Skip to main content

Full text of "Das Studium der hebräischen Sprache in Deutschland vom Ende des XV. bis zur Mitte des XVI. Jahrhunderts"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http: //books. google .com/l 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 



Ml 



10 6Ö6 260 



;2'zr<s.^^/ 



fTTTTTT 



FrOM THE INCOME 
OFTHEBEQUESTOF 

LEEM. 
FRIEDMAN '93 



I Harvard College 
I^Sy Library 



Das S 



TUDIUM 



DEI^ 



Hebräischen Sprache. 



Das S 



TUDIUM 



OEI^ 



Hebräischen Sprache. 




Das Studium 






Hebräischen Spräche 



IN 



p 



EUTSCHLAND 



VOM Ende des xy. bis zurMitte des xyi. Jahrhunderts. 



yoN 



Ludwig Geigei\. 



Breslau 1870. 

Schlettei^sche Buchhandlung 

Jl. pKUTSCH. 




Das Studium 






Hebräischen Spräche 



IN 



p 



EUTSCHLAND 



VOM Ende des xv. bis zurMitte des xvi. Jahrhunderts. 



yoN 



Ludwig Geigei\. 



■«••>- 



Breslau 1870. 

SCHLETTEI^SCHE BUCHHANDLUNG 

ji. pKUTSCH. 



Ik 



2}.9'ti. 3,01 





Inhalt. 

Seite. 

Vorbemerkung VII 

1. Verhältniss des hebräischen Sprachstudiums zu der geistigen und 

religiösen Bewegung der Zeit 1 

2. Die Vorgänger Reuchlin's 18 

3. Johannes Reuchlin 23 

4. Johannes Böschenstein und Matthäus Adrianus 41 

5. Die Schüler des Elias Levita. ~ Sebastian Münster und Paul Fagius 55 

6. Die Universitäten 89 

7. Die Schulen 123 

8. Schluss 129 

Nachträge 132 



Vorbemerkung. 



Üine Geschichte der wissenschaftlichen Ausbildung der 
hebräischen Sprache, ihrer Grundzäge, ihrer Regeln, will ich 
nicht geben. Dazu ist der Stoff zu gering, zu wenig Originales, 
das geschaffen wurde, fast nur häufiges Betreten des einmal ein- 
geschlagenen Weges, ohne rechte Entwickelung und Veränderung. 
Das ist auch nicht, was eine Betrachtung der allmählichen Aus- 
breitung hebräischer Sprachkenntniss in Deutschland so überaus 
interessant und lehrreich macht ; was das Interesse weckt, das ist 
vielmehr der enge Zusammenhang, in dem das Studium der 
hebräischen Sprache mit den geistigen Richtungen der Zeit, mit 
Humanismus und Reformation, steht. 

Dass ich mich nicht mit einer Aufzählung der Männer be- 
gnügt habe, die sich in dieser Beziehung ausgezeichnet haben, 
sondern über ihr Leben Manches, bald mehr, bald weniger, mit- 
getheilt habe, wird, wie ich hoffe, keiner Entschuldigung bedürfen. 
Zarncke sagt einmal (Einleitung zu Sebastian Brants Narren- 
schiflf p. IX. A. 1) in Betreff einzelner Humanisten, dass „ihre 
Lebensschicksale gleichsam eine Verkörperung ihrer geistigen 
Thätigkeit sind*'; dasselbe gilt auch von einem Theile der 
Männer, deren Studium auf eine Erforschung und Verbreitung der 
hebräischen Sprache gerichtet war. Aber von dem Fehler, 
jedes Mannes, von dessen Leistungen zu reden ist, Leben und 
Schicksale zu erzählen, so wenig sie auch mit dessen wissenschaft- 
licher Thätigkeit in Zusammenhang stehen, hoffe ich mich frei- 
gehalten zu haben. 



VIII Vorbemerkung. 

Die Betrachtung erstreckt sich nur bis zu Ende des soge- 
nannten Eeformationszeitalters, ohne enge Festsetzung von Grenz- 
jahren; die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ist von der ersten 
völlig abhängig. Von Bedeutung wird die Zeit erst dann, wenn 
am Ende des 16. und Anfang des 17. der ältere Buxtorf eine 
neue Aera hervorruft. 

Zum grossen Theil ist die Arbeit in Paris entstanden. Was 
die Schätze, auch die handschriftlichen, der dortigen kaiserlichen 
Bibliothek boten, habe ich eingesehen. Von deutschen Bibliotheken 
habe ich die hiesige, die Darmstädter, Heidelberger, Bonner und 
Göttinger, Einiges aus der Münchener und BöcMngs Sammlung 
in Bonn benutzt. Das daraus Gewonnene schien mir hinreichend, 
um ein Bild zu geben. Schriften, die ich nicht selbst gesehen, 
habe ich meist nur dann anführen zu müssen geglaubt, wenn 
ich Kenntniss von ihnen aus Büchern schöpfen konnte, in denen 
auch der Inhalt besprochen wurde, oder sie in zeitgenössischen 
Schriften, wie Neanders Erotemata u. A., angeführt fand. Denn 
bibliographische Verzeichnisse wollte ich nicht liefern. 

üebrigens kann ich auch für diesen Theil der Arbeit auf die 
Angaben von Steinschneider im Catalogus librorum hebraeorum 
in bibliotheca Bodlejana, Berolini 1852 — 1860, verweisen. Von 
Werth wäre es für mich gewesen, wenn mir dessen Schrift: Biblio- 
graphisches Handbuch über theoretische und praktische Literatur 
für hebräische Sprachkunde, Leipzig 1859, die Recension über die- 
selbe von Gildemeister in der Zeitschrift der deutsch -morgen- 
ländischen GeseUschaft, Bd. XIV, Leipzig 1860, S. 297—308, 
und Steinschneiders 'n^?]Dn. Hebräische Bibliographie. Blätter 
für neuere und ältere Literatur des Judenthums, 8 Bde., Berlin 1858 
bis 1865, früher bekannt geworden wäre, als nachdem meine Arbeit 
abgeschlossen und zum grössten Theil gedruckt war. So konnte 
daraus nur Einiges in den Nachträgen berichtigt und ergänzt werden. 

Frankfurt a. M., 21.Novbr. 1869. 

Der Verfasser. 



I. 

Verhäitniss des hebräischen Sprachstudiums zu der 
geistiglbn und religiösen Bewegung der Zeit. 

Man nenrt nicht mit Unrecht die Zeit des ausgehenden 
ISl^und des beginnenden 16. Jahrhunderts die Periode der 
Wiederbelebung der Wissenschaften. Aus langem Schlafe 
wurde mit den übrigen auch die hebräische Sprache wieder 
ans Licht gezogen. Die Bttcher der Bibel, die in dieser Sprache 
geschrieben waren und die auch die Kirche als heilige ver- 
ehrte, waren bisher nur in der lateinischen Uebersetzung und 
zwar auch nur den Geistlichen bekannt, denn den Laien waren 
sie zu lesen verboten. Die Kenntniss der Sprache blieb bei 
den Juden; sie, das ganze Mittelalter hindurch gedrückt und 
gehetzt, gelangten in Deutschland nur zu geringer wissen- 
schaftlichen Ausbildung und schriftstellerischen Thätigkeit in 
derselben. 

Die Christen begehrten ihre Unterweisung nicht. Die 
Unwissenschaftlichkeit des Zeitalters, das in einem barbari- 
schen Latein genügenden Behelf erblickte, war zu gross, um 
Sehnsucht nach der „heiligen" Sprache zu erwecken ; dazu kam 
der Hass gegen die Juden : man wollte von Denen, die man im 
Leben verachtete, auch wissenschaftlich keine Förderung er- 
fahren. Man brauchte das ganze Mittelalter hindurch — in 
Deutschland freilich am wenigsten, da besass man andere, 
wirksamere Mittel, mehr in Frankreich, Italien, Spanien — 
das Hebräische meistens zur Bekehrung der Juden. Da wur- 
den Disputationen veranstaltet, auf der einen Seite die Juden, 
die ängstlich jedes Wort ihrer Schriften zu vertheidigen ent- 

Geiger, Stadium. 1 



J Verhältniss des hebräischen Sprachstadinms 

schlössen waren, trot^ Kerkerqualen und Scheiterhaufen, auf 
der anderen Uebergetretene, die ihre im Schosse des Juden- 
thums gewonnene Kenntniss der Sprache zum Angriff gegen 
ihre früheren Glaubensgenossen verwertheten. Lernte je ein 
Christ Hebräisch, so geschah es durch Vermittelung, mit Hülfe 
solcher getauften Juden, ohne dass es wirklich einer zu tieferer 
und genauerer Kenntniss gebracht hätte. 

Jeder, der die Geschichte des 15. und 16. Jahrhunderts 
kennt, weiss, dass trotz allen freien Sinnes, der hier erwachte 
und gepflegt wurde, der Hass gegen das Judenthum noch zu 
den Dingen gehörte, die man als Erbe des Mittelalters über- 
kommen hatte. Aber ^nes war gescljjninden : die ün- 
wissenschaftlichkeit. Wie befreit ausFess4b und Banden 
stürzte man sich auf Alles, was man erhaschen konnte, jede 
Wissenschaft wurde gepflegt, jede Kwpt geüb%i|}ede Sprache 
gelernt. Eine gewaltige Reaction traj; fast in allen Dii^en 
hervor, so auch hier. Mit Eifer und Ernst wurde die hebräi- 
sche Sprache betrieben, ihre Denkmale erforscht, hier glaubte 
man nun den Quell aller Offenbarung gefunden zu haben. 

Die lateinische Sprache war die gelehrte Umgangssprache, 
sie musste Jeder kennen, der auf wissenschaftliche Bildung 
Anspruch machen wollte; am Anfange der. Periode, die uns 
hier beschäftigt , war das Griechische liidlu gekommen — 
man bezeichnete sie kurzweg mit sjitraque lingua; jetzt war 
das Studium des Hebräischen mit in die Reihe aufgenommen 
worden, trium linguarum peritus zu sein, galt als ehrende 
Bezeichnung, die gern Jeder sich* erwarb. Man hatte am Ende 
des 15. Jahrhunderts angefangen auch in den Schulen Grie- 
chisch zu lehren, jetzt trat das Hebräische als Unterrichts- 
Gegenstand hinzu; collegia trilinguia gehörten nun zu den be- 
liebten Einrichtungen: iclH^rinif&re nur an das CoUegium 
Buslidianum, um das sich Erasmus viel Mühe gabO« 

Und nun wurde es auch auf den Universitäten aufge- 
nommen. Als Petrus Mosellanus 1518 in Leipzig Griechisch 
zu lehren anfing, da ermahnte er in dem Schreiben, mit dem 
er seine EröflSuungsrede dem Herzog Georg von Sachsen zu- 
schickte: nun möge er auch, nachdem er fiir andere Lehrer 



f'« 



1) Näher darauf wird bei Matthäus Adrianus einzugehen sein. 



ZQ der geistii^en and religi&sen Bewe^ping der Zeit. 3 

gesorgt, einen senden, der das Hebräische, die heilige Sprache, 
lehren könne, damit Niemand etwas vermisse, was 
zu einer wohl eingerichteten Universität gehöre*); 
und im Verlaufe der Rede meint er, es gebe keine wissen- 
schaftliche Beschäftigung, die nicht aus der Kenntniss der 
Sprachen, namentlich des Griechischen und Hebräischen, För- 
derung erhalte, ja jede bleibe mangelhaft und dunkel, wenn 
eine von diesen fehle ^). Man kann sagen, die Verehrung 
steigerte sich mit jedem Tage. Seinen Jüngern flösste der 
Meister — wem ist es nicht bekannt, dass dies Reuchlin war? 
— immer mehr Fleiss zur Erlernung der Sprache und mit der 
Erlernung imni^r griüsere Hochachtung und Liebe ein. 

Es sei erlAibt ein Beispiel zu bringen. Georg Wicel — 
als eifriger Gegner Luthers bekannt — hoffte L^>32 etwa als 
Professor derwbräisclMn Sprache nach Erfurt berufen zu 
werabn. Er hatte eina,^ede bereits ausgearbeitet „zum Lobe 
der hebräischen Sprache" ^da der Ruf nicht an ihn kam , so 
gab er die Rede im Druck heraus ^). Die hebräische Sprache 



1) 1. Aug. 1518 De variarum linguarum cognitione (über die Rede selbst 
vgl. Schmidt: Petrus Mosellanus Leipzjg 1867, S. 30 flf.) Postrcmo cum ex Cle- 
mentina sanctione didmtae|| in publicis scholis trium linguarum doctores foven- 
dos, ne hic'tuae Academme quicquam deesset, iam in tertium annum utriusque 
linguae professores et sumptu tuo foves, et autoritate tueris. Nee dubita- 
mus, quin brevi, ubi per aliquam OMftsionem licuerit, et sanctae, hoc est 
Hebraicae linguae magistrum tua celsitudo nobis sit procuratura, ut 
posthac nemo quicquam, quod ad instructissimum gymnasium 
attinet, sit hie desideraturus. 

2) D 2 (Baseler Ausgabe 1519 p. 27) nuUam esse literariam professio- 
nem, quae non cum ex aliarum linguarum, tum vero maxime Graecae et 
Hebraicae cognitione lucem accipiat, tum nullam disciplinam non fore man- 
cam et tenebrosam, si altera haruij^desit. „Mi will nicht verschweigen, dass 
Andere in diese Werthschatzung ^ namentlich in das Betonen der Noth- 
wendigkeit dieser Kenntniss — nicht einstimmten. Rudolf Agrikola sagt 
in dem Schriftchen De formando studio über die sacrae literae: quarum 
cognitio magis ad omamentura animi nostri, honestamque voluptatem, quam 
ad necessarium utique usum pertineat. Wicel in der gleich anzuführenden 
Rede meint auch: partim ut quae non ita multum utilitatis afferat, partim 
quae habeat plurimum dif ficultatis , nihil voluptatis aut gratiae. Das seien 
die Gründe, quae abhorreant ab ea addiscenda. Aber er hält das freilich 
für unrecht. 

3) Oratio in laudem Hebraicae linguae. Autore Georgio Vicelio. 
MDXXXIIII. 14 Bll. 80 (Aus der Münchener Bibl.) Widraungsbrief an 

1* 



4 Verh&ltniss des hebräuchen äpractLstudiums 

— SO ist etwa der Grundgedanke — sei vor allen würdig 
mit Eifer betrieben zu werden, von Moses leite sie ihren Ur- 
sprung ab, Gott selber habe sie geredet, Christus und die 
Apostel hätten sich ihrer bedient. Er wolle den classischen 
Studien nicht zu nahe treten, aber der heiligen Sprache müss- 
ten sie nachstehen. Ihre Kenntniss besitze Vortheile, kleine 
und grosse, zum Kampf gegen die Ungläubigen, zur Stützung 
des eigenen Glaubens, ja selbst zum Gebete')- 

Kann es uns da wundern, wenn bei diesem nicht etwa 
auf den einen Mann beschränkten, sondern fast unter dem 
ganzen Kreis der Humanisten und Reformatoren verbreiteten 
Enthusiasmus — von den bedeutenderen Gtelehrten in der ersten 
Hälfte des 16. Jahrb. ist mir nur von Erasmus oekannt, dass 
er fast oder gar kein Hebräisch verstand ^^ — auch eine 
ßeaction sich zeigte, wenn sich ein Strebenr* kundgab,^ die 
classischen Studien mehr in den Vordefgrund zu stellen, ihnen 



Bernardus Gualtherus 20. März 1534: oratiojiem... quam Erphurdiae, si per 
quoruhdum invidiam Eudimenta hebraica tradere licuisset, in Academia 
ante sesquiannium amplius publice habiturus fueram.. tibi dono. 

1) Um nicht die ganze Rede abzuschreiben, citire ich nur zwei Stellen : 
Quo nam dialecto egressae sunt dei Hebraeorum dulcissimae promissiones, 
blandissima solatia, iustissiraae minae, denique po||riMtissima quaequc vcrba 
ad patres Hebraeos, nisi Hebraea ? . . . und : Mirum dictu est, quanto vehemen- 
tius soletur atque veneretur precans hebraice, quam si quis graece aut latine 
precetur. Vim vividara addunt tibi voces sacratissimae , adeoque sonus ille. 
Als Beweis, dass diese Meinung nicht vereinzelt blieb, vielmehr fast ein 
Jahrhundert noch fortwirkte, citire ich eine Stelle des Bartholomaeus Sche- 
raeus in Itinerarium in Psalterium Davidis Hebraeum. Witeb. 1612. : Anti- 
qua et prima omnium est lingua hebraea, est sancta et illabata, et statim 
in paradiso, et postea extra cum in rudi et nondum habitato mundo sonare 
coepit, et vult accurate excoli ac conservari in vitam aetemam usque. 

2) De Hebraicis literis nij||il arrogo mihi, quas primoribus dumtaxat 
gustavi labris. Erasmus an Reuchlin m: Epistolae illustrium virorum ad 
Reuchlinum. Hagenoae 1519 s 3b. Den Grund, warum er es nicht gelernt 
habe, gibt er an: Coeperam et Hebraica attingere, verum peregrinitate ser- 
monis deterritus, simul quod nee aetas, nee ingenium hominis pluribus rebus 
pariter sufficit, destiti. Angeführt bei Hess: Erasmus von Rotterdam I. 
S. 107 Anm. * Vgl. auch Raumer: Geschichte der Pädagogik I, S. 95. Was 
andere bedeutende Humanisten anbetrifft, so überschreibt z. B. Thomas Vena- 
torius ein Gedicht an Pirckheimer : Bilibaldo Pirckheimer, Hebraeae, Graecae 
ac Latinae linguae viro eruditissimo(Bilib.Pirckh. Opp. ed. Goldast Francof. 1610 
p. 46); Mutian lässt sich von Heinrich ürban Reuchlins hebräische Grammatik 
kaufen (Manuscript der Mutian'schen Briefe in der Frankf. Stadtbibl. Fol. 20 a). 



ZQ der geiittigen und reMgiSuen Bewegung der Zeit. 5 

den Platz wieder zu erringen, den sie wenige Jahrzehnte vor- 
her eingenommen hatten? Da ist eine bezeichnende Aensse- 
rong, die in klagendem Ton Heinrich Loriti Glareanua an 
Pirckheimer schreibt: wie die Kenntniss der griechischen 
Sprache wieder hergestellt werden könnte, das sehe er nicht ; 
schreien ja die Leute, Griechisch und Lateinisch zu studiren, 
sei nicht nothwendig, es sei genug, wenn man Hebräisch verstehe 
and Deutsch'); da beschwert sich Erasmus bei Melanchton, 
dass man öffentlich zu Strassburg und an anderen Orten lehre, 
man brauche jetzt keine Wissenschaften und keine Sprachen 
mehr zu lernen mit alleiniger Ausnahme des Hebräischen^). 

Das ist — wenn den Ausdruck zu gebrauchen gestattet 
ist — die Klage des untergehenden Humanismus; die Refor- 
mation war über ihn hinweggeschritten, in ihrem Gefolge hatte 
das Studium des Hebräischen neue Pflege gefunden. Denn 
neben der erwachenden Wissenschaftlichkeit war ein Haupt- 
grund zum Studium der Sprache die theologische Rich- 
tung der Zeit. Man ging auf die Bibel zurück, aus ihr nur 
wollte man Belehrung schöpfen, nur aus ihr konnte eine' 
Widerlegung der gegnerischen Ansichten gegeben werden. 
Was Wunder, dass man nach der Ursprache verlangte, sie 
bei Uebersetzungen in die Muttersprache zu Grunde legte. 

Es hat schon vor Luther deutsche Bibeltibersetzungen ge- 
geben, keine hatte die rechte Zeit und das rechte Wort so 
zu treffen gewusst wie die seine. Allzubedeutend war Luthers 
Kenntniss des Hebräischen freilich nicht, bei der Bibeltiber- 
setzung bediente er sich derHtilfe des hebräischkundigen Johann 
Forster, bei seinen Kommentaren musste ihm der jeweilige 
Professor der hebräischen Sprache in Wittenberg zur Hand 
gehen^). Aber an unzähligen Stellen seiner Schriften betont 
er die Nothwendigkeit hebräischer Sprachkenntniss. 

1) Pirckheimeri Opera ed. Goldast, Francofurti 1610, p. 314. Egout... 
graecae linguae notitia restituatur , plane non video. Et tarnen hi magno 
boatn clamitant non esse graece (sie) latinove studendnm, sat esse, si hebraice 
ac germanice sciamus. 

2) Angeführt bei Döllinger: Die Reformation (Regensburg 1846) I. 
S. 437, Anm. 54. 

3) Ein hebr. Buch, das ihm Amsdorf geschickt hatte, übergibt erAuro- 
gallus: excedit enim vires meas, s. de Wette: Luthers Briefe II, S. 612, und 
schreibt seinen Inhalt nach dessen Angabe a. a. 0. S. 625. Er sagt einmal selbst 



6 Yerhältniss des hebräischen Sprachstadioms 

Doch macht sieb ein Umstand sehen hier bemerklieh. 
Dem Theologen war die Spraehkenntniss nicht mehr die 
Hauptsache. Er brauchte sie nur als Mittel, um mit ihr aus- 
gerüstet die Bibel verstehen, zu seinen Zwecken benutzen zu 
können. Da war ihm denn bedenklich, dass, um die Bibel 
recht begreifen zu können, man sich nicht auf den Urtext be- 
schränken konnte, sondern die jüdischen Commentatoren, die 
Rabbinen, zum Studium mit herbeiziehen musste. Den Sab- 
binen ist nicht zu trauen, das ist ein Satz, der sich durch 
alle seine Erklärungen hindurchzieht. Er meint, sie haben 
die Schrift verdreht und gefälscht, um ihre Träumereien und 
Einbildungen zu erweisen. Er warnt daher vor ihrem Ge- 
brauch, ja er geht so weit, den Juden nur grammatische 
Kenntniss zuzuschreiben und auch diese nur in beschränktem 
Maasse^), Sacherklärung, Yerständniss des wahren Inhalts sei 
bei ihnen nicht zu finden, „ so müssen wir's thun, die Christen 
sind, als die den Verstand Christi haben, ohne wel- 
chen auch die Kunst der Sprache nichts ist^y^ Schon 



von sich : Denn ob ich mich ^ol for einen vollkommenen Hebräer nicht halte, 
so düncket mich doch gantzlich etc. Walch: Lnthers Werke I, dOl. In 
einem handschriftlichen Briefe Luthers an Capito (die Notiz verdanke ich der 
gütigen Mittheilung des Herrn Notar Karsch in Hombach) prid. Cal. Maias 
1520 schreibt Luther, dass er mit Melanchthon nih hundert Groldgulden 
hebräisch lerne. 

1) Man kann leichtlich sagen, dass die ebräische Sprache noch nie 
wieder aufgekommen ist, und die Juden nicht wissen können virtutem om- 
nium vocabulorum sicut res ostendit, viel weniger wissen sie vim Phrasis, 
fignrarum et idiotismomm. Luthers Werke ed. Walch III, 2865 fg., nament- 
Hch vgL auch U, 2246. 

*) Walch XIV, 19. Dafür, dass sich die Grammatik der Erkenntniss 
der Sachen unterordnen muss, eine bezeichnende Stelle Walch I, 1511 und 
de Wette, Luthers Briefe V, S. 89 — 93. Warnung vor den Rabbinen ent- 
halten, ohne dass ich die Beispiele häufen will, Walch IQ, 2899, I, 546 ff. 
Wen erinnert nicht der Satz »So sehen wir, dass die Grammatici . . . theo- 
logische Sachen nicht verstehenc an das Wort der Kölner D.unkelmänner: 
Non mirura si Jurista (Reuchlin) non attigerit theologicas subtilitat^s. 
Stellen gegen die Rabbinen, wie II, 1458 : »Es sind die verruchtesten Leute 
und werden vom Teufel gefangen gehalten und besessen« sind nichts seltenes, 
VgL I, 2042 das. 1514 u. A. m. Beiläufig bemerke ich, dass der hier und 
im Folgenden zum Ausdruck kommende Hass gegen die Rabbinen ein be- 
wusster oder unbewusster Gegensatz gegen die Reuchlin'schen Ansichten ist. 
Reuchlin sagt (Augenspiegel FoL XIII b, wo freilich zunächst die Frage zu 
erörtern war, ob die Commentare verbrennenswerthe Bücher seien oder nicht, 



tu der geistigen und religideen Bewegung der Zeit. 7 

die früheren Uebersetzungen hielt er ftlr verderbt, die 70 Dol- 
metscher sind die „allerboshaftesten Leute gewesen, die den 
König Ptolemäum Philadelphnm nur zum Narren haben woll- 
ten^'; dass sie aaf Eingebung des heiligen Geistes übersetzt 
hätten, will er nicht glauben >). Er ist freilich in seiner Kritik 
nicht consequeilt genug. Bald giebt er den Rabbinen zu, die 
Grammatik spreche zwar für sie, aber „weil sie nicht wissen, 
quid rei, hilfet und fördert sie es ^nichts, dass sie wissen, 
quid nominis'^ und erklärt es der Sache nach^), bald weist 
er sie nach der Grammatik zurecht. 

Der Grundzug dieser Methode findet sich aber nicht blos 
bei Luther, er ist ein durchgängiger bei der ganzen Theologie 
der Zeit, zunächst nattlrlich bei den Anhängern Luthers, bei 
den Reformatoren. Ich will in Beziehung auf ihre Stellung 
gegenüber den Rabbinen nur auf zwei Punkte aufinerksam 
machen: Johann Forster oder Förster, mit dem wir uns später 
noch werden zu beschäfkigen haben, gab 1557 ein hebräisches 
Lexikon heraus, er hielt es ftlr nothwendig hinzuzuftigen, nicht 
aus den Erdichtungen der Rabbinen, aus den Schätzen der 
heiligen Schrift selbst sei es genommen^), und als einige 
Jahre darauf Victorinus Strigelius ein in Gutachtenform ge- 
haltenes Urtheil über die Uebersetzungen der Bibel abgab, 
da hielt er die cbaldäische ftir geeignet, die Nichtigkeiten der 
Jaden zurückzuweisen; die der Gegenwart angehörenden Ueber- 
setzungen aber, ausser der lutherischen, wie die Münsters u. A., 
die, meinte er, dürften nur von Hebräischkundigen benützt 
werden, weil sie oft mehr mit den Gommentarien der Rabbinen 



das Gutachten sich aber von dieser besonderen bald zur Beantwortung der 
aUgemeinen Frage erhebt): Ich sag auch vnd hab des meinen anseger, dass 
sich unsere doctores und lerer der hailigen schrift zu verstentnus des texts 
inn der bibel saer und fast sollicher commenten, glosen, und usslegungen 
müssent gebrauchen, wöllent sie vor anfechtung fremds glaubens wol 

beston sollich commentarien Van und mag die christenlich kirch nit 

von banden lassen, dan sie behaltten die hebräische sprach in der aigen- 
schaft Übung, dero die hailig schrift nit kan mangeln, besunder in alten 
testament. 

1) Walch VI, 1146 ff. 

.2) Walch I, 493. 

3) Non ex Kabinorom commentis.. sed ex ipsis thesauris SS. bibliorum 
depromtum. 



3 Verhältniijg de» hebräischen Sprachstudiums 

als der Erklärer der wahren Kirche übereinstimmten 0. Aber 
dieser allgemeine Hass gegen die Rabbinen ist nicht das 
Grnndprincip, er ist nur ein AnsjBnss des Gedankens, von dem 
man beim Studium der hebräischen Sprache geleitet wurde, 
des Gedankens, seine Theologie, die man — es würde lächer- 
lich erscheinen, wenn man nicht so gedacht hätte — allein 
fUr die berechtigte hielt, in der Bibel bestätigt zu finden. Da 
mussten die rabbinischen Commentare, die ihrerseits die Grund- 
lehren des Judenthums vertheidigen wollten, ein Hindemiss 
bilden, — man stiess sie weg. 

Und wie die Reformatoren, so brauchten auch ihre Gegner 
die hebräische Sprache zur Stütze ihrer Theologie. Eine Rede 
Georg Wicels ist schon erwähnt: sie mag auch in dieser Hin- 
sicht berührt werden. Auch er glaubte aus der heiligen 
Schrift Beweise ftlr die Wahrheit seiner Theologie zu ziehen, 
ßber er warnte vor den täglich neu erstehenden Erklärem 
der Schrift, nur wenn man mit genügender Kenntniss der 
Sprache versehen sei, könne man die Schrift ohne Gefahr 
benutzen 2). Aber nicht bloss ein rechtes Verständniss der 
Bibel erschliesse diese neugewonnene hebräische Sprachkennt- 
niss, sie bringe erst die rechte Sicherheit über die Wahrheit 
des christlichen Glaubens hervor. Wie im Allgemeinen, so 
im Besonderen, wie dem Christen überhaupt Beweise ftlr sei- 
nen rechten Glauben, so gebe sie dem Prediger in seinen 



1) De versionibus Bibliorum Judicium. 

Chaldaica versio est luculenta paraphrasis textus Ebraici et prodest ad 

refutandas cavillationes recentium Judaeorum Beliquae versiones ut 

D. Münsteri, Castalionis et similes, etsi non sunt contemnendae , tarnen quia 
interdum magis congruunt cum Rabbinorum Commentariis quam cum narra- 
tione interpretum verae ecclesiae, magno iudicio et non nisi a peritis linguae 
sanctae legendae sunt. 

Victorinus Strigelius anno 1565, 26. Sept. Lipsiae , angeführt bei 
Olearius, Scrinium antiquarium, Arnstadt 1698, p. 177 sq. 

2) Die Stelle, die, nach einer lobenden Erwähnung des in allen Fächern 
der Wissenschaft sich zeigenden löblichen Eifers, bezeichnend genug mit den 
Worten eingeleitet wird »Theologiae sola friget scholac lautet: Cotidie exo- 
riuntur novi scripturae interpretes quorum quisque pro suae partis com modo 
sacras literas ti-ansfert, in quibus lustrandis nisi catus (sie! wahrscheinlich 
cautus) fueris, ilico in errorem praeceps eas oportet. Si munitus sis huius 
linguae soientia^ pergrassari vales absque ullo insidiosi serpentis periculo. 



ZI der geistigen und religioeen Bewegung der 2Seit. 9 

Beden Stütze und Unterlage, mache geschickt zum literari- 
schen Kampfe, namentlich gegen die Juden. Und wer die 
Sprache nicht kenne, Alles müsse er glauben, was ihm auf- 
gedrungen werde. ^) 

Doch kann man nicht sagen, dass in der katholischen 
Partei dieselbe Uebereinstimmung der Ansichten herrschte wie 
in der evangelischen. Wicel gehörte zu denen, die einer Re- 
form der Kirche innerhalb des katholischen Glaubens nicht 
abgeneigt waren, — die strengeren, z. B. Job. Eck, unterschie- 
den sich von ihnen auch in der Ansicht über das Hebräische. 
Ein Gegner Ecks, Andr. Oslander, hatte bei einer Gelegenheit, 
die wir nicht weiter verfolgen können, behauptet, „Gott habe 
nicht gewollt, das der Juden buecher verbrent wurden der 
Christenheit zu gut, darmit durch hebräische sprach die Chri- 
sten wider zum rechten verstand jhrs glaubens möchten 
kummen'^ Das läugnete Eck, denn da der rechte Verstand, 
des Glaubens seiner religiösen Auffassung nach gar nicht ver- 
loren war, so bedurfte es keiner Wiedergewinnung desselben. 
Auch sei die Sprache flir die christliche Kirche keine heilige, 
die Evangelien seien nicht in ihr geschrieben, mit Ausnahme 
des Briefes an die Hebräer und des Evangeliums Matthäi ; die 
Kirchenväter hätten sich de^ Sprache nicht bedient, und wäh- 
rend es wohl eine lateinische, griechische, indianische, arabi- 
sche, wendische Messe gebe, habe von einer hebräischen 
Messe noch Niemand gehört. Interessant ist aber namentlich, 
wie er das Argument gegen die Reformatoren wendet und 
ihnen, die von dem Werthe der hebräischen Sprache so viel 
redeten, vorwirft, dass sie dieselbe durchaus nicht in der Weise 
pflegten, wie sie es thun mtissten, im Gegentheil „allain zu- 
■weilen zu einem hoffertigen bracht und unnützen Spiegel- 
fechten" gebrauchten^. Der Vorwurf ist freilich ungerecht- 



1) Das im Text Gesagte steht zerstreut an vielen Stellen der Rede, 
eine führe ich an : Non umquam vidisti Hebraeum aenei muri instar invic- 
tum Stare in conflictu, quoties ad huius linguae praesidium oceurrerit? Qui 
posset homo Christianus de Judaeo victoriam reportai'e, nisi praesidiis sanctae 
linguae? 

2) Die ganze Auseinandersetzung findet sich ziemlich ausführlich in 
Ecks Schrift: Ains Juden buechlins Verlegung. Ingolstat MDXXXXI. P 4b bis 
Q 2b. 



10 Yerhältniss des hebräkchen Sprachstudiums 

fertigt. Das ist zwar richtig, dass die Reformation die Kennt- 
niss der hebräischen Sprache nicht wieder ins Leben rief. 
Das war früher geschehen: zu dieser schöpferischen Thätig- 
keit hätten die Reformatoren, deren ganzes Streben mehr ein 
den Wissenschaften ab- als zugeneigtes ist, weder Sinn noch 
Zeit gehabt. Aber da das Studium ihren Zwecken diente, er- 
griffen sie es, und in der theologischen Rührigkeit, die sich 
in Folge der Reformation in Deutschland entfaltete, wurde 
das Studium ein allgemein verbreitetes. 

Wenn Eck und die strenge katholische Partei, deren 
Haupt er war, in dieser Weise keineswegs die hebräische 
Sprache als heilige ansah, ihr nicht dieselbe Verehrung an- 
gedeihen Hess, mit der die Reformatoren sie gepflegt hatten, 
— so zeigt sich diese verschiedene Betrachtungsweise auch 
in etwas Praktischem. Wir haben gesehen, Luther hatte der 
Rabbinen Commentare verachtet, aber er übersetzte die Bibel 
nach dem Urtext; Eck ahmte ihm im Ersten nach, aber er 
verdolmetschte die Bibel „wie die gesungen, gelesen, ge- 
braucht und angenummen ist je und je von der haiigen latei- 
nischen kirchen", es kümmerte ihn nicht „wie es in Jüdisch, 
Kriechisch oder Chaldaisch laut^', denn auch die Juden stimmten 
nicht überein. Auch selbst im Aeusserlichen wollte er sich 
nur der Annahme der Kirche fügen, und die biblischen Namen 
nicht in ihrer hebräischen Fassung: Chava, Hanah, Cham, 
Galgal, sondern in der lateinischen Form bringen 0- 

Freilich schon vor dem theologischen Kampfe, der seit 
Luthers Auftreten mindestens anderthalb Jahrhunderte fast 
vollständig den Geist des deutschen Volkes beherrschte, war 
diese Ansicht aufgetreten, die hebräische Sprache zum Be- 
weise der Wahrheit des Ghristenthums zu benutzen. Das ist 
freilich keine in Deutschland erstandene Richtung, sie wurde 
aus Italien hierher verpflanzt. Man gmb in den Schätzen des 
Judenthums, man wollte, da man nun der fast verloren ge- 
gangenen Kenntniss der Sprache wieder theilhaftig geworden 
war, auch Alles in sich aufnehmen, was in ihr vorhanden 
war, — so stiess man auf die Kabbalah. 



1) Einleitung in die IMbelübersetzung 1536 abgedruckt bei Wiedeniann : 
Dr. Johann Eck, Regensburg 1865, S. 618. 



za der geistigen nnd reiig^Ö6en Beweg^nng der Zeit. 1 1 

Die Kabbalah^) — das Empfangene — ist die jüdische 
Geheimlehre, die als theoretische in den Worten und Vor- 
schriften der Bibel and des Talmuds einen tieferen als den 
gewöhnlichen Wortsinn zu finden glaubt, als praktische durch 
gewisse Formeln und Kttnste den Menschen Einfluss auf das 
Geisterreich und Gott selbst zuzuschreiben sucht. 

Sie hatte unter den Juden des Mittelalters zwar dem Cha- 
rakter der Zeit gemäss grosse Verehrung erlangt, aber unter 
den wirklich wissenschaftlich Strebenden wenig Gönner ge- 
funden. 

Dagegen wurde sie unter den Christen von Gelehrten er- 
fasst, die ein wirklich tiefer Forschergeist und Wissensdurst 
trieb. Zuerst in Italien von Johann Picus, Grafen von Miran- 
dula *), der in Florenz am Hofe des Lorenz von Medici lebte. 
Picus lernte sie durch einen von Constantinopel nach Italien 
eingewanderten Juden Joehanan Aleman kennen '). Picus hatte 
sich kaum ein wenig mit ihr bekannt gemacht, als er in ihr 
eine Begründung der christlichen Lehre zu erkennen glaubte. 
Er meinte die Dreieinigkeit, die Fleischwerdung des Wortes, 
die Ankunft des Messias, die Erbsünde u. s. w. in ihr wieder- 
zufinden, was Paulus und Dionysius gesagt, was man bei 
Hieronymus und Augustinus lesen könne, werde in allen 
diesen Schriften bestätigt. „Man denkt Plato und Pythagoras 
zu hören, deren Lehren den christlichen so nahe verwandt 
sind, kurz die Juden können nicht mehr wagen ihre Glaubens- 
sätze als abweichend von den unsrigen darzustellen ^)". Darin 



1) Ueber den Ursprung der Kabbalah, der hier nicht untersucht werden 
kann, hat Grätz, Geschichte der Juden Bd. VII, S. 442—458, eine ausführ- 
liche Auseinandersetzung gegeben, auf die ich verweise. 

2) geb. 1462, gest. 1494 MCCCCLXXXXIIII anno redemptionis nostrae, 
Dum ipse secundura et trigesimum aetatis annum impleret, Fiorentiaeque 
moraretur, insidiosissinia correptus est febre. Vita Joh. Pici de Mirandula 
per Jo. Franciscum Galeotti Pici filium vor des Ersteren Werken s. 1. 1504 

• • • • « 

a lujb. 

8) s. die hebräische Quelle bei Grätz a. a. 0. Bd. VIII, S. 254, Anm. 1; 
in der vita Jo. Pici finde ich dies nicht erwähnt. 

4) Vidi in illis (nämlich in den kabbalistischen Büchern) Eeligionem 
non tarn mosaicam quam christianam, Ibi trinitatis mysterium, ibi verbi 
incamatio, ibi messiae divinitates, ibi de peccato originali, de illius per 
Christum expiatione, de celesti Hierusalem , de casu daemonum, de ordinibus 



12 Verhältnis» des behräiächen Sprachbtudianui 

sind ihm auch die Späteren nachgefolgt und namentlich haben 
unter den christlichen Gelehrten Deutschlands solche kabba- 
listische Grübeleien Eingaüg gefunden. 

Durch Picus' Bemühungen war es wohl gelungen, dass 
Papst Sixtus IV. einige kabbalistische Bücher ins Lateinische 
übersetzen lassen wollte, und Picus erzählt, dass drei Bücher 
wirklich übersetzt wurden 0- Und Picus Einfluss ist es ferner 
zuzuschreibeü, dass die Kabbalah Eingang in Deutschland 
fand tiurch Johann Eeuchlin. Im Jahre 1494 erschien 
sein Werk: Capnion vel de verbo mirifico. Den Zweck dieser 
später so berühmt gewordenen Schrift gibt er in der Wid- 
mung an Johann von Dalburg, Bischof von Y^orms, dessen 
Freundschaft er seit lange genoss, und dessen Bibliothek ihm, 
wie früher, so auch bei diesem Werke gute Dienste geleistet 
hatte , mit den Worten an 2) : er habe gewagt, auf den Rath 
und die Ermahnung trefflicher Männer gestützt, in die tiefen 
Dunkel der verborgenen Worte einzudringen, die Geheimnisse 
der ältesten Philosophie aufzudecken, und die Namen zu er- 
klären, mit denen Pythagoräer, Juden und Christen ihre hei- 
ligen Gegenstände bezeichneten^). 



angelorum, de purgatoriis, de iiiferorum poenis. Eadem legi quae apud 
Paulum et Dionysium, apud Hieronymum et Augustinum quotidie legimus. 
In his vero quae spectant ad philosopliiam Pythagoram prorsus audias et 
Platonem quorum decreta ita sunt fidei Christianae affinita, ut Augustinus 
noster immeusas deo gratias agat, quod ad eins manus pervenerint libri 
platonicorum. In plenum nuUa est ferme de re nobis cum Hebraeis con- 
trovcrsia, de qua ex libris Cabalistarum ita redargui convincique non pos- 
sint, ut ne angulus quidem reliquus sit in quem se condant. Job. Picus in 
Oratio de hominis dignitate in den Opera J. P. Fol. 90a. 

1) Hi libri Syxtus quartus Poutifex maximus qui hunc sub quo vivimus 
foeliciter Innocentium VIII. proxime antecessit, maxima cura studioque curavit 
ut in publicam fidei nostrae utilitatem latinis literis mandarentur. Jamque 
cum ille decessit tres ex illis pervenerant ad latinos a. a. 0. 

2) Er rühmt seine inennarabilem variarum literarum peritiam, cuius 
testis est bibliotbeca illa tua, latinis, graecis et hebraicis voluminibus referta. 
ünus Germanie nostre thesaurus, quo sum uti solitus semper pro animi mei 
sententia. De verbo mirifico a 2 a. 

3) Tantas tenebras et tarn obfuscata sacratorum immo secretorum ver- 
borum latibula ingredi, et quasi de adytis oraculorum et vetustissimae philo- 
sophiae penetralibus, exponere nostro saecrdo, quantum memoria suppetit, 
universa ferme nomina, quibus superiori aetate sapientes homines et mira- 
culosis operationibus praediti utebantur in sacris, sive pythagorica fuerunt et 



zu der geistigen and religiösen Bewegung der Zeit. 13 

Die äussere Einkleidung der Schriffc ist die, dass der 
Gegenstand an drei Tagen durchgesprochen wird, an deren 
jedem einer der Betheiligten das Hauptwort flihrt: Sidonius, 
ein Philosoph, zuerst ftir einen Epikuräer gehalten, von dem 
man später findet, dass er keiner Schule angehört ^), Baruchias, 
ein Jude, und Gapnion (die gräcisirte Form des Nanlens 
Reuchlin). 

Das verbum mirificum ist, wie Capnio am dritten Tage 
auseinandersetzt, JHSVH, nichts anders als das alttestament- 
liche JHVH (d. h. die Consonanten des sog. Tetragrammatons, 
des Gottesnamens Jehovah) mit Hineinsetzung eines S*). 

Ein tieferes Eindringen in die kabbalistischen Ideen und 
eine grössere Durchbildung derselben verrathen die drei Bücher 
über kabbalistische Kunst, Leo X. gewidmet, die erst 1517 
erschienen sind*). 

Die äussere Einkleidung ist die, dass Philolaus der Jün- 
gere, ein Pythagoräer, Marranus, ein Mahometaner, nach 
Frankfurt kommen, um sich mit dem Juden Simon, einem 
kabbalahkundigen Manne, zu unterreden. Dass Reuchlin sich 
nicht selbst unter den ünterrednem anflihrt, hai seinen Grund 
sicherlich darin, dass in der Schrift mehrmals, so namentlich 
am Anfang des 2. Buches, auf den Reuchlin*schen Streit Rück- 
sicht genommen wird, der damals noch immer an dem päpst- 
lichen Hofe Gegenstand der Verhandlung war, und R. nament- 
lich Philolaus und Marranus sich sehr heftig über die Kölner 



vetustiorum philosophorum sacramenta, sivc Hebraeorum Chaldaeorumque 
barbara memoracnla, scu Christianorum devota supplicia, quae de illorum 
libris atque Unguis in hoc operc prompta cernere licet, a. a. 0. 

1) Dcinde inventus in nullius verba jurassc. a 2 b. 

2) Diese Idee wurde dann bildlich von Reuchlins Drucker Thomas 
Ansbelm Badensis ausgeführt, der von nun an über seinem Druckerzeichen 
in einigen Beuchlinschcn Schriften die Buchstaben JHVH mit dem hinein 
verschlungenen S führte. 

3) Joannis Reuchlin Phorconsis LL. Doc. De arte cabbalistica libri tres 
Leoni X dicati. Am Schluss: Hagenau apud Thomam Anshelmum. Mense 
Martio MDXVII. Ich möchte nur beiläufig hier auf einen Umstand aufmerk- 
sam machen : Das Werk de verbo mirifico hat 3 Theile, 3 sich unterredende 
Personen, 3 Tage, an denen der Gegenstand durchgesprochen wird ; ganz die- 
selbe Gliederung hat de arte cabbalistica, die Rudimenta hebraica zerfallen 
ebenfalls in 3 Bücher. Sollte hierin nicht auch eine Art Zahlenspielerei, der 
ß. eine tiefere Bedeutung untei*schob, gesucht werden? 



14 ' Verliältniss des het)räisclien Spraclistiidiaiiis 

und ihre Schlechtigkeit aussprechen lässt. Freilich ist, seiner 
ganzen Gesinnung nach, in dem Philolaus Reuchlin unschwer 
zu erkennen. 

Bleiben wir einen Augenblick stehen: Man sollte meinen, 
die beiden Richtungen, die wir unterschieden haben, wären 
so entgegengesetzt gewesen, dass sie nur in verschiedenen 
Personen zum Ausdruck hätten gelangen können. Auf der einen 
Seite die tiefe Ehrfurcht vor der hebräischen Sprache, ihrem 
Alterthum, ja selbst dem Volke, das die alten Schätze ge- 
wahrt hatte; auf der anderen bittere Erregung gegen das 
letztere, als Veruntreuer ihres Gutes, Benutzen der gewonne- 
nen Kenntniss recht eigentlich gegen die Juden , um die 
Wahrheit des eigenen Glaubens zu beweisen. 

Und doch waren sie vereint Es ist eben bemerkt wor- 
den, wie Reuchlin in seiner Kabbalistik einen Juden Simon 
als Redenden einführt. Da ist denn lehrreich zu sehen, in 
welcher Weise von ihm gesprochen wird. Seine Gelehrsam- 
keit wird gerühmt, die tief und gründlich, nicht blendend und 
glitzernd, zwar der farbenreichen Blüthen entbehrt, aber durch 
Früchte ergötzt. Die ganze Nacht hätte ich bei ihm sein 
können, sagt einer der Fremden, so gross war mein Wunsch 
ihn zu hören, sein Antlitz zu sehen, und da muss der un- 
glückliche Sabbath dazwischen kommen. Das allein erschien 
ihnen störend, sonst gefiel ihnen Alles an diesem Manne. Und 
ein solcher Mann, gute Götter, ist ein Jude, von Juden ge- 
boren, ernährt, erzogen und unteri-ichtet, von einem Volke, 
das von allen Andern für barbarisch, abergläubisch, niedrig, 
verworfen und fem von dem Glänze aller Wissenschaften ge- 
halten wird^. 

Kann es uns da wundern, wenn bei diesem Stande der 
Dinge die Gegner der wissenschaftlichen Richtung, die sich 
mit Eifer dem hebräischen Studium zuwendete, oder die per- 
sönlichen Feinde irgend eines Mannes, der sich mit dieser 



1) Die letzte SteUe zu Anfang des 2. Baches lautet: Dil boni, homo Ju- 
daeus, ex Judaeis ortus, alitus, educatus et edoctus, quae natio ubique gen- 
tium barbara, superstitiosa , viüs, abiecta et a splendore omnium bcmarum 
artium aliena est habita. Näher auf das Verhältniss der damaligen Gelehrten 
zu den Juden einzugehen ist hier nicht der Ort. 



SU der geistagen und religioeeii Bewegung der SSeii. 15 

Sprache beschäftigte, ihn, um ihm empfindlichen Sehaden oder 
Kränkung zuzufügen, des Jndaisirens beschuldigten, wie der 
beliebte Ausdruck lautete? Man hat gesagt, und Reuchlin 
hat es selbst gelegentlich einmal ausgesprochen ^) , dass der 
ganze so berühmt gewordene Streit mit den Kölnern von 
letzteren nur angefangen wurde, weil man in dem durch 
ReuchUn angeregten und hauptsächlich vertretenen hebräischen 
Studium eine Gefahr für sich erblickte. Mag auch die Ansicht 
sich nicht beweisen lassen: manchmal schien es wirklich, als 
wenn die Geister in einer ähnlichen Strömung sich bewegen 
wollten. £s war nichts Seltenes, dass den Vertretern des 
Studiums der Vorwurf entgegengeworfen wurde, sie seien 
Juden der Gesinnnng'nach *); ja man verstieg sich bei vielen, 
die ihre christliche Abstammung gut beweisen mochten, so 
weit, sie getaufte Juden zu schelten! Und doch, das Studium 
ging nicht unter, es wurde mit grösserem Eifer immer be- 
trieben. Denn eben, um in das Verfahren des Mittelalters 
hinein zu gerathen, die Sprache zu vernachlässigen, weil man 
das Volk nicht achtete, davor schützte einmal das Bedürfniss 
der Philosophen und Theologen und — was ich nicht gering 
anschlage — die Wissenschaftlichkeit des Zeitalters, das Wehen 
einer neuen Zeit, die sich überall ankündigte, auch hier. 

Ehe wir die einzelnen Personen betrachten, denen das 
Verdienst einer Neubelebung und allmählichen Ausbreitung 
des hebräischen Studiums gebührt, und ihre Leistungen, soll 
noch eine Bemerkung gemacht werden. Sie hängt mit einer 
obigen zusammen. Aus Hass gegen die Juden hatte man 



1) Doch sagt er freilich: Forte inter alia quod me viderent hac aetate 
in Germaniam semina hebraicarum literarum . . . iecisse. Brief an Jacob Faber 
31. Aug. 1513. 

2) Die stärkste Aeusserung dieser Art erzählt Conrad v. Heresbach von 
einem M(Hiche: es will noch eine andere Sprache (neben der griechischen) 
aufkommen, die hebräische ; wer diese lernt, wird sicher ein Jude. Angeführt 
bei Sdinurrer: Biogr. u. lit. Nachr. von den Lehrern d. hebr. Lit. in Tübin- 
gen, S. 1. — Als eine Gefahr für den Katholicismus betrachtet es später der 
Jesuit Gretser, der meinte: Ingolstadt sei dreimal in Gefahr gewesen den 
alten Glauben zu verlieren, 1) als man den Erasmus berief, 2) als Eeuch- 
lin dort die alten Sprachen lehrte, 3) als man Melanchthon hinziehen 
wollte. Vgl. Meuser: Johann Eck in Dieringer: Katholische Zeitschrift für 
Wissenschaft und Kunst. 1846, I, S. 97. Anm. 1. 



16 Verhältniss des hebräischen Sprachstudiums 

früher eine Beschäftigung mit ihrer Sprache verachtet: jetzt 
war man anderer Ansicht geworden; schon des Unterrichts 
der Juden sich zu bedienen schien verderblich: auch in dieser 
Beziehung war jetzt ein Fortschritt erkennbar*). Freilich, es' 
gab nicht allzuviel Juden in Deutschland. Die Verfolgungen, 
die bis in das sechszehnte Jahrhundert hinein dauerten, hatten 
gründlich unter ihnen aufgeräumt: nur in einzelnen Städten 
gab es noch grosse Gemeinden. Die, die sonst sich fanden, 
waren, wie Reuchlin klagt, theils unwissend, theils meinten sie 
es sei ein thalmudisches Verbot Christen zu unterrichten ^). Und 
dann, wenn auch unter den Christen die Abneigung von früher 
nicht mehr vorhanden war von den Juden zu lernen, allzu- 
bereitwillig that man es auch nicht, und als Reuchlin seine 
Grammatik schrieb, da konnte er in der Vorrede, in der er 
seinen Bruder zum Studium der Sprache ermunterte, mit Recht 
sagen: er solle es schon deshalb lernen, weil die jungen 
christlichen Theologen es nicht so gern von Juden, als von 
ihnen beiden, empfangen wollten 3). 

Erschwerte so die Seltenheit der Lehrer das Studium, 
so waren auch anfangs die Lehrmittel von grosser Seltenheit. 
Die erste Bibel wurde bekanntlich erst 1488 gedruckt, und 



1) Die einzelnen Beispiele, wo Christen von Juden im Hebräischen 
unterrichtet wurden, werden an passendem Orte erwähnt werden. 

2) Keuchlin, Vorrede des 3. Buches der Rudimenta hebraica an seinen 
Bruder Dionysius : er habe ihn griechisch lernen lassen , nun nolui etiam 
huic decori tuo deesse, quin Hebraica nunc sacerdos addisceres, praesertim 
cum nostrates Judaei vel invidia, vel imperitia ducti Christianum neminem 
in eorum lingua erudire velint idque recusant cuiusdam Rabi Ami auctori- 
tate, qui in Thalmud ita dixit: Non explanantur verba legis cuiquam gen- 
tili eo quod scriptum est: qui adnuntiat verba sua Jacob, praecepta sua et 
iudicia sua Israel, non fccit similiter omni genti. 

8) Reuchlin sagt: Recte vero speraverim quoslibet religionis Christianae 
studiosos non tam libenter a Judaeis quam abs te sacerdote et a memet 
ipso ista suscipere Rudimenta hebraica. Sehr begreiflich ist, dass, da man 
der Juden als Lehrer sich nicht gern bediente, und geborene Christen, die 
man als Lehrer hätte gebrauchen können, kaum vorhanden waren, man sich 
an die getauften Juden wandte. Als der Abt Leonhard im Kloster Otten- 
beuren einen hebr. Lehrer für seine Klostergenossen von Reuchlin verlangte, 
bat er gradezu um einen getauften Juden (8. Oct. 1508) : si quenquam noveris 
Hebraeorum fönte baptismatis renatum qui hanc provinciam subiret me per 
litteras certiorem reddas (Schelhom, Amoenitates historiae ecclesiasticae et 
literariae, Frankfurt 1738, p. 594). 



zn der geistigen und religiöden Bewegung der Zeit. 17 

und es dauerte noch einige Jahre, bis sie nach Deutschland 
kam. Keuchlin hatte seinen Bruder Dionysius nach Italien 
gesendet, um Griechisch zu lernen (1491). Johannes Streler, 
der ihn begleitete, gab sich Mühe, eine Bibel für Reuchlin zu er- 
langen. Nachdem er Anfangs sein Suchen gar nicht belohnt sah, 
fand er eine unvollständige Bibel, die er nicht kaufen mochte; 
nach Neapel wandte er sich, um Erkundigungen einzuziehen, 
denn andere gedruckte Exemplare gebe es nicht ^). Als Conrad 
Pellikan im Jahre 1500 eine in Italien gedruckte hebräische 
Bibel zu Gesicht bekam, betrachtete er eä für ein grosses 
Glück 2), und noch fast 10 Jahre später, als Nikolaus Eilen- 
bog, ein Freund Reuchlins, auf dessen Antrieb Hebräisch 
lernte, wurde eine hebräische Bibel, die er zum Behufe seines 
Studiums von Conrad Peutinger lieh, wie eine grosse Kost- 
barkeit angesehen und demgemäss behandelt*). 

Aber schon am Anfang des Jahrhunderts fing es an anders 
zu werden. Thomas Anshelm zu Pforzheim, dann zu Tübingen, 
dann zu Hagenau, der Drucker der Reuchlin'schen Werke, 
hatte recht gute hebräische Typen. Blieb er auch einige Jahre 
vereinzelt, allmählich fanden sich Nachfolger, und wenn merk- 
würdigerweise noch in der 1518 erschienenen hebräischen 
Grammatik Böschensteins für die hebräischen Stellen ein leerer 
Baum gelassen und dieselben später mit der Hand ausgefüllt 



1) Streler an Reuchlin (1491) Epp. ill. vir. a 4b : Bibliam hebraicam 
hactenus habere non possum. (Anfang 1492) a. a. 0. E a.: Nullam adhuc 
possnm habere bibliam hebraicam , nisi unam quae est Bononiae , quae tarnen 
caret aliquot quatemionibus, quam coemere nolo. Si tamen postbac ad nos 
adveherentur aliqua, satisfacerem voluntati tuae. (29. Juni 1492) a 4 b sq. : 
De Biblia hebraica ero certior, cum Holtzhuser venerit ex regno Neapolitano, 
alia non sunt impressa. 

2) Schnurrer a. a. 0. S. 3. 

3) Die Briefe, in denen darüber verhandelt wird, stehen als Anhang 
zu Peutingers Sermones convivales, hgg. von Zapf. Augsburg 1789. Der- 
selbe Nikolaus EUenbog suchte noch im J. 1512 vergeblich eine griechische 
Bibel zu kaufen und wandte sich an Reuchlin: Velim itaque ut siquam 
venalem noveris, literis nie certiorem reddas. Epp. ill. vir. h 4. Da mag 
freilich mit in Anschlag gebracht werden , dass EUenbog in Ottenbeuren, 
fem vom Büchermarkte, lebte. Schon vorher hatte sich sein Abt Leonhard 
in derselben Angelegenheit an Reuchlin gewandt. S. d. o. S. 16, A. 3, an- 
gefahrte Stelle. 

Qeiger, Studium. 2 



18 Die Vorgänger ReacblmK. 

sind, so hat schon Förstemann ^) bemerkt, dass in einer Rede 
Melanehthons, die vor der Grrammatik in derselben Offizin ge- 
druckt wurde, sich hebräische Typen finden. Bald war es 
allgemein, und Vicel meint, jetzt seit der Erfindung der Buch- 
druckerkunst sei es ein leichtes auch hebräische Bücher 
überallhin zu verbreiten^). 

So war denn Alles vorhanden: die Sprache war — wir 
dürfen den Ausdruck gebrauchen — wieder entdeckt, das 
Bedürfniss war da, die wiedergewonnene Kenntniss zu erhalten 
und weiter zu entwickeln, Lehrer fanden sich und Lehrmittel 
wurden in genügender Anzahl geboten und Schüler strömten 
in grosser Anzahl hinzu, um das Gebotene sich anzueignen. 



IL 

Die Vorgänger Reuchlins. 

Die ersten Anfänge sind freilich ziemlich unbedeutend: 
ich kann nur einige Namen nennen, ohne glänzende Leistungen 



1) Corpus Reformatomm ed. Bretschneider, I, col. 54, Anm. ** Der 
Drucker war Johann Grünberg in "Wittenberg , der übrigens auch nicht lange 
vereinzelt blieb. Schon im folgenden Jahre meldete sich Melchior Lotter als 
Drucker nach Wittenberg, und sein Gesuch wurde von Andreas Carlstadt 
bei Spalatin, dem vielvermögenden Rathe des Churfürsten von Sachsen, unter- 
stützt, denn gloriam "Wittenbergi futuram maiorem, si tam Graeca quam 
Hebraica imprimerentur. Der Brief findet sich bei J. G. Olearius : Scrinium 
antiquarium, Jena u. Arnstadt 1698, p. 49. Ob gleich damals dem Gesuch 
willfahrt ist, weiss ich nicht, jedenfalls finden wir nicht lange später den 
Lotter in Wittenberg. — Dass die hebräischen Drucke in Italien früher sind 
als die deutschen , ist aus oben S. 17, Anm. 1 zu entnehmen. Vgl. übrigens 
die genaue Nachweisung für die hebräischen Drucke bei de Rossi Annales 
hebraeo - typographici saec. XV. Der berühmte Drucker Aldus Manutius scheint 
keinerlei hebräische Drucke aus seiner Officin hervorgebracht zu haben; wenig- 
stens schreibt er nach Aufzählung einer Anzahl lateinischer und griechischer 
Schriftsteller, die bei ihm erschienen waren, an Reuchlin: De hebraicis non 
est Impressum quicquam (Venetiis 18. Aug. 1502), Epp. clar. vir. g 8b und 
unter der Aufzählung seiner berühmten Verlagswerke finde ich kein hebräi- 
sches. Vgl. Metz, Geschichte des Buchhandels, Darmstadt 1835, I, S. 281 ff. 

2) Die Früheren quin et librorum Hebraicorum copia caruerunt, non- 
dum videlicet reperta chalcographiae arte , qua levi negotio plurimi libri cir- 
cumquaque diffunduntur. 



Die Vorgänger Benchlins. 19 

anznfxihren, Namen von Männern, die man daher weniger ihrer 
Werke wegen, als um der Priorität willen als Vorgänger 
Beuchlins wird bezeichnen können. 

In Tübingen wird zuerst von Hebräischkundigen berichtet, 
die beiden Theologen Conrad Summenhart und Paul 
Script oris als solche bezeichnet, beide in ihrer Art treffliche 
Männer, von grosser Gelehrsamkeit, beide Theologen, aber Feinde 
der Scholastik , die sie , namentlich der letztere , mit unermüd- 
lichem Eifer bekämpften. Der erstere erzählt, dass er selbst 
mit mehreren anderen in Tübingen von einem Wilhelm Ray- 
mundi, Professor der Theologie, einem in der lateinischen, 
griechischen, hebräischen, ja sogar chaldäischen und arabischen 
Sprache sehr bewanderten Mann, Unterricht in der hebräischen 
Sprache erhalten habe^). Aber beide haben die gewonnene 
Kenntniss nicht allzusehr zu verwerthen gevnisst, wenigstens 
ist kein schriftliches Denkmal, worin sie dieselbe gezeigt 
hätten , auf uns gekommen , und sei es durch die Ungunst der 
Zeiten, sei es durch ihre Unlust oder Unfähigkeit zu erklären, 
sie haben keine Schüler ausgestellt, die ihren Namen fUr die 
Zukunft bekannt machen könnten. 

Das muss nur ein wenig beschränkt werden, denn von 
einem wird allerdings berichtet, er habe, wenn auch nicht 
gradezu ihren Unterricht, so doch von ihnen Anleitung und 
Ermunterung empfangen. Hebräisch zu studiren: von Conrad 
Pellikan^). Es ist interessant, wie dieser dem geistlichen 
Stande angehörige Mann , der später in wissenschaftlicher und 
religiöser Beziehung eine nicht unbedeutende Rolle spielte — 



1) Schnurrer, Nachrichten von den Lehrern der hehräischen Lite- 
ratur in Tübingen. S. 2. Als erster Besitzer einer hebräischen Biblio- 
thek wird Johannes Behaim (Vater des Lorenz Behaim, Freund Keuch- 
lins und Pirckheimers) erwähnt, a. 1490 Joannes Beham Ulmensis, primus 
onmium in Germania Hebr. Lexicon et libros aliquot Grammaticos a Judaeis 
comparavit, quibus Capnioni, Pellicano et aliis profuit. M. Crusius Annales 
Suevici (1595) pars III, lib. IX, cap. III, p. 489. Doch bemerke ich, dass 
bereits 1494 Keuchlin Dalburgs grossartige Bibliothek auch für's Hebräische 
rühmt, s. o. S. 12, Anm. 2. 

8) Das sagt er selbst in der Vorrede zu seiner Bibel, wo er von Sum- 
menhart sagt: quo nihil praestantius habuit ordo Minorum, den Scriptoris 
als Theologorum decus et Tubingensis scholae tunc columen bezeichnet, vgl. 
Crusius a. a. 0. p. 513. 

2* 



20 i^ie Vorgänger Rcnchlin». 

er war ein Freund Zwingiis und auch Anhänger seiner reli- 
giösen Richtung — , danach strebte, sich eine Kenntniss der 
hebräischen Sprache zu verschaffen. Aller Htilfsmittel beraubt, 
ist das erste, was ihm in die Hand fällt (1499), ein Gommentar 
des Nikolaus de Lyra zu einigen Schriften des alten Testa- 
ments. Die hebräischen Wörter, die vorkommen, sucht er ver- 
mittelst der gegebenen lateinischen Uebersetzung zu verstehen, 
die einzelnen Buchstaben sich einzuprägen, so andere Worte, 
in denen sie wieder vorkommen, sich zusammen zu setzen. 
So geht er schrittweise weiter, mit unsäglicher Mühe verschafft 
er sich eine gewisse Geläufigkeit im Lesen, erkennt, zum Theil 
durch Errathen, die Bedeutung der Worte, und hält sich für 
vorbereitet genug im folgenden Jahre, nachdem er auch eine 
hebräische Bibel erlangt hatte, sich eine kleine Grammatik 
und ein Wörterbuch zusammenzustellen, freilich einstweilen 
nur zum Privatgebrauch, die indess bei seinen Freunden in 
zahlreichen Abschriften circuliren. Wie es aber mit seinen 
grammatikalischen Kenntnissen ausgesehen haben mag, geht 
daraus hervor, dass er sich gar nicht erklären konnte, wieso 
im Hebräischen die Verba so selten in der ersten Form des 
Präsens erschienen, die er für die Grundform hielt. Reuchlin, 
den er 1500 Gelegenheit zu befragen hatte, klärte ihn erst 
auf, dass dies gar nicht die Grundform sei. 

So ist er nicht ganz unter die Vorgänger Reuchlins zu 
rechnen, da er auch sonst, wie es scheint, Belehrung von 
diesem suchte, wenigstens empfiehlt ihn Jodocus Gallus an 
Reuchlin, er bittet diesen , ihn im Hebräischen zu unterrichten 
— liegt in dem Wunsch, den er beifügt, es wäre ihm lieber, 
wenn er im Griechischen seine Unterweisung begehrte, eine 
Spur von der Missachtung gegen die Sprache der Juden*)? 
Doch mag er unter diesen ersten Kennern seinen Platz finden, 
weil er von Anfang an seinen eignen Weg ging, und er der 
Erste unter den Deutschen war, der ein kleines Schriftchen 



1) Jodocus Gallus Kubeaquensis (Ruffach, aus demselben Orte, aus dem 
auch Pellikan stammte und in dem er lange Zeit die Stelle eines Guardians 
verwaltete) an Reuchlin, 28^ Febr. 1501 : Conradam meura Pellicanum ut 
facis foveas oro sive hebraeas seu quod malo graecas literas ex te discere 
cupiat. (Epp. ill. vir. e üb sq.) 



Die Vorgänger Kenchlintf 21 

über das Verständniss der hebräischen Sprache veröflFentlichte *). 
Für Reuchlin , dem er doch nur Rath und Unterstützung, nicht 
vollen Unterricht und Einführung in das neue Studiengebiet 
verdankte, bewakrte er eine rührende Zuneigung. Er besuchte 
ihn während seiner letzten Krankheit im Bade Liebenzell, und 
als Reuchlin gestorben war, da geschah es auf Pellikans 
Veranlassung, dass Erasmus seine bekannte Apotheose schrieb^). 

Weiter zurück als Pellikan, der uns schon an die Grenz- 
scheide des 15. und 16. Jahrhunderts versetzt hat, flihrt uns 
Sebastian Murrho aus Colmar, ein Schüler Dringenbergs 
in Schlettstadt, ein Freund Wimphelings und Reuchlins, dessen 
Kenntniss des Hebräischen uns gerühmt wird, ohne dass wir 
viel mehr als das Zeugniss der Zeitgenossen darüber besässen ^), 
fahren uns zwei andere Männer, deren Namen bekannter sind: 
Johann Wessel und Rudolf Agrikola. 

Agrikola ist einer der ausgezeichnetsten Humanisten; seine 
Hauptbedeutung liegt in der Verbreitung der Kenntniss der 
griechischen Sprache, die er sich angelegen sein liess, in der 
Begeisterung, mit der er das classische Alterthum und dessen 
Schätze betrachtete, in der vielfachen Anregung, die er als 
Lehrer für alle Wissenszweige seinen Schülern zu geben ver- 
stand. Seine Kenntniss des Hebräischen war wohl nicht sehr 
gross, er hatte es ziemlich jung von Wessel gelernt-, in seinen 
letzten Lebensjahren war er darauf gekommen, die fast ver- 
gessenen Studien wieder vorzunehmen. Verstehe ich seine 
Worte richtig, mit denen er diesen Entschluss an Reuchlin 



1) 150B erschien von ihm De modo legendi et intelligendi Hebraea. 
Das Vorhergehende im Text stützt sich zum Theil auf Schnurrer a. a. 0. 
S. 3 ff. Seine späteren Leistungen werden weiter unten gewürdigt weriien. — 
Trotz der Priorität seiner Leistung ist man doch gewohnt, Reuchlin und 
seinem Werke seiner Bedeutung wegen den ersten Rang einzuräumen. Schon 
Sebastian Münster, der, wie er selbst erzählt, ein Schüler Pellikans war, 
stellt es so dar in seiner Vorrede zum Opus grammaticum consummatum. 

2) Diese Nachricht giebt Pellikan selbst in seinem Chron. Msc. zum 
Jahre 1523, das ich sonst nicht kenne, diese Stelle nur aus S. Hess: Eras- 
mus von Rotterdam, Zürich 1790, I, S. 215, weiss: Inveni in Thermis Cel- 
lensibus prope Hirsaugiam sese lavantem infirmum D. Joannem Reuchlin . . 
eum ultimo vidi, nam statira diem obiit supremmn . . Rediens autem Basileam 
et Erasmo narrans de obitu et colloquio, occasionem praeatiti coUoquio illi: 
De apotheosi Reuchlini. 

3) Vgl. unten S. 25 und Anm. 1. 



22 Die Vorgänger Beachliiis. 

mittheilt und motivirt, so suchte er in dieser Kenntniss etwas 
Positives, das ihm bisher abging und dessen Mangel er er- 
kannte 0« So wollte er denn die Tage seines Alters, wie er 
sich ausdrückt, obgleich er damals in den becten Jahren stand 
— freilich ereilte ihn kaum zwei Jahre darauf der Tod — der 
heiligen Sprache widmen und mit ihrem Studium das eifrige 
Lesen der göttlichen Gebote verbinden 2). 

Wir haben schon früher die Vermischung der Theologie 
und des hebräischen Sprachstudiums bemerkt, und war es bei 
Agrikola freier Mannesentschluss , dass er, die Gebiete seines 
Studiums fast ganz umändernd, sich dieser Richtung zuwandte, 
so war es bei Johann Wessel durch die von Jugend an 
feste Gestaltung seines Strebens bestimmt. Er ist einer der 
Bedeutendsten von den vielen geisteskräftigen Männern in 
Deutschland, die man sich gewöhnt hat als Vorläufer der Refor- 
mation zu bezeichnen. Die Befreiung aus den Fesseln der 
Scholastik im Leben und Glauben ist zum grossen Theile sein 
Verdienst, und wenn er auch vielfach noch in mystisches 
Sinnen sich vertieft, so ist seine ganze Auffassung der Reli- 
gion eine freie und befreiende ^). — Seine wissenschaftlichen 
Kenntnisse waren viel umfassend, wenn sie auch vielfach ab- 



1) Der Brief (Nov. 1483) findet sich Epp. ill. vir. i 3b sq. Der Anfang 
der zur Mittheilung etwas zu langen Stelle lautet : At ego qui mihi sterilem 
hanc arenam excolendam sumpsi nisi aliquid amplius quam vulgus solet coner 
quid erit quo a segniciae nomine haec mea studia defendam .... 

2) Ueber Agrikola will ich eine Bemerkung des Paulus Jovius mit- 
theilen, nicht etwa, weil ich glaube, dass das in ihr Berichtete als wahr anzu- 
nehmen sei, sondern um an diesem Beispiele die Art der unter den Huma- 
nisten gebräuchlichen Lobpreisungen zu zeigen: Hausisti enim Hebraicas 
Graecasque literas usque adeo stupenda celeritate, ut nequaquam Groningiae 
in ultima Frisia , sed Hierosolymis Athenisque natus ac educatus a doctissimis 
<jrederere. (Erasmi Opera ed. Lugd. Bat. 1703 vol. I, col. 868.) Als Schüler 
des Agrikola im Hebräischen wird Celtis genannt in der zeitgenössischen von 

der societas literaria Rhenana herausgegebenen vita C. Celtis : Motus fama 

R. A. Heidelbergam adiit, ibique oratoriam et poeticam cum linguae graecae 
et hebraicae praegustamentis hausit. Von der besonderen Kenntniss Celtis' 
im Hebräischen ist nichts bekannt; in seiner Schrift De situ.. Norirabergae 
kommen einige hebräische Worte vor, ich erinnere mich nicht mehr, in 
welchem Zusammenhange. 

*) Eine ausführliche Biographie hat Ulimann gegeben: Reformatoren 
vor der Reformation (Hamburg 1842) II, S. 285—685. 



Johannes Benchlin. 23 

häügig waren von seiner theologischen Richtung: ihr verdankt 
er auch die Kenntniss des Hebräischen. Ob er es während 
seiner Studienzeit in Heidelberg von Mönchen gelernt, die eine 
Zeit lang im Morgenlande sich aufgehalten hatten, wie sein 
ältester fast zeitgenössischer Biograph berichtet ^), oder ob er 
es von getauften Juden gelernt, wie Spätere wollen, bleibt 
ungewiss. Schriftliche Denkmale seiner Beschäftigung mit 
dieser Sprache hat er nicht hinterlassen ; den Rudolf Agrikola 
hat er darin unterrichtet, vielleicht auch Andere *). 



ni. 

Johannes Reuchlin. 

Schon in dem vorigen Abschnitt ist uns der Name Reuch-. 
lins an vielen Stellen begegnet. Die Erweckung des hebräi- 
schen Sprachstudiums und die ersten Schritte zu der Ausbildung 
desselben sind zu eng mit ihm verknüpft, als dass nicht bei 
jedem Schritt, den man thut, eine Spur von ihm sich zeigte. 
Bei dieser Lage der Dinge muss es gestattet sein über alle 
Fragen, die über Reuchlins Studien in dieser Sprache Licht 
verbreiten , sich klar zu werden und Untersuchungen zu führen, 
die an sich höchst geringfügig erscheinen, eine gewisse Be- 
deutung nur durch das Ziel erlangen, zu dessen Erreichung 
auch sie hinstreben. 

Die Frage nach Reuchlins Lehrern soll zuerst ihre Erle- 
digung finden. Die früher oft vorgetragene Behauptung, Johann 
Wessel sei sein Lehrer gewesen, hoflFe ich an anderen Orten 
genügend zurückgewiesen zu haben; Agrikola sagt gradezu, 
Wessel habe ihii von diesem Studium abgeschreckt^). Aus 
diesen Worten muss man allerdings noch ein zweites entneh- 



1) Hardenberg : a monachis qui vixerant in transmarinis regionibus, an- 
geführt bei Üllmann S. 314, Anm. 4. 

2) lieber Wessel und Reuchlin vgl. das Folgende. 

3) vgl. meine Abhandlung : Ueber Melanchthons Oratio . . . Frankfurt 
1868. S. 47 . . . 52, unsere Stelle S. 50, Anm. 2. 



24 Johanne» Kenchlin. 

men, dass Eeuchlin schon in den ersten Jahren seines Studiums *) 
Lust zu der Sprache gehabt hat, deren Erforschung er sich 
in seinem späteren Leben fast ausschliesslich hingab. Und, 
wenn ich auch früher nicht geneigt war dieses anzunehmen, 
ein Selbststudium Reuchlins in dieser Sprache muss behauptet, 
selbst eine gewisse Stufe, zu der Reuchlin durch eisernen 
Fleiss sich emporarbeitete, muss angenommen werden. Denn 
so sehr man auch die Worte beschränken will, mit denen 
Agrikola bereits im Jahre 1483 Reuchlins Kenntnisse im Hebräi- 
schen preist — und dass die Beschränkung gestattet ist, wird 
Jeder, dem die Art und Weise der Humanisten, bei ihren 
Lobsprüchen aus einer Mücke einen Elephanten zu machen, 
bekannt ist, zugeben — so viel wird immer übrig bleiben, 
dass Reuchlins Beschäftigung mit der hebräischen Sprache 
bereits für den Anfang der achtziger Jahre feststeht^). Denn 
weiter dürfen wir nicht zurückgehen, man darf als sicher an- 
nehmen, dass es auf den Universitäten von ihm nicht in den 
Bereich seiner Studien gezogen wurde. Grade für diese Zeit 
hat er so genaue und zuverlässige Berichte über die Gegen- 
stände seiner wissenschaftlichen Beschäftigung hinterlassen, 
dass er , falls das Hebräische damals dazu gehört hätte, gewiss 
nicht davon geschwiegen haben würde. Für die achtziger 



1) Denn er war zu Paris (und nur hier allein kann das persönliche, 
später, so weit man sieht, nicht fortgesetzte Zusammentreffen mit Wessel 
stattgehabt haben, vgl. meine Abhandlung S. 47, Anm. 3), wo er sich 1473/74 
und 1477/78 aufhielt, 18 resp. 22 Jahre alt. 

2) Die Stelle Agrikolas lautet: Quin tu quoque, qui contraria 
sentis, nescio an acerrimis me facibus extimules, turpe namque fuerit mihi 
vel noUe id vel non posse percipere in hoc studiorum ocio, quod tu tantis 
tanque diversis districtus studiis discere potuisti. Sie folgt gleich nach den 
oben S. 22, A. 1, angezogenen Worten. Was die Worte: tu quoque, qui con- 
traria sentis, bedeuten , ist nicht ganz klar. Sie können dem Wortsinn nach 
bezeichnen, dass R. der Meinung Agrikolas, es sei für ihn gut und noth- 
wendig die hebräische Sprache und biblische Studien zu betreiben, nicht 
beistinmie; aber das würde zu Reuchlins Denkart, wie sie uns wenigstens 
bald darauf bestimmt genug entgegentritt, nicht passen. Mir scheinen die 
Worte mehr darauf hinzuweisen, dass R. von der Einwirkung Wessels auf 
Agr.'s erwachende Neigungen nicht überzeugt war; er hatte selbst keine 
Anregung, im Gegentheil Zurückweisung von ihm erfahren: was Wunder, 
dass er glauben mochte, W. habe sich A. gegenüber in derselben ablehnen- 
den Weise verhalten. 



Johannes Kenchlüi. 25 

Jahre aber liegt noch ein anderes Anzeichen vor, aus dem 
eine Stütze meiner obigen Behauptung gezogen werden kann, 
dass Reuchlins Streben nach der Erlernung der hebräischen 
Sprache ein grosses, der Grad seiner Kenntniss aber in dieser 
Zeit nur ein geringer gewesen sein kann. An Sebastian Murrho 
hatte sich Reuchlin im Jahre 1487 gewandt, er möge ihm einen 
Pentateuch zu verschaffen suchen, aber in Uebersetzung. Viel- 
leicht wollte Reuchlin — das sei allerdings nur als Vermuthung 
hingestellt — sich das Verständniss des hebräischen Textes 
(den er handschriftlich besass?) dadurch aneignen. Aber 
Murrho konnte seinem Wunsche nicht entsprechen, er besass 
nur das 2. Buch Mose und gab ihm Nachricht davon, um seine 
Sehnsucht nach Moses zu steigern *). 

Aber alles dies sind Anfange und mussten solche bleiben, 
denn es fehlte Reuchlin das, was er später so vielen nament- 
lich im Hebräischen geworden ist: ein Lehrer 2). Und diesen 



1) Das im Text Gesagte kann ich nicht als sicher hinstellen. Der Brief 
Eeuchlins fehlt uns, der Brief Murrhos ist an sich nicht ganz veretändlich. 
Die Stelle (Epp. ill. vir. h 4) lautet: Moysen.. ad te missum, uti 
desydefas et quidem flagranter fecissem, si totus apud me 
interpretatus foret, sed quum solum Exodum haheam... Curabo optime 
Doctor, ut brevi Moyses neque tibi neque mihi desit. Paiiem libri tabellario 
huic ostendi non quod me fingere putes, sed ut desyderium tuüm in Moysen 
crescere faciam. Diese handschriftlichen Stücke des Pentateuchs, die Sebastian 
Murrho besass, sind, wie es scheint, nicht erhalten geblieben. Ich finde 
eine Notiz, dass Conrad Leontorius dem Bruno Amorbach einmal einige Blätter 
des Pentateuch mit beigeschriebener wörtlicher deutscher Uebersetzung schenkte, 
die er . . von Sebastian Murrho hätte erhalten können. Fechter, Bonifacius 
Amorbach in Beiträge zur vaterländ. Gesch. Basel 1843. 2. Band, S. 179, 
Anm. 15. Der hier und schon oben (S. 21) erwähnte Sebastian MuiTho 
nennt sich auf seinem Commentar zu Baptista Mantuanus: Hebraicae, 
Graecae, Latinaeque linguarum Interpres doctissimus. (Strassburg 1501 in 
40.) Vgl. Panzer: Annales typographici vol. VI, p. 27. 

2) Den Anstoss zu Reuchlins hebräischen Studien hat man gern in der 
Kabbalah gesucht und darin einen vorwiegenden Einfluss des Grafen Picus 
von Mirandula zn finden geglaubt. Inwieweit letzteres Wahrheit enthält, 
habe ich in meiner ob. a. Abb. S. 65, Anm. 5 zu zeigen versucht (vgl. auch 
oben S. 12); dass ersteres falsch ist, geht daraus hervor, dass R.'s Beschäfti- 
gung mit der hebräischen Sprache in die 80er Jahre hinaufreicht, die kabba- 
listischen Neigungen frühestens 1490 zu setzen sind. — Dass am Ende der 
80er Jahre Reuchlins hebr. Kenntniss nicht so hervorragend war, dafür mag 
auch ferner bemerkt werden, dass derselbe Leontorius, der im Jahre 1494 



26 , Johannes Benchlin. 

ZU finden war allerdings schwer genug. Denn in Wtirtemberg, 
wo er von 1481 an, nachdem er von seinem Aufenthalte an 
verschiedenen Universitäten (Freiburg, Basel, Paris, Orleans, 
Poitiers) zurückgekehrt war, sich aufhielt, gab es kaum eine 
nennenswerthe Zahl von Juden und von diesen war keiner 
im Stande, Reuchlfns Sehnsucht zu befriedigen. Sein Wunsch 
ging erst in Erflillung, als er im Jahre 1492 von Eberhard 
im Bart, dem er bereits seit 1481 als Rath diente, an den 
Hof Kaisers Friedrich III. geschickt wurde. Dort fand er den 
Jakob Jehiel Loans, den Leibarzt des Kaisers, der bei diesem 
seiner hohen Kunst wegen in Ansehen stand, aber mit der 
Kenntniss seines Berufes auch ein gediegenes Wissen in der 
hebräischen Sprache verband. 

Er wurde Reuchlins Lehrer. Es lässt sich nicht läugnen : 
dieses erste Begegniss Reuchlins mit dem jüdischen Arzte ist ein 
welthistorischer Moment. Reuchlin war ein Kind seiner Zeit, er 
hat sich in vielen Dingen von den Fesseln, die der Zeitgeist 
einem Jeden auferlegt, nicht freizumachen gewusst, vielleicht 
nicht einmal zu befreien gesucht. Er hatte bisher wohl Juden 
gesehn; zogen sie doch überall in Deutschland umher, wo eine 
Handelsgelegenheit sie anzog, wo ein Bedtirfniss sie hintrieb. 
Aber in welcher Gestalt sind sie ihm erschienen ! In sonderbarem 
Aufzuge, der sie schon äusserlich von der sie umgebenden Welt 
schied , mit einer eigenthümlich gemischten Sprache , die nur 
ihnen recht verständlich war, mit einem Geiste, der nur am 
Irdischen, an Gewinn und Handel zu kleben und für das 
Höhere keinen Sinn zu haben schien. Hier trat ihm ein An- 
deres entgegen, ein Spross desselben Volkes , das ihm so ver- 
ächtlich erschienen war und seinen bisherigen Erfahrungen 
nach nicht wohl anders hatte erscheinen können, und dabei 
ein Mann, am Hofe geehrt, in Wissenschaften unterrichtet und 
in die Gemeinschaft der Gebildeten willig aufgenommen. Dass 
von diesem Augenblick an Reuchlins Ansichten über Juden 



(Widmungsbrief an Jak. Wimpheling vor Reuchlins De verbo mirifico) dessen 
Kenntnisse nicht genug zu rühmen weiss, in einem Briefe vom Jahre 1489 
nur von dem Griechischen und Lateinischen berichtet. 

1) Einige Bestimmungen über sie in dieser Zeit sind zusammengestellt 
bei Wächter: Würtembergisches Privatrecht, Band I, S. 100 ff. 



Johannes Renchlin. 27 

sich von den Vornrtheilen der Zeit losgerissen hätten, kann 
man nicht sagen; aber sie sind milder als die der meisten 
seiner Zeitgenossen, und die Einzelnen aus dem Volke konnte 
er ihrer Eigenschaften wegen achten, wenn er auch stets sich 
erinnerte, dass sie Juden waren. Es war schon viel, dass 
er jede Gelegenheit ergriflF, von Juden zu lernen, überall sie 
aufzusuchen, freilich — vergisst er nicht hinzuzufligen — so 
weit es einem Christen erlaubt ist*). 

Seinem ersten Lehrer, von dem wir übrigens sonst nichts 
wissen^), bewahrte er treue Zuneigung; mir ist wahrscheinlich, 
dass er ihn in dem Juden Simon ^) hat zeichnen wollen. In 
einem Briefe, den er ihm neun Jahre nach empfangenem Un- 
terrichte zusandte, versicherte er ihn seiner fortdauernden 
Anhänglichkeit *). 

lieber den Unterricht selbst besitzen wir wenige Notizen, 
die uns über die Art und Weise desselben und über die Gegen- 
stände, die er umfasste, gar nichts mittheilen und auch über 
die Dauer desselben nicht rechtes Licht verbreiten. Dass er 
am 25. Sept. 1492 begann , wissen wir aus einer uns von Mai 
aufbewahrten Notiz Reuchlins^), am 18. Oct. erfolgte die Be- 
stätigung des Esslinger Vertrages durch den Kaiser, deren- 
wegen Reuchlin nach Linz geschickt worden war ^). Es lässt 
sich annehmen, dass Reuchlin, um seinem Fürsten von dem 
Erfolg seiner Gesandtschaft zu berichten, nach erlangter Be- 
stätigung bald nach Stuttgart reiste ^), von da ist er aber wie- 
der nach Linz , wahrscheinlich im ersten Viertel des folgenden 
Jahres, zurückgekehrt. Auch Loans war eine kurze Zeit ab- 



*) Einleitung zu seinem Buclie : De accentibus et orthographia Fol. III b. 
... Doctissimum quenque hebraicoruni auctorare praeeeptorem solitus, cum 
ipsis quoque ApeUis congressus, quatenus homini Christiano phas esset. 

2) Denn was Grätz, Geschichte der Juden, IX. S. 55, sagt, ist nur 
Vermuthung. 

3) 8. 0. S. 14. 

4) Der Brief, hebräisch geschrieben 1. Nov. 1501, Epp. ill. vir. ma. 

5) Maius vita Reuchlini (Durlach 1687) p. 541. 

6) Chmel, Kegesten Friedrichs IV, S. 793, Nr. 8855. 

7) Am 24. Oct. war er noch in Linz und erhielt daselbst vom Kaiser 
die Pfalzgrafenwürde. (Das Diplom abgedruckt in Epp. ill. vir. m 4b sq.) 



28 Johannes Benchlin. 

wesend gewesen, und ehe Eeuchlin nach Linz ging, hatte er 
sich bei seinem Freunde Petrus Bonomus erkundigt, ob sein 
Lehrer zurückgekehrt sei, dann ist er wohl bald nach Linz 
gegangen; beim Tode des Kaisers Friedrich IE. am 19.>A.ug. 
1493 war er dort. Staatsgeschäfte hatten ihn, so viel wir 
wissen, nicht hingezogen, sein Wissensdurst hatte ihn hinge- 
trieben *). 

Man kann nicht sagen, dass Reuchlins erstes kabbalisti- 
sches Werk eine Frucht dieser hebräischen Studien ist, denn 
die dazu nöthige Kenntniss mochte er sich ganz gut aus den 
ihm in anderer Weise zugänglichen Büchern erworben haben ^) 
und speciell hebräische Studien zeigt das Buch gar nicht. 

In seinem Erlernen der Sprache hatte Reuchlin aber mit 
diesem ersten bedeutenden Schritte nicht abgeschlossen. Wie 
weit er in den nächsten Jahren sich fortgebildet, lässt sich 
nicht sagen; die bürgerlichen Unruhen, die bald darauf Wür- 
temberg ergriffen und ihn zwangen das Land zu verlassen, 
mögen ihn nicht sehr zu ruhiger Thätigkeit haben gelangen 
lassen. Von Heidelberg aus , wo er sich niedergelassen hatte, 
ging er 1498 im Auftrage des Churfftrsten von der Pfalz nach 
Rom, und bei dieser zweiten Gesandtschaft war es, wo er 
auch zum zweiten Male einen Lehrer fiir's Hebräische erlangte. 
Es war wieder ein Jude: Obadja Sfomo aus Cesena, ein clas- 
sisch gebildeter Mann, Arzt und Philosoph, der neben dem 
Unterricht in der hebräischen Sprache auch Reuchlins Eifer 
für die Kabbalah noch mächtiger angeregt haben mag ^). Auch 
über ihn spricht sich Reuchlin mit voller Befriedigung aus 
und gedachte seines treuen Unterrichts, wenn er auch ihm 
nicht die Anerkennung zollte wie Loans, und Sforno, vielleicht 



1) Die Chronologie dieser Jahre kann nur nach der Beuchlin'schen Brief- 
sammlung hergestellt werden und ist, da hier die Daten nicht immer zu- 
verlässig sind , schwierig. Ohne mich in das weitere Detail einzulassen, führe 
ich den Brief des Petrus Bonomus an, der vom 2. März 1492 datirt, aber 
gewiss vom 2. März 1493 ist; die Stelle über Loans schon bei Grätz a. a. 0. 
IX, S. 92, A. 1, dem die chronol. Schwierigkeit entgeht. Dass Reuchlin beim 
Tode des Kaisers zugegen war , sagt er in der Einleitung zur Defensio contra 
Calumniatores Colonienses (1513). 

2) s. 0. S. 14, Anm. 1. 

3) vgl. Grätz a. a. 0. IX, S. 50 und 94. 



JohanneH Renchlin. 29 

anders als jener, sich seine Mühe hoch genug vergelten liess ^). 
Ausser diesen beiden wissen wir keinen anzugeben, der Reuchlin 
im Hebräischen unterrichtet hätte; er mag noch hie und da 
YOD Manchen etwas aufgegriffen haben ^), aber im Ganzen war 
er jetzt fertig, er konnte auf eigenen Füssen stehen, um in 
dem ganzen grossen Gebiete sich immer heimischer zu machen 
und das , was er mit Mühe sich angeeignet hatte , auch andern 
mitzutheilen. 

Schon im Jahre 1498^) hatte er in Heidelberg begonnen 
zu unterrichten, es hatte nicht öffentlich geschehen dürfen, 
das hinderte die Wuth der Mönche. Es ist kein Zweifel: 
hätte Reuchlin nach einer Universitätsstellung verlangt, er 
hätte sie bald erhalten, aber er wollte sie nicht, er fühlte sich 
in seiner amtlichen Stellung behaglicher, die Mussestunden 
ungestört der Wissenschaft zu widmen schien ihm genug. 
Selbst als er seine öffentliche Stellung aufgegeben hatte und 



>) Melanchthon erzählt in der Oratio continens historiam Capnionis, 
Reuchün habe pro singulis horis singulos aureos bezahlen müssen. Mutian 
schreibt, er habe Doctori verpo pro unius dictionis, quae obscura erat, enar- 
ratione X aureos gegeben (Strauss, Ulrich von Hütten, I, S. 190, A. 3). 
Beuchlin spricht nur von einem grave impendium. — Während dieses Aufent- 
haltes in Rom hatte Reuchlin auch vielfache Gelegenheit hebräische Bücher 
zu erwerben , handschriftliche Notizen in einigen seiner Bücher weisen darauf 
hin; vielleicht bezieht sich darauf auch eine Stelle aus einem Briefe des 
Lorenz Behaim an Reuchlin vom 20. Juli 1515 (Epp.'ill. vir. Cb): Tantus 
enim mens est in te amor, quem suavi amicitia tibi Romae cum pariter 
iremus Hebraicos inter Judaeos libros percontando comparasti. In der Karls- 
ruher Hofbibliothek, befindet sich Kimchis Wörterbuch (Neapel 1490), das 
^r damals kaufte, worin von Reuchlins Hand Folgendes eingeschrieben : Hunc 
librum David Kimhei (!) cum commentariis super quatuor emi ego Joannes 
Reuchlin Phorcensis Doctor aureis tribus ren. Rome. Prid. Id. Junias Anno 
1498, ebenso das Targum Jonathan's u. a. 

2) So wollte er noch 1516 bei Johannes Potken in Köln sich im Chal- 
däischen vervollkommnen. Dieser schreibt an Reuchlin 13. Sept. 1516 (Epp. 
ill. vir. vi). Quod autem scribis, lata pro te sententia (nämlich im Streite 
Reuchlins mit den Kölnern) te Coloniam peregre iturum, ad meam in lingua 
quam edere coepi chaldia eruditionem , plurimum gaudeo quod sententiam vel 
iam latam , vel propediem ferendam spero. Ob aus der Reise und dem Unter- 
richt etwas geworden ist, kann ich nicht finden. Petrus Galatin nennt Potken 
seinen Lehrer im Chaldäischen : an Reuchlin (Juni 1515) Epp. ill. vir. C 4. 

3) Für Reuchlins öffentliche Lehrthätigkeit auch im Hebräischen ver- 
weise ich auf meinen Aufsatz in Langbeins Pädagogischem Archiv 1868. 
S. 481-493. 



30 Johannes Beuch! in. 

ihn der Herzog von Sachsen dringend bat an der Universität 
Wittenberg den hebräischen Lehrstuhl einzunehmen, schlug er 
ihn aus, und erst als ihm durch äussere Umstände sein Stutt- 
garter Aufenthalt verleidet war und er sich nach Ingolstadt 
begeben hatte, um dort in dem Umgänge der Gelehrten die 
Ruhe zu finden , nach der er sich sehnte , erst da nahm er die 
Stelle eines Universitätslehrers an und versammelte eine grosse 
Menge Zuhörer um sich, vor der er die Grammatik des Kimchi 
erklärte *). Und noch einmal in seinem letzten Lebensjahre hatte 
er in Tübingen die hebräische Sprache gelehrt; hier, wo wir 
die ersten Spuren hebräischer Kenntniss in Deutschland be- 
merkt haben, bestieg Reuchlin als erster öffentlicher Lehrer 
den Lehrstuhl 2). 



1) Von Reuchlins Schülern in Ingolstadt ist hauptsächlich Johannes 
Forster zu erwähnen, der uns später beschäftigen wird, ausserdem Johannes 
Eck, der bekannte unermüdliche Kämpfer für den Katholicismus. Derselbe 
hatte in ähnlicher Weise wie Reuchlin eine jede Gelegenheit benutzt, sich 
die Kenntniss der hebräischen Sprache zu verschaffen, er hatte während seiner 
Studienzeit in Freiburg bei dem Carthäuser Gregor Reisch, später bei Joh. 
Böschenstein, dann bei Reuchlin gelernt, er hatte den getauften Juden Pater 
Staffelsteiner zu Rathe gezogen , selbst den Unterricht des jüdischen Gelehr- 
ten Elias Levita nicht gescheut. 26 Jahre hat er nach seinem eigenen Ge- 
ständniss der Beschäftigung mit dieser Sprache gewidmet , und er rühmt sich 
wohl mit Recht seiner Kenntniss derselben. Ueber dieselbe geschrieben hat 
er nicht, wenn man nicht ein von ihm angelegtes, handschriftlich in der 
k. k. Hofbibliothek in Wien vorhandenes Regestum super lexico hebraico 
Capnionis (1521) und eine ebenda befindliche Epitome super grammatica 
hebraica Farinarii vulgo Kimhi Ingolstadii tradita (nämlich von Reuchlin) 
et ab Eckio auditore accepta — was von den Grammaticalia hebraica et 
graeca, die sich gleichfalls da befinden sollen, zu halten ist, kann ich, da 
jede weitere Nachweisung fehlt, nicht sagen, — als selbständige Werke be- 
trachten will, nur in seinen Predigten und Bibelerklärungen sie vielfach be- 
nutzt. Vgl. die gründlichen Nachweisungen bei Dr. Wiedemann: Johann 
Eck, Regensburg 1865, S. 23—25, namentlich die Anmerkungen, und S. 615. 

2) Zu den Schülern in Tübingen gehörte Jakob Gruerius. Er schreibt 
an Nik. Eilenbog 29. Juli 1526: Sunt et mihi coUectanea quaedam in ge- 
nesim, übrum ruth et aliquot psalmos quae a Joanne Capnione, viro in re 
hebraea et primo et facile doctissimo, cum Tubingae hebraea et graeca 
publice profiteretur, ad calamum dictitans, magno cum labore cxcripsi, ex- 
cripta adhuc mecum habeo, ceu pignora et monumenta fidi mei praeceptoris 
Capnionis. Hamm si petieris olim copiam faciam quoque tibi. Dass Eilen- 
bog dieses Anerbieten nicht ausschlug , ist natürlich. CoUectanea tamen quae 
Capnione illo doctissimo praeceptore studiosus auditor coUegisti ad me des 
precor. in die Sixti 1536. Die Briefe in Nie. EUenbogii Epistolarum libri IX, 



Johannes Renchlin. 31 

Aber während er in Stuttgart lebte, ohne ein Lehramt zu 
bekleiden, hat er Einzelne in die Sprache eingeführt. Wir 
haben schon oben gesehen, wie er dem Conrad Pellikan mit 
seinem Käthe behtilflich war; dass er Johann von Dalburgs 
Lehrer im Hebräischen war, wird freilich ohne Beweis be- 
richtet. Aber gewiss ist es, dass Melanchthon, Beuchlins Gross- 
neffe, wie er überhaupt dem Alten für seine Bildung und Er- 
ziehung so viel verdankte, auch das, was er im Hebräischen 
kannte, von diesem gelernt hatte*), und die Jünglinge, die, 
wie Melanchthon erzählt, in seiner Gemeinschaft gern und oft 
zu dem „greisen Vater" von Tübingen nach Stuttgart wall- 
fahrteten ^), mögen auch dazu Anregung von ihm erhalten haben. 
Und auch andere strömten ihm zu, Christoph Schilling aus 
Luzem*), ein Jüngling, dessen auch Cornelius Agrippa von 
Nettesheim rühmend gedenkt*); Johannes Oekolampad, der, 
nachdem er seine Studien in Heidelberg beendet hatte, nach 
Stuttgart eilte, um die Kenntniss des Hebräischen aus der 
Quelle zu schöpfen, aus der sie ihm am reinsten floss^); 
Johannes Cellarius , der die Verehrung für seinen Lehrer auch 
dadurch zeigte, dass er ihm ein Werk, das später noch zu 
besprechen ist , dedicirte und in einer Vorrede sein Lob in be- 
redtesten Worten aussprach^); Bartholomäus Caesar, dessen 
wir in anderm Zusammenhang nochmals werden gedenken 
müssen, der mit einer Empfehlung des Lorenz Behaim zu 



Hb. IV, ep. 47, 48, fol. 132 sq. (Cod. 8643 der Bibl. Imper. in Paris, vol. I). 
Schüler R.'s in Ingolstadt ist femer Jacob Ceporinus , später Prof. des Hebr. 
in Zürich (s. u.). Vgl. Ersehn. Gruber: Realencyclopädie, Sect. I, Th. 15, S.57. 

1) Camerarins in der vita Melanchthonis sagt es freilich nicht aus- 
drücklich, sondern nur (ed. Strobel, p. 70) Hebraicae linguae ... quam ado- 
lescens discere non negligenter inceperat. 

2) Davon spricht Manlius Locorum comraunium coUectanea (Basil. 1563) 
nach Melanchthons eigenen Erzählungen an vielen Stellen. 

•') Reuchlin erwähnt ihn in dem Schlussworte des Werkes De accentibus 
et orthographia , bei dem er ihm einen kleinen Dienst leistete. 

4) Agr. ab Nettesheim Opera (1739) II, p. 733 : Legi ego nupcr in fine 
operis integerrimi viri Johannis Capnionis intitulati de accentibus raentionem 
eiusdem Christophori, gaudeoque permultum tam digno discipulo tam ex- 
cellentissimum contigisse praeceptorem. 

5) Herzog, Leben Oekolampads, I, S. 107. 

6) Isagogicon in hebraeas literas. Hagenoae 1518. 



32 Johannes Renchlin. 

Reuchlin reiste, in der das bezeichnende Wort vorkommt, 
er ginge zu ihm, dürstend nach der Quelle der Erkennt- 
nisse); und viele andere, deren Namen nicht überliefert 
sind 2). 

Und konnte Reuchlin mit dem mündlichen Worte nicht 
Belehrung geben , dann suchte er auf andere Weise den die 
Kenntniss der Sprache Begehrenden nützlich zu sein. Von 
vielen Seiten wandte man sich an ihn , er möge einen Lehrer 
für das Hebräische schicken. Es ist schon berichtet worden ^), 
wie der Abt Leonhard von Ottenbeuren darum bat (1508), 
hauptsächlich, wie es scheint, für den Nikolaus EUenbog, einen 
in den Wissenschaften bewanderten Mönch seines Klosters. 
Reuchlin konnte dem Wunsch nicht alsbald entsprechen, 1510 
war er im Stande einen hebräischkundigen getauften Juden 
zu schicken; nachdem dieser einen Monat hindurch unterrichtet 
hatte , musste er das Kloster verlassen. EUenbog wandte sich 
an Conrad Peutinger, um diesen Lehrer mit Hülfe und Rath 
zu unterstützen*). Aber nicht blos in die Klöster drang die 
von Reuchlin gegebene Anregung, auch in die militärischen 
Kreise. Hieronymus von Eudorff, doctor et miles, Rath des 
Kaisers, Beamter seiner Hofhaltung, wie er sich selbst nennt, 
hatte sich vom Hofe des Kaisers auf sein Landgütchen be- 
geben. Er hatte Sehnsucht nach den heiligen Wissenschaften 
und hätte am liebsten Reuchlin selber bei sich gesehn. Da 



1) In dem oben S. 29, Anm. 1 angeführten Briefe : At nunc quia tuus 
discipulus amicnsque maus Bartholomaens Caesar ad tnam oxcellentiam , uti 
sitibundus, ad scientiarum fontem proficiscitur. . . 

2) Eine Stelle Reuchlins über seine Schüler (Vorrede zu seinen Septem 
psalmi poenitentiales. Tübingen 1512) verdient angeführt zu werden: Cuius 
exercitii discipulos nonnuUos nulla tarnen mercede sed gratuito feci 
participes, partim gratos qui praeceptori suo debitum honorem perquam reve- 
renter exhibent partim vero, ut acerbe audio, supreme ingratos 
quibus deum iudicem propono et nisi resipuerint vindicem opto. — Ob unter 
die Zahl der ersteren Simon Sunfeld zu rechnen ist? Jakob Ziegler schreibt 
an Erasmus : Codicem Cypriani ego vidi concreditum Simoni Sunfeldo, doctori 
Medicinae, homini Hebraea, Graeca et Latina lingua docto, et cui est ad 
Capnionem nostrum antiqua familiaritas. Rom. 16. Febr. 1522, Opera Erasmi 
(Lugd. Bat. 1706) vol. III, col. 1699. Epist. (Appendix) uro. CCCXX. 

3) S. oben S. 16, Anm, 3. 

4) Der Brief in C. Peutingeri Sermones convivales ed. Zapf. Augsburg 
1789 uro. VII, p. 148 sq. 



Johannes Benchlin. 33 

das nicht anging, bat er um einen Lehrer, den Benchlin zu 
dieser Thätigkeit vorbereitet hätte ^). Und selbst die höchsten 
Kreise verschmähten es nicht seinen Beistand zu verlangen. 
Es ist erzählt worden, dass der Churfttrst von Sachsen ihm 
den hebräischen Lehrstuhl in Wittenberg anbot; als er ihn 
für sich ablehnte, bat er ihn wenigstens, einen andern, der 
ihm geeignet schien, für diese Stelle vorzuschl^en 2). 

Und auch in anderer Weise verlangte man seinen Bath. 
Wie er im Lateinischen und Griechischen, wie er in der Theo- 
logie als Autorität galt, an den man sich in zweifelhaften 
Fällen wandte, dessen Gutachten man bei schwierigen Fragen 
einholte, so wandte sich Peutinger an ihn, um zu erfahren, 
ob der 5. Mos. cap. 14 erwähnte pygargus nicht vielmehr py- 
gardus heisse, ob er eine Adlerart sei oder ein vierfüssiges 
Thier ^), will Johannes Stoff 1er, der bekannte Astrologe, wissen, 
ob bobel und bovel hebräische Worte sind *), fragt ein Wolfgang 
praepositus in Bor über schwierige Stellen in Eeuchlins Werk 
de verbo merifico an^), fordert ihn Johannes Amorbach auf, 
ihm bei seiner Ausgabe des Hieronymus für die Dinge, die 
Kenntniss des Hebräischen nöthig machen, behtilflich zu sein ^), 
und Andere verlangen Anderes^). Alle diese kleinen Züge 
mögen nicht flir mehr gelten, als sie wirklich sind : sie sollen 
nur dazu dienen, die Wirksamkeit Eeuchlins, die in ihren 



1) An Reuchlin 31. Jan. L'VOQ (Epp. ill. vir. ia.b.) Ich führe nur eine 
kleine Stelle an: Sed dulcissime, mi pater, cum caream docentis vivae vocis 
oraculo obsecro ut unum mihi mittas quem forte instituisti pro cura huiusce 
rei. Der Lehrer soll auch reiten können, um ihn und sein Söhnchen auf 
Reisen zu begleiten; dafür soll er Unterhalt und Kleider bekommen und 
Gehalt, so viel Reuchlin für ihn verlange. 

2) Reuchlins Brief an den Churfiirsten vom 7. Mai 1518, auf den in 
anderm Zusammenhang zurückzukommen ist. 

3) 12. Dec. 1512 Epp. ill. vir. e 4 sq. Reuchlins Antwort folgt gleich 
darauf. 

*) 8. Apr. 1502. Epp. ill. vir. i b sq. 

5) 1501. Epp. ill. vir. h 4. 

6) 27. Juni 1509 Epp. ill. vir. g 1 b sq. 

^ Auch seine im Hebräischen ebenso gut als in anderen wissenschaft- 
lichen Fächern ausgestattete Bibliothek veranlasste zu Bitten, vgl. oben 
S. 17, Anm. 3. Georg Simler bittet dringend um einen hebräischen Psalter 
20. Juni 1509. Epp. ill. vir. i 2 a. . 

Geiger, Studium. 3 



34 Johannes Renchlin. 

grossen Zügen so bekannt ist, auch für das Kleine und Ein- 
zelne zu beleuchten^). 

Die grösseren Werke und Arbeiten, die er auf unserem 
Gebiete hinterlassen, sollen im Folgenden erwähnt werden. 
Zuerst erschienen seine Kudimenta linguae hebraicae, 1506, 
hebräische Grammatik und Wörterbuch. Keuchlin war sich 
bewusst, damit einen neuen Weg zu betreten, und wie er am 
Schluss des Werkes die stolzen Worte von sich aussprach: 
Exegi monumentum aere perennius, so kehrt das Selbst- 
bewusstsein, als Erster auf diesem schwierigen Pfade voran- 
zugehn, noch an vielen Stellen wieder 2). Gleichsam zurVer- 
theidigung, dass er das Werk überhaupt unternommen, führt 
er eine Constitution Papst Clemens' V. an, die die Beschäfti- 
gung mit der hebräischen Sprache gestatte; und wie wenig 
vorbereitet er die Leser seines Werkes glaubt, zeigt er da- 
durch an, dass er sie wiederholt ermahnt, das Werk nicht 
wie andere von der linken zur 'rechten, sondern von der 
rechten zur linken Seite zu lesen ^). Er theilte das Werk in 
drei Theile : der erste umfasste Erläuterungen über Buchstaben, 
Silben, Redewendungen, enthielt alle Worte von Anfang des 
Alphabets bis zum Buchstaben k; der zweite setzte dasWort- 
verzeichniss vom 1 bis zum Ende des Alphabets fort, indess 
nur die biblischen Ausdrücke, ohne die Sprache des Talmuds 
und der Rabbinen zu berücksichtigen und ohne auch für die 
ersteren Anspruch auf Vollständigkeit zu machen. Der letzte 
Theil handelte von der Grammatik; er sollte den, der über 



1) Wie sehr man nach 'seinem Tode seinen Beistand vemiissto, dafür 
mag Folgendes als Zeugniss dienen. Nikolaus Gerbelius — ein Pforzheimer, 
wie Renchlin — schreibt an Johann Schwebel: Quod adco avide studia 
Hebraica sectaris recte atque optime facis. Ubi enim melius divinum spiri- 
tum percipies quam in ea lingua qua primo hominem animare voluit? Ego 
sane nulla re egeo ad id Studium, quam Capnionis opera. Nee 
est quod plurium librorum copiam desideres , mea sententia : nam tota res in 
veteri Testamente conferendo consistit. 1523 in: Centuria Epistolarum theolo- 
gicarum ad Johannem Schwebelium. Zweibrücken 1597, nro 18, p. 49 sq. 

2) z. B. in der Vorrede zum 1. Buch : Quod quum ante me inter Latinos 
nemo fecisse appareat, spero inde gratiam haud mediocrem et apud posteros 
laudem absque invidia non intermorituram consequi. 

3) In der Einleitung zum 1. Buch und am Schluss des Werkes in ein 
paar Versen, die anfangen: Canon. Non est über legendus hie ceu ceteri u.s.w. 



Johannes Benchlin. 35 

die Bedeutung der Worte unterrichtet sei, nun in den Stand 
setzen, in ihren Theilen kunstvoll gestaltete Sätze und Rede- 
wendungen zu bilden. Als Vorbild folgte er dem Sepher Michlol 
des Kimchi, einem Buche, das ihm beim Erlernen der Sprache 
gute Dienste geleistet hatte. Er hatte nach besten Kräften 
gearbeitet, Schätze des Wissens zusammengerafft und geordnet 
und war von einem Geiste geleitet worden, der nicht starr 
an dem Ueberlieferten klebte, sondern sich von dem Falschen, 
was frühere Zeiten gelehrt hatten, zu befreien suchte. Grade 
das, meinte er, werde ihm wohl Feindschaft eintragen, dass 
er es oft gewagt die Uebersetzungen der Früheren zu tadeln, 
eines Hieronymus, dessen Schriften vom Papst Gelasius als 
heilig aufgenommen, eines Nikolaus de Lyra, der als treuer 
Erklärer allen Gläubigen bekannt sei. Aber dasselbe Recht, 
das Hieronymus gegen die Uebersetzung der 70, das Lyra 
gegen die des Hieronymus, das Paul von Burgos gegen Lyra 
angewendet habe, das stehe auch ihm gegen jene zu, er ver- 
ehre sie auf's Höchste, aber die Wahrheit gehe ihm über Alles ^). 
Seine Anstrengungen in dem Buche 2) wurden anerkannt. 



1) Die letztere, oft angeführte schöne Stelle lautet: Quanquam enim 
Hieronyinum sanctum veneror ut angelum, et Lyram colo ut magistmm, 
tarnen adoro veritatem ut dcum in der Vorrede zum 3. Buch. 

2) Eine neue Ausgabe veranstaltete Sebastian Münster, Basel 1537, 
über die später zu sprechen ist; einen Auszug des Lexikons gab Theodoricus 
Martinus Alostensis in seinem Dictionarium Hebraicum (0. 0. u. J. in 4^. 
Bibl. imp. Par. X, 99.) Er sagt selbst auf dem Titel: Redegimus in 
Enchiridion, lectores optimi, primitiva vocabula sive radices hebraicarum 
dictionura , quac a Capnione diligenter et diffuse tractantur, cuius ideo ubique 
ferme verba apposuimus, quod ingeniöse in alienis libris videri noluimus.... 
Das Buch enthält nichts als die Stämme mit den abgeleiteten Worten, alles 
unpunktirt, daneben Angabe ihrer Bedeutung in möglichster Kürze, kein 
Wort nimmt mehr als eine Zeile ein. Dann folgen unter dem Titel: Utilis 
quaedam et succincta in Hebraeas literas introductio ganz kurze Bemerkungen 
über die Buchstaben und eine Tabelle des Verbums. Der Schluss des Ganzen 
mag hier folgen: Non esse ignorandum statuo, vocabula in dirtionario meo 
posita nihil existimari deberi nisi formas , typos , exemplaria et ideas nondum 
singularizatas , ideo nee opus esse punctis in dictionario nee vocabula necesse 
fore secundum notata illic puncta pronunciari. Deinde memineris velim, In- 
tegra verba res vel actiones significantia (non dico consignificativa) trito more 
temis literis constare praeter admodum pauca, quapropter, si abundantiam 
videris, subtrahe, sin defectum, adde. Sunt itaque literae in principio vel ob- 
mutescentes alepli et iod vel deficientcs nun, lamed, jod. In medio vero 

3* 



36 Johannes Beuch! in. 

von allen Beurtheilern der Zeit und Reuchlins Leistungen wird 
dies Werk als ein grundlegendes betrachtet. Bei diesem einen 
Werke blieb Reuchlin nicht stehen, in verschiedenen anderen 
hat er die Früchte seiner Beschäftigung mit der hebräischen 
Sprache niedergelegt. An die Rudimenta schloss sich ein 
zweites an, das einzelne Theile der Grammatik näher erläu- 
tern sollte: über Accente und Orthographie. In drei Büchern 
sollte es die Regeln für die Aussprache lehren , in dem ersten 
die des grammatischen, im zweiten des rhetorischen, im dritten 
die des musikalischen Accents auseinandersetzen. Der soge- 
nannte grammatische Accent, die Betonung in der gewöhn- 
lichen Rede, wurde nach seinen verschiedenen Arten im Nomen, 
Adjectivum und Verbum gelehrt, für die Regeln der Musik 
folgten einige Notenbeilagen, die das Gesagte deutlich machen 
sollten ^). 

Auch andere kleinere Werke sollen nicht übergangen werden. 
Schon im Jahre 1512 hatte er, im Anschluss an seine Rudi- 
mente, wie um die hier nur theoretisch gegebenen gram- 
matischen Lehren praktisch auseinanderzusetzen, die 7 Buss- 
Psalmen herausgegeben, dem hebräischen Text eine wortgetreue 
Uebersetzung folgen lassen und daran Erklärungen ange- 
schlossen, die weniger dazu bestimmt waren, die Schwierig- 
keiten, die der Sinn bot, zu lösen, als die grammatischen 
Fragen bis in's Einzelnste zu erörtern^). Mit diesen Studien 
hing auch ein anderes Werkchen zusammen , das kurz erwähnt 
sein mag, eine Uebersetzung der Erklärungen des Athanasius 



aleph, iod, wau, in fine autem aleph et he et si qua sit litera geminata. 
Hi sunt modi, quibus tales defectus reparare valebis. Finis. (Dieses Stück 
wird als von Reuchlin geschrieben angegeben.) 

1) Das Werk De accentibus et orthographia linguac Hebraicae . . libri 
tres erschien, dem Cardinal Hadrian gewidmet, Hagenau bei Thomas Anshelm 
1518. — Dass die Angabe Köhlers (Beiträge zur Lit.- u. Kunstgesch., 2.Th., 
Leipzig 1794, S. 3), Reuchlin habe ein hebr. Wörterbuch unter dem Titel 
Breviloquus herausgegeben, auf einer Verwechselung mit R.'s lateinischem 
Lexikon beruht, bedarf keines weiteren Beweises. 

2) Joannis Reuchlin .... in Septem psalmos poenitentiales hebraicos 
interpretatio. Tübingen, Anshelm 1512. Das Fehlen bibliographischen Details 
in diesem Abschnitt bitte ich damit zu entschuldigen, dass eine in Vor- 
bereitung begriffene Biographie Reuchlins auch hierüber das Nöthige an- 
geben wird. 



Johannes Kenclüin. 37 

za den Psalmen, ohne Zuthat Reuchlin's (1515). Eine andere 
Arbeit war die Uebersetzung eines hebräischen Gedichtes, die 
silberne Schüssel des Joseph Ezobi in Perpignan, eines Hoch- 
zeitsgedichts , das dieser für seineli Sohn Samuel verfasst 
hatte (15121). 

In hebräischer Sprache selbst hat Beuchlin nur sehr 
Weniges geschrieben ; die Anführung eines von ihm verfassten 
hebräischen Werkes beruht auf einer Verwechselung *). Einige 
Briefe von ihm in dieser Sprache sind vorhanden, an seinen 
früheren Lehrer Jakob Loans, an den Leibarzt Leo's X., Bonet 
de Lates, in dem er um dessen Mitwirkung in seinem Pro- 
cesse gegen die Kölner, namentlich um die Geltendmachung 
seines Einflusses beim Papste bat, ein Promemoria in diesem 
Streite, das im Wesentlichen nur eine Umschreibung dieses 
Briefes ist 3). Ein anderer hebräischer Brief ist verloren, nur 
das Antwortschreiben des Jakob Margoles, Vorstehers der 
jüdischen Gemeinde in Eegensburg, ist erhalten, aus dem 
hervorgeht, dass Beuchlin sich an ihn einiger kabbalistischen 
Werke wegen gewandt hatte*). 

Nach Betrachtung der Leistungen ^) sei es gestattet, einen 
kurzen Blick zu werfen auf die Art, in der die Zeitgenossen 
Beuchlin's Studien betrachteten. Und da kann man wohl 
sagen: sie strömten über von Lob. Es war ein ganz neues 
Gebiet, das Beuchlin ihnen erschloss, und wie sie sich gern 
seiner sicheren Leitung in demselben anvertrauten, so Hessen 
sie es an sich nicht fehlen, seine Verdienste ihm selbst und 
der Welt gegenüber in das richtige Licht zu stellen. So 



1) Vgl. F. Delitzsch: Zur Geschichte der jüdischen Poesie. S. 66. 

2) Serapeum etc. von R. Naumann, 1868, Nr. 13, S. 193 fg. Eben- 
sowenig, wie diese Schrift, dürfen Reuchlin die Tabulae XX. institutionum 
in linguam S. Basileae 1554. Corapendium Grammaticae Hebr. Wittenberg 
1581, zugeschrieben werden, wie Herzog Athenae Rauricae p. 458 dies thut. 

3) lieber den Brief an Loans, s. o. S. 27, Anm. 4. Die beiden letzten 
Schriftstücke hat Grätz a. a. 0. IX, Noten, S. XVII — XX. abdrucken lassen. 

*) üeber diesen Brief (Epp. ill. vir. m b sq.) undatirt und die Ver- 
wirrung, die Grätz in Betreff des Briefschreibers angerichtet hat, vergl. 
Dr. M. Wiener in Frankel : Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft 
des Judenthums, 1868, S. 345 sqq. 

5) Reuchlin's kabbalistische Werke sind oben (S. 12 — 14) bereits als 
eine Folge der hebräischen Studien im Allgemeinen zur Genüge gewürdigt. 



38 Johannes lieuchlin. 

nennt ihn Heinrich Bebel einen Mann, dem man gegenwärtig 
in der Kenntniss des Hebräischen selbst vor jedem Juden, 
geschweige denn vor einem Christen den Vorrang geben 
müsse ^), ja seit Hieronymus sei kein solcher Mann aufge- 
standen, weder in Deutschland, noch in Frankreich, noch in 
Italien. Nicht blos die griechische Sprache habe er wieder- 
erweckt, sagt der Hirsauer Mönch Nikolaus Basellius, auch 
die hebräische ziehe er nun aus dem Staube hervor. Die 
ganze Gelehrtengemeinde müsse ihm unendlichen Dank sagen, 
da er eine solche Last auf seine Schultern nehme, die Juden 
müssten sich beschämt zurückziehen, in der Kenntniss ihrer 
eigenen Sprache besiegt, die Theologen müssten ihm den 
Kranz reichen, da er die heiligen Schriften in ihrem alten 
Glänze habe auferstehen lassen ^). Durch seine Vertheidigung 
der jüdischen Bücher gegen Pfefferkornes Angriffe galt er als 
der Erretter der Lehre jener Bücher, ohne deren Kenntniss 
uns ewige Nacht umhüllt, ewige Verdammniss uns umgibt 3). 

Es gab nur Wenige , die nicht diese Bewunderung theilten, 
die nicht in die allgemeine Lobpreisung einstimmten, das 
waren fast nur die Kölner Gegner Reuchlin's , vor allem Johann 
Pfefferkorn, Letzteren hatte ßeuchlin freilich empfindlich 
genug gekränkt; er hatte ihm gesagt, er sei ein durchaus 
unwissender Mensch und verstünde kein Hebräisch. Das ver- 
suchte ihm Pfefferkorn mit gleicher Münze zurückzugeben. 
Reuchlin hatte ^) ehrlich genug gestanden, er hätte den 
Thalmud nicht erwerben und erlernen können; dieses Geständ- 
niss griff Pfefferkorn begierig auf ^), er sprach ihm Kenntniss 
der jüdischen Gesetze und Schriften kurzweg ab^) und er- 
klärte den Kuhm, den die Juden Reuchlin als einem in ihrer 
Sprache und ihrem Schriftthum Erfahrenen zuerkannten, nicht 
als auf Reuchlin's wirkliche Verdienste gegründet, sondern 



1) Epp. m. vir. fb. 

2) 14. Sept. 1501 Epp. ill. vir. h ii a sq. 

3) Aegidius Viterbiensis an Keuchlin 1516. Epp. ill. vir. B iii b sq. 

4) Augenspiegel, fol. XLb. 

5) Brantspiegell (Köln 1512) Dia: Aber in dem hat er war gereth 
das er keyn verstant des Thalmudts hab. 

6) Haudt Spiegel (1511) a 3 b. 



Johannes Renchlin. 39 

als eine Folge der jüdischen Gewohnheit „wer sie berümpt, 
den berümen sie wider, und wer jn dient, dem dienen sie 
wider 0." Die natürliche Consequenz von Pfeflferkom's Vor- 
wurf, Reuchlin verstände kein Hebräisch 2), war, dass er er- 
klärte, die unter seinem Namen ausgegangenen hebräischen 
Werke seien gar nicht von ihm; er habe sie sich von 
einem gelehrten Juden machen lassen, und nur seinen Namen 
dazugesetzt, „gleich als ob du werst ein grosser gelerter 
Doctor unnd lerer der Hebreyscher tzungen')." Gegen diese 
Vorwürfe hat sich ßeuchlin vertheidigt, aber wir erkennen 
den Ungrund der Beschuldigung an, auch ohne die Verthei- 
digung gehört zu haben. 

Er hatte sich gegen diese Anschuldigungen vertheidigt, 
weil die Beschäftigung mit der hebräischen Sprache ihm eine 
Herzenssache war. Er war stolz darauf, sie wiedererweckt 
zu haben, nicht weil er reichen Lohn dafür erwartete, sondern 
weil er im Stande gewesen, den Studien seiner Zeitgenossen 
eine neue Richtung zu geben. Zu dieser Leistung fühlte er 
sich gleichsam berufen;, die Juden, die einzigen Lehrmeister 
der Sprache, seien bald ganz aus Deutschland verbannt, man 
müsse fürchten, dass mit ihnen die Kenntniss der hebräischen 
Sprache verschwinde und jede Gelegenheit aufhöre, sich die- 
selbe zu verschaffen^). Es war ihm die heilige Sprache; mit 
ihrer Erschliessung meinte er der Theologie einen wesent- 
lichen Dienst geleistet zu haben und beklagte sich bitter, 
dass das von den Kölner Theologen nicht anerkannt wurde 5); 
erst durch sie, lehrte er, könne man in den Stand gesetzt 
werden, die tiefe, verschlossene Wissenschaft der Philosophie 
zu ergründen^). 



1) a. a. 0. C 2b. 

2) Er sagt einmal, Keuchlin verstände nicht soviel, „das du (Reuchlin) 
eyn Epistel auss dem Latein in die Hebreysche sprach oder auss dem He- 
breyschen in das Latein möchst übersetzen." Pf. Eyn mitleydliche claeg 
vber alle claeg etc. (1521) G 1. 

3) Eyn mitleydliche claeg F 4 b. 

4) De Rudimentis hebraicis, Einleitung zum 1. Buch. 

5) An Arnold v. Tungem, 28. Octbr. 1511. Epp. ill. vir. p iifg., ahn- 
lieh in der Vorrede zu Septem psalmi poenitentiales 1, August 1512. 

6) Rud. hebr., Schluss des 3. Buches," 



40 Johannes Beuchlin. 

Und dennoch, obwohl es sein Liebstes war, sich dem 
Studium dieser Sprache ganz zu weihen, erkannte er gar wol, 
welches Vorurtheil noch gegen die Beschäftigung mit dersel- 
ben herrschte, und als Pfefferkorn ihm einmal vorwarf, er 
habe sich gern vor Fürsten und Herren seiner Kenntniss ge- 
rühmt, da hatte er nicht Unrecht, wenn er der Zurückweisung 
dieses Vorwurfs die Bemerkung hinzufügte, ein solches Prahlen 
„hett mir vil mer zu verclainerung gediennt, dann zu ainem 
lob^)." Und fast am Ende seines Lebens, 1518, als er sein 
zweites grösseres Werk dem Cardinal Hadrian zueignete, 
musste er es aussprechen: Nicht Durst nach Gold habe ihn 
dazu getrieben, die hebräischen Geheimnisse zu lernen, nicht 
eitle Ruhmsucht, im Gegentheil, er habe diese Studien ver- 
bergen müssen, weil man sie eines hochgestellten Mannes 
fUr unwürdig hielte^). 

Dass dieses Vorurtheil flir die Folgezeit ganz geschwun- 
den ist, das wird, wenn auch die Leistungen Reuchlin's jetzt 
nicht mehr mit derselben hohen Bewunderung angesehen wer- 
den, wie früher, . stets das Verdienst Reuchlin's bleiben 3). 

1) EeuchUn's Augenspiegel (1511) fol. XXXV b. 

2) Nulla me fames auri adegit ad hebraica mysteria discenda, nuUa 
inanis gloria sitis, ea enim studia tum celanda vulgo erant, ut quae in tanta 
dignitate constituto viderentur indecentia. 

3) Wie sehr die Tübinger Universität Eeuchlin's Verdienste um's He- 
bräische zu schätzen wusste, zeigt Folgendes: Am 18. April 1728 bei Ge- 
legenheit eines Examens von 24 Studirenden veröffentlicht Decanus et col- 
legium Facultatis Philosophicae einen Anschlag (ein Folioblatt in der k. 
Stuttgarter Bibl. eingelegt in die Handschrift Hist. 560), in dem über die 
hebräischen Lehrer in Tübingen gesprochen wird. Tübingen sei in der Re- 
formationszeit den übrigen Universitäten überhaupt vorangegangen, in einer 
Zeit, wo hebraea legere propemodum haeresis erat. Das erste hebräische 
Buch, Psalmi poenitentiales VII, sei dort gedruckt (1512, der Anschlag gibt 
falschlich an 1522), sed etiam de constituendo et vocando Professore harum 
linguarum serium est actum. Quis vero vocaretur alius quam hujus litera- 
tui;ae felicissimus Restaurator atque adversus ignarum et rudissimum istius 
aetatis Monachorum pecus fortissimus Vindex, incomparabilis Reuchlinus, vel, 
ut appellari amabat, Capnio, qui licet Juris Consultus, Comes Palatinus, 
Consiliarius Caesareus et maxime Würtembergicus atque ad summas saepe 
Aulas Legatus, tanto tarnen linguae sanctae flagravit amore , ut eam maxima 
diligentia multoque pretio Vindobonae et Romae a Judaeis didicerit, in 
scriptis suis doctissimis, lexico maxime, propagaverit, et cum in Bojorum 
Angelopoli, tum hie Tubingae A. MDXXI. primus publice fuerit professus. 



Johann BöeGhenstein and Mattti&iu Adrianns. 41 



IV. 

Johann Böschenstein und Matthäus Adrianus. 

Das Vorurtheil, als sei ein Jeder, der sich mit dem Stu- 
dium der hebräischen Sprache abgebe, ein Jude, als weiche 
er von christlichem Wege, von christlichen Anschauungen ab, 
hat sich namentlich gegen die beiden Männer gerichtet, deren 
Lebensschicksale und Leistungen uns im Folgenden beschäf- 
tigen sollen. 

Matthäus Adrianus war ein geborener Jude aus 
Spanien. Ob er selbst bei der Vertreibung der Juden aus 
Spanien (1492) dies Land verlassen hat, oder von einer spa- 
nischen Familie stammt^ lässt sich nicht entscheiden ; Keuchlin 
nennt ihn einmal Hispanus^), das ist der Beweis für seine spa- 
nische Herkunft, dass er ein getaufter Jude gewesen, dafür 
liegen sichere Zeugnisse genug vor *). Er hatte in seiner Jugend, 
wie jeder andere Genosse seines Glaubens, sich ohne Zweifel 
die nothwendigen Kenntnisse in der „heiligen Sprache" er- 
worben; aber sein eigentliches Studium sollte es nicht werden, 
er war Arzt und ist es ohne Zweifel auch sein Leben hin- 
durch geblieben; noch 1517 beglückwünscht Erasmus den 
kranken Peter Aegidius, dass er einen Arzt (Adrianus) zum 
Freunde habe 3). 

Wann und wo Adrianus geboren, in welcher Weise er 
sein Leben zugebracht bis zu dem Augenblick, wo er uns 
zuerst begegnet, können wir nicht sagen ; auch von da an, wo 
wir die erste sichere Spur von ihm besitzen, können wir keine 
Annalen seines Lebens liefern, wir sind auf fragmentarische 



1) Er sagt von einer Schrift Pfefferkorns (einer Uebersetzung des Ave 
Maria u. s. w. in*s Hebräische), sie sei von Adriano Hispano iuste reprehensa. 
Keuchlin an die Pariser Fakultät 19. Juni 1514. Epp. ill. vir. v 3 b. 

2) Erasmus schreibt an Aegidius Buslidius: Adrianus genere Hebraeus, 
sed reKgione iam olini Christianus. Erasmi Opera ed. Lugd. Bat. vol. III. 
col. 353. u. a. m. 

3) Er. Opp. a. a. 0. Epist. CCXL. col. 236. 17. April 1517. 



42 Johann BÖschenutein und Matihäas Adrianus. 

Notizen angewiesen, die aller Orten haben aufgelesen werden 
müssen. Nach Conrad Pellikans Weggang (1509? 1510?), der 
dem gelehrten Buchdrucker Johann Amorbach in Basel für 
den Unterricht seiner Söhne im Hebräischen und für die Her- 
ausgabe des Hieronymus nützlich gewesen war, nahm Amor- 
bach den Adrianus in sein Haus auf. Er war von Reuchlin 
und Pellikan warm empfohlen. Wie er deren Bekanntschaft 
gemacht, darüber fehlen uns die Nachrichten; Pellikan hat er 
im Hebräischen unterrichtet, und der Schüler rühmt den Lehrer 
ungemein: „Er habe von ihm mehr gelernt, als von irgend 
einem Andern, und viele Nächte schlaflos mit ihm zugebracht" ^). 
Sein Antheil an der Herausgabe des Hieronymus lässt sich 
nicht bestimmen, dass er aber im hebräischen Unterricht flir 
die drei Söhne Amorbach's, Bruno, Basilius und Bonifacius, 
Treffliches geleistet, beweisen spätere Zeugnisse % auch wissen 
wir, dass er mit ihnen weiter in freundschaftlicher Verbindung 
geblieben ist^). Einige Jahre wird er wol in Amorbach's 
Hause oder jedenfalls in Basel geblieben sein; gegen das 
Jahr 1513 wurde von ihm Wolfgang Fabritius Capito in der 
hebräischen Sprache unterrichtet. Dass der Unterricht von 
Erfolg begleitet gewesen, meldet Sebastian Münster, freilich 



1) Für Adrians Stellung bei Amorbach vgl. Fechter: Bonifacius Araor- 
bach in : Beiträge zur vaterländ. Gesch. Basel 1843. 2. Bd, S. 179 fg. 

2) Erasmus rühmt die tres doctissimos juvenes fratres Amorbacchios, 
Hebraicarum quoque literarum pulchre doctos, an den Cardinal Grimanus 
31. März 1515. Er. Opp. III. col. 143; vgl. auch Praefatio in Augustinmn 
(1529) col. 1249; ähnlich an Leo X. col. 154. In diesem Briefe, der Wid- 
mung der Ausgabe des Hieronymus an den Papst, bezieht sich aber die 
Stelle: Quod idem (nämÜch die Verbesserung der vielen Fehler) factum est 
et in Hebraicis : verum o6x aveu ÖTjaiwc, ut Graecum habet proverbium, 
quod eas literas ipse primoribus modo labris degustarim (col. 153), wol auf 
Reuchlin, von dem es dann bei Aufzählung der Mitarbeiter heisst: Inter 
quos est eximius ille vir Joannes Reuchlinus Phorcensis, trium linguarura 
Graecae, Latinae et Hebraicae pene ex aequo peritus, ad haec in nullo doc- 
trinae genere non versatus, ita ut cum primis certare possit. Unde merito 
virum hunc ceu phoenicem et unicum suum decus tota suspicit ac veneratur 
Germania (col. 154). 

3) Bruno schreibt an Bonifacius (1519) : Habes Matthaeum Hadrianum, 
quondam in litteris hebraicis praeceptorem nostrum, virum Optimum qui te 
non secus ac filium amat. Fechter a. a. 0, 



Johann Böschenüteiu and Matthäutf Adrianiu. 43 

nenut er den Adrianus einen difficilis praeceptor ^) ; ob das 
auf seine Lehrmanier oder auf seine Umgangsformen, die, wie 
wir noch sehen werden, allerdings nicht Jedem annehmbar 
schienen, sich bezieht, ist ungewiss. 

1513 wandte sich Adrianus — die Veranlassung dazu ist 
unbekannt — nach Heidelberg. Er lehrte hier Hebräisch bis 
1516, wie es scheint, ohne öffentliche Lehrthätigkeit, nur 
privatim 2). Gewiss sind Viele von ihm während dieser Zeit 
zu diesem Studium angeregt oder in demselben gefördert 
worden, von dem später so bekannten Theologen Johann 
Brenz ist es sicher, dass er hier 1514 seinen Unterricht an- 
gefangen hat 2), ebenso von Johannes Oekolampad^). 

So wenig wir wissen, welche Veranlassung ihn nach 
Heidelberg getrieben hat, so unbekannt ist es uns auch, was 
ihn zum Verlassen dieser Universität bewog. Wenn es richtig 



1) Sebastian Münster, Vorrede zu Opus graramaticum consummatura : 
Circa annum Christi 1513 Wolfg. Capito .... nactus copiam cuiusdam Judaei 
baptizati, Matthaei seil. Adriani, coepit et ipse sub difficili tarnen prae- 
ceptore, feliciter hebraicari. Wo der Unterricht stattgefunden hat, lässt sich 
freilich nicht bestimmen. Adrianus mag man sich bis gegen Ende 1513 in 
Basel denken ; aber nach der Darstellung Baum's (Capito und Butzer, Elber- 
feld 1860, S. 12—17) ist Capito 1512—1515 in Bruchsal gewesen und erst 
im Mai 1515 nach Basel gekommen. Dagegen Folgendes geltend zu machen 
scheint bedenklich. In der Leydener Ausgabe der Briefe des Erasmus (vom 
Jahre 1706, Opera Tom. III), die wegen der Unzuverlässigkeit ihrer Brief- 
daten berüchtigt ist, findet sich ein Brief des Erasmus an Henricus Bovillus 
vom 31. August 1513 (col. 129, nro. CXLVIIL), worin er schreibt: Fabricius 
Capito in insignem Theologiae cognitionem in Basiliensis Ecclesiae CoUegium 
cooptatus, ubi publicum concionatorem agit. Danach müsste also die Be- 
rufung schon vorher, vielleicht gegen Anfang 1513, erfolgt sein. Erasmus 
föhrt fort: vir, praeter alias egregias disciplinas trium linguamm non vul- 
gariter peritus, graecae, latinae et hebraicae; domique vita tam integra, 
moribus tam piis, ut nihil unquam viderim incorruptius. Die Stelle würde 
ihrerseits zu dem Schlüsse führen, dass Capito schon vor dem Unterrichte 
Adrians ein tüchtiger Hebräer gewesen sei. 

2) Vgl. Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg. 1. Band. S. 370. 

3) Beyschlag, Leben des Brenz, p. 330. Einen Beweis seiner Kennt- 
niss legt er in einem Briefe an Pirckheimer ab, dem er schreibt: Veneran- 
dum certe ac propemodum divinum apud me BiHbaldi nomen nam TO\?^ '•BS 
^K bb.T (Proverb. XII, 8) abgedruckt bei Freytag: Epistolae virorum doc- 
torum (Leipzig 1831) p. 3. 

^) Herzog, Leben Oekolampad's (Basel 1843) I, S. 107, wo der Lehrer 
unrichtig Matthäus Adriani genannt wird. 



44 Johann BÖschsnstein and Matthäus AdrianoB. 

ist, dass er schon 1516 Heidelberg verlassen hat, so sind wir 
wieder für ein Jahr ohne Nachricht: 1517 treffen wir ihn in 
Ltittich. Hier hatte er den Berselius, einen Frennd des £ras- 
mus, zu grosser Zufriedenheit des Schülers einen Monat lang 
im Hebräischen unterrichtet; jetzt trieb ihn die Lust, den 
Erasmus kennen zu lernen, nach Löwen; Berselius gab ihm 
einen Empfehlungsbrief mit (17. September 1517), wünscht 
aber sehr, der üeberbringer möge zu ihm zurückkehren^). 
Aber dieser Wunsch sollte nicht in Erfüllung gehen. Ein 
reicher Freund des Erasmus, Hieronymus Buslidius, war ge- 
storben und hatte in seinem Testamente zur Errichtung eines 
collegium trilingue eine Summe von mehr als 20,000 Franken 
vermacht ^); dem Erasmus war die Einrichtung desselben, die 
Wahl der Professoren übertragen worden. Schon am 26. Octbr. 
meldet Erasmus einem Freunde, ein vorzüglich gelehrter He- 
bräer, Matthäus, sei da 3). Er schickte ihn alsbald dem 
Aegidius Buslidius, dem Bruder des Verstorbenen, zu, dem er 
wol gefiel. Um ihn dem Buslidius zu empfehlen, konnte 
Erasmus kaum genug Worte finden: kein Anderer sei in der 
Kenntniss des Hebräischen mit ihm zu vergleichen, das meine 
nicht er allein, alle Grelehrten Deutschlands und Italiens be- 
zeugten dies. Er sei so gelehrt und in jeder Beziehung aus- 
gezeichnet, dass man seine Ankunft als eine günstige Schickung 
Gottes betrachten müsse; man dürfe ihn nicht loslassen, er würde 
ihn halten, und sollte er ihn auf eigene Gefahr annehmen ^). Zur 
Zeit, als er dies schrieb (Novbr. 1517), hatte Matthäus noch nicht 
seinen festen Wohnsitz in Löwen genommen^). Aber schön 



1) BerseHusDesiderioErasmo in Opp.Er.III. col. 1633 (Epist. CLXXXVIII 
appendix) 17. Sept. 1517. 

2) Er. Budaeo: Destinata enim sunt huic negotio plus viginti fran- 
corum millia. 22. Febr. 1518. Opp. III. col. 305 epist. CCCV. 

3) Thomae Lupseto Opp. III. col. 1638. Epist. CXCVI (Append.). 

4) Opp. III, col. 353, Epist. CCCXXXVIII. Das Datum, 18. Oct. 1518, 
ist gewiss falsch, es muss heissen 1517. 

ß) Pro Hebraeo benigne comiterque accepto agerem tibi gratias, orna- 
tissime Buslidi, ni magis liberet gratulari tibi cui nitro obtigerit ille votis 
Omnibus exoptandus ad hoc negotii, quod haud dubii toti genti Buslidianae 
famam ac decus pariet nunquam intermoriturum, quodque studia omnia variis 
modis coUapsa restituet. Neque deerunt in caetris Gymnasiis, qui pulcher- 
rimum hoc institutum aemulentur . . . Matthaeus nondum huc commigravit. 



Jokann Böschensteiii und MstthAiw AdrUnofl. 45 

am 30. November war er da ; Erasmus meldet dem Grafen 
von Nenenaar, dass Matthäus, der Freund Reuchlin's, 
den auch er kenne, bei ihnen eingezogen sei '), und theilt die 
freudige Botschaft von der Aufnahme seines Lehrers dem 
Fabritius Capito mit^). Und an den vielen Stellen seines so 
ausgedehnten Briefwechsels vergisst er nie, so oft er unseres 
Adrianus Erwähnung thut, ihn mit einem ehrenden Beinamen 
zu versehen, seine Kenntnisse als nach seinem und anderer 
gelehrten Leute Urtheil ausgezeichnete zu preisen^). 

Und wirklich schien anfanglich Alles vortrefflich zu gehn; 
wir kannten bisher nur zwei Sprachen, jetzt lernen wir drei, 
konnte Erasmus bereits am 6. März 1518 melden. Matthäus 
unterrichtet lediglich in seiner Sprache, eine hebräische 
Partei schaart sich um ihn, deren Führer Martin Dorpe ist, 
bald wirst Du ein neues Zeitalter anbrechen sehn^). Aber 
schon am 13. März, wo Erasmus dem Oekolampad mittheilte, 
dass Adrian auf Lebenszeit angestellt sei, und dass Alles 
zur Zufriedenheit von Statten gehe'^), schreibt er auch dem 
Capito über ein Begegniss, das er seinetwegen mit ihm gehabt 
habe und das, wie es scheint, in Geldangelegenheiten zwi- 
schen Capito und Adrian seinen Grund gehabt hat. Mit der 
ebenso leicht vergänglichen, wie schnell auflodernden Freund- 
schaft des Erasmus war es nun vorbei, schon jetzt, meint er, 
Adrian werde wegziehn, wie das seine Gewohnheit sei, auch 
aus Middelburg sei er bereits früher wegen Schulden fortge- 
zogen ^) 5 seine Geldgier tadelt auch Dorpius in einem etwas 



Ornatissimo viro Domino Aegidio Buslidio . . Erasmus. Opp. Er. III. col. 
1653. Epist. App. CCCXXXII. 

1) Er. Opp. III. col. 1644 Epist. CCX. (Append). 

2) 6. Decbr. 1517, a. a. 0. col. 1646. Ep. CCXV. 

3) z. B. col. 270 epist. CCLXXV., col. 319 epist. CCCXIV., col. 382, 
epist. CCCLXVIII., col. 1654 epist. (append.) CCXXXIV. 

4) Petro Barbirio Opp. III, col. 307. Epist. CCCVII. 

5) a. a. 0. in, col. 1675, epist. CCLXXII (append.) 

6) De Mattheo dicam quod rideas. Inviserat ille nos . . ego no mibi 
tarn occupato molcstus esset, mitto tuas literas ad illura scriptas: redit ab 
atrio minister, nuntians illum tribus duntaxat volle convenire; annuo, ad- 
scendit, exhibet epistolam, rogat uti sibi praelegam, nam dcesse conspicillam, 
lego semiperiodum, et mox ad illum versus, non admodum blandum, inquam, 
exordium, praestat ut ipse perlegas; imo, inquit, cupio te ista scire; pergo 



46 Johann Boschenstein und Matthäus Adrianus. 

späteren Briefe, wo er zugleich als Grund der Unzufriedenheit 
des Adrianus die schlechte Ausbezahlung des Gehaltes an- 
gibt 0. Unterdess hatte sich Adrianus über den Brief des 
Capito keineswegs beruhigt, er zürnte gewaltig und sagte, er 
sei von Capito aufs Aergste beleidigt worden 2). Lange hielt 
er es nicht mehr aus, freilich weder die Geldverhältnisse noch 
der kleinliche Streit mit Capito mochten ihn zum Weggehen 
von Löwen veranlasst haben, letzterer um so weniger, da 
Capito nicht an demselben Ort lebte — der wahre Grund ist 
wol in dem Gegensatz zu suchen, der auch den Erasmus von 
Löwen vertrieb, in dem die freiere humanistische Partei sich 
gegen die Anhänger der scholastischen befand. Sie hatten, 
wie berichtet wird, dem Adrianus von Anfang an Widerstand 
entgegengesetzt, mit der Zeit wurde das eher ärger als besser, 
und als Adrianus gar in einer öffentlichen Rede den h. 
Hieronymus als einen gewöhnlichen Menschen darstellte, er- 
reichte die Wuth seiner Gegner ihren Höhepunkt; einer der 
Professoren, der später als Gegner Luthers so bekannt ge- 
wordene Latomus, gab eine Schmähschrift gegen ihn heraus 
und Adrian rausste Löwen verlassen^). 

Er wandte sich nach Wittenberg. Schon am 7. November 
1519 hatte sich Luther an Spalatin gewandt, ihm das Gesuch 
Adrians geschickt, in Wittenberg das Hebräische zu lehren, 
und zur Berücksichtigung empfohlen, und am 7. December 



iussus : cum duriora semper succederent, moneo ut solus ipsc legat ; ille orare 
ut legere pergam; perlego, ridens interira: ille longam incoeptat apologiam, 
clamitans omnia esse falsissima, imo te sibi debere. Ego, quoniam eram 
occupatissimus, rogo ut eam fabulam in aliud tempus differat. Ait se tibi 
respondisse: minatur sese, quae in tua Grammatica docuisti, reprehensurum 
omnia. Opinor hominem hinc disccssurum ut solet: nam ex Middelburgo 
cum suramo tumultu discessit ob acs alienum. 
Opp. m. col. 1675. Epist. CCLXXII (App.). 

1) DorpiusErasmoinEr. Opp. III. col. 332. Epist. CCCXXIII. 14. Juli 1518. 

2) Erasmus Capitoni. Opp. III. col. 1682 nro. CCLXXXIX (Append.) 
19. Octbr. 1518. 

3) Das Letzte nach Köhler: Beyträgc zur Ergänzung der deutschen 
Kunst- und Literaturgeschichte, Leipzig 1794. Tli. 2, S. 14—17. Die Stelle 
über Hieronymus lautet: Homo erat H., multa nescivit, alicubi dormitavit, 
quaedam casu praeteriit — multa depravata sunt. 



Johann Böschenstein nnd Mattliftns Adrianos. 47 

wiederholt er die Bitte i). Bald waren die Unterhandlungen 
im Gange; flir 90 oder 100 Gulden jährliche Besoldung war 
Adrian bereit, die Stelle anzunehmen. So leicht scheint der 
Churflirst aber sich nicht dazu haben verstehen zu wollen, 
und erst auf die dringende Mahnung Luthers, ihn wenigstens, 
um die Schande zu vermeiden, auf ein Jahr zu nehmen, sonst 
würde er nach Leipzig oder nach Frankfurt a. 0. gehen, er- 
folgte die Anstellung (16. April 1520 2). Ein sehr freundliches 
Verhältniss scheint trotz der grossen Mühe, die Luther sich 
gab, ihn nach Wittenberg zu ziehen, trotz der grossen Aner- 
kennung, die er seinen Fähigkeiten zollte, zwischen ihm und 
dem neuen Ankömmling nicht geherrscht zu haben; wenn 
Luther auch in verschiedenen Dingen ihm behülflich war, ihm 
zu seiner plötzlich geschlossenen Heirath (13. Januar 1520) 
alles Glück wünscht, so beklagt er sich doch ziemlich bitter 
darüber, dass Hadrian ihm ziemlich viel zu schaffen mache ^). 
Noch nicht vier Monate später war das Verhältniss vollständig 
gelöst: Adrian wüthet, schreibt Luther (3. Oktober), und sucht 
eine Gelegenheit, fortzugehn. Ich habe ihm nichts gethan, 
dennoch verfolgt er mich, will mich das Evangelium lehren, 
er der nicht einmal seinen Moses versteht *). Und kaum einen 
Monat darauf war die Feindschaft offen ausgebrochen, Adrian 
hatte sich der Lehre Luthers, dass nur der Glaube etwas ver- 
möge und die guten Werke ohne Kraft seien , widersetzt. 
Einen ganz ungelehrten Menschen in der Theologie nennt er 
ihn, vollständig unnütz und gleich zu entlassen^), und wäh- 
rend er sich früher sehr bemüht hatte, den Adrian nach 



1) de Wette: Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedenken, I, 8.365. 
366. 373. Wenn bereits am 6. Decbr. 1519 Petrus Mosellanus von Meissen 
aus an Julius Pflug schreibt: »Churfurst Friedrich verschreibt jetzt Mat- 
thäum Hadrianum, den stattlichsten hebräischen Mcdicum unserer Zeit, aus 
Löwen nach Wittenberg,« Luthers Werke ed. Walch, Band XV. p. 1425, so 
ist entweder das Datum falsch, oder Mosellan berichtet etwas als sicher, 
worüber die Unterhandlungen kaum begonnen waren. 

2) de Wette, Luthers Briefe, I, S. 420. 440 fg. Die erfolgte Anstel- 
lung meldet auch Melanchthon an Johann Hess und Lange in Corpus Re- 
formatorum ed. Bretschneider vol. I, p. 161. 168. 

3) de Wette, I, S. 442. 445. 449. 454. 

4) de Wette, I, S. 492. 

5) 4. Novbr. 1520, de Wette, I, S. 522. 



48 Johann Boschenstein und Matthäus Adrianus. 

Wittenberg zu ziehn, verschafft er ihm jetzt (17. Februar 1521) 
gern die erbetene Entlassung, und freut sich, von diesem 
Menschen befreit zu sein^). 

So ist er aus Wittenberg fortgezogen, möglich dass er 
sich nach Leipzig gewandt hat, wie Luther vermuthete 2). 
Ein talentvoller Mensch, von vielem Wissen und freier An- 
schauung in Leben und Glauben, der es wol weniger seiner 
Unverträglichkeit zuzuschreiben hatte, dass er nirgends eine 
feste Stätte finden konnte, sondern den kleinlichen Nachstel- 
lungen, die ihm seine Gegner bereiteten, die es nicht zu ver- 
gessen schienen, dass er ein Jude war 3). 

Von seinen Schülern ist noch Sebastianus Nucenus zu 
erwähnen, der in Löwen bei ihm hörte und der uns noch 
später beschäftigen wird; von hebräischen Schriften findet 
sich nur eine Uebersetzung der Oratio dominica erwähnt^). 

Ungleich bedeutender als Adrian ist JohannBöschen- 
stein, der durchaus nichts gethan zu haben scheint, um den 
Hass zu verdienen, mit dem man ihn verfolgt hat. Man hat 
ihn häufig den zweiten Wiedererwecker der hebräischen 
Sprache genannt und ohne Zweifel verdient er nach ßeuchlin 
einen hervorragenden Platz. Boschenstein^) war 1472 in 
Esslingen geboren. Er lernte — ob in seiner Vaterstadt oder 
anderswo, ist nicht bekannt — von Judfen das Hebräische 
und das hat wol hauptsächlich die Veranlassung gegeben, 
ihm vorzuwerfen, er sei ein geborener Jude. Wir lassen ihn 



1) de Wette, I, S. 560. 

2) Vgl. auch Wiedemann: Dr. Johann Eck, Regensburg 1865, S. 177, 
Anm. 62, der aber fälschlich einen Brief auf Sylvius Egranus bezieht, der 
auf unsem Adrianus zu deuten ist. Egranus war noch 1527 mit Luther 
befreundet, nach Döllinger: Die Reformation, I, S. 132 fg. 

3) So schreibt Melanchthon an Spalatin (22. Febr. 1521): De Wittemberga 
hoc tempore nihil novi scribere possum. Nam de Adriano ^evooyp(ax(i), sive 
mavis Hebraeo, ex aliis intelliges. Corp. Ref. I, p. 359. 

*) Vgl. Genaueres in meiner Bemerkung im Serapeum 1868, Nro. 13, 
S. 197, Anm. 2. Seine Intoductio ad Linguam Hebraicam, Basileae 1518 
in 80 und Haganoae 1519, in 40 erwähnt Wolif: Bibliotheca Hebraea IV, 
S. 273. 

5) Eine Biographie hat Köhler: Beyträge zur deutschen Kunst- und 
Literaturgeschichte, Leipzig 1794, 2. Theil, S. 1 — 23, gegeben. 



JohMn B60cheiurtein und Matth&qg AdrUniu. 49 

selbst erzählen ^). ,,Iiat sich aber begeben , das ein gaistlich 
person mich dargeben, ich seye ain getanffien Jnd, and mein 
vatter sey ain hochgelerter Raby andern jaden gewesen, da- 
rumb sey ich wider die Bilder and Gemäl, das man sy nit 
machen oder braachen soll etc. Des mass ich mich (Oott 
verzeyhe mirs) verantwarten, nit von meinen wegen, sonder 
meiner freandtschafft and meinen nachkamenden geplaet zu 
gat. Und ich sag also, mein lieber vater sälig ains*gar alten 
geschlechts der stat Stain am Reyn anderhalb Costenz ge- 
boren and herkommen, ist gat Heinrich Böschenstein and 
noch heat, aaff Datam diser schrifft, meines vatters braders 
san gat Klöwe JBöschenstain and Batt Böschenstain, noch 
disen tag za Stain vischer seind, heaslich and Bargerlich da 
wonend. Das red ich nit daramm, ob ichjoch (wie der Bra- 
der von mir sagt) ains Jaden san were, mich dester 
verwtirflicher vor got schätzen, dann ich wayss das 
got kein person besonder ansieht, aber ainyeder, der got 
furcht and würkt die gerechtikeit, er sey welches geschlechts 
oder Volks er wolle, der ist angenem got dem herren, aber 
ich mass dannocht meinen nachkommen za gat disen argk- 
won ambstossen" *). Und an einer andern Stelle desselben 
Schrifkchens : „Also (nämlich den reinen christlichen Glaaben) 
haben mich meine frammen altern, vatter and mein liebe 
matter gelert, die framm gebom Christen seind gewesen, das 
ich mit ainem Ersamen Bat der stat Esslingen, and der stat 
Stayn in Schweytz, genagsam beweysen mag. Aach hab ich 



1) Das Folgende ist entnommen aus: Ain diemietige Versprechung: 
Durch Johann Böschenstain, gehom von Christenlichen altem, ausz der stat 
Esslingen, wider etlich die von jm sagen. Er seye von Jüdischem stammen, 
und nit von gebomen Christen herkommen, Zugesannt dem Christenlichen 
seynen liehen Bruder Andrea Oslander, Prediger zu Nürnberg, der samlung 
sant Lorentzen Pfarr genandt s. 1. e. a 5 Bll. in 40, auch abgedruckt bei 
Hummel: Neue Bibliothek von alten und seltenen Büchern, Nürnberg 1775, 
I, S. 415 fg., der es wol mit Eecht ins Jahr 1523 setzt, in welchem Oslan- 
der Pfarrer zu St. Lorenz in Nürnberg wurde. Ueber Oslander vgl. unten. 
Wer die »gaistlich person" ist, von der Böchenstein tadelnd spricht, ist nicht 
bekannt. 

3) Dass er auch von Juden ge]ias8t sei, weil er ihre Sprache gelernt 
habe, gibt er in dem unten anzuführenden Briefe an Eeuchlin an; als einzige 
Ausnahme nennt er seinen Lehrer Moses Möllin aus Weissenburg. 

Geiger, Stadiam. 4 



50 Johann Bo8clien«itein und Matthäus Adrianos. 

darnach getreuwe frumme Christglaubige schulmayster gehapt 
an vil orten, auch auflf Hohenschulen bey frummen gelerten 
männern die schriflft gelernt." Er kannte den Grund des gegen 
ihn gerichteten Vorwurfs ganz gut und spricht sich am Schlnss 
darüber so aus : ^^Allerliebster Andrea, dises hab ich dir znge- 
schriben, das ich way^s, dich auch mit sollich gleicher that 
angetascht und verletzet von aynem Phariseyschen menschen 
mit unwarheit, wir müssen entgelten der Hebrayschen 
hayligen sprach; so wir von Christenlichen altem geborn, 
und diser (bey vns ungewonlichen) hayligen zungen ain 
wenig bericht seynd, von unverstandnen menschen verhasst 
werden." 

Trotz dieses energischen Dementis, das Böschenstein dem 
über ihn verbreiteten böswilligen Gerüchte entgegensetzte, er- 
hielt es sich doch und selbst Sebastian Münster gab sich, 
vielleicht durch kleinlichen Neid dazu bewogen, zur Verbrei- 
tung desselben her. Zu der Angabe, dass Böschenstein ein 
getaufter Jude gewesen, fügt er den neuen Vorwurf hinzu, 
dass er zu den getauften Juden gehört habe^ „die am An- 
fange des erwachenden Studiums privatim aber ohne Erfolg 
die heilige Spracfie lehrten, da sie kein lateinisch verstanden ; 
Böschenstein namentlich habe seinen Schülern viel Geld abge- 
nommen, aber nichts gelehrt. Zeugen sind die, die ihn gehört 
haben" ^). Den letzten Vorwurf ebenso absolut zu verneinen, 
wie den ersten, ist aus Mangel an Zeugnissen nicht möglieb; 
die drei Männer, von denen es hauptsächlich bekannt ist, dass 
sie Böschensteins Unterricht im Hebräischen genossen haben, 
Caspar Amman, Johann Eck und Sebastian Sperantius, haben 
sich allerdings nicht über ihn beklagt^). 



1) Fuerunt et in exordio huius nascentis studii quidam baptizati 
Judaei, qui privatim sed sine fructu docuerunt sacram linguam, carentes 
latinae cognitione, inter quos Joannem Auchsenstein nrnnerandum censeo, 
qui levato multo aere a discipulis nihil docuit. Testes sunt qui iUum audie- 
runt. Sebastian Münster, Vorrede zum Opus grammaticum consummatum. 
Die Corrumpirung des Namens Böschenstein in »Auchsenstein« darf nicht 
Wunder nehinen ; in gleicher Weise kommen Bossensthenius u. A. vor. 

2) Ueber Johann Eck s. o. S. 30, A. 1, über Caspar Amman unten, 
Sebastian Sperantius war Bischof von Brixen und stand mit Beuchlin in 
Briefwechsel. Diese und viele andere nennt Böschenstein als seine Schüler 



Johann Böschenatein und Matth&as Admnns. 51 

Aach sonst ist es nicht sehr wahrscheinlich, denn er war 
als Lehrer sehr gesucht, und wenn ihm das Glück nirgends 
hin folgte, so war das nicht die Schuld seines Mangels an 
Fähigkeit. Nachdem er in Esslingen (?), seiner Vaterstadt, das 
Hebräische gelehrt, aber hier Verfolgungen von den Feinden 
der Aufklärung zu erleiden gehabt hatte und sogar ins Ge- 
fängniss geworfen worden war '), ging er 1514 nach Augsburg 
und setzte hier seine gewaltsam unterbrochene Thätigkeit 
fort, ohne sich auch hier den Vorwürfen wegen seiner Ab- 
stammung und sonstigen gehässigen Anklagen entziehen zu 
können. Dann gehörte er Ingolstadt eine kurze Zeit an — 
wol nicht als Universitätslehrer, 1518 kam er nach Witten- 
berg. Melanchthon hatte bald nach seiner Ankunft in Witten- 
berg auch hebräisch zu lehren angefangen, doch freut er sich 
über die Berufung Böschenstein's : er wolle ihm gerne den 
bisher innegehabten Platz einräumen, ihn in seiner Aufgabe 
soviel als möglich unterstützen, um ihm zum Schreiben und 
Herausgeben Zeit zu lassen ^). „Von Böschenstein gefallt Alles 



in einem Briefe au Reuchlin, 2. Juni 1514, mit welchem er ihm eine kleine 
Schrift widmet. Dieselbe fuhrt den Titel : nrniK »anK Dm CONTENTA 
IN HOC LIBELLO NVPER a Joanne boeschenstein esslingensi edita 
Elementale introductorim in hebreas literas teutonice et hebraice legen- 
das u. s. w. Am Ende: Auguste ex officina Erhardi oeglin mense Maio 
Anno MDXmi, 3 Bogen ä 4 BU. in 40. 

Dieses sehr seltene Schriftchen (ich habe es aus* der Heidelberger 
Bibliothek benutzt) wird als das erste in Augsburg gedruckte hebräische 
Buch angeführt. Es enthält ausser der kurzen Anweisung jüdisch -deutsch 
zu schreiben, dem ersten von christlicher Seite gemachten Versuche dieser Art, 
das eigentlich hebräische Alphabet; Begeln über das Schewa und die Punkte; 
die Zehngebote," das Vaterunser, Ave Maria, Credo, Magnificat und einige 
Stücke aus den Evangelien hebräisch, lateinisch und deutsch. In dem Briefe 
sagt er, dass er das Schriftchen auf Verlangen seiner Schüler, namentlich 
aber auf dringendes Bitten Reuchlins veröffentlicht habe. 

1) Brief an Keuchlin : Nam quod scis me similis fortuna multos annos 
agitavit, quando scilicet a rabidis indigne laceratus et in carcerem coniectus fui. 

2) Melanchthon an Spalatin, Anfang September 1518. Corpus Refor- 
matorum I, col. 44 fg. Das Album Academiae Wittebergensis ed. Förste- 
mann p. 77 erwähnt zwischen dem 2. und 5. November 1518 unter den 
Eingeschriebenen: Johannes boschenstein de Esslingen Privilegiatus Cesaree 
Maiestatis Pbr. Hebraice ligue (!) interpres Dioc. Constancien. ; aber das 
Datum muss, wenn man nicht annehmen will, B. habe sich einige Monate 
nach seiner Anstellung einschreiben lassen, irrig sein. 

4* 



52 Johann BÖschenstein and Matthäus Adrianns. 

sehr wohl", schreibt er an seinen Freund Spalatin ^), begleitet 
die Grammatik Böschensteins mit einem kurzen Nachwort und 
beeilt sich, dieselbe an Spalatin und an den Churfürsten von 
Sachsen zu schicken^). Im Anfang des nächsten Jahres 
empfiehlt er ihn an Christoph Scheurl in Nürnberg (wohin 
Böschenstein vielleicht im Auftrage der Universität ging) mit 
dem Zusätze, dass es ein trefiSicher Mann sei^). Aber im 
April verliess Böschenstein die Universität, weshalb? ist dai^ 
mals nicht klar gewesen und ist es heute noch weniger. 
Man bedauerte seiner Kenntnisse wegen ihn verloren zu haben, 
aber Luther vergisst ihm nicht einen kleinen Fusstritt -mit- 
zugeben, indem er ihn unsern Böschenstein nennt, „dem Namen 
n^ch ein Christ, in der That aber ein Erzjude,"*) und Me- 
lanchthon erzählte boshaft genug 1550 Folgendes über ihn:^) 
„Wir hatten vor 30 Jahren einen Professor des Hebräischen 
hier, der sagte: was soll ich thun? ich kann anderswo leben, 
wo ich mich besser stehe. Ich fragte, welchen Ort er meine. 
Er antwortete : ich könnte in Eegensburg unter den Juden frei 
leben. Einmal ging ich des morgens der Gesundheit wegen 
in ihrem Tempel spazieren. Da kam eine alte Frau, gab mir 
einen Batzen und bat mich für sie eine Messe zu lesen (!), 
ebenso eine zweite und eine dritte, so kann ich die Woche 
sechs Batzen verdienen." 

Von Wittenberg begab sich Böschenstein nach Augsburg, 
aber er blieb hier nur kurze Zeit; er kam nach Heidelberg, 
wo sein Aufenthalt gleichfalls nur ein ziemlich vorübergehen- 
der war — von seiner traurigen Existenz daselbst ist an 



1) 14. September, Corp. Bef. I, col. 45. 

2) 16. December 1518, 1. c. I, col. 56. 

.8) 26. Januar 1519: Joannem Boeschenstain egregie doctum in hebraids 
meo privatim, dein et public© Universitatis nomine, tibi com- 
mendo. Bonus vir est. 1. c. I, col. 61. 

*) An Job. Lang, 4 post Judica 1519; de Wette, Luthers Briefe I, 254 
deutsch bei Walch, Luthers Werke, Band 15, Anhang S. 99 S, 

5) Narationes iucundae et utiles ex praelectionibus . . . Philippi Me- 
lanchthonis, früher handschriftlich im Besitz von J. G. Schelhorn, angeführt 
in dessen Ergotzlichkeiten aus der Kirchenhistorie und Literatur, 1763, 
IL Band, S. 737. Der Name Böschensteins ist nicht genannt, aber schon 
Schelhorn hat ihn ergänzt. 



JolMDii Bdflchenstein und MattUiu Adri*nas. 53 

anderm Orte zn sprechen, lieber sein späteres Schicksal fehlen 
die Nachrichten, er starb 60 Jahr alt. 

Seine schriftstellfrischen Leistungen können nur theil- 
weise in den Bereich der Betrachtung gezogen werden. In 
Wittenberg veröffentlichte er 1518 eine hebräische Grammatik *), 
bei d^r bekanntlich die typographische Merkwilrdigkeit zu 
erwähnen ist, dass für die zahlreich vorkommenden hebräischen 
Wörter, ganze Tabellen u. s. w. ein leerer Baum gelassen 
und dieselben nur hineingeschrieben sind. Böschenstein wid- 
mete sein Werk dem Churflirsten von Sachsen. Der höchste 
Ruhm sei der der Wissenschafken, er, der Fürst, habe ihn 
sich dadurch erworben, dass er auf seiner Universität die 
drei Sprachen lehren lasse, was bis dahin unerhört sei. Er 
müsse daher, setzt er mit einer gewissen stolzen Wohlgeßillig- 
keit hinzu, als der erste öffentliche Lehrer ihm, der zuerst 
einen Hebräer an eine Universität berufen, sein Werk widmen. 
Zwanzig Jahre lang habe er bereits privatim diese Sprache 
gelehrt, welches Glück flir ihn, sie nun öffentlich vortragen 
zu können ! Dieses glückliche Bewnsstsein erhebe ihn über all 
den Neid, dem er bisher ausgesetzt gewesen sei, die Verfol- 
gungen, die er bisher zu dulden gehabt habe. „Die Juden 
hassten mich, weil ich eine Wissenschaft lehrte, die bisher 
den Christen unbekannt war; von ungelehrten und ungebildeten 
Priestern wurde ich beschuldigt mit Juden umzugehn, wäh- 
rend ich mich ihrer nur soweit bediente, um ihre wilden 
Weinstöcke in den Weinberg des Herrn zu tragen"*). 



1) Hebraicae Grammaticae institutiones studiosis sauctc lingue a D. 
Johann Boschenstain C. M. C. collecte. (Das Büchlein geht von links nach 
rechts) 4 Bogen ä 4 Bll. in 40. Auf der letzten Seite kurzes Nachwort 
Melanchthons; darunter: Wittenbergii in officina Joannis Grunenbergii Anno 
domini MDXVIII. Förstemann (in der Anmerkung zu Corp. Ref. I, col. 54) 
meint, die Buchstaben C. M. C. hätten Bezug auf Böschensteins Titel: 
Eaiserl. Maiestat gefreieter hebräisch. Zungenmeister. 

2) Vgl. 0. S. 49, A. 1. Die letzte Stelle, die wie die vorhergehenden ziem- 
lich stark ruhmredig ist, lautet: Odio Judaeis eram quod literas publicarem 
hactenus vulgo Christiano ignotas, a plerisque indoctis et male imbutis sacrificis 
criminabar iudaice consuetudinis quibuscum eatenus conversatus sum quatenus 
feraces eis vites auferrem in vineam domini conserendas. Den Schluss bildet 
ein schönes Lob Eeuchlins : Omnium autem quae vel hactenus scripsi, aut scrip- 
turos aliquando sum, clarissimum virum D. Joannem Beucblin Juris divini 



54 Johann Böschenstein und Matthäus Adrianus. 

Die Grammatik ist ,eiiie eigenthümliche Verbindung prak- 
tischer und theoretischer Lehrmethode. Nach der Aufzählung 
der Buchstaben wird die Eintheilung derselben, die Conso- 
nanten, Vokale, dann das Schewa behandelt; darauf folgt unter 
dem Titel: Incipit Genealogia Marie virginis ex qua homo 
natus est, ßex regum Hiesus tV^^ V^^lni deus optimus maxi- 
mus, die hebräischen Namen der Glieder dieser Geschlechter- 
reihe von Adam an, und die folgenden 5 Blätter sind mit der 
Erklärung dieser Worte, die zwei geschriebene Seiten aus- 
machen, angeftlllt, in der jeder einzelne Buchstabe, jedes 
Zeichen, die Zusammensetzung der Silben u. s. w. ausein- 
andergesetzt wird. Dem eigentlich grammatischen Theil Ars 
grammatica ist der bei weitem kleinere Theil des Büchleins 
eingeräumt, er bespricht die Redetheile, die Deklination, die 
Artikel, die Zahlwörter, die Bezeichnung derselben mit Buch- 
staben, die Pronomina, endlich das Verbum, wo pakad als 
Paradigma zu den ziemlich kurz gehaltenen Tabellen gegeben 
wird. (Die Ausdrücke Kai, Niphal u. s. w. finden »sich nicht, 
statt dessen wird Prima conjugatio, passivum primae u. s. w. 
gesagt.) Zum Schluss wird nochmals eine kurze Uebersicht 
der Buchstaben und der Vokalzeichen gegeben. 

In Augsburg veranstaltete Böschenstein eine Ausgabe der 
Grammatik des Moses Kimchi, er hatte von dem Verleger 
Sigismund Grimm den Auftrag erhalten, die Fehler, von denen 
die vorhandenen Exemplare des Buches wimmelten, zu be- 
seitigen ^). Jedenfalls verstand er sich auf diese Arbeit besser 
als auf die Uebersetzung biblischer Bücher ins Deutsche, seine 
Uebersetzung der Klage Jeremias und des 9. Cap. Daniels *) 



ac humani consultam, qui primus ex latinis de Hebraicis literis scribere 
adorsns est, et patronum et iudicem, ut semper veneratus sum, ita nunc 
quoque dico et veneror. Auch bei einigen Erklärungen in der Grammatik 
findet sich der Zusatz : Secundum praeceptorem nostrum D. Keuchlin. 

1) Eudimenta Hebraica Mosche Kimchi a J.;Boeschensteinio revisa. 
Augsburg 1520. Vgl. Wolf: Bibliotheca hebraea vol. III, p. 810. 

2) Die klage Jeremie über Jerusalem, mit sampt dem gepet Danielis 
am 9. Kap. auss dem warhaflftigem Text, vonn wort zu wort verteutscht 
durch Johann Böschenstein, K. Ma. gefreyter lehrer der Hebrayschen Zungen, 
1529 in 80. 



Die Schüler de? Elias Levita, Paul Fagius und Sebastian Mänster. 55 

ist in einem so jämmerlichen Deutsch abgefasst, dass man 
Schelhorn ^) nicht Unrecht geben kann, wenn er nach Mitthei- 
lung einiger Proben ausruft: Wer sieht nicht hieraus, dass 
zwischen unseres theuren Lutheri und Böschensteins Ueber- 
setzung ein so grosser Unterschied als zwischen Tag und 
Nacht sei. 



V. 

Die Schüler des Elias Levita, Paul Fagius 
und Sebastian Münster. 

Wir haben bereits mehrfache Beispiele davon gehabt und 
werden noch einigen begegnen, dass Christen von Juden im 
Hebräischen unterrichtet wurden ; oft sind uns die Namen der 
jüdischen Lehrer tiberliefert, manchmal auch nicht, selten 
waren es Männer von irgendwelcher Bedeutung, Keiner hatte 
sich als Schriftsteller ausgezeichnet. Ein Anderes ist es bei 
Elias Levita: er ward der jüdische Lehrer der Christen- 
heit. Eigentlich gehört er nicht in den Rahmen unserer Dar- 
stellung; nur seiner Lehrthätigkeit hätte kurz gedacht werden 
müssen. Aber die wissenschaftlichen Arbeiten seiner beiden 
hauptsächlichen Schüler Fagius und Münster — von denen 
übrigens nicht feststeht, wann sie seinen Unterricht genossen 
— knüpfen sich zu eng an ihn an, kehren immer wieder auf 
ihn zurück, bald durch Herausgabe, bald durch Uebersetzun- 
gen seiner Werke, so dass es unmöglich ist, ihn aus unserer 
Darstellung zu entfeinen. 



1) J. G. Schelhorn 1. c. (s. oben S. 52, A. 5) H, S. 615 fg. — Eine Zu- 
sammenstoppelung von Stellen des alten und neuen Testaments ist Böschen- 
steins Schrift, die, wie es scheint, sehr selten ist (Böckings Bibl. in Bonn). 
Ain getreuwe ermanung zu allem volck geistUchs und weltlichs Stands der 
Crystenlichen kirchen, aufrur unnd zwytracht zu verhüten. 0. 0. u. J. 
6B11. in 40. Er nenne seinen Namen in dieser Schrift nur „So mir aber 
meiner person noch vil unnbillichs auffgelegt , auch änderst und in annder 
gestalt aussgelegt wird, dann mein verstand ist," 



56 I>ie Schftler d$8 Elias L«vita, Pavl Fagios und Sebastian Mtknster. 

Eliah ben Ascher ha-Levi, auch. Aschkenasi 
(Deiitgcher)^ nach seinen Werken : Bachnr, Tischbi, von den 
Christen Elias Levita genannt, war inKenstadt an der Aisoh 
bei Nürnberg geboren 1472 1), hatte seine Erziehung wol in 
Deutschland genossen und war vermuthlich seiner Ausbildung 
wegen nach Italien gegangen. Wir treffen ihn 1504 — 1509 in 
Padua, wo er das Hebräische lehrte, dann in Venedig bis 1512, 
wo freilich die Bltithe der jüdischen Typographie noch nicht 
vorhanden war, die erst durch Bomberg gezeitigt werden sollte, 
später in Born. Hier lernte er den Cardinal Egidio (Petrus 
Aegidius von Viterbo (?) Freund und Gönner Eeuchlins) kennen, 
wurde in seinem Hause aufgenommen und unterrichtete ihn 
im Hebräischen und empfing von ihm mannigfache Belehrung 
im Griechischen und in den profanen Wissenschaften ^). Nach 
14 jährigem Aufenthalt vertrieb ihn aus Bom, wie fast zwanzig 
Jahre vorher aus Padua, die Eroberung der Stadt (1527); er 
selbst zog aus, aller seiner Habe, auch seiner Bücher, be- 
raubt. Nun nahm er seilen bleibenden Wohnsitz in Venedig, 
unterbrach seinen ruhigen, ganz der eifrigen schriftstellerischen 
Thätigkeit gewidmeten Aufenthalt nur ftir ein paar Jahre, als 
er im Jahre 1541 dem Bufe des Fagius nach Isny folgte, und 
starb in Venedig, das er wie seine Vaterstadt liebt, in der er 
sterben wolle % 1549, 77 Jahre alt. 

Levita war der Lehrer der Christenheit: das wurde ihm 
zum Vorwurf angerechnet; dass er bei dem Cardinal Egidio 
gewohnt, als Verbrechen ausgegeben. Er bekannte es stolz 



1) Man hat an dieser Angabe vielfach gezweifelt und gesagt, Elias sei in 
Italien geboren. Mir scheint in dieser Hinsicht das bisher unbeachtete Zengniss 
Münsters entscheidend (Vorrede zum Opus grammaticuni consunnnatom) : Inter 
hos omnes excitavit Dominus et in Italia Judaeum quendam qui tamen natus 
fuerat in Germania, in Nova sciücet civitate super amne Eysch, haud pro- 
col a Nurmherga, Eliam nomine. Die folgenden Lehensnachrichten gibt 
Elias selbst in einer der Vorreden zu seinem Buche tTPOtän n*niD& 'HO 
und zerstreut an anderen Stellen. Kritische Feststellung einiger Einzel- 
heiten gibt de Bossi: Historisches Wörterbuch der jüdischen Schriftsteller, 
übersetzt von Hamherger, Leipzig 1839, S. 178—183. 

s) Das betont er besonders in seiner hebräischen prosaischen Vorrede 
zu seinem Werke Tischbi. 

8) de Rossi a. a. 0. S. 178. 



Die 6ch&]er des ElUe Levita, Paa] Fagins nod Selwetian Xftneter. 57 

und rühmte sich dessen^). Noch könne er sagen: Preis dem 
Herrn, ich bin ein Hebräer, ich ehrfttrchte Gott, der Himmel 
und Erde geschaffen. Die Lehrer hätten nur verboten, den 
Christen die Geheimnisse des Schöpfangswerkes , des gött- 
lichen Wagens zu lehren, die 7 noachitischen Gebote aber 
hätten sie ausdrücklich erlaubt; wie sei es aber möglich 
darin zu unterrichten, wenn man nicht vorher den Schülern 
die hebräische Sprache, in der diese Gebote geschrieben 
wären, beibrächte? Nicht bloö' einen habe er die hebräische 
Sprache gelehrt, sondern eine grosse Zahl Schüler gehabt, 
und alle diejenigen, welche wieder von diesen gelernt, wolle 
er als seine Schüler anerkennen. Diese Mittheilnng ergänzt 
Fagius*), wenn er berichtet, dass Levita zahlreiche Schüler 
gehabt, aber nicht blos unbedeutende Leute, sondern die her- 
vorragendsten Männer unter denselben gezählt, Cardinäle, 
Bischöfe, Gelehrte an allen Orten. Alle würden wünschen, 
dass seine Jahre stets sich erneuerten; das wäre ein grosser 
Vortheil für Alle, Juden und Christen, die sich mit der hei- 
ligen Sprache beschäftigten. Mit welchem Beifall sein Unter- 
richt aufgenommen wurde, das zeigen die verschiedenen Be- 
rufungen, die er von mehreren Seiten, unter Anderm auch 
vom König von Frankreich nach Paris, erhielt; er schlug sie 
aber aus'). 

In welcher Weise ihn die deutschen Gelehrten betrach- 
teten — und dieser Gesichtspunkt ist jetzt flir uns von haupt- 
sächlicher Wichtigkeit — zeigt am besten die ausführliche 
Schilderung, die Paul Fagius von ihm entworfen hat*): 
„Levita ist ein ausgezeichneter Grammatiker, eine seltene 
Eigenschaft bei den Juden überhaupt, besonders bei den 



1) Das Folgende aus seiner oben, S. 56 Anm. 1, angeführten Vorrede. 

2) In seiner gleich näher zu besprechenden lateinischen Vorrede zu 
Levita's Tischbi. 

8) Hebräische prosaische Vorrede Levita's zum Tischbi, vgl. Frensdorff : 
Aus dem Sefer Hasichronot von Elias Levita in Frankeis Monatsschrift für 
Geschichte und Wissenschaft des Judenthums, 1863, XII, S. 18 und Anm. 3. 

*) Lateinische Vorrede zum Tischbi Isnae in Algavia MDXXXXI. Das 
Werk selbst wird später betrachtet werden. Die im Text gegebene Ueber- 
setzung macht keinen Anspruch auf Wörtlichkeit, sondern nurauf treue Wieder- 
gabe des Sinnes. 



58 Die Schüler des Elias Levita, Paul Fagius und Sebastian Münster. 

deutschen, sein ganzes Leben hat er damit zugebracht, um 
sich diese Kenntnisse anzueignen. Die Werke bewährter 
Schriftsteller hat er alle gelesen, von seinem Verständniss 
derselben in seinen eigenen Schriften ruhmvolles Zeugniss 
abgelegt. Aus diesen Schriften haben Alle geschöpft, die sich 
mit hebräischer Sprache beschäftigt; die in derselben gegen- 
wärtig verbreiteten Kenntnisse sind sein Verdienst, das die 
Schüler laut und ohne Erröthen anerkennen. Wie die he- 
bräische, so kennt er auch die chaldäische Sprache, die chal- 
däischen Bibeltibersetzer hat er mit Fleiss und Sorgfalt ge- 
lesen, eine Frucht dieser Studien ist sein chaldäisches 
Wörterbuch *). In der Bibel, mit der sich die übrigen Juden, 
die ihre Zeit meist auf thalmudische Spielereien und andere 
Nichtigkeiten verwenden, kaum beschäftigen, ist er so gelehrt, 
dass er nicht nur den Anfang aller biblischen Bücher, sondern 
auch einzelne Verse, Redensarten, Zeichen, Accente u. A. m. im 
Gedächtniss hat, was bei einem so bejahrten Manne durchaus 
wunderbar erscheint. Gerade dieses Alter gibt dem verdienten 
Manne ein nicht geringes Ansehen, es empfiehlt seine Gelehr- 
samkeit als eine in vielen Jahren erprobte, zeigt das, was er aus 
seiner Rüstkammer hervorholt, nicht als neu entstanden, son- 
dern als wohl und vielfach überlegt und durchgesprochen, als 
fest und solid begründet. Von einem solchen Mann muss 
man lernen, von ihm, der, obgleich er Jude, dem christlichen 
Glauben nicht feindlich gegenübersteht, nicht spöttisch wie 
die übrigen seiner Glaubensgenossen über Christus sich aus- 
drückt, der ausser seinen positiven Kenntnissen einen reichen 
Schatz von Erfahrung besitzt und alles dies bereitwillig und 
mit wunderbarer Geschicklichkeit mitzutheilen versteht. Nur 
ist zu furchten, dass das hohe Greisenalter diesen Mann eines 
Tages unversehens aus unserer Mitte herausreisst , bis dahin 
aber. muss man Gott danken, der ihn so lange erhalten und 
der todbringenden Parze noch nicht gestattet hat seinen 
Lebensfaden abzuschneiden. Vor Allen bin ich ftir diese 



1) (ut) ex illis Lexicon Chaldaicum doctissimum et utilissimum , cni 
nomen pJ^TlMö fecit, coUegerit, qnod propediem in communem utilitatem 
omnium studiosorum linguae sanctae Jl"^ (DtWl nat^*» DM» (so Gott will) excndi 
cuarbimus. Es erschien noch in demselben Jahre 1541, 



Die Schftler des Elias Levita, Paul Fagius und Sebastian Mftnster. 59 

Wohlthat verpflichtet, denn mir war vergönnt, nicht nur die 
Schriften dieses Mannes zu lesen, sondern ihn selbst in der 
Nähe zu haben, als Gast aufzunehmen, mit ihm zu plauderm 
Mund an Mund, wie der Hebräer sagt, mit ihm zu verhandeln; 
mit seinem Bath und seiner Hülfe, die Elias, dieser, obgleich 
ein Jude, dennoch seiner ausgezeichneten Gelehrsamkeit und 
seiner wunderbaren Milde und Freundlichkeit alles Lobes 
würdige Mann, so gern ertheilt, meine hebräische Druckerei ^) 
zu beginnen. Mir liegt es daher besonders ob, die des 
hebräischen Studiums Beflissenen zu ermahnen, diesen Mann 
zu loben und zu preisen, dass er nach Deutschland ge- 
kommen, um den Dank gegen -sein Vaterland 2) durch seine 
Schriften abzutragen, die er in ihm veröffentlicht, der, obgleich 
von vielen Jahren gedrückt, nicht die verdiente Buhe aufsucht, 
sondern Tag und Nacht unaufhörlich den hebräischen Studien 
obliegt .... Noch eins, lieber Leser, wenn Du in diesem 
Buche einige jüdische Spöttereien antriffst, so wisse, dass sie 
nicht von Elias angeführt sind, um sie zu billigen oder ihnen 
Glauben beizumessen, wie er selbst an einer Stelle deutlich 
bezeugt 3), sondern dass diese Stellen nur der Erklärung 
wegen beigefügt sind. Ich habe daher in meiner üeber- 
setzung diese Stellen' ausgelassen. Du sollst aus ihr nur die 
hebräische Sprache kennen lernen, nicht den jüdischen Glau- 
ben billigen.*' 

Die letzte Stelle namentlich ist überaus interessant, das 
Ganze aber zeigt, wie sehr ein Jude durch seine Kenntnisse 
nicht nur, sondern auch vermöge seiner Persönlichkeit im 
Stande war, Achtung und Verehrung seitens der Christen sich 
zu verschaffen. Auch Sebastian Münster hegte die grösste 
Verehrung vor seinem Meister, beide wetteiferten, die he- 
bräisch geschriebenen Schriften des gelehrten Juden durch 
Uebersetzung einem weiteren Kreise zugänglich zu machen. 
Levita freute sich seiner Jünger, und wenn er Münster auf- 



1) lieber die hebräische Druckerei, die Fagius in Isny errichtete, 
siehe unten. 

2) Vgl. oben S. 56, Anm. 1. 

3) Ut alicubi etiain manifesto testatur. Mir ist die Stelle, auf die hier 
angespielt wird, nicht bekannt. 



60 Die 8chft]er des Elias Levita, Paul Fagins xtnä Sebastian Mftiuter. 

forderte eine seiner Schriften zu übersetzen^), so ehrte er 
den Fagius mit seinem Besuche, arbeitete wacker in seiner 
Gemeinschaft und gab ihm grosse Lobsprüche, er verdiene, 
dass auf ihn angewendet werde was man über Maimonides 
gesagt habe: Von Paulus bis Paulus stand keiner auf, wie 
Paulus 2). 

Elias Levita war im Leben und in der Wissenschaft von 
der grössten Bescheidenheit. Ein stiller, emsiger Arbeiter, 
will er aus seinem einmal gewählten Arbeitsfelde, der Gram- 
matik und der Massorah, nicht herausgehen ; bei seinem ersten 
etymologischen Interpretationsversuche entschuldigt er sich 
wegen seines Wagnisses. Es habe einmal ein Schuhmacher 
einen Maler auf einen Fehler im Zeichnen von Schuhen auf- 
merksam gemacht, da habe dieser den Fehler dankend ver- 
bessert; dadurch kühner geworden, habe der Schuhmacher 
auch an den Knieen etwas aussetzen wollen, da habe ihn 
der Maler mit Schande und Spott weggejagt. Er flirchte, es 
werde ihm auch so gehen, es werde Jemand zu ihm spre6hen: 
Was willst Du hier Elias? gehe und sprich über Grammatik 
und Massorah, aber hüte Dich in Fremdes Dich einzulassen, 
unbekannte rabbinische Wurzeln zu erklären^). Wenn er in 
seinen Werken auf etwas Philosophisches, Kabbalistisches zu 
sprechen kommt, so weist er es als nicht in sein Fach 
schlagend ab , keineswegs aus Verachtung , wie er z. B. von 
der Kabbalah sagt: Ich bin nicht würdig ihren Inhalt zu er- 
örtern, denn ob meiner Sünden habe ich diese Wissenschaft 
nicht gelernt, und die Kenntniss dieser Heiligen weiss und 
begreife ich nicht. Namentlich in seinem Werke Tischbi tritt 
dieser Standpunkt hervor. Tischbi (oder Thisbite, Beinamen 
des Propheten Eliah, an Zahlenwerth = 712) enthält die Er- 
klärung von 712 rabblnischen Wörtern. Es wurde von Fagius 
herausgegeben und mit einer lateinischen Vorrede und Ueber- 
setzung versehen*). Levita erzählt, wie er nach Beendigung 



1) Das berichtet Münster in der Einleitung zn Levita's ISTW^ Basel 1527. 

2) Prosaische hebräische Vorrede zum Tischbi. 

3) Poetische hebräische Vorrede zum Tischbi. 

A) Opusculum recens hebraicum a doctissimo Hebraeo Elia Levita 
Germano Grammatico elaboratum, cui titulum fecit •'5\rn i. e. Tischbi, in 



Die Schfiler des EliM Lerito, Paul Fagias and Sebastwii Mflnater. 61 

des Baches einen Druckort gesucht habe und es nach Bologna 
zu ^omberg habe schicken wollen , da sei ihm aus Deutsch- 
land die freudige Kunde gekommen, ein Christ habe eine 
hebräische Druckerei gegründet, erbitte sich seinen Beistand 
dazu und wolle seine Werke drucken. In dem Werke wollte 
er keineswegs, wie das talmudische Lexikon, der 'Aruch, alle 
talmudischen und midraschischen Ausdrücke zusammenstellen, 
sondern nur solche, bei denen er etwas Neues zu sagen 
wtisste. Zu jeder Wurzel habe er Erläuterungen aus den 
chaldäischen Bibelübersetzungen, Beweise aus anderen Spra- 
chen, dem Griechischen, Lateinischen und Italienischen, bei- 
gebracht. Wie er in kabbalistischen Dingen zu Werke geht, 
haben wir schon gesehen; hören wir, wie er philosophische 
und allgemeine Beligionsbegriffe erklärt. Bei dem Wort 
N3n D^ly : „zwischen den Neueren ist ein Streit über die Zeit 
der künftigen Welt. Einige sagen, sie bedeute das Leben 
der Seele, das gleich nach dem Tode beginne. Andere, sie 
sei die Zeit des Messias, die Dritten, sie sei die Zeit der 
Wiedererweckung der Todten. Jeder bringt Beweise zur 
Unterstützung seiner Meinung herbei, ich bin nicht würdig, 
mich unter die Schaar dieser Weisen zu mischen; wer die 
Frage genau ergründen, will , der sehe die Erklärung Isaak 
Abarbanells nach". Auf dasselbe kommt er auch bei dem 
Worte «Ü^ TDIJ zurück, wo er den Unterschied dieses und 
des ersteren ebensowenig wie die wahre Bedeutung dieser 
Ausdrücke entscheiden will. Bei DT}5» „die Meinung der 
Alten, das Paradies habe vier Eingänge gehabt, als An- 
deutung des himmlischen Viergespanns, will ich nicht er- 
örtern". Auch von Thalmudischem spricht er mit gleicher 



quo 712 Yocum quae sunt partim Hebraicae, Chaldaicae, Arabicae, Graecae 
et Latinae, queque in Dictionariis non facile inveniuntur, et a Eabbinis 
tarnen Hebraeorura in scriptis suis passim usurpantur: origo, etymon, et 
verus usus docte ostenditur et explicatur per Paulum Pagium in gratiam 
studiosorura linguae Sanctae latinitate donatum. Eationem Tituli invenies 
in Praefotione authoris. Impressum Isnae in Algavia, Anno MDXXXXI. 
(Vorreden und Schlussseiten unpaginirt) 278 SS. in 4o. Eine Ausgabe mit 
hebräischem Titel ohne lateinische Vorrede und Uebersetzung erschien Basel 
1601, 200 BU. in 40. 



62 Die Schüler des Elias Levita, Paul Fagins nnd Sebastian Münster. 

zurückhaltender Ehrerbietung, obwohl er geistreiche Wortspiele 
liebt. Seine jüdische Hoffnung verbirgt er nicht, wenn er bei "lin 
die Erwartung ausspricht, dass vor 1560 der Messias erschei- 
nen werde. In schlichter Weise bespricht er Christliches. 
Bei Wy, „Die Christen sagen, ihr Messias sei auf Befehl des 
Engels Gabriel Jesus genannt worden , weil er alle Welt er- 
lösen sollte (y'^tf^l"' er wird helfen, erlösen). Andere meinen, 
er habe zufällig so geheissen, wie Viele in jener Zeit." Fagius, 
der sonst sich fast von jedem Zusatz enthielt, fügte hier hinzu: 
„Ich, Paulus Fagius, Uebersetzer dieses Buches, will zur Ehre 
Christi, unseres Erlösers, die Stelle anführen, die sich in dem 
Werke des Josephus, Sohnes Gorions, findet: Zu jenen Zeiten 
lebte Jesus, ein weiser Mann, wenn man ihn überhaupt 
Mensch nennen darf, der viele Wunder that und allen Men- 
schen die Wahrheit verkündete. Er war der Messias, der 
viele Juden und Christen um sich schaarte, den Pilatus in 
Folge der Anklage einiger Angesehenen unseres Volkes ans 
Kreuz schlagen liess. Die ihm angehangen hatten, Hessen 
aber nicht von ihm,' er erschien ihnen drei Tage darauf wie- 
der lebend und that all das Wunderbare, das die Propheten 
von ihm vorhergesagt hatten. Sein Name besteht bis auf den 
heutigen Tag und seine Anhänger werden „Messianische" ge- 
nannt. Ebenso einfach spricht er über NB? Petrus ^), über 
^p Nazarener, Christ 2) u. A. Bald nach dem Tischbi wurde 
der Methurgeman, ein targumisches Wörterbuch, herausgegeben, 
das Fagius gleichfalls mit einer lateinischen Vorrede versah *). 



1) Hier macht er die sprachliche Bemerkung, dass, wie Petra im 
Griechischen, so Pereda im Italienischen und im Targum Stein bedeute, 
ein neues Beispiel der Aehnlichkeit dieser drei Sprachen, von der er schon 
in der Einleitung gesprochen. 

2) In diesem Artikel sind die Worte iy3"ttKön O^Xl ms^ O^vmp 1ph\ 
D'nstlJ TH^ wol nur aus Versehen unühersetzt gehliehen. 

3) Der Methurgeman erschien unter dem Titel: Lexicon Chaldaicum 
authore Eliia Levita quo nuUam hactenus a quoquam ahsolutius aeditum est; 
omnihus Hebraeae linguae studiosis inprimis et utile et necessarium. Ex- 
cusum Isnae Anno MDXXXXI. Mense Augusto. Ausser der Vorrede findet 
sich im Buche seihst keine Bemerkung des Fagius. Anfuhren will ich auch 
ein Büchlein : Nomenciator Eliae Levitae ed. J. Drusius, Frankerae 1652 



Die Schftler^des Elias LeriU. Paul FagiuB nnd SebMtiaa MAnstar. 63 

Die eigentlich grammatischen Werke Levita's sind ziemlich 
zahlreich. Schon während seines Aufenthalts in Padaa be* 
schäftigte er sich mit der Heraasgabe der kurzen Grammatik 
des Moses (älteren Bruders und Lehrers des David) ben Joseph 
Kimchi ^), die ihm damals von einem Betrüger entwendet und 
unter falschem Namen veröffentlicht wurde und die er selbst 
erst fast 40 Jahre später herausgab^); um diese Zeit trifl% 
auch die Ausgabe von David Kimchi's Grammatik und Wörter- 
buch ^). 

Sein erstes eigenes grammatisches Werk war eine unter dem 
Titel lira veröffentlichte Granmiatik, zu deren Abfassung er 
,,durch einen gotterweckten Mann", wie er sagt, veranlasst 
worden sei, den Cardinal E^dius nämlich, dem er auch die 
Schrift gewidmet hat (Rom 1517), die damals und noch lange 
später als eins der vortrefflichsten Lehrbücher über diesen 
Gegenstand gerühmt wurde und durch die Uebersetzung Mün- 
sters eine weite Verbreitung erhielt *). Eine speciellere gram- 
matische Schrift, das HD^vn "IDD über gemischte, unregel- 
mässige Formen, erschien bereits 1518*) und wurde mit Er- 



in 80 wo in 47 SS. (S. 48 — 240 sind Anmerkungen des Job. Drusius) eine 
Anzahl Wörter getheilt in Substantiva, Verba und eine dritte Klasse, die 
alles übrige enthält, nach dem Alphabet der lateinischen Worte lateinisch 
und hebräisch mitgetheilt werden (der Herausgeber hat noch griechisch hin- 
zugefugt), dann einige Grussformeln. Die Worte mischen sich in der bun- 
testen Reihe, ohne jedes System; es ist durchaus nicht ersichtlich, wozu das 
Ganze hat dienen sollen. 

1) riwi 'h^Sfü) '^ItHö* 

2) Venedig bei Bomberg 1546. Noch 1652 wurde in Mantua eine neue 
Ausgabe davon veranstaltet. Die Zusätze des Elias scheinen nicht sehr be- 
deutend zu sein. 

3) brXäb und ü^'y^ beide bei Bomberg in Venedig, letzteres Marche- 
schwan 1547. Die Anmerkungen des Elias stehen mit kleinerem Druck in 
den Text eingerückt, am Anfange einer jeden iTKK'^UITbn VT^K *TÖK» Die 
am Rande stehende lateinische Uebersetzung der einzelnen Worte ist wol 
von Fagius. 548 Spalten in Folio. 

*) Nur ein Auszug befindet sich handschriftlich in dem Cod. 1251 
(fonds hebreu) der Pariser Bibliothek, fol. 1 — 8. 

5) In Rom; der Titel lautet: rfcö h^ p'npi 'Tftra ^^'D n^ynn nßo 

: nyra D-HBO D-ntwn ranKa ntPK naamöl m Es gibt zahlreiche spätere Aus- 
gaben, z. B. 1548; handschriftlich findet es sich im Cod. 1251 (Paris) fol. 12 
bis 49. 



64 I>io Sch&ler des Elias Levita, Paul Fagius und Sebastian Mfinster. 

laubniss Leo's X. gedruckt '). Nach beliebter Weise des Levita 
machen Gedichte den Anfang und Schluss des Buches ^ die 
unregelmässigen, schwer zu erklärenden Worte, die in dem- 
selben einer Besprechung unterzogen werden, sind alphabetisch 
geordnet. Das Werkchen erschien von Mtlnster in lateinischer 
Uebersetzung 2), die, wie er selbst sagt, sich meist wörtlich an 
den hebräischen Text anschliesst, von dem er nur die Ein- 
leitung mittheilt; weitere Zusätze enthält diese Uebersetzung 
nicht. Auch in diesen seinen eigenen Werken folgt Elias 
seinem Meister David Eimchi, macht ihn zum Alleinherrscher, 
bringt nicht neue Ideen, sondern stellt in einfacher, für Beleh- 
rung bestimmter Form den vorhandenen Stoff zusammen. 

Bedeutender als diese grammatischen Leistungen ist das, 
was er über die Accentlehre und die Massorah geschrieben 
hat. Die dahin gehörigen Schriften DytO 3110 und miDDH miDD 
wurden bald nach ihrem Erscheinen von Münster ins Latei- 
nische tibersetzt, der ihre Bedeutung wol erkannte; aber wenn 
er auch ausdrücklich die vorzüglichen Dienste hervorhebt, die 
Elias damit der Wissenschaft, speciell Denen, die sich mit 
Hebräisch beschäftigen, geleistet habe, so meint er doch, 
Elias habe in dem zweiten der angeführten Werke Vieles ge- 
schrieben, was mehr dem Aberglauben seines Volkes als uns 
diene 3). Wir müssen freilich sagen, dass gerade dieses 
zweite Werk epochemachend gewesen ist, dass dieses erst 
die Massorah, diese wichtige, unentbehrliche Handhabe flir 



1) Im Nachwort: rf^T -nnron px«^ 'n^cßK ^TTnv^ r\ift^ nrn ntcn däti 

2) naa^nn nco Composita verborum et nominum Hebraicorum. Opus 
vere insigne atque utile Hebraicae Grammaticae studiosis in primis neces- 
sarium, Eomae Eliae Levitae autore editum et nuper per Sebastianum Mon- 
stenim latinitate donatum. Basileae An. MDXXV mense Novemb. Aa . . . 
Kk ä 8 BU., LI. ä 3 BU. in 8o. 

3) Aus diesem Grunde übersetzte er auch das Werk Masoreth nicht 
ganz, sondern gab nur den Inhalt der einzelnen Capitel an. Die hebräischen, 
von Elias veranstalteten Ausgaben erschienen Venedig 1538, Masoreth 87 SS. 
Tuw Taam 35 SS. in 4© die Münster >che hat zum Titel: Accentnam he- 
braicorum liber unus ab Elia Jndaeo aeditus et iam diu desideratus. Item 
liber Traditionum . . . latine redditus per Sebast. Munsterum. Basileae apud 
Henricum Petrum 1539. 109 SS. lateinisch; X . . . K ä 8 Bll., und noch ein 
unpaginirter Bogen a 6 BIL, hebräisch, kl. 8o. 



t)ie Sctifiler des Elias Levita, Paul FafpuH und Sebastian Münster. (>D 

Kritik nnd Feststellang des biblischen Textes, zugänglich 
machte, durch verständiges Studium derselben neue Blicke 
eröffnete, neue Ansichten ans Licht brachte, die noch bis 
heute nicht zur vollkommenen Erkenntniss gelangt sind. Zur 
Ergänzung und Ausführung verfasste er eine mächtige maso- 
rethische Concordanz — in der einen Vorrede zum Schriftchen 
Masoreth sagt er, er habe zwanzig Jahre daran gearbeitet — 
die nur handschriftlich, freilich ganz druckfertig, vorhanden, aber 
ungedruckt und ziemlich unbekannt geblieben ist *). Die Con- 
cordanz verzeichnet in peinlichster Sorgfalt die Beispiele aller 
einzelnen Formen, z. B. bei den Verben in den einzelnen Zeiten 
jede Person mit den ihnen anzuhängenden Suffixen, lässt aber, 
wie ein bewährter Kenner der Massorah bemerkt, ^) den ebenso 
wichtigen Theil, welcher Accente, Wortverbindungen, Vers- 
formen behandelt, ausser Acht. In dem Werkchen Masoreth 
gab Levita in der dritten Vorrede Bemerkungen über die Neu- 
heit der Punktation: sie sollte, meinte er, nicht zugleich mit 
dem biblischen Texte dem Moses überliefert worden sein; 
Vocal- und Accentzeichen überhaupt nicht vor der Zeit des 
babylonischen Talmud existirt haben, sondern erst durch die 
Lehrer in Tiberias aufgekommen sein ; Bemerkungen, die, weit 
entfernt gleich zur Annahme zu gelangen, zu heftigen Kämpfen 
Anlass gaben, in Uebermaass missbraucht wurden, bis man 
erst allmälich zur richtigen Anwendung kam. Münster sagt, er 
habe in dieser Vorrede vieles Seltene und Vorzügliche gefun- 
den, wunderbare Auseinandersetzungen über die Punktation, 
die Buchstaben des Alphabets und die Accentzeichen, er habe 
daher diese Vorrede vollständig übersetzt, da sie einen Inbe- 
griff der hebräischen Sprachlehre enthalte 3). 

Paul Fagius haben wir als Freund und Schüler des 
Levita kennen gelernt. Er würde, wenn er nicht auch selbst 



1) Die Handschrift, 2 voll, in foL, der erste (5-X) 514, der zweite (D-b) 606 
Bll. enthaltend, befindet sich in der kaiserl. Bibl. in Paris (Cod. 134. 185 
fonds hebreu.) Der Titel lautet .rtJitr nfeö *?3ö .nlDlatC^ tt^|53ö . nl3ln?T nep 

:ni3DDtD nniaaa ,nl3iBX rhx^^ .rfMh pnip-ia .nlsiök^ tjö ,hi3ln p n3K Die Ein- 
leitung zu dem Werke, ohne Beschreiijung der Handschrift, ist mitgetheilt 
von Prensdorff a. a. 0. 

2) Frensdorf a. a. 0. 

3) Münster in der lateinischen Einleitung zu seiner Ausgabe. 

Geiger, Studium. 5 



66 Dio Schfiler des Elias Leviia, Paul Fagins nnd Sebastian Hünsier. 

ßchriftstellerisch aufgetreten wäre, dadurch Bedeutung verdie- 
nen, dass er eine hebräische Druckerei gründete, aus der eine 
Anzahl Werke des Levita hervorgingen. Das geschah in luiy, 
wo Fagius (geb. 1504) lange als Schulmeister lebte und wohin 
er nach einer Unterbrechung, während der er Professor der 
hebräischen Sprache in Strassburg war, 1537 zurtlckkehrte. 
DieErrichtung der Druckerei verdankte er dem Peter Büffler, 
Bürger in Isny, den er in der Vorrede zu dem ersten Werke, 
das seine Presse verliess (1541)^) rühmte als einen sehr frei- 
gebigen Maecenas, als einen sehr redlichen und frommen 
Mann, der wegen des besonderen Eifers, mit dem er allm 
Gelehrten nachgehe und auf dieses fromme Werk seine ganze 
Thätigkeit verwende, unsterbliches Lob bei aller Nachwelt 
verdiene^). Fagius ist ein Schüler des Kapito, dessen 
Nachfolger er in Strassburg wird. Von seinen eignen Schfilem 
ist Johann Drakonites zu nennen, den wir in Wittenberg 
treffen werden, Martin Crusius, der erzählt^), ihn in Strass- 
burg gehört zu haben, Jakob Hartmann und Jakob Velo- 
cianus, dem Ersteren widmet er seine Ausgabe des Tischbi, 
der Letztere hat Elias' poetische Vorrede dazu übersetzt, beide 
nennt er sehr gelehrt im Hebräischen. Fagius ging 1549 nach 
England und starb daselbst in Cambridge am 12. Nov. 1549 
in demselben Jahre, wie Elias Levita. 

Fagius' Werke sind zum Theil Uebersetzungen und Aus- 
gaben von Scbrifken Anderer, zum Theil eigene Schriften. 
Von der ersten Klasse haben wir die der Levita'schen schon 
betrachtet, einige andere müssen erwähnt werden. Es ist 
natürlich, dass Fagius sowie Münster von ihrem jttdischmi 
Meister Eines namentlich lernten : Achtung und Werthschätzung 
der jüdischen Kabbinen, ihrer Leistungen in Grammatik und 
Erklärung biblischer Bücher. Fagius gab den Commentar des 
David Kimchi zu den ersten 10 Davidischen Psalmen, hebräi- 



1) Der Tischbi des Elias Levita. 

2) Liberalissimus Maecenas qui per institnenda officina tjpograpbiea 
caque Hebreä sumptus liberalissime exponit, nempe D. Petrus Bf^erus diis 
Isnensis et honestissimus et piissimus qui ob singulare Studium, qno proee- 
quitur omnes doctos et in ipsam pietatem promoyendam totus incumbit, aeter* 
nam laudem apud omnem meretur posteritatem. 

3) Annales Suevici (1595) Pars III, lib. IX, cap. XIII, p. 525. 



Die Schüler des Elias Levita, Panl Fagin» nnd Sebastian Mfinstor. 67 

sehen Text mit lateinischer Uebersetzong, heraus 0^ der sich 
dem Texte wörtlich anschliesst, aber ohne der lateinischen 
Sprache Zwang anzuthun. Er habe die Uebersetzung veran- 
staltety damit daraas hervorgehe, welche Bedeutung die Schriften 
der Rabbinen für die Erklärung der h. Schrift hätten. In dieser 
Beziehung sei seinem Urtheile zufolge David Kimchi einer der 
hervon-agendsten, der die wörtliche Bedeutung und Eigenthüm- 
lichkeit glücklicher als Andere erfasst zu haben scheine. ,,Denn 
wenn auch die jüdischen Commentatoren auf Christus, der das 
einzige Ziel der heiligen Schrift ist, wenig oder gar keine 
Rücksicht nehmen, ja sogar oft ihn absichtlich bekämpfen, so 
glaube ich doch nicht, dass ihre Werke deswegen ausser Acht 
zu lassen oder gar völlig zu vernichten sind, wie Einige thöricht 
und unsinnig verlangen. Denn sie enthalten Vieles, was 
nicht mit Christus in Zusammenhang steht und doch denen, 
die die heiligen Orakel des alten Testamentes lesen, sehr 
nützen kann, besonders die Erläuterung des Textes nach seinem 
buchstäblichen, grammatischen und historischen Sinn. Unter 
den Öchriftstellern dieser Art ist David Kimchi vielleicht der 
bedeutendste." 

Doch wies er die Gelegenheit nicht ab, den christlichen 
Standpunkt in diesen Studien hervortreten zu lassen : er über- 
setzte ein „Buch des Glaubens und der Wahrheit", das, wie 
er angiebt, vor langen Jahren ein Jude herausgegeben habe, 
um zu zeigen, dass der christliche Glaube vollkommen sei und 
auf der Grundlage der alten heiligen Schrift stehe, und zum 
Beweise, dass das Buch von einem geborenen Juden geschrie- 
ben sei, macht er auf den reinen hebräischen Stil aufmerksam, 
den Niemand leicht so schreiben könne, wenn er nicht in dieser 



1) tDTB Commentarium hebraicum Rabbi David Kimchi in decem primos 
psalmos davidicos, cum versione latina e regione pro exercitamento omnibus 
hebraicae linguae studiosis quibus ad Icgenda Hebraeonim commentaria ani- 
raus est. Per Paulum Pagimn. Constantiae MDXLIIII a — e a 6 Bll. f a 
4 Bll. in Fol. Die Schrift beginnt ohne jede Einleitung und geht von links nach 
rechts. Zuerst werden die einzelnen Psalmen ganz mitgetheilt, dann folgt der 
Commentar ; die erklärten Worte sind gross gedruckt, das Hebräische durchgängig 
punktirt. Eigene Bemerkungen des Fagius finden sich nicht, die im Texte 
angeführten Stellen sind aus einem Schlussworte ad lectorem zu entnehmen. 

5* 



68 Die Schüler Aes iülias Levita, i'ani Fagiu» und Sebastian Münster. 

Sprache erzogen sei *). Er gab ferner hebräische Gebete heraus 
um den Ritus zu zeigen ^), dem auch Jesus sich angeschlossen 
habe, und einen kleinen Traktat eines bekehrten Juden, der 
lehre, warum sich die Juden scheuen, dem christlichen Glauben 
beizutreten, selbst wenn sie dessen Wahrheit erkennen^). 

Sonst hat Fagius keine blossen Uebersetzungen angefer- 
tigt, sondern Werke mit einzelnen Bemerkungen oder ganzen 
Conmientaren begleitet herausgegeben. Am kürzesten fässte 
er sich in seinen Bemerkungen zu den Sprüchen der Väter, ^) 
in denen er sich ganz sachlich und objektiv verhielt und 
zwischen kurzen Sinneserklärungen und Lösung grammatischer 
Schwierigkeiten abwechselt. Die Sprüche, die er hier dem 
lateinisch gebildeten Publikum vorlegte, schätzte er sehr hoch; 
in einem hebräischen Gedichtchen, das seiner lateinischen Ein- 
leitung folgt, nennt er sie tausendjährige Worte, Sprüche der 
Weisen, gegraben in die Herzen, aus denen man schöpfen solle, 
um aus ihnen guten Wandel zu lernen. Schon auf dem Titel 
der Schrift drückt er sich rühmend genug über den folgenden 
Inhalt aus. In ähnlicher Weise ist auch die Ausgabe der 
Sprüche des Sirach und des Tobias veranstaltet. Die lateinische 



1) Die drei folgenden Schriften habe ich nicht gesehen, sie sind mir nur 
aus der Anführung in Michael Neanders Erotemata p. 248 bekannt. Liber 
fidei seu veritatis, preciosus bonus et iucundus, quem doctus quidain Israhe- 
lites ante multos annos edidit ad comprobandum, fidem Chri^tianoruni per- 
fectam esse et niti super fundamentum sacrae veteris scripturae: Impressum 
Isnae 1542 in 4; Hebraice chartis 16 item Latine Paulo Fagjo interprete. 

2) Precationes Hebraicae vielleicht zusammen erschienen mit 

3) Parvus tractatulus ex libro fidei Judaei cuiusdam ad Christianismum 
conversi ante annos 200 in quo obiter ostendit causaa aüquot propter quas 
multi Judaei etiamsi veritatem agnoscant ad fidem nostram accedere verentur. 
Chartae sunt 4 ibidem impressae anno 1542 in 4^. cum translatione Fagii. 

4) Sententiae vere elegantes, piae, mireque cum ad linguam discendam, 
tum animum pietate excolendum utiles, vetemm sapientum Hebraeorum quas 
rrOK ''P"1B id est Capitula , aut si mavis Apophtegmata Patrum nominant in 
Latinum versae scholiisque illustratae per Paulum Fagium in gratiam stu- 
diosorum linguae sanctae. Excusum Isnae, in Algavia oppido imperiaU 
Anno MDXXXXI. Die aus Fagius' Druckerei hervorgegangenen Schriften 
haben alle (als Druckerzeichen) einen in Rahmen eingeschlossenen Baum, an 
dessen vier Seiten Inschriften stehen, an der einen Seite gewöhnlich die 
hebräische : STÖ nß XttTU 3110 /?K b'O Hier findet sich noch folgende : TTpH 
♦ D^nai n^ jr6 Tn» KVW pfctrrt mwaa Die Schrift hat 1 51 Seiten in 40. Die 
Vorrede ist datirt: Isnae 12 Cal. Apr. 1541. 



Die Schüier des Elias LeviU, Panl Fagias und Sebantian M&näter. f*9 

Uebersetzung ist mit Sorgfalt angefertigt, die Bemerkungen zu 
den Sprüchen ohne besonderen Werth. In der Einleitung zu 
der Ausgabe des Tobias, bei der kein Commentar sich findet, 
bemerkt er, dass er den hebräischen Text, den er vorlege, aus 
einem alten constantinopolitanischen Drucke genommen habe. 
Auch in diesem Buche finden sich ein paar hebräische Verschen, 
in denen Fagius Geschicklichkeit in Handhabung der Sprache 
und in Befolgung der poetischen Regeln zeigt*). 

Dem Beispiel des Elias Levita folgend, der als erster auch 
die chaldäische Sprache mit in sein Studiengebiet zog, wenn 
auch hier sein Ruhm das Gebiet als erster betreten zu haben 
grösser ist, als der wirkliche Werth seiner Leistungen, be- 
schäftigte sich auch Fagius mit dem Chaldäischen. Als Frucht 
dieser Beschäftigung liegt der erste Band des Targum des 
Onkelos vor ^). Ausgaben der Bibel gebe es zwar genug, meint 
er, aber um sie recht zu verstehen, müsse man auf ihre ersten 
Uebersetzungen zurückgehn, unter diesen sei die chaldäische 
nach der Septuaginta die älteste und daher für die richtige 
Auffassung der Bibel von grösster Bedeutung. Die chaldäischen 
Uebersetzungen empfehle daher: 1. ihr Alter, Onkelos sei der 
Sohn der Schwester des Kaisers Titus gewesen, Jonathan ben 
Usiel, von dem das Targum zu den Propheten herrühre, habe 
200 Jahre vor der Zerstörung des Tempels geschrieben. Ueber 



1) Hyo [S ♦ Seiitentiae morales Ben Syrae vetustissinii authoris Hebraei 
qui a Jüdaeis iiepos Hieremiae prophetae fuisse creditur, cum succincto commen- 
tario. Tobias Hebraicc, ut is adhuc hodie apud Judaeos iiivenitur omiiia ex 
hebraeo in Latinum translata in gratiam studiosorum linguae sanctae per 
Paulum Fagiura Isnae MDXLII. Am Ende der Sprüche Sirachs folgt noch 
ein besonderer hebraeischer und lateinischer Titel für Tobias. A . . H ä 4 Bl. 
und A . . F a 4 Bl. in 4o. 

2) Thargum, hoc est Paraphrasis Onkeli Chaldaica in Sacra Biblia. Ex 
Chaldaeo in Latinum fidelissime versa, additis in singula fere capita succin- 
tis Annotationibus. Autore Paulo Fagio . . . Toraus I. Argentorati Anno 
1546. (Diese, wie schon die oben S. 67, Anm. 1 mitgeth eilte Angabe des 
Druckorts zeigt wol, dass die Druckerei zu Isny nur sehr kurz bestanden 
hat.) a . . z, A . . S a 6 Bl. in Fol., das letzte Blatt leer. Am Ende: 
Argentorati per Georgium Machaeropolum mense Martio, Anno MDXLVl. 
Das Werk ist dem Pfalzgrafen Friedrich gewidmet; in der Widmung erzählt 
er , dass er in Heidelberg studirt habe , und nennt als seine Lehrer Martin 
Frecht und Johann Brenz ; wir erinnern uns, dass letzterer seinerseits Schüler 
des Matthäus Adrianus im Hebräischen war (s. o. S. 43 und Anm, 3), 



70 Die Schüler des Elias Levita. Paul Fagius und Sebastian Münster. 

die Frage, ob beide, wie Viele nach der Autorität des Petrus 
Galatinus behaupten, eine chaldäische Uebersetzung der gan- 
zen Bibel geschrieben haben, oder ob, wie Andere wollen, 
Onkelos mit Aquila, Jonathan mit Theodotion zu identificiren 
sei, möchte er nicht entscheiden ; 2. die Leichtigkeit, mit ihnen 
die Dunkelheiten des hebräischen Textes aufzuhellen; 3. die 
Autorität, die die Juden dem Targum beimessen, indem sie 
ihm nicht geringeren Glauben schenken, als dem hebräischen 
Texte selbst, so dass sie nicht besser von ihren Irrthümem 
tiberzeugt werden können, als durch die chaldäische Ueber- 
setzung^). In der Uebersetzung habe er keine Eleganz er- 
strebt, wer die verlange, möge Cicero, nicht Moses zur Hand 
nehmen. In den Noten habe er die manchmal dunkle und 
schwierige Sprache des Textes erklärt, die Abweichungen der 
chaldäischen Uebersetzung vom biblischen Texte gezeigt, 
Parallelstellen namentlich aus dem jerusalemischen Targum 
herangezogen, die jüdischen Gebräuche erläutert, aber immer 
nur das angemerkt, was ihm einigen Nutzen zu haben schiene. 
Daher habe er auch aus jüdischen Schriften nicht kindische 
Fabeln und abergläubische Spottreden beigebracht, sondern 
werthvoUe Auseinandersetzungen; gottlose Irrthümer habe er 
mit Eifer bekämpft. 

In der That leisten die Anmerkungen das, was dieses 
vorläufige Programm verspricht. Ausfälle gegen die Juden 
oder Zurückweisung ihrer gottlosen Irrthümer, um mit Fagius 
zu reden, kommen ziemlich selten vor und sind, wenn sie 
vorkommen, in ziemlich objektivem Tone gehalten: so zu 
Deut. 4, 16, wo er den gegen die Christen erhobenen Vor- 



1) Er fährt fort: Dieses Chaldäische sei dasselbe, wie das Syrische, das 
zu Zeiten Christi vernacula liiigua fuit. Imo adhuc hodie quatuor Eyange- 
listarum in liac lingua scripta extant, cuius rei fidelissimum testem profero 
praeclarissimum doctissimumque virum DD. Albertum Widmanstadium a con- 
siliis lUustrissinio Principi Duci Bavariae qui hunc thesaurum secum recon- 
ditum habet, raihique per amantissimas quas ad me dedit literas spem fedt 
fore aliquando ut hie thesaums in lucem prodeat. Diese Hoffnung sollte in 
Erfüllung gehen. Widmanstadt, der später in den Dienst des Kaisers über- 
trat und uns noch als Lehrer des Hebräischen in Wien begegnen wird, gab 
Novum testamentum Syriace, Wien 1555, heraus. Auch er betont in der Ein- 
leitung zu diesem Werke, wie nothwendig das Syrische zum Verständniss 
des hebräischen Textes sei. 



Die Schüler des Elias Levita, Paul Fagios and Sebastian Münt^ter. 7 1 

wurf, als beteten sie Bilder an, für ungerechtfertigt erklärt; 
Deut. 30, 3, wo er die Beziehung dieser Stelle auf eine künf- 
tige Befreiung der Juden durch einen Messias nicht gelten 
lassen will und die Nichtigkeit dieser Hoffnung überhaupt 
nachzuweisen sich bemüht. Oft giebt er ausführliche nicht 
unwichtige und ziemliche Gelehrsamkeit verrathende Ausein- 
andersetzungen, über die Gelübde zu Numeri 30, 2; über die 
Todtengebräuche zu Deut. H, 1; ein ander Mal, wo er die 
dreizehn Grundsätze (0"»"^!;) mittheilt, übersetzt und erläutert, 
zu Deut. 5, 4, wo er eine Stelle aus dem Sacrificium Isaak des 
Rabi Isaac Aramaei aniührt. Seine Kenntniss der Kabbinen 
ist nicht gering, namentlich die Bibelerklärungen des David 
Eimchi führt er an und nimmt auch auf dessen Über Radicum 
Rücksicht, häufig citirt er R. Salomo (Raschi) und hie und da 
andere weniger bekannte. Kirchenväter citirt er verhältniss- 
raässig sehr selten, dagegen erwähnt er Neuere, wie Augusti- 
nus Steucho, Petrus Galatinus in seinem Werke De arcanis 
catholicae veritatis, die Gomplutenser Bibelausgabe und die 
Sebastian Münsters^). 

Ein rein exegetisches Werk ist seine Erklärung der vier 
ersten Capitel der Genesis ^), Er habe dieses Schriftchen ver- 
öffentlicht, sagt er in der Widmung an Johannes Marbach, 
um dadurch zu zeigen, wie viel Werth das Verständniss der 
hebräischen Sprache flir die Theologie besitze , namentlich der 
hebräischen Worte, in denen der heilige Geist seine göttlichen 
Orakel der Welt offenbarte. Es wäre eine Schande für einen 
Theologen, wenn er diese Sprache, die Quelle einer reinen 
Theologie, aus der alle Uebersetzungen der Bibel geflossen 



1) Ob ein zweiter Band dieses Werkes erschienen, ist mir nicht bekannt. 
Er beabsichtigte ihn jedenfalls, am Schlüsse der Einleitung bemerkt er, er 
werde einen zweiten Band, der die Propheten enthalten solle, veröffentlichen, 
wenn dieser erste gut aufgenommen werde; aus dem werde man erkennen, 
wieviel Licht die chaldäischen Uebersetzung auf die Christus betreffenden 
Prophezeiungen werfe. Am Schluss des gleich zu besprechenden Werkes 
Exegesis spricht er von seinem Plane, die ganze chaldäische Bibel mit latei- 
nischer Uebersetzung herauszugeben. 

/ ^._ . „ . .. ^ 'T* -:-lifv~ • " 

Id est Exegesis sive Expositio dictionum hebraicarum literalis et simplex 
in quatuor capita Geneseos pro studiosis linguae Hebraicae per Paulum Fagium . 
Isnae mense Augusto MDXUI. A . . V ä 4 Bl. oder 154 S. in 40. 



72 I)ie Schüler des Elias Levita, Paul Fagiub und Sebastian M&nster. 

seien, nicht verstehe. Nicht Alles freilich müsse man blind 
aufnehmen. ,,Ja die scheinen mir nicht nur thöricht, sondern 
gottlos zu sein, die meinen, in den Schriften der Juden sei 
Nichts zu verwerfen, sondern Alles anzunehmen; denn das 
ist einer der hauptsächlichsten Gründe der bejammemswerthen 
Blindheit dieser zweimal elenden Juden, dass sie alle Tränme 
und Erdichtungen der Kabbinen gleich wie göttliche Orakel 
aufnehmen und verehren, und nicht unterscheiden zwischen 
den Einflüsterungen des Lügengeistes und denen des Geistes 
der Wahrheit. Aber ebenso thöricht handeln die, welche die 
rabbinischen Commentare gänzlich vernichten wollen, ja ich 
wage zu behaupten, dass Keiner, ohne sie gelesen zu haben 
und von ihnen unterstützt zu werden, jemals zu einer gründ- 
lichen Kenntniss der hebräischen Sprache gelangen kann." ^) 
Er begreife, dass Vieles von ihrer Lektüre abschrecke, „die 
lächerlichen, thörichten, gottlosen Fabeln '', die in. ihnen ent- 
halten seien, und er denke daran, wie man diesem Uebel 
abhelfen möchte. Das könne geschehen, wenn man aus den 
vielen und zwar hauptsächlichsten Commentaren einen machte, 
mit Beseitigung der jüdischen Thorheiten und Spöttereien und 
Beibehaltung des WerthvoUen, dann würden weit mehr zu 
deren Studium angelockt werden und die Furcht völlig schwin- 
den , dass das Studium der heiligen Sprache untergehe *). 

Die Einrichtung des Werkes ist die, dass voran ein klei- 
nes Stück, gewöhnlich nur der Theil eines Verses, mit grossen 
hebräischen Buchstaben steht, darunter die wörtliche latei- 



*) Die letztere Stelle lautet: Ita quoque temere et imprudenter mihi 
illi facere videntur qui hebraeorimi comraentaria in Universum exibilanda et 
explodenda iudicant, cum hoc ausim affirmare, neminem sine illorum lectione 
et adminiculo ad solidam hebraicae linguae Cognitionen! unquam perventunun. 

2) Am Ende dieser Widmung ein kurzes hebräisches Gebet; am Ende 
des Werkes ein hebräisches Gedichtchen nach der beliebten Weise des Fagius. 
Am Schluss des Buches der Baum mit den beiden, S. 68, A. 4 erwähnten Um- 
schriften. Vor diesen Endformeln stehen auf den letzten Blättern, wie 
Fagius selbst in einer kurzen Vorbemerkung angiebt, um den Kaum zu füllen, 
einige Verse der im Werke erklärten 4 Capitel: der hebräische Text, die latei- 
nische Uebersetzung, die chaldäische Paraphrase und deren lateinische Wieder- 
gabe. Den chaldäischen Text hat er, wie er sagt, aus der Venediger, nicht 
aus der Complutensischen Ausgabe genommen. 



Die Schüler des Elias Levita, Paul Fagiuti und Sebastian M&iidter. 73 

nische Uebersetzung , dann folgt die Erklärung. Diese ist 
natürlich sehr weitläufig, geht auf alles Einzelne mit grosser 
Ausführlichkeit ein. Zur Erläuterung dienen zahlreiche Bibel- 
stellen, Citate aus den chaldäischen Uebersetzungen , dem 
Onkelos und dem jerusalemischen Targum; von Rabbinen ist 
hier sein hauptsächlicher Führer David Kimchi, andere wer- 
den seltener angeführt, wie Kaschi, Abenesra, Nachmanides, 
author Hizkuni (p. 44), häufig findet sich das unbestimmte 
veteres Hebraei dicunt u. A. Hindeutungen auf seinen christ- 
lichen Standpunkt kommen wenige vor; zu elohim (1, 1) merkt 
er an „die Unsern schliessen daraus das Mysterium der Drei- 
einigkeit", aber ohne dass er selbst hier ein bestimmtes Ur- 
theil ßlUt, dagegen 17 (p. 26), um die Worte „wir wollen den 
Menschen schaffen" zu erklären^ meint er, die Juden brächten 
hier allerlei Erklärungen bei, um nur nicht die heilige Drei- 
einigkeit anerkennen zu müssen; 2, 4 (p. 36) sagt er, nnbin 
werde sonst immer ohne Waw in der zweiten Silbe (defective) 
geschrieben, ausser hier und Ruth (Cap. 4, 18); als Grund 
giebt er an: „wie die Unsrigen erklären" ,• dass alle „Ge- 
schlechter" unvollkommen seien, ausser dem ersten Menschen- 
geschlechte und dem Geschlechte des Messias, das dem Flei- 
sche nach von der Familie Perez stamme. 

Endlich ist noch seine hebräische Grammatik^) zu erwähnen. 
Er gab sie, wie er sagt, auf Bitten einiger Schüler heraus, denen 
er nicht widerstehen konnte; obwohl es schon viele hebräische 
Lehrbücher gebe, so glaube er mit den seinigen doch auf Be- 
achtung Anspruch machen zu können, weil er sich vielfach 
mit der Herausgabe und Uebersetzung alter hebräischer Gram- 
matiken beschäftigt habe. Nach Durchnahme der verschiede- 
nen Schriftweisen des Hebräischen, wobei auch auf das Jüdisch- 
deutsche Rücksicht genommen wird, werden die Buchstaben 
sehr ausführlich durchgenommen, zugleich mit Angabe ihrer 
Bedeutung als Präpositionen u. s. w. Dem Verbum wird ein 
grosser Platz eingeräumt. Vor dem Paradigma werden all- 



1) Compendiaria isagoge in linguam hebraeam authore Paulo Fagio Con- 
stantiae Aono MDXLIII. Am Ende : Constantiae excudebat Jacobus Ranivora, 
anno a Christo natu MDXLIII mense Septenibri. A . . Y ä 4 Bl. in 4^. 



74 Die Schüler des Elias Levita, Paul FagiuB und Sebastiau Münster. 

gemeine Regeln über Person, Geschlecht, Zahl gegeben ; dem 
Paradigma folgt die Umschreibung solcher lateinischer For- 
men, die im Hebräischen durch eine einfache Form nicht aus- 
gedrückt werden können: Präsens, Optativ, die Gonjanktiye 
aller Zeiten. Dann folgt das Nomen (die Deklination fireilicb 
ganz getrennt davon am Ende der Schrift) mit Tabellen fiür 
die Comparation, Zahlwörter und Pronomina. Den dritten Ab- 
schnitt bilden die Adverbien, die nach einzelnen KategorieB 
in Tabellen aufgezählt werden, nebst Präpositionen ond Inter- 
jektionen. Einzelne Regeln werden mit den Ausdrücken der 
alten Grammatiker in hebräischer Sprache gegeben. Im Nach- 
wort nimmt er auf seine Scholien zur Genesis Rücksicht; 
dieser oder ähnlicher müsse man sich bedienen und durch 
fieissiges Bibellesen sich in den gelernten grammatischen Re- 
geln befestigen. 

Die Thätigkeit des Fagius war, wie wir sehen, eine nicht 
geringe. Er war ein emsiger, stiller Arbeiter, ohne grosse Ori- 
ginalität, aber von treuer Hingabe an sein Werk, das er in 
vielen Beziehungen förderte und ausbaute. 

Einen bedeutenderen Platz in der Anerkennung sowohl 
der Mit- als der Nachwelt nimmt Sebastian Münster eiü. 
Er verdient es auch, denn er war ein Mann von Staunens- 
werther Vielseitigkeit, und wenn wir bedenken, dass derselbe 
Mann, der für die Verbreitung und Ausbildung des hebräi- 
schen Sprachstudiums im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts 
ebenso thätig gewesen ist, wie Reuchlin im ersten, auch 
Schöpfer einer ganz neuen Wissenschaft, der Kosmographie, 
geworden ist, dass er ausserdem, fern davon, sein Leben in 
ruhiger Stille zuzubringen, viel Kraft in kleineren und grösse- 
ren Streitigkeiten zubrachte, so erreicht unsere Bewunderung 
einen hohen Grad. Er war 1489 in Ingelheim geboren, war, 
als er das Mannesalter erreicht hatte, Professor des Hebräi- 
schen in Heidelberg geworden, dann nach Basel gekommen, 
wo er am 23. Mai 1552 sein Leben beschloss. Seine Lehr- 
thätigkeit muss keine geringe gewesen sein, aber wenn wir 
nicht Einzelne, denen er seine Schriften widmet, als seine 
Schüler bezeichnen wollen, so sind uns solche völlig unbe- 
kannt. Er lehrte gern, wenn es auch nur eine Redensart 
sein mag, die er dem Andreas Masius schreibt: „Ich beneide 



Di« Schüler des Elias Lovita, Paul Fagius und Sebastian Münster. 75 

Euch nicht, die Ihr behauptet mich in der Kenntniss des 
Hebräischen zu tibertreffen; ruhmvoll erscheine ich mir, dass 
ich Dir und vielen Andern die Handhabe geboten, jene hei- 
lige und wahrhaft göttliche Sprache zu erlernen" ^). Denn in 
Wirklichkeit mochte er nicht gern Jemanden dulden, der ihm 
den Bang streitig machen könnte, er liebte es alle die, die 
vor ihm und gleichzeitig mit ihm das Studium betrieben hat- 
ten, oft mit scharfem Worte zu kritisiren, stellte gern sich als 
den Dritten dar, neben Beuchlin und Pellikan, der das He- 
bräische Studium wahrhaft gefördert und auf seinen Höhepunkt 
gebracht hätte*), und verachtete seine Gegner, die begierig 



1) Widmung der Uebersetzung von Levita's: Accentumn hebraiconun 
über onus. In derselben wird Masins anlicos genannt, der keinen bestimmten 
Sitz habe, bald in Löwen, bald in Luzem, dann in Spanien, später in Oester- 
reich, nun beim Keichstag in Frankfurt sich aufhalte. Es ist interressant, 
dass von einem solchen gesagt wird : Laudo et modestiam tuam, qui cum eo 
perveneris, ut ex tempore hebraice scribere valeas quicquid velis, non erubescis 
te nuncupare 'n%*?n (mein Schüler). Die im Text angeführte Stelle lautet: 
Nee invideo vobis illam fortunam, qui mihi in heb. studio preire contenditis. 
Gloriosus videor mihi esse , quod tibi et multis aliis ansam prebui ad istud 
sacrosanctum et vere divinum Studium. Basileae mense Augusto 1539. Viel- 
leicht kann man die Folgenden, von denen er sagt, sie hätten ihm hebräisch 
geschrieben, als seine Schüler bezeichnen : der obengenannte Andreas Masius, 
Jacob Jonas (?), Oswald Schreckenfuchs, Petrus a Wormaria, Johannes Harius, 
Theodorikus a Gorinchen, Nikolaus Winmann (Vorrede zu seinem Lexicon 
trilingue). 

2) Die bemerkenswerthe Stelle lautet (Vorrede zum Opus consummatum) : 
Primus omnium qui nostro aevo colere et plantare coepit hebraicam linguain, 
fuit doctissimus vir Johan. Reuchlin sive Capnion, de Unguis et bonis literis 
apud nostros bene meritus, quippe qui multa post se eruditionis suae reli- 
quit monumenta. Huic fere coaevus fuit in hoc sacro studio, licet aetate 
raulto iunior, incomparabilis ille vir, dominus Conradus Pellicanus, nam simul 
eodem tempore et in eodem gymnasio Thubingensi hi duo magni viri 
hebraismo operam impenderunt, usi etiam ad hoc mutuis oflficiis. His ego 
TO^n tertius accessi, anno scilicet Christi 1509. Translatus enim ad D. Pelli- 
canum indefesso studio sub fidelissimo praeceptore prima imbibi rudimenta 
ac mox animum appuli ad Biblicas historias. Aus dem oben Angeführten 
ist nur der Irrthum von dem gleichzeitigen Wirken Pellikan's und Eeuchlin's 
in Tübingen zu entfernen. Als E. 1481 in Tübingen war, war P. noch ein 
Kind, und 1521/22, wo E. hier als Professor der hebräischen Sprache lehrte, 
war P. lange von hier fort, vergl. über P. oben S. 19 fg. und unten (Tübingen). 
Auch von mutua oflEicia zwischen beiden Männern ist nichts bekannt, als dass 
Eeuchlin dem Pellikan für sein Studium des Hebräischen behülflich war. 
Als vierten in der Eeihe der ums Hebräische verdienten Männer nennt 



76 I>ie Schüler dets Eliab L«vita, l'aul Fagius uud Sebastian Münster. 

danach suchten, einen Fehler, den er gemacht hätte, zu ent- 
decken ^). Aber die Missgunst, der er nicht ganz entging, 
war keineswegs das Gefühl, mit dem man im Allgemeinen 
seine Leistungen aufnahm: er hatte viel Bewunderer, die von 
ihm wie Johannes Eck sagten, dass kaum jemals Einer in 



Münster den Capito. Dann fähii er fort; Quo tempore et multi alii docti 
viri per Gemianiam et Italiam amore huius linguae excitati brevi adeo pro- 
fecerunt, ut editis libris laudem non vulgarem apud posteros meruerint, inter 
quos praecipui sunt Johannes Oecolampadius, Casparus Ammon ins, cuius tamen 
labor in publicum non prodiit, Udalrichus Zwinglius, Matthaeus AurogaHus 
. . . quibus multi alii successerunt et eo usque in huius linguae studio per- 
venerunt ut publice in academii» hebraismum profiteantur obscurarintque sua 
eruditione suorum praeceptorum nomina quibus ego, sicut debeo, hanc foeli- 
citatem rainime invideo. Ueber Aurogallus s. u. Wittenberg, über Oekolampad 
und Zwingli s. u. Basel und Zürich : die Kenntniss der beiden letzteren im 
Hebräischen war nicht allzu bedeutend, jedenfalls geringer, als die einer grossen 
Anzahl der multi alii, die auch eine namentliche Aufzählung verdient hätten. 
Caspar Ammon, Provinzial in Laugingen, scheint ein tüclitiger Hebräisch- 
kundiger gewesen zu sein, vergl. einen Brief des Aegidius von Viterbo an 
ihn vom 15. Dec. 1513 in Henke und Bruns Annales Literarii. Helmstädt 1782, 
vol. I. p. 193 sq., und einen Brief des Wolfgang Rychardus Urbano Regio 
sincero evangelii doctori amico suo carissimo, worin die Stelle vorkommt: 
Dr. Caspar, Augustinianus monachus, cui in hebraeis literis primatum etiam 
a te audivi tribuere, nuper hie (Ulm) fuit, petiitque hospitium: quod et 
deuegatum (sie, wol non den.?) est ei. Qui egregium quoddam opus ad 
hebraeas literas ediscendas . . Basileam chalcographis misisse dicitor, 
cuius simile mundus non videt antea. Briefcodex des Wolfg. Eychardus in 
der Hamburger Stadtbibl. No. 503. Ich verdanke die Notiz einer gütigen 
Mittheilung meines Freundes Dr. Alfi-ed Stern in Carlsruhe. Ammon lebt 
noch 1523; in diesem Jahre widmet ihm Böschenstein sein Buch: das gebet 
Salomonis vom driten buch der künig geteutscht von wort zu wort nach dem 
hebräischen buch. 

1) Vorrede zur lateinischen und hebräischen Ausgabe von Elias Levita's 
C^yV Basileae apud Joannem Frobenium. Anno MDXXVII. a . . 1 ä 8 Bl.. 
m. ä 10 Bl. in kl. 80. Levita selbst habe ihn aufgefordert, sagt er in der 
Widmung an Johannes Erasmus Frobenius, den Sohn seines Verlegers, dann 
habe auch Johannes Eck ihn dazu ermuntert. Ad quod promptum quidem 
me exhibui parviducens etiam quorundam ingratitudinem qui cum nihil in 
publicum aedant, gloriosmn tamen sibi ducant, si alios de literarum studiis bona 
meritos lacerent et traducant : cuiusmodi ego quendam novi qui mavult 
M u n st er i esse calumniator quam pius interpres et candidus excusator, pnblicus 
conviciator, quam secretus monitor, si quando lapsus est in Hebraismo, nempe 
lingua illa extranea et quae Latinis auribus hactenus omnino incognita ftiit, 
ut non mirum sit, si propagatores eins quandoque hallucinari contingat et a scopo 
aberrare, quousque altiores inter Christianos haec ipsa lingua radices figat. 



Die Schüler de« EUtM Levita, Paul Fagius und Sebaniian IfftHMtei*. 77 

Deutschland so vertraut mit der hebräischen Sprache gewesen 
sei, wie er ^). 

Fagius hatte wol seine Werke manchmal mit hebräischen 
Verschen begleitet, am Schlüsse seiner Einleitungen einen 
lange ausgeführten Gedanken in ein paar kurze hebräische 
Worte zusamraengefasst, oder einen bekannten hebräischen 
Vers hie und da angeführt; ganz anders Mtlnster. Nicht nur, 
dass er dem Johann Oekolampad eine kurze hebräische Grab- 
schrift und einen längeren poetischen hebräischen Nachruf 
widmete ^), ist fast keines seiner Werke, namentlich die Wid- 
mungen und Einleitungen, ohne hebräische Stellen, hat er seine 
Bibel mit einer langen hebräisch geschriebenen Vorrede ver- 
sehen und eine eigene hebräische Schrift verfasst. Nur aus 
diesem Grunde verdient dieselbe hier eine Erwähnung, denn 
ihr Inhalt ist nicht dazu angethan, ihr in unserer Darstellung 
einen Platz einzuräumen. „Der Messias der Christen und 
Juden" ^) soll aus den prophetischen Stellen erweisen, dass 



1) Die Stelle Eck's ist auch sonst interessant, und mag darum hier 
eine Stelle finden : Super Aggaeo Propheta Jo. Eckii Commentarius. Solingen 
1538. 40. (L 6b.) Nam cum Munsterus frequenti studio et diligentia 
iion poenitenda tantum in Hebraeis literis profecerit, quantum vix alius in 
Germania et cum Judaeis sermone patrio ausus sit congredi, verebar ne Judaei 
supra modum captiosi nobis Christianis insultarent: Ecce liic vester Rabi 
Munsterus, qui plurimum doctus in lingua sancta apud nos famatur, religiosus 
ex divi Francisci ordine, unde reputatior apud vos Nazarenos habetur. 

2) Beides steht im Oecolampadii et Zwinglii epistolae. Basileae 1536 
in 40, 8 3. 

3) rncto Messias Christianorum et Judaeorum Hebraice et Latine. Sebast. 
Munsterus. Describitur in hoc libro ex prophetis Christus totius mundi verus 
salvator: et item larvatus ille Judaeorum Meschias qui a gente illa in hunc 
usque diem frustra expectatur. Videbis lector quam portentosae et absurdae 
de Christo opiniones sint apud hanc excoecatam gentem et quam violenter 
sacram interpretentur scripturam. Basileae apud Henricum Petrum. 153pag.S. 
lat. Am Ende : Basileae per Henricum Petrum Mense Augusto Anno MDXXXIX. 
Dann hebräischer Text, rechts beginnend, paginirt H • . K ä 8 Bl., mit der- 
selben Unterschrift am Ende wie oben und mit dem Titel : rnSTl»"!' ♦ Christiani 
hominis cum Judaeo pertinaciter prodigiosis suis opinionibus et scripturae 
violentis interpretationibus addicto coUoquium per Sebastianum Munsterum. 
Ist das die zweite Auflage, oder die Schrift 9 Jahre ungedruckt geblieben? 
Ziemlich am Anfang des hebräischen Textes findet sich : "^003 riKT iniK ^3^51 

,n"i< mn ;-T'^ = /ntm tsnrfe ti p"th drson nmaa n^tra bra to^ nc anaa 

290 = 1530 n. Ch. Aus der Widmung (Basel, 1. Juli 1539) Joanni a Panizonibus, 
Caesareo ad Helvetios legato, eine Stelle, die an Pfefferkorn erinnert : Dici nequit 



78 I^ie Schaler des Elias Levita, Panl Fagias und Sebastian Munster. 

Christus der wahre Erlöser der ganzen Welt ist und der ver- 
hüllte Messias der Juden ^ den sie bis auf den heutigen Tag 
vergeblich erwarten ; soll die schrecklichen und thörichten bei 
diesem verblendeten Volke über Christus verbreiteten Mei- 
nungen und seine gewaltsame Erklärung der heiligen Schrift 
zeigen. Seit den dreissig Jahren, in denen er sich mit He- 
bräisch beschäftige (die Schrift ist 1539 veröffentlicht, also seit 
1509, s. 0. S. 75 Anm. 2) und die jüdischen Schriften lese, 
seien ihm überall Verläumdungen und Beleidigungen gegen 
die Christen entgegengetreten, die frommen Ohren unerträglich 
seien, Beleidigungen, mit denen die Juden die Schrift zerfleischen 
und fälschen, namentlich die Propheten, die sie mit ihren ver- 
kehrten Deutungen peinigen, wie ihre Vorfahren den Erlöser 
Christus selbst. Oft, aber immer vergeblich, habe er und sein 
Lehrer Pellikan mit ihnen zu disputiren angefangen; so wolle 
er denn in diesem Büchlein Alles zusammenstellen, was sie 
ihrem Messias andichten und Schlimmes über die Christen. 
reden. Der Inhalt der Schrift, die in Form einer Unterredung 
zwischen einem Christen und Juden abgefasst ist, entzieht 
sich, wie gesagt, hier unserer Erörterung; das Hebräische, 
in dem die Schrift abgefasst, und dem die lateinische 
Uebersetzung beigegeben ist, „weil doch nicht Alle mit der 
hebräischen Sprache vertraut sind", ist leicht und fliessend 
und verräth grosse Grewandtheit. 

Als Uebersetzer Levita'scher Werke haben wir Münster be- 
reits kennen gelernt, auch sonst entfaltete er in dieser mehr 
unselbstständigen Art eine nicht unbedeutende Thätigkeit. Die 
Reuchlin'schen Rudimente^) gab er neu heraus in fast ganz ver- 
änderter Gestalt. Die Grammatik, die er sehr abkürzte, fasste das 
erste, das Lexikon, das bei Reuchlin zwei Bücher eingenommen 
hatte, das zweite Buch. Viele eigene Bemerkungen gab er hinzu 
(sie sind mit kleineren Charakteren gedruckt, voran steht 
immer der Name Münster), die meist sehr kurz sind und 



quam horrenda convitia autor libri Nizaclion coniiciat in servatorem nostmin 
qui ex professo contra omnia sancta nostra virulento animo scripsit. 

1) ttripTl ptC^a ^^3ßÖ3^ rtS'^Wl 73J^1 pnp'TT "nBDt Dann noch sehr langer 
lateinischer Titel. Basileae per Henricum Petrum Mense Martio Anno 
MDXXXVII. 418 S. fol. 



Di« Schiller des Elias Levita, Paul Fagins nnd Sebastian Mftnstor. 79 

manche Bogen hindurch ganz fehlen. Für die Grammatik be- 
diente er sich, wie er sagte, der Noten ans Levitas Lehr- 
bttchem; im Wörterbuch bemühte er sich zu den blossen 
Wurzeln auch die abgeleiteten Worte hinzuzufügen und das 
von Beuchlin zufällig Ausgelassene zu ergänzen. Ein anderes 
hebräisches Lexikon ^), hauptsächlich eine Abkürzung des 
grossen Wörterbuchs von David Eimchi, stellte er zusammen, 
was aber erst nach seinem Tode herausgegeben worden zu 
sein scheint. Es ist eine Aneinanderreihung der Stämme, meist 
mit Beifügung der Derivata, die zahlreichen angeführten Bibel- 
stellen sind weder hebräisch noch lateinisch citirt, sondern nur 
kürz der Ort angegeben, wo sie zu finden sind. Das am Schlüsse 
stehende Yerzeichniss der in dem Werke benutzten Autoren 
verräth grosse Gelehrsamkeit, es enthält ausser Bibel, Talmud 
und den Targumim und natürlich Kimchi: Raschi (Jarchi), Aben- 
esra, Levi ben Gerson, Saadias, von Neueren Levita und 
viele Andere. Ausgabe und Uebersetzung eines anderen Werk- 
chens, der Sphaera Mundi, veröffentlichte Münster, die lateini- 
sche Uebersetzung ist von Oswald Schreckenftichs , die An- 
merkungen schrieb Münster ^). Ebenso rührt die Ausgabe des 
hebräischen Matthäusevangeliums von ihm her und dessen la- 
teinische Uebersetzung; er besass nur ein unvollständiges 
Exemplar des in schlechtem, von Barbarismen strotzenden 
hebräisch geschriebenen Schriftchens und glaubte sich berech- 
tigt die Lücken auszufüllen^). Ein Schriftchen anderer Art 
gab er unter dem Titel „Logik Rabbi Simeons" heraus*), das 



1) D^p3 ÜO UI&K^ 1BD Dictionariam hebraicum, ultimo ab autore 
Sebastiano Munstero recognitum et ex Rabinis praesertim ex Eadicibus David 
Kimcbi auctum et locupletatmn MDLXIIII. Am Ende: Basileae perFrobenimn 
et Episcopium. Anno MDLXIIII. Mense Febr. a . . z, A . . Z,aa . . qq. a8Bl.in8o. 

^) Spbaera mundi et arithmctica hebräisch nnd lateinisch. Basel 1546 in 40. 
Ich kenne diese Angabe nur aus Michaud, Biographie universelle. T. XXIX. p. 574. 

3) Fides Christianorum sancta, recta et perfecta atque indubitata et 
fides Judaeorum : accedit lex Dei nova quae ut doctrina et vita Christi, sive 
Evangelium Domini nostri Jesu Christi secundum Matthaeum, hebräisch und 
lateinisch. Basel 1537 fol. Diese und das vorhergehende Schriftchen werden 
von Michaud a. a. 0. als sehr selten bezeichnet. 

4) [iöött^ ^1 D3ITI hi^ r^3Jtl» Logica Sapientis Rabi Simeonis per Seba- 
stianum Munstenim Latine juxta Hebraismura versa: quae Hebraeorum 
commentaria legere volentibus non tarn utilis est quam necessaria. Basileae 



80 Die Schüler des Klia« Liwita, Paul FagiuH und SebaNtian Münster. 

aber von Mairaonides herrühren soll ^). Die Uebersetzung des 
Buches sei ihm sehr schwer geworden, bemerkt er, hanpt- 
sächlich der philosophischen Ausdrücke wegen; eine ueber- 
setzung ähnlicher Werke, aus denen er sich Raths erholen 
könne, existire nicht, und die ungebildeten Juden, die in 
Deutschland lebten, hätten ihm keine befriedigende Auskunft 
geben können; einer, der flir sehr gebildet und gelehrt gelte, 
und den er gefragt, habe noch weniger gewusst als er selbst. 
Daher seien Irrthüraer unvermeidlich. Wir müssen dieses 
offene Bekenntniss annehmen, das gewiss zur Entschuldigung 
vieler Fehler dienen kann, die philosophischen Ausdrücke sind 
so verwickelt und erklären sich oft so wenig aus sich selbst, 
dass bei einem ersten Versuche sie sich zu erläutern, die 
Arbeit Münsters hohe Anerkennung statt bitteren Tadels ver- 
dient 2). 

Auch einige biblische Bücher übersetzte er und ftigte 
ihnen Anmerkungen bei, so Jesajas; in Betreff der Anmer- 
kungen tadeln Einige seine Kühnheit, rabbinische Conjecturen 
als sicher hinzustellen'^); ebenso Koheleth, als er noch in 
Heidelberg war, hauptsächlich auf Anrathen des Martin Frecht*); 
dann das hohe Lied'»), das ihm zuerst zu schwer schien, das 
er aber dann auf Bitten einiger Freunde herausgab. Die An- 
merkungen enthalten meist grammatikalische Erklärungen, nur 
einige wenige Anderes, z. B. eine, wo sein christlicher Stand- 



apud Jo. Frob. Anno MDXXVII. Ort und Jahresangabe nochmals am Ende 
a . . g ä 8 BL, h ä 6 Bl. in 8^. Die Widmung Joanni Campensi, sacrae 
Hebraeae linguae exiuüo apud Lovanium professori datirt Bas. Cal, Nov. 
Anno 1526. 

1) Michaud a. a. 0. nach Richard Simon Lettres choisies tom. IV. p. 40 sq. 

2) Diesen hat Bichard Simon a. a. 0. in reichem Maasse gegen Münster 
laut werden lassen. £r sagt: Munster ne faisait presque ancnn pas sans 
tomber, il etait un pauvre homme lorsqu'il se melait de tradnire d'autres 
livres que ceux de la Bible, ou quelques rabbins grammairiens, dans Finter- 
pretation desquels il a ete aide par Elias Levita. 

^) Nach Michaud a. a. 0. 

4) Das sagt er in der Vorrede zu der folgenden Schrift. 

5) D'H'TS^n llff Canticum Oanticorum Salomonis Latine iuxta Hebraicnm 
per Sebastianum Munsterum translatum atque annotationibus aliquot non 
contextum nihil illustratum (?) a . . d a 8 Bl. in 8®. Am Ende : Baslleae apud 
Joan. Frob. Anno MDXXV. 



Die Schfiler des Elias Levita, Panl Fagins and SebasHan Mftnaler. 81 

punkt henrortritt. Zu Cap. 6: K. Salomo erklärt, secbszig 
Königinnen, das sind: Abraham und seine 59 Nachkommen, 
achtzig Kebsweiber: Noah und seine Nachkommen bis auf 
Abraham. . . . Von allen diesen Nationen war eine schöner, 
vollkommener und dem Bräutigam angenehmer als die übrigen, 
nämlich die israelitische Synagoge zur Zeit des zweiten Tem- 
pels. Wenn dieser Jude, sagt Münster, dies von der christ- 
lichen Kirche schriebe, die zur Zeit des zweiten Tempels an- 
fing, so würde ich ihm gerne glauben. — üebrigens war Mün- 
sters Hauptzweck grammatische Noten zu schreiben, die nur 
zur Erklärung des Textes dienen sollten; im Titel seiner 
Ausgabe der Sprüche sagt er dies ausdrücklich^). In den 
Anmerkungen folge er dem Beispiele Reuchlin's in seiner Er- 
klärung der sieben Busspsalmen, „aus der wol ein sieben- 
jähriger Knabe hebräisch lernen könne;" er beschränke frei- 
lich die Arbeit ein wenig und gehe nur in den ersten Capiteln 
auch auf das Kleinste und Greringfllgigste ein, begnüge sich 
aber bei den späteren mit der Berücksichtigung der wirklichen 
Schwierigkeiten. In der That sind die Anmerkungen voll- 
ständig elementar, die einzelnen Formen werden erklärt und 
dabei die allgemeinen Sprach- und grammatikalischen Regeln 
eingeprägt, ohne jeden gelehrten Apparat, höchstens mit Ver- 
weisung auf ßeuchlin's und Münster's eigene Grammatik. Von 
Uebersetzungen biblischer Bücher ist noch die der Psalmen 
bekannt, die aber ohne Anmerkungen erschienen ^^). 

Bei der Ausgabe und Uebersetzung einzelner biblischer 
Bücher blieb er aber nicht stehen, er wagte sich an das 



1) Die erste 1525 erschienene Auflage habe ich nicht gesehen, die zweite 
hat zum Titel : ^H ]? HCW 'hf^ Proverbia Salomonis iam denuo iuxta He- 
hraicam veritatem translata et Annotationibus grammaticis illu- 
strata authore Sebastiano Munstero. AnnoMDXLVIII. a...ta8Bll. in 80. 
Am Ende: Basileae per Hieronymura Frobenium et Nicolaum Episcopium 
anno millesimo quingentesimo quadragesimo octavo. Am Anfang das Vorwort 
Münster's zur ersten Auflage (15 kal. Jun. 1524), und das inhaltbse Pelli- 
kan's zur zweiten. 

2) Ich kenne nur die Ausgabe : Liber Psalmorum Davidis Prophetae et 
Regis Ad hebraicam veritatem a Sebastiano Munstero quam diligentissime 
versus in dem Werke: Liber precum publicarum seu Ministerii Ecclesiastici 
administrationis Sacramentorum. Fol. 188 . . 299. Am Ende : Londini Excudebat 
Thomas Vautrollerius 1574. 

Geiger, Studium. 6 



82 Die Schüler des Elias Levita, Paul Fagins und Sebastian Mflnstor. 

grosse, bisher noch nicht versuchte Werk einer Ausgabe der 
ganzen Bibel mit Uebersetzung '). Hätte . Münster weiter 
nichts gethan, als eine Ausgabe des hebräischen Textes ver- 
anstaltet, so verdiente er schon unter den Gelehrten, die vnr 
hier behandeln, einen achtungswerthen Platz; so aber, da er 
mit Sorgfalt das mächtige Werk genau übersetzte, keinen 
Finger breit, sagte er, solle die Uebersetzung vom Texte ab- 
weichen, „alle Bücher und jedes einzelne Wort abwog, hin 
und her wendete, die Commentare der Rabbinen durchforBcbte 
und die besten auswählte'S mag man ihm glauben, dass seine 
Arbeit eine ungeheure war. Wenn auch schon Reuehlin mit 
kühnem Muthe Irrthümer der lateinischen Uebersetzung des 
Hieronymus aufgedeckt hatte, wenn auch Andere für eine An- 
zahl biblischer Bücher eine andere Uebersetzung an Stelle 
der angenommenen zu geben versucht hatten, so war es 
immerhin ein nicht geringes Wagniss, nun an Stelle der gan- 
zen von der Kirche gleichsam heilig gesprochenen Fassung 
eine neue zu petzen. Münster sagte sich selbst, dass num 
sich mit diesem Beginnen leicht glühendem Hasse aussetzte '); 



1) Der Titel dieses grossen Werkes lautet typographisch genau: ^"Ü'jjjJü 
(in einer Einfassung:) D'^l'n Jltt^a "^W D^ 1 ttrHfjJTl anSÖll Ü^iffV "nip? ^'SHiR 

% '1 'nr ho h\^ nn^n riß" Mn: j f wpi D-niian up6t b^ S^ im^ d»i 

JKTöttnKniTDa ENTIBILECTORIHEBRAICABIBLIAiLATINEPLA- 
NEQVE NOVA SEBAST.MVNSTERI | tralatione post omneis omnium hactenus 
ubiuis gentium aeditiones evulgata | et quoad fieri potuit, hebraicae neritati 
conformata: adiectis insuper e Eabinorum commentariis annotationibos band 
poeni- I tendis pukhre & voces ambiguas & obscu- | riora quaeq. eluddantibiis. 
vol. I Pent. Jos. Jud. Sam. Reg. vol. II Prophet. Psalt. Prov. Hi. Dan. 
Chron. Cant. Ruth. Thren. Eccl. (vol. 11 unter dem eig. Titel): Hi sacri & 
canonici libri, amice Lector, sie ad Hebraicam veritatem genuina versione in 
latinum sunt traducti, ut ne quidem ad latum unguem ab ea disaideant. | 
Quibus praeterea in locis & sententiis obscurioribus opera SEBASTIANI j 
MYNSTERI non parum accessit lucis per Annotationes | quas vel exHebmeocnm 
commentariis, vel ex pro- | batioribus latinis scriptoribus adiecit. 

in fol. voL I 12 unpagg. foll. 365 foU. vol. II pag. fol. 366—795. 

Am Ende von vol. I: BASILEAE EX OEFICINA BEBEIJANA, IM 
PEN- I DIIS MICHAELIS ISENGRINII | ET HENRICI PETRI | 1534. 

von vol. II: BASILEAE EX OFFICINA BEBELIANA, IM PENDIIS | 
Michaelis Isengrinii et Henrici Petri | 1535. 

S) In der letzten Einleitung, der eigentlichen Sebastiani Münster! in vetns 
Testamentum praefatio ist eine lange Abhandlung überschrieben: An Hie- 
ronymus vulgatae aeditionis fuerit autor? 



Die Seh&]«r des EU» Levita, Paul Ftkgivui and SebastiaB Mtaster 83 

aber mich tröstet, sagt er, mein Bewnsstsein, dass ich diese 
Arbeit nicht aus Buhmsucht oder ans Lnst an Tadel gegen 
die Alten, denen wir sogar sehr viel Dank schuldig sind, da 
sie, besonders bei dem fast vollständigen Mangel an Büchern , 
Alles geleistet haben, was sie leisten konnten, unternommen 
und nichts anderes beabsichtigt habe, als den hebräischen 
Text, wie er nach den rabbinischen Gommentaren festgestellt 
werde, zu geben. . . . Freilich, und hiermit kommt er auf 
seine und Fagius' Lieblingsthese, halte er nicht alles, was er 
in diesen Commentaren finde, nach Art gewisser Leute für 
Orakel, sondern prüfe das Gelesene, hauptsächlich hüte er 
sich die kabbalistischen Schwärmereien anzunehmen, die diese 
Schriften so oft verunstalten; oft aber seien sie, selbst wenn 
sie sich in Dunkel und Irrthum beftlnden, Führer zum Bich- 
tigen. In einer eigenen, mit Aufwand von grosser Gelehr- 
samkeit geschriebenen, Abhandlung in einer der Einleitungen 
bebandelt er die These, dass die jüdischen Commentare nicht 
zu verachten seien. Hieronymus habe nur eine unpunktirte 
hebräische Bibel besessen ; um sie zu verstehen, habe er sich 
der Hülfe von Juden bedient, denn Kenntniss ihrer Sprache 
und deren Eigenthümlichkeiten sei den Juden nie fremd ge- 
worden, „wenn sie auch das hauptsächliche Ziel der heiligen 
Schrift verkennen, das uns Christus und die Apostel gezeigt 
haben". Der Haupttheil der Abhandlung richtet sich gegen 
Augustin Steucho, dem er das Verkehrte seiner Auffassung 
nachweist, B. Salomo habe fast alle seine Erklärungen aus 
Hieronymus genommen ^). Unter den Autoren und Werken, 
die er zu Bathe gezogen habe, nennt er Baschi, David Kimchi, 
Abenesra, B. Menachem, Abraham Hispanus, Verfasser des 
Fasciculum Myrrhe, „Seder Olam"^), Moses Gerundensis, 
„ArbaTura". Als richtige Art des Verständnisses der Bibel, 



1) Ueber R. Salomo (Raschi) sagt er einmal: R. Salomon qui inter 
recentiores antiquior est, nam fait ante qnadringentos annos, id qnod ex 
Judaeis Wormaciensibns habeo, ubi aliquamdiu commoratus est, cum alioqui 
natione Gallus faerit. 

2) Ans diesem Buche führt er am Ende seiner Bibelausgabe hebr. mit 
lat. üebers. an : Catalogus et successio regum Jiehuda et Jerusalem ostendens 
quando et sub quibus regibus vixerint singuli prophetae et quid memorabile 
contigerit sub illis. Sunt autem haec huc relata ex Sedar olam minori. 

6* 



84 Die Schüler des Elias Levifca, Panl Fagins und Sebastian Münster. 

als Zweck ihrer Lektüre stellt er hin, Christus kennen und 
verstehen zu lernen. In der ziemlich ausfllhrlichen hebräi- 
schen Vorrede vor dem ersten Band hebt er diesen Stand- 
punkt ganz ausschliesslich hervor, preist Christus, tadelt die 
Irrthtimer der Juden und ermahnt sie, dem rechten Worte und 
der rechten Lehre des Propheten zu folgen und ihren falsche 
Weg zu verlassen. „Denn die Propheten", wie er dies in der 
Vorrede zum zweiten Band hervorhebt, die übrigens eine sehr 
schöne Würdigung der prophetischen Literatur enthält, „geben 
fast nur Weissagungen über Christus und die Zukunft seiner 
Lehre". — Der hebräische Druck ist sehr deutlich, etwas schiefer 
liegend als der gegenwärtig gebräuchliche , die Anmerkungen 
sehr kurz und ziemlich ohne Bedeutung. 

Nächst diesen Arbeiten nehmen die grammatischen und 
lexikographischen eine hervorragende Stelle in der wissen- 
schaftlichen Thätigkeit Münster's ein. Ein hebräisches aus 
den Kabbinen gezogenes Lexikon ist bereits erwähnt, wir 
haben ausserdem ein chaldäisches und ein dreisprachiges zu 
behandeln. Letzteres ^) ist eigenthümlich genug: die lateinischen 
Wörter sind alphabetisch geordnet, daneben stehen die griechi- 
schen, zuletzt die hebräischen, oft vier, fünf und mehr fllr 
einen lateinischen Ausdruck, so dass ein Wort sich zwei und 
mehrere Male findet, da auf die Nuancen der Bedeutung durch- 
aus keine Rücksicht genommen wird. Den Schluss macht 
ein kleines viersprachiges Lexikon, in dem auch das Chaldäi- 
sche (Rabbinensprache) mit in den Bereich der Betrachtung 
gezogen ist. Die eigentliche Praefatio enthält einige specielle 
Regeln für das Hebräische: dass es keine zusammengesetzten 
Verba habe, dass im Gegensatz zum Lateinischen die loea 
rerum meistens umschrieben werden müssten % dass die Deri- 



1) nlJHsn WTTV Dictionarium trilingne in quo scilicet latinis yocabnlis in 
ordinem alphabeticum digfestis respondent Gracca et Hebraica. Hebraicis 
adiecta sunt magistralia et Chaldaica: Sebastian! Munsteri opera et 
labore congestum. 

üna cum eius Appendice de Hebraicis vocabulis tropis et modis loqnendl, 
tarn apud grammaticos et logicos quam apud pbilosophos et roatbematiooB 
quibus, etsi in Bibliis aut Chaldaicis nusquam invenies, tarnen ipsi Babbini 
passim in suis utuntur libris. Basilea per Henricum Petri. 

8) z. B. pman n-'a für balneum. 



Die Schftler des Elias Levita, Paul Fagius und Sebastian Monster. 85 

vata durch einfache Nomina mit vorangesetzter Präposition 
ausgedrückt würden u. s. w. Werthvoll ist namentlich der An- 
hang, der unter verschiedenen Aufschriften eine grosse Anzahl 
rabbinischer Ausdrücke für Grammatik, Logik und Philosophie, 
Mathematik, Astronomie und eine ziemliche Reihe von Redens- 
arten der wissenschaftlichen Sprache enthält. Das chaldäische 
Lexikon ist nur eine Znsammenstellung chaldäischer Wörter aus 
dem alten thalmudischen Wörterbuch : Aruch, den chaldäischen 
Bibelübersetzungen und den rabbinischen Commentaren '). Von 
grammatischen Büchern ist seine ConjugationstafeP) zu rein 
praktischem Gebrauche bestimmt: es sind Tabellen für alle 
Formen der regelmässigen und unregelmässigen Verba, aber 
nicht sehr übersichtlich geordnet, danach Tabellen für De- 
klination der Nomina, Verzeichnisse der Indeklinabeln und der 
unregelmässigen Wörter. 

Seine hebräische Grammatik ist kein selbständiges Werk, son- 
dern, wie schon der Titel angiebt, aus verschiedenen Schriften 
des Elias Levita zusammengestellt. Sie ist ziemlich ausführ- 
lich und durchaus elementar, verhält sich bei schwierigen 
Fragen, bei neuen von Levita zuerst aufgestellten wissen- 
schaftlichen Thesen durchaus objectiv. So wird die von die- 
sem ausgesprochene Behauptung, die Vokalzeichen rührten 
nicht von Moses her, sondern seien viel späteren Ursprungs, 
mitgetheilt, aber auch die entgegenstehenden Ansichten wer- 
den angefahrt, ohne dass Münster eine Entscheidung zu geben 
versucht. Nichtsdestoweniger ist das Buch sehr brauchbar, 
zwei Auflagen sind bei Lebzeiten des Verfassers erschienen, 
jetzt ist es sehr selten geworden'). Einige Anhänge über 



1) IfHO Dictionarium Chaldaicum , non tarn ad Chaldaicos interpretes 
quam Rabinorum intelligenda commentaria necessarium : per Sebast. Mun- 
sterum ex Baal Aruch et Chald. bibliis atque Hebraeorum peruschiin 
congestum. 

Basileae apud Jo. Fro. Anno MDXXVII. 

2) D''PJ3an m Tabula omnium hebraicarum coniugationum iuxta octo 
verborum classes pulchre in ordinem digesta. 2 T. Basileae. A. . . C. ä 8B11. in 8^. 

3) Ich habe es nach langem vergeblichen Suchen in der Darmstädter 
Hofbibliothek gefunden. Die erste Auflage ist ohne Titelblatt und ohne jede 
Vorrede, sie beginnt: Grammatica hebraica absoluta. Am Ende: Basileae per 
Henricum Petri Mense Martio Anno MDXLII. in 8«. Die zweite Auflage hat 
den Titel; th^ri plljp'in ri5i6ö Opus grammaticum consummatum ex varüs 



86 I)io Schftler des Elias Levita, Paul Fagius und Sebastian Münster. 

Abkürzungen, Accente, Metren u. s. w. erhöhen den Werth 
des Buches. 

Neben dieser hebräischen Grammatik ist er als erster 
Verfasser eines grammatischen chaldäischen Lehrbuches zu 
erwähnen ^). Mit Stolz weist er darauf hin, dass er der Erste 
sei, der ein solches Werk unternehme. Beuchlin klage tlber 
die Mühen seiner Arbeit bei der Herausgabe seines ersten 
hebräischen Buches , während er doch Lehrer gehabt , die 
Unterstützung gelehrter Juden genossen, aus den Büchern 
des Mosis und David Kimchi habe schöpfen können; mit wie 
viel mehr Becht könne er über seine Schwierigkeiten und 
Mühseligkeiten sich beschweren, da er keines dieser HtUfs- 
mittel gehabt habe. Die dazu nöthigen Kenntnisse habe er, 
wie er sagt, von seinem Lehrer Elias Levita erhalten, er habe 



Elianis libris concinnatum, complectens scilicet Elementarium abao- 
lutmn, Numerandi rationem, Pronominum declinationes , Verborum iutegns 
conjogationes, Artificium snbiiciendorum afQxonim, Nominum varias foimiiks 
et mutationes, Consignificativomin Explicationes, Magistrales abbreviationea, 
Accentnum tractationem, Metromm compositionem. Anthore SebastianoMunstero. 
Am Ende: Basileae per Henricum Petri Mense Augusto An. MDLVI. in 8^. 
Dieser Auflage geht eine ziemlich ausführliche Einleitung voran: Clariaaimo 
atque praestantissimo yiro domino Joanni M.(arbach?) amico candido Sebasi 
Munst. S. D., von der einzelne Stücke z. Th. nach Citaten Anderer schon viel&ch im 
Obigen angeführt worden sind. Am Anfange betont er, er habe schon mandie 
Schriften des Levita übersetzt , trotzdem habe es ihm und seinen Freunden 
geschienen, als wenn in dieser Wissenschaft noch eine grosse Lücke bestehe. Diese 
habe er nun durch eine die mannigfachen Levita'schen Schriften zusammen- 
fassende Grammatik ausfüllen wollen. Der zweiten Auflage ist der hebräische 
Text und die Uebersetzung des Tobias beigegeben, den er von Oswald 
Schreckenfuchs aus Memmingen erhalten hatte; wie bekannt, hatte auch 
Fagius schon dieses Schriftchen veröffentlicht. Schreckenfachs begleitete die 
Ausgabe mit einem nichtssagenden hebräischen Briefe. 

1) ninDSirT 1K WK l^^"^ \^\p. Chaldaica grammatica, antehac a nemine 
attentata, sed iam primum per Sebastianum Munsterum conscripta et aedita, 
non tarn ad Chaldaicos interpretes quam Hebraeorum commentarios intelli- 
gendos, Hebraicae linguae studiosis utilissima. 

Item in DimT, hoc est commentaria Hebraeorum 

Begulae aliquot generales 

Modi loquendi Hebraici plurimi 

Abbreviaturae Hebraicae generales, nee non plurimae speciales et latin^ 
et Hebraice explicatae 

Per eundem Sebastianum Munsterum. 

Basilea apud Jo. Fro. Anno MDXXVll. 



Die Schüler des Elias Levito, Paul Fagins und Sebastian Münster. 87 

die Beschäftigung mit dieser Sprache für nothwendig gehalten, 
denn die Vertrautheit mit ihr trage viel dazu bei, das Hebräi- 
sche, selbst das Biblische, recht zu verstehen. ,,Die Juden in 
ihrem Dahindämmem und ihrer krassen Unwissenheit belasten 
diese heilige Sprache mit Barbarei und beflecken sie mit 
Schmutz, während sie doch die heiligen Propheten, die biblischen 
Schriftsteller so rein überliefert haben." Die Grammatik ist 
sehr ausführlich, hier bedarf es nur ihrer kurzen Erwähnung; 
einige Uebungsstücke aus dem Deuteronomium, Josua, Jeremia, 
Ezechiel, den Psalmen sind mit ihrer lateinischen Uebersetzung 
angehängt. Andere Beigaben sind zerstreut uns bereits in 
anderen Schriften begegnet, den Schluss machen zwei he- 
bräische aber inhaltlose Anreden an den Leser. 

Ausser den bereits besprochenen Schriften Münster's, 
Uebersetzungen, Erklärungen biblischer Schriften, Wörter- 
büchern und grammatischen Werken bleibt nur noch Weniges 
zu erwähnen übrig: ein hebräisches Kalendarium, das er 
namentlich als nützlich ftir Historiker und Astronomen er- 
klärte^), ein Schriftchen theologischen und geschichtlichen 
Inhalts, in dem er neben den 13 Glaubensartikeln des Mai- 
monides die 10 Gefangenschaften Israels (4 unter Sanherib, 
4 unter Nebukadnezar, 1 unter Vespasian, 1 unter Hadrian), 
die Geschicke Israels in denselben und in der Zwischenzeit 
erzählte, und eine Ausgabe nebst lateinischer Uebersetzung 
des jüdischen Geschichtschreibers Josippon gab 2), und end- 
lich eine Schrift, in der er die 613 Ge- und Verbote^) der 



1) Aus M. Neandri Erotemata p. 256. Sebastiani Munsteri Kalendarinm 
Hebraicum, ex Hebraeomm penetralibus iam recens editum quod non tarn 
Hebraicae studiosis quam historiographis et astronomiae peritis subservire 
poterit. Probenius 1527 in 40. vgl. die Nachträge. 

2) I hKi'ü^ rm^ -Ttrr 1 "^trn trsn nan 1 ancrv rrmv isho Tredecim arti- 

culi fidei Judaeorum item compendium elegans historiarum Joseph!, complectens, 
Acta LXX InterpretuiD, Gesta Machabaeorum , facta Herodum, Excidimn 
Hierosolymitanum, item decem captivitates Judaeorum. Haec per Sebastianum 
Munsterum et Hebraeis et Latinis legenda exarantur, anno Christi MDXXIX. 

Am Ende; Wormatiae apud Petrum Schotter. 

Die Angabe ist aus Weller: Altes aus allen Theilen der Geschichte. 
Chemnitz 1766 II, S. 104—113. 

3) rmm nnSDÖ Catalogus omnium praeceptorum legis mosaicae quae ab 
Hebraeis sexcenta et tredecim numerantur cum succinctaRabiöorum expositione 



88 Die Universitäten. 

Juden zusammenstellte und ihnen einen lateinischen Auszug 
beigab. Ganz habe er es nicht übersetzen wollen, um das 
Werk nicht allzusehr anzuschwellen, schon aus diesem Auszug 
werden die des Hebräischen unkundigen Leser ersehen, bis 
zu welchem Grade von Wahnsinn und Verblendung die Jaden 
sich verstiegen hätten. 



VI. 

Die Universitäten. 

Damit, dass einzelne Männer sich dem Studium der he- 
bräischen Sprache hingaben, war aber nicht genug geschehen; 
um wirklich in die Reihe der Wissenschaften zu treten, musste 
es an den Stätten eine Pflege finden, wo sich alles zusammen- 
drängte, was in der wissenschaftlichen Beschäftigung des 
Zeitalters eine Rolle einnahm: auf den Universitäten. Und 
wirklich ist auf fast allen wichtigeren deutschen Universitäten 
von dem Beginn des 16. Jahrhunderts an das Hebräische als 
Lehrgegenstand aufgenommen worden. Es wird am besten 
sein, wenn wir, mit annähernder Bestimmung der Zeitfolge, 
die einzelnen Universitäten durchnehmen. 

Der Churfürst Ruprecht II. von der Pfalz hatte, dem Bei- 
spiele vieler anderer Fürsten seiner Zeit folgend, in seiner 
Hauptstadt Heidelberg eine Judenverfolgung veranstaltet (1391). 
Die Universität, der er die von den Juden zurückgelassenen 
Bücher überliess, betrachtete dieselbe nicht grade als ein 
werthvoUes Geschenk; sie verkaufte dieselben und hielt nur 
ein Exemplar des Talmud zurück^). Kaum ein Jahrhundert 
später aber war Heidelberg der erste Ort, an dem von 
Reuchlin Hebräisch gelehrt wurde, wenn es auch heimlich 



et additione traditionnm quibns irrita fecerimt maudata dei. Haec Sebasi 
Munstenis utriusque linguae Latinae et Hebraicae studiosis legenda impartit. 
Basileae excudebat Henricns Petrus. a...i a 6 Bll. , k a 5 611. Am Ende: 
Excudebat Henricns Petms Mense Martio Anno MDXXXIII. Dann folgt der 
hebräische Text mit besonderem hebr. nnd lat. Titel tr...K a 8 BIL in 8^. 
1) HantZ; Geschichte der Universität Heidelberg, 1, S. 225, 



Die UnWeraitäten. 89 

geschehen musste. Als regelmässigen Professor der hebräischen 
Sprache können wir auch Matthäus Adrianus nicht betrachten, 
von dem wir gesehen haben, dass er in Heidelberg gelehrt hat. 
Aber das Bedtirfhiss, einen ordentlichen Professor für dieses 
Fach anzustellen, machte sich bald geltend. Es war überhaupt 
ein neues Streben in die Universität eingezogen, man wollte 
den übrigen nicht nachstehen, suchte neue Kräfte zu ge- 
winnen, z. B. den Erasmus, und blickte fast neidisch auf 
Tübingen, das Reuchlin besitze (1521 ^), In einer besonderen 
Eingabe wandte man sich in demselben Jahre an den Chur- 
fürsten, er möge Böschenstein, der mit gewichtigen Empfeh- 
lungen Beuchlin's, Caspar Ammon's, Oekolampad's in Betreff 
seiner Kenntnisse nach Heidelberg gekonmien war, als Lehrer 
der hebräischen Sprache anstellen und ihm ein Gehalt be- 
stimmen; für letzteres begnügte man sich sogar mit dem be- 
scheideneren Vorschlag, die 4 Fakultäten sollten kleine Bei- 
träge zum Unterhalt des neuen Professors bewilligen *). Gegen 
letzteren billigen Vorschlag konnte der Churftlrst nicht wol 
etwas einwenden, er selbst wollte freilich nichts beisteuern, 
und da die Beiträge der Fakultäten , der artistischen und der 
Universität je 10, der juristischen 5 — 6, der medicinischen 



1) Der Dekan und die Artistenfakultät machten eine Eingabe beim 
Churfürsten, in der sie um Berufung des Erasmus baten. Sie sagten darin 
über Reuchlin : Etsi non desint et huic nostrae universitati fama et doctrina 
non ignobiles, attamen non tales, ut possint in publicum tam repente prod- 
ire admiratione tanta, ut solent qui editis iam multis yoluminibus illustres 
evaserunt: qualis est e milibus unus Doctor Joannes Beuchlinus, ex publico 
stipendio Tybingensium conductus grecae et hebraicae linguae professor, quod 
haec scheda his literis inclusa indicat. Nach den Akten abgedruckt bei Hautz, 
I, S. 369, Anm. 25. 

2) Quandoquidein Jo. Boeschenstein Eslingensis hebraeae linguae insi- 
gniter auditus, aliquorum (quibus respublica nostrae universitatis nonparum 
curae esset) precibus victus, ad nos divertisset, suae vero non vulgaris audi- 
tionis nobilium aliquot Germaniae academiarum, atque Joannis Reuchlini, 
iurium, Joannis Oecolampadii et Casparis Ammani Theol. Doctorum aliorum- 
que doctissimorum hominum non poenitenda attulisset testimonia . . . petit 
facultas artium, ut sua dementia apud Gynmasii nostri proceres illi ipsi 
Stipendium pro linguae hebraeae professione constitui demandaret aut, si 
ipsum modo fieri non posset, saltem ad tempus hie ex publicis quatuor facul- 
tatum aerariis aleretur, donec reformatio studiorum inchoaretur. (1521) Hautz, 
I, S. 371, Anm. 29, 



90 Die Universitftten. 

1 — 2 Goldgulden, zum Fristen des Lebens nicht hinreichten, 
so verliess Böschenstein bereits im August 1522 die Uni- 
versität^). Der Lehrstuhl blieb 2 Jahre unbesetzt; 1524 wurde 
Sebastian Münster zum Professor angenommen, sein Gehalt 
betrug jährlich 25 Gulden; die 5 Gulden jährliche Erhöhung, 
die man ihm 1526 bestimmte, mögen ihm auch nicht sonderlieh 
gefallen haben, schon 1527 verliess er Heidelberg*). Die 
Nachfolger, die man ihm gab, waren höchst unbedeutend) die 
Universitätsakten wissen nichts mehr von ihnen als ihre Namen, 
es lohnt sich kaum sie aufzuzählen : Georg Sibold von Ketten- 
hausen 1529, Valentin Kleymann 1531, Valentin Mikrander 
und Johann Koller 1538^). Für eine Beihe von Jahren naeh 
dem Abgange des Letzteren lassen sich aber nicht einmal 
Namen nennen, erst 1551 wurde der Lehrstuhl durch den 
getauften Juden Paul Staffelstainer^) besetzt. Glänzend 
war die Stelle grade nicht : für das erste Jähr erhielt er 50 Gulden 
Gehalt, 1555 wurde ihm eine Zulage von 30 Gulden gewährt. Das 
Programm, in welchem der Rektor der Universität zu seiner 
ersten Vorlesung einlud, ist noch erhalten, danach sollte der 
neue Professor Bibelerklärung und grammatikalische Ausein- 
andersetzungen vereinigen. Das Ziel der Vorlesungen sollte 
sein, die Hörer zum Verständniss der schwierigen Sprache, 
die Viele von philologischer Lektüre zurückhalte, zu fahren 
und in ihnen eine Liebe zu jener sehr alten Theologie zu 
erwecken ^). Wie lange Staflfelstainer in Heidelberg gelehrt, ist 
ebenso unbekannt, als der Erfolg, der seinen Unterricht begleitete. 
Hatte Keuchlin in Heidelberg das hebräische Studium 
eingeweiht, so war er es auch, an den sich der Ghurftlrst von 



1) Hautz I, S. 371 fg. 

2) a. a. 0. S. 374. Es wäre interessant über die Lehrthätigkeit dieser 
beiden bedeutenden Männer Genaueres zu wissen. 

3) Hautz I, S. 378 fg. 

4) Derselbe, der uns als Lehrer Johann Eck's (s. S. 30, Anm. 1) be- 
gegnet ist? 

5) Idem hie auspicabitur cras ab ennarratione celebris dicti qtiod de 
mondi duratione in domo Heliae sonuisse traditur. Grammatica deinoeps 
tractabit compendia ac praecepta e scriptura petitis exemplis illostrabit idqne 
curabit sedulo, ut ad phrasin, quae multos a philologicis lectionibns aicet, 
adsuefieri auditor possit vetustissimarnque illam paulatini amare theologiam. 
Haut? I, S. 428 fg. 



Die Univenitäten. 91 

Sachsen wandte, als er an seiner Universität Wittenberg 
dem hebräischen und dem griechischen Studium Eingang ver- 
schaffen wollte. Keuchlin ^hlte sich nicht kräftig genug im 
hohen Alter diese Last zu übernehmen; ftir das Griechische 
empfahl er, wie bekannt, seinen Grossneffen Melanchthon, 
und auch filr die Besetzung der hebräischen Professur machte 
er seine Vorschläge. Von Oekolampadius, den er empfahl, 
musste er zugleich berichten, die Baseler hätten ihn bereits 
genommen; Paul ßitius^), der Leibarzt des Cardinais von 
Gurk, der sich namentlich durch seine kabalistischen Werke 
einen Namen gemacht hat, schien ihm „zu fest und wohl zu 
stehen", um ihm eine Aenderung seiner Stellung anzubieten; 
als dritten zu der Stelle Geeigneten nannte er Conrad Pelli- 
kan: er glaubte, wenn seine Oberen, die Barftisser, zustimm- 
ten, wttrde es leicht sein ihn flir den Lehrstuhl in Witten- 
berg zu gewinnen. „Man filnde vielleicht sonst," schliesst er, 
„getaufte Juden, wer dess gute Erfahrung hätte; aber ftlr- 
wahr, wenn sie nicht in lateinischer Zunge gelehrt sind, so 
könnten sie uns künstlicher Weise in Regeln nicht lehren; 
denn in teutschen Landen empfahen die Juden ihre Sprach 
allein aus gewöhnlichem Brauch, das aber uns nicht so mög- 
lich ist, sondern wir müssen das Hebräische erstlich durch 
Regeln, und darnach durch viel Lesen der Bücher gleichwie 
die lateinischen und griechischen Zungen überkommen"*). 
Es ist nicht sicher, ob der Churfürst diese Vorschläge in der- 
selben Weise billigte, wie er dem Plane, Melanchthon nach 
Wittenberg zu ziehen, seine Zustimmung gab; jedenfalls ist 
seine Antwort nicht erhalten. Aber nachdem Melanchthon 
seine Stelle angetreten hatte, suchte man ihm einen CoUegen 
ftir das Hebräische zu geben ^). Denn um Lehrer der Jugend 



1) Von ihm sagt Erasmus, der überhaupt von seiner wissenschaftlichen 
Tüchtigkeit und seinen sonstigen trefflichen Eigenschaften entzückt ist: Ib 
demum vere mihi videtur Israelitam agere, suoque cognomini pulchre 
respondere, cujus omnis voluptas, omnis cura omne otium ac negotium in 
divinis literis. Erasmus Ricardo Bartolino 10. März 1516. Opp. III col. 190 
Epist. CCX. 

2) Reuchlin an den Churfürsten Friedrich von Sachsen 7. Mai 1518, 
in Corpus Reformatorum ed. Bretschneider vol. I, nro. 14, coli. 27 — 31. 

3) Hütten schreibt in demselben Jahre an einen Freund von dieser ihm 
bekannt gewordenen Absicht. Vergl. Böcking, Hutteni opera vol. I, p. 187, 



92 Die Universitäten. 

im Hebräischen zu werden, d^-zu waren weder die Kenntnisse 
Luther's noch die Melanchthon's hinreichend. Der Letztere 
namentlich beschäftigte sich zwar viel mit Hebräisch, er Hess 
gleich in der ersten Zeit seines Wittenberger Aufenthaltes 
hebräische Bibeln von Leipzig herbeischaffen, damals ein selteaer 
Schatz, wegen dessen Erlangung er sich beglückwünschen 
konnte ^), er war weniger in seiner schriftstellerischen Thätig- 
keit als in seinen Vorlesungen bei Erklärung biblischer 
Bücher bemüht, die Nothwendigkeit des Zurückgehens auf den 
hebräischen Text hervorzuheben, er war ein grosser Verehrer 
der hebräischen Sprache und billigte, da er sich nichts heil- 
sameres, wahreres, feineres und höheres denken konnte als 
diese Studien, die Ansicht derer keineswegs, die dieselben 
flir thöricht und roh erklärten ^). Die Pflege des Hebräischen 
in Wittenberg schien ihm ein hoher Buhm der Universität; 
er datirt eine Vorrede ^) aus der Wittenberger Akademie, „wo 
durch die Gnade des weisesten Mäcenas aller Gelehrten, des 



1) An Spalatin (Sept.) 1518 und an Christoph Scheurl 24. Sept. 1518. 
Corp. Eef. vol. I, coli. 43, 48. 

2) An Johann Hess 17. April 1520, Corp. Ref. I, vol. 158. ffier ist 
auch eine Rede anzuführen, die er über Nothwendigkeit und Nutzen des 
hebräischen Sprachstudiums schrieb, Corp. Ref. vol. XI, coL 867 — 877, De 
studio linguae Ebreae (1549), die aber ziemlich unbedeutend ist. Er fireue 
sich, nicht vor Ungebildeten zu reden; aber selbst bei Gebildeten gelte die 
hebräische Sprache für barbarisch. Diese ziehen lateinisch und griechisch 
bei weitem vor. Freilich, wenn man Eleganz der Sprache, angenehme Er- 
zählung verlange, dann sei es besser, sich im Herodot zu vertiefen, quam 
legere Thalmudicos libellos, in quibus et tempora mundi manifeste errore 
mutilata sunt et tantum est insulsitatis, ut Alexandrum somnient gessisse 
bellum cum Dario filio Hystaspis qui successit Cambysi; sei es nützlicher, 
von der Weisheit des Themistokles, von der Gerechtigkeit des Aristides sich 
unterhalten zu lassen, quam legere fanaticos furores ben Cosban. Das sei 
allerdings wahr: Literatur und Philosophie hätten in den griechischen und 
lateinischen Schriftstellern ihre ausgezeichnetsten Vertreter gefunden, sed 
in ecclesia Dei carere lingua Ebrea non possumus. Da genügten 
auch üebersetzungen nicht, obwol manche, wie Luther's Bibelübersetzung, 
unendlichen Werth hätten; man müsste an den Text selbst herangehn, der, 
oft schwierig und dunkel, eignes Nachdenken und eifrige Wahrheitsliebe ver- 
lange. Trotz seiner Schwierigkeit nehme aber doch das Studium der hebräi- 
schen Sprache nicht so in Anspruch, dass nicht auch Zeit für die Beschäfti- 
gung mit andern Wissenschaften übrig bleibe. 

3) Zu der von Luther herausgegebenen Erklärung von Pauli epistola 
ad Galatas. 



Die Unirersit&ten. 93 

Chnrftirsteu Friedrich, die rechten Stadien in den 3 Sprachen 
Lateinisch, Griechisch nnd Hebräisch umsonst gelehrt wer- 
den^^^); er entschloss sich sogar einmal, als ein Lehrer fllr 
diese Sprache fehlte ^) , kurze Zeit auch dieses Amt zu ver- 
walten, aber er fühlte doch selbst am besten, dass ihm zur 
vollen Uebernahme dieser Thätigkeit die Fähigkeit fehlte. 

Man suchte also einen Professor ftlr das Hebräische. Es 
ist von vornherein klar, dass die Stellung eines solchen, in- 
mitten eines vorzugsweise theologischen Lehrkörpers, neben 
Männern, wie Luther und Melanchthon, die nicht nur durch 
den Grad ihrer Kenntnisse, sondern durch den eigen- 
thtimlich hervorragenden Platz, den ihnen die Bewunde- 
rung ihrer Berufsgenossen zuerkannt hatte, eine Art Ober- 
aufsicht über Alles ausübten, was unter ihren Augen vor- 
ging; es ist klar, dass die Stellung eines Lehrers der Sprache, 
deren richtiges Yerständniss die Grundlage ihrer ganzen 
Theologie bildete, eine schwierige war, und dass ein selb- 
ständiger Geist, der sich in seiner Lehrmethode und in seinen 
Ansichten nicht beschränken lassen wollte, hier schwer, wenn 
nicht gar unmöglich, eine Wirksamkeit auszuüben im Stande 
war. Hierin mag wol der Grund liegen, dass es ziemlich 
lange dauerte, bis man den rechten Mann gefunden hatte, 
dass eine Anzahl Versuche fruchtlos blieben, und dass, wenig- 
stens in den ersten Jahrzehnten, keiner in Wittenberg dauernd 
die hebräische Sprache gelehrt hat, der unter den Kennern der- 
selben einen bedeutenden Rang einnimmt. Diese Behauptungen 
können freilich nur Vermuthungen bleiben, die zerstreuten 
Quellen, die wir zu Käthe ziehen können, erlauben uns keine 
sicheren Schlüsse. 

Von Johannes Böschenstein, der als erster die Stelle ein- 
nahm, ist schon in anderm Zusammenhang gesprochen; nach 
ihm ist von einem Bartholomäus Caesar die Rede. 
Luther, der jeden neuen Ankömmling mit grossen Lobsprüchen 
empfing, um dieselben freilich oft bald genug mit bitteren 
Schmähungen zu vertauschen, sagt von ihm — es ist die 



») 1519 C. R. I, col. 125. 

2) 21. Mai 1519 a. a. 0. col, 81: Interim ego psalterimn praelego, dum 
doctior aliqois conducitur. 



94 Die Universitäten. 

einzige Stelle, in der er von ihm spricht, in den Briefen Me- 
lanchthon's findet sich gar keine Erwähnung des Mannes — : 
er habe eine lateinische Bede von ihm gehört, untermischt 
mit Hebräischem, die habe ihm sehr gefallen ; es scheine ihm, 
wenn man diesen gewinnen könne, werde sich der Weggang 
Böschenstein's ertragen lassen. Gott, auf die Pflege unserer 
Studien bedacht, hat auch ohne uns gesorgt ^). Einige inter- 
essante Details geben einige Briefe des Andreas Carlstadt. 
Danach verdankt Caesar die Aufmerksamkeit, die man ihm 
zuwandte, der Empfehlung des Böschenstein. Dieser habe 
seine allgemeine Gelehrsamkeit, seine specielle gründliche 
Kenntniss der hebräischen Sprache herrorgehoben, zu deren 
Erlernung er viele Jahre hindurch grossen Fleiss angewendet 
und namentlich Beuchlin's Unterricht sich zu Nutzen gemacht 
habe. Plötzlich aber habe Böschenstein sein Urtheil flber ihn ge- 
ändert, seinen eignen Entschluss, von Wittenberg fortzugehen, 
habe er aufgegeben, ihm sei an Gelehrsamkeit doch Keiner in 
Deutschland zu vergleichen; was aber Caesar anbetreffe, so 
stehe er in seiner Kenntniss dem Melanchthon um Vieles nach. 
Auch andere Schmähungen habe er auf Caesar gehäuft, den er 
früher mit Lobsprüchen überschüttet habe; vielleicht sei auch 
das Gerücht, die Leipziger wollten Caesar ftlr sich gewinnen, 
nur von ihm erftmden, um sich des unbequemen Gegners zu 
entledigen. Die Wittenberger Studenten seien aber sehr 
begierig, ihn als Lehrer zu erhalten; Spalatin möge Alles 
thun, um diese Wünsche zu befriedigen. Sie gingen frei- 
lich nicht in Erfüllung: Carlstadt schreibt, Caesar wolle 
nicht kommen, und kann sich die Sinnesänderung nicht er- 
klären «). 

Nach Caesar war es Johann Cellarius Gnostopoli- 
tanus, den man nach Wittenberg ziehen wollte. Er war in 
Heidelberg früher gewesen und wollte jetzt in Leipzig die 



1) Luther an Spalatin 11. Januar 1519 bei de Wette: Luther^s Briefe, 
Sendschreiben und Bedenken I, S. 210. lieber Böschenstein lautet die Stelle: 
ideoque nobis visum est, quando ille veteranus omnino maturat recessum, 
hoc assumto in vicem illius, recessus eins feratur. 

8) Die Briefe, für die der im Text gegebene Auszug genügen mag, 
finden sich in J. G. Olearius : Scrinium antiquarium. Arnstadt 1682, p. 42 8q., 
45, p. 52—56; sec. fer. post epiphan, Rerainiscere und Die Felicia 1519. 



Die tJnivMrsil&ien. ^ 

hebräische Sprache lehren; Lather Hnd Melauchthon zeigen 
sich gleich eifrig ihn zu gewinnen^). Aber wenige Wochen 
darauf schreibt Melanchthon: Der Hebräer, den sie hätten, 
wolle nicht lehren, abgeschreckt dnrch die Schwierigkeit des 
Psalters, den er non schon binnen Jahresfrist erklärt habe^). 
Das scheint sich auf Cellarius zu beziehen. Möglicherweise 
war das nicht der wirkliche Grund^ bekanntlich stand Cel- 
larius bei der Leipziger Disputation auf Eck's Seite ^) und es 
wird Niemand den Wittenbergem verargen ktonen, dass sie 
sich hüteten, einem erklärten Feinde Eingang bei sich zu ver- 
schaffen. Noch unglücklicher war der Versueh, den man mit 
MatthäusAdrianus machte, der, wie oben genauer erzählt 
ist, nach sehr kurzer Thätigkeit in voUem Unfrieden aus Witten- 
berg schied. 

Erst 1521 wurde ihm ein Nachfolger gegeben. Matthäus 
Aurogallus, ein Böhme, hatte einige Jahre in Wittenberg 
studirt, er war Melanchthon und Luther bekannt geworden, 
beiden erschien er zur Besetzung der vakanten Professur ge- 
eignet, vielleicht eb^isosehr, weil man ihn als ein^i getreuen 
Anhänger kannte, als seiner Bef^Lhigung wegen ^). Melanch- 
thon berichtet, dass er ihn aus dem Stegreif Vieles aus dem 
Hebräischen habe übersetzen und erklären sehen a). Luther 
bediente sich seiner Unterstützung bei der Bibelübersetzung «). 
Von sein^i Schülern und von seiner Lehrthätigkeit in dieser 



1) Melanchthon an Spalatin 21. Mai 1519, Corpus Reformatorum I, 
col. 81 ; Luther an Spalatin 22. Mai 1519 bei de Wette : Luther's Briefe etc. 
I, S. 278. Ueber Cellarius vgl. unten: Leipzig. 

2) G. Spalatino 29. Juli 1519 Corp. Ref. I, col. 104 fg. 

3) Darum bezweifelt Pörstemann, der Verfasser der Anmerkungen in den 
ersten Bänden des Corp. Ref., dass diese Stelle sich auf Cellarius beziehe. 

4) Luther an Spalatin 19. März 1521, de Wette I, S. 574; Melanchthon 
an denselben 21. März 1521 Corp. Ref. I, col. 362 sq. 

5) Mel. a. a. 0. : Ipse vidi ex tempore multa enarrantem ac reddentem 
de Hebraeis. Eine andere kurze Bemerkung desselben an denselben 14. Juni 
1521: Inprimis Aurogallum praeficiendum hebraeis scholis. Corp. Ref. I, 
col. B97. 

6) Melanchthon sagt in der Vita Crucigeri (Declamationes, alte Aus- 
gabe, Tom. III, p. 305) : Etsi Lutherus Ebream linguam probe callebat, tamen 
quia collationem iudiciorum sciebat non aspemandam esse, adhibuit viros in 
ea lingua praeclare eruditos Aurogallum, Crucigerum et Forsterum. Hos et 
iudices in obscuris locis et suae fidei et diligentiae testes haberi voluit. 



96 I>io Universitäten. 

Sprache, die er bis zu seinem Tode 10. November 1543*) 
fortsetzte, ist sonst nichts bekannt. Die hebräische Gramma- 
tik^), die er geschrieben hat, erfüllt den Zweck eines Leit- 
fadens vollkommen. Nach den Kegeln ftlr das Lesen der 
Buchstaben, Silben und Wörter folgei^ Beispiele flir die Ac- 
cente, Tabellen für die Zahlen, Fronomina, Substantiva, danach 
die Conjugation und die Kegeln für die übrigen Kedetheile: 
Adverbia, Conjugationen , Interjektionen. Der hebräischen 
Grammatik folgt ein ungemein dürftiger Abriss der Eigenthüm- 
lichkeiten des Chaldäischen, dann eine ziemliche Anzahl von 
einer nicht nach alphabetischer Reihenfolge und überhaupt 
ohne jedes System zusammengestellten Anzahl von Abbre- 
viaturen, den Schluss macht das „Lied Moses^^ in hebräischer 
Sprache. Wie gesagt, die Grammatik ist ein guter Leitfaden 
und sie ist schon früh wegen ihrer Bequemlichkeit und Nütz- 
lichkeit fiir die Studirenden gerühmt worden^). 

Nach Aurogallus' Tode wurde die Professur dem Lukas 
Edenberger übertragen; ein Stück des Briefes, in dem 
Luther denselben dem Churfürsten Johann Friedrich empfiehlt, 
ist interessant genug, um erkennen zu lassen, was Luther bei 
seinen Candidaten hauptsächlich suchte: „E. K. F. G. wolle 
die hebräische Lektion dem M. Lukas Edenberger leihen und 
befehlen, nicht allein desshalb, dass er sich zu dieser Zeit 
schwerlich behilft, . . sondern dass er E. K. F. G. und uns Allen 
wol bekannt, dass er treu und fleissig, auch ernstlich ist über 
der reinen Lehre, welchs alls vonnothen ist dem, der hebräisch 
lesen soll. Denn viel Ebraisten sind, die mehr rabinisch, 



1) Vgl. Scriptor. publ. propos. a Professorib. in Academia Witebeig 
(1559). T. I, p. 72 und Bismark an der Anmerk. 3 anzuführenden Stelle. 

^) Ich kenne nur eine spätere Auflage: Grammatica hebraeae chaldae- 
aeque linguae a Mattheo Aurogallo in.lucem aedita, pluribusque in locis ab 
autore emendata et aucta. Basileae apud Henricum Petrum. Anno MDXXXIX. 
A...L. a 8 Ell. in 16 <> (169 S.). Von S. 142— 159: De chaldaeae et hebraeae 
linguae. Die Abkürzungen unter dem Titel: Abbreviationes quibus Judaei in 
commentariis super veteris instrumenti Bibliis passim usi sunt. 

*) Nach der kurzen Lebensbeschreibung des Aurogallus in Bismark: 
Vita et Res Gestae praecipuoruni Theologorum Liber primus Continens vitam 
et res gestas Theol. Viteb. Halae Saxonum 1614 Bl. I 1 und 2: Ghwn- 
maticam hebraicam quoque edidit, quam alicubi D. Selueccerus ob facilitatem 
et utilitatem studiosis sanctae linguae commendat. 



l)ie Unirenit&ien. 97 

denn christlich sind, und doch die Wahrheit ist, wer nicht 
Christum sacht und sieht in der Bibel und ebräischer Sprache, 
der siebet nichts und redet wie der Blinde von der Farbe" *)• 

Von Edenberg's wissenschaftlichen Leistungen und seiner 
Lehrthätigkeit ist Nichts bekannt^). Auch war sein Aufenthalt 
in Wittenberg nur kurz, ebenso wie der seines Nachfolgers, 
des durch seine spätere theologische Thätigkeit so bekannt 
gewordenen Matthias Flacius Illyrikus. Er war nach 
Wittenberg gekommen hauptsächlich zum Studium des Griechi- 
schen und Hebräischen. Melanchthon erkannte die grossen 
Fähigkeiten des jungen, kaum 24jährigen Mannes, man machte 
ihn zum Professor der hebräischen Sprache; nur viermal 
wöchentlich sollte er lesen, man setzte ihm dafür einen Gehalt 
von 100 Goldgulden aus. Er erklärte die Schriften des alten 
Testaments mit vieler Anerkennung;^ aber nicht lange hielt 
es ihn, 1547 nach der Capitulation Wittenbergs wanderte er 
mit den übrigen Professoren aus, aber diese kehrten ohne 
ihn zurück 3). 

Ihm folgte Johann Forster, nach Böschenstein wol 
der beste Schüler Reuchlin's. Er hatte seinen Lehrer eine 
kurze Zeit, wie es scheint, in Ingolstadt vertreten (1521), 
dann hatte er hauptsächlich auf dem theologischen Kampf- 
platz sich geübt und, nach einem Zeugniss Melanchthons ^), 
seiner Neigung nicht ausschliesslich der Beschäftigung mit der 
hebräischen Sprache zugewendet. Desselben Empfehlung ^) 
hatte er es zu danken, dass er 1537 eine Anstellung als Pro- 

*) Luther an den Churfürsten Johann Friedrich, bei de Wette V, S. 606, 
3. December 1543. 

2) Nur findet sich schon aus dem Jahre 1548 von Edenberger eine — 
übrigens unbedeutende — (Praelectio) in Ebraeam Grammaticam in: Scripta 
publ. propos. in Acad. Witteb. (1560) Tom I, D 3 sq. 

3) Ueber Flacius s. die Nachträge. 

*) Er schreibt an Camerarius: Forstemium (Forsterum) iudico esse 
modesto ingenio praeditum, et in sacris literis mediocriter versatum, neque, 
ut multi d7:eipoy.aXoi, qui se Hebraicis literis dedidere, nimium delectari suo 
studio. Angeführt bei Strobel: Vermischte Beiträge zur Geschichte und Lite- 
ratur. Nürnberg 1775, in den ausführlichen Mittheilungen über Forster, 
S. 129—160. 

5) Ebenso wie der Luther's, vergl. Schnorrer: Nachrichten von den 
Lehrern der hebr. Literatur in Tübingen, der auch erzählt, dass Forsters 
Gehalt 200 fl. betrug. Verschiedenes über Forster s. in den Nachträgen. 

Geiger, Studium. 7 



98 Oio Ünivereititen. 

fessor der hebräischen Sprache und Theologie in Tübingen 
erhielt; von hier seiner lutheranischen Gesinnungen wegen 
den Reformirten verdächtig geworden und entlassen, war er 
9 Jahre in durchaus praktisch -theologischen Aemtem thätig. 
Erst 1549 kam er nach Wittenberg, zuerst ohne Amt; man 
wusste noch nicht, ob Flacius Illyrikus zurückkehren werde, 
der Wittenberg verlassen hatte, um, wie er sagte, nicht einer 
Veränderung des Gottesdienstes beizuwohnen. Als Gehalt 
wurden Forster 300 Goldgulden versprochen, eine für jene 
Zeit recht respektable Summe ^). Von seinen Schülern ist 
hauptsächlich LäliusSoccinuszu nennen 2), der sich freilich 
weniger durch seine Kenntniss des Hebräischen, als durch 
seine theologische Wirksamkeit bekannt gemacht hat. Forster 
starb nach einer 7jährigen glücklichen Lehrthätigkeit im Jahre 
1556 3). Das Werk, das seinen Namen hauptsächlich bekannt 
gemacht hat, ist sein hebräisches Lexikon^). Es ist nöthig, 
dass wir bei demselben verweilen, und dass, ehe wir seinen 
Inhalt zergliedern, wir Forster's Ansichten, die er bei Ab- 
fassung des Werkes zu Grunde legte, eiü wenig nachgehn. 
In einem Worte kann man es ausdrücken : in ihm prägte sieb 
mit am schärfsten und schroffsten die Gesinnung ans, die 
Luther über die hebräische Sprache und ihre Behandlung ge- 
hegt und seinen Schülern eingeflösst hatte. „Die Kenntniss 
der hebräischen Sprache", beginnt er, „ist der Kirche nöthig 



1) Die letzten Angaben aus einem Briefe Melanchthon's an den Fürsten 
Georg von Anhalt 29. März 1549, Corpus Reformatorum vol. VII, p. 356. 

2) a. a. 0., p. 632. 

3) Camerarius vita Melanchthonis, ed. Strobel, p. 320, der bei dieser (Je- 
legenheit über ihn sagt : Joannes Forsterus, hebraicarum literarura inprimis peri- 
tus, qui varia et duriore aliquando fortuna confiictatus tandem Wittenbergae 
consederat, doctrina sua Academicam illam communitatem augens atqne ornans. 

4) Der typographisch genaue Titel dieses wichtigen Werkes lautet: 
DICTIONARIVM i HEBRAICVM NOVVM , NON EX RA i BINOEVM 
COMMENTIS NEC EX NOSTRATIVM DOCTORVM | stulta imitatioiie 
descriptum, sed ex ipsis thesauris sacrorum Bibliorum | et eorundem aocmata 
locorum collatione depromptum, cum phrasibus | scripturae Veteris et Novi 
Testamenti diligenter annotatis. |i 

Autore Joanne Forstero Augustano, sacrae Theologiae Doctore, ac, 

Hebraicae linguae professore in Academia 

Vuitebergensi. ,1 

Froben's Buchdruckerzeichen BASILEAE MDL VII. 



l)ie Universitäten. dd 

und sorgfältig aus den Quellen geschöpfte Wörterbücher sind 
die Schatzkammern, in denen die Sprache aufgewahrt wird." 
Aber was sind die Quellen? Sind es die Rabbinen? Hören 
wir Forster's Antwort: „Viele Jahre nach dem Wieder- 
erwachen des Evangeliums habe ich gesehen, dass ebenso 
wie in den Synagogen und Schulen der Juden, so bei den 
Christen beim Uebersetzen und Erklären der h. Schrift die 
rabbinischen Commentare gleichsam wie heilige Mysterien 
Gottes von allen mit grösster Dehmuth und Verehrung ange- 
betet werden. Daher konnten wir den wahren Sinn der hei- 
ligen Schrift nicht erlangen." Dieser traurige Zustand der 
Dinge habe ihn zur Abfassung seines Lexikons veranlasst. 
Es seien bisher schon von Christen Werke geschrieben wor- 
den, aber sie haben keinen Werth ; bei ihnen sei Christi Wort 
eingetroffen: „Wenn ein Blinder einen Blinden ftlhrt, so 
straucheln sie beide." „Und blind sind die Führer wirklich; 
sie haben kein Licht, keine Kenntniss von Gott, keinen Geist, 
keine wirkliche und gründliche Bekanntschaft; mit irgend 
einer Wissenschaft oder Kunst, kein Verständniss der Sprachen, 
nicht einmal der hebräischen" 0« Aber eine solche Finstemiss 
dürfe nicht fortdauern, die christliche Religion habe nöthig, 
dass sie zerstreut werde. „Sie muss der Sprache eine be- 
sondere Pflege angedeihen lassen, die die erste und älteste 
ist, in welcher die Gottheit, Vater, Sohn und heiliger 
Geist, diesen wunderbaren Schauplatz der Welt und alle Ge- 
schöpfe in ihr geschaffen hat, in der die ganze Dreieinigkeit 
gleichsam im Bilde sich dargestellt hat. . . Durch diese Sprache 
war der Sohn Gottes allein wirksam, mit ihr schenkte er den 
Elendgestorbenen neues Leben. In ihr nannte Adam alle 
Thiere, alle Vögel und Fische mit Namen, als sicherstes 
Zeichen, dass sie die passendste und geeignetste ist, um die 
Natur der Dinge auszudrücken. — Bis zum babylonischen 
Thurmbau gab es keine andere Sprache, als diese ; nach die- 



1) Darauf folgen mehr positive Anklagen : Dicat mihi universa ipsorum 
Synagoga, comportatis omnibus suis libris, quid proprie hoc nomen HTp"* 
significet et quae sit ipsius etymologia, similiter fl'^tt^^ "^pS' V^' ]^' Dann 
giebt er 68 Regeln zum leichteren Verständniss der hebräischen Sprache, 
über die Buchstaben und ihre Bedeutung, über die Deklination und den Ge- 
brauch der Substantiva, über Conjugation und Verba. 



100 Die Universitäten. 

sem Ereigniss folgte, hervorgerufen durch den schrecklicliea 
Zorn Gottes, zum unglaublichen Schaden der Kirche^ Ver- 
schiedenheit und Verwirrung der Sprachen, in der dennoch 
Gott diese Sprache, rein und unverderbt in dem heiligen Heber 
und seiner Familie erhalten hat bis Lot, von Lot bis Abraham 
und seiner Nachkommenschaft, um ihm in dieser Sprache 
jene Verheissung zu verkünden über seinen gesegneten Sa- 
men, welcher ist unser Herr Jesus Christus". 

Man sieht, es ist nicht leicht möglich in überschwäng- 
licheren Ausdrücken sich zu ergehen. Neben der Heiligkeit 
der Sprache wird aber auch ihr Nutzen hervorgehoben, einmal 
gegen die Juden, „um die von den Kabbinen hervorgebrachten 
Verschlechterungen zu erkennen, die den Worten innewohnende 
Bedeutung, ihren wahren Sinn zu zeigen und gegen die Spötte- 
reien Jener zu vertheidigen", dann auch gegen die alten üeber- 
setzungen, um beurtheilen zu können, wie gotteslästerlich und 
abergläubisch es ist, was sie über Christi Verdienst enthalten. 
Auf die Rabbinen kommt er immer wieder zurück. Wenn er 
in schönen Worten zeigt, dass nur die hebräische Sprache 
allein den wahren Gott lehre und die wahre Gottesverehmng, 
dass sie allein Furcht und Treue, Gehorsam und Geduld, Be- 
scheidenheit und Ergebung vorschreibe, dann fehlt der Nach- 
satz nicht: aber hüte Dich vor den Lehrsätzen der Kabbinen, 
die voll von Schmutz und Schändlichkeit sind; wenn er in 
einem Gebete Gott bittet, die Liebe zur hebräischen Sprache 
immer stärker werden zu lassen, dann vergisst er nicht zu 
bemerken: um sie von den Irrthümem der Juden zu reinigen. 

Aber er bemüht sich sehr die Meinung nicht aufkommen 
zu lassen, als kenne er, der das Studium der jüdischen Er- 
klärer sehr abrathe, dieselben selbst nicht. „Wenn es einen 
gibt, der seine Fähigkeiten an den Kabbinen verschwendet, 
der sie in seinem Hause auf eigene Kosten als Lehrer unter- 
halten, der sich oft und lange in ihren Synagogen benun- 
getrieben und ihre Commentare fleissig gelesen hat, dann ist 
es Forster, und dennoch habe ich nichts Ausgezeichnetes, 
nicht was besonderen Lobes werth wäre, davongetragen." 

Sein Lexikon, recht eigentlich eine Frucht dieser Kab- 
binenverachtung, ist daher entsetzlich einseitig. All das Gute, 
was er aus jüdischen Commentatoren, Grammatiken ziehen 



Die Universitäten. 101 

konnte, hat er bei Seite geworfen, man kann sagen, er kennt 
nur die Bibel und seine eigene hermeneutische Fertigkeit, die 
alten Schriftsteller, soweit sie in Sacherklärung in Betracht zu 
ziehen waren, und die Kirchenväter, obwol er sich auch ent- 
schieden dagegen verwahrt (schon im Titel des Lexikons), 
in kindischer Nachahmung ihnen zu folgen. Von seinem 
Lehrer Reuchlin hat er viel gelernt, namentlich in der äusseren 
Eintheilung, obwol ja der Weg, den er folgte, ganz verschie- 
den ist von dem, den der Lehrer eingeschlagen hatte. Er 
gedenkt desselben mit vieler Liebe. Nachdem er ihn als sei- 
nen Lehrer gerühmt und erzählt hat, dass er seinerseits von 
W es sei den ersten Unterricht empfangen hatte, fährt er fort: 
Ich erwähne gern diese Männer, damit die Nachwelt diese 
Wohlthat Gottes im Auge behalte, dass jene, schon so früh 
wie von göttlicher Eingebung getrieben, sich der Verbreitung 
dieser Sprache hingegeben haben. 

Man hat das Lexikon wegen seiner durchgängigen Rück- 
sichtnahme auf die Bibel eine gute Bibeleinleitung genannt; 
vielleicht dürfte der Ausdruck Bibelconcordanz noch passen- 
der den Werth oder in jedem Falle die Eigenthümlichkeit des 
Werkes bezeichnen. Unter eine jede Stamm wurzel werden 
sämmtliche Formen eingereiht, in der diese Wurzel sich 
findet, die Conjugation des Verbums und die Hauptzeiten jeder 
einzelnen Conjugation und die von dem Verbum abgeleiteten 
Nomina. Die Stämme, die numerirt sind: 1 — 1758, sind natür- 
lich nach ihren Anfangsbuchstaben eingetheilt; am Anfange 
einer jeden dieser 22 Abtheilungen steht ein Bibelvers, der mit 
dem zu besprechenden Buchstaben beginnt; am Ende derselben 
sind die zu jedem Buchstaben gehörigen Quadrilitera, soweit 
sie nicht unter den dreibuchstabigen Wurzeln ihren Platz ge- 
funden haben, und Peregrina zusammengestellt. Bei den ein- 
zelnen Wörtern wird oft nur ganz kurz die Bedeutung ange- 
geben, oft, wenn grammatische Schwierigkeiten oder sonstige 
Unregelmässigkeiten sich finden, dieselben ausflihrlich er- 
läutert und eine Masse Beispiele aus dem alten Testament zu 
ihrer Erklärung angefügt, deren Nutzen freilich dadurch, dass 
sie nur lateinisch und nicht hebräisch gegeben werden, fast 
illusorisch gemacht wird. Zur Erklärung der Worte wird die 
chaldäische Uebersetzung, werden griechische, lateinische, 



102 I>ie Universitäten. 

auch deutsche Worte angeführt; zur Analogie viele Stellen 
aus dem neuen Testament; zur Sacherklärung, wie bereits 
bemerkt, einige Classiker, einige Kirchenväter, von Neueren 
Nikolaus von Lyra. Die jüdischen Commentatoren sind, wie 
es sich von selbst versteht, ausgeschlossen, nur R. Salomo 
findet sich einigemal erwähnt. So wenig Freund der Juden 
und ihrer Commentatoren auch Forst er war, die Gerechtigkeit 
muss man ihm widerfahren lassen, dass er sein Lexikon nicht 
mit Polemik, mit Schimpfreden gegen diese flillte. Man sieht 
doch fast an jedem Schritte, den er thut, dass es ihm in 
tiefem Ernst um die Erforschung der Wahrheit zu thun ist, 
so beschränkt auch der Standpunkt ist, von dem aus er die 
Wissenschaft betrachtet. 

Eine kurze Zeit (1557 fg.) verwaltete Paul Eber die 
Professur, der schon früher einmal zur Aushülfe einge- 
treten war^). 

Am 18. März 1560 hielt Heinrich Moller seine Antritts- 
rede als Professor der hebräischen Sprache in Wittenberg. *). Da 
sonst keine Leistungen dieses Mannes erwähnt werden, er 
auch (s. das Fgde.) nur kurze Zeit sein Amt verwaltet zu 
haben scheint ^), so mag es erlaubt sein die Rede etwas näher 
zu betrachten. „Durch eine besondere Wohlthat", beginnt der 
Verfasser, „hat Gott der Kirche immer Männer zu Theil wer- 
den lassen, bald mehr, bald weniger, die der hebräischen 
Sprache kundig waren." Die Kenntniss derselben sei zwar 
durch die Schuld der faulen und unwissenden Mönche des 
Mittelalters fast verschwunden, aber nie völlig. Auf einer 
Synode^) sei bestimmt worden, das Hebräische solle auf den 
Universitäten gelehrt werden, dann haben Nikolaus von Lyra, 



1) Vergl. Nachträge zu S. 97, Aüm. 3. 

2) Adhortatio ad cognoscendam linguaia hebraeam a Mag. Henrioo 
MoUero Hamburg., hebraico Professore; habita d. 18. Martii 1560, zuletzt 
gedruckt in Corpus Eeformatorum (Melanchthonis Opera), vol. XII, col. 385 
bis 392. 

3) Ich finde ihn noch erwähnt in dem Wittemberger Lektionskatalog 
von 1561: M. Henricus Moller enarrabit textum hebraicum minorum pro- 
phetarum bei Strobel: Neue Beiträge zur Literatur des 16. Jahrhrmderts 
1790 I, S. 126. 

*j Dem Wiener Concil 1312. 



Die Universitäten. lOo 

Paul von Burgos, Petras Galatinus ^) die Kenntniss fortgepflaüzt. 
Dieselbe sei für die Kirche so nothwendig, „dass die Studiren- 
den der Theologie durch strenge Befehle der Kegierung an- 
gehalten werden müssten sie sich anzueignen" ^). Seien ihnen 
dagegen die Quellen fremd, so folgen daraus verschiedene 
Nachtheile: die heiligen Schriften würden nicht gelesen wer- 
den ; durch ihre Unkenntniss würden Zweifel über den Willen 
Gottes hervorgerufen, der in diesen Schriften seinen Ausdruck 
gefunden; man müsste sich an üebersetzungen halten, die, 
wenn sie schlecht und mit mangelndem Verständniss der 
Phrasen und Bilder abgefasst seien, schiefe und unrichtige 
Deutungen enthalten ^) ; Polemik könne nur dann richtig geftlhrt 
werden, wenn man in das einzugehen wisse, was in den 
Quellen stehe. Daher müsse man sich bemühen ein Ver- 
ständniss der Quellen herbeizuführen. „Um diese Gewissheit 
über die Meinungen der prophetischen und apostolischen 
Schriften in den Gemüthem hervorzurufen und durch diese 
Gewissheit ein eifriges Lesen der Schriften zu erzielen, muss 
man diese Sprache lernen, weil die Kirche unmöglich be- 
stehen kann, wenn die prophetischen und apostolischen Bücher 
verachtet werden"^). 

Am Anfang der sechsziger Jahre war Johannes Dra- 
konites in Wittenberg. Als Schüler des Paul Fagius hatte 
er dessen trefflichen Kenntnisse in sich aufzunehmen ge- 
wusst. Er trug sich mit grossen Planen: er wollte eine Biblia 
Pentapla herausgeben, die er als Aufgabe seines Lebens be- 



1) Petrus Galatinus ein gelehrter Italiener, ein Freund Reuchlin'a. 
Wie wenig historisch die Auffassung MoUer's ist, liegt auf der Hand; 
Galatinus hätte sich selbst am wenigsten einen directen Nachfolger der 
mittelalterlichen Interpreten des A. T. genannt, sondern willig als Schüler 
Reuchlin's bekannt. 

2) Gubernatorum severitate opus esset, ut cogerent eos, qui aluntur 
ut Ecclesiae doctrinam discant, adiungere ad id Studium linguam Graecam 
et Ebream, col. 386. 

3) Darauf folgt eine längere Auseinandersetzung über die Irrthümer 
der Juden und über die Miss Verständnisse der Griechen und Römer in ihren 
üebersetzungen, mit zahlreichen Beispielen. 

4) Ut igitur et certae sint mentes de sententia propheticorum et 
apostolicorum scriptorum, et horum lectio propter certitudinem magis appe- 
tatur, lingua haec discenda est, quia ubi spernuntur libri prophetici 
et apostolici, ibi Ecclesiam esse impossibile est. col, 391. 



104 Die Universitäten. 

trachtete, an verschiedenen Orten Schritte that, um thätige 
Beihülfe, namentlich Geldunterstütznng zu finden, von Zeit zu 
Zeit Bruchstücke jener Ausgabe veröflfentlichte, um das Inter- 
esse der gelehrten Welt zu erregen und wachzuhalten. Aber 
nachdem er durch das bereitwillige Entgegenkommen des 
Churfürsten August von Sachsen zu seinem Ziele gelangt 
schien, starb er 1565 und das kaum begonnene Werk hatte 
sein Ende erreicht^). Man hatte in Wittenberg überhaupt 
keine Zeit mehr zu wissenschaftlicher Beschäftigung. Schon 
nach Luther's Tode hatten fast nur theologische Streitigkeiten 
die Gemtither beschäftigt, die Federn in Bewegung gesetzt; 
nachdem mit Melanchthon's Tode (1560) der letzte Damm 
einer zuletzt freilich sehr wankenden Autorität gebrochen 
war, gingen die Wissenschaften in dem allgemeinen Trubel 
theologischen Zankes völlig unter. 



Das Andenken R e u c h 1 i n ' s wird bei j edem Schritte wach- 
gerufen, den wir thun. Auch in Ingolstadt ist er es, der 
zuerst als öflfentlicher Lehrer im Hebräischen unterrichtete. 
Wie weit sein Schüler Forst er ihn ersetzte, ist nicht bekannt. 
Nach ihm scheint überhaupt ein besonderer Lehrer für das 
Hebräische nicht angestellt gewesen zu sein. Unter den Auf- 
trägen, die dem berühmten J oh. Eck bei seiner dritten Reise 
nach Rom mitgegeben wurden, figurirt auch der, er solle fllr 
die Universität Ingolstadt neben der Erlaubniss einige griechi- 
sche Präceptores zu halten auch die erlangen, einen Professor 
des Hebräischen zu haben 2). Man sieht aber nicht, ob und 
inwieweit diesem Auftrage entsprochen worden ist. Eck selbst 
war ein tüchtiger Kenner des Hebräischen, aber es ist nicht 
bekannt, ob er auch specielle Vorlesungen über die hebräi- 
sche Sprache gehalten hat, die er bei seinen theologischen 



1) Der Churfürst hatte den Superintendenten Paul Eber mit der Fort- 
setzung beauftragt, der aber freilich nicht der geeignete Mann dazu war. 
üeber Drakonites vergl. Strieder: Hessische Gelehrtengeschichte III, S. 194 
bis 212. 

2) Wiedemann : Dr. Johann Eck, Eegensburg 1865. S. 186. 



Die UniTeTsitäten. 105 

wol berücksichtigen mochte. Als zerstreute Notiz findet sich 
nur, dass Wilhelm Uelin 1536 — 1543 in Ingolstadt das He- 
bräische gelehrt hat ^), 



Wir begleiten Reuchlin auch auf dem letzten Schritte 
seiner Laufbahn 2). Er war 1521 von Ingolstadt nach Tü- 
bingen gegangen. Wir haben schon gesehen, dass bereits 
an der Wende des Jahrhunderts sich hier Männer gefunden 
hatten, die, des Hebräischen kundig, gern bereit waren ihre 
Kenntniss Andern mitzutheilen °)] aber den Namen eines 
öfifentlichen Lehrers verdient erst Eeuchlin. Sein Nachfolger 
war Robert Wakfeld. Er blieb zwar eine Reihe von Jah- 
ren in Tübingen, bis 1530, aber er gehört seiner Geburt und 
seiner Erziehung nach England an und, was er schriftstelle- 
risch leistete, kam auch mehr seinem Heimatslande — er 
lehrte bis zu seinem Tode 1534 in Oxford — zu Gute*). Die 
Art und Weise, in der man seinen Nachfolger Jakob Jonas 
behandelte, zeigt einen sehr traurigen Verfall der Achtung, 
die man einem Lehrer einer so oft als heilig gepriesenen 
Sprache hätte entgegenbringen sollen. Seine erste Anstellung 
vom 1. Mai 1528 (?) war auf ein halbes Jahr mit einem Ge- 
halte von 15 Gulden; dafür sollte er täglich eine Stunde lesen. 
Dann trieb man die Munificenz so weit, ihm für ein Jahr 
50 Gulden zu bewilligen, freilich mit der Bedingung, sich für 
jede Stunde, die er versäumte, V4 Gulden abziehen zu lassen. 
Er resignirte bald darauf auf die Stelle (1533), bat aber 
doch, man möchte sie ein Jahr lang, so lange wollte er fort 
bleiben , unbesetzt lassen. Indess hielt er selbst es für ge- 
rathener den unwürdigen Verhältnissen zu entsagen, und von 



*) Schnurrer : Nachrichten von den Lehrern der hebräischen Literatur 
in Tübingen. 

2) Ich folge für Tübingen als Hauptquelle dem in der vor. Amn. und 
auch früher vielfach erwähnten Buche von Schnurrer. Es beschreibt in 
ziemlicher Ausführlichkeit das Leben aller Nachfolger Reuchlin's, und 
während es so viel Unnöthiges für uns bietet, enthält es auch Alles, was 
für unscrn Zweck von Werth ist. 

3) s. oben S. 19. 

4) Schuurrer, S. 67—70. 



106 Di« Universitäten. 

dem König Ferdinand sich mit einer hohen amtlichen Stellung 
betrauen zu lassen. Dabei traf er in Wien wieder mit seinem 
früheren Schüler Widmanstadt zusammen, der ihm in der 
i^LUsgabe der syrischen Uebersetzung des neuen Testaments 
ein schönes Denkmal gesetzt hat ^). Von Wilhelm Uelin, 
der ihm folgte und der später in Ingolstadt seine Thätig- 
keit fortsetzte, ist gar nichts bekannt; von seinem Nach- 
folger Johann Forster, den man in anderer Weise be- 
handelt als den armen Jonas, ist bereits an anderm Orte 
gesprochen. Nur für kurze Zeit kann Tübingen einen Mann 
flir sich in Anspruch nehmen, der weniger durch seine Lei- 
stungen, als durch die Meister Sebastian Münster und Elias 
Levita, denen er seine Kenntnisse verdankt, bekannt ist: 
Erasmus Oswald Schreckenfuchs. Er war 1549*) zum 
Professor der hebräischen Sprache vorgeschlagen und ging, 
trotzdem der Senat ihn zu ernennen verweigerte, doch hin 
und ertheilte einige Jahre hindurch privatim Unterricht. In 
Freiburg lehrte er dann als Professor die Mathematik, neben- 
bei auch Hebräisch; es scheint, dass er, auch sonst seinem 
Lehrer Münster folgend, diese beiden Studiengebiete ver- 
einigte, wenigstens deuten Uebersetzungen zweier hebräischer 
Werke, die Astronomie und Mathematik behandeln, die 
Sphaera Mundi des K. Abraham Hispanus und die Arithmetik 
des R. Elija, darauf hin. 1556 hatten in Tübingen die flirst- 



1) Auch diese Worte — sie finden sich in der Widmung des angege- 
benen Buches an König Ferdinand, Wien 5. Id. Jun. 1555 — bei Schnurrer 
(S. 75) : quod . . . Jonas, quo tempore eum in Suevorum gymnasio utramqne 
linguam (hier ist mit diesem Ausdruck hebräisch und griechisch gemeint) 
celebritate magna docentem enidit iomnes venerabantur, mihi iam tum adoles- 
centi stimulos admoverit. 

2) Als 2. Lehrer der Schule in Memmingen stand er mit dem Otten- 
beurer Mönche Nikolaus EUenbog in Verbindung, der ihn u. A. einmal an- 
fragte, ob in allen Exemplaren der Bibel der Vers, der mit dem Buchstaben 
Nun anfangen sollte, fehlte. Dieser verglich das Targmn, consuloi etiani Maso- 
reth, de quo an audieris nescio, quod, ut paucis scias, omnium tumvenmnm tum 
dictionum tum literarum insuper etiam omnium apiculorum, vel additiones vel 
defectum i<ipönw summo studio et obseryationetammeniinit quam rationem ha- 
bet. Auch hier fand er nichts ; um EUenbog's Zweifel ganz zu zerstreuen, ob die 
Auslassung des Verses einer Nachlässigkeit der Abschreiber zuzuschreiben sei, 
sah er auch Rabinorum opiniones praecipue R Salomonis nach. Der Brief schliesst : 
chV2 rbn «tr. (Nie. Ellenb. Epist. vol. in, lib. IX, fol. 162. Cod. lat. Paris. 8643.) 



Die Universitäten. 107 

liehen Visitatoren den Antrag gemacht, „es sollte dahin ge- 
sehen werden, dass ein geschickter und gelehrter Hebraeus 
zu Wege gebracht werde, sonderlich aber möchten Rektor und 
Regenten bedacht sein, ob und wie Schreckenfuchs von Frei- 
burg hierher zu dieser Lektur gebracht werden könnte." Doch 
erfolgte kein Schritt darauf, obwol Schreckenfuchs erst 1575 
starb. Ausser den schon erwähnten Schriften hat er noch 
eine Ausgabe der chaldäischen Uebersetzung des hohen 
Liedes und des Predigers^) veranstaltet, der er ein hebräi- 
sches Druckfehlerverzeichniss voranschickt und als Anhang 
eine hebräische Leichenrede auf seinen Lehrer Sebastian 
Münster mitgab. Nur zu bedauern ist, dass die Rede, 
der ein gewisses Geschick in der Diktion nicht abzuspre- 
chen ist, ihrem Inhalt nach so völlig werthlos ist, für das 
Leben dessen, dem sie gilt, kaum den kleinsten Beitrag 
liefert, während grade Schreckenfuchs, wie kein anderer, be- 
rufen gewesen wäre, das Leben seines Lehrers zu schreiben, 
für das uns nun leider die Quellen abgehen. 



Der Zeit nach hätte Leipzig einen Platz vor Ingolstadt 
und Tübingen verdient. Schön im Jahre 1518 hatte Mosel- 
lanus in einer Rede erklärt, wie der Fürst daran denke eine 
Professur des Hebräischen zu schaffen, damit Nichts an einer 
vollkommenen Universität fehle 2); in demselben Jahre hören 
wir von dem Plane, Bartholomäus Cäsar, der in Wittenberg 
nicht ankommen konnte, für Leipzig zu gewinnen; 1519 will 
Johann Cellarius dort lehren^). Von seinen wissenschaft- 



1) Basel 1553. 285 S. in 80. Ein hebräischer Brief ist oben, S. 85, 
A. 3, angeführt. 

2) S. 0. S. 3, Anm. 1. 

3) Corpus Reformatorum I, col. 81 sq. Melanchthon schreibt an Spa- 
latin 21. Mai 1519: Heri nobiscum fuit Hebraicus quidara (später: Joanni 
Cellario nomen est) mediocriter eruditus et aliquamdiu in negotio grammatico 
versatus Heydelbergae antea professus elementa eßpaixd et iam Lipsiae prae- 
lecturus . . . Hat er in Leipzig schon damals gelehrt, so geschah das wol auf 
eigne Hand, denn in dem „Lehr- und Stundenplan für alle Fakultäten von 
1519" (vgl. Zamcte, Statutenbücher S, 34 fg.) findet sich keine hebräische 
Lektion aufgeführt. 



108 Die ünivereititen. 

liehen Leistungen ist sein Isagogicon zu erwähnen *). Es ist ein 
Leitfaden für die Studirenden, aber nicht etwa um sie mit 
der ganzen hebräischen Sprache, sondern nur um sie genau 
mit den Buchstaben bekannt zu machen. Besonders lang ver- 
weilt er bei den Vokalzeichen, bei den Schwierigkeiten der 
einzelnen Buchstaben, die sich inmitten eines Wortes, nament- 
lich in der Conjugation leicht verändern, oder Neigung zur 
Verstärkung durch Dagesch u. a. zeigen , spricht über die 
hauptsächlichsten Satzzeichen wie Athnach, über die Zahl- 
zeichen, flir die eine Tabelle folgt. Ein paar Seiten Abkür- 
zungen machen den Schluss, aber man fragt vergebens, wel- 
ches eigenthtimliche Princip ihre Zahl und ihre Ordnung be- 
stimmt hat 2). Auch dass Bernhard Ziegler in Leipzig 
hebräisch gelehrt hat, wissen wir, aber es ist weder bekannt, 
wann, noch mit welchem Erfolge er seinen Unterricht ertheilt 
hat. Nach Melanchthon's Urtheil, der, so lange Ziegler in 
Wittenberg war, sich mit ihm oft über die Schwierigkeit dieser 
Sprache unterhielt^), war er ein überaus fähiger Mann; keiner, 
meinte Melanchthon, in Wittenberg und in Leipzig sei ihm 
vorzuziehen, namentlich ^bl er seine Fähigkeiten zum Nutzen 
der Kirche verwende, und mit grosser Geschicklichkeit die 
prophetischen Schriften erläutere 0- Sonst begegnen wir nur 



1) Isagogicon Joannis CcUarii Gnostopolitanae in hebraeas literas 
Omnibus hebraicarum literaniin candidatis non minus utile quam necessaritun. 
Die beigegebenen Gedichte Reucblin's, Melanchthon's, Hakus\ der W^idrauBgs- 
brief an Reuchlin tragen das Datum 1519, a...e a 4 Bll. in 4o. Am Ende: 
Ex Neocademia Anshelmiana Hagenoae. Thomas Anshelra war bekanntlich 
auch der Drucker Reuchlin'scher Werke. 

2) Abbrevationes perpulchre scitu quibus frequentissime Hebrei utuntur. 

3) Multumque et saepe collocutus est de eins linguae difficili et olscnra 
tractatione. . . Camerarius Vita Melanchthonis ed. Strobel p. 70. 

^) Das. in einem Anm. m angeführten Buche: Tanta est vis ingenii 
in Zieglero ut neminem in his duobus Academiis ei proponendum ducam 
et hanc vim naturae confert ad Ecclesiae utilitatem, magna dexteritate iUu- 
strat prophetica scripta. Nach einer Mittheilung des Herrn Prof. Zamcke 
übertrug am I.Juni 1542 Herzog Moritz die Lektion der hebräischen Sprache 
an B. Ziegler. (Vgl. Zamcke: Urkundliche Quellen, S. 543, Nro. 28, abgcdnickt 
bei Brandes, Beiträge zur Charakteristik des Herzogs Moritz, S. 32.) Die 
Stellung des hebräischen Professors war eine eigenthümliche , sie schwebte 
in der Mitte zwischen der theologischen und philosophischen Fakultät (Gretschel, 
Die Universität Leipzig, S. 101). 



t)ie Univenitäten. 109 

noch einer Notiz aus dem Jahre 1524, dass der Herzog Georg 
von Sachsen die Bezahlung des Gehaltes für den Professor 
der griechischen und hebräischen Sprache eingestellt habe\). 
Die Männer, die uns in Leipzig begegnet sind, waren 
selbst unter ihren Zeitgenossen kaum allzusehr bekannt; in 
Basel begegnen wir dagegen Männern, die eine grosse Be- 
deutung während ihres Lebens besassen und deren Verdienste 
auch heute noch unsere Anerkennung verdienen: Johannes 
Oekolampad und Wolfgang Fabritius Capito. Sie 
hatten sich beide nach tüchtigen Lehrern formen können. 
Ersterer war ein Schüler Reuchlin's, letzterer des Matthäus 
Adrianus. Schon 1515 rühmte man des Oekolampad's he- 
bräische Kenntnisse. Johann Sapidus empfiehlt den jungen 
Oekolampad an Erasmus als einen, der mit dem Verständ- 
niss des Griechischen und der Theologie eine nicht gewöhn- 
liche Kenntniss des Hebräischen verbinde 2), und vielleicht 
hatte diese Empfehlung zur Folge, dass Erasmus sich seiner 
Hülfe bei der Ausarbeitung der Anmerkungen zum neuen 
Testamente bediente, „um darauf aufmerksam zu machen, wie 
weit die im neuen Testamente vorkommenden alttestament- 
lichen Anführungen, sie seien nun aus der Septuaginta oder 
aus dem hebräischen Grundtext geschöpft, von diesem ab- 
weichen oder mit demselben übereinstimmen" 2). Vielleicht 
durch die gemeinschaftliche Arbeit mit Erasmus angeregt, 
beschäftigte er sich mit Hieronymus und gab mit seinem 
Freunde Johann Brenz*) einen Index zu Hs Werken heraus 
mit Erklärung der darin vorkommenden griechischen und he- 
bräischen Wörter^) (1520). Er war Professor der Theologie 
in Basel geworden, als solcher lehrte er auch seit 1523 he- 
bräisch ; die erste Vorlesung war eine Erklärung des Jesajas. 
In einem Briefe an Caspar Hedio lobt er diesen sehr, dass er 



1) vgl. meine Recension über J. G. Schmidt: Petrus Mosellanus, Gott, 
gel. Anz. 1868, S. 1539. 

2) Erasmi Opera (ed. Lugd. Bat. 1706), tom III, col. 1543, Epist. 
App. XXXII, Schlettstadt 15. Sept. 1515. 

3) Herzog: Leben Johann Oekolampad's. Basel 1843, 1. Band, S. 120. 
^) Einen Schüler Adrians, s. 0. S. 43, A. 3. 

5) Herzog, a. a. 0. I, S. 123. 



110 Öie Universitäten. 

sich mit Hebräisch beschäftige, bedauert, dass er selbst zu 
wenig Müsse habe, um seine Kenntnisse darin zu erweitern. 
„Unangenehm erscheint diese Sprache gegenüber dem 
hochtrabenden Wesen der lateinischen und der 
Verweichlichung der griechichen Sprache. Es ist 
aber eine heilige Sprache und flir die heiligen Studien höchst 
nützlich. Ihre Vernachlässigung hat viel Ketzereien und Irr- 
thtimer veranlasst. So wie Du ein wenig fortgeschritten bist, 
wirst Du mit Bewunderung wahrnehmen, in welch* klarem 
Licht dasjenige strahlt, was Dir jetzt noch dunkel vorkommt. 
Aber ich ermahne Dich und die Ermahnung ist wahrlich nöthig: 
Sei nicht nach jüdischer Weise neugierig. Die Schrift hat 
ihre wichtigen Stellen, diese suche auf und sammle sie" ^). 

Oekolampad hielt nicht lange den hebräischen Unterricht 
in seinen Händen. Der ruhige Portgang der Universität war 
durch die politischen und religiösen Unruhen eine Zeit lang 
unterbrochen worden; in der neuen von dem Baseler Refor- 
mator entworfenen Universitätsordnung (1529), die der Wieder- 
eröffnung voranging, wurde bestimmt, dass in den theologi- 
schen Vorlesungen auch über das alte Testament gelesen 
werden solle, dass aber ausserdem ein Professor der hebräi- 
schen Sprache Grammatik lesen und einige Bibelverse er- 
klären solle mit Beachtung der Wurzeln, der Deklination und 
Conjugation 2). In Folge dessen wurden noch 1529 Versuche 
gemacht, den Bartholomäus Wolfhard nach Basel zu 
ziehen und neben der theologischen Stellung, die man ihm 
zudachte, ihn auch zu veranlassen den hebräischen Unter- 
richt zu übernehmen; aber der Versuch missglückte, weil, wie 
es scheint, Wolfhard eine jede andere Beschäftigung als Be- 
einträchtigung seines theologischen Berufes ansah*). Seine 



1) Die Briefstelle ist wörtlich entnommen aus Herzog a. a. 0. I, S. 
223 fg., der weder die lateinischen Worte, noch den Ort, wo er die Stelle 
gefanden hat, angibt. 

2) Herzog a. a. 0. II, S. 176. 

^) 2 Briefe Oekolampad's an Wolfhard bei Herzog (Anhang) 11, S. 297 fg. 
In dem zweiten, 10. Mai 1529, schickt er ihm seine BerufoBg zu, obwol 
Wolfhard noch nicht zugesagt hatte, und schreibt dabei: Quamvis antem 
Hebraicae linguae professio iniungatur, occasionem serviendi Christo minime 
defuturam. Von Wolfhard's religiösem Eifer habe ich interessante Belege 



Die Universitäteti. 111 

Weigerung ist nicht zu beklagen, denn an seine Stelle kam 
Sebastian Münster nach Basel, dem er seine grosse segens- 
reiche Wirksamkeit bis zu seinem Tode 1552 zu Gute kom- 
men Hess. 

Wolfgang Fabritius Capito war eigentlich nie Pro- 
fessor in Basel, aber seine wissenschaftliche Thätigkeit in 
der hebräischen Sprache fällt in die Zeit, da er als Stifts- 
prediger in Basel wirkte (1515 — 1519), und ist daher am besten 
hier zu behandeln. Sein Lehrer war Matthäus Adrianus, bei 
dem er sich auch später in wissenschaftlichen Fragen Raths 
erholte*); da er kein öffentliches Lehramt bekleidete, so hat 
er auch natürlich wenig Schüler gehabt. Hartmann von Hallwill, 
dem er seine Grammatik widmete, hat er privatim im Hebräischen 
unterrichtet ; aber auch P. Fagius rühmte ihn als Lehrer. Capito's 
Grammatik ist eine der ausführlichsten aus jener Zeit, aber, wie 
mir scheint, für den Unterricht nicht so brauchbar, wie andere-, 
in der Mitte finden sich oft den Zusammenhang unterbrechende 
Abschweifungen über die chaldäische Sprache, über die Ver- 
dienste Reisch's, Potken's, Ritius' u. A.m. Das erste Buch enthält 
die Regeln über die Buchstaben, ihre Theilung, über die Vo- 
kale und die Eigenthümlichkeiten der einzelnen, über die Be- 
deutung und Werth der Vokalzeichen, über die Accente, zu- 
letzt eine ziemliche Reihe alphabetisch geordneter Abkürzun- 
gen und Zahlzeichen; das zweite Buch handelt über Conju- 
gation und Deklination und giebt für Beides sehr ausführliche 
Tabellen. Das Buch erschien in mehrfachen Auflagen (1518, 



in einigen Briefen gefunden, in denen er die neue Lehre gegen seinen väter- 
lichen Freund Nikolaus Eilenbog, der der alten Kirche treu geblieben war, 
vertheidigt. Sie sind in Paris handschriftlich in der Briefsainnilung des Letz- 
teren aufbewahrt. Cod. lat. 8643. Bibl. Imp. 

1) Eine solche Belehrung, ebenso wie eine von Caspar Ammon, ist in 
dem gleich anzuführenden Buche (H 2 b) mitgetheilt. Ueber Capito und 
Adrianus vgl. oben S. 43, Anm. 1, und S. 45. 

2) Ueber die ersten nur unvollständigen Ausgaben vgl. Baum: Capito 
und Butzer, Elberfeld 1860, S. 577 fg. Die erste vollständige war: V. Fa- 
britii Capitonis Hagenoii Theologiae Doctoris et Concionatoris Basiliensis, 
Hebraicarum institutionum libri duo. In inclyta Germaniae Basilea. A..Z, 
Aa..Ii ä 4 BU. in 4^. Am Ende: Basileae apud Jo. Frobenium mense Ja- 
nuario Anno MDXVIII. 



112 t)ie Universitäten. 

1525, 1531) und hatte sich grossen Beifalls zu erfreuen*). 
Von sonstiger wissenschaftlicher Thätigkeit Capito's für die 
hebräische Sprache ist aber nichts zu berichten, ausser einer 
Ausgabe des hebräischen Psalters^). Er trug sich mit dem 
Plane, ein hebräisches Lexikon herauszugeben; schon seit 
1516, noch 1519 erinnert man ihn daran ^), aber es wurde 
nichts daraus. Er meinte, wenn er nur Geld hätte und schön 
lateinisch schreiben könnte, dann wolle er wol im Hebräischen 
so Ausgezeichnetes leisten, dass ihn auch der gelehrteste Jude 
nicht leicht übertreffen könnte^). Aber jedenfalls war seine 
Armuth weniger Schuld daran, dass er seine schriftstellerische 
Thätigkeit für das Hebräische unterbrach, als die theologischen 
Kämpfe, die seine Zeit in Anspruch nahmen. Ganz gab er die 
Beschäftigung damit doch nicht auf; noch 1528 berichtet er 
Zwingli von seinen hebräischen Studien^). 



1) Martin Dorpius schreibt an Erasmus: Fabritius (Capito) acntissimis 
Hebraicorum rudinieutorum institutionibus, linguam quam discunt, sanctain 
quaiitopere illustravit. 14. Juli 1518. Erasmi Opp. III, col. 331, Epist. CCCXXIII. 
Vgl. auch Baum a. a. 0., S. 24. 

2) Sie erschien 1516. Vgl. Baum, S. 578, der die Ausgabe auch nicht 
gesellen hat und ihre Beschreibung nach Riederer gibt. 

3) Otho Brunfels schreibt an ihn : Hebraica studia mea ad annum fenne 
intermissa ob frequentes meas infirmitates, rursum incipio tractare. Pac ut 
Dictioiiarium hebreum quod nobis poUicitus es, prodeat in lucerii. 15. Febr. 
1519. Widmungsschreiben des Schriftchens: Confutatio Sophistices et Qnae- 
stionum curiosarum , ex Origine , Cypriano , Nazianzeno . . . Selestadii apud 
Lazarum Schürerum . . . Mai 1520 (Aus Böcking's Bibliothek in Bonn). Ob 
Capito's libellus de annotationibus Hebraeorum erschienen ist, um dessen 
Zusendung Erasmus bittet {Lachnero et Frobenio 1517, Opp. III, col. 1655, 
Epist. App. CCXXXVI), oder ob hier eine Verwechselung des Erasmus vor- 
liegt, weiss ich nicht. 

4) Capito an Erasmus (2. Sept. 1516): Comparo mihi suppellectilem 
latinae linguae ex tuis potissimum operibus, utinam satis mundam et copioaam. 
Editurus aliquando Lexicon Hebraicum gestientem reprimit inopia qui nove- 
rim quam nihil agat in tam sterili loco rudis industria, divitiis illis destituta. 
Quod si mihi proprietas foret et elegantia verborum, me confiderem in 
Hebraeo praestiturum quod non facile posset vel doctissimus Judaeorom. 
(Erasmi Opp. III, col. 1568, Epist. App. LXXV.) 

5) Capito Zwinglio : Hebraea vetera perlustro quarum eruditio hac nostra 
vulgari diversissima est. Opera Zwinglii ed. Schuler & Schulthess II, p. 209, 
ultima Julii 1528. 



Die Universitäten. llö 

Neben Basel war Zürich einer der hervorragendsten 
geistigen Mittelpunkte der Schweiz; wie dort Oekolampad 
wirkte, so war hier Zwingli reformatorisch umgestaltend thätig. 
Trotz der Vorwürfe, die ihm Joh. Eck machte, als verstünde 
er kein Hebräisch ^) , scheint er sich doch eine ziemlich ge- 
diegene Kenntniss dieser Sprache erworben zu haben, haupt- 
sächlich durch den Unterricht des Jakob Ceporinus (Wisen- 
danger), der selbst 1522 in Zürich öffentlich Hebräisch zu 
lehren beginnt. .Aber wie alles Theologische, so nahm Zwingli 
auch das Lesen des hebräischen Textes und dessen üeber- 
setzung ins Lateinische für sich in Anspruch; erst als ihm die 
Last zu schwer wurde, überliess er es seinem Lehrer Ce- 
porinus 2). Als dieser indess im nächsten Jahre starb, 
fühlte man doch das Bedürfniss, einen eigenen Professor der 
hebräischen Sprache zu haben. Conrad Pellikan, der 
den an ihn gerichteten Euf gern annahm, — und der uns be- 
reits von früher her bekannt ist — hatte auch in Basel, wo 
er Professor der Theologie war, viel für Verbreitung der he- 
bräischen Sprache gethan; als seine Schüler werden Joh. 
Frisius und Sebastian Guldibeck genannt. Am 26. Febr. 1526 
traf er in Zürich ein, am 1. März begann er seine Vorlesungen. 
Aehnlich wie Münster gehört er für sein ganzes Leben nun 
derselben Universität an, er stirbt erst am 6. April 1556. Von 
seinen literarischen Verdiensten ist zum Theil schon oben ge- 
sprochen. Ausgaben verschiedener Bücher der Bibel mit Com- 
mentaren werden von ihm erwähnt, aber es scheint, dass sie 
ebenso wie die einen mächtigen Folianten grosse Erklärung 
zum Pentateuch auf den hebräischen Text keine Kücksicht 
nimmt und zu seiner Erklärung nichts Neues hinzubringt 3). 
Sein Lexikon, bei dessen Anfertigung er sich auch der Bei- 
hülfe eines gelehrten Jünglings Marci Heilandi bedient haben 



1) z. B. : „man sieht, das Zwingli nit kan die puerilia, der kinder ding 
in Hebreischen, das er seycht gelert ist im Hebreischen." Eck's Verlegung 
der Disputation zu Bern 1528. S. 91. 

2) J. J. Hottinger, Helvetische Kirchengeschichten, III. Theil, Zürich 
1708. S. 52, 99, 233. 

3) Hottinger a. a. 0., S. 121, 289 fg., 824. In der Pariser Bibliothek 
habe ich in dem Werke u.d.T. : Commentaria Bibliorum Tiguri 1532, 257 BU. 
in Fol., nur die Erklärungen des Pentateuch gefunden. 

Geiger, Studium. " 



114 Die Universitäten. 

soll, wird häufig angeflihrt, ebenso wie seine 1540 erscliienene 
Grammatik ^). Eine poetische hebräische Grabschrift widmete 
er seinem Freunde und Meister Zwingli. *^) Mit einer merk- 
würdigen Aeusserung begrtisste er die lutherische Bibeltiber- 
setzung: er habe sie mit dem hebräischen Text verglichen 
und sie gefalle ihm ausserordentlich, weil nun nur noch die 
Lehrer nöthig hätten den Text nachzusehn ^). Pellikan's Nach- 
folger war Petrus Martyr. Ein interessanter Mann: ge- 
borener Italiener hatte er sich in früher Jugend, durch seinen 
Drang theologische Kenntnisse zu erwerben getrieben, die 
hebräische Sprache mit Hülfe eines Juden zu eigen gemacht, 
hatte dann als Prior in Lukka einen eigenen Professor für*8 
Hebräische, den Emanucl Tremellius^), angestellt und von 
seinen Kenntnissen für sich so viel als möglich zu profitiren ge- 
sucht, hatte sich dann, da er sich der Reformation anschloss, 
in Italien nicht mehr halten können, war nach Strassburg ge- 
gangen, wo ihn der Kuf nach Zürich traf. Er lehrte hier bis 
zu seinem Tode, 12. Dec. ir)62'>). Von seiner literarischen 
Wirksamkeit ist mir nichts bekannt. 



Fast zu gleicher Zeit wie in Zürich wagte ein kühner 
Mann in Köln mit dem Ertheilen von hebräischem Unterricht, 
mit öffentlichen Vorlesungen über diese Sprache aufzutreten 
(1525), in Köln, wo das Andenken an jenen berühmten Kampf 
gegen die jüdischen Bücher noch lebhaft genug vorhanden 
war, wo überhaupt die freie Wissenschaft noch kaum ange- 
fangen hatte eine Stätte zu finden, wo die weltlichen und 
geistlichen Machthaber, wo die Leiter der Universität mit con- 
sequenter Strenge an dem Alten festhielten in Lehre und 



1) In den meisten Gelehrtenlexicis und biographischen Werken, z. B. bei 
Pantaleon, Prosopographiae heronm. Basileae 1566, p. III, p. 119. 

2J Die Grabschrift nimmt als Text Ps. 112, V. 6, 7. Sie findet sich 
in Oecolampadii et Zwinglii Epistolaruni libri IV, 1536 in Fol., am Anfimg. 

3) Pellikan an Thomas Blanrer: et vehementissirae placet, ut minor 
posthac necessitas sit investigandi hebraicam vcritatem nisi tantum Prae- 
ceptoribus, angeführt bei Hottinger a. a. 0. S. 121. 

*) Ueber Em. Tremellius vgl. unten S. 128. 

ö) Hottinger a. a. 0. S. 753 ff. 860. 



bie Universitäten. 115 

Leben und wo bis dahin unter der Bürgerschaft, unter der stu- 
direnden Jugend, sich zwar manchmal ein freierer Geist geregt, 
williges Aufnehmen der von Aussen hereingetragenen Ideen 
sich gezeigt, aber nie stark genug bewiesen hatte, um die 
festen den Geist umklammernden, umspannenden Fesseln zu 
sprengen. Der Mann, der hier versuchte eine Sprache . zu 
lehren, die weit mehr, als anderer Orten, unter den herrschen- 
den Kreisen Kölns als gefährlich, als ketzerisch betrachtet 
wurde, verband damit eine offene Ketzerei, er suchte in sei- 
nen akademischen Vorträgen die lutherische Lehre in die 
Geister der Jugend einzuschmuggeln» Der Mann war Theodor 
Fabritius. Ein trefflicher, achtungswerther Mann, der eigner 
Anstrengung Alles verdankte, was er geworden war. 15 Jahre 
war er ohne jeden Unterricht aufgewachsen, da fand er einen 
Gönner, der sich seiner annahm, ihn in die Schule schickte. 
Aber seine Sehnsucht trieb ihn nach Wittenberg; dadurch ent- 
fremdete er sich seinen Beschützer. Er studirte Theologie und 
hebräische Sprache. In bitterer Armuth hielt er es 4 Jahre aus, 
sein Bett war Stroh, seine Nahrung Wasser und Brot, selten 
hatte er etwas Besseres, Wein niemals. Erst im ftinften Jahre 
verbesserte sich seine äussere Lage durch die erworbene 
Kenntniss des Hebräischen, die ihn von da an befähigte durch 
Unterricht Geld zu erlangen '). In Köln hatte er mit seinen 
Vorlesungen sofort einen grossen Hörerkreis um sich ver- 
sammelt, man sog gierig das Gift ein, das er spendete. Kaum 
waren seine Bemühungen um Verbreitung der evangelischen 
Lehre, und noch mehr der Erfolg, von dem seine Anstren- 
gungen begleitet wurden, bekannt geworden, so verbot ihm 
der Rektor Theodorich Schiderich mit den übrigen Universitäts- 
oberen jede Vorlesung an der Universität; als er fortfuhr 
Privatvorlesungen zu halten, wurde ihm 1527 jedes Lehren 
untersagt und er aus der Siadt gejagt^). Von da vertrieben 
war er nach Hessen gegangen, aber nur in theologischen 
Aemtern thätig gewesen. Er verliess Hessen, da seine religiöse 
Ueberzeugung ihm nicht gestattete die Doppelehe des Land- 



1) Cornelius: Die münsterischen Humanisten (Münster 1851), S. 31 ff. 

2) Bianco: Die alte Universität Cöln I, S. 403. 

8* 



116 Di« tJniyersitäten. 

grafen Philipp zu billigen, und starb als Superintendent in 
Zeitz 1570^). Wiegern er seine hebräischen Studien betrieb, 
zeigt z. B., dass er in einem Briefe an den Landgrafen sich 
„der Hebräer" unterschreibt^). Von seinen literarischen Ar- 
beiten worden zwei genannt, die diesen Studien ihre Ent- 
stehung verdanken : die Institutiones grammaticae in lingnam 
sanctam Coloniae 1528, die mehrere Auflagen erlebten, und 
Tabulae duae de nominibus Hebraeorum una, altera de ver- 
bis, Basileae 1545«). — Was Köln betrifft, so findet sich eine 
Nachricht, dass bei der dortigen Universität eine Lectio he- 
braica sich bis zum Jahre 1626 befand, welche erst durch 
den Beschluss vom 29. April desselben Jahres einging*). 
Es ist freilich nicht bekannt, wann diese Lectio gegründet 
wurde, und nur zum Theil, wer die Nachfolger des Fabritins 
gewesen sind, wenn es deren überhaupt gleich nach seinem 
Fortgange gegeben hat^). 



Soweit war es nun doch in dem Bewusstsein aller derer, 
die es mit der Wissenschaft ernst nahmen, gekommen, dass, 
als man in Marburg im Jahre 1526 an die Gründung einer 
Universität ging, die freilich recht eigentlich dem Bedürfnisse 
des protestantischen Hessens entsprechen sollte, es sich 
fast von selbst verstand, neben den Lehrern der griechischen 
und lateinischen Sprache einen Professor des Hebräischen zu 
berufen. Der erste, dem man dieses Amt anvertraute, war 
Sebastian Nucenus, ein geborener Holländer, ein Schüler 
des Adrianus, der in Löwen auch nach seines Lehrers Fort- 
gang fleissig das Hebräische betrieben, dann in Löwen und 
Gent Vorlesungen gehalten, sich durch seine freien Ansichten 



1) Cornelius a. a. 0. 

2) Der Brief ist bei Cornelius im Anhang mitgetheilt, er behandelt eine 
rein private Angelegenheit. 

3) Ersch und Gruber Realencyclopädie, 1. Sektion, Bd. 40, Th. 2, S. 55. 
Worauf sich die Angabe gründet, dass Fabritius auf ein Jahr 1543 als 
Professor der hebräischen Sprache nach Wittenberg gegangen ist, weiss 
ich nicht. 

*) Bianco: Die alte Universität Cöln I, S. 358. 
5) Vgl. die Nachträge. 



Die Universitäten. 117 

den Hass der Mönche zugezogen hatte, nach Wittenberg ge- 
gangen war, dort freudig die Gelegenheit ergriffen hatte sich 
im Hebräischen weiter zu vervollkommnen und dem an ihn 
gelangten Eufc nach Marburg als Professor gern folgte. Wenige 
Jahre, nachdem er seine Stellung angenommen hatte, auch ein 
Schriftchen — wol als Leitfaden für seine Vorlesungen — über 
hebräische Grammatik ^) veröffentlicht hatte, war ihm sein Amt 
verleidet, — vielleicht wegen der geringen Zahl seiner Schüler 
— er warf sich auf die Jurisprudenz und nahm wenige Monate 
vor seinem Tode, der am 18. April 1536 erfolgte, das Amt 
eines Baths und Beisitzers am Hofgericht an^). Sein Nach- 
folger war JohannesLonicerus, der bereits in Frankfurt a.O. 
hebräisch unterrichtet hatte und nun länger als 30 Jahre, von 
1536 bis zu seinem Tode 20. Juni 1569, das Lehramt der he- 
bräischen Sprache in Marburg verwaltete ^). Trotz dieser langen 
Amtsdauer hat er keine Schrift über die hebräische Sprache 
hinterlassen, nicht einmal irgend ein Zeugniss seiner Beschäfti- 
gung mit hebräischer Literatur oder Geschichte der Juden, man 
müsste denn eine lateinische Uebersetzung der Schrift Luther's, 
„dass Jesus Christus ein geborener Jude sei", dahin rechnen *). 



1) De literanmi, vocum et accentuum hebraicorum natura s. de prima 
sermoiiis hebraici lectioiie libellus ex optimis quibusque Rabinoruin coin- 
raentariis studiose collectus. Accessit de servientium literarum officiis per 
Augiistum Sebastiaiuim Nuceiium cornj)eiidimn. Mai*purgi 1532 in 8o. 

2) Strieder, Hessisches Gelehrtenlexikon, X. Band, S. 104—106. Beiläufig 
bemerke icb, dass Nucenus zuerst ein Freund des fruchtbaren Dichters und 
Epigrammatikers Euricius Cordus (vgl. z. B. Euricii Cordi Opera poetica, 
Helmstädt 1615, p. 4(.)3) später sein bitterer Feind wurde (vgl. Krause: Eu- 
ricius Cca-dus. Hanau 1863, S. 102). 

3) Strieder a. a. 0. VIII, S. 75—85. 

4) Die von ihm herausgegebene Schrift: Divinae scripturae veteris novae- 
que omnia, Argentorati W. Cephalus 1526 in 8^, ist nichts als eine Text- 
ausgabe der griechischen Bibel. Bemerkenswerth ist höchstens, dass an dem 
Buchdruckerzeichen sich neben einem griechischen und lateinischen Verse 
auch der hebräische ♦TtT'' pp] ^DJö ^D rtTT findet. Verschweigen will ich 
nicht, dass in dem oben Anm. 2 angeführten Gedicht steht: atque diserte 
Lonicere, Graiamm nova fama literarum. Das geht allerdings auf die Zeit 
vor 1536; oder sollte Lonicerus später die griechische mit der hebräischen 
Professur vereinigt haben? 



118 Die Univeraitäten. 

DiellniversitätWien sank tief herab, seitdem der Humanis- 
mus seine lebenskräftige Thätigkeit hatte einstellen müssen, 
seitdem jedes wissenschaftliche Streben vor der religiösen Be- 
wegung zurückgetreten war. Es ist nicht unsere Aufgabe zu unter- 
suchen, ob dieses Weichen des wissenschaftlichen Sinnes eine 
nothwendige Consequenz des Protestantismus gewesen, oder ob 
es hervorgegangen war aus einer bedauerlichen Starrheit der An- 
hänger der alten Kirche, die, fest hangend an den Lehrsätzen ver- 
gangener Jahrhunderte, auch von der veralteten Sitte, mit der die 
Wissenschaft früher betrieben war, nicht abgehen zu dürfen mein- 
ten : in Wien scheint Beides zusammengewirkt zu haben. Ernstliche 
Anstrengungen zu einer Hebung der Universität wurden erst durch 
die Reform von 1554 versucht, aber auch diese wurden in der 
Folgezeit durch die Kämpfe, in denen die Jesuiten mit den bis- 
herigen Leitern der Universität um die Herrschaft rangen, fast illu- 
sorisch gemacht. Dass bei dieser Lage der Dinge, bei diesem 
Zustand des wissenschaftlichen Lebens überhaupt, von der Pflege 
des hebräischen Studiums sich nicht besonders Rühmenswerthes 
sagen lässt, ist natürlich i). Im Jahre 1529 hatte der Bischof 
Job. Fabri von Wien in einer Unterrichtsanstalt, die er in dem 
ihm vom Kaiser geschenkten Magdalenenkloster errichtet hatte, 
die 13 Stipendiaten, die daselbst ein Unterkommen fanden, 
einem Präsidenten unterstellt, der Magister artium und trilinguis, 
also auch des Hebräischen kundig sein musste 2) ; für die Univer- 
sität war erst 1533 Antonius Margaritha als erster Professor 
der hebräischen Sprache berufen worden 3), am 13. Okt. 1544 



1) Nebenbei sei bemerkt, dass auf dem Wiener Concil 1312 die Be- 
stimmung getroffen wurde, dass die hebräische, arabische und syrische Sprache 
am Sitze des römischen Hofes, in Paris, Oxford, Bologna, Salamanca gelehrt 
■werden dürften. 

2) Rudolf Kink, Geschichte der k. Universität Wien 1854 I. 1, S. 244, 
Anm. 283. Auch für die obigen allgemeinen Bemerkungen ist die Darstellung 
dieses völlig nach Akten gearbeiteten Buches benutzt worden. 

8) Für dies und das Folgende zum Theil Kink a. a. 0., S. 270, Anm. 324. 
Dass Margaritha, wie dort angegeben wird, Professor in Tübingen war, 
ist wohl ein Irrthum, wenn er sich auch vielleicht eine Zeitlang daselbst 
aufgehalten haben mag, wie auch Kaltenbäck : Oesterr. Zeitschr. für Geschichte 
und Staatskunde 1837, S. 18, berichtet. Margaritha war auch nicht der 
Sohn des Eabiner Samuel, sondern des Jakob Margolith in Regensburg, 8.0. 
S. 37 und Anm. 4. 



Die ünivenit&ten. 119 

wurde der Italiener Franz ötankarus*) berufen, schon 1546 
aber musste er wegen Ketzerei — wol bemerkter Hinneigung 
zum Protestantismus — abtreten. Ob gleich darauf Andreas 
Plank ihm gefolgt ist, an dessen Stelle 1552 — 1554 Johann 
Sylvester als öffentlicher Lehrer der hebräischen Sprache 
trat, lässt sich nicht entscheiden. Der letztere hat eine hebräi- 
sche Grammatik geschrieben und damit verbunden eine Aus- 
gabe des Propheten Jonas mit lateinischer Uebersetzung ver- 
anstaltet 2). Wilhelm Posteil hat in Wien gelehrt, wie es 
scheint, mit Sylvester zu gleicher Zeit; obgleich er das hohe 
Gehalt von 200 fl. bezog, machte er sich bereits 1. Mai 1554 
aus dem Staube; und der gelehrte Joh. Alb. Widmanstatt 
wird als nieder -österreichischer Regiernngskanzler und seit 
1554 Superintendent der Universität kaum Zeit gefunden 
haben als Lehrer thätig zu sein 3). 



■ 

Ein gleiches Schauspiel des Verfalles wie Wien bot im 
Anfang der dreissiger Jahre auch Erfurt. Der Humanismus mit 
der Reformation hatte zwar zeitweilig triumphirt, aber sein 
Sieg, mit Gewalt erkämpft, wurde in Zügellosigkeit benutzt; 
Rohheit und Unwissenschaftlichkeit herrschte an der Stätte, 
wo früher eine geistige Regsamkeit gewaltet hatte, auf die 
ganz Deutschland mit Stolz hinsah. Man machte in Erfurt 
häufig Anstrengungen, die versunkene Grösse wieder herzu- 
stellen; bei einem solchen Versuche dachte man auch daran, 
einen Lehrer für das Hebräische zu berufen, die Wahl fiel 
auf Georg Wicel. Die characteristische Rede, die Wicel 
für den Antritt seines Amtes vorbereitet hatte, ist oben schon 
vielfach benutzt. In derselben zeigte er, was er von seinen 
Schülern verlangte: „Ich will nicht hebräische Briefe, nicht 
hebräische Reden, nur das will ich, dass Du Dich an die 
hebräische Bibel gewöhnst, dass Du Dich mit den Phrasen 



1) Melanchthon sagt von ihm: Stankarus ... ist in Ebraischer Sprach 
wohl gelahrt. 1553, Corp. Beform. VIII, col. 166. 

2) Institutiones Grammatices Ehreae 1552. Die heiden Namen gieht Eal- 
tenhäck an a.a.O. S.29. Kink spricht nicht davon, üeher Plank vgl. die Nachträge. 

3) Widmanstatt's Verdienste für die syrische sind hier ebensowenig wie 
die Posteirs (eines Franzoseii) für die arabische Sprache näher zu erörtern. 



120 I>ie Universitäten. 

und- Eigenheiten vertraut machst, dass Du den Text so giilnd- 
lich kennen lernst, um den Werth der Uebersetzungen beur- 
theilen zu können." Zu einem gründlichen Studium der he- 
bräischen Sprache locke auch die stattliche Reihe derer, die 
sich in demselben bereits ausgezeichnet haben, Hieronymus, 
Origenes, Nicolaus von Lyra, Paulus von Burgos, Galatinus, 
Reuchlin, die alle Mangel an Büchern litten, während jetzt 
es ein Leichtes sei die Bücher überallhin zu verbreiten; von 
den Neueren Pellikan, Münster, Capito, Aurogallus, Margarita, 
und alle die, welche die ganze Bibel oder Theile derselben aus 
dem Urtexte tibersetzt haben ^). Doch zu seiner Berufung kam 
es nicht. Wicel war aus einem eifrigen Reformator ein noch 
eifrigerer Katholik geworden ; die Wittenberger mochten nicht 
dulden, dass ein so gefährlicher Gegner in Erfurt festen Fnss 
fasste, wo es ihnen schon ohnedies sauer genug gemacht wurde, 
den schwer errungenen Sieg zu behaupten. Sobald Luther und 
Justus Jonas von den Bemühungen Wicels und seinen Aus- 
sichten hörten, suchten sie die Sache rückgängig zu machen. 
„ Jonas reisete selbst nach Erfiirt, um den Rath wider ihn ein- 
zunehmen und ihn selbst beim Volke äusserst verhasst zu 
machen. Luther schickte an die dasigen evangelischen Prediger 
ein Schreiben, worin er sie vor Wiceln ausdrücklichst warnte." *). 
Wizels Kenntnisse im Hebräischen lassen sich natürlich nach 
dieser Rede nicht beurtheilen, sonst hat er kaum ein Denkmal 
seiner Beschäftigung mit dieser Sprache hinterlassen. An der 
Universität Erfurt hat man später nicht mehr den Versuch ge- 
macht, die hebräische Sprache zum Lehrgegenstande zu erheben. 



1) Oratio in laudem Hebraicae liiiguae. Autore Georgio Vicelio 
MDXXXIIII. am Ende. 

2) Vgl. Strobel, Beiträge zur Literatur des 16. Jahrhunderts, 1786 
2. Band, S. 318. — lieber den steten Karai)f . der pro.testantischen und ka- 
tholischen Richtung auf der Universität Erfurt vgl. das treffliche Werk von 
F. W. Kampschulte : Die Universität Erfurt u. s. w. 2 Band. Von hebräischen 
Studien hört man sonst sehr wenig auf der Universität Erfurt. Von Petrejus 
Aperbachist hauptsächlich bekannt, dass er sich mit solchen abgegeben habe: 
Cordi est huic hebraica disciplina atque ideo tuam pietatcm et Janum Beuchlin 
sive Capnionem, nihil tamcn minus quam Capnionem, salutare constituit, 
schreibt über ihn Mutian an Trithemius o. J. 5. idus sextiles (Mutian'sches 
Briefmanuscript nro. 341, fol. 215 sq.), vgl. §iuch Kampschulte. 



Diti Univer»itäten. l2l 

Den Schluss unserer Betrachtung machen zwei Universi- 
täten im Norden Deutschlands: Königsberg und Rostock. 
Die Königsberger Universität wurde 1543 gegründet: schon 
in den ersten Jahren ihres Bestehens 1546 findet sich ein 
Professor der hebräischen Sprache Andreas Wesseling^ 
— 1551. In seiner Eröffnungsrede legte er den Nutzen und 
die Nothwendigkeit der hebräischen Sprache dar, wies auf 
seine schon früher erprobte Fähigkeit im Unterrichten dieser 
Sprache hin, imd verhiess in dieser neuen Stellung den be- 
währten Weg nicht zu verlassen. Er wollte die hebräische 
Grammatik vortragen und die hier gegebenen theoretischen Er- 
örterungen durch Erklärung der Psalmen praktisch belegen^). 
Sein Nachfolger Franz Stankarus verwaltete sein Amt 
kaum zwei Jahre lang, um Johann Sciurus Platz zu macheu, 
der früher Professor der griechischen Sprache gewesen war 



1) Für Königsberg kann ich leider nur Amold's Historie der Königsberger 
Universität, Königsberg 1746, 2 Theile, folgen; unsere Stelle II. S. 356 — i^GO, 

2) Oratio de studiis linguae ebraicae in Corpus R^formatorum vol. XI 
(1843), col. 708—715. Ich citire einige Stellen daraus: Quid enim mira- 
bilius est quam hanc linguam gentis Ebraeae, natam procul ad Euphrateni, 
seu Jordanem, nunc ab homine Germano hie doceri in littore maris Balthici, 
inter Germanos, Sannatas, et alias gentes, quae prorsus alienissimae a lite- 
raruni cultura fuenmt? . . . Fidelissimi autem interpretes linguam Ebraicam 
etiam senes didicenint, quia iudicabant lectionem Ebraicam consulendum 
esse, ut Hieronymus, Lyranus, Burgensis: et nostro tempore Galatinus, Com- 
plutensis (!), Wesselus, Capito (das ist jedenfalls ein Druckfehler für Capnio, 
wie nicht bloss die Stellung zwischen Wessel und Agrikola zeigt, sondern 
auch der Umstand, dass Reuchlin sich wirklich erst in seinem Alter gründliche 
Kenntuisssd. Hebräischen angeeignet hat, wie er selbst berichtet, (s.u.S. 123, A. 1.) 
während dies bei Capito durchaus nicht der Fall ist), Rudolphus Agricola et 
multi alii. (Ueber Wessel und Agrikola s. o. S. 21 ff.) . . . Neque haec ita dico, 
(juasi non errent etiam saepe illi, quibus lingua Ebraea ita nota est ut Judaei, 
etsi grammaticam suam bene callent, tarnen flagitiose hallucinantur in tota 
Prophetarum enarratione. . . . Und am Schluss: De mc non prolixe dicam, 
callere me linguam propheticam mediocriter, multi norunt in iis Academiis 
(wo Wesseling früher gelehrt hat, darüber habe ich mir keine Kenntniss ver- 
schaffen können), in quibus antea docui, ubi et diligentiam et'fidem auditori- 
bas probavi. Spero igitur mo recte et utiliter facturum officium in hac 
Acadcmia: tradam Grammaticam Ebraeam et adiungam Psalmorum enarra- 
tionem, ut exempla lectionis, vocabula et phrasin proponam. Haec simpli- 
cissima docendi ratio doctis viris etiam in aliis Academiis probatur. Sequar 
autem sententias probatas nostrae Ecclesiae, quas solas et veras et nativas 
esse non dubito. . , 



122 T>ie Universitäten. 

und nun theologische und hebräische Vorlesungen mit einander 
verband. Die Professur der hebräischen Sprache gehörte zur 
philosophischen Fakultät; in den Statuten findet sich, dass 
der Professor im Sommer die bist. Bücher des A. Te&taments, 
im Winter die 5 Bücher Mosis erklären solle ^). Erst 1553 dachte 
man daran, eine Professur für's Hebräische zu errichten. 
Andreas Wesseling, von Melanchthon empfohlen 2), be- 
kleidete als erster die Stelle. In seinem langen Wirken, er 
starb erst am 4. Januar 1577, „trug er nicht wenig dazu bei, 
die alttestamentlichen Studien, die damals nur von Wenigen 
in ihrer Bedeutung erkannt waren, wieder in ihre Rechte ein- 
zusetzen und emporzubringen". Selbst noch am Ehide seines 
Lebens dachte er an die ihm liebgewordenen Studien. In 
seinem Testamente bestimmte er ein Stipendium für drei 
Studirende der Theologie, denen er das Studium der hebräi- 
schen Sprache besonders zur Pflicht machte ^), Mit ähnlichem 
Eifer wie er wirkte sein Nachfolger Henning Adendorp, 
der freilich nur vorübergehend lehrte, und Nicolaus Goniäus, 
der bereits seit 1570 um Verbreitung hebräischer Studien 
bemüht war und als Professor bis 1589 seine Anstrengungen 
eifrig fortsetzte, Er hatte in Wittenberg studirt und dort von 
Juden Unterricht genossen^). 



1) Arnoldt a. a. 0. II, S. 346, 347. 

2) Melanchthon an Herzog Albrecht, Joh. Drakonites, Joh. Aurifaber 
10. Sept. 1552 Corp. Ref. vol. VII, col. 1066—1070. 

3) Krabbe, Die Universität Rostock im 15. und 16. Jahrhundert. 
S. 548 fg. 

4) Krabbe a.a.O., S. 731 fg. — Beiläufig sei erwähnt, dass auf der 1559 
gestifteten Universität Jena auch bald ein Professor des Hebräischen thätig 
war. In dem Lektionskatalog von 1564 heisst es: Ubiorem linguae Ebreae 
Cognition em ex praelectionibus Aedonis (!)... studiosi petent bei Strobel. 
Neue Beiträge zur Literatur des 16. Jahrhunderts. 4. Bd., S. 70. 



Die Schulen. 123 



vu. 

Die Schulen. 

Das Hebräische wird heutzutage in den Schulen keines- 
wegs als obligatorischer Gegenstand gelehrt, die dazu be- 
stimmten Unterrichtsstunden werden fast ausschliesslich von 
denen besucht, die die theologische Laufbahn wählen und die 
hebräische Sprache zu ihrem Studium nöthig zu haben glauben. 
Anders in der Zeit, mit der wir uns hier beschäftigen. Der 
einmal erwachte Eifer für diese früher ungekannten Studien 
bewirkte, dass man ernstlich die Frage erwog, ob dieselben 
auch für die Jugend geeignet seien, und dass diejenigen, 
welche die Frage bejahend entschieden, wirklich in den 
Schulen hebräisch lehrten. 

Eeuchlin hatte einmal gesagt, dass alle diejenigen, die 
nach den Aposteln mit ihrer Kenntniss des Hebräischen der 
Kirche genützt, dieselbe sich erst im vorgerückteren Alter er- 
worben hätten 0- Es scheint fast, als ob das nun ein ver- 
breitetes Vorurtheil gewesen sei, man könne das Hebräische 
nicht in der Jugend erlernen. Dagegen wurde aber doch viel 
Widerspruch laut. Fagius widmet eines seiner Bücher 2) 
einigen Schülern und ermahnt sie mit den übrigen Wissen- 
schaften auch das Hebräische in früher Jugend zu erlernen. 
„Denn ich stimme keineswegs denen bei, die meinen, erst 
nach Aufnahme aller Fächer der Wissenschaft und Kunst, in 
reiferem Alter, soll man die hebräische Sprache kosten, als 
wenn sie nicht auch ihre Zeit verlangte, und es nicht ebenso 
nützlich ja nothwendig sei, öich ihr von Anfang an in gleicher 
Weise hinzugeben, wie den übrigen Sprachen" % Auch Johann 



1) Nemo ferme omnium post apostolos orthodoxam ecclesiam hebraicis 
literis illustravit qui nou eas in provecta aetate discere coeperit. Einl. z. 
3. B. der Kud. hebr. 

2) Sententiae vere elegantes 1541. 

3) Auf denselben Gedanken kommt er auch in der Widmung der Schrift: 
Sententiae moralcs ben Syra, Isnae 1542, an Gasparus Heidelinus zurück: als 
Patrone suche er Männer qui sua opera sanctam linguam hebraeam apud 
btudiosos eins promoveant mecumque pomeria eins ampliare studeant. Dazu 



124 Die Schnlen. 

Forster hatte warm diesen Grundsatz vertheidigt ^). Grade 
die Jugend, meinte er, müsse an das Studium der hebräi- 
schen Sprache gewöhnt werden, nachdem sie die Anfangs- 
gründe der lateinischen und griechischen gelernt habe, damit 
sie die heilige Schrift besser verstehen lerne und das Licht 
des Wortes Gottes der Nachwelt übergeben werde, nicht er- 
lösche, sondern dieses Studium ihm gleichsam zur Nahrung 
diene. Namentlich für die Jugend biete diese Sprache einen 
unermesslichen Vortheil. Alles was in ihr geschrieben worden, 
sei heilig und rein, während die Denkmäler der übrigen 
Sprachen soviel Anstössiges enthielten, dass die Jugend leicht 
daran strauchle." 

Diese Ansichten theilte auch Michael Neander, er gab 
ihnen eine bestimmte praktische Richtung, formulirte sie in 
einem förmlichen Unterrichtsplan und hat sie in der Schule 
von Ilfeld, der er in so glänzender Weise vorstand, zur Aus- 
ftlhrung gebracht. Man solle, meint er^), als hebräische Lehr- 
bücher „das Opus consummatum Mtinsteri und Eliae Levitae 
Grammaticen nehmen", den hebräischen Unterricht bei einem 
Knaben erst beim 16. Jahre beginnen, und auch dann nur 
täglich 2 Blättchen „in Hebraeis tabulis" ihn lernen lassen, 
um sie in einem Jahre zu Ende zu bringen. „Darnach — um ihm 
nun selbst das Wort zu lassen — möchte man ihm pro exemplo 
praeceptorum Grammatice exponiren, parvum Cateehismum 
Lutheri hebreum, item Evangelia hebrea oder etwa Genesin, 
dieweil diese Bücher und alle Libri historici in der Bibel viel 
leichter seien, denn Davidis, Salomonis und der Propheten 



sei naineiitlicli Heldcliiius der geeignete Mann qui scholae Limlaviensi praeest 
eoque iuventuteni suae disciplinae concreditani in hebraea etiam lingna magna 
cum ingenii ielicitate erudirc potest. 

1) In der Vorrede zu seinem Jiexilvon, die so ziemlieh Alles enthält, 
was er über die hebräische Sprache dachte: In ])rimis autem iuventus post- 
quani fundamenta jecit liuguae Latinae tum Graecae, assuefacienda est ad 
hoc Studium Hebreae linguae, ut sacram scripturani rectius intelligere discat 
et ad posteritatem transmittatur nee extiuguatur lux verbi dei sed studio 
linguae hujus accendatur et tanquam i)abulo alatur. Von den übrigen Sprachen 
(juaelibet suuni habeant contagiuni quo iuventus facile infici queat. 

2) Das Folgende ist genommen aus seinem „Bedenken, wie ein Knabe 
zu leiten und zu unterweisen", auch mitgetheilt bei K. Schmidt: Geschichte 
der Pädagogik III, S. 139 fg. 



Di« Schulen. 125 

Bücher, welche sehr schwer auch was die Gramiuaticam be- 
langt. Es ist aber Hebraea lingua nicht allein den Theologis 
nutz, sondern auch nöthig allen Studiosis, worauff sie auch 
jr leben lang gedenken zu beharren, dieweil sie alma mater 
ist oinnium linguaruni, oninibus aetatibus, oninium gentium, 
welche alle aus jrem Leib gekommen, denen sie allen gibt 
und wiederümb von keiner Sprache etwas nimpt oder ent- 
lehnt. Und keine Sprache in der weit so ungeschaffen, die 
nicht vocabula hebraea von der Mutter als zu jrem Erbtheil 
behalten." 

Er hat in seiner Schule das Hebräische selbst gelehrt, 
und das Buch, das er anfänglich zu eigenem Nutzen zusammen- 
stellte, dann als er sich überzeugt hatte, es gereiche auch den 
seiner Pflege Anvertrauten zum VortheiP), herausgegeben =^). 
Das Buch verräth vollständig seinen Zweck als Schulbuch. 
Es ist in Fragen und Antworten getheilt, die zum Auswendig- 
lernen bestimmt scheinen. Die 6 Theile enthalten die Grund- 
züge der hebräischen Grammatik; der erste handelt über die 
Buchstaben im Allgemeinen, über die Zeichen Dagesch, Schewa, 
über die Besonderheiten der einzelnen Buchstaben; der zweite 
über das Verbum, über seine einzelnen Conjugationen, über 
das regelmässige und unregelmässige, die gegebenen Regeln 
durch . zahlreiche Tabellen erläuternd; der dritte über das 
Nomen; der vierte ist eine Ergänzung zu zwei und drei, er 
bespricht die Schwächung und Veränderung der Vokale im 
Verbum und im Nomen. Die übrigen Satztheile bilden den 
Inhalt des 5. und 6. Theils, im fünften werden die Präpositionen, 
Zahlwörter, im sechsten Pronomina, Adverbien und Oonjunctio- 
nen, behandelt, am Schluss einige Regeln über Accente, Metrum 



1) S. 24 der Vorrede des gleich zu nennenden Buches. 

2) Sauctae linguae hebraeae Erotemata . . . Omnia vero ita absoluta 
hrevitate, facilique ordine tractata, ut non modo tyrones Graminaticae he* 
braeae praecepta inde nullo cum negocio intra paucas septimanas addiscere 
possint, sed etiam perfectiores iam ibidem inveniant quod ipsos iuvare 
queat. Accesserunt ad finem dicta veterum Eabinorum de JESV MESSIA 
mundi salvatore. Item Catalogus librorum quorundam praecipuorum in 
lingua Hebraea, Chaldaea, Aethiopica, Arabica, Graeca et Latina : Omnia in 
gratiam studiosorum linguae sanctae aMichaeleNeandro Soraviense edita. 
Basileae apud Joannem Oporinum. Am Ende : 1556 mense Augusto. 153 S. in 8^. 



126 Die Schulen. 

beigefügt. Die Erwähnung von vier Abbreviaturen ist seltsam 
genug, da sie weder so selten noch so häufig sind, um einen 
besonders hervorragenden Platz zu verdienen i). 

Die bereits im Titel angegebenen Zusätze, die streng- 
genommen zu der Grammatik gar nicht gehören, sind einmal 
Dicta quaedam, ein interessantes aber durchaus seltsames Ge- 
misch von Sätzen und Aussprüchen aus Bibel, Targum, Rabbinen 
und christlichen auch neueren Schriftstellern, z. B. eine Stelle des 
Flacius Illyricus über Jehova, eine Anzahl Auszüge aus dem 
Werke des Peter Galatin: De arcanis catholieae veri- 
tatis u. s. w. ; dann unter der Aufschrift Catalogus ein Ver- 
zeichniss von hebräischen Bibeln, von griechischen und lateini- 
schen Ausgaben des alten und neuen Testaments. Das Ver- 
zeichniss ist keine trockene Aufzählung, es ist begleitet von 
vielen Bemerkungen, Stücken aus der Einleitung einiger Bücher, 
z. B. bei der Bibel des Chimenes, bei dem Psalterium octaplum 
des Augustinus Justinianus, bei Bomberg's Targum (1517), für 
das ein genaues Inhaltsverzeichniss folgt, ebenso bei Fagius' 
Ausgabe des Targum. Auf die Bibelausgaben folgen die 
Editionen einzelner Bücher und Traktate, worunter namentlich 
des Fagius' Sententiae patrum ausfuhrlicher besprochen werden; 
bunt durcheinander werden darauf die Schriften von Levitit, 
Reuchlin, Münster und einer grossen Zahl Anderer aufgezählt, 
gewiss nicht ein vollständiges bibliographisches Verzeichniss 
aller erschienenen Schriften, aber eine gute Hinweisung auf 
viele seltene und fast ganz unbekannte. Zuletzt wird eine 
vollständige Aufzählung der Traktate des Talmud gegeben, 
einige Schriften des Rambam und Alphes ; den Schluss machen 
Stücke aus Reuchlin's Kabbalah, aus einer Schrift Theodor 
Bibliander's, Sentenzen aus den Sprüchen der Väter mit la- 
teinischer Uebersetzung und Hinzuziehung deutscher Sprttch- 
wörter zur Analogie. 

Ein nicht minder berühmter Schulmann, als Michael 
Neander es war, Johannes Sturm, theilte nicht die An- 
sicht, das Hebräische als ebenso berechtigten Gegenstand, wie 
die übrigen Sprachen, in die Schulen einzuführen. Man muss 



1) Es sind n"inK'Dlbtrn iho "m -iöK ♦ b::"ai DSCr — die Anfangs- 
buchstaben der Namen der 7 Planeten; IWS"Dn'I)aK pl? j» Wt: .Tnn und nnm* 



Die Schuten. l27 

freilich bedenken, dass Hauptziel des Strassb. Pädagogen war, 
seine Schüler in der Sprache Cicero's reden zu lassen, in den 
Anschauungen der Römer und Griechen zu erziehen; da konnte 
sich für das Hebräische allerdings keine Stelle finden. Und wie 
seine Einrichtungen überhaupt zum guten Theil typisch ftir die 
Gymnasien der späteren Zeit bis auf unsere Tage geworden 
sind, so findet sich bereits bei ihm der Vorschlag, die he- 
bräische Sprache höchstens als fakultativen Lehrgegenstand 
aufzunehmen, mit dem eigenthümlichen Zusatzgrunde neben 
dem bereits erwähnten, dass er seine Schüler nicht zwingen 
wolle eine Sprache zu treiben, die er selbst bis zu seinem 
59. Jahre leider zu erlernen versäumt habe, in der er freilich 
nun, nachdem er sie ohne fremde Hülfe zu erlernen begonnen 
habe, das Uebrige leicht sich anzueignen hoflfe *). 

Es wäre ein zeitraubendes und sehr unfruchtbares Ge- 
scliiift alle Schulen aufzuzählen, die in gleicher Weise, wie der 
Sturm'sche Plan das will, dem Hebräischen keinen rechten 
Platz unter den Lehrgegenständen anwiesen; erwähnt sei nur, 
dass in einigen aus jener Zeit bekannten Schulplänen das 
Hebräische nicht aufgefllhrt wird : in dem Frankfurter, der von 
dem Dichter und Philologen Jakob Micyllus herrührt =^), und 



1) Joan. Sturmii Classicarum Epistolarum libri III aive.Scholae Argenti- 
nenses restitutae. Argentorati MDLXV, fol. 47 — 49. Joannes Sturmius Eliae 
Hyberi amico, Interpret! Hebraeo. Linguae Hebraicae institntionem in curiis 
consulto non proposuimus primum quia multuin profecisse illum arbitror, qui 
ante sextum decimum aetatis annuni, facultatem duarum lingnarum mediocrem 
assecutus est : una cum dicendi disserendique doctrina : et praeter catechesin 
Ecclesiae, in curiis etiam Evangelia et apostolorum cognovit epistolas et 
psalmodiis exercitatus est et reliquos sacros libros, in quotidianis coUegii 
recitationibus : saepe per illos annos quibus in curiis docentur, possent reco- 
gnoscere. Deinde quia consilium meum est, sermonis Hebraici grammaticam 
extra ordinem tradi: aliqui earum horarum quibus in classicis tribubus non 
docetur: et cuivia concessum est quod velit extra ordinem discere, modo 
liberale sit, et moribus non officiat, et cursum non impediat in studio classi- 
corum. Postremo tametsi poeniteat me buius linguae studium usque in hunc 
annuni quinquagesimum nonum distulisse: tamen nolim alios cogere ut faciant 
quod ipse non feci. Hortor tamen orones, ut ad difas illas classium linguas etiam 
hanc adiiciant (?), meo exemplo : qui superiore proxima estate ea fundamenta 
absque doctore posui hujus sermonis : ut absque ope et voce roagistri aperem 
quod reliquum est brevi posse in boc curriculo perficere. 

') Vgl. J. Classen: Jaliob Micyllus. Frankfurt 1858. S. 147 ff. 



128 I>ie Schulen. 

dem Basler, der jedenfalls unter Mitwirkung Oecolampad*8 
entstanden ist*); die Schule in Zwickau soll nach dem Titel 
des Schulplans zwar „auf drey Hauptsprachen, Hebraysch, 
Griechisch und Lateinisch gestellt" sein, aber in dem Schfil- 
plane selbst wird auf Hebräisch gar keine Rücksicht ge- 
nommen 2). 

Dagegen hatte in gleicher Weise, wie Neander in Ilfeld, 
der berühmte Paul Fagius in seiner Schule zu Isny das 
Hebräische gelehrt; hatte im Jahre 1527 der Ulm er Rath dem 
Michael Brodhag den Befehl ertheilt, „dass dem jetzigen 
Provisor, der in bayden sprachen hebreysch und kriechisch 
für ander berorapt und erfarn die schul zu verleyhen und dem- 
selben jnu seinen aiden zu geben wer, die knaben getrewlich 
Inn latein und obgemelten bayden sprachen zu undterweisen 
unnd zu lernen, damit sy jnn denselben auch geübt und erfarn 
werden"^); war Andreas Osi ander 1520 in Nürnberg als 
Lehrer der hebräischen Sprache angestellt worden *). Emanuel 
Tremellius, der uns schon als Lehrer des Petrus Martyr 
begegnet ist ^), war in den fünfziger Jahren erster Lehrer der 
Schule in Hornbach und hat gewiss dort seine Kenntniss 
deg Hebräischen zu verwerthen gewusst. Er trat auch schrift- 
stellerisch auf in einem hebräisch geschriebenen Schriftchen«). 



1) Vgl. das angeführte Buch von Herzog II, S. 173 fg. 

2) Ordnung dess Nawen Studii vnd jetzt aufgerichten Collegij jn Fürst- 
licher Stadt Zwickau. 1523. lOBll. in 4", wieder abgedruckt bei Weller: 
Altes aus allen Theilen der Geschichte 1766. II, S. 678 ff. 

3) Weyermann: Nachrichten von Ulmischen Künstlern und Gelehrten, 
Ulm 1798 I, S. 84. 

4) Will, Nürnberger Gelehrtenlexikon. Zusätze von Nopitzsch Bd. VU, 
S. 68 ff. Daselbst auch : „Oslander lernte 1529 von dem Juden-Schulmeister 
Wölfflein zu Schnaitach chaldäisch." Ueber seine ersten hebräischen Stadien 
theilt Jo. Manlius: Locorum communium collectio (ed. 1560) p. 532 nnter 
dem Titel : Osiandri ingeniosum inventum. Folgendes mit : Oslander scribens 
Hebraicum Alphabetum invertebat chartamj tunc in altera facie chartae erat 
Graecum Alphabetum. 

5) S. 0. S. 114. 

6) n; ntta ^^p nsp (152 S in 12«) o. 0. 24. El«l 1554, 314 nach der 
kleinen Zahl." Die lateinische Vorrede ist datirt: Argentorati III Mus 
Aprilis Anno MDLIIII . . . Die zweite im Text angeführte Stelle lautet: 
Nam id summa diligentia, maxima soUicitudine in hac scriptione cavi, ut 
de faece Rabinorum verba et phrases non haurirem, sed illud, quantum res 



Schlns?. 129 

Diese Sprache wäLlte er hauptsächlich der Juden wegen, „denn 
obgleich heute das israelitische Volk unserer Religion feindlich 
ist, so unterlässt es doch nicht, Alles zu lesen, was von uns 
hebräisch geschrieben wird, um Alles zu wissen, was wir zu 
ihren Gunsten oder gegen sie urtheilen, in welchen Punkten 
wir mit ihnen über die Gottesverehrung und die Frömmigkeit 
uneins sind." Aber freilich der Sprache der Rabbinen wolle 
er sich nicht bedienen, oder, um mit Tremellius zu reden: 
„Aus dem Schmutze der Rabbinen will ich die Worte und 
Phrasen nicht schöpfen, sondern, soweit der Stoff es gestattet, 
die Redegattung anwenden, in der die göttlichen Aussprüche 
in den heiligen Büchern geschrieben sind." Die Schrift war 
hier nur zu erwähnen, weil des Tremellius als Lehrer gedacht 
werden sollte, auf den Inhalt näher einzugehn, der vollständig 
theologischer Art ist, würde die Grenzen dieser Arbeit über- 
schreiten. 



VIIL 

Schluss. 



Wir haben das Erwachen und die allmähliche Ausbreitung 
des hebräischen Sprachstudiums vom Anfang bis in die sechs- 
ziger Jahre des 16. Jahrhunderts verfolgt, haben den Wider- 
willen, der sich zuerst gegen seine Aufnahme kund gab, die 
Begeisterung, mit der man sich dann ihm zuwandte, das ruhige 
Vorwärtsschreiten, mit dem man den einmal betretenen Weg 
verfolgte, betrachtet, indem wir die einzelnen Universitäten, 
die Schulen, durchgingen, bedeutendere Männer besonders nach 
ihren Leistungen kennen zu lernen suchten. Ein fester End- 
punkt ist nicht gefunden. Der neue Aufschwung, den das 
Studium durch Buxtorf nahm, gehört einer späteren Epoche 
an ^) ; die Zeit, die das Ende unserer Betrachtung bildet, ist 



patiebatur, genus orationis adhibui, quod Divina oracula fuerunt in sacris 
voluminibus conscripta. 

1) Es ist interessant zu sehn, dass am Ende des von uns besprochenen 
Zeitraums doch in Manchen das Bewusstsein herrschend war, es bleibe noch 

Geiger, Stndiam. 9 



130 Sciilnsi. 

eine Zeit des Sinkens, eine Zeit, die höchstens im Stande ist, 
das früher Vorhandene zu wahren, nicht fähig, Neues zu pro- 
duciren; eine Zeit, in der die theologische Fehde die Geister 
Aller derer gefangen nimmt, die etwas mehr verlangen, als 
den kleinen täglichen Bedürfnissen des Lebens nacbzngehn, 
sie aber so in Anspruch nimmt, um zu jeder wissenschaftlichen 
Beschäftigung untauglich, zu jedem freien Gedankenaufschwnng 
unfähig zu machen. 

Der Charakter einer Zeit prägt sich in allen Ereignissen 
aus, die in ihr einen Platz einnehmen; der eben geschilderte 
traurige Charakter der Zeit, die wir verlassen haben, zeigt sich 
auch in einem unsern Gegenstand berührenden Ereigniss, da« 
wenig bekannt ist^). Der Talmud war seit dem gegen ihn 
hervorgerufenen Sturm im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahr- 
hunderts, der ihm fast den Untergang kostete, in Deutschland 
unter den Christen wenig bekannt geworden, und der geringen 
Kenntniss entsprach seine geringe Verbreitung. Ambrosius 
Frohen in Basel will 1579 den Talmud drucken lassen; da 
den Juden der Eintritt in die Stadt nicht erlaubt ist, so er- 
sucht er, ihm zu gestatten, einen hineinzunehmen, „dieweil 
dieses Werk eine besondere Art habe, deren die Druckergesellen 
bisher nicht genugsam geübet und der Sprachen unerfahren." 
Aber der Kaiser Eudolf II. erklärt durch ein Schreiben, der 
Talmud sei gegen den Glauben und die christliche Religion; 
er untersagt den Druck. „Ein gründlicher Bericht wird an 
den Kaiser abgesandt, gezeigt, dass Censur und Universität 
das Werk gestattet habe; aber die erlangte Concession ist 
nur, ein Exemplar solcher talmudischer Bücher dem Kaiser 
zur Durchsicht zu schicken." Aber nachdem er es erhalten, 
schickt der Kaiser keine Antwort; auf ein Schreiben des 
Bürgermeisters und Raths vom 25. Juli 1579 verlangt er die 
Vernichtung des Buches, „da im Talmud die heilige Dreifaltig- 



viel zu thun übrig: Matthias Flacius Illyricus zählt 15G2 unter dreiDingen, 
die zur Vollendung der Kirche noch fehlten, auf: separata et plena aliqua 
hebraeae linguae illustratio. Angeführt bei Baur: Die Epochen der kirch- 
lichen Geschichtsschreibung. Tübingen 1852. S. 43, Anm. 1. 

1) Die im Text gegebene Erzählung folgt der gut nach den Quellen 
gearbeiteten Darstellung v.Streuber: Beiträge zur Basler Buchdruckergeschichte 
in den Beiträgen zur vaterländischen Geschichte. Basel III. Bd. 1846, S. 83 sqq. 



Schluss. 131 

keit und unser einiger Erlöser und Seligmacher Jesus Christus 
geschmäht werde." 

Nene Bitte Frobens, die von einem Gutachten der Uni- 
versität unterstützt wird: im Talmud seien herrliche, nützliche 
und wohlgegründete Lehren begriffen, Fehler und Irrthtimer 
kämen auch in den Evangelien und alten Schriftstellern vor, 
die doch gedruckt seien, ßeuchlin und Galatin haben ihn 
gleichfalls vertheidigt, die darin vom Kaiser Maximilian unter- 
stützt worden seien. Doch erst 1588 wurde der Talmud ge- 
druckt, beide Parteien erklärten sich mit der Censur des In- 
quisitors Dr. Markus Marinus zufrieden, die das Ihrige that ^). 

Es bedurfte dieses Beispiels nicht, um zu zeigen, wie viele 
Vorurtheile man dem Studium dieser Sprache entgegentrug; 
wir haben deren genug bemerkt. Auch das ist klar, das 
Studium wer nicht immer durch einen wissenschaftlichen Eifer 
hervorgerufen ; es diente der Theologie und wurde oft in ihrem 
Dienste missbraucht, aber im Ganzen war es das ernste Stre- 
ben nach Wahrheit, das seinen Begründer und auch den 
grössten Theil seiner Nachfolger beseelte. 



1) Ueber die Wirksamkeit dieser Censur vgl. z. B. die lehrreichen Be- 
merkungen bei Em. Deutsch: Der Talmud (Berlin 1869) S. 6 fg. 



Nachträge, 



Zu S. 6 fg. Einige characteristische Aeusserungen Luthers über die 
hebräische Sprache finden sich in seinen Tischreden (ed. Förstemann und 
Bindseil. 4. Band. Berlin 1848. S. 5G8— 572), von denen nur einige Stellen 
hervorgehoben werden sollen. „Die ebräische Sprache ist für andern wol 
einfältig, aber majestätisch und herrlich, schlecht (d. h. schlicht) und wenig 
von Worten, aber da viel hinter ist; also, dass ihr es keine nachthun kann" . . . 
„Die ebräische Sprache ist die allerbeste und reichste in Worten, bettelt 
nicht, hat ihre eigene Farbe" . . . „Ich kann weder Griechisch, noch Ebräisch, 
ich will aber dennoch einem Ebräer und Griechen ziemlich begegnen. Aber 
die Sprachen machen für sich keinen Theologen, sondern sind nur eine 
Hülfe "... „Da M. Forstemius viel sagte von Nutz und Herrlichkeit der 
ebräischen Sprache „„die jtzt doch sehr verachtet würde, vielleicht aus 
einer Impietät und gottlosem Wesen, oder aus Verzweifelung, dass man daran 
verzagte, und gab für, man könnte sie am besten aus der Grammatica 

lernen " ", da sprach D. M. L Ich hab mer Ebräisch gelernt, wenn ich 

im Lesen einen Ort und Spruch gegen dem andern gehalten habe, denn 
wenn ichs nur gegen der Grammatica gerichtet habe. Wenn ich jünger 
wäre, so wollte ich diese Sprache lernen, denn ohne sie kann man die h. 
Schrift nimmermehr recht verstehen . . . Ich bin kein Ebräer nach der Gram- 
matica und Regeln, denn ich lasse mich nirgend an binden, sondern ich 
gehe frei hindurch . . . Lyra ist für andere der beste Ebräer gewest, und ein 
fleissiger Dolmetscher des alten Testaments. Wenn ich wiederum wollte in 
der ebräischen Sprache studiren, so wollte ich die reinsten und besten 
Grammaticos für mich nehmen und lesen, als David Kimchi, Mose Kimchi, 
welche die reinesten sind; danach wollte ich Mosen lesen, darum, dass der- 
selbige gar eigentlich von Dingen redet; nach dem wollte ich den Psalter 
und die Sprüche Salomonis lesen und zuletzt die Propheten, die brauchen 
vil verblümter Wort und Rede." Der hier erwähnte Forstemius ist der oben 
S. 97 ff. besprochene Johann Forster. 

Zu S. 7. Dagegen stellten die Katholiken das Ansehen der Septuaginta 
sehr hoch. Der Nürnberger Reformator Andreas Oslander war in seiner 
Schrift Coniecturae de fine mundi (1544) in der Berechnung der Jahre 
zwischen Adam und Noah der jüdischen Angabe (1656 Jahre) gefolgt und 
hatte die griechische (2242 Jahre) ausser Acht gelassen; in seiner Wider- 



Kach träge. 133 

legiing der Schrift sagt der eifrige Katholik Cochläus: Textui hebraico 
iiituntur Judaei hostes Christi et vos Catholicae fidei reprehensores et hostes 
ecclesiae : Lutherani, Zwingliani et Anabaptistae. LXXII iuterpretes maximae 
semper fuerunt in ecclesia Christi authoritatis a temporibus usqueApostolorum, 
qiiibus nixi sunt antiquae ecclesiae Doctores omnes usque ad unum Hierony- 
nium qui sua translatione hanc de annis primae aetatis diversitatem in- 
vexisse creditur. Quod si res aequa trutinetur libra (quamquam difficile est 
pronuntiare, utra lectionum praeponderare debeat) multis respectibus apud 
ecclesiae filios potior videri potent lectio et sententia LXXII interpretum. 
J. Cochlaeus: In quatuor Andreae Osiandri coniecturas de fine mundi. 1545 D 1. 

Zu S. 17. Für die Seltenheit und Kostbarkeit hebräischer Bibeln in 
damaliger Zeit noch zwei Notizen. Trithemius überlässt seine ganze Biblio- 
thek dem Kloster Spanheim und nimmt nur eine kleine gedruckte hebräische 
Bibel mit sich (Epistolae p. 384. Jacobe Kymolano 16. Aug. 1507.). 1518 wird 
eine hebräische Bibel nach unserm Geld für 49 Thlr. 10 Sgr. und 15*20 eine 
solche mit Commentaren für 86 Thlr. 10 Sgr. verkauft. Beide Notizen aus 
Oskar Hase: Die Koburger, Buchhändlerfamilie zu Nürnberg. Leipzig 1869. 
S. 78, A. 2. S. 84. 

Zu S. 18. Von Wichtigkeit würde es sein, wenn die von Steinschneider, 
Bibliographisches Handbuch S. 156, Nro. 2290 angeführte Schrift : J. C. Ulrich 
De lingua hebr. inter Christianos ante Reuchlinum culta. Halis. . . ? [Handschr. 
Notiz V. Gesenius] bekannt wäre. 

Zu S. 26. Unbeachtet geblieben ist der Spott der Lamentationes 
obscurorum vironim (I. 14) gegen Loans: Sigillum autem quod vides, mihi 
commodato dedit Jacobus Johel Judeus quinquies circumeisus, et bonus 
Reuchlinista. 

Zu S. 30, Anm. 1. Ueber seine hebräischen Studien spricht Eck in der 
Epistola de ratione studiorum, Ingolstadt 1543 in 40 (B 1»): Audivi tunc (als 
er Lcvita's Schüler war) Rhomae etiam Sancten Pagninum et Achacium pro- 
fessores Hebraismi; in Chaldaeo praeter versionem in Pentatheucon Complu- 
tenseni usus sum Magistro Munstero, qui prae ceteris egregie emulatur et 
assequitur Heliam, trimestri quoque Judaeo Loto usus sum praelectore. Recte 
dixi nie usum, quia cum utriusque grammaticae esset asyrabolus, nihil prae- 
stare poterat praeter usum. 

Zu S. 30, Anm. 2: und Nicolaus Apelles aus EgWeil, der 1522 Professor 
der Theologie in Ingolstadt, 1532 Prediger in Marburg wird und 1545 stirbt. 
Vgl. Mederer, Annales Ingolstadiensis Academiae. Pars I. Ingoist. 1782. 
p. 116. 196. 

Zu S. 32, Anm. 2. Eine Zeit lang, als der Streit mit den Kölnern ihn 
ganz in Anspruch nahm, Hess er in seinem Unterricht eine Pause eintreten. 
Mutian schreibt an ihn: Quod si vacatione recuperata docere volles quae 
cumulatissime didicisti, mitterem ad te optimos auditores. Nuper Crocns 
Britannus . . cum apud me quiesceret et Grocinum et Aleandrum et nescio 
quos magistros laudaret, deesse sibi dixit hebraicam sapientiam, quam omni 
via prosequi vellet. 13. Sept. 1516. (Epp. ill. vir. z iü») Richard Crokus, 
ein Engländer, während einiger Jahre Professor des Griechischen in Leipzig, 
scheint später, nach seiner Rückkehr nach England, noch hebräisch gelernt 
zu haben, wenigstens wird ihm ein hebräisch geschriebenes Gutachten zu- 
geschickt und vorausgesetzt, dass er darüber ein Urtheil abgeben könije. 



134 Nachtr&ge. 

Mittheilung Wrights in Geiger: Jüdische Zeitschrift für Wissenschaft und 
Lehen V. S. 216. 

Zu S. 35. Ebenso wie Keuchlin mit grossem Freimuthe die Mängel 
der alten lateinischen Bibelübersetzung tadelt, thut es auch sein Freund und 
Vertheidiger Peter Galatin. In seinem mannigfach interessanten Werke De 
arcanis catholicae veritatis (1518), das die Wahrheiten des christlichen 
Glaubens aus dem Talmud und andern jüdischen Büchern beweisen soll, und 
in Form von Gesprächen zwischen dem Verfasser, Reuchlin und dessen Hanpt- 
feind Hochstraten geschrieben ist, sagt Galatin einmal (fol. LXX): Et hoc 
est, quod dictum est: Osculamini filium; hucusque traditio. Worauf Hoch- 
straten: Editio nostra: appraehendite disciplinam hie habet; und Galatinus 
entgegnet: Author nostrae editionis aequivocatione vocabulorum deceptos, 
•multa longo aliter transtulit quam veritas hebraica habeat. Licet enim haec 
dictio „ Bar " quandoque filium, quandoque disciplinam sive doctrinam, qnan- 
doque frumentum, quandoque purum sive mundum, quandoque electum 
significet etc. 

Zu S. 35, Anm. 2. Der Herausgeber dieses — nach einem Exemplar 
der Hamburger Stadtbibliothek von J. L. Hoffmann in Steinschneiders 
hebräischer Bibliographie 1. Band. Berlin 1858. S. 107 beschriebenen — 
Lexikons ist, wie H. a. a. 0. angibt, der Buchhändler Dirck Martens aus 
Aalst, der zu Löwen, wo er auch Professor der lateinischen und hebräischen 
Sprache gewesen sein soll, in seiner Druckerei schon 1518 hebräische Lettern 
besass. Das angeführte Buch soll in Löwen 1520 gedruckt sein. 

Zu S. 43, Anm. 1. Die in der mir erst später bekannt gewordenen 
Originalausgabe zwischen Capito und nactus stehenden Worte „fectus in 
oppido Bruchsellensi vcrbi dei praeco " machen meine Anmerkung überflüssig. 
Wie lange Adrian in Bruchsal (oder [vorher oder nachher?] in Middelburg 
s. 0. S. 45, Anm. 6) sich aufgehalten, ist nicht zu bestimmen. 

Zu S. 46, Anm. 3. Die Rede Adrians erschien u. d. T.: Oratio de 
linguarum laude, Lovanii habita (A. 1519) 40. Wittenb. Jo. Grunenberg. 
1520. 4 Bll. Die Angabe ist aus Steinschneider: Bibliographisches Hand- 
buch S. 3, der hinzufügt: Im Epilog heisst es: „Habita fuit haec oratio 
in CoUeg. Buslidiano Lovan. non alio studio quam ut trium linguarum peritia 
commendaretur Theologiae studiosis** etc. 

Zu S. 48. Auf Adrian ist wol auch folgende Stelle der Universitäts- 
matrikel von Freiburg zu beziehen (22. Jan. 1521): Commissum Doctori 
Joanni (Lonicero) theologo, ut Wittenbergam pro Magistro Lova- 
niensi hebraicedocto scribat, quo veniente conveniatur cum eo ad probam. 
Mitgetheilt in Schreiber: Geschichte der Universität zu Freiburg (1859) 
2. Band, S. 212, Anm. ** 

Zu S. 48, Anm. 4. Die im Serapeum a. a. 0. gegebene Notiz ist nach 
Steinschneider, Bibliographisches Handbuch S. 2 zu berichtigen. Das Schrift- 
chen mit der Widmung an J. L. (Jakob Lemp? den bekannten Tübinger 
Theologen, dem auch Reuchlin seine Septem psalmi poenitentiales (s. o. S. 36, 
Anm. 2) gewidmet hatte), in der Adrian „ausdrücklich als Veranlassung des 
Schriftchens angibt, dass Jemand [in dem Schriftchen selbst nochmals: 
quas transtulit quidam] die Gebete ins Lateinische auf eine den Genius der 
hebräischen Sprache beleidigende Art übersetzt habe.** Dieser „Jemand" 
ist ohne Zweifel Johannes Pfefferkorn s. o. S. 41, Anm, 1, 



Nachträge. 135 

Zu S. 54. Gildemeister (i. d. Ztsch. d. deutsch -morgenl. Ges. 1860, 
Bd. XIV, S. 301) führt folgende Schrift Böschensteins an: Contenta libelli. 
Precatio ad divam . ■ Virginem Hebraica per Jo. Boschenstain | uersa qui 
linguae proprietatem pocius quam elegantiam do- ! cere voluit | Epistola 
ad Reuerendissimum | Vuiennensem Episcopum. | Confessio Judeorum coram 
dno coeli & ' terre in die propiciationis Leuit 23. | Psalmus 19 | Pro rege. 
A. E. Excusum Augustae Vind. in offic. Sigism. Gry mm Medici ac M. Vuirsung 
Anno MDXXI. 6 Bll. in 40. 

Zu S. 55. Böschensteins deutsche Uebersetzung des Büchlein Ruth, an 
die einige hebräische Todtengebete mit deutscher Üebertragung angehängt 
sind. Nürnberg 1525 in 4^ schliesst sich deqenigen der Klagelieder würdig 
an oder übertrifft sie noch : vgl. Biederer, Nachrichten zur Kirchen-, Bücher- 
und Gelchrtengesch. 2. Band. Altdorf 1765. S. 375—381. lieber Böschen- 
stein ist noch nachzutragen der Artikel bei Erhard: Gesch. des Wiederauf- 
blühens wissen schaftl. Bildung in Teutschland. Magdeburg 1832. III, 
S. 332 — 340, der aber, ausser der bibliographischen Zusammenstellung, für 
unsern Zweck ohne sonderlichen Werth ist, und die Abhandlung von Wiede- 
niann in der Oesterreichischen Vierteljahrsschrift für katholische Theologie 
1863, S. 70— 88, die mir leider nur aus einer Anführung bekannt ist. 

Zu S. 64, Anm. 3. Von dieser Sehrift spricht er in dem von ihm 
herausgegebenen Targum Onkeli zu Deut. 4, 16: Quibus cum Judaeus doctus 
quidam ante ducentos annos ad fidem Christianam conversus in libello He- 
braico quem contra illos pro nostra religione scripsit quemque ipse superio- 
ribus annis latine factum in lucem edi curavi, non inepte respondeat, causas 
pias ostendens, cur Christiani in templis suis imaginem habeant, — putavi 
pio lectori rem non ingratam facturum, si verba ejus hie recenseam quae in 
<]:ratiam studiosonmi linguae sanctae primum hebraice, dein latine referam. 
Darauf folgen drei Foliospalten aus dieser Schrift, hebräisch mit lateinischer 
Uebersetzung. 

Zu S. 68, Anm. 4. Auf manchen Büchern, z. B. der Ausgabe der Sprüche 
der Väter, befindet sich bei dem Baume noch ein Storch, der Frösche verzehrt. 
Crusius (Annales Suevici 1595 Pars III, p. 679), der das bemerkt, fügt hinzu: 
propter affinitatem nimirum Jacobi Froschesseri, qui et ipse typogrophiam 
hanc iuverit. Froschesser (Ranivora) druckte selbst später ein Werk des Fagius. 
s. S. 73, Anm. 1. 

Zu S. 73. Dieselbe Bemerkung über Toldot findet sich bereits bei 
Reuchlin: De verbo mirifico 1494 (ed. 1514, g. 5a). 

Zu S. 76. Anm. 1. Hierher gehört auch eine Stelle aus der Widmung 
der Schrift Logica Rabi Simeonis an Joannes Campensis, Professor in Löwen : 
Scis, quam pauci hodie in nostra sint Germania qui libris velint iuvare He- 
braicum Studium retracti fortassis et deterriti quorundam sycophantarum 
conviciatrice lingua. Ego autem ptt?'?S 3th^ et plane rerum peritia parum 
doctus ut audaculus saepius in publicum prorumpo, cum interim tu, Pelli- 
canus, Aurogallus, Jacobus Jonas, et raulti alii Hebraicae linguae professores 
apud vestros delitescatis qui hanc provinciara longe felicius et gloriosiua 
subire valeretis. 

Zu S. 87, Anm. 1. Das hier angeführte Werk (mir nachträglich aus 
der Gott. Univ.-Bibl. bekannt geworden), 200 paginirte Seiten, 3 unpag. Bll. 
am Anfang und 8 am Scbluss in 4^ gehört nur insoweit in den Bereich 



136 Kachtrige. 

unserer Betrachtung, als es aus hebräischen Quellen geschöpft ist und eine 
reiche Kenntniss der Sprache zeigt ; der Gegenstand selbst liegt unserer Be- 
urtheilung zu fem. Sehr interessant sind einige WortCj die Münster in der 
Widmung an Bernhard, Episcopus Tridentinus, braucht : Siquidem tu unus es, 
pientissime praesul, cui non modo ego, verum et onanes sacrae linguae can- 
didati, ad quos meae pervenerint lucubrationes, quas in Hebraismo molior, 
plurimum debent; quippe qui principem nostrum [den König Ferdinand?] 
male persuaaum, quasi scripta mea nunquam non perniciosis sub- 
servirent tumultibus, suspicione liberasti, adeo ut liberalitatem etiam 
se dignam senserim. 

Zu S. 97, Anm. 3. Vgl. Wilhelm Preger, Matthius Flacius Ulyrikns und 
seine Zeit. 2 Bände. Erlangen 1859 und 1861. I S. 21 fg., 23, 37. Schriften 
über das Hebräische sind von ihm nicht bekannt. Eine Frucht seiner Witten- 
berger Vorlesungen ist wol nur die bei Preger II S. 548 angeführte Schrift: 
Argumenta Psalmorum sexaginta distributis ordine versuum sententiis, dictata 
a M. Flacio Illyrico in Academia Witebergensi. Phil. Melanchthon. S^. Francof. 
ex off. Petr. Brubachii 1550. 250 pagg. Preger sagt: „scheint von Me- 
lanchthon dem Drucke übergeben"; wahrscheinlich hat dieser aber auch An- 
theil am Inhalt, denn während Flacius in Wittenberg war, gab ihm Mel. 
„ungebeten die Summarien zu den" Psalmen, die er (öffentlich zu erklären 
gedachte". I S. 24. Paul Grell schreibt in der Dedikation einer späteren Auf- 
lage des Büchleins, die er besorgte : Hos in Psalmos 60 commentariolos breves 
quidem, sed utilissimbs et doctrina multiplici refertos ante annos aliquot 
(Melanchthon) ingratissimo cuidam discipulo et hosti suo (Flacio) praescripsit. 
(Witeb. 1561) bei Strobel: Neue Beiträge z. Lit. bes. d. 16. Jahrh. 1790 I, 
S. 161. — In der Zeit zwischen Flacius' Weggang und Forster's Ankunft 
mag PaulEber die Stelle provisorisch innegehabt haben: er wird in einem 
Verzeichniss der Wittenberger Professoren von 1547 als Lehrer des Hebräischen 
angegeben bei Strobel : Katzenbergers geheime Geschichte von den Chur- und 
sächsischen Höfen. 1775. S. 86, Anm. 68. In demselben Jahre (1547) schreibt 
auch CasparCruciger in seinem Anschlag: Adiungam autem et Ebraicae 
linguae Grammaticen et Enarrationem vel Psalmorum vel Proverbiorum Sa- 
lomonis, 23. Oktober 1547 in Corpus Keformatorum ed. Bretschneider vol. VI 
col. 712. 

Zu S. 102. Die Abhandlung vom Licent. Förster : „Johann Forster, 
ein Bild aus der Keformationszeit", in der Zeitschrift für historische Theo- 
logie 1869 S. 210—238, ist für unsern Zweck ohne Werth. Das Lexikon Forster's 
wird zweimal S. 219 u. 237 nur kurz erwähnt; die Mittheilung, dass Forster 
„1515 in Ingolstadt den berühmten Keuchlin hörte" und dass er ,,mit Beuchlin 
in näherem mehrjährigen Verkehr stand", möchte schwer zu beweisen sein. 
Neben der oben S. 132 erwähnten Aeusserung vgl. ferner: „Magister Forste- 
mius klagte D. M. Luther, dass sein Predigtamt ihm säur und schwer an- 
käme, uud alle seine Predigten ihme zu eng wären, auch würde er oft irre 
drinne, er wollte, dass er noch bei seiner alten Profession (näml. der hebr. 
Professur) geblieben wäre." Luthers Tischreden hgg. von Förstemann, 
Bd. 2. Leipz. 1845. S. 371. Gegen Forster's Lexikon wandte sich Johann 
Isaak in folgender Schrift : m3l''|in Mediationes hebraicae in artem grammati- 
cam per integrum librum Euth etplicatae, una cum aliarum rerum nonnullis 
accessionibus, hujus linguae tyronibus cum primis utilibus ac necessariis. 



Nachträge. 137 

Authore Johanne Isaac, amplissimi Senatus Coloniensis publico Professore . . . 
Adiecta sunt quaedam . . . contra confusissimum D. Johannis Fürsten, quan- 
doque Professorjs Wittenbergensis Lexicon . . . Coloniae ex officina typogra- 
phica Jacobi Soteris. Anno MDLVIIL 52 S. in 40. Die Bemerkungen gegen 
Forster beginnen S. 41. Er habe sein Buch schon beendet gehabt, da sei 
ihm F.'s Lexikon zv^gekommen. Cuius etiam frontispicio adiecta praefatio 
miris quibusdam convitiis tam Christianos oranes qui in hoc genere studiorum 
excelluerunt, quam Judaeos onerabat, quorum omnium in rebus perquirendis 
solertiam, in adinventis aestimandis fidem atque artificiosara industriam 
hactenus in Hebraea lingua nihil quicquam laude dignum praestitisse, sed 
per solum Fursterum hanc linguam esse et a sordibus repurgatam et quasi 
postliminio Cristianorum commodis restitutam praedicabat, aliaque multa non 
sine multorum ignominia gravissima iactabat. Er habe sich zuerst gegen- 
über dieser Frechheit kaum massigen können und sofort eine Gegenschrift 
veröffentlichen wollen; als er aber gehört. Forster sei gestorben, habe er 
diesen Plan aufgegeben, ne vel cum larvis certare (quod dici solet) vel mor- 
tuum mordere videremur. Aber ganz schweigen wolle er auch nicht, denn 
Forster zähle Anhänger: sein Sohn und Lorenz Humfrid erklären, in hoc 
studiorum genere unum Fursterum omnes a tergo reliquisse. — Die Wider- 
legungen beschränken sich auf Einzelheiten : Tvyh sei nicht gen. fem., sondern 
masc; nvbj'TÖ sei kein sing., sondern plur.; hnVi Gen. cap. 4 sei nicht fut„ 
sondern praet; pTt sei nicht von ppn» abzuleiten u. s. w. ; bei jeder einzelnen 
Gegenbemerkung wird die freche Unwissenheit Forster's gegeisselt. Dieses 
Bemühen tritt namentlich am Schluss hervor : Quaenam est igitur in Furstero 
tam insolens eruditionis ostentatio? quod non tam incredibile hominis iudi- 
cium quod se absque Rabbinorum subsidio consecutum gloriatur? Illene sibi 
Rabbinorum scripta undequaque perspecta in Judaeorum synagogis se versatum, 
domi Judaeorum multa consuetudine non sine rei familiaris singulari iactura 
usum fatetur, quam ne vidisse quidem Rabbinorum (praeter unius aut alterius) 
scripta argumenta certissima docent? quem nunquam feliciter in hisce studiis 
versatum sua ipsius monumenta declarant? quae mihi quidem prorsus hanc 
suspicionem afferunt, ut existimem, si quisquam fuit, qui linguam Hebraeam 
iudicio suo conturbavit, Fursterum fuisse; si quisquam fuit, qui sua inter- 
pretatione linguae integritatem laesit, Fursterum fuisse; si quisquam fuit, 
qui horum studiorum fundamenta errore convulsit, firmamenta audacia labe- 
factavit, Fursterum fuisse . . . Die Schrift enthält sonst den hebräischen Text 
und die lateinische Uebersetzung des Buches Ruth und u. d. T. Hebraicae 
Meditationes kurze Erklärungen und längere Bemerkungen nachKimchi gegen 
Castalio. 

Zu S. 107. Schon 1521 wurde in Freiburg Johannes Lonicerus 
auf vorübergehende Zeit Lehrer der hebräischen Sprache, ihm folgte 
Michael Däle von Aach 1522—1531. Nach ihm kam Johannes Moli- 
toris, der aber, durch sein Amt als Vierherr am Münster in seinen Vor- 
lesungen gehindert, die Professur an Johann Härtung abgiebt (1546). 
H., eigentlich Professor des Griechischen, erklärt zwar, er habe sich lange 
nicht mit dem Hebräischen beschäftigt, liest aber doch. Indess moss er sich 
bald, obwohl die philosophische Fakultät alle Diejenigen, die Magister wer- 
den wollen, auf die Nothwendigkeit des Hebräischen aufmerksam macht (1548j, 
über den geringen Besuch der Vorlesungen beklagen; ein Mangel, der wol 

Geiger, Studium. 10 



138 Nachträge. 

weniger an der Interesselosigkeit der Schüler, als an. der Unfähigkeit de» 
Lehrers lag und unter dem uns bereits bekannten Oswald Schrecken- 
fuchs (1552—1575) nicht mehr empfunden wurde. Vgl. Schreiber, Geschichte 
der Universität zu Freiburg i. Br. 1. Band 1857, S. 89; 2. Band 1859, S. 198, 
200 u. Anm., S. 212, 213 fg. u. Anm., S. 255. 

Zu S. 116. Später war Johann Isaak Professor des Hebräischen in 
Köln, ein getaufter Jude, den wir bereits in seinem Auftreten gegen Förster 
betrachtet haben (s. o. S. 136 fg.). Er hat auch eine hebräische Grammatik ge- 
schrieben, deren zweite Auflage (vgl. Steinschneider, Bibliographisches Hand- 
buch, S. 68, No. 975) mir vorliegt ; dass die Auflage eine umgearbeitete ist, 
sagt der Verfasser in der Epistola dedicatoria an Bemhardus Morrien. Sie 

X hat zum Titel: D'H^b fit^p Perfectissima hebraea grammatica, commodo 
admodum ordine in tres libros distincta. Quorum primus simpliciora tantum 
docet, secundus perfectiora et graviora paulo: tertius difficillima qoaeque 
absolutissime et accuratissime tradit, Authore Johanne Isaac, amplissimi Se-. 
natus Coloniensis publice Professore . . . Coloniae. Ex officina typographica 
Jacobi Soteris. Anno MDLVII. 6 unpag. und 152 S. in 40; auf der letzten 
Seite ein hebräisches Gedicht und Errata. Im lateinischen Ausdruck hat ihm, 
wie er sagt, Stefan Mumius aus Zwoll nachgeholfen. Ueber die Accente, 
bemerkt er, fasse er sich sehr kurz (wirklich giebt er pg. 119—122 nur wenige 
Notizen weil Andreas Balenus, Professor in Löwen, ein Buch darüber schreiben 

, wolle. [Das ist entweder nicht erschienen, oder hat ihm nicht genügt, 
wenigstens hat der Titel der 4. Auflage unserer Grammatik (Antwerpen 1564, 
vgl. Steinschneider a. a. 0) et aucta nominatim diifuso de accentibus trac- 
tatu.] Sonst ist er gegen die Zeitgenossen nicht von dieser zartfühlenden 
Zurückhaltung; wenn er sie citirt, so geschieht es nur, um sie tadelnd zu 
widerlegen. So weist er ihre Meinung zurück, das H in np*iac u. a. sei ein 
he heemanticum mit folgender einleitender Bemerkung: Ideoque hie quaedam 
non reprehendendi libidine, neque ostentandi voluntate, sed veritatis demon- 
strandae causa breviter inserenda videntur, a qua Grammatici fere omnes qui 
hac nostra aetate, etiam in universitatibus celeberrimis , scribunt, hac in re 
maxime aberrasse mihi visi sunt (p. 37); fertigt den Abraham de Balmes kurz 
ab, der seiner Behauptung: W^^ÜV sei nach der Ansicht aller Grammatiker 
eigentlich Dnto zu schreiben, widersprochen (p. 107); tadelt den von Münster, 
den er übrigens hujus linguae alioquin satis peritus nennt, ausgesprochenen 
Satz: vor Gutturalen stehe das Schwa mobile, in ziemlich wegwerfender Weise: 
Verum id esse falsissimum, tam est manifestum, ut probatione non indigeat 
(p. 129 fg.), und verwirft zwei Behauptungen des Pariser Professors Quin- 
quarboreus (p. 139 und 161). Nur von Elias Levita nimmt er willig auf, 
ebenso von den früheren jüdischen Grammatikern und Commentatoren : den 
Kimchis ; die Aft'ixe gebe er, sagt er gradezu (p. 109), nach dem 'h^'V ■pno 
rinn des Moses K. (s. o. S. 36); Raschi, Aben Esra; gelegentlich führt er 
an liber Cosdrae p. 119, Aben Tibbon, Moses Hanakdan p. 123, R. Jona 
p. 148; von ihnen angewendete grammatische Ausdrücke, selbst hebräisch 
gefasste Regeln braucht er gern, z. B. p. 45. Nur einmal spricht er einen 
heffcigen Tadel gegen die alten Grammatiker aus. Er wendet sich gegen die 
Meinung derer, die behaupten, ein Hophal könne nur von den Verben vorkommen, 
die sich mit dieser Form in der Bibel finden, und sagt: Quam bonis rationibns 
utantur, docti iudicent, mihi sane non vacat contra ineptias cuiusvis dispntare. 



Nachtrag«^ 139 

Hoc tarnen dico, istos multo magis videri cum ratione insanire, quam qui 
uullum vocabulum Latinum admittunt, quod apud Ciceronem haud extet, cum 
scripta Ciceronis multa et varia sint, Biblia vero exigua, ut in iis non omnia 
Hebraica contineri queant (p. 141). 

Auch auf das Arabische nimmt er Rücksicht: p. 11, 39, 123; an letzter 
Stelle findet sich ein gedrucktes, allerdings ziemlich verunglückt ausgefallenes 
arabisches Wort; dagegen finde ich nur eine Berücksichtigung des Chal- 
däischen p. 142. Der christliche Standpunkt tritt nur einmal hervor und 
da schwach genug: Für die Regel, dass tT im Rabbinischen häufig für "^tt^l< 
gebraucht werde , gibt er das Beispiel : '''''Ci!\^T^ ItST h^ "Q"! nTHB p SJTtsnrPtt? 
quod Joh. b. Per. praeceptor fuit JESV NAZARENI, p. 44. 

Die drei Bücher der Grammatik sind drei Stufen. Das erste Buch ist 
die Elementargrammatik ; als merkwürdig sei daraus der Abschnitt de literis 
heemaiiticis, d. h. die sechs Buchstaben, die im Worte ^rOÖKH vorkonmien und 
die vorn oder hinten an Wörter angefügt werden können, hervorgehoben. 
Das zweite Buch enthält die unregelmässigen Verba, dann die funfsilbigen 
und andere unregelmässige Nomina, die Zahlen, Affixe an Verba und Präpo- 
sitionen und kurze Bemerkungen über Präpositionen. Das dritte Buch ent- 
hält Zusätze und Ergänzungen zu fast allen in den früheren Theilen gegebe- 
nen Regeln, die für den ersten Gebrauch der Sprache noch nicht nothwendig 
erschienen. 

Zu S. 120. Wizel hat ausserdem geschrieben: Idiomata quaedam linguae 
sanctae in scripturis veteris testamenti observata. Moguntiae 1542. 76 S. und 
1 Bl. in 80. Vgl. Steinschneider, Bibüogr. Handb. S. 149, No. 2155. 

Zu S. 119, Anm. 2. Sein Werk: Institutiones Grammatices Ebreae, 
authore D. Andrea Planco. His subnectitur Jonas Propheta, cum versione 
Latina . . Viennae Austriae excudebat Egidius Aquila. Anno DMLII. ist 
schon deshalb zu erwähnen, weil es der erste gute hebräische Druck in Wien 
ist. Vgl. Denis: Wiens Buchdrucker -Geschichte bis MDLX. Wien 1782. 
S. 498 — 500. (In einem das., S. 412, angeführten Schriftchen vom J. 1544, 
dessen Verf. Joh. Sylvester Pannonius sich Professor hebraicarum literarum 
publicus nennt, kommen zwar auch hebräische, aber sehr schlechte Typen 
vor.) Nach Denis sei bemerkt, dass unsere Grammatik, die am Ende auf 
die Arbeit^ der beiden Kimchi, des Elias Levita, Reuchlins, Münsters, 
Aurogallus', Biblianders [als auf ihre Quellen?] verweist, die Sprache in 
vier Theilen : Orthographia, Etjnnologia, Syntaxis und Prosodia behandelt, und 
dass die Uebersetzung des Jonas, die dem Text gegenübersteht, ziemlich 
wörtlich ist. Plankus wird 1554 als Dekan der mediciuischen Fakultät 
genannt; andere Werke über hebräische Sprache sind, nach Denis, nicht sicher 
ihm angehörig. 

Zu S. 127. Wie unter den Pädagogen jener Zeit Erasmus überhaupt 
einen Platz verdient, so soll er auch in unserer Frage gehört werden. In 
seinem Dialogus de recta latini graecique sermonis pronunciatione (Opera ed. 
Lugd. Bat. voL I., col. 923 fg.), heisst es: ürsus. Quid de lingua Hebraica? 
Leo. Eam, quoniam nee admodum late patet, et ut apparet, nee ab 
ipsis Hebraeis satis tenetur ludaeis ac Theologis relinquerem. Simulque 
vereor, ne quid Judaismi cum literis imbibat puer. U. Eadem 
opera verere, ne quid Paganismi imbibat ex Homere, Demoethene, Virgilio 
et Cicerone. L. Et hoc pro YuribuB cnrabitur. — Es sei bei dieser Grel 






140 Nacbtr&fe. 



heit gestattet, einiges über Erasmus zu sagen, was zur Ergänzung von oben 
S. 4, A. 2 dienen kann. 1516 wollte er hebräisch lernen. Johannes Colet 
schreibt an ihn : . . . . agnoscens etiam te, qui es mecnm par aetate et anma, 
nunc Hebraicis Uteri« te dare. 13. October 1516. Opp. vol. III., coL 1573. ' 
Epist. (App.) LXXXrV. Aber noch 1. December 1519 schreibt er, vielleicht 
in Betreff eines neuen Professors an Adrians Stelle : De Hebraeo non possum 
jndicare, sed consulam eos, qui sine dubio possunt. 1. c. col. 523, epist. 
CCCCLXXX. Unwissenheit, die sich breit machte, verspottete er auch hier. 
Er erzählt eine Geschichte von einem Theologen, der vor dem König von 
England das kühne Wort sprach, das Griechische könne er nicht verachten, 
weil es vom Hebräischen abstamme, und der wegen dieser Behauptung von 
Hofe weggejagt worden (Petro Mosellano, 1519, I.e. col. 408, epist. CCCI/XXX.), 
und von einem Professor der Theologie, der später Bischof geworden sei, und 
der die weise Behauptung vorbrachte, Paulus habe an die Corinther h^biaisch 
geschrieben (Martine Lipsio, 5. Sept. 1528, 1. c. col. 1108, epist.' DCCCCIÄXIX), 
Wir haben schon oben gesehen (S. 43, A. 1), «dass er Capito's Eenntpiss des 
Hebräischen sehr hoch schätzte; dennoch hätte er lieber gesehen, (lass er 
sich mit anderen Studien, z. B. dem Griecliiscben, beschäftige. Eine 1)ezeich- 
nende Stelle darüber mag hier Platz finden: Oi)tarim te propensiqrem ad 
Graeca quam ista Hebraica, licet ea non reprehendam; vided' gentem eam 
frigidissimis fabulis plenam, nihil fere nisi fumos quosdam objicere, T&lmnd, 
Cabalam, Tetragrammaton, Portas Lucis, inania noniiua : Scoto malim infec- 
tum Christum quam istis naeniis. Itali'a nmltos habet Judaeos, Hispania 
vix habet Christianos . . . Atque utinam Christianorum ecclesia non tantum 
tribueret veteri testamento quod cum quo temjwre datum umbris constet, 
Christianis literis pene antefertur; Interim utcumque deflectimus a Christo 
qui vel unus nobissufficiebat (13.März 1518, 1. c.col. 1675, epist,(app.) OCLXXII.) 
Zu S. 128 u. A. 4. Auch Melancht. benutzte seine Kenntniss d. Hebräischen: 
Peto ab Osiandro Rabinorum s^r.yT^aei; de lege Judaica, qua frater mortui 
firatris uxorem ducere iubetur. An Veit Dietrich , 9. Februar 1536. Corpus 
Reformatum III, col. 30. Um von dem Juden -Schulmeister Wölfflin chal- 
daisch zu lernen, muss Osiander, da den Juden der Eingang in die Stadt 
verboten war, den Rath um die Erlaubniss bitten, denselben in sein Hans 
zu nehmen. Vgl. Andreas Würfel: Nachricht von der Juden - Gemeinde zn 
Nürnberg. 1775. S. 96. 



Berichtigungen: 

S. 17, Z. 1 streiche „und". 

S. 30, Z.3 lies: „es" statt „ihn". 

a.Stö, Z. 6 v.u. lies: „mirifico" statt .,merif!co". 

8.58, A. 1 lies: „curabimus" statt „cuarhimns". 

8.89, Z.H. y. o. lies: „Amman'«" statt „AmmonV 



Druck Ton Heinrich Lindner in Brealan. 






^^ 



v.-s-ai 



.-.*■■-.-.'_* 
140 Nachtrag. 

heit gestattet, einiges Qber Erasmus zu sagen, was zur Ergänzung TOn oben 
S. 4, A. 2 dienen kann. 1516 wollte er hebräisch lernen. Johannes Colet 
schreibt an ihn : . . . . agnosccns etiam te, qui es mecum par aetate et annis, 
nunc Hebraicis literis te dare. 18. October 1516. Opp. vol. III., coL 1573. ' 
Epist. (App.) LXXXIV. Aber noch 1. December 1519 schreibt er, vielleicht 
in Betreff eines neuen Professors an Adrians Stelle : De Hebraeo non possnm 
judicare, sed consulam eos, qui sine dubio possunt. 1. c. col. 523, epist. 
CCCCLXXX. Unwissenheit, die sich breit machte, verspottete er auch hier. 
Er erzählt eine Geschichte von einem Theologen, der vor dem König von 
England das kühne Wort sprach, das Griechische könne er nicht verachten, 
weil es vom Hebräischen abstamme, und der wegen dieser Behauptung von 
Hofe weggejagt worden (Petro Mosellano, 1519, I.e. col. 408, epist. CCCLXXX.), 
und von einem Professor der Tlieologie, der später Bischof geworden sei, nnd 
der die weise Behauptung vorbraclite, Paulus liabe an die Corinther hebräisch 
geschrieben (Martine Lipsio, 5. Sept. 15*28, 1. c. col. 1108, epist.' DCCCCI^XXIX), 
Wir haben sciion oben gesehen (S. 43, A. 1), «dass er Capito's Eenntpiss des 
Hebräischen sehr hoch scliätzte; dennoch hätte er lieber gesehen, dass er 
sich mit anderen Studien, z. B. dem Griechischen, beschäftige. Eine Vzeich- 
nende Stelle darüber mag hier l*latz finden: Optarim te propensiorem ad 
Graeca quam ista Hebraica, licet ea non reprehendam; vide^r gentem eam 
frigidissimis fabulis i)lenam, nihil fore nisi fumos quosdam objicere, Talmud, 
Cabalam, Tetragrammaton, Portas Lucis, inania nomina: Scoto malim infec- 
tum Christum quam istis naeniis. Itali'a inultos habet Judaeos, Hispania 
vix habet Chris tianos . . . Atque utinam Christianorum ecclesia non tantum 
tribucret veteri testamento quod cum quo temjwre datum umbris oonstet, 
Christianis literis pene antefertur; Interim utcumque deflectimus ß Christo ^ 
qui vel unus nobissufi'iciebat (13. März 1518, 1. c. col. 1675, epist, (app.) CCLXXII.) 
Zu S. 128 u. A. 4. Auch Melancht. benutzte seine Kenntniss d. Hebräischen : 
Peto ab Osiandro Rabinorum sc^^yr^aei; de lege Judaica, qua frater mortui 
fratris uxorem ducere iubetur. An Veit Dietrich , 9. Februar 1536. Corpus 
Reformatum III, col. 30. Um von dem Juden -Schulmeister Wölfflin chal- 
däisch zu lernen, müss Osiander, da den Juden der Eingang in die Stadt 
verboten war, den Rath um die Erlaubniss bitten, denselben in sein Haus 
zu nehmen. Vgl. Andreas Würfel: Nachricht von der Juden - Gemeinde zu 
Nürnberg. 1775. S. 96. 



Berichtigungen: 



S. 17, Z. 1 sireiche „und". 

S. 30, Z. 3 lies: „es" statt „ihn". 

Ö. 83, Z. 6 ▼. u. lies: „mirifico" statt „tnerifico". 

8.58, A. 1 lies: „curabimns" statt „cuarhimns". 

8.89, Z.H. y. 0. lies: „Amraan's" statt „ÄmmonV* 



Brack Ton Heinrich Lindoer in Breslan. 



:/*ji 



The borrower must retum this item on or before 
the last date stamped below. If another user 
piaces a recal! for this item, the borrower will 
be notified of the need for an earher return. 

Non-receipt ofoverdue notices does not exempt 
the borrower from overdiie fines. 



Harvard College Widener Library 
Cambridge, MA 02138 617-495-2413 




Please handle with care. 

Thank you for helping to preserve 
library collections at Harvard.