen Versarten, welche gleiche Mannichfaltigkeit der Versfülse gestal-
ten, im Deutschen mit der nämlichen Einschränkung. Ehe wir zu diesen überge-
hen, mögen hier noch einige Probeverse, mit den rhyihmischen Zeichen versehen,
als Beispiel dienen:
/ / !
— U RE, v — vu — v— v —
Als unser Dichter zum Schreiben sich zuerst entschloss,
[4 . [4 ’
19) — w —_ | — — vu —_ | V — w —
Da glaubt’ er, darauf einzig lieg’ ihm ob zu sehn,
! ! ’
gr ENT a se
DE seine Stücke Beifall fänden Publikum;
/ ! I
v == el RE, — |vu vu — UV —_—
Doch wie’s ganz anders komme, sieht er nun freilich ein,
/ / IA
w — v—|v — Vu v — v vo UV —
Denn mit Prologenschreiben verschwendet er seine Müh',
*) Natürlich ist hier nur von dem Haı uptaccent eines Wortes die Rede; denn dass mehrere un-
mittelbar auf einander folgende Kürzen unter sich dem Tone nach gleichfalls abgestuft sind, erfor-
dert die Natur der Aussprache.
’ 14 ’
I
_— — U Vom | UV Vi — — vv U —
Nicht um zu erzählen den Inhalt, nein! zu begegnen nur
’ ’ ’
nn = w) —|v -— WV =. w w — w 1w7
Schmähsüchtigen alten Dichters hämischen Sehmähungen.
(Prolog. v. 1. £.)
Verse, wo der Tribrachys den Jambus vertritt, sind z. B.
[4 ’ ’
Vv — U w) — _— _— — w — U -_—
Zu reden, dass man nicht aufdeckt, was sie übel thun.
(Prolog. v. 23.)
m
- —|vu — w 7 | ws u
Sich Hunde abzurichten zur Jagd, der Philosophie.
(Act 1. $c. 1. v. 30.)
Von den jambischen Tetrametern.
Jambische Tetrameter, d. h. aus vier jambischen Dipodieen oder acht
Füfsen bestehende Verse, finden sich in der Römischen Komödie von doppelter Art:
1) akatalektische oder vollständige, die mit einer vollen Dipodie schlielsen:
’ £ ’ Gi , v
vu | w—— — | De Do | ww Vo —
2) katalektische oder unvollständige, deren letzter Dipodie die letzte Silbe fehlt:
! ’ 14 Vu
Der vollständige jambische Tetrameter kommt in der dramatischen Poe-
sie der Griechen nicht vor, weder in der Tragödie, noch in der Komödie, und scheint
nur von den Lyrikern gebraucht worden zu sein. Desto häufiger findet er sich in
der Komödie der Römer, welche ihn nach der Anzahl seiner Fülse oclonarius
nennen.
Der unvollständige jambische Tetrameter hingegen ist ein Hauptvers
der Griechischen Komödie (obwohl der Tragödie fremd), und findet sich weniger
häufig in der Lateimischen Poesie. Die Röiner nennen ihn nach der Zahl seiner
vollständig vorhandenen Füfse Septenarius, oder auch nach seinen vier Dipodieen
Quadratus.
Beide Verse lassen eine zwiefache Behandlung zu. Es findet nämlich entweder
nach Art des Trimeters eine Cäsur Statt, so dass der Vers als eine ununterbrochene
rhyihmische Reihe erscheint; oder derselbe zerfällt durch einen Versabschnitt in
zwei getrennte Hälften.
ru
Die Cäsur fällt nach der Thesis des fünften Fufses, also im vollständigen Te-
trameter: VE BER,
a a
und im unvollständigen: ee in | Fi N
Findet sich dieser Einschnitt, so gelten im Lateinischen für alle Stellen dieser beiden
Verse dieselben Freiheiten, wie im Trimeter; d. h. jeder Jambus darf mil einem
Spondeus, Tribrachys, Daktylus oder Anapäst vertauscht werden. Nur der letzte
Fufs des vollständigen Tetrameters muss, wie ım Trimeler, rein gehalten werden,
d. h.. Jambus oder Pyrrhichius sein. Die Griechen gestatten auch in dem unvoll-
ständigen T’etrameter dem letzten vollständig vorhandenen Fulse keine Vertauschung;
in der Tten Stelle darf bei ihnen nur der Jambus stehen. Bei den Römern aber
findet sich auch bier häufig der Spondeus; auch der Tribrachys oder Anapäst; ja
selbst der Daktylus (z. B. Andr. I. 5. 65. IV. 2, 12. 17.).
Der Versabschnitt aber fällt hinter die zweite Dipodie oder den vierien Fufs,
also gerade in die Milte des Verses. WVird nun durch einen solchen Abschnitt der
Vers in zwei gesonderte Glieder getheilt, so muss der vierle Fufs, der unmittelbar
diesem Abschnitte vorangeht und mithin den Schluss des ersten Gliedes bildet, rei-
ner gehalten werden, d. h., wo möglich ein Jambus (oder etwa Tribrachys) sein,
aus demselben Grunde, warum der letzte Fufs des ganzen Verses rein gehalten wird.
So behandelt, erhält mithin der vollständige Tetrameter die Gestalt:
der unvollständige: DT [| vl, (U ITAIgE3
wobei übrigens alle anderen Stellen die gewöhnlichen Freiheiten erlauben.
Terenlius bedient sich in dem vollständigen Tetrameter häufiger der Cäsur,
in dem unvollständigen fast ohne Ausnahme des Versabschnittes, welcher da,
wo er fehlt, nicht immer durch die Cäsur ersetzt wird (z. B. IV. 2, 3... Plautus
hingegen wendet in beiden Versen gewöhnlicher den Versabschnitt an, und behan-
delt sie nicht selten als Asynarteti, d. h. unverbundene, indem er ın der vier-
ten Stelle (ganz wie am Schlusse des-Verses) den Pyrrkichius statt des Jambus setzt,
und die Elision vernachlässigt, mithin den vierten Fufs völlig als Versende betrach-
tet (z. B. Poenul. IV. 1, 3. Bacchid. IV. 3, 9. Asın. III. 3, 61. fi.).
In gegenwärliger Uebersetzung ist nicht gerade jeder Vers auch hinsichtlich je-
ner Einschnitte ängstlich nachgebildet worden, au/ser etwa, wo die Art des Ein-
schnittes absichtlich gewählt und bezeichnend für den Gedanken schien. Im Ganzen
schien es hinreichend, wenn nur beiderlei Verse in ähnlichem Verhältnisse, wıe ın
der
— 9 —
der Urschrift gemischt, mit einander wechselten, d. h. so dass in dem vollständigen
Tetrameter häufiger die Cäsur, in dem unvollständigen fast durchgängig der Versab-
schnitt angewendet wurde.
In folgenden Beispielen ist die Cäsur durch (/), der Versabschnitt durch (| )
bezeichnet.
1) N Tetramelter.
’ ’
Jetzt also Davus ist Eisen Zeit, zu Trägheit oder zu Lässigkeil,
’ [4 [4 4
— UV PER w m V — [ _— — —
We enn anders ich 10 Alten 1 Meinung / über ee Hochzeit recht ze
[4 ’
_— — — — U — — —|v —
We enn dem mit List nicht vorgebeugt wird, / geh’ ich oder mein. zu zu Grund!
’ ’ ’ I
— — — — em — |v v — |vu vu —— . U
Ich weils nicht, was ich thun soll. Folg’ ich / dent Alten? steh’ ich dem Sohne bei?
’ ’ ’ 4
— —| vu vV — — — — U —
Verlass ich diesen, so ist's sein Tod; | und helf’ ieh ihm, dann wehe ınir!
[4 4 ’ G
e a a En a vuu|lv —
's ist schwer, den Alten zu Bann! ; einmal Ve & ja von dei Liebschaft schon;
’ ’
Er passt mir auf, damit kein Anschlag iz gegen die Hochzeit mir gelingt,
’ _ ! ’
— vo — [97 Oo © v_| v —|v — vu PER
Und merkt er was, so bin ich verloren! / Er hrndcht ten ersten besten Grund;
' / ' ’
— IV
v _ vl _ v —_
Mit Recht, mit Unrecht schickt er stracks | Hals über Kopf in die Mühle mich.
(Act 1.- SE 3. Vet. 8.)
2) Unvollständige Tetrameter.
’ ! ’
— w nu — — w — je nz W
* Und wo er Seh steckt, ich find’ ıhn auf, Im und werd’ ihn zu dir bringen,
Sl aaslai na
Den Pamphilus; nur härme da dich | nicht ab, eig liebes Eerschens
He, Mysis. — Wer ruft? Ah, ne | wie kommst du mir gelegen!
5)
un Me
’ ’ ’ ’
— v — | v — vv —|v v — vu EG: — u
Die Herrinn lässt, wenn du sie liebest, / dich bitten, zu ihr zu kommen.
4 4 ’ [4
v — — v — vu
v — v — Irv —
Sie sehnt sich, dich zu sehn. — O0 weh! | nun geht erst an mein Leiden.
’ ’ ’ ‚
! w _— w — | vw — w
ww; — w — w w — wi nz
Da sieh! wie schlimm es mit mir und ihr || nun steht durch dein Verschulden.
! ! ’ !
— BY \V — vw ört ||hoor — U vV — | u —
Sie lässt mich rufen, weil sie hört, || man mache zur Hochzeit Anstalt. —
4 ’ ’ ’
— Yu, elay v— vw — | wi — v—|v vo u
Wie hätt’ er Ruhe davor gehabt, |} wär" der nur rulig gewesen. —
’ ’ [4 ’
— — v -— w v — w
schon tobt, so sporn’ ıhn noch. — Freilich,
Bias 2, gr = ey
Nur zu. wenn er nicht von selbst es
/ ’
w — — U
_— -- w ——Hl RT
Das ist die Sache; RR ist la die Mage so traurig. — Mysis!
’ ‚ 4 ' ’
—|v— vu
v — u — | u — V — | — v
Bei allen Göttern schwör' ich. niemals / will ich sie verlassen.
(Act! IV: "Sc EN
Aufser dieser Scene, die lauter unvollständige Tetrameter enthält, kommt dieser Vers
nur an wenigen Stellen der Andria, unter andere Versarten gemischt, vor (nament-
lich 1. 5, 64 und 65; Il. 2, 26; 3, 43 bis 4, 2... Viel häufiger findet sich- der
vollständige Tetrameler.
9. :Trochäische Verse.
Den irochäischen Versen der Griechen liegt die trochäische Dipodie (1. —.)
zu Grunde, welche aber die Vertauschung der letzien Kürze mil einer Länge und
die Auflösung jeder gehobenen Länge in zwei Kürzen erlaubt, mithin folgende Ge-
stalt hat: r EB
In der ersten Stelle der Dipodie kann also statt des Trochäus auch der Tribrachys,
natürlich aber hier mit trochäischem, d. ı. sinkendem, Rhythmus (A .) gebraucht
werden, in der zweiten Stelle der Spondeus (-— —), Tribrachys ( „) und Anapäst
(> —), alle mit sinkender Betonung.
Die Römischen Dichter erlauben Alles, was bei den Griechen von dem zweiten
Fufse der Dipodie gilt, auch dem ersten, oder vielmehr sie setzen auch hier an die
Pre
Stelle der dipodischen Messung die monopodisehe, indem sie die Verlauschung
jedes einzelnen 'Trochäus mit dem Spondeus, Tribrachys, Anapäst, ja auch mit dem
Daktylus (u x) zulassen, welcher letztere bei den Griechen höchst selten und fast
nur bei Eigennamen vorkommt, die sonst nicht in den Vers passen. Doch bleibt
vermöge der Betonung auch in Römischen Trochäen, noch ein Anklang der dipodi-
schen Messung übrig, indem die Haupt - Arsis auf die erste Länge fällt, und die
zweile derselben dem Tone nach untergeordnet wird. Die Römische Dipodie hat
also diese Gestalt: 9 ENANRO
— UV U
ww ww
— UV — YUV
Von den trochäischen Tetrametern.
Trochäische Trimeter finden sich nur in der Iyrischen, nicht aber in der dra-
matischen Poesie der Alten. Tetrameter aber, d. h. aus 4 trochäischen Dipo-
dien oder $ Füfsen bestehende Verse, sind in letzterer sehr gebräuchlich. und zwar
(wie die jambischen Tetrameter) von doppelter Art: 1) akatalektische oder voll-
ständige, die mil einer vollen Dipodie schlielsen; und 2) katalektische oder un-
vollständige, deren letzte Dipodie um die letzte Silbe verkürzt ist. Beide Verse ha-
ben einen Versabschnitt am Schluss der zweiten Dipodie, also gerade in der
Mitte, so dass zwei gesonderte Versglieder entstehen, welche Plautus wie die Glie-
der des auf gleiche Weise zertheilten jambischen Tetrameters zuweilen asynartetisch,
d. h. wie selbständige Verse behandelt. *)
Der akatalektische oder vollständige trochäische aa reiiren wird
in den Dramen der Griechen nicht gefunden. Bei den Römern heifst er seiner
8 Fülse wegen Octonarius. Seine Gestalt ist:
wobei natürlich alle oben bei der einzelnen Dipodie erwähnten Freiheiten Stait fin-
den. Die Wandelbarkeit des Mafses gilt hier auch von dem 7ien Fufse, welcher so
gut wie alle anderen “uch ein. Spondeus, Tribrachys,; Anapäst oder Daktylus sein
kann; ja selbst in der letzten oder Sten Stelle kann nicht nur der Spondeus (was
sich der gleichgültigen Schlusssilbe wegen von selbst versteht), sondern auch der
Tribrachys oder Anapäst den Trochäus vertreten; nur nicht der Daktylus, weil dann
wegen der Unbestimmitheit der Schlusssilbe ein Kretikus (— . —) entstehen, und das
Mafs des Verses überschritten werden würde.
*) Beispiele siehe bei Hermann: Elementa doctr. metr. p. 8.
») “
Der katalektische oder unvollständige trochäische Tetrameter, den
die Römer nach der Anzahl seiner vollständigen Füfse Septenarius, oder nach der
Zahl seiner Dipodieen Quadratus nennen, ist um eine Silbe kürzer:
' ’ ’ ’ w
Fa a = Te N Se
Auch hier gilt durchgängig dieselbe Wandelbarkeit des Mafses; nur muss der letzte
vollständige Fuls, der Tte, rein gehalten werden, d. h. nur Trochäus oder Tribra-
chys sein.
Terentius gebraucht den unvollständigen trochäischen Tetrameter häufiger, als
den vollständigen. Gewöhnlich lässt er mehrere Verse einer Galtung auf einander
folgen; zuweilen aber auch beiderlei Verse mit einander wechseln (so Act II. Se. 1.
V. 1. .). Den Versabschnitt in der Mitte vernachlässigt er selten.
\as die Behandlung dieser trochäisehen Verse in der Deutschen Nachbildung
anlangl, so gilt von der Vertauschung des Trochäus mit dem Anapäst das Nämliche,
was bei den jambischen Versen über die Vertauschung des Jambus mit dem Dak-
tylus bemerkt wurde (siehe S. 5 f.). Der Anapäst mit trochäischer, d. h. sinkender
Betonung, wo mithin die Arsıs die Kürzen iriflt, und die Länge in die Thesis tritt
(5% widerspricht den Gesetzen des Deulschen Silbentones zu sehr, um dem
leichten. Stile der Komödie angemessen zu sein. Die anderen Siellvertreter des Tro-
chäus: Spondeus, Daktylus, auch Tribrachys (mit der oben S. 5. angedeuteten Ein-
schränkung). vertragen sich hingegen vollkommen mit der Natur der Deutschen Spra-
che, und sind daher auch in gegenwärliger Uebeiselzung häufig angewendet worden.
Beispiele.
1) Unvollständige trochäische Tetrameter.
[4 4 / !
—— v — U — vu vu — U
Hör’ nur! eben packt mich dein Vater,
— vV — UV — 5) —
sagl', er wolle dir 'ne Frau
7 ! [4 [4
— U U v m— _ — vu — — —. $ |— v—
Heute geben, und noch viel Andres, | was jelzt nicht hierher gehört.
’ ‚ ’
_— — — v v _- v w — v — —u| — ER [
Spornstreichs lauf’ ich sogleich auf den Markt, um dir dies anzukündigen;
’ ’ [4 !
Als ich nun dich da nicht finde, | steig’ ich auf 'nen hohen Ort,
’ 14 ’ ’
— v|o vv
— w — vw
Seh’ mich um; doch nirgends bist du. | Da erblick’ ich _Byrria,
— V — ws — w
ei EB
ww wi ’
ei Zi
Frag’ ihn; er hai dich nicht gesehen ; verdriefslich bedenk’ ich, was zu thun.
Da ich zurück nun gehe, kommt mir die Sache selber verdächtig vor.
’
— __ vl u —
u
yleeinnd Ba
w. enig Essen; der Herr verdriefslich; SER Hochzeit so mit einem Mal?
(Act I. Sc. 2. V. 16. £.)
2) Vollständige trochäische Tetrameter mit unvollständigen wechselnd:
’ ’
— — — UWUV Ba — V _— vol vw U
Wie? was sagst a Byrria! heute wird sie Kir ae Frau? — So ist es. —
’ ’ [4
— U — —— w ont
| klagen
Woher weilst du's? — Eben sagt mir's irs || Da Daus auf dem Markt. — 0 weh!
(Act II. Sc.1. V.1. £)
’ [4 4 [4
_— VG UV — — vu — — — UV — v — —
Drum, Charinus, bit!’ ich dich. da das nicht möglich ist, was du willst,
4 ' 4
vl vu
— UV _— vV —
Wolle das, was Höhen! — Gar nichts | will ich, als Philumena. —
[4 ’ ’ !
— — U _— _— — UV — U
— u
Wie viel besser wär's, ch Kchlect | los zu werden Liebe,
[4 ! 14
f
— U — U aan PER vo
Als zu reden, was doch vergeblich (gg EEE Verkenarheit mehr erhitzt.
(Ebendas. V. 5. ff.)
Aufserdem findet sich der vollständige Tetrameter in unserer Komödie nur L;3 10
und 12, in welchen beiden Versen der letzte Fufs in einen Tribrachys aufgelöst ist,
was sich bei dem ersteren auch im Deutschen Bade liefs:
’ ! 4
v — — U _— .— v vw v
Giebt's in der Welt wahl einen Menschen I so so beklagenswerih wie ich es bin!
Ferner IM. 5, 1 und 2. Ungleich häufiger und durch ganze Scenen fortgeführt
kommt der unvollständige Tetrameter vor.
3. Von den Clauseln.
Clauseln (Clausulae) heifsen bei den Römern einzelne kürzere Verse, meist jam-
bische oder trochäische Dimeter (d. h. aus 2 Dipodieen bestehende Verse), welche
ie IE > ie
bei Terentius die längeren Tetrameter (niemals die Trimeter *) hie und da unter-
brechen, gewöhnlich um den Schluss einer Reihe von Versen zu bezeichnen (daher
der Namen), jedoch auch oft in den folgenden Vers übergreifend.
Die Clausel hängt sich in der Regel an den vorhergehenden Vers so an, dass
sie als eine Fortsetzung desselben erscheint, indem der Rhythmus ununterbrochen
forigeht. Schliefst nämlich der vorangehende Vers mit der Arsis, so fängt die Clau-
sel mit der Thesis —, schliefst jener mit der Thesis, so fängt diese mit der Arsis an.
Demnach pflegt auf einen akatalektischen jambischen und auf einen katalektı-
schen trochäischen Vers, weil beide mit der Arsis enden, eine jambische Clau-
sel zu folgen. Z. B.
— u —
Mich wundert’ es, wär's so abgelaufen, und ich fürchtete immer, wo
, 4
— UV — Ve Y =.
Die Milde des Herrn hinausgewollt. Act. 2 Sc. 2ER
’
DV
So fest besteht er d’rauf, mich Armen zu Irennen von Glycerium.
’ ’
— — | vi UV —
Gelingt ihm das, so ist's mein Tod. (Act. 1.80.58: Var EI
Irgend 'ne Missgeburt erziehn sie; weıl sich nun kein Ändrer die
— -_ —
Will aufpacken lassen, so kommt man zu mir. — Ich sierbe fast vor Angst! —
! 4
Und was erst sag’ ıch vom Vater! wie? (Acı. Se. WW. 13
— wu
Siehst du selber nicht das Kind, so wird ja die Hochzeit nicht gestört. ie;
1 4
— — | — u ———
Was sagst du? wenn du wusstest, dass
Solch ein Plan gemacht sei, warum sagtest du’s Pamphilus nicht sogleich?
(Act. TI."SE 2.°7, De. 3)
Vergleich auch I. 5, 5; II. 3, 5.
Hingegen auf einen kalalektischen jambischen und einen akatalektischen tro-
chäischen Vers, welche beide mit der Thesis enden, folgt in der Regel eine tro-
chäische Clausel, z. B.
®) Vergl. Bentley: schediasma de metr. Terent. p. XI. ed. Lips.
- - w
Giebt's in der Welt wohl’ einen Menschen, so beklagenswerth, wie ich es bin!
’ ’
Götter und en ruf’ ich an! Act. 1. Sc. 5. V. 10. £.)
4. Lyrische Versarten.
Jambische und trochäische Verse sind die eigentlich dramatischen in der alten
Poesie. WVorherrschend ist der jambische Rhythmus, und insbesondere ist der Senar
(wie schon oben S. 2. bemerkt wurde) der Hauptvers, welcher fast überall gebraucht
wird, wo ruhiger Gesprächs - oder Frzählungston herrscht (z. B. in der ganzen er-
sten Scene des ersten Acles, welche die erzählungsweise gegebene Exposition ent-
hält *), und daher auch da einzutreten pflegt, wo der Afleet in die Sprache beson-
nener. Ueberlegung und Reflexion übergeht (z. B. Act. I. Se. 3. V. 10. ff. Act. II.
Sc 2. V.'24)).
In leidenschaftlicher bewegten Situationen finden die längeren Tetrameter ıhre
Anwendung, und zwar ist nach dein verschiedenen Charakter der rhytbmischen Gat-
tungen der steigende jambische Rhythmus geeigneter, die Aufgeregtheit und Leben-
digkeit der Freude oder verwandter Affecten auszudrücken ; der sinkende trochäische
hingegen bezeichnet besser die entgegengesetzten Gemüthsbewegungen: Schmerz,
Trauer, kurz Empfindungen, die sich durch eine Depression des Gemüthes äufsern.
Namentlich hat der akatalektische trochäische Teetrameter, vermöge der ihm eigenen
Schwerfälligkeit. entschieden den Charakter der Niedergeschlagenheit und Resigna-
tion oder träger Abspannung.
Die Griechen beobachteten diese charakleristlischen Unterschiede in der Anwen-
dung der Versarten vorzüglich genau. Terentius bedient sich des Vortheiles der
verschiedenen ihm zu Gebote stehenden Rhythmen mehr, um überhaupt Abwechse-
lung und Mannichfaltigkeit hervorzubringen, und zeigt weniger Absicht in der Wahl
der Versart im Ganzen, als in der metrischen Behandlung der gewählten Versarl
im Einzelnen. So tritt z. B. Davus in der zweiten Scene des zweiten Actes in der
*) Schon Priscian (de metr. Com. p- 885. ed. Basil. a. 1545.) bemerkt: Terentius in omni
prologo et in omni prima scena trimetris utitur. Bentley (schrdiasma p. VIII.) setzt hinzu: —
ut a trimetris suas fabulas, rebus sedatioribus, nostrum inchoasse, ita semper tetrametris finisse,
quod Sabulae catastrophe, cum res turbulentae paulatim et aegre consilescerent, hoc carminis genws
postularet, magno spiritu effundendum.
lebhaftesten freudigen Bewegung mit trochäischem Rlythmus auf, der jedoch, ver-
möge der Behandlung hinsichtlich der Wortfülse und Accenie, vollkommen der aus-
zudrückenden Empfindung entspricht.
Aulser den genannten Versgattungen aber, die trolz ihres verschiedenen Geprä-
ges doch alle dem dramatischen Dialog angehören, finden sich bei Terentius, frei-
lich sehr einzeln stehend, auch einige Versarten von entschieden Iyrıschem Cha-
rakter, die man als die letzten Spuren von dem Chore der alten Griechischen Ko-
mödie ansehen kann.
In der alten Komödie des Aristophanes war der Chor, von welchem das Drama
überhaupt ausgegangen war, ein eben so wesentliches Element, wie in der Tragödie
der Alten, deren vollkommenes Gegenbild jene Gatlung der Komödie darstellte. Die
Aristophanischen Chöre schreiten auf einem scherzhaft - pathetischen, feierlichen Ko-
ihurn einher, und sind in ihrer rhyibmischen Ausbildung vollkommene, mit der gröfs-
ien Sorgfalt gestaltete Kunstwerke. Als späterhin, nicht blofs durch einzelne mehr
zufällige Umstände, sondern durch die Veränderung des gesammien bürgerlichen und
Cultur - Zustandes in Athen der allmähliche Uebergang der alten ın die neuere Ko-
mödie herbeigeführt wurde; als die Komödie aus der selbstgeschaflenen grotesk -phan-
tastischen Ideen- Welt herabstieg in die Kreise des wirklichen Lebens, und der treue
Spiegel desselben wurde: fand nicht nur der Chor keine Stelle mehr darin, sondern
das Iyrische Element musste überhaupt verschwinden. In der neueren Griechischen
Komödie des Menander, Philemon u. a., von denen uns leider kein einziges
vollständiges Stück geretlet ist, findet sich daher keine Spur von eigentlich Iyrischen
Partieen mehr. *)
Im
*) Evanthius de Tragoedia et Comoedia berichtet zwar, dass Menander dem Chore eine Stelle
übrig gelassen habe; allein man hat sich darunter offenbar nichts anders zu denken, als zwischen die
rec Acte eingelegte, die Handlung unterbrechende und vielleicht in gar keiner Beziehung auf
dieselbe stehende Gesangstücke, welche die Abtheilung des Dramas in Kite bezeichneten, und die
Pausen zwischen debian auf ähnliche Weise use. wie dies bei uns durch Instrumental - Mu-
sik zu geschehen pflegt. Anch diese Stelle, sei, fügt er hinzu, durch die Lateinischen Komödien-
Dichter dem Chore genommen und dadurch die Abtheilung in Acte erschwert worden. Seine eigenen
Worte mögen die Richtigkeit der obigen Ansicht bestätigen. „Comoedia vetus,” sagt er, „ul ab
initio chorus fuit, paulatimque personarum numero in quinque actus processit, üta paulatim ve-
lut attrito atque extenuato choro ad novam Comoediam sic pervenit, ut in ea non induca-
tur chorus, sed ne locus quidem ullus iam relinquatur choro. Nam postquam otioso
tenpore fastidiosior spectator effectus, tunc cum ad cantores ab actoribus fabula transibat, con-
surgere et abire coepisset; admonuit Poetas, primo quidem choros praetermittere, locum
eis relinquentes: ut Menander fecit, hac de causa, non, ut alii existimant, alia. Po-
stremo
Im Terentius hingegen und noch häufiger in seinem Vorgänger Plautus kom-
men hie und da wirkliche Gesangstücke (cantica) vor, freilich nicht von einem
Chore, sondern von einzelnen Schauspielern als Monologe oder vielmehr Monodia
vorzulragende, nie im Dialog selbst eintretende Gesänge, *) die wir wohl mit Grund
als einen fremdartigen, in diese Gattung der Komödie nicht recht passenden Bestand-
theil betrachten dürfen. Einer der vorzüglichsten Römischen Kunstrichter, Quin-
tilian, ging gar so weil, zu wünschen, 'Terentius möchte sich innerhalb des Tri-
meters gehalten haben. **) Können wir ihm nun auch darin nicht beistimmen, müs-
sen wir vielmehr die Abwechselung der Versmafse im Allgememen vollkommen bil-
ligen: so dürfen wir doch wünschen, unser Dichter möchte nicht über die jambischen
und trochäischen Rhythmen hinaus in ein seiner Kunstform fremdes Gebiet hinüber
geschweift sein.
Doch es liegt dem Uebersetzer nicht ob, zu kritisiren, sondern sein Original mit
stremo ne locum quidem reliquerunt: quod Latini fecerunt Comici: unde apud illos
dirimere actus quinquepartitos difficlle est.
*) Vergl. Bentley Schediasma p. X.
Quintilian X. 1. nennt des Terentius Schriften: in hoc genere elegantissima et plus adhuc
habitura gratiae, si intra versus trimetros stetissent. Wie er zu diesem \WVunsche gekommen, ist
schwer einzusehen, da er ja dann auch die Griechischen Vorbilder des Terentius, namentlich. Menan-
der, in derselben Hinsicht hätte tadeln müssen. „Nam et Menander,” bemerkt Marius Victori-
nus, „in Comoedüs frequenter a continuatis iambicis versibus ad trochaicos transit, et rursum
ad iambicos redit.” Bentley in seinem Schediasma (p. VIII.) ereifert sich daher nicht ohne Grund
über dieses Wort des Quintilian. „Crederes profecto,” sagt er, „hominem nunquam Scaenam vi-
disse, nunguam Comoedum partes suas agentem spectavisse. Quid voluit? quod nec Menander nec
ullus Graecorum fecit, Terentius ut faceret? ut ira, metus, exultatio, dolor, gaudium, et quietae
res et turhatae, eodem metro lente agerentur? ut tibicen paribus tonis perpetuoque cantico spe-
ctantium aures vel delassaret vel offenderet? Tantum abest, ut eo pacto plus gratiae habitura
esset fahula, ut quantumvis bene morata, quantumuvis belle scripta, gratiam prorsus omnem per-
didisset.” — Doch gingen offenbar hinsichtlich der häufigeren und anhaltenderen Anwendung der
Tetrameter die Römischen Dichter über den in der neuern Griechischen Komödie herrschenden
Gebrauch hinaus, und näherten sich mehr den Dichtern der älteren Komödie. Dies bezeugt ausdrück-
lich Firmianus (beim Rufinus de metr. comicis), indem er sagt: Nam quod de metris Comoedia-
rum requisisti, et ego scio, plurimos existimare, Terentianas vel maxime Sabulas metrum non
habere Comoediae Graecae, id est Menandri, Philemonis, Diphili, qui trimetris versibus con-
stant. Nostri enim veteres Comoediae scriptores in modulandis fabulis sequi maluerunt Eupolin,
Cratinum, Aristophanem. Prologos igitur et primarum actiones trimetris comprehenderunt, deinde
longissimos, id est tetrametros subdiderunt, qui appellantur quadrati; in consequentibus deinceps
variaverunt etc. Sonach wäre denn auch die Meinung des Quintilian erklärlich, der nur wünschte,
Terentius möchte sich hinsichtlich des Metrischen mehr an die neuere Komödie der Griechen gehal-
ten haben.
3
ai) rn
allen Eigenheiten desselben möglichst treu wiederzugeben. So mussten denn auch
diese Iyrischen Versarten nachgebildet werden, so gut es sich im Deutschen thun
liefs; und eine kurze Erklärung derselben darf hier nicht fehlen.
In gegenwärligem Stücke finden sich zwei lyrische Versarten angewendet: Kre-
tische und Bacchische Verse.
Kretische Verse.
Der Kretikus oder Amphimacer (4 u —) erlaubt die Auflösung einer jeden
. . * Hana o.1;° » ’
seiner beiden Längen in 2 Kürzen, und hat mithin diese Gestalt: — „ —. Es leuch-
ou. 00
tet von selbst ein, dass es im Deulschen schwierig sein muss, von dieser Freiheit
Gebrauch zu machen, da eine solche Aufeinanderfolge von Kürzen bei dem Deut-
schen Tonmafse selten zu bewerkstelligen ist; mithin geht die Deutsche Nachbildung
der dadurch hervorgebrachten Mannichfaltigkeit grolsentheils verlustig, — Die Rö-
mer erlauben sich aufserdem zuweilen, in der Mitte eine Länge statt der Kürze zu
seizen, also statt des Kretikus den Molossus (7 — —), was bei dem Zurücktreien
der Quantität und dem Vorherrsehen des Accentes nach den in der Vorrede gemach-
ten Bemerkungen keiner weileren Erklärung bedarf.
Die Kretiker werden nach Einzelfülsen gemessen, die in verschiedener Anzahl,
von 2 bis 6 Fülfsen, zu Versen verbunden werden. In unserer Komödie kommen
nur kretische Tetrameter vor:
r [4 [4 ’ vw
= |, 11-0, 1-4
Jede Länge lässt die Auflösung in 2 Kürzen zu, mit Ausnahme 1 gleichgülti-
gen Schlusslänge des ganzen Verses. Cäsuren finden in diesen krelischen Versen
nicht Statt, wohl aber gewöhnlich ein Versabschnitt in der Mitte, wodurch sich die
Kretiker paarweise zusammenordnen. Ja auch die einzelnen Fülse sonderl man gern
von einander ab, indem man den Wortfuls mit dem Versfuls zugleich enden lässt.
Ein aus solchen Versen gebildetes Gesangstück findet sich Act. IV. Se. 1. V. 1
bis 14. Eingeleitet wird dieses Versgebäude durch einen vierfülsigen daktylischen
Vers und geschlossen durch einen trochäischen Dimeler als Clausel.
[4 [4 4 r
—_— vo vw u _ “| — uvnv
Ist es erhört, isi es glaublich! der Scehändliche! —
4 [4 IE G
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Wehe, dass irgend wen Be W en DER
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Freudig au ee feihde Na binden. 2 er ne
‚ ‚ , ,
ah ae NE EMEn Wäh Anes Wahl, — "Wire woher
Nein! eı es " giebt keine Encheriiläkese Menschenart,
Als die Hluche Scheu hindert zu ee doch
Bald in. gilt es es, zu len de das u Wo orl,
Stellt der Nalhwendigkeit Zwang sie in syrapr ahre Licht.
Fürchten sie ie sicht. eleieh erheischt'nun di die Not Weigerung.
Dann verläst ale Scham gärälich eid, “Wer bist dd denn?
— \ w — -— — — — U
Sagen sie, was willst di mir? soll ich dir meine Base —_?
I: “| |
bi sch RS iR Mi 2 Nächste? _ Wo bleibt de Treu?
_— UV — _- v—
a NE N
Fragst du; — das rührt sie nicht, da es Noth thut; vorhin,
’ [4
vom u
|
Das nicht Noth that, gab's Bedenken.
Bacchische Verse.
Gewaltsamer noch, als der kretische Rhythmus, ist der baechische. Der Grund-
fufs desselben, der Bacchius (u 4 —), erlaubt gleichfalls die Auflösung seiner Län-
gen in Kürzen, nur die letzte des ganzen Verses ausgenommen. Die Anfangs-Kürze
des Baechius kann auch durch eine Länge verireien werden; und auch diese Länge
lässt sich wiederum in zwei Kürzen auflösen, durch welche Auflösungen das Vers-
mals oft schwierig wird. Der Bacchius erhält also mit allen jenen Freiheiten diese
Gestalt: er
wzu——
ww ww
Bacchische Verse werden, wie krelische, monopodisch abgetheilt, und die ein-
zelnen Füfse hier noch mehr als dort abgesondert. Die Griechen haben sich dieses
Rhythmus fast ganz enthalten. Den Römern vertrat er die Stelle des ihnen zu künst-
lichen Dochmius (v u—). Plautus wendet denselben häufig an zum Aus-
3 “
— 20 —
druck heftig leidensehaftlicher Stimmungen, wozu er in der That geeignet ist. Warum
aber Terentius in unserem Stücke (Act. II. Sc. 2. V. 1. fl.) die Hebamme ihr
ärztliches Gutachten und ihre Verordnungen in diesem gewaltsamen Rhythmus vor-
tragen lässt, möchte schwer zu sagen sein. Vielleicht wollte er dadurch den feier-
lichen Ton und die wichtigthuende Amtsmiene der Alten ausdrücken. So lässt auch
Plautus zuweilen die Geschwätzigkeit des Alters und des Weibes in Baechien ein-
hersiolpern. — Das erwähnte Gesangstück besteht übrigens nur aus vier baechischen
Tetrametern, denen ein unvollständiger jambischer Dimeter als Clausel angehängt ıst.
’ ’ ’ [4
= ee el =
Bis jetzt find’ ich, Archylıs, ie EEE günstig;
’ £ [4 MR
Ve — U
|
Den Zustand gefahrlos und völlig ir in der Ordnung.
’ ’ G [2
— — — vu — vu _- —
Jetzt lass erst sie baden nd hen meiner V rich
’ ‚ ’
& — — -—- — uw w Vo w
Gemäls gebt vom Heiltrank er ein, den ich verordnet.
[4 ’
ne
Bald ER =‘ selber wieder.
Das
Mädchen:'von Andro=s.
Personen.
Simo, ein Alter.
Sosia, ein Freigelassener des Sımo.
Davus, ein Sclave desselben.
Mysis, eine Magd.
Pamphilus, ein Jüngling, Simo’s Sohn.
Charinus, ein Jüngling.
Byrria, Sclave des Charinus.
Lesbia, eine Hebamme.
Glycerium, ein junges Mädchen.
Chremes, ein Aller.
Crito, ein Fremder.
Dromo, Zuchtmeister der Sclaven des Sımo.
Die Scene ist eine Stralse zu Athen; im Hintergrund Simo’s Haus; auf einer Seite
Glycerium’s Wohnung.
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P.rorho.g.
Als unser Diehter zum Schreiben sich zuerst entschloss.
Da glaubt er, darauf einzig lieg’ ihm ob zu selın,
Dass seine Stücke Beifall fänden beim Publikum.
Doch wie's ganz anders komme, sieht er nun freilich ein;
oz
Denn mit Prologenschreiben verschwendet er seine Müh‘,
Nicht um zu erzählen den Inhalt, nein! zu begegnen nur
Schmähsüchtigen alten Dichters hämischen Schmähungen.
Nun merkt, ich bill’ euch, Freunde, was a! zur Last ihm legt!
Menander schrieb ’ne Andria und ’'ne Perinthia;
Wer eine mur kennt von beiden, kennt sie beide schier; 10.
So wenig sind sie dem Inhalt nach verschieden; doch
Im Ausdruck, in der Behandlung sind sie verschieden wohl.
V.7. Schmähsüchtigen alten Dichters; des Luscius Lavinius, eincs älteren Komödien-
dichters, der als Terentius’ Haupt -Gegner und Neider auch im Prolog zum Heautontimorumenos und
zum Phormio mit denselben Ehrentiteln genannt wird. Volcatius Sedigitus wies ihm in einem verloren
gegangenen Buche „de poetis” seine Stelle in der Reihe der Römischen Komödiendichter zwei Stufen
unter Terentius an, den er jedoch auch ziemlich tief stellt. Die mit der zuversichtlichen Miene kri-
tischer Unfehlbarkeit aufgestellte Rangordnung des Sedigitus ist nämlich folgende: Caecilius, Plautus,
Naevius, Licinius, Attilius, Terentius, Turpilius, Trabea, Luscius, und endlich („antiquitatis causa”)
Ennius. (S. Gell. N. A. XV. 4.)
V. 9, 'ne Andria und ’ne Perinthia, d. i. zwei Komödien, betitelt: das Mädchen von
Andros (einer der grölseren Inseln des Aegeischen Meeres, der Südspitze von Euboea gegenüber),
und: das Mädchen von Perinthos (ansehnliche Stadt an der Thracischen Küste der Propontis
oder des Marmor-Meers, späterhin Heraclea genannt).
4
— 20 —
Was passte, trug der Dichter aus der Perinthia
In seine Andria über. schaltete frei damit.
Das tadeln sie nun, und erheben darüber ein grofs Geschrei:
Die Stücke so zu entstellen, das seı unerlaubt!! —
Fürwahr! vor lauter Eimsicht sehen die Leute nichts;
Denn klagen sie ıhn an, klagen sie Nävius. Plautus auch
Und Ennius an. die Vorbild unserem Dichter sind.
Der lieber nachahmt ihre Regellosigkeit.
Als dieser Tadler dunkele Fehlerlosigkeit.
Drum rath’ ich ihnen, künftig zu ruhn und übel nieht
Zu reden. dass man nicht aufdeckt. was sie übel thun.
Doch ihr seid günstig, unparteisch, und prüft genau,
Dass ihr erkennet, ob etwas Hoffnung übrig seı,
Und ob ihr künftig die neuen Stücke, die er schreibt.
Ansehen, oder ungesehn verdammen wollt.
19.
20.
KIrStee AT
Erste Scene.
Sımo. Sosia, mehrere Sclaven (mit allerlei Speise- Vorräthen ).
Simo (zu den Sclaven).
Ihr tragt hinein das. Geht nur. — (Die Sclaven gehen ab.) Höre Sosia!
Komm her zu mir auf wenig Worte.
Sosia.
OÖ ich weils!
Ich soll das gut besorgen.
Sımo.
Nein. das mein’ ich nicht.
Sosia.
Was können meine Gaben sonst dır nützen? sprich!
Sımo.
Nicht diese Gabe brauch’ ich jetzt zu dem, was ich
Bereite, sondern die, die ich immer ın dir fand:
Verschwiegenheit und Treue.
Sosıa.
Sag mir, was du willst.
Simo.
Du weilst, seit ich als kleinen Knaben dich gekauft,
Ward dir dein Dienst nur angenehm und leicht bei mir;
Vom Sclaven hab’ ich zum Freigelassnen dich gemacht,
Zum Dank, weil du freisinnig immer mir gedient.
Das Beste, was ich konnte, gab ich dir zum Lohn.
Sosin.
Das weils ich wohl.
N
an
Sımo.
Beim Alten bleibt es.
Sosia.
Es freut mich sehr,
'That oder thu’ ich, Simo, was dir wohlgefällt,
Und erkenntlich bin ich dir, dass du gütig es anerkennst.
Doch solches Erinnern kränket mich; es klingt ja fast,
Als würfst du mir vor, dass deine Wohlthat ich vergafs.
Drum sage mit einem Worte, was du von mir verlangst.
Sımo.
Ich will es ihun. So wisse vor allem denn, dass nicht,
So wie du glaubst, hier Hochzeit wirklich gefeiert wird.
Sosia.
Warum denn giebst du’s vor?
Siımo.
Hör Alles vom Anbeginn,
Damit des Sohnes Lebensweis’ und meinen Plan
Du erfährst. und was in der Sache du mir helfen sollst.
Da er nämlich die Kinderschuhe vertrelen, Sosia,
Und freier ihm zu leben erlaubt war, (denn vorher,
Wer konnte da ihn kennen, sein Gemüth durchschaun,
Da das Alter. die Furcht, der Lehrer ihn hielten im Zaum?
Sosıa.
So ist's.) —
Simo.
Was bei weitem die meisten Jünglinge seines Alters thun,
Dass sie einer Neigung sich ganz ergeben, der Pferdezucht,
Sich Hunde abzurichten zur Jagd, der Philosophie —
Von all den Dingen trieb er kein’s mit Leidenschaft
Und alle doch mit Mafsen. Mich erfreute das.
Sosia.
Und nieht mit Unrecht; denn im Leben thut man wohl,
Steis d’ran zu denken, dass allzuviel ist ungesund.
| Sımo.
So war sein Leben: verträglich duldet’ er Jedermann;
Mit wem er nur zusammenlraf, dem ergab er sich;
20.
30.
Nachgiebig fügl er sich jedem, ohne Widerspruch,
Und drängte nie sich Jemand vor. So kann man leicht
Sich Freunde gewinnen und Lob erwerben ohne Neid.
Sosia.
Ja ja, sehr weislich handelt’ er so; denn heut'ges Tags
Bringt Schmeichelei nur Freunde, Wahrheit Hass hervor.
Simo.
Inzwischen zog aus Andros — es sind drei Jahre nun —
Ein Mädchen hier in die Nachbarschaft, durch bittre Noth
Und ihrer Verwandten Lässigkeit dahin gebracht,
Von hübscher Gestalt und in frischem Jugendalter noch.
Sosia.
O weh! ich fürchte, das Mädchen bringt was Böses mit.
Sımo.
Die lebte nun erst hier züchtig, aber kümmerlich
Vom Lohne, den sie mit Spindel und Webestuhl erwarb;
Allein da ein Liebhaber kam, der Geld ihr bot,
Und dann ein zweiter und dritter (wie nun der Menschen Sinn
Sich gar zu leicht von der Arbeit zum Vergnügen neigt):
Da nahm sie’s an, und machte zuletzt ein Gewerbe d’raus.
Die damals g’rade sie liebten, führten einmal den Sohn
Zur Gesellschaft, wie's zu geschehen pflegt, mit sich dahin.
Der ist gewiss gefangen; den traf’s! denk’ ich gleich
Bei mir. Ich lauerte Morgens ihren Sclaven auf,
Die kamen oder gingen. „Heda,” rief ich, „‚Bursch!
Sag doch, wer war bei der Chrysis gestern?” (denn das war
Des Mädchens Namen.)
Sosia.
Verstehe.
Simo.
Phädrus, Clinias,
Niceratus auch nannten sie; (die liebten sie
Damals zugleich). „Und Pamphilus?” — Der? o, der gab
Sein Theil zum Schmause, speis’te mit. — Mich freute das.
Dann frug ich wieder ein andermal, und hörte nichts,
Was Pamphilus betroffen hätte. Nun glaubt’ ich, der
Ist genug erprobt, ein Muster von Enthaltsamkeit;
40
90.
on
[S 1
60.
Denn wer mit solchen Genossen in Verbindung steht,
Und dennoch nicht zum Bösen drum verleitet wird,
Der kann gewiss im Leben selber sich leiten schon.
Doch nicht blofs mir gefiel das; Alle mit emem Mund
Erzählten lauter Gutes von ihm, und priesen hoch
Mein Loos, dass mir so trefflich der Sohn gerathen sei.
Was braucht's der Worte? Chremes kam, durch diesen Ruf
Bewogen, von freien Stücken her, sein einz/ges Kind,
Mit grolser Mitgift anzutragen meinem Sohn.
Gern nahm ich’s an, und zur Hochzeit ward der Tag bestimmt.
Sosıa.
Was hindert, dass sie vor sich gehe?
Sımo.
Du hörst es gleich.
Nur wenig Tage später, als dies verhandelt ward,
Stirbt Chrysis, unsere Nachbarinn.
Sosıa.
Da that sie wohl;
Gotilob, Gotilob! vor der Chrysis hatt! ich Angst.
Sımo.
Mein Sohn
War oft im Hause mit denen, die Chrysis sonst geliebt,
Besorgte mit ihnen die Leichenfeier; traurig stels,
Vergoss er häufig Thränen; und mir war das lieb;
Denn also dacht’ ich: wie betrübt so innig ılın
Des Mädchens Tod, das er ja wenig nur gekannt!
Wie, wenn er selber liebte! was thät’ er dem Vater erst!
Ich glaubte, dass sein menschlich Gefühl, sein zarter Sinn
Ihm solche Pflicht auflegte. Wozu der Worte viel?
Ich selber gehe seinetwegen zur Leiche mit,
Nichts Böses ahnend.
Sosıa.
Nun, was wird das sein?
Simo.
Geduld!
Man trägt sie hinaus. Wir gehen. Plötzlich nehm’ ich da
1
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90.
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Ein Mädehen wahr, das unter den andern Weibern steht.
Von schöner Gestalt —
Sosia.
Ei so!
Sımo.
Von Gesichte. Sosia,
So bescheiden, so liebreizend, dass nichts drüber geht.
Da sie mir nun vor allen Ändern schien betrübt,
Und ihr Ansehn auch vor allen Andern ehrbar war. u)
So näher ich ihren Zofen mich, und frage die,
\Wer jene sei. „Der Chrysis Schwester, sagen sie.
Da ging mir ein Licht auf plötzlich. Aha! das also ist's,
Das also sind die Thränen! das die Menschlichkeit!
Sosıa.
Wie fürcht' ich, wo das hinaus will!
Sımo.
Unterdessen geht t00.
Der Zug vorwärts; wir folgen, kommen zum ‘Grabe hin;
Man legt sie ms Feuer. Alles weint. Die Schwester nun,
Von der ich sprach, kommt unbedacht der Flamme nah
Nicht ohne Gefahr. Da endlich verräth nun Pamphilus.
Ganz aulser sich die Liebe, die er bisher verbarg. 105.
Er läuft herbei, das Mädchen fasst er in seinen Arm:
.„O meine Glycerium!” ruft er, „was thust du? du tödtest dich!” —
Und sie — woran gewohnte Liebe man leicht erkennt —
Sie wirft sich ganz vertraulich ihm an die Brust und weint.
Sosia.
Was du sagst!
Simo.
Ich kehre verdrielslich, erzürnt nach Haus zurück, 110.
Und durft' ihn doch nicht schelten. Er hätte gesagt: Was that
Ich denn? was sündigl’ oder verbrach ich. Vater? Sie,
Die ins Feuer sich stürzen wollte, hielt ich ab davon.
Ich rettete sie. — Dagegen ist nichls zu sagen.
Sosıa.
Ja;
Denn wenn du den, der dem Nächsten das Leben rettet, schilist,
—_— 32
\\ie wirst du den bestrafen, der ihm Böses ihut?
Tags drauf kam denn auch Chremes her, und tobt’ und schrie:
Simo.
Abscheuliche That! er habe gehört, dass Pamphilus
Zur Frau schon jene Fremde hab’.
]
Aus Leibeskraft
Leugn’ ich die Sache; er bleibt dabei, und kurz, zuletzt
Gehn so wir auseinander, dass er die Tochter ihm
Zu geben weigert.
Sosia.
Has! du den Sohn da nicht —?
Simo.
Konnt ich noch nicht ihn schelten.
Sosıa.
Auch da
Ei, warum denn nicht?
Sımo.
„Du, Vater, selbst hast diesen Dingen ein Ziel gesetzt;
Nach Andrer Weise leben muss ich doch nun bald;
Drum lass mich jetzt einstweilen leben nach meiner Art.”
Sosia.
Wo bleibt denn aber zum Schelien endlich ein Plätzchen dir?
Simo.
Wenn er der Liebschaft wegen nicht heirathen will,
Dann will ich zuerst dies Unrecht an ıhm ahnden streng.
Drum such’ ich jetzt durch falsche Hochzeit wahren Grund
Zum Schelten mir zu schaffen, wenn er nicht gehorcht.
Auch soll der Schurke, der Davus, wenn er emen Plan
Gemachi, ihn jelzt verbrauchen, da er nichts schaden kann.
Der wird sich gewiss anstrengen mit Händen und Fülsen heut;
Und das wohl mehr, 'nen Possen mir zu spielen, als
Um meinem Sohn zu dienen.
Sosıa.
Warum das?
Sımo.
Du frägst?
115.
130.
135
Ein
— A
Ein böser Sinn! ein böser Geist! — Ertapp’ ich ihn —!
Wozu die Worte? — Geht es aber nach meinem Wunsch,
Und weigert sich Pamphilus nicht, so bleibt mir Chremes noch
Zu besänft'gen, und ich hoffe, bei dem gelingt es mir. 140.
Nun trag’ ich dir auf, dass du die Hochzeit täuschend spielst,
Den Davus in Schrecken setzest, meinen Sohn bewachst,
Was er vornimmt, was er mit diesem rathschlagt.
"" Sosia.
Schon genug!
Ich werd's besorgen. Gehn wir hinein.
Sımo.
Ich folge dir. (Sosia ab,)
wer tAa See
Sımo, hernach Davus,
Sımo (allein).
Kein Zweifel, dass mein Sohn die Frau nicht nehmen will;
Ich merkt’ es wohl, dass Davus erschrak, sobald er nur
Von Hochzeit reden hörte. Doch da kommt er selbst,
Davus (tritt auf, ohne den Herrn zu bemerken).
Mich wundert’ es,- wär's so abgelaufen, und ich fürchlete immer, wo
Die Milde des Herrn hinausgewollt.
Denn als er gehört, dass Chremes seine Tochter dem Sohn verweigerte,
Sagl' er uns kein Wort darüber, nahm es gar nicht übel auf.
Simo (für sich).
Doch nun wird er's {hun, und ich glaube, dass es dich nicht sehr freuen wird,
Davus.
Mit falscher Freud’ hinhalten wollt’ er uns, die wir nichts vermutheten;
Uns, wenn wir müfsig das Beste hofften, verderben ohne Widerstand, 10.
Damit die Sache zu hintertreiben keine Zeit uns übrig sei.
Wie schlau!
[#21
Sımo.
Der Galgenstrick! was sagt er?
Davus (bemerkt den Herm).
O weh! der Herr! den sah ich nicht!
5
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Sımo.
He, Davus!
Davus (stellt sich überrascht ).
Ha, was giebts?
Sımo.
Hierher!
Davus.
Was will der?
Sımo.
Wie?
Davus.
Was soll’s?
Sımo.
Du frägst?
Es geht das Gerücht, dass mein Sohn verliebt sei.
Davus.
Ja, das kümmert die Leute sehr! —
Sımo.
Nun, hörst du, oder nicht?
Davus.
Ich hör’ ja.
Sımo.
Doch als billiger Vater wıll 15.
Ich das nicht untersuchen; denn was früher geschah, verzeih’ ich ıhm.
So lang’ es irgend die Zeit erlaubte, liefs ich ihn leben nach seinem Sinn;
Doch heut’ ist der Tag, der ein andres Leben mitbringt, andere Sitten heischt.
Drum fordr’ ich, ja, wenn’s recht ist, bitt' ich, Davus, dass du ıhn nun bekehrst.
Davus.
Was das nun soll?
Sımo.
Hat einer ein Liebcehen, so nimmt er ungern eine Frau. 20.
Davus.
So sagt man.
Sımo.
Wer nun gar noch böser Lehrer Rath dazu empfängt,
Der neigt das ohnehin schon kranke Gemüth auf die schlimme Seite leicht.
Davus.
Mein Seel’! ich versteh’ dich nicht.
Siımo.
So? nicht?
Davus.
Nein, Davus bin ich, nicht Oedipus.
Sımo.
Und also willst du, dass ich deutlich das Uebrige sage?
Davus.
Ja, gewiss.
Sımo.
Sobald ich heute merke, dass du eine List 95.
Versuchst, damit die Hochzeit nicht zu Stande kommt,
Und dass du deine Schlauheit hierin zeigen willst:
So lass’ ich dich peitschen, Davus, und in die Mühle musst du, bis du stirbst,
Mit dem Beding, dass wenn du je herauskommst, ich für dich mahlen will.
Verstehst du das? oder ist auch das nicht deutlich genug?
Davus.
Ganz gut, o ja; 30.
Jetzt eben hast du klar gesprochen, keine Umschreibung brauchtest du. |
Simo.
In jeder Sache liels’ ich lieber, als in dieser, mich hintergehn.
Davus.
Um Gott! sei nur nicht böse!
Simo.
Du spotlest; ich merk’ es. Aber ich sage dır:
Mach keine Streiche! vergiss nicht, dass ich's vorher dir sagte. Hüte dich! — (ab.)
Sc. 2. V.28. „In die Mühle musst du etc.” Das Lateinische pistrinum bedeutet eigent-
lich Miihle und Bäckerei zugleich; denn beides war vereinigt. Das Getreide wurde von Menschen-
händen auf einer mola trusatilis (Hand- oder Drehmühle) gemahlen, dergleichen in Athen jeder wohl-
habende Bürger selbst hatte. Da nun dies eine sehr schwere Arbeit war, so liels man sie nur von
den schlechteren Sclaven verrichten, und legte sie den geschickteren, die leichtere Hausdienste thaten,
nur als Strafe auf, wozu denn in der Regel eine tüchtige Tracht Schläge als Einleitung diente.
1) «
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DritwueHt& ce ne
Davus (allein).
Jetzt also, Davus, ist keine Zeit zu Trägheit oder zu Lässigkeit,
Wenn anders ich des Alten Meinung über die Hochzeit recht verstand.
Wenn dem mit List nicht vorgebeugt wird, geh’ ich, oder mein Herr zu Grund.
Ich weils nicht, was ich thun soll. Folg’ ich dem Alten? steh’ ich dem Sohne bei?
Verlass’ ich diesen, so ıst’s sein Tod; und helf’ ich ihm, dann wehe mir! 3.
's ist schwer, den Alten zu täuschen; einmal weils er ja von der Liebschaft schon;
Er passt mir auf, damit kein Anschlag gegen die Hochzeit mir gelingt,
Und merkt er was, so bin ich verloren! Er braucht den ersten besten Grund:
Mit Recht, mit Unrecht schickt er stracks Hals über Kopf in die Mühle mich.
Zu all dem kommt, dass die von Andros, sei sie Frau 10.
Des Pamphilus, oder Freundinn, schwanger ist von ihm.
Nun hör ein Mensch der Leutchen tolle Verwegenheit!
Ein Beginnen, traun! für Verrückte, nicht für Verliebte ist's.
Sie wollen das Kind aufziehen, das sie gebären wird;
Und denken ein tolles Mährchen zum Betrug sich aus: 15.
Sie sei 'ne Attische Bürgerinn. ‚Es war einmal
Von hier ein alter Kaufmann; der nun scheiterte
Bei Andros, starb; und sie, die verlassne Waise, nahm
Der Chrysis Vater als kleines Kind auf” — Dummes Zeug!
Mir ist das höchst unwahrscheinlich, doch ihnen gefällt die Erfindung sehr. 20.
Sieh! Mysis kommt aus ihrem Haus. Schnell auf den Markt
Zum Pamphilus, dass ihn der Vater mir unverseh’ns nicht überfällt. (ab.)
NVıueTrtelnsicein e.
Mysıs (allein, ins Haus hineinrufend beim Herausgehn ).
Ja doch, Archylis, ich hör’ ja; holen soll ich Lesbia. —
Sc. 3. V.16. Sie sei 'ne Attische Bürgerinn. Nach Attischem Rechte musste er sie dann
heirathen, und zwar ohne Mitgift. — Das „aufziehen” (V. 14.) ist dem Aussetzen entgegengesetzt,
welches im Alterthum viel häufiger vorkommen musste, als heutiges Tages, da es in der Willkür
des Vaters stand, ob er das neugeborne Kind, das ihm vor die Fülse gelegt wurde, aufnehmen (tollere),
end somit für sein erklären wollte, oder nicht.
Be a
(für sich)
Meiner Seel’, die ist ein tolles und versoffnes altes Weib,
Der man keine Frau vertraun darf bei der ersten Niederkunft.
Dennoch soll ich sie holen? seh nur einer das unverschämte Weib!
Weil sie ihre Zechkumpaninn ist. — Ihr Götter, ich fleh’ euch an,
Gebt ihr leichte Geburt, und jener wo anders zu sünd’gen Gelegenheit! —
Da kommt ja Pamphilus ganz aufser sich; weh mir, was bedeutet das?
Ich will doch warten, um zu erfahren, ob sein Kummer uns Sorge bringt.
an
Fünfte Scene.
Pampbilus. Mysis.
i Pamphilus (ohne Mysis zu bemerken).
O ich Armer! heifst das menschlich handeln? das wär eines Vaters Pflicht!
Mysis Chalblaut ).
Was hat er nur?
Pamphilus.
Bei den Göttern! das ist himmelschrei'nde Gewaltsamkeit!
Er beschliefst mir heut’ ein Weib zu geben. Musst’ er aber nicht vorher
Mich auch drum fragen, musst’ er's nicht mittheilen mir zum wenigsten?
Mysis.
O weh mir Armen! was hör’ ich da! S.
Pamphilus.
Und Chremes! wie? der früher sich geweigert, seine Tochter mir
Zu geben, ändert seinen Sinn, weil mich er unverändert sieht.
So fest besteht er drauf, mich Armen zu Irennen von Glycerium.
Gelingt ihm das, so ist's mein Tod!
Giebt’s in der Welt wohl einen Menschen, so beklagenswerth, wie ich es bin! 19.
Götter und Menschen ruf’ ich an!
Hilft kein Mittel denn, der Verwandtschaft mit dem Chremes mich zu entziehen?
Tausendfach verschmäht, verworfen! — Alles ferlig, abgelhan! —
Weis’t mich ab, und holt mieh wieder! — warum? ich merk’ es deutlich wohl:
Irgend 'ne Missgeburt erziehn sie; weil sich nun kein Ändrer die 15.
Will aufpacken lassen, se kommt man zu mir.
Mysis.
Ich sterbe fast vor Angst!
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Pamphilus.
Und was erst sag’ ich vom Vater? wie!
Solche Sache so leicht zu behandeln! Nur im Vorbeigehn auf dem Markt
Sagt er: .„.du sollst heirathen heute; mach dich ferlig, Pamphilus!
Geh nach Haus.” — Mir war's, als sagt’ er: geh geschwind, und häng dich auf! 20.
Ich erschrak. Wie konnt’ ich ein Wort vorbringen, eine Entschuld’gung nur,
Noch so abgeschmackt, erlogen, ungeziemend! — ich war stumm. —
Hätt' ich’s früher gewusst, was hätt! ich dann gelhan? — fragt einer so: —
Etwas hätt’ ich geihan, nur das nicht. Doch was thu’ ich jetzt zuerst’?
Tausend drückende Sorgen quälen mich, zerreiflsen mir das Herz: 29.
Die Liebe, das Mitleid mit der Geliebten, Angst vor der Hochzeit, Scheu zugleich
Vorm Vater, der mich bisher voll Nachsicht leben liefs nach meinem Sinn,
Und Alles geschehn liefs, was ich wollte. Ihm mich widerseizen! weh!
Was thu’ ich? ich zweille!
Mysis.
OÖ weh! ich fürchte, wie dieser Zweifel enden wird!
Doch jetzt muss er durchaus sie sprechen, oder doch ich mit ıhm von ihr. 30.
So lange der Geist noch schwankt, wird hierhin oder dorthin er leicht gebracht.
Pamphilus (der die letzten Worte gehört hat).
Wer spricht da? Mysis? Ich grüfs’ dich!
Mysis.
Gleichfalls, Pamphilus.
Pamphilus.
Nun, wie geht's ihr?
Mysis.
Wie?
Sie liegt in den Wehen, und ach! die Arme! die gröfste Sorge macht es ihr,
Dass dieser Tag zur Hochzeit früher bestimmt war. Nun besorgt sie sehr,
Du könn’st sie verlassen.
Pamphilus.
Wie? das brächt’ ich übers Herz! 35.
Die Arme sollte durch meine Schuld sich betrogen sehn!
Die mir ihr Leben, ihr ganzes Schicksal anvertraut,
Die Theure, die ich so sehnlich mir zur Frau gewünscht!
So siltsam, wohlerzogen, verständig war sie siets,
— 3
Und sollte nun sich ändern, gezwungen durch Dürftigkeit! —
Nie geb’ ich's zu.
Mysis.
Nichts fürcht' ich, käm’ es auf dich nur an;
Doch wenn man Gewalt braucht —
Pamphilus.
Hältst du für so feige mich,
So ganz undankbar, fühllos, so unmenschlich hart,
Dass nicht ihr Umgang, ihre Liebe, die Schaam mir nicht
Empfehlen, ja befehlen sollten, ihr treu zu sein?
Mysis.
Das eine weils ich sicher: sie verdient, dass du
Sie nicht vergessest.
Pamphilus.
Vergessen! — OÖ Mysis, Mysis, stets
Sind mir der Chrysis Worte über sie ins Herz
Gegraben. Auf dem Todbeit rief sie mich herbei.
Ich komm’; euch heifst sie gehen; wir sind allein; sie spricht:
„Freund Pamphilus, du siehst, wie schön, wie jung sie ist;
Und wie ihr beides nützlich ist, um Sittsamkeit
Und Vermögen sich zu bewahren, ist dir wohl bekannt.
Bei deiner Rechten, bei deinem Leben beschwör ich dich,
Bei deiner Treu‘, bei des armen Kind’s Hülflosigkeit,
Verstofs von dir sie nımmermehr, verlass sie nicht!
Wenn ich wie meinen leiblichen Bruder dich geliebt,
Wenn sie dich hochgehalten über Alles stets,
Wenn sie in allen Stücken dir gehorsam war:
So sei fortan ihr Schützer, Vater, Freund, Gemahl!
Dir überlass’ ich unsre Habe, vertrau’ sie dir.” —
So gab sie in meine Hände das Mädchen, — und verschied.
Ich nahım sie an; mein eigen bleibt sie.
Mysis.
So hofl’ auch ich.
Pamphilus.
Doch warum verlässest du sie?
50
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[|
60.
Fam 40 on
Mysis.
Ich hole die Hebamm'.
Pamphilus.
Eil’! und hörst du?
Kein Wort von der Hochzeit. dass nicht dies die Krankheit noch —
Mysis.
Ich versteh’ schon. 65.
(Beide ab.)
Zweiter
Zweuütadt A ct
Erste Scene.
Charinus, Byrria, nachher Pamphilus.
Charinus.
Wie? was sagst du, Byrria! heute wird sie Pamphilus’ Frau?
’ Byrria. |
So ıst es.
Charinus.
Woher weilst du's?
Byrria.
Eben sagt mir's Davus auf dem Markt.
Charinus.
O weh!
Mir Armen! \Var mein Herz bisher von Furcht und Hoffnung angespannt,
So sinkt es jetzt erschlafft, von Kummer matt, da die Hoffnung ihm geraubt.
Byrria.
Drum, Charinus, bitt' ich dich, da das nicht möglich ist, was du willst,
Wolle das, was möglich ist.
Charinus.
Nichts will ich, als Philumena.
Byrria.
Wie viel besser wär's, du suchtest, los zu werden diese Liebe,
Als zu reden, was doch vergeblich deine Leidenschaft nur erhitzt.
Charinus.
Wir alle geben, wenn wir gesund sind, leicht den Kranken»guten Rath.
An meinem Platz empfändest du anders.
6
ReRaN) 4
Byrria.
Thu’ was du willst!
Charinus.
Doch Pamphilus
Erblick’ ich. Alles will ich versuchen, eh’ ich sterbe.
Byrria Chalblaut ).
Was hat er vor?
Charinus.
Ich will ıhn selbst anflehn, beschwören, meine Lieb’ erzählen ihm;
Vielleicht erlang’ ich, dass er die Hochzeit wenige Tage nur ‚verschiebt.
Inzwischen wird elwas doch geschehn.
Byrria.
Dies Etwas ıst Nichts.
Charinus.
Ach, Byrria!
Was meinst du? red’ ich ıhn an?
Byrria.
\Warum nich!, wenn du auch nichts erlangst, als dass
Er dich bereit glaubt, ihn mit Hörnern zu krönen, wenn er zur Frau sie nimmt.
Charınus.
Pfui! zum Henker geh mit solchem Verdacht, nichtswürdiger Bube du!
Pamphilus.
Sieh da Charinus! sei gegrülst!
Charinus.
F Dank, Pamphilus!
Dich beschwör' ich, gieb mır Armen Hoffnung, Hülfe, Rettung, Rath!
Pamphilus.
Ach! es fehlt zum Rath mir selbst an Kopf, zur Hülfe fehlt's an Macht;
Doch was giebt’s denn?
Charınus.
Wirst du heut heirathen ?
Pamphilus. y
Man sagt es.
Charinus.
Pamphalus!
Thust du das, so siehst du mich heut zum letzten mal.
10.
15.
20.
— 3 —
Pamphilus.
Wie so?
Charinus.
OÖ weh!
Dir's zu sagen, fürcht' ich. Sag du’s, Byrria.
Byrria.
Ich will's sagen.
Pamphilus.
Nun?
Byrria.
Der liebt deine Braut.
Pamphilus.
Da hat er meinen Geschmack nicht. Sprich geschwind!
Kamst du weiter mit ihr, Charinus?
Charinus.
OÖ bewahre, Pamphilus!
Paınphilus.
Ach, wie schade!
Charinus.
Vorerst beschwör’ ich bei deiner Lieb’ und Freundschaft dich:
Nimm sie nicht zur Frau!
Pamphilnus.
Ich will mein Möglichstes thun.
Charinus.
Doch geht das nicht,
Oder liegt sie dir sehr am Herzen —
Pamphilus.
Am Herzen!
Charinus.
Nun, so warte nur,
Wenig Tage, bis ich verreistt bin, um das nicht mit anzusehn.
Pamphilus.
Hör’ mich an Charinus! ich glaube, dass es dem edlen Manne nicht
Wohl anstehe, Dank zu verlangen, wo er keinen Dank verdient.
Wiss’, ich fliehe die Heiralh mehr, als du sie zu erlangen strebst.
6°
rd
wi
30
u. AM “en
Charinus.
OÖ ich atlıme wieder!
Pamphilus.
Ihr Beide, so viel in euren Kräften steht,
Macht, erdenkt, erfindet, bewirket, dass du sie zur Frau bekommst.
Ich will suchen, sie nicht zu bekommen.
Charınus.
Schon genug.
Pamphilus.
Zu gelegner Zeit
Seh’ ich Davus, auf den ich mich verlasse.
Charinus (zu Byrria).
Doch du bringst mir nichts,
Als was ich nicht zu wissen brauche. Packe dich!
Byrria.
Germe thu’ ıch das. (ab.)
Zweite Scene.
Davus, Charinus, Pamphilus.
Davus (ohne Jemand zu bemerken).
Gute Götter! was bring’ ich Gutes! doch wo find’ ich Pamphilus?
Dass ich seine Furcht ihm nehmen, und ihn mit Freud’ erfüllen kann?
Charinus. |
Nun, worüber freut sıch der?
Pamphilus. e
's ist nichts; er weils es gewiss noc'. nicht.
Davus.
Denn gewiss, wenn der schon hörte, dass Hochzeit heut’ ihm bereitet wird —
Charinus.
Hörsi du ihn?
Davus.
So sucht er jetzt mich aufser sich in der ganzen Stadt.
Doch wo such’ ich ihn? wo geh’ ich zuerst hin?
Charinus.
Red’st du ihn noch nicht an?
a
Davus.
Ah, ich weifs.
Pamphilus.
He Davus, bleib!
Davus.
Wer ists? wer ruft mich? o Pamphilus!
Dich just sucht’ ich. Ei Charinus! Beide kommt ihr gelegen nur.
Pamphilus.
Davus, ich bin verloren!
Davus.
Hör’ nur!
Pamphilus.
Bin des Todes!
Davus.
Ich weifs,. ich weils!
Charinus.
Doch mem Leben ist wirklich in Gefahr!
Davus.
Ich weifs auch deine Noth.
Pamphilus.
Hochzeit soll —
Davus.
Wenn ich’s nun weils!
Pamphilus.
Ich heut —
Davus.
+ Du betäubst mich. Wenn ich's weils!
Du befürehtest, sie zu bekommen; du, sie nicht zu bekommen.
Charinus.
Ja.
2 Pamphilus.
Dies ıst die Sache.
Davus.
Und diese Sach’ ist nicht gefährlich. Ich bin da!
Pamphilus.
Ich beschwör’ dich, geschwind erlöse mich Armen von der Angst!
u 46 3
Davus.
Nun ja!
Ich erlöse dich. Chremes giebt die Braut dir nicht.
Pamphilus.
Wie weifst du das?
Davus.
Hör nur! eben packt mich dein Vater, sagt’, er wolle dir 'ne Frau
Heute gehen, und noch viel Andres, was jetzt nicht hierher gehört.
Spornstreichs lauf’ ich sogleich auf den Markt, um dir dies anzukündigen;
Als ich nun dich da nicht finde, steig’ ich auf 'nen hohen Ort,
Seh’ mich um; doch nirgends bist du, Da erblick’ ich Byrria,
Frag’ ihn; er hat dich nicht gesehen; verdrielslich bedenk’ ich, was zu thun.
Da ich zurück nun gehe, kommt mir die Sache selbst verdächlig vor.
Wenig Essen; der Herr verdrielslich; Hochzeit so mit einem Mal? —
Hm, das hängt nicht zusammen.
Pamphilus.
Wo soll das hinaus?
Davus.
Ich geh’ zum Chremes stracks,
Komme hin; ist alles still vor der Thüre; das schon freute mich.
Chremes.
Richtig!
Pamphilus.
Weiter nur!
Davus.
Ich bleib’, und sehe während der ganzen Zeit
Niemand eingehn, Niemand ausgehn, keine Matrone drinn ım Haus;
Keinen Putz, gar keinen 'Tumult. Ich geh’ heran, ich guck’ hinein —
Pamphilus.
Wirklich ein starker Beweis.
Davus.
Nun, reimt sich das mit der Hochzeitfeier wohl?
13.
20.
25.
Sc. 2. V.27. keine Matrone drinn im Haus. Aeltere Frauen (matronae pronubae) putzen
und besorgen die Braut im väterlichen Hause, woher sie dann in festlichem Zuge von dem Bräutigam
abgeholt wird.
Pe
Pamphilus.
Nein, ich glaub's nicht, Davus.
Davns.
Glaubst nicht! o. du verstehst die Sache nicht! 30.
Sicher ist's. Auch begegnet im Fortgehn mir des Chremes Bursche, der
Ihm Gemüs’ und kleine Fischehen für einen Obol zum Mahle bringt.
f Charinus.
Heute bin ich gerettet durch deine Bemühung, Davus.
Davus.
Keineswegs!
Charinus.
Nun wie so? er giebt sie ihm ja nicht.
Davus.
Du sonderbarer Mensch!
Als ob's nölhig wäre, dass du sie bekommst, wenn der sie nicht bekommt! 35.
Rühre dich, mach dieh an des Alten Freunde, bitte sie!
Charinus.
Ja, hast Recht.
Gehn will ich, obwohl schon oft mich die Hoffnung täuschte. Lebe wohl! (ab.)
Deaeeitdceane
Pamphilus, Davus.
Pamphilus.
Doch was will der Vater? warum verstellt er sich?
Davus.
Du hörst es gleich.
Wollt’ er jetzt darüber zürnen, dass Chremes dir nicht die Tochter giebt,
Müsst’ er selbst für ungerecht sich halten, und das mit vollem Recht,
Eh’ er deine Gesinnung über die Hochzeit noch erfahren hat.
Weigerst du dich, sie zu nehmen, dann erst wälzt er alle Schuld auf dich. 5.
Dann geht's los.
V. 32. kleine Fische und Kohl (olera) waren eine gewöhnliche Speise der Athener, die in
der Regel, aulser bei festlichen Schmausereien, sehr einfach und mäßig alsen, — Ein Obolus beträgt
nach unserem Gelde noch keinen vollen Groschen.
327 re
Pamphilus.
Ich dulde Alles —
Davus.
's ist dein Vater, Pamphilus!
Schwer ist's; hülflos ist sie hier; gar leicht ersinni er ein Mittel wohl,
Wie er sie zur Stadt hinausjagt.
Pamphilus.
Was? himausjagt! —
Davus.
Ja. und bald.
Pamphilus.
Sprich, was ich ihun soll, Davus.
Davus.
Sag’, du wollest sie nehmen.
Pamphilus.
Wie?
Davus.
Was ist?
Pamphilus.
Das sagen! —
Davus.
Warum nicht?
Pamphilus.
Nimmermehr!
Davus.
Verweigr' es nicht! 10.
Pamphilus.
Verlang’ es nicht!
Davus.
So höre nur, was d’raus entsteht!
Pamphilus.
Dass dort man mich aussperrt, hier mich einspertt.
Davus.
Nein doch. nein!
So. glaub’ ich. wird es kommen: der Vater sagt zu dir:
- Du sollst ein Weib heut nehmen. „Gut,” antwortest du.
Nun
ini 49 u
Nun sag’, wie kann er dann dich schelten? Mit einem Schlag 15
Zerstörst du alle die Pläne, die er für sicher hält,
Ohn’ alle Gefahr; denn ganz gewiss giebt Chremes dir
Die Tochter nicht. Natürlich änderst du darum
Dein Leben nicht, dass er nicht ändere seinen Sinn.
Dem Vater sag’, du willst, damit er dir, will er gleich, nicht zürnen kann. 20.
Dein Hoffen mach’ ich leicht zu nichte. „Wer giebt bei solcher Lebensart
'ne Frau mir?” denkst du. Er sucht ’ne Arme, eh’ er dich so verderben lässt.
Doch sieht er, dass du gelassen nachgiebst, nun, so sehläferst du leicht ihn ein;
Er nimmt sich Zeit, 'ne Andre zu suchen. Inzwischen kann gar viel geschelın.
Pamphilus.
Du glaubst?
Davus,
Kein Zweifel.
Pamphilus.
Bedenke, wozu du mich verleitest'
Davus.
to
on
Sei nur still!
Pamphilus.
So sei es! doch darf er ja nicht wissen, dass ein Kind von mir sie hat;
Denn ich versprach, es anzuerkennen.
Davus.
Verwegne That!
Pamphilus.
Sie besehwur mich, d’rauf
Mein Wort ihr zu geben, damit sie wisse, dass ich sie nie verlassen will.
Davus.
Wir werden’s besorgen. — Da kommt der Vater. Dass er dich ja nicht traurig sieht!
Vierte Scene.
Sımo, Davus, Pamphilus.
Sımo (für sich).
Lass sehn, was sie treiben, was für Pläne sie schmieden da.
Davus (halblaut zum Pamphilus).
Der zweifelt nicht ein Bischen, dass du dich weigern wirst.
-
’
Er kommt jetzt aus der Einsamkeit, hat nachgedacht,
Und hofft 'ne Red’ erfunden zu haben, mit welcher er
Dich ganz verblüfien könne. Nimm dieh zusammen drum! ö:
Pamphilus.
Ach könnt’ ich's nur!
Davus.
O glaube mir sicher, Pamphilus,
Dein Vater wird kein einzig Wörtehen heut mit dir
Mehr wechseln, hast du zur Heirath ruhig ja gesagt.
F ün Beftelsssie.e n-e.
Byrria, die Vorigen.
B yr vıa (schleicht hinter Simo her auf die Bühne, und spricht, unbemerkt von den Ändern, für sich).
Der Herr befahl: Lass Alles stehen und liegen heut,
Und acht’ auf Pamphilus, was er der Hochzeit wegen thut.
Drum schleich’ ich hier dem Alten auf dem Fufse nach. —
Doch halt! da ist er ja selbst mit Davus. Aufgepasst!
Sımo (für sich).
Da stehn sie-beide.
Davus (zu Pamphilus).
Jetzt gieb Acht!
Sımo (laut).
He, Pamphilus! 5.
Davus (leise zu Pamphilus).
Nun stell’ dich, als sähst du ihn unvermuthet.
Pamphilus.
Ah, Vater!
Davus (leise zu Pamphilus ).
Brav!
Sımo.
Ich will, wie ich schon dir sagte, dass heut ein Weib du nimmst.
Byrrıa (für sich).
Nun fürcht’ ich für uns, was Pamphilus antworten wird.
Pamphilus.
Nicht hier, noch sonst wo werd’ ich je dir entgegen sein.
wu
Byrria (für sich).
Wie?
Davus (leise zu Pamphilus).
Da ist er stumm.
Byrria (für sich).
Was spricht er da?
Simo.
Du thust, wie dir's 10.
Geziemt, wenn du in Gutem meinem Wunsch dich fügst.
Davus (zu Pamphilus).
Nun, hab ich Recht?
Byrria (für sich).
Schlecht sieht's, wie ich hör, um des Herren Braut.
Simo (zu Pamphilus).
Nun geh hinein, dass wenn man dich braucht, bei der Hand du seist.
Pamphilus.
Ich geh‘. (ab. Davus begleitet ihn bis an die Thür, spricht heimlich mit ihm, und kommt
dann zurück.)
Byrria (für sich).
Dass man doch Keinem jemals trauen darf!
Wohl ist's ein wahres Sprichwort, was man zu sagen pflegt: 15.
Ein Jeder ist sich selbst der Nächste. Ja, ich weißs,
Ich sah einmal das Mädchen; ich erinnre mich:
Ein hübsches Kind! — So verdenk’ ich's nicht dem Pamphilus,
Dass er lieber sie selbst umarmt, als dass er sie Jenem günnt.
Ich meld’ es, und hole für schlimme Post mir schlimmen Lohn. ab.) 20.
Sechste Scene.
Davus, Simo.
Davus (für sich).
Der glaubt nun sicher, irgend ’nen Anschlag hab’ ich jetzt
Für ihn gesponnen, und bleibe desshalb hier zurück.
Simo.
Was sagt er, Davus?
2 52 un
Davus.
Gerade soviel eben jetzt.
Sımo.
Nichts? Hm!
Davus.
Gar nichts.
Sımo.
So! und ich erwartete etwas doch.
Davus (für sich).
Kommit’s unvermuthet? ich merke wohl, das wurmt den Mann. 5.
Sımo.
Kannst du mir die Wahrheit sagen?
Davus.
Ich? nichts Leichteres.
. Sımo.
Kommt ihm die Hochzeit etwa ungelegen? wie?
Des vertrauten Umgangs wegen mit der Fremden dort?
Davus.
Mein Seel’ nicht! und wenn's aueh wäre, so ist das en Gram
Auf zwei, drei Tage; verstehst du? dann ist Alles fort. 10.
Er hat's ja reiflich unterwegs schon überlegt.
Sımoe.
Das lob’ ieh.
Davus.
So lang’ es ihm freistand und sein Alter noch
Es erlaubte, liebl' er, und heimlich, dass es nicht üblen Ruf
Ihm brächte, wie es dem wackern Manne denn geziemt.
Nun sell er frein; zum Freien ist er sogleich bereit. 15.
Simo.
Doch schien er ein Bischen verdriefslich mir vorhin zu sein.
Davus.
Nicht wegen des Mädchens; nein! er hat was gegen dich.
Sc.6. V.3. „Gerade so viel,” d. h.: so viel wie nichts, ganz und gar nichts. Die Latei-
nische Formel aeque quicgquam wird, wie die dafür gewählte Deutsche, erst durch begleitende Ge-
stieulation, z. B, Schnellen mit den Fingern u. dgl. verständlich,
Sımo.
Was denn?
Davus.
'ne Kinderei.
Sımo.
Was ist's?
Davus.
Nichts!
Sımo.
Sprich! ich will’s.
Davus.
Er sagt, man wende zu wenig d’ran.
Simo.
Wer? ich?
Davus.
Ja, du.
Kaum für zehn Drachmen, meint er, ist ja Essen da. 20.
Sieht das wohl aus, als hiell’ er die Hochzeit seines Sohns ?
Wen, sagt er, von meinen Freunden bit!’ ich zu Gaste nun
Am liebsten? — Und im Vertrauen muss ich dir sagen, du
Bist wirklich allzu karg. Das lob’ ich nicht.
Simo.
Du schweigst!
Davus (für sich )
Das wirkt.
S51mo.
Ich will schon sorgen, dass Alles in Ordnung ist. 25
(für sieh. )
Was steckt dahinter? was führt nur der alte Fuchs im Schild?
Ist ein schleehter Streich im Werke, so ist er gewiss das Haupt.
Se.6. V.2%0. Die Attische Drachme beträgt nach unserem Gelde etwa 4 bis 6 gute Groschen.
Dritte Act
Erste Scene
Mysis, Sımo, Davus, Lesbia, Glycerium (hinter der Scene):
M ysis (tritt auf, mit Lesbia im Gespräch, ohne Simo und Davus zu bemerken).
Mein Seel, so ist es, wie du gesagt hast, Lesbia.
Gar selten findet ein Mädchen einen treuen Mann.
Sımo (zu Davus).
Das ist die Magd der Andrierinn.
Davus.
Wie? was?
Simo.
So ist's.
Mysis.
Doch Pamphilus —
Simo.
Was spricht sie?
Mysis.
Gab sein Wort ihr.
Sımo.
Wie?
Davus (für sich).
Wär er doch taub geworden, oder jene stumm!
Mysis.
Dass er anerkennen wolle ıhr Kind.
Sımo.
O Jupiter!
Was hör ich! aus ist Alles, wenn sie die Wahrheit spricht.
DU
Lesbia.
Das muss ein guter Jüngling sein.
Mysis.
Ein vortrefflicher!
Doch komm hinein, dass du ihr nicht fehlst.
Lesbia.
Ich komme schon.
(Beide ab in Glycerium’s Wohnung. )
Davus (für sich).
Wie soll ich dieses Uebel nun curiren.
Simo.
Was?
Ist er so verrückt! von einer Fremden! — Nun weils ich's! ach,
Dass ich Pinsel es jetzt erst merke!
Davus (für sich).
Was hat der gemerkt?
| Simo.
Das ist der erste Streich jetzt, den mir der Schurke spielt.
Um Chremes abzuschrecken, muss sie in's Wochenbett.
Glycerium (hinter der Scene).
Hilf Juno Lucina! rette mich! ich fleh’ dich an.
Simo.
Oho, so geschwind! wie abgeschmackt! Sobald sie hört,
Dass ich vor der Thür hier stehe, geschwind geht's los. Das hast
Du, Davus, nicht gut eingetheilt, der Zeit nach.
Davus.
Ich?
Sımo. €
Vergessen sie ihre Rollen vielleicht?
10.
15.
Sc.1. V.11. „von einer Fremden!” Zwischen einer Fremden und einem Athenischen Bür-
ger fand in Athen keine bürgerlich legitime Ehe Statt. Ein Kind von einem Bürger und einer Bür-
gerinn, auch aulser der Ehe erzeugt, galt für echt und hatte das Bürgerrecht; das Kind eines Bürgers
von einer Fremden hingegen galt für unecht, wenn sie auch verheirathet waren.
V.15. „Juno,” als Vorsteherinn der Ehen, ist zugleich mit dem Beinamen Lucina die Schutz-
göttinn der Gebärenden.
— 5 —
Davus.
Ich versteh’ dich nicht.
Sımo (für sich).
\Venn der bei wirklicher Hochzeit unvermuthet so 20.
Mich überfallen, wie hätt!’ er zum Narım mich dann gehabt!
Nun geht's auf seine Gefahr hin, da ich im Hafen bin.
Amer Beh Be en &
Lesbia, Simo, Davus.
Lesbia (kommt aus Glycerium’s Hause, und spricht beim Herausgehen ins Haus hinein).
Bis jeizt find’ ich, Archylis, die Anzeichen günstig;
Den Zustand gefahrlos und völlig in der Ordnung.
Jeizt lass erst sie baden, und nachher meiner Vorschrift
Gemäfs gebt vom Heiltrank ihr ein, den ich verordnet.
Bald komm’ ich selber wieder. 5,
(für sich. ) ,
Wahrhaftig, 'nen hübschen Jungen hat der Pamphilus.
Die Götter mögen das Kind erhalten! denn er ist ein braver Mensch,
Und kann es übers Herz nicht bringen, dem guten Mädchen weh zu Ihun. (ab.)
Sımo.
Wer zweifelte jelzi noch, der dich kennt, dass dies dein Werk ist.
Davus. i
Was denn nur?
Siımo.
Nicht drinnen hat sie angeordnel, was für die Wöchnerinn nöthig ist. 10.
Sie geht heraus, und schreit es denen, die drinn sind, von der Strafse zu.
O Davus, achtest du mich so wenig? hältst du für so einfältig mich,
Dass du mich so offenbar mit grobem Betrug zu hintergehen wagst?
Vorsichtig wenigstens! dass es doch schiene, du fürchtest mich, wenn ich dahinter kam.
Davus (für sich).
Fürwahr! der täuscht sich selbst jetzt, ıch nicht,
Sımo.
Angekündigt hab’ ich dirs, 15.
Gedroht, damit du es unterliefsest. Hattest du Furcht? — Was hilft dir's nun?
Glaub’ ich’s dir denn, sie hab’ ein Kind vom Pamphilus?
Davus
u 57 —
Davus (für sich).
Nun weils ich, was er sich vorstellt, und was ich hu.
Simo.
Du schweigst?
Davus.
Wie solltest du’s glauben? Als wäre dir nicht vorher schon Alles hinterbracht.
Simo.
Mir hätte — wer?
Davus.
Ei, hast du’s wirklich selbst gemerkt?
Sımo.
Du verspottest mich. 20.
Davus.
Es war dir hinterbracht. Wie hättest du diesen Argwohn sonst geschöpft?
Simo,
Wie? weil ich dich kenne!
Davus.
Meinst du wirklich, auf meinen Rath sei das geschehn?
Simo,
Ich weils es gewiss.
Davus.
Da kennst du mich wirklich, Simo, noch gar nicht, wie ich bin,
Simo.
Ich dich nicht?
| Davus.
Fang’ ich nur an, dir was zu erzählen, bildest du gleich dir ein,
Ich mache dir Wind vor; drum getrau’ ich mir kaum, den Mund noch aufzuihun, 25.
Sımo,
Genug. das weils ich, dass keine Seel’ hier niedergekommen.
Davus.
Richtig.
Nichts destoweniger werden sie bald ein Kind herbringen vor die Thür.
Das will ich dir jetzt voraus nur sagen, damit du’s wissest, Herr, und nicht
Nachher behauptest, nach Davus listigem Plan und Anschlag thun sie das.
Diese deine böse Meinung sei durchaus von mir entfernt. 30.
8
a
Simo.
Sprich. wie weilst du das?
Davus.
Ich hört's und glaub’ es; vieles vereinigt sich,
Diese Vermulhung mir zu bestäligen. Lange schon behauptet sie,
Schwanger zu sein vom Pamphilus. Erlogen wars, und nun sie sieht,
Dass man Anstalt macht zur Hochzeit, schickt sie flugs ihr Mädchen fort.
Um die Hebamm’ herzuholen, und mitzubringen gleich das Kind.
Siehst du selber nicht das Kind, so wird ja die Hochzeit nicht gestört.
Sımo.
Was sagst du? \Venn du wulstest, dass
Solch ein Plan gemacht sei, warum saglest du's Pamphilus nicht sogleich ?
Davus.
\Wer hat sonst ihn losgerissen, als ich? wir wissen’s Alle ja,
Wie er sterblich in die verliebt war; und doch begehrt er jetzt 'ne Frau.
Kurz, die Sache vertrau’ nur mir! du richte die Hochzeit ferner ein,
Wie du bisher gethan, und ich hoffe, hülireich werden die Götter sein.
Sımo.
Geh nur hinein, erwarte mich drinn, und hilf bereiten, was nölhig ist. — (Davus ab.)
Ihm ganz zu trauen, dahin bringt er zwar mich nicht.
Ich weils nicht, ob das Alles wahr ist, was er sagt.
Doch kümmert's mich wenig. Das Allerwichtigste ist für mich,
Dass der Sohn mir’s selbst versprochen hat. Zu Chremes eil’
Ich nun, und bit! ihn um die Tochter; erlang’ ıch das,
Wann könnt’ erwünschter die Hochzeit dann mir als heute sein?
Denn was mein Sohn mir versprochen, ohne Zweifel kann
Ich mit Recht dazu ihn zwingen, wenn er sich weigerte. —
Sieh’ da! zur guten Stunde kommt ja Chremes selbst.
Dritte tSsw ern.e
Sımo, Chremes.
Sımo.
VW illkommen, Chremes!
” Chremes.
Ha, dich sucht’ ich.
40.
50.
Simo.
Und ich dich.
Chremes.
Du kommst mir recht.
Mir sagten Leute, sie hätten von dir gehört, dass meine Tochter heut
Heirathe deinen Sohn. Schn will ich, ob du verrückt bist. oder die.
Simo.
So hör, und gleich erfahren sollst du, was ich begehr' und was du frägst.
Chremes.
Ich höre; sprich, was du begehrst.
Simo.
Bei den Göttern, Chremes, und unserer Freundschaft bitt' ich dich.
Die anfing in der Kindheit und mit dem Alter wuchs,
Bei deiner einzigen Tochter und bei meinem Sohn,
Den du allein jetzt reiten kannst, sobald du willst:
OÖ hilf mir hierin und gieb die Heirath zu, so wie
\Wir's früher beschlossen!
Chremes.
Ach beschwöre mich doch nicht!
Als braucht‘ es der Bitten, dies von mir zu erlangen erst!
Bin ich ein Andrer, als damals, da ich sie dir versprach?
Ist beiden die Heiralh nützlich, lass sie holen, gleich!
Allein wenn beiden Unglück mehr, als Nutzen draus
Entspringt, so bitt' ich, bedenke beider Theile Wohl.
Als wär sie dein, und ich der Vater des Pamphilus!
Sımo.
So wünsch’ ich ja und verlange, dass es geschehe, Freund.
Ich fordert es nicht, wenn die Sach’ es selbst nicht riethe.
Chremes.
\Wie?
Sımo.
Mein Sohn ist mit Glycerium uneins.
Chreme:s.
Glaub’ es wohl,
Simo.
So sehr. dass ich ihn loszureifsen hofle.
10.
15.
Pe ©, | De =
Chremes.
Spals!
Simo.
Im Ermst, so ist's.
Chremes.
Nein, so ist's, wie ich dir sagen will:
Der Liebenden Streit ist der Lieb’ Ernewerung.
Simo.
OÖ, so lass,
Ich flehe, zuvor uns kommen, da es Zeit noch ist,
Und Beleidigung die Leidenschaft noch unterdrückt.
Eh Weiberränk’ und verstellte Thränen sein Gemülh,
Das krank ist, listig zum Mitleid bringen, wollen wir
Ein Weib ihm geben. Der bessre Umgang, hofl’ ich, und
Anständ’ge Ehe wird ihn fesseln, Chremes, ihn
In Kurzeın relten aus dem Verderben, in das er sank.
Chremes.
So denkst du dir’s. Ich aber glaube, nicht lange wird
Er ireu ihr bleiben, und ich gebe nimmer zu —
Sımo.
Wie weifst du das, noch ehe du den Versuch gemacht?
Chremes.
Wer macht an der eignen Tochter solche Versuche gern!
Sımo.
Nun ja, das Schlimmste, was d’raus entsteht, wenn das geschieht,
Was die Götter verhülen mögen, eine Scheidung ist's.
Doch wenn er sich bessert, bedenke, wie viel Vortheile dann!
Vor allem giebst du dem Freunde seinen Sohn zurück,
Find’st einen Gatten der Tochter, einen Eidam: dır.
Chremes.
Je nun, da du glaubsi, es werde beiden erspriefslich sein,
So will ich deinem Vortheil nicht im Wege siehn.
Sımo.
Mit Recht, Freund Chremes, hab’ ich stets dich hochgeschätzt.
Chremes.
Doch hör mal, sag’ mir —
30.
3.
40.
u a
Simo.
Nun?
Chremes.
Woher erfuhrst du, dass sie im Streit sind?
Simo.
Mir sagt’ es Davus selbst, der ganz mit ihren Plänen vertraut ist,
Und lag mir an, so viel es geht, zu beschleun’gen diese Hochzeit; 49.
Und meinst du, er ihätl’ es, wüsst' er nicht, dass auch mein Sohn es wünschet?
Gleich sollst du aus seinem Mund’ es hören. — (zu den Sclaven)
He, ruft mir einmal den Davus.
Doch sieh! da kommt er selbst heraus.
Vierte Scene,
Die Vorigen, Davus.
Davus (zu Simo).
Ich suchte dich.
Simo.
Was giebt's denn?
Davus.
Wesswegen holt man die Braut noch nicht? es wird schon Abend.
Simo (zu Chremes).
Hörst du? —
(zu Davus)
Ich habe sonst gefürchtet, Davus, dass du’s eben so machtest, wie
Der grofse Haufe der Sclaven, die mit Listen täuschen ihren Herrn;
Da der Sohn verliebt ist:
Davus.
Wie? ich sollte so was ihun! —
Sımo.
Ich hab's geglaubt. 5.
Desshalb verbarg ich euch, was ich jelzt dir sagen will.
Sc. 3. V. 47. Simo rult seine Sclaven, in deren Begleitung er aufgetreten ist, und die inzwi-
schen als stumme Personen im Hintergrunde des Theaters stehen geblieben sind. Ohne Begleitung
eines oder einiger Sclaven geht Niemand aus.
- 2 —
Davus.
Was?
Sımo
Hör mich an.
Denn schon hab’ ich Zutrau’n fast zu dir.
Davus.
So hast du endlich mich erkannt?
Sımo.
Die Hochzeit war nicht wirklich.
Davus.
Wie? Was? nicht?
Simo.
Nein, nein!. Verstellung war's,
Um so euch auszuforschen.
Davus.
Was du sagst!
Sımo.
So ist's.
Davus.
Seh’ einer an!
Das hätt’ ich nimmermehr errathen. Potz! welch kluger list'ger Plan! 10.
Sımo.
Nun hör! als ich dich hineingeschickt, kommt Chremes zur rechten Zeit.
Davus (für sich).
O weh!
Ist Alles aus?
Sımo.
Ich erzähle dem, was du mir kurz vorher erzählt.
Davus (für sich).
Was werd ich hören?
Sımo.
Um seine Tochter bitt’ ich, erbitte sie kaum.
Davus (für sich).
's ıst aus!
Sımo (der Dayus’ letzte Worte gehört hat).
Was sagst du da?
eg pa
#
Davus.
's ist aufserordentlich schön!
Simo (auf Chremes zeigend ).
Nun hindert uns der nicht mehr.
Chremes.
Nach Haus nun geh’ ich, will gleich Anstalt machen, und lass’ es dich wissen dann.
(ab.)
Sımo.
Nun bitl’ ich, Davus, weil du ganz allein mir die Hochzeit hast bewirki —
Davus.
Ja wohl, ich ganz allein!
Sımo.
Bemüh’ dich, ganz zu bessern meinen Sohn.
Davus.
Ich will mein Möglichstes Ihun.
Simo.
Jetzt kannst du’s, da sein Gemüth noch aufgeregt.
Davus.
Sei ruhig nur.
Sımo.
Doch sag’, wo ist er selbst?
Davus.
\Wo anders, als zu Haus?
Sımo.
Ich geh’, ihm das zu sagen, was ich dir eben sagle. (ab.)
Davus (allein).
Ich bin hin!
Warum besinn’ ich mich noch, in die Mühle von hier zu wandern geradeswegs ? —
Auch Bitten können nichts mehr fruchten. Alles hab’ ich umgekehrt.
Den Ilerrn betrog ich, stiels den Sohn erst recht in die Hochzeit, machte, dass
Sie heut noch wider sein Verhoffen, und Pamphilus’ Willen zu Stande kommt.
Verdammte List! Hätl ich nur Ruhe gehalten, wäre nichts geschehn. —
Da kommt er selbst; ’s ist aus mit mir!
O wär nur irgendwo hier Wasser! so stürzl' ich köpflings mich hinein.
15.
20.
23.
= 64 u
Fünfte Scene.
Pamphilus, Davus.
Pamphilus (ohne Davus zu bemerken).
Ha! wo ist er? der Schändliche! der mich heute — Alles ist aus! und wahrlich!
Recht geschieht mir, weil ich so dumm bin und gar nicht selbst mir zu rathen wusste.
Solchem Taugenichts von Sclaven anzuverlraun mein ganzes Glück!
Für meine Dummlheit bin ich gesiraft; doch er auch bleibt nicht ungestraft.
Davus (für sich).
Entkomm’ ich dieser Klemme glücklich, hab’ ich für immer ausgesorgt.
Pamphilus.
Was soll ich nun dem Vater sagen? soll ich mich weigern, da ich kaum
Versprochen, sie zu nehmen? — ach! mit welcher Sürne könnt’ ich das!
Ich weils mir nicht zu helfen.
Davus (für sich).
Ich weifs auch nicht, aber ich sinne nach.
Ich will ibm sagen, ich würde was erfinden, Zeit zu gewinnen nur.
Pamphilus (Davus bemerkend ).
Ah!
Davus.
Jetzt bemerkt er mich.
Pamphilus.
He, guter Freund, wie geht dirs? siehst du, wo
Du mich hineingestürzt?
Davus.
Ich zieh’ dich wieder heraus.
Pamphilus.
Heraus?
Davus.
Gewiss.
Pamphilus.
O ja, wie eben.
Davus,
Besser, hoff’ ıch.
Pamphilus.
Sell ich dir glauben, Galgenstrick!
10.
Du willst die verworrne, verdorbne Sach’ herstellen? trauen sollt’ ich dir,
Der aus der schönsten Ruhe heut’ in diese Heirath mich gestürzt?
Sagt’ ich nicht, so würd’ es kommen?
Davus.
Ja.
Pamphilus.
Was hast du verdient?
Davus.
Das Kreuz.
Lass mich nur mich ein Bischen sammeln! Ich denke schon was aus.
Pamphilus.
Verwünscht,
Dass ich keine Zeit jetzt habe, dich so zu bestrafen, wie ich will!
Denn der Augenblick ermahnt zur Vorsicht, nicht zur Rache mich.
Ws sense vl en ns
E77 Tre SO
Charinus, Pamphilus, Davus.
Charinus (für sich).
Ist es erhört, ist es glaublich! der Schändliche! —
Wehe, ‘dass irgend wen solcher Wahnsinn beherrscht,
Freudig auf fremde Noth hinzuschaun, weil er nur
Misset nach des Nächsten Weh eignes Wohl! — Wär es wahr? —
Nein! es giebt keine abscheulichere Menschenart,
Als die erst falsche Scheu hindert zu versagen; doch
Bald nachher, gilt es zu erfüllen das gegebne Worl,
Stellt der Nothwendigkeit Zwang sie in das wahre Licht.
Fürchten sie sich gleich, erheischt nun die Noth Weigerung,
Dann verlässt alle Scham gänzlich sie. ,„‚Wer bist du denn?”
Sagen sie, „was willst du mir? soll ich dir meine Braut —?
Bin ich nicht selber mir der Nächste?” — Wo bleibt die Treu’?
Fragst du, — das rührt sie nicht, da es Noth thut; vorhin,
Da’s nicht Noth that, gab's Bedenken.
Doch was thu’ ich jeizo? geh’ ich ihm vorzuwerfen seine Schuld.
Jeden möglichen Schimpf ihm anzuthun? Ihr sagt: das hilft dir nichts. —
Nichts? ich werd’ ihm wenigstens lästig, sättige meine Rache doch.
Pamphilus.
Charinus, unvorsichtig stürzt’ ich uns beid’ ins Unglück, hilft kein Gott.
Charinus.
Unvorsichtig? so? — da ist der Vorwand! — ja, du hieltest Wort.
Pampbilus.
Wie? was meinst du?
10.
— 67 —
Charinus.
Denkst du noch mit Worten mich anzuführen? wie?
Pamphilus.
Was ist das? —
Charinus.
Nachdem ich dir meine Liebe gestanden, gefiel sie dir.
\Weh mir Armen, dass ich deine Gesinnung nur nach meiner mals!
Pamphilus.
Irrig bist du.
Charinus.
Doch die Freude war dir noch nicht grofs genug,
\Venn du mich nicht erst verlocktest, falscher Hoffnung Schein zu traun.
Nimm sie! :
Pamphilus.
Ich sie nehmen? — Ach! du weifst nicht, wie ich elend bin.
Und wieviel Kummer der mir schon durch seine Pläne bereitet hat,
Mein Henkersknecht!
Charinus.
Das ist kein Wunder, wenn er ein Beispiel nimmt an dir.
Pamphilus.
Du würdest so nicht reden, kenntest du mich und meine Liebe nur.
Charinus.
Ich weils: mit dem Vater hast du lang dich gezankt, und der ist böse nun
Auf dich, weil er dich heute gar nicht bewegen konnte, sie zu frein.
Pamphilus.
OÖ nein! du kennst noch, merk’ ich, meinen Kummer nicht.
Die Hochzeit war mir eigentlich gar nicht zugedacht,
Und keinem fiel, mir eine Frau zu geben, ein.
Charinus.
Ich weifs, durch eignen Willen bist du gezwungen. (will gehen. )
Pamphilus.
Bleib!
Du weilst noch nicht —
Charinus.
Ich weils, dass sie die Deine wird.
9 «“
20.
s0.
|
on
I
|
Pamphilus.
Was marterst du so mich? Höre doch! Er liefs nicht ab
Zu quälen, ich möchte dem Valer sagen, ich woll’ es thun.
Er bat, er drang, bis ich endlich überredet ward.
Charinus.
Wer that das?
Pamphilus.
Davwas.
Charinus.
Davus? warum?
Pamphilus.
Das weils ich nicht;
Doch dass mir die Götter zürnten, da ich ihn gehört,
Charınus.
Das thatst du, Dayus?
Davus.
Ich that das.
Charinus.'
Wie? Schurke du!
Verderben mögen die Götter dich für solche That!
He, sag‘, wenn alle Feinde sıch verschworen, ıhn
Zu stürzen in die Hochzeit, rielhen sie anders ihm?
Davus.
Geschlagen bin ich, aber malt noch nicht.
Charinus.
Ich glaub's.
Davus.
Da’s so nicht ging, versuchen wir’s auf anderm Weg.
Du glaubst doch nicht, weil’s einmal fehlschlug, könne nicht
Dies Unglück noch zum Glück sich wenden nach unserm Wunsch?
Pamphilus.
OÖ nein! ich glaube, wenn du dich recht zusammennimmst,
So bringst du aus einer Hochzeit zwei zu Stande mir.
Davus.
Ich bin als Sclave, Pamphilus, dir schuldig, stets
Mich anzusirengen mit Händen und Füfsen, Tag und Nacht,
un.
45.
50.
_ 69 —
Mein Leben d’ran zu wagen, kann ich dir nützlich sein.
Doch du, misslingt mir etwas, musst mir auch verzeihn.
Heut wollte mir's nicht gelingen; doch lag's am Willen nicht. 55.
Erfinde du was Bess’res, jage mich fort von dir.
’ Pamphilus.
Wie gern! — Nur setze mir Alles wieder im vorigen Stand.
Davus.
Ich werd’ es thun.
Pamphilus.
Nur bald!
Davus.
Da knarrt es an Glycerium's Thüre; horch!
Pamphilus.
Was kümmert dich's?
Davus.
Ich sinne nach.
Pamphilus.
Jetzt endlich?
Davus.
Ich hab’s; du erfährst es gleich.
Zweite Scene
Die Vorigen. Mysis.
Mysis (kommt aus Glycerium’s Hause, und ruft hinein).
Und wo er auch steckt, ich find’ ıhn auf und werd’ ıhn zu dir bringen,
Den Pamphilus; nur härme du dich nicht ab, mein liebes Herzchen!
Pamphilus.
He Mysis!
Mysis.
Wer ruft? Ab, Pamplhilus, wie kommst du mir gelegen!
Sc.1. V.58. „Da knarrt es an Glycerium’s Thüre.” Die Hausthüren wären ber den Grie-
chen insgemein so eingerichtet, dass sie sich nach der Strafse zu öfineten. Daher gab, wer die Thür
von innen öffnete, vorher mit einer Knarre oder Klapper (crepitator) ein Zeichen, damit die Vor-
beigehenden sich in Acht nähmen, nicht von dem Thürtlügel getroffen zu werden.
Die Herrinn lässt, wenn du sie
Sie sehnt sich, dich zu sehn.
— 70 —
liebest, dich bitten, zu ikr zu kommen.
Pamphilus.
O weh! nun geht erst an mein Leiden.
Da sich. wie schlimm es mit mir und ihr nun steht durch dein Verschulden!
Sie läfst mich rufen, weil sie hört, man mache zur Hochzeit Anstalt.
Wie hätt’ er Ruhe davor gehabt,
Charınus.
wär der nur ruhig gewesen!
Davus.
Nur zu! wenn er nicht von selbst genug schon tobt, so sporn’ ihn noch!
Mysis.
Freilich.
Das ist die Sache; darum ist die Arme so traurig.
Pamphilus.
Mysis!
Bei allen Göttern schwör ich, niemals will ıch sie verlassen,
Und müsst ich alle Menschen mir dadurch zu Feinden machen.
Sie wünscht’ ich mir, sie wurde mein; wir passen zusammen. \Veg denn,
Die uns trennen wollen! Keiner, als der Tod, kann sie mir nehmen.
Ich athme wieder.
Mysis.
Pamphilus.
Wahrer ist kein Ausspruch von Apollo. —
Wenn's sein kann, dass der Vater nicht bemerkt, dass ich d’ran Schuld bin,
Dass nichts aus der Heirath wird, so ist mir’s lieb; doch kann das nicht sein,
Nun gut, so geh ich gerade zu, dass er sieht, dass ich d’ran Schuld bin.
Wie find’st du mich nun?
Charinus.
Elend, wie mich.
Wenn du noch etwas versuchst.
Davus.
Rath such’ ich.
Charinus.
Wacker bist du,
Dayus.
Gewiss, ich werde sogleich was finden.
or
10.
20.
Pamphilus.
's ist hohe Zeit.
Davus.
Ich hab's.
Charinus.
Was? h
Davus.
Irr’ dich nicht! für ihn (auf Pamphilus deutend), für dich nicht.
Charinus.
Schon gut.
Pamphilus.
So sprich, was willst du ihun?
Davus.
Der Tag wird kaum zum Handeln
Hinreichen, fürcht' ich; bleibt mir da wohl Zeit zum Schwatzen übrig?
So hebt euch nun hinweg von hier! Ihr seid mir nur im Wege.
Pamphilus.
Ich geh’ zu ihr. (ab.)
Davus.
Und du? wohin?
Charinus.
Gesteh’ ich die Wahrheit?
Davus.
Nein doch!
Der fängt mir da 'ne Geschichte an!
Charinus.
Was soll aus mir denn werden’?
Davus.
I du Unverschämter! genügt dir nicht, dass ich Tagesfrist dir schenke,
So lang’ ich verschiebe die Hochzeit’?
Charınus.
Aber lieber Davus —
Davus.
Was denn?
Charinus.
Dass ich sie bekomme!
[507
ON
Davus.
Närrischer Kauz!
Charinus.
Komm zu mir, kannst du mir helfen!
Davus.
Was kommen? es giebt nichts.
Charinus.
Doch wenn ja —
Davus.
Nun gut, ich komme.
Charinus.
Wenn ja — 30.
Ich bin zu Hause. (ab.)
Davus.
Du Mysis, wart‘ ein wenig; ich komme wieder.
Mysis.
Wesswegen?
Davus.
Es muss so sein.
Mysis.
Mach schnell.
Davus.
Gleich werd’ ich wieder hier sein.
{ab in Glycerium’s Haus.)
Dior 1 1 te... Ssele nie;
Mysis, nachher Davus.
Mysis (allein).
Dass Keinem etwas eigen bleibt! — Beim Himmel! dacht
Ich doch, der Herrinn höchstes Gut sei Pamphilus;
Er seı als Freund, Geliebter, Galte slels bereit
Für sie. — Und welchen Kummer leidet sie jetzt um ihn!
Wer weils, ob nicht dies Uebel gröfser, als jenes Gut! — Dr:
(Davus kommt aus Glycerium’s Wohnung, ein neugebomes Kind auf dem Arme tragend.)
Doch Davus kommt: — Ich bitte dieh, Mensch, was machst du da?
Wo irägst du das Kind hin?
Davyus.
Davus.
Mysis, jetzo rechn’ ich stark
Bei dieser Sach’ auf deine Schlauheit, deine List.
Mysis.
Was hast du vor?
Davus.
Nimm mir geschwind den Knaben ab,
Und leg’ ihn vor unsre Hausthür hin.
Mysis.
Ich bitte dich! 10.
Auf die blofse Erde?
Davus.
So hole dir Kräuter vom Altar,
Und streue sie unter.
Mysis.
Aber warum thust du das nicht?
Davus.
Damit dem IHerrn ich schwören kann, wenn’s nöthig ist,
Mit gutem Gewissen, dass ich's nicht gethan.
Mysis.
Versteh'.
Seit wann bist du so gewissenhaft geworden? sprich! 15.
Davus.
Mach fort, damit du erfahren kannst, was dann geschieht. —
O Jupiter!
Mysis.
Nun?
Davus.
Der Vater der Braut kommt grad’ hieher.
Nun muss ich den Plan verwerfen, den ich erst gemacht.
Sc. 3 V. 11. „So hole dir Kräuter vom Altar.” — Auf der Bühne standen (nach Sca-
liger: Poetic. I. c. 21.) immer zwei Altäre: der eine rechter Hand, in der Tragödie dem Bacchus, in
der Komödie dem Apollon geweiht; der andere links dem besonderen Gotte, welchem zu Ehren man
die Spiele feierte. Beide wurden mit frischen Kräutern oder Zweigen, vorzüglich wohl Myrthen,
Oelblättern u. dgl- geschmückt.
10
’
-ı
— i& —
Mysis.
Ich weils nicht. was du schwalzest.
Davus.
Ich will Ihun, als käm’
ich hier von der rechten Seile; unterstütze du 20.
Mit Worten meine Rede wohl. wie's nölhig ıst. (schleicht fort, ohne dass Mysis es bemerkt.)
Mysis.
Ich weifs nicht. was du vorhast; doch wenn elwas ist,
Worin ich irgend helfen kann, so bleib’ ich, da
Du weiter siehst, um nicht zu hindem, was euch nützt.
Vyertieifeene
Chremes, Mysis, hermach Davus.
Chremes (geht auf Simo’s Haus zu)..
Ich kehre zurück, da ich Alles zur Hochzeit nun besorgt,
Die Tochter holen zu lassen. — Was ist das? Fürwahr!
Ein Kind! Weib, hast du’s hingelegt?
Mysis.
. Wo ist er hin?
Chremes.
Antworlest du nichl?
Mysis.
Er ist nirgends. Weh mir Armen, weh!
Der Mensch verlässt mich, und läuft davon.
Davus (schnell auftretend ).
Potz tausend, welch 5.
Ein Lärm auf dem Markt! was processiren die Leut'! und hoch
Im Preise steht das Getreide. — (bei Seite) Weiter weils ich nichts.
(Chremes hat sich zurückgezogen, und Davus stellt sich, als bemerke er ihn nicht.)
Mysis.
Was hast du mich so allein hier —?
Davus (sie unterbrechend ).
Na, was bedeutet das?
Ife. Mysis, wie kommt das Kind dahin? wer bracht’ es her?
ut.
Mysis.
Bist du bei Sinnen, das mich zu fragen?
Davus.
\\en früg’ ich sonst”
Ich sehe ja sonst hier Niemand. g
Chremes (für sich).
\oher mag es sein?
Davus (indem er Mysis heftig aufasst ).
Antwortest du gleich?
Mysis.
Au!
Davus (leise zu Mysis).
Komm auf die rechte Seite doch.
Mysis.
Du bist wohl toll; hast du nicht selber —?
Davus (einfallend, leise).
\Venn du noch
Ein Wort sagst, aufser was ich dich frage, so sieh dich vor!
(laut)
Dumm Zeug! woher ist's? sag’ es laut!
Mysis.
Von uns.
Davus.
Ha, ha!
Was Wunder auch. wenn solche Dirne so unverschämt
Sich zeigt!
Chremes (für sich).
Die ist bei der Andrierinn, so viel ich seh‘.
Davus.
Denkt ihr, wir wären solche Narr'n, dass ihr bequem
Uns könnt zum Besten haben?
Chremes (für sich).
> Da kam ich zu rechter Zeit.
Davus.
Gleich mach, und nimm den Knaben hier von der Thüre weg! —
(leise, da Mysis Anstalt macht)
So bleibe doch. und rühre Jich hier nieht vom Platz!
10 *
10.
u 706 =
Mysis.
Dass die Gölter dich verdammen! wie erschreekst du mich!
Davus.
Nun hörst du, oder nicht?
Mysis.
Was willst du?
Davus.
Fragst du noch?
Gleich sag. wem gehört der Knabe, den du hier hingelegt?
Mysis.
Das weilst du nicht?
Davus.
Lass das, was ıch weils; antworle nur!
Mysis.
Euch.
Davus.
Welchen Uns!
Mysis.
Dem Pamphilus.
Davus.
Wie? was? Pamphilus!
Mysis.
Ists denn nicht so?
Chremes (für sich).
Der Heirath wieh mit Recht ich aus.
Davus.
Ö freehe, besirafenswerlhe Thai!
Mysıs.
Was schreist du so?
Davus.
Das Kind, das ıch gestern Abend zu euch iragen sah?
Mysis.
Du dreister Lügner!
ro
— /1 —
Davus.
Wahr bleibt wahr. Ganz ausgestopft - s0.
Kam Canthara gegangen.
Mysis.
Dank den Göttern, dass
Doch Zeugen zugegen waren bei der Niederkunft!
Davus.
Da kennt sie den nicht, um desswillen sie Alles Ihut.
Sieht Chremes vor der Thür den Knaben, so solll er nicht
Die Tochter geben? — Wahrhaftig! er giebt sie um so eh'r. 3).
Chremes (für sich).
Wahrhaftig, das lässt er bleiben.
Davus.
Jetzt, damit du’s weilst,
Wenn du nicht das Kind gleich wegnimmst. nehm’ ich's und werf’ es auf
Die Sitrafs’ und dieh selber wälz’ ich hinterdrein im Kolth.
Mysis (das Kind aufnehmend ).
Gewiss, du bist nicht nüchtern, Mensch.
Davus.
Auf dem Fufse folgt
Ein Trug dem andern; ich hör schon Nlüstern, das Mädehen sei 40.
'ne Attische Bürg’rinn.
Chreimes (für sich).
\Wje?
Davus.
Dem Geselz nach muss er dann
Zur Frau sie nehmen.
Mysis.
Ich bitte dieh drum, isl's denn nicht so?
Chremes (für sich).
In ein hübsches Unglück wär ich da gerathen ball.
Sc. 4. V. 30. „Ganz ausgestopft,” indem sie nämlich das Kind unter dem Mantel trug
Canthara, irgend eine sonst nicht erwähnte Dienerinn der Glycerium.
m
a
Davus (thut, als würde er jetzt erst Chremes gewahr).
Wer spricht dd? — Ei, sieh, Chremes! wie du gelegen kommst!
Hör an!
Chremes.
Ich hörte Alles.
Davus.
Wie? du? Alles das? 45
Chremes.
Ich hörte, sag’ ich dir, Alles.
Davus.
Hörtest du’s wirklich? wie?
Abscheulich! gleich muss diese hier auf die Folter fort.
(zu Mysis)
Der ist's. Glaub’ nicht, dass du Davus allein zum Besten hast.
Mysis.
O weh mir! — wahrlich, nur Wahrheit sprach ich, mein guter Herr!
Chremes.
Ich weils schon Alles. Ist Simo drinn?
Davus (triumphirend ).
Ja. (Chremes ab in Simo’s Haus.)
Mysis (zu Davus, der sie caressiren will).
Berühr’ mich nicht, 0.
Du Schändlicher! wart’, ich werde Glycerium alles das —
Davus.
Du Närrinn! weifst du nicht, was geschehn?
Mysis.
Wie wüsst' ich das?
Davus.
Das war der Schwiegervater; dem liefs sich anders nicht
Beibringen, was wir wollten.
Mysis.
Hättest du’s gleich gesagt!
Davus.
Ei, glaubst du, es sei gleich viel, ob du’s aus Herzensgrund, 99
So wie dir's einkam, machtest, oder eingelernt?
ER, an“
Fünfte Scene
Crito, Mysis, Davus.
Crito (für sich).
In dieser Strafse, heifst es, wohnte Chrysis sonst,
Die hier unehrbar Reichthum lieber erwerben wollt‘,
Als ehrbar, aber dürftig leben im Vaterland.
Durch ihren Tod fällt mir zu, was sie hinterlässt. —
Da sind ja Leute; die kann ich fragen. — Seid gegrüfst! — 5.
Mysis.
Wen seh’ ich? Ilimmel! ist's Chrysis’ Vetter, Crito, nicht?
Er ist es.
Crito.
Ei sieh, Mysis!
Mysis.
Willkommen, Crito!
Crito.
Nun?
Ist Chrysis wirklich —?
Mysis.
Ach! sie hat uns tief betrübt!
Crito.
Doch ihr? wie lebt ihr? ich hofle gut.
Mysis.
Wir? nun, so gut
Wir können, das, wie wir wollen, doch einmal nicht geht. 10.
Crito.
Was macht Glycerium? Fand sie schon die Eltern hier?
Mysis.
Ach nein.
Crito.
Noch nieht? So bin ich zur Unzeit hergereis't;
Denn wusst’ ich das, so selzl ich nimmer den Fufs hieher.
Man hielt sie immer für ihre Schwester; so hiefs sie stets.
u) —
Sie besitzt der Verstorbnen Habe. Soll ich als Fremder nun . 19.
Drum processiren? Lehrt mich Andrer Beispiel doch,
\ie das mir leicht und nützlich wär. Auch, mein’ ich, fand ke
Sich wohl ein Freund und Beschützer schon für sie. Sie ging
Von dor! schon ziemlich erwachsen weg. Sie werden schrei'n,
Ein Sykophant ist der Crito, läuft der Erbschaft nach, 2.
Ein Bettler! — Und dann auch beraubt’ ich das Mädchen selbst nicht gern.
Mysis.
O trefflicher Freund! Bist immer der alte Crito noch.
Crito.
Komm. führe mich hin; da ich hier bin, will ich sie seh’n doch.
Mysis.
Gern.
Davus (für sich).
Ich gehe mit; der Alte darf mich jetzt nicht sehn. (Alle ab in Glyceriums \Vohnung.)
Sc. 5. V.15. #. „Sollich als Fremder nun drum processiren?” etc. Den tadelnden
Seitenblick auf das Athenische Gerichtswesen, das den Bürger durch Vorrechte aller Art begünstigte,
dem Fremden hingegen es ungemein erschwerte, zu seinem Rechte zu gelangen, wird hier Niemand
verkennen.
V. 20. „Ein Sykophant;” ein schr gehässiger Schimpfnamen in Athen für Rechtsverdreher,
Chicaneurs, und besonders falsche Zeugen. Seiner Ableitung nach bedeutet das Wort eigentlich einen
Feigen-Angeber, und soll bei Gelegenheit der verbotenen Feigen- Ausfuhr in Attika entstanden
sein. WVahrscheinlicher ist, dass man zuerst die Denuncianten armer Leute, welche zur Zeit einer
Hungersnoth die heiligen Feigenbäume beraubt hatten, mit dieser verächtlichen Benennung belegte.
Fünfter
EB. m EEE Be Aıcık
Erstieirsictern!ei
Chremes, Simo.
Chremes.
Simo, genug, genug nun hab’ ich meine Freundschaft dir bewährt,
Habe genug für dich gewagt; so höre denn mit Bitten auf.
Dir zu Gefallen hätt’ ich das Leben der Tochter fast aufs Spiel gesetzt.
Siımo.
Nein, jetzt g’rade, Chremes, bitt’ ich, jetzt verlang’ ich mehr als je,
Dass du den Dienst, den mir dein Wort verheifsen, mir leistest in der That. 5.
Chremes.
Sieh nur, wie unbillig der Eifer dich macht! Erreichst du nur deinen Zweck,
Kennst du keine Grenze der Güte, bedenkst nicht, was du von mir verlangst;
Denn bedächtest du das, du hörlest auf, mich so zu beleidigen.
Sımo.
\Wie denn’?
Chremes.
Fragst du noch? Du triebst mich, einem jungen Mann, den längst
Andre Liebe schon beschäftigt, dem die Eh’ zuwider ist, 10.
Meine Tochter zu geben zu Streit und Zank und ungewisser Eh,
Dass ich durch ihre Plagen und ihre Klagen heile deinen Sohn.
Ich gab's zu, fing’s an, so lang’ es ging; jetzt geht’s nicht, trag’ es denn!
Bürgerinn ist sie von hier; sie hat ein Kind von ihm; so lass uns gehn!
Simo.
Bei den Göttern beschwör ich dich, glaube doch das Alles den Leuten nicht, 15.
Denen’s am meisten nülzet, wenn mein Sohn so schlecht als möglich ist.
11
on 2 as
Alles dies ist sicher nur der Hochzeit wegen angestellt,
Und sie hören auf, sobald die Ursach’ ihnen genommen ist.
Chremes.
Nein, du irrst, ich sah die Magd mit Davus zanken.
Sımo.
OÖ ich weils!
Chremes.
Ganz im Ernst, und Keiner halle gemerkt, dass ich zugegen war. 20.
Sımo.
Ja. ich glaub’s. Das Alles hat mir Davus lange vorher gesagt,
Und ich nahm mir vor, dir's wieder zu sagen. Warum vergafs ich's auch!
Zweite Scene.
Die Vorigen, Davus, nachher Dromo.
Davus (spricht für sich, indem er aus Glycerium’s Hause kommt, ohne Chremes und
Simo zu bemerken. )
Jetzt, befehl’ ich, sei man völlig ruhig!
: Chremes.
Da ıst Davus ja.
Sımo.
Wo kommt der her?
Davus.
Unter meinem Schutz und des Fremden.
Sımo.
Was ıst das?
Davus.
Niemals sah ich Menschen, Ankunft, Zeit gelegner.
Sımo.
Der Schurke, wen
Lobt er da?
Davus.
Nun ıst die Sach’ ım Trocknen.
Sımo.
Red’ ich ihn noch nicht an?
a 8 >
Davus (Simo bemerkend).
Sull! der Herr! was nun beginnen’?
Sımo (zu Davus).
Grüfs’ dich, guter Freund!
Davus.
Ei, sieh!
Simo! — lieber Chremes! — Alles ist drinn bereit.
Sımo.
Hast's wohl besorgt.
Davus.
Lass sie holen. wann du willst.
Sımo.
Ganz wohl, nur daran fehlt es noch.
Doch antworte du mir jetzt, was hast du da zu ihun?
Davus.
Ich ?
Sımo.
Ja.
Davus.
Ich ?
Simo.
Du. freilich.
Davus.
Eben ging ich hinein —
Sımo.
Als früg’ ich nach der Zeit!
Davus.
Deinen Sohn begleitet’ ich.
Simo.
Also ist Pamphilus drinnen? Wehe mir!
Wie? du Schurke! hast du nicht gesagt, dass sie im Streite sind?
Davus.
Freilich.
Simo.
Warum denn ist er dort?
11?
10.
Chremes.
Wie kannst du fragen! er zankt mit ıhr.
Davus.
Nein, o Chremes, 'ne unverschämie Geschichte sollst du erfahren jetzt;
Kommt da eben ein Alter, ich weifs nicht wer, ein entschlossner, kluger Mann.
Seinem Ansehn nach hält Jeder für was Grofses ihn gewiss; 15.
Finstrer Ernst in seinem Gesicht’, in seinen Worten Redlichkeit.
Sımo.
Was bringst du da her?
Davus.
Ich nichts. Ich sage nur, was ich von ihm gehört.
Sımo.
Und was sagt er? |
Davus.
Er wisse, Glycerium sei 'ne Allische Bürgerinn.
Sımo (rufend).
He, Dromo, Dromo!
Davus.
Was ıst denn?
Sımo.
Dromo!
Davus.
Hör'.
Sımo.
Kein Wort mehr! — Dromo, he!
Davus.
Ich flehe, hör’ mich anf
Dromo (tritt auf).
Was soll ich?
Sımo.
Schlepp’ ıhn hinein, so stark du kannst. 20.
Dromo.
Wen?
Sımo.
Davus.
Davus.
Warum?
Sımo.
Weil mir's beliebt. Gleich schlepp’ ihn!
Davus.
Was that ich?
Simo.
Schlepp’ ihn fort!
Davus.
Ertappst du mich auf einer Lüge, so mach’ mich todt!
Simo.
Ich höre nichis.
Wart', dir will ich Bewegung machen! —
Davus.
Auch dann, wenn’s wahr ist?
Simo.
Ja, auch dann.
Bewach’ ihn wohl geknebelt, und — hörst du? — schnür’ ıhn an allen Vieren fest.
Nun fort mit ihm! — (Dromo schleppt Davus fort.)
Wahrhaflig! bleib’ ich am Leben nur,
So zeig’ ich dir heut, was den Herm zu betrügen auf sich hat;
Und ihm, den Vater.
Chremes.
Wüthe doch nicht so!
Sıimo.
Chremes, ach!
Des Sohnes Liebe! — Jammert es denn dich selber nicht,
Dass so viel Sorge solch’ ein Sohn mir machen muss! —
(nach Glyceriums Hause zu rufen« )
He. Pamphilus! Komm Pamphilus! du schämst dich wohl?
Dritte Scene.
Pamphilus, Simo, Chremes-
Pamphilus (im Heraustreten).
Wer ruft? — Ich bin des Todes! der Vater!
30.
|
DD
o})
|
Sımo.
Du Ez —
Chremes (einfallend ).
O sull!
Sprich rubig nur die Sache, lass das Schimpfen sein!
Sımo.
Als wäre für solchen Menschen irgend ein Wort zu hart!
Sprich. ist Glycerium Bürgerinn ?
Pamphilus.
So behauptet man.
Sımo.
So behauptet man! © grenzenlose Frechheit! weils
Er. : was er spricht? Bedenkt er's! reut ıhn seine That?
Zeigt sein Gesicht nur eine Spur von Schamgefühl? —
(bi
So wenig sich zu beherrschen, dass er gegen Silt
Und Gesetz des Landes, gegen des Vaters \\illen doch
Zu seiner gröfsten Schande sie zu besilzen strebt! 10
Pamphilus.
Elender. ich!
Sımo.
Das merktest du jetzt erst, Pamphilus?
Nein! längst schon, längst, da du dir in den Kopf gesetzt,
Auf jede Weise deinen Wunsch zu befried’gen, da,
Da passte schon vollkommen jenes Wort auf dich. —
Allein was quäl’ ich mich selber? Warum härm’ ich mich? 15.
Was verbittr ich durch seinen Wahnsinn noch mein Alter mir?
Soll ich für seine Sünden die Strafe tragen? nein!
Geh’, nimm sie, lebe lustig mit ihr!
Pamphilus.
Ach! Vater!
Sımo.
Ei
Was Vater! als brauchtest du diesen Vater noch!
Haus, Weib und Kinder fandst du ohne den Vater schon. 20.
Nun soll sie gar 'ne Bürgerinn sein! — du hast gesiegt.
ll A
Pamphilus.
Nur wenig Worte, Vater!
Simo.
Was kannst du noch sagen! wie?
Chremes.
Doch hör’ ihn, Simo!
Siımo.
Hören soll ich? was kann ich denn
Noch hören’?
Chremes.
Lass ihn doch reden!
Sımo.
So mag er reden, gut.
Pamphilus.
Meine Liebe zu ıhr bekenn’ ıch; ist das Sünd’, ich bekenn’ auch die.
Vater, ich unterwerfe dir mich. Du befiehl mir, was du willst!
Soll ich freien? sie verstofsen? Tragen will ich's, wie ich kann.
Nur das, Neh’ ich, glaube nicht, dass der Alte von mir angestellt!
lL.ass mich meine Unschuld darthun, lass mich ihn holen!
Sımo.
Holen’?
Pamphilus.
Chremes.
Das ıst billig; erlaub’ es ihm.
Pamphilus.
OÖ lass dich erbilten!
Sımo.
Nun. so seis.
(Pamphilus ab in Glycerium’s Haus. )
Alles, Chremes, bin ich zufrieden, wenn er nur nicht mich betrogen hat.
Chremes.
Kleine Strafe für grofse Fehler genüg! dem Vaterherzen schon.
ho
I
.)
30.
Ss ss u
Vierte'Scene.
Crito, Chremes, Simo, Pamphilus.
Crito (zu Pamphilus, indem er mit ihm auftritt.)
Lass das Bitten! jeder dieser Gründ’ allein bewegt mich schon:
Deine Sache, die Wahrheit, und weil mir Glycerium’s Wohl am Herzen liegt.
Chremes.
Seh’ ich Crito nicht aus Andros? er ist's!
Crito.
O Chremes, sei gegrülst!
Chremes.
Wie kommst du nach Athen? ein seltner Gast!
Crito.
Es traf sich. — Ist Sımo das?
Chremes.
Ja.
Criio (zu Simo).
Du hast nach mir gefragt?
Sımo.
Glycerium, sagst du, ıst Bürg’rinn hier?
Crito.
Leusnest dus?
Sımo.
So abgerichtet kommst du her?
Crito.
Wie so?
Sımo.
Du frägst?
Hoffst du, ungestraft zu bleiben, wenn du junge Leute, die
Edel erzogen und unerfahren sind, verleitest zum Betrug,
Und sie durch Versprechen zum Verbrechen verlockest?
Crito.
Bist du toll?
Sımo.
Aus 'ner Liebschaft mit ’ner Dirne willst du kuppeln ein Eheband?
10.
Pam-
=. 0 rc
=. u >
Pamphilus (für sich).
Weh mir! wenn der Fremde nur Stand hält!
Chremes.
Simo, kenntest du den genau,
Würdest du das nicht glauben. Er ist ein braver Mann.
Simo.
Ein braver Mann?
Der? so traf sich's recht gelegen, dass er zur Hochzeit grade heut
Ankam,. nie vorher. Ja freilich, Chremes, dem muss man vertraun.
Pamphilus (für sich).
Fürchtet' ich den Vater nicht, so gäb’ ich leicht ihm guten Rath.
Sımo.
Sykophant!
Crito.
Was!
Chremes.
Ruhig, Crito, er ist 'mal so.
Crito.
Da seh’ er zu!
Sagt er mir ferner, was ihm gefällt, so hör’ er, was ihm nicht gefällt.
Kürnmert mich die Sach’? — Heifst das, mit Gleichmuth tragen ein Ungemach ?
Bald wird sich’s ausweisen, ob meine Rede wahr ist, oder falsch.
Schiffbruch litt ein Attiker einst bei Andros, rettele sich ans Land,
Sie mit ihm als Kind. Zufällig wandt' in der Noth er sich zuerst
An der Chrysis Vater.
Simo.
Ein artiıges Mährchen beginnt er.
Chremes.
Lass ıhn doch!
Crito.
Spricht er mir immer hinein! —
Chremes.
Nur weiter!
Crito.
Der nun war mit mir verwandt,
12
20.
ne HERNE
Der ihn aufnahm. So erfuhr ich von ihm, er sei aus Altıka.
Dieser starb da.
Chremes.
Doch sein Namen?
Crito.
Gleich den Namen — ?
Pamphilus.
Phanıa.
Chremes.
O Himmel. was hör ich!
Crito.
Wirklich Phania hiefs er, däucht mir; doch
Erinnr ich mich, er sagl', aus Rhamnus sei er.
Chremes.
O Jupiter!
Crito.
Alles das
Vernahmen in Andros viele Leute.
Chremes.
Wie nannt er sie? sein eignes Kind?
Crilo.
Nein.
Chremes.
\Vessen denn?
Criie
25.
gewiss
O wärs doch, wie ich hoffe! — Sprich!“
Des Bruders Kind.
Chremes.
So ist sie mein.
Crito.
Was du sagst!
Sc. 4. V. 27. Rhamnus, ein Städtchen in Attika, nicht weit von Marathon, dicht am Meere
gelegen; vorzüglich bekannt durch die Verehrung der Nemesis, die in der Nähe einen Tempel hatte
mit einer Statue von Phidias.
u 1 91 —_—
Simo.
Was sagst du?
Pamphilus.
Spitze die Ohren, Pamphilus! 30.
Simo.
Wie schliefsest du das? {
y Chremes.
Der Phania war mem Bruder.
Simo.
Ich kannt’ ihn und weils es wohl.
i Chremes.
Der reiste von hier, dem Krieg zu entgehen, und folgte mir nach Asien.
Da fürchtet er, sie allein zu lassen. Seitdem nun hör ich jetzt zuerst,
\Wie's ihm ergangen.
Pamphilus.
Ich weils mich kaum zu fassen; so ist mein Herz bewegt
Von Furcht und Hoffnung, Freud’ und Staunen über das unverhoflte Glück. 35.
Sımo (zu Chremes).
Aus vielen Gründen freut mich’s, dass sie dein ist,
Pamphilus.
Vater, das glaub’ ich gern.
Chremes.
Noch bleibt ein Zweifel, der mich ängstet.
| Pamphilus (für sich ).
Verhasster! das geschieht dir recht;
Mit deiner Bedenklichkeit! — Du machst dir Schwierigkeiten.
Crito,
Was ist es denn?
Chremes.
Der Namen stimmt nicht.
Crito.
Wirklich hiefs sie als Kind auch anders.
Chremes.
Aber wie?
Erinnerst du dich nicht?
Crito.
Ich suche.
Pamphilus (für sich).
Soll sein schlechtes Gedächtniss mir 40.
Zu meinem Glück im Wege stehn, da ich hierin selbst mir helfen kann?
Das duld’ ich nicht. — (laut)
Hör’ Chremes. der Nam’ ist Pasibula.
Chremes.
Sie ist's!
Crito.
So ist's.
Pamphilus.
Den hört’ ich von ıhr wohl tausendmal.
Sımo.
Wir alle, Chremes, freun uns sehr:
Das wirst du mir glauben. »
Chremes.
Ja, bei den Göttern! ich glaub’ es.
Pamphilus.
Vater, was bleibt zu ihun?
Sımo.
Schon lange hab’ ich dir verziehen.
Pamphilus.
OÖ allerliebstes Välerchen!
Und Chremes lässt mir zur Frau die Tochter?
BI
(
Chremes.
Herzlich gern, wenn der Vater nicht
\Vas anders hal zu erinnern.
Pam p hilus (die Pantomime des Geldzahlens machend).
Das wohl?
Siımo.
Nämlich —
u 93 —
Chremes.
Die Mitgift, Pamphilus,
Ist zelın Talente.
Pamphilus.
Das nehm’ ich an.
Chremes.
Zur Tochter eil’ ich. Crito. komm
Du mil; sie wird mich nicht erkennen. (Beide ab in Glyceriums Haus. )
Simo (zu Pamphilus ).
50 lass sie doch bringen in unser Haus.
Pamphilus.
Du hast ganz Recht. Den Auftrag will ich dem Davus geben.
Sımo.
Der kann nicht gut. 50.
Pamphilus.
Warum’?
Siımo.
Weil er was Wichtigers vorhat.
Pamphilus.
Was denn?
Sımo.
Fesseln liefs ich ılın.
Pamphilus.
Mit Unrecht ist er gefesselt, Vater.
Sımo.
Ich befahl’s.
Pamphilus.
OÖ lass ihn los!
Simo.
Es sei.
Pamphilus.
Doch schnell!
Sc. 4. V.48. Zehn Attische Talente betragen ungefähr 14,000 Thaler. Man sieht, dass schon die
alten Komödiendichter ziemlich freigebig sind, wenn sie es auch den unsrigen darin nicht gleich thun.
— (DA
Simo.
Ich geh’ hinein schon. (ab.)
Pamphilus.
Welch ein seliger, froher Tag! —
Fün fee cen e.
Charinus, Pamphilus.
Charinus (für sich).
Ich will doch sehn, was Pamphilus macht. — Da ist er ja selbst.
Pamp hilus (ohne Charinus zu bemerken).
Man könnte leicht
Glauben. ich glaubte nicht, dass es wahr sei; aber mir leuchtet die Wahrheit ein:
Darum, mein’ ich, muss der Götter Leben unvergänglich sein,
Weil die Wonne ihnen eigen gehört. Fürwahr! Unsterblichkeit
\Ward mir zu Theil, wenn diese Freude mir kein Kummer unterbricht. —
Doch wen wünscht’ ich jetzt mir her, ihm mitzutheilen all mein Glück? —
Charinus (für sich).
Was für Freud’ hat der? |
Pamphilus.
Sieh! Davus! Keiner ist wıllkommner mir;
Denn ich weifs, der wird sich tüchtig über meine Freude freun.
Secrhste SS eet.e
Die Vorigen, Davus.
Davus.
Wo mag Pamphilus sein?
Pamphilus.
Hier, Davus.
Davus.
Wer ıst's?
Pamphilus.
Ich bin Pamphilus.
Weilst du, wıe mir's ergangen?
u ME
Davus,
Nein. Wie mir’s ergangen, weils ich wohl.
Pamphilus.
Ich dessgleichen.
Davus.
So geht's in der Welt. Was mir für Unglück widerfuhr.
Weifst du eher, als ich erfahren, was dir für Glück begegnet ist.
Pamphilus.
Meine Glycerium hat die Eltern wiedergefunden.
Davus.
Freut mich.
Charinus (für sich). -
Was?
or
.
Pamphilus.
Und ihr Vater ıst unser Freund.
Davus.
Wer ıst’s denn?
Pamphilus.
Chremes.
Davus.
Wohl gesagt.
Pamphilus.
Unverzüglich kann ich nun zur Frau sie nehmen.
Charinus (für sich).
Träumt er das,
Was er wachend wünschte?
Pamphilas.
Und mein Kind dann, Davus —
Davus.
Ach! sei still!
Dich allein nur lieben die Gölter.
Charinus (für sich).
(Grereltet bin ich, spricht er wahr.
Red’ ıch ıhn an? —
Pamphilus.
Wer ist's? Charinus! ganz gelegen kommst du mir. 10.
ur, 96 —
Charınus.
Welch ein Glück!
Pamphilus.
Du hörtest —?
Charınus.
Alles. Bedenk’ auch mich in deinem Glück!
Dein ist Chremes nun, und Alles thut er gewiss, was du begehrst.
Pamphilhus.
Ich vergafs dich nicht. Zu lange dauert's, ihn zu erwarten hier.
Folg’ mir; drinn bei Glycerium ist er jetz. Du, Davus, geh nach Haus,
Schicke Leute. sie abzuholen. — Du stehst? du säumst?
Davus.
Ich gehe schon. — 15.
(zu den Zuschauern)
“Wartet nicht auf ihre Rückkehr; drinnen werden sie verlobt;
Drinnen wird verhandelt, was noch übrig bleibt. Nun klätschet brav!
Abwei-
Abweichungen vom Bentley’schen Texte.
Act I. Sc.5. V.1.. Bei der Schwierigkeit, nach den unsicheren Lesarten in den Anfangsver-
sen dieser Scene zu einer ganz sicheren Bestimmung des Versmalses zu gelangen, haben wir es vorge-
zogen, bis zu der Clausel (V. 9.) durchgängig jambischen Rhythmus herrschen zu lassen. Bentley be-
stimmt V. 1, 2, 6. als trochäische Verse, wozu er jedoch weder durch innere Gründe, noch äurch
die Autorität der Handschriften hinlänglich berechtigt scheint. V. 1. wird zum jambischen Verse,
wenn man nur die alte Lesart herstellt:
’ ’ ” ’
Hocinest humanum factum aut inceptum? hocinest officium patris?
’
gegen welche sich durchaus nichts einwenden lässt; denn die verschiedene Tonlegung in Aocinest
[zZ
und Aocinest ist keinesweges fehlerhaft; vielmehr trägt sie zur Lebendigkeit des Ausdrucks nicht
wenig bei, wie man auch in der Deutschen Nachbildung fühlen wird:
O ich Armer, heilst das menschlich handeln? das wär’ eines Vaters Pflicht!
Noch leichter lässt sich V. 2. in einen jambischen Vers verwandeln. Man darf nur den Accent auf
illud statt auf quid legen, also betonen: Qwid ilrha est, ohne im Uebrigen die Worte oder den
Rhythmus im Geringsten zu ändern. — Nur bei V. 6. müsste man freilich zur Conjectur seine Zu-
Alucht nehmen, um jambischen Rhythmus hervorzubringen.
V. 30. hat Bentley übrigens durch Ausstofsung des müßsigen eliquid trefflich hergestellt, nur
dass der plötzlich eintretende trochäische Rhythmus mitten in einer Reihe jambischer Tetrameter auf-
-fsllend und unmstivirt erscheint. In der Uebersetzung ist daher auch hier das jambische Mals bei-
behalten worden. Man darf nur lesen:
Sed nunc peropusest, Pr etc.
statt: Sed nunc peropust, RR etc., um dasselbe auch im Original herzustellen.
Act Il. Sc. 1. V. 10. stand in dem gemeinen Texte: Tu si Aic sis, aliter sentias. Bentley
hat ganz willkürlich und ohne allen Grund sentias in censeas verwandelt, da doch ofenbar
hier mehr von Empfindung, als von Urtheil die Rede ist.
Se. 5. V.1. #. Auch hier folgen wir der alten Lesart:
Erus me relictis rebus iussit Pamphilum
Hodie observare, ut quid ageret de nuptüs
Scirem: id propterea nunc hunc venientern sequor.
Bentley bezog die Worte „Aunc venientem” irrig auf den Pamphilus, und erklärte, weil dies
unpassend war, den ganzen ten Vers für unecht, wodurch er denn freilich genöthigt war, den 2ten
ex ingenio zu ändern. Versteht man aber unter dem Kommenden, dem Byrria nachschleicht, den
Simo, so ist alles in der Ordnung und keine Aenderung nöthig. ;
13
-—— 98 — A;
Sc. 6. V. 11. In diesem Verse, der in den meisten Handschriften um einen Fuls zu lang ist,
hätte Bentley nach dem Ansehen der besten Handschriften und der ältesten Erklärer wohl besser
gethan, Hecke. leiter herauszuwerlen. Recta via m der Bedeutung consilio, ratione,
mit Verstand und Besonnenheit, ist ohne Beispiel; in anderem Sinne aber lässt es sich hier schwerlich
nehmen. Secum reputavit via (d. i. in via) heifst weiter nichts als: er hat es unterweges
(d. i. seit der ersten auf dem Markt erhaltenen Anzeige) bei sich überlegt.
Act I. Sc. 2. V. 20. lies’t Bentley: Min quiequam? statt der alien gewiss richtigen Lesart:
Min quisquam? \sc. haec renunciaverit.) Dass sie h aus dem Vorigen bequemer „renunciatum
sie” suppliren lässt, kann nicht entscheiden; so ängstlich construirt man im lebhaften Dialog nicht.
Offenbar aber ist die Beziehung auf eine Persen, die dem Alten die Sache könnte verrathen haben,
hier bezeichnender, als der unbestimmte Ausdruck quicquam für die Sache, die sich derselbe als
ganz bestimmt denkt.
Act IV. Sc.1. V. 44. lesen wir — quod ni hoc cousilium darent? d.ı. welchen andern Rath
hätten sie ihm geben können, als diesen? — Die gemeine Lesart war quod nisi. — Bentley
schrieb: quidni hoc consilium darent? d.i. warnm hätten sie ihm nicht diesen Rath gegeben? was,
wie Jeder fühlt, matt ist und gar nicht hierher passt.
Sc. 3. V. 3. hat Bentley ex ingenio statt des ‘in allen Handschriften stehenden amatorem ge-
schrieben tu:orem; „weil ein amator weniger sei, als ein amicus, mithin Amicum, ama-
torem, virum sich nicht steigere, wie: Ämicum, tutorem, virum.’ \Vie individuell diese
Empfindung, und wie willkürlich mithin die Aenderung ist, sieht Jeder. In dem Deutschen: „als
Freund, Geliebter, Gatte.” wird gewiss Niemand die Steigerung vermissen.
Sc.4. V.15. Male dicis. undest? die clare. — A nobis. — ah ah eh. — Statt dieser alten
Lesart, die man nur falsch verstand, indem man das „male dicis” der Mysis zutheilte, statt dem
Davus, lies’t Bentley: |
Quin dicis undest cları. — A nobis. — Alttate.
bei welcher Aenderung er durch keine Autorität unterstützt wird, als seine hier nicht haltbaren
Gründe, deren Entwickelung und \Viderlegung in der That überflüssig ist. Wie sehr die Bentley-
sche Aenderung der Lebhaftigkeit des Ausdrucks schadet, springt im die Augen.
V. 27. hat Bentley die alte, ohne Zweifel richtige Lesart aller Handschriften semper aus rein
sophistischen Gründen in nempe verwandelt.
Act V. Se.4. V.36. Hier liels sich Bentley durch Pamphilus’ Antwort eredo, pater zu der
Behauptung verleiten, Simo’s vorangegangene \WVorte müssten an Pamphilus gerichtet sein. Dann
passte freilich die gewöhnliche Lesart „Ne zstam multimodis tuam inveniri gaudeo” auf keine
Weise, und er sah sich daher genöthigt, auch hier zu der Conjectur civem inventam seine Zu-
o
tlucht zu nehmen. Es ist jedoch gar nicht nöthig, dass Pamphilus angeredet wird, um in seiner
Freude jene bekräftigenden \WVorte zu sagen. Vielmehr ist es oflenbar schicklicher und feiner, dass
Simo vor Allem dem Vater zum \Viederfinden seiner Tochter Gkick wünscht. Wir bleiben daher
such hier bei der alten Lesart.
Der Zudringliche.
setzt| Nach Horatius’ 9er Satire des ersten Buches.
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! “ ‚Vvıb Yo
Jüngst auf der heiligen Strafse spatziert' ich nach meiner Gewohnheit,
Ganz in Gedanken vertieft, auf irgend 'ne Kleinigkeit sinnend.
Sieh! da läuft auf mich zu ein Mensch, den ich kaum nach dem Namen
Kenne, fasst bei der Hand mich, und spricht: „Wie geht es, mein Theurer?” —
Nun, so weit ganz gut, bis es besser wird, sag’ ich, zu dienen. — 5;
Er mir nach. Ist etwas gefällig noch? frag ich. — „Ich wünschte.
Spricht er, „dass du genauer mich kenntest; ich bin ein Gelehrler.” —
Ei, mir desto willkommner, erwidr’ ich, und quäle mich weidlich,
los zu werden den Kerl. Jetzt lauf’ ich, bleibe dann stehen,
Zischle dem Burschen ins Ohr, indess mir in Strömen der Angsischweifs 10.
Rinnt zu den Knöcheln herab. — Bolan, glückseliger Tollkopf!
Sagt’ ich im Stillen zu mir, da jener, was ihm nur einfiel,
Schwatzt', und die Strafsen mir pries und die Stadt. Doch da ich ihm keine
Antwort gebe, beginnt er: „Nicht wahr? du entwischtest mir gerne;
l.ang schon merk’ ich’s; allein daraus wird nichts; ich verfolge 15.
Dich, wohin du auch gehst, und halte dich fest.” — Doch unmöglich
Kann ich so weit dich bemühn; du kennst nicht, den ich besuche;
Gh
V. 1. Die heilige Stralse (via sacra) war eine der schönsten und gangbarsten Stralsen des
alten Roms, die über das Forum nach dem Capitolium führte.
V. 10. „Dem Burschen,” d. i. dem begleitenden Sclaven (servus pedissequue).
V. 11. Bolanus war, wie sich aus dieser Stelle deutlich genug ergiebt, ohne Zweifel ein we-
gen seines heftigen, auffahrenden \Vesens verrufener Grobian. Der Dichter preis’t ihn dieses Tem-
peramentes wegen glücklich, weil er sich mit dessen Hülfe den lästfgen Begleiter gewiss leicht vom
Halse geschafft hätte.
13.r
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Ueber dem Tiberis liegt er bei Cäsar's Gärten darnieder. —
„Ohne Geschäft, wie ich bin, und rüstig, begleit’ ich dich ferner.” —
Iangen lass’ ich die Ohren, dem mürrischen Eselein ähnlich, 230.
Das auf dem Rücken die Last zu schwer drückt. — Jener beginnt drauf:
„„Kenn’ ich mich recht, so wirst du mir bald die gelieblesten Freunde,
Viseus und Varius, nicht vorziehn; wer schriebe der Verse
Mehr in kürzerer Zeit, als ich? wer regte die Glieder
Zierlicher? und wenn ich singe, wird selbst Hermogenes neidisch.” — 25.
Hier war's Zeit, ihn zu stören: Ist deine Mutter.am Leben?
Hast du Verwandte vielleicht, die deines Gedeihns sich erfreuen? —
„Niemand. Alle begraben.” — Die Glücklichen! bleib’ ich alleın denn!
O mach’s kurz! es erfüllt sich das traurige Loos, das dem Knaben
Einst aus prophetischem Topf die Sabinische Alte geweissagt: 30.
Diesen verzehrt nicht gräuliches Gift, noch femdliches Mordschwert,
Schleichendes Pedagra nicht, noch Seitenstechen, noch Schwindsucht;
Nein! einst rafft ihn ein Sehwätzer dahin; drum sei er vor Schwälzern
Wohl auf der Hut, wenn er klug ist, sobald er erwachsen zum Manne! —
Schon war Vesta’s Tempel erreicht; ein Viertel des Tages 3a:
War vorüber; da wollte mein Glücksstern, dass er sich stellen
Muss vor Gericht, und widrigenfalls den Handel verlieren.
„Ihu mir die Freundschaft,” sprach er, „mir beizustehen!” — So walır ich
V.18. Cäsar's Gärten; der von Jul. Cäsar in seinen Testamente dem Volke geschenkte
Park, der wohl eine Stunde weit vom dem au der heiligen Strafse gelegenen Friedenstempel ent-
fernt war.
V. 23. Viscus und Varius. Zwei Brüder Yisci, Senatorischen Standes, nennt lloratius auch
sonst (namentlich Sat. 10. V. 83.) unter seinen geachtetsten Freunden. L. Varius war ein als epi-
scher und tragischer Diehter berühmter Zeitgenosse und Frewnd des Virgilius und Horatius.
V.25. M. Tigellius Hermogenes, ein ausgezeichneter Sänger, und Günstling des Jul. Cä-
sar, so wie später des Augustus, wird in den Horazischen Satiren häufig erw ähnt.
V. 30. Die Sabiner und Marser, alt-Italische Völker, die länger, als die Römer, ihren Volks-
Aberglauben festhielten, trieben allerlei Zauber- und Seherkünste. Dahin gehörte auch das Weis-
sagen durch Loose, d. i. beschriebene Zettel, die in einen Topf geworien und darin umgerüttelt
wurden, bis einer heraussprang, aus welchem dann dem Fragenden sein Schicksal verkündigt wurde.
V. 35. Der Tempel der Vesta lag zwischen dem Capitol und dem Palatium am Forum.
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V.38. — „mir beizustthen,” nämlich als advocatus vor Gericht, welcher vor dem Prä-
tor stehen und seine Partei durelı Deduction der Rechte vertheidigen musste.
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— 101 —
Leb’, ich versteh’ gar nichts vom Civilrecht, kann dir nicht stehen.
Eilig zumal, wie ich bin. — ‚Was thun? lass’ ich dich, mein Bester, 40.
Oder den Handel im Stich?” — Mich, bitte! — „Mit nichten! das geht nicht.”
Spricht er und schreitet voran. — Mit dem Stärkeren streiten, ist immer
Eitele Müh’; drum folg’ ich. — „Wie stehst du nur nit Mäcenas ?”
Hub er nun an; „ein Mann für Wen’ge, von hübschem Verstande;
Niemand wusste geschickter sein Glück zu benutzen. Ich wäre 45.
Dir ein guter Gehülfe zur zweilen Rolle, das weils ich,
\venn du mich ihm empföhlest; mich hole der Henker, wofern du
Alle nicht leicht ausstächest!!” — Da stellst du das Leben dir falsch vor.
Das wir führen bei ihm. Kein Haus ist reiner, als seines,
Keins ist minder behaftet mit soleherlei Uebeln; mir schadet’s 50.
Nichts, dass dieser da reicher, dass jener gelehrter; auf seinem
Platz steht jeder bei ihm. — „Was du sagst! kaum glaublich!” — Und dennoch
So verhält es sich. — ,„O ich brenn’ um so mehr vor Begierle,
Nah’ ıhm zu kommen!” — Du darfst nur wollen; mit deinen Talenten
Siegst du gewiss; und er ist in der That zu besiegen; ‘der erste 5».
Zugang nur hält schwer. — ‚Ich werde mich selbst nicht verlassen!
Reichlich will ich die Diener bestechen; und weis’t man die Thür mir
Heute, so lass’ ich nicht ab; ich laur’ auf gelegene Zeilen.
Tre’ ihn am Kreuzweg an, und begleit’ ihn nach Haus. Wird nichts doch
Sterblichen olıne Beschwerde zu Theil!” —
So schwalzt’ er, da siche! 6D.
Fuscus Aristius kommt auf uns zu, mein Freund, und mit jenem
Satlsam bekannt. Still stehn wir. Woher? und wohin? ist die Frage
Schnell von beiden Seiten zugleich. Ich zupf’ ihn am Aermel;
Doch nachlässig hängt! er den Arm. Ich wmk’ und verdrehe
Schier mir die Augen, damit er mich rette; der Schändliche! lächelnd 69.
Thut_er, als merk’ er es nicht. Mir kocht vor Aerger die Galle. —
V. 46. Die Alten unterschieden in ihren Dramen drei verschiedene Rollen, die nach der Wich-
tigkeit genau abgestuft und auch im Aeußserlichen scharf von einander gesoudert waren. Dies trägt
nun der Schwätzer auf Mäcenas’ Gesellschaft über, deren einzelne Glieder er sich als Schauspieler
deukt, von denen Jeder dem Andern den Rang abzulaufen sucht.
V. 61. Fuscus Aristius, derselbe, an welchen eine der bekanntesten Oden unseres Dichters
(1. 22.) gerichtet ist, war nach der Aussage der Scholiasten ein Grammatiker und zugleich dramati-
scher Dichter.
_ 11 — 2
Ist mir doch, als sagiest du neulich, du hätl'st ein Geheimniss®#
Mir zu vertraun. — „Ja wohl, ich eri:nere mich; zu geleg'ner
Zeit nur muss es geschehn; heut’ ist der dreifsigste Sabbath;
Schlägst du dem jüdischen Fest ein Schnippchen ?!” — Ich mache mir daraus 70.
Kein Gewissen. — „Doch ich bin ein schwächerer Geist, zu dem frommen
Haufen gehör’ ich. Verzeih’! ein andermal.” —
Dass mir die Sonne
Heut so schwarz aufstieg! — Er entfliehet, der Schalk, und mich lässt er
Unter dem Messer zurück. — Da sieh! zufällig begegnet
Meinem Begleiter sein Gegner. „Wohin, du Schurke?” so ruft er 73.
Laut ihm entgegen; und mir: „Darf ich zum Zeugen dich nehmen ?” —
Willig reich’ ich mein Ohr. Er schleppt vor Gericht ihn. Von beiden
Seiten Geschrei, Auflauf ringsher. So reitet! Apoll mich.
V. 69. Was man sich unter dem jüdischen Feste zu denken habe, welches hier mit der Benen-
nung des 30sten Sabbaths bezeichnet wird, darüber sind die Ausleger nicht einig, Scaliger ver-
steht darunter den 30sten Tag eines Mondmonats, Torrentius das Passahfest, welches, wenn man
das Jahr nach jüidischem Kalender vom September an rechnet, in die 30ste WVoche fällt. Auf jeden
Fall ist ein hohes Fest der Juden gemeint, an dem sie sich sogar scheuten, etwas \Vichtiges mit ein-
ander zu besprechen; und Fuscus nimmt die Miene an, als ob er diesem Aberglauben anhinge.
V.70. Schlägst du — ein Schnippchen. Der sehr derbe Ausdruck des Originals musste
hier für unsere Empfindung nothwendig gemildert werden.
V. 76 ££ Wenn Jemand zu dem gesetzten Termin sich nicht vor Gericht stellte und sein Geg-
ner ihn an einem andern Orte traf, so durfte derselbe ihn mit Gewalt vor Gericht führen; doch be-
durfte er dazu eines Zeugen, den er mit den Worten Zicetne antestari? (d.'i. darf ich dich zum
Zeugen nehmen?) aufforderte, ihm diesen Dienst zu leisten, indem er ihn beim Ohre fasste, nach einer
alten Römischen Sitte, die Plinius daher erklärt, weil das Ohr der Sitz des Gedächtnisses sei. Aus
eben dieser Ansicht mag auch unsere sprichwörtliche Redensart: „sich etwas hinters Ohr schreiben,”
entstanden sein.
V. 78. Apollo ist überhaupt ein rettender, helfender Gott, dem aber insbesondere der Dichter
Horatius als seinem Schutzgotte seine Rettung zunächst zuzuschreiben hatte. Ob aulserdem eine An-
spielung auf eine Homerische Stelle (TIliad. 20, 443.), wo Apollo den mit Achilles kämpfenden Hek-
tor der Gefahr entreißst, anzunchmen ist, lassen wir dahin gestellt sein.
Gedruckt bei Trowitzsch und Sohn.
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