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WIDENEKUBRARY
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THOMAS WREN WARD
Late Trbasurbr of Harvard College
The sum of $5000 was received in 1858,
**the income to be annually expended
for the purchase of books.**
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DER ALTAR
DES
KAISERFRIEDENS
ÄRA PACIS AUGUSTAE
VON
VICTOR GARDTHAUSEN
MIT DREI ABBILDUNGEN UND ZWEI TAFELN
LEIPZIG
VERLAG VON VEIT & COMP.
1908
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In unserem. Verlage erschien:
Mastarna oder Servius Tulliua
Mit einer Einleitung über die Ausdehnuing
des Etrusl<:errelcl:ies.
Von
Victor Qardthausen,
Mit einer TafeL
Lex. tj* 1882, geh, ^ M^
Leipmig,
Veit (& Comp.
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Altar des Kaiserfriedens
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Veit & Comp, in Leipzig
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DER ALTAR
DES
KAISERFRIEDENS
ÄRA PACIS AUGUSTAE
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VON
VICTOR GARDTHAUSEN
MIT DREI ABBILDUNGEN UND zWeI TAFELN
LEIPZIG
VERLAG VON VEIT & COMP.
1908
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1^^
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
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Inhalt
Seite
Einleitung 5
Altar des Kaiserfriedens 7
Geschichte der Entdeckung 8
Altar 10
Marmorschranken 1 1
Außenseite 11
Langseiten W.0 12
W.: S.P.Q.R 12
W.: Drei Elemente 14
O.: Stieropfer mit neuen Funden 16
Querwände N.S.. 18
Prozession? 19
Die Laren 21
Vorbereitung zum Opfer 24
Anwesenheit des Kaisers? 27
Personen des Kaiserhauses? 29
Der Apexträger 35
Sievekings Augustus 40
Der Verhüllte 41
Prinzen und Prinzessinnen 46
Schluß 48
Anmerkungen 50
I*
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Jtls ist eine schöne alte Sage, die sich bei vielen Völkern findet,
daß es einst eine goldene Zeit' des Friedens und der Freude ge-
geben habe, und daß es noch jetzt fern am Rande der Erde jedem
anderen Sterblichen unnahbar ein Volk gäbe, das ohne die Laster
aber auch die Fortschritte unserer Kultur in paradiesischer Unschuld
lebe, unkundig des Krieges und der Waffen.
Wir pflegen über diesen schönen Traum zu lächeln, und unser
großer Moltke wollte ihn nicht einmal einen schönen nennen; aber
ausgeträumt ist er noch lange nicht.
Die goldene Zeit ist wohl vorbei,
Allein die Guten führen sie zurück.
Zu diesen „Guten" würde die preisgekrönte Bertha v. Suttner
gehören mit ihren Freunden auf der Haager Friedens -Konferenz,
welche das Reich des ewigen Friedens sobald wie möglich herbei-
fuhren möchten.
Auch die antimilitarische Agitation, welche dem Kriege den
Krieg erklärt, ist eine ganz verwandte Strömung und ihr Leiter
suchte sich bei seinem Prozeß hier in Leipzig durch Zitate von Kants
Schrift vom ewigen Frieden zu decken.
„Schön ist der Friede!*^ sein Lob ist gesungen in mannigfachen
Variationen nicht nur in der Neuzeit, sondern auch im Altertum.
Die Griechen sowohl wie die Römer haben lange und furchtbare
Kriege geführt; und je furchtbarer die Leiden des Krieges waren,
um so mehr stieg die Sehnsucht nach dem Frieden.
Schon bald nach der Schlacht am Eurymedon wurde in Athen
dem Frieden ein Altar errichtet. Mitten in der Not des Pelopon-
Erweiterter Abdruck eines Vortrages, gehalten in der Deutschen Gesellschaft
in Leipzig den lO. Februar 1908.
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6 Einleitung
nesischeii Krieges schrieb Aristophanes seine berühmte Komödie,
genannt „Der Friede". Bekannt ist ferner die Eirene des Kephiso-
dotus; 2 es ist die Göttin des Friedens mit ihrem Sohne, dem Reich-
tum und dem Füllhorn seiner Gaben.
Ähnlich war auch in Ronx die Stimmung am Ende der Bürger-
kriege. Rom wünschte den Frieden, den Frieden um jeden Preis,
und war bereit, den als seinen Herrn zu begrüßen, der Ruhe und
Ordnung wieder herstellte. Aber hier sieht man den Unterschied
zwischen der Friedenssehnsucht des Altertums und den Bestrebungen
der Friedensapostel unserer Zeit. Auswärtige Kriege, welche den
Bestand des Reiches erschütterten, brauchte Rom zur Zeit des
Augustus nicht mehr zu fürchten, um so mehr aber die Bürger-
kriege, welche den Staat an den Rand des Abgrundes geführt
hatten. Heute dagegen sind Bürgerkriege weniger wahrscheinlich,
heute wendet man sich besonders gegen den Krieg der Staaten unter-
einander. Im Altertum dachte man an die Vergangenheit, in unserer
Zeit dagegen denkt man an die Zukunft. Im Altertum feiert man das
Ende eines bestimmten Krieges, in unserer Zeit dagegen agitiert
man für das Aufhören eines Krieges überhaupt. Daß solche mo-
dernen Gedanken dem Augustus vollständig fremd waren, braucht
nicht erst bewiesen zu werden. Augustus ist der Begründer der
Militärmonarchie; auf seinem Heere beruhte die Macht des Kriegs-
herrn, beruhte zugleich auch die Reorganisation, die er dem römischen
Staate gegeben. Ihr Grundgedanke ist die Einführung des stehenden
Heeres und des ständigen Kriegsherrn in die römische Verfassung.
In jedem Augenblicke wollte er auch künftig imstande sein, das
Schwert in die Wagschale zu werfen. Das ist also gerade das
Gegenteil zu dem modernen Schlagwort: „Die Waffen nieder!'*
Und dennoch legte der neue Kriegsherr ganz besonderes Ge-
wicht darauf, als Friedens fürst gefeiert zu werden; und wenn
dieser Ruhm im Laufe der Jahre und der Jahrzehnte allmählich an-
fing zu erblassen, da war es der Kaiser selbst, sein Senat und die
Dichter seines Hofes, die stets wieder auf die Segnungen des Friedens
hinwiesen, die Rom seinem Kaiser zu danken habe. Namentlich
der Senat wird nicht müde, stets wieder diesen einen Gedanken zu
variieren. Große Erfindungsgabe hat er nicht gezeigt, wenn er bei
den außerordentlichen Ehren, die er zu wiederholtem Male dem
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Altar des Kaiserfriedens n
Augustus übertrug, stets den Friedensfiirsten verherrlicht. Erst
forderte er ihn auf, den Janusbogen zu schließe«, weil der
Krieg auf dem ganzen Erdkreis beendet sei; dann durfte Augustus
Säkularspiele feiern, um durch diese heilige Handlung das eiserne
Zeitalter der Bürgerkriege abzuschließen und die goldene Zeit des
Friedens und des Gesetzes zu eröffnen. Das Glück war während
der Bürgerkriege von den Römern gewichen, aber mit der Heim-
kehr des Kaisers aus dem Orient kehrt es nach Rom zurück, und der
Senat feiert dieses Glück durch einen Altar der Fortuna Redux.
Auch als Augustus im Jahre 1 3 v. Chr. aus Gallien und Spanien
heimkehrte, 3 bewegten sich die Vorschläge, die im Senate zu
seinen Ehren gemacht wurden, wieder genau in dem alten Gleise.
Wiederum war es ein
Altar,
der das Andenken an die Heimkehr des Herrschers verewigen sollte.
Da der Kaiser von Norden kam, so konnte er nur auf der Via
Flaminia seinen Einzug halten, und da, wo diese Straße das Mars-
feld erreichte, das durch die Bauten des Augustus und Agrippa zu
einem der prächtigsten Stadtteile Roms geworden war, dort hatte
der Senat* einen einfachen Altar errichtet, dem Kaiserfrieden ge-
weiht; dort sollte die Bevölkerung der Hauptstadt im Festkleide,
den Lorbeerkranz auf dem Haupt, den Friedensfürsten empfangen,
und durch ein feierliches Opfer den Göttern für ihre Gnade danken;
und es tut nichts zur Sache, daß dieser Teil des Festprogramms
nicht ausgeführt werden konnte, da Augustus, stets ein Feind solcher
öffentlichen Empfänge früher, als er angekündigt hatte, eintraf, und
nur ein kleiner Teil der Festlichkeiten zur Ausfuhrung kommen
konnte.
Martial schildert aus späterer Zeit* einen ähnlichen Empfang
des regierenden Kaisers:
Hier begrüßte den Herrscher, das Haar umwunden mit Lorbeer
Und im weißen Gewand, Roma mit Hand und mit Mund.
Jetzt noch bezeugt ein Geschenk des Ortes hohe Bedeutung.
Der Senat blieb seinem ursprünglichen Programme treu und
befahl die künstlerische Ausführung jenes Altars, welcher nach
* Martial epigr. VIII. 65, 5.
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8 Geschichte der Entdeckung
4 Jahren vollendet und am 30. Januar des Jahres 9 v. Chr. ein-
geweiht wutde. Augustus gedenkt dieser Ehren im Monumentum
Ancyranum^ und fiigt hinzu, daß nach der Bestimmung des Senates
die höchsten Beamten, Priester und Vestalinnen vor diesem Altar
in jedem Jahre ein feierliches Opfer darzubringen hätten. Das ist
denn auch geschehen; die Protokolle der Arvalbrüder erwähnen ein
Opfer vor der Ära Pacis Augustae noch ungefähr ein halbes Jahr-
hundert später; auch auf den Münzen des Nero und Domitian er-
scheint noch gelegentlich der Altar des Kaiserfriedens,* aber später
wird er nicht mehr erwähnt.
Verschwunden und zerstört ist die Anlage sicher nicht, denn
sie existiert heute noch wenigstens teilweise an der Stelle, wo der
Senat sie errichten ließ. Zu dieser Erkenntnis sind wir allerdings
erst langsam durchgedrungen.
Nahe am Corso, der ungefähr der alten Via Flaminia entspricht,
beim Palazzo Piano, s sind fünf schöne Figuren-Reliefs vor dem Jahre
1530 gefunden,^ die zunächst von dem Kardinal Andrea della Valle,
dann von den Medici erworben wurden und sich heute in der Villa
Medici in Rom befinden. Bald darauf 1569 verschaffte der Kardinal
Ricci dem Großherzog von Toskana neun weitere Blöcke', die zum
Teil für den Transport nach Florenz zersägt wurden; 7 zwei sind
nach Florenz geschafft; aber der Rest kam ebenfalls nach der Villa
Medici. Nur geringe Reste blieben am Fundorte dem Palaste
Ottobuoni-Fiano. Als man dann im Jahre 1859 die Fundamente
dieses Palastes verstärken wollte, stieß man wieder auf die Reste
dieses gewaltigen Denkmals; aber die Funde blieben an Ort und
Stelle, bis sie im Jahre 1898 von der italienischen Regierung er-
worben und dem Thermen -Museum in Rom einverleibt wurden.
Denn es war allmählich klar geworden, um was es sich bei diesen
Ausgrabungen auf dem Corso eigentlich handelte.
Während man früher die Reliefs nur im allgemeinen der besten
römischen Zeit zuweisen wollte, hatte Prof. v. Duhn den glücklichen
Gedanken, daß wir hier wirklich Reste der berühmten Ära Pacis
vor uns haben; er ging von den letzten Funden bei Palazzo Fiano
aus, in dessen Nähe der Altar gestanden haben mußte, und zog
* s. das Titelblatt.
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Geschichte der Entdeckung g
nun zunächst die nach Florenz verschleppten Reliefs heran;* und
sein Gedanke bewährte sich vollständig; er ist der Entdecker der
Ära Pacis Augustae.
Eine Rekonstruktion verdanken wir Eug. Petersen, der in Ve^
bindung mit einem Architekten sich zweimal dieser schwierigen Au^
gäbe unterzog:^ zuerst in den Mitteil. d. Rom. Inst. 1894, 172 und
dann in den Sonderheften des Ö. Arch. Inst, in Wien 2. 1902 (mit
8 Lichtdrucktafeln in besonderem Bande). Zunächst stellte er das
weitverstreute Material, das hierher gehört, vollständig zusammen
(und sogar mehr als das); als er dann aber den Altar wieder auf-
bauen wollte, machten die zweiseitig verzierten Blöcke Schwierigkeit
und brachten ihn bald auf den richtigen Gedanken, daß diese zwei-
seitigen Reliefs nicht zum Altar selbst gehörten, sondern zu den
Marmorschranken, welche den Altar von der Außenwelt trennten.
Es blieben aber noch manche Fragen unentschieden; um sie zu
lösen, entschloß man sich, endlich in Rom zu systematischen Aus-
grabungen im Jahre 1903, die aber, da man den Palazzo Fiano
nicht einreißen konnte, mit bedeutenden Schwierigkeiten verbunden
waren. Die Fundstätte (ca. 27 m vom Corso) ist beinahe 6 m unter
dem modernen Niveau, und nur in Schächten, wie in einem Berg-
werk, konnte man dahin vordringen.
Der Anfang war auch vielversprechend; aber bald erlahmte der
Eifer der Italiener und namentlich die Geldmittel versiegten. Die
Arbeiten kamen ins Stocken und sind bis zum heutigen Tage noch
nicht wieder aufgenommen. 9
Auf der Hamburger Philologen- Versammlung im Oktober 1905**
hat Eug. Petersen Bericht erstattet über diese Grabungen und über
den heutigen Stand der Frage.
Die rein topographische Frage,*® wo der Spaten einzusetzen
habe, war ja eigentlich schon gelöst durch die Funde, die man im
Jahre 1859 an der Südseite des Palazzo Fiano gemacht hatte. Aber
während Petersen früher eine quadratische Anlage angenommen
hatte, konnte man nun feststellen, daß der Grundriß rechteckig ist:
die Langseiten (O.W.) haben außen eine Ausdehnung von iiV2> ^^^
* s. Annali del Institute 1881, 302; 1885, 320 Monumenti XI. Taf. 34.
** s. Jahreshefte d. ö. Arch. Inst. 9. 1906, 298.
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10
Ausgrabungen 1903
Kurzseiten (N. S.) von lo^/^ m, und dementsprechend im Innern von
9,30 und 8,30 m, die Höhe der Schranken beträgt 6,30 m; das ist
natürlich für die Anordnung der Reliefs von Wichtigkeit.
^ Früher hatte Petersen nur eine Tür angenommen und dem
Eingang gegenüber eine Statue des Friedens aufgestellt; die Aus-
grabungen haben gezeigt, daß dem Eingang gegenüber an Stelle
der Statue noch eine zweite Tür vorhanden war: im O. ebenso wie
im W. und beide sind ungefähr um i m breiter, als früher voraus-
gesetzt wurde. Nur zur westlichen Tür führte eine Treppe von
fünf Stufen; nur von dieser Seite konnte man den Altarraum be-
treten. Beide Eingänge waren ohne feste Türen * und konnten nur
durch Gitter, die von beiden Enden gegen die Mitte geschoben
wurden, geschlossen werden."
Togafiguren
N
Iw
V 3
Togafiguren
Von den Marmorschranken fand man auch bei den neuesten
Ausgrabungen wieder bedeutende Fragmente, meistens Ara-
besken , aber auch schöne Stücke mit sechs Figuren. " Doch
von der Hauptsache, dem eigentlichen Altar,** kam so gut wie
nichts zutage, außer den Stufen des Tuffkerns,*3 und auch
dieses Wenige ist noch nicht publiziert; über seine künstlerische
Ausführung läßt sich also nichts Bestimmtes sagen. Jedenfalls war
er sehr einfach gehalten. Um den vor dem Altar Opfernden nicht
zu zerstreuen, der ganz bei der heiligen Handlung sein sollte, durften
im Innern figurenreiche Reliefs überhaupt nicht angebracht werden.
* Petersen, Jahreshefte d. ö. Arch. Inst. 9. 1906, 306.
** s. Jahreshefte 9. 1906, 309 A.
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Marmorschranken. Außenseite I x
Dennoch scheint bildlicher Schmuck, außer den architektonischen
Gliedern und Linien, beim Altar nicht ganz gefehlt zu haben. In
einem numismatischen Anhang* gibt Petersen Münzen mit der Dar-
stellung der Ära Pacis aus der Zeit des Nero und Domitian; sie
zeigen die fast quadratische Vorderfläche durch zwei vertikale Streifen
in drei Abteilungen geteilt; im Mittelfeld erkennt man nur einen
durchlaufenden erhöhten Stab; rechts und links zwei thronende Ge-
stalten (Roma und Pax oder Securitas), darunter zwei Lorbeer(?)-
sträucher. Diese Darstellung möchte ich nicht mit Petersen auf die
Marmorschranken, sondern auf den Altar selbst beziehen.'^
Die Marmorschranken
Auch die für den Opfernden sichtbare Innenseite der Mar-
morschranken war einfach, aber doch etwas reicher geschmückt;
sie war der Länge nach in zwei Teile geteilt, die untere Hälfte be-
stand abwechselnd aus erhöhten und vertieften Streifen (Balken). Im
oberen Teile erinnern zunächst die Stierschädel mit flatternden
Bändern und schönen üppigen Fruchtschnüren an den Opferplatz;
zwischen zwei Bukranien sieht man jedesmal eine verzierte Opferschale.
Für die Außenseite der Marmorschranken fielen die religiösen
Rücksichten weg, die den Künstler im Innern hinderten. Wie die
Innenseite so ist auch die Außenseite in horizontale Streifen, in eine
untere und eine obere Hälfte zerlegt, 's die durch ein breites
Mäanderband getrennt sind. Der untere Teil der Außenwand
wird ausgefüllt durch ein zierliches Rankengewinde, verbunden mit
Akanthus- und Lorbeerblättern; sie sind belebt durch kleine Vögel,
Schmetterlinge, Eidechsen und Schlangen und in der Mitte gekrönt
durch große aufliegende Schwäne.*^
Den ganzen Reichtum des figürlichen Schmuckes konzentriert
der Künstler auf den oberen Streifen der Außenwände. Die Schmal-
seiten im S. und N. sind erfüllt durch zusammenhängende Gruppen
von lorbeerbekränzten Togafiguren, die meistens nach W. — wenn
auch nicht wandern — so doch schauen. Auf diese beiden figuren-
reichen Friese kommen wir gleich noch zurück.
* Sonderschr. d. ö. Arch. Inst. 2. 195, Fig. 60; Kubitschek, Jahreshefte d.
Ö. Arch. Inst. 5. 153, s. das Titelblatt.
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12 Langseiten W.O. W.: S.P.Q.R.
Die beiden
Langseiten
im W. und im O. sind in der Mitte durch breite Türöffnungen
unterbrochen; statt der beiden Wände haben wir vier Pfeiler. Hier
ist also der obere Fries auf vier rechteckige Felder neben der Tür
beschränkt: zwei im O. und zwei im W.; die durch vier Einzel-
gruppen ausgefüllt sind, die ebenfalls die Heimkehr des Kaisers
verherrlichen sollen, aber schon durch ihre Komposition und Aus-
führung sich deutlich abheben von den Szenen der Togafiguren der
Schmalwände.
Wenn der Kaiser bei der Heimkehr die fünf Stufen des Haupt-
einganges hinaufstieg, so sollte er zu seiner Rechten *7 den sehen,
der das ganze Denkmal gestiftet hatte.
S. P. Q. if.
Durch die Ausgrabungen vom Jahre 1903 hat das längst be-
kannte Sauopfer mit dem Penatentempel im Hintergrund (s. oben Taf I)
ein wesentlich anderes Aussehen bekommen. Man fand nämlich
einen Marmorblock (Taf II) mit dem anschließenden Teil des Reliefs,
der jetzt im Lichthof des Museo delle Terme aufbewahrt wird. Man
erblickt darauf eine ehrwürdige Gestalt mit langem Bart und Nacken-
schleier etwas vorn übergebeugt, und hinter ihm eine zweite ent-
sprechende Gestalt, zum großen Teile zerstört; man sieht nur das
Gewand an der rechten Schulter und die rechte Hand, die ein langes
Szepter hält. Beide stehen vor einem Felsenaltar, der von einem
Eichbaum beschattet wird; auf der anderen Seite anschließend die
schon früher bekannten beiden Opferdiener an mit dem Opfertier
und dem kleinen Tempel der Penaten. Die beiden neugefundenen
Idealfiguren hat man gleich anfangs als Darstellung des Senatus
Populusque Romanus ^^ aufgefaßt, weil Senat und Volk den Friedens-
altar gestiftet haben, durch den die Rückkehr des Kaisers geehrt
werden sollte.
Sieveking (Jahreshefle d. Ö. Arch.Inst. 10. 1907, 186 — 87) nimmt
Anstoß an dieser Erklärung und nennt die Figur zunächst neben
dem Altar vielmehr Aeneas. „Die Erinnerung an dieses Opfer [des
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W.: S.P.Q.R. 13
Aeneas], in den Bildschmuck der Ära Pacis aufzunehmen, war ein
trefflicher Gedanke, um so mehr, als damit eine Ehrung für Augustus,
den Nachkommen des Aeneas, verbunden war/^
Der Unterschied beider Auffassungen scheint mir nicht so groß
zu sein, als man auf den ersten Blick glauben möchte. Auf der
einen Seite der mythische Stammvater, auf der anderen Seite die
Personifikation des römischen Volkes ;*9 beides wäre angemessen.
Durch eine Darstellung des Aeneas konnte Augustus sich geehrt
fühlen, aber wir würden dann nicht erfahren, wer das Denkmal ge-
stiftet hat; dem Sinne der Auftraggeber scheint es mir mehr an-
gemessen zu sein, daß der Senat bei dieser Gelegenheit auch sich
selbst nicht vergessen habe. Femer habe ich noch ein anderes Be-
denken gegen die neue Erklärung. Der Senat könnte allerdings
dem Aeneas den Platz räumen, aber für den Repräsentanten des
Volkes hätten wir dann keinen Namen und keine Erklärung. Beide
Figuren scheinen von gleichem Range zu sein, wenn auch der Senat
beim Opfer den Vortritt hat. Aber von einem Freunde oder Ge-
fährten, der dem Aeneas koordiniert gewesen wäre, weiß die Sage
nichts zu berichten. Mir scheint deshalb die alte Auffassung, welche
das neugefundene Relief auf den Senat und das Volk bezieht, immer
noch den Vorzug zu verdienen.
Der Tempel im Hintergrund mit den beiden thronenden Statuen
der Penaten soll durchaus nicht andeuten, daß diesen Göttern das
Opfer des Senates dargebracht wäre, sondern soll vielmehr die
Lokalität im allgemeinen andeuten. =° Rom wird bezeichnet durch
die römischen Penaten. Auch der ruminalische Feigenbaum, der
an anderer Stelle dieser Reliefs mit dem Lupercal deutlich hervor-
tritt, weist auf das älteste Rom.
Die Prachtbauten des neuen kaiserlichen Roms brauchten auf
der Ära Pacis nicht angedeutet zu werden, denn der heimkehrende
Kaiser sah sie vor sich. Deshalb darf man auch kaum mit Petersen
annehmen, daß ein Säulengang ^^ des Altars selbst auf diesem Relief
dargestellt wäre; das war, wie gesagt, nicht nötig. Der Gedanke,
den der Senat ausdrücken wollte, ist deutlich genug: Du warst
lange in der Fremde, jetzt aber begrüßen Dich wieder die Penaten
des ältesten Roms und die Prachtbauten des Marsfeldes: Du bist
wieder zu Hause.
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14
W.: Drei Elemente
Drei Elemente
Wenn wir rechts vom Haupteingang den Senat sehen, wie er
ein Opfer vorbereitet, so wird man auf der anderen Seite die Göttin
zu finden erwarten, der das Opfer dargebracht werden soll, also
eine Darstellung der Pax, die zugleich mit dem Augustus ge-
ehrt werden soll. Früher lag die Sache anders; früher nahm man
mit Petersen an, daß eine Statue dieser Gottheit im Inneren des
Hofes neben dem eigentlichen Altar gestanden habe. Ich muß ge-
stehen, daß ich diese Annahme nur ungern aufgebe, denn Petersens
Hypothese scheint mir eigentlich dem Wirklichen vorzuziehen. Die
geschlossene Komposition seines quadratischen Grundrisses scheint
mir besser, als die des Rechteckes von zwei gleichen Teilen, die
nur durch ein Gesims über der Tür verbunden sind. Namentlich
aber hatten wir früher Platz für die Statue der Hauptperson, der
nun fehlt. Der Künstler, der so viele unbedeutende Personen aus
dem Volke mit ihren Weibern und Kindern darstellte, scheint die
Hauptperson,* die Göttin des Friedens, vergessen zu haben. Und
doch ist nach den letzten Ausgrabungen die Hypothese von Petersen
aufgegeben und wird selbst von ihrem Urheber nicht mehr ver-
teidigt. Jetzt sucht man natürlich die Pax unter den Figuren des Reliefs,
allein vergebens. „Warum aber nun Tellus nicht Pax am Ziele des
doppelten Festzuges, den wir doch der Pax geltend denken müssen?"
fragt Petersen^ 304. Selbst eine Inschrift vielleicht auf der Front
des Altars, von der übrigens keine Spur gefunden ist, würde diesem
Mangel nicht abhelfen. Also wo bleibt die Hauptfigur,^* die wich-
tiger ist als alle anderen Figuren zusammengenommen? In der
Tat sehen wir jenseits der Tür eine volle matronale Gestalt, die
auf einem Felsen** thront. Beide Hände halten zwei Putten; der
eine auf ihrem linken Knie reicht ihr eine der Früchte, die auf ihrem
Schöße ausgeschüttet sind, der andere zu ihrer Rechten greift
Nahrung suchend hinauf nach ihrer Brust. Im Hintergrunde oben
sieht man blühende Blumen, namentlich Mohn und Ähren; im
Vordergrund weiden oder ruhen die Tiere des Feldes. *3
* Klein, Gesch. d. gr. Kunst 3. 372—73.
** Bei Petersen, Sonderhefte 2. 1902, Taf. III, Nr. 10.
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W.: Drei Elemente IC
Diese Gestalt pflegt man gewöhnlich als Mutter der Erde
(Tellus) zu bezeichnen; allein man könnte sie vielleicht als Friedens-
göttin auffassen. Wenn wir sie mit der Eirene des Kephisodot ver-
gleichen, so springt die Verwandtschaft des Gedankens in die Augen;
die eine sitzt, die andere steht; die eine kost mit einem, die andere
mit zwei Putten; das ist kein Unterschied von Bedeutung. Wenn
also bloß die Mittelgruppe erhalten wäre, so würde ich kein Be-
denken tragen, in ihr die Pax zu erkennen, die wir für die ganze
Komposition so notwendig brauchen.
Wunderbarerweise existiert dieselbe Gruppe noch einmal in
einem afrikanischen Relief,'^» das heute im Louvre aufbewahrt
wird; aber die Übereinstimmung ist so groß, daß wir für die Er-
klärung der römisch (-florentinischen) Gruppe nichts daraus lernen
können.
Auf beiden Reliefs von Rom und Karthago ist die Mittelgruppe
der Frau mit den beiden Putten von zwei Nebengruppen rechts
und links umgeben; das römische Relief ist besser erhalten und
zeigt links über einer umgestürzten Quellurne und Wasserpflanzen
einen auffliegenden Schwan, der ein nach rechts blickendes Mädchen
emporträgt, das mit der Linken sich auf den gebogenen Hals des
Schwanes stützt, während die Rechte das halbmondförmig über ihr
aufgebauschte Gewand ergreift. 's
Dasselbe Gewandmotiv wiederholt sich bei der anderen Neben-
gruppe rechts; hier ist es ein Jüngling mit entblößtem Oberkörper,
der auf einem Meerungetüm sitzt; zu seinen Füßen sind Wellen
angedeutet, auf dem Relief von Karthago sogar ein Delphinkopf. »^
Petersen* hat in diesen beiden Nebengestalten zwei Aurae veli-
ficantes (Plin. n. h. 36, 29) erkennen wollen; das ist natürlich nur
eine Nottaufe, die höchstens bei dem Mädchen auf dem Schwan
richtig sein könnte. Als Luft war diese Figur auch schon in einem
Briefe des Kardinals Ricci (s. Petersen a.a.O. S. 52) benannt worden,
während die anderen beiden Figuren als Erde und Wasser erklärt
wurden. Ob diese Erklärung des Kardinals die richtige ist, läßt
sich mit Bestimmtheit nicht sagen; aber wenn wir einmal auf eine
Darstellung der Friedensgöttin verzichten müssen, so erhalten wir
* Sonderhefte 2. 52 — 53.
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l5 O. : Stieropfer mit neuen Funden
dafür wenigstens einen verwandten Gedanken: die Segnungen des
Friedens dargestellt mit Beziehung auf die drei Elemente. Das be-
friedete Land und das befriedete Meer ist natürlich jedem sofort
verständlich und einleuchtend; nur das könnte zweifelhaft sein, was
man sich denn eigentlich unter dem befriedeten Himmel vorzustellen
habe. Aber der Himmel ist doch nur ein Abbild der Erde. Der
blutige Kampf, welcher der Menschen Städte verwüstet, wird doch
geschürt von der Göttin der Zwietracht; als der Bürgerkrieg bevor-
stand, jammerte der Dichter*:
So oft leuchteten nie grauenvolle Kometen.
Also auch im Himmel gibt es Kriegs- und Friedenszeiten;
auch dort ist ebenso wie auf der Erde die Zeit des Kampfes
und des Zwistes glücklich beendet. Wenn das richtig ist, so könnten
wir auf eine Darstellung der Friedensgöttin selbst verzichten. Wie
das Auge des Sterblichen sich geblendet wegwendet von der strah-
lenden Sonne und lieber bei den Gegenständen weilt, die von ihr
beschienen werden, so gab es auch für den frommen Römer viele
Götter, die er sich nicht, wie die Gestalten des griechischen Olymps,
verkörperte ^^% sondern die er unkörperlich als einen Begriff* in ihren
Wirkungen verehrte. Vielleicht trugen die römischen Priester Be-
denken, die griechische Personifikation des Friedens** herüber-
zunehmen, und begnügten sich also statt der Göttin ihr segens-
reiches Walten zur Darstellung zu bringen.
Das also waren die beiden Reliefs rechts und links vom Haupt-
eingang nach der Annahme von Jos. Durm,*** dem ich mich für die
Anordnung der westlichen Türbilder anschließe. Die entsprechenden
Tür-Reliefs im Osten ''7 zeigen zwei
Stieropfer, t
auf die wir später noch (S. 2 5) zurückkommen. Petersen verbindet damit
ein neuerdings gefundenes Fragment ^^: „Es stellt die ficus ruminalis
* Verg. Georg, i. 488.
** s. die Münzen des Augustus bei Petersen, Sonderhefte 2. 129, Fig. 40 — 42,
wo bei Nr, 41 die Personifikation fehlt; der Revers hat nur Heroldstab mit zwei ver-
schlungenen Händen und Füllhörnern, darunter: Pax.
*** s. Dissel, Der Opferzug der Ära Pacis Augustae. Hamburg 1907. Taf. I.
t Bei Petersen Taf. VH.
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O.: Stieropfer mit neuen Funden I7
dar, die am knorrigen Wuchs, aufsitzendem großen Vogel und
umgeschlungenen Binden aufgehängter Weihgeschenke erkannt wird
— — daneben Idealfigur (Faunus?),* hinter dem Baume
müssen wir das Erzbild der lupa mit den Zwillingen voraus-
setzen und neben diesem Bilde als leibhaftig, wie Faunus, die Göttin
Roma, die ja auf den Münzbildern der Ära Pacis kenntlich ist^^
Wenn der Raum dazu ausreicht — was nur von den Originalen
zu entscheiden ist — dann gewinnen wir vielleicht auch die Mög-
lichkeit, ein neugefundenes Fragment einzuordnen. Es sind Reste
einer sitzenden langbekleideten weiblichen Figur, »9 die Pasqui aus-
drücklich als ein Gegenstück zu der sogenannten Tellus bezeichnet,
die also sicher nicht mit zu den Figuren des S.- und N.- Frieses
gehört haben kann. Es sind Reste des Mantels wahrscheinlich der
Roma, die wir uns neben den Zwillingen auf dieser Platte zu denken
haben. Sonst würde ich mir diese Roma am liebsten neben dem
Senatus Populusque Romanus denken. Dissel a. a. O. S. 1 5 prote-
stiert gegen diese Verbindung; aus diesen wenigen Falten eines
weiblichen Mantels rekonstruiert er nicht nur eine Göttin, sondern
eine Gruppe, welche die ganze Platte an der Tür ausfüllte; es „dürfte
eine dem Tellus -Relief in der Hauptsache entsprechende Gruppe
vorauszusetzen sein^^
Das könnte also die oben vermißte Gruppe der Pax sein. So
verlockend es also auch für uns wäre, eine ganze Gruppe zur Ver-
herrlichung der Pax anzunehmen, so wird man doch diesen Vor-
schlag ablehnen müssen, weil fiir eine ganz neue Gruppe neben
den breiten Türen kein Platz mehr vorhanden ist.
Wir haben also zwei Gruppen für den W. und zwei für den O.,
die beiden Stieropfer, die schon wegen der Breite sich zu einer Platte
nicht vereinigen lassen. „Das zweite Stier -Relief der Villa Medici
(A. P. Taf. VII rechts), das man als zum Friese der Ära Pacis ge-
hörend ansieht, ohne daß dies durch bestimmte Fundtatsachen sicher-
gestellt wäre, müßte demnach ganz ausscheiden, da es schwerlich
anderswo unterzubringen ist/^ ** Das ist nun freilich ein unmöglicher
Ausweg; beide Stier-Reliefs*** gehören aufs engste zusammen; mögen
* Petersen' Jahreshefte 9. 1906, 305.
** Dissel a.a.O. S. 17 A.
*** Bei Petersen, Sonderhefte 2. 112 und 116.
Gardthausen, Altar des Kaiserfriedens
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l8 Querwände N.S.
nun die antiken Pfeiler und Kapitelle zu den Reliefs gehören oder
nicht. Entweder man muß beide verwerfen oder beide anerkennen.
Das hat Petersen bereits mit vollem Rechte betont, er sagt von den
beiden Reliefs: „Sie von der Ära Pacis zu scheiden ist weniger
mißlich, als sie voneinander zu trennen/^* und sein Gegner,
Sieveking, stimmt darin vollständig mit ihm überein, nur daß er
die entgegengesetzte Schlußfolgerung daraus zieht; er scheut sich
nicht, beide Reliefs mit Stieropfer einem anderen Monument zu-
zuweisen; für die Ära Pacis bleibt also nur das Sauopfer:
„Die fünf Valle-Medici- Reliefs gehören nach meiner Ansicht zu
einem Denkmal, das den divus Augustus verherrlichte, wie die
Ära Pacis den lebenden Kaiser/^** Aber das sind Fragen, die erst
bei einer letzten und definitiven Rekonstruktion ihre Erledigung
finden werden; wenn entweder die Ausgrabungen vollständig be-
endigt sind oder die Gewißheit vorhanden ist, daß neue Funde nicht
mehr zu erwarten sind, welche die Anordnung der alten beeinflussen
könnten.
Wir kommen nun zum Fries der
Nord- und Südseite,
der sich äußerlich durch eine gedrängte Komposition meistens mit
zwei Niveaus übereinander von der mehr breiten Anordnung der
Tür-Reliefs unterscheidet.*** Es sind augenscheinlich Volksszenen,
Männer, Weiber, Kinder; um den Friedensfürsten zu empfangen,
haben sie alle die feierliche Toga 3° angelegt:
En Romanos rerum dominos, gentemque togatum, t
und wieviel Wert darauf Augustus legte, zeigt die Erzählung bei
Sueton Aug. 40, der höhnend diesen Vers zitierte, wenn römische
Bürger in anderem Aufzuge vor ihm erschien. 3* Ebenso war es
auch bekanntlich Vorschrift, daß bestimmte Opfer laureatis omnibus
dargebracht wurden.
* Petersen, Berl. Phil. "Wochenschr. 1907, 965.
** Sieveking, Jahreshefte ö. Inst. 10. 1907, 190.
*** Petersen, II fregio deU' Ära Pac, Mitt. Rom. Inst. 1895, 138.
f Vergil, Aeneis i. 286.
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Prozession? jg
Während ich nur wenig bewegte, erwartungsvolle, ruhig da-
stehende Volksgruppen erblicke, redet man gewöhnlich von einer
Opferprozession
und Petersen (Sonderhefte 2. 105) meint: „Um alle zusammen
nicht als in feierlicher Prozession einhergehend zu erkennen, muß
man die Augen schließen/^ Dann muß z. B. auch v. Domaszewski
die Augen geschlossen haben,* der davon redet, daß der Opferzug
an der Stelle, der [rc. die] für die Ära Pacis bestimmt war, zum
Stehen kommt, und S. 62 daß „der ganze Zug an der Opferstätte
zum Halten gekommen war^^**
Bei einer Prozession geht und sieht alles nach einer Richtung;
ein Opferzug braucht nicht wie ein deutsches Regiment zu mar-
schieren, aber die Haltung des Gesichtes, des Körpers und der
Füße muß doch bei allen Teilnehmern der Prozession im wesent-
lichen die gleiche sein. Auf unseren Reliefs dagegen ist die Un-
gleichmäßigkeit eine viel zu große.*** Namentlich die Stellung der
Füße paßt durchaus nicht für eine Prozession, die meisten sind
allerdings geradeaus gerichtet, andere dagegen zu diesen in einem
rechten Winkel, wie z. B. VI. 28. 29. 33. 35; beim ersten Schritt
in dieser durchaus verschiedenen Richtung würden Ordnung und
Linien im Zuge gestört sein.
Gegen eine Opferprozession habe ich besonders das einzu-
wenden, daß Kinder nicht dahin gehören; die jüngsten von ihnen
schätze ich auf ungefähr drei Jahre, denen ich einen Marsch von
dem Augustusforum und den Carinen nach der Velia und dann
quer über das ganze Marsfeld nach der Ära Pacis nicht zumuten
möchte.
* Jahreshefte d. ö. Arch. Inst 6. 1903, 61. «
** Dissel a. a. O. S. 5 , der seiner Larenhypothese wegen die Annahme einer
Prozession nicht entbehren kann, versucht einen Mittelweg und nimmt an, daß der
Opferzug vom zum Stehen gekommen ist.
*** Nach meiner Zählung sind nach rechts oder links gewendet resp. en face:
Taf.IV -< 8;
„ V 5;
„ VI 21;
4; I >- 16 Personen
I 8 „
7; i 8 „
Dabei ist doch ein einheitliches Vorwärtsschreiten ausgeschlossen.
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20 Prozession ?
Man erkennt also deutlich die Absicht des Künstlers, wartende
Volksgruppen darzustellen, innerhalb derer etwas Bewegung, schon um
Einförmigkeit zu vermeiden, wünschenswert ist Wenn der Künstler
wirklich eine Prozession schreitender Paare hätte darstellen wollen,
so hätte er auch für Zwischenräume sorgen müssen, damit sie aus-
schreiten konnten. Hauptsächlich die malerische Anordnung in zwei
Niveau's in Vorder- und Hintergrund scheint mir zu der falschen
Auffassung Anlaß gegeben zu haben, als ob der Bildhauer seine
Figuren paarweise habe anordnen wollen. Einzelne Figuren be-
wegen sich, aber die große Masse wartet oder unterhält sich. Auf
etwas anderes kommt es mir natürlich gar nicht an: augenblicklich
stehen die meisten Figuren. Wie sie dahin gekommen sind, ist eine
andere Frage; sicherlich sind sie gegangen, wenn auch nicht in
Prozession.
Woher stammt überhaupt die Idee eines Festzuges zu ver-
schiedenen Heiligtümern der Stadt? Unsere schriftliche Überlieferung
weiß nichts davon. 3« Die Reliefs sprechen meines Erachtens deut-
lich dafür, daß die Gruppen halten und nicht umherziehen.
Selbst Petersen gibt dies für einzelne Gruppen zu (Sonder-
hefte 2. 98), wenn er von der Anordnung der Liktoren (Taf. XVIII a)
redet, die „so nebeneinander schreiten, daß sie gar nicht hinter-
einander gedacht werden können ^^. Sonst aber hält er an der
Prozession fest und leugnet nur eine Prozession zum Larentempel.
Er fragt, ob jemand finden wird, daß damit befriedigend erklärt. sei,
weshalb am Friedensaltar nach Dissels Auffassung statt der Friedens-
feier vielmehr eine Larenfeier dargestellt sei?* Aber in derselben
Weise wird man auch gegen Petersens Annahme einwenden, daß
auch eine Prozession zum Tempel des Tellus, des Marstempels usw.
mit dem Friedensfest nichts zu tun habe. Faktisch vollzogen hat
sich eine derartige Prozession sicher nicht, ebensowenig wie das
Opfer an der Ära Pacis wirklich vollzogen wurde. Die unerwartet
frühe Ankunft des Kaisers erlaubte weder das eine noch das andere.
Selbst wenn eine Prozession zum Tempel der Terramater usw. be-
absichtigt gewesen wäre, so ist sie nicht vollzogen und brauchte
also in die künstlerische Chronik des Festes nicht aufgenommen zu
Petersen, Berl. Phil. Wochenschr. 1907, 967.
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Die Laren 21
werden. Deshalb hat der Künstler auch bei der Ära Pacis nicht
das Opfer selbst, sondern nur Vorbereitungen zum Opfer zur Dar-
stellung gebracht. Am allerwenigsten aber kann man sagen, daß
eine solche Prozession durch die Grundidee des Festes fEmpfang
des Kaisers) bedingt wäre; ein innerer Gedankenzusammenhang
zwischen dem Fest und einer vorhergehenden Prozession existiert
nicht; sie brauchte also, da sie sich gar nicht vollzogen hat, auch
nicht dargestellt werden, zumal da dadurch die Einheit des Ortes
und der Zeit gefährdet wurde, die nur bei meiner Auffassung der
Situation gewahrt bleibt.
Petersen besteht aber deshalb besonders auf dem Opferzuge,
weil er, um den Platz auszufüllen, zwei Tempelfassaden anderen
Ursprunges, den Tempel der Mater Magna und den Tempel des
Mars Ultor (Taf. III, XIII u. VII) in die Komposition unseres Frieses
mit aufgenommen hatte; deshalb ließ er die Festprozession erst sich
nach dem Forum Augusti und nach dem Palatin bewegen. 33 Der
Tempel der Penaten mit den Vorbereitungen zum Sauopfer (s.o. Taf. I,
II) gehört wirklich zu den Reliefs der Ära Pacis Augustae, daher
mußte der „Opferzug" auch hier (nach Petersen) ein Opfer dar-
gebracht haben, ehe er sich seinem eigentlichen Ziele zuwandte.
Obwohl Petersen die beiden Tempelfassaden jetzt nicht mehr ver-
teidigt, hält er dennoch* an mehreren vorhergehenden Opfern fest
und meint, „daß beim Friedensfeste vor der Pax schon Tellus und
das Lupercal Verehrung und Opfer empfingen ^^ Zu dieser An-
nahme ist, wie ich meine, jetzt kein Grund mehr vorhanden. Die
beiden großen Fassaden scheiden aus und das kleine Tempelchen
der Penaten soll nur die Lokalität andeuten (s. oben), d. h. die
Heimat. Es ist nicht anzunehmen, daß die Festgesellschaft dort
vorher ein Opfer dargebracht habe.
Die Laren
Auch Dissel in dem schon erwähnten Hamburger Programm
vom Jahre 1907: Der Opferzug der Ära Pacis Augustae 34 erklärt
sich für die Annahme einer Prozession; nur soll sie nicht, wie
Petersen wollte, zum Tempel der Tellus und der Penaten usw.
* Jahreshefte 9. 1906, 314.
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22 I^e Laren
fuhren, sondern zum Heiligtum der Laren in summa sacra via.
Ein Knabe, der eine verstümmelte Statuette, die als Larenbild er-
klärt wird, trägt, ist vorhanden;* er sollte wahrscheinlich, wenn das
Opfer wirklich vollzogen werde, dekorativ neben dem Altar seinen
Platz finden. Dissel (S. 8) ist nun sofort bereit, noch eine zweite
Statuette vorauszusetzen, und in der Anwesenheit der Laren den
Schlüssel zum Verständnis der Situation zu finden und dem-
entsprechend erklärt er auch die Figuren bei Petersen Taf. VI, i — 5
als vicomagistri.35 Er trägt dadurch einen fremdartigen und, wie
ich glaube, falschen Gedanken hinein; für ihn wird diese Annahme
bestätigt durch den kleinen Tempel,** den Petersen sehr richtig als
Penatentempel bezeichnet. An der Vorderseite sieht man zwei
thronende Männer mit dem Szepter in der Linken, die Dissel für
Laren erklärt. Wenn nun auch Wissowa meint***: Der Typus
(d. Lares) zeigt große Ähnlichkeit mit dem der verwandten dei pe-
nates publici,+ so wird man doch in unserem Falle an Petersens
Erklärung festhalten, weil die beiden thronenden Männer von der
Statuette des Knaben (s. oben) durchaus verschieden sind, und man
ohne Not doch nicht zwei ganz verschiedene Typen derselben Gott-
heit in demselben Kunstwerk annehmen wird.
Der Kult der Laren ist in Italien uralt, sie standen in der Mitte
zwischen den Geistern und Göttern und sind höchstens als Halb-
götter zu bezeichnen. Es war ein populärer Kult des kleinen Mannes,
bei dem sogar Sklaven und Freigelassene funktionierten. Vor den
Altären der Laren pflegten die gewöhnlichen Bezirksvorsteher, aber
nicht der römische Senat, zu opfern, und noch weniger der Kaiser
selbst, der nach Dissels Annahme sich selbst ein Opfer hätte dar-
bringen müssen, wenn er den Laren opferte, denn sein Bild war
mit dem der Laren vereinigt.
Ebensowenig ist anzunehmen, daß der Senat vor der Ankunft
des Kaisers, diesen kaiserlichen Larenbildern seine Huldigung dar-
gebracht hätte, wenn er gleich darauf den heimkehrenden Kaiser
in Person begrüßen konnte.
* Bei Petersen, Sonderhefte 2. Taf. VI, Nr. 3 s. unten S. 34.
*♦ Bei Petersen, Sonderhefte 2. Taf. ni, Nr. VIII, s. oben Taf. I.
*** Roschers Lex. d. Myth. s. v. Lares 1872.
t Hermes 22. 3ifF.
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Das wartende Volk 23
Wenn aber dennoch eine Prozession zum Larentempel be-
schlossen war, so mochte das dort gefeiert und verewigt werden,
aber nicht in den Reliefs der Ära Pacis am Marsfelde, die mit den
Laren nichts zu tun hatte.
Der Kult der Laren hat allerdings einige Jahre später durch
die kaiserliche Reorganisation 3^ ein etwas vornehmeres Aussehen
bekommen,* was die Inschriften 37 durchaus bestätigen; sie sind zuletzt
gesammelt (vom Jahre 747/7 — 223 n. Chr.) im Bull. d. comm. arch.
d. Roma 1906, 201. Wenn Horaz in seinen Litteraturbriefen **
den Kult der Laren erwähnt, so sind das noch die Laren der Re-
publik, denen allerdings bereits damals, d.h. im Jahre 741/13 nach
Mommsen der Kult des Genius Augusti beigesellt ist.
Das müssen wir für die Zeit der Rückkehr des Augustus im
Jahre 1 3 v. Chr. im Auge behalten. Wenige Jahre später hätte eine
Anspielung auf die kaiserliche Reform des Larenkultus vielleicht
als eine Schmeichelei für den Augustus aufgefaßt werden können;
aber damals lag durchaus kein Grund vor, die Laren der alten
Zeit mit dem Altar des Kaiserfriedens in Verbindung zu bringen.
Wer die Theorie einer Prozession nach anderen Kultstätten
überhaupt aufgibt, kann auch an Dissels Festzug zu den Laren
nicht glauben.
Es ist vielmehr die Bevölkerung der Hauptstadt, die dem
Augustus bis an die Grenze des Marsfeldes entgegengeströmt ist,
und seine Ankunft mit Ungeduld erwartet. Martial, epigr. 8. 21
schildert später die Stimmung der hauptstädtischen Bevölkerung
in ähnlicher Lage vorm Anbruch des Tages:
Phosphore, redde diem: quid gaudia nostra moraris?
Caesare venture, Phosphore, redde diem.
Roma rogat. — —
lam, Caesar, vel nocte veni: Stent astra licebit,
Non deerit populo te veniente dies.
Die obenerwähnte Frage, ob das Volk steht und wartet, oder
ob es sich zum Altar bewegt, ist insofern von Bedeutung, als die
weitere Frage damit zusammenhängt, ob die Ankunft des Kaisers
bereits erfolgt ist oder nicht.
s. m. Augustus IL 515 A. 57 u. 517 A. 67.
s. Mommsen, Hermes 15. 103.
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24 VorbereituDg zum Opfer
Die ganze Situation ist doch in Kürze diese. Rom beschließt,
seinem Kaiser entgegenzuziehen und seine Heimkehr durch ein vom
Senat beschlossenes Opfer am Altar des Kaiserfriedens zu feiern.
In dem Augenblicke also, indem der Kaiser mit seinem Gefolge die
Grenze des Marsfeldes erreicht hat, muß das gelobte Opfer voll-
zogen werden.
Vorbereitung zum Opfer
Es leidet nun aber keinen Zweifel, daß das Opfer nach der
Darstellung unseres Reliefs noch nicht vollzogen ist. Darstellungen
offizieller Staatsopfer sind in der Kunst des kaiserlichen Roms bis
zum Überdruß häufig; denn jeder Kaiser wünschte so glücklich zu
sein, daß er den Göttern dafür zu danken hatte, und so fromm, daß
er dieser Pflicht wirklich genügte; daher die große Menge der Opfer-
darstellungen; wir kennen also die einzelnen Vorgänge eines öffent-
lichen Opfers sehr genau. In den meisten Fällen hat sich der
Künstler begnügt, die Vorbereitungen zum Opfer darzustellen, und
nicht den Moment gewählt, wo das Opfertier bereits sterbend am
Boden liegt; aber auch das kommt vor, z. B. bei dem Opfer des
Themistoki es,* wo wir zwischen dem Themistokles und dem flam-
menden Altar das Vorderteil eines Buckelochsen am Boden liegen
sehen. Auch bei den sehr zahlreichen Darstellungen des Tauro-
bolium liegt der Stier bereits sterbend am Boden und eine männ-
liche oder weibliche Flügelgestalt stößt ihm das Schwert in die
Weichen. Meistens aber hat der Künstler, um diesen häßlichen
Anblick zu vermeiden, den letzten Moment vor der Tötung des
Tieres gewählt, wo der Opferschlächter bereits mit gewaltiger Wucht
das Beil schwingt, das im nächsten Augenblick den niedergebogenen
Kopf des Opfertieres treffen wird; und ähnlich in einer anderen
Szene, 38 wo der Stier mit dem kauernden Opferknecht, der das Tier
niederbeugt, genau unserer Darstellung entspricht bei Petersen
a.a.O. Taf.Vn, XIX.
Auf den Reliefs der Ära Pacis wird an drei Stellen ein Opfer
vorbereitet. Zwei Stieropfer zeigen die Reliefs an der einen Tür
und ein Sauopfer an der anderen; im Friese der Querseiten über-
* Mitteil. d. Athen. Inst. 21. 1896, 22.
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Vorbereitung zum Opfer 25
haupt nicht Bei dem ersten Stieropfer* ist die Situation sofort
klar; das Opfer ist noch nicht vollzogen, denn der Stier wird erst
an seinen Platz geführt. Bei dem zweiten Stieropfer** steht der
Stier allerdings bereits an Ort und Stelle, ihm wird der Kopf von
dem knieenden Opferknecht herabgebogen, als ob der tödliche Hieb
jeden Augenblick erfolgen solle; allein er erfolgt nicht; die Figur
des zweiten Opferknechtes ist weggebrochen, aber man sieht noch
unten seine rechte Hand, welche dem Stier sein Opferbeil an die
Schnauze legt, um dem Kopf die richtige Stellung zu geben.***
Also auch hier nur Vorbereitungen zum Opfer; es ist eine Vor-
übung, die beiden Opferknechte wollen den Stier beschäftigen, da-
mit er ruhig bleibt und nicht ausbricht. Im Hintergrund sieht man
rechts drei Liktoren und Flötenbläser, die bei einem offiziellen
Staatsopfer ebensowenig fehlen durften wie die Opferschlächter.
Petersen dachte sich früher diese beiden Gruppen an der Spitze
seines Opferzuges, hat diesen Gedanken zum Teil aber mit Recht
aufgegeben. In der Tat besteht keine Verbindung der Stieropfer
mit den Togafiguren der anderen Seite. Sie sind überhaupt keine
Opfer im eigentlichen Sinne des Wortes, denn beiden fehlt die
Hauptperson, die in des Staates oder im eigenen Namen das Gebet
spricht und das Opfer den Göttern darbringt, während die beiden
Opferschlächter nur als ihr Werkzeug anzusehen sind. Darin be-
steht eben der Unterschied zwischen unserer Szene und der oben
herangezogenen Gruppe von Boscoreale, daß dort der vornehme
Mann mit dem Lorbeerkranz hinter dem Stiere sichtbar ist neben
der Fassade eines Tempels, und daß ein zweiter Opferknecht mit
dem Beile bereits ausholt zum tödlichen Schlage. Auf unserem Relief
sind die beiden Stieropfer, die ich nicht mit Sieveking ausscheiden
aber doch von den Volksgruppen der anstoßenden Nebenseite scharf
scheiden möchte, vielmehr typisch; sie sollen wie die Bukranien
nur im allgemeinen den Gedanken ausdrücken: hier ist die Stätte,
wo den Göttern geopfert wird. In gleicher Weise hatte Augustus
vor seinem berühmten Tempel des palatinischen Apollo einen Altar
errichtet, und an jeder Ecke des Altarplatzes sah man eine Nach-
* Petersen, Sonderhefte 2. Taf. VH links.
** s. Petersen a. a. O. rechts.
*** s. Petersen, Sonderhefte 2. Text S. 113.
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26 VorbereituDg zum Opfer
bildung der Kuh des Myron,39 als ob in jedem Augenblicke dem
Gotte ein Rind als Opfer zugeführt werden könnte.
Und vier Rinder umstanden den Altar, Werke des Myron,
Rinder, die treffliche Kunst bildete lebenerfüllt.*
Beide Stieropfer sind also nicht heranzuziehen, wenn es sich
darum handelt, den Moment zu bestimmen, der auf der Ära Pacis
' dargestellt werden soll.
Spezieller war die Opferung in der dritten Gruppe mit dem
vorliegenden Falle in Verbindung gebracht. An der gegenüber-
liegenden Tür sah man Vorbereitungen für das Sauopfer, das
der Senat der Friedensgöttin darzubringen hatte. Die neue
Platte mit dem römischen Senat und Volk, die bei Petersen noch
fehlt,** bildet mit dem Sauopfer unter dem Penatentempel eine
Einheit. Über dem felsigen mit Früchten und Guirlanden ge-
schmückten Altar hält die verschleierte Figur des Senates den
rechten Arm; der untere Teil mit der Hand ist leider weggebrochen;
von einer Opferschale oder einer Buchrolle mit dem Wortlaut des
Gebets *** ist keine Spur erhalten. Wahrscheinlich hielt diese Ideal-
figur nichts in der Hand. Die ruhige Haltung der beiden Opfer-
knechte und des Opfertieres an der anderen Seite des Altars zeigt,
daß das Opfer noch nicht begonnen hat. Der Flötenspieler, der
sehr häufig das Gebet zu begleiten hatte, "^ ist noch nicht zur Stelle.
Auch der Opferknabe mit dem geschlossenen Weihrauchkästchen, 'n-
aus dem der Opfernde bei der heiligen Handlung Weihrauch streut,
steht noch müßig in den Reihen der Zuschauer, während dieser
Diener bei den schon erwähnten Suovetaurilien des Constantins-
bogen mit seinem geöffneten Kästchen zur Linken dicht neben dem
Opfernden steht; auch bei dem feierlichen Opfer zur Einweihung
von Trajans neuer Donaubrücke steht der Knabe mit dem ge-
öffneten Kästchen zur Rechten des Opfernden, ein zweiter mit der
* s. m. August. I. 963; Overbeck, Plastik I.* 268.
** s. Taf. II; vgl. Dissel, Opferzug der Ära Pacis. Taf. III, und E. Strong,
Rom. sculpt., p.53; eine schöne Photographie dieser wirkungsvollen Szene verdanke ich
der Güte des Herrn Prof. Rizzo, des Direktors des Museums der Diocletians-Thermen.
*** Vgl. Birt, Buchrolle Fig. 42 : Relief am Constantinsbogen.
t s. m. August I. 924.
tf s. Petersen, Sonderhefte 2. Taf. IV, 24.
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Anwesenheit des Kaisers? 2/
Doppelflöte dahinter. Also auch bei der dritten Opferszene der
Ära Pacis dasselbe Resultat, nur Vorbereitung und Erwartung, aber
nicht das Opfer selbst. Namentlich aber zeigt die zwanglose Haltung
der Volksszenen, die sich unterhalten und bald hierhin bald dorthin
blicken, daß die heilige Handlung noch nicht begonnen hat, daß
der richtige Moment, d. h. die Ankunft des Kaisers noch nicht er-
folgt ist, und das stimmt mit dem wirklichen Verlauf der Be-
gebenheiten vollständig überein; bis zum wirklichen Opfer ist es
damals wegen der verfrühten Ankunft des Kaisers nicht gekommen.
Aber es waren bereits Vorbereitungen getroffen und der Senat
mußte sich also begnügen, der Erwartung und Spannung der Haupt-
stadt Ausdruck zu geben. Das, was der Künstler dargestellt hat,
entspricht also genau dem was wirklich geschehen ist.
Anwesenheit des Kaisers?
Der Kaiser war also in dem geschilderten Moment an der Ära
Pacis nicht gegenwärtig; denn worauf hätte man sonst noch zu
warten gehabt?
Man könnte nun vielleicht meinen, die vollzogene Heimkehr
sei mit der Situation doch zu vereinen, weil der Kaiser, nachdem er
das Marsfeld betreten, selbst das Opfer der Göttin dargebracht habe.
Allein zunächst sind die Figuren, die man Augustus nennt
(s. u. S. 35), durchaus nicht damit beschäftigt, ein Opfer darzubringen,
und außerdem hat Augustus es gar nicht zu vollziehen: der Senat
hatte beschlossen, die Rückkehr des Kaisers durch Errichtung einer
Ära Pacis Augustae zu feiern und der Senat (nicht der Kaiser)
mußte an diesem Altar das erste Opfer darbringen. Nicht nur die
Friedensgöttin, sondern auch der Kaiser sollte dadurch geehrt werden,
und der Kaiser hätte auch sich selbst ein Opfer darbringen müssen,
wenn er den neuerrichteten Altar durch ein Opfer eingeweiht hätte.
In der Tat haben die neuen Ausgrabungen, wie ich meine, die
Frage gelöst; das Opfer soll vollzogen werden von dem Senatus
Populusque Romanus, der sich nach dem neugefundenen Relief*
rüstet, seinen Beschluß auszuführen. „Auf seiner Außenseite zeigt
sich der fehlende Teil des Sauopfers aber anders, als ich
* B. Taf. n; Dissel a. a. O. Taf. III.
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28 Anwesenheit des Kaisers?
vermutete. Der, welcher über dem roh geformten Altar libierte,
ist nicht Augustus, sondern eine Idealfigur^' (Senat.).*
Wer das also zugibt, der muß auch zugeben, daß Augustus
nicht gegenwärtig ist Er hätte als Heros das Opfer entgegen-
nehmen oder vielleicht als Mensch das Opfer darbringen können;
aber bloß als Zuschauer unter den Zuschauern anwesend zu sein,
das war nicht die Rolle, die dem Herrscher der Welt zukam, die
der Senat am allerwenigsten ihm auf dem Relief des Senates zu-
weisen konnte.
So verschieden auch die Personen sein mögen, die auf unseren
Reliefs von verschiedenen Augustus genannt sind, so stimmen sie
doch darin überein, daß keiner ein Opfer vollzieht, auch nicht
Sievekings Augustus (s. u. S. 40 — 41). Wenn Augustus auf dem vom
Senat bestellten Relief zur Darstellung kommen sollte, so durfte es
nur in einer Weise geschehen, daß der unbefangene Zuschauer auf
• den ersten Blick ihn als den erkannte, der neben der Friedensgöttin
durch dieses Denkmal geehrt werden sollte.
Augustus hat oft im Namen des Staates, z.B. als XV vir, ein
Stieropfer dargebracht; aber wie genau dabei religiöses Zeremoniell
beachtet wurde, zeigen die neuentdeckten Protokolle über die Säku-
larfeier, z. B. zum I luni (Z. 104): K. lun. in Capitolio bovem m[a]rem
lovi optimo maximo proprium inmolavit imp. Caesar Augustus
ibidem alterum M. Agrippa p[re]cati autem sunt ita: dann folgt
das Gebet mit Angabe der vornehmen Männer, die gewissermaßen
als Zeugen den Altar umgaben. Daß die Volksmenge ferngehalten
wurde und nur von der Ferne der heiligen Handlung zuschauen
durften, versteht sich von selbst.
Wenn der Kaiser also auf unserem Relief gegenwärtig war, so
mußte er ganz anders in den Vordergrund treten. Der Senat, der
sich stets in Ehren und Schmeicheleien für den Kaiser zu über-
bieten suchte, hätte den Gedanken, daß Augustus dem Erdkreis
den Frieden gegeben und nun als Friedensfiirst heimkehre, einen
deutlichem und unverkennbaren Ausdruck geben müssen; und dieser
Ausdruck lag durchaus nicht etwa außerhalb der Gedankensphäre
oder Kunstmittel des Senates. Die Situation wäre damals fast die
* Petersen, Jahrb. d. D. Arch. Inst 18. 1903, Anz. S. 184 (daß der Senat schon
libierte, ist allerdings ein Irrtum).
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Personen des Kaiserhauses? 20
gleiche gewesen, wie im Jahre 29 v. Chr. bei dem dreifachen Tri-
umphe des Kaisers, wo sie auf den Münzen und in den Gedichten
bereits seinen offiziellen Ausdruck gefunden hatte:* das Tier des
Krieges bringt uns den Fürsten des Friedens.
Nicht mehr getürmt unaufhaltsam zu Kämpfen streitender Heere
Stürmt jetzt der Elefant mit dem gewaltigen Zahn,
Sondern neigt sich in Furcht und bietet den Nacken dem Joche,
Weil den Wagen er zieht Cäsars, des himmlischen Gott's.
Auch das Tier erfreut sich des Friedens, die Türme des Ares
Warf es hinweg, und es bringt jetzo den Vater des Rechts.**
Dieser fein pointierte Gedanke war der alexandrinischen Dichtung
und Kunst ganz geläufig,*** und derselben Quelle hätten sich wohl
auch verschiedene andere Variationen dieses Gedanken entnehmen
lassen, weil jene Idee am Hofe von Alexandria — einerlei, ob mit
Recht oder Unrecht — oft zur Darstellung gebracht werden mußte.
An Vorbildern hätte es also dem römischen Senate durchaus
nicht gefehlt; wenn er also den Kaiser nicht sofort erkennbar hat
darstellen lassen, so müssen wir schließen, daß er ihn überhaupt
nicht hat darstellen wollen.
Bestimmte Personen des Kaiserhauses?
So groß auch die Verschiedenheit ist in der Auffassung einzelner
Personen unserer Reliefs, so sind doch alle darin einig, daß festlich
gekleidete Volksszenen dargestellt sind mit Vertretern verschiedener
Stände; natürlich ist der Senator vertreten, der das Denkmal bestellt
hat, femer Beamte mit ihren Liktoren, Priester mit Dienern und
Opferknaben; nur Waffenträger und Soldaten fehlen gänzlich. -**»
Manche (Jieser Köpfe sind so realistisch und so individuell, daß der
Künstler sicher bestimmte Persönlichkeiten im Auge hatte, wenn
wir sie auch nicht benennen können.
Alle tragen den Stempel der Kunst und der Zeit des Augustus,
was in der Tat niemals bestritten ist Die festliche Kleidung der
einzelnen Personen und der vornehme Stil des Künstlers heben alle
Gruppen gewissermaßen in ein höheres Niveau; es sind ja sicher
* s. m. Augustus L 470; ü. 257.
** Anthol. PaL 9. 285.
*** s. in. Augustus II. 257.
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30 Personen des Kaiserhauses?
auch wirklich vornehme Männer -♦* dargestellt, aber auch die Männer
aus dem Volke in ihrer vornehm fallenden Toga mit dem Lorbeer-
kranze auf dem Haupte machen einen imponierenden Eindruck. Allein
„der feine Reliefstil bester römischer Zeit läßt noch nicht auf den
Augustus, der Lorbeerkranz und der Festschmuck, der auch gewöhn-
liche Gesichter adelt, läßt noch nicht auf den Imperator schließen'^*
Volksszenen brauchten, um als solche erkannt zu werden, in
der antiken Kunst noch nicht gemein und häßlich zu sein. Wir
können z. B. die Probe machen bei denen, die sicher nicht zur vor-
nehmen Gesellschaft gehören. Denken wir uns den verhüllten Opfer-
diener (Taf. VI, i8) einmal ohne das Opferbeil, das er auf der
Schulter trägt, so ist er jugendlicher und auch kleiner als der Ver-
hüllte neben ihm (Taf, VI, 20), aber äußerlich gerade so vornehm;
oder die Liktoren (Taf. VI, 7, 8, 1 1 ; IV, i, 3), wenn sie keine
Fasces trügen, ständen sie gesellschaftlich nicht tiefer als ihre Nach-
barn. Damit soll natürlich durchaus nicht gesagt sein, daß der
Künstler nicht auch Vornehme dargestellt hat, aber dann sind diese
z. B. als Priester durch den Apex oder als Beamte durch die Ab-
zeichen ihrer Würde charakterisiert. Es wird kaum eine vornehme
Person in Rom gegeben haben, die dem Kaiser bei dieser Gelegen-
heit nicht entgegengezogen wäre; selbst Mitglieder der Dynastie,
die in Rom geblieben sind, können wir erwarten. Nur den Kaiser
und seine Reisebegleiter in unseren Reliefs wieder zu erkennen,
würde vergebliche Mühe sein.
Während wir also auf dem Fries der Marmorschranken nur
die in Rom zurückgebliebenen — hoch und niedrig — erkennen
können, welche die Rückkehr des Augustus mit seiner Begleitung
erwarten, geht die allgemeine Meinung dahin, daß die Ankunft des
Kaisers bereits erfolgt ist; man will nicht nur den Augustus, sondern
auch das ganze kaiserliche Haus — Lebende und Tote — auf dem
Fries erkennen. Darin sind die Neueren fast alle einig, obwohl sie
im einzelnen dann für dieselbe Figur wieder sehr verschiedene
Namen vorschlagen.
Bereits in meinem Augustus hatte ich im Anschluß an Bernoulli
diesen Vorschlägen gegenüber mich ablehnend verhalten und ich
s. m. Augustus I. 855 — 856.
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Personen des Kaiserhauses?
31
freue mich, zu sehen, daß auch ein französischer Archäologe,
Courbaud, Le bas-relief romain (Paris 1899), der die Ära Pacis.S. ^^
bespricht, und S. 80 die Hypothese von Petersen behandelt, sehr
skeptisch bleibt: il donne tous les noms: apres Auguste, voici Lucius
Cesar, Livie, Drusus et Germanicus, les deux JuUe, Tibere etc.
Cest etre bien precis sur de bien faibles indices. — — II ne faut
pas vouloir trop prouver —
Merkwürdigerweise haben sich dabei alle auf dem Außenfries
der rechten Wand (Taf. VI) beschränkt; mit demselben Rechte könnte
man sich aber eine kaiserliche Familie auch aus den Figuren der
linken Wand (Taf. IV und V) heraussuchen: Liktoren sind bereits
vorhanden (Taf. IV, i, 2) und ihre Zahl ist durch die neueren Aus-
grabungen noch bedeutend verstärkt*
Einen „Verhüllten '^ treffen wir ebenfalls (Taf. IV, 8) wie auf.
der anderen Seite; auch Weiber und Kinder fehlen nicht, denen
man mit demselben Rechte, wie drüben, die Namen der großen
Prinzessinnen und der kleinen Prinzen der kaiserlichen Dynastie bei-
legen könnte. Allein bis jetzt hat man sich auf die eine Seite be-
schränkt, und auch hier ist eine Übereinstimmung durchaus nicht
erreicht.
Natürlich ist bei einem solchen Streit derjenige im Vorteil, der
sich auf eine allgemeine Behauptung beschränkt, der eine Figur
nur als Togafigur bezeichnet, was jeder, auch der Gegner, zugeben
muß. Wenn dann aber speziellere Erklärungs- und Benennungs-
versuche gemacht werden, jene Togafigur Augustus oder Agrippa
zu nennen, dann ruht die ganze Beweislast auf dem Urheber solcher
Hypothesen, der Gründe verschiedener Art vorzubringen hat, deren
Beweiskraft sich auch der Gegner nicht entziehen kann.
Die beigefügte Tabelle zeigt aber, daß ein solcher Beweis noch
nirgends geglückt ist, daß die Meinungen der einzelnen noch heute
mehr wie je auseinander gehen. Ein allgemein anerkanntes Resultat,
von dem man bei diesen Namengebungen ausgehen könnte, gibt es
nicht, trotz der oft wiederholten Versuche. Jeder bezweifelt die Re-
sultate, auf die seine Vorgänger ganz besonderes Gewicht legten, und
wenn er mehrmals dieses Thema behandelt hat, sogar seine eigenen.
♦ Not. d. scavi 1903, 564, Fig. 9.
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32
Petersen Tafel VI
4 und 6
9
(Apexträger)
15 16
20
(d. Verhüllte)
21
23
V. Duhn
Miscell. Cap.
Jul. Caesar
Ann. d. Inst. i88i.
Zwei
Konsuln
Augustus
Agrippa?
Dütschke
Hamburg 1880.
Milani
Rom. Mitt. 1891.
Flamen
Dialis
Zwei .
SaHer
Augustus
Drusus
min.
E. Petersen
I. Rom. Mitt. 1894.
Flamen
Dialis
Flamines
Augustus
L. Caesar
2. Sonderschriften 2
"Wien 1902.
Augustus
Agrippa
3. Jahreshefte 1 906.
Zwei
Konsuln
Geist des
Agrippa
Benndorf
(b. Petersen* 109).
Augustus
Geist des
Jul. Caesar
Reisch
Wien. Stud. 1902.
Flamen
(DiaHs?)
Aug\istus
Enkel
(L. Caesar)
Vestalin
V. Domaszewski
Jahreshefte 1903.
Augustus
Zwei Flamines
16, fl. Martial.
L. Corn. Lent.
Agrippa
L. Caesar
Vipsania
PoUa
Dissel
Hamburg 1907.
1—5 .
magistri
vici
Augustus
Geist des
Jul. Caesar
Sieveking
Jahreshefte 1907.
Claudier
Lepidus m
it s. Enkel
Neugefimdene Fragmente.
Not. d. sc. 1903.
P. 564
573
Petersen
Jahreshefte 1906.
Sieveking
Jahreshefte 1907.
Augustus
S.P.Q.R.
Aeneas
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33
Petersen Tafel VI
24
26 27
28
30
Kind
Julia
Livia
iLivia oder
I Julia?
S. 108
I 29 Octavia
30 Claud.
Antonia
Tiberitts 1 Antonia mit
Claudius
Antonia mit
Li Villa
Antonia mit
Claudius
I
livia I Tiberius
Livia
Vipsania
Agrippina
Livia
Flamines
minores
Enkel
(n.Clau-|
dius)
31 33
34
35
36
37
Knabe
Drusus
Livia
LivÜla
Kaiserl.
Augustus
mit
Arzt
Germanicus
Drusus mit
Livia
LiviUa
Germanicus
Drusus mit
Julia
Julia
Tiberius
Germanicus
min.
Drusus mit
Julia
LiviUa
Germanicus
■
Maecenas?
(S. 302)
Maecenas
C.
Caesar
Drusus mit
Livia
Livilla
Germanicus
.
Gardthausen, Altar des Kaiserfriedens
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34
Personen des Kaiserhauses?
Mit Recht drängt sich also die Frage auf, ob der Weg, der
in den letzten 30 Jahren so oft beschritten wurde, wirklich zu dem
gewünschten Ziele führt, ob nicht der Mangel an gesicherten Re-
H
sultaten vielmehr die falsche Fragestellung und die Unmöglichkeit
des Beweises klargestellt hat, ob nicht die verunglückten Versuche
wesentlich dazu beigetragen haben, die ikonographischen Studien
in Mißkredit zu bringen. Besonders vorhängnisvoll würden diese
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Der Apexträger ^c
Versuche dann werden, wenn man jemals die unerwiesenen Hypo-
thesen bei der Bestimmung neuer Funde als Ausgangspunkt nehmen
wollte. Was Reisch * auf die beiden Hauptpersonen beschränkt hat,
trage ich kein Bedenken, auf alle Personen auszudehnen: „Wie
dieses Schwanken der Meinungen zur Genüge zeigt, sind die beiden
in Betracht kommenden Köpfe des Frieses nicht derart charakteri-
siert, daß ihre Ausdeutung als Porträts subjektiver Abschätzung ent-
rückt wäre". Er denkt dabei an den „Apexträger" und den „Ver-
hüllten", die in der Tat für alle neueren Benennungsvorschläge
— auch den von Reisch — den Ausgangspunkt bilden. Das ist
auch der Grund, weshalb wir uns zunächst auf diese beiden Figuren
beschränken. Wenn es gelingt, hier die Grundlosigkeit der Be-
nennung nachzuweisen, so stürzt damit das ganze Kartenhaus zu-
sammen und wir können uns bei den übrigen kürzer fassen.
Der Apexträger
(Taf. VI, 9)
Wie sehr das Urteil in der Benennung der einzelnen Personen
schwankt, zeigt namentlich der Umstand, daß nicht weniger als
vier Personen von verschiedenen Erklärern als Augustus bezeichnet
sind: Taf. VI, 9, 20, 37 und Not. d. scavi 1903, 564; das erweckt
nicht gerade ein günstiges Vorurteil für die Sicherheit der Resultate.
Ich halte alle vier für falsch. Aber relativ am besten begründet
scheint mir doch die Hypothese von Duhns zu sein, die auch
Petersen schließHch angenommen hat, daß der Apexträger*»
(Taf. VI, 9, s. o. S. 34) als Augustus zu bezeichnen sei.**
„Das Wort Apex bezeichnet ursprünglich den stabartigen Auf-
satz, welcher gewöhnlich Virga genannt wird, und ist dann als
pars pro toto auf die ganze Kopfbedeckung übertragen worden." ***
Es war eine enganliegende Kappe aus dem weißen Fell eines Opfer-
* Wiener Studien 24. 1902, 426.
** Vgl. Sieveking, Jahreshefte des ö. Arch. Inst. 10. 1907, 181.
*** s. Heibig üb. d. pileus S. B. d. Münch. Akad. Phü. Kl. 1880, 511 ,
Sur les attributs des Saliens, M6m. de l'acad. d. inscr. et b. lettr. 37. II. Paris 1906.
p. 205.
3*
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^6 I^cr Apexträger
tieres mit einer aus Olivenholz geschnitzten Spitze/3 ungefähr von
der Form einer Pickelhaube, welche der flamen JDialis zu tragen
pflegte. '♦^ Mit anderen priesterlichen Attributen sieht man sie z. B.
auf Münzen des JuHus Cäsar und M. Lepidus.*
Die Annahme von Dütschke, der den Kaiser auch ohne Apex
in Taf. VI, 37 erkennen wollte, ist mit Recht definitiv aufgegeben;
V. Duhn war es, der in den Ann. d. Inst. 1881 zuerst den Apex-
träger als Kaiser proklamierte; ohne zunächst mit seiner Annahme
vi^l Beifall zu finden: Milani und Petersen^ sahen in dem Apex-
träger vielmehr einen flamen Dialis und Reisch schloß sich ihnen
an. Später bekehrte sich Petersen* (Wien 1902); er erkennt den
Kaiser an dem Familientypus, an den Konsuln und Liktoren in
seiner Nähe und an dem Apex, der den Pontifex maximus kenn-
zeichnen soll ; V. Domaszewski und Dissel sind auf seine Seite
getreten.
Was nun zunächst den Pontifex maximus betrifft, so steht es
fest, daß Augustus bei seiner Rückkehr im Jahre 13 v. Chr. noch
gar nicht Pontifex maximus gewesen ist; und daß das der Zeitpunkt
ist, der in unserem Fries dargestellt werden soll, scheint mir nach
der Erörterung von Domaszewski's ** nicht mehr zweifelhaft. Und
selbst wenn Augustus damals schon Oberpriester gewesen wäre, so
hätte er dennoch den Apex nicht getragen. Wir haben aus der Kaiser-
zeit viele Darstellungen von Opfern, die der Kaiser für den Staat dar-
brachte in seiner Eigenschaft als Oberpriester; aber er trägt dabei nie-
mals den Apex, 45 der den Opfernden höchstens als flamen charakteri-
sieren konnte. J. Bernoulli, das ganze Material wie kein anderer
übersah, hat darauf schon im Jahre 1886 hingewiesen: Durch die zwei
Liktoren scheint mir Augustus keineswegs sichergestellt; der
Apex ist bei Kaisern meines Wissens nicht nachzuweisen.***
Und diese Behauptung ist bis jetzt von niemand widerlegt worden ;t
das wäre doch eine Vorbedingung für alle weitere Beweisführung
gewesen. — Der Träger des Apex (Taf VI, 9) kann also Augustus
♦ Bei Heibig, S. B. Taf. II, 20, 21.
** Jahreshefte d. ö. Arch. Inst. 6. 1903, 58. Auch Sieveking, Jahreshefte d.
ö. Arch. Inst. 10. 1907, 183 entscheidet sich mit Recht für das Jahr 13 v. Chr.
*** Bernoulli, R. Ikonogr. 2. I. 45.
t Über die Erklärung v. Domaszewski's s. unten.
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Der Apexträger jj
nicht sein. Früher kannten wir in seiner Umgebung nur zwei andere
Apexträger, jetzt sind aber noch zwei weitere gefunden, die derselben
Gruppe angehören.'»^ üer Kaiser wäre nun nur noch Einer unter
Fünfen, die alle dasselbe Abzeichen tragen; er träte also noch
weniger in den Vordergrund, als man früher annehmen mußte.
V. Domaszewski* verzichtet also auf Petersens Annahme, daß Augustus
damals Pontifex gewesen sei, und meint: „Reisch hat in seiner
Untersuchung ** mit Recht daran Anstoß genommen, daß Augustus
als Pontifex maximus einen Apex trägt. — — Die Frage hätte
vielmehr lauten müssen: Warum trägt Augustus den Apex?^^ Seine
Antwort lautet (S. 58) „er war flamen: Lucan i, 604. — — S. 59.
Es ist der Flamen des Divus lulius, Flamen lulianus genannt."***
Zunächst versteht man nicht, weshalb Augustus bei seiner Heim-
kehr für das Opfer am Altar des Kaiserfriedens, das er gar nicht
persönlich zu vollziehen hatte, gerade die Abzeichen des Priesters
seines Adoptivvaters hätte anlegen sollen und was er damit hätte
ausdrücken wollen. Er zählt bekanntlich selbst seine Priester-
tümer auf:
Mon. Anc. ed. M* p. 32:
'ÄQ/iSQSvg, av'jrovQj twv ösxctneyis avöqSiy, Tav tegonoMv^
tav enjot «vÖqcjv Ceqonoiüiv^ dt[8B\X(fiog otqovaXig^ iial-
qog TUiog, cprjjiaXig.
Hier wird also die Würde eines Flamen Di vi lulii nicht er-
wähnt, wir können also nur schließen, daß er diese Priesterwürde
nie übernommen hat. v. Domaszewski, meint er, habe sie nieder-
gelegt, als er Pontifex maximus wurde; auch davon wissen wir nichts.
Warum hat er denn bei dieser Gelegenheit die anderen Priester-
tümer beibehalten? Eine alte Tradition für diesen Fall kann es
beim Pyiestertum des Divus lulius nicht gegeben haben.
Während der Bürgerkriege hätte der spätere Augustus gewiß
sehr gern die Würde eines Flamen Divi lulii übernommen, aber
damals war Antonius im Besitz dieses Priestertums; und nach der
* Jahreshefte d. ö. Arch. Inst. 6. 1903, 57.
** Wiener Studien 24. 1902, 193 [rc. 425] fF.
*** Wissowa, Religion 285.
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38 Der Apexträger
Entscheidung hatte diese wesenlose Ehre keinen Wert mehr für
Augustus. Eine Würde also, die Augustus nach unserer Überliefe-
rung weder gehabt noch niedergelegt hat, können wir ruhig bei-
seite lassen. „Als Antonius geächtet, aller Würden und Ämter be-
raubt wurde, konnte niemand anders als Augustus an seine Stelle
treten ^^ (S. 60). Und doch ist ein anderer an die Stelle des Antonius
getreten; Augustus hatte als Alleinherrscher weltliche und geistliche
Ehren genug, und da er nach dem Entscheidungskampf seine An-
hänger und Verwandte, die zu ihm gehalten hatten, belohnen mußte,
so übertrug er diese Priesterwürde dem Sex. Appuleius *, der aller-
dings dem Blute nach ebensowenig wie Augustus zum Julischen
Geschlechte gehörte, aber doch in die kaiserliche Dynastie hinein-
geheiratet hatte.**
Die Ergänzung einer karthagischen Inschrift (s. d.A.) ist allerdings
keineswegs sicher, daß aber vor lulialis flamen zu ergänzen ist, wird
sich nicht bestreiten lassen. Wir sehen also, daß der Priester des
Divus lulius flamen lulialis (nicht lulianus) genannt wurde, ähnlich
wie Augustalis von Augustus.
Diesen Flamen lulialis werden wir wahrscheinlich unter den
Priestern vorauszusetzen haben, die den Kaiser erwarten. Da der
Flamen Dialis einen Liktor hatte, ^7 so wird ihm der Flamen
lulialis darin wohl wahrscheinlich gleichgestellt sein. Es ist also
durchaus gerechtfertigt, daß die beiden Gruppen von Trägern
des Apex und der Fasces bei der Rekonstruktion möglichst enge
miteinander verbunden wurden. Auch die Konsuln des Jahres
werden wir uns mit ihren Liktoren^s nahe bei den Vertretern der
höchsten Priestertümer zu denken haben. Die Nachbarschaft der
* über den Sex. Appuleius s. Prosopogr. imp. rom. i. ri8 — 119. Über seinen
Stammbaum s. m. Aug. II. 102 — 103.
** C. R. de Tacad. d. inscr. et b. lettr. 1906, p. 478; Bull, de la soc. nat. des
antiq. de France 1906; Rev. Grit. 1906, Nr. 38, p.240; Rev. Arch. IV. 9. 1907, p. 351 :
o s]ex. Appuleiu[s sex. f. flamen]
^ lulialis q. pr. trib. . . .
-ö hunc senatus in C[ampum martium publice in]
^ sepulchru[m iuliorum efFerendum et statua]
CJ pedest[ri . . . honorandum censuit]
Gemeint ist wahrscheinlich der Konsul des Jahres 725/29.
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Der Apexträger 39
Liktoren kann also, wie schon BernouUi (s. o. S. 36) bemerkte, keine
Beweiskraft haben in der Frage, ob der Apexträger Augustus ist
oder nicht.
Schließlich aber erhebt sich die Frage, ob denn die Porträt-
ähnlichkeit wirklich so groß ist, daß dadurch allein schon die
Frage entschieden wäre.
Der Künstler hat auf beiden Friesen vielleicht 56 Togafiguren
im Typus der Zeit des Augustus zur Darstellung gebracht; schon
aus künstlerischen Gründen mußte er nach Abwechselung in den
Gesichtszügen streben. Vom Porträt des Augustus andererseits zählt
Bernoulli (R. Ikonogr. 2. I. 45) allein 104 verschiedene Typen auf,
abgesehen von geschnittenen Steinen und Münzen: gute und schlechte,
idealisierte und realistische, ähnliche und unähnliche. Wenn wir
nun jeden Kopf von den 56 mit jedem von den 104 vergleichen,
so wird bei manchen die Unmöglichkeit der Identifizierung auf den
ersten Blick klar sein, aber bei einigen vielleicht auch nicht. Die
gleiche Zeit drückte dem Charakter des Mannes und manchmal dem
Kunstwerk verschiedener Künstler denselben Stempel auf und selbst
die wechselnden Moden können diesen Eindruck manchmal ver-
stärken und uns gelegentlich verführen, zwei Bilder von Zeitgenossen
für Bilder desselben Mannes zu halten. Gerade hier ist Vorsicht
also doppelt notwendig. Eine gewisse ganz allgemeine Ähnlichkeit
braucht man nicht gerade in Abrede zu stellen; auch Reisch, Wiener
Studien 24. 1902, 426 gibt sie zu, nur unter der Voraussetzung,
daß der Künstler, der an anderen Stellen des Frieses ganz realistische
Köpfe gezeichnet hat, hier von der Gestalt des Kaisers nur ein stark
idealistisches Abbild, ohne alle feinere individuelle Charakteristik
liefern wollte. Sieveking a. a. O. 181 geht noch weiter, er sagt:
„Es ist wirklich ein starkes Stück, uns glauben machen zu wollen,
auf der Ära Pacis Augustae — — habe der Künstler die doch
wahrlich charakteristischen Züge des Princeps bis zur völligen Un-
kenntlichkeit verändert. Wenn der Kopf jenes Apexträgers * allein
gefunden wäre ohne den Zusammenhang mit unseren Reliefs, würde
man ihn vielleicht als den Kopf eines claudischen Prinzen ^9 be-
zeichnen, aber die Porträtähnlichkeit ist durchaus nicht so groß,
* Bei Petersen, Sonderhefte 2. lOO.
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40 Sievekings Augustus
daß wir jene Figur trotz der erwähnten Gegengründe als Augustus
bezeichnen dürften.
Bedenklich ist namentlich Petersens Annahme, daß nicht nur
Augustus, sondern auch sein Mitregent Agrippa dargestellt sind,
dessen Porträt er in dem Verhüllten (Taf. VI, 20) erkennen will.
Beide waren bekanntlich gleichalterig, vielleicht sogar in demselben
Jahre geboren. In der Tat zeigen aber beide Köpfe einen großen
Altersunterschied. Augustus, der am 4. Juli des Jahres 13 v. Chr.
49 Jahre alt war, erscheint ungefähr 20 Jahre zu jung, und selbst
Petersen* nennt ihn „reichlich jugendlich"; „Agrippa" aber, der
Verhüllte mit dem müden Ausdruck, der schlaffen Haltung und den
Falten an der Wange, scheint bedeutend älter, als er im Jahre 13
sein konnte.
Kurz gefaßt lautet das Urteil: Porträtähnlichkeit und die Um-
gebung der Liktoren zwingen nicht, an den Kaiser zu denken; und
der Apex verbietet es.
Sievekings Augustus
(a. a. O. S. 181)
Bei den neuesten Ausgrabungen im Jahre 1903 fand man
un rilievo su lastrone di marmo con parte superiore di un personaggio
velato, accompagnato da altra figura e da quattro littori (Fig. 9).**
Dieser velato ist für Sieveking (S. 182) Augustus: „Die Figur am
rechten Ende des Fragmentes mit dem Kranz auf der über den
Kopf gezogenen Toga ist Augustus, hier sind seine Züge trotz der
Verletzungen wirklich ganz unverkennbar.^^ Schon auf der ersten
ganz verschwommenen Nachbildung*** glaubte Sieveking den Kopf
des Augustus zu erkennen und noch deutlicher auf einer größeren,
etwas deutlicheren Photographie, die er S. 181 veröffentlicht. Die
Porträts des Augustus glaube ich zu kennen, aber mir war nie der
Gedanke gekommen, daß man diesen Kopf mit Augustus in Ver-
bindung bringen werde. Es geht ein Riß quer durch den Kopf,
der Augen, Nase und Mund bis zur Unkenntlichkeit entstellt, auch
* Sonderhefte 2. 99.
** Not. d. scavi 1903, 563.
** Not. d. scavi 1903, 564, Fig. 9.
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Der Verhüllte
41
die Schläfe mit dem oberen Teile des Ohres sind weggebrochen.
Kurz, der Kopf ist so entstellt und verstoßen, daß ich die Möglich-
keit der Identifikation nicht nur mit Augustus, sondern mit irgend-
einer historischen Persönlichkeit leugne. Das ist auch der Grund,
weshalb ich hier auf eine Wiedergabe des Kopfes verzichte. Sieveking
sucht seinen Vorschlag dadurch zu stützen, daß er einen nach unten
gerichteten Unterarm eines anderen Fragmentes damit verbindet >
er meint, daß der Kaiser libiert; Opferschale und Altar denkt er
sich hinzu (S. 183). Nach seiner Meinung hätten wir also die Haupt-
handlung des ganzen Festes: ,,Augustus hat an der Spitze des Zuges
deil für die Ära Pacis bestimmten Ort erreicht und vollzieht die
Konsekration.*^* Es ist nur wunderbar, daß keine der benachbarten
Figuren auf dieses Opfer acht gibt, sie schauen alle darüber weg>
eine dreht diesem Opfer sogar den Rücken zu, selbst der vermeint-
liche Augustus blickt, nach der Haltung seines Kopfes zu schließen,
nicht auf die [hinzugedachte] Schale, aus der er spenden soll.
Von einem Opfer, das die betreffende Persönlichkeit in den
Mittelpunkt der heiligen Handlung rücken würde, finde ich also
keine Spur. Auch sonst ist sie durchaus nicht besonders hervor-
gehoben. Die Verhüllung des Hinterkopfes beweist wohl die Teil-
nahme an der heiligen Handlung, ist aber durchaus nicht auf den
Opfernden beschränkt; doch darauf kommen wir sogleich noch
wieder zurück.
Der Verhüllte
(Taf.VI, 20)
Bei dem Apexträger waren doch gewisse äußere Zeichen einer
priesterlichen Würde vorhanden, die zu einer falschen Benennung
der Persönlichkeit führen konnten; bei dem Verhüllten dagegen
fehlen sie gänzlich, denn der Opferknecht vor ihm ist natürlich mit
seinem deutlich als Priester bezeichneten Nebenmann in Verbindung
zu bringen. Und doch haben fast alle Erklärer aus dieser Figur
etwas Besonderes herauslesen wollenes© die einen erklären ihn für
Augustus, die anderen für Lepidus oder Agrippa, noch andere
sogar für den Geist Julius Cäsars. Man versteht in der Tat kaum,
daß diese Erklärungen ernsthaft ausgesprochen und verteidigt sind.
♦ Sieveking a. a. O. 183.
Digitized by LjOOQIC
42 I^er Verhüllte
Augustus? Während Petersen ursprünglich im Anschluß an
Milani den Verhüllten Augustus nannte, hat er diese Erklärung
später* aufgegeben und v. Duhn folgend diesen Namen auf den
Apexträger übertragen. Aber Reisch** hat diese aufgegebene Er-
klärung wieder aufgenommen und in gewundener, vielfach verklau-
sulierter Beweisführung den Verhüllten als Pontifex maximus und
zugleich als Augustus aufgefaßt. Daß der Verhüllte viel zu alt ist
für den damals 49jährigen Kaiser, daß er ein ganz anderes Profil
hat als Augustus, daß der Herrscher der Welt ganz anders in den
Vordergrund hätte treten müssen, daß er als Pontifex durch den
benachbarten Beilträger keineswegs charakterisiert wird, daß Augustus
im Jahre 1 3 v. Chr. noch gar nicht Pontifex maximus war, stört
den Verf. wenig; er sucht „aus dem Zusammenhang des ganzen
Figurenkomplexes die Mittel zu einer objektiven Entscheidung der
Streitfrage zu gewinnen^^, ohne daß es ihm auf diese Weise gelingt,
irgend ein sicheres Resultat zu erzielen, das die oben angeführten
Momente aufzuwiegen imstande wäre. Diese ganze unwahrschein-
liche Annahme war von Petersen mit vollem Rechte aufgegeben
und ist auch später von Domaszewski und Dissel nicht wieder auf-
genommen; wir haben in der Tat keine Veranlassung, länger dabei
zu verweilen.
Aemilius Lepidus? Auch Sieveking a. a. O. S. 184 will in
dem Verhüllten den Pontifex maximus erkennen; „der greise Ponti-
fex maximus der Ära Pacis ist kein anderer als der 76jährige
Lepidus". Im Jahre 13 v. Chr. lebte Aemilius Lepidus allerdings
noch, aber als Gefangener des Kaisers in Circei. Die Würde eines
Oberpriesters hatte der Kaiser ihm gelassen. Aber wir wissen nicht,
daß er den Ort seiner Haft ohne die größte Not jemals ver-
lassen oder seine priesterlichen Pflichten jemals erfüllen durfte.***
Augustus erlaubte ihm später nicht einmal wieder in den Senat
einzutreten. "^
Diesen Feind des Kaisers kann der römische Senat nicht dazu
ausersehen haben, den Augustus bei seiner Rückkehr nach mehr-
* Sonderschriften 2. Wien 1902.
** Wiener Studien 1902, 426 — 489.
*** s. Brüggemann, De M. Aemilii Lepidi vita et rebus gestis, Münster 1887, p. 71.
f s. m. Augustus I. 1240.
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Der Verhüllte a2
jähriger Abwesenheit als Hauptperson zu empfangen. Neben dem
,^ Verhüllten ^^ steht ein kleiner Knabe, das ist nach Sieveking der
Enkel des Lepidus; es fehlte also nur noch die Frau (lunia Bruta)
und der Sohn des früheren Triumvirn, welche nach der Schlacht
bei Actium den Augustus bei seiner Rückkehr nach Rom ermorden
wollten.* Es wäre schwer gewesen, Persönlichkeiten zu finden, die
weniger geeignet waren, den Augustus bei der Rückkehr aus Gallien
zu empfangen. M. Aemilius Lepidus hätte als Gefangener des
Augustus einen solchen Auftrag ohne die ausdrückliche Erlaubnis
des Kaisers nicht einmal annehmen dürfen.
Von seinem Aussehen im Jahre 1 3 v. Chr. können wir uns kein
Bild machen, wir haben nur Münzen des Triumvirn, die ungefähr
30 Jahre älter sind,** sie zeigen keine Ähnlichkeit mit dem Kopfe
des Verhüllten.
Agrippa? v. Domaszewski a. a. O. S. 60 meint: „Nach der
Rangordnung der Priester kann hinter den Flamines niemand anderer
folgen, als der Pontifex maximus.'^ Lepidus wollte oder konnte
nicht öffentlich erscheinen, deshalb sei Agrippa als Pontifex für ihn
eingetreten. Dagegen ist nun zu bemerken, daß die Reihenfolge
der Priester jetzt durch zwei neugefundene Apexträger (s. oben) ver-
schoben ist. Aber wenn sie auch die alte geblieben wäre, so
brauchten wir in dem Verhüllten noch keineswegs den Pontifex oder
Pontifex maximus anzuerkennen. Denn der Verhüllte (20) kommt
durchaus nicht direkt hinter dem letzten Flamen (16), sie sind ge-
trennt durch 3 Figuren (17 — 19). Wenn wir also von dem Opfer-
knecht (18) absehen, so hätten die lorbeerbekränzten Figuren (17 u. 19)
darnach ein größeres Recht, als Vertreter des Pontifex maximus an-
gesehen zu werden, als der Verhüllte. Aber alle drei (17, 19, 20)
hätten doch irgend ein Abzeichen ihrer Würde haben müssen. Der
Oberpriester erschien bei öffentlichen Aufzügen mit Liktoren;***
solche Amtsboten sind in unseren Reliefs oft genug dargestellt, aber
nicht bei dem Verhüllten. Da nun ferner Agrippa gar nicht Pontifex
maximus war, so hatte er auch gar keine Veranlassung, sich als
Stellvertreter desselben bescheiden hinter den Flamines aufzustellen.
* s. m. Augustus I. 459, 1240; II. 246 — 247.
** Beraoulli, Rom. Ikonogr. i. Münztafel IV, 99.
*** s. Mommsen, Rom. Staatsr. i. 390 (s. u. S. 55 A. 47).
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44
Der Verhüllte
Da er selbst Mitglied der höchsten Priesterkollegien war,* so konnte
er als Flamen zwischen den Flamines> als Mitregent aber vor denselben
seinen Platz verlangen; auch der Mitregent mußte seine Liktoren
um sich haben. Außerdem war Agrippa der vornehmste Senator
in Rom nach dem Augustus und als solcher in erster Linie berufen,
wenn er anwesend war, das feierliche Opfer für den Senat darzu-
bringen. Aber der Verhüllte ist weder als Priester noch als Senator
gekennzeichnet. Durch nichts zeichnet er sich von seiner Um-
gebung aus. Daß er ungefähr einen Kopf größer ist, als sein Nach-
bar, ist natürlich gleichgültig; er steht in der ersten Reihe nach
rechts gewendet, ebenso wie sein Nebenmann, der Opferknecht, mit
dem Beil auf der Schulter Auch die Verhüllung des Hauptes ist
bei der Vorbereitung zu einem feierlichen Opfer für alle Zuschauer
nicht auffallend, er teilt sie mit vielen anderen,** ganz abgesehen
von den verhüllten Frauen.
Von Agrippa, der als Mitregent ganz anders hervortreten müßte,
ist also ebenfalls abzusehen; es gibt kaum einen größeren Gegen-
satz, als zwischen dem breiten mächtigen Kopf des Agrippa auf
dem fleischigen muskulösen Halse*** und dem mageren fast ab-
gehärmten Kopf des Verhüllten, der auch durch seine Adlernase
sich deutlich von dem Profil des Agrippa unterscheidet, s^ Gestützt
auf die Münzen, die ihm sicher und die Statuen, die ihm wahr-
scheinlich zugewiesen werden, kann man mit großer Bestimmtheit
behaupten: Agrippa ist der Verhüllte sicher nicht
Sogar die Chronologie verbietet eine solche Bezeichnung, mag
der Künstler an die Rückkehr des Augustus am 4. Juli 741/13
denken oder an die Einweihung des Altars am 30. Januar 745/9.
Bei der Rückkehr des Augustus aus Gallien und Spanien war
Agrippa in Rom nicht anwesend und als der Altar endlich geweiht
wurde, war Agrippa bereits tot.
Für die erste Alternative entscheidet sich v. Domaszewski +
nach dem Vorgange von Duhn^s. Er nennt den Verhüllten Agrippa
wegen seiner Auffassung der benachbarten Personen, d. h. der
* Vgl. V. Domaszewski, Jahreshefte 6. 1903, 60 A. 20.
** Tafel rv, 8, 17; VI, 18 und Not. d. sc. 1903, 564.
*** s. BernouUi, R. Ikonogr. i. Münztafel V, Nr. 105.
-}• Jahreshefte d. ö. Arch. Inst. 6. 1903, 60.
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Der Verhüllte 45
Priester (16) und des Beilträgers (18). Allein der Opferknecht mit
dem Beil gehört natürlich zum Gefolge seines deutlich als Priester
gekennzeichneten Vordermannes mit dem Apex (16), daß auch der
Verhüllte ein Priester ist, soll erst bewiesen werden. Die Nachbar-
schaft allein beweist das nicht, denn der Verhüllte ist von dem
nächsten. Priester noch durch zwei Personen (17 u. 19) getrennt, die
mit demselben Rechte Agrippa genannt werden könnten, wenn ihre
Figur auch zum Teil verdeckt ist.
Dabei hütet sich v. Domaszewski sehr mit Recht, wie ich meine,
zu behaupten, daß der Verhüllte die Gesichtszüge Agrippas trage; 52
und ebensowenig macht er einen Versuch zu beweisen, daß Agrippa
am 4. Juli 741/13 in Rom gewesen sei, was doch beides eine uner-
läßliche Vorbedingung gewesen wäre. 53
Für die zweite Alternative, daß der Künstler die Szene des
Jahres 745/9 habe schildern wollen, entscheidet sich E. Petersen;*
damals lebte Agrippa nicht mehr, und Petersen trägt kein Bedenken,
den Geist des Toten bei dieser Feierlichkeit unter den Lebenden
erscheinen zu lassen : „Das gebeugte Haupt und dessen Verhüllung,
die hier offenbar nicht einen Priester bezeichnet, lassen an einen
Abgeschiedenen denken.^^ ** Diese beiden wunderbaren Kennzeichen
der Abgeschiedenen sind allerdings nicht untrüglich, denn sie finden
sich noch bei vielen anderen Figuren unseres Frieses, die sicher
noch nicht gestorben sind.***
Ohne Not wird man niemals die Geister der Abgeschiedenen
in einer Versammlung der Lebenden vorauszusetzen haben und selbst
dann müßten die Geister in ganz anderer Weise als solche gekenn-
zeichnet sein. Früher hatte man den Verhüllten Julius Cäsar nennen
wollen; mit Recht hatte Petersen^ dagegen protestiert: Der früher
von F. V. Duhn, Miscellanea S. 13 geäußerte Gedanke, es möchte
Julius Cäsar sein, war meines Erachtens eine Unmöglichkeit. +
Wenn dann aber Petersen3 den Namen des Julius Cäsar durch
den des Agrippa ersetzen will, so ersetzt er eine „Unmöglichkeit"
durch die andere.
* Jahreshefte d. ö. Arch. Inst. 9. 1906, 302.
** Petersen, Jahreshefte 9. 1906, 302.
♦** Über die Verhüllung s. oben S. 44.
t Petersen, Sonderschr. 2. 1902, 107 A.
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^5 Prinzen und Prinzessinnen
Julius Cäsar? Damit ist dann aber auch ein Urteil ge-
sprochen über Auffassung derer, die den Verhüllten als Julius Cäsar
bezeichnen, d. h. von Duhn, Benndorf und noch neuerdings Dissel.
Mit Recht hat Reisch eingewendet: „Wie sollen wir es verstehen, daß
der Langverstorbene, der divus, hier dargestellt wäre, wie er, vom
Kaiser sowohl, wie von den Göttern getrennt, mitten im Zuge der
zum Opfer Schreitenden gesenkten und verhüllten Hauptes einhergeht?
Mitten unter Lebendigen scheint nur wieder für einen Lebendigen
Platz."* Ich halte diese Lösung für ebenso unmöglich, als wenn man bei
einer Darstellung des deutschen Kaisers und der deutschen Kaiserin
mit Söhnen, Tochter, Schwiegertöchtern und Enkeln plötzlich
Friedrich den Großen heraufbeschwören wollte mit Hut und Krück-
stock, als ob er nie gestorben wäre. So gut ein moderner Künstler
sich vor einer derartigen Geschmacklosigkeit hüten würden, ebenso-
wenig dürfen wir dem antiken Bildhauer etwas Ähnliches unter- ,
schieben.
Wenn nun aber, wie ich gezeigt zu haben meine, der Apex-
träger (9) nicht Augustus, und der Verhüllte (20) nicht Agrippa oder
Augustus oder Julius Cäsar genannt werden darf, so wankt über-
haupt der Boden, auf dem sich die Erklärung der beiden Friese in
den letzten Jahrzehnten meistens bewegt hat. Denn in den folgen-
den Figuren (21 — 37) hat man hauptsächlich deshalb Personen des
Kaiserhauses wiedererkennen wollen, weil man die benachbarten
Hauptpersonen mit Sicherheit glaubte erkannt zu haben.
Wenn der Verhüllte nicht Kaiser oder Mitregent ist, dann
braucht der Knabe (21), der den Zipfel seiner Toga faßt, auch kein
kaiserlicher Prinz L. Cäsar oder Drusus zu sein, und ebensowenig
braucht die neben ihm stehende Frau (24) eine kaiserliche Prinzessin
zu sein. Die Verschiedenheit und der Wechsel der Benennung bei
denselben Erklärern ist der beste Beweis dafür, daß wirkliche Porträt-
ähnlichkeit nicht vorhanden ist.** Mochte man jene kaiserliche
Prinzessin (24) nun Livia54 oder Julia nennen, so schien dem
* s. Reisch, Wiener Studien 24. 1902, 427.
** Rostowzew M., Livia und Julia. Strena Helbigiana S. 262; Bernoulli, R.
Ikonogr. 2. I. 83 ff, und 95 ff.
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Prinzen und Prinzessinnen
47
neben ihr stehenden Manne (26) als Sohn oder Gemahl der Name
des Tiberius zu gebühren. Und doch kennen wir die charakte-
ristischen Züge des späteren Kaisers viel zu gut, um diese Identi-
fizierung hier gelten zu lassen. Außerdem war Tiberius damals auf
der gallischen Reise ein Begleiter des Kaisers; ss wer die Anwesen-
heit des Augustus leugnet, darf auch die des Tiberius nicht an-
nehmen. Den Beschluß zu Ehren des Cornelius Baibus (Cass. Dio
54, 25) wird er nach seiner Rückkehr beantragt haben.
Es folgt dann ein Paar (28 und 31), das mit seltener Einmütig-
keit von allen, die überhaupt Namen geben, als Antonia und
Drusus bezeichnet werden; nur wegen der Namen der benachbarten
Kinder schwankt man; was natürlich nicht von Belang ist. Jene
Einmütigkeit ist nicht so sehr wunderbar; denn die kaiserliche
Familie umfaßte damals nicht viele Mitglieder. Für den, der das
vorhergehende Paar Tiberius mit Livia (oder Julia) genannt hat, ver-
stand sich der Name des folgenden Paares eigentlich von selbst;
es mußte der jüngere Claudier sein mit seiner Gemahlin, der Antonia.
Die Gesichtszüge beider kennen wir sehr gut,* namentlich durch die
Münzen des Kaisers Claudius. Wenn jene beiden Köpfe s^ allein
gefunden wären, würde kaum jemand den Mut zu einer derartigen
Benennung gefunden haben.
Die verschleierte matronale Gestalt (34), welche nun folgt, wird
entweder Livia oder Julia genannt, was sich durch den Platz, den
sie einnimmt, und die Gesichtszüge verbietet. Von der Tochter des
Augustus sind wenig beglaubigte Porträts erhalten, diese aber zeigen
ein wesentlich anderes Profil. Die letzten beiden Figuren (36 und 37)
sind Maecenas (oder kaiserlicher Arzt) und 37 Augustus (resp.
Tiberius) genannt worden. Die letzten beiden Namen (37), die
jetzt wohl kaum noch einen Verteidiger finden, können wir auf sich
beruhen lassen. Der benachbarte interessante Kopf eines älteren
Mannes (36) ist sicher nicht der des Maecenas;** die Hinweisung
auf irgendeinen kaiserlichen Leibarzt könnte man sich in ihrer Un-
bestimmtheit schon eher gefallen lassen.
* s. BeraouUi, R. Ikonogr. 2. I. 217 und 209; Antonia - Clytia s. Hübner,
Bildnis einer Römerin. Winckelmannsprogr. Berlin 1873; W. Klein, Gesch. d. gr.
Kunst 3. 380.
"* s. Bernoulli, R. Ikonogr. i. 238.
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48 Schluß
Das Resultat dieser Untersuchung der einzelnen Figuren ist
also dieses, daß wir zuverlässige Spuren der kaiserlichen Familie in
unseren Reliefs nirgends gefunden haben, daß also die Figuren von
Taf. VI gerade so zu beurteilen sind, wie die von Taf. IV und V.
Es sind schöne zum Teil sehr lebendige und realistische Porträts,
die der Bildhauer sicher nach dem Leben gezeichnet hat; die Zeit-
genossen werden gewiß viele der vornehmsten Senatoren, Beamten
und Priester, vielleicht sogar Mitglieder des Kaiserhauses, soweit sie
den Augustus nicht auf seiner Reise begleiteten, wieder erkannt
haben; aber den Kaiser selbst und seine Begleiter in diesen Reliefs
erkennen zu wollen, ist ein aussichtsloses Bemühen.
BernouUi,* dessen Kompetenz in dieser Frage nicht in Zweifel
zu ziehen ist, faßt sein Urteil dahin zusammen: Man kann mit Duhn
daran festhalten, daß historische, vielleicht sogar Personen des
augusteischen Kaiserhauses dargestellt seien; denn in der Tat haben
sie ein sehr individuelles Gepräge (obwohl kein individuelleres als
die Figuren der übrigen Reliefplatten, die zu demselben Friese ge-
hören). Aber spezielle Taufen scheinen nicht möglich zu sein. Und
namentlich in betreff einer Herbeiziehung des Augustus muß be-
merkt werden, daß auf den analogen Reliefs des 2. Jahrhunderts,
wo nachweislich historische Personen dargestellt sind, die Kaiser
jeweilen viel entschiedener als Hauptpersonen behandelt sind.
Manche von den oben angedeuteten Fragen würden sich viel-
leicht erledigen, wenn nur die abgebrochenen Ausgrabungen wieder
aufgenommen und zu Ende geführt würden. Die zu überwinden-
den technischen Schwierigkeiten sind allerdings groß, aber doch
nicht unüberwindlich und viel geringer, als die sehr kostspielige
Ausgrabung von Herculaneum, die das Königreich Italien jetzt
ernstlich ins Auge gefaßt zu haben scheint.
Erst wenn wir das letzte erreichbare Fragment der Ära Pacis
Augustae kennen, läßt sich die Frage stellen, ob und wie der Altar
wieder aufeubauen ist. Am nächsten läge es allerdings, die ganze
Anlage an Ort und Stelle zu lassen und hier alle versprengten
Fragmente wieder zu vereinigen. Allein diese Lösung ist aus-
geschlossen. Mitten im Gewühl der modernen Großstadt, 6 m unter
* R. IkoDOgr. 2. I. 262.
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Schluß 4Q
dem heutigen Niveau und sogar unter dem heutigen Grundwasser 57
den Altar wieder aufzubauen^ ist nicht möglich. Und doch braucht
man den so naheliegenden Gedanken, diesen Altar des Kaiserfriedens
wieder herzustellen, wie den großen Altar von Pergamon, deshalb
nicht aufzugeben. Die meisten Bruchstücke besitzt der italienische
Staat schon; andere ließen sich wahrscheinlich von den Museen des
Louvre, der Villa Medici und des Vatikan eintauschen; dazu kommen
dann die neugefundenen Reliefs im Termen- Museum; hier könnte
man die Originale, wie einst die Kopien beim internationalen Histo-
rikertage, wieder vereinigen im Mittelpunkt des schönen Klosterhofes,
an Stelle des Springbrunnens, im Schatten der alten Z5^ressen, die
Michelangelo gepflanzt haben soll, dort wäre der Ort für eine Re-
konstruktion des Altars des Kaiserfriedens.
Gardthausen, Altar des Kaiserfriedens
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Anmerkungen
1 über das goldene Zeitalter s. Fornari V., DelP etä delF oro.
Atti d. R. Acc. di Archeol. Lettere e Belle Arti. Vol. i8, I, Napoli
1897, Memorie Nr. 6, Hirzel, Themis. Leipzig 1907, S. 269 — 271.
2 Ducati, Revue Archeol. 1906, I, p. 11 1 — 138 setzt die Mün-
chener Statue (m. Arndt, Klein und Robert) in das erste Drittel des
4. Jahrh. und das Original in die Zeit von 403. Vgl. Studniczka, Ca-
lamis S. 34 und Furtwängler, der sich für das Jahr 375 entscheidet.
W. Klein, Gesch. d. gr. Kunst 2. 240.
3 Über die Stimmung in Rom s. Horat. carm. 4. 5:
Divis orte bonis, optime Romulae
custos gentis, abes iam nimium diu. etc.
4 Monum. Ancyr. ed. M.^ p. 48:
[Cu]m ex H[ispa]nia Gal[Iiaque rebus in his p]rovincis prosp[e]re
[gest]i[s] R[omam redü] TL Ne[r]one P. Qui[ntilio consulibu]s
aram [Pacis A]u[g]ust[ae senatus pro] redi[t]u meo co[nsacrari]
censuit] ad ,cam[pum Martium in qua ma]gistratus et sac[er-
dotes et virgines] V[est]a[les anniversarium sacrificjium facer[e
iussit].
Vgl. Wissowa, Constitutio arae: Hermes 39. 1904, 156.
5 L'angolo del palazzo Ottoboni coincide con un angolo dell'
Ära — la parete (del palazzo Ottoboni) che prospetta la via in
Lucina si puo dire che abbia la medesima lunghezza del lato corri-
spondente dell' Ära. Notiz, d. scavi 1903, 551.
6 Klein, Gesch. d. griech. Kunst 3. 366 A. weist darauf hin, daß
Raphael (f 1520) für seinen Karton mit dem Opfer von Lystra das
Stieropfer (Taf. VII, 20) bereits gekannt und benutzt hat, daß also die
Entdeckung wohl schon in den Anfang des 16. Jahrh. zu setzen ist.
7 Ein neues Fragment der Ära Pacis fand sich bei dem Grabe
des Kardinals Seb. Poggio (t 1633) in der Kirche Gesü; es zeigt aber
nur Bukranien und Guirlanden. s. Class. Rev. 1899, p. 234 und Rend.
Acc. d. Lincei 1899, P» 61. Als die großen Blöcke zersägt wurden,
scheint es in Rom zurückgeblieben zu sein.
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Anmerkungen c i
8 Courbaud, Le bas-relief rom., Paris 1899, p. 81 spricht von den
Schwierigkeiten der Rekonstruktion unseres Denkmals: la tache est ardue
et le r^sultat, en etat actuel de nos connaissances, ne sera jamais une
certitude. Er meint damit die erste Rekonstruktion Petersens, welche
durch die Ausgrabungen vom Jahre 1903 auf eine bessere Basis gestellt
ist Vgl. Wiener Genesis, hg. v. Hartel &Wickhoflf. Beilage z. 15/16. Bd.
des Jahrb. d. allerh. Kaiserhaus., Wien 1895, S. 18, 20 ff. und Mrs. A. Strong,
Roman sculpture from Augustus to Constantin. London 1907, p. 39 — 70
(mit vielen Abbildungen).
9 Vgl. Pasqui: Notizie d. scavi 1903, 549; Petersen, Mitt. d. röm.
Inst. 1903, 164; Jahrb. d. Arch. Inst. 18. 1903, Anz. S. 182; Cannizaro
M.E., Ära Pacis Augustae: Bollettino d'arte 1907, H. 10. — Ostern 1907
machte ich ohne Erfolg einen Versuch, bis zur Fundstätte vorzudringen.
10 Über den Ort der Ausgrabungen vom Jahre 1859 berichtet der
Architekt bei Petersen, Sonderhefte 2. 135 A. La scoperta dei fram-
menti Fiano avenne il 7. Settembre 1859 ^^^ angelo rientrante del
palazzo in via Lucina fra i n. 16 B, 16 C.
11 Der Rekonstruktions-Versuch im Text ist im wesentlichen der
von Durm; er macht durchaus keinen Anspruch darauf, ein definitiver
zu sein, sondern soll nur \mgefähr die Anordnung veranschaulichen.
Sieveking (s. unten) will nicht nur die beiden Reliefe mit dem Stieropfer,
sondern auch das mit dem Apexträger ausscheiden. Für eine definitive
Rekonstruktion ist die Zeit noch nicht gekommen.
12 ed apparvero subito sei figure perfettamente conservate, di cui
le prime, suUa destra di chi guarda, rappresentano due fl am in es colla
laena e Talbogalerus, simili a quelli del grande rilievo fiorentino
(Petersen T.VI n. 16) e ugualmente procedenti da destra a sinistra.
Notizie d. scavi 1903, 572. Petersens, Jahreshefte d. Ö. Arch. Inst.
9. 1906, 302: Hier schließt ein neugefundener Block an, der vor
mehr als zwei Jahren schon gefunden noch unten in der Grube
steht. Auf diesem noch zwei Flamines, also im ganzen vier, d. h. die
drei großen des Jupiter, Mars, Quirinus und als vierter wohl der des
Divus Julius.
13 Bei der Korrektur kann ich hinzufügen, daß jetzt an 3 Seiten
Stufen, die zmn Altar hinaufführen, sichtbar sind, an der Ost- und West-
seite vier, an der Westseite darüber noch zwei weitere, also gewiß einst
an allen vier Seiten so viele wenigstens waren: Petersen, Jahrb. d. D.
Arch. Inst. 18. 1903, Anz. S. 182 — 183.
14 Ich verweise auf Münzen mit Darstellung von Altären, die für
mich keinen Zweifel darüber lassen, daß der Altar selbst dargestellt ist.
s. Studniczka, Altäre mit Grabkammem. Jahreshefte d. Ö. Arch. Inst. 6.
1903, 126.
4*
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c 2 Anmerkungen
15 Die auffallende horizontale Zweiteilung in eine ornamentale
untere und eine figürliche obere Hälfte ist di^$elbe, wie in einem Ehren-
grabe von Milet. s. Wiegand, Milet, Heft 2, S. 77, vgl. T. XIII.
16 Vgl. E. Strong, Roman sculpture, p. 59, Augustan decoration.
17 Daß die beiden Reliefs Drei Elemente und S. P. Q. R. Gegen-
stücke sind, wird sich nicht leugnen lassen. Petersen gibt (Jahreshefte
9. 1906, 301) zwei Schemata A und B, ich entscheide mich für A,
wonach die wichtigsten Reliefs den Eingang zieren. Vgl. den Grundplan
bei E. Strong, Rom. sculpt., p. 58.
18 Apparve aJlora una nobile figura, dal petto, dalle braccia e dai
piedi nudi, col solo manto tirato sopra la testa, con fronte coronata
d'alloro, in profilo a sinistra, barbata e nelle sembianze leonine di
Giove (Fig. 16). Sostiene coUa sinistra uno scettro sottile e distende il
braccio destro sopra un' ara rappresentata da un rustico sasso, che nel
blocco non entra per intero, ma che trova il suo complemento nel re-
lievo del Museo delle Terme, sul quäle e la rappresentanza del sacri-
ficio ai Penati — — simboleggia probabilmente il Senato, mentre al-
cuni pochi resti di altra figura vestita con chitone talare ed a lunghe
maniche, con mantello allacciato suUa spalla destra, appogiata al lungo
e nodoso bastone, accennano ad altra figura che segue la prima e che
ferse simboleggiava il Populo. Notiz, d. sc. 1903, 572 — 573, s. o. Taf. II.
19 Über die Personifikation des Senates vgl. Petersen, Mitt d. Rom.
Inst. 7. 255. Über Darstellung des Senates auf Münzen seiner Pro-
vinzen und Städte aus der ersten Kaiserzeit s. Imhoof-Blumer, Lydische
Städtemünzen 1897, S. 32 A.
20 Ob der Penaten tempel auf der Velia gemeint ist oder ein
anderer, ist gleichgültig (vgl. Dissel, Der Opferzug der Ara Pacis, S. 12,
der an einen Larentempel dachte). Es sind vielmehr die Penaten von Rom.
21 Die den Altar umgebende äußere Halle, von der Petersen
spricht, wird auch von Sieveking a. a,0. 185 A. 8 abgelehnt. Vgl. Dissel,
Der Opferzug der Ara Pacis, Hamburg 1907, S. 4. Einige grüne Bäume
würden dieselben Dienste tun.
22 Eine Antwort auf diese Frage sucht allerdings Sieveking a.a.O.
S. 188 zu geben. Er nennt einen Kopf auf einem ganz kleinen Frag-
ment, den Petersen Bonus Eventus genannt hatte, vielmehr Pax Augusta.
Diesem kleinen Bruchstück, aus allem Zusammenhang herausgerissen,
wird man einen so wichtigen Platz nicht anweisen können, s. unten S. 53,
Anm. 2y,
23 Horat. carm. 4. 16.
tutus bos etenim rura perambulat
nutrit rura Ceres almaque Faustitas
pacatum volitant per mare navitae — —
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Anmerkungen 5 2
24 Über die Kontroverse zwischen Th. Schreiber und Petersen,
ob das Relief von Karthago oder von Rom das ältere und ursprüng-
liche ist, vgl. Petersen, Sonderhefte d. Ö. Arch. Inst. 2. 1902, S. 53, A. 3
S. 174. W. Klein, Gesch. d. gr. Kunst 3. 372. Amelung (Rom. Mitt.
20. 305) hält das Tellusbild der Ära Pacis für das Original und das
Cherchelrelief für eine Nachbildung; und Sieveking a. a. O. S. 186, A. 9
stimmt ihm zu.
25 Schreiber, Th., Jahrb. d. Arch. Inst. 11. 1896, 60. Amelung,
Führer in Florenz 1897,. 10 1, vgl. dagegen Studie materiali di arch. e
num. p.p. Milani. Firenze 1899, i. p. 85; Ino-Leucothea imagine deir
acqua e dell^ aria. Leo Fr., Varronis cap. de Italiae fertilitate. Strena
Helbigiana p. 171.
26 Ussing, Oversigt over. d. vidensk.-selsk. forhandl. 1903, 41 flf.
der Jüngling auf einem Meeres-Ungetüm = Glaukos oder Pontos.
26a Axtell, H. L., The deification of abstract ideas in rom. litera-
ture and inscript, Chicago 1907.
27 Die beiden Stieropfer füllen den Raxmi der Tür -Reliefs nicht
ganz aus; was noch damit zu verbinden ist, wird sich aber erst bei der
definitiven Rekonstruktion des Ganzen sagen lassen. Wohin der ver-
einzelte Kopf (gefunden im Palazzo Fiano) gehört, den Petersen, Sonder-
hefte 2. 122 Bonus Eventus nennt, ist nicht zu sagen. — Der Kopf des
Mars aus dem Kunsthandel, jetzt in Privatbesitz (Wien) bei Petersen,
Sonderhefte 2. 9, 122, 182, Taf. VIII, scheint nicht von der Ära
Pads zu sein, selbst wenn er wirklich aus dem Palazzo Fiano her-
stammen sollte.
28 Dopo che fu isolato apparve nella faccia opposta l'avanzo della
rappresentanza del lupercal con parte della figura di un pastore, la cui
rustica veste era annodato al petto, appogiata a lungo pedo e inclinato
verso sinistra, verso cioe un vechio tronco d'albero, il ficus ruminalis,
vittato in basso, in uno dei cui rami sfrondato rimangono posati i soli
artigli delF aquüa (Fig. i). Notiz, d. scavi 1903, 552 — 553. Die Figur i
läßt das allerdings nur teilweise erkennen.
29 Un poco fuori dello zoccolo et gettato verso la platea di tra-
vertino, si scopri un importante frammento, in due pezzi, con parte dei
fianchi di figura femminile ammantata e seduta verso sinistra (Fig. 10).
L'atteggiamento della medesima si distacca delle pose espresse nei re-
lievi del fregio superiore delF Ära ed ha il solo rafFronto nella figura
seduta della Tellus del relievo fiorentino. Notiz, d. scavi 1903, 564.
30 Heibig, Toga und Trabea. Hermes 1904, 165; Hula, Die
Toga der späteren Kaiserzeit Progr. v. Brunn 1895.
31 Sueton Aug. 58 ineunti Romae spectacula (Augusto plebs)
frequens et laureata.
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54 AnmerkuDgen
32 Petersen wundert sich selbst (Jahreshefte d. Ö. Arch. Inst. 9.
1906, 305): „Also auch hier wiederum nicht ein Opfer bei der Ära
Pacis, sondern im Lupercal am Palatin. Ich finde kein schriftliches
Zeugnis, das die hier im Bilde gegebene Beziehung des Lupercal zur
Ära Pacis mit Worten bestätigte." Aber das Lupercal ist natürlich nichts
als eine Bezeichnung des Ortes, d. h. Roms, ebenso wie der Tempel
der Penaten. Ein Opfer vollzieht sich weder im Lupercal noch vor dem
Tempel der Penaten.
33 Petersen führt auch noch in seinem . letzten Aufsatze (Jahres-
hefte 1906, 304) seinen Opferzug erst nach dem Tellusheiligtum ad
carinas und zum „Penatentempel an der Velia, weit weg von der Ära
Pads ad campum". Wie er mit dieser Idee der Prozession das eine
Stieropfer mit dem knieenden Opferknecht in Einklang bringen will, hat
er nicht gesagt
34 Über das Programm von Dissel vgl. außer einer längeren An-
zeige von Petersen, Berl. Phil. Wochenschr. 2^. 1907, Nr. 30/31,
S. 962 — 971. Revue Critique 1907, IL 278 und S. R(einach), Revue
Arch^ol. IV. 9. 1907, IL 185 — 186; vgl. auch J. Sieveking, Zur Ära
Pacis, Jahreshefte d. Ö. Arch. Inst. 10. 1907, Beiblatt S. 107 — 108.
35 vicomagistri, s. Petersen, Berl. Phil. Wochenschr. 1907, 967.
36 Cass. Dio 55, 8 (747/7): ol bi Stj artvconol (jiTVXOv) km fjisXrjT&v
rivoov T&v hx Tov Sr/fiov, ovg xal (rrsvcjTcdQXOvg xcclovfjisv,
37 L'esame perö delle iscrizioni, nelle quali e segnato l'anno deir
era vicana, a me pare che conduca ad escludere una progressiva ri-
costituzione de compiti, ed a stabilire che in tutte le parti della citta
essa ebbe luogo unicamente neir anno 747. Gatti, BuUett. de com.
arch. d. Roma 1906, 199.
38 Vgl. das von de Ridder publizierte Relief von Boscoreale:
Revue des et gr., Paris 1892, p. 407; Monum. Piot 5, 31 — 36; E. Strong,
Rom. sculpture, p. 86/87. Auch bei dem Opfer des Triumphbogens von
Benevent (E. Strong, Rom. sculpt., pl. LXVI) ist die Situation dieselbe.
39 Vgl. Delbrück, Die Kuh des Myron: Mitt. d. Rom. Inst 16.
1901, 4 <T. IV>. Vgl. dagegen Lechat, Revue des 6t gr. 14. 1901,
426 — 427.
40 V. Domaszewski, Jahreshefte 6. 1903, 63, redet allerdings von
dem Manne (31) mit dem Schwertgurt. Allein die Art, wie die Falten
sich brechen, läßt wohl auf ein Gürtel, aber nicht auf einen Schwert-
gurt schließen.
41 V. Duhn, Annali d. Inst 53. 1881, 322 hält die Darstellung der
Mitglieder des kaiserlichen Hauses für wahrscheinlich, visto l'aspetto
dignitoso di tutte le figure fino ai fanciulli omati di buUa e como, ed il
loro carattere molto individuale, non ardisco pero di proporre nomi certL
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Anmerkungen 1 1
42 Nach Sieveking a.a. O. S. 190 gehört das Relief mit dem Apex-
träger überhaupt nicht zur Ära Pacis; es zeige starke stilistische Ab-
weichungen. Ehe die Archäologen sich über diesen Punkt nicht geeinigt
haben, müssen wir diesen Punkt beiseite lassen.
43 Paulus Diacon. exe. p. 10: Albogalerus a galea nominatus.
Est enim pileum capitis, quo Diales flamines, id est sacerdotes lovis,
utebantur. Fiebat enim ex hostia alba lovi caesa, cui affigebatur apex
virgula oleagina. E. Samter, Philologus 1894, 535; Heibig, Sur les attri-
buts des Saliens, Mem. de Tinst. nat de France 37. IL 1906, 205 flf.;
flamen Dialis: Petersen, Vom alten Rom, S. 18, Nr. 13 (CapitoL); Heibig,
Führer durch d. röm. Samml. i*, 377 — 378; flamen Quirinalis: Rom.
Mitt 19. 1904, S. 25. T. m, 5; IV.
44 s. Heibig, Pileus, Taf. II, Nr. 24, S. 554: Apex eines Sacerdos
collegii, aus dem Relief einer kapitolinischen Basis, nach Foggini Mus.
capitol. IV. 15. S. 495.
45 Das ist sehr richtig von Reisch (Wiener Studien 24. 1902, 432)
betont worden: Der Apex ist ja als Kopfbedeckung gerade für die
Flamines charakteristisch, während der Pontifex auf den so überaus zahl-
reichen Opferbildern der Münzen und ReUefs immer nur capito velato ,
niemals mit dem Apex auf dem Kopfe dargestellt ist. Vgl. v. Domaszewski
a. a. O. S. 57 A. 2.
46 Notiz, d. scavi 1903, 572 (Fund von 6 wohlerhaltenen Figuren):
di cui le prime, suUa destra di chi guarda, rappresentano due flamines
colla laena e Talbogalerus, simili a quelli del grande relievo fiorentino
(Petersen, op. cit. tav. VI n. 16) e ugualmente procedenti da destra a
sinistra. Am vollständigsten wiedergegeben bei E. Strong, Roman sculp-
ture, pl. XV, nach einer Photographie des italienischen Ministeriums und
bei Sieveking, Jahreshefte lo. 1907, 176, Fig. 55.
47 Festus p. 63 flaminius lictor est qui flamini Diali sacrorum
causa praesto est. Plutarch, q. R. 1 1 3 gaßSov^io ;^p(öi'Taf ; s. Mommsen,
R. Staatsr. i. 373: II. Liktoren der Priester und Spielgeber.
48 Ob und wie die neugefundene Gruppe von 4 Liktoren (s. Notiz,
d. sc. 1903, 564, Fig. 9; Sieveking a. a. O. S. 181, Fig. 57) mit der
früher bekannten zu verbinden ist, wage ich nicht zu entscheiden. In
quella [galleria] aperta sulla sinistra del cavo, fu notevole sopratutto
la scoperta di un rilievo su lastrone di marmo, con parte superiore di
un personaggio velato accompagnato da altra figura e da quattro littori
(Fig. 9) e altro frammento pura di lastrone con parte inferiore di figura
vestita di corto mantello che scende fin sopra il ginocchio. Notiz, d.
scavi 1903, 563; Liktoren mindestens zwölf, s. Petersen, Jahreshefte 9.
1906, 303. Vgl. Hauser, Porträt eines Liktor, Jahreshefte d. Ö. Arch.
Inst. 10. 1907, 153.
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5 6 Anmerkungen
49 Ich freue mich in dieser Erklärung zusammenzutreffen mit
Sieveking a. a. O. S. 182.
50 Nach Petersen, Jahreshefte 9. 1906, 302 ist der Verhüllte
„ein Mann von hervorragender Erscheinung (20), wie sonst nur Augustus".
Was er so auffallend findet, hat er nicht bezeichnet. Er tritt nicht
mehr in den Vordergrund als der Verhüllte auf der anderen Seite (s.o. S.31).
51 Mit Recht sagt Benndorf (bei Petersen, Sonderhefte 2. 1902,
109 A.): Mit Agrippa aber, dessen trotziges Antlitz und herculischer
Körperbau wir aus vorzüglichen Bildnissen kennen, hat diese Erscheinung
nichts zu tun. — Petersen a.a.O. S. 107 A. scheint allerdings an Porträt-
ähnlichkeit zu glauben: An ihn [Agrippa] dachte F.v. Duhn a.a.O.
S. 319, meinte aber, die Abweichung dieses Kopfes von den anerkannten
Bildnissen des Agrippa sei zu groß. Ich gestehe, eher Übereinstimmung
zu finden. — Er hat aber nicht hinzugefügt, welches beglaubigte Porträt
von Münzen oder Statuen er zur Vergleichung heranziehen möchte.
52 Daß der Verhüllte die Züge des Agrippa zeigt, wird von
Kennern behauptet und auch wieder geleugnet Jedenfalls ist es ein
Porträt. Von Cäsar, den Benndorf erkennen will, bezeugt Sueton die
Kahlheit: v. Domaszewski, Jahreshefte d. Ö. Inst. 6. 1903, 61.
53 Über die Rückkehr Agrippas nach Rom s. m. Augustus II. 503
A. 26 und Fischer, Rom. Zeittafeln zum Jahre 741/13: „Agrippas Rück-
kehr aus Asien erfolgte nach Augustus' Ankunft in Rom, sehr wahr-
scheinlich erst im Herbst oder hn Anfang des Winters". Er hatte
10 Jahre hindurch die Verwaltung Asiens geleitet, seit dem Jahre 731/23.
Joseph. Antiq. lud. 6, 3, 3. Idyginn^ fiiv äviovri slg rijv 'P(6fjir]v
fjLSTä Ttjv Sioixrj(Tiv r&v hnl rfjQ jäffiaQ Ssxaerfj ysyevrjfiivrjv. Über
den Anfang seiner zehnjährigen Regierung des Orients s. m. Augustus II.
404 A. 54.
54 (Dütschke) ora riconosce non solo Livia nella donna di mezzo
ed Augusto nella ultima figura prindpale, benche manchi ogni rasso-
miglianza del volto. v. Duhn, Annali 1 881, 53. 321.
55 Tiberius in Gallien 739/15 — 741/13 s. m. Augustus i. II. 672.
56 Nur BemouUi, R. Ikonogr. 2. I. 261 hat auch hier wieder das
Richtige gesehen: Die (Bildnisähnlichkeit) des Drusus muß vom Stand-
punkt der Münzen geradezu in Abrede gestellt werden. — — die an-
gebliche Antonia erscheint für den jungen Mann zu matronal.
57 Nach Lanciani, Athenaeum d. 31. Okt. 1903, Nr. 3966 liegt
das Niveau der Ära Pacis 1,90 m unter dem des heutigen Grundwassers.
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Verlag von Veit <ß Comp, in Leipoig
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Verlag von Veit cß Comp, in Leipzig
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Roy. 8. 1899. kart. 3 j| 50 ^.
Druck von Metxger & Witiig in Lcipng*
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