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Full text of "Der heilige Bernhard und sein Zeitalter: Ein historisches Gemälde entworfen"

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^eilige ^Jetttjatb 

unb 

fein Zeitalter. 

enttoorf en 

toott 

Dr. 'glCttflttll %eanhn. 



S)tiiit «(ttflage. 



SSetlag öon Srtebtid^ anbtea« ^ett^c«. 
1865. 



1 



fiURDACH 






JJorabe jttt: jtaeifcn ^Attflcje. 



/C)iefc Sd^ttft, eine nietner ftül^ften, ift öor fünfunbbreigtg Salären 
toon mit J^erauggegeben toorbcn. 2)a jte feit etma jtoanjig Salären 
Vergriffen toar unb id^ ju einer neuen 2luf(age berfelben aufge- 
forbert tourbe,- ergriff id^ fd^on feit längerer ^^xi biefen (Sebanfen 
mit Siebe. 5Da§ Jöon mir entworfene Silb ber erften Slüt^ejeit 
be§ 3KitteIaIter§, einer in bielfad^er «ginfit^t fo inl^altreid^en unb 
intereffanten 3^i*f ^^^ ®il^ ^i*^^^ 3Kanne« bon fo tief d^riftlid^em 
©ejjräge unb fo eigentl^mlid^er Äraft tooffte id^ nid^t untergel^en 
Raffen. Slber id^ fonnte e^ ayxi!! ol^ne grojse SBeränberungen tiid^t 
erneuen. 3" *i^f wi^^ fd^nterjlid^ erlannte idj, bon Sieuem J^inein« 
blidfenb, in biefem SBer! ben ÜJlangel ber organifd^en SBerarbei« 
tung, ben 3Rangel ber formgebenben Silbung. 3d& mu^te eine 
SSernod&Iäfjtgung toal^rnel^men, Wi .ber tool^l überl^aiHJt meine 
frül^eren 6d^riften leiben mögen, unb toeld^e jum %\vX baju bei« 
getragen l^aben mag, einen fold^en ^el^ler aud^ in Slnberen ju 
Beförbern, unb bann burd^ ben ®egenfa| ®infeitig!eiten entgegcn= 
gefegter 2frt l^erbeijufül^ren. 2)efio mel^r mu^te id^ bie 3:i^eiU 
ttal^me betounbern unb bafür banlen, toomit biefe« S3ud^ bon 
wandten Seiten aufgenommen toorben. SKn bie Umarbeitung 
beffelben ^anb anzulegen, tourbe id^ nun aber burd^ bie S3e- 
fd^äftigung mit bem größeren SBer! meinet Seben«, ber ' gort« 
fe|u»g meiner Äird^engefd^id^te, neben meinen Berufsarbeiten, 
immerfort gel^inbert; unb ol^ne ben ©influ^ fd^merjlid^er Um- 
ftänbe, bie ®ott fo gefügt l^at, toürbe id^ aud^ je^t nod^ nid^t 
bagu gelommen fein, biefe neue Aufgabe ber öffentKd^en SKit* 
tl^eilung }u übergeben, fonbern id^ Ipürbe Dielmel^r ällleS baran 

9leanber, bet i^dl. Seml^atb. i^ 



yni SSorrcbe. 

tpcr ttidjt guerft burd^ bcn ftiffen, öertrauten Umganfl bc« gcfant:? 
tnelten @etfted mit ber historia yitae magistra ftd^ ba}u Dotbe^ 
teitet l^at. 3)ie Setoegungcn ber neucften 3^it laffcn jcneS Un* 
tt)efen immer mel^r um ftd^ qx^'iUt^, unb fül^ren immer mel^r eine 
%xübl)a\x^tni\oiilmQ bei ber frühreifen unb nie reifen 3«9«Hi> 
l^erbei. Mfi^^ lebt nur bem SlugenblidE, ber bod^ 2)ieienigen in 
feinen ©trubel mit fid^ fortreißt, bie nid^t bon einem l^öl^eren 
©tanbj)utift toeltgefd^id^tjiid^er Setrad^tung il^n gu berftel^en toiffen. 
SBir fe^en jene traurige ©rfd^einung bon grauen , l^erjberlrüjJtJelten 
Sünglingen, h)eld&e mit bem anfangen, toag ba« Se^te fein foKte, 
mit bem gan^ti^mu« eine« altKugen SSerftanbeS aburt^eilen über 
bie l^öc^ften fragen ber ®egentt>art, el^e fie in ftiHemStubium 
bie aSergangenl^eit erforfd^t i^aben, bie 3lffe« reforntiren tooHen^ 
el^e fie an bie erfte unb toid^tigfte Slufgabe gebadet l^aben, ftd^ 
felbft ju reformiren. 

5IRöge ®ott biefe« 8ud^ mit feinem ©egen begleiten in biefcr 
ungünftigen Seit feiner drfd^einungl 

©obalb e« mir bie bölligc SBieberl^erfteffung meine« Sugen^ 
lid^t« erlauben h>irb, foU e« mein eifrigfte« ©treben fein, ben 
mwn S3anb meiner Äird^engefd^id^te jur SSoHenbung gu führen. 

Berlin, am ©onntage Stogate 1848. 

%. ^eanbet. 



3n|art0überfi(^t 



@eUe 

Sintetta«8 % 

I. Seml^arbd Men Bi9 sunt ^Si|>flUd^en ©d^tdma im 3a]^re 1130, 
{eine (Sr^iel^ung, feiu religiSfer (Snttoidlangdgang , fein Eintritt 
in ben (Siflercienferorben, feine Sirffamleit atd fiU t>on (Slaic» 
t)au|; allgemeine Ueberfid^t berfelben in il^ren mannt(i^fa(!^en f&t* 

Sie^nngen s' 

^eml^arb ni^ $eter S)on (Slugni^ 6. 50—62. 
IL Son bem ®6fima naq bem S^obe be9 ^o^ftti ^onorind II. 6i9 
anf (gngerauS IH. 1130-1145. 

A. ^ernl^arbd SOßirIfam!eit jur Bieber^erßeffung bed ^tr(3^en« 
trieben« 63 

B. Einige anbere ^ü^t t)on ißernl^arb« (Sintt)irlnng anf lir^Ud^e 

unb ^)ofitifdJe SSerl^ältniffe nnter Snnoccns U 94 

C. ©ern^arb« Äam^)f mit ^cter abakrb nnb Slrnolb öon 53rc8cia 9» 
III. Se^te (S!|}0(3^e t)on ^ernl^arbd Seben unter ber 9legterung bed 

«ßa<)jlee (Sugen IIL t)on 1145— 1 153, ^ 

A. ^ernl^arbd ^am^f für ben ^ap% beffen glnd^t nad^ gran!« 
rei^ unb Serbinbung mit $«ml^arb/S$er!ünbigung bes ^reu)« 
guged bur^ il^n, ^erl^ältnig ju ber $ro:t>$etin ^ilbegarb 
nnb streit mit Gilbert aU neuem SBertreter bet bialeftif^en 
»lid^tung 239 

B. ©ernl^arb unb bie anrtlird^Rd^en Gelten 290 

C. 9lüdlebr be9 ^a^fied (Sugen nad^ !Rom, le^ter ^am^f mit 
Slmolbd $art^ei, beffen le^te ©d^idfate, ^ernbarbd Serbin- 
bnng mit bem Sr^bifd^of Wtalaä^ia^ and Srknb, unglücflid^er 
SlnSgang beS' legten Äreujjuge«, ©eml^arb« Serl de consi- 
deratione, feine (e^ten Sebendia^re bis an feinen Xoh . . 35S 



91 e an b et, ber ^I. fdcai^h. 



£aS S^itcdUx beg auggejeidjneten 9Kannc8, beffen SeBen totr 
näl^er betrad^tcn tooffen, bilbet ben Slnfang^tJunft einer neuen 
großen ©ci^öj)fung, bie Don ber umbitbenben unb bilbenben fttaft 
beg ©l^tiftenll^umg, toenngletd^ mit Seimifd^ung mand^er fremb* 
artigen Elemente, ausgegangen ift^ bie neue gro^e ©d^öjjfung, 
toeld^c in b<»n nad^folgenben ^a^t})nnictim beg SKittelalterS [x4 
toeiter enttoicfette. Sluf ben langen ©d^Iummer ber geiftigen 
Äräfte in ben Qal^rl^unberten ber S^'^ftörung unb SSertoitberung 
follte baS @rh)ad^en neuen geiftigen SebenS folgen. 3m langen 
SBtnter l^atte fid^ im Verborgenen vorbereitet, t»aS im ^rül^^ 
Knge be^ jtoölften Sal^rl^unbertg in neuen Stütl^en l^eröorftjroffen 
fottte. S35enn man im ©efül^t ber affgemeinen Slol^l^eit unb SSer« 
toilberung im elften 3<^^^^wnbert fd^on bem ®nbe ber SBelt unb 
ber Jjerfönlid^en SBieberlunft ßl^rifti entgegenfal^, fo foffte Ifin« 
gegen eine neue ®t)od^e beS Sebeng ber SBelt fid^ anbal^nen unb 
ba« Äommen ß^rifti in einem geiftigen ©inne gur ©rneuerung 
ber Äird^e ftd^ Vorbereiten. 3Q5ie bie fird^Iid^e J^l^eofratie, au9 
ben längft öor^anbenen Äeimen ftd^ enttoidEelnb, bie gefd^id^tlid^ 
bebingte ^orm bilbete, unter ber bie nod^ unmünbigen, gefe^Iid^et 
3ud^t bebürfenben S3ößer ben ©egen be« ß^riftentJ^umS tmp^auQ^n 
fofften, fo toar bie t)ä))ftlid^e Äird^enleitung, toeldje bamafö an 
ber ©})i|e affer Silbung ftanb, au3 bem Äamjjfe mit einer fRo^^ 
l^eit, toeld^e 2lffeg tl^eife ju bertoeltlid^en , tl^eifö ju jerftören 
brol^te, pegreid^ J^erborgegangett. ®er ertoad^enbe (Sifer für bie 
Erneuerung be« ürd^Iid^en SebenS berbanb fid^ mit bem gegen bie 
Slealtionen einer ro^en, berberbten ©eiftlid^feit unb einer SBifflüt 
ber toeltlid^en 3Rad^t lämjjfenben ^Pajjfttl^um unter (Sregor VIL 
S33ir feigen eine neue ©rtoedfung beS religiöfen Seben« unter ben 
SSöItern l^erborbred^en. @$ ertoad^t au^ ber SButl^ ber Seiben« 
fd^aften unb ben rollen äludbrfid^en ber ®etoaIt ein mäd^tigeS ©e^ 
\&\)l ber S3uge. 2)er SHuf )u ben Jtreujjügen finbet barin feinen 

Steanbet, bct Vtt. Sernl^atb. i 



2 Sern^arb t)on (Stair^au;:. 

ÄttfdJKefeuttgSJJunft unb Beförbert nodj mel^r biefc antegung. 
^eruntjiel^enbe 93u^))rebiger gelpinnen (etd^t Singang Bei ber neuen 
teligtöfen emjjfänglid^Ieit ber SSölIer. fromme ©emeinfd^aften 
enttoidfeln fid^ leidet unb toerbteiten ftd^. ®in neuer ©ifer für bie 
Slefomtation be« SWönd^Stl^um« ergreift ernftere ©emütl^er. S)er 
2:rieB jur ©enteinfd^aft fe^t ftd^ mit bem religiöfen ©lement in 
SSerbinbung. ©eften, toeld^e ein ber ^errfdjenben Slid^tung ent* 
gegengefe^teig religiöfe« ßtement Derbreiten, bie 3Serft)eItIid^ung 
ber Jtird^e angreifen, finben au(b in bem ftd^ mäd^tig regenben 
religiöfen Sebürfniffe il^ren 3lnfd^IieBung^t)unft. 6« jeigen ftd^ 
mand^erlei 3^i^^« ^^n einer foldjen neuen Sluggie^ung be« l^et« 
ligen ©eifteö, toeld^e bie Beginnenben fdjö})ferifdjen @pd6)m in ber 
Äird^engefd^idjte id^araiteriftren. @« Beburfte nur einer fd^arfen 
©id^tung, um ba« neu fid^ regenbe l^ö^ere SeBen bon ben jld^ 
Beimifd^enben frembartigen @tementen }u fonbern unb e$ gegen 
bie brol^eiiben SSerunreinigungen ju bertoal^ren. Slud^ in ber ®nts 
h)idEIung ber SBiffenfd^aft laffen fid^ bie neuen Setoegungen ber 
®eifter erlennen. SKonnid^faltige großartige Slid^tungen treten 
tnit einanber in Raxnpl unb eg fragt fid^ nod^, auf toeld^e ©eite 
ftd^ ber ©ieg neigen ioerbe, eine ®ntfd^eibung, toeld^e über ben 
tl^eologifdjen (Seift be8 SKittelalterg Beftimmt. an aUm biefen 
nterln)ürbigen ä3en)egungen ber S^xt f)ai Sernl^arb großen %ffül 
genommen. 9Bir feigen in i^m ben 9te))räfentanten einer nad^ 
ben Sebürfniffen biefer 3«it im Sbeal aufgefaßten unb toergeiftigten 
S^l^eofratie, ben ©ferer gegen ba« SBerberBen ber Äird^e unb für 
eine ftrenge gud^t ber ©eiftlid^feit, ben Sleforwator beg SRönd^g« . 
tl^um«, ba3 bie Slid^tung eine^ mel^r toergeiftigten ß^riftent^um« 
barfteßen foK, ben Vertreter einer ©runbrid^tung ber Seit, ber 
©eful^tes unb' ^erjenSt^eoIogie, beS Befd^aulidjen SeBen«, im 
®egenfa$ mit einer bon bem innigen S^fammenl^angc mit bem 
religiöfen @Iemente fid^ lo$}ureißen brol^enben f))elulatiben unb 
bialeltifd^en Slid^tung. ®r l^at auf SBölter unb t^ürften, auf bie 
an ber ©t)i$e ber Äird^enleitung fte^enben SWänner Bebeutenb 
etngetoirlt. ^ie Segeifterung für bie Jtreu))üge afö d^riftlid^e 
itrieg^untemel^mungen ift burd^ il^n Befonber« Beförbert toorben. 
@r l^at einen d^riftlid^en ^iegerftanb ju Bilben gefud^t. äBenn 
toir fo im fturjen bie ©tedung Sern^arb« }u aDem ©roßen 
feiner 3^i^ Be}eid^nen, erl^eKt bie große' Sebeutung bed aRanned^ 
beffen SeBen unb Sßirlfamteit toir nun im (Sinjelnen n&l^er Be^ 
irad^ten tooKen« 



« 

I. 

f8txvÜ)ca:h9 ScJcti 5t« gunt ))ci|)ftltd^cn ©^iSma int ^(ä)xt 
1130, feine ©tgiel^ung, fein teligiöfcr ©nttoicHungSgang, 
fein Eintritt in ben ©iftetcienfetotben, feine SBirffantfcit 
aU Sl6t i)on (Slairijauy, aHgenteine UeBerfiii^t bcrfeHben in 
il^ren' manni^fad^en SSejiel^ungen. 

Qm tJontoineS im Surgunbifd^en, untoeit 3)iiott, tourbey 
SSernl^arb im ^afjxc 1091 geboten. S^or jeidjneten ftd& feine: 
beibcn @Itetn, fein SSater 2;eceltn, ein Slitter au8 einem alten 
ablid^en ©efd^Ied^te, unb fein^ 5IRutter ättetl^, burd^ frommen 
SeBen^toanbel unb treue SJ^flid^terfüttung au8; ba a6er ber Sater 
ben größten S^l^eil feine« Seben« unter ben SBaffen jubrad^te, fo 
fonnte er jtd^ bal^er um bie ®rjie]^ung feine« 6ol^ne« nur loenig 
belümmern, unb bie Sorge für biefelbe blieb grö^tentl^eil« feiner 
aWutter äletlj überlaffen. 

®iefe gel^örte ju ben frommen grauen ber. Seit, loeldje 
l^äufig ben Irtegerifd^en Slittem jur Seite ftanben, unb burd^ bie 
innige« ßl^riftentl&um'in ber garbe biefer 3^it in ba« gamilien« 
leben eingefül^rt lourbe. Sie l^atten auf bie @r}tel^ung ber j^inber 
ben größten ®influ^, tl^iltcn i^nen frül^ ben Saamen ber gröm« 
tntg!eit mit, toeld^er, toenn er aud^ im folgenben Seben burd^ 
mannid^fad^e ^Stürme unterbrüdft }u fein fd^ien, bod^ bon Steuern 
IJeröorbred^en unb burdjbringen lonnte. SBie ba« befd^aulid^e^ 
ftrenge Seben ber 3Rön(|e einen ©egenfa^ mit bem toilben treiben 
ber Slitter unb ©ro^en bilbete, fo toaren biefe frommen grauen 
l^&ufig bon 3Rönd^en al« i^ren geiftlid^en Statl^gebem umgeben, 
unb ber Sinflu^ berfelben ging auf bie Srjiel^ung ber Jtinber 
über. S>ie frdmmen grauen ful^lten fid^ gebrungen, il^re 
@5l^ne gleid^ bem S>ienfte ®otte«^ )u ioeil^en, b. 1^. bem geift« 
lid^en ober 9Rönd^«'6tanbe ju beftimmen. S)ie Srjie^ung burd^ 
fold^e frpmme 3Rfitter l^atte ben größten Sinflu^ auf bie Silbung 
ber au«ge}eid^net{len SRfinner ber Jtird^e, loie toir an bem 93ei> 
ft^iele eine« älnfefm bon Santerbur);, eine« $eter bon Slugnl; 
feigen. @« tbirb bon ber älletl^ er}&l^lt, ba^ fte felbfl i^re jtinber 
fSugte, unb ber £eben«befd^reiber Seml^arb« fagt, bag jie mit ber 
SVtuttermild^ gleid^fam alle« mütterliche ®ute ben @5l^nen ein« 
fiS^en tboDte^). ^ffvt fteben Jtinber, fed^« itnaben unb ein 

1) Quasi com lacte materno matetui quodammodo boni infun- 
dens eis naturam. Vit. Bern. lib. I auct. Guillelmo cap. 1 §. 1 
Bernard. opp. ed. Mabillon Paris 1690 t. II pag. 1063. (S« ifl l^ier 
|n bergUi<^ni, loa« fii^on unter ben lUten ber ^^tlofo))]^ gatorinnd unter 

1* 



4 dernl^acb Don Q[(airt>au^. 

üßäbd^en, trug fte halb nad^ ber ©ebutt )um Slltav unb bvad^te 
pe bar gum 3)ienfte be8 §errn für ben geiftlid^en ober iUlönd^*» 
6tanb. S)o(i^ nid^t alle entf})rad^en biefer Seftimmung. 316er 
bor allen toeil^te fte il^ren britten ©ol^n^ Sernl^arb, ®ott für biefen 
Seruf. ^ier- lam nod^ ein frefonbereiS S^raumgefid^t l^inju, toie 
ntan in S^raumgefid^ten leidet bamatö göttlid^e geid^en fal^, bad 
ein SKönd^, ben fie um ^aifj fragte, fo auflegte: er rterbe ein 
eifriger unb ftanbl^after Streiter für bie Äird^e toerben. Unter 
bem ©influffe ber Wl'6nä)t, toeld^e bie Slatl^geber unb gfül^rer feiner 
aWutter toaren, tourbe Sernl^arb erjogen. ©ie felbft fül^rte, un*« 
äl^nlid^ albern ^auen i^reS Staube«, toeltlid^ 5ßrad^t meibenb, 
ein ftiffe«, einfameS Seben. ßinige S^i^re öor il^rem ®nbe gab 
fte il^rem $aufe ein nod^ mel^r Ilöfterlidje« Slnfel^n, mit t5«ften, 
®ebet unb Sllmofenöertl^eilen Befd^äftigt. 3n ber mit ber Äird^e 
$u ß^atiffon öerbunbenen ©d&ule lie^ fte il^rem ©ol^ne Seml^arb 
ben erften ium geiftlid^en ©tanbe l;)orbereitenben Unterrid^t er« 
tl^eilen. 

®er Änabc jeigte ftd^ frül^ em})fänglid^ für bie Don ber 
SRutter il^m gegebene 9iid^tung. @in innige«, \>i>n ünblid^em 
©lauben erfütttc« ©emütlj^ entloidfelte ftd^ in il^m. 2lfö er einft 
an l^eftigen fio))ffd^mergen litt, unb eine ^Jrau, beren gauberlünfte 
gerül^mt lourben, il^n burd^ 93eft)red^ung l^eilen tooUte, toie« er 
bie« mit frommem 3lBfd^eu jurüdE, unb er fanb fein gläubige« 
aSertrauen betoäl^rt, al« er balb öon feinen ©d^mergen ftd^ befreit 
fal^. ^I« er einft bei ber ^eter ber SBeil^nad^t«nad^t bem ©d^laf 
unterlag, l^atte er einen 2^rautp, in toeld^em ba« 6l^riftu«Iinb boK 
§errlid^Ieit ilj^«^ erfd^ien, unb man glaubte immer in biefer ©tunbe 
eine bcfonbere Äraft ber Slnbad^t in feinen jur l^eiligen geier ge« 
ft)rod^enen äBorten gu bemerlen. 3lud^ in bem ällmofengeben Don 
bem erf})arien ©elbe, unb toobei er älugengeugen Dermieb, geigte 
fidj feine ftiHe fjrömmigleit. 

911« Sernl^arb in biefer Stid^tung ani bem Anabenalter itt^« 
Jünglingsalter l^inübergutreten im Segriff ioar, berlor er feine 
fromme 3Kutter. 2)ie 2lrt il^re« 2lbfd^eiben« mufete nod^ einen 
befonberen @inbrudC in feinem ©emütl^ gurüdElaffen. @ie l^atte 
^in xfjtm, bi«]^erigen SBanbel entf))red^enbe« 6nbe. Umgeben öoti 
ben ©eiftlid^en, toeld^e bie bei fold^en ©elegenl^eiten üblid^en 
lieber ber Jtird^e fangen, nal^m fte felbft tl^ätigen S^ntl^eil an bem 



Um Stax\tx 9[ugu{luS ^u ^tl^en über btefe @orge ber WlMtx fagte: Qaae, 
malum, igitnr ratio est, nobilitatem istam nati modo hominis, cor- 
pnsque et animum bene ingeniatis primordiia inchoatum insitivo 
degenerique alimento lactis alieni corrampere? A. Gellius noct 
attic. XII, 1, 17. 



8eml^atb t)oti (Elatr^au;:. 5 

©cfangc, fo lange jle ber ©jjtad^e mäd^tig \oax, unb man fal^ fte 
noä) nad^l^er bie Si})))en belegen. Slfö in ber ©tetbeliturgie bie 
SßJorte recitirt tourben: ,,2)ur(IJ beitie Seiben, unb burd^ bein fireuj 
befreie fie, o $err/' erl^ob fie nod^ bie §anb unb mad^te ein 
5«cl^en beg Äreuje^. 

©ro^en 3Serfud^ungen ging feine Qugenb entgegen. SS. 
fd^loffen fid^ il^m ©enoffen an, bie il^n in toeltlid^e Süfte gu ftürjen 
fud^ten. 2)od^ gu mäd^tig ivar ba« il^m tief einge))flanjtc ernfte 
teligiöfe ©lement, afe ba^ bie« ^ätte gelingen lönnen; grabe, 
toenn ftnnlid^e Sfteije il^m entgegenfamen, fül^lte er fid^ befto mel^r 
^ebrungen, feine ©innlid^feit ju be!cini})fen unb axx^ ben Ser« 
fud^ungen ber Seit in ba« SRönd^^tl^um ftd^ gu pd^ten. älber 
ine^r gelang ei8 feinen SBrübern, burd^ einen ebleren SReij Don ber 
urfprünglid^en Sftid^tung, bie il^m feine aWutter gegeben, il^n ob? 
^jujiel^en. 2)er religiöfen Segeifterung ging bamate bie neuer- 
töod^te toiffenfd^aftlid^e gur Seite. 33iefelbe übte befonberS über 
bie ©eelen ber Swgenb eine gro^e ©etoalt aui. 2)ie SWänner, 
toeld^e ate Seigrer ber SBiffenfd^aft unb inöbefonbere SSorftel^er 
bialeftifd^er ©deuten berül^mt toaren, jogen $unberte öon 3üng= 
lingcn auS allen ©egenben l^erbei, unb nid^t immer toar 3Bif[en= 
fd^aft unb Sfteligion in ®inllang. 3Kand^e berga^en atte anbern 
3ntere|fen über benen ber SQäiffenfd^oft, bi« burd^ innere ®nth)idf^ 
Jungen ober äu^erlid^e ßinbrüdEe ia^ religiöfe ßlement ber Seit 
feine 3Kad^t bei il^nen geltenb mad^tc, unb fte il^re frül^eren 93e- 
fd^äftigungen nun aU etft)aS Sitle« unb 5Rid^tige3 ju Derlaffen 
ftd^ gebrungen fül^lten. SSielleid^t h)ürbe e3 aud^ mit bem Serns 
l^arb fo gegongen fein, toenn bie urf})rünglid^e Slnloge unb 5Rei* 
gung feine« ©emüt^« il^m in bie toiffenfd^oftlid^en S3eftrebungen 
fo ft)eit fid^ gu Vertiefen erlaubt l^ätte. 

3n jener Seit mog ftdj 35ernl&arb mit ben römifd^en 2)id^- 
tern, toeldje ber neuertood^enbc literärifd^e ©eift begierig auffud^en 
liefe, unb ou§ benen aud^ Seml^arb ^p&kx \)\n unb lieber mand^e 
©troJ)l^en citirt, fid^ 'befd^öftigt l^oben. 6r felbft mod^te bomol« 
äSerfe \>on bielmel^r meltlid^em ol« geiftlid^em 3n^<ilt, bie il^m^ 
obgleid^ mit grofeem Unred^t, ofö feiner f})ätern d^riftlid^en 3lid&*' 
tung toiberf})redjenb, bon einem l^eftigen/ übermütl^igen ©egner, 
bem jungen Serengar, nod^l^er gum SSortourf gemod^t toerben 
lonnten. @r (wetteiferte mit feinen Srübern in ^oetifd^en^ mel^r 
auf @d^) al« (Srnft gerid^teten SSerfud^en ^). 



1) Str entnehmen bied al9 ettva« in (Srunbe (tegenbed SBa^red an9 
SBerengard Apologeticas opp. Abaelardi Paris 1616 p. 302: Imo magis 
mirandum esset, te eloqaii urgeri siccitate, quoniam aadivimus a 
primis fere adolescentiae rudimentis, cantiuncolas mimicas et urbar 



6 8ern]^arb ))on (SlairDau;. 

5Dod^ toar bte^ für SBcrnl^arb nur ein furger UcBeröangi^f 
pvixitt. @^c er baju Ipmmen lonnte, ftd^ ben öon bem Sleligiöfen 
ntel^r aBgetoanbten literärifd^en Slid^tungen feiner 3«*t ß^^i ^i«* 
jugeben, brong ber in feiner ®rjiel^ung frül^ emt)fangene tiefe 
einbrud toieber in il^m l^erbor. Dft fc^toebte i^m ba« Silb feiner 
geliebten SWutter öor; er erinnerte pd^ i^rer Sieben unb be^ 
$Ian«, ben pe mit il^m gel^abt; feine lebl^afte 5ß^antafte glaubte 
fie gutoeilen. erfd^einen gu fel^en^ iüie fie mit i^m gürnte unb il^m 
toortoarf, bo| fie il^n nid^t für biefeg eitle ©treben, toie il^nt bie 
Sefd^äftigung mit ben ©egenftänben be« toeltlid^en SBiffen« für 
fid^ allein erfd^ien^ fonbern in einer ganj anbern Hoffnung er* 
jogen l^abe. ßinft, ate er, erfüllt öon bem SBerlangen, bag SBelts 
leben mit bem SKönd^^tl^um gu öertaufd^en, attein i^inging, feine 
©ruber in bem Sager beS burgunbifd^en ^eereg, toeld^eg ba^ 
Sd^lofe ©rance^ belagerte, ju befud^en, trat il^m ba« Silb feiner 
jümenben 3Jlutter befonber« lebl^aft öor bie ©eele. 25a begab 
er ftd^ in eine om SBege ftel^enbe fiird^e, unb betete ju ®ott, ba^ 
er il^n in feinem l^eiligen 2}orfa| befeftigen möge. 3Kit bem il^m 
eigenen geuer eilte er je^t nid^t allein felbft feinen SSorfa| au«- 
jufül^ren, fonbern fud^te audj greunben unb SSertoanbten, fo biel 
er lonnte, feine Steigung mitjutl^eilen. ©eine Ueberrebung ri^ 
öiele mit il^m fort. (Sin reicher, biel begüterter $err, rul^mboller 
firieger, Sern^arb^ Dnlel, toar ber erfte unter biefen; feine er* 
toad^fenen 35rüber, ben jtoeiten, Oerl^arb, aufgenommen, folgten 
jenem nadj. 2)iefer Se^tere, ein ta})ferer Slitter, geliebt unb ge^ 
ad^tet toegen feiner ^erjen^güte unb Älugl^eit, nannte feiner 
S3rüber fd^neSen @ntfd^lu| Seic^tftnn unb tvie^ aUe SBorfteKungen 
SSernl^arb« jurüdf. $ier geigte biefer fd^on bie il^m eigentl^üm« 
.lid^e feurige Sw^erfid^t, burdj bie er nat^l^er fo öiel toirlte. 2)iefe 
Suöerfid^t ber SJegeifkerung für ba«, toai ftd^ il^m aU göttlid^ 
barfteHte, unb mit ber er aud^ 3lnbere baöon übergeugen gu muffen 
glaubte, gel^ört gu bem Sl^aratteriftifd^en biefed ÜRanne^; unb eine 
fold^e Suöerfid^t lonnte in biefer Seit, gumal ivenn mand^eS in 
fold^er Suöerfid^t geft)rod^ene SBort burd^ ben (Srfolg fidj betoSl^rte, 
leidet 2)en, ber foldje« geft^rod^en,. in ben Stuf eineg 5ßrot)l^eten 



DOS ttiodolos fictitasse. Neque certe in incerto loquimur opinionis^ 
sed testis est alumna tui patria nostri Bermonis, Nonne id etiam 
tuae memoriae altius est insi^nitum, quod fratres tuos rithmico cer- 
tamine, acataeque inventionis versatia semper exsuperare conteji- 
debas? Cui gravis et peracerba videbator injuria , reperire aliquem 
qui pari responderet protervia. Possem aliqua de nugis tuis huio 
opnsculo ex testiam probabilium astipulatione inserere, sed rereor 
paginam foedi commenti interpositione interpolari. Ceteram cnn- 
ctia nota teste non indigent. 



SBcrn^arb t>pn (Sfatrtsaujr. "^ 7 

Brirtöen. „3^ toeig eg, — fagte et ju feinem S3ruber — nur 
Setben toerben \>xä) jur Sepnnung bringen , unb — feine $anb 
an be^ SruberS ©eite legenb — eg toirb unb balb toirb bie 
3eit fommen, ba^ eine Sänge in biefe ©eite gefto^en^ bein §erj 
bem Statine i^^-^tiU, btn bu je^t öerfd^mäl^ft, öffnen toirb." Slad^ 
l^er tourbe ©erl^arb burd^ etn^ Sänge öertounbet unb gefangen 
genommen, -unb aU er bie greil^eit lieber erl^ielt, h)ar er ent* 
fd^Ioffen, mit feinen Srübern aWönd^ gu Werben. ®inbrü(fe, toie 
biefe, filierten bamafö l^äufig Sold^e, bie nie öorl^er baran 
gebadet l^atten, mitten au^ einem gang toeltlid^en Seben bem 
3Jiönd^Stl^um gu. ©old^e, toeld^e burd^ fd^toere Äranfl^eiten bem 
3^obe nal^e geSrod^t, toeld^e au^ einer pimi^en großen (Sefol^r 
gerettet ioorben ; ft)ie SBern^arb^ nad^l^eriger ^Jreunb, ber Berül^mte 
^Reformator beg fiterug, ©tifter be^ 5ßrämonftratenferorben«, 
5lorbert, ber afe toeltlid^er filerifer auf ber 3«Ö^ ^on einem ®e= 
toitter üBerrafd^t unb, ba ein Sli^ neben i^m einjd^lug, befinnung«= 
log gu.SSoben geftürgt tourbe. 

3ur Sefiegelung beg gefd^Ioffenen SSunbeS begab ftd^ Sern= 
l^arb mit SÜen^n, toeld^e er guerft für benfelben gewonnen l^atte, 
in bie Äird^e, ate grabe bie SBorte ber ®px\id ^\^Hxpp. l, 6 öor= 
gelefen n)urben: „3id& bin beff eibigen in guter ^wöerfid^t, ba^ber 
in eudj angefangen ^ai ba§ gute SfiJerl, ber toirb*^ aud^ boII= 
führen big an ben 2;ag Sefu ß^rifti." S)iefe SBorte ertönten, 
bem Sernl^arb ioie eine ©timme öom §immel, bie il^n unb feine 
greunbe gur 83el^arrKd^Ieit ermunterte, unb fie gaben i^m SSeran* 
laffung gu einer feurigen 3lebe, burd^ bie er bag geuer, bon bem 
er felbft ergriffen loar, nod^ in meisteren anbe^n (SemütBern ent^ 
günbete. S)a SKand^e bon S)enen, bie fidj i^m anfc^loffen, t)er= 
leiratl^et toaren, fo forgte er nac^l^er bafür, ba§ für i^re il^ren, 
SSorfai tl^eilenben grauen ein Slonnenflofter gu guiß^ in ber 
S)iögefe bon Sangre« errid^tet tourbe, unb bie« ertoarb fid^ balb 
gro^e SReid^tl^ümer unb große« 3lnfel^n. ©ed^« SKonate lebte er 
mit feinen (äefä^rten in einem §aufe gu ß^atillon gufammen, bas 
mit fie unterbeffen il^re Slngclegenl^eiten in Drbnung bringen 
fonnten, unb er ©elegenl^eit l^ätte, nod^ SJlel^rere gu gewinnen, 
©onft Jjflegte in biefer ®egenb, toer ben ßntfc^luß gefaßt, öon ber 
8Belt fld^ gurüdfgugiel^en , fein SBorl^aben bi« gur äugfül^rung ge« 
l^eim gu l^alten; ni^t ol^ne guten @runb: |benn e« gel^örte biel 
bagu, baß @iner ftd^ bie Araft gutraute, ben SSorfteSungen, 
Ätagen unb SEl^ränen feiner SSerioanbten unb ^reunbe, toeldje il&n 
in il^rer 3Bitte gurüdfgubel^alten toünfd^ten, gu toiberftel^en. SDefto 
größeres Sluffel^n mußte e« alfo mad^en, aU man fo Diele SKänner^ 
lung unb alt, in bem Sntfdjluffe, Out, ei^re unb gamilie gu ber* 



laffen, betcmiflt unb fte bod^ toäl^rcnb eine« fo langen jtoifd^en 
bem Stttfd^Iuffe unb ber Slu^fül^runa berftte^enben 3«ittÄume« 
itid^t toanfen fal^. Unb ade« bied toir!te bie Serebtfamleit 
unb Jtraft eine« breiunbitpanjtgiäl^ttgen jungen Wanne«. 3)Dd^ 
fürd^tete biefer enblid^, ba^ ber ©ine ober ber Slnbere 
ben SReijungen ber fflelt unterliegen lönnte^ unb be^^alb be- 
fc^Iol er bie Slüdlel^r jur Sßelt feinen ©efäl^rten abjufd^neiben. 
äte er nun mit feinen Srübern bon bem bäterlid^en ^aufe 916« 
fd^ieb nal^m, fagte b^r ältefte bon biefen ju bem iüngften, SRiöarb, 
ber mit anbern Änaben auf ber ©tro|e ft)ielte: „©iel^ einmal, 
unfer ganje« ©rbgut gel^ört nun bir." 35arauf antwortete ber 
Änabe in finbli^er (Sinfalt, aber im @inne einer glaubenSboHen 
Seit: ,,2lIfo eu^ ber ^immel unb mir bie ®rbe, ba« ift leine 
flleid^e i^ieilung." 

3)a8 Älofter, ioeld^eS Sernl^arb für fid^ unb feine ^reunbe 
au^ertoäl^Ite, gel^örte nid^t ju ben reid^en unb berül^mten, h)ie 
ba« Älofter $u ßlugn^, beffen Siebte bon 5ßäJ)ften unb iJaifern 
l^od^geel^rt Würben; fonbern e« toar ein armfelige«, baS Wegen 
ber großen Strenge unb ber (Sntfagungen, bie e8 in feiner 2lr= 
mut^ ben aRitgliebern auferlegte, erft Wenige l^atte gewinnen 
Mnnen, bag Älofter (Siftercium ((Siteauj) in einer Wilben ßinöbc 
be« 93t«tl^um« Sl^alon« für @aone, unWeit 3)i)on. 

3)iefe« Älofter War au« einem ber afleformationgberfud^ie, 
Weld^e bie "^ice be« 5Dtönd^«t]^um« au« ben ©ntartungen beffelben 
immer Wieber neu l^erborrief, l^erborgegangen. 3m (Segenfa^ mit 
ber SBerWeltlic^ung unb Ue})|)ig!eit ber 3Dlönd^e, Weld^e auf bie 
großen Sleid^tl^ümer, eine grud^t ber erften 3Bönd^«tugenben , ber 
^ airbeit unb (Sntfagung, balb gu folgen J)flegten, trat befto ftSrIer 
in ernften Oemüt^ern au« ber änfd^auung ber alten SKufter be« 
3Könd^«tl^um« ba« Serlangen, bie alte Strenge gang, Wieberl^er^ 
jufteUen, l^erbor. Sil« Entartung be« aKönd^«t^um« erfd^ien 
3Kand^em nid^t bloß gu^tlofigleit unb Ue})})igleit, fonbern aud^ 
bie Sefd^äftigung mit Sßiffenfd^aft unb Äunft, bie 5ßrad&t in ber 
3lu«fd^müdEung ber Älöfter, Sitte«, außer ber SSefd^äftigung mit 
3l«cetil unb ^nbad^t, ätte«, Wa« nid^t ber aj)oftolifd&en Slrmut^, 
Wie man fie fid^ ]pad^te, entf))rad^. ©o, wäl^renb bie berül^mte 
Stiftung ^ be« Äluniacenferorben« pd^ bon ber urfjjrünglid^en 
Strenge entfernt unb einer milberen Slid^tung fid^ l^ingegeben, aud^ 
Wiffenfd^aftlid^e Stubien unb Äünfte in il^ren SRauern jugelaffen 
l^atte, fottte bie SDlön(^«berbinbung, bie bon ©iteauj au«ging, einen 
®egenfa$ baWiber bilben, bie alte 9R5nd^«ftrenge nad^ ber Sene^ 
biltinerregel bud^ftSblid^ Wieberl^erftetten. ®« War Stöbert, ein 



äblid^er an^ (S^ampaQxit, ber bon fluider Äinbl^ctt bem SKönd^g* 
ftanbe gctoei^t toorbcn, lein Äloftet aber, bag feinen Slnfotbe- 
tungen tnt^pxa^, l^atte finben Ißnnen ; er ftiftete, nad^bem et fd^on 
früher bergeblid^ anber^too einen fbldjen SSerfud^ ßemaä^t i)aiU, 
im Söi&re 1098 bag Äloftet 6iteau£ in -bem Si^tl^um toort ß^along, 
@t fonnte aber ba$ SBetl bott ntd^t boQenben, ba er burd^ ben 
Sefel^l bei8 Sßo})fte3 genötJ^igt tourbe^ ju feinen frül^eren ©efä^rten^. 
bie er, mit il^nen unjufrieben, öerlaff^n l^atte, jurüdEgufel^ren, 
©ein Sflad^folger tourbe 3liBerid^, uhb biefem folgte ein ©nglänber^ 
&Up^an ^arbing, ber bamalige 2lbt, toeld^er nur ad^tjel^n 3Rönd^t 
unter feiner Seitung^ l^atte, als Sernl^arb mit m^^v afö brei^ig. 
©ef alerten im ^ai)x^ 1113 fid^ benfelben gugefeffte. 

95ernl^arb tourbe mit ganjer 6eele SDlönd^ ; mit bem grö^ten^ 
©ifer öerrid^tete er alle arbeiten unb brad^te alle Djjfer ber 
©elbftberleugnung , bie öon einem fold^en »erlangt tourben. 35ie 
l^ärtefte 3lrbeit auf bem gelbe unb im SBBalbe fd^eute er nid^t, 
feine leiblid^en Äräfte überbietenb ; unb bie leiblid^e 2trbeit fdnnte 
feinen (Seift' nid^t nieberbrüdfen : fein $erj etl^ob ftd^ im ®ebet 
unb in ber Setrad^tung gu ®ott. SEBenn er öon ber Arbeit frei 
toax, befd^äftigte er fid^ mit geiftlid^en ©tubien, unb baS Siebftr 
toax il^m ba« ©tubtum ber l^eiligen ©d^rift. ©r meinte biefe 
befjer auS t^r felbft/ ate au^ irgenb einem Äommentar öerftel^en^ 
ju lernen, unb er bejeugte, ba| man öon ber göttlid^ien SBa^rl^eit 
unb Äraft mel^r au^ bem Urquell felbft, aU aug allen abgeleiteten 
Säd^en erfalj^re 0. 2)ie SBorte ber ©d^rift, bie er in feinen Slu^e* 
ftunben gelefen, trug er bann mit fid^ l^erum unb fie gaben il^m 
©toff 3ur Setrad^tung bei feinen älrbeiten unter freiem $immeL 
$ier ging il^m im Umgange mit ®ott mand^eS ßid^t auf, unb er 
J)flegte nod^ im fjjäteren Sllter auf feine eigentl^ümlid^e 3Beife gu- 
fdgen: ft)a« er bon ber l^eiligen ©d^rift Derfte^e, unb alle feine 
geiftlid^e ßrfal^rung, l^abe er befonber« in SOäälbetn unb auf 
gelbem burd^ Setrad^tung ,unb ®ebet emjjfangen, unb er l^abe 
leine anberen Seigrer gel^abt aU bie ©id^en unb Sud^en. a)al^er 
fd^rieb er ft)äterl^in einem S^^eologen ber Jjarifer Uniöerfität, bem 
^einrid^ ^urbad^ an^ @nglanb, ber nad^^er toirflid^ feiner äluf- 
forberung folgte unb SKönd^ tourbe, fj)äter ®rjbifd^of öon g)orI; 
„@laube bem ©rfai&renen. ®u toirft ettoaS mel^r in ben SBälbern,. 



1) Vit. Bernard. laud. I, 4, 24: Canonicas scripturas simplioiter 
et seriatim libentius ac saepius legebat; iiec Ullis magis, quam ip- 
flarum verbis eas intelligere se dicebat; et quicquid m iis divinae 
sibi elucebat veritatis aut virtutis, in priniae sibi originis suae foute 
magis, quam in decurrentibus expositionum rivis sapere testabatur^ 



XO Qern^arb Don (StairDau;:. 

aU in ben Sudlern finben. ^olj unb ©teine toetben bid^ lel^cn^ 
ioad bu au^ bem ÜKunbe bct aJleifter nid^t tjerne^mcn lannft"-^). 

gtemb toar biefet geit bie Sluffoffung be« (^riftlid^en ?ßrin* 
cij)« afe fce« t) etil ärcnben für allcS SWcnfd^Itd^e, bie 3bee be« 
flöttUc^cn SebcttS al8 eine« nid^t über bie ©d^tanfen ber aJlenfd&s 
Ij^eit J^inaugftrebenben, fonbern in benfelben fid^ bertoirflid^enben, 
toie fd^on längft biefe« äd^te d^riftlid^e Jßtinci)) mel^r betbunfelt 
töorben, unb an bie ©teile bet gleid^mäligen Setflärung alle« 
3Renfd^Iid^en bad Streben nad^ einer übermenfd^lid^en SoDfommen* 
l^eit getreten toar. 2)icfe erftrebte bag SWönd^^tl^um. ®er rollen 
SJerh>eItlid&ung ftettte fid^ l^ier bie agcetifc^e ©nttoeltlid^ung, ba« 
©treben nad^ übermenfd^Iii^er UnterbrüdEung ber natürlid^en Se» 
bürfniffe, Srtöbtung, nic^t Serllörung ber ©innlid^feit entgegen. 
3)iefe S'^ee be« 9Rönd[;§tl^umg l^atte SernJ^^arb^ h)ie er öon ganjer 
©eele 9Rönd^ getoorben^ in il^rem ®it)felj)unlt fid^ angeeignet. ®r 
fd^ämte fxd^ ber fxnnlid^en SSebürfniffe, tooHte gern reiner (Seift 
fein, unabl^ängig Dom Seibe, ber il^m toie eine fd^toere Saft er« 
fd^ien. ®ern tooHte er bie Sefriebigung ber natürlid^en Sebürfs 
niffe, toie im (Sffen unb ©d^Iafen, fo Diel er lonnte, befd^ränlen. 
aSäenn er notl^gebrungen bem finnlid^en Sebürfniffe nad^geben 
tttu^te, ftrebte er bod^ ben (Seift unabl^ängig ju erl^alten, jebe« 
(Sefül^l ber Suft ober Unluft babei gu unterbrüdfen. 2)urd^ fold^c 
Slnftrengungen, ©ntbe Irrungen, auf Äoftcn beffen, toag bie Slatur 
Verlangt, jerftörte er feine ©efunbl^eit^ legte er ben ©runb ju ben 
Äranl^eiten, mit benen er nad^l^er ju fämjjfen l^atte. 3lber in 
einer fold&en 3^i^ "^"gte il^m ein fo ftrengeg 2^Un in (Srtöbtung 
ber ©innlid^feit befto größere SSerel^rung ertoerben. ^r erfc^ien 
aU 9Kufter eine« aWönd^g. SDie aWad^t feiner religiöfen Se:= 
geifterung, bie gu^^^pd^t feiner religiöfen Ueberjeugung, bie Äraft 
feiner SRebe lonntc nad^l^er gerabe im Sontraft mit bem abge= 
jel^rten, fd^tpoxi^en Seibe, ber bie ©))uren aller (Sntfagungen an 
ftd^ trug, befto ©rötere« toirfen. ©o gcfd^al^ eg, bag Sernl^arb, 
crft fünfunbjtoanjig ^af)xt alt, an^ bem 2tbl^ängigleitgtjer]&ältni§, 
in bem er fic^ guerft jum Won^ gebilbet unb afe 3Könd^ gear= 
beitet l^atte, l^erau^treten, eine bebeutenbe felbftftänbige ©teffung 
im 3)lönd^§t^um erl^alten, eineg ber ^äupUx unter ben aKöndJen 
toerben lonnte. 

2)a fein Sftuf balb aud^ öiele Slnbere nad^ bem bigl^er toenig 
Befud^ten Älofter (5iteau£ i^injog, genügte biefe« ber Vergrößerten 
Saf)l ber SKönd^e nid^t mel^r. gromme ©d^enlungen festen ben 

1) Rp. IOC: Experto crede: aliquid amplius invenies in Silvia, 
quam in libris. Ligna et lapides docebunt te, quod a magistris 
audire non possis. 



Sern^arb ton CUiröaua?. 11 

Slbt in ben ©tanb, jtoei neue ftißftet anjulegen, unb na<]^ btefeti 
hjurbe ba§ balb fo Jbetül^mte Älofter ElarabaBi« (ßlairöaug) ge« 
ftiftet; toeld^em ber neue aWönd^gorber^ für fein Snfel^n unb feine 
aSergrögerung ia§ 9Reifte berbanfte. 3)er SRitter §ugo üon 
ßl^amj)agne, ben feine Slnbad^t fd^on betoogcn, jum (Stabe beg 
^eilanbS gu toallfal^ten unb ndd^l^er 2^emj)ell^err ju toetbcn, 
fd^enfte bem Slbte ^arbing gu jenem 3toe(f e ein toilbe^, öbe§, in 
bcm Segirfe be§ SiStJ^um« fiangre^ gelegene^ %f)al, toeld^e« 
el^emal^, hJeil eine SläuberBanbe bort gel^aufet l^atte, baS 2ll^al 
beg SBermutl^g (vallis absinthialis) gel^eifeen l^atte ^), naäf 8lu§s 
tottung berfelben baS l^ette %^al (clara' vallis) genannt tourbe. 
Unb Sernl^arb tourbe im S^l^re 1115 gum Slbte beg neugeftifteten 
Älofter^ ernannt. 

' ^n jener ©eftalt, bte bon feinen Slnftrengungen unb ®nt= 
fagungen in jenen legten S^l^ren geugte, in ärmlid^er %xa^i ers 
fd^ien SSernl^arb , , begleitet bon einem anbern SRönd^e an^ bem 
Älofter^ ber feinem ftattlid^en Slnfel^n nad^ mel^r gum Slbte ge- 
eignet fd^ien, bor bem SSifd^of bon fel^alon^ für 3Karne, toeld^er, 
ba ba§ SiStl^um Sangre^ grabe erlebigt foax, ben neuen 3lbt gu 
toeil^en l^atte. 6ö toar ber berül^mte aSill^elm bon 6l^amj)eau£ 
(a Campelliß), einer ber bialeftifd^en Sl^eologen biefer 3^^^^ ^^^^ 
i)on einer milben, J)raltifd^en Slid^tung, in mand^er §infid^t bem 
Seml^arb mel^r geifte^bertoanbt. a)er SlnblidE eine^ fold^en fions 
traftg erregte nad^ ber SSerfd^iebenl^ett ber (Semütl^er unter ben 
(SJeiftKd^en unb Seuten be« Sifd^ofg ßJefäd^ter, ober S5eh)unberung 
unb SSerel^rung Sernl^arbg. 2)er Sifd^of felbft tourbe fein eif* 
rigfter tJreunb unb Serel^rer^ ba er ben lebenbigen ®eift bott 
Äraft in bem abgelebten, fd^toad^en ©efäfee gu erfennen tou^te, 
unb er trug biel bagu bei, feinen Stuf aud^ unter ben übrigen 
SBifd^öfen toeit gu berbreiten. 

2)ag ftreng=agcetifd^e Seben, ba« SSernl^arb gu 6Iairbau£ fort^ 
fe^te, mu^te feine fd^on gefd^toäd^te ©cfunbl^eit enblid^ gang ger^ 
ftören. 2)ie8 fürd^tete aOBill^elm bon 6]&am})eau£. ©r berfd^affte 
jid^ be^toegen bon bem (Siftercienferfajjit'el auf ein gal^r bie 2luf*« 
jid^t über il^n; er lie^ il^m eine SBol^nung aufeerl^alb be« filofter« 
hauen, too er, ol^ne um beffen ätngelegenl^eiten pd^ gu befümmern, 
ein 3al^r lang bleiben mu$U, unb übergab il^n ber ^Jürforge 
eined äßanne^, ber aber biefe fd^led|t genug bertoaltete. Raum 



1) aWan !8tmtc glauben, bag ber Ort burdj bte Umbilbung in ein 
Alojler ben Flamen (SUrabaUid er^idten ^abe, tvie bied au4 ältere 
@(!^riftßeller anbeuten; aber au9 ber €>(!^en!uiid9urtanbe bei (S^tffiet Bei^ 
nardi ir^nus illustre assertum p. 672 erhellt, bag ber Ort \^en früher, 
bieHei^t feit ber lOertilgung ber MnUxt^Bl^U, ben 92amen fU(frte. 



12 8ern^avb x>on (SlatrDani:. 

ahix toat Seml^arb Don biefer Ser))f[id^tung freigeft^rod^en, laum 
l^atte et feine Slbt^fteffe toieber angetreten, fo finfl et aud^ feine 
botige Seben^toeife ioiebet an. 

aSie SUlönd^e in bem neuen Äloftet, ba« in jenet SaSilbni^ 
angelegt toutbe, l^atten anfangt mit ^o^em SRangel 3u Ump\m, 
unb fie mußten bon bet bürftigften Ro% bie laum füt SRenfd^en 
geeignet fd^ien, fid^ nSl^ten. äbet Sernl^atb« Seift^iel unb SBott 
flößte il^nen Ätaft ein, ben Sibetpanb bet 3latut butd^ faute 
3ltbeit )u übetioinben unb aSe Sntfagungen )u ttagen. ©ein 
gläubiges SSetttauen etmuntette fte, in aSet 9lotl^ auSjul^atten. 
®inft bei l^etannal^enbem SBintet btol^te gtofeet SWangel. SDet 
betjtoeifelnbe Äeffetmeiftet beS Äloftet«, fein fd^on ettoäl^ntet 
Stuber ©etl^arb, Ilagte bem Sernl^arb bie grofee 3lotl), füt iweld^e 
feine Slbl^ülfe fid^ jeigte. Setnl^atb na^m feine 3"Pw^^ i^ ^^^ 
3Rittel, toeld^e« et immet angutoenben p^tQU, too atte menfd^lid^e 
$ülfe il^m betfagt toat, gum ®ebet. Unb ba toutbe eine gtau, 
bie il^n ju fjjtedjen toünfd^te, il^m gemelbet. @8 toat bie gtau 
eines ©utSbeft^etS, toeld^e bie Summe ®elbeS brad^te, beten man 
gtabe bebutfte, inbem fie, toie bamalS oft in fold^en t$ällen gu 
gefd^el^en t)flegte, um t^eilnel^menbe gütbitte füt il^ten fd^toet^ 
Itanfen aRann Setnl^otb an\pxaif. ©o toutbe baS SBetttouen 
Setnl^atb« etfüHt, unb et lonnte feinen Stubet, auf biefe unet- 
toattete $ülfe [\^ betufenb, mahnen, lünftig nid^t fo Ileingläubig 
ju fein. 3)utd^ bie bon SSetnl^atb geleitete faute ätbeit bet 
SRönd^e etl^ielt baS Äloftet biele ©ütet. ängefel^ene unb teidje 
5IRännet ttaUn in baffelbe ein^ unb btad^ten gto^e ©djenlungen. 
2)ie Sal^l bet SRönd^e toutbe fo gto|, bafe baS Äloftet neugebaut, 
fel^t ettoeitett toetben mu|te. SBit fe^en an bem Seifjjiete biefeS 
Äloftet«, toelc^en SSottl^eil bet butd^ faute Sltbeit ertoorbene SleidJ« 
tl^um bet Älöftet untet bet Seitung ftommet Siebte bem gangen 
Sanbe btad^te. ®« geigte fid^ befonbetS in ben fallen attgemeinetet 
3lotl^. Sei einet fold^en gto^en ^ungetSnotl^ in Sutgunb lam 
eine gai^lteid^e @d^aat bon 'ältmen nad^ 6laitt»au£. SBeil Setn« 
l^atb abet nid^t l^offen lonnte, allen bis gut n&d^ften ©tubte l^in* 
teid^enbe Sial^tung geben gu lönnen, toä^lte et gtoeitaufenb au§, 
mai)U fte butd^ ein il^nen angelj^efteteS 3^i^^« lenntlidj ^), unb 
t>ett)flid^tete ftd^, biefen gleid^mä^igen Untetl^alt gu ettl^eilen, 
toäl&tenb bie Uebtigen getingete 3llmofen etl^ielten *). äud^ Slnbete 
tou^te Setnl^atb gut Sßol^ltl^ätigteit Dielfad^ angutegen. ^et @taf 
2^l^eobalb bon 6l^am|)agne gel^örte befonbetS gu ^enen, bie l^iet 



1^ Accepit^ub signaculo. 



2) Vit* lY Bern. aact. Job. Eremit« lib. IL §. 6 opp. ed. Mabill. 
l n, 1287. 



©crn^arb Don (Sfairbauj. 15 

feinem SRatl^ folgten. 6r gab il^m bic 2lntt)eifung; jur SBol^t* 
l^ätigfett beftintmteg (Selb gu tJerjinfen, wnb fo bauernbe fromm? 
Stiftungen ^u mad^en^). 

2)en ©nbrudf, tüeld^en bie Sage be§' Drtö unb bie burd^ 
Sctn^arb aufredet erl^altene ftrenge Dtbnung beg Älofterg auf 
bie äßenfd^en mad^te^ fd^Ubert am beften einer feiner ^reunbe, ber 
€xn 93i(b bon feinem Seben enttoorfen^): ,,Q^ toar ein ober 
$[a| jtoifd^en ftnfterrf SQSälbetn, bon Sergen eingefd^Iojfen. SBer 
bon ben Sergen i^inabfam, l^iJrte in jenem S^l^ale boHer 3Kenfd^en, 
tt)o deiner mü^ig fein burfte, ^^h^x arbeitete, unb mit bem il^m 
übertragenen SBerle befd^äftigt toar, mitten am 2^age bie ©titte 
ber SRad^t, nur unterbrod^en burd^ baö ®eräufd^ ber 3lrbeitenben 
unb bie Sobgefänge auf bie ©ottl^eit. SDiefe ©titte erregte hei 
ben borübergel^enben Saien eine fold^e ©l^rfurd^t, ba^ fie ftd^ 
fd^euten, anber^^ aU l^eilige 2)inge l^ier ju reben." 

SBie Sernl^arb feit feiner toieberbegonnenen 2lmt§tl^ätig!eit 
fortful^r, feine leiblid^en Gräfte ju überbieten, fo mu^te enblid^ 
feine ©efunbl^eit ganj unterliegen. Sr fal^ fid^ genötl^igt, bon 
ben SWönd^en fid^ mel^r jurüdfjujiei^en, unb eine befonbere SBol^- 
nung ju nel^men. ©d^toer tt)urbe bieä il^m. (Sr Magte fid^ fetbft 
ttad^l^er an, ba^ er burd^ ben ungemä^igten ©fer feiner Swgenb 
feinen Seib für bie 2i^ätigfeit, bie er gern ausüben toottte, un^^ 
lüd^tig gemad^t l^atte. 2lber freilid^, bietteid^t l^ätte er in ge- 
funbem Seibe nic^t fo &xo^ei toirlen lönnen, toie je^t in bem 
abgefeierten. Ungel^euer toar ber ©inbrudf ber J^öl^eren il^n be- 
feelenben Äraft in einem fo abgelebten, l^ittfättigen Organe. Si« 
^eitgenoffen jeugen babon, toie mäd^tig er burd^ bie ©etoalt 
feiner 3lebe, burd^ feine blo^e ßrfd^einung auf SJJlenfd^en an^ aUm 
©täuben eintoirlen lonnte. Site er in SDeutfd^lanb ben Äreujjug 
berlünbete, tourben SDlenfd^en, bie feine ©^jrad^e nid^t berftei^en 
fonnten, burd^ ben (Sinbrurf ber ©rfd^einung be§ Siebenben jit 
2:ieränen gerührt. ®in fd^öneg S3ilb feiner SBirIfamfeit giebt un3 



1) Eleemosynas ea sagacitate disponere, ut semper fructifi- 
cantes redivivis et renascentibus accessionibus novas semper 
eleemosynas parturirent. Vit. Bernard. Hb. II auct. Ernald. cap. 
8, 52. 

@d gte6t mand^e S^nltt^e iBeifptele bon bem, toad fromme ^ebte unb 
«tfd^öfc in biefer 3"^ ^"^* i^« 2Bo(;U^ättgfeit »irften. 2)ic t)on ^lorbert 
gefitftete ^btet ^^remonfire übernahm roäf^renb feiner ^bmefenl^eit in einer 
^uimerdnot^, fünf^unbert ^rme }u ernähren. @. Norbert! vita in äct. 
S. Jun. tom. I pag. 848. S)cr öiclocrc^rte SBifd^of $ugo toon ©rcnobfc 
berlaufte 'toä^ircnb einer ^ungerenotb, fea feine ©Neunen für bic 2lrmcn 
ni(^t ^inrei(36ten, feine Qolbnen, mit ^belßeinen belebten i^tuge unb einen 
gotbncn Äcld^» @. Vit. Hugon. Gratianopol. acta S. April tom. I 
pag. 42. 2) Vit. Hb, I auct. Guillelmo 7, 35. 

Äcanber, ber l^eil. S3«tn^«b. 2 



14 Sem^rb toon (Etairtau^. 

bte @d^ilbening eineiS f^eunbe^ nod^ loäl^tenb feined 2e6en^: 
,,3Bel(^et flarte unb gefunbe 3Rann unfrer 3^i^ ^^^ f^ ®roge$ 
tottbrad^t, aU biefet Äranle unb ©terbenbe öoKbtad^t l^at unb 
tiod^ DoQbvingt )ur (Sl^te ®otted? SBeld^e gro^e 3^^I ^on 
SWenfd^en f)at er nad^l^er burd^ fein 'SSort unb ifein 83eift)iel nid^t 
(kUtixi iux ä3efel^tung, fonbem aud^ )ur d^rifUid^en SSoUfornmeni^ett 
gefül^rfl'' @r ertväl^nt fobann bie gro^e 3Renge ber burd^ bte 
jtolonieen aud bem toerel^tten Jtlofter SlaitDütu; gegrünbeten Jtföfter 
in ben berfdjiebenften unb femften fiänbern, unb fäl^rt bann fort: 
„SBeld^e QpalinwQtn ber Jtird^e l^at er nid^t beigelegt! 9Bte l^at 
er nid^t unter ben ftreitenben ©emeinben unb aSöIIern ben f^neben 
j^ergejiettt! 3)enn — fe^t er l^in^u — bie Äraft ®otteg^ tocld^e 
in feiner @d^toäd^e befto gewaltiger ftd^ offenbart, ertoarb xf)m 
toon jener Seit an big ^eut eine befto größere ©l^rfurdjt unb befto 
größere« 2lnfel^n bei ben ajlenfc^en'' ^). SBenn ber angefül^rte 
£e6engbefd^reiber inSbefonbere fagt, ba^ burd^ Seml^arbd @in^u^ 
©old^e, bie etoige SSerbammniJj berfd^ulbet l^atten, jum ^errn feien 
Belel^rt ioorben, fo ift befonber« gu bemerlen, bafe in biefer S^tt 
ber Stol^l^eit, i^ertoal^rlofeter @r}iel^ung äJlenfd^en, bie Vermöge 
jold^er Sernad^Iäfftgung in oHe Serbred^eu/ berfunlen toaren, in 
ber ftrengen Ilöfterlid^en gud^t, unter ber loeifen unb »getoattigen 
Leitung eine« fold^en Slbte«, unter bem immertoäl^renben ©influffe 
ber Sieligion jur SSefinnung gebrod^t, gur SBu^e gerufen unb all* 
ntälig ju einem neuen Zibttt erloedft ioerben lonnten. ©o lonnte 
Sernl^arb au« feinem Älofter eine toal^re S5efferung«anftalt für 
tol^e ©ünber madj^en, ©old&e, benen bie 3;obeeftrafe brol^te, für 
ein Seben ber Sefferung gewinnen. SBir l^aben bon biefer feiner 
SBBirffamfeit ein merltoürbige« 8eift)iel. 311« Sernl^arb einft feinen 
greunb, ben frommen ©rafen il^eobalb bon ^ampa^nt, be= 
fud^en tooHte, begegnete il^m eine ©d^aar, Weld^e einen $um S^obc 
terurtl^eilten ©tra^enräuber jum ©algen geleitete. SJernl^arb ep^ 



1) Quis enim nostra aetate, quantumvis robust! corporis et ac- 
curatae valetudinis, tanta aliquando fecit, quanta iste fecit et faclt 
moribundus et languidus ad honorem Dei et sanctae ecclesiiae utili- 
tatem? Quantum postea numerum hominum verbo et exemplo tra- 
zit de saeculo, non solum ad conversionem, sed ad perfectionem? 
Quant as ex iis per totum Christianum orbem constituit domos seu civita- 
tes refugii, ut quicunque peccaverint ad mortem et aeternae mortis rei 
judicati fuerint, reminiscantur et convertantur ad dominum? Quae Schis- 
mata ecclesiae non sedavit? ^uas non confudit haereses? quam pa- 
cem inter dissidentes ecciesias et populos non restituit? Virtua 
namque Dei — fe^t er l^iingu — vehementius in infirmitate ejus re- 
fulgens, ex tunc usque hodie digniorem quandam apud homines ei 
efticit reverentiam, et in reverentia auctoritatem , et in auctoritate 
obedientiam. Vit, I, S, 40. 41» 



Sernl^arb bon (Slahftoau^. - 15 

ßtiff ben ©ttidf, an bem er gefd^Iejjpt ivutbe. 35ie Sl^tfurd^t 
t)or il^m lie^ e^ nid^t )u, bag man xS)n l^inberte, oBgleid^ Sllle 
ftaunten. 3)er.®raf Sl^eobalb lam l^crbci, Bezeugte bcm 3lbt 
S3ernl^arb fein Sefvemben barübcr, bafe et fid^ btefe« Serbred^er«,- 
bcr taufenbntal ben 2^ob berbient l^abe, annel^men toottc. Setn= 
l^orb fagte, ba^ er eS tool^I toiffe, ivelc^e SScrbred^en biefer ajlenfd^ 
Begangen. ®r tooffe x^n nid^t bon ben Dualen retten, fonbern 
ftatt einer lurjen 5ßein foffe er einer tmmerft)äl^renben an^tims 
faKen, ^tatt einmal ju fterBen, immerfort fterben. ®r meinte, ber« 
felBe foffe genötl^igt toerben, fid^ fcIBft aBjufterBen unb fein eignet 
iJreuj ju tragen. 2)er ®raf Sl^eobalb toagte nid^t, bem t)erel^rten 
Slbt ab juf dalagen, loa« ^er berlangte. 3)er gerettete SerBred^er 
tourbe il^m üBergeBen, unb eg gelang bem Sernl^arb hjirllid^, il^n 
ber umBilbcriben Äraft beS (Sl^riftentl^umg jugufül^ren. ®r leBtc 
in bem Älofter nod^ breifeig S^i^re unb ftarB eineg rul^^igen 2^obe« 
im OlauBen. 

aOäie in ber angefül^rten SeBenöBefd^reiBung bie SRenge ber 
jildfter, bie nad^ bem 3Ru{ter Don 6lairk)au| burd^ ^önd^e aud 
bemfelBen geBilbet tourben^ angeführt toerben, fo l^interliefe 8ern= 
l^arb Bei feinem S^obe l^unbertfed^jig fold^e Älöfter in granlreid^^ 
Qpamtn, $oKanb,^@nglanb, ©abo^en, ^relanb, 3)eutf erlaub, 
Ungarn, ©änemarl, ©d^toeben. 2)urd^ biefe SWönd^^Iolonieen 
tourbe er beranlafet, einen jal&lreid^en Srteftoed^fel mit ©d^ülern 
in fo bielen Sänbern ju unterl^alten, lam er mit gürften, \>ox= 
nel^men (Seiftlid^en unb Saien in biefen Sänbern in lebenbige 
SBerBinbung ^). 

©d^on in biefem äBfd^nitte feinet SeBernS feigen toir Sern*» 
l^arb im Äleinen unb ©rofeen tl^ätig, mit ben Slngefel^enften be« 
geiftlid^en unb toeltlid^en ©tanbeS in unb aufeer ^Jranlreid^ in 
äSerü^rung unb bon il^nen 3U Statl^ gebogen, toie er an ben toid^s 
tigften Ängelegenl^eiten ber Äird^e einflufereid^en 2lntl^eil nimmt. 
SBir l^ören il^n mit rüdffid^tglo« ftrafenbem (Srnfte gegen Unorb= 
nungen, 3KifeBräud^e unb l^enfd^enbe Safter in ber Äird^e reben, 
ju einem ber geiftlid^en Seftimmung angemeffenen SeBen ®injelne 
mit nad&brüdflid^er SBürbe ermal^nen. SBir feigen il^n für bag 
Slnfel^n unb bie SJergröfeerung feines Drbeni^ ioirfen, für Unter« 

brüdtte unb Seibenbe burd^ feine Erbitten unb ernfte Slüge beS 

. / 

1) Jam filiae domus ipslus — fagt fein erfler ^ograij)]^, ber nod^ 
)vS(renb feines Sebend fci^rieb — citra et ultra Alpes et maria deserta 
plurima impleverunt, et adhuc sunt et c|uotidie confluunt, quibns 
locus quaerendus est. Et petuntur undique fratres et mittuntur, 
cum beatos se aestiment reges gentium et praesules ecclesiarum, 
civitates et regiones, quaecunque de domo illa et disciplina viri Dei 
meruerint contubernium aliquod adipisci. Vit. I, 13, 62. 

2* 



16 ^ern^arb toon (£(atrtau^. 

i^ncn gefd^e^enen Unrcd^tö bei ©ro^cn fid^ öcrtocnben, bie VLn- 
ab^ängißfeit bcr Äirdbe gcöen aJlonard^cn öertl^eibigen, unb au^ 
ben freimüt^igen SBibetfprud^ gegen ^ä})fte, too bicfe bem 3nter= 
effe ber Äirci(?e jutpiber^onbeln, niä^i fd^euen. 2Im lebenbtgftcn 
fd(>ilbern un^ Sern^arbö 3Q3ir!famIeit unb SSetl^ältniffe feine in 
biefem Zeitraum gefd^riebenen Sriefe ; bal^er tooHen tt)ir befonber^ 
au^ biefen einige einzelne Süge, toeld^e jened allgemeine Silb 
teranfd^autid^en, entnehmen. 

2ßir toiffen, h)ie ijiel l^eilfame SRedtionen gegen ba« gauft= 
ted^t, gegen bie SBiüfüt ber ÜKäd^tigen, bie fxd^ um -fein SRed^t 
iümmerten, bon ben Scannern ber Äird^e ausging, toie bei ben 
treugae Dei unb in ä^nlid^en gäßen. Slud^ SSernl^arb liefe fid^ 
angelegen fein, fold^en ©influfe au^^uüben,, h)oju il^n bie grogc 
SSerel^rung, in ber er ftanb, unb feine (Setoalt über bie ©emütl^er 
(Selegenl^eit berfd^affte. ©in S3afaH jeneg ©rafen 2:i^eobaIb, 
3RamenS §umbert, toar ol^ne genaue gerid^tlid^e Unterfud^ung 
tüegen einer 33efd^ulbigung, gegen bie er fid^ red^tfertigen ju fönnen 
bel^auj3tete, au^ feinem 3SaterIanbe berbannt, aller feiner ©üter 
beraubt tporben; ol^ne 9JlitteI unb^eimatl^ irrte er uml^er, nad^= 
bem er fein SBeib unb feine Äinber in ber traurigften, l^üffrofeften 
Sage jurüd^gelaffen. ©eine ^rau toanbte ftd^ an Sernl^arb unb 
bat il^n , il^rem unglüdEIid^en 3JJanne bei bem ©rafen ©el^ör. gu 
t)erfd^affen. SSon SKitleib ergriffen, tiefe Sernl^arb juerft burd^ 
jiüei ber angefel^enen Siebte bem ©rafen 53orfteffungen mad^en. 
3)a er aber auf biefem SBege nid;t burd^bringen lonnte, fd^rieb 
er felbft bem ©rafen ^): „$ätte id^ ©olb, ©über unb bergleid^en 
t)on eud^ k)erlangt, fo bin id^ getoife, id^ l^ätte eg erl^alten, ja, 
eure greigebigleit l^at mir t>iel gefd^enlt, ol^ne bafe id^ eg ber» 
langte, — unb hjarum iüar id^ benn nid^t iüertl^, ba« Einzige 
gu eri^olten, h)aS id^ nid^t in meiner^ fonbern in ©otte§ ©ad^e, 
-nid&t für mid^, fonbern bielmel^r für euä) felbft bon eud^ öet« 
langte?" — 3)arauf legte er il^m bag SQSort be^ $errn (3Wattl^. 
7, 2): „3Kit tüeld^em Maa^^ x^x gemeffen l^abt, mit bem toirb 
eud& tpieber gemeffen Serben/' an^^ .§erj. „9Bifet il^r tool^l nid^t, 
bafe, fo leidet il^r bem ^umUtt fein ©rbgut nel^men lönnt, fo 
leidet ober bielmel^r unenblid^ leidster ©ott baö l^immlifd^e ^rb=: 
tl^eil eud^ entjiel^en lann? Slud^ in fold^en ©ad^en, h)o bie 
©d^ulb fo offenbar ift, bafe nnU^^aid ber ©erec^tigleit leine 
©elegenl^eit jum SKitteib bleibt, aud^ ba müfet il^r mit ©d^mcrg 
unb Sitt«^*^ SSergeltung ixUn, mel^r burd^ bie 3lot^toenbigIeit unb 
2lmtg|)flid^t, afö burd^ bie SSegierbc gur Sftad^e getrieben." 2)iefe 

1) Ep. 37. 



SBotftettungen mad^ten hjol^l Sinbrud auf .be§ (Srafen ©emütl^; er 
unterfud^te ^umBert^ ©ad^c öon 9ieuetn, unb erflärte il^n für «n*» 
fti^ulbig, t)erf))rod^ aud^, ba^ Urt^eil gurüdf junel^men ; aber mäd^s 
tige geinbe, benen bie ©xnjie^ung ber ©üter §umbertg SSort^eil 
gebrad^t l^atte, tou^ten bie ®rfjtIluTig be§ aSerfj)red^en§ ju toers 
l^inbern, unb Sernl^arb fd^rieb be^tüegen nod^ einmal bem ©rafen, 
unb nad^brödflid^er^) : „S^OiX fürd^te id^ en^ ju beleibigen, aber 
tote h)eit mel^r mu^ id^ fürd^ten, ©ott ju beleibigen, toenn id^ 
nttd^ be§ UnglüdfKd^en nid^t annel^me ; id^ f ann mein 9Ritleib ber 
SDäitttoc unbben äBaifen nid^t berfagen, unb jumal fold^en, bie^ 
toaö nod^ trauriger ift, öertoaifet finb bei bem Seb.en il^re^ SSaterg." 

SDlit Siedet fud^te biefer %ixx% jene§ Ueberbleibfel ber alten 
©otteSurtl^eile, bie Urfad^e groger Hebel unb öieler gefe^lofen 
SBißlür, bie Sh)eifäm!^fe, in feinem ©ebiet ju unterbrüdEen. ®r 
folgte l^ier ben Stimmen, bie fid^, feitbem au^ bem beutfd^en 
^etbent^um jener mit Slbcrglauben berbunbene ©ebraud^ in bie 
d^riftlid^e S^it übergegangen toar, au^ ber SKitte ber Äirc^e felbft 
bagegen erl^oben l^atten. 2lber er überfd^ritt bai^ "^aa^ ber 
3Rerifd^Iid^feit in ber Seftrafung ber ©efe^t)erle^ungen. @r lieg ■ 
an einem im gtoeüam^jf Ueberiounbenen bie graufame ©träfe 
DoHjiel^en, bag il^m bie 2lugen au^geftod^en tourben, unb nod^ 
baju nal^men il^m bie Seute be§ ©rafen alle fein^ ^ahc. Slud^ 
l^ier öertoanbte fid^ SSernl^arb für. ben Unglüdflid;en. ®§ fei billig, 
— fd^rieb er bem ©rafen 2) — \)a^ ij^m ioiebergegeben toerbe^ 
tt>a§ er braud^e, fein elenbe§ 2chm ju erl^alten; e^ fei ungered^t, 
t»enn feinen ©öl^nen feine ©ebäube entriffen toürben, unb fie für 
bie ©(^ulb il^reS SSaterg leiben müßten., 

gerner ift ju ertoäl^nen bie beginnenbe reformatorifd^e 2Bir!= 
famfeit ^Bernl^arbg, toeld^e burd^ bie iBertoeltlid^ung be§ Älerug 
unb bie fd^reienben 3Rigbräud^e ber Äird^e l^erborgerufen tourbe. 
SBir l^aben fd^on bemerlt^ bag im Slnfang beg 3^itatter§, bem 
SSerni^arb angel^ört, bag 5ßa})ftt]^um an bie ©|)i§e aller refor= 
matorifd^en S3eh>egungen im Äam|)f mit ber bie ^tigbräud^e ber 
Äird^e förbernben toeltlid^en ©etoalt ftd^ gefteHt l^atte. 2lber bie 
Duelle biefer SKipräud^e toar in ber SSermifd^ung be^ ©eiftlid^en unb 
SQäeltlid^en ju tief begrünbet, aU bag fie burd^ toieberl^olte unb gefd^ärfte- 
3Serotbnungen l^ätten unterbrüdft toerben lönnen. Unb n>enn ba§ 
$aj)fttl^um juerft reformatorifd^ aufgetreten toar, lourbe e§ nad^* 
l^er bod^ felbft öon bem ©trome ber S3ern>elttid^ung mit fortge= 
rijfen, unb anbere SDligbräud^e gingen öon bem 3llleg an ftd^ 



1) Ep. 38. 

2) Ep. 39. 



18 8ern(avb t)oii (Elaittoani. 

tei^enben @inf(uffe beffelben an9. Sllle ©efe^e unb fiugetlid^en 
(Sinrid^tungen fonnten nid^td Reifen, tvo nid^t ber ted^te ©eifk 
torl^anben toar. 2)ie Beften ®inrid^tungen bielmel^r lonnten in 
bie fd^Ied^teften betloanbelt tverben burd^ ben ®eift, bet jtd^ il^rer 
Bemächtigte. @o l^atte ber ä3ifd^of Sl^robegang bon 3Re$ nad^ 
bev 3Ritte bed ad^ten ^al^rl^unbertd eine neue ^onn bed engeren 
Sufammenlebenö ber ©eiftlidjen unter bem SJifd^of, ba« foges 
nannte lanonifc^e Seben, begrünbet, iooburd^ bie ©eiftlid^en afö 
ein löomUpxUl mit einanber berbunben, au^ ber Ined^tifd^en älb^ 
l^ängigteit bon bem S3ifd^of befreit, in ein mel^r loUegialifd^ed 
Serl^öltnig in bemfelben gefegt, pi einem ernfteren geiftlid^en 
£eben mit einanber Dereinigt iüurben. Slber aud^ biefe SSerbin- 
bung lonnte bem ®eifte ber SJerioilberung leine @d^ranlen fe^en, 
fonbern mugte il^m bienen. S)ie 2)omIat)itel mad^ten ftd^ bon ber 
Slufftd^t ber Sifd^öfe unabl^ängiger. SDie 3Känner i>on Slbel 
tougten ftd^ ber Stellen in ben S)omIa})iteln ju bemäd^tigen^ be^ 
trad^teten fienur aU (SrlwerbSmittel, genoffen bie ©inlünfte unb 
Belümmerten ftd^ nid^t um bie Erfüllung ber ^flic^ten, mietl^eten 
©teUbertreter )ur med^anifd^en SBoQiiel^ung beffen, toa^ fte bei bem 
Oottegbienft gu leiften 'l^atten. $rad^t, Uet)t)igleit, fd^Ied&te (Sitten 
bed Slbetö t)erbreiteten ftd^ in ber Seiftlid^feit. @d toar feine 
Qpxxt mel^r öon geifttid^em Seben. S)i'e SKänner, toeld^e gu ben 
eifrigften Organen (Sregor VII. unb be« (Seiftet biefer reformo* 
torifd^en @t)od^e gel^örten, eiferten audj befonber« gegen biefe Strt 
ber Sertoeltlid^ung, unb mül^ten fid^ ab, mel^r geiftlid^en ©inn, 
Sud^t unb Drbnung unter bem Jtlerud l^erl;)or3u6ringen. äln bet 
®t>i|^ Söldner ftanb bamafö ein (Serod^ Don Steid^er^berg. @r 
l^ört nid^t auf, jene bertoeltlid^ten Aanoniler )u fd^mäl^en. @r 
nennt fle $ij)J)ocentauren, toeil fte toie Ungel^euer fo Sßerfd^ieben- 
artigeg, bag toeltlid^e 2^htn ber ßaien unb ben äu^erlid^en fferi- 
ialifd^en ßl^arafter mit einanber öerbinben toottten^). @r f})ridjt 
l^eftig gegen bie Simonie, unb fd^ilbert bie 9lad^tl^eile berfelben^ 
bie fid^ immer toeiter berbreiteten : ,,S3Bie foHte, — fagt er — 
tt)er ein Si^tl^um für einige l^unbert 3BarI Silber erlauft l^at, 
nidjt iebe ber il^m unterioorfenen Stetten, um feinen Sd^aben 
toieber gut gu mad^en, öerfaufen? Unb toerben bie auf fold^e 
SSeife eingefe|ten 3lebte unb Sßröbfte nid^t toieber SlBeS feilbieten, 
big gur erlaubni^ unb gum 5ßla$ be3 Segräbniffeg?" 5Der 



1) ^u4 fein ^n^ adversus SiiuQniacos, toii^ti äßartene unb 2)ui' 
raub tn bem thesaurus novus anecdotoram tom. V p. 1457 l^eraudge<' 
geben l^oben, ifl gegen jene l&erumjlretfenben iWietWingc unter ben ®eifl* 
lid^en, bie mit ber S$ou}te]^ung ber flertfaltf^en gunttionen ein ^ttotxtt 
trieben, — er nennt fle clerici vagi et conductitii — gerietet 



fd^Ied^te ®eifi iou^te gegen aDe erneuten @efe|e iotber fold^ 
^Kifebraud^e ftd^ ju toeJ^ren/ toar reid^ in Äunfigriffen, um biefe 
@efe^e }u umgel^en^). ®o lange abet baiS SBott aiui^ in ben 
f ci^Ie^teften ©etftlid^en, auif in ben SKietJ^lingen, unb in Stilen^ 
bie burd^ Simonie il^t 9lmt erlangt l^atten, aU ein @noerbdmitte( 
baffelBe betrad^teten, nur bie äBerfjeuge ber übernatürlid^en Äräfte 
beg'5ßrieftertl&umg mit el^rfurd^tgtooller ©d^eu erblidfte, o^ne burdj 
ben ©nbrudf il^re« Seben8 irre gentad^t gu toerben, lonnten fie 
allen Äird^engefe^en gum %toii il^re ämtgöerrid^tungen fortfe|en. 
SBegJ^alb ^ilbebranb« lül^ner, burd^greifenber ®eift ba« Solf auf« 
forberte, ton fold^en Seuten leine i)riefterlid^en SSerrid^tungen fer« 
nerl^in anjunel^men, bag SBolf felbft gegen bie fd^led^ten ©eiftlidjen 
aufgureijen fu^te."" S)urd^ bie Slrt, toie er ftd^ barüber an^^pxa^, 
^og er ftd^ aber aud^ bon feinen S93iberfad^em ben SSortourf )u^ 
ba§ er in bie bonatiftifd^e S^rlel^re berfaHe, bie ®eltung ber 
©aframente ton ber fubjeltiöen Sefd&affenl^eit ber fie bertoal^ 
lenben 3Jlenfd^en abl^angig gu mad^en. 3)ie SKänner öon einem 
reformatorifc^en ®liai3geifte , toie ein ®erodJ, freuten fid^ aber^ 
ba^ ber $af)ft enblid^ burd^gegriffen l^atte, um bem Üebel ein 
ßnbe ju mad^en. ©ie fud^ten burd^ mand^erlei ©iftinitionen il^ren 
ä[bfd^eu tor bem 2lreiben jener unn)ürbtgen ©eiftlid^en unb bie 
SSert^eibigung ber l^ilbebranbinifd^en @runbfä|e mit ber lird^lid^en 
Seigre ton ber objeftiten (Geltung ber ©aframente in Sinffan; 
iu bringen*). ®erod^ loünfd^te, ba^ man alle Siüdffid^t gegen 



1) @o(d(ie ßunflgrtffe f(]^ilbert 3ol^ann t)on @alt«bur)^ in feinem Po* 
licrftticQs VII, 17 sq. (Sin artige^ i6eif))te( ton einem geteilten fold^m 
S^enfd^en aefpielten l^etrnge fü^rt er an (c. 19): SP'^e^rere ®tx\iü6^t konrbeit 
mit bem SanjUr Stöbert über eine be|iimmte @umme eind, bie ein jeber 
terfelben für ein erlebigted I6i8t(^um 3U be^al^Ien t^erfprod^en l^atte. 92a4« 
bem ber f^cinbtid^e 5iontraft mit einent jeben indbefonbere nad) aQen ^t6ft9* 
fiMrmen 8e|(!f|[loffen tt>ar, joQte nur no(!f^ )um B^^tin bie ^af^i nac^ ben fib« 
liefen fauonifd^en gormen gebaUen merben, nnb jieber ber ß&ufer glaubte 

f'iä) {4on ftt^er im $efi^ ber ©teile. m9 aber ba9 SQßa^lfoaegium ber« 
ammelt koar, maö^tt ber 5ian)(er ben mit iebem (Sinjelnen gef(((offenen 
<ftontratt öffentU(b betannt mit ber (Srflärung, er tt)erbe nad^ bem Urt^eile 
ber S3i{(4Sfe toerfabren. (Sd kourben nun alle jene iDlitbetoerber, al9 ber 
Simonie übeifübct, be9 ^mted für untoürbig erflSrt, unb ein armer SRön^ 
tourbf auf bie gefegmägige SBeife }um 9i|(iof gem&blt. 

2) ®ero4 b^^f fi4 in feinem ^u^e toon ber Simonie buri^ bie Unter» 
fd^eibung 3n)if(ben bem, toad baju erforbert toerbe, bag bie ©atramente ia- 
tegra, unb bem, tt>a9 ba}u erforbert tt>erbe, bag jie rato feien, bie Unter* 
fcbeibung jkoifcben ber .)>affitoen unb ber altiten ^irtung ber ©aframente. 
3cfite beliebt ji(^ nur auf bie äugerltcben 2)inge aU £r&ger unb Oroane 
ber munberbaren iSSirtung, bie U^te auf bie Wltn\ätttt felbfl; unb ^bte* 
ienigen, an toelcben biefe beilbringenbe SBirfnng p Staube tommen foSe^ 
mügten alfo burd^ bie Siebe in ber (Sinbeit mit ber toabren Stitd^t fi(b be* 

Eben; baber tonnten t)on @ol(ben, toüift burcb bie Simonie t)on felbfl in 
: (S^lommunitation berfaSen to&ren, unb an 2)enen, toel^e, obgleii^ biefe 



Jene unhJürbigen, gebungenen 5Pricfter ani bcn Äugen fc^te, unb 
Ätte il^re ))rtcftcrltd6en' $anblungen afö toirfunggto« bctrad^tet 
toürben, bamit c« il^nen nid^t ntöglid^ tocrbe, bie TOenfd^en tute 
jene ägVJ)tifd^en 3öw^erer jur 3«** $^arao^« 311 täufd&en, unb pd^ 
babutd^ änfcl^n bei il(|nen gu berf(^affen. ©cm l^ättc er aud^ 
Bei bem bon tl^m bercl^rten Scrnl^avb, toetc^em er feine ©<l^rift 
gegen bie ©imonie iüibmcte, jenen rü(Ifid;tgIo« ftrafenben ^cuer^ 
eifcr ö^f^^^^^ toeld^er i^m felbft fo feiele ÄämJ)fe mit ben Mä(!^^ 
ttgcn ber aScIt jugejogen l^atte. 3)o^ toagte er nid^t, ben ©tanb:« 
})unft S3ern^arbg, b^r burd^ feine HJlilbe felbft bie ^ctnbe ber 
Äird^e il^n ju lieben nötl^igte, f^Icd^tl^in gu loerbammen. ®r 
erfannte, ba^ Sernl^arb bnrd^ biefe älrt ber SBirffamleit fid^ unb bie 
©einen t)or bieten Störungen beiüal^re, benen fie fonft nic^t würben 
augtoeid^en lönnen, unb mand^e§ ®ute ju ©tanbe bringe, bo§ er 
fonft nid^t l^ätte erreid^en lönnen, h?enn er ftd^ nur burd^ bie 
ißiebe ber 9Jlenfd^en nid^t abl^atten laffe, bae ©d^ted^te, tt?o e^ 
aud^ fei, ju befäm^jfen ^). 

SBenngleid^ nun SSernl^arb burd^ feine Sefonnenl^eit un5> 
STOenfd^enfenntni^ bon bem ftürmifd^en SReformationSetfer eine^ 
®erod^ öon SReid^ergberg jurüdEge^alten tourbe, fo lie^ er e§ ftd^ 
bod^ nid^t minber angelegen fein, bie ^errfd^enben Safter ber 
(Seiftlid^feit unb bie SWi^bräud^e ber Rird^e ju [trafen. 6r benu^te 
Jebe ©elegenl^eit, einzelne angefel^ene SKänner burd^ fein Slnfe^n, 
bft^ fjeuer feiner ©rmal^nung unb feine burd^bol^renben SSortoürfe 
ju einer ©innesoänberung, einem geiftlid^eren 2iUn ju belegen. 

©inen fold^en ßinflug übte er auf ben 2lbt ber reid^en Slbtei 
©t. S)etti§, ben nad^l^er berül&m'ten Staatsmann unb ©efd^id^t* 



tönen aU ©otci^e befannt tcaren, ijren Umgong nic^t miebcn, biefe 2Bir* 
fangen nt^t Ijiertorgebrad^t toerben. 

1) Vos — fagt er ju ©ern^arb in jener ©d^rift pag. 1459 — inter 
diversaset adversas mundi partes ita vos medium soletis exhibere, 
ut neque affirmantes neque infirmantes praenotatum sensum adju- 
vetis; ob hoc forsan, quia vos cum Helia declinando insidfas Jeza- 
belis in spelunca silentii super bac quaestione vultis latere, captata 
Vobis ac vestris quadam securitate, quam non possetis habere, si 
^uemadmodum de peccato ac justitia mundum arguitis, i'ta quoque 
de judicio eum velletis arguere, astruendo scilicet quod prinQeps 
bujus mondi non solum in seipso, sed etiam in quibusdam 
membris suis jam judicatus est. Quod cum ita vel sit vel vobis esse 
Yideatur, gaudemus quidem de vestra securitate, gaudemus vobis 
o'mnes homines esse amicos, etiam ipsos christianae re- 
ligionis inimicos, dummodo vos constet eorum pravitatibus 
Inimicari, quantumlibet sentiatis vos ab iis amari. Sed 
inuitum per omnem modum illi nos exhilarant, qui cutn Helia non 
^olum latitarCy sed et cum eodem solent in hoc se manifestare, ut 
äacrificia falsorum propLetarum annihilent et eosdem spiritus 
jgladio jugulent. 



SBcrn^arb i)on (Sfatröaup 21 

fd^reiber ©uger auä^). @r Hagt barübet, ba^ btefe§ Älofter 
l^äufig t)on Sltttern erfüHt fei, toelttid^e ©efd^äfte barin getrieben - 
toürben, ba| S^^^ ^^"^ ®treit barin ertöne^).- ©eine ©rmal^nungen 
wögen Wof)i b'efonberö baju beigetragen l^aben, ba^ jener Stbt 
feinen SWönd^en ba§ S3eif}3iel einer beränberten Seben^hjeife ju 
geben belogen tourbe ; lt)enig[ten§ n)ünfd^te i^m Sern^^arb fogleid^ 
ju biefer Seränberung ©lue!*). @r benu^te ben Einfluß ©uger^,. 
wm bie 2lbfd^affung eine^ ben geiftlid^en ©tanb entel^rcnben unb 
ber Sleligiöfität l^öd^ft nad^t^eiligen Unfugs burd^ i^n gu betrirlen. 
€te}3l^an bon ©arlanba, ein nid^tötpürbiger aJlenfd^, ber eine 
^Präbenbe fid^ ju t)erfd^affen getou^t, l^atte fd^on burd^ bie ©unft 
bcS Äönigg ^^iii^^)^ w«b feiner etenben Sudlerin Sertrabe bad 
Siigtl^unt Seaubai^ für fid^ ^u gewinnen gefud^t. 2)er fromme, 
ftanbl^afte Sifd^of ^3^0 bon 6^artre§, ber fid^ burd^ feinen nad^^ 
krüdflid^en SBiberftanb gegen bie Süfte jene^ , dürften, feinen ®ifer 
für bie §eiligfeit be^ e^elid^en 93anbe§ au^gejeid^net l^atte, Der* 
I^inberte bie^ burd^ feine freimüt^igen SSorftettungen bei ben Aar» 
binälen unb bem 5ßaj3fte^); benn Jefier Untoürbige toar fc^on im 
Segriff, nad^ 3lom ju reifen, um /burd^ Setrug unb Sefted^ung 
feinen 3^«* ?w erreid^en^). SRad^^er unter bem ilönig Subtütg VI. 
ftieg ©arlanba ju ben I^öd^ften 3Bürben am §ofe unb erl^ielt bas 
burd^ fo großen @influ^ auf ben Äönig, bajs fein SBille überall 
burd^ging. Dbgteic^ ^ofmarfd^att be§ Äönigg^), befa§ er mehrere 
geiftltd^e ©teHen, h>eld^e nad& ben Äird^engefe^en nid^t in einer 
5ßerfon bereinigt fein burften^). Sernl^arb ftellte bem 3lbte ©uger 
\)ox, U)ie l^^öd^ft unanftänbig bieg fei®). „@agt mir bod^, — fd^reibt 
er il^m — toag für ein Unfug ift bag, ba^ er, inbem er afe 
@eiftlid;er unb SRitter jugleid^ erfd^einen toill, leinet feon beiben 
ift? 3Jon beiben ©eiten ift ba§ Unanftänbige jiemlid^ gWd^, ba^ 
et aU Siafonuö bei ber löniglid^en 2^afe[ auftoartet,. ober ba& 
et atö ^ofmarfd^aH bemvSlItar bient. äBeld^er SKonard^ l^at je 



1) 93on bem auSgefaffencn lOeSen bcö 3lbte unb ber 9}J8n($c bic[e* 
Sttojtci^ jprid^t Abaelard. bist, calarnitat. in opp. pag. 25. 

2) Ciau^trum ipsum monasterii frequenter stipari militibus, ur* 
gßii negotils, jurgils'personare. 

3) Ep. 78. 

4) V. Ivon. Carnot. ep. 87 et 89. 

5) @d toatm folc^e Unotbnungen bamatd fo l^äuftg, bag 3^)0 fd^reiBen 
(onnte: Jamdudum illa ecclesia tales consuevit habere pontifices, 
quibus ipsa damnaretur, non a quibus ad viara vitae dirigeretur. 

6) Dapifer, tüö8 eBen fo toicl als senescallus, ber immer um ben 
Äöntg toar unb au* im Äriegc unter i^jm bie 3lnTOrung ^>otte. V. Du 
i'resne ad voc. dapif. et senesc. 

7) V. Chron. Mauriniac. ap. Du Chesne t IV p. 367 et 373. 

8) Ep. 78 §. 11. ' 



22 8crn^avb i»on iSfairbaui. 

€tnen unfriegerifd^en ©eifUid^en an bte @))i^e feined $eeted ge^ 
fteQt, unb nid^t bielmel^r einen ber to^fetften Slitter?^' 

@o toxxlU Sernl^arb aud^ auf ben @r)6ifd^of ^inrid^ bon 
€end ein. SDiefer, einer ber an0efel^enften franjöftfd^en Prälaten, 
l^atte unter bie ^ofgeiftlid^en ßel^ört, toeld^e ben Steigungen ber 
dürften bienten; aber bie (Srmal^nun0en einiger frömmeren ^U 
fd^öfe maifUn fold^en Sinbrudf auf il^n, ba^ er feine SebeniStoeife 
iu änbern unb ben toegen feiner uneigennü^igen f^5mmigleit, 
feiner SKäftiflung unb ©rfal^runfl attgemein berelj^rten Sift^of 
@ottfrieb bon S^artreiS }u feinem t^l^rer unb Statl^geber fid^ ju 
tüCL^Un befd^log. @o6aIb S3ernl^arb biefeS erful^r, UituQU er bem 
€r)bifd^of feinen Sd^mer} über feine borige £ebendh)eife , feine 
f^reube über bie mit i^m borgegangene SSeränberung, unb fteEte 
if)m bie SPflid^ten feine« Slmtg im ©egcnfa^ mit ben gu feiner 
^eit im geiftlid^en @tanbe l^errfd^enben Saftem unb 3Ri|6r&ud^en 
kar, — ber Stü^d unb bie SSeranlaffung feiner ©d^rift über bie 
eitten unb ben »eruf ber »ifd^öfe i). 

3uerfi giebt er il^m ba« Silb eine« toal^ren ©eiftlid^en, ber 
turd^ ein toal^rl&aft geiftlid^e« Seben feiner ©emeinbe SRufter 
töerben muffe. „3^^"^^ ^^ ^^^ ©irten, — fagt er — ben 2:i^ieren 
gleidj ben ©innen be« Äörjjer« gu folgen, an bem SRiebrigften ju 
Seben, nad^ bem S^^kifd^«« ju trad^ten, unb nid^it bielmel^r aufge« 
tid^tet ju flel^en toie ein SWenfd^, inm Fimmel mit bem ©eifte 
i^inaufjublidfen, ba« ^öl^ere gu fud^en unb ju benfen?" SJarauf 
fteHt er ben Seruf eine« d^riftlid^en 5ßriefter« bar nad^ jener Qbee 
ke« ^rieftertl^um«, toeld^e, a\x^ ber SSermifd^ung be« alt= unb 
tieuteftamentlid^en ©tanbjjunfte« l^erborgegangcn, fd^on längft bie 
l^errfd^enbe getoorben toar; unb fie toar ba« Sefeelenbe aud^ in 
ker lird^lid^ien Slnfd^auung Sernl^arb«, ber fie mit bem reinften 
®eifte auffaßte; ,,äl« ein guter SKittler bringt er ®ott bie ©e« 
6ete unb l^eiligen Sorfä^e ber ©emeinbe bar, unb il^r ben ©egen 
itnb bie ©nabe ©otte« gurüd. ®r betet )u bem l^dd^ften äBefen 
für bie SSergel&ungen ber ©ünber, unb ftraft an ben ©ünbern bie 
Seleibigung ®otte«. 2)en Unban{baren f)äü er bie 2Bol[^ltl^aten 
ber ©ottl^eit bor, ben SSerdd^tern ber ©ottl^eit geigt er be« SUI^ 
ntäd^tigen ftrenge ©ered^tigteit. Unb bod^ fuc^t er ben gürnenben 
©Ott mit il^nen gu berföl^ncn, t^eil« bie ©d^toäd^e ber SDlenfd^en, 
il^eil« bie ©rö^e ber gdttlid^enSSaterliebe il^m borl^altenb; ein treuer 
^riefter, ber aKe« ®ute, ba« burd^ feine ^änbe gel^t, feien e« 
bie göttlid^en SBol^ltl^aten', bie gu ben SD'lenfd^en l^erabiommen, 
ober bie ©elübbe ber SDtenfd^en, bie er gur ©ottl^eit l^inauf bringt, 



1) In opp. Bernard. ed. Mablllon t I p. 461. 



tnit itm äluge ber Si^aubeneinfalt (etrad^tet, ton HKetn ntd^td fSr 
ftd^ gutüibel^ält, nid^t bie ®aben ber ©emeinbe, fonbern il^ren 
iRu|en fudjenb, nid^t bie Sl^re ®otte8 pdj guetflnenb." SRadJ ber 
S)ariiellun0 biefe« 3RufterbUbe5 ftraft et bie bemfelben toiberftrets 
tenben ^tf)Ux unb iDtt|6raud^e, bie ^taä)t ber ©eiftlid^en, be« 
fonberg in ber Äleiburtg (toobei fte mit loftbarem aui^Iänbifd^en 
iPeI)h)er! Staat ntad^ten), in bem ^ferbegefd^irr, ba^ mit ben 
au^gefud^eften S^^xati)^n, ®oIb unb @belftetnen au^gefd^mfidtt 
tourbe^). SKit rül^renber Sebl^aftigleit toirft er il^nen bor, bafe jie 
ben Slrmen entjögen, toaS fte in unnü^er ^rad^t bcrfd^toenbeten: 
,,®g Hagen unb fd^reien bie SRadten unb bie hungrigen: Unfer 
i% toa« il^r Derfd^loenbet, benn aud^ ioir ftnb ©otte« ®t^i)'6pft, 
«ud^ loir burd^ ßl^rifti »lui erlöfet." SBenn il^n — fagt SBem^ 
l&orb») ium ©rabifd^of — fein ®efd^Ied^t, «Iter, SBiffenfd^aft unb 
bad ainfel^n feinet Bifd^öflid^en Stul^fö )um ^od^mutl^ ^exUxtm 
lönnte, fo mü^te il^n ba« Setou^tfein be« fd^toeren S3eruf3, ben 
er )u erfüllen l^abe, bemüt^igen unb mit j^urd^t erfüITen; toeil 
aber nur ber ®Ianj, nidjt bie $flid&ten unb Safter il^re8 Seruf3^ 
ben SKenfd^en bor Slugen fd^toebe, ba^er lomme e«, ba^ fte )u 
ben angefel^enen geiftlid^en ©teilen fici^ ]^in|ubrängten. — <öict 
Brid^t fein Üntoitte auö über ben mit bem §eiligften getriebenen 
Unfug: „Änaben au^ ben ©djulen, unbärtige Sünglin^e, toerben 
toegen U^ älnfel^n^ ij^red @efd^led^tiS ju geiftlid^en SBürben Be^ 
förbert; Änaben, bie pd^ nod^ mel^r barüber freuen^ ba^ fte ber 
Slutl^^ entlaufen, alg ba^ fie bie l^öd^ften geiftlid^en SBürben er* 
langt." 9iod^ erfiaunenStoertl^er fei eS aber, ba^ felbft Oeiftlidje 
bei il^rer Slmt^berioaltung, bon ^abfud^t unb @l^rgei} nur ge^ 
trieben, bie ^flid^ten unb Saften i^reiS 93erufd nid^t fül^len Idnnten 
unb gu immer l^öl^eren geiftlid^en ©teKen l^inaufftrebten: „3^ 
(Siner Sifd^of, fo fudjt er ®rjbifd^of ju tocrben, unb ift er aud^ 
baiS getoorben, fo träumt er ftd^ ettoad nod^- ^öl^ereiS, fud^t fid^ 
burd^ muffelige Steifen unb loftbare f^eunbfd^aften am römifd^en 
^ofe einträglid^e ©önner ju mad^en. 3lnbere fud^en mit SlRül^ 
aQe $ribilegien jufammen, um unter biefem SSortoanbe il^re S)iS« 
jefen über il^re beftimmten^®ränjen auSjubel^nen unb ft^ frembe 



1) gür ^teientgen, toetd^e bie $rad(t M Bettatterd lennen )tt (enten 
toütif^en, fe^e i6f dentdarb« Sorte (ier^er: Horreant et marium ra- 
bricatas pelliculas, quas gulas vocant, manibus circumdare sacratis, 
respaant et apponere pectori, pudeat et coUo circumtexere. — Ja- 
menta gradiuntar onusta gemmi«. Annuli, catenulae, tintinnabola 
et clavatae (mit golbnen ober ))ut)>urnen Streifen belebte) corrigiae mul- 
taque alia tarn apeciosa coloribus, quam pooderibos pretiosa mulo- 
rum depeodent cervicibus« L. c. cap. 2. 

2) Cap. 7. 



34 Snnl^arb tooti (Siainsaui. 

onjucißnen, wnb leiber finben fie an ben ©d^toellen ber- 
ä^oftel 5Kcnfd^en, toeld^e i^rc fd^ted^tc ©eftnnung begünfttöcn; 
nic^t aU ob bie 3tömeT großen älntj^etl baran nähmen, tote bie 
Q>a6)^ cntfd^icben toerbe, fonbern tocil fte bie ©efd^enle 
febr lieb l^aben." 3Jlit biefer ©eftnnung fteHt SScrnl^arb bie- er« 
l^eud^elte SDemutl^ ber 9Jlenfd^en bei betn Slntritt ber bifd^öflid^n 
6teKcn, bie gu einer bloßen fötmlid^en ©tilette getoorben toar^ 
jufammen. ,,aQ3al^tIi(i^, afe i^r eud^ guerft bag Si^t^um anju- 
ne^men ^toingen liefet, toeintet il^r, llagtet über 3^<*"Öf nanntet 
tud) immer ®Ienbe unb Untoürbige, nid^t geeignet für ein fo 
l^eiligeg 2lmt''*). ßr fd^ont au'd) feiner eigenen Drbengbrüber 
nid^t. ed^on gel^örten ju biefem Drben eine Slnjal^I bon Siebten^ 
obgleid^ erft funfjel^n ^af)x^ üerftrid^en hjaren, feitbem Sern^arb 
in ba« Älofter ßiteauj, bamaU bag eitijige biefe§ Drben«, ein= 
getreten hjar. 2lud^ bei biefen feinen DrbeniSgcnoffen griff er bie 
er^eud^elte 35emuti^ rütffid^tslog an. @r fjjri^t gegen Siejenigen 
unter i^nen, h)e[d^e fid^ ejemjjtiongjjribilegien bon ber 3)iöjefan= 
getoalt il^rer Sifd^öfe, unb bie (Srlaubnig, bie bifd^öflid^en 3n= 
fignien^) tragen gu bürfen, bon ben 5Pä})ften auf'Äoften i^rer 
filöfter erfauften ; er nennt fte ,;3Renfd^en, toeld^e unter ber 2^rad^t 
ber 2)emutl^ §offart berbergcn." 

äBie SScrnl^arb butd^ feine ©rmal^nungen beffere SJorfä^e in 
tjielen (Seiftlid^en anregte, nal^m er fid^ il^rer aud^ mit feinet 
ganzen Äraft unb feinem ganjen Slnfel^n an, toenn bie 33erän=: 
berung i^re« Sebenetpanbefe il^nen SSetfotgungen jujog ; benit biefe 
3JJänner gerietl^en oft baburd(> in einen l^eftigen Äam))f mit ben 
übrigen fogenannten irregulären ©eiftlid^en, mit beren Steigungen 
unb SBegieiben biefe Seränberung nid^t übereinftimmte; oft aud^ 
mit ben tjürften, toeld^e in ben ftrenger lebenben Sifd^öfen eifrige 
unb mutl^ige Ääm^fer für bie ^reil^eit unb Unab^ängigfeit ber 



1) Sie ba8 ^öd^fte unb $ctttgpe jur ärgjlcn Äarüatur gcmad&t toerben 
lann, xoo ed tit'd^t Don innen heraus ald uniDinfürlid^er 2(n@brucf ber ®^ 
flnnung fid^ enttpirfdt, Jonbern Don ougcn \)tx angcbilbet ober nad^gcbilbet 
toirb, jo n?ar mit bem, toa^ ^2lugbru(f ber 2)emui^ lein foUte, bad ärgjte 
©c^einnjefen getrieben, n>aö ben ©oc^mutf^ Don ®runb au8 gerpören fotttc, 
felbft )um ^edmantel Derborgenen ^od^mutbd gemacht n)orben. Wlit bem 
fit(^ unwürbig Söefennen n?urbe ein beftimniten Hbftiten bienenbeö @^jiel 
getrieben. 2)icfe erbeuij^elte 2)emut^ tcax ein gcbraudylictier Ännjlgriff, n)o* 
burcb ft($ W6n6iz, bie fdbon ibrer erfauften geiftlicben ^^teHen flcber n>aren, 
in ein 5infebn Don ^eiligfett bei bem SSolfe ju fe^en fachten. SWan jlnbct 
fol(be 2)ef(aniationen bei Joh. Salisb. policrat. 1. VII c. 18. ^ine bittere 
!Rügc ber täufci^enben ^eucbetei ber SDiö'ndje, bie, fobalb pe ©ifd^ofe geteorben 
tparen, bie angenommene !£>emutb mit bepo giBgerem ®(an}e Dertaufc^ten, 
bei Abaelard. sermo. (Je Joanne baptista opp. p. 964. 

2) Mitra, annulus nnb sandalia. 



' Sernl^«rb »on (£(attt>(uqr. , 25 

Äird^c fürd^teten, unb Bei bcm toeUtid^en unb ungeBunbetten SeBcti 
ber Oeifilid^en toeit mcl^r il^re Sled^nung fanden. 

®iefcn mutl^igcn ©ifer für feine tJ^^cunbe jeigte er Bei ben 
SJerfolgungen, bie aug biefen Urfad^en ben oben genannten 6rj= 
Bifd^of ^einrid^ Don ©en§ unb ben @rjBifd^of ©tejjl^anu« bon 

.^ari§ trafen. 3)er König Subtoig VI. Don granlreid^ l^otte ben 
^tjBifd^of ©tejjl^an toon 5ßari§ unb bie mit il^m öerBunbenen ©eift= 

, lid^en eine^ %^e\U il^rer fird^Iid^cn ©üter Beraubt. Sernl^arb 
ngriff i^re ^Partl^ei, unb er Benu|te ba^ naivere aSerl^ältni^, in 
toeld^em ber Äönig ju feinem Drben ftanb, um in beffen Slamen 
tl^m SorfteHungen gu mad^en. 3" ben 3Jlitte[n nämlid^, tooburd^ 
9Jlönd^§orben, angefel^en« 3(eBte gu grogem unb toeit berBreitetem 
©influffe gelangten, gel^örte aud^ bie Befonbere 2lrt ber SerBinbung 
tnit benfelBen, in loeld^e gürften unb ©ro^e fid^ aufnel^men Iie= 
^en. SBie Bei SSielem in biefer mittelalterlid^en ©eftaltung beö 
iird^lid^en SeBenö .lag jum ©runbe l^ier eine tief d^riftlid^e ^\>tt, 

•bie aBer burd^ Seräu^erlid^ung unb 33eriocltlid^uttg bie Duette 
t)ieleg Unl^eilg iDurbe, bie 3bee ber unfid^tBaren ©emeinfd^aft 
jtoifd^en aßen ©fiebern be§ SeiBeö (S^rifti, jtoifd^en 3lttem, toaS ^ 
ton bemfelBen göttlid^en SeBen ausgebt, fo bafe burd^ bie SieBe, 
ittfö baS S3anb, tooburd^ alle ©lieber be§ SeiBeö ß^rifti innig ju= 
fammen^angen, atteö ©ut' jebeg ©injefnen ein gemeinfame^ toirb. 
S)iefe§ tourbe aBer nun in bie SSeräugerlid^ung unb in ben 2Ke^ 
id^anigmul l^eraBge^ogen, inbem ©otd^e, toeld^e urfunbKd^ in bie 
<Semeinfd^aft ber ©eBete, guten SEBerfe unb SSerbienfte einer geift= 
lid^en Kongregation fid^ aufnel^men liefen, baburd^ für il^r §eil 
t)iel ju getüinnen meinten, fogenannte fratres adscripti einer 
fold^en Kongregation. 3n einem fold^en SSerl^ältnt^ flanb ber 
damalige König bon granfreid^ ju bem ßiftercienferorben, unb 
taburd^ glauBte fid^ Sernl^arb Bered;tigt, im 9iamen beffelBen frei* 
tnütl^ige SSorftettungen il^m ju mad&en. 6r bro^te i^m, ba& er fid^ 
6ei bem 5ßaj3fte für ben ©r^Bifd^of berhaenben beerbe, erBot fid^ 
aber aud^ jur grieben§bermittlung jtoifd^en Beiben. SSiele Sifd^öfe 
fielen in. feiner ö5egentoart bem Könige ju güfien; aBer er toar 
unBetoeglid^ in feinem Unioiffen. 3lm anbern 2^age mad^te \\)m 
53ernl^arb l^eftige 3Sorn)ürfe barüBer, ba§ er bie ^ßriefter ©otte^ 
terad^tet l^aBe, unb fd^Iog mit ber ©rol^ung : „2)iefe $artnädfig= 
leit toirb burc^ benS^ob eureg erftgeBornen ^Pi^ilij))) Beftraft h)er= 
ken; benn id^ l^aBe in einem 2^raum ber legten 9lad&t cuä) mit 

:<urem jungem ©ol^ne Subtoig ben Sifd^öfen, ioeld^e i^r geftern 
Deradjtet, ju ^Jügen faßen fe^en, -r- unb barau« fd^to^ id^ gUid^^ 
ta^ eureg ^ß^ili^jjjg 2:ob na^e fei, unb eud^ nötl^igen loerbe, bie 
Äird^e, bie il^ir je^t unterbrüdft, ju Bitten, bafe fw ^nxm Subtoig 



26 Ceml^aTb toott <S(aitiMnt|r. 

an .beifen Steffe fc^cn möge.'' (Sma brei S^l^te fi)Stcr (1130) 
ftarö ber 5ßrtnj 5ß^iß))}), bom ^fetbe geftürat, unb ber ftönig lie^ 
ben iüngern Subtoig nun ju feinem SRad^foIflcr toeil^en. 33te« er* 
fd^ien SSernl^arb« Sere^rcm al« eine Stföttung feiner 5ß^rol)]&e^ 
jeiungen, tooBei man balb ben Stoifd^enraum ber Seit berga^. — 
®a bie S3ifdjöfe i^re SJorftettungen frud^tlo« fallen, befd^loffen fte, 
bte äufeerften aWittel ber geiftlid^en ©etoalt gegen ben Äönig an^ 
jutoenben. ©er SrjBifd^of Don SPari« belegte juerft beffen Äird^en« 
f})rengel mit bem ^nterbift, unb alle öifd^dfe toottten fx^ Derei* 
nigen, bied auf baiS ganje jtönigreid^ audjubel^nen. 3)er StiH» 
ftanb beiS ©otte^bienfteiS, ber traurige 3(n6{id ber'grö^tentl^eifö 
berfd^Ioffenen unb il^re« l^eiligen ©d^mude« entblößten Äird^en, bie 
bem religiöfen Setoußtfein ber SKenfd^en biefer 3«it fd^redenbe 
Su^ftd^t, bei unb nad^ il^rem Si^obe bie (Snabenmittel ber jtird^e 
}u entbehren: aUed bied mad^te ben tiefflen @inbrud( auf bie 
©emfitl^er be^ SSolt^ unb ber ^firften. SRod^ten nun aud^ bie 
gürften unter ober über biefen fd^redfenben ©inbrüdEen ftel^en, — 
nid&t leidet toar tool&I ba^ £e|tere ber %aU, me\)x ba« Srfiere, ba^ 
fie ju rol^ unb Derl^ärtet toaren, um Don biefen (Sefü^Ien felbft 
ergriffen gu toerben — fo mu^en fte bod^ ben Slufrul^r be8 er** 
fd^redften unb erbitterten SSoß« fürd^ten. S)er Äönig Subtoig ging^ 
toie e8 oft bamate gefd^al^, Don tro^iger Slol^l^eit iwm furd^tfameit 
?Rad^geben gegen bie ©etoalt ber Äird^e über, ©in 2Biberftanb^ 
ber nid^t Don feften ©runbftt^en unb ftttlid^em (Srnft^ fonbem Don 
rol^er Seibenfd^aft unb aug^nblidCIid^er Saune ausgegangen toar, 
fonntc Balb überlounben toerben. ©o l^ätten bie Sifd^öfe ftegen^ 
ben Äönig gum 5Rad^geBen jtoingen lönnen, ioenn nid^t biefem eine 
anbere §ülfe fid^ bargeboten l^ätte. 3Jtan ton^U längft, ba| ant 
römifd^en ^ofe nod^i ettoaS Slnbre«, afö bag ^ni^efi^ ber Äird^e^ 
l^errfd^e; eS gelang bem Äönige, bort bie Slufl^ebung be« Qnterbilt^ 
burd^ t>ä})ftlid^e« Slnfel^n gu erl^aöen, unb nun fallen bie Sifd^öfe 
ben Äönig, ber fd&on jum 5Ra^geben fid^ bereit gegeigt, toieber ju 
feinem %xo^ gurüdffel^ren. ©rabe gu ber ©tunbe, in ber er 3lffe^ 
toiebergugeben Derf})rod&en ^atte, lam Don Slom ber Srjef, burd^ 
ben baS S^t^^^bilt aufgel^oben tourbe. ®aburd^ gepd^ert, berieft 
er bie genommenen Äir^engüter unb Keß nod^ anbere ben SSifd^öfen ' 
entreißen, ©o fel^r aud^ Sernl^arb bag Slnfel^n beg 5ßat>fteS ate 
Dberl^aujjteS ber Äird^e eierte, fo loar er bod^ fem Don ber 2^l^eorie^ 
eines unbebingten blinben ©el^orfamS. ®r ^ptxift feine ®runbfä|e 
barüber auS in einem ©riefe an einen 3Könd^, loeld^er ftd^ mit 
bem ©el^orfam gegen feinen SBorgefe^ten entfd^ulbigt l^atte^): „^ 



1) Ep. 7. §. 12. 



Sent^arb ))on (Slairtaujc. 27 

fagc nid^t, bö^ bte Sefel^Ie ber SBorgefe^ten bon ben UntergcBeneti 
ge^jrüft toerben muffen, h)o ntd^tS bent göttlid&en ®efc$c SKiber^ 
ftrettenbeS geboten tDtrb; aBer id^ bel^au^te, ba^ a\x^ bte Alugl^eit 
not^toenbig tft, toal^rjunel^men, too ettoa« bem göttlid^en ©efe^e 
toiberftrcitet, unb bte ^reil^eit, in btefem %aUc ben Sefel^l xüd* 
fidjtgloij ju berad^ten. S)od^ man fagt: 3«^ l^abe md&t toeiter pi 
fragen ; möge jufel^en, toer eS gefioten ^at. 9iun fage mir, totnn 
bir @iner ia^ @d^tt)ert in bte $anb gäbe unb bir geböte, e^ il^nt 
felbft in bie Sruft ju flogen, toürbeft bu ilj^m gel^ord^en? aSättrbefi 
bu nid^t be^ SJlorbed fd^ulbig fein, b)enn bu einen 3(nbem baratr 
l^inbern lönnteftunb eiJ nid^t tl^äteft?"^ 3taä) biefen ®runbf%n 
l^anbelte er l^ier, toie in anbern ^üUm, ^eimätl^ig, obgleid^ mit 
(Sl^rerbietung, betfte er ba^ Unred^t- auf, aud^ too e^ im 3tamtn 
beg $at)fte^ gefd^al^. @r bellagte ftd^ über baS, foai l^ier gefd^el^en 
toar, bei bem ^ap\U in einem in feinem toie mel^rerer Slnbrer 
Slamen gefd^riebenen SSriefe. Sr gebraud&te bag getoöl^nlid^ itt 
fold^en ^äÖen, um baS ^äj)ftlid^e älnfel^n nid^t }u beleibigen, 'an» 
geh)anbte3luglunft3mittel: e« fei jener S3rief burd^ Süge unb S3e=* 
trug erfd^lid&en*), unb ba ber Setrug bem 5ßa})fte ie|t entbedtt fei,, 
müßten bie Setrüger erfal^ren, ba^ fie ftd^ felbft, nld^t eine f(y 
grofee 3Jlaieftät betrogen l^&tten. SBal^rfd&einlid^ toirften Sernl^arb^ 
aSorftettungen, unb ber 5ßat>ft nal^m fid^ be^ ®rjbifd^of3 an, 

3)od^ toar ber ^ap\t nid^t immer mit bem 3leformationgeifer 
SSernl^arbg aufrieben. S)ie römifd^en fiarbinäle fallen aud& tool^t 
mit eiferfüd^tigen 3lugen ben 3Rönd& an, bon bem fid^i SM*^^ 
Sifd^öfe unb felbft })ä}jftßd&e Segaten leiten liefen. S)er |)ät)ftlid^e 
Äanjier $aimeri^ ^atte il^m bal^er^) ben freunbfd^aftlid^en Statl^ 
ertl^eilt, „ftd^ um bie 3lngelegenl^eiten ber SBelt nid^t me^r fo Het 
gu befümmern, toeil bie§ einem aJlönd^ nid^t jiemc." @g toaren 
mel^rere 3lngelegenl&eiten, loeld^e il^m Ungnabe am römifd^en $ofe^ 
jugejogen l^atten. 3lu^er ber SSertoanblung eine« entarteten Slonnen- 
Softer« in ein 9Rönd^«IIofter loar bamal« bie öornel^mfte SSeran* 
laffung be« S^abetö gegen S3ernl^arb biefe : ©in englifd^er 3lrd^i:f 
bialonu«, $einrid&, ^atte Don ber Äaiferin 3Watl^ilbe, einer eng^^ 
lifd^en ^ßrinjeffin, ba« Si«t^um SSerbun erl^alten, obgleich burd^ 
feine ®emütl^«art unb Silbung Ieine«h)eg« fällig, ein geiftlid^e«- 



1] Nee dico a sabditis mandata praepositorum esse dijudicanda,. 
tibi tili juberi deprehenditur divinis contrarium institutis, sed neces- 
sariam assero et prudentiam, qua advertatur, si quid adversatur, et 
libertatem, qua et iogenue contemnatur. Caelerum iste, Nihil, in*^ 
quit, habeo mterrogare, viderit ille quid jusserit. 

2) Subreptum. £p. 46. 

3) ^iXQl ep* 48 Bernard. 



28 JBcrn^arb t>on Stairtoau^. . 

ämt gu öertoatten. a)a bie Seffcren unjufrieben mit il^m \oaxm, 
f ntftanb in ber ©tabt ein heftiger ÄamJ)f, in tocld^em fid^ §ein» 
tid^ burd^ ®ch>alt au uiaupUn fud^te. ©r toutbe ju 9lom an= 
ßcllagt, ba er aber einige Äarbinäle ^u getoinnen toufete, freige^ 
fjjrod^en. gunt gtpeiten SMate tourbe er bor bem 5Paj)fte §onoriu3 II. 
angeflagt toegen feine« ungeiftlid^en Seben«, unb biefer übertrug 
bie entfd^eibung ber Sad^e einem SWanne bon ftrengeren Sitten^ 
bem ßarbinal Ültatt^äu« bon Sllba. 3)erfelbe citirte ben 3tnge= 
Ilagten bor eine ©^nobe ju ß^alon« für Saone ; al^er betoogen 
burd^ Sern^arb« ^) diati) unb ©rmal^nung fam er ber rid^tcrlic^en 
(gntfd^eibung juöor, unbentfagtc frcitoiHig ber bifd^öflid^enSSBürbc^). 

gnbem nun Sern^arb gegen jene, angefül^rten Sorioürfe be« 
tömifc^en Äanjlerg fid^ red^tfertigte, fagte er ber }jäj)ftlid^en ßurie 
mit aller ßl^rerbietung Dor bem. ajjoftolifd^en 2lnfe^n berbe SBal^r- 
i^eiten. (Sr felbft — fd^reibt er — loünfd^te, ba§ er an jenen 
fird^lid^en aingelegenl^eitcn leinen Slntl^eil genommen l^ätte. ^ ,,D 
toenn id^ bod^ ühnijaupt nid^t ju fotd^en Sad^eh ginge; o h?äre td^ 
bod^ neulid^ nid^t Eingegangen^ ba id^ leiber (eine älnf^ielung auf 
ba« burd^ Jjäpftlid^e älutorität aufgel^obene 3!"terbilt in ber Sad^e 
be« 33ifc^ofg ©tejjl^an) bie geh)altfame S^rannei burd^ ba§ apo^to= 
lifd^e älnfe^n gegen bie Äitd^e betoaffnet fal^, aU ob fie nid^t burd^ 
fid^ aBein genug getoüt^et l^ätte; ba« ift fd&on ©runbg genug, 
mid^ burd^ bie ^l^eilnal^me an fold^en 5lngelegenl^eiten befd^ioert 
3U füllen." — e« fei i^m läftig genug, — fä^rt er fort — aber 
er ioerbe gegen feinen äBitten l^ineingejogen, benn er bürfe bem 
a3efel(|Ie feine« Sifd^ofS unb be« J)ä|)ftlid^en Segaten nid^t ioiber= 
fj)red;en. SKöd^te er bal^er bod^ burd^ ein l^öj^ere« Sliifel^n bäju 
berechtigt loerben, unb bie« fönne ber })ä})ftlid^e Äanjler i^m am 
leid^teften Derfd^affen. „©o toerbe benn, — fügt er l^in^u — 
loenn e« eud^ gefaßt, ben fd^reiigen unb läftigen 3=rBfd^en geboten, 
au« il^ren ©d^Iujjfloinleln nid^t ju toeid^en, jufrieben ju fein mit 
il^ren ©ümj^fen, ba| man fie auf ben Äoncilien nid^t l^öre, in ben 
?Paläften nid^t finbe." „Slber, — f daliegt er — hjenn ioir aud^ 
Verborgen bleiben unb fd^toeigen, fo toirb bod^ barum ba« SJRurren 
ber Äird^en nid^t aufhören, loenn bie römifd^e Äurie nid^t auf:= 
l^ört, nad^ bem SBiUen ber ©eg^ntoärttgen bie Entfernten unt)er= 
l^ört ju öerurtl^eilen." 9Jlag e« il^m nun mit jener ©rflärung 



1) S3on bem ein ©cWttfitfci^reiber Bdb naäf feinem S^obc fagt, baß nodj 
in ber ©egentpart nad^ leinem 9lat^ ©taat unb Äircjc in granfrei^ regiert 

^tDilrben. Cujus consiliis regna et eccloßiae Galliarum hodieque in-^ 
nituntnr. 

2) Hi8t. episc. Virdunens. ap. D'Achery spicileg. ed. 1723. p. 
250 tom. II. 



@tnft getoefen fein ober nt<i^t, fo toax t^ üi^^anpi unmögl^ 
ia^ etnSKann Don feinem leBl^aften Seifte^ feiner toaxf 
tnen 2^l^eilnal^me an allen Slngelegenl^eiien ber jtird^/. fo gan) 
iaju geeignet, auf bie SKenfd^en, unb inöbefonbere bie SWenfd^eji 
feinet S^iiaUex^ in toitfen, bon bem @(i^au)»Ia$ ber dffentli^en 
%^ätiQUii fxä) jurüdjog; unb bie ^ä))fte felbft l^ätten il^n aud ber 
(StiHe feines ^lofterS balb l^ert)or0e2O0en, benn loenn fte ettoo^ 
@ro^ed burd^fe^en, il^r älnfel^n unb bie Unab^ängigleit ber Air^e 
im Äamjjf UffampUn toottten, l^atten jte lein fräfiigered Drgan^ 
«uf Sölfer unb gürften gu toirlen, afö biefen aJlann: 

SBilber, untemel^menber ftrießergeift unb ftrenge SWönd^ 
adcetil ftanben in biefem 3^italter einanber gegenüber. fSflan foi^ 
jutoeilen SRenfd^en an^ bem rollen Stitterleben )um SRönd^^Ü^um 
itbergel^en. 93ei ben A r e u } j ü g e n l^atten reßgiöfer @ntl^uftadmu0 
tinb Äriegergeift fidj gefjaart. afe ^ßeter ber Sinfiebler unter ben 
SSölIern bed ^benblanbed uml^erjog, bie 3)rangfale ber d^riftlid^en 
trüber im Orient, bie @d^mad^ ber l^eiligen @iaücn mit ber 9e>» 
tebtfamleit beö tief erregten ©efül^fö unb ^Kil^enber (Sinbilbungäc? 
Iraft fd^ilberte, nad^ einem, toie er glaubte, göttUd^n Serufe |ur 
<6ülfe für ü^re in fd^imjjflic^er Äned&tfd^aft fd^mad^tenben Srüber 
unb bie gefd^änbeten S)en!mäler ber erßfenben Siebe il^red ^eilanbd 
bie ßl^riften aufforberte, n>urben baburd^ biete ber il^ren fieiben- 
fd^aften unb £üften Bi^l^er Eingegebenen 3Renfd^en gur Su^e ge^ 
rufen, unb öon fold^en für ben Slugenblidf mäd^tigen, freilid^ nid^t 
eben fo nad^l^altigen ©efül^Ien ber S^rlnirfd^ung ging bie erfie 
SBegeifterung für bie Areuggüge aui^. älnbere l^ingegen tourben }u 
kerfelben 3^i^ burd^ biefelben (Sinbrüdfe beioogen, h)ie man ju fagen 
Jjflegte, ftatt nad^ bem irbifd^en, nac^ bem l^immlifd^en S^^^ufalem 
3U toaUen, ber 93u^e unb l^eiliger äSetrad^tung im 3Rönd^gtl^um 
fid^ l^injugeben. 3)a]^er tourben aud^ bie Areu}jüge bei i^rem 
älnfange bon ben S^^^ß^^^^^^ <^^^ ^in ^Kittel gur (Srtoedfung unb 
Läuterung ber SSößer betrad^tet ^). SRatürlid^ entftanb in ben 
3Renfd^en, toeld^e an biefen burd^ il^rc Seftimmung Don ben übrigen 
Kriegen fo fe^r oerfd^iebenen gügen J^l^eil nal^men, ber GJebanle, 
fx^ Don anbern 5triegern aud^ burd^ il^re ganje SebeniSmeife gu 



1) @. Guiberti Novigentens. historia Hierosolymitana. Lib. I in 
JBongars, ^esta Dei per Francos f. 471: Quoniam in omnium aniraiis 
pia desinit intentio, et habendi cunctorum pervasit corda libido^ 
mstituit nostro tempore proelia sancta Dens, ut ordo eqoestris el 
vulgus oberrans, qui vetustae paganitatis exemplo in mutuas versa- 
bantur caedes, novum reperirent salutis promer endae genas; — uitb 
SSU^m ))on Xi^xu^ lib. I Bongarsi pag. 641: Necessarius erat hie 
ignis pargatorius, quo praeterita, quae nimia erant, diluerentur com- 
xniflsa, et occupatio ista utilis, qua declinarentur futura. 
Steanber, Ut ^il. S^eml^arb. 3 



30 ettn^axb bott (Efahbauir. 

«nterfdjetben, biefe mit il^rer »eftimmung in ©nUattg ju Bringen^ 
Gfe toav biefen SRenfd^ett ein anjiel^cnber ©ebanle, burdjf ein feier«»^ 
lid^eiS ^elübbe il^r ianit^ SeBen bem j^eiligen Stam}pft ju toeil^en. 
€o bilbeten fid& untet ben Äteujfa^retn 5piänc ju mönd^Sartigen 
Crbengbetbinbuttgen. 3«^ Sollte 1118 beretniöten fi(^ neun^ 
SRänner bon botnel^mer Äblunft, jum 9?eften bet SBallfal^rer für 
bie Siü&erl^eit bet SBege )u forgcn, biefem Stoede il^r Qanie^ Seben 
ju toeil^en, unb fte leifteten bot bem $atriard^en bon igerufalem^ 
lote tegnläre Äanoniler, bie ©elüBbe bet Äcufd^l^eit, beg ©el^ota 
famg unb ber ärmntl^. SSon intern SBoJ^njt^e, h)o el^emate bet fato^ 
im)ntfd^e2:em}jel fottte geftanben l^aBen, bamatefine d^tiftlid&e Äird^e 
ftanb, erl^ielten fie ben Slamen bet a;em}jell^etten^). ©d^on geßen 
jel^n Saläre Bejianb bie SSetbinbung, unb no(^ Ratten fie leine be* 
ftimmte Stegel, il^r Stuf l^atte fx^ nod^ nic^t toeit betbreitet unb 
tl&te gal^l fid^ nid^t betmel^tt. S[uf bem untet bem SSotfi^e be* 
l>ejjftlid^en Segaten 3Kattl^äu« bon älBa im Qal^te 1128 toegen mel^* 
tetet anbetn fitd^Iid^^^^ ängelegenl^eiten ju S^roi« jufammenBe^s 
tufenen Äoncil fottte il^t Dtben eine gtöfeete ^eftigfeit unb l^ö^ere 
SBeil^ung etl^alten; bie angefel^enften ftanjöfifd^en 5ßtälaten unb ber 
regietenbe %it be« fd^on in gto^em anfeilen ftel^enben ßiftetcienfer^ 
fitbeng foKten bem Äoncil beitool^nen ; ' bet ?lbt Setnl^atb louthe 
bon bem Segaten inöbefonbete aufgeforbett, an biefen Setl^anb* 
lungen 2^l^eU ju nehmen, dt entfd^ulbigte ftd^ mit einet fd^toetcn^.. 
etft lürjlid^ übetftanbenen Ätanll^eit, bie feine Ätäfte etfd^ö})ft 
l^aBe, ba^ et bet Sluffotbetung nid^t folgen lönne; et fteHte l^iet 
ben Äonttaft jtoifd&en feinem 5IRönd^^ftanbe unb bem bet untu* 
l^igen ßJefd^äftigleit, in bie et burdgi bie feine ©ntfd^ulbigungen 
nid^t l^ötenben gteunbe ^ineingejogen toetbe, bat. ,,D mein ®ott^ 
— fagt et — toie foKte bein Uttl^eil allein ftd^ übet mid^ ge=s 
täufd^t l^aben, bet bu mid^ i\xm 3R'6ni) ju mad^en betfud^teft, unb. 
mid^ in beinem S^I* i« ^«t böfen 3^it berbergen tooHteft, mid^ 
einen SKenfd^en, bet bet SBJelt nötl^ig toäte, ol^ne ben bie Sifd^öfe 
il^te ©efd^äfte nid^t gu ©tanbe bringen lönnten *)." 35od^ nal^nt- 
bet Segat auf feine entfd^ulbigung feine SRüdpd^it, unb -bermod^te 
il^n jut S^lj^eilnal^me an ben SSerl^anblungen ju %xox§. Setnl^arb 
l^atte gtofeen ©influ^ auf bie Seftimmung bet SSerfaffung, toeld^e 
bem Dtben auf biefem Äoncil gegeben tourbe, loenngleid^ bie un^ 
etl^altene, bon biefem Äoncil ^) fid^ l^etfd^teibenbe Drbengregel un«^ 

1) Milites templi. 

2) SBie er bei einer ahbern Octegen^eit toon p4 fagt: ,,3$, baö VLn»- 

f ebener meine» S"*«!^«'^^/ geberbe mic^ toeber al« ©eipli^er, nofif aU ^aie."^ 
^go enim quaedam cbimaera mei seculi, nee clericam me gero^ 
sec laicum. 

3) V. Mansi act. Concil. t. XXI pag. 358 ibiq. Wilh* Tyr. ^a^ 



iBentl^arb i^on ®ain»aii^. 31 

Uidentibatt Bpunn floateten Utf^Jtung« in fx^ ixaQi. ©eine 
€m}jfel&Iung unb fein ©influfe trug biel iixv Seförberung be« %n^ 
fel^n^ unb ber fd^netten 3lu«6wtung be« Drbenö toon jener Si^xt 
Mi bei. 2)er erfle ©to^meiftet bejfelBen, ^ugo a ^Pagani«, for« 
k^rte il^n in frätcrn Qfal^en bringenb auf, ba er burd^ fein SBei^ 
f})iel ben 3Kutl^ ber Sflitter nid^t toeien lönne, burdj feine SBSorte 
l«]^n ju toirlen, benn fletoift toürben biefe eine gro^e SBirfung 
l^erborbringen ; unb biefer toieber^olten 3l«ff orberung f olgenb, fd^rieB 
SSernl^arb feine ,,Sobrebe auf bie neue ärt beg Sftittertl^um« an 
kie SCenH)eI^erren ^)J' 

®r ftefft l^ier guerft ba« (gigentl^fitttltd^e be« 2;emt)ell^erren^ 
©rbeng bar, tooburdj berfel&e in bem Seitafter fo großen ßingong 
fanb 2) : ,,®ine neue 3lrt be« R^xcq^, — fagt er — unerl^ört, ju 
allen Stxtm^ ein unermübete^ Äämjjfen bon ioppclt^ %xt, bon 
ker einen Seite gegen S^eifd^ unb S3lut, bonber anbem gegen 
kie feinblid^en Böfen SRäd^te im ®eift, h)em foUte ba^.nid^t afö 
ka« S3elt)unbern3h>ertl^efte erfd^einen, bafe ber innere unb äußere 
SKenfd^ jugleid^ mäd&tig jeber mit feinem ©d^toerteftd^ rüftei?" 
©al^er nimmt er bie SSeranlaffung, auf bie toirlfamfte ärt ben 
SKutl^ ber Stitter anzuregen: ,,©ie leben, Iämj)fen, ftegen auf 



ben Porten be9 $oncU>tenten ber Sem^k^el^errenregel, ber ftd^ Jah. Michae- 
lensis nennt, tt>urbe btefe auf bem Sonett entmprfen, unb bem SBern^arb 
toav ed übertragen, btefelbe auf}ufe^en, toa^ er aber bem genannten ^on« 
KXpknttn auftrug. ' Uebrtgend entölt bie 9^egel in ber gorm, in »eld^ec 
ft auf und gefommen, SBieIed, mad t)on f^äterem Urf)>rung fein mug, in« 
^m babur^ ((!(ion eine grügere Ausbreitung bed Orben9 k>oraudgefe^t n?irb, 
3. !6. $unft 3 unb 21 f. Mabilloo. annot. ad Bern. lib. ad milit. 
temp. N. IV opp. I, 541. a)ic $auptja(^c in ber SSerfaffung unb SCradfrt 
bed Orbend mag nad^ ^ernl^arbd ^aiff enttoorfen fein, bied ifl e9 au4, 
töa« er in feinem lib. ad. milit. temp. ^erioor^febt. 

1) Liber de laude novae militiae ad miiites templi. Bern. opp. 
p. 543. 

2) 2)a9 »ar überl^au^t bie Aufleimt bed Seitalterd t)on ben XtmptU 
Ferren; ä^inlid^e Lobeserhebungen flnben fic^ Ui anbern ©c^^riftpettern, toit 
bei $etcr t)on QEtugnl^ l. VI ep. 26 an ben ©roßmeifler-Sberbarb. 3n. 
ber jweiten 4>älfte biefeö 3abrbuubeirt« festen fie fi(!b fd&on, inbem flc fld> 
ben ^eft^ t)on ^ird^en unb ^anonitaten gueigneten, bem XaM ber emftd^td« 
DoIIeren 50länner au«, ^off. ö. @ati«b. policrat. 1. VII cap. 21 äu§ertc 
fein (Srfiaunen barüber, bag ber $ajt>fl $abrian, ber triefe anbere Wliihxduäft 
abgef(!bafft, biefe gebulbet b^be. 2)ie SBermaltung ber ©aframente, ben 2tib 
%t9 $errn audgutbeilen, unb wenn aud^ für eine beiltge ®a^e bad ©d^mert 
3U führen, in einem, wenn auci^ bem eingigen ^eiligen Ärtegc ©lut ju ber« 
gtegen, f(!beintibm ettoaS Unvereinbares, mit er fagt: Miiites templi san- 

f:uinem Christi fidelibus ministrare praesomunt, qaorum fere pro- 
essio est humanum sangvinem fundere. Noa equidem quod eos 
viros sanguinum dicam, qui paene soli inter homines legitima 
gerunt beila; ut enim in canonibus cautum est, laicis- quamvis reli- 
giosis nuUa de rebus ecclesiasticis legitur attributa facultas; esset 
atiqae verae religionis indicium, sl ab illius rei dispositione tem- 
perarent, quam sibi domino prohibemte tractare non licet. 

3» 



82 Qcnt^avb.ttpn €(aiti»au|. 

ba« ^errlid^fte für SJ^rifkum ; nod^ j^errlid^er ift tSfX Zob, benn fte 
iierben al« SK&rtVw für ß^riftum. «nbcrc ftriege toctben etr<flt 
burd^ Seibenfd^aft unb ungered^te Urfad^n; ber Sieger toirb in 
feiner ©eele felbft bürd^ ba3 »öfe befiegt, er flegt afe aRätbet 
unb gel^t ber Strafe bed 3R5rber$ entgegen; aber aud^ ber ä(e» 
Uiebene ftirbt in ber (Sefcnnung beiS 3R&xUx{^, tinb gel^t etoigem 
3;obe entgegen. @tioa9 Xnbred ift bie 3toÜ)^t^x, bod^ aud^ l^er 
ift ber Sieg lein ®Vxi," @r fagt l^ier feinen übrigen ©runbfj^fen 
gemä^, aud^ bie Ungläubigen m&itm nid^t getöbtet ioerben, toenn 
fie nur auf irgenb eine anbere 3(rt bonber )u großen 
Seunrul^igung unbUnterbrüdung ber Oläubigen 
Idnnten )urüdge|ialten toerben. @r bergleid^t bie übrigen 
jtrieger nad^ il^rer ganjen SebenSiDeife mit ben 2;em))el^erren : 
„^i)x bebest eure 9iof[e mit Seibe, bemalt eure Sanaen, Sd^ilbe^ 
Sattel, Befe^t eure gügel unb Sporen mit ®olb, Silber unb 
^belfteinen; ftnb ba^ bie Snftgnien it^ Jlriegd, ober toeibifd^er 
Sd^mudf? 3^r felbft l^abt ja oft erfal^ren, ba^ befonl)er8 brei 
©tüde bem Ärieger nötl^ig ftnb, ba^ er fei ^urtig, munter unb 
Dorfid^tig auf feiner ^ut, leidet unb getoanbt gum SRarf^ vafd^ 
ium Eingriff; il^r l^tngegen la^t nad^ Seiber Slrt euer $aar 
toad^fen, ba^ eg euren 3lugen befd^ioerlid^ fällt, bcrtoitfelt in eure 
langen unb toeiten Äödfe eure eignen Sd^ritte, unb bergrabt eure 
feinen unb garten $änbe in eure langen, um eud^ l^erumflie|enben 
Slermel." Sold^en fteHt er nun bie S^emfjeli^erren gegenüber: 
„Sie berabfd^euen Sd^ad^ unb SQSürfel, unb ergoßen ftd^ nid^t an 
jenem S})iel ber gallenjagb; fte berabfd^euen S^uberei, Äomäbien, 
^offenf})iele ber ©itelfeit unb falfd^en SSBal^n; fie fd^eeren il^r 
$aar, n>Dl^l eingebenf, ba^ eS nad^ bed 3l)>ofteld älu^ff^rud^ für 
einen SKann eine Sd^anbe fei, bag ^aar load^fen ju laffen; man 
fielet fte nie gefd^müdft, feiten getoafd^en, raul^ ift il^ »nfel^n, un^^ 
orbentlid^ il^r ^aar, man ftel^t fie immer mit Staub befd^mu^t, 
braun gebrannt burd^ bie Sonne." ©ig ift d^arafteriftifd^ für 
Sernl^arbg S^^^^^^^f h>a3 er bon ben 2:em})ell^erren fagt, ba^ bie 
SBlenfd^en, toeld^e borl^er in fcoilber Slol^l^eit unb Seibenfd^aft bem 
Safter ft(^ Ij^ingegeben l^atten, j|e|t bon biefem ©ntl^ufiagmu^ er= 
griffen, ju bem Drben l^ineilten, in ber l^eiligen SSerbinbung unb 
bem l^eiligen Äamt)fe il^re Sünben ju bü^en — unib SKand^er 
mod^te burd^ bie beränberte SeBen^toeife in ber %f)ai gebeffert 
toerben. „Unb toa« ber erfreulid^fte Slnblidf, bie l^eil- 
famfte Sßirfung ift, unter einer fo großen ju il^nen 
l^inftrömenben 3Jlenge finb nur loenige Slnbere aU 
SSerbred^er unb ©ottlofe, 9läuber, Sd^änber bed 
^eiligen, 3Reineibige, ©l^eBredJer, aWörber, au3beren 



3C5teife ein ioppeltttSiottIftH, fotoie eine bojjjjelte ^eube 
«tttf|)rinflt, ia fxe fotool^I bie Sl^tigen burd^ il^te @ntf etnunj 
«tfreuen, atö SJieicniflen, benen fie. }u $ülfe fommen, butd^ i^te 
«ttlttttfi" 

SBtr muffen »eml^arb aü fjül^rer bet ©eelen in ber ©ect» 
forge, bie er ate Sbt au^juübcn JfatU, näl^et Betrad^en. ©etoig;, 
ein fd^toerei^ ämt^ toeld^eö gtoBer SSBeigl^eit bcburfte, Diele 9Ken* 
fd|enlenntni^ fid^ ju ertoerben, tief in bag innere ber ©eelen pt 
Blidfen ©elegenl^eit Qah. SDa lamen SKenfd^en bon fo Derfd^ieben- 
artiger dJemütJ^^Sart, a\x^ fo berfd^iebenen ©tänbcn unb 33erufg* 
toeifen jufammen, bie l^ier eine S^fln^U^atU au^ ben ©efal^rea 
unb ©türmen ber SBcIt für iljr innere« Seben fud^ten. SKand^e,. 
bie bon t>K|IidJen (Sinbrüdten fortgeriffen, in ba« Älojier fidj ju^ 
tfidffle^oflen l^atten, Derfannten fidj felbft, fonnten bie 3lul^e un\> 
©ütte nid^t Vertragen, fel^nten fi^ toieber in bieSBett, bie fie 
t>erra|fen l^atten, gurüdf. Stnbere, toeld^e, toie l^äupg ßefd^iel^t^ 
nadj bet erften ®Iutl& ber Selel^rung jidj feiig gefül^lt l^atten^ 
mußten auf einmal über grofie 2)ürre beS geiftlid^en Seben« tlagen^ 
glaubten pd^ t)on (Sott Derlaffen. Sei anbern erhjad^te ba« S5e* 
löufetfein il^rer ©ünben mit fold^er aJtad^t, ba| fie in gdnjlidje 
SSergtoetflung ju ftürjen brol^ten. Slnbere, bie fid^ übertriebenen 
©elbf4)einigungen l^ingegeben l^atten, berfielen in gänjlid^e 6r« 
fd^Iaffuttg; bie Suöerpd^t il^re« ©lauben« ging in Unglauben über; 
fie tourben irre an allem. S)ie entfeffelten, ftnfteren 3Räd^te, bie 
int Verborgenen ber ©eele fd^Iummem, ftürmten auf fie ein. häufig 
bemel^men toir in ben ©efd^id^ten d^rifklid^en Seben« biefer geit 
bte Älage übet ben Slangel be« fogenannten donum lacrymarum. 
SBenn auf bie Seiten lebenbigen religiöfen Oefül^te ein SwP<*w^ 
töie ber SBerl^Srtung, be« geiftigen %eU^ gu folgen fd^ien, ba« 
©«tg fo gejjreftt toar, bet 3«ftÄnb; bon bem ber äf)ofieI ^aulu^ 
fd^reibt, too ber SWenfd^ -feine SBorte beS ®ebet3 finben lann, 
nid^t toei^, um loa« er beten foK, bann fül^Iten fie fid^ toieber 
etleid^tert, ioenn fid^ il^r gejjrefete« §erj in 2^ränen Suft mad^te^ 
biefe« eben ba« fogenannte donum lacrymarum. greilid^ erlennett, 
toir eine Iranfl^afte Slidjtung barin, toenn auf bie @efü]^Ie in bem 
religiöfen Seben, unb gumal ba« finnHd^e @Iement barin, gu gro^eiS 
<Ben?id^t gelegt tourbe; aber e« erfd^einen bod^ l^ier bie ))fl;d^oIo^ 
gtfd^en SttßÄnbe, toeU^e in bem d^rtftlid^en Seben immer ioieber^- 
fe^fren toerben, fremb SDenjenigen, toeld^en biefe« tiefere ©emütl^«* 
teben überJ^aut^t ettim« gang t^embe« i{l. @$ erl^eHt nun, mie 
^t bet abt ©elegenl^eit IJatte, in bet öel&anblung fo berfd^ie^ 
bener innerer ©eelehguftänbe Siebe unb SOäeigl^eit ju geigen. Sem« 
^arb« Sieben an feine SWönd^e, feine Sieben gur ©rlförung be& 



34 iBem^arb ton (Slairtanir. 

l^c^en Siebet, laffen uniS il^n t>on biefer Seite lennen lernen. 9Str 
tooUm @intgeiS bataud au^l^eben. 

' 3nbem ä3etnl^atb baiS Seiten feinev SRönd^e genau (eoBad^tete 
unb ftd^ butd^ ben @cl^ein nid^t t&ufd^en lie^^ l^atte er ©elegen? 
I^eit, toal^rjunel^nten, n)ie bie äBelt aud^ in ber 9l9nd^$irad^t il^re 
(Deftalt nid^t änbert, toenn aud) berbed(t, tote biefelben ©ebred^eit 
unter bem ©d^ein ber SRdnd^dl^eiligleit gum Siorfd^ein lamen. 
ä3ernl^arb tou^U bieg toofjl }u bemerlen, to)ie bie Steigung, fid| 
felbft gu erl^eben, inbem iaan 9(nbere J^erabfe^te unb t)er(ättmbete, 
aud^ l^ier il^r SBefen trieb, toie bie fjreube, Änbere fd^Ied^t gu mad^en^ 
fid^ oft unter bem ©d^ein ber a:i^eUnal^me toerbarg. ®r fogt ^) : 
,,Seber, ber ben Slnbem l^erabfe^t, geigt guerft, ba^ e3 il^m felbft 
an -ber Siebe gebrid^t. ©obann, toa« fud^t er anberS burd^ bie 
^erabfeftung be« Släd^ften gu erreid^en, aö ©en, ben er toer* 
läumbet, Oerl^a^f unb Oerad^tlid^ gu mad^en bei 2)enen, unter 
benen er il^n Oerlöumbet? ©o Diel an if)m ift, bertiigt er bie 
Siebe in äffen, nid&t affein unter ben ©egentoSrtigen, fonbem 
aud^ unter ben 3lbn)efenben, gu toeld^en eüoa burd^ bie ©egen? 
toärtigen ba« fd^neff fxif berbreitenbe SBort gebrad^t toirb. SDu 
felbft, toeld^e gro^e SIRenge ber ©eelen leidet unb in lurger Seit 
bif fd^neff laufenbe Siebe burd^ fold^e ©eud^e ber S3ogl^eit an^^ 
ftedfen fann. Unb e3 ftnb ntand^erlei arten biefe« SJerberben«, 
inbem Sinige offen unb ol^ne ©d^eu, toie e3 il^nen in ben 3Runb 
lommt, baS @ift ber SSerläumbung audfd^ütten, Slnbere aber burd^ 
einen geloiffen ©d^ein ber ©d^eu bie So^l^eit, bon ber fie fd^toanger 
fwb unb bie fie nid^t gurüdfl^alten fßnnen, gu berbedfen fud^en. 
3Ban fann toal^mel^men , toie fie tiefe ©eufger borau^fd^idfen, unb 
fo mit einer geloijfen SlSürbe unb toie gögemb, mit traurigem 
@eftd^t, mit gufammengegogenen 3lugenbrauen unb mit flagenber 
©timme bie SJerföumbung bon fid^ geben, unb fie fönnen befto 
leidster bamit Gingang finben, toeil SDiejenigen, bie eS l^ören, 
Theinen, ba| fie ungern unb mel^r mit bem ©efül^I bei8 ©d^mergeg, 
aU mit böfer älbftd^t, ©old^ed auSfagen. @d l^at mid^ fel^r ge« 
fd^ergt, fagt ein ©old^er, loeil id^ il^n^el^r liebe/ unb id^ i|n 
nie in biefer ^inftd^t l^be gured^ttoeifen fönnen. Unb ein änbrer * 
fdgt: Wlxx toaii bieg längft t»onil^m befannt, aber .burd^ mid^ 
n>fire eg nid^t rud^bar geworben, ^ber toeil burd^ einen ^nbem 
bie ©ad^e ift offenbar n)orben, lann id^ bie äBal^rl^eit nid^t ber^ 
leugnen. Wlii ©d^merg fage id^ eg: @g berl^ält ftd^ toirtlid^ fo. 
Unb er fügt l^ingu: @in großer ©d^abel benn fonft ift er bielett 
^ngen tüd^tig; aber in biefer ©ad^e lann er, um bie 9Bal^rl^ei£ 



1) In cant. serm. 24 §.y. 



^ fagen^ burd^u^ nid^t entfd^ulbtgt loerben/' @r fanb unter bett 
äßönd^n aud^ @old^e^ to)eld^e ftd^ tool^l gern rül^mten beffen, toad 
ite früher in ber SBelt getoefen tooren, fei «« ate Siitter aber 
2)iale!tiler, @oId^et toeld^e^ n)enn fte aud^ Don il^tem frül^ren 
£e6en^tt>anbel mit ä3ebauern ju reben fd^ienen, bod^ unter biefen 
iut Sd^au getragenen Jtlagen @itelleit berbargen: ,,9Bir l^ben 
^I»er aud^ ©pld^e^ toeld^e in ber 3)2önd^^trad^t einl^ergel^n, )u- 
toeilen auf unberfd^ämte SBeife ba« ©d^Ied^te il^reö frül^eren SebeuiJ 
mit einer ärt öon ^ßral^lerei erjäl^Ien ^öten, il^^re tapferen Sl^aten 
in ben ritterlid^en kämpfen, ober toie fte bei ben 2)i«putationen 
ber (Selel^rten fid^ auSgejeid^net l^aben. 3)aS ift ein 3^i^^n ^^^^ 
nod& tüeltlid^n ©eele, unb bie S^rad^t ber 3)emutl^ ift Ui Sold^en 
iein SWerfmoI einer l^eiligen ßmeuerung, fonbern nur eine SSer- 
l&üllung il^reö alten ©inneg. Einige eripäl^nen ©old^eö toie mit 
©d^^merg unb 3leue; aber inbem il^re ©efmnung barauf l^ingeljft, 
fid^'gu rül^men, täufd^en fte nur fid^ felbft; benn ®oit lägt pd^ 
nid^t k)erf|)otten. @ie l^aben ben alten SDlenfd^en nid^t auSg^}Dgen, 
fonbern l^erbedEen il^n nur unter bem neuen ©etoanbe^)." SEBa« 
S3ernl^arb l^ier fagt Don ben SRönd^en, bie fid^ il^rer liter&rifd^en 
(Sro|tl^aten rül^mten, toirb erllärt burd& ba«, toaS ^o^ann i)on 
©aliäburi^ au« bem Seben feiner 3^i* u^g mittl^eilt, tote ©old^e, 
kie jum Setoufetfein ber Seerl^eit be§ herumtreibend in bem bialefc 
üfd^en gormeitoefen gelangt toareu, unb baburd^ belogen tourbeiv 
Von ber SHJelt in'S 3Wönd^gtl^um gu fliel^en^ bod^ nad^l^er il^re alte 
SRatur loieber geigten. @r fagt öon ©old^en^): „SJiete l^aben 
%en Srrt^um toerbeffert, inbem fie an ftd^ felbft toalj^mal&men 
iinb ainbern toerfünbeten, ba| 2lIIe§j toa« fte ßtUxnt l^att^n^ 
^iteßeit iimr. ^ä) fageS3ie(e; benn (Sinige tooQfen lieber 3::i^oretl 
Jbleiben, al$ ftd^ burd^ bie 3)emütl^igen^ benen ©ott ®nabe giebt, 
jured^toeifen gu laffen. 2)enn fte fd^amten (td^, ate ©dualer pd^ 
5» geigen, ba fte.ftolge SKeifter gu ftJtelen getool&nt loaren. SBen« 
ku mir ftid^t glauben Jpittfkf fo befud^e nur bie ÄWfter. 6« toun» 
bert fid^ »enebift unb llagt barüber, ba& ber SBolf in ©d^aafg* 
Heibem öerJ^üOt ift»)." 

@r nal^m mand^e älnbere toal^r, toeld^^ nad^bent jh ^hm 
in bod üRönd^iStl^um fid^ gurüdfgegogen litten, burd^ ben ©dornet} 
über il^re friil^eren ©ünben gang bergel^rt gu toerben broJ^tetu 



1) Cant. cant. serm. 16 §. 9. 

2) Metalog. I, 4. 

3) Si mihi Don credis, claustra ingredere: et inveniei ibi super- 
biam Moab, et eam int^nsam valde: ut arro^antia absorbeat fortt^ 
tudinem ejus. Miratur Benedictüs, et queritur, quod se quodam^ 
Jüodo auctore, latet lupua in pellibus agninia. 



86 Bnn^arb i»oii (Srairtani. 

gijtwii \pta^ ftaJrpjl ein, inbcm er fögte: „%ttxii tüäf, tl^, bte 
i^ Stt^e tl^ut; ermuntert tudf, Oft JUetnmfitl^igen ! @ud^ foge 
iäf t^, toelc^e t^r, nac^bem il^r bor fturjem bon bem äieUIeben 
Belehrt toorben toart unb eure fd^Ied^ten ffiefle toerlajfen l^attet, 
Balb in großen Cdjmerj unb bie SSerjtoeiflunfl ber SSu^e berfiett^ 
unb toeld^e ber )u gro^e @d^mer} toie nod^ frifd^er SSunben ber 
6ee(e qu&It unb beunrul^igt; benn @ott toirb ein jerlnirfd^ted unb 
gebemüt^igte« $erj ni(^t berad^ten." (Sr erinnert fte baran, toie 
bie @ngel ftd^ freuten über ben Sünber, ber Su^e if^ut 0. ®t 
tiapet feine 3Rön<^e bei bem ffled&fel ber religiöfen ®emüt^«bepim^ 
nrnngen burd^ ba« 8eifJ)ieI feiner eigenen ©rfal^rungen. (St fagt*)r 
,,^I^Ien unb erfol^ren toir ba« nid^t cft beim ®ebet, teir, bie toir 
nod^ t&glid^ burd^ bad Setou^tfein unferer gegenmärtigen unb 
Vergangenen Silnben bebrängt Serben? 93on toeld^ gro|er X^rduer 
l^ft bu mid^ oft befreit inbem bu ju mir lomft, mein guter Qef u« I 
9Bie oft f. nad^ ängftlid^em äBeinen, unaudf))red(flid^en @euf}em^ 
l^afl bu mein )9erit)unbeted @eta>if[en erqutit burd^ ben Salfam 
beiner Sarml^erjigleit, unb eö mit ejreube übergoffenl S38ie oft 
l^at ba$ ©ebet Den, toeld^er faft Derjloeifelnb ju bemfelben feine 
3u{{ud^t nal^m, mit ^reube erfüllt unb ber äSergebung feiner 
eünbenftd&er gemadjt!'' Sr fd^ilbert on feinem eigenen SSeiff^iele,. 
toa« jur Selel^rung unb Srmol^nung für Sitte bienen foffte ') , toie 
bie ©eele am geiftlidjen ®efang, am ®ebet, am Sefen ber ©d^rifi 
feine ^eube mel^r finbet, bie Setrad^tung göttlid&er 2)inge il^t 
Ijerfd&loffen ift. 5Wid^t in ber «u«übung ber d^rijKid^en Sugcnben 
fottten fte an i^m ein Seifjjiel nehmen, fonbem barin, ba| fie 
fid^ felbft anllagten, fobalb fte eine ®rlaltung be« l^öl&eren Seben* 
an fid^ toal^rnä^men. ©o fottten fold&e ©rfal^rungen baju bienen, 
burd^ a)emut^ für SBad^^tl^um ber ®nabe tüd^tig gu mad^en. „3n 
SBäal^rl^eit l^abe id^ gelernt, ba^ ntdjt« fo toirffam ift, bie ®nabe 
yi ertoerben, fte ju betoal^ren, fte toieber ju gewinnen, aU bie 
bemütl^ige gurd^t toor bem ^errn" *). 6r ermahnte feine SKönd^^ 
^ nid^t )u fel^r in bie Sleflesion über ba§ eigene iBöfe }u ber» 
tiefen. „3d^ tätige eud^, meine greunbe, — fj)ra^ er ju ii^nen^) 
— eud^ jutoeilen öon ber befd^toerlid^en unb ängftüd^en ©rinne* 
ntng an mtm StBanbel toegjutoenben, unb eud^ }u bem erfreulid^en 
^nbenlen an ®otted SBol^ltl^aten }u erl^eben, bamit il^r, toenn 



1) Cant. cant« serm. 10 §. 6. 
. t \2) S. 32 §. 3. 

3) Haec ego in me traDsfignravi propter tos, at et vos ita fa« 
ciatis. Imitatores mei estote. 

4) S. 54 §. 9. 

5) S. 11 §. 2. 



©ern^arb i>ott CElaittanir. 3T' 

i^ auf tn^ felBft J^tnBItdcnb , cud^ mebergef dalagen fül^tt, auf* 
at^met, inbem il^r ju tl^m l^inbfidft. ®er ©d^merj fiber bie ©ünbe 
ijl ein notl^toenbiget, tocnn er nur lein immettoä^renber ift. ®r 
toetbe butdj bie erfreulid^ete ßrinnerung an ®otte8 ©nabe unter* 
brodjen, bamit nid^t^ettoa ba8 $erj bon ^Iraurigleit toerl^ärtet 
toerbe unb burd^ SJerjtoeiPung untlomme ; benn feine ®nabe ift größer 
afö iebe ©ünbe. SDal^er beginnt ber ©ered^te ntit ber 2lnnag,e^ 
feiner felbft, unb er f<i^Iie|t mit ber ßob^jreifung ®otte§. SBie 
fönnte fonft ba« 3Bort be§ Sl^joftefö Don un« erföttt toerben, ba^ 
toir aUcjeit ®ott banlen foDen, toenn ba§, tüofür h)ir ®ott 2)anf 
fd^ulbig finb, bori unferm $ergen toeid^f gur SSergleid^ung mit 
bem, toa§ SJernl^arb l^ier fagt, tooffen toir ben 3latl^, toeld^en ein 
auSgejeid^neter ^2Rann, bejfen Eebengjeit Sernl^arbg S^^^^^^^^ ^^* 
vü^tt, be8 Stnfelm öon ßanterbur^, l^ierl^erfe§en *) : „5DarüBer, — 
f (greifet er ©enen, toeld^fe i^n um eine Stntoeifung jum geiftlid^en 
Seben gebeten "^aiUn — toie il^r bie böfen SBiffengregungen ober 
©ebanlen bon eud& auftreiben fofft, nel^mt biefen Keinen 3lat§^ 
bon mir an. Streitet nid^t mit ben böfen ®ebanfen ober SBiffenS* 
ridjtungen, fonbern befd^äftigt eud^ in eurer ©eele ftarl mit einent 
guten ©ebanfen unb SSorfa^e, bis jene böfen ®ebanfen fd^toinbenp 
benn nie toirb ein ®ebanle ober SQBiffe a\x% bem ^erjen au§ges= 
trieben, loenn e8 nid^t burd^ einen entgegengefe^ten gefd^iel^t*). 
aSerl^altet eud^ bal^er fo gegen bie unnä^en ©ebanlen, bag il^r mit 
aBer 3Rad^t ju ben guten eud^ l^intoenbet, bamit i^r auf jenet 
aud^ nid^t einmal ad^ten möget. SBenn il^r aber l^Un ober mit 
einer frommen Setrad^tung eud& befd^äftigen* toottt, fo fielet befel^alb 
bon einer fold^en Sefd^äftigung bod^ leineStoeg« ab, fonbern über« 
toinbet fie auf bie bemerfte SBeife burd^ SBerad^tung. Unb fi> 
lange il&r fie auf biefe Seife berad^tet, la^t eud^ baburdj nid^t 
betrüben, bamit fte eud& nid^t bann burd^ 33eranlaffung biefer 
»etrübnife lieber einfatten unb eud& bon Sleuem Idftig toerben;. 
benn ba« iji bie bie Slrt ber menfd^Iid^en ©eele, bafe fte an ba«^ 
toa^ fie erfreut ober betrübt l^at, öfter fidj erinnert, ate an baS,. 
loaij fie gar ni(^t ber SKü^e toertl^ l^ält, barauf ju ad^ten«).'* 
tinb fte foEten nid^t fürd^ten,. ba| il^nen fold^e Siegungen ober 
®ebanien ate ©ünbe angered^net ivürben, \oinxi Wfc SBiUe nid^t 



1) Epp. in, 133. ^ 

2) Nunquam enim expellitur de corde cogitatio vel volnntaa^ 
nisi alia cogitatione et alia voluntate, quae illis non concor4at. 

3) Similiter se debet habere persona in sancto propbsito stn- 
diosa, in quolibet motu iodecente in corpore vel anima, sicuti est 
atimnlua carnis aut irae aut invidiae aut inanis gloriae. Tunc enim 
facillime extinguuntar, cam et illol velle sentire aut de Ulis eogi- 
tai^ aut aliqnid illornm suasione facere dedignamur. 



38 .iBcrn^rb «>oii (S(airtoau|. 

<inftimme; benn ed fei nid^tö SSerbammlul^d an 2)eiien> toeld^e in 
^l^rifto 3^fu ti)&ren, bie nid^t nad^ bem ^^eifd^e iDanbelten. 

Sern^atb toaxnU bie Slnfänget^ toeld^, toie er felbft einft^ 
lein Ttaafi i^ired adcetifd^en @ifer§ gelten laffen iooUten. @r 
jagt gegen @oId^e, inbem er eine @telle ber @d^rift auf fU an- 
toenbet : „SHefe fflorte finb aud^ gerid^tet gegen eud^, il^r SleuRnge^ 
«uren ju unbefonnenen @ifer, ja eure )u eigenftnnige Unmä^ig!eit 
3^r löofft mit bem getoöl^nlid^en Seben nid^t gufrieben fein. 3)a3 
regelmäßige haften, bie getpöl^nlid^en äSad^en, baS 3Raa|, bad 
toir eud^ ertl^eilen in JUeibung unb Stal^rung, aUe^ bied ift eud^ 
itid^t genug : il^r b>oIIt etb>a^ ^efonbereS für eud^ l^aben. äBarum 
^abt il^r bie ©orge für eud^ uniS einmal an\>nixaui'i toarum 
mifd^t il^r eud^ felbft to)ieber in eure Slngelegenl^eiten ein? ®el^t, 
jenen euren (Sigenn)iIIen^ burd^ ben ii^r fo oft @ott beleibigt l^abt, 
tpie euer @en)if[en eS eud^ bejeugt^ mad^t il^r toieber t>on Steuern 
3u eurem ^ül^rer, nid^t mid^. 2)iefer @igenn)ille ift ed, ber eud^ 
antreibt, eure Statur nid^t ju fd^onen, ber 3Jernunft nid^t gu 
gel^ord^en, bem 9iatl^ ober bem ä3eif))iel ber älelteren nic^t ju 
folgen." ©ie l^ätten einen guten (Seift «mj)fangen, aber fie ge=, 
brandeten il^n nid^t auf bie redete SBeife. @r fürd^te, ba| fte ftatt 
beffen einen anbern erl^alten möd^ten, ber unter bem ©d^ein bei5 
©Uten fte irre f ül^re, unb ba| fte, bie im Seifte angefangen, im gleifd^c 
enben toürben. Db fte nid^t toüßten, ba^ ein @ngel be$ ©atand 
fid^ l^äufig in einen ©ngel be« Sic^t« öerlteibe. (Sott fei a33ei%it 
unb Verlange mit ffleigj^eit geliebt ju loerben. SEBerbe bie ßrlennt« 
itiß toernad^Iöfftgt, fo lönne leidet ber ßifer öon bem (Seifte be3 
3rrtl^umS öerfül^rt toerben. Unb ber fd^Iaue geinb' l^abe feinen 
tpirifameren Äunftgriff, um bie Siebe au« bem $erjen gu Der= 
Bannen, ate toenn er betoirfen lönne, bafi man auf ein^ uttbey«. 
künftige SBeife in berfelben toanble^). ßx fül^rte il^nen gut 
Sffiarnung- bie öielfad^en ßrfal^rungen bor, toie leidet bie Ueber« 
treibung in bag ©egentl^eil umfd^lage *). @r teufte aud^ in bei» 
.ngcetifd^en (Sifer bie gefäl^rlid^en SSerfud^ungen be« ^od&mt;tl^ 
unb ber @itel!eit )u ertennen, bie ©elbfttäuf(^ung, burd^ bie hai 
.geiftlid^e Seben gel^emmt, ftatt geförbert lourbe: ^^SB^ie oft — 
fagt er — toar eg bie Serfud^ung beg bSfen ®eifte0, toeld^ 
SKand^em eingab, ben SQSad^en juDorguIommen, um il^n toerft>ottett 
JU lönnen, toenn er bei ben fird^Iid^en geierlid^Ieiten l^ernad^ ein- 
fd^Iafen mußte! 2Bie oft herleitete er ©inen, ba^ ^Jaften gu toeit 
au^gubel^nen, um il^n burd^ Äör})erfd^toädJe gur SSerrid^tung ber 



1) S. 19 §. 7. 

2) S. 33 §. 10.. 



Mtxlt, in benen er bem $ertn }tt bienen l^atte^ untüd^tig ju 
ittad^^en! S33ie oft uBertebete et, inbem er bie in ben Älöpem 
toeiter ©eförberten beneibete^ in bie ©indbe ftd^ ju U^eUn, att 
ob fie baburd^ eine größere Sleinl^eit erl^alten lönnten, unb bie 
IXnglüdlid^en l^aben enblid^ erlannt, toie toafyc ba$ äOSort fei, toa^ 
]le untfonft gelefen l^dtten: äBel^e bem, ber aKein ift-, toenn er 
im, \o ift lein änbrer \>a, ber il&m aufl&elfe.'' ©r felbft nal^m 
f djotjenbe Slüäfid^t ouf bie ©d^tood^e ber äWönd^e, toar fem babon, 
ju gro^e ainftrenflungen ton il^nen ju berlangen. ^a er einp 
ioal^rna^m, bag ntan 9Rönd^, ben frül^eren äBad^en unb älnftren« 
ß^nflen unterließenb, bei ber fird^Ii^en geier eingefd^Iafen toaxcn, 
faßte er guil^nen: ,,3d& fel^e ©inige göl^nen, 3lnbere in ©d^Iaf 
Derfunfen. Unb id^ tounbre mid^ baruber nid^t: benn bie SBad^», 
4er borigen SRad^t,' bie fel^r lange bauerten, entfd^ulbigen fie. aber 
l9aS foU id^ ju S)enen fagen, bie bamal^ gefd^Iafen l^aben, itnb 
ie|t aud^ fd^Iafen? Slber id^ fal^re nidjt toeiter fort, pe jur 
ßd^aam ju ertoedfen; e« fei genug, bie« einmal berül^rt ju l^aben ^)." 
3ur SSerbinbung ber Selbft- unb ber ©otte^erlenntni^ ermal^nte 
<r feine SRönd^e bor Slffem: ,,3)a« ©rfte für un§ ift bie ©elbft^ 
^enntni^, toeil, toaS toir felbft finb, \xn^ ba« Släd^fte ift; ba« 
^eilfamfte, toeil eine fold^e (Srlenntni^ nid^t aufbläl^t, fonbem be<» 
mätl^figt unb eine getoiffe SSorbereitung jum @rbauen ift. S)enn 
ba« geiftlid^e ©ebäube fann nid^t beftel^en, loenn e« nid^t auf bem 
feften ©runbe ber 2)emutl^ ru^t. 2)ie ©eele lann aber nid^t^ 
finben, toa« ju il^rer 2)emütl^igung bor fxd) felbft geeigneter loäre, 
ate bie aufrid^tige ©elbftbetrad^tung. SBie foffte fte in biefer 
toal^ren ©elbfterfenntni^ nid^t gebemütl^igt toerben, toenn fie fid^, 
ihit ©ünben belaftet, burd^ ba§ ©eioid^t biefe« fterblid^en SeibeS 
niebergebrüdft, in irbifd^e ©orgen berftridft ftnbet. ©ie toirb ju 
kern ^errn pdj l^intoenben unb in SDemutl^ ju il^m rufen (5ßf. 41, 5):, 
^err, fei mir gnäbig, l^eite meine ©eele, benn id^ l^abe an bir 
gefünbigt! Unb toenn fte ium $errn ftd^ l^intoenbet, toirb fie 
:^"rop em})fangen, toeil er ber SJater ber Sarml^erjigfeit unb bc^r 
®ott äffe« ärofte« ift. — ©o lange id^ auf mid& felbft l^inblüe, 
JpeiU mein äluge in S3itter!eit SBenn id^ aber }u ber ^iilfe ber 
9&ttlid^en @rbarmung meine Stugen erl^ebe, toirb fogleid^ bie freust 
bige Sdtrad^tung ®otte« ba« Gittere ber ^elbftbetra^tung mUb^rii, 
3n fold^er Drbnung toirb ®ott auf ^eilfame äöeife erfannt, toenn 
*er aJlenfdJ juerft feine 9iotl^ inne toirb, jum ^erm ruft, unb 
Kefer il^n erl^ört; unb auf biefe ffieife toirb bie ©elbfterlenntniß 
eine ©tufe )ur ©otteiNrlenntnil fein, unb oud feinem in bit^ er^ 

1) S. 36 §. 7,> 



40 8ttn^b t»onr (Slairtauir. 

itfiiten Silbe totrb et feKp bit erfd^etnen ^)." ©te an pd& fettjl 
Setjtoeifeinben ermahnt er )um Siertrauen auf ®otted ®nabe. 
^<St faßt i^nen % ba^ ©ieientgen, toeldje fid^ nid^t Belel^ren tooDten^ 
totil fie ftd^ ®0tt, ftatt in il^m ben ©näbigen unb äSarm^erjigen 
2tt etfcnnen, aö einen Prengen, l^arten, unDcrföl^nltd^en öorflefften^ 
M ^tnen ®d$en an ber SteSe ®otteiS bic^teten ^). ,,9Ba9 fütd^et 
i^x Aleinglfiubigen? 2)a^ ev bie 6ünben nid^t bergeben tooQe? 
SlBer er felbft l^at pe an'« Äreuj gel^eftet. ^x^Ut i^r eure 
Sd^toäd^e? aber er fennt feine ®efdjöj)fe. SJie geffeln, toeld^ 
bie ©etool^nl^eit ju fünbigen eud^ angelegt l^at?' Aber ber $err 
Wfet bie ©efangenen (5Pf. 146, 7). SDa^ er, ilBer bie ®rß^ unfr 
bie aJlenge eurer Sünben erjürnt, eud^ bie $anb be« Seijlanbe« 
ntd^t reid^en tooße? Slber too bie ©ünbe modjftig getoorben x% 
ba J)flegt bodj bie ©nabe nod^ biel mäd^tiger ju fein (Slöm. 5,. 
20J." (Sinem reid^en unb borne^men jungen SRanne, toeldjen er 
ju fid^ rief, fd^rieb er *) : ,,33iettetd^t toirb bein mit bielen Sünben 
befledfte« ©etoiffen mir antworten, ba| x^ ju ftJät bid^ gerüfeir 
l^abe. SßaljirlidJ, ba« fd^redft mid^ nid^t; i^, ber idj felbft eiti 
©ünber bin, berabfd^eue ben ©ünber nid^t, unb idji' berad^te ben 
Äranlen nid^t, ba id^ midj felbft frani fülj^Ie. SSSenn bu mid^ 
aber audj für gefunb l^ältft, fo berfd^mäl^e i^ e« bod^ nid^t, bem 
®d^h)adjen ein ©d^toad^er ju toerben, um ben ©d^toad^en ju ge- 
winnen, unb gern Ij^öre id^ l^ier ben Slatl^ be« 5PauIu8 (®al. 6, 1): 
gl^r, bie il^r geiftlid^ feib, l^elfet Sold^en toieber gured^t mit fanft* 
mütlj^igem ©eifte, unb fiel^e auf bid^ felbft, ba§ bu nic^t aud^ 
berfud&t toerbeft. Unb ic^ bead^te bie ©röfee ber ÄtanH^eit nid^t,. 
inbem xd) an bie ®rfa^rung be« 2lrjte8 unb jugleid^ an bie ©nabe,. 
bie id^ oft in meinen eigenen großen Äranll^eiten erfalj^ren l^abe,, 
benle. SBenn bu aud^ nod^ fo fe^r mit 6ünben befledft bip, fo toirfl 
bu ol^ne Sö>eifel rein toerben unb toei^er aö ©d^nee, unb beine 
3ugenb toirb erneut toerben, toie bie beä Slbler«, 3^ ^««"« ^"^^ 
Kd^ 2)en, toeld^er fagt: 2Bo aber bie ©ünbe mäd^tig getoorben 
ift, ba ift bodji bie ®nabe biel mäd^tiger geloorben. a)er gute 
Ärjt, ber äffe Äranfl^eiten ber ©eele l^eilt, ber il^r Verlangen mit 
allem ©uten erfüfft.'' 2)a« SKnbenlen an Sl^riftu« fteffte er immer 
Äfö ba« fräftigfte Heilmittel für äffe Äranl^eiten bet Seele bttr'^)t 
r/3P ßiner unter eud^ traurig? @« lomme 3efu« in ba« $er8^ 



1) S. 36 §. 5. 6. . 

2) 8. 38 §. 2. 

3) Ffinnaoc sibi idobsm, pro eo» qaod non est ipM. 

4) lEp. 411 §.2. 

5) Si scribas, nron sapit mihi, nisi legero ibi Jesum. Si disputea 
ant conferas^ non sapit mihi, nisi sonuerit ibi Jeaua. 



)i^nf(arb ton (Sloirt^aiit« ' 41 

tinb ftel^e, \i^r\n ^d Std^t feinet !Ramen$ aufgellt, flicl^en oSe 
SBoUcn uttb bie ^eiterfeit lel^rt gurüdf. @3 fallt ®inct in eine 
<Sänbe, unb ftfir}t nod^ bagu in SSergloeiflung : toirb et nid^t^ ioenn 
tr nur ben SRomen bcS 2e6en3 anruft, fogletd^ gum Scben auf= 
ük^mtn? SRid^tS ift fo fel&r geeignet, bie SluftoaUung be« Some« 
|urödf)ul^alten , ben ^od^mutl^ gu beftegen^ bie f^lamme ber £uft 
ju Idfd^en unb allen Siei} ber @önbe gu Bannen; benn toenn id^ 
Sef«^^ äK 5!Kenfd^en nenne, fo l^alte id^ mit ba« S5ilb be« Don 
;&erjen ©anft^ unb 3)emütl^igen, be^ öon $eiligleit ©tral^Ienben 
t>or, unb benfell&en aU aümäd^tigen ©ott, bafe er mid^ burd^ fein 
Äeif^iel l^eile unb butd^ feine «öülfe ftötfe. Sitten bie§ ertönt mir 
jugleid^, toenn mit ber 3tam^ 3efu8 ertönt, ©o nelj^me idj mir 
^ift^iele Don bem SRenfd^en unb $ülfe Don bem üR&d^ttgen, unb 
id^ fe|e mir ein fold^e^ Heilmittel jufammen, toie lein Slrgt ettoai^ 
Äel^nlid^e^ ju Staube bringen lann."*) „asie fd&ön — fagt er 
tn einer anbern Siebe*) — erfd^einft bu mir, o mein $err S^fu^, 
<tud^ in ber ^enfd^engeftalt! nid^t allein ioegen ber göttUd^n 
SEBunber, butd^ toetd^e bu l^etDorleud^teft, fonbern aud^ toegen ber 
SBal^rl^eit, ©anftmiitl^ unb ©ered^tigleit. ©elig, toer bid^, toie bu 
f ate 9Renfd^ unter ben SDlenf d^en toanbelft, genau beobad^tet unb 
tiad^ fträften bir nad^gual^men ftrebt!^' — S)ie Siebe ju (Sl^riftug, 
We fid^ auf ba« Sfleinmenfd^üd^e in il^m bejiel&t, betrad^tet 8em=^ 
l^arb aU eine ©tufe, auf ioeld^er bie ©eele ftd^ )u ber Siebe 
©otteS um feiner felbft toillen, toeld^e bie SteKe ju allem SBal^ren 
unb ©Uten in ftc^ fd^Re|e, affmälig erl^ebe. ®r nennt •) ben 
©tanb))unlt ber nod^ fleifd^Ii^en Siebe benjenigen, too ba^ ©emütl^ 
^urd^ bie S3etrad^tung beffen, toa^ S^riftu^ bem f^leifcj^e nad^ toar, 
loag er im gleifd^e i>oÜhtaijt unb geleiert, betoegt toerbe. SBer 
Don biefer Siebe erfüllt fei, toerbe leidet geräl^rt, fobalb man ettoaiS 
iiefer ä^rt ertocil^ne. ©amit befd&äftigt er pd^ am liebften unb 
<r fül^lt ftd^ am meiften feiig, toenn er fid^ bamit befd^äftigt. 3m 
^Sebet ftel^t il^m baiS Silb be§ ©ottmenfc^en Dor Slugen, toie er 
geboren toirb, Don ber SRutter gefäugt toirb, lel&rt, ftirbt ober 
iiuferftel^t, ober jum ^immel ftd^ erl^ebt. (Sr erfennt ben fittlid^en 
XSinflu^ einer fold^en Sefd^äftigung mit bem l^iftorifd^en ßl^riftu^ 
ÄU, toie fel^r biefe baju biene, jur Siebe ber iugenb bie ©eele 
anzutreiben, ober bie Süfie bed ^leifd^ed gu bannen, ober bie 
triebe gu befd^toid^tigen. „Qd^ glaube, — fagt SSernl^arb — 
ba§ ®ott befonber« be^l^alb im gleifd^e erfd^einen unb aU SKenfd^ 
mit ben SKenfd^en loanbeln tooKte, um guerft aSe Steigungen ber 



1) S, 15 §. 6.; 

2) S. 25 §. 9. 3) S. 20 §. 6. 



42 Qet^^vb t»« <S(aizi»a»(. 

f[rifdJKdJett aRcnfdJen, bte tiut ffdfdjfid^ ReBfn forniten, jut IJeÄ* 
famctt SieBe feiner menfd^I^en ©rfd^inung jutüdfjujie^n, uttb- 
fit fo {iufenloeife gu einet geiftigen Siebe )u füllten. Stonben 
nxä)i SDiejenigen auf biefem Stanb^unlte^ toel^e fagten (SRattl^. 19^ 
27): Stelle, toir l^aben SQled betlaffen itnb ftnb bit nad^gefolgt. 
®etx)i§ nur au§ Siebe }u feinet leiblichen ®egentx)att Ratten fte 
XHeiS berlaffen, fo ba| fte ni(^t einmal hai SBott bon feinem 
Bebotfte^enben l^ilbtingenben Seiben unb feinet batauf folgenben 
^ettlicJ^Ieit tul^ig etttagen lonnten." JDiefe no<^ an bet finnKd^tn 
(Srfd^einung ei^tifti l^aftenbe Siebe beitad^tet Setnl^atb aU bie etfle 
teligiöfe »ilbungSflufe bet Ä})opeI. ßl&tiftu« felbft *ejeic^ne eine 
^öl^ete Stufe, toenn et fage: SDet ®eift ifk e«, bet lebenbig madjt^ 
ba« gleifdj iji nid^t« nü|e, — unb ben Uebetgang bon \tntm 
niebeten ©tanb^untte }u biefem l^öl^eten finbet et in ben äSotten 
bed 9[))i)fteld $au(u^: SBenn toit aud^ Sl^tiftuiS bem ^eifd^e nad^ 
gelaunt l^aben, fo lennen toit il^n bo^ Vi^ nid^t mel^t fo. Dutd^ 
bie Siid^tung bet 3(nbad^t' auf bie ftnnlid^e @tfd^einung S^tifli 
mdge fid^ einfttoeilen ttdßen, ioet ben lebenbigmad^enben ®eiji 
ioenigftend nod^ nid^t in bem 3Raa|e etlangt l^abe, ta)ie ed jenem 
l^%ten @tanb)>un{te entf))ted^e. Dl^ne ben l^eiligen ®et{l 
lönne aud^ jenet @tanb)>unlt bet no6f an bet {tnnlid^en @rfd^inung 
l^aftenben Siebe ju S^tiftud nid^t entfielen, tt)enng(eid^ ed nod^ 
nid^t gu jenet %üHt bet Siebe gefommen fei. ^iefe Siebe )ur 
^nnli^en @rfd^etnung S^tifti mu^ aud^ fd^on {latl genug fein^ 
ttm ben 3teij äffet anbetn ftnnlid^en, toeltlid^en Siebe übettoinbiftt 
ju fönnen. ©onp toöte ba« ^etg getl^eilt gtoifd^en biefet Siebe 
»nb einet anbetn, eg toäte fein Sieben bon ganjem bergen. DU 
gleid^ abet eine fold^e Siebe ju 6l^riftu8 eine gro^e ®abe be« 
l^iligen ®eifte« fei, fo fei e« bod^ nod^ eine jtnnlid^e Siebe gu 
nennen tm SBetJ^filtniffe gu betjenigen, hKld^e nid^t auf ba« fleifdj- 
getootbene SBott ate fold^e«, afö auf ba« SBott an ftd^, bie SBeig^r 
l^eit, SBal^tl^eit, ^eiltgleit unb «ffe«, toa« SEugenb ift, ftd^ begiel^e; 
benn aud^ äffe« bie§ fei 6^tiftu3, afö bon ®ott un8 gemad^t gut 
SBeigl^eit, ®eted^tigfeit, Heiligung unb (Srlöfung. 2>et eine ©tanb^ 
J)unlt i|l il^m betjenige, too bet SJlenfd^ burd^ ba« änbenlen an 
ba« Setben ßl^rifti leidet etfd^üttett unb babutd^ gu aUm ®uten 
«ngettieben h>irb ; bet anbete, too bet SKenfc^ bon bem ©fet für 
ba« ®ute unb SBal^te immet entbtannt ift, too et toie bon 5Katur 
«ffe« »5fe betabfd^eut unb aUm ®uten nad&fttebt. ®eh)i| totÄ 
IJiet Setnl^atb leineStoeg« fagen, ba| bie Segiel^unfl be« teligiafen 
»etou^tfein« gu bent l^iftor4fd^en 6^ti|hi0 je gutüdftteten-^offte^ 
Slbet aö ben untetgeorbneten ©tanbtJunIt bettad^tet et einen 
fold^en, too bie ftommen Slegungen be« ©emütl^g, au« benen affe«^ 



®utc l^etbotgcljt, erft berctnjelte jtnb, too bic jjetfönKd^e SteBe 
gu ßl^tiftug in etttjelnen ©efiH^tectregunflen immer erft l^erbor* 
treten mu^, um bie Siebe jum ©iiten unb ben äbfd^eu be§ Söfen 
in ber Seele anzuregen; afe ben l^öl^eren benjlentßen, too burd^ 
ben ®influß biefer j)erfihiUdJen Siebe ju ßl^riftu« bie ©eele fc^on 
fo berfWrt, nai) feinem Silbe jtttlid^ umgeftaltet toorben, bafe: 
fein flöttlid^e^ Seben toie il^r eigene« ift, ba| fte, ol^ne erft burd^ 
Jefonbere ©efül^föanregungen baju angetrieben ju toerben, üon 
felbft nur baS ®ute toiff, — ber ®egenfa| jtoifd^en ber bon ein« 
jelnen ©efül^femomenten au^gel^enben grömmigleit unb bem ju 
einem Äontinuum ber ©epnnung getoorbenen göttlid^en Seben. 
Su ienem l^d^ften ©tanbjjunlte ber in Oott i^r l^öd^fte« ®ut 
finbenben Siebe bie feiner geiftlid^en Seitung Slnbertrauten ju cr^ 
jiel^en, toar ii^m ba« l^öd^fte S^el. ®o fd^rieb er auf einer Steife 
im 2)ien|le feiner Äird^e abtoefenb feinen SWönd^en ^) : „Äeiner lebe 
fd^ felbft, fonbern S^ber Sem, toeld^er für il^n geftorben ift^ 
S)enn toem toäre id^ mel^r ju leben bertjflid^tet, afö 3)em, ol^ne 
beffen 3^ob id^ nid^t leben toürbe? SBem mit mel^rerem ©etoinn^ 
afe 3)em, toeld^er ba3 etoige Seben mir berl^eifet? SBem mel^r 
notl^gebrungen, aU 3)em, toelc^er etoige« geuer brol^t? 3lber id^ 
biene il^m freitoiHig, toeil bie Siebe greil^eit fd^enlt. ^aju forberc 
id^ meine il^euren ouf. 3)ienet in ber Siebe, toeld^e bie gfurd^t 
austreibt, bie SRül^en nid^t fül^It, auf fein SBerbienft pelj^t (fein 
aSerbienft anfielet), feinen Sol^n berlangt unb boc^" me^r al3 äffe«^ 
brängt. ^ein ©d^redCen üit fo gro§e (Setoalt an^, feine Selol^- 
«ung ift fo einlabenb, feine ©djulb ber ©ered^tigfeit treibt fo fe^r 
an^), ©ie berbinbe eud^ unjertrennlid^, fie ftelle mid^ ftet« eud^ 
bar, befonber« in ben ©tunben be« (3^Ui^,'* ©o fagt er in. 
einer 9iebe an feine SWönd^e^): „3)ie ©eele, bie einmal bon bent 
^errn gelernt unb emt>fangen l&at, ju fid^ felbft einjuf eieren unb 
in il^rem gnnerften nad^ ®otte« ©egentoart ju feufgen, unb immer« 
bar fein Slngefid^t gu fud^en, — id^ toei^ nid^t, ob eine fold^e 
©eele felbft bie Qualen ber ^ölle eine S^^t lang ju erfal^^ren für 
fd^toerere ©träfe ad^tet, afö, nad^bem pe einmal bic ©eligfeii 
eine« fold^en geiftli^en Seben« gefoftet IJ^at, toieber ben Steigen,. 
. ober bielmel^r ben Qualen be« gleifd^e« ftd^ gugutoenben." 3)arauf 
l^intoeifenb, toie bie Siebe bie ©eele alle« Gl^riftlic^en fei, fagt^ 
er*): „3Rag ßiner aud^ SBunber tlj^un, fo ift fein SRaum für 
Citelfeit, too bie Siebe ba« gange $erg einnimmt; benn bie @r* 
füllung be« ®efe{e« unb toa« ba« ©erg bott mad^t, ift bie Siebe-. 



1) Ep. 143 §. 3, 2) Sic exigit. 

3) S. 35 §. 1. 4) S. 18 §. 6. 



44 Octs^it i»oii ^airt)aii(. 

<SSnbn(^, ©Ott fcKfi ifl bie 2itU (1 3ol^. 4, 16), utib eS ifl tiU^ 
in bft ganjen Sßelt, tooburd^ bie na^ bem Silbe ©otted ge» 
f(^affene ftreatur erfüllt tvetben I5nnte, aü bie Siebe, toeld^e ©ott 
felbfl ift, ©Ott felbft allein «tb^tx, oIS bie Siebe. Wtt biefe 
£iebe nod^ nid^t erlangt f)at, bem gereid^t Stlled, toorin er geför? 
bert toirb, bod^ )tt gro|er ©efa^r, toenn er aud^ Snbem burd^ nod^ 
fo gro^e Xugenben ft(^ audjujeid^nen fd^einf 

3n feiner Sd^rift t>on ber Siebe )u ©ott fd^ilbert Sernl^arb 
^e Derfd^iebenen Stufen in bem @nttoid((ungdgang biefer Siebe, 
toie ber ÜRenfd^ aHmälig t)on ber 6elbftlie6e )ur ©otte^ßebe 
^inangebilbet toirb. „^a^ ganje Seben — fagt Sernl^arb — iffc 
ta)tt georbnet; ben 9Renf(^en )um Setou^tfein feiner Xbl^angigleit 
»on ©Ott )u fül^ren, unb guerfk öon bem felbftifdjen 3ntereffe 
^ttd bie Siebe )u ©Ott in il^m l^en^orgurufen. Sied befto fid^rer 
itnb ftärfer in i^m anjuregen, -— bamit er nid^t im SBol^flfein 
biefe 3(bl^&ngig!eit t>erge{fe -r baju foQen bie Seiben bienen. 
SBenn er nun aber oft burd^ bie !Rotl^ bei ©ott ^ülfe ju fud^en 
getrieben toorben unb oft fold^e $ülfe erfahren l^at, m&^te nid^t 
fein ßerj ein eifeme« ober fteinerned fein, toenn er nid^t fo er- 
loeid^t toürbe, ba^ er ©ott nid^t blo| m9 felbftif(^em ^ntereffe, 
fonbem auc^ um feiner felbft toillen }u lieben anfangen fottte? 
^0 lernt er, inbem il^n )uerft bie 9lotl^ baju gebradftt l^at, öfter 
ju ©Ott {td^ l^in)uioenben, aud eigener @rfal^rung erlennen, toie 
freunblid^ ber $err ift. @o gefd^iel^t eel benn, ba^ fd^on me^r 
bie Don und geloftete ^eunblid^!eit bed ^errn, ald unfere eigene 
9toÜ), und ©Ott ju lieben unb il^n rein $u lieben antreibt, ©o 
gelangt ein Solcher, bei bem }uerß burd^ bie Stettung aud leib^ 
lid^ 3lotf) unb burd^ bie em))fangene ^ülfe bie Siebe }u ©ott 
l&erDorgerufen h)urbe, allmälig baju, ©ott nid^t um ber ärt toillen, 
toie er ftd^ gegen il^fn felbft ertoiefen, fonbern um feiner felbft 
loillen 2U lieben. S)ie Siebe, toeld^e ber Siebe ©otted gu un^ 
^ntf))rid^t, h)ie ßl^riftud nid^t bad ©eine,, fonbern bad Unfere, ober 
Dielmel^r und felbft fud^te, ba| bie Siebe eine fold^e fei, loeld^e 
ben SDlenfd^en nid^t bad Seine, fonbern n)ad 3efu Qi^xx\ti ift, fud^en 
laffe. 2)araud enttoidfelt fid^ jule^t ber vierte, b^d^fte ®tanbj)unft 
ter Siebe, too bie ©elbftliebe in bie Siebe ju ®ott ganj aufgellt, 
ber aKenfc^ aud^ ftd^ felbft nur liebt um ©otted SSSiaen. ßr finbet 
biefen StanbJ)unft Sßf. 73, 26 bejeid^net: SBBenn- mir aud^ Seib 
unb Seele öerfd^mad^ten , fo bift bu bod^ ©ott. aUejeit meined 
.^erjend 2:roft unb mein Sl^eil. Selig unb l^eilig — fagt er — 
mö^te id^ a)en nennen, toem in tiefem fterblid^en Seben etioad 
tiefer Strt feiten, gutoeilen, ober aud^ nur einmal unb bied nur 
für einen äugenblid, ju erfal^ren öerliel^en loorben; benn bein 



3<$ f ju i)etlteren unb Don bir felBft fo bid^ lo^jufagen^ bad ijl 
«in J^immlifd^er SBanbel, nid^t menfd^Kdje ärt ju fül^Icn." — Sp 
ergeben fid^ nad^ 93etnl^arbg 9(uffaffun0 biefe biet 6tanb)}unfte : 
g)a« Sntereffe ber ©elbftfudbt.jbie bon biefem Sntereffe au« fidj 
enttoirfeinbe Siebe ju ©ott^^bie bon biefem S^tereffe fid& immet 
mel^r freimad^enbe Siebe gu @ott , bic iljn felbft jum ßiele l^at, j 
bie Don allem felbftfüd^tigen ^ntereffe gereinigte Siebe gu ®ott, 
vermöge ioeld^er ber äJlenfd^ aEed 9lnbere, jtd^ felbft nur in i^m 
liebt. 3nbem er }u biefem l^üd^ften @tanb))unlte bie Sludfid^t 
eröffnete, bleibt er bod^ fern öon ben Uebertreibungen jener SW^fkiler 
in ber Seigre Don einer fold^en uneigenntt^igen Siebe gu ®ott, bei 
tüeld&er man auf bog eigene §eil ober bic j^erfiJnlid^e g^ortbauer ju 
Derjid^ten bereit fei. @ine foldpe Stid^tung^ n)eld^e alfo bamafö Dor« 
l^anben fein mu^te, fd^ilbert SBernl^arbg S^itgenoffe, $ugo Don 
©t. SSiftor, inbem er fie beftreitet ^) : ,,5lber DieHeidJt toirft bu 
ein ?lKietl&ling fein, loenn bu ©ott liebft unb il^m bienft, um Se= 
lol^nung'Don iljm gu em))fangcn. SDa« fagen einige a:^oren, toeld^e 
fi> fel^r 3^l^bren ftnb, ba^ fie fid^ felbft nid^t Derfkel^en. SBir lieben 
©Ott unb bienen il^m, fagen fie, aber h)ir fud^en ieinen Sol^n^ 
aud^ il^n felbft nid&t. Stu« retnet, uneigennü^igcr, linblid^er Siebe 
lieben toir il^n, toir fud^en nid^t^. @jS ift feine ®ad^e, ob er un^ 
ettoaS geben h)itt, ioir fud^en nid^tB. $ört i^r SBeifen, — ruft 
er ii^nen gu — il^r fagt; totr lieben, aber toir fud^en il^n nid^t^ 
b. 1^., toir lieben il^n, aber toir fömmern un^ nid^t um il^n." 
Söa^ fei bieg für eine Siebe, mit ber einem SKenfd^en nid^t ein« 
mal gebient toäre^ einer Siebe, toeld^e fid^ um 3)en, toeld^en fte 
liebt, nid^t befümmere. ©ie Derftänben ba« ioal^re ffiefen ber 
jgiebe nid^t. Sieben fei eben nid^tg 9lnbreg alg l^aben iooSen,^ 
toag man liebt. Siebe lann ol^ne Serlangen nid^t beftel^en ; aber 
fie ift nur auf ben ©egenftanb felbft gerid^tet, fie fud^t nid^ts benu 
felben fjrembeg. JBenn ®iner ba« eioige Seben felbft für ettoaS Don 
bem l^öd^ften ©ute, toeld^eg ©ott ift, äSerfd^iebeneg l^ielte, unb 
um bie« ju erlangen, ©ott biente, fo toäre e« fein reiner ©ienft^ 
leine uneigennü|ige Siebe." So fagt auc^ Sernl^arb : „9lidjt ol^ne 
Selol^nung toirb ©ott geliebt, obgleid^ er ol^ne SRüdfjit^t auf Se* 
lol^ttung geliebt toerben foll. 2)ie toal^re Siebe f)ai in ftd^ felbft 
flenug, fie l^at eine SBelol^nung, aber eg ift bieg nid^tg S^nbreg, 
alg bag, toag ©egenftanb ber Siebe ift «)." $ugo Don ©t. SSiltor 



1) De sacramentls fidei lib. II P. XIII c. «. 

2) Bernard. «le dilig. Deo cap. 7 §. 17 opp. tom. I pag. 591: 
l^on sine pmemio diligitur Deus, etsi absque praemii intuitu diligen- 
duB sit. Veras amor se ipso contentus est. Habet praemium, sed id 
quod an^atur. S)amtt pnb gu l>crglei(^fen bie SSorte be« Hugo a S. Victore« 

9leanbec, ber l^eil. SBern^acb. 4 



46 Sem^arb »on Clairtani. 

fagt: S)ie l^eilige @<lftrift ffaU, bte 6eI6{tti(6e boroudfe^enb, i^ 
btttd^ bte £iebe ju ®ott bte redete 9li(^tun0 uttb SefHmtnuttg ge- 
geben. 6« fittbe fidj in ber ^eiligen ©d^ttft lein befonbere« ®e* 
Bot ber Selbftliebe, bamit bied nid^ft ntt^betflanben tt^erben foStf;. 
fonbetnt bte8 fei in bev Siebe }u ®ott t^on felbft mitbegriffen. 
60 fej^t aud^ Sernl^arb aU jenen i^Sd^ften, bierten @tanb|)un{t 
benjenigen, too bte Selbpebe in bie Siebe }u ©ott gan) aufge^t^ 
ber ®eift fo mit ®ott ein^ toirb^^a^ er ft^ unb älOeS nur li^bt 
um @otted toiSen. 9lber feine Sefonnenl^eit bleibt fem babon^ 
bie Sd^ranlen bed irbifd^en Sebend gu berlennen, ben @tanbt)un!t 
beiS etoigen Seben« erftürmen ober auf falfd^e SBäeife l)orau«nel^men 
}u tooflen, toa« bie Urfod&e fo bieler 3«^^^»«« »P- 3)iefer Stid^* 
tung treu fagt er: „fEi>U bie Serl^ertUd^ung ®ottei8 ba$ Si^i ber 
gan}en @d^ö))fung ift, fo ift bieiS bad giel ber religiöfen Snt^ 
toidtlung, aÜed nur ju tooQen um ©otteiS totUen. @ine fold^e 
©runbftimmung ber Seele ift eigentlid^ Sergdttlid^ung. S)od^ 
i^ienieben lonn ber aJlenfd^ nur in einjelnen aWomenten auf biefer 
$öl^e pd^ erl^aöen. ^ä) toei^ nid^t, — fagt er — ob bon irgenb 
einem 3f2enfc^en ber bterte @tanb)}unlt in biefem Seben bolßommen 
ergriffen toirb. aJlögen e« SDiejenigen bel^au|)ten, toefd^e e^ er» 
fal^ren l^aben, mir fd^eint eiS unmöglid^ }u fein. D^ne S^^if^I 
toirb e^ aber bann gefd^el^en, toenn ber gute unb getreue ^ne^t 
in bie greube feinet ^errii eingefül^rt toerben toirb.'/ Slel^nlid^^ 
h)ie l^ier, unterfd^eibet er in feinem ©riefe an ben Äart^äufet^ 
®uigo bier ©tanbtjunite ber religiöfen ©nttoidflung ^), bie Sitbtf 
ioeld^e^ bon bem Sinnlid^en au^gel^^enb unb unter ber Seitung 
ber ®nabe f ortf d^reitenb , gur SioOenbung im @etfte l^inftrebt.. 
äluf ben felbftifd^en @tanb))unft fo(gt juerft ber @tanb)}un!t ber 
Aned^tfd^aft, ioo bie 93erel^rung ©otted aU be^ äldmäd^tigen unb 
bal^er bie ^urd^t borl^errfd^t; fobann ber ©tanb})unlt ber Sol^n* 
fud^t, ber burd^ ba^ felbftfüd^tige S^^tereffe belegten Siebe ju ®oti, 
ioo ba$ SSerlangen nad^ Un ©ütern, n)eld^e toir burd^ bie @emein^ 
fd^aft mit ©ott erlangen, bor^errfd^t; bann ber finblic^e Stanb»* 
puntt, too ©Ott an ftd^, um feiner felbft loillen; geliebt ioirb*)^ 
Siefe Siebe allein bermag bon ©runb au^ bie dtid^tung be$ ©e^* 
mütl^g umjutoanbeln^), benn fte allein bermag bon ber ©elbft«' 
unb Sßeltliede bad ©emütl^ abjutoenben unb )u ©ott ed i^injurid^ten^ 

Si amatur, habetur, Si diligitur, guslatur. Praesens est dilectioni. 
Sipotes diligere, potes habere. Si hoc das, hoc recipis. L.' c. cap. 7. 

1) Ep. II. 

2) 2)er ©egenfa^j: Qai con^tetur Domino, qnoniam sibi bonus 
est, et qui con|itetur, quoniam simpliciter bonus est. §. 3. 

3) SBon ben beiben anbetn ©tanb^untten: Mutant interdum Tultum. 
vel actum, affectum nunquam. 



^ent^atb i^on (Slaittan^. 47 

S>iefe Siebe t>ctm^Ui bte anbem BtanipurdU nid^t^^onbem fte 
giebt il^nen erfi bie Erfüllung ^ tote Sl^riftud fagt, bag er nid^t 
ge!omtnen fei, ba^ ®efe$ au^ulöfen, fonbern e^ ju erfüllen, {ie 
ttt&|igt bie gurd^t, fie orbnet ba0 SSerlangen. Slud^ l^ier fagt 
SSernl^arb: ;,3d& toeig nid^t, ob ber öierte ©tanbjjunit in biefem 
2chtn bon irgenb einem SBlenfd^en öofffommen erreid^t toirb, bag ber 
3Renfd^ nur um (Sottet toiUen ftd^ (iebi 3)2ögen e$ SDiejenigen 
be^autJten, bie e0 erfal^ren baben. SKir — geftel^e id^ — fd^eint 
eg unmöglid^. ®^ toirb ab« ol^ne Stöcifel gefd&el^en, toenn ber 
gute unb treue Aned^t in bie |$reube feinet $errn toirb eingegangen 
unb );)on feiner ^errlid^leit ganj trunlen fein, ^n bie ^nfd^auung 
®0tte3 öerfunlen toirb er bann fid^ felbft gan$ Dergeffen unb Don 
fid^ felbft gang fid^ logfagen. Sie Siebe ift ba« l^öd^fte ®efe|, 
ba^. @efe$ be^ göttK^en 38efen$ felbft« 3ft e^ nid^t bie Siebe, 
toeld^e in ber 3)reieinigleit felbft bie^^öd^fte, unauöf^jred&lid^e ®in= 
l&eit erjeugt. 3)ie Siebe aber nid^t afö ©genfd^aft ©otteS, nidjt 
ate ettoag Sufättige« bei i^m, fonbern ba8 SSBefen Sottet felbft 
bie Siebe. 2)ie Siebe ift ©ott unb bie ®abe ©otte«. aiffe Siebe 
fommt bon jener ßinen Siebe l^er. 3)ieö ift ba« etoige fd^ötjferifd^e 
unb regierenbe ©efe^ beö SQBeltattg." 2)iefe Sefonnen^eit unb 
@elbftbefd^rän!ung in bem Slu^einanberl^alten be^ ©öttUd^en unb 
SDlenf d^Ud^en , beö jenfeitigen 'unb bieffeitigen Stanb^junlte^, ift 
befto me^r gu ad^ten bei bem Streben nac^ entmenfd^(id^enbe|^unb 
iibermenfd^lid^er SSoDIommenl^eit, bie in bem äSefen be^ SRönd^^ 
ti^umd gegrilnbet toar, mit ber l^errfd^enben Stnfid^t ))on ben 
consiliiß evangelicis jufammen^ing. ^n6) Sernl^arb toar nid^t 
frei bon bem ©influffe einer foldben Slid^tung, toie e^ ftd^ ju er^ 
iennen giebt, toenn er fid^ ber 2:i^ränen am ©rabe eined tl^ieuren 
öerftorbenen Sruber^ fd^ämte unb fte jurüdfjubrängen fud^te, 
Dbgleid^ ba^ Sleinmenfd^lid^e in feiner jarten ©eele fein Siedet 
bei^aut^tete. @o f^^rid^t er fid^ an bem ©rabe feinet mit il^m in 
baS Älofter eingetretenen Sruberö, ©erl^arb, beS Äettermeifterg 
an^: „SBie lange fud^e id& e« nod^ ju Derbergen, unb toie lange 
öerbrennt ba« geuer, baö id^ in mir felbft jurüdE^alte, bag trau= 
rige §erj, Derjel^rt eg mein gnnere«! 3« «^it felbft öerfd^loffen 
i^erbreitet e^ ftd^ toeiter, toüt^et e« l&eftiger, SDa mir 3)er ent= 
jogen toorben, burd^ ben meine jum $errn l^inftrebenbe Slid^tung 
frei ftd^ enttoidEeln fonnte ^), l^at aud^ jugleid^ mein $erj mid^ öer=: 
laffen. älber id^ l^abe meiner @eele ©etoalt angetl^an, unb big 
je^t meinen ©d^merj ju unterbrüdfen gefud^t, bamit baS ©efül^l 

J) Sad fid^ barauf Bestellt, bag ber SßxnUx bie @orge für bie hx^tu 
li^en i^etürfniffe bed JSloßerd übernal^m, nnb i^m babuid^ freie ^dt für 
feine gei^Ud^en )iBetra<!(/tutigen i^erf^affte. 



48 9ern^arb bon (S(atc)oau|c. 

meinen ®ituben nid^t }u iKettoinben f d^iene. ®nbltd^, ba anbete ft^ehv 
ten, folgte id^, toie i^t toal^rnel^men lonntet, mit trodhten Slugen bet 
betrauerten Seid^e, mit trod(nen Xugen {tanb id^ am QkaU, bid 9(Ke9, 
toai jur Seftttttung gel^ört, boffbrad^ttoorben/' ,,tlrib id^ lonnte - fagt 
et nod^l^et — bem ©d^merj nid^t gebieten, ber id^ ben il^ränen gü ge- 
bieten im©tanbe toar *)." S)iefe älrt, toie Seml^arb überbie Siebe ju 
. feinem »ruber ftd^ augfjjrtd^t, beranla|te nad^l^er ben übermütigen 
jungen Serengar, ben Seml^arb jiner Untoal^rl^eit in bet ärt, 
toie er feine ®efü^Ie au^^pta^, ju befd^ulbigen, inbem er il^n 
befdjulbigt, bafe e« nid^t toal^re 2:i^ränen feien, fonbern bafe er nur 
bie SBorte nad^gemad&t, burd^ bie man fold^e Oefül^Ie au8brüdfe*). 
9(1^ bai^ l^öd^fte Qx^, n)0}u ba$ aRönd^dtl^um inBbefonbere 
fül^ren foEte, betrad^tete Seml^arb t)ermöge jener bejeid^neten 
SRid^tung bie alle« Srbifd^e abftreifenbe ©rl^ebung beS ©eifte« gut 
SSetrad^tung be« @öttlid^en ; bod^ er!annte er aud^ bie ^flid^t ber 
Siebe, bon biefer $öl^e fid^ l^erab}ulaf[en 3um Sefien älnbrer, unb 
es erfd^ien i^m bann biefe 3^^ötigleit ber Siebe ate eine Sorbe* 
teitung für baS l^öl^ere Seben ber Setrad^tung. 6r fagt bon bem 
lontemjjlatiben Seben : „Dft l^abe id^, toenn id^ traurig ju ben 



1) Serm. 26 §. 3: Quoasqae enim dissimnlo, et ignis quem in- 
tra me ipsum abscondo, triste pectus adurit, interiora depascitur? 
Clausus latius serpit, saevit acrius. Quid mihi et cantico nujc, qni 
in \maritudine sum? Vis doloris abducit intentionem, et indignatio 
domini ebibit spiritum meum. Subtracto siquidem illo, per quem 
niea in domino studia utcumque Itbera esse solebant; simul et .cor 
meum dereliquit me* Sed feci yim animo, ac dissimulavi us(]^ue 
huc, ne affectus fidem Vincere videretur. Denique plorantibus aliis, 
ego, ut advertere potuistis, siccis oculis secutus sum invisum funus, 
siccis oculis steti ad tumulum, quonsque cuncta peracta sunt exse- 
quiarum sollemnia. Indutus sacerdotalibus, solitas in eum orationes 

J)roprio ore complevi, terram meis manibus ex more jeci super di- 
octi corpus, terram mox futurum. Qni me intuebantur, fiebant, et 
mirabantur, quod non flerem ipse : cum non iltum quidem, sed me 
potius, qui illum amisissem, omnes miserarentur. Cujus enim vel 
ferreum pectus super me ibi non moveretur, quem videret Girardo 
superstitem? Commune damnum: sed prae meo non reputabator 
infortunio. At ego quibus poteram viribus fidei, reluctabar afieetui, 
nitens vel invitus non moveri frustra addictione naturae, universi- 
tatis debito, conditionis usu, potentis jussu, judicio justi, fl^gello 
terribilis, domini voluntate. Pro hujusmodi semper extuno et dein- 
ceps exegi a memetipso non indulgere multo fletui, multum tarnen 
turbatus et moestus. Nee potui imperare tristitiae, qui potui lacry- 
mae; sed, ut scriptum est, Turbatus sum, et non sum locutus. At 
fiuppressus dolor altius introrsum radicavit, eo, ut sentio, acerbtor 
factus, quo non est exire permissus. Fateor, victus sum. Exoat 
necesse est foras quod intus patior. Exeat sane ad oculos filiorum, 
qui scientes incommodum, planctum humanius aestiment, dulcins 
consolentur. 

2) Berengarii apologeticus opp. Abael. pag. 313: Rum non veros 
fletus edere, sed verba quibus veri questus exprimantur effundere. 



fjft^en 3^ftt ^a% unb il^m bag D^jfer eine« jertntrfd^ten ©eifte« 
ttv bcr (Srintierung an m^tne ©finbcn barfira^te, ober tocnn td^^ 
toenn aud^ feiten, Bei feinem Raupte ftanb, unb im Slnbenlen feiner 
©nabe juBelte, bie 2mU fagen gel^ött: SSSöju biefe SSerfd^toenbung? 
(3Äattl^. 26, 8) inbem pe mit ium SSottourf motten, bafe id^ mir 
allein lebte, ber id^, h>ie fie meinten, Sielen n&i^^n tönnte. ©ie 
toanbten auf mid& an jene SBorte : ®^ f onnte für biele« @elb 
berlauft, unb ben 3ltmen geßeben toetben. 2lbet e^ ift für mid^ 
lein guter .^anbel, toenn id^ aud^ bie ganje SBelt getoönne, mid| 
felbft i\x öerlieren unb an meiner ©eele ©d^aben pi leiben ^y* 
6r fagt ju feinen 3RöndJ>en : ,,a33enn id& jutoeilen erfal^ren "^aU^ 
ba^ ®inige t)on eud^ burd^ meine Ermahnungen geförbert tporbeit 
toären, bann bebauerte id^ e« nid^t, id^ geftel^e eg, bie ©orge für 
ba^ 5ßrebigen ber eignen SRul^e unb aJluße öorgejogen gu l^aben*. 
a)enn tt)enn g. S. nad^ meiner 5ßrebigt etn 3läl^jormger in einen 
©anftmütl^igen bertoanbelt lüorben, ein ^od^mütl^iger xn einen 
3)emütl&igen , m\ Äleinmütl^tger in einen 3Rutl^igen; ferner ein 
©anftmütl&iger, 3)emütl^iger, SKutl^iger jeber in feiner ©nabe ge= 
förbert toorben ; aud^ to^nn ettoa SJiejenigen, meldte in ben geift» 
lidjfen 33eftre6ungen lau toaren, Don ben glül^enben Söorten be^ 
^errn entbrannt unb an^ il^rem ©d^Iaf ertDad^t ju fein fd^ienen : 
bann, fage id^, ift für mid^ lein ©runb öorl^anben, e^ gu betrauern, 
ba^ id^ in ber feiigen Setrad^tung geftört toorben bin, ba x6) öon 
fold^en Slütl^en unb grüd^ten ber grömmigleit umgeben bin. S)enn 
bie Siebe, toeld^e nit^t bag ^^x^ fud^t, l^at mid& längft überzeugt, 
nid^t^, toonad^ id^ mid^ fel^ne, eurem 3lu^en t)or3iel&en gu bürfen. 
©ebet, Sefen, ©d^reiben, Setrad^tung, unb toa« fonft ®eh>inn ber 
geiftlid^en Seftrebungen ift, alle3 bie^ l&abe id^ um eurettoiHen für 
©d^aben gead^tet 2)." ®r erlennt lüol^I mit jener öorl^in begeid^- 
iteten Sefonnenl^eit, ba^ ber ajlenfd^ auf berfelben $öjfe ber Se-» 
trad^tung fid& nid^t immer gu bel^tiujJten Vermöge, unb er bal^er 
einer 2lbtt)ec^§Iung gtoifd^en bem Iontem})Iatiöen unb bem in ber 
Siebe tl^ätigen 2iUn bebürfe. @r fagt»): „5lu§ ben guten 
aOBerfen, toeld^e in ungel^eud^elter Siebe gegurgelt ftnb, em))fängt 
a:roft bie ber 3lul^e getoöl^nte ©eele, fo oft il^r, toie e« gu ge* 
fd^el^en })flegt, ba§ Sid^t ber Setrad&tung entgogen n)irb. 2)enn 
toer Vermag, id^ fage nid^t beftänbig, 'fonbern nur eine Seit lang^ 



1) Sermo 12 §. 8. 

2) Serni. 51 §. 3: Caritas enim qaae non quaerit quae 8ua sunt,. 
id mihi jamdudum facile persuasit, nil scilicet desiderabilium meo- 
rum Testris praeferre utilitatibus. Orare, legere, scribere, meditari,. 
et M qua sunt alia spiritualis studii lucra, haec arbitratus sum 
propter vos detrimenta. 

' 3) L. c. §. 2. 



50 Sem^arb t9on Claittau^. 

fo lange er in biefem Selbe bleibt, bad Sid^t bet Setrad^tung ju 
ßenie^en? aber fo oft er Don bem Seben ber »etrad^tung l^erab« 
ftnit, jieljft er ftd^ in'« tljfätifle Seben jurttd, inbem er Don bort, 
ate in ber Slad^barfd^aft fid^ beftnbenb, bertraulid^er ebenbal^in 
gurfidRel^ren toirb; benn biefe beiben, ÜRaria unb ^Raxtifa, finb 
ja ®ef4h>ifter. SDenn ioenn er aud^ bon bem Sid^t ber Setrad^« 
tung liferabftnlt, lautet er fid^ bod^ iool^l, in bie ginftemi^ ber 
6fittbe ober bie S^rägl^eit ber Stulpe ju berfaffen, inbem er in bem 
Sid^te guter SBerle bleibt. Unb bamit bu ttiffeft, ba^ aud^ bie 
SßJerle ein Sid^t ftnb, fo fagt er: Sa^t euer Sid^t leudjten bor 
ben SKenfdJen!" @o erfdjeint il^m ba« tl^Stige Seben ber Siebe 
afö eine Sorftufe für ben Ijföd^ften ©tanbjjunft ber Setrad^tung, 
inbem er fagt: ,,9lad^ bem guten SSerl ioirb bie SRul^e ftd^rer 
genoffen, unb mit befto größerem SSertrauen beginnt er ba« @r« 
l^abene 3U betrad^ten unb ju erforfd^en, jje meljfr er ftd^ betonet 
ift, .ba§ er leine^ioeg« aud Siebe )ur eignen 9lu^e ben 9BerIen ber 
Siebe ftdj cntjogen l&at^)/' 

©d^on aui^ jenen l^been SSernl^arbd über bie Siebe ald ben 
9Ritte(t)unIt ber religiöfen Sebendentn>id((ung erl^ellt ed, ba§ er bad 
äCeugerlid^e ber SRönd^^aScetil nie )um SkU mad^en, fonbern e$ 
immer nur aU SUlittel gebraud^en fonnte, bag er fern baüon toar, 
bem 3(eu§erlid^en ol^ne ben 3uf<^^^^n^<tn0 ^^^ b^ @eftnnung, 
Don ber ä(IIed au^gel^en foDte, einen äBertl^ beizulegen. 2)arauf 
fud^te er immer aufmerifam 3U mad^en. SSon ber ©emutlj fagt er, 
jie fei mel^r al$ Verlängertet haften unb gefteigerted äBad^en, mel^r 
al^ aCe för))erlid^e Uebung, bad fei in ber 2:i^at bie f^ömmigleit, 
toeld^e gu SlHem tauge*). 

Slad^bem toir 33ernl^arb als Slbt unb SKönd^ naiver betrad^tet 
J^aben, toollen toir fein äSerl^ältnig }u bem gtoeiten grogen Slbte 
feiner Seil, bem Slbte bon (Slugn^, $eter bem (g^rtoürbigen, bie 
SSerü^rungen, in toeld^e er mit bemfelben lam, gu beleud^ten |ud^en. 
SDiefe« gel^^ört aud^ baju, um il^n im Serl^ältniffe ju feinen geit^ 
genoffen näl^er lennen }u lernen. S8ir l^aben fd^on frfil^er im 
allgemeinen bie mit biefem Drben Dorgegangene Seränberung an* 
gebeutet. @ine äleil^e toürbiger 3R&nner l^atte an ber @))i|e beS 
DrbenS geftanben, fold^e, toeld^e bon 5ßfi})ften unb fjürften um 
^aif) gefragt unb }ur Xl^eilnal^me an ben größten Hngelegenl^eiten 
jugejogen n)urben. S)ie SQäol^lt^ätigleit, für bie fte il&re Steid^^ 
tl^ümer benu^ten, erioarb il^nen allgemeine Siebe unb äSerel^rung. 



1) Serm. 47 §. 4. 

2) Ep. 142 §. 2: Haec ▼irtas^ me jadice praefertar etiam pro- 
tractis jejuniis et anticipatifl vigiiiis, omni denique corporali exer- 
citio ; tanquam vere pietasi quae ad omnia valet. 



8€rn{iarb bon (^[(aivban^ 51 

'3>\t Seteid^erung bed Drbend unb fein l^dl^ered 9(nfel^n ful^rten 
kic fletoöi^nltd^cn eJolgen mit fid^, ba^ er bon ber erften ©trenge, a6er 
aud^ ber ben ®eift befd^ioerenben med^anifd^enSRönd^^anbad^t nad^Iie^ 
SDie t)Yäd^tig au^gefc^tnüdten jttöftev tourben @i|e ber fünfte unb 
SQiiffenfd^aften ; aber ed l^atte aud^ ben geioöl^nlid^en nad^tl^eiligen 
@inPu§, bafe Uet)t>ißleit unb ©d^toelgerei einrijfen. S)ag Sediere' 
gefd^al^ befonberi^^ als im SaJ^l^^e 1109 ein junger leid^tfmniger 
URann, $ontiud, gum älbt bon 6(ugn^ get9äl^It ft)orben^ toelc^er 
^ie ftloftergüter Derfd^toenbete, unb t>\üt bem älnfel^n bed Drben^ 
ttad^tJ^eilige Unorbnungen unb SRi^bräud^e einreiben lieg. S)ie 
©ad&e toar gule|t fo laut getoorbeft, bafe ber 5ßa})ft (Saltjt IL Don 
ben Silagen ^Mt unb bem $ontiu$ SSortoürfe aber fein äSerfal^ren 
mad^te. S)aburd^ ft)urbe er feine Stelle nieberjulegen beioogen, 
unb entfd^IoB ftd^ )u einer SBaUfal^rt nad^ S^rufalem, bieSeid^t in 
ber augenblidßd^en Steue über feine ^el^Ier. Sod^ a(S er nad^ 
^ta)ei ^a!^xm )urüd{elEirte, ^H^ifi i^ti ber Sl^rgeij unb lieg if)n 
feinen erften @d^ritt bereuen; er fud^te burd^ ©etoalt ber Dber« 
i^fenfdjaft über ben Drben fid^ h^ieber )u bemad^tigen. 

Unterbeffen toar }um 9lbt l[>on 6(ugn^ gen>äl^It tporben ein 
SRann auS einem Dornel^men ©efd^led^t bon älubergne, $eter 
SRaurttiui^^ bem bie mit Siedet ertoorbene SSerel^rung feiner S^^ 
ben Seinamen be« SSenerabili« gab. 3)erfelbe ftammte bon 
frommen @Item ab. Seinen Sater bejeid^net er felbftO al« 
einen SKann „bon befonberem (Slauben, ber Diel betete^ ber iäljr* 
lid^ iu ben ©räbern l^eiliger aRSnner toaUfal^rtete, )^kl ädmofen 
toertl^eilte, in ber Oaftfreunbfd^aft gegen fjrembe pd^ befonber« 
auSjeid^nete." älber ben größten @influg auf feine Sr^iel^ung 
l&atte feine SWutter, bie ju ben grauen auSgejeidJneter grömmig* 
feit in ibrer 3«it gel^örte. Sie toar ftet« umgeben t^on allen Slrten 
ber SRönd^e^ toeld^e bie befte Slufnal^me bei il^r fanben, unb bied 
tnu|te^ toie bei äSernl^arb, auf bie Srgiel^ung il^red Sol^neS biel 
eintoirlen. Seid^t lieg fte burd^ ben 3lbt $ugo Don Slugni^ fid^ 
Setoegen, il&ren Sol^n in'3 Älofter gu fd^iden. Sie toünfd^te I5ng^ 
aud^ felbft bon bem SSJeltgeräufd^e in bie gottgetoeil^te Stuljfe be« 
jtlofterd fid^ aurüdjugiel^en ; aber baiS el^elid^e Sanb, bad fie um 
leiner Urfad^e toillen aufjulöfen für erloubt l^ielt, berl^inberte pe. 
@nblid^ berabrebete fte fi^ mit il^frem SRanne, fte ft^oSten in einer 
beftimmten S^it }ugteid^ in bad SRönd^Sleben treten; ioürbe Siner 
frül^er flerben, fo foQte ber überlebenbe 2^l^ett bad gemetnfd^aft- 
Hd^e ©elübbe erfüQen. S)er SRann ftarb frül^er. Sß&^renb ätSe 
trauerten, blieb bie SIRutter rui&ig, um für ba« ©eil be« Sterbenbm 



1) Epp. II, 17. 



52 9evn^rb i»on (S(aiTi»au;r. 

ftt forgen; ftc ermal&nte il^n, fein (Setoiffen )u ptü^tn, feine Sünbei» 
}tt Befcnnctt, fein Sermööen ben Atmen unb Älöpetn ju l^intcr^ 
laffen, Ke^ xf)m ba« äbenbmaljfl retd^en. Slad^bem er gc^or&en 
tamv, lie^ fie feinen £eid^nam in eine üRönd^^Iutte l^üHen unb il^n 
»ie einen SKönd^ bon unb unter $Ulönd^en in einem Äloftet be* 
graben. Si« Dftern brachte pe bann atte il^re 3lngeleöcnl^eitcn in 
Drbnung, nal^m 9tad^tS, )um legten 3Ral il^re§ SRanned ®rab 
Befud^enb, Slbfd^ieb bon il^m. S)ann ging fie mit einem ©cfolge 
»on SJotnel^men, bie öon il^rer W>\i^t nid^t« h)u§ten, Mi Älofter 
3Rarcign^, tt)o fte ju bleiben entfd^Ioffen toar, unb ^pxaä^ fo ju 
il^ren Begleitern: ,,SS6n unfrer Äinbl^eit an, meine 2;]^euerften, 
l^at un« mit einanber berbunben ba« fterblid^e Seben big faft junr 
©reifenalter gefül^rt; toir l^aben Sitte« burd^laufen, ättfe« mit un^ 
fern äugen gefeiten ; tt)o§ baö S^htn nur Slngenel^me« t)erf})re(i^en 
lonnte, l^aben toir 2ine« gefd^medt, ber Sleid^tl^ümer gtitte, jal^U 
«eid^e gamilie, eine 3Renge bon aSergnügungen, beö l^ol^en 3lbete 
Sterbe: be« Sebenö Sitelfeiten laffen un« auf ®rben nic^tö mel^r 
ju fud^en übrig, ©el^t nun felbft ju, ob unö ba« genug fein lann, 
SEBir l^aben lange gelebt unb bod^ ift eS, al« l^ätten mir nid^t 
einmal einen 3lugenblicl gelebt; atteS bie« lann unö alfo nid^t 
fättigen ;' je gieriger toir atte« bie« geniegen, befto nüd^terner unb 
teerer läfet e« un« bei affer (Sättigung, ©alj^er muffen h)ir ein 
anbre« 3Kittel fud^en, ba« im ©tanbe ift, ben junger ju ftiffen^ 
ben 3)urft. ju löfd^en, ber Slrmutl^ abjul^elfen ; baju treibt un§ ber 
aSelt treulofe greunbfd^aft,^ Joeld^e nur SJiejenigen, bie jte auf fid^ 
l^offen pel^t, betrügt. Um bon bem 5Räd^ften ba« S3eif^)iel ju nel^* 
meU; toomit l^abt il^r meinem, fo fel^r um eud& berbienten ©emal^l, 
il^r, feine beften fjreunbe, fo biet &\xUi bergolten? 3" hjem l^abt 
il^ für feine etoigc SRul^e gebetet? SQäeld^en ©eiligen l^abt il^r 
befud^t? aSeld^en aJlönd^ l^abt il^r gebeten?" Unb ba fte fagen 
mußten, fie l^ätten bon äffe bem ni^t« getl^an, ^pva(^ fie toeiter : 
,^31^r feib meine Seigrer getoorben; e« toäre tl^örid^t, nod^ auf 
^enfd^en gu l^offen, ba man nid&t einmal bei feinen beften g^reunben 
feine Hoffnung erfüfft finbet." 31^r ©ol^n $eter, ani beffen 
©d^ilberung feiner SKutter toir biefe d^arafteriftifd^en S^ge ent=^ 
nommen l^aben, fij^ric^t in einem an feine Srüber gefd^riebenen 
Briefe i) feinen tiefen Sd^merj übet il^ren Sob auB, unb e« aei<^= 
titt xf)n al« SKönd^ a\xi, bafe er nic§t burd^'ba« Streben nad^ 
entmenfd^tid^enber aRönd^ibofffornmenl^ett ft(^ betoegen lie^, bie 
jarteren ©efül^le-ju unterbrüdten , ben Sl^ränen über einen fo 
großen Serluft freien Sauf laffen ju fönnen glaubte/ @r felbft 



1) Epp. II, 17. 



t^ettl^eibigt eine foI% %tauer, tnbem et fögt, toa« totr ju fetner 
Sl^atalterifttf au«l^e6cn: „SWöge ftd^ fein laftiger 2:roftt>etfünbi9er 
in unfre ^^rauer einmifd^en ; möge un« Reiner bie SBorte be^ 
SUjoftefö entgegenl^alten 1 2^^jf. 4, 13. Senn nad^bem er gefagtr 
„Setrü6t eud^ nid^t/' fe|t er l^inju: „tok bie Reiben, bie leine 
Hoffnung l^aben." ®g toar alfo nid^t t)on ©laubigen, fonbern 
öon Ungläubigen bie SRebe, toeld^e weinten, ha% bie Seele mit 
bem Seibe umlomnte. ©old^ betrauerten bie SJerjiorbenen, inbeui 
fle an allem SSSieberfel^n berfeXben öergh^eifelten. S)e^]^alb ntugte 
ein fold^c« SGBeinen, töeld^e« mit ber d^riftlid^en Hoffnung in 3I&\' 
iex^pxnä) ftel^t, unterbrütft toerben. 3(ber unfer SBeinen ift lein 
fold^e«, Ujeld^e^ bie SJerjtoeiflung an bem 3ulünftigen, fonbern ba^ 
aJiitgefül^l ber 5Ratur, ba^ burd^ fein ®efe| Verbotene ©efül^l ber 
finblid^en Siebe erzeugt. Unb fo mögen toir un« freuen, fold^r 
Xl^ränen ju öergiefeen." 3)'iefer gorte ©inn für baS Sleinmenfc^s 
Kc^e gel^ört überaH ju bem ß^aralteriftifd^en biefe« aJlanne«, toa* 
il^m aud^ im 3Könd^«tl^um unöerfümmert blieb. Siebe unb 3Kilbe 
toaren l^errfd^enbe ©runbgüge feiner ©emütl^gart. 6ine freie (Sm^ 
;t)fängli(^leit für alle« @ute in berfd^iebenen formen toar i^m 
eigen. SEBiffenfd^aftlid&e SSeftrebungen feiner Seit, bie 3[nbern öer^ 
bäd^tig toaren, Würben bon il^m mit äßol^llDollen aufgenommen. 

35Bol^l mod^te be« 5ßontiug ©emütl^gart mit ben Steigungen 
bieler SKönd^e mel^r übereinftimmen, afö 5ßeter« jtoar fanfter, aber 
in religiöfer unb fittlid^er ^inftd^t ftrenger ß^arafter. ^JJontiu^ 
fanb böiger Diele 3lnl^änger, unb benu^te, nac^bem er mäl^renb' 
5ßeter8 SlbtoefenJ^^eit in ßlugni^i eingebrungen toar, bie Sleid^tl^ümer 
beS fitofterg, felbfk ben Jjräd^tigen Äird^enfd^mudf, bie loftbaren 
Ärujipje, bie golbnen ©tifaffungen ber Steliquien nid^t berfd^onenb, 
um feine 5|Sartl^ei gu Dergrö^ern. 3)ie3 brad^te natürlid^ bie größte 
Zerrüttung in. bem Drbcn l^eröor, bi« enblid^ ber ^ßajjft ^ono- 
riu« II» burd^ fein Slnfel^n bem Streite, ein ®nbe mad^te unb ben 
Slbt 5Peter in feine SEBürben toieber einfette unb barin beftätigte 
(3. 1125). SDod^ mußten in bem Suftanbe beg Drbeng nod^ mand^e 
nad&tl^eilige folgen biefer Unorbnung jurüdbleiben unb feinem 2ln- 
fel^n fd^aben. ^n biefer S^it breitete fid^ ber ßiftercienferorben 
au«, für ioeld^ett Seml^orb toeit mel^r toirlte, afö bie Siebte, bie 
an beffen ©jji^e ftanben.- S)urd& bie größte a«cetifd^e Strenge, 
bie bud^ftäblid^e »eobad^tung ber Scnebiftinerregel geid^neten ftd^ 
bie Siftercienfer au§ bor ben toeid^lid^en ^luniacenfern, unb er^ 
.l^telten befto größere 3Serel^rung. S^re Älöfter unb Äirdjfen, bie 
ben (S^axalUx ber älrmutl^ unb 3)emutl^ au«brüd(en foQten, einfad^ 
itttb gang fd^mudPlo«, ftanben in auffaßenbem Äontraft mit ben 
burd^ 5ßrad^i unb malerifd^e Äunft bielfad^ auggefd^müdten Älunia- 



54 Ocrttiatb toti C(aici»aii|. 

€enfet!lö{lem unb Rxxäftn. 3(ud biefem t^erfd^tebenen ®eift entftanb 
«in jtam))f )tDifd^en ben (eiben Orben, bie aud^ bei il^rer 9(u^ 
Leitung in mannid^fad^e AoHiftonen mit einanbcT getietl^en. 3(ud^ 
#iet jeigte eiS ftd^, ^a^ toiT fd^on frfil^et bemetit l^aben, unb Yoa9 
bie (Sefd^id^te bed SRönd^iStl^umd oft bemetlen l&gt, ha% bie äu|ets 
lid^e glud^t au§ bet.SBelt \>a§ ®emfltl^ bon beräSelt leine^toee^ 
befreien lann, bag bie alte 3taiux aud^ in bem 9R5nd^dgef9anbe 
ifyx SBefen treibt, too fie nid^t burd^ eine SRad^t, ioeld^e l^öl^er ifi 
<ild bie Statur, übertounben unb umgebilbet ft)orben. 3ftan foi^ 
l^ier Keinlid^en ^od^mutl^ unb eitle Siferfud^t toirlen, gleid^tDie in 
ker aaSelt, unb nodj mel^r, toeil ber ©|)ielraum l^ier Meiner l»ar, 
unb ber DueU anbrer, au^ ber menfd^lid^en 9latur l^erli^orgel^enber 
Seibenfd^aften mfto^ft. @el6ft in ber &u^erlid^en Srad^t untere 
fdjieben ftd^ bie Sifterctetifer öon ben übrigen; benn fte Ijfatten 
bie bisl^erige fd^to)ar~}e JUeibung ber 3R5nd^e mit einer ioei^en Der« 
iaufd^t. 2)iefS gab ber Seibenfd^aft gri^^ere 9lal^rung, ba bie ein^ 
anber begegnenben SRönd^e gleid^ an ben t^arben einanber er« 
lannten. 2)od^ bie ^äu^ter ber beiben Drben, 93em|iarb \>on 
&axx\>auic unb $eter l[>on Slugit^, toaren 3Ränner Don )u großer 
©eele, l^atten ba§ ffiefen ber SReligion ju rid^tig erlannt, um ftd^ 
t)Ott biefen Seibenfd^aften bel^errfd^en ju laffen unb einanber h>egen 
ber Serfd^iebenl^eit äußerer gotmen anjufeinben. SBenn fie ju? 
toeilen burd^ ftreitenbe« S^tereffe t>on einanber entfernt tourben^^ 
fo tl^at ber fanfte, liebreid^e 5ßeter ben erften ©d^ritt jur SSerföl^ 
nung^ unb bad alte SSer^ltniß 3toifd^en il^nen iourbe balb toiebet 
J^ergefteKt. @ie fd^ä^ten unb liebten einanber gegenfeitig. ^etev 
freute fid^ ber allgemeinen äSerel^rung, mit ber Sernl^arb betrad^tet 
iourbe. Sei grofeen ängelegenl^eiten toititen fie mit einanber ge= 
meinfd^aftlid^. ©ie felbft l^aben il^re änftd^t Don bem SSerJ^Slt« 
nif[e ber beiben Drben ju einanber bargelegt in tnel^reren ©d^riften, 
ioeld^e fie in ber Slbfi^t^Derfaßten, um bie ÜRängel in beiben auf« 



1) Sernl^arb unb $eter bon iSlugn^ toaren mit einanber in @trett ge« 
ioefen über ben ^ef!(} eined Sehnten für einen t)on beiben Orben, übet 
bie $ßa^l eine« (£if)ercienfer9 ober ^(umacenfer9 )mn Sdi\6fo\ toon Sangre9, 
Fet. Cluniac. epp. IIb. I ep. 29, 33, 36. Bernard. ep. 168, 169, 170, 
171. Quantum ad cam caritatem spectat, — f^rieb $eter an Qern« 
borb, al9 fie taäf ben t^orüberge^cnben aRtgt)erb5Uniffen t»on iReuem 
grennbf^aft einanber gelobten — quam vobis in abdito cordis mei jam 
ab antlquo reservo, videtur quod aquae multae, ut scriptum est, 
non poterunt eam ezstinguere nee flumina obruere. Quando enim 
exstingui vel obrai potent ignitus mei pectoris affectus quibusliWet 
sinistri rumoris rivulis, cum nee aquae multae decimaram potuerint 
eam exstinguere nee impetus Lingonensis fluminis obruere? 9u<!^ 
)8ernbarb tmp\(ä)i nadfytt ben Kbt $eter mit bieler Siebe bem ^apft (Sngen, 
ep. 277. 



gubedCen, bte tid^ttge Sd^fi^ung ber SSerfd^iebenl^eiten unb bte gegen« 
fettige Slä^igung unb Siebe )u befdrbern. 3txä)t lange nad^ bev 
Sertüttung be§ Äluniacenfetorben« butd^ ben 5ßontiu« tourbe löem« 
l^atb butd^ einen JNuniacenfetabt, aSill^elm, aufgefi>rbett^ feine 
eigenen DtbenÄrüber gegen ben Sortoutf^ ba^ pe bie Jtluniacenfer 
Derifiumbeten, )u berti^eibigen unb gugleid^ bie unter ben legten 
i^ettfd^enben aRi^Bräud^e freimtttl^ig aufjubedfen. 

S>ie$ gab bem Sentl^arb SSeranlaffung, feine SBettl^eibigungS« 
fd^ft, bie er an ben Jttuniacenferabt SBil^elm ridjtete^), ju ber« 
faffen. (£r ging l^ier bon bem d^rifklidjen ®efid^t8^un!t an^, baft 
toegen ber öerf d^iebenen Sebürf nif f e unb ©tanb^junlte 
berSRenfdJen berfd^iebene gformen unb SebenStoeifen in ber 
Jtird^e fein ntfi§ten^ ol^ne ba^ eine Trennung baraud entftel^e, 
toeilbie berfd^iebenen ©lieber berÄird^e miteinanber ber* 
bunben tofiren burd^ ben ® ei ft ber Siebe. @r betrad^tete l^ier 
bie aScetifdJen SebenStoeifen nidjt ate eth^a« an unb fßr 
M SSerbienfklid^e«, fonbern afe SKittel, bie berfd^ie- 
benen Äranll^eiten ber SKenfd^en ju l^eilen, bal^er fte ber» 
fd^ieben fein müßten. ,,DbgIeid^ er nur 6ine« Drben« 3RitgIieb 
fei, fo fei er bod^ mit allen burdj bie Siebe bereinigt, unb nel^me 
baburd^ an bem ©uten in aQen ^l^eil; j|a nod^ fidlerer aü bie 
felbft arbeitenben SKitglieber: benn e8 lEönne tool^I gefdjel^en, ba^ 
iginer umfonft ein fiu^erlidje« aBerf berri(|te, — toenn er e9 
nämlid^, toiH er fagen, nid^t in ber redeten Oefmnung ber Siebe 
iDottbringe — aber man lönne nie fel^Ien, inbem man baS ®ute 
liebe." a>er l^ier bejeid^nete ®eift ift e« üUv^avipi, ber bie 
mtttelalterlid^e jlird^e in ben Seiten il^rer Slfitl^e au^jeid^nei 
Snnerl^alb ber allerbing« fd^arf begränjten lird^ßd^en Sinl^eit bodj 
eine fo gro^e SDlannid^faltigleit. 3>ie berfd^iebeniien Siid^tungen 
bed ®ei{led unb bed SebenS, bie bod^ mit liebeboHer Slnerfennung 
neben einanber beftel^en foQten im @d^oo^ ber Aird^e. Son ben 
bebeutenben aRfinnern biefer Qtxi ttmrbe bie 3^e biefer l^öl^em 
@inl^eit bei ber SRannid^faltigleit ber SebendtDeifen unb ®emeins 
fd^aften, ben mannid^faltigen äRdud^^berbinbunjen oft audge:? 
f})rod^en; ioie ber »ifdjof Slnfelm bon ^obelBerg, Sernl&arbö 3^^*" 
flenoffe, in biefer Sejieljfung fagt: ,,3)iefe SUlannid^faltigleit in ber 
2>arfteQung bed ®öttlid^en, in bem ^eiligen unb ®uten an ber« 
fd^iebenen Orten unb }u berfd^iebenen S^iten^ ^i^ berfelBe @ine 
®etft, inbem er einem geben au«tl^eilt, ioie er ft)ill (1 Äor. 12, 11). 
5Denn ei^ toei^ ber l^eilige ®eiß, ber bon SKnfang an unb immer 
ben ganjen Seib ber Äird^e regiert, bie in ©d^laf öerfunfenen 



i) Apologia ftd Guillielmum abbatem opp* I, 523. 



@€tUn bet 9tenfd^n unb bie ©laubigen, fdx bie eine lang ge« 
fnani^U religidfe ^otm bevaltet ift, burd^ ben 3(nfane einer neuen 
Teligidfen ®emeinfd^aft bon 9leuem anjuregen. Denn bod Un» 
getool^nte unb 9leue ))flegen 9(Ile mel^T ju betDunbem, cX^ baS 
©elpol^nte unb %lU. Unb eiS gefd^iel^t burd^ eine tounbetbare 
Seranftaltung &i>tM, ba| bon ©efd^Ied^t )u (Sefd^Ied^t burd^ immer 
neu auffeimenbe gormcn reliflü^fer ©emeinfd^aft bie Sugenb ber 
Äird^e ber be« äbler« gleid^ erneut toirb^)/' 

fßon jenem aOgemeinen ©runbfa^ ber in ber äRannid^faltig« 
feit ftd^ beto&l^renben d^ciftlid^en Siebe audge^enb, {traft S3eml|^arb 
ben ^^arifäiSmud ber Siftercienfer, toeld^e iDegen ber 3txd)tUoh* 
ad^tung getpiffer Sugerßd^er SBorfd^riften ber Senebiltinerregel bie 
Jtluniacenfer mit l^od^mütl^iger äierad^tung anfallen: ,,@eib ein- 
geben! ber Siegel ®otte8, — ruft er iljnen ju — h>eld^e mit ber 
Sinrid^tung bed l^eiligen 93enebiltu9 nid^t in SBiberftreit fein fann; 
— bai^ Sleid^ @otteiS fei in und felbft, bad l^ei|t nid^t äu^erltd^, 
in ber Jtleibung unb 9ial(|rung bed Rbtpex^ beftel^enb, fonbem in 
ber a^ugenb be« inneren 3RenfdJen. — SBem bie 3Könd&dIutte feljflt, 
ber t9irb nid^t atö ein 3R'6ti^ angefel^en, unb tontrum trad^tet man 
ttid^t auf gleid^e SEBeife nad^ grömmigleit unb ©emutl^ für ben 
(Seift, toad bod^ toa^rlid^ bed ©eifted Aleibung ift? 3ft nid^t 
beRer bie in 5|Selih)erI gefleibete SDemutl^, aU ^od^mull^ in ber 
3Wönd^«futte?" üJlan muffe bie burc^ bie Siegel borgefd^riebenen 
äu^erlid^en Uebungen nid^t unterlagen, aber bad 3!nnere be^ 
(Seifte^/ bie ^ömmigleit, fei bad äßefentltd^e, ol^ne bie aUed U^b^ 
rige nid^td nü|e. Slad^bem er fo ben ))l^arifäifd^en ^od^mutl^ feiner 
Drbenöbrüber geftraft, bedft er bad eigentlid^ SabelnStoertl^e an 
ben ^luniacenfern unb ben meiften übrigen ^önd^en überbau})! 
auf, il^re ^rad^t unb äSerfd^toenbung, äBeid^lid^feit unb Sitelleit 
ffir fd^ilbert biefe auf eine merltoürbige SEBeife an ben SWönd^en 
in ber älrt,'h)ie fte bad befte 2;ud^ für il^re SuiUn audfud^en, 
ganj Sl^nlic^, ioie älnbere für il^re tDeltlid^e Reibung. @r fagt: 
„SBenn bu eine Äutte bir laufen toiBft, fo burd&toanberft bu bie 
©täbte, laufft auf ben SWärften uml^er, befud^ft bie 3Re{fen, burd5i== 



1) Porro haec omnia tarn divina, tarn sancta, tarn bona in di- 
T^rsis ordinibuB operatur unus atc]ae idem spiritug, dividens singo- 
lis ijrout yult. Novit quippe Spiritus sanctus, qui totum corpus ec- 
clesiae ab initio et nunc et semper regit, hominnm animos torpentes^ 
6t diu usitata religione satiatos fideles aliquo novae religionis ex- 
<Nrdio renovare . . . Nam insolita et inusitata magis solent mirari 
omnes, quam solita et usitata« Et fit mira Dei dispensatione, quod 
a generatione in generationem succrescente semper nova religione» 
renovatur nt aquilae Juventus ecclesiae. Anselni. Havelb. dialog. 
lib. I cap. 10; cfr. d*Achery specileg. tom. I pag. 169 A. 



fud^ft bie ^aufläben, buvd^toül^rft aUt il^e Waaxtn, bu xoUfk bte 
^roiett a^iid^botten auf, betafleft e« mit ben ginöern, l^ältft cö an 
t)ad ^ttge, läffeft e^ loon ben Stral^Ien ber Sonne beleud^en, bu 
t)etfd^mäl^t, toa« grob, toa« bon blaffer ^atbe ift, toenn aber 
€ttoa§ burd^ ©lang unb SReinljfeit bir gefättt, fo fud^ft bu e« fo- 
gleid^ um einen aud^ nod^ fo groBen 5ßrei« bir eigen gu mad^n *)/' 
5Den SKftnd^en, fagt er, gäben il^re äebte ba« fd^Ied^te Seifjjid. 
<Sx l^abe einen ä(bt mit fed^gig $ferben unb noc^ mel^reren in 
feinem (Sefolge gefeiten, „man fottte fte, toenn man fie borbei- 
jiel^en fel^e, nid^t für §irten ber ©eelen, fonbern^ für gfürften 
J^alten.^' S)ied beranla§te il^n, bie $rad^t unb ben ftunftreid^tJ^um 
in ben Äird^en unb Älöftern ber Äluniacenfer gu täbeln. aßcrfc 
tDürbig \% toa$ er in biefer SJegiel^ung fagt, inbem man baroud 
fie^t, toad il^m, toenn aud^ nid^t immer mit Harem Setou^tfein, 
xiU ba« 3beal be« geiftigen ©l^riftentl^um«, einer toal^rl^aft geiftigen 
®otte§berel^rung, toie' fie bemfelBen entf})red^e, borfd^toebte, toie er 
Wc SSeräu^erlid^ung ber Sieligion, bie finnlid^en 2lnbad^t«mittel nur 
^U §erablaffung ju ber: SJlenge ber Sd^toad^en, ate ©rgiel^ung^ 
tnittel unb SBorübung für jene l^öl^ere Stufe gu betrad^en geneigt 
tüar. @g liegt babei bod^ eigentlid^ bie Unterfd^eibung ber äi^t 
geiftigen (SotteSberel^rung im ©inne be« ß^riftentl^um« unb bn 
mit iübifd^en Elementen Dermifd^ten SSerfiu^erlid^ung gu (Srunbe. 
®er Äd^te SKönd^ fottte fid^ über bie finnlid^e 5Kenge gu itntt 
l^öl^eren ©tufe ergeben, in bem 5Könd^8tl^um ba« geiftigere ©J^riften^ 
tf)um feine Suflud^tgftötte finben. ®r ^pxx^t fid^ fo au8: „3d^ 
^bergel^e bie ungel^eure ^öl^^e ber Oratorien, bie loPare äu«= 
fd^müdfung, bie forgfältig auSgefud^ten ®em&lbe, toeld^e, ben Slitf 
ber SJetenben auf ftd^ l&ingiel^enb, bie Slnbad^t gerftreuen unb mir 
<xuf getoiffe SBBeife ben alten ßeremonienbienft ber 3«i>«ii 
^urüdEjufül^ren fd^einen. — gener 35id^ter2) fjjrid^t: SBag fott 
in bem ^eiligtl^um ba3 Oolb? 3d^ aber fage: ®pxtä)i il^r Slr== 
tnen, toenn il^r anberg ätrme feib, toa« foIlbei*ben $ eiligen 
4>a3 ®olb? — Unb ettoaö Slnbrc« ift e« mit ben »ifd^öf en,. 
<th)a« 3lnbre§ mit ben 5!Könd^en; benn toir toiffen tool^l, bafe 
jene, ba fie ber Sl^örid^ten toie ber SBeifen ©d^ulbner ftnb, bie 
2lnbad&t be« in ber ©innlid^feit befangenen SSolfö, toeil fte t^ 



1) Tu cucoUam emptnrus lustras urbes, fora circuis, percurris 
nundinas, domos serutaris Degotiatorum, cunctam evertis singuloroiT) 
suppellectilem, inpentes expHcas cumtilos pannorum, attrectas digi- 
tis, admoves oculis, solis apponis radio, quicquid grossum, quicquid 
pallidum occurrerit, respuis, si quid autem sui puritate ac nhore 
placuerit, illud mox quantolibet pretio satagis tibi retinere. L. c«, 
«ap* 10 §. 26 p. 537. 

2) Persius Sat. 11, v. 69. ^ 



58 Sctn^arb ton C(ahl»«tt^ 

nU^ buTd^ fietftige SRUtel ISnnen^ butd^ ftntiKd^en Sd^utl et« 
«egen. SBie aber (ei uM, bie h>iT aud beT SDtitte bed Soß^ 
fd^on l^evau^etreten ftnb, bie ioiv aSeiS @d^5ne unb Aoftbote ber 
SEBelt um ei^rifti toiSen Detrlaffen, bie toit XOed, toad ben @innen 
fd^meid^It, ffiT 9lid^tö gead^tetJ^aben, um Sl^rifhim ju getptnneit^ 
toeffen Knbad^t fud^en toxx baburd^ ju erregen? 3)urd^ ben Sn^ 
BHd biefer loftbaren, aber Betounbemdtoert^en iSitetleit toerben bie 
SRenfd^en mel^r )um Sd^enlen afö ivm ^tttn ent^ammt; burd^ 
bie mit ®oIb bebedten Steliquien ta)erben.bie ^Uitn gen&l^rt unb 
bie Jtaffen gedffnet. @§ ioirb bad fd^önfte 93Ub eined Eiligen 
0e}eigt unb für befio l^eiliger gel^alten^ je farbiger ed ift*^ 
bie 3Kenfd^en laufen, e« ju füffen; fie betDunbern mel^r ba« 
Sd^öne, afe fte ba« ^eilige Derel^ren/' Ueber bie^ßrad^t^) 
ber ftlöfter fagt SBetnl^arb nod^ biefed: „& ift l^ier eine fo gro^e 
unb tounberbare SRannid^faltigfeit t)erfd^iebener 93ilber, ba^ man 
mel^ Suft f)at, auf bem Starmor, ate in ben ^eiligen @d^riften }u 
lefen, lieber ben ganjen 3^ag bamit )U)ubringen, aSe^ @in}elne )u 
belDunbern, aU im ®efe^ ®otted na^jubenfen. 3Rxt bem, ti>a$ 
ben 9(rmen gel^drt, toirb ben SHugen ber SReid^en gebient. ^n ben 
Jtird^en mj^gen toir eiS bulben, tveil e$ )toar ben @itelen unb $ab^ 
füd^ügen, nid^t aber ben Sinfad^anbä^tigen fd^&blid^ ift/' 3Bir 
looSen l^ier nid^t unbemerlt laffen, ba§ in biefe klagen über ben 
maa^Iofen ®ebraud^ ber ^unft beim (äotteSbienft aud^ anbere auiS^ 
gegeid^nete 3)länner ber Seit einftimmen, toie Sol&anne« t)on ©o^ 
lidbur^ ^) in Se^iel^ung auf Jtlofter» unb jtird^engefang fagt: ,ß^ 
fd^finbet aud^ ben ©ottedbienft felbft, fo ba§ man bor ben älugen 
be« ^errn im 3tth)enbigen be« ^eiligtl^umg burd^ bie UeJ)l)ig!eit 
mutl^toiHiger Stimmen, bie ftd^ gu }eigen fud^en, burd^ eine toei- 
Kfd^e SKelobie bie ftaunenbe ©eele ju ertoeid^en fud^i SQSenn man 
bie überaus retd^en SRobulationen aller t)erfd^iebenen ^eile be^ 
gj^or« l^ört, foffte man 'e3 nid^t für einen aJlenfd^en=, fonbem 
©irenengefang l^alten unb bie £etd^ttgleit ber ©timmen betoun« 



1) Sür 2)tejienigen, mlöft ^ra^t Snbufirie unb llunfl bed 3sitatter9 
intcreiflrcn, fcfee i^ ©crn^orb« ©orte ^iet^er: Ponuntur in ecclesia 
gemmatae, non coronae, sed rotae circomseptae lampadibus sed non 
minus fulgentes insertis lapidibus. Cernimus et pro candelabris ar- 
bores quasdam erectas multo aeris pondere, miro iartificis opere fa- 
bricatas, nee magis coruscantes stiperpositis lucernifi quam suis gem- 
mis. L. c. 12, 28 pag. 539. ^Befonber« tabelt er, bag au4 bie gug« 
BSben mit ^rä^^d<i< ^eiligen' unb (SngeUbtlbern bemalt »aren, bag bie 
^loflettoänbe ni^t bkg mit ^eiligengemälben befe^t moren, fonbern mit 
ben manni^faltigflen pxoiantn Silbern n^ilber ^bicre, täm))fenber 9Utter^ 
.3^8er mit ^i^rnern, manniti^falttgen 3ufammenfe$ungen Don Ungel^euern. 
^ 2) Policrat. lib. I c. 6. 



ettnf^axb Don (Sldttoau^ 5^ 

bettt *). SBenn l^iet aUv — fäl^tt er fott — ba« gel&örifle SWaa^ 
Beobaii^tet toitb, fo befreit eS bte ©eele bon ©otgen, berfd^eud^t 
bic SSelümittcrnijfe be« Seitßd^en unb erlebt .bie menfd^id^en ®e* 
tnüll^r butd^ eine gctoiffe 3Rittl^eiIunö l^ol^er fjreube unb fHu^^ 
freunbltd^er ©ntjüdunfl in ®oit jur Oetneinfd^aft bet ®nöel. SCber 
tool^er fott man bag 3)laaB nel^men? — fragt er.. 3Reine gunge 
lüirb entjüdft, fagt ber 5ßfalm, toenn id^ bir ftnge. SBenn al\o 
au« ber ^tte be« §erjen§ ber SKunb ba§ Sob be« $crrn ftnat, 
toenn bu mit ®eift unb ©eele fingft unb mit 838ei«l^eit, fo l^ältft 
bu baö reci^te 3Kaa^ aud^ offne Äenntni^ ber airtilulationen ber 
Äunft unb befänftigft bie Dl^ren bc8 ©öd^jlen nid^t fotool^I burd^ 
beiue Stimme, ate beö ©eifte« ©ntjüdfung." 

g)er el^rtoürbige ^ßeter öon- ßlugn^ jeigte feine d^rtftUd^e^ 
9Räfigung unb Sanftmut)^ aud^ in ber Srt, toie er bie SBerfd^ie^ 
ienl^eiten beiber Drben beurtl^eUte, ber und^riftlid^en @iferfud^t gu 
ileuem unb ben ®eift d^riftlid^er Siebe unter fie jurütfjurufen 
fud^te. 3n einem »riefe, burd^ toeld^en er ben ?lbt Sernl^arb auf&, 
forbert, ju biefem gtoedfe mitjutoir!en, ging er Don bem ©eftd^t^ 
Jjunlte au«, ba^ ju allen Seiten SScrfd^iebenl^eiten in Slüdfftd^t ber 
fiufeerlid^en ©ebräud^e jn)ifd^en öerfd^iebenen Äird^en gel^errfd^t 
l^ätten, ol^ne bap fie fi(| barum öon ber gegenfeitigen Siebe ent= 
f ernt, toeil fie in jenen nid^t« bem ©lauben unb ber Siebe 5Rad^= 
tl^eilige« gefunben. ©o lomme e« aud^ bei ben Drben nid^t auf 
biefe bcrfd&iebenen ©ebräud^e an, burd^ bie fie pd^ öon einanber 
auöjeid^neten, ba fte auf t>erfd^iebenen SBegen nad^ bemfelben S^^K 
bem etoigcn Seben, ftrebten. ®« fei jtoar toal^r, ba^ bie 6ifter* 
cienfer unb Äluniacenfer, obglcid^ fie berfelben Senebiltinerreget 
folgten, bod& in ber 2lnh>enbung fjd^ Don einanber entfernten unb 
Don bem 93ud^ftaben ber Siegel abtoid^en; aber e« lomme Me« an 
ouf bie ©epnnuttg, in ber e« gefd^elj^e, bie Siebe fei bie ©eele 
öon attem §anbeln, unb biefe muffe über bie Slntoenbung ber 
©efe^e beftimmen. @r fül^rt jum Seleg an bie SBorte be« ©ei^ 
lanb« : „©o ba« Sluge l^ell ift, ift ber ganje R'6xp^x lid^t," unb 
jene fd^önen SBorte äuguftin«: „Habe caritatem, et fac quicquid 
Tis." 9lod^ toeiter filierte er biefen ©runbfa^ au« in einem an« 
bern, gur SBertl^eibigung gegen bie SBortoürfe ber Giftercienfer an 
©eml^Arb gefd^riebenen SBriefe *). ttm nämlid^ feinen Drben gegen^ 



1) Ea siqaidem est ascendendi descendendiaue facilitas, eäsectia- 
vel geminatio notularum, ea replicatio articulorum singulorumque 
conttolidatio, sie acuta vel acutissima gravibus et dubgravibus tem- 
perantur, ut auribus 8ui judicii fere subtrahatur aactoritas, et ani-~ 
mu8, quem tantae suavitatis demulsit graiiä, auditorum merita exa-- 
miüare non sufticit. 2) Epp. Petri Ciuniac. I, 28. 



60 Sern^Tb t»»n (Slaitoanx. 

bie Sefd^ulbigung ber älblo^id^ung Don ber Senebiltinertegel iu 
red^tfertigen, beruft ev ftd^ auf bie 93etf)>ie[e bieler Aoncilien utib 
$ä)>fte, tpeld^e bie älteren Aird^engefe^e nad^ bem berfd^iebenen 
^uftanbe unb 93ebürfntffe ber S^i^ mobificirt unb beränbert Ratten. 
3)arauf lägt er ftd^ bie ®inta)enbung mad^n : l^i^^ered Xnfel^n unb 
l^dl^ere ^eiliglett ptten fte bi^u bered^tigt, unb antwortet barauf : 
üuä) fein Drben j&I^Ie unter feine ^itglteber SRänner, bie tM>n 
ber jttrd^ atö ^eilige berel^rt tofirben; bod^ ed tomme l^ier ni<|t 
iiuf bie ^iligleit an, fonbern auf bad Xnfe^n, unb in btefer 
SWdrtd^t feien bie Siebte Don Glugnl^ eben fo Diel für il^ren ganzen 
Drben, aH bie $ä))fte fOr bie ganje Air^e unb bie Sifd^öfe für 
tl^re befonbere 3)iö)efe. Ueber^au^t aber reid^e toeber bad %nfe^n, 
ttod^ bie ^eiligleit ^in )ur SRed^tfertigung biefer Seränberungen; 
benn bie ßeiligleit unb bad Slnfel^n ber Bp&Uxm bürften nid^ 
mit ber ^eiligteit unb bem Slnfel^n ber t^ül^eren in 38iberf))rud^ 
gerat^en: enttoeber biefe« grül^ere, ber SJerSnberung S5ebürftige, 
Dber bad an bie Stelle beffelben betretene muffe in biefem ^aOe 
f d^led^t fein. 3Ran muffe bal^er einen SRaalftab l^aben, biefe 93er= 
'änberungen }u beurtl^eifen , burd^ toeld^en frül^ere unb f))&tere 
Offenbarungen (Sottet unb ®efe^e ber Jtird^e mit einanber, tDenn« 
gleid^ im Sud^iftaben l[>erfd^ieben, im ®eift übereinftimmten ; unb 
biefer ^aa|ftab fei bie £iebe ; fte fei frei in aUtm il^ren X^un, 
inbem fte für bad ^eil ber äRenfd^en nad^ ben Derfd^iebenen 93e- 
türfniffen unb guftÄnben ber öerfd^iebenen Seiten forge; fte bfirfe 
©efe^e geben unb k)eränbern. 3)ie ©efe^geber ber Aird^e unb bie 
iJJä^>fte feien nur ©efret&re ber Siebe, benn bie Siebe fei ber l^eilige 
©eift ; aud^ aQe $ro))l^eten feien nid^td anberi? aU bejfen @elret&re 
^etoefen, man bürfe ftd^ aber nid^t fd^men, ben ^top^Un äl^n^ 
lid^ ivi fein; obgleid^ bie k)on bem ©eift ber Siebe eingegebenen 
©efe^e ftd^ ötränberten , fei in il^r felbft bod^ lein SBanbel, fie 
bleibe ftd^ immer gleid^ ^). 3)ie ßiftercienfer feien alfo bie S5er= 
le^er ber Siegel Senebift«, inbem fte gegen ben ©eift berfelben, 
bie Siebe, fel^lten, an äu^erlid^en fingen, bie ftd^ öeränbern 
müßten nad^ ben öcrfd^iebenen Suftänben ber 5!Kenfd^en, feft^ielten 
|um giad^tl^eil ber SKenfd^en. — ffiir muffen au« biefem Sriefe 
nod^ einige für bie ß^aralteriftil be« 3^italteriS merlit>ürbige 93e- 
fd^ulbigungen gegen ben ftluniacenferorben unb bie ©rünbe, burd^ 



1) Sed nee, indignum est sancto, caritatis vocari notarium. 
Joannes enim in epistola sua Daum caritatem vocat (I Jo. 4). Et 
Gregorius in Homiliis ait: Spiritus sanctus amor est Amor vero 
Caritas est. Ergo Spiritus sanctus Caritas est. ^Non est igitur ei in- 
dignum, Spiritus sancti esse notarium. Nam et ejus notarii pro- 
phetae omnes fuerunt. Non dedecet autem eum similem esse pro- 
plietts. Bibl. Cluniac. p. 692. 



toeldjie 5ßetet fie iotberleßt, f)ttbox\)tUn. ©le aPlJnd^e — fagle 
niAn gegen bie ftluniacenfet — foQten bad Stib bev a))ofioIifd^en 
©emetnfd^aft barfteUen^ gar leine 8eft$ungen l^aben^ fonbem \)tm 
il^rct $änbe Arbeit leben, feine ^ßfaifrlitd^n beft^en, feine Stf)nUn 
unb (Stftlinge, mie bie ^{uniacenfer^ erl^alten; benn biefe f&meti 
allein ben ©eiftli^en ju, n^eld^e bafür ben Aitd^en bienten. 2)arattf 
<intn>ottete $eter: ,;SSev ift mel^t beyed^tigt, bie Dblationen be? 
©laubigen anjunel^men, bie SRdnd^e, ioeld^e beftönbig füv bie 
©ilnber )u ®ott beten, ober bie ©etftltd^en, toeld^e j|e^t, toie ioir 
feigen, mit bem größten @ifer nad^ bem ^^itlid^en trad[^ten, unb 
babei, toaiS ba9 (SeiftCd^e unb bad $ei( ber Seelen betrifft, 
Scitt)Iid^ t^emad^Iäffigen?'' @in nod^ l^ärterer ä^orte^urf gegen bie 
jtluniacenfer tvor, ba^ fie ©d^öffer, äSiUen, Säuern, ©flaben, 
3ftäg\>e, S^U^ o^^^ Unterfd^ieb aü @efd^enfe annäl^men, unb 
biefe Sefi|ungen gegen Slngreifenbe auf aUt lOieife t^ertl^ibigteti. 
S)arauf antiODrtet ber W>t $eter: „S)ie ä3eft^ungen toerben boit 
ben SKönd^en gu einem toeit befferen ©ebraud^ angetoanbt, bie 
^auixn toeit beffer bel^anbelt oli^ Don ben äSeltlid^n. @d ift 
iool^l am %agt, tme bie toeUlid^en ^ren über bie leibeigenen 
Säuern il^re $errfd^aft ausüben; fie finb nid^t aufrieben mit il^ren 
fletoöl^nli^en unb fd&ulbigen 3)ienfien, fonbern eignen fidjf bie 
©ilter mit ben 5ßerfonen, unb bie ^ßerfonen mit ben ©titern immer 
unbarml&erjig ju. Salier fommt eS, ba§ fie au^er ben getoöl^ns 
lid^en 3ihQaUn brei« big t)Uxmal im 3al^re/ ober fo oft fie tooSen^ 
tl^re ©üter j)lfinbern, fte mit unjÄpgen ^ol^nbienften brüdfen, 
fd^ft^ere unb unerträglid^e Saften il^nen auflegen. S)aburd^ nötj^igen 
fte biefelben aud^ getoöl^nlic^, ba^ eigene Sanb ju k)erlaffen unb 
in frembe gänber ju fliel^en; unb toaö nod| fid^led^ter ift, fie fd^euen 
ftd^ nid^t, bie SKenfdJen felbft, ipeld^e ß^riftu« mit fo tl^eurem 
greife, ba« ift, feinem Slute, lodgefauft, für ettoaS fo dlenbe«, 
für ©elb feil ju bieten. 2)ie ÜÄönd^e aber mad^en nur öon bem 
gefeffmci^igen unb fd^ulbigen 2)ienften, ftd^ SebenSunterl^alt ju 
Derfd^affen, ©ebraud^, brüdEen fie nid^t burd^ älbgaben, erl^alten 
fie fogar, toehn fte biefelben in Slrmutljf feigen, bon il^rem eigenen, 
fte bel^anbeln bie Seibeigenen h)ie Srüber unb ©d^toeftern i).'' 
f^erner fül^rt er ben äSortourf gegen bie jtluniacenfer an, ba^ fie 
nid^t ber j^rengen Siegel gemäg burd^ $Snbearbeit fid^ emäl^rten. 



1) SßenngTei^ t»on flRdnättn, bie unter Rettung etne9 fo frommen unb 
mtlben ^tannt^, toit bed 3lbte9 $eter ton (Stugnt^, flanben, bied mit ^täft 

Sefagt toerben tonnte, fo finbet ed hod^ gett>ig mäit bei aUen 3RSn4en übet" 
au^t feine Slnwenbung« 2)iefe ma(!(ten ed )um X^eil nt(^t beffer atd bte 
tteUtt<^en Herten, »ie Äbälarb in feinem sermo de Joan. bapt. opp p, 
952 mit Unioiflen i^nen bieS ^um ^ortt)urf maöfU 

Weanbet, bet |elt. »ertti^atb. 5 



62 Scm^tb »on C(aictaui^. 

TXvh er antioortet barauf : SiS fei ^ier bie älbjtd^t bet Siegel nur^ 
ba| bie 9R5nd^e tiid^t mü^ig feien ;. ta>enn biefe SSbftd^t aud^ butd^ 
anbete gute 3BetIe eneid^t ta>erben Unne, fo bebürfe ed {einer 
^änbearbeit, unb bie geiftigen Uebungen feien ben leibliti^en bot^ 
jttjieljfen ^). „6« tl^u* mir längft fel^r leib, — fd^tieb er ein an= 
bermal an Sernl^arb *) — ba| biefelben SKenfd^en, toeld^e Bi« auf 
biefe @tunbe junger unb S)ur^ leiben unb nadt finb, mit il^ren 
$&nben arbeiten, unb faft gang bem. großen $aulud nad^folgen, 
iai, iDad bai^ ©d^ioer^e ift, tl^un, baiS Seid^te unterlagen. @in 
fold^er 9Renfd^ bift bu; bu beobad^teft baS fd^tDere ©ebot Sl^rifH^ 
faftenb, ioad^enb, bid^ ermübenb, arbeitenb, unb toillft nid^t ba^ 
geidjte beobad^ten, ba^ bu liebefl»)." ©r forbert ben SSeml&arb 
auf, toenn fie aud^ bie berfd^iebicnen, bie ßtoietrad^t erregenben 
®ebräud^e unb Xrad^ten nid^t ablegen uooSten, ed bpd^ toenigften^ 
bal^in 3U bringen, ba^ bie Giftercienfer bie ^luniacenfer in il^re 
Jll5fter aufnäl^men, fo ba^ burd^ bad i^ftere Suf ammenfein bie 
fiiebe toieberl^ergeftellt toerbe. ®r l^abe fd^on bor funfjel^n Salären 
biefe. Srlaubni^ in ^ixifx^t aller Aldfter au^er (Slu^nt) ertl^eilt^ 
unb tooEe fte, toenn fie bieS bewilligten, aud^ auf bieiS $au^t^ 
Ilofter audbel^inen. 



1) Si Bane corporalia opera spiritualibna ezeroitiis praeferrentnr, 
nequaquam Maria ad pedes Domini sedere et verba ejus indesi- 
nenter audire a caeteris operibuB otiosa elegisset, nequaquam Do- 
minus eam öptimam partem elegisse dixisset. L. c. p. 670. 9(ud^ in 
bem dialog. inter Cluniac. et Cisterciens. t. V anecd. Martene et 
Durand, p. 1574 totrb bad SSerf^SItnig ber betben Orben in etnanber fo 
bepimnt, bag bie (Siflercienfer me^r bem Bef(!(au(t(i^en , bie j^luniacenfer 
me^r bem tlfM^tn i^eben fl4 loibmcn follten. Sefen unb ©ebet toar bei 
ben Untern abtoeci^felnb ; man tabelte an üfntn bad ^tubium ber alten 
JeibniWen S)i^ter; literarif^e arbeiten tontben in ijren Älöflern fejr ht* 
günftigt, fo bug bie ttbf^reiber alter ^ü^^er bon bem ^Gefud^en ber üh* 
lxä}tn tanonif^en ©tunben bid))enfirt toaren. 

2) Epp. VI, 4. 

3) Oft fpradj $eter, toie l^ier, gegen ben iW(Jndj8)}6ürifäi8mu«. h. VI 
ep. 12. (Sr emi^fa^I bie ^artl^änfer at9 nicf^t unter 2)iej[enigen ge^i^renb,. 
qui liquant Öulicem et camelum glutiunt, h. e. qui irritum faciunt 
mandatum dei propter traditiones hominum, et decimantes meutam 
dimittunt, quae sunt graviora legis, Judicium, et misericordiam et 
fidem. Non enim praecipue in cibis et pptibüs, in vestibus, in Ia-> 
boribus yel similibus regnnm Dei ^onsistere putant . 



i^eml^arbd SBuffamleit snr SBteberl^ettlelluno bed tird^enfneben«. 63 



n. 

riu« n. 16i« auf eugeniu« III. 1130—1145. 



A. S3ernl^arb8 SBätrlfamleit jut SSSieberl&etftellttna 
beS jtird^enfTtebend. 

3Ran lann ftd^ nid^t hat&Uv n>unbent, tDenn bie $a))fttt)al^len 
Dft feott l^eftigen Unrul^ett unb ©Jjaltunßen tegleitet toarcn, toenn 
man an bie SSertoeltli^ung beö römifd^en RUxu^, an bie mannid^* 
fad^en ^ßartJ^eiungen in ben großen. tömif d^en gamilien, an bie 
öeicfd^iebenen Sinflüjfe, butd^ toeld^e jtd^ bie ftatbinäle Beftimmen 
liefen, beult, ©d^on bei ber SSäal^l be« legten 5Pa})fte^, $ono= 
riug n. ^), toat? eine QpaltitnQ entftanben, toeld^e toal^rfd^einlidj 
Bebeutenbeve golgen l^etbotrfle6tad|t ptte, toenn nid^t be« $onoritt^ 
aRitbetoetBer, bet Äatbinal ^ultapdu, ber fd^on auf gefeftmälige 
Söeife jum ^a^\t gemäl&ft toat, ba« Seifriel einet? gu SRom feltenen 
©elbftberlengnunfl gegeben, freiwillig, um bie SRul^e h)ieberl^erju= 
.fteßen, auf bie l^öd^fte ber menfd^lid^en SBürben SSerjid^t geleiftet 
l^ätie. S)er Äarbinalbifd^of Sombert Don Dftia, ber barauf unter 
bem Siamen ^noriu« II. bie ^jäjjftKd^e SßJürbe erlangte, toax gar 
nid^t auf lanonifd^e SQäeife getpäl^lt, fonbern mit tumultuarifd^em 
Ungepm burd^ bie mäd&tigfte gamilie ber römifd^en ®ro|en, bie 
tJrangijjani, bie feit langer S^i* ^^^^^ großen ßinflug auf bie 
5ßajjftn>al^len bel^aujjtete, erl^oben toorben. ®^ toar ju ertoarten, 
ba^ nad^ bem Xobe biefe« ^a})fte« ber Rampf ber 5ßart^eien öon 
3ttmm augbredjtn toerbe. gtoar l^atten ftd^ nod& öor bem Sobe 
be« ^onoriü^ bie Äarbinäle mit einanber i>erabrebet, um äße Un^ 
rul^en gu i>ei]^üten, bie lanonifd^en 35orfd^riften ber $al)fttoal^I 
genau ju beobad^ten, befetoegen bem (Sebraudjf gemä§ in ber Äirdje 



1) Seo Srajo^dnt, mitlitt ben Sambert bon Ofita ^ur päpflltii^en Sürbe 
yn erl^eben ti>ün\6ftt, fud)te anä) bamaU befonberd ^u berf^inbern, baß bie 
ÄarbtnSIe frühere Sufammenfünfte hielten; erfl brei Sage no^ bem Sobc 
bed $a^9e9 foSten SHe sufammenlommen unb gemeinf^aftüd^ eine lano« 
nif^eSBal^I anfielen. (Sr gebrauste bie 2'\% bag er ben j^o^länen ber ein« 
ge(nen ^arbinäle auftrug, t^ren Ferren, ol^ne bag fle ed Bemerften, unter 
bem Wmarjen Heberlletbe (cappa) bo« rotbe bif^öfli^e Oetoanb (pluviale), 
in bem fle al9 $ä:(>fle erf^etnen mugten, anzulegen, um fo allen (Srnselnen 
auf bie )>5p|in4e SBürbe ^offnung gu madj^en. ®, vit« Honor. papae 
ex Ms. Fandulpjbi Fisani ap. Muratori Script, rer. Italioar. t. |III 
pag. 421. 



64 fkia^tb« Oicffomldt 

bei l^eiKgen SRotj^i fü^ }u Detfanimeln, unb |u mev einfKmtmsen 
SDal^I fd^ }tt bereinigen. Vbtt bev ftant))f jtoeier ^atOftitn, bmr^ 
iDeld^e fie getrennt tamren, t)erl^nberte ben (Erfolg biefer tteber^ 
f tnlunft, obgleid^ man fte mit ben feierlid^flen Sert>flid^tttngen etn^ 
gegangen toax. (Eine $artl^ei ber ftarbinäle nfimlid^ toflnfd^ 
ben dvlUl eines reid^n lübifd^n SBud^erd, ber }ttr d^^ic^en 
itird^e übergetreten toar, unb bon feinem ^atl^en, bem $at>{le 
£eo IX., ben 9lamen Seo angenommen l^atte, ben ftarbinal ^ßtixu^ 
£eonid, ber fd^on lange S^i naäf ber )>&)){ttid^en S&rbe gefhe&t 
^attt, burd^ bie 9Menße, bie fein SSater ber römifd^en Jtird^e ge^^ 
leitet, burd^ feine eigene Xl^&tigleit, feine ausgebreitete Familie 
unb feine literarifd^ Silbung gro^ed Xnfel^n erlangt, )um !ßa})ß 
)u to&l^len. Unb bieS lonnte biefer ^rtl^ei befto leidster gelingen, 
ba $etruS £eoniS burd^ feine großen Steid^tj^ftmer unb feine gal^I' 
reid^e gamilie ftd^ unter ben riHnifd^ ®roBen unb unter bem 
SSoIIe eine bebeutenbe $artl^ei gemad^t l^atte. 9lber bie angefel^ene 
f^amilie ber ^angit>ani unb biejenigen ftarbin&Ie, ioeld^e bem 
berftorbenen ^a^fte am n&d^flen ge^nben l^atten, tote t)omel^mIid^ 
ber AarbinaSanjIer ^aimerid^, burd^ beffen ^finbe bie toid^tigflen 
älngelegenl^eiten ber d^rifUid^en jtird^en unb Sleid^e gegangen tooren, 
l^a^ten fieinen mel^r ate ben $etruS SeoniS^ unb tooHten il^ 
einen burd^'literarifd^e Silbung auSgejeid^neten unb toegen feines 
£ebensn>anbels gead^teten SJlann, ben fiarbinal ®regotiuS, ent^ 
gegenfteHen. Harn eS )u einer lanonifd^n äßa^I nad^ ber ge= 
troffenen Serabrebung, fo fonnten pe leidet burdj bie groge unb 
mfid^tige ^artl^ei beS $etruS SeoniS äl»erftimmt foerben. @ie 
toaren tool^I al^ftd^tlid^, um tl^re ®egner befto fidlerer )u toufd^n, 
ben äSertrag eingegangen, unb befd^loffen il^en )ut)or)u!ommen. 
3n ber 3la^i, gleid^ nad^ bem abftd^tlid^ gel^eim gel^altenen 2^obe 
beS ^onöriuS, Derfammeften pe ftd& an einem Verborgenen Orte 
unb toäl^Iten ben @regoriuS )um ^p% unb er nannte fx^ ^nno- 
cen) n. ^an verbreitete baS (Serüd^t, ber nod^ lebenbe $a|>ft 
$onoriuS l^abe tl^n felbft emt>fol^len. Sflatürlid^ iourbe bie ent^ 
gegengefe^te $artl^ei, fobalb fie bieS erful^r, befto mel^r erbittert 
burd^ biefe ol^ne il^r SBiffen ber 3Serabrebung jutoiber Oorge== 
nommene Sßa^l. S)a fie biefe als burd^auS ungültig betrad^teten, 
Verfammelten fte fidj in ^ ber Äird^e beS l^eiligen SRarfuS,. unb 
to&l^lten aum ^ap\i ben fiarbinal $etruS SeoniS, ber ftd^ Slnafletn. 
nannte *). (Es gel^arte jur ©d^einform ber Seit, ba^ beibe ^Sp^t, 



1) 34 .fotae 6ter ben ioer^Uc^enen ifitxäf^ütxQtn D^la^rtd^ten be9 fLht9 
@ttger in vita Ludovici grossi ap. Du Chesne flcript. franc. pag. 317 
unb be« Chronic. Mauriniac. ibid. pag. 376. 3)ec (Srfte jagt: Eccle- 
siae Komanae majores ac sapientiores ad removendum ecclesiAe 



gur SBieberlcrflelluttg M JKr<!f^nfdeben9. g5 

obfIet(| fU nid^i üitgelegentlui^er fud^ten unb aCe il^re JlrSfte 
au^Qten, um fx^ im Se{t| bed $at>fttl^um^ }U UffavHpUn, bod^ 
gegiöun gen fein mußten, eine fo gto^e Safl-toie bie Stegierung 
bet gctnjen ftitd^e )u übernel^mett. ^nnocenj ftrSubte ^) ftd^ mit 
^&nm, timrf jtoeimal baS p&p\Ü%^t ©etoanb, k^ man i^m 
mit ®el9a(t umgelegt l^tte, t)on ftd^ db, unb fd^ilberte bet SSev« 
fammlung feine g&njlid^e Unioiitbigfeit. 9lur butd^ bie angebtol^te 
(Sflommunilation, burd^ bie SSorfteDung, ba| feine 98al^I bad 
«injige SKittcI fei, bie Äird^e t)on im Slblj^ängigfeit unb Settüttung, 
in toeld^e fie butd^ ben ©ieg be« betrug Seoni« Detftnfen tofitbf ^ 
%u fd^^en, lonnte man il^n beilegen, bie ![)ät)ftlid^e SSärbe enblid^ 
angunel^men. älud^ 9(nal(et Ilagte in feinem äSriefe an bie ^tften^ 



tuQiultum coDsensisse apnd S. Marcam et nonnisi Romano more ce* 
lebrem fieri electioDem; bann t>on 3nnocengen9 grennbcn: qui assi-^ 
duitate et familiaritate propiores apostolico faerant, (nod^ Seutltd^r 
ba9 (S^roniton: Cardinales qui cum Cancellario ibi aderant et 
Honorio infirmanti assederant) timore tamultaantium Bo-* 
maoorum illuc convenire non audentes^ (BefHmmtet bad (Sl^roniCou: nt 
Petrum qnendam, qui seculariter ad papatum yidebatur aspirare^ 
spe 8ua frustrarent) antequam publicaretur domini papae decessu» 
caet. 2)ag ntan bie Sal^t be« Snnoctn) l^abe bef^teuntgen muffen, um ben 
$etTu9 Seonis anft^uf^iegen, giebt an6f bcr leibenf^aftlk^e 9rnult>l^ @a«> 
gienfid de schismate ap. Muratori t. III pag. 428 Itt« £. gn ber^eben«. 
a^an terg(et(^e bamtt ben $rief be9 JtarbtnalS $eter t>on $ortö, be9 $oc« 
ne^mflen ber $att^i Slnaßetd: Neglecto ordine, contempto canone^ 
apreto etiam ipso a ▼obis condito anathemate me inconsulto priore 
vestro, cum essetis novitii et paucissimi caet. Baron* Annal. ad a«. 
1130 N. X. — Ucber ben ^etru« Seoni« unb feine gamilic finbet man 
ta^&äfttftt unb Kndffi^rCiilfle in Chron. Mauriniac. 1. c. $etru9 Seont« 
l^attt auf bet UntberfUSt ^Pari« feine @tnbien. gemalt, auf feiner fftMUf^t 
na^ Stalten tourbe er M^nä^ )u iSlugn^, t>i>n ^ali^t II. er^iielt er bie 
jtarbinaldtoürbe unb tonrbe aU Segat nad^ Sranfrei(f| gefanbt. 2)ag et 
unter biefem in grogem Snfe^n flanb, erbellt au4 barau«, toeit ber be^ 
türmte 9lbt (Sottfrteb b^n S3enb6me feine e^rift über bie Snbefiitur il^m 
toibmete. S)er ®((i(bernng feine« Ieibenf((aft(i(^ befttoen (Segnerd, be9 |[r« 
vutpff @agienfl9, !ann man natürU(!( ni^t trauen. 2)ag ^eter Sepni« bie 
IKrd^en ge^lünbert, bie :)>r5<|ttgflen Jlird^engefSge iaht umf^melsen (äffen,, 
um ben Ertrag ju iOtfleiitungen unb C^entangen in gebram^en, er)&tilett 
KUe toott Snnocensen» ^artbei, unb 8ern^atb fcbreibt ed in bem Briefe cm 
bie fftimtx felbfl aU ein atlgemetn befannte« gattnm. $eter bon $etto 
hingegen fagt gan} Mi in ienem oben angeführten Briefe: Depraedationem 
illam et crudelitatem, quam praetenditis, non Yiuemus. (5ttt>a9 $ifto« 
riJ4ed mug aber »o^I ber einffimmig unb gleiii^fi^tmid toieber^often ^t* 
fd^ulbiguna |u ®nmbe üt^tn, Itudgematl^t ift ed mo^l, bag $etru9 Sejui^ 
ungefeibmägige Sl^ittel amoanbte, um )ur ^äpßli(!(en Sürbe in gelan^eni. 
bag hingegen ännocenjen« fßiail, wennglci(^ ber gorm nacb ni(f|t fanontft^, 
bo$ im Srunbe anPubiger unb gefe^mSgiger n>ar. (S9 ifl baf f(!(on ein 



bort^etl^afted B^ugnig für biefen, bag fetn Gegner !eine )>erf($nti((en ^t^ 
'l^ulbtgnngen gegen feinen QE^aratter, fonbem nur gegen bie {^5u))tet 
ner $art^et »orbringen tonnten. 
1) Wlan bctgleit^e ben ^xniüpi @agienfl« U c. unb fimUM Briefe 
bei iBoron 1. c. 



6g eem^orb« OMfamlctt 

b(k| et in bie glutl^n bc« toBenben SReete« IJineinjetootfen tmb 
ßejtouttflen tootbcn fei, bie gw^e fiaft, bet feine Är&fte am toe:= 
ttigfken getoad^fen feien, anjunel^men, ba er bem göttliii^en SSiQen 
gel^ord^en muffe, ^ftige unb jertüttenbe Unrul^en ju Stom ioaren 
bie näd^fie golge biefer ©j)altunB. Snnocenj l^atte juetp in bem 
feften ©d^loffe ber granfli|)ani ©d&u^ itiuäti gegen bie jal^beid^e 
unb mödjtifle 5ßattl&ei feinet Segnet, «uci^ l^iet glaubte et jtdj 
Balb ni^t me^t ftd^et; et lonnte am fteieilen }tt toitlen, am 
leid^teften übet feine geinbe )tt fiegen l^offen, i»enn et fie für'« 
<Stfte fid^ felbft äbetlie^, unb ftd^ in bad Sanb gutüdjog, foo bie 
angefel^enften mit feinet $attl&ei betbunbenen »ifd&öfe, bie ^ujjtet 
bet toeit i>etbteiteten, bebeutenbften Dtben lebten, nad^ ^anftreidj, 
too fd^on oft bie $ä))fte, butd^ Untul^en bon il^tem @i|e bet« 
btängt, eine Suflu<^t gefunben l^atten. SJal^in teifete 3nnocenj 
mit allen Äatbinälen feinet ?Pattl^ei, nad^bem et ©efanbte botau«* 
gefd^idft, »etid^t ju etftatten bon feinet fS&a^l unb bem ^etgang 
betfelben, unb ben Aönig Subtoig YI. um feinen @d^u^ }u bitten. 
SMefet übetlie^ bie Sntfd^eibung übet bie @ttltigleit bet einen obet 
anbetn 5Pat)jltoal^I ben Sifd^5fen feine« SReidJ«, bie fidj bicfet Untet« 
fud^ung toegen gu @ftamt>ed Detfammelten ^). 3)et kbt Setnl^atb 
n^utbe bon bem Jtönige unb ben Sifd^öfen )u biefet SSetl^anblung 
jugejogen, ba feine Stimme am meiften galt, ^a« Unlano:» 
nifd^e bet SBal^I bed ^nnoceng fonnte Meinen abfd^tedfen, benn 
feiten toaten in biefet Seit ganj lanonifd^e SEBal^len; e5 toat nut 
bie ^age, toeld^et bon beiben 3Rannetn bet foütbigfte fei. SBetn» 
l^atb toat eingenommen füt ben Snnocenj, bet aud^ \ot>\)l butdj 
ftttnd^e äSotgüge bot bem SlnaKet aui^ge^eid^net foat. Set tfinle» 
boQe Sl^tgei}, beffen biefet befd^ulbigt n>utbe, loat il^m betl^a^t. @t 
ft>tad^ füt ben Snnocenj mit bet il^m eigenen Setebtfamleit. ©eine 
Sflebe toitite auf bie SJetfammlung, bon bet ol^nel^in ein gto^et 
2^l^eU bem ;Snnocen) geneigt toat; et toutbe einfttmmig aU $at>{i 
anetfannt. 3lud^ bet el^tioütbige Sßetet bon ßlugn^ etgtiff bie 
5ßattl&ei beffelben, oBgleid^ änaflet 3R8nd^ )u ßlugn^ getoefen 
toat, unb ftd^ in^befonbete an bie jtluniacenfet aU feine 93tübet 
getoanbt l^atte. @t fanbte bem ^i^nocen} 60 $fetbe ^i^ ^^^^ 



1) Um (eflimmteften unb jl(!(eTflen Bef treibt bie 9letfe be» $a^fl<9 ba« 
Chronic, monasterii Mauriniac, in toeld^em fid^ Snnocen) auf bem Se^e 
Mon (S^attre» na^ ^MiiSi meistere Sage aufge^atten ^alte. @uger fagt 
toon bem Jtoncil in (Sftani)>ed, ber Jtantg (abe bie Unterfu^ung anketten 
taffen, magis de persona quam de electione; — fit enim saepe, ut 
Bomanorum tnmultuantium quibuacunque molestiis ecclesiae electiö 
minus or inarie fieri valeat. 

2) 2)a et^&l^It Orderte. Vital, bist, eccles. ap. Da Obesne script. 
Norman, a h. a. $eter bon (Slugup felbfl fagt ^ou fld^ h II ep. 3 ^tt 



%VLX Steber|erfldrutig bed ttrc^enfrieben«. 67 

ijl^renboffen ©cflleitung entßegett, il^n unb feinen ^offtaat na^ 
€Iugn^ iu fül^ren, too et fld^ elf %aQe aufl^ielt, nnb bieg itn^ 
t>iel bei, i^m gtö|ere§ Slnfel^n in ber occibentaIif(^en Äitd^e j^ 
^erfd^offen. 3la^ ßlugn^ fd^itfte il^nt, il^n ju betoittlomwnen, ber 
JWntg Subtoig eine bornel^nie ©efanbtfd^a^ entgegen, an beten 
©J)i|e bet ^bt ©uget ftanb. 35ei bem Älofter ©t. Senoit für 
Si>ite Um xS)m bet Äönig felbft mit feinet ganjen gamilie el^tetbietig 
entgegen. ®t fiel nad^ bem ©ebtaud^e ber Seit ju feinen ^|en, 
feinen ©el^otfam il^m i)erf|)re<i^enb. 68 ift d^ataltetiftif d^ , ba^, 
^fö ber 5Pa^ft nad^l^er in 5Pati8 einjog, bie bamatö fo öiel be= 
itüdten 3uben^) il^m entgegenlamen unb il^te l^eiligen ©d^tiften 
t)er]^üHt il^m jum ©efd^enf btad^ten. ®r nal^m pc fteunblid^ auf 
tinb ^pxaä) ju il^nen: „SJer allmäd^tige ®ott nel^mebie S)erfe Don 
-euren $erjen." SJetnl^atb h)at untetbejfen nad^ ber Slormanbie 
gereift, um ben Jtöntg ^eintid^ bon Snglanb )ut älnerfennung 
be8 S^noceng gu betoegen. liefen l^atten -nämlid^ bie Sebent 
lid^feiten, bie il^m feine Sifd^öfe gegen bie Sled^tmäfeigleit bet 
UBal^l be« 3nnocenj gemod^t, ungünftig gegen il^n geftimmt, unb 
Dietteid^t ebenfo biel unb noäf me§t afö biefe« "Ratten auf il^n 
We ®rünbe eingetoirlt, toeW^e einet bet bebeutenbften Slnl^änget 
^nallet^, bet S3ifd^of ©etl^atb ion 3(ngou(eme il^m entgegenl^ielt : 
Änaltet unb feine ^ßattl^ei l^ätten butd^ il^te eigenen Sleid^tl^ümer 
ttnb burd^ aOe @in!unfte bei^ $a))fttl^um8, bie fid^ in il^ren Rauben 
'befÄnben, genug gu il^rem Unterl^alt; toenn ber Äönig l^ingegen 
tie ^artl^ei bei^ S^^^^^eng ergreife, toerbe e^ il^m unb feinem Steid^ 
Wftig fein, unb eine ©d^anbe für xS)n, Wenn bie anbere 5ßartl^i 
iiege. @i^ fei nid^t^ unerträglid^er, aU ein armer 



btefem $a\}fl: Inter studia partium, inter divisiones cordium, exerto 
fiemper gladio, quantttm personae vel officii mei qualitas patiebatnr, 
«emper perstiti, nee illum unquam a eanguine etiam carissimo«^ 
rom cum necesse fuit prohibui. Quoscunque mihi et Cluniacensi 
eccleslae qualibet amicitia junctos reges et principes, nobiles et ig- 
nobiles agnovi, hos majestatis vestrae pedibus subdere, pe^ meipsttm 
aive per alios loquendo, scribendo, mandando, terrendo, mulcendo 
pro posse non distuli. — Sit ubicunque occurrerit — (treibt er bem» 
felben 1. I ep. 1 — habitatio vestra, manebit ubique vobisoum obe- 
dientia et devotio nostra, quoniam et secundum poetam: „Vejos 
habitante Camillo, illic Koma fuit/' 

1) S3on bieten fagt ber 3ube, totläin in bem unter bem Flamen 
9(bjikrb9 ))on 9^(etnn>alb l^erauSgegebenen Dialogus de summo bono 
(SBerlin, 1831) rebenb eingeführt toirb p. 10: Nonne in omnes dispersi 
nationes soli sine rege et principe terreno tantis exactionibus gra- 
vamur, ut singulis fere diebus vitae nostrad miserae redemptionem 
exsoWamus intolerabilem ? Tanto quippe nos contemptii et odio 
digni censemur ab Omnibus, ut quisquis nobis aliquam inferatin- 
juriam, id mäximam credat justitiam et snmmum deo sacrificiun» 
^blatum. 



68 ecm^orb« OitffftmfcH 

fitbmtx, bem man sc^otdfttn mafft^), Sent|a«b l^f 
äROI^e, biefe SebenlUd^feitcn )u l^bnt. 3^|t, ba feine Sor> 
fiellungen ftu^tlod blieben, faflte et: „^ffv ffltd^tet eud^, eine 
Sd^ulb auf eu(^ }u laben, toenn i^r ben Snnocen) gel^ovd^} 
Ia|t bad nur eure Sorge fein, ta>ie i^r eud^ loegen eurer übrigen 
®anben bor ®ott t)erantt9orten Idnnt, biefe @d^ulb fiberla^t 
mir, id^ toiU fte tool^l über mid^ nel^men/' 2)ie8 SEßort bed Der» 
eierten SRanned toar l^inreid^enb, il^n )u berul^igen. 

®r fttl^rte ben Jtönig ^einrid^ barauf nad^ Sl^artred pmt 
$a)){le, bem er feine SSere^rung begeugte. 3b>ei g^rften, ber 
^erjog £otl^ar Don ©ad^fen unb ber ^erjog Aonrab, mi bem 
ben $ä))ften t>erl^a^ten fd^toäbifd^en ^aufe, mad^ten einanber bo« 
mate bie Aaiferlrone ftreitig. S)er t)erftorbene $a^ft l^atte ben 
erfteren aü Jtaifer anerlannt, ben^er)og ftonrab eslemmunidrt*^ 
bal^er fallen aud^ ^nnocen} unb S^naKet, ftd^ beibe aü red^mä|ige 
^&p\U betrad^tenb, "bied UrtJ^eil il^red äSorgänger^ (d^ gültig an. 
S3eibe iaUn ben ^er}og Sotl^ar aU ben red^tmä^igen fiaifer unb 
ben SSertl^ibiger ber Jtird^e um feinen @(^ut( unb bezeugten il^m 
il&re ©eneigtl^eit für fein Sntereffe. SWerttoürbig ift ber »rief*) 
Uv ri^mifd^en (Sro^en an ben fiaifef, n>eil ber Jteim ber ft>&teren 
Unrul^en, ber @toIj ber @tabt, bie fid^ immer nod^ jur äSklt» 
bel^errf^erin beftimmt glaubte, fld^ barin )u ertennen giebt. 
„SBaJ^rüd^, — fd^rieben pe il^m — toenn ü^r unfer unb unfre« 
Aleru^ Surft }u fein toünfd^t, toenn il^r nad^ bed rdmifd^en Sieid^^ 
f^aiScen unb dinffm trad^tet, fo mü^t ii^r eu^ in bie römifd^n 
©efe^e fügen unb bürfet bie ^erjen eurer 93ürger unb be« rdmi:' 
fd^en @enatg nid^t Dertounben. »id jje^t l^aben toir eud^ nid^t fo 
bon ßerjen geliebt (in Stauen tourbe Jtonrab mel^r begünftigt) 
unb feinen 2:i^eir genommen an ber Seförberung eurer ßl^re unb 
^errfd^aft. Siad^bem toir aber beS ^errn $a:))fte^ befonbere Siebe 
iu eurer 5ßerfon erlannt, ^at un^ berfelbe @ifer für euer Sntereffe 
ergriffen, unb toir toünfdjen eure SWaieftfit fernerl^in burd^ bie 
gebül^renbe @l^re ju berl^errlid^en/' S)od^ aud^ in 2)eutfd^lanl> 
l^atten fid^ fd^on bie angefel^nften SJifd^öfe für ben Swnoceng er» 
Ilfirt. Söal^er nal^m ber Äaifer auf bie ©riefe Slnaflet^ unb ber 
9t5mer leine Siüdftd^t unb forberte burd^ eine el^renDoKe ©efanbt^ 
fd^aft ben Qnnoceng, ben er aU ^ap\t anerlannte, auf, felbft nad^ 
tOeutfd^Ianb ju lommen. Snnocenj trat je^t bie Steife bal^in an,. 



1) fßgl, Arnolph Sagiens* 2)tefe C^rünbe toaren »a^rlid^ tndbt gan^ 
nntriftig; Unn Orderic, Viul. ad a 1130 ttiSiit, bet $a^^ $abe 
bied Sa^r grantre^ mit feixen rifmifii^en Officialeu unb Höflingen {ur 
jvogen i6ef(!(rioerbe bet fvon^dflf^n Stixdtt bnr^reift. 

2) SDf^an finbet btefen »rief in Baron. Annal. ad a. 1130. N.XXIV» 



)ttr Ste^er^erffeHitng M IHr^enfrieben«. 69 

(egietiet t)on ^txn^axi, bet xmtMX tm x^n toat unb butd^ feine 
%flixixfHixt, in^befonbere feine 9e¥ebtfam!eit i^m biente. S» Süilt^ 
latnen fie mit bem Jtaifer 2tif)ax jufammen. 3)iefer }og il^m mit 
einem gtöfeen, gl&naenben ®efoIfle t)on Sifd^dfen unb toeftlid^n 
®¥D^en auf ber @tra^e^ t90 bie ^au![)itird^e toax,. entgegen. (Sv 
fHeg ^on feinem $fetbe ab unb ging mitten burd^ bie SSerfamm« 
fting jum 5ßa})pe. Siann fül^rte er i^n jur Ätrd^e, mit ber einen 
i^anb be« $ferbe« SH^^ J^altenb, in ber anbern ben Stab gut 
^rtl^etbigung ber Aird^e. 9(fö nad^ biefen gen)5l^nli(|en @l^ren^ 
ftegeugungen ber ^ajjft il^ ju feinem Sdjuft aufforberte, jeigte er 
fx6) jtoar fel^r bereittoiKig baju, bod^ l^ielt er bei biefer SSeran« 
laffung bem $at>ft aud^ Der, toie Diel ba$ IReid^ fd^on um ber 
Äird^e foxütn üerforen l^abe^ unb berührte mit befonberem 9lad^ 
krurf ben mi^Iid^en ^nft ber 3«beflitur, ber fd^on fo Dielfad^en 
©treit gtoifd^en bem 3leid^e unb ber römifdjen Äird^e öeranlafet 
l^atte^. @d^on toutben alte rdmifd^en Prälaten beftürgt utib 
fftrd^teten nod^ gr^re ®efal^r, aU biejenige, toeld^e fie gu 3lom 
ftebrol^t l^atte. 9(ber Sernl^arb fteKte mit fold^er ftraft bem ftaifer 
bad Unred^tm&^ige feiner f^orberung i>ox, baj er babon abftanb^ 
unb betbe fd^ieben in boKem trieben bon einanber, nad^bem er 
t)erf))rod^en, im nfid^ften 3^^^^ ^^^ ^P^ tnit getoaffn'eter 9Rad^t 
nad^ Stom )u filieren. Bpit^ fd^rieb ^ernl^arb barüber an ben 
$a)>ft: „%Ux aud^ }u Süttid^ lottnte eu^ baiS @d^toert bei^ 
Barbaren, ba^ euren ^U bebrol^te, nid^t jiDingeU; ba^ i^r ben 
pnbered^tigten ^orberungen be$ gürnenben Jti^nigd nad^gabt^)/' 
Qtoax toax i^nnocen) Don ben meifteh angefel^enen Sifd^5fen unb 
Siebten afö $a))ft anerlannt, bod^ l^atte 9(naKet in mehreren 
@egenben nod^ mand^e angefel^ene äSifd^öfe auf feiner Seite. 3)ie 
S(nPhger beiber $&)>fte berfotgten einanber mit l^eftiger Seiben« 
fd^aft unb f^rad^en gegenfeitig toiber einanber ben t^Iud^ au^, unb 
ed entftanb an^ biefem Stamp^^ eine traurige äSertoirrung in mel^» 
teren ftird^en-unb Jtlöftem; benn n>ie }u 9lom Don ben beiben 
?Partl&eien jtoei ^ä})fie, fo tourben l^ier gtoei Siebte unb gtoei 
Sifd^öfe, ber eine bon ber ^artl^ei, bie pdj an ben 3««ocenj, ber 
anbere Don ber ^arti^ei^ bie ft^ an ben 9lna!let l^ielt, geto&l^lt, 
Unb beibe, toie il^re $artl^ig&nger, beffcritten einanber mit un« 



1) Otto Frising. Chronicon^ 1. III cap. 18 pag. 149 ap. Urstis^ 
Vit. Bernard. lib. II auct. Ernald. cap. 1 §. 5. — Suger pag. 3 IS 
unb Chronitson Mauriniac. pag« 377 lit. B. ertoS^nen bloß bie eieren* 
boKe Sufna^me buc^ ben l^atfer. 

2) £p, 150 §. 2: Sed nee Leodii cervicibns imminena mncra 
barburicna (vos) compulit, acquiescere importania improbisque po* 
atalationiboa iracundi atque iraacentia regia. 



70 eem^rM Bhffamteit 

^\Ü\ä^tx Seibenf(9^aft. UnbefangeneYe mußten tool^l htmttUn, feie 
unBegYünbet bad SSerbammungdurtl^eil \oüx, bad bie (Sinen über 
bie älnbem au^f^Yad^en, ba bie (Entfd^eibunjB^ tDO baS äted^t fei, 
ben ^Ynftel^enben nid^t fo (etd^t tOAY. ®ü äußert ftd^ barüber 
ber normfinnifd^e ©efd^id^tfd^Yeibet DYberid^ ^). ©ine fd^öne Slu«« 
ital^me tnad^t ber %it 9leimbalb Don Sflttic^. @iS gefd^l^ nämlid^, 
ba^ nad^ bem 2^obe eined angefel^enen kbM biefeY burd^ ein 
(SiYfuIaYfd^teiben ^) ben älebten unb SBifd^dfen belannt gemad^t 
touYbe, unb ed erging }U0(eid^ an fte bie äluffprberung, für beffen 
@eele )u beten. ä(ud^ btei^ benu|ten nun bie älnl^finger beiber 
$&))fte 2U gegenfeitigen Eingriffen, unb fie erSärten babei, ba^ fte 
nid^t mit einanber beten lönnten. SDer älbt 9leimba(b aber be^ 
merlte in feinem )u bem 6irlu(arfd^reiben l^injugefügten @utad^ 
fein äRi^aUen über 2)iejenigen, toeld^ au$ Unn)iffenl^eit ober 
Jgeibenfd^aft biefe traurige €))altung ber fiird^e l^eranlagt l^ättett, 
ftatt bie k>erfd^iebenen @rünbe für unb gegen burd^ eine rul^ige 
Unterfud^ung }u f^rüfen. @r fagt, ba^ gleid^fam eine 9&utl^ be^ 
SBal^nfinn^ burd^ bie ganje itird^e t^erbreitet fei, fo ba| man 
. burd^ religiöfe S3ebenIIid^!eit, ober bielmel^r burd^ 9(berglauben 
l>erl^inbert toerbe, mit einanber beten ju tootten '). 

S)iefe Unrul^en *) l^atten pd^ befonberö in Äquitanien Verbreitet, 
too ber Söifd^of ©erl^arb öon Slngoulöme, el^emaliger römifdjer Segat, 
untoiOig über ben :3nnocen), ba^ er bie l^erlangte Segatenb>ürbe 
il^m abgefd^Iagen, bie ©ad^e Slnaflct« mit gro|em (Sifer öert|ei= 
bigte. @r gab M ^^^ 3(nfel^n, füx'i @rfte prften unb Sifd^dfe 
nur jur Sleutralität betoegen ju lootten. (gr erlief ein Sirlulor* 
fd^reiben, toorin er bie Uebereilung 2)erj[enigen, bie fid^ fo fd^neK 
für ben Snnocenj erflärt, tabelte; bod& ftellte er bie ®rfinbe für 
itnb gegen bie äted^tma^igleit beiber 1ßa))fttoal^Ien fo jufammen. 



1) Ord. Vital, h c: In hujosmodi schismate anathema formi- 
dandum est, quod difficulter praecaveri potest, dum unus alium 
summopere oppugnat contrariumque sibi com fautoribus feraliter 
anathematizat, sie nimirum quisqae ad id quod agere aptpetit, sed 
impossibilitate praepeditus ad effectum perducere nequit, sua saitem 
imprecatione Deum contra aemulum suum expetit. 

2) Botulus. 

3) Miserum est, si schisma hoc efficit ignorantia, miserins 
an crndelias sit nescio, si efficit invidia. Vide quaeso quantae 
Sit hoc praesumptionis et audaciae, hac confusione, hoc errore jam 
paene tota ecclesia quasi phrenesi auadam circumfertur in tantum^ 
ut cum orant relij^ione immo religioni finitima supersti- 
tione nee locp altus alium velit admittere. V. Baron. 1. c. N. XL* 

4) Cfr. (efonberd Vit. B. laudat. c. 6, §. 32; Arnulph. Sag. c. 5; 
Bernard. ep. 126. gange bor btefer @))altung ietlagte {i(i( ^ottfrieb Don 
^enböme Hb. I ep. 21 über bie ^efleii^li^tett, ben &üii unb bie ^ertfd^« 
fu^t bed Legaten ®erf»arb. 



inx SBiebetl^erjIcttiutg be« JHiPd^enfvteben9. 71' 

bo^ Me S93a]^ ^nalletö in bem gunftieften Sid^te etfd^ten. @d 
aelanfl ü^m, ben @rften biefcr SßroDinj, ben ©tafen 2211^»^ ^^^ 
Sßoitou, ber mel^rete il^m betl^a^tc unb bet ^ßattl^ei be« S^^nocenj 
«rgebette Sifd^dfe il^tet ©tetten ju cntfe^en toünfd^te, für SlnaHct 
jtt getoinnctt. Sctnl^atb fuii&te burij Stiefc an bie Sifd^öfc 
ä(4Uttaniend unb bie Benad^barten @ro|en ben Ueberrebungen 
©erl^arbd ent8egen}uti>irlen. SnaKet^ ^attl^ei l^atte ftd^ erboten, 
ber Sntfd^eibunfl eine^ attgemeinen Äoncite jtdj ju untertüerfen; 
Snnocenj aber toeigerte ftd&, bie« einjugel&en, inbem er ftd^ oj^ne« 
i^irt ate re^mä^igen 5ßa|)ft betrad^tete. ,,a)ie ganje ftird^e — 
fagte er bon biefem ©ejid^tg^junlte an^ — l^abe fd^on barüber 
entfd^ieben, e« beburfe alfo feiner Untfrfud^ung mel^r." 2Benn 
ta>ir ben äteujserungen bed Jtaifer« trauen bürfen, foK er bod^ 
enbßd^ fid^ bereit erllärt l^aben, e« auf bie @ntfd^eibung eine« 
ßoncifö anlommen gu laffen. Unb aUerbing« brandete er bie« 
nid^t gu fordeten. S)ie bebeutenben SKanner, toeld^e für feine 
@ad^e eiferten, n>ürben ifym aud^ auf bem Aoncil ba« Uebergetoid^t 
berfd^afft l^aben. aber bie ©ad^e iDurbe öon felbft rüdg&ngig *). 
Slad^brüdtlid^ erllärte fid^ SJernl^arb^) gegen ben Slntrag eine« 
fold^en Äoncil« unb er fud^te bie Unau«fü]^rbarfeit einer foldjen 
SKaa^regel nad^}uh>eifen : SDie 5ßartl^ei ä[nallet« — fdjrieb er — ^ 
erbiete fid^ )u einer red^tlid^en Unterfud^ng in ber 9(bfid^t, bamit 
fie, lt>enn biefe audgef^Iagen tperbe, ben ©d^ein be« Siecht« für 
fid^ l^abe; tpenn fie l^ingegen angenommen n)erbe, unter bem 
Streit ber ^artl^eien mit einanber bie S^ii l^ingebrad^t tDerbe, unb 
unterbeffen etwa« jum SSortl^eil ber ©ad^e 3lnaHet« gefd^el^en Wnne. 
S)a e« eine bie ganje Jlird^e betreff enbe älngelegenl^eit fei, fb 
muffe aud^ bie ganje fiird^e an ber Unterfud^ung 2:i^eil nel^men, 
unb toeld&erDrt toäre tool^l gro| unb pd^er genug, eine fo ia^U 



1) ^tefe Weigerung bed Snnocen^, ben fCnttag bed $etru« Seontd au" 
pnel^mnt, ma^ toof^I bei bem nonnSnnifd^en, ton ben italienifd^en Singe» 
fegenl^etten ni^t tooljli unterrid^tcten Orberifus Sitali« bie (SrjS^lung ad a. 
1133 t)eranlagt l^aben, ber ^aifer $!otbar i^aU ben $etrud Seonie felbfi auf^ 
geforbert, auf bie papfiiiäft Sürbe ^er^tdi^t ju t^un, ober bem 9Iu9f))rud( 
eine« ÄonciW fl«^ gu «ntertöerfen ;'^etru« Seont« fei ba« leitete einge* 
aanntn, 3nnocens aber unter feiner anbern i^ebingung, al9 toenn er Dörfer 
m ben )>oSen lOefl^ aSe« beffen, »ad )ur )>äpfiU(^en SBüibe gehöre, gefegt 
toerbc. S)er UntotHe über biefe !{Betgerung \iaU ben ^aifer belogen, ben 
$etru« 8eoni« in feinem Sefi^ \u (äffen unb fld^ toit ^tom prüajngie^en. 
S)te» tt)tberf|>ri((t aber aSen übrigen g(aubn)ürbigcn ^a^xx6ittn, m^ benen 
bie ^öftüRäft feiner SD^a^t unb feine ))olttifc^e Sage in 2)eutfc^Ianb ben 
j^aifer müf feinem erflen (Sin)ttge in fftom betvogen, fi4 t)on bort surütfo 
^u^iel^n. !S)ie fl^erfte SEQiiberlegung ifl ein ^rief be9^^aifer9 felbfl, tvortn 
biefer ben Hergang ber &a^t f^Ubert. V« Mansi Act. Concil. toni. 
XXI p. 483. 

2) Ep. 126. 



72 «cn^« Oivffatnfctt 

tctd^e Setfammlung }tt f äffen? Sod^ fiefe^t, bie 8evfamiiilint8 
ctned fo großen Jloncitt fei mbiU^, fo finkf man bod^ ftbetoK 
nur ^atifftitn, nid^t (eid^t Mtben biefe flBet bie Sntfd^ung 
mit einftnbet eind toerben, unb fo tDfirbe eine fo ungel^ettfe Sev* 
fammlung fld^ mel^ jur Semel^tung M Streit« att 3ttr Sßteber« 
^erfieOung bed gebend ermfiben. — ,,S>ann mdd^te id^ toiffen^ 
loem er tool^I unterbeffen bie Gtobt 9lom ant)ertrauen mdd^tr, 
nod^ beren 8eft^ er feit fo langer 3^it getrac^et^ ben er mit fo 
großer 91% unb fo bielen Jtoflen fx^ ertoorben^ mit fo großem 
$runf U^avipM, fo fel^r }u berlieren ^d^ fd^fimen tofirbe? 2)amit 
nid^t ettoa t>etge6eniS bie gan)e SBelt jufammengelommen toSre, 
t»enn er feine 6ad^e ^txlxtttn unb bod^ 9lom behalten Idnnte. 
S)enn toer toirb too^t einen $ro}e| anfangen mögen, too il^m im 
Soraud ber Seftf^ abge|))rod^en toirb? 2>ad ift toiber aOed tird^ 
lid^e unb bfirgerlid^e Sted^t/' 

9lad^bem ^nnoceng boh Sfittid^ }urfid(gelel^rt toar unb einen 
großen %ffvl t)on gfranlreid^ burd^reip l^atte, lam er im ^al^re 1131 
nad^ Sll^eim«, bort ein Jtoncil )u leiten. ®ine fel^r gro^e aSenge 
l^on l^ol^en unb niebem ®eiftlid^en unb Saitn prdmten bal^in. 
51>er ftSnig Subtoig YI. befanb ftd^ grabe in tiefer Xrauer, ba 
fein bier)el^nj;ai^nger @ol^n ^f)il\pp bom $ferbe geftfirjt unb ba(b 
karauf geflorben toar. 3nn^cen) Iie| ü^n m bem ftoneil einlaben. 
Cr «DoSte l^ier felbft bed fiönigd }ft).etten @ol^n Subtoig ci^ beffen 
!Rad^f olger toeil^en unb Irönen; baburd^ tourbe bie S^erHd^Ieit 
tiod^ t>ermel^rt. Sernl^arb toar l^ier immer bei bem ^p^t unb 
too^nte ben S3eratl^fd^Iagungen ber ftorbin&le bei. UnterbrädCte, 
bie bei bem ^ap\U ^ü(fe fud^ten, toanbten fld^ an x^tt, unb er 
trug il^re @ad^e bemfelben t>or. 

aBir^ feigen an bem Seifj)iel be« Snnocen), toie foldje Steifen, 
)u benen bie $fi))fte toiber il^ren SSiKen ge}toungen tourben, fiatt 
il^r S^nfel^n ju fd^toäd^en, bietmel^r baju bienten, e$ gu befdrbem, 
unb il^nen einen größeren unb l^eilfameren (Sinflu^ aitf bie SöHer 
unb ftird^n }u berfd^affen. 6ie tourben mit ben bebeutenbfien 
SRännem f^erfönlid^ belannt, unterrid^teten fid^ über bie Sitten 
unb SRi^brfiud^e unter ben Derfd^iebenen Stationen unb ben ber« 
fd^iebenen @tfinben. Sie toirlten burd^ il^re ))erfönlid^ ®egen« 
foart, burd^ bie bon il^nen beranflalteten Äoncilien unb bie auf 
benfelben gegebenen (Sefe^^e biefen äRi^rfiud^en entgegen. @tr 
lonnten fold^en ®efe$en/ bie auf römifd^en itoncUien ^) oft erlaufen 

1) 8on Hd^en O^efe^en fagt ber ^^^^^^f!^ Orbcrtcu« Sitali«: Apo- 
•tolica decreta passim per regna divulgata sunt, sed nihilj nt mani* 
ütste patet, oppreMis et opem desiderantiboB profuerunt, quoniam 
a principibuB et optimatibüB regnoram et aubjectia plebibus parvi- 
penia sunt. 



tDOtUn, aUx immer nid^t 6i9 }tt ben fernen SaSem geUn0t 
toaren^ ober leinen (Singang bort erl^alten ffatUn, tnilxä^, inbcm 
pe biefetten )>erfönlid^ einfd^ärften, ©eltung )tt öerfd^ffen fudjen. 
@o l^otten bie bamaligen Steifen U9 i^nnocen) einen fold^en Sin- 
pi^, t9ie bie bon il^m erlajfenen ®efe^ bat^on jeugen ^). 

%u^ bad genannte Jtoncil )u Stl^eimd l^atte einen fpld^en 
reformatorifd^n 3^^<t# it«^ «^ ^u^be bem ^ernl^rb bon bem 
$a))fte fiberiragen, bie SRängel ber itird^e unb bie toal^rl^fte 99e^ 
Kimmung beiS geiftlid^en @tanbed burd^ eine Siebe ber ^erfamm- 
lung bor älugen )u fteden ^). @r fd^ilberte in biefer Siebe boiS 
@ittent)erberben, bie ^abfud^t unb bie @rt>rejfungen ber ©eiftlid^ 
feit mit einem frommen ®ifer unb einer SBal^rl^eitdliebe, tooburd^ 
ftd^ biele ber j^ol^en äSerfammelten in ü^em Innern befd^Smt unb 
l>em>unbet fulg^Ien mod^tcn. 

SSon Sli^imd reifte Seml^arb mit bem $a))fte nad^ mel^reren 
ßird^en unb Jtidftem, unb er führte il^n auc^ in fein eignet 
Itlofter Slairbaui^. ^ter tourbe ber $a))ft mit feinem ^offtaat 



1) 3* ^ f^n^ i^efe^e gegen bte derici condactitii, bie Simonie nnb 
ji6er(iaii)>t bie SD^^ittcl, )Dobiir(f| unf&^ige Witniö^tn fid^ in gei^lid^e <3tdXen 
etnbrängten, bie unan^änbiae ßleiberpra^t ber ©eijilid^en, bie blutigen 
5lurmere (toer bann fein SeSen loerlor, follte fein tyrc^lii^ed SBegrSbnig er* 
balten), gegen ^ieienigen, »eldfte Seuer«brün|ie flifteten and 9la^ nnb ^a%, 
n>ad gar nt(^t feiten gctoefen fein mug {Wit, toel^e Slieii Ratten an einer 
foI(fien 9lrt ber ^adft, foHten e^tommunicirt tverben unb ni^ft e^er bie 9lb' 
folntion erl^alten, aH 6id j!e naä} ^rSften ben @4aben erfe^t unb bie ®uge 
übernommen ^Stten), ffir bte @^id^er^eit ber ftaufleute, Sanbteute, SSeifenbe, 

fremben, ffir bie ^ciltg^tung ber ffir ba« Bettalter fo l^eilfamen, bem 
auflrec^t nac^ unb nact^ entgegentoirtenben treugae Dei. 

2) 9)^abiSon bemertt mit ^täft, bag ber und erhaltene @ermo U)o(( 
miSft iDon Bern^arb ^errfi^re. 2)a0 M}^xt üSrt fid^ auf bur4 einen iS3rief 
b€9 $erau9geberd biefed €^rmo a(€ IBorrebe bei Pez. Codex diplom. 1 1 
foi. 337, too biefer fagt, er l^abe nid^t WLU, toad i^eml^arb in feiner 
©cgentoart i»or funf^e^n 3abren gefagt, im ®ebS(i^tnig behalten tSnnen, 
fonbern koiffe nur no^ bie S^fge be9 ^nl^altd (Mansi a. G. t. XXI pag. 
467); er gebrandet bal^er ©tefieii aus anbem ©(i^vtften Sem^iarb«. 9eae 
Sorrebc aber, in ber 190m $a)>fi (Sugen bie 9{ebe ifl, tonnte und k)eran« 
laffen }u ber äl'Ieinung, bag biefe 9lebe i9on iBerhbarti nid^t auf biefem J^oncit 
p Sll^eimd, fonbem auf einem f)>Steren, iin Sa^re 1148> unter bem ^aipft 
Clitgctt III. gehaltenen Aoncil geffiro^en toorbeu fei. S)ad la^erl^ältnig, in 
meiern I3ernbarb na^ ben Sorten S)effen, ber und biefe 9{ebe fiberliefert 
l^at, m bem $(k)>fle bamald flanb (stans aupramemoratas abbas a dex- 
ttiB Fapae venerandi Engenü, Mansi 1. c. pag. 468 D.K tonnten gut 
ba)tt )>affen; benn toir soiffen ja, bafi eben bei biefem ^«ipftt, feinem 'Bäfülix, 
Sembarb USed galt. ^04 ba bad ^toeite Jtoncil in Wftim9 ^kt mebr 
mit ber Unterbrficfung ber Srrlebren unb Se^fteSung ber 9te(!(tgl&ubigteit, 
ald mit ber Sieformatton bed tircbti^en Sebend fi<i^ befc^&ftigte, unb ba in 
ber bejeict^neten 9lebe audbrfidlic^ t)oraudgefe(t toirb, bag man mit $^re« 
fieen nt^t }U tSm^fen b^tte (pax ab haereticis, sed non profecto % 
aiiia), fo muffen toix too^l loielmebr annebmen, bag bie 9lebe bierber gel^Srt, 
unb in bie @e^ung bed 9{amend (Sugentud ein J^erfe^en fl(^ eingefd^li^en ^ai. 



74 Bcrn^tN IMrffamtdt 

iiid^ auf bic ^ttooffnU glfinjenbe SBeife aufgenommen, fonbetn 
nur bev Xnblitf Don Sltmut^ tinb Sntfagung lam ben 9t5mem 
entgegen. 6ie ffaütn f)xtx ein i^nen ganj ungetool^nte^ @d^au^ 
\pitl 2)ie Slnbad^t unb bie Sittenftrenge mu^te il^nen ®l^tfurd^t 
gebieten. Seml^aYbd Seben^befd^reiber, ein Xugenjeuge, fagt 
barübev: ,,3)a lamen bem ^p^U nxä)t in $ttYt)ur ©elleibete mit 
einem Dergolbeten (St^angelienbu^, fonbetn eine &^aat mit £um))ett 
Sebedter, bie ein ungel^euveiS ftreuj trugen, entgegen; nid^t mit 
X¥omt>etenIlang, nid^t mit (aut iubeinbem ®efange, fonbem mit 
Siebevn, toon gebfimj>ftev Stimme gefungen, tourbe et liebeboK 
aufgenommen. S)et ^ap^ unb bie Sifd^fe toeinten, unb 9(ae 
betounbetten bie SSütbe biefet SSetfammlung, ba^ bei einet fi> 
fteubigen geiet bie Slidfe nidjt mit unpotet Sleugiet uml^et* 
fd^toeiften, fonbeta alle jut ©tbe niebetgefenfc toaten. S)er 
9l5met fa^ in Jenet fiitd^ nid^td, toai i^n }u l^aben gelüftete^ 
nid^td bon loftbatem ®etätl^ teijte il^te Slidfe, fte fallen itt 
bet Aaf^elle nid^t^ afö nad(te S&nbe. 9lut bie Sitten tonnten 
3lad^eifetung ettegen ^)/' Slbet bie geiet ioutbe auf eine 
fttt baS ^and^iStl^um (^ataltetiftifd^. 28eife geftört. 3Bit l^aben 
fd^on ftül^et Don ben @tdtungen be^ innetn Sebend, benen bie 
Seben^toeife bet 3Wönd^e au«gefe^t loat, gef})tod^en. 5Die innem 
Jtäm^fe, bie aiScetifd^en Uebertreibungen , bie Setnl^arb ja abet 
mißbilligte, lonnten ©emütl^glranll&eit' unb ©d^toätmetei l^ert>ot* 
tufen. 2>et geiftlid^e ^od^mutl^ toat, toie toit gefeiten l^aben, 
bejonbet« gefäl^rlid^. ©o gefd^al^ ed, baß toäl^tenb bet 6^ov ber 
^dnd^e anbad^tig fang unb mel^tete Jlatbin&Ie babei gegenloättig 
toaten, einet aug bet SKitte l^etbotf})tang unb butd^ ben Sftuf: 
^d) bin S^tiftud, l^&rt mid^I allgemeine^ ©d^tedfen t^etbteitete» 
SDlel^tete flol^en )u bem älbt 93etnl^atb l^in. @t blieb futd^tloi^ 
unb ^pxaä) nut bad 3Bott: S3etet! S)ie ätu^e ioutbe butd^ feinen 
einfluß toiebetl^ergeftellt. SSon bem ©tanb^^unfte biefet Seit fal^ 
man in biefem Sotfall einen SSetfud^ beS ©atan, bie 3Rönd^e, 
benen l^iet fo gtoße @l^te ju 2^l^eil ioutbe, ju befd^men ^. 

SRid^t lange nad^ bem SSefd^luffe jene^ Äoncil« ttat Snnocenj 
feine Slüdfteife nad^ S^alien an, too et nad^ bet SSetabtebung mit 
bem Äaifet Sotl^at gufammentteffen tooHte, ba triefet öetfj)to(^en 
l&atte, il^n m it getoaffnetet 3Rad^t nadj SRom ju füllten, bamit et 

1) Nihil in ecclesia illa vidit Ramanas qnod cuperet, nuUa ibi 
aupellex eorum sollicitavit aspectam, nihil in oratorio nisi nado» 
viderunt parietes. Vit. Bern. üb. II auct. Ernald. 1, 6. 

2) Inyidit diabolns, et servorum Dei gloriara, qnos tanti hos- 
pitis nobilitabat praesentia, ferre non Valens, dum in choro alacriter 
psallerent et devote, praesentibus etiam nonnullis ex Cardinalibus,, 
qui in audita et aspecta eoram delectabantur, aliquantes fratrum. 
tiorribili pavore turbavit. L. c. 1, 7. 



lux Sieber^evflelfting bed Strii^enfrtebend. 75 

bott bie Äaifetfrone an^ feiner ^anb emjjfangen foffte. Sotl^ar lam 
jtoar im S^i^te 1133 nad^ StÄÜcn; aber toegeti feiner J)oiitifd^<|n 
Sage in .2)eutfd^Ianb, too Äonrab iinmer nod^ eine ^aril^ei für 
fxä} l^atte, mit einer nur geringen 3Kad^t. ®r geleitete ben ^ap^ 
nad^ Slom; brang mit Oetoalt in biefe ©tabt ein unb tourbe l^ier 
Don il^m gelrönt. S3ernl^arb ^att^ ben $a))ft l^ierl^er begleitet, 
©r fal^ bie 3loif), in ber fi(^ ber Äaifer unb bie J)ä^ftlid^e $artl^ei 
befanb, ba.äCnallet^ ^artl^ei l^ier fo mäd^tig toat, unb eg bem 
ßaifer nid^t gelang , fie . a\x^ bem .93efi| eine^ großen 3^^eil§ ber 
©tabt unb auä ben feften 5piä|en ju öerbrängen. Sernl^arb 
toanbte fid^ nun in biefer 3toi\) an ben Äöntg ^einrid^ n. öon 
®nglanb unb iat xf)n burd^ einen in lafonifd^em 6t^I gefd^rie^ 
Benen Srief um §ülfe für ben Äaifer , töie eS fd^eint tool^il be- 
fonber« Unterftü§ung an (Selb ober Sebengmitteln i) : ,,®ud& über 
bog unterrid^ten gu tooffen, — fd^rieb er — toaä ju eurer @l^re 
geprt, ba3 toäre ©ad^e eine^ Sl^oren ober eine« ©old^en, ber 
eud& burd^auS nid^t lennt. Salier iff g genug, eud^ bie ©ad^e in 
toenigen SBorten einfad^ belannt gu mad^en : eS toäre überflüfftg^. 
S)em, ber felbft ätte« toeife, ju öiel fagen ju tooHen. SSäir finb 
bei bem ©injuge in 3tom begriffen, bag $eil ift öor ber 3;i^ür^ 
bie ©ered^tigleit ift mit un« : aber eine fol^e ©J)eife fd^medft ben. 
römifd^en ÄriegSleuten nic^t. ©al^er muffen Joir burd^ bie ©ered^tig* 
leit unfrer ©ad^e ung bte ^ülfe ©oiteS ertoerben unb burd^ 
Ärieg^mad^t bie tJtinbe fd^redfen: es fel^It ung an bem SRotl^toen*^ 
bigen für unfere JJreunbe. S33a« gu ti^un notl^ig ift, bamit il^r 
Dodenbet bag bamalS i>dn eud^ begonnene SBerl, als nl^r ben* 
5ßa^)ft 3»nnocenj auf eine fo el^renbe unb großartige SEBeife-auf- 
naijfmt, baS toißt il^r felbft am beften." Sernl^arb tourbe bon 
bem 5ßa|)fte aud^ ju mand^en loid^tigen ©efanbtfd^aften gebraud^t^ 
Unter ben BtaaUn StöIienS, toie 5ßifa unb ®enua, l^errf^ten 
große Stoiftigfeiten; Sürgcrfrieg toar jufürd^ten; ber (Sinftuß be* 
^eQogS Sloger, ber inS^alien eine SKa^t ju gewinnen unb mit 
bemfelben bem Don il^m anerlannten $a))fte älna{(et gu bienen 
fud^te, mußte abgeJoel^rt toerben. SBernl^arb tourbe beßl&alb afö 
griebenSöermittler nad^ ®enua gefd^idt, unb feinem mäd^tigen 
S33orte gelang eS, bie ©treitenben ju öerfö^nen, unb fie in ber 
Sreue gegen ben ^ap^ 3«nocenj gu befeftigen. Stuf bie ©emütl^er 
in ©enua loirlte er fo getoalttg ein, baß man il^n, toie fd^on 
frül^er einmal, jum ffirjbifd^of l^aben toollte; aber er toar ^ni^ 
fd^loffen,. jebe l^öl^ere lird&lid^e . SBürbe auSjufd^Iagen. ®a bir 
5ßartl&ei SlnalletS, ber, toie toir bemerlten, bur^ bie norm&nnifd^r 

1) Ep. 138. 



76 9cni^atb« Oirffamfeit 

Slad^ k)on 6tciKen au9 untetfUlt touxU, in ^talieit )« m&d^ 
iDor, fo tDurbe ber ftaifet Sotl^aYr ber hux^ feinen ®egner fton* 
Yttb bon 2)etttfd^(anb avA Mimp^ tourbe unb fld^ )tt fii^ioiK^ 
fül^Ite, eenStl^igt, Italien )tt betlaffen. S)te9 betoog aud^ Snno« 
cen), bet in Stom fid^ nid^t bel^aitt)ten lonnte unb lein SUit bei> 
fliegen laffen tooSte^ bon bent 6i^ bei ^o^ftt^umi fid^ triebet 
3tt entfernen. (Er nal^m feine 3uflud^t nad^ $ifa; benn biefe 
il^m treue 6tabt toar m&c^tig genug, il^n )u fc^üj^en, unb l^otte 
ffir bie SRittl^eitung mit gfranlreid^ unb S)etttfd^Ianb bie bequem{le 
Sage. 

Seml^arb aber tourbe bon bem $0})^ nad^ Deutfd^lanb ge« 
fd^idtt, um bort ffir fein ^ntereffe }u toirfen unb ben ftaifer Sotl^or 
mit feinem 9lebenbul^Ier fionrab )u berf i^l^nen. Sr rei^e be^alb 
nad^ SRain), unb er toirlte bort nid^t blo^ für jene t>oiitifd^^^ 
lid^en Qtotd^, f onbern benuj^e biefe ®elegenl^eit aud^, um fiir bai 
l^d^ere £eben in ben ©emütl^em bon ©eiftlid^en unb Saien pi 
ioirten. SRand^ ®eifUid^e, bie ein mel^r toeltlid^i Seben gefül^ 
l^atten, unb 9R&nner, bie einem t)orl^errfd^enb liter&rifd^en ^ntereffe 
gebient« tourben burd^ il^n }tt einer re(igi6fen Stic^tung angeregt 
unb bai aRönd^itl^um ju ergreifen betoogen. Son l^ie? au» er» 
Iie| er }loei Briefe nad^ $tfa unb ®enua. S)er erße berfelben l^atte 
ben Sto^ä, bie ^ifaner in il^rem aRutl^e )u ft&rfen unb in il^rer 
aireue )u Bef eftigen ^) : ,,®d^on ifl euc^ •— fd^rieb er i^en — 
fd^nell ber Sol^n getoorben für ba9, toai il^r in ber 3^it bei 
»ebr&ngniffei für bie ftird^e ©ottei getl^an l^abt. $ifa toirb an 
bie @teae 9tomi gefegt, unb bon aSen @täbten ber äSett für bie 
Srl^abenl^it bei a))ofloIifd^en @tul^[i erto&l^lt. ^a» gefd^iel^t 
nid^t t)on ungef&^r, nid^t nad^ menfc^Kd^em $Iane, bai l^ot bie 
j^immlifd^e SSorfel^ng unb bie ®nabe ©ottei fo gefügt, ber )tt 
feinem ®efa(6ten ^»nnocen) gef))rod^en: äBSI^U $ifa }u beinern 
SBol^nftl, unb id^ ioiH ber @tabt meinen QtQm geben; $ifa'i 
6tanbl^aftig!eit foS ber Soil^ bei ftciüfd^en S^v^annen nic^t 
toeid^en, nic^t burd^ 2)rol^ungen erfd^üttert, nid^t burd^ ®efd^nle 
be^od^en, nid^t burd^ Sift BerüdEt toerben. D ^ifa, $ifa, to)eU^ 
@taat beneibet bid^ nid^t um beinen SSater, ben 9ater ber ganzen 
Cl^ftenl^eit, bie ®rfken ber SBelt, bie Slid^ter ber ©rbe, beren 
©egentoart Slul^m unb ©errüd^Ieit über eud^ berbreitet'' a)ie 
®enuefer erinnerte er an bie Slufno^me, bie er im vorigen ^a^xt 
bei il^nen gefunben l^atte, ermal^nte aud^ fle jur »el^arrlidjleit, 
ol^e bie aKei anbere @uU nid^ti fromme, unb toamte fie bot 
bem ©nfluffe bei ^erjogi Koger: ^^^rl^aftet — {d&ri«b er ii^nen*) 

1) Ep. 130. 2) Ep. 129. 



jur SBicbcr^erficttung be« Äird^enfriebcn«. 77 

— ben fjtteben euren SSrübern in 5Ptfa, bie 2lreue bem ^mi 
tßait'f^ ^^^ ^^^ Aaifer, eud^ felbft eure @l^r^. ^enn ba$ nii|t 
unb giemt eud^, ba^ forbert bie ©ered^ti^Ieit. SBir l^aben gel^i^rt^ 
bAB ©efanbte be« ^erjcgg Sloger gu eud^ gelommen ftnb : toir 
n>ifFen nid^t, tpaS fie gebrad^t unb toa^ fie bon eud^ gurildfgebrad^t 
l^aben. Slber id^ fürd^te immer, nad^ ben SBorten bc« SJid^ter«, • 
bie 2)anaer, aud^ tpenn fie @efd^enle bringen. SBenn e^ ettoa bon 
einem unter eu4 l»ag ©Ott berl^üte, erl^effen fottte^ ba| er etn>a^ 
fo &d^mad^boIIe^ beginge, nad^ fd^änblid^em @eta)inn feine ^änbe 
au^guftredfen, fo mad^t il^n gleid^ lenntlid^, unb erllärt il^n für 
«inen fjeinb eure^ Slqmeng, für einen Serrätl^er feiner SPlitbürger 
unb ber gemeinfamen ßl^re." ®ann ermal^nt er pe, ©iejenigen, 
toeld^e unter il^nen felbft S^^ifttgl^ten anregten, mel^r afö geinbe 
t)on au^en )u fürd^ten, fte aü 3Ber!)euge be^ @atan$, be^ SSater^ 
atter gtoietrad^t, anjufel^en. SQBenn fie in ÄriegStl&aten fxd^ aus* 
jujeid^nen fid^ gebrungen fül^Iten, fo fofften fie il^re SBaffen nid^t 
gegen i^re 5Rac^Barn unb ^Jteunbe, fonbern gegen bie fjeinbe ber 
Äird^e rid^ten unb gegen bie ficilianifd^ie SKadJt il^ren Staat öer* 
tl^eibtgen. Unb er fd^lo^ mit ben Sßorten : ,,2)er ®ott beg griebenS 
unb ber Siebe fei mit eud^." 

Sflad^ 5ßifa famen jum ?ßat)fte biele angefel^ene 5ßrälaten an^ 
tjerfd^iebenen Säubern. (Sr befc^Iofe be^toegen l^ier im 3al^re 1134 
ein ^oncil }u l^alten, ein nod^ grögereS aU baS }U dt^eirn^ ge- 
l^altene, tl^eifö jur Sefeftigiing . feine« 2lnfel^ni^, tl^eite um ben 
gefeUfd^aftlid^en Unorbnungen unb fird^lid^en ^Dtiprdud^en, bie^ 
ü^m aug berfd^iebenen Säubern berid^tet töurben, burd^ erneute 
©^nobalberorbninngen entgegenjutoirfen. %vl(S) 93ernl^arb tourbe 
»on bem ^ap^U biefem Äoncil beigutool^nen berufen. 3lber fein 
Äönig, ber Äönig Subtoig YI. Don ^anfreid^ looffte, au« un« 
unbefannten Urfad^en mit bem ?ßa^fte unaufrieben, feinen 5ßrälaten 
bie 9leife näd^ 5Pifa nid^t erlauben. ^ ^^n fud^te juerft Sernl^arb 
burd^ feine SJorjiettungen umjuftimmen. ßr fd^rieb il^m: ,,®i^ 
Steige ber SBelt unb il^re ©ered^tfame bleiben bann ftd^er ben 
Sftegenten unberfel^rt, toenn pe gegen bie göttlid^e Drb^ung fid& 
nid^t aujlel^nen. SBarum entbrennt euer Sorn gegen ben ©rtoäl^Iten 
@otte«, ben aud^' il^r borl^er ertoäl^It unb aufgenommen l^abt, aU 
SSater für eud^ unb aß einen jtoeiten Samuel für euren ©ol^n? 
®« toirb j[e$t ein Aoncil t)erfamme[t. 2Ba« toirb baburd^ ber 
Öniglid^en ®l^re, bem Stufen beS Sleidje« entjogen?" ©eine ßl^re 
Knne ja ba nur getoinnen ; benn Don 2:aufenben toerbe banibar 
^ejjriefen toerben, toie er fid^ ju^rft ber Verfolgten ^rd^e ange= 
nommen l&abe ; e« foerbe bon taufenb ^eiligen für i^n unb bie 
6einen gebetet toerben. Unb Äeiltem, aU einem gegen bas SSefte 



78 9cni(arb« fBirffamfelt 

bev Sxx^t gort} QiUx^e&liißcn , !dnne t9 entgelten, toie bie hUU 
fad^ (ebtängte eine^ fold^n Aoncitö bebütfe. Unb totnn er ftd^ 
burd^ bad älnfel^n bed $a|>jleg beeinttäd^tigt glau&e, fo toüxUn 
j[a feine auf bem Stoncil antoefenben ®etteuen bafelbft am nteiften 
baju h)irfen Knnen, ba^, toa« in biefet öinfxd^t ßefd&el^en, toiber- 
rufen ober gewilbert toerbe. Unb er felbft — fdjliefet er — toerbe 
ed ftd^ angelegen fein laffen, in biefer Sejtel^ung älQeiS, toa^ er 
bemtöge, )u tl^un^). @r erl^ielt, loa^ er t>er(angte, unb nal^m 
felbft an ben Serl^anblungen beiS ftonciU ben tl^&tigften SKntl^eiL 
3lad^ Seenbiguttg beffelBen blieb er nod^ einige 3«** ^^ 
Stauen jurüdf^ unb toirlte Diel burdj feinen unerwübeten ©fer, 
ba8 Änfel^n be« 5ßa})fteg l^ier )u grünben, ben lirdjlid^en tJrieben 
in biefem burd^ bie ©tjaltung fel^r jerrütteten Sanbe toieberl^erjus 
fteffen. Sine ber Dornel^mften ©tü^en i^atte äCnaÄet« Jßart^ei 
bidl^er in ^ailanb. S)ie mailänbifd^e Station, ftol) auf baiS aUt 
Snfel^n il^rer Aird^e, toeld^e ber alten @tnrid^tungen bed J^eiKgen 
Xntbrofiud fid^ rfil^mte, l^otte immer eine größere Unabl^ängigfeii 
t)on ber römifd^en Aird^, aU alle übrigen, U1)aupUt, eiferfüd^tig 
il^re alten 9led^ beUKid^t. 5Die ^&p\U feit Seo IX., toeld^e bem 
reformatorifd^en ©Aftern ©regor VII. Vorarbeiteten unb fd^on bem 
©eifte ^ilbebranb« bienten, l^atten in biefer Äird^e loie in bem 
niebern ÄleruS unb ber SSoIfötjartl^ei eifrige Sunbeögenoffen, fo 
in ber l&öl&eren ©eiftlid^Ieit unb bem äbel l^eftige ffiiberfad^er ge^^ 
futtben. ©eit biefen Seiten bauerte ber Äamjjf jtoif^en einer 
oriftolratifd^en unb einer bemolratifd^en ^partl^ei. 3^r bamaliger 
©rjbifd^of, Snfelm bon ?ßufierla, l^atte e8 nidjt toagen bürfen,-' 
bem ^ap\U $onoriu«^ unter bem er geloä^It toorben toar, ben 
üblid^en ®ib beS ®el^orfam$ )u leiften unb ba$ Pallium, ba^ 
Snftgne ber erjbifd^öflid^en ©etoalt, an^ feiner ^anb anjunel^men. 
9lod^ in ©treit barüber mit bem $a))fte bertoidEelt, tourbe er burd^ 
eine anbere SBegebenl^eit nod^ mel^r von il^m entfernt. 9(te 5ton^ 
rab, feine Slnf^rfid^e auf bie Aaiferlrone geltenb ju mad^en, nad^ 
Stalien jpg, nal^m il^n baS mail&nbifd^e SSoII, bie })i4)ftKd^e @S- 
fommunüation nid^t ad^tenb, mit großem Sw^el auf, unb Slnfelm, ber 
ol^nel^in nid^t toagen burfte, ben ^ailänbem gu toiberft^red^en^ 
Ir5nte ii&n jum Raifer. a)e6h)egen ^pxa^ ber ^ap^ auf einem 
Jloncit, to)eld^em bie Sifd^5fe be$ mailänbifd^en äRetrot^oHten:' 
f})rengefö beitool^nten, bie ©jlommunilation über il^n an^. 3)«^ 
Pd^ biefe nun bon il^rem 3Retrot)oliten trennten, entftanben bol^er 



1) 3)er 3Cnfan0 be« ©riefe« : Regna terrae et jura regnorum tuno 
sane sana suis doiüinis atque illaesa persistant, si divinis ordina- 
tionibus ac dispositiouibus non fesist unt. 2)er @4Iu|: Inter quo» 
nos quoque^ si quid possumus, non dissimulabimus. £p. 255. 



3U¥ Sieter^er^eUung bed ftir^enfnebens. 79 

itnege jtoifd^en äRailanb unb ben Um^haxUn 9le))uBIiIen. Unter 
biefen ©treitiöfeiten toax nad^ be« 5ßaj)fte3 ^onoriu« 3^obc baij 
©d^töma au^gebrod^en; 3(nfeltft unb bie SRailänber ergnffen, aü 
Slnl^änöer Äontab«, SlnaKet« 5ßartl^ci. Slber bie nad^ti^eiliflen 
folgen ber Jtriege mit ben Benad^barten BiaaUn, bie Unjufrieben« 
i^eit mit bem @¥)6ifd^of älnfelm^ unb Sernl^arb^ gro|e unb aui^ 
ge&reitete Sirffamleit in Stölien brad^ten bei einer flto|en 5ßattl^ei 
be^ mailänbifd^en ftletu« unb SBoIfö ben SBunfd^ l^erDor, pd& mit 
bem 3nno(^n) ju Detföl^nen. 2)ie 93erel^tung Dot bem ^eiligen 
Sernl^arb, ber ©ntJ^uftaSmu« für ba« aScetifd^e Seben ber 6ifter* 
cienfcr l^atte Diele SSomel^me unb 5Biebere in SUiailanb ergriffet^ 
unb biefe, toeld^e fd^on in SRönd^^trad^t erfd^ienen, bal^er t)on bem 
SSoIIe i>erel^rt )t>mben, n>irlten bie (Semütl^er für ben ignnocen} 
3U ftimmen. 2)ie« fielet man befonber« au^ einem Sluftritte in 
SRailanb an^ biefer 3^it: S)a ber mailänbifd^e äJlagiftrat einen 
beftimmten 2^ag angefe^t l^atte, bie ©treitigleiten jn^ifd^en bem 
©rjbifd^of unb feinem ftleruS beijulegen, liefen an biefem 3^age 
auf bem 9SerfammIung^)?Ia$e loiele ^enfd^en jufammen in arm«: 
feiigen, ^offenen Äleibern, auggejeid^net burd^ eine befonbere 
$aarfd^uri). äfö änfelm fal^, bafe fte bem SBolIe toie ®ngel Dom 
Fimmel erfd^ienen, ^pxaä) er : „M,t biefe, bie il^r l^ier fel^t in ben 
grauen unb tvei^en jtutten (bie au^ge^eid^nete S^rad^t ber ßifter^ 
cienfer), finb fte|er." aber bie SBirfung biefer SKenfd^en auf 
ha^ SSolI toav )u gro|^ aU ba^ älnfelm il^r tviberftel^en {onnte; 
bie SRailänber fairen il^n gar nid^t mel^r afö il^ren Sifd^of an, 
unb liefen fein Slmt unterbeffen burd^ einen benad^barten Sifd^of, 
äliboalb, DertDalten. %Ü Sernl^arb )um ftoncil nad^ $ifa reifte, 
baten fte il^n, }u il^nen ju lommen, jie mit bem ^ap\U unb bem 
jtaifer Sotl^ar }u Derf dienen, unb ben ^rieben in ber ®egenb burd^ 
feine SSermittlung )t>ieberl^erjufleaen. ®r n)ünfd^te il^nen @l&i 
)u il^rer StüdKel^r jur ftir^e, unb entfd^ulbigte ftd^, ba| er burd^ 
bad ftoncU Der^inbert toerbe, gleid^ ju il^nen )u lommen. äluf 
bemfelben aber trat er afö griebengDermittler jtoifd^en ben SBlai^^ 
lättbem, bem ^ap\U unb bem Äaifer auf. SRiboalb unb mel&rere 
ber angefel&enften mailänbifd^en ©eiftlid^en erfd^ienen l^ier afö 
9let)r&fentanten biefer ^d^e unb leifteten bem ^a))fte im Flamen 
bed Srjbidt^um^ ben @ib be^ ©el^orfam^. S)od^ fürd^teten fie bei 
il^rer SlüdKel^r ben UntoiKen ber auf il^re lird^Iid^e Unabl^ängigleit 
fo fkolaen SRailSnber. Äeinen l^ielt man für fähiger, bie Oemütl&er 



1) Flures pure induti rudi et incuUa lana et rasi insolita rasnra. 
Landulphi jon. hist Mediölan. cap. 41 in Mnratori script. rer. itaL 
io«. V. pag. 513. 



80 Sent^arb« i^lrtfamfett 

}tt Bef&nfttgen, aU ben SemJ^arb. ^tn gefeSte man tnel^are 
angefel^e $r&laten atö Segleiter unb ^ebendbermtttlev )u. 
Seml^arbd gro^e äBitlung in SRoUanb fd^ilbett am leBenbigfien 
ein 3ugen)euge, Sanbul))]^ ber längere: ^,9iuf feinen SBinf 
tourben oQe 9(rten bed Jtird^enfd^mudS bon ®oIb unb Silber, afö 
bem 9(6t beräd^tlid^, in Sd^r&nle eingefd^loffen; SRfinner unb 
Sßeiber Keibeten ftd^ in l^ärene ©eto&nber unb bie elenbefte SEBoSe; 
ba^ SBaffer tvurbe in SBein bertoanbelt; 2)&monen tamrben ber» 
fd^eud^t unb firanle gel^eilt; ber 3lbt föfete bie Sanbe ber ®e^ 
fangenen, toeld^ bie 5IRäiIanber bon il^ren geinben genommen 
l^aü^n, unb gaE» il^nen bie ^eil^eit, unb burd^ bie bei einer ge^ 
weinfamen äbenbmal^tefeier, bei ber öernl^arb felbft ben Seib bc8 
l^erm untern il^nen auStl^eilte, geleiftete S3ert)flid^tung beft&r!te er 
ein fo groged SBoQ in ber Siebe jum Aaifer Sotl^ar unb bem 
®el^orfam bei? 5ßa})fte^ ^)." (Sin anbrer Stxti^no^t, ber 35eml[|arb8 
Seben befd^rieben, fd^ilbert uniS fo feinen @injug in 3RaiIanb^): 
„'Süd bie ^eiool^ner ÜRailanbd l^örten, ba| ber ^hi, nad^bem er 
bie Sl})enninen überftiegen, il&ren ©ränjen ftdj naivere, eilte il^m 
ba« ganje SBoH, J&o^eunb 5Riebere, ju gu^ unb ju $ferbe, meliere 
<3tunben entgegen. &d toax afö ioenn bie ganje ©tabt aui^ge^^ 
toanbert toäre. ältte freuen ftd^, il^n ju feigen, feiig »greifen jtd^ 
SDiejenigen, bie il^n Igoren lönnen. Sitte lüffen feine gü^e; unb 
Dbgleid^ er biefe^ fel^r ungern gefd^el^en lie|, lonnte er ed bod^ 
auf leine SBeife l^inbem. ©ie riffen aud^ $aare md feinen 
jtletbern aud unb ^lidfen bon feinen Kleibern ab, um fte }ut 
Teilung bon Jtranll^eiten gu gebraud^en, inbem fte ^tted für l^ettig 
l^ielten, toad er berül^rt l^atte. SDie il^m nad^folgten unb bie bor 
tl^m l^ergingen, jubelten, unb nad^bem fie il^n lange mitten unitt 
tl^ren ©d^aaren feftgel^alten l^atten, geleiteten pe il^n enblid^ ju 
feiner SBoJ^nung." SBenngleid^ toir in biefer Slrt ber bem großen 
unb l^eiligen 3Ranne ertoiefenen äSerel^rung bie bem äd^ten @eift 
be^ @bangelium$ frembartige äSeräu^erlid^ung, bie fo leidet Duette 



1) Landulph. jun. 1« c. cap, 42 pag. 515: Ad nutum quidem 
hujus abbatifl omnia ornamenta ecclesiastica, quae auro et argento 
pallüsque in ecclesia ipsius civitatis videbantnr, quasi ab ipso«abbate 
aespecta in scrineis reclusa sunt; et non solum mascuii, sed etiam 
mulieres tonsae sunt, et ciliciis, et laneis vilissimis mduti äd quae- 
übet religiosa convertuntur, aqua in vinum mutatur, daemones fu- 
gantur, contracti eriguntur,' infirmi etiam a quaCunque infirmitate 
flimiliter sanantur, et quoscunque captivos intirmos Mediolanenses 
habebant de inimicis suis in custodia abbas ipse solvit, et liberos 
dimisit et tantum populum ad amorem imperatoris Lotharii, atqüe 
Ad obedientiam Innocentii päpae per sacranientum panis, quod ab- 
bas ipse porrexity confirmavtjb. 

2) B. Vit. üb. II auct. Ernald. c. 2 Mabillon t. II p. t096. 



gur SBiebetl^erflelKnng bed Atri^enfnebenS. 81 

aKeS äbetgIauBen§ tioirb, nid^t Detfenncnlönnen, fo ntüffen toir 
bod^ auä) anerfennen, ba^ eine fold^e geiftige unb pttlid^e ©etoalt 
eine« SKenfd^en übet bie ©emütl^et ettoag , ®tö|ereg x% mel^t üon 
bem ®e))¥äge be« ©iittlid^en an fid^ f)at, aU bie äugerlid^e @es 
toaft, toeld^e bie toilben Äräfte ber 5Ratut ju galanten unb^ben 
^tvedfen bet SSetnunft bienftbar }u ntad^en )t>ei^. 

SBir ihüjfen babei au^ nod^ einen 5ßunlt Befonber« l^erüot- 
l^eben^ ben SRuf ber burd^ il^n üerrid^teten SBunbetl^eilungen, 
b>eld^er S^aufenbe gu^ tl^tn i^etbeigog. ®ett)ig l^ot fid^ bei ben 
äSunbetl^eilungen be« SRittelaltet« biel abjtd^tlid^e Säufd^ung unb 
Diel ©elbfttäufd^ung mit eingemifd^i 5Dod^ lägt fid^ ayiä) jtd^er 
nid^t Stile« barau« erflären; e« ift bie« bielmel^r ba« ^inju= 
lontntenbe, al« ba« Urft^rünglid^e. 2Ba« ben Seml^arb in«befon* 
bete betrifft ber bie Ueberjeugung l^atte, baft ®ott SBunber burd^ 
i^n berrid^te, fo toerben tpir 5ßroben bon feinen SBirlungen biefer 
Sirt erft bei einer ft^äteren ®elegenl^eit onfül^ren; benn üon biefem 
feinem SBirfen in 3*Älien l^aben tioir leine fo beftimmte unb ur*» 
funblid^e Serid^te, toie toir bon ber fjjäteren SBirlfamfeit beffelben 
toerben anfül^ren fönnen. $ier tooÄen toir nur bie« bemerlen^ 
aSiele bon biefen SBäunberl^eilungen bejogen pd^ auf ©old^e, bie 
man Sefeffene nannte, getoiffe älrten öon ®emütl^«*' unb Sterben^ 
Iran!^eiten, bei benen burd^ ^f^d^ifd^e @intoirlung am meiften 
gefd^el^en lonnte. SBir muffen nun ertoägcn ben ©inbrudf. toeld^en 
^xn SKann bon fold^er ®Iauben«guberfid&t, bie pd^ in feiner @r^ 
fd^einung unb feinen Sieben au«brüdfte, ein 2Rann, bei toeld^em bie 
Ueberlegenl^ett bc« l^öl^eren Seben« in bem ftontraft mit einem 
fd^toad^en, l^infättigen Organe befto ftärler l^erborleud^ete/ auf eine 
fo aufgeregte, gum ®£centrifd6en geftimmte unb gIauben«boEe 3«i* 
ma^djen mniic. Sernl^arb felbft fd^rieb biefe SBirlungen ber 
®Iauben«Iraft 2)erer, bie ju il^m famen, toie biefe feiner $eiUg- 
leit gu ^). SBenngleid^ bie übernatürlidjen Äräfte, mit benen guerft 
ba« ßl^riftentl^um in bie SWenfd^l^eit eingefül^rt tourbe, nad^l^er 
einer rul^igeren ©nttoidHung beffelben göttUd^en 2^Uni, ba« immer 
mel^^Slatur toerben unb in ber gorm ber bon il^m angeeigneten 
3latur pd^ fortJ)fIangen unb fortbilben fottte, Slaum gemad^t l^atte^ 
fo tft man bod^ begl^alb nid^t bered^tigt, gu bel^au^ten, ba| jjene 
übernatürlid^en 9Birtungen foEten aufgel^ört l^aben, nid^t unter 
fil^nlic^en ober bertoanbten Sebingungen toieber foKten l^erl)ortreten 



1) Inaudita est npstris temporibus tanta populi fides, tanta in 
homine virtus: inter quos religiosa erat contentio, cum signorum 
glorians Abbas credalitati eorum, illi vero sanctitati Abbatis ad- 
scriberent, et hoc de eo indabitantur sentirent, ut quicquid a Do- 
mino peteret, impetraret. Vit» Bernard. IIb. U« auct. Ernaldo 2, 10. 



82 Omt^atb« tSirffatnfcit 

IBnnoi. (Sbm toeil ba« ®5ttnd^e fo in bie Ütaiutentloidlung 
eineetteten tft, baS Slatfltlid^e burd^ baffeKe }u etta>a9 ^SJ^mm 
gefleigert ta>i>tben, toirb man aber aud^ nun bie ©rfinje jloifd^en 
bem eigentUd^ Uebematartid^en unb Slatfirlid^en nid^t me^r fo 
fd^arf bejeid^nen tonnen. 3twc loerben toir nid^t grabe einen 
Sor}ug einer d^rifUid^n @^od^e be|l^alb gufd^reiben Idnnen, foeil 
fold^e (Srfd^einungen ^Aufiger in il^r t^ortonunen. @iS lann fein, 
ba| eine @^od^e rul^iger, gleid^m&|ig i»on bent göttlid^en Seben 
befeelter SnItotdHung l^ö^er fielet, aü eine anbere, in toeld^er baiS 
XlebematarKd^e in mtfyc nuffaOenber Sßeife l^erbortritt (Ed lamt 
fein, ba^ biefed eben barin feinen ®runb ^ai, ba| l^ier nod^ ein 
fd^offerer ©egenfajf {toifd^en bem ®0tttid^n unb ber rollen Slotur 
flattfinbet, ber Sinbrudt beiS ©attlid^n auf bie rol^e SRaffe aü ein 
oud^ äu^erlid^ geh>altigerer erfd^einen ntu|. (U lann fein, bog 
bad @i:centrifd^e mel^r Dorl^errfd^t, ta>eil bad l^öi^ere Seben ned^ pi 
leiner fo fietigen, gleid^nt&|igen, rul^igen Snttoidtlung gelangt i^, 
bie $l^antafte toeit ntel^r aÜ aOe anberen Aräfte bei mehfd^Kd^en 
®eifted in bem @nttoidHungd^ro}e| bei religiöfen Sebend t)orl^errfd^t. 
@0 tann fein, ba^ biefe Srfd^einungen mel^r einem altteftament=: 
lidSfen @tanb))unft in ber neuieftamentlid^en (EnttoidSung entf))red^en, 
toä^renb in ber gleid^mä|igen, fletigen unb rul^igen @nth)idlung 
bed d^riftlid^en Sebend mel^r bad @igentl^ümlid^e beiS neuteftameni^ 
lid^en 6tanb^un!tei fid^ barfieHt. 9Bir toerben bergleid^en, toie 
ber $err ftd^ offenbart im Siurmioinb unb im ftiSen, fanften 
Saufen. S)ied mag aud^ ^on ber Seit Seml^arbd gelten. Uebrtgeng 
bürfen toir nid^t unbemerlt laffen, ba| bod^ bei aOer SBunberfud^t 
ber 3)tenge eine Xrabition bei äd^t d^rtftlid^n 3Btmberbegriffi 
Don bem Suguftin an burd^ bai gange ^Mittelalter l^inburd^ge^t, 
unb iai ei aud^ in biefer 3eit nid^t an merltofirbigen SrHärungen 
gegen bie Ueberfd^ä|ung bei loereingelten äBunberbaren, über bai 
redete SSerl^ältnii bei äBunberi }um (Sangen ber d^riftßd^en (^nb^ 
toidflung fel^lt. äSernl^arb feI6ft, ber ftd^, n>ie ioir nad^l^ev feigen 
toerben, auf bie burd^ il^n berrid^teten SBunber ali S^^gni^e 
göttUd^er Äraft beruft, fagt in einer ©tctte feiner ^ßrebigten^bijr 
bai l^ol^e Sieb ^) : man foKe l)ielmel^r nad^ bem ftreben, ioai gum 
$eil notl^ioenbig fei, ali nad^ bem, toai nur gum Sd^mutf bei 
^awfei biene. Unter S>iefem Derftel^t er bie l^röorfkedjenben ®aben 
@inge(ner,^ befonberi bie SBunbergaben ; unter bem @rfteren bie 
^riftlid^en 3^ugenben, Dor ä(llem bie Siebe. S)enn S^nei ioerbe 
mit großer 3Slü\t gefud^t, fd^toer gefunben unb laffe fid^ nid^t 
ol^ne @efal^r antöenben. 2)enn feiten toerbe ei in biefem Sanbe, 



1) Serm. in Caniio. 46 §. 8. 9. 



Bcfonber« in btefer ^t\i, erjeußt. ,,3« ^w 2l^at^ — fSl^tt er 
fort — id& ratl^e unb ermal^n'c eud^, nidjt Diel bamad^ )tt fudjen^ 
f onbem ))ie(mel^r baiS ^auiS ©otte^ ju erbauen aud anberem ^ol}^ 
toeld^eg, ob eS flleid^ toeniger glänjenb erfd^eint, bo(^ Itd^ atö nid^t 
minber ftarl betoäl^rt^ unb baju aud^ leidster befeffen toirb, unb 
fid^rer. 3R5d^te aud^ mir Steid^tl^um Wi jenem ^ol} )u Xl^eil 
toerben, ^^riebe, ®üte, t^eube im l^eiligen ®ei^, mit f^eubigleit 
(Erbarmen auiSjuüben, in @inf alt h^ol^Ijutl^un , mid^ )u freuen mit 
ien g^öl^Iid^en unb ju ioeinen mit ben 5ß5einenben ^)/' Unb ^^^ 
«iner anbern Stelle^: r,S)aiS SBort ))reifet felig nid^t S^iejenigen^ 
loeld^e S^obte ertoedCen, Slinben bad 9(ugenlid^t toiebergeben, Jtraide 
i&eilen, böfe Seifter bannen, bie Swlw«ft öorJ^erfagen, fonbern 
Dielmel^r bie 9(rmen im ©eifte, bie @anftmütl^igen, bie S^rouemben, 
iie nad^ ©ered^tiglett ^ungernben unb 2)urftenben, bie Sarm« 
i^erjigen, bie reinem ^erjen^ ftnb , ^ bie f^iebf ertigen , bie ^x^ bev 
®ered^tigleit toitten Verfolgung erleiben." Unb ber Seben^c 
fd^reiber eine« geitgenoffen be3 S5?ml^arb, be« äbteiJ Ste})l^nu8 
t^on Dbaije, fagt, inbem er biefen SRann, t>on bem mwi leine 
Sßunbertl^aten berid^tete, mit bem SRartinud t)on S^ourd Dergleid^t: 
^^aSenn 3ener Slobte ertoetfte, fo ifk ei8 getoi^, ba^ 2)iefer öiele 
in fittlid^eiS Serberben 93erfunlene gum etoigen £eben toieberertoedtt 
l&at." ein Stnbrer au« biefer 3«itf i>«t^ k«^ S«^«« Sflorbert« be« 
fd^rieben, fagt: ,,2)ie ftd^tbaren ^unber ftnb ®egenfianb be« 
Staunen« ffir bie einfältigen unb Untoiffenben ; bie ®ebulb unb 
bie 2;ugenben ber ^eiligen aber ftnb ©egenftanb ber Setounberung 
ttnb Stad^al^mung für 2)ie]enigen, bie ftd^ baju rfiflen, Streiter 
€l^rifti }u toerben %** Wx finben in Sernl^arb« 3^t neben ber 
l^egeifterten $reifung feiner äSunber aber aud^ eine Iritifd^ 9lid|c 



1) Studete deinde his tagnis substernere et alligare ligna alia 
«eqne pretiosa et pulcra, cui tarnen ilia ad manum nierint in oj^us 
iaquearium ad deoorem domus, sermonem scilicet sapieptiae sive 
«cientiae, prophetiam, gratiam curationom, interpretationem^ sermo- 
nuni, et cetera talia, quae ma^s^noscnntar 8ane apta ornatni, quam 
necessaria fore saluti« De hi8 praeceptom non habeo, consniam 
«atem do: ((aoniam quidem istiusmodi ligna constat et laboriose 
<]aaeri, et difficile inveniri, et periculose elaborari, (nam et rara ea, 
praeserttm bis temporibus, terra nostra producere reperitar) coniulo 
«ane et moneo non multopere ista reqairi: magis autem ex lignia 
aliis laquearia praeparari, quae etsi minus appareant splendida, non 
minus tarnen valida esse probantur, insuper et facilins possidentur, 
et tut! US. 

2) Sermo in fest. S. Martini $. i6 Mabillon tom» \ 1054. 

3) Vit. Norberti auct canonico Praemonstratensi coaevo in ben 
actis Sanctorum Juni tom. I p. 824: Visibilia miracula simplicibps 
et idiotis stupenda sunt, patientia vero et Tirtotee aanctorom bis, 
qoi ad Christi militiaa se accingont, admirandae sunt et imitMidae. 



84 Oem^otb« SS^itlfamfeit 

tung Bei Oegnetn, toeld^e bie SSal^rl^eit biefet Sßtmbet auf offene 
ober berbedte SSkife )u bejtoetfeln toagten. 60 fagt ber ©egtier 
»eml^orb«, ben toir ^p&Ut nSl^er bettad^ten toerben, Sbälarb^ , 
d^ralteriflifd^ öon ben get)riefenen ®unbertl^&tetn feinet 3^it ^) : 
,,S38tr lennen lool^l bie ©d^Iaul^eit ©old^et^ toeld^, toenn fie bte 
am triebet Seibenben Don leichten Jlranll^eiten feilen )u lönnen 
fU^ l^erauiSnel^men^ 3Rand^en in Steife ober 3lranl ettoad mifd^n, 
um biefelben }u Reifen, ober ©egen übet fte augfjjtedjen, ober 
®ebeie Italien. Sie benlen aüetbingd fo, ba^, toenn auf irgenb 
eine SBeife bie Teilung erfolgt, e« il^rer ^eiligfeit fott jugefd^rieben, 
loenn fie aber nid^t erfolgt, bem Unglauben ober bem SRangel 
an Vertrauen ber Äranlen bie 6djulb beigelegt h>erben.'' 6r 
fül^rt ba« Seifjjiel einer SJettlerin an; loeld^er ber Statl^ ertl^eitt 
toorben, Kräuter auf)ufammeln unb baraud Heilmittel ju beretten. 
SBSenn eg^jufättig einige SRale glüdfe, toerbe pe großen Stuf ba= 
burd^ erlangen unb t)iel ®elb geioinnen ; too ed il^r nid^t g(üde, fönne 
ftebie®d^ulb auf bie Unbeilborleit ber ftranll^eit fd^ieben. Sterben 
müßten bod^ iuUi^t 9(IIe. Unb bieiS fei aOerbingd gelungen« So 
mad^ten e« jene aWänner, loeld^e auf il^re ®unber ftd^ ettoa« ju 
gute tl^äten, ba| loenn burd^ irgenb einen Sufall einige gieber^ 
Iranlen gel^eilt loürben, bie^ il^nen jugef daneben toerben fdnne; 
toenn e« il^nen aber nid^t gelinge, ber fdjtoad^e ©taube ber SKen* 
fd^en, toeld^e biefe äSol^Itl^dten )u empfangen ober ju feigen nid^ 
toürbig getoefen feien, bie S(|ulb bat)on tragen . muffe. Unb 
offenbar f))öttifd^ fagt Slbälarb« Wiener Sd^filer, ber junge Se«* 
tengar, in ber SJertl^eibigung feine« SWeifter« gegen Sernl^arb 
gu biefem*): „Sd^on Ifingft ^at ber geflügelte SRuf ben ®e* 
rud^ beiner ^eiligleit burd^ bie SBelt getragen^ beine SBunber 
l^od^ get^riefen." Unb fäl^rt bann fort: „So l^aft bu bie 
Äird^e burd^ leufdje älnorbnungen geleitet, bag toir meinten, bei 
ber Serül^rung beiner ©etoänber müfeten bie böfen ©eifter 
brüllen," — offenbar eine farlaftifd^e 2tnf))ielung auf bie ange^ 
fül^rte «öeilung ber Sefeffenen. S)o(^ freilid^, tote e« nid^t« Dh^ 
jeltit>e« giebt, toa« nid^t fubjeltit) bebingt toäre, toie alle nod^ fo 
toal^rl^afte Sintoirlung auf SKenfd^en eine getoiffe il^r entgegen^ 
lommenbe 6mt)fänglid&feit, eine il^r gugeioanbte Stimmung ber 
©emfitl^er borau^fe^t, fo giebt e« aud^ einen fold^en @egenfa|* 
bon biefcr Seite, ber alle fold^e SDäirlungen au8fd^lie|t; unb e« 
K|t fid^ erllaren, ba^ bei ben ®inen erfolgt, toa? bei ben Slnbem 
iiid^t erfolgen lann, ol^ne ba§ S^ne« barum minber toal^r ift. 



1) AbaeUrdi opera Paris 1616 pag. 967. 

2) L. e. ]^ag. 303. 



gut SieberJerjleDfung'bc« Ätrfäjenfricbcti«. n 8Ö 

J)te fHtifdJe SHd^tuttß, burd^ toeld^e jene ©d^ulc an^ ber ganj^n 
gcifttgen Sttntofjjl^äre biefer Seit l^eraugtrat, lonnte pe aud^ leidet 
tittfdl^ifl ' ntad^en, wandle ®rfd^etnunöen tl^rer S^^ t^i^i in öer« 
ftel^ett, ate toäxm fie ©enoffen einer anbern geit getpefen. Unb 
»ie fottten eg aud^ bie frommen bem Slbälarb red^t mad^en, toeftn 
er ben ©nen il^re untoal^ren SSBunber Uorrüdfte, bie Slnbern ba^ 
burd^ l^erabfe|en tooffte, ba^ pe nur ben SBortioanb gebraud^ten, 
für bicfe S^^^ ber Äird^e Bebürfe e« ieiner SBunber ntel^r, unb bie 
tjrömmigfeit offein fei genug, tote er fagt: „Einige aud^, bie fid^ 
beg Sflameng ber ^ömmigleit tarnen, fagcn^, toenn fie bie ®nobe 
ber SBunber nid^t erreid^en fönnen, ju il^rem 2^roft, bafe in biefer 
Seit, ba ber ©laube fd^on fo ftarl getoorben fei, e« ber SBunber 
nid^t ntel^r bebürfe, toie einft in ber erften Äird^e ^)." 

SBo Sern^arb fo große SBirlungen l^erDorbrad^te , gel^örte 
aud^ bagu, baß burd^ ben Don il^m gentad^ten ®inbrud( unb feinen 
Stuf 5IRand^e betoogen tourben, fid^ bon ber SBelt jurüdEjujiel^n, 
unb bem in Sernl^arb fid^ il^nen barfteffenben Silbe eines ©ott 
getoeil^ten SebenS nad^juftreben. Slud^ in 3RaUanb fel^Ite biei^ 
ntd^t. S« ben einflußreichen l^been biefer S^i* gel^örte bie ^bee 
eines geiftlid^en SSereinS in brüberlid^er Siebe ol^ne irbifd^en 8e* 
fi| unb ©igentl^um nad^ bem SKufter ber Sljjoftef, toie man fid^ 
biefeS Dorfteffte. .^eie SSerbinbungen biefer Strt gingen auS ben 
Saien l^erDor. SWand^e tourben nad^l^er auf eine mel^r gefe^lid^e 
SBeife beftimmt, unb nal^men eine mönd^Sartige ©eftalt an. Hu- 
miliati, ^auperes tourben fold^e SSereine genannt. ®in SSerein 
biefer ärt, ber in 5IKailanb im elften S^^t^^uttbert auS bornel^mcn 
©efd^led^tern, bie nad^ ber SJerbannung in il^r SSaterlanb gurüdEs 
leierten, l^erDorging, foff Sernl^arbS Sl^eilnal^me gewonnen unb 
eine Siegel üon il^m em})fangen l^aben. 5Dod& fel^lt eS an gleid^s 
geitigen 5ftad^rid^en, tooburd^ bieS in biefem Umfange l^inlänglid^ 
beglaubigf toürbe. 3ßan toar f))äterl^in 3U fel^r geneigt, bie ©e^ 
fe^e ber geiftlid^en 3«fki*wte )u größerem änfel^n auf berel^rte 
SR&nner )urüdf)ufül^ren ^). (SttoaS SBal^reS mag l^ier ^um ©runbe 
liegen, nur fönnen toir nid^t genauer beftimmen, toie Diel. 

3)ie »egeifterung für Sernl^arb in Italien toar nun fo gro^ 
getoorben, baß baS mailänbifd^e SBolI nid^tg fel^nlid^er toünfd^te, 
afö if)n gum erjbifd^of ju l^aben. ^n feierlid^en 5ßro$efftoneft, 



1) L. c. pag. 967. 

2) SDtefe Hnmiliati, toeld^e an^ fratres de convenia l^iegen, vaäf 
i^ren gcmcinf<]JaftU<]Jcn 3«f«ntmenlünften, convenia, fo genannt. @*. Ve- 
tera humiliatoram monumenta annotationibns ac tlissertationibus illn* 
strata anct. Hieronym. Tiraboschio. Vol. I. 1766. Mediolani. Die- 
sert. II. • 



S6 Sem^arb« Siiffornfett 

mit ^^t^1nnen unb SoB^ef fingen auf ®ott, jogen fte }u ber Aird^, 
in ber et feine SSol^nung l^otte, unb baten il^n, il^r $irt )u 
toetben. * (Sx aber tooKte lein l^ol^ed 3mt annej^men, liebet old 
3Rön(l^ $fit)fte, ptften unb Sifd^öfe leiten, afö felbft ^p\t obet 
Sifd^of toetben. ,,3d^ )t>etbe motgen -r gab et ii^nen )ut älnt* 
toott — ein Sßfetb befleigen, unb toenn e§ ntidj aug eutet 
@tabt l^inauiSttägt, fo )t>etbe id^ aud^ nid^t fein, toad il^t t)on mit 
i)etlangt; ttfigt ed mid^ abet nid^t au^ euten ÜRauetn, fo toiS 
id^ e^ annel^men" *). 3)atauf Detlieft et SKailanb, unb teipe ju« 
^ft in bie benad^batten italienifd^en @tfibte $aDia, Gtemona, 
toeld^ ntit ben SDtailänbetn Atieg fül^tten, ben f^ieben untet il^nen 
|u t)etntitte[n , ben gefangenen ^ailänbetn bie t^eil^it unb bie 
3lüdflel^t in'« äJatetlanb }u üetfd^affen. SRad^bem et biefe Steifen 
toottenbet, bei Einigen, toa« et Detlangte, etteid^t, Anbete, toie. 
bie fttentonefet, unöetföl^nlid^ gefunben l^atte, le^tte et jutfii 
nad^ aßailanb, fein angefangeneiS 3BetI bott )u ))oIIenben. S)ie 
!Dtai(anbet l^atten ben äSifd^of Sliboalb gu il^tem @t}bifd^of ge^^ 
tüä^lt, uhb äSetnl^atb Detfd^afjfte il^m bie ^fi^tlid^e Seftfitigung. 
Slbet Detmöge il^tet Sifetfud^t füt bie $tit)ilegien il^tet alten 
Aitd^e tooKten {te bem Stjbifd^of nid^t etlauben, ba« Radium felbft 
auiS bet ^anb beiS $a))fte« ju em))fangen, unb bieiS t^etanla^te nad^ 
Setnl^atb« Slbteife toiebet einen ©tteit mit bem SPajjfte. »etn« 
l^atb fud^te {te butd^ einen an fte gefd^tiebenen 93tief }um 9lad^ 
geben )u betoegen, inbcm et il^nen botfteHte, mit toeldjet ®üte jie 
j^nnocenj bel^anbelt l^iabe, fobalb fte jum (Sel^otfam jutüdfgelel^tt 
tüäten, toie biel il^nen l&ingegen il^t Dotiget Unge^otfam gefd^abet, 
unb toie H^iel gtö^eten ©d^aben fie butd^ @tneuetung beffelben 
leiben lönnten. Setnl&atb etfd^eint l^iet ate Setttetet be« t>St)f*« 
lid^en älbfoluti^mud, )t>ie et feit bem l^ilbebtanbinifd^en B\)\Um 
fid^ audgebilbet l^atte, im Ramp^ mit jenen Stealtionen bet älteten 
fteieten Aitd^ent^etf affung , toobei et fteilid^ immet Dotaudfe^te, 
baf bie Sßä})fle bie il^nen betliel^ene ^ülle bet ©etioalt füt eine 
befto Itfiftigete SDäitlfamleit jum Seften bet gonjen Äitd&e ge* 
btaud^en foKten. @t fd^tieb ben äßailänbetn, toeld^e bet p&p^- 
lid^en ®etoalt ®tän}en fe^en tvoKen: {te möd^ten nid^t fagen, 
ba^ fie bie f d^ulbige @l^tetbietung bem $a)>{le ettoeifen taH)llten. 
„68 fei fo, — fagt et — tl^ut, loa« il&t fagt; bejin toenn il^t 
bem ^a^fte bie fd^ulbige @l^tetbietung ettoeifet, fo ift e« eine 
fd^tanlenlofe. S)enn bie t^Ee bet ©etoalt übet aQe jtitd^en ber 
3Belt ift butd^ einen befonbeten äSotjug bem a^oftolifd^en Stul^Ie 
eingetfiumt. 3&et alfo gegen biefe ^etoalt f%^ auflel^nt, bet lel^ni 



1) Landulph 1. c. 



)ttr Stebev^erfleilnitd be9 ^r$enfrteben9. 87 

. gegen (Sottet Drbnung fid^ auf. @r iann, toenn er e§ für nü^lid^ 
l^ält^ neue Si^tl^ümer grünben. @r Iann unter ben »ifd^öfen bie 
einen ]^erabfe|en, bie anbern erl^öl^en, tt>ie e^ bernünftige ®ränbe 
gebieten, fo baft er an^ Sifd^öfen ^rjbifd^öfe mad^en Iann, unb 
untgelel^rt, toenn e« il^m afö notl^toenbig erfdjeint. @r Iann üon 
ben @ränjen ber @rbe aEe nod^ fo l^ol^en $erfonen ber Aird^ 
citiren, unb fie bor tl^m ju erfd^einen jtoingen, nid^t ein* ober 
jtoeitttal, fonbem fo oft er eS für nü^Ud^ l^ält^)." SBon ber 
anbern ©eite aber J^ielt er aud^ ben ^ap% ber fd^on im Segriff 
toar, Strenge gegen ben ©rjbifd^of ju gebraud^en, burd^ feine 
SBorfteEungen jurüdf, entfd^ulbigte ben SRiboalb burd^ ben Mnge«» 
ftüm ber ÜRailänber, ber il^n gendt^igt 1^abe gegen feinen 
SffiiHen, unb bat i^n, auf bie Umftänbe Stüdfftd^t ju nel^men, baS 
mit fo bieler 3Rül^e in SKaifanb gegrünbete SBerl nid^t toieber ju 
Dernid^ten. @r rietl^ il^m, e^ nod^ ju berfud^en, ob er nid^t burd^ 
SKilbe unb ©d^onung bie SMailanber getoinnen lönne. ®r er» 
xnnexU xf^n an bie 5ßarabel ßl^rifti bom Feigenbaum, ben bft 
^crr be^ SBeinbergö breiS^i^re fte^en gelaffen, unb fe^te l^inju: 
^,SQ3enn il^r brei Saläre gekartet l^ättet, loürben toir mit SRed^t 
itod^ ein bierte« bon eud^ berlongen. Sl&r aber l^abt nur brei 
aRonale getoartet, unb tooHt fd^on bie 2l£t ergreifen. 3)al^er fagen 
aud^ toir: Sag fie nod^ biefe^ Sai^r/ ob {te nid^t ^ttoa jur Suge 
ertoedft Serben*)." 

^lad^bem er fo gegen ein ^a^v lang ben ^eben unb bie 
Krd^ßd^e @inl^eit in bem jerrütteten Italien toieberl^eriuftellen ge- 
ioirlt l^atte^ fo biel er e§ bermod^te, leierte er im S^l^re 1135 
nad^ granlreid^ gurüdf. SSor il^m l^er berbreitete ftd^ ber Sluf bon 
feiner Stniunft, unb afö er über bie 8ll|>en gog, lamen il^m bie 
Wirten unb Sauern bon il^ren fJ^Ifen l^erab entgegen, il^n gu 
feigen, unb fie leierten freubig, nad^bem.fte feinen ©egen em))tangen^ 
in ii^re raul^en S93ol^nft|e gurüdt. 

Slid^t lange lonnte »eml^arb be^ rul^igen Iontem})Iatiben 
Äebeng bei feinen SWönd^en ftd^ erfreuen; balb l^atte er in granfc 



1) Ep. 131 §. 2: Sed dicit aliquis: Debitam ei reverentiam ex- 
faibebo, et nihil amplias. Esto^ fac quod dicis: quia si exhibeas 
debitam, et omnimodam. Plenitudo siquidem potestatis super univer- 
«as orbis ecclesias, singulari praerogativa apostolicae Sedi donata 
est. Qui igitur haic potestati resistit, Dei orainationi resistit. Fot- 
est, si utile judicaverit, novos ordinäre episcopatus, ubi hactenus 
non fuerunt. Potest eos qui sunt, alios deprimere, aliosi sublimare, 
proat ratio sibi dictaverit, ita ut de Episcopis creare Archiepiscopoa 
iiceat, et e cohverso, si necesse yisum fuerit^ Potest a finilHis ter* 
ras sublimes quascunque personas ecclesiasticas evocare, et cogere 
ad suam praesentiam, non semel aut bis, sed quoties expedire vi* 
<lebit. 2) Ep. 314. 



gg 9eni(arM SS^tttfamtctt 

teid^, toie bwl^ct in Stalten, für bte ©ad^e be« Snnocenj ju 
Iflmtrfen. S)er f^rft SßU^elm IX. Don 3lqmtanien unb $oUou, 
bet burd^ ben Sifd^of ®erl^atb t)on 9(nsou(6me für 9ln<dlet ge« 
toonnen toorben, benu^te bte tird^Iid^e Spaltung, um el^ürbige 
Stfd^öfe, bie il^m berl^a^t iooren, )t>etl {te feinen Steigungen nid^t 
bienen toottten, üon tl^ren «emtern }u DertreiBen; btefe tourben 
bann unfäl^tgen 5Kenfd^en au« angefei^enen gamilten, toeld^e ntan 
. baburd^ für älnallet ju gett^tnnen fud^te, ertl^etlt ; natürlid^ mußten 
baraud bie nad^tl^etligften 3^^iiungen ber 5ttrd^en ent{iel^en. 

Vergeben« l^atte fd^on ber äbt $eter ber Sl^rtoürbtge ftd^ 
bemül^t, ienen fjürften burd^ feine SSorftellungen Don ber 5ßartl^ci 
XnalletiS abjujiel^en. 3(te berfelbe mit biefen Singen befd^aftigt, 
einen großen SCI^eil Don granfreid^ burd^reift l^atte, fd^rieb er einem 
SKönd^e in Slugn^ einen SSrief, toorin er feine ©el^nfud^t nad^ 
jlener Stulpe beiS ©ott^gen^eil^ten SebenS^ beren fxä) ber 3Rönd^ in 
ber ©titte feineiJ ftlojier« erfreuen lonnte, auÄrüdft, feinen 3^= 
ftanb mit bem be« im Älofter, gurüdfgebliebenen bebaucrnb Der= 
gleid^t: ,,3)u, — fd^reibt er — ber bu mit beinen güfeet^Iaum 
bie @rbe berül^rft, erl^ebft bid^ burd^ ben ©d^toung bed ©etfteS ju 
ben ^öl^en'bei^ $immeW: idj, ber i^ mit fepem %ui an ber ©rbe 
Hebe, mu| leiber! meine fjüge ftetiJ mit ©taub befledfen. Unb 
ad^, möd^te e$ nur ein leidet ttbjufd^ütte(nber ©taub fein, unb 
mbäftt i(^ mid^ nid^t gan) in ben ©d^mu^ toeltlid^er ©efd^äfte 
Derfcnfen, gejmungen ober aud^ gutoeilen freitoiEig. Unb tocnn 
id^ mid^ juiDeilen Derfenle, mödjte e« mir bod& gelingen, mtd^ gleid^ 
toieber ju erl^eben, unb möd^te idj ju ®ott mit bem ^falmiften 
rufen ($f. 69, 15): Srrette mid^ auÄbem Äotl^, ba^ idj nid^t 
Derftnie. 3lber loeil id^ mein @Ienb betraure, fo beneibe id^ bir 
begl^alb bein ®Iüdf nid^t. 3d& beneibe bid^ nid^t, fonbern id^ 
freue mid^ mit bir." ©o fd^rieb ber SWann, ber toie oft bie an* 
gefel^eiten Siebte biefer Seit ftd^, bem Stufe ber SPflid^t folgenb, in 
Diele 'SDinge einlaufen muftte, an benen fein nad^ l^immlifd^em 
grieben Derlangenbe« ^erj leinen ©efatten l^atte, unb ber tool^l 
h>u|te, toie leidet SDem, ioeld^er mit ber äBelt ^d^ Diel au tl^un 
mai^i aud^ citoa^ Don bem il^r anllebenben Unreinen fid^ anfe^en 
lann. S)od& erlannte e^ aud^, bag bie toal^re Stulpe beS ©eifle^ 
nid^t Don bem Drte unb ben äu^erlid^en Singen abl^ängig fei, fon« 
bernburd^ bie ®nabe ®otteg in feiner ®emeinfd^aft audj mitten unter 
allem ®etümrael ber SBSelt, toenn ber SRuf ber 5ßfKd^t bemfelben ftdj l&in= 
jugeben nötl^ige, gefunben Serben lönne. Unb er fe|te l^inju : „Senn 
un^ jene Stulpe Don au|en nid^t gegeben iDirb, ober big {te und gegeben 
toirb, tootten" toir 2)em nad^eifem, ber unter bem Sw^^^^^w ber 
Stenge, unb unter löniglid^en ®a{hnfil^lem unb unter Dergolbeten 



|ur Sieber^er^dluiig be« Jtir^enfnebend. 89 

SBänbcn ^pxaä) : ©iel^e, fo toottte td^ miäf ferne toegmad^eit, unb 
^itt bet aSJüfte bleiben (^f. 55, 8). . Unb fo tooHen toir, toie in 
ber Umgebung ber ©ebirge, in bet ©titte be« ^^v^n^ im« bie 
(Sinfantleit bereiten: too bon ben ftd^ten SJeräd^tern ber SBelt bie 
toal^re Slul^e aEein gefunben, tioo lein grember jugelaffen, loo 
na^ äSefd^tDid^iigung aKer tlnrul^e unb aQeS @eräufd^ed ber Sßeft 
in ftittem ©aufen bie ©timme ©otte« i>^xxiommm toirb. 3^ Wefer 
©infamleit la^ un§, fo lange toir in biefem Seibe finb unb fern 
Don bem ^errn toaEen, a\xi) mitten unter aUtm ©etümmel ftet^ 
unfre S^fl^^^ nel^men: unb b)aS toir am @nbe ber äSelt fud^en 
toürben, ba$ la^t un^, benn bad äleid^ @otted ift in und, in und 
felbft finben. ^ier Ia|t und, inbem toir bie ©tilfe ber 6infam= 
icit gefunben l&aBen, anbeten unb bor ®ott nieberfatten : l^ier 
la^t und toeinen Oor ©Ott unferm ©d^ö})fer^nb toor il^m unfre 
$er}en audfd^iltten, unb, toie ber l^eilige $ieron^mud fagt, bad 
6Ienb ber SBelt unb jugleid^ unfer eigned betrauern ^)." 

3)a nun alle Semül^ungen, jenen dürften umguftimmen, bid- 
l^er bergeblid^ getoefen toaren, fo befd^Io^ ber fromme Sifd^of 
©ottfrieb bon Sl^artred, ber Don bem 5Pa))fte Snnocenj ju feinem 
Segaten in Slquitame» ernannt toorben, felbft )u bem gürften ju 
reifen unb dü^^ 3RögIid^e anjutoenben, um ber lird^Iid^en BpaU 
tung bort ein @nbe gu mad^en ; unb er nal^m mit fid^ .ben Slbt 
Sernl^arb, beffen ©etoalt über tie ©emütl^er ber SKenfdJen il^m 
befannt tpar. ©ie fonnten ben ^^ürften, einen rollen £aien, ber 
Don fird^lid^en ätngelegenl^eiten nid^td berftanb, unb bem ed tool^I 
giemlid^ gleid^gültig toar, ob" bie Äird^e ben Snnocenj ober Slnrflet 
ium $a})ft l^atte, leidet überreben, ben ^rfteren anjuerlennen ; 
aber babei bel^arrte er, ba^ er bie burd^ il^n bertriebenen 
93if d^öfe nid^t toieber in il^re ©teilen einfe^en lönne, toeil fie il^n 
unDerJöl&nli(| beleibigt l^ätten, unb -er gefd^tooren l^abe, pd^ nie 
ntit il^nen ju berföl^nen. Slad^bem lange Seit Dergeblic^e Unter* 
l^anbUtngen barüber ge))fIogen toqren, gab äSeml^arb biefen SSer» 



1) Petri Venerab. epp. lib. II, 22 in biblioth. Clanicensis ed. ' 
Quercetanus t614, p. 762: Vellem*certe secundum Esaiam me ipsum 
abscondere fossa humo, a facie formidinis Domini, qui in prozimo 
venturus est percutere terram, et quaerere mihi locotn, non solum 
fipiritoalem, sed etiam corporalem ih foramine petrae, in cavema 
macerlae. Sed si non datur, vel quousque detur, Aemulemur eum, 
qui inter populorum frequentias, et regales epulas, et auratos pa- 
rietes,^ dicebat: Ecce elongavi fugiens, et mansi in solitudine. Et 
velut intra septa montium, sio intra arcana cordium nobis solitudines 
aedificemus : ubi a veris mundi contemptoribus vera tantum eremus ' 
invenitur, ubi nullus ezternus admittituir. ubi mundanoram tumul- 
tttum tUrbo fragorque sopitur, ubi sine ullo corporeae vocis sono ia 
fiibylo auriie tenuis vox Dei loquentis auditur. 



90 8ern(fatb« IBivtfamfeit 

fud^ auf; er ging in bie Aitd^e, fetetlid^e 9Ref[e ju l^olten. S)er 
Surft, aü €(i^i^inatiler ecloinmunicirt, toagte eiS ntd^t, borair 
3;i^eil )unel^men: er blieb t>or berS^l^ttr ftel^eti. Ütad^bem Seriv: 
liarb bie Sinfegnung^toorte über bad l^eilige Srot auiSgef))rod^en 
unb ber berfamtnelten SWettge ben ©egen erü^eilt, ging er f^xnm^ 
mit glül^enbem Sltigeftd^t, flamntenben ähtgen, brol^enbem Sltdfe, 
bor ftd^ tragenb auf einer Sd^üffel baiS }um Seib ßl^rifli geis)ei^te 
93rot, unb inbem er fo bor ben beftürjten dürften l^intrat, fjjroc^ 
er )u il^m bie furd^tbaren SBorte : ,,@d^on in jtoei Ünterrebungen 
^at eu(^ bie bereinte Gä^aax ber S>iener ®otted gebeten, unb il^r 
l^abt fte berad^tet; fel^t, eS erfd^eint l^ier jje^t bor eud^ ber ©ol^n 
ber Sw^öfJf^^w, ba« Qaupi unb ber $err ber Äird^e, bie il^r t>ets 
folgt; ba fel^t euren Slidjter, bor beffen Stimme jebed Änie \x(fy 
beugt im $immel unb auf @rben: ber Stid^ter, in beffen $dnbe 
il^r eure ©eele übergeben ioerbet, loerbet il^r aud^ il^n, il^n toie 
feine S>iener berad^ten?" 9[Ee Slntoefenben ioeinten in gefjjannter 
©rtoartung be^ äluSgangiS; ed toar il^nen }u SRutl^, aü ob ein 
3eid^en bom ^immel bajtoifd^cn treten toerbe, unb aud^ Seml^arb 
mod^te hkß ertoarten. ^er ^rft, gan} beftürjt, jittemb an aUtn 
©liebem, fiel toie e)>ile))tifd^ ju Soben. S)a feine ©olbaten il^n 
aufrid^teten/ bermodjfte er nid^t, ftd^ aufredet gu l^alten; f^rad^Ioi^ 
unb tote ber Sinne beraubt fkürjte er immer toieber l^in. SDa trat 
Sernl^atb )u il^m l^in unb l^ie^*il^n aufftel^en unb ©ottei^ ©ebot 
burd^ feinen SKunb bernel^men: ,,^ier ift gegentofirtig ber Sifd^of 
öon 5ßoitietg, ben il^r au8 feinem 33i«tl^um bertrieben i^abt, gel^t, 
öerföl^nt eud^ mit il^m, fdjlic^t mit il^m griebe burd^ ben l^iUgen 
Äu^ ber Siebe, fül^rt il^n felbft ju feinem bifd^öfUd^en Stul^Ie, unb 
ruft in eurem ganjen Oebiete bie ©etrennten jur ®inl^eit ber 
Äird^e jurüdE!'' Saäill^elm öermod^te nidjt ju anttoorten; fogleid^ 
eilte er ju bcm »ifd^of, gab il^m ben grieben^fu^ unb fül^rte il^n 
ju feinem »igtl^um jurüdf jur fjreube Uß ganjen Sanbe«. S3em^ 
|arb unterrebete fidj je^t freunbfd^aftlid^ mit il^m, unb ermal^ntr 
il^n, nid^t toieber feiner aBittlür pdj ju überlaffen unb fo ben 
IJrieben ber Äird^e a« Poren. 3leue über fein bi^l^erige« Seben 
fd^eint feitbem ben gürften ergriffen gu l^aben; er untemal^ befe- 
toegen, bem SJoIföglauben ber Seit folgenb, eine SBaKfa^rt. 

Se^t burd^ leine äußere SBirffamfeit mel^r abgerufen, pQ ftd^ 
»eml^arb in eine au« ©rbfenblättem geflod^tene Saube bei feinem 
Älofter aurüdf, fo lange e« il^m bergönnt toar, burd^ fromme 83e- 
trad^tungen fein ©emütl^ ju erl^ieben. ®ie Slngelegenl^iten in 
Stalien toaten e«, bie i§n bon biefem ruhigen lontemj)latiben 
2^Un toieber entfernten. 

Snnocenj Ijiatte nfimlid^ unterbeffen, bebrängt burd^-bi^ sKUN 



Sur SBiebcrl^erjlcffung be« Äird^cnfricbcne. 91 

# 
Kd^en 938affen be« notmänntfd^en ÄönißiJ Sloger, bcn Äaifcr So« 
tl^at bott 3fleuem um ^ülfc angcf})ro(i&eii. Slud^ Sernl^atb forberte 
il^tt auf, mit einer größeren SKad^t tiad^ ^ialUn ju jiel^en. „3» 
SRom — fd^ieB er il^m*) — l^abt il^r bie ftaif erfrone auf ba^ 
©lorrcid^fte erlangt, unb ia^, toag nod^ ntcl^r toar, mit feiner gar 
großen SKad^t, ba| bie ®rö^e. eure« 5IKutl^g unb ©laubeng beft«> 
l^etter l^ertjorleud^tete. 5Die (grbe gittert fd^on Dor einem fo fleinen 
^eere, toeld^er ©d^redfen toirb erft bie geinbe befallen, toenn ber 
SWonard^ anfängt auSjujiel^en mit ber gangen ®rö^e feine« 3lrm«l 
6« mu^ eud^ befielen bie gute ©ad^e, bie eud^ bal^in ruft mit 
einer iopptlUn 5Rotl^toenbigfeit: 6« jiemt bem 35efd^ü|er ber 
Äird^e, fie gegen ber ©d^iSmatif er SButl^ ju Dertl^eibigen ; e« jiemt 
bem Äaifer, feine eigene Ärone gegen ben ftcilifd^en Ufur]pator 
ju bel^aujjten; benn e« em})ört ftd^ S^ber, ber in ©icilien pd^ 
§um Äßnige auftoirft, gegen ben äaifer*).'V 6r felbft trug 
Diel bagu Bei, ben Äaifer in ben ©tanb ju fe^en, ' eine größere 
aWad^t jur J^ülfe be« ^ßajjfte« unb gur Unterbrüdfung ber SRor- 
männer gu öerfammeln; benn er Joerfd^affte i^m ^rieben in 
ä5eutfdjlanb. Sluf bem SReid^^tage ju Samberg brad^te er e« burd^ 
feine SSermittlung bal^in, ba^ bie gürften be« fd^toäbifd^en $aufe«/ 
Äonrab unb ^iebrid^, fid^ mit bem Sotl^ar berföl^nten unb il^n 
afö ftaif er anertannten. SDal^er toat e« biefem möglid^, m^l^r 
unterfKl^t Don ben beutfd^en dürften, mit größerer 3Jlai)i al« hx^ 
^n, im 3^^^^ 1136 in Stößen einjubringen, unb feine SBaffen 
toaren überatt pegreid^. 3"^ folgenben ^a\)v^ gog Don il^m be» 
gleitet ber 5ßa})ft in Slom ein, obgleid^ er ben 8e|t| biefer ©tabt 
immer nod^ mit feinem ©egner tl^eilen mugte. S)a S^^ocen^ 
einige Saläre frill^er,. al« Slnaflet« ^artl^ei nod^ ftärfer toar, fo 
Diel burd^ Seml^arb« Slnfel^n, ^erebtfamfeit unb Unterl^anblungen 
getoonnen l^atte, fonnte er je^t nodj mel^r Don feinen SDienften 
ertoarten, unb rief il^n jum britten SKal nad^ Stöli^"- ©obalb^ 
Sernl^arb nad^ Slom fam, fud^te er juerft bie ©timmung ber ©e« 
mutiger, ben inneren Suftanb ber Sßartl^ei änaftet« gu erforfd^en,. 
inbem er ol^ne^IutDergie^en, burd^ Unterl^anblungen ben JJrieben 
toieberJ^ergufteffen l^offte. Unb er fanb feine Hoffnungen bei 
feinen Slad^forfd^ungen beftätigt. ©a« ©elbftDertrauen fd^ien 
änaflet« ^artl^ei gang Derlajfen gu l^aben. SDie SKeiften toünfd^ten^ 
burd^ bie SSerföl^nung mit Qnnoceng tJ^ieben ju erl^alten; nur 
Dourben fte burd^ Derfd^iebene tl^eil« ))otitifd^e, tl^eite moralifd^e 



1) Ep. 139. 

2) etjDo«, »a« freitidj ber ^ajfl bem «ernljatb f^tPcrU* jugeöebcn 



92 8eni(<itb« nitlfamlctt 

S9ebennid^teiten nod^ gurfldgel^alteii. 3Rt^xttt, toeld^ butd^ ben 
Knallet ju l^ol^en geiftlid^en SBtttben etl^oben toaren, fürd^teten, 
tDenn jte i^n beflielen, il^ret @l^te unb @inlütifte beraubt ju 
tüerben. SSiele, loeld^e )u SnalletiS jal^Ireid^er ^atnilie geJ^öTten, 
fürd^teten ftd^, aU tteidoS }u erfd^einen. Slnbere glaubten fid^ 
butd^ ben geleifteten @ib gebunben. Setni^arb fud^te bie äu^eips 
lid^en Sebenllid^Ieiten butd^ bad 93evf))Yed^en feiner SSertüenbung 
bei bem ^ap^it, bie moralifd^en burd^ toiberlegenbe ®rünbe )u 
lieben. S)ie ledern lonnten nur S)en]enigen triftig erfd^etnen, 
toeld^e bon Seml^arbd lird^Iid^em ®eftd^td))unite ausgingen, ober 
^Diejenigen berul^igen, toeld^e gern aud^ 6d^eingrünbe gelten liegen, 
um ftd§ felbft }u täufd^en, il^r ©eioiffen ju befd^toid^tigen: ^3^- 
binbungen, toeld^e bem ®efe^ )t>iberftritten, !5nnten nid^t burd^ 
leinen @tb beftätigt toerben, baiS göttlid^e- ®efe^ mad^e fte unguis 
tig." ©0 gelang e« il^m, immer mel^rere ©njelne t>on Slnaflet« 
^art^ei abgüjiel^en. darauf berfud^te er er feine Unterl^anb* 
lungen bei itnalletS mäd^tigftem ^(nl^änger, bem Jt.5nig Sltoger, 
gegen toeld^en ber Jtaifer feine 3lru))^en filierte. @d^on ftanben 
bie betben $eere einanber nal^e^ atö Sernl^arb no(^ mit bem 
ilönige in feinem Sager fid^ unterrebete, unb i^n Don ber Sd^Iad^t 
jurüdEjul^alten fud^te. 2lber feine äJorfteßungen ioaren toergeben«. 
Oeneigter geigte fid^ ber Äönig ju einem SSergleid^e , nod^bem er 
in einer ©d&lad^t burd^ bie laiferlid^en %vupptn befiegt toorben 
toÄr. ©r erllärte fid^ bereit, bie ®rünbe für unb ioiber beibe 
aOäal^Ien ju pxixUn, unb fidj für ben S^woceng gu erllären, toenn 
bie ©rünbe für beffen ©ad^e übertoiegenb toären. SDefetoegen 
foKten Jtarbin&le bon beiben $artl^eien in feiner ®egen)oart mit 
einanber bi«J)utiren. S)iefer Eintrag tourbe angenommen. Unter 
ben ©J)red^ern für bie ©ad^e be« Snnoceng ioar Sernl^arb, für 
älnafletg ^artl^ei ber in ber S)ialeftil unb bem fird^Ud^en Siedete 
tool^lgeübte Äoflrbinal SPeter Don 5ßifa ber öornel^mfte. SWitten 
unter feinem §offtaate gu ©alerno, in föniglid^em' ©d^mudfe, l^örte 
ber Äönig 3loger bie ©Jjredjer an. Seml^arb ging Don bem 
®runbfa$ au^, ber burd^ baS gange lird^Iid^e SSJbugtfein feiner 
5eit Doraugg^fe^t tourbe, bafe nur in ®iner ftd^tbaren Äird^e ber 
3Beg gur ©eligleit gefunben toerben {önne, unb ba| biefe ftt^tbore 
^ird^e notl^toenbig mit @inem fid^tbaren Dberl^au))te berbfmben 
fei. S)araug flog natürlid^ bie 5<>Iö^# ^^i ^^^ bei einer Don 
beiben 5ßartl^eien bie toal^re Äird^e fei unb ber SBJeg gum §eil 
ber ©eele. ©oloeit ftimmten nun beibe 5ßartl^eien mit eincinber 
überein. Seibe befd^ulbigten einanber, bag fie bie Sine ftird^e 
ßl^rtfti trennten, neben ber ®inen toal^ren eine anbere Jjflangen 
looöten, SRun berief ftd^ aber Seml^arb barauf, bag bie gange 



)ur SSHeberJ^erfteOitttg ht9 JKr^enfrietettl 93 

orientaItf(]^e ftird^e unb faft aKe Steid^e be^ Dccibent^^ alle l^et# 
ligen SRönd^^orben für ben ^^nocen} feien. SoSten alle Wefe 
jut SScrbatnmnig teftimtnt fein, fottte bet ftönig Sloger allein in 
bet h>al^ten Äitd^e fein unb bie ©eligleit erlangen? SDarauf . 
fül^rte et ä(nalletg £e6eni^tt)atibel^ bie 3tittel, burd^.bie er ia» 
^a))ftt]^um )u erlangen gefuci^t l^al^r ium l^etojeife an> ba^ Bsei 
ij^m bie toal^re Äird^e nid^t fei. 5Rad^bem n fo gefjHtod^n^. ergrifP 
er jutrauU^ bie $anb be$ ^arbinate $eter, ftanb mit; il^m auf 
itnb brang in il^n mit juberfid^tli^er ®;omal^ung^ Db SSeml^arbd 
S3erebtfam!eit auf il^n ipirltei, ober toal^rfd^einß^ (bems ein» 
^au)>tbebingung n^ar, ipa^^ert^rb bur^ feinem ^ertoenbuf^ bei 
bem $a))fte für il^n au^getoirO^ i^atte, ba^ er f einen; g^eiftKd^eiD 
Slang unb aHe feine SBürben beibel^ielt) ein äufeereSr 3[n*ereffe' ii^» 
leitete, unb e« alfo nur eine ©d^einform toax, ba^j er jid^ biein att>^ 
gefül^rten ©rünben gefangen gal^, — er reifte mit Serni^atb nad^ 
SRom unb berföl^nte fid^ mit i^m Snnocenj* Slid^t fo gelang ea 
ifym mit bem Äönige SRoger; benn biefer l^offte, toenn er ftdj jur 
ainerlennung be^ Snnocenj fd^ioer finbcn lxi% einen befto grö|ertt 
$reig l^ernad^ barauf fe^en ju lönnen, bafür iu erl^alten, ba^ 
il^m meistere ju bem ftir^enftaate ^) ge^^örenbe SSeft^unge», bie er 
erobert l^atte, eingeräumt toürben, Sernl^arb I^Ueb )u ^vm bift 
)ur gänjlid^en S3eilegung be^ ©c^idma, ioeld^e nad^ bem %Dic 
atnoflet« im Saläre 1138 enbljd^ erreid^t merben lonnte. S^(^ 
tpä^Ite ftd^ beffen ^artl^ei ein neue^ Dbe^rl^aut^t unter bem. 3tamtt 
SBittor ni.; bod^ toar e$ il^nen felbft nid^t ®rnft bamit. @ie l^attettr 
nur bie 5lbftd^t, bie Unterl^anblungen wi* bem Snnocenj baburd^ 
in bie Sänge )u jiel^en, unb einen bortl^eill^fteren 33erg(ei4 boi^ 
burd^ \i^ ju berf^affen. Sernl^arb betoog ben SKann felbft, t^om 
feiner ä&ürbe. abjubanlen; be$ 9lad^t^ lam berfelbe )ii il^m, leglber 
ben ))ä))ftlid^en ©d^mudf Don ftd^ ab unb lieg ftc^ bon xf)m. ptm 
^a))ft fül^ren, bem er ju t^|en fiel. @o toar benn bie lird^id^ 
(^nl^eit in gan} älom toieberl^ergeftellt,. unb aEgemeine f^reubr 
f ol0te auf bie S^^ü^^ung unb SSertPirrung. SSern^arb tourbe alfc 
Url^^eber bed t^teben^, aU 93ater bed SSaterlanbeS berel^rt unb 
ge^)riefen, too er fid^ öffentlid^ feigen lieg, mit allgemeinem Subel 
t>on bem SBi^lIe em})fangen, 5Wänner unb SBeiber begleiteten il^n 
in ^rojeffion. @obalb ber tl^atige 9Rann fein SQSerl bollenbet 
l^aite unb nid^t« mel^r für ftd^ ju toirlen fanb, eilte er in fein 
filofter jurüdf; benn e« toar nid^t feine Srt» ber müßigen Se* 
lounberung, beS älnjitaunend ber SRenge {td^ lange gu erfreuen^^). 

1) Patrimoniam apostoli Petri. 

2) @. Vit» Bern. Hb. II. anct. Ern. c. 6 unb Otto Frising^ 
Cbron. 1. VII c. 29. Unb bann c. 7 vit. laud. B. )U Dcrgteic^en mit 

9ieanbet, ber ^l. SSecni^aTb. 7 



94 ^ern^arbe (Sintoirlung auf lixä^Üäft unb 

B. einige anbete Süge Don SernJ^arb« ßinioir- 

fung auf lirdJHd^e unb j)oIitif(i^e SBetl^ältniffe 

ttntet 3««»ceng IL 

Sir tootten nun au^ biefet @j)od^e bon Setttl^arbg ScBcn 
iiod^ einige Heinere Säge l^crborl^cben, toeld^e feinen bel^ortIt<i^ett 
©ifer für Sleci^t unb lird^li^i^e Drbnung im Jlamt)f mit 5IRonard^n 
unb 5ßot)ft unb feine treue greunbfd^aft fd^ilbern. ©ein ^eunb, 
fcer ®raf a^l&eobalb bon (5^amj)agne, lonnte fd^on toegen feiner 
tani entgegengefe^ten Oemütl^gart mit bem jungen, üBermütl^igen 
Äönige Subwig VII., ber in bem ©efü^I feiner ^rrfd^aft feine 
©ränje gern anerlannte, in feinem guten 33ernel^men ftelSfen; eine 
äußere SJeranlaffung fteigerte biefe Abneigung §ur l^eftigften 
geinbfti^aft ^n ber ftird^e ju Sourge^ entftanb im Saläre 1142, 
toie nid^t feiten gefd^al^, ben Äamt)f gtoeier berfd^iebener ^ortl^eien 
eine ©J)altung : bie eine 5Partl&ei n>ar Dom ftönige begünftigt, bie 
anbere tourbe burd^ ben pöp^tlii^tn Äanjier §aimetid^ unterftü^t, 
toeil fie einen aSertoonbten beffelben §um Sifdj^cf berlangte. älber 
grabe biefer toar bem Äönige dm meiften berl^afet, oud^ fd^on 
barum, toeil bie rümifd^e Äurie il^n jum ßrjbifd^of l^aben 
toollte. er fdj^tour, tote in fold^en gaßen bie gfirften ber 
Seit fid^ felbft ju binben ))flegten, il^n 4iie gum Sifd[^of einfe^en 
gu laffen. ^aimerid^« SJertoanbter reifte nad^ 3iom unb erl^iett 
burd^ feine Säerbinbung mit biefem leidet bie J)äJ)ftltd^e ftonfefra* 
tion, ol^ne bafe auf be^ Äönig^ SHSiberfjjrud^ Slüdfftd^t genommen 
tourbe. ,,3Wan muffe ben Äönig, fo lange er nod^ ein ftnabe 
fei, — fagte ber ^ap\i — eraiel^en unb bänbigen, bamit er pd^ 
nidbt an foldjie ®inge getoöl^ne.'' darüber nod[^ melj^r erbittert, 
tooKte Subtoig bem erjbtfd^of auf feine äBeife ben eintritt in 
fein SReid^geftatten; aber ber baß änfel^fn ber Äird^e immer' ber^ 
e^renbe ®raf 3:iS;eobaIb nal^m il^n in fein ©ebiet auf, unb er 
tourbe bpn ben meiften Äird&en afö erjbifd^of anerfannt. ein 
Ärieg jtoifd^en bem ©rafen unb bem Äönige toar babon bie fjolge- 



Faico Beneventan. ad a. 1136 et 37 in Muratori script. rer. ital. V^ 
i20r, 2>o6 öernftarb erfl im So^rc 1137, nadjbem Siniocenj Won in 9?otn 
etnge^^ogen xoav, ba^in Um, erl^eUt aw^ ber (Stjäf^lung be^ l^ebendbefc^reiber^ 
©ern^atb«. 3d? ictje'f^ier^er bcfjelben @d?ilt>ermig öon bem ttiebeif^eraefienten 
^rieben ibid. §. 48: Processiones per ecciesias soliemniter celebraa- 
tur, depositis armis ad audiendum verbum Domini plebes accurrunt. 
Post multifarias egestates in brevi civitas opulenta refloret; quae 
discordiae tempore distracta fuerant, pax solidata reducit et revo- 
cat. Arantur solitudines et deserta pinguescunt. ©eine $reub.e über 
bie toiebertiergefieKte fir(!^li(^e 9{u^e bezeugte i6ei:n^arb $eter bem effr» 
toJlrbigen ep. 147. 



pm\\^ SSerPtniffe unter Snnocenj II. 95 

$lltt biefer 3^i^/ ^^^ i^ermutl^ßd^ Deranla^t buvd^ ben Streit 
%f)^oialH mit bem ftönigc, liefe ein Sertoanbter beg Settern, ber 
®raf SRabuIf Don SSermonbai^^ bon feiner ©attin, einer Slid^te 
%^wtaVt>§, fx^ fdjeiben, unb l^eiratl^ete be« Äönig^ ©d^^toägerin 
^etrontUa. @r fanb ä3ifd^öfe, bie feit unb j^flid^tbergeffen toaxtn, 
bie red^tmäfeigc ©l^e ol^ne (Srunb aufjulüfen, unb ben ®rafen mit 
ber Sßetronitta ju Derbinben; biefer erl^iett burd^ fein (Selb unb 
feine SJerbinbungen aud^ in ber römifd^en Äurie SSertl^eibiger. 
®leid^ forberte Seml^arb ben 5Pa))ft auf, biefe SSerle^ung ber f)eU 
tieften ©efe^e burd^ S)ie, tpeld^en bie Dbl^ut über biefelben an^* 
l>ertraut toorben, nid^t gu bulben ^). S)aburd^ betoogen, liefe biefer 
burd^ feinen 2^QaUn ba« ©ebiet be« ©rafen Slabulf mit bem 
Snterbift Belegen. S)afür nal^m ber Äönig befto fd^toerere Slad^e 
an bem ©rafen S^l^eobalb ; bie fd^redlid^fte SSerl^eerung traf beffen 
Sep^ungen. S)a er gu fel&r ^eunb ber SRünd^e toar, um guter 
Ärieger gu fein, fielen bie meiften feiner SBafaffen öon il^m af>; 
überall tourbe feine Slnbad^t, bie il^m je^t leine §ülfe gegen feine 
^einbe berfd^affte, berf^)ottet: 5!Kön^e unb unnü^e grömmler, fagte 
man, feien feine ©olbaten unb ©c^ü^en. SDa einft mel^rere 8i* 
fd^öfe über ba« Unglütf be« ©rafen mit einanber fjjrad^en, unb 
Siner Don grofeem Slnfel^n fagte: S)er ©raf ift in be3 ÄönigiJ 
©etoalt unb Jteiner fann il^n retten, antloortete ein anbrer: eS 
fei tool^I ®iner, ber il^n retten Knne, ber affmäd^tige ®ott. ^a, 
fagte ber änbere im S^erger, toenn er offenbar erfd^iene, mit einer 
Äeule in ber $anb, ©daläge nad^ aUtn ©eiten ^in au^tl^eilte; 
aber bigl^er ift bon bem 3ltten nid^t^ gefd^el^en^). S)od^ Seml^arb 
fj)rad^ bem öerlaffenen ©rafen 3^ro|i gu; er l^ielt il^m bie SSer« 
^eifeungen ber Steligion, bag Seifj)iel $iob« öor. S)ie8 mad^te 
auf ba« ©emütl^ beS ©rafen fo tiefen Sinbrutf, bafe er banfbar 
für ben il^m geworbenen Sroft gtoei loftbare, mit öielen @bet 
.fteinen befe^te ©efäfee, ein ©efi^enl feine« Dl^eim§, beS ÄönigS 
bon @nglanb, umfd^melgen, Derfaufen unb bon bem @rtrag ftlöfter 
anlegen liefe *). ©nblid^ fal^ ber ©raf in feiner bebrängten Sage 
feine anbere §filfe für ftd^, al« einen SSergleid^ mit feinen 3^einben 
gu fd^liefeen. ©ine ber fJriebenSbebingungen toar, bafe er pd^ eiblid^ 
t)erj)fi[id&tete, bie äufl^ebung ber ®gIommunifation unb beS 3*^terbiftg 
*ber ben ©rafen Slabulf unb fein ©ebiet Don bem $a})fte gu erl^alten. 



1) Ep. 226. 

2> Si manifestu« appareat, si clavum teneat, hinc Inda percutiat, 
sed-hactenus ista non fecit. 

3) Bilecta Domino super aurum et topazion tabernacula. Vit» 
B. II, 8, 65. 

7* 



86 9cni^vb» etiitvishittg auf ttr^ftd^ wA 

®ane gdpd^n .Stail^giBlber l^atten ü^m borgeflelK, ev ISnite mit 
ffüm Qktoxfi^n biefen ®ib leiften; bet $at)ft IdniK la fftf b«n 
äluaenblid ben ®rafen abfolbiren, unb bod^ Me- eiSi ih feiner 
®etDalt, balb batauf bie C^slommunilation )u erneuern^. eiK 
im anitcreffe ber 5ßoIita mit J^eiligen a)inflen geiriebene^r ^}ß'yA, 
to\t ed bie SSertooeltlid^ung bev ftird^e )ui9ei(en in biefe? S^it i^ 
geugte. ä3ernj^a¥b trug bie @ad^e bem $a^fte Dor, unb etl^ieli 
\oa^ et l;»etlan0te : älabulf ta>utbe abfolDirt, unb babutd^ etlaufte 
Xl^eobalb bie Stulpe füv einige Seit UntDiUig übet £ubt9i^ 
SBiberftanb l^atte ^[nnocen} aud^ ganj ^ranlreid^ mit bem ^nUx^ 
bitt belegt^ l^eftiger gegen il^n berf al^renb , ald S3etnl^tb e< 
ioüttfd^te. S)ie« brad^te bie ttaurigfte Sertüttung in bet: franj5- 
pfd^en Äird^e l^eröor, ba bie Sifd^öfe enttoeber bcr SSetotbnung 
be« 5Pat)fte3 jutoiberl^anbeln, ober bie l^eftigften SSetfolgungen er* 
leiben mußten, öernl^arb toünfd^te, toaS er feinem greunbe 
3;i&eobaIb auf einige S«ii berfd&afft, aud^ bem gangen Sanbe ben 
fjrieben toieberjugeben. ®r bat ben ^ap\i mit ben bringenbften 
unb rül^renbften SSorfteKungen, ba^ er nid^t, el^e nod^ bie ttau^ 
tigen golgen ber legten großen ©t)altung Dergeffen toären, mu^i 
Uebel über bie Jtird^e burd^ eine neue ®t)altung J^erbeifüJ^te. 
SBenn aud^ beiS fiönigd ^anblung nid^ )u red^tfertigen fei, fp 
möge er il^n bod^ entfd^ulbigen mit ber ©itte ber Siation; er 
möge bied tt>of^l berüdCftd^tigen, bag e$ unter ben ^anjofen eine 
©d^anbe fei, einen öffentlid^ abgelegten @ib, n>enngleid^ er ettoa^ 
©d^led^teS betreffe, jurüdEgunel^men; er möge ©d^onung betoißigen 
bem jugenblid^en ailter beg Äönig«, bereifte feinet 3oni«, feiner 
lönigüd^en SBürbe^). üDie äufl^ebung be« Snterbilt« erl^ielt er 
baburd^ i\oax nid^t; aber ber ^ap\i jeigte ftd^ ivenigftend mel^ 
gum ^rieben geneigt. S)od^ balb n)urbe SSernl^arbd ^iebendt>er' 
mittlung Vereitelt, unb er felbft fal^ fid^ genötl^igt, ben jungen 
Aönig bei bem ^a))fte angullagen; benn h)o t>on bem l^eiligen 
@efe$ bie Siebe toar, glaul^te er um leiner Slädftd^t toiSen nad^ 
QzUn )u bürfen. ^a Stabulf ju bem Sanbe ber gefe$mä|igen 
ei^e nid^t jurüdEIel^rte, \pxad) 3««ö<^^"J bon SReuem, toie eg Sern* 
l^arb geh)iinfd^t j^atte, bie @|:!ommuni!ation über i^, ba& Snter^ 
bift über fein £anb au$. 3)er Aönig bat ben Sernl^arb, bie 3"^ 
YüdCnal^me be^ ))ö})ftlid^en %n^^px\xä)^ au^jutDirlen, il^m DorfteEenb, 
ba^ neue iRriege barauS entftel^en n^ürben. SS^rnl^arb anttDortete 
il^m: er bebaure jtoar bie Uebel, h)eld^e barauiS entftel^en ti}ürben, 
aber ^^ fei nid^t erlaubt, cttoa^ ä3öfe^ ju tl^un, um eitoa^ ®uM 
baburd^ }u erreid^en; man muffe tl^un, ta>a^ ved^t fei, unb in 

1) Ep. 219. 



|»o(ittfc(e ii^r^Srttiiffe uirtee Smt^ctii) IL 9T 

Mä^t b»: folgen &ott ben Sbtdeong fiBetloffen ^). 9)atüBe€ 
«9bittett, fal^ Ut junge Jl0nig ben unter Btxnf)at\>^ SeYmitflung 
tnü bem <&^fefi XJ^eoboIb gefd^foffenen ^ieben^bevgteid^ ald un» 
Bfiltig an (tmb lonnte bied aui) tix6)t ol^ne ®tunb beiS Sted^ 
bemt i&et ber ©d^Iie^ung bed Sergleici^^ l^atte er unter ber S^uf» 
j^ehtne ^^^ @|!ontmuniIatton tool^l nid^t eine b(o^ formeUf 
otigenbliilid^e ä{bfo(utton t^erftanben, X^eobatb l^atte fid^ etgetvb 
Kd^ nur burd^ eine fo}3l^iftifd^e S^äufd^ung fjtieben öerfd^afft) ; er 
fite Sad^ an ben mit bem 5Pa!t)fte unb bem ©rafen 2^eobaIb 
berbunbenen Sifd^fen; er Ke|5 bie erlebigten SiStl^mer niti^t bps 
fe^en ttnb bie Giüter berfelben burd^ bie ©olbaten f^Iünbern, er 
bcri^caßte beö* ©rafen ä^l^eobolbg Sßroötngert' mit Ueuer unb 
©d^toetjf*). Seml^arb mad^te bem Ädnig bie l^eftigften Sortoürfe; 
er forbette feitie Sflätl^e (®eiftUd^e, ben 3lbt ©uger unb ben 8i« 
fd^f ^oSlen Don ©oiffonS) auf, be» 3üngliug§ tobenbe SQäilKür 
na bSwbigen ; er rief t)on 5Reuem beig Sßat)fte« ^ülfe gegen i^n cm, 
frS« fd^Ä^tt unb }u leid^tfertig — fd^rieb er bem Äönig ^> — 4)er« 
lagt tl^r euren guten SJ^rfa^. gd^ toei^ nid^t , toeld^er teuffifd^c 
Sntfd^Iug eud^ ba$ ä3öfe, bod ü^r mit Siedet bereut l^attet, üon 
Steuern )u begel^en antrieb ; benn Jbu)n toem anberS aU \>oxn, 
Xrufel tonn too^I ber S3orfa| i^etrül^ren, mit 3ReA unb f^euer 
^ toüt^en, ®ai8 S^fd^rei ber Slrmen, bie Seufjer »ber «©efangenen^ 
ha^ Slut ber ßrmorbeten, SUfe« titjt ju SDenv ber ttn Sater ifl 
ber aaäaifen unb ein SRid^ter für bie SBäitttoen," — SaKe j^ilfoni 
fÄr bie« S^üölter (unb toie l^lfam toäre e« für \tht^, m fuld^ 
äR&itner toären unb il^ve Stimme fo laut ertönen bürfte^ 
buTd^bringen lönnte burd^ bie Umgebung toelt* 



1) Ep. 220. 

2) @. Wilhelm a Nangis Chronic, t. III d'Achery spicüeg. et 
Hobert. a monte ad a. 1142 et 43. 2)er ^fapfl fqgte: Regem puerum 
coercendum et instruendum, ne talibus assuescat. ^u§ $eter ton 
^IvLQji^ 6at ben $a^|l, bie na(|^tfieiligen folgen, bie avA bem Streite fttegen 
liJnntcn, idm borfleUenb, um 9{a(!i^rtc^t mit bem jungen Könige in ber @a(^e 
be« (grjbifd^of« toon ©ourge« 1. IV ep. 3. — Ad haec — \6)xt\U SBern- 
^arb bem Äarbinol ^Upffann^ bon bem Äönige ep. 224 §. 4*— cogit 
8UO more episcopos ad mHledicendum benedicQiidis et ileruDi heue« 
4icendnm maledidendis, et quoniam non obtemperatur pco juo Hök« 
sibi, jcircuit mare et aridaro, ut inveniat juratores, quorum perjuriis^ 
quos fortasse Deus conjungit, per homines separentur. feer 3ett» 
genaue Otto Fm. 1. VII c. 21 be{i|>setbt bad (SUnb, bad in %tMfmfi 
OM^ titütm Stii^t etUßanb: Franeia ob 4^d,o>vici aß Theobaldi ^uer* 
ram tot pr^aedis et incendits perpessa est discrtmina, quod nisi r.e- 
ligioeor^m, qui ibi morabantur meritis, oratioiifbti« et eofieilio miper 
pacHt^ faiaset, ad ifk^^neeroneMi del^a rpivtavtatuir. iU^ea: ZitefibM 
▼. Vit. Bern. lib. II c. 9, I. IV auctore Gaufrido c. 3: Monachi et», 
conversi inutilea ejas militea et ballistarii dicebantur. 

3) £p. 221. 



>98 Setnl^b« (Stiikoirfung auf ürii^Iid^ unb 

lid^et ^tttUi)ltit), bag ÜRSnner toaxtn, au^ge^etd^net bot 
bet feikn, t)fIi(i^tberoefFenen, butd^ %\xxä)t unb geitUd^e Hoffnungen 
Bel^eufd^ten aXenge, SRännet, toeld^e ÜRutl^ unb firaft l^atten, 
ben ©etoaltl^aBenben, bie {td^ etl^a&en ta>ä^nten übet iebe 
l&eilifle ©d^ranfe, aud^ im ©türme il^ret Seibenfd^aften 
ka« götllid^e ®efe$ entgcgenjul^altenl — Uefetigen« gelang 
ti bem 93ern^arb nid^t, fo lange S^^^^^^^J i^^^^, ^^^ lird^Iid^en 
unb bürgerlid^en grieben in granlreid^ toieberl^etjufteffen. 

3n meisteren SSorfäHen jeigte e§ fid^, toie notl^toenbig bem 
Settaltet bie SBirffamfeit unb ba« Slnfel^n fold^er einjelnen, an 
allen Segebenl^eiten tl^eilnel^menben SKänner toie Sernigiarb toax, 
um ber gefe|lofen aOBittfür, ber rollen ©etoalt unb bet 3^«üttung 
in allen Sl^eilen ber (Sefettfd^aft ©nl^alt ju tl^un. 3)ie nad^^ 
tl^eiligften folgen für bie Äirdj^e ^atte bag einbringen ber abKd^en 
(Sefd^led^ter in bie Äanonifate; befoniierg fud^ten l^abfüd[^tige ab* 
lid^e ber Srd^ibiafonate ftd^ ju bemäd^tigen, unb, pd; unabl^ängig 
mad&enb bon ben Sifd^öfen, mipraud^ten fie biefe« Slmt ju ®rs 
t)reffungen aller 3lrt. S^ei berbienftbolle SKänner, ber eine in 
ber Äird^e gu ^ßarig, . ber anbere }u Drlean«, ber SWagifter %\)es 
mag bon ®t. Siftor unb ber ©ubbelan Slrd^embalb, tourben nidjt 
lange nad^ einanber, toeil pe [x^ ben 6rt)reffungen fold^er 2lb« 
lid^en, il^rem einbringen in bie geiftlid^en ©teilen toiberfe^t f)atten, 
feon Serlpanbten berfelben ermorbet. Sernl^arb forberte ben $aj)ft 
unb bie SSifd^öfe ju ftrengen SDlaa^regeln gegen bie^ Uebel auf; 
er ftellte bem 5ßaj)fte . bor ^) , toeld^e 3«^^tüttung affer lird^lid^en 
Drbnung, loeld^er SSerfaff ber SReligion baraug entftel^en muffe, 
ttjenn l^ier nid^t ein fd^redEenbeS 33eift)iel gegeben toerbe. ,,®in2 
bon beiben mujj notl^loenbig gefd^el^en, enttoeber ba^ feiner ber 
Siblid^en unb 3Jläd^tigen ber SBelt fernerl^in ju geiftlid^en Steffen 
jugelaffen, ober ba^ ben ©eiftlid^en bie greil^eit gegeben ioirb, 
bag l^eifige 3lmt ju affem Unerlaubten ^vl mtgbraud^en, bamit 
ttid^t S^ber, ber Ütoa, bon l^eiligem ©fer entflammt, ef gu öer^ 
l^inbern fud^t, afö ein Djjfer be^ .Sfted^t« burd^ bie §anb irgenb 
eineg SRitter^ ermorbet toerbe. Unb loaö toirb benn nod^ übrig 
bleiben bon d^riftlid^em ®efe|e, d^riftlid^er Drbnung unb bon 
©ottegfurd^t, tocnn a\x^ gurd^t bor bem ioeltlid^en Slrme Äeiner 
mei^r feine Stimme gu ergeben toagt gegen ben Uebermutl^ bec 
Älerifer." ®urd^ biefe unb anbrer getoid^tboffer 3Ränner äl^nlid^e 
SSorfteffungen betoogen, berorbnete Qfnnoceng, baß nid^t burd^ ®elb^ 
nid^t ©etoalt unb ©d^redf^ ober bie SBaffen ber 3Serlpanbten 
geiftlid^e SBürben erlangt unb erl^alten Serben fofften, fonbern 

Ep. 158. 



pom\^t ^er^SrttitfTe unter ^nnocena II. 99 

aKein butd^ SSerbienfl, ttnb ba^ SHIe^ toeld^e butd^ jene ÜHittet 
fxd) gciftlid^c SBürbcn öerfd^afft, jte öcrlietcn foHten. 5Rur fd^limm^ 
bag fold^e jjäjjftlid^e aSerorbnungen fo oft toiebetl^oö towbeti 
wußten, o^ne affßemeine. SBirfung j^crborjubringen I 

SKud^ be« 5ßaj)fted felbft fd^onte Scrnl^arb ni^t, \venn er, 
|iatt but(^ feine Dberl^ertfd^aft über bie Äird^e ba« ganje lirdj^ 
iid^e ©ebäube in feiner fjeftigfeit tinb feinem 3wfammenl§ang gu 
erJ^alten, bem @igennu$ unb ber Selbftfud^t 3Rittel gab, ber Strafe 
beg (Sefe^eg gu entgelten. 5Da ber @rgbifd^of bon 2:rier itd^ barüfcer 
Jeflagt- l^atte, ba^ burd^ bie Segünftigung, bie feine jungen ab^ 
liefen ©uffraganbifd^dfe am römifd^en $ofe fönben, bie 3Retro« 
))oIitenh)ürbe ein leerer 2:itel toerbe, nal^m Sernl^arb ber ©ad^e 
ftd^ an unb fd^rieb an ben 5ßaj)ft^): ,,@^ ift bie Stimme Silier, 
t»eld^e in unfrer ®egenb mit treuer Sorgfalt ben ©emeinben bor^ 
ftel^en, ba| alle« SRed^ in ber Äird^e bernid^tet, baS bifd^öflid^e 
Slnfel^n gang loeräd^tlid^ toii^b, ba fein S5ifd^of eS in feiner ©etoalt 
l^at, bie Seleibigung ®otte§ ju räd^en, feiner affeS Unerlaubte 
aud^ nid^t einmal in feiner eigenen 3)iögefe ftrafen fann. Stuf 
«ud^ unb ben römifd^en §of fd^iebt man bie ©c^ulb. 2BaS pe 
®uteg i>erorbnen, fagtman, Verbietet il^r ; h)a§ fie mit Siedet ber« 
Bieten, gebietet il^r. ?ltte Safterl^aften unb ©treitfüd^tigen an^ 
ben (Semeinben, bie au§ ben Älöftern Slu^gefto^enen laufen git 
euäf, unb loenn fte bon eud^ gurüdffel^ren, freuen unb rül^men fte 
ftc^, Sefd^üger gefunben px l^aben in S)enen, bei benen fie biel^ 
tnel^r il^re ©träfe finben foHten," 

C. »ernl^arbg Äamjjf mit SPeter Slbälarb unb 
Slrnolb bon Sre^cTa. 

ßl^e ioir baju übergel^en, öon 93ernl^arb§ Ääm^fen mit ben ber 
feinigen entgegengefe|ten tl^eologifd^en Slid^tungen feiner Seit gu 
reben, tooHen h)ir auf feinen eigent^ümlid^en tl^eologifd^en ®tanbj)unft 
einen SlidE loerfen. @r loar einer ber bebeutenbften 9let)r&fens 
tauten jener religiöfen unb tl^eologtfd^en ©eifteSrid^tung, toeld^e 
burd^i ba§ ganje Mittelalter l^inburd^ge^t, unb ftd^ aud^ ]paUt in 
ber römifd^en Äird^e oft toieberl^olte, ber fogenannten m^ftifd^en^ 
b. 1^. berjenigen, bei loeld^er bie äuffaffung ber ©laubenglel^re 
bon ben Stiefen be« ©emüt^g au8, ba« fubjjeftibe Clement einer 
mel^r berinnerlid^ten Aneignung be« ß^riftentl^um« borl^errfd^t. 
S)iefe Sflid^tung bilbete ben ®egenfa| ju einer borl^errfd^enb be* 
grifflid^en aUiffaffung unb ju einer mel^r am fiu|erlid^en Äird^en* 
tl^um l^aftenben Slid^tung; unb balb lonnte fte mit jenen beiben 

1) Ep. 178. 



100 iSmi^tb« ItatiM^f mit ^etcr mSiiäxh 

«nbf ttt in bem 6d^oo^e bet eine ^Slannid^falttgleit bet entioiAuiis 
3ulalfenben fiird^e J^armonifd^ gufammenbefteltl^tt, balb in jtam))f 
mit benfelben fletat^fen. 

gut S^ayafteriftil SBentl^arbiS in btefer Q\n\i^t ta>irb ed juecfk 
toid^tig fein, feine gbeen über hai SBerl^ältnig be« (Blaubend )um 
Griennen unb Sd^auen näl^er ju unterfud^en. @r bettad^tet ben 
@tanbt)unft bed ®Iaubeng atö ben einer nod^ t^erpSten Suffaffund 
ber göttlid^en S)inge, ta>obui;d^ bte Seele gereinigt unb berflfirt^ 
fUr bie unmittelbare Slnfd^auung ber untoerl^tlten göttUd^en S)tnge 
in bem etDtgen £eben bcrberetlet toerben foOe. @r t)ergleid^t in 
biefer 'Sejtel^une baiS SSerl^ältnijj bed altteftamentlid^en @tanb« 
|>unlt^ ju bem d^iftlid^en mit bem SSerl^ältniffe beiS d^riftlid^en 
©tanb^)unfl8 :ju bem ber Änfd^auung beö etoigen SebenS M: ,,S)enn 
tote bie äUten nur einen Sd^tten, ein 93i(b bed Su^^nftigen Ratten, 
und aber butd^ bie @nabe bed im ^leif d^e gegentoärtigen Sl^iftud 
bie fflal^rl^eit burdj fid^ felbft entgegenleud^tet, fo toirb hur, toer 
fid& bem a^)ofteI entgegenfteflt, ber ba fagt: Unfer SOSiffen ift 
©tüdftoerl unb unfer 2Beiffagen ift ©tüdftocrl, unb: 3d^ fd^&^e 
mid^ felbft nod^ ntd^t, bafe id^ e« ergriffen l^abe, ju leugnen töagen, 
bag aud^ toir im äJerl^aUnig ju ber )ulünftigen üBett toie im 
Sd^atten ber äBal^rl^eit teben. 3)enn toxt foUte !ein Unterfd^ieb 
ftattfinben gtoifd^en 2)em, ber im ©lauben, unb 3)em, ber im 
€d^auen lebt? 3lIfo, ber ©ered^te lebt aud bem glauben, bie 
Seligen jubeln in ber 9lnfd^auung : unb be^l^alb lebt ber d^t[t0e 
3Jlenfd^ cinfttoeiten im ©d^atten vß^rifti, ber l^eilige ßngel <ft bcrs 
l^errltd^t im 2lnfd&auen ber ^errlid^feit. Unb gut ift ber Bäjatten 
bed ©laubend, toeld^er für ^a^ blöbe Sluge bod Si^t b&m^ft> unb 
fo ba« tluge für bad j8id^ »tjwbereitet. a>er ®laube löf4it-bad 
fiid^t nid^t, fonbern betoal^rt e«. SBag e« aud^ fein möge, too« 
ber @ngel fd^aut, ba§ bel^ält mir ber Sd^atten beg ©laubend 
Dor, in treuem ©d^oofee betoal^rt, bömit ed mir einft entJ^füUt 
toerbe. grommt e« nid^t toenn aud^ ate ein »er^üttte« a« ^^ 
hja^ren, toa« bu entl^üßt ju f äffen nod^ nid^t öermagft?" ,,,SQ3ir 
leben alfo — fagt er nad^l^cr — im &d)aiUn (S^rifti,- bie toir 
im Olauben toaUen, unb toir näl^ren und Don feinem glcifd^, um 
ju leben. SDcnn ba« gleifd^ ßl^rifti ift toaJ&rl^aft ©Jjeife." ^ern« 
l^arb betra^t^t bie SSermenfd^tic^ung beiS ©öttlic^en in bem fieben 
6^riftt>at« eineSSorbweitung, um ben ©eift für bie unmittelbare 
Slnfd^auung '}>i^ '©öiilid^en fäfeig ju machen ^h @r mad^t auf* 



. 1) SerjBi. in €af<t. m £. l6. ;9. Mäbillon I pag. laSd. 
^ 2) Qubntoäo namque apud veteres qoidem umbram figiiramque 
dicimus e'xtitisse, nobis autem per gratiam Christi in carne prae- 
«entis ipsam per se illucescere veritatem: ita nos quaque lfiBB{}ecta 



nnb WcneVb \>9n 9te6cta. 101 

üt^tlfam auf ben Untetfd^teb ber (Srfenntnt^ ®otte^ auiS ben ge^ 
it0'i)tntn ©ttal^Ien feiner ©elbftoffettbaruttfl in ber ©d^öjjfung 
t>on ber unmittelbaren @rlenntni| (Sottet an fid^ ^) : ,,SBir muffen 
uni^ — fagt'er — gu ®ott naiven, nie^t meinen, baS Oöttfidje 
erftürmen ju fönnen, bamit nid^t toer ol^ne ^J^rfurdjt feine SKajcftät 
ergtöbeln toiBf, feon feiner ^errRd^feit übersättigt toerbe. SBir 
muffen eingeben! fein, ba^ bon bem ©eifte ®otte« bie Älarl^it 
lommt, toenngleid^ pe in unferm (Seifte fid^ offenbart.- 3e größer 
bie fllarl^cit, befto naiver tft ®iner gefommen: bie güBe ber 
Älarl^eit toirb aber erft bann fein, tx)enn man jum giel gelangt 
ift. gerner, in unmittelbarer ©egentoart il^n }u feigen, toie er 
ift, l^ei|t nid^t? anber^, afö fd^on fein, toie er ift." ^ann gel^t 
er bon bem l^ier bejeid^neten ©tanbjjunit ber gufunft ju bem ber 
©egentoart über, unb fagt: „SQäa« ift aber unterbeffen jene fo 
gro^e aRannid^faftigleit ber ©eftalten unb jene jal^llofe 2Kenge 
ber Srfd^einunggformen in ben Kreaturen, toag ift fte anberg, atö 
eine ©tral^Ienbred^ung be« göttlid^en SBefeng, h)eld^e too^l barauf 
l^inloeift, bgfe derjenige toal^rl^aft fei, öon toeld^em biefe ©trai^Ien 
l^errül^ren, toeld^e aber ni(|t bejeid^nen lann, h)a« er fei? SDu 
^e\)^t alfo, h>a« bon il^m l^crlommt, aber nid^t il^n felbft. SBBenn 
bu nun aber fo ba« tlebrige fiel^ft, ioa« Don 3)em l^errül^rt, ben 
bu nid^t fiel^ft, fo loeifet bu auf unjtoeifell^afte SBeife, ba^ 2)er= 
ienige ba ift, nad^ bem bu ;fud^en mu^t, bamit, toenn bu nad^ 
x^m fud^ft, bie ®nabe bir nid^t öorentl^tten toerbe, tenn bu bid^ 
n^t um il^n &e!ümmerft, llntoiffenl^eit bid^ ttid^t entfd^ulbigen 
lönne"*). ®iefe Offenbarung ©otteg m ber ^®d&öi)fung belrad^tei 



futpri saeculi m quadtfm interim veritatis umbra vivere non negabit^ 
nisi qni .i>on acquieecit apostolo 4icehti: Ex parte 'eognoseimo«, et 
ex parte prqphetamuB, et illud : Non arbitror me cotqprebendiäse» 
Quomodo enim non est distinctio ejus, qui per fidem ambulat, et 
illiuB qai per speoiem? Ergo justus ex fide vivit, beatus exsultat 
in 'specie : et ideo sanctus homo vivit interim in umbra Christi, san" 
ctus angelus in splendore vultus gloriae gloriatur. Et bona Hdei 
umbra, quae lucem temperat ocolo caliganti, et oculum praeparat 
Inci. Fides itaque lucem non exstinguit, sed cnstodit. Quicquid 
sane est illud, quod videt angelus, hoc mihi umbra fidei servat, fideli 
sinu repositum, in tempore revelanduro. An non expedit tenere 
vel involutum, quod nudum non capis? . . . Vivimus proinde in 
umbra Christi, qui per fidem ambulamus, et carQe ipsius pascimur 
ut "vivamus. Caro enim Christi vere est cibus. 

1) L. c. §. 3 pag. 1380. 

2) Ergo accedendum ad eum, non irruendum, ne irreverens 
ticrutator majestatis opprimatur a_gloria. Nee locis sane acceden^ 
dum, sed claritiitibus'; ipsisqne lion corporeis, sed spiritualibus, tarn- 
^uam a Domini spiritu. A Domino plane, et non a nbstro, quamvis 
in nostro. Qui itaque clarior, ille propinquior: esse autem claris^ 
simum, pervenisse est. Ferro jam praesentibus non aliud est videre 



100 «obIaiN toM^f Vit 9ats mUuh 

«ibtm m Um 6d^M{e ber timt aOtannid^faltigleit bct CitttmJRuiig 
|ttta1faibcii UMit ^nnonifi^ )ufaiitmetdbepel^ti, 6alb in Jtomj^f 
ȟ brnfrlbm geraten. 

Sn ff^oiahcriftit ä^em^arbd in biefer ^inftd^t toirb ed juetp 
ivi^tie fein, feine ^been fibet bad äkr^altnift be« (Blau&end jum 
Stfennen unb Sc^oucn nä^ev )tt unterfud^en. @r bettad^tet ben 
€tanb|)un(t bei QilauUn^ ald ben einer nod^ betl^üllten Xuffaffung 
bcf gdulid^en Singe, tiH>biic<l^ bte Seele gereinigt ttnb berflärl, 
ffiir bie unmittelbare ilnfc^auung ber unber^Eten g^ttlic^n S)mge 
in bem etoigen £eben )}crbereitet toerben foOe. Sr bergleid^t in 
biefer Se|ie^une ba< Ser^altni^ bed altteftatnentlid^en @tanb« 
puntu pi bem <^iflli<^en mit bem SerJ^oItniffe bei$ d^rifUid^en 
6ianb)^unrtd ju bem ber tfnfd^oiuing bed etoigen Seben^ M: ,/i)im 
Ipie bie Xllen nur einen Griten, ein 8i(b be^ Sutünftigen ^oäen^ 
«n^ at>er burc^ bie ®nabe bed im ^(eifd^e gegentoärtigen (Sfyxx\ivA 
bte £3a^r^eit burd^ fic^ felbft entgegenleud^tet^ fo toirb nur, toer 
fi(^ bnn «l)ofteI entgegenfJeßt, ber ba fagt: Unfer SBäiffen ip 
etüdroftt unb unfer Söeiffagen ifl ©tütftoerl, unb: gd^ fd^ä^ 
vii^ felbfl nod^ ni(^t, ba| id^ e« ergriffen l^abe, ju leugnen toagen, 
baft au^f toir im Ser^aUnig ju ber julünftigen iBelt ta>ie im 
Chatten ber SBa^r^eit leben. a)enn toie foBte fein Untecfdjicb 
pattfinben gtoifc^en a)em, ber im (Slauben, unb 3>em, ber im 
ed^utn Übt? aifo, ber ©eredjte Übt au^ bem (Stauben, bie 
6f(igen jubeln in ber »nfdjauung; unb bejl^alb lebt ber ^ilige 
Wrnfc^ einfttoeifen im Schatten ß^rifti, ber l^eilige ©ngel ifl \>€U 
JftxxUdft im «nfc^auen ber ^errlic^feit. Unb gut ift ber Sd^attcn 
be« ©tauben«, toetc^er für Im« btöbe Sluge ba« fiic^t bÄmj)ft> unb 
fo ba« «uge für ba« Sic^rt borbertitet, a)er ©taube löfi^t ba« 
2\dft ni^t, fonbem betpal^rt e«. SBa« e« au(^ fein möge, toa« 
ber Cngel f«baut, ba« bel^ätt mir ber ©d^atten be« ©tauben« 
bor, in treuem Sc^oofee betoaj^rt, bamit e« mir etnft entl^üllt 
loerb«. frommt e« nic^t toenn aud^ al« ein Skrl^äBte« pi Be= 
tea^ren, toa« bu ent^üttt ju f äffen nod^ nid^t bermagji?" ,,,9Btr 
leben alfo — fagt er nod&l^er — im ©d^attcn ß^rifti?^ bie toir 
m ©tauben toallen, unb toir näl^ren un« bon feinem gteifd^, um 
|u leben. 3>tnn ba« gteifd^ S^ripi ifl toal^rl^aft ©jieife.'' «etn« 
^arb betra(|>t«t bie aScrmenf(^ti(^ung be« ©öttti(^en in bem Seben 
CVnfti 4il« eine Sorbmitung, um ben ©eifi für bie unmittetbare 
rnnfc^auung ^e« ©öttlic^en fofeig »u machen «). @r m^^mh 

n Sttrn. im C««», »I «. «. d. M«bUlon I p 
•. . ^* Viuomodo namaue apud veterfs qoide 
ociaiM eJttitisM, aobis aucera per irratK 
MQU« ipMBi par •• illucescer« Teriuoem: 



▼eriUieni: it» 



101 

WüdUam Mf tat UakdifiA kcr fefnitwl Seite« Mi kern ge» 

tod^frnoi 6tnH<8 feiacr 6ctt {b Jf emtm u i g is kcr &iip^Tai% 

iH^nbcvtnanlklhaaieifnatxc^ecttcifli^^: ^crmffai 

tmi — f«9t er — |b Sctt Ka|nir <i^ «ciaeii, koi @öttlt(^ 

er^urme« ^ trasea, könnt mid^ iper ü^ S^pwx^ ftne 9Ra jeftdt 

^^ritbebi totff, bos feoKr ^«rriic^&it ü&^dltigt tocrke. Sir 

mfiffeti etngekenf fem, kos tom kes @etjie @üttci kic llLtr^ 

{omvtt, iDemidleiA fte ta mnfem @er%e ^ 0tfes&«tl ^ grö^ 

kic fllor^, kefto nabct i^ Säcer ^fomBiem: kk ^uEc kcr 

ftlor^ totrk ober ex^ kamt fen, loemt mos patt ^id ^tlccsajL 

i^ Sinter, in mtmütelkorer SegeiilDait i^ |B fe^e«^ toie er 

tft, 1^^ id^ ftnbex^, ote f^im fetii, tevc er t^'' Zoim ge^ 

et t^on kein ^itr ht^^cttn Stonkjirnitft ker 3^^^ l> kern kcr 

(Begcntoatt vAtt, nnb fagt: ,ßBüS ^ aba nnterkefes jene fo 

gro^e SRanmd^foIttgfeit ker Seilten nnk jene fo^CIofe fl^n^e 

ker (£rf(^nttngSfonnen in ken fiieaturen, 1mi4 i^ fU ankert, old 

eine ^rol^Ienktei^ung ke« gettlii^ 3Befen^, tveCd^ toc^ koronf 

^nloeift, bag 2>er]eni$e toa^^ft fei, bon tDt((^ni kiefe Strahlen 

l^rtüffren, toeU^ aber nic^ htyndpuen laxm, tooi er fei? 2)» 

fiei^ft olfo, tDnS bon il^m ^etfontmt, aber ni(^ ibn feCB^ Senn 

ku mm aber fo ko^ Üebrige fiel^^ tüa^ ben Xe« ^otn^, ken 

bu ni^d^ ^Wt S^ )»^ ^u auf un|toeife(^afte Seife, kap Ser- 

jienige ba i^, no^ kern kn fuc^ ntu^, komit, toenn ku na^ 

ifym fud^R bie ®nabe kir ni(^ botent^iten loerke, toenn ku bic^ 

nii^ um iifm befuntmerft, Untciffen^eit kt(^ nt(^ entfc^lbtgen 

Unw''^). SHefe Offenbantttd @otted in ker Si^o^^ng betrachtet 



fotari saecnH m qusdsa iaterim Teritati« ombni Tirere non negabit, 
nbi qoi «M>n aecfaiesdi apostolo dicentl: Ex parte eognoscimu«, ei 
ex parte propbetJUB«a, et illad: Non arbitror me coroprebenüitf««« 
Qnomodo e^int dob est distinctio ejus, qai per fidem ambolat, et 
iUiae qai per apeeiem? Ergo jastoa ex fide Tivity beatus exsultat 
m Bpe<»e : et ideo saBCtoa l^mo yrWti interSm in umbra Christi, »an* 
ctiiB «Bgelna in aplendore Tnltaa gloriae gloriatar. Et bona üilei 
nmbra, qua« Ineem temperat ocalo caliganti, et ocnlaro praeparat 
luci. Fides itaqne locem non exatinguit, sed costodit. Quic4)uiJ 
HUie eat ülnd, qnod Tidel; angeloa, hoc mihi nmbra fidei servat, 1id«H 
sinn reposttixiii, in tempore reTelandoro. An non expedit tenc'f^ 
vel iBvolulaiD, qnod nndom non capis? . . . Vivimas proin d<» 1" 
nnl»« Chrkli, qni per fidem ambnlamo«, et caroe ipaius pa»e<^^ 
3u£. Caro CMB Cbriati Tere est cibns. 

tlrgr r- ad enm, non irrnendum, ne irra^r^^^n' 

' " ^or a^jgloria. Nee locis ••«• •^«/»'?' 

ne non corporei», sed spirituaiilwf*,!,)*' * 
[>oaiino plane, et non a noMr<^»^j.r.« 
ar, ille propinquior: ®'*5/tf*'*'' 
x> jam praesentibufl no» 




102 eernl^arbs Siamp\ mit $eter fibSHaxh 

Setnl^otb aU eine SBorbereitung für bie l^dl^eren DffenBaruitgen 
bet ®nabe, tDeld^e ben @mt)fän0li(i^en, bie burd^ bie Offenbarung 
®oiM in bet @d^ö))fung il^n }u fud^n angetrieben li>orben, ge^ 
to&l^rt toerben. Slber aud^ aDe biefe einzelnen Dorüberge^enben 
Offenbarungen in mannid^fad^en gormen ftnb \f)m nod^ nid^t ba« 
^öd^fte. „aber — fagt er — biefe »rt be« ©el^en« ift etioa« 
SSielen ©emeined. ^enn nad^ bem 9())ofteI ift e^ jebem SSernunfts 
begabten möglid^, baS unftc^tbore SBefen ©otteg §u erfel^en an 
ber ©dS|öj)fung ber 3Belt. Sttoa« änbre« ift o^ne 3toeifel jene 
Slrt, h)ie einft bie SSäter be« alten 95unbe« jener l^äufigen Ser« 
trauIidSifeit ber'göttlid^en Oegentoart getoürbigt toorben finb, ob= 
gleid^ aud^ il^en ®ott nid^t erfd^ien, toie er ift, fonbern tote er 
il^nen erfd^einen tooQte. Unb nid^t SHden auf biefelbe äBeife, 
fonbern, toie ber ^po\Ul fagt, auf mand^erlei SSSeife, ba er in fidü . 
felbft bod^ nur ©iner ift" a)od^, h)ie gefagt, alle biefe Der- 
einleiten Offenbarungen burd^ äu^erlid^e ©rfd^einung^formen unb 
Silber betrad^tet er nur aU tiioa^ Untergeorbneteg im SSer^ältnife 
ju einer rein innerlid^en, bilblofen ©otte^offenbarung. „Slber e? 
giebt eine göttlid^e §eimfud^ung, Don biefen bejeid^neten Offene 
barungen befto mel^r t>erf(^ieben, je innerlid^er fie ift : toenn ©ott 
bie il^n fud^enbe ©eele toürbigt, fie felbft ju befud^en, bod^ nur 
eine foldjfe ©eele, \odä)t ftd^ mit gangem Verlangen unb ganjer 
Siebe l^ingiebt, il^n ju fudj^en. Unb ba« ift ein S^^^^^ ^i«^^ 
fold^en Äommen« be« ^exxn, tt>ie toit eg öon 2)em lernen, ber e« 
erfa^fren ^ai: geuer gel^t Joor il^m l^er, unb jünbet an uml^er 
feine geinbe ($f. 97., 3)." ©o beutet Sern^arb biefe 5ßfatm= 
ftette f^mbolifc^ auf ein l^eiligeS gcuer, toeld^e^ atteS Unreine in 
ber ©^ele loerjel^ren muffe, um fte für biefe innere ©ottegoffen« 
barung em^^fänglid^ gu mad^en. „2)enn — fäl^rt er fort — eS 
mu^ bie ©lut^ l^eiligen SSerlangen^ ber Offenbarung feine« än^ 
geftd^tS in jeber ©eele, ju ber er fommen toirb, öorangel^en, jene 
l^eilige ©lutl^, toeld^e allen Sleft ber ©ünbe berjel^ren unb fo bie 
©tätte für ben §errn bereiten foH. Unb bann toei^ bie ©eele, 
bag ber ©err il^r nal^e ift, toenn pe fic^ bon jenem ^Jeuer cnt^ 
brannt fül^lt, unb mit bem 5Pro})l§>eten f})ric^t : @r l^at ein tJeuer 



Bicuti est, quAin esse sicuti est, et aliqua dissimilitudine non con- 
fundi. Sed id tunc, ut dixi. Interim vero tanta haec formarum 
varietas, atque numerositas specierum in rebus conditis, quid nisi 
quidam sunt radii Deitatis, monalrantes quidem quia vere sit a quo^ 
sunt, non tarnen quid sit prorsus difHnientes? Itaque de ipso vides,* 
sed non ip8um. Cum autem de eo, quem noa vides, cetera vides, 
scis indubitanter exsistere quem oportet inquirere, ut inquirentem 
non fraudet gratia, negiigentem ignorantia non excuset. 



ttnh gmolb t^ott fßxtich. 103 

üu^ ber ^if)t in meine Seine gefonbt^ unb baffelbige laffett 
ft>arten {Stla^. ^erent. 1, 13), unb ta>te ed in jenen Sßorten l^ei|t: 
3Kein J&erj ift entbrannt in meinem iSeibe (5ßf. 39, 4). @ine 
fol^e ©eele^ toeld^e l^äufiö feufjt, ja ol^ne Unterlaß betet, unb 
fd^mdd^tet bor Serlanöen, toenn jutoeilen 3)er, nad^ bem fte t)er» 
langt, fo bon il^r gefud^t, jtdj il^rer erbarmenb il^r entgegen« 
lommt, ift Bered^tigt, au^ eigner @rfal^rung mit bem ^tttmxa^ pt 
fogen: 3)er $err ift freunblid^ 3)em, ber auf il^n i^anet, unb 
ber ©eele, bie nad^ il^m fraget (Älagl. Qerem. 3, 25)." ßl^arals 
teriftifd^ ift bei SJeml^arb, toenn toir il^n mit anbern 9lej)räfens 
ianUn ber ml^ftifd^en Slid^tung öergleid^en, bie 9lüd^tern^eit unb 
Äeufd^l^eit be$ (Seifte«, mit ber er bei aller ®lutl^ unb Sntterlid^feit^ 
bie ©ränien jtoifc^en bem S)ieffeitigen unb Senfeitigen, gtoifd^en 
SBelt unb ®ott, bem fredtürlid^en unb göttlidjen ®tift unöerle^t 
jtt betoal^ren ioeiß. SBir ertoäl^nen l^ier bie Slrt, ioie er ftd^ über 
bad aKgegentuärtige @ein @otted in ber 3Belt audf^jrid^t: „®ott 
ift ber Mnbegreiftid^e: aber nirgenb« ift ®er, ber Don feinem 
vS^aum eingefd^loffen toirb, unb bod^ ift überall 3)er, ber burd^ 
feinen ätaum au^gefd^loffen h>trb. 9luf bie il^m eigentl^ümlid^e 
unb un« unbegreiflid^e SBeife tft er in Stllem, toie äße« in il^m 
ift^)''. SQäol^l mag bie i^n au^jetd^nenbe SSerbinbung be« 5ßrafs 
tifd^en unb ^ontem^lati))en, ber Stiftung nad^ innen unb anitn, 
baju beigetragen l^aben, ben 95ernl^arb Dor jenen SJerirrungen be« 
über bie freatürlidjen S^ranf en übergreifen toottenben 3R^ftici«mug 
3U betoal^ren. 

e« gel^ört l^ierl^er befonber«, foai Seml^arb im legten SBud^e 
eine« SBerfe«, Don bem toir \p&Ut augfül^rlid^er reben voerben, 
entloidfelt l^at, feines an ben 5ßaj)ft ßugen III. gerid^teten SQäerfeiJ 
„über bie Setrad^tung" (de consideratiöne). 6r rebet l^ier äl^nlidj 
toie in ber angefül^rten ©teile Don ben Stufen, burd^ bie man 
ftd^ )ur S3etrad^tung ©otteS unb gdttlid^er S)inge erl^ebe. all« ben 
l^öd^ften ©ebraud^ ber ©d^öjjfung bejeidfinet er, ba| man fid^ burdj 
kiefelbe jur »etrad^tung ©otte« erljfebe. „©o bie SDinge betrad^ 
ten, ba« l^eißt in'8 SSaterlanb gurütfftreben »). 2)ie« ift ber er« 
l^abnere unb toürbigere ©ebraud^ ber gegenh>ärtigen 3)inge." ®r 
beruft fxi) babei auf bie fd^on oben angefül^rten Sorte beS $aulu$ 
3löm. 1, 20. „Sief er Seiter bebürfen atterbing« nid^t bieSürget 
im 38aterlanbe, fonbem bie au^ bemfelben nod^ Verbannten ; toa« 
ber Mrlffeber biejer SBorte too^I gefeiten l^at, inbem er bebeutungS« 
Dott J^in^ufeftte: Don ber ©d^öjjfung ber SBelt an. Unb in ber 



1) De consideratiöne IIb. V cap. 6. Mabill. pag« 451. 

2) Sic considerare, repatriare est. 



104 eernl^N tbml mit ^Att fmtaxh 

%^ toad beUhrfm ber Se^ S>ieieiitgen, bie fd^Dii jum &iif^ 
\M i^xonti felbffc gclanfit ftnb? 2)ie ^itnmeßbeMl^net ftnb fd, 
locld^e boi^ g€fi(nta)Artig l^aBen, iDorin ftr iened t^Uhnel^t anfd^dl. 
€ie fe^en bod Sort, itnb in beut 9Bort, toad taird^ bot 9Bo«i 
«efd^affen tootbett. Itnb fie bicm^tn ftd^ nid^t attd ben Oklfll^iSäp^ 
bie Srfenntni^ be^ Sd^dt^fcriS ju erbetteln^). 2>enn fk fteigeii 
fclbfi nid^t ju ben treatttrlid^en S^ingen i^erab; um biefelben )tt 
«tiennen, ba fie biefelben in bem eriennen, toorin jie toeit bffler 
flnb, aliS in ftd^ felbft. (3)ad (Sriennen bet JDtnge an ftd^ in il^tcm 
ibealen @etn im äSerl^ältnift )tt bem Sriennen in ber (Srfd^einung^i" 
loelt.) 2)a^er bebfiTfen fie aud^ ba}u nid^t bet äkvmittlung bun^ 
bie leibüd^en Sinne, fonbern fie finb ftd^ felbfl ©inn, butd^ fid^ 
Wbfk toerben fte «Oe« inne »). a)ie befte Sltt )u fe^en, toenn bn 
feines älnbem bebatfft, tDenn bu )u KÖem, toonad^ bu berlan^ 
bir felbft genug bift. S)et Setmittlung burd^ tUoa^ SlnbveS bet" 
bütfen, bad l^eigt abi^&ngig fein, baS ift nod^ nid^t iai äSoDtom^ 
mene, bad ift nod^ nic^t bet i^öd^fte ®rab bet f^eü^eit/' 2)ami 
fogt et Don bem @tanbt)untt bet dufunft, bet f^eil^eit bet Jtii^et 
®otted: ,,S)ann ioetben aide Mtn ®ott gelel^ftt fein, tmb ol^ne 
Z)a}t9ifd^en!unft einet fiteotut feiig allein in ®ott. S)ad toinb 
fein baS Sutüdtgelangen in'i) ÜBaietlanb, aud biefet leibltd^en $ets 
matl^ in baiB äiatetlanb bet (Seiftet. 2>ad ift unfet ®ott felbft^ 
bet i^dd^fte @eift, bie ^^d^te ^mai^ bet feiigen Giftet: tinb 
bomit ftd^ bie 6innlid^Ieit unb bie ßinbilbui^d&aft l^iet nid^ 
einmifd^e, et ift bie SDäal^tl^eit felBft, bie SBeigJ^eit felbft, ibct 3^ 
be^tiff aßet Xugenben, bie entgleit, bod f)&jif\kt ^vd, JJetn finb 
toit einfttoeilen t)on biefet unftet ^eimatl^, itnb too nnt ftnb, ba 
ift bag a:i^al bet 2:i^tänen, \oo bie SinnlidS^Ieit J^ettfd^t unb bte 
ÄetrodSitung nid^t il^te fieimatl^ finbet." Unb et |)teift ben auf 
*et erbe SBallenben einfttoetlen feiig, bet ba« Äteatötlid^e jum 
SJienft be« ©toigen )u gebtaud^en toei^, e« fo gebtaud^enb, nid^t 
kem Oenuffe ftd^ l^ingebenb *). 

»etnl^atb fe|t btei Stufen in bet (Stl^ebung be« ©eifte« jum ®ött* 
lid^n : bie pxaltx^t Stid^tung, toeld^e im S)ienfte bet ^flid^t baS ^tbi« 
f d&e jum eignen $eil unb jum $eU «nbtet betteoltet ; bie f ontem^Iotil)e 
ffiid^tung beS t>ennitletten StfennenS, bai ftd^ butd^ bie Settad^« 
timg bet ^B^p^m% j» ffiott etl^ebt; tinb bie i^d^jlett SWomente, 
löenn b«t ®ci|l oi^e :aBe SSctmittlung in ben giiftänben effto^ 
ti$dM .Sd^sen« |ttt 4ktta#tttng gdMid^et SHnge gelangt. Sd 

1) Nee opus habet (eaeli oreatara) ex bis quae facta sunt , fa- 
ctoris notitiam mendicare. 

2) SensiM ipB« sibi, se ipaa sentieiM. 

3) De considexatione lib. V c. 1« MabiU. I, A4&. 



fOfit. 9etti1^er«b: ,,®ro§ ifl 3)ev, lüel^ev bie 9>mge ber ®tiinfii» 
iHlt loevtoaftet }u feinem unb Sieln $etl. Unb nid^t. gelinget 
i^ 2)er, ioelii^et biefe 2)tnge atd eine )um IXnftd^tBaten fül^rettbe 
^tufe im ©treiben nad^ Seidl^eit gebtaud^t : nur mit bem Untere 
fd^iebe, ba^ 3)tefe§ eth>ad aßannet^DÜereiS, 3ene^ ettoad 9lä|lid^te§^ 
JDiefe« ettw* ^Seligered ift, 3|ene« mc^r aHutl^ etforbett. »Bw 
ber ©ri^gte unter äffen ip, toer ben ©ebraud^ ber ©inne unb 
ftnnli^en Singe gan} t^erfc^m&l^t, fotüeit ed ber menfd^Iid^en ®€» 
bred^Ii<i^!eit erlaubt ift, nid^t burd^ ftufenmä^iged S(uf[teigen, fon» 
bern burd^ )}Iö|lid^en 3luffd^n>ung }ui9eilen burd^ bie SSetrad^tung 
)u jenen erl^abenen S)ingen em))or)uf[iegen ^^egt. ^^ meine^ 
}u biefer legten ©tjufe gel^ören jene Serjüdfungen be« 5ßaulu«^ 
8erjü(fungen> nid^t ftufenmäfeige« Sluffteigen : benn er felbfi fagt, 
ba& er t^ielmei^r berjüdt tDorben, afö fxd) em))orgefd^h)ungen l^abe/' 
2)en k^kn @tanb^un!t be)eid^net S3ernl^arb felbft aU einen ^oU 
d&en, too bie SSetrod^tung fid| in pd^ felbft gurfidfjiel^e, unb, fo 
biel fte bon ®otfc unterftü^t toerbe, ben menfd^Iid^en 3)ingen ftd^ 
entjiel^e, um 3ur Setrad^tung 6(otte^ ftd^ )u erl^eben. ,,3)ad, h)a9 
über nni erl^aben ift, — fagt Sernl^arb — toirb nid^t burd^ ha^ 
8®ort geleiert, fonbern burd^ ben ®eift geoffenbart. Slber n>a2 
feiwe SRebe erllart, ba« fud^e bie Setradjtung, barnad^ ftrebe ba^ 
®ebet, beffen fud^e fid^ bad Seben Mrbig ju mad^en, unb bad 
reine .ßerj toirb e« erlangen." 

3n j^infidjt be^ ®rlennen3 unterfd^eibet er biefen breifadjen 
@tanb|)unlt,: opinio, fides unb ij^telleptua. ,,3)er intellectuB 
beftel^t in bem reinen Sriennen ber Vernunft, unabl^öngig i)Ott 
Aller ä(utorität; ber ©taube gel^t i>on ber älutorit&t au9; bie 
äStluung folgt nur bem SOSaJ^rfd^einlid^en. Fides unb iatellectus 
finb einanber gleid^ in ber ©eloigl^eit^ beibe l^aben bie 3uberfid^t 
bert äßal^rl^eit mit einanber gemein; aber ber ©laube l^ält ftd^ an 
et«e^ ^erfd^loffene unb berl^üffte äSal^rl^eit^ ber intellectus l^at bie 
entl^fiffte unb offenbare SBal^rl^eit: bie SReinung ^at nid^td ®im 
bHf(e9. SnS^e^ie^ng auf biefe breiStüde lommt ed nur barauf 
an, bie ©ebiete red^t au^einanber )u l^alten, ba^ nic^t ber ©laube 
auf hai Unge)tfif[e ber 3Jleimtng ftd^ rid^te/' b. i^., ba^ nid^t, 
toad blo^ @ad^e be^ ivrtl^umdfäl^igen SReineniS fei, 3um ©egen» 
^anbe bed ©laubend gemad^t toerbe, ,,ober ba^ nid^t baS 
gefte beS ©laubenS Don ber SiBeinung in grage geftefft toerbe/' 
dt toamt t>or ittt^n brei SSerirrungen, bag nid^ bie SReinung im 
Sel^au})ten »ertoegen, bag nid^t ber ©laube, ben Stoeifeln unter« 
liegenb, fd^toad^ toerbe, ba^ nid^t ber intellectus, toenn er in ba^ ber» 
fdjfloffene ^iiigt^um beS ©laubeniS einbringen toiff, bedSRangefö an 
S^urd^t bor ber gdttlid^en SRajieftÄt ftd^ f^iulbig madft. @r befinirt 



106 «crn^rM $tamp\ mh Veter «(Slarb 

bfit ®IauBen att ,,etn bon bem freien SßtDen auSgel^nbed, in 
ft<l^ )ut>er{t(l^tKcl^ed Soraiidnel^en ber niNi^ nid^t enthüllten SEBal^ 
^eit/' ®d liegt a(fo biefer Segriff Hon bem SnttoidlungdtJtoie^ 
bed ©laubeni^ ju ®runbe, ba^ berfelbe, t>on ber Stid^tun^ bei^ 
SEBiOend )u ben gdttUd^en 2>ingen an^gel^enb, berentJ^üHt^n (St^ 
tenntni^ boraneilenb, bie göttUd^e SBa^r^eit ergreife, beren ^ffaii 
ein für bie Srienntnig nod^ nid^t bolßommen enttoidelter ifl, fo 
iai er bal^er in bem Seft| eineiS gdttlid^en 3^^^^^^^ '^% ^^ ^^^ 
Setou^tfein nod^ nid^t gan) entl^üfft toorben, mel^r im Seben, M 
in ber enttoidtelten @rlenntnig. ,,®Iaube unb intellectus l^aben 
mit einanber gemein bie ®eta>iBl^eit. @^ unterfd^eibet ben ©lauBen 
Don bem intellectus bad nod^ berl^iüttte ßrlennen." äud& Sem« 
l^arb erlennt bad SSebürfni^ bed (Slaubend, fid^ ^ur @rfenntni^ 
)u enttK)id(e(n. @r fagt: ,,9Bir tooKen nid^td lieber erlennen, aU 
ba^, toad un9 fd^on burd^ ben ©lauben getoi^ \% @^ ta>irb un^ 
2ur @eligleit nid^t^ fehlen, toenn un^ ba^, \Dai und fc^on burd^ 
ben (Slauben getoi^ ift, uni aud^ ganj entl^üHt fein toirb''^). 

%ud 93ernl(iarbd äluffaffung t)on bem SBefen Ui ®(aubend, 
infofern berfelbe bon ber äSiEendrid^tung unb bem ®emütl^ aud- 
gel^t, t>on bem SSerJ^&Itnig bed ®lau6end fam @rlennen, ergiebt 
fid^ alfo, bag er eine '@inl^eit bed ©(aubttiS bei t^erfd^iebenem 
3Raaie bed^ @r!ennend annel^men fonnte , ba^ er ®egner eined 
einfettigen 3)ogmatidmud fein mugte, ber @in 3Raai bed ent» 
toidtelten bogmatifd^en @rtennend ate für SlKe 3um $ei( notJ^- 
toenbig öorfd&reiben toitt. 6« toar in biefer $infid^t bamaU ein 
merftoürbiger Streit audgebrod^en über bie ben grommen be^ 
alten 3:eftamentd gegebene @rfenntni| ber d^riftlid^en ®laubend«> 
artifel SJiejenigen, toeldjie einer meljir intettectualiftifd^en Stid^tung 
folgten, unb ba« enttoidfelte ®rlennen in ber Religion jur ^aupU 
fac^e mad^ten, bel^auj)teten, ba§ ben frommen be« alten 3:efia* 
mentd fd^on bie Srfenntnt^ aller burd^ bad Sl^riftentl^um nac^l^er 
geoffenbarten ©laubenSlel^ren gegeben ioorben unb il^nen ^m 
$eil notl^toenbig getoefen fei. 9lur ba« &dfan^n in bie SwJw«f^ 



1) L. c. cap. 1-3, pag. 446-47. Fossumus singula haec ita dif^ 
finire. Fides est voluntaria quaedam et certa praelibatio necdunt- 
prppalatae veritatis. Intellectus est rei cujuscumque invisibilts certa 
et manifesta notitia. Opinio est quasi pro vero habere aliquid, 
quod falduin esse nescias. Ergo, ut dixi, ndes ambigaum non habet; 
aut si habet, fides non est, sed opinio. Quid igitur distat ab in- 
teilectu? Nempe quod etsi non habet incertum non magis quam 
intellectus, habet tarnen involucrum, quod non intellectus. Denique 
()uod intellexisti, non est de eo quod ultra quaeras: aut si est, non 
iniellexisti. ^ Nil autem malumus scire, quam quae fide jam scimus» 
ISTil supererit ad beatitudinem, cum quae jam certa sunt nobis fide» 
«rnnt aeque et nuda. 



ttnb Kmolb Dim Ore«cta. 107 

mb bie SHid^tung auf bie Qkqtnxoati foEte ben Unterfd^ieb {ioifd^en 
bem alU unb neute^amentlid^en @tanb))uti!t mad^eit. SDie S3er« 
tretet biefetp äCnfid^t mußten bann aud^ 0enetgt fein, baffelbe 3Raa^ 
ber @rlenntni| ber ©lauben^atttlel ald gleid^ not^menbtg für aKe 
S(rten ber S^riften }u fe|en. 93ernl^arb toar, tote fd^on auiS feinen 
enttotdfeltcn ®runbanjtd^tcn J^eröotöe^t, gletd^ feinem grcunbe, ber 
barüber il^tt befragt l^atte, 'bem tief finnigen $uflo a St. SSiftore, 
(Segner einer fotd^en bogmatifd^en Sngl^erjigfeit. 3Bie i^m bad 
Sc^ouen beg (Seiftet ba« $öd^fte ift, mel^r ate bag flnnlid^e Selben, 
toofür er pd^ berief auf bie SBorte S^rifti : 2)er ®eift ift e«, ber 
ba lebenbig mac^t, bag %Ui^d) ift nid^t« nü^e (3o^. 6, 64), fo 
mußten i^m bie frommen besf alten SCeftament« über ben d^rift^ 
lid^en Stanbjjunft felbft erl^oben ju fein fd^einen, toenn fte burd^ 
bie innere Slnfd^auung bed @eifte$ aQein bie ilare @rlenntni^ 
ber julilnftigen 2)inge erlangt l^aben fottten, bie ben ©laubigen 
beS neuen Sunbe^ erft burd^ bie ftnnlid^e @rfd^einung offenbar 
toerben lonnte. 6r toeift unbefongen aufjufaffen, toa^ ßl^riftuS 
»on Sol^anne« bem 2;äufer fagti bag er größer getoefcn, ate alle 
5ßrj)})l^eten unb bod^ ber Äfeinfte unter ben ©laubigen gröfier fei, 
aU er. SBie toäre bied möglid^, toenn bod^ nid^t blog bie ^ro^^ 
Jjl^eten, fonbern felbft alle kommen beS alten Sunbe^ ntel^r ge* 
l^abt l^ätten? SBie toäre bie« bamit ju bereinigen, ba^ ^ol^anne^ 
bod^ bamal« in einen 3toeifel barüber Verfiel, ob ^«fw« ber 3Reffia« 
fei , unb bod^ foDten alle frommen be« alten Jeftament« eine 
l^dl^ere ©ctoi^l^eit gel^abt l^aben? @a fd^einen i^m ©iejenigen,. ' 
toelc^e €ol(^e« bel)aupUn, ben altteftamentlid^en @tanb))un!t auf 
Äöften ber SBa^r^aftigleit ß^rifti öer^errlic^en ju toollen. 6r 
lommt gu bem @rgebni^, ba^ biefelbe ©runblage bed ©lauben« 
in Sejie^ung auf ©ott afö ©d^öjjfer unb Urheber be« $eite ia 
allen Stufen beg SReid^e« ©otte«, immer getoefen fei, babei aber 
ber fortfc^reitenben ©nttoidflung gemä^ ein öerfd^iebene« 3}taa% 
ber enttoirfelten er!enntni§ bon bem 3"^^!*« biefe« ©lauben«^ 
gleid^toie aud^ nad^ ber @rfd^einung Sl^rifti unter ben ©laubigen, 
berfelben 3«it 6ine ©runbloge be« ©lauben« bei einem berfc^ie* 
benen SKaaJe ber enttoidfelten ßrfenntni^. 6r f(^lie|t: „SBie 
SSiele ftnb getoig aud^ l^eute nod^ im d^riftlic^en SSolfe, toeld^e, 
jobgleic^ fie an bag etoige Seben unb bie gufünftige ffielt feft 
glauben, fidler barauf l^offen unb mit l^ei^er Se^nfud^t barnad^ 
»erlangen, bod^ bie ©eftalt unb ben Suftanb beffclben aud^ nid^t 
im ©eringften fid^ öorjuftellen toermiJgen! ©o gab eS aud^ ißiete 
Dor ber ©rfd^einung be« $eilanbg, toelc^e ben ©tauben an ©ott 
Ate an ben ÄHmäd^tigen feft^ielten, unb il^n liebten ate 2)en, ber 
il^nen ba« Jgeil au« ©naben );)er^eigen l^atte, an xf)n glaubten 



108 , Oenil^atbft Stampji mit i^ettr «IbSlarb 

aU ben in feinen SSerl^eilungen SSal^yl^aftigen , loeld^e mit Se» 
iot^eit auf einen Svlöfer l^offten, unb in biefem ®lauben unb 
biefer Sttoartung bad ^eil erlangt l^aben: ob fte gleid^ nid^l 
toulten, toann, unb tone, nnb in totläftx Drbnung bad l^etl^^ene 
^eü jtt ©tanbe lommen toerbe''^). 

^ter i|l aud& ju txtoäffnen bie ®eipe«freil^eit, mit ber bet 
3[bt $eter t>on Glugni; ben aÜmäUgen ®ntto)t(IIungS)}ro)e^ ber 
geoffenbarten SBal^rl^eit t>on bem alten jnm neuen Xeftament l^in 
ju betradjten h)u^t^ S)a« Sebenlen barüber, baft S^riftu« in ben 
St^angelien nid^t auSbrüdlicl^ al^ ®ott ftd^ bejetd^net l^aBe, glaubte 
er baburd^ befeitigen ju muffen, bafe ß^riftu^ öermdge fetner er» 
gtel^enben SBeid^eit fid^ ju bem @tanb))unlt ber iguben, bie Don 
il^rer geiool^iitcn meffianifd^en 2luffaffung«to)eife erft aHmÄlig jur 
SSetrad^tung ber gangen göttlid^n ^errlid^Ieit Sl^rifti l^ingefül^rt 
h)erben mußten, l^erabgelaffen l^abe. 5Dte ^uitn IJätten — fagt 
tt — ben öon ben 5Proj)^eten 3Serl^ei^enen nid^t ate ®ott er= 
lannt, fonbern für einen großen Äönig gehalten, ber h)eit größer, 
mäd^ttger, toeifcr unb geredeter, aü alle anbern jübifd^en Äönige 
fein h)erbe, ber nid^t auf götlltd^e, fonbern auf menfd^lid^e SBeife 
auf Erben allein, nid^t auf Srben unb im $immel, aU ber $err 
Sitter regieren to)erbe. ß^riftu« l^abe ftd^, ba er biefe ©enlloeife 
faft beS ganjefi SSoIIeS tool^l lannte, }u ben fd^to)ad^en @eelen 
^erabgelaffeU; unb il^nen erft attmältg, nid^t pVö^lxä), bie Jtennt^. 
ni^ feiner h)al^ren, in bem SReufd^en berborgenen ©ottl^eit mitge« 
tl^eilt. @r l^abe nid^t burd^ ben @Ian} feinet unerme^Iid^en Sid^td 
bie älugen ber SterbHd^en blenben tootten, fonbern il^ren geiftigen 
S3üdf etft affmälig baju bilben, baft fte jene« bigl^er beii ©terb^ 
lid^en unbefannte Sid^t feinet göttlid^en SBefen« ju betr.adjten öer^ 
möd^ten. ©r l^abe fte attmäKg öon bem SRieberen ju bem $ö^eren 
j^infü^ren tootten. Site Seleg für biefe« SJerfal^ren gebrandet er 
bie Sfrt, h)ie Sl^riftu« (aRattl^. 22) bie ©tette au« bem ^unbert* 
jel^nten ^alm benu|t ^abe *). Unb er fagt, er l^abe biefe ©ütte 
nid^t ben Slugen ber ßl^riften, fonbern ber Swben, nid^t ber 
©laubigen, fonbern ber Unglfiubigen k^orgel^alten ^). 



1) Tractatus ad Hagonem de S. Victore, c» 3. MabilL tom. I 
p. 630-32. 

2) Petri Venerab. epiat. ad Fetrum de S. Joaimi in biblioth. 
Ciuniacensis ed. Quercetanus pag. 969. 

3) L. c. pag. 973 : Sed dico eum tegixien illud, quo cjuandoque 
verba iÜa saa velare videtur, non ocuUs Christianorum, si bene at- 
tendunt, sed Judaeorum» non fideliam, sed infidelium visibus prae« 
tendisse. 



iinb Sbmoib bon i^redcta. 109 

5Dcr @ifet für feine $ergcng%oIoflte.tnad^te bod^ ben Sern* 
l^arb leincStoegS ju einem ©egner ber toiffenfd^aftlid^en Jlid^tung^ 
toeld^e in feiner Seit fo bebeutenbe 9leJ)räfentanten l^atte. Sr 
lie^ ftd^ leinegtoegg berletten, ben SBäertl^ jenet gu öerlennen, loie 
er aud^ mand^e Sßerlreter ber toiffenfd^aftlid^en Slid^tung ju feinen 
IJreunben l^atte. 3" "^^^ t h)ä3 er bon ber SSermittlung ber ju 
Oott fid^ erl^ebenben Setrad^tung burd^ bie Kreaturen fagt, toar 
ja aud^ ber 2lnfd^KeBung§})un!t für bie toiffenfd^aftlid^e Sermilts 
lung gegeben. ®r brüdt ftd^ fo barüber a\x^ ^), nad^bem er ge* 
fagt l^atte, bafe ba« §eU nid^t bom SSJiffen abl^änge: „'^äj möd^te 
tieHeid^t in bem ^erabfe^en ber SBiffenfd^aft ju toeit ju gelten, 
bie ©elel^rten ju tabetn unb ba« ©tubium ber SBiffenfd^aften gu 
tierbieten f d^einen. ^J^rn fei bie§ ! 3<^ ^eig tool^I, toie biet ber 
Äird^e genügt l^aben unb nod^ nü^en il^rc ©elel^rten, fei eg gur 
SBiberlegung ber SBiberfad^er, fei e« jur Selel^rung ber @infät» 
tigen. gd^ l^abe \ot>^ gelefen jene SBorte ber Sdjrift: 2)ie Seigrer 
h)erben leud^ten toie beS ^imntetö ©lanj; unb S)ie, fo SSiele gur 
©ered^tigfeit toeifen, loie bie ©terne immer unb etoiglid^ (S)an. 
12, 3). Sd^ loei^ aber aud^, loo id^ gelefen l^abe: 3)aS SBiffen 
bläl^t auf." Unb nad^l^er fügt er l^inju: „Sitte SBiffenfd^aft ift 
gut, ioenn fie nur auf SBal^rl^eit ftd^ ftü^t: aber bu, ber bu bir 
angelegen fein läffeft, nad^ Sßer^ältni^ ber flürje ber ^txi . mit 
gurd&t unb gittern bein ^eil ju fd^affen, fud^e jucrft mel^r ba^- 
ju erlennen, loa^ bir aU in naiverer Sejiel^ung ju beinern $eil 
ftel^enb erfd^eint. ©d^reiben nid^t bie Slerjte beg Seibe« in S5e* 
jiel^fung auf ben ©enujs ber ©}}eifen ein SKaa^ bor, toai^ früi^er 
unb toaS f))ätcr, unb in loeld^em ^aa^ ein jebeg genommen 
tuerben foK ? S)enn obgleid^ e§ erl^ellt, ba^ toa« ®ott gur ©Jjeife 
flefd^affen, ettoa« (Sute^ ift, fo mad^ft bu bir bod^ bag ®viit ^mvx 
9lid&t=®uten, loenn bu 3Raa^ unb Drbnung nid^t beobad^tefi 
3Kfo , ioenbet aud^ auf bie SBiffenfd^aften an, toa« id^ bon ben 
©^[)eifen fage. Slber id^ bertoeife eud^ bielmel^r auf ben Seigrer, 
toeld^cr fjjrid^t: SQSer ettoa« ju loiffen meint, ber toei^ nod^ nid^t^ 
auf bie redete Söetfe (1 Äor. 8, 2). 2)u fte^ft, ba^ er ®en, ber 
aSieleö loei^, nid^t belobt, loenn er bie redete Slrt beg SBiffen« 
nid^t lennt. 2)u fiel^ft, loie er bie ^Jrud^t unb ben 5Ru^en beg 
3ßiffeng bon ber redeten Slrt beffelben abl^ängen lä^t. SBa^ 
nennt er nun atfo bie redete SCrt beg SBiffen^? 2Ba3 anberg, 
ate ba^ bu toiffeft, in loeld^er Drbnung, mit toeld^em 
ßifer unb ju loeld^em Stoed^ bu Sitte« erlennen fottft? SDie Drb* 



1) Sermo in Cantic. 36 §♦ 2 sq. Mabill. I, 1399 sq. 
9ie anbei, bet l^elt. S3ernl^arb. g 



• 110 ©crn^arb« Äatn^f mit ftttt «Bälatb 

«ung, bafi bir ba« baö ßrfte fei, h)a§ mel^r jum $eil bicnt ; bcr 
(Stfer, ba^ bu angelcgentltci^er nad^ bem ftrcbcn follft, toa« tnel^r 
geeignet ift, bie Siebe in bir gu entjünben; baö giel, nid^t jum 
eitlen Stu^m, nid^t jum güth)i$, ober ettoaö 2Cel^nUdJe8, fonbern 
nur ju betner unb be« Släd^ften ©rBauung." 3)ann fagt er 
f)>äter^): „3)ie ©eele ntu^ guerft ftd^ felbft erfennen; benn h)a^ 
totr feBbft finb, ift un« bag Siäd^fte. Unb eine fold^e ©rfenntnift 
Wäl^t nidjt auf, fonbern bemütl^igt, unb pe ift eine Vorbereitung 
gur ©rbauung. 2)enn ba« geiftlid^e ©ebäube fann nid^t feftftel^en,. 
toenn e« nid^t auf bem feften ©runbe ber 3)emutl^ rul^t. gerner 
fann bie ©eele nidjtg finben, toa^ geeigneter ift, fie gur SJemut^ 
ju fül^ren, ate toenn fie in äBol^rl^eit ftd^ felbft erfennt: möge fie 
nur jtd^ felbft öor il^r eignet ängeftd^t l^infteUen unb ftd^ nid^t 
toon fid^ felbft abjutoenben fud^en. Sffiirb fie nid^t, toenn fie fo 
ftd^ felbft in bem l^eHen Sid^te ber äBal^rl^eit betrad^tet, fid^. mit 
ftd^ felbft in Sffiiberfjjrud^ ftel^enb erfennen?" Ss erhellt, toie 
Seml^arb bem SBiffen ni(^t in fid^ felbft feinen 2Bertl^ jufd^rieb, 
fonbern auf ba« 5ßra!tifd^e Sitte« bejog. 

SBir loerben bei Sernl^arb feinen Stoff finben, feine eigen- 
ll^ümlid^e Sluffaffung atter d^riftlid^en $au))tle^ren ju berüdffid^=: 
ligen. S)a toir bon feiner 2luffaf[ung ber (£rlöfung§lel^re bei 
feinem ©treit mit 3lbälarb gu reben SSeranlaffung l^^aben ioerben, 
tootlen toir l^ier nur einen ^ou^jt^junft befonberiS l^eröorl^eben : 
feine Slnftd^t bon 5ßräbeftination, (änabe, ^J^eii^eit unb 9led^tfer= 
ligung. S)ag auguftinifd^e ©^ftem toar in biefem S^ttalter bai^ 
l^errfd^enbe, baS bie au^gejeid^netften S^eologen burc^ il^r innere^ 
Seben unb il^r ®enfen fxd^ gang angeeignet l^atten. 3)ieS loar 
aud^ bei Seml^arb ber gfatt. 2)aS ®efü^l ber Slbl^ängigleit bon 
©Ott unb bem ßrlöfer, bag Söloment ber Eingebung toar aud^ in 
feinem religiöfen Seben ba« öorl^errfd^enbe. ©« jeid^net'aber ben 
teligiöfen ©eift unb bie borftd^tige leufd^e 3)ialeftif ber 2:i^eologen 
biefer 3^it, toie eine« Slnfelm öon ßanterbur^, $ugo a ©t. SSiftore, 
3tobert ^utte^n, au^, ba^ fte in ber äuffaffung ber Seigre bon 
ber ^räbeftination unb ©nabe atte fc^roffen Uebertreibungen, 2lKcg, 
toaS ba« religiöfe unb fittlid^e ©efül^l beriefen fonnte, ju meiben 
fud^ten. S)al^er il^r ©treben, ©nabe unb freien Söillen in 
Sinllang mit einanber bargufteffen, fid^ fo auggubrüdfen, al§ oh 
fx« aud^ bem freien SQÖitten il^r Siedet toiberfal^ren liefen; unb 
man fönnte bal^er bei bem erften Slnblidf meinen, bafe fie loirllid^ 
bem freien aSäillen afö bem Sebingenben bei ben S3Bir!ungen ber 
©nabe mel^r jufd^rieben, atö bag ftreng auguftinifd&e ©Aftern ij^neu: 



1) L. c. §. 5 pag. 1400. 



«nb-2ftttoIb t)on SBrcöcta. Hl 

erlaubte. S)o(i^ \oenn man näl^er jujtel^t, toitb man tnne toerben, 
bag bie§ um tt\oai ©d^einbareS ift, iDoburd^ fie bieOeid^ fid^ 
felbft bie fd^roffen ©eiten il^reg ©^ftemg berbedften, unb baß fte 
bodj burd^ ii^re bialeltifd^en SßSenbungen immer toieber ju bem^ 
toa« bie Äonfequenj beS auguftinifd^en ©^ftemg bertangte, einju* 
lenlen tougten. Slud^ S3ernl^arb tourbe bur(^ feinen leufd^en jjral^ 
tifd^=reKgiöfen ©eift belogen, bie ©d^roffl^eiten ber ^tSräbeftino^ 
tion^Iel^re ju meiben^. nad& einer Harmonie jtoifd^en (Snabe unb 
freiem 9Siffen ju ftreben. ©oute er fid^ aber bon jenen bialel^ 
tifd^en 2:]^eoIogen in biefer Sejiel&ung unterfd^eiben, unb bem 
freien SSBitten al§ einem ber galtoren bei bem ^eil beS SWenfd^en 
toirllid^ me^r jufd^reiben? SBir lönnen au§ einem befonberen 
t>on il^m über biefen (Segenftanb gefd^riebenen Sud^e, ba^ toir 
naiver betrad^ten h)t)ffen, feine Seigre erlennen, fein S3ud^ de 
gratia et Jibero arbitrio^). 

35ie merltoiirbige SBeranlaffung, toeld^e bem Sernl^arb nad^ 
feiner eignen SCeu^erung baju gegeben tourbe, ein foId^e§ Suc^ 
ju fd^reiben, toar eben biefe, baß bie 3lrt, toie er fid^ in einer 
Unterrebung über bie ®nabe au«gef))rod^en l^atte, ju biel gu fagen 
fd&ien, ate toenn er bem . freien SBäiffen gar nid^t« übrig laffe. 
(Segen biefen SSortourf tpottte er fid^ red^tfertigen. ®r l^atte 
nämlid^ in ©egentoart mel^rerer Slnbem ftd^ fö auSgefjjroc^en: 
,,ex berbanle e8 ber göttlid^en ®nabe, baß pe il^m bd bem 
Streben jum ®uten juborgelommen fei, burd^ biefelbe fül^Ie er 
ftd^i aud^ im ©uten geförbert, unb er ^ojfe, baß er burd^ biefelbe 
jur aSoHenbung gelangen toerbe." S)a'fagte einer ber Umftel^en= 
ben : SEBa^ ift benn bein 3:i^un babei , ober toeld^e Setol^nung 
l^aft bu ju I& offen, toenn ®ott allein Sllleg tl^ut? »ernl^arb fagte 
barauf: Unb toaS l^aft bu benn gu ratl^en? 2)er 2lnbere toottte 
nun jtoar mit SBernl^arb aner!ennen, baß bei bem SOSerfe ber Se^ 
lel^ruttg urfjjrünglid^ 3lIIe3 ber ®nabe gu berbanfen fei, meinte 
aber, baß nad^bem ber SJlenfd^ bon ber ©nabe MeS emjjfangen 
l^abe, er ftd^ nun berfelben burd^ feine eigene SBiKenöbeftimmungen 
treu ertoeifen muffe, um ba« ©mjjfangene betoal^ren ju fönnen. 
Unb eUn bon biefer ©eite fd^ien il^m S3ernl^arb, toag bon bem 
freien SOBitte^t abl^ange, nid^t genug anerlannt ju l^aben, SDeßl^alb 
antujortet er: „©ieb bie @l^re bem ©ott, ber ol^ne bein SJer- 
bienft bir juborgelommen ift, bid^ angeregt, bid& in baS d^riftlid^e 
Seben juerft eingefül^rt ^at, unb lebe fernerl^in feiner loürbig, 
bantit bu bid^ gegen bie em}}fangenen SBol^Itl^aten n^t unbanfbar 
unb fä^ig, neue ju em))fangen, betoeifeft." S)em Sernl^arb aber 



1) Mabillon I, pAg. 603 sq. 



112 Sem^arb« ^Qmp\ mit $ctn 91B£(atb 

fd^iett burdj einen fold^en "äiati) bem SDlenfd^Iid^en )u biet cinge^ 
räumt 3u tüetbfn, unb t)on biefev ®eiie glaubte er bal^er afö 
Vertreter ber ®nabe ftdj au^frred^en ju muffen. ,,S)u giebft mir 
einen guten fRati), — \pxaä) er — toenn bu mir aber aud^ bie 
SWittel gtebft, tl^m ju folgen. ®enn e8 ift nid^t eben fo leidet, ju 
toiffen, ioad }U ti^un fei, unb ed }u t^un: benn ed ift ni^t 
baffelbe, bem Slinben ben ffieg ju geigen unb bem SKatten Äraft 
}u t)er(eil^en. SBer mid^ bad @ute lel^rt, giebt mir nid^t gleid^ 
bie 3ÄitteI, e8 ju erfüllen. S« t^ut mir atoeierlei 3tot1f: belel^rt 
}u h)etben über ia^, xoa^ id^ }U tl^un l^abe, unb unterftü^t ju 
toerben. 3)u 5iHenfd^ giebft gtoar ber Untt)iffenl^eit einen guten 
Statin, aber loenn ber ^po\id bie SBal^rl^eit fagt, fo unterftü^t 
ber ®eift unfre @d^toad^^eit (fRbm. S, 26). ßnblid^, SDer, toeld^er 
mir burd^ beinen SKunb ben.Statl^ gießt, mu| mir aud^ burd^ 
feinen ®eift bie $ü(fe berleil^en, bamit id^ erfüllen lönne, toaS 
bu mir gerat^en l^aft. 2)enn fiel^e, feiner ®a6e Derbanfe id^ fd^on 
bag aöäotten, bod^ baö SSottbringen pnbe id& nid^t (Sftöm. 7, 16)i); 
aber id^ l^abe aud^ nid^t baö Vertrauen, ba^ id^.e« nid^t nod^ 
finben toerbe, toenn mir nid^t 35er, toeld^er mir bdg SSoIIen ge* 
geben ^at, aud^ ba« SBoHbringen Derleil^t nad^ feinem gnäbigen 
SBiKen. 2Bo — lä^t er bann ben Stnbern fragen — ftnb alfo 
unfre SSerbienfte, ober too ift unfre Hoffnung? äJernimm, fage 
id^ : 3flid^t um ber SBerfe teiffen ber ©ered^tigleit, bie toir getl^an 
l^atten, fonbern nad^ feiner Sarml^erjigfeit mad^te er un^ felig 
(SCit. 3, 5). SDu l^aft t>ieaeid^t geglaubt, baft bu ber ©d^djjfer 
beiner SBerbienfte feift, bafe bu burd^ beine ©ered^tigfeit gerettet 



1) SBernl^arb :|)flcgte biefe SBorte, ber f^ätcrn Stnftd^t Slugupin« fot* 
geub, auf bie SSiebergebornen gu begießen, löic c8 \i6) ja leidet crflärcn läßt, 
baß (Siner k)on bem «Stanb^unfte ($rif!li($er @rfal^rung aus in mannen 
SD>2omenten bed inneren Sebeng ba9 l^ier Sludge[^ro<i^ene an ftö) felbß toal^c* 
junel^mcn meinen fonnte. <Öo fagt ^ernl^arb, serm. in Cant. 21, Mabill. 
I p. 1330: „@o tcdt Qn6} einp @eelc geförbert fei, fo lange fle* unter 
bicfem Seibe be« 2:obe« feufjt, unb in bem Werfer biefer argen SBclt eiugc* 
f^loffeu ifl, muß fic fid^ langfomer unb träger jur ©etra$tung ber gött*, 
Rdjen S)inge erl^eben, unb eö flc^t t^r nid^t frei, überatt^n bem Bräutigam 
in folgen» 2)al^er jene tl^ränenbolle Stimme Neffen, ber ba feufjt: S^ 
elenber iWenfdJ, »er »irb mitl^ erlöfen öon bem Mbt biefe« XoH^?' Unb 
an einer anbern ©teile, 1. c. serm. 26, p. 1353: „©ie^fi bu, »ojer au(i 
ben f(^8nflen ©eelen einiger 9iofl auflebt? 2lu8 ben glitten Äebar« («ßf. 
320, 5), and ber Uebung eined mü^ebollen 2)ienfled, au« ber IBänge ber un« 
glü(fli(|en ^ilgerfd^aft, au9 ben ^ebrängniffen einer fd^meren Verbannung, 
tntüä) au8 bem gebred^Iidfien unb fd^toeren Seibe: benn ber fierblidje Seid^nam 
befd^toeret bie @eele, unb bie irbtfdje ^üttc brüdt ben gerflreuten @inn 
(SeiS^. (SjaL 9, 15). ®a^er toerrangen fle an(i) na6} ber Sluflöfung, nm 
Befreit toom Seibe in S^rifii Sfrme gu eilen. 3)abcr fagt aud^ eine Don ben 
fld^ unglüdtid^ fül^lenben ©eelen: Sd^ elenber 3Kenf4 tt>er toirb mid^ er» 
löfen toon Um Seibc biefe« 2;obe«?" • 



unb SCrnoIb ton Sbvt^tia, 113 

tocrben lönncfi, ba bu boii^ nid^t einmal 3«f«^ bcttten,$ettn nennen 
lannft anberg^ afö im l^eilißen ®eift? $aft bu fo Dergeffen, loer 
gef^jrod^en l^at:. Dl^ne mid^ lönnt ii^r nid^tg Ü)un {^o^. 15, 5). 
6^ liegt nid^t an S^wianbe^ SBotten ober Saufen, fonbern an 
©otteS ßrfeamen (SÄöm. 9, 16)? 2Öag tl^ut bentt alfo, fragft 
bu, ber freie SBiUe? 3<^ antworte lurj: ßr lä^t ftd^ ba« $eil 
tJerletl^en ^). 5Rimm ben freien Sßitten l^intoeg, unb eS fel^It ba§, 
toag bag $eil emjjfangen foH: nimm bie ©nabe l^intoeg, unb e^ 
toirb an bem fel^Ien, tool^er bag $eil üertieJ^en toirb. 3)ie§ SßSerl 
lann ol^ne Seibeg nidjt boHbrad^t toerben : ba^ ©ine, bon toeld^em 
l^er, baS 2lnbere, für toeld^eg ober in toeld^em eg üottbrad^t toirb. 
©Ott ift ber Url^eBer be« $eifö, ber freie SBille ift nur bag bafür 
6m|)fängKdJe : ' nur ®ott f ann e§ Derleil^en, nur ^ber freie SöiHe 
es ent()fangen. ®3 lann e6enfo toenig oi^ne bie 35efttmmung be3 
(Smjjfangenben, atö ol^ne bie ®nabe beS SSerleii^enben gefd^el^en. 
Unb fo mu^ gefagt toerben, ba^ ber freie SGBitte gufammentoirle 
mit ber bag §eil Uerleil^enben ®nabe, inbem er beiftimmt, ba§ 
l^eigt, inbem er fid^ jum $eil fül^ren lä^t. 2)enn Beiftimmen 
l^eifet fid^ jum $eil fül^ren laffen." ^Jaffen toir bieg im äuf^m^ 
menl^ange mit bem SJorl^ergel^enben auf, fo h)irb bod^ nid^t mel^r 
barin liegen, toenngleid^ einzeln genommen mel^r barin liegen 
lönnte, aU ba^ bie ®nabe in ber ^orm beS Uon il^r mit innerer 
Siotl^toenbigleit angebogenen freien SBäittenS toirle, ber, burd^ bie 
aWad^t ber ®nabe fortgeriffen, il^r formett beiftimmt. ÄeinegioegS 
loirb baburd^ bem freien SBitten bie gäl^igfeit eingeräumt, ftd^ ber 
.©nabe entioeber l^injugel^n, ober ftd^ il^r ju öerfd^Iie^en. 9iur 
fö ionnte aud^ Sernl^arb bie abfolute ^ßräbeftinationSfel^re mit 
feiner Slnftd^t berbinben. Unb bieS erl^ellt aud& au^ bem %oU 
genben, too 35ernl^arb, loie SKuguftin, ben 5!Renfd&en afö SBern'unft- 
loefen t>on ben Xl^ieren baburd^ auSjeid^net, bag in il^m allein 
bie ©nabe fo in ber gorm ber Vernünftigen ©elbftbeßimmung 
loirfen lönne. „5Die 2:i^iere — fagt er — ftnb für ein fold^e« 
©eil nid^t emjjfänglid^ , loeil fie beS SSermögenS freier Seiftint* 
mung ermangeln, Vermöge beren ber Vernünftige ©eift bem ©Ott, 
ber ba« $eil verteilet, auf eine fanft^ SQSeife beiftimmt, fei e«, 
ba§ er bem ©ebietenben fid^ l^ingiebt, ober bem Serl^ei^enben 
glaubt, ober bem Serleil^enben banit. 2)enn ettoaS anberS ift 
eine freie Seiftimmung, ttm^ anberS ift ein au^ 5Raturnotl^n)en= 
bigfeit i^erVorgel^enbeö SSerlangen." Sr bejeid^net biefe ben 
SWenfd^en Vor ben 2:i^ieren au^geid^nenbe ©elbftbeftimmung bann 
freilid^ h)ieber auf eine SBeife, bie, einjeln für pd^ genommen^ 

1) Salvatur. 



114 Beni^arbft $t(mp\ mit $tter Hb&tarb 

mel^r au entl&alten fd^einen lönnte. ,f(^ ift — fagt « — bet 
freie SBiffe ein Setmööen ber frei ftd^ fettft Beftimmenben ©eele; 
benn er toirb nid^t flegtoungen, er totrb nid^t erjjre^t. ®« gel^t 
toom SBiUen, nid^t bon etner Slotl^toenbtgfeit au8; er »erfaßt ftdj 
Äeinem, «nb gtebt ftd^ Äeinem ^in, anber« aU loittentlid^ ^)." 
er fagt ttad^l^er^): ,,S3Bte lann bem ferner, toa« nid^t in ftd^ 
felbft frei ift, enttoeber Outeg ober Söfe« jugered^net toerben? 
3)enn 6eibe8 ift ja SBcrl ber Slotl^toenbigleit. Unb burd^ 9lotl^*» 
tocnbigleit toirb ^eil^eit au^gef d^Ioff en : too aber leine greil^eit 
ift, fann leine ©d^ulb, unb alfo aud^ lein ©erid^t fein/' 5Rur bie 
®rbfünbe nimmt er au«, inbem er l^ier ein anbrei^ SSerl^ältni^ 
fe^t, nad^ äuguftin eine in einem Verborgenen Sufammenl^ange 
Begrünbete Ilj^eUna^me an ber ©djulb abam« annimmt, tooburd^ 
toieber bie ^Jreil^eit fd^einbar gerettet unb bod^ aufgegeben totrb. 
©ö bient jur SSeftätigung beffen, toaS ttyix bon feiner 2lrt, ®nabe 
unb freien äBillen in @inflang ju fe^en, fagten, toenn er an einer 
ft)äteren ©teile ftd^ fo au^brüdt: „2)er SBitte lann jtoar ber= 
änbert toerben, aber nur in einen anbern SBillen, fo ba^ 
er nie feine ^reil^ett öerKert. ®r lann fo toenig biefer Ie|tern, 
aU feiner felbft beraubt toerben *)/' Sil« 35eleg filiert er an bag 
Seif))iel ber SBal^nfinnigen, ber Äinber unb ber ©d^lafenben, Ui 
benen toon leiner ^w^^ci^uung bie SRebe fein lönne. 

(5r nimmt biefe breifad^e tJteil^eit an: bie tjteil^eit bon ber 
©ünbe, t)on bem ©lenbe unb bon ber 3iotl^toenbigIeit, 2)iefe 
le^te betrad^tet er als eine in ber Slatur begrünbete, bie erfte 
aU bie burd^ bie ©n'abe toicberl^ergejieffte, bie mittlere afö bie 
bem etotgen fieben borbel^altene. ^J^bem er fidj auf bie ©teile 
Sol^. 8, 36 : ,,©0 eud^ ber ©ol^n frei mad^t, fo feib il^r red^t frei/' 
beruft, fagt er: „§ier giebt er ju erlennen, bag ber freie Söitte 
eineg SefreterS beburfte: aUerbingg aber eine« fold^en, ber il^n 
befreite nid^t öon ber SRotl^toenbigfeit, toeld^e ber SÖiHe afö aßiHe 
gar nid^t iannte, fonbern t>on ber ©ünbe, in toeld^e er fo frei 
afe toillentlid^ Verfallen toar." ßl^arafteriftifd^ ift, toie er feinen 
formalen Segriff Vom freien SIBißen bejeid^net: „J)ie ^eil^eit 
Don ber 5Rot^toenbigIeit fommt auf gleid^e SBeife ©Ott unb aÜen 
Vernünftigen guten unb böfen Kreaturen gu. ©ie toirb toebcr 
burd^ ©ünbe nod^ burd^ ®(enb Verloren ober Verminbert; fie ift 

1) Est enim habitus animi, Über sui. Siquidem nön cogitur, 
non extorquetur. Est quippe voluntatie, non necessitatis ; nee negat 
fie, nee praebet cuiquam, nisi ex voluntate. 

2) L. c. cap. 2 §. 5. 

3) Potest quidem mutari voluntas, sed non nisi in aliam volun- 
taten), ut nunquam amittat libertatem. Tarn ergo non potest pri' 
vari illa, quam nee se ipsa. 



/ unb Slmolb J)on SBrc«cia. 115 

nid^t größer in bem Oercd^ten, afe in bem ©ünber, nid^t tooH= 
fommner in bem @ngel, aU in bem SKenfd^en. 3)enn toie bte 
Seiftimmung be^ menfd^Iid^en SBiHeng, burd^ bie ©nabe jum ©uten 
][^ingeh>anbt, ben 3Kenf(^en ju einem freitoiHig ®uten unb in bem 
©Uten freien mad^t, infofern er gu einem SBiffigen gemad^t, nid^t 
öegen feinen SBillen gejogen toirb ^): fo mad^t fte il^n, nad^bem 
€x freiwillig in'^ Söfe [xä) geftürgt l^at, bod^ in bem 83öfen ju 
einem frei ^anbelnben, inbem er ^d^ burd^ feinen SBilten beftimmt, 
nid^t anberglDol^er gejtoungen ft)irb, bö)e }u fein." 2öenn aud^ 
ba^ 93öfe einem tjernünftigen SBefen fo jur Siatur getoorben, ba^ 
eg nid^t anberg alg böfe l^anbeln fann, bod^ loenbet er ben SBe^ 
ßriff ber ^J^eil^eit auf einen fotd^en Swft<*"b an, toeil ba^ bet= 
nünftige äßefen fid^ felbft jum Söfen beftimmt. Unb fo lann er 
aud^ bei ben burd^ bie ©nabe angebogenen 3Kenfd^en toon einem 
freien ^anbeln reben, toeil fie, toennglcid^ unbetoufet burd^ eine 
^ö^ere SKad^t beftimmt, fid^ bod^ felbft beftimmen. Unb l^icr ftefft 
er auf unflare SBeife fel^r Serfd^iebenartigeö, toie bie greil^eit 
©otteg, bie ^eil^eit beg ©atan jufammen^j. 3iad^ bem 83ei= 
fj)iel be§ 2luguftinug beftreitet SJerulj^arb mit ben bebeutenbften 
bialeftifd^en 2:^eologen feiner 3^it ben :|j^lagianifd^en Segriff 
ber SOäittengfrei^eit, afe ber ^^^igfeit, immer auf gleid^e 
2Beife jtoifd^en bem ©uten unb 33öfen toäl^len ju fönnen. ®r 
fagt bagegen: „Seiner glaube alfo, ba^ ber freie SBitte beßl^alb 
ein fold^er genannt toorben fei, toeil er mit gleid^er SRad^t ober 
flleid^er Seid^tigfeit jtoifd^en bem Söfen unb ©uten ftd^ betoege: 
ia er burd^ pd^ felbft tool^l fallen, nur aber huxä) ben ©eift 
©otteg fid^i toieber aufrid^ten lonnte. ©onft toürben aud^ ®ott 
unb bie feiigen ©eifter Vermöge il^rer Untoanbelbarfeit im ©uten 
tiid^t frei genannt toerben lönnen; unb aud^ bie böfen (i^eifteip, 
bie nid^t anberg ate böfe fein fönnen, toürben nid^t frei ju nennen 
fein ^)/' älber er toeig bie ©ränge nid^t ju finben jtoifd[|en ber 



1) Quo voluntarius efficitur, non invitus pertrahitur, 

2) Et sicut caelestis angelus, aut etlam Deus ipse, permanet li- 
bere bonus, propria videlicet voluDtate, non aliqua extrinseca ne- 
cessitate: sie profecto diabolus aeque libere in malum et corruit^ 
et persistit, suo utique voluntario nutu, non alleno impulsu. Manet 
ergo libertas voluntatis, ubi etiam fit captivitas mentis, tarn plena 
qaidem in malis, quam in bonis, sed in bonis ordinatior; tarn in- 
tegra quoque pro buo modo in creatura, quam in Creatore, sed in 
illo potentior. 

3) L. c. cap. 10 §. 35 pag; 616: Nemo proinde putet ideo dic- 
tum liberum arbitrium, quod aequa inter bonum et malum pote- 
State aut facilitate versetur: cum cadere per se (]uidem potuerit, 
non autem resurgere, nisi per do mini spiritum. Alioquin nee Deus, 
nee angeli sancti, cum ita sint boni, ut non possint esse mali, ne& 



116 «ern^atb« $tamp\ mit $eter ^Utaxh 

9el^au^tung einer fo toeit gettieBenen formalen ^eil^ett unb ber 
S3e]^au))tung ber formalen t^reil^eit überl^au^t. 

SBenn SBernl^arb in biefer ^inftd^t mit bem Sluguftin ntü> 
ben auögejeidjnetften Äird&enlel^ern feiner Seit übereinftimmt, fo 
«nterfd^eibet er fid^ l^ingegen öon il^nen in einem loid^tigen ^unlte^ 
toorin er ein tiefereiJ SBerftänbni^ ber Jjaulinifd&en Seigre ju er» 
lennen giebt unb ate Vorläufer be8 ^roteftantigmug erfd^eint^ 
ein ^unft, ber, Leiter enttoidfelt, il^n ju mand^en loid^tigen, mit 
ber fird^lid^en Änfd^auung^toeife feiner Seit ftreitenben Srgebniffen 
gefül^rt l^aben mü^te. ®ie l&errfd^enbe Sluffaffung feit Sluguftin 
l^ob in ber Sted^tfertigung be« SKenfd^en baS fubjjeftiöe ®fe» 
ment l^erbor, bie justificatio ate innere (Sered^tmad^ung, Heiligung, 
bie fubjeltibe göttlid^e SebenSgemeinfd^aft mit ßl^riftu«. Unb ba 
cntftanb nun bie gtage, toeld&e bie ©emütl^cr beunrul^igte : SBie 
lann ber 9Renfd^ ®etoi^l^eit barilber l^aben, Oetoi^l^eit alfo aud^ 
barüber, bafe er ju ben ^räbeftinirten gel^öre, ba biefe burdj jene* 
fubjeftiöe innere SWerlmal au^gejeid^net fein fottten. Sernl^arb 
aber toar, fo biel toir toiffen, ber ßinjige in biefer Seit, ber ®rfke 
nad^ Sal^l^unberten , ber burd^ tiefere« SSerftänbni^ be« 5ßaului^ 
toon bem inneren fieben au« unb burd^ bie unter feinen inneren 
Äämjjfen gemad^ten (Srfal^rungen bal^in gefül^rt tourbe, ba« ob« 
ieftiüe SRomcnt bei ber Sled^tfertigung befonber« j^eröorjul^eben, 
ba« SJertrauen auf bie objeltiöe ®nabe ber ßrlöfung in il^rer 
aintoenbung auf S)en, ber burd^ ben (Slauben fte fid^ aneignet. 
SlUerbing« l^ielt er ba« Dbjieittt>e unb ba« 6ubie!tit)e in bem 
Segriff ber justificatio nid^t immer fd^arf au«einanber, unb »er*» 
fiel aud^ jutoeilen in bie getoöl^nlid^e religiöfe 3lnfd^auung«loeife 
unb Qpxa^e feiner S^it; aber bie Slid^tung ium Dbjeftiöen ift 
l^ier bod^ immer ba« Sorl^errfd^enbe bei i^m. 2Bir toollen guerft 
eine ©tctte J^erUorl^eben , in ber ftd^ befonber« fein tiefere« intui= 
iiöe« (Clement ju erfennen giebt: ,,D ber allein toal^rl&aft ©elige, 
bem ©Ott feine ©ünben nid^t jured^net! S)enn deiner ift DJ^ne 
©ünbe. SBer loirb bie @rtoä^lten ®otte« aber auflagen? @«ijl 
mir gu aller ©ered^tigfeit genug , einen gnäbigen ®ott gu l^aben, 
toie er e« ift, gegen ben id^ allein gefünbigt l^abe. Stile«, toa« 
er mir nid^t anjured^nen befd^loffen l^at, iji, al« toenn e« nid&t 
getoefen toäre. Slid^t ju fünbigen ift ©otte« ©ered^tigleit: bie 
©ered^tig!eit be« 3Kenfd^en ©otte« SJergebung. ^d^ fal^ bie«, unb 
erfannte bie SBal^rl^eit jene« 2lu«f))rud^«: SBer au« ©Ott geboren 
ift, fünbigt nid^t, toeil bie ©eburt au« ©Ott i^n rettet (1 ^ol^. 



praevuricatorem item angeli, cum ita sint mali, ut jam non valeant 
esse boni, liberi arbitrii esse dicentur. 



unb 8(rnoIb Dön ©re^cw. 117 

8^ 9). 35tefe ©cBurt au^ @ott ift bie etoige 5ßtäbeftination, ber* 
möge toeli^et ©Ott feine Sluöertoäl^ften ßeltebt unb biefelben ftd^ 
tool^[0cfätttfl gemad^t i^at in feinem geliebten ©ol^ne bor ber SBelt« 
f ci^ö!()fung ; fie erfc^einen il^m fo in bem ^eiligen, ba| fie feigen 
f oUten feine Äraft unb feine ^ettlid^Ieit, bamit fie ©enoffen feiner 
©rbfd^aft fein fottten, loie fie feinem Silbe äl^nlid^ ftnb. ^^ be« 
merfte alfo, ioie biefe toären, ate toenn'ftc nie gefünbigt l^ätten; 
toeil, toenn fie a\x^ in ber Qüt irgenbtoie gefünbigt l^aben, e« 
bod^ fd^toinbet in ber SSetrad^tung ber ©toigleit, ft)eil bie Siebe 
beg aSaterg bie 3Wenge i^rer ©ünben bebedt^)." 2Bir erlennen 
l^ier bie tiefe Sluffaffung ber Jjdulinifd^en 5ßräbeftination8lel^re, 
nid^t im S^föwimenl^ang mit einer SSertoerfunggfel^re, fonbern in 
aSerbinbung mit ber ^U^ öon einem l^immlifd^en Urbilbe ber 
^enfd^lleit in ßl^rifto, toie ade ©laubigen ftd^ ber geitlofen 2ln= 
fd^auung ©otteS barfteKen atö biefem Silbe einverleibt, aU ein^ 
mit ßl^riftug, ber gbee na6} in il^m gegrünbet; unb biefe 2luf= 
f affung t)on ber Sled^tfertigung, toie fie in ber jeitlofen Slnfd^auung 
©otteö fd^on afö tjottenbet ftd^ barftellt, mag ftd^ aHmälig burd^ 
mand^e Sd^loanlungen l^inburd^ in ber S^i* enttoidfelt. SDSir er« 
toäl^nen ferner bie SBorte SSernl^arbS in ber Slnrebe an S^riftu^ : 
;,@g Verbreitet fid^ Von beiner ©er^d^tigfeit überaß ein folc^er 
SBol^lgerud^ , ba^ bu nid^t blofe ber ©ered^te, fonbern aud^ bie 
©ered^tigleit, unb jtoar bie gered^tmad^enbe ©ered^tigleit ge:= 
nannt Joirft. Snbli^, bu bift fo mSd^tig jur Sled^tfertigung, loie 
reid^ im Vergeben. SJa^er, toer ioegen feiner ©ünben jerlnirfd^t 
nad^ ©ered^tiglett l^ungert unb burftet, ber glaube nur an bid^, 
ber bu bcn ©ottlofen geredet mad)\t, unb burd^ ben ©lauben 
aKetn gered^tfertigt, toirb er ^rieben mit ©ott l^aben 2)." @« ge= 



1) Serm. in csBtic. 23 §. 15. Mab. I, 1344: O solus vere beatus, 
cui non imputabit dominus peccatumi Nam qui non habuerit pec- 
catum, nemo. Omnes enim peccaverunt, et omnes egent gloria Dei. 
Quis accusabit tarnen adversus electos Dei? Sufficit mihi ad om- 
netn justitiam solum habere propitium, cui soli peccavi. Omne quod 
mihi ipse non imputare decreverit, sie est quasi non »fuerit. Non 
peccare, Dei justitia est: honiinis justitia, indulgentia Dei^ Vidi 
faa#ß, et intellexi illius sententiae veritatem: Omnis qui natus est 
ex Deo, non peccat: quia generatio caelestis servat eum. Generatio 
caelestis, aeterna praedestmatio est, qua electos suos Deus dilexit 
et gratificavit in dilecto filio suo ante mundi constitutionem, sie in 
sancto.apparentes sibi, ut viderent virtutem suam, et gloriam suaro, 
quo ejus forent consortes hereditatis, cujus et apparerent conformes 
imaginis. Hos ergo adverti quasi nunquam peccasse: quoniam etsi 
qua deliquisse videntur in tempore, non apparent in aeternitate: 
quia Caritas patris ipsornm cooperit multitudinem peccatorum. 

2) L. c. §. 8 p. 1337: At vero justitiae tuae tanta ubique fra- 
grantia spargitar, ut non solum justus, sed etiam ipsa dicaris ju- 



118 öcrn^arb« Äam^f mit ^cter W>oiath 

f)M nod^ l^ierl^er ein metfhJürbtger Srief, ben 33crn]^atb übet ben 
ßnttoiilung^^jro^eß be« retifliöfen Sebeng an einen angefel^enett 
9Bann fd^rieb, ber bem ©iftetcienferorben fld^ toibmen tooHte. 
SßSir feigen l^ier, toie Sernl^arb bon bem ©ubjeltiben bod^ immer 
h)iei?er jum Dbjeltiben jurüigefül^rt toirb. Salier ber Unterfd^ieb 
jtoifd^en il^m unb anbern lird^lid^en a^^eologen, bajj toenn biefe 
ben ©laubigen bermöge beö Seh)u|tfeing feiner immer nod^ 
anllebenben ©d^toäd^e nie feinet §eilg unb feiner ^ßräbeftination 
ßetüife iDerben liefen, Sernl^arb l^ingegen eine fold^e ©tufe ber 
d^riftlid^en ßnttoitflung bejeid^net, too ba^ SSehJu^tfein ber Siebe 
(Sottet biefe ©etoife^eit bem ajlenfdben berlei^e. ®r rebet babon, 
ft>ie au§ ber gurd^t ®otte« ftd^ bie Siebe enttoidfelt. „©iel^ft bu, 
— fd^reibt er — ba^ bie ^urd^t borangel^t, bamit bie Siebe folge ? 
3>ieKeid^t toerben toir alfo burd^ bie gurc^t berufen, burd^ bie Siebe 
gered^tfertigt. 3)er Oered^te enblid^ lebt mi bem (Slauben^ ol^ne 
Stoeifel bemjenigen, ber burd^ bie Siebe ibirffam ift." Su^x\t 
fe^t er bie $räbeftination in bem fd^on früher bejeid^neten ©inne, 
ate Vermittlung jur SSoHjiel^ung berfelben bie Berufung unb 
Sled&tfertigung. S)arüber fagt er: „S^ber, ber burd^ bie gurd^t 
berufen tüirb, gered^tfertigt burd^ bie Siebe, bertraut, ba^ aud^ er 
jur S^^I ber ©eligen gel^ört, inbem er nämlid^ toeig, bafe ®ott 
diejenigen, bie er gered^tfertigt, aud^ berl^errlid^t \)at 6r ber= 
nimmt feine Berufung, inbem er bon ^Jurd^t erfd^ütteirt toirb: er 
ibirb aud^ feiner Sfted^tfertigung inne, inbem er bon Siebe erfüllt 
ibirb: unb foUte er in feine SSerl^errlid^ung 3Jli6trauen fe^en? ®r 
l^at ba^ geiftlid^e Seben begonnen, er ift geförbert toorben: unb 
foHte er an ber SSoKenbung allein berjmeifeln ?'' (£r fd^ilbert 
bann, toie ein ber SGBelt gang ergebener aJlenfd^ juerft jum l^öl^eren 
Seben ertoedEt ibirb : „8lber ibenn einmal bie l^immlifdjfe ®rbarfhung 
eine§ SSlidEeg il^n toürbigt, unb ben ©eift ber S^rfnirfd^ung il^m 
fenbet, bajj er feufge unb fid^ beiel^re, fein Seben beränbere, fein 
gleifd^ begtt)inge, ben 5Räd^ften liebe, ju ©Ott fd^reie unb ftd^ ferner= 
l^in bornel^me, ©ott, nid^t ber SßJett gu leben, fo crfennt er bcr= 
möge biefer $eimfud^ung beg göttlid^en Sid^tg burd^ bie ©nabe 
unb biefer ':|jlö|(id^en SSeränberung burd^ bie 3Kad&t beg ^öd^ften, 
ba^ er je^t mit died)t nid^t mel^r ein Äinb beg 3örn«, foiAern 
ber ©nabe fei ; benn er erfäl^rt an fid^ ben Setoei« ber göttltdjcn 
SSaterliebe gegen fid^. ©d^on getoinnt 2)er, toeld^er ber elenbefte 
SBurm ft)ar unb be^ etoigen §affe8 toürbig, bag Vertrauen, ba^ 
er geliebt toerbe, toeil er fid^ inne tbirb, felbft ju lieben : ja biel* 

Btitia, et justitia justificans. Tarn validus denique es ad justifican- 
dum, quam multus ad ignoscendum. ' Quamobrem quisquis pro pec- 
catis compunctus esurit et sitit justitiam, credat in te qui justincas 
impium, et solam justificatas per fidem^ pacem habebit ad Deum. 



unb arnolb t>s>n 8re8cta. 119 

mel^r, toeil er üorl^etfül^lt, bag er geliebt toerbe, fd^eut er jt^ 
ttid^t, toieber gu lieben. @r liebt alfo mit Siedet, toeil er ol^ne 
SBerbienft geliebt toorben. älfo lommt an*« Sid^t jum a^roft beö 
©lenbctt ber gro^e StatJ^fi^lufe, it)el(i^er t>on ®toigfeit l^er im Sd^oo^ 
ber 6tt)igleit »erborgen loar: ba^ (Sott nid^t ben S^ob be« ©uns 
ber« \t>iU, fonbern baß er fid^ belel^re unb lebe. 2)u l^aft, o 
SRenfd^, afö S«W9^« i>i^^^ ©el^eimniffe« bei bir ben red^tfertigen^ 
ben ©eift, ber eben baburd^ beinem (Seift bezeugt, ba^ aud^ bu 
ein Äinb ®otte« btft. . Äeiner alfo, ber liebt, fei ungetoife barüber^ 
baß er geliebt toerbe. (Sern folgt bie Siebe ©otte«, bie unfrer 
t)orau«gegangen ift, berfelben toieber. SDenn toie foHte er S>ic 
nid^t toieber lieben, toeld^e er geliebt i)at, nod^ el^e fie i\)n liebten? 
(Sr l^at fie geliebt, fage id^, jja er l^at fte geliebt. 35enn bu l^affc 
afö Unter))fanb feiner Siebe ben ©eift, bu l^aft aud^ einen treuen 
Sürgen, Sefu«, unb jtoar ben gelreugigten. 6in hopptlUx, unb 
ber *fid^erfte Setoei« ber Siebe ®otte« gegen un«!'6^riftu« ftirbt, 
unb loerbient, geliebt ju loerben. 2)er ©eift betoegt bie ©emütl^er, 
unb mad^t, baß fte lieben. SBie fel^r muß man befdj^ämt loerben, 
toenn man mit unbanibaren äugen l^at ßl^riftu« fterben feigen 
lönnen! tüa« aber bod^ leidet gefd^iel^t, toenn ber ©eift fe^lt.'' 
Unb er fü^rt l^ier bie ©teDe SRöm. 8, 32 an. „2)a toir alfo 
einen gtoiefad^en Seloei« unfre« $eite l^aben, bie jloiefad^e 2lu8s 
gießung feine« Slute« unb be« ©eifte«, fo frommt feiner bon 
beiben ol^ne ben anbern. SJenn ber ©eift it)irb nur ben an ben 
®efeeu^igten ©laubenben gegeben: unb ber ©laube gilt nid^t«, 
toenn er nid^t burd^ bie Siebe toirifam ift. 3)ie Siebe aber ijl 
eine &aU be« ©eifte«." „2öer — fagt er nad^l^er — ift ber ®e= 
redete? SQBer ben ©ott, ber il^n liebt, toieber liebt; toa« nid^t 
anber« gefd^iel^t, al« toenn burd^ ben ©eift bem 3)lenfd^en ber 
etoige Sftatl^fd^luß ®otte« über fein $eil offenbart toirb. ®iefe 
Offenbarung ift aber nid^t« anber«, al« bie ©ingießung ber geift^ 
lid[;en ®nabe, burd^ toeld^e, inbem bie 3Ber!e be« ^kifd^e« ertöbtet 
toerben, ber 3RenfdJ für bie §errlid^Ieit be« Sleid^e« borbereitet 
toirb ; inbem er in feinem ®eifte jugleid^ emj)fängt ba«, toa« i^m 
ba« aSertrauen giebt, baß er ein ©egenftanb ber göttlid^en Siebe 
fei, unb bie Äraft, toieber ju lieben, um nid^t umfonft geliebt 
toorben ju fein^)." 

®ie borl^errfd^enbe Slid^tuhg S5ernl^arb« auf ßl^riftu« giebt 
ftd^ auc^ in feiner merltoürbigen 5ßolemiI gegen eine um pd^ 
^reifenbe übertriebene äRarienJjereljfrung ju erfennen ; unb e« jetgt 
fid) l^ier jugleid^ fein feufd^e« geft^alten an bem göttlkl&en SßJort. 



1) Ep. 107 §. 4-9, Mabill. I, 112—4. 



120 9eml^att« itam^f mit $cter tCbSIatb 

Sene üBcrtrieBene Setel^tung l^atie bie aJleinunfl ' J^ertJorgeBtad^t^ 
bag 3Raxxa, um toürbiged Organ für bie ®tn^fängni§ Gl^rtfti ju 
fein^ frei öon ber ®rbfünbe l^ätte erzeugt toerben muffen; unb 
fd^on begann man in mand^en @egenben ein barauf ftd^ be)iel^n:» 
beg geft au feiern. Sffienngleid^ Sernl^arb felbft in ber ^etUflen« 
unb SUlarienüerel^rung feiner 3«i* befangen toar, fo trat er bod^ 
aU ©egner biefer Uebertreibungen unb 9fleuerungen auf. 6r 
fd^rieb bagegen an bie Jtanoniler )u S^on : „^a foofjl tft bie 
SKutter be« $errn fel^r ju öerel^ren ; aber e8 mu^ ba« redete Ur= 
tl&eil babei fein: fte bebarf feiner falfd^en ©l^re." ßr fd^ilbert 
fobann bie l^o^e SBürbe berSWaria, fe|t aber ^ingu: ,,aber nur, 
toa« id^ öon ber Äird^e über fie emjjfangen, ^alte id^ mit ©id^er* 
l^eit. feft unb überliefere eg Slnbern : too bie« nid^t ber gatt ift, 
lann id^ e« nid^t ol^ne SSebenlen julaffen.'' ®r toiH gelten laffen, 
ba^ fie öon ©eburt an gel^eiligt toorben, toe^l^alb aud& il^r ®e- 
burtgfeft gefeiert toerbe, baft fte burd^ eine übernatürlid^e Heiligung 
Dor aller ©ünbe betoal^rt toorben fei. SBenn man aber bie« 
toetter augbel^ne, bafe aud^ il^re ßnnjfängni^ gel^eiligt toorben fei, 
um fie }u einer toürbigen 3Jlutter 3efu ju mad^en, fo bürfte man 
bie« mit äl^nlid^em Siedet aud^ ber di$x^t nad^ auf il^re SSoreltem 
antoenben; unb fo toürbe e« in*g Unenblid^ gelten, unb unjäl^lige 
gefte müßten geftiftet toerben. ,,3)tefe SWenge ber gefte — fagt 
er — gel^ört für baS SSaterlanb, nid^t für bie 3^it, ba h)ir, nod& 
fern t)on ber §eimatl^ finb." 2)ie SSert^eibiger biefer Steuerung 
beriefen fid^ auf ajjolr^jjl^ifd^e ©d^riften. 2)arauf antwortet Sem^ 
l^arb: aud^ über bie ©Item ber 3Raria liegen fic^ fold^e bid^ten, 
unb fe^t l^inju: „^^ Überrebe mid^ leidet, mid^ nid^t irre mad^en 
ju laffen burd^ fold^e ©d^riften, für toeld^e toeber SSernunftgrünbe 
finb, nod^ eine ftd^ere Slutorität." aOäenigften«» — meinte er — 
^ätte man öor ber (Sinfü^rung einer fold^en Steuerung [xä) juerft 
an ben aj)oftolifd^en ©tul^I »enben, unb nid&t burd^ bie Einfalt 
einiger SSÖenigen fid^ beftimmen laffen fotten^). 

SSernl^arb toar, toie in Segiel^ung auf bie aJlarienöerel^rung, 
fo aud^ in Sejiel^u^g auf bie §eiligeni)erel^rung ber eigentl^üms 
lid^en d^riftlid^en ©eiftegrid^tung feiner Seit nid^t fremb; fein 
religiöfe« Seben unb feine 3)enln)eife geigt ftd^ baburd^ gefärbt. 
Slber ba« il^n befeelenbe religiög^fittlid^e ®eifte«element tritt aud^ 
l^ier l&ert)or im ©egenfa^ mit ben Iranll^aften 3lu«h>üd^fen feiner 
3eit. ^m ©treit mit feiner eigentl^ümlic§en Sle^tfertigungglel^re, 
Jooburd^ er über feine Seit ]^inau«ging, glaubte er bod^ nod^ ber 
3Kittler ju bebürfen, um fi^ mit öoHem SSertrauen ju ß^riftu« 



1) Ep. 174 Mabill. I, 169 sq. 



«nb SIrnoIb toon ©re«cia. 121 

erl^eben ju lönnen. 6l^nftu§ etfd^icn il^m in feiner Stetnl^eit uttb 
^eiligteit gu f)0(fy, aU bag man ftd^ im SSetüu^tfein ber eignen 
©ünbe immer unmitteftar an if)n felbft toenben lönnte. äBitt* 
Idmmen fofften bem ajlenfd^en in bem S5eh)u^tfein feiner ©ünben 
bie ii^m nÄl^er ftel^enben 3Rittler fein, bie ie|t berllÄrten ^eiligen, 
bie einft an ©ünben il^m gteid^ getoefen toären, bal^er feinen Stt= 
ftanb am beften lännten, am meiften SKitgefü^I aug ber eignen 
©rfal^rung mit il^m l^aben müßten, beren 3Witgefül^l atö ein burd^ 
l^immlifd^e Siebe öerllärteg je^t getoi^ ein befto innigere^ fei. 
k>af)cx follte man ju ben gürbitten ber ^eiligen im Setou^tfein 
ber eignen ©d^toäd^e feine guflud^t nel^men. @r fagt in einer 
an bem gefte be^ $ßetru« unb 5ßaulu« gel^altenen ^Prebigt^): 
^^jßetruig unb 5ßaulug, ba^ ftnb bie'beiben großen Sid^ter, iüeld^e 
©Ott an ben Seib feiner Äird^e h)ie ein gh)iefa(|e§ Slugenlid^t ge*» 
fe|t'l^at. 2)iefe finb mir ate Seigrer unb 3Kitt(er gegeben, bag 
id^ mid^ ftd^er il^nen Vertrauen lönne: toeil fie mir bie Seben^- 
loege belannt gemad^t l^aben, unb id^ burd^ il^re SSerm'ittlung gu 
jenem SWittler loerbe emjjorfteigen lönnen, ber gefommen ift, burd^ 
fm 3?lut tjriebe ^ju mad^en jtoifd^en bem, toag im §immel unb 
toa^ auf ßrben ift. ®enn er ift in beiben 3iaturen ber reinfte, 
ber feine ©ünbe getl^an l^at, unb in beffen SKunbe fein 2^rug 
erfunben toorben ift. SBie toerbe id^ alfo, ber id^ über bie SWaajsen 
©ünber bin, ju il^m l^ingugutreten toagen, ba er nid^t reiner ijnb 
i^ nid^t unreiner fein fann? Qd^ mu^ fürd^ten, in bie §änbe 
beg lebenbigen ©otte^ ju fallen, toenn id^ il^m naiven ober an 
il^n mid^ gu l^alten toage , ba il^n t>on mir eine f o gro^e Äluft 
trennt, toie bie gh)ifd^en bem ©uten unb S3öfen. ©ej^i^alb l^at 
mir ©Ott jene 3Renfd^en gegeben, bie 3Renfd^en toaren, unb ©ün- 
ber, unb gloar bie größten ©ünber, toeld^e in fid^ felbft unb an 
ftd^ felbft lernen foUten, toie fie Slnbrer ftd^ erbarmen müßten. 
35enn großer ©ünben fd^ulbig toerben fie leidet großen ©ünben 
aSergci^ung getoäi^ren, unb toerben unS mit bem Maa^ it)ieber 
meRen, mit benen i^nen gemeffen toorben ift." Slber fern baöon 
iffc er, ein falfd^eS 3Sertrauen auf bie ^eiligen ju begünftigen. 
Smmer toeift er befonberö barauf l^in, ba^ e§ barauf anfomme, 
bem 33eifj)iele i^reS SBanbefe nad^jufolgen. 3lxS)t ben SQäunbern 
ber ^eiligen, fagt er, fonbern bem S3eifJ)iele il^rer d^riftlid^en 
S^ugenben folle man nad^ftreben. „Sa^t ung — fagt er — in 
ben ©itten 35enen äl^nlid^ toerben, benen in ben SBunbern äl^ntid^ 
toerben, aud^ toenn toir e§ toottten, toir nid^t lönnten." IXnb 
er fül^rt bann toeiter au^, toie man in ben einzelnen 2^ugeni 



1) Mabill. I, 



122 «crn^atb« 9amp\ ^it ^ct«r 2(6&(arb 

ben bem 8etft)iele bet ^eilt^en, beten Snbenten man fette, nad^ 
3ufoIflen fud^en müjfe*). 

Sflad^bem toir in Setnl^atb ben SRepräfentanten ®iner tl^eo* 
logtfdfen öauj)tri(i^tun8 feiner 3«'* betrad^tet l^aben, tootten totr 
nun unfern 8Ii4 bal^in toenben, toie eine berfelbtgen entgegen« 
gefegte au« bem enttpidtIung«})roae^ ber Silbung feiner Stii f)tx^ 
borging. 

S)a« Seitalter SSernl^arb« toar bie S^i* «inw großen Ärifi« 
in ber tl^eologifd^en ©nttDidCIung. ^urd^ bie R&mp^e )tt)ifd^en ber 
teligiöfen unb tl^eologifd^en Slid^tung, an beren ©})i|e er fkanb, 
unb jtoifd^en ber entgegengefe^ten mu^te e« für bie folgenben 
Sal^rl^unberte be« SKitteloIter« entfd^ieben toerben, toeld^en SBeg 
bie toiffenfd^aftlid^e @ntit)id(Iung im äSerl^ältni^ )u bem religiöfen 
@e6iet nel^men foQte. Die tDid^tigften fragen, bie ba« S)enlen 
aller d^riftlid^en 3<il^rl^unberte befd^äftigten , über ba« SSerl^ältni^ 
bed (Sriennend gum ©lauben lamen bamate gur &pxaife, @$ 
toar bie ^rage, ob ba^ äSerftänbni^ ber göttltd^en 3)inge unb baiS 
ffirlennen berfelben, fo biel ed bem ®eift in biefem irbifdjen ©a« 
fein möglid^ ift, bom @Iauben unb Seben, t)on ber innern reli- 
giöfen Srfal^rung au^gel^en muffe, ober ob e« ber redete SJBeg fei, 
ba^ aQe Uebergeugung t)on ber ^al^rl^eit, iniSbefonbere aud^ aKe 
teligtöfe Uebergeugung, an^ bem S^^eifel afe einem 3)urd^gangg* 
pmii für bie forfd^enbe SSernunft fid^ l^erauSbUbe. ©o fel^r aud^ 
bei einem auguftinug, in beffen ©d^riften biete Äeime neuer 
gorfd^ungen für bie folgenben Qal^rl^unberte lagen, baö intellet 
tuette S'^t^^^ff^ borl^errfd^te , fo toar er bod^ burd^ feine eignen 
Seben^erf al^rungen , bie ÄämJ)fe, bie il^n bom SDlanid^äi^mu«, 
@Ie))ticigmu« unb ^latoniSmud )um @lauben fül^rten, überzeugt 
loorben, ba^ man nid^t burd^ bad S)enlen bon au^en l^er in bad 
3nnere ber religiöfen äBal^rl^eit einbringen lönne, fonbern ba^ 
ed l^ier ber 38eg bed SebeniS fei, ber gur Uebergeugung unb ium 
aSerftänbni^ fül^re, ba^ ber SKenfd^ guerft in bemütl^iger Angabe 
bermöge be^ ©(auben^ bie religiöfen SÖial^rl^eiten in ftd^ aufge« 
nommen, burdj ba§ hineinleben in ber SBelt beö ßl^riftentl^um« 
l^eimifd^ getoorben fein muffe, um mit einer SSernunft, bie bon 
bem toiebergebomen ©emütl^e au^ eine neue äiid^tung erl^alten 
unb berllärt toorben, in fie einbringen unb ftd^ be^ SnJ&ftÖ^ unb 
Sufammenl^ang« ber göttlid^en SSJalS^rl^eit betonet toerben gu lönnen. 
a)ie§ toar ber ©inn bon augufting au« feiner gangen SebenSent^ 
ioidlung l^erborgel^enbem 5ßrinci}): Fides praecedit intellectum. 
3n biefem ^xxncip toar ber ®egenfa§ gegen einen einfeitigen 



1) Sermo I in nat. S. Vict. Mabill I, 964. 



unb SCrnoIb toon ©rcöcta. 125 

3[ntetteItuaK§tnu8 gegeBcn. Unb baffdbe ging in bie in biefem 
Zeitalter neuettoad^enbe tl^eologtfd^ t?«>^f^wng über. ®aburd^ 
tourbe aud^ il^r bei allem f^jefulatiben ^[ntereffe, allet SBorliebe 
für bie bialeftifd^e SRid^tung, toeld^c ber guerft gum 33etou^tfein 
feiner Äraft ertoad^enbe ©eift Verlangte, bie SRid^tung gum^ra!» 
tifd^en^ gegeben, ^n biefer 35ejtel^ung ift befonberg ber SSater 
biefer neuen Xl^eclogie, ber einer frül^eren ©enetation angel^ört, 
2lnfelm, ber juerft in bem Älofter 93ec in ber SRormanbie, bann 
in ßnglanb aU ßrjlßifd^of öon ßanterbur^ tüirfte, ju nennen. 3n 
il^m feigen tüir bie beiben ©runbtid^tungen feiner ^dt, bie reli= 
giöfe unb bie biale!tifd^=f)>rfwIflHbe, l^armonifd^ mit einanber ber» 
bunben. Slnfelm forf d^te nid^t, um au§ 3^^if^fn ben 2ßeg gum 
©lauben gu fxnben. SDie Schärfe feineö SDenfeng lonnte i^n in 
bem ©egenftanbe feinet ©lauben^ nie irre mad^en. 3)er linblid^e 
©laube blieb il^m immer unangetaftet. ©eine ©etoigl^eit toar 
auf innere Sebenöerfa^rung gegrünbet. SSon ber SutJerjtd^t feinet 
©laubenS an^ tourbe er gum 3)enlen l^ingetrieben. @ben toeil 
er üon ben religiöfen SBal^r^eiten guberfid^tUd^ überzeugt toar, 
unb bie öoffe 33efriebigung feineg ©emütl^g barin fanb, aber aud^ 
baS gntereffe be§ 3)enleng mäd^tig fid^ bei ii^m regte, toar er 
übergeugt, ba^ lein SBiberftreit l^ier ftattfinben lönne, baß toa^ 
fid& aU SBal^rbeit bem ©lauben txpxoie, aud) ber benfenben 3Sers 
nunft, bie ben ^nl^alt be^ ®lauUn^ in fid^ aufnel^me, afö SSJal^r* 
l^eit fid^ erjjroben muffe. @r toollte ba§, toag il^m im ©lauben 
fd^on getoi^ toar, aud^ burd§ 3Sernunftgrünbe afö ^itoa^ 9flot]^:= 
toenbige« erlennen. 2)er ©laube foBte ber Vernunft bie fjlügel 
geben, um fid^ gur ©rienntnife ber gpttlid^en 2)inge emjjorgufd^tüingen. 
%f)öxiä)t, meinte er, fei e^, bie'^ erreid^en gu tooHen, el^e bie 3Sera 
nunft burd^ ben ©lauben bie %lix^d em})fangen, um fid^ über bie 
SBelt gu ©Ott gu erl^eben. (Srft muffe man im ©lauben ein Äinb 
toerben, um bie 3)inge gu erfennen, bie 6l^riftu§ ben Äinbern 
unb Unmünbigen geoffenbart l^abe. Einem inteHeltualiftifd^en 
SSernunftbünfel ^) fid^ entgegenftellenb, toar er übergeugt, baft nur 
bie bemütl^ige Vernunft in ber (Srlenntni^ göttUd^er 2)inge fort=* 



1) )6et feinem Streben, ben @tnf(ang gtDtfd^en fides unb ratio bar* 
gutl^un, tonnte bot^ Slnfelm felbfl, »ie cd fc^eint, einem S5crbac(>t Don Letten 
feinet für bie firt^Itt^e Ott^obo|:ie eifrigen unb eiferlü^tigen 2t\)nx$ 2an* 
frant nt(!(t entgelten; benn biefer ermahnte i^n in diüdft^t auf fein tl^m 
gngefd^icited Monologium, quaedam solertius appendenda et cum 
eruditis in sacris codicibus conferenda, et ubi ratio deficit, divinis 
auctoritatibus accingenda. flnfelm aber rechtfertigte fld^ bamit, er ^fabe 
in ber ganjen ^bl^anblung uicf^tB behauptet/ nisi quod aut canonicis aut 
b. AuguBtini dictis incunctanter posse defendi videremus. V. lib. 
I ep. 68. 



124 eern^arb« $tamp\ mit $eter SbSlarb 

fii^reUen IBnne. Seine Sofung, t)on ber alle feine Snitoidlungen 
geugen: Non intelligere, ut credam, sed or^edere, ut intelligam« 
aSo bie Sernunft jum Srienncn au« ben tl^rem SOäefen entf))re- 
c^enben @rünben baju gelangen lann, foK fte (Sott bafür banlen, 
ber il^T butd^ ben ©lauUn ba« Sid^t berliel^en; b)o fie ed nid^t 
l^ennag, foK fie fd^tDeigenb anbeten, unb bad berborgene heilig« 
tl&um nid^t erftütmen toollen ^). ©ic foff, ftdj ber in biefem Seben 
tl^r nod^ anllebenben ©({iranlen betonet, in il^rem Streben nad^ 
@rlennen fid^ bod^ nid^t irre mad^en laffen, inbent fie toti^, bag 
in einem l^öl^ern Seben , toaö in biefem nod^ berfd^Iof[en ift, il^r 
to)irb geöffnet fein, toenn fte ftd^ burd^ bie bon bem ©tauben au^- 
gel^enbe Heiligung bafür em^jfänglid^ gemad^t l^at. Da« toaren bie 
Sbeen Slnfelmg. aSon biefen ©runbfä^en jeugte er im' Äamj)f 
mit bem e})od^emad^enben 2)ialeftiler feiner 3^i** ^^^ Äanonifer 
3lo3ceIIin au« 6onH)iegne. SQäenn audj berfelbe nid^t, tote ber 
gleidj ju ertoäl^nenbe 9leJ)räfentant ber freieren bialeltifd^en SRid^- 
tung, ben ber Harmonie jtoifd^en linblid^em ©lauben unb 3)enlen 
bei Slnfelm entgegengefc^ten ©runbfa^ , ba^ bie gorfd^ung burd^ 
3toeifel jur Ueberjeugung gelangen muffe, auöbrüdfüd^ äu«f))rad^, 
fo toar boc^ feine eigent^ümlid^e bialeltifd^e 9tid^tung eine fold^e, 
bie gum ©fejjHcigmu« l^tnfül^rte, toie toenn toir beulen an jenen, 
ben Äeim einer ganj . Iritifd^en Slid^tung ber SSernunftforfd^ung 
in ftd^ tragenben @a$, ber t>on if^m audgef))rod^en fourbe: bie 
SSegriffe Sl^eil unb ©anje« lönnten leine objeltibe SRealität l^aben, 
inbem ja bod^ ba8 ©ange bie SCI^eile boraugfe^e, ber 2^eil aber 
nur beftel^e in Segiel^ung auf baö ©anje^j. ®8 toar getoife bie 



1) Nullus (juippe christianus debet disputare, quomodo quod 
catbolica ecclesia corde credit, et ore confitetur, non sit: sed sem- 
per eandem fidem indubitanter tenendo, amando, et secundum illam 
vivendo, humiliter quantum potest» quaerere rationem quomodo sit. 
Si potest intelligere^ Deo gratias agat: si non potest, non immittat 
cornua ad yentilandum, sed submittat caput ad yenerandum. Citias 
enim potest in se confidens bumana sapientia impingendo cornua 
sibi evellere, quam vi nitendo petram ^hanc evellerö. Anselm. de 
fid. trin. ed. Gerberon 1721 pag. 42. 

2) S)ie mcrttoücbigen SBorte abätarb« in feiner S)ia(ef tif cfr. Ouvra- 
ges in^dits d'Ab^lard p\xbh par Cousin Paris 1836 pag. 471 : Fuit 
autem, memini, magistri nostri Roscellini tam insana sententia ut 
nullam rem partibus constare vellet, sed sicut solis vocibus species, 
ita et partes adscribebat. Si quis autem rem illam quae domus est, 
rebus aliis, pariete scilicet et fundamento, constare diceret, tali 
ipsum argumentatione pugnabat: si res illa quae est paries, rei il- 
lius quae domus est, pars sit, cum ipsa domus nihil aliud sit quam 
ipse paries et tectum et fundamentum, profecto paries sui ipsius et 
caeterorum ^ars erit. At vero quomodo sui ipsius pars fuerit? 
Amplius omnis pars naturaÜter prior est suo toto. Quomodo autem 
panes prior se et aliis dicetur, cum se nnllo modo prior sit? 



unb SCrnotb ton ©rcecia. 125 

SSetfd^elgung beö Bei btefem ftommcn unb tteffinnigen aWanne 
gleid^ ftarten teßgiöfen unb Jjl^ilofo^l^ifd^en gntcreffeg, toa« il^n 
jum l^efttgen ©cgner 3lo3ceIIih§ mad^te. Dl^ne* bie SRcalität ber 
Sbeen, bie ber SRominali^mu^ leugnete, meinte Slnfelm, giebt e§ 
ieine ©rJ^ebung be« ©eifteS über bie ©inneniüelt unb alfo leine 
toal^re ©rfenntnigfjEeine objeftitoe SKal^rl^eit toeber für ben ©lauben, 
Tto4 ba§ SQSiffen. ©o mu^ bie bem ®eifte ju (Srunbe liegenbe 
SSejiel^ung ju ®ott, bem UrqueC aKer SBal^rl^eit, unb feine SSer- 
binbung mit bemfelben, tool^er atte§ SQBaj^re be^ S)enlen gufliefet^ 
geleugnet toerben. 2)er gwfammenl^ang t)on ©ein unb Senlen 
tft gegrünbet in bem ®ott, öon bem 33eibe§ l^errül^rt ^). Sßermöge 
biefer SSerfd^meljung be§ ireligiöfen unb t>^^Uöfo})l^ifd^en ©tanb* 
pnnlk^ unb 3ittereffe§, fonnte e3 nun anä} freilid^ gefd&el^en, ba^ 
er öon feinem religiöfen ©lauben an^ in feine bialeltifc^e g^orm 
einen l^öl^em ©el^alt l^ineinlegte, aU berfelben urfjjrünglid^ ein^ 
tüol^nte, burd^ feine tüiffenfd^aftlid^e SJletl^obe erliefen ju l^aben 
metttte, toa§ i^m anber^tool^er gen>i^ h)ar> ba^ er o^i^ne SSermitt:? 
lung ben ^l^ilofojjl^ifd^en'' ©tanbjjunit gleid^ in einen religiöfen 
umfe^te: tok U>enn er in feinem ontologif^en 83ett)eife für ba§ 
S)afein ©otte« ba§ Slbfolute, in tüeld^em ^bealität unb aiealität 
ein§ ftnb, gleid^ ol^ne äße Vermittlung in ben lebenbigen ©Ott 
be§ religiöfen Seh)ü^tfein§ ftd^ öertoanbeln lä^t, hDie il^m fubjeltiD 
Vermöge jener SSerfd^meljung 35eibe§ ibentifd^ toar. ferner ging 
Slnfelm UÄd^ Sluguftin öoran in ber Siid^tung, Vermöge ttjeld^er 
al« ©egenftanb^ beg ©tauben^ unhjiHfürlid^ aUf^ in ber lird^Iid^en 
UeBerlieferung ©egebene angenommen unb aufgenommen tourbe^ 
unb jur 3)emutl^ ber gläubigen Vernunft aud^ bie Untertüerfung 
unter bie Slutorität ber Äird^e gel^örte. Unter biefer Vormunb*^ 
f<i^aft^ bie aber, toeil bie Äird^e aud^ aU eine innere 3Rad^t i>on 
bem Seben ouS ba§ 35enlen bel^errfd^te , nid^t ate ein bon an^m 
l^et jtoingenbeg ^o^ gefül^It hjurbe, foHte fid^ bie in biefem Um^ 
freife freie ^Jorfd^ung entioidfeln. ©o l^ing bei Slnfelm äUeö auf 
unmittelbare SBeife unb in einer innerlid^ begrünbeten Harmonie 
gufammen; aber bicfe fo mit einanber berbunbenen Slid^tungen 
unb Elemente lonnten in ßntgtoeiung mit einanber geratl^en unb 
in Rampf mit einanber öertoidEelt toerben. 3)iefe ©rfd^einung 
jeigt fid^ unö in' bem SJlanne^ bon bem toir nun reben wollen. 



1) 3)tc Sorte 3ln(e(m« in feinem Dialog, de veritate cap. 10 ed. 
Oerberon pag. 113: Cum veritas quae est in rerum existentia, sit 
efTectum summae veritatis, ipsa quoque causa est veritatis quae 
cogitationis est, et ejus, quae est in propositione. Unb im Pröslog, 
CA]p. 14 pag. 33 : Quanta lux illa, de qua micat omne verum, quod 
rational! menti lucet! 

Vttanhtx, ber ^cil. ^ern^arb. 9 



126 Scrn^arb« J(an4>f mit $€ter 9(5(arb 

in abälatb, bet in feinem gertijfenen Seien grabe ben ©egenfo^ 
t>on älnfelmd linblid^er unb J^otmonifd^er Sttd^tung barfteOt/ in 
feiner enttoidflunft Dom Sloiefj)aIt unb 3h>eifel au« ber ©egenfa^ 
Don bem innigen (Sinllang jtoifd^en religiöfem Seben unb S)enfen 
Bei bem Slnfelm, ber gana ein SRann au9 einem ©tüd ioar. 

Sb&Iarb, ein mit glänjenben Talenten at(|gerüfteter SRann^ 
ber fid^ aber berfelben au6j fel^ betonet toar, toie man erlennt 
nid^t blo^ aui feinen frül^eren ^anblungen, bie il^n in fo Diele 
Streitigfeiten Dertoicf elten , fonbern an^ ani ber ärt feine« Äe= 
ben« über ft(^ felbft in einer feiner fi)äteren Sd^riften, bie er 
»erfaßte, afö er bie Seben«ftürme, bie jum 2:i^eil berfdjulbei, ium 
%f)c\l unDerfd^ulbet il^n trafen, unb bie gu feiner fittlid^en Sau* 
terung tool^I SRand^e« beigetragen, überftanben l^atte, feiner S)ia* 
leltif, in toeld^er er feine eignen Seiftungen im SBergleidJ mit 
älteren })reift ^). ©in au«geaeid^neter gorfd^er *) l^at Don Slbälarb' 
gefagt, bafe er loo^l Diel f>on ber SJerel^rung feiner ©d^üler, aber 
Ifödjft feiten Don ber Siebe feiner fjreunbe rebe. 2)ie«, lann bem 
Äbälarb gum Sobe unb jum a;abel gereid^en. @« lann jufammen* 
l^fingen mit bem J&egeid^neten 6§aralterfel^ler; aber e« fann aud^ 
gufammenl^ängen mit ber auSgegeid^neten Originalität Slbälarb«,, 
*er feinem S^^^^^^^^ f<> f^^"*^^ Dermöge feine« eigentl^ümlid^en SSer^^ 
l^ältniffe« gu feinen S^itgenoffen ben ©eiflern 'berfelben fo xom^ 
befreunbet toar, Don biefen in Dieler ^infid^t fo ungered^t beur* 
tl^eilt tourbe, ber aber eine fo grofte 3lnjiel^ung«Iraft über bie 
gugenb au«übte, bie in feine feinem Seitalter fonft fremben 3been 
unb aflid^tungen einging, ©etoife mu^te etloa« me^r ate.Ialter 
®goi«mu« in bem 5IRanne fein, ber fo bie Sünglinge gu begeiftern 
Dermod^te, ber, &^mpat1)k ber ©eifter unb ®emfitl^er toetfenb^ 
greunbfdjaft mit ber Sugenb ftiftenb leierte, unb fo eine ©d^aar 
begeifterter ©djüler bilbete. 

Slbälarb ift ein merltoürbige« 33eift)iel Don bem engen S^ 
fammenl^ang gtoifd^en bem fittlid^en unb bem inteUeltuellen Sie- 
mentbe« ©eifte«, Oeftnnungunb SBiffenfdJaft. 6« geigt ftd^ überall bei 
il^m mel^r ber SRangel be« ßl^aralter«, al« be« S^alent«. Säre er 
ein 3Rann Don fittlidj reinem ßl^aralter getoefen, fo toürbe er 
aud^ in ber SBJiffenfd^aft mel^r geleiftet l^aben. @« toürben nidjit 
blo^ eingelne anre^enbe ^been Don il^m au«gef)}rod^en iDorben 



1) Dial. ed. Cousin pag. 228: Confido autem in ea, qaae mihi 
largius est, ingenii abundantia, ipso cooperante scientiarum dispen- 
satore, non pauciora vel minora me praestitutarum eloquentiae pe- 
ripateticae munimenta, quam illi praestiterunt, quos latinorum ce- 
lebrat studiosa doctrina. 

2) ©einrid^ 9litter, ©c^id^tc ber $^ilofoJ)l^ie «b. VII. @. 405. 



'nnb iUttotb t>oti iöMcia. 127 

fein unb einen wÄdJügen @influ^ auf feine S«t8^w«ff«n ausgeübt 
I^a6en, fonbetn er toürbe auä) .ein ®anje« ber toiffenfd^aftlid^en 
SRid^tung bon otiginettet Sebeutung l^aben burdjfül^ren fönnen, 
toenn biefeg anä) ber ütertoiegenben JRid^tung feiner Seit l^ättc 
toeid^en muffen. Slber ber 3«^?J?iff««^«i* feiner bon ftreitenben 
Elementen betoegten ©emütl^^art entf^^rid^t aud^ bie 3^^ff^nl^eii 
feiner tl^eoIogif(|en ©enitoeife, in toel^er toir Don ber einen 
^üte bag-©ireBen nad^ einer gefunben, ©lauten unb SfiJiffen, 
Offenbarung unb SSemunft mit einanber berföl^nenben unb ium 
ßinllang bringenben S^l^eologie, Don ber anbern ©eite rationali^ 
ftifd^e Elemente, unb bann toieber SKerfmale bon ber ^crrfd^aft,, 
bie ber lird^Iid^e @u))ernaturali^mu$ feiner Stit über feinen @ei^ 
ausübte, erfennen, SBie er felbft pd^ beffen tool^I betonet toar, 
toarjpn borl&errfd^enbe ©innKd^Ieit, ^od^mutl^, ©i^rgeij unb QiUU 
leit feine ©runbfel^Ier. Sn ber bon il^ felbft gefd^riebenen ®e«. 
fdjid^te feiner Unglüdtgfälle ^) beaeugt er, toie er, beraufd^t burd^ ben 
großen SeifaQ feiner SSorlefungen, bie SBad^famleit über fid^ felbft 
bergeffen unb bon ber ©innlid^feit fxä) l^abe fortreiten laffen ^). 
SRad^bem äbälarb, ber fd^on unter ben S)ialeltifern feiner Seit 
eine bebeutenbe 3loIIe gefj)ielt l^atte, burd^ bie ©türme, toeld^e bie 
bemerlten unreinen Elemente feinet Sl^aralter^ über il^n l^erbei- 
jogen, toie fo mand^e Slnbere, beloogen toorben, in bem 2Rönd^gs 
tl^um eine ftitte Suflud^t^ftotte unb SRui^e für feine jerriffene ©eele 
)u fud^n, in bad ftlofter @t. S)eni^ bei $ari^ einzutreten, tourbe 
er burd^ ba^ Slnbenlen feiner Seiben, bie bon i^m gemad^ten 
fittlid^en @rfal^rungen unb bie Deränberte ©eßalt feinet Seben^ 
betoogen, fic^ ftfttt toie bi^l^er borl^errfd^enb ber 5ßl^ilofoj)l^ie, biet 
mei^r ber 2:j^eoIogie jujutoenben unb bie ^ialeltif unb literarifd^e 
Sübung, burd^ bie er fid^ bor Slnbern au^jeid^nete, gur ©nttoid^» 
lung, S3egrünbung unb SSertl^eibigung ber ©lauben^toal^rl^eiten 
2U benu^en. 3)ie 3R5nd^e bon ©t. S)eni^, bie be$ fkengen 
®ittenri4ter3, h>ie er toar, überbrü^ig toaren, räumten il^m felbft 
eine $riorei, toeld^ ju biefer älbtei gel^örte unb bie an ba^. ©e« 
biet be« Orafen 2:i^,eobaIb bon 6l^amj)agne gränjte, jum QanmtU 
plaii für bie 3«9«nb, bie )u feinen Sorlefungen l&erbeiftrömte, ein. 
@d toar bad Sl^aralteriftifd^e biefer 3^it, ba^ einzelne 3Dtänner 
burd^ SSortr&ge unb Umgang auf bie Anregung unb 93ilbung ber 
Sugenb befonber3 einioirften, bon ©ingeinen, bie l^ier unb bort 

1) Historia calamitatum opp. Abael. Paris 1616 pag. 9. 

2) Cum jam me solam in mundo superesse philosophum aesti- 
marem, nee ullam ulterius inquietationem formidarem, frena libidini 
coepi laxare, qui antea vixeram continentissime. Et quo amplius 
in philosophia vel sacra lectione profeceram, amplius philosophis 
et divlnis immunditia vitae reoedeoam. 

9* 



128 «etti^arb« ftotn^f mit $ettr HbaUrb 

aufttatcn, ätte« auSgmfl, aui xf/ttt «niiel&ttnflSltaft bie eigen* 
t^mltd^en.ed^ulen unb Stid^tungen fii^l Btlbetcrt.- ©o toat 3lb& 
larb ein fold&et 3JlittelJ)unIt, unb fein ®eift fttömte auf bie i^n 
umgebenbe jal^beid^ Sugenb über. St felbft fagt barüber in 
ienet ©d^ilbetune feiner Unölüd «f ätte : ,^u biefen SSorlefungen 
fkrömte eine fo grofee ©d^aar bon ©d&ülem l^erbei, ba^ ber 3flaum, 
«He ju bel^erbergen, unb ba« Sanb, fte ju . ernäl^ren , nid^t l&in= 
teid^te^V 2)ie aiid^tung, h>eld^e er in feinen SBorlefungen ber* 
folgte, xmi im Äomj)f mit anbem SRid^tungen feiner 3eit, mit 
ber toorl&errfd&enb gemfitl^Iid^en, m^ftifd^en unb ber lird^Kd^en auf- 
getreten fein. a)abon geugt bagSBerl, in toeld^er er nad^l&erbag 
in feinen SSorlefungen Vorgetragene toeiter enttoidelte. (Setoi^ 
fel^Ite e« aud^ in feinen SSorlefungen nid^t an ©Jjuren ber ptt^ 
fönlid^en ©ereijtl^eit im Äamjjf mit ben SKiberfad^ern , bie feine 
Sled^tgläubigleit berbäd^tigten. 

Su bem SBid^tigften, toaS bie Sebeni^fragen feiner Seit be- 
trifft; gehören Slbälarbd igbeen, über bad SSerl^ältni^ beS ©tausend 
jum SBijfen, ber SBijfenfd^aft jur ^Religion. SBir tooilen biefe 
jufammenjleHen, loie fie Slbälarb in feinem 2BerI ber introductio 
in theologiam, ba3 er auf ben SBunfd^ feiner gul^Brer berfajjte, 
entloidelt l^at. „®g giebt toiele SKenfd&en, — fagt er — toeld^e 
bie ©laubenSlel^ren auf eine i^erftänblid^e äBeife auSeinanber 
ju fe^en nid^t öermögenb, 2;roft für i^re Unloiffenl^eit barin fud^en, 
ba^ fte bie ©laubenSglutl^ l^od^ ))reifen, toeld^e oJ^ne'Sin- 
f i^t glaubt, unb frül^er annimmt, ate fte ftel^t, toa« ber ©egen* 
ikanb be« ©lauben« fei, ate fie erlennt, ob ed anjunel^men fei, 
unb nad^ SSermögen geprüft f)at 3)ürfe man aber ben ®Iauben 
nid^t nad^ ©rünben Jjrüfen, fo folge baraug, bafe man SBal^red 
unb fjalfd^e« ol^ne Unterfd^ieb annel^men niüffe. SOSer nad^ tl^ä* 
tigemgorfd^en ba« ©öttlid^e erlenne, gelange gu einem feften 
©laubÄt. SBenngleid^ btefer erfte Slnfang be^ ©lauben« ettoa« 
3Kenfd^lid^e§ fei, unb nid^t« $erbienftlid^e3, fo fei barum bod^ 
biefe -erfte ©tufe nid^t unnü^. SBenn ber 3Jlenfd^ burd^ feine 
Äräfte biefen erften ©d^ritt getl^an unb bie S^^eifel ntebergefd^lagen 
l^abe, lomme bie göttlid^e Siebe l^inju, unb berteil^e bem SKenfd^en, 
Jpa« er burd^ fein gorfd^en nid^t erl^alten gelohnt, unb h>a3 il^m 
nod^ gefel^tt l^abe. 5IWand&e borl^er Ungläubige feien burd^ SBun* 
ber gu glauben betoogen toorben. Seid^tferttge ^Kenfd^en glaubten 
fd^neQ, il^r ©laube l^abe aber an^ Um ^^eftigleit. 3Renfd^lid^e 



1) Abaelardi opp. Paris 1616 pa^. 19: Ad <iuas quidem tanta 
scholarium multitudo confluxit, ut nee locus hospitiis, nee terra sof- 
ficeret alimentis. 



unb 5tmolb öoti SBre«cta. J.29 

fünfte unb SBStffenf d^aften , afö eine %xn^t ber i)on ®ott bem 
3Renfd^en toetliel^enen Ätäfte, feien ©otteS ©aben unb bal^er tttoa^ 
©Ute«. ©Ott, ber felbft baS S38fe jum ©uten geBraud^e, l^abe 
0ett)i^ feine QuUn ®aim gu einem guten ©ebtaud^e Beftimmt. 
SBenn ber Sl^joftel 5ßaulug gegen menfd^Kd^e aBei^^eit tebe, fo 
tebe er nur gegen ben aWi^Braud^, unb lönnte biefen nid^* 
tabeln, toenn eg nid^taud^ einen guten ©eBraud^ gäBe. 3Renfd§s 
Kd^e SBiffenfd^aft lönne jiioar leine fjtömmigleit unb ^eiligleit, 
fein SJerbienft bor ©ott öerleil^en, toas nur burd^ ben ©lauBen 
unb bie ©nabe ©otteS erlangt toerbe; aBer ber ©eift lönne ba= 
burd^ nad^ unb nad^ t)orBereitet unb faltig Serben, nad^ ber S3e^ 
fel^rung bie @aBen ber l^öl^eren SBei^l^eit ju erl^atten; benn bie 
i^eiligen 3Ränner l^ätten in göttlid^er SBBiffenfd^aft mel^r burd^ il^r 
Dorl^ergegangeneS tüiffenfd^aftlid^eg ©treBen, atö burd^ ^römmigleit 
erlangt. DBgleid^ on Sßerbienft bor @ott 5ßaulu3 bem 5Petru§, 
Sluguftinug. bem iJlartinug nid^t borangel^e, fo l^ätten bod^ ^Pftulu« 
unb Stuguftinug eine befto größere ©nabe ber SBiffenfd^aft nad^ 
il^er S3e!e^rung erlangt, 'toetl fte fid^ bori^er burd^ menfd^lid^e 
Äunft»unb aßiffenfd^aft au^gejeid^net.'' 3lBälarb ttju^te aud^ bie 
toielfad^en ^Parabeln, beren \xä) ßj^riftu« bebient, unb bie Bilblid^e 
©^)rad^e ber l^eiligen ©d^rift finnreid^ für feinen Stt)edE gu Benu^en. 
@r fal^ barin eine §intoeifung bom SRatürlid^en jum ©öttlid^en, 
einen Seioei^bon bem l^armonifd^en ^wfammenl^ange gtoifd^en 
Beiben. ©o brüdft er fid^ au§ in feiner Einleitung in bie %f)et>= 
logie : . „@ott l^at fo gro^e greube an feiner ©d^ö^)fung, ba| er 
fid^ l^äufig bielmel^r burd^ bie 5Ratur feiner ©efd^öjjfe toitt aBBilben, 
ate burd^ bie öon un« erfunbenen SBorte' fid^ barftetten kffen, fo 
ba§ er mel^r an ber Slnalogie ber 3latur, ate an ber eigentlid^en 
Sebeutung imfrer SBorte JJreube l^at, fo ba^ bie l^eilige ©d^rift 
bie a\x^ ber 5Ratur ber Singe genommenen Silber gern ftatt 
SBorte geBraud^t ^)." 5Diefe3 bient il^m jur SSertl^eibigung feinet 
Sled^t^, burd^ Don il^m felBft erfunbene ober au« ben ©djriften 
ber 5ßl&ilofoj)l^en l&ergenommene 9lnalogieen jur göttlid^en 2öal&r= 
l&eit l^injufül^ren ^). 



1) Introduct. ad theol. lib. n, 2; 1. c. pag. 1054: In tantum 
▼ero in ipsa factura del^ctatur Deus, ut frequenter ipsis rerum na- 
turis quas creavit, se figurari magis quam verbis nostris, quae nos 
confinximus aut invenimus, (Bxprimi velit, ut magis ipsa rerum si- 
militudine, quam verborum nostrorum ^audeat proprietate, ut ad 
eloquentiae venustatem ipsis rerum natur^s, juxta aliqaam similitu- 
dinem, pro verbis scriptura malit'uti, quam propriae locutionis in- 
tegritatem sequi. 

2) L. c. : Wemo itaque me culpare praesumat, si ad propositum 
nostrum ostendendum , aliquas vel ex nobis vel ex phifosophis si- 
militirdines Indnxero, quibus faeilius aperire, quod desidero, possim, ' 



130 - «cml^arb« Äam^f mit ^cter «bälatb 

SBeld^e au^föat toon in^altteici^en S^een, bie für eine neue 
©eftaltunfl ber SCl^eologie l^öd^ft toid^tig l^ätten ioetben föniten, 
erlernten toir in bem ängefül^rten. 3tn ©egenfa^ mit einem 
fd^roffen @m)ernaturali3mu8 bag ©treben, UebernatütUd^e^ unb 
Slatürlid^e«, aSemänftiße» unb Uebetöemünfttge« ju einem )&<»= 
monifd^en ©anjen ju berbinben, atte »ilbung ju bem ©öttlid^en 
l^injuleiten unb burd^ baffelbe px berllären, bie SSiffenfd^öften, 
iebe nad^ il^rem etgentJ^ümlid^en ®efe^/ im S)ienft ber ^Öl^em 
aSal^rl^eit ju gebraud^en. ^Jerner, in bem, toag abälarb bon bem 
8erl^altniffe be« ®Iauben« gur toiffenfd^aftlid^en »Übung fagt, 
liegt bie Unterfd^eibung jtoifd^en bem ©lauben aU ^^alt be« * 
unmittelbaren religiöfen Setou^tfeing unb ber anberltüol^er )U 
nel^menben begrifflichen Vermittlung unb ©eftaltung. ®« h>ürbe 
bies toeiter enttoidfelt jur Unterfd^eibung ber öerfd^iebenen gaftoren 
bei ber 2)ogmenbiIbung, jur rid^tigeren ©eurtl^eilung be^ ®etoid^« 
bogmatifd^er Streitfragen gefül^rt l^aben. "Unb h>enn S^bälarb 
ben 5ßaulu« unb $etru3 auf bie bemerlte SBeife unterfd^eibet, fo 
geugt bieS bon bem 93etou^tfein, ba^ bei ber S3efeehtng burd^ ben 
l&eiligen ©eift unterfd^ieben Werben müjfe, toag bon bem ®emeim 
famen biefer S3efeelung unb toa« öon ber SBerfd^iebenl^eit ber be= 
feelten menfd^Kd^en @igentl^ämlid^Ieiten l^errül^rt. ^ie$ muiU }u 
einem anbern 3«ft)iration8begriff afö bem getoöl&nßd^en l^infül^ren. 
6d lag barin bie Unterfd^eibung be« ©öttlid^en unb ÜWenfd^lid^en 
bei ber S^^f^iration. @ine anbere Stnftd^t bon ber »ibel al« ber 
eines einförmigen bogmatifdjen Äobej, eine &pnv, bie jur Untere 
fd^eibung ber berfd^iebenen eigentl^ümlid^en Sel^rtijjjen in ber Sibel 
i^infül^rte. SBäir toerben nod^l^er feigen, h>ie abSIarb toirflid^ in 
feiner äuffaffung be« 3nfj)irationgbegriffg öon ber J^errfd^enben 
Slid^tung biefer S^^^^^^unberte abgetoid^en ift. 28ir tDoSen aber 
l^iermit berbinben eine Slnbeutung in feinen 9JörIefungen ^), toeld^e 
barauf l^intoeifet, ba§ nid^t atteg in ber l^eiligen ©d^rift Ueberlieferte 
©egenftenb be« Qilavbm^ fei, bie Unterfd^eibung jtoifd^en g5tt^ 
lid^emSBorte unb l^eUiger ©d^rift, tpenn 9[b&Iarb fagt: ,,@i^ giebt 
aber aud^ mand^eS auf ®ott ftd^ Segiel^enbe , loa« ben ®Iauben 
nid^tef angelet, in toeld^er ^infid^t e^ leine ®efal^r ift, ob e« ge* 
glaubt toerbe, ober nid^t. gum 8eifj)iel, toenn teir glauben, bafe 
6l&riftu3 toon biefer ober jener ©tatur geloefen fei, ob er in biefer 
©tabt berlünbigt l^abe, ober nid^t^)." 



1) SBir koerben unten me^r babon fagen, ivie ^n^^t au9 ben ^ften 
Don 9(6älarb8 )93orTefungen cirlulirten. (Sinen folc^en 9lu9}ug l^aben loir in 
htm au« ber SD^ünc^ener i^ibliot&ef »om $rof. St^einmolb t^eraudgegcbenen 
SQüäf: Epitome theologiae christianae, Serün 1835. . 

2) L. c. pag. 4: Sunt autem plura etiam ad Denm pertiDentia, 



litib SIrnolb t>on )öre«cta. 131 

äSag älB&(arb \>on im ®lauUn al$ 08ttli<^e %fyxi^ai)t, bie 
fides divina, oiex, fe>ie man bamald fagte, bie ein meritum ^or 
©Ott l^at, auffaßt, ixUx baö SSerl^ältnil biefe^ ©lauBenS jur ratio, 
'bie |t4 i^tn l^ingebenb ben Snl^olt beffelben enttoitfeln foffe, bieg 
nUt^ 1)äiU aud^ ein äthfelm unterfd^reiben lönnen, bie^ foax eS 
ttod^ nic|t, toa^ feinem 3^i^<^Ii^ anftöjsig fein mu^te, mit bet 
i^ertfd^enben SRid^tung beffelben in ©tteit toar; toenn audji tool^I 
in ber leiteten Slntoenbung jener ®tunbfä|e SCbälarb geneigt 
toax, ixbtx ia§ 3Raai J^inau^jugel^en, in toeld^em ein Slnfelm, 
Detmoge feinet innern @inl(angd mit bev Jlitd^enlel^re unb bem 
fxxä)l\ä)m ®eift, ftel^en blieb. Slbälarbd nidjt fo bon bem innern 
€inMang mit bem fird^Iid^en ®eift getragene, nid^t fo bemütl^ige 
^munft fonnte tool^I über biefe^ 3Kaa^ im ®injelnen l^inau^ 
•gelten, unb ipürbe nod^ mel^r baröber l^inauSgegangen fein^ ioenn 
^r l^ätte baju lommen fönnen; aSe l^ingetoorfenen ^^een unb 
^rincij)ien fonfequent j« enttoidfeln. (är toar im (Sanjen fern bon 
jener bemütl^igen änerlennung ber ©d^ranlen ber SSernunft, bie 
toir Bei Slnfelm finbcn, loenngleid^ er in ©injelnem ber SBernunft 
im @el^0rfam bed @IauBen$ gro^e äSerleugnung jumutl^ete, aüd^ 
i^ier mit fid^ felbft im ©treit. (2r toar nid^t geneigt, bie 2Jrini= 
lätslel^re afö ein 3R^fterium anguerlennen , in toelt^em für bie 
SSernunft bod^ mand^eg S)unlel übrig BleiBt. „SßJer ba meint, — 
f agt er — ba^ ba^, toaS bon ber a)reieinigfeit geleiert toerbe, in 
biefem SeBen nid^t Begriffen toerben Mnne, ber fällt gebi^ in 
imtn Srrti^um be^ Jöäretiler« 3Kontanu§, unb mu§ annel^men, 
ba^ bie ^eiligen Sd^riftfteHer betougtlo^ fd^reibenb, felbft nic^t 
Derftanben Jj^ätteU; h>aS ße lehrten *)."» ©o ftellte SlBälarb, inbem 
^ freilid^ ©old^e Beftritt, bie audj äinfelm beftritten l^aBen toürbe, 
^old^, toeld^e jebeö ©treBen nadj einem. intelligere beS STO^fte^ 
^um^ gurütftoiefen , bod^ auf eine ilj^m eigentl^ümlid^e SSSeife bie 
©ad^e auf bie ©J)i§e. 

SlBcr toaö eigentlid^' ben (Segenfa^ gtoifd^en Sfbälarbg eigen- 

Ü^ümlid^er Stid^tung unb bem l^errfd^enben religiöfen ®eift feiner 

^it Begrünbete, ba^ hjar bie grage barüBer, toie man jum 

Glauben gelange. $ier lonnte älBälarb , toie au$ bem ©efagten 

>rl^eKt, mit bem linblid^en ©lauBen feiner Seit nid^t fibereinftimmen. 



q^uae credi vel non credi nihil interest nostrs, quia sive credantar 
«lye non, nuUam incnmmiiB pericalam. Velut si credamus, Christum 
fanjus vel illioB statnrae fbisse, vel non, vel in hac civitate praedi- 
caase, vel non. 

* 1) Introd. in theolog. opp. pag. 1061: Quisquis etiam in hac 
vita, ea q^uae de trinitate dicuntur, non posse intelligi arbitratar, 
profecto in illum Montani hAeretici labitur errorem. 



132 «cm^axb« Stam^\ mit $etetp W&larb 

SBte er fdbft t>on tnand^erlei ^toeifeln betoegt ioorben, bie ftd^ in 
feinet ©eele burd^Ireuaten, fo fteUt er baiJ ^ßrincij) auf, ba§ man 
burd& Stoeifeln jum ©lauben lomwen muffe , ber S^tifd ein 
notJ^tpenbiger ©urd^gang^tjunlt ber jum ©lauten fül^renben tjor^^ 
fci^ung fei. ®8 toar ja ba§ £iebIing«toort, auf hai er ftd^ beriefe 
©irad^ 19, 4: ,,aBer balb glaubt, ber ift leid^tfertig." Sefonberö 
aber muffen toir l^ier ate Seleg anfül^ren bie toidjtige ©teHe an^ 
feinem toeiter unten genauer ju befd^reibenben Sud^e über bie 
©egenfä^e unter ben Äird^eni)ätem ^), too er auf SBJorte beg Slri^ 
ftoteleg in ben Äategorieen*) ftd^ beruf enb, bel&auj)tet, ba^ man 
über Sitten gejiDeifelt l^aben muffe, um in ber ®rforfd&ung ber 
SBal^rl^eit Leiter fortjufd^reiten. ^ieg toiff er burd^ baö 3lnfel&n 
ßl^rifti unterftü^en, inbem er freilid^ ben ©inn feiner SÖorte auf 
merltoürbige äßeife öerlennt, ein ganj anbreg ©ud^en bejeid^net, 
ald ia^, ti)eld^e$ ei^rtftu^ meinte, toeld^e^ ja nid^t bad ©ud^en 
bei? jtoeifelnben SSerftanbeg ift, fonbern ba§ Serlangen be3 l&eil«^ 
begierigen ^erjen^, bie SBorte ß^rifti: Sudlet, fo toerbet il^r 
finben, Köpfet an, fo toirb eudj aufgetl^an. ©ctoife ift für bie 
ß^aralteriftif öon 3lb^älarb« ®eift unb ©tanbjjunit aud^ bieg SSer« 
i^ältni^ ju ben SBorten ßj^rifti, bie er fo antoenbet, nid^t unbebeutenb* 
6r beruft fid^ fobann auf ba« Seifjjiel (S^rifti aU jloßlfiäl^rigen 
Änaben, ber mit ben fragen ber ^Priefter befd^äftigt getoefen fei. 
er felbft l^abe l^ier ba« 33eifj)iel barin gegeben, toie man burd^ 
fragen jur SBal^rl^eit lommen folle ^). 

Stbälarb fe^te aber öorau«, ba§ eg aud§ ju feiner Seit SSiele 
gäbe, toeld^e, in SJertoeltlid^ung ioerfunlen, für ben ©lauben afö 
göttfid^e Sl^atfad^e, ber bte Slid^tung jum ©öttlid^en aU Slnfd&ne=* 
^unggi)unlt Verlange, leinen ^aum in fxä) übrig liefen, beren 
bem ©innlid&en l^ingegebene natürlid^e SSernunft gegen bie ®e= 



1) Sic et Non, ed. Cousin. 

2) §. 7 ed. Becker I, pag. 8. 

^ 3) L. c. pag. 16 : Haec quippe prima sapientiae clavis definitur : 
assidua scilicet seu frequens interrogatio ; ad quam quidem toto 
desiderio arripiendam philo^ophus ille omnium perspicacissimus 
Aristoteles in pracdicamento ad aliquid, studiosos adhortatur 
dicens: „Fortasse autem difficile est de hujusmodi rebus confidenter 
declarare nisi pertractatae sint saepe. Dubitare autem de siugulis 
non erit inutile.** Dubitando enim ad inquisitionem venimus; in- 
<][uirendo veritatem percipimus; juxta quod et veritas ipsa: „Qaae- 
Tite, inquit, et invenietis; pulsate et aperietur vobis." Quae nos 
etiam proprio exemplo moraiiter instruens, circa duodecimum aetatis 
annum sedens et interrogans in medio doctorum inveniri volait, 
potius discipuli nobis formam per interrogationem exhibens quam 
magistri per graedicationem, cum sit tamen in ipsa Dei plena ac 
perfecta sapientia. 



tttib SCrncIb t>oii SöreScta. 133 

l^eitnniffe beö ©lauBenS ftdj öuflel^nen ntüffe, unb füt biefe follte 
bie aSermittlung burd^ ©rünbe ber natfirlid^en SBetnunft bienett, 
um il^nen bon %em eignen ©tanb^unfte an^ W 2)inge be^ 
©lautend nal^e ju bringen. @r meint biefe SPletl^obe gebraud^en 
ju muffen „gegen diejenigen, toeld^e ftci^ tül^mten, mit menfd^* 
lid^en ©rünben ben ©tauben anzugreifen, unb bie allein vm 
menf(|Ii(i^e ©riinbe fid^ belümmerten, iDeld^e fie allein lannten, 
unb bie leidet öiele änl^änger fänben, ba faft 2llle fleifd^lid^ @t^ 
finnte hjären, unb äiBenige geiftUd^ gefinnt ^)." 3Mer!iiDütbig finb 
biefe SBorte 2lbälarb8, ba iioir, ttjenn toir il^m trauen bürfen, 
barau^ erfel^en, baj in biefer Skxt, too ba§ fujjernaturaliftifd^e 
©lement in bem lird^lid^en Seben fo fel^r toortoaltete, ber' linblid^e 
©laube, toenn aud^ mit Slberglaube t)ermifd^t, fo fd^r borjul^errs 
fd^en fd^ien, e^ bod^ SSiele gegeben l^aben mügte, bei tüeld^en 
ber Stt)ief})alt gtoifd^en ber natürlid^en Vernunft unb bem, 
n)a3 bie ^ird^e leierte, l^erborgebrod^en n>äre, Dber follen tüir 
annel^men, ba^ 3lbÄlarb ju feiner ^Bertl^eibigung ettüa^ au^ ber 
Suft gegriffen ober toenigften^ übertrieben l^ätte? 2lber ba^ 
(Srfte ift bod^ nid^t toal^rfd^einlid^, unb e« fragt ftd^, ob toir ba^ 
Stoeite boraugjufe^en bered^tigt finb. 2lbälarb lann aud^ Vermöge 
feinet eigentl^ümti^en ©tanb^)unfteS, nad^ toeld^em er bie ^Jröm« 
migleit feiner 3eit nid^t fo günftig gu beurtl^eilen geneigt, fie bon 
wandten ©eiten öorurtl^eiföfreier ju betrad^ten fällig toar, Se* . 
merlungen gemad^t l^aben, toeld^e Slnbern, bon biefer ©eitc 33e^ 
fangeneren, entgingen. @r lann, too Slnbere burd^ ben ©d^ein 
fid^ täufd^en liefen, bie bei einem tobten ©lauben ju ©runbe 
iiegenben ober ftd^ gu regen beginnenben 3h>^ifcl bemerlt l^aben, 
SBo nid^t ein geiftlid^eö.Seben, l?on tebenbigem ©lauben auöge^ 
l^enb, toorl^anben ift, bie Sled^tgläubigleit nur ettoa^ burd^ Ueber^^ 
lieferung 3Jlitgetl^eilte«, bon au^en l^er Slngel^eftete^ ift, toirb e^ 
an ber SRealtion beg toeltlid^en ©inne« ber natürlid^en SSernunft 
gegen ba^, toaS nur mit göttlid^em ©inn erfajjt, in göttlid^em 
Sid^t t)erftanben, mit toerllärtcm äuge be« ©eifte« gefd^aut toer* ^ 
ben !ann, nid^t feilten. S)er tobte ©laube bei ftnnlid^er SHol^l^eit 
lann in feigem ©d^oo^e S^^if^^^ «"b Unglauben bergen. ®tnen. 
fold^en Uebergang l?on ber 3loJ^l^eit bei tobtem ©lauben ju au^* 
gef^jrod^enem Unglauben finben toir Ui jenem ©rafen ^^i^ann 
öon ©oiffonS, einem brutalen SPleufd^en, ber jur ^Jeier beg l^eili- 
gen Slbenbmal^fö, jur Seid^te lam, an ben geften bie Äird^en be« 



1) Introd. ad theol. pag. 1047: Adversus eos qui humanis ra- 
tiopibus fidem se impugnare gloriantur, nee nisi humanas curant 
rationes 'quas noverunt, multosque facile assentatores inveniunt, cum 
fere omnes animales sint homines, ao paucissimi spirituales. 



134 ®ern^rb9 ^am^f mit $eter fLUiax\> 

ju^U, unb bo<^ bie S&fteYungen naifipxa^, bie er aud bem 
ÜRunbe bev ^ubtn, mit benen er in Vertrautem Umgange lebte, 
Dernommen l^atte, bie (Seturt ßl^riftt öon ber Jungfrau in 3^^* 
fei gog, b^r, al8 er einen ©eiftlid^en anfgeforbert, il^m über bie 
»ebeutung be« Djierfefte« tttoa^ ju fagen, unb al8 biefer t)on 
tem Seiben unb ber auferftel^ung ßl^rifti ]pxaä), bieg für fjabel 
unb fflinb erllärte M. SSon foldjem tobten ©lauben bei ftnnlid^er 
Äol^^it toar in biefem QzxtalUx getoi^ Diel toorl^anben ; eS fonnte 
*ei bemfelben in mand^en g^äßen nur baS 3ntereffe an ber ©ad^e, 
um bem S^eifel 9laum ju geben, fel^leh, unb \omn grö^tentl^eiU 
ber älberglaube barau^ l^ert)orging, lonnte e$ bod^ aud^ burd^ 
eine ettoa^ anbere SBenbung in Unglauben umfd^lagen. äSid^tig 
tfl e« in biefer ^inftd^t, mit ben 2Borten Slbälarb« bie- SBorte 
eine« S^itfi^^offcn, ber feiner S«it «&i&^^ P^nb, aber äd^te grönw 
migleit unb @d^einfrömmigfeit ti)o|^I gu unterfd^etben tDu^te, beg 
$ugo a ©t. aSiltore ju toergleid^en. @r bejetd^net fold^e SWen« 
fd^n, bei benen ,,glauben" fo öiel ift, aU bem ©lauben nur 
tiid^t h)iberf})red^en, toeld^e öielmel^r nad^ ber ©etool^nl^eit be« 
Seben«, aU öermöge ber Äraft be3 ©laubenö ©laubige genannt 
l»erben. „3)enn allein auf ba§ Sergänglid^e gerid^tet, erl^eben 
fie nie bie ©eele, um an ba« Sufünftige ju beulen, unb obgleid^ 
fie an ben ©alramenten mit ben übrigen ©laubigen 2^^eil nel^^ 
nten, beulen fte bod^ nid^t baran, toarum @iner ein ßl^rift fei, 
ober loa« bie Hoffnung be« ©Triften in S3ejiel^ung auf bie ju- 
lünftigen ®üter fei. Dbgleid^ biefe bem 3?amen nad^ ©laubige 
l^eiften, fo ftnb fie ber ©ad^e unb ber SBSal^rl^ett nad^ fern \>&m 
Glauben. S)od^ toerben ©old^e }utt)eilen iyon ber güttlid^en ©nabe 
l^eimgefud^t, unb gur ©elbftbetrad^tung angeregt, baft fie barna<i^ 
forfd^n, toarum ber SIKenfd^ geboren fei, ob ein anbre3 fieben 
ttad^ biefem folge, ob ben grommen SSelol^nungen, ben 2a|t«?- 
I^aften ©trafen öorbel^alten feien. ^nUm ein Siad^benlen über 
biefe SDinge bei il^nen ertoac^t, toirb il^r ®eh)iffen Von großem 
©d^redfen ergriffen h)egen ber Ungeloigl^eit beg fterblid^en Sebenö^." 



1) Guiberti Novlgentensis de vita sua lib. III cap. 15 opp. ed. 
d'Achery 1651 pag. 518 unb ejusd. tractat. de incarnat. adv. Jud. 
üb, I cap. 1 pag. 264. 

2) Hugo a S. Vict. de sacram. fidei lib. I pars 10 cap. 4; ed. 
Yenet. 1588 vol. III. 257: Qaartum genus hominum est, quibus ere- 
dere est, solum fidei non contradicere : qui consuetudine vivendi 
magis,. quam virtute credendi fideles nominantur. Solis enim trans- 
euDtibus intenti nunquara mentem ad futur.a cogitanda sablevant: 
et quamvis fidei cbristianae sacramenta cum caeteris fidelibus ^ttau 
percipiunt, quare tarnen christianus sit homp, vel qaae spes chri- 
fitiano Sit in expectatione bonorum futuroram, non attendunt. HI 



unb flmolb üon SBre^cta. 135 

6r fd^tlbeti kann, tote ein ©old^et bar$ bie ©egenfäje unter ben 
religiöfen Ueberjeugungen ber aKenfd^en in Ungetoi^l^ctt gefegt 
tnrb, unb er fagt: „^n allem biefem fd^toanft bie ©eele l^in unb 
l^er, unb toenn fie nid^t burd^ IJrömmigleit in bem Ueterlieferlen 
fepgel^alten tpürbe, toürbe fte tjieffeid^t bie SBal^rl^eit toegtoerfcn 
tinb bem fjalfd^en folgen^)." ®r bejeid^net l^ier alfo einen 
fold^en ©tanb^yunlt be^ tobten ©lauben^ bei toeltlid^em ©inn^ 
tt)o man nur an^ ©eiioöl^nung ba§ Ueberlieferte feftl^ält, nod^ 
ttid^t genug Sntereffe für baffelbe l^at, um eg ju bejtoeifeln. Oe« 
nu^fud^t unb tobter ®laube gelten paxaUd neben etnanber l^er. 
S)ann begeid^net er ben ertoad^enben Stoeifel felbft in SJegiel^ung 
<xuf bie allgemeinften ©egenftfinbe be^ religiöfen ©lauben^, mit 
benen ftd& ber SIRenfd^ nod^ gar nid^t befd^äftigt l^at, all einen 
llebergang§j)unft ju einem befferen Suftanb. 'SDer aWenfd^ fon» 
«n Slffem irre toerben, aber e^ fann aui) biefe3 ©d^manlen, toie 
e8 $ugo a ©t, SSiftore l^ier im ©inne l^at, ein aJlittel toerben^ 
tt>0butd^ bie ®nabe ern erhfte^ ©ud^en in bem SRenfd^en ertoedtt 
unb il^n bom tobten ©tauben ju ' bem lebenbigen fül^rt. ©otoie 
bie le^teren ^U^ ftattfanben, lonnten nwn aber aud^ anbere 
ftattfinben, too Siner in ben S^Jeifeln l^öngen • blieb. SBir feigen 
iilfo au« biejer Seobad^tung §ugo% ba^ S^^iU^, toie fie Slb&s 
larb bejeid^net, atterbing« au« bem tobten ©lauben SSieler l^er» 
t)orgel^en fonnten. 3lnn lonnte bie« oft Bei bem ©tanb^junfte 
•ftnnlid^er Slol^l^eit ber %aU fein, ol^ne l^öl^ere Silbung, toie bieiJ 
^ugo im ©inne l^at, unb bei ©old^en mußten bielmel^r SReaItio= 
neu be« Seben«, tooburd^ ba« ©emütl^ tief erfd^üttert tourbe, 
reltgiöfe ßinbrüÄe, atö inteHeltueHe Sßermitllungen^ toie Slbätarb 
mtinU, eintoirfen, um bie äuflel^nung ber natürlid^en SSemunft 
gegen, ba§ ©öttlid^e ju befiegen. Sebenfen teir aber, toie in 
biefer 3^i^ öwd^ eine einfeitige bialeltifd^e, intelleltualiftifd^e ^x^ 
tung, bie unabl^ängig ^on b.em religiöfen Seben ftd^ enttoidfeltc, 
angeregt toar, fo fonnte biefe tool^l öon bem tobten ©lauben gu 
einer ffej)tifd^en Slid^tung l^infül^ren. 2Bir beulen an ba« Sei* 
ipxd jene« frommen Sifd^of« SPlori^ bon 5ßari« im 3lnfange bed 
breije^nten SÄ^'^^wni^^^^^f kw ^uf feinen iBeid^nam, toeld^er auf 



■qnamvis nomine fideles dicantur, re tarnen et veritate longe sunt a 
^^e. Tarnen hujusmodi aliquando divlna gratia visitantur, et ad sui 
•considerationem excitantur, ut, quare bomo natus sit, an alia post 
hanc Titam sequatur, inquirant, an praemia justis» et peccatoribus, 
tormenta reposita smt. Tali consideratione in corde oborta, magno 
tnox trepidationis motu de dubio vitae mortalis conscientia ipaa 
concutitur. 

1) Et in bis Omnibus mens fluetuat: et nisi pietate in suo te- 
neretur, fortassis abjecta veritate falsitatem sequeretur. L. o. 



136 Sern^arb« $tamp\ mit $eter 9lb5(arb 

bem SßatabeBett auggejleHt toat, einen bon il^m gefd^riebencn 
Settel legen Ke^, toorin er feinen ©lauben an ein etoige« Se6en 
ttnb eine 9luferftel;ung naä^ixüdlxä) an^^ptaif, aü ein 3^U0nt^ 
gegen S)ieienigen unter ben ©ebilbeten, bi< bieg Bejtoeifelten ^). 

S)a . in biefer S^it ^^^ fr^i^i g^^ffci&ungggeift fxä) ju regen 
begann, ber ftd^ ntd^t immer burd^ bie ©d^ranlen ber fir^^Iid^en 
S(utorität }urttd(l^alten lie^, lonnte bai^ unbefangene Slad^benlen, 
gorfd^en in ber ©d^rift mand^e S^^eifel l^ertoorrufen, toeld^e burd^ 
bie l^errfd^enben bogmatifd^en 2;i&eorieen bei ben SBal^rl^eitfud^en* 
ben nid^t erlebtgf toerben lonnten, unb ba« frei fid^ betoegenbe 
toiffenfd^aftlid^e 3"t^^^^ff^ fonnte mit bem religiöfen in SBiberftreit 
geratl^en; e« lonnte f(^on im ßinjelnen l^erbortreten, toa« in tDeit 
fjjäterer 3«it eine allgemeinere unb größere Seiioegung l^erioorru« 
fen mujjte. ©o ift eg ein merltoürbigeg 33eifpiel, ba^ einige 
5Wönd^e ber ÄIuniacenfer^Äongregation irre baburd^ gemad^ Wür- 
ben, ba^ fte gu bemerlen glaubten, bajs 6l^riftu§ in ben @t»an« 
gelten fxä) nirgenbg offenbar aU ©Ott bejeid^net l^abe. ©ie 
fd^euten fid^ il^re S^^fel bor bem el^rtüürbigen 3lbt 5ßeter i>on 
(Sltfgn^ merlen gu laffen ; biefer mujjte fte burd^ eyten Slnbern er- 
fal^ren. Unb toenngleid^ er fid^ baburd^ nid^t gum Slrgtool^n 
gegen jene 5Dlönd^e herleiten lie^, erlannte er bod^ mit feiner 
aOäeiSl^eit, ioeld^e ®efal^r il^rem ©lauben brol^en fonnte burd^ eine 
fold^e aSerfud^ung, toenn bie i^nen aufgefallene ©d^teierigleit 
nid^t il^re redete Söfung fanb. „SOSeil — fagt er ^) — einmal 
eine ©ad^e, toefd^e mel;r alg SlUe« für unfer §eil notl^toenbig, 
gur ©^)rad^e gelommen, fo fd^eint eg mir billig ju fein, gu ent=: 
toid^eln, loa§ id^ barüber benfe, bamit nid^t, toenn biefeS SJer^ 
nommene unBead^tet bliebe/ ein S^eifel bejl^alb in mand^en ®e- 
müt^ern, tote ju gefd^el&en pflegt, entftänbe^). ©« toäre beffer 
getoefen, ba| bie ©ad^e ganj mit ©tillfd^toeigen übergangen toor«« 
ben, aU ia% ba fte einmal jur ©Jjrad^e gelommen, fie in leine 
Weitere Unterfud^ung gejogen toürbe." '®« muffe — fagt er*) — 
bie ©ottl^eit (Sl^rifti befto getoiffer erlannt, biefe Sel&re befto mel^r 



1) Rigord. de gestis Philipp! ad annum 1196: Credo,^ — fo iaatttt 
ber Sattel — quod redemptor meus vivit, et in novissimo die de 
terra resurrecturus sum, et in carne mea videbo salvatorem meum, 
quem visurus sum ego et non aliud et oculi mei conspecturi sunt. 
Keposita est haec spes mea in sinu meo. 

« 2) Petri Venerab. ep. ad Petrum de Sancto Joanne in biblioth. 
Cluniac. ed. Quercetanus pag. 966. 

3) Sed quia semel sermo ortus. est *de re super omniä saluti 
nostrae necessaria, justum est, prout mihi videtur, exsequi, (juüd 
inde sentio: ne forte si neglectum fuerit quod auditum est, dubietaa 
aliqua in aliquorum cordibus, ut solet in talibus contigere, oriatur. 

4) L. c. pag. 967—68. 



rnib Itrnolb t)on ©reöcio. ^ 137 

feftgel^attett toerben, je ntel^r ber ?Jeinb ftj5 für^te, fie betfolge, 
)€ tnel^r er f\e ben ©läufigen immer }u entreißen fud^e. ,,@$ 
toeife berfelbe gar ttJol^I, ba^ baS §etl beS SWenfd^en nur auf 
Gl^riftug rul^e ; auf feiner ©ottl^eit, öon tüdSf^x ba« $eil auS* 
gel^t, feiner 2Renfd^l^eit, burd^ toeld^e e8 ju ©tanbe lommt. 2)a* 
|er telümmert er fi(§ nid^t barum, h)ie Diel ^ol^eS bie SWenfd^en 
üon 6]^ripu§ benlen mögen, toenn fie il^^*^ nur nid^t für ben 
löal^ren ©ol^n ©otteg unb ®ott Italien." ©o ertannte ber h>eife 
unb lieBeboße Hbt $ßeter, toie leidet ein fold^er in ber ©eele fid^ 
einniftenber S^^^^^h ^enn er nid^t burd^ bie entgegengel^altene 
SBal^rl^eit übertounben toerbe, immer toeiter filieren unb ben ®runb 
beS ©laubeng enblid^ erfd^üttern lönne. 

g=ür ©old^e nun, Bei toeld^en au$ jenem inteüeftuellen Qle^ 
went berarttge Stoti^el i^eröorgingen, unb bie burd^ einen fd^rof- 
fen @u})ematurali^ug jurütfgeftoten ttjurben, bie in einen S\t)k^ 
fpali i^ifd^en Vernunft unb &la\xim geratl^en h>aren, fönnte e§ 
tt>ol^I einer fold^en SSermittlung, toie Slbälarb meint, Bebürfen, 
bett ®inflang jtoifd^en bem Uebernatürlid^en unb 9latürlid&en fte 
erlennen ju leieren. @g fonnte bieS für fte eine ber aSorberei^ 
tunggftuf en , gum @la\xUn toerben, tomn aud^ ber ©laube Bei 
il^nen nid^t fo ergeugt toerben ionnte. SSermöge ber toertpanbten 
eiemente in feinem eignen ©eift Ionnte äbalarb bie ©rfd^einun* 
gen eineö fold^en l^erborbred^enben S^iefpate jtoifd^ett ber SSer- 
nunft unb ber Äirt^enlei^re erlennen, too änbere; in il^rer eiftuen 
©laubem^rul^e ftd^er, fold^e &\)mptom^ überfallen, unb mmUn, 
iafe jur SBiberlegung affer grrle^ren fd^on genug gefd^el^en fei. 
aWerltoürbig ftnb in biefer 33ejiel^ung SKbälarbg SBorte, toenn er 
jagt : „SWögen barauf ad^ten 9Dieienjgen, toeld^e meinen, ba^ man 
über ben ©tauben nid^t mel^r ju^ fd^teiben braud^e, ate ob fie 
felbft bie ©etoiffen unb ben ©lauben Slffer erforfd^t l^ätten, ba 
bod^, toie man fagt, taufenb $ärefieen in biefer 3^it aufleimen ^)." 

SBenngleid^ übrigeng 3lbälarb fo l^eftig unb nad^brüdtlid^ 
^egen ©iejenigen fjjrad^, toeld^e eine abfolute -UnbegreifKd^Ieit ber 
flöttlid^en 3Kvfterien für bag gegentoärtige S)afein bel^au|)teten> 
fo toar^er bod^fern öon bem anma^enben S^teffeltualigmüg, ber, 
tnbem er ber SBernunft ein bem 2Befen ©otteg unb ber göttltd^en 
2)inge abäquateg, abfoluteS ©riennen jueignet, ben Unterfd^ieb 
jtoifd^en bem ©ieffeitigen unb ^enfeitigen aufl^eben toiff, unb 



1} Theoloe. Christian, lib. IV Martene ■ et Darand thes, nov. 
anecdot. töm. v pag, 1315: Haec illivattendant, qui de fide am- 
plius minime scribendam esse autumant, cum milie, 'ut ajunt, hoo 
tempore haereses pullalent, ^uasi ipsi omnium conscientias et fidem 
«ognoverint« 



138 «emtotb« ltam)>f mit Veter mSiwfh 

Seinen ätaum für bie Sel^nfud^t nad^ einem ttü^m Sthtn 
be^ ©eifte^ unb einem bemfelben entft)ved^enben Sd^auen fil&rtg 
lfi|t. ab&Iatb Bel^au^tet audbtädTIid^^ bag bad begtifflid^e Ser« 
ftänbni^, tt>el(i^ed bem ivbif(i^en ^afein angel^ött, ettoad gan} 
älnbved fei, afö bie unmittelbare älnfd^auung, toeld^e bem @tanb- 
pmht bed ewigen Sebend borbel^aUen fei. @r t^evtl^eibigt ftd^ 
gegen ^Diejenigen, b)e(d^e i^n befd^ulbigten, biefed £eben fd^on bem 
ttoigen gleid^}ufe^en, n>enn er ein äSerftänbnig ber 3)reieinig{eitd- 
lel^re aU in biefem Seben mdgKd^ fe^e, benn biefe^ fei j|a eben 
jenem ijoIKommneren SJafein borbel^alten ; toie fie bie« in itntn 
SBorten ß^rifti in bem ^oj^enjjtiefterlidjen ®ebet )u finben glaub* 
Um ,/S>ai ift ba« etoige £eben, bag fte bid^, bat ^u aEein 
toal^rer @ott biß, unb, ben bu gefanbt f)a% :3efum Sl^riftum^ 
er!ennen/' unb jjened anbereSBort: „^ify tDetbe mid^ ii^nen offen- 
baren." 6« ift merltoürbig, an^ biefen SBorten )tt erfel^en, t»ie 
9lb&larbd ®egner, inbem fte i^n befd^ulbigten, ben Untevfd^ieb 
jtDifd^en biefem Seben unb bem ewigen ju Dertoifd^en, felbft in 
bie entgegengefe|te Serirrung berfielen, biefe« Seben unb bad 
etoige mel^r Don einanber )u trennen, aU e« bet d^riftlid^e ©tanb^ 
^unlt }u(ie|. ^enn aKe jene SBorte be^iel^en fid^ ja offenbar 
auf ba«, ioaS fd^on in biefem Seben bermdge be« Glaubend an 
(S^riftud, ba too biefer Dorl^anben ift, fid^ berh)ir!Iid^t ; unb ed 
ift ba« größte SJerlennen ber 3bee \>otn etoigen Seben bei ^oJ^an« 
neS, fotoie be« SBefen« ber ©emeinfdjaft mit ß^riftu«, toenn man 
biefe ©teilen nur auf ein ienfeitige« Seben bejiel^en toxU. Slber 
^bälavb bedbe biefen ^^rtl^um nid^t auf, ging Don bet 93orau«« 
fe|ung au^, afö ob fte Siedet l^ätten, unb l^ielt il^nen nur ben 
Xtnterfd^ieb jtoifd^en unmittelbarer älnfd^auung unb begriffKd^em 
SSerftänbni^, cognoscere unb intelligere entgegen. „9lber — 
fagt er gegen fie — getoi^ ift tifoa^ Slnbre« ba« ©lauben ober 
äSerftel^en, unb ba« @rlennen ober @id^offenbaren.'' @r l^äß alfo 
l^ier ba«, toa« in jener jtoeiten jol^anneifdjen ©teile Don einem 
©id^offenbaren ®otte« in ben ©laubigen gefagt Sorben, al« 
ioenn jtdj biefe« auf bie bem eioigen Seben Dorbe^altene Offen- 
barung be« ber Slnfd^auung gegenwärtigen SJBefen« ®otte« bejiel&e, 
mit jener anbern, gleid^faH« auf ben ©tanbt)unlt be« etoMgen 
Seben« belogenen ©teile Don ber Srfenntni^ ®otte« iufammen ^X 
„®er ©laube — fagt er, an ^ebr. 11 fid& anfd&Ke^enb — ift 
ein 2)afürl^alten bon bem, toa« nod& nid^t erfd^ienen ift," — ein 
b^r änfd^auung nod^ nid^t ©egenloärtige«, meint er — „bie ®r- 



1) Sed profecto aliud est intellifi^ere sea credere , aliud cogno- 
scere seu manifestare. Introd. ad theol. pag. 1061. 



' utib Kruptb Don Stcöcta. 139 

lenntni^ akr bteßtfal^tung ber 3)inge felBp b\itd^ ilg^^e «nmittet 
bäte ®eflenh>art." ®ie SJennittlung butd^ Beötifpid^e« SJerftänb* 
nift lann alfo nad^ Slt&latbö Sluffaffung, toenn aud^ ba« Ööd^fte 
für bie Vernunft im itbifd^en 2)afeitt, bod^ toa^ bie unmittelbare 
änfd^auung im elpigcn Seben geben \h>irb, nimmer erreid&en % 
Unb inbcm er alfo bie§ aSerftänbni^ nid^t ate ein bem 3Befen 
ber 3)inge abäquate« betrad^tete, fonnte er bal^er in Sejiel^ung: 
auf bie ©reieinigfeitölel^re fagen: „SSSir öefl^ei^en nid^t bir 
SBal^r^eit barüber ju leieren, h>ie toir glauben, ba^ toeber h)ir^ 
nodj irgenb ein ©terblidjfer baju bef äl^igt fei : fonbern h>ir tooKten 
nur eth>a« Vortragen, toaS toa^rfd^einfid^ toäre, ber menfd^Iid^en 
aSemunft naiver läme unb mit bem l^eiligen ©tauben nid^t in. 
aBiberft)rud^ ftünbe«)." 

äbälarb toar fem Don einem ©ott begreifen gu lönnen meis^ 
nenben S)ogmatiMud. @r erlannte, ba^ ba^ SBefen ©otteiS über 
bie Äategorieen ber Sialeltil unb über bie formen unb SBortr 
ber menfd^Hd^en ©Jjrad^e erl^aben fei, ba^ e« l^ier feine bem 
SßJefen ©otteä abäquate Sejeid^nung geben fönne. @r berief ftd^ 
barauf, bafe ba« SSerbum, ein $auj)ttl^eil ber menfd^Rd^en ©J)rad&e^ 
bon ben geitlid^en SSerl^ältniffen ungertrennlid^ fei, bie bod^ auf 
®ott nid&t angetoanbt loerben lönnten. S)a§ SBefen (Sottet, fagt 
er, mad^t bie Siegeln ber ©ialeftif ju nid^te. @r tooDte bie 3ln- 
to>enbung be« Segriffe^ ©ubftanj auf Sott nid^t gelten laffen^ 
unb fonnte ftd^ fo jener aKen aint]^ro|)o})atl^i^mu« mit übertries^ 
bener ©d^eu meibenben negatiben Sluffaffung bej: (SotteSibee, hiie- 
bei einem ©fotu§ ©rigena, looburd^ ein t)räbifatIofeg äbfolute^ 
an bie ©teile ber Sbee bon einem lebenbigen (Sott gefegt lourbe,. 
juneigen. S)od^ tooHte er nur 2)iefeg fagen, ba^ ber S3egriff Bv!b^ 
ftani auf ©ott nid^t in bem ©inne toie auf alleö . Äreatürlid^e 
angetodnbt loerben fönne, unb fd^rieb l^ingegen ©ott ba« -J^öd^pe 
©ein, ba§ allein toal^re ©ein ju, infofern e« nämlid^ ba« unbe^ 
bittgte ©ein, ©runb aUeg anbern 2)ofein8 fei^). 



1^ Fides quippe dicitur existimatio non apparentium, cognltia 
▼eTO ipsarum rernm experientia per ipsam earnm praesentiam. L, c, 

2) De qao qUidem nos docere veritatem non promittimns, ad 
quam ne^ue nos neque mortalium aliquein suf&cere credimus: sed 
saltem aliquid verisimile atque humanae rationi vicinum, nee sacrae- 
fidei contrarium proponere übet. L. e. pag. 1047. 

3) lutrod. I. e. pag. 1073 — 74: Unde manifestum est, Deum abusive 
vocari substantiam, ut -nomine usitatiori intelligatur essentia, quae 
vere ac proprie dicitur, ita ut fortasse Deum solam dici oporteat- 
essentiam • . . Quod etiam omnis haec locutio ad creaturarum Sta- 
tus maxime accommodata sit, ex ea praecipue parte orationis ap- 
paret, sine qua nulla dicitur constare perfectio orationis, ex ea sei* 
licet quae verbum appellatur . . . Quid etiam mirum si in se ipsO' 



140 Sernl^arbd Stavxp\ mit $etet 9S&(arb 

^t>^, it>enn0lei(i^ SlB&latb btefe ©d^tanlen ber l&egtifflid^en 
©ttttütdflung in ber Seigre bon bem SfBefen ®otte« erfannte, be^ 
ttad&tete et e^ aK bie l^öd^fte Stufgabc ber Semunft, ba^ il^retf 
SBürbe unb SSeftimmung Sntfjjred^enbe, fid^ über bie ©innenloelt 
jut ®otte«etfenntnt^ ju erl^^ben. @t meinte : nid^t bie ©innentoelt 
unb ba« finnUd^ SBal^rnel^mbare fei ba« eigentK(]^e (Sebiet bet 
SSernunft; fonbern bielmel^r baS UeberfinnKd^e ; je mel^t ettoag 
übet bie ©innentoelt etl^aben fei, befto mel^t iomme e« bet SJet« 
nunft in, bie« ju etlennen, unb befto mel^t muffe fte fällig fein 
unb batnad^ ftteben, jut ©tfenntni^ beffen, toa« baS ^öd^fte fei 
untet bem Uebetfmnlid^en, jut Stlenntni^ ®otte«, beffen Silb 
fte bavftettt, fid^ ju etl^eben. SDutd^ ba«, toa« in unS bag §öd^te, 
bag ©otttoettoanbte ift, muffen toit ju il^m un« emjjotfdjflpingen. 
ffiag ©öttlid^e ift ba§ eigentlid^e ©ebiet bet SSetnunft. SBenn 
et aud^ ben %aU fe|t, bafe ©ott |uetft butd^ äu^etlid^«, ftd^tbate 
Seid^en, butd^ @ngel; bie et ote feine Dtgane gebtaud^te, ben 
SKenfd^en fein unfid^tbate« SQSefen offenbatt l^abe, fo fd^eint il^m 
bod^ bie gottbettüanbte, gut SKünbigieit et^ogene Setnunft leinet 
folgen SJetmütlung ju bebütfen, um fid^ felbft jut Settad^tung 
©otteg afö ©eift ju etl^eben. ,,2Benn toit bte Ätaft bet aSet= 
nunft felbft — fagt et — genauet bead^ten, beten eigentl^üm= 
Kd&e« äöefen e§ mit [\^ btingt, ba^ fie übet affeS ©innlid^e ftd^ 
etl^ebt, unb ba§ etfotfd^e, toa« bie ©inne nid^t ju etteid^en öet- 
mögen, fo mu^ getoi:^, je l^öl^etet Statut eine ©ad^e ift unb je 
mel^t fte ben ©innen fern liegt, fte mit befto gtö^etem Sle^t 
bem Uttl^eil bet SSetnunft anl&eimfallen, unb befto mel^t mu^ fie 
ba« ©tteben bet SSernunft antegen. ©al^et aud^, ba bet SJRenfd^ 
üetmöge be« tl^n auggeid^nenben SBefeng bet SSetnunft befonbetS 
mit bem Silbe ©otte« üetglid^en ioitb, mu^te et auf «id^ta mel^r 
fte l^ingutid^ten geneigt fein, afö ju S)em l^in, beffen Silb, baS 
^ei^t augge|)tägte Sle^nlid^feit et batin batftettte, unb bießeid^t 
mu^ fte ju nid^t« mel^if geeignet fein, als ba« ju etlennen, bem 
fie felbft am äl^nlid^ften ift. SDenn au« bem SSettoanbten lägt 
fid^ leidet ba« SBettoanbte etlennen, unb je mel^t ©inet einem 
Slnbetn äl^nlid^, befto leid^tet .betmag et au« ftd^ felbft gut @t* 
lenntnife SDeffen gu gelangen, bem et felbft butd& feine 3latat 
nä^et MtO." 



Deus philosophorum infringat regulas aut exemplaj quae in factis 
suis frequ enter cassat? 

1) Introd, ad theolog. lib. III c. 1, 1. c. pag. 1102: Prima igitur 
Sit de ratione credendi unum Deum discussio, et quod unum magis 
x^uam plures attineat credj, ubi et prima se ingerit (][aaestio, an hu- 
jnana etiam ratione divina celsitudo indagari potuerit, ac per hano 



unb atrttolb ijon 16rc«cia. 141 

©0 Uixaä)ttte Wbälaxh nun aud^ bte ©teieinigleitslel^re att 
fine ber aSernnnft, toenn fte jtd^ aud^ beffen nid^t betonet tocrbe, 
ttotl^toenbifle, in il^tem SQSefen geötünbete ^Ue. SSon bem Silbe 
Ootteg im menfd&Iid^en Seift toollte er fid& 5U bem SBefen be« 
i^öci&ften ®eifte§ erl^eben. Unb im ©runbe toar, toag er l^ier 
fagte, nid^fö 9lene^. @6enbal^in ging tDefentUd^ baS rationale 
©treten in ber Sluffaffunß ber SJrinität^lel^re, toeld^e« bon bem 
Slugwftin auf bie au^gejeid^neten bialeftifd^en Xl^eoloflen biefer 
3eit überging, h)ie bieS an bem a3eifi)tel beS Slnfelm üon ßanter- 
Buri^ ftd^ jetgt. 2)erfelbe brücft jtd^ über ba« ^rl^ältni| beS ©ei** 
.fte^ ju ©Ott äl^nlid^ ioie Slbälorb au^i „3Sx^ ber bernünftigc 
©eift eg allein unter ben ©efd^öpfen ift, ber fid^ jur ©rforfd^ung 
©otte« ju eri^eben Vermag, fo ift er e^ oud^ allein, buriä^ ben er 
felbft am meiften in beffen @rlenntni^ fortfd^ireiten lann. 3)enn 
e8 ift fd&on Belannt; ba^ er il^m am näd^ften ftel^t burd^ bie SBer= 
.t»anbtfd^aft feine« eigentl^ümlid^en SBefen«. SBa« ift alfo.offen^^ 
5arer, aU ba^ ber Vernünftige ©eift, je eifriger er' fid^ felbft er- 
lennen gu lernen ftrebt, befto toirffamer jur ®rlenntni^ ©otte^ 
em^)orfteigt, unb je mel^r er eg öernad^Iäfpgt, fxd) felbft ju be=? 
irad^ten, befto mel^r öon ber SSetrad^tung ©otteg l^erabfinlt. 
Mm })affenbften lann alfo ber ©eift für fid^ felbft ein ©Riegel 
genannt loerben, in toeld^em er, fo ju fagen, bag Silb 2)effen 
Betrad^ten foU, ju beffen Slnfd^auung er nod^ nid^t gu. gelangen 
toermag. SDenn toenti ber ©eift felbft allein unter allen ©e* 
fd^ö^fen feiner felbft gebenfen, fid^ felbft erfennen unb fid^ felbfl 
•lieben lann, toarum fottte nid^t in il^m ba§ tool^re 33ilb be§ 
2öefen€ anerfannt toerben, toeld^eö burd§ feiner felbft ©ebenlen^ 
©rfenntnt^ unb Siebe in ber unau«f})red^lid^en 3)reieinigfeit,6e=f 



s. creatara sua creator recoguosci, an potius ipse Deus signo aliquo 
«ensibili suam ei notitiam primum exhibuerit, velut in angelo vel 
in quocumque ei spiritu primitus apparens, sicut de primis legitur 
parentibus, quibus in paradiso locutas fui^se perbibetar. £t fortassis 
ita primo factum est, ut in aliqua scilicet visibili specie invisibilis 
Creator ipse homini se revelaret. Si tarnen vim ipsam rationis di- 
ligentius attendamus (cujus proprium est omnem transcendere sen- 
sum, et ea vestigare quae sensus non valet attingere), profecto 
quantocumque res suhtilioris est naturae, et a sensu remotior, tanto 
rectins se rationis judicio (bie Ueberfe^ung ge^t bia)>on ani, baß (fier ein 
3etttt)ort au^gefaQen), et magis inse rationis Studium provocare debet. 
Unde etiam cum per insigne rationis imagini Dei speciaiiter homo 
comparetur, in nihil aliud homo pronius cam figere debuerat, quam 
in ipsum, cujus imaginem, hoc est expressiorem similitudinem per 
banc obtinebat, et in.nullam fortasse rem percipiendam pronior esse 
credenda est, quam in eam cujus ipsa amplius adepta sit similitu- 
dinem. Facile quippe est ex similibus similia conjici, et quo quis- 
qua alteri similior, facilius ex se ipso ad ejus notitiam pertingera 
valet, cui est ipse per naturam vicinior. 



142 Setnl^atb« Stmp\ mit ^eter VSSkrb 

fielet"*). ©0 fling auä) Änfclm l^tet bon bet ©cIBftetfctinttit^ 
ket Vernunft au«, alci^toie anbete nad^ bem Slugufttn bie Äno- 
logie »Ott bem ©ein, SEBiffen bon fi(i& felbji, Soffen ober Steten 
geltenb mad^ten. Slbälarb untetfd^ieb jtd^ bonSoId^ennur burd^ 
bie fdjfitfere Slrt, ftd^ att«jufj)re(i&en, inbem et, toa« fie afö eine 
analoflie, bie bon bet Äteotut ju ®ott l^inlette, l^erbotl^oben, ge^ 
Brandete, nm in bet SOteieinigleit bie bet SSetnunft unbetleugbate 
3bee bon (Sott ate bem l^öd^ften ®ut etlennen ju laffen. a)a]^er 
wu^te audj Slbfilatb bei bet ©nttoidflung bon bet ®otte«Icl^te bie 
Qbee bon bet SDteieinigleit botanpeffen, um batau« äffe« abju= 
leiten. 6t bel^aut)tete, bafe babutd^ bejeid^net toetbe ba« SSetl^äIt= 
nift be« ©ein«, etfennen« unb SBotten«, bet SKad^t, 3iBei«l^eit 
unb Siebe in bem göttfid^en SBefen, bie in bet ©inl^eit beffelben 
notl^toenbig gegtünbete Steilheit. 2)et ungebeugte 3Satet bejeid^ne 
befonbet« bie göttlid^e Slffmad^t, al« ®tunb äffe« SJafein«, bie 
SEBeigl^eit fe^e ba« SSetmögen bet ®itffamfeit, alfo bie Slffmad^ft, 
botau«, bet äffmäd^tige l^abe bon ®h)ig!eit l^et in ftd^ ben 5ßlan 
enttootfen, ben feine 2lffmad^t jut 2lu8füJ^tung bringe 5 ballet bie 
SBei«l^eit batgeftefft aU bon ßtoigleit l^et eraeugt aug bet äCtt^ 
mad^t, toeld^e fte botauSfe^e. SKan muffe l^iet bon aUen jeitKd^en 
aSotfteffungen abfttal^iten ^), untet bet etoigen 3^wö«"9 f^^ fei«« 
fuccefpbe ©anblung benlen, fonbetn ettoa« bon ©toigfeit l^et übet 
Äffe S«it in bem göttlid^en SBJefen ®egtünbete«, bie notl^toenbige 
aSetbinbung bet SQ3ei«l&eit mit bet ätffmad^t. 2)et Slffmäd^tige, 
bet betmöge biefet Slffmad^t Slffe«, loa« et bcnle, ioitHic^ ju 
mad^en bie Ätaft l^abe, bet betmöge feinet Söei^l^eit äffe« fo 
beule, ft?ie e« am beften fei, looUe auä) nut ba^ butd^ feine 
SBSeiSl^eit füt ba« S3efte ßtlannte. S)ag h^erbe auggebrüdft butd^ 
ba« S)ogma: bom SSatet unb ©ol^n gel^e au« bet l^eilige ®eift. 
a)a8 SluggeJ^en^) bejeid^ne am tteffenbften baS S93efen be« l&ci= 



1) Monolog! um cap.' 66—67. 

2) Theol. Christ, pag. 1326: De aeternitate autem generationis 
c^uod quaesitum est, utrum videlicet filius semper gignatur, an semper 
Sit genitus, — eum tarn gigni semper quam genitum esse, h. e. 
semper eum ex patre esse, et plenam semper et perfectam i& 
Iioc ipso generationem ejus esse. Neque enim secnndum temporum. 
distinctionem id accipimus, cum illa videlicet aeterna generatio tem- 
pori nullo modo cedat, quae ante tempora quoque sicut nunc per- 
fecta consistebat. 

3) Theol* Christ, lib. I c. 5: Nomine spiritus sancti afiectns 
benignitatis et caritatis ezprimitur, eo videlicet quod spiritu oris 
nostri et anhelitu maxime affectus animi patefiant, cum prae amore 
Buspiramus aut prae laboris vel doloris angustia gemimus; unb p. 
1085 opp.: Proceder6 Dei est, sese ad aliquam rem per afiTectum 
caritatis quodammodo extendere, ut ei per amorem se jungat. Sbälorb 
n>oQte geigen, bag bet $[u«bru(f bet S^uquuq unb bed ^^u^gelj^end ein 



^ nnb S(nto]& )>on )6re«cta« X43 

Kgen ©eifte«, bte göttlid^e Siebe notJ^hjenbiß betBunben mit ©pt^ 
teg ©elbfterfenntnig, toeil ba« SBefen ber Siebe aKittJ^eilung fei, 
toeil man burd^ bie Siebe gleid^fam bon ftd^ felbft auggel^e. S)ie 
Siebe &oiU§ fei etoig in feinem 5B3efen öegrünbet, toenngleid^ bie 
©efd^öjjfe, afö SEBerfe biefer Siebe, auf toeld^e fie fxä) bejiel^e, nid&t 
tl^rer 5Ratur nad^ nDtl^toenbig feien ^). 

SBir tooffen l^iet no^ bemerfen, h)ie Slbälarb butd^ feine 
freiere ©eiftegrid^iunö über ben f(i^roffen ©egenfa|, ber bamafö 
jtoif^en ber lateinif^en unb gried^ifd^en Äird^e in ber Seigre Dom 
l^eiligen ©eifi ftattfanb, fid^ eri^ob, unb bon feiner rationalen 
^Sluffaffung au^ eine SBermiitlung jtoifd^en ben l^eftig eittanber be« 
ftreitenben Sßartl^eien barbot, eine fold^e aSermittlung, toörin fd^on 
Sluguftin Vorangegangen toar, ba^ nämlid^ ber l^eilige ©eift im 
eigentlid^en, l^öd^ften ©inne toon bem SBater all ber loirffamen 
Urfad&e auögel^e, bon il^m auf ben ©ol^n übergel^e, unb burd^ 
ben ©ol^n ju ben 3Wenfd^en im ©um|)fe ber SSSelt übergel^e ^). 

3n ber Seigre öon ben göttlid^en ©igenfd&aften gab äbälarb 
öon jtoeien ©eiten 9lnfto|; einen bjurd^aug unöerfd^ulbeten unb 
ungegrünbeten, einen anbern öon einer ©eite, ioo e3 mel^r be- 
grünbet fd^einen fonnte, too e§ aber aud^ gu ben fd^loerften 2luf- 
goben gel^ört, in ben ©d^ranlen beS menfd&Iid&en 3)enlen§ unb 
ber menfd^Iid^en &pxa^t ba« Siedete ju finben : S)a§ .®ine toar 
bie Seigre Don ber göttlid^en Slllgegentoart. Slbälarb follte in eine 
fold^e SWeinung berfaßen fein, loie fie nad^l^er öon ben ©ocinen 
toirtlidj borgetragen lourbe, eine toefentlid&e Slttgegenloart ©otte« 
geleugnet unb nur eine ©egentoart beffelben nad^ feinen aQäirIun= 
gen anerfannt l^aben; toaö eine falfd^e 2^rennung be§ SSäefen^ 
©otteg bon feinen SEirlungen mit fid^ gefül^rt l^aben toiirbe. ©ine 
fold^e älnfid^t pa^i fd^on burd^aud nid^t }u ber ©d^ärfe, mit ber 
Slbälarb alle falfd^ antl^rot)oi)at]&ifd^en SSorfteffungen, alle Uebertra«* 
gung ber Äategorieen jeitlid^er Slnfd^auung^ormen, unb alfo aud& 



f^mbolif^cr fei : Caritas Dei ex patre et filio procedit l^cigt fo öicl al9 
in illis quasi primordium et causam suae existentiae hübet, cum ex 
eo Deus rationaliter velit, quicquid de comlendls vel disponendis 
creaturis instituit, quia et potentiam et sollertiam in his vel 
condendis vel disponendis plenam obtinet. 

1) Fortasse cum ipsae ereaturac ex necessitate non sint, amor 
tarnen Dei erga illas ita necessario habet esse, ut absque illo Deus 
esse non possit, cum videlicet ipse ex propria natura tam hunc 
amorem suum, quam quodlibet bonum ita habeat, ut eo carere nul- 
latenus possit. 

2) Spiritus sanctus ex patre proprie procedere dicitur, guasi a 
summa origine, quae sc. aliunde non sit, et ab ipso in 
fiUum quasi in rivum et per filium ad nos quasi in stagnum hujus 
seculi. Opp. p. 1094. 

10* 



144 HBern^arb« Stamp\ mit ^ter fLbUaxh 

täumlid^et, Don bem SBefen ®otteS juvildtoei^. Ilnb in ber Xl^ot 
totrb ftd^ SlUed batauf )urfidffll^ren laffen, ba^ man tl^n, t^ieEeid^t 
auf eine i?on feinen Sd^ttlem Detfd^ulbete SEBeife, mifsberftanb, 
toenn et Don einer toirlfawen älDaegentt^airt &otU^ ^pxa^, 
toenn et fidj wandlet SBetgleid^ungen bebiente, bie öiettetd^t aud^ 
miftöetpanben toutben. ßt felbft faßt öon ®ott, ba§ et, ber 
übetaD feinem SBefen nad^ fei, fid^ ballet nad^ leinet SKc^tung 
l^in täumlidj betoegen Mnne*). SJal^et meint et, bag toenn eö 
l^ei^e, ba^ ®ott itgenbtool^in l^inabfteige, fei cd nid^t Don einet 
täumlid^en Setoegung }u öetftel^en, fonbetn babon, ba^ et anf 
«ine neue SBeife ju toitlen beginne *). 838enn abet gefagt toetbe, 
bafe ©Ott burd^ feine ©ubftanj übetaH fei, fo fei biefeö nad^ feiner 
SBirlfamleit obet SKad^t ju öerftel^en, afö toenn gefagt tDötbe: 
atte 3)inge feien il^m bem SRaume nad^ fo gegenioättig, bog et 
nie aufl^öre, in il^nen etioa« gu toitlen, unb feine SDlad^t nitgenb^ 
mü^ig fei '). ©oM;e SBBötte mod^ten tool^I ju bem Säottoutfe obet 
aJli^toerftanbe SBetanlaffung geben, ate toenn et eine Slffgegentoatt 
®otte^ nut feinen SBitlungen nad^ bel^auj)te; abet bie« fo ju 
Detftel&en, ift man jumal nad^ bem SSotl^etgel^enben butd^au« ni^t 
beted^tigt, unb man ift an nid^t« 9(nbted, aU an eine toitlfame 
Sltlgegentoavt, )u benlen t^etanla^t; toie bie« aud^ butd^ ba« ^tod^- 
folgenbe beftätigt toitb, ioenn Slbälatb l^ingufügt: „^mn aud^ 
alle Släume, unb toa§ in benfelben ift, iönnen nid^t beftel^en, toenn 
fte nid^t butd^ il^n etl^alten toetben ; unb e« ioitb gefagt, ba^ et 
butd^ feine ©ubftanj bafelbft fei, too et butdj bie Ätaft feinet 
eignen Subftanj nie aufl^ött, ettoaS ju toitfen, enttoebet babutd^, 
ba^ et bie 2)tnge, toie gefagt, etl^ält, obet babutd^, ba^ et butdj 
fid& felbft ettoas in il^nen ju Staube bringt/' SRad^ «bSIatb« 
iluffaffung entf})tid^t alfo bie göttlid^e Slllgegentoatt afö eine toitf- 
fame bet etl^altenben 2:i^ätigfeit ®otte« *). Unb befonbetil töitb 



1) Dens, qui ubique per substantiam esse conceditur, non liabet 
quo moveatur iocaliter, cum ubique sit essentialiter. Introd. III, 6 
opp. p. 1126. 

2) Sic et quoties aliquo descendere vel venire dicitar Dens, 
non aliquis ejus localis accessus, sed aliquis novae operationis 
effectus ostenditur. L. c. 

3) Quod tarnen ubique esse per substantiam dicitur, juxta ejus 
potentiam vel operationem dici arbitror, ac si videlicet diceretur ita 
ei cuncta loco (toieHeii^t ifl loca ju (efen) esse praesentia, ut ia eis 
aliquid operari nunquam cesset, nee ejus potentia sit alicubi otiosa. 
L. c. 

4) Nam .et ipsa loca, et quidquid est in eis, nisi per ipsum con- 
serventur, manere non possunt: et per substantiam in eis esse di- 
citur, ubi per ^ropriae virtutem substantiae aliquid nunquam opetari 
cesset, vel ea ipsa, ut dictum est, servando, vel aliquid in eis per 
se ipsum ministrando. L. c. 



mtb Smolb bon 9re«cta. 145 

iene Sefd^ulbigung atid^ toiberlegt burd^ bie ^xt, \ok K>Slaxh 
auSlbxixdlxify bie aUgegentoärttge untnittelbate 3BitIf<tmIeit.@otte§ 
bon ber tntttetfiaten SEßttlfatnleit eineg Äönigg, bon bcm man 
fofle, ba^ et üBetaKl^tn loirle, unterf(i^etbet. ,,3)cnn toenn man 
au^ bon ben Äönigen faßt, bag fie lange ^änbe l^aben, toeil fie 
ii^e aWad^t an fetnen Dtten ausüben, fo finb jte bo$ ntd^t im 
©tanbe, burd^ il^re ©ubftanj ba« ju tljun, loaS fie butd^ ©teff- 
Derttetet tl^un" ^). SWan lönnte jtoat nun fagen, biefet ©egen« 
fa^ laffe jtd^ immer fo toerftel^en, ba^ ber Äönig nur auf eine 
bermütelte SEBeife bur^ feine Organe, ©ott aber unmittelbar burd^. 
feine SBäiriungen, toenn aud^ nid^t feinem SBefen nad^ überall fei. 
aber abälarb gtebt bod^ ju biefer 2luffaffung fein Siedet, unb 
fd^Ke^t fie aüsbrüdflid^ avi§, inbem er „bie ©ubftanj" ertoäl^nt^ 
burd^ bie ber Äönig nid&t loie ©ott an öerfd^tebenen Drten jugleid^ 
fein lönne.. (gr bergleid^t nad^l^er ba« ©ein unb SBirfen ber 
©eele in bem £eibe mit bem ©ein unb SBirfen ©otte« in ber 
SQBelt, unb fagt: ,,©o mu^ man fagen, ba^ ©ott nid^t allein' 
in aßen Släumen, fonbern aud^ in atten einzelnen Singen burd^ 
trgenb eine SBirIfamfeit feiner 3Wad^t fei/' — too man aud^ fei«« 
neSVoegg beranla^t ift, bie SBirffamleit bon bem SBefen auSju^ 
fd^lie^en 2). ®r bejiel^t biefe SUIgegentoart ©otteg, loa« aud^ jut 
Slnfd^aulid^mad^ung feiner 3Sorfteßung bient, ioie auf ba§ Släum^s 
lid^e, fo aud& auf baö 3^^^^^^^, fo *><^fe ^^^ ®tt)igfeW barnad^ in 
einem äi^nlid^en äSerl^ältnig ju bem ©ucceffiüen ftel^en toürbe, hjie 
kie Slffgcgentoart gu bem ßoejiftenten ^). 

©ro^eS tluffel^n mad^te SlbälarbS neuer 3Serfud& in ber ®nt^ 
toidflung be« Segriff« öon ber göttlid^en Slffmad^t. ©§ eri^eHt, 
tote fd&toer eS ift, bei ben -©d^ranfen, toeld^e bem menfd^ltd^en 
S)enfen, ber menfd^lid^en Qpta^i aufleben, l^ier ba« Siedete ju 
finben, jtoifd^en beiben ©efal^ren, enttoeber in ber SeJ^aujJtung 
ber abfoluten greil^eit ©otteS, inbem man per eminentiam frea- 
türlid^e Unbollfommenl^eiten auf i^n überträgt, fte einer unenb^ 
lid^en SEBillfür gleid^jufe|en, ober, inbem man. biefen 9lbtoeg toer^ 



1) Nam etsi loogas manus reges habere dicantur, eo quod po- 
tentiam säum in longinquis exerceant locis, non tarnen hoc per sub- 
Btantiam suam facere sufficiant, quod per vicarios agunt. L. c. 

2> Ita Dens non solum in omnibus locis, verum etiam in rebus 
singuJifl per allquam suae potentiae efficaciam semper esse dicendu». 
est. L. c. pag. 1127. 

3) 3n feinen ^orlefungen, too er ba9 Sefentlt^e t)on bem (SttoS^nten 
jitfammengellt, flnbet fid^ biefe etgent^mlid^e SßorjleHung : Omnis enim 
locus ei praesens, sie et omne tempus. Epist. theolog. Christ, ed^ 
Rheinwald 1835 pag. 50. (5S )»erbient (ter t^ergii^en in »erben, tt>a9^ 
^d^tetersia^er t)on ber 8e)te^ung ber Sagegentoart jur (Stoigtett fagt. 2)er 
^rtfllt^e (Glaube 2te9 Se^rüüd §. 53. 



146 8nn^arb9 Stm\f\ mit $eter fLUUxb 

tnetbcn toill, eine 5Rotut:notl^toettbi0leit in ®ott ju fc|en. SWan 
fielet ben ®etft ^hlxlaxU ringen, um \>ox btefen Slbtoegen ftd^ ju 
Betoal^ren. SSefonbet« aber ift e« bie etfte ©efal^t, bie et ju 
bermetben fud^t, unb babutd^ fd^ten er an bie jhjeite anjuftreifen. 
e« erfd^etnt il^m aU eine S3eeinträ(i&tigung ber ®üte unb SBei^l^eit 
®otteg, toenn man fagen toollte, ®ott lönnte in bem beftimmten 
gatte SKnbereg, SSeffere« tl^un, ate er toirlR^ tl^ut. SJenn in 
iebem %aSlt fei ja ba€ $anbeln ®otte« immer ba« Sefte. (55 
lönne ja unter Beftimmten Sebingungen nur @in« ba« Sefte fein, 
unb btefe« muffe eg fein, - toa« burd^ ba« göttlid^e ^anbeln ju 
©tanbe lomme. 3Ran fönne fid^ alfo nur fo bie göttlid^e Mma^i 
l^anbelnb benfen, um fte in 6inflang mit ben übrigen göttttd^en 
eigenfd^aften aufjufaffen. S)aburd^ Verliere ber Segriff öon ber 
fjretl^eit ©otte« nid^t«, ebenfo loenig toie toenn man fage, bafe ®ott 
nid^t anberg lönne, afö i^eilig, toeife, Barml^erjig fein. 3Ran fei 
il^m barum nid^t toeniger für atteS ®ute 3)anl fd^ulbig, fonbern 
befto mel^r, ba ba§ ®ute fein SBefen fei. ,,©« Bebarf to)ol^I ber 
Unterfud^ung, - fagt Slbälarb — ob ®ott SWel^rereg ober Sef*« 
fere« tl^un fönne, ate er tl^ut, pber ba^jenige unterlaffen, toa« er 
tl^ut. aSögen h)ir biefe« bejal^en ober Verneinen, fo toerben ioir 
tielleid^t toielem Unbequemen unb Sebenlen ©rregenben nid^t au^ 
toeid^en fönnen. 3)enn toenn toir eg bejal^en, fo toerben toir ge= 
tt)i| feine ®üte fel^r beeinträd^tigen. 2)enn eS erl^efft, ba^ fte 
nur ba§ ®ute tl^un lann ; voenn fte aber baS ®ute, to^nn fte e^ 
tl^un lann, nid^t tl^ut, unb ®inige§ gu tl^un unterläßt, ioer fottte 
il^n nid^t eineg 3Kangete an ®üte befd^ulbigen ? ^)" Unb er 
fül^rt nad^l^er jur Sergleij^ung an : „3)a feine ®üte fo grog ift, 
bafe fte il^n freitotHig fo ju l^fanbeln antreibt, nid^t gegen feinen 
SEBiUen, fo ift er befto mel^r nad^ feiner eignen 9latur gu lieben, 
unb beßl^alb ju öerl^errlid^en, ba biefe feine ®üte nid^t ate ettoaS 
Sufättigeg, fonbern toefentlid^ unb untoanbelbar il^m eintool^nt %*' 



1) Introd. III, 5 pag. 1112: Quaerendüm arbitror, utram plara 
facere possit Deus Vel meliora quam faciat, aut aB bis etiam qnae 
facit, ullo modo cessare posset, nee ea unquam videlicet faceret: 
quod sive concedamus, sive negemus, multas fortasse inconvenien- 
tium anxietates ikicurremus. Si enim ponämus ut plura- vel panciora 
facere possit, vel ab bis quae facit cessare, profecto multum sum- 
mae ejus bonitati derogabimus. Constat quippe eam non nisi bona 
facere posse; sl autem bona cum possit, non faciat, et ab aliquibas 
c[uae facienda essent se retrabat, quis eum tanquam aemulam vel 
iniquum non arguat? 

2) L. c. pag. 1121: Cum vero ejus tanta sit bonitas atque op- 
tima Toluntas, nt ad id faciendum non invitum eum, sed spontaneum 
inclinent, tanto amplius ex propria natura diligendus est, atque hinc 
glorificandus, quanto baec bonitasr ejus non ei per accidens, sed 
Bubstantialiter atque incommutabiliter inest. 



ttiib arnolb Don «r€«cia. 147 

'«(fcälorb ßlauBte nur feine SBal^Ifreil^eit in bem ©inne, tote fte 
<i\xi) bei bem 3Kenfd^en immer mel&r loegfäKt, je mel^r er in ber^ 
Heiligung fortfd^reitet, je mel^r ba« ®uU in fein SBefen übergel^t, 
je mel^r eS mit einer ftttli(i^en SflDtJ^toenbigleit ein3 toirb, (Sott 
^ufd^reiben ju lönnen. Slud^ in Sejiel^ung auf ben SKenfd^en 
i)ertoarf er mit ben auöflejci^neten bial^ftifd^en ä^j^eologen feiner 
3eit jene })ela0ianifd^e 3)efinition ber ^reil^eit afö einer SBa^fc 
freii^ett jtoifd^en bem ©uten unb SBöfen, unb er befinirte ben freien 
SBiffen, it>enn er anij ni(i^t immer biefer S)efinition treu blieb, 
üU bag aSermdgen, ungel^inbert ju erfüllen, toag man t)ernunft= 
gemä^ befd^loffen l^at*). SDSel^e ernfte Slngelegenl^eit e« il^m 
h)ar, aitteS ju meiben, toaS bie toürbigen ^Um öon bem SBefen 
©otteg beeinträd^tigen fönnte, unb toie tiefer bie ©d^toierigfeiten 
iabei fül^lte, jeigt fid^ in jenen merftoürbigen SBorteU; bie Uon 
ber 2lufrid^tig!eit feineg Strebend jeugen: ,,aQ3eiI toir iSottei^ 
ßl^re in Slllem rein ju erl^alten ftreben, fo toollen h)ir babei öer« 
trauengboU feine §ülfe anrufen, ba^ S)er, ber bie ©einigen t)on 
©ünben frei mad^t, un^ burd^ feine @nabe aud^ an^ ben ©d^lin- 
gen ber SBorte, ioie ben ©d^lingen ber ©ünbe in 3;i^aten frei 
madjien möge jur SSerl^errlid^ung feinet SRameng, ba^ loir nid^t 
ber Süge ober ber Slnma^ung öor il^m fd^ulbig befunben werben, 
ber/ $erjen unb liieren Jjrüfenb, in SHIem mel^r auf bie (Sefm- 
itung, atö auf bai5 §anbeln fielet, unb nidjit \oa^, fonbern in 
tveld^er ©efmnung e« gefd^el^e." Sin SieblingSloort Slbälarbö *). 
3)ie ©d^lüierigleit, loeld^e SlbälarbS ©egner $ugo a'Bt. SSiftore 
fanb, biefen Änoten ju löfen, unb bie 2lrt, toie er ben Slbälarb 
ibeftreitenb jtd^ il^m bod^ näl^ern mufete, bie« ift ein 3^wflw^ für 
benfellfien. Serfelbe unterfd^eibet jtoifd^en bem, loa« afö ©egen^ 
ftanb be« göttlid^en SBiffeng in ber ®rfd^einung fid^ barftellt, ber 
voluntas signi, unb bem SBoKen ©otteS an fx^, ber voluntas 
beneplaciti. Qn Sejielj^ung auf ba« ßrftere beftreitet er ben 
Slbälarb nad^brüdflid^, in ^infld^t auf baö gleite fagt er felbji: 
in biefer SSejiel^ung fei ber SBille ©otteS ein« mit feinem SBefen, 
er iönne in biefer 33ejiel^ung nid^t« anberS, ate loa« er loolle, 



1) Libera facultas quidquid e ratione decreverit faciendi. 

2) Theolog. chrisCT lib. V in Martene et Durand thes. nov. 1717 
pag. 1358: Sed quoniam divinum in omnibas integrqm honorem 
servare, et prout possumus magnificare intendimus, ipsius opem 
Buper hoc confidenter imploremus, ut qui suos absolvit a peccatis, 
expediat a Terbis, et hornm quoque laqueos sicut illorum ad no- 
minis sui laudem sua explicare gratia dignetur, ne nos mendacii 
▼el praesumtionis in eum ab ipso* arguamur, qui probatur cordis et 
rerum (joo^t )u lefen renum) magis in omnibus intentionem attendit^ 
quam actionem; nee quae fiant, sed quo animo fiant. 



148 S^etn^atU ftav^\ mit $tUT fLhUaxb 

ntit Idnne ttid^td anbevi^ tooUen, afö n>ad et iDoQe; ed fei 6ei 
il^m baffelbe ®oBen unb ©ein, unb SBoKen unb Äönnen^. S)a* 
mit toütbe ahtt audj äb&Iatb äbetetngefttmmt Ufaben. a5a« öer=^ 
»enneinte »ebenflidjfe feiner »el^au^tung toat baburd^ nid^t ges^ 
l^oben, uttb öiclmel^ lonnten aus jener ^bentificiruna i>on SBoU 
len, Äönnen unb ©ein bei ®ott bebenlUd^ere goIgerunBen abge» 
leitet toerben, bie ju einem t)antl^eiftifdjen 3Koni«muS J^infüJ^rten^ 
toie ein fold^er nid&t mit ©lementen einer entgegengefe^ten 2)enf^ 
toeife i)erfd^moIjen, fonbem jur Äonfequenj enttoidfelt bei bem 
»ntalrid^ .bon »ena l^erbortrat. Slber füllte SlBfilatbS »el&au»)* 
iung jur aiufl^ebung be« Unterfd^iebS jtoifd^en SWöglid^em ainb 
SDBirllid^em, jur Seugnung ber Äontingenj? SDiefe« toSre bag 
bem ächten %\)^\mvi^ SDäiberfkreitenbe, bie S3el^aut)tung eine« in 
®ott gegrünbeten notl^h)enbigen SnttoicflunglJJtoaeffe«, bie Seug* 
nung ber freatürlid^en ^eil^eit, jene Seigre, tooburd^ aKe§ fitt- 
lid^e Sntereffe gefälgirbet toirb. aber biefe Unterfu^ung gel^drt 
in ein ganj anbre« ©ebtet, in bie grage bon ber freatürlid^en 
l^eil^eit unb bem Urf})runge bet ©ünbe in berfelben. §att man 
l^ier ben toal^ren Segriff ber formalen ^reil&eit unb bie ^Realität 
be« ©Öfen feft, fo ift aud^ bie Unterfd^etbung öon SDäirllid^em unb 
SKöglid^em gegeben. Slbälarb aber toar fern baöon^-jene fjrei- 
l^eit ju beeinträd^ttgen. 

Sa, toie an^ bem ©efagten erl^eöt, Slbälarb bie Seigre ^on 
ber 2)reieinigfeit afö eine in bem SBefen ber SSernunft ge^ 
grünbete, mit ber Sluffaffung ®otte§ ate be§ l^öd^ften &nU^ 
notl^toenbig jufammenl^angenbe betrad^tete, fo fül^rte il^n bie§ \>a^ 
iu, aud^ in ber toor(|riftKd^en 3SernunftenltoidKung ©Jjuren bie* 
fer toenn aud^ unbetou^t unb unflar ju ©runbe Kegenben Qbee 
oufjufud^en. 6in foId^eS ©tteben ftimmfe tool^I überein mit 
feiner f(^on bejeid^neten Slid^tung, Uebernatürlid^e« unb 5Ratür= 
lid^eS, Offenbarung unb SJernunft nid^t in fd^roffem, unöermit« 
teßem ®egenfa|e aufjufaffen, fonbern öermittelnbe Üebergang^s 
})unfte aufjufu(|en. S)iefe Sbee mu^te, fonfequent aufgefaßt 
unb burd^gefül^rt, aud^ auf bie Setrad^tung ber ®efd&td§te ange* 
toanbt toerben. @g mußten in bem 33ord&riftHd^en bie affmä= 
Kgen Uebergänge ium ßl&riftentl&um aufgefud^t toerben. Slidjft 
blo^ ba« Subentl^um, fonbern aud^ bie ^ßl^ilofojjl^ie ber ®rie= 
d^en mu^te im S«föwmenl^ange ber Vorbereitung für bag 



I) Summa «ent. tract. I, 14, opp. IIT, 193: Sed si de' ipsa Dei 
Tolantate loquimur, qvae est hoc, quod ipse: nihil potest facere, 
nisi quod vult: et nihil potest velle, nisi quod vuit. Idem enim est 
▼eile, quod esse: idem etiam velle, quod posse. 



»nb fimotb Don ©rc«da. 149 

Cl^tiftentl&um aufgefaßt h>etben. ©o lonnte \>uxä) 2lBäIatb bte 
feit fo ötefen SSal^ri^unbetien jutfidEgetrrtene SRid&tung bcr alejatt^ 
brinifii^ett ©d^ule jtd^ fotebet ctneuetn. ©od^ awd^ l^iet lonnte 
SlbSIatb ntd^t böju lommen, toie jene SKejanbrinet, eine jufam^ 
tnenl^ättflenbe SJotalanfd^auung ft^ ju bilben. @« toaten nw 
»ereinjelte Sbeen, bie in i^m auffliegen, unb benen er fid^ ntit 
einer Siebe, bie nid^t immer genug öon SJefonnenl^ett begleitet 
foav, Eingab. 2)ie toiberftreitenben Elemente in feinem ©eift, 
ber t)on ber einen ©eite in ben ©d^ranlen beS lir^Kd&en 8el^r= 
begrip befangen toar, i>on ber anbern ©eite burd^ neue, bem* 
felben entgegengefe^te ^Uen angezogen tourbe, liefen il^n nidjt 
baju fommen, bie erfaßten Äeime einer neuen 2luffaffung öon 
bem S3erl^äßniffe ber frül^eren Snttoidlung ber 3Renfd^l^ett jum 
Sl^riftenti^um organifd^ unb fonfequent auS}ubtlben. @§ fel^(te 
ifjm babei toie an ber genaueren Äenntni^ be§ gangen Slltertl^umg, 
i^on >em nur einzelne Srud^ftttde il^m belannt toaren, fo aud^ an 
bem fd^arf au§get)rägten Setou^tfein öon bem eigentl^ümlid^en 
Sßefen beg ßl^riftentl^umg im ®egenfa| gegen affe§ SSord^riftlid^e, 
um eine fold^e SBetrad^tung mit SÖBal^rl^eit unb ®ered^tig!eit burd^- 
fü^ren ju lönnen. Qe Weniger er i>on feinem inteffeltualiftifd^en 
®tanb))unfte au^ bie SSebeutung ber 3)reieinigleit§lel^re in il^rem 
eigentl^ümlid^ d^riftlid^en, bon ber Segiel^ung auf bie ^ßerfon ßl^rifti 
ungertrennlid^en ©inne red^t gu öerftel^en 'lou^te, je toeniger er 
bie Seigren unb 3lugft)rüd^e ber alten 5ßl^ilofo|^l^en, unter benen 
i^ttx bie 5piatoniIer afö bie bem ßl^riftentl^um am meiften öer* 
loanbten erfd^ienen, ber gried^ifd5en ©t)rad^e unfunbig ^), an^ bem 
^ufammenl^ange. unb ber Vit\pxaä)e !annte, befto leidster fonnte er 
fid^ burd^ fd^einbare Slnalogieen, ober burd^ falfd^e Serid^te ©J)ä- 
terer täufd^en laffen, unb mel^r feigen, al§ borl^anben loar. 3lud^ 
ba§ Seben alter ^>l^ilofoj)]^en erfd^ien il^m nad^^ ben einzelnen, 
au^ bem Swfammenl^ange geriffenen SixQtn, bie au3 abgeleiteten 
©arfteffungen gu i^m gelangten, in einer ibealifirten ©eftalt; 
unb je mel^r er mit feiner eignen S^i* ungufrieben h^ar, befto 
mel^r toor er geneigt, ba§ S3ilb au^ ber ^erne einfeitig öerfd^ö* 
tternb aufgufaffen. ©ern ftellte er bie ©ittenftrenge alter 5ß^ilo- 
fot)l^en ben ®eiftli(^en unb SJKönd^en feiner S^i* 8«^ S3efd[;ämung 
bar. Slud^' fonft finben toir, too baS ertoad^enbe ©tubium ber 
Stlten juerji mit Segeifterung ergriffen tourbe, 33eifJ)iele babon, 
ka^ maji toon antuen 2:ugertben ein ibealiprte« Silb ftd^ mad^te ^). 



1) 5lba(orb fcibfl fagt, bog er »ou ^lato ntd^t« l^abc lefen fönncn, toeit 
t(»m nt^td in latetntf^er Ueberfe^ung betannt toorben. Dialect. ed. Cousin 
pag. 205. 

?) @o Jagte man bon bem Obo, in bcr Seit, al« er nur nod^ mit ben 



IM^ 



150 )@ent^arb9 $tüm^\ mit $eter Sl^Slarb 

@r meint, bte $]^ilofoi)l^en feien, tt>ie e« f(i&on il^t: 9lame )u er«» 
fennen ßeBe, beut (Sl^tiftentl^um am weiften öerloanbt; benn Sl&ri- 
ffcud fei ja bie SBei^l^eit 0- 2)ie ß^riften foOten mä) älbölarb, 
ba il^te ße^re bon bem göttlid^en Sogog ausging, bie fodffxm 
J8ofliIer fein*). ®r beruft ftd^ barauf, ba^ ©olrateg jum giel 
ber ganzen ^l^ilofo^l^ie bie ftttlid^e SSereblung gefegt l^abe. S)ie 
göttlid^en Singe, l^abe er geleiert, fönnten nur mit gereinigter 
@eele erlannt h)erben, unb be^l^alb l^abe er jur Steinigung be^ 
£ebeng aufgeforbert, bamit.bie ©eele, frei öon ben fie jur ®rbe 
l^erabjie^enben Segierben, mit il^rer urft)rüngli(i5>en ftraft gum 
©toigen fx^ eri^eben, unb bamit fie iixxi) bie Sfteinl^eit ber Ser^ 
nunft ba^ geiftige SBefen beS untoanbelbaren Sidj^te«, too bie Ur« 
fad^en aUeS ©efd^affenen auf fefte SEBeife bereinigt ftnb (bie 3t>«««)f 
erlennen lönne. 2)en 5ßIato fül^rt er aÖ'Seugen bafür an, ba^ 
man mit (Sebet SllleS beginnen muffe. SBenn alfo 5ßaulu« fage, 
t)ie 5ßl^tlofot)l&en l^ätten-^ il^e beffere ®rfenntnife bielmel^^^ il^ren 
eignen 3lnftrengungen, ate bet ^ülfe (Sötte« gu i>erbanlen ge= 
glaubt, unb be^l^alb i^ätten fte e« öerbient, ba^ jte gegen bie 
S93al^rl^eit blinb gemad^t iDurben, ba« fei bielmel^r to)enigen aU 
fielen jur Saft ju legen. @« fd^eint alfo, aU loenn er ben 5ßau* 
lu« felbft einer Ungered^tigleit gegen bie SWel^rl^eit ber ^ßj^ilofo^jj^en 
gu befd^ulbigen geneigt ift ®). Slud^ ba8, ttjaö 5ßaulu8 Mm. 1 
bon ben ©itten ber Reiben l&injufügt, meint er, muffe jxd^ bieU 
mel^r auf eine SKinorität, al§ eine aUajIorität begiel^en. SDenn e§ 
erl^eHe ja, bag bie $l^ilofo))]^en fel^r entl^altfam gelebt unb burd^ 
il^r Seben unb il^re ©d^riften biele Slnregungen gur @nt]^altfam=: 
feit uns l^interlaffen l^ätten *). SBo er in feiner ^riftlid^en Xff^o^ 



weltli^en SBiffcnf^aften fl^ U\6ß\tiQtt, uub bie ölten Slutoren am meißelt 
pubirtc, baß fein ftrcnöe« Scbcn nur Sfeadja^munö ber 2;ttgcnben ber alte« 
$l^tIofo)>^en fei. Eum hanc districtionem non exercere causa reli- 
gionis, sed potius antiquae philosophiae consuetudinis. D'Achery 
specileg. 11, 890 ed. 1723. 

1) r^omlne quidem, cum nos a vera sophia, hoc est sapientia 
Dei patris, quae Christus est, christiani dicamur, vere-in hoc di- 
^i cendi philosophi, si vere Christum diligimus. Theol. christ^II. 1* c. 
, pag. 1210. 

. : . V : ; 2) Senn aud^ ni^t Sorte ^Mtarbd, bo^ im ^inne ^bälarbd ge* 
\pxo6itn, in bem t)on St^dntoälb t>erau«öcgcbenen Dialogus (SBcrlin 1831), 
' ^ . too ber rebenb eingefä^e $l^ilofc^( fagt: Ad quae utinam, ut dicis, sie 
oonvincere possis, ut ab ipsa, ut dicitis, suprema sapientia, quam 
'■\^ sraece logon, latine verbum Dei vocatis, vos vere logicos et ver- 

borum rationibus exhibeatis esse armatos. Pa^. 49. 
• \^V . ^) Quod itaque ait apostolus, quosdam philosophorum et gen- 

\ ^ 'tilium sapientum, hoc quod de Deo vel caeteris inteüi^ebant, sibi 

potius quam Deo ascripsisse, atque hinc excaecari meruisse, paucis 
potius quam multis imputandum videtur. Introd» pag. 1007. 
4) L. c. 



tmb Ärnolb öoti ©rcScia» " 151 

logic öoh ,ben 2^ugenben ber alten ©ttcd^cn unb Slömcr gcfjjros 
d^cn l^at, fteßt er bdö S3eif|)iel berfetten gut Sefd^ätnung ben 
Sletten unb goirften feiner S^^ bar, inbem er fagt: ,,aRö8en 
j^ierburd^ bie Siebte unfrer S^it Befti^äntt toerben, mögen jte toenig* 
fteng burd^ ba« Seifriel ber Reiben jur Sfteue angeregt toerben^ 
ba§ jte bor ten Slugen il^rer SKönd^e, bie bon bürftiger Äoft ft4 
näl^ren, auSgefud^te unb ^vielfältige ©erid^te unberfd^&mt berjel^ren. 
SKögen miii bie d^riftlid&en ^rften bea^ten, ntit toeld&em mutl^i^" 
gen ©ifer bie Reiben ba8 Sfted^t bertl^eibigt l&aBen ^)." Unb nad^ 
bent er bon bem Seniler S)iogene§ gef jjrod^en l^at, fe|t er l^inju : 
„SBa^ toerben boju bie SKönd^e « unfrer Seit fagen, unb 3)ie, 
. toeld^e borgeBen, ba^ fie ntit ßl^riftug bie äBelt bera^'ten? SBa^ 
»erben baju fagen S)ieienigen, h)eld&e, "oxci. fü^en SBein ju trinlen, 
@t)ejereien jufammenjufud^en fid^ angelegen fein laffen, foftbarc 
unb glänjenbe S3ed&er fud^en, unb mit ber gemeinen Äoft unb 
bem getoölj^nlid^en ©erätl^ ber aJlenfd^en nid^t jufrieben finb^)?" \ 
Unb an einer anbern ©tette fagt er : ,,2Bie l^alten alfo bie j 
Stfd&öfe unb bie Seigrer ber d^riftlid^en Sieligion bie 2)id^ter nid^t f 
fern üon bem Staate ©otteg, loeld^e 5ßlato bod^ öon bem ioelt*» ! 
lid^en ^\^(iXt fern l^alten looHte? 3ö toa« rufen fie an benj 
großen ^efttagen, toeld^e ganj jur Sob})reifung ©otte« foHten an=i 
getoanbt loerben, 5ßoffenrei^er, 2^änjer, ©auller, ©änger bon un= \ 
jüd^tigen Siebern Mi il^ren S^ifd^, h)a§ Beluftigen fie fid^ mit ben^ [ 
felben gaitje 2;age unb 3iäd^te, unb Belol^nen fie bann burd^ gro^e 
tSefd^enfe, loeld^e fte ^yxl ben lird^lid^en S3eneficien, <ox% ben ©ar* 
Bringungen ber Slrmen rauben? ©etoig um fie ben böfen ©ei* 
ftern ju ot)fern." Unb er fagt bann gleid^ nadjil^er: ;,S)er %^x^ 
fei l^ält eS für biel ju toenig, toenn fie bieg aufecrl^alb ber l^ei= 
ligen ^\xi!tXtXi treiBen, toenn fie nid^t aud^ biefe ©d^änblid^feiten 
in bie Äird^en felBft einfül^ren." @r flagt barüBer, ba^ m bie 
©teile ber d^riftlid&en gefte SSigilien ber SSenu« gefegt toerben *). 
SlBälarb, ein ©egner ber SSeräu^erlid^ung in ber Sleligion feiner 
Seit, ber lool^l in SWand^em ©lemente be^ S^bifd^en erf ennen 
lonnte, loar geneigt, bie 3Koral ber 5ßl^ilofojjl^en über bie jübifd^e 
ju erl^eBen, fie für eine bem Sl^riftentl^um bertoanbtere ju l^alten, 



1) Theol. christ.ipag. 1215:^ Erubescant ad haec hujus temporis v * 
abbates quibus summa religionis monasticae oura commissa est, eru- ,^ 
bescant, mquam, et resipiscant saltem gentilium exemplo oommoti, 
qnod in oculis fratrum vilium pulmentorum pabula ruminantiumy |,i^ 
exquisita fercula ac multiplicia impudenter (»o^l nt^t imprudenter) -* 
deTorant. Attendant et cnristiani principes, qaanto fortitudinis zelo 
jusiitiam gentis amplexae sint. 

2) L. c. pag. 1219. 

3) L. c. pag. 1240. 



152 SBcrnl^atb« Stampf mit $eter ^maxh 

tnbetn er freiltd^ ba^ SSerl^äftnt^ bed Sleligiafen unb Stl^ifd^en }tt 
einanber in bem 3uben4ttm unb Sl^riftentl^um nid^t red^t pt 
fd^ä^en,. iai eißentl^ümlid^e 5ßrinciJ) ber d^tifHidJcn ffit^il in il^rem 
Ser^ältni^ pix ^l^tlofo^l^if(i^en 3Röxal niiji ted^t px t)etfte]^en tovtf^ie. 
Qnbenj bie ^jl^üofo^jl^ifx^e ^otal bon bet Siebe be^ ®uten xm 
feiner felBft toitten augge^e, nid^t bon ber gurd^t -öor ©trafen 
unb öoffnunß auf Selol^nung, Don bem felbftifd^en 3«*ewff^ 
freier fei, fd^ien fte ii^m baburd^ bem ßl^riftentl^ttm öertoanbter. 
,,äud^ in ^infid^t be^ ©lauben« unb ber Hoffnung, — fagt er^) 
-r- unb in $tnfid^t ber Sitten unb be? tugenbl^aften Seben« ge* 
m&i ber grei^eit ber Siebe, toil toir jur ©nabe berufen finb, nid^t 
nad^ ber jübifdjen Äned^tfd^aft au^ gurd^t ber ©trafen unb ©tre= 
Ben nad^ irbifd^en 93eIol^nungen, nid^t au^ bem äSerlangen nad^ 
bem ®tt)igen^ ftimmen getoi^ bie 5ßl^iIofoJ)l^en am meiften mit un« 
überein: benen ber (Staube an bie ^reieinigleit offenbart unb 
Don benen fte berlünbigt te)orben, unb Don benen ÜnfterbKd^feii 
unb eioige Vergeltung erloartet toorben, um toeld^er Hoffnung toxU 
leit fte bereit toaren, bie SSSelt ganj ju Derad^ten, allem Srbifd^en 
ju entfagen unb ftd^ felbft mit fd^toerem gaften ju fafteien, inbem 
fie mit un« bie Siebe ju ©ott als 3*^1 unb Urfad^e Don Slllem 
betrad^eten." @g eri^ellt l^ierauS, toie fel^r Slbälarb bie d^riftlid^en 
Sbeen Derbünute unb il^re« lebenbigen, eigcntl^ümlid^en ©el^alteS U- 
raubte, inbem er bie S^eil^eit, ju ber bie (S^riften burd^ bie ©nabe 
berufen feien, nur auf bie greil^eit Don äu^erlid^en ©a^ungen unb 
barauf, ba^ 3HIe« Don ber freien Siebe auSgei^en foHe, bejog, nid^t 
aber auf bie 9lrt, h)ie biefe Siebe in bem 3«f<^wimeTil^ange ber 
eigentl^ümlid^i d^riftlid^en äßa^rl^eiten begrünbet ift. @r trennt, 
toie bieg i^äufig bei fold^en abftralten 3luffaf[ungen gefd^el^en ift, 
bie? grud^t Don il^rer eigentl(|ümHd^en fflurjel. 3)er SS^griff ber 
Siebe felbft loirb i^m bal^er ein fo abftralter. ßg ift l^ierbei ju 
ertool^nen, toie 3lbälarb bie Siebe jum &uUn atö a^riebfeber in 
ber atitilen SRoral auf bie Siebe ju ©ott ^urüdfü^rt, unb biefe 
mit ber eigentl^ümlid^ d^riftlid^en ibentificirt. ©o toal^r eg'aud^ 
% ba^ aller toal^rl^aften Siebe aum ©uten bie Siebe )u ©Ott, 
, bem Urquell unb Urbilbe alles ©uten,. Don bem alles ®uU au^ 
ftral^lt, ium ©runbe liege, unb ba^ bie il^rer felbft fid^ betonet 
toerbenbe Siebe i\m OinUn, bie auf il^ren tiefern ©runb jurüdt- 
geljit, in fld^ felbft tiefer einlel^rt, gur Siebe ju ©ott ftd& Derll&ren 
mu|, fo bleibt bod^ nod^ immer in SBefen unb SBirlung Derfd^ic* 
Den bie abftralte Siebe jum ©uten, unb bie Siebe ju einem per= 
fi^nlid^en ©ott, in bem alleS ®uU als real angefd^aut toirb, bie 



1) Theolog. pag. 1210. 



unb Srnolb bon SreScta.' ISg 

allgemeine SieBe gu ®ott unb bie Siebe ju bem in (S^Vjkb geoffen»' 
harten (Sott, bie in bem Seton^tfein ber etlöfenben- Siebe ©otted 
ßegrünbete, bon ber innigen J)erfönlid^en ®emeinfd^aft mit i^m, 
bem ünblid^en äSetl^filtni^ gu il^ au^gel^enbe. @il bleibt bal^ 
nur l^alb ftwil^t, toa« äbälarb Don bem ©tanbjjunfte feiner beraÄ* 
gemeinernben obftralten äuffaffung fagt: ,,aBenn man aber meint, 
bieg fei toeniger für ba2 ©eil, ba^ bie Reiben au^ Siebe jur 
2:ugenb unb nid^t bielmel^r au^ ber Siebe gu ®ott fo gel^anbelt 
:l^aben tooHen, aU ob toir eine 3:iugenb ober ein gute« Jffierl 
l^ben lönnten, ba« nid^t auf eine ®ott gemäße SBäeife ober um 
feinettoitten gefd^äl^e; fo lä^t fxi) aui) bie« leidet bei ben ^l^iIo= 
fojjl^en finben, bafe fte bag ^W^fte &ut, toeldje« ®ott ift, fotopl&I 
afö bie nririfame Urfacäje, toie ate ba« gtel öon allem @uten be* 
trad^tet l^ben, fo ba§ alle« &\xte au^ Siebe gu S)em gefd^el^en 
foH, t)on beffen ®aU e« l^errül&rt i)/' ©« erl^ettt, toie »bälarb 
ilberaK gu öiel ßj^riftlid^e« in bie alte ^l^ilofo})l^ie l^ineinträgt, 
unb ba« eigentl^ümlid^ ßl^riftlid^e in feinem Qnterfd^iebe k)on bem 
5p]&ilofo^)l^ifd^en nid^t genug geltenb mad^t. So mvt^ x^m benn 
ba« ßl^riftentl^um in mand^er §infid^t ber ^jl^ilofojjj^ifd^en 3KoraI 
beS SKtertl^umg naiver gu ftel^en fd^einen, al« ber mit fo üielcm 
^optiöcn überlabenen jDioral be« Subentl^um«. Unb fo lamt er 
^S) einer äluffaffung guneigen, . toeld^e in bem ßl^riftentl^um nur 
«ine SBieberl^erfteUung be« fd^on bon ben alten $l^ilofo))l^en er- 
lannten ®efe$eg ber pttlidjen Jlatur fielet, toie er fagt: ,,aSettn 
toir bie ftttli^en SJorfd^riften be« ©üangelium« genau unterfud^en, 
fo toerben toir barin nid^t« anber« finben, al« eine 9leformation 
4>e« natürlid^en ©ittengefe^e«, toeld^em bie5ßl^ilofo|)l^en fidler gefolgt 
ftnb; ba l^ingegen ba« mofaifd^e ®efe§ mel^r auf cercmonieHen, 
afö pttlid^en ®efe|en berul^t, unb mel^r in äu^erlid^r, afö innere 
Kd^er ©ered^tigleit reid^ ift. SDa« (Söangelium aber unterfud^t 
genau S^ugenb unb Safier, unb toägt, toie oud^ bie 5pi^ilofo))l^en, 
Slffe« nad^ ber ©eftnnung ber ©eele ab." SJal^er, — fagt tx — 
ta ein fo großer @inllang gtoifd^en ber d&riftlid^en unb |jrJ&ilofo= 
^)l^ifd^en Seigre fid& finbe, feien einige. 5ßlatoni!er in fold^e. Säfte= 
Tung öerf offen, ba^ fte unfern $enn Sefu« befd^ulbigten, äffe 
feine Seigren bon 5piato em})fangen gu l^aben, ate ob jener ^^u 



1) L. c. pag. 1206: Quod ei id minus videtur esse ad merituiu 
fialvationis_quod dicitur amore virtotis, et non potius amore Dei, ac 
ei virtutem vel aliquod bonum opus habere possimus, quod non se- 
cundam ipsnm Deum ac propter tpsum sit : faciie est et hoc reperiri 
apnd philosophos, ' quod summum bonum, quod Deus est, omnium 
tarn principium, id est originem ad causam efficientem, quam finem, 
id est finalem causam constituunt^ ut omnia, scilicet bona, amore 
ipsius fiant, cujus ex dono proveniunt 



154 Sern^fttb« ftain4>f mit $etec fLUlaxh 

Iofo)>]& biejelBe SBeiiSl^eit Ddrgetragen l^&tte^). ^BSlarb jetgt nun 
aber nid^t unb lonnte bie^ bon feinem Stanb^juntte ni^t jeigen,. 
iDoburd^ ftd^ aKed Sertoanbte in ber £e$re Sl^rifli bod^ Don bem 
Bei ben 5ßl^ilofoj)l^en (Segebenen unterfd^eibe. S)er 5ßl^ilofoj)l^ unb 
ber 3^l^eoIog f^ielten bei xf)m immer in etnanber über, ol^ne ba| 
er fici^ beg ünterfd^iebe« Beiber ©tanbjjunfte Betonet tourbe. Unb 
bied fonnte nid^tö anberiS fein in ber Seit, foo aKe äBiffenfd^aft 
in ber fiu^erlid^en abl^ängigfeit Don ber Ätrd^e pd^ Befanb, bie 
$]^ilofo))l^ie nur aU SRagb ber Sll^eologie auftreten tonnte. SDa 
mu^t enttoeber ber JJatt fein, ba^ ber tl^eologtfd^e ©tanb})unft 
in ben ))I^Uofo))l^ifd^en, ober biefer in jenen hineingelegt tourbe. 
S)ad ^rftere, ba^ ®eh)öl^nlid^ere in jener 3eit ; baiS 3^^He, toaS 
Bei 9(BäIarb d^aratteriftifd^ ift. 9)lerItofirbig ift e^ aud^, tote älBä: 
larb bie ©efd^id^te ber äluSBreitung be$ ßl^riftentl^umd; bie er aud^ 
freilid^ nid^ genau genug lannte unb lennen tonnte in feiner urui 
l&iftorifdjen Seit, jum S3eleg für feine 8el^au})tung t)on ber gros 
^eren SSertoanbtfd^aft ber antifen $l^iIofo]^l^ie mit bem Sl^riften^ 
tl^um anfül^rt. „^afjtv ift leidster — fagt er — Don ben ^l^i= 
Iofoj)l^en, aU Don ben S^ben bie Serlünbigung be« ©DangeliumS 
angenommen toorben, ba fle biefelBe aU eine il^nen Befonber^ 
Dertoanbte ertannten, bie DieHeid^t in leinem ©tüd Don berfelBen 
Derfd&ieben fei, ate in bem, tt)ag ftd^ auf baS SKvfterium ber 
3Renfd^toerbung, ber Satramente ober ber äuferfitel^un'g Beaiel&t" *)• 
aSJenngleid^ SlBfilarb barin Sfted^t l^at, baj, toie eg bie Sttejanbris 
ner ertannten, bie SJergeiftigung ber SReligion burd^ bie 5ßl^iIofo- 
pf)m unb il^re @nth)idlung be^ etl^ifd^et^ Seiou^tfein^ eine 93or« 
Bereitung für ba« 6l^rtjientl&um toar, fo Bebad^te er Don ber 
anbem Seite bod^ nid^t, ba^ bad Sl^riftentl^um juerft unter ben 
ungeBilbeten klaffen ber $eibentoeIt am meiften ®ingang unb Bei 
ben 5ßl^ilofo^)l^en ben l^eftigften ©egenfa^ fanb, bafe- grabe ber 
®egenfa| bed ^eibnifd^en mit bem 6l^riftli^en<ben UeBergang ivm 
6^rijitent|um Don mand^er Seite erleid^terte, unb bie größere S8er= 
toanbtfd^aft beS Swbentl^umd ben UeBergang erfd^toeren, ba8 Ste*? 



1} Theol. Christ, pag. 1211: Si enim diligenter moralia evangelii 
praecepta consideremus, nihil ea aliud quam reformationem legis 
naturalis inveniemus, quam secutos esse philosophos constat; cum 
lex ma^is fi^uralibus, quam moralibus nitatur mandatis, et exteriori 
potius justitia, q\»am interiori abundet. Evangelium vero virtutes 
ac yitia diligenter examinat, et secundum animi intentionem omnia, 
sicnt et philosophi, pensat. 

2) L. c, : Uinc quidem facillus evangelica praedicatio a phiio- 
Bophis, quam a Judaeis suscepta est, cum sibi eam maxime inveni- 
rent adfinem, nee fortasse in aliquo dissonam, nisi forte in his, quae 
ad incarnationis vel sacramentoirum vel resurrectionis mysteria per- 
tinent. 



vmh ICrnoft öon ©rc«cta. 155 

l^enblet^en auf biefem Dorbereitenben @tanb))unlte Deranlaffen 
lonnte. ttnb ioenn er ia^ Stl^ifd^e im Sl^tifl^ntl^um afö \>a§ ber 
l)l^iIofoj)l&ifd5en Floxal SSertoanbte fo abgefonbert öon bcn djrifk«* 
lid^en aR^fterien Uttaä)UU, fo erl^efft eben, tote toenig er in ba^ 
SBefen biefer SW^fterien eingebruTtgett toar, tote oBerfIä(i^Kc§ er ben 
Sufamntenl^aitg gtotf<i^en bem a)o0ntatifdjen uitb ®tl^tfd^en im ßl^ri- 
fientl^um erlattttt l^atte. @o bebingen fxi) einanber feine 3RängeI 
in ber Sluffaffung ber bogmattfd&en Elemente be« ßl^riftentl^umg 
nnb in ber äuffaffung feiner etl^if(i^en 5ßrinctJ)ien. greilici^ aber 
loar biefer 5IJlangei anä) jum S^l^etl ein in ber tl^eologifd^en ßnt* 
loidlung feiner Seit begrünbeter» barin, ba^ ber eigentl^ümlic^ 
Sufammenl^ang jtotfd&en allem ©ogmatifc^en unb ®tl^tfd&en in ber 
ioiffenfd^aftlid^en @nttoitfIttng, in ber bad S>ogmatifd^e noci^ }u 
fel^r öori^errf^te unb ba« ®tl&ifdje ju abgefonbert aufgefaßt lourbe^ 
nid^t genug l^eröortrat. 

- äbälarb leitete baö Sertoanbte jioifd^en ben Sßl^ilofot)l^en unty 
bem Sl^riflentl^um nici^t blo^ au§ ber @tttn>i(!(ung il^rer eignen 
SSernunft ab, fonbern er nal&m auci^ eine affgemeinere Offenbarung^ 
beS göttlid^en ®eifte« bei i^nen an, tooburd^ il^nen mand^e ®r=^ 
Ienntnif[e gegeben ioorben toären. Söldner Offenbarungen l^ätten 
fte t)ern\öge il&rer auggejeid^neten ©ittenjirenge geioürbigt toerbea 
muffen, um barjutl^un, toie t)tel biefe in ben 3(ugen ©otteiS gelte. 
5uloeiIen brüdtt er ftd^ fo an^, afö ob nur bie l^iftorifdje Äenni* 
nijl baöon, bag einft ein ®rWfer ber 3Wenfd&l^eit erfd^einen foffte,, 
il^nen gefel^lt l^fitte, unb eS toürbe barinliegen, bafe bie SBirfungcn. 
ber ßrWfung ftd& <*"f fte Verbreiten fottten aud^ ol^ne bie betou^te 
(Sricnntnife öon ber beborftel^enben ©rfd^einung eine« ©rWferiJ. 
35od^ an einer Stette lä^t er bie Reiben aud^ in biefer Sejiel^ung 
nid^t nad^ftel^en, beruft fid^ auf bie SSäeiffagungen ber ©ib^tte^ 
bie nod^ Harer feien ate bie ber 5ßro})]^eten ^). 3Ran erlennt feine 
SJorliebe für bie Reiben. 9lun lonnte ftd^ aber Slbälarb nidjt 
freimad^en t)on ber l^errfdjenben SSeräu^erlid^ung in ber SBorfteffung 
Don ber 2^aufe, Don ber 3Reinung, ba^ bie äu^erfidje 2;aufe eine 
notl^toenbige Vermittlung fei für bie Erlangung ber ©eligfeit, fO: 
fel^r aud^ eine fold^e SWeinung feinen rationalen ®rttnbj)rinci})ten 
toiberflritt. 3« Sejiel^ung auf bie toeifen Reiben, bie er gera 
retten tooffte, l^alf er fid^ nun aber mit ber Sluölunft: bie ©alra* 
mente be§ neuen Sunbe« l^ätten, feitbem fie belannt gemad^t unb 
Dorgefd^rieben toorben ioören, bie unbebingte Slffgemeinl^eit üorau^ 
Dor ben l^eiligen Seid^en be« alten Sunbe«. a)iefe feien leine^^^ 



1) Quem per Sibyllam multo fere apertius, quam .per omnei^ 
prophetas vaticmatum viderint. Introd. pag. 1007. 



156 iScrtt^arb« $tamp\ mit $etet. 9(6ä(arb 

m^i fo aUitmexn notl^toenbig 0eta)efen, unb ed l^ätten atfo bie 
toeifen Reiben aud^ al^ne biefelben htixiS} bie JtenntniB ber i^tien 
geoffenbatten SBal^rl^etten )ut Seliglett gelangen fönnen. 

äBenngleid^ nun W>S,laxi, ioie an^ bem ©efagten etl^Ut, 
Ieine«ft>eg§ gegen bie Äird^enlel^re feiner Seit auftreten tooBte, 
fid^ fetbft be« üoDftänbigen ®egenfa|e« gegen biefelbe, ju bem er 
burd^ feine GJrunbfä^e l^ingetrieben tourbe, nid^t betonet toar, fo 
lonnte ed bod^ ni(^t feilten, ba^ bie bon il^m au^geftreuten unb 
burd^ feine entl^uftaftifd^en ©djüler, bie leidet aud^ nod^ toeitet 
gingen, al« ber SWeifter felbft, berbreiteten Sbeen l^eftige Angriffe 
öuf il^n J^eröoniefen. 5Kan brandet nid^t mit äbSIarb, ber in 
ber aJarftcttung feiner Äämjjfe i) gern aiffe«, h)a« gegen il^n ge= 
fd^al^, an^ j)erfönHd^en 2:riebfebern ableiten toxü, an bie Seiben* 
f4aft geretjter geinbe ober ©iferfud^t feiner Slebenbul^Ier ju benlen, 
um bie ©türme, bie il^n trafen, ju erllären. ®r felbft gab bitrd& 
bie bon il^m audgeft^rod^enen ©runbfä^e unb bie @t)rad^e, bie er 
fül&rte, für bie meiften feiner S^itgenoffen SSeranlaffung genug, 
il^n )u berbäd^tigen. 2)abon jeugt ber 3)lann, ber bieOteid^t ber 
ßrfte toar, toeld^er gegen il^n ouftrat, ein SBalter be Sßauretania, 
b. 1^. SWortaigne im Surgunbifd^cn, ber felbft auf bem Serge ber 
l^iligen ©enofeba ju 5ßarig, too einft äbätorb geleiert l^atte, pffx- 
Iofo})l^ifd^=tl^eoIogifd^e SSorlefungen l^ielt, einer bon ben Äanonilem 
ber Äird^e be« l^eiligen SSiftor in ^axü, ju jener ©d^ule ber 
SSiftoriner gel^örenb, toeldje bie bialeltifd^e 2:i^eologie nid^t ber* 
toarfen, aber mit einer mel^r t)raltifd^en u;nb lird^Iid^en Siid^tung 
in mannid^fad^en Slbftufungen fie ju berbinben fud^ten, einer }u 
Ifil^nen ©t)eIuIation ftd^ entgegenftettten. a)iefer SßSalter, ber fjjäter 
l^eftiger gegen Slbälarb auftrat 2), fd^rieb juerft an il^n einen 
werltoürbigen 33rief, ber pd^ bur<^ 9Ka^igung, aSal^rl^eit«* unb 
©ered^tigleit^Iiebe au^jcid^net ^). 2)erfelbe l^atte fd^on frül^er eine 
Xlnterrebung mit äbälarb über mand^e ©treitfragen gel^abt, SWand^eiJ, 
toa« il^m Sebenlen erregte, an^ feinem 5Kunbe gel^ört. Sladf* 
l^er toar er mit einigen ber fd^on bejeid^neten ©d^üler 9lb&s 
larb« jufammengelommen, toeld^e il^rem Seigrer nad^rül^mten, ba^ 
ex ba« ®el^eimni§ ber ^reieinig!eit boE!ommen begreiflid^ gemad^t 
l^abe. 2)od^ geigte äSalter bie nid^t l^äufige ®ered^tig!eit unb 
Xlnbefangenl^eit, ba§ er nid^t fogleid^ kUt^, ioa§ bie ©d^Ier fagten, 
bem 3Reifter ©d^ulb gab, fonbern borau«fe|te, fie lönnten.il^n 
iool^l mi^berftanben l^aben. 5Da er nun aber felbft nad^l^er an 

1) 2)te \6}on anoefül^rte historia calamit&tum. 

2) 3n feinem SBett contra qaatoor Galliae labyrinlhos, unter 
tottä}t er au(^ ben ^^alarb jä^Ue. 

3) D'Achery specileg. 1723 tom. III, 524-26. 



wirb arndte toon ©re«cia. 157 

einiflen ©teilen t)on W>älaxh^ aitgefül^rtem Sud^e bcr Introductio 
in theologiam aJland^eg Ia§; toag bie äeu^eruiiflen jener ©d^ülcr 
ju bepätiflen fd^ien, fo tourbe er baburd^ beranln^t, jtd^ fettft an 
a^Bälarb ju toenben unb il^nt feine Sebenlen öorjulegen. SSot 
Slttem erfd^ien bem SBalter bie Sel^au^)tung , toeld^e nad^ . ber 
aiugfage feiner ©d^üler Slbälarb öorgetragen l^aBen foHte, uni^ 
bie SSäalter iurd^ einige ©teilen feinet ^u^^^ beftätigt gu feigen 
weinte^ ba^ ba§ SBefen ©otteö fd^on in biefem £e6en öoBfommen 
Gegriffen toerben lönne, eine tebenllid^e. 3taä^ bem, toa§ SBalter 
gel^ört l^atte, foHte Slbälarb, um ben ©tanb)jun{t be§ etoigen 
fiebeng öon bem beö irbifd^en ju unterfd^eiben, biefeg für gjenügenb 
gel^alten l^aben, ba| in biefem £e6en mit ber t>oE{(nnmenen @r- 
lenntnig npd^ nid^ bie öottlommene ©eligleit berbunben fei^ toeld^ 
bem ewigen Seben öorbel^alten bleibe, ^iefe Unterfd^eibung er=^ 
fd^ien bem äBalter mit 9ted^t aU eine burd^aud tt)ill!ürlid^e. alba* 
freilid^ ift l^ier mä), U)ie oud ber gegebenen @nth)idUung ber Sel^r« 
Stbälarb^ erließt, feine SKeinung nid^t rid^tig berftanben; benn 
eg toar bod^ etfoa^ Slnbreg, toenn Slbälarb, toie toir gezeigt l^aben, 
ba^ begrifflid^e ®rlennen öon ber unmittelboren Slnf^auung be« 
etoigen Seben« unterfd^ieb. 9lad^briidElid^ ermal^nt äBatter gur 
©emutl^ beS SBiffen« unb beftreitet eine berfelben entgcgengefe^tc 
giid^tung. ©r fü^rt bagegen bie Slutorität beg Slt)oftel§ gJaulu« 
an, ber fid^ felbft, toie allen 3lnbern, nur ein unöoIHommeneS 
unb fragmentarifd^eö SBiffen über göttlid^e SDinge für biefe^ Seben 
jugefd^rieben unb bag bofffommene , bem SßJefen ber göttUd^en 
3)inge entfjjred^enbe ©rfennen ber ^w^w^^f* öorbel^alten l^abe. ®t 
fd^reibt: „Segeugt nid^t ber %po\Ul i^ier offenbar^ ba| er untoolt 
fommene @rlenntnifi l^abe? ^mn aber ber Sl^joftel eine unöoDt 
lommene l^atte, toa§ ift e^ anberö, afö ein offenbarer SüJal^njtnn, 
toenn @inet fid^ rül^mt, eine öoBfommene gu befi^en?" SBalter 
liefe fid^ aber oud^ burd^ ben ©ifer für bie Unterfd^eibung ber 
©tanbjjunlte beg ewigen unb beS'irbifd^en Seben« herleiten, toie 
toir öon einem fold^en SRifeöerftanbe fd^on bei Slbälarb gefjjrod^en 
i^aben, bie tiefe joi^artneifd^e 3bee .öom etoigen 2^bm, ate einem 
feinem 5ßrinci)j unb Orunbfeime nad^ fd^on in biefem irbif4fen 
2)afein beginnenben, t>on jenem göttlid^en &eUn, baS oui^ ber 
5eit in bie Stoigleit i^ineinreid^t, mifejuöerftel^en ; h)ie tomn er bie 
SOSorte au« bem l^ol^ent>riefterIid^en (Sebet: ,,®a« ift ba« etoige 
geben, bafe fte ixi), bafe bu aBein toal^rer ®ott bift, unb ben bu 
gefanbt l^aft, S^fum (Sl^riftum, erlennen" fo mifeöerftel^t, bag er 
ba« etoige 2eUn nur auf bie S^funft begiel^t, too man gu ber 
l^er bejeid^neten (Srlenntnife ®otte« unb ßl^rifti gelangen toerbe. 
Unb fo ift er geneigt, rael^rere SSerl^eifeungen be« neuen Seftam^nt«^ 



I 



158 8cni(^atb0 Stamp\ mit $€tet 9(bS(arb 

bie pd^ offenbar auf biefe« Seb^n be^ie^en, nur auf jeneö anju^s^ 
toenben, toie Wiatt^. U, 27; 3o^. 14, 9, SDoc^ nod^^er lenft 
er atterbinö^ ein unb unterfd^eibet eine getoiffe, ben SBebürfniffen 
be« öegentoärtigen ©tanbjjuniteö entfjjredS^enbe Äenntnife, ouf bie 
l^ier i^ingetoiefen »erbe, bon jener boKIommenen, bem etoigen 
geben borbel^attenen. SWan muffe e« nid^t fo berftei^en^ ba^ ber 
©ol^n ®otted ben ^eiligen in biefem £eben SlUed mitgetl^eilt l^abe, 
toad er r>on bem äSater bernommen, fonbem nur baiS, tioa^ il^nen 
in ber (ä^egentoart notl^toenbig fei jur ©rlangung beö $eiU ^). 
Stbälarb lonnte e« aber feinen ©egnern auf leine aßeife tec^t 
mad^en. 99alb ]pxai) er il^nen gu ftarl bon bem, te)a$ menfc^- 
lid^e« aOäiffen bermöge, balb ju fd^toanlenb, mnn er mit SKi^- 
trauen bon ber fubjeltit^en menfd^Ud^en @infid^t rebete; balb ^r^ 
mieten fte an il^m bie SJemutl^ be^ aBiffend, balb bie 3wberfid^t 
bed ©laubend. @o toenn älbätarb in ber oben fd^on angeführten 
©teile fid^ geäußert l^atte, bo§ er nur nad^ feinem fubjeftiben 
Urtl^feil geben toolTe, toa^ ber äBal^rl^eit am näd^ften fei, nic^t 
bie abfolute SBal^rl^eit gefunben ju l^aben meinte, fo n^urbe ed 
il^m 3um SSortourf gemad^t, ba^ er ben ©lauben mit fd^toanlea^" 
bem menfd^lid^en SWeinen in eine Äategorie fefte, loie SBalter gegen 
i^n fagt: ,,äBeld^er Sled^tgläubige aber, ber bom fatl^olifd^en 
&laub^n i^anbcln toiH, toirb tool^l berfj^red^en, nid^t bie SBal^ri^eit,, 
fonbern nur feine eigene SDleinung borjutragen? SBäer aber, toeld^er 
^ört, ba^ nid^t 2Bal^rlj;eit, fonbern SKeinung berfj)rod^en toerbe, 
toirb toagen, bem SRad^folgenben (älauitn gu fd^enlen^)?" Unb 
biefelbe äSefd^ulbigung kourbe nad^i^er i>on ä3ernl^arb gegen älbö» 
larb toieberi^^olt. Unb bod^ ft^rad^ Slbälarb an biefer ©teile ja 
nid^t bon ber S)reieiniglett an ftd^ afö ©egenftanb be« (Slaubenö, 
fonbern üon bem menfd^lic^en SSerfud^, biefe Seigre auf rationale 
SSSeife au erlennen. §ier l^ätte man ja alfo grabe bei bem 
SRanne, toeld^em man bie angemaßte älbfolutl^eit be« ©rlenneni^ 
ium SBortourf machte, bie ©elbftbefc^ränfungf in ber Slrt, toie er 
über fein ©riennen Ipxadf, loben muffen, gerner fanb 2Balter 
SCbälarbg Seigre bon ber göttlid^en ioirffamen Slffgegenioart an^ 
ftöjsig. aSBir i^aben fd^on nad&getoiefen, tt?ie Slbälarb^ äleu^erungen 
in biefer Sejiel^ung mifeberftanben ioorben finb. (Snblid^ l^atte 



1) Nee inteliigendum est quod sanctis in hac vita positis, filius 
notificaverit omnia quae audivit ad patre, ad futurum saeculum 
pertinentia, sed potius omnia quae sunt eis inpraeseuti necesBuria, 
ut salutem consequantur. 

2) Quis autem orthodoxus de fide catholica tractaturus, non 
veritatem, sed sensum opinionis suae promittat exponere? Qui» 
etiam audiens non veritatem, sed opinionem promitti, fidem audeat 
*fiequentibu8 adhibere? 



unb Slrnolb t>tn iiBredcia. 159 

ffialter ttoii^ ^egen einen bie ©l^il betteffenben ^ßunlt in bet 
Seigre ^bälaxH Sebenlen, üon toeld^em fünfte ^ ber mit ber 
eigentl&üralidjen Slid^tung Slbftlatb« Q^nau jufammenl^änöt, toir 
augfüi^riidjer »erben teben müf[en. 

aSSir i^abm fc§on (Selegeni^eit gel^abt, ju bemetlen, toie Slbö^ 
latb bie ©efinnung ate bie $am)tfa(l^e in bet ®tl^a l^ert»rl^o6. 
älud^ bflju tourbe er l^ingetrieben, inbem er einen l^errfd^enben 
Srrtl^um 6ei feinen S^itö^noffen UUmp^t; bie i^eräu^erlid^te, 
loerein^elte, atomiftifd^e älbfd^ä^ung beiS ©ittUd^en in ber Seigre 
t>on bem SSerbienft, toon ben guten SBBerfen; — obgleid^ man 
einen fold&en S'^tl^um ber t^eologifd^en aRoral biefer 3eit nid^t 
®c§ulb geben fann. SDarauf bejiel^t e« jtd^, toenn SBalter an 
Slbälarb fd^reibt: ^^Ueberbie^ iftbeiund baDon gel^anbelt toorben^ 
e^ foUte t)on eud^ UfjaupUi n>erben, ba^ (Sl^riftug burd^ feine 
aSerfünbigung, burd^ feine arbeit, enbßd^ burd^ fein Seiben nid^t« 
t>erbient l^abe, unb ba^ Jteiner toegen feiner guten ober bi^fen 
äBerle, fonbem ^[eber nur toegen feinet äBiKen^ be(ol^nt ober 
beftraft toerben muffe." ^ier liegt tUn bag 5ßrincij) ^u ®runbe, 
ba^ bei bem jtttUd^en Urtl^eil nid^t auf bie SBerle, fonbern auf 
bie ©efinnung e« allein anlomme. Um Slbälarb« Seigre l^ier gan$ 
au Derftel^en, muffen toir ein ft)äter öon il^m gefd^riebeneg aSJerf, 
feine ©ittenlel^re, fein Soito te ipsum^) i^injunei^men. 3>n biefem 
S3ud^e befäm|)ft älbälarb SDiexenigen, toeld^e U^aupUUn, ba^ au 
ber ©efinnung in äSe^iel^ung auf ba$ meritum bie guten äBer!e 
nod^ tttoa^ l^inautl^&ten. @r bagegen U^aupiti, ba^ babei ällleS 
nur*auf bie gute ©ejtnnung anlomme. ®^ lönnten gtoei fein, 
bie SSeibe ben guten SSorfa§ gefaxt l^ätten, Käufer für bie Slrmen 
gu erbauen, ber @ine fü^re ben SSorfa| au^^ ber Slnbere aber 
nid^t, toeil il^m baS ®elb, baiJ er baju gebraud^en tooHte, geftol^Ien 
toorben/ fo toürben bod^ beibe, ba fte in ber ©eftnnung einanber 
gleid^ toftren, 'aud& in ber fittlid^en SKürbigleit einanber gleid^ fein, 
ungeadjtet ber SSerfd^iebenl^eit be« äufeertid^en ©anbeln«, ba^ nic^t 
allein t)on il^nen felbft abl^ange. ,,Äann — fagt er — fein SUer^ 
bienft burd^ )>a§, toa« öon au^tn l^er gefd^el^en ift, bei ®ott öer» 
minbert toerben, ober lann bie Sd^fed^tl^eit eine^ Änbern SDen 
©Ott minber tool^Igefällig mad^en, ber, toa« er öermod^te, für 
®ott tl&at? ©onft lönnte ja bie ®rö^e beg ®elbe« einen 3eben 
beffer ober toürbiger mad^en, unb je reid^er bie SDlenfd^en toären, 
befto beffer fönnten fie toerben, ba fie aug il^rem großem 3fleid^= 
tl^um mel^r in SOBerlen ju il^rer älnbadjit i^ingutl^un fönnten ^)." 



1^ Pezii thesaurus III, 2, 625—88. 

2) Numquid ejus meritum id, quod exterius est actum, minuere 

11* 



IQQ iBern^rb« Stampf mit ^etet Slbälarb ^ 

gteilid^ l&ofc «fcälfttb, um ju ieiflcn, baß bk SBetle feinen fttt« 
Kdjen Mnterfd^ieb fcefltühben »nnten, nut bie eine ©eite l&erbor, 
loo bad aRel^ttl^un bed @inen aU bed 9lnbem nut burd^ bie 
fiuBetlid^en UmftSnbe Bebingt ip. 3ilun fonnte jja aber bod^ auü& 
ein anbrer %aU ilattfinben, too bie ©efinnuna be3 Sinen jur 
ai^at-tourbe, bie be3 «nbern m^t, toeil eben ber ttntetfcl^eb in 
bet ©epnnunß feftfk begtttnbet \oax, bet SBitte be« (Sinen feäftiß 
genug; bie entöegenftel^enben ©inbemiffe gu beftegen, ber be8 
ainbem nid^, unb in biefem ^aOe b>arbe bod^ alfo iai %^ai^ 
pbet «id^ttl^tto)erben ber ©eftnnung ein toid&tige« ftttUd^e» 5öle* 
mal fein. S>od^ bied Mrbe ja aud^ eigentßd^ ben @a| psiarbiS 
nid^t treffen; benn er beljaujjtete ja nur, ba& bieSBerfe aföfold^e 
in bem StBertJ^e, ben bie ®efinnung gäbe, nid^tö l^in^ufflgen 
{önnten. ^ier Mrbe ber ttnterfd^teb in ber @eftnmtng fellft 
gelegen l^aben, unb bie 993erle tDürben nur bad in ber ®efinnung 
S3egrünbete in ber ®rfd^einung geoffenbart l^aben. @^ ^ürbe hk» 
alfo nur für ba^ menfd^lid^e, bon ben &u^erlid^ 3RerImalen 
audgel^enbe Urtl^eil gelten. Slb&larb bel^aut)tete aber, ba^ eben 
be^l^alb iebei» menfd^lid^e Urtl^eil ein trfiglid^ed fei, ®ott aKein 
iein untrüglid^g Urt^eil gu fallen bermSge, h)eil er allein, ber 
^er}= unb 9lieren*?5rüfer, ba« Verborgene ber ©efmnung erlennen 
Jönne ^). 2lu« Slbätarbg Seigre i)on bem SSerl^ältniffe ber GJeftn« 
nung iu ben äSerlen, ber äSebeutung ber ©eftnnung für ba^ 
ftttlid^c ^anbeln ergab fidj bie toid^tige ^Jolgerung, ba^ alle« 
äcu^erlid^e an fid^ etioa« fittlid^ ©letd^gültigeg, ein «biajjl^oron 
fei, toag aber an unb für fid^ fo ju nennen fei, im SufammenJ^ong 
mit einer beftimmten ©efinnung aufgefaßt, baburd^ aud^ ftttli<| 
Beftimmt toerbe unb aufhöre, ein Slbia})]^oron ju fein, alfo WU§ 
unb Slid^tg ein äbiajjl^oron fein fönne. @r fagt: „®« eri^ellt, 
ba^ bie ju bollbringenben aOSerle eben fo gut öon S3öfen aö 
(Suten bollbrad^t toerben fönnen, toeld&e allein burd^ bie ©efinnung 
Don einanber gefonbert toerben^." Unb in »ejiel^ung barauf 
erflärt er ftd^ nadjl^er fo : „Xk SBerle, toeld^e ben SSertoorfenen 
toie ben Slugertoäl^lten gemeinfam fmb, ftnb etum« an unb für 
ftdj ©leid^gültigeö, unb nur nad^ ber berfd^iebenen ©eftnnung be« 



potuit apud Deuniy aut malltia alterius eum minas acceptabilem Deo 
facere potuit, qui, quantumcunqae potuit, pro Deo fecit? L. c. 
pag. 649. 

1) L. c. pag. 646 : Deus vero solus, (jui non tarn quae fianfe» 
quam quo animo fiant, att^ndit, veraciter in mtentione nostra reatnm 
pensat, et yero judicio culpam examinat: unde et probater cordis 
et renum dicitur, et in abscondito videre. 

2) L. c. pag. 640. 



nnb Mtnotb ton 8re«da. 131. 

^anbelnben böfe ober gut gu nenttf n ; nämRd^ nid^t toeil e« 6öfe 
ober gut ift, ba^ fo% fletl^an toerbe, fonbern toeil e« auf gute 
ober fd^led^te äßeife ö^Wel^t, bi 1^. mit ber ©eftnnung, mit ber 
e« 0efiijel^en ober nidjt flefdjel^n foH i)." Stbälarb neigt ftd^ fd^on 
IJitt ju jener gefunben Stuffaffung ber Seigre bon ben S(bia^l^ori§, 
h)el(|e erp toeit fjjäter öon ©d^leiermatiS^ in feiner Äritil bet 
©ittenlel^re unb feiner ^bl^anb(ung über. ba$ Erlaubte entiioiäelt 
ioorben. SRun brüdt er ftci^ aber an mand^cn ©teilen fo au9, 
aU n^enn Me^ nur bon ber ©ubie{tit)ität ber ©efinnung abl^angen 
foBte, älUed lönne gered^tfertigt toerben burd^ ben Stocd, ben man 
ftd^ babei t>orfe|e, bie babei borl^anbene Stid^tung ber ©eftnnung ; 
toie toenn S^iejenigen, toeldje bie ©laubigen »erfolgen unb tobten, 
meinten, baburd^ tin (Sott tool^IgefaDige« SSäetf in ti)un, SJie» 
jenigen, ioeld^e ßl^riftu^ freujigten, t»on benen Sl^riftu^ felbft fage, 
fie toölten ni^t, toa« jte tl^äten ^). 3)arau« f önnte nun freilid^ eine 
fold^e einfeitige ©ubjeftiDirung ber ©ittenlel^re abgeleitet toerben, too^ 
burd^ atte objeftibe Unterfd^eibung jtoif^en ©itilid^em unb Un* 
fiitlid^em fd^ioanlenb gemad^t, tooburd^ eS toenigften^ mSglid^ 
toürbe, burd^ bie Sejie^ung auf ba^ ©ubjeltiDe ber ©cfinnung, 
baS UnfittUd^e gu ettoa^ ©ittlid^em }u mad^en. Slbälarb Mrbe 
burd^ ben ®egenfa| gegen baS einfeitige §erborl^eben beg aKate* 
rieHen in bem fittlidjen ^anbeln ju bem entgegengefejten älBloege 
ber einfeitigen @eltenbmad^ung nur be§ ©ubjeftiDen l(;ingetrieben 
toorben fein, ba bod^ beibe 3Komente jufammenlommen muffen, 
bie (Erfüllung be« ©ittengefe^e« nur au^gel^en lann Don ber mit 
bem ®efe| übereinftimmenben ©eftnnung, aber biefe ©ejtnnung 
fid& aud^ nur barfteffen fann in ber bem ©ittengefeft entfj)red^enben 
f^orm beg $anbelng. ©« toirb l^ier nid^t berüiftd^tigt, ba^ bet 
ftttlid^e SrrtJ^um, ber etm^ ©d&led^te« für etioa« ®uU^ fjaltm 
ia^i, felbft ein öerfd^ulbeter fein fann, bag irregeleitete fittlid^c 
Urtl^eil eine golge ber fittlid^en SSerle^rtl^eit, bie ben ©eift be« 
SDlenfd^en mit fidj f^ortrei^t. 3)od^ e^ finbet fid^ bei Slbälarb eine 
Seftimmung, toeld^e er nur iOeiter ju enttoideln brandete, um ftd^. 
gegen alle aRi6t)g:ftänbnif[e unb nad^tl^eiligen Äonfequenjen a« 
»ertoaljren. 6r unterfd^ibet bie toal^rl^aft gute ©efinnung öon 
ber üorgeblidjen; bie fittlid^e ©eftnnung ift xf)m nur bie in ber 
^ttlid^en Älarl^ett be^ ©eifteg begrünbete, bie bal^er aud^ nid^t 



1).L. c. pag. 648: Opera quippe, guae, ut praediximus, aeque 
x^probis ut electis communia sunt, omniaque in se indijOferentia, nee 
nisi pro intentione agentis bona vel mala dicenda sunt, non vido- 
lioet quia bonum ;vel malum sit ea fieri, sed quia bene vel mala, 
fiunt, hoc eat: ea intentione, qua convenit fieri, aut minime* 

2) L. c. eap. 12 pag* 652. 



162 8ernl^atb« Stam)f^\ mit $fter übätaTb 

]xHättm ^ni^um unUxlWien lann, toenn ÄBälarb fagt: ,,®« gieBt 
©nige, toeld^e e« für eine gute ®efinnung })alUn, foBalb ©inet 
Qlanhi, baft er gut l^anble, unb meint, bag, tt>a« er tl^ue, 
eltoai ®ott ffio^Igefättige« fei." ,,aber — fagt er naci^l^er Don 
ben burdj Sö«ati«mu« 3"^egeletteten — toeil pe l^ier burd^ il^ren 
leibenfdjaftlid^en ®ifer getSufd^t tuerben, fo ift il^re ©eftnnung 
eine irrtJ^ümlid^e, unb bad äluge il^re^ ö^rjend ift lein einfad^eiS, 
baft eö l^ett feigen, b. 1^. bor Srrtl^unt ftd^ lauten fönne. S)al^er 
l&at ber §err, ba er bie SBerle unterfdjieb nad^ ber guten ober 
nid^tguten ©efmnung, ba^ Äuge ber ©eele, b. 1^. bie ©efxnnung, 
eine einfältige unb gleid^fam rein t>on allen gledfen, bamit fte 
l^ett feigen fönne, ober im ©egentl^eil eine finftere genannt/' ©r 
beruft ftdj «uf bie SCBorte 6^rifti OWattl^. 6, 22, unb fagt bann: 
„a)a8 l^eißt, toenn bie ©eftnnung gut, fo h)irb bie ganje SDlaffe 
ber barau« l^erDorgel^enben SEBerle, toeld^e ©egenftanb ber äu^er- 
lid^en äBal^rnei^mung fein tann, bed Sid^te^ toürbig fein, b. 1^. eine 
gatt) unb fo limgefel^rt *)/' 

äluiS jjenen etl^ifd^en $rinci^ien 9(bäIarbS ioirb fxäf auä) leidet 
berftel^en laffen, n)ie ber ©a$ gemeint toar, ber in Sejiel^ung 
auf ei^riftuS il^m ©d^ulb gegeben loutbe; benn ioenn ixUx^avpt 
oCe« SBerbienjl nur in ber ®efinnung begrünbet ift, bie ^anbs 
lungen in biefer 93ejiel^ung nid^t« l^injutl^un lönnen, fo ergiebt 
ftd^ aud^ leicht bie 9lntoenbung auf S^riftud, ba^ aud^ bei il^m 
bag aSerbienft nic^t in bem dugerlid^en a;i^un unb Seiben liege, 
fonbern in ber ©eftnnung, Don ber ba« äeu^erlid^e nur ber not!^« 
toenbige Sluebrud fei, — eine Seigre freiließ, bie ber beräu^er* 
Kd^enben SRid^tung ber 3«i* «««^ i« fcer 3luffaffung be« SEBerle« 
ß^rifti fel^r anftöjig fein mnitt. 

Snbem SBalter jene feine Sebenlen über biefe ?5unlte bem 
Slbälarb auSeinanberfe^te, fprberte er il^n gu einem SSrieftoed^fel 
barüber auf, ioeil man fo bie ©ad&e rul^iger unb mit grö^rer 
Meberlegung befjjred^en fönne, afö burd^ eine Unterrebung, in bie 
fid^ leidet Seibenfd^aft einmifdje. 

3)ie erfte Verfolgung gegen Slbälarb tourbe nid^t burd^ eine 
«u8 bem @ifer fürbieDrtlj;oboEie l^rrül^renbe^ßolemif, fonbern burdj 
fWnlid^e })erfönlid^e Seibenfd^aft, toeld^er bie Ortbobogie nur jum 
aSorloanbe biente, erregt; infotoeit toir nämlid^ ber eignen S)ar* 



1) Sant autem, qui bonam vel rectam intentionem esse arbitran- 
tur, qaotieseunque se aliquis bene a^ere credit, et Deo placere id 
qtiod facit; . . . sed quia in hoc animi sui zelo vel studio decipiun- 
tur, enronea est eorum intentio, nee simplex est ocnlas cordis, ut 
dare videre queat, hoc est: ab errore sibi providere. L. o, pag, 652- 



unb Sraolb bcn ©rc«cta. 165 

Teilung SlBälarb« trauen bürfcn, — benn teiber l^aB^n toir l^icr 
überl^au|)t feine anbern SSeti^te, bie h)ir mit ben feintgen bet« 
gleid^en fönnten. ®g toarcn jtoei 5Profefforen gu Stl^eimö, attberid^ 
unb Sotulf, toeld^e, eiferfüd^tig auf feinen 3lul^m, bei bem ®tg- 
Bifd^of Slabulf üon 3l^eim§ unb bem Jjäjjftlid^en Segaten Äonon 
ed ju betpirfen fud^ten, ba^ ifym ba« öffentlid^e Seigren unterfagt 
touxhe. Bit gebraud^ten^ um il^m ba§ Siedet )u (^l^ilDfo- 
Jjl^ifd^en 33oriefungen ju entgiel^en, ben SSottoanb, bie SBefd^äfti« 
gungffcmit toeltlid^en SBiffenfc^aften fei einem SRönd^ fel^r unan» 
ftänbig, unb in SRüdfidJ^t bet 2: Ideologie bie gu äffen Seiten 
geläufige Sefd^ulbigung, feine tl^eologifc^e Silbung fei nid^t fd^uU 
^ered^t, er i&abe unter feinem ber berül^mten SProfefforen bie 
2^l^eologie ftubirt, unb an^ biefer feiner ©elBftmeifterfd^aft leitete 
man and} ba^ ^eterobo^e feinet in feiner Einleitung in bie 2^l^eo« 
logie bargelegten ©^ftem^ i^er. 6r tourbe bor bie im Raffte 1121 
px ©oiffon§ öerfammefte B^n^ht citirt, too fein S3ud^ unterfud^t 
iperben foffte ^). 3)ie ©timmung be§ SSolf^, bie ex auf bem SBegc 



1) SBcHn bcr Won* früher toon un« angcfül^rte ©rief, ber in ber 2(tt«* 
^abe ber opp. Abaelardi pag. 354 unter bem Sflamtn eine« P. tjorfommt, 
<iber burd^ eine ^anbfc^rift (f. Histoire litt^raire de la France tom. XII 
pag. 111) bem Slbälarb oudbrüdtlid^ ^ugefii^rieBen tDXx\>, toixtix6f x\fm gu« 
ge^Brt, tt>ie $err 9{^mufat (Ab^lard tome I Paris 1845 pag. 81) }u be« 
tt>etfen Qt\ü6}t f^at, fo mägte ber berühmte iRomtnalifi 3o(ann ^o^ctlut ^u 
(SiompxtQnt, ber nad^ fo Dielen ©türmen feine« bekoegten Seben« enbltc^ fftnfft 
gefunben iatu, einer ber erfien ©egner SlbSIarb« getoefen fein. 3)er fo 
i»ielfac( t>erfe^erte Tiann mägte enblicb felbft in ben legten 9lu(^etagen feine« 
ll^o^n mter« al« ^erfe^erer eine« Stnbern aufgetreten fein, feine« effemali^ 
ßen @d(^ü(er«, ber freili^ felbfl feine lOe^rer nid^t mit befonbrer 9l(!(tung nnb 
S)anlbarfeit jn bef>anbe!n pflegte. (Sr mügte ^Srefleen über bie 2)reicinig* 
feit«lebre in ^bälarb« Introductio in theologiam finben geu^ottt baben. 
£Benn bie« rid^tig ifl, n)5re SIbä'Iarb i^m ^uborgetommen, unb ^ätte einen 
beftigen ©rief an ben ©ift^of (Serbert t)on ^ari« gericbtet, »orin er biefen 
felbft aufforbert, eine gericif^tli^e Unterfu(]^nitg ber €>a^t )tt)if4en ibm unb 
fflo«ceIin i^u t>eranlaffen. ^bä(arb n^ürbe bier grabe fo ^anbeln, n^ie er 
fpä'ter ben Knüagen ©ernbarb« f^ut^orrommen tooUU, unb felbft bei bem 
är)btf(!bof toon <gen« auf eine Unterju^ung antrug. 2)ie beftige, leiben« 
f<baftli(be unb ungered^te %xt, tt>ie ber gereifte unb immer leicht reizbare 
' ^^ann bier gegen 9{o«ceIin f(breibt, n^äre )u bergleicben bamit, tt>enn er in 
feiner 2)taleltit in ber fcbon angefübrten ©teile (pag. 471 ed. Cousin) ibn 
magiBter noster, bod^ feinen 9{omtnaU«mu« eine sententia insana nennt, 
2)ie ^onfequen)ma(berei gegen ben 92ominaIi«mu«, bie »ir oben angefübrt 
baben, tootten mv anä^ ni(bt al« einen ©ett^ci«, bag SbSlarb nid^t ©erfaffer 
tiefe« ©rief« fein tonne, bejei^nen. SBcr in ber 9)>{einung feine« Se^rer« 
nur SBabnfmn fabr fonnte ft(b audb too^l eine [oläft ^onfequenj^mad^erei 
gegen ibn erlauben. Unb n)o}u fonnte bamal«, njenn U)ir fagen toollen ba« 
mal«, bie :k>olcmtf(be Seibenf(baft ber X^eologen unb $(iiIofopben nicbt t>er« 
leiten I Stuart ber ©rief t>on ^bSlarb ber, fo fe^en tt)ir bo(b feinen ©runb 
bafür ein, i^n mit ^errn dl^mufat nad^ bem ^oncU ju ©oiffon« gef^rieben 
fein )u laffen. ©ielmebr f^eint un« bann ber %on be« ©riefe« bafür gu 
fein, bag bcrfelbe «>or ber ©erbammung bc« ©ud^e« auf bem ^oncU jit 



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164 «crn^axb« ÄamVf mit fttti %max\> 

jmtt Äoncil Bcmerfte/ lonnte tl^m ben 9lu«6anfl »orau« toetlttn«^ 
Wgen: üBeratt tourbc er al« ein Äe^er öcrabfd^eui äUif bcm 
Äoncil fanb er einen burd^ feine uneigennü^ige tjröwmigleit au«^ 
flejeid^neten SKann, ben "Sifd^of ®ottfrieb Don ßl^artre«, ber fid^ 
feiner annal^m. a)iefer erflärte ben berfammelten Prälaten : tomn 
fte ben 3lb&larb, oBgleidJ mit SRed^t, bod^ nid^t ge^iJrig berJ^drt^ 
berbammtcn, toürben fte burd^ bie gro^e gol^t feiner überall ber^ 
breiteten Slnl^änger allgemeinen $afe auf ftd^ jiel^en, unb, burd^ 
bie itngered^t erfd^einenbe Verfolgung toürben feine SKeinuwgen 
befto grö^ere^ ©etoid^t, befto mel^r fjreunbe erl^alten; man fotle 
bal^er bie il^m beigelegten ©&^e il^m fd^riftlid^ borlegen unb l^ören, 
toag er ju fetner SSertl^eibigung fagen fönne. Sod^ biefer SSor* 
fd^lag fonnte bei ben burd^ bie Slnregung feiner geinbe er]^t|ten 
(Semütl^ern, bei ber gurd^t bor feiner gewaltigen 2)ialefti! nid^t 
burd^gel^en. a5er Sifd^of betoirlte enblid^ fo biel, baft bie ©ad&e 
auf eine größere, gu ^ari« ju l^altenbe ©^nobe berfd^oben tourbe, 
unb Slbälarb bie ©rlaubni^ erhielt, in fein Älofter aurüdfjufe^ren, 
Slber aud^ bie« tou^ten frtne ^Jeinbe rüdEgangtg ju mad^en^ inbem 
fte ben 5ßrälaten borftellten, h)te fel^r e« ber Äird^e l^eitfam toäre, 
^ier ein h^arnenbe^ Seift)iel ju geben, unb baburd^ ben Ueber- 
mut^ bieler äl^nlid^en SWenfd^en für bie gulunft abjufd^redEen. 
Slbälarb h^urbe bon 3leuem bor ba§ Äoncil gerufen; ber S5ifd&of 
bon (Sl^artreg fteHte il^m bor: er möge für ben 2lugenblidE nad^- 
geben, um Sftul^e §u erlangen, bie« tumultuarifc^e aSerfal^ren toerbe 
feinen geinben mel^r ate il^m fd^aben. SJaburd^ lie^ äbälarb fid^ 
betoegen, fein Sud^ felbft in^3 geuer ju toerfen. Sr tourbe barauf. 



@oif[on« gcfd^rteSen werben. 3n ber ganzen ?Crt entfpri^t woM, tote bie 
Hutorit&t ber ^anbf^rift bafttr }euat, iD^^an^ed ber ^utorfc^aft 16S(arb«, 
inbem loir audj l^ier ben SKann crfennen toürben, ber in feinen ©d^ftlern 
fo eifrige ^nl^änger ifattt unb mit benfelben in fo enger ^erbinbung fianb, 
n>enn er fagt ^on ben ^griffen iRodcelin«: Relatum oßt nobis a qui- 
bufldam discipulorum nostrorum. Slber foSte er feine introductio, in ber 
er fretlicif^ über bie dnttotdlung ber Srinitätdle(ire nici^t ^inaudtam, a(d ein 
opusculum de trinitate angefüf^rt ^aben? $agt e9 auf biefe^ Sert, in 
bem er loon fo mannigfaltigen ©egenflSnben b^nbelt, bie Gegner feiner 
tljeologifd^en Slid^tang übertiam)t befänUjft, baß er e« fo bejeic^net i^ahm 
follte, M wenn bie SBeltopfung ber 8e$re 9lo«ceIin« toon ber 2)reieinigteit 
ben fafjt ansfd^ließlicljen Sn^alt beffelben au«ma^te (maxime adversu» 
haeresim praefatam, qua ipse infamis est, conscripto) ? 3ft bie ^rt, 
wie er ton ben ©trettigteiten gwifd^en 9{odceItn unb Knfelm fprid^t, fo be« 
fc!^ttffen, wie man bon einer nicbt in frtfftem S(nbenfen fletienbcn, fonbern 
tor längerer 3€it erfolgten ^aöft f^reibt (contra illum magnificum ec- 
clesiae doctorem Anselmum Cantuariensem archieplscopum adeo 
pier contamelias exarsit, ut ad regia Anglici Imperium ab Anglia 
tnrpiter impndens ejus coniumacia sit ejecta, et vix tum cum vita 
evaserit)? S)a« tum fgnnte freili^ e^er auf ba« t)or !fingerer Beit ®e* 
fc^eljjene paffen. 



unb Sntolb Don S&vt^m. 165 

tote gets)8l^nlid& bie }ur S3u^e üeturtl^ilten Jte$et, einent Alofter 
§ttr aSettoal^ning u6erfleBcn. Sernl^arb l&atte an b t e f e n ©tteitig'» 
leiten gar !etnen älntl^eil genommen. 

SBBa« bet SJifdJof bon ßl^artre« botauSflefagt, gefdjal^ 6alb : 
ber fo angeredet unterbrüdfte 2lßalarb fanb befto mel^r tJ'^eunbe^ 
attgemetnet (S(|tm}3f fiel auf feine ©egner, unb bet JjfijjflKd^e Segat 
Äonon, bet fid^ fd^ämte, il^nen nad^gegeben^ju l^aBen, etlaubte 
il^m fd^on nai) einigen 2^agen, in fein Äloftet nad^ 5Patig jutüdf^^ 
giilel^ten. §iet ttafen il^n abet nad^l^et neue, bon il^m felbji ]^et=^ 
üotgetufene ©ttitme. 

Slbälatb, bet ftd^ burd^ feine SRüdtfid^ten jurüdfl^alten lieg, 
offen augjufjjted^en, ioaS il^n beh)egte, fonnte untet ben 3Rönd^en, 
unter benen et ftd^ befanb, nid^t lange Sftul^e l^alten. Salb mad^te 
et fid^ butd^ bie g^reimütl^igleit^ unb ©d^ärfe, h)omit er baS \odt^ 
lid^e Seben in ber Sbtei, bag burd^ jjotitifd^e gntereffen begünftigt 
toerben fonnte^), ftrafte, t)er]^agt; batb 50g et fid^ burd^ eine 
fül^ne Se^aujjtung nod^ l^eftigere Stngriffe ju. SDet 3Jlann, bet 
getn gegen l^etgebtad^te 2Jleinungen aufttat unb il^ten Ungtunb 
nad^loieS, aud^ too e§ mit bem il^m befonbct§ befeelenben ioiffens 
fd^aftlid^en S^^tereffe nid^t h)eiter jufammenl^ing, erlannte jufätlig 
an^ einigen SBorten beg S3eba, bag bie feit bem neunten ^af)X'^ 
l^unbett, feit bet ajjolr^tjl^ifd^en ©ammlung beS 2lbtg §itbuin 
l^ettfd^enbe SKeinung, loeld^e ©ion^fiug ben 2lteoJ)agiten jum 
©tünbet bet jjatifet Äitc^e mad^te, eine fqlfd^e fei. ®t ttug fein 
S3ebenf en , gegen einen feit fo Dielen gai^tl^unbetten beftel^enben 
Stttl^um, bet füt baS ^[nfel^n bet Slbtei, ja füt baS Snteteffe 
bet ftan^öfifd^en Äitd^e unb beS franjöfifd^en JReid^g felbft fo 
toid^tig \oav, ba bicfet ©ion^ftu^ afö bet Sd^ugjjatton ^anfteid^g 
angefel^en h)utbe, aufjutteten. Slud^ l^iet toat Slbälatb, ioie in 
anbctn ®ebieten beg SBiffen«, glüdElid^et im Verneinen aU im 
95el^au})ten ; benn et lie^ ftd^ butd^ Seba betleiten, jenen 3)ion^ftu§ 
mit bem Sifd^of 35ion^fiuS Don Äotintl^ au§ bet jtoeiten ^älfte 
beS jloeiten gal^tl^unbettg ju Dettoed^feln. ®abutd^ ettegte äbälatb 
bie SSButl^ bet ÜKönd^e unb betfd^affte i^nen ©etegenl^eit jut Städte. 
S)et angriff auf eine fold^e Detjäl^tte 3Keinung fonnte faft afö 
ein ©töatgöetbted^en etfc^einen ^). @§ gelang bem Stbälatb enb- 



1) Snlofern bte SSlbtct babur(]J bejlo leichter in ber ^Ifel^ängigteit Don 
bem dürften erf^aUen n)urbe, tpie Slbälarb fagt bist, caiam. opp. p. 27: 
Quo miQus regularis abbatia illa esset, magis regi esset subjecta 
fttque utilis, quantum videlicet ad lucra temporalia. 

2) L. c. pag. 26: Ex quo ilU vehementer accensi claxnare coe- 
pernnt, nunc me patenter ostendiase, quod semper monasterium illud 
nostrum infestaverim, et quod nunc maxime toti regno derogaTerim» 



166 ißcrn^arb« ÄaitM>f mit ^etcr «bStatb 

Ixä^, burd^ ba8 SWttleib ctmeet SKönd^e unb mit ber Hntetftü^unB 
feinet ©d^üler, au^ ber Slbtei, h)o il^m fo grojäc ©efal^t brol^te, 
beö 3la(i^t« tnggel^eim ju entflicl^en ; unb er he^ah ftd^ nad^ bem 
®e6iete be§ fc^on flenannten (Srafen S^l^eobalb öon ßj^am^jagne, 
lüeld^er bem bielöe})la0ten $IKattne feine S^l^eilna^me bezeugte ^). 
3laä} mand^erlei UnterJ^anblunflen erl^ielt et bie ©tlaubnifi, fid^ 
in bet ßinfamfeit in ber ©egenb bon 2:to^e§ niebetjulajfen. $iet 
etbaute et ftd^ eine Sinfiebletl^^ltte au^ Stol^t unb ^almen, bie et 
nad^l^et aK eine Meine Äat)ette bem ttöftenben JS^eilißen ©eifte, bem 
^CLxatUt, bet il^n l^iet naäf fo Dielen ©tütmen Slul^e l&atte finben 
laffen, toeil^ete. ©eine Sltmutl^, bet SKangel an allem jut ©t^ 
l^altung be§ Sebeng. Unentbel^tltd^en, nötj^igte il^n l^iet juetft, 
toiebet SSotlefungen ju l^alten. S)ie feutige Sugenb fttömte Don 
atten ©eiten au^ ©d^Iöffetn unb 5ßaläften l^etbei, ben gtofeen SJlann, 
bet butd^ leinen umgebenben ®tanj, attein butd^ ba«, toad Don 
feinem 3«^^^^^^ augfttömte , an jiel^en lonnte , ju l^ören. 35ie in 
glängenbet ^tad^t unb toeid^Ii^et Uet)})igleit ®tjogenen fd^euten 
fid^ nid^t, entflammt butd^ feine SReben, fein fttenge« unb atm* 
feligeS Seben mit il^m ju tl^eilen. S3alb loat bie einfame ©egenb 
mit Sitten üon bet gal^Itetd^cn 3ufl««i> befe^t; fie etbauten bie 
ÄaJ)ette il^te« Seiltet« Don 3l^mm an^ ©tein, unb betfotgten 3)en, 
bet il^tem ®eift bie ftätlenbe Slal^tung gab, füt feine leiblid^en 
Sebütfniffe butd^ tl^tet §änbc Sltbeit unb il^t SBetmögen. 3)a8 
fjeuet feinet ©deutet l^atte feine J)l^ilofo})l^ifd^en Seilten balb in 
unb au^et gtanlteid^ auggebteitet, ein fd&önet ®ntl^ufiagmu3 et^ 
griff bie tegfame S^Ö^^i^ 5 ^bet toie im ©ttom be§ irbifd^en 2eben3 
nid^tg tein bleibt, fo btad^te biefet @ntl^ufta§mu§ oud^ eine nad&^ 
tl^eilige golge l^etöot: ba^ bie SDinge, toetd^e nid^t butd^ biele^ 
Sieben batübet, fonbetn nut in bet ©tille be? fmnenben unb 
anbetenben ©cifteS Detftanben loetben lönnen, h)eld^e, h)o batübet 
ßetebet loitb, eine il^tet loütbige ©timmung be§ l^eitigen (StnfteS 
betlangen, nid^t mit gebül^tenbet ßl^tfutd^t bettad^tet,' ben tciglit^en 
3)igj)utattonen jut Hebung bienten, bafe bie gugenb Sllleg an^ 
fjjted^en loottte, aud^ h)a§ butd^ Söotte nut angebeutet toetben 
!ann, bafe gotmeln unb Siebengatten an bie ©teile be« lebenbigen 
gnl^ato tteten mußten, ©old^e SBitfungen lonnten tool^I bie 
Sefotgni^ bet SRännet etregen, benen eine fefte ©tunblage be« 
Olauben« übet Sllleg tl^euet toat, loeld^e ba« Uebetfd^toänglid&e 



ei videlicet honorem illum aüferens, quo singulariter gloriaretar; 
cum eorum patronum Areopagitam fuisse denegarem. 

1) L. c. : Oppressionibas meis^ quas audierat, admodum com- 
patiebatar. 



itnb Ärnolb öon iBre^cta. 167 

butd^ eine üBcrmütl^tfle ©ialeftil, bitrd^ bie ©ud^t, äKc8 m SBorte 
unb Segriffc gu foffen, cnttocil^t jü feigen fürd^teten. 3)ie beibcn 
berel^tteften Tl&nnev, SBetnl^atb unb 3iorBert^ toctBanbcn fid^ in 
flleid^er ©cfinnung gegen ben äbälarb, bem fie tocit furd^tbarer 
toaten, al^ aSe feine übrigen f^^einbe. äBol^t mod)ten btefe bad 
Si^rige bögu beigetragen l^aben^ il^n jenen 3Kännern Don einer ge= 
l&äf jtgen ©eite barjuftetten. S^be« in granfreid^ fxäf üerfammelnbe 
Äoncil erregte in il^m bie gurd^t üor einem ntum Singriffe feiner 
geinbe. Um biefem auSgutoeid^en, rtafjm er eine il^m im S^^te 1 128 
angetragene SlbtdffceQe gu 3tuit§ in ber 93retagne an, tooburd^ er 
ber äufmerifantfeit feiner ©egner entriidt tourbe. §ier l^atte ber 
burd^ fein ©d^idffal in immer mm ©türme l^ineingetoorfene $IKann 
mit ber SügeKopgfeit ber entarteten aRönd^e, ber SSBilbl^eit ber 
Station gu fäm})fen, unb fonnte an leine feinem ©eifte angemeffene 
2BirIfamfeit benfen. SBa« in ben Äämj)fen, bie il^n l^ter trafen^ 
aSerfd^ulbete« ober ttnöerfd^ulbete« toar^ lönnen toir, ba loir nur 
ben ^erid^t S(b&Iarb$ bor und l^aben, nid^t entfd^eiben. @d ges 
l^drte biel bagu^ bafe bie aJlönd^e feinen Stnforberungen, toie er 
pe in' feinen ©d^riften ju erlennen giebt, entfj)rad^en. Sr, ber in 
^ol^em ®rabe bie ®abe l^atte, burd^ jSel^re unb Umgang bie 
em}3fängKd^en ©emütl^er ber 3M6««i> i" beg<Jiftem, toar toiol^I 
it>eniger ba}u gemad^t^ anberiS <A^ burd^ bad äß.ort^gu regieren^ 
unb jügellofe, toiberf})enftige Untergebene, in benen er nid^t« feinem 
@eifte Serioanbted fanb, ju gügeln unb )u leiten. Salb barauf 
erl^ielt Seml^arb« Slufmerlfamleit tofil^renb einer SReibe Don S^i^ren 
eine gan) anbere Stid^tung: bad ©d^idma befd^aftigte feine gan}e 
3;i^ätigleit. 

Untetbeffen tourbe äbälarb bei bem Slufentl^alte be« ^äpfl* 
lid^en $ofed in ^ranlreid^ mit ben angefebenften Jlarbinälen be« 
fannt. 3i)ie Äraft feines ©eifle«, feine SBJal^rl^eitgliebe, fein Sifer 
für Steligion unb SQBiffenfd^aft gewannen il^m bie greunbfd^aft ber 
Sefferen; mel^rere jäl^lte er unter feine ©d^üler, loie einen SWo^ 
giper gbo, einen ®uibo be ßafteHi«. 9lad^bem er bie ©teile afö 
'Xbt gu SRuit« aufgugeben genötl^igt h)orben, l^atte er toieber burdj 
münblid^ SSortrfige, bie er in 5ßari§ erneuerte, toie burd^ ©d^riften 
l>iel px toirlen begonnen; unb e« ift merltoürbig, ba^ äbSlarb^ 
ber in feinem Sllter fd^on fo toeit SSorgerüdfte, nod^ mit berfelben 
Äraft tote in toeit frül^eren S^l^ren bie ©emütl^er ber Swfl^w* }« 
begeiftem i?ermod^te. Sßir erlennen in il^m immer ben gum Seigren 
befonber« berufenen SKann. Qvl bem, tooburd^ er frül^er SCnfto^ 
gegeben, fam nun nod^ mand^ed Stnbere, toa« mit ber l^errfd^nben 
S)enltoeife in SBiberfjjrud^ ftanb, l&inju; er fagte ben SW&d^tigen 
unb Ängefel^enen feiner geit mand^e berbe SBal^rl^eit. Ueberoff 



168 Seni^aTb« Aam)}f mit ^titv 9(iS(arb 

oBn ftnben toir Bei il^m ben fd^on erio&l^nten ttnt>evmttteIteK 
aBiberf))rtt<i^ jioifd^en ein}e(nen freieren gbeen unb bem, h)ad aud 
ber ftird^nle^re in feinen (Seift übergegangen bar. 9(n bie @telle 
feiner auf jenem Aoncil 2^ @oif[ond berbrannten Introdactio in 
tiieologiam trat bie umgearbeitete ©eftalt feiner Theologia cbri- 
Btiana, bie iüir fd^on frfll^er mit jenem erflen Sud^ ber^id^n 
laben, um bie eigentl^ümlid^en SReinungen ^bälarbd lennen }tt 
fernen. 3n biefem äSerle milbert er ba«, h>a« SlnftoS gegeben 
l^tte, nid^t, fonbern trug 3Rand^ed no^ fd^ärfer bor. 

®ro^d Sebenten mu^te baiS bon il^m unter bem Flamen 
,;3Sa unb SRein" (Sic et non) l^erauÄgegebene SBerl^) erregen» 
ein Seioeid bon ber ^reil^eit unb Jlül^nl^eit feinet ©eifted. SBenn 
man fonft nur bie übereinftimmenbe Ueberßeferung ber Jtird^e pi 
erforfd^en fud^te, ober (Segenfä^e unter ben alten Jlird^enlel^ern 
in ber Unterfud^ung bogmatifd^er unb etl&ifd^er ©egenftanbe nur 
be^l^alb iufammenfieffte, um burd^ bialeltifd^e Unterfd^eibung il^re 
Xu^gleid^ung gu bermitteln, nad^jutoeifen , ba^ ade äSiberf^rfid^ 
nur fd^einbare loären , eine fünftlid^e ^armoniftil }u ©tanbe }tt 
bringen^ fo fteCte bagegen Slbalarb in biefem Sud^e bie ®egen- 
ft|e unter ben Jlird^enlel^rern in 99e)iel^ung auf l^unbert un^ 
fiebenunbfunfjig ^^nlte gang unbermittelt gufammen. @d toar 
eben feine älbftd^t, nid^t bie .@inl^eit, fonbern bie ®egenfä|e ivmt 
Setou^tfein )u bringen, einer 9lid^tung, ioeld^e burd^auS @införmigi» 
leit im Sogmatifd^en verlangte, ftd^ entgegeniufteQen , )u seigen^ 
n^ld^e Serfd^iebenl^eiten beiS Urtl^eild bei ber Uebereinftimmung im 
SBefentlid^en be^ Olaub^n« beftel^en lönnten. 6r l^atte babei tool^l aud^ 
eine a))oIogetifd^e Slbftd^t, bie ^reil^eit bed Urtl^eil^, toeld^e bie ^ird^e 
ben altf n Seigrem gelaff en, aud^ für pdj in 2lnfj)rud^ ju nel^men, an bem 
a9eifl)iele ber l>erel&rten alten Äird^enlel^rer ju jeigen, toie fdjloer 
e^ fei, in älUem ben redeten bogmatifd^en 3(u$brud 3U finben^ 
^Id^er 9tad^ftd^t 3^ber bebürfe, toie au^ i^ier Mt^ nur auf bie 
fromme ©eftnnung anlomme. ©0 h)oIIte er aud^ bie $IKängel 
ber alten Jtird^enlel^rer l^ert)orl^eben. @r \(l^mU ft^ nid^t au^ju^^ 
ft>red^en, bag aud^ in ber l^eiligen @d^rift nid^t SKQed auf gleid^e 
SBSeife göttlid^ fei, aud^ l^ier ©öttli^ed unb 3Dtenfd^lid^ei^.}u untere 
fd^eiben. (&^ gel^t au$ bem, toad mir fd^on frül^er bemerft l^aben,. 
l^erDor, ba^ bied bei älbälarb nid^t blo^ ein l)orübergel^enber,. 
öereingelter ®eban!e ift, fonbern bafe bie 5ßrincij)ien feiner tl^eolo«^ 
ßifd^en Denitoeife ju einem toeränberten 3nfl)iration«begriff il^n: 
l^infül^ren mußten. @r beginnt f^ine (Einleitung in biefem 38erlE 



1) Qütxft j^erau^eseben in Oeuvres in^dits d'Ab^lard par Cousin 
1836 pag. 1-163. 



aOetbingi auf eine 9ßetfe, bie leinen Stnfto^ erregen lonnte, in^ 
bem er mit großer ©J^rerbietung toon ben alten Äird^enlel^rem 
rebet unb lt)ie afö il^r SBertl^eibiger gegen ätnilagen, bie fte trefen 
lönnten, auftreten b)il[. äl&er aud^ l^ier lann man bei feinen 
mit ^orfid^t geiDäl^Iten SSorten toof)l erlennen, tol^in er ^ielt, bag 
er jene alten Seigrer bertl^eibigenb, aud^ feine eigne SSertl^eibigung 
t>örbereiten toitl. ,,Da — beginnt er — bei einer fo großen 
äRenge ber äBorte anSf einige ^udf^rüd^e ber ^eiligen nid^t nur 
berfd^ieben ftnb, fonbern aud^ mit einanber in aSBiberf^^rud^ }tt 
ftel^en fd^einen, fo mu^ man nid^t leid^tfertig über S)ieienigen w 
tl^eilen, burd^ h)eld^e bie SBelt felbft gerid^tet Werben fott (1 Äor. 
6, 2), unb toir mvif\m nid^t loagen, ber 2üge ju fcefd^ulbigen 
Dber als S^renbe ju öerad^ten SDiejenigen, ju benen ber §ert 
gefiJrod^en l^at: SBer eud^ l^ört, l^ört mid^; toer eud^ berad^tet^ 
Derad^tet mid^." ®r meint, man foHe öielmel^r feine eigene 
©d^n)äd^ im SSerftänbni^ anitagen. S)a§ SSerftänbni^ toerbe oft 
erfd^ioert burd^ bie SSerfd^iebenl^eit in bem ©ebraud^ berfelben 
aaSorte; benn toie S^bem feine eigene 5lrt ju beulen gelaffen 
toerben muffe, fo anä) feine eigene 9lrt ya reben, h)o er auf SRöm. 
14, 5 auffielt ^). Unb ba bie ©införmigfeit Ueberbru^ erzeuge, 
fo muffe aud^ bei ber Slbl^anblung beffelben ©egenftanbeS eine 
SSerfd^iebenl^eit ber Sfleben>eife ftattfinben. 3)ann fagt er f^jäter: 
SEBer fäl^e nid^t, ioie^öerioegen e§ fei, toenn ber ®ine über ben 
JiSinn unb ba« Serftänbni^ be§ 3[nbern rid^ten h)otte, ba ®ott 
allein ©ebanfen unb §erjen offen ftünben ; er l^abe aud^, um un^ 
IJon fold^er Slnma^ng gurüdfjul^alten, gefagt: Slid^tet nid^t, bamit 
il^r nid^t gerid^tet toerbet. Unb er fül^rt bann bie SBorte be« 
5ßauluÄ l Äor. 5, 5 an, unb er erllärt biefelben umfd^reibenb 
fo : „Sel^altet bai ©erid^t in fold^en Sinken 23em bor, ber allein 
SlUeS h)eife, unb aud^ bie ©ebanfen felbft ju rid^ten t)ermag/' 
^r fagt nad^l^er : e§ erl^eUe , ba^ auc!^ bie 5ßroJ)l^eten felbft gu? 
ioeilen ber ^rot)]^etifd^en ©nabe ermangelt I^Ätten, unb öermögc 
ber ©elool^nl^eit, ate ^ßrojj^eten ju reben, l^ätten fte^ inbem pe 
glaubten, ben ©eift ber 5JJro}3l^etie ju l^aben, burd^ il^ren eignen 
®eift mand^e« galfc^e borgetragen; unb biefe« l^abe ©ott an il^nen 
gefd^eljien laffen gur SSeriool^rung ber ©emutl^, bamit' fie bejlo 
beutlid^er erlennen foUten, toeld^er Unterfd^ieb fei jtoifd^en bem, 
toa^ fie burd^ ben ©eift ©otteS unb n^aS fte burd^ il^ren eignen 
®eift toären, unb bafe fte ben ©eift, ber nid^t lügen unb nid^t 
fletSufdJt toerben lönne, au« bem ©efd^enl ©otte« l^ätten, toann 



1) Quippe, quemadmodum in sensu suo, ita et in verbis suis 
^nusquisque abundat. L. c* pag* 3. 



170 Sern^atb« ^am^f mit ißetcv fihUaxtf 

fie tl^it l^&tten. Unb biefet ®eift l^abe au^, too er fte befeelte^ 
nid^t älDeiS glei^mägig il^nen offenbart; toie er mäft alle ®aben 
@inem mittl^eile, fo erleu^te er aud^ bie Seele 2)e{fen^ ben er 
erfuDe, ni^t in ©ejieJ^ung auf alle 2)infle, fonbern er offenbare 
balb ^iefed, balb ^ened, unb toenn er bad ®ine entJ^üOe^ i^er- 
j&ütte er ba« älnbere. !Dann feftt er, nad&bem er bie SBorte @re^ 
-gorö be« ©rofeen ilber ben Streit jtoif^en 5ßetrufJ unb Sßaulu^ 
3U Stntiod&ia unb ben Srrtl^um, in ben 5Petru« gefoHen fei, an= 
gefül^rt l^at, l^inju: ,,äBie alfo nun, ba eiS erl^eUt, bag aud^ bie 
Sl^oftel unb $roj)l^eten nid^t frei bon Srrtl^um getoefen finb, toie 
Unntn toir un« tounbem, toenn in fo bielen ©d^riften ber SSäter 
aM ber anoefül^rten Urfad^e ntand^ed irrtl^ümlid^ SSorgetragene ftd^ 
finbet? älber e$ jiemt aud^ nid^t. bie «^eiligen al§ ber £üge 
fd^ulbig an)uf lagen, toenn {te SRand^ei^ anberd, afö e^ ftd^ in 
SBal^rl^eit berl^ält, nid^t um gu täufd^en, fonbern au^ Untoiffen^eit 
fagen ; unb man mug nid^t al^ $bd^mutl^ ober @ünbe anred^nen, 
toa^ ani Siebe )u irgenb einer älbfid^t ber (Srbauung gefagt n>irb, 
ba es erl^eUt, bag ber $err ätUed na^ ber ©efmnung abmägt.'' 
Sener Siebling«faft be« äbälarb ^). 

t^emer ftnb l^ier gu ertoäl^nen älbälarb^ Jlommentar über 
ben SRömerbrief unb ba« bon ii^fm entworfene Srud^ftüd einer 
Sittenlel^re, bad ä3ud^ unter bem 2^itel: Scito te ipsum, t>on 
toeld^em toir f(^on frül^er gefl)rod^en l^aben. Seibe SBerfe mU 
l^ielten mand^eiS nad^ ber 3lrt ätbölarb« Eingeworfene, n>a$ äln= 
ftog geben mugte. Sir Wollen l^ier befonberiS gWei Seigren l^fef- 
t)orl^eben, Weld^e älngriffe auf älbalarb« Stec^tgläubigleit l^erbor^^ 
riefen, feine Seigre t)on ber ®rbfünbe unb ©ünbe, unb feine 
£elifre bon bem @rlöfung«WerIe. Sb&larb ging in bem le^^^ 



1) L. c. pa^. 11: Constat vero et prophetas ipsos quandoque 
prophetiae gratia caruisse, et nonnuUa ex usu prophetandi, cum 
86 spiritum prophetiae habere crederent, per spiritum suum falsa 
protulisse; et hoc eis ad humilitatis oustodiam permissum esse, ut 
sie videlicet verius cognoscerent quales per spiritum Dei et quales 
per suum existerent, et se eum qui mentiri vel falli nescit ex dono 
nähere, cum haberent. Qui etiam, cum haberent, sicut non omoia 
uni conf'ert dona, ita nee de omnibus mentem ejus quem repiet 
illuminat, sed modo hoc, modo iilud revelat, et cum unum aperit, 
alterum occuitat . . . Quid itaque mirum, cum ipsos etiam prophetas 
et apostoios ab errore non penitus fuisse constat alienos, si in tarn 
multiplici sanctorum patrum scriptura nounulla propter suprapositam 
causam eronee proiata seu scripta videantur? Sed nee tanquam 
mendacii reos argui sanctos convenit,'si nonnulla quandoque aliter 
quam se rei veritas habeat, arbitrantes, non per duplicitatem» sed 
per ignorantiam dicant; nee praesumtioni vel peccato imputandum 
est, quidquid ex caritate ad aliquam aedificationem dicitur, ^cum. 
apud dominum omnia discuti juxta intentionem constet. 



nah Hvnolb bon )6redcia. 171 

teren SSäetfc üon fold&cn 5ßrinci})ien aui, toelc^e fonfequent cnt^ 
tDidelt i^n )u einer mel^r mit bem t^elagianifd^en, atö bem augufti« 
nifd^en @^ftem in ber 'äni^xopoloQU übereinftimmenben Seigre ge» 
fül^tt l^aben n>ürben. SSie \d\v fc^on bemetit l^aben, tooQte er in 
ber ftttlid^en Seurtl^eilung älUed auf bie ©eftnnung- jurücffül^ren. 
S)aiS SCBefen ber @ünbe fe^te er nur in bie betou|te Seraci^tung 
©otte« ober feine« ©efe^e«, b. 1^. ba^jentje nid^t um ®otU^ 
toißen tl^un ober unterlaffen, tooöon toir erlennen, ba^ e§ um 
(Sottet loitten getl^an ober unterlaffen toerben fottte ^). 2)arnacl^ 
l^ätten gan) anbere S3egriffe l>on @ünbe unb @d^ulb entftel^en 
muffen, ate bie in bem aufluflinifd^en Sel^rbegriff beßrünbeten. 
3)er Segriff ber ©ünbe l^ätte gro|e S3efd^ränfungen erteiben 
muffen. 3« ben öorl^errfd^enben fünbl^aften Steigungen, bem 
SBiberftreit jtoifd^en ©innlid^feit unb SSernunft, fal^ äbälarb 
nid^t«, toorauf bie Segriffe t)on @ünbe unb @d^ulb angetoanbt 
toerben lönnten, fonbern aUe« bie« erfd^ien il^m nur ald @toff 
für ben fittlid^en Äamj)f, bie ©nttoidlung unb Hebung ber 
ä^ugenb. @« giebt fid^ l^ier ein merln)ürbiger ©egenfa^ )toifd^en 
Slbälarb urtb äuguftinug pi erfennen. Seibe l^atten bie SKad^t 
ber bem Oöttlid^en entgegenftrebenben finnlid^en S^riebe in i^rer 
Sugenb fel^r erfal^ren fnüffen. S3ei SluguflinuS geigte fid^ bie 
5Bad&toir!ung baöon barin, bafe'er befto ftrenjer gegen ftd^ felbft 
toar, befto tiefer in aüm ben ®eift i^erabjiel^enben ftnntid^en 
Steigen bag ^oä) ber ©ünbe emj)fanb. Slbälarb l^ingegen toar 
geneigt, biefe« SBiberftreben ber finnlid^en 2)rie6e milbe ju beur= 
tl^eilen, e« in ^i\oa^ ©uteS )u Dertoanbeln. 3^ ntel^v ber ^enfd^ 
gu fäm})fen l^at, meint er, befto mel^r ^xpxobt fid& feine 2^ugenb; 
toenn nur bie aSernunft ben entgegenftrebenben ^^rieben nid^t 
unterliegt, toenn er ftd^ baburd^ nid^t betoegen lä^t, mit SSera^^ 
tung ©otteä ettoag gu tl^un ober gu unterlaffen, toa« mit bem 
gÄttUd^en ©efe$ in ©treit ift ; benn bie« Se$tere allein ift ja na^ 
aibälarb« Seftimmung .©ünbe* „©o l^at SSiele — fagt er — 
bie Slatur felbft ober il^re eigentl^ümlid^e Seibe^befd^affenl^eit gur 
©d^toelgerei ober gum S^xn geneigt;. unb fie fünbigen bod^ eben 
nid^t baburd^, baft fte fo ftnb, fonbern fte l^aben bal&er einen ©toff 
gum ^amjjf, bamit fie burd^ bie 2^ugenb ber aWä^igung über fxdf 
felbft 'fiegenb bie Ärone baöontragen fotten ^X" SESenn Slbälarb 



1) Scito te ipsum cap. 3 Pezii thesaur. III, 2,pag. 629: Pec- 
catnm itaque nostrum contemtus creatoris est^ et peccare est crea* 
torem contemnere, hoc est: id nequaquam facere propter ipsum, 
quod credimus propter ipsam a nobis esse faciendum; vel non di- 
mittere propter ipsum, quod credimus esse dimittendum. 

2) L» c. pag. 628 : Sic et multos ad luxuriam sicut ad. iram 



J72 ©eru5>«tb« «ann>f mit «Peter HbSlarb 

itad^ biefen ®ntiibf&|en {td^ eine 9[ntl^ro))olo0ie geBilbet l^atte, fo 
toütbe bie lxtä}li^e Seigre üwi bem Urflanbe, i>on ber ©rbfÄitbe 
l^aben toeid^en muffen. ®r h>ürbe ju ber Sluffaffung gelomwen 
fein, ba§ bet S^i^^^^ stotfd^en Sinnlid^Ieit unb Semunft in 
bem SBefen bet menfd^Iid^en SRatur anfleleßt fei, unb atö baS Xlr* 
ft)tün0li(i^e in berfelben J^eröorgetreten fein ober tt>eni0ften8 uns 
enttoicfeft gu ©runbe flelegen l^aben muffe; ba§ nur au« biefem 
gtoiefpatt l^au« bie ftttlid^e ®nth)itflunfl ^aU J^erborgel^en, ber 
9Renfd^ jur S^ugenb ftd^ ouSbilben ttnnen. S88a« mäf ber Äird^ 
lel^re au8 einer 3;tüJ&un8 ber ftttlid^en Statut be« SDleufd^en al* 
geleitet h>urbe, l^fitte l^ier al« ttioa^ in bem ftttlid^en ®nth)idts 
lungSJjrojeffe burd^auS SlotJ^lDenbige« erfd^einen muffen. 

2)0^ SSbälarb toör fern babon, feine 5ßrinci})ien ju biefer 
Äonfequenj l^injutreiben. ®r nal^m bie Seigre öon bem Urftonbe, 
iyon ben golgen ber erften ©iinbe, ber bal^er rül^renben Ser* 
bammni^, ber Serbömmnig ber ungetauften Äinber a\x9 ber 
Äird^nle^re auf; unb eben h)etl nun bicfe Seigren bod^ bei il^m 
nur ettoa« bon äugen l^er STngel^cftete«, nid^tg innerlid^ änges 
eignete« toaren, mugte feine Sluffaffung berfelben eine befte l^ar= 
tere unb für bie Vernunft gurürfftogenbere toerben. SBir feigen 
l^ier lieber ba« Sufammentreffen jrnei ganj entgegengefe|ter 
@Iemente, rationaliftifd^er 5Princi})ien unb einer gang fd^roffen 
fujjematuraliftifd^en Sluffaffung, h)orau« nie ettoa« ©ange« l^eröor« 
ge^en lonnte. Slbälarb tougte mit feinem refleltirenben SSerftanbe 
bie SBlögen unb f^toad^en ©eiten ber Äird^enlel^ren tool^I gu ^nU 
bedfen, ol^ne aber ba« gum ©runbe liegenbe tiefere religiög=fitts 
lid^e ®{ement öerftel^en gu lönnen. SBeld^e Sebeutung eine erpe 
©ünbe t>om ©tanb^junfte einer nod^ ungetrübten ftttKd^en Slatur 
j^at, bie Sebeutung einer Urfünbe aU eine« erften älfte« ber gur 
SBilKür geworbenen greil&eit, biefe« t)ermod^te Stbälarb Don feinem 
©tanb})unlte an^ nid^t gu öerfkel&en. @r fal^ nur auf ba« aRa^ 
teriette ber ©ünbe, unb ba erfd^ien e« il^m al« etloa« @mj)örcnbe«, 
bag ©Ott ben (Senug eine« t)erbotenen Sll)fel« fo fd^toer ftrafen 
foKte 1). @r glaubte eine ftroge $ärte unb i^rannei barin foa^* 
gunel^men, bag Sitte unöerbient für bie ©ünbe eine« (Singeinen 
leiben fottten, feine ©d^ulb bie il^rige loerben, bie unfd^ulbigen 
Äinber gu etoigen ©trafen fottten berurtl^eilt toerben, toenn fte 



nattira ipsa vel complexio corporis pronos efficit; nee tarnen in ipso 
hoc peccant quia^ tales sunt, sed pngnae materiam ex hoc hahent, 
ut per temperantiae virtutem de se ipsis trinmphantes coronam per- 
cipiant. 

1) In uniiifl pomi reparahilis eau ita in posteris ponire. Com- 
ment. in epist. ad Born. Hb. II opp. pag. 596* 



»nb amotb öo« ©re«cia. 173 

trid^t bie ä^aufe etl^ielten. Unb mit 9ted^t lotmte et in allen 
bieten Sejiel^ungert bie Äitd^enlel^re anflteifen; aber et öetfkanb 
nid^t bie ticfeten, au(!^ bet itttl^iimlid^en äuffaffung gum Otunbe 
liegenben SBai^tl^eiten, toie bie Sünbe ftd^ felbft in bet SRenfd^^ 
l^eit [traft, bie ©efd^id^te bet SKenfd^l^eit lein ungufammen=f 
Pngenbet äitomi^mug ift, fonbetn ftül^ete unb fjjfitcte SKomente 
bet ®nttoitflunfl einanbet fittlid^ bebingen. @t betftanb nidjt 
bod tiefe ®efül^l einet Urfd^ulb, einet ben menfd^lid^en ©eift bon 
feinem Urquell ttennenben Äluft, in toeld^em bie Seilte bon bet 
SttH)utation' bet tttfünbe il^ten 3lnfd^lie|un0gj)unft finbet. @o 
töu^te et ben tiefeten Otunb fold^et Seilten in bem tclifliöfen 
JBetou^tfein nid^t gu betftel^en; unb ba et fie bod& bon bem 
©tanbjjunfte feinet betftänbigen StefHe^ion fo äufeetlid^ aufflefafet 
feftl^alten h>ottte, -mufete et mit. feinet betftänbig fein foßenben 
(gtflätunfl, toie e^ immet einet fold^en Sltt be^ ©uj)etnaturali*» 
mut gel^t^ befto unberftänbiget toetben: toie toenn et UffanpM, 
bag in bet l^eiligen ©^tift ©ünbe fiif ©ttafe bet ©ünbe ftel^e, 
jum Seleg. anfül^tt ben SSegtiff bet ©etgebung bet ©ünbe, toa8 
il^m nid^tg anbete ift, al^ Sjrlaffung bet ©träfe bet ©ünbe ^); 
toenn et, ba^ ®ott um einet fo geringen ©ünbe toitten ba^ ganje , 
SUenfd^engefd^Ied&t fo 'f d^toet geftraft l^be , aug ber 3lbjtd^t, ba^ 
burd^ bor ber ©ünbe abjufd^redEen , erllärt^). ©o lÄ^t er fld^, 
um ©Ott bei ber ä3erbammni| ber ungetaüften ^inber ju red^^ 
fertigen, ju einer 33el^aut)tung be« fd^roffften unb toiHfürlid^ften 
©u))ernaturali^muiS fortreiten, ba^ ©Ott unbebingt $err fei über 
feine ftreaturen, bag bie 2^l^iere nid^t mit il^m toütben redeten 
jönnen, toarum er fie ni^t ju SKenfd^en gemad^t; afö ob eö nid^t 
ettoa« Slnbreg toclre : eine SKannid^faltigfeit ber ©efd^öjjfe j^erbot« 
bringen, bon benen jebeS ift, toa« e« fein fott, unb einen S^^^- 
f})alt in baS SBefen eine^ ©efd^ö^feg fe|en, bie barin gegrünbettn 
drtoartungen unb 2lnfJ)rüd^e nid^t befriebigen, ben jur ©emeim 
fd^aft mit ©Ott gefd^affenen ©eift, ber bal^er allein fül^Ien lann, 
loa« ©eligleit ober Unfeligfeit ift, burd^ einen 2lft ber 2Biß!ür 
in Unfefigleit ftürjen ^). 6r lä^t fid& bi« ju ber, feinen frül^er 



1) Peccata dimitti, id est poenae peccatorum condonari L. c. 
p. 591. 

2) L. c. p. 596 : Völuit etiam statim ostendere iil^ prima et for- 
(aase modica primorum parentum transgressione, quam ita in po- , 
fiteris nihil adhuc merentibus vindicat, quantum omnem abhorret 
iniquitatem, et quantam poenanv majoribus culpis et frequentibua 
reservet. 

3) L. c. pag. 595: Non enim injuriam creaturae suae Dens fa« 
cit, quocnnque modo eam tractet, alve ad poenam eam deputet, sive 
ad requiem. Alioquin animalia, quae ad laborem humani obsequii 
creata sunt, juste conqueri et murmurare adversus creatorem possent. 

9teanbeT, bet i^dl. aSecn^arb. 12 



174 Scm^arb« Stamp\ mit $eter 96&latb 

%cn ung enttoidtelten 5ßrinctj)tett fdjled^tl^itt toibetftreitcnben Se^ 
l^atH)tunfl fortreiten, toobutd^ ba« innere ffiefen be« ®ittenöefe|e« 
old ein Stugflufe bon ber ^eiHgfeit ®otte« ßanj aufgel^oben toürbe^ 
inbem er Sd^led^t unb ®ut nur öon ben Seftimntunöen be« öittt* 
Kd^en SBitten« abl^angen l&it, tooburd^ biefer SBitte felbjl i^ur 
WxUtixx gentad^t toirb ^). gu fold^en Sel^auj)tungen lonnte ^^ 
Äbälarb fortreiten laffen burd^ feinen beräufeerlid^ten, mit bem 
Snnerften feiner 3)enltt)etfe nid^t übereinftimmenben ©ujjematu*' 
rali^mu« unb feine fo})l^iftifd^e , ben SBal^rl^eitgfmn trübenbc 
©ialeltil, tooburd^ er ®rünbe für alle« aufjufud^en unb gu finben 
t>emtod^te. 2)od^ genügte biefe Sled^tfertigung bem Slbälarb felbft 
tool^I nid^t, unb er lenlte nad^l^er toieber ein, iooUte bod^ ©otted 
©ered^tigfeit unb Siebe bei jener SSerbammnift ber ungetauften 
Äinber retten, auf eine SBeife freilidD, bie an^ ntd^t t)iel beffer 
toar. 6r l^alf fid^ bamit, ba^ bie ungetauften Äinber bie milbefte 
Strafe treffen foffte, nur bie fogenannte poena damni, ba« äu3» 
gefd^Ioffenfein bon ber Slnfd^auung ©otted ol^ne anbere ^ofitibe 
©trafen, gegen toeld^e äuSlunft Sluguftin fd^on mit SRed^t bemerft 
l^atte, ba^ )toifd^en ber ©emeinfd^aft mit ®ott unb ber Unfelig^ 
leit für ben menfdjli^en ®eift nid^tg in ber SWitte ©tel^enbed^ ge* 
bad^t ioerben lönne, ba er ^Un barauf angelegt fei, ftd^ au^er 
ber ©emeinfd^aft mit @ott unfelig füllen ju muffen. Unb bann 
meint äb&Iarb, jene ©träfe möge tool^I nur biejenigen Äinber 
treffen, öon toeld^en ®ott öorau^gefel^en , ba^ toenn fie länger 
gelebt l^ätten, fie in fd^loere ©ünben toürben Verfallen fein, unb 
fo toeit l^är^ere ©trafen üerbient l^aben, fo ba^ biefe aRilberung 
il^re« £oofe« olfo nod^ ein ättt ber @rbarmung ®otteiS gegen fie 
fei«). 

3)ie jloeite Seigre, burd^ beren SSel^anblung in feinem flom« 



1) Non enim aliter bonnm a malo discernere possumas, nisi 
quod ejas est Gonsentaneum volnntati, et in placito ejus coosisüt. 
Ünde et ea quae per se videntur pessima, et ideo culpanda, cum 
jussione fiunt dominica nullus culpafe praesumit. L. c. IJreiltd^ {le^t 
man, n>ad jnr Unterflifitjung {olc^^er iDibet finnigen 8e(»au)>tuii9en btenen 
mugte, 2)inge, bie feiner 3eit otterbingS ju @ute }u galten pnb, ber me» 
^nifct^e, übertriebene 3nl)>iratton«begrtff, ben ^bälarb, tote toir gefelf^en 
l^aben, n^obl ^ciUe toecbeffern tonnen, bie SlJ^einung Don bem burd^au^ 
mofatf^en tttfpTunge bed ^entateuc^d, toenn )ur Unterftü^ung jener mon« 
flTf^fen 2ttfxt angefül^rt tt}trb, bag <9ott ben 3uben geboten t^aht, gepol^lene» 
®ut au9 ^eg9)}ten mitjunebmen. 

2) L. c. pag. 596: L'redimua etiam huic mitissimae poenae ne* 
minem deputari morte in infuntia praeventum, nisi quem Dens pes* 
fiimum futurum si viveret praevidebat, et ob hoc majoribus poenia 
cniciandum. Unde nonnullam in hac remissiore vel alleviation& 
poenae divinae bonitatia gratiam percipere parvuli non immerito 
Tidentur. 



ttn^ f[moIb bott i^tedcia. 175 

tuetttat fiber bcn 9l8tnerBrief unb in feinen SBorlefunöen äöälarb 
Helen Slnflofe gab, toar bie ßriöfung^Iel^re, obet bie Seigre öon 
ber afted^tfertiguna beS SWenfdJew. (£3 tÄ|t ftd^ an^ ber Sefc^affen* 
l&eit btefeg Dogma'^ unb au§ ben SBetl^ältmffen ber bamaligen 
Srit leidet ertläten , tote Slbälatb baju öeranla^t tourbe , gtabc 
biefem 3)ogma feine Unterfud^ung befonberS gujutoenben. 95ei 
bem bantald ertoad^enben !Ra(|ben!en über religiöfe 2)inge unb 
bei bem Unbefrtebigenben ber frül^eren ©rörterungen über biefen 
©egenftanb toar aud^ ba« ^ntereffe ber Saien bagu angeregt 
toorben^ nad^ ben ©rünben ju fragen, toärum bie @rldfung beiS 
5Kenfd&en burd^ ba« Seiben 6l^rifti betoirft toerbenfUiu^ie; tote 
Änfelm Don ßanterbur^ fagt: ,,S)iefe fjrage })flegen tm« fotool^l 
bie Ungläubigen, toeld^e bie ®infalt beS d^riftlid^en ©laubend al§ 
eine tl^örid^te berfjjotten, un« entgegenjul^alten ^), unb Diele 
©laubigen in il^rem $er§en ju betoegen. Heber biefe fjrage 
fragen nid^t nur biele ©elel^rte, fonbern aud^ Ungelel^rte, unb fie 
i>erlangen, bafe SRed^enfd^aft barüber gegeben toerbe^)." SludJ 
biefe Seigre unterfud^te Stbälarb auf feine bialeltiprenb Derftän* 
bige aSBeife ntel^r \>on au^en l^er, toie irgenb einen anbern auS 
bem getoöl^nlid&en Seben gegriffenen ©egenftanb öerftänbiger S3e=9 
trad^tung, ate bafe er t)on einem tiefen d^riftlid^en ©emüti^gleben 
au^ mit ber für einen fold^en ©egenftanb erforberlid^en SBeil^c 
l^eiligen Sinnet in bag S'^nere ber ©ad^ eingegangen, S^l^aft 
unb* fjorm unterfd^ieben , ben tiefen GJel^alt be« d^riftlid^en 8f =: 
tou^tfein« unb bie begrifflidje SRefle^ion Öon einanber ju fonbern 
getou^t l^ätte. SBer foldje SDingc, bie bem ftitten $eiligtl^um bei5 
in ber iiefe tourjelnben religiöfen Seben« angel^ören, t>on an^m 
IJer mit jerfjjRttember 2)ialeltif unterfud^en toitt, öon ber 3Jor:= 
au^fe^ung au^gei^t, ba^ ber ©ebante bad älBefen be« 2)ogma'S 
fei, toirb immer mel^r mi^öerftel^en, aU tferfiel^en lönnen, mit ber 
©djale ft)ielen, ol^ne'in ben Äern eingubringen. Slbälarb fonnte 
l^ier aber freier fid^ äußern, mit ber SluffteHung einer t)ofitiöen 
Slnftd^t üon ber ©ad^e rütffid^tölofer ^ert)ortreten, toeil eine be- 
jiimmte äuffaffung biefe« 3)ogma'« nod^ ^ leine fotd^e lird^Itd^e 
geftpettung erlangt l^alte, toie e« mit ber Seigre öon ber ®rbfünbc 
unb ber Äinbertaufe gefd^el^en toar. SDal^er tourbe er l^ier nid&t 
genöt^igt, toie bei ben borl^in ertoäl^nten Seigren, ju bem älben* 
teuerlid^ften ftc^ l^in}utoenben, um bie k)on an^m l^er angeeignete 
Äird^enlel^re irgenbtoie anfajfen }u lönnen. 6« ift merltoürbig, 



1) !BteIIei(^t anäf (ter (ine @!(>ur .(in unb toteber auftan^enber Sti^' 
tmigen bed 3^eifel8 unb Unglauben«, »on benen toir früher @. 133 ff. ge<* 
{|>ro(iften (^aben. 

2) Cur deus homo? lib. I cap. 1. 

12* 



176 ecm^atte ftoiiit>f mit $eter 9b&(arb 

bag äbälatb bon 9lnfelmd tiefftnniget @ntt9iälung gar nid^tö 
toeili gegen bie anfelmifd^e Sil^eorie ift feine Volenti! nid^t ge» 
vid^tet. t^reilid^ mugte il^m, bon feinem einfeittg bialeftifd^en 
@tanb)9unlte and, aud^ geh>i| bie anfelmifd^e Seigre, bie bei aU^ 
il^ren 3R&ngeln bod^ aud bet 2:iefe bed d^tipd^en iBet9u|tfein^ 
unb d^tiftlid^r Stnfd^auung gefd^ö^ft ift, unfa^U^ bleiben. Stbo^ 
larb rid^tet juerft feine ^olemtf gegen iene ältete^ mel^r einer 
ntl^tl^ifd|en äluffaffung jugel^örenbe, aber aud^ babei einen tieferen 
@runb ber äBa^rl^eit entl^altenbe SluffaffungiStoeife, ba| ber 
6atan burd^ bie Sünbe ein Sigentl^umdred^t über bie SDlenfd^l^eit 
erlangt l^al^e^ ®ott aud^ il^m fein 9led^t toiberfal^ren laffe, unb 
begl^alb in ber ^omt bed Sted^tiS xf)m fein Sigentl^unt ju entreißen 
befd^Io^, inbem ber @atan feine ^errfd^aft aMiühm tooUte an 
einem 3Renfd^en ol^ne @ünbe. älnfelm l^at biefe älnfid^t idämpfi, 
gleid^hrie Slbälarb. aber bann bringt berfelbe mand^erlei 3t»eifel 
bagegen bor, toie bodj bie (Srlöfung ber SRenfd^en burd& ba« 
£eiben eine^ @d^uIblofen l^abe ben)ir!t toerben bnnen; ivarurn 
(Sott nid^t burd^ feinen bloßen SQäitten bie ©ünben l^abe bergeben 
iönnen, ol^ne irgenb eine anbere SSermittluhg, toie ßl^rifiu« 
toäl^renb feines irbifd^en Sebenö ©finben bergeben l^abe ; — Jene 
tjrage l^atte aud^ änfelm aufgeloorfen, aber fie and bem S^ 
fammenl^ang ber göttlid^en ßigenfd^aften ju beantworten gefud^t — 
toie ®ott, ber burd^ eine toeit geringere ©ilnbe, ben berbotenen 
©enufe eines Sljjfefö, gegen bie SKenfd^l^eit fo fel^r erjürnt loorben, 
burd^ eine toeit größere ©ünbe, bie in ber Äreujigung ßi^rifti b^ 
gangen ioorben, l^abe lönnen berföl&nt loerben; toie' burdji eine 
toeit fd^toerere ©ünbe bie leid^teren l^ätten gutgemad^t toerben 
lönnen; ioie eS fid^ ixUvfjanpt benfen laffe, ba^ ©Ott für pd^ 
felbft einen ^PreiS Verlangen foßte, nvti ben aWenfd^en il^re ©ünben 
ju bergeben, unb afö bicfen 5ßreiS burd^auS Slut berlange, unb 
ba§ Slut eine« Unfd^ulbigen. SBad^bem er nun fo l^in unb i^er 
gefjjrod^en, loiH ^er feineStoegS bie 2^l^at ber erlöfenben Siebe 
©otteS l^erabfe^en. ®r erfennt bie Sebeutung berfelben: ba| 
©Ott feinen eingebornen ©ol&n l^abe um ber burd^ bie ©ünbe 
bon il^m (Sntf»embeten loitten in bie SBelt l^erabgefanbt, il^n fo 
öiele aWül^feligfeiten unb Seiben für bie aSenfd^en tragen, burd^ 
SBorteunb SBerfe bie aWenfd^en belel^ren, unb enblid^ il^n unter 
ben fd^toerften Äämt)f en unb Seiben fein Seben für bie aRenfd^en 
l^ingeben laffen; aber ben erlöfenben @influ§ biefeS SeibenS ßl^rifti 
fe|t er nur in baS ©ubjeftibe, inbem burd^ fo aufeerorbentKc^e 
(Srtoeife ber Siebe ©otteS gegen bie SOienfd^en il^re ©egenliebe. 
entjünbet h)erben muffe, unb baburd^ müßten fie fällig toerben, 
and Siebe gu bem ©ott, ber i^nen fold^e Siebe ertoiefen, alle« 



unb Wntolb ton 8Te9do. 177 

ju tl^un «ttb jtt leibett. ©o toerbe burd^ fold^c ®inbrü(fe bc« 
SicBc ®otte§ jene uneigennü^ige Siebe bei ben ©laubigen etjeugt, 
\oüä)z atbälorb, h)ie toir gefeiten l^aben, alg ba^ 6l^arafterifKf<iJ^ 
bed Qi}xx^^^i^um^, baS Unterfd^eibenbe }h)if(i^en bem GI^Tifteutl^um 
ttnb S^bentJ^um betrad^tel. 60 öerftel^t er bie justificatio per 
mortem Christi, — inbem et nämlid^ bag SBort justificatio auf 
bie in'biefer Seit getoö^nlid^e SSSeife auffaßt, barunter berftcl^t 
nid^t eine objeftiöe Sled^tf ertigung , fonbern bie innere ©ered^t« 
mad^ung, Heiligung, — ba§ bie ©laubigen burd^ fofd^e, bermoge 
bc8 @inbrud(g ber il^nen geoffenbarten Siebe ®otteg in il^ren 
J&erjen angeregte Siebe geredet gentad^t, innerlid^ gel^eUigt toürben^ 
infofern "bieg bie 3^riebfeber ju allem loal^rl^aft ®nUn fei ^). SSon 
Wefer Sluffaffung be« 6rWfung«merIe§ aU Offenbarung ber fiber* 
fd^tvdnglid^en Siebe ©otte^/ tooburd^ Siebe in bem ^erjen bed 
SWenfd^en entjünbet toerben muffe, toar äbälarb getoife tief burd^ 
brungen. Slud^ in feinen SSortefungen trug er bie« fo öor^). 
^loar f^rad^ er l^ier aud^ bon einem burd^ (S^riftud bem 33ater 
bargebrad^ten Djjfer, bon einem burd^ il^n entrid^teten SÄfegelb; 
aber eig eri^ettt fd^on av^ bem ©efagten, ba^ er mit biefen SSJorten 
ben getoö^nlid^en S3egrtff nid^t berbinben lonnte, unb in SejieJ^ung 
4uf ba« Se|tc fagt er e« ja au«brüdflid^, um fid^ gegen eine 
falfd^e 3>eutttng feiner SDBorte 1 ju bertoal^ren , ba^ bie« nur bilb» 
Kd^ gu berftel^en fei^). 

gtrner mugte fid^ äbälarb geinbe mad^en burd^ bie rüdf« 
ftdjtglofe Ö^ftigleit, mit löeld&er er gegen toeltlid^ gefinnte Sifd^öfe, 
5ßriefter unb 3Bönd^e ^pxa^, unb bie bem religiöfen unb fittlid^en 
Seben berberbtid^en 3Dlipräud^e feiner 3^it angriff. 9lud^ l^iet 
finben Ivir bei ^bcUarb einanber iüiberftreitenbe Slemente. ^on 
ber einen Seite fdjlo^ er fid^ in feinen Strafreben anbern 
SSännern bon frommem unb reformatorifd^m ©eifk an, unter 
benen j|a aui) ber 3lbt SJernl^arb, toie ou« unfrer SDarftellung 
i^rborgel^t, einer ber bebeutenbften ttmr, an, unb ging bon bem 



1) Comment. in epist. ad Roman, lib. II opp. pag. 550 — 53: 
Oanin Ycro cradele et iniquum videtur, ut sangamem innocentis in 
pr^tium aliquod quis requisierit, aut ullo modo ei placuerit inno« 
öentem interfici, nedum Deus tarn acceptam filii sui mortem habuerit, 
ut per ipsam universo reconciliatüs sit mundo? • . . Nobis auteni 
vidQliir quod in hoo jastificati samus io Baognine Christi, et Deo 
rcj^onciliati, qnod per faanc singolarem gratiam nobiii; exhibitara, quod 
$iia9 SU US nostram^ susceperit naturam, et in ipso nos tarn verbo 
quam exemplo instituendo usque ad mortem perstitit, nos sibi am- 
Julius i^er amorem astrtzit: ut tanto divinae gratiae accensi bene- 
llcio, oil jam tolerare propter ipsum vera reformidet Caritas. ' 

2) Epit. theolog. Christ, ed. Rheinwald cap. 23 pag. 62. 
i) L. e. pag. 66: Tran^Iative tarnen pretinm nuncupatnr. 



178 ecru^acH ftain))f mit $etec KlbSCarb 

®tanb))ttnlte bev getodl^nUd^en ftitd^enlel^te an^, ße^ ftd^ nut 
barauf ein, bie falfd^e unb fd&fed^te älntocnbund bctfelben gu be^ 
fbeiten. Son ber anbetn ©eite abet h>ut:be er bur^ feine 5Polemif 
iwiter gefül^rt, unb f Jjrad^ SJinfle au«, toeld^e il^n in einen Ramp\ 
mit ben ®vunbfä^n bei^ Bxx^tniffum^ feiner S^^t Derb)i<feln 
mußten, unb lonfequent burd^gefül^tt ju einet flanj anbetn 3bee 
bon ber litcl^Iid^en ©etoalt l^tngefu^tt l^aben toütben. 

Snbem Sbälatb in feinem Scito te ipsum ben ®tttnbfa$, 
ba| bie ©eftnnung aBein allem ©ittlid^en feinen aSJettl^ gebe, 
ün bie @^i$e fteDte, toutbe et babutd^ t>etanla^t, bie @elb{ttäu^ 
fd^ungen Dielet feinet i3«ttfl««off^«f ^^^^^ i« ^^^^^ ©id^etl^eit 
fottlebteti, unb meinten, bod^ nod^ gule|t in bet a:obe8flttnbe ftd^ 
mit ®ott abfinben )u !dnnen, )u beftteiten, foh)ie gegen bie 
fd^Ied^ten ©eiftß^en, bie bem S93al^ne @old^et bienten, )u teben. 
6t fagt: ,,SBit feigen tSgfidJ Siele, inbem fie au« biefem Äeben 
iu f Reiben im 93egtiff ftnb, toegen bet bon il^nen begangenen 
SSetbted^en 9u|e tl^un unb untet f(|n)etet g^nitfd^ung feufjen, 
nid^t fotool^l aui Siebe gu bem beleibigten @ott, obet aui $a| 
gegen bie begangene ©Ünbe, ate au« gutd^t Dot bet il^nen Be» 
tootpel^ben ©ttafe." St fagt üon il^nen: „©ie bleiben in il^et 
Ungeted^tigleit, inbem il^nen nid^t fon>ol^l bie ©d^ulb bet ©ünbe, 
aU bie fd^b)ete ©ttafe, toeld^e bod^ eine geted^te %% mi^f&Ut;" 
fte l^a^ten nid^t fotool^I baiS SBöfe, aU bad geted^te ®etid^t ©ottei^, 
ba« fie in bet ©ttafe fütd^t^ten. ffit bejeid^net fte ate butd^ il^te 
©d^ulb Setblenbete, bie nid^t mel^t fällig getoefen n>&ten, Don 
bem, h)aS }ut h)al^ten Su^e gel^öte, ftd^ einen SSegtiff ju mad^en. 
@t fagt : t&glid^ fel^e man SBiele bem 2;obe entgegengel^en, bie ftd^ 
fel^t anllagten, toegen il&te« SBBud^et«, il^tet Stfiubeteien, bie Untet« 
btüdfung bet Sttmen, obet übet ba« fonji begangene Untedjt. 
SBenn nun ©old^en bon bem l^etbeigetufenen ^tieftet guetfl, toie 
gefdjel&en mttffe , bet Statin gegeben toetbe , ba§ fte «Be« 
Detlaufen unb Slnbetn, toai fte il^nen enttiffen l^&tten, iDiebet» 
etftatten fofften, fo gäben fie gleid^ butdj il&te Slnttoott ju 
etfennen, tt)ie eitel tl^te Su^e fei. SSBobon, jagten fie, foB benn 
mein ^au^ leben? \oa^ lönnte id^ meinen ©dienen, meinet t^tau 
3U il^tem Untetl^alt l&intetlaffen? St I^Slt il^nen entgegen ba8 
SBott be« $ettn Sul. 12, 20: ©u 5Ratt, biefe SRad^t toitb man 
beine ©ee(e Don bit fotbetn ; unb h)eg toitb ti fein, iai bu be- 
reitet l^aft? D bu Slenbeftet untet aDen Slenben unb %fjM^^tt 
untet allen 2:i^oten, bu ben!ft nid^t an baiS, toaS bu bit felbffc 
Betoal^tft, fonbetn nut an bie ©c^fi^, bie bu fflt 9[nbere au^ 
fammelji! SUlit toeld^et SBettoegenl^eit beleibigft bu ®ott, Dot 
beffen futd^tbaten SUd^tetftul^l bu toitft gebogen ioetben, um nur 



anb Ärnolb Don ©re«ct«. 17^ 

bie S)einen gu ^reunben ju l^aBen, bie bu beteid^crft mit bcm^ 
toad bu ben 3(ttnen geraubt l^aft! 2Bet foUte über bid^ nid^t 
la^en, toenn er fielet, bafe bu glaubft, Slnbere toürben bid^ tnel^r 
lieb l^abe«, afö bu bid^ fclbft l^aft? S)u üertrauft auf bie 
SKmojen ber ©einen , toeld^e bu , toie bu fte gu Slad^folgern }u 
l^aben meinft, aud^ ju ®rben beiner ©ünbe mad^ft, benen bu 
frembeg, burd^ SRaub entriffeneö ®ut jurüdKäffeft. ffia« ^aft bu 
ülfo für eine fd^Ied^te Siebe )u ben 33einen, unb bift graufam 
^egen bid^ unb gegen (Sott gugleid^? tt)a8 eri»arteft bu t)Ott 
btm geredeten Slid^ter^ bor be^en äUd^terftul^f bu eilft, bu magft 
tVDÜen ober nid^t, ber nid^t aQein bom Staub, fonbern aud^ bon 
jlebem unnü|en SBort 9led^enfd&aft berlangt? 2)ann toenbet er 
fid^ ju ben $rieftern, unb fagt: „Unb toeil gelDöJ^nlid^ bie $abs 
fud^t beg ^riefter« nid^t geringer ift, al8 bie ber ®emeinbe, fo 
iwrfül^rt biele ber ©terbenben bie ®elbgier berfelben, inbem fie 
€ine eitle ©id^erl^eit il^ncn berl^ci^en, toenn fte, toaS fie l^aben, 
«IS D))fer barbringen unb SReffen faufen, bie fie nid^t umfonfi 
«erl^alten toürben." (Sr fül^rt fobann an, loeld^en §anbel nadj 
<iner beftimmten %aTct fte mit ber S^l^l ber SUleffen trieben. Sie 
rietl^en ben ^terbenben nid^t, bag ©eraubte toieberguerftatteh, 
fonbern e« ate Dj)fer für bie Äird^e bargubringen ^). 

3n aüem biefem, toa^ Slbälarb l^ier gegen bie üJti^Braud^e 
feiner geit fagt, erlennen toir ben mit bem lird^Iid^en Sel^rbegriff 
burd^auiS übermftimmenben 3Rann. 2)a in biefer 3^it ein ©treit 
batüber ftattfanb, ob nid^t bie boKIommene, au« ber Siebe l^er^ 
t)orgel^enbe S5u^e unb bad innere ©ünbenbelenntni^ bor ®ott jur 
SSergebung ber ©ünben l^inlänglid^ fei, bie {td^ bagu bie lird^Ud^e 
Seid^te unb bie ^rd^enBu^e berl^alte, fo erfl&rte ftd^ 9(bälarb für 
bie 5Rotl^toenbigfeit ber festeren gegen SHejenigen, toeld^e ba« 
©ünbenbe!enntni^ Dor ®ott allein geltenb mad^ten. Slu^aUenb 
ift fogar bie 3lrt, tote er bie ®eltenbmad^ung be$ ©ünbenbefennt^ 
nifjeö bor ®ott mi^berftri^t: „d^ giebt ©old^e, — fagt er — 
toeld^e meinen, bag man nur ®ott bie ©ünben befennen muffe, 
aber id^ fel^e nid^, loa« ein »elenntnife bor bem aHtoiffenben 
©Ott bebeutet, ober toeld^e Vergebung bie S««fl^ f^^^ ««* erlangen 
lönne?" Unb bann ftimmt er in bie getoöl^nlid^e Seigre bon ber 
Äird^enbufee ein *). S)od& bie ^eftigleit, mit ber er bie aRi^rSud^e 
beiS älbla^toefend Ul&mpft, rei^t tl^n )u fold^en Sel^etU^tungen 
fort, tooburd^ ber aßertl^ ber t)riefterH(|en SCbfoIution l^ätte be» 
eintrfid^tigt unb bie gan)e ürd^lid^e iBu^ra^i^ erfd^üttert toerben. 



1) Scito te ipflum pag. 664 — 67. 

2) L. c. pag. 674. 



180 «ern^sb« Jtam^f mit $cter XSSIarb 

,,C« gieBt einiflc SßxU^tt, — faßt et — todd&e il^re UntetflcBcncn 
nid^t tDol^I aus gntl^um, aU aud @isennu| bettügen, bag fte um 
be« bargebrad&ten ®elbe« toitten bie jut ©enufliJ^uung borgefd^ic* 
Jenen Äir^enfttaf en milbetn ober etlaffen ; inbem fie nid^t fotool^l 
barauf ad^ten^ toa« ber SBttte be« ^ettn x% oI« toiebiel ha^ 
®elb Beträßt. Unb toir toiffen, boft nid^t Blo^ bie ^riefker, fon* 
betn aud^ bie ben ^tieftem aSorßefe^ten felBp,^ bie »ifd^öfe, auf 
eine fo unbetfd^ämte SBeife bon biefer ®elbßier entbrannt ftnb^ 
ba|, toenn fte Bei ben Aird^toeil^en ^ ober Bei ber Sinloeil^ung 
ber ältäre^ ober Bei ber Sinfeßnunß ber a:obe«äder, ober Bei 
itßenb einer anbern feierlid^en ©elegenl^eit S^fontmenlünfte be» 
93olI« l^alten, bon toeld&en pe reid^e ®efdjenle etloarten, pe ber* 
fd^toenberifd^ finb in ßrlaffung ber »u^e; inbem fte Balb ben 
britten, Balb ben bierten %^c\l ber Su^e Allen insgemein erla^ 
fen, nämlid^ unter einem €d&ein ber SieBe, aBer in äBal^rl^eit 
aud ber ßröfeten ©elbßier. @te rül^men fid^ baBei ber ®en)alt^ 
bie fie bon $etrud ober ben ält)ofleIn em^^fangen l^aBen tooDen 
(3ol^. 20; aRattl^. 18); unb fte rül^men ftd^ bann Befonberd ju 
tl^un, to>ad il^nen }uIommt, toenn fie il^ren UnterßeBenen fold^e 
®fite erkoetfen. Unb möchten fte bteiS loemgjtend um il^rer felB^, 
nid^t um bed ®elbed loiHen tl^un, bamit ed toirfltd^ ald ®&U, 
nid^t aU ®ißennu| erfd^iene/' Unb er meint, toenn fie baburd^ 
ioirllid^ il^re SieBe ertoeifen lönnten; fo toflrbe ed toeit mel^r ge« 
fd^el^en^ loenn fie bie l^alBe ober gan)e Jtird^enBu^ erße|en, tote 
fte borgeBen, ba^ il^nen ©old^eiS freiftel^e, old toenn ber ^tmtnel 
in il^rer $anb liege nad^ ben angefül^rten S^ugniffen üBer b^ 
SSergeBen unb 99el^a(ten ber @ünben. Sie feien im ®egentl^eit 
einer großen SieBloftgleit anjullagen, toenn fie nid^t ^De Untere 
geBene bon aKen il^ren @ünben freif))rAd^en^ bajs fte leinen ber« 
felBen berbammt ioerben liefen; faKd ed nämlid^ fo fei^r inil^rer 
®etoaIt ftel^e, toeld^e @änben fte looKten, pi bergeBen ober iu 
Bel^aften, ben ^immel^ toem fte looDten, pi öffnen ober }u ber» 
fd^tie^en. ®te ioären aUerbingd fel^r glüälid^ ju ))reifen, toemi 
Jle pd^ felBft biefen, loie pe toottten, öffnen lönttten. ©o — feft 
er l^ingu — möge jeber 9(nbere, nur nid^t id^^ nad^ einer fold^ett 
Hunp trad^ten^ burd^ bie er bielmel^r älnbem aU pd^ felBp nü^n 
lönne, ald oB er ed in feiner ®eioaIt l^aBe, bielmel^r frembe Seekii, 
Ute feine eigene )u retten; ba jeber Sefonnene boiS ®egentl^eil 
beulen müPe. (Sr htl&mp^ nun üBerl^au^t bie angenommene un« 
l^ebingte UeBertragung jener geipiid^en @ekoa(t bon ben 9())opeIti 
auf bie Sifd^öfe ate il&re Slad^f olger. (Sr meint: loie fönnte, ba 
ti fo biele SSifd^öfe ol^ne ^ömmigleit unb äSeidl^eit geBe, biefen 
eine fold^e ®en)aU loie ben 9l))opeIn gulommen; lote foSte bied 



unb SCmoIb tjon SBtc«cw. 181 

©Ott t>on ber ffiittfür unb Seibenfd^aft btefer 5lRenfd5«n abl^&ngen 
kffen? Uitb er gel^t nun fo toett, ju be^aujjten, ba^ biefe (Sk- 
»alt nur ben aj)dfteln ^etfönltd^, ntd^t Slnbem aU ifjxzn Slod^ 
folgern übertragen fei. Unb fo toenbet er anä) «uf bte Sljjojiet 
l^rfönlid^ aUein freiKd^ mattet äBorte bed ^errn an, bte ftd^ auf 
alle ßj^riflen üUtl^aupi begießen, tote loo er gu tl^nen fagt : gl^r 
fcib baS ©alj bcr ©rbe, baö Sid^t ber SBelt. SJenn ber C)err 
^aU nid^t jene ^eUtglcit ober aSei^l^ett, bte er ben äj)ofteln öer^^ 
Kellen, aud^ tl^ren Stad^folgern gegeben. SRand^e fromme SRännet 
biefer 3^1^ fttmmten in fold^e klagen über bie äRi^bräud^e bed 
ä(b(a^toefend ein^ unb ÜRand^e tonnten aud^ burd^ ü^ren froihmen 
6tfer fortgeriffen toerben, mel^r gu fagen, afe fte toottten, ober 
aU tlav beiou^ie Uebergeugung bei il^nen getoorben loar. 3Btr 
ertoäl^nen l^ier ben frommen 9lbt @te^l^anud bon Dbaige, ber, atö 
tl^m fein Sifd^of mel^rere 3RaU einen ablag für einen Äird^enbau^ 
anioi, fo toid^tig ii^m aud^ berfelbe ioar, bod^ zin fold^eS 3Rittel 
für beffen Seförberung nic^t annel^men tooEte, inbem er fagt: 
,,SBir tooffen leine fold^e ©etool^nl^ett einfüi^en, bem Solfe fein 
S(ergerni| )u geben unb @d^ma^ über un§ ^erbeijugiel^en, fold^en 
älblag anzubieten, ben ®ott allein gu ertl^eilen k)ermag'' ^). 2)od^ 
l^itte er fid^ einmal gegen feinen äBillen betoegen laffen, einen 
Slblagbrief für eine ftird^e bon einem Sifd^of fid^ gu erbitten* 
91ld nun ber SBifd^of il^n fragen lieg, in toeld^em Umfange ber 
älblag 2)enen, bie fxäf in bie S9rüberfd^aft für ben Jlird^enbau 
aufnel^en liegen, beioiKigt toerben foÜe, antn)ortete er: „Uni» 
brüdEen nod^ unfre eignen @ünben, unb ioir lönnen frembe nid^t 
leidster nuu|ett'' ^). @egen bie groge 3<^^( ber fd^led^ten ®eift:=^ 
lid^en rebet iDb&larb mit l^eftigem Untoillen, inbem er fagt: „9Ba^ 
toerben am 2^ge beS ©eri^td mand^e neuere ^riefter fagen, toeld^e 
bie 4)riefterltd^e Drbination empfangen b<xben, aber auf eine ber- 
felben unioürbige äBeife gu leben ftd^ nid^t fd^ämen? (Sinige ber« 

•f^en fi^en mit bem untoiffenben, berberbten SSolf in ®g> unb 
Xrinigelagen, fie fd^ls^a^en mit tl^nen, unb tl^un 3>inge, bie aud» 
guf))red^en man ftd^ fd^ämt. ©ie Ileiben ftd^ in grogem @taat t)on 
ber SEBoUe ber beerbe be$ $errn, fie näl^ren fid^ Don beren äRild^, 

«tmb bie @d^afe fterben an^ ^nger unb 3Rangel bed g5ttlid|en 
äBortö. ®i gelten bie f$efte t)orüber, ed gel^t ein gangeiB gai^r 



1) No8 talem consuetudinem introducere nolumus, ut populi» 
•canditlom et nobis i^Domtniam adquiramus indulgentias lar^iendo, 
qaas dar« aon potent nisi solua Deus. Baluzii miflcelL hb. IV 
Paris ^1683 pag. 131. 

2) No8 nostra adhuc premunt peccata, nee possumus levare 
aliena« L. c. 



182 8etn$arb« Stamp\ mit 9etcr Kb&Iotb 

l)OTüBet, unb ed lotnmt aui x^xtm ^unbe aud^ nxäfi ein SBott 
l^eYbor, tDoburd^ bie il^nen a\ibertraute ©entetnbe gebilbet^ k)om 
»Öfen gefeeffett, gum ®uten gunldfgetufen unb in bemfclben Be= 
ft&tit Serben lönnte. S)od^ meinen fte tfiglid^ ®ott gu bienen: 
fie fingen gum SoBe ®otteiS, ober Dielmel^v, fte f))otten feinet, unb 
ben Sui^örem unb S^ifc^auetn geben fte burd^ ben Xm ü^ter 
Stimme, buvd^ bie @eberbe il^red SeiBeS ein äletgetni^ unb tta^ 
gen nidjt« ju il^ret ©rBauung Bei/' 6r Bejeid^et fold&e 5ßtiefkt, 
toeld^e bie 9BeIt mit il^ren Smuleten burd^laufen, tDeld^e baS un^^ 
toiffenbe unb mit Sünben Belaftete SBoR burd^ il^ve Ifigenl^aftm 
aOSorte feiig pxt^v^, toeld^e gfrieben rufen, too lein griebe ift. 6r 
fovbert bie £aien auf, ftd^ bon fold^en $neftem l^inn>eg)uta>enben 
gu ben frommen unb mit bem göttli^en äBort tooi^^IBelannten 
^rieftem ^). 

2Bir l^aBen fd^on oBen Bemerlt, toie 3(B&larb bie Sendete Don 
ben SBunbetn in feiner Seit mit 3Ri|trauen Betrad^tete. S>od^ ging 
bied Bei il^m nid^t an^ einem fold^en ®egenfa|e gegen bie SSun^: 
betfud^t unb bie unlritifd^e 9D3unbergIäuBigIeit feiner d^t l^erDor, 
it)eld^er il^n }u bem entgegengefe^ten SlBtoege einer rationaliftifd^n 
SEQunberfd^eu geffil^rt l^dtte. @« erl^eKt fd^on aud bem, toad toir 
frül^er üBer SlB&Iarb^ Slid^tung Bemerlt l^aBen, ba^ biefelBe, toenn? 
gleid^ an einfeitigen @u))ernaturalidmud ober SKi^tionaUi^mui^ an« 
ftreifenb, bod^ im ©angen bal^in gielte, bai^ UeBernntilrlid^e im 
@inflang mit bem 9latür(id^en aufgufaffen. 5Diefe 9Ud^tung l>er:= 
langte nun ja aud^ nid^t eine Verleugnung beS äBunberBegrtp, 
fonbem eine biefem (SinKang entf))red^enbe Stuffaffung beffelBen. 
aSBirllid^ finben loir Bei äBÄlarb ba« ©treBe« nad^ einer fold&en 
äuffaffung, 3been, bie ber Stnfd&auung^toeife be^ Slugufkinu« Der» 
toanbt finb. 3(uguftinud @ntn>idelung«n fd^einen aud^ auf il^n, 
toie auf bie f))&teren loiffenfd^aftlid^en 2;i^eoIogen bed breigel^en 
Sal^rl^unbert^, in ber ©eftaltung beS äBunberBegriff^ BefonberS 
ein^etoirlt gu l^aBen. S)en ä(nfd^ne|ung§)9unlt für eine fold^# 
Sluffaffung beö SQäunberBegriffS gieBt bem äPbfilarb loie feine fd^bn 
entn)id(eUe Seigre Don ber g5tt(id^en Sdlmad^t afö einer SlSeS un- 
mittelbar toirlenben, fo bie Unterfd^eibung gtoifd^en einer tbealen 
gdttlid^en SBeltorbnung unb berjenigen, bi^ ^td^ in ber ^rfd^ei« 
nungdtoelt barfteQt. ^Qe^, toa$ ftd^ fuccef jiD in ber Srfd^einung^ 
ioelt enttoidCelt, mng nad^ SlBälarbd Suffaffung in bem d^fammen« 
l^ange ber eioigen gbttlid^en 3been Begrfinbet fein. SBaiS in Dem 
3ufammenl^ang ber göttlid^en ^tm ettoa^ SSoUenbeted ift, ein 
aUed in ftd^ fd^Iie^enbed (Sänge, enttoidtelt ftd^ tl^iltoeife unb 



1) Cfr. de orat. dorn. 



unb 9mo(b t>on 8re0cta. 183 

fucccfftb in bet ©rfdjcinunßgtofft. SQäie erfaßt: ,,®« ift Wefdfce 
aBirbrng ®s>tie§, h)eld^e juetft in ber göttlid^en SBernunft i>evbot* 
gen toor, unb toeld^c bann burd^ bie SQäirfungen in feinen SSSer^ 
{en arCi Sid^t j^erbotbrad^) baiS l^ei^t: t&k ed ®ott juetfi in fei« 
ner SBetnunft enttoorfen ^at, fo l^at er e« nad^l^er in feinen SQ3er= 
len bottbrad^t 0". 3n ber göttlid^en SBei«]^eit ober bem SBort 
@otte$ ift ^HeiS angelegt, toa9 aHmälig gur @rfd^einung lommt. 
S)arin ftnb bie ®efe|e fär bie Snttoiälung bei^ gangen SßeltlaufiS 
gegränbet. 3n biefer SejieJ^ung giebt ed nid^ts Pö^Kd^ei^; l^ier 
lann nid^tS eine StuiSnal^me mad^en^ ein mel^r ober toeniger barin 
Segrünbetfein nid^t unterfd^ieben toerben. Unb fa^t man bie 
Statur in biefem ibeolen Sinne- auf, fo giebt eiJ nid^t« Ue6er=^ 
natürlid^ei^, fonbem au9 bemfelben ®inen 3ufammenl^ange gel^t 
SCKeg auf gleid^e -fBeife l^erbor, loa« in ber ©rfd^einungSloelt aff= 
ttifilig p^ bertoirlRd^t»), aber et\üa^ «nbre« ift e« ntit ben ®e- 
fe|en be« geto&l^nKd^n SRaturiaufe«, ber nur einen S^l^eil biefeg 
Oanjen bilbet. ®^ lann SlWand^eö in jenem l^öl^eren ibealen S^ 
fammenl^ange begrünbet fein, ioa$ bo^ a\x^ ben ©efe^en biefeS 
S^aturgufammenl^ange^ in ber @rfd^einung^t0elt bal^er fit^ nid^t 
erflfiren Ul^, \oa^ nid^ l^erborgel^t aud ben urf))ränglid^ bon @ott 
in ber 6d^öj)fung gegrünbeten ÄrSften unb Äaufalitäten, fonbem 
mw JtrSfte, tDeld^e @ott in bie @rfd^einungdt0eft einfiU^rt, bor« 
ttu^f^li S)a« ift e«, toa« toir Sffiunber nennen. S^ner ibeale 
Sufammen^ang umfaßt beibe SRei^en, ba« SDSunber unb ba« 5latfir= 
Rd^e gugleid^. ©r fagt: ,,aBenn bie 5ßl^aofot)l^en ba«, toa« burdj 
SQSunber gefd^ie^it, etioad Unmöglid^ed nennen, ober fagen, ba| 
bieiJ gegen bie Statur gefd^el^e, fo feigen fie getoi^ auf ben ge« 
toöl^nlid^en Slaturlauf l^in, ober auf bie urftjrünglid^en Urfad^en 
ber 2>inge, nid^t auf bie^^rrlid^Ieitber gdttlid^en StUmad^t, ioeId|e 
termdge i^rei^ eigentJ^tlmlid^en 9Befen§ aOeiS Sefd^Ioffene ju boll« 
fiU^ren bermag, unb anber^, ald eS in bem geio5l^nIid^n Statur^ 
lauf begrflnbet, ba3 SBefen ber 3)inge au beränbem *)''. ®r ber« 



1) Expositio in hexameron in Martene et Durand thesaur. nov. 
anecdotoram tom» V. p. 1372: Eadem est operatio, quae in mente 
Dei prius latebat, et quae postmodam per «fiectum operum ad 
lucezn erupit ; quod est dicere : sicut prius mente concepit, ita post- 
modum opere consummavit. 

2) Cuncta Deum condidisse in verbo, hoc est in sapientia sna 
ostenditar, id est, nihil subito vel temere, sed omnia rationabiliter 
ac provide. L, c. pag. 1369. 

sy Introdttct. in theologiam opp. pag. 1133: Qui etiam cum ea 
quae per miracula fiunt, impossibiha dtcunt, vel contra naturaia tieri 
profitentur, profecto ad usitatum naturae cursum, vel ad primor«- 
diales rerum causas respiciunt, non ad excellentiam divinae po- 
tentiae, quam videlicet constat ex propria natura quidquid decrevit 



Ig4 Qnn^atb« Jtam)>f mit ftitt SSSIaib 

gleid^t bie Sunber mit ben urf]))iün9K(l^en SBitlungen bev @d^5r 
)>fetfoaft ®otted. ®t bejeid^net ate SSunber ,,bad, tooju bie ut^ 
ffjtünglid^en jtaufalit&ten in ber 9latuT nic^t l^inreid^en tüürben^ 
toenn nid^t Sott )u bent ®eto6l^nlid^en eine neue fitaft l^ingu« 
fftflte»)''. ©0 faßt tt, ba| Oott bie «egeln ber ^l^«ofo»)]^en 
btttd^ feine SDSetle l^ufis ju nid^te mad^e^ loenn er mand^ed !Reue 
gegen bie 9latur ober mand^ed über bie 3l(dux ^inau^ge^enbe 
toirle, bad l^ei^t, ^inaulgel^en^ über ia9, toai bie urf^^rünglic^ 
Begabung ber @d^0))fung termag ^). 

fBon biefem ®eftd^tö))un!te avS ffaiU ab&Iarb alfo leinen 
9runb, 38unber an fid^ )u leugnen. @^ toar il^m für feinen 
6ianbi))unlt nur bie ätufga^e gefteKt, fie im 3ufammenl^ange mit 
bem Snttoid(ungdt»ro}effe ber SSeli im ®an}en afö Serioirfiid^ung 
ber göttlid^en 3been aufjufaffen. ®d l^ätte ftd^ il^m nur nad^ 
jener eben bejeid^neten ä(uffaffung ber ©eftd^tiS^ttnlt barbieten 
I9nmn, ba§ bie Sßunber bie ^terlmale einer mutn l^rl^ortreten^ 
ben @d6öt)fung in ber 9Renfd^engefd^id^te feten^ unb eS bd^er ffir 
biefe S^^ I^iner fold^en bebürfe, loie für bie erften Seiten bei^ 
G^riftentl^um^, tpenn er bie berfd^iebenen (SnttoidKungdftabien be^ 
Ciiriftentl^umd unb ber Aird^e )u unterfd^etben geneigt unb gc^ 
eignet getoefen to>&re. älbet eine fold^e l^ftorifd^e Setrad^tung Mvib^ 
Xnfd^auung lag bem älbäkrb fem, unb er lonnte alfo leinen 
@runb einfel^en, toarum nid^t aud^ )u feiner Seit ffiunber ge» 
fd^elen fönnten un'b foKten, nmrum nid^t bie in ben äSunbem fid^ 
l^to)%enbe ®(auben${raft burd^ fold^e SRerlmale aud^ in biefer 
Seit fid^ &u^m foSte. 9Q3ie er geneigt it>ar, baS äSerberben ber 
Aird^e feiner Seit an)u(|[agen, unb ii^ren ®egenfa| mit bem i^m 
i^orfd^loebenben ^beal nad^jutoeifen, fo red^nete er ju biefem ©egeni* 
fa^, h>enn er feine Seit mit ber a))opoIifd^en berglid^, gern oud^ 
ben ÜJlangel ber SSunber. @r fal^ aud^ barin einen SSeioeid bo«' 
bon, ba| ti an ber redeten ®laubend!raft in feiner Seit fel^le, 
ein ÜRerlmol ber SertoeUßd^ung beS religiafen ®eifted. SSie toir 
fd^on oben barouf l^ingetuiefen l^aben, beftritt er, um feine Seit 
«ntllagen au lönnen, bie ®rünbe, ioeld^e bon SRand^en bafür an* 
gefül^rt tourben^ ba| bie ^ömmigfeit nid^t, toie in jener erften 



po88e, et praeter solitum ipsas rerum naturas quocumqae medo vo* 
Inerit pennutare. 

1) L. c: Qaod prinordtalium caasaraiQ institutio ad faoo mi- 
nime sufBcere posset, nisi Deua praeter solitum propria völuntat^ 
vim auandum rebaa impartiret, ut hoc inde fieri poaset. 

2> L. c. p. 1074: Deas regnlas et ezempla philoaophoram in 
fiictis suis freqoenter cassat, cum videlicet aliqua nova contra na- 
taram^ facit, tive supra naturam, koc est super hoc, qaod prima in* 
«trnctio rerum potest. \ 



unb SCtnoIb l>ott Sredcia. Ig5 

5cit, bon SBunbem bealeitet ju fein braud^e. SBenn ^efagt tourbe^ 
iai eiS bet SBunber nur im ©rünbung be$ ©laubend befonbet« 
ifbnrft l^ätte, fo anttoortct et: S)a bod^ ber ©laube (rf^ne aSorte 
ein tobtet fei, unb toet ben SSBiffen beö §ettn fenne unb nid&t 
tl^ue, befto mcl^t f d^ulbig fei, fo fd^ienen ' bie 2Bunbet in biefet 
3eit befortbet« notJ^toenbig, ni^t minbet um bie aSetle, atö nta 
ben ©lauben l^etboijutufen. SBit fel^n l^iet, tote ätbälatb nur 
©tünbe fudj^t füt feine Sel^au))tun0 unb ^ut SBibetlegung feiner 
SBiberfad^er. 6« liefe fid^ bod^ leidet einfel^en, bafe SBunber, bie 
juerft ba}ü bienen foEten, bie älufmer!fam!eit einer götttid^en 
^l^atfad^e jujutoenben unb }um @Iauben anzuregen, am toenigjlen 
\>üi\x geeignet feien, ben tobten ©lauben in einen leBenbigen um» 
jufd^affen; ba ja grabe bem SBunber am leid^teften aud^ ber tobte 
(Siaube fid^ anfd^Iiefeen lann. ©obann — fäl^tt er fort — fel^le 
\i aud^ nod^ nid^t an ungläubigen ^uben unb Reiben unb ^äre^ 
tilern, ju beren SSefel^rung je^t toie el^emafö SBunber notl^toenbig 
ju fein fd^ienen. „Slber, — fagt er — toeil e« ©old^e nid^t giebt, 
toeld^e biefe fenabe berbient l^aben, unb toeil fie 3«ber »erlangt 
Tiid^t fotool^I guttj $eil Slnbrer, ate um fid^ felbft geltenb ju 
mad^en, unb toeil jener @Iaube, Don bem ber $eilanb fagt, bafe 
toenn nur ein ©enflom babon ba fei, er Serge berfe^cn fönne^ 
nid^t mcl^r borl^anben ift, fo l^ören bie SQSunber je|t ganj auf ^y\ 

5Durd^ fold^e auflagen gegen feine 3cit unb eine fold^e biel- 
feitige aBirtfamleit afö Seigrer unb ©d^iftftetter, 5ßl^ilofo})l^, 2:i^eo= 
log unb ©ittenrid^ter ber berberbten Äird^e tm^U ätbälarb grofeeS 
äuffel^n mad^en. SBon 5Reuem berbreitete fid^ fein 3tuf über bie 
3Jleere unb über bie Slljjen burd^ feine ©d^riften unb burd^ ben 
3Runb feiner entl^ufiaftifd^en ©c^üIer unb gteunbe. 

Unterbeffen toar Säeml^arb bon feinen Ääm^fen für bie ©ad|e 
ieSlßa|)fte^ 3"«<><^«^J ^^^ granlreid^ gurüdfgcfe^rt, unb nun jogen 
biefe bon äbälarb angeregten Setoegungen feine ganje Stufmerf« 
famfeit auf fid^. SSJir toiffen nid^t^ ob er felbft juerft bon freien 
©tüdfen gegen äbälarb auftrat, unb ob ettoa ein il^m geifte^ber« 
toanbter, befreunbeter SKann, SBill^elm, frül^er Slbt bon a:i^ierri *), 
bamafe aRönd^ in ber ßiftercienferabtei ju ©igntj bon il^m felbft 
angeregt toorben, gegen äbäfarb ju fd^reiben; ober ob, toie toir 
fd^Iiefeen muffen, toenn bie ä&orte be^ £e$teren nid^t aU ri^etorifd^e 
SSenbung, fonbern einfad^ unb aufrid^tig, toie fie lauten, gu ber» 
ftel^en finb, berfelbe juerft.Sernl^arb^ lufmerlfamleit bal^in lenfte 



1) Sermo de Joanne bapt. opp. pag. 967. 
2} ^ivUlU, ber avtä^ eine Sel&endgefd^td^te i^ern^arbd berfagt. Vit. 
lib. I. auct. Guillielmo. 



188 ^ern^ATb« Jtam^f mit ^eter ^hMatb 

l^arb etltövt )u ^aUn, unb bi^fer erfüllt tüol^I fold^e äCeujsetun^ 
flen ^). »Betbitiö« f^tt S3ernl&arb aud^ an «balarb fettft ^^ 0e:= 
toanbt, il^n in einer ^ribatuntetrebung auf feine ^^ftttl^ümer auf- 
merffam gemad^t unb bie ®efal^r betfelben il^m gefd^ilbevt l^aben. 
@r' foH nad^l^er, bem äSud^taben ber SBotfd^ft (ä^rifti folgenb, 
jtoei 3^U8^^ mitgenommen l^aben, um il^n in ©egenioart betfel^ 
Ben §ut Siebe ju fejfen, el^e er öffentlich gegen il^n berful^r. aber 
er ftanb in feiner ®eiftedrid^tung bem Slbälatb ju fem, um auf 
t^n eintoirlen^ fid^ mit il^m l>erftänbigen gu lönnen. S)ad 3RxU 
nel^men glDeier geugen toar l^ier nur eine leere gorm, beren S5e* 
obad^tung, bem Sud^ftaben ber IBäorte ßl^rifti entf})red^enb, bem, 
toa« ber (Seift berfelBen berfangte, unb ber bon Sljirifku^ au^ 
gel^enbe ®eift, am toenigften genügen fonnte. Sielmel^r mu|te 
aOed bied ben Slbölarb, bem ed aQerbingS an ber 3)emutl^, loeld^e 
bie Skrft&nbigung bei borl^anbnen ®egenfä|en erleid^tert, nid^t 
toenig fel^Ue, nur nod^ mel^r erbittern ^). äßenn man mit einem 
IDlanne bon n>iffenfd^aftlici^ begrünbeter Ueberjeugung gleid^ fo 
-anfing, ba^ man il^n aufforberte, feine bi^i^erigen ©d^üler bor 
feinen eignen £el^ren ju n>amen, unb ba§ barauf Següglid^e in 
-feinen Sd^riften gu berid^tigen, fo toar ein fold^e« SSerfal^ren natür*» 
iid^ nidj^t geeignet, ben erttHinfi^ten ®inbrudf gu machen, fonbem 
mufete bei einem SKanne bon fold^em ©elbftgtfül^l toie äbälorb 
toielmel^r ba8 Oegenti^eil toirfen. SQSenn »eml^arb aud^ bie ©d&ii« 
ler abälarbs bor ben gefäl^rlid^en Seigren il^reö aReifter§ toarnte, 
unb fte aufforberte, feine Sudler bott ®ift toeggutoerfen % mu|te 
kiefer baburd^ immer mel^r gereigt toerben*). 3(bälarb befd&lo| 



1) Quae de me ad discipulos suos scripserit, dicere non caro. 
Ep. 1S9 opp. ed. Mabillon I, 183. 

2) 8crfll. ben «rief ber fratigörit^en «ifd^öfe an Snnoccnj IL üBer 
ba« Äoncil ju @en8 epist. 337 opp. Bemardi ed. Mabillon tom. I p. 
309: Verum dominus abbas Clarae-vallis . . . secreto priu8,.ac deinde 
secum duobus aut tribus adhibiti^ testibus juxta evangelicum prae* 
ceptum hominem convenit, et ut auditores eaos a talibus compesce- 
ret, librosque suos corrigeret, amicabiliter satis ac famiiiariter illum 
Admonuit. 

3) L. c. 

4) anit jenem ©criddt in bem ©riefe ber franjöfifd^en «ifd^ßfe fiimmt 
aii^ in ©ejiel^ung ouf bie $ri\jatuntcrrebungen 33ern$arb« mit abälarb ber 
5ebend6efd>reiber ©ern^orb«, ber 9K3nc^ ©ottfrieb überein, nur baß biefer 
^n ®unfteu be« gelteren ^tHe« einfcitig barfieüt, unb abSlatb -bur^ ©em- 
^orb« milbe, freunblidde SSorpefiungen }u bem ©erj^re^en betoogen toerben 
iä^t, feine Srrt^ümer ju öerbeffern. S)a8 ^efete ifl toic <)fi?*oIoöiW burij' 
üu« untt)aW*einli*/ fo bem t>or^in onöefü^rten ©en*t totberjlreitenb. Unb 
toenn Stbälarb ntoa^ ber «rt öerf^rocijen l)ättt, toürbe ©ern^arb getoig nx^t 
ermangelt l^aben, bie« oft gegen ibn geltenb gu madjien. Vita S. Bemardi 
lib. UI auct. Gaufrido cap. 5 §. 13 opp. tom. II, 1122: Qui nimirum 
jolita bonitate et benignitate desiderans errorem corrigi, ncfn ho«' 



unb Hrnofb toon SBre«cto. 189 

«US ber brol^enben, «nfid^ern 2aQe, in ber et fid^ Befänb, ^xä) f^tt- 
augjuretge«, unb bcm öffentliji^en Eingriff, ben et ju befütd^ten 
l^atte, guöotjufommen. 6t toanbte ftd^ an ben ©tjbifd^of bon 
©enS^ unb fotbette tl^n auf, auf einem fioncil feine Bait)^ in 
untetfud^en, il^n mit Setnl^atb jufammen bot bemfelben etfd^einen 
. gu laffen, ba^ bie ©V^obe l^öten möge, toag et ju feinet SSet* 
tl^etbigung gegen bie toibet il^n botgebtad^ten Sefd^ulbigungen ju 
anttootten l^abe. ®et ßtjbifd^of glaubte biefeS SSetlangen ni^t 
jutüdftoeifen ju fönnen, unb fotbette SSetnl^atb auf, bag et mit 
abälatb auf einem im S^l^te 1140 ju betfammeinben Äoncil et= 
fd^einen fottte. Setnl^atb fonnte baju tool^l nid^t geneigt fein, 
ba et fid^ bet Uebetlegenl^eit 2lbälatb§, toenn e§ jum 2)igt)utiten 
iam, lt)olJ>I l^eiou^t toat, nad^ feinet Uebetjcugung fold^e 2)inge 
aud^ nid^t jum ©egenftanbe. einet 3)igj)utation gemad^t toetben 
fottten, unb eg feinet neuen Xtntetfud^ung übet ©egenftänbe, toot« 
übet bie Äitd^nlel^te längft entfd^ieben l^atte, bebutfte. (St felbft 
fjjtid^t fid^ in bem Stief, n^eld^en et fj)ätet an ben 5ßat>ft gi^no* 
cenj n. fd^tieb, fo Satübet au§ ^) : „^d^ lel^nte bie ^etau^fotbetung 
üh, tl^eilS ioeil i ä) ein. finabe gegen il^n bin, unb et ein tüd^tiget 
fiäm^fet ift bon Sugenb auf; tl^eifö h>eil id^ e« füt unloütbig l^ielt, 
bie ©ad^e beS ©laubeng, ioeld^e auf einet fo fidlem unb feften 
SBal^tl^eit tu^t, menfd^Iid^en Sltgumenten jut SSettl^eibigung anju^» 
betttauen. 3!d& anttoottete, feine ©d^tiften teid^ten l^in, il^n aurr 
jullagen, i^nb eS fei jud^t . meine Qaä)^, fonbetn bie ©ad^e bet 
S5ifd&öfe, bie butd^ H)x^n Setuf baju geotbnet loäten, übet ©lau« 
fcen^Iel^ten gu urtl^eilen." SDa abet ^bälatb bei feinet ^otbetung 
fcel^attte, unb Setnl^atb fütd^ten mujste, ba§ feine fottgefe^tc 
SBeigetung al^ SKifettaun in feine &aä)^ fönnte aufgelegt toetben, 
ba et aud^ iool^I l^offen lonnte, butd^ fein Slnfel^n auf bem Äon- 
cilium gu fiegen, fo gab et nad^. 6ä mod^te bie ©ad^e i^m tool^I 
fd^neffet fommen, al^ et getoünfd^t l^atte, h>ie et bieg gu etlennen 
Qab 2). SDod^ toottte et aud^ nid^t bpn bet ©ntjd^eibung beg Äon*:. 
citö allein bie ©ad^e abi^ängen laffen. S)a et um bas $aj)fttl^um 



minem confandi, secreta illum admonitione convenit. Cum quo 
«tiam tarn modeste, tamque rationabiiiter egit, ut ille quoque com- 
punctus ad ipsius arbitrium correcturum se promitteret universa. 
Ceterum cum recessiss«t ab eo, Petrus idem, consiliis stimulatus 
iniquis, et ingenii sui viribus, plurimoque exercitio disputandi infe- 
jiciter fidens, resiliit a proposito saniori. 

1) Ep. 189. 

2) Ep. 187 ad episcopos Senonas opp. ed. Mab. I, 181: Nee 
miremini, quod ita de subito, et in arcto temporis vos invitamus : 
quoniam hoc quoque adversa pars in sua versutia et callidjtate pro- 
▼idit, ut improvidos invaderet, et congredi cogeret immunitos, 

SHeanber, bet ^eit. Betnl^fttb. 13 



igO Qctn^atb« jtam^f mit $etcr ^Waxh , 

fo gto|e SBerbtenfte l^atte, am T5mtf(i^en $of befonbe^ etioad )u 
gelten l^offen lonnte, ba e« nad^ feiner Slnjtd^t jum ©erufe be« 
$a^fted gel^örte, aOen ©efal^ten beiS ®(aubend überall }ubor}u^ 
fommen, auffeimenbe ©treittgfei^en, burd^ toeldje bie Stulpe ber 
©emütl^er geftört tocrben lonnte, jurüdjul^atten; fo trug er ben 
römifd^n Jlarbinalen biefe ätngelegenl^eit i;»or. Q^ ift freilid^ aud^ 
mögli^ ba| Sernl^arb bor ber 9ippt\laixt>n älbälorbd an iai 
Jloncil gu @end ftd^ nad^ 9lom getoanbt l^atte, unb bon ätnfang 
an burd^ ba« Slnfel^n be« 5Pat)|ie3 bie Snlel^ren }u unterbrüdtcn 
to)ünfd^te, fo ba^ xf)m in biefem t^alle um befto me|r jener Sd^ritt 
8b&Iarbd in bie Quere lommen mu^te. SDa biefer, toie au^ ben 
ipäUx angufül^renben äBorten ^ernl^arbd felbft erl^eHt, aud^ unter 
ben Äarbinäten ©d^üler unb fjreunbe l^atte, beburfte e« befto mel^r 
einer ©eßentoirlung t^on biefer Seite. Sernl^arb fd^rieb ben Äar^ 
binälen^): ,,Dl^ne 3*»^if«I if^ «^ befonberg eure ©od^e, toa* 
gum Slnftofe gereid^t, l^intoefljunel^men au§ bem SReid^e ®otte3^ 
bie auffd^iegenben 3)ornen auiSjurotten, bie itlagen 3U befd^toid^s 
tigen." Unb er fd^ilbert fo bie burd& Slbälarb l^erborgebrad^ten 
Setoegungen: „®ie menfd^Iid^e SSernunft eignet fid^ fo, inbem fte 
bem ©lauben nid^t§ borbel^ätt, ätEed gu ; fte berfud^t ftd^ an bem, 
toaä il^r gu l^od^ ift; fte toill ba« (Söttlidje erftürmen; fie ^rofa* 
nirt ba§ ^eilige i)ie(mel^r, afö ba^ fte e§ erfd^Iie^en lönnte; ben 
©d^Ieier über ba« Verborgne öffnet fte nid^t, fonbern fte gerrei^t 
il^n, unb fte f)alt ^U^^ für nid^tö, in toaö fie nid^t einbringen 
lann; fie berfd^mäl^t e^, gu glauben.'' @r forbert fie auf, äbä- 
larb'g 3^l^eologie, feine ©entenjen unb fein Sud^ Scito te ipsum 
gu lefen, unb bie SKenge feiner Srrlel^ren barau^ gu erlennen. 
@r fül^rt biefe namentltd^ an, toie in bem bom 9lbt Sßill^elm auf^^ 
gefegten 33ergeid^nift. @r fd^Iie^t mit ben ©orten : „SDäenn i§r 
glaubt, ba^ id^ mit SRed^t betoegt toorben bin, fo lafet eud^ audj 
baburd^ belocgen : unb bamit e§ nid^t umfonft eud^ ^betoege, fo 
l^anbelt gemäß ber Stellung, bie il^r einnel^mt, ber SQäftrbe, bie 
il^r W^aupM, ber ©etoalt, bie il^r emj)fangen J^abt/' Unb er 
forbert fte auf, gu betoirlen, bag SDer, ber öffentlid^ gefünbigt 
l^abe, aud^ öffentltd^ gured^tgetoiefen toerbe. @d' ift merltoürbig^ 
ioie Sernl^arb gule^t gu erlennen giebt, baß feine 9lngriffe nid^t 
bloß J)erfönlid^ gegen 3lbälarb gerid^tet feien, fonbern gegen eine 
gange ^artl[|ei, an beren ©})i$e berfelbe ftanb, unb bie bem Sern» 
l^arb aH eine bem 3"*«i^^ff^ be« ©lauben« gefäl^rlidje erfd^ien: 
„2RiJgen — fagt er — a^udj 3lnbere 3w^^üdtl^<*ltung lernen, ©old^e, 
toeld^e auf öffentlld^er Straße über bie göttlid^en S)inge bi^utis 

1) £p. 188 pag. 181. 



unb SmoKb t>on Sref^cia. 191 

ten, toeld^e @d^Ied^teiS in il^tem ^erjen reben unb in il^ren ©d^rif«: 
t«n nieberfd^ticben : fo möge 35enen, bie Ungered^tigleit teben, ber 
SKunb öcrftoj)ft toerben *)." 

Slu« biefem Sricfe Sej:nl^atbg feigen totr juerft, ba^ aud^ ein 
Sud^ unter bem 5Ramen ber ©entenjen afö ©d^ft SlBälarb« 
gegen il^n angefül^rt tourbe. 9lbälarb aber erllärt in feiner ftJfi* 
ter öerfafeten SSertl^eibigunggfd^rift, bafe'er fein fold^e« S5ud^ ge* 
fd^rieBen f}aU, fonbern Unn^iffenl^eit ober So^l^eit bieä erbid^tet 
l^aben müjfe ^). SKit Siedet fonnte 3l6älarb bie« fagen, unb bod^ 
tonnten aud^ feine ©egner mit einigem Siedet biefe ©entenjen be* 
nu|en, obgleich Slbälarb fein fold^e« 93ud^ l^erauSgegeben l^atte^ 
afö Urfunben für bie Äenntni^ öon feinen ißel^ren. SKit bem^ 
feI6en Siedet ober Unred^t lonnten fie bieg, h>ie loenn man aud^ 
in fj^ätern Seiten ad majorem Dei ober rationis gloriam fid^ be« 
red^tigt glaubte, $efte bon SBorlefUngen afö Urfunben jur 2ln= 
flage gegen bie Seigrer, bie fie gel^alten l^atten, ju benu^en, 06- 
gleid^ l^ier immer bie ^rage toar, in h>ie toeit ba« bbn ben Sel^* 
rem ©efagte rid^tig aufgefaßt unb niebergefd^rieben loorben. S^ne 
©entenjen loaren offenbar nid^ts anberS, ate ^efte öon SSorlefun=? 
gen 2lbätarbg über bie ©lauben^lel^re, \ok man feit Sfii^oJ^UJ^ 
Don ©eöitta fiel^rbüd^er ber 3)ogmatif mit SlüdEftd^t .auf bie jum 
©runbe gelegten Autoritäten ber Äird^enbäter libri sententiarum 
gu nennen Jjflegte. ©old^e $efte l^atten feine ©egner fid^ ju bcr= 
fd^affen geloujt »). ' 

S)a8 Äoncil ju ©en« h>ar fel^r jal^lreid^, 33er Äönig felbft, 
bie angefel^enften ^ifd^öfe unb Siebte n^ol^nten bemfelben bei. SDie 
ganje 5ßartl^ei, ioeld^e ba« Slnfel^n ber ^l^ilofojjl^ie ju bel^aujjten 
ti>ünfd^te, toar in gef))annter drtoartung ber @ntfd^ibung. äSiele 
aWagifter au^ atten 2:i^eilen granfreid^« unb bicle geleierte Äteri« 
ler toaren bal^in gefommen. Slber älbälarb l^ätte nid^t txtoaxUn 
füllen, ba^ e« il^m gelingen n)erbe, auf einer SSerfammlung ber 
franjöfifd^en ©eiftlid^feit, beren Drafel SSernl^arb toar, 



1) L. c. Gomprimant sese etiam aüi, disputantes in triyiis de 
diyinis. 

2) Abaelardi apologia opp. pa^. 333 : Nunc|aam über aliquis, 
qui Sententiarum dicatur, a me scriptus. Sed sicut caetera contra 
me capitnla, ita et hoc quoque per malitiam vel ignorantiam pro- 
latum est. ^ 

3) üine ^b[$rtft, tveld^e Sdter t>on SD^auretanien, bon ber berfelte^in 
feinem iEßerf contra quatuor Galliae labyrinthos rebet, tox f!d^ l^atte, 
enthielt au^ eine ^nrebe an feine S^V'^xtx, mit ber llbSIarb feine Sori» 
lefungen eröffnet f>atte: Omnes sltientes venite ad aquas et bibtte, 
amici inebriamini carissimi. ^@. Bulaei histor. univers. Paris IIT, 
200. (Sin \o\6^t9 $eft t^at ber $rof. 9i^eintt)alb herausgegeben: £pitome 
theologiae christianae Berlin 1835. . 

13* 



194 eem^arb« Stammt mit $eUt XSaiarb 

Unter ben Äatbinälen ju Slom l^atte er ja ©d^uler unb (Sönner, unb 
er n>u|lis aui), ba^ man bie a))))ellirenbe ^artl^ei in 9lom milber 
}u beurtl^eilen geneißt toar ; freilid^, toenn man nid^t burd^ anbre 
Sntereffen unb Stüdftd^ten anberd geftimmt tonxit. 3la^ bem 
alten Äird^enred^t, bad in f^anlreid^ immer nod^ feine Snl^finger 
l^atte, fottte allerbing« leine 2lj)))eaation öon felBftgetoäl^ItenSlid^tem 
^attpnben; aber ba« })äj)ftlid^e änfel^n toar feit ©regor vn. fo 
geftiegen, bag man nid^t baran benlen lonnte, einen fold^en 
©runbfa^ gegen Slom geltenb }u mad^en. Unb in ber %f)ai, 
to^nn e« auf einem Äoncil l^erging, toie auf biefem ju @en«, 
lonnte e« an unb für pd^ bem 2l]5j)enirenbcn nid^t l>erargt h>er= 
ben, ba^ er einem fold^en änfel^n fid^ nid^t untertverfen toollte, 
unb e« toar gut, baft nod^ eine anbre S^P^^J ^^^ offen ftanb, 
ioenn nur nid^t biefe^ l^öc^fte ©erid^t, ber 2!äufd^ung unterh)or= 
fen toie atteö SKeufd^lid^e, ntd^t benfelben (Sinpffen, toie bicieni* 
gen, toeldje bog Äoncil beftimmt l^atten, fo leidet unterliegen 
lonnte. . Sie« toar ^ier eben ber gall. SBSenngleic^ 2l6älarb auf 
einige Aarbin&Ie red^nen lonnte, fo toar bod^ toeit mäd^tiger bai^ 
S(nfel^n äSeml^arbd, bed 3Ranned, toeld^em ber regterenbe $af)ft 
ben Sieg über feine SBiberfad^er befonberg ju öerbanlen l^atte. 

®ie Sifd^öfe beg ÄonciK haUn ben ^ap% inbem jte il^m 
ba« aSorgcfaffene berid^teten ^), um bie Seftätigung il^re« Urtl^eilS. 
eg fei feinem gtoeifel untertoorfen, — fd^rieben fie il^m — baj 
baS burd& bie ot>oftolifd^e Slutorität Seftätigte immer gültig fei, 
unb bur(^ feine toittfürlid^e Deutung rüdfgängig gemad^t toerben 
fönne. 3)efel^alb erftatteten fie il^m bon il^ren. SBerJ^anblungen 
SBerid^t, unb ^äten il^n um 99eftStigung beffen, toa^ il^nen unb 
Dielen frommen unb toeifen SWänncrn auf öemunftgcmäftc SOäeife 
gefd^el^en ju fein fd^eine. SDann fd^ilbern jte il^n> bie burd^ Slbä* 
larb in g^ranfretd^ l^eröorgebrad^te SBetoegung, ' ba^ in ben ©täb* 
ten, Rieden unb ©d^ilöffern toon ben ©d^ülern, nid^t blojs in ben 
©d^ulen, fonbern aud^ auf ben ©trafen, unb nidjt bIo| öon ben 
(Selel^rten unb ö^r^iften SKännern, fonbern üon Änaben unb 
einfältigen über bie SDreieinigfeit bi«J)utirt toerbe. 3We gured^t* 
toeifungen feien bergeblid^i getoefen. 3luf bag Slnfe^^n il^reS Se^- 
rcr« unb feiner ©d^riften fid^ ftü^enb, feien fie öielmel^r in il^rem 
3)ünfel immer toeiter gegangen, ©ie erflären bann jule|t, na^- 
bem fte bem Sßaj)fte Don Sattem ©erid^t erftattet l^atUn: jtoar fei 
bie 3lj)J)eaation Slbälarb^ Don felbftgetoäl^Iten Slid^tern bem Äir= 
d^enred^t nid^t ganj gemäg^^, bod^ hätten fte au^ ßl^rerbietung 



1) Ep. 337 opp. Bern. tom. I, 308 seq. 

2) Minus canonica. 



uub Srnofb toon $re«cta. 195 

tjot bcm a^JoftoKfd^en ©tul^I batnad^ über feine ^Petfon lein Ux- 
IJ^eil fätten tooffen* ©ie baten aber nömentlid^ um bie Seftöti^ 
QunQ %f)xe^ SBerbammung^urtl^eil^ über älbälarbS @ä^e, unb Se^^ 
ftrafung Silier, n^eld^e biefelbcn l^artnätfig i>ertl^eibtöen toürben. 
ßnblid^ forberten |te ben ^ap^i auf, ba^ er bem äbölarb ©d^toefc 
gen gebieten, il^m Sefen unb ®d^reiben unterfagen unb feine 
©d^riften berbammen möge. Sernl^arb felbft fd^reibt in feigem 
fd^on für bie ©efd^id^te bon un§ benu^ten Srief ^) an ben 5ßaj)ft: 
n^^ Sl^örid^ter berfjjrad^ mir längft 9lul^e, ba bie SButl^ Seo'§ 
(jenes ®egenpaj)fteg Slnaflet, betrug SeoniS)^) gum ©d^toeigen 
Öebrad^t, unb ber Äirdje bjr ^rieben toiebergegeben toorben." 3^ne 
©türme feien berul^igt toorben, aber er felbft l^abe leine Stulpe ge« 
funben. ,,@« toirb — fd^reibt er — ben SBölIern ein neueS 
©öangelium gefd^miebet, eS toirb ein neuer ©laube borgetragen, 
<g n)irb ein anbrer (Srunb gelegt ate ber einmal gelegte. ®^ 
töirb bon a;ugenb unb Safter nid^^t auf ftttlid^e SBäeife, bon ben 
©alramenten ber Äird^e nid^t bem ©lauben gemag, bon tcm ®es 
|>eimni|5 ber 3)reieinigleit nid^t in (Sinfalt unb'jlüd^ternl^eit ge- 
l^anbelt, fonbern 9llle8 toirb auf eine berlel^rte, bon ber lieber^ 
lieferung abtoetd^enbe SBeife borgetragen ^)." Sernl^arb fteHt atö 
Äam})fgenoffen Slbälarb« ben airnolb bon SJreScia bar, bon bem 
unb beffen SBerJ^ältnijj ju Slbälarb toir fj)äter reben tt)erben, unb 
ioid^ttg mufe un8 l^ier baS S^wß^ift f^iw^ baS ber l^eftigfte ©egner 
kem .fittlid^en Säanbel Slbälarb^ giebt^ in bem, toaS er bon bei* 
ben mßi^xä) fagt: fte l^atten in il^rer Äoft unb SCrad^t ben ©d^ein 
€ine« gottfeligen SBefen«, aber bie Äraft beffelben berleugnetcn 
fte. aber freilid^ burfte alleg (SJute bei ben SSerIe|erten nur ^eu«* 
i^elei unb aJlittel ber 2:äufd^ung fein. SJefto SRel^rere täufd^ten 
fte, ba fte öl« ©atanSbiener afe @ngel beS Sid^itä fid^ berlleibe=^ 
ten. 33ernl^arb mad^t bem äbälarb gurn SSortourf, ba^ er, um 
bie Äird^enlel^rer l^erabiufe^en, bie $l^tlofoJ)l^en erl^oben ^abe; 
loa« ol^ne 3h>eifel auf baS bon Slbälarb über bie l^eibnifd^en 
Jßl^ilofoJ)l^en (Sefagte fid^ begiel^t. gerner fd^rieb Sernl^arb an 
eingelne il^m befonber« befreunbete angefel^ene Äarbinäle. 6r 
toäl^lte jum Ueberbringer biefe« SSriefe« einen feiner bertrauten 
aKönd&e, feinen ©elretär 3liIplauS, auf beffen münblid&e Serid^te 



1) Ep. 189 pag» 182. 

2) Leonina rabies. 

3) Növum cuditur populis et gentlbus evangeliam, novi^ pro- 
ponitur fides, fundamentum aliad ponitur praeter id quod positnm 
est. De virtutibus et vitiis non moraliter, de sacramentis ecdesiae 
non fideliter, de arcano sanctae trinitatis non simpliciter nee sobrie 
disputatur. 



196 8(rnlftatb« $tmp\ mit $eUr «teSIdtb 

er ftd^ bejog; ber tool^I aud^ baju beitragen foEte, bie SSetbam^ 
mutig äbälarb« l^erbeijufül^tett. S)ie ©d^ilberung Sernl^arbg öon 
Slbälatb in feinem ^Stiefe an ben Äatbtnal Süo ^) bient jur Se^ 
ftätigung beS ©efagten, jcugt babon, tüie ber Sinbrud, ben 3lbä= 
iarb inxä) fein ganjeS Seben mad^te, baju biente, feinen @inf[u§ 
ju beförbern. SSernl^arb bejetd^net il^n l^ier alö einen SKann, ber 
innerltd^ ein $erobcg fei, öon au|en fid^ toie ein ^^l^anneg bar- 
[teile ; toomit er ol^ne 3h)^ifcl ben ftrengen aju^jjrebiger Qo^anne« 
ben 2:äufer meint, ©r fagt i?on abälarb: „©§ giebt nid^t«,. 
toai er nid^t iennt, Sttte^, \oad im $immel unb toag auf Grben 
ift, nur fid^ felbft fennt er nid^t 2)." ®od^, fagt er, fei äbälarb 
ftc^er, toeil er fid^ rül^me, baj er Äatbinöle unb Älerifer ber römt« 
fd^en Äurie gu feinen ©d^ülern gel^abt l^abe, unb er mad^e 2)ies 
jenigen, bon benen er gerid^tet unb berbammt toerben foKtc, ju 
SBertl^eibigern feiner ^rrti^ümer. 3" bem Sriefe an ben ^njler 
ber römifd^en Äird^e, ben Äarbinal ^aimerid^^)^ auf ben einju- 
toirfen x\)m befonberö toid^tig fein mußte, ba alle bebeutenben Stn« 
legenl^eiten juerft burd^ feine t^änbe gingen, l^ob er öot SlBem 
in bem angriffe auf 3lbälarb ben 5ßun!t l^ertoor, ben toir afe 
einen §aut)t^unft be§ ©egenfa^eö jtoifd^en Slb&Iarb unb ber l^err- 
fd^enben tl^eologifd^en (Seifte^rid^tung 'feiner Seit fd^on bejeid^ 
nct l^aben; bie Slrt, toie Slbätarb ben S^^'f^'t aU S)urd^c 
ganggj)unlt be« ©tauben« l^^röorgel^oben, unb ben burd^ Steifet 
unb ?5orfd&ung ju ©tanbe lommenben &lauUn bem })rüfungg* 
lofen ©tauben borgejogen l^atte. Sernl^arb glaubte tral^rgunei^ 
men, bafe ft)a8 linbtid^er ©taube fei, üon bem Slbätarb für Seid^t«: 
gläubigfeit erllärt, ber SBertl^ be« ©tauben« in ber bemütl^igen 
Eingabe be« ©emütl^« an ba§ ©ötttid^e Don il^m öerlannt toerbc; 
§^m fd^eint l^ingegen SDer, toeld^er bem unmittelbaren ®inbru4 
be« ©ötttid&en ftd^ nid^t gteid^ bemütl^ig l^ingiebt, an ©tumjjfftnn 
unb XtnemJ)fängtid&Ieit ju leiben. 2)arin finbet er ben ©egenfo^ 
gegen jenen finbtid^en ©tauben. @r befd^ulbigt ben Stbälarb, 
baß er burd^ bie SSernunft erforfd^en tootte, toa« b\e fromme ©eele 
mit lebenbigem ©tauben ergreife. . ,,3)er ©taube ber frommen — • 
fagt er — glaubt, unb unterfud^t nid^t. Slber biefer3Rann, bem 
©Ott felbft ein öerböd^tiger 3^uge ift, ioitl nid^t« glauben, alg 
loa« er öorl^er mit ber SSernunft unterfud^t l^at. Unb n^äl^renb 
ber 5ßroJ)]^et fagt : 2Benn i^r nid^t glaubt, ioerbet il^r nid^t ber^ 



1) Ep. 193 pag. 185.' 

2) Nihil nesclt omnium quae in caeio et qaae in terra sant, 
praeter se ipsum. 

3) Ep. 338 pag. 310. 



ttttb Äritolb toon SBrc«cto. 197 

ftel^en ^), fo iaUlt er J^ingcgen ben öon ber freien i&tngabe beö 
SBilfenS' au^gel^enben ©tauben afö Seid^tfertigfeit, unb mifebraud^t 
baju jene SQSorte ©alomo'^ ^) : 2Ber balb glaubt, ber ift Ieid^t= 
fettig. SWöge er alfo bie S^ngfrau 3Rdria tabetn, toeil fie ber 
SSerfünbigung be§ (Sngefö fogleidj QlaniU. SWöge er anä} genen 
tabeln, ber in bem legten Slugenblid ben SBorten be§ fterbenben 
^eilanbeS glaubte. SKöge er l^ingegen bie §eTjen8l^ärtig!eit 5Derer 
loben, benen gefagt toorben : D il^r Sl^oren unb traget §erjeng, 
gu glauben aße bem, n)ag bie 5ßrot)l^eten gerebet l^aben (2ul. 24, 
25). SKöge er aud^ bie ©d^toergtäubigleit eineS S^ci^ariag enH)fel^= 
len {2uf. 1, 20).'» SDann feefd^ulbigt er il^n o\)m SSetoeig be« 
Slrianigmu«, 5pelagianilmug unt^ 9ieftorianigmu§. „3lber — fe^t 
er l^inju — bei biefem allem rül^mt er fid^, ba§ er ben Äarbinä= 
len unb Älerifern ber römifd^en Äurie bie Quellen ber SBiffem 
fd^aft geöffnet Ij^abe^ ba^ er feine Sudler unb iJel^ren in bie 
$4nbe unb ben <Sd&oo^ ber SRömer gebrad^t l^abe." S^^^befonbere 
rid^tete Sernlj^arb feine ©rmal^nungen an einen 5IJlann, ber lüol^I 
ju ben ©d^ülern Slbälarbg gel^ört ^aben mod^te, unb immer gur 
3ö^I feiner greunbe gel^örte, ben Äarbinal ©uibo be ßaftetti^ ^). 
Sl^m fd?rieb er: „^i) toürbe eud^Unred^t tl^un, toenn id^ glaubte, 
ba^ @iner bon eud^ fo geliebt loetbe, ba^ il^r mit feiner ^erfon 
jugleid^ feine Srrtlj^ümer liebtet. SBer fo ®inen liebt, ber lt>ei§ 
nod^ nid^t, toie er lieben foU." 35a§ fei eine irbifd^e, teuflifd^e 
Siebe, bie ebenfolool^l bem Siebenben al§ bem ©eliebten fd^abe. 
2)a§ Sefte ift aud^ in biefem Sriefe, toa? er in Sejiel^ung auf 
2lbälarbg Scito te ipsum fagt: „@S toürbe bcffer für il^n ge*» 
tiefen fein, toenn er nad^ bem 2:itel feinet Sud^^ fid^ felbft l^ätte 
fennen gelernt, unb nid^t über fein 3Kaag l^inauggegangen toäre." 
35a§ 3Bi(^tigfte unter SlUem ift aber bie 3lb^anblung Sern^ 
l^arbg über Slbälarb« S^rtl^ümer, n)eld^e bon il^m in ber gorm 
eine§ an ben ^ßajjft gefd^riebenen SSriefeö berfa^t iourbe *). ©ie 
bient befonber^ baju, Sernl^arbl aSeri^ältnig gu Slbälarb in $ins 
fid^t ber tl^eologifd^en ©egenfä^e, ba§ d^riftlid^e 3Sntereffe, ba§ btx 
biefen Streitigfeiten il^n betoegte, naiver lennen ju lernen. 3Bir 



1) 3ef. 1. 9. ^ern^arb gebraucj^t l^ter bie feit ben Stlejcanbrinern für 
ba« SSerbäUniß toom (Stauben jum (Srfennen Ilafftfci^e @tette, toelc^je freitidj 
biefen <Sinn nur m69 ber folft^en Ueberjetjung ter Sllejcanbriner (iäv /uii 
TiiaTtvarjTfy ov6h fXT] avprjrs) j^aben tonnte. 2ln biefc SBorte fdjloß ftcij 
ba« bie S^tologte be« aWittelalter« be^crrfc^enbe ^rinci^ bc« Sluguftin an : 
Fides pruecedit intellectum. 

2) $ielme^r bed ^ixa(Sf 19, 4, na^ bem lateinif^en ecclesiasticus 
ber !9[^ul.qata. 

3) Ep. 192 pag. 185. 

4) Tractatus de erroribus Abaelardi opp. tom. I pap. 643 seq. 



198 8ern^oTb« ftatnj^f mit 9etet SSSIorb 

tooUtn bad in biefer ^injid^t äBid^tige^ toa^ nid^t Blo| unfrud^i* 
hoxt Jlonfequen)ma(^ereien betrifft, l^evbotl^eben. 93ernl^arb it^ 
ginnt bamit, eb^n barin, ba^ Xbätatb mit feiner SSetnunft Slled 
erRftren unb begreifen tpoDe, unb fo bie naturgemäßen ©r&ngen 
ber Sernunft üBerfd^reite, il^n ber Unbemunft )u befd^ulbigen. 
^,3^bem er bereit ift^ bon 9UIem biird^ bie äSernunft 9ted^enfd^aft 
}u geben, aud^ bon-bem, \oai über bie äSemunft ift, gerate er 
mit ber Sernunft ttnb mit bem ®lauben in @treit. Senn \oa^ 
ift mel^r gegen bie SSernunft, aü mit ber äSemunft über bie Ser^: 
nunft l^inaudtDoIIen^)? 9ßad ift mel^r gegen ben ©lauben, atö 
nid^t glauben }U tooKen, toa^ man nid^t mit ber SSernunft er» 
reid^en lann?" ®r fagt gegen bie äntoenbungr h)eld&e äbälarb 
bon ber ©teile be8 @irad& (19, 4) gemad^t l^atte: biefe SBorte 
bejögen fi(^ nid^t auf bad, n>ad im religidfen &inne ©laube )u 
nennen fei, fonbern auf ben ©lauben ber aJlenfd^en im SSerl^älts 
niß 3u einanber. älud^ Seml^arb begel^t bie Ungered^tigfett, in 
ber feit bem erften angriff SBalter« bon ÜJlauretanien auf SKbö* 
larb @iner bem älnbern nad^folgte, baß er il^m, \oa^ er über bai^ 
Streben menfd^Iic^er @r!lärungiSberfud^e ber ®Iaubengh)al^rl^eiten 
gefagt l^atte ^), fo au^b^utet, aU toenn er ben ©lauben felbft mit 
einem unftd^ern SReinen berkoed^felt l^&tte. @r befd^ulbtgt i^n, 
fo bom @Iauben gu reben, ate ob ed einem Seben freiftel^e, in 
@ad^en Ui ©laubend gu benlen unb }u reben, loa^ il^m gefalle, 
unb aU ob bad ^eiligtl^um beS ©laubenS bon bem SBed^fel unb 
ber Ungetoißl^eit menfd^lid^en SReinen^ abl^ange, unb nid^t biel« 
mel^r ij^ier Sitte« auf einer getoiffen SBal^ri^eit berul^e. @r felbft 
muß bann tooi^l anerlennen, baß Sbälarb, jjene ©teile aui^ $ebr. 
11 anvoenbenb *), auf eine SBeife, tooburd^ biefe Sefd^ulbigung 
toiberlegt tourbe, über ben ©lauben fid^ au^gebrüdft l^atte; aber 
nun fott Slbälarb bieg feinen eignen Sel&auJ)tungen SBiberftreitenbe 
nur notl^gebrungen gefagt, unb e« in ben berborgenen hinter? 
grrnib l^aben treten laffen *), S^bem er alfo bie bon älb&larb 
felbft nad^ bem ^ebräerbriefe gebrauchte 2)efinition be« ©laubenS 
antoenbet, fagt er : ,;3)er ©laube ift alfo bie ©ubftan} ber ^u 
l&offenben Singe, nid^t eine ®inbilbung leerer SBermutl^ungen. 2)u 
l^drft baö äBort ©ubftan). S)urd^ ben Stamen ber ©ubftanj toirb 



1} Dum paratus est de omnibus reddere rationem, etiam qQae 
sunt sapra ratiopem, et contra rationem praesumit, et contra fidem. 
Quid enim magis contra rationem, quam ratione rationem conari 
transscendere ? L. c. pag. 644. 

2) e. oben @. 158. , 3) (g. oUn @. 138. 

4) L. c. pag. 649: Placet mihi, tateor, illius de fide difBnitio, 
etsi iste etiam ipsam latenter insimulet. 



unb SCntoIb ))on ®re«da. 199 

ei^a^ ®etoif[e8 unb fjcfle^ Bejetci^net." ®r H)ttft naci^l^cr bem 
abälarb, bet in plaionxi^t Seigren ^tiftlid^e ^Uen j^ineingelegt 
l^atte, Dor, baj, tnbem er fid^ iJtel obmül^e, ben Sßlato gu einem 
ßj^riften px ma^tn, er fid^ ate einen Reiben betoäJ^re^). Se* 
fonberS intereffönt ift ber Streit über bie (StlöfungSlelS^re. §ier 
jeigt fxä) ber fd^nrfe ©egenfa^ gtoifd^en ben beiben 3Rännern, bem 
5Kannc be$ SSerftanbe« unb bem SKanne be€ ©efül^fe. Seml^arb 
fl^rtd^t \)on einer ©ad^e, Don ber fein $erg Doli ift. ®r fül^It 
unb al^nt melj^r, aU er beßrifflid^ ju enttoideln Vermag. ®r fül^lt 
pd^ burd^ Slbälarbg Deutungen ber (grlöfung^Iel^re jurüdfgefto^en 
unb t)erle|t, ol^ne baj er ftd^ immer Ilar Sled^enfd^aft baöon geben 
fanU; toai^ ilj^m bag 8lnftö§ige' ift. @r fann fic^ fo aud^ leidet 
herleiten laffen^ ben ©treit auf ein frembejS ®ebiet Ij^injujiel^en, 
gegen 9(bälarb }u Uf^aupttn, toa^ biefer gar nid^t ftreitig ge^ 
ntad^t l^at. 

@r greift biefen be^l^alb Ij^eftig an, toeil er bie alte Sluf* 
faffung ijon ber bem ©atan gegebenen ©enugtl^uung toiberlegt 
gu i^aben gemeint l^atte, toorin bod^ Slbälarb mit einem Slnfelm 
bon ßanterbur^ übereinftimmt^. aber in bem, hwrin ber 39{ann 
beö SSerftanbe« nur lauter Unfinn fal^, al^nte ber Don ber ®e* 
fül^Ilanfd^auung SluSgel^enbe eine gurn ®runbe Kegenbe tiefere 
SBSal^rl^eit. „®ott Ij^at feine Sarml^crjigfeit — fagt er — fo er* 
toiefen, ba^ aud^ bie ®ered^tigleit babei toar ; benn aud^ bie^ ge= 
j^örte jur Sarml^er^igleit 3)e'ffen, ber ben SKenfd^en Don ber 
3Wad^t be« ©atan« frei mad^te, ba^, toa§ ben SKitteln ber Se* 
freiung angemeffen toar, er mel^r feine ®ered^tig!eit, ate feine 
Slllmad^t gegen 3)en, ber einer §errfd^aft über ben SKenfd^en fid^ 
angemaßt Ij^atte, gebraud^te. ®§ lam ber gürft biefer SBelt, unb 
er fanb an bem $eilanb nid^t§, unb ba er bod^ feine §anb an 
ben Unfd^ulbigen legte, l^at er mit bem gröfeten 3led^t bie ®eh>aU 
über 3)ieienigen, bie er gefangen l^ielt, DerUren, ba 3)er, loeld^er 
bem a^obe nid^tg fd^ulbig tt)ar, inbem er ben 2;ob ate einl'il^m 
angetl^ane« Unred^t emjjflng, 3)en, toeld^er mit Siedet untertoorfen 
toar, Don ber ©d^ulb be8 SCobeg unb ber $errfd^aft beg ©ataniJ 
befreite ^/' S3ernl^arb giebt bem atbälarb ©d^ulb , er l^abe ba« 
flanje ©rlöfung^toerl barin ju erfd^öj)fen gemeint, ba^ Gl^riftu« 
bur^ SQäort unb Seben bie SWenfd^en belel^rt, unb tl^nen bag. befte 
Seif))iel gegeben, ba^ er il^nen burd^ fein Seiben gejeigt, big ju 
tx)eld^em Umfange bie Siebe geübt tDerben müf[e. ®r fagt )u il^m: 

1) L. c. pap. 650: Ubi dum multum sudat^ quomodo Flatonem 
faciat christianum, se probat ethnicum. . 

2) L. c. pag. 652. «ergl. bie oudfll^rtid^etc (Inttoidlung biefer %n* 
fd^ttung«»eife tu Cantie. Serm. 20 §. 3 opp. tom. I, 1327. 



200 ieeml^arb« j^am^f mit $etet Kbätatb 

,,2lIfo lel^rtc er ©eted^tigfeit, unb gab jte ntd^t; et geigte bie SieBe, 
aber er go^ fte ttic^t ein; unb bann feierte er in ben ^tnnnel 
jurücfi)." giber Sernl^arb liefe ftd^ bod^ l^ier untoiülürlid^ ber= 
leiten, bie Seigre äbälarb« ettoa« gu Derbünnen; benn biefer l^atte 
ja anä) bon ber Offenbarung einer unauSftJred^Iid^en Siebe 
®otte«, barin, bafe er feinen eingebometv ©ol^n in bie SBSelt 
fanbte unb für bie aKenfd^en leiben liefe, gefj)ro(i^en, ben ©inbruä 
^erborgel^oben, ben ba« 33elt)ufetfein einer fold^en erlöfenben Siebe 
®otte8 auf bie Oemütl^er be,r SKenfd^en mad^en muffe. S)ann 
Dermifd^te JS^ier Sernl^arb, inbem er ben älbälarb beftritt, gtoeierlei: 
bag Dbieitibe ber burdjf ßl^riftu^ ijerliel^enen 3fled^tfertigung unb 
ba« Subjeltibe, bi^ in ber göttlid^en Sebenggemeinfd^aft mit 
ei^rijiu^ begrünbete ®ered^tig!eit ber SKenfd^en. 3)aS @rfte l^atte 
freilid^ bei ber fubjeltiben 3luffaffung be« ßrlöfung^toerfe« bei 
äibälarb feinen SJflaum, it)o^l aber tourbe ba^ S^^ite burd^ feine 
Seigre nid^t auggefd^loffen. ®g hjar bieg ein gar nid^t l^ierl^er 
gei^örenber ©treit. äiber Sernl^arb, ber in ber ©inl^eit beS ®e= 
fü^lg lebte ; nid^t au^einanbergu^alten toufete, toag bem Segriffe 
nad^ gu fonbern ift, lonnte bal^er, h)ie bei il^m Seibe^^ jufammen* 
fiel, ben Slbalarb SeibeiS gugleid^ px leugnen befd^ulbigen. @o 
f)^ht Sern^arb biefen jtoeiten l^ierl^er nid^t ge^örenben 5ßunlt aud^ 
i^eröor, hjenn er in tiefem ©efüi^l bon bem ßi^riftug in ben 
®läubige.n, öon ber Sebeutung ber göttlid^en Sebenggemeinfd^aft 
mit e^riftug rebet ^) : ,,aa3a^ nü^t e« unS, — fagt er — bafe 
(Sl^riftuö ung unterrid^tet, toenn er unS nid^t aud^ toieber aufge^ 
rid^tet l^at? Dber h^erben toir umfonft unterrid^tet, hjenn ntd^t 
i^orl^er ber Seib ber ©ünbe in un^ gunid^te gemad^t toxxh, bamit 
toir ferner ber ©ünbe nid^t bienen foHen?" Unb barauf be= 
gießen fid^ aud^ biefe äBorte*): „^ä) toill mit atter Äraft bem 
bemütl^igen gefug nad^folgen ; id^ »erlange barnad^, 3)en, ber mid^ 
geliebt ^at, unb fid^für midjf bal^ingegeben , gleid^fam mit ben 
Slrmen meiner Siebe, bie feiner Siebe gu mir entfjjtid^t, gu um* 
faffen : aber id^ mufe aud^ baö 5ßaff al^lamm geniefeen. S)enn toenn 
id^ nid^t fein ^leifd^ ef[e unb fein Slut trinle, fo toerbe id^ fein 
Seben in mir l^aben. ®th)ag Slnbreg ift eg, il^m nad^folgen, 
ettoa« Slnbreg, il^n feftl^alten, ettoa« 2lnbreg, fein gleifd^ unb 
Slut effen. ^f)m nad^folgen, bag ift ein l^eilfamer 3lat^; il^n 
feftl^alten unb umarmen, ba« ift eine feftlid^e greube; fein gleifd^ 
unb Slut effeh, bag ift bag etoige Seben*). SJenn fein gleifd^ 



1) L. c. pag. 653. 

2) L. c. pag. 656. 

3) L. c. pag. 657. 

4) Volo totis nisibus humilem sequi Jesum; cupio eam qai di- 



nnb ätootb t)on i^redcta. 201 

ift todl^rl&aft ©})eife, unb fein Slut ift toal^rl^aft SCtanf . ^ @g ift 
bag S3rot ©otteS, toeld^eS Dont Fimmel J^eraBöeftießen unb ber 
SBelt bag Seben gegeBen." 

er geöraud^t gegen 2li6älarb8 Sluffaffung baS 2lrgument, 
toeld^eg öon bem Stanbjjunlte ber Ätrd^enlel^re, unb aud^ nad^ 
ben t)on 2lBälarb, iiie U>ir gefeiten ^ahen, gugege&enen SSorauS« 
fe^ungen, ben Blofi fubj[e!tit>en ®efid^tgj)un!t \>on biefer Seigre 
atterbingg fd^lagen mußte, baß barnad^ ba§ ®rIöfungSh)erI nur 
bin ßrtoad^fenen , nxä}t ben Äinbern gu Statten fommen lönne. 
,,®g fei, baß ßl^vifti ®rfd^einung auf ®rben 3)enen nü|e, bie naji^ 
bem Silbe feineg Seben^ fid^ ju geftalten ftreben unb feine Siebe 
mit Gegenliebe ertoibern lönnen. SBa« fotten h)ir aber t)on ben 
Äinbern fagen? Soff il^nen bie @rfd^einung ß^rifti nid^tS nü^en? 
nid^t^, baß fie burd^ bie 2^aufe bem Silbe feinet 2^obeS einher« 
leibt toorben, toeil il^r 2llter il^nen nod^ nid^t erlaubt, 6l^riftu8 
lennen ju lernen unb il^nju lieben i)?" 

SQSenn 2lbälarb bie ©d^jt)ierigfeit aufgeftefft l^atte, hjie burd^ 
bie größere Sünbe 3)erer, bie ßl^riftu« freujigten, bie Heinere 
Sünbe Slbamg l^abc gutgemad^t Serben lönnen, unb h)ie e« fid^ 
beulen lajfe, baß ®ott bag Slut eine§ Unfd^ulbigen jur SSerföl^«' 
nung »erlange, fo antwortete Sernl^arb barauf: „9llg ob ©Ott 
nid^t in berfelben ©inen §anblung bie ©ünbe ber Uebeltl^äter 
mißfaffen unb bie Sieb^ be^ Seibenben gefaffen fonnte. ®3 gefiel 
©Ott nid^t ber 2^ob, fonbern ber SQBiffe beg freiit)iffig Seibenben, 
ber burd^ jenen 2;ob ben 2^ob tilgte, ba§ §eil loirfte, bie Un«» 
fd^ulb toieberl^erfteffte. Unb toeil bo(^ biefer fo toert^boffe %f>\> 
freitoiffig übernommen Joerben mußte, unb bieg ol^ne bie ©ünbe 
S)erer, bie i^n l^erbeifül^rten, nid^t gefd^el&en lonnte, fo freute fid^ 
jtedr ©Ott nid^t ber ©ünbe, aber benu^te gum ©uten bie ©d^led^t^ 
l^eit ber 33öfen. Unb je größer bie ©ünbe Qener ift, befto l^eiliger 
ift ber SEiffe 3)iefeg, unb befto mäd&tiger, ba§ §eil ber 5!Kenfd^en 
ju toirlen. 3^neg öergoffene S3lut ertoieg fid^, fo reid^ jur SSer= 
gebung ber ©ünben, baß felbft jene größte ©ünbe, burd^ toeld^e 
bie SSergießung beffelben Ij^erbeigefü^rt tourbe, baburd^ getilgt 
toerben lonnte. ©ott ber SSater »erlangte nid^t ba3 Slut beg 
©ol^ned, abe)> bod^ nal^m er ba^ bargebotene an ; inbem er nid^t 



lezit me, et tradidit semetipsum pro me, quibusdam bracchiis vi- 
cariae dilectionis amplecti: sed oportet me et agnum manducare 
paschalem. Nisi enim manducavero carnem ejus, et bibero ejus 
sanguinem, non babebo vitam in memetipso. Aliud sequi Jesum, 
aliud teuere j aliud manducare. Sequi, salubre consiiium; tenere et 
amplecti, soUemne gaudium; manducare, vita beata. 
1) L. c. pag. 656. 



»nbcr b.r ^-ih l ^ ' '""' "'"'Mt unter 
i'fNn Hd. and, ti.|\. SLirac^l- U !^^^ 
flcUcbi bat, unb nd> tüi- „, -h\ ^ ^* *'"' 






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1 



203 






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ciben 
: oben 

Jtenfd^en 

„SBenn 

II (2 ÄOt. 

itllen guße* 

unb e§ nid^t 

Rubrer, ber 

.X e^riftug tft. 

I;riftu«für35ie=* 

>fem in löentgen 

jariQ etl^ellt nun 

ojeftiöe Sluffaffuna. 

abjeftiöen göttlid^en 

. etnanber Derbunbcn 

;c biefeg ftd^ il^m fi> 

Slbälarb befd^ulbigcn 

mU, aud^ bas Slnbete 

j], in toeld^em il^m bie 

v^egner iiBct. 

i;öne3 entl^altenbe ©d^rift 

A>ie fann bie greubc ober 

Seben? 6« toäre nid^t^ 

Stoff, ber e« trüge, älfo 

ne aSorbilber ber Siebe nidjiti^ 



mortuus est, ergo omnes mortui 

Omnibus imputetur, sicut omnium 

ulter jam inveniatur qui forefecit, 

. corpus unus est Christus. Satis- 

Christus pro visceribus suis. L, c. 



202 9eni^arb« l^amH mit $tter KUcah 

nad^ Slut bilrftete^ fonbetn nad^ bem ^eil ber HRenfd^n, toett 
in bem Slute biefeiS' $eil fiegdlnbet n^ar. SUerbing^ ba$ ^l, 
unb nid^t, n^ie S^^^^ ^^^^^ ^^^ fd^teibt^ blog bie Dffenbaruns 
ber ßiebci).'^ 

ätbälatb Ij^atte \a bie grage aufgeworfen, iöatum e8 biefe« 
aRtttete gur (Sriöfung bet STOenfc^en beburfte, ha ©ott burd& feinen 
blojen SBiHen bie aWenfd^en erlöfen gelonnt l^&tte. 3)arauf nxd^ 
toortet SernlS^arb: ,3er leugnet, bajj bem StUmäd^tigen anbere 
Arten unfrer ©rlöfung, Sled^tferttgung, Befreiung mögfid^ getoefen 
toären? aber bie« mad^t gegen bie 9BirIfam!eit ber einen Srt 
unb aOSeife, bie er bor bielen to&^Ite; nid^t« au^. Unb bietteid^t 
ift bie ärt unb^SBeife bie borgüglid^fte, burd^ toeld&e Wir in bem 
Sanbe ber SSergeffenl^eit, ber 3Kül^feligleit an unfern gaU burd^ 
fo biJIe unb fo gro^e Seiben unfrei^ $eilanbe3 ftärfer unb leben« 
biger erinnert toerben." SBie biel aber, meint er, in biefem un- 
ergrünblid^en SK^fterium liege, bag toiffe fein ajlenfd^ unb fönne 
leiner l^oBIommen erlennen. ©o ioeift Sernl^arb alle 6rflärung8= 
berfud^e, afe ber ^ölj^e unb S^iefe ber Sad^e nid^t getoad^fen, gu« 
rüdf. aSon allen foId||en SSerfud^en bertoeift er auf bie innere @r* 
fal^rung. „SBenn übrigen?. — fagt er — ba? ®el^etmni§ be« 
göttlid^en 2BUIen3 ftd^ nid^t ergrünben lägt, fo !ann man bie 
SBirlungen be« SBerle« fül^Ien, bie grud^t be« 5Ru$en« genießen. 
SBarum aber, fagft bu, mugte ba« burd^ fein S3lut gefd^el^cn, toaS 
er burd^ fein blogeö SBort toirfen lonnte? grag* il^n f eiber. 
9Rir ift geftattet ju loiffen ba« ©o, ba« SBie ju toiffen ift mir 
nidSit geftattet»).'' 

aaSenn bei Slbälarb feine fubjeftibe äCuffaffung ber ©rlö^r 
fungglel^rc nid^t ol^ne Su^ainm^ni)anQ bamit loar, bag bie leben- 
bige Slnfd^auung bon bem SBefen ber Srbfünbe, eine Seigre, bie 
er, toie loir früher nad^gcioiefen l^aben, nur fb gang äugerlic^ afö 
Ueberlieferung fid^ angeeignet l^atte, il^m fel^Ite, fo l^ängt l^ingegen 
bei Sernl^arb in objeltit^er Sebeutung Seibe« gufammen. 3)em 
ßinftuffe be? erften 3Renfd^en auf ba« gange ©efc^Ied^t ftettt fid^ 
il^m ber Sinflufe ßl^rifti ate ßrlöfer? öon ber ©ünbe in feinem 
religiöfen Setougtfein bar. @r fagt: „22enn äße«, toa«^ S^riflu« 
nü|te, blog in ber S)arfteffung feiner iugenben beffanb, fo bleibt 
nur nod^ übrig, gu fagen, bag aud^ Slbam nur burd^ ba« SBei« 
ft)iel ber ©ünbe gefd^abet l^abe; benn ber Sefd^affenl^eit ber 
aääunbe mugte bie Sefd^affenl^eit be« Heilmittel« mt\pxcd)en. ©enn 



1) L. c. pag. 655. 

2) L. c. pag. 654. 655. 



utib SCmoIb t)on 8re9cttt. 203 

t»te in äbant Stile fterBeti; fo toetben in ßl^tiflo Slffc lebenbig 
ßentad^t toetben (1 ftor. 15, 22) ^Z' ©o fd^int il^in »bälarb« 
aittffaffung, ba§ ßj^riftu« nur buri Seifriel unb Seigre bets / 
SDlenfd^l^eit genü|t l^aBc, mit einet «lagianifdj^^n äuffaffung öon / ^ 
bent lirftanbe unb bet Urfünbe uttb il^ren %olQtn genau gufam« I "^ 
mengul^ängen. Unb afferbing« toäre ber SSorh>urf gegen abälarb 
treffenb; toenn feine iSrlöfungSlel^re toirllid^ nid^t mel^r entl^alten 
l^ätte. 

^ Sernl^atb betrad^tet Sl^riftuS in feinem S^l^un unb Seiben 
afö*9flej)t(ifentanten ber ganjcn 3Jlenfd^]^eit, toa^ mit feiner oben 
ertoäl^nten tiefen Sluffaffung ber 3led^tfertigung^Iel^re tool^I gu= 
fammenftimmt. 9la(]^bem et öon ber Unjulänglid^leit be^ aWenfd^en 
ju feiner ©elbfterlöfung gef))rod&en ^at, fe^t er l^inju: ^^SBBenn 
einer für 21^11^^ geftorben ift, fo finb alfo Sllle geftorben (2 Äor. 
5, 15), fo ba^ nun bie ©enugtl^uung burd^ @inen SUIen juge« 
red^net toirb, toie bie ©ünben 9111er jener ©ine trug, unb eS nid^t 
ein 3lnbrer ift, ber ber ©d^ulb öerf allen, unb ein 2lnbrer, ber 
bafür genug getl^an l^at: toeil $auj)t unb Seib ein ß^riftu« ift- 
©g l^at alfo bag^aujjtfür bie ©lieber genug getl^an, ©l^riftu« für35ie=* 
jenigen, mit benen er fo ganj ein« ift ^y* Sluö biefem in ioenigen 
aSorten bejeid^neten d^riftli^en Sbeenjufammenl^ang erl^ellt nun 
aud^, toie e« gefd^alj^, ba^ bem Sernl^arb bie objeftiöe Sluffaffung, 
beS ©rlöfungStoerfe« unb bie 3bee t>on ber fubjeftiben göttlid^en 
Seben^gemeinfd^aft mit ßl^riftug afö fo eng mit'einanber öerbunben 
erfd^einen mufete, unb toie er bal^er Vermöge biefe« fid^ il^m fo 
barftellenben engen 3«fÄ«^wt^"^öng§ ben Slbälarb befd^ulbigen 
lonnte, baj er, inbem er ba« ©ine leugnete , aud^ bag änbere 
leugnen muffe. 5Den Sbeenjufammenl^ang, in toeld^em il^m bie 
©ad^e erfd^ien, trug er aud^ auf feinen (Segner über. 

Scrnl^arb fd^lie|t biefc fo öiel ©d^öneg entl^altenbe ©d^rift 
mit biefen mer!toürbigen SBorten: „SBie fann bie greube ober 
ber gute 9tatl^ beftel^en, ol^ne ba« Seben? 6§ toäre nid^t« 
Slnbre« alg ein (SemSlbe ol^ne feften ©toff, ber e3 trüge, älfo 
ftnb bie Seifjjiele ber S)emut]^ unb bie SSorbilber ber Siebe nidjiti^ 
ol&ne.ba« ^eiligtl^um ber ©rlöfung ^;.'' 



1) L. c. pag. 656. 

2) Nam si unus pro omnibus mortuus est, ergo omnes mortui 
sunt: ut videlicet satisfactio unius omnibus imputetur, sicut omnium 
peccata unus ille fportavit; nee alter jam inveniatur qui forefecit, 
alter qui satisfecit: quia caput et corpus unus est Christus. Satis- 
fecit ergo caput pro membris, Christus pro visceribus suis. L. c, 
pag. 652. 

3) L. c. pag. 657. 



204 . ®etn^arb9 Stampf mit ^eter 9ll&ä(arb 

3n feinen 5ßrebigten übet ba« §ol^eIieb brüät fx^ S5ernl^atb, 
tnbent er ^ie Offenbarung ber Siebe ©otteS in ber 5Dlenfd5!toer= 
bunß beg ©ol^ne« ®otte§ unb in feinem erlöfenben Seiben, ober 
baö Don il^m bargefteffte ^i^al ber §eiliflleit, befonberg l^eröor*« 
l^ebt, in biefen S3ejiel^ungen äl^nltd^ lote Slbälarb aug, toie toenn 
er bemerft : „®3 loirb (Siner fagen : fonnte ber ©c^öj)fer fein 
SEBerl nid^t J^erfteHen ol^ne fo gro^e ©d^toierigfeit? 6r fonnte e§; 
aber er tooKte eS lieber fo, ba^ er fid^ felbft Unred^t geft^el^en 
lie^, bamit ba§ fd^led^tefte unb l^affen^toürbige Safter ber Un= 
banibarleit nid^t n)ieber ©elegenl^eit bei ben 3Kenfd^en finben 
follte. 6r unterjog ftd^ atterbingg öielen aKül^feligfeiten, um ben 
3Renfd^en gu großer Siebe gu öerj^flid^ten, unb burd^ bie Sd&toie* 
rigteit ber ©rlöfung an ben ju leiftenben S)anf 3)en gu erinnern, 
ben bie Seid^tigleit ber ©d^öjjfung herleitet l^atte, feiner 3?er|jfKd^= 
tung loeniger eingeben! ju fein^)." Unb fo auä) in*einer anbern 
fd^on oben 2) angeführten ©teile. 

aSaS aibälarbg SPerfon betrifft, fo fül^Ite er ftd^ burd^ bie 
Sefd^ulbigung 3!)erer, toeld^e felbft ben ©tauben an ß^riftuö unb 
ben ß^riftennamen il^m ftreitig mad^ten, befto toeniger getröffen, 
je ungered^ter jene Sefd^ulbigungen loaren. Heber bag, toaS il^m 
in feinem ^"»^«'^n getoi^ hjar, fonnte fid^ fein Slnbrer jum Stid^ter 
mad^en. SSon ber Stufrid^tigfeit feine§ ©laubeng jeugt fein merf*» 
toürbiger ©rief an feine geliebte §eIoife, bie bamalige Slebtiffin. 
3)iefe loar burd^ bie t?ielen nad^tl^eiligen ©erüd^te über SlbälarbS 
J&ärefteen beforgt für i^n getoorben, unb l^atte il^m toal^rfd^einlid^ 
mitget^eilt, ioag man il^r t)on il^m l^interbrad^t l^atte. S)arauf 
fd^rieb er il^r: „3)ie Sogt! I^at mid^ ber SBelt öerl^a^t gemad^t. 
®g fagen nämlid^ bie SSerfel&rten, ba^ id^ in ber Sogif öorgüglid^ 
fei, loo e3 ftd^ aber öon ber ©rflärung beS $Paulug l^anble, nid^t 
ipenig l^infe. Unb loal^renb fie bie ©d^ärfe meineg ©eifteg 
Jjreifen, toollen fie bie 3leinl^eit be§ ©laubeng bei mir nid^t aner= 
fennen." Unb er flagt pe beg SSorurtl^eite an, lUnb fagt bann: 
„3d^ loiff nid^t fo SP^ilofoJ))^ fein, ba^ td^ gegen 5ßaulug .mid^ 
auflel^ne, nid^t fo ein Slriftotele« fein, bafe id^ bon 6^riftug au^ 
gefd^loffen Joerbe. 3)enn eg giebt feinen anbern 3lamtn unter 
bem ^immel, burd^ ben id^ bag $eil erlangen fann. 3«! bete 
ben 6^riftu§ an, ber jur SRed^ten beg SSaterg ft|t." „3d^ l^abe 
mein ©etoiffen — fagt er — auf jenem Reifen gegrünbet, über 
toeld^em (Sl^riftug feine Äird^e erbaut l^at/' 5Dann legt er ein 
SSefenntni^ t)on feiner SRed^tgl&ubigfeit ah, aber mit befonberer 



1) Bernard. in cantic. serm. 11 §. 7 tom. I, 1296. 

2) eeitc 41. 



unb %xnol\> ^on Sredcia. 205 

Sejtel^ung auf bie SBefd^uIbigungen gegen biefel6e, ba man x^n 
al3, einen ättianer, ^ßelagianer, tote tt)tr angefül^tt l^aBen, be= 
jei(i&net l^atte. 3« ^infid^t auf ben il^m öorgetoorfenen ^ßelagia« 
ntömud \aQi et : „^^ fage^ ba^ tok ber ®nabe bebütf en fotpol^l 
}um älnfaitge aU }ut SBoSenbung be$ @uten.'^ S)ann )?an bet 
Sluferftei^unö beS gleifd^e^: ^^Sffia^ ift e§ nod^ nötl^ig, batoon ju 
teben, ba id^ mxä) umfpnft rül^men iöürbe ein (Sl^rift gu fein, 
toenn id^ ni^t glaubte, ba^ id^ auferftel^en toerbe?" ,,2)ie« ift 
alfo ber ©kuBe, — fd^Uefet er — auf toeld^em id^ tul^e, Don 
toeld^em aud id^ bie ^Jeftrgleit ber Hoffnung getoinne. äCuf biefem 
für bag ©eil gegrünbet, fürd^te id^ ba3 Seilen ber ©c^IIa nid^t, 
lad^e über ben Strubel ber dl^ar^bbi^ unb fürd^te mid^ nid^t \>ov 
einem Derberblid^en ©irenengefang. SBenn ber ©türm auf mid^ 
einbringt, toerbe id^ nid^t erfd^üttert. SBenn bie SBinbe mid^ burd^= 
toel^en, toerbe id^ nid^t bat)on betoegi S)enn id^ bin auf bem 
feften ?Jelfen gegrünbet i).'' 

aOSag aber ba« Bt}\im äbälarbS Betrifft, fo fonnten eben 
be^l^alB, toeil baffelBe au^ fo ijerfc^iebenartigen (SIementen, bie 
2um S^i^eil nur äu|erlid^ jufammengefügt toaren, Beftanb, bom 
©tanbt)un!te ber Xl^eologie feiner 3«it fel^r ijerfd^iebenartige ltr= 
ll^eile barüBer gefällt toerben, je nad^bem man mel&r auf ba§ eine 
ober ba« anbere jener Elemente feine Stufmerifamleit rid^tete, 
mel^r ba§ Sitte ober ba« Slnbere l^eriJorl^oB, mel^r mit ben Slugen 
ber Siebe ober feinblid^en ©egenfa^e« baffelBe . Betrad^tete. ®« 
Iä§t [td^ erllären, ba| ein bon bem (Seifte d^riftlid^er Siebe toalj^rs 
l^aft burd^brungener unb baburd^ gu einer größeren grei^eit be« 
ilrtl^eifö erl^oBener SKann bem (Srunbfa^ folgen fonnte, ben alba« 
larb fo l^äufig . geltenb mad^te, nur auf bie ©efinnung, bie 3lid^ 
tung im ©anjen fein Slugenmerl l^injutoeliben, unb im SSerJ^ält« 
ni^ baju einzelne Srrtl^ümer milber gu Beurtl^eilen. SlBer toon 
ben l^errfd^enben SHid^tungen ber Qtit Iie| fid^* bie« nid^t ertoar= 
Un. 9Kan toar nid^t geneigt, im ©treit über tl^eologifdjie ©egen= 
ftänbe alle« ©injelne nur im Su^ammtnf^an^ mit bem ©angen' 
ber ^Perfönlid^Ieit, bie ftd^ barin barftellte, ju Betrad^ten. 5Kan 
pflegte )?ielmel^r mit ßingelnl^eiten in ben Sel^au))tungen ber Air- 
djenlel^rer, über bie gerid^tet toerben foffte, ftd^ gu Befd^äftigen, 
al« )}on einer 2^otaIanfd^auung il^re« ganzen eigentl^ümlid^en 
SDSefen« au«}uge]^en. äßenn biefe« }u allen S^ittn in ber leben«» 
bigen Serül^rung ber ©egenfä^e in ber ©egentoart ettoa« fel^r 
©d&toere« toar, unb nur feiten ftattfinben lonnte fo mu^te bie« 
um befto mel^r in biefer 3«it, too ber ©inn für l^iftorif^e Sln= 
fd&auung fo fel^r feljflte, ber bogmatifd&e ®eftd^t«})unft unb ba« 

1) Abaelard. opp. pag. 308. 
9ieattber, bct i^dl. »etn^arb. 1^ 



I 



206 »ernl^aib« Stamp\ mit $eter 9(Ba(arb 

bogmattfd^e 3«teteffc alte« anbew berfd^Iang, ber gatt fein. ®^ 
Ifi^t jtd^ leidet erllärett, bajj ijiele aud^ unter ben aRännerti^ 
toeld^e burd^ btaleltifd^e ©eiftelrid^tung bem Stbälarb Dertoanbt 
loaten^ nid^t in einem fold^en @egenfa$ toie 93ernl^arb gu i^m fid^ 
Befanben, in einzelnen ber bon i^m geäußerten SKeinungen ti\oa^ 
SJebenflid^« ftnben lonnten. S)€r ®egenfa| gegen biefe erl^ieft 
fid^ aud^ immer aU ber l^errfd^fcnbe unter ben lird^Iid^en Sl&eolo^ 
gen biefe« unb be« folgenben 3al^rl^unberti^. @tn rid^tiger 3«'* 
ftinit fonnte aud& SKand^e füllen Iaf[en, ju toeld^em Bebeutenben 
®egenfa$ mit ben öorl^anbenen tlf^eologifd^en ®eifte«rid^tungen 
unb bem ganjen ®eift ber Äird^e feiner Seit ber Äeim in äBä« 
larb gegeben toar. änbere freilid^ fonnten bie« üBerfel^en, toeil 
fie nur auf @inje(ne« il^re älufmerlfamfeit rid^teten unb ba« gdnje 
®ett)id^t eine« l^ingetoorfenen ®eban!eng ju erlennen unfähig 
iüaren. 2)od^ erl^eUt aud^ ouiS bem ®efagten, ioeld^e Aonfequenj« 
mad^ereien fid^ älBöIarb« ®egner erlaubten. Unb \)kU unter ben 
Prälaten biefer S^i l^anbelten nid&t fott)ol(|I nad^ eignem Begrün* 
beten Urt^eit, aU ba^ fte ftd^ burd^ ben^ Sinflu^ Slnbrer, toeld^e 
in bem größten 3lnfel^n ftanben, beftimmen ließen. 3« 9lo»i «tin 
gumal l^ing ^on äußerlid^en (Sinpüffen Diel aB, unb bort l^atte 
Sernl^arb^ toie an^ bem, toai toir über feine SBirIfamleit gefagt 
l^aBen, ftd^ leidet erflären läßt, bie Bebeutenbfte ©timme. SBa« 
i>ermod^ten bagegen bie bort jerftreuten ©c^üIer SlBälarb«? 2)a= 
gu fam, baß Sernl^arb SlBälarb« ©ad^e eng berbunben mit ber 
«eine« anbern merltoürbigen SKanne«, be« ärnolb ijon 93reg= 
cta, Don bem toeit größere ®efal^r für bie römifd^e Äird^e felBp 
ausgegangen toar, erfdjieinen ließ. 3)al^er mußte äBälarb unter* 
liegen. S)er $aj)ft berbammte bie burd^ Sernl^arb auigejeid^ne= 
ten ®ä|e unb alle berfel^rtcn Seigren Slbälarb« neBft iVem Ur» 
i^eBer, bem ate Äe^er beftänbige« ©tiflfd^toeigen geboten tourbe, 
unb er ffrad^ über aHe 2lnl^änger jener Seigren bie @jIommuni= 
lation au«, ^n einem SPriöatfdjireiben an bie ©rjbifd^öfe bon 
Sli^eimg unb ©eji« unb ben äbt Sernl^arb, ba§ aber öor einer 
Äonfereng mit ben übrigen frangöfifd^en Sifd^öfen ntc^t öffentlid^ 
Belannt gemad^t toerben follte, trug er il^nen auf/ alle ©d^riften 
SlBälarb« berbrennen unb if)n felbft in irgenb einem Älofter^ too 
eg iljfnen gut fc^eine, einfd^ließen gu laffen. SBie man aud^ über 
ba« SKateriette biefe« Urt^eil« benfen mag; fo läßt e« ftd^ bodj • 
in formeller ^infid^t auf feinen %aü rechtfertigen, ®« lann in* 
fofern nur al« §anb(ung ber SBiUlür erfd^einen. Offenbar toar 
SlKe« nur ba« SQäetf Sernl^arb«. abälarb toar öetbammt auf 
ba« 3^wö^i& f^'"^^ ®egner, ol^ne baß man feine SSert^eibigung 
gel^ött, ol^ne baß man unterfud^t, ob jene aufgegeidjneten ®äje 



unb 5(rnolb öon ©re«cia. 207 

in feinen ©d^riften toit!K(]^ entl^alten h)ären, ob fie nid^t in bem 
gufantmenl^ang einen ganj ahbern ©inn etl^ielten, ob fie nid^t 
Slbälarb anberS berftanben l^abe. 63 toar bon allen feinen Der^ 
felj^rten Seilten bie Sftebe, aUx nid^t naiver beftimmt, toeld^e. 
3n einet 3«i*f ^o *><i^ älnfel^n ber $ä))fte nid^t fo feft gegrünt 
bei getoefen loäre afö in biefer, l^ätte ein fold^er ©d^titt leidet 
langtoierige, il^rer 9lutorität gefäl^rlid^e ©treitigfeiten erregen 
fönnen. 

'3)amal3 aber fajtb ber ^ajjft überall ©el^orfam, unb e3 
fonnte feine fold^e 3fleaftion gegen il^n l^eröortreten. Eine Slug* 
nal^me mad^t nur eine il^rem ©efül^l fid^ überlaffenbe begeifterte 
unb lül^ne Swgenb,, bie ©d^iiler Slbälarb^, bie eö nid^t tjerfd^mer« 
Jen lonnten, ba| bem Seigrer, bem fie mit begeifterter Siebe er^ 
geben ioaren, fold^e« Unred^t gefd^al^ unb er il^nen entriffen Ser- 
ben foffte. 3« SSerfen unb in $rofa fj)rad^ fid^ il^r ©d^merj unb 
il^r itntoille au§. ®g ift Ij^ier befonber^ ju ertoäl^nen ein junger . 
SWann aug Jßoitier«, Serengar, ber eben au« ber ©d^ule äbälarbg j 
in fein SSaterlanb gurüdtgefel^rt ioar unb bort bag Slmt eine« | 
©d^lolaftilu« angetreten l^atte, afö äbälarb t)on biefem Urtl^eile l 
beS 5PaJjfteg getroffen tourbe. ®r toagte e«, eine 3Sertl^eibigung«s 1 
fd^rift für feinen Seigrer gu ijerfaffen, toorin er toeber ba« Äoncil 
px ©en«; nod^ Sernl^arb, ncd^ felbft ben $aj)ft unb ben römifd^en 
§of fd^onte. Sin merlloürbige« S^^^^t^ ^^^ freien, über, bie ge= 
toöl^nlid^en ©d^ranlen fid^.erl^ebenben (Seiftet, ber burd^ Slbätarb 
angeregt toorben loar. 3Kit bem 2Bi^, ber bamafö fd^on at§ bag 
©igentlj^ümtid^e ber granjofen bejeid^nei tourbe ^), griff er bie ®eg* 
ner aibälarb« an. SSon feiner ©at^re auf ba§ Äoncil m ©en« ^ 
l^aben toir fd^on frül^er geft)rod^en-. Sludjf über ba3 SSerfa^en beS 
$a|>fteS in biefer ©ad^e fjjrad^ er fid^ mit rütffid^t^lofer ^J^ei^ 
mütl^igleit au^ unb fagte mand^e berbe SKa^ri^eit. ,,®§ tt)irb öer- 
urtl^eilt — fagt er — jener SRunb, ba« Drgan ber SSernunft, 
bie 5Pofaune be« ©lauben«, 2)er, in bem bie SDreieinigleit fid^ 
eine SCBol^nung bereitet i^atte. Seiber toirb er abloefenb, unDer« 
l^ört; unüberfül^rt öerbammt. 2Ba3 foll xäf fagen, toag nid^t fagen? ^ 
D guter 3«fu«, toeffen ©d^ulb l^atten je fo btinbe Slid^ter, bag fte 
nid^t bon beiben ©eiten bie ©ad^e unterfud^ten? ba| fie nid^t 
erforfd^ten, auf tocld^e ©eite ba« SRed^t fid^ neigte? 3^ne Seute 
Betreiben bie ©adj^e mit üerfd^loffenen älugcn. SQ3a3 aud^ bie 
innere aOButl^ be§ §affei^, loa« aud^ ber ©türm unöerföl^nlid^er 
Seibenfd^aft gegen 5Peter (3lbfilarb) fd^leubern, toaö ungered^te 



1) Matthaei Paris, histor. major Lond. 1686 ad ann. 1245 pag. 
675 : Verbund levitatis et more Francorum jocose prolatuio. 



14^ 



2u8 ' 2?etntarb« Äam^>f mit Tretet %Utax\> . 

^etnbfd^aft evftnnen mod^te, fo l^&tte ioäf bad nfld^terne tlttl^eil 
bed at)oftoIifd^en @tul^ld nie fd^Iafen foQett. 3l6er Uid^t ioeid^ 
Dom redeten äBege ah, toer in einer @ad^e ntel^r !Dlenf(i^en ol^ 
®ott fütd^tet. e« trifft l^ier ein jener 3lu«f})rud^ be« 5ßro})l^etett: 
SSon ber ^ugfol^Ie Bis an^d $au))t ift nid^td ©efunbe^ an il^nt 
(3ef. 1, 5)." er erlennt barin ben ©nflufe Sernl^arb«: ,,®r 
^&tte — faßt er bon Äbälarb — eine Suflud^t beim ©tul^l be« 
Ertrug finben ntüffen, toenn nid^t burd^ bie SWad^t beiner SBerebt* 
famleit — fo rebet er ben S5em^arb an — ba« ^erj ber römi= 
fd^en Äird^e tl^m Derfd^Ioffen toorben iööre. Serul^ige bid^, be- 
rül^mter Streiter! @« jiemt bem SWönc^ nid^t, fo ju ftreiten. 
(Slaube bem ©alomon (5Preb. 7, 17): ©ei nid&t aHjußered^t, 
ba§ bu bid^ nid^t Derberbeft. 6^ beläm))ft nid^t ben ©lauben 
bed $etruiS, toer ben (glauben beiS $etrud Bel^aut)tet. @x mu| 
alfo bei bem ©tul^I be« 5Petru« eine 3uflud^t«fi&tte finben. ^^ 
bitte bid^, erlaube bem 5ßetru3, mit bir ein (Sl^rift ju fein. Unb 
toenn bu e^ i^m geftatteft, iö^rb er mit bir ein latl^olifd^er Sl^rift 
fein. Unb toenn bu e« il^m aud^ nid^t geftatten toiHfi, 
bod^ toirb er eia latl^olifd^er ßl^rift fein. SDenn ®ott ift ein ge« 
meinfamer ; e« l^at nid^t Qeber feinen befonberen @ott *)." Sem* 
l^arb ift eS aud(|, ben er befonber^ )um ©egenftanb feinet 3Sx^^ 
maä)t SBir l^aben fd^on bei anbern Oelegenl^eiten bemerlt, toie 
jtoeifelnb er fid^ über bie üon bemfelben ijollbrad^ten SQäunber 
äußert, toie er fein SSerf al^ren auf bem Äoncil toon ©eng in einem 
nad^tl^eiligen Sid^te barguftellen fud^t, bie älufrid^tigleit ber ijon 
tl^m 2ur ©d^au getragenen d^riftlid^en Siebe gegen bie $erfon 
äbälatbg mit SRed^t ijerbäd^tig mad^t, feine SKad^inationen gur 
Slufregung beg fßolU gegen ben Slbälarb aufbedft^ toie er ba§ 
Sfll^etorifirenbe unb SSäortreid^e in feiner 2lugbrud«toeife benu|t, 
um ba§ toal^re ©efü^I il^m abjufl^red^en. fjreitid^ erlaubt er 
ftd^ aud& ungered^te« ^reffen feiner SQäorte, um Sß^en bei il^m 
ju finben. SBBir tooffen befonber« l^erijorl&eben,, toie er mit 
S3ernl^arbS fd^öner ©d^rift bon ber Siebe ju ®0tt; Don beren 
Qnljfalt toir frül^er fd^on flef))rod&en l^aben, berfäl^rt. Seml^rb« 
tJreunb^ ber römifd^e Äangler ^aimerid^, l^atte il^n aufgeforbert, 
eine fold^e ©d^rift ju Derfaffen, unb fte toar an-.il^n gerid^tet. 
SDie« benu^t Serengar für feine ©atl^re. 5Der Äangler l^otte, toie 
Sernl^arb fd^reibt, il^m bie fragen borgelegt, bie er fid^ freili(^ 
felbft l^ätte beanttoorten foUen, toarum unb toie @ott ju lieben 



1) L. c. pag. 308: Patere, quaeso, Fetrum tecum esse christianum. 
Et si yis, tecum erit catholicus. Et si non vis, tecum erit catholicas. 
Communis enim Deus est, non privatus. 



unb aniolb öon iöu^cia. 209 

fei. SJatüber W^t Serengar feinen aBi| fjjielen. „35er Sftömer, 
baö bi(fc Äameel, 1)aS franjöpfd^e SEBeigl^eit auf feinem Slücfcn 
trägt, fjjringt über bie 'klpm, um ju fragen, toaö man lieben 
foBe *) : afö toenn er in feiner Stalle feine SeifJ^ l^ätte, bie il^m 
bieg begreifKdjf mdd^en fönnten. , Unb il^m anttoortet unfer ^f)u 
lofoj)]^: SRid^t bie 2:ugenb fei gu lieben, tpie 61^r^fiJ)J) fagt, nid^t 
bie 2n% toie airiftij)^), fonbern ®ott,. ate ein ß^rift. «Cerbing« 
eine fd^arffinnige änthjort unb toürbig beö gelehrten SKanneSI 
Slber toel^e« getoöl^nlicl^e SBeib/ toeld^er nod^ fo Ungebilbete h)ei§ 
ba^ nid^t? ©0 J)^Uofot)l^iren aud^ bie alten SBäeiber an ben 
SBebftül^Ien. 2lKerbing§, toenn Sernl^arb fagt, ba§ man ©ott 
lieben muffe, l^at er fel^r toal^r gef})rod^en, unb eine elj^rfoürbige 
SBal^rl^eit: aber um bag gu fagen, l^at er umfonft feinen 3Runb 
geöffnet, benn baran jtoeifelt Äeiner. SJenn ber SRömer hoffte 
ettoaö ganj SBefonbere^ ju l^ören, unb unfer Slrd^imanbrit lä|t 
tl^n fo ^t\oa^ bernel^men, toa§ aud^ jeber Sauer l^ätte anttoorten 
fönnen. Slber bod^, inbem er auef})rid^t, ba| ®ott gu lieben fei, 
t^etfe^t er bem SRömer einen Verborgenen $ieb, ber in ber ^Oip\ü 
lid^en Äuric gelernt l^atte, nid^t ®ott, fonbern ba§ ®oIb ju Iie= 
ben *)/' Serengar l^attc bie Äbfid^t, ju bem erften Sud^e feiner 
2lj)oIogie Slbalarbg nod^ ein jtoeite^ I5^ingugufe|en, in toeld^em er 
ftd^ auf baS SWaterieffe mel^r einlaffen toottte, nad^loeifen ioolfte, 
ba^ man il^n in §inftd^t feiner Seigre mit Unred^t berbammt l^abe. 
aber fd^on biefeö erfte Sud^ jog il^m fold^e Singriffe ju, toeld^e 
tl^m, jumal ba er unterbeffen über bie güngling^jal^re l^inauSge*» 
lommcn toar, bieg, ju unterlaffen betoogen. ®ine f o tül^ne ©J)rad^e, 
toie Serengar in jenem erften Sud^e geführt l^atte, mußte Sielen 
in ber Seit anftö^ig fein. S)ie jal&lreid^en entl^ufiaftifd^en Ser^ 
el^rer Seml^arbd mußten baburd^ felj^r gereijt ioerben. 3)ie in 
großer Serelj^rung ftel^enben Äartpufer traten afö Sertl^eibiger 
Seml^arbg, ©egner abälarb« toiber il^n auf. Slber Serengar ließ 
ftd^ babur($ nid^t fd^redfen. @r mad^te nun bie Äartl^äufer felbft 
jum ©egenftanbe feine« SOBi^eg. 3n einem an fte gerid^teten 
©riefe *) toirft er i^nen bor, baß fte fid^ in ©inge mifd^ten, toeld^e 
il^nen afö aJlönd^en fremb fein follten. ^^xt böfen SmQtn, tlj^e 
©eneigtlj^eit, änbere ju berbammen, ftellt er im Äontraft mit 
tl^rer Serjjpid^tung gum ©d^toeigen unb mit il^rer ftrengen ägiefe 
bar : „^f)x entlj^altet euc^ beg fjleifd^eg ber 2:]^iere, unb il^r ger« 
ttagt bag t^leifd^ ber SRenfd^en ol^ne ©alg. ^enn il^r f agt : 2)iefe 



1} Sßag ni(^t genan üi^etnflimmt mit ber e(3^n{t iBcrn^arbg, »o eft 
^i|t: quare sit diligendus Deus. 

2) Berengarii apologet. pag. 316. * 

3) Berengarii epistoia ad Carthusienses opp. Abaelardi pag« 3^. 



210 «em^atb« ftom))f mit $eter fLUlax\> 

grau ift fd^toanger, aBet nid^t tion il^rent aRantie. S^nc l^ulbigt 

\>itUn @elU(ten. ;3^>^ Aanontlet fd^tDcIgen breimal be$ Xagd 

im gUifd^effen. gijfr l^abt ju ijiel 5Ku^e, unb be^l&alb bred^t il^r 

fo t)iel Söjed gegen 9(nbere an^, ^a^ nü^t e^, il^r Srüber, in 

bie äBüfte gu ge^tn, unb in bie SSüfte bod^ ein &g);t)tifd^e$ ^erj 

mitzubringen? SBag nü^t e«, bie gfröfd^e Slegl^tJten« )u meiben, 

unb )?on unjiemenber äSerläumbung gu ertönen? 2)ie Aartl^aufe 

ijl nid^t ber ^immel, nid^t ba« $arabieg, bie. Äartl^aufe befinbet 

ftd^ nöd^ unter ben fjlüffen Sab^Ion«." Seiengar tourbe burd& 

bie Slngriffe, bie il^n trafen, f|)äter fein 3Satertanb einfttoeilen )u 

t)er(af[en unb in bie @et)ennen fid^ )urtid(}U)iel^en betrogen. 93on 

^ier au^ rid&tete er ein ©d^reiben gu feiner ©ntfd^ulbigung an 

ben 93ifd^of äBill^elm )?on 3Renbe, in bem er il^n um feinen @d^u| 

bat^). 9Jlan erfennt aber iöol^I, fo mitbe er aud^ auftritt, ba| 

er ate Sd^ülcr äbälarb? ftd^ treu blieb, ßr fagt jur ßntfd^ulbi- 

gung ber angriffe auf Sernl^arb, bie man i^m fo fel^r öerargt 

^atte: „3ft benn ni^t ber 2lbt ein aJlenfd^? ©d^ifft er nid^t 

mit un« nod^ auf biefem großen 9Keere ber SBelt umlj^er; unb fein 

@d^iff bleibt, toenn ed aud^ fid^rer einl^erfäl^rt, bod^ immer nod^ 

'ben SBinben au^gefe^t. SBeld^er SDBein lann in 5ßed& tool^nen, 

ol^ne feinen ©efd^madE tiWa^ ju öeränbern*)? 3)eß]^alb fel^nte 

ftd^ aud& ber 3t))oftel ?lJaulu§ barnadji, baß fein SÖäein Don ber 

©enoffenfd^aft be« 5ßed^« befreit unb in ba« ®efäß ber ^errlid^^ 

feit umgegoffen toerbe/' toorauf er bie SDBorte 9löm. 7, 25, bie 

er nad^ ber getodl^nlid^en annähme jener S«it auf bie Ääm|)fe 

bei8 SEBiebergebornen beutet, bejiel^en ju lönnen meint @r bejeid^s 

net ben Sernl^arb als ben ÜJlartinug feiner Seit. ®r fagt bon 

tl&m : „3d^ benfe fo bon iljfm, baß er ein Sid^t ber Äird^e ift, aber 

bod^ nodji in irbenem ®efäß. SQ3ie follte e« bem ®olb, ba« gc=: 

^)riefen toirb, gur ©d^mad^ gereid^en, toenn bie ©d^ladten, bie bem* 

felben nodji aufleben, öertoorfen toerben? gi^r J)reift ben Äbt, 

td^ J)reife il^n nod^ mel^r. SBarum fd^reibft bu benn alfo — laßt 

er fid^ fragen — fo l^eftig gegen i^n, toenn bu fo gut Don t^m 

beniEft? Sei^t mir nur ruI^igeS ©el^ör für meine ©rünbe. ®t 

j^atte meinen Seigrer Slbälarb berbammt, einen aWann, ber ein 

^erolb be« ©lauben« genannt toerben fonnte, ein DraW be« ®e* 

fe$e«, ein 3Kufter be« SBanbel«. @r l^atte ben «bÄlarb, fa^e idj, 

berbammt, unb feine ©timme ungel^ört unterbrüdft. 3d& toar )u 

jener S^it ein 3ängling. ÜJlitten im ©treit fe^te xä) mxdf baran, 



1) Rpistol. ad episcopum Mimatensem opp. Abael. pag. 320. 

2) L. c. pag. 321 : Quod vinum potest babitare in pico, et sa- 
porem ejus non mutare? 



iittb Sltnolb »Ott ©rcecia. 211 

ien Slbälatb 2U t)etil^etbigen unb bte ^ül^nl^eit bed Slbte^ )tt 
toiberiegen. Slber man toirb mir eintoenbe«, id^ l^ätte einen foit 
^tn 2^l^eoIogen nid^t anöteifen fotten. 2a^t etoa« na^, x^v 
iBrüber; bebenit, ba| il^r eö mit einem SKanne ju tl^un ffobt 
SBotin meint ber äbt cttoa« toagen ju lönnen? 3^ ber Siteta« 
im. ^arin glaube aud^ id^ ettuad ju fönnen. 3n ber Sl^eologie. 
äud^ barin glaube id^ eö ju lönnen- S^i ©lauben. Slud^ barin 
-glaube id^ e« ju lönnen. 3" ber §eiligleit. ^arin toage id^ eiJ 
«idjit. 2Ba« Ij^abe id^ alfo gefünbigt, toenn id^ al3 ©laubiger beti 
®läubigeny atö ©eringer ben ©röteren, aU SDSeltlid^er b^n 3RöndS 
angegriffen l^abe? 3<^ ^«be il^n angegriffen, id^ -geftel^e eö, nidjft 
ben SKann ber 35etra(^tung, fonbem ben 5ßl^iIofot)l^en, nit^t beti 
iBelenner, fonbern ben .©d^riftftetter, nid^t feine ©efinnung, fon* 
bem feinen ©t^I, nid^t bie ©rgebniffe feine« 9iddj|benfen«, fonbern 
4»ag er' im ©d^Iaf gef))rod^en.'' kx anttoortet ^auf bie ?Jrage, 
Iparum er ba« t)erf))ro($ene )n)eite 93ud^ nid^t l^in}ugefügt l^abe: 
tveil mit ber 3^it er toeifer getoorben fei, unb bem Urtl^eil Sern« 
J^arb« l^abe beiftimmen muffen. @r l^abe nid^t mel^r SSertl^eibiger 
ber bem älbälarb -Sd^ulb gegebenen @ä$e fein iDoQen; benn toenn 
4ud^ bie barin entl^altene Se^re eine gefunbe fei, fo fei bodjf ber 
SluSbrud bem SKi^üerftanbe unterworfen getoefen. SBarum er 
benn aber aud^ ba« erfte S3ud^ nid^t jurüd^genommen? ®r Würbe 
e§, anttoortet er, getl^an l^aben, toenn nid^t ein fold^e« Semül^en 
i)ergeben« geWefen toäre. S)enn bie @semj)lare ber ©d^ft toürs 
ben bod^ im Seben jurüdEgeblieben fein; biefe feien fd^on burd^ 
ganj granlreid^ iinb StöKen ijerbreitet geioefen. ^un toenn er 
alfo jene SSertl^eibigung nid^t Derhid^iten lönne, toarum er fte nid^t 
auSbrütflid^ toerbamme? @r tootte, fagt er, fte »erbammen unter 
ber Sebingung, ba^ toa« er gegen bie 5ßerfon be« SKanneS ©ot^ 
teg gefagt, al« im ©d^erj, nid^t im ©ruft gef))rod(^en gelefcn foerbe. 
älud^ \t>a^ er gegen bie ^artl^äufer gefagt l^atte, nimmt er leinet« ' 
toeg« unbebingt jurüdf, fonbern fagt ju feiner Sted^tfertigung, ba^ 
er fte Dor jenen ©ebred^en be« ungered^ten älburtl^eilen« l^abe 
toarnen tooHen, burd(^ ioeldfre« il^re ganje ^ömmigleit ju ©runbe 
gerid^tet toerben fonnte. „3d^ tooKte — fagt er ^) — bie maaft^ 
lofe SügeHoftgleit ber gunge bei il^nen befd^neiben, mit loeld^er 
fie, toie, JJelbmeffer bie ganje SÖäelt meffen ju fönnen toäl^nten.'' 

2Bir leieren nun loieber jU äbälarb felbft gurüd. Seijor 
nod^ bed $a)>fte$ Urtl^eil nad^ f^anlreid^ Um, toax fd^on jn^ifd^en 
Sernl^arb unb feinen geinben triebe gefd^Ioffen. Slb&Iarb fam 
auf feiner Steife nad^ 3lom mit bem W>t ^eter üon ßlugn^ ju* 



1) L. c pag. 323. 



212 ' 5Jmi^«tb« Äawrt mit ?<tct HfeSktb 

fammen. ffiit l^aBen fd^on bcn ®cijt bw SUbe unb SKilbe, t^cr 
biffcn SKann au^jeid^nete, lennen gelentt. »fö SJeleg baju fattn 
bienen ba« SSetfal^ten biefe« tteffltd^en SWanne« in einet fd&on 
jtü^et *) bon nn« ettoftl^hten Slnflelegenl^eit, ba et näwlid^ et« 
falzten l^atte, bafe einige feinet SWöndJe Seftentben batübet ge« 
Äufeett Ratten, ba^ Sl^tiftu« in ben ©bangelten nitgenb« ftdj felbft 
®ott nenne, ©old^e Untetfud^ungen geigen fdjon bon bem fteie« 
ten ©eifte, bet tintet bet Seitnng bcg^ äbt« ?Petet auffommen 
tonnte. Sin befd^tänftetet, mel^t gu blinbem ©fet genetgtet 3Konn 
l^ätte tool^I baburd^ betanla^t toetben lönnen, Ätgtool^n gegen bie 
gtiHnmigleit unb Sled^tgföubigfeit jenet 5!Jlönd^e ju fd^öj)fen, unb 
fte toenigften« auf eine fd^toffe ^xi juted^tjutoeifen. Slid^t fo bie« 
fet 5!Rann bet Siebe. St fd^teib übet fie bem SWanne, bet il^m 
bie§ betid^tet l^atte: ,,DbgIeid^ il^t mit ben 5Ramcn jenet Seute 
nid^t genannt l^abt, unb id^ nid^t batauf beftanb, benfetben 
töijfen ju tootten, bod^ toeiPmit bie ^ßl^^ftognomie bet ©d^afe an^ 
meinet $eetbe nid^t ganj unbefannt ift, fo glaube id^, ba^ 2)ie^ 
jenigen, toeld^e biefeiS, fagen, nid^t butd^ ©laubengfd^toäd^e, fon« 
betn butd^ ba« SSetlangen unb ben Sifet, ba§ il^nen bi« je^t Un= 
beJanntgebliebene gu toiffen, gettieben toetben. 2)enn SDiejenigen^ 
ton toeld^en id^ mid^ etinnete, ba^ fie übet biefe unb ä^nlid^e 
®inge tjtagen auftoetfen unb fold^e gu beanttootten fud^en fönn= 
ten, fenne id^ afö gelel^tte, geübte unb ftomme aWenfd^en. 3>al&et 
fei eg fetn bon mit, et)a)d^ Ungünftige«, gnmal in fold^en 3)in* 
gen, bon ii^nen gu atgtoöl^nen, toeld^e bie ©nabe, toeld^e bi§l^et 
in il^nen nid^t umfonft toitffam toar, loie id^ oft etfal^ten l^abe, 
fotool^I im ®Iauben ate im Seben immet botfid^tig gu mad^en 
frflegt*)." Sinem fold^en 6l^ata!tet, loie bem l^iet fid^ un3 gu 
etfennen gebenben, entffrtad^ e« nid^t, in ba« unbebingte 3Setbam= 
mungöutt^eil »bötatb« einguftimmen, toenngfeid^ et in btaleltifd^et 
®eifte«tid^tung il^m nid^t bettoanbt toat. St tou^te bod^ ben 
Äetn bet ftommen ©eftnnung bei allem 2:tübenben in il^m mit 
Siebe gu etfaffen unb gu betftel^en. St ad^tete SBiffenfd^aft unb 
Runft; abet Äffe« ttat xfftn gutüdf gegen bie Sine ^ßetle be« SRei* 
d^e« ®otteg. Unb e« mu^te feinet d^tipd^en Siebe nun ba« 
SSBid^tigfte fein, bem Slbätatb mitten au« ben ©tütmen, bie beffen 
Seben fo lange betoegt l^atten, einen fid^etn $afen bet Stulpe gu 
betfd^affen, il^n gang füt jene« Sine, toeld^e« il^m ba« $öd^fte 
unb Sitte« toat, gu gewinnen, unb feine gto^en ®abm bal^in gu 



1) @. oben @. 108 

2) Petri Cluniac. ep. ad Petrum de S. Joanne in bet bibl. 
Cluniac, pag. 965. 



Wien, bafe jte iiut btefem ©ncn btcnen fefften. 2)tefe -^ cnitoetfe 
be8 el^toärbtßctt 5Wanne« brüdft ft^ au^ in einem ©tiefe, ben er 
ftud^ einft an äBfifatb Befc^riefcen f)aUn fönnte. an einen SWagi« 
ftet 5ßeter, bet nod^ ganj ben toeltlid^en ffiiffenfd^aften ft<i^ erö*en 
^aiU, tinb ben bet »bt $etet ju bet bon ß^tifkniS geoffenbatten 
l^itttmCifd^en SBei^l^eii füllten toottte^), S)emfelben ftijtteb et») 
öBet bag Setl^ältni^ äffe« n?eltnd^en SBiffenS ju bet in bent ®bon* 
geKum gegtünbeten SBei^eit, bie nut bent bentütJ^igen, finblid^en 
Sinne, bem ini ©eifte toal^tl^aft Sltmen ftd^ ju etlennen giebt, 
SaSotte, toeld^e nid^t bloß füt bie bantalige S«it, fonbetn aud^ für 
olle Seiten nod^ fo toeit fottgefd^tittenet unb tei<i^et SSBiffenfd^äft 
bet Sßelt biefelbe ©eltung bel^atten toetben. (^^ ftnb biefe i^ett« 
Hd^en SBrnrie: ,,aWetn tl^euetftet ©ol^n! 2)a bu bid^ abntüJ^fk 
in ben ©tubien toettlid^et SBiffenfd^aft, unb id^ bid^ butd^ bie 
Saft menfd^Iid^en SBiffeni^ niebetgebtildEt fel^e, toetbe id^ bon 3SliU 
leib mit bit etgtiffen ; ba id^ leinen Sol^n füt beine ätbeit, lein^ 
©tleid^tetung füt beine Saft toal^tnel^me, fo feufge id^ batübet, 
bag bu beine Seit fo umfonft öetbttngft. 35enn toenn füt ben 
ival^tl^aften 5ßl^iIofoj)l^en bie« bet einzige unb getviffe 3^^* Vjt, 
tootin bie toal^te (Slüdfeligleit befielet, gu etlennen, unb bie et»» 
lannte ju etlangen, um, inbem et fte etlangt, fein @Ienb mit 
©eligleit bettaufd^en ju fönnen, unb ba ba« feine ©{üdffefigfeit 
genannt toetben fann, too e« an bem l^öd^ften ®ut nod^ fel^It, ba«^ 
l^äd^fie &nt abet bie etoige ©eligleit ift: fo ftagen toit, toet lann 
S)en einen fjteunb bet SBeigJ^eit nennen, bet butd^ atte feine S^tbeit 
nidjt gut etoigen ©eligleit, fonbetn ju etoigem @lenbe J^infttebt? 
©ie ©eiftet bet Sllten l^aben ftd^ abgemül^t, biefe ®lürffelig!eit gu 
ftnben, unb toa« tief betbotgen toat, fud^ten fte mit bielet SRüi^e 
toie au« ben a:iefen bet ©tbe an'« Sid^t gu btingen. 3)al^et bie 
©tfinbungen bet fünfte, ballet bie gabJjtintl^ bon SJemonftto^f 
tionen, ballet bie unenblid^en (Segenfäi^e bet mit einanbet fttei» 
tenben ©elten : bon benen bie einen in bet ©innenluft, bie anbe* 
ren in ben SJugenben bet ©eele bie ©lüdtfeligleit fe^en, anbete 
weinten, ba^ fte in bem, toa« übet ben SWenfd^en fei, gefud^t 
toetben muffe, anbete, bie ettoa« Stnbte« lel^tten, mit Sitten in 
Streit getietl^en, ^ni^m nun bie SBal^tl^eit bom ^immel l^etab 
etlennen mufete, toie atte biefe ittten, unb toa« in bet $öl^e bet^^ 

1) (S9 i|i bte« bet $etet, an toetii^en $etet bon (Slugnt^ f))Stet auf 
einet Steife ben f((on oben &. 88 angeführten $rtef (Hb. II ep. 22) 
tf^tete, bet toirdii!^ feinen (Sroia^nnngen folgte, ^Md) gu (Slugn^, ber 
tnmg^e greunb U9 Slbt« $etet tourbe, bet mit t^m in s9tt(ic(^en 2>in3en 
fotf^te. 

2) Petri Venerabilig epp. üb. I ep. 9 bibl. Clun. ed. Querce- 
tanas pag. 630. 



214 ^ern^arb« $Lnmp\ mit $eter fLUtath 

bürgen toax, in ben Xiefen l^ienieben finbeh ju fönnen meinten, 
toie bie ©terblid^en auf @rben burd^ bie SJettoirtunB bet Süge 
Betrogen toutben, fo ift fte, \>t>n @rBannen' mit il^rem @Ienb er^ 
griffen, auf bet (Srbe felbft etfd^ienen; unb um i)on ©old&en 
toal^rgenommen toetben }u Urnen, uml^üSte fie ftd^ mit ber Sie l^n^ 
lid^Ieit bed ^leifd^ed bet @ünbe unb tief biefen unb anbetn fx^ 
9(6mül^enben 3u : ,,ltommt l^et }u mit ^Ue, bie il^t muffelig unb 
belaben feib, id^ toiU mS} etquiden. !Rel^mt auf eud^ mein ^o^" 
Unb toeil fie biefelben in einet tiefen Untoiffenl^eit bet aSSal&tl^eit 
gefangen fal^, fo fügte fie mit lel^tenbet ©timme l^ingu: ,,Setnet 
loon mit, benn id^ bin fanftmiitl^ig unb loon $et}en bemütl^ig, fo 
toerbet il^t Slul^e finben füt eute ©eelen." Unb in bet Setg= 
^)tebigt lel^tte et nid^t attein offenbat, ft)o bie toal^te ©lüdfelig^ 
Jeit ju finben fei, fonbetn aud^, auf toeld^e SBeife man gu bet« 
felben gelangen muffe, unb toieö ba« bielfad^ ftd^ abmül^enbe 
gotfd^en aUet 3)etet, n)eld^e bie ©lüdfeligleit etgtünben tooUten, 
jutüdf, inbem et fj)tad^ : „Selig ftnb bie geiftlid^ Sltmen, benn 
il^tet ift baiJ $immelteid^." ©iel^e, ol^ne j)latonifd^e ©j)eIulationr 
ol^ne bie 3)i«J)utationen bet SKabemie, ol^ne atiftotelifd^e Sialeftil, 
ol^ne bie Seilten bet 5ßl^ilpfoj)l^en ift bet Dtt unb bet SBefl bet 
©lüdffeligleit gefunben. @d fd^hoeige alfo menfd^lid^e älnma^ung, 
nad^bem fie bie ©timme besg giJttlid&en 3Jleiftet3 betnommen. @3 
fd^toeige bet S^^ttl^um, toeil bie SBal^tl^eit lel^tt. S)et ^SWenfdJ 
fteige l^etab Dom Sel^tftul^l, toeil bet @ottmenf4 {td^ niebetgefe|t 
^at, um ju leisten, ©elig, fagt et, finb bie geiftlid^ a^tmen, benn 
il^tet ift ba« $immelteid&. SBa8, Sl&euetftet, ittft bu alfo in ben 
©d^ulen uml&et? toa3 lä^t bu bid& leisten unb toittft bu leisten? 
SßJaS fud^ft bu butd^ taufenb SBotte, butd^ Diele 2lt6eit, loa« bu 
butd^ einfädle SBotte, butd^ getinge Sltbeit, toenn bu .loiHffc, et= 
langen fannft? SBa« täufd^eft bu mit ben SJid^tetn, unb laffeft 
bid^ täufd^en mit ben 5ßl^ilofoj)l^en? SÖBatum toenbeft bu nodj fo 
Diele SKül^e auf bie SQäelttoeigl^eit, obet, e« fei mit beii\et ©tlauBs 
ni^ gefagt, auf bie Sl^otl^eit? 2luf bie 2:i^otl^eit, fage id^. 2)enn 
aud^ bie« ift ba« SSJott eine« äd^ten 5|}l^ilofoj)l&en : „-öat ©Ott nid^t 
bie SQ3ei«l&eit biefet SQSelt gut 3:i^otl&eit gemad^t?" ©ile alfo i&in, 
mein ©ol^n, ju bet Don bem l^immlifd^en SKeiftet bit Dotgel&at 
tenen ©eligleit be« ^immelteid^«, bet einzigen gtud^t ödetet Spi^i« 
lofoJ)l^ie ; unb biefe toitft bu nid^t anbet« etlangen Wnnen, afö 
butd& bie toal^te Sltmutl^ be« ©eifte«. 3)enn, toie gefagt, bet 
toal^te Seiltet, toeld^et bet ©d^ule bet ganjen SBelt Dotfte^t unb 
bie Sel^tftül^le bet falfd^en Seiltet umftögt, l^at ben geiftlid^ Sltmen 
feiig gej)tiefen, toeil il^m bie l^öd^fte ©eligleit Dotbe^alten fei, ba« 
^ei|t ba« ^immelteid^. ©daläge ein ben SGBeg bet Sltmutl^, auf 



unb 9[rno(b t>on 8re9cta. 215 

tofld^em man jur ©lädfcKßfett be« ^immefö flclanßt! gd^ fage, 
fd^lagc ein ben SBSes ber Slrmutl^; nid^t fotool^I ber letblid^eii 
ärmutl^, afö ber geiftltcipen ; ber Sltmutl^ nid^t fotool^l an ©ütern, 
ate ber Slrmutl^ ber 2)emutl^. S)ann toirft bu ein toal^er 5ßl&ilo* 
fo|)l^ ßl^rifti fein, toenn er fettft in bir bie SBeigJ^eit biefer ffieft 
jur %^oxf)dt gentad^t l^aBen Wirb. S)enn toenn bu nad^ jenem 
^po\Ul beife fein toittft, fo fei ein %f)ox, um ein SBeifer ju fein, 
unb rül^me bid^ nid^t, ben SBortlram ber Sogil, bie ©el^eimniffe 
ber 5Ratuj;loiffenfd^aft, ober irgenb tttoai fonft ju toiffen, aujer 
ßj^riftug 3efuS attein, unK jtoar ben gelreujigten. SBenn er ixt 
öerleil^en toirb, bieg ju fein, fo toirb greube über bid^ fein 6ei 
ben Engeln ®otteS, bie jid^ freuen über. einen ©ünber, ber Su^e 
tl^ut; aud^ l^eiligen 9Kenfd^en toirb e« eine gro|e gteube feinj 
benn, loenn ©in ©lieb fid^ freut, freuen fid^ atte ©lieber mit 
ätud^ für mid^ hoirb e§ eine SQSonne über Wl^^ fein, ber id^ bid^ 
aufnel^men toerbe toie einen einzigen ©ol^n, mit ber 3Rxl^ ber 
Siebe bid^ näl^ren, unter ben Jtleinen ßl^rifti bid^ ergiel^en. 3d^ 
toerbe bid^, fo biel id^ Dermag, für ben geiftlid^en Aam))f ermutJ^i^ 
gen unb mit bir jufammen gegen ben geinb IämJ)fen." 

5B3ir l^aben biefen fo fd&önen Srief faft ganj l^ierl^ergefe^t, 
tote ald SSorte ber äßal^rl^eit für aKe S^i^^^ entl^altenb, fo aü 
ben ©eift bejeid^nenb, mit bem ber Slbt 5ßeter aud^ bem Slbälarb 
entgegenfam unb il^n unter bie ©einen aufnal&m. 

SBenn eS einen tragifd^en ®inbrudf auf ung mad^t, jtoei 
5Känner, 9lei)räfentanten berfd^iebener iRid^tungen be§ ©eiftei^, bie 
einanber ergänzen fottten, ftatt einanber nur feinbfelig ju beläm* 
J>fen, SUlänher, bie beibe t)on berfd^iebenen ©eiten ba^ Siedete 
tootten, unb ber ©inl^pit eine^ l^öl^etn ©eifteS fid^ betonet loerben 
foUten, einen SSernid^tungSlrieg mit einanber fül^ren }U feigen, 
jumal h)o e^ bem ®inen gelingt ben 9lnbern burdj bie äußere 
SWad^t be8 mit il^m einberftanbenen 3^i*0^ip«^ J« unterbrüdfen, 
fo muffen loir un« befto mel^r freuen unb erquidft füllten, ioenn, 
ioaS fo feiten ber %aU x% bie le^te @ntfd^eibung eine fo(d|e ift, 
ba^ ein aWann, ber burd^ ben ©eift berllärenber, freimad^enber 
Siebe über bie ®egenfä|e feiner S^i* erl&aben ift, toie ein Sn^el 
bom .gimmel bajtoifd^entritt, um bie ©treitenben mit einanber ju 
berfdi^nen unb bie Unterbrüdten aufjurid^ten. 3)iefe fd^dne 9loSe 
in ber toeltgefd^id^tlid^en ©nttoidflung übernal&m ie|t 5ßeter bon 
ßlugn^. 3Scrbunben mit bem Slbt be3 Siftercienferorben^ ber- 
mittelte er bie SSerföl^nung Slb&Iarb^ mit Seml^orb unb mit bem 
Sßaj)fte, unb er \oniit e« auSjutotrlen, bafe äbälarb, beffen ©ei« 
^eögaben er für bie Silbung feiner ÜKönd^e ju gewinnen toünfd^te, . 
enblidj au^ ben bieten ©türmen, bie fein 2dm betoegt l^atten, 



S16 ' ^ent^atb« Katn^f mit Ißeter %Uiait> 

(jmttet, eine fHae 3upu<i^«jläite für fein «Itet in bent Älunia* 
cenfetorben finben lonnte. ffiit tüoffen ben Äbt ?Petet: felbji bar« 
Aber l^ören, tt>ie er jtd^ in feinem an ben ?ßaj)ft be^l^alb flefd^rie* 
Jenen ©riefe au«fj)ri<l^t: ,,a)er SWagifter ?ßeter, ber eud^, toie idj 
glaube, 190^1 befannt ift, latn neulich auf feiner Steife t>on %xatä^ 
teid^ l^er burdj ßlugni?. 3dJ fragte il^n, tool^in er tooße, unb er 
antwortete mir, bafe er »erfolgt \>on ©nigen, toelii^e i^m ben 
»on il^m fel^r; ijerabfd^euten 5Ramen, eine« Äe^er« gegeben f)&U 
' Un, an bie ajjofkolifdje SWajeftät aj)|)ellirt l^abe, unb ju il^r feine 
fiuflud^t nel&men toolle. 3^ lobte feinen Sntfd^Iul unb ermun* 
terte i^n, bei ber belannten unb älKen gemeinfd^aftlid^en Suflud^t 
^ütfe JU fud^en ; er ioerbe bie aJ)oftoIifd^e ©ered^tigleit, bie audj 
leincm gtemben je öerfagt toerbe, nid^t ijergebenö anrufen, unb 
Aud^ bie Sarml^erjigleit toerbe il^m, too e^ bie SiKigteit Verlange, 
entgegenlommen. Unterbeffen !am )u un« ber Giftercienferabt, 
Hnb l^anbelte mit un« unb mit il^m felbft über feine aSerföl^nung 
mit bem 9lbt bon ßlairDau^. ätud^ id^ ermal^nte i^n ba}u, in^ 
bem ic^nod^ l^ittjufe^te, toenn er ettoa« red^tgläubigen Dl^ren ä(m 
ftöjige« je gefd^rieben ober gefagt l^abe, e« \>on feinen SBorten 
3urüd(}une]^men unb au« feinen iSd^riften tüegjuftreid^en« Unb fo 
gefd^al^e«. @r ging, tarn toieber unb brad^te un« bie !Rad^rid^t 
ton feiner SSerfö^nung mit bem ^bt bon 6Iatrt)au£. STarauf ber= 
lie^ er auf unfre ©rma^nung, ober bielmel^r, toie toir glauben, 
auf Eingebung be« göttlid^en ®eifte«, Sd^ulen unb ©tubten, unb 
fud^te [x^ in eurem ßlugn^ eine beftfinbige Slul^eftätte an^. Unb 
ba mir bie« feinem ailter, feiner ©d^to&d^e unb feiner grömmigleit 
angemeffen fd^ien, unb id^ glaubte, bag feine eud^ nid^t unbelannte 
SBiffenfc^aft Dielen unfrer Srüber nti^Ud^ fein toerbe, toittfa^rte 
id^ feinem SSerlangen. !Run bitte id^ eud^, e« bittet eu(^ ber 
ganje eud^ am meiften ergebene Drben ber Ätuniacenfer, er felbfl 
bittet eud^ burd^ fxä) felbft, burd^ mid^, burd^ biefen Srief, il^r 
möd^tet il^n bie übrigen ^^age feine« Seben«, bie bieUeid^t nid^t 
Diele mel^r pnb, in eurem ßlugnt^ bottenben laffen, unb ba^ il^r 
il^n, toie il^r j|a alle ©uten liebt unb aud^ il^n geliebt l^abt, ber» 
tbeibigen mögt burd^ ba« Sd^ilb be« aJ)oftolifd^en ©d^u^e«, bafe er 
nid^t au« ber SSebaufung, bie er, gleicbtoie ber ©})erling fein 9le|l 
fiefunben ju ^aUn fid^ fteut, burd^ irgenb eine« SDlenfdJen Ser» 
folgung Vertrieben ober barin beunruhigt toerben Knne ^)." . 

SBie ÄbÄlarb mit bem Slbt ?ßeter bon (Slugnt^ berabrebet 
|atte, Verfaßte er eine ju feiner SRed^tfertigung bienen fottenbe 



1) Petri Venerabilis epp. lib. IV ep. 4 biblioth. Cluniac. ed. 
Qaercetanus 1614 pag. 816. 



uttb Slrnolb öon S3rc«cia. 2^17 

Qttt&xuxiQ &Ut ixt il^m Sd^ulb eegel^enen S^l^ümer ^). @t fag^ 
l^ier in ber @inleitung: ,,®§ tft ein UiannM ^ptü^iooxi, ba| 
eg nid^t^ fo QUt @efagtei^ giebt, toad nid^t berbre^t toerben fönnte, 
unb tote ^ier^ni^mud fagt : 98er biele Sudler f d^reiBt, maift Stiele 
ju Stid^tern über ftd^. %u^ i^, ia id^ nur äBeniged oefd^rieBen 
l^abe, nur Heine ©d^riften, bie im SSergleid^ mit anbern toie nid^td 
gu fein fd^einen, l^abe bem S^abel nid^t au^toeid^en lönnen, obgleid^ 
id^ in ben 3)ingen^ toegen toeld^er id^ fc^ioer angeHagt toerbe, ®ott 
fei mein 3«^fl«*« ^^^^ ©d^ulb bon meiner ©eite erlennen lann, 
unb toenn eine fold^e ba ioäre, nid^tö l^artnödfig bertl^eibigen 
toürbe. SSieKeid^t ffahe id^ m^ ^xxi^nm iSftanäft^ nid^t auf bie 
redete äßeife gefd^rieben : aber id^ irufe ®ott aU 3euge unb Siid^ter 
über meine ©eele an, ba^ id^ in bem, toorin id^ angesagt toerbe^ 
nid^tö au^ Böfer älbfid^t ober 9lnma|ung gefagt l^abe. ^^ ^abe 
ä^ieled in bieten Sorlefungen gef))rod^en, nie aber ettoaiS ©el^eimeiS 
borgetragen. ^^ l^abe öffentlid^ gef^rod^n }ur (Srbauung bed 
@lau6en$ ober ber ©itten, loie ed mir l^eilfam )u fein fd^ien : unb 
ioa^ iä) gefd^rieben ^abe, l^abe id^ gern SlUen blo^gefteUt, ba| id^ 
fie ju Slid^tern, nid^t ju ©d^ülern l^aben loottte.'' 2Bir feigen, 
SSböIarb nal^m l^ier bie f^ei^eit bed ioif[enfd^aft(id^en äSortragS 
für feine ©c^riften in änf})rud^, berief fid§i barauf, baft er Sitte« 
mit ©rünben be^au)}tet unb ed Gebern freigeftettt l^abe, burd^ 
Prüfung ber @rünbe ftd^ itm Slid^ter }u mad^en. Sie^ fd^ien 
if)m unerlä^lid^ für bie toiffenfd^aftlid^e @nttoi(!Iung , ba^ feine 
älutorität l^ier l^errfd^en, fonbern ^titx naä) freier Prüfung ber 
S)orgetragenen ©rünbe fld^ entfd^eiben fottte. 993enn er gleid^ 
l^ier nur bon feinen ©d^ripten rebet, mufete er bieg bod^ aud^ auf 
feine Sorlefungen auSbel^nen. Slud^ in biefer Sejiel^ung berief er 
fid^ ja auf bie Deffentlid^Ieit. Unb er l^atte ftd^, toie aui bem 
l^erau^gegebenen ^eft feiner SSortefungen l^erborgel^t, in biefen 
eBenfo au^gefjjrod&en, toie in feinen ©d^riften. @r berief pd^ 
alfo barauf, ba^ er aud^ feinen gw'&örern freigeftettt, nad^ 5Pru^ 
fung ber ©rünbe ba« Vorgetragene angunel^men ober nid^t. Sttfo 
nid^t ©old^e^ bie il^m Sitte« nad^f))radiien, toottte er )u feinen 
©d^ülern l^aben, fonbern ©old^e, loe(4>e nad^ Prüfung ber bon 
i^m borgetragenen ©rünbe fid^ entfd^ieben; 4oie ja nad^ feiner 
Seigre gioeifel unb 5ßrüfung ber 2Beg jur ©rlenntni^ unb jur Se« 
ioäl^rung be« ©lauben« Serben fottte. 2>iefe Segriffe bon t^ei^^ 
9eit ber toiffenfd^aftlid^n ®ntU)id(lung unb bon Sel^rfreil^eit festen 
ttun freilid^ eine fold^e ^eilaf[ang be« ©eifte« bon ber lird^lid^n 
Slutoritat borau«, toeld^e mit Um bomaligen lird^lid^^tl^eolratifd^ 



1) @cinc Apologia opp. pag. 330. 



218 «ern^avb« Stamp\ mit $etet 9l6ä(avb 

©tattb})unfte fx^ nid^t öeteitiiflen lie^. „SBenn i(^ aber, — fäl^rt 
Stbälatb^ fort — inbem td^ }u SKele« f agte, geirrt l^abe, fo l^at mid^ bod^ 
nie eine ju toeit getriebene SSertl^eibigung }um $&retiler gemad|t, in^ 
bem id& immer bereit bin, bie ©enugtl^uunö ju geben, burd^ 3Ser= 
befferttng ober a:ilgung beffen, toa« idj fd^ledjt gefjjrodjen l^abe, 
bei toeld^em feften SSorfa^e id^ biö an^^ ®nbe berl^arren toerbe. 
Slber toie e« meine 6ad&e ift, e« gu berbeffem, toenn xäf irgenb ettoa« 
ed^led^ted gefagt l^abe, fo mti^ id^ gegen ia^, toaS mir mit Unred^t 
©djulb gegeben toorben, Jjrotejiiren. SKöge alfo eure brüberlid^e 
Siebe erlennen, ba^ idj ate ©ol^ ber Äird^e, loer id^ aud^ fonfl 
fein möge, mit il^r Sltteg, toa« fte felbft annimmt, annel^me, un)> 
Derabfd^eue, toa« fte i)erabf d^eut ; unb ba^ id^ nie bie ßinl^eit be^ 
©lauben« jerriffen l^abe, obgleid^ in ^inftd^t ber 8efd^affenl^eit 
be« aSanbefö ben Uebrigen ungleid^." 2lm ©d^luffe rid^tet er an 
bie d&riftlid^en Srüber bie Sitte, ba^ fie pd^ lauten mdd^ten, feine 
burd^ bie SBal^rl^eit freigefJ>rod^ene Unfd^ulb burd^ SSerleumbung 
befledfen gu tootten. 3)enn e8 jieme ber Siebe, bie ©d^mäl^reben 
gegen ben SRäd^ften nid^t jujulaffen, unb in gtoeifell^aften %&Utn 
ba^ Seffere borau«gufe|en, unb immer auf j[ene3 SBort be8 $erm 
gu ad^ten: SRid^tet nid^t, bamit il^r nid^t gerid^tet toerbeti 

SQ3a3 bie einzelnen ©ä^e betrifft, fo lonnte Slbälarb 3Rand^i3,. 
toa^ U)m ©d^ulb gegeben hoorben, mit Siedet aU eth)a$, bad il^m 
nie in ben ©inn gclommen, afe Verbreitung feiner ©ä^e gurütfs 
toeifen. ^n Segiel^ung auf mand^e§ Slnbere brüdft er ftd^ nur 
milber unb auf eine mel^r gegen SWifeberftanb öertoal^rte SBSeife 
avLi, ol^ne eigentlid^en SBiberruf be« Don il^m S3el^au})teten. 3n 
anbern 5ßunlten, too er toirllid^ mel^r jtoeifelnb unb ^jroblemaa 
tifd^ l^in unb l^er rebenb fid^ au^gebrüdft, al3 ettoa« entfd^ieben 
bel^autJtet l^atte, fonnte er fid^, ol^ne eigenttid^en SQäiberruf, mit 
ber Äird^enlel^re übereinftimmenb erllären. ^n Sejie^ung auf 
feine Seigre öon ber Slttmad^t fagt er: „3d& glaube, bag (Sott 
allein ba§ il^un lann, toa^ feiner ju tl^un toürbig ift; unb bag 
er SSiele« tl^un lann, toa« er nie tl^un toirb." S^fofern l^ier 
bon einer blog abftralten 3Jlöglid^Ieit bie SRebe ift, bie 2l(lmad^t 
für fid^ attein betrad^tet ioirb, lonnte Slbälarb aud^ bon feinenv 
frül^eren ©tanbj)un!te biefe« augfagen. 3)urd^ bie Serbinbung 
biefe^ ©a^e« mit bem erften tourbe feine Seigre, toie er fie frül^er 
au^gefj)rod&en, gerettet, ber le^te ©a^ gegen ben 3Ri^t)erJianb in 
einer SBeife, bie bem ©inne 9lbälarb8 toiberfjjrod^en l^aben toürb^, 
öertoal^rt. — J3n S3ejiel^ung auf ba5 bon il^m auggeftjrodjene 
JßrinciJ), bafe bei ber fittlid^en Seurtl^eilung äHeg auf bie ®e=^ 
finnung anlomme, unb nur betou^te Uebertretung be3 ®efe|e^ 
©ünbe fei, ertoäl^nen toir folgenbe ©ä|e: „SludJ Diele« an^ Un- 



nnb Kntolb S)on i6re6cta. 219 

tbiffcttj^eit Segattgene tfk ate ©d^ulb ju Bctrad^ten, Befimbet^ 
toenn e§ inxä) unfte SRad^läfftgleit gefd^tc^t, baft h)it nid^t totffen, 
loa« .ft)ir totffcn foHten." 2)te8 toeift auf bie Untetfd^eibung gtofe 
fd^en,berfd^ulbeter unb unbctfd^ulbetcr Üiitotffenl^cit l^in. ^tne 
©infd^ränfung be« ©a|c«, ba| bei bct fttttid^en SeuttJ^eilung 
ällc^ bon ber intentio be8 SKenfd^en abl^ange , toeld^^ tote totr 
nad^getoiefen , bod^ fd^on aug bem, \oa9 9lbäfarb felbft in feiner 
©ittenlel^ve angebeutet, l^atte , abgeleitet »erben lonnte. 2)amit 
l^ängt juf ammen, bafe er nun ben ©a^ augfjjrid^t: ,,^i) belenne^ 
ba^ SDiejenigen, toeld^e 6l^riftu§ Ireujigten, in feiner Äreujigun^N 
bie fd^toerjie ©ünbe begangen l^aben." Unb ein artbrer ©a|: 
„3d& befenne, ba^ 3l0e^ bie in ber Siebe ju ®ott unb bem 3iä(|* 
ften einanber gleid^ pnb, gleid^ gut finb unb an SSerbienften ein= 
anber gleid^; unb ba^ in 93ejiel^üng auf ba$ SSerbienft bei ®ott 
nid^t« abgelte, toenn ber SBorfa^ be3 guten Sitten« an 'ber Slu««. 
fü^rung berl^inbert toerbe. S)enn aud^ toenn ein bon (Sott ge^^ 
fanbter ®ngel ba§, toa« er tl^un tooKte, bottjogen l^at, ober toenn 
bie ©eele ßbrifti )u bem äBitten aud^ bie %f)at hinzugefügt l^at, 
lönnte toeber ber ®ngel, no^ bie ©eele ßl^rifti für beffer gel^aU 
ten toerben : fonbern 3eber bleibt gleid^ gut^ möge er bie S^it jur 
Sottbringung ^aben, ober nid^t, toenn er nur ben glefd^en SBitten 
jum SBirlen be« ®uten behält, unb nid^t eih S^^ödf bleibe bon 
feiner ©eite bie Slid^tau^fül^rung berfd^ulbet." SJBir feigen l^ier, 
toie ftdj abälärb burd^ bie SRüdfpd^t auf bie getoö^nlid^e SJeri^ 
fiu^erlid^ung in ber SJloral leine^toegg l^at betoegen laffen, bon 
ben frül^er ausggefjjrod^enen ©ä^en l^ier ^t^a^ gurüdEjunel^men^ 
fonbern toie er biefe nur gegen jebe« aJli^berftänbnife bertoal^rt 
l^at. 3n SSejiel^ung auf bie (Srbfünbe fagt er: „^d} belenne^ 
ba^ toir bon %bam an^, in bem toir atte gefünbigt l^dben, fo^ 
tool^I bie ©d^ulb- ate bie ©träfe geerbt l^aben ; toeil feine ©ünbe 
Wrfjjrung unb Urfad^e aud^ atter unfrer ©ünben toar." SJurd^ 
ben festeren 3wfa^ lann l^ier bag (Srfte, in toeld^em fid^ Slbätarb- 
ber fird&lid^en Drt^obojie gang entf^jred^enb erltärte, in ber Slug» 
legung fo mobificirt toerben, ba^ e« mel^r mit ber frül^er Don 
i^m auggef})rod^enen Slnfid^t^ aU mit ber auguftinifd^^Iird^lid^en 
übereinftimmt enblid^ erllärt er, bie ©nabe ©ottegfei für atte 
' fo notl^toenbig, ba^ toeber ba« Vermögen ber Jlatur, nodj bie 
greil^eit be« SOSitten« ol^ne biefelbe l^inreid^en lönne jüm ^eile- 
,,3)enn bie ®nabe lommt un« juDor, bamit toir ia^ ®uU tootten, 
fte folgt un« nad^, ba^ toir bermögen, fie begleitet \xn§, bamit 
toir augl^arren." §ierin ift nun burd^aug nid^ts ier frül^er bon 
Slbälarb auögeftjrod^enen Seigre SBiberftreitenbe«. ®enn toenngleid^^ 
ipie toir bemerlt l^aben, einjelne bon 3lbälarb auggef})rod^ene ©ä^e: 



^20 9etn^atb« $tamp\ mit, ftttx %f>&iaxh 

$rincit)ien entl^ieltcn, bie |um ^lagiani^mud l^infü^en, fo toax 
tx bod^ immer fern babon 0eb(ieBen, ftd^ mit Slbftd^t unb SSe« 
tou^tfeiu )tt bem $elagianidmud 3U belennen, er erfd^eint tnel^ 
mel^r aU beffen ©egner. Su^er biefer @d^rift foK aber 9(6ä[aTb 
na^l^er eine anbere SSertl^eibigung berfa§t l^aben, in toeld^er er 
ioeit l^eftiger gegen feine äBiberfad^er auftrat, unb ben SSernl^arb 
befdftulbigte, ba^ er fid^ jum Stid^ter über 3)in0e mad^e, t>on be- 
nen er ate ein ber ^ialettil Unlunbiger . nid^td t^erftel^e ^). S^ 
iDäre iu tDünfd^en, ba^ toir biefe @d^rift 3lbälarbd benuiitn fdnn« 
ten, um feine f)>citere ©emüti^dftimmung baraud ju erlennen. 
ä(uffallenb iofire ed, toenn älbälarb fd^on ju Slugn)^ aufg^enom^ 
men, in feiner ä^bl^ängigleit Don bem 9(bt $eter, nad^ ber mit 
bem »ernl^arb gefd^Ioffenen Serföi^nung fid& fo gegen benfelben 
geäußert l^aben foKte. 

älbälarb fanb nun unter beS frommen, liebreid^en äRanned 
&ä)u1i für feine legten brei ^al^re Stulpe. 3toifd^en älnbad^t, 
r^l^igem @tubiren, ber ®rmal^nung unb bem Unterrid^t ber übri^ 
den SRdnd^e, ju beren $rior i^n $eter gemad^t l^atte , toat feine 
^eit getl^eilt. ißad^bem er jloei S^i^re l&ier augebrad&t, fanbte 
%\)n $eter, toegen feiner gefd^toäd^ten @efunbl^eit fid^ )u erl^olen 
unb gu ftSrIen, in eine gefunbere ©egenb, bad Älofter ®. 3Rars 
ctl bei ß^alond für @aone, too er in 9lul^e unb älnbad^t, immer, 
f t)ie( e9 il^m feine Aräfte erlaubten , nad^ ä&al^rl^eit forfd^enb, 
feine 2;age enbete am einunbjtoanjigften %pxH 1 142. 28ir iooQen 
ben aibt 5ßeter felbft in feinem Sriefe an bie ^eloife barüber 
l^dren^) : ,,Dbgleid^ bie über ^Qed ioaltenbe äSorfel^ung und nid^ 
Vergönnt l^at, bi^ bei und gu l^aben, fo l^at fte und bo^ gef(^enlt 
beinen 3Keifter 5ßeter, jenen 3)icner ß^rifti unb toal^rl^aft d^rijfc 
lid^en ^l^ilofopl^en. @ie l^at bamit unfrem 6(ugn)gt ein (Sefd^nt 
•gemad^t, f oftbarer ald aSed ®oIb ; benn id^ erinnere mid^ Aeinen 
an 3)emutl^ il^m ä^nlid^ gefeiten gu l^aben, fo bag felbft ein 
@ermanud unb SRartinud nid^t ärmer unb bemüt^iger erfd^einen 
lonnte. Dft ftaunte id^ faft, toenn er bei ben 5ßrojefponen nadj 
^er ©et^ol^nl^eit mit ben Uebrigen bor mir Doraudging, ba| ein 
üRannüon fo großem unb berül^mtem Flamen fo fid^ felbft )?erad^ten, 
f auf ftd^ felbft äSerjid^t tl^un lönne. Ununterbrod^en hoaren feine 
©tubien, l^äufig fein ®ebet, beftänbig fein'Sd^toeigen, toenn nid^t 
bad Vertraute ®efj)räd& ber »rüber, ber öffentlid^e Sortrag über gött:: 



1) Abbate^n literatissimum, et quod majus est, religiosis^imum, 
Yocat inexpertem artls illius, quae magistra est dissereodi. Disput. 
Anonym, abbat, contra dogmata Petri Abaelardi in Tissier bibl. Cia- 
terciens. 1660 tom. IV pag. 239. 

2) Petri Venerabüis epp. lib. IV ep. 21 pag. 850. 



unb Sfrnolb bon SBre^da. 221 

l\ä}e ©inge in ben SSerfammlungcn iJ^n ju reben nötl^tgte; furj, fein 
@cift, feine ©Jjrad^e, fein ^anbeln offenbarte immer göttliche 2)in0e, 
?Jl^iIofoj)^ie, aBiffenfd^aft." 3)arauf bon feinem le^tern Slufenl* 
l^alt bei ßl^alcng: „&o biel e? i^m feine ©efunbi^eit erlaubte^ 
feine alten ©tubien erneuernb, \r>av er immer bei ben 33üc^ern^ 
lieg er leinen Slugenblid borübergel^en, in bem er nid^t entft>ebet 
betete, la« ober .fd^rieb. Unter biefen l^eilfgen Sefd^äftignngen 
fanb er 3ltte §eimfud^enbe i^n nid^t fd^tafenb, fonbern toad^enb; 
eine lurje, immer gune^menbe Äranf^eit fül^rte il^n balb ju fei= 
nem ®nbe. ältte SWönd^e be^ Älofter« finb S^wgen, toie heilig, 
anbäd^tig imb red^tgläubig er juerft feinen ©lauben ^erfagtc, 
bann fein ©ünbenbefenntnife ablegte, mit toeld^er Slnbad^t eine« 
fel^nfu4ltöotten $erjen§ er ba§ ©eteit für bag etoige Seben, ben 
Seib unfrei @rWferS, emjjfing, mit toeld^em ©lauben er feinen 
Seib unb feine ©eele i^m l^ier unb auf etoig cmpjai^l 3iad&s 
bem er fo feine Sage befd^Ioffen, ging ber 3Jlann, loeld^er burd^ 
augerorbentlid^e SBiffenfd^aft faft ber ganjen SQSett befannt unb 
attgemein berühmt toar, fanft unb bemüt^ig berl^arrenb in ber 
©d^ute 2)effcn, ber gefagt l^at: Sernt t>on mir, bag id^ fanft unb 
bemütl^igen §erjeng bin, ju i^m felbft l^in, tt)ie ju glauben ift/' 
3)er 2lbt $eter fe|te il^m eine ©rabfd^rift , in ber er i^n al« einen 
©ofrateS unb Slriftotele« für IJranlreid^, ben 5ßlato be^ Dccibent« 
bejeid^net, ber leinem Sogiler bor il^m nad^ftel^e, ober über aHe 
erl^aben fei, ber 3lffe3 ^urd^ bie ®etoaIt feiner Vernunft unb 
feiner ©|)rad^e bewältigt l^abe; aber bann am meiften Sllleg über^ 
lounben, als er jur njal^ren 5ßPofo))^ie ßl^rifti überging, inbem 
er unter ben Äfuniacenfern 9Mönd^ getoörben fei ^). 

aibälarb toar nun gtoar bur^ feine ^Jeinbe bom öffentlid^en 
©d^aujjla^e öerbrängt, unb l^atte ben 9left feiner S^age öon ber 
2BeIt unbemerft, unb bal^er in ungeftörter SRu^e, geenbet. äCber 
bie SEBirIfamfeit eine« Uja^rl^aft großen 3KanneS ift nic^t an feine 
^erfönlid^feit gefrtüjjft, l^ängt nid^t unjertrennlid^ mit il^r jufam= 



1) Epitaphium Petri Abaelardi scriptum a Petro Venerabili opp. 
Abael. pag. 342: 

Gallorum Socrates, Plato maximus Hesperiarubo, 
^oäter Aristoteles, logicis, quicunque fuerunt, 
Aut par, aut melior; studiorum cognitus orbi 
Princeps, ingenio varius, subtilis et acer. 
Oodnia vi fiuperans rationis, et arte loquendi 
Abaeiardus erat: sed tunc magis omnia vicit, 
Cum Cluniacensem monachum moremque professus, 
Ad Christi veram transivit philosophiam. 
In qua longaevae bene compiens ultima vitae, 
Philosophis quandoque bonis se connumerandum ^ 
Spem dedit) undenas Majo revocante calendas. 
"^leanbec, bei l^ell. SBetn^arb. j5 



222 «erMt>orbft Stam)ß] mit ^ßetcr %U\ax't 

wen ; bag feurige einmal ausgekrochene SBort ' ber SQBal^rl^ett 
bringt \)om $erjcn gum $erjen unb bringt bieHeid^t eine größere, 
ober gar eine ganj anbere ®irfung l^erbor, afö ber bon ber 
SBal^rl^eit fccgeifterte ®pxt^tx erioartete unb loottte. SQSenn unter 
ben taufenb Jünglingen unb jungen SKSnnern, bie ben^ großen 
SReifter mit ftaunenber SSerel^rung l^örten, SSicIe nur feinen fd^nett 
getoanbtcn ®eift unb feinen btoleltifd^en Sd^arffinn betounberten^ 
bte 3)i€t)utirlunft x^m abgulernen ftrebten, änbere in bie ^öl^e 
unb Siefe feiner ^jl^ilofo^jl^ifd^en ©Jjelutationen il^m gu folgen 
fud^ten, fo ergriff einen Jüngling toarmen §erjeng unb Ieben= 
biger Äraft toae ba« §eUigfte tbar in feinen Seigren* unb feinem 
Seben, ber ernfte religiöfe unb ftttttd^e Seift, ber bie Entartung 
ber (SeiftUd^feit, ba^ SSerberben ber Äird^e ftrafte. ©§ h>ar ein 
Jüngling au« ber ©tabt SreScia in Jtalien, airnolb^). $Rad&=^ 



1) Sad tcit (ier toorau9fe^en, baß ^rnolb ^bälarbd @4üler getoefeit 
fei, ift in neueren 3«ltcn jlreittg gemacht tuorben. 3)er einzige au«brild* 
iidjje ^uge bafür ip ber ©efc^ici^ifc^reiber Otto öon greifutgen de gest. 
Frid. 1 lib. II c. 20: Petrum Abaelardum olim praeceptorem ha- 
buerat. ©ern^arb fc^njetgt baüon, rebet nur botoon, bag ^rnotb , oI« er 
na4 graniieici^ tam, ftd^ bem ^bälarb angefd^Ioffen (>abe. Bernard. ep. 
195 pag 187 : Exsecratus quippe a Petro apostolo, adhaeserat Petro 
Abaelardo: cujus omnes errores, ab ecclesia jam deprehensos atque 
damnatOH, cum illo etiam et prae illo defepdere acriter et pertina- 
citer conabatur. ^Uerbingd lägt fl^ teine unmittelbare ^ertDanbtf^aft 
jtDtfd^en ben Seigren ^^rnolb« unb ^bSlarbd nad^tDeifen, unb bing^g^u lägt 
e« fl^ febr gut ertlären, »aö tuir im X^ft toeiter enttt)i(ieln, baß eine 
antibierarcbifc^e ^iicbtung, mte bie ^rnolbd toav, au9 bem reltgidfen duU 
tt)i(ftung«gangc biefer >itit öon felbfl fl«^ bcrau«bilben fonnte, *ilber bie 
iRacbridjt be« Otto öon greifingen, ber felbfl in grantreid^ flubtrt bötte, 
unb bied fo benimmt fagt, iß bodb nidbt ^u beraubten. 3)?an fann fc^etUdb 
bered^tigt fein ;;u ber ©cliiau^tung, bog jener ©efdj^itbtfdjreiber nur burdb ^xt 
%vt, mt fiä) ^rnolb fpäterbin bem ^bälarb anfd^Iog, bemogen' n)orben fei, 
ibn fo beflimmt al8 beffen @(bttlcr ju bejcicbnen. 3)ie(c 9^ad^ri(bt toirb 
ou(b betätigt burtb bie SSorte be« ©üntl^cr i*igurinu8 in feinem @ebt(]^t de 

gestis Friderici I: Tenui nutrivit Galiia sumptu edocuitque diu. 
d. Reuber. 1. III pag. 322. Sf^ax i|t ber SBericbt biefe« Scfeteren leiuc 
fo fidlere Duette h)egen fetner Slbbängtgfeit toon Otto toon greifingen ; aber 
bie beflimmte %tt, mie ©üntber p^ au«brü(ft, toergltcbeu bannt, bag bie 
öon ibm be^cicbnete SebenetDeife toon ©tbülern Slbälarc« totrUitb geführt, 
»urbe, f^rtd^t bocb bafür, bag er \)m auö einer anbern beftimmten Ouette 
fdb(J*>fte. 9^un fann man au(5 f4tt)erli(^ annebmen, bag 8ern^arb etttjo nur 
n)itt!ürücb ^rnolb unb ^balarb jufammengeftettt \}aht, um biefen babutdb 
in bcfto fcblimmerem 2id()te barjuftetten; bcnn.ba^u finb feine - 21 u«fagen ju 
beflimmt, n?a« er fagt, ifl ju fcbarf ausgeprägt.; toenn ictr au(b bie« filr 
übertrieben bitten h)ottten, bag Hrnolb, ein fo eifriger SSertbeibiger aßer 
Sebren Slbätarb« geworben fei. 9hin, menn mir nn« audb blog an t'ü ^u«* 
fage S3ernbart8 balten, iß e8 tvo^l tDabrf(^ieinl!d&, bag ber praftifdb rcfor* 
matoiifcbe 2Irnolb bem fpefulatitoen Slbälarb ftcb blog 'ber gemeinfamen Op^ 
pofltion iregen angefcbloffen baben fottte, ba er bodb für ganj anbere 3>n* 
tereffen fämpfte, unb aud? ibre Opporitioti öon ö er f (Rieben er tlrt n?ar, bd 
bem ^rnolb eine tt)ät mebr entfd;ietenc, beirugte, abfidj^tlitbe, bei bem alba' 
larb mebv etn?a^ Slcccffocifcbeö? 3Bir toüiben n?ob( boraudfefeen lönnen^ 



nnb Ärnolb bon S3re«cta. 223 

befn er aU Seftor bie. niebtigfte ©tufe be§ g^ip^en ©tanbeiS 
betreten l^atte, »reifte er nad^ ^ranfrei^ p>o bamal? ber 2Kittel? 
pmii affe^ toiffenfd^aftKd^en StrebeniS toar, um bie feinem ©tanbe 
jiemenbe Kterarjfd^e Silbung ju erl^alten. ®r tourbc 3tbälarbg 
Sul^örer^ unb führte mit beffen übrigen ©d^ülern ein ftrenge^ 
Seben, m^ bem Seifjjiel i^re§ JWeifterg me^r beg ©eifte« alg 
beö Seibeg Sebürfniffe ju befriebigen fud^enb. SSietteid^t toar 
Slrnolb in Slbälarb« ©d^ule ©tubiengenoffe eineg öon il^m fel^t 
ijerfd^iebenartigen ajlanneg, be« g^^^"»^ bon ©ali^bur^, unb e« 
ift merltoürbig, ein Seiueig bon SlbälarbS bielfeitigem ©influg, 
bon ber burd& il^n erl^altenen Anregung jtüei fo eigentl^ümlid^ 
berf<|iebene aSänner, bie in il^rem geben nad^l^er eine fo entge=; 
gengefe^te Siid^tung ber SBirlfamfeit nal^men, aulgel^en ju feigen. 



bag bte SScrBinbung ber beibe« fo öerWiebcnartlgen Scanner tiod^ einen 
anbern (Srunb l^attc, unb über btefen giebt un« bie ^a6)xi6)t, bag Slrnotb 
abälarb« ©filier »ar, SlufWtug. 2)em Sern^^arb fann bie« jel^r leidet 
entgangen fein, bag öon ben öielen ©t^^iKern '2(balarb8 auci^ Slrnolb einer 
getoefcn hjar. 2)a jtoif^en ben Seigren 5IrnoIbö unb benen 3lbälarb« jldj 
feine fold^e S3ertt)anbtfti^aft seigte, fo fonnte maii um beflo toeniger Veran- 
lagt toerben, ben Urfprung grabe ou« ber ©d^ute Slbälarb« abzuleiten, unb 
man fonnte bcfto leitf^ter bie «Sad^e fo auffaffen, bag 3lrno(b erjl fpäter beai 
Slbälarb in feinem ÄamJ)f mit ber Äird^e fic^ ongefci^Ioffen l^abe ijermöge 
ber SöaW^^^tüönbtfc^faft in atten antifirdilid^en 9^id^tungen. Sßa« t>on bem 
bürftigen ?fben Slrnolb« in granfrcid^ erjä^lt tohb, fiimmt gut gufammen 
mit htm, toai »ir öon einer folc^en fiebeiiSmeife bei- @d^ü(er ^bälarb« 
»ijfen. %xnti6) er^>eßt bie« itfonber« ton ber ©t^üJcrfd^aar, bie ft(^ in ber 
©infamfett ber (£^amj)agne um Slbälarb fammelte. @. oben @. 127. 216er 
ba« 3abr, in bem bie« faßen mürbe, 1127, fann mit ber S^vonologie öon 
Slrnolb« Sluftreten nit^t n?o^l jufammenflimmen; beim bann fiJmite ja Sir* 
noib in ber ^dt, at« er jene ^etoegungcn anregte,, nicj^t mel^r fo ganj jung 
getoefen fein, obglei<^ bie« bod^ aud^ nicbt unmöglit^^ i|l. Snbeffen- toir 
tonnten an bie fi)ätere 3«' benfen, ba ^bälarb im ä- 1136 jum gtoeiten 
Wlalt al« Se^rer auftrat. (S« fonnte toc\)i immer ^on ^6ä(a,rb« dinflug 
eine jirengere ?eben«tt)tife feiner ©d^ule ausgeben. 2)dnn fönntc ^rnolb ei« 
SWitfd^üIer be« 3obann toon @a!i«burV getoefen fein, ot« bicfer, mie er felbjt 
fagt, unter ben ä^i^örern Slbätarb« fld^ bcfanb. Metalogicus Hb. II cap. 
10: Cum primum, adolescens adaiodum, studiorum causa migras- 
Bern in Gallias, antio altero postguam illustris rex Anglorum Hen- 
rieus, Leo justttiae, rebus excessit humanis, contuli me ad Feripa- 
teticum Palatinum, qui tunc in monte sanctae Genovefae clurus 
doctor, et admirabilis omnibus praesidebat. Ibi, ad pedes ejus, 
prima artis hujus rudimenta accepi, et pro modulo ingenioli mei, 
cmicquid excidebat ab ore ejus, tota mentis aviditate excipiebam. 
Deinde, post discessum ejus, qui mihi praeposterus'visus est, ad- 
haesi magistro Alberico. 2lud^ tfl e« njobl ju beörerfen, bag jener Aar* 
btnal, :|)5^fia(i(;e Segat ®uibo, ben »ir al« ©onner Slbälorb« fd^on bejeid^net 
^aben (f. o.)^ ebenfo al« ®önner Slrnolb« erfdj^eint. ©d^toertid^ lägt fld^ 
«nncbmen, bag ein Äarbinat, ^jäpflltd^er ?egat, ©önner aller antibicrar* 
dbtfd^en Ülid^tungen al« foldfjcr gewefen fei. @« ijl öielmebr toabrfd^einlid^er, 
tag toenn er einmat greunb ber ©c^ule ^bälarb« tDar, n}ob( felbfl au9 
berfelben ^erioorgegangen, er au^ ber greunb eine« ©d^üter« älbälarb« 
Jöurbe. 

15* 



224 «ernjatb« Äam*)f mit ?ctcr mälarb 

ben 3Wann öon t)raftifd^steformatorifd^etn ®etfte, Sltnolb, unb ben 
geiftboHen (Sfleltiler in. ber SBiffenfd^aft, ben Sol^ann bon @alig= 
Bur^, ben 3Rann, beffen teformatorif4e JWid^tung bon ber 3ln= 
fd^auung beS S^eatS ber a))oftoUf(i^en jtird^e aui^gel^enb^ il^n }um 
(Segenfa^ mit ber ^ierard^ie feiner 3^i* l^infül^rte, unb ben eif- 
rigen ^inl^änger be« lird^lid^-tl^eolratifd^n ©Aftern« im Stampf 
mit ber toeltlid^en ^Jtaä^t, ben ^reunb unb ©efretär eine^ Sl^o^ 
mad Ü3edfet. 3Benn älbälarb bed in fid^ jurüdgejogenen Seiftet 
Slid^tung auf bag ©öttlid^e unb ©toige ate bie notljftoenbige ©igen*» 
fd^aft eine« toal^ren SKönc^S fd^ilberte, toenn er ba« Silb ber 
ätzten d^riftlid^en Seigrer in bem Seben ber 3ll)oftel barfteHtc, 
toenn er bie Äird;e aufi^re eigentlid^e, geiftlid^e SQBirIfamleit 
gurüdftoieg, unb in ben 3Womenten besg frommen @iferg felbft 
bie Slüdffid^t auf ben il^n fonft befd^ränfenben lird^lid^en Sel^irbe^ 
griff berga^, fo brangen fold^e SBorte tief in Strnolbg ©emütl^. 
er erlannte in ben ©öangelien, gu benen Slbätarb l^äufig l^in^ 
ioie«, bie urft)rüngKd^e S3eftimmung ber bon ßl^rifto geftifteten 
ßird^e; er umfaßte mit Siebe unb ©el^nfud^t ba^ in ben ai)ofto= 
lifd^en ©d^riften auggebrüdfte SBitb bon ber 2öir!famfeit ber 3l|)0= 
ftel unb bem 2^Un ber erften d^rtftlid^en ©efeUfd^aft, unb befto 
l^eftiger tiourbe nun fein Untoitte, toenn er ben geiftlid^en ©tanb 
unb bie Äirc^e feiner S^i^ fo f^^i^ entartet fal^ bon jener l^err* 
lid^en SSeftimmung, burd^ fo biel SOSeltlid^eg, b'a« nad^ il^rer ur= 
f})rünglid^en .S^ee il^r fo fern liegen feilte, entftettt. Sr ging in 
ber 5ßoIemif gegen bie Äird^e feiner 3^it toeitcr ate fein Seigrer, 
©ein toarme^ ®emütl^, ba« bei il^m baS SSorl^errfd^enbe ttiar, 
mad^e i^n freier unb lül^ner ; für i^n l^atte bä« 5ßraltifd^e mel^r 
Sntereffe alö ba^ @t)elulatibe , unb er toar ein SDlann ganj au« 
einem ©tücf* ioa« man, toie erließt, bon Slbälarb nid^t fagen fann. 
er loar freilid^ aud^ Weniger fällig aU äbätarb, bie @d^ioierig= 
leiten, loeld^e ber ätealiftrung be« gbeafe, baS fein ©emütl^ er= 
füttte, entgegenftanben, ju berüdffid^tigen, ftüfentoeife fortfc^reitenb 
ju toirlen. 3)a3 S3ilb einer toa^r^aft d^riftlid^en , nur für ba« 
(Seiftlid^e unb burd^ ba§ Oeiftlid^e toirfenben Äird^e begeifterte 
il^n; bie« toottte,er realifirt fe^en, nieberf dalagen , toa« fid^ mit 
gottlofem, irbifd^em ©inne biefer Slealifirung tt)iberfe|te. 

2Bir bürfen aber ben Slrnolb nid^t blo^ atö einen an^ ber 
©d^ule tlbätarb« l^erborgegangenen 5iRann betrad^ten, fonbern nm 
feine Srfd^einung red^t ju berftel^en, muffen toir in il^m ein ©ßeb 
au« ber ©nttoidflung einer großen 3cit, ben Stejjräfentanten eine« 
großen ajloment« in einer bebeutenben toeltl^iftorifd^en Ärife an^ 
fd^aueti. SBir muffen U)n betrad^ten, toie er ani bem Stampf ber 
toiber.ftreitenben SRid^tungen feiner 3^i* l^erborgel&t, ben burd^ bie 



unb ffrnolb öon 5Bre«cia. 225 

MmpU berfelBen angereöten S^een jum %xäQex bienl, unb burd^ 
bie eigentl^ümlid^e Slnctgnung unb SSerarBeitung berfelben auf 
feine S^it jurücftoirft. @o toerben toir erlennen, toie er unter 
ben 33ebingungen fetnei^ Qal^rl^unbert^ ju biefer reformatorifd^en 
Slid^tung gebilbet tourbe , unb tote bie S^^^ öorBereitet toax, um bie 
ü'on il^m angeregten Igbeen in il^ren Sd^oofe auf junel^men. 3m ®t- 
genfa^ mit ber ro^en h>eItlid^en3Jlaci^t, toeld^e bie^ird^e immer mel^r 
ju i^rer SWagb l^erabjutoürbigen, in ben ©trom ber Slol^^eit 3lKe§ 
^ineinjureifeen bro^te , l^atte bag fird^lid^st^eol^atifd^e Softem ftd^ 
ju feinem ®ij)fel l^inangebilbet. 3)urd^ baffelbe fottte ba^ Ser^ält^ 
ni^ umgef el^tt toerben : bie Äird^e fottte äffe anbem Öetheinfd^aft«- 
formen berSKenfd^^eit inftd^ öerfd^lingen ; SlHegfoffte nur il^runter- 
georbnet, bon i^r abl^ängig toerben, fein felbftftänbige«, eigentl^üm* 
lid^e^ Seben einbüßen. Unb babon mugte toieber eine neue SSertoelt* 
lic^ung au^gel^en, inbem bie Äird&e bielfad^e il^r frembe eiemente, 
um fie ganj ju bel^errfdg^en , in fic^ aufnehmen, mit einem i^r 
fremben Drgani^mu^ überlaben toerben mu^te. dagegen ftröubte 
fid^ nun, bon bem ©elbfterl^altunggtrieb befeelt, ber Drgani^mu^ 
ber ©taaten. Sfted^t utjb IXnred^t toar auf beiben Seiten. 3)ie 
Vertreter ber Staat^mad^t gegen jene älffe^ an fid^ rei^enbe 
frembe ©eloalt mußten in biefem Äamj)f eine bcffere Sad^e ge- 
tt>innen> ate fie urfj)rünglid^ gel^abt Ratten, ba fie nur Siertreter 
felbftfü^tiger Sßittfür im Äam}3f mit ^ö(;eren Qntereffen, mit bem 
geiftlid^en Sntereffe ber ^trd^e, mit einer bon biefem getragenen 
teformatorifd^en Sfltd^tung getoefen toaren. SDie gerftörenben funf= 
jigiä^rigen ÄämJ)fe über bie ^[nbeftitur l^atten baju getoirlt, baft 
man bie ©rängen beg 5ßolitifd^en unb Äird^lid^en grünblid^er unb 
fd^ärfer unterfud^e. 5öenn bon bem @tanb|)unlte beg fird^lid^« 
l^eolratifd^en ©^ftem^ bie inyestitura per bjjiculum et annuluia 
beftritten tourbe, fonnte man gegen bie SSermifd^ung be^ ®eift^ 
ticken unb SSBeltlid^en l^ier bie ^olemil rid^ten : benn €tab unb 
Sling toaren ja ^nfignien ber rein geiftlid^en ®eh>alt; unb e^ 
fd^ien, ba^ toenn Saien eine Qinbeftitur in biefer gorm ertl^eilten^ 
fie baburc^ in ein frembe^; geiftlid^eS ®ebiet eingriffen. 3Son ber 
anbern Seite fonnten bie SSertrcter ber toeltlid^en 3Had^t fid^ 
barauf berufen, ba| bie toettlid^en Sefi^ungen unb ©ered^tfame, 
bie, mit ben geiftU^en äemtern berbunben toären, bem ©ebiet 
ber dürften angehörten, bie Sifd^öfe unb Siebte be^^alb il^re 
^^liäfUn gegen bie gürften erfütten, bem Äaifer geben müßten) 
toa^ bed ^aifer^ fei. 2)er $a)>ft $afd^alid II. mu^te, bon ber 
SBadJt ber SBal^r^eit getrieben, fei e« im ßmft ober nid^t, bar= 
über flauen, ba^ bie beutfd^en Sifd^öfe unb Siebte über bem toelt* 
lidjen ßl^aralter ben geiftlid^en ganj bernad&läfftgten, unb biefe 



226 ©ern^arb« Äam^f mit ?ctcr Slbälarb 

aufforbern, ba^ fte ben toeltlid^en Seji^ungett unb ©eted^tfamen, 
bie fie baju herleiteten, ganj entfagen foÜten. ®r lortnte' mit 
bem Äaifcr ^einrid^ Y. barin übereinlommen, bafe er bafür a\x^ 
i)0n fetner €eite ber (Singriffe in frembe« ©ebiet fid^ enthalten 
unb auf bie Snbeftituren ganj as^rjid^t letften foßte. €o toar 
bem Strnolb Don jn>eien Seiten borgearbeitet toorben, unb \>on 
jtt)eien leiten tonnte er 2lnfd^IieJ5ung«j)unfte finben. ©erod^ bon 
Sleid^ergberg legt ben Vertretern ber unabl^ängigen ©taat^getoalt 
gegen bie Uebergriffe ber Äird^e ganj äl^nlid^e SQSorte in ben 
SKunb, toie fie öon Slrnolb au«gef}jrod^en tourben. ®g müjgten 
für bie 2)iener ber Äird^e l^inreid^en bie S^^^^^^ ^"^ bie freien 
©arbringungen ber ©emeinbe, fold^e, mit benen feine S8erj)flid^s 
tung in einem ben gürften ju teiftenben SJienfte öerbunben feien. 
S)ie S3efi$ungen vtoon anbrer 2lrt müßten ber toeltltd^en 3Jlad^t 
hjteb^rgcgeben Serben, ober aud^ bie 33ifd^öfe müßten, toenn fie 
fotd^e beibel^alten tooUten, ben gürften bie üblid^e §ulbigung lei* 
ften; nad^ ben SBorten ß^rifti felbft: ®ebet ®ott, m§ @otm, 
unb bem Äaifer, toa« be^ Äaifer« ift, unb tote aud^ ber 'Sipo\id 
5ßaulu§ aU Drgan ßl^rifti fage (2 2^im. 2, 4) : Äein Äriegigmann 
j^id^t fid^ in §änbel ber 3lal^rung, auf ba^ er gefaUe 2)em, ber 
tl^n angenommen l^at. ®g erließe, bafe bie 5ßriefter, bie burdj 
ben Oulbigung^eib ben dürften fid^. berj)flid^teten, ®ott in i^rem 
S3eruf nid^t genug gefallen fönnten. ^al^er foUten fie, um bem 
©Ott, ber fie in feinen Sienft angenommen ^abe, ^u gefallen, 
ba^ SSafaUenöerl^ältni^, bag fte ^jum Ärieggbienft berjjflid^te, unb 
h)aS fonft bamit jufammen^änge, ber h>«ltlid^en SWad^t frei über« 
faffenj unb fie felbft foHten allein mit bem ©ebet ftd^ befd^cifti^ 
gen unb über bie SßJeibe ber Sd^afe ß^rifti toad^en, tooju fie 
georbnet feien, toie ber §err ju 5ßetruö gefagt: SQBeibe meine 
©d^afe! 2)al^er fage aud^ 5ßetrug, für bie Erfüllung feine« S5e^ 
tufe« attein beforgt (2lj)g. 6, 2): „@§ taugt nidjit, ba§ toir ba« 
3Bort -®otteg unterlaffen, unb ju iifd^e bienen." SBenn e« aber 
ttid&t tauge, bajs ber 5Priefter beg ^errn baö 3Bort berfcffe unb 
ben 3;ifd^en biene, ober über bürgertid^e ©treitigfeiten entfd^eibe, 
um toie toiel toeniger tauge eS^ bafe Sold&e ba« SBort ®otte« 
berliegen unb §eere anfül&rten, in ben Sagern ber dürften ftd^ 
Befänben, ^ßaHifaben auffül^rten jur ©rftürmung ber ©tabte, 
aiaf deinen aufbauten, bie oft baju bienten, 3Kenfd^en ju tobten. 
2)a alfo bie göttlid^e 2lutorität ^ beg ßöangelium« bieg borfd^reibe, 
unb bie SBernunft baffelbe gutl^ei|en muffe, fo möge bem Äaifer 
gelaffen toerben, toag beg Äaiferg fei, bamit nid^t bie S3ifi^öfe, 
in fold&e 2)inge bertoidfelt, berl^inbert toürben, ®ott ju geben, 
ttKig ®otteg fei. 2>enn ed fei ettoag burd^au« einanber @ntge« 



unb SCrnolb öon ©teöcia. 227 

flettflefe|teg, nur ®ott ju Jebcn unb im lüeltlid^cn 3«*«^^ff« 3« 
bienen. Dbcr tocnn bie Sifd^öfe jene SScjt^ngen beibel^alten 
tooHten unb ©ott unb bet SBelt jugleid^ bienen ju lönnen mein= 
ten, fo müßten bie Äaifer aud^ bei il^ret ernennung bie erfte 
©timme f}dben ^). ©o toar bag, toa§ bie Vertreter biefer 5ßört]^ei 
öerlangten, nid^t« anber«, aU toa§ Sltnolb Ipoßte. 6r (teilte nur 
bieg allein alg gorberung auf, unb lie^ jene« S)ilemma nid^t 
gelten, toeil eö il^m nur um ba§ 2Rateriette, nid^t um ba^ gor= 
melle, nur um ba^ religiöfe 3lntereffe, nid^t um bag red^tlid^e ju 
tl^un toar. Slud^ ber SSertreter be^ Iird^lid^=tl^eoIratifd^en ©tanb- 
4)unfteg ©erod^ öon Sleid^erSberg^ mu^te, toenngleid^ er tooUte, 
ia^ bie Äird^e über älleg gebieten unb ätte§ leiten follte, bod^ 
tnit bem 2lrnoIb in bem, toa^ er gegen bie SSertoeltlid^ung ber 
©eiftlid^en fagte, übereinftimmen, fein Qntereffe für bie ©onbe= 
rung be^ äBeltlid^en unb ©eiftlid^en gutl^eigen, unb bal^er ben 
frommen, nur ju toeit gel^enben, nid^t bon ber redeten ®rlennt= 
ni^ begleiteten @ifer anertennen *). ferner, toie h>ir fd^on frü= 
l^er bemerft l^aben, im ©egenfa| mit ber SSertoeltlid^ung be§ 
itleru«, ben SReid^tl^ümern unb ber ^JJrad^t ber Äird^e, trat befto 
mäd^tiger bag i^lbeal bed a))oftolifd^en Seben^ l^ert>or, ))on bem 
man freilid^ leine ganj flare Stnfc^auung l^aben lonnte öermöge 
ber unl(;iftorifd^en Slid^tung biefer 3^it, ha§ Sitb. bon einem ol^ine 
allen irbifd^en Sefi^ unb alle§ @igentl^um ©ott getoeilS^ten, nur 
ber görberung ber 3leIigion bienenben 2^htn, einer freien ©es 
meinfd^aft ju fold^en S^edEen. ,2)ie Segeifterung für ein foId^e§ 
3[beal teufte bie Ijerfd^iebenen (Sntloidflungöftufen ber ffird^e nid^t 
au^einanberju^alten; fte tooKte ungefd^id^tlid^ jen^ Urform ber 
@ntn>idE(ung beg d^riftlid^en 2^bm^ bud^ftäblid^ loieberl^etftellen. 
©0 bilbeten ftd^ jene SSereine ber fogenannten Sl^jofloliler, )don 
benen bir nod^ ^pättx ju reben ©elegenl^eit l^aben toerben. Unb 
eine fold^e 3bee, auf bie bemerlte aOäeife in bem @ntloitflungi3s 
gange ber Äird^e begrünbet, toeld^e in mannid^f altigen formen 



1) Gerhohi Reicherspergensis syntagma de statu eccles. sub 
Henricis IV et V impp. et Gregorio VlI caet. cap. 24 in Jac. Gret- 
seri opp. tom. VI pag. 258: . At vero, (}ui pro parte erant regis, 

' «afficere ajebant ecclesiasticis debere decimas et oblationes liberas, 
id est, nullo regali vel imperiali seVvitio obnoxias. Eas vero quae 
fli^ecclesiis ab imperatoribus collatae sint, ut regibus ab episcöpis 
easdem possidentibus famulatus debeatar, oportere aut itnperio re- 
stitoi, aut ab eorum possessoribus episcopis consueta hominia ao 
4servitia regibus exhiberi. 

2) Gerhoh Reich, in bem 8ru4ftü(! feine« .SerlS de investigat. 
Antichristi üb. I in Gretseri opp. tom. XII, 2 prolegom. pa|;. 12 
jagt )>on ber Se^re Slrnolbd: Si zelo forte bono, sed minori scientia 
j>rolata est. 



228 8ern^arb« $tAmp\ mit $etct 91bälaxb 

bie Seiftet betoegenb fotttoitite, l^atte fxäf juetft bev 6eele bei^ 
t)on toartnem @tfer für ba$ @öttltd^e erg(ül^ten älrnolb bemfid^- 
tigt. 3n il^m erfennen h>ir i^ren erften 3le|)täfentattten. 

aSie ein neuer SWenfd^ fe^rle 2trnoIb in feine SSaterftabt jt^r 
tüd. ®r enfernte fid^ i)on ben SBeltgeiftlid^en unb erfd^ien ate 
SKönd^ gefleibet. ©in fromme«, ftrenge« Seben lonnten il^m feine- 
gfeinbe felbft nid^t abfjjred^en, toenn fte e« gleid^ eine Sarüe ber 
J^eud^elei nannten, burc^ toeld&e ftd^ bie Äe^erei befto leidster @in=^ 
gong ju üerfc^affen fud^e. Sernl^arb üon ßlairbauj fagt üon 
il^m^): „8ld^! möd^te er fo gefunb in feiner Se^re fein, afe 
fireng in feinem Seben. ®in SWenfd^, ber toeber igt, noc^ trinft *)/' 
3Dlit feuriger Siebe ftettte er öffentlich bie Seigren unb Seifjjiele 
ber S3tbel bem toeltlid^en unb lafterl^aften Seben ber ©eiftlid^en 
unb SKönd^e entgegen, unb leitete ba« Serberben ber Äird^e ba* 
l^er ab, toeil fte über bie ®ränjen iljfrer h>a^ren SBirlfamleit unb 
il^reS eigent^ümlid^en ®ebiete3 l^inauögegangen fei, meltfid&e ®üter, 
Siedete unb ®l^re an fic^ geriffen f)abc. 3)ie SKönd^e unb ©eift«^ 
lid^en — fj>rad^ er — foDten nad^ bem Silbe ber äl))ofteI in ber 
©emeinfd^aft ber Siebe mit einanber leben, fein tüeltlidj^eö @igen*^ 
if)um beft^en. SBenn e« ba^er mit ber Äird^e beffer toerben foHe, 
müßten bie Siebte unb Sifc^öfe ade h>eItUd^en Seft^ungen unb SRe- 
galien, allen toettüd^en SRang unb aUe^ Slegiment ben dürften 
^urücfgeben. 3)iefe müßten bie ®üter, toeld^e bon ben ®eiftlid^en 
^u fc^tt)e(gerifc^er Serfd^toenbung berbrauc^t toürben unb gu il^rem 
SSerberbniffe gereid^ten, jum Sinken il^red SSoIf« berlpalten. gür 
ben Unterhalt ber ©eiftlid^en müßten bie ®rftlinge unb bie 3«l^nten 
ber Sanbegf rückte aU ba« Slngemeffenfte beftimmt toerben, fo biet 
fte gu il^rer notl^bürftigen @rnäl^rung brauchten, ba fie, toenn fte 
tl^ren Seruf mit ganjer ©eele erfüHten, toeiter nid^t« berlangen 
toürben*). Slrnolb fd^eint ftd^ in feinem @ifer gegen bie SSer- 



1) Ep. 195 pag. 187» 

2) Qui utinam tarn sanae esset doctrinae, quam districtae est 
vitae. Et si vultis scire, homo est neque raanducans neque bibens^ 
solo cum diabolo esuriens et sitiens sanguinem.animarum. Unus 
de num^ro illorum, quos apostolica vigilaiitia notat, habentes for- 
mam pietatis, virtutem illius penitus abnegantes. 

3) a)er äcitaenoflc ®ünt^>er Sigurinu« f^ilbert ben ^rnolb fo: 

— variis implebat vocibus aures. 
Nil proprium cleri; fundos et praedia nullo 
Jure sequi monachos; nulii fiscalia jura 
Pontificum, nulii curae popularis honorem 
Abbatum, sacras referens concedere leges 
Omnia principibus terrenis subdita tantum 
Coramittenda viris popularibus atque regeada. 
Ulis primitias, et quae devotio plebis 
Ofierat, et decimas castos in corporis uuas 



nnb^rnol^ oon ^redcia. 229 

tocltlid^unö ber Äird^e fo au^gcbrüdft ju l^aben, ate toeltn btefe. 
burd^ eine fo gro^e ßntartung öon il^ter S^ee unb Seftimmung 
aufgel^ött l^abe, bag i&au^ ©otte^ gu fein, bie öettoeltU^ten unb 
öerberbten Sifd^öfe feine äd^ten 3)ienet ©otteS mel^r h>äten. 3)a« 
SSoIf, fagte er tüol^I, fotte fie in il^rem lafterl^aften Seben nid^t 
beftärfen, inbem e§ an il^rer SSertoaltung ber ©alrarnente tl^eit 
ne^me, lüoju fie bod^ üern^iJge il^re§ unl^eiligen SBefenö nid^t 
fällig feien ^). 3)ie§ lonnte bagu fül^ren, bie ©üUigfeit ber 
©alramente üon ber fubjeftiben Sefd^affen^eit ber fie SSertoaltenben 
ab](;ängig ju maä^cn, unb fo fonnten mand^e l^äretifd^e Äonfes 
quenjen baraug abgeleitet toerben. ätber aud^ l^ier toar 2lrnolb 
nid^t ber 6rfte feiner geit, ben fein reförmatorifd^er @ifer fo toeit 
fortriß, ©regor VII. felbft toar il^m barin vorangegangen; toie 
n>ir fd^oh 'oben baDon gefprod^en J^^aben. ©^ toirb bem Slrnolb 
nun üorgetoorfen , bafe er üb<r ba« ©aframent be§ 3(Itar§ unb 
bie Äinbertaufe nid^t red^t geleiert l^abe 2); unb esJ fönnte lool^l fein, 
ba§ fein reforwatorifd^er ©eift i^n in feinem ©egenfa^ gegicn bie 
fird^Iid^e S8eräu|erlid^ung toeiter fortriß, aud^ bie Slid^tung jum 
aRagifd^en in ber Sl&enbntal^Iglel^rc anzugreifen, bie Äinbertaufe, 
toie manche ©eften biefer 3^it, ju beftreiten. aber loäre bieg ber 
gatt getoefen, tpürben too\)l 3)ieienigen, toelc^e SCtte« benu|ten, 
il^n ju Derle^ern, fold^e offenbar ^äretifd^e ©lentente mit ©d^toeigen 
übergangen i^aben ? SDäürbe man bann nid^t nad^brütflid^er gegen 
tl^n, aU einen ^äretifer, öerfal^ren fein? $ätte ein j>ä))ftlid^er 
Segat il^m ©d^u| getoäl^ren fönnen? 2)al^er mögen tool^f nur 
mand^e parle Sluebrüdf^ Slmolb^, toenn er bon ber loal^ren, 



Non ad luxuriam seu oblectamina carnis 
Concedens: moUesque cibos cultusque nitorem 
lUicitosqtie taros lascivaque gaudia cleri 
Pontificum (Jastus abbatum denique laxos 
Damnabat penitus mores, monachosque superbos. 
Veraque multa ^uidem, nisi tempora nostra fideles 
Resptierent monitus, falsis admixta monebat. 
nie suum vecors in clerum pontifioemque 
Atque alios plures adeo commoverat urbes, 
Ut jam Indibrio sacer extremoque pudori 
Clerus haberetur. 

1) Gerhoh Reichersp. de investigfitione Antichrist! Üb. I in 
Gretseri epp. tom. XII, 2 proleg. pag. 12: At vero Senarii haec 
mysterialis quantitas in domo Dei, quae est ecclesia, non ad hoc 
proircit, ut domus Dei taliter ordinata domus Dei non sit, sed prae- 
aulefi earam non sint episcopi, quemadmodom quidam nostro tem- 
pore Arnoldus nomine dogmatizare ausus est, plebes a talium epis- 
coporom obedientia debortans. 

2) Otto Frising» de gest. Friderici I üb. II cap. 21 in Muratori 
Script, rer. ital. tom. VI fol. 719: Praeter haec de sacramento al- 
taris, baptismo parvulorum non sane dicitur sensisse. 



230 öern^arb« Äam|)f mit ?eter 3lMtarb 

innern ä3ebeutung bet @aframente ^)^aä), unb U>ad ba)u gel^drte, 
l^eröorl^ob, ju fold^en Sefd^ulbigungcn SSeranlaffung gegebcn^i^aben. 
SlrnolbiJ feurige 3lebe ergriff bie ©wütiger ber SKcnfdj^en, toeld^e 
bie belebenbe Äraft ber SReligion burd^ bie ©d^ulb 2)erer, toeld^^ 
fie ju öerfünbigen beftimmt h>aren, noä) nid^t em^)funben Ratten; 
unb il^re SSerad^tung toie il^r Unh)ille fiel natürlid^ auf 3)ieienigen, 
benen bie ©d^Iüffel ber erfenntnig^anbertraut tioaren, bie aber 
felbft nid^t ^ineinfamen^ unb Slnbern h>el^rten^ bie IfineintooHten. 
9)ie (Seiftlid^en h^urben berl^a^t unb berad^tet; bag magifd^e ®e- 
^jränge ber 5ßriefter mad^te feinen (ginbrutf mel^r. SQäol^l mod^ten 
nad^ bem ®ang ber irbifd^en S)inge aud^ mand^e unreine S^rieb^ 
febern ftd^ mit ben reinen SBirfungen 3lrnoIbg üermifd^en, JDol^l 
mod^te ber öon Slrnolb laut gejjrebtgte ®runbfa$, ba^ alle toelt^ 
Kd^en ©üter bon ber Äird^e bem Staate, bem fte gel^örten, ju^ 
Tüdfgegeben tioerben müßten, ben S3egierben mand^er ^bfüd^tigen 
unb befonberiJ mand^er ©rp^en fd^meid^eln. 3)er Sifd^of t)on 
SreScia, ber bie ber Äird^e furd^tbaren SBirlungen ärnolbg i)or 
fid^ fal^, Ilagte il^n auf bem ju 3iom im S^l^re 1139 öon bem 
J|8a}>fte gel^altenen Äoncil ate einen Unrul^eftifter an. 3)er ^ap^t 
^ebot il^m barauf ©tiDfd^toeigen unb Verbannte il^n au8 Italien. 
@r mujte fic^ eiblid^ berjjfKd^ten, nid^t ol^ne feine befcnbere Sr* 
laubrti^ bal^in jurüdfjufel^ren. (®g fragt ftd^, toie bieg auSge*' 
trüdft \t>ax. SBar e§ ol^ne aUc ßinfd^ränlung gefagt, fo luare 
ärnolb nad^l^er ber eiblid^en 3SerJ)flid^tung untreu gelporben. 3lber 
ipürbe man il^n bann nid^t beg 3Keineibg angellagt l^aben? 
SSieöeid^t toar nur öon bem ©jil.toäl^renb ber SebenSgeit biefe^ 
^ajjfteg bie SRebe, ober Slrnolb l^atte toenigften^ guten ©runb, 
eö nur barauf ju bejiel^en.) 31)a§ feine Seigre l^ier nid^t nament^ 
lid^ berbammt, ba§ leine @j!ommuniIation über il[>n auggef})rod^en 
iourbe/ beloeift, bag man x})r\ feiner eigentlid^en Äe^erei befdjfut 
feigen fonnte. Sr begab ftd^ nad^ fjranfreid^ in ber 3^^*^ ofö 
-grabe 3lbälarb bon Dielen geinben l^eftig befäm^)ft tourbe, .unb 
nal^m ftd^ befto eifriger feine« alten SeJ^rer« an, ba er bie rüdf- 
fid^t^tofe ^eimütl^igfeit, mit ber biefer für bie SBal^rl^eit ge- 
fi)rod^en, aU bie Urfad^e feiner SSerfolgungen anfal^- 3)aburd^ 30g 
ex benfelben ^a% ber ben äbätarb getroffen l^atte, auf pd^- 
SSernl^arb flagte il^n bei bem $ßaj)fte aU «bälarbS eigentlid^en 
aSaffenträger unb §erolb an. (S« traf il&n aud^ baffelbe Urtl^eil 
mit feinem Seigrer ; aud^ er tourbe eyf ommunicirt unb jut gc* 
fänglid^en Sertoalgitung in einem Älofter berurtl^eilt. Sei bem 
Slbälarb tourbe bieg Urtl^eil nad^ ber griebengftiftung burd^ ben 
ä(bt $eter bon Slugn^ ungültig; Slrnolb, ber junge 3Rann^ Don 
feurigem Sifer getrieben, toar nid^t geneigt, auf fold^e SQSeife burdf 



unb Slrnolb bon ©rc«cia. 231 

©d^toetgen unb fttffe Sutüdfgejogenl^eit Slul^e unb g=riebc ju fud^en. 
äBer eg fanb fid^ bpci^ Äeiner unter ben franjöfifd^en Sifd^öfcn^ 
ter ba§ ^)ä})ft[ici^c Urll^eil an il^m bottjtel^en unb il^n feiner greU 
l^eit Berauben tooßte^). 2lug ^anlreid^ Vertrieben, reifte er in 
bie angrängenbe ©d^lpeij unb fanb eine S^ft«^* i^ S^^^^r tt>o 
ter Sifd^of öon Äoftni^, ju beffen 3)iöjefe biefe ©tabt gehörte, 
tl^n, obgleid^ tt>ol^l öon il^m toiffenb , bulbete. ©elbft ber päp\U 
Itd^e Segat, Äarbinal ©uibo a ßafteHi^, ber fd^on genannte 
gireunb unb ©d^üler 2lbälarb5, ein 3Jlann Don frommem 2eben§^ 
toanbel, ber frommen ®ifer gu fd^ä^en tonfiU, naf)tn ftd^ be« burd^ 
ben 5ßa^)ft ejfommunicirten S^rnolb an, mad^te il^n ju feinem ber^ 
trauten ®enoffen. Sernl^arb IJ>ie(t e« be^l^alb für notl^toenbig, an 
tl^n ju fd^reiben unb il^n Dor 2lrnoIb3 (Sinflul ju toarnen. SludJ 
l^ier lonnte er feinem Seben nur ba^ befte S^wgni^ geben. ®r 
Bejeid^net il^n alg einen ©cld^en, beffen SBSanbel l^onigfü^ unb 
beffen Seigere ®ift fei^j. ®r jagt, eing Don beiben muffe ftatts 
finben, enttoeber, ba^ er il^m Weniger befannt fei, ober, toa« mel^r 
ju glauben fei, bafi er auf feine Sefferung l^offe. „^i), — fe|t 
er l^inju — möd^te bie^ nid^t umfonft fein! SEBer löirb e« Der= 
leil&en, bafe biefer Stein ju einem Sol^n Slbral^am« umgefd^affen 
toerbe? SBeld^eg tl^eure ©efd^enl toürbe bie Äird^e au§ eurer 
^anb emj^fangen, ate ein ®efä^ ber ©l^re, 3)er, ben fte fo lange , 
alg ein ®efä§ ber Unel^re "^at leiben muffen! 3Ran lann e^ 
Derfud^en; aber ber Iluge ÜRann toirb öorfid^tig fein, nid^tüber^^ 
fd^reiten bie bon bem 3H)oftel[ öorgefd^riebene S^^f ^^^^ ^^ f^gt 
(%\t 3, 10. 11): ©inen le^erifd^en 3Menfd^en meibe, lüenn er 
. niemal unb abermal ermaJ^inet ift, unb loiffe, ba§ ein fold^er Der« 
leiert ift unb fünbiget, al« ber Rd^ felbft üerurtigieilet l^at." @ine8 
jener ^eifj)iele, toorau? man fielet, toie berberblid^ eg tourbe, toenn 
^a§, toa^ Don ben 9lf)ofteln al$ eine äierl^a(tung$maa^regel in 
einem ganj beftimmten ^aHe, unter ganj beftimmten ©ejiel^ungen 
unb Sebingungen gefagt morben, )u einer unn)anbe(baren, für 
<itte SüUn geltenben Siegel gema<|t rourbe, jur Sd^ranfe für 
^i&riftlid^e SBei^Igfeit unb Siebe. „SBa^ fott man baju fagen, — 
fe$t er bann l^inju — toenn ba« Jjäjjftlid^e Urtljfeil ungültig ge* 



1) i^ern^arb gteBt bte9 }u toerfle^en, nad^bem er gefa^gt, bag man ben 
9[rnoIb nt^t frei ^erumflretfen laffen, fonbern bafilr forgen fottte, i^n un« 
f(!^äbli(!^ )U matten, ep. 195 pag. 18S: Quamquam amicus sponsi ligare 
potius, auam fugare curabit: ne jara discurrere, et eo nocere plus 
possit Hoc enim et dominus papa, dum adhuc esset apud nos, ob 
mala quae de illo audiebat, fieri scribeodo mandavit: sed noi» 
f.uit, qui faeret bona in. 

2) Ep. 196 pag» 188: Arnaldus de Brixia, cujus conversatio mel, 
€(i doctrina veneaum. 



232 iBern^arbd ^amp\ mit $eter «bSiacb 

mad^t toirb? Unb jtoar ein Urtl^eU^ bcffen ©cred^ttgleit ba« 
Scben bc« Seruttl^eillcn bejcugt, bafe man ntd^t titoa fagc, e« fei 
»on bem 5ßat)fte nur erfd&Iic^en. 3)a§ ber })ä>)ft(id^e Segat il^n: 
ju feinem Sertrauten madj^t, ^äufig ftc^ mit i^m unterrebet, il^n; 
fogar an feine 2^afe( jiel^t, fe^t il^n in ben Serbad^t, il^n ju be=. 
günpigen, giebt bem feinblid^en SKanne ftarfe SBBaffen in bie 
^änbe. Sid^er toirb er nun vortragen unb leidet toirb er 6in=^ 
gang finben für 2tffeg, toa« er tviü, ate ein $au3genoffe beS 2e= 
gaten; benn h)er fottte ettoa« Söfe« argtoöl^nen üon ber Seite 
bed 5PaJ>fte«, ober h>er follte, toenn er aud^ offenbar SSerle^rteg^ 
tjortrüge, fic^ leidet bem eud^ gur ©eite fte^enben gu toiberfe^en; 
toagen?'' Sernl^arb hoffte, ba^ fein ©rief bem Segaten bie 
Stugen öffnen toerbe; bod^ mochte tool^I bag Serl^ältnife Slrnolb^ 
gu bemfelben nid^t baburd^ üeränbert toerben, unb feine Sieben 
brad&ten groge SBirfung gu Swtid^ l^eröor. S3on je^t an feigen 
»ir il^n einige S^l^re nid^t auf bem öffentlid^en Bä^anpla^e er- 
fd^einen ; aber feine ©runbfä^e toirlten fd^on fort unabhängig loon 
feiner 5ßerfönlid^leit. 3)ur(^ beS 5}}a>)fte« SSerbammung toaren fie 
grabe gu SRom am befannteften getoorben, unb l^atten grofeeg 2luf= 
fel^n gemacht. 3lod^ immer fd^toebte bem ©tolj ber 3lömer ba* 
SSilb t)or, ba^ ber Äaifer in ber aWitte be^ Senat« öon i^rer 
etoigen ©tabt au« bie SBelt be^errfc^e; unb bie SRegierung be^ 
$riefter«, ber nur 5ßriefter gu feinem diati) ^atte unb il^ren 
©ro^en feinen älntl^eil ber ^errfd^aft gab, ftimmte mit ii^ren: 
Steigungen am wenigften gufammen. ©d^on oft toaren il^rc ®ro|ett 
mit ben 5ßäJ)ften in ©treit getoefen. Salier toar Srnolb« ®runb-. 
fa$; ba^ ben Sßrjeftern eine geiftlic^e SBirlfafnieit allein, * leine 
toeltlic^e ^errfd^aft unb ©etoalt gufomme, i^ren Steigungen gan^ 
angemeffen. @ine äufeerlid&e SSeranlaffung lam l^ingu, bie pap\U 
(id^e ^errfd^aft ben Slömern üerl^afet ju mad^en. 3nnoceng l^atte 
^eben gefd^Ioffen mit il^ren l^eftigften geinben, ben Siburtineni 
(ben S3ett)ol(fnern t)on S^iüoli), o^ne bie l^arten S3ebingungen^ 
weld^e i^r J^a^ »erlangte, i^nen tjorgufd^reiben. S)arüber untoiflig,, 
befdjlojfen bie 9lömer, bie p&p\Ü\^t ^errfd^aft gang abgutoerfen- 
©ie nahmen mit ©etoalt ba« ÄaJ)itoI ein, ernannten einen ®cnat^ 
ber bie Slegierung ber ©tabt leiten unb ben Ärieg mit ben Se* 
tool^nern öon SiboU toieber erneuern foHte. Stile Semüljiwngett 
be« 5Pa|)fte«, fie burd^ ®üte ober ©rol^ungen t)on ber SluSfü^* 
rung il^re« ^lan« abgul^alten, n^aren »ergeben«. S^noceng ftarb 
unter biefen Unrul^en im 3. 1 144. SBegen ber aufrülgircrifd^ett 
9en)egungen, benen gu it)iberftel^en man befto mel^r ber ^raft unt> 
be« ätnfel^n« ®ine« DUxf^anpt^ beburfte, ei(ten bie ^arbinöle mel^ 
aI« fonft gur äBal^I eine« Stac^folger«, über ber gemeinfc^aftUd^en 



unb Srnolb öon 33re8cia. 233 

©cfal^r bag 5ßrtöatmtete|fe berßeffenb. Ql^rc cinftimmtge SDBol^I 
fiel auf einen Ttaxxn, ber toegen feinet SKäJigung unb ©an^- 
mnti) aud^ tool^I i5on b/n SRömern am meiften öerel^rt unb gelieBt 
ia>ax, ben Äatbtnal ®uibo, älbälarbg unb Slrnolbö tJ^eunb. ®r 
ttannte fid^ ßöleftin II. 3)ief et etfüHte bie affgenteinc ®ttoattung ; 
€t ftettte Siul^e unb gtieben toiebet l^et. 35et Stbt 5ßetet öon 
€Jugn^, bet in bem (Seifte jenet übet bie ©egenfä^e bet 3^it et= 
l^abenen, t>ettlätten Siebe mit il^m übeteinftimmte, fein alter 
fjteunb, fd^tieb il^m jut 3lnth)ott ^uf ben Stief, butd^ ben et xf)n 
Don feinem SRegietung^anttitt benad^tid^tigt J^atte^** ,,®ej)tiefen 
fei bet ©ett unfet ®ott/ bet, eingeben! feinet SBotteö, butd^ 
toeld^e^ et un§ bie Hoffnung öetliel^en , nad^ feinet Sltt' gejeigt 
l^at, ba^ et aud^ in biefet Seit nid^t betgeffen l^at bie SBotte: 
3d^ bin bei eud^ atte Sage, biig an bet äßelt ©übe. @^ etl^efft 
bieg in bielen ©efd^enlen feinet ©nabe, e^ etl^ellt bie§ jjejt ing= 
befonbete aud^ in eud^, ben bie göttlid^e ©üte in biefen utffetn 
. S^agen un§ jum 5ßajjft , gum §ütet unftet ©eelen, jum l^öd^ften 
Seitet feinet nod^ auf (Stben toaUenben Äitd^e betliel^en l^at. S)a^ 
i^at nid^t menfd^lid^et ©od^mut^, nid^t felbftfüd^tige SSegietbe, nid^t 
bet betüd^tigte tömifd^e 5ßattl^eigeift getoitft, bet bie ganje SBelt 
ju beuntul^igen J)flegt; ba« l^at gtieben ftiftenb im ©tteit, ba§ 
©ettennte öeteinigenb, ba^ S^^^iff^"^ i^^ ©inl^eit iDiebetl^etftellenb, 
jenet ©eift, bet toel^t, too et toitt, butd^ feine fanfte ©eh>alt. et- 
füHt, toie et ftd^ offenbatt in fanftem ©aufen, nad^ jenem öon 
bcm $ettn jum 6lia§ gef))tod^enen SBotte. $ol^e gteube etfüUt 
unfet $etj, inbem toit l^iet etfennen, ba^ ©otte« &aä)e nid^t butd^ 
i)ie ©etoalt bet SBSaffen, nid^t butd^ btol^enbe $eete öettl^eibigt 
tpitb, ba^ allein butd^ ben fanften ©d^u| beS batm^etjigen ©otte« 
bet ^iebe toiebetl^etgeftellt ift. SEBit ^aben toal^t^aft etlannt, 
n>ag etlannt toetben.mu^te, ba^ G^tiftug bem SBinbe unb ben 
SBeffen gebot, unb ba^ eine ungetool^nte Slul^e l^etgeftettt tootben. 
Unb n>et follte bieg nid^t betounbetn! SBet, fage id^, follte bie« 
ttid^t beh>unbetn, bafe bon ben 3^^*^^ be§ $a))fteg älejanbet 11. 
bet tjtiebe betÄitd^e butd^ bie $ä})fte ©tegotiu«, Utbanu«, 5ßa*» 
fd^alig, ©elaftu«, ßalijtu«, §onotiug, S^nocenj, fo biel e« ii^tc 
SSefötbetung betrifft, ]^inbutd(igegangen ift (fofetn fie nämlid^ 
untet ©Jjaltungen getoä^It, f})ätet baju toititen, ben Äitd^enftieben 
toiebetl^etjufteHen, gleid^fam bie 2)utd^ganggj)unfte füt ben gtieben 
l&ilbeten), ba^ et abet bei feinem betfelben au^et tuäf feinen 
SRul^eJJunft gefunben l^at (infofetn etft bie SBal^l ßöleftin« bie 
Sofung toat gut SBSiebetl^etfteBung be« eJ^ieben« in 3lom, alfo ba« 



1) Epp. lib. IV ep- 18 pag. 847. 



234 Sern^arb« Stmp\ mit $etet flUiaxb 

untflefel^rtc aSerJ^fittttife gegen bte frül^eren ^äj)fte) ^). Unb toir 
l^aben nid^t folc^e fletnerne ^erjert, toit ftnb nid^t fo ftutrH)fftnnig^ 
ba^ tütr nidBt fülSflett unb erfennen foDten, ba§ S)er, ol^ne beffen; 
SBinI lein Sterling auf bte @rbe unb lein Slatt eine^ SaumeiS 
fällt, md)i ol^ne befonbetn (Srunb, nid^t ol^ne eine getoiffe Sbpii^t 
feiner unerfd^öj)flid^en SBeiö^eit biefen Rieben bem älnfang il^rer 
SRegietung entjogen unb bem älnfang ber eurigen betliel^en ^aL 
S>enn id^ glaube unb l^offe auf ben ®ott meinet §eite, baft 2)er^ 
ttJeld^er eurem 3lnfange einen fo lieben^toürbigen Rieben t>erliel^en 
l^at, aud^ bem ®nbe ju feiner 3^^* ^^^^^ J)reigft)ürbigen Slul^m 
Derleil^en toirb. ®« toirb ftd^ freuen unter bem ©d^atten feiner 
fjlügel bie eud^ t>on ie|t an untertoorfene SQäelt, unb toirb ftdj 
rüljfmen, in eud^ allein gu l^aben fo gro^e Säter feine« ©lauben«^ 
bie aJ)oftolifc^en SWänner, bie Äonfefforen unb, toa« meljfr ift, bie 
3RärtVrer, ober, toa«. nod^ l^errlid^er ift, bie erften ber Sl}>oftet 
?ßetru« unb ^Paulu«, ja ß^riftu« felbft." tJriebe bejeid^nete aße 
§anbluttgen biefe« ^aj)fte«. 35er Äönig Sugloig VII. öon granl-. 
reid^, ber mit feinem Vorgänger toegen ber äßal^l be« ©rgbifd^of« 
bon Sourge« immer im Streit getoefen hjar, fd^idfte fogleid^ eine 
(Sefanbtfd^aft an ßöleftin, bie 3Serfö^nung mit ber Äird^e gu fud^en. 
2)er 5Paj)ft nal^m fie fel^r freunblid^ auf in ber SKitte einer jal^t 
reid^en 3Serfammlung, ftanb auf bon feinem %^xt>n^ unb mad^te 
mit ausgebreiteten ©änben baäi Seid^en be« ©egeniJ nad^ ^anf^ 
reid^ l^in, baö Sanb bon bem auSgefjjrod&enen 3«terbift gu be* 
freien. S3ern](;arb bat barauf biefen ^a})ft um feine SSertoenbung, 
jloifd^en bem Könige unb bem ©rafen 2:^eobalb gerieben ju ftiften^ 
unb im folgenben ^a\)xc gelang e« i^m, bieg gu betoitfen, too» 
burd^ er ber 2Bol^ltl(fäter eine« großen Sl^eilg bon granfreid^ 
hjurbe. 35od& lonnte ßöleftin bie Hoffnungen, toeld^e bie Art,, 
toie er gur j)ä})ftUd^en 933ürbe gelangt toar, unb feine erfken ^anb» 
lungen in berfelben erregt l^atten, nid^t boDftänbig erfüllen ; benn 
er ftarb nad^ einer nur fünfmonatUd^en 3legierung im 3. 1144. 
25a bie unrul^tgen Sehjegungen beg SSolfö toieber bon 5Reuem 
au^Brad^en, eilten bie Äarbinäte befto mel^r mit ber SBal^l feine« 
3lad^folger8 ; fte traf ben.Äarbinal ©erl^arb, ber fid^ Suciu« IL 
nannte. 35ie burd^ ben fanften ßöleftin berul^igten ©türme er« 
l^oben ftd^ bon Sleuem. 35en fraftöoffen SKann, öon beffen SReben 
alle« bie« eine 3?ad^h>irlung toar, feigen loir Jjlö^lid^ nad^ ßöleftin«^ 



1) Qui's, inquam, hoc non miretur a tempore Alexandri secnndi 
papae, per Gregorium, Urbanum, Paschalem, Gelasium, Calixtum, 
Ilonorium, Innocenlium, sunimos ecclesiae Dei ao praeelaros ponti- 
fices, quantum ad eorum promotionem pertinet, eccletiiasticain pa» 
cem pertraosisse, sed in nuUo eorum praeter' vos quieviß&e? 



unb Ärnolb öon ^rc«cia. 235 

3:obe ju 3lom öffentltd^ erfd^etnen. 3ta^ betn S^obc beö ^ßaJjjieS' 
gnnocenj glaubte Slrnolb Uon Src^cia fid^ burc^ ben geletfteterv 
6ib nid^t.mel^r gebunben; enttoeber latn et gleid^ naS}'Stom, fo= 
Balb er l^örte, bajj fein ^Jreunb, ber Äarbinal ®uibo, 5Paj)ft ge= 
toorben fei/ unb fein frül^erer Slufentl^alt blieb be^tpegen ben ®es 
fd^id^tfd^teibern unbefannt, toeil et e§ nid^t für n6if)iQ ^ielt, öffettt=^ 
lic^ fämj)fenb aufzutreten, übcrjeugi, bajj fein ?Jreunb in einem 
ganz ^nbern ©eifte aU feine SSorgänger l^anbeln, bie mit bem 
5Pa;pftt^um öetbunbene frembartige "©etoalt nid^t mi^btaud^en unb- 
bie Äird^e, h)ie er e^ am beften Vermöge, ate ^aj)ft ju reinigen- 
fud^en tüetbe; ober er fam erft nad^ Söfeftinö 2^obe nad^ Sftom^ 
toeil er au^ bemfelben ©runbe feine frübere SBirlfamfeit bafelbft 
nid^t für nötl^ig l^iett. Sil« bie neuen Unrul^en' in 9lom fd^on 
auggebrod^en tüaren, feigen toir tl^n bort auftreten. 2)ie Stirn* 
mung be« SSoIfe, bie ©d^toäd^e beS neugetoäl^lten ^aJjfteS mad^ten 
tl^m n)ol^l Hoffnung, für bie SRealifirung feines großen ^(anS je^t 
tpirlen ju fönnen. SBir muffen nun aber unter biefen Setoegungen 
ein gtoief ad^eS Element unterfd^eiben : tpai unmittelbar in ben re=^ 
formatorifd^en Sbeen 3ttnolb§ tag unb öon benfelben ausging, 
unb toaS nur au^ bem unrul^igen ©eift ber SRömer, ber 3lrnolb§ 
3lbeen auf eigentl^ümlid^e SÖSeife fid^ aneigttete unb anlpanbte, ah^ 
juleiten ift. Slrnolb lonnte auf jeben gaff, nad^ feinen fd^on ent*^ 
toidEelten ^Ucr\, nur eine rein geiftige SCI^eofratie, toenn aud^ eine 
fold^e, an beren ©J)i|e @iner ftaub, in beffen $änben bie ^üd^fte 
Seitung ber Äird^e toar, looHen. SBSie er ben Sifd^öfen atte» 
toeltlid^en 99efi| unb alle bürgerlid^en ©ered^tfame entjiel^en toollte^ 
tnu^te er bieg lonfequent aud^ auf ben ^ap\t antoenben. ®g i>^x^ 
fte^t fid^, ba^ nad^ feinen S^een berfelbe auf alle toeltlid^e §errs 
fd^aft 3Serzid;t leiften, nur geiftlid^e Slngelegenl^eiten leiten, burd^ 
bie freie Siebe ber ©laubigen feinen Unterl^alt erl^alten foHte. 
tleberl^au|)t follte bie Äird^e bie toeltlid^e ©errlid^feit, bie fte fid^ 
attgeeignet l^atte, Don fxi) abtl^un, unb in i^rer toieberl^ergeftellten 
urfj>rünglid^en Äned^tSgeftalt burd^ bie 3Jiad^t be« göttlid^en ©eifteS^ 
Sltteö regieren. 9lun aber, toenn biefeS gefd^al^, mu^te bie bür=f 
gerlid^e ©etoalt in SRom einem Slnbern ipieber zufallen. 35ieS gafr 
ben 3lnfd^lie6ung§})unft für bie bem römifd^en ©tolj zufagenben,. 
in ber Ueberlieferung immer fortge))flanzten S^^en, bie a33ieber= 
l^erftetlung ber alten SSerfaffung in ber etüigen ©tabt, ba^ biefe 
tt)ieber ber ©i^ ber ^)olitifd^en SSeltl^errfd^aft loerben foUtc, unb^ 
fo baS geiftlid^e unb.bag toeltlid^e ^aupi ber ßl^riften^eit in il^rem 
eigentl^ümlid^en ©ebiete neben einanber befte^en follten. 2)ie^ 
fonnte nun aud^ lool^l zu ben ^been SlrnolbS gut pa^en, toie il^m 
baö aibeal ber ajjoftolifc^en 3eit überall Dor 2lugen ftanb, unb 



226 Qeml^arb« Stumpf mit $etec 9(bä(arb 

er Don ben burd^ bie öefd^id^tlid^c ©nttoitflung Bebingtett aSetän^ 
berunflen leinen Segtiff ^atte. aber ea fel^tt un« pn urlunb^ 
lid^en aBetImalen, um beftimmen ju fönnen, toie öielen Slnt^eil 
ärnolb an ben J)olitif(i^en SBetoeöungen l^atte, unb in h>ie toeit 
btefelöen nur einen gufälliöen 2lnfd[^lie6un08^)unlt in feinen gbeen 
fanbem ®etoi^ ifl eiJ, ba| Strnolb unmittelbar unb öorl^errfd^cnb 
nur bon bem religiöfen Sntereffe ausging, bei ben Stömern ba§ 
jj)oIitifd^e ba« t>ortoaltenbe ipar. Söäo^I lonnten Slrnolb« gbeen 
eine Setoegung angeregt l^aben, bie er felbft ntd^t gu feiten öer*» 
mod^te. 3)ie SRömer festen fx6) alfo in ben S3efi$ beS Rapxio% 
befd^Ioffen il^re altrömif^e SSerfaffung, ben ©enat unb ben SRitter- 
ftanb, toieberJ^erjufteHen ^), unb forberten ben Äaifer Äonrab III. 
auf, nac^ 3lom ju fommen unb ben ©i| feiner ^errfd^aft bal^in 
gu Verlegen. 3« k^« öon SRom auS bem Äaifer gefd^riebenen 
S3riefen giebt fid^ eine merftoürbige SSerbinbung ber }joUtifd^en 
3been ber SRömer unb ber religiöfen 3|been SlrnolbS mit einanber 
ju erlennen. >itlnfer eifrigfteg Streben ift eg, — fd^rieben fie 
il^m^) — baS eurer ^Regierung öon ®ott anvertraute römifd^e 
Sieid^ ju er^öl^en unb ju öergrögerri. 3Bir alle laffen unS nid&t« 
angelegentUd^er fein, aH eS gu bem ^^P^nbe toieber jurüdgus 
filieren, in toeld^em ed .fid^ jur S^xt ber Äaifer ÄonftantinuS unb 
SuftinianuS befanb, toeld^e bie ganje SBelt burd^ bie Äraft il^reS 

, (Senats unb ben Slrm il^reS römifc^en SSoIfö bel^errfc^ten. S)rum 
l^aben toir mit ©otteS ®nabe ben ©enat toieber eingefe^t, unb 
gröjtentl^eite S)ieienigen gebemüt^igt, toeld^e fid^ aufrül^rerifd^ 
gegen eure §errfd^aft jeigten, auf baj il^r SllleS, h>aS bem Äaifer 
unb bem römifd^en 3leid^e gel^ört, erl^alten möget. Unb bieS gu 
betioirlen, ](;aben tioir einen guten ©runb gelegt, benn ft)ir geben 
grieben unb Siedet Sitten, bie eS tiootten ; toir IJ>aben bie ©d^Iöffer 
ber aJläd^tigen, bie mit bem ©icUianer unb bem ^ajjfte eurer 
^errfd^aft ftc^ toiberfejen toottten, eingenommen, einige gefd^Ieift, 
anbere erl^alten toir in eurem ©el^orfam. %ixx baS atteS, toaS 
tt)ir in ber 2:reue gegen eud^ getl^an l^aben, belämjjft wa^ ber 
5ßa})ft mit ben grangijjani unb älnbern öon atten ©eiten, nm 
um gu Derl^inbern, eurem löniglid^en §auj)te bie Äaiferlrone auf= 

" jufe|en. 2BeiI aber ber Siebe feine 9Kü^e ju fauer toirb, leiben 



1) 2)arauf beitc^en flc^J bie SBortc bc« ®cro(35 in feinem Comm. Ps. 
64, eine feiner reform atprifd^^cn @d?riften, ed. Pez. tom. VI f. 1182, »o 
er fagt, bog ba« einfl jetftßrtc Äa^itol Jet^t tt>ieber aufgebaut toor&cn jur 
SBe^reitung bed ^aufed ©otteS: Aedes Capiiolina olim diruta et nunc 
reaedificata contra donium Dei. 

2) Marlene et Durand vet. Script, et monum. collectio amplis- 
sima tom. II pag. 396. 



tttib Hrnolb öott SBreficta. 237 

toit Sitte« fletn aug SieBe gu eud^ itnb für ^ure ßl^re; benn tote 
^aben bie gwi^erficl^t, ba^ il^r afe unfer Safer ung bofür belol^nen, 
11«« an unfern g^einben räd^en toerbet. Sa^t alfo biefe Hoffnung 
Tun« nid^t täufd^en, m^mi leine Slürffidjft barauf, toenn fd^Ied^ite 
<Serüd^te öon un« j|U euren Dl^ren lommen; benn bie 2Renfd^en, 
toeld^e eurer 3Kaieftät ©d^Ied^te« bon un« l^interbringen/ möd^ten 
fxd), toa« ©Ott öerl^üte, ber S^i^t^^^^t itoif(|en eud& unb un« er- 
freuen, um nad^ il^rer Slrt un« beibe liftig ju unterbrüdfen. ®i€« 
wöge aber berl^üten eure föniglid^e SBeiS^eit, fid^ erinnernb, tt)ic 
t)iel unb toie gro^e« Hebel bie j)äJ)fHid|e Äurie euren Vorgängern 
zugefügt, fo toic jene unfre SWitbürger (bie grangi|)ani); unb je^t 
fttd^en fie, mit kern ©iciRaner Derbunben, nod^ gröj^ere« Hebel 
über eud^ l^erbeijufül^ren. Slber h>ir l^aben fie aU bc« Sleid^« 
ärgfte g^einbe au^ ber ©tabt bertrieben. S)rum fomme gu un« 
eure faiferlid^e SRad^t; benn il)x tonnt Sllle«, h)a« il^r toottt, in 
ter ©tabt erhalten, unb, um e« furj ju fagen, if)x toerbet in ber 
^auj)tftabt ber 2BeÜ euren mäd^tigen ©i^ auffd^Iagen, über ganj 
Jgtalien unb ba« beütfd^e fRüä^, befreit bon allem SSJiberftanbe 
t)er ©eiftlid^en, freier unb beffcr al« faft atte eure Vorgänger 
l^nfd^en fönnen." ©ie fdjfloffen il^ren «rief mit ben SBorten: 
^,9Wöge ber Äaifer erl^alten, ft)a8 be« Äaifer«, ber ^riefter, toa« 
be« ^riefter« ift, fo toie ß^riftu« geboten, aU 5ßetru« ben S^^ 
fcejal^Ite." 3n biefen legten SBorten erlennen toir bie ^h^^n Slr- 
nolb«, fo tt)ie toenn in einem- anbern, bon einem römifc^en 
©rojen an ben Äaifer gefdj^riebenen Sriefe 'gefagt toirb, e« muffe 
tpieber bal^in fommen, bafe toie gu ©regor« be« ©ro^en 3«iten 
unb bi« ju ©regor VII. lein 5|JaJ)ft ol^ne 3wjiel&ung be« Äaifer« 
getoäl^It toerben lönne, unb toenn bann l^injugefe^t toirb : „SJegs 
J^alb l^alte ic^ bie« für nü^Kd^, bamit nid^t burd^ it>ie ^riefter 
Ärieg unb 3Korb in ber SEBelt fingeftiftet toerbe. SDenn e« ift 
tl^nen nid^t erlaubt, jugleid^ ba« ©c^loert unb ben Äeld^ gu tragen, 
fonbern bagu finb fte berufen, ju })rebigen, unb bie ^ßrebigt burd^ 
gute SBerfe ju betätigen ; feineSloeg« follen fte Krieg unb ©treit 
in ber SBelt erregen 0." 3lu« einem einige ^af)xt fj>äter au« 
SRom an ben Äaifer griebrid^ I. gefd^riebenen SSriefc erl^ellt, ioeld&e 
freie Sbeen burd& ben ©eift ärnolb« fd^on angeregt toorben, un\> 
tote biefe ftd^ unter bem Solle t)erbreiteten, bafe fd^on bie 9lid^- 



1) £pi8t. cujusdam senatoris ad Conradum imper. in Marlene 
et Durand collect, ampl. tom. II pag. 399: Propter id utile esse 
aflfirmo, ne per sacerdotes.bella fiant aut boinicidia in mundo.^ Nam 
bon eis licet ferre gladium et calicem, sed praedicare, praedicatio* 
nem vere bonis operibus confirmare, nequaquam bella et Utes in 
mundo committere. 

9teanbec, bec l^eit. Setn^tb. IQ 



238 9eni(arb9 $tamp\ mit $etet %hUaxh utib Krnolb toott ^redcta. 

ttöfeit bct ©d^enfuttfl ÄonftantiniS an ben ^ap\i Stiöefter erfannV 
eine fold^ 3(udftattung ber Jtitrd^e mit toeltUd^er ^ertfd^aft füi: tttoa^ 
^ärettfd^e« etltäift tourbe, toie e« in jenem Stiefe l^et|t: gene 
Süge ünb jene l^ätetifd^e t^abel, tDobutd^ benci^tet n>ttb, ba| bet 
Äaifer Äonftantin bem ^ap\t B\)l\>^\to: bermögc einer ©imonie 
bie ©ered^tfame ber Äaiferl^ertfd^aft in Sflom übertroöen l^abe, fei 
fo blo^gefteHt tDorben, ba| aud^ aKe ^^agelöl^ner unb alte SBeiber 
gegen bie ©elel^rteften bied )u ben^eifen büßten, unb ber ^p^ 
mit ben Aarbin&Ien bor @d^aam in ber Stabt ntd^t ju erfd^einen. 
toage ^). älrnolki traute aber IdoI^I ju Diel bem ^ntl^uftaSmu^ ber 
leid^tfertigen SRömer, ber gröjätentl^eite nid^t tote bei i^m auS ber 
reinen Duelle l^erflo^. @r toar aud^ nid(|t lalt unb befonnen ge* 
nug, bie ©etoalt ber au« ber 3^it ISferborgel^enben aßeinungetv 
Aber bie menfd^lid^en (Semütl^er ju fd^ä^en. 2)er ^aifer ßonrab 
l^ielt bie l^od^trabenben SReben ber SRömer für nid^t« afö SPoffen^ 
unb nal^m be« ^ajjfte« ©efanbtfd^aft, ber er feinen ©d^u$ für 
il^n berf))rad^, auf baä @l^renbollfte auf. ^er $a))ft Suciud tooDte 
bie Slömer mit ©etoalt jum (Sel^orfam gtoingen ; bon einem jal^t 
reid^en ©efolge Setoaffneter begleitet, brang er auf ba« Äaj)itoL 
®r tourbe aber bon ben SRömern jurüdfgefd^lagen , burd^ einen 
©teintourf in biefem Rampf fd^toer bertounbet, unb ftarb an ben 
gotgen biefer SQSunbe, el^e er nod^ ein botte« $iaf)v regiert l^atte^ 
im grül^ling be« Saläre« 1148»). 



1) Epist. Wetzel. ad Fridericum imper. in Martene et Durand 
I. c. pag. 556: Mendacium vero illud et fabula haeretica, in qua 
refertur Constantinum Silvestro imperialia simoniaue concessiese in 
ürbe» ita detecta est, ut etiam mercenarii et miilierculfte quoslibet 
etiam doctissimos super hoc concludant, et dictus apostolicus cum 
suis cardinalibus in civitate prae pudore apparere non audeant. 

2) 9iad^ (S^ottfneb t)pn ^iterbo unb act. Vatican. ap. Barön. ad a» 
1145 N. 1. 



SBern^arbd ^am^f für ben $a)>fi. 239 



. ' ni. 

Sc^te @^od^e i3on SSmil^arbS fiefcen, unter bct SRegictung 
beg ^pctpftc« ©ugen III. i3on 1145—1153. 



A. »ernl^aifbg Äam|)f für ben ^Pajjft, beffcn glud^t 

nad^ granfreid^ nnb äSerbinbung mit öernl^arb^ 

SSerfünbtflung be« Äreujjugg burd^ \\xk, SSerl^ältni^ 

ju ber 5ßrol3l^ctitt ^ilbegarb unb ©treit mit ©tibert 

aU neuem Vertreter ber bialeltifd^en Slid^tung. 

®a Suciug II. unter jenen ftürmifd^en Setoegungen gu 3lom' 
geftorben toar, eilten bie Äarbinäle, fo fel^r fie fonnten, jur SQäal^I 
eine§ neuen ^ßajjfte«. S)iefe traf bie^mal feinen m^ il^rer 3Ritte, 
fonbern ben 2lbt eineö römifd^en Älofterg, Sctnl^arb genannt, einen 
fjreunb unb ©d^üler beS 3lbt§ bon (SlairbauE. ©r l^atte ein ein«« 
träglid^eS unb angefel^ene^ Slmt afö 9luffe](;er über bie bifd^öflid^en 
®üter ber Äird^e ju 5ßifa^) niebergelegt, um jum 3Rönd^§Ieben 
unter 3^«^^ Seitung fid^ ju bilben. 3lte 3nnocenj nad^ ber Sei* 
legung be8 ©d^i^ma^g ein ßiftercienferllofter in 3lom grünben 
toottte unb bem Slbte öon'ßlairbau^ bie (Sinrid^tung beffelben 
übertrug, fe|te er ben Sern^orb au8 5ßifa afö 5lbt bemfelben öor. 
2)iefer, je^t oyxl bem 9Könd^«ftanbe jur l^öd^ften aller SBürben 
erljfoben, nannte pd^ als 5ßa})ft Sugen III. 3i)a bie SRömer i^n 
jtoingen toottten, ber ^Regierung il&rer ©tabt ju entfagen unb bie 
SSerfaffung, -bie pe ftd^ gegeben l^atten, ju genel^migen, fal^ er ftd^- 
genötlgfigt, il^rem Ungeftüm auSjulDeid^en, inbem er Slom berlie^ 
unb pd^ mit ben Äarbinälen in ein benad^batteS Älofter begab, 
too er gum 5ßa})ft lonfefrirt tourbe. SDurd^ bie Unrul^en öerl^in* 
bert, nad& Sflom jurüdfjulei^ren, berlegte er für'S Srfte feinen ©i| 
nad^ aSiterbo. SlrnoIbS ®eift lonnte in feiner SJleinl^eit occci, toenig= 
ften in 9lom, bem alten ©i| ber SSerberbnii toirlen ; er täufd^te 
jtd^, toenn er in biefer öerberbten ©tabt bie reinen SKenfd^en gu 
finben glaubte, fällig, feine Sbeen ju faffen, burd^ biefe in il^rer 
Sleinl^eit begeijlert gu toerben. 35er (Seift toilben Slufru^r«, 
ber Seibenfd^aft unb irbifdjfer IBegietbe l^errfd^te in 3lom; ©etoalt* 
tl^ätigleiten tourben öerübt, bie 5ßaläfte mehrerer Äarbinäle unb 
anbrer ©ro^en ge})Iünbert unb niebergeriffen. S)iefe 2lnard^ie 



1) Vicedominus. 

16^ 



240 9ern^arb9 Stamp\ f&r ben $a)3ft. 

nw|te ftd^ bUrd^ fidjf felbft jule^t Detnid^ten. (^uatn erfotnmunfe 
cirte juerft ju Siterbo bie Stifter ber Untul^cn mit allen il^rett 
Slttl^ongern, unb toonbte ftd^ batauf t>on ben ö«iftli(i^en SBaffen 
)u ben toeltlid^en. SSerbunben mit ben alten fjeinben ber Slömer, 
ben 2;i&urtinern, flelang eS il^m, fte jum Siad^geben ju jtoingen. 
©ie baten ilgin felbft um fjriebeh, unb etlgiielten biefen unter ber 
Sebinfluttß, ba^ bie alte l^ierard^fifd^e SSerfaffung ju SRom toieber* 
l^ergeftedt tx)urbe. @o lonnte er rul^ig gu fHom ba^ Sßeil^nad^t^- 
feft feiern. - 

aSernl^arb, beffen ätufmerlfamfeit auf alle ürd^Iid^e ßreigniffe 
gerid^tet toar, nal^m befto lebl^afteren Slntl^eil an ber äBal^I feinet 
©d^ülerg unb g^eunbe« gum OUxf^aupi ber Äir^e, in ber $off= 
nung, bag er, ben er felbft gebilbet, auf ben er fo großen ©n^ 
flu^ l^atte, öiele feiner SBünfd^e' für ba§ Sefke ber Äird^e ber= 
toirflid^en toerbe. Jiad^bem er Vergeben« juerft ein ©d^reiben 
feine« alten ©d^üler« ertoartet l^atte, fül^Ite er fid& gebrungen, 
\ü0ivi and) nod^ mand^e« älnbere l^injulam, an il^n felbft juerft 
ein glüdflDünfd^enbe« unb ermal^nenbe« ©d^reiben ju rid^ten ^) : 
f>3d& toage alfo nic^t mel^r — fd^rieb er bem ^ap\U — euc^ 
meinen ©ol^n ju nennen; benn ber ©ol^n ift jum SSater, ber 
aSater jum ©o^ne getoorben. 6« Ij^at fid^ über mid^ erlauben, ber 
nad^ mir getommen ift ; bod^ id^ beneibe eud^ nid^t, benn toai mit 
fel^lt, l^offe id^ in S)em gu erl^alten, ber nid^t blofe nad^ mir, fon^ 
bem and} burd^ mid^ getommen ift. S)enn fo>enn il^r ed eud^ ge^ 
fallen laffen ipottt, barf id^ fagen: 3ld^ l^abe.getoifferma^en burt^ 
ba« ßbangelium eud^ gejeugt. SBaö ift alfo unfre Hoffnung, toa« 
ift utifre greube unb bie Ärone unfrei Sftul^fm«? ©eib il^r e8 
itid^t üor ©Ott? ©nblid^ ift ein ioeifer ©ol^n feine« SSater« greube 
{(Bpxüd)t ©al. 10, 1). aiber Don je^t an fottt i^x nidjft mel^r 
mein ©ol^n l^iei^en, fonbern einen neuen Slamen erl^alten, ben 
eud^ ber ^err gegeben l^at. a)iefe SBeränberung lommt bon ber 
^anb be« ^öd^ften, unb SSiele Iwrben ftd^ berfelben freuen. a)cnn 
toie einft 2lbram in Slbral^am, S^Iob in ^^tad, unb, bafe id^ 
bielmel^r einige öon euren SBorgängern nenne, toie ©imon in 
Rüpf)a9, ©aulu« in ^JJauIu« bertoanbelt tourbe, fp l&offe id^, fott'« 
aud^ für eud& eine glüdElid^e 9S/ränberung fein, bafe il^r au« mei* 
nem ©ol&n Sernl^arb mein SSater ©ugeniu« getoorben feib* ®« 
ift ber ginger ®otte«, ber ben geringen aufrid^tet ou« bem 
©taube, unb erl^ijl^et ben Slrmen au^ bem ÄotlS^, ba^ er i^n fe|e 
neben bie gürften (5ßf. U3, 7, 8), unb il^n ben a:]^ron ber 
^errlid^Ieit einnehmen laffe. SRad^bem'mit eud^ biefe Seränbe- 



1) Ep. 238 pag. 233. 



- ©eriiljarb« ^amp\ für bcn ^ap^. 241 

- tunfl gefd^el&en ift, tnufi nun aber aud^ bie eud^^' anvertraute S3raut 
be« $errn tn'g Seffere öeränbert toerben, ba^ fte nid^t mel^r fott 
©arai, fonbern ©ara genannt toerben. SSerfte^t tool^I, toa^ id^ 
fagej benn ®ott tütrb eud^ SSerftanb Derletl^en. SQSenn il^r ein 
fjreunb U§ Sräuttgam« feib, fo nennt feine Äird^e nid^t aK 
©ebieterin bie eure, fonbern nur ©ebieterin, inbem il^r nid^tS in 
berfelben afö euer mä} jueignet, außer baß il^r für fie im 3100)=: 
falle aud^ euer Seben ^injugeben t)er})flid^tet feib. SBenn e^ ßl^ri^ 
ftu« ift, ber eud^ gefanbt ^at, fo hjerbet il^r ntd^t gefommen 3U 
fein glauben, um bebient ju toerben, fonbern um ju bienen. S)et 
toal^re 3flad^foIger be§ ^axAn^ loirb mit bem 5ßau(u« fagen (2 Äor. 
1, 24: 5Rid^t, baß toir Ferren feien über euren ©lauben, fonbern 
toir ftnb ©el^ülfen eurer g^reube, 2)er toa^re @rbe be§ 5ßetru« 
toirb ben betrug fagen ^ören (1 5ßetr. 5, 3): 5Rid^t ate bie über 
ba« SSoIf l^errfd^en, fonbern loerbet SSorbilber ber beerbe. ©0 
n>irb bie Äird^e nid^t mel^r SDlagb, fonbern frei unb in il^rer gan^ 
gen ©d^öne burd^ eud^ in bie erfel^nte Umarmung il^reö SSräuti* 
gamg aufgenommen loerben. 3)enn burd^ toen anberg fonft fann 
fie ouf biefe il(;r fo fe^r gebül^renbe ^eil^eit l^offen, toenn aud^ 
il^r, loa« ©Ott öerl^üte, euer (Sigene^ fud^t in bem Srbt^eil ßl^rifti, 
ba i^r bod& fd^on frül^er gelernt l^attct, id^ fage nid^t bloß baS 
6ure nid^t für eudjf ju bel^alten, fonbern aud^ nid^t ber (Sure ju 
fein? ©al^er auf eud^ Dertrauenb, tok auf feinen eurer SSor^ 
ganger feit langer 3^ it, fro^Iotft bie Äird^e an allen Drten ; öor 
aßen aber bie Ätrd^e, bie eud^ in i^rem ©d^ooße getragen, an 
beren SBruft il^r neue« 2tUn gefogen l^abt. SBie nun? 3)arf 
id^ bie allgemeine greube nic^t tl^eilen ? ^a, id^ geftel^e t^, 
aud^ id^ tourbe öon fjreube ergriffen, aber in bem Sfugenblid! 
ber greube ergriff mid^ fjurd^t unb S^^^^^^ ) *>c«'^ i^ ^«^^ i^^^ 
ben SRamen be§ SBater« abgelegt, aber nid^t bie SSaterliebe, nid^t 
be« 9Sater3 ängftlid^e ©orgfalt 3^ betrad^te bie ©tufe eurer 
©rl^ebung, unb ic^ fürd^te euren %aü ; id^ betrad^te ben ®i))f el 
eurer SSürbe, unb id^ fel^e ben Slbgrunb, ber öor eud^ liegt." 
Unb inbem 5?ernl^arb auf t)ie ©teile 5ßf. 49, 21, toie er ftc in 
ber Sßulgata la§, aufmerifam mad^te, toarnt er il^n, baß nid^t 
bie ®l^re be« SSerftanbe« il^n htxauhe, unb fe^t l^inju; „^i)t 
1)aiiti eud& jtoar ertoäl^lt, niebrig ju fein in bem §aufe eure^ 
©otteg, unb ben legten ^la$ einjunel^men in feinem ©aftmal^le; 
aber e3 gefiel 2)em, ber eud^ eingetaben, ju fagen: tJteunb, rüdfe 
l^inouf. 9llfo feib il^r nun l^öl&er l^inauf geftiegen ; tooHet eud^ 
ntdjt überl^eben, fonbern fürd^tet, baß e« nid^t gefd^el^e, einft fj)äs^ 
ter biefe« unglüdtfelige SBort ouSrufen gu muffen : „SSor beinem. 
^ol^en unb S^xn, baß bu mid^ erl^oben, unb ju S5oben gefkoßeti 



242 Sern^art« Stmp] füt bcn $a^fl. 

^a\V' ($f. 102, 11). Stoar einen l&öl^em $Ia| l&abt il&r ie|t 
rinflenommen, aber leinen fidlerem. @g ift ein fd^redlid^et, toal&t- 
l^aft ein fd^teilid&er Dtt. a)et 5pia^, auf bem il^r ftel^t, ift l&ei= 
lige @rbe, bet $la$ be^ erften ber ^po^td, bet $Ia| 2)effen, ben 
©Ott jum $erm feinet $aufeg, jum Stegierer feine« Sleid&e« ein» 
gefegt "^at ffienn i^r ettoa öom SBege be8 «gerrn eud^ entfernt, 
fo ift er an biefem Drte begraben, bamit er eud^ gegerf eud^ felbft 
jum S^wfl^ife f^i- @inem fold^en, ber mit gutem Oetoiffen fagen 
lonnte; ©ilber unb ®olb l&abe id^ nid^t (2lJ)oIgefd&. 3, 6), mu|te 
bie ilird^e, ba fie nod^ in ber Siege h>ar, ant)ertraut Serben, 
bamit fie burd^ feine SBorte belel^rt, burd^ fein Seifj)iel gebilbet, 
oHe« Srbifc^e öerad^ten lerne." 5Kan tou^te, in toeldgiem SSerl^alts 
ni^ ber neue $a^ft )u S9ernl^arb ftanb, unb be^alb h>urbe er 
balb öon Sielen beftürmt, bie in toid^tigen Slngelegenl&eiten be§ 
5ßat>fteg beburften. @x felbft fagt barüber ^) : ,,a»an fagt, nid^t 
il^r feiet $a})ft, f onbern i d^ ; unb öon allen Seiten lommen 3)ie» 
jenigen, bie ©efd^äfte ju betreiben l^aben, ju mir." ©o tourbe 
Sernl&arb aufgeforbert, eine toid^tige Slngelegenl^eit ber englift^en 
Äird^e bem .neuen 5ßa})fte arC^ §erj ju legen. a)er Sifd^of ^in= 
rid^ bon SBind^efter unb ber (Srjbifd^of Söill^elm toon §)orI toaren, 
toegen ©imonie unb anbrer SSergel^ungen fd^toer angellagt, mit 
bem ^rimaS ber englifd^en Jtird^e, bem Srjbifd^of S^^eobalb Don 
(Santerburj^, in Streit. S)urd^ fünfte ber Sefted^ung toar bie 
ffiolljiel^uug eine« öom ^ap\t Snnocenj gefällten Urt^eite l^inter= 
trieben toorben 2). Sernl^arb fd^rieb befe^alb einen Srief boff 
berber 2Bal^rl^eit an ben ^ap^t ßöleftin II. 6r fd^rieb an ben= 
felben in SBejiel^ung auf ben (Srjbifd^of bon ?)orI: „8Q3ie biel 
beffer toäre eS getoefen, ba^ feine ©ad^e in ber römifc^en Äurie 
gar nid^t toäre berl[|anbelt tDorben, unb ber allgemeine fd^redlid^ 
©eftani nid^t fogar big jur aj)oftolifd^en ©d^toelle gebrungen toärel 
2Bie biel erträglid^er toäre eS getoefen, ba^ ber römifd^e ©tu^ 
Don einer unerträglid^n ©d^led^tl^eit gar nid^t« getDu^t l^ätte, afö 
ba| er bie offengetoorbene bulbet! SBaS für eine SJertoegenl^eit 
h)ar bag! S)er öffentlid^ Serüd&tigte, bor bem Sftid^ter SlngeHagte 
unb nid^t ©ereinigte, ja fogar Ueberfül^rte ift bennod^ geloeil^t 
toorben. SKögen ©iejenigen, toeld^e il^m bie $anb aufgelegt l^aben, 
gufel^en, ob id^ nid^t bielmel^r l^atte fagen f ollen: er ift enttoeil^t 



1) Ep. 239 pag. 235. 

2) Ep. 235 pag. 230: Quippe qui illum in sanctuariom Deiy 
contra jas et fas, contra mandatum summi pontificis, in injnriam 
anrnmae Sedis et totias Romanae curiae, cum non potnit per ostiüm» 
fbdit argenteo, ut ajunt, sarculo, unde impudenter intrua.it. 



«mil^arb« Äam|)f für bcn ?paj)jl, 243 

tüorben ^)." ®ieg foax aud^ bie etfte Stngelegenl^ctt, toeld^e ®ems 
l^arb in bem fc^on onöefü^rten ©d^ryiben bem ^ßajjft Eugen bor^ 

,iru0, unb toic er ftd^ äußert, foll biefe Slngelegenl^eit il^m eine 
Befonbete Stufforberung getoefen fein, nod^ ftül^er, afö et fonft 
tpollte, an ben ^ap\t ju fd^reiben. Unb nöd^bem er biefe bem- 
felben vorgetragen, füfet er l&inju: „3ßer toirb mir bag geben, 
tie üird^e, el^e id^ fterbe, fo ju feigen, toie fte in alten S^i^^n toar, 
<d^ bie 3lt>ofteI il^re 9le|e ausliefen, nid^t (Solb unb ©über, fon? 
bem ©eelen ju getoinnen! SBie fel^r toünfd^te id^, i^r möd^tet 
be« SltJoftefö, bcffen ©teile* i^r eingenommen, ^n^^pxuä) erben: 
^a§ bu tjerbammt toerbeft mit beinem ®elbe (2l})oftelgefd^. 8, 20). 
D ein bonnernbe^ JBort, bor bem aUe geinbe ©ion« erbeben 
unb fliel^en foDten! 3)ie3 Verlangt Von eud^ eure SKutter, bie 
Äird^e, barnad^ feufjen il^re ©öljine Hein unb grofc ba^ eure ^anb 
toernid^te jebe« (Seloäd^g, baS euer l^immlifd^er SJater nid^t ge* 
p^axiii ^air a)enn baju feib il^r über SBölIer unb 3leid^e gefegt, 
augjujäten unb ju jerftören, ju bauen unb ju jjflanjen. SSiele 
i^aben, ba fie bie« 9Bort ju eud^ geft)rod^en l^örten, bei ftd^ felbp 
^efagt: ©d^on ift bie Sljt an bie ffiurjel ber Säume gelegt. 
3SieIe fagen in il^rem ©erjen: Slütl^en fmb in unferem Sanbe er= 
fd^ienen, e« ift bie Seit jur Sefd^neibung be§ SBeinftodf« gelom? 
wen, bamit bie unfrud^tbaren Steifer abgel^auen würben, unb bie 
gefunben befto reid^ere gruc^t brädjiten. Ermannet eud^ alfo unb 
feib ftarl! Eure $änbe feien über bem Sladfen eurer geinbet 
ffiod^ bei allen euren $anblungen feib lool^I eingeben!, ba^ xf)x 
tin SWenfd^ feib, unb bie gurd^t Vor 2)em, ber ben ätl^em ber 

' t^rften l[|inioegnimmt, fd^ioebe immer bor euren älugen. 9Bie 
biele ^äp^t l^abt il&r felbft in fo lurjer Seit fterben gefel^n! 
2)iefe eure Vorgänger felbft mögen eud^ erinnern, bafe aud^ i|r 
itd^er unb fd^nell abtreten mü^t. Unter ben ©d^meid^Ieien bot* 

übergel^enber ^errlid^Ieit feien alfo eure ©ebanlen beftänbig auf 
^uer ®nbe gerid^tet." 

3n eben jener bie englifd^e Äird^e betreffenben angelegen* 
l^eit fd^rieb er an Eugen einen jtoeiten »rief *). 3n bemfelben 
f agt er ju il&m, inbem er il^n jur Seftrafung jener beiben aWän* 



1) £p. 235 pag. 230: Quam melius in Romana curia causa ejus 
minime ventilata fuidset, et non tangeret vel sacra limina generalis 
atqne horribilis foeior! Quam tolerabilius ignorasset apostolioa 
Aedes tarn intolerabile malum, quam tolerat manifestum! Quid 
istud temeritatis fuit? Publice infamatus, ante judicem accusatas, 
nee purgatüSy immo et convictus, et sie consecratus est. Viderit 
qui bui(| manum post ista imposnit, an magis exsecratus dicere de- 
buerim. 

2) Ep. 239 pag. 235. 



244 Clern^tb« ieatn^f fflr bcn foi^fU 

tiet aufforbert: ,,2)er, totl^x ben $Ia$ bed ^etrui^ einnimmt^ 
lann mit Sinem Sd^lage ben 3(naniad, mit ®inem ben @imon 
9lagu8 tobten, unb um beutUd^er gu fagen, toa^ i(!§ meine, ein 
entfd^eibenbei^ Urtl^eil fällen }ut Slbfe^ung jener Sifd^öfe. @^ ift 
betannt, ba^ bie^ aDein bem $a))fte gulommt; benn koenn aud^ 
SBiele berufen ftnb, feine Sorge )u tl^eilen, fo ^ai er bod^ aKein 
bie t^üUe ber @en>alt. 3^n allein alfo, hai iif e^ )u fagen 
li>age, trifft bie @d^ulb, toenn bie Sd^ulb ni^i^i geftraft tpirb, bie 
fleftraft toerben foHte, unb nid^t mit bem Slad^brudf, mit bem pe 
fleftrafi toerben foUte.'' a)iefelbe älnfleleßenl^eit betrieb Sem^arb 
in einem britten ©riefe ^) an ben ^ap\t ®r berfu^r mit \f}vx 
toie ein Se^rer mit einem ©d^üler, nac^ Serl^ältnife feiner ^anb« 
lungdtoeife i^n lobenb ober tabelnb, aufmerifam auf aQe feine 
^anblunfl^n. @r fd^rieb il^m: „SBic fe^r toünfd^e id^ immer 
^old^ed bon m^ gu l^ören, ioorin ®ott berl^errlid^t toirb, toa^ 
eurem iBeruf )ur ®^re gereid^t, unb tooburd^ meine Seele erfreut 
toirb! ®o freute id^ mid^, mel^r ali^ id^ fagen lann, ba id^ eure 
Slntkoort an Einige bemal^m, bie na6) ber Segatentoürbe el^r- 
geigig trad^teten unb fid^ auf unDerfd^ämte SBeife Hoffnungen 
mad^ten. 9lid^t blo^ aber id^ freute mid^ barüber, fonbern 9(Se^ 
bie euren Flamen lieben, lourben l^od^ erfreut/' 2)ann ertl^eilt 
er il[|m gro^ed £ob ioegen ber @ntfe(ung eined untoürbigen S3ifd^of^ 
}U ätobej. „Dal^er .— fagt er — beuge id^ meine Äniee bor 
2)em, ber ber eingige Url^eber eured ^rimatd ift, ba^ er eud^ gebe, 
immer fo )U l^anbeln unb fo gefinnt gu fein, im 3^^f^^<^n unb 
3lufbauen; benn il^r l^abt }um Sturg unb gur Srl^ebung 93ieler 
biefen 2^l^ron beftiegen. 3R5gen fallen, nidgen fallen 2)ie, tdeld^e 
ald @d^ulbige fielen; mögen bie äBürbigen erl^oben toerben! 
Unter ber ä^egierung be^ bemütl^igen (Sugeniu^ mögen bie ^od^s 
miltl^figen bon il^rem @tuli^le l^erabgeftürjt unb bie S)emütl^igen 
er^öl^t toerben. 2)ie$ ift neulid^ }ur t^eube bed ganjen JSanbe^ 
gefd&el^en in ber ©ad^e eine« armen Sifd^of«/' 2)a biefer nfim? 
lid^ fein ®elb l^atte, um bie getoöl^nlid^en ©efd^enle in ber römi? 
fd^en Jturie au^juti^eilen, gab il^m ber $a))ft au« feinem eignen 
©d^afe fo biel er brandete, bamit er leinen üblen ®inbrud( mad^en 
fottte«). 

Salb erl^ielt Sernl^arb ©elegenl^eit, feinem ®ugen felbfk gut 
Seite gu fieljien; bur(^ SRatl^ unb Xl^at i^n gu unterftfi^en, unb 
ffir il^n gu toirlen. S)a ber ^ap\k bem unau«löfd^lid^n $affe 
ber SRömer gegen bie 2:tburtiner ni^t afö 9Q3erIgeug bienen tDoKie, 



1) Ep. 240 pag. 236. 

2) De consideratione Üb. III cup. 3. 



tourbe ein neuer äufrul^r ju SRom babnrd^ öeranla^t. (Sugen föl^. 
fid^ im anfange be« Sai^reg 1146 jum jtoeiten SKoIe genötl^igtr 
ben @i^ be§ $a})ftt^um$ gu berlaffen, unb er nal^m ialh nad^l^er 
feine Suflud^t in bag ßanb, too fd^on mel^rere feiner SSorgängery 
toon 9lom DertrieBen, il^ren ©i| aufgefd^Iagen l^atten, nad^ %xanl= 
reic^. Slud^ er fanb bort eine freunblid^e unb el^renboKe Stuf- 
nal^nie, burd^ feinen ^eunb SSernl^arb unterftü^t. SJBäl^renb be^ 
Slufrul^^rg gu 3lom l^otte biefer juerft burd^ feine Sieben bie Sftömer 
umjuftimmen gefud^t, bem befannten @l^rgei} biefeS S3olI^ fd^mev= 
d^elnb unb jugleid^ fte fd^redfenb. ©o fd^rieb er il^nen ^) : „Sru* 
ber Sern^arb bem äbel unb bem ganjen SSolfe ber 
Slömer, bafe fie laffen mögen bad Söfe, unb tl^un, 
toa^ gut ift 3u eud^ rebe id^, )u eud^, bem glorreid^en ^olfe^ 
id^ txn 3Renfd^ ol^ne Slnfel^n. 3)od^ für geringer ad^te id^ bie 
©efai^r, unb'efd^eiben bor bem SWenfd^en ju erfd^einen, afö bon 
(Sott berbammt )u loerben burd^ Serfd^loeigung ber Söal^ri^eit 
unb burd^ SSerbergung beg SRed^t«. Darum fd^eue id^ mid^ nid^t, 
burd^ einen Srief bon jenfeit« ber 3lli)en l^er bie SRömer an il^re 
Oefal^r unb il^re ©d^ulb ju erinnern, ob fie ettoa l^ören unb rul^en. 
SEBer toeife, ob fid^ nid^t auf bie Sitte einel 3lrmen befel^ren j)ie:s 
jenigen, toeld^e nid^t toeid^en ben ©rol^ungen ber 9Käd^tigen unb 
aCen SBaffen ber ©tarfen? ßel^rte nid^t einft in Sab^lon auf 
bie ©timme eine« Änaben bag ganje Solf, ba3 bon ben alten 
tl^rid^ten Siid^tern berfül^rt toar, jur Sefinnung jurüdf, unb tourbe 
nid^t auf fol(^e SBeife baö unft^ulbige Slut an jenem 2;age er* 
Italien? 3ft bag nod^ nid^t genug, fo füge id^ bieg nod^ i^inju: 
ßg ift eine gemeinfc^aftlid^e ©ac^e, unb fein Unterfd^ieb l^ier 
jtoifd^n Älein unb (Srog. 3&ai ift eud^ in ben ©inn gefommen, 
Slömer, bie ®rften ber SBelt, eure befonberen 33efd^ü$er ju belei» 
iigen? 3^r ti^örid^ten SRömer, fd^änbet il^r fo, eure eigne ®§re 
nid^t erlennenb, euer eignes $auj)t? ®ure SJäter l^aben bie SBelt 
eurer ©tabt unterworfen, i^r eilt bie ©tabt jum ®eft)ött ber 
SQäelt ju mad6en." 5Rad^bem er il^nen borgetoorfen, ba^ fte ben 
9{ad^foIger beS betrug, ii^fr Qaupt, ouS ber ©tabt bertrieben utüy 
bie Käufer ber Äarbinäle, toeld^e er bie äugen 9lom« nennt, ge- 
})lünbert l^aben, fäl^rt er fort: „SBeld^e ©eftalt l^at je^t 3tom, 
ein Rbxpzx fejned ^au^tS unb feiner 9lugen beraubt? ^ber biei^ 
iji nur ber Slnfang be« Unglüdf«, nod^ ©d^toerere« fürd^ten toir. 
©tel^t il^r nid^t am SRanbe be« SBerberbenS, toenn il^r fo fortfal^rt? 
©0 leiert benn um, feiert um, unb erlennt benn enblid^, toenngleid^ 
\pSt, toaS unb bon n^el^en SJlenfd^en il^r leibet unb gelitten l^abt 



1) £p. 243 pag. 240. 



246 ^ern^arb« Serbtnbung mit Um $a)>fl. 

Erinnert eud^; aud iDeld^et U;fad^e un^ ju toeld^em ©ebiratt^e 
unb burd^ n>el(i^e 3Renf(i^en Der nid^t gar }u langer S^it (unter 
bem ©d^idma) aEer @d^mu(f unb S^ei(i^tl^um eurer Jtird^en ber- 
fd^Ieubert tourbe ! ffia« für (Solb unb @il6er auf ben 2Htärett 
unb Ättargefägen, ja auf ben l^etligen Silbern fel6ft gefunben 
toerben, fonnte, tourbe burd^ frebelnbe $änbe get)lünbert unb 
t»eggefd^let)j)t! 3Ba« f^aht xf)t je^t bon alle bem in eurem 
Seutel ? Unb toeld^er größere (Setoinn, toeld^e fid^erere Hoffnung 
fielet eud^ benn je^t Bebor? 6ure Unbefonnenl^eit erfd^eint jje^t 
ttod^ grd|er al^ borl^er, toeil bamald nid^ blo| ein gro|er 2^l^eil 
te^ SolK, fonbern aud^ bie ©eifklid^Ieit unb einige gürften in 
jener ®j)altung eud^ beiftimmten; je^t aber ift fotoie euer Slrm 
gegen Stile, fo 9lller Slrm gegen eujd^ gerid^tet. 3Bir befd^toören 
t\x(fy bei e^rifto, berföl&nt eud^ mit euren SBefd^ü^em ?ßetru8 unb 
3Jaulug, bie il^r in il^rem ©tellbertreter unb Slad^folger ©ugen 
<in^ il^rem @i$e bertrieben l^abt. 93erf5l^nt eud^ mit ben Plegie- 
rem ber SQäelt, bag nid^t bie SBelt anfange, für fie ju lämjjfen 
gegen bie Unfinnigen. SBigt il^r nid^t, ba^ il^r, toenn il^r biefe 
beleibigt l&abt, nid^tg bermögt, unter il&rem ©d^u^e nid^t8 in ber 
SBelt ju fürd^ten brandet? 3^, unter il^rem ©d^uft l^aft bu %an^ 
fenbe nid^t }u fürd^ten, bie bid^ umzingeln, glorrei^e ®tabt, ®i$ 
ber 2:a))fern. SSerföl^nt eud& mit il^nen unb jugleid^ mit ben 
iaufe'nb SWärt^rern, bie jtoar bei eud^ ftnb,'aber gegen eud^ fmb 
toegen ber großen ©d^ulb, bei ber il^r bel^arrt. Serföl^nt eudj 
mit ber ganjen Äird^e ber ^eiligen, fonft toerben biefe Seilen ein 
Seujgni^ fein gegen eud^." SBirb nid^t ba8 ©d^toeigen SSernl^arbg 
in biefem ©riefe über Slrnolb barauf l^intoeifen, ba^ il^m feine 
ai^eilnal^me an biefen Setoegungen jugefd^rieben toerben lonnte? 
3)a Sernl^arbg Sorftellungen bei ben er^i^ten SRömern frud^tlo« 
toaren, forberte er ben Äaifer Äonrab jur Slad^e unb ^ülfe für 
ben Sßat)|i auf. @r fd^rieb an benfelben be^l^alb einen »rief ^). 
@r gel^t l^ier babon au^, bag burd^ bad Sl^riftentl^um bie lötiig- 
lid^e unb bie tJriefterlid^e SBürbe auf ba« ®ngjle mit einanber 
berbunben feien, toie in ©l^rifto bem ^a\ipi, fo in ben ®l&ubigen, 
bie ein ))riefterlid^ed unb föniglid^e^ ©efd^led^t genannt bürben. 
SQBag älfo ©Ott berbunben l^abe, folle lein 3Renfd& bon einanber 
trennen. „SKögen alfo — fagt er — ©ieientgen, toeld^e burdj 
bie göttlid^e Stiftung mit einanber berbunben fmb, aud^ in il&ren 
©eelen ft^ mit einanber berbinben! SWögen fie gegenfeitig für 
einanber forgen, ftd& einanber bertl^eibigen, gegenfeitig il&re Saft 
tragen! SBenn il^r 2)iefeS toi|t, toie lange tooHt il^r bon ber 



1) Ep. 244 pag. 242. 



)6eni]^arbd 93erbtnbuiig mit bem $a^fl. 247 

gemeittfamen ©d^mad^, bem gemetnfamen Unred^t, ba« il^r erleibet, 
nid^t« lüiffen? SP «i<^^ 3lom toie ber a})oftolifd^e B% fo aud^ 
ba§ $au})t be« Sleid^g ? 3<^ toei^ nid^t, toag bie aSeifen unb 
©to^en eureg Sleid^g eud^ l^ter tätigen; aber id^ lann in meiner 
ßinfalt nid^t berfd&toeigen, toa« id^ benle. Umgürtet eud^ mit 
bem ©d^toert, ©ro^mäd^tigfter ; gebt eud^ all Äaifer, toal bei 
Äaiferl, ©ott, tt)a§ ©ottel ift. Site 3Ronard^ jiemt el bemÄai* 
fer, feine eigne Jlrone, all ätbbolat ber Äird^e, bie Äird^e ju ber« 
tl^eibigen. S)er ©ieg ftel^t eud^ bebor, toie h)ir auf ben $errtt 
i)ertrauen. a)er SRömer Uebermutl^ ift größer all il^r 3Rutl^. ' SQäar 
el irgenb einer ber ©ro^en unb SWäd^ttgen, ein Äaifer ober gürp, 
ber bal Äaifertl^um unb Sßrieftertl^um jugleid^ fo ju befd^imjjfen 
loagte? 9iein, bal bertoünfd^te unb aufrül^rerifd^e Soll, bal feine 
Äräfte nid^t ju meffen, bal ®nbe nid^t ju bebenlen, ben Sluls 
gangLini(!^t ju bered^nen toei^, l^at in feiner S^^orl&eit unb Slaferei 
JU fo großem grebel ftd& erfred&t. ©ott berl[|üte, ba^ aud^ nur 
einen Slugenblidf bei SSolII ©eioalt, bei $5bell ^red^l^eit bor ben 
atugen bei SWonard^en fid^ follte galten lönnen." SDer Äaifer 
folgte jtoar biefem 3lufruf nid^t; aber el ereigneten fid^ aud^ in 
biefer geit größere Segebenl^eiten^ toeld^e bie attgemeine Slufmerfc 
famleit toon bem Stampft bei $at)ftel mit ben 3lömern abzogen. 
Unter biefen Segebenl^eiten l^ing bei 5ßaj)ftel Slnfel^n nid^t mel^r 
bon feinen SJerl^altniffen ju 9lom ab ; biefe toaren bergeffen. Sluf 
il^n toaren bie Slugen ber Stationen all ben Snfül^rer einel gro- 
ßen unb l^eiligen Untemel^men^ geridjtet. S)ie Slömer lonnte er 
unterbeffen il^ren eignen ffletoegungen überlaffen, [xä)tx, ba^ il^r 
Kebermutl^ burd^ ftd^ felbft in Dl^nmad^t jurüdEftnIen toerbe. So 
toar el ja fd^on frül^er beim anfange ber Äreujjüge gefd^el^en, 
all Urban II., bon ber laiferlid^en 5ßartl^ei an^ 3lom bertrieben, 
JU ber größten SSöHerbetoegung bal geid&en geben, fid& bem ©eifte 
nad^ an bie ©J)i^e berfelben feiten lonnte, unb bon l^ier aul fein 
gangel SBerl^ältni^ ju ben ^artl^eien ber Seit einen neuen Um» 
fd^toung erl^ielt. 

S)ie Stad&rid^t bon ben S5ebrängniffen bei neugegrünbeten 
d^riftlid^en Sleid^l im Orient, toeld^e im 3. 1145 in*l «benblanb. 
lam, erregte allgemeine Setrübni^. ßbeffa, bie SBormauer biefel 
Sieid^l, ber ©oge nad^ bie filtefüe d^riftlid^e ©tabt, beren ^önig 
burd^ ßl^riftum felbft belel^rt toorben fein foffte, ©beffa toar bon 
ben ©aracenen eingenommen ; Slntioc^ia unb ^erufalem tourben 
!&ebrol^t. a)er Äöntg Subtoig VII. öon ffranlreid^, bem fein ©e« 
toiffen fd^merjlid^e SBorMrfe mad^te^) über bie in bem Kriege 



1) leefonbev« bte Sj^erbrettnung bn ©^loffee 8itrv (Vitriacum), too 



248 Snlünbigung bed JtrfU)}ttg9 burd^ ^eetn^atb. 

gegen ben ®rafen 3^l^eo6alb bon (S^am))agne t)erüBten ©raufam^ 
leiten, toünfd^te befto mel^r burd^ ein l^eilige« SBcrf bie Sd^ulb 
oBjubü^en. S)a ©efanbte.toon äntiod^ta unb Setufalem bie (^t:i|t 
Kd^en gürften um $ulfe anfj)rad^en, Hoar ballet Subtotg am be^^ 
reittüiHtgften, einen fireujjug jurSSertJ^eibigung beg l^eiligen ®raBe^ 
au^jurüften. S)iefen SBunfd^ t^eilte et feinen @rogen mit, al$ 
er fid^, toie bie franjöftfd^en Äönige an l^ol^en gefttagen t)fregten^ 
am SBeil^nad^tgfepe beg ^a\)x^^ 1145 bor einer gal^Ireid^en SSer- 
fammlung ber SSomel^mften feinet Sleid^eg feine Ärone auffe|en 
tiefe. 2luf 33ern^arb« Sftatl^ tourbe juerft ber $Pa})fi ®ugen, ber 
ftd^ bamalö nod^ ju Stterbo aufl&iett, burd^ eine ©efanbtfd^aft 
aufgeforbert, bie G^riften bc!^ äbenblanbeS .jur $ülfe für il^re 
Bebrängten Srüber gufammenjurufen. ®ugen ging fogleid^ in ben 
^lan ein unb erliefe ein ßirfulatfc^reiben ^) an ben Rbnxq, bie 
©rofeen unb überl^aujjt aDe ©laubige ^J^anlreid^«, toorin er fte 
gegen bie ^Jeinbe ber ßl^riftenl^eit ju jiel^en ermal^nte, unb toie 
fd^on Urban IL, Vermöge feiner a})oftolifd^en ©etöalt, äffen SJenen, 
toeld^e in frommer ©efinnung an biefem 3wg 2l§ril nel^men 
ober auf bemfelben fterben toürben, SKbfotution bon aU^n il^ren 
©ünben berl^iefe mit ber l^in^ugefe^ten Sebingung, toenn pe biefe 
mit jerlnirfd^tem unb bemütl^igem $erjen gcbeid^tet 
l^ätten. @r felbft l^abe ge)pünfd^t, — fd^rieb er — toje fein aSor* 
ganger ^ap\t Urban nad^ ^anlreid^ ju reifen, unb bie ßl^rifien 
)u ber ^eiligen Unternel^mung jufammenjurufen ; aber ba$ erlaube 
il^m fein Stattipf mit ben ^Römern nid^t. S)aju beboffmäd^tigte 
er befeloegen an feiner ©teffe ben 3tbt Sernl^arb. auf bem Äon^ 
eil ju SSejela^ am Dfterfeft 1146 foffte biefer juerji ben SRuf 
nnb ba§ 3«i4^w jwm Äreujjug ertl^eilen. S)ie SSerfammlung \oat 
fo jal^Ircid^, bafe baS ©d^lofe nid^t l^inreid^te, fie px faffen; man 
mufete befetoegen aufeerl^alb ber ©tabt auf freiem gelbe fi(| ber= 
fammeln. Sernl^arb befiieg l^ier eine für il^n errid^tete 'l&öljerne . 
Sül^ne, begleitet bon bem mit bem Äreuj fd^on bejetd^neten Äönige. 
©eine SRebe tl^at fo grofee SSäirlung, bafe bie ganje SSerfammlung 
bon bem 9luf: Sum Äreuj, jum Äreuj! erfd^off. 3lffe brangten 
ftd^ ju ber Sül^ne J^in, au3 SSernl^arb^ §anben ba§ 3«^^« be« 
' Äreuge« gu emt)fangen; unb er lonnte, toie ein S^i*Ö^*^«>ff^ ergä^It, 
bie Äreuje bielmel^r augftreuen> ate augtl^ eilen*). SBetl 



H^dufenbe utngefommen xoaxtn. ®. Guilelm; de Nangi» Chronic, ap. 
d*Achery t. III ad a. 1143 nnb Fagi/— 2)te OueHen in SeUdfidftt be# 
^otgeitbeu finbi.Odo a Diogillo an. Chifflet Bernardi genas illustre 
Sflsertam; Otto Frising. de geat. Frid. I lib. I c. 29. 'H »eq. 

1) Otto Frising. gest. Frid, I Hb. I cap. 35 Murat.. VI, 669. 

2) SQSorte be9 Obo bon ^iogilo lib. I: Hanc (machinam) ascendit 



kie Dorl^anbenen nid^t j^inreid^tcn, mußte er feine eignen Äteiber ju 
«ftreujegjeid^en jerfd^neiben. Sernl^arb toirfte mit feinem Feuereifer, 
t>ic ©ad^e, bie il^m am meiften am §erjen lag, ju förbern. @r 
reifte im ganzen Sanbe uml&er unb feine feurige 9lebe erregte 
überall fo großen ©ntj^uftaimu«, . baß er balb bem 5ßaj)|ie fd^reiben 
Jonnte^): „3fl^r l^abt e§ mir aufgetragen, unb id^ l^abe eud^ ge*» 
i^ord^t, unb ba§ 3tnfel[|n beg ©ebietenben l^at ben ©el^orfam be- 
frud^tet. S)a id& öerlünbete unb ^pxai), fo ftrömten Unjäl^Iige 
IJerbei. SDie ©täbte unb ©d^löffer toerben leer, unb laum lönnen 
fleben SIBeiber ©inen SKann finben, bei Sebjeiten il^rer SMänner 
toerben bie SBeiber toertoitttoet." 6g ift d^aralteriftifd^ für biefe 
5eit, d^aralteriftifd^ für ben ©inbrudf) ben S5ernl^arb auf bie ©e* 
tnütl^er mad^te, baß man, ^tatt einen tüd^ttgen ^etbl^errn }u fud^en, 
ben 2Rann ©otte«, ber ben mäd^ttgen ®eift in fd^toad^em, aBge= 
jel&rtem Setbe offenbarte, inbem man auf bie götttid^e Äraft, bie 
burd^ il^tt toirlte, bertraute, jum ^Jül^rer im Äriege am liebften 
j^aben toollte. @o tourbe er auf einer brei SBod^en nad^ Dftem 
3U ßl^artreg gel^altenen 3SerfammIung fogar gum änfül^rer beg 
Äreujjugg Verlangt ; aber er n^ar gu befonnen unb toußte ju fe^r 
"baS ©erftlid^e unb 3BeItIid§e au^einanberjul^alten, um einem fot 
^tn 3luf ju folgen. SDen ^iap\t fetbft forberte er auf ^), bie @adje 
■be§ Äreujjugg nod^ fräftiger ju unterftü^en. „®ine fo toid^tige 
unb fo attgemeine ®ad^e — fd^rieb er il^m — bürft il^r nidjt 
laulid^, aud^ nid^t einmal furd^tfam betreiben. 3^ ^^be bei einem 
SBeifen ') gelefen, ber fei fein mutl^iger 3Rann, beffen SKutl^ nid^t 
felbft mitten unter ben ©d^n^ierigleiten toad^fe. ^ä) fage aber: 
SBer ©lauben l^at, muß unter ben Seiben, bie burd^ ®otte§ fjügung 
iommen, befto größere^ Vertrauen geloinnen. ^^i^t, ba ßl^riftu^ 
^um jtoeiten 5!JlaIe gelitten l^at, müßt il^r beiberlei ©d^tpert l^er= 
au^jiel&en.'' S)a Sernl^arb ©onberung be§ ©eiftlid^en unb aBelt= 
lid^en »erlangte, bie Äird^e unb il^r ^anpi nad^ feiner SWeinung 
tiur bad geiftlic^e, nid^t ba$ toeltlid^e ©c^toert fül^ren foKte, ba 
ft aber bod^ bon feinem lird^lid^^tl^eolratifd^en ©eftd^t^t^unlte au§ 
ter Seitung ber Äird^e Sllle« unterorbnete, fo mußte er in Ders: 
id^iebener 93e}iel^ung beibe ©d^toerter, bad geiftlid^e unb ba$ ioelt» 
lid^e, bem ^ap\U jueignen, nur mit bem IXnterfd^iebe, baß baiJ 
^ere unmittelbar bon il^m gefül^rt toürbe, baS jloeite nur mittet 



cum rege cnice ornato. Cumque caeleste Organum more suo di* 
Tini verbi rorem fudisset, coeperunt unäique conclamando, cruces, 
Bruces expetere. Et cum earum fascem nraeparatam seminasset pottui^ 
^uam dedisset : coactus est vestes suas m cruces scindere et aemioare« 

1) Ep. 247. 2) Ep. 256. 

a) Seneca ep. 22 ad Lucil. 



250 SScrIünbtgunö bc« Äreujjug« bardj ©ernl^arb. 

Bar feinet Seitung untettoorfen fetti foffte. Unb ia er nun ntd^t 
fällig toar/ unbefangen aug fid^ felbft bte SBorte be^ $errn )u er* 
Hären, fonbern untoilßürlid^ axx^ bem lird^lid^stl^eofratifd^en ©e* 
fi(i^tg})unfte feiner Seit ftd^ Slffe« ausbeutete, fo toufete er bie 
aSorte ßl^rifti an betrug, bie befonber« baju geeignet toaren^ 
einen ®egenfa| gegen jenen ®efici^tgt)unft ju Bilben, ttJo 6l^ri|iug 
bem 5ßetru« gebiejet, fein ©d&toert in bie ©d&eibe ju ^ieÄen, ftd^ 
fo jured&tjulegen, ba^ fte bod^ bcmfelben bienen mußten, inbem 
er ben Stad^brudf barauf legt, ba^ ßj^riftu« gefagt: 3)ein ©d^toert, 
alfo als baS bem ^etruS aud^ jugel^örenbe eS bejeid^net, nur ba^ 
5ßctruS eS nid^t felbft jiel^en foKte. ©o- fagt er bal&er ju bem 
5ßa})fte in biefem ©riefe : ,,3)enn beibeS i^i 5ßetri ©d^toert, bafe 
baS eine burd^ feine §anb, ba« anbere auf fein ©ebot, fo oft e§ 
nötl^ig ift, gebogen toerbe. Unb' baS belDeift, fo toenig eS aud^ 
ben 9lnfd^ein l^at, grabe baS, toaS ei^riftuS ju $etro gefagt l^at: 
©tedf* bein ©d^toert in bie ©d^eibe. Sllfo nennt er aud^ bieg- 
fein ©d^toert, nur fottte eS nid^t burd^ feine eigene $anb ge« 
jogen loerben." Sernl^arb mod^te tool^I fürd^ten, ba^ 3)ieienigett, 
bie il&n jum gül^rer beS ÄreujjugS l^aben toofften, fid^ an .ben 
5ßat)ft felbft toenben toürben, befel^alb fd^rieb er biefem : „^a^ 
bin id^, ba^ id^ foUte bie ©d^Iad^ten orbnen, id^ an bie ®px^ 
ber Ärieger mid^ ftetten? SSäaS ift Don meinem Seruf fo fem, 
toenn aud^ meine Ar&fte l^inreid^ten, toenn eS aud^ an ÄriegSfunfl 
mir nid^t fel^lte? SlBer eS lommt mir nid^t ju, eure SBeiöl^eil 
Belel^ren gu tooUen : il^r toi^t bieS atteS. 3<^ Befd^toöre eud^ nur 
Bei jener Siebe, bie il^r mir befonberS fd^ulbig feib, ba^ il^r mid^ 
nid^t ber SOäilllür ber aJlenfd^en J)reiSgeBt; fonbern, toie e8 Be^ 
fonberS eure ©ad^e x% bie Slbftd^t Ootte« ju erforfdften fhreBt,. 
unb il^r eud^ 3Rül&e gebt, ba^ auf ©rben gefd^el^e, toaS ber SQäitte 
©otteS im §immel iji." 

2lud& ber jlfoeite groge 5Kann au« b.er SKitte be« 3Wönd^S= 
tl^umS, ber 2lbt $ßeter bon ßlugn^, nal^m an ber ©ad^e beS Äreu^ 
juge« lebenbigen änll^eil. @r f^rteb an ben Äönig bon granl« 
reid^ einen Srief ^), toorin er ju il^m fagt: „Dbgfeid^ id& ben 
Ärieggjug beS etoigen Königs, ben er burd& eud^, als irbifd^cn 
Äönig, gegen bie geinbe feines ÄreujeS auSgurüften befd^Ioffe» 
l^at, in bie |5erne ju Begleiten nid^t öermag, fo l^abe id^ bod^ ba« 
Verlangen, an bemfelben burd^ meine 2lnbad^t, mein ®ebet, mei=^ 
ntn diaüf unb meine Unterftü^ung, fo i>\d id) nur lann, SJ^eil 
ju nel^men. Unb loie fönnte eS anberS fein! 35enn Wer, ber 
ber Se^te unter ben mit bem d^riftlid^en 3lamen »ejeid^neten ift^ 



1) Petri Clun. epp. Hb. IV ep. 36 1. c. pag. 865. 



!93ertünbtdung bed fii:eu))ugd burd^ Seml^arb. 251 

fottte nid^t burd^ eine fo grofee uttb fo tounberbate Setoeßung bcr 

^eerfd^aaten be« $etrn 3e'&öÄ>*^ betoegt toerben? SBer follte jt(i& 

nid^t anfd^idfen, mit affer Slnftrengung feiner ©eele nad^ feinem 

SWaafte bie l^immlifd^e Unternel^mung ju unterftü|en?" Unb toie 

bie gan;ie ^U^ ber Äreujjüge bem Iird^Iid^=tl^eoIratifd^en ®eift 

biefer 3^i* entft)rad^, unb eine mel^r alU afö neuteftamentlid^e 

gärbung l^atte, fo benu^t er aud^ befonber^ bie SSergleid^ung mit 

ber altteftamenttid^en (Sefd^id^te für biefelben. „©d^on erneuern 

fid^ in unfrer S^it bie alten S^xUn, unb in ben 2:agen ber neuen 

(Snabe toieberl^olen fid^ bie SJBunber beg alten SunbeSbolIei?. 

3Rofe3 ging an^ 3leg^t)ten l^erbor, unb bertiigte bie Äönige ber 

ämorrder mit il§ren SSölIern. ®^ folgte il^m S^fua, unb ft)arf 

auf ®otte§ ®el^ei| bie Könige ber Äananäer mit jal^ffofen fß'öU 

lern auf bem ©d^lad^tfelb nteber, unb tl^eilte bann nad^ SUertit^ 

gung ber ©ottlofen ba3 Sanb unter bie ©tämme be« Sollest" 

©otteg au^, 5lun brol^t, aug bem äu^erften SSSeften l^erDorgel^enb^ 

ein d^rifilid^er Äönig bem Orient, unb greift mit bem Sreuje ßi^rifti 

beioaffnet ba« abfd^eulid^e 3SolI ber Slraber unb Werfer an, toeld^eS 

lieber bag l^eilige Sanb ju unterjod^en fud^t. S^ax ragten l^er«^ 

bor jene großen fjürften ber ^\xUn, inbem fte bie fjürften ber 

neueren 3«i* burd^ ^eiligfeit beS Sebeng übertrafen : bod^ fd^einen 

fte auf getoiffe SEBeife nid^t l^öl^er ju [teilen, fonbern bielmel^r nieb* 

rtger, ate biefer d^riftlid^e Äönig. 3^^^ bertiigen bie unl^eiligen 

aSölfer auf ba§ ®ebot Sötte« burd^ Ärieggmad^t, unb eignen bie 

Sänber berfelben ®ott unb fid^ felbft gu; aud^ biefer Äönig toirb 

auf ®otte3 ©el^et^ bie ©aracenen, bie ^Jeinbe be« toal^ren ©lau« 

ben«, bertilg^n, toirb aber bie Sänber ' berfelben für ®ott, nid^t 

für fid^ felbft erobern. 3ene erfüffen bie ®ebote ®otte« unb 

ubernel^men bie ÄriegeSmül^en jum Sl^eil a\x^ Hoffnung irbifd^en. 

Sobne«. 3^*^^^^ <^^^^ op^txi ®ott fein Sleid^, feine Sleid^tl^ämer unb 

fein Seben felbft : nid^t nm ettoaS S^bifd^eS, ba er' fd^on ein großer 

ftönig ift, ju gewinnen, fonbern um, toenn feine irbifd^c Slegierung 

ein ®nbe genommen, bon bem Äönig ber Äpnige mit 61^re unb^ 

3lul^m geltönt gu toerben. Sllfo toirb bem Äönig ber fidlere unb 

erl^abene ©ieg nid^t fel^len, ba er mel^r mit l^immlifd^en afö irbi= 

fd^en SBaffen gerüftct ifi, unb bem $eer be« lebenbigen ®otte« 

ioirb eine nod^ fo gro^e $eere3mad^t ber orientalifd^en 93arbaren 

nid^t ju toiberftel^en bermögen. S)enn h)er lönnte S)enen toiber» 

Men, toeld^e @^re, 3letd^l[^ümer, Vergnügungen, felbft SSaterlanb^ 

unb (gltern ju berlaffen, um S^rtfto affein nad^jufolgen, für i^n 

Ju arbeiten, für il^n gu lämjjfen, für il^n ju fterben unb gu leben 

befd^loffen ^aben? SBer, fage id^, bermag auf Srben ju toiber* 

jleljien bem ©eere ©effen, bor bon fid^ felbft gefagt l^at: 50Ur ifL 



252 «erfünWauiig bc« Ätcnjjug« bur* ©ertil^arb. 

gegeben alle Setoalt itn ^intntel unb auf @rben V^ ^eUid^ l^&tte 
ter ßrfolg be« Swfl«^ ^ol^l ein anbrer fein müjfen, toenn bcrfelbe 
ber l^icr bon bem äbt $eter bejeid^neten ^ht^ unb ©epnnung 
^axii ent^rod^cn l^ätte. 

9lad^bem 33etnl^atb ^anlreid^ burd^reift l^atte, eilte et oud^ 
in 2)eutf(i^Ianb bie gürften unb Söller jum Äreujjug jufammen= 
jurufen, unb bie ^inbetntffe ^u lieben, toeld&e ber SBcreinigung gu 
bem genteinfd&aftlid^en Untetnel^men l^ier entgegenftanben. 33ie 
(Stoßen unb gürften, in gegenfettige Äriege bertoitfelt, badeten 
über iJ^tem befonbem t>ontifd^en 3ntetef[e nid^t an ba« allgemeine. 
3n"ber (Segenb be« Sll^einS ^atte fid^ mit bem Sntl^ufiagmug für 
ben ^reu})ug eine toilbe Sd^ltärmerei bermifd^t, n^eld^e aDe Drb« 
nung berntd^tenb eine träftige unb regelmäßige Bereinigung ber= 
/j^inbcrte. ®in unberftänbiger 3Rönd^, Slabul})]^, toar l^ier ate 
ilreu}))rebiger aufgetreten, unb l^atte biete Saufenbe m^ ben ©tab- 
ten Äöln, 3Rainj, Straßburg, SBorm«, €j)eier um ftd^ l^er ber*» 
fammelt. 3"«^^ entflammte er gegen bie ^v!t(n al« fjeinbe 
ßl^rifti bie aSolfötoutl^ ; gal^lreid^e Sd^aaren ber toüt^enben ©d^toär* 
mer fielen über bie SBe^rlofen l^er unb morbeten fie^). a)er 
©d^toärmer üiU eine fold^e ©etoalt über bie ©emütl^er ber er* 
l^i^ten SKenge a\x^, baß bie 9?tfd^öfe bergeben« il^m ju fteuem 
fud^ten. 2)er ©rgbifd^of ßeinrid^ bon 5!Kainj fd^rieb n^egen biefer 
Slngelegenl^eit an ben «bt Sernl^arb, unb biefer erflärte fid& auf 
ba« 9lad^brüdElid^fte -gegen SRabulj)]^« 2:reiben «). @r tabelt in 
biefem 33riefe an bem Slabulj)!^ breierlei: baß er unberufen aU 
SPrebiger aufgetreten fei, baß er bag «nfel^n ber Sifd^öfe ju ber« 
ad&ten, unb boß er 3Rorb gut gu l^eißen toage. ,,©iegt bie flirdje 
— fagt er — nid^t toeit l&errlid^er über bie 3uben, toenn pe bie= 
felben täglid^ h>iberlegt ober belel^rt, alg toenn fte alle auf einmal 
burd^ ba« ©d^toert bertiigt ? Soll bergeblid^ fein jene« allgemeine 
®^Ui ber Äird^e', ba« bon Sonnenaufgang big Sonnenuntergang 
für bie ungläubigen S^ben gel^alten toirb, baß (Sott ber $err 
bie ^üHe bon il^rem $erjen nel^men, baß er fte aui^ ifjxtv gin? 
ftemiß jum Sid^t ber SBal^rl^eit erl^eben möge? a)enn ol^ne bie 
Hoffnung, baß bie Ungläubigen einft jum ©tauben gelangen h>ür* 
ben, loürbe e« überflüfftg unb bergeblid^ fd^einen, für fte ju beten, 
aber fte toeiß, baß ®ott ben 33lid, feiner ®nabe auf ©iejenigen 
ipenbet, toeld^e 8öfeg mit ®utem, $oß mit Siebe bergelten. ffio 
bleiben benn bie SBorte (SRöm. 11, 26): SBenn^ bie fjüffe ber 



1) (Sine andffi^rltd^e @((Uberung biefer 8erfolAung gtcbt bie dlftoM 
be« 3i>{e)>^ Sen Se^ofcif^ua ^n Wliiv; f. Stitend ^reui^fige in, 1. Sd» 
läge. 2} Ep. 365. 



SSettfiitbtgitng bed JSren})Ud§ burd^ 8ern(atb. ' 253. 

Reiben totrb cttigegangcn fein, bann tohb ani^ flanj Sfrael fflig 
tperben, unb (5ßf. 147, 2): S)et $err 6aut Qcrufalem unb bringt 
jufammen bie SScrjagten in Sfrael. Sift bu .S)er, ber bie 5ßro=^ 
^l^eten gu Sügnern machen, unb ben ganzen @d^a| ber Siebe ttnb 
Sarml^erjigfeit S^fu ß^rifti ausleeren tottt? 3)o^ iji baS nid^ 
beine Seigre, fonbern bie Seigre beine« SSaterö, ber bid^ gefanbt 
l^at; benn ber toar ein SWörber bon 2lnfang an. SEBal^rlid^ eine 
J^öOifd^e Seigre, bie abjd^eulid^fte Äe^erei, ben ^Pro^^l^eten ünb Sl})Os 
^eln entgegen,» ber Siebe unb ber (Snabe jfDiberft)red^enb ! ßnblid^ 
bamtt x^ ^tte«, toa§ id^ über biefe ©ad^e benle, lurj jufammens 
f äffe : biefer SKenfc^ ift groj in feinen äugen, boU bon bem ®ei^ 
beö §od^mutl^§. Seine SBäorte unb SQäerfe geugen babon, ba^ er 
fld^ einen Sßamen ju niad^en fud^t, gleid^ .ben ®ro|en ber ®rbe, 
€x fjat aber nid^t ba§ 3^wg baju ^)." 2:i^eite um biefen 2lufrul^ 
3u füllen, tl^eife um ^rieben jtoifd^en bert beutfd^en ^Jürften ju 
ftiften, ben Äaifer unb bie angefel^enften dürften jur 2;i^eilnal^me 
üxi bem Äreujjuge gu belegen, trat bal^er Sernl^arb bie Steife 
nad^ 3)eutfd^Ianb an. Ueberall tourbe er mit SSerel^rung aufge» 
ttommen. 3[u^ allen ©täbten, tool^in er lam, ftrömten il^m bie 
^enfd&en entgegen. Sernl^arb toar ber beutfd^en ©))rad^e nid^t 
wäd^tig. 6« trat nad^ il^m ein beiber ©Jjrad^e^i lunbiger ^önd^^ 
ken er mit ftd^ fül^rte, aU 'a)oImetf(^er auf. ®od& ift e^ merfc 
tDürbig: noc^ toeit größere SJBirlung aU ber Qnl^alt ber berbot 
tnetfd^ten Siebe foU ber älnblidf ber ®rfd^einung be§ berel^rten 
tKanneS, feiner ©eberben, ber bemo'mmene Jon feiner Stimme 
auf bie 3Kenge Qtma(i)t l^aben, fo baj fie fd^on .baburd^ tief be«- 
toegt tourben. 3)er Seben^befd^reiber SBernl^arbS, ber biel erjäl^ft, 
bemerlt babei, bag beffen SBorte nod^ tt>eit grd^ern (SinbrudC mad^s; 
ten^ h>enn fte bon i^m gefjjrod^en, afö toenn fte gefd^rteben ge« 
lefen tourben ^). 3Bic aU ?Peter ber (gremit bag Äreuj t)rebigte, 
gefd&al^^g aud^ bei 93erttl^arb« Äreujberlünbigung, ba^ toenn bie 
einen fid^ gebrungen fül^lten, ba« Äreuj ftd& aufjj^eften ju laffen, 
Slnbere i^ingegen, bon Sernl^arb jur Su^e gerufen, Dom Serloni» 



1) Ad ultimuml, ut omnia quae sentio super bis, breviter com- 
^rehendam, homo est magnu^ in oculis suis, plenus spiritu arrogantiae. 
Yerba et opera ejus praetendunt, quod oonatur sibi facere nomen 
juxta Domen magnorum qui sunt in terris: sed non habet samptua 
Jid perficiendum. 

2) Vit S. Bernardi lib. III auct. Gaufrido cap. 3,§. 7: Tnde 
•erat quod Germanicis etiam populis loquens miro audiebalur afiecta, 
«t ex sermone ejus quem intelligere, utpote alterius Hnguae homi- 
nes, non valebant, magis quam ex peritissimi cujuslibet ^ost eum 
loquentis interpretis intelleeta locutione, aedificari iilorum dev.otio 
videbatnr, et verborum ejus magis sentire virtutem: cujus rei certa 
prabatio tunsio pectorum erat, et effusio lacrymarum. 

9^eanbec, ber ffAU Seml^b. 17 



254 Safftnbtgung bee ^ensjng« bur<i^ SBetn^atb. 

gen rtü^ einem gättKc^en SeBen erfüKt, Don SieBe )u il^ ergriff 
fen, lieber nad^ bem l^immlifd^en S^tufalem ju toaUen, auf ßeiftige 
äßeife bad Jlreuj S^ttfti auf ftd^ 3u nfl^men, unter 93eml^arb^ 
Seitung bem fleiftlid^ett Seben fid^ ju toeil^en berlan^ten. amer*^ 
bingg tourbe eS ja für ettoaÄ $ö^ere« gel^alten, nad^ bem l^imm- 
Kfd&en S^J^^f^I^w^f ol^ wa^ bem irbifd^en feine SSSallfal^rt ju rid^- 
ten; toie j. 8. ber Srjbifc^of ^ilbebert Don SRang biefeaOeban- 
len au«ft)rid^t in einem Sriefe an eine SBitttoe, bie er öon einer 
SBaUfa^rt abl^alten tooUte: ,^SBir toerben ermal^nt, um ßl^rifli 
^tinfler gu toerben, fein Äreuj jt tragen, nid^t fein (Srab ju fud^en» 
2)amit bu biefed Jtreu} tragen unb bemfelben nad^folgen mogeft^ 
beeifere bid^ ber ®ebulb*unb aud^ ber 2)emutl^, toeld^e Sugenben 
ben erfien Pa|^ im ©rlöfungStoerl eingenommen l^oben. SEBenn bu 
e^ genau bead^teft, h>irft bu finben^ bag 6^fti gangem Seben auf 
erben nid^t^ anber« toar, alö Sel&re unb 8eift)iel biefer Saugen* 
ben." Sie möge in biefen 2:ugenben bel&arren, unb burd^ bie- 
Sd^Iangen biefer SOäüfte, bie unjäl^Ugen ^einbe l^inburd^ jum ber* 
l^ei^enen S^^wfalem eilen ^). Stud^ ^Peter bon ßlugn^ fogt*): 
,ß^ ift ettpag ©rö^ereg, bem toal^ren ®ott immer in a)emutl^ unb^ 
älrmut^ gu bienen, als auf eine ^runfboSe unb üppxQt äBeife na<i^ 
Qerufalem gu reifen. SJBenn e^ alfo ettoag ©ute^ ift, S^^ufalent 
3U befud^en, too bie güje be« $erm geftanben l^aben, fo ift e^ 
ittoa^ nod^ toeit Seffereg, nad^ bem §immel, lüo er felbft t>on 
Slngefid^t ju Slngeftd^t gefd^aut toirb, )u trad^ten*)." änfelm 
bon ßanterbur^ erllärt einem SWanne, ber im toeltlid^en gianbr 
eine SSäaBfal^rt gelobt l^atte, bo^ er, inbem er SKönd^ getoorben,. 
bon biefem befonberen ©elübbe entbunben fei*): „2Ber, ate er 
in ber SBelt lebte, gelobt l^.atte, nad& Slom ober gerufalem gu tbatts 
f alerten, IJ^at, loenn er. in unfern ©tanb übergel^t, unb anbad^tig 
unb gel^orfam lebt, baburd^ alle einzelnen ®elübbe, bie er gelobt 
l^atte, erfüllt. 2)enn toer fid& tJ^eilloeife ©ott geioei^ l^at, ber 
barf nid^t, nad^bem er ftd^ ganj ©ott übergeben, nad^l&er bai^ 
©anje nur auf ben %\)tH jurüdfül^ren ^)." ®ine mer!h)ürbigt- 



1) Hildeberti Cenom. ep. 5 opp. ed. Beaugendre 1708 pag. 10? 
Ut enim efficiamur disclpuli Christi, bajulare monemar ipsius cra-^ 
€em, non quaerere sepulturaxn. 

2) Lib; II ep. 15. 

3) Majus est vero Deo perpetuo in humilitate et paupertate 
aervire, quam cum superbia et luxu Hierosolymitanum iter conficere^ 
Unde 61 bonum est, Hierusalem, ubi steterunt pedes Domini, visi- 
tare: longe melius est, caelo, ubi ipse facie ad faciem conspidtlir, 
inbiare. . 

4) .fipp. Hb. III ep. 116 opp. pag. 409. 

5) Qni voverunt se ituros Bomam vel Hierusalem in saecolo^ 
ai ad ordinem nostrum venerint, et devote et obedienter se ha- 



^ertünbtgnng bed Bttums^ ^^^^ ^ern^arb. 255 

Sleti^eninff be^ freien SEßal^rl^eitgbeiüu^tfeinS, beten ©runbflebanle 
mi) Qt^^n bie gange Sel;re bon ben • consiliis evangelicis unb 
öereinjelten ©elüBben gebtaud^t toetben, unb barauf, ba^ in ber 
Eingabe be§ flonjen Seben^ an ®ott in iebem d^riftlid^en S3eruf 
älUcd entl^alten fei, unb e^ nid^t^ batüber ^inauggel^enbe^ ^^hm 
lönne, l^intoeifen fohnte. Sernl^arb felbft toill nid^t, ba^ 3Rönd&e 
na(§ S^tufalem toaDfal^rten, inbem er fagt^): ,,©ie fotten nid^t 
nad^ bem irbifd^en, fonbern nad^ bem l^immlifd^en Serufalem trad^s 
ten, unb bal^tn nid^t mit ben ^feen, fonbern mit ber Slid^tung 
be« ^erjen^ njatten^).'' 9lad^ fold^en ©runbfä^en l^ätte Sern- 
l^arb lein Sebenfen tragen lönnen, 2)ieieni0en, bie bon jenem 
SSerlangen nad^ bem l^immlifd^en ^erufalem ergriffen tourben, afö 
3Jlönd^e aufjunel^men. aber l^ier jeigte fid& feine Sefonnenl^eit 
unb feine ®eiper})rüfung. SSSäl^renb er bieMSinen guliefe, toieS 
er.3lnbere jurüdf, inbem er il^n^n erllärte, fte feien no^ nid^t 
^äl^ig für ba^ ftitte Seben ber SSetrad^tung, fie müßten erft ,bur§ 
ftämj)fe in ber SSSelt gebilbet toerben, eg fei für il^re religiöfe 
unb ftttlid&e ©nttoidflung beffer, in bie gerne ju 'reifen unb ben 
©efo^ren entgcgenjugel^en*). 

@r lam nad& S)eutfd^Ianb mit bem öor i^m l^ergei^fenben 
Sflufe, ba^ er SBunber berrid^ten lönne. SJon allen Seiten tour^ 
ben il^m Äranle berfd^iebener Slrt, ©emütl^gfranfe, Slerbenfranfe, 
©eWI^mte, %mU unb Slinbe gebrad^t ober gugefül^rt, bag eir' 
fie l^eilen fottte, 6r betete für ©old&e, legt^ feine $anb auf fte, 
berüi^rte bie Iranle ©teile mit berfelben, mad^te baö Äreuj über 
fte, unb SSiete berbaniten il^m il^re Teilung. @^ ift barauf an^ 
jutoenben, loa^ toir fd^on frül^er im allgemeinen über bie 2Bun= 
ber biefer Seit bemerlt l^aben. 3Bir ffaUn über einzelne biefer 
Sl^atfad^en fel&r genaue unb anfd^aulid^e 33erid^te bon 2lug«n= 
jeugen, ,bie bag ®e|)r&ge ber SBa^rl^eit in fic^ tragen. SBir 
tooßen einige« -SDlerftoürbige au^l^eben. ©o toirb berid^tet, baj5 
eine grau in Syrier, bie tauE toar, burdj einen 2^raum aufgefor« 
bert toorben, bei bem Sernl&arb Teilung ju fud^en*). ®3 er^efft 
alfo, toie tief au3 bem, toa« pe öernommen l^atte, ba« Silb 



bnerint^ omnia vota sna qnaecunque voYerant, complevenint, Qaippe 
qni 86 in partem Dei per vota tradiderant, postquam se I)eo totos 
tradiderint, totum in partem postmodum non habent redigere. 

1) Ep. 399 pag, 358. 

2) Neqae enim terrenam, sed caelestem requirere Jerusalem, 
monachorum propositum est; et hoc non pedibus proficiscendo, sed 
afiectibus pronciscendo. 

3) Caesar, monacb. Cisterc. dialog. de vit. sol. cap. 16 in Tis- 
aier biblioth. patr. Cisterc. tom. II pag. 11. 

4) Vit. Bern. lib. IV auct. Gaufr. cap. 5 §. 32, 

17* 



256 Serfihibiaung M $ttt\iiiu^9 butd^ 8ern(arb. 

Seml^arM in il^re Seele eingebtungen, itnb lote fte fd^on but<!( 
flläubige« Sertrauen für. feine fleifttge , 6inh)irlung Vorbereitet • 
toar. ä((d er in bem Süttid^fd^en in bie ®egenb ber^@tabt 
l^ontenai tarn, tourbe il^m ein blinbgeborner ßnabe bargebrad^t, 
beffen 3(ugenlieber ganj berfd^Ioffen toaren. .^r betete für il^n 
unb berührte feine Slugenlieber mit bem Ringer, unb ber gel^eilte 
SncAt lonnte bie Slugenlieber toieber öffnen, unb \>ox feinem 
f&M peUten fid^ ollmälig bie ©egenftänbe bar, toie fte toaren. 
Sott fjreube unb Ueberrafd^ung, inbem er ba^ il^m unbelannte 
Sid^t erblidfte, rief ber Änabe au8 : 3^ f^^« *>^^ "^^6 r i^ f?^^ 
aUc SKenfc^en, id^ fel^e Seut'e mit paaren. Unb inbem er J^üjJfte 
unb mit ben ^änben jufammenflatfd^te, rief er au«: D mein 
®ott, bon nun an loerben meine gü^e nid^t mel^r an bie ©tetne 
fto^en*). 3n (Sambra^ Derbanite ein 2^aubftummer- il^m feine 
Rettung. 2)ic Umftel^enben erl^oben il^n auf ein l^öljerneg ®e= 
rüjl, ba^ er mit ber toiebergetoo^nenen ®t)rad^e baS SSolI att= 
reben foffte. , Unb e^ ertönte nun bon ber SKenge ein lautet 
Subelgefdj^rei *). 3n ber Stabt 3Re^ loar i^m loie getoö^nlid^ ba« 
Soll el^rfurd^t^bott entgegengefommen, ber 33ifdJof unb mel^rere 
angefel^ene SKänncr an ber Bpi^t. ffiie er öon bem Sift^of unb 
änbern baju aufgeforbert jfootben, benujte er biefe (Selegenl^eit, 
um einen ber 3lnloefenben, ben ®rafen $einrid^ bon Salm, }u 
bitten, ba^ er Don feinem feinblid^en SSerfa^ren gegen bie ©tabt 
unb bad Sol! abfte^en unb ^rieben beioittigen möd^te. 3lber 
berfelbe blieb unbeugfam. Unte,rbeffen iourbe ein S^auber ju il^m 
gefül^rt, um Teilung bei il^m ju fuc^en. Sernl^arb ioanbte ^^ 
nun mit bem i^m eigentl^ümlid^en SlidEe boll br^l^enber 3wber* 
ftc^t gu bem @rafen unb ^pxad^: „^\)x tooUt mil^ nid^t l^ören, 
unb bor eud^ toirb fpgleid^ ber %anbt mid^ l^öjcen.'' Unb ba^ 
toaö Sernl^arb fagte, erfolgte, fo toarf fid^ erfd^rodfen ber ®raf 
ju feinen gü^en nieb.er, unb beioilOligte bon felbft 2llle3, loa« er 
bon i^m berlangt l^atte'). äBir lootten ber ©ad^bertoanbtfd^aft 
toegen, um nid^t loteber auf biefen ©egenftanb )urüd(}ufommen^ 
einige« SSerioanbte au« feiner fjjfiteren SBirffamfeit in granlreid^ 
i^ingufügen. ©« gefd^a^ gu ß^arletre, einem gleden jloifd^en ber 
©tabt ^robin« unb ber ©eine, ba^ ein Änabe bon jel^n Sö'&^^w, 
ber feit einem 3«^^^^ fo gelahmt loar, ba^ er feinen fto^jf ni^t 
beloegen lonnte, bon feiner aRutter unb feinen SBerloanbten auf 



1) L. c. §. 34 pag. 1143. 

2) L. c. 

3) L. c. §. 49 pag. 1149. SSieffeid^t Wnnte bie« in bie fcfete, \pättv 
ju emät^ncnbc jReijc nacb TUti gehören; e« fomnit aber W« fftr unfern 
ä^id auf bad (2[^ronoiogtf(^e niCl^t an. 



SSertünbtgung U9 j{reu}}ng8 hüxä^ Bern^atb. 257 

einem Ätjfen xi)m bargeBrad^t tourbe, ba er auf ber Sanbflta^e 
. Dorbeigtna. ®r fott btefen ÄnaBen geJ^eift l^aben, fo baft et ®ott 
})reifenb einJ^erging, unb bott 3)anI6arfett folgte er tl^tn imrner 
naä), bi§ SBernl^arb gegen feinen SQBitten il^n umjufel^ren nötl^igte. 
Unb ber jüngere SBruber be« Änaben ftürjte in beffen 3lrme, il^n 
mit Äüjfen ü&erl^äufenb. 2)er rill^renbe SnHttf Betoegte 3SieIe 
Bi« ju i^ränen. SSier S^i^re f^jäter fül^rte bie SKutter b^nfelben 
Änaben toieber ju Serril^arb, ber in bie ©egenb tarn, ba^ er 
beffen gü^e lüffen fottte. a)iefer iji e«, fjjrad^f. pe, ber bir bd« 
Seben unb bid^ mir toiebergegeben l^at ^). 

Sie Slnfd^auung ber t>on Seml^arb in 3)eutfd^tanb bamafö 
DoKbrad^ten Teilungen toitfte fo mäd^tig ein, bafe 2)rei^ig ba^ 
burd^ belogen tourben , il^n nad^ granfreid^ ju begleiten unb in 
fein Älofter einzutreten ^). 

9li(|t minber jeigte S5ernl^arb bie Äraft, mit ber er auf bie 
©emütl^er ju toirfen toermod^te, burd^ bie 9lrt, h>ie er ben ©d^toär« 
mer Sflabulj)!^ ju übertoinben tou^te ^n biefem fanb er einen 
Demagogen, bem ba^ Soll ganj ergeben njar. ®iS beburfte eine^ 
Sernl^arb, um eö bal^in ju bringen, ba^ ber toilbe W6n^ ju bem 
©el^orfam feine« filofter« jurüdffel^rte , unb ba« 3Solf, toenngleid^ 
, murrenb , e« ftd^ bod^ gefallen lieg. 2)ürd^ Sernl^arb tourbe ber 
©d^toärmerei ßinl^alt get^an, ba« SSol! jur Sefonnenl^eit }urüdE= 
geführt, bielSIutöergiegen burdj il^n öerl^ütet, S^aufenben ba« Seben 
gerettet. 2)ie Quben in biefcr ©egenb ^jriefen il^n af« il^ren SRet^ 
ter, einen öon g^l^oöal^ il^nen gefanbten ©dju^engel, toie fid^ 
bie« un« in ber ©rjäl^lung eine« S^ben au« biefer S^it ju qr^ 
lenncn giebt. ©ie boten il^m ©elb, aber er öerfdjmäl^te e« '). 

®inen Äontraft wit Sernl^arb bilbet l^ier ber Slbt 5ßeter \)on 
ßlugn^. SBenn biefer SWann fonft burd^ ben ©eift d^riftlid^er 
SWilbe fid^ auSjeid^nete, toenn er baburd^ in feinem SSerbalten 
gegen .3lbäfarb über Sern^arb l^eröorragte/ fo ftanb er l^ingegen 
in feinem SBerfal^ren gegen bie 3uben l[^inter bem 3lbt Se4;nl^arb 



1) L. c. §. 39 pug. 1145. 

2) L. c. §. 48 pag. 1148. 

3) @. ©iifen« Äreujjüöc 1. c. @. 8: @ie ge^or^ten feiner ©ttmme, 
benn er galt t)iel unter il^nen ; unb liegen ab t>on ber &ivitf) i(^re« S^^rned» 
unb traten ben 3uben fein 8ö)e9, tcad fle }u tt^un be|(^lof{en l^atten. , 6antt 
JBcrn^arb na^m tein iÜSfegelb ton ben 3nben; benn er ^atte t>i>n ^er^en 
<Snte9 für 3ftael gerebet. 3(i^ greife bitf^, o $err; benn Du btft jmar 
;|ornig gemefcn n^ibcr ntic^, aber bein 3i>rn M fid? gen)enbet unb tu 
trSße^ nii^f, inbem bu und etmad übrig gelaffen auf (Srbeu unb ^on t^nen 
totele (SntTonnene am Seben erfiaUen ^afl an biefem Sage. . 2)enn ^Stte bie 
^arm^ersigfett be« ^erm ni^t jenen $riefler gefanbt, fo tsfire ))on i^nen 
leiu (Srrctteicr unb Entronnener übrig geblieben. Gelobt fei, ber erldfet 
imb errettet! 



258 8erlünbtgun0 be« irtcus)u08 burd^ Sern^aib. 

Don biefev Seite jutüd. 2)at)on jeugt feine aft ben ftöntg bon 
granlreidj geridjtete ^rmal^nung in jenem angefül^rten ©riefe ^X 

* loorin er bejtfelBen jum Äreujjug anft)ornt. 3^ar toar ber 
ä(6t $eter fern babon, jene fanatifd^e, Blutbürflige SButl^ gegen 
bie 3uben gutjul^eiften. Stud^ er ftimmte barin mit öern^arb 
üfcerein^ bafe ii^r SeBen gefd^ont toerben foKte: Slber fonfk toar 
er bon $ärte gegen biefelben nid^t frei^ unb er toufete il^r ©igen^ 
IJ^umSred^t nid^t ju ad^ten. @r toax ungered^t genuof, bie art 
il^re^ ®eIberft>erBd il^nen }um Soriourf )u mad^en, unb barauf 
bie 93ered^tigung }u ben älngnffen auf il^r @igentl^um gu grün= 
ben ; ba fie bod^ burd^ bie Sebrüdtungen bon ©eiten ber ©Triften, 
i^re elenbe unb fd^mad^t)oIle Sage }um 2^l^ei( genötj^igt tourben, 
nur auf biefe SBeife fid^ il^ren Unterl^alt ju ertoerBen. greifidj 
mug man Don ber anbern @eite aud^ Berttdffid^tigen, bajs ®roge 
unb dürften jutoeilen bie Swben begünftigten, nid^t au« 3Kem 
fd^enliebe, fonbern toeil bie 3>uben mit il^rem ®elbe il^nen bien= 
ten, ba^ ber SBerlel^r mit Suben, bie, too fte e« auf ftd^ere SBeife 
lottnten, mit il^ren Säfterungen gegen ba« ß^riftentl^um l^erbor= 
traten, mand^en unter ben ®ro|en ^um Unglauben ober 3um 
^nbifferentiömu« Derteiteten, toie jenen (Srafen Soi&ann Don ©oif- 
fon«, Don bem toir fd^on in einem anbern 3wfammenl^ange ge^ 

* fjjroc^en l^aBen 2). ®er Slbt $eter f d^rieb an ben Äönig in ber 
angefül^rten ©teile: ,,2(ber ioa« toirb e« nü^en, bie geinbe ber 
d^riftlid^en Hoffnung in fernen ©egenben ^u Derjfolgen, toehn bie 
fd^Ied^ten, ß^riftum DerWfternben Suben, bie toeit fd^Iimmcr jinb, 
ate bie ©aracenen, fo frei, fo lül^n ungeftraft ßl^riftum, äße 
d^riftfidjen $eiligtl^ümer Derfäftern, mit gü^en treten unb be« 
fd^imjjfen fönnen? SBie toirb ber ®ifer ®otte8 bie Äinber @oU 
le« Derjel^ren, toenn bie 3"ben, bie größten geinbe ßl^rifti unb 
ber ßl^riften, fo unDerfel^rt baDon lommen?" SBir feigen aud^ l^ier 
toieber ben Stad^t^eU, ber Don ber SSermifd^ung be« ult^^ unb 
neuteftamentlid^en ©tanb)?un!te« in jener 3^ii ausging , toad bie 
Gl^riften Dergeffen- fie^, toeld^e« ©eifte« Äinbet fie fein fofften. 
SBenn ber Mi $eter nad^l^er l^injufügt: „^ai ber d^riftlid^e Äö= 
nig Dergejfen, toa« einft Don einem l^eiRgen Äönige ber 3"bett 
gefagt toorben : 3^ ^^^ffe ja, ^err, bie bid^ l^aff en, unb Derbriefet 
mid^ auf fie, be^ fie fid^ toiber bi^ fe^en. ^i) l^affe fie in rcdj* 
tem (Srnft ($f. 139, 21. 22). ffienn bie ©aracenen gu Derab- 
fd^euen fmb, toeil fie, obgfeid^ fte mit un« befennen, ba^ ß^rijluÄ 
Don ber Jungfrau geboren fei, unb in Dielen ©tüdfen mit un« 



1) Lib. IV ep. 36, 

2) @eitc 133. ' 



^erfünbigung beö Ärcujjug« hux^ ©ern^atb. 269 

öBcreinftimmen in beut, toag \t>k bon il^m glctuBen, fo Ieugne;n 
fie, h>a3 ettoag ©rö^erc^ ift, ba^ er ©ott unb ©o^n ®otte§ fei, 
unb fie befennen nid^t fein Seiben unb feilte Sluferftel^ung , toor* 
auf ber ganje ©runb unfrei ®(aubenä berul^t: um toiebiel ntel^r 
finb. bann bie 3"t)en ju l^affen unb ju berabfd^euen, toeld^e bur^« 
m^ nici^tg.bon ßj^riftu« unb bem d^riftlid^en ©tauben gelten taf- 
fen, bie ©eburt bon ber Su^öf^^u unb atte SW^ft^tien ber menfd^s 
ticken (Sriöfung bertoerfen, öerläftern unb öerfjjotten? Unb xjify 
fage bieg nid^t; um ba« ©d^lDert beS Äönigö ober ber ß^riften 
^um SKorb jener ©d^änblid^en ju fd^ärfen." greilid^ aber finb 
eö nid^t ©rünbe ber d^riftlid^en Siebe, toeld^e ber Slbt 5ßeter 
bafür anfül^rt, fonbern berfelben bielmel^r toiberftreitenbe, inbem 
^ fagt: ,,2)enn ©ott toill nidjt^ ba^ fie burd^auS Uertilgt toers 
ien, fonbern ju größerer Dual unb ju größerer ©d&madj, h>ie 
ber SrubermiJrber Äain, für ein Seben, ba« fd^Iimmer ift, afö 
ier 2^ob; erl^alten bleiben, ©o l^anbelt mit ben berbammten unb 
■Derbammung^toürbigen ^v!om feit ber 3^it be« Seiben^ Elj^rifti 
bie geredete Strenge ©otteö, unb toirb fo gegen fie öerfal^ren 
Bi§ jum enbe ber SEBeft felbft. aBeil fie ba« S3tut ß^rifti, i^re« 
^ruberg bem gleifd^e nad^, bergoffen l^aben, fo fmb fie über bie 
@rbe verbreitet afö Äned^te, ®Ienbe, gurd^tfame, ©eufjenbe unb 
gtüd^tige, bi« nad^ bem $ro^jl^eten bie Ueberbleibfct be« unglüdfs 
feiigen SSoIK, toenn bie ^tte ber Reiben h>irb eingegangen fein, 
fid^ ju ©Ott bylel^ren toerben, unb fo nad^ bem 3l|)oftel ganj 
Jgfrael toirb jum §eil gelangen. 3d^ ermol^ne, fage i^, nid^t 
baju, ba6 fie fotten getöbtet, fonbern baft fte auf eine il^rer 
©d^Ied^tl^eit entfjjred&enbe SBeife geftraft toerben. Unb toeld^e 
Strt, jene ©ottlofen ju [trafen, ift angemeffener, aU bie SIrt, 
toobur^ bie ©d^Ied^tl^eit beftraft unb bie Siebe geförbert toirb? 
3Ba« ift geredeter, aU ba^ fie bejfen beraubt toerben, toaiJ fie 
auf trügerifd^e SBeife getoonnen l^aben? ba«, toa« fie auf fd^änbs 
lid^e SBeife geftol^len l^aben, il&nen, bie, toa« ba« ©d^fimmfte ift, 
in il^rer gred^l^eit biSl^er unbeftraft blieben, entjogen toerbe? 
3Bag id^ fage, ift älUen belannt. S)enn nid^t burd^ einfad^en 
Sldf erbau, nid^t burd^ einen red^tmäfeigen Äriegöbienft, nid^t burd^ 
trgenb ein nü^Iid^e« unb cl^rbare« ©etoerbe madjen fte il^re Sd^eu^ 
nen boH ©etreibe, il^re Äetter öoll SBein, il|re Seutel öoH ©elb, 
il^re Äiften bott ©oft unb ©über, afö bielmel^r burd^ ba0, toa« 
pe trügerifd^er SBeife ben ßl^riften entjiel^en, burd^ bag, toa« fte 
inSgel^eim bon ben 2)ieben gefauft l^aben, inbem fie fo bie foft^ 
barften Singe für ben geringften $rei« fid^ gu berfd^affen toiffen. 
SBenn ein näd^tlid^er 2)teb in eine d^riftUd^e Aird^e eingebrod^en 
ift, toenn er mit frebell^aftem beginnen bie Seud^ter, bie Äräge^ 



260 Sctlüsbigunfl be« itreoHnge biird^ ißern^atb. 

bie SBBei^taudJfäffer, ia bte J^eiligen Äreujc unb ben äbenbmot^fe 
Icld^ j^intoeöfletraßcn l^at, nimmt et feine ßuflud^t, ba er bie 
©Stiften meiben mu^, ju ben 3uben, unb bei benfelben, in ber* 
bammunflgtoürbiger Sid^erl^eit fidler, getoinnt er nic^t allein einen 
e^Iujjftoinlel, -fonbem berlauft aud^, toa« er ber d^riftlic^en 
Äird^e geraubt ^at, ber €\)naQO^^ be« ©atan. ©r fliebt bie 
©effi^e, bie ben 2eib unb ba« Slut (S^rifti entl^ietten, fei=^ 
nen SBlörbern jjreiö. 3*^ ben ©efäj^en, bie felbft nid^tö em*^ 
})finben lönnen, fü^It ß^rifiug bie i^m jugefügte Sd^mad^; benn 
jene ©d&änblid&en toenben, Wie id^ bon glaubtoürbigen aWänncra 
t>ernommen l^abe, biefe l^eiligen ©efä^e an ju fd^mad^boDem ©e= 
braud^, an ben fd^redflid^ ju beulen unb ber abfd^eulid^ auSju^ 
ft)red^n ift." ®r Ilagt bann über ein bon d^riftlid^eh dürften 
ausgegangene^ teuf(ifd^eS ®e{e$, nad^ toeld^em e^ nid^t erlaubt 
fein fottte^ bie bei ben Suben gefunbenen l^eiligen GJefä^e x^i^nm 
ju entreißen, unb fie nid^t gejtoungen toerben bürftcn, ben.3)ieb 
anjugeben. ©r bejeid^net eS. ald eüoa^ UnerJ^örte«, ba^ bie '3^ 
ben fd^toelgen lönnten bon bem^ toaS bei ben ßl^riften mit bem 
©algen geftraft toerbe. 3lun ift fein 3iaii): e« fottten toenigften« 
flrd|tentl^eitö ben Suben biefe mit Unred^t ertoorbenen Sfteic^t^üs 
mer entriffen, unb e« foHten biefclben jum Seften beS $eere^ 
ber ©Triften ^ toeld^e au« Siebe jum $errn i^re eignen Sänber 
unb (Süter nid^t berfd^ont l^ätten, gebraucht toerben ^). 3"^^ Sted^t* 
fertigung eine« fold^en ti)iberred(^tlid^en SSerfa^ren« gebraud^t ^Seter 
bon ßlugn^ ba« SeifJ)iel ber SSäter ber 3«^^^^/ toeld^en geboten 
tDorben, baS ben 3legl^j)tern entriffene ®oIb unb €ilber ju t^rem 
Ku^en ju gebraud^en (2 3Rof. 11). äud^ ^ier jeigt fi(| toieber 
ber 9la^tl^eil ber falfd^en äntoenbung be« alten JCeftament« unb 
ber 9lid^tunterfd^eibung be^ ©ötttic^en unb aJlenfd^Iid&rt in bem- 
felben. 

SCm fd^toerften tourbe e« bem Sernl^arb, ben Äaifer Äonrab, 
ber in biefer S^it g^^^ ^^* ^oju gefiimmt toar, fein Sfleid^ ju 
berlaffen, für bie S^l^eilnal^me an bem Äreujjuge ju getoinnen. 
Su gtanlfurt am 3Kain l^atte er juerft eine ^ßribatunterrebung 
mit il^m. .S)a er il^m }u erfennen gab, toie toenig Suft er }u 
ber ©ad^e-l^abe, brang SSernl^arb bamafö nidjt toeiter in xf)n, 
fonbern Wartete einen anbern 3^it})unlt ab. Suf bem dttxäf^* 
tage }u ©))eier am SBeil^nad^t^fefte ^ielt er, nad^bem er t^^ieben 



1) Auferatur ergo, vel ex mazima parte imminuatur, jndaicarum 
divitianim male parta pinguedo, et christianus exercitas, qui ut 
Saracenos ' expagnet , pecuniis vel terris propriis, Christi domini sai 
amore non parcit, Judaeorum thesauris tarn pessime adquisitis non 
purcat. 



IBctfünbföung bc« Ätcusjug« burc^ ©trn^acb. 261 

3h>ifd^en meisteren ^rften geftiftet, eine öffentlid^e Siebe, tooxin 

er ben Äaifet unb bie ©ro^en an bem Äreujjuge 2^l&eil }u nel^- 

men aufforberte. SDrei 2^age fj)ätcr fud^te er il^n toieber allein 

ju f^jred^en unb ermal^nte il^n auf eine freunklid^e unb fanftmü= 

tl^tge Slrt, eine fo lurje, leidste unb el^renl^otte SSu^e nid^t bor- 

Beigel^en ju laffen. @d^on günftiger geftimmt, antwortete il^m 

ber Äaifer, er Werbe mit ftd^ unb ben ©einen gu 3flatl^ gelten 

unb am folgenben JEage i^m antworten. Sit« Sernl^arb barauf 

bie aWeffe l^ieK, fügte er unerwartet eine 5Prebigt l[^inju, unb 

toa^ er fagte, ftanb mit bem Äreujjuge in SSerbinbung. 3lm 

©d^luffe ber ^rebigt wanbte er fid^ gum Äaifer unb fjjrad^ ju 

xf)m freimütl^ig Wie gu einem 5ßriöatmann. @r fd^ilberte' ba« 

jüngfte ©erid^t, bie UnöerantWortfid^feit ber ^Jlenfd^en, Wenn fie 

für [o öiefe SBol^ltl^aten Sott nidjt, fij gut fie lönnten, gebient 

Ratten. 2)arauf fjjrad^ er bon bem ©egen, ben ©ott in reid^em 

aWaa^e il^m gegeben l^abe, bie l^öd^fte Weltlid^e §errfd^aft, 9leid^= 

ll^um, ©abeh ber ©eele unb be§ Seibeg, fo ba| ber Äaifer bis 

3u 'S^^ränen gerül^rt aufrief: „^ä) erfennc bie ©efd^enfe ber 

flöttlid^en ©nabe, unb Will mid^ fernerl^in nid^t unbanfbar finben 

laffen; id^ bin bereit, il^m ju bienen, ba er felbft mid^ baju er= 

ttial^nt l^at." 5Diefe 2ßorte beS Äaifer« Würben mit allgemeinem 

fjreubengefd^rei aufgenommen, ©ogleid^ lk% er ftd^ mit bem 

Äreuj bejeid^nen, unb biete ber ©ro^en folgten feinem Seif^jiel. 

SDarotif nal^m Sern^arb bom Slltar bie geweifte gal^ne unb 

übergab fie bem Äaifer, fie in eigner §anb an ber ©Jji^e ber 

Äreujfal^rer $u tragen. 2)iefer geleitete il^n bon ber Äird^e gu 

feiner Verberge, ©o l^atte Sernl^arb ba« SBid^tigfte in 3)eutf(|= 

lanb boffbrad^t! ©eine 2:i^eilnal^me War je^t in ^ranfreid^, Wo= 

i^in unterbejfen fein @ugen feine Swflwc^* genommen, jur 3SoIlen= 

bung be« 35Berf« unb ju anbem Wid^tigen Slngelegenbeiten notl^= 

toenbig ; er mugte bal^er S)eutfd^lanb berlaffen unb ernannte l^ier 

jtt feinem ©teHbertreter ben Stbt Slbam bon ßberad^, ba« Äreuj 

jtt toerfünbigen unb au«jutl^eilen. ®r lie^ il^m einen bon il^m 

aufgefegten äufruf an bie SBölfer ©eutfd^lanb« jurüdf, ben er in 

ber SSerfammlung ber ©ro^en bortefen follte, einen S3rief, nidjt 

allein boU feuriger Äraft, fonbern aud^ boQ Srmal^nungen unb 

aaSarnungen ber Sefonnenl^eit unb Sa3ei«l^eit 0: „©einen gelieb- 

lefteit Ferren unb Sätern, ben ®r jbifd^öfen , Sifd^öfen, bem ge- 

fammten Äteru« unb bem Sol! be« öfUid^en f|^ran{en« unb 93aiern« 

toünfd&t Slbt »ernl^arb bie güOe be« ©eifte« ber ©tärle. — ^^ 

arebe gu eud^ bon ber ©ad^e ß^rifli, bem Wir unfer $eil berban- 



1) £p. 363 pag. 326. 



262 Serfünbtgung bes j^reuj^ug« bur$ Oern^atb. 

len. 2)0« fage id^, bamit ba« Slnfel^n i^eS ^errn bie Unh)ürbig= 
Uli be« SRcbenben entfd^ulbigen möge. Sie&er toütbe t(i^ münblit} 
2u cud? rcben, toenn id^ lönnte, h)ie id^ toottte. 3)ie ßrbe ijl 
Betoegt unb erkbt, tocil ber (Sott beS ^tmmeU fürchtet, fein 
£anb $u öerfieten. ©ein Sanb , fagc id^ , too ba« SBort be3 
j^tmmlifd^en SSaterö lel^tenb unb ntcl^r al3 brei^ig Sa'^^^ ^^^ ^^" 
SKenfd&en »anbelnb etfd^icn; fein Sanb, burd^ feine SBunber i)er= 
Ijerriid^t, burd^ fein Slut gel^eiligt, »o ber äuferfte^ung erfte 
Slütl^e erfd^ien. Unb jjejt l^aben jur ©träfe unfrer ©ünben U 
ÄreujeS ^einbe il^r unl^eiligeg ^au^t erlauben, ba§ Sanb ber 
SSerJ^ei^ung mit bem ©djtoert öertoüftenb. ®« ift na^e babei, 
toenn il^nen Äeiner toiberftel^t, ba§ fie felBft ih bie Stabt be^ 
IcBenbigen ®ottc« dinbred^en, bie SBJerlftätte unfrer (Sriöfung i)ct= 
toüften, bie l^eiligen ©tätten, mit bem S3Iut be8 un6e^e(ften 
Samme« gefärbt. ^I^r fd^nöber ^ebel erfred^t ftd^ \mh '^^^ 
Sager, too um unferttoitten 3)er, ber unfer Sebcn ifl, ke§ 2obe§ 
«ntfd^Iief, überfatten unb jertreten ju tootten- SBaU^ut i^r, 
tai)fre aSänner? SßJaS tl^iut il^r, Wiener be« Äreuje«? aSoIlt i^r 
fo baS ^eilige bor bie ^unbe, unb bie 5ßerlen bor bie Sä«^ 
toerfen? 2Bie biele ©ünber l^aben bort, il^re ©ünben mit SJ^ra'- 
nen belennenb, SSerjeil^ung erlangt, nac^bem burd^ bie ©d^wetter 
unfrer Söter bie ©reuel ber Unglöubigen bort öertilgt wben! 
S)ae ftel^t ber böfe gfeinb, unb er toitb üerjel^rt öon 9leib. ^ 
erregt bie SBerljeuge be« grebefö, unb toörbe lein S^^^^f ^* 
©J)ur jener' göttlid^en Siebe bort übrig lajfen, toenn er*, wa^ 
©Ott berpte, ba« Slllerl^eiligfte einjunel^men öermödjte! W 
toäre jtoar für alle lommenbe g^^'^^^&wnberte ein untröftlit^«^ 
©d^merj, toeif ein unerfejlid^er Serluft, befonber« aber für biefe^ 
flottlofe ©efd^Ied^t eine unenblid^c ©d^mad^, ein etoiger 6il^^\- 
®od&, toa« beulen toir, meine Srüber? 3ft be« ^errn Slrin öep 
fürjt ober ol^nmäd^tig toorben, ba^ ^r efenbe SBürmer fein &^' 
tljieil ju bert^eibigen unb i^m toieberl^erjuftellen ruft ? Ste^* ^^ 
nid^t in feiner SKad^t, mel^r aU jtoölf Segionen Sngel ju fdji*«^ 
Sebarf eö mel^r aU feine« 2Bort«, um ba« Sanb-ju Befreien^ 
©id^erlid^ "^at er bie SWad^t baju, toenn er nur toiff; o^^^^^^ 
fage eud^, ber ^err euer ®ott berfud^t eud^. ®x fudjt bie &¥ 
ber aRenfd^en l[^eim, ob ettoa unter il^nen (Siner fei, ber ju ^* 
ftanbe lomme, ber il^n fud^e unb bon ©d^merj über W, ^ 
if)m toiberfal^ren , ergriffen toerbe. 2)enn ber $err erbomtt ^ 
feine« SBoIf«, unb l^at ben fd^toer ©efattenen ein SKittel M fieiß 
Dorfeel^alten. 2)enn e« ift al« eine bon ®ott felbft für bie HRe«-^ 
fd^en au«gefud^te ©elegenl^eit jum ^eil anjufel^en , baj er Dl^^f 
ber, SR&uber, ®^ebred^er, SWeineibige unb anbcre aSerbred^er »i« 



IBerfilnbtgung be9 Areuj)ug9 bur^ ^3ertt]$arb. 263 

ein geredete« SSpIf an feinen 3)ienft ju erinnern toürbigi SSer^ 
jtoeifelt nid^t,- il^r ©ünber, ber ^err ift gnäbig. SBenn ®ott 
eud^ [trafen tooKte, fo toürbe er nid&t nur euren 3)ienft nid^t 
»erlangen, fonbern audj ben bargebotenen berfd^mäl^en. ^üf toie« 
berl^ole e^, bebenit ben 9ie|d^t^um ber göttlid^en ®üU, ad^tet auf 
ben SRatl^ feiner ©rbarntung. ®r mad^t eä fo, ober ftettt fid^ fo, 
üU toenn er eurer bebürfte, ba er bod^ nur eurer 5Rotl^ jur §ülfe 
fommen toitt. 6r toitt euer ©d^ulbner fein, um Svenen, bie il^m 
bienen, ben Sol^n ju ertj^eilen, Vergebung ber ©ünben unb etoige 
^errfid^feit. 3d^ mu§ alfo feiig ^jreifen baS ©efd^Ied^t, auf toet 
d^eg eine fo rei(^e geit ber ©linbenbergebung trifft, toeld^eg jene^ 
angenel^me ^qJ)x be« $errn, jene« toal^re Sw^iläum erCebt. S)enn 
biefer ©egen toirb über bie ganje SBelt ergoffen, unb eS toett^ 
eifern, ättte, l^injueiten jum 3«d^cti be« Seben§." 

3)iefe SBorte finb befonber« nterltoürbig , um Sernl^arbg 
änpd^t ben ben Äreujjügen im SSerl^äftni^ ju bem Seben feiner 
Seit lennen ju lernen. @r toenbet barauf an ben allgemeinen 
@eftd^ti^4)un!t, au§ toeld^em ba^ S^riftentl^um aSe bargebotene 
©elegen^eit jur SBirlfamleit für ba« SfteidJ (SotteS betrad^ten löfet, 
afö eine bon ®ott felbft ben aJlenfd^en bargebotene Oelegenl^eit, 
tl&r §eil ju fd^affen, fid^ für ba« etoige Seben tüd^tig gu mad^en, 
bafe ®ott, ftatt aitte« burd^ fjd^ felbft gu h)irfen, 3Renfd^en toür^ 
bigt, fie ju feinen Organen ju gebrauten, il^m gu bienen }u i^s 
rem eignen Seften. ©obann betrad^tet Sern^arb, toie toir feigen, 
bie Äreujjüge afö eine Slufforberung jur S3u^e an bie am meis 
ften in Saftet SSerfunlenen , eine il^ncn grabe bargebotene ®ele= 
genl^eit, au« i^rem Seben öoK ©ünbe jur 33efinnung ju lommen, 
unb bie ©ünbenbergebung ju ergreifen. SKlIerbing« fonnte nun, 
toie toir fd^on frül^er bemerlt l^aben, bie grofee burd^ bie Äreuj^ 
jtige l^erborgebfac^te Slufrjegung ber ©emütl^er n>irllid^ einen 
föld^en ßinflug ausüben. 3)ie auf ßl^riftu« gerid^tete Slnbad^t, 
toeld^e bie Äreiijjüjje l^erborrief, lonnte ber 2lnfang einer neuen 
Seben«rid^tung toerben. 2)ie SMül^feligleiten unb ©efal^ren ber^ 
felbert fonnten eine l^eilfame ©d^ute für SKand^e abgeben. 2)er 
ainblidf ber l^eiligen ©tätten, bie ®efül^te unb ©cbanfen, bie ba= 
burd^ angeregt tourben bei ben für ftnhlid^e ßinbrüdfe befonber« 
em^jfänglid^en SWenfd^en, fonnten baju bienen, toal^re S^rlnir= 
fd^ung unb l^eilige Sorfö^e ju erzeugen, bie ®emüt^«ftimmung 
^erborjurufen, toeld^e für ©ünbenbergebung emjjfängtid^ toax. 
aber berbcrblid^ toar aud^ l^ier bie borl^errfd^enbe 58eräu|erlid^ung : 
bie burd^ ben 9luf ber Ärcujjüge au« bem 2;aumel il^re« ©ün= 
bertleben« augenblidlid^ SlufgetoedEten lonnten burd^ ba« Sei>* 
irauen auf- bie bermdge il^rer ^l^eilnal^me an ben Itreuj^ügen 



264 8et!flnM0niis M Stxtuuu^^ bur^ 9crn(arb. 

erCangte ©ünbcnöergeBunö in tl^rcn Sünben fid^ec Qmai^i toer^ 
ben, in ein befto fd^Iimmere^ Seben iurüdff allen, unb burd^ bie 
^üaeKofigfeit, bie il^nen bie Äreu^üöe getoäl^rten, nur befto fit^ 
0er toerben, toie bie bon ben Äreujfa^tern begangenen Slu§= 
fd^toeifungen babon jeugen. 

Setnl^atb toenbet ftd^ bann Befonbev^ an ba^ beutfd^e SSoIt 
mit ben SBorten : „2)a alfo euer Sanb frud^tbar ift an taj)fem 
aWänner« unb bebölfert mit einer Iraftbotten 3w9«^*>f ^i« ^««^ 
SRu^m ift in ber ganjen SBelt, fo mögt aud^ il^r cud^ monnIi<i^ 
ruften unb bie glüdflid&en SEBaffen ergreifen im ®ifer für ben 
(i^riftlid^en 9lamen. @g möge ein @nbe nehmen jene eure fd^ledjte 
2lrt ju Wegen, toie il^r eudj gegenfeitig ju berberben t)fiegtet, 
um eud^ burd^ einanber felbft aufzureiben, ffield^e fo fd^rredflid^e 
Seibenfd^aft betoegt bie ©lenben, ben Seib beg SJiäd^ften; beffen 
-^eete aud^ biedeid^t umlommt, mit bem Sd^toert }u burd^boj^ren! 
2lber e^ toirb aud^ ber Sieger bem SBerberben nid^t entgelten, 
um fid^ rül^men ju lönnen ; aud^ burd^ feine ©eele toirb ba^ 
Sd^toert ge^en, toenn er f\^ freut, ba^ nur fein geinb gefallen 
fei. (Siner fold^en ©efal^r für ©eele unb Seib fid^ au^jufe^en, 
ift fein aWutl^, fonbern ^oHfül^nl^eit unb SOBaHi^«- -Ö^^^/ ^<^Vf= 
rer Ärieger, l^aft bü ©elegenl^eit ju Iäm|)fen ol^ne Oefal^r, too 
fotool^I gu ficgen ein SRu^m, ate gu fterben ©etoinn ift." S3ern= 
l^arb fd^ilbert nun auf feine eigentl^ümlid^eVl^etorifirenbe SBeife, 
toie lei^t man in biefem l^eiligen Unternel^men bie ©ünbenber= 
gebung erlangen lönne, unb toenngleid^ in feinem eigetitl^ümlid^en 
Sbeenjufammenl^ange mit bem SOBefen ber toal^rl^aften d^riftlid^en 
(Sefinnung älQeS gufammenl^ängen foUte, toeld^en notl^toenbi- 
gen 3wfömmenl^ang er aud^ J^ier tool^l anbeutet, fo lä^t er ft^ 
bod^ burd^ bie beHamatorifc^e Slid^tung berleiten, baS äeufeerlid&e 
afö fold^te« gar gu fel^r l^erborju^eben, unb bie erlangung ber 
©ünbenbergebung ju leid^t^gu machen, toenn er fagt: „5Rimm nur 
ba« S^d^en be« Äreuje^ an, unb bu toirft bie Vergebung aller 
©ünben, toeld^e bu mit gerfnirfd^tem §ergen gebeid^tet l^aft, er= 
langen, ^a^ 3^ug, toorau^ ein fold^ed gemad;t toirb, lä|t fld^ 
ja für toenig laufen; toenn e^ mit anbäd^tiger 6d^utter ange- 
nommen toirb, fo ifi e« be« SReid^e« ©otte« toert^." 3)ann WJt 
er aSäarnungen bor ben fd^toärmerifd^en SÄufregungen , bie ber 
Segeifterung für bie Äreuggüge fid^ leidet beimifd^en lonnten, unb 
in frül^eren 3^it^w "«*> ^ud^ bamate fid^ beigemifd^t l&atten, foU 
gen; unb l^ier erlennen toir eben ben nüd^ternenlSeift beg 3Äan* 
ne«, ber fid^ fonft burd^ ba« geuer ber Siebe unb ben Sleid^tl&um 
ber x\)m guftrömenben SBorte gur Uebertreibung tool^l fortreiten 
liefe. „Uebrigeng, meine ©ruber, ermal^ne i(§ eud&, ober biefaieljr 



SSerfünijigitng be9 J{rett3sug9 burd^ ^em^arb. 265 

Tttd^t x^, fonbem bet Sljjoflel mit mir, ttidjt iebem ©eifte^u 
glauben. 9iBir l^aben mit grcuben gcl^ört, toic il^r entbrannt feib 
t)Dm ®tfet Sottet; aBer bie leitenbe ßinfid^t mu^^nur babei 
nid^t fel^Ien. 3|l^r mü^t bie $juim nid^t berfolgen/ nid^t il^r 
95Iut Derfliegen; aud^ nid^t einmal fie bertteiben. €te ftnb für 
uns eine lebenbige €d^rift, bie ba« Seiben beg ^errn un« bor 
Slugen jiefft. 2)rum fmb fte jerffereut in alle ©egenben , ba^ fie 
bie geredete Strafe fo gropn grebelS leibenb unfrer (Sriöfung 
Sengen feien. 3)od^ toenn il^re €tunbe gefommen ift, toirb ®ott 
aud^ auf fie feinen Slidf toenben. ©nblid^^ toenn bie SRenge ber 
Reiben toirb eingegangen fein, fo toirb bann ganj Sfrael gerettet 
toerben, f})rid^t ber ^po\UV* 

Sn ber Seurt^eilung ber ^ubtn unb ß^riften im SSerl^ältni^ 
gu einanber jeid^net fid^ nun toieber 33ernl^arb burd^ feine 35e» 
fonnenl^eit unb SKäfeigung bor bem $eter bon ßlugn^, ber in 
biefer §infitl^t, toie toir gefeiten l^aben^ nid^t ol^ne Seibenfd^oft 
f})rad^, au«. 2)ieienigen/ toeld^e unter d^riftlid^em SJlamen eine 
jübifd^e ©etoinnfud^t bergen^ erfd^einen il^m nid^t beffer afö bie 
Suben : „^ä) berfd^toeige^ ba§ too e« leine 3uben giebt, toir be* 
bauern muffen, ba^ d^riftlid^e 33Bud^erer nod^ ärgere Suben finb^ 
toenn man fie ß^riften, unb nid^t bielmel^r getaufte 3wbe;n nennen 
foll ^). ^ SBenn bie ^uitn gfinjlid^ bertifgt toerben, tool^er foll benn 
il^re am- ®nbe berf^jrod^ene Selel^rung ju ©tanbe lommen? 
Äönnten toir aud^ ber ©aracenen Sefe^rung auf ä^nlid^e SßJeife 
€rtoarten, fo müßten toir fie lieber ertragen, aU mit bem ©d^toert 
»erfolgen. 2)a fte aber bie ©etoalttl^ätigleiten gegen un« ange= 
fangen l^aben, muffen diejenigen, toeld^e nid^t oljine ®runb ba« 
©d^toert tragen, @etoatt mit ©etoalt bertreiBen. @$ jiemt aBer 
ber d^riftlidjen Siebe, fo toie bie Uebermütl^igen ju BelÄm})fcn, fo 
bie Xlntertoorfenen ju berfdjonen, gumal ©iejenigen, benen bie 
SSerl^ei^ungen gegeBen toaren, bon benen bie alten SSäter unb 
Gl^riftuS bem f^leifd^ nad^ l^erftammten.'' 2Benn $eter bon Slugn)^ 
bie ®üter ber Suben jur Seftreitung ber Äreujjüge angetoanbt 
toiffen tooSte, fo tooKte l^ingegen S3ernl^arb nur, ba^ bie SSer- 
^flid^tung, toeld^e bie ^fi^fllid^e 33erorbnung allen (S^riften aufer^ 
legt l^atte, audj auf bie S^ben au^gebel^nt toerben follte, in 83e^ 
jiel^ung auf bad SSerl^ältni^ ber ©d^ulbner ^ ben ©täuBigern: 
„@d ifi nur — fagt er — nad^ bem 3*^l^att be« a))oflolifd^en 
5Dlanbat« bon il^nen ju berlangen, ^^6 P^ älHen, toelc^e ba« 



1) Taceo quod sicubi destint, pejus judaizare dolemus christianoa 
foeneratores , si tarnen chrlstianos et non magis baptizatos Judaeos 
convenit appellari. 



266 S^ertanbignng M Jtretmnflft hvxöf ißem^atb. 

Äreujegjetdjen annd&men, bte ju enttid^tcnben Stnfen erlaffen/' 
S)ann folgt bie SBamung Dor ©d^toärmern^ bie ftd^ unlbetufen , 
an bie @))i$e ber Jtreu}fal^ret ^eQen tPoQten: „3lo^ @in^ tnu^ 
id^ erinnern, meine geliebteften Grübet, ba^ tpenn ettDa ®iner 
unter eud^, ber ©rfte ju fein toünfd^enb, burd^ feinen 3^9 bem 
^eere feinet Sanbeö juöorfommen h)ill, er bieg nid^t toaßen bürfe j 
toenn er borgiebt, öon unö gefanbt ju fein, fo ift e« erbid^tetj 
ober toenn er »riefe bon un3 öorjeigt, l^altet fte für öerfälfd^t 
unb untergefd^oben. Jtriegerifd^e unb fad^funbige Männer müjfen 
}u anfül^rern geioälSlft toerben, unb ba« ^eer be« ^errn mu^ in«* 
gefammt ben 3^0 antreten, bamit e« feine ©t&rle überall l^abe, 
ttnb nid^t öon irgenb toeld^en überfallen toerben lönne, S)enn e« 
toar bei bem erften guge öor ber ©innal^me S^^wf^^l^wi^ «iti gc= 
toiffer $eter, ben il^r oft toerbet nennen gel^j^rt l^aben. 2)a biefer 
mit ben Seinen allein Dorau^jog, ftür^te er ba« S3ol{, bad {Id^ 
il^m bertraut l^atte, in fo gro|e ©efai^r, ba^ nur fel&r SSJenige 
baDon tarnen, toeld^e nid^t D)?fer bed ^un^er« ober be« ©d^toerte« 
tourben. SJal^er ift ju fürd&ten, ba^ e« eud^ ebenfo gelten toerbe, 
ioenn audj il^r fo berfal^rt; toag ©ott öerj^üten möge, bem 5ßrei8 
fei in ©toigfeit. Slmen," 

@leid^ nad^ feiner StüdRel^r nad^ ^^anlreid^ im Slnfang be« 
3a]^re« 1147 mugte 93ernl^arb einer }al^lreid^en SSerfammlung ber 
■franjöftfd&en ®ro|en ju ©ftam^jc« teitool^nen, too bie Sertoalter 
beg Siei^g toäl^renb be§ itönig« Slbioefen^eit geioäl^lt toerben 
follten. ßine nod& feierlid^ere äJcrfammlung tourbe am Dfterfefte 
im Älofter ©t. 2)enig geljialten; benn ^ier tooHte ber Äönig Sub= 
ioig au« be« $a)?fted eigner ^anb bie getoeil^^te ^al^ne unb au« 
feinem 3Jtunbe ben ©egen em))fangen. @ugen lam begleitet Don 
Seml^arb. SDer Äönig fiel öor il^nen nieber, fte um il^ren ©egen 
bittenb. Sernl^arb unb ßugen öffneten barauf ein golbne« Ääffc« 
d^en mit Ärucift^en, ba« fie mit ftd^ trugen, unb jogen fte ^^x\>vx^ 
burd^ ben 2lnblidf neue ©tärfe bem Äönig ju geben. 2)ann fül^rte 
il^n ber ^ap\i jum äUtar, ertl^eilte il^m bie getoei^te ^al^ne, bie 
$ilgertafd^e unb feinen ©egen* ©o jog benn nod^ in biefem 
Qal&re ein jal^lreid^e« ^eer öon Äreujfal^rern nad^ bem Drient. 
©0 biel bermod^ten in biefem Seitalter ®m|)finbungen an* 
bod^tiger (Srinnerung, ba| ^ol^e unb Jliebere gamilien, ®ut unb 
SSaterlanb berlie^en, il^r Seben l^injugeben bereit toaren, um bie 
©tätten, bie mit SRe^t il^nen al« bie l^eiligften ber SQäelt erfd^ienen, 
gel&eiligt burd^ bie erl^fabenften unb rül^renbften, bie ganje^SKenfd^s 
IJeit betreffenben SSegebenl^eiten Don ^jrofanen Rauben ju befreien 
unb ber Snbad^t ju benfelben freien 3utritt gu berfd^affen. grcilid^ 
toar e« ein SWifeberftanb, bie ©tStte, bon ber ber ^rieben fidj 



Serlünbtgung bed lh:eu)3ng« burd^ Sem^orb. 267 

unter ba$ SJtenfd^wgefd^led^t berBtetten foUte, burd^ ®ett^alt un^ 
93Iut)>ergte^en erobern }u tPoKen. äUIerbingS gingen bte rol^ea 
aRenfd^en iwn ben ®mj)finbungen einer nid^t Hat genug tetou^tea 
älnbad^t oft gu ben ^udbrüd^en h^ilber £eibenfd^aft unb unge- 
jäl^mter ©innltd^Ieit über, ^mmtx aber ift bei allem ^rrtl^üm« 
lid^en bod^ l^ier attjuerlennen unb }u ad^ten ber }uk)erftd^tlid^r 
©laube an bie göttlid^en S^l^atfad^en, bon bencn ba3 $eil ber 
^Renfd^l^eit auiBgegangen ift, bie tDenn aud^ mit Dielen unreinen 
©lementen öermifd^te Siebe ju bem ©ottmenfd^eh, bie Begeifterte 
Eingebung für ettoaiS, toa§ über ben finnlid^en unb öerftänbigen 
^Renfd^en l^inauggel^t, \oa^ nur bie ©emütl^er ben>egen !onnte. 
Sid^er offenbart fic^ in aUem bicfem ba« göttlid^e ©e^jräge ber 
SRenfd^l^eit, unb am toenigften ^iemt e$ einem aUe^ l^öl^ern 
@d^l9unge^ unfäl^igen, {alten bered^nenben SSerftanbe, ber mit adea 
feinen Sered^nungen bod^ immer in ben ©d^ranlen ber SBelt be« 
fangen bleibt, einen fold^en @ntl^uftadmu^ 3u rid^ten ober }u Der«*^ 
fjjottcn. - 5Rur ber in bem SBefen be§ ad^ten ©öangelium« ge« 
grünbete geifllid^e SRenfd^, ber alle« rid^tet unb üon deinem ge- 
rid^tet toirb, öermag in biefer großartigen Setoegung, toie in allen, 
großen ©rfd^einungen biefer bebeutfamen Seit, ba« äed^te unb Un» 
fid^te ju fonbern. 

9lad^.ber Seenbigung biefer Sliigelegenl^eiten in graniretdj 
reifte Sernl^arb mit bem ^ap^t naä) 2;rier^). 3)er ©rjbifd^of 
äbalBero l^atte biefen bal^in eingelaben, um für bie beutfd&e Äird^e 
mand^e ©inrid^tungen }u treffen, ftreitige gälle burd^ fein l^öd^fte^ 
änfel^n ju entfd^eiben. 3luf feiner Steife burd^ 2)eutfd^lanb im 
Vorigen S^l^re l^atte SJernl^arb öiel bon einer aU $roj)j^etin unb- 
^eilige öerel^rten Slebtiffin einei8 Älofter« auf bem SlutJert^Bergr 
bei ber ©tabt Säingen gel^ört. 2)ie Urtl^eile ber SKenfd^en über 
fte toaren öerfd^ieben. SSiele ^jriefen in il^r bie ®nabe ©otte^,- 
ber in ber S^i* ^^ junel^menben SBerberbenS ber Äirdje eine Jßro« 
^)^etin ertoedft l^aBe, fie ju erleud^ten, bie l^errfd^enben Safler unb 
3Ri6bräudJe ju ftrafen, unb bie BetJorftel^^enbe göttliche SRad^e ju 
berfünbigen; Slnbere leiteten il^re oft unberftanblid^en Sieben unb- 
rätl^fell^aften SSiponen bon einer ©eifte^^errüttung l^er; Slnbere 
l^ielten fte für (Sintoirfungen by« böfen ©eifle«, ber bie SDlenfd^en 



1) ^aif ber Seben«Bef(!^retbnng ber ^ilbegacb üb. I.^ c. 4 I^Stte ber 
$0^9 bie ^l^obe in Xcier ecfl.nad^ "bem @41uf[e ber @i^nobc ju St^etmft' 
de^alten. Kbcr f^^on ^aat ad a. 1148 bnoeifet au« ben 9{etfen be« $a)>{le«^ 
na^f bem Stoncii ^u 9lbetme, bag ber breintonatliij^e Slufent^oU (Sugenft au 
Xrter )>or ber (Srüffnung jene« j^oncil« notbnxnbtg ^ot^erging. 9lo^ 
anbete iBetrcife bafür finbet man in. Commentar. praev. in actis S. 1. o^ 
§. 3 N. 27. 



268 Scrfünbigung beft ftreui^ug« burii^ 9crn^atb. 

)u täufd^cn unb jum ^od^mutl^ ju öetletten fud^ei ^a bie €SeeIc 
mit itoeien SBclten in Scrbtnbung ftcl^t, bie eine unfern ©liefen 
Verborgen, in bie gleid^fam baö Derl^ällte ^aupi ber ©eele 
teidjt, bet jte i^rem toasten SBefen nad^ angeJ^ört, bie anbete 
il^rem eigentlid^en SBefen fremb, bet fte abet je^t einberleibt ip, 
nad^ beten ©efe^en fie fxä) enttoidelt unb au^- bet fte ba^et gu 
bem Setou^tfein il^tet felbfk gelangt, fo ewjjf fingt fte ballet bie 
@inpffe aud beiben äSelten. SBenn nun abet bie @eele ftd^ 
nid^t auf bie natutgemfifee SBeife, toie e^ bie Ocfe^e il^tet itbis 
fd^en Stfd^einunggfotm betlangen, fid^ in il^tem geitlid^en ^^touiU 
fein enttoidfelt, um öon l^iet au« gu jenet l&öl^etn SBelt l^inju* 
ftteben, toenn il^te beiben SRid^tungen, bie jut itbifd^en ®tfd^ei= 
nung^toelt unb bie ju jenet l^ö^etn, nid^t in IS^atmonifd^em ^eu 
l^filtni^ gu einanbet ftc^ audgebilbet l^aben,^ fo lann e« gefd^el^en, 
ba§ jene betfd^iebenen (Sinflüffe fid^ mit einanbet »etmifd^en unb 
einanbet gegenfeitig ttüben. SBie jebet ©inn, bet ju bem SBeJen 
bet ^Pf^d^e ge^ött, unb in l^armonifd^et SBetbinbung mit allen 
anbetn toitfen foDte, ftd^ bon biefet SSetbinbung Icgteifeen, auf ein= 
f eilige SBeife botl^ettfd^en, obet aud^ butd^ ba« einfeitige SSotlj^enfd^en 
anbtet ©inne ganj jutüdfgebtängt toetben lann, fo ift e« aud^ mit 
jenem ©inne füt ba«, toaS au« bet göttlid^en §eimatl^ bet ©eele 
tl^t jufttömt. 3« betfd^iebenen 3^it^« 9«^ ^^ SKenfd^en, bei 
tueld^en biefet ©inn unabl^fingig t)on aÖet übtigen älu^bitbung 
butd^ feine unmittelbate Jtraft l^etbotbtad^, unb tt>etd^e, obgleid^ 
unbefannt mit menfd^lid^er 93ilbung, mand^e gtoge ä3(tdEe tl^aten 
in bie ^ö^ete SBelt, gu benen Slnbere nut butd^ langfame« 3lai)' 
benfen auf bem getoöl^nlid^en 33Bege menfd^lid^et Silbung gelangen 
lonnten. ©« finb fold^e SRenfd^en, »eld^e man ate . 3)ivftilet, 
XJ^eofo^j^cn bejeid^net. 3Q3it lönnen l^iet an ba^jenige benfen, 
toa« im neuen 2^eftament bag in Sw"6«« Sieben genannt toitb, 
toa^ bet eQfii]i'tia bebutfte, um allgemein betftfinblid^ gemad^t 
}u toetben. 93ei fold^en SJienfd^en, beten ©eelenftfifte nid^t ge^ 
otbnet unb l^^atmonifd^ au^gebilbet finb, gefd^iel^t ed abet befto 
üftet unb leid^tet^ ba^ fid^ mit jjenen jDffenbatüngen bet l^öl^etn 
SBelt 5ßl^antafie unb ©innlid^Ieit auf eine fonbetbate 2ltt bet« 
mifc^en, ba^ fte felbft, ju einet Üefonnenen ©elbftfenntni^ nid^t 
f&l^ig, SKand^e« füt titoa^ Unmittelbare« l^alten, toa« ganj mittet 
Bat burd^ ben ©influ^ jener niebern ©eelenlröfte in i^nen ent* 
ftanben ift. 2)al^er bebarf e« bet Äritif, toeld&e jenem unmittel* 
baren ^erborftral^len be« ©öttlid^en, "^ener unmittelbaren Se= 
geifterung, Slnfd^auung unb 2)ibination gur ©eite gel^t, um ba« 
©ötttid^e bon bem 5Ratürlid^en, ba« ftd^ in bem trüben SRefles ber 
©eele bamit bermifc^t, )u fonbern; toie bie« barin bejeid^net i^^ 



SBetttl^arbd Sevl^artnig su ber $ro)}^etm ^tlbegarb. 269- 

%a% in ker a^joftofifii^ett Ättd^e ber ®aBe ber unmittelBaren ?ßto- 
:p]^ctie btc ®abc ber ®cifterj)rüfun8 jut Seite, gelten ntujste. S)a^ 
iritifd^e SBcrmdflen toat aber nun in bem S^italtet Sernl^atb^ am 
toenigften au^gebilbet, trat am meiften jurücf^ unb bal^er \oax man 
ju jener Prüfung unb ©t^tung, beren eg ffir fold^e jifV^ologifd^e 
©rfd&einungen bebarf, in biefer S^it am toenigften' fällig. Sold^e 
SKenfd^en öerbinben feiten mit ber 3ww8««0öbe aud^ bie ®obe 
ber eQfirjvela, ©ie finb ftd^ ber ®efe^e unb ©d^ranifen menfd^= 
Rd^er ©^jrad^e nid^l betonet. ®a«^ \oa% fte anf unmittelbare 
SBeife in einem Slidf gefd^aut Reiben, tooBen jte aud^ fo auf ein* 
mal ol^ne bie notl^toenbigen SSermittlungen> toetd^e ba§ SSerftänb^ 
tiift borbereiten, in ba« ©eWufetfein 2lnbrer übertragen, unk fie 
Wlbeten fid^ bal^er auf geh)altfame 3Beife eine fubjeltibe ©Jjra^e. 
SDal^er bie 2)unlel^ett in ben 2lu^f^jrüd^en, bie a\x% fold^en 3"- 
ftänben l^erbörgel^en ^). 

3n bie 3al^ biefer 9Benfd^en gel^örte jene ^ebtiffin, bie 
j^-ilbegarb, geboren im 3. 1098, geftorben im 3. 1197 «)• 
gener trübenben SSermifd^ung toar fte befto mel^r au«gefe|t a\i 
ein SBeib. 35on Äinbl^eit on trug jte eine ^ülle öon Slnfc&auunr 
gen unb Silbern in il^rer ©eele, ol^ne ben getööljinlid^en TOfter= 
Ivi^zn llnterrid^t erl^alten" ju l&aben. SSiele g^l^re l^gte fie bei 
fid(^ biefe innere %vSit, o^ne fid^ Slnbern mitjutl^eilen. ^Mlz^i 
tourbe aber il^r gange« 2Befen burd^ bie« in ftd^ berfd^loffene 
Srüten jerrüttet; i^r Äörper unterlag bem Äam^jf il^rer ©eele, 
unb fte fül^lte fid^ getealtfam jur SRitti^eilung gebrungen. Sil« 
fi« biefem 2)rang enblid^ gefolgt, füllte fie ftd^ erleid^tert. ©ie 
felbft unb i^re S^itgenoffen brtidfen fic^ barüber fo a\x% : eine gött* 
lid^e ©timme l^abe il^r i^re Offenbarungen ben ü){enfd^en mitju« 
tl^eiten geboten; au« ©d^aam biefer Stimme nid^t ge^ord^enb fei 
fie . Iran! geworben, unb nid^t el^er h>ieber genefen^ al« bi« fte 
kiefem ®ebot gel^ord^t. Dbgleid^ biefe aufeerotbentlid^en Seh)es 
jungen il^rer ©cete auf il^re lörjjerlid^e Siatur ©influ^ l^atten unb^ 
feer Suftanb berfelben h>ieber auf i^re ©eele jutüdfmirfte, erreid^te 
' fie bennod^ ein l^unbert jährige« Sllter. Sin innige^ ©efü^l bon 
ber aSertoanbtfd^aft be« menfd^tic^en ©elfte« mit ber ©ottl^eit, ein 
eifrige« religiöfc« unb ftttlid^e« ©treben offenbarte ftd^ in i^ren 



1) @o üaj^te ein 3fbt ^ert^b, bem bte $llbegarb eine Slntwort er» 
ibettt ^atte, über bie S)untet&eU \\ixtx Sieben. 0. Marlene et Durand 
CoUectio araplissima tom. IE pag. 1017: Licet eniin consolationibus 
verboram vestrorum factus sum sa^)e laetior, obscuritatibus tarnen 
«orum, eo quod non plene intelleciui meo paterent, faetus sum tri« 
stior. 

2) 3l^r Seben in S. Hildegardi« epi3to!arura über caet. Coloniae 
1566 pag. 273—333, ober in t>en Actis S. Antv. ad 17 Sej^tbr. - 



IM^ m m^^ Pi9^i^li9i^, WO mim auf ^Qefi, t9iMl 4(^ fl#n^ 
IIA« QffimlMTlut« un^ <i^i|)SeJ^H9S. <N^f<iE^imr nur m (fi^dläMftift 
l^r^)|^t« » ö*tW ewfist »«. em ^Ptf»8flfi*^? *ttf€^« ju toc«^ 
f«<^Jf«!l. fl^ftfle, mmp m:t> mu, O^rß^, göfften unkl «aif^t, 
SRännei |tt|t) ^«(U^n mi^ ben Derfd^tekienltfn @^n^ett kponbjteti 
f»* W Rft k*fr9 l^i i^ %ff#b»|, fleifUidö«» S^f»>tu4 baten 
fVI MW Ä^PÄ 5%Äitte I m ^n l^ifc^ielDfejWttiöftHi änfterf^Mil^cilen 
tQHi^e 0^ defiM^. e^ ift ^ar^t^iftif^ für ^vfe 3ei^, ba^ mc^ 
oud^ \n ^ev ^tUfd^eibung tii>ti &treitf«aa<i). Mdjfe ^r l^iffm^ 
f^afH^en Untfffud^tMtg f^ngei^^tei^ «ine adttijci^e @ti|Rtne gem 
\>wfi^mtt toi^iii^ ^^\W an 2)enen> t9i^(id^e )^ie 6p#e St^unft. 
einnaVi^fnt teafte fie tütff^Ä^M bfi« aSer^erfen, tppbur^ ftf fi4 
ben ^ofe eine« I^eite berfelben auaog. ®ie «t>i9^J^tf >^if^ , 
aSenf^n tu tl^ajt^fr SftQnuRtafeii 9ei >eiP ^ilt^gAtb fvtd^^ man 
ajiu^.Xuffd^^üflif, üb^ bie 3ufunf|.. @ie gfl^i^V^ ^ ^mf^t t^^Uif^ 
toan bif 1psf)til^€ttf(|e (9abe üuf^ieb. 3it tini^ fpl^ ^it beir 
biVTJ^wf(SieÄb^ii ?ii*tun8 »m V^Aemi^xlvi^n^ m e« an fcitif #eii? 
^hk ^^fiä Mite, fonni? w »eia*, bflt Vwh* ba^ ®öt*f 
lici^, tpaf i|i i^w ^iH^t, flvpfeei^ Öin^nij^ wf bif:®w(M&Ä5? ma^te^. 
bifipdi «in m^nn aM# juf^tl^g^ 3mlhmi««atr?§in, fciw» SßJprte mit 
bin ^«»ifinifiei^ ob^ bif>?<<f Sftar^erfAge» bifien, toc^i er ipöl^tgH* 
n^tUTÜci^e^ Wntmhn, t^enn oufl^ o^nfjl^ ^fff^« {e(^ft beU)^<^ 
jlU »etbf«, 0(8^ iufftnWö WJ^nnfei ^^ SRuf eiiwff ^t^j^Hn e^r*. 
linken. Snbeffen {inb taHr> nid^tt iKpMi^tiflt« )U le^flnen, ba^ jn. 
bcfi barJftiKrflenen fltaften b#v ifttsem %it^n tMxd^.üi^ 3ett unb 
3iaMin e)?|fabenen Seele iMi#, ein bfbini^nfd^i ^^m^n in ^« 
ii^ung auf einaelne« Sufftnftigrt wfejj^Äii ISnne. «be« eimo» 
Sl^brejS al« bie ^Qjal^fafli^iia be« einaeln4n SuffiOigen ig bi^ 
9&ii0^UBS, Me M «nf bo^^ in V^v. i^netn 9{o(^n>enbig!ei( bp». 
Sei^jd^tliij^n ^ntimdFIiAne^i^iiflfl' i^gt^nbete, auf bie )ufamineiie 
flcf^^tigen (^liebei^ in bem gtiGiffen otganif^en @ntn)idfIung«)^oKei^ 
bev äJtenf^l^cit, befl^n 9Ritle.I))unft unb Si«^I ^^ Steid^ ®9Ue*i{l^ 
ft^ be^ieifi, (Sm äppteiga^uug in, bkfm. ^nne« i^ e«»o« %)it^ 
ttHinbige«, ti«0« 19 t^ii 9lfi#tii bet, äiati» Mftn i|<tf«AiQ>et, in, 
bet enttoicflung bet SWenW^it mit Setou^tfetn erfüllt toicb^ 
SjBfvbereitenbf^ Stufen ber (Sntn^flung tragf» bie burc^ fie Hou 
bereitete ^uhinft in il^em Sdjfooft unb loeiftagen biefelbe. 98a^. 
Siel (jCet frä^ere^i ©nttoidflung i% ift in bicfer. bptgebilbet unb- 
tnirb burd^ fie g^n^tffagt. SDtenfd^lid^e. SeeUn bienen biefem. 
®eip bet SBeiffagung in ber ©efdSfidJte jy. Organen. ©4 f^efft 
ftd^ tl^ne^ f9 in ^iffxtx ^nfd^auung bie in ber< ($ege|i{Dart b^ 



lOernl^arb« i8er]^2lltnjg jir ber ¥ro))l^ettii ^übegatb: . 271 

ponfe «nb M i>t)rttlbenb^ Sn^Befonbere xft mir 

\fm enttoicMim8«flange bef SReid^e« (Sottet ber ®etp' bet« 
SBHffofluitB^^ ttotl&menbig t)er6unben. ®t ip au« ber frül^eren ©rttt-^ 
nmfltmg^fonn in itm alten 2Ee|lament aud^ in bie d^ifilid^e fiber^ 
gejjtmflen: 3KH beut Serbetten ber Äirdje tritt an^ bie ffleiffcp ' 
0un0 auf eine Säuterung unb aSBieberJ^erpeffung berfelBen jii: 
I^U^erem @I«nf unV gefteigerter ^errltd^eit l^erbor , SBeiffagung; 
anf btt SReformatiön unb too^I no(^ f^Jötere nnb größere Snttoi* 
lungapabien. 63^ Itnb ftetoiffe ©runbjüge, toeldje burd^ biefe jener 
3tafimft etd^egen^etenben ffieiffagungen be« aJlittelaßer« l^tn-' 
btttd^gel^en; unb bie 3Betffägungen ber ^ilbegarb bi(ben l^fier bie; 
erftr ©runblage. 3Rit bem »ett)u|tfein t)on bem auS ber Ser* 
toelflid^ng ]^ert)orgegangenen Serberben ber Aird^e tritt bie' 
St^nung i>t)tt einem Strafgeridjt über bieftibe l^erbor, tooburd^' 
ii^ Säuterung l)orBemtet toerben föffte, eine SReinigung ber^Iben 
ikfvr bm frembarttgen toeßßd^n ©lementen^ eine SEBieberJ^rflettung 
ju einer neuen, rein geiftigen ^errßd^feit. ©iefe SBeiffagungen 
ft^fief en ^Id^ ber t)ro!(jl^etifü&en anbeutungen im neuen ieftament 
cm. S)fefeIBen entl^alten bie attgemeinen ®efe$e für ben 6nts 
totdKung^^jrojef be« Sfteidge« ®otte« in gefteigertem Äam})f mit 
bnn Sfteid^e be$ Si^fen, @e^$e, ta)eld^e in ben großen SnttoidKung^^ 
{itiMen be« Sffetd^e« @otte3f, be« geijiigen' Äommen« glJrijH gur 
SSBüfbergeburt feiner JRrdJe immer \>on Steuem il^re (Srffiffunft 
ftnben, in benen bie fe$te ®rffiBung bunj ben legten entfd^etben* 
ben Sieg nnb bie Soffenbung Ui Steid^ejS ®otted borgebilbet ; 
tviit. iDüd^ beutete man ftd^ au$ ber Snfd^auung ber ©egem 
towitt biefb Seidjen ber gufanft twrfdjieben in öerfd^iebenen Seiten, 
uitb e«* lasr bodj bei biefen Serfdjrieben^eiten eine gemeinfame; 
UBa'^fjtxt gum dHrunbr. SR^n irrte nur, toenn man biot9, toad fld^ 
auf bniS Jtommen SJ^rifü in ber gunfid^ beDorftel^enben Srneuerung 
ber Äird^^e' begug, für S^^^^ hin^^ f^ten Äommenö l^ielt 3»^ 
jenen ©eiffagungen twr bn» rein ibeale Clement oft baS^ redete. 
3h ber ^öl^em änfdjouung l^otte man bie SBalgrIJeit; nur in ber 
jctt!tti}en Sermittßing, ber Uhtbenbung- ber gbee auf bie nähten 
äetteteigniffe ffljloft ftd^ ber gtrt^um an. Stiif ^jlätonifdje SBeife 
Hnnten tuir fägen: xfem vovg toat bie Snfc^nuung ber äEBaV- 
,9^ g^g^bett; bie bie S^nfd^ouungen bed vor^g infid^ aufnel^menbe 
Itnb enttoitfelnbe xfwx^ unterlag in ber }eit(id^en Vermittlung bem 
Srrti&nwt. 

Mir toeSfir, vm bie$ aSgemeine WSt> \>m ber ißtibegarb 
anfd&aulid^ )tt mad^en, eingelned 6l^araIterifKfd^ auigl i^ren %u^ 
ft^rüd^en unb antworten ^erborl^eben. 9Ctö t^ @tner über Kn« 
fe^titngen, Sebanlen ber Sottedl^etfeugnung, bie i^m untpUSür» 

18* 



272 ' 8ern(arbl Seil^Sltnig p ber $ro)3^etiti ^ilbegatb. 

lid^ einfieictt, flaflte, öitttoottctc fie unter Xnberem ^) :~ „SBcr in 
feinem ^erjen fagt: 6« ift fein ®ott, ber Detleugnet ba« SJafein 
beS ^immefö unb ber @rbe, aOed lebenbtge S)afein, bad in ®ott 
unb mit ©Ott ift, unb er Verleugnet fein eiflne« ®afein. @« ift 
aber eine gro^e Il^orl^eit, ba| ber SHenf^ ber fid^ feiner felbfk 
betougt ift, an feinem eignen SDafeiti gtoeifelt; benn au^ ein 
üeined @täublein ift niii^t ol^ne ®ott<' 3ln einen geiftlid^en SSor^: 
gefegten ridjtete fte biefe ©rmaJ^nung: „S^wfj« «ur gu ®ott, unb 
f})ri^ ju il^m: S« "^^h «> ^^^r l^^be id^ meine ©eele erl^oben, 
auf bid^ Vertraue id^, unb tocrbe nid^t ju ©d^anben toerben. 2)enn 
in bir ift ber ^auc^ unenbKd^en Seben«, ben ®ott in bic|> gelegt 
l^ot; bir l^at er bie glügel ber SScrnunft tocrliel^en. SKit benfelben 
alfo fd^toinge bid^ burd^ ®lauben unb l^eilige^ SSerlangen ju ®ott 
em))or; erfenne beinen ®ott, h)ie bu in feinem aiBiffen gegrünbet 
bift unb \>on il^m ba$ $rinci)> beined S)afeind ableiteft. Sitte 
il^n bal^er, ba| er burd^ ben $aud^ feinet ®eifte$ bai^ ®ute.bid^ 
leiere, unb t>on bem 33öfen bid^ befreie ^j." lieber baä SSer^alt« 
ni| be$ äRenfd^en )u ®ott unb jur übrigen @d^0))fung fd^rieb 
fie^): ,,®ott l^at bem SKeilfc^cn bie iBernunft toerliel^en; benn 
burd^ baS aBort (Sottet ift ber SWenfd^ ein Vernünftiger, ^ie 
ö'ernunftlofe Äreatur aber ift toie ein Sd^all. So l^at ®ott äffe 
Äreatur in ben SKenfd^en gelegt." 3"^«"^ fi^ bor bortoi^gen 
gragen toarnte, fc^rieb fie an eine 3lebtiffin *) : ,,®ott ift bie 
SSernunft oi^ne Einfang unb @nbe, unb burd^ toeld^e ber 3}tenfd^ 
ein Vernünftiger ift, unb biefe SSernunft ift in il^m befeelteg Ztbcn, 
baS nie enbigen toirb. äld^te aber nun auf bie l^eilige ©c^rift, 
loeld^e du^ ber SBurjel be§ l^eiligen ®eifteg entf})rojfen ift. 3)enn 
bie l^eiKge ©d^rift ift ein ©jJiegcI, in toeld^em toir ©ott erlenncn. 
Unb ba.unfer SBiberfad^er nid^t fc^Iäft, muffen toir mit berfelben 
gegen il^n Iäm|)fen. SDSir muffen ®ott nid(>t Verfud^en , fonbern 
anbäd^tig il^n anbeten. Dft loiH ber SRenfd^ auf ungeftüme- 
aOäeife öon ®ott ioiffen, toaö il^m ju toijfen nid^t geflattet ijt, 
unb baburd^ bernad^Iäffigt er e§, ®ott ju bienen." 3)er Stebtif jin 
ßUfabetl^ Von ©d^önau, toeld^e in bem 9luf befonbrer Offenbar 
rungen ftanb, gab fie biefe SBarnung^): „Diejenigen, toeld^e bie 
SBerfe ®otteg Vollbringen tooKen, muffen immer bebenlen, ^ba| 
fie irbene ©efäßefmb, toeil fie aWenfd&en finb, unb muffen immer 



1) Hildegardis epist. Coloniae 1566 pag. 103. 

2) Hildegardis epist» in Marlene et Durand: cpllect« amplissima 
tom. II pag. Iü53, 

3) L. c. pag. 1029. 

'4) L. c. pag. 1075. . . . 

, 5) Epist. ed. Colon, pa^. U5» ^ > . .j . 



' Simliktto SctJ^Sltnig in bet ftop^t^ i^Ubcsiatb. 273 

• ein jrttnt feilt, toa« fie pnb unb toai pe fein iDetben, Unb bie 
^ttntnlift^en S)in9e.ü6cT(ajfen 3)etn, ber felbft l^immlifd^ i{l; b^n 
pe felbfl leBen in ber SetBannung, unb t)etfte(;en noc^ nid^t bie 
^immlifd^eh 3)in9e.'' ä(Hf S^riftuiS toieiS jte l^in in einem Stiefe^ 
toorin fie fagt^): „^alU bid^ an bie Oemeinfd^aft mit ß^riftu«, 
unb fud^e bei il^m aüe^S ®ute, t^m offenbare beine äBetle, itnb 
er to)irb bir bie Seligleit Derleil^en, benn o^ne il^n ift bas $ei( 
U^ ^enfd^en eitel; benn ©nabe unb ^M ioirb nid^t butd^ 
SRenfd^en, fonbern bitrd^ ®ott erlangt, ta>o aud^ bie ^eilige Sd^tift, 
toeld^e t)on ber göttlid^n DueQe l^erftammt, bem SJlenfd^en i!^e 
Sruft, xm an berfelben ftd& ju näl^ren, barreid^t/' S)a« »öfe be« 
jeid^net fte old bad Sinjige, \oa^ nic^t Don ®ott l^errü^re, ioaS 
bon ber Sel&ftfud^t ber Äreatur abjuletten fei*): ,,®ott toeife 
ä(Qe$. älber bad 935fe lann, ioeber inbem t9 aufftel^t, nod^ in^^ 
bem ed f&Qt, burd^ ftd^ felbft titoa^ if)un, n)irlen ober fd^affen; 
benn ed ift nid^td, fonbern nur eine irügerifd^e äBal^I/' Unb an 
einem anbem Drte'): ,,D^ne ©oti ift nxijt^ gefcffaffen: biefeS 
3t\^i^ i{l ber ^od^mutl^. 3)enn bad ift bie äiid^tung, Vermöge 
toeld^er bie ftreatur nur auf ftd^ felbft l^inblidt, unb auf leinen 
$dl^eren Vertraut. @ie toiS, \x>a^ ®ott. nid^t toiQ; fte l^at angei* 
fangen, toas fte nid^t Vollbringen lann/' $ilbegarb erKärte fid^ 
gegen bie adcetifd^en Uebertreibungen ^) : ®ie *Iä|t ®ott fagen : 
„SSßad id^ bem iDlenfd^en }ur Slal^rung gegeben l^abe, toerbe id^ 
il^m nid^t entjtel^en; aber id^ tenne nid^t bie etelerregenben 
@))eifett, benn- in il^nen ift (Sitellett. 3)urd^ unjiemenbe ^nifjaU 
tung foS leine @ee(e )u mir ftd^ l^inioenben ft^oQen; ber SRenfd^ 
ergebe fid^ mir fo, ba| er ba$ redete 3Staa^ ^alU, unb ben ioerbe 
id^ aufnehmen.'' ,,Dft fe^e id^, — fagt fte an einer anbetn 
©teile*) — bafe toenn ein SKenfdJ burdj )u groge Sntl^altttttfl 
feinen £eib befd^tpert, ÜRi^Dergnfigen ftd^ feiner bemfid^tigt, unb 
baran fd^Iie^ £a{ter fi^ an, mel^r atö loenn er feinem Seibe 
bie gebfi^renbe Stal^rung gSbe/^ Slfö eine ^an fte um i^re %üta 
bitte anf|»rad^, bag i^r ein Jtinb 3U "X^xl toerbe, antwortete fie^): 
„S)ad liegt in bem äBiOen unb ber ©etoalt ®otteiS, benn er felbfl 
toei^ too er eine Stad^Iommenfd^aft bemiSigen, too er eine ^in« 
toegnel^men toiO; benn er urtl^eilt ntd^t nad^ bem ®utbünlen ber 
SDlenfd^en, fonbern nad^ feiner SOBeiiSl^eit/' 9X9 bei ber ftreittgen 



1) Martene 1. c. pag. 1058. 

2) EpUt Qd. Colon; pag. 11. 

3) L. 0. t^^g. 38, 
4)Mnrtew>lc. pag. loeo. 

6) ).. 9. füg. 1029* 



3a^JlÜ^a\fl ^dftn Stftor HI. unb Sllesmtbev m. eit ntmtx 

-ifytf Sntjd^ibuns fte fm^ie^ anlioocteic (te^): .^Ite hu bUfciitt^ 

;kiefm.Sti>eifeIn l^evauiS)tt{inben nU^t i^emogfl, fo {^ti^ mfccitiem 

\6<tr}en: ^m, bet bu älSed lDei|t, U^ iüiH bit «e^trijfem in 

«tcwnen SBov0eiej|ten, fo lanee jic mk^ nid^t ttoingen iooSen^'Cttoad 

g^en bm loil^olif^^n QUauken )u tl^un . . . Stid^e bid^ mit btiner 

T^ffnang )u ®ott aOein; benn tt loitb feine flird^e nid^ t^tt^ 

laffen/' ®ie f)^rad^ nad^bradHid^ gegen bad Setbetben bed ttet» 

toeltlid^ien illevud^): Statt ben $äu)»tem be« Alerud in ittfn 

auf il^re el^m^ietige Xntebe eine fd^nteid^lnbe St^tooft gu geben, 

lertetebette fte bielme^r: ,t$^x feib fd^on emiibet in etnrem MÜ^ 

iid^en Xteiben, fo ba^ il^t gutoeilen ätitter, giüoeilen ftned^te, i^Ur 

itMxUn aRuftlonten nnb Söngev feib; aber in tuten t>offen]^«iften 

älemtern befd^äftigt il^r eud^ gutoeilen bantit^ im @i>mmer Me 

t^Ife^en ioegjutreiben. Slber bntd^ bie £el^ren bet @d^riftr ioeU^e 

^auiS bem %tutt be^ l^eiligen ®ei^d l^rborgegangen finb, foQtet 

.il^r für bie ftitd^ Smnbfäulen flanbl^aften Slutl^e^ fein; osbn 

ü^ feib ^u SJ^ben gett>Dtfen, unb ii(ft lönnt bie Jtird^e nid^t tnigen. 

3^¥ pdjitet eud^ in bie ^(e eurer Süfte, unb U)egen eurer $«i^ 

^ fud^t unb ber ü6r^n StteUeiten forgt il^r nid^t für Untetrid^t 

eurer Untergebenen^ unfb erlaubt il^nen nid^, d^ripd^ SeÜel^nmg 

bei eudf }u fud^en/ inbem jeber \>t>n mäf fagt: ^if !ann nid^t 

3iaed aufarbeiten »)/' ,,3l^r fagt: SBir l^aben ie|t feine ßeit ju 

. reben^ unb es ift aud^ je^t leine S^it, bo^ to^ir «®el^9r fänben, 

\>H td in ben froren Seiten toax." Sie l^&It il^nen l»9r lm§ 

99eif|)ie[ ber äSäter unb ^opffcUn bed alten Xeftamentd, bie fOr 

bie @ad^e ®otted fo biete SSerfoIgungen erbulbet Ratten, o^ne ftd^ 

,baburd^ irre mad^en }u laffen, unb fagt bann: „^f)x ahnto^üi 

nid^t toäl^renb einer geringen S^^^f hw eSStotl^ tl^, Unred^t mm 

bem äSolf eibiben, unb boi^r giel^t ^r eud^ fd^loere ©trafen gu. 

31^ foStet Sid^t fein, aber ij^r feib f$iitflemi|.'' Sluf bem Svä^ 

l^of ii^reS 0i>fterS t&ax ein in Wtaxnl Sslommunicirter begrabeli 

;tO0rben; aber 2>ieienigen, bie bied beran^ltet l^atten, iberiefett 

^iß^ borauf, ba^ er frälj^ bie älbfolution erl^alten J^e. jS>mj^ 

V^i ber 3Rai^&c Jtbrnd bie Gebeine bei SJeftatteten cMgmlmix 

;^b belegte bajS Alafter mit bem 3t^^<^i^* SDaburd^ tourb« We 

.^l^arb beranlagt, einen fretmüti^igett Srief^) an benfelben yt 

rid^tcn. ©ie erinnert bie , ©eiftlidfien , toelc|>e fd^toere ©d^ulb fie 

treffen tofirbe, toenn fie ungered^ter äBeife bie (Sl&ubigen bon bem 



1) Martene 1. c. pag. 1055. 

2) EpiRt. ed. Colon, pag. 160. 

3) L. c. pag. 161. 

4) L. 0. pag. 117. 



«^ Ui ^mti cm^lB^^it, (Akt ^ J^ntbet^, Mx^ ^^ ^t^ 

^ilfetett fte Wof)l mtUt^n, ob ^fe nld^ bttr<§ leibcnfd^aftKdJeh 
IStfer ÄÄ Sla^if ud^t bagu tetoogeh toürbch. ©ie fagt, bog e§ 
Ifie ©etool^hl^it bc§ Äloftetg f^t, aHe SHonat bie Äommunitm pt 
feietn. 9lur mit fdltoeteth $er;(ctt l^ätten ftc ftd^ baju ertff(|ffeBeh 
^dnnen, bie« |u untetlaffen, unb t^re Sofcgcfängc jü untetbted^cn ; 
bod^ um b^8 ©el^orfam« »itten l^ätten fie jtd^ untertoorfen, ^i^ 
'^Uidf i^tcr Unfd^ulb fi(| 6eh>ufet. ®ä^rcnb fte ttun babitri!^ 
td^toer bebrütft tootben, l^abe fte in bet Sipon eine Stimme ber* 
liommen, bie fu^^t gef<)r«>^en: fte müßten nid^t um SDlenfc^its 
toüTte toißen ben ©enUJ beS Seibed ßl^tifti, biet il^nen gum §etl 
IKente, imteriajfent.ab^r fll^ faßten Bei i^n ^rfilaten , t^on beneit^ 
^e ftelunbe« toorwn toären, bie (Stlüuhnx^ baju nad^fud^eit; 3»*^ 
%m fte in biefem «riefe t>i^n bet fteiftlid^en SKuftl rebei, nimtft 
ile babon Setanlaffung, bte IBebeuttÄtg betfelben gu fc^ilb^ttt, 
^ö Sttbilbung bet l^imtrtHfd^en ^ottmonie, tt>eld^er bie Seele i^et 
m^tünqüiten giatw nad| »ettocmbt fei, ati ein 9lad^flang b* 
lllmmKfc^en 3;öne, bie in bem ^rabie« au9 bem SWttnbe bei 
IW^nf^en, aU ba« »ilb ®(jtte« ntyd^ itid^t in i^m getrübt \txtt, 
l^tbergingcn. Bnb merftoötbtd ifl eS/ Wie fif übet^autjt in befi 
>ftlHifi^n ein !fRerttha{ bei» g^ttit^en Jfeim« lit bet menfd^itl^ft 
gifttnt ju edenneit Weife. 210^ flfinfte, Weld^ iutti 5Ru|en üftb 
ptt »efriebigun^ i^ Slfftfd^n etfunben wotben Waten, feietl 
•Ausgegangen »a^it bem ^i^Itc^en ^auS^e, ben ®ott bt^n SRenfdJeti 
l>eÖwl^en l^obe; unb ia^et fei fö red^, bafe in atten (Sott g^ 
ijtiefen werbe- ©et menfdjfid^en SBiBfüt fteOt fte bot« aHein ent* 
f«>eibenbc Änfel^n ©cftte« entgegen. Sn einet Sifton l^abe ftt 
>ie Stimme öer?iommetti)J „^Stt ^üi beft ©inmtet gefdjlaffen? 
&im. föet j^n«t feinen (älfiäbigen ben ^immel? (Sott. SMt 
Ifl i|w »^«(^? Jirfnet/' 

39iv ^bett fd|e« bei^tft, Wie bie ^Ibegatb Im <Se(reHfa$ 
«fit bein^SJetbetben bet WtWeltlid^ten Äirdjet^tet 8«* eitle bttt4 
««i|l^ Ä«f«ft »oifjuWteitÄlbe biffetif 3ufuHft W?t «rtdje Weifftao(ttJ; 
«ie feftft fogt 5 n^m 3*^ 1 iW fi«g Wie S^^« bei a)Jd|Wl 
»fb bei« ^euet bet ^dm^i^eü an p txMkn, tvb uih ii0 
5eit bin ic^ geboten«)." SJicfe ej^odjenbefjimmttng f üt bo* Sm 
ketben tret Äitd|e^ bie nnS jfuweilwt etrtfteg^ttitlj t^ ftetlidjf rtfi* 
idfftAttxit, ba tief ^tWÄ^ «>e«t' Mnget »i^tJ^onbelt» tear, uä» 
ttuU fnü bem pdlften ^A^fv^nbetl eini^ tefotmÄtinrifd^e 9leatttd«l 
iegamt. JBKe bama» bie »o# SöVe«! tt<^ 9li)Wen> t^tii^flHi 



1) Ep. ed. Colon, pag. 12l 2) L. c. ^ag. 29ld An. ' 



276 »cm^b« 9ttfflitn\i in ber ^rot^letin «Ubegacb. 

iia<l^ äBeftcn fl<l^ toerbreitenben Ratffattt, t>m betten \0\t ft^ater 
tintetp bett Selten biefer Qüi reben ft)e¥benv in ii^tem ftreng a^ 
cetifdjen Sefcen^ il^rer Ättnutl^, in i^ren Seiben unter ben SSet* 
fo(0un9en, bie fte trafen, ben ©egenfal gegen bie Dertoeltltd^te 
itird^e barfleOtett, toie fte bie l^eftigflen ^einbe beS l^errfd^enben 
Xlttni toaxtn^ gegen beffen Uet)t)igleit unb Safter fte eiferten, fo 
erfd^i^nen fte ber pxop^tü\dftn ^nfd^auung ber ^Ubegarb afö bie 
3foIie für iene Verfolger beS ftleru« uttb ber ^errfd^enben Jttrd^e, 
bie ettift )u SBerljeugen bed göttlid^en Straf gerid^tiS bienen foEten. 
Spld^e Seute tofirben bie 3R&d^ttgen ber äßelt an ftd^ jiel^n unb 
tSufd^en burd^ ben @d^ein ber ^iligteit. @te 4oürben biefelben 
3ur Verfolgung gegen bie Jttrd^e anregen. 2>iefe toürben über 
ben bertoeltliii^ten Flenid l^erfaUen unb benfelben feiner 3Raä)t 
nnb feiner SReid^tl^ümer berauben. 3^ne ^nbe ber Airline tofirben 
bte ^errfd^aft gewinnen, unb 3)ieienigen, toeld^e ber 3Ba^rl^ett 
treu blieben, berfolgt Serben, älber unter btefen SSerfolgungen 
toerbe bie jtird^e geläutert toet^en, unb ein @aame für i\j/tt 
SEBiebergeburt ftd^ bilben. Snblid^ ioürben jene t^einbe ber Jtird^e 
in i^ren 2^&ufd^ungdlünften erlannt tDerben, unb nad^bem ^e 
®ott iura äSerifjeug für fein @trafgerid^t über bie Derberbte 
Aird^e gebient l^ätten, Don i^ren 93efd^ü^m berlaffen, bem aUge:" 
meinen UntoiQen ))reidgcgeben toerben. Unb fo toerbe bann nod^ 
)ule^ bor bem legten Ramp^ }tt)ifd^en G^rtfhid unb bem äLnü^: 
li^rtfi eine neue l^errlid^e ©eftalt ber Derll&rten llird^e fid^ bilben. 
Sie fagt in bem ©riefe an bie SRainjer ®eiftlid^Ieit^): „^n 
iener 3^ii t^itb über eud^ 9(btrünnige bad Serberben J^reinbred^en 
burd^ ein inenbed SBolI, toeld^d fd^Ummer fein tvirb, aü boiS 
. ledige irrenbe Soll (bie Jtatl^rer nämlid^), toeld^ed überall eud^ 
t)erfolgen unb eure SSerle blogfleUen totrb. Unb fie ioerben bon 
€ud^ fagen: $^x feib in eurem äßanbel SIor))ione, unb Sd^tangen 
in euren SBerlen. SD^an tDirb eud^ finden tote im @ifet für bte 
Sad^e bed $erm: 2)er ©ottlofen 9Beg bergest. Sber lenei^ 
SoK, toeld^ed bieiS t^un toirb, gefanbt toon bem Satan, toirb mit 
blaffen ©efid^tern tommen, unb fU^ bad Vnfel^n aOer ^etUgfett 
geben. @d totrb ftd^ mit ben todtltd^n gfürflen berbinben, }tt 
toeld^en fte aud^ bon eucj^ fagen toerben: SBarum bel^altet il^r 
biefe Seute bei eud^, btefe 2tutt, bte bad gange Sanb mit ii^rer 
Sünbe befled(en? Sie finb trunlen unb fd^toelgen, unb loenn tl^ 
fte nid^t bon eud^ entfernt, fo toirb bie ganje Jtird^ )u ßkunbe 
geilen. 2)ad Soll ^ber, bad fo bon eud^ rebet, ge^t in armfeliget 
3;rad^t etnISier, unb loirb ftd^ in allen feigen Sitten aU ein fandet 



1) Epiat. ed. Colon, pag. 166 fq» 



l^ttii^tbs S&etl^S(tmg $u bcr ^ro^l^eHn ^Ubtga^. 277 

itnb tul^tae« ben SWenfd^en batpfllett. @d tft fem öon ^abfud^t, 
^iS liebt baiS @elb nidft, unb im SSerbotgetten o/f)mt e^ eine fo 
0?o|e @tit§altfamleit nad^, ba^ !aum @iner toon il^nen getabelt/ 
töetben lann, S)er 2;eufel teirb mit il^nen fein unb bie SBunbet > 
'®otte$ butii^ fie nad^bilben. So ta>erben fie Itd^ ben ÜJlenfd^en 
toie in aßet ^eiliflfeit toanbelnb jeißen, unb fjjottenb toerben fie 
fagen: S)ie übrigen atenfd^en^ bie t)or un^ Sfeuf<i^l^eit l^aben 
töottten, quälten ftd& unb Ionnten'8 bod^ nid^t ju ©tanbe bringen. 
Und aber toagt leine böfe Sufl anjugteifen, ioeil h>it ^eilige itnb, 
unb mit bem ^eiligen (Seift übergoffen. S)ann toitb bie SKenge 
ftd^ freuen über il^ren äSanbel, toril fie i^r afö geredet erfd^einen 
toerben. Unb toenn fie ben Sauf i^re« S^!^»»«^ ö«f fold^e 
äBeife it^erben beflegelt l^aben, toerben fte bie ©ele^rten unb^ 
aSBeifen, toeld^e bann in bem lat^olifd^en Olaüben treu"^ berJ^arren, 
Don allen Seiten Verfolgen unb bertreiben. Slber böd^ nic^t aUc^ 
toeil einige atö bie tat)ferften Streiter in ber ®ered^tigleit ®otte^ 
ftd^ ertoeifen toerben. älud^ einige l^feilige ©emeinfd^aften, bereit 
SSBanbel ein l^eiliger ift, h)erben fie nid^t erfd^üttern lönnen. 2)a- 
l^er toerben jene ben t^ürften unb SReid^en ben 9laf^ geben, über 
biefe Seigrer ber Äirdje unb bie übrigen geiplid^ geftnnten aRenfd^en 
ober tl^re jünger mit ftnitteln l^er}ufauen^ bamit fie baburd^ ge« 
t&d^t toürben. Sin Einigen toirb bied in ®rfü0ung gelten, bal^er 
toerben bie Slnbern, bon Sd^edfen ergriffen, jittern. aber bann 
ioerben bod^, toie ed bem @liaiS gefagt n)orben, biele ©ered^te ge^^ 
rettet toerben, bie burd^ jene igrrtl^ümer nid^t Serben befd^ämt 
toerben, unb in bem bon i^nen gelegten ©runbe {td^ nid^t ioerben 
irre mad^eitf laffen/' Sie jagt t>on il^nen, ba^ t^ i^nen gelingen 
ioirb, aud^ bie SSBeiber an pd^ ju jiel^en. SKit biefen toürbcn fie 
bann Ij^eimlid^ Unleufd^l^it treiben, unb fo toerbe enblid^ il^re 
Sd^le^tl^rit blo^gefteUt toerben. Sie fagt bann: „^ene ungläu^^ 
bigen unb bon bem SIeufel Derfül^rten SRenfd^en nnrb er aU eure 
SRutl^e gebraud^en, um eud^ px jüd^tigen, toril ii^r ®ott nid^t rein 
Derel^, unb fte toerben eud^ fo lange quälen, t\^ x^x t)on eurer 
Ungered^tigteit gerrinigt toorben feib. SBenn fie aber in il^ren 
bdfen äBerten fo toerben erfunben fein, toerben bie t^rften un^ 
anbere SRäd^tige über fte J^erfaOen, unb fte toie toüt^nbe SBeife 
tftMen, too fte biefelben finben. S)ann ti^irb bie 9Rorgenr0tl^e 
ber ®ered^tig|eit aufgel^, unb euer 2tiiM toirb borjüglid^er fein 
M euer (SrßeiS, unb il^r toerbet an9 aOem SBorl^gegangenen bie 
gurd^t ©otted gelernt ^aben, unb i^r toerbet glänjen toie i<a 
reinfke ®olb, unb fo lange 3rit l^nburd^ bleiben/' Samit iil 2U 
l^erbinben aü d^aralteriftifd^e Sejeid^nung jener Siebergeburt ber 
itird^e, toad in betn Sriefe an bie Xrierfd^e ©eiftU^Ieit bon bei 



.#tQ^arb gefaxt totrb ^) ; ,,Unb bann mtUn iap^t WlMmc U^ 
iktkn, unb t>ti))^ejieienv imb 9UI09 au9 bem aßen tttiib tteusen 
Zefiinnent unb ^Be ^on bem feiü^^n (Keift eingegebeni^n Siirtfe 
famnteln, itnb bad Serftänbmg berf^lben f^ütfen ^U ünt UMt 
l»ott Sbelfteinen. Stif bieft iinb anbeve 3Beife toetben t^iele W^ 
lid^e gfted^t ioerben unb l^etltg leb^n.^' @l ift nDd^ fn§6efi)nban^ 
^ei ber äCn^auungMeife bet ^ilbegatb bied J^ft^orjul^ben^ tdft^ 
iou fd^on tiorijfin angebeutet. l^aBen, ba^ fie lool^l etfannte, Wk 
loenngletdft bte 3Rai)t bed 99öfen butd^ ben ^m i^x t^etaitdgefa{|t^h 
Steg ber geläuterten Jlird^e jutüdgebrängt fem n^erbie, bod^ Mefe 
beffetf S^ri leine bouembe fei, fonbetn bö« SMfe t)Dn Steifem IJütt 
t^orbrei^en loerbe. 3n jener ®rfd^einung9fotm bei^ ^ntiä^% 
hmä) toeld^e bad ®trafgeti<i^t ü!ber bie berbetbte ftird^e tterbe 1^ 
beigefüi^rt'toerben, ettannte fte nur ben Jtetm jenet legten Si^ 
fd^einunggfürm bed 93dfen, avA ft^eld^ bet eigentliche Knltd^ft 
^ett)0rgel^en nnb toeld^e ben le^n ®^ieg bed SReid^ed (Sottet biR^d^ 
bie SSiebetlunft Sl^rifti t)arbereiten h)erbe. @» ift alfo bas 3lM£^ 
^ejeid^nete an il^t, ba^ fie ben Rtmpf ^mifd^en bem äteid^ ®i)itte^ 
nnb bem 9leid^ bed SSöfen^ ber ^d^ i^er älnfd^otmng batfleBte, 
nidjfl gleidfi' für ben Ie|ten l^ielt, fmibem nur eine äSbrbereitun^ 
beffelben barin fai^^ bie i^erfd^kbenen SS^tmittlungen in ber &€k 
f c^e nid^t ftberf))rang. Sie fagt nämltd^ ^) t^n Svenen, bie ^ 
ate Organe bei» Satans }um ®trafgerid^t aber bie Itird^e bt^ 
^d^t.; ,;e§ fmi biefe« nid^t bie SBerfä^rtr, bie i^or bem l^^ 
a:age lommen foöen, fonbem il^re SSorlfiufer, ber ^im bei* 
felben^).'' 2>iefe Sßeiffagungen ber i^ilbegarb bilben bie &vm\ft 
«nfd^iduung, t^on toe(d^et nad^l^e« bie ^pf^l^ejetungen be9 WIM 
^aä^im, bie äBeiffagungen bed :3ol^nn ^eter k)on Dliua, be^ 
^o^ann 3RiKc) unb ^Jtdtt^a§ l>on ganoto in 93j^l^men au^ingeni 
SStegen bfefer il^rer SSebeutung glaubten \ow läm^ix babei tfm 
toeiten gu muffen. 

WS äSem^arb auf feiner erften Steife nad^ Z^eutfd^lanb 3twSl^ 
ttd^t erl^ielt Dem bem Men uitb ben Ofj^nbofungen ber ^ilbv» 
fiorb, bejengte er il^ feineVStlbeilnal^e in fotgenbeit SfiOm^i 
'^/iDa| uon meiilet SEüemgieit Einige gonj itM^etd |u beulen fdp^ 
neu, aU mit bad Settw^lfein n^iner felbft ^ fagt^ i{l >Uid^ meto 
mt aStrbi^nft, fonbetn bet %\)otlfydt ber äRettfd^en aujufd^rviMte 
^8i| fitte em^ gu fd^^i»^fi, i>bglfi(9 btt aftmige bc« «^Afü 



2) U 6i ptfft. 1*8 fin. 

3) Isti deceptores illi non sunt^ qui ante noyismmnm diem vaii* 
tun sunt, 86(1 pfaecürrens geimeh itlorüm sunt; 

• *) i^p, im pä^ m. . 



eu4 ®IM pt ber ®nabe @otted, bte mit eud^ ifl, unb ermaj^ne 

^u4, fte dl^ ®nahe anjttetiennen in Semuti^ unb Xnbod^t, ein«' 

gebettf b«ffeny bojl ®ptt ben ^inj^mütl^igen toiberftel^t unb^ ben 

:2emttti^igen ®itabe gieU. Sß«d foOte id^ ül&rtgend eud^ Seilte 

;unb Srmoi^stns etü^eilen, too bie innere SeleJ^tung unb bie in 

aUe Sffennlnil einfül^tenb« €aI6ung ift? 2)enn man fagt ^n 

/eu(i^, ba^ Oft burd^ bed l^eiligen ®ei^e$ Srleud^tuns erfennt, 

. toad üibet be^ 9Dlenf<^en Ar&fte J^^inau^sel^ft. 2)a^er bitte id^ eud^ 

Diebnel^r, Iftei ®ott unfet eingeben! )u f^in, unb 2)eter, bie in 

^eimi^er @lemeinfd^aft mit \m^ t)etbunben fhib. Senn i^ jtDeifle 

nid^t, ba^ toenn euet ®eift mit bet ®9tt§eit ftd^ Devbinbet, il^t 

mi t>id nfü^en lönnt."" ®r fd^Ke^t ben %tief mit bem 9Sunf4 

baft pe in bei il^r öerliei^wett (Snabe immer miipc geförbert toerbett 

. m^ge. 3)a aud^ oicf ber unter bem äSorft^ bed $a^fted ju Xtier 

^ej^alteneii fii^nobe \>en ber in biefer @egenb Berühmten 9lonne 

geft»rod^en im»rbe, ernut^nte ISernliarb ben Sßapft, bie @nabe 

®olted ntd^t berbotgen bleiben jii laffen, unb um bie $i(begarb 

•gegen bie SSetf olgusigen imb SSerleumbungen i^rer^^inbe 3u fd^ü|en, 

bitrd^ fein 9fnfe#n i|re Stäben unb €d^riften }u betätigen. 3>er 

$a)9{t fonbte baranf, rnn bte ®ad^e jn unterfud^en, einig« glaube 

iöörbige SK^nner in bn« Älofter ber ^ilbegarb, unb biefe brad^« 

Un i^m il^e @d^iften }urüd(. @r fie^ fie öffentlid^ t)orlefen, 

:ttnb einige SrteOen ei^riffen il^n fo fel^r, bag er fe(b^ fiel^orla«^; 

fie tottrben mit allgemeinem S3eifaK unb Srftaunen aufgenommen, 

unb @ugl»i felbft fd^rieb ber ßiibegarb aU 3^U8ni| U'^^^t 93Uligung 

foIgetAe SßorteM: tf^^i bin evftoinit, tueii^ Stod^ter, mel^ atö 

« «B fid^ fagem Iä|t, bng 0ott }u unfrer geit fd^on neu^ äBunbet 

bliden iä|t^ ba er bid^ in fold^em Staate mit feinem Seifte ei^ 

. füllt J^cit, baj^ toie ei i^i|t, bu bietet SSerborgene erlennft unb offen«: 

b«rfi 2)enn ba| bie^ fo ift, l^abe id^ erfal^ren burd^ glaub:= 

nt&rbige ^eifonen, bie bid^ gefel^n unb reben geirrt l^aben. %ber 

limd ^n ioit ba)tt fagen, bie ivir ben td^Iäffel ber (Srlenntni^ 

:l^en, fo ba^ toiv fd^liefen unb dffnen I9tinten, unb bod^ t^rtd|^t 

f&umen, mit a&ei^it ^ted ^ ^nT' ^Ubegarb l^ntte ben ^a)^ 

um bie @rlaubnig gebeten, an einem beftvmmten, ime fife meinte, 

.in einrräKfipn ii/t gejeigten Ott tin Älofter filr il^e gemein- 

^f#ifl gtönbm m bürfen. Siei^ tourbe i^ bon $ugtniui» be:^ 

;miUigL ^ äbtfel^n ftirj; immer ^l^öl^er nad^ bi«fer feietfid^en 

vtiltetirttttttng burd^ ben SRann, ber bad Dralel feiner Seit rm, 

itttb^bur# bat Dfm^imffit ber Aird^.. S)ie Sbt il^rer MtXfiOnlbM, 



1) Epist. ed. Colon, pag* 1. 



Vit toir fd^on im Sragemetnen gefii^tlbert l^aben, {leigerte fid^ tms 
tnet mel^t unb etl^ielt einen immer allgemeineren @influ^. @ef6^ 
ein ^riebrid^ I. , ber ftd^ nid^t aberglöubifc^ t>or einem ungema^ 
ten 3(nfe^n, ol^ne innere SSürbe, )u beugen pflegte ^ mit (Seiftet 
frei^eit ben ^nma^ungen ber ^^fte toiberftanb, legte auf il^e 
^orte gro^ed ©etoid^t, unb ftanb mit il^r in Sriefko^c^fel. .SBir 
l^aben fol^enben an pe gerid^teten Srief: ,,ffiir mad^en eurer 
^eiligleit belannt^ bag toir^ toa^ il^r un$ t)oraudgefagt ^bt^ atö 
toiv )u Sngel^eim eud^ t)or und erfd^einen liefen ^ bereite erfüSt 
feigen, älber ioir ioerben nid^t aufl^dren, mit aller Araft für bie 
@^re \M 9teid^ed pn arbeiten, ^al^er ermal^nen toir eud^ auf 
bad 3CngeIegentU(^fte, ba| i^r mit ben eud^ anvertrauten €d^toeftem 
}u ©Ott für und Uttn mb^i, ba| er und, toä^renb toir in irbi- 
fd^en Angelegenheiten arbeiten, fo )u il^m felbft ^ingerid^tet fein 
klaffen möge, bag tvir feine ®nabe }u erlangen fä^ig iDerben. 
@d fei eud^ aber getoi^, ba^ iDir über alle SlngelegenJ^eiten, toe» 
gen beren il^r eud^ an und getoanbt l^abt, ta>eber auf Steigung 
ober Abneigung irgenb @ined Stüdftd^t nel^men, fonbern nur ber 
©ered^tigfeit folgen tverben^)." ^ilbegarb toamte ben Jtaifer in 
il^rer Antioort unter Snberem toor ben fd^led^ten ^r&laten aud^ 
gelaffenen Sebend: ,,®ott befd^ü^e eud^, bag i^r jum emigen Se- 
ben gelangen möget. SReibet bie ^abfud^t, unb entl^altet eud^ 
beffen, toad nid^t bad @ure i{l, ioad bem Jt5nig ber Jtönige be- 
fonbcrd tool^lgefäHig ift." 3mmer i\t ed fd^ön, }u fel^fen, baft 
bie 9Räd^tigften ber @rbe, bie leine ©eioalt fürd^teten, ftd^ Beug» 
ten t>or einer jtraft, bie fte für l^öl^er l^ielten ald Sllled, tooi^ 
burd^ 3Renfd^en t^erliej^en toerben tann, ald alle SRajefiSt ber 
@rbe unb ber fte umgebenbe ©lang, ba^ bie m&d^tigften Sfirften« 
l^or ben t$ü|en einer unanfe^nlid^en Slonne, nur be^toegen, toeil 
fie biefelbe für bad Drgan göttlid^er Offenbarungen i^ielten, toeil 
fie öon il^r SEBorte Demal^men, bie il^nen an*d 4>wg brangen, ben 
ganjen $runl il^rer 9Ra]e{ität nieberlqgten, ba^ felbft S^iejenigen, 
toeld^e {td^ bie ©eloalt beilegten, ju binben unb }u Idfen ffir^ 
^immel unb ®rbe, fid^ bemütl^igten Dor einer unmittelbar aud 
bem Steid^e, }u bem {te nad§ bed 3^italterd SReinung ben Gd^lüf^ 
fer Ratten, erfd^aOenben €timme. 

Stad^bem @ugen brei SRonate bei bem Grgbifd^of ))on Zrier 
)ttgebrad^t ^atte, lehrte er im Anfang bed ^afyctf 1148 m^ 
^antreid^ iuxüi, ba er auf ben 3ßonat SR&rj ein Jtoncil ju 
Sll^eimd audgefd^rieben l^atte. S)ied Aoncil I^Atte jur Vbftc^, ber 
Sudbreitung te|erifd^er Selten entgegen}utoirfen, unb für iit Srs 



1) Epist ed. Colon, pag. 65. 



Sernl^rbd &txtlt> mit (»ifbnt* ' 381 

Gattung ber reineti D^rtobopc, toeldje man toiebev burd^ ilBet« 
tnfitl^ige @^etuIation gefo^rbet glaubte, }u fotgen. %n biefen 
Set^anblungen nal^m SBern^atb, bcm nid^td fo fel^r am bergen 
lag, aU bte SetDal^tung ber reinen Sel^e, ben größten Sntl^etL 
@d toar ein netter Sluftritt jjene^ Jtam)>fed jtDifd^en ber bialefti^ 
fd^en unb J)raftifd^ lird^Iid^n 9li<i^tung ber Ideologie, in» tpeld^em 
Seml^arbd Streit mit älbälarb ein fo^ h)id^fige$ ^JDloment gebilbet 
l^atte« 3Rxi Sb&Iarb unterlag leine^tpegd bie b^aleltifd^e 9lt<i^tung 
üUvf)aupt, toenngleid^ il^m fein 3Hann \>on feinem frei unb tief 
forfd^enben (Seifte folgte. 6iner ber angefel^enften unter biefen 
%f)^olp^tn toar bamafö Oilbert, mit bem Seinamen ^orre« 
tanu§, ober be la dorret ^X ker auä) juerft mit bialeltifdjien unb 
|)]^ilofo})l^ifd^en ©tubien fid^ eifrig bef(|äftigt unb in' mel^reren 
Stäbten granlreid^ö j)l^ilofpt)l^ifc§e SSorlefungen gel^alten ^atte, 
barauf jum @tubium ber X^eologie übergegangen toar. @r ers 
toarb fid^ fo gro^e« ,3lnfc^n, bafe er im 3- 1*41 jum Sifd^of 
Uon ^Pbitier« getoäl^lt tourbe. ©ilbert toar, fotoeit ioir il^n lens 
tten, aö origineller S)enfer mit bem Slbälarb leine^toeg« gu ber= 
gleid^en. @r ftanb an^ ju ben t^eologifd^en äiid^tungen feiner 
3eit in einem gan) anbern SSerl^ältni^ aU berfelbe. ^eine^toegd 
töaren in il^m bie Äeime folc^er ©egenfä^e mit bem tl^eologifd^en 
Seifte feiner geit/ h)ie toir fie bei Slbälarb bemerlten. 3n ber 
Seigre bon bcm SSerl^ältni^ ber fides jur ratio toar er ganj auf 
ber gebö^nlidjeh SBal^n. ®r gel^t bon ber Unbegreiflid;feitv ber 
gUttlidJen 2)inge unb bem Setou^tfein ber ^d^toäd^e ber menfd^s 
liefen Vernunft im SSerl^ältni^ ju benfelben au«. 6r meint/ 
bä| bie ©teDe ber ratio, toeld^e ba« Unbegreifliche au« fid^ 
felbft nid^l ju erlennen bermöge, erfe|t ioerben muffe burd^ 
bie Slic^tung bed äBiUen« in ber Eingabe an baä ©öttlid^e. äBcnn 
fo ber ©laube entftanben tft, foU bie ratio nur baju bienen, baS 
burd& ben ©lauben angeeignete, toie e« in ber Äird^e überliefert 
Sorben/ fo.biel-al« mdglid^ burd^ Sernunftgrünbe berftel^en unb 
be^^eibigen )u lernen % @ilbert töar aucff toeit mel^r ald älbälatb ^ 



1) Ueber (SitBert^ SeSen f. Roulaei histor. universit. Parisiensis 
toin. Ili p. 2ü4 unb hisioire littdraire de la Prance tom. XII p. 
446 ff.. — 3" be»n ftolgenbcn öerglcic^c Otto Frising. de pestis Fride- 
rici I. Cfip. 46. 50 ff. in Muratori Script, rer. ital. tom. VI; Gaufridl 
€pistola ad Albinum in Bern. opp. 11, 1319 unb ejusd. libellus con- 
tra Ctfpitula Gilleberti ibid. 1325 unb ejuäd. vit. Bern. lib. III cap. 5 
opp. tom. II, 1122. 

2) ®ir berufen und auf bie Sßorte, mit benen ®i(Bert feinen j^cm« 
snentac.Au bem erfieu ^uö^t b<Ä ^orti^iu.« de trinitate; fd)ltegt, n?o er o^e 
3ki>ei|ef, brn ^inn bed. ^oe|(^iud er riärenb, feinen eignen au;8)pnd}t, bag bie 
ratfoiium argumenta nur bieuen follen catholicorum senieutiae spontei. 



2BA «mi^rb« etvfit mit mbttt. 

in fiiM m inifnk|Mkiren ktaldtifd^en gpormalidtnuS Befangen. (SBeii^ 
bifftr Jik^ i^n aud) toeniger in einem realen ®e0enfa^e gegetr 
bie tirdjfli^ X^eologie attftteten. Sa aber bod^ bte innrl^errfd^b 
bta(eftif4^e Stid^ng Bei ber anbem tßartl^ei, bte fte immer mit 
üRifitrouen Betra^tete, fo Iei<l^t »rgtool^n erregen fonnte, fo ^atte 
älBAarb fd^oif auf bem 5toncU }t( ®eniS bem ®iIBert, ber fein 
biateftifd^er Segner tDar^ in feinem eignen Sd^idfal bad aud^ i^ 
Bebrol^enbe i^oraudgefagt in itnm SBorten bei ßora)*): Kam 
tua res agitur, paries quum proximu» ardet. 

äßq^ l^aBen fd^n frfll^er bon ber großen Sebeutung be& 
®egenfaj}el in ber Seigre bon ben allgemeinen Segriffen geff^ro^ 
d^en. SBir mfiffen aber in biefer $eriobe bei tDeniger enttoidet 
ten Raren b)if[enfd^aftlid^en I8et9u|tfeinl b)o^[ unterfd^eiben bie^ 
iutn (Srunbe tiegenben ©egenfa^e unb bie 9(rt, tote fte in ber 
JDialeftif Bel^anbelt tourben. SSenn man m^ bon ben tiefflen 
®egenf3^en bei S)enlenl aulging, lonnte man fid^ bod^ in ber. 
Wci, n)ie barüBer geftritten tourbe, in unfrud^tBare ®))i(finbigfei* 
Un berlieren, unb bie ^aupt^a^, ioorauf el anlam, au2 ben 
Siugen Iaf[en. @iIBert toax einem ariflotelifd^en Stealilmul in 
ber Se^re bon ben aDgemeinen Segriffen |ugetl^an. Ser aOg«^ 
meine Segriff ip iljm bal Urft)rühgltd^e , toal in ben ein}((ttett 
2ur (Sattung gehörigen SBefen bertoirllid^t ift, bal slöog hvno- 
GTOTOv iv toig ojofiotg, bie forma constitutiya in ben einjel^ 
nen 2)ingen, tüal f))äter|lin bie universalia in re genannt iDurbe^* 
SlB&larb lonnte il^m aber mit Siecht ben Sortourf mad^en, bafi 
er auf unangemeffene SBeife bie auf bie Jtreaturen ^affenben 9af 
tegorieen auf ®ott antoenbe •). SBie 3>«>^ö«««^ 5ß]&Uoi>onul un« 



id ast fiiiA rationam ar^ronientb finaUsMaa«» Qno4 «i tananae na- ^ 
turae infirmitas neqaivit adscendere ultra se, ut scilicM inefiabiiia 
ex rationiim locis ostenderet, qaantam iotetligentiae imbeciUitaa 
snbtraliit^ tan^um iacompffelieaaibiUbiia säMpaff Saarantif Tolaalalia^' 
▼ata fupplabunt. * 

1) Epiat üb. I ep. 18, 84. 

2) Joan. Saresberiensis metalo^c. IT, 17: Porro aliuf nt Arttto- 
telem exprimat» cum Gilberto episcopo Pictavenfi, onivarsalitatem 
formis nativis tribuit. et in earnm conformitate laborat EH autem 
forma nativa originalis exemplum, et auae non in mente Dei con- 
aistit, sed rebus creatis inbaeret. üaec graaeo eloquio dfeitnr 
%ldogj habens se ad ideam ut exemplum ad exemplar,. aenmbilia qni- 
dem in re sensibili, sed mente concipitur in aensibilibua: singnlaria 
quoque in singulis, sed in omnibus universalis. 

3) Qui in Andegavensi pago magni nominis magister Yiget, in 
tantam proripere ausus est insaniam, ut omnia creatur a rum nömina 
ad Daum translata ipsi quoqtie Deo conrenire telit. Afbaelardt 
tfaaoleg. ohrtat. lib. Iv in Martene et DturaiHl thesainr. noY. aneedot. 
ton». V pag. 13fl4. 



«««^9 etrdt mit «tt^t. 28% 

tfv{#te^ m bfü m^^liAmm @i«n, in l0e&|ein kev Segviff bed 
SJIttä^n iSftf^iil^ auf^ <S^ott (iii«<^«inb|f mtiz, infofent «nttoeber 
biMTUHtfi^ ))l ^ti^Jfen f«i ^ad; tDOd jienec fornia eoostitatiTa ent«; 
fHi^e, ba^:^ne gättftd^e ^fm, bai in ken, brei |f);)M>flafttt 
ftuie ^t^m^ii^WQ ^aU, bk «ub^tantia qa«^ sit Bens, tinb bte 
bm C^tn)Ki(n^efi?n, 4« ben^n b^v aSgemeine ©attungSbeeiiff auil^ 
6«)}i^t feir entf^f^enben ^i;)>oftafeh, bte sabstaDtia quae est 
Q^iis^ .S)iefet libtt?»f (Reibung l^ielt ®ilMt für tl>ii|tig )ur SBer^ 
t90l^rung 0?den bcn @a6ejp[imi^mtt§* 3>^ Ser^lelt^ngen, but(|f 
ii|«|d^e m<in barnal^ bk ^vmmfßtHMe^Uf toie koir oben gef^i^en 
fyü^m, bem ^eiinunf^tftä«bni| nal^ebtiti^eii tooQte, f^ien^'n .i^m 
I?i<iH ^i>) @ai^.eIUiim^tmtd l^infül^resi }u Idnnen, ime ja av^ 
%\ft&M ^m^ fold^n l&efd^ulbigt towdt, ioenn man nur Sin 
0.fUt(i(i&.e9 Sul^jeft f6|Q/ baS nad^ ben k)eirfd^iebenen S^iel^ngen, 
i^ bfmn eSi ft4 bavftefle,, mit l^erf^i^^i^^i^ SRamen kjeid^tiet 
UM»6be, fo. bai bif. bm ^rfonen ni^td anber^ nnäten aU bieg, 
^ag^n m^V(lii ctv fid^ }u )mu>al^«en biurd^ biefe Untevfd^etbung 
b(f k!»erfid^iebfnen ®innel^i in mli^em @tn Beus in brei $i;)>o>l 
M^9 8fna[nnt U^^be, unb in taeld^em biefet 9lame bi^ connur 
i^^ßtiW. mhßii>mti9^ qnitß est Dwß auf bie bm bui^ bie p^x^ 
f^r^d^n ©ftenfdifafte^ bon einanb«r ^unterfd^ebenen. ^t^oftafea 
äJ^TAd^n t);>eiib(i '). ^nn man bie|f Sergt^d^ng bi|d^ftö6U# 
nai^m4 doJ^ fte fv^idft ein 9le^, bem ®ilbetrt, i9ie frül^eir bem. 
d^lianfwg $l^ilQ^onuS^ ben: älo^lyuvf )» ma#en, ba^ er ben 8ei% 
Sri.^ j^i (^mn gi^tjdä^en 3?efen^ in einen (Sattungdbegtif^ t)er^ 
tQ^I% unb fomit in ben ^Eiritl^m^miv^. berfaSe. Siii fd^nt, boi^ 
bem ©tibert bie Unterfd^eibung gtoifd^en einem abfotuten Sein^ 
ba« man bei ®ott borau^jufe^en l^fl^be, unb ®ott ate bem I?ben* 
bi0«n, |)erftolid^fn b^rfd^tveble, unb feine 2)ialeltit ftd^ abmill^e^ 
bad redete SSerl(fäftni^ }tt>ifd^en Reiben äSegriffen )u fittben, toie; 
toenn er fagt; ß^ fei ber ©jurad&iiebrattiS, bßn @att av fagw. 
ni^ aSlün: e& ift (Siolt, fonbern oud^c (S^ if^^fetn 38efen felbjl, 
,,9lfiet^ingiS mit Siedet ©enn toenn Don ©emjenigen, toeld^er 
mannid^fad^e @igenfd^aften ^at, nid^t aKein toeife, fonbern oudl. 
farbig^ unb «rt)|, unb Steied ber ä(rt ifk, toegen be^ ^oxf/m^ 
fd^n« ber äSei^l^eit über aOedflnbere gefagttmrb: 2)u bift gan|; 
äBeidj^^t, a(d ob nid^tt ?bibre9^ fei, loo^ ü^m boi^ 6ein^ gäite, a(a 



1) ®r fogt in 9c3te]^mt9 anf bie €iabeSianer in fein^ Kommentar ' 
f. 1150 sq.: ijuo8 bie ipse error patenter Q9ten((U otnnjno neppire 
hujuB noBiiniff, qood est sabstantia, moltiplicem in naturalibus nuutQ^ 
"viildlieet nen modo id, qtioil est, vemni «tiam id, qqo est, boc no» 
mine mmcupari . . . Eorum ^i sunt Qeuf, niimeratiö facta est, eju« 
vero, quo sunt Dens, repetiuo. 



284. detn^oiM etrctt mit OlUbect. 

bie ^EMSfftxi, fo tohrb in biel eigentlid^erem @inne ®ott, bem 
. nid&t Siefc« ba« €eitt giebt, fein SBefcn felbft genannt, unb fo 
au^ mit anberen 9tanien. (Sott ift toie feine ®o,ttl^it, fo feine 
SBett^eit »)/' tJetner fd^eint Silbert too^I erlannt ober btei 
ioenigfteni^ ii^m toorgefd^toebt )u l^^aben, bag t)on SRand^en ber 
Segtiff t)on ber @infadifl^eit bed eöttlid^en äßefeniS auf eine übet^ 
triebene SBeife audgebilbet toerbe, fo ba| baburd^ aOe Sebenbig- 
leit bed ©otteSbegriffd Verloren gel^e, unb namentüd^ aud^ bie 
Se^re t>on ber ©reieinigfeit il^re redete Haltung einbüße, — eine 
Stid^tung, bie nad^l^er n)ir!lid^ in il^rem Jtu(mination$))un{t unb' 
i^rer lonfequenten 2)urd^fül[frung )u bem ^ant^eiftifd^en üJloni^ 
mu$ etned Sllmaricff )»on S9ena l^inffil^rte^. 99efonbetd merltoürbig 
ift eine 9loti} über bie Seigren ®iI6ertd, bie und leiber nur ju 
Dereinjelt jugelommen ift, n)enn Gilbert Uf^aupUi l^aben foS, 
ba| Jteinem ald S^riftud ein toal^red SSerbienft jujufc^reiben fei, 
\oai in il^m einen ©egner ber ©eltenbmad^ung menfd^lidf^en Ser^ 
bienfted, übertriebener ^eiligenüerel^rung erlennen laffen lönnte ^). 
S)od^ ift ed auffaHenb, ba| ein fold^er $unft ))on ©ilberti^ @eg« 
nern nid^t mel^r l^erborge^oben ioorben , toenn er burd^ eine in 
biefer ^tnftcfft antifird^lid^e Stid^tung SSeranlaffung baju gegeben 
](fätte. ^ju red^nen toir auc^ einen gletd^faOd k)erein;elt toon 
il^m berid^teten <^a|, h)e(d^er auf ein t)orl^errfcffenb fubjeltibed 
6Iement ber iSerinnerlic^ung bei ben €alramenten, eine Dj)t)ofi» 
tion gegen bie l^etrfd^enbe äScräu^erlid^ung l^intoeifen fönnte, bie 
Unterfd^eibung ber SQ3af[er= unb ber ©eiftedtauf e , ein ^erijorl^es 
ben ber ^räbeftinationdlel^re, ben €a$, ba^ inbem er bie @a^ 



1) Gaufridi libellus contra capitul. Oilleberti in Bern. opp. tom* 
.II pag. 1326: Unde etiam usus loquendi ett, ut de Deo dicatur, non 
modo Deus est, verum etiam Deus^est ipsa essentia. Recte utique» 
Si enim C|ui non moilo sapiens,^ sed etiam coloratus, et magnus, et 
multa bujusmodi est, ex sapientiae (irae caeteris abundantia dicitur: 
Tu quantus quantus, totus bs sapientia: tanquam nihil aliud sit, 
quod sibi esse conferat, nisi sola sapientia. Multo proprius Deuß, 
cui diversa non conferunt ut sit, dicitur ipsa essentia, et aliis nomi- 
nibus. 

2) L. c: Aliqui parvuli sejnsif audientes quod Dens estsimplex, 
]p,sum et quaecumque de eo nominum diversitati dicuntur^ ut Deus, 
unus, aeternuß, perfona, principium, auctor, pater, filius, connexio, 
et hujui^modi alia ejusdem naturae ejusdemque rationis, esi^e itaac- 
cipiunt, ut essentia, quae dicitur Deus, sit et unitas qua unus est, 
et aeternitas qua aeternus est-, et similiter caetera, et e converso: 
ipse etiam pater tit paternitas, et unus unitas, et aeternus aeterni- 
tas, et conversim. 

^ 3) 2)ie turjc SJfia^ri^t be« @eWid&tJ4r eiber« Otto toon grciRngen, 
irelt^er unter ben beni (Gilbert }uge{d)riebenen ^ät^en auäf biefen augiebt: 
C^uod meritum hum^inum atienuando nuilum mereri diceret praeter 
Qiristum.' Ütio Frist ng. 1 c. f, 50. 



^ern^arb« Streit mit @tl8ert. 285 

feömente bet fthrd^c Don il^rcr Scbeutung entlcctte, er b^ffaupttt 
l^abc : bo§ Äeinet getauft loetbe, al« toer Jmn ^il beftimmt f<i *). 
Stoii ©eiftlic^e ju ^oitier« fanben ein Stetöemi| an. ®tU 
bertg 2ef)vtn. SJiÄputationen entfernten fie woi) Weiter l»on ein* 
anber, ba aud§ ©ilbert feine bialeltifd^en Seftimmungen für fel^r 
1i>t(^tig |*It iinb fie eifrig öertl^eibigte. SDie beiben (Seiftlid^n 
ififten mäf Qtalien, i^ren »ifd^of bei bent 5ßaj)ft &\xim angufla* 
gen. 3)iefer, ber, grabe auf ber SReif« naä) granlreid^ begriffen, 
ju ©iena mit il^nen jufammentraf, öertröftete fie auf feine ätn* 
fünft in i^rem SSa^erlanbe, too er bie ©ad^ näl^r unterfud^en 
tüoffe. Mnterbtffen lonnten fie leid^ ben Sernl^arb betoegen, fid^ 
mit i^nen gegen ®Ubert afö einen SSerfälfd^er ber reinen Sel^r« 
in Dereinigen. @^ ift in biefer ^infid^ tt>i>\)l )ü bemerfen, ^a^ 
ber freimüt^ige Otto t)oit greipngen jur ©l^arafteriftif ©ernlj^arb* 
fagt: /,®iefer abt toar fott)ol[fl Vermöge ber ®Iutl^ d^riftfic|>er 
gri^mmigfeit ein ßiferer, afö toegen feiner il^m gur Slatur ge« 
toorbenen (Sutntüt^igfeit etn)aö feid^tgläubig, fo bag er menfd^* 
Kd^e Seigrer, toeld^e auf manfd^Iid^e ©rünbe, auf toettli4e 3öei0» 
l^eit t)ertrauenb, ju toiel gaben, berabfd^eute , unb to^nn ifjm Don 
©old^cn ettoaS bcm d^riftlid^en ©tauben aBiberf})red5(enbe§ gefogt 
tDurbe, leidf^t ®t^t gab *)." auf bem Äoncil, ba« imter @ugen* 
«orfi^ im Älofter ©t. 3)eni« ju 5ßarig in ber DftertDodJe be« 
gal^re« 1147 gel^aßen n>urbe/ foKte Gilbert« Slngelegenl^eit utt- 
terfud^t Werben, unb SSernJ^orb trat aU ®egner toiber i^n auf, 
t)on jtoei Via giftern unterftü^t. 2)od^ fonnte er mit bem in ber 
©ialeftil getoanbten SKanne nid^t fo leidet fertig Werben; ber 
5ßa))ft Derfd^ob bal^er bie @ntfd^ibung ber @ad^e auf ba§ gro^e 
Äoncil }u SRI^eim«, Wo er mit 3wji^J5>tt"0 '^^^ gelel^rteften 5Wänner 
^antreid^« unb feiner Jtarbinäle beibe ^rtl^eien on^dren WoSte. 
@d erl^edt fd^on au^ bem, foai Wir über ®i(bertd 93erl^filtm§ ju 
abäferb bemerlt l^aben, baj e« b«m SernlJ^arb nidift fo lei^- 
Werben lonnte, über jenen, wie über biefen )u ftegen ^. ®ilbert 



1) Otto Frising. l. c: Quod ecciesiae sacramenta evacuando^ 
diceret nBÜum baptizari, nisi salvandum. 

2) lif. c. I, 47 : Erat autem praedictus abbas^ tarn ex chri^tianae 
religionis fervore zeloiypus, quam ex habitudinaK mansuetudine 
quodammodo creduluf», ut et magistros, qui humanis rationibus. 
saeculari fopientia confiai, nimium inhaerebant, abhorreret, et «t 
qaic<{uam ei cbridtiaha^ idei abaonain de talibuB diceretftr, faeile 
Burem praeberet. 

3) Otto »Ott ((ret]|ii|ett mail^t mit fted^tauf bicfcn U^terfitrieb auf* 
nterffam : Sed nee eadem causa, nee siniilis erat materia. Iste enim 
ab adoleseentia fnagnorum virornm di^eiplinae se subiicienfl, magis- 
que illoram ponderi, quam 8uo credens ingenio. Qr htiitt^ntt t^lt 
ftadfitt im Öfgetifa^ mit 9&S(arb: A scientia haud censura rooraro» 



286 ©ctn^arb« @trett mit Gilbert. 

l^attc in feinen ©tubien ben fd^ulgered^tcn (Sang genommen, bie 
ierül^mteften S^eologen toaten feine Seigrer getoefen. (Sr geno^ 
bd^er eine allgemeine aid^tung, l^atte öiele ©d^üler unter beti 
angefel^enften SKännern unb biele ^Jteunbe unter ben Äarbinälen, 
bie er a\x6) um il^ren ©d^u§ anfj)rad&. S)iefe toaren ol^nel^in bent 
»ernl^arb h>egen feilte« großen @influffeg auf ben ^}>ft, ber 
ftd^ überatt burd^ il^n leiten lie^ , abgeneigt, ßrft nad^bem aUe^ 
tlebrige auf bem Äoncilju 3ll^eimg abgel^anbelt toar, tourbe 
©ilbertg ©ad^e Vorgenommen, toeil fie mit 3Ru^e bon ben ge^ 
lel^rteften allein jurütfgebliebenen ^Prälaten unterfud^t toerben follte. 
6g toar fd^on faft ein ganger SCag mit bem a>i0})utiren l^inge= 
brad^t ioorben, aU ber ^ßa^^ft, ber ntd^t geübt toar, aßen ben 
©Jjiifinbigleiten ju folgen/ gum SSifd^of Oilbert fagte: „3)u 
teeifet aSieleg )u fagen, mein SSruber, unb läffeft toielleid^t grabe 
ba« borlefen, toaS toir nidjit i)erftel^en. ©ag' nur alfo grabe l^er= 
aü«, (bieg toar e«, loa« ber ^ap\i am meiften öom ©treit J;>er= 
ftanb, unb toa« -ba« meifte Sntereffe für i^n l^atte) ob bu jene« 
^öd^fte aOBefen, Vermöge beffen bie .brei ^Perfonen ®in ©ott finb^ 
®ott nennft?" D^ne fid^ öiel ju beftnnen, antwortete ber burd^ 
ben langen ©treit ermübete ©ilbert: „5Retn." SBJie ioir oben 
bemerft l^aben, unterfd^ieb ja ©ilbert ben jioiefad^en ©inn, in 
JDeld^em ber 9lame ©ott ba« gemeinfame SBefen, ober eine ber 
brei 5ßerfonen begeid^ne. ©ogleid^ i)erlangte Sernl^arb , ba^ bie^ 
eigene SSefenntnife be« Sifd^of« niebergefd^rieben ioerbe, um ben 
^ fd^Iüj)frigen 3Kann feftju^alten. Slm anbern 2:age tourbe bie 
3)i«})utation toieber erneuert, unb S3ern^arb brüdtte ftd^, inbem er 
bem ©ilbert toiberfjjrad^, auf eine 3lrt au^, bie ben Äarbinalen 
mißfiel, ©ogleid^ l^ielt il^n ©ilbert feft unb fagte: „^^^^ fo 
foH benn aud^ bie« niebergef (^rieben loerben/' „3a, — fagte 
»ernl^arb mit feiner geloöl^nlid^en tJeftigleit — e« m5ge niebcr- 
gefd^rieben toerben mit einem eifernen ©riffel, ober eingegraben 
toerben in ©tein." Site enblid^i bie a)i«}3utation lange genuft 
gebauert l^atte, mad^ten il^r bie Äarbinäle, bie il^r Slnfei^n jeigeit 
Wollten, ein @nbe, inbem fie fagten: „aOSir l^aben nun bon bev^ 
ben Seiten SlUeS gel^ört, h>ir Werben je^t entfd^eiben, Wie e« be^ 
ftimmt Werben mu^." SDiefe SBorte, burd^ Wetd^e bie bem ®il* 
bert günfligen Äarbinäle ftd^ ba« SRed^t ber ©ntfd&eibung jueig- 
tteten, erregten »ernl^arbg »eforgniffe, unb er befd^lo^, i^nen 
kurd^ fein Slnfel^n in ber franjöfifd^en Äird^e unb feinen (ginpufe. 
«uf ben $at>ft juborjufommen. ®r rief atte nod^ jurüdfgebliebe*^ 



vitaeqae gravitate discordante, non jocis vel ludicris, sed seriis re- 
bus mentem applicarat. . . 



SSernl^arb« <Stpcit mit QfxibixU 287 

«cn .5|JtäIat*en, Siebte unb SUlagiftet fd^nett jufammen, unb fteHte 
tj^nen öor, ba]5 man ein ©ilbettg ^[tttl^ümern fd^arf h)ibetfj>re? ' 
d^enbeg ©lauben^f^mBoI auffegen unb bie« bem $a}3fte unb fd* 
nem Äonjiftorium übergeben muffe , um bie gattif anifd^e Ätrd^e 
i>ox biefen ^rrtl^ümetn ju betoal^ren. ©ie bereinten ftd^, folgen* 
beg ®Iaubengbefenntnt|, bag öermutl^ltd^ öon Sernl^arb aufgefegt 
toav, bem 5Paj>fte ju übergeben : ,,®g tft unfer f efter Olaube, ba^ 
bie 3latur ber ©ottl^eif (Sott ift^ unb eg in leinem fatl^olifd^en 
®inne geleugnet toerben lann, ba| bie ©ottl^eit ®ott unb (Sott 
bie ©ottl^eit ift, SBSenn aber gefagt toirb, ba| (Sott Vermöge fet 
ner SEBeigl^eit toeife, üermöge feiner ®rö|e gro^, Vermöge feiner 
©ottl^ett ©Ott tft u. bgl. m., fo muffen toir eg fo berftel^en, ba^ 
er toeife, groft. ®ott fei nur burd^ bie Sffieigl^eit, (Srö^e, (Sottl^eit, 
toeld^e (Sott felbft ift u, f. to., b. f). hai er burd^ fid^ felbft^ 
toeife, gro§, (Sott fei. 3Benn toir Don ben brei $erfonen ber 
©ottl^eit reben, fo befennen toir, ba§ fte ®in ®ott, ©n gött«^ 
lid^e« SBefen finb, unb umgelel^rt: toenn loir öon ©nem ®ott^ 
(Sinem göttlid^en SBefen reben, fo belennen loir, bafi biefer ©ine 
•J®0tt , biefe^ Sine göttlid^e SOäefen brei ^ßerfonen ift. SBir glaus 
ben, ba| allein bie 2>reieinigfeit etoig ift, unb ba| feine 3)inge^ 
JBerl&ältniffe , ©genfd^aften ober ©inl^eiten genannt toerben lön«» 
nen, toeldje \>on Stoigfeit ]j)er fmb unb nid^t ®ott finb. SBir 
glauben, ba§ bie ®ott^eit felbft, ober, \o^nn man toiH, bie gött^ 
Jid^e ©ubftanj, Slatur, unb jVoar im ©ol^n ©otteg gleifd^ ge«» 
loorben ift." 3)rei angefel^ene $rÄlaten übergaben bieg ®lau= 
ben«f^mbol mit ben SBorten: ,,3lud^ Voir übergeben mi) l^iermit 
unfer ®lauben§befenntni§, bamit il^r nid^t blo| über 6ine 5Par= 
tl^ei, fonbern über beibe ^ßartl^eien rid^ten möget. Unfer ®egner 
l^at eud^ bag feine übergeben , mit bem S^fa^ , il^r möd^tet ber= 
ieffern, too il^r ettoag 5U tabeln baran finbet; loir aber fd^lie^en 
jebe fold^e Sebingung olig, unb erflären, inbem loir eud^ unfer 
.©laubenebefenntni^ übergeben, ba^ h>ir l^fierbei immer öerl^arren 
unb nid^tg baran öeränbern toerben." S)er ^ap\i ioar mit bie* 
fem ®lauben8be!enntniff^ jufrieben unb bezeugte il^nen , ba|^ e§ 
mit ber Seigre ber römifd^enÄird^eübereinftimme. a)ieÄarbinäle aber 
.nal^men bie« fel^r übel, unb fd^on lange untoiKig über Sernl^arbg 
®influ^ auf ben ^ap\i erllärten fte biefem einftimmig: „gi^r 
müjt toiffen , bafe il^r burd^ uxt^ pix ^Regierung ber Äird^e erl^o= 
Ben, an^ einem 5ßrit)atmanne ber allgemeine SSater getoorben, 
ieSt. nid^t mel^r eud^, fonbern un« angel^ört, bafe il^r alfo nid^t, 
eure 5Prit)atfreunbfd^aft bem 3lHen ©emeinfd^aftlid^en tjorgiel^en 
bürft, ba^ il^r für ba« gemeinfd^aftlid^e 33efte forgen unb bag 
.Stnfel&n ber römifdjen Äurie nad^ eurer 5Pflid^t U^axOpUn müjt. 

19*. 



288 9€ni(ah6 Streit mit (SUbert 

Wa9 ffot abev etter K&t unb mit4l^m bie gaUifanifil^e fttrc^e ge« 
tl^? SScId^e t^ed^l^ett, ba| fie gegen beit Primat U9 a))ofte^ 
I^^en @iu1fü fx^ em)>öTen? benn biefirr |iat fa aOetn bie units 
f(^rän!te ®emalt^ }u binbeit nnb }u Ufen^ er aSein |at ba9 
Stecht, über ben latl^olifd^en ®(auben }u entft^etben , - unb lann 
<nid^, tDo er nid^t felbft gegento)&rtt8 \% \>nx^ Jteinen in tiefem 
feinem befonbeven 9ied^te getr&nit n>etben. 6e^t mtn einmal, 
kiefe t^erad^ten und fogar in unfrem Sngeftii^t, unb atö ob fte 
Aber bie 9lttilel, toeld^e in biefen Xagen in unfrer ©egentüart 
t^erl^anbelt footben flnb, bie le|te ©ntfc^eibimg )u geien ^äiUn, 
l^aben fte ed gettxtgt, ol^ne nn^ ju fragen^ il^ir ^^lanbendbeteimti* 
tii| abjuf äffen. 39al^t(id& , foenn im Orient bon aDen IßatTtur^ 
4en eine fold^e @ad^ berl^anbelt tt>ürbe, lönnte bod^ ol^ne unfet 
Slnfel^n nid^t« gefte« entfd^ieben toerben. SBie hHjgcn nun biefe 
SHenfd&en in unfrer ®egentoart^ »a« audj ben entfernteren^ SDe* 
tt^n, bie größer fmb aU \o\x, niii^t erlaubt ift? @§ ift bemna^ 
Iwtfer aSäille, bag tljfr biefer bertoegenen Steuerung eud^ toiberfe^et 
unb il^^re SBiberft^enftigleit unberjüglid^ beflrafet/' Sögen, bet 
ben ftarbinfilen fid^ nid^t px n^iberfe^en tDagte unb bod^ feinen 
«Iten Seigrer nid^t beleibigen tooBie, geriet!^ burd^ biefe SrIIdrung 
in gro^e SJerlegenISfeit/ befÄnftigte bie Äarbinäle fo gut er fdnnte, 
lie^ fd^neH ben »ernl^atb gu fid^ rufen unb bat il^n, eine Su» 
lunft gu fud^en, um bie ©adbe beigulegen. Sem^arb berföl^nte 
bie Äarbinäle burd^ eine bemiitl&ige SSäenbung, bie er feinem S8er» 
fa^en gab: e« fei nid^t, fagte er, feine unb ber Sifd^öfe Äbfidjl 
getoefen, über jene Slrtifel gu entfd^eiben, fonbem toeil ber 8i« 
fc^of t)on 5ßottier§ bon il^m -Verlangt, baj er fein ®(auben$be» 
fenntni^ nieberfd^reiben laffe, be^toegen Ij^abe er, um bie« nid^t 
für ^ti) aMn gu tl^un, unter bem %nfel^n unb mit ber SJeijKm» 
mung Jener 5ßrälaten nur feine eigene SWeinung bargelegt. 5D(h» 
burd^ befriebigt berlangten bie Äarbinäle nur nod^, ba^ baS 
@Iaubengf^mbol aü ein bloßer $rit>atauffa| angefel^en toei^e, 
nid^t ald ein fird^lid^e« Bt)rnbol, gleid^ ben jenigen, toeld^ bon 
ben allgemeinen Äoncilien ben Ä«|ereien entge gengefe^t gu HHh:* 
b^n Iffti^ffitn, gelte — uvit> borin l^alten fle Ml^ltti^ 8led^, to«iiii 
gleid^ ber ®runb, ben fie anführten, nid^t ber richtige ^HHir. 
Sßt^gu bie tird^lid^e Seigre überl^äufen mit biafeltif^en Seftimnrntn» 
gen, ioeld^e ber gri^gte 2:i^eil ber üRenfd^en nid^t berftel^n tonntt, 
unb tt)el«^e b a« Sntereffe be« d^riftlidjen IBttpUjtfein« gar ntd^t 
lerü^rten? SDa« Slnfeljn ber Äarbinäle berj^inberte affo, bafe ein 
entfc^eibenbei» Urtl^eil gegen Gilbert bon $oitierS gefällt tourbt. 
Ser 5ßa|)jl entfd&ieb blo^ gegen ben erften feiner Sel^ratt4W, 
t»oxaui eigentltd^ feine gange S^^eorte 'l^rborging, inbem er fe^ 



f<|te^ ba| jtoifd^en bet gSttlid^en SZatur utib ben $etfoti^ nid^t 
«ntetfd&tcben, bie ©ottl&cU im tool^tl^afifti ©iiwe ®ott fel&|t g«* 
«annt toetbe. ©ilbcrt untertoarf fxd) bent })äJ|>ftU(i^en ttttl^^il^ 
bex[6f)nie jid^ mit feinen ©ciftlid^en unb feierte mit ungehäniter 
ei&re in feine S)iöiefe jutätf^). 

e« ift .d^rafteriftifd^ für biefe Seit, in toeld^t b«« teligi^ 
Sntereffe unb bad fu^ernaturale (Kement uUxaU bad Dovl^ei^ 
fd^enbe, aKe^ 9(nbere fo fel^r bemfel6en unttrgeotbnet \ßax, vm\> 
nur in ^ber abJ^ängigleit babon ftd^ entVDÜeln lonnte, bafe ein 
)>anfet SRagifter, ftatt allein bem äOSege bialeltifd^er Unterfud^ung 
ju folgen, in ben SSiponen einer ^ilbegarb einen fidjiereren ätuf« 
fd^Iufe jur ßntfd^eibung jener bamal« öiel üerl^anbelten Streitfrage 
fud^te. ^m umflelel^rten Serl^ältnife gu einer Seit, in feeld^er, 
tDaS bem reltgiöfen S^tereffe unb bem @Iauben angel^ört, an^ 
bialeltifd^eti Unterfud^ungen abgeleitet toerben foH, ftel^t biefe Seit^ 
in loeU^er jein @egenftanb bioIeKifd^er Unterfud^ung burd^ eine 
l^ö^ere Eingebung, bie bei einer grau *)pn gro^pw Stuf ber gtöm* 
migfeit Uorau8gefe$ten Dffenborungen, entfd^ieb^n ttJetben foJDfte. 
©ie anttoortetc jenem 5Dlagiper, nad^ bem, . toie e8 il&r in il&ren 
SSifionen erfd^ieucn toar, gegen ©ilbert fid^ erflärenb : „3)er JBlenfd^ 
l^at ntd^t bie @ei»alt, Don ©ott fo gu reben, tpie Don ber 9){enfd^ 
l^it bei? SKcnfd^en, unb h>ie toon ber jjarbe eine^ burd^ menfd^* 
lid^ Äunft gemad^te;n SBerle«. SJaiJ fcbenbige Sid^t fagt alfo in 
bem ©ei^eimni^ ber äBei^l^eit: ^tt i|t DiOp unb ßam, unb oj^ne 
Anfang ber Seiten, unb baj^ev fann er nid^t burd^ bie Bptd^^ 
getl^eilt loerben, ^ie ber Wtenfd^: tt)eU ©Ott bad ©anje ift unb 
nit^t ein ainbrer (b. ^. ®ott ift %m bur* ftd^ felbft), unb ba^ 
l^r ip öon iJ&m nid^t« abgunej&men, nid&tg J&injujuffla^ttp 3)jenn 
aud& SSoierfd^afr unb ©ottl^eit ift S^r, mWx ift, tpfe jg^oßt tm^ 
ben : 3d& bin, ber id& bin. ^Jun i»er fagt, ba| biß SJat^fd^aft 
unb We ©ottl^eit ni#®ott fei, ber nennte» ?ßwnft »W^mß \" 



X) 3)oä> naftt>em ©cri((fte ber greunbe «entfärb« mibidnem aormo 
in C»mk».^ %. « ^(rtt€#Hbert loiTtti* leiw aWemitiigen .»towMfe«ttiib 
ber Vopft *a« glbf(i^Tri««ii |etmr «ü*« wrbottn. «J^n^len^ UtU e« 
«ern^arb für nötf^ig, einen eennon gegen Oilbert« i»e^rart gu galten, 
propter eos, qui adhuc libnim, contra apostolicnm utiqne promul- 
gatoflo ]r>teDaioilyi», tr9ii89«fUMere et l^ietitoiHa S^rnf^li^r, «piHemiPß« 
pfiroisten^eß iS^qi»! ispisQ^imm^ ift ^H^ ipnß nön ^etit. 0||(( 4ß ^n^ 
•id. lib. V cap. 7 ^»kmirwt <r rteiJg^^- •— @wfrieb ^mt^Ut äU(!^ in 
^ncr epistola ad Albipiimi, Bernardi .6j^p. fmn. U, 1322, bag #Ubert 
9A «rboien »abe, noxl ^em ^iflen )Md $aMto» {du au4r,«it >»^Wfif^»' 
btefer Abn^ ^aAe tbm etMut; ^^ i»ttb ble^ »$etii«Bei«na nt«t ot« $^er« 
lagen loerben." M fvAgt $<b ^er, 4* »ir hiekoi ^u*te M 49it»ujiA»i- 
Mioi ®ef ei^te«» ®ern^Bli9 iMKen MüiAm id»mtm bftcftfi. 

2) MAf!k«Aft ei Duraotl eolleot. Mnplist. 4om. 11 ffw^. Po piig» 



^^- 



290 Setn^atb unb bie anttttr<i(Ii4en Letten. 

3)er ®eifk ber 3^it K^fe ^i^ fjjcfulatibe 2:i^eoIoßte ittd^t gatrj 
tinletbrüdten. a)ie Ääm|)fe, toeld^c 2lbälarb unb ^xlUxt beftan-^ 
ben ffatUtif brad^tcn nur bie golgc l^erbot, ba^ für'« ®rfte bie ^ 
f})elulatibe 2;i^eoIogie if)xc ^reil&cit tnel^r bcfd^ränfte, butd^ btc' 
Autorität ber angefel^enen Äird^nle^rer fid^ ju bertoal^ren fud&te 
unb innerl^alb ber ©ränjen be8 fird^ltd^en SeJ^rbegriff« ftd^ betoegte, 
h)ie aui einem fold^en Seftreben bie libri sententiarumbe« ?Jetru« 
Sontbarbu«, bad Sel^rbuc^ für bie folgenben @enerationen^ ^er= 
üorgingen. 

B. S3ernl^arb unb bie antilird^Hd^en @elten. 

ffiir l^aben nod^ einen bebeutenben S^eig au^ ber S8BirIfam= 
feit Sernl^arb« ju ertoä^nen, im S«f<*w»w^«'&Äng mit einer Sleil^e 
t)on Srfd^einungen be« religiöfen ®eifte§,* toeld^e aud^ jur 6l^arafc 
leriftil biefer merltoürbigen S^i^ gel^ören, unb ein toid^tige« ®Iieb 
in bem 6nttoidIungg})toje6 ber d^riftlid^en Äirc^e bi« jur SRefor= 
mation l^in bilben : toir meinen ba« Umfid^greifen ber bie iaif)o= 
lifd^e Äirdje belämjjfenben ©elten, toeld^e befonberS im füblid^en 
^an!reid^ il^ren @i| l^atten. Sfflfire bie ftird^e auf Srben in 
irgenb einem S^itt)unft eine il^rcr 3bee bolllommen entf})red&enbe 
geVDefen, fo toürben jtoar auc^ tool^I au9 ben mannid^faltigen 
Uebergängen ber jur Äird^e toerbenben 2BeIt ftd^ fold^e ®rfd^ei= 
nungen l^aben bilben fönnen; aber fie toürben bod^ ni^t fo fe^r 
fid^ berbielfältigt unb feinen fold^en Seftanb gewonnen l^aben. 
^a« SRed^t für ba« auftreten ber bie Äir^e befämjjfenben ©eften 
gab ba« Unred^t in ber Äird^e. Slirgenb« toerben toir in fold^en 
Äämt)fen SRed^t unb Unredjit nur auf ®iner Seite finben, fonbern 
toir toerben ben enttoidEIung3})roje^ be§ ßj^riftent^um« ate einen 
getrübten bon beiben ©eiten erfennen muffen. SBotoir aud^ in 
ber Äird^e bergleid^uiiggtoeife ba« meifte Siedet, bie reinfte SEBal^r- 
l&eit unb Siebe erfennen, toerben toir bod^ aud^gledfen toal&rnel^men, 
burd^ toeldje bie.®egenfä^e ber bie Äird^e befämjjfenben ©eften 
j^erborgerufen tourben. Seid^t fonnten immer bie eigentl^ümlid^en 
(älemente be« religiöfen Seifte«, au^ toeld^em fold^e ©eften \)^x= 



]098: Homo hanc potestatem non habet, ut de Deo.dicat, sicut de 
bumanitate hominis, et sicut de colore facti operis de manu homi- 
nis. Vivens ergo lux in secreto Verbo sapientiae dieit: Deus plenus 
est et integer, et absque principio temporum, et ideo non poteat 
dividi sermone, sicut homo dividi potest: quoniam Deus totum est 
et non alius, ac idcirco illi nihil abstrahenaum aut addendum est. 
Nam etiam et paternitas et divinitas est ille qui est, ut dictum estf: 
Ego sum qui sum. Quicum^ue enim dioit quod paternitas et divi- 
nitas non sit Deus, hie nominat punctum absque circulo. 



Söttn^axh unb bie antiftrt^dd^en ©eftcn. 291 

Dprgingcn, öon ber Ätrd^e felbp mit tnel^r Siebe öejjflegt unb jur 
^fftmilirunö in bem allgemeinen ^rojeß ber Snttüidflung be« 
iird^Hd^en Seben^ benu^t h)erben. 3ßenn aber bie fiird^e in ju 
fnge ©d^ranfen ftd^ einfd^Iog, unb SlUe«, tt)a§ fid^ benfelben ni(|t 
unterwerfen tooffte, fd^roff jurüdftiejj, fo lüurbe baburd^ ba^ an« 
fangg nur Unlird^Iid^e jum ^äretifd^en l^ingetrieben. S)ie ©eltcn 
entl^ielten bie SDlal^nung an bie Äird^e, ftd^ felbft il^rer ÜRängel 
betonet gu toerben, unb nad^ einer Säuterung ju ftreben. SBei^n 
btefe mal^nenbe Stimme nid^t gel^ört tourbe, mu|te ber in bm 
heften ber Äird^e ftd^ entgegenfteffenbe ®eift immer mel^r um fidj 
flreifen. Sitte äußere ®eh)alt toar bergeben^, ben (Seift ju bäm« 
^fen, ber bon innen l^erauö l^erborbrad^, unb, ba er auf milberem 
SBege ^u feinem Siedet nid^t gelangen fonnte, burd^ einen geh)alt=: 
fameren Umfd^toung fid^ baffelbe enblid^ erfämjjfen mu^te. ©o 
erfd^renen ber '^ilbegarb, 'toenn fie fid^ gleid^ ber SBa^rl^eit in 
bem, toaS fie fagte, nid^t Ilar beh)u^t tourbe, bie Äatl^arer mit 
tRed^t als S'orboten unb Sorjeid^en einer geh)altigeren feinblid^en 
IKad^, bon toeld^et ba« ©trafgerid^t über bie öerberbte Sird^e 
auggel^en toerbe. 

Sie ©elten ber erften S^i'&^^w^berte unterfd^eiben fid^ in 
tnand^er Sejiel^ung toefentlid^ bon ben f})äteren @rfd^einungen 
biefer Slrt, h)ie ber ©nttoidflungggdng ber im Äam^f mit bem 
Subaigmu« unb §ettenilmu§ erft toerbenben Äird^e auf eigentJ^üm« 
lid^e SBeife bon bem ©nttoidElungggange ber au« biefen Äämjjfen 
einmal fiegreid^ l^erborgegangenen Äird^e ftd^ unterfd^eibet. 2)a- 
mafö toar eS ja erft bie 2lufgabe, ba^ ba« ßl^riftentl^um in bem 
®egenfa^ mit ben bord^iftlid^en ©tanb^junften be§ religiöfen 
©eifte« fein eigentl^ümlid^e« SQSefen entfaltete unb beftimmte. Sfn 
biefem 5Proje6 beS erft unter ben ®egenfä|en fid^ au§t)rägenben 
^riftlid^en S3ett>u^tfein§ toaten biefe erften ©elten begrünbet. ©ie 
gingen l^eröor an^ ben 3Mifd^ungen beS bord^riftlid^en unb be^ 
d^riftlid^en ®eifte§. Unb bal^er mu^te ba« Äird^tid^e, in toeld^em 
ber neue (Seift be« ßl^riftentl^umg in feiner reineren Snttoidftung 
t)orU)altete, bon bem ^äretifd^en, in toeld^em nut t^eiltoeife baS 
€l^riftlid^e ju erfennen toar, ba§ d^riftl(id^e Setou^tfein mannid^fad^ 
t)erftümmelt tourbe, ftd^ fd^ärfer fonbern, SDod^ aud^ in jener gett 
toerben h)ir ba« Sfled^t nid^t attein bem Äird^lid^en juf Jjred^en unb boS 
Itnred^t nid^t attein bem $äretifd^en beimeffen fönnen, fonbern 
tt)ir n>erben in ben (Sinfeitigleiten ber fird^lid^en @ntn>idflung bat* 
jenige erfennen, tboburd^ ba§ ^äretifd^e in feinem ©egenfa^ oft 
^erborgerufen unb jur ©elbft^jerl^ärtung in biefem (Segenfa^ l^in** 
getrieben tourbe. SCBir toerben namentlid^ nid^t öerfennen fönnen^ 
ba§ bie großartigen (Srfd^einungen jener ©nop ber erften ^a^x^ 



292 tkrn^atV) unb bie antiftr^li^ni 6t(teii. 

Huberte burd^ eine fietoiffe 8efd^t&n!t]^eit bed lird^Kd^en ®ei{lt9^ 
locnngleid^ baiB d^tiftlid^e (SIement in bemfelben reiner toax, be^ 
fSrbert tourbe, unb ba^ nantentlid^ bad mäd^tige anttjübifd^e Cle- 
ment in jenen Selten in bem ©egenfa^ gegen ein tDirtlidSf fd^on 
oufleimenbe^ jubifd^e« ober altteftamentlid^ed Slement in ber latl^o« 
lifd^en Jtird^e feinen ä(nfd^lie^un9$t)unlt unb fein begiel^ungötoeife^ 
9led^! fanb. 3ene SBermifd^ung bed alU unb neuteftamentlid^en 
@tanb))unlt$ n>ar ja ber fteim, au^ b)eld^em bie fird^lid^e X^eo^ 
fratie bed 3JtittelaIterd l^rk^orging. Unb ba nun biefe^ Softem 
fid(f immer ioeiter audbilbete, unb ioenn ed aud^ bie qe\^\d)Üx^ 
bebingte, notj^loenbige gform toar, in toeld^er ber l^eHbringenbe^ 
l^elter^altenbe unb toelterneuenbe Saame bed Sl^riftent^umd unter 
ben ©türmen unb gerftörungen ber folgenben Sal^rl^unberte ouf- 
betpal^rt unb f0rtge))flan)t toerben foUte, fo mu^te bod^ immer bo^ 
Unreine, ben Slnforberungen bei^ jum @runbe (iegenben c^rifiUd^en 
iBet9u^tfein9 92id^tentft)red^enbe in biefer SSermifd^ung bie äleaftio- 
nen M einer Säuterung unb @ntfeffelung entgegenftrebenben 
cj^riftlid^en äSetPu^tfeind l^erDorrufen. S>a^er gefd^al^ ed nun, ba^ 
jene Selten, bie aud ber SSermifd^ung bed d^riftlid^en unb toor^ 
d^riftltd^en ®eifted in bem ®nofticidmud unb ÜRanid^äi^mud l^er» 
Vorgegangen toaren, unb fid^ )uerft ber felbflftanbigen (Enth>id([ung 
bed d^jriftlid^en @eifted entgegengeftefft l^atten, nad^l^er aU 9t^ah 
tionen gegen ba$ immer mel^ k>orl^errfd^enb. loerbenbe Clement 
Ui altteftamentlid^en ©eifted in ber ftird^e l^rVortraten, unb ba^ 
burd^ ein neued Sted^.t erlangten, tooburd^ il^re Sortt)f[an}ung 
unter aSe« SerfiW^en, fte burd^ to|er(id6e (Setvalt pt unterbrfitfe^f 
m Orient, unb Don bort l^er im Dccibent beförbert tourbe. 
Diefe ©egentoirlungen bienten bagu, bad fd^himmernbe d^riftliil^ 
ifotoultfein ju toedfen, unb benfelben fd^Ioffen ftd^ anbere an, toeld^e 
unmittelbarer aud bem d^riftlid^en $etpu|tfein in ber abenblänbi« 
fd^en Aird^e l^ert)orgingen. )Bir beerben ti itoax für einen ^n- 
tl^um erflären muffen, toenn man bie Saugen d^ripd^er SEBo^» 
l^eit nur in biefen ©egenfä^en gegen bie germ ber Jtird^e in bte^ 
ftr 3^it auffud^te, toenn man ben €trom bed l^iligen ®eifte9r 
ti>ie n>ir il^n in unfern biiS^erigen SSetrad^tungen fd^on fo t>ielfa4 
l^aben fliegen feigen, in ber latl^olifd^en Jlird^e felbft i>er!annte^ 
unb toenn man Oon jenen reformatorifd^en 9%ea{tionen^ ein ibeali^ 
frted Silb ftd^ mad^te; aber ftd^er muffen toir bo# bie Srfd^ei^ 
nungen ber ftird^en- unb ber Settengefd^id^te ^ufammennel^meft,. 
mm ben gangen @nttoidF[ungd^ro}eg M S^riftentl^umd in biefett 
3<^l^rl^unberten }tt Derftel^en. SBad in ber gefd^id^tlid^en @nttoid(» 
iung in @egenfä^ fx^ gef^alten l^at, mu| bie gefd^id^tlid^ fßt» 



^erndarb unb bU anttfixd^tiii^en Letten. 293 

ttad^tung, bie nux Don (Sl^rifiuiS au^gel^t, }ut ISinl^eit ju t>er6in^ 
feen fud^en. ^ 

93etrad^ten toxx ben {ird^Kd^en @eifi biefet 3^it in ben gro« 
|en 3leJ?rafcntanten, bieil^n mit Harem Setoujtfcin ani^pta^xif 
tx)ie tt)it in bem 3lbt SSetnl^arb unb anbem erleud^teten SRännern 
feiner S^^^ folc^e lennen gelernt l^aben, fo lonnte freilid^ aud^ 
biefer @eift burd^ ia^, toa^ in il^m jenem bejeid^neten @tanb- 
^junüe ber SSermifd^ung beö 3ltt= unb SReuteftamentlid^en ange* 
l^örte, fold^e ©egenfä^e, . toie bie bejeid^neten, l^erborrufen unb 
einen 3lnf(^(ie^ungg>)unft il^nen geloä^ren. Qnbeffen fold^e 9Kän^ 
tter toaren bod^ immer 3^räger eine^ Don bem ®runbtt>efen be^ 
äd^ten S^riftentl^umd audgel^enben ©eifte^r unb burd^ fte tonnte^ 
unb mu^e äd^t d^riftlid^ed £e6en unter ben SSöIfern gefördert 
iperben^ tpenn aud^ nod^' unter einer frembartigen $ülle befangen 
unb mit frembartigen ßlementen Dermifd^t. 3"be§ biefe 2Rcinner 
toaren eg nid^t, burdjf toeld^e gunäd^ft bie Sleaftionen jenet ©eften 
l^eröotgerufen tourben. ©ie toaren e^ nid^t, toeld^e bem SSolfe 
überall am näd^ften ftanben. 3)a« Uebel ber 3^it toar bie SSer* 
breitung jener großen S^^^ toeltlid^ gepnnter ©eiftlid^en unb 
SKönd^e, bie beö rechten c^riftlid&en ©inneS unb ber redeten d^rift^ 
Kd^en ©rlenntni^ ermangelten, unb burd^ toeldjie in bem Su^» 
unb älbla^toefen, in ber äSeräu^erlid^ung ber ©aframente, in ber 
$eiligen= unb Sleliquienberel^rung jener Slberglaube Derbreitet unb 
befördert tourbe^ ber fid^ mit ber fmnlid^en 8lol^l^eit jener S«it 
k>erbanb, ber ©ünbe gur @tü|e biente, ber )n>ar in mand^en (Sle^ 
menten be^ ürd^ltd^^t^eofratifd^en ©^ftemd feinen ä(nfd^lieBung$- 
t>unlt fanb, aber burd^au« ni^t fo Derberblid^ \)&tU toirfen fönnen, 
ti>enn bie l^ier jum ®runbe liegenben S'^^^«'"«'? ^^ S^f^mmens 
l^ang- ber gangen {trd^Iid^en ©lauben^Ie^re^ in bem S^fAmmen^ 
l^ang mit bem ®eift fold^er SKänner, toie bie bejeid^eten, Dorge* 
tragim ta^rben Ipären* Sir l^abett ja f^on bie SRänner refor«* 
matorifd^en ©eifted in b^ Jlird^e fel6ft gegen biefe SRi^bräud^e 
eifern gelj^ört. SBir tootten^ el^e tt>ir Don ben Sleaftionen ber 
Selten, bie baburdj l^erDorgerufen tourben, reben, nod^ einige 
f^Id^e ©timmen aa^ ber 3Ritte ber ftird^ felbft Dernel^men. 

SJirJlÄÖen "fd^on früi^cr ^l^M, loa« Jlbälarb gegen jene 
uiHofirbigen $rte{ter fagt, toe^e üi 9(n4»reifer bed älberglaubend 
i^§ Solt in feinen ©ünben ftd^et mai^Un ^). SBir tooUen bamit 
Derbinben, tnaiS er gegen bie &l^nltd^e äSirffomleit toeltlid^ geftnnter 
SRönd^e fagt»): ,ß^ giebt ©old^e, — fagt er ~ toeld^e burd^ 



1) e. 9hm e. 180. 

2) Sermo de Joann. baptist. opp. pag. 954. 



^94 ^rn^arb unb bie anttfitd^Ud^en Letten. 

ben longen äufentl^alt in ber 6infam!eit unb burd^ il^re (^nii^alt^ 

famleit einen fold^en SRamen ber ^römmigleit erlangt l^aben, ba^ 

fie t)on ben SKäd^tigen ber SBelt ober anbern 5IRännern axx^ ber* 

fetten bei irgenb einer ©elegenl^eit religiöfer Art oft emgelaben 

tüerben. Sie toenben fid^ toieber gur SBäelt jurütf, unb inbcm fte 

burd^ biete ©d^meid^elei bie ©efd^enfe ber SReid^en erjagen, mor= 

ben fte fotool^I il^re eignen ©eelen, a(« bie ©eeten änbrer ^), toie 

gefd^rieben ift (@jed^. 13, 18): SBel^e tnä), bie il^r Äiffen ntad^t 

ben Seuten unter bie ärnte, unb ^Pfül^Ie ju ben $äut)tern, beibe« 

Suijgen unb Sllten, bie Seelen gu fangen ! S38a8 l^eifet ba« anber«, 

ate bag Seben ber toeltlid^en aRenfd^en burd^ einfd^meid^elnb« 

Sieben fidler mad^en, toeld^e« toir bielmel^r burd^ xaiitfen Säbel ju 

beffern fuc^en müßten, unb burd^ gurd^t öor bem göttlid^en ®e= 

rid^t unb ben ©trafen ber $ölle ^ur S3u^e rufen folllen. ^^enn 

toir il^re ©efd^enfe em})fangen l^aben, laffen tt)ir fte im SSertrauen 

auf unfere gürbitten fid^rer in il^ren ©ünben gurüdf, ba fie mei^ 

nen, ba^ fie ba^ Si^rige nid^t auf fd^led^te S93eife ertoorben l^aben 

ober befi^en, toenn SKönd^e fie um Sltmofen t)on fold^en ®ütern 

<inft)red^en." SBir ertoäl^nen l^ier ferner einen ÜJlann, beffen toir 

fd^on frül^er gebadeten, ben Slbt ©uibert öon Siobigentum (Slogent 

fouö ßouci), ber ein SBerf in öier Sudlern gegen ben Slberglau- 

ben ber ^eiligen= unb SReliquienberel^rung, bie bamit getriebene 

ÜBarf tfd^reierei fd^rieb ^). ®r mu§te barüber Ilagen, ba^ burd^ ju= 

fällige Umftänbe 5Wenfd^en, bon beren Seben man gar nid^t§ tou^te^ 

bie bieHeid^t mit Saftern beftedft gemefen toar^n, nad^ i^rem Sobc 

bie SSerei^rung ali ^eilige bei bem SSoHe erlangen fonnten, unb 

er mu|te feinen ©d^merj barüber au^fjjred^en, ba^ bie ©eiftlid^en 

fold^en SWifebräud^en nid^t nad^brtidflid^ entgegentraten, fonbern fie 

bielmel^r beförberten 3) ; „D guter S^fug, n>ag foll id^ bon ben 

^eiligen fagen, beren 6nbc enttoeber offenbar im S3öfen toar, 

ober bei toeld^en e^ toenigften« unentfd^ieben bleibt, bon tocld^r 

3lrt e« h)ar. @l^e id^ alfo an feine ^i^rbitte mid^ toenbe, mu^ 

id^ über bie SBal^rl^eit feiner >öeiligfeit redeten. Unb toenn aud^ 

bie ©laubigen fte im 3lamen il^rer ^eiligfeit berel^ren, fo urtl^et= 

len bod^ bie jßriefter, "um e8 mit il^rer ®rlaubni]5 ju fa^n, nid^t 

auf bie redete SBeife, toeld^e ia^ S3olf, bag ftd^ burd^ ben SBinb 

feine« SBal^neg irre leiten lägt, nid^t jured^ttoeifen unb beffcrn." 

@r Ilagt, ba^ ju SJorbilbern Stilen bor Slugen geftellt toürben 

©old^e, toeld^e bieHeid^t jur $ötte berbammt mit jenem 3leic^en 



1) Qui muhis »(iubtionum favoribus dona iUvittim venant^s, tarn 
saam quam illorum jugulant animas. 

2) De pipnoribus sanctorum opp. Giiiberti Novigent. ed. d'Acbery 
1651 pag. 327 sq. 3) L. c. I, 1 pag. 330. 



Sernl^arb unb btc antiftr^lid^en heften. 295 

bte ©terblid^en um il^rc §ülfe Bitten toürberi, toenn eS tl^nen 
tnöglid^ tüäre, unb lie h)ü|tcn, ba^ eö il^nen nü^en fönnte. ^ret 
Ud^ er^eHt au« bent, toa« berfelbc ©uibert an einer anbern ©teile 
faßt, ba^ biejenigen ©eiftltd^en, toeld^e bem SSoßStoal^n unb ber 
falfd^en Slnba(i&t ber SKeng^ fid^ entgegenjufteffen tagten, fid^ felbft 
l^eftigen SSerfolgungen baburd^ ougfe^ten. ®r fagt, ba^ bie alten 
SBeiber ©old^e, bie il^re 5IJläl^rd^en anzugreifen toagten, nid^t affeih 
mit ©d^mäl^ungen, fonbern aud^ mit ben ©Jjinbeln Verfolgten ^). 
'3)erfelbe erjÄl^lt, toie ein Jüngling, ber am ß^arfreitage geftorben 
ioar, auf einmal unter bem Sanbbolfe in ben 3luf eine^ ^eiligen 
lam, ©d^aaren ber Sanbleute unb Einige axii l^öl^ern ©täuben 
nad^ beffett (Srabe toallfal^rteten unb biele ®efd^enfe barbrad^ten. 
S)er 3lbt unb bie SKönd^e ber Oegenb begünftigten eS be« ein^ 
trägtid^en^ ©etoinne« toegen. SKand^erlei Äranfl^eiten Würben 
nad^gemad^t, um fte burd^ borgeblid^e SBunber l^eiten ju laffen. 
V,2BaS — ft)rid^t ©uibert — tl^ut ber befonnene unb toeife SKann,^ 
lüeld^er b'en l^eiligen SSeruf an ber ©tirn trägt, toenn er fid^ foU 
d^en Singen günftig geigt? 2/' ©r erllärt. ftd^ l^eftig gegen bie 
SKarftfd^reiereien, bie mit ben SReliquten, aud^ erbid^teten ^Reliquien, 
inbem man fte in ^rogefponen l^erumtrug, be« größeren ®eVt)inncg 
toegen auf Äoften beg betrogenen SSolfe« getrieben n>urben. ®r 
erjäl^lt, toag in feiner ©egentoart gefd^el^en fei, it)ie aU jur ©amm» 
lung be§ ©etbeö für bie äluöbefferung einer angefel^enen Äird^e 
SReliquien in ^ßrojeffion bem SSoIfe jur ©d^au auggefteHt tourben, 
unb Siner jur Slnjjreifung berfelben ba8 SBort führte, biefer ftd^ 
nid^t gefd^eut l^abe, inbem er auf eine Rap^d l^intoie«, gu fagen> 
in biefer fei ein ©tüdE Don bem Srote, ba« ber $err ß^riftu^^ 
mit feinen eignen S^"^^^^ gegeffen. S)erfelbe l^abe fid^ jum S3e= 
toeig ber ffial^rl^eit auf'ba« S^^ö^ife ^i"^^ '^^^^ f^i"^ ®elel^rfam= 
feit fo befannten SKanneS, toie ber gegenwärtige ©uibert, berufen. 
Unb biefer fe^t l^ingu: ,,3|d^ geftel^e e«: id^ erröt^ete, al« id^ bieg 
l^örte, unb -Wenn i^ nid^f bie ©tgentoart 2)erer, unter beren 3tn= 
fel^n er ju l^anbeln fd^ien, gefd^eut l^ätte, fo l^ätte id^ il^n aö 
einen Sügner blofefteffen muffen. SBa« foll td^ fagen? nid^t ein= 



^ 1) L. c. I, 3) 1 pag. 335: Caeterum, tacente clero, anus et mu* 
liercuiarum vilium greges talium patronorum coinmentatas historiaB 
post insub^ulos et litiatoria cantitant; «t 81 quis earum dicta refellat^ 
pro <lefensione ipsorum non modo convitiis, sed telarum radiis in- 
stant. 

2) L. c. I, 2, 5 pag. 334: Etsi in profani vulgi avaris pectori- 
bii8 capi^ potuerunt fictitiae 8urditates, affeetatae vesaniae, dif»iti 
«studio reciprocati l^d volam, vestigia contorta sub clunibus: quid 
Tacit modestus et sapiens, qui praefert propositum sanctitatis dum. 
fautorem ae praebet in talibus? 



296 Ocmiarb unb bic antitird^Ud^ etttm, 

mal 3flinif€, gefd^toeige benn SetßHd^, entJ^alten fld^ btefe^ 
fd^änblid^en ®etoinne^^ ba^ fie le^erifd^e 2)itige' über ben QilauUti 
au^ in meiner ®eß«ntoart Dotttagen *)." ©r fagt gegen fold^ 
Sägen : »,Wtx (Sott jufd^reibt, an to)(i^ er nid^t einmal gebaut 
l^at, ber )nungt il^n, )u Ifigen^ fo kuel an il^m ifi äSenn @iner 
Don mir armen SRenfd^en üfoa^ %al]^t^ auSfagte, toäre ed mir 
iitoa^ ^^1)x S3erl^a|te& Unb toad giebt ed 3;rauriger^, Unglüdt 
feligereiS, äkrbammlid^fered, aU ben ®ott felbft, ber bie OueKe 
affer 3leinl^eit ift, au^ ber fd^änblid^ften aibfid^t fo ju befledfcn? ^j" 
©uibert meint aQen Unfug, ber mit ben Reliquien getrieben tourbe^ 
aud bem naturtoibrigen ®e6raud(f ableiten ju muffen, ba^ man 
einjelne ©lieber J)on bem Scibe, 2^ bem fte gel^örten, getrennt, 
unb ber gemeinfamen 93eftimmung bed £eibed, ber, toie er t)on ber 
@rbe genommen, lieber |ur @rbe toerben foQte, l^abe entjie^en 
tooSen, ba^ man, ftatt bie ©lieber bed SeibeiS il^rer SRutter, ber 
Srbe, }u über[af[en, fte in @otb unb 6ilber einfa|t, unb er fagt 
in biefer 93e)iel^ung: „Unb koie foSte ®iner n>ürbig fein, in j@olb 
unb @ilber eingefaßt 5U n^erben, ba ber @ol^n ©otted unter bem 
elenbeften 6tein geborgen tourbe?*)" @r bejeid^net e^ aföettoa« 
Unerl(^örteiS, ba^, toad feinem SRdd^tigen unb äleid^en je eingefat 
len fei, man nid^t SKarmor, fonbern ®oIb unb ©über jur SSer« 
iDal^rung ber ©ebeine ber SSerftorbenen gebraud^e. ^ätte man 
bie Seid^name ber ^eiligen an bem il^nen gufommenben Pafte in 
ben Gräbern gelaffen, fo tofirbe aEe jene falfd^e ätnbad^t unb 
jener 3Jli6braud& ber ©etoinnf ud^t nid^t entftanben^ fein *). Sgon 
ben erbid^teten 9^elt((uien ^ £teil^el t^^eifet er auf bad i^eilig^ 
Slbenbma^I aU auf bad einjige, -iMm il^l^riftu« ^(bft mxüisßU^tm 
fi^tbare Unter^fanb ber ©emeinfdfraft mit i^m l^in. 3ww» f»«* 
ticken Slnbad^t^übungen fe$t «r bie @rl^ebung ber @eele ^ gei* 
{ligen ©emeinfd^aft mit bem @rlofer entfegen unb fagt in biffir 
»ejie^ung : „S)ie Seele toirb am meiflen geübt, «nb »^ glckj^ 
fam ani il^rer eignen SQSol^nung |eraui^, tvenn ^ Angdeilet l»irb, 
bom Sid^tbaren ^m Unftd^tbaren jtd^ }u erl^eben. jRit aUtx 
Wtaijt l^ei^er @e^nfud^ mu^ man barnad^ ftfeben, bie &a^ 
felbft ol^ne bie ^üUe ber ©ilber öor Äugen ju l^aben, mit ben 
ätrmen be^ ^erjen^ fte )u umfaf[en. Unb ba ©ott tool^I n)et^, 
bafe ba« ©innlid^e mäd^tiger auf bie ©eele einwirft unb tiefer 
ftd& il^r einjjrägt, fo jiemt e8 nid^t, ba^ toir, bie tok un« immet 



1) L. c. T, 2, 6. 

2) L. c. I, 2, 5 pag. 333. 

3) Et qiiae dignita», ut quis auro argento?e clandatar, cum Dei 
filius fiaxo vilisBimo obstruatur? 

4) L. c. I, 4, 1 pag. 336. 



aerafiatb unb bie rnttifirc^ß^en ^ttnt. > 237 

\>€t ©entetttfd^aft mit i^m feftft nfretien-f onnten, «n« mit kern 

©d^atten crmüben fofften *)•" 3«bem er ftdj auf bie SBotte 

G^rifti bei S^^^^^^^^ (16/ 7) beruft, bag ol^ne feinen Eingang 

giim Sater ber ^oraflet nid^t lommen toerbe, fagt er: „©iejeni^ 

^en alfo, toeld^e auf fold^e fReliquien äSertl^ legen, f^toäd^en, tote 

mir fdjfeint, bie SEBorte ber SBa^rl^eit. S)enn toad l^ei^t bai^: 

,,9Benn id^ nic^t l^ingel^e?'' S>od^ nid^td anberd aU: äBenn id^ 

cud^ nid^ meine fmnlid^e ®egenh)art entjogen l^aben Werbe. 3)er 

l^eilige ®eift lonnte alfo nid^t lommen, toemi nid^t biefe il^nen 

entjogen toorben ; bettn toenn nid^t ä^Kel, toad ©innlid^ed an il^m 

tfi, bMt bem änbewien j^intoeggenommen toorben, toirb bie ©eele 

nic^t burd^ ben ®lauben jur Setrad^tung erl^oben %" ®uibert 

belämt)ft im bierten Sud^e jene« äBertei^ bie fmnlid^n Sorftettun^ 

gen ^tn gdttlid^en SDingen, )»on bem SBefcn ber ©eele, Don bem 

Seben nad^ bem 2:obe, bie man ftd^ nad^ bud^fiäblid^er 3(uffaffung 

feiblifd^er ©tcBen unb nad^ Verbreiteten Segenben unb SJifionen 

)tt nrnd^en ))flegte. UeberaQ ift er ber Ste^r^fentant einer geifti« 

gen Äid^tung. Sei ber grage, ob man ftd^ bie ©trafen nad^ 

bem 2;obe ald ftnnKd^e beuten mfiffe, fagt er: nad^ Slnalogie ber 

julfinfti'gen ©eligfeit muffe man ftd^ aud^ bie Unfeligleit beulen*^ 

fei jene eine geizige, fo muffe aud^ biefe fo gebadet loerben ; unb 

et fül^rt bann bie ©tetten ber ©d&rift an (Sul. 10, 20; 3ol&. 6, 

40), toeld^e bon bem geiftigen Sßefen berfelben il^m )u jeugen 

*fd^ienen. SBenn alfo, toer ben ©ol^n ftel^t unb an tl^n glaubt, 

bad etoige Seben l^at, unb im Fimmel tinb auf @rben nid^td 

anber9 gefud^t n>irb, aU ba|3 man <3ott l^be, fo frage id^: toie 

bfeitt für finnlid^ ®enäffe nod^ ein Slaum üBrtg»)?" „^^m, 

tüenn, toer ben ©ol^n ftel^t, unb an i^n glaubt, ba8 eloige 2ebm 

l^at, unb bad bad etoige Seben ift, bag fte bi^ erlennen; unb 

ben btt gefanbt f)a% Jgefum ßl^riflum: ba^ jur ©eligfeit ber 

Eiligen l^inreid^t bie etoige SCnfd^aultng ®otteiS affein, toer toagt 

bagegen ftd^ )U ertlfiren, ba^ bad @lenb ber IBerbammten befon« 

berd beftel^e in ber etoigen Beraubung ber Slnfd^auung ©otted^)?"' 

IBÜr fe^en, ba^ (äuibert ba9 @igentl^ümlid^e ber jol^anneifd^en 

C^rad^ in ber 9e}eid^nung einer unmittelbaren ®egentoatt b^ 



1) L. c. n. 2, 1 pag. 339. 

2) L. c. 11, 6, 4 pag. 349: Expedit, inqnit, Tobis, ut ego va» 
daiDi si enim non abiero, paraolet«« noti Teniet: ita qui hujusea- 
modi raliquiaa aibi arrojg^ant, verba, at mihi videtur, veritatu infir- 
mant. Quid est enim si non abiero? Plane nisi praesentiam cor- 
poralem sobtraxero. ^ Paracletus ergo non venit nisi ii<ta aubtraht- 
4mr: qaiü nisi qiiicqut«! ccrporeom ipaiua est a memeinovia abrog#- 
tutf ad eonteroplandi animiis fidem nullatenas soblevatur. 

3) L. c. U| 4, 1 pag. 363. 4) L. c» II, 7 pag, 366. 



300 dern^arb unb bie antittrd^tti^n Letten. 

tl^te a^cftifd^e Sttwifle fid^ grofee SSerel^iifl nlu^rfeen, jur »er* 
bititung i^rer ®iPtiiibf&|e bt i Sin^elnen unb ^milien mitlen^ el^ 
man bcmcrfte, ba« fle Äe^et toaten. gum SWeg bient, toie im 
breij^l^titen S^^rl^unb^rt in Stalien ingfcttara ein angefe^fenet 
SRann ^r Stabt, bet ju ben $äut)tertt ber ©efte gel^We, nad^ 
feinem 3;obe balb fanönifiift toorben fo&xt, toenn e« fid^ nic^t 
unter ben bei einer fold^en ©a<i^ iiblid^en Unterfud^ungen ergeben 
l^ätte, hai er fein ber Äird^e angel^örenber ^eiliger, fonbern em 
6rjle$er getoefen toar^). SBir l^aben oben gefel^n, toie leidet 
ber SRuf ijon SBunbetl^eilungen auf bem ®rabe eine« SSerfkorbenen^ 
beffen 2:ob irgenb ethja« auffaHenbe« gel^abt, ober ber irgenbtoie 
befonbere SBerel^rung ftd^ ertoorben l^atte^ fid^ berbreiten fonnte, 
unb fo fonnte bie« aud^ nad^ bem 3::obe eine« toegen feiner Seben«« 
ftrenge berel^rten Äatl^arer«, ben man nid^t al« Äe^er erfannt 
^atte, gefd^el^en. 3)ie SWitglieber ber ©efte fonnten fxi) enttoeber 
eine fraud pia erlauben, um bie« )u beförbern, ober felbft bon 
einem f old^en (Stauben ergriffen fein, ©ering loar berj^äönife* 
mä§ig bie gal^l jener ®foterifer, aber gro^ fonnte bie gal^l bet 
©goterifer Iperben, bie fid^ bon änbern loettig 5u unterfd^eiben 
brandeten, unb bal^er befto toeniger a44ffaffen fonnten. ©ie trugen 
lein Sebenfen, il^rer ©id^erl^eit toegen an ben fird|li<j^n SSer« 
jammlungen Xl^eil gu nel^men. 99SenngIetd| bie ©efte ftc^ )u ben 
®runbfä$en ftrenger SBal^rl^afttgfeit befannte, an ber bu^ftäb- 
lid^en S3eobad^tung ber Siorfd^iften Sl^rifti feft^ältenb; ben @ib 
für etn>a« Unerlaubte« l^ielt, toenigften« fitr bie efoteriler, fo 
tonnte bod^ babei äSerfte&ung unb Süge, um ben Ungetoei^ten 
il^re ©efte gu berbergen, tool^l befielen. 3)a« unbefriebigte reit« 
fliöfe Sebwrfni^, ber ertoad^enbe ?Jorfd^ung«geift fonnte jenett 
©eften unter aDen ©tänben Eingang berf^affen. @« xft mer& 
toürbig, toie im elften 3«^^^^««^^^ ^^^ blül^enbe tlj^eologifc^ 
Bd^ule }u Drelan«, beren 9}orftel^er Slnl^nger biefer Seigren ge- 
loorben t^ar, ein @t| gur Verbreitung berfelben 5U t9erben bvol^te* 
@« tarnen mand^e Urfad^en jufammen, toeld^ btefen ©etten Sin« 
fang berfd^fften. Z>ie reformaiorifd^e 9li(|tung 'ber l^ilbe^fti?mibt« 
itifc^en ®)>od^e l^atte felbffc ba« Solf gegen bie berberbte ®eifl« 
lid^feit §ur ^ülfe gerufen, ©e^ratiftifd^e SJetoegungcn toore« 
tarau« l^erborgegangen. S)iefe einmal borl^anbene ®ä^rung unb 
^ufkl^nung gegen bie @eiftlid^feit tonnte bon f^ld^en Selten, 
ioeld^ oft mit großer Jtlugl^t in aSe Omflänbe fidft }u fjigen 
foulten, für il^re Qmit toQJ^l benu^t toerben. S)aban }eugt b^ 



1} 8crg(. bie Sfttn in Maratori antiqiutfttaa mi^d. aevi <t. V fw 
9S 8q. ttub meine Stnä^tn^tWvdfU VilL e« asi. 



i% Stallen Diel t>ttbmtttt 3Umc Ux ^^fiax^et }ur SejeU^moif 
'biefet Letten; benn btefet ift ol^ne^^ifel a&juleiten Don etnm 
*9lamen patari» ober pataüa, toeld^er im maifänbifd^en $roDiitjia« 
dit^mu^ juerft eine fold^e SoüdDetbinbung gegen bie ®eifllid^en 
>ieyid^nete, bann auf jene @e&en äbettragen H>urbe ^). Sie 
.naJ^men, ber j^enfd^enben SSetäugerUd^ung ber Steligion entgegen«' 
tretenb, ben inneren teligtöfen. ©inn ber Saien in Änfjjrud^, et«^ 
n&iditn ein lebenbigere^ religiöfed Sniereffe, afö ed bie fd^Ie^ten 
^eiftlid^n ]^e(t)ot)UTufen bermo^ten; fie ieförbetten bie 9Ser6tev= 
tung bed neuen S^eftatnentö in ber £anbe^f^rad^, unb ba§ gc^tt» 
lid^ Sprt toirtte mit ber immer ht\oSfyxten Arafi auf bie SBo(i^ 
^emütl^er fin. t^reilid^ ta^urben aud^ oft o^^olri^ifd^e ©driften 
burd^ fie in Umlauf gefegt. ®g lourbe fo bur(^ biefe Selten 
«ine religii^fe Anregung l^rborgerufen, bie nad^|er aud^ bon anbern 
Slid^ungen, in toeld^en mel^r reine äBal^rl^eit toar, Un\i^ l^erben 
. fonnte. %ber iutoeütn erfolgte aud^ nur eine SSertaufd^ung ber 
SSeräu^erlid^ung unb bei^ älbergloubeni^. Statt ba^ bie f^ur^t 
Dor bem 3^obe in fd^toerer Aranll^eit £eute betoogV {td^ eine 
9l&nd^^Iutte anlegen }u laffen, liegen 9lnbere einen ä^orftei^r ber 
^elte ber ftatl^aret tommen unb bad» coas^lameiitam bürd^ bie 
.^anbauflegung ftd^ ertl^eilen. SDaiS ftrenge iBeben 2)erer^ bie an 
ier ©j)i$e ber ©elten ftanben^ bie SSerfolgungcn, bie fie erleiben 
tnu^en, im ff ontraft mit ber in Ueberflug lebenben Denoeltlid^ten 
^iftlid^feit, affed bied toirfte baju, bei bem SSoKe il^nen ^ivip 
<)ang 3U Derfd^affen. @inen anf))red^enben Sitd^rudf auf bod ®e^ 
mxify !onnten aud^ bie äSerfammlungen ber Seite mad^n, ®ie^ 
jenigen, toeld^e in ii^re ®efeKfd^aften aufgenommen Serben looV^ 
ten^ mußten be$ tRad^td ju il^nen lommen, bie S^l^ären tourben 
t>erfd^Iof[en, £id^ter l^ingen an aBen SBänben. S)ie äSräber fd^loffen 
in anbäd^tiger ©tiUe einen ftrei§ ; in beffen äRitte trat mit bem 
€in}tttoeil^enben ber SSorftel^er ber @efellfd^aft^ ein (Sbangelienbud^ 
in ber $anb ; er l^ielt an il^n eine Heine SRebe^ toorin er ü^n er«: 
mal^nte, feinen ®lauben unb feine Hoffnung einer etoigen ©eßg? 
leit auf @ott affein )u grünben ; bann legte er baiS @bangelien)>' 
Bud^ auf fein ^dipt, itt^it ein SBaterunfer unb f))rad^ aber il^n 
t^ie erf^n äBorte bei^ jol^anneifd^en Sbangeliumd cu^. S)arauf 
jgab ber 9^uaufgenommene bem SBorfEel^et nnb älllen ber Steil^ 
nad^ ben 83ruberlu6, fte ftimmten ein gemeinfd^aftlid^d (Skbet an, 
ainb er tourbe nun aü einer ber Srfiber angefel^en. äRand^e 9lit? 
ier getoäl^j^ten enttoeber avt^ XJ^eilnal^ bed teligiöfen ^ntereffe«, 
ober nur au^ $ag gegen bie ©eiftlid^Ieit biefen ©elten eine 3«* 



t) »crgt. meine Älrcjengcf^id^tc VI e. 160. 
Steanbci, bet i^. aSern^arb. 20 



302 , ©ttn^aTb unb btc antitir<^ti<!^en ©eften. 

ftudjtöfkätte, unb BegünjHgtcn il&re SlugBreitung. gu biefen gt* 
^örte jener geinb ber Äirc^e*üon toilbem ®eift bet ®raf Sol^ann 
»on ©oiffon«, t)on bem tote oben gefjjrodjien l^aben *)• 

SÜe »eftrettung affer ou8 f})fiterer Ueberlieferung abgeleitc« 
ten ®ebtäu(^e in ber Äitd^e, ba« Streben nad^ SBäieberl^erftel- 
tung o})o|iolif(^er (ginfalt machte fie nid5it^blo§ ju (Segnern toieler 
a:i^eile be« l^errfd&enben Äuitu«, fottber.n i|r einfeitige« nt^ftifd&e^ 
eientent trieb fte aud^ toeiter im ®egenfa| gegin bie gwr ber 
€aframente. 5Da l^ter bie SRidjitnng jum 3Kagifd^n befonber^ 
l^erbortrat, ntu^te ftd^ fd^on befel^olb il^r ®egenfa| borJ^errfd&enb 
kal^in toenben. a)ie Äinbertaufe rief ben ®egenfa| ber antiftrd^i» 
Cd^en ©eften überl&am)t in biefer geit befonberö l^erbor. SBa« 
«id^t gel^örig begrünbet toorben, toenn e« auc^ an unb für ftd^ 
«uf gutem Siedete rul^t, toirb immer Don "^tyxtxa angriffe l^er*or= 
rufen, bi§ e« bie redete Segrünbung^ bie ben ®eifk befriebigt^ 
gefunben l^at. 3^ ber gefd^id^tlid^en (SnttoidElung mad^t jtd^ fo 
immer ba$ SRed^t ber 3Bal^rl^eit geltenb. 9lur bie SQial^rl^eit {ann 
|ule^t äffe $roteftationen übertoinben. @o toar yx nun bie^ 
itinbertaufe^ ol^ne ba| man tou^te, toie, als at)o{loIifd^e ®infe|ttng 
anerfannt tocrben. @i$ todV unllar geblieben, toie man ftd^ bie 
IBSirlungen ber Äinbertaufe benfen foffte, SBie an bie Äinber- 
taufe eine fälfd^e SSeräu^erlid^ung ftd^ angefd^Ioffen l^atte^ fo mugte 
kal^ev biejenige Slid^tung, toeld^e bie SSerinneriid^ung be« religii^ 
f^n £eben^ lyxxa Siel l^atte, aud^ gegen bie Jtinbertaufe ftd^ be^ 
fonber« l^intoenben. äffe biefe fi^toad^en ©titen riefen ben ©egen^ 
fa^ l^erbor. a)ie Äatl^arer aber toar^n nid^t bIo| ®egner ber 
Äinbertaufe, fonbern ber Sßajfertaufe über]&au))t, toeld^e fie für 
bie b(o^ jjol^anneifd^e erltärten. Stur bie ©eifte^taufe foffte bie 
fid^t d^riftlid^e fein, unb biefe mit ber ^anbduflegung in il^rerSelte,. 
kern fogenannten conBolamentum, nagdxXrjaig, al? 3Kittl^eilung 
beg, 5ßaraHetg, berbunben fein; toomit pd^ freilid^ bann toieber 
eine anbere Slrt bon aSeräugerlid^ung bei il^nen'berbanb. SBäie 
bie geier beg Slbenbmal^fö unb ber SWeffe ben a»ittel|)unft be« 
Äuitu« bilbete, unb bie SKejfe für ben lird^lid^en Sel^rbegriff unb 
bag lird^Iid^e £eben fo toid^tig toar, fo mu^te ftd^ gegen bie {ird^ 
lid^e Sluffaffung berfelben auci) bie 5ßolemif biefer ©eften befon« 
ker« ridjiten. Sie toaren eifrige ®egner ber SBrottJertoanblung«« 
Ul)x^, unb nal^men überl^au))t nur eine fi^mbolifd^e Sebeutung 
be« abenbmal^te an. ©ie führten bafür fd^on ä^nlid^e »etoci^ 
0tünbe an, toie fj)Ätere SJerti^eibiger berfelben jur Seit vber Stefor^ 



1) Gaibert. Novig. de yit, sna üb. III cap. 16 opp. pag. 510. 

k ^ 1A5t 



!6ern(^arb unb bie anti|ir4^U4fen ©elten. 303 

tnation, bo$ fed^^e RapiUl be« iol^anneifd&en ®k)an0eiium«, too 
fo Hat augßeft)rod&cn fei, ba| bag eJI«f4, wi«^*^ nü$e. . einige 
tejogen ba« Pronomen tovvo in ben einfe|un0«toorten auf ben 
fieib ßl^tifti, auf ben er l^ingejetgt l^abe; Slnbere erft&Vten biie 
einfe^ungötoorte bilblid^, unb beriefen fid^ auf bie Slnalogie anbrer 
©teilen ber Sibel, h>o baö ©ein in einem bilblid^en ©inne ge* 
nommen toerbe. Sum %i)zxl betn>arfen fte bag äufeerlid^e ^ilbenb= 
ntoj^l gang, inbem fie bei^aujjteten, ba« toal^re gleifd^ unb S3lut 
ßi^tifti feien feine SBorte, burd^ bie er fid^ felbft mittlS^eile. SCuf 
bie burd^ feine Seigre bermittelte geiftige ©emetnfd^aft mit il^m 
allein fomme e§ an. Ober fie meinten, ba^ toenn fie in ©emein* 
fd&aft mit einanber ft)eiften, unb babei ba« Saterunfer Beteten, 
fo genöffen fie ben Seib be« $errh^ inbem 6l^riftu^ unter il^nen 
gegentofirtig fei; benn ba ßl^riftu^ unter al^nen gegenlüärtig fei, 
unb fie in ber ^eiligen ©emeinfd^aft mit \l)m bie irbifd^e 9la^rung 
genöjfen, fo toürben biefe ^aburt^ in il^nen, ate ©liebern ß^rifti, 
jum Seib be^ ^errn. eine Semini^cenj ber ^^apen, unb $in» 
toeifung barauf, toie aUe^ Igrbifd^e burc^ ba^ ei^riftent^um in'^ 
^immlifd^e, bie täglid&en aWa^Ie ber ß^riften in 3lga})en berllärt 
toerben foHten. 

• ^n biefem ©egenfa^ gegen bie Srotbertoanblung^Iel^re ftanben 
übrigen« bie Äatl^arer nid^t allein, ©ie fanben einen änfd^lies 
|ung«t)unft in ben Steaftibnen gegen biefe Seigre, loeld^e feit ben 
Seiten Serengar« nod^ fortbauerten, unb aud^ burd^ ben ©ieg ber 
kem l^errfd^enben fird^lid^en ®eift am meiften gufag^nben unb für 
benfeli&en faft not^loenbigen 3lnfd^auung«toeife ber Srotbertoanb^, 
lung^Ie^re nod^ nid^t l^atten unterbrüdEt »erben lönnen; toie SlbÄlarb 
in biefer Sejiel^unfl fagt: „®« ift getoi^, baj aud^ jener toid^tigfte 
Streit aber ba« ©alrament be« Slltar«, ob nämlid^ ba« fid^tbare 
ffirot nur ein ©ilb be« Seibe« ßj^^rifti fei, ober bie toa^re ©ub^ 
ftanj beffelben, fein ®nbe 4tod^ nid^t gefunben l^at ^y ©n foldje« 
S3eift)icl toirb m^ Don S^Ianb l^er in biefer Seit belannt. 3« 
bem 5tird^enf))rengel be« @r5bifd^of« ^alac^ia« Don älrmagl^ )u 
£e«mor trat ein ©eiftlid^er bon toürbigem £eben«toanbel^ toie 
aud& diejenigen geftel^en mußten, toeld^e einen S^^Iel^rer in il^m 
fal^en^ auf unb bel^au^tete, in bem älbenbma^l fei nid^t bie res 
Bacramenti, ber Seib G^rifti, fonbern nur ba« sacramentum, ein 
l&eilige« S^^^^^i «ur eine l^eiligenbe Äraft bermöge ber ®emein= 



1) Theölogia Christ. Martene pag. 1315: Sed nee adhuc illam 
summam controversiam de sacramento altarip, utrurn videlicet panis 
ille, qui videtur, figura tantuni sit dominici corporis, an etiam vei^ 
tas substantiae ipsius dominicae carnis, finem accepisse certutn est, 

20* 



306 Qem^atb tmb bie aittlfir^liiiften Letten. 

angel^Srenbed teltsidfed Seben in bet SrotbettoanblungSlel^te bie 
bemfelben entf))redjfenbe Slufd^auüngdfonn fanb^ nutzte jene 9teat= 
tion bcfonbct« juerft gegen biefe« ©ogtita ftdj l^intoenben, in 
toeld^em bad fu))ernatutale @(etnent am ft&rifien l^etborttat. 
9Bare nun abcx biefe Stealtion bei il^nen butci^gebmngen, fo möd^te 
biefelbe immer toeiter um fxä) gegriffen l^aben, unb fte to&ren 
ipol^l enblid^ an allem Uebernatürlid^en irre geworben, gür 
Sold^e toar ed alfo etmad ^etlfamed^ 9laturgemä^e$ in il^rer xt* 
Ugidfen ©nttoicflung, toenn burd^ ben ©influfe übertoiegenber re- 
figiöfer $ erf önlid^Ieiten , toeifer ©eelforger fte gelräftigt tourben, 
fold^e auffteigenbe S^^^W ju.beftegen. ®in merltofirbige« 83eis 
f})iel l^tert^on finben it)ir in bem Seben SBernl^arbg, bad uniS aud^ 
gugleid^ toieber auf eine d^aralteriftifd^e SBeife feine Oetoaft über 
bie ©emüti^er, feine tiefere SKenfd^enlenntnife, feine SBeigl^eit in 
bcr ©eelforge erlennen lä^t*). ®^ toar unter ben SWön^en ju 
ßlairtoauj einer, ben toir tool^I nic^t mit jenem ©eiftlid^en, toet 
6)Zf burd^ fortgefe^te ^orfd^ung gu einer ftdjiern Uebergeugung ge» 
langt toar, Dergleichen bürfen, fonbem bem nur einmal ber Der= 
fud^enbe ©ebanle, tote fot^e t)ereinjelt in bem Seelenleben auf^ 
fteigen^ burd^ ben Jto))f gegangen toar^ ba| bod^ unmöglid^ burd^ 
bad SBort be$ $riefter^ 9cot unb SSein in £eib unb 99lut (Sl^rifti 
bertoanbelt toerben tonnte; unb ol^ne bieiS fd^ien il^m nun bad 
ganje äbenbmat;l t)on feinem 9lu^en gu fein. 6r Ionn;te über 
biefen ©ebanfen nid&t $err Serben; toie eg fold^e Oebonfen 
giebt, bie untoiMürltc^ bie Seele ergreifen, unb je mel^t man ftdj 
mit benfelben.befd^&ftigt, befto größere 3Rad^t gewinnen, ol^ne bai 
man fid^ 9led^enfd^aft bat)on geben lann. Sein SuiSbleiben t)on 
ber ^l^eilnal^me am l^eiligen älbenbmal^l tourbe feinen äSorgefe^^ 
ten angezeigt; biefe l^ielten il^m bergeblid^ il^re ®rünbe unb bie 
Stellen ber l^eiligen Sd^rift entgegen. 3lud& jenen biblifd^en 
aBorten tooBte er nid^t glauben. 9Ran l^ielt e« für nötl^ig, bem 
9lbte 99ernl^arb t)on biefer Sad^e Ütad^rid^t gu geben, ^eml^arb 
liefe il^n ju ftd^ lommen, aber aud^ feine SorfteHungen blieben 
ade frud^tlo^^ ber 9Rann tooKte gern glauben, fonnte e9 aber 
nid^t. @r fagte: „Äeine^rünbe fönnen midjf baju betoegen, }u 
glauben, bag 93rot unb SBein in ben £eib ß^rifti Dertoanbelt 
werben; unb id^ ibeife, bafe i^ befel^alb in bie ^öUe fal^ren toerb^/' 
2)a 93erni^arb er!annte, bafe aKe 2)emonftrationen l^ier bergeblid^ 
feien, l^offte er, bcr in fd^toierigen äugenbliien feine gebietenbe 
6Jeifte§mad^t befonber« jeigte*), burd^ ein SBort, in toeld^« ft(5 

1) Vit. Bern. lib. VII cap. 6. 

2) 3)er ßebenftbefdjreiber fagt treffcnb: Vir dei semper rebus in 
arcto positis mirabilein solebat auctoritatem ostendere. 



®em(arb utsb bte antttird^Hd^en Gelten. 307 

*ie flanje S^^^^r*^^ f^i"^ rcKgiöfen UeBetjeugung j^tneinlegte^ 
\>a^ fd^toanlcnbe ©emütl^ am Seid^teften Berul^töen ju fönneti, 
2)er unmiltelbate ©inbrud ber Sutoctfid5*t ^^^^^ Slnbern toirlt jc^ 
<kuf fd^toad^e ©etnütl^er, beten S^^if^I bielmel^r an^ auQeniüix 
lidjen ©titnmunflen, aU au^ etnfter ^orfd^ung l^mül^ren, mel^r^ 
«te äffe Setoeife, ©old^e berfud^enbe ©ebanlen unb tjeteinjelt« 
Stoeifel toerben oft leidster übettounben, toennman il^nen leiit« 
Slufmerffamleit fd^enlt, unb nur baS $erg fap gu bem 33e|ift, ben 
fte ftreitig mad^en tooffen, aU babutd^, baj man fid^ Diel mit 
tl^nen befd^äftigt. SBenn aud^ ,99etnl^atb ftd^ äffeS bieS nid^t mit 
I latem Setou^tfein enttoidfelte, fo tourbe er bod& l^ier burdj einen 
unmittelbaren, ba« Siedete ftnbenben 3^a!t geleitet. SKit freunb* 
lid^em, SBertrauen ertoeienbem Sone unb mit ebenfo großer S^ 
i>erftd&t frra^d^ er: ,,SEßie? SKein aWöndJ foffte in bie ^öffe fal^ren? 
gern fei bieöl SBenn bu leinen ©lauben l^ap, fo gebiete idj bir 
t)erm5ge ber 2^ugenb bed @el^orfam^, gel^e l^in, lommunicire mit 
meinem ©lauben!" 2)er arme SUlönd^ gel^ord^te biefem SBorte, 
er lommunicirte, obgleid^ er leinen @Iauben gu l^aben meinte, 
unb inbem er fommunicirte, fd^toanben feine 3h>eifel; ber linb^ 
lid^e @laube leierte bei il^m }urud, unb er bel^ielt il^n bid an 
feinen 3^ob. 2)er Seben^befd^reiber d^aralterifirt mit Siedet fo bi« 
^anblungSioeife feinet geliebten äSernl^arb: ,,D ber liebeboffe 
aSater, ber toal^rl^aft toeife Slrjt ber ©eelen! Sr fjjrad^ ntdjt: 
^intoeg, bu Äe^er; gel^e l^intoeg, bu3SerbammterI fonbern in boffemf 
SSertrauen ft>rad^ er: ®el^, lommunicire mit meinem ©tauben ^)l" 
SSBir tooffen mit bem ©efagten, ber 93ertoanbtfd^aft toegen, 
ttod& einen anbern 3^9 äuS ettoa« f^)äterer geit berbinben, beir 
Don 3(>in^il(^ in ^^ Seben^gefd^id^te Honig Subioig IX. un$ aufs 
fcetoal^rt toorben. Qu bem Sifdjof SBill^elm Don 5ßari^ (ober t)j?n 
3lut>ergne), einem ber au^gejeid^neten SCI^eoIogen jener Seit, fam 
ein angefel^ener Seigrer ber 2:i^eoIogie, ber il^m mit l^ei^en Xi^ränen 
feine Seelennotl^ flagte, bie 3tt)eifel an ber Srotöertoanblung^ 
lel^re, bie er nid^t übertoinben fonnte. . S)er Sifdjof fragte il^n: 
ob er feine ^eube l^abe an jenen gtoeifeln. gern t>on mir fei 
bie«, — antwortete ber Sngefod^tene — jeber Slrtilel meine« 
©laüben« ift mir fo tl^euer, ba^ id^ lieber äffe @(ieber t>on met^ 
nem Seibe mir tooffte ablöfen laffen, afö aud& nur ben gering^ 
ften Verlieren. 3)a gebraud^te ber 93ifd^of ein ®Ieid^ni|: Sa|t 



1) O pium patreml o vere sapientera medicum animarum, per 
tinctionem gratiae docentem 8.e de omn^bus, qqaliter infirroantiam 
tentationibus mederi deberetl Non dixit: Fuge, haeretice; vade, 
damnate; recede, perdite: sed coofidenter dixit: Vade, communica 
fide meat 



306 Qem^crtb tmb ble antlfir41t(!6en ^!ten. 

angel^SrenbeS teligtöfed Sebeti in ber Srotbettoanblung^Iel^te bte 
bemfclben entfjjredjfenbe Stn^dfeauüneSfonn fanb, tnu^te jene SRcat 
tion befonbcr« juerft ßegen bicH ©ogtna fidj j^intoenben, in 
tocid&em ba« fm)ernaturale SIcment am ftäriften l^etDorttat. 
SBäre nun abet biefc Slealtion bei il^ncn butd^gcbtunßen, fo möd&te 
biefelbe immer toeiter um fxä) gegriffen l^aben, unb fte to&ren 
tool^I enblid^ an allem Uebetnatürlid^en irre getoorben. gür 
Sold^e toar e« alfo ettoa3 ©eilfame«, 9laturgemä^e« in il^rer re* 
Kgiöfen ©nttoicflung, toenn burd^ ben ©nflufe übertoiegenber re=^ 
Kgiöfer $ erfönlid^Ieiten , toeifer ©eelforger fte gelräftigt tourbcn, 
fold^e aufftetgcnbe 3to«W ju^ befugen. ®in merltoürbige« 83ei= 
f|)iel l^ierljon finben toir in bem Seben Seml^arbg, ba« un« aucij 
gugleid^ lieber auf eine cl^ara!terifttfcl^e äBeife feine @en)alt über 
bie ©emütl^er, feine tiefere SWenf^enlenntnife, feine SBeigJ^ett in 
ber ©eelforge erlennen lägt*). ®^ toar unter ben SWönc^cn ju 
6Iairt)aus einer, ben lt)ir too^I nic^t mit ienem ©eiftlid^en, ta>el:= 
d^eip burd^ fortgefe^te ^orfd^ung ju einer ftd^ern Ueberjeugung ge* 
langt toar, öergleid^en bürfen, fonbem bem nur einmal ber Der= 
fud^enbe ©ebanle, tote fold^e t)ereinjelt in bem Seelenleben auf- 
fteigen, burd^ ben J{o))f gegangen toar^ ba| bod^ unmöglid^ burd^ 
ba« 2Bort be8 ^riefter« »rot unb SBein in fieib unb Slut ßl^rifti 
Dertoanbelt toerben tonnte; unb ol^ne bieiS fd^ien il^m nun bad 
ganje ä[benbma(;( Don feinem 9{u$en ju fein. ®r Ionn;te über 
biefen ©ebanfen nid^t $err toerben; toie e^ foldje ©ebanfen 
giebt, bie untotDIürlid^ bte Seele ergreifen, unb je mel^t man ftd^ 
mit benfelben.beftl^äftigt, befto größere 3Rad^t getoinnen, ql^ne bai 
man fid^ SRedJenfd^aft baDon geben fann. ©ein ausbleiben t)on 
ber 3^l^eilnal^me am l^eiligen Slbenbmal^l tourbe feinen SBorgefe|= 
ten angezeigt; biefe l^ielten tl^m Dergeblid^ il^re ®rünbe unb bie 
©teilen ber l^eiligen ©d^rift entgegen. Slud^ jenen biblifd&en 
äBorten tooDte er nid^t glauben. 3Slan l^ielt eS für nötl^ig, bem 
9lbte 99ernl^arb t)on biefer ©ad^e Ütad^rid^t gu geben, ^eml^arb 
liefe il^n ju ftd^ fommen, aber aud^ feine SJorfteHungen blieben 
alle frud^tloSj ber 3Rann toottte gern glauben, lonnte e« aber 
nid^t. @r fagte: ,,Äeine ^rünbe lönnen mid^ baju betoegen, }u 
glauben, bafe Srot unb SBein in ben Seib ßl^rifti t)ertoanbelt 
toerben ; unb id^ toeife, ba| i^ befel^alb in bie ^ötte f al^ren toerb^/' 
5Da Sern^arb erfanntc, bafe alle 2)emonftrationen l^ier bergeblidj 
feien, l^offte er, ber in fd&toierigen 2lugenbliieh feine gebietenbe 
^^eifteSmad^t befonberd jeigte^), burd^ ein äBort, in toeld^iS fid| 

1) Vit. Bern. lib. VII cap. 6. 

2) 3)er 2eben*bef#reiber fagt treffcnb: Vir dei semper rebus in 
arcto positis mirabilein solebat auctoritatem ostendere. 



©enterb nnh bie antitixä^li^tn @eft^«. 307 

tie öanje Sw^^^P^* ^^^^^ rcKgiöfen UeBerjeugung l^ineinlegte^ 
ta« fd^toanlenbe ©emütl^ am £ei4t^ften Berul^iöett ju lönneti, 
2)er «nmiltelbate ©inbrud ber Subctpd^t eine« Slnbem toirft j(| 
<kuf fd^h)ad^e ©emütJ^et, beten S^^if^I Dielmel^r au« augendid^ 
Kd^en ©timmungen, aU au^ ernfter ^orfdjung l^erriil^ren, mel^r^ 
«te äffe Setoeife. ©oldje berfud^enbe ©ebanlen unb t>ereinjelt« 
Stoeifel toerben oft leidster übettounben, toenn.man il^nen leine 
aiufmerffamleit fd^enlt, unb nur ba« $erg fafet gu beni Sejtft, ben 
fie ftreitig mad^en tooffen, ate baburd^, bcj| man fid& biel mit 
tl^nen befd^äftigt. SQBenn aud^ Sernl^arb ftd^ äffe« bieS nidjt mit 
Itatem Setou^tfetn enttoidfelte, fo tourbe er bod^ l^ier burdj einen 
unmittelbaren , ba« Siedete ftnbenben 2:alt geleitet. SKit freunb* 
lid^em, SSertrauen ertoedfenbem S^one unb mit ebenfo großer 3"«^ 
i>erftdjt fjjta^d^ er: „SBie? SKein 3KöndJ foffte in bie ^öffe fal^ren? 
gern fei bie«I SBenn bu leinen ©tauben l^ap, fo gebiete idj bir 
t)erm5ge ber 2^ugenb be« @el^orfam«, gel^e l^in, lommunicire mit 
meinem ©laubenl" 2)er arme SKönd^ gel^ord^te biefem SBorte, 
er lommunicirte, obgleid^ er leinen (Slauben gu l^aben meinte^ 
unb inbem er lommunicirte, fd^toanben feine Steife! ; ber linb^ 
lid^e @laube leierte bei il^m gurütf, unb er bel^ielt il^n Bi« an 
feinen 3:ob. 3)er Seben^befd^reiber d^aralteriftrt mit Siedet fo bie 
^anblung^toeife feine« geliebten Sernl^arb: ,,D ber Kebeboffe 
SSater, ber toal^rl^aft toeife Slrjt ber ©eelen! @r fjjrad^ ntdjt: 
^intoeg, bu Äe^er ; gel^e l^intoeg, bu Serbamm'terl fonbern in t)offenif 
SSertrauen ft>rad^ er: ®el^, lommunicire mit meinem ©tauben ^)l" 
SSBir tooffen mit bem ©efagten, ber 3Sertoanbtfd^aft toegen, 
ttod^ einen anbern 3w9 ^^^ ettoa« f^)äterer 3^it berbinben, beir 
t)on Spi^^ilf^ i« i^^^ 2eben«gefd^id^te Äönig Subtoig IX. un« auf« 
betoalSirt toorben. 3« ^^^ Sifd^of SBill^elm *on 5ßari« (ober toon 
2lut>ergne), einem ber au«gejeid^neten il^eologen jener 3^^*/ J^n^ 
ein angefel^ener Seigrer ber S^l^eologie, ber il^m mit l^ei^en Xi^ränen 
feine ©eelennotl^ Ilagte, bie 3tt)^if^l ^n ber Srotöertoanblung«« 
lel^re, bie er nid^t übertoinben fonnte. . S)er Sifd^of fragte il^n: 
ob er feine greube l^abe an jenen S^^^U"^^- %^^ bon mir fei 
bie«, — antwortete ber Sngefod^tene — jeber Slrtilel meine« 
©laiiben« ift mir fo tl^euer, ba^ td^ lieber äffe ©lieber t>on mei» 
Item Seibe mir tooffte ablöfen laffen, al« aud& nur ben gering« 
fken berlieren. 2)a gebraud^te ber Sifdjiof ein ©leidjinig: Sa|t 



1) O pium patreml o vere sapientera medicum animarum, per 
nnctionem gratiae docentem 8e de omnibus, qoaiiter infirroantium 
tentationibus mederi deberetl Non dixit: Fuge, haeretice; vade, 
damnate; recede, perdite: sed coofidenter dixit: Vade, communica 
fide meat 



806 eent^b ttnb bie otitttlr^n^n Wttn. 

iHtS ben %üU fe^eti: unfev ft9m0 "^at jtoei @iattl^alter, ha» 2ati& 
SU bettl^eibigen, ben einen mitten im Sanbe, n>o il^n leine ®efal^r 
trifft, ben anbem, bet an ber ®ränje Angriffen bet geinbe aa^ 
gefetzt i{l, unb bod^ unter aKen (gefallen treu frinen fplai^ be^ 
fiaxHpUi, — toeffen 3)ienfke toirb er l^ö^er fd^^en? Dl^ne gtodfel 
— anttoortete jener 2:i^eolog, — bie be^ Se^teren. Slun, — ^rad^ 
ber SKfd&of — fel^t, td^, ber id^ leinen gtoeifeln ?ßreijS ßegebeti 
meinen ©lauBen be^u^te, bin mit jenem Srfteren }u k^ergleid^en ; 
il^r, bie il^r mitten unter fo fd^toeren Slnfed^tungeti eurem ®lanbm 
treu bleibt, entf^jred^t bem ßtoeiten. ©etoife gilt alfo euer 3«- 
ftAnb in ben Singen ©otted mel^r, ald ber meinige, unb t)ertraut 
nur auf il^n, unb feib getoi^, ba^ mo eiS 3toiff tl^ut, er eud^ 
Reifen toirb. So ^berul^igte er ba« ©emfitl^ ©effen, ber in fo^ 
^ro^er 9lotl^ gu il^m gelommen it>ar. 

Ütad^bem und bie Seigre ber Jtatl^arer bom älbenbmal^l )ut 
Sergleid^ung mit ioirllid^ unb fd^einbar t)ern>anbten geiftigen (Sr^ 
fdjeinungen biefer Seit gefül^rt \)at, leieren nnr toieber ju be» 
6elten^ bon benen h)ir ausgegangen toaren, }urüdE. 

®in beutfd^er Oeifttid^r, ber ^robfl ©berUTein bon ©teinfelb,. 
forberte juerjl ben »ernl^arb auf, gegen biefe Äe^er aui^öl^rltd^ 
§u fd^reiben unb il^e •»el^auj)tungen ju toiberlegen H- ,f®enug 
labt i|r bi«|er — fd^rieb er i|m — gegen ben 5ß|arifSt«mnil 
ber 6|rijlen gefd^rieben, fo ba| i|r biö an'« ®nbe ber SSäcIt gegen 
bie Sauigteit unb baS fd^led^te 2thin ber falfdjien S^riflen loirten 
toerbet. Sfe^t ijl e« 3^^/ baft i|r gegen bie neuen Äefter eure 
Stimme ergebt, bie faft in allen flirdjen toie au8 ber tgölle |er= 
»erlommen, aß ob ber S^rn be« Fimmel« fd^on na|e toäre." 
©ie SSeranlaffung gu'biefem »riefe toar bie ©ntbetfung bieler 
Äe|er in ber ®egenb t)on Äöln, t)on ber ber 5ßrobjl i|m Serid^t 
erpattete. a)iefer Sendet läjt un« bie merftoürbige (gntbedfung 
mad^en, bafe in biefer ®egenb jugteid^ gtoei ®attungen Don ^äre« 
tfltern, offenbar tjerfdjiebener SRid^tung unb ijerfd^iebenen Urfjwung«, 
Äufgetrd^n toaren ; — baS jtoiefad^e Clement ber Sleaftion gegen 
bie lerrfd^enbe Äird^e, toeld^e« toir Don biefer Seit an fldj» ber» 
breiten fe|en: Don ber einen ©eite, loa« mit ber fd^on ertoä|nten 
Anregung bom Drient |er jufammen^ing, unb tt>a8 auf ben f<|on 
bemerften Urfjjrung iurüdftoeift^ too toir bie bem .®noftid«mu0 
bertoanbten fielen finben; bon ber anbern ©eite jene unmittel« 
bar au« bem djriftlid&en SBetou^tfein |erborge|enbe, nid^t burd^ 
ka« orientalifd^e unb bualiftifd^e ©lement gefärbte SReaftion gegen 
ben lird^lid^en ®tanbl)unft. Senen orientalifd^n Urf^jrung erlen«^ 



1) Bern. opp. I, i4»7. 



8eml^rb unb bte dttüfird^ti^tt €$tften. - 30^ 

nett h>tr betttlid^ Bei ber einen ^axt^ex, beten aRitgltebet fagten^ 
b^a| tl^re Seite m ©ried^entanb unb in einigen anbetn ®egenben 
Köl^t berbötflen fleblieben fei ^). öei bet anbem 5ßattl^et ^in« 
flegen, toeld^e Sbettoein felbjt beutlid^ bon ber erften unterfd^eibet^ 
finben toir burd^au« leine &pux eine« onentalifd^en Ur^tuna* 
unb Orientalin sbnalifiifd^en glement«. ffiir toetben beranket, 
an eine SReaftion , bie unmittelbar au8 bem beutfd^en d^riftlidjen 
®eift J^erbotfleganßen ifi, gu benfen; — eine Stfii^einung , bie 
bon ©eifllid^en ober 5Wörtd&en, bie mit ber ^eiligen ©d^rift mel^r 
belannt toaren, unb burd^ il^ren reformatorifdjen, an, bie l^eiltge 
Cd^ift ftd^ anfd^lie^enben (Seift über bie getoöl^Iid^en ©d^ran* 
fen l^inäu^getrieben tourben, aulgegangen fein Mnnte.. SBenn 
tt>ir, töie toir bemerlt l^aben, mannid^fad^e ©Jjuren jener bom 
Orient l^erftammenben ©eften fd^on im elften Söl^rl^unbert f nben, 
fo erfd^einen l^ingegen jene in bem d^riftlid^en Setoufetfein felbft 
gegrfinbeten unb barau«, unabl^ängig Don ber orientalifd^en 3ln- 
regung, l^erborgel^ehben antilird^lid^en SRidJtungen erft in bem S^i** 
alter Sernl^arb« ; loa« tool^t mit ber aupteimenben größeren 8il= 
bungunb ben Dielfeitigen Anregungen be« religiöfen Seben« in 
biefer geit jufammenl^&ngen mag, 6« lann nur bie grage fein^ 
ob jene beiben SRid^tungen im Äölnifd^en unabl^fingtg bon ein« 
anber unb neben einanber ftd^ enttoidfelten, ober ob ettoa ber 
Slnftoß ju jener reineren djiriftlid^en SRealtion bon ber ftd^ mel&r 
Wutemben giid^tung ber orientalifd^en ©elte aulgegangen ift, 
ober ob bie anbere Slid^tung bie urfjjrünglid^ere toar, unb erji 
biefe fd^on borl^anbene Dt)t)ofition gegen bie Jlird^e aud^ einer bon 
einer anbern 3lrt (gingang berfd^affen lonnte. (Sl ift merftoürbig, 
baß bie mittelbar Dom Orient l^erftammenbe ©elte l^ier nid^t 
unter bem Sflamen ber Äatl^arer erfdjien, fonbern fte Itdjf einer 
3bee anfd^loffen, bie, tbie toir fd^on gefeiten l^aben, im ©egenfa^ 
gegen bie bertoeltlidjte Ätrd^e in mannid^fad^en fjormen bon biefer 
Seit an l^erDortaud^te, ate beren Sle})räfentanten toir aud^ ben 
ärnolb Don SreScia lennen gelernt l^aben^: bie Sbee einer reli- 
giöfen ®emeinfd&aft nad^ bem Sorbilbe ber äjjoftel, tote man fld& 
biefelben badete, ©al^er gaben fie fid^ ben Flamen ber SlpoPolifer. 
Slelleid^t baß fte erft bei il^rer Verbreitung in ber abenblSnbifd^en 
Äirdte Don biefer in einer Slid^tung bei religiöfen Sewußtfetn« 
fd^n Dorl^anbenen 3|bee ergriffen tourben. ^ffx^ Änfd^ließung an 
ein fold^el Clement bei religibfen SeioußtfeinI biefer Seit mußte 



1) L. o. pag. 1490: Hrbc faaeresim usque ad haeo tempota oc- 
cnltatam fnisse a tempoiibus martyrum , et permansnse in Graecia 
et quibusdam aliis terrif« 



310 8ent|ar)) unb bie ftittitiri^^ßd^en ^tUn, 

Hjxt SSerbtcitung Beförbern, 2)en Äontraft mit ben in UeBctflu^ 
lebenben Ociftltd&en, btc ebanfielifd^e Slrmutl^, mit ber fie üb^r bi« 
ftrengflen SJlönd^e felbft j^erborngten, toufeten fte l^ier befonbet^ 
gfltenb ju mad^en. @ie fagten^), bag bei il^nen aQein bie Jtird^e 
fei, toeil fte allein ben ^u^fta))fen ßl^tifti folgten, unb bie ä^tm 
Slad^eifeter be« ajjoftolifd^en Seben« blieben,- inbem fie nid^t«,, 
foad ber SBelt angel^5re, fud^ten, leine Käufer, feine Siedet, lein 
@igentl^um Befä^h ; fotoie Sl^riftu^ nid^t^ ber Slrt befeff en unb 
nidfrt? ber Art feinen Sängern }u beft^en erlaubt l^aBe. „'^f)V 
aber — fagten jje ju ben ©eiftUd^en — berBinbet Käufer unb 
Käufer, äedfer unb äCedfer, unb trad^tet nad^ ben Singen biefet 
äBelt; fo bag aud^ diejenigen, toeld^e unter eud^ bie boIIfommen=: 
ften ftnb, it>ie bie 3Rönd^e unb bie regulären Jtanontler, @old^e$, 
toenn aud^ nid^t al^ Sigentl^um, bod^ afö etn)ad ©emeinfamed Be= 
ft|en." ©0 finben toir l^ier fd^on ^uerft in ber l^äretifd^en ®efkaljt 
bie 3bee, toeld^e nad^l^er bie Settelmönd^e l^ert>orrief, @i fagten 
jene Seute bon ftd^ felbft: SRSir ftnb bie armen ßl^rifti, bie toir 
unftät öon einer ©tabt nad^ ber anbem fliel^en, toie bie ©d^aafe 
mitten unter ben SGBölfen, leiben mit ben 2l))ofteln unb SWärtt^rern 
aSerf olgungen : ba toir bod^ ein l^eilige^ unb ftrenge« SeBen führen 
in ^aften unb ®ntl^altung, 3^ag unb 9lad^t in (Siebet unb älrbeit 
juBringenb, unb nur bad für ba$ SeBen 9lotl^bürftige )u ertnerBeÄ 
fud(|en. 3)ie« ertragen toir, toeil toir nidjt bon lier ffielt finb. 
gi^r aBer, bie il^r bie SQBelt lieB l^aBt, l^aBt ^rieben mit ber SBelt, 
toeil il^r toon ber SBelt feib. SSenn fie fid^ barauf Beriefen, ba^ 
il^re 5ßartl^ei feit ber ßtii ber 2lj)ofteP) fid^ fortge|)flanjt l^aBe, 
fo ift bieg eitcai, toa« äl^nlid^ Qeber, ber aU geuge ber fl&af^x^ 
\)txt gegen l^errfd^enbe S^J^^^ii"^^^ auftritt, toirb nad^jutoeifen fidj* 
gcbrungen fül^len, bie Berufung auf eine 2^rabition be«.3Ba^r^ 
Ij^eitebetou^tfein«. Unb l^ier liegt bie SBaJ^rl^eit ium ©runbe, ba| 
in bem, tt>a3 biefe ©elte Belämjjfte, bie utfj)rünglidje a})oftoKfd^ 
Seigre attetbingg getrüBt toat, unb ba§ biefe ^IrüBung aud^ immer 
Slealtionen bed urf|)runglid^en d^riftlid^en 99en>u^tfeind j^erbor» 
gerufen l^at, toenngleid^ ol^ne äu^erlid^en S^f^^^^^nl^ang. 2)iefe 
^artl^ei ^atte il^ren eigenen 5Pa^ft *). SBir toerben bie« tool^l ntd^t 
fo gu t>erftel^cn l^aben, ba^ fte bieä nur in einem f^mBolifd^en 
©inne gemeint l^ätten, nur auf ein unfxd^tBare«, geiftige« ^avdpt, 
Sl^riftu« ober ben l^eiligen @eift l^ätten l^infoeifen ioollen, toie totr 
Bei einer foldjen ©elte im elften 3al^rl^unbert eine ©J)ur baboa 



1) 8g(. 1. c. pag. U88. 

2) ®. 0. @. 309 «nm. 

3) L. c. pag. 1490. 



Qernl^drb unb bte anttftr<!Wd^en Gelten. 311 

flnbeit*); benn eS etl^clft, ba^ bte ctttjcltten %f)exU biefet ©elte 
toirllid^ butd^ einen ex^tn' DtQanx^mn^ Derbunben h)aren,> unb ein 
DUxf^aupi, ba§ jte ?5aJ)ft nannten, an il^rer S))i|e l^atten f ). @« 
toerben tion bem ®6eth)ein Slnbere eriüäl^nt, tpcldj^e üBerl^auJJt Don 
feinem 5ßaj)ft ettoad ft)if|en tooHten. 6« lägt ftd^ aber nid^t mit 
©idjerl^eit beftimmen, ob biefe eine <\nbere ^Purtl^ei jener oriewto« 
lifd^en Sljjoftolilet toaren, ober ob fie gu jener anbern, t)on bem 
orientalifd^en Clement freien Slid^tung gel^örten. SKan erfannte 
bie ajlitglieber biefer ©efte, toeld^e jtd^ nad^ il^ren Orunbfä^en 
mand^erlei SerfteHung gegen bie nidjt ju il^rer 5Partl^ei ©el^örenben 
erlaubten, an ben fd^on bemerlten %rten ber (Sntl^altung, bie in 
tl^rem S)uangmu§ begrünbet toaren, unb baran, iafe fie, tnbem 
fte bie @l^e öertoarfen, in einer Dorgeblid^en geiftigen ©emeinfd&aft 
mit ^uen jufammenlebten. SBir flnben bei il^nen bie fd^on im 
äffgemeinen bemerften ©runbfä^e über 3^aufe unb ä^benbmal^I *). 
SKelj^rere t)on biefen Seuten liefen fidj gu einem SBiberruf 
betoegen, mag biefer nun aufrid^ttg, ober tool^I toal^rfd^einlid^er 
erl^eudjelt getoefen fein. 3)er fogenannte Sifd^of ber ©e!te unb 
ein ©efäl^rte beffclben, bie ftd^ nid^t baju Derftel^ett h>offten, t»ur= 
ben bom Solle ergriffen unb jum ©d^eiterl^aufen gefd^Iejjjjt. ©ie 
ftarben mit freubiger ©tanbl^aftigleit mitten unter biefen Dualen, 
fo ba|' ©bertoein in ®tftaunen baburd^ gefegt tourbe, ba§ bie S5e- 
fenner einer $arefie auf eine fold^e SQBeife, toie !aum iUlärl^rer ber 
SBal^rl^eit, fterBen fönnten. ®r felbft fagt, ba^ ba« 3SoH gegen ben 
SBiKen ber ©eiftlid^Ieit mit ben ^äretifern fo berfa^ren fei. 2Bir 
tooKen nid^t barüber entfdjeiben/ob ber ff lern« toirlli^ baS ©einige 
getl^an ^abe, um ba« SSolI babon jurüdjul^alten, ober ob er nur 
ben böfen ©d^ein bon ftd^ abjutoenben fud^te,, ba bamafö ba« 
d^riftlid&e ®efül^l nod^ nidjt genug abgeftum>)ft toar, um ein foId^e§ 
aSerfaljiren gutjul^ei^en. @etoi§ ift eS auf jebengaff, ba| imSlbenb* 
lanbe bie fanatifd^e SQSutl^, toeld^e bie fiäretiler bertiigen looffte, 
guerji bon gürften unb bon bem Solle ausging, nid^t bon ber 
ffird^e. SQäir finben aud^ mand^e S5eifj)iele bon ©timmen^ au3 
biefer 3eit, toeld^e fid& gegen ein fold^e« Serfal^ren erfWrten, 



1) ©gl. meine Ätr^engef^iite VI @. 299. 

2) öbenbof. ©b. VIIL @. 387. 

3) ©on t(>rer llbenbma^l«feicr faßt (gfecrioctti, »a« »fr al« ©cleg gu 
ber toor^in im Slttgcmeiucn gegebenen @4ilberung anführen, I.e. p. 1489: 
In sacrainentis suis velb se tegunt: tarnen nobis aperte confeBsi 
sant, quod in mensa sua quotidie cum manducant, ad formam 
Christi et apostolorunif cibum suum et potum in corpus Christi e% 
x^anguinem per dominicani orationem consecrant, ut inde se membra 
«et corpus Christi nutriant. Nos Vero dicunt in sacramentia noa 
teuere veritateony sed quandam umforam et hominam traditionem. 



912 9€ni|«tb mi^ He ontfttvd^ru^en Cktitti. 

«thntnen, bie aber frrifidj nur tjereinjelt ftdj öettte^ftnen liegen uitb 
hnrnet me^r t>erl^aOten. SMe ®ntnbfate, nad^ toeld^en man ^fite« 
feen tote anbete Serbved^en be{lvafen tonnte, toaren bod^ fe^r 
«It, in einem butd^ ben Suguflinud felbjl ft^flematifd^ begtünbeten 
Jtird^enTed^t fd^on gegeben; aber immer regten ftd^ nod^ einjelne 
Sleu^erungen bed d^iflftlid^en ®eifteiS gegen bie Xnloenbung fold^er 
@rttnbf%. !Dod^ mußten )ule$t biefe in ber Xl^eorie fd^on l>ot^ 
bereiteten ®runbf&j(e immer mel^r in bie ^a^iiS Abergel^n. @in 
2)ef)>oti^mud mu|te ben anbem l(ferbeifäl^ren: toenn man ben 
freien Beilegungen bed religiöfen ©eifted einmal leinen Slaum 
laffen, baiS &\f^itm ber jtird^e, gegen ba$ fte {id^ auflel^nten, burd^- 
aui^ UffanpUn tooSte, mu|te man am @nbe gu immer größerer 
(Betoaltfamleit ftd^ l(fintreiben laffen, um ein §euer ju b&m))fen^ 
bad immer t>on 9leuem lieber auiSbred^en iooUte. 9Btr tDoOen 
l(fier einige Stimmen anfül^ren, foeld^e {id^ bi4 }u biefer Sdi in 
ber abenblänbifd^en jtird^e gegen ein fold^eiS SBerfal^ren erfl&rt 
latten. 98ir ertoäi^nen ^ier ju'erfl ben eifrigen SBertl^eibiger be# 
l^ilbebranbinifc^en S^ftemd, ben frommen, aber befd^r&nlten Aar« 
binal $eter ^amiani. Sr fagt: ,,2>ie ^eiligen SRänner tSbten, 
toenn fie bad Uebergen^id^t l^aben, fte^er unb ®5$enbiener feinet 
toegd, fonbem Helmel^r lafjen fte fx4 bon il^nen um bed fatl^o^ 
Kfd^en ©lauten« toitten tobten^)." gerner ifk l^ier befonber« )u 
nennen ber burd^ feine fromme 2:i^StigIeit auggejeid^nete 95ifd&of 
SBa)o bon Süttid^, ber bid jum ^al^re 1047 biefed 9lmt lo^ttoaU 
tei l^at. ®r fd^reibt auf Seranlaffung einer über bad Serfa^en 
gegen bie bamold auftaud^enben ftatl^arer il^m t)orgeIegten f^age^ 
bie ^inrid^tung berfelben auf ba« Slad^brüdflid^fte migbiQigenb: 
man foBe ftd^ lauten, bem ^^xtn ber ®rnte öorjugreifen, unb tor 
ber Seit bad Unfraut, ba« gur guten ^ud^t ioerben Idnne, oud« 
reiben ju toollen. SWan muffe üietmel^r bem gattlid&en au«ft)rud^ 
ge^ord^en, bamit nid^t, toenn man glaube in ber Seftrafung ber 
Uebeltläter bie ©ered^tigleit au«juü6en, man burdj eine ®ott^ 
lojtgleit, bie unter bem ©d^ein ber Strenge ftdj t>ttf)&Ut, JDem 
entgegenl^anble, ber nidjt ben ^ob be« ©ünber« tooUe, unb ftd^ 
an bem Sterben ber Umlommenben nid^t freue, fonbem toiffe 
burd^ Sangmutl^ unb ®ebulb bie Sünber )ur Suge gu rufen« @« 
laffe olfo nad^ bad ©erid^t, toeld^e« ber ^en in ben ©taub fd^rei» 
benb berbammt l^at; unb mögen wir nid^t burd^ ba« ©djtoert ber 
toeUUdJen SWadJt »enen biefe« Seben nel^men tooKen, bie JDer^ 



^ ^ 1) Petri Damiani epp, lib. IV ep 9 opp. tom. I f. 56: Saneti 
¥in, qaum^ praevalent, naereticos idoloriimqiie cultores nequaqnaoi 
pmumnt ; f ed potioa ab eis pro fide caiholica perimi non refugmnt» 



8eni^vb nnb bie onöftv^H^eti 0etten. 31$ 

foeld^et iUiUiäf S^ip^x unb @rI5fet i% l»etfd^onen ioiB, auf bo^ 
fte U>i^et tifi^tern tDÜtben an^ be^ Xeufefö Ötrid^ bon bent fte 
fiefangen pnb )u feinem SBitten (2 2:ini. 2, 26). ©o, fo jiemt 
ed Mf ^<^^ ©altd^e jenet legten @tnte bed ^audl^ertn i>on uniS 
aufbetDolM toerben; fotoie toiv aud^ in Sejtel^ng auf uniS felbft 
mit t^utd^t unb Sittetn bayauf iDarten muffen: toeil S)ie]enigen 
unier benfelben, n)el(i^e auf bem älder ber äBelt ]e|t afö Unfraut 
erfd^einen, t)ieD[ei(^t jjene @mie atö guten 9Bat)eit finben toirb, 
unb toeil ed bem aSmäd^tigen @ott mögltd^ ift, 2)iejenigen^ toeld^e 
foxx ie|t auf bem SBege bed $etrn )u äßibetfad^em' l^aben, in 
jenem l^immlifd^en Saterlanbe aud^ einen l^öl^etn $Ia^ aü uM 
felbft einnel^men gu laffen. SBit muffen und aud^ aü Sifd^dfe 
190^1 erinnern, ba| toir bei unfrer Drbination nid^t bad @d^toert 
ber ioettlid^n 3Rad^t em)rfangen, unb bal^er n>erben toir ))on ®otie^ 
SSiDen nid^t um }u tobten, fonbern um lebenbig gu madgien ge« 
toeiJ^f' ^). !^r ©eift, ber ftd^ in biefen SBorten aui^f))rid^t, erl^ielt 
^d^ aud^ eine 3^^^ I^^S i^ ^i^^^ ^i>^ biefem 9Ranne audgegan^ 
genen @d^ule; it)ie fein £ebeni$6ef(9reiber ^) , inbem er ftd^ mit 
^fd^eu über bie ^inrid^tung ber ^atl^arer )u &oSlat erilärt, l^in^ 
|ufe|t: ,,SS3enn SBajo biefe 3^i^^n erlebt l^ätte, toürbe er boS 
nid^t gutgel^ei^en / l^aben ^ ! 3Bir fagen bied nid^t ben 3^rtl^um 
befd^Snigenb, fonbern toeil toir bied, toad in ben gdttlid^en Qk^ 



1) Gesta e{>i8coporuni Leodiensium cap. 60 in Marlene et Do* 
rand colli, ampliss. tom. IV fol. 900 — 1:, Quod tarnen ne a vobia 
immature, ne ante tempus fieri debeat, divinae pötius est obedien- 
dum sententiae; ne dum juetitiam in puniendis praevaricatoribus nos 
exercere putamus, ex impietate specie Beveritatis velata ei präeja- 
diciam faciamuSy qui non vult mortem peccatorum, nee laetatur in 
perditione morientium ; sed per patientiam et longauimitatem saam 
novit peccatores ad poenitentiam reducere. Cesset ergo Judicium 

• pulvens, audita sententia oondemnatoris; nee eos quaeramus p4r 
saecularis potentiae gladium huic vitae ßubtrahere, quibus vult idetti 
4sreator et redemptor Dens, sicut novit, parcere: ut resipiscant a 
diaboli laqueis, quibus captivi tenentur ad ipsius voluntatem. Sic, 
«ic nimirum tales ultimae illius patrisfamilias messi a nobis convenit 
reservari qaid^uid messores buos facere jubeat; sicut et de nobis- 
metipsis cum timore et tremore oportet expectari : quia herum (]U08- 
Übet, quos mundi hujus zizania habet, messis illa forsitan tritacum 
invei^iet; et quos in via domini adversarios nunc hab.emus, possibile 
omnipotonti Deo est in illa coelesti patria nobis etiam facere suh 
periores. Interim nihilominus meminisse debemus, quod nos qai 
episcopi dioimur, gladium in ordinatione, quod est saecularis ]jo- 
tentiae, non accipimus: ideo^ue non ad mortificandnm, sed potina 
ad vivificandum auotore Deo inungimur. 

2) L. c. cap. 61 pag. 602. 

3) Vere, fatebor enim, nee silebo, Wazonem nostrum, si haee 
tempora contigisset, huic sententiae assensum nequaquam praebitn- 
rum. . _ * 



314 Oern^rb unb btc anttticil^lt^cn €^e(teii. 

fe^en nitgenb« »ctotbnet x\i, nid^t billiöett lönnen." 3)etr SIH 
©utbert ttiä^t, bo^ bad SBoU, aU einige ^äretilev in t^ffeln ge^ 
n>orfen tootben, unb man ftd^ batfiber betätigen tooUU, toa^ mit 
i^nen gu tl^un fei, bem tit^Iid^en Urtl^eil^ft^rud^ ju^otfam unb 
fte gum Sd^eiterl^oufen forttt^, toeil ed bie gu groge SRilbe ber 
®eiftli(^en fürdjtete^). SKan mufete «Ifo boju Utfac^e l&aben. 
®uibett freilidjf nennt eö einen geredeten Sifer be« Soße« ©ette«,. 
toobutd^ ber älui^bteitung bet Jte^erei entgegengetvixft Sorben fei. 
S)ie ^ilbegarb fagt in S3ejiel^ung auf bie jtatl^arer gu ben aRfid^ 
tigen; „Ql^tr, bie il^t ben ^erm fürchtet, bernel^mt biefe SBorte^ 
unb t^ettteibt biefed 93olI aud ben Jtitd^en unb jiel^t befjen ®&itt 
ein, tobtet fte aber nid^t, benn fte ftnb ba« öilb ©otte««).'' 

3ene anbern ^äretiler, bie ber $rot)ft @bem>ein fd^ilbert, 
fd^einen bie Solföit)utl(^ md)t fo gegen jtd^ erregt }u l^aben. 6ie 
ftanben löol^I in leinem fo üblen SRuf, toie feit längerer Seit 
jene ©elten, bie man mit bem Warnen ber SRanid^äer bejeic^ 
nete. ©ie 3Serfd^iebenl^eit jener anbern Älaffe i>on ben erfien er* 
l^eQt aud^ barau^, ba^ ber 3^ief))alt )h)ifd^en biefen beiben ^are 
tl^eien bie ®ntbedfung berfelben l^erbeifül^rte *). SBir erlennen bei 
biefer ^artl^ei fd^on ein merlioürbigeiS 9(uf!eimen ))roteftantifd^n 
@eifted. ©d^on fd^einen fte ben ©runbfa^ au$gef))rod^en unb 
angelDanbt ju l^aben, nur bie £el^ren feftgul^alten, bie ft(^ an& 
ber l^eiligen Sd^rift betoeifen (ie|en. @ie tooQten bie Stbenb« 
mal^töfeier ate ä(udtl^eilung be^ SeibeiS S^rifti in ber ftird^e nid^t 
anetfennen, nur aud bem ©runbe, toeil fie ben ^rieftern ber 
S^erberbten jtirc^e bie SRad^t, burd^ il^re ftonfetration bied )u 
tDirlen, abf))ra(^en. S)er ^ap% leierten fie, l^abe nid^t bie @e> 
toalt eine« Slad^folger« be« ^etru«, toeil er b'em atJofkofifd^en 
SBanbel nidjt nad^folge, in bie 3)inge ber SEBelt t^erfunifen fei; 
unb fo l^ättett aud^ atte übrigen SPrälaten burdj il^re SSertoelt= 
lid^ung bie geiftßd^e @eh)alt Derloren, unb tonnten fte 9(nbern 
nid^t mittljfeilen. ©a« einjige ©alrament, beffen fjeier ate eine 
gültige fte nodji gelten liefen, toax bie ^laufe ; bod^ Sollten fte 
bie Äinbertaufe nid^t anerlennen, fonbem nur bie iaufe ber @r* 
load^fenen, inbem fie bie Jtinbertaufe nid^t für eine at)oftolifd^e 
©infe^ung l^ielten, unb fid^ barauf beriefen, baft in ben ©öange* 
Ken aiaufe unb ®laube immer mit einanber berbunben toerbe. 



1) Gaibert. de vit. 8* üb. III cap. 16 opp. pag. 520: Clericalem 
Teren» mollitiem. 

2) ilildegaxdta ep« ad Mogont. epp« pag. 139. 

3) (Sbermetn fc^reibt 1. c. pag. 1489 : Sant item alii haeretici qui- 
dam in terra noatra, omnino ab istis discordantea, per quoram mu- 
tuam discordiam et tontentionem utrique nobia sant detecti. 



8evnl^arb unb bie anttfird^^en @eften. . 315 ^ 

®ie Bel&au}>teten in biefer Se^iel^ung, ba| toer öudj bag taufenbe 
jDrgan fein möge, bod^ immer bie Xaufe burd^ ßl^riftud t)erric^et 
tPerbe, unb ballet eine gültige fei. S)a aber bamatö bod^ nut 
kie Ätnbertaufe fiattfanb, ünb fein ^ßrieft^r fid^ gu einer anbern 
Slrt ber Xaufe öerftanben l^aBen toirb, fo muffen h>ir tool^l Dor* 
au^fe^en, ba| bie äßitgUeber ber.^artl^ei fefbft ftd^ bagu Bered^tigt 
fllaubten, an il^ren Oenoffen bie iaufe gu t)oIIjiel^en. ©ie toolt 
ien ferner nur eine einmalige ©l^e jteifd^en bigl^er Unberel^elid^ten 
Ate bie redbte anerlennen. 2)ied. glaubten fte ani ben äBorten 
ei^rifti in ber S3ergrebe fiber bie 6l^e f d^Iiefeen gu lönnen. ©ie 
l&el^au:^teten, ba^ ^^aften unb anbere Slrten ber lird^lid^en ©enugs 
tl^uung foeber für bie ©ered^ten, nod^ für bie ©ünber erforberlid^ 
tüären. @ie muffen fid^ überl^auj^t \>on ben l^errfd^enben SSor» 
fteUungen über bie Jtird^enbuge entfernt unb bie äd^t et)angelifd^ 
£el^re barüber tt)ieber an'$ Sid^t gebrad^t l^aben ; benn fte bel^au^^ 
teteh, ba^ e« für ben ©ünber feiner anbem ©enugtl^uung bebürfe^ 
fonbem nuj ber inneren S^Inirfd^ung, ba§ »enn er nur ju (Sott 
feufje, il^m toerbe Vergeben toerben. ©ie toaren (Segner ber ßel^re 
Don bem gegefeuer, unb bel&au^)teten, bafe ba« ©dj^idffal ber 
SKenfd^en nad^ il^rem SBerl^alten in biefem SJeben fd^on entfd^ieben 
fei. 2)al^er bertoarfen fte bie gürbitten, SDarbringungen unb 
D})fer für bie SSerftorbenen. 3)a fo mand^e Slel^nlid^Ieit jtoifd^en 
ben ®runbfä$en biefer ^artl^ei unb ber im füblid^en ^ranftdd^ 
fd^on länger i^erbreiteten ^etrobruftaner unt ^enricianer, i>0n 
ienen toxx .^p&Ux reben toerben, ftattfinbet^ fönnte bie gragr 
«ntftel^en, ob toir nid^t einen äu^erlid^en 3ufammen^ng l^ier an- 
gunel^men l^aben. 2)od^ ba ftd^ bad Sluffeitfien einer fold^en 
Slid^tung, nadj bem, toa« toir gefagt' l^aben, fo leidet t)on innen 
l^eraud erllären lä^t, unb^ SSelege für einen äu^erlid^en gufammen^ 
l&ang fid^ nid^t nadjtoeifen laffen, erfd^eint un« bieS immer fel^r 
jtoeifell^aft, }umal ba aud^ bie lölnifd^e ©elte k>on feinem fo* 
teDolutionär'reformatorifdJen ®eifte toie bie guerft genannten U^^ 
feelt gejoefen gu fein fd^eint. 

^er äufforberung iene« 5ßro})fte« folgenb, nal^m SSernl^arb 
in gtoeien feiner ^^ßrebigten über ba« ^ol^elieb^) auf ba«, toa« 
tl^m über j|ene ©eften b^rid^tet Sorben, 9iüdtfid^t, unb man erfennt 
au« bem, toa« er fagt, ba^ er tool^l nod^ anbere Slad^rtd^ten über 
fte erl^alten l^atte. @r fd^eint befonber« an jene Aat^arer gu 
benfen, unb bie anbere ^artl^ei, toenn er gleid^ fte einmal aU 
bie Slnber«benfenben begeid^net^ bod^ nid^t gel^örig t)on benfelben 
;unterfd^ieben gu l^aben. @r begeid^net fte al« untoiffenbe, unge^ 



1) Cant. fierm. 65. 66. 



316 Sevti^tb ttiib bU antitit^ltü^eit €k(tcii. 

hiXbtU Seute aui^ bem SanbboRe ^). S)amit fd^tnt nun fveilid^ )ti 

ftteiten, toenti SemJ^atb bod^ fogt, bag aud^ ®et{Ut4e untet il^neit 

^ät befanben. (U finb biefe ntetitourbtgen Sorte: „©eiftlid^ unb 

{ßrielUr l^aben il^re Qkmemben unb Jlitd^n berlaffen, unb finb 

if&uii mit langen aS&rteiC untev 9ße6ef n unb SBeberinnen bei ilj^ett 

0efunben toorben^);'' l^ad aud^ übereinftimmt mit ber Sudfage 

^y 6eftirer felbft mif bem Sendete ®Bevn>eind. & foOen @oU^, 

bie in bie lat^oHfd^e jtird^e U>teber aufgenommen ioerben n>oIIten, 

«udgefagt l^ben, i^re S^V' f^i i^ ber ganjen SEBelt jerflreut, fel^ 

^ro^, unb fie Ratten meliere MVi9 ben (Skifttid^n unb ^Rdnd^en 

ber Jtird^e unter fid^')- 993ie ftimmt biefed beibed nun )ufam? 

tuen? @d tann fein, ba^ ^9 eine aud bem S^tereffe, bie ®^lUn 

Der&d^tlid^ )u mad^en, l^ert>orgel^nbe Uebertreibung i^, ioenn fie 

4iur m^ Untoiffenben unb Säuern befielen foQten; ober man 

lonnte bie übrigen ©lieber nid^t, bie ft^ )>erborgen }u l^alten 

tonnten; ober man mü^U Annehmen, ba^ bie ®eiftlid^en felbft )tt 

ber Qa^l ber Ungeklärten gel^örten, bie befto leidster gewonnen 

ioerben !onnten. äRerltoürbig ift t^ nod) in i^ntn ^emerlungen 

^ed Seml^arb, ba| grabe bie äBeber aU 9ln|^&nger biefer @dEten 

befonberd erioSl^nt toerben, badjenige ©eioerbe, toeld^ed oud^ in 

<tnbem Seiten ate ein @i| eigentl^flmtid^er m^ftifd^er religidf^r 

iRtd^tungen erfd^eint. ^ol^r l^aben fold^e ©elEtim im füblid^en 

^anlreid^ im {todlten 3<^l^r]^unbert ben !Ramen ber ÜBserands 

erl^alten. SESir tooQen @inigei^ au& bem, toa^ 8etnl^arb jur SSer^ 

tl^eibigung ber Jlird^enlel^re gegen biefe Eingriffe fagt, Anfuhren. 

^fir bie Ainbettaufe beruft er fid^, ioie fd^on SKuguftinu^, auf ben 

©lauben ber bie jtinber @ott barbringenben Rxx^t, ft)eld^r bie 

@teQe bed irrigen t)ertrete, hx9 bei il^nen felbft ftd^ ein foU^ 

'entioidEeln I5nne. älSerbingi^ eine aud ben ^liefen bed d^rifllid^ 

®eta)u|tfeind l^erborgel^enbe 3bee, loeld^ nur nid^t baju l^&tte ge^ 

iraud^t toerben foDen, um eine SESirlung ber Sl^aufe fd^on M ben 

ilinbern, bie ju glauben unf&l^ig io&ren, au erHären. gär eine 

£äuterung aud^ nad^ bem 2;obe fül^t Serni^arb SBorte <S.fyA^ 

an, inbem er bon ben ®egnem biefer Seigre fagt: „3HägM ^e 

alfo S)en fragen^ toeld^er gefagt l^at, ed gebe eine Sfinbe, ioelc^ 

joeber in biefer, nod^ in jjener SBelt ioerbe t>ergeben toerben, loarum 

er biei^ gefagt l^abe, ioenn ber S^iEunft leine ißergebung ober 

.Säuterung ber eünbe i^orbel^aften bleibt/' Seml^arb fagt tmi 

SDenen, loeld^ bie ®l^e nid^t )ulaffen iooDten, bag fk b^donl 



1) L. e. pag. 1493: Vile nerope hoc genus est et 
ac 9ine literis, et prorsus imbecille. 

2) L. c. pag. 1492. 

3) L. c. pag. 1490. 



Qernl^arb nnh bie antilixäiüäitn ^tten. 317 

» 

^Ilet Unleitfd^l^eit %^üt unb 2:i^ür öffneten. ,,©elten — fagt 
-ex ^) — ift fluf ßrben bte ffnt^altfamleit, unb ntd^t um nur eine 
fo Keine Sai)l ju getoinnen, l^at ftd^ bte göttlid^e aRaJeftät felbft 
-entäußert/' . älber er l^ätte baffelbe aud^ geßen bie ®efe|e, toeld^e 
bie ©eiftlid^en jum ßölibat gtoingen tooflten, fagen fönnen. 

Slud^ SJcml^arb toar ein ©egner ber über bie ftatl^arcr ber*' 
i^finflten SebenSflrofen. Qfn einer frül^er gel^allenen Sßrebigt über 
bod l^ol^e Sieb fagt er in biefer SegieJ^ung ^) : ,,S)ie ^äretifer fott 
man gefangen nel^men/fage i^, nid^t mit SDäaffen, fonbern burd^ 
bie Äraft ber Seteeife, toobur^ il^re S^rtl^^nter toiberfegt toerben 
muffen; fte felbft aber mögen, toenn eg möglid^ ift, mit- ber Äird^c 
berföl^nt unb gum toal^ren Olauben gurücfgefül^rt h>erben. 2)enn 
baö ift ber SQSiffe 2)effen, toeld^er toitt, ba^ äffe feiig toerben 
unb gur ©rienntnig ber SBal^l^eit lommen." 3ln ber juerft an* 
geffil^rten ©teile*) fd&ilbert Sernl^arb ba« SBerfal^ren niit ben 
^äretiferit fo: „©etoöl^nlid^ J^aben bie ©laubigen einige berfelben 
in bie SWitte gefd^lejjjjt. 3)a fte, toenn man fie nad^ il^rem 
©tauben fragte, äilleg, toorin fte J^erböd^tig toaren, nad^ il^rer 
SÄrt leugneten, erfd^ienen fte bei bem ©otteöurtl^il beS lalten 
SBBaffer« ate Sügner. Unb ba fte, inbem baö SBaffer fte nid^t 
flufnel^men tooBte, überfül^rt h)urben, belannten fie ftd^ frei gu 
il^rem ©tauben, unb ertlärten fid^ bereit, bafür ju fterben. Unb 
bie Umftei^enben toaren ebenfo bereit, fie gu tobten. So ftürjte 
ba« SSol! auf fte ein, unb mad^te fte ju 3Rärt^rern il^reS VLn- 
glauben«. SBir l^eifeen il^ren ßifer gut, — fügt Sernl^arb l^in= 
ju — aber toir ratl^en nid^t gu einer fold&en $anblunggtt)eife, 
benn man mu^ burd^ Ueberjeugung jum ©tauben fül^ren, nid^t 
bagu jtoingen toollen. a)od& — fagt er — toirb eö beffer fein, 
ba| fte burd^ ba« ©d^toert gegügelt toerben, nämlid^ ba« ©d^toert 
ffieffen, ber baffelbe nid^t ol^ne ®runb trägt, al« ba| man i^nen 
erlauben fottte, SSiete gu il^ren Qlntl^ümern gu berfül^ren. 5Denn 
— fagt er — bie Dbrigleit ift Ootte« Wienerin, eine Städterin gur 
©träfe über ©en, ber Söfe« tl^ut." SBir feigen bemnad^, »ern= 
l^arb bertoarf auf jeben gaU bie 9SoH«iuftig gegen bie §äretifer. 
er locllte ein red^tlid^e« 3Jerf al^ren burd^ bie Dbrigleit. ©ein 
^riftlid^e« ©efül^l fträubte ftd^ toolSfl gegen bie Slntoenbung bir 
£eben«ftrafen toiber bie ^äretifer. aber bod^ tourbe biefe« &t* 
fü^l nid^t genug burd^ bie Sinfid^t in bie ©rangen aller menfd^« 
Rd^en ®etoalt, unb namentlid^ ber bürgerlid^en ©trafgetoalt unter« 



1) L. c. pag. 1495. 

2) Cant« serm. 64 §. 8 pag. 14S6. 

3) Cant. serm. 66 §. 12 pag. 1499. 

fteanbec, ber fftiL 9etn^rb. 21 



818 Scm^aTb tinb btc «ntiftTd^Ii^ea ekelten. 

iU^t, um ba| er l^&tte mit g(ü<IItd^em (Stfi^g ben ^rttJ^ümcrti 
feiner 3^i^ entgegentreten tonnen, ^r glaubte bod^ am (Enbe 
SlDeö 9utl^et|en ju muffen, toaiS ba^u bienen lonnte, bem ttmft<^ 
greifen ber l&ärettfd^en Seigren @in^alt }u tl^un. @d toor i^m 
nid^t Aar ber Unterfd^ieb )tt>ifd^en ^ärefteen unb bürgerlid^ ftraf« 
baren äJergel^ungen. @r glaubte bie bürgerlid^e ©trafgetoalt auf 
^Srefteen n)ie auf anbere SSerbred^en bejie^en )u fdnnen. @d ift 
auii) )u bemerlen, bafe ©ernl^arb bie Slnh>enbung ber ©ottedur* 
tl^eile bei fold^en ttnterfuc^ungen nid^t mißbilligte. Sßenn bir 
angesagten auf bem SBaffcr oben fd^ioimmen blieben, liefe et ed 
ald einen SelDeiiS bvr @d^ulb gelten, älud^ ber älbt ©uibert er» 
Mi)t[t eines fold^en ©otteSurtl^eild )ur @ntbedfung ber fc^ulbigen 
^äretiler ol^ne SRifebiKigung ^). S)er ganzen lird^Ud^-tl^eofratifd^n 
9lnfd^auungSn)eife tonnten bie @otteSurtl^eiIe, it>ennglerd^ fte bon 
l^eibnifdjem Urft>runge ausgegangen toaren, m^ jufagen ; bodji 
^aben fid^ bon älnfang an bebeutenbe Stimmen ber $ir^e ba«' 
gegen ertlä^t, bis fte enblid^ aud^ ber ^aS^t beS d^riftlic^en ©ei« 
fkeS ganj toeid^en mußten. • Slm ßnbe biefeS Salj^rl^unbertS er« 
fd^eint einer ber SJiitoriner, 5|JetruS Äantor, afö eifriger (äegner 
biefeS aSerfal^renS gegen bie ^otl^arer. 3« f^^^^ Sud^e, toorin 
er )}iele 3^^id^ ^^^ älberglaubenS unb biele SIRißbräucl^e ber ßird^e 
betämj)ft, feinem yerbum abbreviatum 2), fagt er; ,,SQäie foH bie 
abfd^eulid^e gormel, tooburd^ bem ©ifen bie S^ubertraft mitgetl^eilt 
h>irb, bon toem jene gormel aud^ erfunben fein mag, immer 
notl^toenbig toirtfam fein? ferner, toenn bie Äird^e ber Ungläu« 
bigen ber Äird^e ber ©laubigen berft>red^en toollte, fic tooffte ben 
d^friftlid^en @lauben annel^men, toenn er il^r burd^ baS Urtl^I 
beS glül^enben (SiferS betoiefen toürbe, toürbe bi^ tatl^oKfd^e Äir^^e^ 
um fo Diele Seelen )u getoinnen, iiool^I an einer einjigen Werfen 
fid^ einem fold^en Urtl^eil unterjiel^en ? gern bon il^r fei eS,. 
ben d^riftlid^en ©lauben einem ungetoiffen ©erid^t anJ^eimjufteffen,. 
bamit fie nid^t burd^ bie ©d^Iaul^eit beS 2:eufelS unb bie Qula\^ 
fung ©otteS in ©efai^r tomme !" ©S erfdjeint il^m als eine-änsr 
wajjung, baß 2)ieienigen, bie einem fold^en Urtl^eil fid^ untergiel^en,. 
bem 3lt)oftel ;So^anneS,, ber auS bem fiebenbtn Del unberle^ 
l^erborgegangen fei, nad^ jener falfd^en ©age, fid^ gleidifftetten 
toottten. „SEBie h>agt alfo bie Äird^e bie $ergen ber 3Renf<^en 
burd^ ein i^r frembeS Urti^eil ju i^rüfen? Ober toie toirb ben 



1) Guibert, de vit. sua lib. III cap. 16 opp. pag. 520: Giemen- 
tius in dolium missus, ac si virga supernatat. 

2) Venerabilis Petri Cantoris verbum abbreviatum ed. Galopinoff 
Montibus 1«39 pag. 200. 



ISern^arb mtb bie anttfir^litl^en €^etten. 319 

Stai^axtxn bie eefe^mfigige gfrtft iux Setatl^ung mi)t mQtt&tmt, 
fonbem toetben fte qUH) üetbtannt?'^ SDann fül^rt er ba« S5efc 
ft>iel cintfler el^tbaten Utauen an, toeld^e, toeil fie ber Suft fii^Ied^* 
iet ^tieftet nid^t bietien tooDlett, t)on iJ^nen ate jur ©efte b«t 
tStatJ^arer geJ^drig feien angesagt, unb bon einem Wl&i)ixQ^n, Urt 
er einen tl^örid^ten @iferer für ben d^riftlid^en. ©lauben nennt, 
feien berurtl^eilt toorben, toäljirenb man reid^e Äatljiarer, nad^bem 
man biel ®elb bon il^nen genommen, l^abe uni^erfel^rt toeggel^en 
laffen^). ®in Sinniger fei, ba er arm unb bla^ toar, obgleid^ 
er ben d^riftlid^en ©lauben in älHem treu be!annte, Derbrannt 
toorben, ioeil er ju ben üerfammelten Sifd^öfen fagte, ba^ er ftdj 
bem Urtl^eil bed gläl^enben @iferd auf leine äBeife unterhielten 
toerbe, toenn fte il^m nid^t borl^er betoeifen lönnten, ba^ er ol^ne 
5£obfünbe unb ol^ne ben $errn ju Derfud^en bieg tl^un f önne ^). 

S)er t)on ben orientalifd^en ©eften gegebene änfto^ rief gu= 
nft bie antiürd^Ud^e Siid^tung unter bett Saien l^erbor; bod^ er« 
J^eOt ja fd^on av^ bem, n>ad toir bon ben ©eften im Aölnifd^en 
anfül^rten, ba^ bieg nid^t bie einjige Slnregung, bon ber bie kx? 
fd^einung ber ©elten ausging, toar, fonbern ba^ aud^, unablSfÄ«" 
gig bon aUitt äu^erlid^en @inflüf[en, au$ bem religiöfen Snttoidk 
luttg«j)roje6 bon innen l^erau« fold^e Sleoltionen l^erborgingen. 
ißier pnb nun mand^e Urfad^en, toeld^e ^fold^e Srfd^einungen l^er« 
Dorrtefen, tool^I ju unterf^eiben. SBBir muffen un« tool^l lauten, 
SUIei^ bon biefer älrt für eine auS bem d^riftlid^en Setou^tfein 
j^erborgel^enbe ©eiftedregung }u l^alten. ^tenfd^en, toeld^e gu 
einer anbern S«it aU aSJal^nftnnige toilrben betrad^tet tt>orben 
fein, lonnten bamate unter bem leidet erregbaren rollen äSoIfe, 
burd^ getoiffe Umtt&nbe begünftigt, gro^e^ ä(uffel^n mad^en unb 
älotten um ftd^ l^er fammeln; toie toenn jener W6n6} in bem 
Älofter ju 6lairbau£, ber fic^ felbft für' ßi^riftu« l^ielt ^), unter 



1) 2)tefed Setzte flimmt überetn mit ber StUQt ®ern^arb9 in ber an« 
geführten ^UtLt, tt>o erfagt pag. 1499: <S9 ifl fel^r )u bebauern, bog ntc^. 
aUein Sütjlen unter ben Saien, fonbern aud^, n>ie man erjäf^U, einige and 
ber ®eiflU(^Ieit, unb felbfl Sif(!^öfe, bed (Sen^inned toegen bie ^at^arer 
f^üfeen. 

2) L. c. : Quomodo forma execrabilis iDcarminationis ferri, 
nescio a quo inventa, ex necessitate semper habebit efBcaciam r 
Item: si ecclesia infidelium, promitteret ecclesiae fidelium se sus- 
cepturam fidem Christi, si eam yeram esse probaverit et examina- 
verit judicio ferri candemis: numquid ecclesia catholica propter tot 
lucrandos subiret in unica persona hujusmodi Judicium? Absit, 
eam fidem Cliristl incerto committere judi'cio, ne astutia et maligni- 
tate diaboli, et ex permissione Dei penclitaretur . . . Quomodo igitur 
ecclesia corda hominuin judiciö peregr'mo oxaminare praesumit? 
Vel quomodo induciae legitimae Catharis deliberandi non dantur, 
sed statim comburuntur? 3) 0. oben ®. 74. 

21» 



320 ©etn^arb utib bie antitir^lic^ett ®cftcu. 

Um Solle l^ätte ouftteten linmn. Sin fold&et fd^etnt icttcr Qniü 
ßctoefen ju fein, felbft ein untotffenbet Sanbmann, bet Sii^aaten 
be« tollen SanbboH« in »tetaflne um ftd^ fammelte, bi« e« enb« 
!id& bem (gtjbifd^of bon 3ll^eim« flelang, ftd^ feiner ju bemod^tiflen, 
unb er nad^ ber mit il^m burd^ l^ad (SoncU ju 9ll^eimd 1148 
unter bem 5ßat)ft ©ugen anflefteCten Unterfud^ung einem Äloftcr 
jur SSertoal^runö übergeben tt>urbe unb balb barauf ftarb ^). S)er 
©egenfa^ mit bem ffierberben einer bertreltlid^ten ©eiftlid^Ieit 
lonnteSJlänner bon einem beffereh reformatorifd^en (Seifte, aber aud^ 
toilbe fd^tDärmerifd^e 2)emago8en l^erbonufen, bie unter bem SBoBe 
eine große ?ßartl^ei ju bilben tt)u|ten. Sin fold^er trar jener Saie, 
Slamen« S^and^elm, in biefer3^it. 3)i« Oemeinbe ju anttoer* 
ptn l^atte man lange bernad&läfftgt. Sin SPriefter ate 5Pfanct 
genügte bem großen Äird^enflirengel nid^t Unb nod^ baju toat 
biefer ?ßriefter ein SKann, ber ftd^ um ba« ©eiftlid^e Wenig be= 
lümmerte, unb ber, ba er mit einer SSertoanbten eine ©l^e gefd^Iof« 
fen l^atte, bie man naä) ben ßölibat«gefe|en afö Äonlubinat an* 
fa^, 3?ertrauen unb Sld^tung be« Solfe berloren l^atte. S)ieS be* 
nu|te jener Xand^elm unb Wiegelte ba^ 93oI! gegen bie ©eiftlid^? 
leit auf. 3)a Wir l^ören, baß er aud^ eine Steife nad^ 3tom 
unternal^m % fo fd^eint barauS ju erließen, baß er anfangs feine 
entfd^ieben antilirdjlid^e SRid^tung l^atte; fonbern er mag juerft ^u 
jenen Demagogen, Weld^e bem l^tlbebranbinifd^en ©VP^"^ iwi ©egen* 
fa$ mit ber berWeltlid^ten ©eiftlid^Ieit ftc^ anfd^Ioffen, gel^ört 
l^aben. ©^ fd^eint ja aud& ein SPriefter mit il^m berbunben ge« 
Wefen ju fein. 2)a er aber bei bem rollen, gu Wilben SBetoegun*' 
^en immer geneigten Solfe grabe biefer ©egenb ungel^euren 2lm 
l^ang fonb, fo fd^eint er in feinen Singriffen auf bie Äird^e immer 
Weiter gegangen ju fein. S)ie ©alramente Würben berad^tet, bie 
geWeil^ten ©oftien bei ©eite gefd^afft. 6« War eine attgemeine 
6mt)örung gegen bie Äird^e, mit SluSfd&Weifungen berbunben. 
fjreilid^ fragt e« ftd&, Wie biel Wir ben Serid^ten ber (Segner 
trauen bürfen, ob S^and^elm wirflic^ fo Weit gegangen ift, fidj 
al^ einen bon bem l^eiligen ©eift erfüllten 3Kann ß^riftu« felbp 
gleid&jufteUen, ober ob bieg nur eine Äonfequengmad^erci ber gegen 
i^n erbitterten ©eiftlid^en ift. (Srft bem 3lbt 5Rorbert, ber beß* 
l^alb nad& jener ©tabt gerufen Würbe, fonnte e« gelingen, biefem 
jügeUofen ®eift entgegenjuwirlen ^). 9Ran fann* ba3 abreiben 

1) Otto Frising. bist, de gest. Friderict I. lib. I cap. 54. 55. 

2) Epistola Trajectensis ecclesiae ad Fridericum episcopam 
CoK in ben act. S. Jun.. tom. I pag. S45. S)ann toixh ge{agt t>on 
einem $redbt;ter: qui et illum Rotn^ prosecutus. 

3) Abaelardi introd. ad tbeolog. opp. pag. 1066. — Vita S. Nor- 
bert! act. S. Jun. tom. I pag. 843 sq. ' 



iSetn^atb unb bie anttttrd^ltc^en Soften. 32X 

btefed Zatii^tlvx toofjl mit bem iener tnfinßerfd^en SBtebettäufet 
teröUid^ett, toenn e« aud^ bon berfd^tebettcn ?ßttnctt)ien ausging, 
Son fold^en aWenfd^en ftnb tpol^l )u unterfd^cibcn bic bon 
einem belferen ©eifte befeelten 9Jlännet, tpeld^e im ©egenfa^ mit 
bem ürd^lid^'-tl^eolratifd^en ®#em auftraten, au$ ber ^itte ber 
«©eiftUd&feit ober be« SKönd^^tl^umg -felbft J^erborgingen, — Vor- 
läufer ber jenigen Slid^tung, koeld^e in ber beutfc^en Sieformation 
nad^l^er fiegreit^ burt^bringen fottte, unb toeI(i^e fd^on je^t in ben 
©egenben granlreid^g, tt>o nad^l^er bie SBalbenfer ft^ bilbeten, 
tinb n^o f^&ter bie ©runbfä^e ber Sieformation bieten Eingang 
fanben, Tii) berbreiteten. 9lber tt>ir muffen freiKd^ aud^ bei bie^ 
fen aRännern nid^t 9lffe« für reine« ®olb l^alten. @5 fd&eint 
il^nen bod^ bie ad^te reformatorifd^e 3Beidl^eit, « toeld^e fid^, 3U ben 
€tanbt)unlten unb Sebürfniffen ber aWenfd&l^eit l^erablä^t unb 
tem Seifj)iele ßl^rifti unb ber 9l})oftel folgt, gefel^It gu l^aben. 
®« lann fd^on bie Sieformation nid^t gelingen, bie juerft mel^t 
negatib afö })ofitib, mel^ir gerftörenb aü erbauenb auftritt. 3)er 
redete Sleformator tt>irb nid^it fo auftreten, ba^ er bie alte Äirdje 
jerftören uijb eine neue fd^affen tottt ; fonbern begeiftert bon einer 
©eite ber d^riftlid^en SBal^r^eit, jeugenb bon ber eigentl^ümlid^en 
4>ofttiben Suffaf[ung be« S^riftentl^ums, bon ber feine @eele boQ 
ip, toirb er nur. geugen bon bem, toaS xi^m burd^ feine refigiöfe 
@rfa]^ung getoi^ getoorben, ol^ne eine beftimmte Umtoäljung bed 
lird^Iid^n Seben« )u beabftd^tigen. ä)ie bon il^m berülnbete 
SOBal^rl^eit, toeld^e bie ©emütl^er ergreift, toirb burd^ bie il^r in- 
tool^nenbe Äraft unb ben barau« l^erborgel^enben gefd^td^tlid^en 
enttt>idtIung8J)roge6 äffe« totrfen, unb il^ren SBerlünbiger felbft mit 
ftd^ fortreiten. (Sine neue ©d^öjjfung toirb barau« berborgel^en 
ol^ne bie älbftd^t SDeffen, ber )um Drgan Sl^rifti babei gebraud^t 
tourbe. SDerfelbe ß^riftu«, ber bie Äird^e in*« 2)afein gerufen 
l^at, toirb aud^ il^rc ®rneuerung l^erborbringen. SBer nic^t auf 
iiefe SBeife toirlt, toer mit einem 3RaU in ber ^ird^e älffe« ums 
fd^affen toiff, beftimmte SBirlungen l^erborbringen in ber S^^- 
ftörung be« $ergebrad^ten, ber lann für ben äugenblidf befto ge« 
toaltiger bie ©emütl^er be« 93oI!« ergreifen, ba« neuen ääetoegun» 
gen {td^ leidet l^ingiebt, aber feine Sßirifamleit toirb leine nad^s 
l^altige fein. ®« ift ein geuet, ba« leidet um jtd^ greift, aber aud^ 
balb toieber berlifd^t, bie ^robe ber ©efd^id^te nid^t au«l^alten 
lann. 5Da« gilt tool^l bon ben reformatorifd^en aWännern biefer 
Seit, bon benen toir nun reben hoffen. @ie toaren nid^t geeig^ 
net, eine SJBiebergeburt ber Äird^e borgubereiten. @« toar baju. 
aber freilid^ bie Q^xt nod^ nid^t ge!ommen, toie älffe« in ber ©e« 
fd^id^te feine 3^it f)aUn vm% um ju reifen. @« mu^te erft ba« 



be^ S^tifteRt^unt« in biefct %otm, beten bie Sölfer nod^ bebucf« 
ten, forttoirlen, aud^ bad Sd^Ied^te in biefer ^orm ^nod^ mel^r an'd 
£id^t treten, biefe jtd^ noä) mt^x felbft übetleBen unb biurd^ ü^re 
toetberblid^en äu«toücl^fe ben ©egenfal ^eröomifen, el^e bie freiet« 
unb teinete ©eftaltung bed d^tiftlid^en Setvugtfeind fiegteid^ l^et^ 
l»otttetcn unb butd^btingen lonnte. S)ie ütealtionen eined aUmätig 
ftd^ Sal^n mad^enben neuen $tinct))d gelangen nid^t gleid^. gam 
teinen 9ludf))red^en il^ret felbft unb )u il^ret reinen Snttojdlung, 
fonbem ed pfltQW ntand^e Serfud^e boranjugel^en, unb bie Seit 
mul aDmälig ent))f&nglid^ gemad^t toerben, el^e bad Siedete an'^ 
Sid^t !ommt. atber in bem Sntft^idCIung^gang ber ©efd^id^e i^ 
leine Offenbarung ber äSal^rl^eit, loenn fte aud^ für ben Slugeit:: 
blid unterliegt, unb biefed }um Xl^eil burd^ bie beigemifd^ten @d^Ia^ 
den, )um 2:^ei[ burd^ bie Unreife ber 3^it bebingt ift, Dergeblid^. 
SSLnii biejenigen 9tid^tungen, ta)el(^e im Jtam^f mit ben entgegen^ 
gefegten nod^ ju m&d^tigen Slementen unterliegen, finb !eine t>et^ 
geblid^en. 2)ie Dt^fer, toeld^e faden, bienen ba)u, bie gulunft 
torjubereiten. 

98ad* ta)ir Don ben 9let)räfentanten einer reformatorifd^n 
ätid^tung in biefer Seit gefagt l^aben, ift indbefonbere anjutoenben 
auf ben $riefter $eter pon 9rui$, ber um bad ^al^r 1100 
in bem füböftlid^en granlreid^ in ben ©egenben ber !RieberaIt)en, 
in bem Umireife ber ©täbte 3lrle«, Offerten, ©aj) unb SDigne 
auftrat. @r f^eint burd^ bad €tubium bed neuen 2;eftamentiS, 
gu bem er burd^ feinen geiftlid^en S3eruf gefül^rt ioorben u>ar, ju 
bem ä3eh>u^tfein gelangt )u fein, toie fel^r fld^ bie Jtird^nlel^re 
feiner S^it bon ber urfj)runglid&en Seigre ßl^ripi unb ber Ät^c^el 
entfernt l^abe, unb toie jene fd^on genannten Sl})oftoliIer toollte 
er ba« äd^t ajjoftolifd^ tPteberl^erpellen. @x Dertoarf ba« «nfel^n 
ber 2^rab{tion unb ber alten jtird^enlel^rer, bie man il^m ald um 
t)enDerflid^e geugen entgegenl^ielt @« fragt ftd^, ob er f^lbfl bem 
alten SCeftament i)erj)Pid^tenbe« änfel^n für ben religiöfen ©lau« 
ben ber ßl^riften beilegte. ®« lann fein, ba| ber ®egenfa| gegen 
bie jübifd^en @lemente ber fird^lid^en^l^eolratie il^n )u einer fd^ 
feren ©onberung it9 alten unb neuen a:epament« |infül^rten, 
unb ia% er baburd^ t^eranla^t tt>urbe, gegen bad 9lnfel^n bed alten 
Stefkimentd felbft im SSerl^ältnig jur d^riftlid^en Jtird^e aufgutreteii. 
3a, -e« fd^eint fafi, ate toenn er, ft>a« Cl^riftu« felbft gefj)rod^, 
über alled älnbere erl^oben, unb ben Sriefen ber S^^oftel nid^ 
-fileid^e« «nfel^n jufd^rieb. ^eter öon ßlugn^ erflärt ft^ in feinem 
SSerid^t über bie Seigren ber $ettobrujtaner i\öat fd^loanlenb in 
^infidjft biefei ^nlted ; aber ed fd^eint il^ bod^ borgefd^toebt pL 



9etn^xb nnb bie onttürd^c^n Gelten. 323 

%a&eit^ tDorauf er immer tvieber jurücRommt, bag bie ^etrobru:". 
ftoner tDtrfItdjf nur ben unmittelbaren äBorten Sl^fti bad l^öd^ße 
änfei^n tfilegten**). 6« er^eBt au« bcm oben angefül^rten SBet 
f}>iel jener SKönd^e ju Clugnl^, toeld^en gtoetfel barüber etttftanben> 
iäi ßl^riftud in ben @bangelien ftd^ ntd^t felbft @ott nenne, tote 
fcer ertoad^enbe Sorfd^unß^ßetft in biefet S«it baju führen lonnte^ 
®eflenfä|e jtt>ifd^en ben ©toongelien unb ben ajjoftolifd^en Sriefen 
ju erfennen, unb je Weniger man jtclji auf bie toiffenfd^aftlid^e 
Sermiltlung berftanb, befto leidster lonnte man in fold^en ©egen« 
fä^ea ^ngen bleiben. S^bem $eter k)on 99ruid^) baS älnfel^n 
ier lirdjili^ien 2:rabition bdämpft, fd^eint i^n biefe 5ßolemiI fo« 
^r Leiter gefäi^rt )u l^aben, to)ie ed bie Aonfequen) aUerbingd 
t>er(angte, fo ba^ er aud^ ba« älnfel^n berfelben in Sejiel^ung. 
«uf ben Äanon in 3^^if^I )u jiel^en begann ; n>enng(eid^ ftd^ nid^t 
llar erlennen (ä§t, toad er eigentUd^ ^ooEte '). 993enn nun aber 
^ter k)on Srui« in feiner reformatorifd^en 9tid(|tung k)on bem 
Slnfel^n beiS neuen Xeftamentd aCein ausging, fo fel^lte il^m bo^ 



1) $etev bon (Slugnt^ ertannte loo^I felSfl, trie unjuterlälft^ bie toxhtx* 
f))re4enben (Serütf^te über ^^äretiter feien. Einige geivtg in feinbti^er ®e* 
finnung ilbcrtretbeiibe SBertc^^te fagten ja, tt>o« ^etev bon (Slugn\^ felbfi aU 

.falf(4 anertannte, bog $etev Don iBruid au4 ba9 $(nfe^n QE^^rifli nid^t foQte 
gelten laffen. Petri Cluniacens. tract. adv. Petrobrusianos bibl. Clu- 
niac. pag. 1126: Videndum est, utrum hi, qui tantis orbis terrarum 
magistris non cedunt, saltem Christo, propbeits, Tel apostolia ad<» 
quiescant. Hoo ideo dico, quoniam nee ipsi Christo, vei prophetisi 
aut apostolis Y08 ex toto credere fama vulgavit, ipsique majebtati 
veterts ac novi testamenti, quae jam ab antiquo totum orbem eub- 
<didit, yoB detrabere, si tarnen verum est, indicavit. Sed quia fal- 
laci rumocum monstro Don faoile aaaensum praebere debeo, maxime 
cum quidam tos totum divinum canonem abjecisse affirment, alii 
qnaedam ex ipso tob sascepisse contendant, culpare vos de in- 
certia nolo» sed necessario totum canonem, qui ab ecclesia sii- 
«cipitur, vos suscipere debere certis auctoritatibus probo. — Si 
^nim, quod omnes affirmant, Evangelium . etiam tantum su- 
acipitia, necessario. et dictum est, et reliqua omnia suscipietis. Ibid. 
pafT. 1130: Apostoli epistolas, quibus forte non creditis. Ibid. pag. 
1132: Evangelium, ut supra dixi, vos suscipere fama coni^onans est: 
alias canonis divini scripturas vos ant renuerö, aut dubias dicere 
certura est. 

2) C^9 UW und fretü^ an genfigenben !S)aten, nm, xoai $eter ^on 
Srntd urf)>tünglt(i^ (e^irte, unb toad etma eifl bon feinen ^nl^ängern ent« 
loidelt nmrbe, mit ©td^erbett fonbern )u tdnnen. 

3) ^eter t^on (S(ugn)^ gtebt nSmUiib p ettennen, bag fie eine fi^erete 
:16fivgj(!(^aft bafQr t>etlangten, bag bie Briefe unter bem Sflamtn ber. fipefid 
tDxxtiiäf ton it^nen ^ertübrten. L. c. pag. 1132: Epistolas' apostoli 
Pauli et aliorum apostolorum, ut Interim de aliis divinis libris ta«. 
€eam, cur non suacipitis? Respondetis: Quia non adeo certa nobii 
«arum fest auctoritas, ut fidem eis dare velimus . . . Si constaret certa 
auctoritate, Tel ratione, eas apostolicas esse , nobia suscipere esset 
^lecesse. Cfr. 1. o. pag. 1133 D. E. 



324 Ocm^rb unb bie antttir^U^ctt ectten. 

geioi^ bie ba}u nöt^kDenbtge tl^eologifd^e Silbung, um Sud^aBeit 
itnb ®etft ted^t )u iintetfd^eiben; t)on dnanber ju fonbern, toa^ 
}tx)ar in bem Sud^ftaNn bed neuen Xeftament^ nid^t ^egtünbet 
aber bo(i^ bem ©eiße nad^ bataud abgeleitet, au$ bev lebenbigen 
Snttpidlung bev aui ber a:))oftolifd^n SSerfünbigung 0ef((fd))ften 
unb in ba$ d^tiftlid^e 99en>u|tfein übergegangenen äSal^rl^eiten 
ftd^ auf naturgemäße Seife l^erauiSgebUbet f^aiU, unb todi avA 
ber einmifdjfung frembartiger ©lemente hervorgegangen toar, um 
ftd^ bie ^age aufjutoerfen unb gel^örig )u beantworten, toie bie 
äjjoftel unter ben 35ebingungen il^rer Stit in biefem erjten @nt= 
ioidlunggftabium ber Jttrd^e l^anbeln mußten, unb toie fie afö 
Organe beffelben @eifted Don benfelben $rinci))ien au^ in einer 
ft)äteren geit gel^anbelt i^aben Würben, ©o fonnte benn 5ßeter 
Don Sruid bei feinem rid^tigen Streben nad^ äßieberl^erfteilung 
bed 9{eina))oftoUfd^en bod^siud bem SRangel jener Unterfd^eibung 
in feinenr reformatorifd^en Seftrebungen bad rfd(^te SXaaß über« 
fd^reiten unb mand^ed Seftel^enbe angreifen, \oai er aH ti\oai 
aui einer gefunben d(|rift(id^en @nttt>idt(ung hervorgegangene^ fid^ 
l^ätte aneignen foHen. ©ein ©tubium be« neuen Seftament« muß. 
i^n tooi^l JU einer berinnerlid^teren äluffaffung be^ S^riftent^umi^ 
gefül^rt l^aben. Slber toie eö fd^eint, baß et, einen Srrtl^um be* 
lämpfenb, burd^ ben l^eftigen ®egcnfa$ ber $ßolemiI lei^t gu 
einem entgegengefe^ten älbtoeg ftd^ l^intreiben ließ, fo tourbe er,, 
inbem er bie SSeröußerUd^ung ber SHeligion gu feiner Seit bt^ 
fätjtj)fte, auf ia^ ^nn^xt afö bie ^aujjtfad^e bie äufmerffamleit 
l^inlenten Wollte, aud^ in biefem @egenfa$ )U Weit gu gelten, bie 
©ad^e auf bie ©))i$e ju fteUen Verleitet. @r Verfannte ben für 
bie menfd^lid^e Slatur notl^Wenbigen' 3wfÄmmenl^ang beS Snnereit 
unb Sleußerlid^en, bem aud& ia« ß^riftentl^um fid^ anfd^ließt. 
©eine Slid^tung l^ätte in tl^rer ©infeitigfeit )u einem falfd^en reli* 
giöfen S^ealigmu« l^infül^ren Mnnen. (£r Wollte au^einanber^ 
reißen, toa^ burd^ ®ott, burd^ bad (S^riftentl^um aU SSerltärung^ 
^rinci)) für alle^ ^cnfd^lid^e für bie äußerlid^e SBelt jufammen^ 
gefügt Worben. @r Wußte am Wenigften bie notl^Wenbige ftufen« 
mäßige ©ntwidflung be« religiöfen fieben«, bie Sebürfniffe unb 
ben ©tonbt)unft ber SHenfd^en, unter bcnen n auftrat, ju beadj* 
ten. Sin Von reinem religiöfen 3>^*^»^^f[^ auggel^enber Unwille 
gegen ben 3lbergiauben fd^eint bod^ leidet mit ju großer Seiben« 
fd^aftlid^Ieit bei il^m pd^ bermifd&t ju l^aben. Sr beobad^tete bie 
jarte ©d^onung nid^t, beren e« bei religiöfer ©nWirlung befonberl 
bebarf. @r Wußte ba$ religiöfe ®efü^l ni^t aud^ in ben mit 
-irrtl^ümlidjen ®lementen Vermifd^ten Slu^Wüc^fen gu ad&ten. 3n 
ber begeit^neten Süd^tung trat er. Wie bie^ ein geme4nfamere^ 



SKerfwal bet antifitd^Iid^cn ®fiftc«elemente biefet 3^1* J" H» 
}>P^0*^A Ö^Ö«^ *>i^ Äinbertaufc auf. ®r toottte eine d^riRIidJe 
Xaufe nur ba anetlennen, h)o ba^ bajit notl^toenbige 3Roment 
beS ©lauben« Uorl^anben öetoefen fei, ©r fcetrad&tete balj^er bie 
fiinbertaufe aU eine nid^tige, unb e$ mußten ftd^ älSe, toeld^e in 
bie bon il^m flefliftete (äemeinfc^aft eintreten tooBten, Don Steuern 
burd^ bie SCaufe barin aufnel^men laffen. 2)ie SBaffertaufe fönne^ 
to)o lein ®(aube öorl^anben fei, — leierte er ~ nur ben Scib, 
aber nid&t bie ©eelc reinigen. SBenn bie ?ßetrobruitaner bon 
il^ren (Segnern SEBiebertäufer genannt tourben, fo glaubten pe 
biefen 9ianten mit- SRed^t jurüdftoeifen ju fönnen, bä bon einer 
Sieberl^olung ber Saufe nid^t bie Siebe fein fönne, tt>o leine 
tt>a]^re S^aufe borl^ergegangen fei. ,,S33ir — fagten fie — ertoar*» 
ten bie redete S^it für ben Olauben, unb toenn ber aJlenfd^ bereit 
tft, feinen ©Ott }u ertennen unb an \f)n ju glauben, fo t)oK)iel^en 
)oir an einem @o(d^en nid^t, toie il^r und befd^ulbigt, eine SSie^ 
bertaufe, fonbern tpir taufen il^n, toeil nie ein ®etaufter genannt 
toerben fann, ber nid^t mit ber Saufe, burd^ bie man bon Sün* 
ben gereinigt ioirb, getauft tt>orben ^)." ^ter bctoäl^rt fid^ nun; 
toai ioir t>otf)in fütgten, ba^ $eter bon 93ruid, toad bem Säud^- 
ftabeu, unb toad bem ®eifte unb ber S^ee nad^ in ber Sd^rift 
entljialten ift; nid^t ju unterfd^eiben tou|te, unb ju einer Ueber« 
fd^ä$ung bed 35ifd^fta6eng unb bed 2leu|erlid^en, fo fel^r aud^ fein 
Streben gegen bied £e|te fonft gerichtet toar, pd^ herleiten Iie|. 
SDie 3Kef[e nannte $eter t>on Sruig einen SSetrug ber ^riefter, 
unb er bertoarf bie geier be« l^eiligen 3lbenbmal^I« ganj unb gar. 
Seine Seigre über btefen ©egenftanb »lä^t fid^ nid^t fidler unb 
genau beftimmen. S)ad 9Bal^rfd^einItd^fte ift tool^I, ba^ er burd^ 
feine 5ßoIemit gegen bie fird^Iidbe SKeffe ^u ber Sel^aut)tung ber« 
anla|t tt>urbe, ß^riftud l^abe bad Slbenbmal^l nid^t aU eine t^eier 
für alle 3«i*«« eingefe^t, fonbern nur afe Slbfd^iebSmalJ^l mit 
feinen S^^^Ö^« einmal gefeiert*). (Jreilid^ toäre e« fd^toer ju. 
erflären, toie ein 9Rann, ber bie älutorität bed neuen Seftamentd 



1) Petri Cluniac. tract. adv. Petrobrusianos bibl. Cluniac. pag,. 
1119 et 1124: Nos vero tempus congruum fidei exspectamuH, et ho- 
minem postquam Deum suuin agnoscere, et in eum credere paratus 
est, non, ut nobis Imponitis, rebHptizainus, sed baptizaipus, quia^ 
nunqüam baptizatus dtcendud est, qui baptismo, quo peccata lavan- 
tur, lotus non est. 

. 2) Abael. introd. in theol., opp. pag. 1066: Altana saoramentam 
nullatenus celebrandum esse. Petrus Cinniac. 1. c. pag. 1119: Non 
solum veritatem corporis et sanguinis domtni quotidie et continne 
per 8.«cramentum in ecclesia oblatnm negat, sed omnino illud nihil 
esse, neque Deo offerri debere decernit. 



326 Sern^arb unb bie atitüird^li^cn €k!teii. 

ttt feinem g^ktijen Umfange anertannte; bev aud^ bie a))oftoßfd^ 
Xutoritdt be^ $aulud bef onberd ad^tete, bie bauernbe ©eltung bet 
Xbetibma^Ufetet (eugnen lonnte. äiber anbete fteOt ftd^ hk 
Gad^e, h>ettn^ h>te mir nadjf bem oben ©efagten tnand^en (Srunb 
«njunel^meit ^aben, ?ßeter bon Stui« rtut ben au«brfttHid^eK 
SBorten S^rifti bie l^öc^e 9(utorität beilegte. 9Cm auffaOenbfien 
-iDürbe e^ jetn^ toenn man i^m in ^inftd^t bed 9(benbma^I^ ju;? 
fd^reiben fonnte, h>a« ber 816t ^Jetet bon ßlugni; bon feinen «n« 
j^&ngern fagt: nömlid^ il^re Se^te fei geh>efen, ba^ S^riftu^ nur 
einmal bei jenem legten Sufammenfein mit ben Sängern feinen 
2eib i^nen bargeteid^t l^abe*). ^eter bon (Slugnt^ fü^tt fold^e 
SEBorte ber Slnl^önger bed $eter bon Sruid an: ,,D xf}t SßblUt, 
iooOt boc^ nid^t ben Sifd^dfen, ^rieftern unb ®eiftlic^en, bie eud^ 
terfü^ren, glauben! ©ie betrügen eud^ toie in biefen ©ingen, 
fo bei bem 3)ienft bed «Itard, h>o fie (ügen, ba^ fte ben Seib 
G^rifti l^erborbringen unb il^n eud^ audt^eilen )um $ei[ eurer 
Geelen. ®ie lügen burd^aud. S>enn ber Seib S^rifti ift nur 
einmal bon i^m bor feinem Seiben ^erborgebrad^t toorben, unb 
nur einmal, bad l^ei^t bamal^, feinen Igüngern au^getl^etlt h>or^ 
ben. ©eitbem aber ift er nid^Moieber l^erborgebrad^t unb irgenb 
Sinem au^get^eilt toorben.'' fflte foBten tt)ir nun bem 5ßeter 
t)on Srut«, bei bem Rd^ bod^ fonft nad^ ben un« borliegenben 
Crud^ftüdfen eine tool^l jufammenl^ängenbe S)enfh)eife toal^rne^men 
iä^t, ein flarer Cerftanb, eine fold^ SKeinung gutrauen fönnen, 
ba| ©l^riftu« grabe nur bamate, afö er leiblid^ mit ben Süngerti 
jufammen toar, unter bem Orot unb SBein feinen Seib t^nen 
audgetl^eilt IJKibe. 9Bar er nid^t geneigt, ettoad Uebernatürlid^ed 
l^ier anjunel^men, bie SBorte bud&ftäblid^ ju faffen, fo fonnte er 
am toenigften baju berantafet toerben, bei ber erften Sinfe^ung 
l^ier eine SluSnal^me ju mad^en. ffiir toerben alfo bod^ too^l ber= 
anlaßt, einen aRi^berftanb l^fier anjunel^men. Unb bann liegt e< 
am 5Räd^ften, bie SKeinung be^ ?Peter bon Srui« pc^ fo borju» 
ftellen, ba^ er, tt)ie gefagt, in bem legten SKal^l ß^rifli nid^ bie 
ßinfe^ung einer für äße Reiten geltenben ^ier anerlannt l^abe. 
greilidji toerben loir, toenn toir, unfern eignen ©tanbj)unlt ber» 
geffenb, ben ))fv^olo0ifd^en @ntn>id(lungdgang eine^ fold^n ISRax^ 
ned unter fold^en S^itbebingungen ertoägen, nid^t auf fo ftd&ere 
SEBeife über feine eigentlid^e SKeinung gu entfd^feiben un« erlauben 
fönnen. SBenn er nur ben Porten ßl^rifti jene l^ödjifte Autorität 
beilegte, koenn er an bem Sud^ftaben fe^l^ielt, au^ früherer 3^^ 
getoö^nt h)ar an bie Suffaffung, ba§ ber Seib ß^rifti ouf eine 



1) L. 0. pag. 1174. 



üBetnatütKd^e SBeife im Ä^enbmal^I J^ettootgciBta^t toorbe«, rtu« 
<ibet öegen bic ^ciet bcr 3Dleffe> in ber Äird^e unb ballet bie 
^benbmal^tefeier ü6etl^au))t eingenommen ft>ar, toäte e^ boc^ mdg« 
Jiid^, fo fd^toer aud^ fonft benibar, ba^ er biefe^ SBunbet in iem 
tinen ^aOe, loo er e^ bud^ftäblid^ erU)äl^nt }u finben glaubte, 
fefil^rtlten }u mtijfen ßemeint l^ätte. fjerner üerf))ottefe er bie 
(Scbete, D})fer, Slljmofen, guten SBerle für bie SScrflorbenen, in« 
bem er htffaupttU, ba^ fold^e Jtetnem ti\Da^ nü^en fönnten^). 
S)er Unto)iQe über bie SSere^rung unb S(nbetung ber Areuje^jet« 
^en, bie il^m afö ©%nbienft erfd^einen mu^te*), tjerleitete il^it^ 
nid^t blo^ gegen Sl^riftu^bilber unb Aructfise )u reben, fonbern aud^ 
gegen bie Äreuje«jeid^en, toeld^e felbft öon ben eifrigen ®egnern bet 
Silber in bem ad^ten unb neunten l^a^rl^unbert gead^tet lourben. 
Solan erfennt bei il^m nid^t ba« d^riftlid^e ©efü^l unb ein SSerftänb« 
ni^ beffelben, toenn er gegen bie Äreuge^jeid^en al^ ein 2)en{mal 
ie« Seiben« gl^rifti, ba« man bielme^r auf alle SBSeife jerftdren 
fottte, ft)red^en fonnte, toenn er fagen fonnte, man muffe ba« 
Jtreujedjeid^en aU bad äSerfjeug ber fd^redFIidSfen Starter e^rifli 
aiid^ anbeten, nid^t i>erel&ren, fonbern bielme^r mit geuer unb 
©d^toert jerftören *). gaft lönnte man meinen, ba^ 5Peter i»on 
fßmi bie SSebeutung, toeld^e bad Seiben S^rifti für bad d^rifttid^e 
^iougtfein l^at, felbft ni^t erfannt l^abe. (Sin S9eif)>iel bat)on^ 
jtt toeld^em unbefonnenen, leibenfd^aftlid^en $anbeln ber ganati^s 
muS ber Verneinung il^n fortreiten lonnte, er^eüft barau«, toenn 
er an einem ©Karfreitage bon ben um il^n gefammelten Solte» 
fd^aaren aUe Areuje^jeid^en, bie man oufftnben Ibnnte, jufammen« 
tragen, ein- gro^e§ treuer barau« mad^en unb bei bemfelben, pim 
%xoii gegen bie ürd^Iid&en JJaftengefe^e, ^leifd^ lodjien unb bie 
©einigen bamit betoirtl^en liefe*). ®r fd^eint ba« SBefen be« 
ßl^riftentl^umg im ®egenfa| gegen alle onbern religiöfen ©tanb« 
j)un!te mit 9ted^t barin erfannt )u l^aben, bafe burd^ baffelbe bad 



1) L. c. nag. 1119: Sacrificia, orationes^ eleemosynaSf et reliqaät 
bona pro defunctis fidelibus a vivis tidelibus facta deridet, nee eil 
;4liqueni mortuorum vel in modico posse juvare affirmat. 

2) L. c. pag. 1153: Dicitis crocem domini honorandam vel ad- 
orandam non esse, quoniam species, qnae dominicorum cruciatuum 
«t mortis instramentom fuit, abjieiepda, non veneranda, ignibus con- 
«remanda, non stultis supolicationibus insensibilis invocanda est. 

3) L. c. pag. 1119: Cruces sacras confringi praecipit, et sac- 
cendi, quia species illa vel instrumentum, quo Öhristus tarn -dire 
tortus, tarn crudeliter occisus est, non adoratione, non veneratione, 
vet aliqna sapplicatione digna e.st, sed ad ultionem tormentoruxn et 
mortis ejas, omni dedecore dehonestanda) gladiis conuidenda» igni- 
bus succendenda est. 

4) L. c. pag. 1160. 



828 8crti(arb unb bie antittrd^lt^en €>e(test. 

religidfe 2tUn \>on ben SUmenten ber flUeli, bon aKen @d&ran» 
len bet 3^i^ ^^^ ^^^ SiautneS utiabl^ängig gemad^t, ba^ bufd^ 
bajfelbe jcber Dtt bet SBelt )u einem 3:emj)el ®otteg jjel&eiligt 
toorbctt. S>ie Äird^e — faßten bie ^etrobrufianer — befleiße 
nid^t in ber SWenge bet jufammenflefüöten Steine, fonbern in ber 
Gin^eit ber berfammelten ©löubiöen^). aber aud^ aui biefem 
®riinbfa|e leitete ^eter Uon S3rui« nun toieber eine falfd^e unb 
terberbKc^e })raftifd^e tJolfl^tung ab, bie Sebürfniffe einer religio« 
fen ®emeinfd&aft, bie Sebütfnijfe ber geiftig=finnKd^en SKenfd^en^ 
natur öerlennenb, inbem er batau« folgerte, alle Äird^en mußten 
niebergeriffen toerben. ©ö follten leine Äird^en erbout loerben, 
fagte er, bie einmal erbauten müßten jerftört toerben, bie ßl^ris 
ften bebürften leiner l^eiligen Drte jum ®ebet, toeil &oii cbtn 
fo gut l^öre, toenn er in ber €d^enle ober in ber Aird^e, auf bem 
SDtarlte joitx in bem Xem))el, Dor einem älltar ober einem Stall 
angerufen toerbe, unb er l^öre 2)iej|enigen, toeld^e beffen tourbij 
feien ^), SBirflic^ fotten ftd^ bie ^ßetrobrupaner ©etoalttl^aten in 
ber 5ßieberrei|ung ber Äir^en erlaubt i^aben *). 35ie leibenfd^afl* 
lid^e Erbitterung gegen bie l^errfd^enbe ßird^e foQ fie avi(l^ ju 
3Jltßl^anbIungen gegen ©eiftlic^e unb ^önd^e berteitet l^aben ; au$ 
$aß gegen ba$ ^önd^^t^um foQ man bie ^önd^e )u l^eiratl^en 
gejtoungen l^aben. S)od^ toiffen toir nid^t, toie biel bem ^eter 
ton 93rui$, unb toie Diel bem ^anatii^mu^ feiner Slnl^änger gu- 
jufd^reiben ift*}. 3laä) bemfelben ^Princi}), bermöge beffen 5ßeter 
Don äSruid ben ®ebraud^ ber ^unft bei ber äluffü^rung ber 
Äirdjen bertoarf, erltärte er fid^ auä^ gegen ben Äird^engefang, 
ber freilid^, toie toir oben bemerft l^aben ^), nid^t immer mit ber 



1) L. 0. pflg. 1153: Praedicatto enim templa superflao faforicari^ 
cum eccles>ia Dei non consteb multitudine sibi cohaerentium lapi- 
dum, sed unitate cohgregatorum fidelium. 

- 2) L. c. pag. 1119: Dicit, templorum vel ecclesiarnm fabncam 
fieri nondebere, factas insuper subrui oportere, nee esse necessaria 
Christtanis Sacra loca ad orandum. quoniam aeque Jn taberna et in 
ecclesia, in foro etin templo , ante altare vel ante stabuiam invo- 
catus Deus audit, et eos qui merentur exaudit. 

3) ^te au9 bem ^ertd|^t bed ftuv bon (Slugm^ erl^ettt 1. c. pag. 
1132: Et quae est ista, quam dicis, ecclesia? Quid vo8| Inquam, 
ignorare hoc nomen dicitis, cum id vobis olim nimium nimiumque 

«notum /uerit, cum ejus corporalem fabricam destrueretis?. Tuno 
entm vos dicebatis, idcirco eccleslarum aedificia destruere, quod 
nomen ecclesiae non structuram parietum, sed congregationem tfde- 
lium signaret. 

4) L. c. pag. 1122: .Populi rebaptizati, ecclesiae prophanatae^ 
altaria sufibssa, cruces succensae, die ipso passionis dominicae pu- 
blice carnes comestae, sacerdoies flagellati, monacbi incarcerati, et 
ad ducendas uxores terroribus sunt ac tormentis compulsi. 

5) @. Qben &. 58. 



^em^arb unb He antilir^tid^ett heften* 329 

• 
ber änböd^t jtemetibcn SBürbe unb (Stivfad^l^eit ßelettet tviurbe. 6r 
ertlärte fid^ gegen bie Slntoenbung ber 3Hufi! bei ber relifliöfen 
geier. (^ toerbe ®ott berftjottet burd^ Un Äird^engefang, fagtc 
biefe @efte ; benn S)er, toeld^em allein bie frommen Oef ü^Ie tool^fc 
gefällig feien, lönne nid^t burd^ laute Stimmen l^erbeigerüfen, 
nid^t burd^ mufilalifd^e ÜRelobieen befÄnftigt toerben^). 

SBir erlennen l^ier in bem 5)Xeter Don Sruii? jene begeid^nfete 
nngefd^id^tlid^e Slid^tung, toeld^e burd^ ben ©egenfa^ gegen bie 
l^injugelommenen fremben ßlemente fic^ herleiten Ke^, aud& h)a« 
au^ ber gefunben (SnttoidEIung ftd^ bon fetbft l^erau^gebilbet l^atte, 
«uSftofeen 3u tooHfen, hjeld^e bie ©infad^l^eit be§ erften ©tabium« 
ber d^riftlidiien Äirc^e getraltfam toieberl^erftellen, mit Ueberfjjrin* 
gung k|er gefd^id^tlid^cn SSermittlung jur erften SQSiege SlDe« jurüdf« 
führen tüoBte, eine SRid^tung, bie jur Setfiörung aDer d^tiftlic^en 
Silbung Ijfintreiben mu^te. 6ö toar \a a\x^ bem eigentl^ümlid^cn 
tffiefen be« G^riftentl^um^ in ber Aneignung unb SJerflärung otte^ 
ÜRenfd^Iid^en l^ert)orgegangen, ba^ an bie ©tette ber erften fjeinb« 
td^aft gegen bie im ©ienft beg $eibentl^um3 ftel^enbe fiunft bie 
Aneignung berfelben für ba« religiöfe (SIement trat. S)iefer ge« 
fd^id^tlid^e ^Jaben foDte nun mit einem 5!RaIe abgefd^nitten unb 
ein burc^ ben naturgemäßen -(Snttoidlung^gang bed S^riftent^umS 
befeitigter ©tanb^junft Imcberl^ergefteHt h)erben. SBoju l^ätte ein 
fold&eg Seginnen l^infül^ren muffen} S« ift ferner aud^ tt>ol^I }tt 
Bemerlen , baß in ber Slealtion ^ biefe« 3Kanneg gegen bie SSers 
fd^meljung be§ ^nnerlid^en unb Stteußcrlid^en im fird^lid^en Seben 
feiner Seit SDland^e« auS einem in bem eigent^ümlid^en SBefen 
beS 6^riftentl^um§ begrünbeten 3"*^^^ff^f ^^.^^ <^^^ unabl^ängig 
ton bemfelben au« einer mel^r negativen ofö })ofitit)en Slid^tung 
be« religiöfen ®eifte§ l^erborgel^en fonnte. Stuf aDe gätte fe^en 
ioir, baß ßlemente tt>ie bie ^ier bejeid^neten, in einer fold^eu S«it 
inSbef onbere , für tpeld^e bie fird^Iid^^t^eofratifd^e (Srjiel^ung nod^ 
geeignet toar, fel^r berberblid^ l^ätten toerben fönnen. 

9lad^bem SPeter öon Srui« jtoanjig Qal^re in jenen ©egenben 
ba« aSoH ongcregt l^atte, unb e« bod^ — ein merltoürbiger 8ett>ei« 
Don feiner ©etoalt über bie ©emütl^er, bon ber Dl^nmad^t ober 
Slad^läfpgleit ber Sifd^öfe — nid^t gelungen ttjar, fid^- feiner gu 
bemäd^tigeu; tourbe er bon einem fanatifdSfen SSoIKI^aufen Bei ber 
©tabt ©t. ©illei^ in Sangueboc ergriffen, unb er ftarb auf bem 
©dSieiterl^aufcn 2), 



1) L. c. paff. 1227: Addunt haeretici, irrideri Deum cnntibus 
eccleäiasticis; quia qui solis piis affectibus delectatur, nee allis vo- 
-cibus advocari, nee musieis modulis potent mulceri. 

2) i»a(^ ben SBoiten be« ^eter Don (Slugnl^ L c. pag. 1119: Post 



Vktm eine Sd^rtft fiBer ben Xntid^rift in tontanifd^et ®ptai^ 
tie bon ben 9Ba(benfem aufbetoal^rt toorben unb bad Saturn bed 
Qal^red 1120 an ftd^ trfidt^), \D\xtl\i) in biefe 3^it geirrte, fo 
iönnte bie ^age entftel^en, ob Wix auif nid^t bem ^ter t>oti 
Stutd, ben tbtr nur na<^ ben Sendeten ber ©egner batfleüen 
lonnten, Unred^t getl^an l^aben; benn biefe @d^tift geugt t>en 
etd^eter d^riftlid^er JBefonnenl^eit unb SRä^igung, unb entl^äK 
einen toeit reineren ebangelifd^en Sel^rbeßriff. Aber bie f(ta^ 
tid^ten über bie Se^ren bed $eter bon Sruid ftnb bod^ fo d^o^ 
^alterifttfd^ befHmmt, unb toir erl^alten nad^ älKem ein fo )ufam? 
tnenftimmenbei^ 93ilb bon biefem SRanne, ba^ toir nidjit geneigt 
fein Wnnen, jene »erid^fte für falfdj ju erflfiren; um fo toeniger^ 
ba $eter bon Slugn)^ nid^t burd^ unberbfirgte ®erüd^te fid^ leidet 
bejlimmen Kefi, toie au3 feinem gegen bie 5ßetrobrufianer gefd^rie^ 
benen ©riefe felbft l^erborgel^t, unb aud^ gegen bie ^äretiler ge« 
ted^t ju fein fud^te. SBir toerben bal^er tool^I jene ©d&rift über 
ben 9lntid^rift in eine ettoad f))&tere 3^it )u fe^n l^aben, aU in 
biefen ©egenben bie 9{ea!tion gegen bie Jtird^e fd^on befonnener 
unb reiner getoorben toar; toie bie ©elte ber ffia&enfer einS)enfc^ 
mal babon ift. 

2)ie $etrobrufianer tourben nad^l^er aud ben bejeid^netenr ®e» 
genben mel^r bertrieben, unb toanbten fid^ nad^ ben ©egenbeu 
Don 9tarbonne unb 3;ouIoufe. ©ie fanben nid^t loie frül^erl^iu 
.bIo| auf bem £anbe, fonbern aud^ in ben großen @t&bten Qxttp^ 
gang*). 

2)a ber äbt 5ßeter bon ßlugn^ auf einer Steife burc^ jenr 
®egenben, toeld^ guerft ber ©i$ ber $etrobrufianer getoefen toaren, 
erfahren mu^te, ba| b)enng(eid(| bie @elte bort nid^t mei^r offen 
J^erbortrat, bod& bie Seigren berfelben nod^ toeit berbreitet toaren, 
unb bei Sielen SBurgeln gefaxt Ratten, fo fül^lte er fid^ gebrungen, 
ben bortigen Sifdjiöfen einen Serid^t bon ben $au})tlel&ren ber 
^ßetrobrüpaner unb eine SBiberlegung berfelben jujufd^i(fen , bie 
:6d^rift, toreld^er boir bei u^ifrer bidl^erigen 2)arftellung befonberi^ 
gefolgt finb. @r ermal^nt bie Sifd^öfe, iwc Unterbrüd^ung jener 
•^ärefieen Slßeg aufzubieten. @« fei il^re 5ßflid&t, — fd^reibt er 
i^nen — bie ^äretifer au^ ben ©egenben, too fte 6d^lui)ftoinfel 
gefunben l^ätten, burdj il^re ?ßrebigt unb, loenn eg not^toenbig 



TOfium Petri de Bruiff, ^uo apud aanctum Aegidiam zelo# fidelium 
flammas doiniiiicae crucis ab eo succensas, eum concremando oltos 
est, caet. 

i) herausgegeben t)on $au( ^rrin in {einer bistoire des Vaudois 
lib. III. (»enf 1619. 

2) Petr. Ciuuiac. L c. pag. 1122—23. 



»ernl^rb tttib bie antilird^fid^eti eefttn. 33| 

fei, oitd^ butd^ bie getoaffnete ©etoalt ber £aien }u bcdteiben^ 
©od^, -^ fagt er -— toeil^ e« ber d^tiftlid^en Siebe jieme, fidj me^ 
il^re SJefel^rung, aK ii^re aSertilgunß angelegen fein ju lajfen, fi> 
müjfe man bie Autorität i^nen entgegen l^alten, unb auä) SJer* 
HHnftgrünbe antoenben, bamit, toenn fie (S^riften bleiben toollten^ 
fie ber Sulmrität, afö ^enfd^en ben SSernunftgrünben toeic^ni 
müßten ^). 6« erfd^eint il^m afö ba8 SBid^tigfte/ ba^ ber ©laubc 
tein erl^alten toerbe, infofem bie« bie ©runblage ber ganjen d^rift« 
lid^en Sebendenttoidflung fei. Slber freilid^ unterfti^eibet er, inbem 
er nur Don bem ©tanbjjunlt ber lird^lit^en Sled^tgläubigfeit im^ 
il^rem ganjen Umfange auSgei^t, inbem il^m Wlle«, toad bie Jlird^e 
al« ®ku6e überliefert l^at, feftjul^alten gleid^ toid^tig erfd^eint,. 
nid^t gtoifd[fen bem SBefentlid^en unb Untocfentlid&en be« ©lauben«,. 
unb er fagt in biefer Sejiel^ung mand^e« nur^albtoa^re : ,,9Bennc 
nad^ ber l(^eiligen @d^rift ber ©ered^te aui bem ©lauben lebt^ 
unb ber @ünber burd^ ben ©lauben )um £eben gurüd^Iel^ren foK,. 
fo idnnen nod^ fo biel em))fangene Sßunben ,5Dem nid^t fd^abetu 
Jbem ba« Seben bed Glauben«, ber burd^ bie Siebe toirifam ift^ 
borbel^alten h^orben ^i.'' Qm getoi^er Sejiel^ung fonnte ja 5ßeter 
bon 6lugn^ l^ier 9led^t l^aben, ba^ toenn au^ ba« fittlid^e Sebea 
bei @inem getrübt toorben, unb ba« äBefen ber d^riftlid^en Uebers^ 
jeugung bodSf im ^intergrunbe feiner ©eele unberfe^rt geblie^ 
ben toar, Don biefem au§ bie Steaftion gegen bie @ünbe ft^ 
entioideln fonnte; aber ein tobter ©laube lonnle ja aud^ 
©tü^e ber Unftttlid^feit toerben, unb ber burd^ bie Siebe t^ätigc: 
®laube lonnte nid^t mit lafterl^aftem Seben )ufammenbeftel^en^ 
äBol^l lie^ ftd^ $eter Don (Slugn); burd^ fein ^ntereffe für bai^ 
JDogma ^ier berleiten, ba« Sogmatifd^e ju überfd^ä^en, toenig«« 
fken« JU unbeftimmt barüber ftd^ au^jubrüdEen. Sluf alle %aU.i^ 
erl^eQt ber groj^e @ifer be« $eter bon Slugnt^ auf bie Ueberjeugung. 
ber SBerirrten einjutoirlen. 3)e^l&alb toünfd^e er bie SSeranftaltun^. 
ifine« üleligion«gef)n:äd^e« mit il^ren ^äuj)tern, bei toeldSfen mati 
bie bon benfelben borgetragenen ®rünbe bernel^men unb beani» 
toorten fottte. ffir felbft erbot ftd^, baran 2:i^eil pi nel^men*)^ 
Sur äSertl^eibigung ber Jtinbertaufe fteQte ber älbt $eter äBal^red 
ttnb Salfd^ed jufammen. 3R\i Siedet ma^te er ben ©egnern ber 
Äinbertaufe ben SSortourf, bafe fte an bem »ud^ftaben ber edjrift 
auf eine gu Ileinlid^e SEBeife feft^ielten, ftatt in ben ®eift einju^^ 
bringen, baft fie auf jjübifd&e SBeife nur an bem Sudjfftaben feft* 



.1) L. c. pag. 1118. 

2) L. c. pag. 1121 B. 

3) L. c. pag. im* 



332 8eni{«rb mtb bie anHfitd^Ii«^» ecttett. 

jttl^alten (efd^Ioffen f^&iien, toeld^ bod^, toenn er nid^t mit SBov^ 
ft^t angeh>anbt toetbe, auif im ^bangeltum ein t&btenbet feiO* 
(gr fül^rt, um biefeö ju betoeifen, monc^erlei ©eifj)ielc au8 bem 
neuen 2:eftament an, bie bon feinem gninblid^eten unb bcfon* 
neueren Sd^riftftubium jeugen. Um nacl^)un>eifen , toad frember 
(Staube ben getauften ftinbern für il^r $eil nü^en !önne, gebraud^t 
er unl)affenbe ®eif})iele bon SSäirlungen fremben ©lauben« bei 
letblid^en Teilungen, ,tPO nod^ baju ni^t immer bon biefem @Iaus 
ben aQein bie Siebe ift; unb er betoeift au9 feiner Stelle ber 
l^eiliflen Sd^rift ba« SRed^t, in biefem befonbern %aUe eine ©in* 
ta)irlung bed l^eiligen ®eifted au^ ber SSermittlung fremben ®Iau« 
bend abzuleiten. @d ift c^aralteriftifd^ für ben lird^lid^-t^eofra^ 
tifd^en @tanb))unlt, ta)ie er Sefd^neibung unb Jttnbertaufe mit ein« 
anber bergleid^t. @« erfd^eint il^m ald ettt>a« SSerleJ^rte«, ba^ 
bem SSoRe ber ftned^tfd^aft bie ^ßribilegien foBten eingeräumt 
toerben , toeld^e bem ®tanb})unlt ber grei^eit berfagt toürbcn % 
So fonnte il^m bon jener Sermifd^ung beg alt* unb neuteftament« 
lid^en €tanb))unfted aud bie ®a(^e erfd^einen. SBäre il^m aber 
ber ®egenfa( 3h>ifd^en beiben @tanb))un!ten flar gett>efen,. fo toürbe 
^er im ©egentl^eil l^aben fd&Iie^en muffen, ba& bie S^aufe im um=^ 
gefeierten SSerl^ältnift gur Sefd^neibung ftel^e berntöge be« (Segen* 
fa^eg gtoifd^en beiben €tanbj)unften, be« ©egenfa^eg ber @nU 
b)idt(ung be^ SReic^e^ ©otted bon au^en nad^ innen unb bon innen 
nad^ au^en. S«* SJertl^eibigung ber ftreujeSberel^rung unterfd^eibct 
er bie nur ®ott gebü^renbe Anbetung unb ben SluSbrudE ber SSer:= 
el^rung, ber fid^ bom Äreatürlid^en auf ®ott felbft jurüdEbejiel&e. 
SSäenn — fagt er — ben SReliquien ber ^eiligen, ober ben J^ei« 
Kgen Stätten, Äleibern ober ©erätl^fd^aften, ober irgenb toelc^en 
S)ingen biefer 3lrt eine ©l^re crtoiefen toerbe , fo gefd^el^ie bie« 
nid^t um ber förjjerlid^en , leblofen Singe felbft mitten, fonbern 
toeil barin ®ott ober feinen etoig bei il^fm lebenben ^eiligen bie 
angemejfene föl^re ertoiefen toerbe 3). ©iefe« toenbet er aud^ ouf 
ba« Äreuje«jeid^en an. Sffia«, hjie erl^ettt, jur Sled&tfertigung atter' 
äjeräujserlid^ung bed Slberglauben« bleuen fonnte, unb tooburd^ 
feine SSettoal^rung gegen atten älberglauben t^er rollen aWengc ge* 
geben toar. 3nbem 5ßeter bon ßlugn^ bor ber bur^ bie^ärefieen 
broj^enben ©efal^r toarnt, ift er bod^ fern bon einer ängftlid^en 
SSeforgni^. @r erfennt in ben ^ärepeen ein Säuterungemittel 



1) L. c pag. 1147: Judaico more omnino literae adhaerere de- 
crevistis, quae, nisi caute accipiatur, etiam iri' evangelio occidit 

2) L. c pag. 1148 E. 

3) L. c. pag. 1174. 



©ernjörb unb bie antifirc^riri^cn @cftcn. 333 

ter ftird^c, ba« jur SerJ^ertlid^ung ber SBal^rl^ctt gereid^en tnüffe. 
SBad ^aulug 1 fior. 10 fage, gelte bon aQen 3^it^n ber ftirc^e. 
3)et ©egenfa^ ber gtrlel^ren rufe bie genauere Prüfung, SnU 
tpidlung unb 3?ertl^eibtguttg ber ©laubenStoal^rl^eitett Igierbor^). 

®iefe 2Biberlegung§fd^rtft hjar fc^tDerltd^ geeignet, ©iejenigen, 
lüeld^e ber Slid&tung be« 5ßeter bon Srui« p^ l^ingegeben l^otten, 
gur Äird^nlel^re gurüdPjufü^ren. ^atu tarn, ia% toie SPeter bon 
(Stugnv felbft bemerlte, ein 3D?ann bon bebeutenbem 6influ| bon 
Steuern an bie Bpi^e ber j)etrobruitanif(i^en ?ßartl^ei fid^ gepeilt 
l^otte, ein junger 5Kann bon feuriger Äraft, Slamen« $einrid^*). 
a)erfelbe tarn au^ ben (Segenben ber ©(i^toeij, bon Saufanne l^er •). 
6r toar urfjjrüngliti^ TOönd^ im Äluniacenferorben *) unb 3)ias 
lonuiJ 5). SBir loiffen nid&t, ob er ettoa afö oBlatus in bem Älofter 
erlogen toorben, unb alfo o^ne feine eigene 3äaf)l jum 3!H'6nä)§^ 
tfjnm gelommen toar, ober ob er erft ^p&Ux burd^ eine eigentJ^fim« 
fid^ enttoidflung feine« Seben« in bem SKönd^gtl^um eine 3»^ 
fluti^t^ftätte au« bem toeltlid^en SCreiben, eine l^öl^ere Sfufe d^tift« 
lid^er S&oIIfommenlgieit ju fud^en beranla^t toorben. ©etoift ge* 
f)dxU er nid^t ju ber großen S<^i)l untoiffenber ©eiftlid^n unb 
SWönd^e. S)ie« gel^t aui ben SBorten feine« l&eftigften ©egner« 
Sernl^arb felbft l^erbor, ba er il^n ^ einen literatu» nennt. Aber 
e« erhellt au« 3lllem, toa« n>ir fonft bon il^m toiffen, ba^ er toiel- 
mel^r ba« neue 3:eftament, al« bie älteren ftird^enle^rer unb bie 
Iir(^lid^e 2:^eoIogie feiner Seit ftubirte. SBa^rfd^einlidSf filierte iljn 
ba« Sefen be« neuen 3^eftament«, gleid^tt>ie einen ämolb bon 
S3re«cia unb einen 5)Xeter bon Srui«, gum S3ett)u|tfein bon bem 
aSerberben ber Äird^e feiner 3eit im Skrl^ältnife ju bem ajjopo^ 
Itfd^en Urbilbe. @« ia§t fic^ lein äufeerlid^er S^f^mmenJ^ang 
jtoifd^en ^einrid^ unb 5ßeter bon Srui« nad^toeifen. (Srft nad^ 
bem 2:obe biefe« Se|teren, al« fid^ ^einrid^« eigentl^ümlid^ reli* 
gtf^fe Stid^tung boit innen l^erau« fd^on gang entioidCelt l^atte, trat 
er mit jener 5ßartl^ei in SSerbinbung. Unb fo pnb tt)ir aud^ gar 
«tdjt bered^tigt, irgenb einen anbem äu^erlid^en SinPu^, Woburd^ 
ber ®egenfa$ ^einrid^« gegen bie Aird^e l^erborgerufen h>urbe, 



1) L. c. pag. 1203: Qood ab adversa parte opponitur, studio- 
aitia diacutietury subtiiius investigabitur, perfectius invenietur, robu- 
Bthia d«f<ena^bitur. 

2) Petri Clun. adv. Petrobrus. 1. c. pag. 1119 E: Haeres ne- 
^Uae ^jus HeinrtcQS. 

3) Bernard. ep. 241 §. 3: De Lausana civitate. 

4) Bern. 1. c. : Monachus exstitit. Unb auf t^n be^te^t fld^ audft 
toeti, tt)a« ^ter ton Slugnp bon einem monachiis aposUta fagt l. c. 
pag. jnO E. In Bern. vit. lib. VII cap. 17: Monachus niger. 

5) Vet. analect. ed. MabiÜon tom. III pag. 319. 

6) L; c 

9tca«bcc^ bn ^cU. eetnba^b. 22 



. 334 9erti(fatb nnb bte atittttvd^lidi^cii 6etun. 

anjutr^lS^men. SUJenn ein au^erlid^er Suf<i>nntetil^an0 fold^r die- 
altioncn gegen bie ftird^e, toorau^ jule^t bie Seite bcr aSatbcnfer 
entftanben fei,' angenommen tocrben, i[t bie« getoife ettoaö burc^s 
au$ Ungetd^id^tlid^e^. 6^ fmb immer nut l)erfc^iebene Jjerein^elte, 
ol&ne Sufammenl^ang mit einanber l^erbortretenbe Grfc^einung^s 
formen einer in beni religidfen @nttt)ic{{ungg))ro)c6 ber S^it ht= 
grünbeien Stealtion. @^ ift eine @inl^eit bed @eifteg, aber feine 
äugerlic^e äSerbinbung unb Ableitung anjuerfennen. @^ Iä|t fxä) 
aui) gar nid^t nad^tpeifen, ba^ ^einrid^ bon älnfang an mit einer 
antifird&lidjen Slid^tung l^erborgetreten ift. 6« n3are tool^I möglid^, 
ba^ fic^ biefe erft ^päUx, inbem er burc^ ben Oegenja^ mit ber 
i^n beläm))fenben ©eiftlid^Ieit toeiter geführt tourbe, ol^ er an- 
fangt ipollte, ftd^ bei i^m ergeugt i^ätte. SQScnn feine ®egner 
i^n bon älnfang an aU einen abtrünnigen 3Rönd^ bejeid^nen, fo 
i^ biefeg lein fid^ere^ Seugni^, unb e« lann barauö nod^ nic^t 
gefd^Ioffen Iperben, ba^ er titoa burc^ fein ©tubium beg neuen 
2:eftamenl« bon älnfang an bal^in gefommen toäre, ba$ 3R6nd}^ 
ii^um ate eine bem at)oftoIifd^en ß^riftentl^um nid^t ent|>rcd^enbe 
SebenSmeife }u betrad^ten, unb ba^ er be^^alb fein ßlofter t^er- 
laffen l^ätte, mit bem Sntfd^tuJ, ba^ ganje aRönd^gtl^um abju^ 
toerfen. 2Bie ^einridj^ für ben ftrengen ßölibat ber ^riefter eiferte, 
lonnte er aud& tool^l tie Slid^tung be« 3Könd&gtlj|umg afe 5Rad^* 
folge at)oftolifd&er 3lrmutl[^ unb fieufd^l^eit gut^eifeen, SBie er ju= 
erft auftrat, ift er Ipol^l nur mit jenen anbern S3uJ))rebigcrn, bie 
au^ bem W6r\6}^i\)um l^erborgingen , unb bed bernad(;Iä{ftgten 
fßolU in eifriger ©eelforge fid& annal^men, ju bergleid^en. Slud^ 
er fd^eint bon jener gefd^ilberten ^t>u einer religiöfen (Semeins 
fd^aft nad^ bem SSorbilbe ber äl)>oftel in a))oftolifd^er Slrmutl^ 
ergriffen toorben ju fein. SKit jenen f))ätcren Settelmönd^en ju 
toergleid^en , tooHte er bem SSolfe t)rebigen, unb nur bafür ben 
unentbel^rlid^en fiebenöuntetl^alt bon 3)enen, für beren ©eelenl^eil 
er arbeitete, fid^ barreid^en laffen ^). SBenn SernlS^arb aber bod^ 
fagt, ba^ er ba« erübrigte gu SKürfelfj)iel unb ju nod^ fc^änb^ 
lieberem (äthtauä^ -berfd^toenbet l^abe, fo ift bie Slu^fage eineS fo 
leibenfd^aftlid^en @egneriS, ber bon ^äretifern leidet aQeS @c^lec^te 
glauben lonnte, getoi^ ein fel^r unftd^ered S^ugni^. Unbegrünbete 
äSolflgerüd^te ionnten für äSernl^arb J^inreid^enbe Duelle ju fold^en 
Sefc^ulbigungen fein, ßr felbft gcfte^t, ba6 ^einrid^ toie ein 
frommer 3Ronn erfd^ienen fei ; aber f reilid^ f onnte bieS beim ^fi« 
tetüer nichtig Scd^te« fein*), ßr erfd^ien immer in bet Srac^t 



1) Bern. 1/ c: Cum mendicare coepisset. 

2) L. c. §. 2: Spftrieni pietatis habtrns, cnjui virtutem penitus 



«crnjorb uiib bie cnttfird^I^en ©cften. 335 

eincg 8üj5enben, in bütfliget fifctbung mit J^era^J^änflenbem Satte, 
-fcarfufe fclbft mitten im SiJinter; \>ox fid^ l^er trug er einen Biah, 
auf bem ein Äreuj befeftigt toav afö S^i^en, ba^ er bem Ärcuj 
be^ $)etrn naci^jufolgen bie SDlenfd^en ermal^nen tooKte. Se^tere^ 
ein SBetoei« bat)on, bajj er nid^t toie 518eter Don SBrui^ über ba§. 
ftrengeggeid^en badete. SBenn er in eine ©tabt lam, nal^m er bei 
irgcnb einem ber JBürger feine Verberge unb begnügte fid^ mit 
bürftiger Äoft^). @r l^atte äffe ßigenfd^aften , toetd^e il^m eine 
grofee SBirffamfeit, befonber« auf ba« SJoK, berfd^affen fonnten: 
eine l^ül^e SOäürbe imäteu^ern, eine bcnnernbe ©timme, ein feurigei? 
äuge , bag mit fjjred^enbem Slad^brudf feine Sieben begleitete ; 
lebenbig toar fein ®ang toie fein gange^ aBefen, feine SRebe quoff 
fd^neff, toie fie i^m ou^ bem §erjen flo^, unb immer gegenloärtig 
toaren i^m bie Sibelfteffcn, mit benen er feine Vorträge belegte. 
Saib Verbreitete ftd^ in ber ©egenb ber 9luf bon feinem l^eiligen 
Seben unb feiner S53iffenfd^aft. 3ung unb Sllt, SRänner unb 
SBeiber eilten ju il^m, i^re Sünben il^m ju beJennen, unb fagten 
fiberaff: pe Rotten nie einen aWann bon fold^er Strenge unb 
greunbfid^feit jugleid^ gefeiten, burd^ bejfen Siebe aud^ ein eiferne? 
^erj Ieid;t jur Sleue belpegt loerben fönnte; fein Seben lönnte 
allen SKönd^en, (Sinfteblern unb ©eiftlid^en jum SJlufter bienen. 

®g toar am Slfd^ermitttood^, bem 2:age ber affgemeinen SBujje, 
beg Sal^re^ 1116, afö §einrid^ jtoei feiner Sd^üler, loie Süfeenbe 
ßefleibet, mit ber Äreu^egfa^ne in bie anfel^nlid^e ©tabt 3Kan§ 
fanbte, um bem S3ifd^of ^ilbebert feine Slnfunft ju berfünbigen 
unb bie Erlaubnis, bort ju })rebigen, bon il^m ju erl^alten. 2)a^ 
aSolf, bag fd^on burd^ ben überaff Verbreiteten 9luf ben §einric^ 
lannte, l^atte längft ntd^tg fel^nlid^er geloünfd^t, afö il^n bei fic^ 
ju feigen unb ju l^ören ; e§ emt)fing feine Soten UJie Engel, ^ilbebert 
l^ielt ben §einrid^ für einen ber frommen unb eifrigen Su^t)rebiger, 
ba er nod^ nid^t al3 Äe^er belannt toar ; feine Vorträge l^atten ftd^ 



abnegftvit. (Ss mugte alfo bei S)em, bei n)et($em bie gr^mmigfeit nuv 
^dyein fein burfte, ©d^lec^te«, ba« er im ?$erborgenen trieb, gejuckt werben. 
{)ätte man gegen ^einric^ folc^e S)mge, n>ie bie t>on ^ern^aro angefüi^nen, 
mit ^z6)t tocrbriitgen fBntien, fo tvürbe man bied gen>ig ISngfl beuu(}t 
traben, Um ben ftrengen ©ittenri^ter ber ©eifilid^teit k>or tein ^olk ;iu 
entlart>en. 3n ben «nalect. vet. ed. Mabiiion tom. III Paris 1682 
pag. 313: Mirae sanctitatis et scientiae circumquaque rumore, non« 
merito. 

1) 3n bem ©erid^tc eine« ®eipii(tien bon SWan« in ben analect. vet. 
pag. 312: Coma succinctus, intonsus barba, corpore procerus, per- 
nix incesfiu, nudis humo bruma debacchame, serpens ve.'^tigiip, ez- 
peditus afiatu, terribilis sono, juvenis aetate. Nulluj ei nitor in 
vestitu, victuB ejus a publico in pronitu dissimiiis, hospitlum in 
aedibufi burgensium, maiisio in porlicu, coena, cubile in coenaculo. 

22» 



336 8etti^T^ nnb bie .antittrd^Itclen ^tteit. 

mel^v ottf baiS ^raltifd^e Sl^tiftentl^unt, üH auf bogmattfd^e @egenF 
P&nbe bejogen, er l^atte bie Softer in bev Aitd^e, nid^t ifrre Seiten 
ftnflegriffcn. 

(Ed lommt l^ier barauf an, hai n>ir bon bem $ übe Bert 
ein red^ted Silb und ntad^en. tiefer SRann, ein ©d^üler bei 
Serengar bon %o\ix^, gel^örte )U ben freijtnnißeren, erleud^teteren 
Bifd^öfen iencr Qüi, benen, toeld^e bon-ber Seräufeerlid^ung ber 
Steligion fern ioaren, baiS innerie äSefen bed Sl^riflentl^umd }u ber 
förbern fud^ten. ®ir l^aben fd^on frül^er SBorte bon il^m anges 
fül^rt^ toorin ftd^ biefer @eift }u erlernten giebt. 38ir tooOen 
\)in nodf ertoä^nen ein Sd^reiben an einen @rafen, beft er ep» 
mal^nte, ftatt einer äBaUfal^rt nad^ @t. ^ago be 6om))ofteirap bie 
er ju «nternel^men gelobt l^atte, bielmel^r bie $fli^ten feine« 
Seruf« treu )u erfüffen. Sr fd^reibt fo an \f)n ^) : „?Ber einen 
»eruf übernommen ^at, ift bemfell^en ju gel^ord^en ber^ptd^tet^ 
unb tbenn er bon bemfelben, ol^ne )u ettoad ©röterem unb 3tüi^ 
lid^erem berufen ju fein, ah\tHxd)t, fo fünbigt er. 3)al^er trif^ 
eud^ eine unberanttoortlid^e Sd^ulb, bie i^r ba« iRid^tnot^ioenbige 
bem 9totl^h>enbigen, bie ^u^e eurer älmt^berivaltung, bad SZid^t:" 
})f[id&imä jige bem ^Pflid&tmäjigen borjiel^t Unter ben $funben, 
toeld^ ber ^auöbater feinen Äned^ten jur SSertoaltung übertragen 
l^at, ertoäl^nt fein Äird^enlel^rer, leine ©teile ber ©d^rift, ba§ Siner 
unftät in ber SBelt uml^erftreifen fottte." 6r beruft pd& barauf^ 
ba^ nad^ bem S^wß^'iJ be§ ^ieron^mud ber berel^rte SKönd^ ^i« 
larion, ber in ber 5lä^e bon Serufalem lebte, bie l^eiligen ©t&tten 
nur einmal in feinem Seben befud^t l^aben fott. 9lad^bem er il^n 
auf 5Kand^e8, toaö in ben S^itumftänben ber 3luöfü^rung eine« 
folgen Unternel^men« bon feiner ©eite entgegenftanb, auf merif am 
gemad^t l^atte, fe^t er l^inju: „^^x fogt bielleid^t, id^ l^obe bem 
^errn ein ©etübbe geleiftet; i^ toerbc ber Uebertretung fdjulbig 
fein, toenn id^ e« nid^t beobad^te. ßrfennet, o gürft, ba| x^t 
eud^ burd^ ein ©elübbe gebunben l^abt, aber ®ott eud^ gebunben 
l^at burd^ eure Serufgt)flid^t ; il^r l^abt eud^ bie SBallfa^rt, ®ott 
aber l^at eud^ ben ©e^orfam auferlegt; il^r md^ bie SBattfalJrt 
um bie ©rabftätte ber ^eiligen )u feigen, ©Ott aber ben ©el^or« 
fam, um baS Slnbenfen ber ^eiligen imSeben barjufteffen. :@rtoägt 
alfiQ, ob ber Slujen eurer Steife fo grofe fei, um bie ©teile be« 
unterlaffenen ©el^orfam« gu bertreten. SBenn aber ba« ®uie ber 
älmt«bertoaItung cttoai toeit ©rötere« unb äSor^üglidüere« ift, toa9 
burd^au« Sliemanb leugnen tann, fo nel^mt euren $(a4 in. eurem 



1) Ep. 15 op{>. Hildeberti Cenoman. ed. Beaugendre 170t 
p«g. 48. 



^ala^ em^ Berfi<ffi(i&tiflt bie Sertoenbungen für bie Sebt:ü<ften, 
lebt äHen, bamit eud^ Stte leben. Sebt bem gemeinen SJefteii, 
toeil^t bemfelben %aQ unb Slad^t. SWöge bie (Sered^tißleit ettte 
9lic^terft)tüd^e leiten, nid^t baö Slnfel^n ber 5ßerfon. Sflegiett txtäf 
felbfl nad^ ben ©efe^en, eure Untettl^anen mit Siebe, ©eib ein 
•fttc«8<5: Slid^ter gegen eud^, unb »ergebet gern bie Uebertretungen 
Änberer. Sa^t bie Unfd^ulbigen nid^t ungeftraft toerle^en, aber 
toollet bie eud^ )ugefügten ä3eleibigungen nid^t räd^en. 2>ie S3es 
flrafung be« Unred&t« red^net px euren glänjenberen 2^rium|)]^en. 
Siergie^t S9lüt nid^t ol^ne @runb, unb nid^t gern. @d möge euc^ 
fd^wetjen, toenn il^r Slut t^ergiegen müfet, too ba« ®efe^ eä ber« 
langt. Hebt in 9(Dem eure ©etoalt in ber t^urd^t ©otteg au^. 
i®ebt ©Ott ben SRul^m, toenn il^r ettoag Slul^mboHe« getl^an l^abt. 
S8or äffem lajst es eud^ angelegen fein, ben Slrmen unb ber Äird^c ' 
betgupel^n." @r fd&Iiejjt mit ben ©orten: „SIeibt ju ^aufe; 
tooHet ttid^t bie Stätten ber ^eiligen fd^auen, nid^t nad^ ben S)ent 
'm&Iern bon Stein uml^erreifen, fonbern bag änbenlen il^rer 3^u= 
genben im Seben l^erumtragen ^)." 

Äu« einem fold(^en ©riefe ^ilbebert« erfennen toir feinen 
|)raftifd&'d^riftlid^en ©eift, burd^ ben er jener reformatorifd^en 
SRic^tung bertoanbt toar. 93on biefem ©eftd^t^t^unlte au9 mod^te 
er bie ßrfd^einung eine« fold^en eifrigen Su^rebiger« toie ^ein* 
i^d^, ber fo auf bie ©emütl^er bed SSoIfe« 3u h)ir!en tou^te, in 
feinem Äird^enf^jrengel gern fel^n. ®r na^m bal^er ^einrif^S ®c= 
fanbte fel^r freunblid^ unb goftfrei auf, unb obgleid^ im Segriff, 
nadj 9lom )u reifen, Ke^ er feinen ärd^ibialonen unter anbem 
Aufträgen aud^ ben jurüdf, toäl^renb feiner äbtoefenl^eit bem 
J^einrid^ einen rul^igen Singug unb bie ^Jreil^eit beS ^rebigen« 
)u berftatten; unb bie ©eiftltd^en gel^ord^ten. ^einrid^ toirlte bolb gu 
gRan« mit berfelben ftraft, mit ber er überatt bie ®emütlj^et betoegt 
l^atte* 3Re^rerebon ber niebern ©eiftlid&feit, nid^t f fel^r burd^ ba« 
felbftffid^tige 3«tereffe be« ©tanbe« bel^errfd^t, tourben burd^ 
^einrid^S SSorträge angezogen, fül^Iten bie äBal^rl^eit bon bem, 
h)aö er über \>aß 3Serberben ber Äird^e fagte; fie bereiteten il^m 
felbp eine ȟl^ne, bon ber er ju bem aSoK f^jrad^ ; fie borten i^m 
aufmerffam }u unb tourben burd^ feine SEBorte }u ail^ränen ges 
tü^rt. ^einrid^ l^ätte toeife gel^anbelt, immer mit berfelben Slul^e 
nur bie ebangelifd^e SBal^rl^eit bor^utragen unb nur burd^ biefe 
gegen ba« Safter ju Iäm|)fen, o^ne 5Perfonen anzugreifen; aber 
iie jugenblid^e $i$e ri^ i^n l^in gu l^eftigen Eingriffen auf bie 



1) Nee otrcamferri per meinoriae lapidum, eed circumferre me- 
moriaro virtatum. 



338 8eni(arb unb bte antttir^üt^en ^ttitn, 

©eiftltd^fcit. SJon bem Stanbjjunftc ber I^ilbe6ranbi«tfd&ett (Stuttb* 
fäje über ben $rieftercölibat ftrofte er il^re Unfeuf(!&^eit. SBie 
bte 2lrt bcr aWenö« i% fanben gerabe fold^e ©trofreben ben 
meiften ßinöang; bie ©eiftlit^en tourbett bem SJoII berl^o^t unb 
beräd^tlid^ , e8 toollte feine ärt bon SSetlel^r mit i^nen l^aben; 
nur bie Sornel^men ber ©tabt fd^ü^ten fte i>or ®elt)alttl[^ati0leiten, 
bie il^nen gebrol^t tourben. ®a einige Oeiftlid&e einft ju ^einrid^ 
tarnen unb i^n jur Siebe festen, tourben fte bon ber SKenge auf 
alle -SBeife bef(l&iml)ft, unb mußten nur frol^ fein, ftd^ felbft retten 
}u tonnen. 2)a man bal^er nid^^t toagte, bie @|IommuniIation 
öffentlid^ über il^n augjuft)re(i^en, mad^te i^m ber ftleru« ba« über 
il^n gefaßte Urt^eil burd^ ein ©d^reiben belannt, toeld^eS il^m 
einer ani i^rer SWitte überbrad^te *) : „Unfre Äird^e — fd^riebeti 
fte i^m — l^at eud^ brüberlid^e Siebe ertoiefen, in ber ^offnung^ 
ba^ tl^r ba« SJolf über ba« §eU ber ©eelen belel^ren unb ben 
©aamen be« göttlid^en SÜBort^ irt bie C)erjcn fäen toerbet; aber 
tl^r l^abt Siebe mit §a^, ©egen mit gfud^ bergolten unb bie 
Äird^e gu beunrul^igen gefud&t; il^r l^abt S^'^^^^^^^ gefäet jj»ifd&en 
ber ®eiftnd[;feit unb bem Sßolt, mit Änittcln unb ©(^mertern bie 
aufrül^rerif^e aWenge gegen bie Äird^e bewaffnet; i^r l^abt un« 
ben 3«*>Ä»J«6 gegeben, un« tn^gefammt öffenttidj Äe^r genannt^ 
unb, toag ba« Slergfte ift, bon bieten ©eiten ^en latl^oUfd^en 
©lauben angegriffen. 2)al^er bnbieten toir eud^ unb atten euren 
®enof[en im 3lamen ber l^eiligen 2)reieiniglcit, ber ganjen latl^o*» 
lifd^en Äird^e, be« Srften ber 3l})ofteI, be« l^eiUgen $etru«, feine« 
©tellbertteter^ be« ^at)fte« ^afd^alig, fo toie aud^ unfer« Sifd^of« 
J&ilbebert, in bem ganjen Si^tl^um bon 9J^an3 inögel^eim ober 
öffentlid^ ju Jjrebigen unb eure berfel^tte Seigre fortjut>fIanjen. 
SQäenn i^r aber einem fo großen Stnfel^n jutoiber eudj; toieber er* 
fülj^nt, ou« eurem fc^änblid^en 3Kunbe ba« ®ift gu berbretten, fo 
esfommuniciren toir bermöge beffelben Slnfel^n« eud^ unb äffe eure 
©enoffen; e« treffe eud^ am 2^age be§ furd^tbaren ®erid&t« ber 
«toige ^Jlud^ SDeffen, befe ®ottl^eit il^r ultauf^örlid^ angreift.'' 
^§einrid^, ber ben SRid^terftul^I ber ©eiftlid^Ieit nid^t anerlannte, 
na^m ba^ ©d^reiben nid^t ati-f ber UeberBringer mugte e« i^m 
borlefen unb ioar unbefonnen genug, bor ber erl^i^ten Stenge 
i^ren bere^rten ^ßrebiger mit > ©d^mä^ungen ju überhäufen, tt)o- 
burd^ er i^re SButl^ gegen fid^ erregen mufete. §einrid^ begnügte 
ftd^ bei aUm einzelnen äbfäjen be3 SSriefS ben Äo})f ju fd^ütteln, 
inbem er fagte: „^^x lügt" SQJol^I mod^te er ftd^ betonet fein, 
an bem äufrul^r feinen %f)ül genommen unb il^n nidjt beabftd^ 



1) Analect. vet. 1. c, pag. 315. 



©crn^atb unb bie antlüx^U^^tn heften. 339^ 

ttflt ju l^aBen, toenwöretci^ bie« eine ^Jolge feiner Sieben loor^ 
bie jtd^ burd^ ein toeifere« Serfal^ren l^ätte bermeiben (af[en. 2Ber 
toeig aber aud^, ob ntd^t bie ©eiftlid^feit bon mand^er ©eite ben 
aufru^r gu erregen beigetragen l^atte — loo^ §einrid^ ju feiner 
Slcd^tfertigung l^älte fagen fönnen? benn bie (Srjä^Iung biefer 
Segebenl^eiten rü^rt bon einem ^art^eiifd&en (Segner beffelbcn l^er. 
3)a^ ^einric^, ber ber Stimme (äotteg, burd^ bie er fld^ berufen 
füllte, Diefme^r folgen ju muffen ^laubU, aU bem ®ebot ber 
aWenfc^en, auf biefe erflärung feine SlüdEfid^t nal^m, toar natür^* 
lic^. ©r ful^r fort, loie Dorl^er gu toirfen. Sein 2lnfel[^n unb 
feine ©eh)alt in ber Stabt ftiegen immer l^ö^er, feine SBorte 
tt>urben toie ®ebot« befolgt; er l^ätte fo biel ®ofb unb Silber 
«rl^atten fönnen, ate er nur toünfd^te. SBäre er ein el^rgeijiger 
unb l^abfüc^tiger 3)emagog unb nid^t« mel^r gettjefen, fo f)äiU 
n biefe ©etoalt leidet benu|en fönnen, ftd^ ju bereid^ern unb ^um 
Sel^errfd^er ber Stabt aufjutoerfen, ba§ 3Solf gegen bie ®eiftli(§^ 
feit unb ben 9lbel ju bewaffnen ; aber er gebraud^te feine (äetvalt^ 
um feine ^te^n )u realiftren, er nal^m bon bem il^m angebotenen 
®elbe nur fo biel an, ate er beburfte, um feinen ^an au«ju* 
führen. 6^riftlid;e Sruberliebe unb ®emeinfd^aft ju ftiften^ 
tem Sittenberberbnife unb ber irbifd^en Selbftfud^t entgegenju« 
tbirfen, loar fein bornel^mfte« Si^I- tlöenngleid^ §einrid^ im 
®egenfa^ mit mand^en fird^lid^en SRid^tungen feiner 3^it auftrat, 
fo toar i^m bod^ aud^ bie eigentl(|ümli(^e religiöfe 9tnfd^auung$s 
tt>cife feiner Seit nic^t ganj fremb. SJer fird^lidj t^eofratifd^e 
®eift toar in einer anbern gorm aud^ auf il^n übergegangen, 
2luc^ er toollte burd^ ba^ religiöfe ^rinji}) bon aujjen l^er ba« 
gange Seben umgeftalten. Unb bied toar nid^tS 9leue9. Sei ben 
93u6|)rebigern jener Seit finben toir l&äufig bie SBeift)ieIe einet 
fold^en @inn?irfung, bermöge toetd^er fte nad^ il^ren d^riftlid^en 
®runbfä|en gteid^ 9(Iled im Seben <inber$ machen tooDten, gleid^- 
fam Organe be« tl^eofratifd^en ®eifte§ in feineren Greifen, toa^ 
bie 5ßäj)fte im ©ro^en loaren. So l^anbelte aud^ ^einrid^ aü 
Stifter eine« neuen d^riftlid^en ®emetntbefeng , aU tl^eofratifd^er 
®efe|geber ifür 3)iejeniflen, bie burd^ il^n jur S3u|e gerufen 
toorben toaren unb feiner geiftlid^en Leitung ftd^ anbertraut l^attem 
äßeiber, toeld^e unfeufd^ gelebt l^atten, mußten )u einem ai^ 
fd^retfenben ®d^im})f ilSfre $aare unb il^re Äleiber bor ben Slugen 
otter Uebriflen berbrennen. 5Da« el^elofe Seben unter ben Säten, 
bie @rf4itberung ber @^en burd^ bie f anonifd^en 3m))ebimente l^ieli . 
er für bie bornel^ften Urfad^en bet Sittenberberbni^. ^urd^ 
früJ^jeittg gefd^toffene §eiratl^en l^offte er bie Sittenberbefferung 
)u beförbern. @r fd^lo^ ba^er biele Sl^en jtoifc^en jungen 



940 8<fii^rt nnb bie «nttftr^U^ai &ttm. 

Stfinnmt unb Jungfrauen, ol^ne auf bie lanonifd^en ^ii^emiffe ^V 
bie m^ feiner SKeinung nur burd^ 3Dlenfcl&enfa|un0en erfunbe» 
»aren^ 3lüdtp^t ju nel^men. 3ebe 6^ foHte nad^ feinen ®runb* 
\&1^tn eb)i0 bauern, ba0 bon ®ott Serbunbene lein 3Renfii^ toieber 
trennen. S>ie 98eiber mußten in feiner ©ejseniDart ben äR&nnertt 
unberbröd^lid^e Streue burd^ bad ganje Seben unb Sntl^Itung \>on 
atter Äleiber^rad^t, worin am meiften in biefer S^ii berfd^toenbet 
tourbe, eiblid^ geloben. Äein eigennuft foHte in'« Äünftige auf 
bie ©d&Ke|ung ber ^eiratl^en ©influl ^aben, nid^t eine 9Ritgift, 
®olb, Silber unb 33efi$ungen foKten bie aJlenfdjien, bie ®ott ja 
einem ^feiligen Skrein jufammenfül^rte, bei einanber fudjen ; bie 
d^riftlid^e Siebe foHte allen burd^ menfd^lid^en (Sigennu^ geftifteten 
Unterf(^ieb aufgeben, ©r berl^eiratl^ete bal^er, ber l^ergebrad^ten 
&itte )utoiber, @old^e, bie biiS^er atö Seibeigene gebient l^atten^ 
mit freien unb gebraud^te bct$ il^m gegebene ®elb, fie gu fleiben. 
©0 fd^ön bie 3lbfid^ten §einrid^8 bei allem biefem toaren, gingen 
fte bod^ nic^t bon bem rechten d^riftlid^en ®eftd^t$t>untte au« unb 
lonnten nur mißlingen; toie immer, toenn man ba«, toa« nur 
frei bon innen l^erau« au« ber ©efinnung l[ferborgel^en fann, 
burd^ ®efe(e bon au^en l^er erjtmngen, toenn man nad^ ber 
i^rgt^rebigt, ber magna charta be« Sleid^e« ®otte«, bon an^tn 
1)tx ein c^riftlid^e« @emeintoefen orbnen b)ill. <0^inrid^ ad^tete 
nic^t auf ba« äBort Sl^rifti, ber S)en )urüd(tt)ie«, ber il^n auf« 
forberte, @rbftreitigteiten ju fc^lid^ten. 2)al^er mögen ta>ir e« tool^l 
glauben, ba^ au« feinen älnorbnungen, bie ein c^riftlid^e« ^ül 
bon au|en ISfer bertoirflid^en tooUten, mel^r Sd^led^te« al« ®ute« 
l^erborgegangen ift. @o mag too^l ettoa« SBa^re« )um ®runbe 
liegen, to>enn ber aSerbing« an fid^ nid^t glaubtüürbige, leiben- 
fd^aftlid^e Serid^terftatter bon ^einrid^« äOSirtfamfeit in 3Ran« ben 
fd^led^ten älu«gang ber bon il^m gef^loffenen @l^en fd^ilbert: fte 
feien nad^l^r auf fd^led^te 3Beife ioieber aufgeUft ioorben; bie 
jungen Männer feien in gro^e !ßotl^ geratl^n, unb l^ätten il^re 
grauen toieber öerloffen; ober fte feien einanber gegenfeitig un^ 
treu getoorben ^). (Sin. toarnenbe« ä3eif))iel gegen alle fol^e ge« 
feUfd^aftlic^e 9ieformation«berfud^f, bie unter d|rifilid^em Sd^in 



1) äflan muß (ter stotfd^en Un Beilen lefen, toenn ber Oen^terflattei 
in ben «nalect. vet. pag. 316, ber Don bem ttrcbUcben €^tanb)>ttntte recet, 
fagt: Nee curarent sive caxte, seu inceste connubium sortirentur. 

2} Analect. vet. tom. III pag. 317: Nemo enim ex ilHs qui ejus 
Mihortatione conjogium inieront, caro multi essent, umqoam uxori 
tiiae, vel viro conjux fidem exhibuit vel reverentiam ; vel qnaelibet 
alia mulier, quae fornicationi , delicüs veitimentorum, jurejorando 
abrennnt lasset, potuit se continere: 8ed- io dies augmentando fa> 
«inonn in d^ierlora delapsa est. 



inxäfau^ und^riftlid^ finb, tnbem fie mit ettiem 9RaIe burd^ äBiKa^ 
für l^ettJorbtinflcn tooDfen unb erjtoingen, toa8 toon bem d^ifttiid^en 
@eifte au^ nur aUmälig ^ enttoideln unb reifen lann! 9Bie 
e^ fo l^errlid^ auggebrücft ift in jener ^arabel unfer« $ctrn 
(9WarI. 4, 26-29): ,,3)a« SReid^ ®otte« l^at ftdj alfo, aUmm 
ein SKenfd^ ©aamen auf g Sanb toirft, unb fd^läft, unb [teilet auf 
%aQ unb 3tad)t, unb ber ®aaxm geltet auf, unb toäd^fet, ba^. 
er eS nid^t toei^. ®enn bie Srbe bringt bon il^r felbft gum 
@rjie>t ba8 ®ra«, barnad& bie Slcl^ren, barnad^ ben öollen SBetjen 
in ben äel&ren. SBenn pe aber bie "S^d^i gebrad^t l^at, fo fd^idft 
er botb bie ©id^el l^in, benn bie 6rnte ift ba." 

S)ie Siad^rid^t bon ^ilbebert« Sflüdffe^r aug SRom betoog ben 
$einrid^, nad^ ben benad^barten ©d^Iöf|ern ftd^ ju begeben, top er 
ju toirfen fortfuhr. ®er öifd^of jog barauf mit einem glänjen^ 
ben ®ef olge in bie ©tabt ein ; aber er fanb bort 2lffe§ fel^r ber= 
änbert. Ate er ber berfammelten SKenge feinen ©egen ert^eifen 
toottte, berfd^mäl^ete fie benfelben, inbem pe aufrief: ,,9Bir ber= 
langen eure SBiffenfd^aft unb euren ©egen nid^t, fegnet unb l^ei- 
Kgt ben Äötb ; tbir l^aben einen SSater, tt)ir l^aben einen ^riefter, 
ber an Slnfel^n, l^eiligem Äeben^toanbel unb SBiffenfd^aft m^ 
übertrifft. 2)en berabfd(^euen euere ©eiftfid^en aU einen ®ottc«* 
Wfterer, toetl pe tool^I fül^len, ba^ er mit })ro})l^etifd^em ®eift il^re 
Saper aufbedft, i^re S^rlel^ren unb 3tu«f^toeifungen burd^ bie 
l^eilifle ©d^rift ftraft; aber bie 3lad^ toirb pe balb treffen, ba^ 
pe bem l^eiligen SKanne, @otte« Söort ju berfünbigen, ju ber« 
bieten pd^ unterftanben l^aben." 3)er ®ifd&of berfu^r l^ier mit 
SBei^l&eit unb a)l&|igung. @r fannte bie Solfögemütl^er genug= 
fam, um gu' toiffen, ba^ bie SCntoenbung getoaltfamer IKittel, jebe 
Verfolgung ben SntJ^upa^mu« für bi« berfcigte 5ßartl^ei not^* 
hjenbig erl^öl^t, ba^ l^ingegen bie ntd^t nad^l^altige Setoegung ber 
SRenge, tbenn man pe nur pd^ felbp überlädt, aHmälig l^in:: 
fd^toinbet; er fud^te bal^er burd^ SKittelber ®ttte bie SRu^e toteber 
l^cr juftetten, lieg alle ©d^mäl^ungen ungeftraft. 6« toar fem bon 
bem Sifd^of; ben ^inrid^ gleid^ unbetl^ört gu berbammen unb 
mit ©etoalt ju bertreiben. Sr felbp lieft pd^, obgleid^ einer ber 
«ngefel^enpen Prälaten, fo toeit f^exab, bafe er ben ^einrid^ auf» 
fitste, um pd| burd^ eine Unterrebung mit i^m felbp babon ju 
Äbergeugen, toa« an il^ fei.' ^freilid^ panben beibe 3Ränner in 
Ü^rer religiiJfen S)enltt)eife einanber tool^I ju fem, al« baft eine 
SSerftänbigung gtoifd&en ,il&nm möglid^ getoefen toSre. S)er Sifd^of 
toar, toenngleit^ einer ber gefeierteren unb erleud^teteren unter 
feinen äfmtSgenoffen, bod& gu feljir in bem Iird(|Kd&en ©tanbj)unlte 
befangen, unt b<n freieren reformätorifd^n ®eip be* feurigen 



342 Qerr^aib un^ ble anttfir(!^li<!^n (0e!Utt. 

jungen SRanne^ ted^t üetftel^en unb lüürbtgen ju f&nnen; unb 
^einrtc^ toax nid^t befonnen genug, unb in ber tl^eo(egifc^en ^iU 
bung fetner 3^it "i<^* ^eimifc^ genug, um bem toürbigen ^ifc^of 
fid^ unb feine @runbfa^e in einem günftigeren^Sid^te barfteden 
ju lönnen. $on ben jtird^enliebern/ über meiere \1)n ber Sifd^of 
befragte, tou^te er leine 9lec^enfd^aft )u geben; bod^ h>enn ber 
Sifd^of über ba« neue Jeftoment eine Prüfung mit i^m ange« 
fteßt ^ätte, tüürbe er biefe tool^l beffer beftanben ^aben. 3)aö 
toeife SSerfa^ren ^itbebert« gegen §einrid^ jeugt i>on ber 3Rilbe 
bed @rfteren, fann aber aud^ too^l aU ein günfttgeiS 3^ugni| fär 
bie Unfd^ulb §einrid^«, bem fo i>iel 6d^ted^te« nad^gefogt tourbe^ 
gebraud^t toerben. ^ilbebert begnügte ftd^, ben ^einrid^ a\xi 
feinem Äird^enfj)rengel gu bcrbannen^, unb i^m ben öefu«^ bef« 
felben )u Verbieten, äöürbe er fid^ aber bamit begnügt l^aben, 
toenn er bamaö fd^on arge Äe|ereicn bei i^m entbetft l^&tte? 
ÜBürbe rr koo^l nid^td toeiter gegen il^n Vorgenommen l^aben, 
toenn man il^m ein unfittUd^c« Seben unter bem ©c^ein ber 5röm= 
tnigfeit l^ätte nad^n^eifcn fönnen? SBäre bie« möglidji geloefen, 
fo toar ei ja ba« befte 3RitteI, um ben ^euc^ler \>ox ben ä(ugen 
be« S3oß« ju entlarben, unb bie Segeifterung bcffelben für ben 
i^einrid^ mit einem 3)lal )u t)erfd^eud^en. @eine bifd^öflid^e ^flid^t 
j^ätte ben^ilbebert aufgeforbert , fo ju l^anbeln, unb er n>ürbe 
i)flic^th>ibrig gel^anbett l^aben, einen fo fd^äblic^en unb ftrafbaren 
aJlenfd^en in anbere (Segenben loeiter jie^en )u laffen, too er 
neue« Unl^eil ftiften fonnte. SfBenngleid^ nun ^ilbebert nacftl^er 
toon jtoeien ®eift(id^en, toeld^e Änl^änger ^einrid^« getoefen n>aren 
unb Don i^ abfielen, fagt^), ba| il^^nen bie Sc^änblid^Ieit feine« 
Seben« befannt toorben fei*), fo fönnen un« fold^e SBorte au« 
bem SKunbe eine« fo befonnenen unb milben SWanne« toie ^ilbe^ 
bert n>ol^l bebenflid^ mad^en; aber ba bie SBorte bod^ fo unbe^^ 
ftimmt finb, ba e« immer fraglid^ ift, n>a« Don einem getoiffen 
©tanbl)unfte barunter }u Detfteben fei, fo lann un« bie«, jufamff 
mengel^alten mit bem Dorl^in 93emertten, bod^ nid^t betoegen, ben 
93efc^ulbigungen gegen ^einric^« £eben«toanbel ®(auben }u 
fdj^enfen. 38äre $einrid& nidj^t« toeiter gehiefen, al« ein burc^ 
bie fünfte, burd^ bie man bie 93oU«gemütl^er getvinnt, au«ge« 
jeic^neter 2)emagog, fo toürbe er balb in SSergeffen^fit gefaflen 
fein. 2:iefer tag ber Orunb Don ^einrid^« iSSirffamfeit. SSiefe 
^al^re nac^l^er, nad^bem man fd^on bie nad^tl^eiligften ®etü(^te 
Don bem Seben be« Jle^er« Derbreitet l^atte, lie^ ftd^ fein Stn« 



1) Epp. Hh. II ep. 24 opp, paß. 119. 

2) Turpiludo in vita* 



öern^arb unb bic antifir(^ltci^en 6e!ten. 343 

bcnfcn unb bie Siebe ju i^m ntc^t ganj au^ fcen ©emüt^ern 
tilgen; toie ^ilbebert felbft erftärt, erhielt fic^ nod^ länger bie 
Auflehnung gegen bie Oeiftlid^feit, ber ^afe be« SSolfeö gegen bie« 
felbe^). SBo^t nod^ länger toürbe $einric(^« ginflu^ l^ier fortge- 
toitlt ^aben, toenn ^ilbcbert einer ber gctoßl^nlic^en ©ifd^öfe ge* 
toefentoäre; aber, ftatt mit ©etoalt biefe Setvegung unterbrüdfeit 
ju tpollen, toirfte er burd^ Siebe, SWilbe unb SBei^^eit. ®r fud^te 
bie Srrenben ju überjeugen. ©in 33ei|>iel babon ^aben loir an 
jtoeicn ©eiftlic^en, bie eifrige Slnl^änger ^einridj^« geto^fen tvaren, 
unb bie er jur lird^lici^en Sled^tgläubigfeit jurüdf^ufü^ren touftte. 
©r felbft na^m ftdj il^rer fobann an, um fie bor jebem 9iad^t^eil, 
ber toegen il^rer früheren Äe|erei fte treffen fonnte, ju fc^ü^en. 
5E)abon jeugt ein S3rief, ben er il^nen an anbre Sifd^öfe mitgab ^. 
3n ben berbreiteten 3*»eifcln an ber SSerel^rung ber ^eiligen, an 
i^ren gürbilten jeigt ftd^ ingbefonbere bie SRad^toirfung ber burc^ 
^einrid^ in Umlouf gefegten ©runbfä^e in bem Äird^enfprengel 
bott 3Ran«. üRerltoürbig ift e«^ ba§ bie ©egner biefer SJere^^ 
rung unb Slnrufung ftd^ auf bie Uebereinftimmung mit ßilbebert 
felbft beriefen *). SBir muffen e« ben SSetl^euerungen be« Settern 
getoi^ glauben, baft er immer fern babon geU>efen loar, eine 
fold&e Slidjtung ju begünfttgen; aber toir fönnen aud^ h)o^l bor* 
iiuM^^en, ba| man irgenb einen ®runb, toenn aud^ nur fc^ein« 
bar, l^aben mu^te, um fid& gerabe in biefer §infic^t auf i^n ju 
berufen. S)iefer 3Rann, felbft ein Oegner be§ 2lberglauben§, ma^ 
tooffl, toie ein Slbt ©uibett, gegen bie ?lu«toüc^fe einer übertrie* 
benen ^eiligen- unb SReliquienbere^rung, gegen ein falfd^e« 9Ser* 
ixamn auf bie Fürbitten ber ^eiligen aufgetreten fein, toa« ben 
3lnfd^lie|ung«t)unft für eine fold^e Berufung auf i^n gegeben 
l^aben mag, toenngleid^ man il^m eine Se^re jufd^rieb, an bie er 
tiie gebadet l^atte. SludJ ber Srief, toeld^en §ilbebert jur SSer« 
tl&eibigung ber Seigre bon ben gürbitten ber ^eiligen berfa^te ^), 
jeugt bon feiner toürbigen Slrt, bogmatifd^e Streitfragen ju be« 
l^anbeln, unb bon feiner Sefonnenl[|eit. @r h>i(l nid^t bie ®e« 
töol^nl^eit ber Äird&e allein ben SBiberfad^ern entgegenhalten; bie 
©etool&nl^eit, bel^auj^tet er, muffe auf fflal^rl^eit ru^en. 6r fagt: 
„9Sir 2i^l^en leinedioeg^ ber 3Bal[^r^''it bie ©etpo^nl^eit bor, ba 
tvir ta>ol^l toiffen, ba| man ber ©etool^nl^eit, toeld^e mit ber 



1) E[>[>. II, 24: Dioecesim pestis ea sie infecerat, ut renitens 
ei clerus vlx intra parietes ecclesiae suam tuerentur libertatem. 

2) Epp. II, 24. 

3) Hildeb. Cenoro. epp. II, 23 papr. |t5: Qnibusdam dixisseldx* 
ceris, me id ip^am aentire, id tpsum tenere et docere. 

4) Epp. II, 23. 



844 Sern^arb unb tte antitir^Iid^en BtUn. 

SBttl^rldeit in aaBtbetfj)rud& fielet, leinen ©el^otfam fd^ulbig tft/' 
Cr bel^aiit)let gegen bie öon ben SBiberfad^etn bet iieüiflenber= 
el^runfl angefül^tten ©rünbe, baft bie in bet ©emeinfd^aft mit 
6^tif)ud lebenben Seelen too^l eine Jtenntni^ bon ben Snge^ 
legen^eiten ber ©(fiubigen auf (Stben l^ätten, unb batan Xl^eil 
näl&men. @t beruft fld^ in ber le^ftem »ejie^ung auf bie bei ben 
SertlSrten nid^t ftbnel^menbe, fonbern to)a<^fenbe Siebe. 6(^5n 
fagt er in biefer ^infid^t, inbem er bie ®oite be« $aulu« anfü^rt^ 
» baft äffe« Slnbre afö ©tütftoeti berge^e, aber bie Siebe ba« 8lei= 
benbe unb immer SDBod^fenbe fei. ,,ffi0 bleibt, fage ic^, bie Siebe, 
bodj nid^t auf ba« SRaa^ beft^ränlt, mit toeld^em in biefem Seben 
®ott unb ber Släd^fte geliebt toirb, fonbern fie toirb befto größer, 
je bofflommner nod^ biefem Seben ber Slädjfle in ®ott unb ®ott 
in fid& felbp erfannt toirb ^)." ©d gelang e8 bem ^itbebert att^ 
m&(ig, bie Siad^tmrlungen ^einrid^d in feinem fiird^enf^rengel ju 
befiegen, unb ben lird^Ud^en @lauben in ben ®emütl^ern toiebcr 
ju einem lebenbigen ju mad^en. 

2)er au^ biefen @egenben berbannte ^einrid^ aber b^anbte 
ftd^ je^t nad^ ben füblid^eren 5ßrobinjen granlreid^«. ^n mehreren 
St&bten, toie 5Poitierg, Sorbeaug ^) , toirfle er mit großer Äraft 
auf bie ©emütl^er. @« lann tt)ol^l fein, ba^ er, a(« er toeiter 
nad^ ©üben. lam, ben ^eter bon Srui« nod^ am Seben traf, unb 
ba^ er mit bemfelben, als mit einem ©eifte^bertbanbten, nod^ eine 
3eit lang gemeinfam b)irlte. ©id^er tburbe er nad^ bem 2^obr 
biefe« aWanne« ba« $auj)t ber Seite. 2)ie Seigre berfelben fd^eint 
bon il^m nod^ toeiter au^gebilbet tborben )u fein. $eter bon 
ßlugnv, ber eine bon il^ra biltirte ©d^rift ober einen il^m nadj* 
gefc^riebenen SSortrag gelefen ^atte, fagt, bag er nic^t in 3lffem 
mit bem 5ßeter bon 35rui« übereinfHmmte *). @r reifte in ber 
^robence, Sangueboc, ©a^cogne uml^er. 2)ie 8ifd(|öfe biefer 
©egenbcn, loeld^e 5Peter bon ßlugnl? fo bringenb aufgeforbert 
^atte, bie Äe^erei ju unterbrüdfen, gaben ftd^ äffe SWül^e, be« Sin* 
fül^reri^ felbft fid^ }u bemäd^tigen, unb e« gelang enblid^ im 
3. 1134 bem Sifd^of bon Strich, bell ©einrid^ ju ergreifen, unb 
er fül(|rte il^n mit ftd^ auf baiS oben erto&^nte Aoncil ju $ifa. 



1) Manet, inquam, non eo tarnen arotata modulo, quo diligitor 
in hac vita proximus et Deus, aed tanto major, i^uanto pleniu« post 
hano Vit am et in Deo cognoscitur proximns, et in ae ipao Dens. 

2) Bern. ep. 241 §3. 

3) Ueinricus cum nescio quibus aliis doctrinam diabolicam noa 
quidem emendavit, aed immatavit, et sicut nnper in tomo, qui ab 
ore ejus exceptaa dicebatur, acriptum vidi, non quinque tantom» 
aed plara capitula edidit 



öernfearb unb bic antifirt^Itci^en iSefte«. ' - 345 

^«t fott et jejtoungen toorbcn fein/ bic grrlcl&tctt, beten matt 
i^n Befd^ulbigt \atU, ju toibertufen. 2Bit müßten abet bie nä|ie* 
ten IXmftänbe biefeg SotfaU« Icnnen, um batübet gu «tt^eilen^ 
ob et toitflid^ feine Uebetjeugung betleugnete; bie Settad^tung 
äl^nlid^et «otfätte in bet Äitd^engefd^id^te lel^tt un«, toie ttügetifdj 
fold&e aUgemeinc 3lu«fagen bet ©egnet ftnb. SKan tooUte fidjf 
nun feinet füt bie 3«^««?* betftd^etn, unb et toutbe be^l^alb, um 
kafüt ju fotgen, bem Slbt Setnl^atb übetgeben. 3)iefct nal^m 
iifn d« aKönd^ ju 6laitt>au£ auf ^). äbet balb feigen toit i^n 
triebet in ^tei^eii SSieHeic^t toanbte bet mit gtö^eten' Singen^ 
mit bet SBiebetJ^etjieUung beS litd^Iid^en grieben^ in Stalien, ba^ 
mal« befd^äftigtc äbt »etnl^atb nid^t genug ©otgfalt an, um xfyn 
JU betloal^ten. 993it finben ii^n in ben gebitgigen ©egenben öon 
Xouloufe unb SUbigeoi^, is>o bie ®e!ten butc^ bie Sage be^ Sanbe^ 
leid^tet gef(i^ü|t toetben tonnten, n>o unabhängige ®to|e il^ten @i| 
Ij^atten, toel(^e tl^eife butd^ ben ©inbtudt, ben §eintid^« Sieben auf 
fte mad^ften, t^eil« butd^ ben pai^ gegen ben l^ettfd^füd^tigen- 
Mkxn§ betoogen toutben, ftd^ feinet anjunel^men. 3« ^^^ be« 
beutenben ©tobt 2)outoufe fanb et untet ben niebeten Sütgetn, 
ben ^anbtoetletn, befonbet^ ben S93ebetn, fel&t biefe unb aud^ 
iintet ben Sleid^en me^tete Slnl^änget. @^ toat bem $eintid^ in 
biefen @egenben abet fd^on butd^ anbete bott betbteitete ©elten 
lootgeatbeitet, toie bie Äatl^atet, ju benen bie bamalö ettoä^nteit 
Strianet toal^tfd^einlid^ ju ted^nen fmb, toie il^nen biefet 9tame 
ttwgen i^tet fubotbinatiftifd^en SCnfid^t bon bem SSei^SItnig S^tipi 
3U ©Ott beigelegt toutbe. 3Rand^e bon biefen mdgen ftd^ bem 
$eintid^ felbft angef(^loffen, anbete nut in bem ©egenfaj gegti? 
bie l^ettfd^enbe Jlitd^e mit i^m übeteingeftimmt l^aben^). @eit^ 



1) l^ir folgen ^ter bem IBeric^te eine« äl^Snc^d ju (£(airt)aut, bem 
^Briefe be9 ©aufrieb an beu ^Ürc^enfrieb §. 5 in Bern. opp. eü. Mabillon 
tom. I[ pag. 1194: Quomodo in Pisano concilio omnes quas nunc 
praedioat haereses abjuraverit, et redditus domino abbati, litera» 
acceperit ab eo in Claravalle, ut ibi monachus fiefet Ifaum fSnnett 
toit gegen btefe SBorte bed ben 6egfben(^eiten fo naf^e @te(^enben ^if^igttauen 
(egen; bo<i( ifi e9 auffallenb, bag Bern^arb btefed^ feinet befonbereu SBet«> 
]^äimifle9 lu bem ^ctntic^ njc^t ermäi^nt, i(^m bie S^ud^^ aud bem jttoßer 
tii(i(ft btfonberd j^um 93orn>urf mac^t. 

2) anerlmfirbig, aber bunfet ifl in biefec $infi((t bet ^tri^t be9< 
Süünctid ©auftieb» bet ben %bt ^emf^atb auf feiner Steife in jene ®egenbei» 
begleitete. (Sr fagt 1. c. §. 4 pag. 1193: Paucos quidem habebat ci- 
Titas ilia, qui haeretico faverent: de textoribus, quos Arrianos ipsi 
Dominant, nonnuUos. Ex bis vero qui favebant haeresi illi plurimi 
eirant,' et maxinii civitatis illius. (Sd ifl )u bebauern, baß ©aufrieb ft($ 
nit^t beutli^et barübet erflSrt, Iva« et mit biefer Unterf^etbuttg )n>if(ie». 
^olc^en, bie beut ^aretüet, unb ^ofcben, bie ber {)ärefie günfiig gen>efen 
feien, meint, ©ottte etma toivtiidf $einri4^ manche Urfa^fe )um $abe( 



346 i93eni(aTb nnb tte antittrd^ltd^en Letten. 

föegnei Sernl^atb fd^ilbert unft in biefcn SBotten bie SBitlung^ 
kic bct 9Rann ^cröorbrac^le : „a)ie Äitd^en finb o^n« ©emcinbcn, We 
©cmcinben o^ne ^ßticftet, ben^rieftetn toirb bic fc^ulbigc e^rerbietung^ 
tiic^t ertpiefen, bie Jtitd^en Serben tt)ie Synagogen t>etabf(^eut, bai^ 
^Jcilißt^um Oottcg toirb nid^t mel^r für l^eiltg gej^alten, bic @a^ 
Itamenle »erben nid^t mel^r toerel^rt; bie ^Jefte »erben nic^t mel^r ßc- 
feiert." Unb Sern^arb brütft in feinem ©riefe an ben ®rafen 
^ilbefon« bon 6t. ®ile«*^) fo feinen ©d^merj barüber au«; „a)ie 
SDtenfc^en fterben in i^ren ©ünben, bie ©eelen »erben unborbe*^ 
reitet bor ba« furd^tbare ©eric^t gefül^rt, ol^ne burc^ bie Su^e 
tnit ©Ott berfö^nt; ol^ne burd^ ba« l^eilige äibenbmal^I geftärlt ju^ 
fein. S)en Äinbern ber (S^riften »irb ber SBefl ju ß^rifto Der* 
fc^Ioffen, bie ®nabe ber 2^aufe berfagt ; man erraubt i^nen nid^t^ 
bem ^immel fic^ ju naiven, ba bod^ ber ^eilanb mit bdterlid^er 
Siebe fie ruft: £a|t bie Äinblein gu mir fommen/' 3n biefem 
Sriefe enttoirft Sernl^arb aud^ bon bem Seben $einrid^8, bor bem 
er »arnt, ein na^tl^eilige« SBilb, giebt il^^m ftttlid^e älu$fd^»ei^ 
f ungen 6d^ulb ; aber »ir lönnen bod^ immer folc^en ©d^ilberungen. 
au^ bem 3Runbe ber %t\nU ©tauben ju fd^enfen ung nid^t für 
bered(;tigt l^alten, ba bie« mit ber Slrt, »ie ©einrid^ in 3Wan« auf- 
getreten toar, in SOäiberfrrud^ ftel^t, unb »ir bod^ nid^t l^ören, \>d^ 
man bei ben geric^tlid^en Unterfud^ungen gegen ^einrid^ folc^e 
93l5^en feine« SBanbel« benu^t l)atU. 2)a ^einrid^ fd^on fo t>iel 
getpirft l^atte, bon angefel^enen (Srofeen, befonber« bem ©rafen 
Don Souloufe, befd^fi^t tourbe, unb ber Öaame feiner Seigren ftc^ 
im {üblichen granfreid^ immer »eiter berbreitete, mujte ber ^ßajjft 
©«gen, ber ftc^ bamal« in jenem Sanbe auffielt, Iröftigere ^Rittet 
antoenben. (Sr fanbte ben Äarbinalbifd^of Sllberidji bon Dftia mit 
mel^reren Sifc^öfen in ba« füblid^e fjran!reid^, bie Seite ju unters 
brüden. SDer Segat, ber Sernl^arb« ®e\t>alt über bie SSolföge^ 
mütljier fannte, na^m il^n mit fid^ ; il^m berbanfte er in ber %i)at 
ollen ßrfolg feiner Semü^ungen. UeberaU lamen gro^c ©d^aaren 
bott 3Sere^rung bem Sernl^arb entgegen ; Sitte« brängte jtd^ , il^n 
3u feigen, feinen ©egen gu em;|>fangen. 3lud^ l^ier berbreitete ftc^ 
ba(b ber 9tuf bon SQiunberlS^eilungen, bie burd^ il^n berrid^tet fein 
fottten. ©etoö^nlid^ »urben i^m Srote entgegengetragen, ba^ er 
feinen ©egen über fte au«ft)räd^e ; unb biefen ©roten fd^rieb man 
eine übernatürliche ^eilfraft ju. ©« iß d^^aralteriftild^ für S3etn- 



gegen feine ^erfon gegeBeu ^aben ? hofften baber fBkU nur feinen ^rnnb* 
lätjen im ^ampf gegen bie ^terard^ie {xdf angej(tlof|en ^abeit, bie aber mit 
bem iDeonne felbft nici^td )u tl^un l)abn\ n^oUteii? (1.9 bleibt bie« immer 
buiitel. 

1) Ep. 241. 



.©etnjatb utib bic antifird^men heften. 847 

^at\>, ba|, aU n tiad^ einem Drt in bem ©ebiete öon Souloiifr 
iam, unb t^m axxi) Srote jum ©egnen bargebrad^t tourbep, er 
ju ben Seilten f^jrac^ : 3)aS foHe ber ©etoei^ bafür fein, ba& i^re 
SeJ^te eine toa^re, bie ber öäretifer eine falfc^e fei, loenn il^re 
Äranfen r\ad) ®enu^ biefer Srote gel^eilt toürben. 3!)er SSifc^of 
©ottfrieb bon ß^artred aber, ber babei toax, fürd^tete bod^, 33ern^ 
l^arb möd^te ju biel gefaßt l^aben, unb fe^te be^l^alb l^in^u : „^a^ 
fo ift'ö, toenn fic in bem redeten ©lauben biefe 33rote genie^en."^ 
316er ©ern^arb Iie| fid^ baburd^ nid^t irre mad^en, fonbern fagte 
barauf: „3tx6)t bae fage id^, fonbern aUerbing^, loer nur bai^on 
i^t, toirb gelj^eiü h>erben, bamit fie erlennen foHen, bafe toir ä^U 
Soten ©otte« finb i)." Sil« ber fiegat in bie ©tabt 2tlbi, toel^e 
aUerbingg ein §au})t|i^ ber Selten toar, einbog, fanb er eine fel^r 
fc^Ied^te Stufnal^me; mit ©fein < unb 5ßau!en jogen il^m bie Sürger 
entgegen, unb bei ber SWeffe, bie er l^ielt, fanben fid^ nur breijjig 
5ßerfonen . ein. 2)a l^ingegen jhoei jage ip&Ux Sernl^arb bal^in 
fam, mad^te feine i)erfönUd^e äBürbe, fein bürftiger Slufjug, feine 
jj^agere ©eftalt einen ganj. anbem ©inbrutf : Keiner toagte il^n gu 
t)erft)olten, er tourbe mit ^l^rerbietung unb fjro^lodfen aufge= 
nommen. Slber er tooHte bie Setoeife ber SSerel^rung öon 3)enen,- 
bie al« greunbe ber fie|erei fo fe^r berüd^tigt toaren, nid^t an» 
uel^men. 2lm fotgenben Slage, an bem gefte be^ betrug, fanb 
fid^ eine fo gro^e äJerfammlung ein, bafe bie Äird^e nid^t Sitte 
f äffen lonnte. ßr \pxad) ju ben äJerfammelten ; „gd^ fam, um 
gu fäen, aber id^ fanb ben SldEer bon bem fd^fed^teften ©aamew 
eingenommen. 2)od^, toeil ber SldEer ©otteS auö bernünftigeiv 
©eelen befielet, fo toitt id^ eud^ beiberlei ©aamen bordeigen, ba^ 
mit i^r felbft pxüUn mögt/' Unb er ftettte nun in atten einjelnew 
Seigren ben ®egenfa| jtoifd^en^ ber Äird^enlel^re unb bfr Äe^erei 
bar* S)ann fragte er. fie, toaö fie borjögen, unb bie ganje ®i^ 
meinbe begann il^ren älbfd^eu bor ben Äe^ereien au§jufj)red^en, 
unb il^ren ©ifer für bie Iatl(^olifc^e ßel^re ju bezeugen. S)ann er^- 
mal&nte er fie jur Sufee, unb er forberte Stile, bie gur fiird^e iu^ 
tüdf eieren tooHten, auf, ii^re $änbe jum ^immel. ju crj/eben.. 
grolj^lodenb erl^oben Sitte i^re ^änbe, n?ie er e^ berlangt ^attejv 
unb fo fd^Io^ er feine 5|irebigt. Äurj \>ox feiner Slnfunft in 
3::puIoufe l^atte ber (Sifer für ^eitiric^g Selj^ren einen ber reid^ften- 
unb borne^mften Sürger ber ©tabt betoogen, Vermögen unb' 
©üter ju berlaffen unb fi<i^ mit feiner grau in ein benad^barte^ 
©d^Io^ ju begeben, einen ©ammel))Ia$ ber ©efte, unb leine Skr* 
fteUungen il^rer äJertoanbten fonnten fie jur SRüdEfe^r betoegen^ 



1) Vit. Bern. lib. III auct. Gaufrid. §. 18. 



348 Oemt^arb unb bte aiitlttr((U<i(cn bettelt. 

®ti)|en @inbru(( (rad^ten aud^ in biefer 6tabt 93eml^atb9 (Sv^ 
fd^etnting, feine Sieben unb feine .$anb(un^en ^ertoor; aud^ l^et 
erfi^ien er aU SBunbertl^äter unb tDUtbe fo tH)n bem äSoIIe t)ers 
tffxi. ^einrid^ unb feine Stnl^änger mußten entfliegen. S3eml^arb 
tougte am beften ben bemagogifd^en Jlünften, toeld^e üon mand^en 
bev Seftitev angeU)anbt n^urben, entgegengutoirten. ^a et einfi 
}u SCouIoufe bor einer großen üRenge gejjrebigt ^atit, nid^t o^ne 
gro|e äSirtung, unb nad^ bem @d^tuf[e ber ^rebigi fein $fetb 
fcefteigen tooKte, lata Siner ber Seftirer )u il^m unb rief bor bem 
gan)en Solle: ^.^err Slbt, toi^t bod^, ba^ bad $ferb unfern 
£Reifter^, bon bem i^r fo biel Sd^Ied^te^ fagt, nic^t fo fett unb 
tooT^Igem&ftet ift ate eure«/' Sernl^arb anttoortete il^m mit rul^i* 
gern unb freunblid^em ä3lid(e : „^i^ leugne bie$ nid^t, mein f^reunb ; 
«ber bu mu^t toijfen, bafe e« ein S^^ier ift^ toejgen beffen bu mic^ 
befd&im|)fft ; gemäftet unb fett ju tocrben, ift ber Statur unb Sc« 
ftimmung be« Xl^iered gemä^, unb babur(^ ioirb ®ott nid^t be^^ 
leibigt; nid^t ü6er unfere $ferbe toerben id^ unb bein 3Jleifter bon 
>®ott gerid^tet toerben, fonbern e« gel^t unfern eignen $ate an." 
S)ann jog er feine iRajjuje ab, entblößte feinen QaU, jeigte feine 
J^agere, abgefeierte ®eftalt, unb bie« toar für ba« 3SoIf bie h>irf= 
famfte SBiberlegung ber SSortoürfe be« ©eftirer«^). greilid^ 
lonnten \oir bid^er %Ut^ nur fo barfteUen, n?ie ed un« burd^ bie 
Sierid&te einer ^art^ci, ber begeiferten S^n^änger unb ©d^üler 
Sernl^arbd gefd^ilbert n>orben. @d lägt fid^ leidet benfen, bag 
t»enn aud^ biefe »erid^te nic^t« galfd^e« entl^alten, fte boc^ ein* 
feitig ftnb, nur au« i^rem @eftd^$t>unlte bie Sad^e auf f äffen, 
unb nur, toad ivtm Sortl(;eil Sern^arbd gereid^t, ertoä(^nen. SBo^l 
loäre ed )u toünfd^en, bag toir }ur @rg&n)ung aud^ Serid^te bon 
ter anbern ^artl[^ei berglei^en lönnten ; ba t»ürbe ÜRand^eö tool^I 
nod(| ein anbre« Sid^t erhalten. 2)iefeiS erl^eKt an^ einem d^ara!» 
teripifd^en 3^8^/ ^^^ toir einem ©d^riftfteHer ani biefer ©egenb 
felbft, aui bem breijel^nten 3<^l^r^unbert, ber aber geioig an^ 
älteren Ueberlieferungen fd^öjjfte, berbahlen, einem 9Ranne, ber 
fd^t«>erlid^ t>art^eiifc^ für bie $äretifer ioar. 9U$ Sernl^arb einft 
mä^ einem ©d^{of[e 9lamend Siribefolium !am, toe(d^ed ein ^avpi» 
ft^ ber ^äretiler toar, l^ielt er in ber jtird^e eine ^rebigt gegen 
biefelben. Slber bie Sorftel^r ber ^artl^ei liefen alle au^ ber 
Jtird^e, unb bie ganje ©emeinbe eilte il^nen nad^. Sernbarb Iie| 
ftd^ baburd^ nid^t irre mad^en, aud^ er folgte ber äJlenge, unb 
fe|te im ^^reien auf ber ©tra^ feine ^rebigt fort, älber bie 
©eftirer unterbrad^jen il^n laut mit entgegengel^altenen Bufkn ber 



1) Vit. Bern. lib. VII cap. 17. 



i^eml^arb uitb bie anttfir($tt$eit Sefttn. 349 

^Ul, unb kaS ©efd^tei toutbe fo gtofe, ba^ er mit feiner Stimme 
nic^t burd^bringen tonnte unb aufl^ören mnftte ^). 3Son jenem 
d^orafteriflifd^cn 3"9^ erjäl^It Sernl^arbg Segleiter auf jener 
aieife, berSKönd^ ©aufrieb,, nid^t^; aber ber aierger, mit toeld^em 
er üon jenem Sci^Ioffe rebet, baS er ein ©atanSneft nennt, er^ 
Hart ftd^ nun au« bem, toaS toir l^ier erfal^ren^). Ueberl^au^t 
fanben bie §enricianer in ben ©d^Iöffern ber 3lbligen immer not? 
ben meiften 6d^u|; bod^ brad^te eg Serni^arb bal^in, bag bie 
Tl^^xiai)l ber Uebrigen ftd^ betbanb, bie Äe^er unb tl^re Sefd^ü^er 
t)Ott ben ated^ten ber bürgerlichen ©efeUfd^dft ganj auS^ufd^Iie^en^ 
feine 2lrt öon SSerlel^r mit il^nen ju unter l^atten *). 

2lte Sernl^arb nad^l^er burd^ einen 2l6t au3 ber ®egenb toon 
S^ouloufe, ber fid^ bem ßiftercienferorben, unb ingbefonbere betp 
Älofter ßlairbauj,' enger angefd^loffen, günftige SRad^rid^ten t>on 
bem fortbauernben @ifer ber S^olofaner gegen bie Äe^er em^jfan^ 
^en l^alte, begeugte er il^nen feine greube barüber in einem S3riefe, 
ben er jenem il^nen em^)fol^Ienen 3lbte mitgab, unb fud^te fie ba* 
burd^ ju forttoäl^renben Semül^ungen gegen bie §äretiler ju er^ 
muntern. @r fd^rieb il^nen : ,,SBir banfen ®ott, ba^ unfre an* 
toefenl^eit bei eud^ nid^t bergeblid^ h)ar. S^<^^ toeilten toir nur 
lurge Sdi bei eud^, aber nid^t ol^ne ^d^t, ba bie SBal^rljieit burd^ 
utt« offenbart toorben , offenbart aber nid^t blo^ in SBorten, 
fonbern aud^ in Äraft." äBomit Sernl^arb ol^ne S^^if^I frö«^ 
toiU, ba^ er nid^t blofe burc^ fekte $ßrebigten, fonbern audjf bie 
i^on il^m bottbrad^ten SBunber unter il^nen pd^ toirffam ertoie« *). 
Unb er giebt ju erfennen, bafe er burd^ biefc festeren befonberiJ 
ben ©influ^ ber ©elten unter ben 2^oIofanern gefd^toäd^t l^atte. 
2)od^ er iougte tool^l, ba^ fein äBert nur nod^ ,ein l^albe« ioar, 
ba| bie t^ätigen unb getoanbten SKänner, bie an ber Bpi^t ber 
@elten ftanben, ba« gelb nid^t fo balb räumen, fonbern in für« 
jer 3^i^ toieber Eingang }u getoinnen fud^en toütben. @r l^ielt 
ben @ieg nid^t für gebi^, hxi man ftd^ il^rer felbft bemäd^tigt 
l^&tte; unb bal^in mit aller SWac^t gu toirlen, forberte er nun bie 
a^olofaner auf, inbem er il^nen fd^rieb: „Verfolgt unb ergreift 
jte, unb toollt ja nid^t frül^er abftel^en, bi« bie Selten ganj 
untergegangen unb aud euren ©egenben Derfd^eud^t ftnb, h>eil ed 



1) Chronic. Guil. de Podio Laurentii in Du Chesne Script, rer, 
franc. tom. V f. 667. 

2) Gaufridi ep. ad Archenfred* 1. c. §. 9 pag. 1195: Viride-fo- 
linm, ubi sedes est satanae. 

3) L. c. §. 4 pag. 1193. 

4) Bern. ep. 242: Veritate nimirnm per nos manifestata, maiii«' 
festata autem non solum in sermone, sed etiam in virtute. 

9i<anbet, Ut ^(. aSem^atb. 23 



360 Qernl^atb uttb bie «ntitire^U^eB Letten. 

ittdjt P<^«^ ipf i« fd^Iafcn in bet 9läl^c bct ©d^Iangen." Sr 
fiufeert ben SEButifd^, bofe ed il^m gclttigen möchte, noA ein jtoeW 
ted 9Ral gu tl^nen ju lotnmen: ,,9Be¥ tptrb mir geben, iai id^ 
Gelegenheit getoinne^ nod^ einmal ju eud^ ju lommen? 3)enn 
ben SBiDen baju l(^abe id^, toenn id^ auf irgenb eine 933eife fann 
mit bem SBtUen bed ^erm, ein j^t^eiteiS 3RaI eud^ gu fe^ien; id^ 
toerbe bie SKü^e nid^t fd^euen, obgleid^ am Seite franf unb fd^toad^, 
um eu(^ gu ermal^nen unb für euer ^eil gu toirlen. Unterbeffen 
aber, meine 3:i(^euerften, ^e\)t feft im $errn, toie i^r ongefangen 
unb t>on un« e§ emjjfangen l^abt. Oel^ord^t bem Sifc^of unb 
euren übrigen Sorgcfe^ten, ben Se^rern ber Äird^e." Sefonber« 
fügte er eine ©rma^nung jur ®oflfreunbfd^aft l^ingu, bie aber 
aud^ mit bem ©autJtjtoedf be^ ©riefet in SJerbinbung ftanb, in^ 
bem fid^ berfelbcn eine unter biefen Umftänben befonber^ toid^ttge 
SBarnung anfd^lofe. 3« i>i«f^^ ßrmal^nung gur ©aftfreunbfd^aft 
fcigte er guetft bem »riefe an bie Hebräer (13, 2), fügte ober 
bann nodjf l^inju: ,,Unb il^r alfo möget, inbem il(;r biefem 93ei- 
f})iele folgt, nid^t Engel, fonbera ben $errn ber ßngel in ben 
gremben aufnel^men, in ben Slrmen il^n näl^ren, in ben 5Radften 
il^n fleiben, il^n ))flegen in ben ftranfen, il^n loSlaufen in ben 
©efangenen. 2)urd^ fold^e Dj)fer gefaßt man bem (Sott, ber bei 
bem einftigen ©crid^t fagen toirb: SBa« ilj^r getl^an l^abt einem 
unter biefen ©eringften, ba« l^abt il^r mir get^an (SKatt^. 25, 
40)." 2Benngleid^ eS auffallen lann, ol^ne Sftütffid^t auf bie bes 
fonberen SSerl^ältniffe biefer Stit, ba^ bieg bie eitijige in biefem 
Sriefe borlommenbe etgcntl(;ümlid^ J)ra!tifd^e ßrma^nung ift, fo 
toollen toir bod^ nid^t fagen, ba^ Sernl^arb biefelbe nur borge« 
tragen l^ätte atö @tnleitung gu ber 3Barnung, bie i^m bon feinem 
©tanbj>unfte bor 3lKem am bergen liegen mu^U, um baburd^ 
einen befto bort^eil^afteren unb günftigeren änfc^lie^unggjjunft 
für biefelbe gu gewinnen, toenn er jle nur afö notl^toenbige Se« 
fd^tänfung einer (Srmal^nung, bie bamatö Qbem fid^ emj>fe](flen 
mu|te, bortrug. SBir toollen nid^t fagen, bafe er bie ©rmal^nung 
gur ©aftfreunbfd^aft, bie toir ^Un angefül^rt l^aben, nur befel^alb 
l^ätte folgen laffcn, um bon ber fid^ il^r anfd^lie^enben SBarnung 
ben üblen ©d^ein abgun)el(;ren, sbamit man nid^t ettoa fagen follte, 
er l^alte bie £^\xie bon ber (Saftfreuntfd^aft gegen grembe ab, 
toeld^e bamate afg ein befonbrer SH d&riftlid^er Siebe galt. 3*^ 
einem })aränetifd^en 2:^eile eines Sriefe« mufete eben be^l^alb 
ettoaS öon biefer Slrt ben erften $fa^ einnel^men ünb burfte am 
toenigflen fel^len \ unb fflernj^arb toürbe audj ol^ne jenen anbern 
S^Kd fid^ tocl^l \)aUn gebrungen füllen muffen, ben 3:olofanem 
biefe SluSübung d^riftltc^er 2:ugenb bornel^mlid^ an'ö ^erg gu 



«crn^arb unb bic anltftt(]J(i(J^en @eften. 351 

legen. SlBer cg jetgt fid^ auf jeben %aU Setnl^arbS Umpd^t, 
Sefonncnl^eit unb aKcnfd^enlcnntniß barin, toertn er ju einer 
fold^en, @rmal^nung aud^ eine Sef^^ränfung l^injufe^en ju muffen 
glaubte, bamit bie S^olofaner burd^ i^ren @ifer in ber Stuöübung 
ber ©dftfreunbfd^aft nid^t in bic ©efal^r lommen foKten, bem 
©inffug 3)erer ^reiS gegeben jju toerben, g,egen toeld^e Sernl^arb 
fie fidler ju ftetten ^\xä)U. S33ie nämlid^ jene ^äretifer bamaö 
fel^r erfinbertfd^ toaren in ben SKitteln, fid^ aHmälig unter ben 
' Seuien ©ngang ju uerfd^offen, f onnten fie aud^ bie ©aftfreunb^ 
fd^aft leidet baju benu|en. ©aftfreunbfd^aft übte man befonber^ 
on reifenben ©eiftlid^en, SWönd^en; man unterftü^te fie gern in 
il^rer frommen 5tl^ötigfeit ate l^erumjiel^enbe Su^)5rebiger; unb 
«nter biefer gorm fonnten bann lei^t 2)iej|enigen ©ngang ge= 
toinnen, bie fi^ l^ernad^ aU §äretiter ertoiefen. 3)efel^aI6 glaubte 
Sernl^arb jene ßrmal^nung fd^He^en ju müf[en mit ber SBarnung 
\>ox ben unberufenen, nid^t unter ber Stutorität ber lird^Hd^en 
Oberen oufiretenben 5ßrebigern. So fd^wb er: „9lud^ baju er^ 
mal&ne idjf eud^, \oa^ xi) ^xxi) anä), al^ id) unter eud^ gegentoärtig 
^oav, gefagt l^abe, feinen fremben ober unbelannten ^Prcbiger auf« 
gunel^men, toenn er nid^t bon bem l^öd^ften Sifd^of gefanbt ift, 
ober Don eurem eignen bie ßrlaubnife baju emjjfangen l^at." (Sr 
beruft ftd^ auf Slöm. 10, 15, SBorte, bie freiliii^ nid^t l^ierl^er 
^>affen, toeld^e aud^ bie §äretifer für fid^ anfül^ren ionnten, ba 
l^ier bon ber ©enbung nid^t burd^ SWenfd^en, fonbern burd^ ®ott 
bie SRebe ift : ,,2Bie foHen fie aber (jrebigen, too fie nid^t gefanbt 
toerben?" Unb er fügt bann l^inju; „3)enn fold^e $rebiger 
finb eis, loeld^e ben (Sd^ein eine« gottfeligen SBefen« l^aben, aber 
feine Äraft Verleugnen, j)rofane 5Weucrungen in Slu^brudf unb ©e= 
banfen mit bem göttUd^cn SOBort toie ®ift mit bem §onig öers 
mifd^en/' 

6« gelang ben 9?ifd^öfen nad^l^er, fid^ be0 Stnfül^rerg jener 
einen Seite, beg ^einrid^ felbft, toon Sieuem ju bemächtigen. @r 
lourbe auf baä fd^on angeführte Äoncil ju Sft^eimg unter bem 
?}aj)ji ©ugen III. geführt unb i)or beffen llrtl^eil geftettt, aU 
^äretifer berurtl^eilt, aber bod^ feine anbere Strafe über il^n 
Derl^ängt, afö ba^ er einem Älofter in bem Äird^enft)rengel t>on 
Sll^eim« ju lebenglänglid^er SSertoal^rung in bürftiger Äoft afö 
forttoä^renber Su^übung übergeben tocrben foBte. ^ 2)iefe SRilbe 
in ber öel^anblung beg $äretiferg, toeld^e t>on ber '3trt, toie man 
geh)öl[fnlid^ gegen bie Äat^arer berfulj^r, fid^ fo bortl^eill^aft untet^ 
fd^eibet,^ mag tool^I befonberg burd& ben ©influg beö ßrjbifc^ofig 
©amfon bon SR^eimS betoirft toorben fein. 2Bir fennen tl^n atö 
einen ©egner jene« graufamen SJerfal^reng gegen bie $äretifer, 

26* - 



352 Sernf^arb unb bie aittttir^It^eit <^{ten. 

ttiSBefottbete ber %xt, h)lc tnon *) t>on ben ©otteguttl^ellen baBei 
®c6roud^ rnad^te. 3)erfelbe Verbot in feinem Hird^enfjjrengel 
burd^au^ ba^ ©oiteSurtl^eil bed ^euerd. 3)ai$ (Sotte^uttl^eil be^ 
folten SBaffet« bulbete er ncd^, toeil er e8 ntd^t ganij ju unters 
btütfen bermod^te; boc^ erlaubte er feinem feiner $riefter, fid^ 
babet aujiel|ien ju laffen un^ bie SBeil^e borüber ju ^pxe^m, 
toenn nid^t bon ben dürften ober ©ro|en bem 5|Jriefter, ben fie 
babei jujiel^en tooUten, Sürßfd^aft bafür geleift^t tourbe, ba^ bie 
aud bem ©otteSurtl^eil folgenbe Shtfd^eibung ju !einem Slutber^ 
fliegen unb feiner SeibeSberftämmelunß SSeranloffung geben fottte *). 
9[uf biefem Aoncil belegte auc^ ber ^ap\t ba^ ©ebiet aSer S3e^ 
fd^ü|er ber Äe^er mit bem Qnterbift. 

SQBir l^iören in biefer S^it nod^ bon einer Sefte in 5ßerigueu5, 
b)eld^e aud^ jur @attung ber \)on unS bejeid^neten 9l)}oftoIifer ju 
red^nen ift. ®er mit mand^erlei ^abell^aftem bermifd^te Serid^t 
t)on biefer Sefte ^) ift nid^t genau genug, um bo| toir mit ©id^er^ 
l^eit entfd^eiben fönnten, ob biefe ©efte unabl^ängig bon äu^er« 
lid^en (Sinflüffen au^ ber bertoanbten allgemeinen reformatorifdjen 
©eifte^rid^tung, ober ob fie ani, bem ©influg ber $ßetrobrufianer, 
^enricianer, ober aug ber @intoirfung ber Äat^arer, bie fic^ ettoa 
Don bem 3)ualiftiid^en mel^r gereinigt, ober mit §enricianern öer= 
mifd^t l^atten, l^erborgegangen ift. SBenn ftd^ gleid| einigeiJ ben 
ftatl^arern SSerloanbte bei benfelben finbet, loie bie ©ntj^altung 
toom tjteifd^effen, ba« l&äufige Ätniebeugen, fo fmb^ biefer bodj feine 
enifd^eibenbe 3KerfmaIe für einen fold^en Urf))rung, ba fie aud^ 
anbetötoo^er entftanben fein fönnten. ©ie fd^ränften ben ®enu§ 
be§ SBcineö ein, inbem fie nur atte brei 2^age ettoaS SEBenigeä 
baöon ftd^ ju geniefeen erlaubten, ^ter jeigt fic^ nur eine ftreng 
a^celifc^e S^id^tung, baö ©treben, nur bon bürftiger Äoft ftd^ ju 
näl^ren, loie bieg i^rer 3i>ee ber aj)oftoIifd^en Slrmutl^ entfjjrad^; 
unb ^bm baraug fönnte bie (Sntl^altung bon t^Ieifd^ abzuleiten 
fein, ©ie berfd^mäl^ten allen S3eft^, bertoarfen baS ä^Imofengeben, 



1) ^, oben. 

2) %lii^, toai bter berietet »orben^ t{l dit9 ber fi(^er gtaubtoürbtgeit 
@r}2iblung bed treffli^en ^lannt9, t>on bem wir f^ion gef^rodften ^aben, 
be« 53iftottner8 $etru« Äantor, be« ®cflner« jene« getDÖJ^nlic^en ©erfabren« 
gegen bie ^äretifer, ber eben auc^ bagegen bo« ^erfabren mit bem ^ein* 
xxSf anführt, genommen. Verb. abbr. opp. pag. 200—1: In Bemensi 
concilio, praesidente papa Eugenio, quidam Manichaeus convictaa, 
et coßfessus haeresim suam de cotnrouni decreto concilii incarcera- 
ttis est, non interfectus, non membro mutilatus, 6ed ne alioa cor- 
rumperety et si forte poeniteret in carcere Samsonis ejusdem civi- 
tatis archiepiscopi po8itu8, aqua et tenui dieta altus est, donec 
obiret« 

3) Mabillon analect. 1682 tom. III pag. 467. 



©crn^arb unb bk antifirc^lid^cii heften. 353 

inbem ite e8 jur d^riftltc^en SSottlömmenl^eU redjncten, ntd^t§ ju 
j&aben, tooüon man älmofen ereilen fönne. Sie toaren Gegner 
ber SKeffe, unb fotten aud^ bie Äommunion toermieben l^abcn; 
nur getoeil^teg Srot tooHten jte genießen, (gg fd^cint alfo, tomn 
biefer Sendet SQSal^rl^eit entl^ält, ba^ fte nad^ i^ren aScetifd^en 
©runbfä^en be^ SBeing Beim Slbenbmal^l fid^ enthalten ju muffen 
glaubten. 2lud6 jte erflärten ftd^ gegen bie Äreugegtietel^rang, 
nannten bie Äteujegberel^rer ©ö|enbiener. Slud^ J^kx h)irb er« 
l&f)Ü, ba^ unter biefer ©elte nic^t alttein Utele SJblige' feien, bie 
ba« ^f)XXQe bertaffen l^ätten, um in biefer aj)oftoIifd^en ätrmuti^ 
|u (eben, fonbern oud^ ©eiftlid^e, ^ßriefter, SKönd^e unb ^Wonnen. 
S)a«, tooburd^ jte befonberä toirlten, fd^eint bie Verbreitung t>on 
Ueberfe^ungen ber l^eil. ©d^rtft in ber 2anbegf))rad^e getoefen ju 
fein. JDiefe brad^te aud^ unter ungebilbeten Saien fold^e S5Jirfun= 
gen l^ert)or, toie ju anbern 3^iten. ©0 ift merllüürbig, \üa^ \)kt 
äl^nlid^ tt>ie in ben S^^^^^ ber SReformatioh erjäl^lt tt)irb: eg fei 
Äeiner fo bäurifd^, ber, toenn er ftd^ ju il^nen gefeffe, nid^t in 
toeniger atö ad^t S^agen fo fel^r ber ®d^rift lunbtg Iperbe, ba^ 
er burd^ feine 5lnfül^rung i>on Sibelftetten unb Seif})ielen au« 
ber Sibel me^r übertounben toerben iönne ^). 

©0 todren bie ^änpUx ber ©eften, ^eter bon Sruig unb 
$etnrid&, au^ bem SBege geräumt toorben. ^^x^ 9iad^tt)irlung 
mod^te nid^t iange fortbauern. aber inbem e§ gelungen toar, 
mjelne SSetoegungen be« bie ürd^Iid^e 2^l^eoIratie befämj)fenben. 
©eifteö gu unterbrüdfen, fo toax iod) bamit jene ©eifteSrid^tung 
überl^au))t nid^t für immer übertounben. 9ieaItionen guter ober 
fd&le^ter 3lrt, toeld^e einmal in bem ©nttoidflungSgong ber 3Jienfd^s 
i^cit angelegt pnb, in ber berborgenen SBerIftätte ii^re« ©eifteS 
pd^ borbereiten, tberben fid^ nid^t jurüdfbrängen laffen, nid^t über* 
tounben loerben lönnen, bi« fie ju i^rem Siedete gelangt ftnb ; fei 
e« nun, toenn bon Sleaftionen eineö guten ^rincij)« bie 3lebe ift, 
ju bem ©iege, ber burdj einzelne D^)fer borbereitet toerben mu^te: 
fei ed, h)enn bon einem fc^led^ten 5ßrinci)) bie Siebe ift, big bafa 
fclbe fid^ ganj au8geft)rod^en l^ot, unb burd^ bie l^öl^ere innere 
SBladJt be« ©uten unb SBal^ren übern)unben toorben. ©0 mu^te 
aud^ biefe in bem ^nttoidCIungiS^roje^ beS SReid^e« ©otte« notl^^ 
loenbige SRealtion, ungead^tet aller SBerfud^e, bie einzelnen ßtoeige 
berfelben abjufd^neiben, mit immer größerer SHad^t ftd^ enttoidfeln. 
Big ba« il^nen jum ©runbe liegenbe $rinci)) burd^ bie beutfd^e 



1) NulluB enim tarn rusticus est, si se eis coDiunxerit, quin in- 
fra octo dies tarn sapiens sit literis, u% nee verbis, nee exemplia 
amplias snperari posstt. 



354 9eTn(atb unb bie antütrt^U^en €$elten. 

Siefonnatton, }u itx mit unaufl^altfamev ®ett>alt bie ®efd^id^te 
j^inbrängte, )u feinem Siebte gelangte. 3)te ffatl^aret, mit benen 
bie ^enricianet l^äufig iDertDed^felt tourben, tpie man fte aud^ 
9Ranid^äer }u nennen (pflegte, liegen ftd^ in ienen ©egenben nid^t 
Dertilgen, unb n)enn auc^ bie $etro6ruflaner unb ^enricianer 
untergingen, fo leimte bo^ bie il^nen 3um ®runbe liegenbe Igbee 
einer äBieberl^erftellung ber a))ofto(ifd^en Jtird^e in anbern unb 
reineren formen toieber auf. SSergeblid^ fud^te man burd^ äu|er* 
lid^e ®eh)alt, burd^ treuer unb ©d^toert, }u unterbrüden, to)ad 
au« ber 3Rad^t be« ©eifte« mit untoiberpel^lidjem 2)range l^erbots 
Brad^; iDie ^B&Iarb f^tid^t t>on unjdl^Ugen S^rlel^ren, burd^ bie 
tägUd^en 93erid^te Don tpeld^en man l^äufig in ®rftaunen gefegt 
toerbe, toeld^e aud^ burd^ bie Verbrennung Sierer/bie Don bem 
SBoIfe ergriffen toürben, fidj nid^t bämj)fen liegen^), ^n benfet 
Ben ®egenben rief biefe ©eiftc^ridjtung, Dermöge eine« urfjjrüngs 
lid^f aufllligen älnFd^Iie§ung$))un!te«, jene ©emeinfc^aft bed apo^o^ 
lifd^en Seben«, bie juetft gar nid^t einen fo ftarlen ©egenfa^ mit 
ber lird^Iid^en 3:i^eoIratie im Sinne l^atte, bie ®elte ber Sßatben^ 
fer l^erDor. Unb jened frül^er Don un§ angefül^rte Sud^ Dom 
äntid^rip geugt Don einem SSerein frommer SKänner Dertoanbten 
eDangelifd^en Strebend. @d toarnte bie Slid^tung biefe« S3ud^e§ 
baDor, ba| man nid^tben Don bem Sli)bftel 5ßaulu« in bem erften 
21&effaIonid^cr6riefe Bejeid^neten äntid^rift in ber gerne fudjen 
foSte, ioäl^renb man i^n in ber 92äl^e Bei fid^ l^aBe; fil^nlid^ tote 
nadj^er bie Bö^mifd^en SReformatoren be« funfjel^nten 3Ä^^^J&un= 
bert«, ein Soi^cinn aJlilicj unb SRattl^iaö Don 3ft«oto, e« für einen 
Äunftgriff be« ©atan« erllärten, bafe man ben geinb in ber Su« 
fünft fud^e, ben man in ber ©egentoart finben unb BeIomj)fen 
foQte. SBie bie großen ))l^ro))l^etif(^en Igbeen be« neuen Xefta» 
ment« il^re toeltl^iftorifd^e IBJal^rl^eit eben baburd^ Betoäl^ren, ba| 
fte in Derfd^iebenen großen @)}od^en, toeld^e bie Ie$te Sutunft Dor» 
Bereiten, pd^ auf Derfc^iebene großartige DffenBarungdformen be3 
antid^riftlid^en $rinci))« Be}iel^en laffen, fo lonnte man nad^ ber 
Derfd^iebenen SBefd^affenl^eit ber geidjen ber Qnt jene ©d^ilberung 
be« 3(ntid^rift Dermöge ber Slnfd^auung ber ©egentoart Balb auf 
ben älBerglauBen, Balb auf ben Unglauben beuten, bie SEBelt^ ober 
©elBftDergötterung in ber einen ober ber anbem gorm. 



1) Theolog. Christ. Marlene pag. 1315: Innumeras alias in qua- 
rum quotidiani« relationibus freqaenter obstupeacimuB, quae neo per 
incendia eorum, qui a populo deprehenduntur, compesci pöfaunt. 



^üäUit M $a)>{led (Sngen na^ 9tom. 355 

tJ.. fHüäUf)t bc« 5ßaj>fteg Sugen nöd^ SHom, Ie|ter 
Äamjjf mit Slrnolbd 5ß artige i, beffen Ic^tc ©d^irffale^ 
aSernl^arb« SSerbinbung tnit bem (Srjbifd^of 3Kala = 
^ia^ au^ ;3^1<^^^r unglüdlid^et älü^gang be$ legten 
^ieujjug^, 93etnl^arbS SBerl de consideratione» 
feine legten SeBengjol&re bid an feinen Xob. 

Stad^bem bet ^a^^fi Sugen fo tn ^anlreid^ mit S3ern^atb }u^ 
fammen gctoixft l^atte^ jur Slnregung eine3 neuen Äreujjuge^, in 
ier ßntfd^cibung ber t>on SReuem aufgebrochenen ©treitigfeiten 
jtoifd^en ber bialeftifd^en unb bet lird^Iid&en 5ßart^ei, in ben 
aWaafetegeln jur Unterbrüdtung bet ©elten, befdSflo^ et im 3« 1^48 
feine SRüdfteife nad^ 9lom anjutteten. SSotl^et Befud^te et mit 
feinem ganjen ©efolge feinen alten Seiltet im Äloftet ßlaitöauj. 
6t etfd^ien untet ben 3Bönd^en Jpie ein SKönd^, fotoie et übet» 
^anpt afö 5ßaj)ft f o t>iel et lonnte . ba« 3Wönd^«(e6en fottfe^te, 
-untet bem t>täc^tigen ^ä))ftnd^en ©eioanbe eine ÜRönd^^tutte bet« 
borgen tragerib. 3)odJ lonnte SetnI&atb feinem 5ßa))fte leinen fo 
ftegreid^n ©injug in 9lom Joerfd^offen, h)ie er einft Snnoceng IL 
Derft^afft l^atte. Unterftü^t bon bem ^erjog SRoger Don ©icilien 
lonnte @ugen nur iDermöge eined il^m nid^it ganj günftigen 93et^ 
gleich« mit ben SRömetn ben ©i§ be« 5ßa|)fttl&um« toiebet einnel^» 
nten. S3etnl^arb lonnte nid^t mit fold^er 'SHad^i, toie et einft bie 
italienifd^en ©taaten jum Oel^otfam gegen S^nocenj jutüdEgefül^tt 
^atte, toie et bie ©eltenl^äut)tet im füblidjen gtanlreid^ übertoun« 
ben, aud^ bie $artl^ei Slrnolbd in 9tom bem $a))fte unterwerfen. 
S)ie @m)95rung bauerte bort immer nod^ fort, unb ber $ro))ft 
©erod^ mu|te Ilagen übet ba$ ttiegetifd^e 3(nfel^n, bad bie $etet^ 
fitd^e geioonnen l^atte ^). Sltnolb ioitite nod^ fott in 9lom bi^ 
untet bie $ä))fte änaftafiu« IV. unb ©abtian IV. Sia loit J^iet 
3um (e^ten ÜRale biefen metitoütbigen 3Jlann ettofil^nen, bütfen 
toit aud^ ben Sludgang feinet @d^id(fafö nid^t mit ©tiSfd^toeigen 
fibetgel^en. ®tft bem gule^t genannten ^a^^fte gelang e§, bie 
ättnolbfd^e $attl^ei ganj }u untetbtütfen. SDa nämlid^ ein Jlat« 
binal au« itgenb einet Setanlaffung bon ®inem^ bet fxdf än^. 
I^&nget ^[tnolbiS nannte, auf dffentlid^et ®ttq§e angegriffen unb 
tdbtUd^ l?ettounbet tootben, benu^te bie« bet ^a))ft, um 9lom mit 
bem S^^t^^^ilt )u belegen. 2)abutd^ gefd^tedft nötl^igte ba« SSoß 
bie ©enatoten, toeld^e bi^l^et 9(tnoIb befd^ü^t l^atten, bem Zapfte 
bad äSetft^ted^en )u leiften, ba^ fie äCtnoIb unb feine äCnl^änget 
au« 9lom bettteiben looKten, toenn fte nid^t )um ®el^otfam be9 



1) la Pi. 64 Pez. thes. tom. V f. 118t. 



356 bettet jtam)>f mit 9molb9 ^ott^d. 

!ßaj)fte8 jutüfie^tten. Srft nad^bem jtc i^t SBerfjjred&en erfüllt 
l^atten, tourbe ba^ ^nterbilt aufgel^oben. ältnolb mu^te Slont 
Detlaffen. @^ gelang einem ftarbinal, il^n auf ber %lud^i )tt 
ergreifen; aber brei italienifd^e (Sro|en entriffen il^n bemfelBen^ 
tnbem fie xf)n afe ^xopf^tUn berel^rten. S)a unterbeffen ber Äai« 
fer ^ifbrid^ I. nad^ 9lom Um, unb ber $a))ft unter anhern ^ße= 
bingüngen aud^ bic 2lu«Iieferung ärnolbä bon i^m Derlangte^ 
Ke^ ber Äaifer, toeld^em fd^on frül^er berfclbe aud^ ate ein ®eg= 
iter be^ faiferlid^en änfel^ng toar bargefteHt toorben^), il^n ber 
3Ra^i feiner ®önner entreißen ber J)ä))ftlid^en ©etoalt übcjliefem. 
3Ran fagt, er fei burd^ ben ^räfelten t>on 3}om ber })ci})ftlid^en 
^aft entriffen, unb burd^ bic befonbere Slad^fud^t biefeg gegen bie 
?ßart]^ei Jlrnolb« erbitterten Sflanne« bem iobe überliefert toor= 
ben, fo bafe er mit bem ©trong l^ingerid^tet tourbe, unb .bann 
Derbrannt^ man feinen Seib unb toarf ba« toon ben Oebeinen 
Uebrige in bie Siber, bamit bie bem 9(rnoIb nod^ mit fo großem 
^ntl^ufio^mu« ergebene 5ßartl^ei, bei toeld^er biefer burd^ feinen 
SKart^rfttob fid^ nod& ^ö^er fteigem mußte, fid^ nid^t SReliquieit 
barau« mad^en foHte. S)er fromme Eiferer für bic Sleinl^eit ber 
ftird^e, ber 5ßroJ)ft ®erod^ Don 3leid^ergberg, oud^ einer ber ©eg* 
ner ber Slntoenbung bon Sebenöftrafen gegen bie $äretifer, giebt 
ju berft^en, baft biefe 3)arfteII«ng ber ©ad^e, aU loenn affe«^ 
bied ol^ne äBiffen unb äBiUen ber römifd^en iturie gefdjfe^en fei, 
nur ein falfd^ed SSotgeben fei, ba$ ba)u bienen foHte, bie ©d^ulb 
bon biefer abjutoäljen ; ba e« ben SSorurtl^eilen be8 fononifd^ti 
SRed^t« nod^ nid^t gelungen toar, bie Stimme beS d^riftlid^en @c* 
toiffeni fo ioeit gu unterbrüdEen, ba| man fid^ eineg fold^en 3Ser* 
fal^ren^ gegen ben «öäretüer nid^t gefd^ämt ^ätte. ©erod^, ber 
alfo bie SBal^rl^eit jene^ aSorgeben« fel^r in ^^^if^^ i^^^K tneint: 
SEBenn bi«g toirflid^ fo fei, l^dtte man bod^ tt)enigften8 mit ben 
®ebeinen beg SWanneS nid^t fo öerfal^ren, fonbern i^m bie Ie|te 
®bre ertoeifen foHen. Unb er fü^rt jum Seifpiel ba« SSctfal^ren 
be« fiönig« 3)abib gegen ben 3(bncr an: „38ie einft 3>atnb für 
eine eJ^renboHe Seftattung Slbner« forgte, unb l^ier i^ränen »et» 
goß, um bie ©d^ulb be« trügerifd^ bergoffenen Slute« bon feinen^ 
^aufe unb 2;§rone fern gu l^alten." 3Ran fielet alfo, ®erod^ 
traute aud^ ber SBal^rl^eit be« SSorgeben« nid^t, baß man e« für 
nötl^ig gel&alten, gegen bie ©ebeine ärnolbd fo }u berfal^ren, ba» 
mit er nid^ «in ©egenfttfnb ber SSolteberel^rung toerben foDte. 



1) 0. n\a« man ton 9^om au9 üBer bie |)oIitif6eu Sl'^a^iiiottonen ber 
amolbfd^en ^actii^ei bem Sta\]tt mttt^etlen lieg, in Engenii ep. ad Wi- 
baldam abb. m ülartene et Durand collect, ampliss. tom. II p. 554. 



^rnolb« um ed^ldfak. . .357 

9lad^ feiner 3RmvmQ l^ättc man, hjenn er tottlUd^ ol^ne Sffiiffen 
unb SBitten ber römifd^en Äurie toäte J^ingerid^tet toorben, toeniß- 
fteng eine otbentlid^e Seftattung i^m fletoä^ten fotten, um jtd^ 
gegen ben Sottourf einer ©utl^ei^nng biefe^ und^riftlid&en SSers 
fal^ren^ ju bertoal^ren ^). 3lBer er toünfd^te nUxfjaupt, bafe man 
Slrnolb, toenngleid^ feine Seigre eine fd^Iedftte fei, bod^ nid(|t mit 
bem a^obe, fonbern mit SSerbannung ober (Seföngni^ beftraft l^ätte. 
n^^ — fagt er — l^abe lein anbre« S^tereffe, ate bafe unfre 
WlutUx, bie römifd^e Rird^e, fo berfa^ren möd^te, toie e§ il^rer 
gi^re angemeffen, gut unb red^t ift." 6r l^abe befel^alb bon 2lmoIb 
reben ju muffen gemeint, bamit er toeber bie Se^re 2lrnoIbg^ 
toeld^e toenn oud^ bießeid^t bon gutem (gifer, bod^ nid^t bon glei= 
c^er ©rienntnife ausgegangen fei, nod^ feinen auf unred^te SQSeife 
boUjogenen %oi gutjul^ei^en fd^eine^). 

SDBaS toir bon ben ^inrid^tungen ber .bie l^errfd^enbe Äird^e 
belämjpfenben ^äretifer Bemeriten, lä^t fid^ aud^ auf ätrnolb an- 
toenben. SBenngleid^ ej;^ bag .Dj)fer ber bon iij^m berfünbeten 
©runbfä^e im Ramp^ mit bem .l^errfd^enben Seifte feiner Qüi 
tourbe, fo toar bod^ feine SEBirifamfeit feine bergeblid^e, unb bie 
SKad^t, toelc^e feinen £ei^ töbtete, lonnte bie bon ii^m angeregte 
©etoegung ber ©eifter nid^t bäm)3fen. ©old^e ©runbfö^e foHen 
in 2^V^oI unb in ber Sd^toeij fortgen)irIt l^aben *). Unb toie 
Slrnolb burd^ bie Slac^loirlungen ber ^nbeftiturftreitigleiten onge= 
regt toorben, fo mögen bie burd^ biefe ©treitigfeiten, unb bann 
burd^ Slrnolb in Umlauf gefegten gbeen .über bie ©rängen ber 
geiftlid^en unb toeltli^en Wad^t auc^ IdoI^I ben l^ol^enftaufifd^en 



1) Geroch. Reicbersp. de investigat. antichrist. lib. I fragment. 
in Gretiferi opp. omn. tom. XII pars poster. proleg. pag. 12: Nam 
ri, Qt ajunt, absqne ipsorum seientia et consensu a praefecto urbis 
Komae, de sub eorum custodia, in qua tenebatur, ereptus, ac pro 
special^ causa occisus ab ejus servis est ; maximam siquidem cladem 
ex occasione ejnsdem doctrinae idem praefectus a Komanis civibus 
perpessus fuerat; quare non saltein ab occisi crematione, ac sub' 
mersione ejus occisores metuerunt, quatenus a domo sacerdotali 
sanguinis quaestio remota esset: sicut David quondam honestas 
Abner ezsequias providit, atque ante ipsas fievit, ut sanguinem frau- 
dulenter effusum a domo ac throno suo removeret. 

2) Ueber Slrnolbd %o)i> f. acta Vatican. ap. Baron. annaL ad ann» 
1155 N. IV unb Otto Frising. de gest. Frid. I lib. II cap. 21. 

3) Guntherus Ligurinus fagt loon ber 133erbrettung feiner Se^ren in 
^l^rol: 

Quod adhnc, fii fallor, in illa 
Gente nocet, multumque sacra detruncat bonori. 
Unb bon ber ^cjbtoet): 

Undb venenato dudum corrupta sapore, 
Et nimiam falsi doctrinae vatis inhaisrens, 
Servat adhuc uvae gustum gens illa paternae 



356 Setter Stamp\ mit «moIb9 ^ott^d. 

!ßaj)fte8 jutüfie^tten. erji nod^bem jte il^t gSerft)ted&en etffifft 
l^atten, tpurbe bad l^^tetbilt aufgel^oben. älrnolb mu^te 9tom 
betlaffen. @d eelang einem ftatbinal, il^n auf bet %lu^t }u 
ergreifen; aber brei italienifd^e (Srojen entriffcn il^n bemfelben^ 
inbew fte i^n afe 5Pro})^eten t)erel^rten. S)a unterbeffen ber Äai« 
fer grifbrid^ I. nad^ SRom lant, unb ber ^ap\t unter anbern Se- 
bingüngen aud^ bie SKuiSlieferung älrnolbd \>on i^m ioerlangte^ 
lie^ bet Aaifer, toeld^em fd^on frül^er berfelbe aud^ al^ ein ©eg- 
tter be^ laifnlid^en änfel^nd toar bargefteHt toorben^), il^n ber 
3Rad^t feiner ®önner entreißen ber Jjä^jftlid^en ©etoalt überliefern. 
SJlan fagt, er fei burd^ ben ^räfelten t>on 3Jom ber j)ä})ftlid^en 
^aft entriffen, unb burd^ bie befonbere Slad^fud^t biefe« gegen bie 
?ßartl^ei Jlrnolb^ erbitterten 5Dlanne« bem 2lobe überliefert toot^ 
ben, fo bafe er mit bem ©trang l^ingerid^tet tourbe, unb .bann 
Verbrannte man feinen Seib unb iDarf bad bon ben ©ebeineit 
Uebrige in bie 2!iber, bamit bie bem Slrnolb nod^ mit fo großem 
^ntl^ufto^mu^ ergebene ^artl^ei, bei meld^er biefer burd^ feinen 
ÜRärt^rf^rtob fid^ nod^ ^ö^er fteigern mugte, fid^ nid^t ^Reliquien 
barauS mad^en foQte. 2)er fromme @iferer für bie Sleinl^eit ber 
ftird^e, ber 5ßroj)ft ®erod^ ^m 3leid^ergberg, aud^ einer ber ®eg* 
tter ber Slntoenbung Don SebenSftrafen gegen bie $äretiler, giebt 
2u Derft^en, baB biefe ^arfteUung ber @ad^e, aU toenn aSe^ 
bied ol^ne äBiffen unb äBiQen ber römifd^en iturie gefdjfel^en fei^ 
nur ein falfd^ei^ Sotgeben fei, b«S bagu bienen fottte, bie ©d^ul^ 
bon biefer abjutoäljen ; ba e«^ ben 2}orurtl(^eilen be8 lanonifd^en 
9led^td nod^ nid^t gelungen toar, bie Stimme be^ d^rift(id^en &e* 
toiffen^ fo ioeit ju unterbrüdEen, ba| man ftd^ eine« fold^en SJer* 
fal^reng gegen ben «öäretifer nid^t gefd^ämt ^ätte. ®erod^, ber 
älfo bie SBal^rl^eit jeneg SSorgeben« fel^r in 3h>cifrf ii^^t, meint: 
SBenn bieg toirflid^ fo fei, l^&tte man bod^ toenigften« mit ben 
®ebeinen beg SDlanne« nic^t fo öcrfal^ren, fonbern i^m bie fe$tr 
€bre ertoeifen foHen. Unb er fü^rt jum Seifpiel baö 93ctfal^ren 
be« Äönig« 3)abib gegen ben Slbner an: ,,aBie einft 3>atHb für 
eine el^rentoHe 83eftattung Slbneri^ forgte, unb l^ier i^ränen »er« 
go§, um bie @d^u(b be^ trttgerifd^ iDergoffenen ^luteS t>on feinem 
^aufe unb 2;§rone fern gu l^alten." 3Ran fielet alfo, ®ero<^ 
traute aud^ ber SBal^rl^eit beg SSorgeben« nid^t, bafe man c« für 
nötl^ig gel^aften, gegen bie ©ebeine ärnolbö fo )u »erfahren, ba« 
mit er nid^ ein ®egenfttfnb ber SSoIföDerel^rung toerben foBte. 



1) e. n\a« man ticn ^om aü9 üBer bie poM\6tn 9)?a$inationen ber 
HrnoIbWen ?Jottf>et bem Äatjer mht^eilen ließ, in Eugenii ep. ad Wi- 
baldam abb. m ülartene et Durand collect, ampliss. tom. II p. 554. 



«rnolW fefete ed^i<ffak. . .357 

3iaäf feiner SKetnung l^ättc man, toenn er toirfttd^ ol^ne SEBtffen 
unb SBitten ber römifd^en Äurie toärc J^ingertd^tet toorbcn, toenigs 
jien§ eine orbentlid^e Seftattung i^m getDä^ren fotten, um jtd^ 
gegen ben SBortourf einer ©utJ^eigwng biefe« und^riftlid&en SSers 
fal^reng ju bertoal^ren ^). 3lber er toünfd^te üUxfjaupt, bafe man 
Slrnolb, tt>ennglei4 feine Sc^re eine fd^ledftte fei, bod^ nid^t mit 
bem a^obe, fonbern mit SSerbannung ober ©efängni^ beftraft \)ätU. 
n^^ — fögt er — l^abe lein anbre« S^tereffe, afö bafe unfre 
3SlutUx, bie römifd^e Äird^e, fo berfa^ren möd^te, toie eg il^rer 
&)x^ angemeffen, gut unb ted^t ift." 6r l^abe befel^alb bon 2lmoIb 
reben ju müjfen gemeint, bamit er toeber bie Seigre 2lmoIbg^ 
toeld^e toenn aud^ bieHeid^t bon gutem @ifer, bod^ nid^t bon glev^ 
c^cr erlenntnife ausgegangen fei, nod^ feinen auf unred^te SBeife 
boUjogenen 3::ob gutjul^ei^en fd^eine^). 

2Bag toir bon ben ^inrid^tungen ber -bie l^errfd^enbe Äird^e 
belämjpfenben §ävetiler Bemerlten, lä^t fid^ aud^ auf ätrnolb an= 
toenben. SBenngleid^ tx^ ba« 0)5fer ber bon iij^m berfünbeten 
©runbfä^e im Äam})f mit bem .l^errfd^enben Seifte feiner 3«^ 
toutbe, fo toar bod^ feine SEBirifamfeit feine bergeblid^e, unb bie 
SKad^t, toelc^e feinen 2eil^ töbtete, lonnte bie bon il^m angeregte 
aSetoegung ber ©eifter nid^t bäm)3fen, ©old^e ©runbfä^e foffen 
in 2^^roI unb in ber Sd^toeig fottgetoitft l^aben ^). Unb toie 
Slrnolb burd^ bie Slac^loirlungen ber ^nöeftitutftreitigfeiten ange= 
regt ioorben, fo mögen bie burd[| biefe ©treitigleiten, unb bantt 
burd^ Slrnolb in Umlauf gefegten Qlbeen .über bie ©rängen ber 
geiftlid^en unb toeltli^en 5Kad^t auc^ h)oy ben ]^ol(;enftaufifd^en 



1) Geroch. Reichersp. de investigat. antichrist. lib. I fragment. 
in Grets'eri opp. omn. tom. XII pars poster. proleg. pag. 12: Nam 
si, ut ajunt, absque ipsorum scientia et consenHu a praefecto urbis 
Romae, de sub eorum custodia, in qua tenebatur, ereptus, ac pro 
special^ causa occisus ab ejus servis est ; maximam siquidem cladem 
ex occasione ejusdem doctrinae idem praefectus a Komanis civibus 
perpessas fuerat; quare non saltein ab occisi crematione, ac sub' 
mersione ejus occisores metuerunt, quatenus a domo sacerdotali 
sanguinis quae»tio reraota esset: sicut David quondam honestas 
Abner ezsequias providit, atque ante ipsas fievit, ut sanguinem frau- 
dalenter effusum a domo ac throno suo removeret. 

2) Ueber Sirnolbd %o\> f. acta Vatican. ap. Baron, annal. ad ann. 
1155 N. IV unb Otto Frising. de gest. Frid. I lib. II cap. 21. 

3) Guntherus Ligurinus fagt loon t>ix 133erbreitung feiner Se^ren in 
^l^rol: 

Quod adhuc, m fallor, in illa 
Gente nocet, multumque sacra detruncat bonori. 
Unb bon ber B^miii 

Undb venenato dudum corrupta sapore, 
Et nimiam falsi doctrinae vatis inhaerens, 
Servat adhuc uvae gustum gens illa paternae 



360 Scm^arb« Ser^inbung mit b€m (lT}bif4of malaäfiai au« Srlanb. 

lonnten butd^ il&ren Sctuf leine grud^t fd^affen Bei bctn fd^ledjteti 
aSolIe; benn in ben Äitci^fn touvbe leine Stimme beg ^Prebigerg^ 
fein ©cfang gel^ört." g^eili^ nun bürfen toir nid^t berlenncn, 
toie avi^ biefet öc^ilberung felbft ^etborgel^t, ba^ bem Sern^arb 
ätteS, toa« nid^t ber bamaligen fird^lid^en Dtbnung ^nt^pxaä), ate 
Settoilberung erfd^ien; unb e« lonnte il&m bälget gefd^el^en Don 
biefem ®eftc^tg})unfte au«, ?Jetfd^iebenattige«, toie loon berfelben 
SButjel auggel^enb unb aU toäte e« t>on gleicher Sefd^affen^cit^. 
jufammenjufteHen. 6« lonnten aud^ nod^ fortbauer.nbe Slad^toir^ 
fungen jened freieren ©eifte« ber alten irlclnbtfd^en Äird^e fein, 
toelc^e bem Sernl^arb ate SBertoilberung er{<i^einen mußten. €o 
toenn Sernl^atb^) Don ben ad^t loorl^ergei&enbcn ©rjbifd^öfen öon 
Slrmagl^ fogt, ia^ fie öereJ^elic^t toaren unb feine Drbinirte, aber 
bod^ nid^t ol^ne literärifd^e SSilbung ^), fo fönnte barin eine 9ia(^= 
toirfung be« älteren freieren ©eifteö, ber pd^ ben 6ölibatggefe|ett 
nid^t fügen tDottte, ju finben fein, unb Sernl^arb fönnte, toenn 
er jene in ber Qf)t lebenbcn Sifd^öfe, bie nad^ feiner SKeinung 
bie redete Drbination nic^t emjjfangen l^atten, bod^ literatcs nennt, 
gegen ftd^ felbft jeugen. S^^be^ bürfen toir bod^ aud^ nid^t Der« 
geffen, bafe jener freiere (Seift, ber juerft ber größeren Silbung 
}ur €eite ging, nad^l^er too^l mit ber Slol^l^eit in ben Sunb trat, 
toie e^ ftc^ fd^on in ben Aäm))fen beg (Sr^bifd^ofd. 2)unftan Don 
ßanterbur^ ju erfennen gegeben l^atte, 

Sßalad^iaiS gel^örte aud^ ju 3)enen, toeld^e ben @aamen be^ 
Cl^riftent^umg, ben fromme SWütter il^ren (Semütl^ern burd^ bie 
frül^fte @rjiel^ung eingeftreut, am meiften 3U berbanfen ^atte. 
SSon frül^ an ioar ®ebet bie ©eele feine« d^riftlid^en Scben«, unb 
Sernl^arb l^ebt l^ertoor, toie toenn er atö l^erantoad^fenber 3ängs 
fing burd^ feine @tubien iDerl^inbert tourbe, bie Atrd^e gu befud^en, 
il^m jeber Drt afö ein burdjf ba8 Oebet }u l^eiligenber erfilSiien, 
ba^ er aber nie ba« ^eilige jur ©d^iau trug, fonbern äße geugen 
feiner Slnbad^t bermieb. Sern^arb fagt barüber: „®x glaubte 
bie reinen $änbe überatt jum ^immel erl^eben gu fönnen, too 
er nur indge^eim bie« tl^un fonnte. Sknn fd^on 4)amal«vto>ar er 
Dorftd^tig barin, ba« ®ift ber 2:ugenben gu meiben, eine eitle 
Slu^mfud^ »)." 3)a SKalad^ia« früher, al« fonft getodl^nlid^ toar, 
bie geiftlid^en SBeil^en erl^ielt, mad^t ©ernl^arb barüber bie 8e= 
nterfung : „Sdjf meine bie« an bem l^eiligcn 5Wanne nid^t übel 



1) L. c. pag. 667. 

2) Uzoratt et absqne ordmibns, literati tarnen. 

3) L. c. pag. 659: Jam tunc siquidem cautua fait declinare vi- 
rns virtutum, inanem gloriam. 



tBeni^arbd Serbmbung mit bem (Sr^Bift^of S^Utad^ia« am 3rlanb. 361 

beuten gu muffen, aber id^ möchte aud^ nid^t tätigen, ba| man 
6ei ßincm, ber fein fold^er ^eiliger ift, fo bon ber Siegel abju=^ 
gelten fid^ erlaube 0-" ®«^«>n im breigigften S^l^re jum Sif^of 
Don ßonneretl^ in ^xlarib ernannt, geid^nete er ftd^ in biefer SlmtÄ* 
füi^rung burd^ feinen reformatorifd^en (Sifer unter ber toilben 
Delation befonber« an^. SBernl^arb fd^tlbert feine unermübete %\)ci^ 
"tiflieit in ber ©eelforge: „2Benn fte nid^t gur Äird&e lommen 
tt)ottten, fudjfte er pe felbft auf ben ©trafen auf, lief uml^er, 
tDcn er für ßl^riftug ßetoinnen lönnte." 2lte aber bag $au})t 
ber ganjen irlänbifd^en Äird^e, ber (Srjbifd^of ßelfu^ bon Slrmagl^, 
bie Sobe^nol^e füljilte, forgte er bafür, ba^ ber fromme 3RaIa* 
c^ia« fein Slad^folger Serben foHte. S)ic SBerel&rung t>or bem 
5Patriciu«, bem ©rünber ber Äird^e gu Slrmagl^, l^atte ben ®rj=: 
bifd^öfen ungel^eured älnfel^n berfd^a^t, fo ba§ nic^t allein aSe 
®eifflid^en, fonbern bie fjürften felbjl fidj il^nen unterorbneten. 
5flun.aber toar ber SUli^braud^ eingeriffen, ba| ba« Srjbigtl^um 
n>ie erblid^ in einem abiigen ©efd^led^t gemad^t tourbe. 6ei[fu§ 
tPoQte biefem SRipraud^ ®inl^alt tl^un, unb ben SRalad^iad gut 
Serbefferung be^ ganjen jerrütteten Äird^entoefen^ an bie ©})i$e 
petten. ®od^ fanb bie äudful^rung biefer 9lbfid^t l^eftigen SQ3iber= 
ftanb bei ben t^eunben ber alten SJli^bräud^e. S^erft gelang e$ 
einem älnbern aud jenem abiigen @efd^Ied^t, bem SRauriciuiS, baS 
@rjbi«tl^um an fid& gu reiften, unb üßarad^ia« loar fern babon^ 
mit il^m um bie l^dd^fte äBürbe, nad^ ber er nid^t ftrebte, gu ftrei^ 
ten. älfö jener nod^ fünf ^al^ren parb, gelang ed einem Slnbern, 
ftd^ ber Snftgnien ber ergbifd^öflid^en SBttrbe, eine« borgeblid^ öon 
bem $atriciui$ l^erftammenben @bangelienbud^ed unb bed foge^^ 
nannten @tabed Sl^rifti^ eined mit ©olb unb Sbelfteinen befe^ten 
^irtenftabeS, ber nadj b«c Solföfage bon Gl^riftu« felbft l^errül^ren 
follte, gu bemäd^tigen. SEBer nun im S3eft§ biefer Snfignien toar, 
ber ttmrbe, toie Sernl^arb fagt, Don bem t^örid&ten Solle afö ©rj* 
J&ifd^of anerlannt. Slö SKalad^ia« enblic^ burd^ $ülfe ber SBo^l^ 
gefinnten gu bem Srgbietl^um gelangen lonnte, nal^m er ed bod^ 
nitr unter ber SBebingung an, baft er ed fo lange bertoalten 
tüoKte, bid er bie Jlird^e gur guten Orbnung gurüdgefül^rt unb 
einen ioürbigen ÜRann ftd^ gum Slad^folger getoäl^lt l^ätte; bann 
iDoQte er tvieber gu feiner geliebten ®emeinbe gurüdlel^ren. 2)ieS 
fül^rte er aud^ au«. 3ladf brei ^a^x^n begab er ftdji toieber in 
fein frül^ered älmt, bod^ nad^bem er guerft eine Seränberung mit 
bemfelben borgenommen l^atte, bie bon feiner reinen ©efinnung 



1) L. c, pag. 661: Ego vero istud nee in sancto redarguendunie 
1160 usurpandum oonsolo ei qui sanctus non fueiit. 



354 9eTn(atb unb bie antttirt^U^en €$etten. 

SReformation, }u bct mit unaufl^altfamet GJetoalt bte ©efd^idjtc 
j^inbtäitßte, ju feinem Steinte gelatigte. Siie Sta^axtx, mit bcncn 
bte ^enrictanet l^öufig bettved^felt tourben, iDte man fte aud^ 
ÜRantd^äer ju nennen pfl^QU, liegen ftd^ in jenen ®egenben nid^'i 
Vertilgen, unb toenn aud^ bie 5ßettobru|taner ünb ^enricianer 
untetflingen, fo feimte bo^ bie il&nen gum ©tunbe liegenbe S^ee 
einer SDBieberl^etftellung ber oj)oftoIifd^en Äird^e in anbern unb 
reineren formen h)ieber auf. SSergeblid^ fud^te man burd^ äu|er- 
lid^e ®ett)a(t, burd^ ^euer unb ©d^toert, }u unterbtüdfen, toad 
au^ ber 3Rad^t be§ ©cifke« mit untoiberftel^lidjem a)range l^erbor= 
Brad^; toie 3lbälarb fj)iid^t bon ungäl^Ugen S^rlel^ren, burd^ bie 
tciglid^en 93erid^te bon n>eld^en man i^äufig in @rftaunen gefegt 
toerbe, lüeld^e aud^ burd^ bie SSerbrennung 3)erer/bie bon bem 
SBölle ergriffen toürben, ftd^ nid^t bäm^jfen liegen^), ^n benfeU 
Ben ®egenben rief biefe ©eiftc^rid^tung, bermöge eine« urfj)rün0= 
lidjf guf^igen Slnfd^lie6ung8})unfte«, jene ©emeinfd^aft be« aJ>opos 
lifd^en Seben«, bie juetft gar nid^t einen fo ftarlen ®egenfa$ mit 
ber fird^Iid^en 2^l^eoIratie im ©inne l^atte, bie ©elte ber SBalben* 
fer l^erijor. Unb jene« frül^er t>on un« angefül^rte Sud^ bom 
äntid^rift geugt bon einem SSerein frommer SKänner loertoanbtett 
euangelifd^en Streben«. ®« toarnte bie SRid^tung biefe« S5ud&e§ 
babor, ba| man nid^t ben bon bem 3lj)bftel 5ßouIu« in bem erftcn 
Zl^effalonid^erbriefe Begeid^neten äntid^rift in ber gerne fud^en 
fottte, toäl^renb man i^n in ber SZäl^e bei fidj l^abe; dl^nlid^ toic 
nad^^er bie Böl^mifd^en SReformatoren be« funfgel^nten 3<»^^^J&w«= 
bert«^ ein Sodann aWilicj unb SRatt^ia« bon Sftnoto, e« für einen 
Äunftgriff be« ©atan« erllärten, bafe man ben ge'inb in ber 3u- 
funft fud^e, ben man in ber ©egentoart finben unb Belämj)fen 
fottte. 2Bie bie großen ))l^roJ)l&etifd^en Sbeen be« neuen lefta* 
ment« il^re ioeltl^iftorifd^e IBal^rl^eit eben baburc^ Beioäl^ren^ ba| 
fte in berfd&iebenen großen ®))od^en, toeld^e bie Ie|te Sufunft bor« 
Bereiten, ftd^ auf berfd^iebene grogartige DffenBarung«formen be3 
antid^riftlid^en 5ßrinci))« Begiel^en laffen, fo lonnte man nad& ber 
berfd^iebenen SBefd^affenl^eit ber geid^en ber 5^it jene ©d^ilberung 
be« Slntid&rift bermöge ber Slnfd^auung ber Oegentoart Balb auf 
ben aiberglauBen, balb auf ben Unglauben beuten, bie Selt= ober 
©elBftbergötterung in ber einen ober ber anbern gorm. 



1) Theolog. Christ. Martene pag. 1315: Innumeras alias in qua- 
rum qiiotidianis relationibus frequenter obstupeacimus, quae nee per 
ineendia eorum, qui a popuio deprehenduntur, compeaci pöfaant. 



MäUlft M $a)>{led (Sngen m^ 9tom. 355 

tJ.. fHüältf)x be« 5ßaj>ftc« ®u0cn nad^ SHom, Ie|ter 
Äam})f mit ärnolbd ^Partl^ci, beffen lc|te ©d^irffaIe^ 
Setnl^atb^ SSerbinbunö mit bem ©rjbifd^of 3Kala = 
djfia« au« SrUnb, unölüdlid^et äü^flong be§ legten 
^reu2)U0§, SSernl^arb« SBetI de consideratione» 
feine legten SeBengjal^re big an feinen Sob. 

Slad^bem ber ^ap\t QuQm fo in ^*anlreid^ mit SSem^atb ju^ 

fammen getoirft l^atte, }ur Slnregung eine« neuen ftreujjugeS, in 

ier (Sntfd^eibung bet bon bleuem au^gebrod^enen @treitigleiten 

.jtoifd^en bet biolcftifd^en unb bet litd^Iid&en 5Patt^ei, in ben 

SRaafetegeln jut Untetbtütfung bet ©elten, befdSflofe et im 3« 1^48 

feine SRüdfteife nad^ Slom anjutteten. SSot^et befud^te et mit 

feinem ganjen @efoIge feinen alten Seiltet im ftloftet Slaitbaus« 

'6t etfd^ten untet ben 3Bönd^en toie ein SKönd^, fotoie et übet« 

^anpi afö ^ap\t fo i>iel et lonnte . ba« $!Könd^«IeBen fottfe^te, 

-untet bem t>rä4tigen ))ä))ftlid^en ©etoanbe eine ÜRönd^gtutte bet:^ 

6otgen ttagenb. 3)od^ lonnte 95etn^atb feinem $ßa))fte leinen fo 

fiegteid^en ©injug in 9lom betfd^offen, toie et einft Snwocenj II. 

Detft^offt l^atte. Untetftü^t bon bem $etjog SRoget bon ©icilien 

lonnte (Sugen nut betmdge eineö il^m nid^it ganj günftigen 33et* 

gleid^d mit ben SRömetn ben ©i§ be§ 5ßa))fttl^umg toiebet einnel^« 

men. S3etnl^atb lonnte nid^t mit folc^et 'SHaiijt, ioie et einft bie 

italienifd^en Staaten jum ©el^otfam gegen S^nocenj gutüdfgefül^tt 

^atte, toie et bie ©eltenl^äujjtet im fübli^d^en fjtanlteid^ übettoun* 

ben, aud^ bie 5ßattljiei Sltnolbg in Sftom bem 5ßat)fte untettoetfen. 

^ie @m))5tung bauette bott immet nod^ fott, unb bet $to))ft 

®etoc^ mu|te Hagen übet ba§ Itiegetifd^e änfel^n, ba« bie 5ßetet^ 

fitd^e getoonnen l^atte ^). ätnolb toitite nod& fott in 9lom bi« 

untet bie $äj)fte Snaftaftu« IV. unb ©abtian IV. 3)a toit J^iet 

jum legten SWale biefen metitoütbigen aWann ettoäl^nen, bütfen 

toit aud^ ben älu^gang feine« ©d^idfafö nid^t mit ©tiQfd^toeigen 

übetgel^en. @tft bem jule^t genannten 5ßa})fte gelang e«, bie 

ättnolbfd^e $attl^ei ganj )u untetbtüdfen. S)a nämlid^ ein ftat^ 

binal au« itgcnb einet «etanlaffung bon ®inem, bet ftd& än^J. 

I5>&nget Sltnolb« nannte, auf öffentlid^et ©ttqfee angegtiffen unb 

töbtlic^ bettounbet lootben, bcnu^te bie« bet ^ap% um 3lom mit 

bem Sntetbift ju belegen. Siabutd^ gefd^tedft nöt^igte ba« Soll 

bie ©enatoten, toeld^e bi«]&et ätnolb befd^ii^t l&atten, bem $apfke 

ba« 93etf))ted^en }u leiften, ba^ fte äCtnolb unb feine Slnl^&nget 

au« 9tom bettteiben looKten, toenn fte nid^t )um ®el^otfam be9 



1) Itt Pi. 64 Pcz. the«. tom. V f. 1181. 



964 , UnglüdUcier ^uegang be« leisten ftteuj^ugd. 

jiemt, geredet unb fromm Ratten DottfüJ^ren iDoUeu, fo tofire 
bcr $etr mit i^nen getoefen, unb toürbe öiele ?Jnid&t fte f)ahm 
ittnßcn laffcn. aber toeil fic fidj bcm Söfcn J^ingcgeben f^ahm, 
unb h)eil bem ^crrn, toddjer bcr Url^eber bicfe« 3^0^ ^ar, bte* 
feg Don ainfang an nid^t »erborgen bleiben lonnte, fo f^at er il^rc 
Sd^led^tl^eit feiner ®nabe bienen Iaf[en, unb fd^idte il^nen SBer- 
folgungen unb Seiben^ bamit fte baburd^ gereinigt jum ^immet 
reidj gelangen lönnten." 63 fügte biefer Slbt l^inju: er l^abc 
Don ©oldjen, bie t>on biefem gug jurüdEIel^rten, bernommen, fte 
l^ätten au« bem SDlunbe SKand^er, bie bort ftarben, gel^ört: fte 
ftürben gern, unb tooDten ni^t toieber gurüdflel^ren, bamit fte 
nid^t n)ieber in @ünben (verfielen. @d gab bamald ^önd^e, bie 
eine« befonberen Umgang« mit. ben berftorbenen ©eiligen gu ge« 
niesen, burd^ SSifionen mit i^nen in Serül^rung ju treten meinten. 
®« tourben ©old^en t?i^agen Vorgelegt, um beren SSeanttoortung 
fte bie il^nen ©rfd^einenben be« Senfeit« bitten fottten ; toie j. S. 
©regor VII* einem vertrauten HKönd^, ber ju ber 9Baria in einer 
fold^en 93e)iel^ung gu ftel^en borgab, biefelbe um (Sntfd^eibung be« 
bamaUgen ©treit« über ba« älbenbmal^I ju bitten aufforberte. 
©0 l^atte biefer Slbt einen ^önd^, ber mit bem $aulu« unb 
Sol^anne«, ben ©d^u^l^eiligen jene« Älofter«, in einem fold^en 
lebenbigen Serfel^r gu ftel^cn meinte. ®r trug bemfelben auf, jie 
über biefe Slngelegenl^eit gu befragen, unb er tooHte bie änttoott 
«mt)fangen l^aben, ber 3Keinung gemäg, ba^ bie 3«^! ll^^ gefat 
Jenen @ngel burd^ bie Srtoäl^Iten erfe^t toerbe: ba| bie bort &c^ 
faHenen jum ®rfa$ für bie gefallenen @ngel l^ätten bienen muffen. 
ä(u« bem SRunbe jener 3lt)ofte(, bie S3ern^arb« biel gebadet l^ätten, 
tooUU er aud^ Vernommen l^aben, ba^ ba« @nbe beffelben nal^ 
beborftel^e. S)iefe§ melbete er il^m felbft, inbem er tooi^I tüu^t^, 
ba^ bem 3Ranne öon juöerrid^tlid^em ©[aftben unb l^eifter ©el^n? 
jud^t nad^ bem etoigen Zibzn bie« leine 2;raucr-, fonbern eine 
greubenbotfd^aft fein toerbe. (gr^fd^Io^ ben 85rief mit ben SBor* 
ien: „SBeil a(fo bie ©ad^e einen guten @rfo(g Qt^aht ^at, tlb^ 
Qkxä) nid^t nad^ bem 2Bunfd^ ber SOlenfd^en, bod^ nad^ ben älB^ 
fid^ten ©otte«: fo giemt e« eurer 9Bei«^eit, eud^ barüber ju trd? 
iun in ^m, beffen Siul^m i^r allein fud^t unb »erlangt. Z)enn 
be^l^alb l^at er eud^ aud^ bie ©nabe ju ermal^nen unb )u tDtrIen 
in biefer ©ad&e berliel^en, toeil er ba« ®vlU, ba« barau« lommen 
toürbe, borl^ergefel^n. @r alfo möge euren Sauf glüdClid^ boKen- 
ben, unb un« mit eud5> in feiner $errlid^!eit jufammenfül^ren." 

Sernl^arb ftimmte in feinem Urtl^eil über biefe ©ad^e mit 
jenem 3lbte überein. Daran« ging l>ie Slrt l^erbor, tt)ie er fid^ 
^egen feiner 2^l[feilnal&me an berfelben öor bem ^ojjfte Sugen, 



.8eml^arb8 9ßer! de consideratione. 365 

nU er. an il^n eine qUi^ näl^cr ju bejeid^nenbe ©d&rift tid^tete^ 
ted^tfertigen ju föttnen tneintc. So fd^rieb er an benfelben, fei« 
nen großen Sd&ntetj auSfJjred&enb 2) : „^\)x roi^i, e« f^at un* 
eine fc^löcre 3^»^ betroffen, fo bag teir faum an baS Seben, gef 
fd^toeige benn an'« Sd^retbcn benfen tonnten: ba nämlic^ ber 
^err, ^ex^it burd^ unfre €ünben, tote bor ber3«it bteSBdt ge* 
rtd^tet ju l^aben fd^ten, jtoar in (Sered^tigfeit, aber uneingebenf 
feiner Sarmberjigfeit. @r l^at fein SSoIf, feinen 9?anten nid^t öer« 
fd^ont. Sagen fie nid^t unter ben SSölfern: SQSo ift il^r ©ott? 
Unb toir bürfen un« barüber nic^t tounbern. 2)ie Sö^he ber 
Äird^e, bie ben 9?amen ber ß^riften an ftd^ tragen, ftnb in ber 
SQäüfte ju Soben gefc^Iagen toorben, ^burd) ba« ©d^toert getöbtet, 
ober t>om junger aufgerieben. S>er (Seift be« Streite« ift au«^ 
gegoffen toorben über bie g-ürften, unb ber t&err l^at fte t>on bem 
redeten Sege abirren laffen. Serberben unb g^^^ftörung ift auf 
t^ren ffiegen (gff. 59, 7); gurd^t unb Srauer, SSertoirrung in 
ben ©cmäd^ern ber Äönige. Söie befd^ämt ftnb ©iejentgen, toeld^e 
IJrieben t?erfi)rad^en unb öiute« ber^iegen! SiBir t>crfj)rad^en jjriebe, 
unb l^ier ift lein triebe; toir t>erfprad&en ®ute«, unb ^ier iji 
SBerni(^tung ! 3lfö ob toir bertoegen ober leid^tfertig in ber Sad^e 
ge^anbelt l^ätten. ®od^ nic^t auf^« Unftc^ere unternal^m id^ ben 
Sauf ; e« gefc^al^ auf euer (äe^eife, ober öiclme^r auf ba« ®e^ei^ 
©otte« burd^ eud^.'' Unb bann fagt er: ,,6« ftnb jtoar bie 
©crid^te ©otte« lauter SBa](^tl(|eit : toer toeiß ba« nid5t? aber 
biefe« ©erid^t ift ein fo großer älbgrunb, ba^ id^ nid^t mit Un« 
red^t S)en feiig J)reifen ju muffen glaube, ber baran fein Slerger- 
tii6 genommen l^at. Unb toie toagt bod^ menfc^lic^e Sermeffenl^eit 
ju redeten über ba«, toa« fte md)t gu begreifen üermag? Safet 
itn« in'« ©ebä^tnife jurüdfrufen bie alten ©eric^te feit ber SBelts 
fd^üj)fung, ob toir öieDeid^t 2:roft barin finben. ^dt fage ettoa«, 
.lüa« 3^bermann toei|, unb bod^ 3liemanb toiffen toill. ^a, fo 
ift e« mit bem ^erjen ber ©terblid^en : toa« toir toiffen, toenn e« 
nid^t nötl^ig ift, toiffen toir nid^t, too e« 9lot^^ tl^ut. Sil« aWofe« 
fein SSoIf au« äegVi)ten führte, öerl^ieß er il^nen ein beffere« Sanb. 
SÖie toäre il^m^fonft ba« nur nad^ bem S^^bifd^en trad^enbe Solf 
gefolgt? Qx führte fte alfo l^inau«; aber in ba« berl^eigene Sanb 
rfüi^rte er fte nid^t. Unb bod^ fann ber traurige unb unertoartete 
(gifolg nid^t ber SSertoegenl^eit be« 2lnfül^rer« ©d^ulb gegeben 
joerben. @r tl^at 3llle« auf ©otte« ©e^eig, unter ber ^ittoirfung 
©otte«, ber burc^ mitfolgenbe geic^en ba« ffierf beftätigte. aber, 
toirft bu fagen, e« toar ein If^artnädEige« aSolf, toiberft)enftig gegen 



]) De conttideratione. 2) Lib. II cap« 1. 



366 Ocrntarb« Serl de contideratione. 

t 
ben ©ftrn unb feinen 2)ifnet 3Rofr^. ®ut, jene alfo toaten 
Ungläubige unb SBiberfpenftige, unb \oa^ loaren biefe? traget 
fie felbft. aSba^ tounbern toit ung, toenn c« 2)enen, bic eben fo 
i^anbelten, auc^ eben fo erging? 98ar aber ba^ Unglücf 3^ner 
bev äSer^eifiung ©otted nicf^t jutoiber, fo h)at e^ aud^ bad Ungfud 
tiefer nic^t; benn ®otte« äJer^ei^ung fann nie mit |einer ®e«» 
rec^tigfeit in @treit fein. 3Bad meint i(;r n)o.(;l tnürben biefe 
SJlenfc^n t)on mit fagen, toenn fie auf meine (Srma^nung )um 
jn)eiten ^al ba^in gingen, jum )n>eiten JUtal unterlägen? Unb 
toenn fie meine (Srma^nung ^Orten, ^um britten ^lai ben 3^9 
}u unternel^men, itac^bem fte fc^n ein^ unb )ta>eimal getäufc^t 
toären? Unb bod^ toieber^/olen e« bie 3|raeliten, nac(|bem fie 
}h>eimal )u @c^an^en getoorben, )um bntten 3Ral, unb ftegen. 
?lbcr jene 3Ren((^en fagen öiefleic^t: SBSol^er fotten toir benn toif- 
fen, ba^ bad SUort t)on @ott getommen ift? SQSeld^e ^^ic^en 
giebft bu und, bag ft>ir bir glauben foQen? gc^ braud^e barauf 
nid^t )u anttoorten, man möge meine SSefd^eiben^eit nic^t befd^d^ 
men. 3^r mögt für mid^ antworten unb für eud^ felbft, na^ 
Um, toad i^r gel^ört unb gefe^en l^abt 0." 

3n ben legten Sauren feine« £cben« fü^^rte Scrnl^arb^ oft. 
untcrbrcd^en, fein toic^^tigfte^, an ben 5ßaj)ft Gugen gerid^tete* 
5Betf au«: „Ueber bie Betrachtung." ®a er feinen gelieb= 
ten Sugen nic^t mel^r in feiner jlä^e i)atU, Wollte er i^m ba^ 
S3ilb feine« l^ol^en Beruf« al«'^a(^f olger be« $etru« t>ov ätugen 
ftellen, i^n etmalj^nen, ba« 5ßaj)ftt^um bon bem grembartigen, 
toa« fic^ im Saufe ber geit mit bemfelben öermifc^t ^atte, ju 
läutern, unb allein bie bemfelben entf))red^nbe rein getftlic^e 
SJBirlfamfeit au«juüben. S^^^% ^^ feinen (Seift bon allen todU 
lid;en Singen ab^u^ie^en, Wollte er i^m ben SBeg ju bem ^öc^ 
ften, Wogu ber menf^lic^e ®eift fid^ erl^ebep fann, Dorjeic^nen. 
3)a^er entftanb bie« merfwürbige Wert, ba« feine gange Slnpc^t 
bon ber fird;li(^en S^eofratie, unb i^rem SBetl^äUniffe jum ^avft« 
tl(^um, unb feine fc^on in einem anbern ^"fawmen^ange entmidet- 
Un S^een über bie Betrachtung göttlic^^er 3iinge, über ba« Ber^^ 
mtniö be« ©laubens jum SBiffcn, barfteüt. 3Bir ^aben f^on 
bemerft, Weldl^e Bedeutung bic Iird?lic^e 2^eofratie für bie ©r* 
giel^ung ber ro^en Bölfer al« ©egengewid^t gegen ben i)Ji6brau(§ 
ber berfc^iebenen ®i Walten, gegen jerftörenbe SBittfür für biefe 
3eit ^atte, unb Wie jene nur unter einem bon frember fSRa^t 



\) Sed Hicnnt forsiran ij»fi: Ünile «rimu^, q«od a Domino 5ermo 
«prrefJHiih «ii? Qiiae t^i^na in (a<'is, uf c:ie<l»nin.H libi? Non *'»t, t^iunl 
a«l isla i|i.-e re!jpoinh-Hiii : p:ir<ciidiiiii vt re<'iiii<liHe nieMH. K<*tipoiid«» 
tu pro lue et pro te ipao, aucumiuiu ea ijune uuiiinti, et vidibii. 



^end^arts Sex! de cansideratione. 367 

undb^nQXim ^auptt burd^gefül^rt toetben lonnte. SBir l^aBeti 
gefeiten, h)ic t>a^ 5ßa}jfttl(^um an bie et)i|e einer Äird^enreformatU» 
ft<^^ ÖtjieBt l^atte; aber toir l^aben aixd) bemerlt, toeld^ent 3Rx^ 
brauch eine fo ungeheure @eh>alt in ber ^anb eined @in^elnen 
ausgefegt toor, unb tote eine SSertoeltlic^ung ber Äitc^ fid^ ber 
anbern entgegenfteBte: berjenigen, toelc^e bon ber rol^^en SBiMür 
ber tjolitjfd^en 3Kac^t ausging, eine anbere, bie t>on ber ein frem* 
be^ ©ebtet an fic^ rei^enben Airc^e unb t)on ben $ä))ften, bie 
gugleid^ gürften fein unb einen $of bei fic^ l^aben mufeten, l^er* 
rül;rte. ^ SSernl^arb, bem jeneg Sbeal ber burd^ ben ßinflu^ beiJ 
S^riftentJ^um^ älDe^ beftimmenben hxdjlidjtn ^^eo!ratie bor ber 
©eele ftanb, erlonnte aber aud^ too^l ben ®egenfa§ jtoifd^en 
biefent 3beal unb ber ©rfd^einung be« 5Pa|jfit^uml ju fHner 3«tt. 
unb barauf mad^te er aufnterifam. „2Bol^er foH id^ anfangen? — 
begann Sern^arb feine Ermahnungen an ben $a)3ft — 3^ toiff 
anfangen Don euren ©efc^äftcn, toeil id^ in biefer SRürffic^t am 
meiften euren ©c^merj t^eile ; toenn il^r nur aud^ ©d^mer j emj)fin» 
bet; fonft f}ätU xd) bielme^r fagen foQen, ba^ id^ blog ©d^mer) 
eni|>finbe : toeil t)on einem Steilen beg Sd^merje^ nW^t bie 3iebe 
fein lann, too ber änbere feinen Sx^merj em)3finbet. SBenn i^r 
alfo Sd^merj em})finbet, fo em))finbe id^ il^n mit eud^; toenn t^ 
nid^t em)3finbet, fo fü^le id^ i^n bod^, unb jtoar bartn am meiften, 
ba x6) toeife, bafe ba« gefü^Do« gctoorbene ©lieb am toeiteften 
bptt ber ©enefung entfernt ift, unb bag ber Äranfe, ber fic^ 
felbft nid^t tranf \mi, gefährlicher franf ift. 2)od^ fern fei e^ 
l>on mir, )9ov, euc^ fold^e^ ju argtool^nen. ^i) \on% toclc^er fügen 
©eifte^rul^e i^r früher genoffet. ®§ lann nic^t.anber« fein, aö 
bag x\)x @d;mer2 emf^finbet, ba fie eu^f fo ))I5((ic^ entriffen tourbe. 
©t'toife nid(»t in fo furjcr Seit fann eure SBunbe in ©efü^Hopg^ 
feit übergegangen fein. Unb toenn i^r e« euc^ nur.gefte^en tooBt: 
c^ fe^lt eud^ nic^t fteter Stoff gerechten €d&merje« toegen be« 
täglic^^en Serlufteg. ®egen euren Siflen, toen nid^ nid^t irre, toerbet 
i^r axx^ ber Umarmung eurer SRa^el (Symbol ber Setrad^tung) 
geriffen ; unb fo oft i^r biefe« erleiben müfet, mug euer Sd^merj 
fic^ erneuen, aber toann gefc^ie^t biefe« nic^t? fflie oft toottf 
tl^r, unb umfonft! Sie oft ftrebt i^r, unb rid^tet nid^t« au^! 
SBJie oft berfuc^t il^r, unb e« tocrben eud^ Sc^ranfen gefegt!'' 
Sernl(^arb, ber tiefe Äenner be« inncrn ?D?enfc^en, tougte aber 
tool^I, toie leicht bie beffcrn ©efü^Ie burd^ ©etool^nl^eit ft(^ ab» 
ftuw^>fen, toie leicht ba« ^öl^ere Sebcn bem SWec^aniemu« ber ®e= 
toö^nung unterliegt, toie leic^?t bie J^5l;ercn Siegungen Don ber 
5Kad;t ber SJertoehlid^ung, toenn nic^t ba« SKiberftreben be« innern 
a)ienf d^en immer Don bleuem angeregt toirD, unterbiütft toerbe 

24* 



368 8etn(arb9 'Setl de consideratione. 

ttnb bted fürd^tete er am nteiflen für feinen @ugen, bie SSerl^ftrr 
itung ber ©etodl^nung, toeld^e ben SRenfc^en ntd^t ju ftd^ felbfl 
lommen lä|t. 9R5(^te nur Igebeni, bem biefelbe ©efa^r brol^t, 
m größerem ober fletnerem Serufe für ba8 Steid^ ©otted, ber 
nur in ber SSertoal^runa gegen jenen SRed^ant^mu« in fteter SeBen«^ 
bigleit iener erften ®lui1f, in forttoäl^renber frifc^fer Sefleiftetung 
gebeil^n lann^ ein SKonn Don bem ©eiflefifd^toung be« Sernl^^arb 
3ur Seite flel^en, um jene ®efü^(e immer l>on !Reuem in \^tn 
anjuregen unb bor ber l^arten jtrufte ber SSertoeltUddung feinen 
®eip gu fd^ü|en! So fä^rt er bal^er fort: ,,2lber traut nur nid^t 
3u \>ul biefer eurer ledigen 6m))finbung. 9lid^td ift fo feft in 
ber Seele, n>ad burd^ ^ernad(|läffigung unb Sänge ber 3^it nid^t 
feine itraft t)ertiert. @m fortbauemb l^eftiger ©d^merj fann nid^t 
lange anl^altenb fein; benn toenn er nid^t t)on au^en l^er Der* 
bannt toirb, fo mug er bod^ ftd^ felbft toeid^en. S)enn Balb toirb 
er enth^eber in bem Heilmittel feinen S^roft finben, ober, in ber 
©tetigteit erftarren. ®a« l)ermag nidj^t bie (Setool^nl^eit umju- 
leieren ! loa« toirb burdj bie Sänge ber S^it nid^t Oer^ärtet ! SBie 
aSielen ift ba§, toaS fie ber SWttetleit toegen 3uerft berabfd^euten, 
burd^ bie @etool^nl^eit felbft übe( t)erfü^t tootben ! 3uerft {d^eint 
eu(^ ettoad unerträglid^ ; S^it unb ©ttool^nl^eit bringen mit ftd^^ 
ba^ il^r e8 fd^on nid^t me^r für fo läftig l^^attet ; balb toerbet i^r 
ed (ei^ter fül^Ien, balb e^ gar nid^t me^r füllen; ba(b enblid^ 
toirb eö eud^ gar angenel^m fein. ®o fül^rt ein anl^altenb l^ef* 
tiger ©d&merj ju einem fd^ncffen Sluggang, enttoeber jur ©e^^ 
funb^eit ober jur Unem})finblid^leit." SBie fel^r au3 ber 
Jiefe be« menfc^Kc^en ^erjen« gefd^ö^jft. Beftätigt burd^ bie ßr= 
fal(|rung, bie jeber STOenfc^ mit fic^ felbft mad^t! 2)er €d^merj 
be« ^^^i'wh^«^^ ^^^ ^^^ beffern SBaterlanbe, baö Äran!l(^eit^geffil^I 
au« bem Äontraft 3h)ifd^en un« felbft unb bem unfrer beffern 
5Ratur einbo^nenben S^eal ift ba§ ^eilfamfte für un«, fü^^rt un« 
ber ©enefung immer mel^r entgegen, inbem e§ un« l^inbert, un^ 
3U bermifd^n mit ber 3BeIt in un« felbft unb au^er un^, unjre 
beffere SRatur ju Verleugnen, unb un§ antreibt, mit raftlofem 
Äam))fe nad^ bem 3U trad^ten, loa« unferm toal^ren SQSefen ent* 
^pxi^i. aber leidet Vertrauen toir biejem Sd^mer3 3u Viel, er 
loirb abgeftum^jft burdj bie fortgefe^te Sefc^äftigung mit bem - 
grembartigen unb ben $ang jur ©emäd^lid^feit, unb 3ule$t ge- 
»innen loir lieb, loa« 3uerft unferm SBefen loiberftrebte. Sticht 
ol^ne ©runb fd^reibt alfo SSernl^arb an ©ugen : „Sefel^alb aller* 
bing«, beg^alb l^abe id^ immer für eud& gefürd&tet, unb fürdjte 
jd^ für eutl^, bafe il^r, loenn il^r ba« ^cilmiltel auffd^iebl, inbem 
il^r icn e(i^mer3 nid^t ertragen lönnt, eud^ berjloeifelnb in eine 



)^ern^arb9 Serl de consideriitione. 369 

tettunßglofe ®efal^ jiürjet. SdJ fürdjtc, fage td^, ba^ mitten 
unter euren SefdSfäftißutigen, toeil i^rer biete ftnb, i^r, toeil il^r 
baran bergtoeifelt^ ein (Snbe ju finbcn, eure ©tirn berl^ärtet, unb 
i^r fo euc^ felbft nad^ unb nad^ auf getoiffe SBeife be« Oefül^fö 
«ineij geredeten unb |^eitfamen Sd^merge« beraubet." Unb fo fliebt 
tx il^m ben 9lat^, ber too^l 5IKand^em gu geben ift, toenn er gu 
fürchten l^at^ ba^ unter bem 3Wed&ani«ntu§ ber ©efc^äfte fein* 
l^ö^ereJ geben erliege, bag er tDeniflften« eine S^it Iö^Ö P^ bon 
benfelben jurüdfgiel^en möge. „SBeit flüger toerbet i^r l^anbeln^ — 
fd^reibt er il^m — h)enn il^r toenigftenS auf einige S^it eud^ ben- 
felben entgiel^t ^), ate bafe il^r eud& öon benfelben fortreiten laffen 
unb. toenigften« nad^. unb nac^ bal^in treiben lajfen foHtet, tool^in 
il^r nic^t h)oKt. 3^r fragt: SBo^in? Sur Ser^ärtung be« $er= 
gen«. Unb fragt nic^t, h>a« ba« fei : toenn i^r eud^ bator nid^t 
fordetet, fo ift eg eure Sd^ulb. 2)a« allein ift ein üerl^&rteteg 
$erg, ba8 bor ftd^ felbft leinen äbfc^eu me^r em>)finbet, toeil e« 
ftd^ nic^t mel^r fü^lt *)." ,,@el^t, — fagt er — too^in jene ber- 
Pud^ten ®ef(^äfte eud^ gleiten: toenn ibr nämlid^ fortfahrt, toie 
t^r angefangen ^abt, eud^ gang benfelben l^ingugeben, nid^td bon 
bem (Suren eudfr übrtglaffenb ^). 3^r Verliert bie S^i^' ^^^^^ ^^ 
mid^ a($ einen gleiten 3^tl^ro euc^ geben barf, fo bergel(|rt auc^ 
i^r eu(^ mit tl^öric^ter arbeit in biefen 3)ingen (2 3Rof. 18, 48), 
toelc^e nid^td Slnbred ftnb, aU eine ^lage für ben ©eift, @nt« 
nerbung beg Oemütl^^, ®ntleerung ber ®nabe. S)enn toa« ifl 
bon biefem allem bie.grud^t, ate ®t)innengetoebe *) ?" 2)arouf 
fc^ilbert Sern^arb i^m bie brüdfenbe Saft frembarttger ©efd^äfte, 
unter ber er feufgen muffe; guerft.bie große 3tnga(;l auf loeltlic^e 
2)inge fid^ begie^enber ©treitigleiten, über bie er gu rid^ten Ijabe. 
,,^0} bitte eud^, toad ift ba^, baß x^t Don SRorgen bi^ Slbenb 
|)rogeffiren unb 5ßrogeffirenbe l^ören müßt? Unb möd^t^ \>oä) bem 
2:agc feine Saft genügen; aucf bie Släd^te finb nid^t frei. Äaum 
toirb ben Sebürfniffen ber Slatur fo biel übrig gelaffen, aU nöt^ig 
ift für bie Stulpe eure« Äört^erg, unb gleid& müßt il^r toieber auf- 



1) (Sine* retraite spirituelle, tote fle tDoM ID^än^em, ber ber ®efal^r, 
unter brm 3)r4ng ber (SefdjSfte unb fttttx Bewegung fein tßa\)xt9 6eU>ft 
3U oergeffen, entgegengeht, %a n)ünf(^en n^are. 

2) Solam est cor üuram, quod semetipsum non exhorret, quia 
nee sentit. 

3) £n quo trahere te habent hae occupationes maledictae : si 
tiCmen pergis, ut coepisti, ita dare te totum iiiis, niJ tui tibi relin- 
quens. 

4) Perdis tempas:^ si licet nunc alterum me tibi exhibere 
Jethro, tu quo(]ue in bis stalto labore^ consumeris, quae non hunt 
iki»i afflictio spiritas, evisceratio nienti!*, evacuatio gratiae. Nam 
fr actus hornm quill, nisi aranearum telae? 



372 Cern^rt« ©«t de contideratione. 

ntffe ntdjt }tt totd jumutl^ett tootttc, ftätU er getoütifd^t, ba^ er 
\xdt folc^en 2)tngen gaii) ^ätte entjte^en Unnen; unb et fc^reibt 
t^m: ,,lßouIu« faßt, ba« ÜRuftet eine« »ift^of« ouffteßenb, 2 linu 
2, 4 : SBet ®ott bient,. muffe ftdSf nid^t in toeltlid^ ®efd^&fte 
berfied^ten; id^ aber fc^one eurer, i(^ tviB mdj^t bad ^ö(^fte/fon« 
bern ba« SRögtic^e bon eu(^ berlangen. ®lau6t il^r too^l, ba| 
unfre Seit e« ertragen toürbe, toenn il^r ben 3Wenfd^en, bie um 
itbtfd^e« @rb0Ut mit einanber ftreiten unb einen 9fli(^terfprud^'t>ott 
tud^ berlangen, mit ben ©orten eure« $erm anttoortet: SBer 
^at mi(^ benn )um 9lid(|ter über eud^i gemad^t, i^r Seute? SBßie 
toürbe balb über eud^ geuttl^eilt toerbcn? SEBo« fagt ber baurifc^e 
unb ber Se(t unlunbige 9len(t^, ber feinen Primat nid^t tennt^ 
ber ben l^öc^ften a))oftoIifd^en @tul^l entel^rt? Unb boc^ glaube 
id^ toirb mir deiner, ber fo urtl^cilt, einen «Jjoftel jeigen fönnen^ 
ber fid^ }um 9tt(^ter über bie 3Renfd(|en auftoarf, bie ©ränjen ja 
beftimmen, Sänber gu bert^eilen? ^ finbe too^l, ba^ bieäl))o« 
fiel über [xä) l^aben rid(|ten laffen, nirgenb« aber, bag fte je 9li(^' 
ter geipefei) toären. 3n ber Sw'wnf* foHten fie richten, nic^t in 
biefer SEBelt. SSergiebt alfo ber Jtnec^t ber 3Bürbe ettoa«, tpenn 
er nid^t gröfeer fein toiB, al« fein $err, ober ber Singer, toenn 
er nid^t größer fein toitt, al« a)er, ber i^n gefanbt ^|at. SBer 
l&at midd jum Slic^ter gefegt? ]px\ä)i jener ^err unb SKeifter, — 
unb toirb e« für ben jtnecbt unb jünger ein Unred^t fein, toenn 
er nid^t SlDe rid^tet? Sd f(^nt mir ntd^t bem rid^tigen 3Raais 
ftabe in ber @(^ä$ung ber ZHnge )u folgen^ toer bie Slpoftel ober 
il^e Stad^folger in i^rer äBürbe baburd^ beeinträd(|tigt glaubt, 
toenn fte über folc^e ^inge nid^t richten, ba il(^nen über toeit 
l^d^ere S)inge }u rid^ten gegeben ift. 3Sad foEten fie e« nid^t 
für ibrer untoürbjg l^atten, über bie irbifc^en Sefi^ungen ber 
aRenfd^cn )u richten, ba fte im Fimmel auc^ über (Sngel gu rid^- 
ten berufen ftnb ? ällfo auf bad 9lidSiteh über 6ünben, ni(^t 
über Seft^ungen bejiel^t ftc^ eure ©etoalt. äBeld^e äBürbe unb 
@etoalt f^eint eud^ größer, Sünben )u bergeben, ober ®üter }tt 
bert^eiten? älber e« ift feine SSergteid^ung }toifd^en beiben. lieber 
ba« S^bift^e }u rid^ten, finb jtdnige unb ^rften etngefe^t, toarum 
greift il^r alfo in bie ®ren}en einer fremben ©etoalt ein? 3l\dft 
ba^ i^r beff en nid^t toert^ feiet, fonbern ba^ ed eurer untoürbig 
%% fold^en S>ingen obzuliegen, ba i^r mit l^ö^eren befc^äftigt feib/' 
Siir ertennen auiS biefen metritoürbigen Xeu|erungen Sem^arb«^ 
toie er, toenngleit^ bon ber gbee ber ürdfilid^n I^eofratie befceK^ 
bod^ über bie $orm, in ber fte bamald ftd^ audgej^rägt f^attt, ftc^ 
}u erl^eben toufite, toie er burc^ fein tiefere« Einbringen in ba« 
S&efen be« e^riftent^um«, in bie Seigren be« neuen Xeßament« 



!6entl^arb9 Setf de coiusideratione. 373 

\>ün bem ®eipe feiner Seit ntel^t freifletnad^t toorben, tote er baU 
SSerberben in bem Uebergreifen ber Äird^e in ein frembed, Colitis 
fd^e« ®e6iet erfannte, toie richtig er ba« SSeifjJiel unb SBort ß^rifti 
Derftanb, nad^ toclt^em e^ bem ßj^riftentl^um fern bleiben foßtc^ 
bürgetUd^e älngeleflenl^eiten unmittelbar prbnen unb beftimmen )tt 
tooHen. greilid^ l^ötte il^n biefe ©pur, toenn er fie fonfequent 
»erfolgte, npc^ toeiter fül^ren muffen. Slber ber ®eßenfa$ jtoifd^enr 
ben bamaligen SJerlj^ältniffen unb bem, toa^ Sernl^arb afö ba^ 
in ber Qbee ©egiünbete erfannte, erfc^ien xi)m ju groß, aU ba^ 
er Q^toa^t l^ätte, feine Slnforberungen an ben 5ßaJ)ft fo l^oc^ ju 
fteden. S)ad Uebel fd^ien il^m fd^on )u tief eingetourjelt, um 
mit einem 3Kale SlHeiJ beränbern }u iönnen. „©enn — fagt er 
— eure aSorgänger J)flegten nid^t fo gu l^anbeln: il^r toürbet 
fel^r Sielen läftig fein, al« ob il^r i)lö|lid& abgetoic^en toärt bon 
eurer SJatt r gufefta})fen ; unb eö toürU ben Sd^ein l^aben^ afe 
tl^ätet i^r ed, um fte l^erabjufe^en. ^an toürbe eud^ tabeln nad^ 
bem betannten @))rücii;toort : 9Ber bad tl(^ut, toad Jteiner tl^ut, 
ben betounbern 2tBe. Sil« fud^tet i^r Setounberung ju erregen^ 
Qi tft aud^ nid^t möglich, bag il^r }ugleid^ unb auf einmal a&ei^ 
©c^led^te t>erbeffert. ajlit ber Seit unb ftufentoeife müfet il^r bie§ 
naä} ber öon ®ott eud& gegebenen äßei^^eit ju betoirfen fud^en. 
Unterbeffen fud^t bai^ ©(^lec^te fobiel aU mi^güd^ jum ®uten )u 
toenbin. Dbgleicff, toenn i^r bon ben guten unb nic^t bon ben 
legten $ä))ften ein 93eif))iel nel^men toolltct, ed nid^t fehlen toürbe 
an fold^ejt, toelc^e unter ben gri)gten @efc^äften ©eifte^ru^e fan^ 
ben." Qx erinnert il(^n an bad 93eif))iel eined %egor bed ®ros 
^en, ber mitten unter ben S^'fpörung'en ber SSölfertoanberung mit 
geiftlid^en Stubien ftd^ 3U befd^äftigen S^it gu finben tou^te. 
„3lber — fagt er — • eg l^aben fic^ nun einmal bie Seiten unb 
Sitten berjinbert. Sctrug, 9l&nte unb @etoalt l^aben auf ber 
@rbe bie ^errfd^aft erl^atten. Siiele fud^en bad Siedet burd^ Ü&nU 
2u unterbrüdCen, ed finben hingegen äBenige SScrtl^eibiger, überall 
unterbrüdfen bie SRac^tigcn bie älrmen : toir Idnnen ben Unter« 
brüdften unfere ^filfe, ben Unred&t Seibenben unfer rid;terlid&e« 
Urtl^eit nid^t t)erfagen. Unb toer tann über bie $artl^eien rid^ten, 
ol^ne ba^ fte berl^ört, ol^ne ba^ ^rogeffe geführt toerben? @o 
mSgen benn ^rojeffe gefül^rt toerben, aber auf bie re(^te 3Beife; 
benn bie je^t üblid^e äBeife ift abfd^eulid^, nid^t nur bem' ®erid^t 
ber itirc^e nid^t, fonbern nid^t einmal ben bürgerlid^en ©eric^ten 
anftänbig. S)enn ei$ tounbert mid^, toie euer frommei? 'Ol^r e$ 
^tr&gt, folc^e ätbbolatenftreitigleiten angul^ören, bie me^r bagu 
bienen, bie Sßa^r^eit }u unterbrüd(en, aü fte aufgufinben ^). Ser« 

1) IBon ben 9bbolaten fetner 3eit fagt Sodann bon €a(t9bur)^: Can- 



374 Sern^rbt Gert de contidentione. 

teffert bte fd^Ied^ten (Setool^n^eiten, t)etfd^Iie|t bcn Sett-ügem ben 
9lunb ; beitn biefe Wcnfd^en Ttnb berebt gegen ba^ Siedet, geübt, 
bad ^alfd^e )u bertl^eibtgen. Ütid^tö madfi bte SSal^rl^ett fo leidet 
tinb o^ne SRü^e offenbar, aU ein lurjet unb einfad^er Sentit. 
9(fo möchte id^, i^r Qeft>5l^ntet eud^, bte @ad^en, bte bor eu(^ 
lommen ntüffen (benn bie^ ift ntd^t jbei aUen ber %aVi), gvoar mit 
genauer Prüfung, aber bod^ fc^fnett )u entfc^feiben, jene täufd^en* 
ben ajergögerungen, toeld^e ber Sntrigue ertoünfd^t finb, abju^ 
fc^neiben. 93or eud^ lomme bie @a<^e ber Sitttoe, bte @ad^e be^ 
Firmen, ber nid^t« geben lann. Stele anbere €ad^en fönnt i^r 
änbern übertragen, anbern ba« Oe^ör ganj berfagen. Senn bie 
Untoerfd^ämt^eit Giniger ift fo gro^, ba|, obgleich ba« ganje än= 
fe^n t^rer€ad^e Don offenbarer 3«trigue geugt, fie ftd^ bod^ nic^t 
fd^euen, @el^ör )u t>erlangen, ftd^ bto^fteHenb bor Mett, ba fie 
bUTd^ t^r eignet Urtl^eit genug befd^ämt toerben foDten. 2)te 
Ätrd^e ift boUcr ränfeboHer Setoerber, unb biefe fd^cuen nic^t« 
nte^if bei il^ren SDlad^inationen. ©eib i^r ß^rifti 3ü«ger, \o ent* 
brenne euer @ifer; S^rtftud toar l^ier nid^t }um ©e^or bereit, 
fonbern er ergriff bie ®et^e(, um gu' fd^fagen, toeil fie ba^ ^mi 
beS ®ebet^ gum $aufe bed ;ganbel$ gentad^t l^atten. @o möget 
aud^ il^r ^anbeln: SBer ^anbel treiben tt)itl mit bem ^tligfkn, 
möge, toenn aud^ nid^t fid^ fd^ämen bor eurem »lidf, i^n bod^ 
fütd[|ten; qu^ \i)x \)alUi bie (Seidel in ber ^anb. SKcgen bie 
SBed^öIer ftc^ fürd^ten, unb mögen fie nid^t auf (Selb il^r Sertrauen 
fejen ; mögen fte i^r @oIb bor eud^ berbergen, inbem fte erlennen, 
bag il(|r me^r- bereit feib, ju geben, al§ ju nel^men^)." Sem^arb 
tt)u|te toolS^I, baft ber 5ßa})ft für ftd^, felbft ber SBarnung bor 
-gabfud^t unb Sefted^Iid^feit nid^t beburfte, benn mit 9led{|t fagt er 
bontl^m*): „^^ braud^e eud^ nid^t bamit ju ermüben, über 
bie ßielbgter etma^ ju fagen, ba il^r ®elb toie Spxtn o^ten 
foDt/' a)ie« tbirb beftättgt burd^ ba«, toa« Sodann bon Sali«* 
bur^ fagt*>: btefer $at)ft l^abe bon Äeinem, ber in^rojeffe ber«^ 



eMieorum siquidem est lin^na damnificA, nisi eam ut dlci solet fa- 
Dtbus ar^enreis vincias. J^olicrst. lib. V-c. 16. 

1) Sie Mv ed einer folc^en ^a(^nunf) beburfte, erl^eüt au< ben feien 
•atti^enieineH klagen barüber, bag man in 92oui burd) ®elb SlSe« audricbten 
iSnne; ii>ie ber $rior giilto t>en 2)io^i(Io ben Slb&larb, a(d er n>egen ber 
fd^n^eren iD^igiHinDluni), bie iftn betroffen b«tte, ftdi na^ 9tom loenben unb 
bort d^ecbt fud>en tt^oüte, i^n tayyen «bmabnie, tnbem er i^m fd^rteb: „%Ut, 
tveldie m nnfrer 3eit obne fc^tvere« ®elb babiu gegangen ftnb , f^btn M, 
natbbem fie ibre ^acbe t>erIoren , befcbSmt tt)ieber t>on bort binn^etibegebrn. 
^etm bu täbn fein unb unter ibnen betne ^4e dottra^H trtW, mxf 
tn bi(^ )um <3^elü(^tcr ma^en, übet tetae ^erec^tigfcit et^aUeu." Opp. 
Abael. pag. 22*2. 

2) L. c. II, 14, 23. 3) Metalogic. V, 15. 



I3ern6arbs SBerf de consideratione. 375 

tütdfrtt toat, ober bem ein foI%r Beborüuftcl^ctt fd^ten, ®efdjenfc 
«ngenomtnen S)a nun ein $rior, beffen Sad^e et nod^ nic^t 
flfl^5rt l^otte, in i^n brang, eine 3Karf ©olbed bon i^m an^u« 
tie^men, ^ctbe er ju il^m geftjroc^en : Igi^r feib ncd^ nid^t in*« 
^au8 eingetreten, nnb tooüt fd^on ben §auel^enn beftec^en; Sern« 
J^arb meint: tienn ber $aj}ft fortfahre, in ©egie^ung ouf bie 
«ac^ 9lom gebrad^ten ^rojefje fo ju l^anbeln, tüie er i^m gerat^en 
l^atte, tocrbe er SSiele in feiner Umgebung enttoeber &effern, ober 
burd^ %vitd)t nöt^igen, il^r Serfalj^rcn gu änbern, unb iDerbe für 
fi<^ felbft me^r S^'t gewinnen. Gr fd^ilbert ba^n ben geifttid^en 
Seruf unb C^arafter be« $a)3fte« im ®egenfa§ mit bem tt>Mid)€n 
Slang, ben We 5PäJ>fte angenommen l^atte?: „®ir Mnnen nic^t 
leugnen, ba^ il^r gu einer Ij^o^en Stelle erhoben feib; id^ glaube 
aber bod^ nic^t, um gu l^errfd^en, 2)enn gu. bem $ro)3l[^eten, aH 
er auf ä^nlid^e SBeife erl^oben ipatb. iDurbe gefagt, S^rem. 1, 10: 
„S)a^ bu ausreißen, getbred^en, betftören unb toerberben fottft, 
unb bauen unb J>flanjen " SBeld^er biefer Slu^brüdfe beutet auf 
tDcItlid^e 5ßrad^t? 3Sie(mel^r ift ba« geiftlic^e SBerf unter bem 
iBilbe eineö fauern bäurifi^en Sd^toei^ei? bargefteöt. äuc^ h)ir, 
hai n>ir aud^ t>ie( bon und l^aiten, mögen erfennen, ba§ eht 
S)ienft un« auferlegt, feine $errf(^aft unä übertragen toorben. 
Sd& bin nic^t größer, a(« ber ^roJ)^et; toenn aud^ an ©etoalt 
il^m gleid^, bod^ an SSerbienft nic^t mit i^m gu bergleid^en. 3)a« 
fpred^t gu eud^ felbft unb leieret eud^, bie i^r 5lnbete lehret. S9e-- 
irod^tet eudj» toie einen bon ben 5Prot)l^eten. 3ft e§ nic^t für eud^ 
genug? 3lud^ ju biel. älber il^r feib burd^ bie ©nabe ®otte$, 
töa« i^r feib. SBie ? Seiet, toa« ein 5ßroJ)^et foax. sa^oHt i^r 
tne^r atö ber 5ßrot)l^et fein ? SSSenn i^r toeife feib, toerbet il^r 
mit bem SRaaß gufrieben fein, ba^ eud^ ®ott gugemeffen i^at» 
SDenn toag barüber ifl, ift bom Slrgen. Sernet bon bem öeifpielc 
be« tßro))]^eten, baf; il^r ben etften $la$ erl^alten l^abt, nid^t fo^ 
IDO^I um gu ^errfd^en, afö um gu t^un, toaS bie 3^'* erforbert. 
SBiffet, ial xf)x bö« 9Jleffer be« SBinger« . brandet, fein ©ccj)ter, 
tim bag ®erf be« ^ropl^eten gu berrid^ten.'' S)od^ h)erbe er nid^t 
2lße« auejäten fönnen auf bem Sldfer be« ^erm, fonbern iUland^^« 
feinen SRad^folgern überlaffen muffen. „®olb unb Silber unb 
^errfd^aft ntögt i^r erlangen auf irgenb >eine anbere SBeife, aber 
TiiB^t t>ermöge eine$ aj)oftolifc^en SRed^t« ; benn ber Slt^oflel tonnte 
<ud^ .nid^t geben, toa§ er felbft nid^t l^ötte. 6r gab eud^, toai 
tx f)aiU, bie Sergf für bie ftirc^en. $öS feltfl ben a[j)ofteI 
^etru« (l $etr. 5, 3)Vrf9lic^t aß bte über ba« Solf l^ierrfc^ert, 
fpnbern toerbet ?Jorbilber ber (ijemeinbe./' Unb bamtt il^r nic^t 
meinen möget, baß e« bloß au« 3)emutl^ fo geft^ro^en fei, nid^t 



876 QcnilaiM Gert de contiderfttione. 

ftiM^ in ff a^rl^eit, fo i^ e« ixt €ttinnif bei^ fyxxn im StMtnge^ 
lium (£t.f. 22, 25): 2)tc toeltlic^cn fianigc ^K^fc^en, ttnb bte 
OekDahigen Reifet man gnabtge ^men. Unb fugt ^inju: g^r 
aber nic^t alfo. @d ift Hat : ben Xpo^eln toitb bte ^tf(^aft 
untetfagt. Qkf^t alfo, unb toae^t eudd enttveber, ioenn i^r ^ercfc^t, 
bic 9()iofteIf((aft, ober ald Stac^folger be« Spo^etö bte ^errfc^aft 
|U)ueignen. 2)ad Sine ober ba9 Xnbere ifl eudd unterfagt. 3B^nn 
i^r ^eibed jugleic^ l(^aben tooHt, toerbet t^r Seibed 
Derlieren 1)." (Sine ^rot)^ettf(^e Seu^entng, toie bad $a|>ft- 
t^um burc^ ben SRi^brauc^ ber ©emalt, inbem er bad UntKreini* 
bare bereinigen to^UU, ftd^ felbft ben €turj bereiten toerbe. — 
3m 9efi| ber l^ö(^ften tircblid^en ©etoalt mdge er ftd^ erinnern, 
ba§ er ein SRenfcl^ fei. ,,Sine ^eilfame SSerbinbung, bag i^r aU 
^dc^fter ^riefter eud[f benfenb, juglctc^ bebenft, bag i^r elenbe 
9lf(^e nic^t geft>efen fcib, fonbern feib ^). @ntfemt bie €c^minfe 
bicfer fiüd^tigen 6^re, ben ©lanj einer ^d)Ud)t übertün<j^ten $err» 
lid^teit, betrad^tet eud^ nadtt, toie i^r nadt ge!ommen feib aud 
ber aJJutter Seib.". 

Sern^arb toamt ben ^iap\t bor bem. S^^^m, bte il^m 
übergebene $errf(^aft über bte äBelt afö eine h>eltlid^e, nid^t 
eine bIo| geiftUc^e )u betfU^en. (Sr fei Stad^f olger ber 3())oftel, 
um burc^ bad St)angelium bie äBelt }u beftegen, toie fte ba^in 
getoirtt ^dtten, bem ßbangelium 3l0ed gu unter)oerfen : ,,itein 
®ift, fein ©c^toert, — fdjreibt er il^m^) — fürd^te idf milfx für 
bicif, atö bie ^enfd^fud^t ^)/^ 6r erinnert i^n an bie äBorte 
bed ^aului^ iSRdm. 1, 14): „^i) bin ein @d^ulbner ber SBeifen 
unb Unreifen/' S)er Slame be$ ^d^ulbneriS bejeid^ne eine 2afl, 
)ieme vielmel^r bem S)iener, afö bem $errfd^er. 6r, fei ein 
8d^ulbner ber Suben, ©riechen unb Reiben. @d fei ba^er feine 
$flid^t, bafür gu forgen, ba^ bie Ungläubigen 3um®lauben be- 
lehrt; bie Sef ehrten nid^t irre geleitet, bie irregeleiteten auf bte 
redete 93a^n }UTüdtgefü^rt toürben. S3a^ bie guben betreffe, fo 
fei er butd^ bie S^it entfc^fulbigt ; benn i^rc Sefeljfrung foße erfi 
erfolgen , toenn bie güUe ber Reiben toerbe eingegangen fein. 
Slber toie mit ben Reiben ? äBarum IjaU Ijkx ber £auf beö 



1) De considerat. ir, 6, 11: I ergo tu, et tibi nsurpiire aade 
«Qt iloniinan« apostolatum , aut apostolieaa doniinatuni. Plane ab 
«Iterutro probiberis. Si ulrumque simul babere voles, perdea 
ntrumque. ^ 

2) L. c. ir, 9, 18: Salubria copala, nt co^itana te anmmam pon- 
tificem, tottendaa pariter viiia»iiiium cinerem non fuiaae, aed eu«, 

3) L. c. III, ], 2. 

4) Nulliim tibi venesniDy irallom gladinm plna formido, quam 
libidinem dominandi. 



,8crnljarb« SBerf de consideraiione» 377 

6\)angeltumö auf einmal pittftcl^en muffen? ffiiefe« ntöfle feine 
unbelannten @rünbe l^aben , ober eine l^5^ere 9lot^menbigteit ^ter 
toalten. aber bie$ fei leine ©ntfd&ulbigung für i^n. ,/Sl\i tt^U 
d^cm . ©etoiffen unterloffen toir e§ , G^riftu^ S)enen angubieten, 
bie il^n nid^t l^aben? SBoffen h)ir bie SBal^rl^eit ®otte^ in Un= 
iSered^tigfeit aufhalten ? Unb ed ntu^ boc^ einmal bie ^üDe ber ' 
Reiben eingeben, ©offen toir borauf toartcn, baß burc^ einen 
Sufaff ber ©taube ju il^nen !omme? SBer gelangte butd^SufÄÜ 
gum Olauben? SBie fotten fie glauben ol^ne $rebiger?" Sann 
ft)ric^t er bon ber $ärepe, loelc^e inggel^eim faft überall um fid^ 
greife % unb bei ?IKanc^en öffentlid^ toüt^e ; benn bie Unmünbigen 
ber Äirc^e fud^e ftc gum 2:i^eil aud^ öffcntlid^ ju berfc^Iingen. Qx 
Magt über bie Segaten , toal^rfd^einlidji fold^e , bie burd^'d fublidjic 
granfreid^ nad^ Spanien fxä) begaben, mitten burc^ bie ©d^aaren 
ber J&öretifer ^inburd^, unb il^re Sefe^rung bernad^Iäffigten, toeil 
fie fid^ mcl^r um ba§ ®oIb befümmcrten. ,,3^^ f'^^Ötf ^o ba« 
(ber ©i^ jener ©elten) fei? ©ie ßuren, toelc^e ba« Sanb be^ 
©üben^ fo oft befu(^en, bicfe toiffen e«, unb fönnen e« eudj 
fagen. ©ie gelten fjin unb feieren jurüdE mitten burd^ biefelben, 
ober gelten bor i^nen borbei : aber x6} ^abe nod^ nid^t gehört, tote 
Uiel ®ute^ fie bei i^nen berric^tet l^aben. Unb bieHeid^t loürben 
toir e« gel^ört l^aben , toenn il^nen nid^t ba^ ®oIb ©panien« me^t 
getoefe« toäre, afö ba8 §eil ber SSöIfer/' ß« toeift bie« auf bie 
ftarfc SSrtbreitung ber ©elten aud^ in ©)3anien l^in, fei H nun, 
bafe biefe au« bem füblid^en granlreic^ ftammten, ober ba6 9lad^= 
toirfungen ber ^ßri^ciUianer , toobon'toir bod^ leine Bpm finben, 
fid^ länger in ©Jjanien erhalten l^ätten. 2)od^ freilid^ fann e« 
aud^ fo berftanben toerben, bafe nid^t in ©J)anien ber €i| ber 
^ätefteen tt>ax, fonbem ba^ bie Segaten burd^ ba« füblid^e 3ranf= 
reid^, too biefer ©i$ toar, nur l^inburd^cilten , ober borbeieilten, 
um befto fd^ncDer nad^ ®))anien, too fte eine fo reid^e OueUe be« 
©etoinne« fanben, 3u fommen. 

Sernl^arb mad^tc auc^ im ®injelnen barauf aufmerffam, tote 
bie |)ä)3ftlid^e ©etoalt burd^ aRigbraudji unb Uebertreibung ba« 
•@egentli/eU bon bem toirlen mufete, toa« fie aU allgemeine« 
€ittengerid^t, afö ®egenfa§ affer burd^ fUlad^t unterftugten äßiff* 
für toirlen foffte, iinb toie fte nad^bem ®efe$ ber fittti^en SBelt* 
orbnung fid^ felbft baburd^ in 3Serad&tung bringen mufete. S)ie« 
brad^te er bei ben äj)J)effationen in äntoenbung, toelc^e eben 
htju l^atien bienen f offen, bie affgemeine ftttli(^e Oberauf ftd^t ber 
5Pä))fte gu beförbern, unb i^nen bie SWittel au berfd^affen^ ber 



1) 9SBa« P4 au« bem frfil^er (SnoS^nten erltörett miib. 



378 OcniiatM Scrf de coasideratione. 

Unreal fieibcnben fiäf an)unel^tnen, bie $flt4tbergeffcnm fu 
^rofcti, toenn cd ein ^öc^fted Tribunal in ber Airc^e gab, ba^ 
SUe |U füt<l(;tcn Ratten. „^Uv bebatf ed grc^er unb frommer 
^(forge, bamit nic^t, toad aud einem bringenben Sebürfniffe 
^etüorging, butc^ ben ^Irc^ten ©(braud^ unnü| toetbe. (S$ 
-fc^int mir, ba| bie 9())))eQationen )u großem SBerbetben gereichen 
Knnrn^ toenn pe nic^t mit ber größten 9lä|igung angetoanbt 
49etben. 6d toirb ban ber ganzen SBelt an eud^ a))))eQitt. S)ad 
bient )um S^ugni| für euren befonbern $rimat. Slber toenn 
i^r toeife feib, Werbet i^r euc^ nid^t bed $nmatd, fonbem bed 
baburd^ gcfttfteten Stufend erfreuen'' Xreffenb fü(^rt er bie 
Sorte S^rifli an: f^eut eud^ nid^t, bag bie böfen ®eifter eu(^ 
tintert^an fmb. „3!6a^ ift angemef|ener eurer äBürbe, aU ha% 
bie ätnrufung eured 92amend bem Unterbrildtten eine Bupuc^t er« 
j^ffne, bem 9länIet)o(len jcbe Xudflud^t abtd^neibe? ®iebt ed hin- 
gegen ein)ad Serle^rtered, atö ba|, toer^öfed getl^an, fi<!^ freue, 
toer Söfed gelitten^ ftc^ Vergebend ermübe? @d ift fefyr un- 
menfc^lic^, ioenn i^r nic^t t)on äßitleib ergriffen n^erbet mit bem 
9){enf(^en, beffen Sc^ntergen bad jugefügie Unrecht unb bie 
3Rü^e ber Steife unb ber Sd^aben ber Soften geftetgert 
l^aben*, aber boc^ ivürbe ed gro^e ^eigl^eit fein, toenn i^r 3)en 
nic^t euren 3otn füllen laffet, koelcf^er tl^eild ber Urheber, t^eiU 
bie SSeranIaf[ung )u fo t)ielem Uebel für denen getoorben i{i. 
@rtt>ad^t, 9)iann ®otted, toenn folc^ed gefc^te^t; ed rege ft(^ 
euer SRitleib unb iuglcic^ euer UntoiSen. 3)ad @ine feib i^r 
tem Unred^t Seibenben, bad änbere bem Unred^t X^uenben 
fd^u(big. ^ad untoanbelbare äled^t, folglid^ auä) bad ©efef ber 
Sl))))elIationen felbft, fd(|reibt eud(| biefe Siegel ber @ered^tigleit 
\>ox, ba^ eine unrechtmäßige ä())))cäation bem äl))))e(lirenbe]t ntd^td 
nüfen unb feinem ®egner nic(^t fc^abcn bürfe. ßine ungeftraft 
bleibcnbe unred^tmäfeige 2lj)})eUation ift bie Saatbieler ä^nlic^ett 
tinred^tmä^igen 3l))))e&ationen. 9{ur ber Unrebtid^e toagt ed, be« 
bor ber Urtl(feildf)?rud^ gefällt ift, ju a|)))el[iren , koenn nid^t 
\>nvä} offenbare 35e(d(fmerben gen5tl(^igt; n>er o^ne Unred^t ju Uu 
ben a)}))cllirt, }eigt baburd(|, ba^ ed entiDeber feine Slbft^t fei, 
Unred^t ju^ufügen , ober 3^it gu gewinnen. S)ann ift bie ^pp^U 
lation feine Buf^^^t mel^r, fonbem eine ä(udflud^t S)ur(^ folc^e 
Sluepüc^te Derf^afftenfidSf einige, fo lange fte lebten, bie grei* 
l^eit, @d^Ied(;ted }u begeben. SSiie lange toerbet i^r nod^ bad 
3Kurren ber gangen 3Be(t nid^t ad^ten ober nid^t bernei^^men? 
Sud bem ©egengift ift jeft ein @ift geworben. SDurd^ bie %p^ 
J)enationen toerben jeft bie ®uten t>on ben Söfen ber^inbert, 
*^'ad ©Ute }u vollbringen, bie Sijc^^öfe öer^inbert, unredjtmä^ge 



S3cni(arb« S^er! de consideratione. 379 

(S^en attf}ulöfen, tttttoürbtg^ ÜRenfd^en bon beut J^eiligen Slntte }u 
entfernen, SRöuberei unb SSer(e|ung be^ ^eiligen gu bcftrafcn. 
Unb nun toerbet il^t mid^ fragen : 3Batum fontmt ber burd^ 
eine ä^t)cHation.Sefd^h)erte nid^t t>or meinen 3Hc^tetftul;l , feine 
Unfd^ulb 2u offenbaren, bie S3oel^eit }u entlarbefi? 3d^ toid eud^ 
fagen, toag fie barauf gu anttoorten Pflegen: SBir tooHen un* 
ntc^t umfonft ^erumjie^en laffen. 3lm römifd^en $ofe giebt e^ 
Seute, toeld^e ber aj)J)cQirenben ^artl^ei geneigter fmb, bie "äpp^U 
lationen gern beförbern. SBer einmal t)erlieren mu|, t^t beffer 
gu ^aufc, afö gu 3tom gu Verlieren 0-" ®t fül^rt mel^rere Seis» 
fpiele an t>0n bem nad^t^eiligen ©influffe biefer SKijsbräud^e auf 
bie gefeßf^iaftlid^en SSer^ältniffe : „@« toar ein gefe$mäfeige§ 33er- 
löbni^ öffentlid^ ju ^JSarid ö^ftiftet, ber 2:ag ber §od^jeitefeier 
lommt, Sllleö ift bereit, bie ©äftc pnb eingraben; ba fällt e^ 
einem ^JRenfd^en, ber nad^ ber Sraut lüftern h>ar, ein, gu appü^ 
liren unter bem 3Sorh)anb, bie grau gc^iJre il^m, fie fei frül^er 
mit il^m öcrlobt toorben. Sitte fmb beftürgt unb erftaunt, ber 
^Priefter toagt nid^t, toeiter gu ge^en, Sitte« ift bergeben«, bie 93raut 
mug üDm 33räutigam fidji trennen, biö bon 3lom Slnthjort gefom= 
men/' gn einem anbern gatte J^ingegen, ben er anführt, Jieg. 
fic^ ber S3röutigam burd^ eine ungered^te äl))))ettation nic^t ftören,. 
f«nbern ^ielt feine ^od^jeit. ©o — fagt er — ^ entftänbe notl^* 
toenbig au« bem SRi^braud^ ber 9l^))eßationen bie äSerad^tung 
berfelben , unb toenn ber 5ßaj)ft bicfc bereuten toottc , muffe er 
jene« öerl^inbern, bie 3lj)t)ettationen in.i^re gefe^mäfeigen Sd^ran* 
fen jurücffül^ren. Qux SSergteid^ung mit bem, toa« Sernl^arb 
fagt, fönnen h)ir anfül^ren, toa« ber fd(|on genannte 6rjbif<^of 
^ilbebert bort SKan« in einem 35riefe an ben ^ap\t $onoriu« IL 
fc^reibt: „Sajenn eine fold^e Steuerung um ftd^ greift, ba^ o^ne 
iXnterfd^ieb atte 3lj)J)ettationen angenommen toerben, fo toirb atte 
bifc^öf lid^e Sluffic^t ju (Srunbe gelten , unb bie Äraft ber Äird^en*^ 
gud^t gang aufgelöft Werben. Senn toctd^er SRäuber toirb bei ber 
SDrol^ung be« SSanne« ^nid^t fogleid^ a)))}cairen? SEBeld^er ©eifttid^e 
ober Sßriefter toirb nid^t in feinem €d^mu^ berfaulen, inbem er 
burc^ 8It)t)ettation bie Badje ^in^ält? SSSeld^er »ifc^of toirb, id&^ 
toitt nid)t fagen jeben, fonbern nur einigen Unge^orfam gu ftrafen 
Vermögen? €ein €trafamt toirb- jcbe 3lj)J)ettation unfräftig 
maö^^n fönnen, inbem fie i^m Sd;h)eigen gebietet unbben©(^uU 
bigen Ungeftroft^eit i^rer Sünben bringt. So toirb e« gefc^e^cn^ 



1) L. c. TU, 2, 8: Dico qnod dicere fld haec solent: Noiumus 
vexHri rru>trn. In curia e>8e, qni prodivins fave»int iifipeUanübus^ 
fov«aiit appellationo:}. Ct^^suris Uoiuae, dorn! cedere satius. 



380 Qern^rH Ottf de conrideratfone. 

ta| Sfret>el gegen bad ^eiltgtl^um uttb Staub, Mutetet ttnb @l^e^ 
brud^ auf berberbltc^e SBeife ftd^ meieren toevben ^}/' 

Sann ge^t Sernl^arb über )u ben ^i^bräud^en ber lird^H^en 
€sem))ti0nen, U>obut(^ bie ^gen bed ganzen ftird^engebaubed 
not^toenbig augeinanbergetiffen tourben; inbem aUe anbetn Slix= 
il^engetoalten in t^rer etgent^ümlt<^en Stufenfolge il^re Sebeutung 
t^erloren, unb älDed auf gleid^e äSetfe ol^ne Skrmtttlung )>on bem 
$at)fte abhängig gemad^t tourbe. ,,3Ba« lann — fagt er ium 
$oJ)jle — unanftänbiger für eud^ fein, aU bafe t^r, bJe il^r baö 
®an3e l^abt, mit bem ©anjen nid^t jufrieben feib, fonbem eud^ 
bemüht, einige Keine 2:^eile biefe« eud) anbertrauten ©anjiett, 
atö ob fte nid^t fd^on ol[^nebied euer n)ären^ id^ tveig felbft nid^t 
ft>ie, gu ben euren ju mad^en? ^\)X irrt, toenn il^r glaubt, bag 
ba^ l^öd^fte älmt aud^ ba$ einzige t)on @ott gegrünbete fet.'' G^ 
gab too^I SDland^e, loelc^e bie oft mi6t>erftanbenen unb gemij* 
brandeten ©orte be« 3tj)oftel«5ßauIu«, 3löm. 13, Don ber Dbrigr 
leit aU einer bon ®ott eingefe^ten auf folc^e SSBcifc antoanbten, 
ba6 baburd(| ein )>ä))ftlid^er 3lbfoIuti^mud gered^tfertigt ft>erben 
foDte. 3n Sejie^ung barauf fügt Sernbarb ^ingu: „2Benn i^r 
bie« fagt, fo toiberflreitet i^r ®em, toeld^er fj)ric^t: 6« ift feine 
Dbrigleit, o^ne t)on ®ott. ^aSnac^l^er folgt: 2Ber Txi) ta>iber bie 
Cbrigfeit fe^et, ber toiberftrcbt ©otteö Drbnung, fj)ri(^t jtoar 
befonberi^ für eud^, ab^r nid^t audfd^tie^Ud^. @d fagt enblid^ 
35erfelbe: ^ebermann fei untert^an ben t>orgefe§ten ®etoalten. 
€r fagt nid^t: ber borgefe|ten, ate toenn'g nur eine toäre, 
fonbem: ben Dorgefe^ten, ate molareren. Salier ift nid^t 
eure ©etoalt allein bom §erm, e« giebt au(^ mittlere, e« giebt 
aud^ untergeorbnete ©etoalten. Unb toie biejenigen, toefd^e ®ott 
mit einanber üerbunben |>at, nid^t getrennt toerben muffen, fo 
bürfen aud^ bie untergeorbneten nid^t beigeorbnet toerben. S^r 
mad^t ein Ungel^euer au« bem Seibe, toenn xl^x bie f^inger bon 
ber $anb trennt, unb i^n aOein bon bem jto^fe abhängen laffei 
©0 ift e« au(^, toenn i^r in bem Seibe ß^rifti bie ®Iieber in 
ein anbre« 93erl^öltni§ gu einanber fe^et, al« er fie georbnet l^at/' 
er fei bielmcl^r beftimmt, bie gefejmägige Drbnung unb ©uborbi« 
nation in allen eingelnen Sl^eilcn ber ftird^e gu erhalten. SSiele« 
fei gerrüttet in berfetben, toa« burdj ba« })äj)ftli(^e Slnfel^en h>ic» 
berl^crgeftettt »erben muffe. Gr machte \f)n aufmerffam auf bie 
affgemeine SSernac^Iäfngung ber erft'bor einem ^a^re bon t^m 
felbft auf bem Äoncil gu SRI^eim« gegen biele 9)ti6bräud&e ent* 
tborfenen ^eilfamen SSerorbnungen ; g. 8. in Segiel^ung auf ba» 



1) Hildcbert. Ccnom. epp. 11, 41 opp. pag. 146. 



3emJ^aib8 Scrl de consideratione. 381 

fotionifd^ Sßter teiben aOSaJ^Ien: ,,aBie öiel bpn btefen ©efe^en 
— faßt er — ift in Hebung g^Iommen? 3tf>i) toerben Sünglinge^ 
«o<i& ©oldje, toeld^e baö orbination^fäl^ige Sllter nid^t emtd^ 
l&aben, ju geiftlid^en Remtern beförbert?"' fjemer l^atte jened 
Äoncil bie Setorbnung erlajfen, toie SSernl^orb ben ^aj>ft bata» 
erinnert, bofe Sifd^öfe unb ©eiftlid^e nid^t nur burd^ überpfitge 
Äleiberjjrad^t Suftog geben, fonbern bielmel^r burd^ il^re eigene 
©anblung^toeife bie l^errfd&enben gel^ler fo öerbararaen, unb Siebe 
jur ©ittenreinl^eit burdj il^ren SBanbel, fo tote e« bie SBürbe be« 
|>riefterli(i&en ©tanbeg erforbere, barftetten fottten. ^n Sejiel^ung 
auf biefe SBerorbnung fagt Sernl^arb : ,,a)ie Äleiberjjrad^t ift ber* 
boten, aber nid^t befd^ränft, bie ©träfe berorbnet, aber nidjt 
»ottjjogen toorben. ®g ift fd^on bag bierte ^af)x, feitbem h)ir 
gel^ört l^aben, bag ein fold&e« ®efe| gegeben toorben,, unb toir 
l^aben bod& nod^ leinen ©eiftlid^en, ber feine« Serufe« beraubt, 
leinen Sifd^of, ber toon feinem ämte fuSjjenbirt toorben, beHa* 
gen muffen." SSielmel^r — fagt er — muffe man großen 
ed^merj barüber emjjfinben, baß burd^, bie Ungeftraftl^eit bie 
tlebertretungen nur beförbert toürben. ®r fül&rt bann bie für 
jene RUiUxpva^i unb unanftSnbige ^teibung ber ©eiftlid^en ge» 
brandete ©ntfd^ulbigung an : ob benn (Sott um bie ßieiber, unb 
nid^t öielmel^r um bie ©itten aKein fid^ belümmere? unb fagt bas 
gegen: „2lber biefe ©eftalt ber Äleiber ift ein 3eid^tt öon ber 
SKißgeftalt ber ©eelen unb ber ©itten." 

Sernl^arb fal^ leidet ein, baß ba« meifte Uebel in ber Äird^e 
nid^t öon ben 5ßä})ften felbft, fonberft bon il^ren Umgebungen l^er* 
rül^re ; fte mußten SWänner fein nid^t attein öon gutem SBiffen, 
fonbern Don großer Äraft unb SSSeltlennt^iß, um il^re frembar» 
tigen Umgebungen bel^errfd^en ju lönnert. SQäie fd&toer toar e^in 
einer ©tabt toie 3lom, too ^artl&eigeift unb Sl^rgeij, »rmutl^ 
unb ^abfud^t, Sl&nlefud^t unb ^offart l^errfd^ten, SRfinner ju 
finben, benen e« (grnft-toar, für ba^Sefte berÄird^e juforgen? 
Seml^arb fd^ilbert bie ätömer fo: „3Bad foU id^ \)t>n eurem 
aSoße fagen? @« ift ba« römifd&e SSoIt ^S) lann nid^tlürjer 
unb nid^t augbrud(d))oI[er be^eid^nen, tba« ,id§ Don eurer ©emeinbe 
beule. SBa« .ift ber SBeft fo belannt, ate bie fjred^l^eit unb ber 
@tol3 ber Siömer? (Sin SSoII, ba« be« f^rieben« nid^t getool^nt 
iftf getool^nt an Unrul^e; ein nod^ bi« auf biefen ^ugenbßd( unbeug- 
fame« unb nid^t ju bel^anbelnbe« 3SoH, bag nid^t )u gel^ord^en 
Joeiß, außer too e« fid^ nid^t aufgulel^nen öermag." „SBäen lönnt 
i§r mir jeigen — fagte ©ernl^arb unöerl^olen jum5ßa))fte — in 
ber ganjen großen ©tabt, ber eud^ alg^ßajjft erlennt, ol^ne baß 
(Setoinn ober Hoffnung auf @etoinn i^n beftimmt? S)ann tooDfen 



382 Qnn^atbe fEktl de considentione. 

fte am meiflen l^ettfd^en, toenn fu eud^ }u bienen geloBt l^aben ^). 
Sie betft)Tad^en eudjf Sreue, um befto leid^tev, tDettn i^r i^nen 
traut, eud^ }u fd^aben. 3l^r toerbet lernen Pan l^aben , t)on bem 
fe ftd^ fetn Italien laffen, lein ®el^eimni^, in bad fte ftd^ nid^t 
f inbrängen. Sßenn @tner \>ox eurer %i)üx ijl , unb ber Sl^ür^üter 
nur tttoa^ Jögert, möd^te id^ nid^t an biefe« ©teile fein." ®t 
tnad^t fobann eine fel^r in'd ©d^loarje ausgemalte @d^ilberung 
Don ben aui eigner Srfal^rung il^m belannten Stömern, in ta)e(d^er 
lool^I mandjfe d^aralteriftifd^e 3^0^ f^i^ mögen, ta)ie toenn er bon 
i^nen -fagt: „©ie öerftel^en groft ju reben, toäl^renb fte toenig 
tl^un^)/' @r Ilagt fobann über ba« toeltlid^e ®ej)ränge Bei bem 
dffentfid&en ßrfd^etnen be8 5ßat)fteg, ba« Subelrufen, bie ®elbau8=: 
«Teilungen: „^a^ ift ba«, bafe auf Äoften ber Äird^en bie Seutc 
erlauft toerben, bie eud^.ein SebeJ^od^f bringen? SBaS jum SeBenig^ 
unter^olt ber Slrmen bient, töirb auf ben ©trafen ber 3leid&en 
au8gefäet. Sa« ©über glänjt im Äotl^ : bon aßen ©eitcn läu^ 
man l^erju, nid^t ber äermfte, fonbern ber ©tärifte nimmt eS 
l^intoeg , ober bieSeid^t toer am fd^neOften laufen fann. 3)od^ 
Don eud^ l^at jene berberbUd^e ©itte nid^t angefangen; möd^te fte 
bod^ mit eud^ aufl^ören. ^^x, bte il^r jum Wirten ber ©eelen 
feeftimmt feib , geljft unter biefem Särm einiger bebedEt mit ©olb 
in mannid^f altiger Äleiber))rad^t , unb toa« erl^alten eure ©d^aafe? 
2)a« pa^t mel^r, möd^te id^ fagen, loenn id^ eStoagte, für einen 
$irten öon ieufeln afö öon ©d^aafen. §anbelte tool^l SßetruS 
fo? trieb 5ßaulug ein fold^e« ©i>iel? ©el^t bod^, ber @ifer ber 
ganjen Äird^e brennt nur bafür, eure iffiürbe ju fd&ü^en. äffe« 
toirb eurer Sl^re, loenig ober nid^tg eurer §eiltgleit gegeben. 
SBSenn il^r au« irgenb einer Urfad^e eud^ l^erablaffenber ober um^ 
gänglid^er gu geigen fud^t , fo l^ört il^r gleid§ : gern fei bieg, ba« 
jiemt fid^ nid^t, ba« pa^i nid^t für biefe Seiten, ba« ift eurer 
aKajieftot nid^t angemeffen, ad^tet barauf, toag für eine ?Perfott 
tl&r barftefft. SBon bem göttlid^en SBäo^Igefaffen ifk iwU^t bte 
9lebe; an ben SBerluft beg $eitö toirb gar nid^t gebadet. SRur 
toag l^od^ ift, l^alten toir für l^eilfam, unb für geredet, toa« jur 
ei^re bient. SlOe« 3)emütl^ige toirb unter euren C)5fKngen fo fel^r 
für einen ©d&im))f gel^alten, ba^ nod§ el^er gemanb bemütl^ig 
fein, afö erfd^einen möd^e. ©otteSfurd^t toirb für ©nfalt, um 
nid^t ju fagen für ©umml^eit, gel^alten. einen tool^lüberlegten 



1) L. c. IV, 2, 4: Quem dabis mihi de tota maxima urbe, qoi 
te in Papam receperit pretio seu spe pretii non interveniente ? Et 
tunc potissimum volunt dominari, cum professi fuerint servitotem. 

2) Docuerunt linguam suam grandia loqui, cum operentur exigüaj 



JOern^arbd SBer( de consideratione. 383 

3Rat\n, iex ein greunb feine« eignen ©etoiffen« ift, Derleumbet 
ntan-aK einen ^euc^Ier. ®inen fjreunb ber Stulpe, bet jutoeilen 
mit ftd^ felbft befd&äftigt ijl, nennt man einen Unnti^en. ^a id^ 
toeig \ooi)l, bag il^r unter SBöIfen, nid&t unter ©d^aofen tool^nt; 
bod^ feib .il^r Solchen jum §irten 6«f«l^- 3^^ ^W tool^I, bie« 
ju bebenfen, bieffeid&t finbet il^r ein3RitteI, fte )u Bef eieren, bo* 
mit fte eud& nid^t in il^re SBerfel^rtl^eit l^ineinjiel^en. ^f)x ftel^ 
an 5ßetri ©teile , unb bon i^m lieft man nirgenb«, bag er je 
einJ^ergegogen mit ®belfteinen belaben ober mit ©eibe gef(|müdEt, 
nid^t mit ©olb bebedtt, nid^t auf einem toei^en $fer)^^ nid^t 
bon ©olbaten umgeben, nid^t bon larmenben 2)ienern. 3)od^ 
glaubte er ol^ne affeg bieg ben il^m geworbenen Sluftrag erfüllen 
ju lönnen: SQSenn bu midj lieb l^aft, toeibe meine ©d^aafe. 
2)arin feib il^r nid^t bem 2lt)oftel 5ßctrug, fonbern bem Äaifer 
Sonftantinu« nad^gefolgt. ^ä) ratl^e eud^, bie« einfttoeilen )tt 
bulben, nid^t al« eud^ gebül^renb gu bedangen. 2Benn il^r aud^ 
in 5Purt)ur unb ®olb einl^erfd^reitet, müp x6) bod& bie üJlül^e unb 
©orge be« ^irtenamte« nid^t fd^euen, ba il^r ber @rbe eine« Wirten 
feib. ^f)x brandet eud^ be« @bange(ium« nid^t gu fd^ämen. S)od^ 
toenn il^r freitoiQig ba« ®bange(ium ber{ünbigt, fo ift e« eud^ 
unter ben 3(j)ofteln aud^ ein SRul^m. Sa« ßbangelium berfünben 
l^i^t bie ©d^aafe toeiben. äierrid^tet ba« 9Q3erI eine« @bange^ 
liften, unb i^r i)aU ba« SSSerl be« ©irten erfüKt. SDu mal&nfl 
mid^, loerbet il^r fagen, 3)rad§en unb @Ior))ione ju toeiben, nid^t 
©d^aafe. ©rabe J)e«l^alb, fage id^ , mü^t il^r befto mel^r fie angrei^ 
fen, aber mit bem SBorte, nid^t mit bemSd&toerte. IBa« fotttet 
il^r toieber berfud^en, ba« ©d^ta)ert gu gebraud^en, ba« eud^ ein^ 
mal gebeten toorben in bie €d^eibe $u ftedfen?" älfo mipiffigte 
e« Seml^arb, ta)ie @erod^ bon 9ieid^er«berg, bag ber $a})ft Su|er- 
lid^e ®etoalt gegen bie aufrül^rerifd^en SRömer gebraud^te; er 
tooffte", ba^ er bvrd^ bie SRad^t be« SSäotte« fie befel^ten follte. 
,,6rgreift ba« eud& anbertraute ©d^toert, — fagt er — unb ber« 
tounbet )um ^eil toenn nid^t Sllle, toenn aud^ nid^t SSiele, bod^ 
toenigften« fo SBiele il&r fönnt. 5Rur ba« lann eud^ redjtfertigen^, 
toenn il^r fo mit biefem SioIIe berfal^ren feib, ba| i^r fagen 
fönnt: SRein SSoIt, toa« id^ bir gu tl^un fd^ulbig toar, l^abe id^ 
getl^an, unb nid^t« unterlaffen. ä&enn il^r benn SlOe« getl^an 
unb nid^t« au«geTid^tet l^abt, bann bleibt nod^ ®in« eud^ übrig. 
®el^t l^intoeg bon ber ©tabt ber Sl^albäer unb f))red^t: ^ä) mu^ 
aud^ anbem ©täbten ba« ©bangelium berlünbigen. 3^ foffte 
meinen, e« toirb eud§ ba« @£il nid^t reuen, ta)enn il^r bie gange 
äBelt mit ber ©tabt bertaufd^t l^abt/' 3)ann ge^t Seml^arb 
bä}u über, loie biel babon abfange, bon toeId&er.3(rt bie bem 

' '' " »25* 



(384 8ettt^atb« Oet! de ooDsideratione. 

$a)){le }ttr eette flel^nben SR&nner feiea ,,SSad tänn — ffnrtd^t 
er }tt t|m — euer guter 9BiDe allein nfi^en?'' inbem er ft^ 
auf \>ai, toa^ er i^tn fd^on friU^er über fein Serl^ältni^ }u feiner 
Umgebung gefagt ^atte, 2urfi(Ibe)iel^t. ,rSon alTem ®uten unb 
©dSfled^ten it>erbet il^r ate Url^eber angefel^en, toetl il^r 3)iej[emgett, 
bie fo ^^anbelten, )u eurem a)ienft ertoäl^It l^abt." Slber er fa^ 
aud^ iool(lI ein, ba^ ber $at)ft befd^r&nlt ta>ar burd^ bie il^m jur 
6eite ftel^enben 9R&nner, bie ftarbinä(e, toeld^e er fd^on ini^ren 
Xemtern fanb. ,,fjreißd^ — fe^t er freimüt^ig l^inju — fann i(^ 
bad nid^ bon Xllen fagen: ed giebt6oId^e, bie il^r ntd^t geio&^tt 
l^abt, fonbern bie eud^ geh^äl^It l^aben. 3(ber fte l^aben !eitie an? 
bere ®etoaIt, aU bie il^r il^nen einräumt ober laffet; ta>ir lommen 
alfo auf baffelbe gurücl. @ud^ felbft red^net }u, toad il^r leibet 
Don @old^en, bie ol^ne eud^ nid^t^ t^un jönnen/' @r etflart ei 
für feine ^flid^t, ba^ er aud aSen SSößem bie SetoSl^rteften gu 
ftdSf rufe , um il^m jur Seite ju ftel^en. S)ie , toeld&e über bie 
ganje SBelt rid^ten foOten, müßten aud ber ganjen SBelt berufen 
toerben. Seml^arb fagt, inbem er fid^ mit bem $a^fte bergleid^t: 
„2Bir nel^men in bie Alfter 3(Qe auf, in ber Hoffnung, fie gu 
beffern: aber bie römifd^e Äurie t)flegt leidster, Oute aufgunel^men, 
ate fold^e gu mad^en." @r bejeid^net bann ingbefonbere^ toaö er 
Don ben t)ä))ftlid^en Segaten Verlangte. 3)iefe toaren ja bie erflen 
SBerfgeuge ber l^ilbebranbinifd^en Aird^enreformation getoefen; fie 
foOten bie Organe ber fir(^Ii(^en Sl^eolratie fein, tooburd^ ber 
$a^ft toie überall gegenh)firtig , überaO toirlte, foKten bem 
?ßa^fte bie Äenntnife be« S^ftanbe« aller SSölIer berfd&affen, il^n 
mit allen SSößern in SSerbinbung fe^en; burd^ fte follte er für 
bie SSebürfniffe Silier forgen. Slber toir »iffen, unb Seml^arb 
felbft jeugt baijon, toie oft fie ba« ©egentl^eil Don bem toirften, 
h>a$ fie n)irfen foKten. ®r l^&lt ben Segaten biefed 3)>^<^I bor: 
>,@in fold^er SRann, ber nid^t bem ®o(be nad^gel^t, fonbem 
dl^riftud nad^folgt; ber nid^t ©efd^enle fud^t, fonbern 9lu|en; bet 
1i(^ ben Äönigen ate ein Sol^anneS ertoeift, ben ®g^t)tern»ate 
«in aRofeg, i^n $urem afö ein ^Pinel^a«, ben »Oö^enbienem aß 
m @lia$, ben^abfü(^tigen ate ein @lifa, benSügnem ate ein 
^Jetrüg, ben Säfterern ate ein Sßaului^, ben Serfäufern att 
G^riftug; ber bad SoR nid^t berad^te, fonbewt belel^re, ben 
Seiden nidjt fd^meid^Ie, fonbem fte fd^retfe, bie Sbmen nidjt be» 
fd^toere, fonbern ftd^ i^rer annel^me, bie 3)rol^ungen ber fjürflen 
nidjt fürd^te, fonbern fte berad^te ; ber nid^t mit Unrul^e lomme, 
unb nid^t mit S^^ toeggel^e; ber bie Jlird^en nid^t beraube, fon« 
kern fte berbeffere; ber eifrig fei im ®ebet, unb getoö^int gu beten, 
itnb bei allen 2)ingen mej^r bertraue auf bad (B^hei, ate auf feine 



Sem^orbS Sert de consideratione. 385 

eigene SlrBeit unb 3Wü]^e; ber jutüdlaffe fjrtebe bcn Äihtigretc^eit, 
®efe^ ben SJatbaren, Stulpe ben Älöftern, Dtbnung ben Äird^ti, 
Suii^t ben ©eiftlid^en, ®ott ein il^m tDol^IgefäQise^ 'ßo% baft 
ßuter Sffietfe ftd^ ' befleißige." Slfö 8eifj)iel eines fold^n Segaten 
nennt er einen SWattin, ber bon feiner ©enbung fo arm jurütf? 
leierte, bafe fogar ein $ßfeyb il^m fel^Ite. ®cr Sifd^of bon glorenj 
fd^enfte il^m ein fold^ed, aU er bort anlam. @o reifte er bi^ 
nad^ ?ßifa, too .bantafö ber })ä})ftlid&e §of ft(^ aufl^ielt. ©afelbil 
traf er am anbern SÜage toieber jufammen mit jenem Sifd^of pon 
glorenj, ber eine Slngelegen^eit bei ber römifd^en Äurie ju betreu^ 
ben l^qtte. @r fud^te günftige Stimmen für fid§ ju getoinnen, 
nnb iDanbte fid^ aud& an ben Äarbinal SKartinuS, bei bem er um 
kefto toeniger eine ^el^Ibitte tl^un ju fönnen meinte^ ba >r ftdj 
benfelben burd^ jene« ©efd^enf ber))flid^tet glaubte. S)a fagte 
üßartin ju il^m: „^^x l^abt mid^ getäufd^t; id^ \ouf^U nid^t, ba| 
eine foI(|e Ängelegenl^eit eud^ beborftel^e. Slel^mt euer 5ßferb ISfin, 
tl^r toerbet im ©taue e« finben." SDann fül^rt er an ben SSifd^of 
©ottfrieb bon ßj^artre«, ber mel^rere Raffte ba§ Slmt eine« Sega^ 
ten auf feine eigene Äoften tl^ätig t)ertoaltet l^atte. Sllg Sern* 
l^arb mit ii^m gufammen toar, tourbfe il^m toon einem $ßricfter ein 
gifd^ gum ©efd^enf bargebrad^t. 6r fragte, h)a« er lofte, un% 
berul^igte pd^ nid^t, hx^ ber 5ßriefter ben $rei« angenommen. Säte 
er in einer ©tabt ftd^, befanb, brad^te il^m bie %tau, bie bort 
bie l^öd^fte (Setoalt l^at,te, ein ^anbtud^ unb brei ©d^üffeln r>on 
^olj. ®r fal^ fte an, unb fanb fie fd&ön, Keß ftdj aber nid^t be» 
toegen, fie ate ©efd^enf anjunel^men. Unb SBernl^arb fe^t l^inju: 
,,SBann loürbc filberne ©Rüffeln angenommen l^aben ßiner, bet 
nid^t einmal l^örjeme angunel^men ftc^ betoegen ließ." „D toenn 
es — fäl^rt Sernl^arb fort — mel^rere foldjier SDlänner gäbel 
SBBer toäre glüdlid^er ate i^r, loa« fd^öner afö jene Seit! SBenn id> 
eud^ lenne, fül^It il^r eud^ l^ier beftürgt, unb fagt gu eud^ felbft mit 
einem tiefen ©eufjer : ©ottte ba§ no(^ gefd^el^en Knnen, fo lange 
id^ §ter bin? D ioenn id^ nod^ bei meinem £eben auf fold^en 
©äulen bieÄird^e rul^en fäl^el SSäer toäre glüdElid^er unb fidlerer 
Ate id^f Ibenn id^ fold^e SWänner an meiner ©eite ate geugen 
unb $üter meine« aSJanbetö fäl^e." Seml^arb fd&Iießt feine St^ 
mal^nung an betv ^ap% inbem er lurg alle 3«9^ bon bem Silbe 
eine« toa^rl^aften Sßa))fteS jufammenfleat : „®r fe^ ba« ÜRuftet 
ber grömmigfeit, ber Seigrer ber SBößer, ber Sertl^eibiger it$ 
©laubenS, bie Suflud&t ber Unterbrüdften, bie Hoffnung ber Un* 
glfidfUd^en, ber ©d^redfen ber 2;^rannen, ber SSater ber Äönige, 
ber ßrl^alter ber ®efe$e, ber SSem>alter ber Äird^engefe^e," 

2)ieS Sßerf boDenbete Sernl^arb old baS Ie|te 2)enlmal feinet 



386 Sern^atbe le^te Se^cneia^re bi9 an feinen %oh. 

Sthini, ein Befd^&ntenbet @))iegel für bie ^&p^t bet folgenben 
Seiten, fein SBermäd^tni^ für ba« Sefte ber Äird^e. 3n bem^.toa« 
er jule^t über ba^ SSerl^ältni^ bed ®lauUni jum ©d^auen be$ 
etoiflen Scben« fagt ^), giebt ftd^ tool^l fd^on bie ©el^nfud&t be« 
aud ber fremben SBelt feiner ^eimat^ )ueilenben ©eifte^ )u er« 
lennen. ©d^on nfil^ferte ftd^ bie Sluflöfung feine« 2eibe«, toäl^rcnb 
feinem ®eifte feine ftraft unb ^etter!eit blieb. 2)ie Aranl^eit^ 
tDeld^e feinen Rbxptx in ben legten 3:aeen feine« £eben« lähmte, 
unb i^im nic^t erlaubte, fein Säger gu toerlaffen, lieg i^in in jebem 
Slugenblidf ben %oi ertoarten. ©ein alter ^reunb, ber $a^ft 
ßuflen, fonnte nid^t ntel^r bem SKufter, ba« er i^m in jenem 
SSäerfe aufgeftefft, nad^ftreben ; er ging i^m mit bem S^obe Doran 
im S^l&re 1153. Unter ben ^eftigften, nur burd^ Keine Stt)ifc^en= 
räume unterbrodjenen ©d^mergen erl^ob Sernl^arb nid^t affetn 
feinen ®eift jur Setrad^tung be« ^öd^ften, er erbaute nidjt affetn 
ffine aWönd^e unb g^eunbe burc^ fromme ßrmal^nungen, ^onbetn 
nal^m nod& an ben Slngelegenl^eiten ber 3Belt, bie er ju t)etlaRen 
Bereit toar, ben lebl^afteften Slntl^eil, fud^te, fo lange er nodji fonnte, 
bie Drbnung in ber Äird^e gu förbern, bem ©d^Ied&ten entgegen- 
)uloir{en. @r ftanb in ununterbrochenem ä3rieftt)ed^fel mit bem 
))a)7ftlid^en ^ofe, unb benu^te bie«, um ber Unrec^tleibenben ftd^ 
angunel^men. ©o l^atte er ))ernommen, bag ein ^ä!^ftli4|er £egat 
in granfreid^ feine ©etoalt auf bie fc^änblid^fte SBSeife gum Ser^ 
berben ber Aird^e gemigbraud^t l^atte; ba« gerabe ©egent^eil Don 
bem, toa« er felbft in bem angefül&rten SBJerfe de consideratione 
al« 3beal eine« Legaten bargefteEt l^atte. @r beüagte ftd^ über 
benfelben in einem ©riefe an ben Äarbinalbifd^of ^ugo Don 
Dftia*): „@uer 2egat ift Don einem Soße jum anbem, Don 
einem Sleid^e in'« anbere gereift, überall abfc^eulid^e Su^tajjfen 
bei un« jurüdClaffenb. S)er a))oftolifd^e SRann, ber Don bem guge 
ber äll))en unb Dom beutfd^en Sleic^e burd^ alle fiird^en ^an!=: 
reid^« unb ber Sfformanbie gereift ift, ^at aUe« nid^t mit bet 
SSerlünbigung be« @Dangelium«, fonbern mit ©(^änbung t)e« 
$eiligften erfüllt. @r foK überall ©d^änblid^e« begangen, er foU 
Seute Don ben Aird^en mitgefd^le))))t, fd^öne ßnäblein, too er 
lonnte, gu geiftlid^en äBürben beförbert, unb toenn er e« nid^t 
burd^fe^en fonnte, bod^ e« gefu(^t l^aben. IBiel^ fauften ftd^ lo« 
Don feinem Sefud^e; Don 3)enen, ju toeld^en er nid^t felbft fommen 
fonnte, erj)re|te er ®elb burd^ feine Sotfd^after. 3n ben ©d&ulen, 
in ber Aurie unb unter bem 3iolfe ^at er fid^ ium ®e{))5tt ge» 



1) mit totr oben entt^idEelt Iftaben @. 103 ff. 

2) £p. 290. 



i^eniffarbd teilte SeBenSja^re 6id an feinen Stob. 387 

mai}t. aBeltliii^e, Wl'6n^t, 2ltte fagen il^m BäjUä}U^ naä); Sfrme, 
5roönd&e unb ©eiftUd&c bcHagcn ftd^ übet il^n. Sefct bicfen Sti^f 
meinem §enn, ben $a})[t felbjl t)or. (Sr mag felbft feigen, loa« 
er mit einem fold^en SWenfd^en mad^en toiH: id^ l^abe meine ©eele 
gerettet, ^oä) fage id^ il^m mit meiner §eftigleit: 6^ toäre 
iüol^I getl^an, toenn er felbft feinen §of reinigte unb baburd^ fein 
Oetoiffen befreite. SSäi^t, ba^ id^ nod^ toeniger gefogt j^l^be, ate 
ßffentlid^ t)on ben SKenfd^en gefjjrod^en toirb." Slm meiften be- 
trübte i^n b'a§ unglüdEIid^e @nbe be$ J^reujjugS, t)on bem er ftd^ 
bie glangenbften Hoffnungen gemad^t l^atte. ®g toar il^m ber 
größte ©d^merg, bie ](;eiligen ©enfmäler göttlid^er Siebe ber an*» 
bad^t ber (Staubigen entjogen ju feigen, befürd^ten ju muffen, bag 
fte burd^ ))rofane §änbe enttoeil^t toürben. 6r toar l^öd^ft un= 
toiHig über bie ©rofeen, bie il^re Äräfte in gegenfeitigen ÄämJ)fen 
tnit einanber aufjureiben })flegten, ftatt fte gegen ben gemein^ 
fd^aftlid^en geinb ber ßl^riftenl^eit ju Vereinen. 3)abon jeugt ein 
S5rief, ben er . an feinen Dl^eim, ben 2emj)el]&errn 2lnbrea« 
fd^rieb^), in 33ejiel^ung auf il^ren gemeinfamen SBunfd^, auf 
@rben nod^ einmal einanber toieberjufel^en: „2)ein S5rief, ben 
bu mir lürjlid^ überfd^idEt l^aft, fanb mid^ auf bem Äranlentager. 
•Sd^ l^abe benfelben mit großer ^reube em})fangen, l^abe il^n gern 
gelefen unb toieber gelefen, aber nod^ lieber l^ätte id^ bid^ ge- 
fe^en. 3<^ l^abe barin bein Verlangen, mid& ju feigen, gelefen, 
id^ l^abe au^ bon beinen Seforgniffen toegen ber ©efal^r beö 
SanbeS, toeld^e^ ber $err mit feiner ©egentoart geeiert l^at, ge^ 
lefen, toegen ber ©efal^r ber '©tabt, bie er mit feinem Stute ge- 
tocil^t l^at. SBel^e unfern gürften! gn bem Sanbe be^ ^errn 
l^aben fte nid^tg ®ute§ getl^an; unb in il^ren Säubern, ju benen 
pe fd^neH jurüdEIel^rten, berüben fte unglaublid^e 33ogl^eit, unb 
fte fjaUn tein SWitleib mit bem ©d^abeti Sofe^jj^g. ©ie flnb 
mäd^ttg, S3öfeS ju tl^un, OiuM aber fönnen fte nid^t tl^un. Slber 
toir l^aben ba^ Vertrauen, bafe ©Ott fein SBoIf nid^t gutüdftoeifen, 
fein ßrbtl^eil nid&t berlaffen toirb. S)ie Sled&te beg §errn toirb 
jtd^ Iräftig ertoeifen unb fein Slrm toirb il&m l^elfen, ba^ Stile er^ 
iennen, eg fei beffer auf ben §errn , aU auf gürften ju l^offen. 
S)u tl^uft gut, bid^ mit einer 2lmeife gu bergleid^en. ^enn toa§ 
. finb toir ©rbenföl^e anber^ , al§ Stmeifen, bie h)ir mit unnü|en 
iinb eitlen 3)ingen un§ abmül^en? 333a§ l^^^^t aber ber SKenfd^ 
i)on aHem feinem arbeiten unter ber ©onne? 3lIfo über bie 
©onne tootten toir un5 erl^eben, unb-unfer SQäanbel fei im ^immel^ 
inbem tt)ir im ©eifte bal&in botau^eilen, tool^in aud^ unfer Seift 

1) Ep. 288. 



988 8ccti(orb« le^te SeBcn«jia$Te (id os feines ^Cob. 

«ad^folgen ta)ub. S)ott, mein Xnbread, bort ijl bie %tu^i beinet 
Srbett, bort bein Sol^n. S)u benid^tefl unter ber Sonne beinen 
SMenft, ober für SDen, ber über ber @onne tl^ront ^nbem ta>ir 
l^ier afö Streiter be§ $enn bienen, ertoarten toir bon bort ba^ 
(Bnabengefd^enl. S)er Sol^n unfrei S)ienfte$ ift nid^t tn>n ber 
<Erbe, nid^t ))on l^tenteben : ))on fern l^er lommt ber Sol^n. Unter 
ber 6onne ift SRangel, über ber 6onne boOe @enüge. @in boK^ 
gebrücft, gerüttelt unb überflüfftg 3Raaf^ toirb nton in nnfem 
6<^oo6 geben (Sul. 6, 38). S)u üerlangft midj ju feigen, unb e^ 
l^angt, loie bu fd^reibfi, bon meinem äBiUen bie SSoKjie^ung beine^ 
äBunfd^e^ ab. S)enn bu melbeft mir, ba^ bu meine SSSilten^ 
meinung barüBer ertoarteft. Unb toad foQ id^ bit fagen? ^ 
toünfd^e, ba^ bu lommen mögefi, unb fürd^te, bag bu lommft. 
@o 3toifd^en äBoQen unb !Ri(^ttooUen fd^toebenb, toerbe id^ t'on 
beiben Seiten l^in- unb l^ergegogen, unb toeig nid^t, toaS tci^ 
to&l^len foK. 2)ad Sine, ^ ob id^ meinen unb jugleid^ bemu 
äBunfd^ erfüllen foH, ober *ob id^ mefjx ber über bic^ berbreiteten 
guten SReinung folgen foD, nad^ ta)eld^er bu für bad Sanb fo 
notl^toenbig fein foQft, ba§ \>on beiner älbtoefenl^eit bemfelben {ein 
geringer ®(^abe ertoa(^feti bürfte. 3Bad id^ ballet Don bir )u 
Verlangen nid^t ta)age, toünfd^e id^ bod^: bid^ gu feigen, el^e i(^ 
fterbe. 3)u toirft ed beffer feigen unb erlennen iönnen, ob bu 
trgenbtoie ol^ne 3lad)tl)^\l unb älnfto^ bei jenem äSoRe tommen 
lannft. Unb t^ lönnte fein, bag beine äln!unft aUerbing^ nid^t 
ol^ne 9lu|en toäre. SSieKeic^t toürbe t^ mit ®otted ^ülfe ni^t 
an Sold^en fel^Ien, toeld^e bir nad^folgten, toenn bu 3urüdt{el^r^, 
um ber Kird^e Sottet 3u $ülf e ju f ommen , toeil bu älUen be- 
fannt unb öon SlHen geliebt bift. ®g lann ©ott mad^en, bafe 
aud^ bu mit bem ^atriard^en ^aioh fagen lannft (1 SRof^ 32, lO): 
//3^ W^^ «i<^^ ^^^^f ^^^^ ki^f«« ©tab, ba id^ über biefen gor^ 
ban ging, unb nun bin id^ jtoei ^eere gctoorben." ffiinS fage 
id^ : loenn bu lommen toiUft, fo jögere nid^t, bamit bu nid^t ettoa 
lommft, ol^ne mid^ ju finb^n. Senn id§ gel^e fd^on ber älufldfung 
entgegen, unb glaube nid^t, bag \6) noc^ lange bleiben ti>erbe auf 
@rben. 3Ber toirb e^ mir geben, bag i^ burd^ beine füge ©egen- 
toart nbd§ ettoa^ erquidft toerbe, el^e idj au^ bicfer SBelt fd^eibe?" 
äll^ er in bem feinem 3^obe Dorangel^enben SEBinter fran! tourbe, 
unb feine SRönd^e öon großer .53eforgnig ergriffen loaren, pe 
lönnten il^n balb )?erlieren, berul^igte er fte, inbem er ^u il^nen 
fagte: fte möd&ten für je^t nid^tg fürchten, im nfidjften Sommer 
fkel^e feine 2luflöfung beöor. (S« traf fid^, bag er einen feiner 
SRönd^e, !Ramend ^cintid^, nad^ S)eutf4|lanb auiSfanbte in irgenb 
toeld^en fird^lid^en Slngelegenl^eiten. S)a nun biefer SKönd^ großen 



Sern&arb« Ic^tc Se6cn«ial^rc hi9 an feinen Xo^. 389 

©d^merj barüber äußerte, toenn er ben geliefeten Slbt, beffen (Snbe 
ttid^t mel^r fern fein lonnte, ntd^t toiebcrfäl^e unb feinen legten 
©egen nid^t foHte emj)fangen fönnen^ fj^rad^ Sernl^arb gu x^m, 
tl^n ju tröpen: gürd^te bid^ ntd^t: bu toitft glütflid^ jutüdflommen, 
iinb toirft aud^ mid^, tote bu toünfd^eft, finben. 3)erfelbe geriet)^ 
ttad^l^er, ba et auf feiner Steife über beii gefrornen Sll^ein ging, 
■ m ber ®egenb toon ^tra^burg in grofee ©efal^r, ba baö ©t« 
unter il^m einbrad^, er in*^ SBaffer fiel unb unter bag 6tg geriet)^. 
€r tou^te nid^t, toa^ er ntad^en foffte. 3)a erfd^ien il^m baS 
iBilb Sernl^arbg lebenbtg öor 2lugen, er erinnerte fid^ feiner 
SBorte. ©Idube^ Kraft unb fjreubigleit feierte in feine ©eele gu= 
rüdE, unb e§ gelang il^m, fid^ gu retten, ®r feierte glüdfltd^ nad^ 
€lairbau5 jurüdf, unb Jal^ bie SBorte feine« Slbte« erfüllt ^). Si§ 
in ben ©t)citfommer gelang eS Sernl^arb burd^ bie Kraft be« über= 
legenen ®eifteg, ftd^ immer toieber aufguraffen. S)od^ fel^nte er 
fid^ au§ bem Seben biefer SBclt, ba^ i^m afe ein 2;ob erfd^ien, 
in bag beffere Seben ju gelangen. 9iur in einigen ^^ifd^en«» 
räumen fd;ien fid^ fein R'öxp^x bon ber Äranfl^eit gu erl^oten, 
tüenngleid^ bei großer ©d^toäd^e: „3^ bin töbtlid^ Iran! ge= 
tüefen, — fd^rieb er felbft^) — aber einfttoeilen gurüdfgerufen 
jum S^obe biefe^ Seben§, unb ba§, fobiel id^ emjjfinbe, nid^t auf 
lange S^i*- 35^nn id^ bin toeit fd&toäd^er, ofö man glauben fann. 
3d^ fage bieg mit Sorbel^alt ber göttlid^cn Sßorfel^ung, toeld^e aud^ 
bie lobten ertoedfen fann." S)od^ too e^ feiner 2BirIfamIeit für 
baS 93efte ber SKenfd^en beburfte, tourbe baö fd^toinbenbe Seben 
turd^ bie SWad^t ber ben Iräftigen ®eift entflammenben Siebe 
immer lieber gurüdfgerufen, unb eä*. fehlte bem Sernl^arb nie an 
Kraft, h)o er biefelbe, um ettoa^ burc^jufe^en, am meiften brandete, 
t»ie er bie§ bei feinem immertoäl^renben Äamjjf mit Äranfl^eit in 
feinem gangen Seben ftet§ erfal&ren; tt)a§ ein ©d^üler bon il^m^ 
ber fein Seben befd^rieben, fo begei^net ^) : „3)ie SSorfel^ung, in 
teren $anb fein ©ott tool^IgeföDigeg &chtn toar, Drbnete e« fo, 
\>a^ fo oft il^n ein großes 33ebürfni|*nrgenb tool^in rief, inbem 
fein ®eift SllleS beftegte, e« il^m an Körjjerfräften nid^t fel^Ite, 
inbem bie Slugengeugen fid^ barüber tounbern mußten, bajj er 
<iud^ ftarfe 3Jlenfc^en burd^ bie Kraft, Sllleg gu ertragen, über- 
treffen lonnte *). Sienn toenn er bie ©efd^äfte boßfül^rt l^atte unb 



1) Vit. Bern. V, 1. 2. 
2^ Ep. 307. 

3) V, 1, 4. 

4) Quod quidem saepius er^a eum Providentia divina disposuit, 
in cujus manu placita erat anima illius,. ut quoties eum grandis 
aliqua necessitas evocaret, vincente omnia animo, vires corporis noa 

25** 



Utitc?pü|t H)f% bctn ftfine^ SSctbienfi fc^Ü, bi3 
ha% bei bcm ^di bfi ^Dtcnjttieii nöd^ftcKt, feine BuUi fmht, too 
er ini($ i)cnt?utitcn Unntt, Sic* |?ak id; [clbft {jtcfdiriel^en, ba= 
mit i^?t burcl? bie eud^ bfknntc *Oatib mtinc klichc crtci^nm foHt^' 
aiatfcbem er a(fo o<i\cn Dwr^iß 3a^K in einem \d)on ab^d^Utn 
Roxpxx but(^ bie ^Ka4>t \mit^ GSeiftcö ein ! " "'eben 0cfiil;rt 
l»altf, einc^eli^iitt Don allen Seiten auf fein i; burc^ feine 

S4»nflc!i eine ffiiiffaniteit auf ^a^r^unbette fid; cmorben, pdrt 
CT breiunb!cd;^iij 3aE;re alt mn 20, aufluft be^ ^a^reä 1153. 
ed^on tüa^tenb fftne# Scbcne aU §eiÜQcr ^crc^rt, mürbe er nöt!| 
feinem ^öbc, ba bic epiiTen feinet otogen unb 
SBJirffafiileit t)ön iljm jeugten, ba fein Stnbetifen in ,... „, - - 
i^ttn immer lebte, mit nr<^ gvo^crer Sicre^rung betrautet. Scn 
llebcrt>ld6fc(n bc^ Mörjjer^, ber ba^ Dtflan eine! h tm^ügcn 
©^iftee ßeli^efen h?ar, ^i^UTbcn 6alb öu|eri)rbc«t(ic^e fliäfte pm 
ffleften ber 5Dienf(^m ^ugef^^ne&en* BdjDti ^e^n ^ai^xt nad| ^Betn^ 
^arb^ 2übe ipurbc i>s)n (einer C^eitidif):jrt:t^ung gerebct, unb jtoanM 
3al;te imc^ bcmfclkn li:^urbe fie hm^ beii '^öpft ^illei\mbet 111. 
lüirlU«^ DotljPSen. tSine^ Urt^ctB libei' ben 3Jtann bebarf c^ 
nit^t me^i, fein Scben unb feine a^irtfamfeit fd^ilbern i^^n genuQ= 
fam, fütoett in bcm iKat^^fel unb ©ipiegel be® äü|crn Sebeni^ bcr 
Sjptati^e unb be# -5anbeln§ bö4 !3nnere fsd^ \m% offenbaren fonn* 
SRic^t ju i)€rad;ten fd;eint un^ ba§ 3^'itül^^^/ i^ n:eldjan ein Mann, 
Di>n leuicm njeltlid^en ©(an^e um geben, burd? feine fittli^e Äraft, 
burd^ bie §ö^e unb 6tärfe feineg (Seiftet fic^ fo ^xo^t^ Infe^n 
unb fo gtüfeen (linf!u& berft^affte. Sinen lietUgen, lute i^n 
ferne ^ird;e nannte, bod^ feinem Slobc, nsiirbe er am ir ' i 
\i6} genannt ^aben: ^eilige finb nur bort, n?i?l^in bw , t 
SIKac^ft ni^t reitet, njo rein berSBein ift; einen $eiSi0eti giebt 
ei f4*tDerltd; unter 25enen, bie bom SQäeibe ßcboren, fc^njeilic^ 
tinler SDenen, met^e angefe^en in ber äSelt, mäd;tig unb im 
©tü^en auf fic tüirlten; bcnn bau S^tnerfte, fomjf bag Sc^önfki 
unb ©Tö^te ift eg, bie Alt ^u tjerleugnen^ inbem man mS^djl 
auf f\c einnjirft. SÖeld^er SB ein, fagte ber gcifttootle ISctenfdt 
in SRüdftc^t Serntjarb^^ lann im ^e (^ fein , p^ne feinen 
©efc^mad ^u betäiibern? S)ö^ roenn mir büS Sprabiht , 
„heilig/' im Sinne bcr @d;rift tterfic^en, unb m^ in bem äc^ftenj 
©eiftc Sern^^öib^^ ber ben Segriff ber 91ec|lfcrtigung fo titf auf<» 
gefaxt t?atte, ti^etben njtr hin 4^ebenfen tragen, ben ä3ern^aib in 
bicfem Sinne aU einen ber leutf^tenben Sterne in bei; (Sniietnbej 
ber §ei!is«^^ 3« betracf^ten. 



IDitt« b« ^öffeii<^toi(tftiftt 4^ 9. \ 



t 3UlCtt£itUa. 



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