r
Das Radium
■^
Seine Darsteilungr und seine £igrensehaften
von
Jacqaes Danne
J
Verlag voa Veit v Comp, in I^eipzlg
'^^W^:
f ,-._•.. r,T^- -,«1. . ,r7~?-^';,*--^1f^\V'
41'
m
m
Aj>. l^^/^UX^Cx^ /v . UJyOlZoi^i^ooo
Das Radium
Seine Darstellung und seine Eigenschaften
von
Dr. Jacques Danne
Privatassistenten des Herrn Professor Pierre Curie
Mut einem Vorwort
Charles Lauth
Direktor der Hochschule für angewandte Physik und Chemie zu Paris
Mit zahlreichen Figuren
Autorisierte Ausgabe
Verlag von Veit & Comp, in Leipzig
1904
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
Vorwort
Gelegentlich einer der Zusammenkünfte, zu welchen
das „Gänie Civil" die Mitglieder seines Hauptredaktions-
ausschusses einladet, wobei die Teilnehmer die Aufmerksam-
keit auf neue Errungenschaften ihres Gebietes lenken, habe
ich auf die Entdeckungen des Herrn und der Frau Cükie
hingewiesen. Ich habe über die langwierigen Unter-
suchungen in den Laboratorien der Hochschule für an-
gewandte Physik und Chemie zu Paris, deren Zeugen
wir seit mehreren Jahren sind, und ihre Wichtigkeit
nicht allein vom Standpunkt der Physik und Chemie aus,
sondern auch vom Gesichtspunkt unserer philosophischen
Auffassungen von der Natur des Stoffs und von der Energie
berichtet.
Man ist mit dem Ersuchen an mich herangetreten,
Herrn Curie oder einen seiner Mitarbeiter anzugehen,
die Ergebnisse dieser Forschungen in einem Aufsatz zu-
sammenzufassen. Da Herr Curie mit Laboratoriums-
4 Vorwort
arbeiten überbürdet war, übertrug er Herrn Danne die
Abfassung der Abhandlung, die er vor dem Druck durch-
gesehen hat.
Herr Danne, der bei Herrn Cueie als Assistent tätig
ist, ist einer unserer ausgezeichnetsten Schüler. Die Stelle, die
er bekleidet, befähigt ihn, den Gegenstand mit größter Sach-
kenntnis zu behandeln, und die Genesis der Entdeckung
des Herrn und der Frau Cübie und die bis jetzt gewonnenen
wissenschaftlichen Ergebnisse sowie die Folgerungen, die
sich daran knüpfen lassen, darzustellen.
Die seit der Zuerkennung des Nobelpreises erfolgten
Veröffentlichungen nötigten zu einer anderen Behandlung des-
Gegenstandes; beim Lesen dieser mehr oder weniger phan-
tastischen Berichte ist es dem Publikum unmöglich, sich ein
Bild von der Unmasse Arbeit, der Geduld, dem umfassenden
Blick, welchen die Untersuchungen erfordert haben, zu machen.
Zweifellos kannte die wissenschaftliche Welt die Wichtigkeit
der Entdeckungen, die in dem Laboratorium der Rue Lhomond
seit den letzten vier Jahren sich vollzogen, waren sie doch
in gelehrten Vereinigungen wiederholt erörtert worden ; allein
die Bescheidenheit ihrer Urheber hatte das große französische
Publikum in Unwissenheit darüber gelassen, und erst als es
sah, welcher Auszeichnungen sie für würdig befunden wurden,
erfaßte es die Größe des Werkes unserer Landsleute^
Es ist allgemein bekannt, daß Herr und Frau Cueie be-
rufen waren, den Nobelpreis für Physik mit Herrn H. Bec-
QUEREL zu teilen, und daß Herr Curie kurz vorher die
goldene Davymedaille, die höchste Auszeichnung, über
welche die Londoner Königliche Gesellschaft verfügt, er-
halten hat. Auch die Pariser Akademie der Wissenschaften
hatte bereits in den Jahren 1901 und 1902 ihr Interesse
an den CuRiEschen Entdeckungen bekundet, indem sie dem
Ehepaar die La Caze- und Debroussepreise zusprach. Es
Vorwort
macht uns stolz, heute ihr Verdienst überall anerkannt zu
«ehen, und der Direktor der Hochschule schätzt sich glück-
lich, dazu haben beitragen zu können, die Forschungen,
deren Entwickelung er verfolgen durfte, völlig ans Licht
zu stellen.
Dannes Arbeit, die wir dem Publikum vorlegen, stellt
den „gegenwärtigen Stand" unserer Kenntnisse von den
Eigenschaften der Radiumsalze dar; es sind darin nur die
endgültig für die Wissenschaft gewonnenen Tatsachen nieder-
gelegt.
Der Autor hat seine Abhandlung in mehrere Kapitel
zerlegt. Zunächst geht er auf die Geschichte der Ent-
deckung ein, dann bespricht er die Art der Gewinnung und
•die Darstellung der Radiumsalze, wobei er sich auch mit
bestimmten, bisher noch nicht veröffentlichten Einzelheiten
beschäftigt; hierauf erörtert er ihre charakteristischen
Eigenschaften, ihre Strahlung und die Effekte, die das
Radium erzeugt, ihre so ungemein interessante physio-
logische Wirkung, die wiederum neue Gesichtspunkte von
höchster Wichtigkeit für die Therapie absehen läßt. End-
lich behandelt er die induzierte Radioaktivität und ihre Ent-
stehung, und schließt mit der Prüfung der verschiedenen
Hypothesen, die aufgestellt sind, um die beobachteten Phä-
nomene, die im Widerspruch mit den allgemein geltenden
Gesetzen der Physik und Chemie zu stehen scheinen, zu
erklären. Alle diese Tatsachen beschäftigen, wie man weiß,
im höchsten Grade die gesamte wissenschaftliche Welt.
Herr Danne mußte bei bestimmten Teilen seiner Arbeit
auf verschiedene Einzelheiten näher eingehen, deren Er-
örterung jedoch unerläßlich für das Verständnis von so
schwer zu behandelnden Fragen ist. Diese klar vor-
getragenen Einzelheiten ermöglichen es , besonders auch
den Chemikern, die technischen Teile mit Genuß zu lesen.
Die auf die Eigenschaften und die Anwendung der
Radiumsalze bezüglichen Teile sind von einem wahrhaft
fesselnden Interesse und werden nicht verfehlen, auf alle
Leser des kleinen Buches ihre Wirkung auszuüben.
Charles Lauth,
Direktor der Hochschule für angewandte
Physik und Chemie der Stadt Paris.
Inhalt
Seite
Geschichtliches 9
Erster Abschnitt.
Messung der Strahlung-sinteusität der radioaktiven
Substanzen.
Photographische Methode 13
Elektrische Methode 15
Zweiter Abschnitt.
Extraktion der Radiumsalze.
Erze 22
Verarbeitung der Pechblende 23
Dritter Abschnitt.
Eigenschaften der Radiumsalze.
Chemische Eigenschaften 27
Färbung der Flamme und Spektrum 28
Atomgewicht 29
Leuchtfähigkeit der Radiumsalze 30
Wärmeentwicklung der Radiumsalze 30
Aktivitätsveränderungen der Radiumsalze 32
Durch Radiumsalze hervorgerufene Strahlung und induzierte
Radioaktivität 33
Vierter Abschnitt.
Die Strahlung der Radiumsalze.
Trennung der verschiedenen Strahlengruppen 33
«-Strahlen 35
^-Strahlen 36
T'-Strahlen 43
Fünfter Abschnitt.
Durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugte Effekte.
Fluoreszenz- und Lichteffekte 44
Färbung der Körper durch die Einwirkung der Radiumstrahlen . 46
8 Inhalt
Seite
Chemische und photographische Wirkungen 47
Ionisierende Wirkung der Radiumstrahlen .50
Verwendung der Radiumsalze beim Studium der atmosphärischen
Elektrizität 52
Physiologische Wirkungen 52
Wirkung der Temperatur auf die Strahlung 55
Sechster Abschnitt.
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation
des Radiums.
Aktivierungserscheinung 56
Emanation des Radiums 58
Verschwinden der durch die Radiumsalze induzierten Radio-
aktivität in geschlossenem Gefäß 59
Verschwinden der durch das Radium auf den festen Körpern
induzierten Radioaktivität 63
Induzierte Aktivität von Flüssigkeiten 66
Strahlung der gelösten Radiumsalze 66
Siebenter Abschnitt,
Ei g-eu Schäften der Badiumemanation.
Phosphoreszenzwirkungen 68
DiflPusion der Emanation 69
Radiumemanation und das Gesetz von Gay Lussac 69
Kondensation der Emanation 70
Destillation der induzierten Radioaktivität 71
Induzierte Radioaktivität mit Radiumsalzen in Lösung gebrachter
Substanzen 72
Durch andere Agentien als radioaktive Substanzen erzeugte in-
duzierte Aktivität 73
Gegenwart der Emanation in der Luft und im Quellwasser . . 73
Natur der Emanation 75
Durch die Radiumsalze gebildetes Helium 76
Achter Abschnitt.
Natur der durch die Badiumsalze erzeugten Erscheinungen 77
Literatur 80
Geschichtliches
Die Entdeckung der Erscheinungen der Radioaktivität
ist eine Folge der seit der Entdeckung der Eöntgenstrahlen
unternommenen Untersuchungen über die photographischen
Wirkungen der phosphoreszierenden und fluoreszierenden
Substanzen. Die Kenntnis der Eigenschaften der Röntgen-
strahlen hat in der- Tat mehrere Gelehrte angeregt, zu er-
forschen, ob die Eigenschaft, sehr durchdringende Strahlen
auszusenden, nicht etwa eng mit der Phosphoreszenz ver-
knüpft wäre.
H. Becqüerel hatte im Jahre 1896 beim Studium
der durch die phosphoreszierenden Körper ausgesandten
Strahlen beobachtet, daß u. a. die Uransalze die Quelle
spezieller Strahlungen waren, die große Ähnlichkeit mit
den Kathodenstrahlen und den Röntgenstrahlen aufweisen.
Dieser, ihre Energie nicht, wenigstens nicht in sichtbarer
Weise, aus vorausgegangener Absorption von Wärme-, Licht-,
ultravioletten, Kathoden- oder Röntgenstrahlen schöpfenden
Strahlenaussendung gegenüber befand man sich vor einer
unbedingt neuen, von der Phosphoreszenz und FJuoreszenz
sehr verschiedenen Erscheinung, da der Stoff bei diesen
letzteren nur als Transformator von Strahlen mit kurzer
Wellenlänge in Strahlen von größerer Wellenlänge dient.
Das metallische Uran und seine Verbindungen haben
die Eigenschaft, solche Strahlen selbsttätig und fortgesetzt
auszusenden.
ctq'
Geschichtliches 1 1
Diese neuen Strahlen wirken auf gegen Licht geschützte
photographische Platten ein und vermögen durch alle festen,
flüssigen und gasförmigen Substanzen hindurchzudringen
unter der Bedingung, daß deren Dicke genügend gering
ist; beim Durchdringen machen sie die gasförmigen Sub-
stanzen zu schwachen Elektrizitätsleitern.
Im Jahre 1898 fanden Herr Schmidt und Frau Cueie,
ein jeder für sich, daß das Thor ähnliche Eigenschaften be-
sitzt. Frau Cueie benannte Substanzen, wie Uran und Thor,
„radioaktive Substanzen^^ und „Becquerel-Strahlen" die von
diesen selbsttätig ausgesandten Strahlen. Frau Curie, die die
Becqüerel sehen Studien wieder aufgenommen hatte, be-
stätigte außerdem die einige Jahre früher von diesem Ge-
lehrten aufgestellte Hypothese, daß die Radioaktivität der
Uran- und Thorverbindungen als eine dem Atom anhaftende
Eigenschaft sich darstelle. Die beobachteten Erscheinungen
hängen tatsächlich nur von dem in der Verbindung ent-
haltenen Element Uran oder Thor ab.
Im Laufe ihrer Untersuchungen bemerkte Frau Cueie,
daß gewisse natürliche Verbindungen eine von den vorher-
gehenden Ergebnissen ganz verschiedene Aktivität auf-
wiesen. So zeigte sich die Pechblende (Uranoxyderz) viermal
aktiver als das metallische Uran. Der Chalkolit (kristalli-
siertes Kupfer- und Uranphosphat) war zweimal aktiver als
das Uran.
Nach den oben gemachten Ausführungen, wonach der
Radioaktivität der Charakter der Atomeigenschaft bei-
gemessen wird, hätte sich jedoch keine der Substanzen
aktiver als das Uran zeigen dürfen. Anderseits besaß ein
künstlich nach Debeays Verfahren mittels reiner Produkte
gewonnener Chalkolit nur eine gewöhnliche, zweieinhalbmal
schwächere Aktivität als das metallische Uran.
Der in diesen Mineralien zur Wirkung gebrachte Aktivi-
tätsüberschuß konnte also lediglich auf die Gegenwart einer
kleinen Menge stark radioaktiven, vom Uran, Thor und
den bislang bekannten einfachen Körpern verschiedenen
12 Geschichtliches
Stoffes zurückgeführt werden. Man vermochte das Problem
zu lösen, indem man auf nassem Wege die Analyse der
Pechblende ausführte und die Radioaktivität aller ge-
wonnenen Produkte maß. Im Jahre 1900 endlich ent-
deckten Herr und Frau Cükie nach langer, mühsamer
und kostspiehger Arbeit zwei neue, millionmal aktivere
Elemente als das Uran: das Polonium, einen dem Wismut
verwandten Körper, und das Radium, einen dem Baryum
verwandten Körper. Später hat Debierne das Actinium
abgeschieden, eine neue, zur Gruppe der seltenen Erden
gehörige radioaktive Substanz.
Das Radium ist ein neues Element. Es wurde als
reines Salz gewonnen und hat das Studium der Radio-
aktivität mächtig angeregt und vorwärts gebracht.
Die Entdeckung des Poloniums und des Radiums und die
über diese Substanzen angestellten zahlreichen Untersuchungen
sind von Herrn und Frau Cüeie in dem Laboratorium
der Hochschule für angewandte Physik und Chemie der
Stadt Paris, dank der wohlwollenden Gastfreundschaft des
Herrn Schützenberger, des verstorbenen Leiters dieser
Lehranstalt, und des Herrn Lauth, des hervorragenden
gegenwärtigen Leiters, gemacht worden.
Erster Abschnitt.
Messung der Strahlungsintensität der
radioaictiven Substanzen.
Bei dem Studium der Radioaktivität der verschiedenen
radioaktiven Substanzen kommt entweder die photogra-
phische oder die elektrische Methode in Anwendung.
1. Die photographische Methode.
Die photographische Methode, die den großen Vorzug
hat, keinerlei besonderes Material zu erfordern, bildet keine
eigentliclie Messungsmethode. Die mit ihr gewonnenen Er-
gebnisse sind unter sich nicht vergleichbar. Wohl aber
kann sie in gewissen Fällen ein wertvolles Entdeckungs-
hilfsmittel abgeben und beispielsweise beim Aufsuchen
der radioaktiven Mineralien vorteilhaft angewandt werden.
Die von Sir W. Crookes angegebene Methode gestattet
die Anwesenheit radioaktiver Mineralien festzustellen und
in ihnen die aktiven von den inaktiven Teilen zu unter-
scheiden.
Zu diesem Behufe schleift man die Oberfläche des
Versuchserzes so, daß eine glatte Fläche entsteht, welche
man auf eine photographische Platte legt, indem man ein
dünnes schwarzes Papierblättchen dazwischenschiebt. Nach
einem mehrstündigen Belassen in der Dunkelheit ist die
Platte entwickelt (s. Figg. 2 bis 6).
14 Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen
Überall, wo radioaktive Substanzen vorhanden sind, ist
eine Einwirkung auf die Platte wahrnehmbar. Die Gegenwart
des radioaktiven Stoffes wird auf der Platte durch ein
schwarzes Fleckchen angezeigt; dieser Fleck ist um so
Figg. 2 bis 6.
Mittels radioaktiver Mineralien hergestellte Photographien.
schwärzer je aktiver der Stoff ist. Es ist alsdann nicht schwer,
die verschiedenen Teile desselben Erzes unter dem Gesichts-
punkt ihrer Aktivität miteinander zu vergleichen.
Dieses sehr leicht anwendbare Verfahren empfiehlt sich
namentlich für die Untersuchung radioaktiver Mineralien;
es gestattet, eine sehr große Anzahl von Proben schnell und
ohne erhebliche Kosten zu untersuchen.
Ein vom Licht vollständig abgeschlossener Kasten, einige
photographische Platten und das photographische Material
zur Entwicklung bilden den für diese Art des Sichtbar-
machens notwendigen Apparat. Mit einer photographischen
Platte 9x12 kann man etwa 20 Mineralien prüfen; Proben
von 1 qcm Oberfläche genügen, um die Gegenwart etwa darin
Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen 15
vorhandener Radioaktivität festzustellen. Die mittels Hammer
grob zerschlagenen Mineralien werden nach dem Dazwischen-
schieben eines dünnen schwarzen Papierblättchens auf die
empfindliche Platte gebracht. Das Papierblättchen ist er-
forderlich, damit jedwede unmittelbare chemische Reaktion
zwischen der Platte und dem Versuchserz vermieden wird.
Die Expositionsdauer beträgt ungefähr S bis 10 Stunden.
Falls die Versuchssubstanz nicht homogen ist, prüft
man jeden Teil einzeln. Mitunter ist es vorteilhaft, die
mittlere Aktivität der Probe zu kennen; zu diesem Zwecke
zerreibt man die Substanz und untersucht das Pulver wie
vorher beschrieben.
2. Elektrische Methode,
a) Mittels Elektroskops.
Die elektrische Methode bildet ein wirkliches Messungs-
verfahren. Sie besteht in der Bestimmung der durch die
I \
Figg. 7 und 8. Messung der Aktivität der radioaktiven Substanzen
durch das Elektroskop.
Luft unter Einwirkung der radioaktiven Substanzen er-
worbenen Leitfähigkeit. Die Bestimmung kann insofern
sehr einfach ausgeführt werden, als man nur die Entladungs-
gechwindigkeit eines geladenen Elektroskops zu beobachten
hat. Hierzu bedient man sich der durch Figg. 7 u. 8 dar-
gestellten Vorrichtung.
Die beiden Platten Ä und B eines Kondensators sind
16 Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen
verbunden, die eine mit der Erde, die andere mit einem
mit Elektrizität geladenen Goldblatt-Elektroskop.
Unter gewöhnlichen Umständen ist die zwischen den
Platten enthaltene Luft nicht leitend und das Elektroskop
bleibt geladen; bringt man jedoch auf die Platte B die fein
pulverisierte aktive Substanz, so strömt die Ladung des Elek-
troskops an der Erde aus und zwar um so schneller je
aktiver die Substanz ist. Es genügt, die Fallgeschwindigkeit
der Goldblättchen zu messen, um einen Wert der Aktivität
der Substanz zu erhalten: je größer die Fallgeschwindigkeit,
desto aktiver ist die Substanz. Die Bestimmung der Fall-
geschwindigkeit der Goldblättchen geschieht in höchst ein-
facher Weise dadurch, daß man während der Fallzeit die
Lageveränderung eines der Goldblättchen mittels eines Mi-
kroskopes M beobachtet. Während des Experiments be-
deckt man die Platten Ä und B mit der Hülle C, die an
der Scheibe c (Fig. 7) befestigt wird.
Dieses bequem anwendbare Verfahren liefert indessen
nur wenig befriedigende und unsichere Resultate.
Um feinere Messungen auszuführen, empfiehlt es sich,
es durch eine elektrometrische, unendlich empfindlichere
Methode zu ersetzen.
b) Mittels des Elektrometers.
Die zu diesem Zweck zu verwendende Vorrichtung
besteht, wie beim vorigen Apparat, aus einem aus zwei
Platten Ä und B hergestellten Kondensator (Fig. 9). Die
eine der Platten B wird auf ein hohes Potential gebracht,
indem man sie mit dem einen Pole einer Akkumulatoren-
batterie P mit einer großen Anzahl Elemente verbindet,
deren andrer Pol zur Erde abgeleitet ist. Die zweite
Platte A wird auf dem Potential der Erde durch den Draht
CD gehalten. Wenn man nun auf die Platte B eine radio-
aktive Substanz bringt, so wird ein elektrischer Strom
zwischen den beiden Platten hergestellt.
Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen 17
Das Potential der Platte Ä wird durch ein Elektro-
meter E angezeigt. Unterbricht man bei C die Verbindung
mit der Erde, so ladet sich die Platte Ä und die Ladung
bewirkt eine Ablenkung des Elektrometers. Die Geschwin-
digkeit der Ablenkung ist proportional der Intensität des
Stromes und kann zu deren Messung dienen. Es empfiehlt
sich jedoch, die Messung derart auszuführen, daß man
die Ladung der Platte A kompensiert, so daß das Elektro-
meter auf Null erhalten wird. Die in Frage kommenden
Terre
Fig. 9. Das elektrometrisclie Verfahren.
Ladungen sind ungemein schwach; sie können mit Hilfe
eines piezo-elektrischen Quarzes Q kompensiert werden.
Der von J. und P. Cüeie dargestellte piezo-elektrische
Quarz bildet einen vollkommen konstanten Maßstab für
die Elektrizitätsmenge. Der Apparat basiert auf folgendem
Prinzip: Wenn man auf einen Quarzkristall senkrecht
zur Richtung der binären optischen Achse eine Zugkraft
von bekannter Größe ausübt, so wird der Kristall in der
Richtung der binäroptischen Achse elektrisch polarisiert,
und die beiden Endflächen erscheinen entgegengesetzt
elektrisch geladen. Umkleidet man die beiden Flächen
Danne, Das Radium. 2
18 Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen
mit Zinnblättchen, so stellt man einen Kondensator her,
der mit Elektrizität geladen wird, sobald man die Zug-
Figg. 10 und 11. Piezoelektrischer Quarz.
kraft ausübt; wenn man, nachdem die Zinnblättchen ent-
laden wurden, alsdann die Zugkraft aufhebt, so wird der
Kondensator abermals geladen; allein die Ladungen sind
Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen 19
diesmal auf jeder Fläche zwar gleich den im ersten Ver-
such erhaltenen, jedoch von entgegengesetztem Vorzeichen.
Der Apparat besteht aus einem langen dünnen, passend
geschnittenen Quarzplättchen, das mit seinen beiden Enden
bei H und B (Figg. 10 und 11) in Metallschuhe eingekittet
ist. Diese dienen zur Übertragung einer mit Hilfe von den
auf einer Platte befindlichen Gewichten ausgeübten Zug-
kraft. Das Ende H ist an einem festen Haken frei auf-
gehängt. An das untere Ende B schließt sich zur Über-
tragung der Zugwirkung unmittelbar ein Stiel an. Die
beiden einander gegenüberliegenden Flächen der Quarz-
platte sind mit isolierten Zinnblättchen bedeckt — also
mn, m n, auf denen sich die Elektrizität entwickelt. Zwei
kleine schwache Federn r und / setzen diese Zinnblättchen
mit den elektrischen Apparaten in Verbindung.
Die durch die Quarzplatte entwickelte Elektri^itäts-
menge ist proportional dem Spannungsgewicht.
Um den im Kondensator erzeugten Strom zu kom-
pensieren, unterwirft man die Quarzplatte durch ein auf
Platte P (Fig. 9) aufgesetztes Gewicht einer Zugkraft von
bekannter Größe. Man unterbricht bei G die Verbindung
der Platte Ä mit der Erde und hebt mit der Hand all-
mählich das Gewicht von der Platte P. Durch diese Vor-
nahme wird eine allmähliche Entwicklung einer bekannten
Elektrizitätsmenge während einer zu messenden Zeit bewirkt.
Der Vorgang kann so geregelt werden, daß in jedem
Augenblick eine Kompensation zwischen der den Kon-
densator durchfließenden Elektrizitätsmenge und der mit
dieser nicht gleichnamigen, welche vom Quarz herrührt,
stattfindet. Auf diese Weise läßt sich die während einer
gegebenen Zeit den Kondensator durchfließende Elektrizitäts-
menge, d. h. die Stromintensität, ihrem absoluten Betrage
nach messen. Die unter solchen Umständen ausgeführte
Messung ist unabhängig von der Empfindlichkeit des Elek-
trometers. Dieses Verfahren ist äußerst empfindlich; man
kann beispielsweise die Radioaktivität eines Produktes
20 Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen
unterscheiden, wenn sie auch nur 7^^^ von der des metal-
lischen Urans beträgt.
Gleichwohl aber ist die durch dieses Verfahren meß-
bare Aktivität ziemlich beschränkt; es kann nämlich ge-
schehen, daß das Quarz in einer angemessenen Zeit eine
genügende Elektrizitätsmenge nicht mehr liefern kann.
Man wendet diese Schwierigkeit ab, indem man die Ober-
fläche der aktiven im Kondensator befindlichen Substanz
verändert. Je größer die Oberfläche, desto stärker ist der
den Kondensator durchfließende Strom. Für jede der be-
nutzten Oberflächen bestimmt man ein für allemal den rela-
tiven Wert der gemessenen Ströme, indem man alle auf eine
gleiche Oberfläche zurückführt. Dies Verfahren geschieht
sehr einfach durch Messung der mit einem und demselben
Produkt für verschiedene Oberflächen gewonnenen Ströme.
Bei sehr aktiven Produkten muß man sehr kleine Ober-
flächen verwenden; es resultiert daraus ein bemerkenswerter
Irrtum bei der Messung, denn es ist schwierig, eine gut ab-
gegrenzte Oberfläche zu erlangen. In diesem Falle zieht man
es vor, eine etwas veränderte Vorrichtung anzuwenden, die
darin besteht, das Produkt unterhalb des Kondensators in
eine größere oder kleinere Entfernung von demselben zu
bringen, je nach der Aktivität der zu messenden Substanz.
Die Strahlung, die die Platten des Kondensators durchläuft,
kann auf diese Weise erheblich herabgesetzt werden.
Man könnte den Strom allerdings auch mit Hilfe eines
empfindlichen Galvanometers messen; allein diese Methode
ist ziemlich langwierig und schwer anzuwenden, weil man
nach jeder Messung die Empfindlichkeit des Galvanometers
feststellen muß.
Wenn man bei einem gleichen Kondensator und einer
gleichen zwischen die beiden Platten gebrachten radioaktiven
Substanz den Potentialunterschied verändert, so stellt man
fest, daß der gemessene Strom mit dem Potentialunter-
schiede zunimmt. Gleichwohl strebt der Strom für hohe
Potentialdifferenz einem Grenzwert zu, der ziemlich konstant
Messung der Strahlungsintensität der radioaktiven Substanzen 21
r
Bist, via
t. 2^^
\
^
Dist.pL
lt. 2"Vm.
ist. Dies ist der Grenzstrom, den man als Maß der Radio-
aktivität nimmt. Die Größenordnung der Grenzströme, die
man mit den Uranverbindungen erhält, ist 10-^^ Ampere
für einen Kondensator, dessen Platten 8 cm Durchmesser
halten und die 3 cm Abstand haben. Das ist die Inten-
sität, die als Einheit im Diagramm Fig. 12 dargestellt ist.
0,3
'^0,1
O 50 WO 150 200
Djfference depofenüel en volts
Fig. 12. Die Stromintensitäten und die Potentialdifferenzen \
zwischen den Kondensatorplatten.
Wenn man als Aktivitätseinheit den mit dem metallischen
Uran gewonnenen Strom nimmt, so wird die Aktivität der
anderen Substanzen als Funktion der Aktivität des Urans
ausgedrückt werden.
Diese Methode ist's gerade, welche Herr und Frau Curie
schon von Anfang ihrer Forschungen an bei den Konzen-
trationsversuchen der aktiven Produkte angewendet haben.
Sie maßen die Radioaktivität eines Produkts und unterwarfen
dieses einer chemischen Trennungsoperation. Alsdann maßen
sie die Radioaktivität aller gewonnenen Produkte und stellten
auf diese Weise fest, wie und in welchen Verhältnissen die
radioaktive Substanz unter den verschiedenen getrennten
Teilen verteilt war. Herr und Frau Curie erzielten auf diese
Weise Indikationen, die teilweise den durch die Spektral-
analyse gelieferten vergleichbar sind.
Diese Untersuchungsmethode hatte, im Falle der Radio-
aktivität, den großen Vorzug, erheblich empfindlicher zu
sein, als die Spektralmethode.
22 Extraktion der Radiumsalze
Zweiter Abschnitt.
Extraktion der Radiumsalze.
Erze.
Das Radium findet sich in der Form von Spuren in
einer gewissen Anzahl von Mineralien, in der Pechblende
und dem Karnotit. Es begleitet Uran und Baryum in diesen
Mineralien, niemals aber findet man es in Baryummineralien,
die kein Uran enthalten.
Herr und Frau Curie glaubten, diese letztere Experi-
mentaltatsache aufklären zu müssen, indem sie sich über-
zeugten, daß das Handelsbaryumchlorid kein Radiumchlorid
enthält. Zu diesem Zweck unternahmen sie die Fraktio-
nierung einer großen Menge Handelsbaryumchlorid durch
eine weiter unten zu besprechende Methode, in der Meinung,
dadurch die Radiumchloridspur, die sich etwa darin vor-
finden mochte, zu konzentrieren. Das so gewonnene Produkt
zeigte jedoch keinerlei Radioaktivität, enthielt also auch
kein Radium. Infolgedessen ist dieser Körper in Erzen,
die das Handelsbaryum liefern, nicht vorhanden.
In Europa ist es die Joachimtsthaler und neuerdings
zumeist die bei Freiberg i. S. gefundene Pechblende, aus
welcher man gegenwärtig das Radium gewinnt. Die Pech-
blende ist ungefähr zwei- bis dreimal aktiver als das
metallische Uran und ergibt 1 bis 2 Dezigr. Radiumbrom id
für die Tonne verarbeitetes Erz.
Die Komplexität des Urstoffes in Verbindung mit dem
sehr geringfügigen Gehalt an Radium hat äußerst mühsame
Untersuchungen notwendig gemacht.
Die Pechblende ist ein von vielen anderen Metallen,
wie Eisen, Aluminium, Calcium, Blei, Wismut, Kupfer,
Arsenik, Antimon und den neuen radioaktiven Stofien, Po-
lonium, Radium und Actinium, begleitetes Uranoxyd.
Nach den neuesten Experimenten Elsters und Geitels
darf angenommen werden, daß die radioaktiven Substanzen
Extraktion der Radiuinsalze 23
sich in fast gleichförmiger Weise über die Erdoberfläche
verbreitet finden. Eine sehr große Anzahl von Körpern
dürften sie enthalten, doch nur in sehr geringer Menge.
Elster und Geitel ist es gelungen, sehr wenig aktive
lehmige Stoffe aus Produkten zu ziehen, deren Aktivität der
des Urans vergleichbar war.
Verarbeitung der Pechblende.
Die Verarbeitung der Pechblende geht in drei vonein-
ander ganz verschiedenen Phasen vor sich.
In der ersten Phase wird die Pechblende zunächst von
allem darin enthaltenen Uran befreit. Seither geschah dies
an Ort und Stelle der Förderung des Erzes.
Die Rückstände dieser Behandlung enthalten stark radio-
aktive Substanzen. Eine neue in der Fabrik vorgenommene
Behandlung bezweckt die Trennung und Reinigung der Teile
mit reichem Gehalt an Radium, Polonium und Actinium.
Diese neue Vornahme bildet die zweite Phase der Ver-
arbeitung. Ein jeder Teil wird hierauf für sich behandelt,
um die darin enthaltene radioaktive Substanz darzustellen.
Der das Radium einschließende Teil ist ungefähr 60 mal
aktiver als das Uran; man entzieht ihm das Radium durch
eine Reihe am radiumhaltigen Baryumbromid ausgeführter
Fraktionierungen. Diese im Laboratorium vorgenommenen
Fraktionierungen bilden die dritte und letzte Phase der
Verarbeitung.
Wir werden nunmehr die verschiedenen Phasen der
Verarbeitung etwas eingehender prüfen.
1. Abscheidung des in der Pechblende enthaltenen Urans.
Das zerkleinerte und zerriebene Erz wird mit Soda ge-
röstet. Das Produkt dieser Behandlung wird zunächst mit
warmem Wasser, um die löslichen Salze zu entfernen, hierauf
mit verdünnter Schwefelsäure ausgelaugt. Die Lösung enthält
ausschließlich Uran. Der unlösliche, früher als wertlos
24 Extraktion der Kadiumsalze
angesehene Rückstand wird sorgfältig gesammelt; er enthält
die ungemein stark radioaktiven Substanzen. Seine Aktivität
ist vier- bis fünfmal größer als die des Urans.
2. Behandlung des Kückstandes.
Der Rückstand enthält hauptsächlich Blei- und Calcium-
Sulfate, Silicium, Aluminium und Eisenoxyd. Außerdem
findet man darin in größerer oder kleinerer Menge fast alle
Metalle (Kupfer, Wismut, Zink, Kobalt, Mangan, Nickel,
Vanadium, Antimon, Thallium, die seltenen Erden, Niobium,
Tantal, Arsenik, Baryum usw>). Das Radium findet sich
verstreut als Sulfat in diesem Gemenge und ist das wenigst
lösliche der Sulfate.
Die erste mit diesem Rückstand ausgeführte Operation
besteht darin, ihn mit konzentrierter Salzsäure zu be-
handeln. Die Substanz wird stark zersetzt und geht teil-
weise in Lösung. Aus dieser Lösung kann man das Po-
lonium und Actinium ausscheiden; das erstere wird durch
Schwefelwasserstoff niedergeschlagen; das andere findet sich
in den durch Ammoniak aus der von den Sulfaten ge-
trennten und oxydierten Lösung niedergeschlagenen Hydraten.
Das Radium bleibt in dem zunächst mit Wasser gewaschenen,
hierauf mit einer konzentrierten kochenden Sodalösung be-
handelten unlöslichen Teile, eine Maßnahme, mit welcher
die Verwandlung der in der vorigen Reaktion nicht an-
gegrifienen Sulfate bewirkt wird. Hierauf wäscht man die
Substanz gründlich mit Wasser und unterwirft sie der Ein-
wirkung von Salzsäure, die frei von Schwefelsäure sein muß.
Auf diese Weise erhält man rohe Sulfate von radiumhaltigem
Baryum, die zugleich Kalk, Blei, Eisen enthalten und auch
etwas Actinium mit sich führen.
Eine Tonne Rückstand liefert etwa 10 bis 20 kg Roh-
sulfate, deren Aktivität 30 bis 60 mal größer als die des
metallischen Urans ist.
Alsdann nimmt man die Reinigung der Sulfate vor. Man
läßt sie zu diesem Zweck mit einer konzentrierten Lösung
Extraktion der Radi um salze 25
Natriumkarbonat kochen und wandelt die gewonnenen Kar-
bonate in Chloride um. Die mit Schwefelwasserstoff be-
handelte Lösung liefert einen leichten Niederschlag von aktiven
Sulfiden, der Polonium enthält. Man filtriert sie, oxydiert
sie mit Kaliumchlorat und schlägt sie mit reinem Ammo-
niak nieder.
Die Oxyde und niedergeschlagenen Hydrate sind sehr
aktiv; sie enthalten immer noch ein wenig Actinium. Die
filtrierte Lösung wird mit Soda niedergeschlagen. Die
niedergeschlagenen Karbonate der Erdalkalien werden ge-
waschen und in Chloride verwandelt. Diese Chloride werden
zur Trockenheit eingedampft und mit konzentrierter reiner
Salzsäure gewaschen. Das Chlorcalcium wird fast vollständig
gelöst, während das radiumhaltige Chlorbaryum unlöslich
bleibt. Die obenstehende Lösung enthält infolgedessen den
Kalk und kann etwas Radium mit sich führen. Man schlägt
sie mit Schwefelsäure nieder. Nach und nach setzt sich ein
sehr aktives Sulfat ab, das man einer neuen Behandlung
unterwirft. Das in konzentrierter Salzsäure unlösliche
radiumhaltige Chlorbaryum wird durch Wasser wieder auf-
genommen. Die Lösung wird abermals durch Natrium-
karbonat niedergeschlagen. Die gewaschenen Karbonate der
Erdalkalien werden diesmal mit Bromwasserstoffsäure be-
handelt, um sie in Bromide zu verwandeln.
Nach dieser langen Reihe von Vornahmen gewinnt
man pro Tonne verarbeiteten Urstoffes 8 bis 10 kg radium-
haltiges Baryumchlorid, dessen Aktivität ungefähr 60 mal
größer als die des metallischen Urans ist. Dieses Chlorid ist
reif zur Fraktionierung.
3. Fraktionierung der radiumhaltigen Baryumsalze.
Durch die Fraktionierung sollen an Radium mehr oder
minder reiche radiumhaltige Baryumchloride gewonnen
werden. Das angewendete Verfahren besteht darin, das
Bromidgemisch einer Reihe von Kristallisationen zunächst
in reinem, dann in einem mit Bromw^asserstoff vermischten
26 Extraktion der Radiumsalze
Wasser zu unterwerfeD. Man benutzt die Differenz der
Löslichkeiten der beiden ßromide, da das Bromid des Radiums
weniger löslich ist als das des Baryums.
Bei Beginn ihrer Untersuchungen über die Trennung
des Radiums führten Herr und Frau Curie die Fraktionie-
rungen an den Chloriden aus. Giebel hat indessen erkannt,
daß die Trennung des Baryums und Radiums durch fraktio-
nierte Bromidkristallisationen viel vorteilhafter wäre, nament-
lich zu Anfang der Fraktionierung.
Die Bromide werden in destilliertem Wasser aufgelöst
und die Lösung bei Siedehitze zur Sättigung gebracht.
Hierauf läßt man sie unter Abkühlung in einem bedeckten
Gefäß kristallisieren. Auf diese Weise erhält man auf
dem Boden schöne Kristalle, die man durch Abgießung
von der obenauf schwimmenden Flüssigkeit abscheidet. Diese
Kristalle sind ungefähr fünfmal aktiver als Chloridlösung.
So hat man denn das Salz in zwei Teile zerlegt, an
welchen man dieselbe Operation genau wiederholt. Die
Lösung der Bromide wird verdampft und heiß zur Sättigung
gebracht; die Salze werden abermals gelöst und dann
wiederum zur Kristallisation gebracht.
Sind die Kristallisationen beendigt, so hat man vier neue
Teile vor sich. Die obenauf schwimmende Lösung des
aktivsten Teiles (Kristalle) wird mit den Kristallen des am
wenigst aktiven Teiles (Lösung) vereinigt; diese beiden
Substanzen haben sichtlich die gleiche Aktivität. So hat
man nun drei Teile, die einer gleichen Behandlung unter-
zogen werden. Die Fraktionierung wird stets nach der-
selben Methode fortgesetzt. Nach jeder Operationsreihe
wird die aus einem Teile herrührende gesättigte Lösung
auf die von dem folgenden Teile herrührenden Kristalle
geschüttet. Daraus folgt, daß die mehr und mehr aktiven
Produkte und die weniger und weniger aktiven Produkte
einen Verlauf im umgekehrten Sinne nehmen.
Nun läßt man aber nicht etwa die Zahl der Auf-
teilungen ins Unendliche wachsen. Wenn die verarmten
Eigenschaften der Radiumsalze 27
Produkte (Schluß der Fraktionierung) nur noch eine un-
bedeutende Aktivität besitzen, läßt man sie weg. Ebenso ist
es mit den angereicherten Teilen (Kopf der Fraktionierung),
wenn die gewünschte Anzahl der Teile erzielt worden ist.
Man arbeitet dann mit einer ständigen Anzahl von Teilen.
Man scheidet fortwährend und zwar nach Maßgabe der Zahl
der Fraktionierungen einerseits sehr wenig aktive, ander-
seits sehr radiumreiche Produkte aus.
Die geringe Stofifmenge, über welche man heutzutage
verfügt, hat nicht erlaubt, die chemischen Eigenschaften
der Radiumsalze vollkommen zu prüfen. Das Studium dürfte
zweifellos zu einigen interessanten Modifikationen hinsichtlich
der Geschwindigkeit der Darstellung dieser Körper führen.
Man hat eine gewisse Anzahl Salze, Bromid, Chlorid,
Nitrat, gewonnen, allein man hat noch kein Radium in
metallischem Zustande präpariert. Und doch würde es
leicht sein, diese wenig Interesse bietende Darstellung nach
der von Bunsen für Baryum angewendeten Methode aus-
zuführen.
Dritter Abschnitt.
Eigenschaften der Radiumsalze.
Chemische Eigenschaften.
Das so gewonnene Radiumchlorid hat eine ungefähr million-
mal größere Aktivität als das metallische Uran. Alle Radium-
salze wie Chlorid, Nitrat, Karbonat, Sulfat haben das gleiche
Aussehen wie Baryumsalze, wenn sie in festem Zustande
dargestellt sind; sie erscheinen weiß. Jedoch färben sie
sich mit der Zeit gelb und sogar violett.
Vom chemischen Gesichtspunkte aus haben alle Radium-
salze durchaus den entsprechenden Baryumsalzen vergleich-
bare Eigenschaften, jedoch sind Radiumchlorid und -bromid
weniger löslich als Baryumchlorid und -bromid. Das ist
28 Eigenschaften der Radiumsalze
die Haupteigenschaft, die bei der Trennung des Radiums und
des Baryums verwandt wird.
GiESEL hat festgestellt, daß das Radiumchlorid im
flüssigen oder festen Aggregatzustande fortgesetzt Wasser-
stoff erzeugt. Ein einige Zeit in einem Gefäß eingeschlossen
gewesenes Radiumchlorid gibt starken Chlorgeruch ab, wenn
man das Gefäß zerbricht.
Färbung der Flamme und Spektrum.
Die Radiumsalze geben der Flamme einen ausgeprägten
Karminglanz.
Bald nach Beginn der Untersuchungen des Herrn und
der Frau Curie über die radioaktiven Substanzen hat der
verstorbene Demarqay sich mit der spektroskopischen Prü-
fung dieser Substanzen befaßt. Die Unterstützung eines
so hervorragenden Spektroskopikers hat die Hypothese von
dem Vorhandensein neuer radioaktiver Elemente einer wich-
tigen Nachprüfung unterstellt. Die Spektralanalyse hat
bezüglich des Radiums diese Hypothese vollkommen be-
stätigt.
Das Studium des Spektrums ist seitdem von Runge
und PßECHT, sowie von Ceookes wieder aufgenommen worden.
Das Spektrum des Radiums ist sehr charakteristisch;
sein Gesamtanblick entspricht dem der Erdalkali-Metalle,
d. h. man findet bei ihm starke Linien mit etlichen nebligen
Banden.
Mit dem Funken und einer reinen Radiumchloridlösung
erzielte DEMAßgAY ein Spektrum, dessen Linien alle eng
abgegrenzt und scharf sind. Die drei Hauptlinien sind: die
erste im Blau (l — 468,30), die beiden letzteren im Violett
U = 434,06) und im Ultraviolett (Z = 381,47). Diese drei
Linien sind stark und erreichen die Gleichheit mit den
stärksten gegenwärtig bekannten Linien. Man bemerkt gleich-
zeitig im Spektrum zwei starke neblige, verschwommene
Banden; die erste im Blau, die andere beginnt im Indigo-
blau und nimmt gegen das Ultraviolett zu ab.
Eigenschaften der Radiumsalze 29
Nach Demaeqay soll das Radium unter den Körpern
figurieren, die die feinste Spektralreaktion besitzen. Man
erblickt zuerst die Hauptlinie des Radiums {X = 381,47)
mit 50 mal aktiveren Stoffen als Uran. Die Feinheit bezw.
Empfindlichkeit der spektroskopischen Methode ist jedoch
in nichts vergleichbar mit der Empfindlichkeit der vorher
beschriebenen elektrischen Methode; dieselbe läßt tatsäch-
lich die Gegenwart einer radioaktiven Substanz auch dann
noch erkennen, wenn ihre Aktivität nur Yioo ^^^ ^^^ ^^^
Urans beträgt.
Das Flammenspektrum der Radiumsalze enthält nach
den Untersuchungen Giesels zwei schön rote Banden,
eine Linie im Blau und zwei schwache Linien im Violett.
Das Spektrujn ist sehr strahlend.
Atomgewicht.
Das Atomgewicht des Radiums ist von Frau Cukie
bestimmt worden; es ist gleich 225.
Zu seiner Bestimmung wendete Frau Cueie die klas-
sische Methode an, die darin besteht, das in einem
bekannten Gewicht wasserfreien Chlorids enthaltene Chlor
als Chlorsilber zu bestimmen. Das für die letzteren Messungen
verwendete Chlorid wurde sorgfältig gereinigt und voll-
kommen von dem es begleitenden Baryum befreit, indem
die Fraktionierungen recht häufig wiederholt werden. Von
Demaeqay im Spektroskop geprüft, enthält es seines Er-
achtens nur unendlich schwache Spuren von Barj^um, die
nicht geeignet sind, das Atomgewicht in merklicher Weise
zu beeinflussen.
Das Radium bildet ein neues Element in der Gruppe
der Erdalkali-Metalle. In dieser Reihe stellt es das höhere
Homologe des Baryums dar.
Nach seinem Atomgewicht steht das Radium, in der
Tabelle von Mendelejefe^ auf Baryum folgend, in der
natürlich auch in L. Meyers Tabelle.
30
Eigenschaften der Eadiumsalze
senkrechten Reihe der Erdalkali-Metalle und auf der Quer-
reihe, die bereits das Uran und das Thor enthält.
Leuchtfähigkeit der Radiumsalze.
Alle Radiumsalze sind in der Dunkelheit leuchtend.
Diese Leuchtfähigkeit tritt besonders stark hervor bei Radium-
chlorid und -bromid, sobald das Produkt erwärmt worden
ist; sie nimmt ab, sobald das Salz Feuchtigkeit anzieht.
Die Radium Chloride und -bromide, die sehr hygrometrisch
sind, müssen in verschlossene Röhren gebracht werden, um
den nach der Erwärmung angenommenen Glanz zu erhalten.
Das durch die Radiumsalze ausgesandte Licht erinnert hin-
sichtlich seiner Farbe an das Glühwürmchen (Lampyrus);
es kann so stark sein, daß es sogar am hellen Tage ge-
sehen werden kann.
Wärmeentwicklung der Radiumsalze.
Die Radiumsalze sind der Sitz einer fortgesetzten selbst-
tätigen Wärmeentwicklung. Ein vor mehreren Monaten her-
gestelltes Gramm Radiumbromid entwickelt durchschnitt-
lich 100 kleine Kalorien in
der Stunde, d. h. ein Gramm
Radium kann in der Stunde
etwas mehr als eine gleich
schwere Eismenge schmelzen.
Diese Wärmeentwick-
lung ist stark genug, um
selbst bei einem groben, mit
einem Thermometer ausge-
führten Experiment wahr-
genommen zu werden.
Ein Thermometer t und
ein Gefäß a mit 7 Dezigramm
Radiumbromidinhalt werden beispielsweise in ein Gefäß mit.
Wärmeschutzmantel Ä gestellt. (Figg. 13 u. 14.)
Figg. 13 u. 14 Wärmeentwicklung
der Radiumsalze.
Eigenschaften der Radiumsalze
31
Sobald das Wärmegleichgewicht hergestellt ist, zeigt
das Thermometer t beständig einen Temperaturüberschuß
von 3 Grad gegen die Angaben eines zweiten Thermo-
meters t', das unter sonst gleichen Umständen neben einem
ein inaktives Salz, z. ß. ßaryumchlorid, enthaltenden Gefäß
aufgestellt ist.
Die entwickelte Wärmemenge wird mittels des Bunsen-
schen Kalorimeters, indem man in dasselbe eine Radium-
salz enthaltende Glasröhre stellt, gemessen; man konstatiert
einen anhaltenden Wärmezufluß, der aufhört, sobald man das
Eadium entfernt. Man kann auch den in Fig. 15 dar-
gestellten Apparat verwenden, in welchem man die durch
das Eadium erzeugte Wärme benutzt, um ein verflüssigtes
Gas zum Sieden zu bringen. Dieses Experiment gelingt
besonders gut mit flüssigem Wasserstoff.
Ein Reagenzglas A (am unteren Teile geschlossen und
mit Weinhold schem Wärmeisolator umgeben) enthält etwas
flüssigen Wasserstoff H\ ein Ent-
wicklungsrohr t ermöglicht es, das
Gas in einem mit Wasser gefüllten
graduierten Röhrchen E aufzu-
fangen. Das Reagenzglas Ä und
sein Isolator tauchen alle beide
in ein Bad flüssigen Wasser-
stoffes H' ein. Unter diesen Um-
ständen wird in A keine Gasent-
wicklung hervorgebracht; führt man
jedoch in den Wasserstoff des
Reagenzglases A ein Röhrchen mit
Radium salz ein, so erfolgt eine fort-
gesetzte Gasentwicklung, die man
in E auffängt
7 Dezigramm Radiumbromid entwickeln ungefähr 70ccm
Gas in der Minute.
Ein frisch präpariertes Radiumsalz entwickelt eine ver-
hältnismäßig schwache Wärmemenge. Die in einer ge-
Fig. 15. Siedendmachen
von flüssigem Wasserstoff
durch Radiumsalze.
32 Eigenschaften der Kadiumsalze
gebenen Zeit entwickelte Wärme nimmt alsdann fortgesetzt
zu und strebt einem Endwert zu, der nach Verlauf eines
Monats noch nicht völlig erreicht ist.
Wenn man ein Radiumsalz in Wasser auflöst und die
Lösung in eine verschlossene Röhre bringt, so ist die von
der Lösung entwickelte Wärmemenge zunächst schwach ; sie
nimmt aber zu und wird nach Verlauf eines Monats ziem-
lich konstant. Wenn der Grenzzustand erreicht ist, ent-
wickelt das in der verschlossenen Röhre enthaltene Radium-
salz die gleiche W" armem enge im festen wie im flüssigen
Zustand.
Aktivitätsveränderungen der Radiumsalze.
Die im gleichen physikalischen Zustand erhaltenen
Radiumsalze besitzen eine dauernde Aktivität, die selbst
nach Verlauf mehrerer Jahre keine merklichen Unterschiede
aufweist.
Hat man jedoch ein Radiumsalz im festen Zustande
frisch hergestellt, so besitzt es vorerst keine konstante
Aktivität; diese nimmt erst mit der Zeit zu und erreicht
einen ziemlich unveränderlichen Grenzwert nach Verlauf
ungefähr eines Monats. Die Grenzaktivität ist vier- bis
fünfmal größer als die Anfangsaktivität.
Das umgekehrte Phänomen wird hervorgerufen, wenn
man ein Radiumsalz in Wasser auflöst. Die Aktivität der
Lösung ist zunächst sehr groß; dann aber, wenn die Lösung
der freien Luft ausgesetzt worden ist, verliert sie rasch
einen Teil ihrer Aktivität und nimmt endlich eine Grenz-
aktivität an, die erheblich schwächer als die des Anfangs-
produktes sein kann.
Wenn man ein Radiumsalz erwärmt, so nimmt seine
Aktivität ab, allein diese Abnahme bleibt nicht bestehen,
wenn man das Salz auf die Temperatur der atmosphärischen
Luft zurückführt. Das Salz nimmt allmählich seine ursprüng-
liche Aktivität wieder an.
Die Strahlung der Radiumsalze 33
Durch die Radium salze hervorgerufene Strahlung und
induzierte Radioaktivität.
Die Radiumsalze senden selbsttätig fortgesetzt eine zur
Hervorbringung von Erscheinungen von erheblicher Stärke
besonders fähige Strahlung aus.
Sie vermögen ihre Eigenschaften schließlich allen in
ihrer Nähe befindlichen Körpern mitzuteilen. Diese Er-
scheinung wird induzierte Radioaktivität genannt.
Diese beiden Eigenschaften sind ungemein wichtig so-
wohl vom Gesichtspunkte der Erscheinungen selbst als der
Effekte, die sie zu erzeugen vermögen. Sie verdienen, daß
man ihnen einen größeren Raum beim Studium der durch
die Radiumsal?e hervorgerufenen Erscheinungen widmet.
Vierter Abschnitt.
Die Strahlung der Radiumsaize.
Trennung der verschiedenen Strahlengruppen.
Die durch die Radiumsalze ausgesandten Strahlen
pflanzen sich geradlinig fort; sie werden weder zurück-
geworfen, gebrochen, noch polarisiert. Sie bilden ein kom-
pliziertes Gemisch, das man in drei Hauptgruppen einteilt.
RuTHEKFOED hat die verschiedenen Gruppen durch die Buch-
staben a^ ß, y bezeichnet (Fig. 16.)
Die Wirkung eines stark magnetischen Feldes und die
größere oder geringere Leichtigkeit, mit welcher sie die
verschiedenen Stoffe zu durchdringen vermögen, dienen zu
ihrer Unterscheidung.
Denken wir uns eine kleine Menge eines Radiumsalzes
auf dem Boden einer in einen Bleiblock P gegrabenen
tiefen Höhlung (Fig. 16). Die Strahlung entweicht alsdann
daraus in Gestalt eines geradlinigen Bündels. Versetzen
wir diese kleine Mulde in ein gleichförmiges und sehr inten-
sives magnetisches Feld, das durch einen starken Elektro-
Danne, Das Radium. 3
34
Die Strahlung der Radiumsalze
magneten erzeugt wird, der so aufgestellt ist, daß er mit
seinem Nordpol vor der Ebene der Figur, mit seinem Südpol
hinter der kleinen Mulde
liegt (Fig. 17). Unter
diesen Bedingungen wer-
den die Strahlengruppen
ci, ß, Y voneinander ge-
trennt werden.
Die Alpha- Strahlen
werden von der geradlini-
gen Bahn, selbst durch die
stärksten Felder, nur sehr
schwach nach links abge-
lenkt. Sie bilden den wich-
tigsten Teil der Kadium-
strahlung, wenigstens bei
der Messung der Strah-
lung durch die Größe
der Leitfähigkeit, die sie
der Luft mitteilen.
Die Beta -Strahlen
werden sehr stark durch
das magnetische Feld ab-
gelenkt und zwar in der
gleichen Weise und im
gleichen Sinne wie die
Kathoden-Strahlen.
Die Gamma-Strahlen
endlich werden gar nicht
von ihrer geradlinigen
Bahn abgelenkt; sie sind
Feldes den Röntgenstrahlen ver-
gleichbar und bilden nur
Fig. 16.
Wirkung des magnetischen Feldes
auf die Radiumsalze.
Fig. 17.
Wirkung des magnetischen
auf die Radiumsalze.
einen schwachen Teil der Strahlung.
Prüfen wir nun flüchtig die Konstitution dieser Strahlen-
gruppen.
Die Strahlung der Radium salze 35
Die «-Strahlen sind sehr wenig durchdringend. Sie
werden bei ihrem Austritt aus dem Radiumsalz durch die
Luft sehr schnell absorbiert; ein Aluminiumblättchen von
etlichen Hundertstelmillimeter Dicke hält sie vollständig auf.
Die Absorptionsgesetze dieser Strahlen durch die iso-
lierenden Substanzen gestatten, unabhängig von der Aktion
des magnetischen Feldes, sie von den Röntgenstrahlen klar
und bestimmt zu unterscheiden. Beim Durchlaufen der
aufeinanderfolgenden isolierenden Substanzen werden die
«-Strahlen immer weniger durchdringend (bei den Röntgen-
strahlen hingegen entsteht die umgekehrte Erscheinung).
Um dieses Resultat zu erklären, ist man geneigt anzunehmen,
daß diese Strahlen als Projektile gebildet werden, deren
Energie während des Durchdringens jeder isolierenden Sub-
stanz abnimmt. Auch konstatiert man, daß eine gegebene
isolierende Substanz die «-Strahlen viel stärker absorbiert,
wenn sie vom Radiumsalz weit entfernt, als wenn sie in
dessen unmittelbarer Nähe sich befindet.
Alpha-Strahlen («).
Die «-Strahlen werden durch die stärksten elektrischen
und magnetischen Felder sehr wenig abgelenkt. Zuerst hatte
man sie sogar als magnetisch unablenkbare Strahlen er-
achtet. Mittels einer scharfsinnigen Vorrichtung ist es
Rutherford jedoch gelungen, die Ablenkung dieser Strahlen
im magnetischen Felde zu zeigen und zu messen.
Aus diesen Untersuchungen erhellt, daß die «-Strahlen
sich wie von einer bedeutenden Geschwindigkeit beseelte,
mit positiver Elektrizität geladene Projektile verhalten. Sie
sind den Kanalstrahlen Goldsteins analog.
Nach den neuesten Messungen von des Coüdres ist die
Geschwindigkeit dieser Projektile 20 mal geringer als die
des Lichtes. Wenn man annimmt, daß die elektrische
Ladung eines dieser Projektile gleich ist der eines Wasser-
stoffatoms in der Elektrolyse, so findet man, daß seine Masse
in der Größenordnung einem Wasserstoffatom entspricht.
36 Die StrahluDg der Radiumsalze
E •
WMMmmm
Die Alpha-Strahlen bilden eine Gruppe, die homogen
erscheint; sie werden alle in gleicher Weise durch das
magnetische Feld abgelenkt.
Sie sind es auch, die in dem von Crookes unter
der Benennung Spinthariskop hergestellten kleinen Apparat
wirken. Bei diesem Apparat ist außen am
Ende eines Metalldrahtes a (Fig. 18) ein
Milligrammteil eines Radiumsalzes befestigt.
Diesen Bruchteil legt man einige Zehntel-
millimeter von einem Schirm E entfernt in
SiDOTsche Blende: während man mit einer
starken Lupe L den dem Radium zugekehrten
Schirm im Dunkeln prüft, bemerkt man auf
Fig. 18. dem Schirm kleine Lichtpünktchen. Diese
Spinthariskop Lichtpünktchen erscheinen bald, bald ver-
von Crookes. ^ '
schwinden sie; es macht den Eindruck, wie
das Sternengefunkel am nächtlichen Firmament. Der Effekt
ist sehr seltsam. Man kann sich vorstellen, daß jeder er-
scheinende und verschwindende Lichtpunkt vom Stoß eines
Projektiles herrührt. Beim ersten Male könnte man glauben,
es mit einer Erscheinung zu tun zn haben, die die indi-
viduelle Einwirkung eines Atoms zu unterscheiden gestattet.
Beta-Strahlen {ß\
Die /9-Strahlen sind analog den Kathoden-Strahlen;
sie werden wie jene durch das magnetische Feld leicht
abgelenkt.
Die Ablenkung der Beta- Strahlen durch das magnetische
Feld kann man mittels folgenden Experiments darstellen:
Ein Radiumsalz R enthaltendes Glasgefäß wird an einem Ende
eines Bleirohres mit sehr dicken Wänden AB (Fig. 19)
angebracht. Dieses Rohr wird zwischen die Schenkel eines
Elektromagneten gesetzt und normal zur Pollinie iVÄ ge-
richtet. In einer bestimmten Entfernung von dem Ende B
des Bleirohres bringt man ein mit Elektrizität geladenes
Die Strahlung der Radiumsalze
37
Elektroskop an. Die durch das Radiumsalz ausgesandten und
durch das Rohr kanalisierten Strahlen bewirken die Ent-
ladung des Elektroskopes. Wenn man den Strom in den
Draht des Elektromagneten leitet, werden die /?- Strahlen
auf die Wände des Bleirohres zurückgeworfen, die y-Strahlen
wirken ausschließlich und die Entladung geht sehr lang-
sam vor sich. Die Alpha-Strahlen werden von der Luft
unmittelbar in der Nähe des Radiumsalzes absorbiert, und
Elecfroscope
E
O
^
A
Fig. 19. Ablenkung der (?- Strahlen durch das magnetische Feld.
vermögen nicht bis zum Elektroskop zu gelangen. Hört
man auf, den Strom durch den Elektromagneten laufen zu
lassen, so rufen die yÖ-Strahlen die Entladung des Elektro-
skopes rasch hervor.
Die /9-Strahlen stellen ein heterogenes Gemenge dar.
Man kann sie voneinander durch ihr Durchdringungsver-
mögen und durch die veränderliche Ablenkung, die sie im
magnetischen Felde erleiden, unterscheiden. Bestimmte unter
ihnen werden leicht durch ein Aluminiumblättchen von
einigen HundertstelmiUimeter Dicke absorbiert, während
andere mehrere Millimeter Blei durchdringen.
38 Die Strahlung der Kadiumsalze
Die durch die im magnetischen Felde abgelenkten
/9-Strahlen beschriebenen Bahnen sind kreisförmig und
stehen zu der Richtung des magnetischen Feldes senk-
recht. Die Strahlen der beschriebenen kreisförmigen Bahnen
variiren in weiten Grenzen. Wenn man diese Strahlen auf
einer photographischen Platte B C auffängt (Fig. 16), so
sieht man, daß die Platte von Strahlen beeinflußt wird,
die, nachdem sie Kreisbahnen beschrieben haben, auf die
Platte zurückgeworfen werden und diese im rechten Winkel
schneiden. Becquerel hat gezeigt, daß der also bewirkte
Eindruck eine breite diffuse Bande, das echte kontinuier-
liche Spektrum bildet, was beweist, daß das von der
Quelle ausgesandte ablenkbare Strahlenbündel aus einer
unendlichen Zahl von verschieden ablenkbaren Strahlungen
besteht.
Wenn man die Platte mit verschiedenen absorbierenden
isolierenden Substanzen, wie Papier, Glas, Metalle, bedeckt,
so findet sich nur ein Teil des Spektrums beseitigt und man
konstatiert, daß die im magnetischen Feld am stärksten
abgelenkten Strahlen, d. h. die, deren Bahn den kleinsten
Krümmungsradius hat, am stärksten absorbiert werden. Bei
jeder isolierenden Substanz beginnt die Einwirkung auf die
Platte erst in einer gewissen Entfernung von der Strahlungs-
quelle; diese Entfernung ist um so größer, je absorbier-
fähiger die isolierende Substanz ist.
Die /9- Strahlen des Radiums sind mit negativer Elek-
trizität geladen. Die experimentelle Vorführung dieser Tat-
sachen bestätigt die Analogie dieser Strahlen mit den
Kathoden-Strahlen. Die Kathoden-Strahlen sind, wie Perein
nachgewiesen hat, ebenfalls mit negativer Elektrizität ge-
laden: sie vermögen ihre Ladung durch mit der Erde
verbundene Metallhüllen, sowie durch isolierende Platten
hindurch zu führen. An allen Stellen, wo die Kathoden-
Strahlen absorbiert werden, findet eine fortgesetzte Ent-
wicklung von negativer Elektrizität statt.
Mittels eines ähnlichen Verfahrens ist es leicht, experi-
Die Strahlung der Radiumsalze
89
mentell nachzuweisen, daß die /9-Strahlen mit negativer
Elektrizität geladen sind. Indessen ist diese Entwicklung
schwach; um sie sichtlich zu machen, bedarf es einer voll-
kommenen Isolation des Leiters, der die Strahlen absorbiert.
Zu diesem Zwecke stellt man den Leiter vor der Luft
geschützt auf, indem man ihn entweder mit einem gut
dielektrischen festen Körper umgibt oder in ein vollständig
luftleeres Rohr bringt.
Der hierzu verwendete Apparat (Fig. 20) besteht aus
einer leitenden Scheibe M, die durch einen Metallstab t mit
Fig. 20. Apparat zum Studium der j5-Strahlen.
einem Elektrometer verbunden ist. Die Scheibe und der
Stab sind mit dem Isoliermittel i vollständig umgeben und
das Ganze von einer Metallhülle E bedeckt, die in an-
dauernder Verbindung mit der Erde steht. Wenn man
den Apparat der Strahlung eines Radiumsalzes R, das sich
frei in einem kleinen ßleitrog befindet, aussetzt, so durch-
setzen die Strahlen die Metallhülle, die isolierende Schicht
und werden durch die Scheibe M absorbiert.
Man stellt alsdann eine konstante Entwicklung nega-
tiver Elektrizität am Elektrometer fest.
Die erzeugte Elektrizitätsmenge ist sehr schwach: sie
steht in der Größenordnung von 10~^^ Coulomb in der
Sekunde für jedes sehr aktive radiumhaltige Baryumchlorid,
das eine Schicht von 2,5 qcm Oberfläche und 0,2 cm Dicke
bildet; die benutzten Strahlen durchdringen, ehe sie vom
Leiter M absorbiert worden sind, eine Aluminium schiebt
von 0,01 mm und eine Hartgummis chicht von 0,3 mm.
40 Die Strahlung der Kadiumsalze
Wenn man das Kadiumsalz entfernt, oder wenn man
ein weniger aktives Produkt verwendet, so sind die Ladungen
schwächer.
Das umgekehrte Experiment besteht darin, das Radium-
salz in die Mitte der Isoliermasse zu bringen und den das
Salz enthaltenden Trog mit dem Elektrometer (Fig. 21) in
Verbindung zu setzen. Unter diesen Umständen stellt man
Terre
E
^ ^ t I /
m///>//>M/m^////M^
l
Fig. 21. Apparat zum Studium der /9-Strahlen.
fest, daß das Radium eine positive Ladung von gleicher
Größe wie die negative Ladung beim ersteren Experiment
annimmt. Die sehr durchdringenden Strahlen des Radiums
nehmen die negativen Ladungen mit sich fort.
Es geht aus diesen beiden Experimenten hervor, daß
ein in ein vollständig isolierendes Gefäß eingeschlossenes
Radiumsalz sich selbsttätig, wie eine Leidener Flasche, mit
Elektrizität laden muß. Dies läßt sich mit einer seit einer
gewissen Zeit Radiumsalz enthaltenden, verschlossenen Glas-
röhre nachprüfen. Wenn man mit einem Glasmesser einen
Strich auf deren Wand macht, so tritt an dieser Stelle ein
Funken aus, der das infolge des Schnitts verdünnte Glas
durchbohrt hat; gleichzeitig verspürt der Experimentator
einen leichten Schlag in den Fingern infolge des Durch-
ganges der Entladung.
Das Radium liefert das erste Beispiel eines
Körpers, der sich selbsttätig mit Elektrizität ladet.
Man kann diese letztere Tatsache auch noch mittels
eines von Stkutt hergestellten kleinen Apparates, wie er in
Fig. 22 abgebildet ist, vorführen. Ein kleines Glasgefäß E
enthält ein Radiumsalz; es hängt an einem Quarzstift Q
Die Strahlung der Radiumsalze
41
und das Ganze ist in einem Glasbehälter T untergebracht
Zwei sehr dünne Goldblättchen bilden ein kleines Elek-
troskop; diese Blättchen können, indem sie sich spreizen,
zwei dauernd mit der Erde verbundene Metalldrähte a
und a berühren. Im Behälter stellt man eine möglichst
vollkommene Leere durch das Röhrchen V her.
Terre
Terre
Fig. 22. Strütts Perpetuum mobile.
Das Funktionieren des Apparates ist sehr einfach. Die
positive Ladung des kleinen Radiumgefäßes wird den Gold-
blättchen mitgeteilt und diese divergieren progressiv, in dem
Maße wie die Ladung zunimmt. Wenn die Blättchen genügend
gespreizt sind, berühren sie die beiden Metalldrähte a und
a , und die Ladung strömt am Boden aus, die Blättchen
fallen nieder, nehmen wieder eine andere Ladung auf und
divergieren von neuem. Da die Elektrizitätserzeugung fort-
42 Die Strahlung der Radiumsalze
gesetzt wird, spreizen und nähern die Blättchen sich an-
haltend.
Die Ladungen und Entladungen folgen in um so
kürzeren Zeiträumen aufeinander, je größer die Radium-
bromidmenge in dem Gefäße ist. Damit das Experiment
gut gelingt, muß das ßadiumgefäß vollkommen isoliert sein,
weshalb es eben gerade an einem Quarzfaden, der einen
sehr guten Isolator abgibt, in dem ganz evakuierten Apparat
aufgehängt wird. Auf diese Weise vermeidet man die durch
die Tatsache, daß die Luft unter dem Einfluß der radio-
aktiven Substanzen zum Leiter wird, bewirkten Elektrizitäts-
verluste.
Man darf annehmen, daß die Beta -Strahlen durch
mit negativer Elektrizität geladene und n>it großer Ge-
schwindigkeit vom Radium her geschleuderte Projektile
(Elektrone) gebildet werden.
Die Messung der Ablenkungen dieser Strahlen unter
der Einwirkung eines magnetischen Feldes führte Becquerel
und später Kaufmann zur Bestimmung der Geschwindig-
keiten dieser Projektile. Diese für die verschiedenen
/5-Strahlen veränderlichen Geschwindigkeiten liegen zwischen
2,36 X 1010 cm i^ ^^r Sekunde und 2,83 x lOi^cm in der
Sekunde. Man ersieht daraus, daß gewisse /^-Strahlen eine
der des Lichtes vergleichbare Geschwindigkeit haben. Ander-
seits lassen theoretische Schätzungen vermuten, daß die Masse
eines jeden dieser Projektile 2000 mal kleiner als die eines
Wasserstoffatoms ist.
Man begreift unschwer, daß mit solcher Geschwindig-
keit beseelte Projektile einer so kleinen Masse ein sehr
bedeutendes Durchdringungsvermögen gegenüber der Materie
besitzen können.
Die Radiumstrahlen, und hauptsächlich die Beta-
Strahlen, können sich zerstreuen. Sendet man auf einen
dünnen Schirm ein von Radiumsalz herrührendes Strahlen-
bündel, so werden die Alpha-Strahlen absorbiert, die
Gamma-Strahlen durchdringen in gut abgegrenzten Bündeln
Die Strahlung der Radiumsalze 43
mit scharfen Rändern teilweise den Schirm. Was die Beta-
Strahlen anlangt, so werden sie nach allen Richtungen zer-
streut. Allein diese Diffusion scheint keine konstante Eigen-
schaft der /^-Strahlen zu sein. Becquerel hat gezeigt, daß
ein Beta-Strahlenbündel sich in gut bestimmtem Zustande
im Paraffin fortpflanzt.
Gamma- Strahlen.
Die v-Strahlen sind den Röntgenstrahlen durchaus ver-
gleichbar; sie besitzen also keine elektrische Ladung. Sie
bilden nur einen sehr schwachen Teil der Strahlung des
Radiums. Gewisse /-Strahlen weisen ein außergewöhnliches
Durchdringungsvermögen auf; einige vermögen sogar mehrere
Zentimeter Blei zu durchdringen. Sie ionisieren die Luft
schwach und lassen eine durchaus scharfe, aber schwache
Spur auf der photographischen Platte zurück. Es ist nun
aber doch nicht ausgeschlossen, daß die Energie dieser
Strahlen erheblich ist; denn, wenn die Effekte auf der
empfindlichen Platte und die Gase schwach sind, so liegt
dies größtenteils an der schwachen Absorption, der diese
Strahlen unterliegen.
Alles in allem besitzen die durch das Radium aus-
gesandten Strahlen alle Merkmale derjenigen, welche von
der Crookesröhre ausgehen. Die positiv geladenen Alpha-
Strahlen entsprechen den GoLDSTEiNschen Kanalstrahlen, die
Beta -Strahlen den Kathoden- Strahlen und die Gamma-
strahlen den Röntgenstrahlen.
Die Strahlen des Radiums sind indessen durchdringen-
der. Während die Kanalstrahlen im Vakuum nur eine
Entfernung von etlichen Zentimetern durchlaufen, durch-
laufen die Alpha-Strahlen dieselbe Entfernung in der Luft
bei atmosphärischem Druck. Die Kathoden-Strahlen durch-
dringen nur schwer ein Aluminiumblatt von 4 tausendstel
Millimeter. Wenn endlich die Röntgenstrahlen auch eine
ziemlich große Dicke gewisser lichtundurchlässiger (opaker)
Körper zu durchdringen vermögen, so werden sie hingegen
44 Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte
doch von einem Bleiblatt von 1 oder 2 mm Dicke völlig
aufgehalten, während man einen merklichen Effekt der
/-Strahlen durch eine Bleidicke von 5 oder 6 cm hindurch
feststellen kann.
Fünfter Abschnitt.
Durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugte Effekte.
Fluoreszenz- und Lichteffekte.
Die durch die Radiumsalze ausgesandten Strahlen rufen
die Fluoreszenz einer sehr großen Anzahl von Körpern
hervor. Mit einigen Substanzen gestaltet sich die Fluores-
zenz sehr schön, wenn das verwendete radiumhaltige Produkt
sehr aktiv ist. Die alkalischen und erdalkalischen Salze,
das Kaliumuranyldoppelsulfat, die organischen Stoffe (Baum-
wolle, Papier, Haut, Cinchoninsulfat), Quarz, Glas werden
kraft der Einwirkung der Becquerelstrahlen phosphores-
zierend. Unter den verschiedenen Glasarten ist das sogen.
Thüringer Glas besonders leuchtend. Die empfindlichsten
Körper sind das Platinocyanid des Baryums, das eine
prächtige grüne Phosphoreszenz annimmt^ sowie das Kalium,
das schön himmelblau wird. Der Willemit (natürliche
Zinksilikatkristall), die SiDOTSche Blende, der Diamant
nehmen unter diesen Voraussetzungen einen äußerst lebhaften
Glanz an. Der Kunzit (Erozit), ein von Kunz in Amerika
entdecktes Mineral, worin der Forscher das Morgenröte-
tierchen (Eozoon) erkannte, wird lachsrosafarbig.
Alle Strahlengruppen scheinen geeignet, die Phosphores-
zenz hervorzubringen; der Willemit und das Baryum-
platinocyanid aber zeigen sich besonders leuchtend mit den
durchdringenden Beta-Strahlen, während es für die Alpha-
Strahlen vorzuziehen ist, SiDOTSche Blende zu verwenden.
Man kann die Fluoreszenz des Baryumplatinocyanids auch
dann noch beobachten, wenn dasselbe vom Radium mittels
Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte 45
eines absorbierenden Scbirms getrennt ist. Der Baryum-
platinocyanidschirm ist noch leuchtend, wenn man ihn durch
den menschlichen Körper vom Radium trennt.
Die Phosphoreszenz ist sogar noch sehr sichtbar, wenn
das Radiumsalz 2 oder 3 m von dem Schirm entfernt
wird. Dann aber ist es unerläßlich, daß das verwendete
Salz sehr aktiv ist. Mit einem Platinocyanidkristall ist die
erzeugte Leuchtfähigkeit sehr intensiv, namentlich, wenn das
Radiumsalz gegen den Kristall gebracht wird.
Die schöne mit dem Diamant gewonnene Phosphores-
zenz eignet sich recht gut für die praktische Anwendung.
Es ist tatsächlich möglich, den Diamant kraft der Ein-
wirkung der Radiumstrahlen von seinen Nachahmungen,
wie Straß, Bleiglas usw., zu unterscheiden. Diese letzteren
besitzen eine äußerst schwache Leuchtfähigkeit gegenüber
der des Diamants.
Mit Zinksulfid bleibt die Leuchtfähigkeit ziemlich lange
bestehen, wenn man die Einwirkung der Strahlung beseitigt.
Es darf angenommen werden, daß die selbsttätige
Leuchtfähigkeit der Radiumsalze dem Umstände zugeschrieben
werden muß, daß sie sich selbst durch die Einwirkung der
von ihnen ausgehenden Becquerelstrahlen in Phosphoreszenz
versetzen.
In gewissen Fällen ist sie intensiv genug, um dabei ein
Buch lesen zu können; sie vermag sogar am hellen Tage
wahrgenommen zu werden. Das vom Bromid ausgesandte
Licht ist das stärkste.
Dieses Licht wurde neuerdings von Herrn und Frau
HuGGiNS im Spektroskop geprüft. Sie haben die sehr merk-
würdige Tatsache festgestellt, daß das Spektrum nicht völlig
kontinuierlich ist; es weist Verstärkungen auf, deren Stel-
lungen genau den glänzenden Banden des Spektrums des
Stickstoffs entsprechen, das gewonnen wurde, indem man
das mittels elektrischer, durch dieses Gas hindurchgehender
Entladungen hervorgebrachte Licht analysierte.
Es ist zulässig, diese Banden auf die elektrischen
46 Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten EflFekte
Entladungen der Radiumstrahlung zurückzuführen, die durch
die einschließende oder umgebende Luft verursacht werden.
Das gesamte Licht der Radiumsalze dürfte also nicht der
Phosphoreszenz derselben zuzuschreiben sein.
Färbung der Körper durch die Einwirkung der
Kadiumstrahlen.
Die einer verlängerten Einwirkung der Radiumsalze
unterworfenen phosphoreszierenden Substanzen werden im
allgemeinen allmählich verändert und sodann minder reizbar
und weniger leuchtend unter der Einwirkung der Salze. Man
stellt gleichzeitig fest, daß die meisten dieser Körper eine
sehr erhebliche Veränderung in ihrer Färbung erleiden.
Anderseits ist es jedoch nicht ausgeschlossen, daß diese
Färbungsveränderungen von einer chemischen Modifikation
der phosphoreszierenden Substanz begleitet sein können.
Die Strahlen des Radiums färben Glas violett, braun
oder schwarz; diese Färbung erfolgt in der Glasmasse selbst
und bleibt, auch wenn man das Radiumsalz, das sie erzeugt
hat, entfernt. Die alkalischen Salze werden gelb, violett,
blau oder grün gefärbt; der durchsichtige Quarz ver-
wandelt sich in Rauchquarz; der farblose Topas wird
orangegelb usw.
Unter der Einwirkung der Radiumstrahlung bräunt sich
das Baryumplatinocyanid ; aber teilweise nimmt es seine
ursprüngliche Farbe wieder an, wenn man es einige Zeit
dem Lichte aussetzt. Das Kalium uranylsulfat wird gelb.
Das vom Radium gefärbte und nachher auf 500 Grad
erhitzte Glas entfärbt sich. Die Entfärbung wird gleich-
zeitig von einer Lichtaussendung begleitet. Die unter dem
Namen Thermolumineszenz bekannte Phänomen war bereits
an einigen Körpern, wie am Flußspat, beobachtet worden.
Der Flußspat wird leuchtend, wenn man ihn erhitzt. Diese
Leuchtfähigkeit erschöpft sich allmählich. Man kann ihm
jedoch die Fähigkeit, leuchtend zu werden, durch Wärme
Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte 47
wiedergeben, indem man ihn der Einwirkung eines Funkens
oder eines Radiumsalzes aussetzt. Unter diesen Voraus-
setzungen geht der Flußspat auf seinen Urzustand zurück.
Diese Erscheinung ist der bei Radiumstrahlen aus-
gesetztem Glase identisch. Es geht eine Umformung in
dem Glase vor sich, während es der Einwirkung der
Radiumsalze unterworfen ist, wobei die Färbung progressiv
zunimmt; wenn man es erhitzt, findet die umgekehrte Um-
wandlung statt, die Färbung verschwindet und die Er-
scheinung ist von einer Lichtemission begleitet. Das Glas
ist auf seinen Urzustand zurückgeführt worden; es ist nun
geeignet, durch die Einwirkung der Radiumsalze abermals
gefärbt zu werden.
Möglich- ist, daß hierbei eine Modifikation chemi-
scher Art stattfindet, mit welcher die Lichtentwickelung
eng verknüpft sein würde. Diese Erscheinung kann all-
gemein sein; die durch die Einwirkung der Radiumsalze
erzeugte Fluoreszenz würde von einer chemischen oder
physikalischen Umwandlung der lichtaussendenden Substanz
abhängig sein.
Chemische und photographische Wirkungen.
Die Radiumstrahlen rufen verschiedene chemische
Wirkungen hervor. In diese Gruppe würde man bereits alle
vorherbeschriebenen Fluoreszenz- und Färbungserscheinungen
einschalten dürfen.
Abgesehen hiervon sind die durch die Radiumsalze aus-
gesandten Strahlen fähig, sehr deutliche chemische Reaktionen
zu erzeugen. So wird weißer Phosphor in roten verwandelt.
In der Nähe der Radiumsalze kann man in der Luft
die Ozonentwicklung konstatieren. Um aber Ozon ent-
wickeln zu können, muß eine unmittelbare, wenn auch noch
so geringe Verbindung zwischen der zu ozonisierenden Luft
und dem Radium stattfinden. Diese Reaktion scheint wohl
48 Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten EflFekte
eher mit der Erscheinung der weiter unten zu besprechenden
induzierten Radioaktivität zusammenzuhängen.
Papier wird durch die Einwirkung des Radiums gelb
gefärbt; weiter wird es auch brüchig und bröcklig.
Die Radiumsalze selbst scheinen unter der Einwirkung
der von ihnen ausgehenden Strahlung eine Veränderung
zu erleiden. Sie färben sich, entwickeln Sauerstoffverbin-
dungen des Chlors, wenn das Salz ein Chlorid, des Broms,
wenn das Salz ein Bromid ist. Giesel hat nachgewiesen,
Fig. 23. Radiographie mittels Radiumsalzen.
daß eine Radiumsalzlösung ununterbrochen Wasserstoff
entwickelt. Die Radiumstrahlung wirkt auf die in der
Photographie verwendeten Substanzen in derselben Weise
wie das Licht ein. Diese an die größere oder geringere
Durchsichtigkeit der verschiedenen Substanzen für die
Strahlung gebundene Eigenschaft ermöglicht es, Radio-
graphien zu erlangen, die den mit den X-Strahlen gewonnenen
vergleichbar sind, nur geschieht dies viel einfacher. Ein
Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte 49
kleines Glasgefäß, das einige Zentigramme eines Radium-
salzes enthält, ersetzt die Crookesröhre und die zahlreichen
für ihren Gebrauch erforderlichen Vorrichtungen.
Man kann auf große Entfernungen und mit Strahlungs-
quellen von sehr kleinen Dimensionen arbeiten und wird
immer ziemlich gute Radiographien (Fig. 23) erhalten. Unter
diesen Bedingungen verwendet man ß- und /-Strahlen, da die
«-Strahlen sehr rasch absorbiert werden. Die so gewonnenen
Radiographien ermangeln der Schärfe; die /9-Strahlen er-
leiden beim Durchstrahlen des zu radiographierenden Gegen-
standes tatsächlich Zerstreuung und veranlassen eine ge-
wisse Verschwommenheit.
Um ganz scharfe Radiographien zu erlangen, ist es ratsam,
die /^-Strahlen, zu beseitigen, indem man sie durch einen
starken Elektromagneten ab-
lenkt. Man verwendet hierzu
die in Fig. 24 abgebildete Vor-
richtung. Der zu radiogra-
phierende Gegenstand 0 wird
auf die von schwarzem Papier
P umgebene photographische
Platte gebracht. Das Gefäß
mit dem Radiumsalz wird bei
R zwischen den Polen eines
Elektromagneten angebracht; er-
regt man den Elektromagneten,
so werden ausschließlich die
/-Strahlen verwandt ; da sie
nur einen geringen Teil der
Gesamtstrahlung ausmachen,
muß die Expositionsdauer erheblich vermehrt werden. Es
bedarf daher mehrerer Tage, ehe überhaupt eine Radiographie
erzielt wird. Die Radiographie eines Gegenstandes, z. B.
eines Portemonnaies, braucht einen Tag mit einer, von
einigen Zentigramm in eine Glasröhre eingeschlossenem
Radiumsalz gebildeten Strahlungsquelle, die Im von der
Dannr, Das Radium. 4
Fig. 24. Apparat zur Erlangung
von Radiographien mit Radium-
salzen.
50 Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte
empfindlichen Platte entfernt, vor welcher der Gegenstand
aufgestellt ist, sich befindet.
Wenn die Eöhre nur 20 cm von der empfindlichen
Platte entfernt ist, so wird das gleiche Resultat innerhalb
einer Stunde erzielt.
Alle hinlänglich aktiven Radiumsalze müssen von dem
photographischen Laboratorium ausgeschlossen werden, da
sonst die empfindlichen photographischen Substanzen, die
sich dort vorfinden können, beeinflußt werden.
Ionisierende Wirkung der Radiumstrahlen.
Die Radiumstrahlen machen die Luft, die sie durch-
laufen, zum Elektrizitätsleiter. Diese wichtige Eigenschaft
hat man für die Messung der Strahlung der radioaktiven
Substanzen nutzbar gemacht.
Wenn man einige Dezigramm eines Radiumsalzes einem
geladenen Elektroskope nähert, so entladet sich dasselbe
unverzüglich. Die Entladung erfolgt auch noch, jedoch
manchmal langsamer, wenn man das Elektroskop mit einer
dicken Metallwand schützt. Blei, Platin absorbieren die Ra-
diationen leicht; dagegen ist Aluminium das durchlässigste
Metall. Die organischen Substanzen sind verhältnismäßig
sehr durchlässig für die Becquerelstrahlen.
Das folgende von Herrn Curie selbst erdachte Experi-
ment zeigt höchst anschaulich die durch die Luft unter
dem Einfluß der Radiumsalze erworbene Leitfähigkeit.
Die Sekundärrolle einer Induktionsspule B (Fig. 25) wird
durch Metalldrähte mit zwei weit genug voneinander ent-
fernten Funkenmikrometern M und M' verbunden, die zwei
verschiedene, einander gleichwertige Wege für den Durch-
gang bieten.
Man reguliert die Mikrometer so, daß die Funken
ziemlich reichlich zwischen den Kugeln eines jeden von
ihnen hindurchgehen. Nähert man einem der Mikrometer
ein Radiumsalz enthaltendes Gefäß, so hören die Funken auf,
durch das andere hindurchzugehen, da der durch das erste
Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte 51
Mikrometer gebotene Weg viel weniger Widerstand bietet,
als der durch das zweite Mikrometer gebotene.
Das Experiment gelingt noch sehr gut, wenn das
Radiumgefäß von einer mehrere Zentimeter starken Bleiplatte
geschützt wird; die Wirkung des Funkens wird nicht sehr
vermindert, selbst wenn der größte Teil der Strahlung durch
die Platte aufgehalten wird. Es scheint, als ob bei diesem
Phänomen die sehr durchdringenden Strahlen die wirk-
samsten seien.
Der Mechanismus der in den Gasen vermöge der
Becquerelstrahlen erzeugten Leitfähigkeit ist analog dem
«Iilif-,
Fig. 25. Apparat zum Nachweis der der Luft durch die Radium-
salze verliehenen Leitungsfähigkeit.
den Röntgenstrahlen eigentümlichen. Unter dem Einfluß
dei Strahlung wird das Gas ionisiert, d. h. seine Moleküle
erleiden eine eigenartige Dissoziation, deren Endresultat
ist, in den Gasen mit Elektrizität geladene Zentren, sogen.
Ionen, zu schaffen. Dieses in ein elektrisches Feld gebrachte
ionisierte Gas verhält sich wie ein Gasleiter. Je aktiver
die Substanz ist, desto größer ist die erzeugte lonenzahl
und desto höher ist auch die Leitfähigkeit. Die Leitfähig-
keit ist demDach eng an die Aktivität der Substanz gebunden;
diese letztere Erwägung rechtfertigt zum Teil die Anwendung
52 Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte
dieser Eigenschaft auf die Messung der Strahlung der radio-
aktiven Substanzen.
In einem Laboratorium, wo man mit Radiumsalzen
arbeitet, ist es ausgeschlossen, einen gut isolierten Apparat
zu besitzen, denn die Luft des Zimmers ist ein Leiter.
Man muß also besondere Vorrichtungen treffen, so z. B. die
geladenen Leiter mit festen dielektrischen Körpern umgeben.
Herr Cueie hat nachgewiesen, daß die Radiumstrahlen
auf flüssige dielektrische Körper wie auf Luft wirken, indem
sie ihnen eine gewisse elektrische Leitfähigkeit mitteilen. Man
kann diese Erscheinung mit Petroläther, Vaselinöl, Benzin,
Amylen, Schwefelkohlenstoff, flüssiger Luft konstatieren.
Verwendung der Radiumsalze beim Studium der
atmosphärischen Elektrizität.
Die Radiumsalze vermögen vorteilhaft die Flammen
oder Kelvin sehen Tropfapparate, die bis jetzt allgemein für
die Untersuchung der atmosphärischen Elektrizität angewendet
wurden, zu ersetzen. Zu diesem Zwecke wird das Radium-
salz in eine kleine flache Metallkapsel eingeschlossen, deren
eine Fläche aus einem sehr dünnen Aluminiumplättchen be-
steht. Die Kapsel ist am Ende eines durch einen mit einem
Elektrometer verbundenen Metallstabes befestigt. Die Luft
wird in der Nähe des Stabendes zum Leiter gemacht und
der Stab nimmt das Potential der umgebenden Luft an. Die
Messungen werden mit dem Elektrometer ausgeführt.
Physiologische Wirkungen.
Die Radiumstrahlen rufen verschiedene physiologische
Wirkungen hervor. Sie üben eine sehr deutliche Wirkung
auf die Epidermis aus.
Bringt man auf die Haut eine kleine Celluloidkapsel,
die ein sehr aktives Radiumsalz enthält, und läßt sie einige
Zeit darauf liegen, so verspürt man zwar noch keine
besondere Empfindung, aber 14 Tage bis 3 Wochen später
Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte 53
erscheint auf der Hautstelle ein roter Fleck, dann ein
Schorf in der Gegend, wo das Gefäß appliziert wurde;
wenn die Einwirkung des Radiums ziemlich lange gedauert
hat, bildet sich schließlich eine Wunde, die zur Heilung
mehrere Monate erfordern kann.
Bei einem Experiment ließ Herr Cüeie ein strahlendes,
verhältnismäßig nicht sehr aktives Produkt zehn Stunden
hindurch auf seinem Arme liegen. Es trat sofort Röte
auf, und es entwickelte sich später eine Wunde, zu deren
Heilung vier Monate nötig waren. Die Epidermis wurde an
der betreuenden Stelle zerstört und bildete sich nur langsam
und langwierig mit Hinterlassung einer sehr bemerkbaren
Narbe neu. Bei einem anderen Experiment dauerte die
Exposition mit dem Radiumsalz eine halbe Stunde; die
Brandwunde zeigte sich erst nach Verlauf von zwei Wochen.
Es entwickelte sich eine Blase, die zwei Wochen zur Heilung
nötig hatte. Bei einem dritten Experiment endlich, wo die
Exposition nur acht Minuten gedauert hatte, zeigte sich der
rote Fleck erst zwei Monate nachher; der Effekt war
übrigens unbedeutend.
Die vorstehenden Ergebnisse weisen darauf hin, daß
man ein Radiumsalz nicht anders als in ein sehr dickes
Bleiblatt eingewickelt längere Zeit bei sich tragen soll.
Die Wirkung der Radiumstrahlen auf die Haut ist
analog der, welche die Röntgenstrahlen oder das ultra-
violette Licht verursachen. Sie kann sich durch irgendwelche
Körper hindurch vollziehen, doch sind die Effekte weniger
markant.
Diese wenigen Experimente bildeten den Ausgangs-
punkt für zahlreiche Heilversuche bei Lupus, Krebs und ver-
schiedenen anderen Hautkrankheiten. Das Radium hat bis
heute ermutigende Resultate erbracht. Die Technik der
Behandlung dieser Krankheiten ist höchst einfach: Die
infolge der Einwirkung der Radiumstrahlen teilweise zer-
störte Epidermis bildet sich zum gesunden Zustande zurück.
Die Wirkung des Radiums auf die Haut wurde von.
54 Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte
Dr. med. Danlos im Hospital St. Ludwig zu Paris als Be-
handlungsverfahren bei Lupus erforscht.
Herr Danlos hat beobachtet, daß die kranke, der Ein-
wirkung des Radiums ausgesetzte Hautstelle eine Reihe von
Veränderungen von zunehmender Intensität zeigt. Zunächst
und allmählich bildet sich ein roter Fleck; nach einer Zeit
von ein bis drei Wochen zeigt die Epidermis je nach dem
vorausgegangenen Zustande ein weißliches Aussehen und fällt
schließlich ab; kleine vereinzelte Wunden treten auf, ver-
größern sich und entwickeln sich endlich zu einem Geschwür,
das eine ziemlich reichliche rötliche Flüssigkeit absondert.
Einen Monat später schließt sich das Geschwür und es
bildet sich eine weiße, glatte und weiche Narbe.
Diese Behandlung würde im Vergleich mit den älteren
Heilverfahren sehr einfach sein und ziemlich rasch verlaufen.
Sie vollzieht sich schmerzlos und läßt nur sehr selten ent-
stellende Narben zurück.
Zurzeit werden zahlreiche Versuche sowohl in Paris,
Wien, London als auch in New York angestellt. Freilich
fehlt noch die Sanktion der Erfahrung, man darf aber wohl
hoffen, daß die Behandlung der Hautkrankheiten mittels
Radiums einen wichtigen Platz neben der R-öntgenstrahlen-
therapie, deren Erfolge bereits hervorragend und zahlreich
sind, einnehmen wird. Wenn die erzielten Effekte denen
vergleichbar sind, die mittels der Röntgenstrahlen oder des
ultravioletten Lichtes hervorgerufen werden, so liegt die Ver-
mutung nahe, daß man die Behandlung mittels Radium-
strahlen vorziehen wird, denn mit einigen Dezigramm Sub-
stanz würde man die Anschaffung eines viel kostspieligeren
Materials und ziemlich schwierige Manipulationen vermeiden.
GiESEL hat nachgewiesen, daß die Radiumstrahlen auf
das Auge wirken. Wenn man im Dunkeln ein Gefäß mit
Radiumsalz in die Nähe des geschlossenen Lides oder der
Schläfe bringt, so wird im Auge eine Helligkeitsempfindung
hervorgebracht. Himstedt und Nagel haben gezeigt, daß
bei diesen Experimenten unter der Einwirkung der Radium-
Die durch die Strahlung der Radiumsalze erzeugten Effekte 55
strahlen die Medien des Auges durch Phosphoreszenz
leuchtend werden, und die Lichtempfindang ihre Quelle
im Auge selbst hat Die Blinden, bei denen die Retina
intakt ist, sind gegen die Radium Wirkung empfindlich, wäh-
rend solche, deren Retina krank ist, keine Lichtempfindung
von den Strahlen verspüren.
Die Radiumstrahlung hat eine bakterientötende Wir-
kung; sie verhindert oder hemmt die Entwicklung mikro-
bischer Siedlungen. Diese Wirkung ist indessen nicht sehr
intensiv.
Danysz vom Institut Pasteur hat sich mit der Wirkung
der Strahlen auf das Rückenmark und Gehirn besonders
beschäftigt. Diese Wirkung ist sehr kräftig. So hat Herr
Danysz festgestellt, daß, wenn man ein Gefäß mit sehr
aktivem Radiumsalz längs des Rückgrats einer Maus eine
Stunde lang anbrachte, das Tier nach Verlauf einiger Tage
gelähmt wurde und plötzlich starb. Analoge Tatsachen zeigen
sich, wenn man das Gefäß auf die Gehirnmasse eines
Kaninchens, dessen Schädel trepaniert ist, stellt.
Herr Bohn hat nachgewiesen, daß das Radium das
tierische Bindegewebe im Wachstum verändert.
Herr Giesel endlich hat bemerkt, daß die der Wirkung
der Radiumstrahlung ausgesetzten Pflanzenblätter zunächst
gilben und dann absterben.
Herr Matout hat einige Beobachtungen über das
Keimen von Körnern, die der Radiumstrahlung, bevor sie
gepflanzt worden sind, ausgesetzt wurden, gemacht. Nach
ungefähr acht Tage dauernder Exposition von Kressen- und
weißen Senfkörnern keimten diese nicht mehr, als sie ge-
pflanzt wurden; Die Radiumstrahlung hat also die Körner
in dem Maß beeinflußt, daß sie ihre Keimfähigkeit zerstörte.
Wirkung der Temperatur auf die Strahlung.
Die Radium Strahlung bleibt die gleiche, sei es, daß
das Radium in flüssiger Luft {t == —180^) sich befindet.
56 Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums
sei es, daß es der atmosphärischen Luft ausgesetzt sei.
Verschiedene Experimente beweisen das. So bleibt die Leucht-
fähigkeit eines radiumhaltigen Baryumchlorids bestehen,
wenn man das Gefäß mit dem Radium in flüssige Luft
taucht. Bei der Temperatur der flüssigen Luft unterhält
das Radium die Fluoreszenz des Baryumplatinocyanids.
Wenn man auf dem Boden eines geschlossenen Glasrohrs
ein Gefäß mit Radiumsalz und einen kleinen, durch die
Nähe des Radiums leuchtend gemachten Baryumplatino-
cyanidschirm bringt, und wenn man alsdann das Glasrohr
in flüssige Luft taucht, so läßt sich erkennen, daß der
Baryumplatinocyanidschirm ebenso leuchtend als vor dem
Eintauchen ist.
Dies sind, kurz und bündig gesagt, die Hauptwirkungen
der Strahlung der Radiumsalze.
Es erübrigt noch, ein von Natur verschiedenes und
wegen seiner Konsequenzen hochbedeutsames Phänomen
zu besprechen. Diese unter dem Namen der induzierten
Radioaktivität bekannte Erscheinung soll den Gegenstand
des letzten Teiles bilden.
Sechster Abschnitt.
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation
des Radiums.
Aktivierungserscheinung.
Alle festen, flüssigen oder luftförmigen Körper, die eine
Zeitlang in der Nähe eines Radiumsalzes sich befinden,
nehmen die strahlenden Eigenschaften desselben an; sie
werden radioaktiv und senden ihrerseits Becquerel strahlen
aus. Es findet dabei eine Art Übertragung der Aktivität
des Radiumsalzes an die in seine Nähe gebrachten Körper
statt. Diese Tatsache stellt das Phänomen der indu-
zierten Radioaktivität dar.
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums 57
Die induzierte Kadioaktivität pflanzt sich in den Gasen
von Ort zu Ort durch Leitung fort. Die Gase selbst werden
in der Nähe der Radiumsalze radioaktiv.
Die Erscheinung tritt in besonders starker Weise auf,
wenn man die zu aktivierenden Körper in einen ge-
schlossenen Eaum mit einem festen Radiumsalz oder besser
mit einer Eadium Salzlösung bringt. Rutherford hat nach-
gewiesen, daß die durch die Körper angenommene Aktivität
viel erheblicher war, wenn man sie zu einem im Vergleich
mit den benachbarten Körpern negativen Potential lud.
Man bringt in einen geschlossenen, mit Luft gefüllten
Raum M (Fig. 26) in einer kleinen Schale a befindliches
Radiumsalz und verschiedene Substanzen ABC DE.
Fig. 26. Aktivierung der Körper in einem geschlossenen Räume.
Unter diesen Bedingungen und nach Verlauf ge-
nügender Zeit haben sich alle Körper aktiviert. Man
kann sie dann der Wirkung des Radiums entziehen, sie aus
dem Räume herausnehmen und feststellen, daß sie der
Herd einer Becquerelstrahlenaussendung geworden sind. Die
Aktivität dieser Substanzen kann mittels der weiter oben
beschriebenen Vorrichtung für die Messung der Aktivität
der radioaktiven Substanzen bestimmt werden.
Die durch die Körper BCDE angenommene Aktivität
ist dieselbe, gleichviel, welcher Natur diese Körper seien
58 Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Eadiums
(Blei, Kupfer, Glas, Hartgummi, Pappe, Paraffin, Celluloid).
Indessen ist die Aktivität einer Fläche eines der Plättchen
um so größer, je größer der freie Raum vor dieser Fläche
ist. So ist denn die innere Fläche eines der Plättchen, A,
weniger aktiv als ihre seine Fläche.
Die aktivierten und von den Radiumsalzen entfernten
Körper bewahren eine Zeitlang ihre Aktivität; dieselbe
nimmt allmählich ab und verschwindet schließlich ganz.
Man stellt fest, daß die Aktivität der Plättchen zunächst
zunimmt mit der Dauer des Aufenthalts in dem Räume,
daß sie jedoch bei einem hinreichend verlängerten Aufent-
halt einen gewissen Grenzwert erreicht.
Die Natur und der Druck des Gases, des Raumes und
die relative Stellung der zu aktivierenden Substanzen haben
keinen Einfluß auf die beobachteten Phänomene, und die
durch die verschiedenen Körper angenommene Aktivität ist
proportional der sich darin befindenden Radiumsalzmenge.
Die Strahlung des Radiumsalzes spielt bei der Er-
zeugung der induzierten Radioaktivität keine Rolle; man
kann das vorige Experiment tatsächlich nochmals vornehmen,
nachdem man das Radiumsalz in ein verschlossenes Gefäß
gebracht hat. Nach mehreren Tagen läßt sich dann am
Elektroskop feststellen, daß keines der in den Räume ge-
brachten Plättchen Becquerelstrahlen aussendet; sie haben
sich also nicht aktiviert.
Damit die Körper die Eigenschaft der Aussendung von
Becquerelstrahlen anzunehmen vermögen, muß man diese
Körper direkt oder vermittelst eines gasförmigen Stoffes mit
dem Radiumsalz in Verbindung bringen.
Die Emanation des Kadiums.
Zur Erklärung dieser Erscheinungen dürfen wir mit
Rutherford annehmen, daß das Radium ständig ein mate-
rielles radioaktives Gas entwickelt, welches man Emanation
nennt. Diese Emanation verbreitet sich im Räume, mischt
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums 59
sich mit den das Radiumsalz umgebenden Gasen und kann
in besonderer Gestalt an der Oberfläche fester Körper
wirken und sie radioaktiv machen. Die Phänomene der
induzierten Radioaktivität dürften also das Ergebnis einer
durch die Emanation bew^irkten radioaktiven Energieüber-
tragung sein.
Alle in der Nähe der Radiumsalze befindlichen Gase
werden radioaktiv; nach der vorstehenden Hypothese sind
sie mit Emanation geladen. Diese Gase können also den
festen Körpern, die man ihnen zugesellt, Aktivität mitteilen.
Wenn man das aktivierte Gas in einen anderen Raum
schafft, bewahrt es eine ziemlich lange Zeit hindurch die Eigen-
schaft, die mit ihm in Berührung gebrachten festen Körper
radioaktiv zu machen; allein die mit dem Gase entführte
Emanation zerstört sich unter diesen Umständen selbst-
tätig und das Gas verliert seine aktivierenden Eigenschaften.
Diese Vernichtungsgeschwindigkeit ist so groß, daß die in
dem Gase enthaltene Ausströmungsmenge innerhalb vier
Tagen um die Hälfte abnimmt.
Die Radiumsalze sind der Herd einer beständigen
Emanationsabgabe. Wenn man eine Radiumsalzlösung in
ein bis zur Hälfte mit einem flüssigen Stoffe gefülltes
Gefäß einschließt, so häuft sich die Emanation in dem
Gase über der Lösung an. Die angesammelte Emanations-
menge wächst nicht unbegrenzt; die Emanation wird teil-
weise zerstört, während das Radium tatsächlich eine neue
Menge davon erzeugt; das Endgleichgewicht wird erzielt,
wenn der aus dem Verschwinden der Emanation resul-
tierende Verlust die andauernde Emanationserzeugung des
Radiumsalzes kompensiert.
Verschwinden der durch die Radiumsalze induzierten
Radioaktivität in geschlossenem Gefäß.
Nehmen wir an, daß Emanation sich in einer Röhre A
(Fig. 27) ansammelt, indem man sie mit einem Gefäß B,
60 Die induzierte Kadioaktivität und die Emanation des Radiums
das eine Radiumsalzlösung S enthält, in Verbindung setzt.
Nach Verlauf einiger Tage hat sich die in der Röhre A
enthaltene Luft mit Emanation geladen: sie ist radioaktiv
geworden und hat den Gefäßwänden Aktivität mitgeteilt.
Wenn man nun die Röhre von dem Gefäß trennt, indem
man an der Lampe den Teil a zuschmilzt, so bemerkt man,
daß die Röhre Ä Becquerelstrahlen aussendet.
Zu diesem Zwecke bedient man sich einer experimentellen
Vorrichtung ähnlich der, welche man für die Intensitäts-
ff
Fig. 27.
Auffangen der
Emanation in
einer Röhre.
Fig. 28.
Zylindrischer Kondensator zur Messung der
Aktivität der aktiven Röhren.
bestimmung der Strahlung der radioaktiven Substanzen
verwendete, wobei man jedoch den Plattenkondensator
durch einen zylindrischen Kondensator ersetzt. Dieser
Kondensator (Fig. 28) besteht im wesentlichen aus zwei
konzentrischen Röhren, deren eine B aus dünnem Aluminium
mit einer Batterie von einer großen Anzahl Elemente ver-
bunden ist, während die andere aus Kupfer in Verbindung
mit dem Elektrometer und Quarz gesetzt ist. Die beiden
Röhren werden vollständig in einen zur Erde abgeleiteten
Metallkasten E gestellt.
Mit Hilfe dieses Apparates kann man die äußere
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums 61
Strahlung des Behälters A beobachten, indem man ihn in den
inneren Zylinder des Kondensators stellt. Die durch die
Röhre ausgesandten Strahlen machen die Luft zwischen
den beiden Zylindern zum Leiter. Der zirkulierende Strom
wird jeden Augenblick durch den piezo - elektrischen Quarz
kompensiert.
Man stellt dann fest, daß die äußere Strahlung der
Röhre Ä mit der Zeit abnimmt nach dem strengen Ex-
x^
\,
V -N*^
\V
\\
\
\
f^
N
:x
N>
1
F
^
%
^
o loo ZOO ^oo ^^ l^op Tieures 5oo
Fig. 29. Kurven des Verschwindens der durch die Radiumsalze
induzierten Radioaktivität in einem geschlossenen Gefäß.
ponentialgesetz. Dieses Gesetz hat die Form I = Iq6-'^S
wobei \ der Anfangswert der Strahlung und I der Wert
im Augenblick t ist. Indem man den zweiten als Einheit
nimmt, hat man ä = 2-01 X 10-^. Die Strahlung sinkt um
die Hälfte innerhalb vier Tagen. Dieses Entaktivierungs-
gesetz (Gesetz des Aktivitätsverlustes [Fig. 29]) ist durch-
aus unveränderlich, unter welchen Bedingungen auch das
62 Die induzierte Kadioaktivität und die Emanation des Radiums
Experiment (Größe und Beschaffenheit des Behälters, Druck
und Natur des Gases, Intensität des Phänomens im
Anfang, Temperatur) ausgeführt wird. Die Zeitkonstante,
die das Verschwinden der Aktivität des Rohres kenn-
zeichnet, ist ein charakteristisches Merkmal der zu
seiner Aktivierung verwendeten Radiumsalze. Diese Kon-
stante würde auch zur Definition einer Zeiteinheit dienen
können.
Dieses Gesetz ist in Wirklichkeit das Gesetz des
selbsttätigen Verschwindens der Emanation. Wenn, nach-
dem man ein Rohr wie Ä aktiviert hat, darin durch Aus-
pumpen der mit Emanation beladenen Luft ein Vakuum
herstellt, so stellt man tatsächlich fest, daß die Strahlung
viel schneller abnimmt: sie sinkt um die Hälfte während
jeder halben Stunde. Dieses Entaktivierungsgesetz ist gleich
dem, nach welchem die festen aktivierten Körper in der
Luft ihre Aktivität verlieren. Man ist geneigt anzunehmen,
daß die Aktivität des Raumes Ä zum Teil durch die in
ihm enthaltene Emanation unterhalten wird, und daß das
gefundene Gesetz der Zerstörung der Emanation genau
entspricht.
Wenn, nachdem eine Röhre Ä aktiviert worden ist,
man ihre Strahlung unmittelbar vor und nach der Ent-
fernung der Luft mißt, so bemerkt man, daß diese Strahlung
im Augenblick, wo man die aktive Luft ausgepumpt hat,
nicht verändert ist. Die Strahlung der mit Emanation
geladenen Luft erzeugt also bei diesem Experiment keine
Wirkung. Es ist gleichwohl nicht ausgeschlossen, daß sie
vorhanden ist, aber sie muß aus sehr gering durchdringenden
Strahlen, die die gläserne Gefäßwand nicht zu durchdringen
vermögen, gebildet sein.
Das folgende Experiment liefert eine sehr annehmbare
Bestätigung dieser Hypothese. Eine IVl etallröhre Ä (Fig. 30)
ist mit einer Radiumsalzlösung S in Verbindung und ist
durch einen Isolierpfropfen i am anderen Ende verschlossen;
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums 63
ElectTom6lre .
durch diesen Pfropfen geht ein Metallstab C hindurch,
der mit einem Elektrometer verbunden ist. Röhre und Stab
bilden einen zylindrischen Kondensator; die Metallröhre ist mit
einer Säule von einer großen Anzahl
Elemente verbunden. Das Eohr BB
ist mit der Erde verbunden und dient
als Schiitzrohr. Wenn das Eobr Ä
aktiviert ist, trennt man es vom
Radium, mißt die den Kondensator
durchfließende Stromstärke, erneuert
alsdann die Luft und nimmt unver-
züglich eine neue Messung der Strom-
stärke vor. Man stellt fest, daß der
Strom sechsmal schwächer geworden
ist. Nun bewirkt bei der zweiten
Messung lediglich die Strahlung der
Wände eine Ionisierung der Luft,
während bei der ersten Messung auch
die Emanation wirksam ist; es läßt
sich also vermuten, daß sie auch
Strahlung aussendet. Diese Strahlung
ist notwendigerweise sehr wenig durch-
dringend, da sie ihre Wirkung nach
außen nicht fühlen läßt.
Fig. 30. Apparat zur
Beobachtung der Strah-
lung der Emanation.
Verschwinden der durch das Radium auf den festen
Körpern induzierten Radioaktivität.
Ein aktivierter fester Körper, der der aktivierenden
Wirkung der Emanation entzogen worden ist, entaktiviert
sich nach einem anfangs verhältnismäßig komplizierten Ge-
setz, aber nach zwei Entaktivierungsstunden nimmt die Akti-
vität des Körpers als Zeitfunktion nach einem Exponential-
gesetz ab: sie sinkt um dieHälfte während jeder halbstündigen
Periode.
Wenn der Körper der Wirkung der Emanation während
64 Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums
mehr als vierundzwanzig Stunden ausgesetzt wurde, ist das
Entaktivierungsgesetz durch die Differenz zweier Exponen-
tialfunktionen gegeben.
Dieses Gesetz hat die Form: l = J^[ae-^^ — {a — l)e-'=f],
wobei Iq die Intensität der Strahlung zu Beginn der Zeit t
bedeutet; d. h. im Augenblick, wo man das Plättchen der
Einwirkung der Emanation entzieht. Die Koeffizienten
haben als Werte: a = 4-2; 6 = 0-000413: c = 0-000538.
3-ZSg^I
Dieses Entaktivie-
rungsgesetz wird durch
die Kurve 1 der Fig. 31
dargestellt. Man hat sich
die Logarithmen der
Strahlungsstärke als
Ordinaten und die
Zeitdauer als ausge-
führt zu denken. Zwei
Stunden nach Beginn
der Entaktivierung ist
eine der beiden Expo-
nentialfunktionen im
Verhältnis zur ersten
sehr klein geworden
und die Kurve, die
das Gesetz darstellt,
wird auf Grund der
Wahl der Einheiten
durch eine gerade Linie
dargestellt. Die Akti-
vität sinkt um die Hälfte
innerhalb 28 Minuten.
Wenn die Aktivierungsdauer kleiner war als 24 Stunden,
so erscheint das Entaktivierungsgesetz ungemein kompli-
ziert, und die das Phänomen darstellenden Kurven nehmen
ziemlich veränderlich Gestalten an. Bei einer Akti-
vierung von wenigen Sekunden z. B. stellt man vorerst ein
J heutes.
Fig. 31.
Einfluß der Dauer der Aktivierung auf
das Gesetz der Entaktivierung.
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums 65
plötzliches Sinken der Aktivität fest, dann nimmt die Strah-
lung zu, geht durch ein Maximum und beginnt abermals zu
sinken; zwei Stunden später hat die Aktivität ihren Normal-
wert wieder erlangt: sie sinkt um die Hälfte innerhalb
28 Minuten. In diesem Falle wird die Erklärung der
Erscheinung ziemlich schwierig, weist aber ein hohes theo-
Fig. 32. Gesetz der Entaktivierung einiger Substanzen, welche die
okkludierte Emanation zurückhalten.
Die Kurve 1 ist die Normalkurve.
retisches Interesse auf. Man ist geneigt anzunehmen, daß,
bei der aktivierten Platte die radioaktive Energie nach-
einander drei verschiedenartige Zustände annimmt.
Wenn man gleichviel welche Körper aus dem akti-
vierenden ßaume herausnimmt, bemerkt man, daß diese
Körper selbst eine kleine Emanationsmenge auszusenden
vermögen. Es scheint, als ob die Substanzen mit ihr im-
Danne, Das Radium. 5
66 Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Kadiums
prägniert wären und sie dann entwickeln. Die Mehrzahl
der Körper verlieren diese okkludierte kleine Emanations-
menge während der zwanzig Minuten, die dem Anfang der
Entaktivierung folgen. Allein gewisse feste Körper, wie
Celluloid, Kautschuk, Paraffin, besitzen die Eigenschaft,
sich mit Emanation zu imprägnieren, und dann mehrere
Stunden hindurch, sogar mehrere Tage lang Emanation ab-
zugeben. Das Entaktivierungsgesetz ist vollständig modifiziert
(Fig. 32).
Wenn die Dauer des Verweilens in Gegenwart der
Emanation sehr verlängert wurde, entaktivierten sich zu-
nächst die dieser Wirkung entzogenen Körper nach dem
gewöhnlichen Gesetze (die Hälfte innerhalb 28 Minuten),
allein die Wirkungsfähigkeit verschwand doch nicht voll-
ständig; es blieb eine viel tausendmal schwächere Wir-
kungsfähigkeit als zu Beginn, die einige Jahre hindurch
erkennbar blieb.
Induzierte Aktivität von Flüssigkeiten.
Flüssigkeiten können radioaktiv werden. Wenn man
in ein Gefäß ein Radiumsalz mit Flüssigkeiten, als Wasser,
Salzlösungen, Petroleumäther, bringt, so bemerkt man, daß
diese Flüssigkeiten sich schwach aktivieren; es scheint, als
ob die Emanation sich darin auflöse, denn wenn man diese
Flüssigkeiten in ein abgeschmolzenes Gefäß einschließt,
nimmt die von diesem ausgehende Strahlung um die Hälfte
innerhalb vier Tagen ab.
Strahlung der gelösten Radiumsalze.
Wenn man eine Radiumsalzlösung in eine verschlossene
Röhre bringt, kann man nach Verlauf einiger Zeit, wenn
man die Röhre ins Dunkle bringt, feststellen, daß das Glas
der Röhre leuchtend ist. Der mit dem Gas in Kontakt
stehende Teil der Röhre ist stärker leuchtend als der mit
der Lösung in Kontakt stehende; das mit Emanation geladene
Die induzierte Radioaktivität und die Emanation des Radiums 67
Gas wirkt stark auf die Wand der Röhre. Die Lösung
sendet nur sehr wenige Strahlen aus, während das mit
Emanation geladene Gas sowie die Wand stark strahlen.
Unter diesen Umständen geht alles so vor sich, als ob das
Radiumsalz nur noch als Emanationserzeuger diente: seine
Eigenschaften haben sich modifiziert und seine Radioak-
tivität ist ausgeschaltet.
Außerdem läßt sich feststellen, daß die Aktivität des
Gases zunimmt und erst einen Monat nach Schließen des
Gefäßes ein stabiles Verhalten erreicht.
Dieses Gleichgewicht stellt sich ein, sobald der spontane
Aktivitätsverlust der Emanationserzeugung gleich wird.
Diese Betrachtungen erlauben uns , die Aktivitäts-
veränderung der Radiumsalze durch Erwärmung oder Auf-
lösung zu erklären.
Man darf daher schließen, daß die durch das Radium
erzeugte Emanation nur sehr schwer aus dem festen Salze
entweichen kann, daß sie darin gesammelt wird, indem sie
sich in induzierte Radioaktivität umsetzt. Das Erhitzen hat
die Emanationsent Wicklung zur Folge.
Das auf die ursprüngliche Temperatur zurückgeführte
Salz sendet viel weniger Strahlen aus. Es nimmt seine
Radioaktivität allmählich wieder an, dank der fortgesetzten
Emanationsabgabe, die es erzeugt und die in dem Salze selbst
in Gestalt von induzierter Radioaktivität sich ansammelt.
Der Effekt der Lösung ist analog: die Lösung bewirkt
einen Teilungszustand des Stoffes, der die leichte Emanation
ermöglicht. Wenn man die Lösung verdampft, so wird
das trockene Salz vorerst wenig aktiv, aber es nimmt
seine frühere Aktivität durch einen dem vorigen identischen
Mechanismus alimählich wieder an.
68 Eigenschaften der Radiumemanation
Siebenter Abschnitt.
Eigenschaften der Radiumemanation.
Phosphoreszenzwirkungen.
Die Emanation des Radiums verursacht in sehr inten-
siver Weise die Phosphoreszenz einer großen Zahl von
Körpern. Mit Emanation geladene Luft enthaltende Glas-
behälter sind leuchtend; Thüringer Glas ist am empfind-
Fig. 33. Phosphoreszenz durch Ausstrahlung des Radiums.
liebsten. SiDOTsche Blende wird besonders glänzend unter
dem Einfluß der Emanation und gibt alsdann ein sehr inten-
sives Licht. Man kann z. B. mittels eines, aus einem
großen Glasbehälter, dessen eine Hälfte mit Zinksulfid
belegt ist, bestehenden Apparates die Beobachtung machen
Eigenschaften der Radiumemanation 69
(Fig. 33). Man stellt durch das Rohr T einen luftleeren
Raum in dem Apparat her und führt alsdann mit Emanation
geladene Luft aus dem Reservoir A ein. Das Rohr A
enthält eine Lösung von Radiumsalz, und die entwickelte
Emanation sammelt sich in dem gashaltigen Teil. Sobald
man den Hahn R öffnet, wird der Behälter B sehr leuch-
tend und das durch das Zinksulfid ausgesandte Licht ist
hinreichend stark, um in einer Entfernung von 10 bis
20 cm von der Röhre lesen zu können.
Diffusion der Emanation.
Die Radiumsalze entwickeln dauernd eine Emanation.
Diese Emanation verbreitet sich nach und nach inmitten
des Gases, welches das Radiumsalz umgibt; sie diffundiert
sich in den Gasen ; sie kann sich von dem einen Behälter in
den andern selbst durch eine Kapillarröhre fortpflanzen.
Das Studium der Diffusion der Emanation durch die
Kapillarröhren hat den Wert des Diffusionskoeffizienten zu
bestimmen ermöglicht. Die angewandte Methode ist sehr
einfach. Sie besteht darin, die durch ein mit aktivierter
Luft gefülltes Glasgefäß ausgesandte Becquerelstrahlung in
gegebener Zeit zu messen. Die Messung der Strahlung der
Röhre wird mit dem oben beschriebenen Apparat (Fig. 28)
vorgenommen. Aus der Messung der Strahlung wird das
Gesetz von dem Ausströmen der Emanation abgeleitet.
Man findet dann, daß die Ausströmungsgeschwindigkeit
der Emanation proportional ist der Emanationsmenge, die
sich in dem Gefäß befindet; sie variiert proportional der
Weite der Kapillarröhre und im umgekehrten Verhältnis zu
ihrer Länge. Der Diffusionskoeffizient der Emanation ist
gleich 0,10 bei einer Temperatur von 10 Grad. Er steht also
dem der Kohlensäure in der Luft nahe, der 0,15 gleich ist.
Radiumemanation und das Gesetz von Gay-Lussac.
Die Emanation des Radiums folgt dem Gay-Lussac sehen
Gesetz; sie dehnt sich aus wie ein Gas. Das Experiment
kann auf folgende Weise angestellt werden:
70
Eigenschaften der Radiumemanation
Zwei mit Emanation gefüllte Behälter A und B (Fig. 34)
sind durch ein Rohr t verbunden. Man mißt die Strahlung
des einen der Rohre Ä in einem zylindrischen Kondensator,
während das andere auf der Temperatur der atmosphärischen
Luft erhalten wird. Wenn man dieses letztere auf eine
höhere Temperatur bringt, so nimmt die Strahlung des
Rohres Ä zu und zwar so lange , als man B auf der
Temperatur erhält. Die Emanationsmenge, die in den Be-
Covrraiii
Fo-Qr
Fig. 34. Bestätigung der Richtigkeit des Gay -Lussac sehen Gresetzes
für die Emanation.
hälter B eingetreten ist, ist genau dieselbe wie die, welche
man bei Anwendung des Gay-Lussac sehen Gesetzes be-
rechnen würde.
Kondensation der Emanation.
RuTHERFOKD uud SoDDT haben nachgewiesen, daß die
Radiumemanation in flüssiger Luft sich kondensiert. Ein
mit Emanation geladener Luftstrom verliert seine radio-
aktiven Eigenschaften, wenn er ein in flüssige Luft ge-
tauchtes Schlangenrohr durchläuft. Die Emanation kehrt
zu ihrem Urzustand zurück, wenn man das Schlangenrohr
auf die Temperatur der atmosphärischen Luft zurückführt.
Diese Verdampfung erfolgt bei —150 Grad. Die Konden-
Eigenschaften der Radiumemanation
71
sationstemperatur der Emanation würde demnach 150
Grad sein.
Diese Erscheinung kann auf ausgezeichnete Weise
mittels folgenden Apparats (Fig. 35) dargestellt werden: eine
Radiumsalzlösung wird in einen Glasbehälter A gebracht, der
mittels der Rohre t und t' und der Hähne R
und R' mit zwei Behältern B und C, die in-
wendig mit phosphoreszierendem Zinksulfid
belegt sind und die man vor Beginn des Experi-
mentes ausgepumpt hat, verbunden werden
kann. Wenn man den Apparat in Dunkelheit
bringt, ist nur der Behälter Ä schwach leuch-
tend, wenn man aber den Hahn B öffnet,
so wird die in Ä angesammelte Emanation
aufgesaugt und verbreitet sich im Behälter
B, indem sie in intensiver Weise die Phos-
phoreszenz des darin enthaltenen Zinksulfids
hervorruft. Öffnet man nun den Hahn R\
so erleuchtet sich auch der Behälter C. Man
stellt gleichzeitig eine Abnahme des Leuch-
tens von B fest: die Emanation verteilt sich im Verhältnis
des Volumens von B zur Summe der Volumina von B
und C. Wenn man endlich den Behälter C in flüssige
Luft taucht, so nimmt dieser Behälter an Lichtwirkung zu,
während der Lichtglanz von B verschwindet: die Emanation
strömt tatsächlich allmählich aus dem Behälter B aus, um
sich sogleich in C in der flüssigen Luft zu verdichten. Man
kann dann den Hahn B' schließen und den Apparat aus
der flüssigen Luft herausnehmen; die ganze Emanation hat
sich in dem abgekühlten Teile angesammelt; nur der Be-
hälter C ist in sehr intensiver Weise leuchtend.
Fig. 35. Kon-
densation der
Emanation in
flüssiger Luft.
Destillation der induzierten Radioaktivität.
Ein zunächst aktiviertes, nachher erhitztes Platin-
blech verliert den größten Teil seiner Aktivität. Wenn
man das aktivierte Blech mit einem anderen, kalt er-
72 Eigenschaften der Radiumemanation
haltenen während des Erhitzens umgibt, so wird dieses
zweite Blech radioaktiv. Es findet also eine Radio-
aktivitätsübertragung statt. Die Erscheinung ist übrigens
ziemlich kompliziert. Die Entaktivierungsgesetze der so
aktivierten Bleche hängen von der Temperatur ab, bei
welcher die Destillation ausgeführt worden ist. Bei dieser
Erscheinung darf man annehmen, daß es die Aktivität ist,
die von dem aktivierten Blech wegdestilliert; die induzierte
Radioaktivität der festen Körper würde also nur einer auf
denselben kondensierten Emanation zuzuschreiben sein. Das
Gesamtergebnis läßt die Annahme zu, daß die durch die
festen Körper erworbene Radioaktivität drei aufeinander
folgende, verschiedene Hauptzustände aufweist. Die Ein-
wirkung der Temperatur gestattet, sie zu unterscheiden.
Induzierte Radioaktivität mit Radiumsalzen in Lösung
gebrachter Substanzen.
Wenn man ein gelöstes Salz einige Zeit in Berührung
mit einer Radiumsalzlösung läßt, so nimmt das Salz eine
gewisse Aktivität an, und wenn man es vom Radium
trennt, besitzt es eine induzierte Aktivität. Man kann
beispielsweise mit dieser Methode Baryumsalz aktivieren.
Das aktivierte Baryum bleibt nach verschiedenen chemischen
Umwandlungen wirksam: seine Aktivität ist somit eine
ziemlich stabile Atomeigenschaft. Das aktivierte Baryum-
chlorid verhält sich bei der Fraktionierung wie radium-
haltiges Baryumchlorid, indem die aktivsten Teile in Wasser
und in verdünnter Chlorwasserstofisäure weniger löslich sind.
Das trockene Chlorid ist selbsttätig leuchtend; seine Becquerel-
strahlung ist analog der des radiumhaltigen Baryum chlorids.
Die Aktivität eines solchen Produktes kann die des Urans
tausendmal übersteigen. Im Spektrum aber läßt sich keine
Radiumlinie nachweisen; die Aktivität des Produkts nimmt
sogar ab, und nach Verlauf von drei Wochen ist sie drei-
mal schwächer als zu Anfang.
Eigenschaften der Radiumemanation 73
Durch andere Agentien als radioaktive Substanzen
erzeugte induzierte Aktivität.
Es ist interessant zu bemerken, wie verschiedene Ver-
suche angestellt wurden, um die induzierte Radioaktivität
ohne radioaktive Substanzen zu erzeugen.
ViLLAED hat ein Stück Wismut, das als Antikathode
in einer CEOOKES-Eöhre angebracht war, der Einwirkung der
Kathodenstrahlen unterworfen; das Wismut wurde auf diese
Weise, übrigens äußerst schwach, aktiv gemacht, denn es
bedurfte 8 Tage Exposition, um auf die photographische
Platte einzuwirken. Mac Lennan präparierte zur Ent-
ladung positiv geladener Körper geeignete Salze.
Die Studien dieser Art bieten ein hohes Interesse.
Wenn es möglich wäre, in den ursprünglich inaktiven
Körpern eine namhafte Radioaktivität zu schaffen, indem
man sich bekannter physikalischer Agentien bedient, dürfte
man hoffen, auf diese Weise auch die Ursache der selbst-
tätigen Radioaktivität gewisser Stoffe aufzufinden.
Gegenwart der Emanation in der Luft und im Quellwasser.
Elstek und Gteitel haben gezeigt, daß die atmo-
sphärische Luft die Elektrizität stets in merklicher Weise
leitet: sie ist stets schwach ionisiert. Diese Ionisation
wird vielfachen Ursachen zugeschrieben werden müssen.
Nach Elsteks und Geitels Arbeiten enthält die atmo-
sphärische Luft in verhältnismäßig geringer Menge eine
der durch die radioaktiven Körper ausgesandten analoge
Emanation. Auf dem Gipfel der Berge enthält die atmo-
sphärische Luft mehr Emanation als in der Ebene oder am
Meeresstrand. Endlich ist die Luft der Keller und Höhlen
besonders stark mit Emanation geladen. Man erhält auch
an Emanation sehr reiche Luft, indem man mittels eines
in den Boden gesteckten Rohrs die darin enthaltene Luft
aufsaugt.
74 Eigenschaften der Radiumemanation
Man hat die G-egenwart der Radiumemanation in aus
gewissen natürlichen Mineralwässern gewonnenen Gasen
erkannt. Es ist wahrscheinlich, daß die physiologischen
Heilwirkungen dieser Wässer teilweise den radioaktiven
Prinzipien, die darin enthalten sind, beizumessen sind.
Es dürfte hier eine für die Therapie hochbedeutsame
Frage vorliegen.
Die von dem Meer- oder Flusswasser herkommende
Luft ist fast emanationsfrei.
Schon von Anfang ihrer Untersuchungen an hatten
sich Elster und Geitel die Frage gestellt, ob die durch
die Luft erworbene Radioaktivität nicht doch einem in der
Luft selbst enthaltenen Körper zuzuschreiben sei; dann
aber würde die Emanationsquelle untrennbar von der Luft
sein, oder, wenn er außerhalb der Luft existiert, müßte
man ermitteln, auf welchem Wege die Emanation hinein
gelangte. Der erste Punkt wurde leicht aufgeklärt.
Elstee und Geitel schlössen in einem gut verschlossenen
Kessel ein Luftvolum von 23 cbm ein. Sie ermittelten die
Radioaktivität der Luft, indem sie ins Innere des Kessels
auf ein hohes Negativpotential gebrachte Aluminiumdrähte
führten ; hierauf bestimmten sie die durch den Draht er-
worbene Aktivität. Ein unter diesen Umständen mehrere
Wochen nach Schluß des Kessels ausgeführtes Experi-
ment lieferte negative Resultate, denn die Drähte, die
anfangs aktiviert wurden, blieben einige Wochen nachher
inaktiviert; demnach gibt es keinen radioaktiven Körper in
der Luft. Die Emanationsquelle kann also nur außerhalb
zu finden sein.
Der ungemein reiche Emanationsgehalt der Luft in
Kellern und Höhlen führte zu dem Schluß, daß dieselbe
von den Wänden herrühren oder wenigstens vom umgeben-
den Boden durch Diffusion ausgehen müsse.
Diese Schlußfolgerung hat sich durch das Experiment
völlig bewahrheitet; die vom Boden aufgenommene Luft
ist radioaktiv. Wenn man eine große Metallglocke einige
Eigenschaften der Radiumemanation 75
Zentimeter tief in die Erde steckt, so hat man einen
Apparat, der als dauernde Quelle einer mit Emanation
geladenen Luft arbeitet.
Im Meer, wo der Gasausfluß des Bodens fehlt, ist die
Emanation viel schwächer als auf dem Festlande.
Die aus tiefen Quellen entspringenden Wasser und über-
haupt die Thermalwässer sind reich an Emanation; ebenso
ist es auch mit rohem Petroleum, das durch Destillation
noch nicht raffiniert worden ist. Der Gedanke ist logisch,
daß diese flüssigen Körper die Emanation der im Erdboden
verbreiteten radioaktiven Körper aufgefangen haben. Elstee
und Geitel vermochten ziemlich aktive Produkte von Stoffen
wie Tonerden (Fangoschlamm) darzustellen; in allen Fällen
haben sie die durch das Radium erzeugten Erscheinungen
wiedergefunden.
Es scheint also, daß unendlich kleine, überall verbreitete
Spuren von Radium die Quelle der Radioaktivität in den
Poren der Erde und in der atmosphärischen Luft bilden.
Es ist möglich, daß die physiologischen Wirkungen
der Gebirgsluft und gewisser Gegenden teilweise der in
der Luft enthaltenen Emanation zuzuschreiben sind.
Natur der Emanation.
Rutherford hält die Emanation des Radiums für
ein materielles, radioaktives, zur Argongruppe gehöriges Gas.
Die vorher aufgezählten Eigenschaften sind in der Tat ge-
eignet nachzuweisen, daß in mancherlei Beziehungen die
Radiumemanation sich wie ein echtes Gas verhält. Wenn
man zwei Glasbehälter miteinander verbindet, wovon der
eine Emanation enthält, der andere aber nicht, so geht die
Emanation auch in den zweiten Behälter über; wenn das
Gleichgewicht hergestellt ist, konstatiert man, daß die
Emanation sich zwischen den beiden Behältern im Ver-
hältnis der Volumina geteilt hat. Die Emanation folgt den
Gesetzen von Gay-Lussac und Mariotte; sie diffundiert
in der Luft nach dem Diffusionsgesetze der Gase; sie ver-
76 Eigenschaften der Radiumemanation
dichtet sich endlich bei niederer Temperatur wie ein
kondensierbares Gas.
Gewisse Punkte sind auf Grund dieser Hypothese zur
Zeit noch schwer zu erklären. So hat man noch keinen
von der Emanation ausgeübten Druck, auch nicht die An-
wesenheit eines charakteristischen Spektrums mit Sicherheit
beobachtet. Mit der Emanation vermochte keine chemische
Reaktion erzielt zu werden. Schließlich resultieren alle
unsere auf die Eigenschaften der Emanation bezüglichen
Kenntnisse aus ßadioaktivitätsmessungen.
Wohl müssen wir hierzu bemerken, daß die neueren
Untersuchungen über die Emanation der Hypothese eines
materiellen radioaktiven Gases keine große Wahrscheinlich-
keit verleihen.
Durch die Radiumsalze gebildetes Helium.
Ramsay und Soddy haben die Anwesenheit von Helium
in den Gasen festgestellt, die eine bestimmte Zeit mit Radium-
salz in einer verschlossenen Flasche aufbewahrt worden sind.
Die Anwesenheit des Heliums trat bei verschiedenen
Experimenten in konstanter Weise hervor und dieses Gas
konnte durch sein mittels der Geissler sehen Röhre erzieltes
Spektrum scharf charakterisiert werden.
Ramsay und Soddy haben eine zweite Reihe von Ex-
perimenten ausgeführt, in welcher sie die Emanation des
Radiums durch Kondensation in flüssiger Luft akkumulierten.
Sie untersuchten alsdann das Spektrum der Emanation mittels
einer Geissler sehen Röhre. Sie haben die neuen Linien
wieder angetroffen. Das Helium war im Beginne der Ex-
perimente im Gase nicht anwesend, allmählich aber tauchte
sein Spektrum auf und nahm dauernd an Intensität zu,
anderseits verschwanden die neuen Linien nach und nach.
Daraus geht hervor, daß das Helium als eines der Zer-
störungsprodukte der Emanation angesehen werden darf.
Die Heliumerzeugung ist an das Verschwinden der Akti-
vität des Gasgemenges gebunden.
Natur der durch die Radiumsalze erzeugten Erscheinungen 77
Man wird die Bedeutung dieses Ergebnisses unschwer
begreifen: es erklärt sich durch die Annahme, daß das
Helium durch die Emanation des Radiums hervorgebracht
wurde; man dürfte sich hierbei vor einem Falle von Um-
wandlung der Elemente befinden, d. h. das Radium erzeugt
das Helium.
Dieses überraschende Ergebnis stimmt übrigens mit
der Tatsache überein, daß das Helium ausschließlich in
den Mineralien sich findet, die Uran und Radium ent-
halten, und sich aus diesen Mineralien entwickelt, wenn
man sie erhitzt.
Noch zu beendigende Experimente dürften diese Resul-
tate von geradezu grundlegender Bedeutung bestätigen.
Achter Abschnitt.
Natur der durch die Radiumsalze erzeugten Erscheinungen.
Herr und Frau Cueie stellten bei ihren Untersuchungen
über die Radioaktivität von Anbeginn die Erwägung an, ob
die Radioaktivität nicht etwa eine allgemeine Eigenschaft
des Stoffes sei. Gegenwärtig darf diese Frage noch nicht
als gelöst gelten. Frau Curie hat eine große Anzahl Körper
untersucht und nachgewiesen, daß diese verschiedenen Sub-
stanzen keine höhere Aktivität als den hundertsten Teil der
Aktivität des Urans besaßen.
CoLSON zeigte allerdings, daß viele Stoffe auf die Dauer
auf Photographenplatten wirken können; einige neuere Ar-
beiten scheinen diese Tatsachen zu bestätigen.
Die kurze Uebersicht der Eigenschaften der Radium-
salze, die wir soeben gegeben haben, zeigt, daß diese Salze
oder, allgemeiner noch, alle radioaktiven Körper Energie-
quellen darstellen, die wir als Becquerel Strahlung, als kon-
tinuierliche Produktion von Emanation, als elektrische,
chemische und leuchtende Energie, sowie als fortwährende
Wärmeentwicklung beobachten.
78 Natur der durch die Radiumsalze erzeugten Erscheinungen
Anderseits scheint das Radium stets seine nämlichen
Eigenschaften zu bewahren und sich nicht zu verändern:
diese Tatsachen scheinen mit den fundamentalen Grund-
sätzen der Energetik im Widerspruch zu stehen.
Da wir noch großes Vertrauen in das Prinzip von der
Erhaltung der Energie setzen, ist die erste Frage, die
wir uns vorlegen müssen, zu ermitteln, woher diese Energie
stammen kann.
Man hat sich oft gefragt, ob die Energie in den radio-
aktiven Körpern selbst erzeugt wird, oder ob sie von
diesen Körpern äußeren Quellen entlehnt wird. Diese
beiden Anschauungsweisen bilden den Ausgangspunkt zahl-
reicher Hypothesen, unter denen wir zwei hervorheben
wollen, die zurzeit am befriedigendsten erscheinen:
Man kann zum Beispiel annehmen, daß das Radium
ein in Umwandlung begriffenes Element ist, daß seine Atome
sich langsam aber kontinuierlich umwandeln, und daß die von
uns wahrgenommene Energie die zweifellos erhebliche Energie
ist, die sich bei der Umwandlung der Atome entwickelt.
Die Tatsache, daß das Radium fortwährend Wärme ent-
wickelt, spricht zugunsten dieser Hypothese. Die Umwand-
lung dürfte anderseits von einem durch die Ausendung
materieller Teilchen und die fortwährenden Entwicklung
der Emanation verursachten Gewichtsverlust begleitet sein.
Bis heute ist keine Gewichtsveränderung mit Sicherheit
festgestellt worden, wohl aber legt die Tatsache, daß die
Radiumsalze Emanation, die in Helium umgewandelt wird,
entwickeln, die Vermutung nahe, daß die Radiumsalze an
Gewicht verlieren: diese letzte Tatsache verleiht dieser
Hypothese einen erheblichen Wert. Übrigens sind Experi-
mente über die Gewichtsveränderung unter Zugrundelegung
der Gewichtsbestimmung des produzierten Heliums im Gange.
Die zweite Hypothese besteht in der Vermutung, daß
es im Räume noch unbekannte, mit unseren Sinnen nicht
wahrnehmbare Strahlungen gibt. Das Radium würde fähig
Natur der durch die Radiumsalze erzeugten Erscheinungen 79
sein, die Energie dieser hypothetischen Strahlen zu absor-
bieren und sie in radioaktive Energie umzuwandeln.
Diese beiden Hypothesen sind vielleicht nicht mit-
einander unverträglich; jedenfalls lassen sich viele Gründe
für und gegen diese Ansichten geltend machen; zumeist
haben die Versuche, die Konsequenzen dieser Hypothesen
auf experimentellem Wege festzustellen, negative Ergebnisse
geliefert.
Diese kurze Darstellung der Eigenschaften der Radium-
salze wird jedoch imstande sein, eine Vorstellung von der
Bedeutung der wissenschaftlichen Bewegung geben, die durch
die schöne Entdeckung des Herrn und der Frau Cueie
hervorgerufen wurde. Die beiden Physiker haben der Wissen-
schaft zu einem Fortschritt verhelfen, dessen Tragweite
wir noch nicht absehen können.
So abstrakt die Forschungen der reinen Wissenschaft
a priori auch sein mögen, so führen sie doch schneller, als
man es denkt, zu nutzbringenden Resultaten für die All-
gemeinheit.
Literatur
Geschichtliches.
H. Poincar6, Corps phosphorescents. Revue generale des Sciences,
30. Januar 1896.
Henry, Corps phosphorescents. Comptes rendus de l'Acad^mie des
Sciences, CXXII, p. 312 (1896).
NiEWENGLowsKi , Corps phosphorcsccnts. Comptes rendus de l'Aca-
demie des Sciences, CXXII, p. 386 (1896).
Troost, Corps phosphorescents. Comptes rendus de l'Acad^mie des
Sciences, CXXII, p. 564 (1896).
H. Becquerel, Uranium, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXII, p. 420 (24. Februar 1896); CXXII, p. 501 (2. März 1896).
Strahlung: des Urans und des Thors.
H. Becquerel, Uranium. Comptes rendus de l'Acad^mie des Sciences,
CXXII, p. 559 (9. März 1896); CXXII, p. 689 (23. März li
CXXII, p. 762 (30. März 1896); CXXII, p. 1086 (18. Mai II
CXXIII, p. 855 (23. November 1896); CXXIV, p. 438 (1. März
1897); CXXIV, p. 800 (12. April 1897).
G. C Schmidt, Thorium. Verhandlungen Phys. Gesellschaft, Berlin,
XVII (14. Februar 1898) und Ann. der Physik, LXV, S. 141 (1898).
M"* Sklodowska Curie, Rayons du thorium et de l'uranium. Comptes
rendus de l'Academie des Sciences, CXXVI, p. 1101 (12. April 1898).
Die neuen radioaktiven Substanzen.
M. et M™" P. Curie, Sur une nouvelle substance radioactive. Comptes
rendus de l'Academie des Sciences, CXXVII, p. 175(18. Juli 1898).
M. et M"® P. Curie et M. Bemont, Radium. Comptes rendus de
l'Academie de Sciences, CXXVII, p. 1215 (26. Dezember 1898).
Debierne, Actinium. Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXIX, p. 593 (16. Oktober 1899); CXXX, p. 906 (2. April
1900).
Messung- der Strahlung-sintensität und Ionisation der Oase.
J. et P. Curie, Journal de Physique, 1882.
J. Curie, Annales de Physique et de Chimie, 1889; Lumi^re 61ectrique,
1888.
H. Becquerel, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXIV,
p. 800, 1897.
Kelvin, J. C. Beattie et Smolan, Nature, LVI, 1897.
J. C. Beattie et M. Smoluchowski, Philosophical Magazine, XLIII, p. 418.
Literatur 8 1
E. RüTHERFORD, Philosophical Magazine, XLVII (Januar 1899).
Lanqevin, Recherches sur les gaz iouises (Th^se de la Faculte des
Sciences de Paris), 1902.
H. Becquerel, Memoires de l'Acad^mie des Sciences. (Recherches sur
une propriete nouvelle de la mati^re.) 1903.
Radio aktiye Miueralieu.
M"* Curie, Comptes rendus de TAcademie des Sciences, April 1898.
Extraktion des Radiums.
M™" Curie, Recherches sur les nouvelles substances radioactives, 1903.
Spektrum des Radiums.
Demarqay, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXVII,
p. 1218 (Dezember 1898), CXXIX , p. 716 (November 1899),
CXXXI (Juli 1900).
C. Runge, Ann. der Phys., II, S. 742 (11. Juni 1900).
G. Berndt, Physikalische Zeitschrift, II, S. 181 (7. Dezember 1900).
F. Giesel, Physikalische Zeitschrift, III, No. 24, S. 578 (9. September
1902).
F. Giesel, Physikalische Zeitschrift, 111, S. 578 (15. September 1902).
C. Runge u. J. Precht, Physikalische Zeitschrift, IV, S. 285 (1903).
Atomgewicht des Radiums.
M"® Curie, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, 13, November
1899, August 1900, 21. Juli 1902; Th^se de doctorat, 1903; Phy-
sikalische Zeitschrift, IV, S. 456 (1903).
Marshall Watts, Philosophical Magazine, VI, p. 64 (Juli 1903).
G. Martin, Chemical News, LXXXIII, p. 130 (1901).
W^' Curie, Physikalische Zeitschrift, IV, 28. März 1903; IV, S. 456
(15. Mai 1903).
Durch das Radium entwickelte Wärme.
P. Curie et A. Laborde, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXXVI, p. 673 (16. März 1903).
P. Curie, Royal Inst., 19. Juni 1903.
E. Rutherford and Barnes, Philosophical Magazine, VIII (Februar 1904).
Strahlung des Radiums.
M. et M"® Curie, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, 20. No-
vember 1899, 8. Januar 1900, p. 73 et p. 76; 5. März 1900 (Charge
electrique des rayons); 17. Februar 1902 (Conductibilite des li-
quides sous Faction des rayons).
H. Becquerel, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, 4. u. 11. De-
zember 1899, 26. Dezember 1899, 29. Januar 1900, 12. Februar
1900, 9. April 1900, 30. April 1900.
Dannb, Das Radium. 6
82 Literatur
P. Curie et G. Saonac , Rayons secondaires. Comptes rendus de
rAcad^mie des Sciences, CXXX, p. 1013 (9. April 1900).
PL Dorn, Kayons du radium. Comptes rendus de TAcadcmie des
Sciences, CXXX, p. 1126 (23. April 1900).
Villard, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXX, p. 1178
(30. April 1900).
F. GiESEL, Ann. der Phys., LXIX, S. 91 und S. 834 (1899).
St. Meyer und E. v. Schweidler, Wiener Akademie, 7. Dezember
1899, 3. und 9. November 1899.
W. Kauffmann , Nachrichten der Königl. Gesellschaft d. Wiss. zu
Göttingen, 1901, Heft 2.
E. Rutherford, Philosophical Magazine, IV, p. 1, 1902, «Strahlen
des Radiums.
E. Rütherford, Philosophical Magazine, V, Februar 1903.
H. Becquerel, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, 20. Januar
1903, 16. Februar 1903, Juni 1903.
Des Coudres, Physikalische Zeitschrift, IV, S. 483 (1. Juni 1903).
William Crookes, Spinthariscop. Chemical News, p. 241 (3. April
1903).
J. Stark, a-Strahlen (7. Juli 1903), Physikalische Zeitschrift, IV,
S. 583 (1. August 1903).
Durch die Strahlung* verursachte Phosphoreszenz.
J. J. Bargmann, Thermo-luminescence. Comptes rendus de l'Academie
des Sciences, CXXIV, p. 895 (26. April 1897).
W. Arnold, Über Lumineszenz. Ann. der Physik, LXI, S. 324
(1. Juni 1897).
H. Becquerel, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXIX,
p. 912 (4. Dezember 1899).
P. Bary, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXX, p. 776
(19. März 1900).
E. Wiedemakn, Thermo- Lumineszenz. Physikalische Zeitschrift, II,
S. 269 (1901).
A. DE Hemptinne , Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXXIII, p. 934 (2. Dezember 1901).
Chemische Wirkungen der Strahlung*.
M. et M™* Curie , Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXIX, p. 823 (20. November 1899).
M. Berthelot, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXXIII,
p. 659 (28. Oktober 1901).
H. Becquerel, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXXIII,
p. 709 (4. November 1901).
Physiologrische Wirkungren der ßadiumstrahlnng*.
Walkhoff, Phot. Rundschau, Oktober 1900.
F. GiESEL, Ber. Dtsch. Chem. Gesellsch., XXXTTI, S. 3569 (1900).
Literatur 83
H. Becqüerel et P. Curie, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXXII, p. 1289 (Actiou sur l'oeil).
F. GiESEL, Naturforscherversammlung zu München, 1899.
F. HiMSTEDT und W. A. Nagel, Ann. der Physik, IV (1901).
Danlos, Soci^te de Dermatologie, 7. November 1901.
AscHKiNASs und W. Caspari, Ann. der Physik, VI, p. 570 (1901).
Danysz , Comptes rendus de l'Academie des Sciences , CXXXVI,
19. Februar 1903.
G. BoHN, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, 27. April
und 4. Mai 1903. Behandlung des Lupus.
Hallopau et Gadaud, Societe de Dermatologie, 3. Juli 1902.
Blandamour, These de la Faculte de Medecine de Paris, 1902
Induzierte Radioaktivität und Emanation des Radiums.
P. Curie et M™* Curie, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
6. November 1899.
P. CuRTE et A. Debierne, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXXII, p. 768, 1901 (Fünf Noten).
P. Curie, Comp'tes rendus de l'Academie des Sciences, 17. November
1902, 26. Januar 1903.
P. Curie et J. Danne, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXXVI, p. 361 (9. Februar 1903).
E. Dorn, Abhandl. der Naturforsch. Gesellschaft zu Halle, Juni 1900.
A. Debierne, Baryum radioactif artificiel. Comptes rendus de l'Aca-
demie des Sciences, CXXXI, p. 333 (30. Juli 1900).
F. Rutherford, Physikalische Zeitschrift, II, 20. April 1901 und
III, 15. Februar 1902.
E. Rdtherford and Miss H. T. Brooks, Chemical News, p. 196,
25. April 1902.
E. Rutherford and F. Soddy, Journal of Chem. Soc. London, April
1902.
E. Rutherford, Physikalische Zeitschrift, III, 15. März 1902, u. Philo-
sophical Magazine, November 1902 und Januar 1903).
E. Rutherford u. F. Soddy, Kondensation der Ausstrahlungen. Journal
of Chemical Society London, 19. November 1902, Philosophical
Magazine, Mai 1903.
Diffusion der Emanation.
P. Curie et J. Danne, Comptes rendus de l'Academie des Sciences,
CXXXVI, p. 314 (2. Juni 1903).
Ton den Radiumsalzen ausg-esandtes Licht.
Sir W. HuQGiNS and Lady Huqgins, Proceedings of the Royal Soc,
LXXII, p. 196 (17. Juli, 5. August 1903).
Radioaktivität der Atmosphäre und des Quellwassers.
J. Elster und H. Geitel, Physikalische Zeitschrift, 1900 und 1901.
Wilson, Proceedings of the Royal Soc, London, 1901.
6*
84 Literatur
E. Rutherford and S. J. Allen, Philosophical Magazine, p. 701,
24. September 1902.
J. Elster und H. Geitel, Physikalische Zeitschrift, III, 15. Sep-
tember 1902.
J. C. Mac Lennan, Philosophical Magazine, V, p. 419.
J. C. Mac Lennan et T. Buuton, Philosophical Magazine, VI, Juni 1903.
W. Saake, Physikalische Zeitschrift, IV, S. 626 (1903).
Lester Cooke, Philosophical Magazine, VI, Oktober 1908.
J. J. Thomson, Conduction of electricity through gases, Cambridge 1903.
J. Elster et H. Geitel, Arch. des Sciences phys. et nat., XIII, p. 113,
Februar 1902, Geneve.
— Januar 1904.
S. S. Allan, Philosophical Magazine, Februar 1904.
Durch das Radium entwickelte Gase.
E. Rütherford and Miss H. T. Brooks, Transactious of the Royal Soc.
of Canada, VII, sec. III, p. 21 (23. Mai 1901).
F. Giesel, Ber. Dtsch. Chem. Gesellschaft, 1903, S. 347.
W. Ramsay u. f. Soddy, Physikalische Zeitschrift, IV, S. 652 (15. Sep-
tember 1903).
Bildung des Heliums.
W. Ramsay u. F. Soddy, Physikalische Zeitschrift, IV, S. 651 (15. Sep-
tember 1903). — Nature, LXVIII, p. 354 (13. August 1903). —
Proceedings Royal Soc, LXXII, p. 204 (1903).
P. Curie et Dewar, Comptes rendus de FAcademie des Sciences,
CXXXVIII, p. 190 (Februar 1904).
Grewichtsverlust des Radiums.
E. Dorn, Physikalische Zeitschrift, IV, S. 507 (5. Juni 1903); S. 530
(1. Juli 1903).
Radioaktivität des Stoffes und Natur der Radioaktivität.
W. Crookes, Comptes rendus de l'Academie des Sciences, CXXVIII,
p. 176 (16. Januar 1899).
H. Becquerel, Nature, LXXIII, p. 396 (21. Februar 1901).
E. Rutherford and F. Soddy, Philosophical Magazine, IV, p. 370
(September 1902).
— Philosophical Magazine, IV, p. 569 (November 1902).
R. J. Strutt, Philosophical Transactions, 1901; Philosophical Magazine
(Juni 1903).
J. C. Mac Lennan and F. Burton, Philosophical Magazine (Juni 1903).
Lester Cooke, Philosophical Magazine (Oktober 1903'.
R. J. Strutt, Philosophical Magazine, VI, p. 113 (Juli 1903).
J. J. Thomson, Nature, LXXII, p. 601 (1903).
Verlag von VEIT & COMP, in Leipzig.
EINFÜHRUNG
IN DIE
THEORIE DER DOPPELBRECHUNG.
Elementar-geometrisch dargesteUt.
Eine Ergänzung zu den physikalischen Lehrbüchern.
Von
Heinrich Greinacher.
Mit zahlreichen Figuren.
8. 1902. kart. 1 J(, 20 ^.
Diejenigen, welche mit der Sprache der höheren Mathematik nicht
vertraut sind, mit geometrischen Mitteln in die Theorie der Doppel-
brechung einzuführen, ist der Zweck des kleinen Buches.
ELEKTROCHEMIE.
Ihre Geschichte und Lehre.
Von
Dr. Wilhelm Ostwald,
o. ö. Professor der Chemie an der Universität Leipzig.
Mit 260 Nachbildungen geschichtlicher Originalfiguren.
gr. 8. 1896. geh. 28 ^, eleg. geb. 30 jH,.
DIE
EINHEIT DER J^ATURKRÄFTE
IK DER THERMODY^^AMIK.
Eine mathematisch-physikalisch-spekulative Ableitung
der chemischen, elektrischen und rein mechanischen Sonderkräftc,
einschließlich der Schwerkraft aus der kinetischen Energie beweg-
ter unelastischer Körper- und Äther-Atome.
Von
Richard Wegner.
Mit einer Portraitvignette und zahlreichen Figuren,
gr. 8. 1904. geh. 4 Jk.
Verlag von VEIT & COMP, in Leipzig.
FÜNKTIONENTHEORETISCHE
VORLESUNGEN
von
Heinrich Burkhard!,
o. Professor au der Universität Zürich.
Zwei Bände.
Mit zahlreichen Figuren Im Text.
gr. 8. geh. 21 J(, 40 ^, geb. in Ganzleinen 24 J(, 40 ^.
Ersten Bandes erstes Heft. Algebraische Analysis. 1903. geh. 5 .^ 20 ei^,
geb. in Ganzleinen 6 Jb 20 ^,
Ersten Bandes zweites Heft. Einführung in die Theorie der analytischen
Funktionen einer komplexen Veränderlichen. Zweite, durchgesehene
und teilweise umgearbeitete Auflage. 1903. geh. 6 Jb 20 ^,
geb. in Ganzleinen 1 Jb 20 ^.
Zweiter Band. Elliptische Funktionen. 1899. geh. 10 Ji^ geb. in Ganz-
leinen 11 .^.
DIE ENERGETIK
NACH IHRER GESCHICHTLICHEN ENTWICKELUNG.
Von
Dr. Georg Helm,
0, Professor an der k. Technischen Hochschule zu Dresden.
Mit Figuren im Text.
gr. 8. 1898. geh. % Jk 60 ^, geb. in Ganzleinen 9 Jb 60 ^.
GESCHICHTE
DER
ELEMENTAR-MATHEMATIK
IN SYSTEMATISCHER DARSTELLUNG
von
Dr. Johannes Tropfke,
Oberlehrer am Friedrich-Real-Gymnasium zu Berlin.
Zwei Bände.
Mit Figuren im Text.
Lex. 8. 1902 u. 1903. geh. 20 ^, geb. in Ganzleinen 22 M.
Verlag von VEIT & COMP, in Leipzig.
ELEMENTARE MECHANIK
als Einleitung in das Studium der theoretischen Physik.
Von
Dr. Woldemar Voigt,
o. ö. Professor der Physik an der Universität Göttingen.
Zweite, umgearbeitete Auflage.
Mit 56 Figuren im Text.
Lex. 8. 1901. geh. U J6, geb. in Halbfranz 16 J6.
KOMPENDIUM
DER
THEORETISCHEN PHYSIK.
Von
Dr. Woldemar Voigt,
o, ü. Professor der Physik an der Universität Göttingen.
Z^wei Bände.
gr. 8. geh. 32 J6, geb. in Halbfranz 35 J6.
Erster Band. Mechanik starrer und nichtstarrer Körper. Wärmelehre.
1895. geh. 14 ^, geb. in Halbfranz U J6.
Zweiter Band. Elektrizität und Magnetismus. Optik.
1896. geh. 18 ^, geb. in Halbfranz 20 J6.
DIE
FUNDAMENTALEN PHYSIKALISCHEN EIGENSCHAFTEN
DER
KRYSTALLE
IN
ELEMENTAREE DARSTELLUNG.
Von
Dr. Woldemar Voigt,
0. ö. Professor der Physik an der Universität Göttingen.
Mit 52 Figuren im Text.
8. 1898. geh. 5 Ji.
Verlag von VEIT & COMP, in Leipzig.
DAS STEREOSKOP.
Seine Anwendung in den technischen Wissenschaften.
Über Entstehung und Konstruktion stereoskopischer
Bilder.
Von
Wilhelm Manchot,
Architekt und Professor am Städelschen Kunstinstitut zu Frankfurt a. M.
Mit 50 Figuren.
Lex. 8. 1903. geh. 1 Ji> 80 ^.
LEHRBUCH DER PHYSIK
ZU EIGENEM STUDIUM UND ZUM GEBRAUCH BEI VORLESUNGEN
von
Dr. Eduard Riecke,
0. ö. Professor der Physik an der Universität Göttingen.
Zwei Bände.
Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage.
Mit gegen 800 Figuren im Text.
Lex. 8. 1902. geh. 24 M^ geb. in Ganzleinen 26 M.
„Unter den neuerdings erschienenen Lehrbüchern der Experi-
mentalphysik für Hochschulen nimmt das vorliegende eine in doppel-
ter Hinsicht besondere Stellung ein. Es bietet einerseits eine wirk-
liche Hochschulphysik, indem es die elementare Darstellungsweise
jener meist für eine sehr ungleich vorgebildete Zuhörerschaft be-
rechneten Werke völlig bei Seite läßt und wirklich die Physik so
behandelt, wie man es im Unterschied zu den vorbereitenden Lehr-
anstalten von der Universität erwarten muß. Anderseits aber enthält es
auch nicht ein bloßes Konglomerat des Wissenswürdigsten, sondern
es trägt den Stempel einer Persönlichkeit, in deren Geiste der ganze
Stoff gleichsam flüssig geworden und umgeschmolzen worden ist; es
zeigt eine Art von künstlerischem Gepräge, das die Lektüre dieses
Werkes zu einem wahren Genüsse macht. Ein besonders günstiger
Umstand ist es, daß der Verfasser die theoretische wie die experi-
mentelle Seite der Physik in gleichem Maße beherrscht; dement-
sprechend sind die Beziehungen zwischen beiden mit einer Voll-
kommenheit zur Darstellung gelangt, wie sie zuvor noch
nicht erreicht worden ist."
{Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht.)
COUNTWAY LIBRARY OF MEDICJNE
181
Rl D23U
r >^
<»>=Äv^
-tC
l^W
-tjm
"W
äCsH|
r^P
^^^^
i ^
^^
A^^pK^^i^^ V »
^^r^^^^^^^äjj^p^ 1
br^
n>i-^'