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Full text of "Der Heilbronner Convent. Ein Beitrag zur Geschichte des Dreissigjährigen ..."

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DER 



HEILBRONNER CONVENT 



\ 



EIN BEITRAG 



ZUR 



GESCHICHTE DES DREISSIGJÄHBIGEN 

EBIEGES 



VON 



D« ALBERT KÜSEL. 



HALLE A/S. 
MAX NIEMEYKR. 

1878. 



/ 






i 



M 






JL/er grosse Zusammenstoss in der ersten Hälfte des 
17. Jahrhunderts, in welchem die beiden konfessionell und 
politisch verfeindeten Bichtungen in Deutschland ihren 
Gegensatz mit den Waffen zum Austrag brachten, schien 
lange Zeit mit der gänzlichen Vernichtung der einen endigen 
zu sollen. Die protestantische Partei zeigte dem festen 
Zusammenhalten der katholischen Mächte gegenüber eine 
schwächlich zerfahrene oder egoistisch kurzsichtige Politik 
und wurde in stetigem Fortgang so vollständig überwältigt, 
dass sie aus eigener Kraft sich kaum wieder zu erheben 
vermochte. Aus dieser Lage wurde sie ohne ihr Zuthun 
durch das Eingreifen des Schwedenkönigs in den deutschen 
Krieg befreit. Er verstand es zugleich, die Ursache, welche 
bisher jeden Erfolg seitens des evangelischen Deutschlands 
verhindert hatte, zu beseitigen, indem er dasselbe zu gemein- 
samem Handeln vereinigte. Dadurch, dass sich die Prote- 
stanten ihm anschlössen, erhielten sie eine andere Aufgabe, 
die nämlich, Deutschlands Unabhängigkeit vom Auslande zu 
wahren. Wohl schwerlich hätten sie dieselbe gelöst, wenn 
Gustaf Adolf selbst sein Unternehmen hätte zu Ende führen 
können. Schon begann er, Deutschland gefährlich zu werden, 
als ihn der Tag von Lützen mitten in seinen Entwürfen 
dahinraffte. Sein Tod erleichterte es den protestantischen 
Ständen, ihre Pflicht gegen das Vaterland zu erfüllen und 
den Nachtheil abzuwenden, der Deutschland von dem fremden 
Reiche zu erwachsen drohte. Wollten sie aber dies und 
doch nicht den Vortheil aufgeben, welchen der schwedische 
König ihnen gebracht hatte, so mussten sie auch ihre Ver- 
theidigung, welche jener für sie übernommen hatte, selbst 

1 



in die Hand nehmen. Beide Aufgaben ^ welche im Laufe 
des Kampfes nach einander an sie herangetreten waren, 
fielen ihnen jetzt zu. Es galt für sie, allein die Angriffe des 
Kaisers zu bestehen, um ihre religiösen und politischen 
Freiheiten und Rechte zu schtltzen und die Ansprüche der 
fremden Krone, die natürlich mit deren Anstrengungen stiegen, 
auf das geringste Mass zu beschränken. Es war nur mög- 
lich, wenn sie mit grösster Einmüthigkeit auftraten und 
möglichst selbstständig ihre Ziele verfolgten. An derartigen 
Bemühungen fehlte es nicht, aber die Mehrzahl der Gegner 
des Kaisers hatte dafür kein Verständniss. Von nationalen 
Gesichtspunkten war wenig zu finden, die religiösen Motive 
waren so gut wie verschwunden, der dynastische Zweck trat 
unverhohlen und eins^eitig hervor. Einen ersten Ausdruck 
fanden diese Bestrebungen nach der Lützener Katastrophe 
im Heilbronner Convent; ihrem Verlaufe bis zum Abschluss 
des letzteren, der einen Theil der antikaiserlichen Partei zu 
neuem Bunde vereinigte, sollen die folgenden Zeilen ge- 
widmet sein. 

" Es sei mir an dieser Stelle verstattet, meinem verehrten 
Lehrei-, Herrn Prof, 6. Droysen in Halle, der mit fördernder 
Theilnahme das Entstehen dieser Arbeit begleitet hat, sowie 
den Beamten des Dresdener Archivs für freundliche Unter- 
stützung meinen schuldigsten Dank auszusprechen. 



Yorbereiteiide Ereignisse bis zur Eröffnung 

des Conyents. 

Jjei seinem Erscheinen in Deutschland wenig gewürdigt 
hatte Gustaf Adolf in klirzer Zeit eine völlige Umwälzung 
der Verhältnisse herbeigeführt, sein plötzliches Verschwinden 
vom Schauplatz war ein Ereigniss, das ganz Europa in Be- 
wegung setzte. Die Völker gaben in lauten Aeusserungen 
ihre Freude oder Trauer über dasselbe kund*) und die 
Kabinette nahmen eine veränderte Stellung zum deutschen 
Kriege. 2) 

Die Anhänger des Hauses Habsburg gaben sich der 
festen Zuversicht hin, dass die Kriegsmacht Schwedens 
nun von selbst verfallen und der schwedisch -deutsche Bund 
sich auflösen würde; die vortheilhafte Gestaltung der Lage 
aber dachten sie nicht im Interesse des Friedens massvoll 
zu benutzen, ihr unversöhnlicher Sinn ging auf gänzliche 
Vernichtung der Gegner. 

Den weiteren Gang der Dinge zu bestimmen, lag unter 
den gegenwärtigen Verhältnissen am meisten in der Hand 
des Kaisers. Wenn er auf seine kirchlichpolitischen Pläne 
verzichtete, so konnte er leicht die erschreckte Gegenpartei 
zu Friedensbedingungen bewegen, die der Kaisermacht wieder 

,^) Die Empfindangen, welche die TodeBbotschaft alleiithalben 
hervorrief, schildern Chemnitz, Königlichen Schwedischen in Teutscli- 
land geführten Krieges 2. Th. p. 5 — Biccins, De bellis G^rmanicis 
lib VI p. 441 u. A. 

') Camerarias an Oxenstiem d. d. 24. Jannar 1633 : Satis apparet 
in universa Europa ob mortem gloriosissimi regis nostri mutata con- 
silia et animos in diversa abreptos, pront qnisque aut amat aut odit 
Historische Merkwürdigkeiten, die Königin Christine von Schweden 
betrelSend. HI, 59. 

1* 



einen grösseren Einfluss in Deutschland verschafften. Davon 
jedoch war er weit entfernt. Allerdings äusserte er bei der 
Kunde von dem Tode Gustaf Adolfs 3): „er wollte ihm gern 
ein längeres Leben und eine fröhliche Zurückreise in sein 
Königreich gegönnt haben, wenn nur ein Friede in Deutsch- 
land wäre erlangt worden." Indessen der zur Schau ge- 
tragenen Friedfertigkeit, die er gerade jetzt leicht bethätigen 
konnte, entsprach sein Verhalten keineswegs. Der ver- 
ständige Bath Wallensteins , eine allgemeine Amnestie zu 
erlassen und auf Frieden zu denken *), wurde zurückgewiesen. 
Durch Verfolgung seiner protestantischen Unterthanen be- 
wies Ferdinand, dass er gesonnen sei, sein durch Gustaf 
Adolfs Auftreten unterbrochenes Werk wieder aufzunehmen. 
Er hegte eben keine Besorgnisse mehr vor einem unglück- 
lichen Ausgang des Krieges. Der Friede, welchen er meinte, 
bedeutete nichts anderes als Unterwerfung Deutschlands im 
Interesse Habsburgs und Ausrottung des Evangeliums. 

Von neuem rüsteten er und der Kurfarst von Baiem in 
Deutschland; ein Gleiches thaten die Spanier in Italien, um 
von hier aus zunächst den Kaiser zu unterstützen und dann 
gegen die Generalstaaten vorzugehen. Um die Trennung 
der Gegner, an der ohnehin nicht gezweifelt wurde, um so 
gewisser herbeizuführen und dadurch die Wahrscheinlichkeit 
des Sieges zu erhöhen, richtete der Kaiser an den Herzog 
von Württemberg und andere Stände „Sincerationsschreiben"; 
er soll sogar den Versuch gemacht haben ^), den Reichs- 
kanzler Oxenstiern zum Verrath an der protestantischen 
Sache zu bestimmen. Fürsten und Völker auf dieser Seite 
waren einig und entschlossen, den günstigen Moment wahrzu- 
nehmen; aber an dem.Manne, durch welchen sie hauptsächlich 
ihr6 Absichten ins Werk setzen mussten, dem kaiserlichen 
Heerführer, sollten sie einen ebenso grossen Widersacher 
finden wie an der protestantischen Partei selbst 

Diese schien die Erwartungen ihrer Gegner nur allzusehr 



3) Nach Khevenhiller, Annales FerdlDandei XII, 196. 

^) Pufendorf, Coramentariorum de rebus Suecicis lib. V, S 1. 

^) Pufendorf, 1. c. 



> 



zu erf&Uen und einem völligen Zersetzungsprocess entgegen- 
zugehen. Die verschiedenartigen Elemente, welche Gustaf 
Adolf unter seiner Führerschaft vereinigt hatte, waren nur 
durch seine persönliche Ueberlegenheit zusammgehalten. Dies 
schwache Band der Eintracht zemss sofort mit seinem Tode, 
und alle Sonderbestrebungen traten wieder hervor. 

Wie man aber auch denken mochte über die neue Ord- 
nung der Verhältnisse, welche jetzt Platz greifen musste, 
wenn man einigermassen Verständniss für die Situation 
hatte, so konnte man nicht verkennen, dass es einerseits 
nöthig war, geschlossen dem Kaiser gegenüber zu handeln. 
Auch wenn man sich der Hofihung hingab, dass er zu 
Friedensverhandlungen bereit sein würde, so war es doch 
Sache der Klugheit, ihm möglichst wehrhaft entgegenzutreten, 
um möglichst] gute Bedingungen zu erhalten; leicht aber 
konnten sich die Stände sagen, dass Ferdinand ihnen nicht 
bereitwillig entgegenkommen würde, wenn er sah, dass er 
sie ohne Schwierigkeit unterwerfen konnte, und überhaupt 
durften sie nach allen ihren Erfahrungen auf friedliche Ge- 
danken von seiner Seite nicht rechnen. Anderseits handelte 
es sich für sie darum, von neuem Schweden gegenüber 
Stellung zu nehmen. Wer patriotisch dachte, musste jetzt 
den schwedischen Einfluss möglichst zu beseitigen wünschen. 
Selbst die Anhänger Gustaf Adolfs, welche vielleicht in ihm 
den selbstlosen Vertheidiger des evangelischen Glaubens und 
der ständischen Integrität gesehen hatten, konnten von der 
Krone Schweden die Fortsetzung des Kampfes in voller Un- 
eigennützigkeit nicht erwarten. Aber es fehlte viel, dass 
allenthalben die zwiefache Aufgabe erkannt wurde, und zu 
ihrer glücklichen Lösung mangelte in Folge dessen sofort 
die erste Bedingung, die Einigkeit. 

Bei einem Theil überwog das Verlangen nach Ruhe 
alle anderen Gesichtspunkte. So forderte«) der Herzog 
Friedrich Ulrich von Braunschweig, dass die Schweden sein 
Land unbehelligt Hessen. Der drückenden Requisitionen 



») Für das Folgende s. Chemnitz n, 6 u. 7. ei. v. d. Decken, 
Herzog Gteorg von Braunschweig und Lüneburg II, 126. 



6 

derselben besonders überdrüssig, glaubte er jetzt den Zeit- 
punkt gekommen, wo er sich davon befreien könne. Um 
seinen Zweck nöthigenfalls mit Gewalt zu erreichen, liess 
er auf eigene Faust Werbungen anstellen und schrieb einen 
Kreistag nach Lüneburg aus, wo er den niedersächsischen 
Ständen das Project vorlegen wollte, zur AuA*echterhaltang 
der Neutralität eine Ereisarmee aufzustellen. Auch die 
Grafen von der Wetterau hoben in eigenem Namen Militär 
aus, um sich den bisherigen Leistungen zu entziehen. Die 
Stände des Bisthums Bremen verlangten Erleichterungen 
und drohten im Fall der Weigerung sich nach fremdem 
Schutz umzusehen. Es war, wie man sieht, ein ganz selbst- 
süchtiges Vorgehen. Befreiung von den Kriegslasten war 
das ausschliessliche Ziel des Strebens, das man mit den 
nächstliegenden Mitteln ohne Bücksicht auf die Zukunft 
durchzusetzen sich bemühte. 

Wir können hier nicht alle Bestrebungen im Einzelnen 
durchgehen und wenden uns sogleich zu der Partei, welche 
die Noth wendigkeit begriff, einen neuen Bund au bilden. 
Man wolle, sprach man aus, der Krone Schweden femer 
keine Gewalt über sich einräumen; zwar solle man mit ihr 
Vertraulichkeit pflegen, dabei jedoch freie und unbeschränkte 
Hand behalten. Der Entwurf tauchte auch auf), einen 
Bund zwischen den drei protestantischen Kurhäusern auf- 
zurichten, dessen Führung Sachsen übernehmen sollte, und 
die Schweden möglichst bald mit den geringsten Opfern 
vom ßoden des Reichs zu entfernen. 

Ein solcher Entwickelungsgang wäre für Deutschland 
in Anbetracht der Verhältnisse gewiss vortheilhaft gewesen; 
wenn er aber wirklich sich vollziehen sollte, so musste vor 
allem der Kurfürst von Sachsen, dem die Hauptrolle bestimmt 
war, eifrig dazu mitwirken. Die Stimmung auf protestan- 
tischer Seite war ihm durchaus günstig. Die Stände^ welche 
zu einer neuen Vereinigung bereit waren, erwarteten fast 



"0 RüBdtrf, ManüBCripte IV, S3,452. in dött bist. Mei^kW. I, 29. 
III, 64 u. 76* vgl. Krtiner, Johann von Rasdorf u. s. w. Halle 1876. 8, 107. 



allgemein die Uebernahme der Führerschaft durch Johann 
Geoi^. Der Kurfürst selbst begehrte sie, plante und rath- 
selilagte^) mit seinen Bäthen und hatte doch nicht den Muth, 
das, was er wollte, mit ganzer Kraft zu erstreben. Kr liess 
sieh vom schwedischen Reichskanzler zuervt die Initiative im 
Handeln und dann auch die Leitung der evangelischen 
Dinge entreissen. Seine Energielosigkeit vorzüglich war es, 
an der die nationalen Bemühungen dieser Zeit scheiterten. 

Unter diesen Umständen war es für das evangelische 
Deutschland vielleicht ein Glück, dass Schweden einen that- 
kräiligeren Vertreter hatte. Die Führung der schwedischen 
Geschäfte in Deutschland ging nach Gustaf Adolfs Hin- 
scheiden auf den Reichskanzler Oxenstiern über. Es war 
fttr Schweden von wesentlichem Vortheil, dass der König 
nicht bis zu seinem Ende die Leitung aller Angelegenheiten 
in Deutschland ausschliesslich in seiner Hand behalten hatte. 
Schon seit den diplomatischen Verhandlungen des letzten 
Winters zu Mainz und Frankfurt hatte er den Beichskanzler 
zu sich berufen und fortan in allen wichtigen Dingen seinen 
Bath und Beistand gebraucht Als er auf seinem letzten 
Zuge nach Sachsen begriffen war, hatte er demselben einen 
Auftrag in Süddeutschland auszurichten gegeben. Zum 
Verständniss der späteren Thätigkeit Oxenstierns ist es 
nöthig, die Aufgabe ^ welche er hier zu lösen hatte, kennen 
zu lernen. 

Nach der Nürnberger Affaire hatte den König der 
kühne Plan beschäftigt^), ohne Bücksicht auf Wallenstein 
oder vielmehr in der Erwartung, ihn nach sich zu ziehen, 



*) Aach Arnim musste ein Gutachten abgeben. Es ist v. 20 
(30.) November, In demselben äusserte jener, dass zunächst der Sieg 
bei Lützen benutzt werden müsste. Bernhard solle nach Böhmen vor- 
rücken, er (Arnim) könne nach der Sicherang der Laasitzen und 
Schlesiens in Mähren einfallen. Wenn Oxenstiern zum Frieden geneigt 
sei, müsse man am Bündnisse mit Schweden festhalten, wo nicht, 
sämmtliche evangelische Stände berufen und den Krieg mit diesen 
zur baldigen Herstellung eines allgemeinen Friedens energisch forfc- 
führen, bei dem die Eeichsverfassung , aber auch die Stellung des 
Kaisers wohl zu wahren sei etc. Heibig, Wallenstein und Arnim S. 15. 

9) cf. G. Droysen, Gustaf Adolf II, 629 ff. 



8 

durch Baiem längs der Donau in die österreichischen Erb- 
lande einzubi-echen und yereint mit dm rebellischen Bauern 
ob der Ens den Kaiser zu bekämpfen. Trotzdem der 
Beichskanzler das Vorhaben eifrig befUrwortetC; gab jener 
es wieder auf und, als der kaiserliche Feldherr sicdi gegen 
Kursachsen wandte, zog er sogar alle entbehrlichen Truppen 
aus Sttddeutschland , um seinem Bundesgenossen Httlfe zu 
bringen und sich die gefährdete Rttckzugslinie frei zu halten. 
Durch Oxenstiem wollte er sich inzwischen des Oberlandes 
versichert halten; je weniger er dasselbe in sdner Gewalt 
hatte, um so mehr rechnete er auf seinen guten Willen. 
Zu Arnstadt am 24. Oktober traf der König mit seinem 
Reichskanzler die nöthigen Verabredungen. i<>) 

Dieser sollte die Stände des schwäbischen, fränkischen 
und der beiden rheinischen Kreise nach Ulm berufen und 
sie bewegen, sich vom Kaiser loszusagen und sich unter die 
„Direction und Protection" des Königs zu stellen, zum Kriege 
gegen den Kaiser und dessen Anhang sich sowohl mit dem 
Könige als unter einander so fest wie möglieh zu rerbinden 
sowie vor allem dafür zu sorgen, dass die königlichen Truppen 
unterhalten und der eingerissenen Indisciplin gesteuert werden 
könnte. Mit Hinweis auf die Generalstaaten hatte er ihnen 
vorzustellen, dass es hierfür kein geeigneteres Mittel gebe 
als eine „Accise", die auf die Hauptnahrungsmittel wie Wein 
und Oel, Brod und Fleisch gelegt werde. Von dieser Steuer, 
welche so hoch wie möglich anzusetzen sei, dürfe keiner 
frei bleiben; sie müsse den Ständen selbst verpachtet und, 
so weit es ginge, von ihnen im voraus bezahlt werden. Wenn 
Oxenstiern wider Vermuthen seine Vorschläge nicht durch- 
setzen konnte, war er angewiesen, gegen alle üngelegen- 
heiten und Exorbitantien,.als Folgen der ablehnenden Haltung 
der Stände, zu protestiren, nichtsdesto weniger in den eroberten 
katholischen Ländern und auf den Strömen jene Accise ein- 
zuführen und mit Einquartierungen fortzufahren. Gingen 

10) Das Folgende nach Gustaf Adolfs Memorial an Oxenstiem 
für die Verhandlungen zu Ulm d. d. Arnstadt 24. Oktober, Arkiv tili 
upplysning om svenska krigens och krigsrättningames historia I No. 
487, cf., G. Droysen II, 655. 



die Kreise auf die schwedischen Forderungen ein, so hatte 
er weiter vorzuschlagen, das Beichskammergericht Yon neuem 
zu besetzen ; bei ungünstiger Aufnahme sollte er diesen Punkt 
fall^i lassen, aber bei Gelegenheit den kaiserlichen Präsi- 
denten und andere unliebsame Personen aus dem Kammerge- 
richt zu entfernen suchen. Endlich hatte er die Stande zu 
bestimmen, die Unterthanen der vier Kreise, welche auf 
feindlicher Seite dienten, durch ein öffentliches Decret zur 
Btlokkehr au&ufordem, diejenigen, welche bis zu einem 
festgesetzten Termin nicht erschienen, des Landesveraths 
fbr schuldig zu erklären und ihre Güter zu confisciren. 

Für die Zusammenberufung versah Gustaf Adolf den 
Reichskanzler noch mit einem Schreiben an die Stände ^^). Er 
sprach in demselben von den bedauemswerthen Bedrückungen 
der Glaubensgenossen durch Feinde und Freunde. Um diesem 
Uebelstande abzuhelfen, hielt er es für nothwendig, dass die 
Kreise zusammenkämen und über die Mittel beriethen, „wie 
ein 'gewisser Status gefasset, und in jedem Kreis ein Corpus 
von etlichen Regimentern zu Boss und Fuss, zu des Kreises 
Defension formirt, richtig bezahlet und unterhalten werden 
möge". Als Yerhandlungsort schlug er Ulm vor. Durch die 
bedrohte Lage Sachsens abgehalten, persönlich den Be- 
rathungen beizuwohnen, sende er zu diesem Zwecke seinen 
bevollmächtigten Reichskanzler. 

Am 25. Oktober verliess Oxenstiem Arnstadt und traf 
am 30. in Wttrzburg ein ^2). Von hier aus übersandte er den 

") Arkiv I No. 486 u. Soden, Gustav Adolph und sein Heer in 
Stiddeutschland. Dort ist es speziell an die Ritterschaft des fränki- 
schen Kreises, hier an Nürnberg gerichtet. 

12) Chemnitz (I, 435) und Londorp (Acta publica IV, 302) lassen 
Gustaf Adolf bei der Sendung Oxenstiems die Absicht verfolgen 
später auf der Basis einer näheren Vereinigung mit Oderdeutschland 
an Stelle der bisherigen lockeren Privatbündnisse mit den evangeli- 
schen Ständen einen festen allgemeinen Bund aufzurichten ; doch findet 
man davon weder in der Instruction des Keichskanzlers noch in 
seinen und Gustaf Adolfs Briefen aus dieser Zeit etwas angedeutet. 
Später bei den Verhandlungen in Heilbronn legte jener allerdings 
seinem Könige dies Motiv unter; seine Darstellung aber lässt sich 
aus den Zeitumständen leicht begreifen. Nach ihr, scheint es, haben 
sich Ch. und L. gerichtet 



10 

Mitgliedern der yier Kreise am 1. (11.) November das Schrei- 
seines Königs, dem er ein eigenes i3) beifügte. Mit Bezug- 
nahme auf jenes setzte er in diesem den Anfangstermin der 
Zusammenkunft in Ulm auf den 2. Dezember; zugleich er- 
läuterte er die von seinem Gebieter ausgesprochene Absicht 
in drei Artikeln, auf Grund deren veriiandelt werden sollte. 

Schon auf den 1. November waren die Stände des 
fränkischen Kreises nach Würzburg beschieden, i^) „um fftr 
den Ulmer Convent über gewisse Punkte sich vorher zu unter- 
reden." Es waren die drei in dem Ausschreiben mitgetheilten, 
welche ihnen vorgelegt wurden. Wir sind nicht darüber 
unterrichtet, welche Haltung die Stände den schwedischen 
Forderungen gegenüber einnahmen. Der Reichskanzler setzte 
seine Reise weiter fort; er war Willens i*), weh in einem 
Umwege über Frankfurt und Mainz nach Ulm zu begeben, 
um unterwegs noch einige Anordnungen zu treffen. Da er- 
folgte am 6. (16.) November die Schlacht bei Lützen, die 
dem Leben und den Thaten des nordischen Helden ein Ziel 
setzte. Die Versammlung in Würzburg löste sich bei der 
Nachricht davon auff, ohne zum Sohluss gekommen zu sein. 

Den Reichskanzler traf die Kunde bereits am 11. (21.) 
November unfern Hanau; in Frankfurt, das er noch an 
demselben Tage erreichte, erfuhr er die genaueren Umstände 
des Ereignisses, welches ihn am schwersten traf, ^ö) 

Er verlor in dem Könige zugleich seinen treuesten 
Freund; aber über seinen persönlichen Empfindungnn ver- 
gass er keinen Augenblick der höheren Pflichten, welche an 
ihn herantraten. Als erster Diener des schwedischen Staates 
war er sich bewusst, dass er in dieser Krisis auch die 
grösste Verantwortung zu tragen hatte. Mit ruhiger Be- 
sonnenheit machte er sich über das Ziel seiner Politik 



") Bei Söltl, Der Religionskrieg in Deutschland, ni, 297—98 
u. Chemnitz I, 436. 

*-*) Die wenigen Notizen über diese Versammlung aus Londorp 
IV, 292 u. 295. 

*») Chemnitz I, 435. 

*«) üeber das Folgende vgl. Chemnitz II, 8— 10 u. Oxenstierns 
Brief an Salvius d. « Frankfurt a. M. 14. Nov. 1632, Arkiv U. No. 865. 



'/ 



11 

sehlflsßig und handelte dann mit rttcksichteloser Sicherheit. 
Klar und bestimmt fasste er zweierlei ins Auge. Schweden 
musste mehr als Je vor einer Gefährdung der eigenen Gren- 
zen durch äussere Feinde gesichert werden. Denn ohnehin 
schon waren wegen der neuen Ordnung der Regierung wäh- 
rend der Unmündigkeit der Königin bei den Ansprüchen 
der polnischen Dynastie auf den schwedischen Tbron und 
ihrem Anhange im Lande innere Unruhen zu befürchten. 
Es war also noth wendig, dass die Gegenpartei des Kaisers 
wieder in sich befestigt wurde. Oxenstiem aber wollte sein 
Vaterland nicht allein in seinem Bestände schützen, sondern 
ihm auch für seine Opfer und Anstrengungen im deutschen 
Kriege einen Lohn, eine Entschädigung verschaffen. Und 
der Preis sollte nicht in einer Geldsumme, sondern in Land- 
erwerb an der Seeküste bestehen. Der Reichskanzler hatte 
nichts Geringeres im Sinn, als die Politik Gustaf Adolfs, 
soweit es möglich war, fortzusetzen. 

Um sein Vorhaben zu verwirklichen, musste er zunächst 
die Einwilligung des schwedischen Reichsrathes einholen. 
Wenn aber dieser die Frucht der Erfolge des Königs nicht 
einfach preisgeben wollte, so kam es auf Deutschland an, 
welche Stellung Schweden fernerhin zu dem grossen Kampfe 
einnahm. Zwar dass er im Gegensatz zur kaiserliche 
Partei seine Absicht durchsetzen musste, stand Oxenstiem 
fest; jene hielt er in Folge der eingetretenen Veränderung 
der Dinge einem Vergleiche durchaus abgeneigt Es han- 
delte sich um die Haltung der evangelischen Stände, es 
fragte sich, ob sie Schweden eine Entschädigung zugestan- 
den, ohne dass es sich weiter am Kriege betheiligte, ob sie 
gegen ferneren Beistand auf das schwedische Verlangen ein- 
gingen, oder ob sie dasselbe zurückwiesen. Darüber musste 
sich Oxenstiem ebenfalls vergewissern. Bis er über beide 
Punkte Gewissheit erlangt hatte und sich weiter entschei- 
den konnte, war sein Entschluss, zu versuchen, alle bis- 
herigen Verhältnisse aufrecht zu halten; dabei dachte er, 
sich auf die Vollmacht seines verstorbenen Herrn zu 
stützen. 

Mit bewundemswerther Energie handelte er nun nach 



12 

den von ihm selbBt aufgeBtellten Gesichtspunkten. In Frank- 
furt waren gerade einige Stände aus den vier oberen Krei- 
sen versammelt; er liess sie bereits in den nächsten Tagen, 
nachdem ihm die Trauerbotschaft ttberbracht war, zu sich 
fordern ^^) und fragte sie nach ihrer Meinung ttber ihr fer- 
neres Verhalten. Sie waren rathlos und baten ihn vielmehr 
um sein Gutachten, dem sie sich gern fQgen würden. Er 
theilte ihnen darauf die Aufträge und Vollmacht mit, welche 
er vom Könige in Betreff des Ulmer Convents erhalten 
habe, und erklärte, falls die Stände damit einverstanden 
seien, von dem Plane nicht abstehen zu wollen; zugleich 
erbot er sich, die Kurfiirsten von Sachsen und Brandenburg 
aufzusuchen, um sie zur Theilnahme an der Zusammenkunft 
zu bewegen. Die Stände zeigten sich diesem Vorschlage 
geneigt 

Der Reichskanzler, erkennt man aus dieser Unter- 
redung, hielt die Lage nicht für geeignet, dass Schweden 
vom Kampfe zurücktrete, und richtete sein Bestreben dahin, 
eine allgemeine Verbindung der antikaiserlichen Partei herbei- 
zuführen. i<^) Mit unermüdlichem Eifer arbeitete er weiter 
dem Verfall der schwedisch-deutschen Sache entgegen. In- 
dem er die vornehmsten Stände der vier oberen Kreise von 
dem Vorgange in Frankfurt in Kenntniss setzte i^), forderte 
er sie auf, von ihrem Bündniss mit der Krone Schweden 
nicht abzulassen; diese, versicherte er, würde keinen Frie- 
den eingehen, wenn ihnen nicht alles das bestätigt würde, 
was Gustaf Adolf ihnen versprochen. Die Beamten in 
schwedischen Diensten ermahnte er zur Treue und Stand- 
haftigkeit und ertheilte ihnen Verhaltungsbefehla Zugleich 

*T Die Besprechung bei Chemnitz II, 10—11. 

*8) Pufendorf (V, §9) sagt bei dieser Gelegenheit, Oxenstiem 
habe den Convent so beschleunigt, um den Plan des sächsischen Kur- 
fürsten, einen allgemeinen protestantischen Band anter seiner Leitong 
zu Stande zu bringen, zu durchkreuzen. Die Bemerkung passt nur 
für eine spätere Zeit. Die nachmalige Conferenz des schwedischen 
Diplomaten in Dresden zeigt am besten , dass er bis dahin gehofft 
hatte, Johann Georg werde in Zukunft mit Schweden Hand in Hand 
gehen. 

19) Chemnitz II, 11. Sein Schreiben an Nürnberg bei Soden I, 495 



13 

war er auf die Sicherung der Seeküste bedacht ; er übertrug 
Salvius die Aufsicht über dieselbe und legte es ihm beson- 
ders ans Herz, für die Unterhaltung tüchtiger Garnisonen 
in den wichtigsten Städten zu sorgen. Dem schwedischen 
Generalstatthalter im fränkischen Kreise, Kraft von Hohen- 
lohe, gab er u. A. den Auftrag 20)^ die fränkischen Stände 
zum Zweck einer Berathung über die bekannten Punkte 
unverweilt wieder zusammentreten zu lassen oder von jedem 
Kollegium derselben binnen 14 Tagen eine besondere Erklä- 
rung einzufordern, wie sie „dem Vertrauen des seligen 
Königs und ihrer eigenen Wohlfahrt entspräche". 

Von Würzburg aus, wohin er sich wieder von Frank- 
furt begeben, trat Oxenstiern am 28. Nov. (8. Dec.) 21) seine 
Reise nach Norddeutschland an, um seiner mit den Ständen 
in Frankfurt getrofifenen Verabredung nachzukommen, zu- 
gleich aber auch bei der schwedischen Hauptarmee in Meissen 
„höchst dringende Anordnungen *" zu treflFen. 

Unterwegs sandte er von Erfurt aus am 5. (15.) Dec. 
den Secretär Gustaf Adolfs, Lars Grubbe nach Schweden 22). 
Er unterrichtete die Reichsräthe über die Beschaffenheit der 
Dinge, besonders über die Besprechung in Frankfurt und 
hielt um eine neue Vollmacht und Instruction fllr das von 
ihm ins Auge gefasste Werk an. Zu gleicher Zeit berichtete 
er die Wünsche, welche ihm der König über die Form der 
Regierung während der eventuellen Minderjährigkeit seiner 
Tochter anvertraut hatte.^) 

Ueberhaupt nahm der Reichskanzler den thätigsten 
Antheil an der Regelung der staatlichen Verhältnisse in 
seinem Vaterlande. Seine Vorschläge, um welche ihn der 

^) Der Reichskanzler an den Generalstatthalter im fränkischen 
Kreise Hohenlohe d d. Würzbnrg 22. Nov. 1632 bei Scharold, Gesch. 
der k. Schwedischen und h. Sacbsen-Weimarschen Zwischenregierung 
im eroberten Fürstenthumo Würzburg. Beilage XXXII. 

2*) Scharold p. 200, nach dem Würzburger Stadtarchiv. 

22) Chemnitz II, 11. Palmsköldsche Handschriften T. 369, S. 239 
bei Geijer, Geschichte von Schweden, übers, von P. Leffler III, 251. 

23) Schon vorher und noch später, in Briefen v. 14. Nov. und 
12. Februar 1633 äusserte sich Oxenstiern über diesen Punkt, cf. Geijer 
III, 251. G. Droysen II, 656. Bist Merkw. I, 24. 



t 



14 

Beichsrath befragt hatte, wurden Ton diesem und dem 
Keicbstage, der vom ö. Februar bis 14. März ta^, durch- 
aus gebilligt ^^) Die Regierung übertrug man den fünf 
ei-steu Reichsräthen, den Häuptern der fünf höchBten Ge- 
richte. Zu ihnen gehörte auch Oxenstiem, der mit der Lei- 
tung der auswärtigen und besonders der deutschen Staats- 
augelegenheiten betraut ward. 

Schon vor seiner definitiven Bestallung durch den 
Reichstag hatte er am 13. Januar '^^) die gewünschte Voll- 
macht und Instruction erhalten. Diese ^®) legte ihm die all- 
gemeinen Gresichtspunkte dar, die er beim weiteren Fort- 
gang des Krieges im Auge behalten sollte. Die Entschädi- 
gungsfrage war der Kardinalpunkt, um den sich die Politik 
der schwedischen Staatslenker drehte, und ziemlich unver 
hohlen sprachen sie aus, dass ihre Wünsche auf einen 
Landerwerb an der Meeresküste gingen. Um ihre Absicht 
durchzusetzen, hatten sie den Reichskanzler mit den weit- 
gehendsten Befugnissen versehen. Seine Machtvollkommen- 
heit kam fast der des verstorbenen Königs gleich, aber 
freilich um eine gleiche Wirksamkeit wie dieser entfalten 
zu können, war er nicht in demselben Masse zugleich Heer- 
führer und Diplomat 

Bevor ihm noch diese Anweisungen zugingen, war er 
weiter im Interesse seines Planes eifrig thätig gewesen 
Von Erfurt aus, wo er einige Tage verweilte, hatte er den 
Kurfürsten von Sachsen um eine Conferenz .ersuchen lassen. 
Sie wurde ihm bewilligt, und am 18. December^?) traf er 
zu derselben in Dresden ein, wo Johann Georg sie abge- 
halten zu sehen wünschte. Der glänzende Empfang, welcher 
ihm zu Theil ward, mochte ihn vielleicht in seiner Hoffiiung 
bestärken, dass der sächsische Hof Willens sei, mit Schweden 
in Zukunft zusammenzugehen; bald sollte er sich in seinen 



«♦) Hiertiber s. bist Merkw. I, 24, 27 u. Chemnitz II, 61. 

25) Nach Geijer in, 277. 

*«) Ausführlich bei Chemnitz U, 12. 

^) Nach Scharold, 200 und Söitl lU, 363 war es am 15. (25.) 
Dec, nach v. d. Decken am 13. Dec; keiner von ihnen macht daflir 
eine Quelle nahmhaft. Obiges Datum nach Chemnitz 11, 13. 



15 

Erwartragen getäxischt sehen. OienBtiern kam bei den 
Verhandlungen 28) sofort auf die brenneade T^gesfrage; er 
wünschte aber die Verbindung der evangelischen Stande zn 
conferiren und erbat sich die Ansicht des Kurfiirsten darüber, 
wie weit Schweden sich ferner an der evangelischen Sache 
betheiligen solle. Die sächsischen Käthe wichen seinen 
Fragen aus und sprachen von der Nothwendigkeit, den 
Feind in Böhmen und Mähren anzugreifen sowie den ange- 
botenen Frieden nicht auszuschlagen. Der Keichskanzler 
versicherte zu wiederholten Malen, dass er damit einver- 
standen sei, man aber vorher auf eine föderative Verknüpfung 
bedacht sein müsse. Vergebens; die Räthe blieben bei ihren 
Erklärungen stehen und zeigten sich bald seinem Drängen 
gegenüber empfindlich. Da er auf diese Weise nicht vor- 
wärts kam, so entschloss sich Oxenstiem, ihnen seine eigene 
Meinung über die Neugestaltung des evangelischen Deutsch- 
lands offen darzulegen. Drei Wege stellte er als möglich 
hin einzuschlagen. Erstens könnten sich die Stände unter 
einander und mit der Krone Schweden zusammenthun und 
letzterer in Anerkenuung ihrer Verdienste die Oberleitung, 
welche sie bisher gehabt, lassen doch mit der Beschränkung, 
dass ihr ein ständischer Beirath mit bestimmter Machtbefug- 
nis» zur Seite gesetzt würde. Zweitens könnte man einen 
zwiefachen Bund schaffen unter schwedischer und sächsischer 
Leitung und den Ständen freistellen, sich einem von beiden 
anzttscbliessen. In diesem Falle aber müsste man sich 
gegenseitig verpflichten, einmüthig alle militärischen Opera- 
tionen und Friedensverhandlungen vorzunehmen. Di-ittens 
falls die Stände die Hülfe der Krone Schweden für überflüssig 
hielten, so möchten sie dieselbe für ihre bisherigen Opfer 
und Anstrengungen entschädigen, den Krieg mit eigener 
vereinter Macht weiterführen und sich verbindlich machen, 
jene von den Friedensverhandlungen nicht auszuschliessen. 

Es waren gewiss anerkennenswerthe Zugeständnisse 
für die deutschen Stände und besonders Sachsen. Es war 
ilmen Gelegenheit geboten, sich der Hülfe Schwedens weiter 

28) Bei Chemnitz 11, 14—16. 



.4 



f 
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16 

zu bedienen y wenn sie derselben bedurften, ohne sich zum 
willenlosen Werkzeug des fremden Reiches herzugeben. 
Eine Unterordnung desselben, welches bisher siegreich die 
Sache der Protestanten vertreten hatte, unter den sächsischen 
EurfUrsten, der sich so schwächlich und zweideutig be- 
nommen hatte, konnte man ihm billiger Weise nicht zu- 
muthen. Die Stände konnten femer sich friedlich mit der 
Krone Schweden auseinandersetzen. Auf eine Entschädigung 
machte diese mit Recht Anspruch. Allein Oxenstiem richtete 
auch auf diesem Wege in Dresden nichts aus. Der Eurftlrst 
liess ihm eröffiien, er befinde die Vorschläge von so grosser 
Tragweite, dass er es fQr nöthig halte, sich erst mit dem 
Kurfürsten von Brandenburg über dieselben zu berathen. 
Vergebens forschte der Reichskanzler, welcher Vorschlag 
Johann Georg am meisten zusage, er wolle den branden- 
burgischen Kurfürsten, zu dem er sich zu begeben beabsich- 
tige, für denselben günstig zu stimmen suchen; er erhielt 
darauf keine Antwort. Sonst aber betheuerte der Kurfbrst 
wiederholt, das Werk des gefallenen Königs fortsetzen, über 
etwaige Friedensanträge des Feindes seinem Bündniss ge- 
mäss nur gemeinsam mit Schweden und den übrigen Bethei- 
Ugten verhandeln und das Verdienst Gustaf Adolfs um sein 
Land, das er zum zweiten Male vom Feinde befreit habe, 
nicht vergessen zu wollen. 2») 



>») Oxenstiem berichtete auch selbst über die Conferenz nach 
Schweden (s. Geijer, III, 275 ff) und schilderte bei diesem Anlasse 
den Eindruck, welchen er am kurfürstlichen Hofe empfangen hatte. 
An diesem Hofe, schrieb er u. A., ist keine Besolution, auch nicht 
irgend ein Fleiss; fürchte auch, dass es deren Einige gebe, die ihr 
Aug' auf den Kaiser haben etc. — Söltl III, 363 ff. giebt von der 
Conferenz nach einem „Protokoll bei der Dresdischen Conferenz** eine 
Darsteiiung, welche von der obigen vielfach abweicht. So macht 
Oxenstiem den Vorschlag, den Feind in Böhmen anzugreifen; der 
Kurfürst erhebt einmal Bedenken gegen die Fortsetzung des Krieges 
und stimmt später wieder datlir, den Feind mit vereinten Kräften zu 
verfolgen. Dieser Widerspruch des Kurfürsten mit sich selbst und 
der Oxenstiem zugeschriebene VorscUag, gegen Böhmen vorzugehen, 
lassen das Aktenstück unzuverlässig erscheinen. Dass jener Vor- 
schlag von Johann Georg ausging, macht sowohl das Gutachten Ar- 
nims wahrscheinlich als auch der Umstand, dass der Kurfürst noch 



17 

So musste denn Oxenstiem die völlige Vergeblicbkeit 
seiner Bemühungen einsehen. Nachdem er noch dem schwe- 
dischen Residenten in Dresden Laurentiüs Nicolai seine 
Vollmacht erneuert hatte, verliess er die Stadt mit Ende des 
Jahres 1632, um nun den Kurfärsten von Brandenburg auf- 
zusuchen. 

Ueber Altenburg und Leipzig erreichte er am 5. Januar 
1633 Halle. Von hier aus erliess er am 8. Januar das 
förmliche Ausschreiben zum Ulmer Convent und setzte den 
Eröflfhungstermin auf den 25. Februar (7. März) ^^) ; er ver- 
band damit, wie es scheint, die Erkläiiing des Kurfttrsten 
von Sachsen, bei dem Werke bleiben zu wollen, ^i) vielleicht 
um für den Augenblick das Scheitern seiner Bemühungen 
am sächsischen Hofe zu verbergen. Der Reichskanzler that 
dies, bevor er noch die oben erwähnte Vollmacht erhalten 
hatte, und erwartete nicht das Ergebniss der beabsichtigten 
Unterredung Johann Georgs mit dem brandenburgischen 
Kurfürsten, dessen Rath jener vor seiner völligen Entschlies- 
sung vernehmen wollte. Man irrt wohl nicht, wenn man 
den Grund zu diesem kühnen Schritte Oxenstiems in dem 
Resultat seiner jüngsten Conferenz sucht, wenn man in dem 
Vorgehen seinen Entschluss erkennt, auch ohne Sachsen und 
selbst im Gegensatz zu ihm sein Ziel zu verfolgen, wenn 
man sein schnelles Handeln aus der Absicht erklärt, die 
übrigen Stände soviel wie möglich den schwedischen Ab- 
sichten geneigt zu erhalten|, sie für den Fall, dass Johann 



in der folgenden Zeit durch Georg Wilhelm von Brandenburg den 
Reichskanzler zu bestimmen suchte, ein Heer nach Böhmen zu schicken. 
Brief Johann Georgs „An ChurfUrsten zu Brandenburg'' d. d. Dres- 
den 21. März 1633 und Brief von „ Georg Wilhelm von Branden- 
burg* d. d. Beriin zu Köln an der Spree am 14. Januar 1633 (Dresdener 
Archiv). 

») Londorp IV, 298. Soden 11, 2. 

**) Wenigstens Nttmberg gegenüber, obwohl die Stadt gerade 
zu der Zeit einen Commissar in Dresden hatte, der sehr wohl be- 
merkte, dass dort alles noch „nach früherer Manier" herging, und die 
Gesinnung des Kurfürsten gegen Schweden sehr klar erkannte. Ein 
Bericht von ihm an seine Vaterstadt giebt ein sehr anschauliches 
Bild von den damaligen Zuständen am sächsischen Hofe. Soden II, 2 — 6. 

2 



Georg sich zu Uo^Dsten Schwedens entschied, dem Einflüsse 
dieses Fürsten zu eutziehen. 

Bessere Erfolge als in Dresden konnte er sich voa 
Georg Wilhelm versprechen. Hatte doch dei^selbe, sobald 
er den Tod des Königs erfahren, in einem Schreiben ihm 
vorgeschlagen, 3^) da man die Pläne Gustaf Adolfs verfolgea 
müsse, ein Bündniss aller evangelischen Stände aber nicht 
so schnell ins Werk gesetzt werden könnte, so mochten 
beide evangelische Kurfürsten mit Schweden sich vorläufig 
verbinden und alle weiteren Schritte leiten. 

Der Kurfürst handelte durchaus in persönlichem Interesse, 
dass er in dieser Zeit so entschieden auf die schwedische 
Seite trat.^^) Nach anfänglicher Weigerung war er auf das 
Project Gustaf Adolfs, den brandenburgischen Kurprinzen 
Friedrich Wilhdm mit der Thronerbin von Schweden zu 
vermählen, eingegangen und hielt jetzt sogar trotz der ver- 
änderten Gestalt der Dinge eifrig an demselben fest. Es 
wurde ftlr Schweden in der nächsten Zeit das Mittel, Georg 
Wilhelm in günstiger Stimmung zu erhalten. 

Durch gössen Wasserstand verhindert konnte der 
Reichskanzler erst am 27. Januar die Elbe überschreiten; 
gegen Ende des Monats kam er in Köln an der Spree an* 
Er trug sofort bei Beginn der Berathungen^*) die drei Vor- 
schläge vor, welche er in Dresden gemacht hatte. Der Kur- 
fürst billigte sie und erbot sich freiwillig zu einer Reise zu 
Johann Georg, um ihn zur Annahme des einen oder anderen 
derselben zu bewegen. Ferner erklärte er, selbst wenn einige 
Stände sich zurückziehen sollten, seinerseits die evangelische 
Sadbe nicht aufgeben sondern dem künftigen Bunde beitretcuDi 
zu wollen, und ermahnte Oxenstiern sogar, den ülroer Co»- 
vent eifrig zu betreiben. Er liess nichts in seinem bereit- 
willigen Entgegenkommen zu wünschen übrig. In einem 
Schreiben 35) wandte er sich an die Stände der vier oberen 

32) Chemnitz II, 16. 

33) Pufendorf V, § 35, vgl. auch v. d. Decken II, 141. 
3^) Bei Chemnitz JJ, lö— 18. 

35) Kurfiii-ftt VC» Brandenburg an die Stände der vier obei^en 
Kreiße d. d. Colin an der Spree 4. Febr. 1633. Londorp IV, 299^-300. 



j 



19 

Kreise, forderte sie auf^ mit der Krone Schweden vereinigt 
zu bleiben y und theilte ihnen seinen Entschluss mit, binnen 
vier Tagen zum sächsischen Kurfürsten zu reisen^ um ihn 
f&r die OTangelische Sache zu gewinnen. Den Landgrafen 
Wilhehn von Hessen und den Administrator von Württemberg, 
Herzog Julius Friedrich, speziell ersuchte er, auf allseitige 
Einmilthigkeit unter ihren Mitständen hinzuwirken. Der 
Reichskanzler hatte in diesen Verhandlungen; die nur bis 
zum 4. Februar dauerten^ erreicht^ was er nur wünschen 
ki^nnte. 

Zu gleicher Zeit war seine Thätigkeit von einer Ange- 
legenheit iü Anspruch genommen, die ihrer prinzipiellen 
Bedeutung wegen berührt werden muss. Der Termin des 
vom Herzog Friedrich üb ich nach Lüneburg ausgeschriebenen 
niedersächsischen Kreistages war herangekommen.^^) Die 
Gegner frohlockten über das Vorgehen des Fürsten; der 
Kurf&rst von Sachsen hatte an Betheiligte geschrieben, man 
möchte an der Freundschaft mit Schweden festhalten, abet 
sich unbeschränkte Freiheit zum Handeln bewahren. Es 
wa? der erste Versuch eines bisher mit Schweden verbün- 
deten Standes, eine selbstständige Stellung einzunehmen. 
Wurde er nicht verhindert, so war vorauszusehen ^ dass 
andere Stände sich gleichfalls von Schweden trennen würden. 
Oxenstiem hatte für diesen Fall längst seinen Entschluss 
gefasst*^^) Er gab dem Feldmarschall Kniphausen, der an 
der Weser stand, und dem schwedischen Gesandten Jacob 
Steinberg die nöthigen Aufträge. 

Schwedeti; so stellten die Beauftragten dem Herzoge 
vor^ habe als Inhaberin des Erzstiftes Magdeburg das ßecht, 
Kreistage in ^Niedersachsen auszuschreiben und zu leiten. 
Der Herzog wollte nicht Schweden sondern den gefangenen 
Administrator als Besitzer des Erzstiftes anerkennen und 
stützte seiQe Befugniss, den Kreistag zu berufen ^ auf die 
Kreisverfassuug, nach welcher im ßehinderungsfalle des 

3«) lieber das Folgende s. Chemnitz II, 18—19 und Pufendorf 
V, § 13. 

^ Dies zeigt ein Bericht des Ntirnbergischen Gesandten Strass- 
bntger über eise Unterredang mit Oxenstiem. Soden II, 6. 

^ 2* 



20 

ausschreibenden Standes die nächsten dazu berechtigt seien. 
Es war eine mttssige Disputation. Bezeichnend genug daf&r 
ist eine Aeusserung der schwedischen Vertreter bei dieser 
Gelegenheit Die Kreisyerfassungen, bemerkten sie, obwohl 
sie selbst ihr Recht aus diesen hergeleitet hatten-, gehörten 
wohl mit zu den Zielen des Krieges, seien aber nicht das 
geeignete Mittel, denselben zu führen. Nicht das Recht 
sondern die grössere Macht gab den Ausschlag. Schweden 
drohte den Zusammentritt des Kreistages nöthigenfalls durch 
militärisches Einschreiten zu rerhindem. Der Herzog musste 
sich bequemen, den Kreistag wieder abzuschreiben. 

So sehr man sich schwediseherseits bemühte, den Schein 
der Rechtmässigkeit zu wahren, das Verfahren war gewalt- 
thätig und ward denn auch ein Angriffspunkt für die Gregner 
und als Beweis hingestellt, ^s) dass Schweden sich zum 
bleibenden Herrn von Deutschland machen wolle. Allein, 
wie die Verhältnisse lagen, war es für den schwedischen 
Staatsmann unvermeidlich, wenn er sein Ziel erreichen 
wollte. Um ähnliche Versuche für die Zukunft in diesen 
Gegenden zu verhüten, beauftragte Oxenstiern, ^^) da er selbst 
sie nicht hinreichend im Auge behalten konnte, den erwähn- 
ten Steinberg und Johann Salvius, die schwedischen Inter- 
essen in Niedersachsen zu vertreten, während er Pommern 
unter die Aufsicht des Sten Bielke stellte. Dass er sich 
nicht weiter bemühte, den widerstrebenden niedersächsisehen 
Kreis zu dem geplanten Bunde hinzuzuziehen, sondern sich 
begnügte, ihn unschädlich gemacht zu haben, ist aus den 
obwaltenden Umständen wohl erklärlich. 

Wichtiger noch für die Neugestaltung des protestan- 
tischen Deutschlands musste es sein, welche Stellung der 
Kurfürst von Sachsen einnehmen würde sowohl wegen seiner 
eigenen Macht wie seines Einflusses auf die übrigen Glieder 
der Partei. Sein zögerndes ;Verhalten dem Reichskanzler 
gegenüber zeigte schon, dass seine Neigungen nicht eben 



3«) Bericht des Nicolai an Salvius d. d. Dresden 24. April 1633 
bei Söttl III, 368. 

39) Chemnitz II, 19—20. 



. ^ 



21 

^ ^ schwedenfreundlich waren. Von der Besprechung mit dem 
^ brandenburgischen Kurfürsten schien nach seinen eigenen 
j ^ Worten die Entscheidung abzuhängen. Noch bevor er aber 
^i^ mit jenem zusammenkam, nahm er bestimmter Partei. Am 
.5. Februar, also einen Tag später als Georg Wilhelm, sandte 
auch er ein Schreiben ^^) an die oberländischen Stände. 
Das beabsichtigte Werk, hiess es in demselben, gehöre auch 
nach der Ansicht des Reichskanzlers auf einen allgemeinen 
Convent Die besondere Zusammenkunft, welche man vor- 
habe, errege die grössten Bedenken. Sie möchte jenem durch 
CoUision hinderlich werden, in Folge der partiellen Bethei- 
ligung ferner die auswärtigen Mächte abhalten, sich in die 
deutschen Wirren einzulassen, und endlich den Gegnern 
Muth einflössen, unter den Ständen selbst dagegen Befürch- 
tungen wachrufen. 

Johann Georg arbeitete damit Oxenstiern geradezu ent- 
gegen. Er verlangte einen allgemeinen Convent und hatte 
doch seither nichts gethan, einen solchen zu Stande zu 
bringen, hatte dem schwedischen Staatsmann, der es wünschte 
sich nicht angeschlossen. Es war eine leere Redensart, nur 
der Ausdruck für den Gegensatz Sachsens zu Schweden. 
Die Haltung des Kurfürsten auf der bevorstehenden Zusam- 
menkunft mit Brandenburg konnte nach diesem Schritte 
kaum einem Zweifel unterliegen. Die Vorgänge in der 
sächsischen Hauptstadt traten nun in den Vordergrund der 
politischen Ereignisse. Kurz nach Beendigung seiner Gonfe- 
renzen mit dem Reichskanzler muss Georg Wilhelm nach 
Dresden aufgebrochen sein, denn schon am 10. Februar 
finden vnr ihn in Unterhandlung mit Sachsen. 4^) 

Der erste Gegenstand der Berathung betraf auf Vorschlag 
des letzteren den Frieden, üeber die Nothwendigkeit desr 
selben war man bald einig ; die zweite und schwierigere 
Frage aber war die Art der Bewerkstelligung. Das Begehren, 
sich über Ort und Zeit der Friedensverhandlungen zu äussern, 
wies Brandenburg sofort als eine Angelegenheit sämmtlicher 



«) Bei Chemnitz U, 62. 

*^) Das Folgende nach Chemnitz II, 22 — 27. 



22 

BetheiUgter zurttek. Au8 demselben Grunde bezeichnete es 
eiue Aufstellung von Friedenftbedingnog^ als vergebliidie 
Mtthe und lehnte eine Auslassung über dieselben seinerseits 
ab, willigte jedoch auf das Drängen Sachsens ein, das« dieees 
einen Entwurf zu denselben rerfasste. So wurde denn ein 
solcher wirklich [ausgearbeitet. Nach dessen Anfertigung 
machte der Kurf&rst Ton Brandenburg auf dem Rande des 
Schriftstückes zu jedem Punkte seine „Erinnerungen"**); 
dabei aber verwahrte er sich ausdrflcklich, das er hierdureh 
einem Betheiligten vorgreifen oder «ich selbst ii^endwie an 
die Bestimmungen binden wolle, und stellte femer die Be- 
dingung, dass dieselben nur nach einem vorhergehenden 
Beschluss aller an der Sache Betheitigten der Gegenpartei 
mitgetheilt werden dürften. An dem ganzen Entwurf hatte 
er auszusetzen, dass auf die Krone Böhmen zu wenig Rfiok- 
sieht genommen sei Die Verhältnisse dieses Landes zu regeln, 
eracht^e er schon desshalb für nöthig, damit es nicht noch- 
mals Anlass zu Unruhen gebe, die sich bei seiner Lage «ehr 
leicht auf das Reich ausdehnen könnten. Aber ein weit 
wichtigerer Grund noch liess es ihm geboten erscheinen^ sieh 
Böhmens anzunehmen. Um das Recht der freien Religions* 
Übung zu sichern, müsse man nicht nur auf staatsrechtliche 
Gleichstellung sondern auch auf numerisches Gleichgewicht 
der Kurfbrsten beider Bekenntnisse sehen. Im Ansohluss 
hieran kam Georg Wilhelm auch auf die pfälzische Sache 
zu sprechen. Ihr Verhalten zu derselben meinte er als 
selbstverständlich annehmen zu können. Mit Hinweis darauf, 
dass sie beide die Acht Friedrichs V. sowohl wie die Über- 
tragung seiner Kurwürde auf Baiern mehrmals für unge- 
setzlich erklärt, und dass den Evangelisehen unter Fort- 
bestand dieser Veränderung Vergewaltigung drohe, forderte 
er den sächsischen Kurfürsten auf, den Pfalzgrafen Ludwig 
Philipp gleich jetzt als Administrator der Kurpfalz anzuer- 
kennen. Johann Georg war mit diesen Ansichten prinzipiell 



*2) Diese projectirten Friedensbedingungen hat Chemnitz nicht 
mitgetheilt; er urtheilt über sie als „ziemlich, und vor die protesti- 
rende Char-Fürsten and Stände nicht uneben geatellet** 



•^B^w^?^:^^. 



28 

einverstaiiden , hielt es aber nicht für rathsam, sie vor den 
Friedensverhandlungen geltend zu machen, um die Erbitterung 
der Gegner nicht dadurch noch. zu vergrdssern und die Ver- 
handlungen selbst in Frage zu stellen. Brandenburg blieb 
bei seiner Fordeining; es meinte, die Erbitterung des Feindes 
habe so schon den höchsten Grad erreicht, und man würde 
ihn doch nur durch gewaltsame Nothigung zur Nachgiebigkeit 
bringen. Ueber diesen Punkt konnten beide Fürsten sich 
nicht einigen und liesisen ihn unerledigt. 

Zur weiteren Berathung stellte Johann Georg den Antrag, 
einen Convent aller evangelischen Stände zu berufen, der 
über die entworfenen Friedensbedingungen und die Mittel 
znm Unterhalt der sächsischen Armee beschliessen sollte. 
Er nahm damit offenbar die Leitung der evangelischen 
Partei als eine selbstverständliche Sache in Anspruch. Von 
Brandenburg darauf aufmerksam gemacht, dass man vorher 
über die Stellung Schwedens und das Directorium zu ent- 
scheiden habe, erwiederte er, der Reichskanzler werde gegen 
die Uebemahme desselben durch ihn nichts einzuwenden 
haben, zumal der allgemeine Convent gewissermassen die 
Fortsetzung des Leipziger sein würde, auf dem man ihm die 
Ausschreibung einer anderweitigen Zusammenkunft über- 
tragen habe. Die Zwischenzeit mit ihren folgenschweren 
Veränderungen war also in »einen Augen von keinem 
Belang. Aus dieser Anschauung heraus äusserte er auch 
über Gustaf Adolf, derselbe habe nur wegen seiner unver- 
^^icliliehen Kriegserfahrung die Leitung der Execution ihres 
einhellig gefassten Beschlusses erhalten unbeschadet der 
kurfllrstlichen Hoheitsrechte. Diese bezeichnete er als ge- 
fährdet ^ wenn die oberste Leitung jetzt in fremde Hände 
übergehe, und sprach sich in der entschiedensten Weise 
gegen die Führerschaft Schwedens aus, das sich zugleich 
die unbeschränkte Entscheidung über Krieg und Frieden 
aamassen wolle. Die Hegemonie aber, welche er Schweden 
streitig machte, wollte Georg Wilhelm ihm nicht zugestehen. 
Dartiber geriethen beide Kurfürsten in heftigen Streit; 
schliesslich kamen sie dahin Überein, auch die Berufung 
eines allgemeinen Convents bis auf weiteres auszusetzen. 



24 

Obwohl die Meinungsverschiedenheit beider, die sie nidit 
hatten ausgleichen können^ sich auf nichts anderes bezog ais 
die Stellung Schwedens bei weiterer Theünahme am Kampfe, 
wurden doch noch die drei Vorschläge Oxenstiems zam be- 
sonderen Gegenstande der Discussion gemacht Der Kur- 
ftlrst Yon Brandenburg erklärte, dass eine weitere Möglich- 
keit, das begonnene Werk fortzusetzra, sich schwer finden 
lassen würde. Johann Georg nannte den ersten Vorschlag 
unverantwortlich, den letzten unausführbar, den zweiten, 
nach welchem Schweden und Sachsen gleichberechtigt neben 
einander stehen sollten, sehr schwierig. Diese Aeusserung, 
welche aussieht, als wollte er wieder einlenken, war aber 
auch sein letztes Wort; er wiederholte nur noch die dem 
Reichskanzler gegebene Versicherung, welche ihm schon 
zur geläufigen Phrase geworden war, seine Verbindung auf- 
recht erhalten und nicht ohne Schweden Frieden schUessen 
zu wollen. 

Als ob sie möglichst unpraktisch, aber gründlich hätten 
zu Werke gehen wollen, fingen die Kurfürsten jetzt an zu 
erwägen, ob sie im Stande seien, selbstständig den Krieg 
zu fähren, und ob sie im Fall des Unvermögens sich (run- 
der Hülfe bedienen sollten, Ueberl^ungen, die ihren Bera- 
thungen, soweit sie den Krieg betrafen, nothwendiger Weise 
vorausgehen mussten. Zu dem Zweck Hessen sie umstäad- 
liche Gutachten aufsetzen und beschlossen auch, ein solches 
vom General Arnim einzuholen. Der Verlauf dieses Theils 
ihrer Bröiierungen ist uns unbekannt und kann auch so 
ziemlich gleichgültig sein, da das Ergebniss an dem bereits 
ausgesprochenen Standpunkt beider nichts änderte.^^) Zum 
Schluss verhandelte man noch darüber, ob eine offensive 



*^) Chemnitz, der allein ausführlicher über die Conferenz berich- 
tet, bringt nur das brandenburgische Gatachten (II, 26). Dieses hält 
68 für unmöglich, daas die Evangelischen allein dem Feinde erfolg- 
reichen Widerstand leisten könnten, and für besser, sich in den Schatz 
aaswärtiger Mächte zu begeben, „sollte gleich eine particul des Eeichs 
darüber weggehen, als das Reich in seiner Politischen Verfassung 
mit Oppression und Eliminirung der evangelischen Religion zn 
erhalten.'' 



25 

oder defensive Kriegsf&hrung zweckmässiger sei^ wobei man 
sich für erstere entschied. 

Hiermit erreichten die unerquicklichen Verhandlungen 
zwischen den beiden Kurfürsten ihr Ende; vier volle Wochen 
hattoi sie sich, da sie alle schriftlich gefbhii; wurden, hin- 
gezogen, ohne das geringste Resultat zu erzielen. Friedens- 
bedingungen und Eriegsplan waren entworfen, das, worauf 
es ankam, Stellung zum Kaiser und zu Schweden zu nehr 
m^i, war entweder gar nicht zur Sprache gebracht oder zu 
keinem>klaren Abschlüsse geführt. Der Kurfürst von Sachsen 
zeigte seine Abneigung gegen Schweden zwar unverhohlen, 
aber er machte weder einen ernsthaften Versuch, dasselbe 
auf dem Wege sei es der Verständigung sei es der Gewalt 
vom deutschen Boden zu entfernen, noch war er einsichtig 
genug, dessen Einfluss zu beschränken, indem er neben dem- 
selben den seinigen zur Geltung brachte; seine Halbheit 
offenbart sich so recht darin, dass er Oxenstiern widerstrebte 
und doch sich um dessen Hülfe geg^n die Wallensteinische 
Armee bemühte.^^) 

Auch fremde Mächte hatten sich an der Conferenz be- 
theiligt. Gleich im Anfang fand sich ein dänischer Vertre- 
ter, Detlev von Reventlow, in Dresden ein. Der König von 
Dänemark, schon zu Lebzeiten Gustaf Adolfs für die Ver- 
söhnung der Parteien eifrig thätig, machte auch nach der 
Lützener Sehlacht die grössten Anstrengungen, seinen Frie- 
densvorschlägen überall geneigtes Gehör zu verschaffen. ^*) 
In einem Seh reiben vom 1. December 1632 machte er sich 
beim Kaiser zur Vermittelung anheischig, und in einem an- 
deren von demselben Tage fordeiie er den Herzog von 



^) Abelin, Theatrum Europaenm III, 25. Khevenhiller XII, 260 
u. 503. Chemnitz II, 20—21, 28. Pufendorf (V, §31) lässt ihn dabei 
im IntereBse des Kaisers arbeiten, der ihm die Bisfhtimer Bremen, 
Verden and Btttsow (Schwerin) fUr seinen Sohn und die Bestätigung 
eines zwischen ihm nnd den Hamburgern strittigen Elbzolls ver- 
sprochen habe, wenn er einen fli^ den Kaiser vortheilhaften Frieden 
zugleich mit Entfernung der Schweden vermitteln könnte. Indessen 
ist diese Angabe mit Vorsicht aufzunehmen, da Pufendorf stets gegen 
die Dänen Partei nimmt Vgl. Häberlin - Senkenberg XXVI, 564. 



26 

Friedland auf, seinen Herrn einem friedlichen Ausgang ge- 
neigt zu machen. Dasselbe Anerbieten wie dem Kaiser 
übersandte er am 24. December den Kurf&rsten Ton Sachsen 
und Brandenburg und Hess es zu gleicher Zeit durch s^ne 
Reichsräthe dem Oxenstiem ttbermitteln. Diese legten im 
Anschluss daran dem Reichskanzler die Bitte vor, er möchte 
ihrem Könige seinen guten Rath geben, wie die Friedens- 
Verhandlungen erfolgreich ins Werk zu setzen seien. Wir 
sind nicht unterrichtet, wie man sonst den Antrag des 
Königs aufnahm ; Oxenstiem aber antwortete am 4. Februar 
1633 während seines Aufenthalts in Berlin. Da nicht nur 
das Interesse Schwedens, sondern auch das der deutschen 
^ände dabei in Frage komme, führte er aus, und er nicht 
eigenmächtig ohne sie vorgehen könne, so mttsse er sich 
erst mit ihnen verständigen. Wenn dies geschehen, woUe 
er das Resultat den Reichsräthen mittheilen. Doch, fUgte 
er gleich hinzu, mtLsse man erst des Feindes Absichten aus- 
forschen und sich darüber vergewissern, ob. er der Krone 
Schweden und ihren Verbündeten eine gebührende Genng- 
thuung und die nöthigen Garantien ftir dieselbe zu geben 
gesonnen sei; bisher habe er den Frieden nur im Munde 
geführt, um die Evangelischen zu trennen, lieber Zeit und 
Ort der Verhandlungen könne man sich dann leicht ver- 
gleichen. 

Sein Ziel weiter verfolgend sandte nun Christian IV. 
zu der Zusammenkunft der Kurfürsten in Dresden seinen 
Rath Reventlow. Dieser entledigte sich seines Auftrags am 
1 0. Februar. Derselbe ^*) bestand in , dem früheren Erbieten 
des Königs, zu dem ihn die allgemein verderbliche Wirkung 
des Krieges und die Hoffnung, dass beide kriegführenden 
Theile des Kampfes müde seien, veranlasst habe. Der Bitte, 
den Vermittelungsvorschlag in Erwägung zu ziehen, wurde 
von den Kurfürsten willfahrt. Am 12. bereit gab Georg 
Wilhelm seine Antwort, die ganz im Sinne des Reichskanzlers 
gehalten war. Nachdem er seine friedlichen Intentionen 
versichert und betheuert, dass er nur durch die äusserste 

**) bei Chemnitz II, 26 — 32. 



2T 

Noth gedrungen die Waffen ergriffen habe, erhob er Zweifel 
an dem Ernst der friedlichen Neigungen der Gegner, die 
ihm nur Spaltungen in der evangelischen Partei hervor- 
zumfen bemftht schienen, und drang vor allem auf Gewähr 
fftr die Aufrichtigkeit der gegnerischen Erbiqtungen. Nach 
Erfüllung dieser Vorbedingung versprach er, sich bei seinen 
Bundesgenossen filr den Frieden verwenden zu wollen. Es 
liegt die Vermuthung nahe, dass der Kurfürst mit dem 
Antwortschreiben Oxenstiems nicht unbekannt war und auch 
mit diesem Qber die Angelegenheit in Berlin conferirt hatte. 

Johann Georg gelangte vielleicht unter dem Einfluss 
der entgegengesetzten brandeubnrgischen und dänischen 
Anschauungen erst später zu einer Entschliessung. Am 18. 
Februar ertheilte er dem Gesandten seine Antwort, die er 
zugleich schriftlich durch diesen dem dänischen Könige 
übermitteln liess.^ß) Er stimmte den dänischen Ansichten 
völlig bei und sprach seine Bereitwilligkeit aus, die Ver- 
mittelung anzunehmen. Von Misstrauen gegen die Ehrlich- 
keit der Bereitwilligkeit des Kaisers zum Frieden äusserte 
er nichts. Weitere Beziehungen zwischen den Kurfürsten 
und dem Könige fanden auf dieser Gonferenz nicht statt 

Bald nach der Entlassung des dänischen stellte sich 
der französische Bevollmächtigte de la Grange aux Ormes 
in Dresden ein*''), der einige Tage zuvor in Halle mit 
Oxenstiem eine Gonferenz gehabt hatte. Durch ihn Hess 
der König von Frankreich den Kurfürsten zunächst seine 
Vermittelung anbieten, die er zu Gunsten der unterdrückten 
Stände anzuwenden versprach. Da aber die Gegenpartei, 
Hess er weiter vorstellen, schwerlich sich freiwilHg zu 
einem billigen Frieden verstehen würde, was die einlaufen- 
den Nachrichten über ihre neuen Rüstungen bestätigten, so 
müssten «die Evangelischen vor allem vor Zwistigkeiten 
unter einander^ auf welche die Feinde ihre Hoflftiung setz- 
ten, auf der Hut sein und sich vielmehr einmttthig zu kräf- 

*•) Ohursachsen Schreiben und Vortrag durch Abgesandte an 
König in Dänemajk etc. Londorp IV, 296—98. 

^7) Die Verhandlungen des französischen Gesandten bei Chemnitz 
II, 28— 28 u. Damont, Corps universel diplomatique. T. VI. P. 1, 44—48. 



28 

tiger Gegenwehr vereinigen. Zu einem wirksamen Ein- 
greifen in den Gang der Ereignisse erachte er eine straffe 
Organisation ihrer Kräfte fttr unerlässlich und dazu wiederum 
bedürfe es einer einheitlichen Leitung. Da diese der rer- 
storbene König bisher gehabt, auch die meisten eroberten 
Länder und die grösste Kriegsmacht die Krone Schweden 
jetzt in Händen habe, so gebühre letzterer das Directorium.^^) 
Die neue Regelung der Verhältnisse schlug der Gesandte 
Tor, auf einem allgemeinen Gonvent yorzunehmen, und 
deutete zugleich auf den nach Ulm ausgeschriebenen als 
passende Gelegenheit. Zum Schluss drückte er seine Be- 
friedigung darüber aus, dass die Kurfürsten der römischen 
Königswahl bisher ihre Zustimmung versagt hätten, und 
gab seinen Wunsch zu erkennen, dass man bei derselben 
auf eine beiderseits genehme Person hinwirken möchte. 

Das Anbringen fand wie das des dänischen Königs eine 
verschiedene Aufnahme. Am 26. Februar erfolgte die Ant- 
wort beider Fürsten. Johann Georg betonte die Nothwen- 
digkeit des Friedens, der natürlich allgemein, ehrenvoll und 
aufrichtig sein müsse. Das Directorium, erklärte er rund 
heraus, indem er dieselben Gründe anführte wie Branden- 
burg gegenüber, könne er Schweden nicht einräumen und 
erwarte, dass der Reichskanzler und der französische Ge- 
sandte nach Ueberlegung seiner Beweggründe es ihm zuge- 
stehen würden. Ferner gab er den Entschluss kund, auf 

^) Nach Hurter (Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner 
Eitern. XI, 8), der sich auf Siri (Memorie recondite VII, 584) stützt 
wnrde de la Grange schon am 22. Nov. n. St. an den sächsischen 
Kurfürsten mit der Aufforderung geschickt: nunmehr möchte er die 
Sache wider den Kaiser in die Hand nehmen , Oxenstiem jedoch in 
seiner bisherigen Stellung belassen. Diese Angabe beruht wahr- 
scheinlich auf einem Irrthume. Die Beseitigung der schwedischen 
Leitung ist allerdings später das Ziel der französischen Diplomatie, 
aber noch in der Berathung Biehelieus mit seinem Könige am Anfang 
des Jahres 1633 über die künftig zu befolgende französche Politik 
ist davon nicht die Rede. Zuerst findet sich jene Absicht ausge- 
sprochen in der Instruction des Feuquiöres, welche er am 3. Februar 
n. St. erhielt. Sie scheint also erst später gefasst und dem de la 
Grange zur Zeit seiner Thätigkeit in Dresden noch nicht mitgetheilt 
zu sein. 






29 

vielfache Bitten, welche ihm zugegangen seien, die evange- 
lischen Stände zu einer Zusammenkunft zu berufen, durch 
welche der frühere Zustand, wie er zur Zeit des Leipziger 
Convents gewesen, wiederhergestellt werden sollte. In Be- 
treflf seiner Ansicht vom Ulmer Convent verwies er auf sein 
Schreiben an die betheiligten Stände. Für seine Missbilli- 
gung der römischen Königswahl, schloss er, habe er seine 
triftigen- Gründe gehabt ; sein künftiges Vorhalten in dieser 
Angelegenheit liess er unberührt. 

Georg Wilhelm dagegen zeigte sich mit den vom fran- 
zösischen Beauftragten entwickelten Ansichten einverstanden. 
Er fügte nur hinzu, dass dem künftigen Oberhaupte ein be- 
rathender Ausschuss der Stände für alle Kriegs- und Frie- 
densangelegenheiten zur Seite gesetzt werden müsste; die 
Entscheidung darüber, ob nur ein Bund gebildet und in die- 
sem Falle Schweden die Führerschaft übertragen werden 
solle, stellte er dem Urtheil aller Betbeiligten anheim. 

Dies waren die Veirichtungen auf der Dresdener Con- 
ferenz. Aus Friedensliebe und Patriotismus angeblich, mit 
denen sich aber nicht wenig egoistische Absichten verban- 
den, lehnte der sächsische Kurfürst es ab, mit Schweden 
zusammenzugehen, wozu ihm Oxenstiein die Hand geboten 
hatte. Die noth wendige Folge konnte nur die sein, dass 
sich ein Antagonismus zwischen beiden bildete. Unter den 
augenblicklichen Verhältnissen musste derselbe sich haupt- 
sächlich darin äussern, dass jeder die übrigen Stände auf 
seine Seite zu ziehen suchte. Schon dadurch aber, dass 
Johann Georg in dieser Hinsicht während der langen Dauer 
der Conferenz nichts gethan, hatte er den Reichskanzler 
einen bedeutenden Vorsprung gewinnen lassen. 

Dieser hatte! die Zeit während der schleppenden Ver- 
handlungen besser zu benutzen verstanden und die Initia- 
tive, welche er von Anfang an ergriffen hatte, nicht aus der 
Hand gegeben. Den Versuch, Sachsen dem schwedischen 
Interesse geneigt zu erbalten, gab er Brandenburg anheim 
und verliess^d) am 5. Februar Berlin, um Süddeutschland 



*ö) Chemnitz H, 21, 22. 



3i» 

zur Abhaltung des ausgeschriebenen Convents wieder auf- 
zusuchen. £r nahm seinen Weg über Halle, wo er dem 
französischen Gesandten de la Grande die oben erwähnte 
Audienz ertheilte, dann Über Erfurt, Schleuj^ingen , Königs- 
hofen und Schweinfurt nach Wttrzburg, wo er aro 19. Fe- 
bruar anlangte.*^®) 

Er fand die Lage der Dinge einigermassen verändert 
Die Baiem unter Aldringer waren über den Lech gegangen 
und begannen die Gegend von Ulm unsicher zu machen, 
wohl nicht ohne die Absicht, den Convent za verhindern. 
Oxenstiern sah sich dadurch genöthigt, denselben zu ver- 
legen. Auf Wunsch einiger in Würzburg anwesenden Stände 
bestimmte er nun Heilbronn zum Versammlungsort und 
setzte den Anfang der Zusammenkunft auf deu 1. März, 
wovoii er die Mitglieder der vier Kreise am 20. Fdbruar 
benachrichtigte. 

Wichtiger für das Zustandekomoien des schwedischen 
Projects war die Gesinnung, welche das obere Deutschland 
demselben entgegenbrachte, und die in der Zwischenzeit in 
vielfachen Besprechungen laut geworden war; leider sind 
unsere Nachrichten darüber sehr mangelhaft Der schwe- 
dische Statthalter des fränkischen Kreises hatte die Staude 
desselben seinem Auftrage gemäss., allerdings aus uns un- 
bekannten Gründen erst im Februar, wieder nach Würzburg 
einberufen zu einer Yorberathung über die drei frühereu 
Punkte. Li einem Gutachten l^en sie ihre Ansichtea 
nieder. ^1) Sie erklärten die Bildung eines Kreisraths für 
das geeignetste Mittel, eine Vereinigung zwischen der Krone 
Schweden und den Ständen herbeizuführen. Er sollte sich 
zusammensetzen aus einem Präsidenten, den Schweden, und 



«>) Chemnitz II, 32—34. 

*») Londorp IV, 293—95. ünvotgreifliches Gutachten über die 
von der kgl. Maj. zu Schweden zur Deliberation ausgeschriebenen 
3 Hauptpunkten etc. Soden II, 14 — 17. Die Zeit der Berathang 
geben die Qaellen verschieden an. I>ie StSnde wurden nach Sodem 
auf den 4. (14.) Febniar nach Wü]^z4^g besefaieden, der Kreistag be- 
gann aber erst am 10. (20.) Febr. und dauerte bis zum 17. (27 .> Febr. 
Das Gutachten bei Londorp ist vom 7. Febr. a. St. datirt 



"^^wm 



31 

vier Assessoren, von denea je einen die Fürsten, Grafen, 
Beiohsstädte und Ritterschaft zu ernennen hätten. Als Sitz 
desselben schlug man Würzburg:, Rothenburg und Schwein- 
furt vor. Seine Befugniss sollte sieh auf „alle in Kriegs- 
sachen vorfallende Difficultäten und Irrungen" erstrecken. 
Für die Kriegsftthrung einigte man sich, ein Heer von 7200 
Mann zu Fuss und 800 Reiter bis zum 1. (11.) Mai aufzu- 
stellen und zu unterhalten. Die Aufsicht und Justiz über 
dasselbe sowie seine Verpflegung sollte in und ausser dem 
Kreise der Kreisrath in Händen haben und durch verant- 
wortliche Beamte ausüben. Endlich nahmen die Stände, die 
Ernennung aller militärischen Vorgesetzten mit Ausnahme 
eines einzigen für sich in Anspruch. Diese Vorschläge 
machten sie trotz der Gegenbemühungen] des schwedischen 
Statthalters und suchten sie noch in einem Schreiben ^2) an 
Oxenstiern zu motiviren. Sie fanden seine Billigung nicht; 
mit einer so bescheidenen Stellung, wie sie hier Schweden 
angewiesen wurde, dachte er sich nicht zu begnügen. Darf 
man aber nach dem späteren Auftreten der oberländischen 
Stände auf dem Heilbronner Convent schliessen, so waren 
die fränkisdien in ihren Forderungen die gemässigtsten. 

Eine Schweden noch viel mehr widerstrebende Haltung 
nahm die württembergische Regierung ein. Ihre Berathungen 
über das Ausschreiben des Reichskanzlers^^) drehten sich 
zuerst um die Frage, ob man Schweden die Zusammenberu- 
fung der Stände gestatten und zu dem bevorstehenden Con- 
vente erscheinen solle. Nachdem dies Bedenken überwun- 
den war, erhielten die Gesandten Anweisungen 5*), die 
keineswegs für Schweden günstig lauteten. Falls kein Fürst 
in Person erschiene, beanspruchte Württemberg für sich 
den Vorsitz. In Folge des sächsischen Schreibens vom 
5. Februar wollte es femer keine bindenden Verpflichtungen 



52) Londorp IV, 596 d. d. 8. Februar. 

^) Berathangen der württembergischen Räthe den Heilbronner 
Convent betreffend. Londorp IV, 289. 

^) Mitgetbeih vo& Sattier, Geschiohti des Herzogthums Witettem- 
berg unter der Regierung der Herzogen Th. VIII. Beil. 18 d. d. 24. 
Februwr I63a. 



32 

hinsichtlich eines Bündnisses eingehen, sondern alles auf 
den von Kursachsen in gewisse Aussicht gestellten allge- 
meinen Convent verschieben ; mit den nämlichen Worten wie 
der sächsische Kurfürst verwarf es einen engeren Bund, 
und ihm war auch das Directorium zugedacht, kurz der 
ganze Convent zu Heilbronn sollte nur eine Vorberathung sein. 

Aus diesen wenigen Anzeichen sieht man schon, dass 
die Stimmung in den Kreisen nicht gerade schwedenfreund- 
lich und die Aussichten für das Gelingen der Pläne Oxeu- 
stierns nichts weniger als glänzend waren. 

Zu den Verrichtungen des Reichskanzlers in der Stadt 
Wtlrzburg gehörte vornehmlich eine Unterredung mit dem 
französischen Gesandten Feuquiöres. Um diese und flber- 
haupt die ganze spätere Thätigkeit dieses hervorragendsten 
französischen Bevollmächtigten in Deutschland, der in ver- 
hängnissvoller Weise für das Reich wirken sollte, zu ver- 
stehen, ist es nöthig, etwas weiter auszuholen und die ver- 
änderte Stellung der französischen Diplomatie nach dem 
Ableben Gustaf Adolfs kennen zu lernen. 

Die Wendung, welche die Dinge in Deutschland ge- 
nonunen, war dem leitenden Staatsmanne Frankreichs 
durchaus nicht unwillkommen. Richelieu hatte längst die 
Schritte des ihm allzu mächtig werdenden Gothen mit be- 
ständigem Misstrauen beobachtete^) Er hatte in diesem 
nicht nur einen Bundesgenossen gefunden, der seinen Ab- 
sichten auf Deutschland entschieden entgegentrat, sondern 
sogar Gefahr fftr Frankreich von ihm befürchten lernen und 
deshalb schon daran gedacht, selbst dem Schwedenkönige 
mit den Waffen Halt zu gebieten. Der Tod desselben 
machte dies unnöthig und schaffte ihm zugleich wieder 
Platz für seine weitgehenden Entwürfe ; der Kardinal zögerte 
nicht, die günstige Gelegenheit wahrzunehmen. Am 1. Jan. 
1633 n. St. trug er seine Gedanken über die künftige Hal- 
tung Frankreichs den deutschen Wirren gegenüber seinem 
Gebieter vor. 

Alle seine Erwägungen, wenn er sie uns in seinen Me- 



«^5) Pufendorf' IV , $ 65. Vittorio Siri, Mem. recon. Vol. VH, 547. 



33 

moiren*^) wahrheitsgetreu wiedergiebt, gingen ron der Vor- 
aussetzung aus, dass das spanisch-österreichische Haus, falls 
es in Üeutschland und Holland oder auch nur in einem 
Lande sich mit den Gegnern versöhnte und freie Hand be- 
käme, sich zu einem Offensivkriege gegen Frankreich wen- 
den würde. In einem solchen, fürchtete er, würde leichtüch 
die augenblicklich unbedeutende Partei der Königin unÜ des 
Herzogs von Orleans sich furchtbar machen können. Fort- 
setzung des Krieges in Deutschland und Holland, welches 
letztere zur Zeit mit Spanien über einen Waffenstillstand 
verhandelte, stellte er desshalb als oberstes Ziel hin, das man 
verfolgen müsse, und nur die verschiedenen für Frankreich 
mehr oder weniger günstigen Möglichkeiten, dahin zu ge- 
langen, kamen für ihn in Betracht. Das Angenehmste schien 
ihm, wenn er seinen Wunsch durch pekuniäre Unterstützung 
der Gegner der spanisch-österreichischen Monarchie erreichen 
konnte, ohüe dass der französische König offen Partei zu 
ergreifen genöthigt würde, während die Unterstützten sich 
verpflichteten, ihn bei Friedens- oder Waffenstillstandsver- 
handlungen hinzuzuziehen. Sollte aber ohne die unmittel- 
bare Theilnahme Frankreichs am Kampfe die Ermattung 
oder Neigung der antihabsburgischen Parteien einen Aus- 
gleich befürchten lassen, so hielt er es für gerathener, lieber 
mit ihnen im Bunde sogleich mit dem Hause Oesterreich 
zu brechen als einen späteren, sicher erfolgenden Krieg ab- 

, zuwarten, wobei man allein und in der Defensive sich be- 
finden würde. Bei einer directen Betheiligung glaubte er 
nach den Berichten der französischen Gesandten in Deutsch- 
land, sich ausserdem auf die vortheilhaftesten Bündnissbe- 
dingungen Hoffnung machen zu dürfen. Von den deutschen 
Protestanten erwartete er, dass sie sich verbindlich machen 
würden, hinsichtlich der katholischen Religion den Status quo 
ante aufrecht zu erhalten, dem französischen Könige das 
ganze linksrheinische Gebiet von Basel bis zur Mosel und 

• einige rechtsrheinischen Städte anzuvertrauen und ohne 



56) Richelieu, m^moires T. VII (collection par Petitot T. XXVII) 
p. 271 — 77. 

3 



34 

seiae Einwilligung keinen Frieden oder Vertrag zu schliassen; 
von den Holländern verBprach er sich, dass sie bereit sein 
würden, bei allen Eroberungen die vorgefundene Eeligion 
unangetastet zu lassen sowie mit dem Könige vereint die 
Meeresküste anzugreifen und ihm den Besitz zu überlassen. 
Zu den Mitteln, welche der Krieg erforderte, berechnete er, 
würden die Gelder, welche der Staat in Folge des Abfalls 
der Königinmutter und des Herzogs von Orleans einbehalten 
und erspart hatte, hinreichen. 

Dies waren die leitenden Gesichtspunkte, die Richelieu 
dem Könige vorstellte, und welche dessen Billigung fanden. 
Es mag als richtig angenommen werden, dass das Haus 
Habsburg jetzt noch daran dachte und im Stande war, 
Frankreich zu gefährden, so dass dieses sich in der Lage 
der Nothwehr befand, wie ßichelieu es darstellte, die Hoff- 
nungen aber, welche er sich im Fall eines Krieges auf 
Landerwerb machte, die verlockende Schilderung, welche er 
von der günstigen Situation entwarf, einen Machtzuwacbs 
erlangen zu können, verrathen doch deutlich, dass ihm die 
Zeit nur noch nicht geeignet schien, den Kampf aufzunehmen, 
und dass er gesonnen war, sobald er konnte, sich nicht nur 
in den Grenzen der Yertheidigung zu halten und sich zu 
begnügen, die Uebergriflfe der Gegner zurückzuweisen. Sein 
Sinn ging auf eben das Ziel, gegen dessen Verfolgung von 
Seiten der habsburgischen Monarchie er sich schützen zu 
müssen vorgab, seinem Vaterlande eine heiTschende Stellung 
über die übrigen Staaten zu verschaffen. Dies Streben 
brachte ihn dazu, nicht nur Oesterreich-Spanien sondern über- 
haupt jede Frankreich ebenbürtige Macht zu bekämpfen und 
dem Aufkommen einer solchen entgegenzutreten. Aus dem 
Grunde hatte er auch Gustaf Adolf gegenüber in der letzten 
Zeit seine Haltung gewechselt und ihm schon die nach dem 
Bärwalder Vertrage schuldigen Subsidiengelder am 5. (15.) 
November 1632 nicht mehr ausbezahlen lassen. 

Klarer noch als in der Berathung mit seinem Könige 
treten seine Absichten im weiteren Verlauf der Dinge hervor. 
Zu dem Zwecke, den Waffenstillstand in Holland zu vereiteln 
und in Deutschland den protestantischen Bund sich nicht auf- 



35 

lösen zu lassen, schickte ^') der Kardinal zu gleicher Zeit Ge- 
sandte nach den Niederlanden, an den Kaiser, den Kurfürsten 
von Baiern, die drei geistlichen Kurfürsten sowie an die prote- 
stantischen Fürsten Deutschlands und die schwedischen Führer. 
Für die Sendung an die letzteren, welche die wichtigste war, 
ward neben anderen besonders ein Vetter des Pater Joseph 
Manass^s de Pas, Marquis de Feuqui6res ausersehen ^s), der den 
Titel eines ausserordentlichen Gesandten erhielt. Am 3. Febr. 
n. St. empfing derselbe in St Germain-en Laye sein Kreditiv*^) 
nebst einer sehr ausführlichen Instruction. 

Diese letztere ^ö) lässt uns die Ziele, welche die Politik 
Richelieus Deutschland gegenüber im Auge hatte, bis ins Ein- 
zelne erkennen. Im Allgemeinen wurde Feuqui6res wie den 
übrigen franzosichen Gesandten in Deutschland es als Aufgabe 
seiner Wirksamkeit hingestellt, dem französischen Könige die 
Freundschaft der katholischen und protestantischen Fürsten 
zu erwerben, das hiess, sie zum Widerstände gegen den 
Kaiser zu vereinigen. Dazu sollte er ihnen allen seines Herrn 
Besorgniss um ihr Wohl und dessen Absicht vorstellen, ihnen 
zu einem sicheren und billigen Frieden zu verhelfen und 
das Keich in seiner früheren Freiheit und Ruhe wiederherzu- 
stellen. Um ein solches Endziel zu erreichen, dürfe man 
sich nicht verleiten lassen , in einem übereilten Verlangen 
nach Buhe den Versicherungen des Kaisers über seine fried- 
Uchen Absichten Gehör zu schenken; sie zielten nur dahin, 
die Gegner zu trennen und dann zu vernichten. Je mehr 
Ferdinand von Verständigung rede, um so mehr müsse man 
auf der Hut sein. Gegen solche hinterlistige Täuschung 
könne man sich nur durch einmüthiges Zusammenhalten 
schützen. Protestantische und katholische Fürsten, die beide 
gleichen Grund zur Furcht vor Oesterreich hätten, müssten 
sich in gutes Einvernehmen mit einander setzen, die religiösen 
Differenzen ausgleichen und mit Frankreich in ein Bündniss 
treten. Zu dem Ende liess der König seine Dienste anbieten. 
Seine Bemühungen in diesem Sinne wurden damit motivirt, 

*^ Kiehelieu Vn, 277. 

*8) Feuqui^res, lettres et ü^gociations. T. I. Vie p. LXXI. 

*») Feuquiöres I, 5— 6. . ^) Feuqui^res I, 7—29. 



36 

dass er abgesehen von der Ehre, welche er sich erwerbe, 
auf diese Weise seinen und seiner Verbündeten Vorthdi 
besser wahrnehmen könne. 

Zu diesen allgemeinen Verhaltungsmassregeln, welche die 
Bildung einer antikaiserlichen Allianz überhaupt bezweekteu, 
kamen speziellere Anweisungen, wie der Bevollmächtigte die 
einzelnen namentlich die bedeutenderen Stände mit ge- 
schickter Benutzung der jedesmaligen Umstände in JPrank- 
reiehs Interesse zu ziehen und in Abhängigkeit von dem- 
selben zu bringen hatte, femer welches Rangverhältniss der 
ersteh Bundesmitglieder z\\ einander er sich bemühen sollte 
herzustellen. Vor allem ist in dieser Hinsicht wichtig, dass 
Richelieu Schweden die bisherige Führung nicht lassen wollte. 
Feuquiöres wurde beauftragt, den sächsischen Kurfürsten 
aufzufordern, die Leitung der evangelischen Angelegenheiten 
in die Hand zu nehmen, und ihm die gleiche Geldunterstützung 
anzubieten, welche der König von Schweden erhalten hatte. 
Für diesen Beistand sollte Johann Georg dieselben Ver- 
pflichtungen Frankreich gegenüber eingehen, welche einst 
Gustaf Adolf übernommen hatte, besonders bei etwaigen Ver- 
handlungen über Verträge und Frieden seine Zustimmung 
einzuholen und die katholische Religion nicht zu schädigen. 
Ein förmliches Bündniss wie früher mit Schweden wurde 
jetzt mit Sachsen in Aussicht genommen; unterscheiden sollte 
es sich von dem früheren schwedischen hauptsächlich darin, 
dass die ganze antikaiserliche Partei miteinbegrifi'en würde, 
lieber den Inhält desselben erhielt der Gesandte eine eigene 
Instruction, öl) Ausserdem hatte er den Kurfürsten zu dem 
Versprechen zu veranlassen, dass er bei Friedensunterhand- 
lungen die Vermittelung Frankreichs nach Kräften befttr- 
' werten wolle; auch für den Fall eines Ausgleichs zwischen 
protestantischen und katholischen Ständen war ihm vor- 
geschrieben, dem Könige die Rolle des Vermittlers zu ver- 
schaffen zu suchen. Nach Abschluss des Bündnisses wurde 
ihm der Auftrag ertheilt, die römische Königswahl zur 
Sprache zu bringen, auf ihre Verzögerung hinzuarbeiten, worin 



ö*) Diese ist bei Feuqui^res nicht, mitgetheilt. 



37 

man die stärkste Waffe gegen das Haus Oesterreich habe, 
und eine gegenseitige Verpflichtung herbeizuflihren, für die 
Wahl einer beiderseits genehmen Persönlichkeit zu wirken. 
Wen der König dabei im Sinne habe, darüber sollte Feu- 
quiSres sich nicht aussprechen und dem Kurfürsten die 
Meinung zu benehmen bestrebt sein, dass jener an sich selbst 
dächte, falls er aber genöthigt würde, sich dahin erklären, 
dass Frankreich sich der kurfürstlichen Ansicht anschliessen 
wolle. Sodann wurde auch die Frage über die künftige 
Vermählung der schwedischen Prinzessin von der fran- 
zösischen Politik in Berechnung gezogen. Das französische 
Kabinet nahm an, dass Johann Georg auf eine Verbindung 
seines älteren Sohnes mit Christine reflectirte. Der Bevoll- 
mächtigte wurde angewiesen, wenn der Kurfürst über diesen 
Punkt Auskunft zu haben wünschte, sich zu seinen Gunsten 
zu äussern. Auf diese Weise, lautete die Instruction, könnte 
Sachsen, schon verbündet mit Dänemark, die zwischen diesem 
und Schweden schwebenden Zwistigkeiten beseitigen, dadurch 
zu grosser Machtstellung gelangen und zum Kivälen des 
Hauses Oesterreich werden. Um aber die protestantische 
Partei, hiess es sofort weiter, nicht eines Tags zu mächtig 
zu sehen, dürfe man französischerseits diese Sache nicht 
beschleunigen; und noch aus einem anderen Grunde wollte 
man sich in dieser Beziehung freie Hand lassen. Man 
Raubte, dass auch Oxenstiern für seinen Sohn die gleiche 
Absicht habe wie Johann Georg, und wollte ihn gerade 
hauptsächlich durch das Versprechen der Unterstützung sich 
verbindlich machen. 

Um sich der Gefügigkeit Brandenburgs zu versichern, 
sollte FeuquiÄres sich speziell des Umstandes bedienen, dass 
die Schweden in Preussen, Brandenburg und Pommern, das 
nach des regierenden Herzogs Tode an den brandenbur- 
gisehen Staat fallen musste, die Holländer in der Clevischen 
Erbschaft die Hauptplätze in Besitz hatten, und für den 
Anschluss an den antikaiserlichen Bund dem Kurfürsten 
versprechen, dass der König sich in dieser Angelegenheit 
bei den beiden Mächten für ihn verwenden würde. G^org 
Wilhelm wurde ausser einem Bündniss mit Frankreich sogar 



38 

zQgemuthet, class er sich unter dessen Protection stellen 
würde. Hinsichtlich der römischen Königswahl und der Ver- 
mittelung Frankreichs sollte ihm der Gresandte dieselben 
Verpflichtungen abnehmen wie Sachsen. Merkwürdiger Weise 
wurde das brandenburgische Project, den Kurprinzen mit 
der schwedischen Thronerbin zu vermählen, unberücksichtigt 
gelassen, was bei der wenig gewissenhaften Politik des 
französischen Staatsmannes sich wohl nur dadurch erklären 
lässt, dass es ihm unbekannt war; sonst würde er es wohl 
in seinem Interesse auszubeuten versucht haben. 

Um den Reichskanzler trotz der Beschränkung der 
schwedischen Macht den französischen Plänen geneigt zu 
macheU) waren ihm persönliche Begünstigungen zugedacht 
Das wirksamste Mittel meinte man in der Versicherung zu 
haben, dass man seine vermeintliche Absicht^ seinen Sohn 
auf den schwedischen Thron zu erheben, unterstützen und 
nach erreichtem Ziele den König gegen Anfeindungen schützen 
wolle. Oxenstiern selbst sollte die Stellung, welche er unter 
Gustaf Adolf gehabt hatte, mit einer gleichen unter dem 
sächsischen Kurfürsten vertauschen. Ausserdem wollte man 
ihm versprechen, durch Zuwendung von Gütern in Deutsch- 
lund für seinen Vortheil zu sorgen. Ihn hoflPte man aber 
noch ganz besonders in den Dienst der französischen Pläne 
zu ziehen ; man erwartete nichts geringeres, als dass er sich 
erbieten würde, die linksrheinischen Plätze, welche Schweden 
besa«S) dem Könige gegen das Versprechen abzutreten, ein 
Heer zu Gunsten der Protestanten aufzustellen und die Plätze 
beim Frieden zurückzugeben. Dass er dazu bereit sein 
würde, mochte man einerseits in Folge des ausserordentlichen 
Danks annehmen, zu welchem man ihn durch die Aussicht 
auf eigenen Gewinn verpflichten zu können wähnte, ander- 
seits aber rechnete man darauf in dem Glauben, dass die 
antihabsburgische Partei jetzt nach Unterstützung sehr ver- 
langen und dieselbe gern annehmen würde. Diese Angelegen- 
heit war Richelieu äusserst wichtig; dem Gesandten wurden 
in Betreff derselben die genauesten Vorschriften gegeben. 
Er hatte den Reichskanzler dahin zu bringen, freiwillig das 
Anerbieten zu machen, die Sache überhaupt so anzugreifen, 



39 

dasß Frankreich durch seine Hülfe noch ein grosses Opfer 
für die Protestanten zu bringen schien und die Meinung nicht 
aufkommen zu lassen, dass es in seinem eigenen Interesse 
handelte. Aus Eifer für sie, so hatte er es hinzustellen, 
wolle es sich nicht weigern, sich -mit dem Schutze einiger 
Plätze zu belasten; ohne diese allerdings könne es kein 
Heer sicher in das Elsass schicken. Dem Bevollmächtigten 
war sdn Benehmen vorgezeichnet, wenn Oxenstiem hier- 
bei auf eigene Faust oder unter Mitwissen Sachsens han- 
deln wollte. Bei günstiger Aufnahme des Projects sollte 
er sogar versuchen, die Unterstützungsgelder in Anbetracht 
der Kosten f&r die Aufstellung des Heeres zu vermindern, 
vor allen Dingen jedoch schnelle Nachricht davon geben, 
damit der König Truppen schicken könne, bei einer ungün- 
stigen aber sich hüten, durch allzu eifriges Bestreben in 
dieser Beziehung eine Entfremdung mit den Deutschen und 
Schweden herbeizuführen, welche jene zu einer Versöhnung 
mit dem Kaiser geneigter machen könnte. Die Plätze, welche 
Frankreich am meisten zusagten, waren Benfeld, Hagenau, 
Schledstadt, Breisach, Trarbach a/Mosel und Kreuznach; 
Mainz wollte man dem Reichskanzler überlassen, wenn er 
es wünschte. 

In der pfälzischen Angelegenheit hatte Feuquiöres darauf 
hinzuwirken, dass Schweden die Pfalz beim Friedensschlüsse 
dem Sohne Friedrichs V. zurückzugeben sich verpflichtete 
oder, was noch vortheilhafter schien, sie sogleich den Königen 
von England und Frankreich oder auch letzterem allein zur 
Vertheidigung übergab. Offenbar lag hierbei das Bestreben 
zu Grunde, wie überhaupt so namentlich an der Grenze jede 
hervorragende Macht zu beseitigen. Hinsichtlich der Wieder- 
herstellung der Pfalz als Kurfttrstenthum hatte der Gesandte 
den Protestanten und Baiem gegenüber zu einem Vergleich 
auf einem allgemeinen Reichstage zu rathen, zugleich aber 
darauf zu s^hen, dass Frankreich nicht genöthigt würde, bei 
den Verhandlungen mit Baiem den Kurfürstentitel aufzu- 
geben; gegen den Herzog Ludwig von Simmern sollte er 
sich mit der Aufsicht, welche jener über seinen minder- 
jährigen Neffen Karl übernommen hatte, einverstanden er- 



40 

klären und ihm zur Wiedereinsetzung in seine ei^ne Herr- 
schaft die französische Unterstützung verheissen. 

Auch die schwedischen Heerführer hatte Feuquiöres 
Auftrag bei Gelegenheit von dem Wohlwollen seines Gte- 
bieters in Kenntniss zu setzen und ihnen besondere Ver- 
günstigungen in Aussicht zu stellen; nicht umsonst, denn 
Richelieu wünschte ihre Stellung in ähnlicher Weise wie die 
Oxenstiems verändert zu sehen. Der Oberbefehl sollte weder 
einheitlich noch in schwedischen Händen bleiben, auf dem 
östlichen Kriegsschauplatze von Herzog Bertfbard von Weimar, 
auf dem westlichen von dem Landgrafen von Hessen -Kassel 
übernommen werden. Diese Anordnung verfolgte, wie ein- 
leuchtet, wieder den Zweck, den französischen Absichten auf 
das linke Bheinufer die Wege zu ebnen. Als bemerkens- 
werthe Punkte sind endlich noch hervorzuheben, dass Frank- 
reich die Subsidiengelder , welche es Schweden schuldete, 
den Antikaiserlichen, falls eine Vereinigung unter ifan^n zu 
Stande käme, auszahlen wollte; sobald aber der geplante 
Bund abgeschlossen sein würde, war dem Gesandten vor- 
geschrieben, über den Friedensschluss anzufragen, und für 
diesen Fall hatte er schon einen Entwurf zu einem Vergleich 
bei sich. Natürlich lag auch hierbei dem französischen 
Staatslenker die Absicht fem, dem unglücklichen Nachbar- 
staate zu Buhe und Ordnung zu verhelfen; ihm war es nur 
darum zu thun, die Gegner des Kaisers in dieser Frage, bei 
der es sich ja um die Verwirklichung seiner letzten Endziele 
handelte, nach Gefallen zu lenken und auszunutzen. 

Es war ein wohlangelegter Plan, mit der erbarmungs- 
losesten Grausamkeit und ohne Scheu auch vor den unred- 
lichsten Mitteln ausgedacht, durch welchen der Kardinal seine 
erobeiiings- und herrschsüchtigen Anschläge zur Ausführung 
bringen und Deutschland in ewige Ohnmacht stürzen wollte. 
Seine Stellung, erkennt man, war jetzt schon eine andere 
als zu Anfang des Jahres. Er war durchaus nicht m^hr 
darauf bedacht, Frankreich nicht unmittelbar in den Kampf 
zu verwickeln; nicht nur war er bereit, bei Erlangung des 
erstrebten Landerwerbs in den Kämpf einzutreten, sondern 
sogar eifrigst bemüht, es dahin zu bringen. 



41 

Die Instruction wies den französischen Gesandten an ^^)y 
geradeswegs und so schnell als möglich sich zum sächsichen 
Jci^urf&rsten zu begeben. Bei ihm vermuthete man franzö- 
siscberseits, würde sich auch Oxenstiern befinden. Wenn 
dieser Sachsen schon verlassen hätte und ihm auf seinem 
Wege nahe käme, sollte Feuqui6res ihn im Vorbeigehen 
aufsuchen, ebenso, wenn es ohne grossen Umweg möglich 
wäre, den Landgrafen von Hessen-Kassel, den er besondei-s 
zur Beschickung einer etwaigen Protestantenversammlung 
aufzumuntern hatte. Es überrascht, dass er trotz dieser 
Vorschrift zunächst in Saarbrücken, Zweibrücken und Kaisers- 
lautem mit dem Grafen von Nassau, dem Herzog von Zwei- 
brücken und dem Herzog von Simmem, ferner in Mainz mit 
dem Rheingrafen Ludwig -Otto und in Frankfurt mit den 
Behörden der Stadt sich in Conferenzen einliess.^^) Von 
Frankfurt brach Feuquiöres nach Wtirzburg auf; er hatte 
erfahren, dass er den Reichskanzler dort treffen werde. Am 
23. Febr. (5. März) kam es zwischen beiden zu einer Unter- 
redung ß*). 

Der französische Bevollmächtigte übergab zunächst Briefe 
von seinem Herrn dem Reichskanzler, aus denen dieser zu 
seiner grossen Befriedigung ersah, dass Frankreich das bis- 
herige Bündniss und gute Einvernehmen mit Schweden fort- 
setzen und die übrigen Verbündeten zu kräftigen Anstren- 
gungen anspornen wolle; sodann versicherte er, was sich 
freilich durchaus nicht so verhielt, es sei ihm von seinem 
Könige ausdrücklich aufgetragen, bevor er mit den verbün- 
deten Fürsten verhandele, über sein Verhalten Oxenstiems 
Rath einzuholen und zu befolgen. Dies wollte er zuerst in 
Betreff des Kurfürsten von Sachsen thun und begehrte zu 
dem Zweck Auskunft über dessen Gesinnung. Er dachte 
wahrscheinlich, auf diese Weise sofort die Zusammensetzung 
der protestantischen Partei zur Erörterung zu bringen. Der 



82) Feuquieres I, 8. 

83) Aubery, Mömoires pour rhistoire du Cardinal de Richelieu 
11, 138 — 41. 

8*) Rapport de Tentrevue de Feuquieres et Oxenstiern 1, 30—50. 



42 

Beiehskanzler erklärte sich dazu bereit, aber erat^ nachdem 
die übrigen Sachen erledigt seien. Feuquiäres kam nun auf 
die Rttstungen der Gegner zu sprechen und wünsehte zu 
wissen, wie man ihnen zu widerstehen gedenke. Oxenstiem 
hielt die vorhandene Anzahl der Truppen für ausreichend, 
rerwies über die BeschaflFung der Mittel zum Unterhalt der- 
selben auf die bevorstehende Versammlung und zweifelte 
bei allseitiger Anstrengung nicht an gutem Erfolge; zugleich 
lud er den Gesandten ein, selbst dazu mitzuwirken, indem 
er sich nach Heilbronn begebe und die Stände zu energischer 
Gegenwehr antreibe. Durch die Gegenbemerkung, dass der 
Kurfürst von Sachsen zu wenig Eifer zeige und auf die 
Friedensvorschläge der Feinde zu sehr höre, veranlasste 
Feuquiöres den Reichskanzler, sich über seine vergeblichen 
Bemühungen bei Johann Georg auszusprechen, dessen zwei- 
deutiges Benehmen er dem Einflüsse seines Schwiegersohnes, 
des Landgrafen von Hessen - Darmstadt zuschrieb. Zu der 
Ansicht, welche er in Dresden geäussert hatte, bei den ver- 
dächtigen Absichten des Kaisers und zum Zweck eines gut^ 
Friedens müsse man sich in einen möglichst wehrhaften 
Zustand setzen, gab Feuquiäres seine volle Zustimmung zu 
erkennen; er versprach, sich in demselben Sinne bei dem 
Kurfürsten zu bemühen, vorher aber nach Oxenstiems Wunsch 
der Versammlung in Heilbronn beizuwohnen. Auf diesen 
Entschluss hin wiederholte dieser seine Aufforderung an ihn, 
die Stände zu einem guten Bunde zu ermuntern; wenn die 
Stände nicht anders als bisher handelten, setzte er hinzu, 
so würde er Deutschland aufgeben und für das Wohl seines 
Landes allein sorgen. Diese Gelegenheit benutzte der fran- 
zösische Gesandte, auf die Bereitwilligkeit seines Königs 
hinzuweisen, ihn mit Geld und Truppen zu unterstützen. 
Darauf ging indessen der Reichskanzler nicht ein. Er be- 
zeichnete es als einen grossen Trost, dass Frankreich nöthi- 
genfalls der protestantischen Partei seine Hülfe nicht ver- 
sagen wolle, und erging sich ' dann in Klagen über die 
Unschlüssigkeit der Deutschen, die es vorzögen, sich zu be- 
rauschen anstatt an ihrer eigenen Sache mitzuarbeiten, und 
wenn sie etwas leisten sollten, den allgemeinen Nothstand 



43 

yorschützten. Nur aus Rücksicht auf sein Vaterland habe 
er die jetzige Last auf sich genommen und mit grösster 
Mühe die Trennung der V^erbtindeten verhindert Feuquiöres 
bezeugte sofort, dass auch sein König den Bestand der Partei 
allein der Bemühung des Reichskanzlers zuschreibe; er sei 
beauftragt, ihm die Stellung Gustaf Adolfs zu yerschaifen zu 
helfen und die Deutsehen zu entschlossenem Aufraffen ihrer 
Kräfte zu bewegen. Dafür aber verspreche er sich, dass 
Oxenstiem die Absicht seines verstorbenen Herrn standhaft 
verfolgen werde. Der Gesandte setzte sich mit der Aeusse- 
rung über die von Frankreich gewünschte Stellung des 
schwedischen Staatsmannes in offenen Widerspruch mit seiner 
Instruction. Vielleicht meinte er dadurch ein geneigteres 
Gehör auf das Verlangen nach dem linken Rheinufer zu 
finden, wenigstens machte er noch einmal einen Versuch in 
dieser Beziehung. Er erkundigte sich, auf welche Weise 
man dem Montecuculi, der in das Elsass einzubrechen drohe, 
genügenden Widerstand entgegenzusetzen denke ; äer General 
Hom sei durch Baiern vollkommen beschäftigt, auf den 
Wunsch Schwedens würde der französische König bereit 
sein, ein Heer in der Stärke von 8 — 10,000 Mann an die 
Grenze zu schicken und, wenn er einen Platz als Stützpunkt 
erhielte, eine hinreichende Truppenzahl zur Unterstützung 
der Evangelischen vorrücken zu lassen. Der Reichkanzler 
zeigte sich über den angeregten Vorgang gut unterrichtet, 
wollte aber das Vorhandensein einer ernstlichen Gefahr von 
dieser Seite nicht erkennen und hielt den Rheingrafen, der 
in der dortigen Gegend stand, dem feindlichen General voll- 
kommen gewachsen; dabei wiederholte er seine Freuden- 
bezeugung darüber, dass man den König eventuell zur Hülfe 
bereit finden würde. Darauf lenkte er die Unterredung auf 
den Herzog von Lothringen, beschwerte sich über denselben, 
dass er in geheimem Bündniss mit den Feinden ihm ent- 
gegenarbeite, und erinnerte an das Versprechen Ludwigs XIII, 
jenen von allen Unternehmungen gegen die antikaiserliche 
Partei abzuhalten. Auf die Erklärung des Gesandten, dass 
sein Herr gegen ihn einschreiten werde, sobald er klare 
Beweise in Händen habe, versprach Oxenstiem, genauere 



14 

Erkundigungen einzuziehen. Sodann fragte er an über den 
Stand der spanisch -holländischen Verhandlungen, Von denen 
er nach seinen Nachrichten befürchtete, dass sie zu einer 
baldigen Verständigung führen würden. Feuquiires war 
darüber unbesoi^ und suchte ihn zu beruhigen, indem er 
ihm die Schritte der französischen Eegierung in dieser An- 
gelegenheit mittheilte. Auf die Anfrage des Reichskanzlers 
über die Lage der französischen Waffen in Italien stellte 
er diese als günstig dar. Zuletzt, scheint es, brachte er die 
privaten Vortheile, welche man dem schwedischen Staatsmanne 
zuwenden wollte, und besonders das Project wegen der Ver- 
mählung der Königin von Schweden zur Sprache, ohne jedoch 
von Seiten Oxenstiems ein Entgegenkommen zu finden.®*) 

Für diesen schien das Resultat der Conferenz überaus 
günstig ausgefallen zu sein. Was konnte er von Frankreich 
weiter wünschen ? Der Gesandte hatte eingewilligt, in Heil- 
bronn zu erscheinen, um seinen Einfluss im schwedischen 
Interesse bei den Ständen geltend zu machen, der König 
verheissen, an dem bisherigen Bündniss festzuhalten, und 
eine militärische Hülfe verlangte der Reichskanzler nicht, 
hatte die angebotene sogar abgelehnt Verwundert aber 
fragt man, wie Feuqui^res sich zu seinen Versprechungen 
herbeilassen konnte, obwohl er ausdrücklich instruirt war, 
Sachsen die leitende Stellung zu vermitteln. Wir haben zur 
Erklärung seines Verhaltens einige Anhaltspunkte. Seinem 
Berichte, welchen er über die Unterredung an- den König 
schickte, fügte er hinzu, ^) man würde wahrscheinlich auf 



ö5) Der Bericht bei Feuqui^res (I, 50) sagt nur allgemein, dass 
die besonderen Anträge des Königs gut aufgenommen seien, Pufen- 
dorf (V, § 18) nnd Christine (bei Arkenholz, Merkwürdigkeiten der 
Königin Christine III, 68), dass Oxenstiern das Anerbieten des Königs 
in Betreft der Vermählung unter dem Vor wände der Bescheidenheit 
ausgeschlagen habe, Aubery (II, 142), der die Verhandlungen der 
Conferenz in zusammenfassenden Zügen wiedergiebt, weiss nichts von 
einer Erwiederung des Reichskanzlers auf den letzten Punkt. Soweit 
uns die Beziehungen der beiden Bevollmächtigten zu einander bekannt 
sind, kamen sie nicht wieder auf diese Sache zurück. 

6«) Nach Aubery II, 143. Leider fehlen in den lettres etc. aus 
dieser Zeit mehrere Depeschen (cf. I, 53, 55 u. 67), eine vom 28. Febr. 



45 

der bevorstehenden Versammlung über die oberste Leitimg 
Besehluss fassen und einen Rath der vereinigten Fürsten 
und Stände einsetzen; in diesem würde ohne Zweifel 
Oxenstiem die erste Stelle beanspruchen. Dabei, meinte er, 
würden sich genug Schwierigkeiten finden, durch die man 
ihn zwingen könnte, zum Dienste des französischen König» 
seine Zuflucht zu nehmen. Offenbar hatte er die Stimmung 
der Kreise, wenigstens des fränkischen erfaliren und glaubte 
wahrscheinlich, bei derai-tiger Beschränkung des Reichs- 
kanzlers sich nicht mehr an seine Vorschriften halten zu 
brauchen und vortheilhafter zu handeln, wenn er dem in 
der Bildung begriffenen Bunde kein Hinderniss in den Weg 
legte. Aus jenen Worten aber geht ferner hervor, dass er 
Oxenstiern nicht so unbedingt zu Willen sein wollte, und 
man kann fast nicht umhin anzunehmen, dass er sich durch 
alle seine Versicherungen gar nicht gebunden hielt, wenn 
man auf sein späteres Auftreten sieht, und wenn man in 
der Antwort des französischen Kabinets auf seinen Bericht ß^) 
liest, er habe wohl daran gethan, die Verhandlungen über 
seine Aufträge zu verzögern, bis er mit de la Grange Rück- 
sprache genommen habe. 

Am 27. Febr. (9. März) verliess Feuquiöres Würzburg 
und erreichte am 5, (15.) März Heilbronn ; «s) der Reichs- 
kanzler war schon am 25. Febr. aufgebrochen und am 28. Febr. 
nach Heilbronn gelangt ^*^). Die deutschen Stände fanden 



und zwei vom 9. März n. St., in denen vennuthlich der Gesandte über 
seine Handlungsweise näheren Aufschluss gab; sie scheinen Aubery 
vorgelegen zu haben. 

ß') Lettre de Bouthillier ä Feuqui^res. I, 67—71. 

«•) Feuqui^res I, 53, 55. 

***) Die chronologischen Daten für die Reise Oxenstierns werden 
tiast tiberall anders angegeben. Scharold (I, 240) lässt ihn am 26. Febr. 
(8. März) abreisen , giebt aber dafür keine Qnelle an. Die Ankunft 
in Heilbronn erfolgte nach Aubeiy (II, 143) am 5. (15.) März, nach 
Richelieu (VII, 336) zwei Tage nach der Ankunft Feuqui^res'. Die 
obige Angabe ist nach Chemnitz (II, 34). Da Oxenstiern erst in 
Wtirzburg (20. Febr.) Ort und Zeit der Versammlung von neuem be- 
stimmte und von keinem uuvermutheten Hinderniss für ihn berichtet 
wird, so ist es unwahrscheinlich, dass er nicht auch zur festgesetzten 



46 

sich vielleicht in Folge der späten Verlegung des Convents zum 
Theil erst im Laufe der folgenden Tage ein. £s erscluenen 
die des fränkischen, schwäbischen und der beiden rheinischen 
Kreise mit wenigen Ausnahmt; es fehlte von ihnen be- 
sonders der Landgraf von Hessen- Darmstadt ''®) Von aus- 
wärtigen Mächten waren, ausser Schweden, Frankreich, Eng- 
land und Holland vertreten; die Gesandten der beiden letzten 
waren Robert Anstruther und Cornelius Paw. Auch die 
österreichischen Bauern hatten Deputiii;e geschickt ^^ 

Zeit erschienen sei. Und wenn man auch den letzten Termin der 
Abreise mit Scharold annimmt, so konnte doch der Reichskanzler 
nach den sonstigen Entfernungen zu nrtheilen, die er auf seinen Reisen 
zurücklegte, sehr wohl am 28. F§br. in Heilbronn eintreffen. 

^^) Aubery (II, 145) weiss auch, dass der Kurfürst von Branden- 
burg einen Residenten sandte. Feuqui^res (I, 53) berichtet aber noch 
in einer Depesche vom 7. (17.) März, Sachsen und Brandenburg würden 
nicht vertreten sein. 

'*) Aufzählungen der Mitglieder des Convents s. bei Abelin (111,26), 
Khevenhiller (XII, 504) und Aubery (11,144—45), dessen Angaben 
von den ziemlich übereinstimmenden der beiden erstgenannten Gre- 
Bchichtsschreiber vielfach abweichen. 



kua 



Der Verlauf des Conyents. 

Am 8. (18.) März schritt der schwedische Reichskanzler 
zur Eröffnung des Convents "^2). Nachdem man in der Frühe 
dem Gottesdienste, bei welchem der 85. Psalm ausgelegt 
wurde, in der Kirche zu St. Kilian beigewohnt hatte, be- 
schied Oxenstiern die Mitglieder der Versammlung in seine 
Wohnung, die er im deutschen Hause genommen hatte '^3). 
Zur Verhütung von Rangstreitigkeiten, die sofort auszubrechen 
drohten, bediente er sich des Mittels, dass er keine Stühle 
in das Versammlungszimmer bringen liess^^). In einem 
weitausholenden Vortrage '^) setzte er zunächst die Ursachen 
auseinander, die den verstorbenen König zu seinem Zuge 
nach Deutschland bewogen, und wies dazu hin auf die 
Schweden bedrohenden universalmonarchischen Pläne des 
Hauses Habsburg, die sich in der Unterstützung Polens, der 
Verhöhnung schwedischer Gesandten, der Störung des schwe- 
dischen Handels, den Rüstungen an der Ostsee und der 
Unterdrückung der evangelischen Stände in Deutschland 
kundgegeben hätten. Dagegen sich selbst zu schützen und 
zugleich seiner deutschen Religionsverwandten sich anzu- 
nehmen, habe Gustaf Adolf hothgedrungen die Waffen ergriffen. 
Nachdem er sodann den glücklichen Verlauf der schwedi- 
schen Feldzüge und in Folge davon die Einzelverträge der 

^^) Es ist keine Nachricht vorhanden, dass die wtirttembergisehe 
Regierung oder ein anderer Stand ihm den Vorsitz streitig zu machen 
versucht hätte. 

■'3) Carafa, Commentarii de Germania sacra restaurata, 485. Soden 
II, 85—86, Londorp IV, 323. 

'*) Chemnitz II, 62. 

'*) Bei Lowdorp. IV, 301 --4. 



48 

deutschen Stände mit der Krone Schweden hervorgehoben 
hatte, kam er auf die Absieht seines Herra, ein BtlndnisB 
aller Protestanten zu Stande zu bringen. Da demselben 
jedoch, fuhr Oxenstiern fort, wegen seiner kriegerischen Ver- 
wickelungen dazu stets die nöthige Zeit gefehlt, so habe er 
vorläufig mit einzelnen Theilen Deutschlands in Bündnisse 
zu treten sich entschlossen. Ein solches mit den vier oberen 
Kreisen persönlich herzustellen, sei er durch den Einbruch 
des Feindes in Sachsen verhindert worden; um aber gleich- 
wohl dasselbe zu bewerkstelligen, habe er ihn, den Reichs- 
kanzler, dazu bevollmächtigt. Nach dem Todesfall des 
Königs seien nun für Schweden zwar Bedenken vorhanden 
gewesen, den Krieg fortzusetzen, aber das Wohl der gemeinen 
Sache erfordere es, den königlichen Plan weiter zu verfolgen. 
Desshalb habe er, von seinem Vaterlande beauftragt, obwohl 
er eine allgemeine Zusammenkunft aller Evangelischen lieber 
gesehen hätte, dieselbe aber aus den nämlichen Gründen 
wie früher nicht zu ermöglichen sei, die vier Kreise einst- 
weilen berufen, um mit ihnen das Nöthige zu überlegen und 
die erforderlichen Massnahmen zu treffen. Darauf legte 
Oxenstiern der Versammlung als Gegenstand ihrer Bera- 
thungen, damit dieselben um so schneller von Statten gingen, 
folgende sieben Punkte vor, eine detaillirtere Fassung der 
in seinem Ausschreiben mitgetheilten: 

1) Sämmtliche evangelische Stände der vier oberen 
Kreise verbinden sich unter einander und mit der Krone 
Schweden mit dem festen Versprechen, sich nicht von einan- 
der zu trennen, bis der erstrebte Zweck, die Wiederherstellung 
der evangelischen Stände, der Fundamentalsatzungen des 
Reichs und für die Krone Schweden eine gebührende Genug- 
thuung erreicht ist. Kein Mitglied darf sich in Sonderver- 
handlungen mit dem Feinde einlassen; wie soll man sich 
verhalten, falls ein Stand sich vom Bunde absondern will? 
2) Ist es nicht gerathen, den Kaiser, der seiner beschworenen 
Capitulation zuwider die Stände des Reichs zu unterdrücken 
versucht hat, und die Liga, die ihm dabei geholfen, öffentlich 
für Feinde zu erklären, bis Schweden und die beleidigten 
Stände Genugthuung erhalten haben? 3) Wieviel Heere 



49 

sollen ins Feld gestellt werden und in welcher Stärke; woher 
soll man die nöthigen Mannschaften nehmen? 4) Welche 
Mittel an Geld und sonstigem Kriegsbedarf sind dazu nöthig, 
und wie sollen dieselben zusammengebracht werden? 5) 
Damit das Werk ordentlich »geführt wird, muss das Directo- 
riuin recht bestellt und eine rechte Verfassung, geschaffen 
werden, 6) Wie mag sodann die militärische Disciplin 
besser gehandhabt, der Landfriede und Handelsverkehr 
wiederhergestellt und den gioben Exzessen gewehrt werden? 
7) Im Falle, dass Schweden noch weiter bei diesem Werke 
betheiligt sein soll, mnss erwogen werden, wie weit es hinzu- 
gezogen werden soll, und was es zu erwarten hat, wenn es 
zu gleicher Zeit von anderen Feinden angegriflfeu wird. 

Diese Proposition tibergab der Reichskanzler der Ver- 
sammlung zugleich schriftlich und übersandte sie auch den 
Ständen, welche den Convent nicht beschickt hatten, beson- 
ders dem Kurfürsten von Sachsen ^ß), in einem Begleit- 
schreiben an letzteren '') rechtfertigte er die Wiederaufnahme 
der besonderen Berufung der vier oberen Kreise damit, dass 
der Feind vordringe, auf evangelischer Seite keine Vorkeh- 
rungen getroffen seien und die Stände ihn dazu angetrieben 
hätten, und sprach im Anschluss daran die Erwartung aus, 
dass Johann Georg an dem gemeinsamen Werke mitarbeiten 
werde. Was er damit bezweckte, ist nicht ersichtlich, da 
er nach seinen Erfahrungen auf Beförderung des beabsich- 
tigten Bundes durch den Kurfürsten oder gar auf seinen 
Beitritt kaum mehr hoffen konnte. 

In Heilbronn ging man nunmehr an die Verhandlungen 
und zwar in der Weise, dass zunächst jeder Kreis für sich 
berathschlagte und seine Ansichten und Bedenken schriftlich 
aufsetzte ^^). Von diesen Gutachten liegt uns nur das des 
schwäbischen Kreises vor, welches derselbe am 11. März 
auf dem ßathhause der Stadt vereinbarte ^^). Es ist gleich- 

'«) Chemnitz II, 63 — 64. 

") Bei Londorp IV, 300. d. d. Heilbronn 9. März. 
78) Chemnitz II, 64. 

■'•) Resolution des schwäbischen Kreises auf des Reichskanzlers 
Proposition. Londorp IV, 307 — 11. 



50 

zeitig dadurch das interessanteBte und wichtigste, dass es 
am wenigsten nach dem Wunsche Oxenstierns ausfiel. Grc- 
rade in der Kardinalfrage verhielten sich die schwäbischen 
Stände ablehnend. Sie wollten ein engeres Bündniss bis zu 
einem allgemeinen Gonvent aufgeschoben wissen, bis dahin 
provisorische Bestimmungen treffen; sonst aber erboten sie 
sich, um den gemeinsamen Zweck zu erreichen, noch ferner 
treulich mitzuhelfen, in keine besondere Verhandlung mit 
dem Feinde sich einzulassen und die Einzelverträge mit 
Schweden aufrecht zu erhalten. Ihren Standpunkt vertrat^i 
sie genau mit denselben Gründen, welche der Kurfürst von 
Sachsen gegen einen partiellen Bund angeführt und die 
württembergische Regierung von ihm acceptirt hatte. Dem- 
gemäss sollte auch das Directorium erst an dem in Aussicht 
genommenen Zeitpunkt bestellt werden. Das einzige Zuge- 
ständniss an den Reichskanzler war in dieser Hinsicht, dass 
man ihm die interimistische Leitung anvertrauen wollte. 
Man erkennt, dass mit der Frage über besondere oder allge- 
meine Versammlung die, ob Schweden oder Sachsen das 
Directorium führen sollte, eng zusammenhing, und die Ent- 
scheidung in der einen auch für die der anderen massgebend 
war. Die Ansichten des schwäbischen Kreises über die 
anderen Punkte können wir hier übergeben, da sie in dem 
späteren gemeinsamen Entwurf aller Stände, auf den wir 
sogleich kommen werden, im wesentlichen unverändert 
blieben. 

Nachdem die einzelnen Kreise mit ihren Gutachten fertig 
waren, versammelten sie sich alle am 15. März auf dem 
Eathhause zu einer gemeinschaftlichen Bei*athung, um ihre 
gegenseitigen Meinungen zu vergleichen^^). Die gemeinsame 
Antwoi-t an den schwedischen Bevollmächtigten, zu der man 
sich nun einigte, wurde abermals schriftlich abgefasst Die 
Geschäftsweise, welche die Stände befolgten, zuerst nach 
Kreisen gesondert dann zusammen zu verhandeln, war natür- 
lich zeitraubend und macht es erklärlich, dass sie zu ihrer 
Beschlussfassung auf die Vorlage Oxenstierns volle 8 Tage 



^) Protokoll auf dem Convent zu Heilbronn. Londorp IV, 323. 



51 

gebrauchten. Dieser beschwerte sich denn auch bald über 
den schleppenden Gang der Berathungen ; nur durch grosses 
Drängen konnte er es erreichen, dass ihm am 17, März, 
einem Sonntage, die Erklärung der vier Kreise, obwohl noch 
keine Reinschrift von derselben angefertigt war, übei^eben 
wurde si). War aber der Verzug dem Reichskanzler schon 
unerträglich, so war diese selbst »2) noch weniger nach sei- 
nem Sinn. 

In dem Hauptpunkte war die Ansicht der schwäbischen 
Stände zwar nicht völlig durchgedrungen, aber doch theil- 
weise zur Geltung gekommen. Wegen Kürze der Zeit und 
des Andringens der Feinde erklärte man, indem man also 
die Motive des Reichskanzlers annahm, von der lieber ge- 
sehenen allgemeinen Versammlung und Verbindung aller 
evangelischen Stände Abstand nehmen und allein mit Schweden 
einen engeren Bund schliessen zu wollen, machte aber hin* 
sichtlich des Zweckes und der Zeitdauer desselben die Be- 
schränkung, dass er bestehen solle, bis die Verbündeten in 
den gesicherten Besitz aller früheren Rechte wiedergesetzt 
seien oder bei der „verhofiften, hochnöthigen Zusammenkunft" 
eine allgemeine Conföderation erfolgte. Mit diesem Be- 
schlüsse hielt man zugleich und jedenfalls in bewusster Ab- 
sicht dem Kurfürsten von Sachsen die Möglichkeit oflfen, die 
Führerschaft zu übernehmen. Wie man aber in diesem 
Punkte nur halbwegs der Forderung Oxenstierns entgegen 
kam, so Hess man es sich in den übrigen eifrig ange- 
legen sein, das ständische Interesse zu wahren. Zur Ent- 
schädigung der" Krone Schweden hielten die Kreise sich 
verbunden in der Hoffnung, dass jene bis zur Erreichung 
des vorgesetzten Zieles die Verbündeten unterstützen werde. 
Das Mitglied, welches ausser im höchsten Nothfall und ohne 
durch Feindesgewalt dazu gezwungen zu sein, vom Bunde 
zurücktrete, waren sie bereit, als Feind anzusehen und zu 
behandeln. Die Frage, den Kaiser und die Liga öflPentlich 
für Feinde zu erkläreu, wollten sie auf einem allgemeinen 



") Soden II, 90. Londorp IV, 323. 
«) Bei Londorp IV, 304—7. 



52 

Gonyent entsehieden wissen , zumal durch die That selbst 
die Erkläruug geschehe, zugleich schlugen sie vor, für die 
Rechtmässigkeit ihrer Sache eine Vertheidigungsschrift in 
verschiedenen Sprachen zu veröffentlicheo. In Betreff der 
erforderlichen Mittel zur Kriegsftthrung an Mannschaften, 
Geld und sonstigem Bedarf ersuchten ^ie den Reichskanzler 
für ihre Beschlussfassung um ein Gutachten, gaben aber 
gleichzeitig, da sie selbst den Anforderungen nicht genügen 
zu können fürchteten, den Rath, bei fremden Mächten sieb 
um Unterstützung zu bewerben sowie die neutralen und nicht 
vertretenen Stände der vier Kreise zu den Lasten mitheran- 
zuziehen ^ und trugen ausserdem darauf an, um den Unter- 
halt allzu vieler kostspieliger Stäbe zu vermeiden, die Regi- 
menter und Compagnien zu verstärken d. h. sie wollten die 
Heere in grössere aber weniger Abtheilungen formiren und 
dadurch die Zahl der militärischen Vorgesetzten vermindern. 
Femer verlangten sie Errichtung von Magazinen in gewissen 
Städten, wohin die künftigen Lieferungen an Geld und 
Kriegsmaterial gebracht werden sollten, und Einsetzung von 
Kreisbeamten, sog. Proviant- und Pfennigmeistem, welche 
über die richtige Verwendung der Abgaben zu wachen 
hätten. Das Directorium boten sie dem Reichskanzler an; 
um ihm jedoch die „allzu schwere Lasf" zu erleichtem, 
baten sie ihn, sich einen Beirath von Vertretern der 
Stände, ein sog. consilium formatum, zur Seite setzen zu 
lassen. Dieser Beirath sollte Oxenstiern allezeit begleiten 
und über die Heere und deren Bedürfnisse die Aufsicht 
haben. Weiter fanden die Stände nöthig, in jedem Kreise 
einen Kreisrath zu bestellen, der hier dieselbe Befugniss 
wie das .consilium formatum haben, aber diesem und dem 
Directorium untergeordnet sein sollte. Um bessere Manns- 
zucht in den Heeren wiederherzustellen, eine Angelegenheit, 
die ihnen besonders am Herzen lag und sie veranlasste, die 
bittersten Beschwerden und Klagen über die Ausschweifungen 
der Truppen zu erheben, forderten sie eine Reihe von Mass- 
regeln: ein scharfer Artikelsbrief sollte aufgesetzt ui^d ohne 
Kachsicht zur Anwendung gebracht werden, jeder Stand 
einen verhältnissmässigen Truppentheil zur Besoldung ange- 



53 

I 

wiesen erhalten, jeder Ortsobrigkeit das Recht zustehen, 
über die Exzesse der rohen , ungezügelten Soldateska mit 
Ausnahme der anf dem Marsche verübten abznurtheilen und 
die Vertheilung der Quartiere anzuordnen, sowie den ünter- 
thanen es erlaubt sein, sich gegen Marodeure zu vertheidigen; 
endlich wünschte man noch ein Verbot gegen alle eigen- 
mächtigen Erhebungen von Zöllen und die Beschränkung 
der Leistungen bei Einquartierungen. Den letzten der sieben 
vorgelegten Punkte beantworteten die Stände nur theilweise, 
dass sie die verspürte Geneigtheit der Krone Schweden, sich 
am Kriege weiter zu betheiligen, mit Dank annehmen wollten; 
im übrigen baten sie den Reichskanzler um nähere Aufklä- 
rung seiner Gedanken in dieser Frage und versicherten im 
voraus ihre Bereitwilligkeit, sich zu jeder billigen, gegen- 
seitigen Verpflichtung zu verstehen. 

So wenig Willfährigkeit und so weit gehende Ansprüche 
hatte Oxenstiern von den Kreisen nicht erwartet und koniite 
seinen Unmuth darüber nicht unterdrücken »3). Daneben er- 
regte im höchsten Grade sein Missfallen die lange ZJeitdauer, 
welche auf die Berathungen verwendet war. Diesen Uebel- 
stand zu beseitigen, kündigte er der Deputation, welche ihm 
die Erklärung überbracht hatte, sogleich an, hinfort mündlich 
mit den Ständen verhandeln zu wollen. Am folgenden Tage, 
dem 18. März, berief, der Reichskanzler die Versammlung 
wieder ins deutsche Haus und legte ihr in mündlicher Aus- 
einandersetzung seine Ansichten über ihre Vorschläge dar s*). 

Nachdem er im allgemeinen beklagt hatte, dass einer- 
seits in vielen Fragen kein Entschluss gefasst sei, und 
dadurch die Tagsatzung unnöthig verzögert werde, anderseits 
die Beschlüsse mit spitzfindigen Bedingungen versehen seien, 
während es darauf ankomme, in gegenseitigem Vertrauen 
auf die Abwehr des Feindes bedacht zu sein, ging er zu 
einer Besprechung der einzelnen Punkte der Reihe nach über. 
Die Bewilligutig des Bündnisses, bemerkte er, habe das 
Ansehen, als wolle man sie von der Bestätigung aller reli- 



*3) Protokoll V. 17. März bei Londorp a. a. 0. 

M) Chemnitz II. 66 — 73. vgl. auch das Protokoll v. 18. März. 



54 

gionsv^wandteti Stände abhängig machen. Indeßi er noch- 
mals die Unmöglichkeit einer allgemeinen Zusammenkunft 
aus den bekannten Grtlnden betonte, wies er zugleich darauf 
hin, dass beim Festhalten dieser Bestimmung Zeit und Mühe 
vergebens angewandt wttrden, da dann das Werk nur einige 
Monate gelten und im Fall der Missbilligung der abwesenden 
Stände zu reiner Spielerei werden würde. Auf einen allge* 
meinen Convent machte er nicht einmal unter günstigeren 
Umständen Hofinung; es zeigte dies deutlich, dass Oxen- 
stiem vor die Alternative gestellt war, entweder auf eine 
allgemeine Protestantenverbindung oder auf die Stellung, 
wie er sie erstrebte, zu verzichten. Die Entschädigung der 
Krone Schweden, beschwerte er sfch, sei durch den Zusatz 
der erwarteten weiteren Theilnabme derselben am Kampfe 
verklausulirt, ebenso der Bücktritt eines Standes vom Bunde 
durch den Ausnahmefall der äussersten Noth ; beide Punkte 
köhnten leicht zu Ausflüchten benutzt werden. Die wich- 
tige Frage der Sonderverhandlungen mit dem Feinde sei 
ganz mit Stillschweigen übergangen, obwohl es unumgänglich 
nöthig sei, dieselben nicht zu gestatten. Für die Zweck- 
mässigkeit seinjBS so gut wie abgelehnten Antrags in Betreff 
des Kaisers und der Liga führte er als Gründe an, dass 
wenn trotz der faktischen Feinschaft der von ihm empfohlene 
Schritt unterbleibe, es auch wie bisher an der nöthige^ 
Entschlossenheit^ und Einmüthigkeit fehlen würde; so sei es 
auch den Mitgliedern des Leipziger Convents ergangen sowie 
den Generalstaaten, so lange sie sich nicht von Spanien los- 
gesagt hätten; sobald letztere dies gethan, sei alles mit viel 
grösserem Eifer betrieben; dadurch dass die Kreise die Er- 
klärung unterliessen, würden sie vom Kaiser, falls er die Ober- 
hand gewänne, keine mildere Behandlung erfahren; der Wieder- 
anerkennung Ferdinands als Kaiser solle nichts im Wege 
stehen, sobald der frühere Zustand wiederhergestellt sei.ss) 



8») Das Bestreben Oxenstiems, einen förmlichen Bruch zwischen 
dem Kaiser und den Ständen herbeizuführen, wurde unterstützt durch 
eine Broschüre, weiche um diese Zeit in Heilbronn erschien und auf 
seine Veranlassung geschrieben zu sein scheint: Gold - Wage | Auff 



55 

Mit dem Erlass einer Vertheidigungsschrifik war der Beichs- 
kanzler einverstanden, um so ungehaltener aber flber das 
unentschiedene Zögern, für die Vertheidigungsmittel zu 
sargen, da das Vordringen der Feinde keinen Verzug dulde. 
Die Massregeln, welche die Stände im Anschluss an diesen 
Gegenstand vorgeschlagen hatten, fand er wttnschenswerth 
aber bei. den obwaltenden Verhältnissen unausführbar. Der 
Bitte gegenüber, die Stäbe zu beschränken, räumte er ein, 
dass manche der militärischen Vorgesetzten dadurch, dass 
sie Kriegsvolk gebracht, einen höheren Bang erhalten hätten» 
als sie verdienten, hielt es aber für unmöglich, dies Miss- 
verhältniss so schnell abzuändern. Eine Verstärkung durch 
fremdes Kriegsvolk missbilligte er nicht, versprach sich je- 
doch keinen Erfolg von Bemühungen in dieser Hinsieht; man 
könnte solches wohl aus Frankreich bekommen, aber für 
den anstrengenden deutschen Krieg sei dies unbrauchbar 
und verliefe sich bald wieder; eine Werbung in England, 
welche der König des Landes wohl gestatten möchte, sei 
w^en Kürze der Zeit nicht zu bewerkstelligen; sonst könne 
man nur noch von den Generalstaaten Mannschaften er- 
warten, falls sie Frieden schlössen. Ebenso hatte Oxen- 
stiern nichts dagegen einzuwenden, bei fremden. Mächten 
um Hül&gelder anzuhalten, stellte aber auch hier jeden 
Nutzen in Abrede. Der französische König, der allein in 
dieser Beziehung etwas thun könnte, meinte er, möchte wohl 
zu einer Geldunterstützung bereit sein, dürfte jedoch dabei 
die schwersten Bedingungen stellen. Die Hülfsmittel, welche 



den nöthigen Auss- schlag, der unlengst entstandenen Frag: Ob dem 
Keyser der beschlossene Krieg an-zuktinden sey | Praesentirt ünnd 
redlichen patrioten unvorgreifflich an die Hand gegeben | zu Heyl- 
bronn | Durch Ehrenhold Wagnern | Im Monat Martio. (Halle Bibl. 
Pon.). Der Verfasser hebt für das vom Reichskanzler gewünschte 
Vorgehen neben anderen Motiven^ der Nützlichkeit auch alle von 
jenem geltend gemachten hervor und stellt es für die Stände nach 
dem Völkerrecht und den ßeichsgesetzen selbst als nothwendig hin, 
was er freilich nur möglich macht, indem er den Kaiser als einfachen 
Stand betrachtet und die längst veraltete Vorschrift der goldenen 
BttUe über die Fehdeankündigung auf ihn anwendet. 



56 

man auf diese Weise erhielte, bezeichnete der Reichskanzler 
als blosse Zugabe und drang darauf, dass die Stände sich 
Tor allem auf ihre eigenen Kräfte verliessen. Mit der ge- 
forderten Yerwaltungsweise der Abgaben und der Heran- 
ziehung der neutralen Stände zu denselben war er zufrieden. 
Das ihm angetragene Directorium zeigte er sich bereit zu 
übernehmen aus Bttcksicht auf die Wohlfahrt der deutschen 
Stände und die Sicherheit seines Vaterlandes, welche durch 
jene wesentlich bedingt sei; sonst, äusserte er, sei für die 
ehrenvolle Stellung ihre ttbergrosse Last ein zu hoher Preis, 
Auf das entschiedenste aber wies er die Zumuthung zurück, 
dass ihm ein ständischer Bath beigeordnet werde. Dieser 
sollte nach seinem Dafürhalten nur seine Schritte controUiren 
und würde, statt ihm die Mühe zu erleichtem, ein energisches 
Handeln verhindern; bei der gegenwärtigen Lage sei eine 
solche Beschränkung der obersten Gewalt durchaus nach- 
theilig. Zu dem Zugeständniss einer ständischen Vertretung, 
welches er dem sächsischen Kurfürsten freiwillig gemacht 
hatte, wollte Oxenstiem sieh also den vier Kreisen gegen- 
über nicht verstehen. Eine Anweisung einzelner Truppen- 
theile auf bestimmte Districte schien ihm unthunlich und bei 
unprompter Bezahlung nur dazu geeignet, Misshelligkeiten 
herbeizuführen. Als Grund dieser Forderung" seitens der 
Stände deutete er ihre Besorgnlss an, mehr als nothwendig 
angestrengt zu werden, während er selbst befürchtete, dass 
- man zu geringe Mittel bewilligen werde. Gegenüber den 
Klagen über die Exzesse der Soldateska nahm er sich der 
letzteren an und rühmte im allgemeinen ihre Haltung seit 
der Schlacht von Lützen. Die Ursache der verfallenen Dis- 
ciplin schob er auf den Mangel an richtiger Soldzahlung, 
der die Soldaten zwinge, sich gewaltsam die Lebensmittel 
zu verschaffen, und stellte die Beobachtung strenger Manns- 
zucht in gewisse Aussicht, sobald jener Uebelstand beseitigt 
werde. Zur Abhülfe desselben, warf er den Ständen vor, 
hätten sie keinen Vorschlag gemacht, sie richteten sich nur 
gegen die Soldaten und suchten sie bei Einquartierungen 
in unbilliger Weise abzufinden und bei Einkauf ihres Lebens- 
bedarfs zu übervortheilen. Die Vertheilung der Quartiere 



57 

und das Recht, Marodeure zu bestrafen, wollte er den Kreisen 
überlassen. Darüber, was Schweden von den deutschen 
Verbündeten erwartete, falls es noch von anderer Seite her 
angegriflfen würde, womit natürlich ein Krieg mit Polen ge- 
meint war, liess der Reichskanzler sich nicht mehr aus; 
um jede Verzögerung zu vermeiden, verhiess er, seine Meinung 
in Form eines Bündnissschlusses aufzusetzen, der bei den 
künftigen Verhandlungen als Grundlage dienen sollte. Einst- 
weilen bat er die Stände, die dritte und vierte Frage, welche 
die Leistungen betrafen, zum Gegenstand ihrer Berathungen 
zu machen. 

Zwei Tage später bereits, den 20. März, überlieferte 
er ihnen den versprochenen Entwurf, s«) Er benutzte die 
Gelegenheit zu neuen Vorstellungen, um sie zu einem baldigen 
Schlüsse zu bewegen; zu dem Zweck wies er hin auf die 
Macht und Rührigkeit des Feindes, sein Bestreben, sie zu 
trennen und zu unterdrücken, sowie auf die grosse Nähe 
seioer Heere, die im Herzen der evangelischen Länder ständen, 
und hob im Gegensatz dazu auf protestantischer Seite die 
mangelhafte Sorge für die Soldateska hervor, die bisher 
ohne Sold geblieben und mit Vertröstungen hingehalten sei. 

Der Bündnissentwurf selbst s?) war in 15 Artikeln ab- 
gefasst, denen eine ausführliche mit der der schwedischen 
Proposition vom 8. März im wesentlichen übereinstimmende 
Begründung voraufging. In der bekannten Weise motiviite 
der Reichskanzler zunächst die Nothwendigkeit des Bundes 
zwischen Schweden und den vier Kreisen, auf eine allge- 
meine Zusammenkunft machte er keine Aussicht. Als Ziel 
der Verbindung bezeichnete er besonders die Restitution aller 
evangelischen Stände und gebührende Entschädigung Schwe- 
dens; die letztere war von keinem ferneren Beistand ab- 



««) Chemnitz II, 73. vgl. auch Pnfendorf V, § 29 n. 30 und das 
Protokoll V. 20. März. 

«') Bei Londorp IV, 328 — 32. Dieser undatirte Entwurf gehört 
nach seinem Inhalt unzweifelhaft in diesen Zusammenhang. Dies be- 
weist u. A. der äusserliche Umstand, dass die nähere Bestimmung 
der Leistungen, über wfelche die Stände damals beriethen, in ihm 
Qffen gelassen ist. 



58 

haDgig gemaeht. Die bisherigen EiBzelyerträge zwischen 
den beiden pactirenden Theilen sollten in Kraft bleibai, 
soweit sie nicht den gegenwärtigen Festsetzungen zuwider- 
liefen. Mit den Gegnern zu verhandeln auf deren Aner- 
bietungen hin oder aus eigenem Antriebe, war einem Mit- 
gliede nur mit Wissen und Willen aller Verbündeten erlaubt 
Zuwiderhandelnde, vom Bunde zurücktretende und neutrale 
Stande in den vier Kreisen, die alle gleichgestellt wurden, 
wollte Oxenstiem nach vergeblicher Abmahnung als Feinde 
betrachtet und behandelt wissen. Das Directorium Hess er 
sich von den Ständen anbieten in Anerkennung der grossen 
Verdienste Gustaf Adolfs, und weil dieser ihn in der letzten 
Zeit seines Lebens zu seinem Stellvertreter in Süddeutsch- 
land, nach dem Tode des Königs aber die schwedische 
Regierung ihn zum bevollmächtigten Legaten in Deutschland 
ernannt hatte. Wegen des mit dem evangelischen Wesen 
verknüpften Interesses seines Vaterlandes erklärte er' sich 
bereit, die „so schwere Last'' auf sich zu nehmen und nach 
Kräften die Verwirklichung des vorgesetzten Zieles zu er- 
streben, indem er zugleich die Stände geloben liess, das 
Directorium nach Möglichkeit zu unterstützen und alle Be- 
schlüsse gewissenhaft zu erfüllen. In die Bildung eines 
consilium formatum „zu seiner Erleichterung^ willigte der 
Beichskanzler jetzt ein; aber einerseits wünschte er es aus 
vier ständischen Vertretern, je einem für jeden Kreis, und 
drei von Seiten Schwedens zusammengesetzt zu sehen, ander- 
seits beschränkte er die geforderte Befugniss desselben. Er 
wollte alle wichtigen Sachen, die das Directorium, die Heere, 
überhaupt den Bund angingen, mit jenem berathen und nach 
seinem Gutachten vollziehen, jedoch in militärischen Ange- 
legenheiten die Entscheidung sich vorbehalten ; bei Verhand- 
lungen über Frieden und neue Bündnisse sollten alle Ver- 
bündeten hinzugezogen werden. Als seine und des consilium 
besondere Aufgabe stellte Oxenstiern hin, ftlr die Wieder- 
herstellung des Handels und Verkehi-s, besserer Disciplin 
hei der Soldateska, die Beschränkung der überflüssigen 
Regimentsstäbe, die Aufrechterhaltung \der ständischen Juris- 
diction zu sorgen sowie „dass auch bei den Einquartierungen 



59 

Ordre gehalten, und wann die Soldateska mit Geld versorgt 
wird, sie im übrigen die semce niclit weiter dann zu Losa* 
ment, Holz, Licht und Bettstadt extendiren mögen''. Dass 
Üxenstiem die Besoldung resp. Verpflegung der Truppen im 
Quartier den Ständen zumuthete, ist aus den späteren Ver- 
einbarungen ersichtlich. Der Einsetzung eines Kreisrathes 
gedachte er nicht. Zur Verwaltung der eingehenden Beiträge 
sehlug er vor, in jedem Kreise eine Kasse und zwar in den 
Städten Nürnberg, „Augsburg-Ulm" »s)^ Frankfurt und Strass- 
burg sowie ein oder mehrere Magazine für die Lebensmittel 
und das Kriegsmaterial zu errichten; die Kassirer sollten 
vom cousilium ernannt werden und nach Vorschrift des 
Direetoriums die Gelder verausgaben, auch auf dessen Wunsch 
sich bei der Kreisarmee einfinden. Die Obliegenheiten in 
den Magazinen wies der Reichskanzler sog. Proviantmeistern 
zu, deren Stellung er nicht näher fixirte, die aber wohl die 
gleiche sollte wie die der Kassirer. Femer wollte er in 
jedem Kreise zwei Kommissäre, je einen von der schwedi- 
schen Regierung und den Ständen, zu dem Zwecke angestellt 
haben, das Kriegsvolk monatlich zu mustern und die Maga- 
zine nebst der Kasse zu beaufsichtigen. Die Höhe der 
Gontributionen war offenbar mit Rücksicht darauf, dass die 
Stände Überdieseiben unter sich verhandelten, nicht angegeben. 
Um Differenzen bei der Zahlung vorzubeugen, trug üxen- 
stiem darauf an, den Werth eines Reichsthalers zu 1 V2 A« 
festzusetzen. Der Entrichtung der Beiträge suchte er sich 
durch die Bestimmung zu vergewissern, dass gegen Säumige 
nach vorheriger erfolgloser Mahnung militärische Execution 
eintreten und zur Strafe von ihnen die doppelte Quote 
erlegt werden sollte. Statt des Geldes wollte er auch Ab- 
gaben von Korn und Wein gestatten, wenn sie von den 
Bundesmitgliedern auf eigene Kosten zur vorgeschriebenen 
Zeit und zum marktgängigen Preise in die Magazine einge- 
liefert würden. Hülfsgelder fremder Staaten brachte der 
Reichskanzler nicht in Anschlag. Die Besoldung der Heere 

^) Man hat dies wohl so zu verstehen, dass Oxenstiern im 
schwäbischen Kreise zwischen Ulm und Augsburg noch die Wahl 
lUBsen wollte. 



60 

seitens der Stände lieas er unberührt Ausser den Garniso- 
nen verlangte er die Aufstellung von vier Heeren, deren 
Stärke sich nach der der Feinde richten müsse, und zu dem 
Ende eine noch nicht näher bestimmte Ergänzung der Streit- 
kräfte durch die Stände; fremdes Kriegsvolk zog er dabei 
nicht in Betracht Für das Directorium nahm er das Recht 
in Anspruch, eine Armee aus der andern nach Bedürfniss 
zu verstärken. Die den Ständen schon zugestandene Be- 
fttgniss, die Quartiere auszutheilen, erwähnte er in seinem 
Entwürfe nicht Den Kreisen wollte er die Verpflichtung 
auferlegen, Verordnungen zu erlassen, dass die Soldaten bei 
Einkauf ihrer Bedürfnisse nicht übertheuert würden, sowie 
Deserteure, deren sie habhaft würden, ihren Befehlshabern 
auszuliefern, damit diese ihre Untergebenen bestraften und 
wieder in Dienst stellten. Endlich sollten die Stände aus 
Dank für den bisherigen Beistand der Krone Schweden 
den Besitz aller occupirten katholischen und österrachischen 
Länder garantiren, bis ihr eine gebührende Entschädigung 
zu Theil geworden sei. Da Oxenstiern von einer Verbind- 
lichkeit seines Vaterlandes hierfür gänzlich absah, so ist 
klar, dass er demselben für alle Fälle, auch wenn es in 
ein^n neuen Krieg verwickelt wurde und an dem deutschen 
sich weniger oder gar nicht betheiligen konnte, den Anspruch 
anf Entschädigung sichern wollte. Der Schluss des £^nt- 
Wurfes legte noch ausdrücklieh Verwahrung ein gegen irgend 
eine beabsichtigte Beeinträchtigung der übrigen Stände durch 
das Bündniss und stellte ihnen den Beitritt frei 

Ein Vergleich dieses Entwurfes mit der Erwiederung 
des Reichskanzlers vom .18. März lehrt zunächst, dass er 
von seinen Forderungen die, den Kaiser und die Liga ftlr 
Feinde zu erklären, ganz fallen gelassen hatte. Der Wider- 
stand der Stände in dieser Frage, welcher ihn zum Schweigen 
brachte, war auch sicherlich sehr berechtigt; es wäre ein 
grosser politischer Fehler gewesen, wenn sie dem schwedischen 
Verlangen willfahrt hätten, da sie sich dadurch jede Mög- 
lichkeit einer Aussöhnung mit dem Kaiser abschnitten und 
den Schweden sich ganz in die Arme warfen. Die sonstigen 
Zugeständnisse Oxenstierns waren nicht erheblich. Bei den 



61 

Versprechungen, welche er den Ständen zu ihrem Schutz 
vor den Ausschreitungen des Militärs gab, tiberging er alle 
von ihnen gewünschten concreten Massnahmen, so dass es 
von seinem guten Willen abhing, in der bezeichneten Rich- 
tung etwas zu thun. In allen wichtigen Fragen behielt er 
seinen Standpunkt im wesentlichen bei* Ein cpnsilium for- 
matum in der Art, wie er es forderte, konnte ihm nicht mehr 
unbequem werden. Er beanspruchte, das massgebende Wort 
in den Angelegenheiten der vier Kreise zu führen. Anderseits 
hatte der Reichskanzler zur näheren Ausführung einzelner 
Punkte neue Vorschläge gebracht. 

Bevor aber der neue Entwurf von den Ständen in Be- 
rathung genommen wurde, und es sich zeigte, welche Auf- 
nahme er von ihrer Seite fand, wurde der gleichförmige 
Gang der Unterhandlungen durch das Auftreten des franzö- 
sischen Bevollmächtigten unterbrochen. Oxenstiern veran- 
lasste denselben zu einer Ansprache an die Versammlung. 
Es ist die Frage, wesshalb er dies that. Richelieu und 
Aubery 89) bringen das Eingreifen Feuquiöres' mit Umtrieben 
des Kaisers und des Kurfürsten von Sachsen auf dem Con- 
vente in Zusammenhang. Johann Göorg, sagen sie, arbeitete 
aus Eifersucht, dass ihm die Oberleitung nicht tibertragen 
wurde, darauf hin, die Versammlung zu vereiteln, und die 
Wirkung seiner Intriguen war fo gross, dass sich der Reichs- 
kanzler genöthigt sah, den französischen Gesandten um Unter- 
stützung in seinem Vorhaben zu bitten. Indem aber die 
französischen Geschichtsschreiber dein gegenwärtigen Zeit- 
punkt als äusserst kritisch hinstellen und dann den glück- 
lichen Erfolg der Ermahnungen Feuqui6res* hervorheben, 
erwecken sie den schwerlich unbeabsichtigten Schein, als ob 
das Zustandekommen des Bundes zwischen den vier oberen 
Kreisen und der Krone Schweden das Werk des franzö- 
sischen Gesandten war, und in neuerer Zeit hat man dies 
auch angenommen »<^). Diese Auffassung dürfte sich bei 
näherer Untersuchung als unhaltbar erweisen. 

8ö) Richelieu VII, 3rf7. Aubery II, 146. 

90) Eanke, französische Geschichte. Bd. 2 S. 4:^6. Auch bei Bart- 
hold (Gesch. des grossen Deutsehen Krieges I, 50) treibt Verlegenheit 



62 

Was zuBäehst die iDtriguen betrifft, so lassen ans 
Richelieu und Aubery gänzlich im Unklaren darüber, worin 
dieselben bestanden, lieber einen Versuch des Kaisers und 
des Kurfürsten, durch geheime Machinationen eine Y^bin- 
düng zu hintertreiben, fehlt jede spezielle Angabe. Wir 
erfahren nur, dass Johann Grcorg dui*ch Schreiben an die 
Stände die Versammlung zu vereiteln suchte, und wenn wir 
nicht annehmen wollen, dass jede Nachricht über die Intri- 
guen, d^Eien so grosse Wirkung zugeschrieben wird, auffälliger 
Weise verloren gegangen sein sollte, so werden wir sie in 
den sächsischen Schreiben zu suchen haben. Dasjenige, 
welches der Kurfürst am 5. Febr. absandte, haben wir be- 
reits kennen gelernt und gesehen, dass trotz .desselben die 
Stände dem Reichskanzler die Oberleitung wenn auch noch 
nicht unbedingt zugestanden. Nehmen auf dieses die fran- 
zösischen Darstellungen Bezug ^^7 ^^ ^^^^ ™^^ ihnen Ueber- 
treibung vorwerfen. Sonst aber berichten uns nur noch die 
schwedenfreundlichen Geschichtsschreiber Chemnitz und Puf^- 
dorf über Bemühungen, welche der sächsische Kurfürst von 
neuem in der bezeichneten Absieht unternahm. Sein Ver- 
halten war folgendes ^^). Er übersandte das Anbringen des 
dänischen Königs auf der Dresdener Conferenz nebst seiner 
darauf ertheilten Antwort an Oxenstiem und die Stände in 
Heiibronn. An jenen richtete er zugleich die Bitte, mit 
seinem Ansehen die Friedensverhandbingen befördern zu 
helfen; .diese ermahnte er, die Vermittelung Christians IV. 
anzunehmen und zu dem Congress, welchen derselbe in 
kurzem auszuschreiben gedächte, Gesandte zu schicken. Den 
Convent, welchen er selbst zu halten beabsichtigt habe, werde 



den Reichskanzler, seine Zuflucht zu Feuquieres zu nehmen, und die 
Rede des letzteren erscheint als der Ausschlag gebende Faktor für 
das schliessliche Resultat. 

*0 Was nicht gerade unwahrscheinlich ist; Feuquieres erwähnt 
(I, tl3), dass ihm, kurz bevor er Beine Ansprache hielt, ein sächsisches 
Schreiben in die Hände kam. Was er als Inhalt desselben wieder- 
giebt (par oü il les (der Kurfürst die Stände) convioit de se bien 
garder de s'assembler entr'eux, ni de prendre aucnne r^solation sans 
lui) lässt erkennen, dass es das vom 5. Febr. war. 

w) Chemnitz II, 74—75. Pußwidort V, § 31. 



63 

er aufschieben, damit eine Zusammenkunft nicht der andei^n 
hinderlich werden möchte. Damit man fttr die Unterhand- 
lungen vorbereitet wäre, schlug Johann Georg vor, allseitig 
die Bevollmächtigten 10 oder 8 Tage vor dem Termin, den 
der dänische König anberaumen wttrde, an den zu bezeich- 
nenden Ort zu schicken. Unsere Quellen geben weder an, 
wann diese Schreiben von Dresden abgesandt wurden, noch 
wann sie in Heilbronn eintrafen; bie deuten- auch nichts 
davon an, dass dieselben die Veranlassung zu der Rede 
Feuquißres' waren. Und es ist auch sehr zu bezweifeln, dass 
die Einladung des Kurfürsten, wenn sie in dieser Zeit erfolgte, 
bei den Ständen Anklang fand. Ihr Erscheinen zu dem 
Convente zeigt, dass sie mit Oxenstiern in der Ansicht über- 
einstimmten, dass ein Bündniss nöthig sei, um sich mit 
Sicherheit auf Friedensverhandlungen einlassen zu können 
und günstige Bedingungen zu erhalten. Darüber aber gingen 
die Meinungen auseinander, wem die Fühi*erschaft einge- 
geräumt werden sollte. Auf Uebernahme derselben durch 
Saehsen konnten die Stände nun nach Empfang der mitge- 
theilten Schreiben kaum mehr rechnen, da Johann Georg 
ja sofortige Friedensverhandlungen ankündigte. Dass sie 
aber nicht einen gleichen Standpunkt einnahmen wie jener 
und die Alternative stellten zwischen sächsischem Directorium 
^und Friedensverhandlungen, beweist ihr Entschluss vom 
17. März. Sie konnten allerdings durch die angedrohte Ver- 
söhnung. Sachsens mit dem Kaiser eingeschüchtert werden; 
wenn sie jedoch trotzdem nicht alles dem guten Willen des 
Kaisers anheimstellen wollten, von dem man nichts erwarten 
konnte, so mussten sie nur noch geneigter werden, das 
schwedische Directorium anzunehmen. Und dass die Haltung 
Johann Georgs überhaupt diese Wirkung auf die Stände 
hatte, berichtet Feuqui^res »3). 

Der Einfluss Sachsens auf die Kreise mag ein Grund 
mit gewesen sein, der den Reichskanzler zu seinem Schritte 
veranlasste, jedenfalls aber hatte dieser dabei noch eine 
andere Absicht. Schon in Würzburg, haben wir gesehen, 



w) cf. I, 135—36. 



64 

bemühte er sich, dem französischen Gresandten das Ver- 
sprechen abzunehmen, und hatte auch dessen Zusage erhalten, 
seinen Einfluss bei den Ständ^i im Interesse schleuniger 
Berathungen und energischer Anspannung ihrer Kräfte geltend 
zu machen. Da das Verhalten der Kreise ganz so war, wie 
Oxenstiern befürchtet hatte, so wird dasselbe auch wohl der 
Hauptgrund gewesen sein, wesshalb er die Unterstützung 
Feuquiäres in Anspruch nahm. Dies scheint auch die Rede 
des letzteren zu bestätigen. Bevor wir aber dieselbe be- 
trachten, werfen wir noch einen Blick auf die Beziehungen 
zwischen den beiden Gesandten nach ihrer Begegnung in 
Würzburg; sie hatten sich mehrfach geändert. 

Am 7. (17.) und 9. (19.) März setzten Oxenstiern und 
Feuquieres ihre Unterhandlungen in Heilbronn fort **). Dieser 
wollte nun seinen Vorschriften nachkommen und erbot sich, 
dem Reichskanzler eine gleiche Stellung, wie er unter Gustaf 
Adolf gehabt, jetzt beim sächsischen Kurfürsten verschafTen 
und mit diesem und allen übrigen Antikaiserlichen ^ die es 
wünschten, einen Vertrag schliessen zu wollen. Oxenstiern 
war darüber nicht wenig verwundert; er wies die Zumuthung 
sofort entschieden zurück und zeigte sich anfangs nur bereit, 
den früheren Vertrag zwischen Schweden nnd Frankreich 
in derselben Form zu erneuern; wenn der französische Be- 
vollmächtigte dazu keinen Auftrag habe, wollte er ganz auf 
ein Bündniss mit Frankreich verzichten. £r gab indessen 
bald dahin nach, den Vertrag auszudehneü, wenn er günstige 
Bedingungen erhielte. Schliesslich erklärte er, alle Schwierig- 
keiten hingen davon ab, dass er sich nicht Johann G^org 
unterordnen, anderseits die unumschränkte Leitung der 
Angelegenheiten der vier Kreise sowie die freie Verfügung 
über die französischen Subsidiengelder in seiner Hand haben 
wolle. Zu der Weigerung Oxenstierns kamen noch andere Um-, 
stände, welche es Feuquieres unmöglich machten, be? seinem 
Vorsatze zu beharren. Es gerieth ihm das Schreiben des 
sächsischen Kurfürsten in die Hände; am 16. (26.) März 



»♦) Feuquieres I, 55 — 67. Lettre du 16. (26.) Mars 1633 ä Hail- 
bron an Roi. 



65 

erschien de la orange in Heilbronn und berichtete über die 
Haltung desselben, was andere Nachrichten bestätigten; 
endlich lief auch die Meldung ein ^5), dass der Schwieger- 
sohn Johann Georgs, der Landgraf Georg IL von Hessen- 
Darmstadt, in seinem Namen nach Leitmeritz gereist sei, 
um mit kaiserlichen Beauftragten sich zu besprechen. In 
Folge von alle dem gab der französische Gesandte seine 
Absicht auf, dem Reichskanzler die Führerschaft streitig zu 
machen ^ß), und war nur darauf bedacht, bei dem Bündnisse 
mit Schweden den Verbündeten dieser Macht den Beitritt 
offen zu halten. So kamen sich also die Tendenzen der 
beiden fremden Staatsmänner so weit entgegen, dass sie 
einen Bund unter schwedischer Leitung anstrebten. Es kann 
unter diesen Verhältnissen nicht überraschen, dass das ge- 
schah, was Oxenstiern von Anfaug an zu erreichen bemüht war. 

Am 22. März (1. April) hielt Feuquiöres seine Ansprache 
an die Stände^'). Er versicherte denselben zunächst die 
redlichen Absichten, die sein Herr für das allgemeine Beste 
hege, warnte vor Uneinigkeit, die in sicheres Verderben 
stürzen würde, und ermahnte, ohne Verzug für die Mittel zur 
Abwehr der Feinde zu sorgen. Zu wirksamer Unterstützung 
ihrer Sache empfahl er, den befreundeten Fürsten namentlich 
dem fitinzösischen Könige die gebührende Achtung zu er- 
weisen und mit ihnen ein gutes Einverständniss zu unter- 
halten, um dadurch bei den Gegnern Besorgniss zu erwecken. 
Für die besondere Wichtigkeit Ludwigs XIIL theilte er den 
Ständen dessen Entschluss mit, nicht allein seine bisherige 
Hülfe fortsetzen sondern überhaupt alles thun zu wollen, 
was für ihr Wohl nöthig erachtet werde. Darauf wies er 
sie hin 'auf die Pflicht schuldiger Dankbarkeit gegen die 
Krone Schweden, mit der sie in enger Verbindung bleiben 
müssten, und verdächtigte zuletzt die Erbietungen des Hauses 
Oesterreich als trügerisch und auf hinterlistige Täuschung 
berechnet. 



w) Feuqui^res I, 72 — 73, 76, 93, 113. 

9«) Fenqui^res 1,74 — 75, 139. 

»■') Fenqui^res I, 85 — 88. cf. Chemnitz II, 73 und LondorpIV,3.11. 







66 

Es waren einmal, wie man erkennt, die allgemeinen 
Gesichtspunkte; welche auch Oxenstiern schon oft hervor- 
gehoben hatte, und die den kurzsichtigen Friedensbestre- 
bungen Sachsens und dem zögernden Verhalten der Stände 
in Heilbronn gegenüber auf schleunige Conföderation drangen. 
Das Verhältniss der Kreise zu Schweden berührte der Ge- 
sandte nur sehr vorsichtig und ergriff hinsichtlich des 
Uirectoriums gar nicht offen Partei ^^} ; er war dazu genöthigt, 
da er für die jetzige Lage der Dinge, die sich ja ganz 
anders gestaltet hatte, als in seiner Instruction vorausgesetzt 
war, noch keine neuen Anweisungen bekommen hatte. Zu- 
gleich nahm er die Gelegenheit wahr, um den Deutschen 
die Dienste seines Königs anzubieten, die der Reichskanzler 
80 wenig nöthig zu haben meinte. 

Zwei Tage später, am 24. März traten die Stände zu 
einer Berathung über die Rede zusammen und wurden sofort 
über ihre Antwort schlüssig ^^). Sie stimmten Feuquieres in 
allen Punkten rückhaltlos bei und vei sprachen, seinen Rath- 
schlägen Folge zu leisten. Mit der Krone Schweden erklärten 
sie sich bereit, ein öffentliöhes Bündniss einzugehen. Frank- 
reich gegenüber sprachen sie die Bitte aus, sie mit ansehn- 
lichen Geldsummen unterstützen zu wollen. 

Das nächste Resultat der Bemühung des französischen 
Gesandten war, dass die Kreise den Vorbehalt einer späteren 
allgemeinen Zusammenkunft aufgaben. Wie aber der weitere 
Verlauf der Verhandlungen darthun wird, war damit noch 
keineswegs ein Bund zwischen ihnen und Schweden zu 
Stande gebracht Feuquieres selbst schrdbt auch, seiner 
Rede diesen Erfolg durchaus nicht zu. Nach seiner Dar- 
stellung i^^) war vielmehr das Zustandekommen des Bundes 
unter schwedischer Hegemonie schon damals in keiner Weise 
mehr fraglich, und er hielt es selbst für vortheilhaft, dabei 



»*) Auf diesen Punkt hauptsächlich bezieht sich ohne Zweifel 
die spätere Bemerkung Feuquieres' über seine Rede, er habe sie so 
gehalten, dass ihm die Auslegung frei bliebe I, 145. 

9») Londorp IV, 324. Protokoll v. 24. März und 312 — 13. Ant- 
wort der 4 Kreise auf die Rede Feuquieres'. 

^0«) I, 139. 



67 

mitzuwirken, um sich Dank in einer Sache zu erwerben, die 
auch ohne seine Fürsprache denselben Verlauf genommen 
hätte^ und seinem Könige die Versammlung zu verpflichten. 
Es ist zwar nicht richtig, dass damals die Gegensätze schon 
so gut wie ausgeglichen gewesen wären, aber wenn er selbst 
auf den Ruhm verzichtet, das Bündniss vermittelt zu haben, 
80 wird man seiner Aussage wohl Glauben schenken dürfen. 
Und hätte er wirklich dem Reichskanzler eine so hervor- 
ragende Unterstützung geleistet, so würde er sicherlich nicht 
verfehlt haben, Gegenforderungen zu stellen, wozu er reich- 
liche Gelegenheit hatte; davon aber findet sich in seinen 
Berichten keine Andeutung. 

Am 18. März bereits war die Frage über die Leistungen 
der Stände auf die Tagesordnung gesetzt; am 22. legten 
diese ihre Entschliessungen 'Oxenstiern vor^^^). Sie bewil- 
ligten auf sechs Monate vom 1. Mai ab je 10 — 12 einfache 
Römermonate, verlangten aber dabei von neuem, dass jeder 
Stand eine bestimu te Truppenzahl selbst besolde, und drangen 
abermals auf Herstellung besserer Disciplin in den Heeren. 
Ferner gaben sie den Wunsch zu erkennen, dass den An- 
sprüchen der Mitglieder des Bundes auf „Güter" kein Ein- 
trag geschehen möchte. Die Erbietungen genügten den 
Anforderungen des Reichskanzlers nicht. Die Dauer der 
Beiträge wünschte er auf ein Jahr verlängert zu sehen ; 
ausserdem begehrte er von den Ständen wenigstens 2000 
Artilleriepferde und zu je vier Pferden einen Mann. Das 
Geld wollte er in die Kasse geliefert haben und stellte 
zugleich das Verlangen, dass die Lasten der „unvermögenden 
Stände von den vermögenden" übernommen wurden. Gegen 
die Exzesse der Soldateska hielt er ein allzu strenges Vor- 
gehen wegen der Noth wendigkeit ihrer Dienste für unmög- 
lich. Die Rechte, welche die Kreise wahren wollten, bezogen 
sich nach Oxenstierns Aeusserung zumeist auf geistliche 
Güter; er wollte sie gelten lassen, soweit sie zur Zeit der 
geistlichen Besitzer ausgeübt waren. Es geht hieraus auch 
hervor, dass die Länder, auf welche die Stände Ansprüche 



»0») Londorp IV, 324. Soden II, 91 — 93, 



68 

erhoben, sich im Besitz der Krone Schweden befanden. 
Näheres über diese Angelegenheit und ihre Regelung erfahren 
wir nicht, wie überhaupt die Nachrichten über diesen Theil 
der Verhandlungen sehr fragmentarisch sindi<*'^). 

Dem ihnen schon am 20. März zugestellten Confödera- 
tionsentwurf des Reichskanzlers traten die Stände am 25. 
näher ^•3). Trotz ihrer zustimmenden Haltung gegenüber 
der Rede des franzosischen Gesandten beeilten sie sich mit 
ihren Berathungen nicht sonderlich. Sie behielten die alte, 
umständliche Art und Weise bei, indem zuerst die einzelnen 
Kreise für sich verhandelten. Diese wurden allerdings ziem- 
lich schnell fertig, schon am 27. März traten sie zu gemein- 
samer Sitzung zusammen; um so länger aber dauerte es, 
bis eine allgemeine Verständigung erzielt wurde. Formell 
wurde der Bündnissentwurf jetzt dadurch verändert, dass er 
in Haupt und Nebenabschied getheilt wurde. In jenen, der 
zur Veröffentlichung bestimmt war, wurden mehr die allge- 
meinen Bestimmungen, in diesen die näheren Ausführungen 
besonders über die Pflichten und Rechte der beiden pactiren- 
den Theile aufgenommen. Am 1. (11.) April übergaben die 
Stände dem Reichskanzler ihre Beschlüsse. i<^^) 



*®*) Ein Bruchstück ans diesen Unterhandlungen bringt noch 
das Theatrnm Enr. IV, .^2 (und wörtlich übereinstimmend mit diesem 
wie überhaupt fast in allem, was den Convent betrifft, Khevenhiller, 
XII, 503)^ wonach es scheint, dass die Stände statt der verlangten 
Leute und Pferde noch einen halben oder ganzen Römermonat zu 
zahlen sich erboten. — Feuqui^res berichtete am 24. März (:t. April) (I, 
73), dass die Kreise beschlossen hätten, einen Fond von 8 Millionen 
Rthlrn anzulegen, in 4 oder 6 Wochen die Hälfte zu zahlen und die 
Heere auf eine Stärke von 40,000 Mann zu Fuss und 10,000 Reitern 
zu bringen. Die Angabe über die Geldleistung zum mindesten ist 
unrichtig; diese betrug selbst beim Bündnissschluss nicht einmal die 
Hälfte. Was der Gesandte als Beschluss des Convents hinstellt, war 
vielleicht die ursprüngliche Forderung Oxenstiems cf. Hurter XI, 34. 

w>3) Londorp IV, 324. 

*»*) s. die aus dem Dresdener Archiv publizirten Beilagen. Der 
von den Ständen entworfene Nebeuabschied ist bereits von Soden 
(II, 107 — II) mitgetheilt, aber vielfach ungenau wiedergegeben; er 
wird von Soden als Nebenabschied des Bündnissschlusses angeseheu, 
im Dresdener Archiv schlechtweg als Nebenabschied bezeichnet. AI- 



W^iCIi^A^HBI^^^HH^^^^P^^II^HHHHPP 



69 

Als Absicht bei dem Bündnissschlusse wurde dem Wunsche 
Oxenstierns gemäss ausgesprochen, die deutsche Libertät und 
die Satzungen des Reichs zu befestigen, in religiösen und pro- 
fanen Dingen für alle Verbündeten einen sicheren Frieden 
zu erlangen, die evangelischen Stände zu restituiren und 
ihnen billige Erstattung ihres erlittenen Schadens sowie 
Schweden eine gebührende Entschädigung zu verschaffen. 
Die Bestimmung hinsichtlich der Einzelverträge bliöb die- 
selbe. Die Einkleidung der Uebernahme des Directoriums 
durch Oxenstiern wurde nur darin geändert, dass seine Er- 
nennung zum bevollmächtigten Legaten in Deutschland nach 
Gustaf Adolfs Tode durch die schwedische Regierung nicht 
erwähnt wurde. Ueber das consilium formatum aber gingen 
die Meinungen ziemlich auseinander. Die Kreise wollten es 
bilden aus einem Director in der Person des Reichskanzlers, 
zwei schwedischen und sieben ständischen Vertretern, die 
(ob auch Oxenstiern, ist nicht recht deutlich aber wohl wahr- 
scheinlich) von den Verbündeten in Eid und Pflicht ge- 
nommen werden sollten. Die Vorschläge des schwedischen 
Staatsmannes wegen seiner und des consilium Gompetenz 
und Pflichten nahmen die Stände in erweiterter Fassung 
scheinbar an; indessen setzten sie der alleinigen Entscheidung, 
welche jener in militärischen Dingen haben wollte, trotz 
formellen Zugeständnisses doch wesentliche Beschränkungen, 
wie aus verschiedenen Festsetzungen ersichtlich sein wird. 
Sodann nahmen die Stände ihre alte Forderung wieder auf, 
dass in jedem Kreise zur Unterstützung der beiden obersten 
Bundesgewalten ein von ihnen abhängiger Kreisrath mit der 
Aufsicht betraut würde; sie wünschten ihn durch die ge- 
sammten Kreisverwandten ernannt zu sehen. Für jeden 
Kreis ordneten sie je eine Kasse und ein Magazin an und 
zwar in den Städten Strassburg, Frankfurt, Nürnberg und 
Ulm, die vermuthlich auf Betreiben ihrer anwesenden Ge- 



lein die Nachrichten über die späteren Verhandlungen und deren Er- 
gebniss, abgesehen von anderen Gründen, lassen keinen Zweifel, dass 
wir es hier mit dem Entwnrf der Stände zu thnn haben, und dass 
der von Chemnitz (II, 82 flf) tiberlieferte der endgültig vereinbarte 
Nebenabschied ist. 



r» l .g «^ 



70 

sandten ausdrücklich versichert wurden, dass sie wegen der 
eingehenden resp. ausbleibenden Lieferungen in ihrer Eigen- 
schaft als Legstädte zu den Abgaben nicht tlber ihren ver- 
hältnissmässigen Antheil herangezogen werden dürften. Den 
Magistraten derselben wollten die Stände die Aufisicht über 
die Kasse und das Magazin mit der Vorschrift übergeben, 
qualifizii-te und den Kreisen genehme Personen anzustellen, 
welche, im Namen der Verbündeten durch das consilium 
eidlich verpflichtet, die Contributionen einfordern, nach An- 
weisung des consilium verwalten, auf sein Begehren ihm 
darüber Rechnung ablegen und sich bei ihm einfinden sollten. 
Die Anstellung von Kommissären war mit Stillschweigen 
übergangen und bei diesen Einrichtungen auch überflüssig. 
Die Höhe der monatlichen Beiträge, die an jedem ersten 
Monatstage vom I.Mai ab erlegt werden sollten, war auf 
12 Römermonate festgesetzt, und ihre Dauer auf ein ganzes 
Jahr ausgedehnt, es wurde aber Verminderung derselben 
verlangt, sobald Friede geschlossen, das Heer verringert oder 
der Kriegsschauplatz in feindliches Gebiet verlegt werde. 
Zu der Werthbestimmung des Thalers bei den Zahlungen 
war noch die des Ducaten zu 22/4 fl. hinzugefügt verbunden 
mit einem Verbot der Münzverschlechterung. Bei Versäum- 
niss der Zahlung sollte nach vorangegangener Mahnung seitens 
des Kreisrathes oder der Kassirer auf Anordnung des consilium 
Execution eintreten, falls jedoch Zahlungsunfähigkeit vorge- 
schützt werde, diese erst vom Kreisrath untersucht und nöthigen- 
falls vom consilium darüber Entscheidung eingeholt werden. 
Die Kosten und der Schade, welche eine Execution verursachte, 
waren dem säumigen Stande zu tragen auferlegt. An Stelle des 
haaren Geldes wollten die Kreise alle zum Kriege nöthigen 
Sachen gelten lassen, wenn sie von einem Mitglied auf eigene 
Kosten zum Magazin oder auf Verlangen zur Armee geschafl^t 
würden; ihr Werth sollte nach den Marktpreisen der Legstädte 
berechnet werden. In BetreflF des schwedischen Vorraths an 
Proviant und Munition, hiess es, habe sich der Reichskanzler 
auf Ersuchen belieben lassen, ^^^) dass er in die Kreismagazine 

*<*s) Da Oxenstiern davon in seinem Entwürfe nichts sagte, so 
darf man aus dieser Wendung wohl schliessen, dass jener den stän- 



71 

gebracht werde. Zu dem Zwecke, die schweren Abgaben zu 
erleichtem, trugen die Stände darauf an, alle Beute und 
Einkünfte der Länder, welche erobert werden würden, im 
Interesse des Krieges zu verwenden, ferner die in den Kreisen 
gelegenen „weder unter der Matrikel noch Anschlag be- 
griflfene Oesterreich Fuglerische und andere dergleichen 
Güter und Landstäude" in Contribution zu ziehen sowie 
die von Gustaf Adolf „bereits eingezogenen, hin und wieder 
verschenkten Güter mit höherer Contribution zu belegen"; 
offenbar aus demselben Grunde wollten sie auch die Neu- 
tralität nicht gestatten; ein anderes Motiv wirkte wahr- 
scheinlich noch mit bei der Forderung, die Hülfsgelder von 
deutschen und ausserdeutschen Staaten in die gemeinsame 
Kasse fliessen zu lassen. Auf die eigene Besoldung von 
Heerestheilen verzichteten jetzt die Kreise. Die unterhaltenen 
Heere, über deren Anzahl und Stärke sie nichts sagten, 
wollten sie sämmtlichen Verbündeten verpflichtet wissen. 
Um die Truppen bei ihrer gegenwärtigen Schwäche zu er- 
gänzen, erklärten sie sich bereit, indem sie von einer Ver- 
stärkung durch fremdes Kriegsvolk absahen, ein für alle 
mal nach Anlage der Reichsmatrikel zur Infanterie von einem 
einfachen ßömermonat für 12 fl. 5 Mann, zur Artillerie von 
derselben Summe für 20 fl. ein Zugpferd und zu je vier 
Pferden zwei Mann zur Bedienung im Monat Mai auf Be- 
gehren des Directoriums zu stellen; dabei behielten sie sich 
auffälliger Weise vor, diese Streitkräfte schon vor dem Mai 
senden zu dürfen, deren Unterhalt wiesen sie den Kassen 
und Magazinen zu. Die Vertheilung der Heere und Ver- 
stärkung der Garnisonen, den vielleicht wichtigsten Punkt 
militärischer Art, stellten die Stände dem Ermessen des 
eonsilium formatum anheim. Bei Truppendurchzügen und 
Einquartierungen, die überhaupt nur bei dringender Gefahr 
zulässig sein sollten, empfahlen sie, auf möglichst gleich- 

dischen Berathungen nicht ganz fern blieb. Dafür sprechen auch 
mehrere neue Abmachungen, welche die Kreise schwerlich aus eige- 
ner Initiative trafen. Bei den Verhandlungen der späteren Zeit, 
wissen wir aus Londorp (IV, 324), schickte der Reichskanzler an die 
Stände und umgekehrt diese an ihn öfters Vertreter. 



72 

massige Belastung der Bundesmitglieder zu sehen, und wollten 
dieselben zu dulden nur yei;bunden sein auf vorherigen Befehl 
des consilium oder im äussersten Nothfall des Kreisraths; 
zugleich nahmen sie die Befugniss in Anspruch, bei Durch- 
zügen durch Kommissäre für gute Ordnunng zu sorgen, und 
sprachen den Kreisbehörden und Magistraten der betroffenen 
Städte das Recht zu, die Quartiere anzuweisen. In Betreff 
der Verpflegung der Truppen auf den Märschen und im 
Quartier verlangten sie, dass die Lebensmittel denselben aus 
dem Magazin geliefert würden, und wenn ein Stand zu ihrem 
Unterhalte beitrüge, ihm seine Leistung von der Contribution 
abgezogen oder wiederersetzt werde. Die Kreise versprachen, 
„ein gewisses Commiss,, dass der Soldat sein gebührend Aus- 
kommen haben möge, im leidentlichen Preis" anzuordnen 
und freies Lager zu publiziren; den Servis bestimmten sie 
wie Oxenstiern, forderten aber zugleich, dass es den Unter- 
thanen frei gestellt werde, denselben in Geld abzulösen. 
Eine besondere Aufmerksamkeit wandten die Stände den 
ausserordentlichen Garnisonen zu, während sie über die 
stehenden nichts abmachten. Jene sollten aus den Kreis- 
nrmeen entnommen werden; zu ihrem Unterhalte sollte von 
der Garnisonsstadt der fällige Betrag ihrer Quote beige- 
steuert, ihr aber von der Contribution für den Bund abge- 
rechnet werden. Ferner wurde noch verlangt, dass jede 
ausserordentliche Garnison der Ortsobrigkeit eidlich ver- 
bunden und dieser neben dem Kommandanten in rechtlicher 
Beziehung unterworfen würde; falls der letztere in der Aus- 
übung der Justiz lässig wäre, wurde jener die Berechtigung 
vindizirt, die „Execution" selbst vorzunehmen. Ihrer Furcht 
vor den Ausschreitungen der Soldateska und dem Verlangen 
nach Schutz gaben die Kreise zu wiederholten Malen Aus- 
druck. Ausser den vom Reichskanzler bereits versprochenen 
Massregeln fanden sie in dieser Hinsicht eine Reihe weiterer, 
zum Theil schon früher geforderter nöthig: dass die ohnehin 
kostspieligen, zur Ergänzung der Heere ungenügenden Werbe- 
plätze aufgehoben würden, die Stände über die Musterplätze 
die Aufsicht ausüben und alle nicht auf dem Marsche ver- 
übten Exzesse der Soldaten bestrafen dürften, dass den 



■»■F 



73 

Unterthanen Selbsthtilfe gegen Gewaltthaten erlaubt werde, 
das8 die letzteren durch förmliche Patente untersagt und die 
Truppen an gewisse Vorschriften gebunden würden. Bei der 
Reform der Heere wünschten sie auch den Tross und die 
Bagagepferde beschränkt zu sehen. Alle dem Feinde in 
Zukunft entrissenen Länder erklärten sie unbeschadet der 
Ansprüche Einzelner für Eigenthum aller Verbündeten. Jeder« 
Stand sollte in seinem Besitz geschützt werden und, falls 
er vom Feinde vertrieben werde, zu seinem Unterhalte einen 
hinreichenden Theil der eroberten Länder eingeräumt er- 
halten. Bei der Kl'iegsführung, war der Wunsch der Stände, 
möchte daraufgesehen werden, dass die vom Feinde be- 
setzten Gebiete der vier Kreise wiedergewonnen und ihre in 
Gefangenschaft gerathenen Angehörigen befreit oder aus- 
gewechselt würden. Separatverhandlungen mit den Gegnern 
waren verboten; wenn von jenen einem Mitgliede des Bundes 
Anerbieten gemacht würden, war es gehalten, diese dem 
consilium und den Kreisständen mitzutheilen, die weiter 
darüber zu berathen hatten. Zuwiderhandelnde und ihnen 
gleich zu achtende neutrale Stände sollten nach vergeblicher 
Abmahnung durch das consilium als Feinde behandelt wer- 
den. Endlich erboten sich die Kreise, die Krone Schweden 
aus Dank für die bisher geleisteten Dienste und gegen das 
Versprechen ferneren Beistandes, wovon sie nicht abliessen, 
in dem Besitz der eingenommenen feindlichen Länder im 
Reich schützen zu wollen, bis sie eine gebührende Entschä- 
digung erhalten habe und der Krieg beendigt sei. 

Dies war die Antwort auf den Entwurf des Reichs- 
kanzlers vom 20. März. Der erste Blick zeigt, dass die 
Stände wenig gefügig waren. Sie verzichteten darauf, selbst 
Truppentheile zu besolden, willigten in das Verbot aller 
Separatverhandlungen; die Zugeständnisse in Betreff der 
Garantie der schwedischen Besitzungen und der ständischen 
Leistungen für die Heere waren bedingt ; an den Erbietungen 
Oxenstierns hatten sich die Kreise durchaus nicht genügen 
lassen, sie hatten alle Punkte in ihrem Interesse verändert 
und eine Reihe von neuen Forderungen hinzugefügt Ihr 
Gegensatz trat besonders hervor in der Frage über die 



74 

Stellung des schwedischen Staatsmannes. Dieser sollte im 
Grunde genommen nur Vorsitzender in einem tiberwiegend 
aus ständischen Vertretern gebildeten consilium formatum 
sein; dem letzteren wurde die Leitung der wichtigsten An- 
gelegenheiten in die Hand gelegt. 

Der Reichskanzler war denn auch über den Entwurf 
.äusserst ungehalten. ^^^) Einer Deputation der Stände gegen- 
til)er, welche am 3. April zu ihm kam, liess er sich zu den 
heftigsten Äusserungen hinreissen, bei denen nur einige sach- 
liche Beschwerden mitunterliefen. Die Beiträge, welche die 
Kreise beim Vordringen in Feindesland Verringern wollten, 
fand er dann gerade am nothwendigsten ; für Zahlungs- 
unfähigkeit wollte er keine Entschuldigung anerkennen, ,da 
man sonst überall völligen Ruin vorschützen würde. In die 
Kasse, fürchtete er, würde bei den T?elen vorgeschlagenen 
Zahlungsmitteln nichts einkommen. Ein Magazin in jedem 
Kreise war nach seiner Ansicht nicht ausreichend, er wollte 
zwei bis drei haben und zwar an geeigneten Punkten mit 
Rücksicht auf das Bedürfniss der Heere. Ebenfalls war er 
unzufrieden mit der beanspruchten Aufsicht der Magistrate 
über Kasse und Magazin. Das consilium formatum erregte 
sein Missfallen sowohl wegen der allzu grossen Befugnisse 
als der Form der Zusammensetzung. Die militärischen 
Executionen, erklärte er, gehörten nicht vor die Stände son- 
dern die Generale. Es verdross den Reichskanzler ferner, 
dass er wegen der Quartiere und Durchzüge sich an die 
Stände wenden sollte, ebenso, dass wieder Reform der Sol- 
dateska und Beseitigung ihrer Exzesse gefordert wurde. Sei 
es nun, dass die leidenschaftliche Erwiederung ihn an einer 
erschöpfenden Besprechung hinderte, 'sei es, dass uns nur 
die Nachrichten fehlen, es waren dies, wie aus der späteren 
Vereinbarung hervorgeht, nicht die einzigen Dififerenzpunkte 
zwischen ihm und den Kreisen. Er drohte, unter diesen 
Umständen das Directorium niederzulegen und sich allein 
mit ausländischen Mächten zu verbünden; erst nach vielen 

»««) Das Folgende nach Londorp IV, :i24 — 25. (Protokoll v. 3. 
April) und Soden II, 96 — 98. 



75 

» 

Bitten der Versammlung Hess er sich bewegen, davon abzu- 
stehen und die Verhandlungen fortzusetzen. 

Dass Oxenstiern es mit seiner Drohung ernst meinte, 
lässt sich bezweifeln; seit dem Tode Gustaf Adolfs war 
sein eifrigstes Bestreben darauf gerichtet, einen antikaiser- 
lichen Bund ins Werk zu setzen, und dies war für Schweden 
zu wichtig, als dass er im vorliegenden Falle, so wenig 
man ihm auch entgegenkam, beschlossen haben sollte, davon 
abzulassen. Er scheint mit seinem Verhalten nur bezweckt 
zu haben, die Stände zu grösserer Nacligiebigkeit und einem 
baldigen Bündnissschluss zu bringen. Wenn dies seine Ab- 
sicht war, «0 erreichte er sie vollkommen. Die Unterhand- 
lungen, über deren Verlauf wir fast gar nicht unterrichtet 
sind, nahmen eine ganz überraschende Wehdung. Schon 
am 5. (15.) April ^ö'^) wurde ein Ausgleich herbeigeführt i^s). 

In Betreff des Endziels des Bundes wurden die Aus- 
führungen der Stände in ihrem Entwürfe unverändert ge- 
lassen. Ueber die frühei* geschlossenen Einzelverträge war 
bereits eine Einigung erzielt. Für die Uebertragung des 
Directoriums an Oxenstiern und die Annahme desselben von 
seiner Seite wurden die von ihiji geltend gemachten Gründe 
angeführt j wobei auch die von den Ständen vorgenommene 
geringe Aenderung wieder beseitigt wurde. In der Zusam- 
mensetzung des consilium formatum fügte sich der Reichs- 
kanzler so weit, dass nicht zwei sondern drei schwedische 
Vertreter den sieben der vier Kreise zur Seite gesetzt wur- 
den; ein Zugeständniss für ihn war es offenbar, dass nur 
mit militärischen Dingen vertraute Personen zum consilium 
verordnet werden sollten. Die eidliche Verpflichtung der 
letzteren gegenüber den Verbündeten wurde jetzt auf Oxen- 
stiern nicht ausgedehnt. Seine und des Beiraths Befugnisse 
wurden wie früher begrenzt, ihre Pflichten blieben dieselben. 
Die Einrichtung von Kreisräthen mit der gewünschten Com- 
petenz setzten die Stände durch. Hinsichtlich der Bildung 



'07) Nach Soden II, 101. vgl. Chemnitz II, 76. 
^^^) Der Hauptabschied bei Londorp IV, 315 — 17 u. Chemnitz 
II, 78 —Sl, der Nebenabschied -allein bei Chemnitz II, 82-— 85. 



76 

jener aber wurde ausgemacht , dass Oxenstiern zu jedem 
derselben eine, die Kreisstände drei Personen zu bestellen 
und zu besolden hätten. Ausserdem wurde festgesetzt, dass 
die Kreisräthe an einem bestimmten Orte ihren Sitz haben 
und wie das consilium den sämmtlichen Verbündeten eid- 
lich verbunden sein sollten. Von der Anstellung von Rom- 
missären, für die ja auch neben den Kreisräthen kein Baum 
blieb, wurde abgesehen. Es wurde dem Gutdünken des 
Reichskanzlers freigestellt, die Anzahl und den Ort der 
Magazine ganz nach dem jeweiligen ßedttrfniss zu be- 
stimmen, während die Kassen, je eine für jeden Kreis, sich 
für gewöhnlich in den Städten Strassburg, Frankfurt, Nürn- 
berg und Ulm befinden sollten, die wie früher wegen etwaiger 
Besorgniss vor' verhältnissmässig übergrosser Belastung be- 
ruhigt wurden. Die Aufsicht über die Kassen und Magazine, 
wurde vereinbart, hatte das Directorium nach eingeholtem 
Gutachten der Stände begüterten, redlichen Leuten anzuver- 
trauen und diese im Namen der Verbündeten eidlich zu 
verpflichten. Die Functionen dieser Beamten blieben im 
wesentlichen die früher festgestellten; die Verpflichtung, dass 
sie sich beim Directorium einzustellen hätten, wurde nicht 
mehr erwähnt. Von der Verminderung der Beiträge wurde 
unter allen Umständen Abstand genommen; die erste Rate 
wurde ferner verdreifacht, der Mehrbetrag sollte von den 
letzten wieder abgezogen werden. Die bewilligte Summe 
belief sich auf etwas über zwei und eine halbe Million 
Rthlr. lö^). Mit den Münzbestimmungen, welche die Kreise 
getroflen hatten, um Schwierigkeiten bei den Zahlungen zu 
verhüten, war Oxenstiern einverstanden. Es wurde in die 
Hand des Directoriums gelegt, wenn ein Bundesmitglied 
seinen Theil nicht zahlte, dasselbe zu mahnen und, wenn 
dies nichts fruchtete, die Execution zu verhängen; für 
jeden dabei verursachten Schaden sollte der säumige Stand 
haften. Zahlungsunfähigkeit wurde nicht anerkannt Als 
Zahlungsmittel statt des Geldes wurden nur Korn und Wein 
zugelassen, deren Werth nach dem in den Legstädten jedes- 



»0«) Nach Chemnitz II, 87. 



^'' r 



77 

mal marktgängigen Preise zu berechnen war. War ihr 
Transport zum Magazin resp. zur Armee schon keine sehr 
erwünschte Beigabe, so wurde die Möglichkeit, sieh ihrer zu 
bedienen, noch durch die Festsetzung beschränkt, dass sie 
nur gestattet sein sollten, wenn die Heere sich in der Nähe 
beenden und Gebrauch von ihnen machen könnten. Wegen 
des schwedischen Vorraths blieb es beim Alten. Die Beute 
und Einkünfte zu erobernder Länder wurden nicht zur Ver- 
ringerung der ständischen Leistungen bestimmt, sondern 
sollten als ausserordentliche Hülfsmittel verwendet werden, 
den Krieg mit utn so grösserem Nachdruck zu führen. Durch 
die Aufhebung der Neutralität in den vier Kreisen wurde 
zugleich von allen Mitgliedern Theilnahme an den Contri- 
butionen verlangt, von einer höheren Besteuerung einzelner 
Länder aber war keine Rede mehr; ebenso wenig davon, 
dass die Hülfsgelder fremder Mächte in die gemeinsame 
Kasse geliefert würden. Die Heere blieben sämmtlichen 
Verbündeten verpflichtet; es darf wohl als ein signifikanter 
Umstand bemerkt werden, dass neben den letzteren jetzt, 
was in dem ständischen Entwürfe nicht geschehen war, die 
Krone Schweden ausdrücklich genannt wurde. Die bewillig- 
ten Mannschaften und Pferde hatten die Kreise spätestens 
im Mai zu stellen. Für deren Unterhalt in der ersten Zeit, 
mussten sie sich dazu verstehen, einen einfachen Römermonat 
bis zum 1. Mai zu zahlen. Fenier mussten sie einwilligen, 
alle rückständigen „recruitgelder". zu erlegen. Die Heere 
zu vertheilen und die Garnisonen zu verstärken, wurde dem 
Directorium überlassen. Einquartierungen und Durchzüge 
durch befestigte Plätze zu gestatten, waren die Kreise nur 
schuldig auf vorherigen Befehl des Reichskanzlers, in dessen 
Abwesenheit des consilium oder im äussersten Nothfalle des 
Generals der Kreisarmee mit Zustimmung des betreffenden 
Standes. Bei den übrigen Durchzügen war die vorherige 
Mittheilung an die vieldeutige Klausel geknüpft „so oft belli 
ratio solches zuliesse". Die geforderten Befugnisse bei diesen 
Gelegenheiten wurden den Kreisen zugestanden und rück- 
sichtsvolle Behandlung zugesagt. In Betreff des Unterhalts 
der Truppen auf Märschen und im Quartier mussten sie 



78 

darauf verzichten, den Servis in Geld ablösen zu dürfen, und 
anderseits bei eiligen Durchzügen unentgeltliche Verpflegung 
tibernehmen; im tibrigen blieb es bei den von ihnen ge- 
troffenen Bestimmungen. Die ordentlichen Garnisonen hatten 
die einzelnen Stände in ihren Gebieten auf eigene Kosten 
zu erhalten. Ihre Forderungen hinsichtlich der ausserordent- 
lichen Garnisonen setzten sie mit der Modification durch, 
dass jene wie die Heere der Krone Schweden und den 
sämmtlichen Verbündeten verpflichtet sein sollten. Ihre 
lurisdiction wurde abgesehen von den ausserordentlichen 
Garnisonen noch auf alle ausserhalb des Marsches verübten 
Exzesse des Militärs erstreckt Alle sonstigen Massnahmen, 
welche sie zu ihrer Sicherheit wünschten, fanden, soweit 
Oxenstiern sich nicht von selbst dazu anheischig gemacht 
hatte, dessen Billigung nicht. Auch die Abschafi^ung des 
überflüssigen Trosses wurde dem Reichskanzler bei der 
Reform der Soldateska nicht zur Pflicht gemacht Zu der 
Bestimmung, die künftigen Eroberungen verhältnissmässig 
unter die Verbündeten zu vertheilen, soweit nicht ein einzelner 
Stand besondere Ansprüche darauf hätte, trat die weitere, 
dass das bereits dem Feinde abgenommene Gebiet Schweden 
bis zu Ende des Krieges und erhaltener Entschädigung ver- 
bleiben solle. In der Frage über den Unterhalt eines vom 
Feinde vertriebenen Bundesmitgliedes wurde der Antrag 
der Stände dahin beschränkt, dass nur künftig eroberte 
Länder hierfür zu verwenden seien. Als erstes Ziel der 
Kriegsführung wurde festgehalten, die Kreise vom Feinde zu 
säubern und ihre gefangenen Unterthanen zu befreien oder 
auszulösen. Damit wurde der neue Beschluss verbunden, 
die in den feindlichen Heeren dienenden Angehörigen der 
Kreise, welche in diesen Besitz hätten, durch mandata avoca- 
toria zur Rückkehr aufzufordern. An dem Verbot der 
Separatverhandlungen und den sich daran anschliessenden 
Verordnungen wurde nichts Wesentliches geändert Das Er- 
bieten der Stände hinsichtlich der Garantie der von Schweden 
im Reich occupii-ten feindlichen Länder wurde vom Reichs- 
kanzler mit der von jenen vgestellten Bedingung fernerer 
Betheiiigung am Kampfe angenommen. Endlich war noch 



79 

eine neue Festsetzung ^etroft'en, welche den Verbündeten die 
Verpflichtung: auferletfte, jedem Mitglicde, das weg:en seiner 
Theilnahme am gegenwärtigen Bunde selbst nach Auflösung 
desselben angegrifl'en werden würde, Beistand zu leisten. 

Bedenkt mau, über wie viele Fragen jetzt in kurzer 
Zeit eine Einigung herbeigeführt wurde, wie umständlich 
und schwierig es dagegen für beide Theile vorher gewesen 
war, sich über Einzelnes zu verständigen, so kann man 
nicht umhin, nach einem besonderen Glrunde für diese Er- 
scheinung zu suchen. Wir haben schon oben gesehen, dass 
der Reichskanzler das Üirectorium niederzulesren und sich 
mit auswärtigen Staaten zu verbünden drohte und dadurch 
wahrscheinlich die EntSchliessungen der Kreise zu beeinflussen 
beabsichtigte. Noch ein anderes Pressionsmittel scheint er 
zur Anwendung gebracht zu haben. Bei den Verhandluugen 
bebaupteten einige Stände ^^^), er wolle eine Bündnissformel 
aufsetzen und jeden, der seine Zustimmung versage, als 
Feind ansehen. Dass Oxenstiern einen bedeutenden Druck 
auf sie ausübte, dürfte darnach wohl feststehen ^^^), Darüber^ 
was ihn dazu bewog, lassen sich manche Vermulhungen 
aufstellen. Antheil hatte dabei sicherlich die von ihm in 
früheren Phasen des Convents kundgegebene und nicht unbe- 
gründete Besorgniss,' dass die Berathungen in der bisherigen 
Weise fortgesetzt sich ins Unendliche fortspinnen würden; 
anderseits mochte er sich überzeugt haben, dass er ohne 
jenes Auftreten mit seinen Ansprüchen weniger durchdringen, 
- sie auch wohl gar nicht mit denen der Stände in Einklang 
bringen könnte. Vielleicht hatte er auch schon im Voraus 
erfahren, dass der Kurfürst von Sachsen einen neuen Anlauf 
nahm, ihm Hindernisse in den Weg zu legen i^'^). 



"») Londorp IV, 325. 

"') Es fehlt in den Quellen jede Nachricht darüber, dass Feu- 
qui^res bei dieser Gelegenheit vermittelt hätte. So lange aber nicht 
nacJhzuweisen ist, dass er an der letzten Ausgleichung der Gegen- 
sätze den Haup tantheil hatte, wird man auch nicht seiner Thätigkeit 
besonders das Zustandekommen des Bundes zuschreiben dürfen. 

"2) Am 3. April sandte Johann Georg an die Stände ein neues 
Schreiben (Chemnitz 11, (54 und Londorp IV, 301. Nach der lieber- 



80 

Die UnterhandluDgen zwischen dem Reichskanzler and 
den Kreisen waren nun in der Hauptsache beendet Ghena- 
nitz: behält Recht, wenn er behauptet i^^), dass der Schluss 
fast so ausfiel, wie Oxenstiem in seinem Entwürfe projectirt 
hatte. Die Stände hatten sich keineswegs eine gleichbe- 
rechtigte Stellung neben der Krone Schweden errungen. 
Diese hatte in der Verwaltung und Verwendung der Beiträge 
sowie in den militärischen Angelegenheiten so gut wie freie 
Hand und t^omit auch eineu massgebenden Einfiuss im Bunde; 
das . positive Resultat für die Stände lässt sich kurz dahin 
zusammenfassen, dass sie die verlangten Massregeln zum 
Schutz vor den Ausschreitungen der Soldateska meist durch- 
setzten und Theilung der künftigen Eroberungen unter die 
Verbündeten zugesichert erhielten. 

Der förmliche Bündnissschluss verzögerte sich noch um 
acht Tage. In dieser Zeit beschäftigte die Versammlung 
einmal die Frage über die Friedensverhandlungen. Wir 
haben gesehen, wie Johann Georg die Annahme der ange- 
botenen dänischen Vermittelung eifrig befürwortet und auch 
zu ihrer Durchführung Vorschläge gemacht hatte. Hierauf 
kam es von Seiten der Kreise zu einer Meinungsäusserung^^*). 
Sie erblickten darin, dass der Kurfürst nicht vorher alle 
Betheiligten befragt hatte, eine Verletzung und befürchteten, 
dass es von kaiserlicher Seite auf besondere Verhandlungen 
mit den Ständen unter Ausschluss Schwedens abgesehen sei, 
was sie aus Dankbarkeit für die schwedische EiTcttung 
nicht zulassen zu können meinten. Den letzteren Verdacht 
fanden sie durch den Umstand bestätigt, dass der dänische 
Gesandte Wartensleben, welcher im Dezember 1632 von 



Schrift bei letzterem wäre auch dem Reichskanzler das Schreiben zu- 
gesandt worden; der Inhalt desselben macht dies ziemlich unwahr- 
scheinlich), in dem er sie an ihre Pflichten gegen das Reich und die 
anderen Stände besonders die Kurfürsten erinnerte. £s traf jedenfalls 
in Heilbronn viel später ein und war auf die Beschlüsse, die hier 
gefasst wurden, ohne Einfluss, da wir gar nicht hören, dass es zur 
Kenntniss der Stände gelangte. 

"3) II, 74. 

»") Chemnitz U, 75. 



81 

einer Gesandtschaft in Wien nach Dresden zurückkehrte, 
hier berichtet hatte, wie angelegentlich die kaiserlichen 
Räthe von ihren friedlichen Absichten gesprochen hatten, 
seinem Bericht aber hinzufügte, der Schweden sei keine 
Erwähnung gethan. Sie hielten auch besonders für nöthig, 
bevor Friedensunterh^ndlungen eröffnet würden, sich über 
die Friedensbedingungen zu vergleichen, da sonst leicht nach 
dem Wunsche der Gegner unter den Ständen Zwiespalt 
ausbrechen könnte. Die zu diesem Zweck von Johann Georg 
vorgeschlagenen 8 — 10 Tage aber schienen ihnen zumal bei 
dem Hergang auf deutschen Versammlungen für eine Ange- 
legenheit von so grosser Wichtigkeit durchaus unzureichend. 
Es fehlen zwar die Nachrichten darüber, aber man wird 
wohl kaum fehlgehen mit der Annahme, dass Oxenstiern der 
Abfassung dieser in eminent schwedenfreundlichem Sinne 
gehaltenen Antwort nicht fern stand. Es weist darauf 
namentlich hin, dass die Ablehnung der sächsischen Anträge 
so ausführlich mit dem befürchteten Ausschluss Schwedens 
von den Friedensverhandlungen begründet wurde. Dies 
scheint auch der Grund gewesen zu sein, wesshalb der 
Reichskanzler die Friedensanerbietungen des Kaisers stets 
für verdächtig erklärt hatte. Auch der dänischen Vermitte- 
lung war er durchaus abgeneigt. Auf die Ziele der dänischen 
Politik darf man wohl aus dem Entwürfe des kurpfälzischen 
Staatsraths Rusdorf schliessen^^^), der damals zum Hofe von 
Kopenhagen in nahen Beziehungen stand. Ihre Pläne waren 
Oxenstiern schwerlich unbekannt und mögen, als zu wenig 
voriheilhaft, ihn veranlasst haben, den Bemühungen Christians 
um den Frieden entgegenzutreten. Indessen wies er die 
Vermittelung desselben nicht einfach zurück *^<^), wozu ihm, 
wie es scheint, ein genügender Grund fehlte, sondern schlug 
zugleich die Frankreichs und der Generalstaaten vor. Er 
soll dies in der Hoflfiaung gethan haben, wenn der Kaiser 
damit nicht einverstanden wäre oder seinerseits Spanien 



»'S) 8. o. S. 6. 

»'6) Das Folgende nach Chemnitz II, 76 und Pufendorf V, § 31 
und 33. 



82 

hinsunehmen wollte, Gelegenheit zu finden, alle Vermittler 
zugleich mit dem dänischen Könige zu verwerfen. , Von allen 
Seiten erfolgten weitere Vorschläge und Gegenvorschläge 
zur Friedensvermittelung. Christian IV. wünschte, bei seinem 
Werke England zu Hülfe zu nehmen. Ferdinand IL wollte 
Frankreich und den Generalstaaten als Verbündeten Schwe- 
dens, England wegen seiner Parteinahme für das kurpfäl- 
zische Haus keinen Äntheil bei den Verhandlungen einräumen 
oder ausserdem Spanien hinzugezogen wissen, was die 
Gegenpartei wieder ablehnte. Ferner machten sich auch 
Polen, der Pfalzgraf von Neuburg und selbst die Kurfürsten 
von Mainz und Köln zur Intervention anheischig. Gegen 
Polen wurden von Schweden Bedenken erhohen, der Pfalz- 
graf war besonders Brandenburg nicht genehm, und evan- 
gelischerseits weigerte man sich allgemein, die beiden Kur- 
fürsten als Interessirte hinzuzulassen. Somit blieb nur die 
dänische Vermittelung als einzig mögliche übrig, und 
Christian IV. hatte sie mit grossem Eifer betrieben, wie wir 
gesehen, und stand im BegriflFe, einen Congress zur Ver- 
wirklichung seines Vorhabens auszuschreiben. Am' 27. März 
sandte er wieder an dei)i Reichskanzler ein Schreiben, worin 
er ihn aufforderte, seine Friedensbestrebungen zu unterstützen; 
dies kam dem letzteren aber erst am 16. Mai zu^^^). So 
stand die Angelegenheit, als Oxenstiem mit den Ständen in 
Heilbronn eine Einigung erzielt hatte. 

Er wollte nun auch in dieser Sache mit der Versamm- 
lung sich in Einvernehmen setzen und einen gemeinsamen 
Standpunkt herbeiführen und berief desshalb am 11. April 
zunächst einige ständische Vertreter zu einer geheimen Be- 
sprechung ^^s). Er verlangte von ihnen ein Gutachten über 
die Friedensbedingungen und schlug vor, einen Entwurf ab- 
zufassen, der zugleich als Grundlage und Instruction für das 
Direetorium bei etwaigen Verhandlungen dienen könnte; er 
wünschte ferner zu vernehmen, welche Vermittler man an- 
nehmen und wie weit sie zulassen wollte, und begehrte 



»") Londoip IV, 334. 
»1^») Chemnitz II, 76 — 78. 



83 

darüber Auskunft, ob man während der Unterhandlungen 
sich auf einen WaflFenstillstand einlassen solle. Endlich 
fragte er an, was man zu thun gedächte, wenn Sachsen die 
evangelische Sache im Stich liesse ; er wies hierbei zugleich 
darauf hin, dass schon Gustaf Adolf diesen Fall in Ueber- 
legung gezogen und für ungefährlich angesehen habe, wenn 
nur der Kurfürst den Evangelischen den Durchzug durch 
sein Land gestatte und nicht dem Kaiser seine Truppen zur 
Verfügung stelle. Diese Ansicht schien ihm auch noch für 
die gegenwärtigen Verhältnisse passend. Die Bemühungen 
des Reichskanzlers in dieser Hinsicht aber waren vergeblich. 
Die Gesandten erklärten, dass sie darüber nicht instruirt 
seien, und so erfolgte auf die Proposition kein Beschluss. 

Am 13. April unterzeichneten Oxenstiern und die Stände 
der vier Kreise die Conföderationsacte ^^^). Sie begann mit 
einer ausführlichen Darlegung der Gründe zur Bildung des 
Bundes ^20)^ ^Ig solche wurden die vom Reichskanzler bei 
Eröffnung der Versammlung geltend gemachten nebst der 
Ermahnung des französischen Königs angeführt. Darauf 
folgten neun Artikel, welche Abmachungen des Convents 
enthielten. Es waren nicht die sämmtlichen sondern nur 
solche, welche für die Publication, zu der das Aktenstück 
bestimmt war, für geeignet gehalten wurden. Nachdem der 
Zweck des Bündnisses dargelegt war, wurden die Beschlüsse 
über das Directorium, die Einsetzung des consilium formatum 
und der Kreisräthe erwähnt. Daran schlössen sich die Be- 
stimmungen über Verhandlungen mit dem Feinde, die Erhal- 
tung der Heere und die Geldleistungen, wobei die detaillirten 
Angaben des Nebenabschiedes wegfielen, ferner über die 
militärische Reform und Disciplin, die Einquartierungen, die 
Hebung des Verkehrs, endlich über die Garantie der von 
Schweden occupirten Reichsländer. Schliesslich versicherten 
die Verbündeten, dass sie sich allein zu ihrer erlaubten Ver- 
theidigung vereinigt hätten, zu der sie die Unbilligkeit der 



»») Bei Chemnitz U 78 — 81 u. A. 

*20) Diese Einleitung, scheint es, trat an die Stelle der.Verthei- 
digungsschrift, welche man zu veröffentlichen beschlossen hatte. 

6* 



^4 

Gegner nothige, nicht aber zum AngriflF eines friedliebenden 
Standes und unbeschadet der Reichssatzungen^ und sprachen 
die Hoffnung aus, dass andere evangelische Stände Deutsch- 
lands sowie auswärtige Mächte sich ihnen anschliessen und 
das Werk befördern helfen würden. 

Am 15. April kam auch zwischen dem Reichskanzler 
und der freien Reichsritterschaft ein Vergleich zu Stande ^^i). 
Diese Körperschaft nahm im übrigen den Nebenabschied 
der anderen Stände fast unverändert an, nur ihre Leistungen 
an Creld, Soldaten und Pferden wurden besonders geregelt, 
für welche sie das Recht erhielt, zu dem consilium formatum 
ein Mitglied zu stellen. 

Mit der Verwirklichung der aufgestellten Ziele des 
Bundes wurde in Heilbronn selbst der Anfang gemacht Er 
bestand in der Wiederherstellung der Pfalz 122). Um sie 
herbeizuführen, hatte die Wittwe Friedrichs V. einen Bevoll- 
mächtigten Namens Kolbe gesandt, der sich bei Oxenstiem 
darum bemühen sollte. Er fand Unterstützung in seinem 
Vorhaben seitens Brandenburg, England und Holland. Schon 
während der Berathungen wurde den kurpfälzischen Erben 
Sitz und Stimme und die Ausübung der Kurwtirde zurück- 
gegeben. Am 14. April trat ihnen der Reichskanzler die 
Länder ab, welche Schweden von der Pfalz besass, und die 
künftig erobert werden möchten, gegen Auszahlung einer 
bestimmten Geldsumme und unter der Bedingung, dass die- 
selben den Festsetzungen des Convents unterlägen und das 
Augsburgische ßekenntniss in ihnen geduldet würde ; nur die 
Festung Mannheim behielt die Krone Schweden, und die 
schwedische Besatzung musste von der Pfalz erhalten werden. 

Einige Beschlüsse der Versammlung erfuhren noch nähere 
Erläuterungen. So wurden das consilium formatum und die 
Kreisräthe mit einer Instruction über ihre Obliegenheiten und 
Machtbefugnisse versehen ^23 j; Um d^n Artikel, welcher die 
Neutralität für unstatthaft erklärte und den Beitritt aller 

»»>) Londorp IV, 317 — 20. 

'^) Chemnitz II, 87—88. s. auch Pufendort' V, § 35 und Feu- 
quieres I, 66 — 67, 147 — 48. 

»23) Londorp IV, 321-^22. 



85 

Stände der vier Kreise zum Bunde forderte, zur Ausführung 
zu bringen, wurden einige Verbündete beauftragt* 24) ^ den 
nicht Erschienenen den Hauptabschied, in welchem sich jene 
Bestimmung befand, mitzutheilen, sie durch geeignete Vor- 
stellungen zum Anschluss zu bewegen zu suchen und deren 
Antwort dem Directorium zu berichten. Motivirt wurde 
dieser Schritt durch die „Nothdurft der Sachen". Ausserdem 
richteten die Stände an ihre Mitstände in den vier Kreisen 
ein Schreiben 1*^5), in welchem sie sich der Zuversicht hin- 
gaben, dass jene mit den Festsetzungen zufrieden sein und 
zu dem vorgesetzten Zweck mitwirken würden. Ein Schreiben 
gleichen Inhalts zugleich mit dem Hauptabschied übersandte 
Oxenstiem an die übrigen evangelischen Stände Deutschlands 
besonders den Kurfürsten von Sachsen. Weiter wurden auch 
auswärtige Mächte von dem Bündnissschluss in Kenntniss 
gesetzt 126) ; es waren die Könige von Frankreich, England 
und Dänemark, die Generalstaaten, die Republik Venedig, 
der Herzog von Savoyen und Mantua und die Eidgenossen. 
Die drei erstgenannten Fürsten benachrichtigten die Stände. 
Dem französischen Könige sprachen sie ihren Dank aus^^?) 
für seine heilsamen Rathschläge, durch die sie, wenn gleich 
schon vorher dazu entschlossen, noch bestärkt seien, mit 
Schweden sich zu verbünden. Dazu, führten sie weiter aus, 
seien sie durch die universalmonarchischen Pläne des Hauses 
Habsburg gezwungen. Die an sie ergangene Einladung, 
dem französisch -schwedischen Bunde beizutreten, welcher 
inzwischen zu Stande gekommen war, lehnten sie vorläufig 
ab, da der grösste Theil der Versammlung aus Gesandten 
feestehe, die darüber nicht instruirt seien. Indessen erklärten 
sie, dass sie die ihnjen vorgelegten Artikel grösstentheils für 
billig hielten und nicht zweifelten, dass der König ihre 
kirchlichen und politischen Rechte nicht schädigen oder ihren 
Feinden Beistand leisten wolle, und gaben der Hoffnung 

«*) Londorp IV, 320 — 21. Memorial und Vollmacht der Stände 
auf etliche ihres Mittels etc. 
125) Chemnitz II, 81. 

»26) Londorp IV, 327. Chemnitz II, 81 — 82. 
»27) Londorp IV, 322. 



86 

Ausdruck, dass er sie mit Geld unterstützen werda Wenn 
ihre Hen-en diese Zusage erhalten hätten, meinten sie, würden 
dieselben das Bündniss gern annehmen. Dem Könige von 
England gegenüber *28) wiesen die Stände zur Rechtfertigung 
ihrer Bescblüsse hin auf die absolutistischen Tendenzen ihrer 
Gegner, dankten auch ihm, dass er sie in ihrem Verhalten 
ermuntert habe, und knüpften an die Mittheilung von der 
Restitution der Pfalz die Erwartung, dass er ihnen mit Rath 
und That beistehen werde. In dem Schreiben an Christian IV. 
von Dänemark i-^) betonten sie ^ie Gerechtigkeit ihrer Sache 
und gaben ihm in Anschluss daran ihr Vertrauen zu erkennen, 
dass er in den Bund eintreten werde. 

Neben dem schwedisch - deutschen Bündniss kam in 
Heilbronn auch ein schwedisch - fi-anzösischer Vertrag zum 
Abschluss. Bei den Verhandlungen über denselben stand die 
Frage in Betreff der zulässigen Theilnahme der schwedischen 
Verbündeten im Vordergrunde. Zur Zeit seiner Rede wollte 
Feuquiöres noch die Kurfürsten von Sachsen und Branden- 
burg in dem Instrument mit Namen angeführt wissen i^o). 
Indessen fand er es gut^^i) bei der Haltung Johann Georgs 
und des Reichskanzlers, auf die Namhaftmachung der beiden 
Fürsten zu verzichten, behielt sich aber die Freiheit vor, mit 
ihnen besondere Verträge einzugehen. Er verglich sich 
zuletzt mit Oxenstiern dahin ^^% dass das Bündniss errichtet 
sein sollte zum Schutz der beiden Reiche und ihrer Freunde 
namentlich solcher, welche sich demselben anschliessen 
wollten; zum Beitritt sollten diese nicht nur zugelassen 
sondern auch eingeladen werden. Dieser Bestimmung wurden 
meist die des Bärwalder Vertrags in modifizirter Form, die 
durch jenes erste Uebereinkommen bedingt war, hinzugefügt. 
So lieferte Frankreich von jetzt ab seine Subsidiengelder 
zu Gunsten der Conföderation, und diese mit Ausnahme 

»28) Londorp IV, 314. 
»29) Chemnitz II, 81 — 82. 
»3«) Feuqui^res I, 74—75. 
"0 ebend. I, 139. 

"2) RenoVatio foederis Sueeo-Gallici etc. d. d. Heilbronn 9. April. 
Londorp IV, 313 — 14 u. Dresdener Archiv. 



«v^v^^PHHHHBI 



87 

jener Macht übernahm demgemäss auch die Aufstellung der 
Streitkräfte. Die Höhe der beiderseitigen Leistungen, welche 
der Reichskanzler für seinen Theil hatte herabdrücken 
wollen ^33)^ blieb dieselbe, eine Million Livres jährlich auf 
französischer und ein Heer von 30,000 Mann ^ Fuss und 
6000 Reitern auf Seite der übrigen Verbündeten. Das Recht 
der freien Werbung in den gegenseitigen Gebieten sowie die 
Pflicht der Auslieferung von Flüchtlingen wurde auf alle 
Bundesgenossen ausgedehnt. Neu hinzutreteüde Mitglieder 
sollten nach Verhältniss zu den Lasten beitragen. Die Ver- 
pflichtung, welche Gustaf Adolf auf sich genommen hatte, 
in den unterworfenen Orten die vorgefundene Religion un- 
versehrt zu lassen, wurde auf Feuquieres* Veranlassung mit 
dem weiteren [Zusatz versehen, dass die den Verbündeten 
unterthänigen Besitzer geistlicher Güter, wenn sie ihren 
Herren sich gehorsam zeigten, unangefochten bleiben sollten, 
soweit es der gegenwärtige Zustand erlaube. Die letzte 
Klausel rührte allerdings von Oxenstiern her^^^^j gegenüber 
dem Bemühen des französischen Gesandten um den Schutz 
der geistlichen Besitzer machte er die Befürchtung geltend, 
dass vertriebene unter dem Schein erheuchelten Gehorsams 
ihre Güter zurückfordern könnten, und dies zu verhüten, 
war jedenfalls der Zweck jener Beschränkung. Hinsichtlich 
Baierns und der Liga erlangte Feuquieres die Einwilligung, 
dass Frankreich bei ihnen, obwohl sie schlechte Lust zur 
Neutralität zu haben schienen, nochmals einen Versuch 
machen dürfe, sie zur Annahme derselben zu bewegen, ohne 
jedoch di6 Verbündeten dabei irgendwie zu verpflichten. 
Die beiden letzten Punkte setzte der Gesandte durch ^^^) mit 
dem Hinweis darauf, dass sein König sich nur auf diese 
Weise vor dem Unwillen seiner Unterthanen über das Bünd- 
niss mit Protestanten sichern könnte; seine weitere Empfeh- 
lung einer Verständigung mit Baiern von dem Gesichtspunkte 
des Vortheils aus wurde unbeachtet gelassen. Mit dem 



>33)* Feuquieres I, 121. 

»3*) ebend. I, 141. 

"*) ebend. I, 141 — 42. 



88 

früheren Beschluss, dass nur nach gemeinsamer Ueberein- 
ßtimmung der Verbündeten Friedensunterhandlungen vorge- 
nommen werden dürften, ward der. von den Ständen und 
dem Reichskanzler gefasste verbunden, dass der Zuwider- 
handelnde als Feind anzusehen sei. Das Bündniss sollte so 
lange dauern, bis die deutschen Unruhen durch einen sicheren 
Frieden beigelegt seien. Zuletzt ^urde bestimmt, wenn 
binnen zehn Jahren von Unterzeichnung des Friedens an 
ein Bundesgenosse des Bündnisses wegen angegriffen oder 
ihm das beim Frieden Versprochene nicht gehalten würde, 
so sollten die übrigen schuldig sein, dem beleidigten späte- 
stens innerhalb Monatsfrist, nachdem er es begehrt, mit 
bewaffiueter Hand zu Hülfe zu kommen ^^e). 

Noch ehe die beiden Gesandten den Vei-trag unter- 
zeichneten, wurden die Stände am 5. April von Oxenstiern 
zum Beitritt aufgefordert ^37), Feuqui^res hatte sie dazu 
schon lange vorzubereiten gesucht. Als sie in ihrer Antwort 
auf seine Rede um eine Geldunterstützung von Frankreich 
anhielten, erwiederte er, dass sein Herr eine solche dem 
Reichskanzler als ihrem Oberhaupte sowohl wie als schwe- 
dischem Vertreter zu Theil werden lasse ^^s). Darin, dass 
sie sich zu gleicher Zeit zur Correspondenz mit Ludwig XIH. 
erboten, sah er schon ihre Bereitwilligkeit, in ein Bündniss 
mit dem Könige zu treten; nur Scheu, glaubte er, halte sie 
ab, ihn dazu einzuladen, bevor sie eine Antwort von ihm 
erhalten hätten. Es scheint nicht ohne seine Veranlassung 
geschehen zu sein, dass die Stände im Verlauf der Unter- 
handlungen mit Oxenstiern das Begehren stellten, die Hülfs- 
gelder vom In- und Ausland möchten in die gemeinsame 
Kasse geliefert werden. Nach der offiziellen Aufforderung 



136 j Frankreich wünschte auch diesmal wieder, dass der Name 
des französischen Königs überhaupt vor den der schwedischen Königin 
gesetzt würde (Feuquieres I, 119 — 20). Es drang aber mit seinem 
Wunsche nicht durch; wie 1631 wurde auch jetzt in den beiderseiti- 
gen Instrumenten in der Folge der Namen abgewechselt. 

»37) Londorp IV, 325 — 26. Protokoll. 

"8) Feuquieres I, 80. 



89 

aber verlangten sie doch wieder eine Geldsumme i^^). Sie 
nahmen femer Anstoss an der Festsetzung hinsichtlich der 
geistlichen Besitzer und des Kurfürsten von Baiern; sonst 
waren sie sehr geneigt, auf das Anerbieten einzugehen. Ihre 
Erwägungen dabei gingen namentlich von dem Gesichtspunkt 
des Nutzens aus; Geldmittel, an denen es ihnen am meisten 
fehlte, hofften sie vor allem von Frankreich zu bekommen ^^^), 
Zu der unerwünschten Geldforderung der Stände kamen 
bald noch andere umstände, welche dem Gesandten Beden- 
ken erregten, sie in den Bund einzuschliessen. Dies waren 
die Wiederherstellung der Pfalz als Kurftirstenthum und, 
wie es scheint, die Entscheidung über die eroberten Länder ^^O« 
Darin, vermuthete er ^^^)j würde sein König gern freie Hand 
behalten, was er als Bundesgenosse der Schweden und 
Deutschen nicht konnte. Anderseits versprach Feuquiöres 
sich vor der Hand keinen sonderlichen Vortheil von einem 
directen Bündniss mit den Ständen. Hatten sie doch so 
ziemlich alles gethan, was man von französischer Seite 
wünschte, sich zur Fortsetzung des Krieges und zu grossen 



139J Wahrscheinlich bestärkte sie hierin der Keichskanzler. Nach 
Londorp (a. a. 0.) lud er sie geradezu zum Anschluss ein unter der 
Bedingung, dass Frankreich ihnen dieselbe Summe wie Schweden 
zahlte. Da Feuquieres eine besondere Summe den Ständen nicht ge- 
währen wollte, Oxenstiern aber eine directe Verbindung der letzteren 
mit Frankreich ungern sah, so liegt die Vermuthung nahe, dass 
dieser hier dem französischen Gesandten entgegenarbeitete. 

»*«) Londorp a. a. 0. cf. Feuquieres 144, 162. 

1^*) Feuquieres I, 143. Der Bevollmächtigte redet von einer 
Vorentscheidung in der Mainzischen Angelegenheit, was wohl darauf 
Bezug hat^ dass Schweden im Besitz des Frzbisthums Mainz blieb. 
Richelieu (VII, .339—40) und Aubery (II, 149) lassen den französi- 
schen Gesandten verhindern, dass die Versammlung nach dem Wunsche 
Oxen stiem s über das Kurftirstenthum Mainz zu seinen Gunsten ver- 
fügte (cf. Londorp IV, 327). Wesshalb der letztere dasselbe für sich 
haben wollte, wird in keiner Quelje mitgetheilt, vermuthen Hesse sich 
vielleicht, dass er durch die Stellung als Kanzler des deutschen 
Reichs eine grössere Autorität in den Augen der deutschen Fürsten 
zu^Angen hoffte. Noch im folgenden Jahre war die Sache in Frage^ 
(c^5eijer III, 180—81). 

»«) Feuquieres I, 142-43. 



90 

Anstrengungen für denselben entschlossen, während der 
Reichskanzler sich rerpflicht^t hatte, nur im Einverständniss 
mit Ludwig XIII. Frieden zu schliessen. Wenn man zu den 
Ständen in unmittelbare Beziehung trat ^*3), so erlangte man 
einen Gewinn einzig dadurch, dass man leichter von ihren 
Neigungen Kenntniss nehmen und ihre Beschlüsse im fran- 
zösischen Interesse leiten konnte. Der Bevollmächtigte war 
unschlüssig, was er thun sollte, und wollte nicht auf eigene 
Verantwortung handeln. Um desshalb von seinem Hofe 
vorher eine Anweisung erhalten zu können, suchte er jetzt 
die Sache zu verzögern und sprach zu dem Zweck den 
Ständen gegenüber den Wunsch aus ^^4), dass sie sich selbst 
in dieser Angelegenheit eine Vollmacht schicken lassen 
möchten. Aber noch ehe dies geschehen, wandten sich diese 
wieder an ihn ^*^) und baten um eine nähere Auslegung des 
von ihnen beanstandeten Punktes. Er gab ihnen darauf 
eine schriftliche Erklärung **«), dass der König allein die 
Absicht habe, in den eroberten Orten der katholischen 
Religion freie üebung zu sichern, und in keiner Weise den 
Feinden ihrer Freiheit Vorschub leisten wolle. Zugleich 
nahm er ihnen das Versprechen ab, dass si6 erst nach Ab- 
schluss des Vertrages jenen um Subsidiengelder ersuchen 
wollten, wobei er sich selbst für sie zu verwenden verhiess. 
Sein Gebieter, versicherte er, würde, wenn sie ihm ihre Be- 
reitwilligkeit kundthäten, in Folge dieser Erklärungen sich 
mit ihm zu verbünden, ihnen seine guten Absichten bestätigen. 
Das oben berührte Schreiben der Stände an Ludwig XIIL 
zeigt, dass sie an die neue Abmachung über die Geldunter- 
sttttziing sich wenig banden. Soweit hatte Feuquiöres mit 
ihnen in Betreif des Bündnisses zu thun. 

Er war aber in Heilbronn noch vielfach anderweitig 
beschäftigt. So arbeitete er seiner Instruction gemäss daran, 
die ihm bezeichneten elsässischen Plätze in den Besitz 
Frankreichs zu bringen, wozu er vom französischen Hofe 



»^3) ebend. I, 146. 
»**) ebend. I, 145. 
"6) ebend. I, 160—62. 
"«) ebend. I, 219—20. 



91 

unablässig angespornt wurde. Aber so wenig er bei der 
Würzburger Conferenz erreicht hatte, so wenig gelang es 
ihm auch später. Oxenstiem hüllte sich, sobald die Frage 
angeregt wurde, in diplomatisches Schweigen, und ausserdem 
musste der Gesandte furchten, dass alle Gegner Frankreichs 
auf dem Convente die Angelegenheit zu Verdächtigungen 
gegen dasselbe benutzen würden i^''). Nicht besser glückte 
es ihm in der pfälzischen Sache ,^ in der er seinen Einfluss 
nicht zur Geltung zu bringen vermochte"®). Indessen ver- 
stand er es immerhin, dem Namen seines Königs ein grosses 
Ansehen zu verschaffen, so dass z. B. bei dem Bündniss- 
schluss zwischen Schweden und den Preisen desselben Er- 
wähnung gethan wurde. Diesen Erfolg verdankte er neben 
der Geschicklichkeit seiner Unterbandlungen besonders dem 
Umstände, dass er durch die zahlreichen übrigen franzö- 
sischen Gesandten in und ausser Deutschland, die alle unter 
einander in Verkehr standen, stets vom Stande der Dinge 
unterrichtet wurde und dadurch im rechten Augenblick ein- 
greifen konnte, sowie dem ßestechungssystem , welches er 
einführte, und durch das er in der verhängnissvollsten Weise 
demoralisirend auf die verwilderten Gemüther einwirkte. 

Im Vergleich zu der Wirksamkeit des Feuquißres tritt 
die des englischen Gesandten Robert Anstruther sehr zurück"^). 
Es erging ihm anfangs wie jenem. Der englische Staatsrath 
hatte sich nach der Lützcner Schlacht von seinem Bevoll- 
mächtigten in Deutschland, Heinrich Vane, über die deutschen 
Verhältnisse Bericht erstatten lassen. Dieser theilte wahr- 
scheinlich die Auffassung seines Freundes Rusdoif über die 
damalige Lage, denn Anstruther wurde beauftragt, die Füh- 
rung des protestantischen Deutschlands dem sächsischen 
Kurfürsten verschaffen zu helfen. Dadurch kam er in die- 
selbe Verlegenheit wie Feuquiöres; er unternahm es aber 
nicht wie dieser wenigstens nicht sogleich, auf eigene Faust 
zu handeln, sondern s^^hrieb um neue Verhaltungsbefehle. 
Ob er solche erhielt oder endlich aus freiem Antrieb sich 

"') ebend. I, 54, 68—69, 71, 77, 83, 100, 107—8, 115—16. 
"•) ebend. I, 66—67, U7. 
»") Pufendorf V, § 37. 






92 

dazu CDtschloss, wissen wir nicht, genug, er begann später, 
mit dem Reichskanzler über die pfälzischen Angelegenheiten 
zu unterhandeln. Er stellte demselben einen monatlichen 
Beitrag von 40,000 Rthlm und die Unterhaltung eines Heeres 
von 8000 Mann während des Krieges in Aussicht ^^^). Dafür 
aber forderte er, dass die Krone Schweden und ihre Ver- 
bündeten mit der Wiederherstellung der Pfalz und der Kur- 
würde auch die Protection zugleich mit seinem Könige 
übernähmen, wollte diesen jedoch nicht weiter im Interesse 
4er Conföderation verpflichten; das englische Heer sollte 
ausserdem selbstständig sein. Oxenstiem verwarf dies durch- 
aus', weil dadurch die Verfassung der vier oberen Kreise 
verwirrt würde; dagegen wünschte er, der König von Eng- 
land möchte nach dem Beispiel des französischen einen 
Geldbeitrag liefern und freie Werbung in seinem Lande 
gestatten. Der Gesandte stimmte persönlich dem Vorschlage 
bei, konnte aber wegen Mangel an Vollmacht keine Ver- 
bindlichkeit eingehen. Daneben arbeitete Anstruther im 
Sinne des Reichskanzlers den französischen Diplomaten ent- 
gegen, die durch ihre Geldspenden die Deutschen auf ihre 
Seite zu ziehen suchten, und bemühte sich, diese besorgt zu 
machen, dass ihre Religion durch Frankreich gefährdet 
werde. Es unterliegt auch fast keinem Zweifel, dass er an 
dem Bedenken der Stände gegen den schwedisch -franzö- 
sischen Vertrag grossen Antheil hatte i^^). Indessen wusste 
er sich nicht bei der Versammlung in Ansehen zu setzen. 
Sein Antrag, den er wie der französische Gesandte einge- 
bracht hatte, dass in dem schwedisch -deutschen Bündniss 



»^) Feuquiöres I, 116, 148. 

^^^) Es ist dies zwar in keiner Quelle geradezu gesagt, aber es 
wird Anstruther noch zugeschrieben (Aubery II, 157), dass er neben 
Oxenstiem den französischen Gesandten genöthigt habe, in der Be- 
stimmung über die freie üebung der katholischen Religion nachzu- 
geben. Da es kaum denkbar ist, dass d^r Reichskanzler ihn zu sei- 
nen Verhandlungen mit Feuqui^res hinzugezogen habe, so bleibt nur 
die Annahme übrig, dass die Stände, welche ja noch vor Abschluss 
des schwedisch-französischen Vertrags zum Beitritt eingeladen wurden 
und darauf an den Berathangen Theil nahmen (cf. Feuquieres I, 
141 — 42), dabei vom englischen Gesandten beeinflusst sind. 



93 

der Mitwirkung seines Herrn gedacht würde ^^^)j blieb unbe- 
rücksichtigt. 

Noch weniger Einfluss auf den Verlauf der Verhand- 
lungen hatte der holländische Gesandte Cornelius Paw^^^). 
Durch ihn Hessen die Generalstaaten versichern, dass sie, 
falls zwischen ihnen und Spanien der Waflfenstillstand abge- 
schlossen werde, über welchen man damals verhandelte, 
mit Militär und Geld den Verbündeten helfen wollten, andern- 
falls versprachen sie, durch kräftige Unternehmungen den 
Feind zu beschäftigen. 

Der Bund zwischen den vier oberen Reichskreisen und 
der Krone Schweden, der eine wenn auch kurze so doch 
hervorragende Rolle spielen sollte, war zu Stande gebracht. 
Er war hauptsächlich das Werk des schwedischen Reichs- 
kanzlers. Durch seine unablässigen Bemühungen waren die 
Kreise zu der Zusammenkunft bewogen^ und der Gang der 
Berathungen auf dem ConveAte wurde von ihm geleitet. 
Er" erlangte auch den grössten Gewinn. Freilich hatte er 
sein vorgestecktes Ziel nicht erreicht; nur ein Theil Deutsch- 
lands schloss sich Schweden an, und er selbst erhielt nur 
eine beschränkte Gewalt. Indessen ging die Beschränkung 
nicht so weit, dass nicht Schweden auch künftighin das 
entscheidende Wort zu führen hatte. Ein wichtiges Resultat 
ferner war es für diese Macht, dass die Stände sich ver- 
pflichteten, sie im Besitz der eroberten feindlichen Länder 
zu schützen, und dass sie zu Ende des Krieges auf Grund 
dieser Vereinigung eine Entschädigung fordern konnte. Für 
die Deutschen war das Ergebniss wenig erfreulich. Ihnen 
fiel nur ein sehr geringer Einfluss auf die künftigen Ver- 
hältnisse und Unternehmungen zu, woran vor allem das 
energielose und zweideutige Verhalten des Kurfürsten von 
Sachsen die Schuld trug. So blieben die deutschen Geschicke 
in den Händen der Ausländer. In diese aucli seinerseits 
eingreifen zu- wollen, kündigte Frankreich schon an, wenn 
es gleich noch nicht auf den Schauplatz trat. Gegenwärtig 



. »62) Londorp IV, 325. 
»«) Pufendorf V, § 38. 



94 

hatte 68 noch weuig in den deutgehen .Angelegenheiten zu 
sagen. £s war weder Mitglied des Bundes noch konnte es 
durch Beeinflussung des consilium formatum bei dessen ge^ 
ringer Machtbefugniss auf die weitere Entwickelung der 
Dinge bedeutend einwirken. Seinem Endziel aber war 
esy wenig durch eigenes Zuthun, ein gutes Stück näher 
gekommen: Der Kaiser hatte mit einer organisirten Macht 
zu kämpfen, die selbst Frankreich nicht so gefährlich werden 
konnte wie die des gefallenen Schwedenkönigs. Ein anderer 
Vortheil fttr dasselbe war es, dass der Herzog von Lothrin- 
gen mehr als yorher isolirt dastand und den Angriffen von 
französischer Seite preisgegeben war. Den Anschlägen auf 
das Elsass widersetzte sich noch der schwedische Keichs- 
kanzler. Aber wenn er seine Politik änderte oder gezwungen 
wurde, die Hülfe des französischen Staates in Anspruch zu 
nehmen, so war die Zeit da, wo dieser ganz in die Aktion 
treten und seine letzten Absichten verwirklichen konnte. 



95 



Beilage I. 

Zehn Punkte der neuen AUianznotul , so die Herrn Stände 
des H. Reichskanzlers Excell. den 1. April einliefern lassen. 

J) Erstlich und zuvörderst thun sich die anwesenden Fürsten . 
und Stände auch der abwesenden Kurtürsten, Fürsten und Stände 
Gesandten und Botschaften für sich selbst und im Namen ihrer gnä- 
digsten, gnädigen und gebietenden Herrn Prinzipalen und Obern, 
neben dem sie als Glieder des Beichs kraft dessen Constitutionen 
ohne das verbunden, für sich, dero Erben und Nachkommen- unter 
einander noch enger und näher und darauf sämmtlich mit der hoch- 
löblichsten Krone Schweden und anstatt derselben mit dero gevoll- 
mächtigtem Legato, dem Herrn Keichskanzler und Sr. Excell., getreu, 
fest und einmüthiglich auch wissend, wohlbedächtig und freiwillktir- 
lich conforderiren und dahin vereinbaren, dass sie sämmtlich Con- 
föderirte beieinander beständig und treu halten, ja ein Theil des 
anderen Wohlfahrt befördern, dessen Schaden verhüten und abwenden 
auch Leib, Leben und Vermögen aufsetzen sollen und wollen, so lang 
und viel die deutsche Libertät und Observanz des h. röm. Reichs 
Satzungen und Verfassungen wiederum stabilirt, die Restitution der 
evangelischen Stände erlangt, in Religionssachen und Profansachen 
ein richtiger und sicherer Friede (des alle Conföderirte zu geniessen) 
erhalten und geschlossen auch der Krone Schweden gebührende Satis- 
faction beschehen sein wird. Weil auch, wie gemelt, zwischen höchst- 
seligst ermelter königl. Würd und Mayt. in Schweden und etlichen 
Fürsten und Ständen der vier oberen Kreise Particularverbündnisse 
vorgangen, als ist dabei bedingt, dass es bei ermelten Particular- 
pacten (sotem selbige dieser gemeinen ConfÖderation nicht präjudiciren) 
sein Verbleiben haben solle. 

2) Detonach zum Andern anwesende Stände und Gesandten, dass 
die Kreisverfassungen ohne ein qualifizirt Hauptdirectorium nicht be- 
stehen kann, und daneben erwogen, dass die königl. W. und Mayt. 
in Schweden höchstsei. Andenkens als Autor der wiederglänzenden 
deutschen Libertät dasselbe bei seinen Lebzeiten geführt aueh, als 
sie* sich letztmalen gegen ^e niederen Kreise gewendet, dem H. 
Reichskanzler und Sr. Excellenz es in den oberen Kreisen anver- 
trauet, als haben sie, ihren zu der höchst«el. königl. W. und Mayt. 



1 



96 

auch dero Erbin und der Kröne Schweden tragenden Respekt sammt, 
wie hoch bei ihnen des Herrn Reichskanzlers und S. Excell. von 
Gott habende treffliche Qualitäten ästimirt werden, um so vielmehr 
zu bezeigen ) ihn H. Reichskanzler und S. Excell., solch Directorium 
zu Redressirung des nothleidenden gemeinen Wesens und deutscher 
Libertät auf sich zu nehmen, freund- dienst- und unterthänig gesucht 
und gebeten. Ob nun wohl der H. Reichskanzler und S. Excell. bei 
so beschaffener Zeit und Sachen lieber verschont blieben, haben Sie 
doch in Erwägung der Krone Schweden dabei versirenden Interesse 
und der Stände und Gesandten so geneigten und hohen Vertrauens 
sich dazu bewegen lassen und in ungezweifelter Zuversicht, von den 
höchst, hoch und löblichen Kreisständen alle mögliche Hülfe und 
Assistenz zu haben, erklärt, bewilligt und versprochen, mit allem 
Ernst das Werk anzugreifen auch im Namen des Höchsten mit Fleiss 
und Treu dero Kräften und Möglichkeit nach sich dahin zu bemühen 
und zu bearbeiten, damit 4as vorgesetzte Ziel die Restitution der be- 
drängten Kur-Fürsten und Stände im h. röm. Reich und der so theuer 
erworbenen deutschen Libertät auch .Stabilirung des hochnöthigen, 
langerwünschten^ sicheren Friedens neben der Krone Schweden Ver- 
sicherung und Satisfaction erlangt und den conföderirten Ständen an 
der Hoheit, Regalien und hergebrachten Gerechtigkeiten kein Nach- 
theil oder Abbruch, von wem das auch beschehen wolle, zugezogen 
sondern dasselbe abgewendet und verhütet werde. Dagegen die an- 
wesenden Stände und Gesandten im Namen und wegen der 4 con- 
föderirten Kreide dem H. Reichskanzler und Sr. Excell. alle mögliche 
Assistenz vertröstet und versichert auch versprochen, dass zu solchem 
Ende des H. Reichskanzlers und Sr. Excell. Autorität conservirt, 
derselben der Gebühr gefolgt auch alles dasjenige, was zu Ausführung 
der Sachen versprochen, vollzogen und geleistet werden solle. 

3) Nachdem aber zum Dritten des H. Reichskanzlers Directorn 
Person und Excell. solche Last allein zu tragen beschwerlich, als ist 
gut befunden worden, deroselbigen ein consilium formatum von wohl- 
qualifizirten Personen mit genügsamer Instruction beizuordnen, mit 
deren Gutachten der fl. Director und S. Excell. alle wichtigen Sachen 
zu deliberiren und zu beschliessen , doch dass dem H. Director und 
S. Excell. jederzeit in executionibus miUtaribus die endliche Reso- 
lution verbleiben solle. 

4) Zum Vierten ist beliebet worden, dass in jedem Kreise von 
den gesammten conföderirten Kreisverwandten ein Kreisrath ^u be- 
stellen, welcher zu des Herrn Directors und Sr. Excell. und des 
consilii Erleichterung unter dero Direction und Kommando in den 
Kreisen die Aufsicht haben solle. 

5) Zum Fünften ist verabschiedet, dass kein ConftJderirter^mit 
dem Feind und Gegentheil sich in einige Fried^enstractaten einlassen 
möge, es geschehe denn mit der sämmtlicben Conioderirten Vor wissen 



97 

QBd Willen. Da aHch diesfallg dem Herrn Reichskanzler und Sr. 
Excell. oder anderen Conföderirten vom Gegentheil einige Prä&entaten 
geschehen wollten, dieselben dem Directori und consilio eingebracht, 
YÖrderst den KreiBständen notifizirt und mit dero Belieben vorge- 
nommen und resolvirt werden sollen. 

6) 'Da nun zum Sechsten dem zuwider einer oder mehr Con- 
föderationsverwandten .über Verhoffen von den anderen aussetzen, 
sich geüihrlicher Praktiken gebrauchen oder vornehmen würde, den 
übrigen wider den gemeinen Feind nicht getreulich beizustehen oder 
zu helfen, es geschehe unter der Neutralität (welche hiermit unter 
den Evangelischen gänzlich aufgehoben sein solle) oder andern 
Prätext, der oder dieselben sollen durck das Directorium und consilium 
von solchem Vorhaben abzustehen erinnert auch , da die Erinnerung 
nieht verfangen wollte, für Feinde erklärt und folgends als andere 
Feinde tractirt i^nd gehalten werden. 

7) Zum Siebenten ist verglichen, dass bei währendem Krieg und 
bis dass ein erwtinschter, sicherer Friede erlangt wird, die, Con- 
föderirten in den 4 Kreisen nothwendige Armeen - halten und mit 
Geld, Yivers, Munition, Artillerie versehen, diese Armeen auch den 
sämmtiichen Co|kföderirten verpflichtet sein und davon der extra- 
ordinari Feindesgefahr halben nOthige Garnison ersetzt werden sollen. 

8) Darauf Achtens nun, damit der Krieg, so lange es die Noth« 
dürft erfordern wird, desto besser geführt, das corpus armaturae auf-* 
recht und dabei gute iustitia und Kriegsdisciplin erhalten, hingegen 
alle Exorbitantien abgeschafft werden mögen, so hat man sich zu 
allen Theilen einmüthiglich solchergestalt verglichen, dass es an 
nothwendigem Verlag und Unterhaltung der Soldateska, auch was 
zum Artilleriestab und sonst nöthig, verhoffentlich nichts ermangeln, 
sondern alles und jedes dermassen bestellt und versehen werden sol^ 
dass vermittelst göttlichen Beistandes man dem Feind genugsam ge* 
wachsen und dies christliche, gottselige, abgedrungene Defensions- 
werk zu dem vorgesetzten hoch, und allgemeinen nützlichen Zw^k 
glücklich ausführen möge. Inmassen dann zu Erlangung obenange* 
deuteten Intents sowohl der Kasse als nothwendiger Magazin halben 
gebührende Vergleichung und Vorsehungfgeschehen ist. 

9) Zum Neunten hat der Herr Director und S. Excell. sich er- 
klärt, mit und neben dem consilio dahin zu sehen, dass die militia 
der Gebühr reformirt, die übrigen, beschwerlichen Regimentsstäbe 
restringirt, die Kriegsdisciplin restaurirt, die Commercien sammt des 
gemeinen Mannes Verdienst und Nahrung wieder stabilirt, der Stände 
lurisdictionalia (dass sie alle excessus ausserhalb deren, so in ex- 
peditione militari vorgehen, bestrafen mögen) sowohl in criminalibus 
als civilibus conservirt, der militiae Exorbitantien, soviel die Zeit im- 
mer leiden kann, abgeschafft, bei den Einquartierungen und Djurch- 
zügen gute Ordre gehalten und der Conföderirten, soviel immer mög- 

7 



f 



98 

lioh, yersehont anch jedes Ortes Magistrat die Anstheilung der Quar- 
tiere gelassen werde. 

10) Zum Zehnten haben sich anwesende Stände und Gesandten 
gegen den Herrn Director und S. Excellens erboten, nachdem nicht 
allein ofthöchstgedachte Seine kOnigl. W. nnd Mayt. seligsten An- 
denkens sondern auch bishero die Krone SchVeden den Ständen 
Beistand zu leisten sich so willig finden lassen anch dasselbe zu 
continuiren erbOtig, dass hingegen sie höchstermelte Krone bei der 
Possession der im Reiche occupirtcn, feindlichen Länder bis zu Aus- 
führung dieses Krieges und erhaltener gebührender Satisfaction ma- 
nuteniren helfen wollen, wie dann auch dahin zu sehen, damit den 
übrigen Conföderirten ihres erlittenen Schadens wegen billigmässige 
Erstattung geschehen mOge. 

Wie nun endlich jetzt abgeredete, im Namen Gottes beschlossene 
Contöderation den Conföderirten allerseits durch die grossen Insolen^ 
zen des Gegentheils abgenöthigt und abgedrungen auch allein zu 
ihrer erlaubten Defension und Conservation, gar nicht aber zu jemand 
friedliebenden Standes Offension angesehen, also soll solche billig auch 
dem h. Reich, dessen Fundamentalsatzungen und anderen heilsamen 
und löbl. Reichs- oder Kreisverfassnngen auch dessen Hoheiten, 
Dignitäten, Präeminenz und Gerechtigkeiten in keinem Wege alK 
brüchig noch zu des Reichs getreuen Kur- Fürsten und Ständen oder 
anoh ausländischen Potentaten und Republiken einigem Präjudiz ver- 
standen und gemeint sein, und leben hierbei die Conflklerirten der 
gewissen, nnzweifligen Hoffnung, es werden nicht allein andere evan- 
gelische Kur- Fürsten und Stände des Reichs (als welche ebenmässiger 
Ursachen halben zu Leipzig eine Zusammenkunft gehabt, sich in 
Yerbündniss mit einander eingelassen und darauf die Waffen in Hand 
genommen) sondern auch ausländische Könige , Potentaten und Re- 
publiken ihnen dieses zu Beförderung der Ehre Gottes, Conservation 
des h. röm. Reichs und der Stände zeitlicher und ewiger Wohlfi^rt 
aus redlichen, rechtmässigen, hochbeweglichen und wohl verantwort- 
lichen Ursachen vorgenommene Rettungswerk nicht missfallen sondern 
belieben lassen und Ursache nehmen, in solchen christlichen, gott- 
wohlgefälligen, billigen und rechtmässigen Bund zu- und einzutreten, 
solchen auch zu bestärken, getreulich dabei zu cooperiren und dies 
hochnützliche Werk zu befördern und ausführen zu helfen geneigt 
sein. 



99 



Beilage IL 

Nebenabschied zu Heilbronn aufgerichtet. 

Zu wissen, demnach zwischen der hochlOblichen Krone Schweden 
und den evangelischen Kur- Ftirsteii^ und Ständen rheinischen, frän- 
kischen, schwäbischen und oberrheinischen Kreisen des h. röm. Reichs 
in desselben Stadt Heilbronn eine ConfÖderation und BÜndniss aus 
rechtmässigen und wohlerheblichen Ursachen beständig und einträch- 
tiglich geschlossen und aufgerichtet^ derselben aber alle und jede 
Punkte, deren sich die ConfÖderirten mit einander verglichen, nicht 
füglich haben können eingerückt werden, dass hierauf solche Punkte 
in diesem Nebenabschiede verzeichnet und. dabei einander versprochen 
worden, dieselbigen nicht weniger als die Haupteonföderation selbst 
getreulich, redlich und unverbrüchlich zu halten und hierum einer 
den andern nicht beschweren zu lassen. 

1) Erstlich soll zu besserer Fortsetzung und Continuirung dieses 
Krieges von allen und jeden in den conföderirten vier Kreisen be- 
griffenen Ständen und anderen unmittelbaren Personen von dero in 
den Kreisen gelegenen Gütern vom ersten Mai an zu rechnen auf ein 
ganzes Jahr lang monatlich der Reichs- ode^ Kreismatrikel nach einen 
zwölffachen Monat Römerzug zu der Kreiskasse ohne einige Ver- 
längerung oder Aufzüglichkeit unfehlbar contribuiren und einliefern, 
doch da inzwischen vermittelst göttlicher Hülfe ein Friede geschlossen 
oder das corpus armaturae gemindert oder der Krieg sonst auf des 
Feindes Lande gebracht werden könnte, soll erstangedeuteter Con- 
tribution halben Moderation gebraucht und solche nach Beschaffenheit 
der Sachen wo nicht gar aufgehoben, doch gerin gert werden. 

2) Wo aber einer oder der andere mit Darlegung solcher Con- 
tribution säumig erfunden würde, der soll zwar anfangs von dem 
Kreisrath oder denjenigen, so die Kasse verwalten, zu Erstattung 
seiner Quote erinnert, nach weiterem Aufzug aber auf Verordnung 
des Directorii und consilii formati mit der Execution unfehlbar an- 
gesehen , dass die Execution wider die Säumigen allein geführt werde 
und dessen ein anderer, so zu rechter Zeit zuhält, nichts zu entgelten 
haben, dabeneben aber verstehend, da ein oder anderer Stand sein 
Unvermögen oder Unmöglichkeit prätendiren würde, darüber vom 
Kreise zuvörderst cognoscirt, auch wo es -nöthig erachtet wird, an 
das Directorium oder consilium formatum berichtet und bis auf er- 
theilten Ausschlag mit der Execution eingestanden, sonst auch in 
executione alles Uebermass verhütet werde, gleichwohl aber der 
Säumige neben seiner Angebtthr auch den aufgewandten Executions- 
unkosten und Schaden, sb dem Unschuldigen durch solche Execution 
äuge wachsen, welchen er doch beweislich darznthun, erstatten solle. 

0* 



100 

3) Zum Fall auch einer oder der andere mit baarem Gtelde nicht 
aufkommen könnte, hingegen aber seine Quote gar oder zum Tbeil 
an Silber, Proyiant, Wein, Tuch, Leder, Munition, Pulyer oder an- 
deren zum Krieg dienstlichen und nothwendigen Sachen erstatten 
wollte, dies soll, wenn er zu rechter und bestimmter Zeit zu des 
Kreises TerordQetem mgazin und Legstadt in dem daselbBt markt- 
gängigen Preise auf seine eigenen Kosten oder sonst auf Begehren 
zu den Armeen geliefiert, angenommen, in seiner Quote abgekürzt, 
durch der Conf(5derirten Territorium zollfrei passirt, darinnen aber 
kein Qefährdt gebraucht und unter solchem PrStext solche Sachen 
durchgebracht werden. 

4) Zu solcher Kasse und Magazin sind hiermit nachfolgende vier 
Städte auf diesmal, bis die Zeit und Umstände ein anderes erfordern 
und Kreisstände sich selbst anderwertlich ver^eichen werden, ver- 
ordnet, benanntlich in den kurfUrstl. und rheinischen Kreisen Strase* 
bürg und Frankfurt am Main, im fränkischen Nürnberg, im schwäbi- 
schen Ulm, aldahin ein jeder Stand und ConfÖderirter, nach dem er 
in einem oder dem andern Kreise seine Güter liegen hat, seine Quote 
den hierzu Verordneten und Bestellten in rechter Zeit zu liefern 
wissen wird. , 

5) Solche Kasse und Magazin sind jetzt benannter Städte Ma- 
gistrat zu yertrauen, welche mit Wissen und Bewilligung der Stände, 
auch eingezogenen Unkosten, hierzu qnalifizirte, solcher Sachen un4 
der Rechnungen erfahrene, ehrliche Leute zu bestellen, welche nicht 
allein ihrem Magistrat sondern den löblichen Conföderirten mit Eides- 
pflioht verbunden und anstatt und von wegen derselben dem Directorio 
und consilio formato den Eid wirklich abstatten, auch schuldig sein 
sollen, die Gontributiotten einzufordern und anzunehmen, nach Befehl 
des Directcmi und consilii formaü eines und anders getreulich zu 
verwalten und auszugeben, auch hernach darüber jährlich, oder so 
oft man es erfordern wird, redliche und getreue, Rechnung zu er- 
statten, dazu auch stündlich gefasst zu sein, ihre Bilanz alle Monat 
ordentlich auszuziehen, nicht weniger, wo es eine Nothdurft, auf Er- 
fordern des Directorii und consilii formati bei demselben sich ein- 
zustellen. Es hat auch der Herr Reichskanzler auf beschehen freond- 
dienst- und unterthänig Ersuchen sich belieben lassen, dtfss derjenige 
Yorrath an Proviant und Munition, so die verordneten könig]. Com- 
missarien in Händen haben, zu der vier Krdse Magazin gebracht 
werde, und ist beneben versehen, dass die Legstädte über ihre Quote, 
oder was sonst in di& Kasse und Magazin wirklich gebraucht, nicht 
beschwert noch ihnen desswegen einige Ungelegenhdt zugezogen 
werde. 

6) Das ecmi^ium formatum boW bestehen von des Herrn Diree- 
^oris und Reichskanzlers Person Ihr Excell. selbst wie auch noch 
von zwei wegen der hochlöbl. Krone Schweden und dero in dem rö* 



• • 101 

mischMi [Beieb] poMidirendan Landen und Leuten hierzu deputirten, 
sodann Ton noch sieben aus allen vier Kreisen verordneten Räthen, 
benanntlioh wegen Kurpfalz eine und von den fränkischen, sohwäbi- 
sehen nnd rheinischen Kreisen 6. Personen, welche sowohl von der 
Krone Schweden als auch den Kreisen deputirte Räthe den sSmmt* 
liehen ConfÖderirten mit gebührenden Pflichten und Eiden verwandt 
und zugethan sein sollen. Vor solch Directorium und consilium 
formatnm sollen alle wichtigen sowohl Kriegssachen als Friedens- 
tractaten und [was* von] dieser Kreise Kurfürsten, Fürsten und Stiin- 
den selbst nidit remedirt werden mag, gebracht, darüber reiflich con- 
suitirt und entschieden, doch beneben in executionibus mlHtaribus die 
Resolution dero Directorio gelassen, der Friede wie auch neue Bünd- 
nisse und andere der Stände Hoheiten und Freiheiten eoncemirenden 
Sachen nicht als mit Vorwissen und Belieben aller Confttderirten be- 
schlossen und alle actiones dahin gerichtet werden, dass ob der Haupt- 
oonföderation und diesem Nebenabschiede steif und unverbrüchlich 
gehalten, beneben aber des h.. röm. Reiöhs Fundamentalsatzungen, 
auch alle heilsamen Reichsconstitutionen und Ordnungen und der 
Kurfürsten und Stände Hoheiten und Dignitäten auch Gerechtigkeit 
conservirt und die allgemeine Wohlfahrt der Allürten auch aller 
evangelischen Kur- Fürsten und Stände gesucht und beftSrdert werden 
möge, insonderheit aber soll das Directorium und consilium formatum 
ihm höchstes Fleisses angelegen sein lassen, die militiam zu refor- 
miren, ob guter Kriegsdisdplin mit gebührendem Ernst also zu haltent 
dass die Strassen, voraus in Freundes Landen, gesichert, die Com- 
mercien dadurch wiederaufgerichtet, der Feldbau fortgesetzt und 
das publicum aufrecht könnte erhalten werden. 

7) Dabei aber jedem Kreise unbenommen und vielmehr obgelegen 
sein soll, nach Anleitung der Kreisverfassung durch jedes Kreises 
Obersten und dessen Zugeordneten oder sonderbar verordneten Kreis- 
rath, nachdem sich jeder Kreis selbst vergleichen wird, auf alles Vor- 
gehen , damit es dem gemeinen Wesen zum besten gereichen möge, 
wie auch insonderheit auf die Durchzüge, Musterung, Einquartierung, 
Kreisschlüsse und defensionis executiones contra moroses, sodann den 
Magazin und Kasse und dass alles zu rechter und ordentlicher Zeit 
geliefert und bei Auszahlung den Soldaten, wie auch in allen anderen 
Sachen, billige, durchgehende Gleichheit gehalten werde, fleissiges 
Aufsehen haben, für welche die in der Instruction gemeldeten und 
sonst andere Sachen und Verrichtungen, damit das Directorium und 
consilium formatum, voraus in expeditione bellica, zu graviren, könne 
remittirt, daselbst entschieden, und Falles also angestellt werden, da- 
mit es in guter, richtiger Ordnung hergehe, das Directorium und con- 
silium formatum auch, bei ohne das auf sich habender grosser Last, 
vieler Mühe und Anlaufens enthoben bleibe. 

8) Die Armeen hin und wieder austutheiien , eine aus der an* 



102 . 

dern wie aaeh die Ganüsonen zn verstärken, bleibt dem Direetorio 
und consilio formato billig heimgestelli, und ist ein jeder Ereisstand, 
nachdem es die Qefahr und höchste Nothdurft erfordern wird, doch 
auf keines anderen als des Herrn Directoris und consilii formati oder 
anf den änssersten Nothfall, da deren Ordinanz nicht zu erlangen, 
auf des Kreisraths ertheilte Ordre, Volk einzunehmen, auch Quartier 
zn geben und Durchzüge zu gestatten schuldig, doch soll darin billige 
Gleichheit und gute Ordnung gehalten, vörderst mit Communication 
und Yorwissen der Kreise und Stände gehandelt und die Austheihing 
der Einquartierungen nicht der Oommissarien Belieben sondern des 
Kreises und jedes Orts Herrschaft und Magistrat Gutfinden nach an- 
gestellt werden. 

9) Was auch für Volk solchergestalt dem gemeinen Wesen zum 
Besten und um Verwahrung der Kreispässe oder sonst andringender 
Feindesgefahr willen in einen Kreis zu extraordinari Garnison gelegt 
würde, das soll zu Vorkommung vieler Ungelegenheiten von solchem 
Kreisstand, soweit sich dessen jederzeit verfallene Quote *) abgerech- 
net und die übrige Bezahlung aus der Kasse alsbald geliefert werden. 

10) Nicht weniger sollen solche extraordinär Garnisonen, ehe 
und bevor sie eingelassen werden, dem Magistrat des Orts jederzeit 
mit absonderlicher Eidespflicht verbunden, demselben auch über sie 
mit ^nd neben dem Kommandanten die justitia in civilibus und 
oriminaUbus gelassen und hiermit erlaubt sein, dass zum Fall die 
Kommandanten in administratione und executione der Justitien voraus 
in gravioribus delictis säumig sein würden, der Magistrat die Exe- 
cntion selbst vorzunehmen die Macht haben solle. 

11) Die Durchzüge sollen ohne sonderbare Beschwemiss der 
Stände, auch mit derselben Vorwissen und guter Ordnung beschehen, 
und vom Stande . allezeit ein Oommissarius dazugeordnet auch noth- 
wendig Commiss aus dem Magazin gereicht, und was ein Stand dies- 
falls von dem Seinen hergiebt, an dessen Contribution abgezogen 
oder aus der Kasse und Magazin wiedererstattet werden. 

12) Insonderheit aber ist die höchste Nothdurft, dass die so gar 
zerfallene militärische Disciplin restaurirt und die Exorbitantien , so 
die Contributionen hindern auch alle Mittel, den Krieg zu continuiren, 
hinwegnehmen und das gemeine Wesen nothwendig zu Boden treiben, 
soviel immer möglich abgestellt werden, zu welchem Ende vörderst 
die Menge der Stäbe durch das Directorium zu reformiren und die 
Armeen in gewisse complette Regimenter zu richten, aller Raub, 
Nahm, Plünderung und Verwüstungen in Freundes- und sonderlich 
in der Confc^derirten Landen wie auch alle eigenwilligen Einquar- 
tierungen durch förmliche Patente alles Ernstes alsbald abzuschaffen, 



*) Hier sind wohl nach Art. 10 des definitiven Nebenabschiedes 
(Chemnitz II, 83) die Worte zu ergänzen: erstreckt, bezahlt und bei 
der Kasse an seiner Contributionsquote. 



103 

die Ertheilnng der Pä&se auf freien Az, AuslÖBungen, Postritt, Fuhren 
und dergleichen einzustellen, den Soldaten sowohl in Quartieren als 
Marschiren und Durchzügen gewisse Ordinanzen zu machen und 
darüber zu halten, die hohen und unnöthigen Convoy und Salvagardi- 
gelder und für sich selbst auf alles, was noth wendig durchgeführt 
wird, geschlagenen hohen Zölle in keinem Wege zu gestatten, Nie- 
mandem wider seinen Willen Passzettel zu nehmen, aufzudringen, 
auch die geforderten Passzettel wo nicht umsonst doch um ein billiges 
Geld folgen zu lassen, die kostbaren und verderblichen Kekrutenplätze 
aufzuheben und den Ständen die justitiam und Administration auch 
Execution derselben den Kreis Verfassungen auch jedes Ortes wohl- 
hergebrachten Freiheiten und Gerechtigkeiten gemäss über und wider 
die transgressores zu lassen und ihnen hierin keinen Eintrag oder 
Hindemiss zu thun, massen den Kur- Fürsten und Ständen durch diese 
Conföderation an ihren Regalien, Jurisdiction, Hoheiten, Privilegien, 
Rechten und Gerechtigkeiten im wenigsten nicht pr^'udizirt oder 
einiger Abbruch gethan, auch den ünterthanen aller Orten erlaubt 
sein soll, auf die streifenden Parteien und Plackereien gute Acht zu 
haben, solche mit Vorwissen und Hülfe ihrer Obrigkeit anzugreifen, 
in Haftung zu nehmen, an gehörige Orte zu liefern und sich vor un 
billiger Gewalt zu Haus und, Feld oder auf den Strassen zu defendiren. 

13) Hingegen soll auch der Soldat in gebührende Acht ge- 
nommen, nebe^ det Bezahlung in Quartieren und Durchzügen ein 
gewisses Commiss, dass er sein gebührend Auskommen haben möge, 
im leidentlichen Preis angeordnet, aller Orten, da die Armeen liegen 
oder durchziehen, frei Lager publizirt und gestattet, der Servis gleich- 
wohl von ihnen nicht weiter denn zu Logement, Holz, Licht und 
Bettstatt extendirt, selbiger auch um ein gewisses Geld angeschlagen 
und den Ünterthanen an Geld oder Substanz zu reichen freigestellt 
werde. 

14) Nachdem auch diese Verfassung zu eines friedfertigen Men- 
schen sonderlich aber der Mitconföderirten selbst Offension nicht 
sondern vielmehr zu deren Conservation angesehen, als soll, was den 
Ständen oder Conföderirten mit Eigenthum, Lehnschaft, Jurisdiction 
oder anderen Gerechtsamen verhaftet, nicht beschwert, viel weniger 
alienirt, in einen andern transferii't, und also das ins belli atque con- 
fiscationis in confoederatos oder dero Land und Güter nicht gebraucht 
sondern Jeder bei dem Seinigen mit gesammter Hülfe vielmehr ge- 
schützt werden. 

15) Was aber inskünftig von dieser Conföderation an vermittelst 
göttlichen Beistandes dem Feinde mit gesammter Hülfe abgenommen 
wird, dass soll auch den Conf(5derirten insgemein zustehen und dem 
gesammten Wesen zum Besten, jedoch den Conföderirten, da sie auf 
einen oder anderen [Theil] einige rechtmässige Forderung, wie auch 
den Privatis, da sie einige Schuld hätten, an ihren Rechten unbe?