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DER
HEILBRONNER CONVENT
\
EIN BEITRAG
ZUR
GESCHICHTE DES DREISSIGJÄHBIGEN
EBIEGES
VON
D« ALBERT KÜSEL.
HALLE A/S.
MAX NIEMEYKR.
1878.
/
i
M
JL/er grosse Zusammenstoss in der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts, in welchem die beiden konfessionell und
politisch verfeindeten Bichtungen in Deutschland ihren
Gegensatz mit den Waffen zum Austrag brachten, schien
lange Zeit mit der gänzlichen Vernichtung der einen endigen
zu sollen. Die protestantische Partei zeigte dem festen
Zusammenhalten der katholischen Mächte gegenüber eine
schwächlich zerfahrene oder egoistisch kurzsichtige Politik
und wurde in stetigem Fortgang so vollständig überwältigt,
dass sie aus eigener Kraft sich kaum wieder zu erheben
vermochte. Aus dieser Lage wurde sie ohne ihr Zuthun
durch das Eingreifen des Schwedenkönigs in den deutschen
Krieg befreit. Er verstand es zugleich, die Ursache, welche
bisher jeden Erfolg seitens des evangelischen Deutschlands
verhindert hatte, zu beseitigen, indem er dasselbe zu gemein-
samem Handeln vereinigte. Dadurch, dass sich die Prote-
stanten ihm anschlössen, erhielten sie eine andere Aufgabe,
die nämlich, Deutschlands Unabhängigkeit vom Auslande zu
wahren. Wohl schwerlich hätten sie dieselbe gelöst, wenn
Gustaf Adolf selbst sein Unternehmen hätte zu Ende führen
können. Schon begann er, Deutschland gefährlich zu werden,
als ihn der Tag von Lützen mitten in seinen Entwürfen
dahinraffte. Sein Tod erleichterte es den protestantischen
Ständen, ihre Pflicht gegen das Vaterland zu erfüllen und
den Nachtheil abzuwenden, der Deutschland von dem fremden
Reiche zu erwachsen drohte. Wollten sie aber dies und
doch nicht den Vortheil aufgeben, welchen der schwedische
König ihnen gebracht hatte, so mussten sie auch ihre Ver-
theidigung, welche jener für sie übernommen hatte, selbst
1
in die Hand nehmen. Beide Aufgaben ^ welche im Laufe
des Kampfes nach einander an sie herangetreten waren,
fielen ihnen jetzt zu. Es galt für sie, allein die Angriffe des
Kaisers zu bestehen, um ihre religiösen und politischen
Freiheiten und Rechte zu schtltzen und die Ansprüche der
fremden Krone, die natürlich mit deren Anstrengungen stiegen,
auf das geringste Mass zu beschränken. Es war nur mög-
lich, wenn sie mit grösster Einmüthigkeit auftraten und
möglichst selbstständig ihre Ziele verfolgten. An derartigen
Bemühungen fehlte es nicht, aber die Mehrzahl der Gegner
des Kaisers hatte dafür kein Verständniss. Von nationalen
Gesichtspunkten war wenig zu finden, die religiösen Motive
waren so gut wie verschwunden, der dynastische Zweck trat
unverhohlen und eins^eitig hervor. Einen ersten Ausdruck
fanden diese Bestrebungen nach der Lützener Katastrophe
im Heilbronner Convent; ihrem Verlaufe bis zum Abschluss
des letzteren, der einen Theil der antikaiserlichen Partei zu
neuem Bunde vereinigte, sollen die folgenden Zeilen ge-
widmet sein.
" Es sei mir an dieser Stelle verstattet, meinem verehrten
Lehrei-, Herrn Prof, 6. Droysen in Halle, der mit fördernder
Theilnahme das Entstehen dieser Arbeit begleitet hat, sowie
den Beamten des Dresdener Archivs für freundliche Unter-
stützung meinen schuldigsten Dank auszusprechen.
Yorbereiteiide Ereignisse bis zur Eröffnung
des Conyents.
Jjei seinem Erscheinen in Deutschland wenig gewürdigt
hatte Gustaf Adolf in klirzer Zeit eine völlige Umwälzung
der Verhältnisse herbeigeführt, sein plötzliches Verschwinden
vom Schauplatz war ein Ereigniss, das ganz Europa in Be-
wegung setzte. Die Völker gaben in lauten Aeusserungen
ihre Freude oder Trauer über dasselbe kund*) und die
Kabinette nahmen eine veränderte Stellung zum deutschen
Kriege. 2)
Die Anhänger des Hauses Habsburg gaben sich der
festen Zuversicht hin, dass die Kriegsmacht Schwedens
nun von selbst verfallen und der schwedisch -deutsche Bund
sich auflösen würde; die vortheilhafte Gestaltung der Lage
aber dachten sie nicht im Interesse des Friedens massvoll
zu benutzen, ihr unversöhnlicher Sinn ging auf gänzliche
Vernichtung der Gegner.
Den weiteren Gang der Dinge zu bestimmen, lag unter
den gegenwärtigen Verhältnissen am meisten in der Hand
des Kaisers. Wenn er auf seine kirchlichpolitischen Pläne
verzichtete, so konnte er leicht die erschreckte Gegenpartei
zu Friedensbedingungen bewegen, die der Kaisermacht wieder
,^) Die Empfindangen, welche die TodeBbotschaft alleiithalben
hervorrief, schildern Chemnitz, Königlichen Schwedischen in Teutscli-
land geführten Krieges 2. Th. p. 5 — Biccins, De bellis G^rmanicis
lib VI p. 441 u. A.
') Camerarias an Oxenstiem d. d. 24. Jannar 1633 : Satis apparet
in universa Europa ob mortem gloriosissimi regis nostri mutata con-
silia et animos in diversa abreptos, pront qnisque aut amat aut odit
Historische Merkwürdigkeiten, die Königin Christine von Schweden
betrelSend. HI, 59.
1*
einen grösseren Einfluss in Deutschland verschafften. Davon
jedoch war er weit entfernt. Allerdings äusserte er bei der
Kunde von dem Tode Gustaf Adolfs 3): „er wollte ihm gern
ein längeres Leben und eine fröhliche Zurückreise in sein
Königreich gegönnt haben, wenn nur ein Friede in Deutsch-
land wäre erlangt worden." Indessen der zur Schau ge-
tragenen Friedfertigkeit, die er gerade jetzt leicht bethätigen
konnte, entsprach sein Verhalten keineswegs. Der ver-
ständige Bath Wallensteins , eine allgemeine Amnestie zu
erlassen und auf Frieden zu denken *), wurde zurückgewiesen.
Durch Verfolgung seiner protestantischen Unterthanen be-
wies Ferdinand, dass er gesonnen sei, sein durch Gustaf
Adolfs Auftreten unterbrochenes Werk wieder aufzunehmen.
Er hegte eben keine Besorgnisse mehr vor einem unglück-
lichen Ausgang des Krieges. Der Friede, welchen er meinte,
bedeutete nichts anderes als Unterwerfung Deutschlands im
Interesse Habsburgs und Ausrottung des Evangeliums.
Von neuem rüsteten er und der Kurfarst von Baiem in
Deutschland; ein Gleiches thaten die Spanier in Italien, um
von hier aus zunächst den Kaiser zu unterstützen und dann
gegen die Generalstaaten vorzugehen. Um die Trennung
der Gegner, an der ohnehin nicht gezweifelt wurde, um so
gewisser herbeizuführen und dadurch die Wahrscheinlichkeit
des Sieges zu erhöhen, richtete der Kaiser an den Herzog
von Württemberg und andere Stände „Sincerationsschreiben";
er soll sogar den Versuch gemacht haben ^), den Reichs-
kanzler Oxenstiern zum Verrath an der protestantischen
Sache zu bestimmen. Fürsten und Völker auf dieser Seite
waren einig und entschlossen, den günstigen Moment wahrzu-
nehmen; aber an dem.Manne, durch welchen sie hauptsächlich
ihr6 Absichten ins Werk setzen mussten, dem kaiserlichen
Heerführer, sollten sie einen ebenso grossen Widersacher
finden wie an der protestantischen Partei selbst
Diese schien die Erwartungen ihrer Gegner nur allzusehr
3) Nach Khevenhiller, Annales FerdlDandei XII, 196.
^) Pufendorf, Coramentariorum de rebus Suecicis lib. V, S 1.
^) Pufendorf, 1. c.
>
zu erf&Uen und einem völligen Zersetzungsprocess entgegen-
zugehen. Die verschiedenartigen Elemente, welche Gustaf
Adolf unter seiner Führerschaft vereinigt hatte, waren nur
durch seine persönliche Ueberlegenheit zusammgehalten. Dies
schwache Band der Eintracht zemss sofort mit seinem Tode,
und alle Sonderbestrebungen traten wieder hervor.
Wie man aber auch denken mochte über die neue Ord-
nung der Verhältnisse, welche jetzt Platz greifen musste,
wenn man einigermassen Verständniss für die Situation
hatte, so konnte man nicht verkennen, dass es einerseits
nöthig war, geschlossen dem Kaiser gegenüber zu handeln.
Auch wenn man sich der Hofihung hingab, dass er zu
Friedensverhandlungen bereit sein würde, so war es doch
Sache der Klugheit, ihm möglichst wehrhaft entgegenzutreten,
um möglichst] gute Bedingungen zu erhalten; leicht aber
konnten sich die Stände sagen, dass Ferdinand ihnen nicht
bereitwillig entgegenkommen würde, wenn er sah, dass er
sie ohne Schwierigkeit unterwerfen konnte, und überhaupt
durften sie nach allen ihren Erfahrungen auf friedliche Ge-
danken von seiner Seite nicht rechnen. Anderseits handelte
es sich für sie darum, von neuem Schweden gegenüber
Stellung zu nehmen. Wer patriotisch dachte, musste jetzt
den schwedischen Einfluss möglichst zu beseitigen wünschen.
Selbst die Anhänger Gustaf Adolfs, welche vielleicht in ihm
den selbstlosen Vertheidiger des evangelischen Glaubens und
der ständischen Integrität gesehen hatten, konnten von der
Krone Schweden die Fortsetzung des Kampfes in voller Un-
eigennützigkeit nicht erwarten. Aber es fehlte viel, dass
allenthalben die zwiefache Aufgabe erkannt wurde, und zu
ihrer glücklichen Lösung mangelte in Folge dessen sofort
die erste Bedingung, die Einigkeit.
Bei einem Theil überwog das Verlangen nach Ruhe
alle anderen Gesichtspunkte. So forderte«) der Herzog
Friedrich Ulrich von Braunschweig, dass die Schweden sein
Land unbehelligt Hessen. Der drückenden Requisitionen
») Für das Folgende s. Chemnitz n, 6 u. 7. ei. v. d. Decken,
Herzog Gteorg von Braunschweig und Lüneburg II, 126.
6
derselben besonders überdrüssig, glaubte er jetzt den Zeit-
punkt gekommen, wo er sich davon befreien könne. Um
seinen Zweck nöthigenfalls mit Gewalt zu erreichen, liess
er auf eigene Faust Werbungen anstellen und schrieb einen
Kreistag nach Lüneburg aus, wo er den niedersächsischen
Ständen das Project vorlegen wollte, zur AuA*echterhaltang
der Neutralität eine Ereisarmee aufzustellen. Auch die
Grafen von der Wetterau hoben in eigenem Namen Militär
aus, um sich den bisherigen Leistungen zu entziehen. Die
Stände des Bisthums Bremen verlangten Erleichterungen
und drohten im Fall der Weigerung sich nach fremdem
Schutz umzusehen. Es war, wie man sieht, ein ganz selbst-
süchtiges Vorgehen. Befreiung von den Kriegslasten war
das ausschliessliche Ziel des Strebens, das man mit den
nächstliegenden Mitteln ohne Bücksicht auf die Zukunft
durchzusetzen sich bemühte.
Wir können hier nicht alle Bestrebungen im Einzelnen
durchgehen und wenden uns sogleich zu der Partei, welche
die Noth wendigkeit begriff, einen neuen Bund au bilden.
Man wolle, sprach man aus, der Krone Schweden femer
keine Gewalt über sich einräumen; zwar solle man mit ihr
Vertraulichkeit pflegen, dabei jedoch freie und unbeschränkte
Hand behalten. Der Entwurf tauchte auch auf), einen
Bund zwischen den drei protestantischen Kurhäusern auf-
zurichten, dessen Führung Sachsen übernehmen sollte, und
die Schweden möglichst bald mit den geringsten Opfern
vom ßoden des Reichs zu entfernen.
Ein solcher Entwickelungsgang wäre für Deutschland
in Anbetracht der Verhältnisse gewiss vortheilhaft gewesen;
wenn er aber wirklich sich vollziehen sollte, so musste vor
allem der Kurfürst von Sachsen, dem die Hauptrolle bestimmt
war, eifrig dazu mitwirken. Die Stimmung auf protestan-
tischer Seite war ihm durchaus günstig. Die Stände^ welche
zu einer neuen Vereinigung bereit waren, erwarteten fast
"0 RüBdtrf, ManüBCripte IV, S3,452. in dött bist. Mei^kW. I, 29.
III, 64 u. 76* vgl. Krtiner, Johann von Rasdorf u. s. w. Halle 1876. 8, 107.
allgemein die Uebernahme der Führerschaft durch Johann
Geoi^. Der Kurfürst selbst begehrte sie, plante und rath-
selilagte^) mit seinen Bäthen und hatte doch nicht den Muth,
das, was er wollte, mit ganzer Kraft zu erstreben. Kr liess
sieh vom schwedischen Reichskanzler zuervt die Initiative im
Handeln und dann auch die Leitung der evangelischen
Dinge entreissen. Seine Energielosigkeit vorzüglich war es,
an der die nationalen Bemühungen dieser Zeit scheiterten.
Unter diesen Umständen war es für das evangelische
Deutschland vielleicht ein Glück, dass Schweden einen that-
kräiligeren Vertreter hatte. Die Führung der schwedischen
Geschäfte in Deutschland ging nach Gustaf Adolfs Hin-
scheiden auf den Reichskanzler Oxenstiern über. Es war
fttr Schweden von wesentlichem Vortheil, dass der König
nicht bis zu seinem Ende die Leitung aller Angelegenheiten
in Deutschland ausschliesslich in seiner Hand behalten hatte.
Schon seit den diplomatischen Verhandlungen des letzten
Winters zu Mainz und Frankfurt hatte er den Beichskanzler
zu sich berufen und fortan in allen wichtigen Dingen seinen
Bath und Beistand gebraucht Als er auf seinem letzten
Zuge nach Sachsen begriffen war, hatte er demselben einen
Auftrag in Süddeutschland auszurichten gegeben. Zum
Verständniss der späteren Thätigkeit Oxenstierns ist es
nöthig, die Aufgabe ^ welche er hier zu lösen hatte, kennen
zu lernen.
Nach der Nürnberger Affaire hatte den König der
kühne Plan beschäftigt^), ohne Bücksicht auf Wallenstein
oder vielmehr in der Erwartung, ihn nach sich zu ziehen,
*) Aach Arnim musste ein Gutachten abgeben. Es ist v. 20
(30.) November, In demselben äusserte jener, dass zunächst der Sieg
bei Lützen benutzt werden müsste. Bernhard solle nach Böhmen vor-
rücken, er (Arnim) könne nach der Sicherang der Laasitzen und
Schlesiens in Mähren einfallen. Wenn Oxenstiern zum Frieden geneigt
sei, müsse man am Bündnisse mit Schweden festhalten, wo nicht,
sämmtliche evangelische Stände berufen und den Krieg mit diesen
zur baldigen Herstellung eines allgemeinen Friedens energisch forfc-
führen, bei dem die Eeichsverfassung , aber auch die Stellung des
Kaisers wohl zu wahren sei etc. Heibig, Wallenstein und Arnim S. 15.
9) cf. G. Droysen, Gustaf Adolf II, 629 ff.
8
durch Baiem längs der Donau in die österreichischen Erb-
lande einzubi-echen und yereint mit dm rebellischen Bauern
ob der Ens den Kaiser zu bekämpfen. Trotzdem der
Beichskanzler das Vorhaben eifrig befUrwortetC; gab jener
es wieder auf und, als der kaiserliche Feldherr sicdi gegen
Kursachsen wandte, zog er sogar alle entbehrlichen Truppen
aus Sttddeutschland , um seinem Bundesgenossen Httlfe zu
bringen und sich die gefährdete Rttckzugslinie frei zu halten.
Durch Oxenstiem wollte er sich inzwischen des Oberlandes
versichert halten; je weniger er dasselbe in sdner Gewalt
hatte, um so mehr rechnete er auf seinen guten Willen.
Zu Arnstadt am 24. Oktober traf der König mit seinem
Reichskanzler die nöthigen Verabredungen. i<>)
Dieser sollte die Stände des schwäbischen, fränkischen
und der beiden rheinischen Kreise nach Ulm berufen und
sie bewegen, sich vom Kaiser loszusagen und sich unter die
„Direction und Protection" des Königs zu stellen, zum Kriege
gegen den Kaiser und dessen Anhang sich sowohl mit dem
Könige als unter einander so fest wie möglieh zu rerbinden
sowie vor allem dafür zu sorgen, dass die königlichen Truppen
unterhalten und der eingerissenen Indisciplin gesteuert werden
könnte. Mit Hinweis auf die Generalstaaten hatte er ihnen
vorzustellen, dass es hierfür kein geeigneteres Mittel gebe
als eine „Accise", die auf die Hauptnahrungsmittel wie Wein
und Oel, Brod und Fleisch gelegt werde. Von dieser Steuer,
welche so hoch wie möglich anzusetzen sei, dürfe keiner
frei bleiben; sie müsse den Ständen selbst verpachtet und,
so weit es ginge, von ihnen im voraus bezahlt werden. Wenn
Oxenstiern wider Vermuthen seine Vorschläge nicht durch-
setzen konnte, war er angewiesen, gegen alle üngelegen-
heiten und Exorbitantien,.als Folgen der ablehnenden Haltung
der Stände, zu protestiren, nichtsdesto weniger in den eroberten
katholischen Ländern und auf den Strömen jene Accise ein-
zuführen und mit Einquartierungen fortzufahren. Gingen
10) Das Folgende nach Gustaf Adolfs Memorial an Oxenstiem
für die Verhandlungen zu Ulm d. d. Arnstadt 24. Oktober, Arkiv tili
upplysning om svenska krigens och krigsrättningames historia I No.
487, cf., G. Droysen II, 655.
die Kreise auf die schwedischen Forderungen ein, so hatte
er weiter vorzuschlagen, das Beichskammergericht Yon neuem
zu besetzen ; bei ungünstiger Aufnahme sollte er diesen Punkt
fall^i lassen, aber bei Gelegenheit den kaiserlichen Präsi-
denten und andere unliebsame Personen aus dem Kammerge-
richt zu entfernen suchen. Endlich hatte er die Stande zu
bestimmen, die Unterthanen der vier Kreise, welche auf
feindlicher Seite dienten, durch ein öffentliches Decret zur
Btlokkehr au&ufordem, diejenigen, welche bis zu einem
festgesetzten Termin nicht erschienen, des Landesveraths
fbr schuldig zu erklären und ihre Güter zu confisciren.
Für die Zusammenberufung versah Gustaf Adolf den
Reichskanzler noch mit einem Schreiben an die Stände ^^). Er
sprach in demselben von den bedauemswerthen Bedrückungen
der Glaubensgenossen durch Feinde und Freunde. Um diesem
Uebelstande abzuhelfen, hielt er es für nothwendig, dass die
Kreise zusammenkämen und über die Mittel beriethen, „wie
ein 'gewisser Status gefasset, und in jedem Kreis ein Corpus
von etlichen Regimentern zu Boss und Fuss, zu des Kreises
Defension formirt, richtig bezahlet und unterhalten werden
möge". Als Yerhandlungsort schlug er Ulm vor. Durch die
bedrohte Lage Sachsens abgehalten, persönlich den Be-
rathungen beizuwohnen, sende er zu diesem Zwecke seinen
bevollmächtigten Reichskanzler.
Am 25. Oktober verliess Oxenstiem Arnstadt und traf
am 30. in Wttrzburg ein ^2). Von hier aus übersandte er den
") Arkiv I No. 486 u. Soden, Gustav Adolph und sein Heer in
Stiddeutschland. Dort ist es speziell an die Ritterschaft des fränki-
schen Kreises, hier an Nürnberg gerichtet.
12) Chemnitz (I, 435) und Londorp (Acta publica IV, 302) lassen
Gustaf Adolf bei der Sendung Oxenstiems die Absicht verfolgen
später auf der Basis einer näheren Vereinigung mit Oderdeutschland
an Stelle der bisherigen lockeren Privatbündnisse mit den evangeli-
schen Ständen einen festen allgemeinen Bund aufzurichten ; doch findet
man davon weder in der Instruction des Keichskanzlers noch in
seinen und Gustaf Adolfs Briefen aus dieser Zeit etwas angedeutet.
Später bei den Verhandlungen in Heilbronn legte jener allerdings
seinem Könige dies Motiv unter; seine Darstellung aber lässt sich
aus den Zeitumständen leicht begreifen. Nach ihr, scheint es, haben
sich Ch. und L. gerichtet
10
Mitgliedern der yier Kreise am 1. (11.) November das Schrei-
seines Königs, dem er ein eigenes i3) beifügte. Mit Bezug-
nahme auf jenes setzte er in diesem den Anfangstermin der
Zusammenkunft in Ulm auf den 2. Dezember; zugleich er-
läuterte er die von seinem Gebieter ausgesprochene Absicht
in drei Artikeln, auf Grund deren veriiandelt werden sollte.
Schon auf den 1. November waren die Stände des
fränkischen Kreises nach Würzburg beschieden, i^) „um fftr
den Ulmer Convent über gewisse Punkte sich vorher zu unter-
reden." Es waren die drei in dem Ausschreiben mitgetheilten,
welche ihnen vorgelegt wurden. Wir sind nicht darüber
unterrichtet, welche Haltung die Stände den schwedischen
Forderungen gegenüber einnahmen. Der Reichskanzler setzte
seine Reise weiter fort; er war Willens i*), weh in einem
Umwege über Frankfurt und Mainz nach Ulm zu begeben,
um unterwegs noch einige Anordnungen zu treffen. Da er-
folgte am 6. (16.) November die Schlacht bei Lützen, die
dem Leben und den Thaten des nordischen Helden ein Ziel
setzte. Die Versammlung in Würzburg löste sich bei der
Nachricht davon auff, ohne zum Sohluss gekommen zu sein.
Den Reichskanzler traf die Kunde bereits am 11. (21.)
November unfern Hanau; in Frankfurt, das er noch an
demselben Tage erreichte, erfuhr er die genaueren Umstände
des Ereignisses, welches ihn am schwersten traf, ^ö)
Er verlor in dem Könige zugleich seinen treuesten
Freund; aber über seinen persönlichen Empfindungnn ver-
gass er keinen Augenblick der höheren Pflichten, welche an
ihn herantraten. Als erster Diener des schwedischen Staates
war er sich bewusst, dass er in dieser Krisis auch die
grösste Verantwortung zu tragen hatte. Mit ruhiger Be-
sonnenheit machte er sich über das Ziel seiner Politik
") Bei Söltl, Der Religionskrieg in Deutschland, ni, 297—98
u. Chemnitz I, 436.
*-*) Die wenigen Notizen über diese Versammlung aus Londorp
IV, 292 u. 295.
*») Chemnitz I, 435.
*«) üeber das Folgende vgl. Chemnitz II, 8— 10 u. Oxenstierns
Brief an Salvius d. « Frankfurt a. M. 14. Nov. 1632, Arkiv U. No. 865.
'/
11
sehlflsßig und handelte dann mit rttcksichteloser Sicherheit.
Klar und bestimmt fasste er zweierlei ins Auge. Schweden
musste mehr als Je vor einer Gefährdung der eigenen Gren-
zen durch äussere Feinde gesichert werden. Denn ohnehin
schon waren wegen der neuen Ordnung der Regierung wäh-
rend der Unmündigkeit der Königin bei den Ansprüchen
der polnischen Dynastie auf den schwedischen Tbron und
ihrem Anhange im Lande innere Unruhen zu befürchten.
Es war also noth wendig, dass die Gegenpartei des Kaisers
wieder in sich befestigt wurde. Oxenstiem aber wollte sein
Vaterland nicht allein in seinem Bestände schützen, sondern
ihm auch für seine Opfer und Anstrengungen im deutschen
Kriege einen Lohn, eine Entschädigung verschaffen. Und
der Preis sollte nicht in einer Geldsumme, sondern in Land-
erwerb an der Seeküste bestehen. Der Reichskanzler hatte
nichts Geringeres im Sinn, als die Politik Gustaf Adolfs,
soweit es möglich war, fortzusetzen.
Um sein Vorhaben zu verwirklichen, musste er zunächst
die Einwilligung des schwedischen Reichsrathes einholen.
Wenn aber dieser die Frucht der Erfolge des Königs nicht
einfach preisgeben wollte, so kam es auf Deutschland an,
welche Stellung Schweden fernerhin zu dem grossen Kampfe
einnahm. Zwar dass er im Gegensatz zur kaiserliche
Partei seine Absicht durchsetzen musste, stand Oxenstiem
fest; jene hielt er in Folge der eingetretenen Veränderung
der Dinge einem Vergleiche durchaus abgeneigt Es han-
delte sich um die Haltung der evangelischen Stände, es
fragte sich, ob sie Schweden eine Entschädigung zugestan-
den, ohne dass es sich weiter am Kriege betheiligte, ob sie
gegen ferneren Beistand auf das schwedische Verlangen ein-
gingen, oder ob sie dasselbe zurückwiesen. Darüber musste
sich Oxenstiem ebenfalls vergewissern. Bis er über beide
Punkte Gewissheit erlangt hatte und sich weiter entschei-
den konnte, war sein Entschluss, zu versuchen, alle bis-
herigen Verhältnisse aufrecht zu halten; dabei dachte er,
sich auf die Vollmacht seines verstorbenen Herrn zu
stützen.
Mit bewundemswerther Energie handelte er nun nach
12
den von ihm selbBt aufgeBtellten Gesichtspunkten. In Frank-
furt waren gerade einige Stände aus den vier oberen Krei-
sen versammelt; er liess sie bereits in den nächsten Tagen,
nachdem ihm die Trauerbotschaft ttberbracht war, zu sich
fordern ^^) und fragte sie nach ihrer Meinung ttber ihr fer-
neres Verhalten. Sie waren rathlos und baten ihn vielmehr
um sein Gutachten, dem sie sich gern fQgen würden. Er
theilte ihnen darauf die Aufträge und Vollmacht mit, welche
er vom Könige in Betreff des Ulmer Convents erhalten
habe, und erklärte, falls die Stände damit einverstanden
seien, von dem Plane nicht abstehen zu wollen; zugleich
erbot er sich, die Kurfiirsten von Sachsen und Brandenburg
aufzusuchen, um sie zur Theilnahme an der Zusammenkunft
zu bewegen. Die Stände zeigten sich diesem Vorschlage
geneigt
Der Reichskanzler, erkennt man aus dieser Unter-
redung, hielt die Lage nicht für geeignet, dass Schweden
vom Kampfe zurücktrete, und richtete sein Bestreben dahin,
eine allgemeine Verbindung der antikaiserlichen Partei herbei-
zuführen. i<^) Mit unermüdlichem Eifer arbeitete er weiter
dem Verfall der schwedisch-deutschen Sache entgegen. In-
dem er die vornehmsten Stände der vier oberen Kreise von
dem Vorgange in Frankfurt in Kenntniss setzte i^), forderte
er sie auf, von ihrem Bündniss mit der Krone Schweden
nicht abzulassen; diese, versicherte er, würde keinen Frie-
den eingehen, wenn ihnen nicht alles das bestätigt würde,
was Gustaf Adolf ihnen versprochen. Die Beamten in
schwedischen Diensten ermahnte er zur Treue und Stand-
haftigkeit und ertheilte ihnen Verhaltungsbefehla Zugleich
*T Die Besprechung bei Chemnitz II, 10—11.
*8) Pufendorf (V, §9) sagt bei dieser Gelegenheit, Oxenstiem
habe den Convent so beschleunigt, um den Plan des sächsischen Kur-
fürsten, einen allgemeinen protestantischen Band anter seiner Leitong
zu Stande zu bringen, zu durchkreuzen. Die Bemerkung passt nur
für eine spätere Zeit. Die nachmalige Conferenz des schwedischen
Diplomaten in Dresden zeigt am besten , dass er bis dahin gehofft
hatte, Johann Georg werde in Zukunft mit Schweden Hand in Hand
gehen.
19) Chemnitz II, 11. Sein Schreiben an Nürnberg bei Soden I, 495
13
war er auf die Sicherung der Seeküste bedacht ; er übertrug
Salvius die Aufsicht über dieselbe und legte es ihm beson-
ders ans Herz, für die Unterhaltung tüchtiger Garnisonen
in den wichtigsten Städten zu sorgen. Dem schwedischen
Generalstatthalter im fränkischen Kreise, Kraft von Hohen-
lohe, gab er u. A. den Auftrag 20)^ die fränkischen Stände
zum Zweck einer Berathung über die bekannten Punkte
unverweilt wieder zusammentreten zu lassen oder von jedem
Kollegium derselben binnen 14 Tagen eine besondere Erklä-
rung einzufordern, wie sie „dem Vertrauen des seligen
Königs und ihrer eigenen Wohlfahrt entspräche".
Von Würzburg aus, wohin er sich wieder von Frank-
furt begeben, trat Oxenstiern am 28. Nov. (8. Dec.) 21) seine
Reise nach Norddeutschland an, um seiner mit den Ständen
in Frankfurt getrofifenen Verabredung nachzukommen, zu-
gleich aber auch bei der schwedischen Hauptarmee in Meissen
„höchst dringende Anordnungen *" zu treflFen.
Unterwegs sandte er von Erfurt aus am 5. (15.) Dec.
den Secretär Gustaf Adolfs, Lars Grubbe nach Schweden 22).
Er unterrichtete die Reichsräthe über die Beschaffenheit der
Dinge, besonders über die Besprechung in Frankfurt und
hielt um eine neue Vollmacht und Instruction fllr das von
ihm ins Auge gefasste Werk an. Zu gleicher Zeit berichtete
er die Wünsche, welche ihm der König über die Form der
Regierung während der eventuellen Minderjährigkeit seiner
Tochter anvertraut hatte.^)
Ueberhaupt nahm der Reichskanzler den thätigsten
Antheil an der Regelung der staatlichen Verhältnisse in
seinem Vaterlande. Seine Vorschläge, um welche ihn der
^) Der Reichskanzler an den Generalstatthalter im fränkischen
Kreise Hohenlohe d d. Würzbnrg 22. Nov. 1632 bei Scharold, Gesch.
der k. Schwedischen und h. Sacbsen-Weimarschen Zwischenregierung
im eroberten Fürstenthumo Würzburg. Beilage XXXII.
2*) Scharold p. 200, nach dem Würzburger Stadtarchiv.
22) Chemnitz II, 11. Palmsköldsche Handschriften T. 369, S. 239
bei Geijer, Geschichte von Schweden, übers, von P. Leffler III, 251.
23) Schon vorher und noch später, in Briefen v. 14. Nov. und
12. Februar 1633 äusserte sich Oxenstiern über diesen Punkt, cf. Geijer
III, 251. G. Droysen II, 656. Bist Merkw. I, 24.
t
14
Beichsrath befragt hatte, wurden Ton diesem und dem
Keicbstage, der vom ö. Februar bis 14. März ta^, durch-
aus gebilligt ^^) Die Regierung übertrug man den fünf
ei-steu Reichsräthen, den Häuptern der fünf höchBten Ge-
richte. Zu ihnen gehörte auch Oxenstiem, der mit der Lei-
tung der auswärtigen und besonders der deutschen Staats-
augelegenheiten betraut ward.
Schon vor seiner definitiven Bestallung durch den
Reichstag hatte er am 13. Januar '^^) die gewünschte Voll-
macht und Instruction erhalten. Diese ^®) legte ihm die all-
gemeinen Gresichtspunkte dar, die er beim weiteren Fort-
gang des Krieges im Auge behalten sollte. Die Entschädi-
gungsfrage war der Kardinalpunkt, um den sich die Politik
der schwedischen Staatslenker drehte, und ziemlich unver
hohlen sprachen sie aus, dass ihre Wünsche auf einen
Landerwerb an der Meeresküste gingen. Um ihre Absicht
durchzusetzen, hatten sie den Reichskanzler mit den weit-
gehendsten Befugnissen versehen. Seine Machtvollkommen-
heit kam fast der des verstorbenen Königs gleich, aber
freilich um eine gleiche Wirksamkeit wie dieser entfalten
zu können, war er nicht in demselben Masse zugleich Heer-
führer und Diplomat
Bevor ihm noch diese Anweisungen zugingen, war er
weiter im Interesse seines Planes eifrig thätig gewesen
Von Erfurt aus, wo er einige Tage verweilte, hatte er den
Kurfürsten von Sachsen um eine Conferenz .ersuchen lassen.
Sie wurde ihm bewilligt, und am 18. December^?) traf er
zu derselben in Dresden ein, wo Johann Georg sie abge-
halten zu sehen wünschte. Der glänzende Empfang, welcher
ihm zu Theil ward, mochte ihn vielleicht in seiner Hoffiiung
bestärken, dass der sächsische Hof Willens sei, mit Schweden
in Zukunft zusammenzugehen; bald sollte er sich in seinen
«♦) Hiertiber s. bist Merkw. I, 24, 27 u. Chemnitz II, 61.
25) Nach Geijer in, 277.
*«) Ausführlich bei Chemnitz U, 12.
^) Nach Scharold, 200 und Söitl lU, 363 war es am 15. (25.)
Dec, nach v. d. Decken am 13. Dec; keiner von ihnen macht daflir
eine Quelle nahmhaft. Obiges Datum nach Chemnitz 11, 13.
15
Erwartragen getäxischt sehen. OienBtiern kam bei den
Verhandlungen 28) sofort auf die brenneade T^gesfrage; er
wünschte aber die Verbindung der evangelischen Stande zn
conferiren und erbat sich die Ansicht des Kurfiirsten darüber,
wie weit Schweden sich ferner an der evangelischen Sache
betheiligen solle. Die sächsischen Käthe wichen seinen
Fragen aus und sprachen von der Nothwendigkeit, den
Feind in Böhmen und Mähren anzugreifen sowie den ange-
botenen Frieden nicht auszuschlagen. Der Keichskanzler
versicherte zu wiederholten Malen, dass er damit einver-
standen sei, man aber vorher auf eine föderative Verknüpfung
bedacht sein müsse. Vergebens; die Räthe blieben bei ihren
Erklärungen stehen und zeigten sich bald seinem Drängen
gegenüber empfindlich. Da er auf diese Weise nicht vor-
wärts kam, so entschloss sich Oxenstiem, ihnen seine eigene
Meinung über die Neugestaltung des evangelischen Deutsch-
lands offen darzulegen. Drei Wege stellte er als möglich
hin einzuschlagen. Erstens könnten sich die Stände unter
einander und mit der Krone Schweden zusammenthun und
letzterer in Anerkenuung ihrer Verdienste die Oberleitung,
welche sie bisher gehabt, lassen doch mit der Beschränkung,
dass ihr ein ständischer Beirath mit bestimmter Machtbefug-
nis» zur Seite gesetzt würde. Zweitens könnte man einen
zwiefachen Bund schaffen unter schwedischer und sächsischer
Leitung und den Ständen freistellen, sich einem von beiden
anzttscbliessen. In diesem Falle aber müsste man sich
gegenseitig verpflichten, einmüthig alle militärischen Opera-
tionen und Friedensverhandlungen vorzunehmen. Di-ittens
falls die Stände die Hülfe der Krone Schweden für überflüssig
hielten, so möchten sie dieselbe für ihre bisherigen Opfer
und Anstrengungen entschädigen, den Krieg mit eigener
vereinter Macht weiterführen und sich verbindlich machen,
jene von den Friedensverhandlungen nicht auszuschliessen.
Es waren gewiss anerkennenswerthe Zugeständnisse
für die deutschen Stände und besonders Sachsen. Es war
ilmen Gelegenheit geboten, sich der Hülfe Schwedens weiter
28) Bei Chemnitz 11, 14—16.
.4
f
f
16
zu bedienen y wenn sie derselben bedurften, ohne sich zum
willenlosen Werkzeug des fremden Reiches herzugeben.
Eine Unterordnung desselben, welches bisher siegreich die
Sache der Protestanten vertreten hatte, unter den sächsischen
EurfUrsten, der sich so schwächlich und zweideutig be-
nommen hatte, konnte man ihm billiger Weise nicht zu-
muthen. Die Stände konnten femer sich friedlich mit der
Krone Schweden auseinandersetzen. Auf eine Entschädigung
machte diese mit Recht Anspruch. Allein Oxenstiem richtete
auch auf diesem Wege in Dresden nichts aus. Der Eurftlrst
liess ihm eröffiien, er befinde die Vorschläge von so grosser
Tragweite, dass er es fQr nöthig halte, sich erst mit dem
Kurfürsten von Brandenburg über dieselben zu berathen.
Vergebens forschte der Reichskanzler, welcher Vorschlag
Johann Georg am meisten zusage, er wolle den branden-
burgischen Kurfürsten, zu dem er sich zu begeben beabsich-
tige, für denselben günstig zu stimmen suchen; er erhielt
darauf keine Antwort. Sonst aber betheuerte der Kurfbrst
wiederholt, das Werk des gefallenen Königs fortsetzen, über
etwaige Friedensanträge des Feindes seinem Bündniss ge-
mäss nur gemeinsam mit Schweden und den übrigen Bethei-
Ugten verhandeln und das Verdienst Gustaf Adolfs um sein
Land, das er zum zweiten Male vom Feinde befreit habe,
nicht vergessen zu wollen. 2»)
>») Oxenstiem berichtete auch selbst über die Conferenz nach
Schweden (s. Geijer, III, 275 ff) und schilderte bei diesem Anlasse
den Eindruck, welchen er am kurfürstlichen Hofe empfangen hatte.
An diesem Hofe, schrieb er u. A., ist keine Besolution, auch nicht
irgend ein Fleiss; fürchte auch, dass es deren Einige gebe, die ihr
Aug' auf den Kaiser haben etc. — Söltl III, 363 ff. giebt von der
Conferenz nach einem „Protokoll bei der Dresdischen Conferenz** eine
Darsteiiung, welche von der obigen vielfach abweicht. So macht
Oxenstiem den Vorschlag, den Feind in Böhmen anzugreifen; der
Kurfürst erhebt einmal Bedenken gegen die Fortsetzung des Krieges
und stimmt später wieder datlir, den Feind mit vereinten Kräften zu
verfolgen. Dieser Widerspruch des Kurfürsten mit sich selbst und
der Oxenstiem zugeschriebene VorscUag, gegen Böhmen vorzugehen,
lassen das Aktenstück unzuverlässig erscheinen. Dass jener Vor-
schlag von Johann Georg ausging, macht sowohl das Gutachten Ar-
nims wahrscheinlich als auch der Umstand, dass der Kurfürst noch
17
So musste denn Oxenstiem die völlige Vergeblicbkeit
seiner Bemühungen einsehen. Nachdem er noch dem schwe-
dischen Residenten in Dresden Laurentiüs Nicolai seine
Vollmacht erneuert hatte, verliess er die Stadt mit Ende des
Jahres 1632, um nun den Kurfärsten von Brandenburg auf-
zusuchen.
Ueber Altenburg und Leipzig erreichte er am 5. Januar
1633 Halle. Von hier aus erliess er am 8. Januar das
förmliche Ausschreiben zum Ulmer Convent und setzte den
Eröflfhungstermin auf den 25. Februar (7. März) ^^) ; er ver-
band damit, wie es scheint, die Erkläiiing des Kurfttrsten
von Sachsen, bei dem Werke bleiben zu wollen, ^i) vielleicht
um für den Augenblick das Scheitern seiner Bemühungen
am sächsischen Hofe zu verbergen. Der Reichskanzler that
dies, bevor er noch die oben erwähnte Vollmacht erhalten
hatte, und erwartete nicht das Ergebniss der beabsichtigten
Unterredung Johann Georgs mit dem brandenburgischen
Kurfürsten, dessen Rath jener vor seiner völligen Entschlies-
sung vernehmen wollte. Man irrt wohl nicht, wenn man
den Grund zu diesem kühnen Schritte Oxenstiems in dem
Resultat seiner jüngsten Conferenz sucht, wenn man in dem
Vorgehen seinen Entschluss erkennt, auch ohne Sachsen und
selbst im Gegensatz zu ihm sein Ziel zu verfolgen, wenn
man sein schnelles Handeln aus der Absicht erklärt, die
übrigen Stände soviel wie möglich den schwedischen Ab-
sichten geneigt zu erhalten|, sie für den Fall, dass Johann
in der folgenden Zeit durch Georg Wilhelm von Brandenburg den
Reichskanzler zu bestimmen suchte, ein Heer nach Böhmen zu schicken.
Brief Johann Georgs „An ChurfUrsten zu Brandenburg'' d. d. Dres-
den 21. März 1633 und Brief von „ Georg Wilhelm von Branden-
burg* d. d. Beriin zu Köln an der Spree am 14. Januar 1633 (Dresdener
Archiv).
») Londorp IV, 298. Soden 11, 2.
**) Wenigstens Nttmberg gegenüber, obwohl die Stadt gerade
zu der Zeit einen Commissar in Dresden hatte, der sehr wohl be-
merkte, dass dort alles noch „nach früherer Manier" herging, und die
Gesinnung des Kurfürsten gegen Schweden sehr klar erkannte. Ein
Bericht von ihm an seine Vaterstadt giebt ein sehr anschauliches
Bild von den damaligen Zuständen am sächsischen Hofe. Soden II, 2 — 6.
2
Georg sich zu Uo^Dsten Schwedens entschied, dem Einflüsse
dieses Fürsten zu eutziehen.
Bessere Erfolge als in Dresden konnte er sich voa
Georg Wilhelm versprechen. Hatte doch dei^selbe, sobald
er den Tod des Königs erfahren, in einem Schreiben ihm
vorgeschlagen, 3^) da man die Pläne Gustaf Adolfs verfolgea
müsse, ein Bündniss aller evangelischen Stände aber nicht
so schnell ins Werk gesetzt werden könnte, so mochten
beide evangelische Kurfürsten mit Schweden sich vorläufig
verbinden und alle weiteren Schritte leiten.
Der Kurfürst handelte durchaus in persönlichem Interesse,
dass er in dieser Zeit so entschieden auf die schwedische
Seite trat.^^) Nach anfänglicher Weigerung war er auf das
Project Gustaf Adolfs, den brandenburgischen Kurprinzen
Friedrich Wilhdm mit der Thronerbin von Schweden zu
vermählen, eingegangen und hielt jetzt sogar trotz der ver-
änderten Gestalt der Dinge eifrig an demselben fest. Es
wurde ftlr Schweden in der nächsten Zeit das Mittel, Georg
Wilhelm in günstiger Stimmung zu erhalten.
Durch gössen Wasserstand verhindert konnte der
Reichskanzler erst am 27. Januar die Elbe überschreiten;
gegen Ende des Monats kam er in Köln an der Spree an*
Er trug sofort bei Beginn der Berathungen^*) die drei Vor-
schläge vor, welche er in Dresden gemacht hatte. Der Kur-
fürst billigte sie und erbot sich freiwillig zu einer Reise zu
Johann Georg, um ihn zur Annahme des einen oder anderen
derselben zu bewegen. Ferner erklärte er, selbst wenn einige
Stände sich zurückziehen sollten, seinerseits die evangelische
Sadbe nicht aufgeben sondern dem künftigen Bunde beitretcuDi
zu wollen, und ermahnte Oxenstiern sogar, den ülroer Co»-
vent eifrig zu betreiben. Er liess nichts in seinem bereit-
willigen Entgegenkommen zu wünschen übrig. In einem
Schreiben 35) wandte er sich an die Stände der vier oberen
32) Chemnitz II, 16.
33) Pufendorf V, § 35, vgl. auch v. d. Decken II, 141.
3^) Bei Chemnitz JJ, lö— 18.
35) Kurfiii-ftt VC» Brandenburg an die Stände der vier obei^en
Kreiße d. d. Colin an der Spree 4. Febr. 1633. Londorp IV, 299^-300.
j
19
Kreise, forderte sie auf^ mit der Krone Schweden vereinigt
zu bleiben y und theilte ihnen seinen Entschluss mit, binnen
vier Tagen zum sächsischen Kurfürsten zu reisen^ um ihn
f&r die OTangelische Sache zu gewinnen. Den Landgrafen
Wilhehn von Hessen und den Administrator von Württemberg,
Herzog Julius Friedrich, speziell ersuchte er, auf allseitige
Einmilthigkeit unter ihren Mitständen hinzuwirken. Der
Reichskanzler hatte in diesen Verhandlungen; die nur bis
zum 4. Februar dauerten^ erreicht^ was er nur wünschen
ki^nnte.
Zu gleicher Zeit war seine Thätigkeit von einer Ange-
legenheit iü Anspruch genommen, die ihrer prinzipiellen
Bedeutung wegen berührt werden muss. Der Termin des
vom Herzog Friedrich üb ich nach Lüneburg ausgeschriebenen
niedersächsischen Kreistages war herangekommen.^^) Die
Gegner frohlockten über das Vorgehen des Fürsten; der
Kurf&rst von Sachsen hatte an Betheiligte geschrieben, man
möchte an der Freundschaft mit Schweden festhalten, abet
sich unbeschränkte Freiheit zum Handeln bewahren. Es
wa? der erste Versuch eines bisher mit Schweden verbün-
deten Standes, eine selbstständige Stellung einzunehmen.
Wurde er nicht verhindert, so war vorauszusehen ^ dass
andere Stände sich gleichfalls von Schweden trennen würden.
Oxenstiem hatte für diesen Fall längst seinen Entschluss
gefasst*^^) Er gab dem Feldmarschall Kniphausen, der an
der Weser stand, und dem schwedischen Gesandten Jacob
Steinberg die nöthigen Aufträge.
Schwedeti; so stellten die Beauftragten dem Herzoge
vor^ habe als Inhaberin des Erzstiftes Magdeburg das ßecht,
Kreistage in ^Niedersachsen auszuschreiben und zu leiten.
Der Herzog wollte nicht Schweden sondern den gefangenen
Administrator als Besitzer des Erzstiftes anerkennen und
stützte seiQe Befugniss, den Kreistag zu berufen ^ auf die
Kreisverfassuug, nach welcher im ßehinderungsfalle des
3«) lieber das Folgende s. Chemnitz II, 18—19 und Pufendorf
V, § 13.
^ Dies zeigt ein Bericht des Ntirnbergischen Gesandten Strass-
bntger über eise Unterredang mit Oxenstiem. Soden II, 6.
^ 2*
20
ausschreibenden Standes die nächsten dazu berechtigt seien.
Es war eine mttssige Disputation. Bezeichnend genug daf&r
ist eine Aeusserung der schwedischen Vertreter bei dieser
Gelegenheit Die Kreisyerfassungen, bemerkten sie, obwohl
sie selbst ihr Recht aus diesen hergeleitet hatten-, gehörten
wohl mit zu den Zielen des Krieges, seien aber nicht das
geeignete Mittel, denselben zu führen. Nicht das Recht
sondern die grössere Macht gab den Ausschlag. Schweden
drohte den Zusammentritt des Kreistages nöthigenfalls durch
militärisches Einschreiten zu rerhindem. Der Herzog musste
sich bequemen, den Kreistag wieder abzuschreiben.
So sehr man sich schwediseherseits bemühte, den Schein
der Rechtmässigkeit zu wahren, das Verfahren war gewalt-
thätig und ward denn auch ein Angriffspunkt für die Gregner
und als Beweis hingestellt, ^s) dass Schweden sich zum
bleibenden Herrn von Deutschland machen wolle. Allein,
wie die Verhältnisse lagen, war es für den schwedischen
Staatsmann unvermeidlich, wenn er sein Ziel erreichen
wollte. Um ähnliche Versuche für die Zukunft in diesen
Gegenden zu verhüten, beauftragte Oxenstiern, ^^) da er selbst
sie nicht hinreichend im Auge behalten konnte, den erwähn-
ten Steinberg und Johann Salvius, die schwedischen Inter-
essen in Niedersachsen zu vertreten, während er Pommern
unter die Aufsicht des Sten Bielke stellte. Dass er sich
nicht weiter bemühte, den widerstrebenden niedersächsisehen
Kreis zu dem geplanten Bunde hinzuzuziehen, sondern sich
begnügte, ihn unschädlich gemacht zu haben, ist aus den
obwaltenden Umständen wohl erklärlich.
Wichtiger noch für die Neugestaltung des protestan-
tischen Deutschlands musste es sein, welche Stellung der
Kurfürst von Sachsen einnehmen würde sowohl wegen seiner
eigenen Macht wie seines Einflusses auf die übrigen Glieder
der Partei. Sein zögerndes ;Verhalten dem Reichskanzler
gegenüber zeigte schon, dass seine Neigungen nicht eben
3«) Bericht des Nicolai an Salvius d. d. Dresden 24. April 1633
bei Söttl III, 368.
39) Chemnitz II, 19—20.
. ^
21
^ ^ schwedenfreundlich waren. Von der Besprechung mit dem
^ brandenburgischen Kurfürsten schien nach seinen eigenen
j ^ Worten die Entscheidung abzuhängen. Noch bevor er aber
^i^ mit jenem zusammenkam, nahm er bestimmter Partei. Am
.5. Februar, also einen Tag später als Georg Wilhelm, sandte
auch er ein Schreiben ^^) an die oberländischen Stände.
Das beabsichtigte Werk, hiess es in demselben, gehöre auch
nach der Ansicht des Reichskanzlers auf einen allgemeinen
Convent Die besondere Zusammenkunft, welche man vor-
habe, errege die grössten Bedenken. Sie möchte jenem durch
CoUision hinderlich werden, in Folge der partiellen Bethei-
ligung ferner die auswärtigen Mächte abhalten, sich in die
deutschen Wirren einzulassen, und endlich den Gegnern
Muth einflössen, unter den Ständen selbst dagegen Befürch-
tungen wachrufen.
Johann Georg arbeitete damit Oxenstiern geradezu ent-
gegen. Er verlangte einen allgemeinen Convent und hatte
doch seither nichts gethan, einen solchen zu Stande zu
bringen, hatte dem schwedischen Staatsmann, der es wünschte
sich nicht angeschlossen. Es war eine leere Redensart, nur
der Ausdruck für den Gegensatz Sachsens zu Schweden.
Die Haltung des Kurfürsten auf der bevorstehenden Zusam-
menkunft mit Brandenburg konnte nach diesem Schritte
kaum einem Zweifel unterliegen. Die Vorgänge in der
sächsischen Hauptstadt traten nun in den Vordergrund der
politischen Ereignisse. Kurz nach Beendigung seiner Gonfe-
renzen mit dem Reichskanzler muss Georg Wilhelm nach
Dresden aufgebrochen sein, denn schon am 10. Februar
finden vnr ihn in Unterhandlung mit Sachsen. 4^)
Der erste Gegenstand der Berathung betraf auf Vorschlag
des letzteren den Frieden, üeber die Nothwendigkeit desr
selben war man bald einig ; die zweite und schwierigere
Frage aber war die Art der Bewerkstelligung. Das Begehren,
sich über Ort und Zeit der Friedensverhandlungen zu äussern,
wies Brandenburg sofort als eine Angelegenheit sämmtlicher
«) Bei Chemnitz U, 62.
*^) Das Folgende nach Chemnitz II, 22 — 27.
22
BetheiUgter zurttek. Au8 demselben Grunde bezeichnete es
eiue Aufstellung von Friedenftbedingnog^ als vergebliidie
Mtthe und lehnte eine Auslassung über dieselben seinerseits
ab, willigte jedoch auf das Drängen Sachsens ein, das« dieees
einen Entwurf zu denselben rerfasste. So wurde denn ein
solcher wirklich [ausgearbeitet. Nach dessen Anfertigung
machte der Kurf&rst Ton Brandenburg auf dem Rande des
Schriftstückes zu jedem Punkte seine „Erinnerungen"**);
dabei aber verwahrte er sich ausdrflcklich, das er hierdureh
einem Betheiligten vorgreifen oder «ich selbst ii^endwie an
die Bestimmungen binden wolle, und stellte femer die Be-
dingung, dass dieselben nur nach einem vorhergehenden
Beschluss aller an der Sache Betheitigten der Gegenpartei
mitgetheilt werden dürften. An dem ganzen Entwurf hatte
er auszusetzen, dass auf die Krone Böhmen zu wenig Rfiok-
sieht genommen sei Die Verhältnisse dieses Landes zu regeln,
eracht^e er schon desshalb für nöthig, damit es nicht noch-
mals Anlass zu Unruhen gebe, die sich bei seiner Lage «ehr
leicht auf das Reich ausdehnen könnten. Aber ein weit
wichtigerer Grund noch liess es ihm geboten erscheinen^ sieh
Böhmens anzunehmen. Um das Recht der freien Religions*
Übung zu sichern, müsse man nicht nur auf staatsrechtliche
Gleichstellung sondern auch auf numerisches Gleichgewicht
der Kurfbrsten beider Bekenntnisse sehen. Im Ansohluss
hieran kam Georg Wilhelm auch auf die pfälzische Sache
zu sprechen. Ihr Verhalten zu derselben meinte er als
selbstverständlich annehmen zu können. Mit Hinweis darauf,
dass sie beide die Acht Friedrichs V. sowohl wie die Über-
tragung seiner Kurwürde auf Baiern mehrmals für unge-
setzlich erklärt, und dass den Evangelisehen unter Fort-
bestand dieser Veränderung Vergewaltigung drohe, forderte
er den sächsischen Kurfürsten auf, den Pfalzgrafen Ludwig
Philipp gleich jetzt als Administrator der Kurpfalz anzuer-
kennen. Johann Georg war mit diesen Ansichten prinzipiell
*2) Diese projectirten Friedensbedingungen hat Chemnitz nicht
mitgetheilt; er urtheilt über sie als „ziemlich, und vor die protesti-
rende Char-Fürsten and Stände nicht uneben geatellet**
•^B^w^?^:^^.
28
einverstaiiden , hielt es aber nicht für rathsam, sie vor den
Friedensverhandlungen geltend zu machen, um die Erbitterung
der Gegner nicht dadurch noch. zu vergrdssern und die Ver-
handlungen selbst in Frage zu stellen. Brandenburg blieb
bei seiner Fordeining; es meinte, die Erbitterung des Feindes
habe so schon den höchsten Grad erreicht, und man würde
ihn doch nur durch gewaltsame Nothigung zur Nachgiebigkeit
bringen. Ueber diesen Punkt konnten beide Fürsten sich
nicht einigen und liesisen ihn unerledigt.
Zur weiteren Berathung stellte Johann Georg den Antrag,
einen Convent aller evangelischen Stände zu berufen, der
über die entworfenen Friedensbedingungen und die Mittel
znm Unterhalt der sächsischen Armee beschliessen sollte.
Er nahm damit offenbar die Leitung der evangelischen
Partei als eine selbstverständliche Sache in Anspruch. Von
Brandenburg darauf aufmerksam gemacht, dass man vorher
über die Stellung Schwedens und das Directorium zu ent-
scheiden habe, erwiederte er, der Reichskanzler werde gegen
die Uebemahme desselben durch ihn nichts einzuwenden
haben, zumal der allgemeine Convent gewissermassen die
Fortsetzung des Leipziger sein würde, auf dem man ihm die
Ausschreibung einer anderweitigen Zusammenkunft über-
tragen habe. Die Zwischenzeit mit ihren folgenschweren
Veränderungen war also in »einen Augen von keinem
Belang. Aus dieser Anschauung heraus äusserte er auch
über Gustaf Adolf, derselbe habe nur wegen seiner unver-
^^icliliehen Kriegserfahrung die Leitung der Execution ihres
einhellig gefassten Beschlusses erhalten unbeschadet der
kurfllrstlichen Hoheitsrechte. Diese bezeichnete er als ge-
fährdet ^ wenn die oberste Leitung jetzt in fremde Hände
übergehe, und sprach sich in der entschiedensten Weise
gegen die Führerschaft Schwedens aus, das sich zugleich
die unbeschränkte Entscheidung über Krieg und Frieden
aamassen wolle. Die Hegemonie aber, welche er Schweden
streitig machte, wollte Georg Wilhelm ihm nicht zugestehen.
Dartiber geriethen beide Kurfürsten in heftigen Streit;
schliesslich kamen sie dahin Überein, auch die Berufung
eines allgemeinen Convents bis auf weiteres auszusetzen.
24
Obwohl die Meinungsverschiedenheit beider, die sie nidit
hatten ausgleichen können^ sich auf nichts anderes bezog ais
die Stellung Schwedens bei weiterer Theünahme am Kampfe,
wurden doch noch die drei Vorschläge Oxenstiems zam be-
sonderen Gegenstande der Discussion gemacht Der Kur-
ftlrst Yon Brandenburg erklärte, dass eine weitere Möglich-
keit, das begonnene Werk fortzusetzra, sich schwer finden
lassen würde. Johann Georg nannte den ersten Vorschlag
unverantwortlich, den letzten unausführbar, den zweiten,
nach welchem Schweden und Sachsen gleichberechtigt neben
einander stehen sollten, sehr schwierig. Diese Aeusserung,
welche aussieht, als wollte er wieder einlenken, war aber
auch sein letztes Wort; er wiederholte nur noch die dem
Reichskanzler gegebene Versicherung, welche ihm schon
zur geläufigen Phrase geworden war, seine Verbindung auf-
recht erhalten und nicht ohne Schweden Frieden schUessen
zu wollen.
Als ob sie möglichst unpraktisch, aber gründlich hätten
zu Werke gehen wollen, fingen die Kurfürsten jetzt an zu
erwägen, ob sie im Stande seien, selbstständig den Krieg
zu fähren, und ob sie im Fall des Unvermögens sich (run-
der Hülfe bedienen sollten, Ueberl^ungen, die ihren Bera-
thungen, soweit sie den Krieg betrafen, nothwendiger Weise
vorausgehen mussten. Zu dem Zweck Hessen sie umstäad-
liche Gutachten aufsetzen und beschlossen auch, ein solches
vom General Arnim einzuholen. Der Verlauf dieses Theils
ihrer Bröiierungen ist uns unbekannt und kann auch so
ziemlich gleichgültig sein, da das Ergebniss an dem bereits
ausgesprochenen Standpunkt beider nichts änderte.^^) Zum
Schluss verhandelte man noch darüber, ob eine offensive
*^) Chemnitz, der allein ausführlicher über die Conferenz berich-
tet, bringt nur das brandenburgische Gatachten (II, 26). Dieses hält
68 für unmöglich, daas die Evangelischen allein dem Feinde erfolg-
reichen Widerstand leisten könnten, and für besser, sich in den Schatz
aaswärtiger Mächte zu begeben, „sollte gleich eine particul des Eeichs
darüber weggehen, als das Reich in seiner Politischen Verfassung
mit Oppression und Eliminirung der evangelischen Religion zn
erhalten.''
25
oder defensive Kriegsf&hrung zweckmässiger sei^ wobei man
sich für erstere entschied.
Hiermit erreichten die unerquicklichen Verhandlungen
zwischen den beiden Kurfürsten ihr Ende; vier volle Wochen
hattoi sie sich, da sie alle schriftlich gefbhii; wurden, hin-
gezogen, ohne das geringste Resultat zu erzielen. Friedens-
bedingungen und Eriegsplan waren entworfen, das, worauf
es ankam, Stellung zum Kaiser und zu Schweden zu nehr
m^i, war entweder gar nicht zur Sprache gebracht oder zu
keinem>klaren Abschlüsse geführt. Der Kurfürst von Sachsen
zeigte seine Abneigung gegen Schweden zwar unverhohlen,
aber er machte weder einen ernsthaften Versuch, dasselbe
auf dem Wege sei es der Verständigung sei es der Gewalt
vom deutschen Boden zu entfernen, noch war er einsichtig
genug, dessen Einfluss zu beschränken, indem er neben dem-
selben den seinigen zur Geltung brachte; seine Halbheit
offenbart sich so recht darin, dass er Oxenstiern widerstrebte
und doch sich um dessen Hülfe geg^n die Wallensteinische
Armee bemühte.^^)
Auch fremde Mächte hatten sich an der Conferenz be-
theiligt. Gleich im Anfang fand sich ein dänischer Vertre-
ter, Detlev von Reventlow, in Dresden ein. Der König von
Dänemark, schon zu Lebzeiten Gustaf Adolfs für die Ver-
söhnung der Parteien eifrig thätig, machte auch nach der
Lützener Sehlacht die grössten Anstrengungen, seinen Frie-
densvorschlägen überall geneigtes Gehör zu verschaffen. ^*)
In einem Seh reiben vom 1. December 1632 machte er sich
beim Kaiser zur Vermittelung anheischig, und in einem an-
deren von demselben Tage fordeiie er den Herzog von
^) Abelin, Theatrum Europaenm III, 25. Khevenhiller XII, 260
u. 503. Chemnitz II, 20—21, 28. Pufendorf (V, §31) lässt ihn dabei
im IntereBse des Kaisers arbeiten, der ihm die Bisfhtimer Bremen,
Verden and Btttsow (Schwerin) fUr seinen Sohn und die Bestätigung
eines zwischen ihm nnd den Hamburgern strittigen Elbzolls ver-
sprochen habe, wenn er einen fli^ den Kaiser vortheilhaften Frieden
zugleich mit Entfernung der Schweden vermitteln könnte. Indessen
ist diese Angabe mit Vorsicht aufzunehmen, da Pufendorf stets gegen
die Dänen Partei nimmt Vgl. Häberlin - Senkenberg XXVI, 564.
26
Friedland auf, seinen Herrn einem friedlichen Ausgang ge-
neigt zu machen. Dasselbe Anerbieten wie dem Kaiser
übersandte er am 24. December den Kurf&rsten Ton Sachsen
und Brandenburg und Hess es zu gleicher Zeit durch s^ne
Reichsräthe dem Oxenstiem ttbermitteln. Diese legten im
Anschluss daran dem Reichskanzler die Bitte vor, er möchte
ihrem Könige seinen guten Rath geben, wie die Friedens-
Verhandlungen erfolgreich ins Werk zu setzen seien. Wir
sind nicht unterrichtet, wie man sonst den Antrag des
Königs aufnahm ; Oxenstiem aber antwortete am 4. Februar
1633 während seines Aufenthalts in Berlin. Da nicht nur
das Interesse Schwedens, sondern auch das der deutschen
^ände dabei in Frage komme, führte er aus, und er nicht
eigenmächtig ohne sie vorgehen könne, so mttsse er sich
erst mit ihnen verständigen. Wenn dies geschehen, woUe
er das Resultat den Reichsräthen mittheilen. Doch, fUgte
er gleich hinzu, mtLsse man erst des Feindes Absichten aus-
forschen und sich darüber vergewissern, ob. er der Krone
Schweden und ihren Verbündeten eine gebührende Genng-
thuung und die nöthigen Garantien ftir dieselbe zu geben
gesonnen sei; bisher habe er den Frieden nur im Munde
geführt, um die Evangelischen zu trennen, lieber Zeit und
Ort der Verhandlungen könne man sich dann leicht ver-
gleichen.
Sein Ziel weiter verfolgend sandte nun Christian IV.
zu der Zusammenkunft der Kurfürsten in Dresden seinen
Rath Reventlow. Dieser entledigte sich seines Auftrags am
1 0. Februar. Derselbe ^*) bestand in , dem früheren Erbieten
des Königs, zu dem ihn die allgemein verderbliche Wirkung
des Krieges und die Hoffnung, dass beide kriegführenden
Theile des Kampfes müde seien, veranlasst habe. Der Bitte,
den Vermittelungsvorschlag in Erwägung zu ziehen, wurde
von den Kurfürsten willfahrt. Am 12. bereit gab Georg
Wilhelm seine Antwort, die ganz im Sinne des Reichskanzlers
gehalten war. Nachdem er seine friedlichen Intentionen
versichert und betheuert, dass er nur durch die äusserste
**) bei Chemnitz II, 26 — 32.
2T
Noth gedrungen die Waffen ergriffen habe, erhob er Zweifel
an dem Ernst der friedlichen Neigungen der Gegner, die
ihm nur Spaltungen in der evangelischen Partei hervor-
zumfen bemftht schienen, und drang vor allem auf Gewähr
fftr die Aufrichtigkeit der gegnerischen Erbiqtungen. Nach
Erfüllung dieser Vorbedingung versprach er, sich bei seinen
Bundesgenossen filr den Frieden verwenden zu wollen. Es
liegt die Vermuthung nahe, dass der Kurfürst mit dem
Antwortschreiben Oxenstiems nicht unbekannt war und auch
mit diesem Qber die Angelegenheit in Berlin conferirt hatte.
Johann Georg gelangte vielleicht unter dem Einfluss
der entgegengesetzten brandeubnrgischen und dänischen
Anschauungen erst später zu einer Entschliessung. Am 18.
Februar ertheilte er dem Gesandten seine Antwort, die er
zugleich schriftlich durch diesen dem dänischen Könige
übermitteln liess.^ß) Er stimmte den dänischen Ansichten
völlig bei und sprach seine Bereitwilligkeit aus, die Ver-
mittelung anzunehmen. Von Misstrauen gegen die Ehrlich-
keit der Bereitwilligkeit des Kaisers zum Frieden äusserte
er nichts. Weitere Beziehungen zwischen den Kurfürsten
und dem Könige fanden auf dieser Gonferenz nicht statt
Bald nach der Entlassung des dänischen stellte sich
der französische Bevollmächtigte de la Grange aux Ormes
in Dresden ein*''), der einige Tage zuvor in Halle mit
Oxenstiem eine Gonferenz gehabt hatte. Durch ihn Hess
der König von Frankreich den Kurfürsten zunächst seine
Vermittelung anbieten, die er zu Gunsten der unterdrückten
Stände anzuwenden versprach. Da aber die Gegenpartei,
Hess er weiter vorstellen, schwerlich sich freiwilHg zu
einem billigen Frieden verstehen würde, was die einlaufen-
den Nachrichten über ihre neuen Rüstungen bestätigten, so
müssten «die Evangelischen vor allem vor Zwistigkeiten
unter einander^ auf welche die Feinde ihre Hoflftiung setz-
ten, auf der Hut sein und sich vielmehr einmttthig zu kräf-
*•) Ohursachsen Schreiben und Vortrag durch Abgesandte an
König in Dänemajk etc. Londorp IV, 296—98.
^7) Die Verhandlungen des französischen Gesandten bei Chemnitz
II, 28— 28 u. Damont, Corps universel diplomatique. T. VI. P. 1, 44—48.
28
tiger Gegenwehr vereinigen. Zu einem wirksamen Ein-
greifen in den Gang der Ereignisse erachte er eine straffe
Organisation ihrer Kräfte fttr unerlässlich und dazu wiederum
bedürfe es einer einheitlichen Leitung. Da diese der rer-
storbene König bisher gehabt, auch die meisten eroberten
Länder und die grösste Kriegsmacht die Krone Schweden
jetzt in Händen habe, so gebühre letzterer das Directorium.^^)
Die neue Regelung der Verhältnisse schlug der Gesandte
Tor, auf einem allgemeinen Gonvent yorzunehmen, und
deutete zugleich auf den nach Ulm ausgeschriebenen als
passende Gelegenheit. Zum Schluss drückte er seine Be-
friedigung darüber aus, dass die Kurfürsten der römischen
Königswahl bisher ihre Zustimmung versagt hätten, und
gab seinen Wunsch zu erkennen, dass man bei derselben
auf eine beiderseits genehme Person hinwirken möchte.
Das Anbringen fand wie das des dänischen Königs eine
verschiedene Aufnahme. Am 26. Februar erfolgte die Ant-
wort beider Fürsten. Johann Georg betonte die Nothwen-
digkeit des Friedens, der natürlich allgemein, ehrenvoll und
aufrichtig sein müsse. Das Directorium, erklärte er rund
heraus, indem er dieselben Gründe anführte wie Branden-
burg gegenüber, könne er Schweden nicht einräumen und
erwarte, dass der Reichskanzler und der französische Ge-
sandte nach Ueberlegung seiner Beweggründe es ihm zuge-
stehen würden. Ferner gab er den Entschluss kund, auf
^) Nach Hurter (Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner
Eitern. XI, 8), der sich auf Siri (Memorie recondite VII, 584) stützt
wnrde de la Grange schon am 22. Nov. n. St. an den sächsischen
Kurfürsten mit der Aufforderung geschickt: nunmehr möchte er die
Sache wider den Kaiser in die Hand nehmen , Oxenstiem jedoch in
seiner bisherigen Stellung belassen. Diese Angabe beruht wahr-
scheinlich auf einem Irrthume. Die Beseitigung der schwedischen
Leitung ist allerdings später das Ziel der französischen Diplomatie,
aber noch in der Berathung Biehelieus mit seinem Könige am Anfang
des Jahres 1633 über die künftig zu befolgende französche Politik
ist davon nicht die Rede. Zuerst findet sich jene Absicht ausge-
sprochen in der Instruction des Feuquiöres, welche er am 3. Februar
n. St. erhielt. Sie scheint also erst später gefasst und dem de la
Grange zur Zeit seiner Thätigkeit in Dresden noch nicht mitgetheilt
zu sein.
29
vielfache Bitten, welche ihm zugegangen seien, die evange-
lischen Stände zu einer Zusammenkunft zu berufen, durch
welche der frühere Zustand, wie er zur Zeit des Leipziger
Convents gewesen, wiederhergestellt werden sollte. In Be-
treflf seiner Ansicht vom Ulmer Convent verwies er auf sein
Schreiben an die betheiligten Stände. Für seine Missbilli-
gung der römischen Königswahl, schloss er, habe er seine
triftigen- Gründe gehabt ; sein künftiges Vorhalten in dieser
Angelegenheit liess er unberührt.
Georg Wilhelm dagegen zeigte sich mit den vom fran-
zösischen Beauftragten entwickelten Ansichten einverstanden.
Er fügte nur hinzu, dass dem künftigen Oberhaupte ein be-
rathender Ausschuss der Stände für alle Kriegs- und Frie-
densangelegenheiten zur Seite gesetzt werden müsste; die
Entscheidung darüber, ob nur ein Bund gebildet und in die-
sem Falle Schweden die Führerschaft übertragen werden
solle, stellte er dem Urtheil aller Betbeiligten anheim.
Dies waren die Veirichtungen auf der Dresdener Con-
ferenz. Aus Friedensliebe und Patriotismus angeblich, mit
denen sich aber nicht wenig egoistische Absichten verban-
den, lehnte der sächsische Kurfürst es ab, mit Schweden
zusammenzugehen, wozu ihm Oxenstiein die Hand geboten
hatte. Die noth wendige Folge konnte nur die sein, dass
sich ein Antagonismus zwischen beiden bildete. Unter den
augenblicklichen Verhältnissen musste derselbe sich haupt-
sächlich darin äussern, dass jeder die übrigen Stände auf
seine Seite zu ziehen suchte. Schon dadurch aber, dass
Johann Georg in dieser Hinsicht während der langen Dauer
der Conferenz nichts gethan, hatte er den Reichskanzler
einen bedeutenden Vorsprung gewinnen lassen.
Dieser hatte! die Zeit während der schleppenden Ver-
handlungen besser zu benutzen verstanden und die Initia-
tive, welche er von Anfang an ergriffen hatte, nicht aus der
Hand gegeben. Den Versuch, Sachsen dem schwedischen
Interesse geneigt zu erbalten, gab er Brandenburg anheim
und verliess^d) am 5. Februar Berlin, um Süddeutschland
*ö) Chemnitz H, 21, 22.
3i»
zur Abhaltung des ausgeschriebenen Convents wieder auf-
zusuchen. £r nahm seinen Weg über Halle, wo er dem
französischen Gesandten de la Grande die oben erwähnte
Audienz ertheilte, dann Über Erfurt, Schleuj^ingen , Königs-
hofen und Schweinfurt nach Wttrzburg, wo er aro 19. Fe-
bruar anlangte.*^®)
Er fand die Lage der Dinge einigermassen verändert
Die Baiem unter Aldringer waren über den Lech gegangen
und begannen die Gegend von Ulm unsicher zu machen,
wohl nicht ohne die Absicht, den Convent za verhindern.
Oxenstiern sah sich dadurch genöthigt, denselben zu ver-
legen. Auf Wunsch einiger in Würzburg anwesenden Stände
bestimmte er nun Heilbronn zum Versammlungsort und
setzte den Anfang der Zusammenkunft auf deu 1. März,
wovoii er die Mitglieder der vier Kreise am 20. Fdbruar
benachrichtigte.
Wichtiger für das Zustandekomoien des schwedischen
Projects war die Gesinnung, welche das obere Deutschland
demselben entgegenbrachte, und die in der Zwischenzeit in
vielfachen Besprechungen laut geworden war; leider sind
unsere Nachrichten darüber sehr mangelhaft Der schwe-
dische Statthalter des fränkischen Kreises hatte die Staude
desselben seinem Auftrage gemäss., allerdings aus uns un-
bekannten Gründen erst im Februar, wieder nach Würzburg
einberufen zu einer Yorberathung über die drei frühereu
Punkte. Li einem Gutachten l^en sie ihre Ansichtea
nieder. ^1) Sie erklärten die Bildung eines Kreisraths für
das geeignetste Mittel, eine Vereinigung zwischen der Krone
Schweden und den Ständen herbeizuführen. Er sollte sich
zusammensetzen aus einem Präsidenten, den Schweden, und
«>) Chemnitz II, 32—34.
*») Londorp IV, 293—95. ünvotgreifliches Gutachten über die
von der kgl. Maj. zu Schweden zur Deliberation ausgeschriebenen
3 Hauptpunkten etc. Soden II, 14 — 17. Die Zeit der Berathang
geben die Qaellen verschieden an. I>ie StSnde wurden nach Sodem
auf den 4. (14.) Febniar nach Wü]^z4^g besefaieden, der Kreistag be-
gann aber erst am 10. (20.) Febr. und dauerte bis zum 17. (27 .> Febr.
Das Gutachten bei Londorp ist vom 7. Febr. a. St. datirt
"^^wm
31
vier Assessoren, von denea je einen die Fürsten, Grafen,
Beiohsstädte und Ritterschaft zu ernennen hätten. Als Sitz
desselben schlug man Würzburg:, Rothenburg und Schwein-
furt vor. Seine Befugniss sollte sieh auf „alle in Kriegs-
sachen vorfallende Difficultäten und Irrungen" erstrecken.
Für die Kriegsftthrung einigte man sich, ein Heer von 7200
Mann zu Fuss und 800 Reiter bis zum 1. (11.) Mai aufzu-
stellen und zu unterhalten. Die Aufsicht und Justiz über
dasselbe sowie seine Verpflegung sollte in und ausser dem
Kreise der Kreisrath in Händen haben und durch verant-
wortliche Beamte ausüben. Endlich nahmen die Stände, die
Ernennung aller militärischen Vorgesetzten mit Ausnahme
eines einzigen für sich in Anspruch. Diese Vorschläge
machten sie trotz der Gegenbemühungen] des schwedischen
Statthalters und suchten sie noch in einem Schreiben ^2) an
Oxenstiern zu motiviren. Sie fanden seine Billigung nicht;
mit einer so bescheidenen Stellung, wie sie hier Schweden
angewiesen wurde, dachte er sich nicht zu begnügen. Darf
man aber nach dem späteren Auftreten der oberländischen
Stände auf dem Heilbronner Convent schliessen, so waren
die fränkisdien in ihren Forderungen die gemässigtsten.
Eine Schweden noch viel mehr widerstrebende Haltung
nahm die württembergische Regierung ein. Ihre Berathungen
über das Ausschreiben des Reichskanzlers^^) drehten sich
zuerst um die Frage, ob man Schweden die Zusammenberu-
fung der Stände gestatten und zu dem bevorstehenden Con-
vente erscheinen solle. Nachdem dies Bedenken überwun-
den war, erhielten die Gesandten Anweisungen 5*), die
keineswegs für Schweden günstig lauteten. Falls kein Fürst
in Person erschiene, beanspruchte Württemberg für sich
den Vorsitz. In Folge des sächsischen Schreibens vom
5. Februar wollte es femer keine bindenden Verpflichtungen
52) Londorp IV, 596 d. d. 8. Februar.
^) Berathangen der württembergischen Räthe den Heilbronner
Convent betreffend. Londorp IV, 289.
^) Mitgetbeih vo& Sattier, Geschiohti des Herzogthums Witettem-
berg unter der Regierung der Herzogen Th. VIII. Beil. 18 d. d. 24.
Februwr I63a.
32
hinsichtlich eines Bündnisses eingehen, sondern alles auf
den von Kursachsen in gewisse Aussicht gestellten allge-
meinen Convent verschieben ; mit den nämlichen Worten wie
der sächsische Kurfürst verwarf es einen engeren Bund,
und ihm war auch das Directorium zugedacht, kurz der
ganze Convent zu Heilbronn sollte nur eine Vorberathung sein.
Aus diesen wenigen Anzeichen sieht man schon, dass
die Stimmung in den Kreisen nicht gerade schwedenfreund-
lich und die Aussichten für das Gelingen der Pläne Oxeu-
stierns nichts weniger als glänzend waren.
Zu den Verrichtungen des Reichskanzlers in der Stadt
Wtlrzburg gehörte vornehmlich eine Unterredung mit dem
französischen Gesandten Feuquiöres. Um diese und flber-
haupt die ganze spätere Thätigkeit dieses hervorragendsten
französischen Bevollmächtigten in Deutschland, der in ver-
hängnissvoller Weise für das Reich wirken sollte, zu ver-
stehen, ist es nöthig, etwas weiter auszuholen und die ver-
änderte Stellung der französischen Diplomatie nach dem
Ableben Gustaf Adolfs kennen zu lernen.
Die Wendung, welche die Dinge in Deutschland ge-
nonunen, war dem leitenden Staatsmanne Frankreichs
durchaus nicht unwillkommen. Richelieu hatte längst die
Schritte des ihm allzu mächtig werdenden Gothen mit be-
ständigem Misstrauen beobachtete^) Er hatte in diesem
nicht nur einen Bundesgenossen gefunden, der seinen Ab-
sichten auf Deutschland entschieden entgegentrat, sondern
sogar Gefahr fftr Frankreich von ihm befürchten lernen und
deshalb schon daran gedacht, selbst dem Schwedenkönige
mit den Waffen Halt zu gebieten. Der Tod desselben
machte dies unnöthig und schaffte ihm zugleich wieder
Platz für seine weitgehenden Entwürfe ; der Kardinal zögerte
nicht, die günstige Gelegenheit wahrzunehmen. Am 1. Jan.
1633 n. St. trug er seine Gedanken über die künftige Hal-
tung Frankreichs den deutschen Wirren gegenüber seinem
Gebieter vor.
Alle seine Erwägungen, wenn er sie uns in seinen Me-
«^5) Pufendorf' IV , $ 65. Vittorio Siri, Mem. recon. Vol. VH, 547.
33
moiren*^) wahrheitsgetreu wiedergiebt, gingen ron der Vor-
aussetzung aus, dass das spanisch-österreichische Haus, falls
es in Üeutschland und Holland oder auch nur in einem
Lande sich mit den Gegnern versöhnte und freie Hand be-
käme, sich zu einem Offensivkriege gegen Frankreich wen-
den würde. In einem solchen, fürchtete er, würde leichtüch
die augenblicklich unbedeutende Partei der Königin unÜ des
Herzogs von Orleans sich furchtbar machen können. Fort-
setzung des Krieges in Deutschland und Holland, welches
letztere zur Zeit mit Spanien über einen Waffenstillstand
verhandelte, stellte er desshalb als oberstes Ziel hin, das man
verfolgen müsse, und nur die verschiedenen für Frankreich
mehr oder weniger günstigen Möglichkeiten, dahin zu ge-
langen, kamen für ihn in Betracht. Das Angenehmste schien
ihm, wenn er seinen Wunsch durch pekuniäre Unterstützung
der Gegner der spanisch-österreichischen Monarchie erreichen
konnte, ohüe dass der französische König offen Partei zu
ergreifen genöthigt würde, während die Unterstützten sich
verpflichteten, ihn bei Friedens- oder Waffenstillstandsver-
handlungen hinzuzuziehen. Sollte aber ohne die unmittel-
bare Theilnahme Frankreichs am Kampfe die Ermattung
oder Neigung der antihabsburgischen Parteien einen Aus-
gleich befürchten lassen, so hielt er es für gerathener, lieber
mit ihnen im Bunde sogleich mit dem Hause Oesterreich
zu brechen als einen späteren, sicher erfolgenden Krieg ab-
, zuwarten, wobei man allein und in der Defensive sich be-
finden würde. Bei einer directen Betheiligung glaubte er
nach den Berichten der französischen Gesandten in Deutsch-
land, sich ausserdem auf die vortheilhaftesten Bündnissbe-
dingungen Hoffnung machen zu dürfen. Von den deutschen
Protestanten erwartete er, dass sie sich verbindlich machen
würden, hinsichtlich der katholischen Religion den Status quo
ante aufrecht zu erhalten, dem französischen Könige das
ganze linksrheinische Gebiet von Basel bis zur Mosel und
• einige rechtsrheinischen Städte anzuvertrauen und ohne
56) Richelieu, m^moires T. VII (collection par Petitot T. XXVII)
p. 271 — 77.
3
34
seiae Einwilligung keinen Frieden oder Vertrag zu schliassen;
von den Holländern verBprach er sich, dass sie bereit sein
würden, bei allen Eroberungen die vorgefundene Eeligion
unangetastet zu lassen sowie mit dem Könige vereint die
Meeresküste anzugreifen und ihm den Besitz zu überlassen.
Zu den Mitteln, welche der Krieg erforderte, berechnete er,
würden die Gelder, welche der Staat in Folge des Abfalls
der Königinmutter und des Herzogs von Orleans einbehalten
und erspart hatte, hinreichen.
Dies waren die leitenden Gesichtspunkte, die Richelieu
dem Könige vorstellte, und welche dessen Billigung fanden.
Es mag als richtig angenommen werden, dass das Haus
Habsburg jetzt noch daran dachte und im Stande war,
Frankreich zu gefährden, so dass dieses sich in der Lage
der Nothwehr befand, wie ßichelieu es darstellte, die Hoff-
nungen aber, welche er sich im Fall eines Krieges auf
Landerwerb machte, die verlockende Schilderung, welche er
von der günstigen Situation entwarf, einen Machtzuwacbs
erlangen zu können, verrathen doch deutlich, dass ihm die
Zeit nur noch nicht geeignet schien, den Kampf aufzunehmen,
und dass er gesonnen war, sobald er konnte, sich nicht nur
in den Grenzen der Yertheidigung zu halten und sich zu
begnügen, die Uebergriflfe der Gegner zurückzuweisen. Sein
Sinn ging auf eben das Ziel, gegen dessen Verfolgung von
Seiten der habsburgischen Monarchie er sich schützen zu
müssen vorgab, seinem Vaterlande eine heiTschende Stellung
über die übrigen Staaten zu verschaffen. Dies Streben
brachte ihn dazu, nicht nur Oesterreich-Spanien sondern über-
haupt jede Frankreich ebenbürtige Macht zu bekämpfen und
dem Aufkommen einer solchen entgegenzutreten. Aus dem
Grunde hatte er auch Gustaf Adolf gegenüber in der letzten
Zeit seine Haltung gewechselt und ihm schon die nach dem
Bärwalder Vertrage schuldigen Subsidiengelder am 5. (15.)
November 1632 nicht mehr ausbezahlen lassen.
Klarer noch als in der Berathung mit seinem Könige
treten seine Absichten im weiteren Verlauf der Dinge hervor.
Zu dem Zwecke, den Waffenstillstand in Holland zu vereiteln
und in Deutschland den protestantischen Bund sich nicht auf-
35
lösen zu lassen, schickte ^') der Kardinal zu gleicher Zeit Ge-
sandte nach den Niederlanden, an den Kaiser, den Kurfürsten
von Baiern, die drei geistlichen Kurfürsten sowie an die prote-
stantischen Fürsten Deutschlands und die schwedischen Führer.
Für die Sendung an die letzteren, welche die wichtigste war,
ward neben anderen besonders ein Vetter des Pater Joseph
Manass^s de Pas, Marquis de Feuqui6res ausersehen ^s), der den
Titel eines ausserordentlichen Gesandten erhielt. Am 3. Febr.
n. St. empfing derselbe in St Germain-en Laye sein Kreditiv*^)
nebst einer sehr ausführlichen Instruction.
Diese letztere ^ö) lässt uns die Ziele, welche die Politik
Richelieus Deutschland gegenüber im Auge hatte, bis ins Ein-
zelne erkennen. Im Allgemeinen wurde Feuqui6res wie den
übrigen franzosichen Gesandten in Deutschland es als Aufgabe
seiner Wirksamkeit hingestellt, dem französischen Könige die
Freundschaft der katholischen und protestantischen Fürsten
zu erwerben, das hiess, sie zum Widerstände gegen den
Kaiser zu vereinigen. Dazu sollte er ihnen allen seines Herrn
Besorgniss um ihr Wohl und dessen Absicht vorstellen, ihnen
zu einem sicheren und billigen Frieden zu verhelfen und
das Keich in seiner früheren Freiheit und Ruhe wiederherzu-
stellen. Um ein solches Endziel zu erreichen, dürfe man
sich nicht verleiten lassen , in einem übereilten Verlangen
nach Buhe den Versicherungen des Kaisers über seine fried-
Uchen Absichten Gehör zu schenken; sie zielten nur dahin,
die Gegner zu trennen und dann zu vernichten. Je mehr
Ferdinand von Verständigung rede, um so mehr müsse man
auf der Hut sein. Gegen solche hinterlistige Täuschung
könne man sich nur durch einmüthiges Zusammenhalten
schützen. Protestantische und katholische Fürsten, die beide
gleichen Grund zur Furcht vor Oesterreich hätten, müssten
sich in gutes Einvernehmen mit einander setzen, die religiösen
Differenzen ausgleichen und mit Frankreich in ein Bündniss
treten. Zu dem Ende liess der König seine Dienste anbieten.
Seine Bemühungen in diesem Sinne wurden damit motivirt,
*^ Kiehelieu Vn, 277.
*8) Feuqui^res, lettres et ü^gociations. T. I. Vie p. LXXI.
*») Feuquiöres I, 5— 6. . ^) Feuqui^res I, 7—29.
36
dass er abgesehen von der Ehre, welche er sich erwerbe,
auf diese Weise seinen und seiner Verbündeten Vorthdi
besser wahrnehmen könne.
Zu diesen allgemeinen Verhaltungsmassregeln, welche die
Bildung einer antikaiserlichen Allianz überhaupt bezweekteu,
kamen speziellere Anweisungen, wie der Bevollmächtigte die
einzelnen namentlich die bedeutenderen Stände mit ge-
schickter Benutzung der jedesmaligen Umstände in JPrank-
reiehs Interesse zu ziehen und in Abhängigkeit von dem-
selben zu bringen hatte, femer welches Rangverhältniss der
ersteh Bundesmitglieder z\\ einander er sich bemühen sollte
herzustellen. Vor allem ist in dieser Hinsicht wichtig, dass
Richelieu Schweden die bisherige Führung nicht lassen wollte.
Feuquiöres wurde beauftragt, den sächsischen Kurfürsten
aufzufordern, die Leitung der evangelischen Angelegenheiten
in die Hand zu nehmen, und ihm die gleiche Geldunterstützung
anzubieten, welche der König von Schweden erhalten hatte.
Für diesen Beistand sollte Johann Georg dieselben Ver-
pflichtungen Frankreich gegenüber eingehen, welche einst
Gustaf Adolf übernommen hatte, besonders bei etwaigen Ver-
handlungen über Verträge und Frieden seine Zustimmung
einzuholen und die katholische Religion nicht zu schädigen.
Ein förmliches Bündniss wie früher mit Schweden wurde
jetzt mit Sachsen in Aussicht genommen; unterscheiden sollte
es sich von dem früheren schwedischen hauptsächlich darin,
dass die ganze antikaiserliche Partei miteinbegrifi'en würde,
lieber den Inhält desselben erhielt der Gesandte eine eigene
Instruction, öl) Ausserdem hatte er den Kurfürsten zu dem
Versprechen zu veranlassen, dass er bei Friedensunterhand-
lungen die Vermittelung Frankreichs nach Kräften befttr-
' werten wolle; auch für den Fall eines Ausgleichs zwischen
protestantischen und katholischen Ständen war ihm vor-
geschrieben, dem Könige die Rolle des Vermittlers zu ver-
schaffen zu suchen. Nach Abschluss des Bündnisses wurde
ihm der Auftrag ertheilt, die römische Königswahl zur
Sprache zu bringen, auf ihre Verzögerung hinzuarbeiten, worin
ö*) Diese ist bei Feuqui^res nicht, mitgetheilt.
37
man die stärkste Waffe gegen das Haus Oesterreich habe,
und eine gegenseitige Verpflichtung herbeizuflihren, für die
Wahl einer beiderseits genehmen Persönlichkeit zu wirken.
Wen der König dabei im Sinne habe, darüber sollte Feu-
quiSres sich nicht aussprechen und dem Kurfürsten die
Meinung zu benehmen bestrebt sein, dass jener an sich selbst
dächte, falls er aber genöthigt würde, sich dahin erklären,
dass Frankreich sich der kurfürstlichen Ansicht anschliessen
wolle. Sodann wurde auch die Frage über die künftige
Vermählung der schwedischen Prinzessin von der fran-
zösischen Politik in Berechnung gezogen. Das französische
Kabinet nahm an, dass Johann Georg auf eine Verbindung
seines älteren Sohnes mit Christine reflectirte. Der Bevoll-
mächtigte wurde angewiesen, wenn der Kurfürst über diesen
Punkt Auskunft zu haben wünschte, sich zu seinen Gunsten
zu äussern. Auf diese Weise, lautete die Instruction, könnte
Sachsen, schon verbündet mit Dänemark, die zwischen diesem
und Schweden schwebenden Zwistigkeiten beseitigen, dadurch
zu grosser Machtstellung gelangen und zum Kivälen des
Hauses Oesterreich werden. Um aber die protestantische
Partei, hiess es sofort weiter, nicht eines Tags zu mächtig
zu sehen, dürfe man französischerseits diese Sache nicht
beschleunigen; und noch aus einem anderen Grunde wollte
man sich in dieser Beziehung freie Hand lassen. Man
Raubte, dass auch Oxenstiern für seinen Sohn die gleiche
Absicht habe wie Johann Georg, und wollte ihn gerade
hauptsächlich durch das Versprechen der Unterstützung sich
verbindlich machen.
Um sich der Gefügigkeit Brandenburgs zu versichern,
sollte FeuquiÄres sich speziell des Umstandes bedienen, dass
die Schweden in Preussen, Brandenburg und Pommern, das
nach des regierenden Herzogs Tode an den brandenbur-
gisehen Staat fallen musste, die Holländer in der Clevischen
Erbschaft die Hauptplätze in Besitz hatten, und für den
Anschluss an den antikaiserlichen Bund dem Kurfürsten
versprechen, dass der König sich in dieser Angelegenheit
bei den beiden Mächten für ihn verwenden würde. G^org
Wilhelm wurde ausser einem Bündniss mit Frankreich sogar
38
zQgemuthet, class er sich unter dessen Protection stellen
würde. Hinsichtlich der römischen Königswahl und der Ver-
mittelung Frankreichs sollte ihm der Gresandte dieselben
Verpflichtungen abnehmen wie Sachsen. Merkwürdiger Weise
wurde das brandenburgische Project, den Kurprinzen mit
der schwedischen Thronerbin zu vermählen, unberücksichtigt
gelassen, was bei der wenig gewissenhaften Politik des
französischen Staatsmannes sich wohl nur dadurch erklären
lässt, dass es ihm unbekannt war; sonst würde er es wohl
in seinem Interesse auszubeuten versucht haben.
Um den Reichskanzler trotz der Beschränkung der
schwedischen Macht den französischen Plänen geneigt zu
macheU) waren ihm persönliche Begünstigungen zugedacht
Das wirksamste Mittel meinte man in der Versicherung zu
haben, dass man seine vermeintliche Absicht^ seinen Sohn
auf den schwedischen Thron zu erheben, unterstützen und
nach erreichtem Ziele den König gegen Anfeindungen schützen
wolle. Oxenstiern selbst sollte die Stellung, welche er unter
Gustaf Adolf gehabt hatte, mit einer gleichen unter dem
sächsischen Kurfürsten vertauschen. Ausserdem wollte man
ihm versprechen, durch Zuwendung von Gütern in Deutsch-
lund für seinen Vortheil zu sorgen. Ihn hoflPte man aber
noch ganz besonders in den Dienst der französischen Pläne
zu ziehen ; man erwartete nichts geringeres, als dass er sich
erbieten würde, die linksrheinischen Plätze, welche Schweden
besa«S) dem Könige gegen das Versprechen abzutreten, ein
Heer zu Gunsten der Protestanten aufzustellen und die Plätze
beim Frieden zurückzugeben. Dass er dazu bereit sein
würde, mochte man einerseits in Folge des ausserordentlichen
Danks annehmen, zu welchem man ihn durch die Aussicht
auf eigenen Gewinn verpflichten zu können wähnte, ander-
seits aber rechnete man darauf in dem Glauben, dass die
antihabsburgische Partei jetzt nach Unterstützung sehr ver-
langen und dieselbe gern annehmen würde. Diese Angelegen-
heit war Richelieu äusserst wichtig; dem Gesandten wurden
in Betreff derselben die genauesten Vorschriften gegeben.
Er hatte den Reichskanzler dahin zu bringen, freiwillig das
Anerbieten zu machen, die Sache überhaupt so anzugreifen,
39
dasß Frankreich durch seine Hülfe noch ein grosses Opfer
für die Protestanten zu bringen schien und die Meinung nicht
aufkommen zu lassen, dass es in seinem eigenen Interesse
handelte. Aus Eifer für sie, so hatte er es hinzustellen,
wolle es sich nicht weigern, sich -mit dem Schutze einiger
Plätze zu belasten; ohne diese allerdings könne es kein
Heer sicher in das Elsass schicken. Dem Bevollmächtigten
war sdn Benehmen vorgezeichnet, wenn Oxenstiem hier-
bei auf eigene Faust oder unter Mitwissen Sachsens han-
deln wollte. Bei günstiger Aufnahme des Projects sollte
er sogar versuchen, die Unterstützungsgelder in Anbetracht
der Kosten f&r die Aufstellung des Heeres zu vermindern,
vor allen Dingen jedoch schnelle Nachricht davon geben,
damit der König Truppen schicken könne, bei einer ungün-
stigen aber sich hüten, durch allzu eifriges Bestreben in
dieser Beziehung eine Entfremdung mit den Deutschen und
Schweden herbeizuführen, welche jene zu einer Versöhnung
mit dem Kaiser geneigter machen könnte. Die Plätze, welche
Frankreich am meisten zusagten, waren Benfeld, Hagenau,
Schledstadt, Breisach, Trarbach a/Mosel und Kreuznach;
Mainz wollte man dem Reichskanzler überlassen, wenn er
es wünschte.
In der pfälzischen Angelegenheit hatte Feuquiöres darauf
hinzuwirken, dass Schweden die Pfalz beim Friedensschlüsse
dem Sohne Friedrichs V. zurückzugeben sich verpflichtete
oder, was noch vortheilhafter schien, sie sogleich den Königen
von England und Frankreich oder auch letzterem allein zur
Vertheidigung übergab. Offenbar lag hierbei das Bestreben
zu Grunde, wie überhaupt so namentlich an der Grenze jede
hervorragende Macht zu beseitigen. Hinsichtlich der Wieder-
herstellung der Pfalz als Kurfttrstenthum hatte der Gesandte
den Protestanten und Baiem gegenüber zu einem Vergleich
auf einem allgemeinen Reichstage zu rathen, zugleich aber
darauf zu s^hen, dass Frankreich nicht genöthigt würde, bei
den Verhandlungen mit Baiem den Kurfürstentitel aufzu-
geben; gegen den Herzog Ludwig von Simmern sollte er
sich mit der Aufsicht, welche jener über seinen minder-
jährigen Neffen Karl übernommen hatte, einverstanden er-
40
klären und ihm zur Wiedereinsetzung in seine ei^ne Herr-
schaft die französische Unterstützung verheissen.
Auch die schwedischen Heerführer hatte Feuquiöres
Auftrag bei Gelegenheit von dem Wohlwollen seines Gte-
bieters in Kenntniss zu setzen und ihnen besondere Ver-
günstigungen in Aussicht zu stellen; nicht umsonst, denn
Richelieu wünschte ihre Stellung in ähnlicher Weise wie die
Oxenstiems verändert zu sehen. Der Oberbefehl sollte weder
einheitlich noch in schwedischen Händen bleiben, auf dem
östlichen Kriegsschauplatze von Herzog Bertfbard von Weimar,
auf dem westlichen von dem Landgrafen von Hessen -Kassel
übernommen werden. Diese Anordnung verfolgte, wie ein-
leuchtet, wieder den Zweck, den französischen Absichten auf
das linke Bheinufer die Wege zu ebnen. Als bemerkens-
werthe Punkte sind endlich noch hervorzuheben, dass Frank-
reich die Subsidiengelder , welche es Schweden schuldete,
den Antikaiserlichen, falls eine Vereinigung unter ifan^n zu
Stande käme, auszahlen wollte; sobald aber der geplante
Bund abgeschlossen sein würde, war dem Gesandten vor-
geschrieben, über den Friedensschluss anzufragen, und für
diesen Fall hatte er schon einen Entwurf zu einem Vergleich
bei sich. Natürlich lag auch hierbei dem französischen
Staatslenker die Absicht fem, dem unglücklichen Nachbar-
staate zu Buhe und Ordnung zu verhelfen; ihm war es nur
darum zu thun, die Gegner des Kaisers in dieser Frage, bei
der es sich ja um die Verwirklichung seiner letzten Endziele
handelte, nach Gefallen zu lenken und auszunutzen.
Es war ein wohlangelegter Plan, mit der erbarmungs-
losesten Grausamkeit und ohne Scheu auch vor den unred-
lichsten Mitteln ausgedacht, durch welchen der Kardinal seine
erobeiiings- und herrschsüchtigen Anschläge zur Ausführung
bringen und Deutschland in ewige Ohnmacht stürzen wollte.
Seine Stellung, erkennt man, war jetzt schon eine andere
als zu Anfang des Jahres. Er war durchaus nicht m^hr
darauf bedacht, Frankreich nicht unmittelbar in den Kampf
zu verwickeln; nicht nur war er bereit, bei Erlangung des
erstrebten Landerwerbs in den Kämpf einzutreten, sondern
sogar eifrigst bemüht, es dahin zu bringen.
41
Die Instruction wies den französischen Gesandten an ^^)y
geradeswegs und so schnell als möglich sich zum sächsichen
Jci^urf&rsten zu begeben. Bei ihm vermuthete man franzö-
siscberseits, würde sich auch Oxenstiern befinden. Wenn
dieser Sachsen schon verlassen hätte und ihm auf seinem
Wege nahe käme, sollte Feuqui6res ihn im Vorbeigehen
aufsuchen, ebenso, wenn es ohne grossen Umweg möglich
wäre, den Landgrafen von Hessen-Kassel, den er besondei-s
zur Beschickung einer etwaigen Protestantenversammlung
aufzumuntern hatte. Es überrascht, dass er trotz dieser
Vorschrift zunächst in Saarbrücken, Zweibrücken und Kaisers-
lautem mit dem Grafen von Nassau, dem Herzog von Zwei-
brücken und dem Herzog von Simmem, ferner in Mainz mit
dem Rheingrafen Ludwig -Otto und in Frankfurt mit den
Behörden der Stadt sich in Conferenzen einliess.^^) Von
Frankfurt brach Feuquiöres nach Wtirzburg auf; er hatte
erfahren, dass er den Reichskanzler dort treffen werde. Am
23. Febr. (5. März) kam es zwischen beiden zu einer Unter-
redung ß*).
Der französische Bevollmächtigte übergab zunächst Briefe
von seinem Herrn dem Reichskanzler, aus denen dieser zu
seiner grossen Befriedigung ersah, dass Frankreich das bis-
herige Bündniss und gute Einvernehmen mit Schweden fort-
setzen und die übrigen Verbündeten zu kräftigen Anstren-
gungen anspornen wolle; sodann versicherte er, was sich
freilich durchaus nicht so verhielt, es sei ihm von seinem
Könige ausdrücklich aufgetragen, bevor er mit den verbün-
deten Fürsten verhandele, über sein Verhalten Oxenstiems
Rath einzuholen und zu befolgen. Dies wollte er zuerst in
Betreff des Kurfürsten von Sachsen thun und begehrte zu
dem Zweck Auskunft über dessen Gesinnung. Er dachte
wahrscheinlich, auf diese Weise sofort die Zusammensetzung
der protestantischen Partei zur Erörterung zu bringen. Der
82) Feuquieres I, 8.
83) Aubery, Mömoires pour rhistoire du Cardinal de Richelieu
11, 138 — 41.
8*) Rapport de Tentrevue de Feuquieres et Oxenstiern 1, 30—50.
42
Beiehskanzler erklärte sich dazu bereit, aber erat^ nachdem
die übrigen Sachen erledigt seien. Feuquiäres kam nun auf
die Rttstungen der Gegner zu sprechen und wünsehte zu
wissen, wie man ihnen zu widerstehen gedenke. Oxenstiem
hielt die vorhandene Anzahl der Truppen für ausreichend,
rerwies über die BeschaflFung der Mittel zum Unterhalt der-
selben auf die bevorstehende Versammlung und zweifelte
bei allseitiger Anstrengung nicht an gutem Erfolge; zugleich
lud er den Gesandten ein, selbst dazu mitzuwirken, indem
er sich nach Heilbronn begebe und die Stände zu energischer
Gegenwehr antreibe. Durch die Gegenbemerkung, dass der
Kurfürst von Sachsen zu wenig Eifer zeige und auf die
Friedensvorschläge der Feinde zu sehr höre, veranlasste
Feuquiöres den Reichskanzler, sich über seine vergeblichen
Bemühungen bei Johann Georg auszusprechen, dessen zwei-
deutiges Benehmen er dem Einflüsse seines Schwiegersohnes,
des Landgrafen von Hessen - Darmstadt zuschrieb. Zu der
Ansicht, welche er in Dresden geäussert hatte, bei den ver-
dächtigen Absichten des Kaisers und zum Zweck eines gut^
Friedens müsse man sich in einen möglichst wehrhaften
Zustand setzen, gab Feuquiäres seine volle Zustimmung zu
erkennen; er versprach, sich in demselben Sinne bei dem
Kurfürsten zu bemühen, vorher aber nach Oxenstiems Wunsch
der Versammlung in Heilbronn beizuwohnen. Auf diesen
Entschluss hin wiederholte dieser seine Aufforderung an ihn,
die Stände zu einem guten Bunde zu ermuntern; wenn die
Stände nicht anders als bisher handelten, setzte er hinzu,
so würde er Deutschland aufgeben und für das Wohl seines
Landes allein sorgen. Diese Gelegenheit benutzte der fran-
zösische Gesandte, auf die Bereitwilligkeit seines Königs
hinzuweisen, ihn mit Geld und Truppen zu unterstützen.
Darauf ging indessen der Reichskanzler nicht ein. Er be-
zeichnete es als einen grossen Trost, dass Frankreich nöthi-
genfalls der protestantischen Partei seine Hülfe nicht ver-
sagen wolle, und erging sich ' dann in Klagen über die
Unschlüssigkeit der Deutschen, die es vorzögen, sich zu be-
rauschen anstatt an ihrer eigenen Sache mitzuarbeiten, und
wenn sie etwas leisten sollten, den allgemeinen Nothstand
43
yorschützten. Nur aus Rücksicht auf sein Vaterland habe
er die jetzige Last auf sich genommen und mit grösster
Mühe die Trennung der V^erbtindeten verhindert Feuquiöres
bezeugte sofort, dass auch sein König den Bestand der Partei
allein der Bemühung des Reichskanzlers zuschreibe; er sei
beauftragt, ihm die Stellung Gustaf Adolfs zu yerschaifen zu
helfen und die Deutsehen zu entschlossenem Aufraffen ihrer
Kräfte zu bewegen. Dafür aber verspreche er sich, dass
Oxenstiem die Absicht seines verstorbenen Herrn standhaft
verfolgen werde. Der Gesandte setzte sich mit der Aeusse-
rung über die von Frankreich gewünschte Stellung des
schwedischen Staatsmannes in offenen Widerspruch mit seiner
Instruction. Vielleicht meinte er dadurch ein geneigteres
Gehör auf das Verlangen nach dem linken Rheinufer zu
finden, wenigstens machte er noch einmal einen Versuch in
dieser Beziehung. Er erkundigte sich, auf welche Weise
man dem Montecuculi, der in das Elsass einzubrechen drohe,
genügenden Widerstand entgegenzusetzen denke ; äer General
Hom sei durch Baiern vollkommen beschäftigt, auf den
Wunsch Schwedens würde der französische König bereit
sein, ein Heer in der Stärke von 8 — 10,000 Mann an die
Grenze zu schicken und, wenn er einen Platz als Stützpunkt
erhielte, eine hinreichende Truppenzahl zur Unterstützung
der Evangelischen vorrücken zu lassen. Der Reichkanzler
zeigte sich über den angeregten Vorgang gut unterrichtet,
wollte aber das Vorhandensein einer ernstlichen Gefahr von
dieser Seite nicht erkennen und hielt den Rheingrafen, der
in der dortigen Gegend stand, dem feindlichen General voll-
kommen gewachsen; dabei wiederholte er seine Freuden-
bezeugung darüber, dass man den König eventuell zur Hülfe
bereit finden würde. Darauf lenkte er die Unterredung auf
den Herzog von Lothringen, beschwerte sich über denselben,
dass er in geheimem Bündniss mit den Feinden ihm ent-
gegenarbeite, und erinnerte an das Versprechen Ludwigs XIII,
jenen von allen Unternehmungen gegen die antikaiserliche
Partei abzuhalten. Auf die Erklärung des Gesandten, dass
sein Herr gegen ihn einschreiten werde, sobald er klare
Beweise in Händen habe, versprach Oxenstiem, genauere
14
Erkundigungen einzuziehen. Sodann fragte er an über den
Stand der spanisch -holländischen Verhandlungen, Von denen
er nach seinen Nachrichten befürchtete, dass sie zu einer
baldigen Verständigung führen würden. Feuquiires war
darüber unbesoi^ und suchte ihn zu beruhigen, indem er
ihm die Schritte der französischen Eegierung in dieser An-
gelegenheit mittheilte. Auf die Anfrage des Reichskanzlers
über die Lage der französischen Waffen in Italien stellte
er diese als günstig dar. Zuletzt, scheint es, brachte er die
privaten Vortheile, welche man dem schwedischen Staatsmanne
zuwenden wollte, und besonders das Project wegen der Ver-
mählung der Königin von Schweden zur Sprache, ohne jedoch
von Seiten Oxenstiems ein Entgegenkommen zu finden.®*)
Für diesen schien das Resultat der Conferenz überaus
günstig ausgefallen zu sein. Was konnte er von Frankreich
weiter wünschen ? Der Gesandte hatte eingewilligt, in Heil-
bronn zu erscheinen, um seinen Einfluss im schwedischen
Interesse bei den Ständen geltend zu machen, der König
verheissen, an dem bisherigen Bündniss festzuhalten, und
eine militärische Hülfe verlangte der Reichskanzler nicht,
hatte die angebotene sogar abgelehnt Verwundert aber
fragt man, wie Feuqui^res sich zu seinen Versprechungen
herbeilassen konnte, obwohl er ausdrücklich instruirt war,
Sachsen die leitende Stellung zu vermitteln. Wir haben zur
Erklärung seines Verhaltens einige Anhaltspunkte. Seinem
Berichte, welchen er über die Unterredung an- den König
schickte, fügte er hinzu, ^) man würde wahrscheinlich auf
ö5) Der Bericht bei Feuqui^res (I, 50) sagt nur allgemein, dass
die besonderen Anträge des Königs gut aufgenommen seien, Pufen-
dorf (V, § 18) nnd Christine (bei Arkenholz, Merkwürdigkeiten der
Königin Christine III, 68), dass Oxenstiern das Anerbieten des Königs
in Betreft der Vermählung unter dem Vor wände der Bescheidenheit
ausgeschlagen habe, Aubery (II, 142), der die Verhandlungen der
Conferenz in zusammenfassenden Zügen wiedergiebt, weiss nichts von
einer Erwiederung des Reichskanzlers auf den letzten Punkt. Soweit
uns die Beziehungen der beiden Bevollmächtigten zu einander bekannt
sind, kamen sie nicht wieder auf diese Sache zurück.
6«) Nach Aubery II, 143. Leider fehlen in den lettres etc. aus
dieser Zeit mehrere Depeschen (cf. I, 53, 55 u. 67), eine vom 28. Febr.
45
der bevorstehenden Versammlung über die oberste Leitimg
Besehluss fassen und einen Rath der vereinigten Fürsten
und Stände einsetzen; in diesem würde ohne Zweifel
Oxenstiem die erste Stelle beanspruchen. Dabei, meinte er,
würden sich genug Schwierigkeiten finden, durch die man
ihn zwingen könnte, zum Dienste des französischen König»
seine Zuflucht zu nehmen. Offenbar hatte er die Stimmung
der Kreise, wenigstens des fränkischen erfaliren und glaubte
wahrscheinlich, bei derai-tiger Beschränkung des Reichs-
kanzlers sich nicht mehr an seine Vorschriften halten zu
brauchen und vortheilhafter zu handeln, wenn er dem in
der Bildung begriffenen Bunde kein Hinderniss in den Weg
legte. Aus jenen Worten aber geht ferner hervor, dass er
Oxenstiern nicht so unbedingt zu Willen sein wollte, und
man kann fast nicht umhin anzunehmen, dass er sich durch
alle seine Versicherungen gar nicht gebunden hielt, wenn
man auf sein späteres Auftreten sieht, und wenn man in
der Antwort des französischen Kabinets auf seinen Bericht ß^)
liest, er habe wohl daran gethan, die Verhandlungen über
seine Aufträge zu verzögern, bis er mit de la Grange Rück-
sprache genommen habe.
Am 27. Febr. (9. März) verliess Feuquiöres Würzburg
und erreichte am 5, (15.) März Heilbronn ; «s) der Reichs-
kanzler war schon am 25. Febr. aufgebrochen und am 28. Febr.
nach Heilbronn gelangt ^*^). Die deutschen Stände fanden
und zwei vom 9. März n. St., in denen vennuthlich der Gesandte über
seine Handlungsweise näheren Aufschluss gab; sie scheinen Aubery
vorgelegen zu haben.
ß') Lettre de Bouthillier ä Feuqui^res. I, 67—71.
«•) Feuqui^res I, 53, 55.
***) Die chronologischen Daten für die Reise Oxenstierns werden
tiast tiberall anders angegeben. Scharold (I, 240) lässt ihn am 26. Febr.
(8. März) abreisen , giebt aber dafür keine Qnelle an. Die Ankunft
in Heilbronn erfolgte nach Aubeiy (II, 143) am 5. (15.) März, nach
Richelieu (VII, 336) zwei Tage nach der Ankunft Feuqui^res'. Die
obige Angabe ist nach Chemnitz (II, 34). Da Oxenstiern erst in
Wtirzburg (20. Febr.) Ort und Zeit der Versammlung von neuem be-
stimmte und von keinem uuvermutheten Hinderniss für ihn berichtet
wird, so ist es unwahrscheinlich, dass er nicht auch zur festgesetzten
46
sich vielleicht in Folge der späten Verlegung des Convents zum
Theil erst im Laufe der folgenden Tage ein. £s erscluenen
die des fränkischen, schwäbischen und der beiden rheinischen
Kreise mit wenigen Ausnahmt; es fehlte von ihnen be-
sonders der Landgraf von Hessen- Darmstadt ''®) Von aus-
wärtigen Mächten waren, ausser Schweden, Frankreich, Eng-
land und Holland vertreten; die Gesandten der beiden letzten
waren Robert Anstruther und Cornelius Paw. Auch die
österreichischen Bauern hatten Deputiii;e geschickt ^^
Zeit erschienen sei. Und wenn man auch den letzten Termin der
Abreise mit Scharold annimmt, so konnte doch der Reichskanzler
nach den sonstigen Entfernungen zu nrtheilen, die er auf seinen Reisen
zurücklegte, sehr wohl am 28. F§br. in Heilbronn eintreffen.
^^) Aubery (II, 145) weiss auch, dass der Kurfürst von Branden-
burg einen Residenten sandte. Feuqui^res (I, 53) berichtet aber noch
in einer Depesche vom 7. (17.) März, Sachsen und Brandenburg würden
nicht vertreten sein.
'*) Aufzählungen der Mitglieder des Convents s. bei Abelin (111,26),
Khevenhiller (XII, 504) und Aubery (11,144—45), dessen Angaben
von den ziemlich übereinstimmenden der beiden erstgenannten Gre-
Bchichtsschreiber vielfach abweichen.
kua
Der Verlauf des Conyents.
Am 8. (18.) März schritt der schwedische Reichskanzler
zur Eröffnung des Convents "^2). Nachdem man in der Frühe
dem Gottesdienste, bei welchem der 85. Psalm ausgelegt
wurde, in der Kirche zu St. Kilian beigewohnt hatte, be-
schied Oxenstiern die Mitglieder der Versammlung in seine
Wohnung, die er im deutschen Hause genommen hatte '^3).
Zur Verhütung von Rangstreitigkeiten, die sofort auszubrechen
drohten, bediente er sich des Mittels, dass er keine Stühle
in das Versammlungszimmer bringen liess^^). In einem
weitausholenden Vortrage '^) setzte er zunächst die Ursachen
auseinander, die den verstorbenen König zu seinem Zuge
nach Deutschland bewogen, und wies dazu hin auf die
Schweden bedrohenden universalmonarchischen Pläne des
Hauses Habsburg, die sich in der Unterstützung Polens, der
Verhöhnung schwedischer Gesandten, der Störung des schwe-
dischen Handels, den Rüstungen an der Ostsee und der
Unterdrückung der evangelischen Stände in Deutschland
kundgegeben hätten. Dagegen sich selbst zu schützen und
zugleich seiner deutschen Religionsverwandten sich anzu-
nehmen, habe Gustaf Adolf hothgedrungen die Waffen ergriffen.
Nachdem er sodann den glücklichen Verlauf der schwedi-
schen Feldzüge und in Folge davon die Einzelverträge der
^^) Es ist keine Nachricht vorhanden, dass die wtirttembergisehe
Regierung oder ein anderer Stand ihm den Vorsitz streitig zu machen
versucht hätte.
■'3) Carafa, Commentarii de Germania sacra restaurata, 485. Soden
II, 85—86, Londorp IV, 323.
'*) Chemnitz II, 62.
'*) Bei Lowdorp. IV, 301 --4.
48
deutschen Stände mit der Krone Schweden hervorgehoben
hatte, kam er auf die Absieht seines Herra, ein BtlndnisB
aller Protestanten zu Stande zu bringen. Da demselben
jedoch, fuhr Oxenstiern fort, wegen seiner kriegerischen Ver-
wickelungen dazu stets die nöthige Zeit gefehlt, so habe er
vorläufig mit einzelnen Theilen Deutschlands in Bündnisse
zu treten sich entschlossen. Ein solches mit den vier oberen
Kreisen persönlich herzustellen, sei er durch den Einbruch
des Feindes in Sachsen verhindert worden; um aber gleich-
wohl dasselbe zu bewerkstelligen, habe er ihn, den Reichs-
kanzler, dazu bevollmächtigt. Nach dem Todesfall des
Königs seien nun für Schweden zwar Bedenken vorhanden
gewesen, den Krieg fortzusetzen, aber das Wohl der gemeinen
Sache erfordere es, den königlichen Plan weiter zu verfolgen.
Desshalb habe er, von seinem Vaterlande beauftragt, obwohl
er eine allgemeine Zusammenkunft aller Evangelischen lieber
gesehen hätte, dieselbe aber aus den nämlichen Gründen
wie früher nicht zu ermöglichen sei, die vier Kreise einst-
weilen berufen, um mit ihnen das Nöthige zu überlegen und
die erforderlichen Massnahmen zu treffen. Darauf legte
Oxenstiern der Versammlung als Gegenstand ihrer Bera-
thungen, damit dieselben um so schneller von Statten gingen,
folgende sieben Punkte vor, eine detaillirtere Fassung der
in seinem Ausschreiben mitgetheilten:
1) Sämmtliche evangelische Stände der vier oberen
Kreise verbinden sich unter einander und mit der Krone
Schweden mit dem festen Versprechen, sich nicht von einan-
der zu trennen, bis der erstrebte Zweck, die Wiederherstellung
der evangelischen Stände, der Fundamentalsatzungen des
Reichs und für die Krone Schweden eine gebührende Genug-
thuung erreicht ist. Kein Mitglied darf sich in Sonderver-
handlungen mit dem Feinde einlassen; wie soll man sich
verhalten, falls ein Stand sich vom Bunde absondern will?
2) Ist es nicht gerathen, den Kaiser, der seiner beschworenen
Capitulation zuwider die Stände des Reichs zu unterdrücken
versucht hat, und die Liga, die ihm dabei geholfen, öffentlich
für Feinde zu erklären, bis Schweden und die beleidigten
Stände Genugthuung erhalten haben? 3) Wieviel Heere
49
sollen ins Feld gestellt werden und in welcher Stärke; woher
soll man die nöthigen Mannschaften nehmen? 4) Welche
Mittel an Geld und sonstigem Kriegsbedarf sind dazu nöthig,
und wie sollen dieselben zusammengebracht werden? 5)
Damit das Werk ordentlich »geführt wird, muss das Directo-
riuin recht bestellt und eine rechte Verfassung, geschaffen
werden, 6) Wie mag sodann die militärische Disciplin
besser gehandhabt, der Landfriede und Handelsverkehr
wiederhergestellt und den gioben Exzessen gewehrt werden?
7) Im Falle, dass Schweden noch weiter bei diesem Werke
betheiligt sein soll, mnss erwogen werden, wie weit es hinzu-
gezogen werden soll, und was es zu erwarten hat, wenn es
zu gleicher Zeit von anderen Feinden angegriflfeu wird.
Diese Proposition tibergab der Reichskanzler der Ver-
sammlung zugleich schriftlich und übersandte sie auch den
Ständen, welche den Convent nicht beschickt hatten, beson-
ders dem Kurfürsten von Sachsen ^ß), in einem Begleit-
schreiben an letzteren '') rechtfertigte er die Wiederaufnahme
der besonderen Berufung der vier oberen Kreise damit, dass
der Feind vordringe, auf evangelischer Seite keine Vorkeh-
rungen getroffen seien und die Stände ihn dazu angetrieben
hätten, und sprach im Anschluss daran die Erwartung aus,
dass Johann Georg an dem gemeinsamen Werke mitarbeiten
werde. Was er damit bezweckte, ist nicht ersichtlich, da
er nach seinen Erfahrungen auf Beförderung des beabsich-
tigten Bundes durch den Kurfürsten oder gar auf seinen
Beitritt kaum mehr hoffen konnte.
In Heilbronn ging man nunmehr an die Verhandlungen
und zwar in der Weise, dass zunächst jeder Kreis für sich
berathschlagte und seine Ansichten und Bedenken schriftlich
aufsetzte ^^). Von diesen Gutachten liegt uns nur das des
schwäbischen Kreises vor, welches derselbe am 11. März
auf dem ßathhause der Stadt vereinbarte ^^). Es ist gleich-
'«) Chemnitz II, 63 — 64.
") Bei Londorp IV, 300. d. d. Heilbronn 9. März.
78) Chemnitz II, 64.
■'•) Resolution des schwäbischen Kreises auf des Reichskanzlers
Proposition. Londorp IV, 307 — 11.
50
zeitig dadurch das interessanteBte und wichtigste, dass es
am wenigsten nach dem Wunsche Oxenstierns ausfiel. Grc-
rade in der Kardinalfrage verhielten sich die schwäbischen
Stände ablehnend. Sie wollten ein engeres Bündniss bis zu
einem allgemeinen Gonvent aufgeschoben wissen, bis dahin
provisorische Bestimmungen treffen; sonst aber erboten sie
sich, um den gemeinsamen Zweck zu erreichen, noch ferner
treulich mitzuhelfen, in keine besondere Verhandlung mit
dem Feinde sich einzulassen und die Einzelverträge mit
Schweden aufrecht zu erhalten. Ihren Standpunkt vertrat^i
sie genau mit denselben Gründen, welche der Kurfürst von
Sachsen gegen einen partiellen Bund angeführt und die
württembergische Regierung von ihm acceptirt hatte. Dem-
gemäss sollte auch das Directorium erst an dem in Aussicht
genommenen Zeitpunkt bestellt werden. Das einzige Zuge-
ständniss an den Reichskanzler war in dieser Hinsicht, dass
man ihm die interimistische Leitung anvertrauen wollte.
Man erkennt, dass mit der Frage über besondere oder allge-
meine Versammlung die, ob Schweden oder Sachsen das
Directorium führen sollte, eng zusammenhing, und die Ent-
scheidung in der einen auch für die der anderen massgebend
war. Die Ansichten des schwäbischen Kreises über die
anderen Punkte können wir hier übergeben, da sie in dem
späteren gemeinsamen Entwurf aller Stände, auf den wir
sogleich kommen werden, im wesentlichen unverändert
blieben.
Nachdem die einzelnen Kreise mit ihren Gutachten fertig
waren, versammelten sie sich alle am 15. März auf dem
Eathhause zu einer gemeinschaftlichen Bei*athung, um ihre
gegenseitigen Meinungen zu vergleichen^^). Die gemeinsame
Antwoi-t an den schwedischen Bevollmächtigten, zu der man
sich nun einigte, wurde abermals schriftlich abgefasst Die
Geschäftsweise, welche die Stände befolgten, zuerst nach
Kreisen gesondert dann zusammen zu verhandeln, war natür-
lich zeitraubend und macht es erklärlich, dass sie zu ihrer
Beschlussfassung auf die Vorlage Oxenstierns volle 8 Tage
^) Protokoll auf dem Convent zu Heilbronn. Londorp IV, 323.
51
gebrauchten. Dieser beschwerte sich denn auch bald über
den schleppenden Gang der Berathungen ; nur durch grosses
Drängen konnte er es erreichen, dass ihm am 17, März,
einem Sonntage, die Erklärung der vier Kreise, obwohl noch
keine Reinschrift von derselben angefertigt war, übei^eben
wurde si). War aber der Verzug dem Reichskanzler schon
unerträglich, so war diese selbst »2) noch weniger nach sei-
nem Sinn.
In dem Hauptpunkte war die Ansicht der schwäbischen
Stände zwar nicht völlig durchgedrungen, aber doch theil-
weise zur Geltung gekommen. Wegen Kürze der Zeit und
des Andringens der Feinde erklärte man, indem man also
die Motive des Reichskanzlers annahm, von der lieber ge-
sehenen allgemeinen Versammlung und Verbindung aller
evangelischen Stände Abstand nehmen und allein mit Schweden
einen engeren Bund schliessen zu wollen, machte aber hin*
sichtlich des Zweckes und der Zeitdauer desselben die Be-
schränkung, dass er bestehen solle, bis die Verbündeten in
den gesicherten Besitz aller früheren Rechte wiedergesetzt
seien oder bei der „verhofiften, hochnöthigen Zusammenkunft"
eine allgemeine Conföderation erfolgte. Mit diesem Be-
schlüsse hielt man zugleich und jedenfalls in bewusster Ab-
sicht dem Kurfürsten von Sachsen die Möglichkeit oflfen, die
Führerschaft zu übernehmen. Wie man aber in diesem
Punkte nur halbwegs der Forderung Oxenstierns entgegen
kam, so Hess man es sich in den übrigen eifrig ange-
legen sein, das ständische Interesse zu wahren. Zur Ent-
schädigung der" Krone Schweden hielten die Kreise sich
verbunden in der Hoffnung, dass jene bis zur Erreichung
des vorgesetzten Zieles die Verbündeten unterstützen werde.
Das Mitglied, welches ausser im höchsten Nothfall und ohne
durch Feindesgewalt dazu gezwungen zu sein, vom Bunde
zurücktrete, waren sie bereit, als Feind anzusehen und zu
behandeln. Die Frage, den Kaiser und die Liga öflPentlich
für Feinde zu erkläreu, wollten sie auf einem allgemeinen
") Soden II, 90. Londorp IV, 323.
«) Bei Londorp IV, 304—7.
52
Gonyent entsehieden wissen , zumal durch die That selbst
die Erkläruug geschehe, zugleich schlugen sie vor, für die
Rechtmässigkeit ihrer Sache eine Vertheidigungsschrift in
verschiedenen Sprachen zu veröffentlicheo. In Betreff der
erforderlichen Mittel zur Kriegsftthrung an Mannschaften,
Geld und sonstigem Bedarf ersuchten ^ie den Reichskanzler
für ihre Beschlussfassung um ein Gutachten, gaben aber
gleichzeitig, da sie selbst den Anforderungen nicht genügen
zu können fürchteten, den Rath, bei fremden Mächten sieb
um Unterstützung zu bewerben sowie die neutralen und nicht
vertretenen Stände der vier Kreise zu den Lasten mitheran-
zuziehen ^ und trugen ausserdem darauf an, um den Unter-
halt allzu vieler kostspieliger Stäbe zu vermeiden, die Regi-
menter und Compagnien zu verstärken d. h. sie wollten die
Heere in grössere aber weniger Abtheilungen formiren und
dadurch die Zahl der militärischen Vorgesetzten vermindern.
Femer verlangten sie Errichtung von Magazinen in gewissen
Städten, wohin die künftigen Lieferungen an Geld und
Kriegsmaterial gebracht werden sollten, und Einsetzung von
Kreisbeamten, sog. Proviant- und Pfennigmeistem, welche
über die richtige Verwendung der Abgaben zu wachen
hätten. Das Directorium boten sie dem Reichskanzler an;
um ihm jedoch die „allzu schwere Lasf" zu erleichtem,
baten sie ihn, sich einen Beirath von Vertretern der
Stände, ein sog. consilium formatum, zur Seite setzen zu
lassen. Dieser Beirath sollte Oxenstiern allezeit begleiten
und über die Heere und deren Bedürfnisse die Aufsicht
haben. Weiter fanden die Stände nöthig, in jedem Kreise
einen Kreisrath zu bestellen, der hier dieselbe Befugniss
wie das .consilium formatum haben, aber diesem und dem
Directorium untergeordnet sein sollte. Um bessere Manns-
zucht in den Heeren wiederherzustellen, eine Angelegenheit,
die ihnen besonders am Herzen lag und sie veranlasste, die
bittersten Beschwerden und Klagen über die Ausschweifungen
der Truppen zu erheben, forderten sie eine Reihe von Mass-
regeln: ein scharfer Artikelsbrief sollte aufgesetzt ui^d ohne
Kachsicht zur Anwendung gebracht werden, jeder Stand
einen verhältnissmässigen Truppentheil zur Besoldung ange-
53
I
wiesen erhalten, jeder Ortsobrigkeit das Recht zustehen,
über die Exzesse der rohen , ungezügelten Soldateska mit
Ausnahme der anf dem Marsche verübten abznurtheilen und
die Vertheilung der Quartiere anzuordnen, sowie den ünter-
thanen es erlaubt sein, sich gegen Marodeure zu vertheidigen;
endlich wünschte man noch ein Verbot gegen alle eigen-
mächtigen Erhebungen von Zöllen und die Beschränkung
der Leistungen bei Einquartierungen. Den letzten der sieben
vorgelegten Punkte beantworteten die Stände nur theilweise,
dass sie die verspürte Geneigtheit der Krone Schweden, sich
am Kriege weiter zu betheiligen, mit Dank annehmen wollten;
im übrigen baten sie den Reichskanzler um nähere Aufklä-
rung seiner Gedanken in dieser Frage und versicherten im
voraus ihre Bereitwilligkeit, sich zu jeder billigen, gegen-
seitigen Verpflichtung zu verstehen.
So wenig Willfährigkeit und so weit gehende Ansprüche
hatte Oxenstiern von den Kreisen nicht erwartet und koniite
seinen Unmuth darüber nicht unterdrücken »3). Daneben er-
regte im höchsten Grade sein Missfallen die lange ZJeitdauer,
welche auf die Berathungen verwendet war. Diesen Uebel-
stand zu beseitigen, kündigte er der Deputation, welche ihm
die Erklärung überbracht hatte, sogleich an, hinfort mündlich
mit den Ständen verhandeln zu wollen. Am folgenden Tage,
dem 18. März, berief, der Reichskanzler die Versammlung
wieder ins deutsche Haus und legte ihr in mündlicher Aus-
einandersetzung seine Ansichten über ihre Vorschläge dar s*).
Nachdem er im allgemeinen beklagt hatte, dass einer-
seits in vielen Fragen kein Entschluss gefasst sei, und
dadurch die Tagsatzung unnöthig verzögert werde, anderseits
die Beschlüsse mit spitzfindigen Bedingungen versehen seien,
während es darauf ankomme, in gegenseitigem Vertrauen
auf die Abwehr des Feindes bedacht zu sein, ging er zu
einer Besprechung der einzelnen Punkte der Reihe nach über.
Die Bewilligutig des Bündnisses, bemerkte er, habe das
Ansehen, als wolle man sie von der Bestätigung aller reli-
*3) Protokoll V. 17. März bei Londorp a. a. 0.
M) Chemnitz II. 66 — 73. vgl. auch das Protokoll v. 18. März.
54
gionsv^wandteti Stände abhängig machen. Indeßi er noch-
mals die Unmöglichkeit einer allgemeinen Zusammenkunft
aus den bekannten Grtlnden betonte, wies er zugleich darauf
hin, dass beim Festhalten dieser Bestimmung Zeit und Mühe
vergebens angewandt wttrden, da dann das Werk nur einige
Monate gelten und im Fall der Missbilligung der abwesenden
Stände zu reiner Spielerei werden würde. Auf einen allge*
meinen Convent machte er nicht einmal unter günstigeren
Umständen Hofinung; es zeigte dies deutlich, dass Oxen-
stiem vor die Alternative gestellt war, entweder auf eine
allgemeine Protestantenverbindung oder auf die Stellung,
wie er sie erstrebte, zu verzichten. Die Entschädigung der
Krone Schweden, beschwerte er sfch, sei durch den Zusatz
der erwarteten weiteren Theilnabme derselben am Kampfe
verklausulirt, ebenso der Bücktritt eines Standes vom Bunde
durch den Ausnahmefall der äussersten Noth ; beide Punkte
köhnten leicht zu Ausflüchten benutzt werden. Die wich-
tige Frage der Sonderverhandlungen mit dem Feinde sei
ganz mit Stillschweigen übergangen, obwohl es unumgänglich
nöthig sei, dieselben nicht zu gestatten. Für die Zweck-
mässigkeit seinjBS so gut wie abgelehnten Antrags in Betreff
des Kaisers und der Liga führte er als Gründe an, dass
wenn trotz der faktischen Feinschaft der von ihm empfohlene
Schritt unterbleibe, es auch wie bisher an der nöthige^
Entschlossenheit^ und Einmüthigkeit fehlen würde; so sei es
auch den Mitgliedern des Leipziger Convents ergangen sowie
den Generalstaaten, so lange sie sich nicht von Spanien los-
gesagt hätten; sobald letztere dies gethan, sei alles mit viel
grösserem Eifer betrieben; dadurch dass die Kreise die Er-
klärung unterliessen, würden sie vom Kaiser, falls er die Ober-
hand gewänne, keine mildere Behandlung erfahren; der Wieder-
anerkennung Ferdinands als Kaiser solle nichts im Wege
stehen, sobald der frühere Zustand wiederhergestellt sei.ss)
8») Das Bestreben Oxenstiems, einen förmlichen Bruch zwischen
dem Kaiser und den Ständen herbeizuführen, wurde unterstützt durch
eine Broschüre, weiche um diese Zeit in Heilbronn erschien und auf
seine Veranlassung geschrieben zu sein scheint: Gold - Wage | Auff
55
Mit dem Erlass einer Vertheidigungsschrifik war der Beichs-
kanzler einverstanden, um so ungehaltener aber flber das
unentschiedene Zögern, für die Vertheidigungsmittel zu
sargen, da das Vordringen der Feinde keinen Verzug dulde.
Die Massregeln, welche die Stände im Anschluss an diesen
Gegenstand vorgeschlagen hatten, fand er wttnschenswerth
aber bei. den obwaltenden Verhältnissen unausführbar. Der
Bitte gegenüber, die Stäbe zu beschränken, räumte er ein,
dass manche der militärischen Vorgesetzten dadurch, dass
sie Kriegsvolk gebracht, einen höheren Bang erhalten hätten»
als sie verdienten, hielt es aber für unmöglich, dies Miss-
verhältniss so schnell abzuändern. Eine Verstärkung durch
fremdes Kriegsvolk missbilligte er nicht, versprach sich je-
doch keinen Erfolg von Bemühungen in dieser Hinsieht; man
könnte solches wohl aus Frankreich bekommen, aber für
den anstrengenden deutschen Krieg sei dies unbrauchbar
und verliefe sich bald wieder; eine Werbung in England,
welche der König des Landes wohl gestatten möchte, sei
w^en Kürze der Zeit nicht zu bewerkstelligen; sonst könne
man nur noch von den Generalstaaten Mannschaften er-
warten, falls sie Frieden schlössen. Ebenso hatte Oxen-
stiern nichts dagegen einzuwenden, bei fremden. Mächten
um Hül&gelder anzuhalten, stellte aber auch hier jeden
Nutzen in Abrede. Der französische König, der allein in
dieser Beziehung etwas thun könnte, meinte er, möchte wohl
zu einer Geldunterstützung bereit sein, dürfte jedoch dabei
die schwersten Bedingungen stellen. Die Hülfsmittel, welche
den nöthigen Auss- schlag, der unlengst entstandenen Frag: Ob dem
Keyser der beschlossene Krieg an-zuktinden sey | Praesentirt ünnd
redlichen patrioten unvorgreifflich an die Hand gegeben | zu Heyl-
bronn | Durch Ehrenhold Wagnern | Im Monat Martio. (Halle Bibl.
Pon.). Der Verfasser hebt für das vom Reichskanzler gewünschte
Vorgehen neben anderen Motiven^ der Nützlichkeit auch alle von
jenem geltend gemachten hervor und stellt es für die Stände nach
dem Völkerrecht und den ßeichsgesetzen selbst als nothwendig hin,
was er freilich nur möglich macht, indem er den Kaiser als einfachen
Stand betrachtet und die längst veraltete Vorschrift der goldenen
BttUe über die Fehdeankündigung auf ihn anwendet.
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man auf diese Weise erhielte, bezeichnete der Reichskanzler
als blosse Zugabe und drang darauf, dass die Stände sich
Tor allem auf ihre eigenen Kräfte verliessen. Mit der ge-
forderten Yerwaltungsweise der Abgaben und der Heran-
ziehung der neutralen Stände zu denselben war er zufrieden.
Das ihm angetragene Directorium zeigte er sich bereit zu
übernehmen aus Bttcksicht auf die Wohlfahrt der deutschen
Stände und die Sicherheit seines Vaterlandes, welche durch
jene wesentlich bedingt sei; sonst, äusserte er, sei für die
ehrenvolle Stellung ihre ttbergrosse Last ein zu hoher Preis,
Auf das entschiedenste aber wies er die Zumuthung zurück,
dass ihm ein ständischer Bath beigeordnet werde. Dieser
sollte nach seinem Dafürhalten nur seine Schritte controUiren
und würde, statt ihm die Mühe zu erleichtem, ein energisches
Handeln verhindern; bei der gegenwärtigen Lage sei eine
solche Beschränkung der obersten Gewalt durchaus nach-
theilig. Zu dem Zugeständniss einer ständischen Vertretung,
welches er dem sächsischen Kurfürsten freiwillig gemacht
hatte, wollte Oxenstiem sieh also den vier Kreisen gegen-
über nicht verstehen. Eine Anweisung einzelner Truppen-
theile auf bestimmte Districte schien ihm unthunlich und bei
unprompter Bezahlung nur dazu geeignet, Misshelligkeiten
herbeizuführen. Als Grund dieser Forderung" seitens der
Stände deutete er ihre Besorgnlss an, mehr als nothwendig
angestrengt zu werden, während er selbst befürchtete, dass
- man zu geringe Mittel bewilligen werde. Gegenüber den
Klagen über die Exzesse der Soldateska nahm er sich der
letzteren an und rühmte im allgemeinen ihre Haltung seit
der Schlacht von Lützen. Die Ursache der verfallenen Dis-
ciplin schob er auf den Mangel an richtiger Soldzahlung,
der die Soldaten zwinge, sich gewaltsam die Lebensmittel
zu verschaffen, und stellte die Beobachtung strenger Manns-
zucht in gewisse Aussicht, sobald jener Uebelstand beseitigt
werde. Zur Abhülfe desselben, warf er den Ständen vor,
hätten sie keinen Vorschlag gemacht, sie richteten sich nur
gegen die Soldaten und suchten sie bei Einquartierungen
in unbilliger Weise abzufinden und bei Einkauf ihres Lebens-
bedarfs zu übervortheilen. Die Vertheilung der Quartiere
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und das Recht, Marodeure zu bestrafen, wollte er den Kreisen
überlassen. Darüber, was Schweden von den deutschen
Verbündeten erwartete, falls es noch von anderer Seite her
angegriflfen würde, womit natürlich ein Krieg mit Polen ge-
meint war, liess der Reichskanzler sich nicht mehr aus;
um jede Verzögerung zu vermeiden, verhiess er, seine Meinung
in Form eines Bündnissschlusses aufzusetzen, der bei den
künftigen Verhandlungen als Grundlage dienen sollte. Einst-
weilen bat er die Stände, die dritte und vierte Frage, welche
die Leistungen betrafen, zum Gegenstand ihrer Berathungen
zu machen.
Zwei Tage später bereits, den 20. März, überlieferte
er ihnen den versprochenen Entwurf, s«) Er benutzte die
Gelegenheit zu neuen Vorstellungen, um sie zu einem baldigen
Schlüsse zu bewegen; zu dem Zweck wies er hin auf die
Macht und Rührigkeit des Feindes, sein Bestreben, sie zu
trennen und zu unterdrücken, sowie auf die grosse Nähe
seioer Heere, die im Herzen der evangelischen Länder ständen,
und hob im Gegensatz dazu auf protestantischer Seite die
mangelhafte Sorge für die Soldateska hervor, die bisher
ohne Sold geblieben und mit Vertröstungen hingehalten sei.
Der Bündnissentwurf selbst s?) war in 15 Artikeln ab-
gefasst, denen eine ausführliche mit der der schwedischen
Proposition vom 8. März im wesentlichen übereinstimmende
Begründung voraufging. In der bekannten Weise motiviite
der Reichskanzler zunächst die Nothwendigkeit des Bundes
zwischen Schweden und den vier Kreisen, auf eine allge-
meine Zusammenkunft machte er keine Aussicht. Als Ziel
der Verbindung bezeichnete er besonders die Restitution aller
evangelischen Stände und gebührende Entschädigung Schwe-
dens; die letztere war von keinem ferneren Beistand ab-
««) Chemnitz II, 73. vgl. auch Pnfendorf V, § 29 n. 30 und das
Protokoll V. 20. März.
«') Bei Londorp IV, 328 — 32. Dieser undatirte Entwurf gehört
nach seinem Inhalt unzweifelhaft in diesen Zusammenhang. Dies be-
weist u. A. der äusserliche Umstand, dass die nähere Bestimmung
der Leistungen, über wfelche die Stände damals beriethen, in ihm
Qffen gelassen ist.
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haDgig gemaeht. Die bisherigen EiBzelyerträge zwischen
den beiden pactirenden Theilen sollten in Kraft bleibai,
soweit sie nicht den gegenwärtigen Festsetzungen zuwider-
liefen. Mit den Gegnern zu verhandeln auf deren Aner-
bietungen hin oder aus eigenem Antriebe, war einem Mit-
gliede nur mit Wissen und Willen aller Verbündeten erlaubt
Zuwiderhandelnde, vom Bunde zurücktretende und neutrale
Stande in den vier Kreisen, die alle gleichgestellt wurden,
wollte Oxenstiem nach vergeblicher Abmahnung als Feinde
betrachtet und behandelt wissen. Das Directorium Hess er
sich von den Ständen anbieten in Anerkennung der grossen
Verdienste Gustaf Adolfs, und weil dieser ihn in der letzten
Zeit seines Lebens zu seinem Stellvertreter in Süddeutsch-
land, nach dem Tode des Königs aber die schwedische
Regierung ihn zum bevollmächtigten Legaten in Deutschland
ernannt hatte. Wegen des mit dem evangelischen Wesen
verknüpften Interesses seines Vaterlandes erklärte er' sich
bereit, die „so schwere Last'' auf sich zu nehmen und nach
Kräften die Verwirklichung des vorgesetzten Zieles zu er-
streben, indem er zugleich die Stände geloben liess, das
Directorium nach Möglichkeit zu unterstützen und alle Be-
schlüsse gewissenhaft zu erfüllen. In die Bildung eines
consilium formatum „zu seiner Erleichterung^ willigte der
Beichskanzler jetzt ein; aber einerseits wünschte er es aus
vier ständischen Vertretern, je einem für jeden Kreis, und
drei von Seiten Schwedens zusammengesetzt zu sehen, ander-
seits beschränkte er die geforderte Befugniss desselben. Er
wollte alle wichtigen Sachen, die das Directorium, die Heere,
überhaupt den Bund angingen, mit jenem berathen und nach
seinem Gutachten vollziehen, jedoch in militärischen Ange-
legenheiten die Entscheidung sich vorbehalten ; bei Verhand-
lungen über Frieden und neue Bündnisse sollten alle Ver-
bündeten hinzugezogen werden. Als seine und des consilium
besondere Aufgabe stellte Oxenstiern hin, ftlr die Wieder-
herstellung des Handels und Verkehi-s, besserer Disciplin
hei der Soldateska, die Beschränkung der überflüssigen
Regimentsstäbe, die Aufrechterhaltung \der ständischen Juris-
diction zu sorgen sowie „dass auch bei den Einquartierungen
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Ordre gehalten, und wann die Soldateska mit Geld versorgt
wird, sie im übrigen die semce niclit weiter dann zu Losa*
ment, Holz, Licht und Bettstadt extendiren mögen''. Dass
Üxenstiem die Besoldung resp. Verpflegung der Truppen im
Quartier den Ständen zumuthete, ist aus den späteren Ver-
einbarungen ersichtlich. Der Einsetzung eines Kreisrathes
gedachte er nicht. Zur Verwaltung der eingehenden Beiträge
sehlug er vor, in jedem Kreise eine Kasse und zwar in den
Städten Nürnberg, „Augsburg-Ulm" »s)^ Frankfurt und Strass-
burg sowie ein oder mehrere Magazine für die Lebensmittel
und das Kriegsmaterial zu errichten; die Kassirer sollten
vom cousilium ernannt werden und nach Vorschrift des
Direetoriums die Gelder verausgaben, auch auf dessen Wunsch
sich bei der Kreisarmee einfinden. Die Obliegenheiten in
den Magazinen wies der Reichskanzler sog. Proviantmeistern
zu, deren Stellung er nicht näher fixirte, die aber wohl die
gleiche sollte wie die der Kassirer. Femer wollte er in
jedem Kreise zwei Kommissäre, je einen von der schwedi-
schen Regierung und den Ständen, zu dem Zwecke angestellt
haben, das Kriegsvolk monatlich zu mustern und die Maga-
zine nebst der Kasse zu beaufsichtigen. Die Höhe der
Gontributionen war offenbar mit Rücksicht darauf, dass die
Stände Überdieseiben unter sich verhandelten, nicht angegeben.
Um Differenzen bei der Zahlung vorzubeugen, trug üxen-
stiem darauf an, den Werth eines Reichsthalers zu 1 V2 A«
festzusetzen. Der Entrichtung der Beiträge suchte er sich
durch die Bestimmung zu vergewissern, dass gegen Säumige
nach vorheriger erfolgloser Mahnung militärische Execution
eintreten und zur Strafe von ihnen die doppelte Quote
erlegt werden sollte. Statt des Geldes wollte er auch Ab-
gaben von Korn und Wein gestatten, wenn sie von den
Bundesmitgliedern auf eigene Kosten zur vorgeschriebenen
Zeit und zum marktgängigen Preise in die Magazine einge-
liefert würden. Hülfsgelder fremder Staaten brachte der
Reichskanzler nicht in Anschlag. Die Besoldung der Heere
^) Man hat dies wohl so zu verstehen, dass Oxenstiern im
schwäbischen Kreise zwischen Ulm und Augsburg noch die Wahl
lUBsen wollte.
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seitens der Stände lieas er unberührt Ausser den Garniso-
nen verlangte er die Aufstellung von vier Heeren, deren
Stärke sich nach der der Feinde richten müsse, und zu dem
Ende eine noch nicht näher bestimmte Ergänzung der Streit-
kräfte durch die Stände; fremdes Kriegsvolk zog er dabei
nicht in Betracht Für das Directorium nahm er das Recht
in Anspruch, eine Armee aus der andern nach Bedürfniss
zu verstärken. Die den Ständen schon zugestandene Be-
fttgniss, die Quartiere auszutheilen, erwähnte er in seinem
Entwürfe nicht Den Kreisen wollte er die Verpflichtung
auferlegen, Verordnungen zu erlassen, dass die Soldaten bei
Einkauf ihrer Bedürfnisse nicht übertheuert würden, sowie
Deserteure, deren sie habhaft würden, ihren Befehlshabern
auszuliefern, damit diese ihre Untergebenen bestraften und
wieder in Dienst stellten. Endlich sollten die Stände aus
Dank für den bisherigen Beistand der Krone Schweden
den Besitz aller occupirten katholischen und österrachischen
Länder garantiren, bis ihr eine gebührende Entschädigung
zu Theil geworden sei. Da Oxenstiern von einer Verbind-
lichkeit seines Vaterlandes hierfür gänzlich absah, so ist
klar, dass er demselben für alle Fälle, auch wenn es in
ein^n neuen Krieg verwickelt wurde und an dem deutschen
sich weniger oder gar nicht betheiligen konnte, den Anspruch
anf Entschädigung sichern wollte. Der Schluss des £^nt-
Wurfes legte noch ausdrücklieh Verwahrung ein gegen irgend
eine beabsichtigte Beeinträchtigung der übrigen Stände durch
das Bündniss und stellte ihnen den Beitritt frei
Ein Vergleich dieses Entwurfes mit der Erwiederung
des Reichskanzlers vom .18. März lehrt zunächst, dass er
von seinen Forderungen die, den Kaiser und die Liga ftlr
Feinde zu erklären, ganz fallen gelassen hatte. Der Wider-
stand der Stände in dieser Frage, welcher ihn zum Schweigen
brachte, war auch sicherlich sehr berechtigt; es wäre ein
grosser politischer Fehler gewesen, wenn sie dem schwedischen
Verlangen willfahrt hätten, da sie sich dadurch jede Mög-
lichkeit einer Aussöhnung mit dem Kaiser abschnitten und
den Schweden sich ganz in die Arme warfen. Die sonstigen
Zugeständnisse Oxenstierns waren nicht erheblich. Bei den
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Versprechungen, welche er den Ständen zu ihrem Schutz
vor den Ausschreitungen des Militärs gab, tiberging er alle
von ihnen gewünschten concreten Massnahmen, so dass es
von seinem guten Willen abhing, in der bezeichneten Rich-
tung etwas zu thun. In allen wichtigen Fragen behielt er
seinen Standpunkt im wesentlichen bei* Ein cpnsilium for-
matum in der Art, wie er es forderte, konnte ihm nicht mehr
unbequem werden. Er beanspruchte, das massgebende Wort
in den Angelegenheiten der vier Kreise zu führen. Anderseits
hatte der Reichskanzler zur näheren Ausführung einzelner
Punkte neue Vorschläge gebracht.
Bevor aber der neue Entwurf von den Ständen in Be-
rathung genommen wurde, und es sich zeigte, welche Auf-
nahme er von ihrer Seite fand, wurde der gleichförmige
Gang der Unterhandlungen durch das Auftreten des franzö-
sischen Bevollmächtigten unterbrochen. Oxenstiern veran-
lasste denselben zu einer Ansprache an die Versammlung.
Es ist die Frage, wesshalb er dies that. Richelieu und
Aubery 89) bringen das Eingreifen Feuquiöres' mit Umtrieben
des Kaisers und des Kurfürsten von Sachsen auf dem Con-
vente in Zusammenhang. Johann Göorg, sagen sie, arbeitete
aus Eifersucht, dass ihm die Oberleitung nicht tibertragen
wurde, darauf hin, die Versammlung zu vereiteln, und die
Wirkung seiner Intriguen war fo gross, dass sich der Reichs-
kanzler genöthigt sah, den französischen Gesandten um Unter-
stützung in seinem Vorhaben zu bitten. Indem aber die
französischen Geschichtsschreiber dein gegenwärtigen Zeit-
punkt als äusserst kritisch hinstellen und dann den glück-
lichen Erfolg der Ermahnungen Feuqui6res* hervorheben,
erwecken sie den schwerlich unbeabsichtigten Schein, als ob
das Zustandekommen des Bundes zwischen den vier oberen
Kreisen und der Krone Schweden das Werk des franzö-
sischen Gesandten war, und in neuerer Zeit hat man dies
auch angenommen »<^). Diese Auffassung dürfte sich bei
näherer Untersuchung als unhaltbar erweisen.
8ö) Richelieu VII, 3rf7. Aubery II, 146.
90) Eanke, französische Geschichte. Bd. 2 S. 4:^6. Auch bei Bart-
hold (Gesch. des grossen Deutsehen Krieges I, 50) treibt Verlegenheit
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Was zuBäehst die iDtriguen betrifft, so lassen ans
Richelieu und Aubery gänzlich im Unklaren darüber, worin
dieselben bestanden, lieber einen Versuch des Kaisers und
des Kurfürsten, durch geheime Machinationen eine Y^bin-
düng zu hintertreiben, fehlt jede spezielle Angabe. Wir
erfahren nur, dass Johann Grcorg dui*ch Schreiben an die
Stände die Versammlung zu vereiteln suchte, und wenn wir
nicht annehmen wollen, dass jede Nachricht über die Intri-
guen, d^Eien so grosse Wirkung zugeschrieben wird, auffälliger
Weise verloren gegangen sein sollte, so werden wir sie in
den sächsischen Schreiben zu suchen haben. Dasjenige,
welches der Kurfürst am 5. Febr. absandte, haben wir be-
reits kennen gelernt und gesehen, dass trotz .desselben die
Stände dem Reichskanzler die Oberleitung wenn auch noch
nicht unbedingt zugestanden. Nehmen auf dieses die fran-
zösischen Darstellungen Bezug ^^7 ^^ ^^^^ ™^^ ihnen Ueber-
treibung vorwerfen. Sonst aber berichten uns nur noch die
schwedenfreundlichen Geschichtsschreiber Chemnitz und Puf^-
dorf über Bemühungen, welche der sächsische Kurfürst von
neuem in der bezeichneten Absieht unternahm. Sein Ver-
halten war folgendes ^^). Er übersandte das Anbringen des
dänischen Königs auf der Dresdener Conferenz nebst seiner
darauf ertheilten Antwort an Oxenstiem und die Stände in
Heiibronn. An jenen richtete er zugleich die Bitte, mit
seinem Ansehen die Friedensverhandbingen befördern zu
helfen; .diese ermahnte er, die Vermittelung Christians IV.
anzunehmen und zu dem Congress, welchen derselbe in
kurzem auszuschreiben gedächte, Gesandte zu schicken. Den
Convent, welchen er selbst zu halten beabsichtigt habe, werde
den Reichskanzler, seine Zuflucht zu Feuquieres zu nehmen, und die
Rede des letzteren erscheint als der Ausschlag gebende Faktor für
das schliessliche Resultat.
*0 Was nicht gerade unwahrscheinlich ist; Feuquieres erwähnt
(I, tl3), dass ihm, kurz bevor er Beine Ansprache hielt, ein sächsisches
Schreiben in die Hände kam. Was er als Inhalt desselben wieder-
giebt (par oü il les (der Kurfürst die Stände) convioit de se bien
garder de s'assembler entr'eux, ni de prendre aucnne r^solation sans
lui) lässt erkennen, dass es das vom 5. Febr. war.
w) Chemnitz II, 74—75. Pußwidort V, § 31.
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er aufschieben, damit eine Zusammenkunft nicht der andei^n
hinderlich werden möchte. Damit man fttr die Unterhand-
lungen vorbereitet wäre, schlug Johann Georg vor, allseitig
die Bevollmächtigten 10 oder 8 Tage vor dem Termin, den
der dänische König anberaumen wttrde, an den zu bezeich-
nenden Ort zu schicken. Unsere Quellen geben weder an,
wann diese Schreiben von Dresden abgesandt wurden, noch
wann sie in Heilbronn eintrafen; bie deuten- auch nichts
davon an, dass dieselben die Veranlassung zu der Rede
Feuquißres' waren. Und es ist auch sehr zu bezweifeln, dass
die Einladung des Kurfürsten, wenn sie in dieser Zeit erfolgte,
bei den Ständen Anklang fand. Ihr Erscheinen zu dem
Convente zeigt, dass sie mit Oxenstiern in der Ansicht über-
einstimmten, dass ein Bündniss nöthig sei, um sich mit
Sicherheit auf Friedensverhandlungen einlassen zu können
und günstige Bedingungen zu erhalten. Darüber aber gingen
die Meinungen auseinander, wem die Fühi*erschaft einge-
geräumt werden sollte. Auf Uebernahme derselben durch
Saehsen konnten die Stände nun nach Empfang der mitge-
theilten Schreiben kaum mehr rechnen, da Johann Georg
ja sofortige Friedensverhandlungen ankündigte. Dass sie
aber nicht einen gleichen Standpunkt einnahmen wie jener
und die Alternative stellten zwischen sächsischem Directorium
^und Friedensverhandlungen, beweist ihr Entschluss vom
17. März. Sie konnten allerdings durch die angedrohte Ver-
söhnung. Sachsens mit dem Kaiser eingeschüchtert werden;
wenn sie jedoch trotzdem nicht alles dem guten Willen des
Kaisers anheimstellen wollten, von dem man nichts erwarten
konnte, so mussten sie nur noch geneigter werden, das
schwedische Directorium anzunehmen. Und dass die Haltung
Johann Georgs überhaupt diese Wirkung auf die Stände
hatte, berichtet Feuqui^res »3).
Der Einfluss Sachsens auf die Kreise mag ein Grund
mit gewesen sein, der den Reichskanzler zu seinem Schritte
veranlasste, jedenfalls aber hatte dieser dabei noch eine
andere Absicht. Schon in Würzburg, haben wir gesehen,
w) cf. I, 135—36.
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bemühte er sich, dem französischen Gresandten das Ver-
sprechen abzunehmen, und hatte auch dessen Zusage erhalten,
seinen Einfluss bei den Ständ^i im Interesse schleuniger
Berathungen und energischer Anspannung ihrer Kräfte geltend
zu machen. Da das Verhalten der Kreise ganz so war, wie
Oxenstiern befürchtet hatte, so wird dasselbe auch wohl der
Hauptgrund gewesen sein, wesshalb er die Unterstützung
Feuquiäres in Anspruch nahm. Dies scheint auch die Rede
des letzteren zu bestätigen. Bevor wir aber dieselbe be-
trachten, werfen wir noch einen Blick auf die Beziehungen
zwischen den beiden Gesandten nach ihrer Begegnung in
Würzburg; sie hatten sich mehrfach geändert.
Am 7. (17.) und 9. (19.) März setzten Oxenstiern und
Feuquieres ihre Unterhandlungen in Heilbronn fort **). Dieser
wollte nun seinen Vorschriften nachkommen und erbot sich,
dem Reichskanzler eine gleiche Stellung, wie er unter Gustaf
Adolf gehabt, jetzt beim sächsischen Kurfürsten verschafTen
und mit diesem und allen übrigen Antikaiserlichen ^ die es
wünschten, einen Vertrag schliessen zu wollen. Oxenstiern
war darüber nicht wenig verwundert; er wies die Zumuthung
sofort entschieden zurück und zeigte sich anfangs nur bereit,
den früheren Vertrag zwischen Schweden nnd Frankreich
in derselben Form zu erneuern; wenn der französische Be-
vollmächtigte dazu keinen Auftrag habe, wollte er ganz auf
ein Bündniss mit Frankreich verzichten. £r gab indessen
bald dahin nach, den Vertrag auszudehneü, wenn er günstige
Bedingungen erhielte. Schliesslich erklärte er, alle Schwierig-
keiten hingen davon ab, dass er sich nicht Johann G^org
unterordnen, anderseits die unumschränkte Leitung der
Angelegenheiten der vier Kreise sowie die freie Verfügung
über die französischen Subsidiengelder in seiner Hand haben
wolle. Zu der Weigerung Oxenstierns kamen noch andere Um-,
stände, welche es Feuquieres unmöglich machten, be? seinem
Vorsatze zu beharren. Es gerieth ihm das Schreiben des
sächsischen Kurfürsten in die Hände; am 16. (26.) März
»♦) Feuquieres I, 55 — 67. Lettre du 16. (26.) Mars 1633 ä Hail-
bron an Roi.
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erschien de la orange in Heilbronn und berichtete über die
Haltung desselben, was andere Nachrichten bestätigten;
endlich lief auch die Meldung ein ^5), dass der Schwieger-
sohn Johann Georgs, der Landgraf Georg IL von Hessen-
Darmstadt, in seinem Namen nach Leitmeritz gereist sei,
um mit kaiserlichen Beauftragten sich zu besprechen. In
Folge von alle dem gab der französische Gesandte seine
Absicht auf, dem Reichskanzler die Führerschaft streitig zu
machen ^ß), und war nur darauf bedacht, bei dem Bündnisse
mit Schweden den Verbündeten dieser Macht den Beitritt
offen zu halten. So kamen sich also die Tendenzen der
beiden fremden Staatsmänner so weit entgegen, dass sie
einen Bund unter schwedischer Leitung anstrebten. Es kann
unter diesen Verhältnissen nicht überraschen, dass das ge-
schah, was Oxenstiern von Anfaug an zu erreichen bemüht war.
Am 22. März (1. April) hielt Feuquiöres seine Ansprache
an die Stände^'). Er versicherte denselben zunächst die
redlichen Absichten, die sein Herr für das allgemeine Beste
hege, warnte vor Uneinigkeit, die in sicheres Verderben
stürzen würde, und ermahnte, ohne Verzug für die Mittel zur
Abwehr der Feinde zu sorgen. Zu wirksamer Unterstützung
ihrer Sache empfahl er, den befreundeten Fürsten namentlich
dem fitinzösischen Könige die gebührende Achtung zu er-
weisen und mit ihnen ein gutes Einverständniss zu unter-
halten, um dadurch bei den Gegnern Besorgniss zu erwecken.
Für die besondere Wichtigkeit Ludwigs XIIL theilte er den
Ständen dessen Entschluss mit, nicht allein seine bisherige
Hülfe fortsetzen sondern überhaupt alles thun zu wollen,
was für ihr Wohl nöthig erachtet werde. Darauf wies er
sie hin 'auf die Pflicht schuldiger Dankbarkeit gegen die
Krone Schweden, mit der sie in enger Verbindung bleiben
müssten, und verdächtigte zuletzt die Erbietungen des Hauses
Oesterreich als trügerisch und auf hinterlistige Täuschung
berechnet.
w) Feuqui^res I, 72 — 73, 76, 93, 113.
9«) Fenqui^res 1,74 — 75, 139.
»■') Fenqui^res I, 85 — 88. cf. Chemnitz II, 73 und LondorpIV,3.11.
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Es waren einmal, wie man erkennt, die allgemeinen
Gesichtspunkte; welche auch Oxenstiern schon oft hervor-
gehoben hatte, und die den kurzsichtigen Friedensbestre-
bungen Sachsens und dem zögernden Verhalten der Stände
in Heilbronn gegenüber auf schleunige Conföderation drangen.
Das Verhältniss der Kreise zu Schweden berührte der Ge-
sandte nur sehr vorsichtig und ergriff hinsichtlich des
Uirectoriums gar nicht offen Partei ^^} ; er war dazu genöthigt,
da er für die jetzige Lage der Dinge, die sich ja ganz
anders gestaltet hatte, als in seiner Instruction vorausgesetzt
war, noch keine neuen Anweisungen bekommen hatte. Zu-
gleich nahm er die Gelegenheit wahr, um den Deutschen
die Dienste seines Königs anzubieten, die der Reichskanzler
80 wenig nöthig zu haben meinte.
Zwei Tage später, am 24. März traten die Stände zu
einer Berathung über die Rede zusammen und wurden sofort
über ihre Antwort schlüssig ^^). Sie stimmten Feuquieres in
allen Punkten rückhaltlos bei und vei sprachen, seinen Rath-
schlägen Folge zu leisten. Mit der Krone Schweden erklärten
sie sich bereit, ein öffentliöhes Bündniss einzugehen. Frank-
reich gegenüber sprachen sie die Bitte aus, sie mit ansehn-
lichen Geldsummen unterstützen zu wollen.
Das nächste Resultat der Bemühung des französischen
Gesandten war, dass die Kreise den Vorbehalt einer späteren
allgemeinen Zusammenkunft aufgaben. Wie aber der weitere
Verlauf der Verhandlungen darthun wird, war damit noch
keineswegs ein Bund zwischen ihnen und Schweden zu
Stande gebracht Feuquieres selbst schrdbt auch, seiner
Rede diesen Erfolg durchaus nicht zu. Nach seiner Dar-
stellung i^^) war vielmehr das Zustandekommen des Bundes
unter schwedischer Hegemonie schon damals in keiner Weise
mehr fraglich, und er hielt es selbst für vortheilhaft, dabei
»*) Auf diesen Punkt hauptsächlich bezieht sich ohne Zweifel
die spätere Bemerkung Feuquieres' über seine Rede, er habe sie so
gehalten, dass ihm die Auslegung frei bliebe I, 145.
9») Londorp IV, 324. Protokoll v. 24. März und 312 — 13. Ant-
wort der 4 Kreise auf die Rede Feuquieres'.
^0«) I, 139.
67
mitzuwirken, um sich Dank in einer Sache zu erwerben, die
auch ohne seine Fürsprache denselben Verlauf genommen
hätte^ und seinem Könige die Versammlung zu verpflichten.
Es ist zwar nicht richtig, dass damals die Gegensätze schon
so gut wie ausgeglichen gewesen wären, aber wenn er selbst
auf den Ruhm verzichtet, das Bündniss vermittelt zu haben,
80 wird man seiner Aussage wohl Glauben schenken dürfen.
Und hätte er wirklich dem Reichskanzler eine so hervor-
ragende Unterstützung geleistet, so würde er sicherlich nicht
verfehlt haben, Gegenforderungen zu stellen, wozu er reich-
liche Gelegenheit hatte; davon aber findet sich in seinen
Berichten keine Andeutung.
Am 18. März bereits war die Frage über die Leistungen
der Stände auf die Tagesordnung gesetzt; am 22. legten
diese ihre Entschliessungen 'Oxenstiern vor^^^). Sie bewil-
ligten auf sechs Monate vom 1. Mai ab je 10 — 12 einfache
Römermonate, verlangten aber dabei von neuem, dass jeder
Stand eine bestimu te Truppenzahl selbst besolde, und drangen
abermals auf Herstellung besserer Disciplin in den Heeren.
Ferner gaben sie den Wunsch zu erkennen, dass den An-
sprüchen der Mitglieder des Bundes auf „Güter" kein Ein-
trag geschehen möchte. Die Erbietungen genügten den
Anforderungen des Reichskanzlers nicht. Die Dauer der
Beiträge wünschte er auf ein Jahr verlängert zu sehen ;
ausserdem begehrte er von den Ständen wenigstens 2000
Artilleriepferde und zu je vier Pferden einen Mann. Das
Geld wollte er in die Kasse geliefert haben und stellte
zugleich das Verlangen, dass die Lasten der „unvermögenden
Stände von den vermögenden" übernommen wurden. Gegen
die Exzesse der Soldateska hielt er ein allzu strenges Vor-
gehen wegen der Noth wendigkeit ihrer Dienste für unmög-
lich. Die Rechte, welche die Kreise wahren wollten, bezogen
sich nach Oxenstierns Aeusserung zumeist auf geistliche
Güter; er wollte sie gelten lassen, soweit sie zur Zeit der
geistlichen Besitzer ausgeübt waren. Es geht hieraus auch
hervor, dass die Länder, auf welche die Stände Ansprüche
»0») Londorp IV, 324. Soden II, 91 — 93,
68
erhoben, sich im Besitz der Krone Schweden befanden.
Näheres über diese Angelegenheit und ihre Regelung erfahren
wir nicht, wie überhaupt die Nachrichten über diesen Theil
der Verhandlungen sehr fragmentarisch sindi<*'^).
Dem ihnen schon am 20. März zugestellten Confödera-
tionsentwurf des Reichskanzlers traten die Stände am 25.
näher ^•3). Trotz ihrer zustimmenden Haltung gegenüber
der Rede des franzosischen Gesandten beeilten sie sich mit
ihren Berathungen nicht sonderlich. Sie behielten die alte,
umständliche Art und Weise bei, indem zuerst die einzelnen
Kreise für sich verhandelten. Diese wurden allerdings ziem-
lich schnell fertig, schon am 27. März traten sie zu gemein-
samer Sitzung zusammen; um so länger aber dauerte es,
bis eine allgemeine Verständigung erzielt wurde. Formell
wurde der Bündnissentwurf jetzt dadurch verändert, dass er
in Haupt und Nebenabschied getheilt wurde. In jenen, der
zur Veröffentlichung bestimmt war, wurden mehr die allge-
meinen Bestimmungen, in diesen die näheren Ausführungen
besonders über die Pflichten und Rechte der beiden pactiren-
den Theile aufgenommen. Am 1. (11.) April übergaben die
Stände dem Reichskanzler ihre Beschlüsse. i<^^)
*®*) Ein Bruchstück ans diesen Unterhandlungen bringt noch
das Theatrnm Enr. IV, .^2 (und wörtlich übereinstimmend mit diesem
wie überhaupt fast in allem, was den Convent betrifft, Khevenhiller,
XII, 503)^ wonach es scheint, dass die Stände statt der verlangten
Leute und Pferde noch einen halben oder ganzen Römermonat zu
zahlen sich erboten. — Feuqui^res berichtete am 24. März (:t. April) (I,
73), dass die Kreise beschlossen hätten, einen Fond von 8 Millionen
Rthlrn anzulegen, in 4 oder 6 Wochen die Hälfte zu zahlen und die
Heere auf eine Stärke von 40,000 Mann zu Fuss und 10,000 Reitern
zu bringen. Die Angabe über die Geldleistung zum mindesten ist
unrichtig; diese betrug selbst beim Bündnissschluss nicht einmal die
Hälfte. Was der Gesandte als Beschluss des Convents hinstellt, war
vielleicht die ursprüngliche Forderung Oxenstiems cf. Hurter XI, 34.
w>3) Londorp IV, 324.
*»*) s. die aus dem Dresdener Archiv publizirten Beilagen. Der
von den Ständen entworfene Nebeuabschied ist bereits von Soden
(II, 107 — II) mitgetheilt, aber vielfach ungenau wiedergegeben; er
wird von Soden als Nebenabschied des Bündnissschlusses angeseheu,
im Dresdener Archiv schlechtweg als Nebenabschied bezeichnet. AI-
W^iCIi^A^HBI^^^HH^^^^P^^II^HHHHPP
69
Als Absicht bei dem Bündnissschlusse wurde dem Wunsche
Oxenstierns gemäss ausgesprochen, die deutsche Libertät und
die Satzungen des Reichs zu befestigen, in religiösen und pro-
fanen Dingen für alle Verbündeten einen sicheren Frieden
zu erlangen, die evangelischen Stände zu restituiren und
ihnen billige Erstattung ihres erlittenen Schadens sowie
Schweden eine gebührende Entschädigung zu verschaffen.
Die Bestimmung hinsichtlich der Einzelverträge bliöb die-
selbe. Die Einkleidung der Uebernahme des Directoriums
durch Oxenstiern wurde nur darin geändert, dass seine Er-
nennung zum bevollmächtigten Legaten in Deutschland nach
Gustaf Adolfs Tode durch die schwedische Regierung nicht
erwähnt wurde. Ueber das consilium formatum aber gingen
die Meinungen ziemlich auseinander. Die Kreise wollten es
bilden aus einem Director in der Person des Reichskanzlers,
zwei schwedischen und sieben ständischen Vertretern, die
(ob auch Oxenstiern, ist nicht recht deutlich aber wohl wahr-
scheinlich) von den Verbündeten in Eid und Pflicht ge-
nommen werden sollten. Die Vorschläge des schwedischen
Staatsmannes wegen seiner und des consilium Gompetenz
und Pflichten nahmen die Stände in erweiterter Fassung
scheinbar an; indessen setzten sie der alleinigen Entscheidung,
welche jener in militärischen Dingen haben wollte, trotz
formellen Zugeständnisses doch wesentliche Beschränkungen,
wie aus verschiedenen Festsetzungen ersichtlich sein wird.
Sodann nahmen die Stände ihre alte Forderung wieder auf,
dass in jedem Kreise zur Unterstützung der beiden obersten
Bundesgewalten ein von ihnen abhängiger Kreisrath mit der
Aufsicht betraut würde; sie wünschten ihn durch die ge-
sammten Kreisverwandten ernannt zu sehen. Für jeden
Kreis ordneten sie je eine Kasse und ein Magazin an und
zwar in den Städten Strassburg, Frankfurt, Nürnberg und
Ulm, die vermuthlich auf Betreiben ihrer anwesenden Ge-
lein die Nachrichten über die späteren Verhandlungen und deren Er-
gebniss, abgesehen von anderen Gründen, lassen keinen Zweifel, dass
wir es hier mit dem Entwnrf der Stände zu thnn haben, und dass
der von Chemnitz (II, 82 flf) tiberlieferte der endgültig vereinbarte
Nebenabschied ist.
r» l .g «^
70
sandten ausdrücklich versichert wurden, dass sie wegen der
eingehenden resp. ausbleibenden Lieferungen in ihrer Eigen-
schaft als Legstädte zu den Abgaben nicht tlber ihren ver-
hältnissmässigen Antheil herangezogen werden dürften. Den
Magistraten derselben wollten die Stände die Aufisicht über
die Kasse und das Magazin mit der Vorschrift übergeben,
qualifizii-te und den Kreisen genehme Personen anzustellen,
welche, im Namen der Verbündeten durch das consilium
eidlich verpflichtet, die Contributionen einfordern, nach An-
weisung des consilium verwalten, auf sein Begehren ihm
darüber Rechnung ablegen und sich bei ihm einfinden sollten.
Die Anstellung von Kommissären war mit Stillschweigen
übergangen und bei diesen Einrichtungen auch überflüssig.
Die Höhe der monatlichen Beiträge, die an jedem ersten
Monatstage vom I.Mai ab erlegt werden sollten, war auf
12 Römermonate festgesetzt, und ihre Dauer auf ein ganzes
Jahr ausgedehnt, es wurde aber Verminderung derselben
verlangt, sobald Friede geschlossen, das Heer verringert oder
der Kriegsschauplatz in feindliches Gebiet verlegt werde.
Zu der Werthbestimmung des Thalers bei den Zahlungen
war noch die des Ducaten zu 22/4 fl. hinzugefügt verbunden
mit einem Verbot der Münzverschlechterung. Bei Versäum-
niss der Zahlung sollte nach vorangegangener Mahnung seitens
des Kreisrathes oder der Kassirer auf Anordnung des consilium
Execution eintreten, falls jedoch Zahlungsunfähigkeit vorge-
schützt werde, diese erst vom Kreisrath untersucht und nöthigen-
falls vom consilium darüber Entscheidung eingeholt werden.
Die Kosten und der Schade, welche eine Execution verursachte,
waren dem säumigen Stande zu tragen auferlegt. An Stelle des
haaren Geldes wollten die Kreise alle zum Kriege nöthigen
Sachen gelten lassen, wenn sie von einem Mitglied auf eigene
Kosten zum Magazin oder auf Verlangen zur Armee geschafl^t
würden; ihr Werth sollte nach den Marktpreisen der Legstädte
berechnet werden. In BetreflF des schwedischen Vorraths an
Proviant und Munition, hiess es, habe sich der Reichskanzler
auf Ersuchen belieben lassen, ^^^) dass er in die Kreismagazine
*<*s) Da Oxenstiern davon in seinem Entwürfe nichts sagte, so
darf man aus dieser Wendung wohl schliessen, dass jener den stän-
71
gebracht werde. Zu dem Zwecke, die schweren Abgaben zu
erleichtem, trugen die Stände darauf an, alle Beute und
Einkünfte der Länder, welche erobert werden würden, im
Interesse des Krieges zu verwenden, ferner die in den Kreisen
gelegenen „weder unter der Matrikel noch Anschlag be-
griflfene Oesterreich Fuglerische und andere dergleichen
Güter und Landstäude" in Contribution zu ziehen sowie
die von Gustaf Adolf „bereits eingezogenen, hin und wieder
verschenkten Güter mit höherer Contribution zu belegen";
offenbar aus demselben Grunde wollten sie auch die Neu-
tralität nicht gestatten; ein anderes Motiv wirkte wahr-
scheinlich noch mit bei der Forderung, die Hülfsgelder von
deutschen und ausserdeutschen Staaten in die gemeinsame
Kasse fliessen zu lassen. Auf die eigene Besoldung von
Heerestheilen verzichteten jetzt die Kreise. Die unterhaltenen
Heere, über deren Anzahl und Stärke sie nichts sagten,
wollten sie sämmtlichen Verbündeten verpflichtet wissen.
Um die Truppen bei ihrer gegenwärtigen Schwäche zu er-
gänzen, erklärten sie sich bereit, indem sie von einer Ver-
stärkung durch fremdes Kriegsvolk absahen, ein für alle
mal nach Anlage der Reichsmatrikel zur Infanterie von einem
einfachen ßömermonat für 12 fl. 5 Mann, zur Artillerie von
derselben Summe für 20 fl. ein Zugpferd und zu je vier
Pferden zwei Mann zur Bedienung im Monat Mai auf Be-
gehren des Directoriums zu stellen; dabei behielten sie sich
auffälliger Weise vor, diese Streitkräfte schon vor dem Mai
senden zu dürfen, deren Unterhalt wiesen sie den Kassen
und Magazinen zu. Die Vertheilung der Heere und Ver-
stärkung der Garnisonen, den vielleicht wichtigsten Punkt
militärischer Art, stellten die Stände dem Ermessen des
eonsilium formatum anheim. Bei Truppendurchzügen und
Einquartierungen, die überhaupt nur bei dringender Gefahr
zulässig sein sollten, empfahlen sie, auf möglichst gleich-
dischen Berathungen nicht ganz fern blieb. Dafür sprechen auch
mehrere neue Abmachungen, welche die Kreise schwerlich aus eige-
ner Initiative trafen. Bei den Verhandlungen der späteren Zeit,
wissen wir aus Londorp (IV, 324), schickte der Reichskanzler an die
Stände und umgekehrt diese an ihn öfters Vertreter.
72
massige Belastung der Bundesmitglieder zu sehen, und wollten
dieselben zu dulden nur yei;bunden sein auf vorherigen Befehl
des consilium oder im äussersten Nothfall des Kreisraths;
zugleich nahmen sie die Befugniss in Anspruch, bei Durch-
zügen durch Kommissäre für gute Ordnunng zu sorgen, und
sprachen den Kreisbehörden und Magistraten der betroffenen
Städte das Recht zu, die Quartiere anzuweisen. In Betreff
der Verpflegung der Truppen auf den Märschen und im
Quartier verlangten sie, dass die Lebensmittel denselben aus
dem Magazin geliefert würden, und wenn ein Stand zu ihrem
Unterhalte beitrüge, ihm seine Leistung von der Contribution
abgezogen oder wiederersetzt werde. Die Kreise versprachen,
„ein gewisses Commiss,, dass der Soldat sein gebührend Aus-
kommen haben möge, im leidentlichen Preis" anzuordnen
und freies Lager zu publiziren; den Servis bestimmten sie
wie Oxenstiern, forderten aber zugleich, dass es den Unter-
thanen frei gestellt werde, denselben in Geld abzulösen.
Eine besondere Aufmerksamkeit wandten die Stände den
ausserordentlichen Garnisonen zu, während sie über die
stehenden nichts abmachten. Jene sollten aus den Kreis-
nrmeen entnommen werden; zu ihrem Unterhalte sollte von
der Garnisonsstadt der fällige Betrag ihrer Quote beige-
steuert, ihr aber von der Contribution für den Bund abge-
rechnet werden. Ferner wurde noch verlangt, dass jede
ausserordentliche Garnison der Ortsobrigkeit eidlich ver-
bunden und dieser neben dem Kommandanten in rechtlicher
Beziehung unterworfen würde; falls der letztere in der Aus-
übung der Justiz lässig wäre, wurde jener die Berechtigung
vindizirt, die „Execution" selbst vorzunehmen. Ihrer Furcht
vor den Ausschreitungen der Soldateska und dem Verlangen
nach Schutz gaben die Kreise zu wiederholten Malen Aus-
druck. Ausser den vom Reichskanzler bereits versprochenen
Massregeln fanden sie in dieser Hinsicht eine Reihe weiterer,
zum Theil schon früher geforderter nöthig: dass die ohnehin
kostspieligen, zur Ergänzung der Heere ungenügenden Werbe-
plätze aufgehoben würden, die Stände über die Musterplätze
die Aufsicht ausüben und alle nicht auf dem Marsche ver-
übten Exzesse der Soldaten bestrafen dürften, dass den
■»■F
73
Unterthanen Selbsthtilfe gegen Gewaltthaten erlaubt werde,
das8 die letzteren durch förmliche Patente untersagt und die
Truppen an gewisse Vorschriften gebunden würden. Bei der
Reform der Heere wünschten sie auch den Tross und die
Bagagepferde beschränkt zu sehen. Alle dem Feinde in
Zukunft entrissenen Länder erklärten sie unbeschadet der
Ansprüche Einzelner für Eigenthum aller Verbündeten. Jeder«
Stand sollte in seinem Besitz geschützt werden und, falls
er vom Feinde vertrieben werde, zu seinem Unterhalte einen
hinreichenden Theil der eroberten Länder eingeräumt er-
halten. Bei der Kl'iegsführung, war der Wunsch der Stände,
möchte daraufgesehen werden, dass die vom Feinde be-
setzten Gebiete der vier Kreise wiedergewonnen und ihre in
Gefangenschaft gerathenen Angehörigen befreit oder aus-
gewechselt würden. Separatverhandlungen mit den Gegnern
waren verboten; wenn von jenen einem Mitgliede des Bundes
Anerbieten gemacht würden, war es gehalten, diese dem
consilium und den Kreisständen mitzutheilen, die weiter
darüber zu berathen hatten. Zuwiderhandelnde und ihnen
gleich zu achtende neutrale Stände sollten nach vergeblicher
Abmahnung durch das consilium als Feinde behandelt wer-
den. Endlich erboten sich die Kreise, die Krone Schweden
aus Dank für die bisher geleisteten Dienste und gegen das
Versprechen ferneren Beistandes, wovon sie nicht abliessen,
in dem Besitz der eingenommenen feindlichen Länder im
Reich schützen zu wollen, bis sie eine gebührende Entschä-
digung erhalten habe und der Krieg beendigt sei.
Dies war die Antwort auf den Entwurf des Reichs-
kanzlers vom 20. März. Der erste Blick zeigt, dass die
Stände wenig gefügig waren. Sie verzichteten darauf, selbst
Truppentheile zu besolden, willigten in das Verbot aller
Separatverhandlungen; die Zugeständnisse in Betreff der
Garantie der schwedischen Besitzungen und der ständischen
Leistungen für die Heere waren bedingt ; an den Erbietungen
Oxenstierns hatten sich die Kreise durchaus nicht genügen
lassen, sie hatten alle Punkte in ihrem Interesse verändert
und eine Reihe von neuen Forderungen hinzugefügt Ihr
Gegensatz trat besonders hervor in der Frage über die
74
Stellung des schwedischen Staatsmannes. Dieser sollte im
Grunde genommen nur Vorsitzender in einem tiberwiegend
aus ständischen Vertretern gebildeten consilium formatum
sein; dem letzteren wurde die Leitung der wichtigsten An-
gelegenheiten in die Hand gelegt.
Der Reichskanzler war denn auch über den Entwurf
.äusserst ungehalten. ^^^) Einer Deputation der Stände gegen-
til)er, welche am 3. April zu ihm kam, liess er sich zu den
heftigsten Äusserungen hinreissen, bei denen nur einige sach-
liche Beschwerden mitunterliefen. Die Beiträge, welche die
Kreise beim Vordringen in Feindesland Verringern wollten,
fand er dann gerade am nothwendigsten ; für Zahlungs-
unfähigkeit wollte er keine Entschuldigung anerkennen, ,da
man sonst überall völligen Ruin vorschützen würde. In die
Kasse, fürchtete er, würde bei den T?elen vorgeschlagenen
Zahlungsmitteln nichts einkommen. Ein Magazin in jedem
Kreise war nach seiner Ansicht nicht ausreichend, er wollte
zwei bis drei haben und zwar an geeigneten Punkten mit
Rücksicht auf das Bedürfniss der Heere. Ebenfalls war er
unzufrieden mit der beanspruchten Aufsicht der Magistrate
über Kasse und Magazin. Das consilium formatum erregte
sein Missfallen sowohl wegen der allzu grossen Befugnisse
als der Form der Zusammensetzung. Die militärischen
Executionen, erklärte er, gehörten nicht vor die Stände son-
dern die Generale. Es verdross den Reichskanzler ferner,
dass er wegen der Quartiere und Durchzüge sich an die
Stände wenden sollte, ebenso, dass wieder Reform der Sol-
dateska und Beseitigung ihrer Exzesse gefordert wurde. Sei
es nun, dass die leidenschaftliche Erwiederung ihn an einer
erschöpfenden Besprechung hinderte, 'sei es, dass uns nur
die Nachrichten fehlen, es waren dies, wie aus der späteren
Vereinbarung hervorgeht, nicht die einzigen Dififerenzpunkte
zwischen ihm und den Kreisen. Er drohte, unter diesen
Umständen das Directorium niederzulegen und sich allein
mit ausländischen Mächten zu verbünden; erst nach vielen
»««) Das Folgende nach Londorp IV, :i24 — 25. (Protokoll v. 3.
April) und Soden II, 96 — 98.
75
»
Bitten der Versammlung Hess er sich bewegen, davon abzu-
stehen und die Verhandlungen fortzusetzen.
Dass Oxenstiern es mit seiner Drohung ernst meinte,
lässt sich bezweifeln; seit dem Tode Gustaf Adolfs war
sein eifrigstes Bestreben darauf gerichtet, einen antikaiser-
lichen Bund ins Werk zu setzen, und dies war für Schweden
zu wichtig, als dass er im vorliegenden Falle, so wenig
man ihm auch entgegenkam, beschlossen haben sollte, davon
abzulassen. Er scheint mit seinem Verhalten nur bezweckt
zu haben, die Stände zu grösserer Nacligiebigkeit und einem
baldigen Bündnissschluss zu bringen. Wenn dies seine Ab-
sicht war, «0 erreichte er sie vollkommen. Die Unterhand-
lungen, über deren Verlauf wir fast gar nicht unterrichtet
sind, nahmen eine ganz überraschende Wehdung. Schon
am 5. (15.) April ^ö'^) wurde ein Ausgleich herbeigeführt i^s).
In Betreff des Endziels des Bundes wurden die Aus-
führungen der Stände in ihrem Entwürfe unverändert ge-
lassen. Ueber die frühei* geschlossenen Einzelverträge war
bereits eine Einigung erzielt. Für die Uebertragung des
Directoriums an Oxenstiern und die Annahme desselben von
seiner Seite wurden die von ihiji geltend gemachten Gründe
angeführt j wobei auch die von den Ständen vorgenommene
geringe Aenderung wieder beseitigt wurde. In der Zusam-
mensetzung des consilium formatum fügte sich der Reichs-
kanzler so weit, dass nicht zwei sondern drei schwedische
Vertreter den sieben der vier Kreise zur Seite gesetzt wur-
den; ein Zugeständniss für ihn war es offenbar, dass nur
mit militärischen Dingen vertraute Personen zum consilium
verordnet werden sollten. Die eidliche Verpflichtung der
letzteren gegenüber den Verbündeten wurde jetzt auf Oxen-
stiern nicht ausgedehnt. Seine und des Beiraths Befugnisse
wurden wie früher begrenzt, ihre Pflichten blieben dieselben.
Die Einrichtung von Kreisräthen mit der gewünschten Com-
petenz setzten die Stände durch. Hinsichtlich der Bildung
'07) Nach Soden II, 101. vgl. Chemnitz II, 76.
^^^) Der Hauptabschied bei Londorp IV, 315 — 17 u. Chemnitz
II, 78 —Sl, der Nebenabschied -allein bei Chemnitz II, 82-— 85.
76
jener aber wurde ausgemacht , dass Oxenstiern zu jedem
derselben eine, die Kreisstände drei Personen zu bestellen
und zu besolden hätten. Ausserdem wurde festgesetzt, dass
die Kreisräthe an einem bestimmten Orte ihren Sitz haben
und wie das consilium den sämmtlichen Verbündeten eid-
lich verbunden sein sollten. Von der Anstellung von Rom-
missären, für die ja auch neben den Kreisräthen kein Baum
blieb, wurde abgesehen. Es wurde dem Gutdünken des
Reichskanzlers freigestellt, die Anzahl und den Ort der
Magazine ganz nach dem jeweiligen ßedttrfniss zu be-
stimmen, während die Kassen, je eine für jeden Kreis, sich
für gewöhnlich in den Städten Strassburg, Frankfurt, Nürn-
berg und Ulm befinden sollten, die wie früher wegen etwaiger
Besorgniss vor' verhältnissmässig übergrosser Belastung be-
ruhigt wurden. Die Aufsicht über die Kassen und Magazine,
wurde vereinbart, hatte das Directorium nach eingeholtem
Gutachten der Stände begüterten, redlichen Leuten anzuver-
trauen und diese im Namen der Verbündeten eidlich zu
verpflichten. Die Functionen dieser Beamten blieben im
wesentlichen die früher festgestellten; die Verpflichtung, dass
sie sich beim Directorium einzustellen hätten, wurde nicht
mehr erwähnt. Von der Verminderung der Beiträge wurde
unter allen Umständen Abstand genommen; die erste Rate
wurde ferner verdreifacht, der Mehrbetrag sollte von den
letzten wieder abgezogen werden. Die bewilligte Summe
belief sich auf etwas über zwei und eine halbe Million
Rthlr. lö^). Mit den Münzbestimmungen, welche die Kreise
getroflen hatten, um Schwierigkeiten bei den Zahlungen zu
verhüten, war Oxenstiern einverstanden. Es wurde in die
Hand des Directoriums gelegt, wenn ein Bundesmitglied
seinen Theil nicht zahlte, dasselbe zu mahnen und, wenn
dies nichts fruchtete, die Execution zu verhängen; für
jeden dabei verursachten Schaden sollte der säumige Stand
haften. Zahlungsunfähigkeit wurde nicht anerkannt Als
Zahlungsmittel statt des Geldes wurden nur Korn und Wein
zugelassen, deren Werth nach dem in den Legstädten jedes-
»0«) Nach Chemnitz II, 87.
^'' r
77
mal marktgängigen Preise zu berechnen war. War ihr
Transport zum Magazin resp. zur Armee schon keine sehr
erwünschte Beigabe, so wurde die Möglichkeit, sieh ihrer zu
bedienen, noch durch die Festsetzung beschränkt, dass sie
nur gestattet sein sollten, wenn die Heere sich in der Nähe
beenden und Gebrauch von ihnen machen könnten. Wegen
des schwedischen Vorraths blieb es beim Alten. Die Beute
und Einkünfte zu erobernder Länder wurden nicht zur Ver-
ringerung der ständischen Leistungen bestimmt, sondern
sollten als ausserordentliche Hülfsmittel verwendet werden,
den Krieg mit utn so grösserem Nachdruck zu führen. Durch
die Aufhebung der Neutralität in den vier Kreisen wurde
zugleich von allen Mitgliedern Theilnahme an den Contri-
butionen verlangt, von einer höheren Besteuerung einzelner
Länder aber war keine Rede mehr; ebenso wenig davon,
dass die Hülfsgelder fremder Mächte in die gemeinsame
Kasse geliefert würden. Die Heere blieben sämmtlichen
Verbündeten verpflichtet; es darf wohl als ein signifikanter
Umstand bemerkt werden, dass neben den letzteren jetzt,
was in dem ständischen Entwürfe nicht geschehen war, die
Krone Schweden ausdrücklich genannt wurde. Die bewillig-
ten Mannschaften und Pferde hatten die Kreise spätestens
im Mai zu stellen. Für deren Unterhalt in der ersten Zeit,
mussten sie sich dazu verstehen, einen einfachen Römermonat
bis zum 1. Mai zu zahlen. Fenier mussten sie einwilligen,
alle rückständigen „recruitgelder". zu erlegen. Die Heere
zu vertheilen und die Garnisonen zu verstärken, wurde dem
Directorium überlassen. Einquartierungen und Durchzüge
durch befestigte Plätze zu gestatten, waren die Kreise nur
schuldig auf vorherigen Befehl des Reichskanzlers, in dessen
Abwesenheit des consilium oder im äussersten Nothfalle des
Generals der Kreisarmee mit Zustimmung des betreffenden
Standes. Bei den übrigen Durchzügen war die vorherige
Mittheilung an die vieldeutige Klausel geknüpft „so oft belli
ratio solches zuliesse". Die geforderten Befugnisse bei diesen
Gelegenheiten wurden den Kreisen zugestanden und rück-
sichtsvolle Behandlung zugesagt. In Betreff des Unterhalts
der Truppen auf Märschen und im Quartier mussten sie
78
darauf verzichten, den Servis in Geld ablösen zu dürfen, und
anderseits bei eiligen Durchzügen unentgeltliche Verpflegung
tibernehmen; im tibrigen blieb es bei den von ihnen ge-
troffenen Bestimmungen. Die ordentlichen Garnisonen hatten
die einzelnen Stände in ihren Gebieten auf eigene Kosten
zu erhalten. Ihre Forderungen hinsichtlich der ausserordent-
lichen Garnisonen setzten sie mit der Modification durch,
dass jene wie die Heere der Krone Schweden und den
sämmtlichen Verbündeten verpflichtet sein sollten. Ihre
lurisdiction wurde abgesehen von den ausserordentlichen
Garnisonen noch auf alle ausserhalb des Marsches verübten
Exzesse des Militärs erstreckt Alle sonstigen Massnahmen,
welche sie zu ihrer Sicherheit wünschten, fanden, soweit
Oxenstiern sich nicht von selbst dazu anheischig gemacht
hatte, dessen Billigung nicht. Auch die Abschafi^ung des
überflüssigen Trosses wurde dem Reichskanzler bei der
Reform der Soldateska nicht zur Pflicht gemacht Zu der
Bestimmung, die künftigen Eroberungen verhältnissmässig
unter die Verbündeten zu vertheilen, soweit nicht ein einzelner
Stand besondere Ansprüche darauf hätte, trat die weitere,
dass das bereits dem Feinde abgenommene Gebiet Schweden
bis zu Ende des Krieges und erhaltener Entschädigung ver-
bleiben solle. In der Frage über den Unterhalt eines vom
Feinde vertriebenen Bundesmitgliedes wurde der Antrag
der Stände dahin beschränkt, dass nur künftig eroberte
Länder hierfür zu verwenden seien. Als erstes Ziel der
Kriegsführung wurde festgehalten, die Kreise vom Feinde zu
säubern und ihre gefangenen Unterthanen zu befreien oder
auszulösen. Damit wurde der neue Beschluss verbunden,
die in den feindlichen Heeren dienenden Angehörigen der
Kreise, welche in diesen Besitz hätten, durch mandata avoca-
toria zur Rückkehr aufzufordern. An dem Verbot der
Separatverhandlungen und den sich daran anschliessenden
Verordnungen wurde nichts Wesentliches geändert Das Er-
bieten der Stände hinsichtlich der Garantie der von Schweden
im Reich occupii-ten feindlichen Länder wurde vom Reichs-
kanzler mit der von jenen vgestellten Bedingung fernerer
Betheiiigung am Kampfe angenommen. Endlich war noch
79
eine neue Festsetzung ^etroft'en, welche den Verbündeten die
Verpflichtung: auferletfte, jedem Mitglicde, das weg:en seiner
Theilnahme am gegenwärtigen Bunde selbst nach Auflösung
desselben angegrifl'en werden würde, Beistand zu leisten.
Bedenkt mau, über wie viele Fragen jetzt in kurzer
Zeit eine Einigung herbeigeführt wurde, wie umständlich
und schwierig es dagegen für beide Theile vorher gewesen
war, sich über Einzelnes zu verständigen, so kann man
nicht umhin, nach einem besonderen Glrunde für diese Er-
scheinung zu suchen. Wir haben schon oben gesehen, dass
der Reichskanzler das Üirectorium niederzulesren und sich
mit auswärtigen Staaten zu verbünden drohte und dadurch
wahrscheinlich die EntSchliessungen der Kreise zu beeinflussen
beabsichtigte. Noch ein anderes Pressionsmittel scheint er
zur Anwendung gebracht zu haben. Bei den Verhandluugen
bebaupteten einige Stände ^^^), er wolle eine Bündnissformel
aufsetzen und jeden, der seine Zustimmung versage, als
Feind ansehen. Dass Oxenstiern einen bedeutenden Druck
auf sie ausübte, dürfte darnach wohl feststehen ^^^), Darüber^
was ihn dazu bewog, lassen sich manche Vermulhungen
aufstellen. Antheil hatte dabei sicherlich die von ihm in
früheren Phasen des Convents kundgegebene und nicht unbe-
gründete Besorgniss,' dass die Berathungen in der bisherigen
Weise fortgesetzt sich ins Unendliche fortspinnen würden;
anderseits mochte er sich überzeugt haben, dass er ohne
jenes Auftreten mit seinen Ansprüchen weniger durchdringen,
- sie auch wohl gar nicht mit denen der Stände in Einklang
bringen könnte. Vielleicht hatte er auch schon im Voraus
erfahren, dass der Kurfürst von Sachsen einen neuen Anlauf
nahm, ihm Hindernisse in den Weg zu legen i^'^).
"») Londorp IV, 325.
"') Es fehlt in den Quellen jede Nachricht darüber, dass Feu-
qui^res bei dieser Gelegenheit vermittelt hätte. So lange aber nicht
nacJhzuweisen ist, dass er an der letzten Ausgleichung der Gegen-
sätze den Haup tantheil hatte, wird man auch nicht seiner Thätigkeit
besonders das Zustandekommen des Bundes zuschreiben dürfen.
"2) Am 3. April sandte Johann Georg an die Stände ein neues
Schreiben (Chemnitz 11, (54 und Londorp IV, 301. Nach der lieber-
80
Die UnterhandluDgen zwischen dem Reichskanzler and
den Kreisen waren nun in der Hauptsache beendet Ghena-
nitz: behält Recht, wenn er behauptet i^^), dass der Schluss
fast so ausfiel, wie Oxenstiem in seinem Entwürfe projectirt
hatte. Die Stände hatten sich keineswegs eine gleichbe-
rechtigte Stellung neben der Krone Schweden errungen.
Diese hatte in der Verwaltung und Verwendung der Beiträge
sowie in den militärischen Angelegenheiten so gut wie freie
Hand und t^omit auch eineu massgebenden Einfiuss im Bunde;
das . positive Resultat für die Stände lässt sich kurz dahin
zusammenfassen, dass sie die verlangten Massregeln zum
Schutz vor den Ausschreitungen der Soldateska meist durch-
setzten und Theilung der künftigen Eroberungen unter die
Verbündeten zugesichert erhielten.
Der förmliche Bündnissschluss verzögerte sich noch um
acht Tage. In dieser Zeit beschäftigte die Versammlung
einmal die Frage über die Friedensverhandlungen. Wir
haben gesehen, wie Johann Georg die Annahme der ange-
botenen dänischen Vermittelung eifrig befürwortet und auch
zu ihrer Durchführung Vorschläge gemacht hatte. Hierauf
kam es von Seiten der Kreise zu einer Meinungsäusserung^^*).
Sie erblickten darin, dass der Kurfürst nicht vorher alle
Betheiligten befragt hatte, eine Verletzung und befürchteten,
dass es von kaiserlicher Seite auf besondere Verhandlungen
mit den Ständen unter Ausschluss Schwedens abgesehen sei,
was sie aus Dankbarkeit für die schwedische EiTcttung
nicht zulassen zu können meinten. Den letzteren Verdacht
fanden sie durch den Umstand bestätigt, dass der dänische
Gesandte Wartensleben, welcher im Dezember 1632 von
Schrift bei letzterem wäre auch dem Reichskanzler das Schreiben zu-
gesandt worden; der Inhalt desselben macht dies ziemlich unwahr-
scheinlich), in dem er sie an ihre Pflichten gegen das Reich und die
anderen Stände besonders die Kurfürsten erinnerte. £s traf jedenfalls
in Heilbronn viel später ein und war auf die Beschlüsse, die hier
gefasst wurden, ohne Einfluss, da wir gar nicht hören, dass es zur
Kenntniss der Stände gelangte.
"3) II, 74.
»") Chemnitz U, 75.
81
einer Gesandtschaft in Wien nach Dresden zurückkehrte,
hier berichtet hatte, wie angelegentlich die kaiserlichen
Räthe von ihren friedlichen Absichten gesprochen hatten,
seinem Bericht aber hinzufügte, der Schweden sei keine
Erwähnung gethan. Sie hielten auch besonders für nöthig,
bevor Friedensunterh^ndlungen eröffnet würden, sich über
die Friedensbedingungen zu vergleichen, da sonst leicht nach
dem Wunsche der Gegner unter den Ständen Zwiespalt
ausbrechen könnte. Die zu diesem Zweck von Johann Georg
vorgeschlagenen 8 — 10 Tage aber schienen ihnen zumal bei
dem Hergang auf deutschen Versammlungen für eine Ange-
legenheit von so grosser Wichtigkeit durchaus unzureichend.
Es fehlen zwar die Nachrichten darüber, aber man wird
wohl kaum fehlgehen mit der Annahme, dass Oxenstiern der
Abfassung dieser in eminent schwedenfreundlichem Sinne
gehaltenen Antwort nicht fern stand. Es weist darauf
namentlich hin, dass die Ablehnung der sächsischen Anträge
so ausführlich mit dem befürchteten Ausschluss Schwedens
von den Friedensverhandlungen begründet wurde. Dies
scheint auch der Grund gewesen zu sein, wesshalb der
Reichskanzler die Friedensanerbietungen des Kaisers stets
für verdächtig erklärt hatte. Auch der dänischen Vermitte-
lung war er durchaus abgeneigt. Auf die Ziele der dänischen
Politik darf man wohl aus dem Entwürfe des kurpfälzischen
Staatsraths Rusdorf schliessen^^^), der damals zum Hofe von
Kopenhagen in nahen Beziehungen stand. Ihre Pläne waren
Oxenstiern schwerlich unbekannt und mögen, als zu wenig
voriheilhaft, ihn veranlasst haben, den Bemühungen Christians
um den Frieden entgegenzutreten. Indessen wies er die
Vermittelung desselben nicht einfach zurück *^<^), wozu ihm,
wie es scheint, ein genügender Grund fehlte, sondern schlug
zugleich die Frankreichs und der Generalstaaten vor. Er
soll dies in der Hoflfiaung gethan haben, wenn der Kaiser
damit nicht einverstanden wäre oder seinerseits Spanien
»'S) 8. o. S. 6.
»'6) Das Folgende nach Chemnitz II, 76 und Pufendorf V, § 31
und 33.
82
hinsunehmen wollte, Gelegenheit zu finden, alle Vermittler
zugleich mit dem dänischen Könige zu verwerfen. , Von allen
Seiten erfolgten weitere Vorschläge und Gegenvorschläge
zur Friedensvermittelung. Christian IV. wünschte, bei seinem
Werke England zu Hülfe zu nehmen. Ferdinand IL wollte
Frankreich und den Generalstaaten als Verbündeten Schwe-
dens, England wegen seiner Parteinahme für das kurpfäl-
zische Haus keinen Äntheil bei den Verhandlungen einräumen
oder ausserdem Spanien hinzugezogen wissen, was die
Gegenpartei wieder ablehnte. Ferner machten sich auch
Polen, der Pfalzgraf von Neuburg und selbst die Kurfürsten
von Mainz und Köln zur Intervention anheischig. Gegen
Polen wurden von Schweden Bedenken erhohen, der Pfalz-
graf war besonders Brandenburg nicht genehm, und evan-
gelischerseits weigerte man sich allgemein, die beiden Kur-
fürsten als Interessirte hinzuzulassen. Somit blieb nur die
dänische Vermittelung als einzig mögliche übrig, und
Christian IV. hatte sie mit grossem Eifer betrieben, wie wir
gesehen, und stand im BegriflFe, einen Congress zur Ver-
wirklichung seines Vorhabens auszuschreiben. Am' 27. März
sandte er wieder an dei)i Reichskanzler ein Schreiben, worin
er ihn aufforderte, seine Friedensbestrebungen zu unterstützen;
dies kam dem letzteren aber erst am 16. Mai zu^^^). So
stand die Angelegenheit, als Oxenstiem mit den Ständen in
Heilbronn eine Einigung erzielt hatte.
Er wollte nun auch in dieser Sache mit der Versamm-
lung sich in Einvernehmen setzen und einen gemeinsamen
Standpunkt herbeiführen und berief desshalb am 11. April
zunächst einige ständische Vertreter zu einer geheimen Be-
sprechung ^^s). Er verlangte von ihnen ein Gutachten über
die Friedensbedingungen und schlug vor, einen Entwurf ab-
zufassen, der zugleich als Grundlage und Instruction für das
Direetorium bei etwaigen Verhandlungen dienen könnte; er
wünschte ferner zu vernehmen, welche Vermittler man an-
nehmen und wie weit sie zulassen wollte, und begehrte
»") Londoip IV, 334.
»1^») Chemnitz II, 76 — 78.
83
darüber Auskunft, ob man während der Unterhandlungen
sich auf einen WaflFenstillstand einlassen solle. Endlich
fragte er an, was man zu thun gedächte, wenn Sachsen die
evangelische Sache im Stich liesse ; er wies hierbei zugleich
darauf hin, dass schon Gustaf Adolf diesen Fall in Ueber-
legung gezogen und für ungefährlich angesehen habe, wenn
nur der Kurfürst den Evangelischen den Durchzug durch
sein Land gestatte und nicht dem Kaiser seine Truppen zur
Verfügung stelle. Diese Ansicht schien ihm auch noch für
die gegenwärtigen Verhältnisse passend. Die Bemühungen
des Reichskanzlers in dieser Hinsicht aber waren vergeblich.
Die Gesandten erklärten, dass sie darüber nicht instruirt
seien, und so erfolgte auf die Proposition kein Beschluss.
Am 13. April unterzeichneten Oxenstiern und die Stände
der vier Kreise die Conföderationsacte ^^^). Sie begann mit
einer ausführlichen Darlegung der Gründe zur Bildung des
Bundes ^20)^ ^Ig solche wurden die vom Reichskanzler bei
Eröffnung der Versammlung geltend gemachten nebst der
Ermahnung des französischen Königs angeführt. Darauf
folgten neun Artikel, welche Abmachungen des Convents
enthielten. Es waren nicht die sämmtlichen sondern nur
solche, welche für die Publication, zu der das Aktenstück
bestimmt war, für geeignet gehalten wurden. Nachdem der
Zweck des Bündnisses dargelegt war, wurden die Beschlüsse
über das Directorium, die Einsetzung des consilium formatum
und der Kreisräthe erwähnt. Daran schlössen sich die Be-
stimmungen über Verhandlungen mit dem Feinde, die Erhal-
tung der Heere und die Geldleistungen, wobei die detaillirten
Angaben des Nebenabschiedes wegfielen, ferner über die
militärische Reform und Disciplin, die Einquartierungen, die
Hebung des Verkehrs, endlich über die Garantie der von
Schweden occupirten Reichsländer. Schliesslich versicherten
die Verbündeten, dass sie sich allein zu ihrer erlaubten Ver-
theidigung vereinigt hätten, zu der sie die Unbilligkeit der
»») Bei Chemnitz U 78 — 81 u. A.
*20) Diese Einleitung, scheint es, trat an die Stelle der.Verthei-
digungsschrift, welche man zu veröffentlichen beschlossen hatte.
6*
^4
Gegner nothige, nicht aber zum AngriflF eines friedliebenden
Standes und unbeschadet der Reichssatzungen^ und sprachen
die Hoffnung aus, dass andere evangelische Stände Deutsch-
lands sowie auswärtige Mächte sich ihnen anschliessen und
das Werk befördern helfen würden.
Am 15. April kam auch zwischen dem Reichskanzler
und der freien Reichsritterschaft ein Vergleich zu Stande ^^i).
Diese Körperschaft nahm im übrigen den Nebenabschied
der anderen Stände fast unverändert an, nur ihre Leistungen
an Creld, Soldaten und Pferden wurden besonders geregelt,
für welche sie das Recht erhielt, zu dem consilium formatum
ein Mitglied zu stellen.
Mit der Verwirklichung der aufgestellten Ziele des
Bundes wurde in Heilbronn selbst der Anfang gemacht Er
bestand in der Wiederherstellung der Pfalz 122). Um sie
herbeizuführen, hatte die Wittwe Friedrichs V. einen Bevoll-
mächtigten Namens Kolbe gesandt, der sich bei Oxenstiem
darum bemühen sollte. Er fand Unterstützung in seinem
Vorhaben seitens Brandenburg, England und Holland. Schon
während der Berathungen wurde den kurpfälzischen Erben
Sitz und Stimme und die Ausübung der Kurwtirde zurück-
gegeben. Am 14. April trat ihnen der Reichskanzler die
Länder ab, welche Schweden von der Pfalz besass, und die
künftig erobert werden möchten, gegen Auszahlung einer
bestimmten Geldsumme und unter der Bedingung, dass die-
selben den Festsetzungen des Convents unterlägen und das
Augsburgische ßekenntniss in ihnen geduldet würde ; nur die
Festung Mannheim behielt die Krone Schweden, und die
schwedische Besatzung musste von der Pfalz erhalten werden.
Einige Beschlüsse der Versammlung erfuhren noch nähere
Erläuterungen. So wurden das consilium formatum und die
Kreisräthe mit einer Instruction über ihre Obliegenheiten und
Machtbefugnisse versehen ^23 j; Um d^n Artikel, welcher die
Neutralität für unstatthaft erklärte und den Beitritt aller
»»>) Londorp IV, 317 — 20.
'^) Chemnitz II, 87—88. s. auch Pufendort' V, § 35 und Feu-
quieres I, 66 — 67, 147 — 48.
»23) Londorp IV, 321-^22.
85
Stände der vier Kreise zum Bunde forderte, zur Ausführung
zu bringen, wurden einige Verbündete beauftragt* 24) ^ den
nicht Erschienenen den Hauptabschied, in welchem sich jene
Bestimmung befand, mitzutheilen, sie durch geeignete Vor-
stellungen zum Anschluss zu bewegen zu suchen und deren
Antwort dem Directorium zu berichten. Motivirt wurde
dieser Schritt durch die „Nothdurft der Sachen". Ausserdem
richteten die Stände an ihre Mitstände in den vier Kreisen
ein Schreiben 1*^5), in welchem sie sich der Zuversicht hin-
gaben, dass jene mit den Festsetzungen zufrieden sein und
zu dem vorgesetzten Zweck mitwirken würden. Ein Schreiben
gleichen Inhalts zugleich mit dem Hauptabschied übersandte
Oxenstiem an die übrigen evangelischen Stände Deutschlands
besonders den Kurfürsten von Sachsen. Weiter wurden auch
auswärtige Mächte von dem Bündnissschluss in Kenntniss
gesetzt 126) ; es waren die Könige von Frankreich, England
und Dänemark, die Generalstaaten, die Republik Venedig,
der Herzog von Savoyen und Mantua und die Eidgenossen.
Die drei erstgenannten Fürsten benachrichtigten die Stände.
Dem französischen Könige sprachen sie ihren Dank aus^^?)
für seine heilsamen Rathschläge, durch die sie, wenn gleich
schon vorher dazu entschlossen, noch bestärkt seien, mit
Schweden sich zu verbünden. Dazu, führten sie weiter aus,
seien sie durch die universalmonarchischen Pläne des Hauses
Habsburg gezwungen. Die an sie ergangene Einladung,
dem französisch -schwedischen Bunde beizutreten, welcher
inzwischen zu Stande gekommen war, lehnten sie vorläufig
ab, da der grösste Theil der Versammlung aus Gesandten
feestehe, die darüber nicht instruirt seien. Indessen erklärten
sie, dass sie die ihnjen vorgelegten Artikel grösstentheils für
billig hielten und nicht zweifelten, dass der König ihre
kirchlichen und politischen Rechte nicht schädigen oder ihren
Feinden Beistand leisten wolle, und gaben der Hoffnung
«*) Londorp IV, 320 — 21. Memorial und Vollmacht der Stände
auf etliche ihres Mittels etc.
125) Chemnitz II, 81.
»26) Londorp IV, 327. Chemnitz II, 81 — 82.
»27) Londorp IV, 322.
86
Ausdruck, dass er sie mit Geld unterstützen werda Wenn
ihre Hen-en diese Zusage erhalten hätten, meinten sie, würden
dieselben das Bündniss gern annehmen. Dem Könige von
England gegenüber *28) wiesen die Stände zur Rechtfertigung
ihrer Bescblüsse hin auf die absolutistischen Tendenzen ihrer
Gegner, dankten auch ihm, dass er sie in ihrem Verhalten
ermuntert habe, und knüpften an die Mittheilung von der
Restitution der Pfalz die Erwartung, dass er ihnen mit Rath
und That beistehen werde. In dem Schreiben an Christian IV.
von Dänemark i-^) betonten sie ^ie Gerechtigkeit ihrer Sache
und gaben ihm in Anschluss daran ihr Vertrauen zu erkennen,
dass er in den Bund eintreten werde.
Neben dem schwedisch - deutschen Bündniss kam in
Heilbronn auch ein schwedisch - fi-anzösischer Vertrag zum
Abschluss. Bei den Verhandlungen über denselben stand die
Frage in Betreff der zulässigen Theilnahme der schwedischen
Verbündeten im Vordergrunde. Zur Zeit seiner Rede wollte
Feuquiöres noch die Kurfürsten von Sachsen und Branden-
burg in dem Instrument mit Namen angeführt wissen i^o).
Indessen fand er es gut^^i) bei der Haltung Johann Georgs
und des Reichskanzlers, auf die Namhaftmachung der beiden
Fürsten zu verzichten, behielt sich aber die Freiheit vor, mit
ihnen besondere Verträge einzugehen. Er verglich sich
zuletzt mit Oxenstiern dahin ^^% dass das Bündniss errichtet
sein sollte zum Schutz der beiden Reiche und ihrer Freunde
namentlich solcher, welche sich demselben anschliessen
wollten; zum Beitritt sollten diese nicht nur zugelassen
sondern auch eingeladen werden. Dieser Bestimmung wurden
meist die des Bärwalder Vertrags in modifizirter Form, die
durch jenes erste Uebereinkommen bedingt war, hinzugefügt.
So lieferte Frankreich von jetzt ab seine Subsidiengelder
zu Gunsten der Conföderation, und diese mit Ausnahme
»28) Londorp IV, 314.
»29) Chemnitz II, 81 — 82.
»3«) Feuqui^res I, 74—75.
"0 ebend. I, 139.
"2) RenoVatio foederis Sueeo-Gallici etc. d. d. Heilbronn 9. April.
Londorp IV, 313 — 14 u. Dresdener Archiv.
«v^v^^PHHHHBI
87
jener Macht übernahm demgemäss auch die Aufstellung der
Streitkräfte. Die Höhe der beiderseitigen Leistungen, welche
der Reichskanzler für seinen Theil hatte herabdrücken
wollen ^33)^ blieb dieselbe, eine Million Livres jährlich auf
französischer und ein Heer von 30,000 Mann ^ Fuss und
6000 Reitern auf Seite der übrigen Verbündeten. Das Recht
der freien Werbung in den gegenseitigen Gebieten sowie die
Pflicht der Auslieferung von Flüchtlingen wurde auf alle
Bundesgenossen ausgedehnt. Neu hinzutreteüde Mitglieder
sollten nach Verhältniss zu den Lasten beitragen. Die Ver-
pflichtung, welche Gustaf Adolf auf sich genommen hatte,
in den unterworfenen Orten die vorgefundene Religion un-
versehrt zu lassen, wurde auf Feuquieres* Veranlassung mit
dem weiteren [Zusatz versehen, dass die den Verbündeten
unterthänigen Besitzer geistlicher Güter, wenn sie ihren
Herren sich gehorsam zeigten, unangefochten bleiben sollten,
soweit es der gegenwärtige Zustand erlaube. Die letzte
Klausel rührte allerdings von Oxenstiern her^^^^j gegenüber
dem Bemühen des französischen Gesandten um den Schutz
der geistlichen Besitzer machte er die Befürchtung geltend,
dass vertriebene unter dem Schein erheuchelten Gehorsams
ihre Güter zurückfordern könnten, und dies zu verhüten,
war jedenfalls der Zweck jener Beschränkung. Hinsichtlich
Baierns und der Liga erlangte Feuquieres die Einwilligung,
dass Frankreich bei ihnen, obwohl sie schlechte Lust zur
Neutralität zu haben schienen, nochmals einen Versuch
machen dürfe, sie zur Annahme derselben zu bewegen, ohne
jedoch di6 Verbündeten dabei irgendwie zu verpflichten.
Die beiden letzten Punkte setzte der Gesandte durch ^^^) mit
dem Hinweis darauf, dass sein König sich nur auf diese
Weise vor dem Unwillen seiner Unterthanen über das Bünd-
niss mit Protestanten sichern könnte; seine weitere Empfeh-
lung einer Verständigung mit Baiern von dem Gesichtspunkte
des Vortheils aus wurde unbeachtet gelassen. Mit dem
>33)* Feuquieres I, 121.
»3*) ebend. I, 141.
"*) ebend. I, 141 — 42.
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früheren Beschluss, dass nur nach gemeinsamer Ueberein-
ßtimmung der Verbündeten Friedensunterhandlungen vorge-
nommen werden dürften, ward der. von den Ständen und
dem Reichskanzler gefasste verbunden, dass der Zuwider-
handelnde als Feind anzusehen sei. Das Bündniss sollte so
lange dauern, bis die deutschen Unruhen durch einen sicheren
Frieden beigelegt seien. Zuletzt ^urde bestimmt, wenn
binnen zehn Jahren von Unterzeichnung des Friedens an
ein Bundesgenosse des Bündnisses wegen angegriffen oder
ihm das beim Frieden Versprochene nicht gehalten würde,
so sollten die übrigen schuldig sein, dem beleidigten späte-
stens innerhalb Monatsfrist, nachdem er es begehrt, mit
bewaffiueter Hand zu Hülfe zu kommen ^^e).
Noch ehe die beiden Gesandten den Vei-trag unter-
zeichneten, wurden die Stände am 5. April von Oxenstiern
zum Beitritt aufgefordert ^37), Feuqui^res hatte sie dazu
schon lange vorzubereiten gesucht. Als sie in ihrer Antwort
auf seine Rede um eine Geldunterstützung von Frankreich
anhielten, erwiederte er, dass sein Herr eine solche dem
Reichskanzler als ihrem Oberhaupte sowohl wie als schwe-
dischem Vertreter zu Theil werden lasse ^^s). Darin, dass
sie sich zu gleicher Zeit zur Correspondenz mit Ludwig XIH.
erboten, sah er schon ihre Bereitwilligkeit, in ein Bündniss
mit dem Könige zu treten; nur Scheu, glaubte er, halte sie
ab, ihn dazu einzuladen, bevor sie eine Antwort von ihm
erhalten hätten. Es scheint nicht ohne seine Veranlassung
geschehen zu sein, dass die Stände im Verlauf der Unter-
handlungen mit Oxenstiern das Begehren stellten, die Hülfs-
gelder vom In- und Ausland möchten in die gemeinsame
Kasse geliefert werden. Nach der offiziellen Aufforderung
136 j Frankreich wünschte auch diesmal wieder, dass der Name
des französischen Königs überhaupt vor den der schwedischen Königin
gesetzt würde (Feuquieres I, 119 — 20). Es drang aber mit seinem
Wunsche nicht durch; wie 1631 wurde auch jetzt in den beiderseiti-
gen Instrumenten in der Folge der Namen abgewechselt.
»37) Londorp IV, 325 — 26. Protokoll.
"8) Feuquieres I, 80.
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aber verlangten sie doch wieder eine Geldsumme i^^). Sie
nahmen femer Anstoss an der Festsetzung hinsichtlich der
geistlichen Besitzer und des Kurfürsten von Baiern; sonst
waren sie sehr geneigt, auf das Anerbieten einzugehen. Ihre
Erwägungen dabei gingen namentlich von dem Gesichtspunkt
des Nutzens aus; Geldmittel, an denen es ihnen am meisten
fehlte, hofften sie vor allem von Frankreich zu bekommen ^^^),
Zu der unerwünschten Geldforderung der Stände kamen
bald noch andere umstände, welche dem Gesandten Beden-
ken erregten, sie in den Bund einzuschliessen. Dies waren
die Wiederherstellung der Pfalz als Kurftirstenthum und,
wie es scheint, die Entscheidung über die eroberten Länder ^^O«
Darin, vermuthete er ^^^)j würde sein König gern freie Hand
behalten, was er als Bundesgenosse der Schweden und
Deutschen nicht konnte. Anderseits versprach Feuquiöres
sich vor der Hand keinen sonderlichen Vortheil von einem
directen Bündniss mit den Ständen. Hatten sie doch so
ziemlich alles gethan, was man von französischer Seite
wünschte, sich zur Fortsetzung des Krieges und zu grossen
139J Wahrscheinlich bestärkte sie hierin der Keichskanzler. Nach
Londorp (a. a. 0.) lud er sie geradezu zum Anschluss ein unter der
Bedingung, dass Frankreich ihnen dieselbe Summe wie Schweden
zahlte. Da Feuquieres eine besondere Summe den Ständen nicht ge-
währen wollte, Oxenstiern aber eine directe Verbindung der letzteren
mit Frankreich ungern sah, so liegt die Vermuthung nahe, dass
dieser hier dem französischen Gesandten entgegenarbeitete.
»*«) Londorp a. a. 0. cf. Feuquieres 144, 162.
1^*) Feuquieres I, 143. Der Bevollmächtigte redet von einer
Vorentscheidung in der Mainzischen Angelegenheit, was wohl darauf
Bezug hat^ dass Schweden im Besitz des Frzbisthums Mainz blieb.
Richelieu (VII, .339—40) und Aubery (II, 149) lassen den französi-
schen Gesandten verhindern, dass die Versammlung nach dem Wunsche
Oxen stiem s über das Kurftirstenthum Mainz zu seinen Gunsten ver-
fügte (cf. Londorp IV, 327). Wesshalb der letztere dasselbe für sich
haben wollte, wird in keiner Quelje mitgetheilt, vermuthen Hesse sich
vielleicht, dass er durch die Stellung als Kanzler des deutschen
Reichs eine grössere Autorität in den Augen der deutschen Fürsten
zu^Angen hoffte. Noch im folgenden Jahre war die Sache in Frage^
(c^5eijer III, 180—81).
»«) Feuquieres I, 142-43.
90
Anstrengungen für denselben entschlossen, während der
Reichskanzler sich rerpflicht^t hatte, nur im Einverständniss
mit Ludwig XIII. Frieden zu schliessen. Wenn man zu den
Ständen in unmittelbare Beziehung trat ^*3), so erlangte man
einen Gewinn einzig dadurch, dass man leichter von ihren
Neigungen Kenntniss nehmen und ihre Beschlüsse im fran-
zösischen Interesse leiten konnte. Der Bevollmächtigte war
unschlüssig, was er thun sollte, und wollte nicht auf eigene
Verantwortung handeln. Um desshalb von seinem Hofe
vorher eine Anweisung erhalten zu können, suchte er jetzt
die Sache zu verzögern und sprach zu dem Zweck den
Ständen gegenüber den Wunsch aus ^^4), dass sie sich selbst
in dieser Angelegenheit eine Vollmacht schicken lassen
möchten. Aber noch ehe dies geschehen, wandten sich diese
wieder an ihn ^*^) und baten um eine nähere Auslegung des
von ihnen beanstandeten Punktes. Er gab ihnen darauf
eine schriftliche Erklärung **«), dass der König allein die
Absicht habe, in den eroberten Orten der katholischen
Religion freie üebung zu sichern, und in keiner Weise den
Feinden ihrer Freiheit Vorschub leisten wolle. Zugleich
nahm er ihnen das Versprechen ab, dass si6 erst nach Ab-
schluss des Vertrages jenen um Subsidiengelder ersuchen
wollten, wobei er sich selbst für sie zu verwenden verhiess.
Sein Gebieter, versicherte er, würde, wenn sie ihm ihre Be-
reitwilligkeit kundthäten, in Folge dieser Erklärungen sich
mit ihm zu verbünden, ihnen seine guten Absichten bestätigen.
Das oben berührte Schreiben der Stände an Ludwig XIIL
zeigt, dass sie an die neue Abmachung über die Geldunter-
sttttziing sich wenig banden. Soweit hatte Feuquiöres mit
ihnen in Betreif des Bündnisses zu thun.
Er war aber in Heilbronn noch vielfach anderweitig
beschäftigt. So arbeitete er seiner Instruction gemäss daran,
die ihm bezeichneten elsässischen Plätze in den Besitz
Frankreichs zu bringen, wozu er vom französischen Hofe
»^3) ebend. I, 146.
»**) ebend. I, 145.
"6) ebend. I, 160—62.
"«) ebend. I, 219—20.
91
unablässig angespornt wurde. Aber so wenig er bei der
Würzburger Conferenz erreicht hatte, so wenig gelang es
ihm auch später. Oxenstiem hüllte sich, sobald die Frage
angeregt wurde, in diplomatisches Schweigen, und ausserdem
musste der Gesandte furchten, dass alle Gegner Frankreichs
auf dem Convente die Angelegenheit zu Verdächtigungen
gegen dasselbe benutzen würden i^''). Nicht besser glückte
es ihm in der pfälzischen Sache ,^ in der er seinen Einfluss
nicht zur Geltung zu bringen vermochte"®). Indessen ver-
stand er es immerhin, dem Namen seines Königs ein grosses
Ansehen zu verschaffen, so dass z. B. bei dem Bündniss-
schluss zwischen Schweden und den Preisen desselben Er-
wähnung gethan wurde. Diesen Erfolg verdankte er neben
der Geschicklichkeit seiner Unterbandlungen besonders dem
Umstände, dass er durch die zahlreichen übrigen franzö-
sischen Gesandten in und ausser Deutschland, die alle unter
einander in Verkehr standen, stets vom Stande der Dinge
unterrichtet wurde und dadurch im rechten Augenblick ein-
greifen konnte, sowie dem ßestechungssystem , welches er
einführte, und durch das er in der verhängnissvollsten Weise
demoralisirend auf die verwilderten Gemüther einwirkte.
Im Vergleich zu der Wirksamkeit des Feuquißres tritt
die des englischen Gesandten Robert Anstruther sehr zurück"^).
Es erging ihm anfangs wie jenem. Der englische Staatsrath
hatte sich nach der Lützcner Schlacht von seinem Bevoll-
mächtigten in Deutschland, Heinrich Vane, über die deutschen
Verhältnisse Bericht erstatten lassen. Dieser theilte wahr-
scheinlich die Auffassung seines Freundes Rusdoif über die
damalige Lage, denn Anstruther wurde beauftragt, die Füh-
rung des protestantischen Deutschlands dem sächsischen
Kurfürsten verschaffen zu helfen. Dadurch kam er in die-
selbe Verlegenheit wie Feuquiöres; er unternahm es aber
nicht wie dieser wenigstens nicht sogleich, auf eigene Faust
zu handeln, sondern s^^hrieb um neue Verhaltungsbefehle.
Ob er solche erhielt oder endlich aus freiem Antrieb sich
"') ebend. I, 54, 68—69, 71, 77, 83, 100, 107—8, 115—16.
"•) ebend. I, 66—67, U7.
»") Pufendorf V, § 37.
92
dazu CDtschloss, wissen wir nicht, genug, er begann später,
mit dem Reichskanzler über die pfälzischen Angelegenheiten
zu unterhandeln. Er stellte demselben einen monatlichen
Beitrag von 40,000 Rthlm und die Unterhaltung eines Heeres
von 8000 Mann während des Krieges in Aussicht ^^^). Dafür
aber forderte er, dass die Krone Schweden und ihre Ver-
bündeten mit der Wiederherstellung der Pfalz und der Kur-
würde auch die Protection zugleich mit seinem Könige
übernähmen, wollte diesen jedoch nicht weiter im Interesse
4er Conföderation verpflichten; das englische Heer sollte
ausserdem selbstständig sein. Oxenstiem verwarf dies durch-
aus', weil dadurch die Verfassung der vier oberen Kreise
verwirrt würde; dagegen wünschte er, der König von Eng-
land möchte nach dem Beispiel des französischen einen
Geldbeitrag liefern und freie Werbung in seinem Lande
gestatten. Der Gesandte stimmte persönlich dem Vorschlage
bei, konnte aber wegen Mangel an Vollmacht keine Ver-
bindlichkeit eingehen. Daneben arbeitete Anstruther im
Sinne des Reichskanzlers den französischen Diplomaten ent-
gegen, die durch ihre Geldspenden die Deutschen auf ihre
Seite zu ziehen suchten, und bemühte sich, diese besorgt zu
machen, dass ihre Religion durch Frankreich gefährdet
werde. Es unterliegt auch fast keinem Zweifel, dass er an
dem Bedenken der Stände gegen den schwedisch -franzö-
sischen Vertrag grossen Antheil hatte i^^). Indessen wusste
er sich nicht bei der Versammlung in Ansehen zu setzen.
Sein Antrag, den er wie der französische Gesandte einge-
bracht hatte, dass in dem schwedisch -deutschen Bündniss
»^) Feuquiöres I, 116, 148.
^^^) Es ist dies zwar in keiner Quelle geradezu gesagt, aber es
wird Anstruther noch zugeschrieben (Aubery II, 157), dass er neben
Oxenstiem den französischen Gesandten genöthigt habe, in der Be-
stimmung über die freie üebung der katholischen Religion nachzu-
geben. Da es kaum denkbar ist, dass d^r Reichskanzler ihn zu sei-
nen Verhandlungen mit Feuqui^res hinzugezogen habe, so bleibt nur
die Annahme übrig, dass die Stände, welche ja noch vor Abschluss
des schwedisch-französischen Vertrags zum Beitritt eingeladen wurden
und darauf an den Berathangen Theil nahmen (cf. Feuquieres I,
141 — 42), dabei vom englischen Gesandten beeinflusst sind.
93
der Mitwirkung seines Herrn gedacht würde ^^^)j blieb unbe-
rücksichtigt.
Noch weniger Einfluss auf den Verlauf der Verhand-
lungen hatte der holländische Gesandte Cornelius Paw^^^).
Durch ihn Hessen die Generalstaaten versichern, dass sie,
falls zwischen ihnen und Spanien der Waflfenstillstand abge-
schlossen werde, über welchen man damals verhandelte,
mit Militär und Geld den Verbündeten helfen wollten, andern-
falls versprachen sie, durch kräftige Unternehmungen den
Feind zu beschäftigen.
Der Bund zwischen den vier oberen Reichskreisen und
der Krone Schweden, der eine wenn auch kurze so doch
hervorragende Rolle spielen sollte, war zu Stande gebracht.
Er war hauptsächlich das Werk des schwedischen Reichs-
kanzlers. Durch seine unablässigen Bemühungen waren die
Kreise zu der Zusammenkunft bewogen^ und der Gang der
Berathungen auf dem ConveAte wurde von ihm geleitet.
Er" erlangte auch den grössten Gewinn. Freilich hatte er
sein vorgestecktes Ziel nicht erreicht; nur ein Theil Deutsch-
lands schloss sich Schweden an, und er selbst erhielt nur
eine beschränkte Gewalt. Indessen ging die Beschränkung
nicht so weit, dass nicht Schweden auch künftighin das
entscheidende Wort zu führen hatte. Ein wichtiges Resultat
ferner war es für diese Macht, dass die Stände sich ver-
pflichteten, sie im Besitz der eroberten feindlichen Länder
zu schützen, und dass sie zu Ende des Krieges auf Grund
dieser Vereinigung eine Entschädigung fordern konnte. Für
die Deutschen war das Ergebniss wenig erfreulich. Ihnen
fiel nur ein sehr geringer Einfluss auf die künftigen Ver-
hältnisse und Unternehmungen zu, woran vor allem das
energielose und zweideutige Verhalten des Kurfürsten von
Sachsen die Schuld trug. So blieben die deutschen Geschicke
in den Händen der Ausländer. In diese aucli seinerseits
eingreifen zu- wollen, kündigte Frankreich schon an, wenn
es gleich noch nicht auf den Schauplatz trat. Gegenwärtig
. »62) Londorp IV, 325.
»«) Pufendorf V, § 38.
94
hatte 68 noch weuig in den deutgehen .Angelegenheiten zu
sagen. £s war weder Mitglied des Bundes noch konnte es
durch Beeinflussung des consilium formatum bei dessen ge^
ringer Machtbefugniss auf die weitere Entwickelung der
Dinge bedeutend einwirken. Seinem Endziel aber war
esy wenig durch eigenes Zuthun, ein gutes Stück näher
gekommen: Der Kaiser hatte mit einer organisirten Macht
zu kämpfen, die selbst Frankreich nicht so gefährlich werden
konnte wie die des gefallenen Schwedenkönigs. Ein anderer
Vortheil fttr dasselbe war es, dass der Herzog von Lothrin-
gen mehr als yorher isolirt dastand und den Angriffen von
französischer Seite preisgegeben war. Den Anschlägen auf
das Elsass widersetzte sich noch der schwedische Keichs-
kanzler. Aber wenn er seine Politik änderte oder gezwungen
wurde, die Hülfe des französischen Staates in Anspruch zu
nehmen, so war die Zeit da, wo dieser ganz in die Aktion
treten und seine letzten Absichten verwirklichen konnte.
95
Beilage I.
Zehn Punkte der neuen AUianznotul , so die Herrn Stände
des H. Reichskanzlers Excell. den 1. April einliefern lassen.
J) Erstlich und zuvörderst thun sich die anwesenden Fürsten .
und Stände auch der abwesenden Kurtürsten, Fürsten und Stände
Gesandten und Botschaften für sich selbst und im Namen ihrer gnä-
digsten, gnädigen und gebietenden Herrn Prinzipalen und Obern,
neben dem sie als Glieder des Beichs kraft dessen Constitutionen
ohne das verbunden, für sich, dero Erben und Nachkommen- unter
einander noch enger und näher und darauf sämmtlich mit der hoch-
löblichsten Krone Schweden und anstatt derselben mit dero gevoll-
mächtigtem Legato, dem Herrn Keichskanzler und Sr. Excell., getreu,
fest und einmüthiglich auch wissend, wohlbedächtig und freiwillktir-
lich conforderiren und dahin vereinbaren, dass sie sämmtlich Con-
föderirte beieinander beständig und treu halten, ja ein Theil des
anderen Wohlfahrt befördern, dessen Schaden verhüten und abwenden
auch Leib, Leben und Vermögen aufsetzen sollen und wollen, so lang
und viel die deutsche Libertät und Observanz des h. röm. Reichs
Satzungen und Verfassungen wiederum stabilirt, die Restitution der
evangelischen Stände erlangt, in Religionssachen und Profansachen
ein richtiger und sicherer Friede (des alle Conföderirte zu geniessen)
erhalten und geschlossen auch der Krone Schweden gebührende Satis-
faction beschehen sein wird. Weil auch, wie gemelt, zwischen höchst-
seligst ermelter königl. Würd und Mayt. in Schweden und etlichen
Fürsten und Ständen der vier oberen Kreise Particularverbündnisse
vorgangen, als ist dabei bedingt, dass es bei ermelten Particular-
pacten (sotem selbige dieser gemeinen ConfÖderation nicht präjudiciren)
sein Verbleiben haben solle.
2) Detonach zum Andern anwesende Stände und Gesandten, dass
die Kreisverfassungen ohne ein qualifizirt Hauptdirectorium nicht be-
stehen kann, und daneben erwogen, dass die königl. W. und Mayt.
in Schweden höchstsei. Andenkens als Autor der wiederglänzenden
deutschen Libertät dasselbe bei seinen Lebzeiten geführt aueh, als
sie* sich letztmalen gegen ^e niederen Kreise gewendet, dem H.
Reichskanzler und Sr. Excellenz es in den oberen Kreisen anver-
trauet, als haben sie, ihren zu der höchst«el. königl. W. und Mayt.
1
96
auch dero Erbin und der Kröne Schweden tragenden Respekt sammt,
wie hoch bei ihnen des Herrn Reichskanzlers und S. Excell. von
Gott habende treffliche Qualitäten ästimirt werden, um so vielmehr
zu bezeigen ) ihn H. Reichskanzler und S. Excell., solch Directorium
zu Redressirung des nothleidenden gemeinen Wesens und deutscher
Libertät auf sich zu nehmen, freund- dienst- und unterthänig gesucht
und gebeten. Ob nun wohl der H. Reichskanzler und S. Excell. bei
so beschaffener Zeit und Sachen lieber verschont blieben, haben Sie
doch in Erwägung der Krone Schweden dabei versirenden Interesse
und der Stände und Gesandten so geneigten und hohen Vertrauens
sich dazu bewegen lassen und in ungezweifelter Zuversicht, von den
höchst, hoch und löblichen Kreisständen alle mögliche Hülfe und
Assistenz zu haben, erklärt, bewilligt und versprochen, mit allem
Ernst das Werk anzugreifen auch im Namen des Höchsten mit Fleiss
und Treu dero Kräften und Möglichkeit nach sich dahin zu bemühen
und zu bearbeiten, damit 4as vorgesetzte Ziel die Restitution der be-
drängten Kur-Fürsten und Stände im h. röm. Reich und der so theuer
erworbenen deutschen Libertät auch .Stabilirung des hochnöthigen,
langerwünschten^ sicheren Friedens neben der Krone Schweden Ver-
sicherung und Satisfaction erlangt und den conföderirten Ständen an
der Hoheit, Regalien und hergebrachten Gerechtigkeiten kein Nach-
theil oder Abbruch, von wem das auch beschehen wolle, zugezogen
sondern dasselbe abgewendet und verhütet werde. Dagegen die an-
wesenden Stände und Gesandten im Namen und wegen der 4 con-
föderirten Kreide dem H. Reichskanzler und Sr. Excell. alle mögliche
Assistenz vertröstet und versichert auch versprochen, dass zu solchem
Ende des H. Reichskanzlers und Sr. Excell. Autorität conservirt,
derselben der Gebühr gefolgt auch alles dasjenige, was zu Ausführung
der Sachen versprochen, vollzogen und geleistet werden solle.
3) Nachdem aber zum Dritten des H. Reichskanzlers Directorn
Person und Excell. solche Last allein zu tragen beschwerlich, als ist
gut befunden worden, deroselbigen ein consilium formatum von wohl-
qualifizirten Personen mit genügsamer Instruction beizuordnen, mit
deren Gutachten der fl. Director und S. Excell. alle wichtigen Sachen
zu deliberiren und zu beschliessen , doch dass dem H. Director und
S. Excell. jederzeit in executionibus miUtaribus die endliche Reso-
lution verbleiben solle.
4) Zum Vierten ist beliebet worden, dass in jedem Kreise von
den gesammten conföderirten Kreisverwandten ein Kreisrath ^u be-
stellen, welcher zu des Herrn Directors und Sr. Excell. und des
consilii Erleichterung unter dero Direction und Kommando in den
Kreisen die Aufsicht haben solle.
5) Zum Fünften ist verabschiedet, dass kein ConftJderirter^mit
dem Feind und Gegentheil sich in einige Fried^enstractaten einlassen
möge, es geschehe denn mit der sämmtlicben Conioderirten Vor wissen
97
QBd Willen. Da aHch diesfallg dem Herrn Reichskanzler und Sr.
Excell. oder anderen Conföderirten vom Gegentheil einige Prä&entaten
geschehen wollten, dieselben dem Directori und consilio eingebracht,
YÖrderst den KreiBständen notifizirt und mit dero Belieben vorge-
nommen und resolvirt werden sollen.
6) 'Da nun zum Sechsten dem zuwider einer oder mehr Con-
föderationsverwandten .über Verhoffen von den anderen aussetzen,
sich geüihrlicher Praktiken gebrauchen oder vornehmen würde, den
übrigen wider den gemeinen Feind nicht getreulich beizustehen oder
zu helfen, es geschehe unter der Neutralität (welche hiermit unter
den Evangelischen gänzlich aufgehoben sein solle) oder andern
Prätext, der oder dieselben sollen durck das Directorium und consilium
von solchem Vorhaben abzustehen erinnert auch , da die Erinnerung
nieht verfangen wollte, für Feinde erklärt und folgends als andere
Feinde tractirt i^nd gehalten werden.
7) Zum Siebenten ist verglichen, dass bei währendem Krieg und
bis dass ein erwtinschter, sicherer Friede erlangt wird, die, Con-
föderirten in den 4 Kreisen nothwendige Armeen - halten und mit
Geld, Yivers, Munition, Artillerie versehen, diese Armeen auch den
sämmtiichen Co|kföderirten verpflichtet sein und davon der extra-
ordinari Feindesgefahr halben nOthige Garnison ersetzt werden sollen.
8) Darauf Achtens nun, damit der Krieg, so lange es die Noth«
dürft erfordern wird, desto besser geführt, das corpus armaturae auf-*
recht und dabei gute iustitia und Kriegsdisciplin erhalten, hingegen
alle Exorbitantien abgeschafft werden mögen, so hat man sich zu
allen Theilen einmüthiglich solchergestalt verglichen, dass es an
nothwendigem Verlag und Unterhaltung der Soldateska, auch was
zum Artilleriestab und sonst nöthig, verhoffentlich nichts ermangeln,
sondern alles und jedes dermassen bestellt und versehen werden sol^
dass vermittelst göttlichen Beistandes man dem Feind genugsam ge*
wachsen und dies christliche, gottselige, abgedrungene Defensions-
werk zu dem vorgesetzten hoch, und allgemeinen nützlichen Zw^k
glücklich ausführen möge. Inmassen dann zu Erlangung obenange*
deuteten Intents sowohl der Kasse als nothwendiger Magazin halben
gebührende Vergleichung und Vorsehungfgeschehen ist.
9) Zum Neunten hat der Herr Director und S. Excell. sich er-
klärt, mit und neben dem consilio dahin zu sehen, dass die militia
der Gebühr reformirt, die übrigen, beschwerlichen Regimentsstäbe
restringirt, die Kriegsdisciplin restaurirt, die Commercien sammt des
gemeinen Mannes Verdienst und Nahrung wieder stabilirt, der Stände
lurisdictionalia (dass sie alle excessus ausserhalb deren, so in ex-
peditione militari vorgehen, bestrafen mögen) sowohl in criminalibus
als civilibus conservirt, der militiae Exorbitantien, soviel die Zeit im-
mer leiden kann, abgeschafft, bei den Einquartierungen und Djurch-
zügen gute Ordre gehalten und der Conföderirten, soviel immer mög-
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lioh, yersehont anch jedes Ortes Magistrat die Anstheilung der Quar-
tiere gelassen werde.
10) Zum Zehnten haben sich anwesende Stände und Gesandten
gegen den Herrn Director und S. Excellens erboten, nachdem nicht
allein ofthöchstgedachte Seine kOnigl. W. nnd Mayt. seligsten An-
denkens sondern auch bishero die Krone SchVeden den Ständen
Beistand zu leisten sich so willig finden lassen anch dasselbe zu
continuiren erbOtig, dass hingegen sie höchstermelte Krone bei der
Possession der im Reiche occupirtcn, feindlichen Länder bis zu Aus-
führung dieses Krieges und erhaltener gebührender Satisfaction ma-
nuteniren helfen wollen, wie dann auch dahin zu sehen, damit den
übrigen Conföderirten ihres erlittenen Schadens wegen billigmässige
Erstattung geschehen mOge.
Wie nun endlich jetzt abgeredete, im Namen Gottes beschlossene
Contöderation den Conföderirten allerseits durch die grossen Insolen^
zen des Gegentheils abgenöthigt und abgedrungen auch allein zu
ihrer erlaubten Defension und Conservation, gar nicht aber zu jemand
friedliebenden Standes Offension angesehen, also soll solche billig auch
dem h. Reich, dessen Fundamentalsatzungen und anderen heilsamen
und löbl. Reichs- oder Kreisverfassnngen auch dessen Hoheiten,
Dignitäten, Präeminenz und Gerechtigkeiten in keinem Wege alK
brüchig noch zu des Reichs getreuen Kur- Fürsten und Ständen oder
anoh ausländischen Potentaten und Republiken einigem Präjudiz ver-
standen und gemeint sein, und leben hierbei die Conflklerirten der
gewissen, nnzweifligen Hoffnung, es werden nicht allein andere evan-
gelische Kur- Fürsten und Stände des Reichs (als welche ebenmässiger
Ursachen halben zu Leipzig eine Zusammenkunft gehabt, sich in
Yerbündniss mit einander eingelassen und darauf die Waffen in Hand
genommen) sondern auch ausländische Könige , Potentaten und Re-
publiken ihnen dieses zu Beförderung der Ehre Gottes, Conservation
des h. röm. Reichs und der Stände zeitlicher und ewiger Wohlfi^rt
aus redlichen, rechtmässigen, hochbeweglichen und wohl verantwort-
lichen Ursachen vorgenommene Rettungswerk nicht missfallen sondern
belieben lassen und Ursache nehmen, in solchen christlichen, gott-
wohlgefälligen, billigen und rechtmässigen Bund zu- und einzutreten,
solchen auch zu bestärken, getreulich dabei zu cooperiren und dies
hochnützliche Werk zu befördern und ausführen zu helfen geneigt
sein.
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Beilage IL
Nebenabschied zu Heilbronn aufgerichtet.
Zu wissen, demnach zwischen der hochlOblichen Krone Schweden
und den evangelischen Kur- Ftirsteii^ und Ständen rheinischen, frän-
kischen, schwäbischen und oberrheinischen Kreisen des h. röm. Reichs
in desselben Stadt Heilbronn eine ConfÖderation und BÜndniss aus
rechtmässigen und wohlerheblichen Ursachen beständig und einträch-
tiglich geschlossen und aufgerichtet^ derselben aber alle und jede
Punkte, deren sich die ConfÖderirten mit einander verglichen, nicht
füglich haben können eingerückt werden, dass hierauf solche Punkte
in diesem Nebenabschiede verzeichnet und. dabei einander versprochen
worden, dieselbigen nicht weniger als die Haupteonföderation selbst
getreulich, redlich und unverbrüchlich zu halten und hierum einer
den andern nicht beschweren zu lassen.
1) Erstlich soll zu besserer Fortsetzung und Continuirung dieses
Krieges von allen und jeden in den conföderirten vier Kreisen be-
griffenen Ständen und anderen unmittelbaren Personen von dero in
den Kreisen gelegenen Gütern vom ersten Mai an zu rechnen auf ein
ganzes Jahr lang monatlich der Reichs- ode^ Kreismatrikel nach einen
zwölffachen Monat Römerzug zu der Kreiskasse ohne einige Ver-
längerung oder Aufzüglichkeit unfehlbar contribuiren und einliefern,
doch da inzwischen vermittelst göttlicher Hülfe ein Friede geschlossen
oder das corpus armaturae gemindert oder der Krieg sonst auf des
Feindes Lande gebracht werden könnte, soll erstangedeuteter Con-
tribution halben Moderation gebraucht und solche nach Beschaffenheit
der Sachen wo nicht gar aufgehoben, doch gerin gert werden.
2) Wo aber einer oder der andere mit Darlegung solcher Con-
tribution säumig erfunden würde, der soll zwar anfangs von dem
Kreisrath oder denjenigen, so die Kasse verwalten, zu Erstattung
seiner Quote erinnert, nach weiterem Aufzug aber auf Verordnung
des Directorii und consilii formati mit der Execution unfehlbar an-
gesehen , dass die Execution wider die Säumigen allein geführt werde
und dessen ein anderer, so zu rechter Zeit zuhält, nichts zu entgelten
haben, dabeneben aber verstehend, da ein oder anderer Stand sein
Unvermögen oder Unmöglichkeit prätendiren würde, darüber vom
Kreise zuvörderst cognoscirt, auch wo es -nöthig erachtet wird, an
das Directorium oder consilium formatum berichtet und bis auf er-
theilten Ausschlag mit der Execution eingestanden, sonst auch in
executione alles Uebermass verhütet werde, gleichwohl aber der
Säumige neben seiner Angebtthr auch den aufgewandten Executions-
unkosten und Schaden, sb dem Unschuldigen durch solche Execution
äuge wachsen, welchen er doch beweislich darznthun, erstatten solle.
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100
3) Zum Fall auch einer oder der andere mit baarem Gtelde nicht
aufkommen könnte, hingegen aber seine Quote gar oder zum Tbeil
an Silber, Proyiant, Wein, Tuch, Leder, Munition, Pulyer oder an-
deren zum Krieg dienstlichen und nothwendigen Sachen erstatten
wollte, dies soll, wenn er zu rechter und bestimmter Zeit zu des
Kreises TerordQetem mgazin und Legstadt in dem daselbBt markt-
gängigen Preise auf seine eigenen Kosten oder sonst auf Begehren
zu den Armeen geliefiert, angenommen, in seiner Quote abgekürzt,
durch der Conf(5derirten Territorium zollfrei passirt, darinnen aber
kein Qefährdt gebraucht und unter solchem PrStext solche Sachen
durchgebracht werden.
4) Zu solcher Kasse und Magazin sind hiermit nachfolgende vier
Städte auf diesmal, bis die Zeit und Umstände ein anderes erfordern
und Kreisstände sich selbst anderwertlich ver^eichen werden, ver-
ordnet, benanntlich in den kurfUrstl. und rheinischen Kreisen Strase*
bürg und Frankfurt am Main, im fränkischen Nürnberg, im schwäbi-
schen Ulm, aldahin ein jeder Stand und ConfÖderirter, nach dem er
in einem oder dem andern Kreise seine Güter liegen hat, seine Quote
den hierzu Verordneten und Bestellten in rechter Zeit zu liefern
wissen wird. ,
5) Solche Kasse und Magazin sind jetzt benannter Städte Ma-
gistrat zu yertrauen, welche mit Wissen und Bewilligung der Stände,
auch eingezogenen Unkosten, hierzu qnalifizirte, solcher Sachen un4
der Rechnungen erfahrene, ehrliche Leute zu bestellen, welche nicht
allein ihrem Magistrat sondern den löblichen Conföderirten mit Eides-
pflioht verbunden und anstatt und von wegen derselben dem Directorio
und consilio formato den Eid wirklich abstatten, auch schuldig sein
sollen, die Gontributiotten einzufordern und anzunehmen, nach Befehl
des Directcmi und consilii formaü eines und anders getreulich zu
verwalten und auszugeben, auch hernach darüber jährlich, oder so
oft man es erfordern wird, redliche und getreue, Rechnung zu er-
statten, dazu auch stündlich gefasst zu sein, ihre Bilanz alle Monat
ordentlich auszuziehen, nicht weniger, wo es eine Nothdurft, auf Er-
fordern des Directorii und consilii formati bei demselben sich ein-
zustellen. Es hat auch der Herr Reichskanzler auf beschehen freond-
dienst- und unterthänig Ersuchen sich belieben lassen, dtfss derjenige
Yorrath an Proviant und Munition, so die verordneten könig]. Com-
missarien in Händen haben, zu der vier Krdse Magazin gebracht
werde, und ist beneben versehen, dass die Legstädte über ihre Quote,
oder was sonst in di& Kasse und Magazin wirklich gebraucht, nicht
beschwert noch ihnen desswegen einige Ungelegenhdt zugezogen
werde.
6) Das ecmi^ium formatum boW bestehen von des Herrn Diree-
^oris und Reichskanzlers Person Ihr Excell. selbst wie auch noch
von zwei wegen der hochlöbl. Krone Schweden und dero in dem rö*
• • 101
mischMi [Beieb] poMidirendan Landen und Leuten hierzu deputirten,
sodann Ton noch sieben aus allen vier Kreisen verordneten Räthen,
benanntlioh wegen Kurpfalz eine und von den fränkischen, sohwäbi-
sehen nnd rheinischen Kreisen 6. Personen, welche sowohl von der
Krone Schweden als auch den Kreisen deputirte Räthe den sSmmt*
liehen ConfÖderirten mit gebührenden Pflichten und Eiden verwandt
und zugethan sein sollen. Vor solch Directorium und consilium
formatnm sollen alle wichtigen sowohl Kriegssachen als Friedens-
tractaten und [was* von] dieser Kreise Kurfürsten, Fürsten und Stiin-
den selbst nidit remedirt werden mag, gebracht, darüber reiflich con-
suitirt und entschieden, doch beneben in executionibus mlHtaribus die
Resolution dero Directorio gelassen, der Friede wie auch neue Bünd-
nisse und andere der Stände Hoheiten und Freiheiten eoncemirenden
Sachen nicht als mit Vorwissen und Belieben aller Confttderirten be-
schlossen und alle actiones dahin gerichtet werden, dass ob der Haupt-
oonföderation und diesem Nebenabschiede steif und unverbrüchlich
gehalten, beneben aber des h.. röm. Reiöhs Fundamentalsatzungen,
auch alle heilsamen Reichsconstitutionen und Ordnungen und der
Kurfürsten und Stände Hoheiten und Dignitäten auch Gerechtigkeit
conservirt und die allgemeine Wohlfahrt der Allürten auch aller
evangelischen Kur- Fürsten und Stände gesucht und beftSrdert werden
möge, insonderheit aber soll das Directorium und consilium formatum
ihm höchstes Fleisses angelegen sein lassen, die militiam zu refor-
miren, ob guter Kriegsdisdplin mit gebührendem Ernst also zu haltent
dass die Strassen, voraus in Freundes Landen, gesichert, die Com-
mercien dadurch wiederaufgerichtet, der Feldbau fortgesetzt und
das publicum aufrecht könnte erhalten werden.
7) Dabei aber jedem Kreise unbenommen und vielmehr obgelegen
sein soll, nach Anleitung der Kreisverfassung durch jedes Kreises
Obersten und dessen Zugeordneten oder sonderbar verordneten Kreis-
rath, nachdem sich jeder Kreis selbst vergleichen wird, auf alles Vor-
gehen , damit es dem gemeinen Wesen zum besten gereichen möge,
wie auch insonderheit auf die Durchzüge, Musterung, Einquartierung,
Kreisschlüsse und defensionis executiones contra moroses, sodann den
Magazin und Kasse und dass alles zu rechter und ordentlicher Zeit
geliefert und bei Auszahlung den Soldaten, wie auch in allen anderen
Sachen, billige, durchgehende Gleichheit gehalten werde, fleissiges
Aufsehen haben, für welche die in der Instruction gemeldeten und
sonst andere Sachen und Verrichtungen, damit das Directorium und
consilium formatum, voraus in expeditione bellica, zu graviren, könne
remittirt, daselbst entschieden, und Falles also angestellt werden, da-
mit es in guter, richtiger Ordnung hergehe, das Directorium und con-
silium formatum auch, bei ohne das auf sich habender grosser Last,
vieler Mühe und Anlaufens enthoben bleibe.
8) Die Armeen hin und wieder austutheiien , eine aus der an*
102 .
dern wie aaeh die Ganüsonen zn verstärken, bleibt dem Direetorio
und consilio formato billig heimgestelli, und ist ein jeder Ereisstand,
nachdem es die Qefahr und höchste Nothdurft erfordern wird, doch
auf keines anderen als des Herrn Directoris und consilii formati oder
anf den änssersten Nothfall, da deren Ordinanz nicht zu erlangen,
auf des Kreisraths ertheilte Ordre, Volk einzunehmen, auch Quartier
zn geben und Durchzüge zu gestatten schuldig, doch soll darin billige
Gleichheit und gute Ordnung gehalten, vörderst mit Communication
und Yorwissen der Kreise und Stände gehandelt und die Austheihing
der Einquartierungen nicht der Oommissarien Belieben sondern des
Kreises und jedes Orts Herrschaft und Magistrat Gutfinden nach an-
gestellt werden.
9) Was auch für Volk solchergestalt dem gemeinen Wesen zum
Besten und um Verwahrung der Kreispässe oder sonst andringender
Feindesgefahr willen in einen Kreis zu extraordinari Garnison gelegt
würde, das soll zu Vorkommung vieler Ungelegenheiten von solchem
Kreisstand, soweit sich dessen jederzeit verfallene Quote *) abgerech-
net und die übrige Bezahlung aus der Kasse alsbald geliefert werden.
10) Nicht weniger sollen solche extraordinär Garnisonen, ehe
und bevor sie eingelassen werden, dem Magistrat des Orts jederzeit
mit absonderlicher Eidespflicht verbunden, demselben auch über sie
mit ^nd neben dem Kommandanten die justitia in civilibus und
oriminaUbus gelassen und hiermit erlaubt sein, dass zum Fall die
Kommandanten in administratione und executione der Justitien voraus
in gravioribus delictis säumig sein würden, der Magistrat die Exe-
cntion selbst vorzunehmen die Macht haben solle.
11) Die Durchzüge sollen ohne sonderbare Beschwemiss der
Stände, auch mit derselben Vorwissen und guter Ordnung beschehen,
und vom Stande . allezeit ein Oommissarius dazugeordnet auch noth-
wendig Commiss aus dem Magazin gereicht, und was ein Stand dies-
falls von dem Seinen hergiebt, an dessen Contribution abgezogen
oder aus der Kasse und Magazin wiedererstattet werden.
12) Insonderheit aber ist die höchste Nothdurft, dass die so gar
zerfallene militärische Disciplin restaurirt und die Exorbitantien , so
die Contributionen hindern auch alle Mittel, den Krieg zu continuiren,
hinwegnehmen und das gemeine Wesen nothwendig zu Boden treiben,
soviel immer möglich abgestellt werden, zu welchem Ende vörderst
die Menge der Stäbe durch das Directorium zu reformiren und die
Armeen in gewisse complette Regimenter zu richten, aller Raub,
Nahm, Plünderung und Verwüstungen in Freundes- und sonderlich
in der Confc^derirten Landen wie auch alle eigenwilligen Einquar-
tierungen durch förmliche Patente alles Ernstes alsbald abzuschaffen,
*) Hier sind wohl nach Art. 10 des definitiven Nebenabschiedes
(Chemnitz II, 83) die Worte zu ergänzen: erstreckt, bezahlt und bei
der Kasse an seiner Contributionsquote.
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die Ertheilnng der Pä&se auf freien Az, AuslÖBungen, Postritt, Fuhren
und dergleichen einzustellen, den Soldaten sowohl in Quartieren als
Marschiren und Durchzügen gewisse Ordinanzen zu machen und
darüber zu halten, die hohen und unnöthigen Convoy und Salvagardi-
gelder und für sich selbst auf alles, was noth wendig durchgeführt
wird, geschlagenen hohen Zölle in keinem Wege zu gestatten, Nie-
mandem wider seinen Willen Passzettel zu nehmen, aufzudringen,
auch die geforderten Passzettel wo nicht umsonst doch um ein billiges
Geld folgen zu lassen, die kostbaren und verderblichen Kekrutenplätze
aufzuheben und den Ständen die justitiam und Administration auch
Execution derselben den Kreis Verfassungen auch jedes Ortes wohl-
hergebrachten Freiheiten und Gerechtigkeiten gemäss über und wider
die transgressores zu lassen und ihnen hierin keinen Eintrag oder
Hindemiss zu thun, massen den Kur- Fürsten und Ständen durch diese
Conföderation an ihren Regalien, Jurisdiction, Hoheiten, Privilegien,
Rechten und Gerechtigkeiten im wenigsten nicht pr^'udizirt oder
einiger Abbruch gethan, auch den ünterthanen aller Orten erlaubt
sein soll, auf die streifenden Parteien und Plackereien gute Acht zu
haben, solche mit Vorwissen und Hülfe ihrer Obrigkeit anzugreifen,
in Haftung zu nehmen, an gehörige Orte zu liefern und sich vor un
billiger Gewalt zu Haus und, Feld oder auf den Strassen zu defendiren.
13) Hingegen soll auch der Soldat in gebührende Acht ge-
nommen, nebe^ det Bezahlung in Quartieren und Durchzügen ein
gewisses Commiss, dass er sein gebührend Auskommen haben möge,
im leidentlichen Preis angeordnet, aller Orten, da die Armeen liegen
oder durchziehen, frei Lager publizirt und gestattet, der Servis gleich-
wohl von ihnen nicht weiter denn zu Logement, Holz, Licht und
Bettstatt extendirt, selbiger auch um ein gewisses Geld angeschlagen
und den Ünterthanen an Geld oder Substanz zu reichen freigestellt
werde.
14) Nachdem auch diese Verfassung zu eines friedfertigen Men-
schen sonderlich aber der Mitconföderirten selbst Offension nicht
sondern vielmehr zu deren Conservation angesehen, als soll, was den
Ständen oder Conföderirten mit Eigenthum, Lehnschaft, Jurisdiction
oder anderen Gerechtsamen verhaftet, nicht beschwert, viel weniger
alienirt, in einen andern transferii't, und also das ins belli atque con-
fiscationis in confoederatos oder dero Land und Güter nicht gebraucht
sondern Jeder bei dem Seinigen mit gesammter Hülfe vielmehr ge-
schützt werden.
15) Was aber inskünftig von dieser Conföderation an vermittelst
göttlichen Beistandes dem Feinde mit gesammter Hülfe abgenommen
wird, dass soll auch den Conf(5derirten insgemein zustehen und dem
gesammten Wesen zum Besten, jedoch den Conföderirten, da sie auf
einen oder anderen [Theil] einige rechtmässige Forderung, wie auch
den Privatis, da sie einige Schuld hätten, an ihren Rechten unbe?