)
NARREN, GAUKLER UND VOLKSLIEBLINGE
HERAUSGEGEBEN VON ALBERT WESSELSKI
DRITTER BAND: DER HODSCHA NASREDDIN I
JD
^ DER HODSCHA ^
NASREDDIN
Türkische, arabische, berberische,
maltesische, sizilianische, kalabrische,
kroatische, serbische und griechische
Märlein und Schwanke
Gesammelt und herausgegeben von
Albert Wessclski
I. Band
Alexander Duncker Verlag ^
? Weimar MCMXI T
Alle Rechte vorbehalten.
7. I
DIESES BUCH WURDE IM AUFTRAGE VON
ALEXANDER DUNCKER VERLAG
"oao IN WEIMAR IN DER OFFIZIN VON »o-oo
OTTO WIGAND M. B. H.
IN LEIPZIG IN EINER AUFLAGE VON 1000
NUMERIERTEN EXEMPLAREN GEDRUCKT;
AUSSERDEM WURDEN 50 EXEMPLARE AUF
BÜTTENPAPIER ABGEZOGEN. DER EINBAND
ODDDDDDoaooDa WURDE VON DER oooaaaDOoaaBO
LEIPZIGER BUCHBINDEREI A.-G.
VORM. GUSTAV FRITZSCHE ANGEFERTIGT.
DIESES EXEMPLAR TRÄGT DIE
NUMMER
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in 2009 witin funding from
University of Toronto
Iittp://www.arcliive.org/details/derhodschanasred01wess
I
Herrn Professor
Dr. theol, et phil.
AUGUST WÜNSCHE
in Verehrung
und Dankbarkeit
gewidmet.
I I
Die Motive der Märchen sind der Ausdruck Einleitung
gewisser Vorstellungen, denen die Menschen ^^^ Herausgebers.
irgendwo und irgendwann angehangen haben
müssen. Es müssen wohl einmal, vielleicht auf
der ganzen bewohnten Erde, wenn auch nicht zu
derselben Zeit, das Tier, die Sonne, der Stein, die
Wolke für den Menschen Dinge gewesen sein,
deren Wesenheit er nicht von der seinigen unter-
schied, und sicherlich hat er sich von diesen
Vorstellungen seines Kindheitsalters nur sehr
langsam emanzipiert. Unbestreitbar ist es wohl
auch, daß solche, gewissermaßen religiöse An-
schauungen, die viele Generationen überdauert
haben mögen, nicht von allen Angehörigen eines
Rudels oder Stammes gleichzeitig aufgegeben
worden sind, imd ebenso darf man annehmen,
daß sich ganze Völker von manchen Anschau-
ungen früher losgesagt haben als andere. Es ist
nun nur natürlich, daß bei denen, die irgend-
einen Standpunkt längst überwunden hatten,
Verwunderung und ein Überlegenheitsgefühl rege
wurden, wenn sie auf andere stießen, die noch
in dem alten Wahne befangen waren, und diese
Empfindungen haben sich bei ihnen auch ein-
stellen müssen, wenn sie auf naive Vorstellungen,
die für sie etwa schon äußerer Umstände wegen
unmöglich gewesen wären — zum Beispiele für
Binnenvölker, daß die untergehende Sonne im
Meere ertrinke — bei andern gestoßen sind.
Nichts liegt nun näher, als daß diese Empfin-
dungen der Höherstehenden ihren vorläufigen
Ausdruck in einem Verlachen oder Belächeln
der rückständigen Vorstellung gefunden haben.
Während wir bei jedem der an der Zahl immer
IX
geringer werdenden Naturvölker ganze Gruppen
von ihm eigenen und ursprünglichen Vorstel-
lungen noch unmittelbar vorfinden, sind uns
diese bei den alten Kulturvölkern nur in ihren
Überlieferungen erhalten und zwar, primär, im
Märchen, dann aber auch, mit einer Kritik ver-
bunden, im Schwanke: das Märchen kennt keine
oder nur eine falsche Logik; im Schwanke wird
der Mangel der Kausalität belacht.
Die Entstehung des Schwankes, der nur ein
einziges Märchemnotiv braucht, das eben belacht
wird, ist also zum Unterschiede von dem Mär-
chen, das dasselbe Motiv verarbeitet, an eine
Kulturstufe gebunden, die schon einzelne früher
im Schwange gewesene oder anderswo noch
geltende Meinungen als widersinnig, als falsch
erkennt. Der Vater, der, als ihm ein Kind stirbt,
ein zweites tötet, damit das erste nicht den
langen Weg allein zu gehn brauche S kann erst
dann verlacht werden, wann die Vorstellung, daß
der Tote noch die Bedürfnisse des Lebenden hat,
im allgemeinen überwunden ist, oder nur dort,
wo sie nie existiert hat; der Haß gegen ein Bild ^
kann erst dann ein Gegenstand des Spottes
werden, wann der Glaube, daß dem Bilde die
1 Kathä Sarit Sägara, ed. by Tawney, Calcutta, 1880ff.,
II, S, 58: There was once a foolish man, who was poor
and had many sons. When one of bis sons died, be killed
anotber, saying, How could tbis child go sucb a long jour-
ney alone? So be was banisbed by the people, as being a
fool and a criminal, Tbus a fool is as void of sense and
discernment as an animal,
2 Wesselski, Die Schwanke und Schnurren des Pfarrers
Arlotto (= Bd. I und II der Narren, Gaukler und Volks-
lieblinge), II, S. 51 ff. und 222 ff.
Eigenschaften des Originals innewohnen, seine
Lebenskraft so ziemlich verloren hat, oder nur
dort, wo er nie vorhanden war.
Wenn diese Theorie richtig ist, dann ist die
älteste Gattung des Schwankes die Erzählung
von der Dummheit des andern oder der andern,
und mit jeder menschlichen Anschauung, die, ob
sie nun der einfachen Naturbetrachtung oder
einer höhern Geistestätigkeit entsprungen ist, im
Laufe der Jahrtausende ihre Berechtigung ver-
liert, wächst ein neues Schwankmotiv zu; von
dem Lachen über den, der ein Tier durch Strafen
witzigen will wie ein ungehorsames Kind, bis zu
dem Lachen über das Weib, das einem Vaganten
glaubt, er komme schnurstracks aus dem Himmel,
liegt eine Reihe von unendlich vielen Gliedern.
Der Schlauheitsschwank, der schon eine weitere
Person einführt, die sich die Dummheit der ersten
zunutze macht, darf keinen Anspruch auf das
Alter des reinen Dummheitsschwankes erheben.
Der Dummheitsschwank trägt aber schon, und
sei er noch so primitiv, den Charakter einer be-
wußten Verarbeitung eines freilich noch nicht als
solches erkannten Märchenmotivs an sich, das er
uns oft, indem er die Kuriosität der kindlichen
Vorstellung demonstrieren will, in einer reinern
Form als das Märchen überliefert; er ist ge-
wissermaßen schon, wenn der Ausdruck gestattet
ist, eine Art literarisches Erzeugnis, und diese
Eigenschaft muß ihn befähigen, auch dort, wo
für seine Grundlage, nämlich das betreffende
Märchenmotiv, als eine für die Ortsverhältnisse
ungereimte Vorstellung eine Neuverbreitung oder
als eine in grauer Vorzeit überholte Vorstellung
XI
eine Wiederverbreitung ausgeschlossen gewesen
wäre, durch seinen absoluten Wert als Unter-
haltungsstoff im weitesten Maße vorzudringen.
Gar viele Märchenmotive, und gerade die ur-
sprünglichsten, mögen erst durch den sie paro-
dierenden Schwank auf fremden Boden ver-
pflanzt oder auf dem eigenen zu neuem Leben
erweckt worden sein.
Von den außerordentlich zahlreichen Dumm-
heitsschwänken, die in der vorliegenden Samm-
lung — vorläufig sei nur von ihrem ersten Teile
die Rede — an einen einzigen Namen geknüpft
erscheinen, beruhen sehr viele auf so primitiven
Vorstellungen, daß schon daraus erhellt, daß sie
dem Manne, von dem sie erzählt werden, nur
beigelegt worden sind. Wenn auch bei dem
Mangel an alten Aufzeichnungen derartiger
leichter und so lange mit Unrecht verachteter
Geschichtchen viele Typen nicht sehr weit zu-
rückverfolgt werden können, so müssen doch die
obigen Erwägungen zu der Annahme eines ehr-
würdigen Alters genügen, umsomehr als es klar
ist, daß von dem Auftauchen eines Dummheits-
schwankes bis zu seiner ersten Niederschrift eine
geraume Zeit verflossen sein muß, in der er sich
so wie das in ihm behandelte Märchenmotiv und
oft mit diesem mündlich fortgepflanzt hat. Des-
wegen aber die Existenz des nunmehrigen
Trägers dieser Überlieferungen zu leugnen, hätte
wohl keine Berechtigung; es wird ja auch nie-
mand einfallen zu behaupten, König Franz I.
von Frankreich habe nie gelebt, weil von ihm
eine Schnurre erzählt wird, die schon im Conde
Lucanor steht.
XII
Von dem Hodscha Nasreddin wird uns als
von einem Zeitgenossen dreier wohlbekannter
Fürsten gesprochen. Zuerst des Sultans Ala-
eddin III, (II.) > des letzten Herrschers der
Seldschukendynastie in Karamanien, der im
Jahre 1392 Konia, das alte Iconium, und Aksche-
hir, das alte Philomelion, an Bajazet I. verloren
hat, dann eben dieses Osmanensultans und
endlich des tatarischen Eroberers Timur, der am
20. Juli 1402 Bajazet in der Schlacht von Angora
aufs Haupt geschlagen und gefangen genommen
hat; dort, wo der betreffende Gewalthaber ein-
fach Bei genannt wird, hat man die Wahl
zwischen den drei genannten Fürsten und dem
von Timur eingesetzten Bei von Karamanien,
nämlich Mohammed, dem ältesten Sohne Ala-
eddins III., doch dürfte wohl meistens Timur
gemeint sein, bei dem Nasreddin die Stelle eines
lustigen Rates eingenommen haben soll. In die-
selbe Verbindung wird Nasreddin allerdings auch
mit Bajazet gebracht, einmal von dem Historiker
De la Croix ^ und dann noch von Karl Friedrich
Flögel"; beide vermeiden es aber, ihre Quellen
anzugeben. Von seinem Freundschaftsverhältnisse
zu Timur berichtet hingegen schon Demetrius
Cantimir oder Kantemyr, der 1723 verstorbene
ehemalige Fürst der Moldau, das Mitglied der
Berliner Akademie der Wissenschaften^, und
1 Geschichte des osmanischen Reiches, deutsch von
Schulz, Frankfurt, 1769 ff., I, S, 150 ff.
- Geschichte der Hofnarren, Liegnitz und Leipzig,
1789, S, 176 ff.
^ Histoire de l'empire othoman, traduit par De Jonc-
quieres, Paris, 1743 ff,, I, S, 164 ff.; die im folgenden an-
gezogene Stell6 ist unten S. 227 abgedruckt,
XIII
dieser schickt nicht nur seinen Erzählungen von
Timur und Nasreddin die Bemerkung voraus, daß
sich Timur nach den Historikern drei Tage lang
bei Jenischehir aufgehalten habe, um den Er-
zählungen des türkischen Äsops zu lauschen, der
ihm so lieb geworden sei, daß er ihm zuliebe auf
die Plünderung dieser Stadt verzichtet habe,
sondern sagt auch weiter, er entnehme die fol-
genden Schnurren einem türkischen Buche. Dem
Alter, das dieses Buch gehabt haben muß, ent-
spricht das von mehrern Manuskripten, die
Decourdemanche für seine große Ausgabe von
Nasreddins Schwänken ^ benutzt hat, und deren
eines schon um 1600 niedergeschrieben worden
ist; daher müßte sich wohl die Annahme, daß
Nasreddin eine mythische Person sei, auf andere
Prämissen stützen als auf die Tatsache, daß mit
seinem Namen uralte Schwankmotive verknüpft
worden sind- Daran ändert es auch nichts, daß
eine Sage wissen will, er habe schon zu der Zeit
Harun al Raschids gelebt: Mohammed Nasr-
eddin, der damals einer der weisesten Männer
gewesen sei, habe sich mit seinen Lehren in einen
Widerspruch zur Religion gesetzt und sei deshalb
zum Tode verurteilt worden; um sein Leben zu
retten, habe er sich wahnsinnig gestellt. Der
ungarische Gelehrte Künos, der sie erzählt, hat
sicherlich recht, wenn er die Entstehung dieser
Sage darauf zurückführt, daß man versuchen
^ Sottisier de Nasr-Eddin-Hodja, Bruxelles, 1878; vgl,
unten S. 201 ff. Eine ältere Handschrift, die schon 1625 im
Besitze eines Europäers war, wird in Leiden aufbewahrt;
darüber und über andere Handschriften vgl. Hörn im
Keleti szemle, I, S. 67 ff.
XIV
wollte, manche Spaße des Hodschas zu recht-
fertigen \ Nicht mehr Bedeutung darf einer
persischen Überlieferung beigemessen werden,
die Nasreddin als einen Zeitgenossen und Unter-
tanen des Schahs Takasch (um das Jahr 1200
unserer Zeitrechnung) nennt ^; hier war wohl der
Wunsch maßgebend, den berühmten Nasreddin
als persischen Landsmann beanspruchen zu
können. In beiden Fällen handelt es sich über-
dies um ganz vereinzelte, von dem Massiv der
übrigen Überlieferungen abseits stehende Anek-
doten,
Weniger als das hohe Alter der von den
Historikern übernommenen Traditionen fällt bei
der Frage, ob Nasreddin der Mythe angehört, der
1 Naszr eddin hodsa trefdi, Budapest, 1899, S. 3; leider
nennt Künos seine Quelle nicht.
2 Meherjibhai Nosherwanji Kuka, The Wit and Hu-
mour of the Perstans, Bombay, 1894, S, 3 ff. Die Erzäh-
lung, deren Verfasser usw, Kuka eben so wenig wie bei
den andern Stücken nennt, die sein Buch bringt, lautet:
Nasreddin, ein Häuptling des Stammes von Kebud-Dscha-
mah, hatte sich den Unwillen des Schahs Takasch zu-
gezogen, und dieser schickte einen Mann, um ihn zu töten
und ihm sein Haupt zu bringen; Nasreddin aber vermochte
den Abgesandten, ihn lebendig an den Hof des Schahs zu
bringen. Als der Schah Nasreddin am Leben vor sich sah,
wollte er seine Wut an seinem Abgesandten auslassen, aber
Nasreddin redete den Schah mit den folgenden Versen an,
und die gefielen dem Schah so gut, daß er ihm nicht nur
das Leben schenkte, sondern ihn auch umarmte und zu
einem hohen Würdenträger machte: „Der Staub deiner
Fußtapfen ist eine Salbe für die Augen meines Geistes,
Mit mir bringe ich unzählige Geschichten und Gleichnisse,
Den Kopf, den du verlangt hast, konnte ich niemand an-
vertrauen; drum bringe ich ihn selber, freilich auf meinen
Schultern."
XV
Umstand ins Gewicht, daß der Hodscha Nasr-
eddin im letzten Viertel des 16, Jahrhunderts eine
solche Berühmtheit genossen haben soll, daß einer
seiner Nachkommen eben dieser Abstammung
wegen ein kaiserliches Geschenk erhalten hätte.
Wäre diese Geschichte tatsächlich, wenn auch
nur in ihren Grundzügen und ohne das lustige
Moment, von einem Historiker dieser Zeit be-
zeugt \ dann wäre sie eine glückliche Illustration
zu der Tatsache, daß damals schon Nasreddin als
derselbe galt, als der er heute gilt, einer Tat-
sache, die aber schon aus dem Alter des ältesten
der von Decourdemanche benützten Manuskripte
hervorgeht.
Von nicht viel größerer Bedeutung für die
Lösung jener Frage ist es wohl auch, daß noch
heute in Akschehir das Grab des Hodschas Nasr-
eddin gezeigt wird, wenn dieses auch schon um
die Mitte des 17. Jahrhunderts von dem berühm-
ten osmanischen Reisenden Evlija Tschelebi be-
sucht worden ist '-, und obwohl ihm, wie von meh-
rern Geschichtsschreibern bewährt wird, der Sul-
^ Die Geschichte ist bequem nachzulesen bei Mehemed
Tewfik, Die Schwanke des Naßr-ed-din und Buadem, über-
setzt von MüUendorff (= Nr. 2735 der Reclamschen Uni-
versal-Bibliothek), S. 7 ff,; nach Tewfik ist sie u. a. von
Künos aufgenommen Vk^orden (Trefdi, S, 28 ff,), und der
Verfasser der jüngsten türkischen Ausgabe von Nasreddins
Schwänken, Behai, nennt bei der Mitteilung der Geschichte
(S, 6 ff.) Tewfik geradezu als seinen Gewährsmann, Diese
Ausgabe, Leta'if i hodscha nasr ed-din, Stambul, 1325/27
(1907/1909), die ich leider für den Text nicht mehr be-
nutzen konnte (die Kenntnis von ihr verdanke ich Herrn
Dr. Theodor Menzel), ist im folgenden mit Leta'if zitiert.
- Hammer, Geschichte des osmanischen Reiches, Pest,
1827 ff., I, S. 630,
XVI
tan Murad IV. (1623 — 40), der sich dort auf
einem Feldzuge längere Zeit aufgehalten hat, die
Anregung zu einem Gedichte verdankte ^
Dieses Grab beschreibt der Grieche Walawani
in einer dem Hodscha Nasreddin gewidmeten
Monographie folgendermaßen-:
,, Gleich beim Eintritte in den Friedhof von
Akschehir zieht den Blick des Besuchers ein son-
derbares Bauwerk auf sich. Vier in die Erde ein-
gerammte hölzerne Säulen tragen ein viereckiges,
einem rechtwinkeligen Vierflächner ähnelndes
baufälliges hölzernes Dach, das ein Grab schützt;
über diesem Grabe befindet sich ein außerordent-
lich großer Turban, der keineswegs aus Stein ist,
sondern aus Leinwandbändern, die um das Grab-
säulchen gewickelt sind. Drei Seiten des Grabes
sind offen , und nur die dem Beschauer zu-
gewandte, die nördliche, ist mit einer zweiflüge-
ligen hölzernen Tür geschlossen, an der zwei
ebenfalls hölzerne Schlüssel hangen. Das Bild
des Grabes berührt wunderlich; der Beschauer
wird nämlich gleich beim ersten Anblicke unwill-
kürlich von einem unbezähmbaren Gelächter be-
fallen, weil er nicht sofort begreifen kann, warum
das allen Winden preisgegebene Grab so sorg-
fältig verschlossen wird. Indessen dauert es nicht
lange, so kommt er darauf, daß es sicherlich die
Absicht des oder besser der geistigen Schöpfer
gewesen sei, den Witz jenes Mannes zu versinn-
bildlichen, der auch noch im Tode Heiterkeit um
1 Trefdi, S. 28.
- 'Iü)axtiu Ba'/.(tßc(vr,, .VfxoafftKr/xcr, Athen, 1891, S. 150 ff,
in dem Aufsatze 0 XnaQt66iy XüjtCccs.
Nasreddin, I. H XVII
sich ausgießt und ein Lächeln auf die Lippen
zwingt; diese geistreiche Darstellung zu ersinnen
war ein einziger, und noch dazu ein Asiate nicht
imstande."
Trotz Walawani kam man aber mit der Be-
hauptung, es sei ein einziger Mann und wirklich
ein Asiate gewesen, der die Idee zu diesem Grab-
male gefaßt und auch ausgeführt habe; und dieser
eine sollte niemand anders als Nasreddin selber
gewesen sein. Künos erzählt nämlich, leider
wieder ohne Quellenangabe ^:
„Nasreddin verlangte einmal von Timur zehn
Goldstücke, um sich ein Denkmal errichten zu
lassen. In seiner gewohnten Freigebigkeit, aber
auch aus Neugier erfüllte ihm Timur diesen eigen-
tümlichen Wunsch. Der Hodscha ließ sich für
die zehn Goldstücke ein Türbeh, ein Grabmal,
bauen, das an drei Seiten offen und nur an der
vierten durch eine Mauer geschützt war. In diese
Mauer ließ er eine Tür machen, und an dieser
ließ er ein Vorhängschloß anbringen. Das Türbeh
trugen vier Holzsäulen, und er ließ es mit einem
viereckigen Holzdache versehn, um darunter sei-
nen Grabstein zu stellen. Den sonderbaren Bau,
den er in dem Friedhofe von Akschehir aufstellen
ließ, erklärte er, wie folgt: ,Den Nachkommen
werden die großartigen Steinbauten Timurs nur
Anlaß zu Tränen geben; Nasreddins Grab aber
wird die Leute zur Heiterkeit stimmen und ein
fröhliches Lachen auf ihre Lippen locken.* Und
so geschah es auch. Der Hodscha wurde dort be-
graben" usw. usw.
1 Trefäi, S. 8 ff.
XVIII
Einzelnes aus dieser Geschichte stimmt mit
dem überein, was Cantimir aus seinem livrc turc
über Nasreddin mitgeteilt hat ^; aber Cantimir
spricht von dem Bau einer einfachen Tür auf
freiem Felde, und mit keinem Worte ist davon die
Rede, daß sie dem Hodscha hätte als Grabmal
dienen sollen. Diese Tür spukt auch in manchen
Überlieferungen: die Serben erzählen von ihr, ver-
suchen jedoch für die unklare Reminiszenz eine
befriedigende Erklärung zu finden ", imd dasselbe
tut der rumänische Dichter, der ja auch nur
Volksüberlieferungen wiedergibt ^. Aber mit
Nasreddins Grab hat das Türmotiv nichts zu tun,
und die sich so hübsch lesende Beschreibung
Walawanis entspricht samt ihrer erweiterten Be-
arbeitung durch Künos keineswegs der Wahrheit.
Die Fabel von der Tür hat schon der erste
Engländer, der sich mit Nasreddin befaßt hat,
William Burckhardt Barker, dem sie freilich in
einer andern, immerhin aber den Kern bringenden
Form erzählt worden sein muß, mit der Autorität,
die der Augenschein verleiht, klar und deutlich
abgelehnt ^: „Among other contradictions related
1 Siehe unten S. 190, Nr. 329.
2 Siehe im II. Bande S, 144 ff., Nr. 467.
^ Anton Pann in dem Gedichte Cui ii place Unistire
sa'si faca imprejmüire seines Nazdravaniile lui Nastratin
Hogea (Opere complete, ed. Il-a, Bukarest, 1909, I, S. 342) :
Da der Hodscha einmal im Winter kein Holz hat, verheizt
er nach und nach seinen Zaun, bis von diesem nur noch
das Tor übrig bleibt. Als nun die Leute zu ihm von allen
Seiten kommen, verweist er ihnen dies; das Tor sei eben
deswegen stehn geblieben, damit man es benütze.
* Reading Book of the Turkish Language, London,
1854 zu Beginn der Pleasing Tales of Khoja Nasr-il-deen
Effendi, S. 27 der türkischen Paginierung.
n* XIX
of Nasr-il-deen Khoja, the Turks say that ,such
were the contradictions in his character and
throughout his whole life — sometimes appearing
so learned, sometimes so stupid, etc. — that even
after death these contradictions were kept up':
and that ,his tomb has now an iron grate, with a
large gate and lock, but no railing round it.' The
■^ autor has, howewer, visited his tomb at Acksha-
hir, and can attest that it is ,a vulgär eror,' and
that it is a simple unassuming monument, with an
iron railing round it, and a small gate and lock
like the rest of the tombs of the Mosolmen
near it."
Und ganz gegenstandslos wird die Fabel,
wenn man die auch auf eigenen Wahrnehmungen
fußende Beschreibung liest, die der letzte Türke,
der über Nasreddin geschrieben hat, von dem
Grabmal gibt ^: „Das Grabmal trägt eine Kuppel,
die auf vier glatten, hübschen Säulen ruht. In
der Mitte steht der Sarg mit dem gestreiften Tur-
ban, wie ihn die Hodscha zu tragen pflegen. Die
Wände des Sarges sind auf den den Besuchern
zugewandten Seiten voll einer großen Zahl von
Aufschriften in Versen und Prosa," Das ist alles;
keine Spur von einer Tür, einem Vorhängschlosse
oder einem Schlüssel- Im übrigen sei auf die in
der Ausgabe Behais enthaltenen Lichtbilder ver-
wiesen, die das Grabmal von innen und von
außen und vor und nach seiner in den letzten
Jahren der Regierung Abdul Hamids erfolgten
Restaurierung wiedergeben.
Ob das Grab überhaupt als das Nasreddins
' Letaif, S. 9,
XX
betrachtet v/erden darf, ist eine andere Sache.
Zu Häupten des Sarges findet sich nämlich fol-
gende Inschrift:
Dies ist das Grab des Verewigten,
dem Verzeihung gewährt worden ist, der bedarf
des Erbarmens seines Herrn, des Verzeihenden,
des hochehrwürdigen Nasreddin,
Für seine Seele
(bete) eine Fatiha, 386.
Diese Jahreszahl macht Behai viel Kopfzer-
brechens^; denn auch wenn man sie verkehrt liest,
erhält man als Todesjahr Nasreddins — und das
soll sie ja wohl bedeuten — spätestens 1285
unserer Zeitrechnung, und Timur ist 1405 ge-
storben, Bajazet 1403. Aber weder von dem
einen Herrscher, noch von dem andern wird ein
Grab gezeigt; zu dem ihres Spaßmachers pilgern
noch heute Tausende gläubiger Menschen. Was
tut es diesen, wenn die Jahreszahl falsch ist?
oder wenn das Grab wirklich nichts andres ist als
die Frucht einer glücklichen Laune eines oder
mehrerer Asiaten? Andächtig hängen die Wall-
fahrer ihre Zeugfetzchen, die das Fieber ab-
wehren sollen, an die Gitterfenster des Grabmals;
und die Einwohner von Akschehir bringen dem
Hodscha sogar Speiseopfer, und werden die ver-
schmäht, so glauben sie, eine Hungersnot v/erde
hereinbrechen -.
Die von Akschehir haben ja Nasreddins
Macht, Wunder zu v/irken, schon zu seinen Leb-
zeiten verspüren müssen. Als sie ihn einmal er-
^ Letaif, S. 7.
2 Letaif, S. 10,
XXI
zürnt hatten, ging Nasreddin auf den Akschehir
beherrschenden Berg, der, etwa durch ein Erd-
beben vergangener Zeiten, gespalten ist; vor die-
sen Spalt hing er einen kleinen Teppich, und da-
mit machte er es den Winden unmöglich, über die
Stadt hinzustreichen und die Wolken über sie zu
schicken. Als der Regenmangel empfindlich zu
werden begann, schickten seine Mitbürger eine
Abordnung zu ihm mit der Bitte, er möge den
verwunschenen Teppich von dem Spalte wegneh-
men und seiner Vaterstadt einen Regen ver-
gönnen. Der Hodscha ließ sich erweichen; und
kaum hatte er den Rand des Teppichs ein klein
wenig gehoben, so erquickte schon ein kühles
Lüftchen die unter der Hitze schmachtende Stadt,
und der Himmel säumte nicht lange, seine wohl-
tätigen Schleusen zu öffnen \
Der Hodscha ist aber noch immer ein leicht
reizbarer Herr; wenn einer, der an seinem Grabe
vorbeikommt, so verstockt ist, daß er durchaus
nicht lachen will, so straft er ihn schier augen-
blicklich mit seinem Zorne. Davon weiß der Ver-
fasser der letzten türkischen Ausgabe ein Lied-
chen zu singen^; geben wir ihm das Wort: ,,Als
wir, nämlich ich, die arme Schreiberseele, die
^ Walawani, der diese Legende berichtet (S. 143 ff.)
fügt bei, daß in Akschehir noch heute das Wetter aus
diesem Spalte erforscht wird, indem man ihn unverwandt
betrachtet; der Spalt ist denen von Akschehir wie ein
Fenster, das einen Einblick in die Geheimnisse des Him-
mels zuläßt, oder einfacher, er ist ihr Barometer, Künos,
der nach Walawani erzählt, bemerkt (S. 14), daß er die
Überlieferung von diesem Wunder Nasreddins sogar in
einer Zeichnung einer Stambuler Ausgabe der Schwanke
erkannt habe.
2 Lefaif, S. 9 ff.
xxn
dieses Buch verfaßt hat, mein Vater und der
Gatte meiner Schwester, auf einer Reise die
Straße nächst dem Mausoleum Nasreddins fuhren,
ja dicht an diesem vorüberkamen, sagte mein
Schwager: ,Wenn ich jetzt nicht über den Mann
lache, wer weiß, was mir da schlimmes zustoßen
wird.' So sprach er und hörte nicht auf uns, ob-
wohl wir ihn inständigst baten. Als wir nun unter
einem herabhängenden Aste einer alten Platane
dahinfuhren, verfing sich dieser in dem Sommer-
dache des Bauernwagens und riß es in Fetzen;
die Pferde wurden scheu, und auf ein Haar wäre
der Wagen umgestürzt. Das Weinen war uns
näher als das Lachen."
Glücklicherweise können derartige Unfälle
nicht oft vorkommen; denn es wird einem Türken
recht schwer, bei dem Anblicke des Grabes, der
die Erinnerung an Hunderte von Schwänken er-
weckt, ernsthaft zu bleiben, und ein drastischer
Beleg ist dafür eine Geschichte, die Künos in
Aidin aus dem Munde eines Augenzeugen gehört
hat ^; ,,Nach euerer Zeitrechnung war es im Jahre
1832, daß wir, als wir unter der Führung Ibrahim
Paschas in Kleinasien waren, um den Aufruhr in
der Gegend von Konia zu ersticken, auch bei Ak-
schehir vorübermarschierten. Unser Weg führte
an dem Friedhofe vorbei, und da entging es dem
Blicke des Paschas nicht, daß keiner von den Sol-
daten, wenn ihre Blicke auf den Turban des Hod-
schas ^ fielen, ein Lächeln verhalten konnte. Der
1 Trefdi, S, 9 ff,
2 Der übergroße Turban — vgl, dazu unten S, 78 ff,,
Nr, 152 — ist demnach wohl das einzige, was an dem
Grabe unmittelbar lächerlich wirkt.
XXIII
Pascha ließ halten; als er nun erfuhr, warum die
Soldaten lachten, ließ er unter ihnen verlaut-
baren, wer an dem Grabe vorbeigehn könne, ohne
zu lachen, den werde er beschenken. Manchen
gelang es auch, das Lachen zurückzuhalten; end-
lich ging aber ein Albanese vorüber, der seinen
Ernst um jeden Preis bewahren wollte. Kaum
hatte er jedoch den sonderbaren Turban erblickt,
so platzte er auch schon los, obv/ohl er seine
Lippen und Zähne zusammengepreßt und die
Augen fest geschlossen hatte, und schrie: ,So ein
Mensch ist dieser Hodscha, daß er die Leute,
wenn er es schon von oben nicht kann, so doch
von unten zum Lachen bringt!' "
Bei solchen Zeugnissen ist es denn nicht zu
verwundern, daß sich eine Legende gebildet hat,
die eine Begründung zu geben versucht, daß das
Lachen über den Hodscha die Jahrhunderte über-
dauert hat und daß schon die Nennung seines
Namens genügt, um es stets wieder hervorzu-
rufen. Diese Legende, oder besser, dieses ätio-
logische Märchen, das ich allerdings nur in einer
einzigen, serbischen Fassung ^ nacliweisen kann,
erzählt:
Es lebte einmal ein Evlija, ein Heiliger; er
hatte drei Söhne, die alle drei Imame v/aren. Sein
ganzer Besitz bestand in einem Widder. Eines
Tages fragten ihn die Söhne: „Was werden v/ir
heute essen?" Der Evlija zeigte auf den Widder.
Alsbald sprangen die Söhne auf, schlachteten den
^ Nasradin-hodza njegove sale, dosetke i lakrdije u
pripodjetkama od Mehmeda TevHka, U Nuvom Sadu (Neu-
satz), 1903, S, 6 ff,
XXIV
Widder und zogen ihm das Fell ab; dann brieten
sie ihn und verzehrten ihn. Sie sammelten hierauf
alle Knochen, der Evlija stand auf, nahm den
Koran in die Hand und betete über den Knochen,
und die Söhne sagten Amen. Er betete, sie sagten
Amen, er betete und sie sagten Amen, bis zuletzt
der Widder wieder lebendig wurde. „Führt ihn
in den Garten," sagte der Evlija, und die Söhne
führten den Widder in den Garten.
Am nächsten Tage fragten wieder die Söhne:
„Was werden wir heute zu Mittag essen?" und
der Evlija deutete mit dem Finger in den Garten
und sagte: „Den Widder." Die Söhne schlach-
teten ihn wieder, brieten ihn und aßen ihn, Sie
sammelten wieder die Knochen und der Evlija
nahm wieder den Koran und betete; die Söhne
sagten Amen. Er betete und die Söhne sagten
Amen, und der Widder wurde wieder lebendig.
Eines Tages ging der Evlija zu einem Grabe.
Die Söhne ergriffen wie gewöhnlich den Widder,
schlachteten ihn, brieten ihn und aßen ihn; auch
die Knochen sammelten sie wieder. Einer von
ihnen nahm den Koran und betete, und die
andern zwei sagten Amen. Der eine betete und
die andern sagten Amen, aber siehe da — der
Widder wurde nicht lebendig.
Unterdessen kam der Evlija heim, und er
fragte seine Söhne: „Wo ist der Widder? was
habt ihr mit ihm gemacht?" Sie zuckten die Ach-
seln: „Du siehst ja selber, was wir mit ihm ge-
macht haben," Der Evlija besann sich, wie eben
ein Evlija, sofort; er wußte alles, und darum
wollte er sie nicht erst schelten, sondern fragte
sie nur: „Wer hat ihn denn getötet?" „Der da,"
XXV
antwortete Nasreddin, Und der Evlija sagte:
„Auch er soll getötet werden!" Und er fragte
wieder: „Wer hat ihm denn das Fell abgezogen?"
„Der da," antwortete Nasreddin. „Amen auch
ihm! Und was hast du gemacht?" „He, he,"
antwortete Nasreddin, „ich habe nur gelacht!"
Nun sagte der Evlija: „Drum soll es geschehn,
daß auch die Leute über dich lachen, und Gott
gebe, daß alle Völker, weß Glaubens immer, über
dich lachen, solange die Welt besteht!" ^
Das Volk hat den Hodscha Nasreddin nicht
nur unter die Märchenhelden, sondern auch unter
die Heiligen versetzt; er hat ja auch kurz nach
seinem Hinscheiden die Gläubigen, die in einer
nahe bei seinem Grabe gelegenen Moschee ver-
sammelt waren, vor dem ihnen durch den Ein-
sturz der Kuppel drohenden Tode errettet ", Und
dort, wo sein Grab ist, in Akschehir, gibt es kaum
eine Gasse, einen Brunnen oder eine Dschami,
woran sich nicht Überlieferungen von Nasreddin
knüpften, und von jeder Moschee wird behauptet,
Nasreddin habe in ihr gepredigt: man zeigt dem
Fremden, wo er über die Allgegenwart Gottes
die Worte gesprochen hat: ,,Wenn Gottes Hand
nicht alles lenkte, dann müßte wenigstens einmal
etwas geschehn, wie ich es wollte!" und mit be-
sonderm Stolze führt man den Besucher zu der
^ Zu dem Märchenmotive von dem aus den gesammel-
ten Knochen wiederbelebten Tiere oder Menschen vgl.
Köhler, Kleinere Schriften, Weimar (Berlin), 1898 f f., I,
S. 273 und 586 ff., v, d, Leyen, Das Märchen in den
Göttersagen der Edda, Berlin, 1899, S. 24, 40 und 81 und
Dähnhardt, Natursagen, Leipzig, 1907 ff., III, S. 407 ff,
2 Siehe unten S, 144 ff„ Nr. 241.
XXVI
Kanzel, auf der der Hodscha die berühmte drei-
geteilte Predigt gehalten hat, die unsere Samm-
lung eröffnet \
Mag immerhin einer oder der andere, weil die
Kette der Beweise nicht lückenlos ist, behaupten:
Nasreddin hat nicht gelebt; das eine wird nie-
mand leugnen wollen: Nasreddin lebt.
Über seinen Geburtsort gehn die Überliefe-
rungen auseinander, Künos läßt die Entschei-
dung offen zwischen Siwri-Hissar und Akschehir,
Behai gibt Siwri-Hissar an, und Ali Nouri ", der
Pseudonyme Verfasser einer deutschen Ausgabe
von Nasreddins Schwänken, sagt kurzer Hand,
daß er in Akschehir geboren sei, Flögel nennt
Jenischehir als Geburtsort; aber die von Ak-
schehir, die förmlich mit Eifersucht alles hüten,
was an den Hodscha erinnert, weisen es entschie-
den zurück, daß er in Jenischehir jemals auch
nur gewesen sei ", Wohl nur auf dem Schlüsse
aus seiner Zeitgenossenschaft mit Timur und
Bajazet beruhen die Angaben, daß er, wie Behai
sagt , in der Regierungszeit Sultan Orchans
(1326 — 1359) oder, nach andern, um 1360 ge-
boren sei, Kombination ist natürlich auch alles
übrige, was über seine Lebensumstände erzählt
wird, obwohl es im allgemeinen herzlich wenig
ist; andere Quellen als die Schwanke gibt es
ja nicht. Und bei dem jüngsten Biographen Nasr-
eddins fühlt man leicht, daß der Wortschwall als
Mittel verwandt wird, um die peinlich empfun-
1 Trefdi, S. 14 ff.
2 Nasreddin Khodjas Schwanke und Streiche, Breslau,
1904,
2 Trefäi, S. 14.
xxvn
dene UnwissenJieit zu verdecken; immerhin sei
mitgeteilt, was dieser zu berichten v/eiß ^:
,,Nach der herrschenden Meinung hat sich der
verewigte Hodscha in Akschehir und wohl auch
in Konia dem Studium und der Vervollkommnung
in den Wissenschaften hingegeben. Dann war er
in einigen Städten und Bezirken in der Nähe von
Akschehir Kadi. In seiner Vaterstadt Siwri-
Hissar war er Prediger, In einigen andern Orten
war er Lehrer an geistlichen Seminaren und Vor-
beter, Auch hat er Amtsreisen unternommen in
die Wilajete Konia, Angora und Brussa, sowie in
einige andere angrenzende Provinzen, , . . Er ge-
hörte zu den Juristen aus der Rechtsschule Abu
1 Bezeichnend ist es, wonach Behai, der durch das
Versprechen, den Einsendern von Schwänken Nasreddins
einzelne Bogen oder ganze Exemplare seines Buches zum
Geschenke zu machen [Letaif, S. 13), eine sehr zahlreiche
Mitarbeiterschaft gewonnen haben dürfte, die Authenti-
zität der einzelnen Überlieferungen beurteilt; darüber
schreibt er in seinem Schlußv/orte (S, 255 ff.): ,,Wir haben
uns Handschriften aufgehoben; aus ihnen geht hervor, daß
man uns ziemlich viele Schwanke übersandt hat mit dem
Bemerken, fünf bis zehn Personen hätten es übereinstim-
mend bezeugt, daß sie wirklich von dem Hodscha stamm-
ten. Wenn derartige Schwanke Stück für Stück durch die
osmanische Welt gehn und von einem osmanischen Ge-
lehrten nach dem andern übernommen werden, so ist das
ein Beweis, daß sie auf den Hodscha zurückzuführen sind.
Kamen uns aber Schwanke in die Hand, die nicht so wie
diese bezeugt waren, bei denen uns kein Beweis vorlag,
daß sie dem Hodscha zuzusprechen seien, so haben wir es
vorgezogen, das Zeugnis derer gelten zu lassen, die, auch
ohne Belege, ihre Authentizität behaupten; hiernach haben
wir gemeint, in zweifelhaften Fällen sei es besser, die
Authentizität auszusprechen. Und Allah mache es mit uns
ebenso!"
XXVIII
Hanifas^ . . , Als er einmal von der Regierung
in Staatsgeschäften nach Kurdistan geschickt
wurde, sagte dort einer, der ihn erkannte: ,Unser
Hodscha versteht sich sogar auf Politik und
Regierungskunst und ist darum ein ganzer Mann.*
Ein andermal wurde er in Akschehir mitten aus
einer Versammlung herausgeholt; für die Regie-
rung hatte sich nämlich die Notwendigkeit er-
geben, sofort Eilboten dorthin zu schicken und ihn
aufzufordern, so schnell wie möglich in die Haupt-
stadt zu kommen. Meistens beschäftigte er sich
mit der mohammedanischen, auf Koran und Über-
lieferung gegründeten Rechtskunde,"
Die Naivetät, die aus diesen Erzählungen
spricht, wird noch übertroffen durch die groteske
Art der Lobsprüche, die Beha'i dem Hodscha an-
gedeihen läßt. Mit Entrüstung erfüllt es ihn, daß
man versucht hat, unwahre Behauptungen über
Nasreddin durch erfundene Geschichten zu
stützen, und daß in einem von ihm nicht näher
bezeichneten Buche der Ausspruch getan wird:
,,Der Hodscha zeigt manchmal den höchsten Grad
von Freigeisterei; auch ist er nicht Wandermönch
geworden. Es ist dem Gedächtnis überliefert,
daß seine durch anderweitige Beispiele erwiesene
fluchwürdige Gottlosigkeit gewiß der als göttliche
Strafe zu gewärtigenden Vernichtung würdig ist,
und daß er Fragen der Jurisprudenz und der
Theologie im Verkehre mit den verschiedensten
Klassen der Muselmanen unter der Verhüllung
1 über Abu Hanifa, den Begründer der nach ihm ge-
nannten orthodoxen Rechtsschule (680 oder 699 — 767), vgl,
Brockelmann, Geschichte der arabischen Litteratur, Wei-
mar (Berlin), 1898 ff., I, S, 169 ff.
XXIX
durch Schwanke behandelt hat. Möge ihm Gottes
Barmherzigkeit noch zu teil werden!" Dagegen
donnert Behai in folgender Philippika: „Nirgends
ist bei Sr. Hochehrwürden und Sr. Heiligkeit
— nämlich Nasreddin — irgendein der Welt
schmeichelnder Unglaube festzustellen. Seine Ge-
rechtigkeit steht außer Zweifel, gemeine und
niedrige Handlungen finden sich bei ihm nicht;
ja nicht einmal in Gedanken hat er gesündigt.
Freilich gibt es — das sei in aller Ehrerbie-
tung gesagt — auch für den Hodscha eine
Grenze, über die hinaus sein sittliche Kraft
nicht reicht: da auch er nur ein Mensch war,
da auch ein Muselman nicht ohne Sünde ist,
hat wohl auch er in Sünde fallen können,
und es ist möglich, daß er in seiner Kind-
heitszeit und seinem Jünglingsalter unpassendes
getan, ja eine Sünde begangen hat; nur allmählich
vervollkommnete er sich, machte er Fortschritte
in der Wissenschaft, in den Kenntnissen, in der
sittlichen Vervollkommnung und in der Weisheit
und bildete Körper und Charakter aus, bis er
schließlich zu dem höchsten Grade der Ver-
einigung mit Gottes Heiligkeit und seinem hei-
ligen Geiste gelangt ist." Und an einer andern
Stelle heißt es: ,, Staunenswert war seine aske-
tische Frömmigkeit; selbst im Schlafe hat er sich
nie durch unreine Gedanken befleckt." Und
weiter: ,,Er zog es vor, sich betrügen zu lassen,
ja sogar einen empfindlichen Schaden zu erleiden,
als irgendeinem Menschen eine schändliche Lüge
oder einen Betrug zuzutrauen . . . Se. Hochehr-
würden, der verewigte Nasreddin war ein tief-
gründiger Gelehrter, der der Weltlust und den
XXX
weltlichen Dingen entsagt hat; er war eine durch-
aus reine und lautere Natur in des Wortes tiefster
Bedeutung, er war geradezu eine Engelsnatur."
Der Leser soll nicht weiter gelangweilt wer-
den; hoffentlich begleitet ihn aber die Erinnerung
an diese Panegyriken bis zu der Lektüre der
Schwanke.
Ebenso schmerzlich wie den dem Hodscha ge-
machten Vorwurf der Gottlosigkeit empfindet es
Behai auch, daß dieser manchen nur als einfacher
Spaßmacher gilt: „Wir zählen den verewigten
Hodscha zu einer Art von Persönlichkeiten, die
nur auf ein einziges Volk — nämlich das tür-
kische — beschränkt geblieben ist; weder Behle-
wal Dana in der Anfangszeit des Islams, noch der
sprichwörtlich gewordene Mudschadib , noch
Dschoha, noch Männer wie Abdal, die sich ihn
zum Vorbilde nahmen, noch Abu Dulama von den
Arabern, noch Talhak von den Persern, diese
Schmarotzerseelen, noch irgendein anderer von
den übrigen Völkern kann mit unscrm Hodscha
verglichen werden." ^
^ Letaif, S, 4. Von den hier erwähnten Kameraden
Nasreddins erwähnt Behai unmittelbar vorher einen, näm-
lich Abdal, als einen Hofnarren Timurs; vielleicht liegt
hier oder an der unten S. 279 zu Nr, 326 zitierten Stelle
aus den Vierzig Vezieren, die dann jedenfalls älter sein
müßte als die Parallele mit Nasreddin als Helden, eine
Verwechslung vor. Mit Ausnahme des sofort zu be-
sprechenden Dschoha sind mir von all diesen Vertretern
des Narrentums nur Abu Dulama und Talhak bekannt.
Abu Dulama, ein Neger, war Hofnarr al Mansurs und ist
777 gestorben; vgl, über ihn Brockelmann, I, S, 74, Ein
Schwank von ihm ist unten im H, Bande, S. 237 erwähnt.
Über Talhak, den Hofnarren Sultan Mahmuds von Ghasni,
vgl. Hörn im Keleti szemle, I, S. 70,
XXXI
Dieser Ausspruch ist nicht unwichtig; er be-
weist, daß man auch in dem Volke, dem Nasr-
eddin angehört, schon die Verwandtschaft er-
kennt, die ihn mit andern Gestalten verbindet,
die, ob historisch oder nicht, als wenig verschie-
dene Typen die Helden des Dummheitsschwan-
kes und oft zugleich des Schlauheitsschwankes
darstellen. Von diesen haben wir uns hier noch
mit Dschoha zu beschäftigen.
Der Umstand, daß Dschoha viele sonst mit
Nasreddin verbundene Schv/anküberlieferungen
auf sich vereinigt, hat einzelnen Gelehrten den
Anlaß zu der Behauptung gegeben, Nasreddin
und Dschoha seien einunddieselbe Person, und
man hat sogar versucht, das arabische Wort
Dschoha als eine Ableitung des türkischen Hod-
scha zu erklären ^. Diese Meinungen sind aber
unhaltbar, da Dschoha als ein dem Hodscha Nasr-
eddin ähnlicher Typus lange vor diesem be-
legt ist.
Schon der Fihrist des 995 gestorbenen ibn
Ishak an Nadim, eine Bibliographie der damals
vorhandenen arabischen Literatur, nennt unter
den Schwankbüchern unbekannter Verfasser ein
von Dschoha handelndes -; dieses ist ebenso wie
die andern dieser Gruppe angehörenden Schrif-
ten verloren. Die nächste Erv/ähnung Dschohas
findet sich in dem Kitah madschma al amthal des
1124 verstorbenen al Maidani, einer großen ara-
1 Köhler, I, S, 508 ff.; Hartmann in der Zeitschrift des
Vereins für Yolftsliunde, V, S, 48,
2 R, Basset in der Einleitung (S. 4 ff.) zu A. Mou-
lieras, Les fourberies de Si Djefi'a, Paris, 1892,
XXXII
bischen Sprichwörtersammlung ^ ; Maidani belegt
einzelne Sprichwörter, die mit dem Namen eines
Einfaltspinsels verknüpft sind, mit kleinen Erzäh-
lungen von dem betreffenden, und so hat er auch
drei Geschichten von Dschoha '. Dieser führt
aber auch noch zugleich mit Nasreddin ein von
ihm unabhängiges Dasein; der Thamarat al aurak
von ibn Hidschdscha al Hamawi (1366 — 1434)
bringt von ihm einige Schwanke und sagt über
ihn: „Manche behaupten, daß er der unterhal-
tendste Mensch von der Welt gewesen sei, daß
es aber zwischen ihm und den Leuten Zwistig-
keiten gegeben habe, und daß man ihm alle mög-
^ Hartmann a. a, 0,, S, 49.
~ Die zweite dieser drei Geschichten ist im II, Bande,
S, 183ff, mitgeteilt; die beiden andern erzählen {Freytag, I,
S. 403); Es sieht einer Dschoha außerhalb der Stadt Kufa
graben und fragt ihn, was er mache. Dschoha antwortet,
er könne eine Summe Geldes, die er dort vergraben habe,
nicht wiederfinden. Als ihm nun der andere sagt, er hätte
sich ein Zeichen machen sollen, erwidert er, das habe er
sowieso getan; jetzt sehe er aber die Wolke, die damals
den Ort beschattet habe, nicht mehr. (Vgl. zu diesem
Schwanke Kathd Sarit Sägara, II, S. 60 ff.; Kuka, S. 175,
Nr. 63; Liebrecht, Zur Volkskunde, Heilbronn, 1879, S. 117;
Clouston, The Book of Noodles, London, 1888, S, 99 ff.). —
Als Abu Muslira als Statthalter nach Kufa kommt, fragt
er, wer Dschoha kenne, und befiehlt einem, der Jaktin
heißt, ihn zu bringen. Jaktin führt Dschoha zu Abu Mus-
lim, der gerade ganz allein ist; da fragt Dschoha seinen
Begleiter: „Wer von euch beiden, Jaktin, ist denn nun
Abu Muslim?" Alle drei Dschohageschichten Maidanis
sind mit Dschoha als Helden in den Nawadir von al Kal-
jubi (t 1658) übergegangen; danach hat sie Basset in der
Revue des tradiüons populaires, XV, S, 40, 41 und 43
übersetzt.
Nasreddin. I. JR XXXIII
liehen Geschichten beigelegt habe; andere sagen,
er sei der leichtfertigste Taugenichts gewesen," '
Bis zum fünfzehnten Jahrhunderte, oder wenn
man auf die Tatsache, daß keine ältere Auf-
zeichnung Nasreddinscher Schwanke erhalten ist,
pochen will, bis zum Ende des sechzehnten Jahr-
hunderts können also die Überlieferungen des
Dschohakreises als die altern nicht von solchen
der Nasreddingruppe beeinflußt worden sein; daß
aber später Dschoha und Nasreddin, die ja, der
eine für die Araber, der andere für die Türken,
gleichartige Typen des Narren und Volkslieblings
darstellen, ineinander übergeflossen sind, ist
leicht verständlich. Dem tragen die heute im
arabischen Oriente außerordentlich verbreiteten
Drucke Rechnung, die schon im Titel die beiden
Personen identifizieren: Nawadir el chodscha
nasr ed-din effendi dschoha. Freilich läßt der
Umstand, daß Nasreddin oft auch als Dschoha
er-rumi, als rumelischer oder türkischer Dschoha
bezeichnet wird ', den Schluß zu, daß der Araber
noch immer zwischen den beiden unterscheide
und durch diese Bezeichnung nur die Ähnlich-
keit, die auch er zwischen ihnen erkermt, aus-
drücken wolle; dies erscheint aber als neben-
sächlich, weil zur Ausstattung beider Volkslieb-
linge der Schatz der alten Überlieferungen
gleichmäßig geplündert worden ist und noch
weiter geplündert wird. Was man heute vorläufig
nur von Nasreddin erzählt — abgesehn natürlich
von dem genannten oder ungenannten Schwank-
1 Basset a. a, O., S. 5 ff.
2 Basset, S. 3ff.; Hartmann, S. 48, Note 2; Letaif, S. 12.
XXXIV
hclden, von dem es zuerst berichtet worden ist —
wird morgen auch von Dschoha erzählt, und
ebenso umgekehrt; klar ist es dabei, daß die
Araber bei ihrer reichen Schwankliteratur meist
die gebenden, die Türken die empfangenden sind.
Die verschiedenen Ausgaben des Nawadir el
chodscha nasr ed-din effendi dschoha, deren
Inhalt so ziemlich identisch zu sein scheint, ent-
halten fast alle Geschichten des noch zu be-
sprechenden, zum ersten Male 1837 erschienenen
türkischen Volksbuches von Nasreddin und in
derselben Anordnung. Wenn der Schluß, den
Basset aus dem das Jahr der Hidschra 1041
zeigenden Chronogramme einer ihm vorliegenden
Bulaker Ausgabe zieht, richtig ist^, wenn also
der Nawadir in seiner heutigen Form schon im
17. Jahrhunderte — das Jahr 1041 der Hidschra
entspricht dem Jahr 1631 n. Chr. — abgefaßt
worden ist, dann haben das türkische Volksbuch
und der arabische Nawadir dieselbe Vorlage ge-
habt, die allerdings im Nawadir fast auf das
Doppelte erweitert worden ist; jedenfalls hat der
Verfasser des Nawadirs neben der türkischen
Quelle auch arabische und vielleicht andere be-
reits niedergeschriebene Schnurren vor sich ge-
habt: aus dem Mustatraf von al Abschihi (f 1446)
sind zum Beispiele in den Nawadir ganze Seiten
aufgenommen worden ".
Durch die Araber ist Dschoha, und zwar
dieser Dschoha des Nawadirs, die allbeliebte
Schwankfigur auch im nördlichen Afrika ge-
Basset, S. 8; Hartmann, S. 46, Note 1,
Basset, S. 7.
m* XXXV
worden, und so v/ie die dem türkischen Volks-
buche noch nicht angehörenden Dschohageschich-
ten in die türkische Überlieferung übergegangen
sind, so haben auch Erzählungen des Nasreddin-
kreises zugleich mit Dschohageschichten oder als
solche in dem Volksmunde des Maghribs Auf-
nahme gefunden. Natürlich haben die Araber ihr
sowieso beschränktes Eigentumsrecht an Nasr-
eddin-Dschoha nicht behaupten können, sondern
haben ihn mit den Berbern teilen müssen. Die
Kabylen der Küste Algiers haben ihren Dscheha,
die Beni Msab der Sahara ihren Dschoha, die
Berbern von Tamazratt ihren Dschuha, die in der
Oase Ghat ihren Schaha; und wie der tunisische
und der tripolitanische Araber von Dschuha er-
zählt, so hat sich der Nubier einen Dschauha
geschaffen. Der Schwank von der Schüssel, die
zuerst gebiert und dann stirbt, begegnet mit
dem türkischen Nasreddin, mit dem türkisch-
arabischen Nasreddin-Dschoha, mit dem arabi-
schen Dschoha und mit dem berberischen Dscheha
als Helden; schließlich kehrt er auch auf Malta
wieder, und dort ist aus dem Dschoha ein
Dschahan geworden \
^ Die meist aus den letzten Jahren stammende, aber
schon ziemlich umfangreiche Literatur über Dschoha
(Dscheha usw. und Dschahan) findet man, soweit sie vom
Herausgeber benutzt werden konnte, rückwärts S, 199 ff.
und gelegentlich bei den Anmerkungen zitiert; wegen der
minder wichtigen Lehrbücher des algerischen Volks-
arabisch, die gelegentlich als Lesestücke Dschohaerzäh-
lungen bringen, und wegen einiger belletristischer Reise-
Vi'erke sei auf Basset, S. 12 verwiesen. Bemerkt sei hier
nur noch, daß eine nicht unbedeutende Anzahl von an-
scheinend auf Dschoha übertragenen Nasreddingeschichten
XXXVI
Gemeiniglich wird auch angenommen, daß der
sizilianische Volksnarr Giufä oder Giucä, der in
Plana de' Greci, in Palazzo Adriano und in
andern albanesischen Ansiedelungen Siziliens
Giuxä heißt ^), der nationalisierte arabische
Dschoha sei; dem steht entgegen, daß auch in
Toskana der bevorzugte Träger von Dummheits-
schwänken Giucca, Giucco, Ciocco heißt. In
jedem italiänischen Wörterbuche findet man neben
sciocco auch giucco = Dummkopf, neben scioc-
caggine, scioccheria usw. auch giuccaggine, giuc-
von Mardrus in seine Ausgabe der Mille nuits et une nuit,
Paris, 1899 ff, aufgenommen worden sind. Weiter sei er-
wähnt, daß die syrischen Dschochiüberlieferungen bei
M, Lidzbarski , Geschichten und Lieder aus den neu-
aramäischen Handschriften der königlichen Bibliothek zu
Berlin, Weimar, 1896, S. 249 ff. und das, was T. J. Bezemer
in seiner Volksdichtung aus Indonesien, Haag, 1904,
S. 196 ff, als Streiche des Djonaha, des Batakschen Eulen-
spiegels erzählt , weder zum Nasreddin-, noch zum
Dschohakreise gehören; es handelt sich in beiden Fällen
um Varianten des so außerordentlich verbreiteten Unibos-
märchens, die an sich allein, ohne weitere übereinstim-
mende Behandlung gleicher Motive, noch nicht genügen
können, um ihre Helden trotz dem anklingenden und wohl
sicher von dem seinigen abhängigen Namen innerlich mit
Dschoha zu identifizieren. Daran kann nichts ändern, daß
auch von dem serbischen Nasreddin (Krauss, Anthropo-
phyteia, Leipzig, 1904 ff., III, S, 366 ff.) und von dem nord-
afrikanischen Dschoha (s. im IL Bande S. 41 ff.) Teile des
Unibosmärchens erzählt werden; diese fügen sich ja dem
übrigen keineswegs organisch an,
1 Daß der Name Giu/a auch in Albanien vor-
komme {Hartmann, S, 47 und öfter) ist ein Irrtum; vgL
Pitre, Fiabe, novelle e racconti popolari siciliani, Palermo,
1875, III, S, 371, eine Stelle, die bei Monnier, Les contes
populaires en Italie, Paris, 1880, S. 11 ungenau wieder-
gegeben worden ist, woher denn das Mißverständnis rührt,
XXXVII
cheria usw. = Dummheit, und in Pitrcs Samm-
lung toskanischer Volkserzählungen kommt eine
moglie giucca, eine dumme Frau, vor, die ihrer
Dummheit halber Giucca gerufen wird \ Wahr-
scheinlich ist ja eine oder die andere von den
Giufägeschichten arabischen Ursprungs; ob man
aber deswegen und wegen des flüchtigen Gleich-
klanges eines aus der italiänischen Sprache
ebenso gut erklärbaren Wortes mit einem arabi-
schen Namen so weittragende Schlüsse ziehen
darf, bleibe dahingestellt.
Eher könnte man wohl eine Namensentlehnung
bei dem entsprechenden kalabrischen Typus an-
nehmen, dessen einer Name Hiohä — der andere
lautet Juvadi oder Juva', was wieder zu Giufä
stimmt — sicherlich mehr als Giufä an Dschoha
erinnert; was die innerliche Verwandtschaft be-
trifft, so findet man, auf diesen übertragen, sogar
eine als reine Dschohageschichte nicht belegte
Erzählung des Nasreddinkreises vor.
Für das Verhältnis Nasreddins zu Dschoha
ist die Feststellung wichtig, daß aus der Zeit vor
Nasreddins angeblichem oder wirklichem Leben
noch keine einzige Dschohageschichte bezeugt ist,
die als Quelle eines Nasreddinschen Schwankes
angenommen werden müßte ", während das sonst
^ Pitre, Novelle popolari toscane, Firenze, 1885,
nov. 38; vgl. ebendort S. 195.
2 Die anscheinend dagegen sprechende Bemerkung
Horns im Keleti sxemle, I, S. 70, Z. 7 ff. beweist nichts; die
dort erwähnte Erzählung Zakanis gehört wohl zu der Ver-
sion im Nawadir und nicht zu der im Sottisier, wie andere
Parallelen zu schließen erlauben. Die weiter von Hörn mit
„Basset, Tableau Nr. 120" bezeichnete Erzählung, nämlich
XXXVIII
Nasreddin zugeschlagene Gut wahrlich nicht
gering ist. Eine ganze Reihe von Schnurren —
CS ist hier wieder nur von dem ersten Teile
unserer Ausgabe die Rede, genauer ausgedrückt
von den Numern 1 bis 331 — findet sich schon
bei dem Perser Ubeid Zakani (f 1370 oder 1371),
nicht so viele bei dem syrischen Bischöfe Bar-
Hebraeus (1226 — 1286), und einige stehn schon
in dem Kitab al ikd al farid von ibn Abdirabbihi
{860 — 940) ; daß äsopische Fabeln Verwendung
gefunden haben ist weniger verwunderlich, als
daß auch die unter dem Namen der Facetien von
Hierokles bekannte, vielleicht schon im fünften
Jahrhunderte verfaßte Sammlung ausgebeutet
worden ist. Auf vereinzelte Parallelen, wie sie
sich zum Beispiele bei az Zamachschari (1074 bis
1143) und al Habbari ja (f 1100) finden, sei hier
nicht näher eingegangen. Daß von Nasreddin
Geschichten erzählt werden, die auch Karakusch,
dem Wesir Saladins, beigelegt worden sind, kann,
da sie noch in keinem sicher dem ursprünglichen
Verfasser der Karakuschanekdoten al Mammati
(t 1209) zugehörigen arabischen Texte, sondern
nur in einer viel spätem türkischen Bearbeitung
nachgewiesen sind \ nicht in Betracht kommen,
und dasselbe gilt von den Erzählungen, zu denen
Sottisier, Nr, 120 (unten S, 101, Nr. 187), hat mit Nasr-
eddin gar nichts zu tun.
^ Vgl. Hartmann, S. 50 ff.; P. Casanova in den Me-
moires de la Mission archeologique fran^aise au Caire,
t. VI, fasc. 3, Paris, 1893, S. 447 ff.; Decourdemanche in
der zweiten Auflage seiner noch zu nennenden Übersetzung
des türkischen Volksbuches von Nasreddin, S. 113 ff.
XXXIX
sich Gegenstücke auch in den türkischen Vierzig
Wesiren finden, deren arabisches Original noch
nicht bekannt ist ^ Mehrere Stoffe Nasreddins
sind vor diesem von abendländischen Erzählern
behandelt worden; hier darf wohl manchmal eine
europäische Quelle angenommen werden, zum
Beispiele bei dem in den europäischen Über-
lieferungen so oft wiederkehrenden und im
Oriente nur mit Nasreddin belegten, schon von
Boccaccio zu einer Novelle gestalteten Schwanke
von den angeblich einbeinigen Gänsen oder
Kranichen, die sich, als man sie erschreckt, auf
beiden Beinen davonmachen. Mit jeder Spanne
Zeit, um die man überdies das erste Auftauchen
eines Schwankes bei Nasreddin hinaufrückt —
der Spielraum ist auch bei den schon in den
ältesten Manuskripten enthaltenen immerhin fast
zweihundert Jahre — wird eine Übertragung
durch die Vermittlung der Literatur wahrschein-
licher; und daß die heute noch nicht abge-
schlossene Übertragung der mündlichen Über-
lieferungen schon sehr zeitlich begonnen hat, ist
bei Gestalten wie Nasreddin selbstverständlich.
Die erste gedruckte Ausgabe der Schwanke
Nasreddins ist 1837 in Konstantinopel erschienen
und drei Jahre vorher hat J. Dumoret im Journal
asiatique nach einem Pariser Manuskripte drei
Erzählungen veröffentlicht, für deren Verfasser
er Nasreddin hielt - ; vorher wußte man von
diesem in Europa nicht mehr, als was Flögel und
1 Behrnauer, Die vierzig Veziere oder weisen Meisler,
Leipzig, 1851, S. XIV.
2 Vgl. unten S. 260 die Note zu Nr. 211.
XL
die genannten Historiker berichteten und was
Goethe im West-östlichen Diwan mitgeteilt hat ^*
Goethe verdankt seine Kenntnis Nasreddins
dem Berliner Orientalisten Prälaten von Diez,
der für ihn fünf Schwanke übersetzt hat ". Diez,
der „würdige Mann" mit der „strengen und
eigenen Gemütsart" hatte an Nasreddin kein
sonderliches Gefallen; in einem vom 24. April
1816 datierten Briefe an Goethe schreibt er:
„Fürs Weitere möchte ich Ihnen gern ein Paar
Erzählungen von Nusreddin Chodscha mitsenden,
der nicht sowohl ein witziger Kopf als ein ziem-
lich platter und unsauberer Schwänkemacher
gewesen." Und am 11. Oktober 1816: „Nussr-
eddin Chodscha war nur ein ziemlich gemeiner
Spaßmacher und Zotenreißer. Die Erzählungen
die man von ihm hat, sind daher noch jetzt nur
der Gegenstand der Unterhaltung gemeiner Leute
in den langen Winterabenden. Er lebte im vier-
zehnten Jahrhundert als Lehrer (Chodscha) auf
einem Dorfe in Kleinasien, um die Zeit, als Timur
oder Timurlenk, der lahme Timur (woraus man
in Europa Tamerlan gemacht) in Asien auf Er-
oberungen ausging. Timur fand Vergnügen an
1 Freilich hat schon Antoine Galland in den Paroles
remarquables . . . des Orientaux, Paris, 1694 einzelne Anek-
doten ins Französische übersetzt, aber der Name Nasr-
eddin kommt bei ihm nicht vor. Unter seinen Quellen
nennt er „Deux Recueils de bons mots en Türe dont j'ai
choisi ceux qui meritoient d'etre publiez"; aber entweder
haben diese Manuskripte den Namen Nasreddin nicht ent-
halten, oder, was wahrscheinlicher ist, Galland hat ihn
verschwiegen,
2 Vgl. C, Siegfried, Briefwechsel zwischen Goethe und
V. Diez im Goethe-Jahrbuch, XI, 1890, S, 24 ft.
XLI
den Schwänken und Einfällen des Mannes und
führte ihn auch eine Zeitlang als Gesellschafter
mit sich herum. Man hat mehrere kleine Samm-
lungen seiner Einfälle. Mir ist aber niemals be-
kannt geworden, daß man in Europa etwas davon
übersetzt habe. Ich habe daher einige der züch-
tigsten und besten Erzählungen in der Beilage
wörtlich übersetzt, damit Ew. Hochwohlgeb.
daraus den Geist des Mannes näher kennen
lernen mögen. Wenn Timur ihn als Spielzeug
gebrauchte, so mußte er sich auch manche Grob-
heiten von ihm gefallen lassen."
Goethens Gesichtskreis war etwas weiter als
der des Prälaten; in seiner Antwort an ihn,
datiert vom 23. Oktober 1816, heißt es: ,,Die
Stellung solcher Lustigmacher an Höfen bleibt
immer dieselbe, nur das Jahrhundert und die
Landschaft machen Abstufungen und Schattie-
rungen, und so ist denn dieser sehr merkwürdig,
weil er den ungeheuren Mann begleitet, der in
der Welt so viel Unheil angerichtet hat und den
man hier in seinem engsten und vertrautsten
Zirkel sieht." Und in den Noten und Abhand-
lungen zum Diwan hat Goethe aus den fünf ihm
von Diez übersandten Erzählungen ^ von dem
„lustigen Reise- und Zeltgefährten des Welt-
eroberers" den Schluß gezogen, ,,daß gar manche
verfängliche Märchen, welche die Westländer
nach ihrer Weise behandelt, sich vom Orient
herschreiben, jedoch die eigentliche Farbe, den
wahren, angemessenen Ton bei der Umbildung
^ Heute in den Handschriften des Goethe-Archivs als
Bl. 103.
XLII
meistens verloren"; und er fährt fort; „Da von
diesem Buche das Manuskript sich nun auf der
königlichen Bibliothek zu Berlin befindet, wäre
es sehr zu wünschen, daß ein Meister dieses
Faches uns eine Übersetzung gäbe. Vielleicht
wäre sie in lateinischer Sprache am füglichsten
zu unternehmen, damit der Gelehrte vorerst
vollständige Kenntnis davon erhielte. Für das
deutsche Publikum ließe sich alsdann recht wohl
eine anständige Übersetzung im Auszug ver-
anstalten/* Vorher hat er schon eine von den
füiif Erzählungen abgedruckt und ihr die Be-
merkung vorausgeschickt, wie er sich die Aus-
gestaltung des im Diwan nur zwei Gedichte um-
fassenden Buch des Timur gedacht hätte.
Der Anregung Goethes ist, wohl unbewußter-
weise, der erste Übersetzer der türkischen ge-
druckten Sammlung, Camerloher, zum Teile
nachgekommen, indem er einige Stellen, die ihm
für den deutschen Leser zu frei schienen, latei-
nisch übertragen hat \ Eine französische Aus-
gabe des inzwischen in Konstantinopel oft auf-
gelegten Volksbuches ist 1876 von Decourde-
manche besorgt worden \ der später auch den
schon erwähnten, auf einer Reihe von Hand-
schriften beruhenden Sottisier de Nasr-Eddin-
Hodja herausgegeben hat. Eine reiche Auswahl
aus dem Volksbuche in türkischer Sprache mit
einer interlinearen englischen Übertragung hat
W. B. Barker seinem ebenfalls schon genannten
türkischen Lesebuche beigegeben; er folgte damit
1 S, unten S. 202.
XLIII
dem Beispiele Dietericis, der sieben Nasreddin-
geschichten aus zwei Manuskripten Diezens in
seine 1854 erschienene Chrestomathie ottomane
aufgenommen hatte, und Malloufs, in dessen
Dialogues turcs-hangais, Smyrna, 1854 (2, Auf-
lage Konstantinopel, 1856) sich sieben Erzäh-
lungen von Nasreddin finden. Sechs davon hat
Mallouf in der Revue de l'Orient, de VAlgerie et
des Colonies von 1853 ins Französische übersetzt;
die von Dieterici veröffentlichten hat H. Ethe in
seinen Essays und Studien, Berlin, 1872 zur
Unterlage eines Aufsatzes über Nasreddin be-
nutzt.
Im Jahre 1299 der Hidschra (1883) hat
Mehmed Tewfik in Stambul eine Sammlung von
71 Schwänken Nasreddins herausgegeben; wenige
Monate später ließ er ihr 130 Schwanke von
Buadem folgen. Buadem, zu deutsch: dieser
Mann, ist eine von Tewfik erfundene Gestalt, zu
deren Ausstattung er vorläufig viele Schnurren
des Nasreddin-Dschohakreises verwandt hat. In
geringerm Maße ist dies bei den 96 Schwänken
festzustellen, die er seinem Buademwerke in der
Ausgabe von 1302 beigegeben hat \
Nur zwei anscheinend neue Erzählungen,
darunter eine von Timur, bringen die ihrer Ein-
leitung halber schon oft zitierten Naszreddin
hodsa trefäi, die Künos in Kleinasien aus dem
Munde eines Aidiners aufgezeichnet hat; die
Nummern 1 bis 123 finden sich, eine ausgenom-
men, schon in dem 125 Geschichten enthaltenden
1 S, oben S, XVI und unten S. 199.
XLIV
Voiksbuche, und auch die Reihenfolge ist bis auf
zwei Ausnahmen beibehalten worden ^
Schon 1872 ist in Athen eine griechische Aus-
gabe der Schwanke Nasreddins erschienen mit
dem Titel 'O Naorgadlv XcovrCccg. Ji'^yijficcru avrov
dazsia xal neqisQyu -. Sie ist mir trotz allen Be-
mühungen unzugänglich geblieben, enthält aber
angeblich denselben Text wie das bei Saliber in
Athen erschienene Groschenbändchen ^O Nccgq-
iödlv-XoT^ag xal tcc ctGTsTa dvsxdozu avrov.
Dieses bringt, augenscheinlich in Übersetzung,
viele Stücke aus dem Volksbuche, daneben solche,
die bei Tewfik wiederkehren, aber auch eine
Reihe von Erzählungen, die sich weder im Volks-
buche, noch bei Tewfik finden ^. Daß übrigens
Nasreddin bei den Griechen eine selbständige
Existenz führt, zeigt auch das im IL Bande S. 250
besprochene Märchen von Naxos ^.
Die serbische Ausgabe, aus deren Einleitung
oben das Märchen von dem Evlija und seinen
1 Im Keleü szemle, I, S. 177 bemerkt Karl Foy, daß
die Künosschen Texte den Eindruck machen, als wären sie
mindestens teilweise einer osmanisch-rumelischen Vorlage
nacherzählt,
2 Köhler, I, S. 483.
^ Erst Behai hat einige in seine Ausgabe der Letaif
aufgenommen,
* Künos zitiert (Trefäi, S, 12) eine 1896 in Athen er-
schienene griechische Ausgabe mit einem ausführlichen
Vorworte Walawanis, Dieses Buch aufzutreiben, war mir
unmöglich. Nach den Zitaten von Künos ist das Vorwort
Walawanis wohl identisch mit dem Aufsatze in den
MiXQnaiaiixd, den Künos nie erwähnt. Nebenbei bemerkt
war auch alles Suchen nach der englischen Ausgabe, die
nach Künos (ebendort) ein gewisser Konstantinidi in Vor-
bereitung gehabt hätte, erfolglos,
XLV
drei Söhnen mitgeteilt worden ist, nennt Mehmed
Tewfik als Verfasser und trägt auf dem Titel den
Vermerk Prevod s nemackog, Übersetzung aus
dem Deutschen; dies ist aber nur zum Teile
richtig. Die Seiten 9 bis 48 enthalten zwar Über-
tragungen aus Tewfiks Nasreddinausgabe, aber
dazwischen sind einige aus dem Volksbuche ent-
nommene Erzählungen eingeschoben, und manche
beruhen überhaupt auf einer andern Quelle; der
darauf folgende Abschnitt mit dem Titel Buadam
bringt die 130 Buademsch wanke in ungeänderter
Anordnung, fügt aber noch vier mit Buadam be-
ginnende Schwanke hinzu, die bei Tewfik kein
Gegenstück haben, und das letzte Drittel des
Buches, bezeichnet mit Dodatak oder Anhang er-
zählt neben einigen nach Camerloher übersetzten
Geschichten eine lange Reihe von solchen, die
dem serbischen Volksmunde entnommen sind,
wenn sich auch etliche schon im Sottisier finden.
In Serbien und in Bosnien laufen ja noch zahl-
lose Überlieferungen von Nasreddin um: einige
wenige sind wohl in südslawischen Zeitschriften
und in der Anthropophyteia aufgezeichnet,
andere werden nach einer gütigen Mitteilung von
Hrn, Dr. Friedrich S. Krauss alljährlich in Volks-
kalendern erzählt; die meisten aber harren noch
immer einer Niederschrift, wie dies auch in den
andern früher unter türkischer Herrschaft ge-
wesenen Balkanländern der Fall sein dürfte \
^ In Albanien, wo bisher noch nichts aufgezeichnet zu
sein scheint, gilt Nasreddin oder Nasra als der Erfinder
der Schneereifen; vgl. Fr. Baron Nopcsa, Aus Sola und
Klementi, Sarajevo, 1910, S. 55.
XLVI
In kroatischer Sprache ist 1857 in Zara ein
Buch erschienen mit dem Titel Nasradin iliti
Bertoldo i njegova pritanka domisljatost, him-
henost i lukavstina; mir liegt es in einem um
Rätsel, Sprichwörter und Gedichte vermehrten
Neudrucke vor: Nasradin k staroj matici povracen
i Nasradinic, U Zadru (Zara), 1903, Wie schon
der ursprüngliche Titel andeutet, ist es nichts
als eine kroatische Bearbeitung des italiänischen
Volksbuches von Bertoldo und Bertoldino, dessen
Helden durch Nasradin und Nasradinic ersetzt
sind. Aber auch eine Ausgabe von Schwänken
Nasreddins gibt es in der kroatischen Sprache;
ich kenne nur die keine Jahreszahl tragende
zweite Auflage Posurice i sah Nasredina, Zagreb
(Agram). Sie bietet eine nicht ganz vollständige
Übersetzung des Tewfikschen Nasreddin und der
130 Buademschwänke — statt Buadem steht
überall Nasredin — , aber anscheinend nicht nach
der deutschen Ausgabe ^; die Reihenfolge wird
im allgemeinen beibehalten und nur gelegentlich,
der beigegebenen Illustrationen halber, geändert.
Dann und wann sind andere Erzählungen ein-
gestreut, und von S, 64 an wechseln Schwanke
aus dem Volksbuche mit andern, von denen ein
Teil mit solchen aus der oben, S, XXVII zitierten
deutschen Ausgabe von Ali Nouri übereinstimmt.
Die Illustrationen sind dieselben wie bei Ali
Nouri '-.
1 Wenigstens ist hier der 32, Nasreddinschwank Tew-
fiks zum Unterschiede von Müllendorff richtig wieder-
gegeben.
- „Ali Nouri" schweigt sich über die von ihm benutzte
Vorlage beharrlich aus; eine Stelle aber (s, unten S, 224),
XLVII
Verhältnismäßig wenig aus dem Volksbuche,
sondern meistens selbständige Schnurren , von
denen gleichwohl einige mit griechischen und ser-
bischen Hodschageschichten übereinstimmen, ent-
hält die schon einmal erwähnte Gedichtesamm-
lung Nazdravaniüe lui Nastratin Hogea von An-
ton Pann, die zum ersten Male 1853 erschienen
und oft nachgedruckt worden ist; in deutscher
Sprache hat sich in einer poetischen Bearbeitung
einiger, nur zum Teile dem Volksbuche angehö-
riger Schwanke Nasreddins der in Kroatien ge-
borene Franz von Werner, der schon in jungen
Jahren in türkische Dienste getreten ist, unter
dem Namen Murad Efendi versucht; sein Nassr-
eddin Chodja ist 1878 in Oldenburg erschienen.
Auch ins Armenische sind die Schwanke Nasr-
eddins übersetzt worden, und sie haben ihren
Weg weiter genommen über Gebirge und Steppen;
besonders sollen sie die Bewohner des Berglandes
von Dagestan lieben, und nicht nur in Tiflis,
sondern auch in Kasan erscheinen immer neue
Ausgaben, die sich dem türkischen Volksbuche
anlehnen. Nach Nikolaj Katanoff in Kasan ist
Nasreddin sogar bei den Tarandschi an der
sibirisch-chinesischen Grenze bekannt ^, und daß
ihn auch die Perser kennen, haben wir schon
gesehn. Freilich wechselt er dabei seine Volks-
zugehörigkeit: im Kaukasus ist er ein Tscher-
kesse, in Kasan ist er ein Tatare, in Persien ist
die auch mit dem kroatischen Texte übereinstimmt, läßt
auf eine griechische Vorlage schließen. War das vielleicht
die von Künos zitierte Athener Ausgabe mit dem Vorworte
Walawanis?
1 Trefäi, S, 28.
XLVIII
er ein Perser, so wie er in Serbien ein Serbe
geworden ist. Darum spiegeln die Schwanke,
die in den verschiedenen Ländern an ihm haften
geblieben sind, den Humor dieser Völker ab; am
deutlichsten ist das Bild natürlich bei den Tür-
ken, wo er den Nationalheros des Witzes darstellt:
dort bilden die Nasreddinschen Schnurren nicht
nur einen Unterhaltungsstoff in den Kaffee-
häusern und bei den Abendgesellschaften, son-
dern sie dienen auch in den Pausen der Gerichts-
verhandlungen zu willkommenem Zeitvertreib:
die Kinder erzählen sie schon einander, und die
Erinnerung an sie wird durch zahlreiche Sprich-
wörter ^ lebendig erhalten.
Mehrmals ist der Versuch gemacht worden,
Nasreddins Wesen durch einen Vergleich mit
einem bekanntern, abendländischen Vertreter
seiner Gattung zu deuten; am nächsten liegt in
solchen Fällen stets unser Eulenspiegel, und so
ist denn Nasreddin schon von Hammer und später
von Ethe, Barker, Wilhelm Schott und andern als
der türkische Eulenspiegel bezeichnet worden.
Dagegen hat sich Köhler gewandt: ,, Eulenspiegel
ist stets ein durchtriebener Schalk, der nie etwas
einfältiges oder dummes sagt oder tut, sondern
stets wohl berechnete Streiche und Possen mit
vollem Bewußtsein ausführt, um andere zu necken
und zu verspotten; Nasreddin dagegen ist ein
echter Narr, d. h. ein Gemisch von grenzenloser
Einfalt und Dummheit und von Geist und Witz,
etwa — wenn man einen Deutschen vergleichen
1 Walawani, S, 151; Trefäi, S. 27; Bonnelli im Keleti
szemle. I, S. 317,
Nasreddin, I. IV XLIX
will — wie Klaus Narr," Aber auch dieser Ver-
gleich beruht nur auf dem wenigen gemeinsamen,
läßt jedoch das viele ungleichartige unberücksich-
tigt; und dasselbe ist es mit dem Vergleiche, den
Cantimir anstellt, indem er Nasreddin einen tür-
kischen Äsop nennt ^ Klaus Narr war kein Äsop,
und Äsop war kein Abderit; Nasreddin ist aber
Äsop und Abderit zugleich.
Der erste, der sich mit den Schwänken Nasr-
eddins wissenschaftlich befaßt hat, war der aus-
gezeichnete Gelehrte Reinhold Köhler; er hat
1862 im Orient und Occident das Camerlohersche
Büchlein zum Gegenstande einer Abhandlung ge-
macht". Ihm folgte, nachdem Decourdemanche
die Forschung nach Quellen und Parallelen Nasr-
eddins als unnütz bezeichnet hatte ^, der Pro-
fessor und derzeitige Dekan an der Universität
Algier, Rene Basset, der den von A, Moulieras
gesammelten und ins Französische übertragenen
kabylischen Dschehageschichten eine groß an-
1 S, oben S. XIV und unten S. 227, Auch Walawani
nimmt den Vergleich mit Äsop auf, geht aber (S, 144 ff.)
so weit, daß er Nasreddin geradezu für den Sammler der
unter seinem Namen umlaufenden Erzählungen hält, die
vielleicht Unterrichtszwecken hätten dienen sollen: 'O^fffw-
nos zaviriv {xriv ^Qvyiay) f<T/* nargida, xai o Naagsd^if 6s
ouolois sf TKVTt] i^iivi(S£ to TiQwioy 70 (füjg xrig ^fiiga^, fl xcci
yöfxi^ofj.tv oTt 6 NaoiQiddlf Xülrfa? vnrjQ^e juovoy ini/ueXtjS
avXkiKTt]^ ndyzcoy rcüy xaia ttjy MiXQcey 'Aaiav (pfQo/ufyioy
/uv&ioy, wv noXXovg fiszd naQaXkayaiy anavKÜ/jtv naqa noX'/.ai;
x«l övTixwttQaig ^(OQccis. ^H SvkXoyrj, ijy antjQTtafy — ia(os
7iq6s dtäctaxaXiay ztäy (xaO-tjKJiy avrov — o Naagtddiy Xwrfwf,
eyiyezo ifrj/uoqpiXtjf usw,
- Sie ist, mit wertvollen Zusätzen vermehrt, neu ge-
druckt in Köhlers Kleinern Schriften, I, S. 481 ff.
5 Sottisier. S. XI.
gelegte kritische Studie gewidmet und diese
durch viele gelegentliche Nachträge in der Revue
des traditions populaires und durch einen Auf-
satz im Keleti szemle ergänzt hat. Die Abhand-
lung Horns in eben dieser Zeitschrift und be-
sonders die umfassende Studie Hartmanns in der
Zeitschrift des Vereins für Volkskunde sind schon
öfters erwähnt worden.
In dem vorliegenden Buche hat der Heraus-
geber versucht, sich die Resultate der von diesen
Gelehrten geleisteten Arbeit zunutze zu machen
und auf ihnen weiterzubauen. Die dazu notwen-
dige Grundlage, die Schwanke, sind im ersten
Bande dem alten türkischen Volksbuche, wie es
in den Übertragungen von Camerloher, Barker
und Decourdemanche vorliegt, dem Sottisier von
Decourdemanche, den Historikern und den von
Künos gesammelten Texten entnommen; der
zweite Band bringt die von Basset in der Revue
des traditions populaires übersetzten Geschichten
des Nawadir el chodscha nasr ed-din, die von
Mardrus veröffentlichten Dschohageschichten, die
arabischen und berberischen, hauptsächlich von
Stumme und Moulieras gesammelten Schwanke
derselben Gattung, die maltesischen Dschahan-
schwänke, die Giufägeschichten Siziliens mit Aus-
nahme der in der leicht zugänglichen Sammlung
von Gonzenbach erschienenen, die kalabrischen
Juvadigeschichten und die kroatischen, serbischen
und griechischen Nasreddinschnurren, Im all-
gemeinen ist es vermieden worden, gleichartige
Behandlungen desselben Motivs aufzunehmen;
die Bibliographie jedes Schwankes bildet, soweit
sie in den Kreis der zu Nasreddin, Dschoha,
IV* LI
Dschahan usw. gehörigen Überlieferungen fällt,
den ersten Absatz der zu dem Schwanke ge-
hörigen Anmerkung, die im übrigen die etwa vor-
handene Literatur bringt und manchmal auch auf
eine vergleichende Darstellung anderer Versionen
des betreffenden Motivs eingeht. Recht getan
glaubt der Herausgeber zu haben, daß er die hin
und wieder im Sottisier vorkommenden Schwanke,
die nicht von Nasreddin handeln, nicht von der
Aufnahme ausgeschlossen hat; einmal werden
viele von ihnen auch von Nasreddin oder Dschoha
erzählt, und dann bieten sie auch an und für sich
schon einen Beitrag zur Geschichte und zum Ver-
ständnis der türkischen Schwankliteratur, der
wohl, wenn er so nahe liegt, nicht zurückgewiesen
werden soll. Ein Anhang bringt Mitteilungen
über Schwanke, die aus mehrfachen Gründen in
dem Texte keinen Platz finden konnten.
Eine angenehme Pflicht ist es dem Heraus-
geber, Herrn Professor Dr. Hans Stumme und
Frl. Berta Ilg seinen besten Dank auszusprechen
für die Liebenswürdigkeit, womit sie ihm den Ab-
druck einzelner Stücke aus ihren Büchern ge-
stattet haben.
T e t s c h e n a. E., im Juli 1911.
Albert Wesselski.
LH
L
Türkische Überlieferungen
Nasreddin.I, \
1. Die hundertfünfundzwanzig Schwanke
des Volksbuchs
DEr Hodscha Nasreddin stieg eines Tages auf
die Kanzel, um zu predigen, und sagte:
„Muselmanen, kennt ihr den Gegenstand, wovon
ich mit euch sprechen will?"
„Wir kennen ihn nicht," antwortete man aus
der Zuhörerschaft.
Da schrie der Hodscha: „Ja, wie sollte ich
denn mit euch von etwas sprechen, das ihr nicht
kennt?"
Er stieg ein andermal auf die Kanzel und
sagte: „Wißt ihr, meine Gläubigen, was ich euch
sagen will?"
„Ja, wir wissen es," war die Antwort.
„Was brauche ich euch dann davon zu
sprechen, wenn ihr es sowieso schon wißt?"
Mit diesen Worten stieg der Hodscha von der
Kanzel.
Die Gemeinde war betreten über sein Weg-
gehn. Nun schlug ein Mann vor, daß, wenn der
Hodscha wiederkomme, die einen sagen sollten:
„Wir wissen es", und die andern: „Wir wissen
es nicht"; und dieser Ratschluß drang durch.
Wieder kam der Hodscha und er schrie, wie
früher: „Wißt ihr, Brüder, was ich euch sagen
will?"
Sie sagten: ,, Einige von uns wissen es, die
andern aber wissen es nicht."
,,Gut also," antwortete der Hodscha; ,,da
mögen es die, die es wissen, den andern mit-
teilen."
MUselmanen," rief Nasreddin, der Hodscha
eines Tages, „dankt dem Allerhöchsten
recht von Herzen, daß er dem Kamel keine
Flügel gegeben hat; denn dann käme es von oben
auf unsere Häuser und in unsere Gärten herab
und fiele uns vielleicht noch auf die Köpfe."
3. T\"^^ Hodscha stieg eines Tages in einer ge-
1^ wissen Stadt auf die Kanzel; und er sagte:
„Muselmanen, die Luft in euerer Stadt ist die-
selbe wie in der meinigen."
„Wieso, Hodscha?" sagte einer in der Ver-
sammlung.
„Das ist sehr einfach," antwortete der Hod-
scha; „zu Hause habe ich mich umgesehn, wie
viel Sterne man sieht, und gerade so viel sind
ihrer auch hier."
4. "C'Ines Tages ging der Hodscha ins Bad. Dort
JZtf war er allein, und voller Freude darüber be-
gann er ein paar Lieder zu singen. In dem engen
Räume erschien ihm seine Stimme hübsch und
angenehm, und er sagte: „Sie ist eigentlich ganz
lieblich; warum sollen sich ihrer nicht auch die
andern freuen?" Damit verließ er das Bad und
entfernte sich. Es waren aber schon einige
Stunden des Vormittags vorbei.
Ohne irgendwie zu verziehen, stieg der
Hodscha auf das Minaret und rief zum Morgen-
gebete.
Da schrie unten einer: „Was ist denn das für
ein Narr, der jetzt mit seiner garstigen Stimme
unser Viertel zum Morgengebete ruft?"
Und der Hodscha rief von der Höhe herab:
„Ja warum findet sich denn kein gütiger Wohl-
täter, der hier oben auf dem Minaret ein Bad
baut, um diese Stimme, über die man sich be-
klagt, zu ändern?"
Eines Nachts träumte der Hodscha, als er im
Bette lag und schlief, es gebe ihm einer
neun Asper; und damit war er nicht zufrieden,
sondern sagte: ,,Gib mir zehn," Unterdessen
wurde er wach, und da fand er seine Hände leer.
Das war ihm sehr leid; er schloß alsbald die
Augen, streckte die Hand aus und sagte: „Ich
habe mich anders besonnen; gib die neune her."
Eines Tages ging der Hodscha in einer ein-
samen Gegend, als er von der andern Seite
her etliche Reiter kommen sah; es mochten Diebe
sein. In der Nähe war ein Grab; er kleidete sich
hastig aus und eilte in die Grabeshöhlung. Aber
die Reiter hatten ihn schon bemerkt und näherten
sich ihm. „He Freund," riefen sie, „was machst
du da drinnen?"
Der Hodscha, der nicht recht wußte, was
sagen, antwortete: „Das ist mein Grab; ich bin
nur für einen Augenblick herausgegangen, um
Luft zu schnappen."
DEr Hodscha trat einmal in einen Garten.
Dort steckte er Möhren, Rüben und alles,
was ihm unterkam, in seinen Sack oder in seinen
Busen. Es kam der Gärtner, und der sagte, als
er ihn dabei ertappte; „Was machst du da?"
Erschrocken fand der Hodscha keine andere
Antwort, als daß sich ein mächtiger Wind er-
hoben und ihn dorthin geschleudert habe.
„Aber," sagte der Gärtner, „wer hat denn das
alles ausgerissen?"
„Wenn der Wind", sagte der Hodscha, „stark
genug war, mich von draußen da herein zu
bringen, war er wohl auch imstande, dein Ge-
müse auszureißen."
Nun sagte der Gärtner: „Wer hat denn dann
das ganze Zeug da in den Sack gesteckt?"
,,Das war es gerade," sagte der Hodscha,
„worüber ich nachgedacht habe, als du daher-
gekommen bist."
ALs der Hodscha-Effendi — Gottes Gnade
sei mit ihm — in Konia war, trat er in den
Laden eines Halwa Verkäufers ^; und schon sagte
er: ,,Im Namen Gottes" und begann von den
Kuchen zu essen. Der Verkäufer aber schlug
mit den Worten: „Was tust du da?" auf ihn los.
Doch der Hodscha sagte: ,,Was für eine herr-
liche Stadt ist doch dieses Konia! Mit Schlägen
zwingen sie einen, daß man Halwa ißt!"
IM Monate Ramasan verfiel der Hodscha auf
den Gedanken, sich, um das den Gläubigen
auferlegte Fasten beobachten zu können, einen
Topf anzuschaffen, worin er jeden Tag ein Stein-
chen tun wollte. Eines Tages warf aber sein
Töchterchen eine Hand voll Steine in den Topf.
Kurz darauf wurde der Hodscha gefragt, der wie-
vielte sei.
„Wartet einen Augenblick," sagte er; „ich will
nachsehn."
Halwa ist eine Gattung Honigkuchen.
Er ging ins Haus, schüttete den Topf aus und
zählte die Steine; da fand er, daß es hundert-
zwanzig waren. „Sage ich eine derartige Ziffer,"
dachte er, „so werden sie mich für verrückt hal-
ten." Und so antwortete er den Fragenden:
„Heute ist der fünfundvierzigste."
„Aber, Hodscha, ein ganzer Monat hat doch
nur dreißig Tage, und du sprichst uns vom fünf-
undvierzigsten,"
Der Hodscha sagte; ,,Ich habe euch nicht viel-
leicht leichtfertig geantwortet; wenn ihr euch an
die Zeitrechnung des Topfes hieltet, so hätten
wir heute den hundertundfünfundzwanzigsten."
DEr Hodscha wurde gefragt: ,,Von den zwei 10.
Monden, dem neuen und dem alten, was ge-
schieht mit dem, der sein letztes Viertel hinter
sich hat?"
Er antwortete: „Man zerbricht ihn, um Sterne
daraus zu machen."
Eines Morgens beschloß der Hodscha, die 11.
Stadt zu verlassen; da er ein Kamel besaß,
sagte er sich: ,,Ich nehme es als Reittier; auf
diese Weise werde ich angenehmer reisen,"
So ritt er denn mit der Karawane dahin, als
eines Tages das Kamel strauchelte, den Hodscha
abwarf und auf ihn trat. Auf seine Schmerzens-
schreie kamen die Leute von der Karawane her-
bei und hoben ihn auf.
Kaum war er wieder zum Bewußtsein gekom-
men, als er schrie: ,,Seht nur, Muselmanen, was
mir dieses Kamel böses angetan hat. Seid doch
9
so gut und bindet mir es fest; ich muß mich an
ihm rächen," ^
„Aber Hodscha/* schrien die Leute; „fürch-
test du denn nicht Gott, daß du dich an dem Tier
da rächen willst?"
Der Hodscha antwortete jedoch: „Was soll
das heißen? an einem Menschen kann man sich
rächen, und an einem Kamel sollte mans nicht
können?"
12. TJ'Ines Tages kaufte Nasreddin Eier, und zwar
*^ neun um einen Asper; dann ging er an einen
andern Ort und verkaufte zehn um einen Asper.
Da wurde er gefragt: „Warum gibst du zehn um
den Preis, den du für neun gezahlt hast?"
Er antwortete: „Es ist zu meinem Nutzen, wenn
man sieht, wie mein Geschäft vorwärts geht."
13. TT? Ines Tages kleidete sich der Hodscha in sei-
Cd nen neuen Kaftan und ging in die Moschee.
Es kam der Augenblick, wo man sich mit dem Ge-
sichte zu Boden neigen muß. Als nun der
Hodscha also gebückt dastand, packte ihn der,
der hinter ihm war, an den Hoden. Ohne sich zu
besinnen, tat der Hodscha dasselbe mit dem
Imam, der sein Vordermann war.
Der fragte ihn: „Was tust du da?"
„Nichts," antwortet der Hodscha; „darf ich
denn nicht nehmen, was man mir nimmt?"
14. T^ Er Hodscha saß einmal am Ufer eines Flusses,
i-y als er einen Trupp von zehn Blinden auf ihn
zukommen sah. Die trafen mit ihm die Ab-
^ Sicherlich obszön zu verstehn.
10
machung, daß er sie, den Mann für einen Para,
hinübertragen solle.
Beim Hinübertragen fiel nun einer von den
Blinden ins Wasser und wlirde fortgerissen.
Augenblicklich begannen die Blinden zu schreien.
Aber der Hodscha sagte: „Warum schreit
ihr? ihr zahlt mir einfach für einen weniger, und
die Sache ist in Ordnung,"
Einer, der ein Ei versteckt in der Hand hielt, 15.
sagte zum Hodscha: „Wenn du errätst, was
ich in der Hand habe, so gebe ich dirs, damit du
dir einen Eierkuchen machen kannst."
Darauf sagte der Hodscha: „Sag mir, wie es
aussieht, und ich werde dir antworten."
„Außen ist es weiß und innen gelb."
„0, ich weiß schon, was es ist," rief der
Hodscha; „es ist eine ausgehöhlte Rübe, in die
man Stückchen von einer Möhre gesteckt hat."
Eines Tages stahl der Hodscha ein Kalb, ohne 16.
daß es der Eigentümer bemerkt hätte. Der
Hodscha tötete das Kalb und versteckte das Fell.
Bald darauf ward der Bestohlene inne, daß sein
Kalb verloren war; er lief durchs Viertel und
schrie: „Muselmanen, mir ist mein Ochs gestohlen
worden; was für ein Schaden!"
So klagte er, als plötzlich der Hodscha das
Kalbfell hervorzog: „Jetzt schäme dich aber, du
Dieb; wie kannst du einen Ochsen für ein Kalb
verlangen?"
ALs der Hodscha auf dem Markte herumstrich, 17.
kam einer auf ihn zu und fragte ihn: „Wie
steht denn der Mond? Drei viertel oder voll?"
11
„Ich weiß es nicht," sagte der Hodscha; „ich
habe weder einen gekauft, noch einen verkauft."
18. "r\ Er Hodscha nahm eine Leiter auf seine Schul-
1^ tern und ging, lehnte sie an eine Garten-
mauer, stieg hinauf, legte sie an der andern Seite
an und stieg hinunter. Der Gärtner, der ihn
sah, rief ihn an: ,,Was machst du da, was suchst
du?"
Der Hodscha packte rasch die Leiter und ant-
wortete: „Ich verkaufe Leitern."
„Hier also ist der Markt für Leitern?" ver-
setzte der Gärtner.
Aber der Hodscha sagte: „Was für ein Dumm-
kopf du bist! kann man denn nicht überall Leitern
verkaufen?"
19. t^ Ines Tages nahm der Hodscha seine Hühn-
JCrf chen eins nach dem andern her und legte
ihnen jedem ein schwarzes Badetuch um den
Hals. Dann ließ er sie laufen. Das Volk sam-
melte sich an und fragte ihn, warum er die Hühn-
chen also herrichte.
Er antwortete: „Sie tragen Trauer um ihre
Mutter."
20. "C* In Ochse war auf das Feld des Hodschas ge-
JZtf laufen; als ihn der bemerkte, packte er einen
Stock und rannte auf ihn los, aber der Ochs ent-
wich. Eine Woche war vergangen, als ihn der
Hodscha wieder sah; diesmal war der Ochs an
einen Bauernkarren gespannt. Augenblicklich
erwischte der Hodscha einen Knüttel und ver-
setzte dem Tiere eine tüchtige Tracht Prügel. Der
12
Bauer aber schrie, als er das sah: „Aber Freund,
was hast du denn gegen meinen Ochsen?"
„Laß mich machen, du Dummkopf; er weiß
schon, was er angestellt hat,"
Eines Tages verrichtete der Hodscha seine 21.
Waschungen an dem Ufer eines Flusses; da-
bei fiel ihm einer von seinen Pantoffeln ins
Wasser, und er sah, wie ihn der Fluß mit sich
fortführte. Da kehrte er dem Flusse seinen
Rücken zu, ließ einen Wind ^ und sagte: „Da
nimm deine Waschung zurück und gib mir meinen
Pantoffel wieder,"
DEr Hodscha traf einmal seine letztwilligcn 22.
Verfügungen: „Wenn ich sterbe, so legt
mich in ein altes Grab."
Die Anwesenden sagten: „Warum denn?"
„Wenn dann die Engel" kommen, um mich zu
fragen, werde ich ihnen antworten: ,Ich bin schon
befragt worden; seht ihr denn nicht, daß mein
Grab schon alt ist?' "
DEr Hodscha fühlte einmal das Bedürfnis, sein 23.
Wasser abzuschlagen; er ging auf den Ab-
tritt und blieb dort einen Tag und eine Nacht.
In der Nähe lief ohne Unterlaß ein kleiner
Brunnen, und das Plätschern dieses Brunnens
^ Um sich in den Zustand der Unreinheit zurück-
zuversetzen.
" Die Frageengel Munkar und Nakir, die die Ver-
storbenen im Grabe zur Rechenschaft über ihr Leben
ziehen; von diesen Antworten hängt das Schicksal der
Gläubigen im Jenseits ab,
13
ließ ihn meinen, daß er mit seiner Verrichtung
noch nicht zu Ende sei.
Da kam einer dazu und rief ihn an: „He
Freund, du bleibst aber lange da!"
„Ich muß doch zuerst fertig werden," ant-
wortete der Hodscha, „bevor ich weggehe."
24. "Feines Tages wollte der Hodscha ein Pferd be-
Cä steigen, aber das hielt sich so trefflich, daß
er nicht hinaufkommen konnte; schließlich fing
er zu fluchen an.
Dann aber sah er hinter sich; und da er be-
merkte, daß er allein war, stellte er diese Be-
trachtung an: „Gestehn wir es uns nur, daß es
unter uns noch schlechtere Kerle gibt als das
Pferd da."
25. TT^Inmal war der Hodscha im Bade; während
Ca ihn der Wärter hinüber und herüber abrieb,
packte er ihn heftig bei den Hoden.
„Was machst du denn?" fragte ihn der
Wärter.
„Ich habe dich nur gehalten," antwortete der
Hodscha, „damit du nicht fällst,"
26. "r\^^ Hodscha hatte eines Tages die Knaben
U von Akschehir ins Bad zu führen. Die ver-
bargen jeder ein Ei in der Achselhöhle; dann
gingen sie alle mitsammen ins Bad, kleideten sich
aus und setzten sich auf den runden Stein mitten
im Bade. Und sie sagten: „Kommt alle her; wer
jetzt kein Ei legt, bezahlt das Bad."
Die Sache wurde so abgemacht; nun gluckte
ein jeder, zerarbeitete sich, als ob er kreißte, und
legte sein Ei auf den Stein.
14
Alsbald erhob sich der Hodscha, der ihnen zu-
gesehn hatte, schlug mit den Armen wie mit Flü-
geln und krähte wie ein Hahn; und die Knaben
sagten: „Was machst du, Meister?"
„Nun, braucht es denn keinen Hahn für so
viel Hennen?"
Eines Tages verließ der Hodscha sein Haus in 27.
schwarzen Kleidern. Den Leuten fiel das
auf und sie fragten ihn, warum er also geklei-
det sei.
Er antwortete: ,,Der Vater meines Sohnes ist
gestorben, und darum trage ich Trauer."
NAch einem langen Marsche hatte der Hod- 2%.
scha Durst. Er sah um sich und gewahrte
einen Brunnen, dessen Öffnung mit einem Pflocke
verschlossen war. Nach einem Trünke ver-
langend, zog er den Pflock heraus; da schoß
auch schon das Wasser in mächtigem Strahle
heraus und ihm über den Kopf.
Voller Ärger schrie er: „Da hat mans, wie
närrisch du fließt; drum hat man dir auch einen
Pflock in den Hintern getrieben." ^
Eines Tages steckte der Hodscha etliche Pasti- 29.
naken zu sich imd ging ins Gebirge Holz
fällen. Als er durstig ward, schnitt er eine an;
er fand sie schal und warf sie weg. Er schnitt
eine andere an und tat dasselbe, kurz, er schnitt
^ Hier ist wieder, wie oben beim Kamele und wie
in vielen künftigen Fällen, der Mißbrauch als Strafe für
einen Fehler gedacht.
15
alle an, aß von einigen ein wenig und pißte auf
die Stücke, die übrig blieben.
Dann fuhr er fort, Holz zu fällen, und kurz
darauf bekam er von neuem Durst, Nun nahm er
die Köpfe der zerschnittenen Pastinaken und
hierauf jedes einzelne Stückchen; und indem er
sagte: „Das da ist benetzt, das nicht", aß er sie
schließlich alle miteinander auf.
30. A Ls der Hodscha einmal in die Stadt ging, be-
jr\. gegnete er plötzlich zwei Männern; die
fragte er: „Wohin geht ihr?"
Sie antworteten: „Wir sind erst am Anfang
unserer Rute,"
„Na, hoffen wir," sagte der Hodscha, „daß ihr
am Abende bei der Eichel anlangt."
^^' "r\Er Hodscha Nasreddin - Effendi hatte ein
1^ Lamm. Seine Freunde dachten sich einen
lustigen Streich aus, um es zu essen. Einer von
ihnen kam ihm wie zufällig entgegen und sagte
/ im Vorbeigehn zu ihm: ,,Was willst du mit dem
"^ Lamme da? morgen ist der Tag des jüngsten Ge-
richtes; komm, schlachten und essen wir es."
Der Hodscha glaubte es nicht; er hörte auch
kaum hin.
Es kam ein zweiter und sagte dasselbe; kurz,
sie kamen alle, einer nach dem andern oder auch
paarweise, und behaupteten, wie es abgemacht
war, daß am nächsten Tage das Ende der Welt
sein werde. Schließlich stellte sich der Hodscha,
als ob er es glaubte.
„Wenn es so ist, so seid willkommen,
Freunde! Nun wollen wir hinaus aufs Feld gehn,
16
das Lamm schlachten und uns unsere letzten
Augenblicke noch recht gut miteinander unter-
halten,"
Alle waren dabei; sie nahmen das Lamm und
zogen aufs Feld.
Da sagte der Hodscha: „Ihr, meine Freunde,
vergnügt euch; ich will mich daranmachen, das
Lamm zu braten."
Er war mitten unter ihnen und so legten alle
ihre Mützen und Turbane bfei ihm nieder, um sich
zu ergehen. Ohne zu verziehen, zündete der
Hodscha ein großes Feuer an, warf alle ihre
Sachen hinein und begann das Lamm zu braten.
Bald darauf sagte einer von der Gesellschaft
zu den andern,' „Sehn wir einmal nach, ob das
Lamm des Hodschas schon hübsch braun ist;
kommt es essen."
Als sie hinkamen, wurden sie inne, daß der
Hodscha alle ihre Kleider ins Feuer geworfen
hatte. „Bist du ein Narr? warum hast du unsere
Sachen ins Feuer geworfen?"
„Ja, meine Herren," erwiderte der Hodscha,
„glaubt ihr denn das nicht, was ihr mir früher
erzählt habt? Wenn morgen das Ende der Welt >
ist, was braucht ihr da Kleider?"
Einmal kam ein Dieb in das Haus des Hod- 32.
schas, packte alles, was ihm unter die Hände
kam, zusammen, lud es sich auf den Rücken und
ging weg. Kaum war er draußen, als der Hod-
scha das übriggebliebene zusammenpackte und
sich damit belud; dann folgte er den Spuren des
Diebes bis zu dessen Haustür,
Dort sagte der Dieb: „Was willst du von mir?"
Nasreddin, I. 2 17
„Wieso?" sagte der Hodscha; „bin ich denn
nicht richtig bei dem Hause, wohin Wir um-
gezogen sind?"
33, i^ Ines Tages wurde der Hodscha gefragt: „Ver-
JZtf stehst du nicht Persisch? Sprich ein wenig,
damit wir uns überzeugen."
Er antwortete ihnen in dieser Sprache: „Die
Gans, die mein Grab höhlen soll, fliegt noch im
Gebirge; es haben sich Leute versammelt, aber
sie haben mich noch nicht in der Todesstarre
gefunden."
Da gingen sie eilfertig weg, ohne noch etwas
weiter zu verlangen.
34. "TV Em Hodscha war einmal Geld gestohlen
J-*/ worden. ,,0 Herr," rief er aus, ,,bist du
denn in Armut gefallen, daß du mir meine Er-
sparnisse genommen hast?" Unter derlei Klagen
ging er in die Moschee; dort verharrte er im
Gebete bis zum Morgen und dann ging er nach
Hause.
In derselbigen Nacht war es geschehn, daß
ein Schiff auf dem Meere Sturmesnot litt, und
die Seeleute hatten gelobt, wenn sie entrannen,
dem Hodscha ein Geschenk zu geben. Der Herr
ließ es zu, daß sie heil ans Land kamen; ihrem
Gelübde treu, brachten sie nun dem Hodscha das
versprochene Geld.
„0 Gott, o Gott," schrie da Nasreddin, „wozu
hast du es mir zu nehmen brauchen, wenn
du es mir nach einer außer Hause verbrachten
Nacht zurückgeben wolltest?"
18
Eines Tages entlieh der Hodscha von seinem 35.
Nachbar eine große Pfanne, Nachdem sie
ihm ihren Dienst geleistet hatte, trug er sie zu-
rück und brachte zugleich ein kleines Pfännchen.
„Was soll denn das Pfännchen," sagte der
Nachbar, „das jetzt dabei ist?"
„Ach," antwortete der Hodscha, „die Pfanne
war schwanger, und das ist das Junge."
Der Nachbar nahm beides in Empfang, Kurze
Zeit nach dieser Begebenheit ging der Hodscha
die Pfanne noch einmal entleihen. Fünf Tage
wartete der Nachbar vergebens, daß sie ihm
zurückgestellt würde; dann pochte er an die Tür
des Hodschas. Der öffnete und fragte ihn:
„Was willst du?"
„Meine Pfanne."
„Wohl ergehe es dir, aber deine Pfanne ist
gestorben."
„Ja kann denn eine Pfanne sterben?"
„Natürlich; und warum solltest du es nicht
glauben wollen, wo du doch geglaubt hast, daß
sie ein Junges bekommen hat?"
ALs der Hodscha einmal auf einem Begräbnis- 36.
platze herumging, sah er, wie ein riesiger
Hund einen Grabstein besudelte. Empört wollte
er ihn mit einem großen Prügel, den er in der
Hand hatte, schlagen, aber der Hund machte '
Miene, ihn anzufallen.
Da also der Hodscha sah, daß die Sache
schief ging, rief er dem Hunde zu; „Mach nur
weiter, Freund, mach nur."
19
yj, T^ Er Hodscha fing eines Tages einen Storch;
\J er trug ihn nach Hause, nahm ein Messer,
stutzte ihm den langen Schnabel und die langen
Beine und setzte ihn auf einen erhöhten Platz.
„So," sagte er; „jetzt siehst du wenigstens
einem Vogel ähnlich."
3%. "pines Tages schluckte der Hodscha heiße
lld Suppe; er stieß einen Schrei aus und lief
voll Aufregung auf die Straße hinaus: „Platz,
Leute, Platz! ich brenne im Leibe."
"PI* In Molla hatte Arabien, Persien, Indien und
iLä alle Länder durchwandert, ohne daß es ihm
gelungen wäre, eine gewisse Frage beantwortet
zu erhalten. Schließlich wurde ihm der Hodscha
genannt; augenblicklich machte er sich auf nach
Akschehir, Auf dem Wege kaufte er um einen
Asper Granatäpfel und steckte sie zu sich. Im
Gefilde von Akschehir angekommen, sah er einen
Mann in Sandalen und einem Filzmantel, der den
Acker bearbeitete, gleichwohl aber das Aussehn
eines gebildeten Menschen hatte; es war der
Hodscha. Er trat auf ihn zu und grüßte ihn.
Der Hodscha erwiderte den Gruß und sagte:
„Molla-Effendi, was gibt es neues?"
,,Ich will dir einige Fragen vorlegen; wirst du
sie beantworten können?"
„Sicherlich. Aber es hat einmal einer gesagt:
I ,Ohne Geld hätte deine Mutter deinem Vater
' nichts bewilligt'; warum sollte ich dir einen Ge-
fallen tun?"
Der Molla nahm die Granatäpfel aus seinem
Busen und bot sie dem Hodscha an. Nun be-
20
gann der die Fragen des Mollas zu beantworten,
wobei er einen Apfel nach dem andern verzehrte.
Eben war er mit den Äpfeln fertig geworden, als
der Molla sagte: „Nun habe ich noch eine Frage,"
,,Du täuschest dich, mein Freund; sind denn
noch Äpfel da?"
,,Ach," sagte der Molla, ,,du scheinst mir ein
tüchtiger Schelm zu sein; an derlei Weisen ist
kein Mangel." Und damit machte er sich davon.
DEr Hodscha sah einmal eine Menge Enten, 40.
die sich in der Quelle eines Baches tum-
melten. Er lief auf sie zu, um einige zu fangen,
aber sie flogen weg. Da setzte er sich an die
Quelle und tauchte das Brot, das er mitgebracht
hatte, stückchenweise ins Wasser. Während er
so das feuchte Brot aß, kam ein Fußgänger vor-
über, und der fragte ihn: „Was ißt du?"
,, Ententunke," antwortete der Hodscha. "^
DEr Hodscha wollte einmal eine Leber nach 41»
Hause tragen; plötzlich aber schoß ein
Sperber aus den Lüften auf sie herab und ent-
flog mit ihr. Der Hodscha sah ihm nach, merkte
aber, daß nichts mehr zu machen war. Augen-
blicklich erstieg er einen erhöhten Ort; als er
dann einen Mann kommen sah, der auch eine
Leber in der Hand hielt, entriß er sie ihm und
eilte damit auf die Spitze eines Felsens.
Der Mann schrie: „Warum beraubst du nuch
so, Hodscha?"
Der Hodscha antwortete: „Ich habe nur ver-
sucht, wie ich es machen müßte, wenn ich ein
Sperber wäre."
21
42. '7' Um Hodscha kam einer, um Stricke zu ent-
£i^ leihen. Der Hodscha ging ins Haus, kam
aber sogleich zurück und sagte, daß sie voll Mehl
seien, das auf ihnen trocknen solle. Der andere
antwortete: ,, Trocknet man denn Mehl auf
Stricken?"
Nun sagte der Hodscha: ,,Je weniger gern
man sie herleiht, desto eher läßt man darauf
Mehl trocknen."
43. "\TEben dem Hodscha ging einer; sie sahen sich
IN gegenseitig an und traten jeder in dem-
selben Augenblicke ein paar Schritte zurück.
„Ist es erlaubt, Herr," sagte der Hodscha, ,,dich
zu fragen, wer du bist? ich kenne dich nicht."
Der andere antwortete: „Wieso bist du denn
dann über meinen Anblick so erstaunt gewesen?"
Der Hodscha erwiderte: „Ich habe gesehn,
daß dein Turban ganz so ist wie der meinige und
daß dein Mantel derselbe ist wie der meinige;
da habe ich dich für mich gehalten."
44. TM Hause des Hodschas war einmal jemand
X krank, und man kam sich um sein Befinden
erkundigen.
Er antwortete: ,, Zuerst war er genesen, aber
dann ist er gestorben."
45. "T^Er Hodscha steckte seine Hühner in einen
J-/ Käfig und ging damit nach Siwri-Hissar.
Unterwegs sagte er sich: „Diese armen Tiere sind
gefangen; ich will sie ein bißchen auslassen,
o Herr." Als sie aber in Freiheit waren, liefen
sie nach allen Seiten auseinander. Nun trieb
der Hodscha den Hahn mit einem Stocke in der
22
Hand vor sich her und sagte zu ihm: „Was?
mitten in der Nacht weißt du, daß es Morgen
wird, und am hellichten Tag kennst du den Weg
nicht?"
ALs der Hodscha eines Tages auf einem Be- 46.
gräbnisplatze neben dem Wege ging, fiel er
in ein altes Grab; nun sagte er sich: ,,Ich will
sehn, ob Munkar und Nakir kommen," und legte
sich der Länge nach nieder. Während er also
wartete, hörte er ein Geklingel von Glöckchen,
die sich näherten. Er dachte, der Tag der Auf-
erstehung und des Gerichtes sei gekommen, und
stieg aus dem Grabmale, Da sah er, daß eine
Karawane hervorkam; bei seinem Anblicke
wurden die Maultiere scheu und rannten nach
verschiedenen Seiten davon. Die Treiber liefen
auf ihn zu, jeder mit seinem Stocke bewaffnet,
und fragten ihn, wer er sei.
„Ich bin ein Toter."
„Und was tust du da?"
„Ich mache einen Spaziergang."
,,Nun, den wollen wir dir recht angenehm
machen." Und damit warfen sie sich auf den
Hodscha und prügelten ihn tüchtig durch; bald
hatte er den Kopf zerschlagen und die Augen
braun und blau.
Als ihn seine Frau in dieser Verfassung heim-
kommen sah, fragte sie ihn, woher er komme.
Er antwortete: „Von den Toten; ich bin im Grabe
gewesen."
„Wie geht es denn in der andern Welt zu?"
„Ach, Weib, vor einem hüte dich; mach nur
ja die Maultiere nicht scheu, die man treibt."
23
//
47. ' TiT An hatte den Hodscha als Gesandten zu
jL^J. den Kurden geschickt. Sofort nach seiner
Ankunft luden sie ihn zu einem Festmahle ein;
er zog seinen Pelzmantel an und ging hin. Mitten
im Gespräch ließ er plötzlich einen Furz; da
sagten sie zu ihm: ,,Es ist eine Schande, MoUa-
Effendi, also zu furzen."
„Was?" schrie er; „wie hätte ich denn denken
sollen, daß es die Kurden verstehn, wenn man
auf türkisch furzt?"
48. j.^ Ines Tages ging der Hodscha mit seinem
.Ltf Amad ^ auf die Wolfsjagd. Dieser war eben
in die Höhle gekrochen, als der Wolf unversehens
zurückkam. Der Hodscha benutzte den Augen-
blick, wo der Wolf in dem Loche verschwand,
und packte ihn beim Schwänze, Daraufhin be-
gann der Wolf mit den Beinen zu scharren; der
Staub drang dem Amad in die Augen, und er
schrie: ,, Hodscha, was ist das für ein Staub?"
Der Hodscha antwortete: „Wenn sein Schwanz
reißt, wirst du noch einen ganz andern Staub
sehn!"
49. /y "C* Ines Tages stieg der Hodscha auf einen Baum;
xLä dann begann er den Ast, auf den er sich
^•^ gesetzt hatte, abzuhacken. Ein Vorübergehender
sah dies von unten und rief ihm zu: ,,He Freund,
weißt du denn nicht, daß du zugleich mit dem
Aste, den du von dem Baume abschneiden willst,
herunterfallen wirst?"
Der Hodscha antwortete nichts; als er aber mit
^ Vorzugsschüler,
24
dem Aste heruntergefallen war, begann er dem
wohlmeinenden Ratgeber, der weiterschritt, nach-
zueilen. Und er rief ihn an: „He Freund, da du
es vorausgesehn hast, wann ich herunterfallen
werde, so mußt du mir zweifellos auch sagen
können, wann ich sterben werde." Und bei
diesen Worten hielt er den Fremden fest.
Der antwortete, um von ihm loszukommen:
„Wann dein Esel, während er beim Ersteigen
einer Anhöhe brällt, einen Furz läßt, so wird die
Hälfte deiner Seele entweichen; wann er dann
den zweiten läßt, so wird sie gänzlich von dir
scheiden,"
Der Hodscha setzte seinen Weg fort; und bei
der zweiten Mahnung warf er sich zu Boden mit
den Worten: ,,Ich bin tot,"
Es versammelten sich Leute um ihn, und die
brachten eine Bahre, legten ihn darauf und mach-
ten sich auf den Weg nach seinem Hause. Da
kamen sie an eine Pfütze, die es ihnen verwehrte,
geradeaus weiterzugehn. Als sie nun einander
fragten: ,,Wie sollen wir da hinüberkommen?",
hob der Hodscha sein Haupt und sagte: „Als ich
noch am Leben war, bin ich immer diesen Weg /^
gegangen."
^ Wie das früher die Griechen dortzulande getan
hatten.
25
J
Einmal gedachte der Hodscha einen unter- SQ.
irdischen Stall zu machen ^. Nun sah er auf
einem Spaziergange in dem Keller eines seiner
Nachbarn eine Kuh und etliche Ochsen. Hoch
erfreut darüber ging er wieder heim und sagte zu
seiner Frau:
,,Was gibst du mir für eine gute Neuigkeit?
ich habe einen Stall voll Rinder gefunden, der
noch so ist, wie er zur Zeit der Ungläubigen war."
5L T\Er Hodscha hatte zwei Töchter; die kamen
x-/ ihn einmal beide besuchen, und er fragte sie:
„Wovon lebt ihr?"
Die eine sagte: „Mein Mann ist Bauer; er hat
viel Korn gesät, und wenn es regnet, wird er so
viel haben, daß er mich kleiden karm."
Die andere sagte: „Mein Mann ist Hafner; er
hat viele Töpfe gemacht, und wenn kein Regen
kommt, so wird er so viel haben, daß er mir
Kleider kaufen kann."
Nun sagte der Hodscha: „Eine von euch wird
ja bekommen, was sie wünscht; aber welche, das
weiß ich nicht,"
52 "R . "
IZir Hissar; es war am Ende des Ramasans und
man wartete, daß es Neumond werde, weil dann
das Bairamfest beginnen sollte. Er sah eine
Menge Leute versammelt, die alle den Mond be-
obachteten, und da sagte er:
,,Was ist denn an dem Monde so bemerkens-
wert? Bei uns zu Hause ist er so groß wie ein
Wagenrad, und es kümmert sich kein Mensch um
ihn; hier, wo er so dünn ist wie ein Zahnstocher,
versammeln sich alle Leute, um ihn zu be-
trachten!"
26
DEr Hodsclia kam einmal in eine Stadt und 53.
sah dort die großen Röhren einer Wasser-
leitung. Da fragte er einen Vorübergehenden:
„Was ist das?"
Der antwortete: „Das ist das, womit wir
Städter das Wasser ablassen,"
„Daraus läßt sich schließen," versetzte der |
Hodscha, „wie euere Frauen gebaut sein müssen," (
Eines Tages ging der Hodscha in Akschehir 54.
spazieren, ,,Herr Gott," rief er aus, „gib mir
tausend Goldstücke; eines weniger nehme ich
nicht."
Dieses Gebet hörte ein Jude, der in seiner
Nähe war; neugierig, was geschehn werde, tat
er neunhundertneunundneunzig Goldstücke in
einen Beutel und warf ihn durch das Rauchloch
in die Hütte des Hodschas.
Als der Hodscha den Beutel am Boden be-
merkte, rief er aus; ,,0 Herr, du hast mein Gebet
erhört." Er öffnete den Beutel und zählte die
Goldstücke; da fand er, daß eines fehlte. Und er
sagte: ,,Der, der mir diese gegeben hat, wird mir
auch noch das letzte geben; ich nehme sie an."
Bei diesen Worten wurde der Jude unruhig;
hastig klopfte er an die Tür des Hodschas:
„Guten Tag, Hodscha-Ef feudi! Gib mir, bitte, die
Goldstücke da; sie gehören mir."
„Bist du närrisch geworden, Krämer? Ich
habe zu Gott, dem Untrügerischen — gepriesen
sei sein Name — gebetet, und er hat mich erhört;
wieso sollte dies Geld dir gehören?"
„Bei meiner Seele, es war ein Spaß."
27
„Den Spaß verstehe ich nicht,"
„Ich habe es getan, weil ich dich sagen hörte,
daß du eines weniger nicht nehmen werdest."
„Aber dann habe ich gesagt, daß ich sie
nehme,"
„Gehn wir zu Gericht,"
,,Zu Fuße gehe ich nicht hin,"
Nun brachte der Jude dem Hodscha ein Maul-
tier, aber der sagte; „Auch einen Pelz brauche ich
noch,"
Der Jude brachte ihm noch einen Pelz, und
nun gingen sie aufs Gericht zum Kadi. Der
fragte sie, was sie herführe, und der Jude sagte:
„Der Mann da hat mein Geld genommen und
weigert sich, es zurückzugeben,"
Der Kadi sagte zum Hodscha: „Was hast du
darauf zu erwidern?"
„Herr, ich habe Gott, den ewig wahrhaften
— gepriesen sei sein Name — um tausend Gold-
stücke gebeten, und er hat mich erhört; als ich
dann nachgezählt habe, fand ich um eines
weniger. Trotzdem bin ich nicht davon abgestan-
den, sie zu nehmen, Herr. Nun fordert sie der
Jude da als sein Eigentum ein, aber nicht nur sie,
sondern auch den Pelz, den ich trage, und das
Maultier, auf dem ich hiehergekommen bin."
„Gewiß gehört alles mir, Herr," erwiderte
augenblicklich der Jude.
Aber der Kadi schrie: „Zum Teufel mit dir,
Jude!" Und unverzüglich wurde der Jude mit
Stockprügeln hinausgejagt.
Der Hodscha jedoch kehrte stillvergnügt mit
Pelz und Maultier heim.
28
Eines Tages nahm der Hodscha an einem 55.
Hochzeitsmahle teil; die Kleider, die er an-
hatte, waren alt. Niemand kümmerte sich um
ihn und es wurde ihm keine Aufmerksamkeit er-
zeigt. Daraufhin ging er weg und lief nach
Hause, um seinen Pelz anzuziehn. Dann kehrte
er zurück, und kaum war er bei der Tür an-
gelangt, als man ihn auch schon einlud, einzu-
treten. „Setz dich, Hodscha-Effendi, wenn es i^'
dir beliebt, oben an die Tafel," sagte man zu
ihm und überhäufte ihn mit Ehrenbezeigungen
und Aufmerksamkeiten.
Da faßte er die Ärmel seines Pelzes und rief:
,,Gebt, bitte, meinem Kleide zu essen."
Die Tischgenossen sahen ihn an und baten
ihn, sich zu erklären. Und er sagte: ,,Mein Kleid
ist es, dem die Ehre erwiesen wird; warum soll
es nicht auch den Genuß haben?"
ALs der Hodscha einmal eine Stadt betrat, traf 56.
er das ganze Volk damit beschäftigt, zu
essen und zu trinken. Man bemerkte ihn, be-
grüßte ihn artig und brachte ihm Speise und
Trank. Das Jahr war aber unfruchtbar. Wie
nun der Hodscha so aß und trank, fragte er sich,
wieso die Lebensmittel an diesem Orte so im
Überflusse vorhanden seien. Schließlich bat er
darüber um Auskunft.
„Bist du verrückt?" war die Antwort. ,, Heute
ist doch das Bairamfest, wo sich jedermann, je
nach seinen Mitteln, mit Mundvorrat versorgt
und aufkochen läßt; der Überfluß dauert nur eine
kleine Weile."
29
Nun rief der Hodscha: „Wollte doch Gott,
daß alle Tage Bairam wäre!"
57. tj^ Ines Tages brachte der Hodscha eine Kuh
JCtf auf den Markt; aber er mochte herumgehn,
wie er wollte, er konnte sie nicht verkaufen. Da
sagte einer, der vorüberging, zu ihm: ,, Warum
führst du die Kuh herum und verkaufst sie
nicht?"
„Ach," sagte der Hodscha, ,,seit aller Früh
lasse ich sie ansehn; aber wie ich sie auch an-
gepriesen habe, verkaufen habe ich sie doch nicht
können."
Nun nahm ihm der Mann die Kuh ab und
führte sie selber herum, wobei er rief: ,,Seht, wie
jung sie ist, und dabei ist sie im sechsten Monate
trächtig."
Im Nu kamen Kauflustige herbei, und bald
hatte einer die Kuh um ein hübsches Stück Geld
erstanden. Der Hodscha nahm das Geld und
ging nach Hause, ganz verwirrt, als hätte er sich
betrunken gehabt.
Unterdessen waren zu ihm einige Frauen auf
Brautschau gekommen; er hatte nämlich eine
mannbare Tochter. Seine Frau sagte es ihm und
setzte hinzu: „Du bist nicht gerade der geschei-
teste, Mann, drum halte dich abseits. Ich will
die Frauen empfangen und unsere Tochter loben,
was ich nur kann; vielleicht entschließen sie sich,
sie zu nehmen."
,,Gib acht, Weib, was du sagst. Heute habe
ich einen neuen Kunstgriff gelernt, und da
will ich hineingehn; paß nur auf, wie ich es an-
30
packen werde, um sie herumzubekommen." Mit
diesen Worten trat er zu den Frauen hinein-
„Was willst du da?" schrien sie^; „hole uns
deine Frau und deine Tochter."
„Meine Frau ist so mit Arbeit überhäuft, daß
sie kaum weiß, was für Eigenschaften ihre Toch-
ter hat; in unserer Familie sind es übrigens wir
Männer, die die Gaben und Anlagen eines jeden
beobachten und beurteilen, und so bin ich bereit,
euch über alles genau Auskunft zu geben."
„So zähle uns ein paar Einzelheiten auf, damit
wir wissen, woran wir sind."
Der Hodscha sagte: „Sie ist noch sehr jung \
und seit sechs Monaten schwanger; wenn das
nicht stimmt, so bringt sie mir zurück." l
Die Frauen sahen eine die andere an und
gingen weg.
Nun sagte das Weib des Hodschas: ,, Warum
hast du so einen Unsinn gesprochen? damit hast
du sie vertrieben."
,,Sei unbesorgt," antwortete er: „sie können
weit und breit herumlaufen, ohne daß es ihnen
gelänge, ein solches Mädchen zu finden; sie wer-
den also wiederkommen. Kein Mensch hätte
meine Kuh gekauft, wenn ich sie nicht auf diese
Weise angepriesen hätte."
DEr Hodscha wollte sich seinen Turban um- 58.
winden, konnte aber die Enden nicht an-
einanderbringen; er wickelte ihn auf und wickelte
1 Weil er ins Frauengemach, den Harem, getreten
war, obwohl dort fremde Frauen anwesend waren,
31
ihn zu, doch stets war es umsonst. Voll Ungeduld
ging er, um ihn versteigern zu lassen.
Als es dazu kam, trat einer näher, der ent-
schlossen schien, ihn zu kaufen. Aber der Hod-
scha machte sich an ihn heran und sagte heimlich
zu ihm: „Hüte dich wohl, ihn zu kaufen; er ist
viel zu kurz."
59. "TV Em Hodscha wurde ein Sohn geboren; da
J— / kam einer zu ihm, um ihm die frohe Nach-
richt zu überbringen.
Der Hodscha sagte: ,,Wenn mir ein Sohn ge-
boren worden ist, so muß ich sicherlich Gott dafür
danken; aber warum sollte ich auch dir erkennt-
lich sein?"
60. '7 Um Hodscha kam einer, um dessen Esel zu
jtLä entleihen. ,, Warte," sagte der Hodscha, ,,ich
will ihn erst einmal befragen; ist es ihm recht,
so ist die Sache gemacht."
Er ging ins Haus, blieb einen Augenblick
drinnen, kam wieder heraus und sagte: ,,Der Esel
ist es nicht zufrieden; er sagt, er würde, wenn ich
ihn herliehe, über die Ohren geschlagen werden,
und mich würde man auslachen."
61. "T^^^ Hodscha stieg einmal auf seinen Esel und
JL/ ritt in seinen Garten. Als er nun wegen eines
kleinen Bedürfnisses abseits gehn mußte, zog er
seinen Pelz aus und legte ihn auf den Sattel des
Esels. Da kam ein Dieb, packte den Pelz und
entwich.
Der Hodscha kam zurück und sah, was ge-
schehn war; unverzüglich nahm er dem Esel den
32
Sattel ab, um ihn sich selber aufzulegen, gab dem
Esel einen Peitschenhieb und sagte: „Gib mir
meinen Pelz wieder, und ich gebe dir deinen
Sattel."
Eines Tages ritt er wieder auf seinem Esel aus, 62.
Wieder mußte er ein Bedürfnis befriedigen
und wieder legte er seinen Pelz auf den Esel.
Ein Mann, der ihn beobachtet hatte, packte den
Pelz und wollte damit weglaufen. In diesem
Augenblicke begann der Esel zu brällen.
,,Du magst schreien und brällen," sagte der
Hodscha, ,, nützen wird es nichts."
Der Dieb aber, der das hörte, legte in der
Meinung, der Hodscha habe ihn gesehn, eiligst
den Pelz wieder hin und entlief,
DEr Hodscha hatte seinen Esel verloren und 63.
er erkundigte sich um ihn. Da sagte einer:
„Ich habe ihn dort und dort als Kadi gesehn."
,,Das wundert mich gar nicht," sagte der Hod-
scha; ,,denn wann ich Unterricht erteilte, spitzte
er immer die Ohren dorthin, wo er mich sprechen
hörte."
DEr Hodscha ging ins Gebirge Holz fällen; da 64.
begegnete er einem Manne, der einen son-
derlich lebhaften Esel ritt. Der Mann kam näher
und ritt an dem Hodscha vorbei. Der rief ihm
nach: ,, Warte ein bißchen; ich muß dich um etwas
fragen,"
Der Mann hielt an.
Nun sagte der Hodscha: „Wieso läuft denn
dein Esel so schnell? Der meinige geht nicht
vom Flecke. Was wendest du an?"
Nasreddin, I.
33
„Was gibst du mir," antwortete der andere,
„wenn ich dirs mitteile?"
„Einen Bienenstock."
„In der Stadt gibts jetzt roten Pfeffer. Da-
von kaufe dir. Hierauf geh ins Gebirge, fälle
dein Holz, nimm, wann du es dem Esel auf-
geladen hast, ein wenig von diesem Pfeffer und
stecke es ihm in den Hintern, Dann paß auf:
du wirst sehn, wie schnell er laufen wird."
Auf der Stelle kehrte der Hodscha um, um
unverzüglich in die Stadt zu gehn und roten
Pfeffer zu kaufen. Dann ging er wieder ins Ge-
birge, fällte Holz, belud den Esel und steckte
ihm ein wenig Pfeffer in den Hintern. Sofort
setzte sich der Esel in Galopp, und zwar so, daß
ihm der Hodscha nicht folgen konnte.
Er sagte sich: „Das Mittel dieses Menschen
ist wahrhaftig gut; wenn ich es selber anwendete,
sollte ich da nicht auch so feurig werden? Ich
will es versuchen."
Mit diesen Worten steckte er sich ein wenig
hinein; da verspürte er ein derartiges Brennen,
daß er zu laufen begann wie das Feuer und den
Esel überholte. So kam er zu Hause an.
Seine Frau sagte zu ihm: „Was hast du
denn?"
„Jetzt ist nicht Zeit zu reden," antwortete der
Hodscha. „Der Esel kommt nach; lade ihn ab.
Inzwischen will ich noch ein paarmal durchs
Dorf laufen."
65. "C*Inmal kam einer zum Hodscha und wollte
iZrf dessen Esel geliehn haben. Der Hodscha
antwortete: „Er ist nicht zu Hause."
34
Kaum waren diese Worte gesprochen, als man
den Esel drinnen brällen hörte.
„Aber Effendi," sagte der Mann, „du sagst,
der Esel sei nicht zu Hause , und er brällt
drinnen." ^^
„Was?" antwortete der Hodscha, „dem Esel
glaubst du, und mir Graubart glaubst du nicht?
Du bist ein ganz sonderbarer Mensch."
DEr Hodscha sagte eines Tages zu seiner Frau: 66.
„Woran erkennst du es, daß ein Mensch
tot ist?"
Sie antwortete: „Daß seine Hände und Füße
kalt sind."
Etliche Tage darauf ging der Hodscha ins Ge-
birge um Holz; unterm Gehn fror ihn an Hand
und Fuß. Da schrie er: „Jetzt bin ich tot"; damit
legte er sich unter einem Baume nieder.
Es kamen Wölfe, und die begannen seinen
Esel zu fressen. Nun sagte der Hodscha; „Das
ist freilich eine hübsche Gelegenheit für euch,
wenn der Herr des Esels gestorben ist."
DEr Hodscha fällte einmal Holz in den Bergen, 67.
als sich ein Wolf daranmachte, seinen Esel
zu zerreißen; und der Hodscha bemerkte das
nicht eher, als bis der Wolf seine Beute davon-
schleppte. Nun rief ihm einer zu, er solle acht
geben, was geschehe.
Aber der Hodscha erwiderte: ,,Wozu schreist
du jetzt? Gefressen hat der Wolf, was er wollte;
warum soll ich ihn den Berg hinauf abhetzen?"
3* 35
68. T^Er Hodscha wollte einmal seinen Esel vcr-
JL/ kaufen und führte ihn auf den Markt; auf
dem Wege beschmutzte sich der Esel seinen
Schwanz mit Kot. Ohne zu zaudern, schnitt er
ihm ihn ab und steckte ihn in den Sack, Als er
dann den Esel zum Kaufe ausbot, kam einer und
sagte: ,,Du, dein Esel hat keinen Schwanz, man
hat ihn ihm abgeschnitten."
Der Hodscha antwortete: „Kauf ihn nur ruhig;
der Schwanz ist nicht weit."
69. "TXEr Hodscha kam von einem langen Ritte
±J^ zurück; sein Esel, der arg durstig geworden
war, bemerkte ganz in seiner Nähe eine Pfütze,
deren Ränder aber sehr steil abfielen. Kaum
hatte er das Wasser gesehn, so sprengte er
darauf zu; und er war schon daran, sich hinunter-
zustürzen, als die Frösche, die dort hausten, zu
quaken begannen. Erschreckt wich der Esel
zurück.
Der Hodscha lief hin, packte ihn und schrie:
„Schönen Dank, meine lieben Sumpfvögel; da
habt ihr auch etwas, um euch Kuchen zu kaufen."
Und er warf ihnen ein Dreiparastück ins Wasser,
70. 7^ ^^^ ^^^^ ^^^ Hodschas Nasreddin-Ef feudi
Zltf erstanden drei Mönche, ausgezeichnet in
jeder Wissenschaft, und die reisten durch die
Welt. Auf dieser Wanderschaft kamen sie auch in
das Land des Sultans Alaeddin, und der lud sie
ein, den Glauben anzunehmen. Sie sagten: „Wir
haben jeder eine Frage; wenn uns die beant-
wortet werden, so wollen wir euerm Glauben bei-
treten." Und darauf einigte man sich.
36
Sultan Alaeddin versammelte seine Gelehrten
und Weisen; aber keiner von ihnen war imstande,
eine Antwort zu geben. Voll Zorn sagte Sultan
Alaeddin: ,,So gibt es denn in meinem Lande
keinen Weisen oder Gelehrten, der ihnen ant-
worten könnte!"; und er war sehr bekümmert.
Da sagte einer: ,, Diese Fragen kann niemand
sonst beantworten, als der Hodscha Nasreddin-
Ef feudi; der kann es vielleicht."
Alsbald befahl der König, zu Nasreddin-
Effendi einen Tataren zu schicken. Der beeilte
sich, zu dem Hodscha zu gelangen, und meldete
ihm den Befehl des Padischahs; augenblicklich
sattelte Nasreddin seinen Esel, nahm seinen Stock
als Stütze, stieg auf den Esel, sagte dem Ta-
taren: „Reite vor mir", und eilte geradewegs zum
Serail Sultan Alaeddins.
Als er vor das Angesicht des Padischahs trat,
gab er ihm den Salam und empfing ihn wieder,
und es wurde ihm ein Platz zum Sitzen gewiesen.
Nachdem er sich gesetzt hatte, flehte er den
Segen auf den Padischah herab; dann sagte er:
,,Was ist dein Wunsch, daß du mich gerufen
hast?"
Nun erzählte Sultan Alaeddin, worum es sich
handelte, und der Hodscha sagte: „Was sind
euere Fragen?"
Da trat einer von den Mönchen vor und sagte:
„Meine Frage, ehrwürdiger Ef feudi, ist: ,Wo ist
der Mittelpunkt der Welt?' "
Sofort zeigte der Hodscha mit seinem Stocke
auf den vordem Huf des Esels und sagte: „Hier,
wo der Fuß meines Esels steht, ist der Mittel-
punkt der Welt,"
37
Der Mönch sagte: „Woher ist das bekannt?"
Der Hodscha antwortete: „Wenn du es nicht
glaubst, so miß es aus; sollte es sich anders er-
geben, so sprich demgemäß,"
Darauf trat wieder ein Mönch vor und sagte:
„Wie viel Sterne sind an dem Antlitze des
Himmels?"
Der Hodscha antwortete: ,,So viel, wie Haare
auf meinem Esel,"
Der Mönch sagte: „Woraus erhellt das?"
„Wenn du es nicht glaubst, so zähle nach;
kommen weniger heraus, dann sprich."
Der Mönch sagte: „Kann man denn die Haare
des Esels zählen?"
Der Hodscha sagte: „Kann man denn so viel
Sterne zählen?"
Der dritte Mönch trat vor und sagte: „Wenn
du mir meine Frage zu beantworten verstehst,
so wollen wir alle drei gläubig werden."
Der Hodscha sagte: „Sprich; wir wollen sehn."
Der Mönch sagte: ,,Wie viel Haare sind in
meinem Barte?"
Der Hodscha antwortete: „So viele wie in dem
Schwänze meines Esels."
Der Mönch erwiderte: „Woher ist das be-
kannt?"
Der Hodscha sagte: „Wenn du es nicht
glaubst, Freund, so zähle nach."
Der Mönch sagte, mit diesem Vorschlage sei
er nicht einverstanden.
Nun sagte der Hodscha: „Wenn du es nicht
zufrieden bist, so laß uns je ein Haar aus deinem
Barte und je eins aus dem Schwänze des Esels
ausreißen, und wir wollen sehn, was sich ergibt."
38
Der Mönch sah, daß das nicht recht anging.
Und von Gott, dem Allmächtigen, kam ihm die
Eingebung und er sagte zu seinen Reisegefährten:
„Ich bin gläubig gev/orden." Und er verkündete
die Einheit, und auch die andern zwei wurden
mit Herz und Seele gläubig. Und fortan waren
alle dem Hodscha ergeben,
Ines Tages wollte der Hodscha dem Bei 71.
Tamerlan einen Besuch abstatten. Er ging in
den Garten und pflückte einen Korb Quitten; da-
mit machte er sich auf den Weg. Er begegnete
einem Bekannten, und der sagte zu ihm: „Wohin
gehst du, Hodscha?"
Der Hodscha antwortete: ,,Es ist schon lange
her, daß ich nicht bei Bei Tamerlan war; ich will
ihn jetzt besuchen."
„Und was ist das?"
,,Ein Geschenk für den Bei," sagte der
Hodscha.
„Aber Quitten", fuhr der Mann fort, „sind
jetzt nicht das richtige; jetzt ist die Zeit der
Feigen: bring ihm doch einige recht frische."
Ohne weitere Worte ging der Hodscha wieder
heim, warf die Quitten weg und nahm Feigen;
freilich merkte er, daß sie noch grün und sauer
waren. Er ging damit zum Bei und bot sie ihm
nach dem Gruße auf einer Holzschüssel dar.
Der Bei griff sofort um eine Feige, die ihm gut
zu sein schien, und führte sie zum Munde; er ge-
riet in Zorn und befahl, die übrigen dem Hodscha
an den Kopf zu werfen. Eine nach der andern
traf den Hodscha ins Gesicht, aber er rief bei
einer jeden: „Gelobt sei Gott!"
39
,,Hodscha," sagte der Bei, ihn unterbrechend,
„warum diese Danksagungen? soll ich sie als eine
Verhöhnung auffassen?"
„Meinen Dank sage ich deswegen, weil ich dir
habe Quitten bringen wollen und mir einer, Gott
sei gelobt, den Rat gegeben hat, lieber Feigen zu
nehmen. Wenn es Quitten gewesen wären, wo
wäre ich jetzt?"
72. L^In andres Mal ging der Hodscha wieder zum
XLr Bei. Der war eben daran, auf die Jagd zu
reiten; er nahm den Hodscha mit, ließ ihn aber
auf eine elende Mähre steigen. Es fiel ein Platz-
regen, und jeder machte sich mit seinem Pferde
im Galopp davon; der Hodscha jedoch konnte das
seinige nicht von der Stelle bringen und mußte
zurückbleiben. Ohne zu zaudern, zog er seine
Kleider aus, brachte sie am Bauche des Pferdes
ins Trockene und saß wieder auf. Als dann der
Regen aufhörte, kleidete er sich wieder an und
ritt zum Bei. Der verwunderte sich höchlich,
ihn nicht im mindesten naß zu sehn.
Der Hodscha erklärte es ihm: „Dieses Pferd
ist gar wacker; es ist so schnell gelaufen, daß ich
keine Zeit hatte, naß zu werden."
Der Bei wies nun dem Pferde den ersten Platz
in seinem Stalle an. Als er dann wieder einmal
auf die Jagd reiten wollte, nahm er den aus-
gezeichneten Renner selber und gab dem Hodscha
ein andres Pferd, Es fing wieder zu regnen an;
jeder eilte davon, um sich ins Trockene zu
bringen, und der Bei, der auf der Mähre zurück-
blieb, wurde bis auf die Haut durchnäßt. Wütend
40
über die Antwort, die ihm der Hodscha gegeben
hatte, rief er ihn am nächsten Tage vor sich.
„Hältst du mich für deinesgleichen, daß du
mich belogen hast?"
„Warum ärgerst du dich, Bei? Weißt du
denn nicht, wie man es macht? Hättest du dich,
wie ich es getan habe, ausgekleidet und wärest
auf dem Pferde geblieben, so hättest du, als der
Regen aufgehört hat, trockene Kleider gehabt,"
Eines Tages ließ der Bei den Hodscha zum 73.
Dscherid ^ einladen. Nun besaß der Hodscha
einen prächtigen Ochsen; den sattelte und bestieg
er und kam also auf den Platz, wo der Dscherid
stattfinden sollte. Alle lachten, als sie ihn sahen.
„Hodscha," sagte der Bei, „das ist etwas
neues, einen Ochsen reiten! aber laufen kann er
nicht."
Der Hodscha erwiderte: ,,Ich habe ihn schon
schneller laufen sehn als ein Pferd; und dabei
war er damals erst ein Kalb."
Eines Tages lud Tamerlan den Hodscha Nasr- 74.
eddin zu einem Mahle ein; nach dem, was
man ihm von ihm erzählt hatte, war er begierig
geworden, sich seinem Gebete zu empfehlen,
„Tamerlan," ließ er ihm sagen, „der aus seinem
Lande gekommen ist, will Nutzen ziehn von
deinen Gebeten und Segnungen. Komm zu ihm
und du wirst die Zeichen seiner Hochachtung
empfangen." Und die Boten fügten bei: ,, Tamer-
lan wird dich mit Ehren überhäufen."
1 Lanzenwerfen zu Pferde.
41
Der Hodscha sagte: „Sei es, wie immer es
will." Und er stieg auf seinen Esel und sagte zu
seinem Amad; „Komm mit zu Timur."
Der folgte der Aufforderung und so begaben
sie sich zu dem Tatarenherrscher. Sie trafen ihn
sitzend, und er war höflich mit dem Hodscha und
lud ihn ein, neben ihm niederzusitzen. Bald be-
merkte Nasreddin, daß Timur, wie er so saß, seine
Füße unter ein Kissen gesteckt hatte; da tat er
ebenso die seinigen darunter. Dadurch fühlte
sich Timur verletzt, und sein Ärger wuchs, je
länger der Hodscha seine Füße neben den sei-
nigen hatte. Und er sagte bei sich: ,,Sieh einmal,
er will es mir gleichtun, mir, dem Padischah, und
ohne sich zu entschuldigen!" Und er sagte zum
Hodscha: ,,Was für ein Unterschied ist zwischen
dir und deinem Esel?"
„Was für ein Unterschied," erwiderte der
Hodscha, ,,ist zwischen deiner Majestät und dem
Kissen da?"
Der Zorn Timurs wuchs immerzu; und er hätte
vielleicht den Hodscha mißhandelt, wenn nicht
aufgetragen worden wäre.
Plötzlich nieste Timur mitten unter dem
Mahle neben dem Hodscha oder besser auf ihn;
da sagte der zu ihm; ,,Das ist unschicklich,
Padischah."
„Bei uns nicht," antwortete Timur.
Gegen Ende des Mahles ließ der Hodscha
einen lauten Furz. ,,Was du da machst," sagte
Timur, „ist das vielleicht nicht unschicklich?"
„Bei uns nicht," sagte der Hodscha.
Als dann die Speisen weggenommen waren
und man den Scherbet getrunken hatte, stand
42
der Hodscha auf, um heimzukehren. Und auf
dem Wege sagte sein Amad zu ihm: „Aber Hod-
scha, warum hast du dich in der erhabenen
Gegenwart des fremden Padischahs auf diese
Weise betragen und sogar einen Furz gelassen?"
„Mach dir keine Sorgen," antwortete der
Hodscha. „Türkisch nennt man es ja so; aber
in seiner Sprache bedeutet es gar nichts."
DEr Hodscha ließ einmal eine Gans braten und 75.
brachte sie dem Sultan; da er aber auf dem
Wege Hunger bekam, riß er ihr einen Fuß aus
und aß ihn. Dann trat er vor den Padischah und
bot ihm die Gans dar.
Timurlenk merkte die Sache und sagte voller
Zorn zu sich: „Der Hodscha macht sich lustig
über mich." Und er sagte zu ihm: ,,Wo ist denn
der andere Fuß?"
„Hierzulande", antwortete der Hodscha,
,, haben die Gänse nur ein Bein; wenn du mir i
nicht glaubst, so sieh dort bei dem Brunnen eine
ganze Herde Gänse,"
Die standen nun wirklich alle nur auf einem
Beine. Unverzüglich befahl Timur einem Pauken-
schläger, einen Wirbel zu schlagen. Der nahm
die Klöppel und schlug zu, und die Gänse stellten
sich auf ihre beiden Beine. ,, Schau," sagte Timur,
„jetzt haben sie zwei."
„Mit den Klöppeln da", antwortete der Hod-
scha, , »könnte man sogar dich dazu bringen, auf
allen vieren zu laufen,"
ALs der Hodscha Kadi war, kamen zwei Leute 76.
zu ihm, und der eine sagte: „Der da hat
mich ins Ohr gebissen."
43
,,Ich war es nicht," sagte der andere; ,,er hat
sich selber ins Ohr gebissen,"
Der Hodscha sagte: „Entfernt euch auf eine
Weile; dann werde ich euch meine Entscheidung
mitteilen,"
Sie gingen weg und er schloß sich augenblick-
lich ein und stellte allerhand Bemühungen an,
sein Ohr zu erreichen und sich zu beißen. Seine
Versuche endigten damit, daß er auf den Rücken
fiel und sich den Kopf ein wenig verletzte. Er
umwickelte ihn mit einem Stück Tuch und setzte
sich wieder auf seinen Platz; die beiden Gegner
kamen wieder vor ihn und nahmen ihren Streit
von neuem auf.
Nun sagte der Hodscha: „Wisset, man kann
sich nicht nur selber ins Ohr beißen, sondern
sogar dabei fallen und sich den Kopf verletzen."
77, kS Ines Nachts hörte der Hodscha, der im Bette
iLd lag, einen Streit vor seiner Tür, ,,Steh auf,
Weib," sagte er, ,,und mach Licht; ich will nach-
sehn, was es gibt,"
Sie sagte: ,, Bleib doch,"
Aber ohne auf sie zu hören, nahm er die Bett-
decke um und trat hinaus. Augenblicklich riß
ihm einer von den Streitenden die Decke weg
und machte sich damit davon. Vor Kälte zitternd
kam der Hodscha v/ieder ins Haus und seine
Frau sagte: , .Worum ging denn der Streit?"
„Um die Bettdecke; als sie sie hatten, war
der Zank zu Ende,"
78. TJ^Ines Tages sagte die Frau des Hodschas zu
.Ltf ihm: ,,Trag das Kind ein bißchen herum; ich
J
habe zu tun."
44
Der Hodscha nahm das Kind auf den Arm,
aber es dauerte nicht lange, so bepißte es ihn.
Augenblicklich tat ihm der Hodscha dasselbe,
so daß es durch und durch naß wurde. Als dann
die Frau zurückkam, fragte sie ihn: ,, Warum hast
du das getan?"
Und der Hodscha antwortete: ,, Hätte mich ein
Fremder bepißt, so hätte ich ihm noch etwas ganz
andres getan."
Eines Abends hatte die Frau des Hodschas 79.
seinen Kaftan gewaschen und ihn im Garten
aufgehängt. In der Nacht glaubte nun der
Hodscha, einen Mann zu sehn, der die Arme aus-
gebreitet habe; da sagte er zu seiner Frau: „Bring
mir meinen Bogen und meine Pfeile," y
Die Frau brachte ihm das verlangte. Er nahm
einen Pfeil und schoß ihn durch den Kaftan;
dann schloß er die Tür und ging schlafen.
Am Morgen sah er, daß er seinen eigenen
Kaftan durchbohrt hatte; „Gott sei Dank," rief
er aus, „daß ich nicht drinnen gesteckt habe; da
wäre ich nun schon lange tot,"
DEr Hodscha begab sich einmal, von seinen 8Ö.
Molla begleitet, in seine Schule; da kam
ihm der Einfall, sich auf seinen Esel verkehrt zu
setzen und ihnen also voranzureiten. Und sie
sagten: „Warum reitest du verkehrt, Hodscha?"
Er antwortete: ,,Wäre ich wie gewöhnlich auf-
gesessen, hätte ich euch den Rücken gezeigt;
hätte ich euch vorangehn lassen, hätte ich euere
Rücken gesehn: das beste ist wohl so, wie ich es
gemacht habe."
45
81. TT^Er Hodscha lag einmal in der Nacht im Bette,
J— / als er auf dem Dache einen Dieb gehn hörte.
Da wandte er sich zu seiner Frau und sagte zu
ihr: „Als ich an einem der letzten Tage ins Haus
wollte, habe ich ein Gebet gesprochen, die Mond-
^ strahlen gefaßt und mich daran sanft hcrunter-
\ y gelassen,"
y./ Der Dieb auf dem Dache hörte diese Rede.
'/ / Alsbald sprach er, wie der Hodscha gesagt hatte,
/ ein Gebet und faßte die Mondstrahlen; und er
fiel in die Hütte hinunter. Der Hodscha stand
auf, packte ihn am Kragen und rief seiner Frau
zu, sie solle ein Licht anzünden.
Nun sagte der Dieb: „Gemach, Effendi; dank
deinem Gebete und meinem Witze werde ich dir
wohl nicht so bald entlaufen können."
82. "T^^'* Hodscha hatte einen alten Ochsen, dessen
J_-/ Hörner so weit voneinander abstanden, daß
man hätte zwischen ihnen sitzen können; und so
oft er ihn in der Herde sah, dachte er sich:
„Wenn ich nur einmal zwischen seinen Hörnern
sitzen könnte!"
Eines Tages legte sich nun der Ochs vor dem
Hause nieder. Da sagte der Hodscha: „Die Ge-
legenheit ist da", stieg ihm zwischen die Hörner
und setzte sich nieder; aber der Ochs sprang auf
und warf den Hodscha ab, und der blieb bewußt-
los liegen. Sein Weib kam und er war noch
immer bewußtlos; endlich kam er zu sich und er
sah, wie sie weinte. Da sagte er; ,, Weine nicht,
Weib; ich habe ja viel gelitten, aber ich habe
mein Begehren gestillt."
46
Einmal schlich sich ein Dieb in das Haus; 83.
augenblicklich machte die Frau den Hodscha
darauf aufmerksam. Aber der sagte: „Sei still;
vielleicht läßt ihn Gott etwas finden, und das
kann ich ihm dann nehmen."
SEine Frau sagte eines Tages zum Hodscha: 84.
„Du könntest ein wenig weggehn,"
Darauf ging er in die Stadt und kam nicht
mehr heim. Es waren schon einige Tage ver-
gangen, als er einem seiner Freunde begegnete,
und zu dem sagte er: „Sei so gut und geh meine
Frau fragen, ob das schon genug ist, oder ob ich
noch weiter weg gehn soll."
ER lag eines Nachts neben seiner Frau, als er 85.
plötzlich rief: „Steh auf, Weib, und mach
Licht; ich will einen Vers niederschreiben, der
mir eingefallen ist."
Die Frau stand auf, zündete Licht an und
brachte ihm Tintenfaß und Kalam, Nachdem er
den Vers niedergeschrieben hatte, bat sie ihn,
ihn ihr vorzulesen,
„Paß auf," sagte der Hodscha und las: „Zwi-
schen einem grünen Blatte und einem schwarzen
Huhn ist meine rote Nase."
DEr Hodscha war krank und einige Frauen 86.
kamen ihn besuchen; eine von ihnen sagte
zu ihm: „Wenn du sterben solltest, wie möchtest
du beweint v/erden?"
„So weit sind wir noch nicht," antwortete er.
„Aber schließlich," sagte eine andere, „wenn
das Unglück doch einträfe, wie wäre es dir denn
am liebsten, daß du beklagt würdest?"
47
87.
Nun antwortete er: „Man soll mich also be-
klagen als einen Mann, der von den Weibern nie
um etwas andres, als um albernes Zeug, gefragt
worden ist."
SOoft der Hodscha eine Leber nach Hause
brachte, zeigte sich seine Frau damit sehr
zufrieden; wann es aber dann zum Nachtessen
ging, setzte sie ihm eine Schüssel gekneteten
Teigs vor. Da sagte er einmal zu ihr: ,,Sag,
Weib, ich bringe dir alltäglich eine Leber; wohin
kommt die?"
Sie antwortete: „Die Katze stiehlt alles."
Kurz darauf wollte der Hodscha weggehn,
und da verschloß er seine Axt in einer Truhe.
Seine Frau sagte: „Was soll das?"
Er antwortete: ,,Ich tue es wegen der Katze."
„Was hat die Katze mit der Axt zu schaffen?"
„Ja, wenn schon um zwei Asper Leber vor
ihr nicht sicher ist, wie dann erst eine Axt um
vierzig Asper?"
88. T^"^^ Frau des Hodscha wollte eines Tages ins
i-/ Bad gehn. Nun besaß er nicht mehr als
einen einzigen Asper, den er vor seiner Frau
versteckt hatte. Und da sagte er zu ihr: „Warte
doch noch eine Weile; ich fühle mich gar nicht
wohl und werde bald sterben." Und mit einem
Blicke in den Winkel, wo der Asper lag: „Dort
liegt dann mein ganzes Geld."
89. T^Er Hodscha und seine Frau wollten einmal
jLmJ in einem Teiche ihre Wäsche waschen; sie
waren gerade dabei, sie zu befeuchten und ein-
48
zuseifen, als ein Rabe dahergeflogen kam, die
Seife packte und wegflog. Die Frau rief: „Mann,
komm, ein Rabe hat uns die Seife genommen."
Aber der Hodscha sagte; „Schweig, Weib, das
macht nichts, laß ihn sich doch waschen; er hat
die Seife wahrlich nötiger als wir."
DEr Hodscha und seine Frau machten einmal 90.
miteinander aus, daß sie ihre eheliche
Pflicht alle Freitage erfüllen wollten; als sie nun
darüber einig waren, sagte der Hodscha: „Aber
wie werde ich mich denn bei meinen Geschäften
daran erinnern?"
Die Frau antwortete: „Ich werde dir all-
wöchentlich deinen Turban auf den großen
Schrank legen; dann weißt du, daß es Freitag
ist.
Eines Tages, es war aber kein Freitag, ge-
lüstete es die Frau; augenblicklich legte sie den
Turban auf den Schrank. „Aber," schrie der
Hodscha, „heute ist doch nicht Freitag!"
„Freilich ist heute Freitag," antwortete die
Frau.
Da sagte der Hodscha: „Das geht nicht so
weiter; entweder wartet der Freitag auf mich,
oder ich auf den Freitag."
Eines Tages ging die Frau des Hodschas mit 91.
der eines Nachbars zum Bache, um Unter-
kleider zu waschen, und dorthin kam auch der
Ajan ^, der eben spazieren ging. Er trat näher
^ Oberhaupt mehrerer Dörfer,
Nasreddin, I. 4 49
zu den Frauen heran und sah sie an. Da sagte
die Frau des Hodschas: „Was schaust du?"
Der Ajan antwortete: „Nach der Frau dessen,
den man den Hodscha nennt."
Am nächsten Tage ging er zu Nasreddin und
fragte ihn: „Ist dieunddie Frau bei dir?"
„Ja."
„Bringe sie mir her."
„Wozu?"
„Ich habe eine Bitte, die ich besser ihr sage
als dir."
,, Bitte nur einmal mich," versetzte der Hod-
scha; ,,dann werde ich sie bitten."
92. A/[ An zeigte einmal dem Sohne des Hodschas
J,^!. einen Eierapfel und fragte ihn: ,,Was ist
das?"
Der Knabe antwortete: „Das ist ein Kalb, das
die Augen noch nicht offen hat."
„Seht nur," schrie der Hodscha, „das hat er
von sich selber; ich habe es ihn nicht gelehrt."
93. "pines Tages kam ein Wagen, der nach Siwri-
■ ^ Hissar fuhr, beim Hause des Hodschas vor-
über; sofort entschlossen, mitzufahren, lief er
nackt heraus und dem Wagen nach, stieg auf und
fuhr mit. Als sie in die Nähe Siwri-Hissars
kamen, ließen die Mitfahrenden der ganzen Stadt
die Ankunft des Hodschas verkünden. Die Ein-
wohner kamen ihm entgegen; und als sie ihn
nackt sahen, fragten sie ihn um den Grund.
Er sagte: ,,Ich liebe euch so, daß ich vor lauter
Sehnsucht, euch zu sehn, vergessen habe, mich
anzukleiden,"
50
DEm Hodscha stieß es zu, daß er grindig 94.
wurde. Er ließ sich scheren und gab dem
Barbier einen Asper.
In der nächsten Woche ließ er sich wieder
scheren; als ihm dann der Barbier einen Spiegel
reichte, sagte er: „Mein Kopf ist doch zur Hälfte
grindig; könntest du dich nicht mit einem Asper
für zweimal scheren begnügen?"
Eines Tages ging der Hodscha mit einigen 95.
Leuten fischen; sie warfen das Netz aus, und
augenblicklich sprang der Hodscha hinein. Da
sagten sie: „Hodscha-Effendi, was hast du ge-
tan?"
Der Hodscha sagte: „Ich dachte, ich müsse
den Fisch machen,"
Die Knaben in der Nachbarschaft sagten eines 96.
Tages untereinander: „Kommt, wir wollen
machen, daß der Hodscha auf einen Baum steigt,
und dann stehlen wir ihm die Schuhe," Sie
stellten sich also unter einen Baum und schrien:
„Auf diesen Baum kann niemand steigen."
Der Hodscha kam dazu und sagte: ,,Ich steige
hinauf,"
Sie antworteten: ,,Du kannst es nicht,"
Der Hodscha steckte die Zipfel seines Ge-
wandes in den Gürtel und seine Schuhe in den
Sack und begann hinaufzuklettern.
Da sagten die Kinder: „Wozu nimmst du
denn die Schuhe mit?"
Und er antwortete: „Vielleicht zweigt weiter
oben ein Weg ab, der näher zu mir nach Hause
ist; da will ich sie dann bei der Hand haben."
4* 51
97. l|^ Ines Tages kam ein Bauer zum Hodscha und
.Ltf brachte ihm einen Hasen; der Hodscha be-
hielt ihn über Nacht bei sich. Etwa vierzehn
Tage später kamen mehrere Leute und baten den
Hodscha um Gastfreundschaft; sie sagten: „Wir
sind die Nachbarn des Mannes, der dir vorige
Woche einen Hasen gebracht hat."
Der Hodscha beherbergte sie gleichfalls, aber
nicht ohne Widerstreben. Kaum waren einige
Tage vergangen, als wieder Leute kamen und
sich als Gäste anmeldeten; sie sagten; „Wir sind
die Nachbarn der Nachbarn des Mannes, der dir
einen Hasen gebracht hat,"
Der Hodscha nahm sie auf. Am Abende goß
er ein wenig Wasser in eine Schüssel und setzte
es ihnen vor; und mit den Worten: „Laßt es euch
belieben" lud er sie ein, mit dem Mahle zu be-
ginnen,
Sie aber sagten: „Was ist das, Hodscha?
das ist ja nichts zu essen; das ist doch klares
Wasser,"
Der Hodscha antwortete: „Das ist die Tunke
der Tunke des Hasen,"
98. inVEr Hodscha sah einmal eine Schildkröte, Er
J-^ sagte sich: „Das Tier gäbe einen guten
Träger"; damit packte er sie und hing sich an
ihren Rücken, Die Schildkröte bemühte sich, ihn
von ihrem Rücken herunterzubekommen.
Er aber sagte: „Rühre dich, rühre dich nur;
so wirst du dich daran gewöhnen, deine Last zu
tragen,"
Das ist ein Sprichwort geworden und ist weit
und breit bekannt,
52
DEr Hodscha machte einmal Hochzeit und ließ 99.
dazu Einladungen crgehn. Seine Nachbarn
kamen und setzten sich zu Tisch, vergaßen aber,
auch den Hodscha zu rufen. Geärgert darüber,
schrie er sie an: „Nun, seid ihr noch nicht bald
fertig?"
Als sie weggingen, suchten sie ihn lange ver-
geblich; sie folgten seiner Fußspur und fanden
ihn endlich. Da sagten sie zu ihm: „Wo bleibst
du? komm doch endlich!"
Aber der Hodscha sagte: ,,Wer gegessen hat,
mag auch mit der Braut zu Bette gehn,"
^Er Hodscha unternahm einmal mit einer 100.
Karawane eine Reise in die Stadt; als halt
gemacht wurde, banden alle ihre Pferde an. Am
nächsten Morgen war nun der Hodscha außer-
stande, sein Pferd unter den andern heraus-
zufinden. Alsbald nahm er Bogen und Pfeil und
schrie: „Leute, ich habe mein Pferd verloren."
Alle lachten und jeder nahm sein Pferd, und
das eine, das so übrig blieb, erkannte der Hodscha
leicht als das seinige. Er nahm den Bügel, setzte
den rechten Fuß hinein und schwang sich in den
Sattel; da saß er nun verkehrt, mit dem Gesichte
zum Hinterteil des Pferdes. Und die andern
schrien: „Aber Hodscha, warum steigst du ver-
kehrt auf?"
Er antwortete: „Ich bin nicht verkehrt auf-
gestiegen; aber das Pferd scheint linkshändig
zu sein."
DEr Hodscha hatte unter seinen Schülern einen 101.
Neger, Eines Tages goß nun der Hodscha
das Tintenfaß über seine Kleider und ging so zur
53
Schule; dort fragte man ihn: ,,Was hast du denn
gemacht?"
Der Hodscha antwortete: „Ich habe mich ver-
spätet, und da haben wir uns sehr beeilt, der
arme Teufel von Neger und ich; er hat geschwitzt,
und was ihr hier seht, ist sein Schweiß."
102. "C^Ines Tages stieg der Hodscha auf die Kanzel
Cd und sagte; „Höret, Muselmanen, ich will
euch einen Rat geben; wenn ihr Kinder bekommt,
so gebt ihnen ja nicht den Namen Ejub \"
Man fragte ihn, warum, und er sagte: „Weil
die Leute immer Ejb " sagen."
103. A Ls der Hodscha einmal seine Waschung vor-
JTa. nahm, reichte das Wasser nicht aus. Er
fing zu beten an, stand aber dabei nur auf einem
Beine, wie es die Gänse tun. Man fragte ihn:
„Was tust du?" und er antwortete: „Dieses Bein
hat keine Waschung bekommen."
104. Tpines Tages kam einer zum Hodscha, um bei
Ca ihm zu übernachten. Als es dunkel wurde,
legte sich der Hodscha nieder, und einen Augen-
blick später löschte er das Licht aus. Da sagte
der Fremde: „Das erloschene Licht steht rechts
von dir; gib es mir her, damit ich es anzünde."
„Bist du verrückt?" antwortete der Hodscha;
„wie soll ich denn in der Finsternis wissen, wo
rechts ist?"
1 Hiob.
2 Strick.
54
jEr Hodscha wurde einmal gefragt: „Unter 105.
welchem Sternbild bist du denn geboren?"
• „Unter den Böcken."
„Aber Hodscha, das gibt es ja gar nicht."
„Als ich noch klein war, hat mir meine Mutter
gesagt, ich sei unter den Zicklein geboren,"
„Nun, Zicklein sind doch keine Böcke."
, .Dummköpfe, die ihr seid! seither sind doch
wohl vierzig oder fünfzig Jahre vergangen; sind
da die Zicklein vielleicht nicht zu Böcken ge-
worden?"
IN der Zeit, wo der Hodscha Hatib ^ war, hatte 106.
er einen Streit mit dem Unterbaschi -, und der
starb, bevor sie sich versöhnt gehabt hätten. Als
er nun begraben werden sollte, gingen die Leute
zum Hodscha und sagten zu ihm: „Komm ihm,
Effendi, die Anweisung erteilen "."
Aber der Hodscha antwortete: „Das hat
wenig Sinn; wer auf mich böse ist, achtet nicht
auf meine Reden."
ES saßen zweie ihren Häusern gegenüber in 107.
einer Bude und plauderten miteinander; ihre
Häuser stießen aneinander. Da kam ein Hund
und machte seinen Kot mitten in die Straße vor
ihren Häusern. Der eine sagte: „Das ist auf
1 Hatib heißt der, der den Hutbe oder das öffentliche
Gebet für den Herrscher zu sprechen hat,
2 Baschi ist eine Art Obrigkeit in kleinen Orten,
^ Die Ansprache an den Leichnam hat den Zweck,
den Toten anzuweisen, wie er den Frageengeln Munkar
und Nakir (s. S. 13), die sofort, wann er begraben ist, zu
ihm kommen, zu antworten hat.
5S
deiner Seite," Der andere sagte: ,,Es ist näher
bei dir; du mußt es wegputzen."
Der Streit wurde hitzig und sie gingen aufs
Gericht; kaum waren sie dort, so kam auch der
Hodscha hin, der den Kadi besuchen wollte. Und
der Kadi sagte spöttisch zu ihm; ,, Hodscha, be-
schäftige du dich mit dem Streitfalle dieser
Leute."
Der Hodscha fragte sie: „Ist euere Straße
eine Heerstraße?"
Der eine antwortete: ,, Freilich ja."
„Dann", sagte der Hodscha, „lautet mein
Spruch, daß es weder an dir, noch an dir ist,
den Kot wegzuputzen; das ist Sache des Kadis."
108. T^Ines Tages lief das Kalb des Hodschas brül-
iZt lend bald hierhin, bald dorthin. Alsbald
packte der Hodscha seinen Stock und schlug auf
die Kuh los. Da sagten die Leute zu ihm:
„Was hat denn die Kuh angestellt, daß du sie
schlägst?"
„An allem ist sie schuld," antwortete der
Hodscha; „wüßte denn das Kalb, das erst jüngst
zur Welt gekommen ist, überhaupt etwas, wenn
sie es nicht unterwiesen hätte?"
109. "TV Er Hodscha traf einmal, als er nach Derbend^
JLy ging, einen Schäfer; der fragte ihn: „Bist du
ein Gesetzeskundiger?"
„Jawohl,"
„Nun denn, paß auf: allen deinesgleichen habe
1 Derbend, das persische und dann türkische Wort
für Hohlweg, ist ein häufig vorkommender Ortsname.
56
ich eine Frage vorgelegt; aberwarte einen Augen-
blick, damit wir einig werden: wenn du mir ant-
worten kannst, so rede ich, wenn nicht, so
sprechen wir gar nicht davon."
Der Hodscha sagte: „Was ist deine Frage?"
„Also: anfangs ist der Mond klein; vierzehn
Tage später wird er so groß wie ein Wagenrad,
dann stirbt und verschwindet er. Hierauf kommt
ein neuer und mit dem geht es ebenso. Was ge-
schieht denn nun eigentlich mit den alten?"
Der Hodscha antwortete: ,,Das ist freilich eine
schwierige Sache. Die alten Monde werden zer-
brochen und man macht Blitze daraus: hast du
noch nicht gesehn, wie sie, wann es donnert,
zucken, ähnlich wie Schwerter?"
Der Schäfer anwortete: „Ausgezeichnet; du
bist ein wahrer Weiser. Ich bin ganz und gar
deiner Meinung."
ALs er einmal allein zu Hause war, grub der 110.
Hodscha ein Loch und verscharrte dort die
kleine Summe Geldes, die sein Vermögen aus-
machte. Dann ging er zur Tür, und dort sagte
er sich: „Ich kenne den Platz; ich könnte mich
daher selber bestehlen." Er nahm also sein Geld
wieder heraus und vergrub es an einer andern
Stelle. Aber auch damit beruhigte er sich nicht;
er kam und ging und sagte immerfort: „Das ist
auch noch nicht das richtige,"
Nun war gegenüber von seinem Hause ein
Hügel. Er ging in seinen Garten, schnitt sich
dort eine Stange, tat sein Geld in ein Säckchen,
band das oben an die Stange und pflanzte sie auf
den Hügel. Dann stellte er sich unten hin, sah
57
hinauf und sagte: „Die Menschen sind keine
Vögel; dort oben kann es niemand erreichen: ich
habe einen guten Ort gefunden."
Aber ein schlechter Kerl hatte ihn beobachtet.
Kaum hatte sich der Hodscha entfernt, so stieg
der Kerl auf den Hügel, nahm das Säckchen von
der Stange, beschmierte sie mit Kuhmist, pflanzte
sie wieder auf und suchte das Weite.
Bald darauf brauchte der Hodscha Geld und
lief zu seiner Stange; da sah er, daß das Geld
weg war, während Spuren von Kuhmist über die
Stange liefen. Und er schrie: ,,Ich habe gesagt,
kein Mensch könne es dort oben erreichen, und
jetzt ist eine Kuh hinaufgestiegen! Es ist wahr-
haftig ein Wunder!" Und er sprach seinem Gelde
das Totengebet: „Gottes Barmherzigkeit sei mit
dir!"
111. "TV Er Hodscha begegnete eines Tages auf seinem
J_^ Heimwege einigen Taleb \ und zu denen
sagte er: „Meine Herren, kommt zu mir essen,
was es gerade gibt."
Die Taleb sagten: „Recht gern," und gingen
mit dem Hodscha. Bei seinem Hause angelangt,
lud er sie höflich ein, einzutreten; er ging in
seinen Harem und sagte zu seiner Frau: „Weib,
ich habe Gäste mitgebracht; gib uns Suppe."
Sie antwortete: „Hast du etwas eingekauft
und mitgebracht, daß du Suppe verlangst?"
Nun sagte er: „Gib mir also wenigstens die
Suppenschüssel."
Er nahm sie, ging damit zu seinen Gästen und
^ Studenten.
58
sagte zu ihnen: „Entschuldigt mich, meine Herren,
aber wenn wir Butter und Reis gehabt hätten, so
hätte ich euch eine solche Schüssel voll Suppe
vorgesetzt."
DEr Hodscha hatte einmal mit seiner Frau 112.
einen Streit; er ließ sie stehn und ging sich
im Keller verstecken. Ein paar Tage später kam
eine Sklavin des Hauses in den Keller und fand
dort ihren Herrn,
Sie fragte ihn: „Was machst du da, Effendi?"
Und der Hodscha antwortete traurig: „Ich bin
in die Verbannung gegangen und habe mich, um
nicht mehr gequält zu werden, entschlossen, nie
mehr in die Heimat zurückzukehren."
Eines Tages saß der Hodscha ruhig zu Hause; 113.
da hörte er einen an die Tür pochen. Er
rief: ,,Was willst du?"
Der an der Tür, ein Bettler, sagte: „Komm
herunter."
Alsbald stieg der Hodscha herab und fragte
ihn, was er v/olle.
Der Bettler antwortete: „Ich bitte dich um ein
Almosen."
Der Hodscha sagte: ,,Komm mit mir herauf."
Und als der Bettler mit ihm hinaufgestiegen war,
sagte er zu ihm: ,,Ich habe kein Geld,"
Da sagte der Bettler: ,,Aber Effendi, warum
hast du mir den Bescheid nicht unten gegeben?"
„Und du," versetzte der Hodscha, ,, warum
hast du durchaus haben wollen, daß ich herunter- /
komme?"
59
114. T^^^ Frau des Hodschas war in den Wehen;
JL-/ schon saß sie seit einem oder zwei Tatjcn
auf dem Gebärstuhl, ohne entbinden /.u können.
Da riefen die Weiber zum Ilodscha hinaus:
,,Effcndi, weißt du kein Gebet, damit das Kind
herauskommt?"
Eiligst lief der Hodscha zum Krämer und
kaufte Nüsse; damit ging er heim und sagte:
,,Laßt mich hinein." Und er schüttete die Nüsse
vor dem Stuhle aus und sagte: ,,So; das Kind
wird sie sehn und herauskommen, um damit zu
spielen."
hisy
T^Em Hodscha wollte einmal seine Frau einen
Possen spielen und brachte die Suppe zu
heiß auf den Tisch. Zufällig vergaß sie es aber
und nahm selber einen Löffel davon und ver-
brannte sich den Schlund, so daß ihr die Tränen
in die Augen kamen.
Der Hodscha sagte: ,,Was hast du Weib? ist
die Suppe vielleicht zu heiß?"
,,Ach nein, Effendi," erwiderte sie, ,,aber
mein verstorbener Vater hat so gern Suppe ge-
gessen, und das ist mir eben eingefallen; und da
habe ich weinen müssen."
Der Hodscha, der ihr glaubte, nahm einen
Löffel Suppe; er verbrannte sich den Schlund
und begann zu weinen. Und seine Frau sagte:
,,Was hast du denn?"
Er antwortete: ,,Ich bin bekümmert, daß deine
verfluchte Mutter dich nicht mitgenommen hat,
\ als sie gestorben ist."
60
\
Die Frau des Hodschas ging einmal eine Pre- 116.
digt hören. Als sie nach Hause kam, fragte
er sie, was der Prediger gesagt habe, und sie ant-
wortete: ,,Wenn einer seine eheliche Pflicht mit
der Gattin erfüllt, so baut üim der Allerhöchste
einen Kiosk im Paradiese; und das tut er allen."
Augenblicklich sagte der Hodscha: ,,Komm,
wir wollen uns einen Kiosk im Paradiese bauen,"
Sie taten sich zusammen; aber einen Augen-
blick später sagte die Frau zu ihm: „Für dich
hast du jetzt einen Kiosk gebaut; jetzt bau auch
mir einen,"
Der Hodscha sagte: „Dir ist das freilich leicht;
aber sei nur ruhig. Du möchtest dann nach-
einander Kioske für jedes einzelne aus deiner
Familie, und schließlich müßte das den Bau-
meister verdrießen; laß es gehn: für uns beide
tut es auch einer," /
DEr Hodscha begegnete eines Tages etlichen 117.
Softa und sagte zu ihnen: „Wenn es euch
beliebt, so kommt zu mir," Bei seinem Hause
angekommen, bat er sie, einen Augenblick zu
warten, während er hineingehe. Drinnen sagte
er zu seinem Weibe: „Ich bitte dich, schaffe mir
diese Leute vom Halse,"
Sie ging hinaus und sagte: ,,Der Hodscha ist
noch nicht heimgekommen,"
Die Softa antworteten: ,,Er ist heimge-
kommen,"
Daraus entspann sich ein Streit, Endlich
steckte der Hodscha, der von oben zuhörte, den
Kopf zum Fenster hinaus und sagte: „Wie könnt
61
ihr denn streiten? vielleicht hat das Haus zwei
Türen, so daß er wieder weggegangen ist."
118. "TV Em Hodscha wurde ein Sohn geboren und
J_-/ man sagte ihm: „Zerschneide du selber die
Nabelschnur; deine Hand bringt Glück."
Der Hodscha sagte: „Gern"; er zog an der
Nabelschnur und riß alles aus, so daß ein Loch
blieb.
Die Leute schrien: „Aber Effendi , was
tust du?"
Er antwortete: ,,Wenn er anderswo kein Loch
hat, so hat er jetzt wenigstens das da!"
119. OEin Sohn sagte einmal zum Hodscha: ,,Ich
i3 weiß noch, Vater, wie du auf die Welt ge-
kommen bist,"
Geärgert sagte die Mutter: ,,Was redest du da
zusammen?"
Aber der Hodscha sagte: ,,Du bist nicht recht
bei Trost, Frau; warum soll denn das der Knabe,
der doch so gescheit ist, nicht wissen?"
120. I t^ Inmal hatte sich der Kadi von Siwri-Hissar
/ XI# in der Trunkenheit in einem Weingarten
/ schlafen gelegt. An demselben Tage ging der
Hodscha mit seinem Amad spazieren und sie
kamen auch zu diesem Weingarten. Als der
Hodscha den betrunkenen Kadi sah, nahm er
ihm den Mantel und zog ihn selber an; dann
ging er.
Bei seinem Erwachen sah der Kadi, daß sein
Mantel verschwunden war. Er ging zurück und
übergab die Sache den Schergen des Gerichtes.
62
Die bemerkten den Mantel auf dem Rücken des
Hodschas; sofort griffen sie den Hodscha und
führten ihn vor den Kadi.
„He, Hodscha," sagte der Kadi, „woher hast
du denn den Mantel da?"
Der Hodscha antwortete: „Ich bin mit meinem
Amad spazieren gegangen; auf einmal hat er
einen betrunkenen Würdenträger der Länge nach
daliegen sehn mit unbedecktem Hintern, Mein
Amad büßte zweimal seine Lust an ihm; dann
nahm ich ihm den Mantel da und zog ihn an. Ist
es der deine, so nimm ihn."
„Geh nur," schrie der Kadi, „es ist nicht der
meinige." y^
Eines Tages streckte sich der Hodscha an dem 121.
Ufer eines Flusses hin, um zu schlafen; er
tat aber dabei, als ob er tot wäre. Da kam einer
vorbei und der fragte ihn: „Weißt du vielleicht,
wo hier eine Furt ist?"
„Als ich noch lebendig gewesen bin," ant-
wortete der Hodscha, „bin ich immer dort durch-
gegangen; jetzt brauche ich mich nicht mehr um
die Gelegenheit zu kümmern,"
DEr Hodscha ließ sich eines Tages von einem 122.
ungeschickten Barbier rasieren, der ihn bei
jeder Bewegung des Messers in den Kopf schnitt
und ihm dann immer Baumwolle auflegte.
,, Freund," sagte der Hodscha zu ihm, ,,wenn
du mir auf dem halben Kopfe Baumwolle an-
baust, so will ich auf der andern Hälfte Flachs
säen."
63
123. irpines Tages wurde der Kodscha als Zeuge
IZi geführt. Als sie ihn zum Kadi brachten,
richtete der das Wort an den Hodscha und sagte:
„Der Streit geht um Korn."
Der Hodscha antwortete: „Die Sache, die ich
bezeugen soll, dreht sich um Gerste,"
Seine Gesellen aber sagten: „Es ist aber
Korn,"
„Dummköpfe, die ihr seid," schrie nun der
Hodscha; „wenn schon gelogen sein muß, was
verschlägt es, ob es über Gerste oder über Korn
geschieht?"
124. T^Er Hodscha ging eines Tages zum Brunnen,
J_-/ um Wasser zu schöpfen; da sah er drinnen
das Spiegelbild des Mondes, als ob der hinein-
gefallen wäre, und sagte: „Man muß ihn augen-
blicklich herausziehen," Er nahm einen Strick,
woran ein Haken befestigt war, und ließ ihn in
den Brunnen hinunter.
Der Haken fing sich an einem Steine und der
Strick riß, so daß der Hodscha auf den Rücken
fiel; da sah er nun den Mond am Himmel. „Gott
sei gelobt und gepriesen," rief er aus; „ich habe
mir ja wehgetan, aber wenigstens ist der Mond
wieder an Ort und Stelle."
125. 'C'Ines Tages stieg der Hodscha in einem frem-
Hj den Garten auf einen Aprikosenbaum, und
der Eigentümer kam dazu; der sagte: „Was
machst du da?"
„Siehst du denn nicht," antwortete der Hod-
scha, „daß ich eine Nachtigall bin? ich singe."
64
„Gut," sagte der andere, „singe also; ich will
dir zuhören,"
Der Hodscha begann zu singen, und der
Gartenbesitzer sagte unter schallendem Geläch-
ter: „Ein nettes Gezwitscher."
Der Hodscha antwortete: „Eine ungelernte
Nachtigall singt nicht anders."
Nasreddin, I. 5 ^5
2. Aus Manuskripten verschiedenen
Alters
DEra Hodscha entlief einmal ein Sklave; trotz 126.
emsigen Nachforschungen konnte der Hod-
scha keine Spur von ihm entdecken und kam
heim, ohne daß ihm noch eine Hoffnung, ihn zu
finden, geblieben w^äre. Und seine Frau fragte ihn:
„Hodscha, wohin ist denn der Sklave gegangen?"
Der Hodscha antwortete: ,,Es ist einerlei, wo
er ist und wohin er fliehen wird: mein Sklave
bleibt er doch; wäre er aber nicht weggelaufen,
so hätte ich ihn freigelassen. Schaden hat er
sich nur selber getan."
DEr Hodscha stand eines Tages an dem Fuße 127.
des Minarets einer heiligen Moschee, und
man fragte ihn: „Was ist das?"
Nun betrachtete der Hodscha das Minaret
aufmerksam und sagte: „Früher war es ein
Brunnen; jetzt hat man ihn geräumt, um ihn aus-
zutrocknen, und hat ihn dann aufgestellt."
So berichten es die Nachbarn.
DEm Hodscha wurde einmal ein gesalzener 128.
Käse gestohlen; augenblicklich lief er zum
Quellbrunnen. Man fragte ihn: „Was suchst du
denn hier in solcher Hast?"
Der Hodscha antwortete: „Hierher kommt
man allemal, sobald man gesalzenen Käse ge-
gessen hat; ich tue es selber. So wird auch mein
Dieb, wann er ihn gegessen hat, nicht verfehlen,
ungesäumt herzukommen."
Ein andermal legte man dem Hodscha Nasr- 129.
eddin-Effendi eine Frage über den Apri-
kosenbaum vor; ,,Was ist das für ein Baum?"
fragte man ihn.
69
„Ursprünglich", antwortete der Hodscha,
„trug er Eier; dann hat ihn der Hagel hart ge-
troffen und das weiße heruntergeschlagen, so
daß das gelbe bloß geblieben ist, wie ihr es jetzt
seht,"
130. T^-^^ Hodscha Nasreddin spielte gut Schach
iy und gab gelegentlich gern den Spielern Rat-
schläge; einmal aber ärgerte er sich und schwur,
seine Frau zu verstoßen, wenn er sich wieder
mit seinen Ratschlägen einmengen werde. Ein
paar Tage darauf kam er auf seinem Spazier-
gange an einen Ort, wo gerade ein Spiel im
Gange war; er trat näher und sah zu, und nun
bemerkte er, daß der eine Spieler hätte anders
ziehen sollen, als er getan hatte. Da riß ihm
auch schon die Geduld und er sagte: „Aber
Mensch, stell doch deine Königin auf das nächste
Feld, und du gibst ein Matt."
Da sagten die Leute dort: „Wieso getraust
du dich zu reden, Hodscha? hast du nicht ge-
schworen, deine Frau zu verstoßen, wenn dir das
geschehn sollte?"
Der Hodscha antwortete: „Es war nur im
Scherze, daß ich dreingeredet habe; geheiratet
habe ich übrigens auch nicht anders."
131. "plnes Tages saß der Hodscha unter einer
Xltf großen Pappel, und man fragte ihn: „Was
für ein Baum ist das?"
Der Hodscha sah in die Höhe und sagte: „Wie
schön der Baum ist!"
In demselben Augenblicke ließ ein Rabe, der
oben saß, seinen Kot auf den Hodscha fallen;
70
der sah nach und fand, daß es etwas weißes war.
Nun nahm er das Gespräch wieder auf und sagte:
„Ihr wißt also nicht, was für ein Baum das ist?"
Die andern sagten; „Nein."
Und er sagte: „Also seht mich an: es ist ein
Quarkbaum."
DEm Hodscha wurde einmal die Frage vor- 132.
gelegt: „Ist es wahr, daß die Weihe ein
Jahr ein Männchen und das nächste Jahr ein
Weibchen ist?"
„Meine lieben Freunde," antwortete er, „da
müßt ihr einen fragen, der zwei Jahre lang eine
Weihe gewesen ist."
D
^
Er Hodscha wurde gefragt: „Welche Musik 133.
ist dir am liebsten?"
Er antwortete: „Die der Teller und Schüsseln,"
Die Überlieferung berichtet, daß der Hodscha 134.
tief gelehrt war in allen Wissenschaften,
und daß sich daher viele Leute von ihm unter-
richten ließen. AUwegc aber war seine Gewohn-
heit, die, die im Koran lesen zu lernen verlangten,
das zu lehren; aber er weigerte sich, jemand in
einem andern Buche lesen zu lehren.
Die Schüler richteten sich nach seiner Weise
und verlangten nur im Koran zu lesen. Wann
sie dann einmal wußten, wie man liest, konnten
sie, wenn sie wollten, gleichgültig in welchem
Buche lesen. Diese Art der Unterweisung war
wahrhaftig die gute.
71
135. "K/i ^^ erzählt, daß der Hodscha einmal einen
JL^'i Schuldner hatte. Als er ihm eines Tages
begegnete, hielt er ihn an und packte ihn am
Kragen, indem er zu ihm sagte: ,,Gib mir mein
Geld."
In diesem Augenblicke kam einer dazu, und
der wollte ihn, um den Schuldner zu befreien,
übertölpeln und sagte: ,,Das ist ja gar nicht der,
der dir schuldig ist; das bin ja ich."
Aber der Hodscha drehte dieses Bekenntnis
sofort zu seinem Vorteile und sagte zu dem An-
kömmling: ,,Du bist nicht der einzige, von dem
ich etwas zu fordern habe; der da ist mir auch
schuldig."
136. Ti^ An erzählt, daß eines Tages ein Mann zum
J.'!. Hodscha gekommen ist und zu ihm ge-
sagt hat: ,, Hodscha, mein Auge schmerzt mich
fürchterlich; was soll ich denn tun?"
,,Reiß es dir aus," antwortete der Hodscha,
„und du wirst Ruhe haben."
,,Aber Hodscha, ein Auge nimmt man sich
doch nicht heraus."
„Ich schwöre dir," antwortete der Hodscha,
,, neulich hat mir ein Zahn wehgetan, und ich
habe nicht früher Ruhe gehabt, als bis er aus-
gerissen war."
137. T\^^ Hodscha hatte einmal eine solche Menge
±J Flöhe im Hause, daß er es endlich nicht
mehr aushielt und das Feld räumte. Bald darauf
sah er sein Haus von einem Brande verzehrt und
von den Flammen vernichtet; darüber freute er
sich, klatschte in die Hände und schrie: ,,Das
72
Haus ist verbrannt! Endlich bin ich die Flöhe
und die Mäuse los."
Und bei diesen Worten lachte er aus vollem
Halse.
ALs der Hodscha einmal von Land zu Land 138.
reiste, bemerkte er eine große Schar von
Frauen, die in Reihen hintereinander daher-
kamen. Er ging näher hin und fragte, was es
gebe.
Man antwortete ihm: „Sie gehn eine Braut
einholen. Das Mädchen und der Mann da, die
von den Frauen umgeben sind, sollen heute Nacht
ihre Sehnsucht stillen,"
„Allah, Allah," rief nun der Hodscha, ,,ich
habe viele Länder durchwandert, aber noch nie
habe ich eins gefunden, wo es so viel Kuppler
gäbe wie hier."
MAn erzählt, daß der Hodscha am Tage auf 139.
seinem Felde Lauch gepflanzt, ihn aber bei
Anbruch der Nacht wieder herausgezogen hat.
Die Leute merkten das, und man fragte den
Hodscha, warum er so tue.
Er antwortete: „Heißt es denn nicht, daß man
seine Schätze unter seinem Kissen verwahren
soll?"
Eines Tages wurde der Hodscha gefragt: 140.
„Warum halten sich von den Bewohnern
dieser Erde die einen an dem einen Orte auf und
die andern an einem andern, anstatt daß sie alle
an demselben Orte verweilten?"
„Was, das versteht ihr nicht?" rief der Hod-
73
scha; „wenn sich alle Bewohner der Erde an
einem Punkte vereinigten, würde die Seite, wohin
sie gingen, das Übergewicht bekommen und sie
würden herunterpurzeln."
141. A Ls der Hodscha einmal auf der Wander-
xTL Schaft war, bemerkte er in der Ferne eine
Anzahl Leute auf seinem Wege; waren es viel-
leicht Räuber? In seiner Nähe war ein Grab.
Hastig entkleidete er sich, steckte seine Kleider
in die Höhlung des Grabmals und legte sich
unten auf den Grabstein nieder. Die Reisenden
kamen heran und sahen einen nackten Mann,
ausgestreckt auf dem Steine. Und sie sagten
zu ihm:
,,Wer bist du, Freund?"
Der Hodscha antwortete: „Ich bin ein Toter."
„Und was machst du da?"
,,Aus Angst vor den Frageengeln bin ich ge-
flüchtet."
142. T^^^ Hodscha hatte ein schwarzes Huhn, und
JL/ das trug er einmal auf den Markt, um es
zu verkaufen. Es kam einer und sagte: ,,Wenn
das Huhn da weiß wäre, hätte ich es gekauft."
Der Hodscha antwortete: „Komme morgen
wieder, und ich werde dir ein weißes geben."
Der Käufer war damit einverstanden und ging
weg.
Auf dem Rückwege kaufte der Hodscha zwei
Stück Seife; daheim erhitzte er dann Wasser in
einem Kessel und begann das Huhn zu waschen.
Damit plagte er sich, bis die Seife verbraucht
war; aber er stellte fest, daß die Farbe des Huhns
74
auch nicht ein bißchen heller geworden war.
Geärgert schrie er: „Nach dem, was ich sehe,
hat der Färber wahrlich die Farbe nicht gespart!
Ein wackerer Mann, der es gefärbt hat!"
NAsreddin hatte von einem zehn Gänse über- 143.
nommen, um sie aufs Feld zu treiben; als
er sie nun weiden ließ, verlor sich eine davon.
Als das Ende des Monats gekommen war, ging
der Hodscha seinen Lohn fordern. Aber der
Eigentümer sagte: „Da fehlt ja eine Gans; was
ists mit ihr?"
Der Hodscha zählte sie und sagte: „Sieh doch,
es sind ja zehn,"
Nun zählte sie der andere und fand, daß es
nur neun waren. Es entstand ein großer Streit
zwischen ihnen und schließlich sagte der Hod-
scha: „Um zu einem Ende zu kommen, wollen
wir zehn Leute holen und sie zu den Gänsen
bringen; jeder nimmt eine, und wenn es sich
zeigt, daß jeder eine hat, so ist alles in Ordnung."
Der Eigentümer der Gänse nahm den Vor-
schlag an: es geschah alles, wie es gesagt worden
war, und einer blieb ohne Gans. Der wandte
sich zum Hodscha: „Schau, für mich ist keine
geblieben; was sollen wir da tun?"
„Ja, Freund," antwortete der Hodscha, „du
hättest eben eine nehmen sollen, solange ihrer
da waren."
Eines Tages kam man dem Hodscha sagen, 144.
daß ein Schüler ertrinke, und fragte ihn:
„Wie sollen wir es anstellen, um ihn aus dem
Wasser zu ziehen?"
75
Der Hodscha antwortete: „Einer von euch
wird doch einen Geldbeutel haben; den zeigt dem
Ertrinkenden: er wird glauben, ihr wollt ihm
Geld geben, und wird herauskommen."
145. A Ls der Hodscha einmal über den Markt
Sx. schlenderte, fand er einen Asper. Er hob
ihn auf, stellte sich auf einen höhern Ort und
sagte: ,, Warum hören die Leute nicht auf, zu
kommen und zu gehn? es ist wirklich sonderbar;
der verlorene Asper ist ja schon v/ieder ge-
funden."
146. A Ls der Hodscha eines Tages auf den Markt
XA. gehn sollte, umringten ihn seine Knaben
und begannen ihn jeder um eine Flöte zu bitten;
,, Lieber Hodscha," schrie der eine, , .bring mir
eine Flöte mit", und „Bring mir eine Flöte mit",
sagte der andere,
„Jawohl, ihr Schlingel," antwortete er ihnen;
„ich werde sie euch mitbringen, Kinder."
Unterdessen hatte ihm einer zugleich mit den
Worten: „Bring mir eine Flöte mit" einen Asper
gegeben; nun schrie der Hodscha: „Du bist es,
der die Flöte blasen wird."
147. "C*Iner kam zum Hodscha und sagte zu ihm:
JuLi ,, Hodscha, derundder hat in der Fastenzeit
gegessen."
„So?" sagte der Hodscha; „und unterm Essen
hat ihn wohl jemand eingeladen?"
148. "Y^E-T Hodscha wollte auf seinen Esel steigen;
JL/ er erhob sich und versuchte sich in den
Sattel zu schwingen, aber er fiel auf der andern
76
Seite herunter. Die Kinder, die um ihn herum
waren, begannen zu lachen.
Da sagte der Hodscha: „Warum lacht ihr,
Schlingel? früher war ich auf dem Boden, jetzt
bin ich es wieder: das ist das ganze."
Eines Tages kamen Leute zum Hodscha und 149.
erzählten ihm, daß ein Mann auf einen
Baum geklettert sei und nicht herabsteigen
könne; darauf sagte er: ,,Habt ihr einen Strick?
bringt ihn her,"
,, Freilich haben wir einen," antworteten sie
und brachten ihn. Der Hodscha band ein Ende
an die Hüften des Mannes; das andere gab er
einem Kerl in die Hand, der dran ziehen sollte,
und schrie: ,, Jetzt zieh!" Der Mann, der oben
saß, fiel herunter und starb. Nun schrie das
Volk: „Hodscha, was hast du getan?" Er ant-
wortete: ,,Holt einen Richter," Sie gingen weg
und brachten einen Richter,
Der Richter sagte: ,, Hodscha, mit dem hat es
ein böses Ende genommen; es ist alles aus. Mit
einem Wort, er ist tot,"
„Aber Herr," sagte der Hodscha, ,,er hat
einen dicken Bauch; sieh doch nach, ob er nicht
etwa schwanger ist,"
Eines Tages sprach der Hodscha bei sich: 150,
„Wieso kommt es denn, daß alle diese
Bäume Früchte bringen und ich nicht? Sicher-
lich würde auch ich, wenn man mich einpflanzte,
Früchte tragen," Er sagte zu einigen Bauern.
,, Steckt mich in die Erde." Und er zwang sie,
ihm zu gehorchen,
77
Sie führten also den Hodscha an eine feuchte
Stelle und steckten ihn mit den Füßen in die
Erde, Als dann die Bauern gegangen waren,
hielt sich der Hodscha dort eine Weile; bald aber
begann ihn zu frieren und er sagte: „Das gefällt
mir nicht." Er strengte sich also an, sich loszu-
machen, und mit schwerer Mühe gelang es ihm.
Er kam ins Dorf, und die Bauern sagten: „Wie
schnell du Frucht getragen hast, Hodscha! Aber
wo ist die Frucht?"
„Gewachsen ist sie ja schnell," antwortete der
Hodscha, ,,aber sie hat so viel Frost gelitten, daß
sie abgefallen ist."
151. 1,^ Ines Tages stieg der Hodscha im Gebirge auf
XL einen Baum. Während er die Äste ab-
hackte, sah er nach allen Seiten herum, und da
bemerkte er mehrere Züge Kamele, die auf ihn
zukamen. Alsbald rief er die Kameltreiber von
oben an: „Haltet, ich bitte euch; ich muß mit euch
sprechen."
Die Kameltreiber hielten und er stieg vom
Baume und wandte sich zu ihnen; „Ich ersuche
euch inständigst, ganz langsam vorbeizuziehn."
„Wozu sagst du das? Was ist dein Grund?"
,,Nun, meine Herren, es ist zu befürchten, daß
euere Kamele, die noch nie ein Gebirge gesehn
haben, erschrecken und an den Baum anlaufen,
auf dem ich bin, und mich also herunterwerfen."
152. "SA ^^ erzählt, daß Tamerlan einmal in die
i.' 1. Nähe der Stadt kam, wo der Hodscha
lebte. Die Einwohner versammelten sich, gingen
zum Hodscha und baten ihn, Tamerlan davon ab-
78
zuhalten, daß er durch ihre Stadt ziehe. Auf der
Stelle machte sich der Hodscha einen Turban von
der Größe eines Wagenrades, stieg auf seinen
Esel und ritt Tamerlan entgegen. Er traf ihn,
und der wunderte sich sehr über diesen Anblick
und sagte: „Was ist das für ein Turban,
Hodscha?"
Der Hodscha antwortete: „Das ist meine
Nachtmütze, Entschuldige mich, daß ich damit
gekommen bin; aber der Turban, den ich sonst bei
Tage trage, kommt hinten auf einem Wagen nach."
Erschrocken über die seltsame und unge-
heuere Kopfbedeckung der Bewohner zog Tamer-
lan nicht durch die Stadt.
Eines Tages forderte der Bei Tamerlan den 153.
Hodscha dringend auf, etwas auf der Baß-
laute zu spielen; und er sagte: „Wir wollen dir
zuhören."
Man brachte die Laute. Der Hodscha wider-
stand nicht mehr dem Drängen des Beis und
nahm die Laute; aber er kniff nur eine Saite ein-
mal und hielt inne. Da sagten sie zu ihm:
„Warum spielst du nicht mehr, Hodscha?"
„Es summt eine Mücke," antwortete er, „und
der Lärm würde den Klang der Laute ersticken."
Auf einer Reise kam der Hodscha in eine 154.
Stadt; er war gerade außerordentlich hung-
rig. Kaum hatte er sie betreten, so fragte man ihn
um seinen Beruf und er sagte: „Ich bin ein Arzt."
„Da du ein Arzt bist, so komm mit uns; wir
führen dich zu dem Sohne des Beis, der krank
ist." Der Hodscha erwiderte: ,,Sehr gut."
79
Sie gingen mit ihm zum Bei; der behandelte
ihn mit Ehrerbietung und fragte ihn; „Was ver-
ordnest du meinem Sohne?"
„Gibts hier ein wenig Brot, Butter und
Honig?"
„Jawohl."
„Man bringe es," sagte der Hodscha; „ich
will mit einer ärztlichen Beschwörung beginnen
und in der Folge ein vortreffliches Heilmittel her-
stellen,"
Alles, was er gesagt hatte, wurde gebracht.
Sofort mischte er die Butter und den Honig zu-
sammen; um dann die Wirkung dieser kräftigen
Arznei zu versuchen, begann er davon zu essen.
Einen Augenblick darauf hörte er innen im
Harem sagen: „Arzt, was machst du nur? das
Kind ist gestorben."
,,Wir wären schon alle zwei tot," antwortete
er, „wenn ich nicht jetzt gegessen hätte."
155. "TNEr Hodscha reiste einmal in der Welt herum
i-/ und kam so in eine gewisse Stadt, Er fiel
dort den Leuten auf, und sie fragten ihn um seinen
Beruf. „Mit der Erlaubnis Gottes", sagte er, „er-
wecke ich die Toten," Sie glaubten ihm; sie
gaben ihm eine Frau und ließen es ihm nicht an
Speise und Trank fehlen und so lebte er vergnügt
etwa ein Jahr,
Nun geschah es mit Gottes Willen, daß in der
Stadt einer starb; es war ein Weber, Die Leute
liefen zum Hodscha und sagten zu ihm: „Komm
ihn erwecken," Er ging hin, stellte sich dem Toten
zu Häupten und sagte: „Was war dieser Mann?"
Die um ihn antworteten: „Ein Weber,"
80
„O weh," sagte der Hodscha, „mit dem steht
es schlimm."
„Wieso denn?"
„Ach, die Weber kann man nicht vom Tode
erwecken,"
„Warum?"
Und der Hodscha antwortete: „Solange der
da am Leben war, hatte er schon die Beine in
einer Grube; natürlich war es sein Los, einmal
den Beinen folgen zu müssen,"
IN einer Gesellschaft kam einmal ein Hafis an 256.
einem geringern Platze als der Hodscha zu
sitzen und das mißfiel ihm sehr; und er sagte zum
Hodscha: „Wenn das Buch der Bücher und ein
andres Buch an derselben Stelle liegen sollen,
welches legt man oben, den Koran oder das
andere?"
Der Hodscha merkte die Absicht des Hafis
und antwortete: „Man legt natürlich das heilige
Buch über das andere, aber nicht über seine
eigene Hülle."
Diese Worte ließen den Hafis verstummen ^.
DRei Leute reisten einmal in die ehrwürdige 157.
Stadt Mekka; einer war aus Siwri-Hissar,
der andere aus Mers-Hum und der dritte aus
Tasch-Gwetscher. Auf dem Heimwege von der
ehrwürdigen Stadt Mekka sagte nun der aus
1 Zum Verständnis der witzigen Antwort Nasreddins
sei bemerkt, daß Hafis ein Mann genannt wird, der den
Koran auswendig weiß, also gleichsam eine Hülle des
Korans ist,
Nasreddin, I. Q gj
Siwri-Hissar, um das Verdienst seiner Pilgerfahrt
zu vergrößern: „Mein Knecht Koch-Kadem, der in
meinem Hause und mein Eigentum ist, soll frei
sein!" Der aus Mers-Hum sagte: „Meine Sklavin
Benefscheh, die in meinem Hause und mein
Eigentum ist, soll frei sein!" Nun rief der aus
Tasch-Gwetscher , ein tölpischer Bauer , der
dümmer als die zwei andern war: ,,Was reden
diese Schufte? In meinem Hause gibts keinen
Knecht Koch-Kadem und keine Sklavin Benef-
scheh; aber dafür soll die Mutter meines Sohnes
Jakub von mir geschieden sein: zum ersten, zum
zweiten und zum dritten Male, sie sei frei!"
Da hat man also eine hübsche Probe, wie sich
ein türkischer Bauerntölpel bewährt hat, um
nicht hinter seinen Freunden zurückzubleiben,
158. "pines Tages kochte seine Mutter große und
XZtf kleine Fische und der Hodscha beobachtete
alles durch ein Loch in der Tür. Und seine
Mutter sagte zu seinem Vater: ,, Jetzt wird bald
der Hodscha da sein, Verstecken wir die großen
Fische unterm Bett, und setzen wir die kleinen
zum Essen auf den Tisch; wenn er dann fort ist,
holen wir die großen hervor und essen sie,"
In diesem Augenblicke trat der Hodscha ein
und man sagte zu ihm: ,,Komm, Sohn, wir wollen
Fische essen,"
Die kleinen Fische wurden aufgetragen; so-
fort nahm der Hodscha einen und hielt ihn an
sein Ohr, Da sagte sein Vater: „Aber Sohn, was
machst du denn da?"
Der Hodscha antwortete: „Ich frage den
Fisch."
82
„Worum?"
,,Ich habe von ihm erfahren wollen, was für
ein Fisch das war, von dem Jonas verschluckt
worden ist; aber er hat mir geantwortet: ,Ich
weiß das nicht; unter dem Bett dort sind größere,
die mußt du fragen.' "
MAn erzählt, daß einmal der Hodscha mit 159.
seinen Freunden Verstecken gespielt hat,
und alle haben sie sich an verschiedenen Orten
versteckt. Der Hodscha aber verließ Akschehir,
lief bis Konia und versteckte sich dort in einem
Minaret, und seine Freunde bekamen ihn mehrere
Tage nicht zu sehn. Seine Gattin und seine
Familie schrien allenthalben: ,, Hodscha, wo bist
du?" Es verging Tag um Tag und man hatte
ihn schon in der ganzen Umgebung gesucht, als
von ungefähr eine Karawane aus Konia in
Akschehir eintraf. Man fragte die Leute der
Karawane, ob sie etwas vom Hodscha wüßten,
und die antworteten: „Er ist in Konia; wir haben
ihn dort gesehn,"
Daraufhin wurden etliche Männer nach Konia
geschickt; sie kamen dort an und suchten den
Hodscha überall. Der aber rief sie vom Minaret
herab an und schrie: ,,Her mit dem Geld! ich
habe gewonnen!"
Die Männer trauten ihren Ohren nicht, bis er
endlich herunterkam.
Eines Tages ging der Hodscha aufs Feld, um 160.
zu mähen. Als die Nacht einfiel, hörte er
auf und ging heim. Seine Frau sagte zu ihm:
„Hast du heute viel gemäht?"
6* 83
Der Hodscha anwortete: „Ich habe noch bis
morgen Mittag zu tun."
Sie sagte: „Setz doch dazu Jnscha Allah' ^.'*
Der Hodscha antwortete: „Wenn ich seinen
Namen nicht anrufe, werde ich auch nicht weniger
fertig bringen."
Am Morgen nahm er seine Sichel und ging
aufs Feld, Auf dem Wege traf er etliche Reiter,
und die zwangen ihn, ihnen vorauszugehn und
ihnen den Führer zu machen; erst am Abende
schickten sie ihn zurück. Der Hodscha lief, was
er nur konnte, und es war Mitternacht, als er
zu Hause ankam und an die Tür pochte. Seine
Frau ging hin und fragte: „Wer pocht um diese
Stunde?"
„Ich bins," antwortete der Hodscha, „ich bins,
inscha Allah; mach auf,"
161. O Eine Frau sagte einmal zum Hodscha: „Schenk
O mir ein Kopftuch aus roter Seide," Der
Hodscha streckte beide Arme aus und sagte: „Ist
es so lang genug? reicht diese Länge?"
Er ging also auf den Markt und hielt auf dem
Wege immerfort die Arme ausgebreitet; und als
ihm einer entgegenkam, schrie er ihn an: ,,Gib
acht, wo du gehst! Du wirst schuld daran sein,
wenn ich mein Maß verliere,"
162. "r\Er Hodscha war einmal in Gesellschaft eines
jlJ andern auf der Reise, Von ungefähr kam
ihnen ein Reiter entgegen; der wandte sich an den
^ Vergl, im Koran den 23. Vers der 18, Sure: „Und
sprich von keiner Sache: .Siehe, ich will das morgen tun',
es sei denn, du setzest hinzu: ,So Allah will,' "
84
Begleiter des Hodschas und sagte zu ihm: „Du
mußt mit mir gehn und mir den Weg zeigen,"
Der antwortete: „Ich bin der Knecht und
Sklave desunddes Herrn," Und so half er sich
durch.
Der Reiter sprach nun den Hodscha an und
sagte zu ihm.: „Dann mußt du mit mir gehn und
mein Führer sein,"
Aber der Hodscha erwiderte: „Ich bin ein
Diener und Sklave des Allerhöchsten." Kaum
hatte er jedoch diese Worte herausgebracht, als
der Fremde mit seiner Peitsche zum Schlage aus-
holte. Der arme Hodscha versuchte nicht weiter,
Widerstand zu leisten, sondern begann neben
dem Pferde herzuschreiten und den Reiter zu
führen.
Wie er so dahinschritt, sprach er bei sich
selber; „Wie ist denn das möglich, daß es der
Schöpfer zuläßt, daß sich mein Gesell aus der
Verlegenheit zieht, indem er angibt, er sei der
Knecht eines winzigen Sterblichen, während es
mir nichts nützt, daß ich sage, ich sei der Sklave
des Allerhöchsten?"
Solcher Art waren seine Gedanken, als er
plötzlich einen Lärm hinter sich hörte, dem ein
mächtiger Schrei folgte. Erschrocken fragte er
sich, was das sein könne; da sah er, daß der
Reiter, den er führte, von dem Pferde gefallen
war und tot hingestreckt daneben lag.
So lautet der echte Bericht der Freunde des
Hodschas ; welche Lehre man daraus ziehen kann,
ist leicht zu sehn.
85
163. A Ls der Hodscha eines Tages ins Gebirge
J^L ging, um Holz zu schneiden, nahm er eine
Melone mit. Wie er nun so dahinging, entwischte
ihm die Melone aus dem Arme und rollte in ein
Tal hinab. Dort schlief ein Hase; der erschrak
über die Melone und lief davon.
,,Da habe ich eine schöne Dummheit gemacht,"
sagte der Hodscha, als er den Hasen sah; „die
Melone war trächtig, und es wäre sicher ein
Maulesel geworden,"
Damit entfernte er sich und machte sich un-
verzüglich ans Holzschneiden. Als er dann
heimkehrte, erzählte er seiner Frau sein Aben-
teuer.
Sie schrie: „O weh. Mann, du hättest ihn
fangen und herbringen sollen, um auf ihm in den
Garten zu reiten!"
Aber der Hodscha hatte schon einen Stock in
der Hand und sagte: „Steig herunter; er ist noch
zu jung. Du wirst ihm die Rippen brechen,"
164. "AJ^ An erzählt, daß der Hodscha einmal auf
JL^l. dem Rücken ein Geschwür bekommen
hat. Er sagte es seiner Tochter und bat sie,
es anzusehn, ,, Vater," sagte sie, ,,es wird
schwarz."
Am nächsten Tage zeigte er es seiner Frau
und die sagte: „Es wird weiß. Mann."
Der Hodscha sagte: „Ich verwundere mich,
daß es schon vergehn will. Ich weiß nicht, wie
es in Wahrheit damit steht."
Man sagt, daß davon seither das Sprichwort
geblieben ist, das die ganze Welt kennt.
86
Eines Tages sagte sein Sohn zum Hodscha: 165.
„Bei uns zu Hause ist etwas wie ein Mann
in dem großen Topf mit Pikmes \"
Der Hodscha schüttete den Topf aus und ver-
schmierte mit dem Pikmes alle Löcher, die sich
im Fußboden des Hauses fanden. Als er dann
seinen Mann suchte, sah er in jedem Loche sein
Bild, als ob überall Leute wären. Da nahm er
seinen Säbel, stellte sich an der Tür auf und rief:
„Wenn ihr keine Memmen seid, werdet ihr nur
einer nach dem andern auf mich losgehn."
Einmal kam ein Mann zum Hodscha und sagte 166.
zu ihm; „Hodscha, dein Sohn ist vom Esel
gefallen; er hat den Geist aufgegeben," Auf
diese Worte hin versank Nasreddin für einen
Augenblick in tiefes Grübeln, so daß er gefragt
wurde: „Was macht dich denn so nachdenklich,
Hodscha?"
,,Ich habe darüber nachgedacht," antwortete
er, „daß ja mein Sohn Adschib niemals einen
Geist gehabt hat; wie hat er ihn dann aufgeben
können?"
EBenso erzählt man, daß einmal ein Arzt zu 167.
einem Kranken gerufen worden ist; er hat
ihm den Puls gefühlt und gesagt: ,,Ich vermute,
daß du etwas Huhn gegessen hast. Das ist
schlecht; nimm dich in acht und iß es nicht
mehr."
Der Kranke sagte: ,,Es ist wahr; ich habe
etwas Huhn gegessen."
^) Dickgekochter Traubensaft; die Oberfläche glänzt,
87
Hochverwundert bezeugten die Anwesenden
ihre Befriedigung. Als dann der Arzt das Haus
verlassen hatte, sagte sein Sohn zu ihm: ,, Vater,
macht das nur die Wissenschaft, daß du das
gewußt hast?"
Der Arzt antwortete: ,, Ursprünglich habe ich
es durch die Wissenschaft erkannt, erhärtet durch
mehr als eine Beobachtung, Obwohl ich es aber
ursprünglich nur durch die Wissenschaft erkannt
habe, sowohl aus dem Klopfen des Pulses, als
auch durch andere Anzeichen, die ich be-
obachtete, habe ich überdies, als wir in die Nähe
des Hauses kamen, Hühnerfedern und Obst-
schalen bemerkt und habe daraus geschlossen
und die Diagnose abgeleitet, daß der Mann davon
erkrankt ist, daß er das alles auf einem Sitz ge-
gessen hat."
Diese Worte des Vaters gruben sich dem
Sohne ins Gedächtnis. Nun geschah es, daß man
sich einer Krankheit halber, da der Vater nicht
zu Hause war, an den Sohn wandte; der sah, als
er zu dem Kranken ging, in der ganzen Um-
gebung des Hauses herum, bemerkte aber nichts
andres als einen Eselssattel. Er trat zu dem
Kranken, fühlte ihm den Puls und sagte, mit
dem Kopfe wackelnd: ,,Oweh oweh, du hast
heute Eselsfleisch gegessen. Das ist schlecht; iß
es nicht mehr, es macht für die Krankheit
empfänglich."
,,Aber Arzt," schrie der Kranke, ,,du redest
einen Unsinn. Kein Mensch ißt Eselsfleisch;
mich ekelts ja davor."
Nach diesen Worten geleiteten die Anwesen-
den den Sohn des Arztes höflich zur Tür.
88
ALs die Frau des Hodschas eines Tages 168.
Bulgur ^ gekocht, Tarkhaneh ' bereitet und
die Kuh gemolken hatte, kam es zwischen ihr
und dem Hodscha zu Zärtlichkeiten, so daß sie
ins Bad gehn mußte; drum sagte sie zum Hod-
scha: ,, Hodscha, während ich im Bad bin, gib du
acht auf das Kind in der Wiege und sieh zu, daß
nicht die Vögel den Bulgur fressen; schlage
Butter und quetsche in der Mühle noch etwas
Bulgur, weil wir dann Pilaf ^ essen wollen,"
Fürs erste nahm der Hodscha eine Mütze, die
mit Schellen behängt war, und band sie sich auf
den Kopf; dann befestigte er den Butterschlägel
und die Wiege an seinem Rücken, und vor sich
stellte er die Mühle, die er drehen sollte. Indem
er nun den Kopf vorwärts und rückwärts warf,
schaukelte er die Wiege und schlug Butter, hielt
aber zugleich damit durch das Schellengeklingel
die Vögel ab, den Bulgur zu fressen. Während
nun der Hodscha also den Bulgur bewachte, die
Mühle drehte, Butter schlug und an zwei oder
drei Dingen auf einmal arbeitete, erwachte das
Kind und begann in seiner Wiege zu weinen.
Der Hodscha sah, daß es sich beim Wiegen nicht
beruhigte, und sah sich daher gezwungen, es aus
der Wiege zu nehmen. Er spreizte die Beine
auseinander, setzte es dazwischen hinein, nahm
ein gewisses Glied heraus und gab es ihm als
Spielzeug in die Hand. Das Kind spielte auch
1 Ein aus enthülstem und gestoßenem Korn gesottener
Teig.
2 Geronnene Milch, die getrocknet worden ist,
3 Ein Gericht aus Reis oder zerriebenem Teig, über-
gössen mit heißer Butter.
89
wirklich damit, während der Hodsqha fortfuhr,
sich völlig seiner Arbeit zu widmen.
Unterdessen kamen etliche Frauen auf ihrem
Wege durch diese Straße; als sie bei dem Hause
waren, wo der Hodscha mit seinen Schellen,
seiner Mühle und seiner Milch arbeitete, sagten
sie: ,,Gehn wir schauen, wie sichs der Hodscha
• eingerichtet hat." Sie überschritten die Schwelle
und gingen weiter ins Innere; und sie fragten
den Hodscha: ,, Warum hast du Schellen an der
Mütze?"
„Damit die Vögel nicht zum Bulgur kommen,"
,,Und warum hast du das am Rücken?"
,,Seht ihr denn nicht, meine Schönen, daß das
der Schlägel ist, womit ich Butter schlage?"
,,Und was hast du vor dir?"
„Das ist die Mühle, mit der ich den Bulgur
quetsche,"
,,Und warum liegt das Kind nicht in seiner
Wiege?"
,,Es weinte, und da habe ich es heraus-
genommen,"
Nun merkten sie erst, was für ein Spielzeug
das Kind in den Händen hielt, und da sagten sie:
,,Aber Hodscha, schämst du dich denn nicht?
warum gibst du ihm denn den in die Hand?"
Und der Hodscha antwortete: „Ihr naseweisen
Dinger, die ihr seid! kommt nur mit mir in einen
Winkel; da werden wir schon sehn, welche Hand
die erste sein wird, die ihn herausnimmt."
169. "C* Inmal traf der Sultan Alaeddin Vorkehrungen
Cd zu einem Feste, das er den ausgezeichnetsten
Männern geben wollte; selbstverständlich lud er
90
auch den Hodscha ein, und dieser erschien in der
Begleitung seines Amads. Der Sultan empfing
ihn mit Höflichkeit und Ehren und bot ihm einen
Apfel, den er in der Hand hielt. Der Hodscha
nahm ihn an und machte sich ohne weiters daran,
hineinzubeißen. Da nahm der Amad den Hod-
scha beiseite und sagte zu ihm: „Pfui Hodscha,
wie kannst du einen solchen Verstoß begehn?
Wenn einem ein Sultan einen Apfel gibt, so ißt
man ihn nicht augenblicklich in seiner Gegen-
wart."
Der Hodscha fragte noch: „Ist es also nicht
anständig, vor ihm zu essen?" und der Amad
antwortete ihm: „Nein; man muß es in seinen
Busen stecken."
Nun wurde der Tisch bestellt und der Sultan
ließ den Hodscha an seiner Seite sitzen. Als
man dann den Gästen einen Hasen vorsetzte, der
mit Joghurt übergössen war, nahm der Sultan,
um dem Hodscha eine Höflichkeit zu erzeigen,
etwas Joghurt und legte einen Hasenlauf darüber ^
und legte das ganze dem Hodscha vor.
Ohne zu zaudern, packte der Hodscha das ihm
dargebotene und schüttete es in seinen Busen.
Als das der Sultan sah, sagte er: „Aber
Hodscha, warum tust du das? das ist eine grobe
Unschicklichkeit."
„Sultan," antwortete der Hodscha, „ich habe
mich nach dem gehalten, was mir mein Amad ge-
sagt hat, daß man nämlich hier nicht essen soll."
Eines Tages brauchte der Hodscha einen ge- 170.
richtlichen Bescheid. Er füllte einen Krug
mit Erde und gab darüber eine dünne Schicht
91
Honig; damit ging er zum Gerichte den Kadi auf-
suchen und erhielt leicht den gewünschten Be-
scheid, Als der Kadi am Abende heimgekehrt
war, schöpfte er ein paar Löffel Honig aus dem
Kruge; da kam denn die Erde zum Vorscheine.
Darum schickte er, kaum daß es Morgen ge-
worden war, einen Gerichts diener zum Hodscha:
,,Geh schnell zu ihm: wir haben ihm gestern einen
Bescheid gegeben, bei dem ein Irrtum unterlaufen
ist; bring ihn zurück und wir werden ihm einen
andern schreiben." Der Diener lief zum Hodscha
und pochte an die Tür; der Hodscha kam heraus
und der Diener des Kadis bestellte seine Bot-
schaft.
Und der Hodscha antwortete: ,,Bei aller
schuldigen Ehrfurcht vor dem gestrengen Herrn
Kadi habe ich doch den Bescheid vollständig in
Ordnung gefunden; wenn aber schon ein Irrtum
unterlaufen ist, so kann das nirgends sonst ge-
schehn sein als beim Honig,"
171. |_|^ Ines Tages hatte der Hodscha einen Streit
JCtf mit einem andern, und sie gingen zum
Richter. Dem machte der Hodscha ein Zeichen,
indem er die Hand in seinen Busen steckte, und
so geschahs, daß der Hodscha Recht bekam. Als
dann sein Gegner weg war, wandte sich der
Richter zu Nasreddin und sagte zu ihm: „So,
jetzt gib her, was du mir versprochen hast."
Aber der Hodscha antwortete: „Ich habe dir
kein Zeichen gemacht, daß ich dir etwas schenken
würde; ich habe dir nur sagen wollen, daß ich
dir, wenn du mir Unrecht gäbest, den Schädel
92
einschlagen v.'ürde mit den Steinen, die ich im
Busen habe,"
ALs der Hodscha einmal ins Bad kam, traf er 172.
dort einen Bekannten, und der hatte nichts
eiliger zu tun, als ihm einen Schlag ins Genick -»«^*
zu geben. Der Hodscha kehrte sich um und sah
niemand sonst als diesen Bekannten. Augen-
blicklich verließ er das Bad und schleppte den
Menschen vor den Kadi; und zu dem sagte er:
„Effendi, ich klage wider den da; er hat mir
einen groben Schimpf angetan."
Der Angeklagte war aber ein Freund des
Kadis; und er sagte zu ihm: „Untersuche, ob der
Mann Recht hat; wir wollen hören, was er dar-
legen wird."
Und der Hodscha fuhr fort: „Dieser schlechte
Kerl hat mir einen Schlag gegeben."
Der Kadi sagte: „Für einen Schlag ist die
Buße ein Pul \ Ich fälle gegen diesen Mann das
Urteil, daß er dir einen Pul geben soll."
Der Gegner des Hodschas suchte nach, hatte
aber keinen Pul bei sich; er ging einen holen,
blieb jedoch eine geraume Zeit aus. Der Hod-
scha wartete und wartete, bis er endlich un-
geduldig wurde. Da bemerkte er, daß der Kadi,
der eben mit schreiben beschäftigt war, den Kopf
gesenkt hielt; unverzüglich versetzte er ihm einen
Schlag ins Genick.
„Aber Hodscha," schrie der Kadi, „was soll
das heißen?"
Und der Hodscha antwortete: „Mir ist nichts
Eine Münze von ganz geringfügigem Werte,
93
andres übrig geblieben; der Mensch kommt nicht,
und ich habe dringend zu tun. Wann er wieder-
kommt, so laß dir den Pul von ihm geben und
behalte ihn für dich."
Mit diesen Worten ging der Hodscha in aller
Unbefangenheit hinweg.
173. 7^ *^^^ Zeit, wo der Hodscha Kadi war, kamen
JLu eines Tages ein Mann und eine Frau vor
Gericht, und die Frau sagte: „Ef feudi, dieser
Mann ist ein Teufel; er hat mich genommen und
geküßt. Ich will mein Recht haben, mein un-
verbrüchliches Recht."
Der Hodscha sagte: ,,Na, was werden wir
denn da tun? Ein Kuß von dir wird den andern
ausgleichen."
174. "T^lnes Tages schnitt der Hodscha im Gebirge
±2^ Holz, und während er damit beschäftigt war,
fraßen ihm die Wölfe seinen Esel. Als er nun
ganz bekümmert ins Dorf zurückging, sah er
einige Bauernkinder, die spielten; und er fragte
sie: ,,Sagt, Kinder, spricht man im Dorfe davon,
daß der Esel des Hodschas im Gebirge von
Wölfen gefressen worden ist?"
„Nein," sagten die Kinder, „das sagt man
nicht,"
Und der Hodscha sagte: „0 gäbe doch der
Allmächtige, daß euere Worte wahr seien, daß
euere Rede richtig sei!"
175. "C*Ines Tages ging der Hodscha ins Gebirge um
.Ltf Holz, An einer abschüssigen Stelle fiel
ihm ein Baum auf und er sagte sich: ,,Wenn
94
ich den da fällen kann, so brauche ich sonst
keinen umzuschlagen." Er begann auch sofort
damit, nachdem er den Strick seines Esels um
den Baum geschlungen hatte; als dann der Baum
so ziemlich abgeschnitten war, ließ er den Esel
geradeaus abwärts laufen, aber der Esel fiel und
brach sich die Knochen. Als das der Hodscha
sah, machte er sich voll Ärger und Kummer auf
den Heimweg. Seine Frau fragte ihn, da sie
den Esel nicht sah; „Was ist es denn mit dem
Esel?"
Der Hodscha antwortete: „Ach, Weib, als ich
ihn zuletzt gesehn habe, ist er seinen Weg
gegangen; seither weiß ich nichts mehr von
ihm,"
Eines Tages sah der Hodscha Nasreddin eine 176.
Windmühle. So etwas hatte er noch nie
gesehn, und so wandte er sich an einen Bauer mit
der Frage: ,,Wie nennt man denn das?"
,,Eine Windmühle."
Und der Hodscha fragte weiter: ,,Und wo ist
denn dann das Wasser?"
,,Es ist eine Windmühle."
Und der Hodscha sagte: „Ich versteh dich
schon, ich versteh dich schon; du hast recht.
Aber wo ist denn das Wasser?"
Auch diese Rede, die Tausenden von Leuten
bekannt ist, ist zum Sprichworte geworden.
DEr Hodscha hatte einmal einer Frau ihren
Zwirnknäuel genommen, der ganz klein war;
die sagte jedoch: „Ich hatte sehr viel Zwirn; es
95
war beinahe ein Batman ^. Aber man hat ihn
mir gestohlen,"
Der Hodscha, der dabei war, als sie das sagte,
konnte nicht an sich halten; er zog den Zwirn
hervor und sagte, ihn in der Hand haltend, zu
der Frau: „Nun pack dich aber; geh deine
Schande verbergen,"
178. "T^lnes Tages begegnete der Hodscha, als er
Xlf seine Straße zog, einem Turkmanen, und der
sagte zu ihm; ,,Was bist du? bist du ein Faki"?"
Der Hodscha antwortete: ,,Ja."
„Wir haben jetzt keinen Faki in unsern
Zelten; komm mit, und du sollst sofort, wann du
bei uns bist, unser Faki werden,"
Der Hodscha machte keine Einwendung, und
so gingen sie miteinander. Auf dem Wege trafen
sie einen zweiten Turkmanen und der fragte den
ersten: ,,Wer ist das?"
„Das ist ein Faki und ich führe ihn in unsere
Zelte,"
Da sagte der andere: „Geh, schenk mir den
Faki; wir haben keinen in unsern Zelten,"
Nun erhob sich ein Streit zwischen den
zweien: der eine packte den Hodscha bei der
einen Hand, der andere bei der andern, und so
zogen sie ihn hin und her, bis endlich der später
gekommene seine Keule aus dem Gürtel riß und
schrie: „Jetzt schlage ich den Faki nieder; wann
^ Der Batman, ursprünglich und auch jetzt noch ein
persisches Handelsgewicht, hat heute in der Türkei sechs
Oka, also etwa siebenundeinhalb Kilogramm,
•^ Ein Rechtsgelehrter.
96
er dann tot ist, wirst ihn du ebenso wenig haben
wie ich."
Der Hodscha fiel vor Schrecken um, und wie
er so dalag, sagte der erste: ,,Wenn du ihn nicht
erschlägst, so bekommst du meinen großen
schwarzen Hund; erschlägst du ihn, so bekommst
du nichts,"
Heutzutage weiß man nicht, was Wissen-
schaft, Tüchtigkeit und Geschicklichkeit in Wahr-
heit wert sind; man geht mit Leuten um, die noch
weniger verstehn als man selbst, und weiß nicht
mehr, was das Wissen wirklich bedeutet. Die
Rede des ersten Turkmanen ist übrigens zum
Sprichworte geworden.
MAn erzählt, daß der Hodscha eines Tages 179,
vom Dache gefallen ist; und seine Freunde
sind gekommen, um sich um sein Befinden zu
erkundigen.
Da fragte sie der Hodscha: ,,Ist unter euch
einer, der auch vom Dache gefallen ist?"
„Niemand," antworteten sie.
Nun sagte der Hodscha: ,,Ihr betrachtet mich
also nicht als euern Kameraden."
UM ihn auf seine Frau argwöhnisch zu machen, 180.
sagte man eines Tages zum Hodscha: ,, Deine
Frau geht viel aus,"
Er antwortete: „Sie kommt stets wieder heim
von ihren Ausgängen."
,,Das ist es nicht, Hodscha; sie ist ein wenig
zu frei."
Der Hodscha antwortete: „Wenn sie zu frei
Nasreddin, I. 7 97
ist, so hat die Schuld daran ihr Schleier, der zu
klein ist,"
„Das ist es auch nicht, Hodscha," sagten die
andern; ,,sie geht bald hierhin, bald dorthin,"
„Fürwahr," rief der Hodscha, ,,das ist mir
sehr lieb, daß sie hierhin und dorthin geht,"
Sie sagten: „Das ists noch immer nicht; sie
geht mit Fremden bald hierhin, bald dorthin,"
„Na, und ich," antwortete der Hodscha, „bin
denn ich vielleicht ihr Bruder oder ihr Vater?"
181. A Ls der Hodscha einmal krank war, besuchte
XA. ihn ein reicher Mann, um sich über sein Be-
finden zu erkundigen, und der sagte zu ihm:
„Hodscha , was ist denn dein heimlicher
Wunsch?" Der Hodscha antwortete: ,, Ich möchte
eine Schüssel Pilaf,"
Augenblicklich ließ der Reiche Pilaf bereiten
und brachte dem Hodscha eine Schüssel voll; der
Hodscha verschlang den Pilaf mit Heißhunger,
so daß ihn der Geber fragte: ,,Wird es dir denn
nicht schaden, wenn du so viel Pilaf ißt?"
Der Hodscha antwortete: ,,Je weniger einem
etwas schaden kann, desto weniger Freude hat
man daran,"
182. "pines Tages fiel sein Sohn in einen Brunnen,
XZtf und die Leute kamen es dem Hodscha mel-
den. Unverzüglich lief er zu dem Brunnen und
rief hinunter: „Sohn, bist du unten?"
„Liebster Vater," antwortete unten der Sohn,
„bring mir Sukkurs, damit du mir hilfst, heraus-
zukommen,"
„Es ist ganz überflüssig," erwiderte der Hod-
98
scha, „daß ich erst Sukkurs hole; ich werde ein-
fach nach Hause gehn um eine Leiter, und so
werde ich dich schon herausbringen \"
Einmal kam der Hodscha nach Malati je. Als - 183.
er dort durch die Straßen ging, sah er einen
kleinen Knaben mit einem Dukaten spielen, den
er gefunden hatte; da sagte er zu dem Knaben:
,,Komm, mein Sohn, ich gebe dir einen Asper; y
du gibst mir dafür das Stück Kupfer." /
Der Knabe antwortete: ,,Ich weiß, was ein
Asper ist; brälle einmal wie ein Esel, und ich
gebe dir das Kupferstück,"
Von seiner Habgier gestachelt, begann der
Hodscha zu brällen. Als er aber innehielt, sagte
der Knabe: ,,Aber Freund, wenn ein Esel wie du
weiß, was ein Dukaten wert ist, warum sollte es ,
denn ein Knabe wie ich nicht wissen?" //
Einmal verließ der Hodscha sein Haus und be- 184.
gann auf der Straße etwas zu suchen. Seine
Frau sah das und fragte ihn; „Was suchst du,
Hodscha?"
Er antwortete: ,,Ich habe meinen Ring ver-
loren; jetzt suche ich ihn."
Sie fragte weiter: „Wo hast du ihn denn ver-
loren?"
Der Hodscha antwortete: „Drinnen im Hause
habe ich ihn fallen lassen."
„Ja, warum suchst du dann heraußen?"
1 Der Scherz beruht darauf, daß der Sohn kindischer-
weise ein (arabisches) Fremdwort anwendet, das der
Vater entweder nicht versteht oder nicht verstehn will,
7* 99
•^i <i/o>^L^
„Drinnen ists finster und heraußen licht.
Wollte nur Gott, daß ich ihn schon wieder ge-
funden hätte!"
185. "TV Er Hodscha sah eines Tages eine Anzahl
J--/ Bauern herankommen; da streckte er sich
lang auf der Erde aus und blieb unbeweglich. So
lag er noch, als einer von den Bauern hinkam;
der, der ihn für tot hielt, ging zu seinen Gesellen
zurück und sagte zu ihnen: ,,Der arme Hodscha
ist gestorben; wir müssen unter uns für sein Be-
gräbnis sammeln."
Sie besteuerten einander und brachten fünf-
hundert Asper zusammen. Als sie dann alle
um den Hodscha standen, sagten sie: „Um ein
Leichentuch zu kaufen, sind hundert Asper ge-
nug; wer will es denn übernehmen, die vierhun-
dert, die noch übrig bleiben, zu ihm nach Hause
zu tragen?"
Alsbald hob der Hodscha den Kopf und rief:
,,Gebt nur die vierhundert Asper her: ich will
sie mit Vergnügen nach Hause tragen; so viel
habe ich ja in meinem ganzen Leben nicht in der
Hand, geschweige denn im Besitze gehabt,"
186. ^TAch dem, was man erzählt, war einmal ein
X N Kadi in trunkenem Zustande, als der Sultan
Mehemed-Chan von ungefähr bei ihm eintrat.
Und der Sultan sagte zum Kadi: „Fürchtest du
nicht Gott und hast du keine Scheu vor dem Pro-
pheten? Ist es denn möglich, daß ein gelehrter
Mann und Kadi seinen weißen Bart also mit
Wein besudelt?"
„Padischah," antwortete der Kadi, „wenn
100
meine dürren Hände nicht zitterten, hätte mein
Bart nicht einen Tropfen von meinem Weine be-
kommen."
Der Padischah fand an dieser Antwort des
Kadis ein solches Vergnügen, daß er ihm eine
große Gnade erwies,
ZU der Zeit, v/o Harun al Raschid Chalif war, 1S7.
gab sich einer für einen Propheten aus.
Harun ließ seine Ärzte rufen und sagte zu ihnen:
„Fühlt ihm den Puls; wir werden sehn, woher
das kommt."
Die Ärzte fühlten ihm den Puls und unter-
suchten ihn; dann sagten sie: ,,Er hat Dinge ge-
gessen, die ihm zu Kopf gestiegen sind und ihm
den Verstand verwirrt haben."
Harun sagte: „Man bringe ihm vierzig Tage
lang leichte Gerichte aus meiner Küche; wenn es
dem Allmächtigen gefällt, wird das eine Ände-
rung und einen Wechsel in seinem Wesen herbei-
führen."
So wurde also der angebliche Prophet vierzig
Tage lang genährt; und als sie abgelaufen waren,
wurde er dem Chalifen von neuem vorgeführt.
Der Chalif fragte ihn: „Bist du noch immer ein
Prophet?"
Er antwortete: „O Harun, nach den Herrlich-
keiten, womit du mich überhäuft hast, erhebe ich
keinen Anspruch mehr, ein Prophet zu sein, son-
dern ein Gott."
Ein Sultan verließ eines Morgens zu guter 18B.
Stunde seinen Palast; er zog in den Krieg.
Auf dem Wege sah er, wie ihm ein Musikant ent-
101
gegenkam, der ein Instrument in der Hand hielt;
;W^-^i,^ und der hatte einen scheelen und halbstarren Blick.
' / Der Sultan versah sich von dieser Begegnung
nichts guten; drum ließ er dem Musikanten vier-
zig Stockstreiche geben und ihn in den Kerker
vi^erfen. Ein Jahr verstrich, und der Sultan
kehrte, nachdem er sich zahlreiche Länder unter-
worfen hatte, als Sieger und ruhmbedeckt in seine
Hauptstadt heim. Nun kam ihm der Musikant
wieder ins Gedächtnis; er ließ ihn aus dem
Kerker holen und sich ihn vorführen.
Der Musikant sagte: „Sieh, Herr, nun bist du
als Sieger zurückgekommen. Als ich dir be-
gegnet bin, sah ich im Geiste deine Eroberungen
voraus. ,Gott sei gelobt,' sagte ich mir, ,daß ich
dich sehe,' und nahm es als ein gutes Vorzeichen.
Unterdessen, siehe, ist es jetzt ein Jahr, daß ich
im Kerker bin; wie viel Ungemach und Kümmer-
nis habe ich gelitten! Wer von uns war denn nun
eigentlich dem andern ein böser Angang?"
Der Sultan nahm die Rede des Musikanten in
gutem auf, überhäufte ihn mit Wohltaten und ent-
ließ ihn als zufriedenen Mann.
Es ist, wie man sieht, notwendig, daß sich die
Sultane und ihre Minister derer erinnern, die im
Kerker schmachten, und sie sofort, wann sie ihnen
ins Gedächtnis kommen, vor sich rufen.
189. Ti/[ An erzählt, daß einmal in Konstantinopel ein
J. '^ 1. Schneider lebte, der eine besondere Ge-
schicklichkeit zeigte, beim Zuschneiden Tuch zu
stehlen. Eines Tages waren etliche Meister seines
Handwerks bei ihm, als man ihm einen Brokat-
stoff brachte; um nun zu sehn, wie er es anstelle,
102
c>^^
etwas verschwinden zu lassen, sagten sie zu ihm:
„Schneide nur gleich zu,"
Der durchtriebene Geselle merkte ihre Ab-
sicht, ihm eine Falle zu legen, bemerkte aber
auch, daß der Stoff sehr prächtig war; und er
sprach bei sich selber: ,, Sollte ich es denn nicht
verstehn, mir einen Teil dieses herrlichen Brokats
anzueignen?" Indem er dieser Betrachtung nach-
hing, überzeugte er sich, daß die andern Meister
kein Auge von dem Stoffe verwandten. Da ließ
er, ohne sich vom Flecke zu rühren, einen Wind.
Die andern, die auf dem Diwan saßen, begannen
so herzlich zu lachen, daß sie auf den Rücken
fielen; und der Schelm ließ, ohne einen Augen-
blick zu verlieren, ein Stück Stoff verschwinden.
Sie schrien: „Haha, Meister, du bist also nicht
nur ein Schneider, sondern auch ein Schalk; jetzt
aber soll unsere Aufmerksamkeit nur dem Schnei-
der gehören."
Er ließ einen zweiten Wind. Wieder be-
gannen sie zu lachen, und ein zweites Stück Stoff
ging den Weg des ersten.
Nun sagten sie: „Meister, das Spiel mag noch
einmal angehn, dann muß aber Schluß sein; sonst
platzen wir noch."
Und der verschmitzte Bursche antwortete:
„Ich würde euch ja wirklich gern euern Willen
tun; sollte ich es aber noch ein drittes Mal
machen, so würde der Stoff nicht mehr für einen
Kaftan reichen."
Einem Schneider träumte, daß der Tag des
jüngsten Gerichtes gekommen sei; er wurde
auf dem Platze herumgeführt, und am Halse
103
190. f\J^
hingen ihm alle die Tuchstücke, die er gestohlen
hatte. Als er erwachte, zitterte er vor Furcht.
Es wurde Morgen und er ging in seine Werkstatt;
dort erzählte er seinen Traum den Gesellen und
sagte ihnen: ,,Wenn ich mich wieder einmal nicht
beherrschen kann, und wenn ihr seht, daß ich ein
Stück Stoff für mich nehme, so sagt zu mir:
,Meister, denk an den Kragen.' Mir wird dann
die Erinnerung wiederkehren, und ich werde
nichts unterschlagen."
Einige Zeit darauf brachten ihm etliche Leute
einen herrlichen Stoff; er konnte der Versuchung
nicht widerstehn und ließ geschickt ein Stück
unter den Augen der Eigentümer verschwinden.
Da schrie auch schon ein Geselle: ,, Meister, denk
an den Kragen."
Aber er erwiderte: ,,Was habe ich mich daran
zu erinnern? ein Stück wie das war gar nicht
dabei."
191. "PT^^ Schneider verkaufte die Stücke Tuch, die
.-j^M HL« er stahl, einem alten Schuft von einem
" Juden, Nun kam einmal einer, Her sich bei ihm
hatte einen Kaftan machen lassen, und machte
ihm einen Auftritt, weil er ihm Stoff gestohlen
habe.
Aber der Schneider antwortete: ,,Ich habe den
Stoff nicht; der alte jüdische Schuft, der hat ihn."
192. T^Ine Kaufmannsfrau benutzte einmal die Zeit,
JQrf WO ihr Gatte im Tidscharet ^ war, um ihre
Gebete zu verrichten. Dabei entwischte ihr ein
1 Ein arabisches Wort, das Handel und etwa Börse
bezeichnet.
104
Wind, aber sie wußte nicht ganz genau, ob es
wirklich ein Wind gewesen sei oder ob nicht viel-
leicht das Geräusch von einem Seufzer hergerührt
habe , den sie im Gebete ausgestoßen hatte.
Darum ging sie um Rat zu einem weisen Greise;
sie erzählte ihm den Vorfall und bat um Auskunft.
Der Greis ließ nun auch einen Wind und fragte
sie: „War es so ein Geräusch?"
,,Nein," antwortete sie, ,,es war stärker."
Er ließ einen zweiten; ,,War es so?"
,,Es war noch stärker." ,»
Da schrie der Greis: ,, Jetzt geh aber zum f
Teufel! ich habe mich beschissen,"
MAn erzählt, daß einmal ein Mann in Kon- 193.
stantinopel zum Kadi von Jerusalem be-
stimmt worden ist. Er traf ein Übereinkommen
mit einem Schiffsherrn und bestieg mit seinem
ganzen Gefolge das Schiff. Eben wollte man die
Anker lichten und in die See stechen, als ein Jude
daherkam und an Bord ging; er brachte zwei
Körbe mit, die dem Anscheine nach nichts sonst
als Kleider enthielten, und bat den Kadi, sie mit-
zunehmen. Der Kadi hieß den Juden, sie einem
aus seinem Gefolge, der dabeistand, zu über-
geben. Als sich der Jude entfernt hatte, sah der
andere, daß in den Körben eine Menge Pasterma^
war, und schnitt sich sofort ein Stück ab; da er
es nach seinem Geschmacke fand, versäumte er
nicht, auf der ganzen Reise davon zu essen, so
daß schließlich, als sie im Hafen von Jaffa an-
kamen, nicht ein Stückchen davon mehr da war.
^ Getrocknetes Fleisch.
105
Alle Reisenden stiegen aus und gelangten glück-
lich nach Jerusalem,
Der Diener des Kadis machte sich zwar Vor-
würfe, daß er das Pasterma des Juden gegessen
hatte, tröstete sich aber damit, daß er sich vor-
nahm, ihn auf die eine oder dip andere Weise
schadlos zu halten. Unterdessen kam schon der
Jude herbei, und er sagte zu ihm: ,,Du, ich muß
mit dir reden; mir ist etwas ärgerliches zu-
gestoßen, das dich gewissermaßen angeht: mit
einem Wort, ich habe das Pasterma gegessen, das
in deinen Körben war. Sag mir, welchen Preis
du dafür haben willst oder wie wir uns sonst aus-
einandersetzen sollen."
Bei dieser Rede begann der Jude zu wimmern
und sich den Bart zu raufen; alsbald versammelte
sich eine Menge Leute um sie und man fragte den
Juden: ,,Was gibt es denn, Jude?"
Für einen Augenblick hörte der Jude auf zu
weinen, sich den Bart zu raufen und zu heulen,
freilich ohne daß er etwas gesagt hätte; sofort
aber begann er sich wieder auf den Kopf zu
schlagen und den Bart zu raufen. Dann stieß er
einen Schrei aus, packte den andern beim Kragen
und schleppte ihn vor den Richter.
Der fragte seinen Diener: ,,Was hast du dem
Menschen da genommen?"
Der Diener antwortete: „Gnädiger Herr, der
Jude ist mit uns zu Schiffe gestiegen; er hatte
eine gewisse Menge Pasterma bei sich. Davon
habe ich jeden Tag etwas gegessen, so daß bei
unserer Ankunft in Jaffa nichts mehr da war.
Ich habe ihm die Sache erklärt und habe ihm zur
Entschädigung Geld geboten; aber anstatt meinen
106
Vorschlag anzunehmen, rauft er sich Haare und
Bart aus und hängt mir einen Rechtshandel an."
Nun sagte der Richter: „Sprich, Jude, was
beanspruchst du?"
„Gnädiger Herr," sagte der Jude, „der Mann
hat mir in dem, was auf dem Schiffe war, einen
unersetzlichen Schaden zugefügt."
„Weiter," sagte der Kadi, „damit wir sehn,
worum es sich handelt," /
„Herr," sagte der Jude, ,,mein V^i^r, der ein
reicher Kaufmann war, war erkrapld;; als es nun
ans Sterben ging, hat er mir nachdrücklichst ans
Herz gelegt, ihn in Jerusalem zu begraben. Dazu
habe ich kein leichteres Mittel gefunden, als sein
Fleisch von den Knochen zu lösen, Pasterma
daraus zu machen und es in Körben zu verpacken.
Als ich aber das väterliche Pasterma zurück-
gefordert habe, hat sich herausgestellt, daß alles
aufgegessen ist, alles sage ich, bis auf den letzten
Bissen."
Der Kadi sah, daß in diesem Falle nichts zu
machen war; er schickte den Juden weg und
sprach seinen Diener ledig.
Das also erzählt man von dem Rechtshandel,
in dem ein Mann aufgetreten ist, der einen Juden
ganz und gar aufgegessen hat.
ES war einmal in Konstantinopel beim Iki-Kapu 294.
im Viertel Kara-Agadsch ein Gassenjunge,
Akinedschi-Sadeh mit Namen, der es gar trefflich
verstand, auf eine bissige Rede schlagfertig zu
antworten.
Eines Tages verschloß einer seinen Laden und
brachte innen das Schlagtürchen an. Akinedschi
107
ging hin und klopfte an das Türchen. Der andere
sagte: „Was willst du?"
,,Komm näher; ich muß dir etwas sagen."
Daraufhin öffnete der andere das Türchen
und sagte: „Was mußt du mir sagen?"
Akinedschi antwortete: „Ich habe ein Ver-
hältnis mit deiner Mutter; sag es aber niemand."
„Und du, bist du nicht der Sohn einer Hure,
die man ruft, wenn man sie braucht?"
,,Das ist eine Lüge," antwortete Akinedschi;
,, meine Mutter ist ja nicht die deinige."
195. "Fj^Inmal hörte einer predigen: „Wenn man bei
JLitf Einbruch der Nacht seine eheliche Pflicht
erfüllt, so wird das belohnt werden wie die Opfe-
rung eines Schafes. Geschieht es bei Tage, so
wird es so viel gelten wie die Freilassung eines
Sklaven. Und um Mitternacht wird es belohnt
werden wie die Opferung eines Kamels."
Der Zuhörer erzählte diese Rede, als er heim-
gekommen war, seiner Frau. Die Nacht kam und
sie legten sich mitsammen nieder, und schon
fühlte sich die Frau vom Verlangen gepackt.
„Komm," sagte sie zu ihrem Manne, ,,wir wollen
den Lohn gewinnen, der für den Beginn der Nacht
festgesetzt ist." ,, Meinetwegen," sagte der Mann;
und er befriedigte sie.
Um Mitternacht fühlte sie sich wieder auf-
gelegt und sagte zum Manne: „Wach auf. Mann,
damit wir den Vorteil der Opferung eines Kamels
A.<rv<>^ erwerben." Der Mann ermunterte sich und stillte
ihr Begehren von neuem.
Als der Morgen anbrach, sagte sie, noch
immer stark erregt: „Auf, Mann; wir wollen den
108
Preis gewinnen, der für die Freilassung eines
Sklaven gilt."
Aber nun sagte der Mann: „Gewinne ihn da-
durch, daß du zuerst mich freiläßt, der ich ja dein
Sklave bin."
Eines Tages pflückte Mewlana Dschami ^ in 196.
seinem Garten Pfirsiche, als der Sultan j^j^
Husejn Bähadur zu ihm kam, begleitet von einem
Kämmerling und seinem jungen Liebling Tschok-
dar. In diesem Augenblicke hatte Mewlana
Dschami vier Pfirsiche in der Hand; davon bot
er sofort einen dem Padischah an, einen dem
Kämmerling und zwei Tschokdar.
Nun sagte der Sultan: „Warum hast du uns
zweien jedem nur einen Pfirsich gegeben, dem
Knaben aber zwei?"
,,Ich habe ihm nur einen gegeben," antwortete
Mewlana Dschami; „der andere ist nur geborgt ^"
Ein Narr gab sich für einen Propheten aus; er 197.
wurde festgenommen und vor den Sultan ge-
führt. Der Sultan verhörte ihn in Gegenwart jlJ/^
des Kadis und sagte dann zu diesem: „Der
Mensch da ist von einer abgeschmackten An-
maßung; was soll mit ihm nach dem Worte Gottes
geschehn?"
Der Kadi antwortete: ,,Wenn er hartnäckig
bei seiner Behauptung bleibt und sich sie zu
widerrufen weigert, soll er zum Tode verurteilt
werden."
1 Der berühmte persische Dichter (1414 bis 1492).
2 Im Türkischen wird das Wort Pfirsich als Synonym
für Kuß gebraucht.
109
Nun sagte der Sultan zu dem Angeklagten:
,,Da du sagst, du seist ein Prophet, so laß uns ein
Wunder sehn."
Der angebliche Prophet antwortete: ,,Man
bringe mir einen scharfen Säbel."
„Was willst du damit?"
„Dem Kadi den Kopf abschlagen; dann werde
ich ihn vom Tode erwecken,"
Den Kadi erfaßte ein ungeheuerer Schrecken
und er begriff die Absicht des Propheten; er ver-
lor den Kopf und schrie: ,,Ach, Freund, ich be-
kehre mich als der erste zu deiner Lehre; nimm
mich auf in die Zahl der Stifter."
198. "VVTIeder einmal gab sich einer für einen Pro-
W phcten aus; er wurde vor den Padischah
geführt und der fragte ihn: ,,Ist es wahr, daß du
Anspruch auf die Würde eines Propheten er-
hebst?"^
,,Ja," antwortete der Narr.
„Gut," fuhr der Sultan fort; „laß uns ein
Wunder sehn,"
,,Sag mir, was du wünschest."
In diesem Augenblicke brachte ein Diener dem
Herrscher ein Schloß, daß man mit elf Schlüsseln
nicht hatte aufsperren können; sofort sagte der
Sultan zu dem Angeklagten: „Gut; sperre uns
dies Schloß ohne Schlüssel auf."
„Habe ich mich", sagte der Wahnwitzige,
„einen Propheten genannt oder einen Schlosser?"
199. "KJ^ An erzählt, daß ein Muselman, der sein
1^1. ganzes Leben lang die Vorschriften Moham-
meds beobachtet gehabt hat, auf einmal im Rama-
110
San mit den Juden gegessen hat. Er sagte, er habe
sich zu ihrem Glauben bekehrt; aber im Bairam
sagte er zu ihnen, er sei nicht mehr ihr Glaubens-
genosse. Da schrien die Juden: „Was soll das
heißen? bist du nicht einer der unsern?"
„Was?" schrie der Bekehrte; „ich war dreißig
Jahre im moslimischen Glauben, ohne ein rich-
tiger Mohammedaner werden zu können, und ein
Jude sollte ich werden können in dreißig Tagen?
Das ist unmöglich."
ZU Nasreddin, dem Hodscha, kam einmal einer 200.
und bat ihn, ihn zu beherbergen. Nun
herrschte beim Hodscha eine solche Dürftigkeit,
daß sogar die Mäuse vor Hunger ausgerissen
waren. Als die Nacht kam, richtete der Reisende
an den Hodscha die Frage, wo sie sich nach dem
Abendessen schlafen legen würden. Der Hodscha
antwortete: ,, Gegessen haben wir schon, bevor du
gekommen bist; willst du dich jetzt niederlegen?"
Der Fremde lag noch nicht lange, als er den
Hodscha anrief und sagte: ,,Gib mir eine Decke;
mich friert sehr."
Nasreddin antwortete: ,,Habe ich denn eine,
die ich dir geben könnte? es ist übrigens nicht so
kalt, daß du zittern könntest,"
,, Schon gut," antwortete der Fremde, nach-
dem er einen Augenblick gezögert hatte.
Aber der Hodscha begann zu überlegen;
schließlich sagte er: ,,Ich habe eine Leiter; willst
du sie?"
„Bring sie meinetwegen; es liegt ja nichts
daran,"
Der Hodscha brachte die Leiter und legte sie
111
auf ihn. Aber bald sagte der Gast, dem noch
immer nicht recht warm werden wollte: „Denk
ein wenig nach; vielleicht hast du doch noch
etwas, was du mir geben könntest."
Nach einem Augenblicke schrie der Hodscha:
,,Du hast recht; ich habe noch einen Trog: was
sagst du dazu?"
„Bring ihn immerhin,"
Nasreddin holte den Trog, der noch ganz voll
Wasser war, und setzte ihn auf die Leiter. Als
sich aber der Gast, den das Gewicht der zwei
Dinge drückte, umdrehn wollte, kippte der Trog
um und goß seinen Inhalt aus. Der also über-
schwemmte rief den Hodscha von neuem an und
schrie: ,,Nimm die Decken weg; ich bin schon
ganz naß."
201. A Uf einer Reise, die er, um etwas zu lernen,
xtL unternommen hatte, kam der Hodscha ein-
mal in ein Land, dessen Bewohner den Brauch
hatten, auf ihren Häusern für jeden Krug voll
Gold, den sie besaßen, Je eine Fahne aufzuziehen;
man sah also Häuser mit einer, zwei, drei, vier
und fünf Fahnen. Nachdem der Hodscha dort
ein Jahr lang gelebt hatte, füllte er mehrere
Töpfe mit Kieseln und pflanzte für jeden eine
Fahne auf. Nun war es weiter in diesem Lande
Sitte, daß im Bairam einer den andern einlud,
und so kam die Reihe auch an den Hodscha.
Nach dem Mahle ging man ins Bad; seine Gäste
bemerkten die Töpfe, fanden sie aber alle voll
Kiesel. Und sie sagten zu ihm: „Aber Hodscha,
da sind ja nur Steine drinnen?"
„Ob es Gold ist," antwortete der Hodscha,
112
w
„oder Steine, das läuft auf dasselbe hinaus, wenn
es nur dazu da ist, um in den Töpfen zu bleiben."
IN der Fastenzeit des Bairams wurde ein 202.
Kalender gefragt: „An welchen Tagen in
diesem Monat ißt man und an welchen nicht?"
Scheinheilig antwortete er: ,,Ich weiß es nicht,
an welchem Tage man fastet; denn ich esse nur
einmal im Monat."
Ein Arzt fühlte einem Kalender den Puls; der 203.
Kalender war aber gewohnt, dieses ein-
schläfernde Mittel, das Bhang heißt, zu ge-
brauchen. Der Arzt erkannte leicht, daß seine
ganze Krankheit nur der Hunger war; drum ließ
er alsbald eine Schüssel Pilaf bereiten und setzte
sie dem armen Teufel vor.
Nachdem der alles aufgegessen hatte, schrie
er: „O du gütiger Arzt, ich kenne noch zwanzig
andere Kalender, die an derselben Krankheit
leiden wie ich; ich will sie dir bringen und du
kannst an ihnen die Wirksamkeit deiner Arznei
versuchen."
Eines Tages kam ein Arzt auf seinem Wege an 204.
einer Begräbnisstätte vorbei; alsbald schloß
er die Augen. Sein Sohn fragte ihn: „Warum
tust du so?"
Der Arzt antwortete: „Ich will es vermeiden,
die zu sehn, die hier sind; denn hier sind die
begraben, die an meinen Tränkchen gestorben
sind."
Nasreddin, I. 8 113
205. T^^'* Hodscha war zum Lehrer und Hofmeister
1^ des Sohnes des Königs bestellt worden.
Nun empfahl er sich bei dem Prinzen regelmäßig,
wann zum Mittagsgebete gerufen wurde. Einmal
aber fuhr der Hodscha trotz diesem Rufe mit der
Brille auf der Nase fort zu lesen; da sagte der
^ Prinz: ,,Es ist das Zeichen zum Gebete gegeben
worden; wir sind jetzt frei."
Der Hodscha antwortete: „Ich habe es nicht
gehört."
„Wenn das so ist," sagte der Prinz, ,,dann
hättest du die Brille über die Ohren nehmen
sollen statt über die Augen."
206. TT* Ines Tages wurde ein junger Geck, Desdar
JZrf Oglu mit Namen, von einem reichen Manne
zu Tische geladen. Es wurde aber weder Pilaf,
noch Fleisch aufgetragen, sondern nur eine
Suppe, bei der man mit dem Reis sehr sparsam
umgegangen war; und der Geck fragte recht un-
schicklich: „Was für eine Suppe ist das?"
Darauf antwortete ihm einer: „Der Herr pflegt
wohl häufig auf die Jagd zu gehn? Hunde hat
er ja genug,"
„Freilich," antwortete Desdar Oglu, „ich habe
mehr als ich brauchte; der eine jagt das Rebhuhn,
der andere die Wachtel, ein dritter das Hasel-
huhn."
Und der Schalk sagte weiter: „Da fehlt dir
noch immer einer." „Welcher?" „Einer, der in
dieser Suppe Reis aufspüren würde."
207. T^^^ Hodscha kam heim und sagte zu seiner
iy Frau: „Koch uns heute einen Pilaf, damit
wir uns wohl gesättigt schlafen legen können;
114
heute fühle ich mich einmal frei von aller Traurig-
keit."
Die Frau kochte den Pilaf; sie aßen ihn und
gingen zu Bette, Kaum lagen sie aber, als an die
Tür gepocht wurde. Der Hodscha sagte zu seiner
Frau: „Geh, sieh nach, wer es ist,"
Die Frau ging zur Tür und sagte: „Wer ist
da?"
„Meine Eselin hat geworfen," sagte ein Nach-
bar; ,,aber das Junge hat weder Schwanz noch
Ohren."
Nun fragte der Hodscha: „Was gibts denn?"
und die Frau antwortete: ,,Uns geht es eigentlich
nichts an; der Nachbar ist da: seine Eselin hat
ein Junges ohne Schwanz und Ohren geworfen,"
Darauf sagte der Hodscha: ,,Ich kann nicht
mehr liegen bleiben; meine Ruhe ist weg,"
„Was beschäftigt dich denn so sehr?"
„Wenn dieser Esel", sagte der Hodscha, ,,zwei
oder drei Jahre alt v/ird, und man führt ihn ins
Holz, und wenn dann der Weg kotig ist, wo soll
denn der Dreck an ihm haften bleiben, ohne
Schwanz und Ohren, wie er ist? Das bringt
mich um meine Ruhe; stehn wir auf, Weib."
DEr Hodscha ging einmal an den Rand eines 208.
Baches und befriedigte ein gewisses Bedürf-
nis; dann sah er, wie das, dessen er sich entledigt
hatte, wegschwamm. Da schrie er: „Das Ende
der Welt kommt heran und darüber kann es
keinen Zweifel geben; denn das unreine Ding da
lehrt uns schwimmen und über das Wasser zu
setzen."
8* • 115
209. T^Er Hodscha wurde gefragt: „Wann wird denn
±J der Tag des Tumultes, der geweissagt ist,
kommen?"
„Von welchem Tumult sprecht ihr?" ant-
wortete der Hodscha; „von dem großen oder von
dem kleinen?"
,,Was heißt das, der große und der kleine?"
,,Der kleine ist der, den meine Frau macht;
der große kommt, wenn ich zornig werde."
2/0. t^ Ines Tages gingen der Sultan Murad und
Jjtf Husejn Pascha, der Narr, als Derwische
verkleidet, den Bosporus entlang. Als sie an
einen Ort kamen, wo die Leute zu lustwandeln
^^pr^ pflegten, bekamen sie Lust auf Kaffe. Husejn
Pascha sagte: „Da wir kein Feuer haben, will ich
Holz sammeln gehn." Als er es gebracht hatte,
schichtete es der Sultan auf und begann das
Feuer anzufachen; da er aber zerstreut war, ließ
er es zu viel brennen. Husejn Pascha bemerkte
das und schrie, wie er es mit seinem Knechte
getan hätte, um ihn zur Achtsamkeit zu mahnen:
,,Du Sklavenbengel, du Hurensohn!", ohne zu
denken, daß er damit auf die Abstammung der
Sultane anspielte, die alle Kinder von Sklavinnen
waren.
,,Dein Glück," sagte der Padischah, „daß du
das im Scherze gesagt hast; sonst hätte ich dich
getötet."
211. "C^^ junger Mann ohne Erfahrung hatte auf
X-rf einer Reise eine kleine Auswahl chinesischen
Porzellans gekauft. Im Hafen angelangt und
eben im Begriffe sich auszuschiffen, faßte er den
116
Plan, sein Porzellan wegtragen zu lassen, ohne
den Träger für seine Mühe zu bezahlen. Er sagte
zu einem Träger: „Was für ein Landsmann
bist du?"
Der antwortete: „Ich bin ein Anatolier und
aus Tasch-Köprü."
,,Aha," dachte der junge Mann, ,,ein Dumm-
kopf von einem Türken." Und er sagte zu ihm:
,,Wenn du mir diesen Pack in mein Karawanserai
trägst, so werde ich dir drei gute Ratschläge
geben."
„Einverstanden," antwortete der Türke dem
schlauen Gesellen. Er nahm die Last auf und
trug sie in das Karawanserai; als er dort ein
paar Stufen emporgestiegen war, sagte er: „Nun
höre ich."
Der andere sagte: „Wenn man dir sagt, daß
der Hunger der Sättigung vorzuziehen sei, so
glaube es nicht."
„Ich verstehe," sagte der Träger und ging
wieder ein paar Stufen weiter; dann sagte er:
„Was hast du mir noch zu sagen?"
„Wenn man dir sagt, die Armut sei besser als
der Reichtum, so glaube es nicht."
Der Träger ging weiter und bat ihn nach
einigen Stufen wieder, zu sprechen.
„Zum dritten: wenn man dir sagt, daß es
besser ist, zu Fuße zu gehn als zu reiten, so
glaube es nicht; das sind die Ratschläge, die ich
dir zu geben habe."
Der Träger stieg die Treppe vollends hinauf;
und als er oben war, warf er seine Last hinunter.
Der junge Mann schrie: „Was machst du da?"
Und der Träger sagte: „Wenn man dir sagt,
117
daß in dem Pack da ein einziges Stück ganz ist,
so glaube es nicht,"
212. A^An erzählt, daß Nasreddin-Effendi einen
iy\. Bruder hatte; sie waren beide unbeweibt,
verlangten aber zu heiraten. Schließlich fanden
sie zwei Mädchen nach ihren Wünschen; sie
heirateten beide, und jeder gründete einen Haus-
stand. Nun kam einmal der Bruder des Hod-
schas zu diesem auf Besuch; da sah er, daß des
Hodschas Frau fröhlich war, lachte und scherzte,
während die seinige außerordentlich ernst war.
Und er sagte zu Nasreddin: ,,Du bist mein
Bruder; sei also so gut und sage mir, wie du es
angestellt hast, daß deine Frau so vergnügter
Laune ist: ich will es dann mit der meinigen
ebenso machen."
„Umsonst verrate ich es dir nicht," sagte der
Hodscha; „wenn du mir aber einen vollständigen
Anzug gibst, so will ich es zuwege bringen, daß
sie lacht."
Der Bruder sagte: ,,Das verspreche ich dir."
Und der Hodscha fuhr fort: ,,Lade mich also
an einem Abende ein. Nachdem du ein bißchen
verweilt hast, so laß dich wegholen; befiehl aber
deiner Frau, daß sie sich nicht eher schlafen lege
als ich, was immer ich sagen würde und wie
dringlich auch meine Aufforderungen seien.
Wann du ihr das gesagt hast, geh weg,"
Der Bruder lud den Hodscha vereinbarter-
maßen ein; nach dem Rufe zum Abendgebete
waren sie alle drei beisammen, als der Hausherr,
wie abgemacht, geholt wurde. Er erteilte seiner
Frau die besprochenen Anordnungen und ging
118
weg. Von nun an sprach der Hodscha kein Wort
mehr mit seiner Schwägerin, mit der er ganz
allein war; sie wurde es bald müde, auf un-
bestimmte Zeit aufbleiben zu sollen, und ver-
spürte die ersten Anzeichen der Schläfrigkeit.
Drum sagte sie zum Hodscha: „Gestatte, Effendi,
daß dir ein Bett bereitet wird; du wirst dich ein
wenig ausruhen,"
Aber der Hodscha antwortete: „Ich will nicht
schlafen,"
„Warum denn nicht?"
„Ich fürchte, daß, wann ich schlafe, die Mäuse
kommen und mir den Kopf fressen."
„Und wie weichst du dem aus, wenn du zu
Hause bist?"
„Wann ich zu Hause schlafen gehe, lege ich
meinen Kopf in die Hände meiner Frau und sie
läßt das Licht brennen; geht sie dann später
selber schlafen, so nimmt eine Sklavin ihre
Stelle ein,"
Seine Schwägerin sagte: ,,Wir werden das-
selbe tun." Augenblicklich bereiteten die Skla-
vinnen ein Bett und die Frau setzte sich nieder
und nahm den Kopf des Hodschas in ihre Hände;
da sie dessen bald müde wurde, rief sie eine
ihrer Sklavinnen und übergab ihr dieses Geschäft.
Bald darauf schliefen die Herrin und die andern
Frauen ein. Nun stand der Hodscha leise auf,
blies das Licht aus, nahm seinen Sik heraus, gab
ihn der Sklavin in die Hand, legte sich nieder
und begann zu piepen wie eine Maus. Auf das
Geräusch erwachte seine Schwägerin; da sah sie,
daß das Licht erloschen und die Sklavin ein-
geschlafen war, „Nichtsnutziges Ding," schrie
119
sie, „wie kannst du schlafen? Jetzt werden die
Mäuse den Kopf des Effendis fressen."
Die Sklavin antwortete: ,,Ich weiß nicht, ob
das nicht schon geschehn ist; er ist schon ganz
klein."
Die Herrin begann das junge Mädchen zu be-
schimpfen; als sie aber das Licht anzündete, sah
sie, was die Sklavin in der Hand hatte. In dem-
selben Augenblicke sprang der Hodscha auf, lief
zur Tür und ließ seinen Bruder eintreten, und
der sah nun, wie seine Frau aus vollem Halse
lachte und keines Wortes fähig war. Da er
aus ihr nichts herausbringen konnte, ging er
wieder zum Hodscha, der draußen geblieben war,
und fragte ihn: „Was hast du denn also getan?"
„Ach," sagte der Hodscha, ,,wenn du das
ganze gesehn hättest, du hättest wohl lachen
müssen bis zu deinem letzten Stündlein."
213. t^ Ines Tages versammelten sich die Mäuse, um
Jl^ Rat zu halten, und sie sagten: ,,Was werden
wir noch alles von der Katze leiden müssen, wenn
wir kein Mittel entdecken, um uns vor ihr zu
schützen?" Nachdem jede gesprochen hatte,
überwog der Rat, ein Glöckchen zu verfertigen
und es der Katze um den Hals zu hängen; ,,wenn
wir das Geklingel hören," dachten sie, ,, wollen
wir Reißaus nehmen,"
„Ich liefere das Stückgut," sagte die eine.
„Ich die Kohle," sagte die andere. „Ich das
Kupfer," sagte die dritte. Nur eine alte Maus
verhielt sich ganz still, bis die andern sagten:
„Rede doch auch du; du hast ja in diesem Lande
schon so viele Jahre verrinnen sehn."
120
Da sagte die alte Maus: „Ihr habt bei euerer
Überlegung etwas wesentliches vergessen: ich bin
bereit, das Glöckchen ganz zu liefern; aber wer
von euch wird es der Katze an den Hals hängen?"
■^Inst wurde ein bejahrter Christ Muselman. 214.
. -^ Sechs Monate nach seiner Bekehrung führte
ihn der Gebetsauf seher vor den Kadi und klagte
ihn an, er erfülle nicht die verordneten Gebete;
der Kadi, der derselbe war, in dessen Hände der
Greis abgeschworen hatte, fragte ihn: ,, Warum
unterziehst du dich nicht den vorgeschriebenen
Gebeten?"
„Effendi," antwortete der Angeklagte, „in
deiner Gegenwart war es, daß ich meinem alten
Glauben entsagt habe, und du hast damals zu
mir gesagt: ,Nun bist du rein aller Sünden; du
bist jetzt so, als ob du ein zweites Mal aus dem
Mutterleibe gekommen wärest.* "
Der Kadi antwortete: „Das sind meine
Worte."
Und der Greis fuhr fort: „Freilich, und seither
sind nicht mehr als sechs Monate verstrichen;
betet denn ein Kind in diesem Alter?"
ZWei Leute führten eines Rinds halber einen 215.
Rechtshandel. Jeder ging, ohne daß es der
andere gewußt hätte, zum Kadi und drückte ihm
zweihundert Asper in die Hand, um ihn sich
geneigt zu machen. Als dann der Spruch gefällt
werden sollte, erschienen die Streitenden und
brachten das Rind mit; und der Kadi fragte den,
der es hielt: „Wieviel ist das Rind wert?"
„Vierhundert Asper," war die Antwort.
121
Da sagte der Kadi: „Wenn dem so ist, was
brauchen wir uns weiter damit zu beschäftigen?
Jeder von euch hat mir zweihundert Asper ge-
geben; damit ist also die Sache erledigt."
Die beiden Gegner befragten einander, als sie
weggingen, und vernahmen also, daß sie jeder
dem Kadi ein Geschenk von zweihundert Asper
gemacht hatten; und sie sagten: ,,Es hat keinen
Sinn, den Streit weiterzuführen; das Rind hat ja
schon der Kadi aufgegessen."
216. "C*^ ^^^ einmal einer, der fühlte, daß er krank
Xltf war; da sich sein Zustand verschlimmerte,
ließ er einen Arzt rufen. Der Arzt untersuchte
ihn und sagte ihm, daß ihm in diesem Falle ein
einjähriger Essig gut tun würde. Der Kranke
ging also, um einen Freund darum zu bitten, und
der sagte: ,,Es trifft sich gut, daß ich gerade
einen solchen habe."
Einer, der vorbeiging, hatte ihr Gespräch ge-
hört; deshalb sagte er: ,, Bruder, möchtest du
nicht die Güte haben, mir auch etwas von diesem
Essig zu geben?"
Und der Freund antwortete: „Hätte ich einem
jeden gegeben, der Bedarf danach gehabt hätte,
so wäre er kein Jahr alt geworden."
217. T^^^ Sultan und Chalif von Bagdad pflegte die
iZrf Verse, die ihm gebracht wurden, abzuwägen
und nach ihrem Gewichte die Dichter zu be-
zahlen. Nun verfaßte ein Dichter, der diese Ge-
wohnheit des Chalifen nicht kannte, einen Lob-
gesang auf ihn in der Absicht, ihn ihm zu über-
reichen. Da sagte ihm einer: „Du machst dir
122
umsonst viel Mühe; weißt du denn nicht, wie es
unser Padischah zu halten pflegt? Er bezahlt die
Dichter nach dem Gewichte ihrer Werke,"
„Danke schön," sagte der Dichter; und er
schrieb ein Gedicht auf einen großen Marmor-
block. Den ließ er von Leuten, die ihn an einem
Barren aufhängten, zum Palaste bringen und ging
selbst mit, um ihn dem Padischah darzubringen.
Der Padischah, der sofort sah, v.'orum es sich
handelte, sagte zu seinem Wesir: ,, Jetzt gilt es,
sich auf eine anständige Art aus dem Handel
zu ziehen."
„Wie das?" fragte der Wesir.
„Wir werden uns", antwortete der Chalif,
„mit tausend Golddukaten ausgleichen."
Einmal sagte ein Kaufmann zu seinem indi- 218.
sehen Sklaven: „Vorwärts, wir gehn auf den
Abtritt."
Der Sklave füllte die Kanne mit Wasser ^, sah
aber sofort, daß sie ein Loch hatte, weil alles
Wasser auslief; da sagte er zu seinem Herrn:
„Herr, die Kanne hält kein Wasser; wasch dich
also zuerst, und dann geh erst dein Bedürfnis
verrichten."
Einer begegnete einmal einem Dämon, der auf 219.
seinen Schultern einen alten jüdischen Rabbi
trug; und der Rabbi schlug und mißhandelte den
Dämon und zwang ihn auszuschreiten. Und der
1 Die Verrichtung der Bedürfnisse macht unrein, so
daß eine Waschung vorgenommen werden muß.
123
Mann fragte ihn: „Warum trägst du einen, der
dich schlägt und mißhandelt?"
Darauf antwortete der Teufel — er sei ver-
flucht — : „Er gebraucht irgendeine verruchte
Tücke, die meinen Verstand übersteigt; durch
angestrengte Aufmerksamkeit wird es mir viel-
leicht gelingen, dahinterzukommen."
Der Fluch Gottes sei über ihnen beiden!
220. "rpinmal hatte ein Schüler des berühmten Mew-
JZtf lana Dschami Gedichte verfaßt und sie in
einem Diwan vereinigt. Mewlana Dschami sah
das Buch durch und überzeugte sich, daß es von
unzusammenhängenden Worten, von Nachlässig-
keiten und von Albernheiten strotzte; da er ein
solches Machwerk nicht loben kormte, sagte er
ironisch: ,,Gott segne dich! du hast da einen ge-
waltigen Diwan verfaßt."
Der Dummkopf blähte sich über diese
Schmeichelei und antwortete: ,,Es ist ein Diwan,
den der heutige Dichtertroß gar nicht erfaßt."
,,Das stimmt," sagte Mewlana Dschami; ,,ich
habe nicht ein Wort verstanden."
221. A Ls Bani-Tschokar einmal im Bade war, trat
./Tl ein Badediener, einer von denen, die nicht
rasieren, zu ihm und wollte ihn mit dem Woll-
handschuh abreiben; doch Bani sagte: „Ich will
nicht geknetet werden; rasiere mir aber den Kopf."
Bald merkte er, daß das Rasiermesser nichts
schnitt; da sagte er zu dem Bader: „Gib acht!
du wirst mich wirklich rasieren, wenn du nicht
acht gibst,"
124
' ^In Kadi kam auf einer Bereisung in ein Dorf 222.
. ^ in der Umgebung von Konia. Er befragte
die Bauern über das Gebet und befahl einem von
ihnen, der etwas weniger unwissend schien als
die andern, ihm zu sagen, wie oft man am Morgen
beten solle; der antwortete: ,, Zwanzigmal."
„Schweig," sagte der Kadi; „du bist ein Esel."
Da sagte ein anderer: „Man betet viermal."
Aber der erste sagte: „Ich habe ja schon
zwanzig gesagt! das muß doch besser sein."
Eines Tages ging ein Bauer einer gewissen 223.
Sache halber zum Kadi; er dachte aber, er
werde bei diesem besonders gut ankommen, wenn
er recht verschwenderisch mit den Titeln sei, und
so sagte er beim Eintritte: „Heil über dich,
gnädigster Herr Prophet!"
Aber der Kadi sagte: „Schweig; du bist ein
Einfaltspinsel."
„Habe ich denn in meiner Rede die Gesetze
der Sprache verletzt?"
Der Kadi befahl: „Züchtigt mir diesen Dumm-
kopf!" Und die Schergen prügelten ihn durch.
Nun sagte der Kadi: „Warum sprichst du
mich in dieser Weise an? Das ist die Rede eines
nichtsnutzigen Menschen."
Und der Bauer antwortete: „Ich war verwirrt,
du Schwein; ich war verwirrt."
Eines Tages ging ein Herr ins Bad; dort stahl 224.
man ihm sein Tekjeh ^. Als er wegging,
sagte er zum Bademeister: „Du hast mir mein
Tekjeh gestohlen."
^ Eine kleine baumwollene Mütze.
125
Der Bademeister antwortete ihm: „Du bist
bloßköpfig ins Bad gekommen."
Da schrie der Bestohlene, indem er sich an die
andern Anwesenden wandte: nHört, Leute, seht
euch meinen Kopf an, und dann sagt, ob ich bloß-
köpfig gekommen sein kann,"
Sein Kopf war ganz voll Grind,
225. TN Adrianopel, der wohlbehüteten, war einmal
X ein Dichter, Silani mit Namen, und der trug
eines Tages dem Volke ein ganz jämmerlich
schlechtes Gedicht vor. Die Zuhörer begannen
zu lachen,
„Da sieht man," rief Silani, sich selber
lobend, „daß meine Werke nicht zur weiner-
lichen Gattung gehören."
226. L|^In Dichter, der einst der Günstling der Wesire
XZtf gewesen war, erblindete am Ende seiner
Tage; nun gab er Unterricht und ließ sich von
seinem Knaben von Tür zu Tür führen. Da
träumte einmal einem der Wesire, daß er ihn also
herabgekommen sehe. Der Wesir rief sich alle
Einzelheiten der Vergangenheit dieses armen
Menschen ins Gedächtnis, und am Morgen ging
er ihn aufsuchen und sagte zu ihm: ,, Kennst du
mich?"
„Warum sollte ich dich nicht kennen? wenn
ich auch das Gesicht verloren habe, so ist mir
doch das Gehör geblieben. Früher habe ich
deine gütigen Wohltaten genossen; bist du nicht
derundder Pascha?"
Der Wesir fuhr fort: „Und dieser Knabe, ist
er dein Sohn?"
126
„Er ist mein Knabe und dein Diener."
„Kann er lesen?"
„Freilich,"
„Und was liest er denn?"
„Er sieht die jämmerliche Lage, worin sich
sein Vater befindet; drum liest er Verwün-
schungen gegen die, die ihn ohne Unterstützung
seinem unglücklichen Schicksal überlassen."
Ein Kalender verabsäumte es, im Ramasan 227.
die vorgeschriebenen Fasten einzuhalten;
andererseits aber unterließ er es nicht, allnächt-
lich kurz vor Sonnenaufgang zu essen. Man
fragte ihn: ,,Da du bei Tage keineswegs fastest,
warum ißt du dann vor Tagesanbruch?"
Und der Kalender antwortete: „Wenn einer
nicht nur das Gesetz, sondern auch die Überliefe-
rung außer acht ließe, müßte denn der nicht zu
den Ungläubigen gezählt werden?"
ALs der Hodscha einmal ackerte, riß ein Rie- 22^.
men. Sofort wickelte er seinen Turban ab,
band ihn an die Stelle des Riemens an den Ochsen
und den Pflug, packte den Stachel und trieb
den Ochsen an; der nahm einen Ruck, so daß der
Turban auf Stücke ging, und kehrte sich um.
Da schrie der Hodscha: ,,So ein dummes Vieh!
zieht es an einem Turban ebenso stark wie an
einem Riemen!"
DEr Hodscha erging sich eines Tages mit sei- 229.
nem Sohne, als sie einem Leichenzuge be-
gegneten; und hinter dem Zuge kam die junge
Gattin des Verstorbenen, die ihren Schmerz in
127
bittern Klagen ausströmte: „Noch heute hat er
gegessen, getrunken und unter der Decke ge-
schlafen; und jetzt bringt man ihn an einen Ort,
wo es nichts zu essen gibt und nichts zu trinken,
keine Decke, kein Bett, ja nicht einmal eine
Matte."
„Vater," sagte der Sohn des Hodschas, „bringt
man den Toten zu uns?"
230. TN einer fremden Stadt sah der Hodscha einmal
I
nicht kannte, blieb er voll Verwunderung stehn;
endlich schlug er einige Nüsse in ihrer grünen
Schale herunter und biß ohne weiters in eine
hinein. Sie schmeckte gar bitter und er gewahrte,
daß sein Mund anschwoll; da sagte er voller Un-
ruhe: ,, Farbe und Form sind so wie bei den
Zwetschen; sollte ich vergiftet sein? Da steckt
irgendeine Schurkerei dahinter. Ach, ihr Aus-
sehn ist recht trügerisch!"
231. Ij^S war einmal ein Geiziger, der jahraus, jahr-
XZif ein nichts andres aß als Hammelkopf; darum
wurde er eines Tages gefragt: ,, Warum ißt du
eigentlich weder im Sommer, noch im Winter
etwas andres?"
Er antwortete; ,, Siehst du denn nicht, wie
billig so ein Hammelkopf ist? Wann ihn einmal
der Diener vom Fleischer gebracht hat, braucht
man nichts mehr an ihm herumzuschneiden;
Kosten fürs Kochen hat man auch nicht, weil er
schon gekocht verkauft wird. Und was hat man
dann alles: die Haut, das Fleisch, die Augen, die
Ohren, die Zunge, das Hirn; ebenso viel Gerichte!
128
Begreifst du jetzt, was für ein vorteilhaftes Essen
so ein Hammelkopf ist?"
Ein Geizhals kam heim und bat seine Frau, ihm 232.
zu essen zu geben; sie briet ein Huhn und
brachte es ihm. In diesem Augenblicke pochte
ein Bettler an die Tür und sagte: „Um Gottes-
willen, schenkt mir etwas."
Der Geizige mißachtete diese Bitte und
schickte den Armen mit leeren Händen weg.
Im Verlaufe der Zeit fiel der Geizhals in Un-
glück und fand sich bald von allen Mitteln ent-
blößt; als er derart herabgekommen war, stritt er
eines Tages mit seiner Frau und schied sich von
ihr. Sie heiratete dann einen andern. Nun wollte
es Gott, daß sie eines Tages ihrem zweiten Gatten
ein Huhn kochte und es ihm just in dem Augen-
blicke vorsetzte, wo ein Bettler an die Tür klopfte
und sagte: „Um Gotteswillen, schenkt mir
etwas."
Auf der Stelle nahm ihr Gatte das ganze
Huhn, reichte es ihr und sagte: „Gib es dem
armen Menschen."
Die Frau gehorchte und erkannte in dem
Bettler, den sie an der Tür fand, ihren ersten
Mann. Sofort ging sie zu ihrem zweiten hinein
und erzählte ihm von dieser sonderbaren Be-
gegnung. Und dieser sagte: ,, Liebes Weib, wisse,
daß ich einmal betteln gegangen bin; ich war da-
mals in der äußersten Not. Aber dein Mann hat
mir nichts gegeben und ich bin mit leeren Händen
weggegangen. Nun hat ihm der Allmächtige all
sein Gut genommen, sogar so eine Frau, wie du
bist, um alles mir zu geben; sein Glück ist zu mir
Nasreddin, I. 9 129
gekommen und meine Armut zu ihm. Ich habe
seiner bedurft; jetzt bedarf er meiner."
So erzählt man diese Geschichte. Zieht
daraus, Freunde, den Nutzen, den ihr sollt. Dan-
ken wir dem Höchsten, daß er uns die irdischen
Güter zugesteht, und laßt uns, ob arm oder reich,
seinen Namen nie ohne Ehrfurcht nennen!
233. Th*'^^ Geizhals wiederholte, sooft er sich zu
Hä Tische setzte, zweimal den Spruch: „Gott,
beschütze mich!"
Eines Tages fragte man ihn: ,, Warum sprichst
du diese Bitte Tag für Tag doppelt?"
Der Geizige antwortete; ,,Das erste Mal ist
der Teufel — der Fluch sei auf ihm — gemeint;
das zweite Mal gilt sie den Gästen, damit meine
Küche von ihrem Besuche verschont bleibe."
234. A Ls Tamerlan in Akschehir war, lud er einmal
xTL den Hodscha ein, mit ihm ins Bad zu gehn,
und der Hodscha nahm die Einladung an. Ta-
merlan versah sich mit einem Badetuch, das hun-
dert Goldstücke wert war, und sie gingen hinein;
dort setzten sie sich neben der Kufe hin und
unterhielten sich. Und Tamerlan sagte zum Hod-
scha: „Wenn ich ein Sklave wäre und verkäuf-
lich, wie viel gäbest du für mich?"
,,Kaum hundert Goldstücke."
,,Aber du Dummkopf, das Badetuch ist ja
allein so viel wert."
„Das habe ich wohl überlegt," sagte der Hod-
130
scha; „sonst gäbe auch niemand für dich ein
Goldstück ^."
DEr Hodscha sagte einmal zu seiner Frau: 235.
„Bereite eine hübsche Schüssel Joghurt, da-
mit ich sie morgen Tamerlan bringe. Ich will sie
aber schon zeitlich früh haben,"
Die Frau bereitete den Joghurt und der Hod-
scha ging mit der Schüssel, nachdem er sie in ge-
stickte Handtücher gewickelt hatte, noch vor der
Dämmerung weg; er kam bei Tamerlan an und
überreichte ihm den also eingewickelten Joghurt.
Timur fragte: ,,Was ist das?"
Der Hodscha antwortete: , .Diesen frischen
Joghurt bringe ich dir, damit du ihn essest, und
diese Tücher, damit du dich nach der Waschung
abtrocknest."
Timur band die Tücher auf und nahm sie,
nachdem er den Joghurt herausgetan hatte, in die
Hand, um die Stickerei zu betrachten; diese fand
er aber jämmerlich schlecht, und so sagte er: ,,Ich
möchte mich lieber an der Hand abtrocknen, die
diese Tücher gestickt hat,"
Aber der Hodscha antwortete: ,,Die Hand,
die sie gestickt hat, ist weit; aber die Tücher sind
da und just zu dem Zwecke, den du sagst."
Eines Tages fand sich der Hodscha so von 2J5.
allem entblößt, daß ihm auch nicht ein Körn-
chen Weizen oder Gerste geblieben war. Da legte
1 Tamerlan war nicht nur, wie sein Name besagt
(Tamerlan ist entstanden aus Timur-lenk, d. i. Timur der
Lahme), lahm, sondern auch sehr häßlich; über sein Ge-
sicht zog sich eine schreckliche Narbe, Vgl. unten Nr, 327,
9* 131
er seinem Esel einen großen Sack auf, hängte
seinem Sohne eine Trommel um und ging von Tür
zu Tür, um die Barmherzigkeit der Leute anzu-
rufen. Kaum hatte er die Trommel geschlagen
und sich in dieser Verfassung gezeigt, als ihm
auch schon Männer und Frauen Gerste oder Korn
brachten, der eine ein Nösel, der andere zwei;
und der Hodscha schüttete alles in den Sack,
Schließlich kam er zu einem großen Tor, dessen
einer Flügel offen stand. Der Knabe schlug die
Trommel, aber niemand trat heraus; er stieß den
Esel in den Torweg, und da überzeugte er sich,
daß auch innen völliges Schweigen herrschte.
Nachdem sie den Esel im Stalle angebunden
hatten, lehnten Vater und Sohn eine Leiter an
das Haus und stiegen hinauf; sie kamen in einen
Vorsaal und dann in ein Zimmer, ohne daß sie
einen Laut gehört hätten.
Plötzlich traf ein Geräusch das Ohr des Hod-
schas; eine Frauenstimme sagte: ,, Jetzt wird der
Effendi bald dasein." Das wollte heißen, daß die
Herrin des Hauses an diesem Tage mit dem Kadi
der Stadt ein verliebtes Stelldichein hatte. In
diesem Augenblicke war sie im Bade, und sie
sagte zu ihren Sklavinnen, daß sie rasch heraus-
steigen müsse.
Das hörte der Hodscha alles und er sagte sich:
,,Da gilt es, einen hübschen Spaß anzustellen,"
Als er darum unverzüglich ein passendes Ver-
steck suchte, sah er ihm gegenüber ein köstliches
Zimmer, reich mit Gold verziert. Ohne zu zau-
dern, trat er ein; dort fand er den großen Bett-
schrank schier leer, und er versteckte sich mit
seinem Sohne hinter den Vorhängen.
132
Einen Augenblick darauf stieg die junge Dame
aus dem Bade; gestützt auf die Arme ihrer Skla-
vinnen kam sie in das Zimmer und setzte sich auf
den Ehrenplatz, um also die Ankunft des Kadis
abzuwarten. Der war auch bald zur Stelle; die
Sklavinnen führten ihn zu ihrer Herrin, die sich
erhob, ihm einige Schritte entgegenging, ihn unter
dem Arme faßte und ihm den Ehrensitz überließ.
Es war im Sommer und an einem der heißesten
Tage, so daß der Kadi etwas schwitzte; drum
zogen ihm die Sklavinnen seine Kleider aus und
er behielt nur die Unterhosen und ein Jäckchen
und auf dem Kopfe eine Mütze, Die Kleider
legten die Sklavinnen in eine Truhe,
Nun mußte sich der Effendi zu seiner Be-
quemlichkeit auf das Bett setzen und die Dame
setzte sich, ebenso nur leicht gekleidet, neben
seine Herrlichkeit, Nachdem sie dann ein
leichtes Mahl eingenommen hatten, tranken sie
einige Becher Wein; die Hitze tat das übrige,
und so war der Kadi bald berauscht. Als das
die Dame sah, gab sie ein Zeichen; der Kadi
wurde niedergelegt und die Sklavinnen ent-
fernten sich, so daß ihre Herrin und der Kadi
allein blieben. Der Hodscha verhielt sich immer-
fort still.
Die Dame war gut aufgelegt; sie und der Kadi
umarmten sich und begannen zu tändeln und
Küsse zu tauschen. Der Kadi benutzte den
Augenblick und entledigte die Dame all ihrer
Hüllen, Als das geschehn war, fand sie ihre
Sprache wieder und sagte: „Weißt du, Effendi,
wie die Liebe sein soll, die mein Herz be-
gehrt?"
133
„Nein, Königin meiner Seele; ich kenne auch
keine andere als die bewegliche,"
„Die, die ich liebe," sagte die Dame, ,,ist die
Kriegsliebe."
„Nach meiner Erfahrung", antwortete der
Kadi, ,,ist es die bewegliche, die den Preis ver-
dient,"
Nun sagte die verschmitzte Schöne: „Nennen
wir mein Schloß die Weiße Burg und deinen
Schlüssel den Roten Prinzen, Wann ich mich
niederlege, so daß die Weiße Burg zu sehn ist,
laß du den Roten Prinzen hervorkommen; er soll
die Weiße Burg angreifen, ohne viel Umschweife
das Tor stürmen und als Sieger einziehen."
Bei diesen Worten sagte sich der Hodscha:
„Sie beabsichtigen also einen Krieg; aber es fehlt
ihnen der Spielmann, der zum Sturme das Spiel
schlüge: wann sie so weit sind, werde ich trom-
meln,"
Da legte sich auch schon die Dame auf den
Rücken und die Weiße Burg bot sich den Blicken
des Kadis ; der holte unverdrossen den Roten Prin-
zen hervor und ließ ihn stürmen. Kaum war dann
der Eingang erzwungen, machte Nasreddin seinem
Sohne ein Zeichen und sagte: „Rühre die Trom-
mel; es gibt keinen ordentlichen Sturm, ohne daß
das Spiel geschlagen würde."
Der Sohn nahm die Schlägel und begann den
anbefohlenen Wirbel. Als der Lärm in dem
Schranke losging, bekamen der Kadi und die
Dame Angst: mit den Worten „Das ist kein gutes
Zeichen" liefen sie aus dem Zimmer, und sie
eilten durch den Vorsaal und blieben nicht eher
stehn, als bis sie unten waren. Dann sahen sie
134
einander ganz betäubt an, und ohne ein Wort
herausbringen zu können, weil sie vor Bestürzung
die Sprache verloren hatten.
Der Hodscha aber sah in diesem Abenteuer
eine Gelegenheit, Beute zu machen. Er verließ den
Bettschrank, öffnete die Truhe und bemächtigte
sich der Kleider des Kadis und dessen Turbans;
dann stieg er ohne Verzug die Leiter hinunter,
ging in den Stall, wo das Maultier des Kadis
neben seinem Esel stand, legte die Kleider in den
Sack, übergab den Esel seinem Sohne, band für
sich selber das Maultier los, verschwand aus dem
Hause und eilte heim. Dort stellte er das Maul-
tier ein, verschloß den Turban und die Kleider
und setzte sich nieder.
Seine Frau fragte ihn: „Woher hast du diese
Sachen und das Maultier?"
„Sie gehören mir; sie sind mir als Beute zu-
gefallen."
Während sich der Hodscha in seinem Herzen
freute und der süßen Ruhe genoß, sagte die Dame
und der Kadi, die, wie wir erzählt haben, voller
Schrecken hinuntergelaufen waren: „Es muß ein
Geist dasein." Da sie sich nicht hinauf zugehn
getrauten, rief die Dame eine Sklavin und befahl
ihr: „Geh hinauf und suche die Kleider des Herrn
Kadi."
Die Sklavin, die sich ebenso fürchtete, ging
langsam und mit tausendfacher Vorsicht die
Treppe hinauf, die zu dem Saale führte: sie
schaute durch die Tür ins Zimmer hinein und sah
niemand drinnen; sie öffnete den Bettschrank
und die Truhe, ohne etwas zu entdecken, und
kam wieder herunter. „Es ist niemand oben,"
135
sagte sie zu der Dame und dem Effendi, , »weder
ein Teufel, noch ein Geist,"
Noch immer von tausenderlei Vermutungen
beunruhigt, stiegen sie hinauf und setzten sich
nieder; und der Kadi sagte: „Das war kein gutes
Zeichen; verschieben wir unser Vergnügen auf ein
andermal. Man bringe mir ungesäumt meine
Kleider, daß ich mich anziehe und weggehe."
Die Dame befahl den Sklavinnen, die Kleider
des Kadis zu bringen; aber die, die die Truhe
öffnete, fand drinnen weder Kleider, noch Tur-
ban. Sie meldete es ihrer Herrin, und die sagte
es dem Kadi. Der Kadi versank in Nachdenken;
er war völlig verwirrt und konnte sich nicht ent-
rätseln, wie das zugegangen sein mochte: nackt
war er ja vom Gerichtshause sicherlich nicht weg-
gegangen. Endlich sagte er: „Was geschehn
sollte, Liebste, ist geschehn; was sich erfüllen
sollte, ist zur Wirklichkeit geworden," Dann
schrieb er einen Brief an seinen Haushofmeister:
„Gib dem Überbringer einen vollständigen Anzug,
vom Kopf bis zum Fuß," Und indem er das
Schreiben faltete, schloß und siegelte, bat er die
Dame, damit jemand wegzuschicken.
Die Dame ließ den Brief durch ihre Amme be-
fördern. Die ging geradewegs ins Gerichtshaus
und übergab ihn dem Stellvertreter des Kadis,
dem Na jb-Ef feudi. Er nahm Kenntnis von dem
Inhalte und sah, daß der Kadi eine Mütze, einen
Turban , Unterhosen und alles übrige haben
wollte; er rief den Haushofmeister und teilte ihm
alles mit. Dieser ließ sich, dem Briefe gemäß,
im Harem einen vollständigen Anzug ausfolgen
und übergab den Pack der Amme, und die brachte
136
ihn rasch dem Kadi. Der Kadi kleidete sich an,
gürtete sich und band sich den Turban um; als er
dann gehn wollte, erinnerte er sich des Maultiers
und befahl es ihm vorzuführen. Eine Sklavin lief
in den Stall; da sie es aber nicht vorfand, schrien
sie: „Effendi, das Maultier ist nicht da,"
Der Kadi war zwar verdutzt über dieses neue
Ereignis, nahm aber, ohne noch weiter zu ver-
ziehen, von der Dame Abschied; er war so ver-
stört, daß er auf dem ganzen Wege zum Gerichts-
hause nicht vor und nicht hinter sich sah. Als er
dann auf seinem Sitze ausruhte, rief er sich alles,
was er tagsüber erlebt hatte, ins Gedächtnis zu-
rück. Bald darauf ging er heim und legte sich, da
es Nacht geworden war, schlafen.
Am nächsten Tage verließ er seinen Harem
schon in der Morgendämmerung und ging sein
Amt als Richter versehn. Nachdem sich einige
Freunde , die ihn zu unterhalten gekommen
waren, entfernt hatten, wandten sich seine Ge-
danken, wie er so allein war, wieder den Vorfällen
des Abends zu; aber je mehr er nachdachte, desto
mehr verwundert war er.
Unterdessen zog der Hodscha Nasreddin die
Kleider des Kadis an, wickelte sich dessen Tur-
ban um und hüllte sich in dessen Mantel; und in
dieser Tracht bestieg er das Maultier des Effen-
dis und begab sich aufs Gericht, Den Dienern
des Kadis entging es, als sie ihn ansahen, keines-
wegs, daß er all die Kleider ihres Herrn trug und
auch dessen Maultier ritt; sie liefen auch alsbald
zum Kadi, um ihm das zu melden. ,,Herr,"
sagten sie, „Nasreddin-Effendi, der jetzt kommt,
hat dich bestohlen; sieh dir nur die Kleider an,
137
die er am Leibe hat, und das Maultier, das er
reitet."
Aber der Kadi sagte: „Gebt acht, was ihr
sagt; man darf niemand leichtfertig anklagen."
Inzwischen stieg der Hodscha ab, band das
Maultier unten an der Stiege an, ging hinauf und
begrüßte den Kadi. Der gab ihm den Gruß zu-
rück, erhob sich und ließ den Hodscha, um ihm
eine Höflichkeit zu erzeigen, den Ehrensitz ein-
nehmen; er bot ihm einen vortrefflichen Kaffee an
und überhäufte ihn mit ehrenvollen Aufmerksam-
keiten. Schließlich ließ er alle lästigen Zuhörer
entfernen und richtete geradeaus an den Hodscha
die Frage: ,, Woher hast du diese Kleider,
Hodscha-Effendi, und woher hast du das Maul-
tier?"
,,Sowahr mir Gott helfe," antwortete Nasr-
eddin, , »gestern hat hier ein Kampf stattgefunden:
der Rote Prinz hat die Weiße Burg gestürmt.
Als der Kampf am hitzigsten war, bemächtigte
sich der Streitenden ein jäher Schrecken, und ich
raffte die Beute auf, die auf dem Schlachtfelde
verblieben war."
Aus diesen Worten begriff der Kadi leicht,
worum es sich handelte; er änderte seine Hal-
tung und sagte zum Hodscha: ,,Da es deine Beute
ist, ist es billig, daß du sie behältst; vielleicht muß
sie sogar noch vergrößert werden, damit du,
wenn man dich fragt: ,Hast du das Kamel ge-
sehn?', antwortest: ,Es muß samt seinem Füllen
verzehrt worden sein; ich habe weder das Kamel,
noch das Füllen gesehn.' "
Der Hodscha erwiderte: „Wenn das so sein
soll, so gib mir den Preis des Kamels, damit sich
138
unser Mund so schließe, daß ihm auch nicht ein
Wörtchen entfällt,"
Sowohl um den Wunsch des Hodschas zu er-
füllen, als auch der eigenen Ruhe halber reichte
ihm der Kadi zwanzig Goldstücke, indem er ihm
noch einmal ans Herz legte, ja nichts verlauten
zu lassen. Und der Hodscha antwortete: „Wie
sollte denn etwas bekannt werden? Alles bleibt
unter uns, besonders wenn du mir statt des
Kamelfüllens das Maultier geben willst; das ist
dann alles, was ich von dir haben will."
„Einverstanden," sagte der Kadi, und er er-
teilte seinen Dienern die entsprechenden Auf-
träge. Die Diener führten dem Hodscha das
Maultier vor und boten es ihm an; alsbald ver-
abschiedete er sich von dem Kadi, stieg in den
Sattel und ritt heim.
Von nun an trug er stets die Kleider, den
Mantel und den Turban des Kadis und ritt stets
das Maultier; außerdem hat er, nach dem, was
erzählt wird, das Geheimnis keinem Menschen
mitgeteilt.
MAn erzählt, daß der Hodscha einmal ein 237,
Kalb hatte; einen Tag tränkte und fütterte
es seine Frau, am andern Tage er, an wen eben
die Reihe kam. Nun wurde an einem Tage, wo
es an der Frau war, diese Verrichtungen zu be-
sorgen, ihnen gegenüber eine Hochzeit gefeiert,
wozu man die Frau eingeladen hatte; da sagte
sie zu ihrem Manne: „Wie werden wir es dies-
mal halten?"
Er antwortete; ,,Wir wollen ein Überein-
kommen treffen: wer von uns zuerst ein Wort
139
spricht, muß dem Kalbe zu trinken und zu fressen
geben."
„Einverstanden," antwortete sie.
Nach diesem Gespräche ging der Hodscha ins
Haus und seine Frau ging zur Hochzeit.
Nun hatte sich just an diesem Tage ein
Zigeunertrupp vor der Stadt gelagert, und die
Frauen hatten sich in den Straßen zerstreut und
sahen rechts und links, ob es etwas zu stehlen
gebe. Von ungefähr trat eine in das Haus des
Hodschas; dort herrschte völliges Schweigen, Im
Harem angelangt, sah sie den Hodscha, der
durchaus stumm blieb. Augenblicklich machte
sie sich daran, das Haus zu durchstöbern, las
alles zusammen, was sie fand, und steckte es in
ihren Sack; den Hodscha hatte sie leicht an-
schauen: er verharrte in seinem Schweigen. Ohne
weitere Bedenken nahm sie ihm die Mütze und
den Turban vom Kopfe, und er verlor darüber
kein Wort; „wenn ich spreche," sagte er sich,
„muß ich das Kalb tränken." So schenkte er
denn dem Treiben der Zigeunerin nicht die ge-
ringste Aufmerksamkeit; sie benutzte das und
machte sich davon.
Inzwischen wurde im Hause des jungen
Paares das Mahl aufgetragen, und die Frau des
Hodschas belud eine Schüssel mit Speisen, um
sie dem Hodscha zu bringen. Als sie heimkam,
sah sie, daß man das Haus so gründlich aus-
geplündert hatte, daß nicht einmal der Turban
oder die Mütze auf des Hodschas Kopf verblieben
war. Da brach sie das Schweigen und sagte:
„Hodscha, wohin sind denn alle unsere Sachen
gekommen?"
140
„Du hast gesprochen," schrie nun Nasreddin;
„du mußt also heute unser Kalb tränken und
füttern!"
MAn erzählt, daß einmal in der Landschaft 238.
Diarbekr ein kleiner Kaufmann war, der
sein Geschäft betrieb, indem er von Dorf zu Dorf
wanderte. Eines Tages trug er eine Last Trau-
ben. Die Nacht fiel ein, als er noch im Freien
war, aber niemand wollte ihm Gastfreundschaft
gewähren,' Schließlich sah er eine Frau, die vom
Flusse kam. Er näherte sich ihr, als sie eben in
ihr Haus treten wollte, und sagte ihr, daß ihm,
weil er Trauben trage, niemand habe ein Nacht-
lager geben wollen trotz der geheimen und ent-
wickelten Vorteile, womit ihn die Natur aus-
gestattet habe. Die Frau unterließ es keineswegs,
diese seine letzten Worte zum Gegenstande ihrer
Überlegungen zu machen; unverzüglich trat sie
ins Haus, ging zu ihrem Manne und sagte zu
ihm: „Wie ich höre, ist gegenwärtig der Sohn
meines Oheims im Dorfe; er ist, sagt man mir,
ein herumziehender Händler, Warum hast du
ihn nicht eingeladen?"
Der Mann antwortete: „Aber wieso hätte ich
denn von seiner Ankunft erfahren sollen?"
Sie erwiderte: „Nicht einmal ein Hund wird
sich getrauen, sich irgendwo einzufinden, wenn
man ihn nicht gerufen hat,"
Nach diesem Gespräche ging der Gatte den
Mann mit den Trauben suchen und lud ihn ein,
zu ihm zu kommen. Die Frau beeilte sich mit
dem Empfange und sagte zu ihm: ,, Willkommen,
Vetter! Glück zur Ankunft!" und überhäufte ihn
141
mit Aufmerksamkeiten, Und als es Nacht wurde,
bereitete sie ihm ganz nahe dem Schlafzimmer
auf einem Sofa ein Bett, Er legte sich nieder und
die Eheleute taten desgleichen. Einen Augen-
blick später schlief der Gatte, der sehr müde war;
alsbald erhob sich die Frau geräuschlos und ging
zu dem Kaufmanne, Sie unterhielten sich wohl
miteinander; aber die Frau fand seine Waffen
doch nicht so besonders, wie er früher gesagt
hatte. Und sie sagte zu ihm: ,, Freund, du hast
mir deine Vorteile arg übertrieben; es ist nichts
da, was etwas wert wäre,"
„Ach, Frau," antwortete er, ,,ich habe mehr,
als du siehst; aber ich war, es ist eine Zeit her,
gezwungen, es zu verpfänden,"
Sie sagte voll Lebhaftigkeit: „Wie viel hast
du darauf entlehnt?"
Er antwortete; ,, Zwanzig oder dreißig Toman."
Die gab sie ihm auf der Stelle und trug ihm
auf, sein Pfand holen zu gehn und es ohne Fehl
in der nächsten Nacht zu bringen.
Am Morgen stand der Kaufmann auf und ging
von neuem seine Trauben im Dorfe ausbieten.
Als es Abend wurde, fragte er sich, wie er es
anfangen solle, um seine Wirtin zufrieden zu
stellen. In diesen Gedanken versunken, be-
merkte er auf einmal, daß ein Bienenschwarm
seine Regungslosigkeit benutzt hatte, um sich
auf dem Korbe mit den Trauben zu ver-
sammeln; da schrie er: „Ich habs!" Er nahm
eine Biene und drückte sie auf das Werkzeug,
das als zu geringfügig befunden worden war: die
Biene versenkte ihren Stachel hinein; es zeigte
sich eine Entzündung, und das Ding schwoll der-
142
maßen an, daß man schier nicht hätte erraten
können, was es war. Das getan, ging er die Frau
aufsuchen; sie war gerade allein zu Hause. Und
sie fragte ihn: ,,Hast du es ausgelöst aus den
Händen der Wucherer?"
,, Jawohl,"
Ais es Abend war, ging man zu Tische; dann
kam die Zeit, schlafen zu gehn. Alle drei legten
sich so nieder wie in der Nacht vorher, und man
hatte keine Acht darauf gehabt, das Bett des
Fremden nicht neben dem Schlafzimmer zu be-
reiten.
Kaum war ihr Gatte eingeschlafen, so kam
schon die Frau zu dem Kaufmanne, den die
Schmerzen kein Auge zutun ließen und der sich
in seinem Bette wand wie auf einem Roste, Bei
dem Anblicke, der sich ihr bot, glaubte die Frau
vor Wonne zu vergehn; dabei kam ihr ein Wind
aus. ,,Wie?" schrie der Fremde; und mit einem
in Diarbekr üblichen Ausdrucke: ,, Deinem Mann
in den Bart?"
,,0 nein," sagte die Frau, ,,den armen trifft
kein Vorwurf, aber dich desto mehr; hast du dich
doch, obwohl du weißt, wie unschätzbar das ist,
was du hast, nicht gescheut, es zu verpfänden!"
Eines Tages sagte der Hodscha zu seinen 239.
Freunden: ,,Ein Sommernachmittag ist so
viel wert wie drei ganze Tage im Winter."
Sie fragten ihn: ,,Wie das?", und er ant-
wortete: „Ich weiß es aus Erfahrung: als ich
meinen Kaftan im Winter gewaschen habe,
brauchte er drei Tage, um zu trocknen; dann habe
143
• ich ihn an einem Nachmittag im Sommer ge-
waschen und da war er noch vor Nacht trocken."
240. t^ Inmal sagte der Hodscha: „Zwischen der
XZtf Jugend und dem Alter ist kein Unter-
schied.**
Man fragte ihn: „Wieso denn?", und er ant-
wortete: „Vor unserer Tür liegt ein Stein; nur
wenige Leute sind imstande, ihn zu heben. In
meiner Jugend habe ich versucht, ihn zu heben,
und es ist mir nicht gelungen; später und dann
jetzt, wo ich ein Greis bin, ist mir das eingefallen,
und ich habe es von neuem versucht, aber ich
habe ihn wieder nicht heben können. Diese Er-
fahrung ist es, warum ich sage, daß zwischen der
Jugend und dem Alter kein Unterschied ist."
241. T^^"^ Hodscha Nasreddin — Gottes Barmherzig-
J-^ keit über ihn — war vor kurzem aus diesem
vergänglichen Leben in eine bessere Welt abge-
schieden; sein erlauchtes Grab war neben einer
ehrwürdigen Moschee, Als nun an einem Frei-
tage das Volk zum Gebete versammelt war, hörte
man plötzlich eine jauchzende Stimme: „Musel-
manen, der Hodscha Nasreddin hat sein Grab
verlassen; er reitet auf seinem Grabsteine, er
schreit und ist lustig.*'
Auf diese Worte hin liefen die Gläubigen aus
der Moschee, und augenblicklich stürzte hinter
ihnen die Kuppel ein; niemand erlitt auch nur
die geringste Verletzung.
Ihr erseht, meine Freunde, eine wie hohe
Stelle der erlauchte und glorreiche Hodscha
Nasreddin unter den Heiligen einnimmt, die Gott
144
den Allmächtigen umgeben, da ihm erlaubt
worden ist, sogar nach seinem Tode Wunder
zu tun.
Über ihn sind viele glaubwürdige Geschichten
aufgezeichnet worden; aber noch zahlreichere
sind mit Unwahrheiten behaftet. Gott weiß, wie
es damit steht! Aber erinnern wird man sich
seiner bis zu dem Tage des jüngsten Gerichtes!
Die Barmherzigkeit Gottes sei mit ihm, die
Barmherzigkeit und die Verzeihung!
Eines Tages predigte der Hodscha Nasreddin 242.
in Siwri-Hissar; und er sagte, mit dem Kopfe
wackelnd: „Muselmanen, das Klima in dieser
Stadt ist dasselbe wie in Kara-Hissar."
Man fragte ihn: „Wieso denn?", und er ant-
wortete: „In Kara-Hissar habe ich mich entblößt
und mein Glied betrachtet: es hing schlaff über
dem Beutel; hier habe ich mich entblößt und es
betrachtet: es war ebenso."
Eines Tages stieg der Hodscha auf die Kanzel 243.
und predigte: „Danken wir, Muselmanen,
dem wahrhaftigen und allmächtigen Gotte, daß
er nicht wollte, daß wir den Hintern in der Hand
hätten; sonst würden wir uns mehr als hundert-
mal täglich die Nase schmutzig machen."
Wieder stieg der Hodscha auf die Kanzel 244.
und begann zu sprechen: „Ewigen Dank
müssen wir Gott sagen, Muselmanen, daß er das,
was er uns für vorne gegeben hat, nicht hat
hinten anbringen wollen; sonst hätte jeder schier
unfreiwillig den Gesellen Lots gleich werden
Nasreddin, I. IQ 145
müssen, indem er das getan hätte, wovor sich nur
Lot allein hat bewahren können,"
245. A Ls sich der Hodscha eines Tages erging,
XA. sah er einige Frauen, die Kleidungsstücke
wuschen. Er trat näher an sie heran, und da
entblößten sie sich. Und sie fragten ihn: „Wie
heißt das?"
Der Hodscha antwortete: ,,Auf Türkisch heißt
es Am", ohne irgendeine Umschreibung zu ge-
brauchen.
Sie antworteten: ,, Jedenfalls ist es das Para-
dies des Armen,"
Der Hodscha ging weg; er wickelte seinen Sik
in ein Stück Leinwand wie in ein Leichentuch
und legte einen Hobelspan herum, der die Stelle
des Sarges vertreten sollte, und kam also zurück,
Sie sagten zu ihm: ,,Was ist das, Hodscha?"
„Das ist ein Armer, der gestorben ist; jetzt
will er ins Paradies,"
Um diesen Wunsch zu erfüllen, nahm ihn
eine in die Hand; der Beutel aber blieb außer-
halb und sie sagte: „Was ist das?"
Der Hodscha antwortete: „Das sind die Kin-
der des Armen, die sein Grab besuchen ge-
kommen sind."
246. '7Wei Männer erschienen vor dem Hodscha
^^ und der eine sagte: „Ich habe dem da Geld
gegeben, und er gibt es mir nicht zurück,"
Der Hodscha sagte: „Warum bezahlst du ihn
nicht?"
Der gefragte antwortete: „Der Grund ist, daß
ich kein Geld habe."
146
Der Gläubiger sagte: „Soll ich mich mit
solchen Gründen bezahlen lassen, Effendi?
Mach ihm doch ein bißchen Angst, ich bitte
dich."
Sofort hielt der Hodscha je einen Finger an
seine Augen und einen an den Mund und schrie:
„Wau!", wie man tut, wenn man die kleinen
Kinder schrecken will; „und jetzt gib ihm sein
Geld."
DEm Hodscha wurde ein Mann vorgeführt, um 247.
verhört zu werden. Der Hodscha ließ ihn
auf die Folter spannen und ihn schließlich an
den Armen aufhängen; dabei sagte er immerfort
zu ihm: „Gesteh doch."
Endlich wurde er der Sache überdrüssig und
ließ ihn abnehmen; da schrie der gefolterte;
„Noch einen Augenblick, und ich hätte alles
gesagt."
Trotzdem ließ ihn der Hodscha ruhig weg-
gehn.
MAn führte dem Hodscha, der damals Kadi 248-
war, einen Mann vor und sagte, um ihn zu
verklagen: „Er hat eine Katze besprungen." Da
Zeugen dafür dawaren, war ein Leugnen unmög-
lich. Der Hodscha aber fragte ihn: „Wie hast
du sie denn genommen?"
„Ich habe, du weißt schon, was ans Pförtchcn
gebracht und habe mir, indem ich sie bei den
Pfoten hielt, den Eintritt erzwungen; es ist so
gut gegangen, daß ich es zweimal habe wieder-
holen können,"
„Wahrhaftig," schrie der Hodscha, indem er
10* 147
ihn voll Bewunderung anblickte, ,,du bist wahr-
haftig mein Meister in diesem Spiele; hab ichs
doch schon mehr als dreißigmal so wie du ver-
sucht, ohne daß es mir auch nur einmal gelungen
wäre."
249. "KKAn brachte zwei Krüge zum Hodscha, der
^''l. eine voll Sesamöl, der andere voll Urin;
zugleich führte ihm die Scharwache zwei Männer
vor, deren jeder behauptete, das Öl gehöre ihm,
und es handelte sich darum, es einem von den
beiden zuzusprechen.
Der Hodscha befahl: „Sie sollen beide ihr
Wasser ablassen und zwar in verschiedene Ge-
fäße; den Krug mit Öl soll dann der haben, der
Öl pißt."
250. "T^^r Hodscha schnitt sich die Nägel und man
U sagte zu ihm: „Die Abschnitzel mußt du in
einer Fußtapfe vergraben."
Der Hodscha stand auf, ging sie vergraben,
wie man ihm gesagt hatte, und verrichtete dar-
über seine Notdurft. Als man ihn fragte: „Was
machst du da, Hodscha?", antwortete er: „Ich
will den Ort bezeichnen, damit ihr ihn leichter
kennt."
251. OEine Frau sagte zum Hodscha: „Ich gehe ins
O Bad; gib, solange ich abwesend bin, auf das
Kind acht." Kaum war sie gegangen, begann das
Kind zu schreien. Nun hatte der Hodscha neben
sich eine Schüssel Joghurt stehn; damit be-
schmierte er seinen Sik und fand auf diese Weise
ein Mittel, den Hunger des Säuglings zu stillen.
148
„Sehr gut, Hodscha," sagte seine Frau, als sie
zurückkam und das Kind schlafend fand; „sehr
gut!"
„Ach, Liebste," antwortete der Hodscha, „bis
du gekommen bist, habe ich ihn neunmal von
diesem Sik Joghurt saugen lassen; wenn du das
getan hättest, schliefest du auch."
HOdscha," sagte eines Tages seine Frau zu 252.
ihm, ,,du gehst von mir geradeso weg wie
vom Abtritt,"
Als er nun einmal vom Abtritte wegging, ließ
er wirklich einen Wind. Einer, der vorbeiging,
sagte zu ihm: „Das ist eine Schande,"
Er antwortete: „Das ist diese Dirne, von der
ich gelernt habe, aufzumachen, was man nicht
soll,"
Eines Tages sagte der Hodscha zu seiner Frau: 253.
„Koch mir Halwa," Seine Frau bereitete die
Kuchen und gab sie ihm; er legte sie in eine
Schachtel, Als er nun damit auf dem Wege war,
lockten ihn die Kuchen; er begann ein bißchen zu
essen, dann noch ein bißchen, bis schließlich alles
verzehrt war. So kam er zum Bei, und der
schrie, kaum daß er ihn erblickt hatte: „Will-
kommen, Hodscha!"
„Gnädiger Herr," sagte Nasreddin, „ich habe
dir eine Schachtel Halwa mitgebracht; wenn du
mir nicht glaubst, so schau dir die Schachtel an,
die ich dahabe," Und er zeigte ihm die Schachtel.
149
254. "KA ^^ brachte dem Sohne des Hodschas weißen
1^1. Halwa und fragte ihn: „Was ist das?"
Er besah die Kuchen von allen Seiten und
sagte: „Das ist ein Topf mit weißen Zwiebeln."
Da schrie der Hodscha: „Gott soll mich
strafen, wenn er das von mir gelernt hat!"
255. t^ Ines Tages sah der Hodscha einen hübschen
JZtf Esel; augenblicklich trat er an ihn heran
und nahm ihn her. Kaum war er fertig, als zwei
Männer daherkamen, und die fragten ihn: „Was
machst du da, Hodscha?"
„Seht ihrs denn nicht?" antwortete er; ,,ich
mache, daß ich von diesem Vieh wegkomme."
256. k^ Ines Tages besprang der Hodscha ganz nahe
I2ä bei einer Moschee einen Esel; ein Mann, der
vorbeiging, spuckte aus. Da schrie der Hodscha
voll Unwillen: ,,Wenn ich nicht eben beschäftigt
wäre, würde ich dich lehren, hier ausspucken!"
257. t^ Ines Tages besprang der Hodscha seinen
XIrf Esel; da er einen Mann herankommen sah,
bedeckte er sich mit seinem Mantel. Der Mann
trat näher; er hob einen Zipfel des Mantels und
schrie: ,,Wer ist das?"
Der Hodscha antwortete: „Sieh nach, bitte,
was imstande gewesen ist, mich in diese Lage
zu bringen; ich wenigstens weiß von gar nichts."
258. 'Jr\ET Hodscha hatte eines Tages seinen Esel
J-^mit Schilf beladen. Da er bemerkte, daß die
Last auf der einen Seite schwerer war als auf
der andern, sagte er: „Ich will den schwerern
150
Bund anzünden; so wird sich das Gleichgewicht
herstellen, und überdies werde ich mich, da mir
sowieso kalt ist, wärmen können." Kaum spürte
aber der Esel die Wärme, als er davonzulaufen
begann. Der Hodscha setzte ihm nach und
schrie: ,,Hat man dich denn beim Füttern nicht
getränkt, daß du es so eilig hast, zum Wasser
zu kommen?"
ALs einmal der Hodscha seinen Esel verloren 259.
hatte, sagte einer zu ihm: ,,Ich habe ihn
dort und dort als Muezzin gesehn," Der Hod-
scha ging in die ihm genannte Ortschaft, und als
er ankam, stieg eben ein Muezzin aufs Minaret,
um zum Gebete zu rufen; und der Hodscha
schrie, als er das sah: ,, Woher kommt denn der
Unselige!" Dann nahm er seinen Sack vom
Rücken, nahm eine Handvoll Gerste und zeigte
sie, wie man es macht, wenn man einen Esel ruft,
dem Muezzin und rief: ,,Tschosch, Tschosch!"
Der Muezzin sah vom Minaret aus, daß ihm
der Hodscha etwas anbot; er dachte, der Hodscha
wolle ihn herunterlocken, um ihm einen Streich
zu spielen, und so sagte er: „Du willst mich
foppen; aber die Kosten wirst du bezahlen,"
Über diese Antwort war der Hodscha ganz
verdutzt.
Eines Tages besprang der Hodscha seinen Esel 260,
und legte sich dann mitten auf dem Wege
in der Sonne neben ihm nieder, den Sik entblößt.
Ein Mann kam dazu, und der schrie: ,,Was
machst du da? das ist schändlich!"
„Ah," sagte der Hodscha, „warum sollte ich
151
ihn nicht trocknen lassen? wenn ich ihn bei
meiner Frau gebraucht habe, tue ichs ja auch,"
261, "T^Er Hodscha hatte acht Esel; auf einen stieg
JL/ er. Als er dann seinen Ritt gemacht hatte,
zählte er sie, brachte aber nur sieben heraus; er
vergaß nämlich den, auf dem er saß. Nachdem
er abgestiegen war, brachte er acht heraus; über
diese Erscheinung war er ganz verdutzt, so daß
ihn einer, der vorüberkam, fragte, worüber er
sich wundere. Er schrie: ,, Früher waren es nur
sieben; jetzt sind es auf einmal acht."
,,Der, auf den du gesessen hast, hat eben die
Zahl vollgemacht."
Und der Hodscha antwortete: „Ja, wie hätte
ich denn sehn sollen, was ich am Hintern hatte?"
262. TT* Ines Tages ging der Hodscha mit seinem
XL Amad auf die Jagd, Er hatte einen Falken
auf der Hand; sie ließen ihn steigen und er setzte
sich auf einen Ochsen, Alsbald schlang der
Hodscha einen Strick um den Kopf des Ochsen,
zog ihn zu sich nach Hause und band ihn an.
Der Eigentümer ging seinen Ochsen suchen und
fand ihn schließlich beim Hodscha; da sagte er
zum Hodscha: ,,Der Ochs ist mein; wieso hast
du ihn hier angebunden?"
„Potzteufel, Dummkopf," antwortete der Hod-
scha, „mein Falke hat ihn gebeizt; er ist meine
Jagdbeute."
Sie gingen mitsammen zum Kadi und er-
klärten ihm den Fall. Der Kadi schrie: ,,Aber
Hodscha, seit wann fängt denn ein Falke einen
Ochsen?"
152
„Nun," antwortete Nasreddin, „auf das Kamel
zu beizen, ist gewiß nicht verboten; sollte denn
zwischen einem Vieh und dem andern mehr
Unterschied sein als zwischen ihnen und dir?"
DEr Amad sagte eines Tages zum Hodscha: 263.
„Hodscha, du bist nicht imstande, dich,
wenn man Speisen vor dich hinstellt, so zurück-
zuhalten, wie die gebildeten Fremden tun, die
nach ein paar Bissen zu essen aufhören."
,,Amad," antwortete der Hodscha, ,,ich werde
mir einen Faden an die Zehe binden; wenn du
bemerkst, daß ich zu viel esse, so ziehe daran,"
Dergestalt miteinander einig, wurden einmal
der Hodscha und sein Amad zu einem Mahle
eingeladen. Eben war das Auftragen beendigt,
als eine Katze ihre Pfote auf den Faden legte,
der an dem Fuße des Hodschas befestigt war;
sofort hörte der Hodscha zu essen auf.
Man fragte ihn: „Warum ißt du nichts,
Hodscha?"
„Warum ich nicht esse?" schrie er; „mein
Amad zieht ja am Faden!"
Eines Tages wollte der Hodscha der Liebe 264.
pflegen; aber von ungefähr setzte sich eine
Biene auf sein männliches Glied. Da schrie er:
,,Du weißt also ganz gut, was gut ist; es ist auch
wahrhaftig eine Blume, die gewählt zu werden
verdient, wenn es gilt, Honig zu bereiten!"
Eines Tages legte man dem Hodscha die Frage 265.
vor: ,,Was soll die Versammlung tun, wenn
der Imam einen Wind läßt?"
153
„Was sie tun soll," antwortete der Hodscha;
„aber es ist klar, sie muß scheißen."
266. A Ls der Hodscha eines Tages auf dem Markte
Xx. war, besahen sich die Leute sein Geld be-
sonders aufmerksam; da sagte er zu einem: ,,Was
siehst du denn daran außergewöhnliches? ist es
vielleicht das, das der Bankhalter deiner Mutter
versprochen hat, um bei ihr zu schlafen?"
267. "TVEr Hodscha, der schon einen weißen Bart
JL/ hatte, sah eines Tages eine Schar Frauen,
die eine Braut dem jungen Gatten zuführten. Da
verließ ihn seine Kaltblütigkeit und er tat ihnen
einen Schimpf an. Sie sagten zu ihm: ,, Schämst
du dich denn nicht? wie kannst du dich denn bei
deinem weißen Barte so wenig zurückhalten?"
„Frißt vielleicht", antwortete er, „ein weißer
Hund weniger Dreck als ein anderer?"
268. Ij^ Ines Tages wollte der Hodscha in der Nach-
jCät barschaft einen Becher entleihen; da sagte
seine Frau zu ihm, indem sie sich entblößte:
,,Nimm den da!"
,, Meinetwegen," antwortete er, indem er sich
auch entblößte; „der Klotz da wird ihn schon in
die richtige Form bringen."
269. A Ls der Hodscha eines Tages in den Busch
S^ ging, begegnete er einem reitenden Boten.
Bald darauf sah er, nachdem er auf seinen Esel
gestiegen war, nach allen Seiten herum, konnte
aber den Reiter nicht erblicken; dann sah er ihn
wieder und da schrie er; „He, Mann! he, Mann!"
154
Der antwortete: ,,Du sollst nicht Mann sagen;
du mußt Bote sagen."
Nach einer kleinen Weile sagte der Hodscha,
sich über seinen Esel beklagend: „Da schau einer
dieses Füllen an!"
Der andere sagte: „Das ist kein Füllen; das
ist ein ausgewachsener Eselshengst."
Und der Hodscha antwortete: „Ich habe meine
Gründe, ihn nicht Esel zu nennen; mein Vater
hat uns nämlich miteinander aufgezogen."
DEr Hodscha nahm eines Tages den Esel 210.
seines Nachbars und ging mit ihm ins Ge-
birge. Auf dem Wege kam er an einen Fluß,
der über die Ufer getreten war; er versuchte ihn
auf dem Esel reitend zu übersetzen, aber die
Strömung packte den Esel und er konnte ihn
nicht retten.
Als er betrübt heimkam, fand sich der Eigen-
tümer des Esels bei ihm ein und forderte ihn zu-
rück. Und der Hodscha sagte: „Als ich über
denundden Fluß setzte, hat ihn die Strömung mit
sich fortgerissen."
Der Herr des Esels ging weg, aber bald darauf
wurde der Hodscha zum Kadi gerufen; und dem
antwortete er: ,,Ef feudi, um diesen Esel wieder-
zubekommen, heißt es sich an unsere Freunde
wenden; der eine hat den Kopf, der andere den
Schwanz und so weiter."
Eines Tages sah der Hodscha auf dem Markte 211.
eine Frau; er trat auf sie zu und fragte sie:
„Was hast du zu verkaufen?"
„Was ich auf dem Rücken trage."
155
„Willst du nicht vielleicht einen tüchtigen
Schwanz kaufen?"
Sie schrie: „Du bist wahrhaftig verrückt!"
Aber der Hodscha antwortete, ohne irgendwie
ungehalten zu sein: „Glaub es mir: wenn du
keinen Schwanz kaufen und kein Loch verkaufen
willst, so hast du auf dem Markte nichts zu tun."
212. TT* Ines Tages stieg der Hodscha auf die Kanzel
"^ und sagte: ,, Danken wir Gott, Muselmanen,
daß er sich in seiner Allmacht einen Palast hat
erbauen können ohne Säulen; denn sonst hätte
er Steinbäume gebraucht, und deren Früchte
hätten uns, je nachdem sie reif geworden wären,
beim Herunterfallen erschlagen."
213. A Ls der Hodscha einmal seine Straße ging,
±\. fand er ein totes Huhn auf dem Wege
liegen. Augenblicklich hob er es auf; er trug es
heim, rupfte und kochte es und setzte es auf
den Tisch. Da schrien die Leute, die dabei
waren: ,,Aber Hodscha, das Huhn ist unrein; es
hat ja sein Leben nicht durch die Hand eines
Menschen verloren."
„Ihr Narren," schrie der Hodscha, „soll es
denn unrein sein, weil es Gott getötet hat und
nicht ihr?"
214. TJ'Iner von den Nachbarn des Hodschas Nasr-
Jl^ eddin war gestorben, und die andern luden
den Hodscha ein, die vorgeschriebenen Bräuche
zu vollziehen. Er sagte bereitwillig zu; er be-
gleitete sie, der Tote wurde gewaschen, ins
Leichentuch gehüllt und auf den Friedhof ge-
tragen und nach dem Gebete legte man ihn ins
156
Grab. Als sich dann die Leute anschickten, weg-
zugehn, sagte der Hodscha: „Bezahlt mir, was
mir für das Begräbnis zukommt."
„Das ist billig," sagten sie.
Sie befriedigten ihn und zerstreuten sich. Als
aber jeder zu seinem Geschäfte zurückgekehrt
war, band er den Sarg zusammen und trug ihn
zu einem Flusse und ließ ihn dort; bald erfaßte
ihn die Strömung und riß ihn fort. Unterdessen
ging der Hodscha im ganzen Viertel herum und
sagte: „Der Mann war reich an geheimen Ver-
diensten; er hat, tot, wie er war, samt seinem
Sarge das Grab verlassen und ist zum Himmel
gefahren."
Jedermann glaubte es und traute seinen
Worten, bis eines Tages einer von den Dorfleuten
von ungefähr einen Sarg sah, der an das Ufer ge-
trieben war; andere Leute kamen dazu, und sie
nahmen den Sarg aus dem Wasser, und bald
wußten sie, woran sie waren. Da sagten sie:
„Morgen verlangen wir vom Hodscha das Geld
für das Begräbnis zurück; mindestens muß er
etwas nachlassen."
Sie gingen zu ihm und setzten ihm ihre
Forderung umständlich auseinander; aber der
Hodscha antwortete ihnen, ohne sich erst zu be-
denken: „Gott hat ihn zuerst für einen guten
Menschen gehalten, aber er hat sich getäuscht;
als er dann seinen Irrtum inne geworden ist, hat
er ihn wieder heruntergeworfen,"
Eines Tages kamen etliche Frauen an das Ufer 275.
eines Flusses, und sie wußten nicht, wie sie
auf die andere Seite hinübergelangen sollten. Da
157
kam der Hodscha heran, und der fragte sie;
„Worauf wartet ihr?"
Sie antworteten: „Wenn du uns hinüber-
bringst, geben wir dir jede einen Asper."
Augenblicklich legte der Hodscha Kleider und
Hosen ab und stieg ins Wasser; und er trug eine
nach der andern hinüber. Schließlich blieb nur
noch eine alte Frau; die aber fühlte, wie er sie
von dem einen Ufer ans andere trug, daß sie ein
Gelüst ankam, und so sagte sie zu ihm: ,,Mir sind
verliebte Gedanken gekommen, ich muß es schon
gestehn; weißt du, wer ich bin, Hodscha?"
„Nun wer denn?"
„Ich bin die Mutter der Lust."
„Und wenn du die Mutter des Imams wärest,"
antwortete der Hodscha, ,,so würde mich das
nicht abhalten, dich herzunehmen wie einen
Mann."
Er entblößte sie, brachte sie in die richtige
Stellung und besprang sie verwegen; und mitten
darin ließ er einen Wind. Sie sagte: „Was
machst du da, Hodscha?"
Er antwortete: „Vor eitel Lust an dem, was
du mir geöffnet hast, habe ich es an mir auch
geöffnet."
276. A Ls der Hodscha eines Tages mit seiner Frau
Jt\. einen Fluß entlang ging, fiel sie ins Wasser,
und die Strömung riß sie fort. Augenblicklich
begann der Hodscha flußaufwärts zu laufen; das
fiel den Leuten auf und sie fragten ihn: „Was
suchst du, Hodscha?"
„Meine Frau; sie ist ins Wasser gefallen."
„Aber Effendi," erwiderten sie, „flußaufwärts
158
darfst du sie doch nicht suchen; der Fluß fließt
ja hinunter und nimmt sie mit."
„0 nein," schrie der Hodscha; „meine Frau
hatte ein so widerspenstiges Wesen, daß sie ent-
schieden aufwärts treibt."
Einmal hatte der Hodscha Nasreddin aus 277.
Ochsenfleisch Würste gemacht; aber es ver-
gingen zwei oder drei Tage, ohne daß er auch
nur etliche verkauft hätte, und so warf er sie
alle den Hunden hin und sagte zu diesen: „In
einem Monat werdet ihr mich bezahlen." Als
dann der Monat um war, fing er die Hunde und
sperrte sie in einen Garten, um sie zur Zahlung
zu zwingen.
Und man fragte den Hodscha: „Was willst
du von ihnen? es ist doch unerhört, Hunde ein-
zusperren, damit sie zahlen."
„Sie haben meine Würste gegessen; warum
soll ich nicht mit ihnen verfahren, wie es mein
Recht ist?"
Nach einigen auf diese Weise verbrachten
Tagen begannen die Hunde unter dem Stachel
des Hungers unruhig zu werden; und der Hod-
scha schrie: ,,Nur Geduld! wir werden schon
sehn, wie sie sich aus der Sache ziehen werden,"
Nun war in dem Garten ein großer Stein,
unter dem irgendjemand einen Topf voll Gold-
stücke verborgen hatte. Diesen Stein schob ein
Hund bei seinen Bemühungen, etwas für seine
Zähne zu finden, weg und warf dabei den Topf
um, so daß der zerbrach; das Gold ergoß sich
auf den Boden.
Der Hodscha las die Münzen auf; dann ent-
159
ließ er die Hunde und schrie: „Ach, die armen
Kerle; ich hab ihre Ehrlichkeit ungerecht in Ver-
dacht gehabt; aber warum haben sie mich nicht
zur Frist bezahlt?"
278. TT* Ines Tages sagte sich der Hodscha, als er auf
JlLi den Markt ging: „Es heißt achtgeben, daß
ich nicht bestohlen werde"; und er .tat seine
Kürbisse in einen Sack und warf ihn über seine
Schultern. Auf dem Markte angelangt sah er
nun vor ihm einen Mann gehn, der früher hinter
ihm gegangen war, und der trug auf dem Rücken
einen Sack mit Kürbissen, der ebenso aussah wie
der seinige. Da fragte er sich: „Wenn der, der
da vorne geht, nicht ich bin, wer kann es dann
sein? Wahrhaftig, ich verstehe es nicht."
279. A Ls der Hodscha eines Tages öffentlich das
./a. Morgengebet sprach und zu der Lobpreisung
Gottes kam, stellte er sich aufrecht hin und ver-
kündete zwei- oder dreimal mit geläufiger Zunge
die Anrufung: „Allah ist groß!" Da er aber auch
dann nicht aufhörte, diese Worte immer wieder
zu wiederholen, schrie endlich einer: „Aber Hod-
scha, beim Morgengebete sollen doch nach der
Anrufung, die du sprichst, zwei Verse aus der
Überlieferung und zwei Gebote hergesagt werden;
warum wiederholst du immerfort die Anrufung?"
„Tue ich es öfter, als es nötig wäre," ant-
wortete der Hodscha, „so bleibt eben Gott für
das übrige mein Schuldner,"
280. "P^^^ Hodscha brachte eines Tages eine Schüssel
X-/ Joghurt auf den Markt, um sie zu ver-
kaufen. Nun kamen ganze Wolken von Fliegen
160
und setzten sich auf den Joghurt; da es ihm
nicht gelang, sie zu verjagen, ging er zum Kadi,
um gegen sie Klage zu führen, und der Kadi
sagte zu ihm: „Nimm einen Schlägel und schlag
die Fliegen tot, wo immer sie sitzen."
Der Hodscha holte sich einen Schlägel, ging
damit wieder zum Kadi und sagte zu ihm:
„Effendi, ist das ein richtiger Fliegenschlägel?"
„Freilich," antwortete der Kadi; „der ist
wahrhaftig geeignet, sie überall zu vertilgen,
wohin sie sich setzen."
Just in diesem Augenblicke liefen etliche
Fliegen über den Kopf des Kadis; kaum sah sie
der Hodscha, als er sie auch schon mit seinem
Schlägel auf dem Kopfe des Kadis erschlug,
wobei freilich auch der Kadi tot auf dem Platze
blieb. Alsbald wurde der Hodscha verhaftet,
und die Leute, die dort waren, fragten ihn:
„Warum hast du unsern Kadi getötet?"
Und der Hodscha antwortete: „Wenn ich das
Gesetz auch nur in einem Punkte verletzt habe,
so lasse man mich die Strafe der Vergeltung er-
leiden,"
Sie führten ihn dem Mufti vor und dem sagte
er; „Er hat mir gesagt, ich solle mit diesem
Schlägel die Fliegen erschlagen, wo immer es sei;
ich habe ihrer einige auf seinem eigenen Kopfe
gesehn und habe sie erschlagen: er darf also,
wenn er gestorben ist, niemand verantwortlich
machen, als sich selber. Übrigens geschieht
nichts, ohne daß es Gott zuließe. Das ist es, was
ich vorzubringen habe."
„Wo hast du denn schon", fragte ihn der
Mufti, „eine solche Rechtsprechung gesehn?
Nasreddin, I. H l(y\
Weißt du nicht, daß geschrieben steht; ,Wo keine
böse Absicht ist, kann es keine Züchtigung
geben?' "
„Das ist es ja gerade, was mich rechtfertigt,"
antwortete der Hodscha; ,,man hätte wahrhaftig
keine Schriftstelle finden können, die mir gün-
stiger gewesen wäre!"
281. T^Er Hodscha ging eines Tages ins Gebirge und
J-/ belud seinen Esel mit Holz; dann sagte er
zu ihm: ,,Nimm du diesen Weg, ich nehme den
da," Damit überließ er den Esel sich selber samt
der Last, die er trug.
Als er nach einem eilig zurückgelegten
Marsche nach Hause kam, fragte er seine Frau,
ob der Esel schon daheim sei; aber sie sagte:
„Ich weiß nichts von ihm,"
„Was?" sagte der Hodscha; ,,ich bin also
zuerst gekommen?"
Er ging auf dem nämlichen Wege zurück und
fand seinen Esel dort weiden, wo er ihn verlassen
hatte; weiter mußte er sehn, daß ein Mantel, den
er ihm auf den Rücken gelegt hatte, fehlte: man
hatte ihn gestohlen. Da schrie er den Esel an:
„He, wo ist mein Mantel? du bists, mit dem ich
rede!"
Aber der Esel antwortete nichts — noch nie
hat ja ein Tier gesprochen. Nun nahm ihm der
Hodscha den Sattel vom Rücken und sagte:
„Wenn du mir meinen Mantel zurückgibst, gebe
ich dir auch deinen Sattel wieder,"
282. "T^Er Hodscha kaufte einen Neger; dann kaufte
Ly er neun Stück Seife, um ihn damit weißzu-
waschen. Er führte ihn ins Bad und verwusch die
162
neun Stück Seife; aber alles war umsonst, weil
man eben einen Neger nicht weißwaschen kann.
Ermüdet schrie der Hodscha endlich: „Da ist mir
ja ein Meisterstück einer Färberarbeit in die
Hände gekommen; es ist wirklich überflüssig, an
einem fertigen Ding etwas ändern zu wollen,"
Eines Tages sah der Hodscha im Bade zwei 283.
verzinkte Schalen und die gefielen ihm sehr
gut; er steckte sie unter sein Badetuch und ging
damit weg. Zwei Bade jungen hatten ihn aber be-
obachtet und sagten nun zu ihm: ,,Das Bad tut
dir wohl, Hodscha-Effendi."
,,Das Bad und die Schalen," antwortete er.
ES kam einer zum Hodscha, um ihn um Gast- 284.
freundschaft zu bitten, und klopfte an die
Tür; der Hodscha kam und fragte ihn: „Wer
bist du?"
„Ach, Ef feudi, kennst du mich nicht? ich bin
der Amad Muzir-Effendis,"
,,Sehr gut," antwortete der Hodscha; ,, warte
einen Augenblick, ich will dich zu unserm ge-
meinsamen Vater führen,"
Nasreddin schritt nun seinem Besucher vor-
aus; und als sie zur Moschee gekommen waren,
öffnete er die Tür, lud ihn m^it einer Hand-
bewegung ein, einzutreten, und sagte zu ihm:
„So; so da sind wir bei dem gemeinsamen Vater
der Gläubigen."
Eines Tages bat ein Kurde den Hodscha um 285.
Gastfreundschaft; und er sagte zu ihm: „Ich
habe Hunger; bringe mir etwas zu essen,"
11* 163
Der Hodscha ging, bereitete in einem irdenen
Napfe ein Gericht Joghurt und holte Brot, und
das wollte er dem Fremden vorsetzen, als er be-
merkte, daß sich der niedergelegt hatte und ein-
geschlafen war; da begann er Betrachtungen an-
zustellen und sprach bei sich: ,,Wie soll ich es
anfangen, um ihn im Schlafe essen zu lassen?"
Und schon nahm er mit einem Stückchen Brot
etwas Joghurt und fuhr ihm damit über den
Schnurbart, Einen Augenblick darauf erwachte
der Kurde; und er schrie sofort: „Bring mir also
etwas zu essen, mein Gastfreund!"
Und der Hodscha antwortete: ,,Aber du hast
doch schon gegessen, während du schliefst! wenn
du mir nicht aufs Wort glaubst, so schau dir
deinen Schnurbart an; er ist noch ganz feucht."
Der Kurde griff nach seinem Schnurbart und
überzeugte sich, daß er noch voll Joghurt war;
und er schrie spöttisch: ,,Sehr gut, mein Gast-
freund! habe ich gegessen und getrunken, so sei
Gott gelobt."
286. irpinmal hatte der Hodscha einen Streit mit
JC^ seiner Frau; plötzlich stellte er die Wiege
mit dem Kinde zwischen sein Bett und das ihrige
und schrie: „Trennen wir uns! hiermit verstoße
ich dich."
287. "r\^^ Frau des Hodschas war schwanger. Als
JL-/ ihre Zeit gekommen war, fand sich die Weh-
mutter ein; es war Nacht, und niemand war da,
um ihr zu helfen. Da rief sie den Hodscha:
„Bring eine Kerze; es handelt sich um dein
Werk."
164
Er beeilte sich ihr eine Kerze zu bringen und
blieb dann im Zimmer; als aber die Geburt vor-
über war, nahm er die Kerze wieder und wollte
damit weggehn. Da sagte die Wehmutter: „Bleib
doch, Hodscha; es kommt noch eins."
„Was?" sagte der Hodscha, „sie will mir ein
zweites schenken?"
Er kam mit der Kerze zurück; wieder wurde
ein Kind zur Welt gebracht, und wieder wollte
sich der Hodscha mit der Kerze entfernen. Aber
die Wehmutter rief: „Bleib doch; du sollst noch
einen dritten Erben haben."
Bei diesen Worten verlöschte er die Kerze.
Und die Wehmutter fragte ihn: „Warum läßt du
mich im Finstern?"
„Wie sie das Licht sehn," antwortete er,
„kommen diese Kinder nacheinander wie die
Mücken; jetzt ists wahrhaftig schon genug."
Einmal lud man den Hodscha im Ramasan zu 288.
einem Iftar ^, und es wurde eine außer-
ordentlich heiße Suppe aufgetragen. Der Hod-
scha nahm einen Löffel voll und führte ihn zum
Munde; da er sich ihn nicht zurückzugeben ge-
traute, verschluckte er ihn. Dann aber nahm er
seine Mütze vom Kopf, legte sie auf seinen Sitz
und setzte sich darauf; und die andern fragten
ihn: „Warum setzt du dich auf deine Mütze?"
Er antwortete: „Damit nicht die Kissen Feuer
fangen: ich brenne ja inwendig; wenn meine
Mütze verbrennt, so schadet das wenigstens nie-
mand."
1 Ein Fastenmahl-
165
289. O Ooft der Hodscha sein Leinenzeug waschen
O wollte, begann es mit Gottes Zulassung zu
regnen. Als er nun wieder einmal auf den Markt
ging, um Seife zu kaufen, fielen wieder Regen-
tropfen; da sagte der Hodscha zu dem Seifen-
händler: ,,Gib mir eine Oka von diesem Käse,"
,,Das ist doch Seife," antwortete der Kauf-
mann, „und kein Käse,"
„Ich weiß es wohl," versetzte der Hodscha;
„ich nenne es aber Käse aus Angst, daß der
Regen anhalten könnte,"
290. t^ Ines Tages trieb der Hodscha seinen Esel vor
XZtf sich her; als er dann müde wurde, saß er auf.
Eine kleine Weile später bemerkte er, daß der
Esel nicht mehr vor ihm herging. Nun suchte er
ihn bergauf und bergab, bis ein Wanderer bei ihm
vorüberkam; den fragte er, ob er nicht seinen
Esel gesehn habe, und der Wanderer sagte: ,,Du
sitzt ja darauf,"
Der Hodscha stellte die Tatsache fest und
freute sich; aber schon nach einem Augenblicke
war er von neuem zerstreut und begann wieder
zu suchen. Da sagte der Wanderer: „So gehn
wir doch nach Hause, da du doch den Esel ge-
funden hast,"
„Geh du nur," antwortete der Hodscha; „ich"
— dabei dachte er an seinen verlorenen Esel —
„muß noch dableiben, weil ich noch etwas zu
suchen habe,"
291. "pTliche Leute fanden im Gebirge einen Igel;
JZtf sie konnten sich nicht enträtseln, was für ein
Tier das sein sollte, und brachten ihn dem Hod-
scha. „Was ist das?" fragten sie ihn.
166
„Ohne Zweifel", antwortete der Hodscha, ,,ist
das eine alte Nachtigall, die von ihren Federn die
Fahnen verloren hat."
DEr Hodscha hatte einen Dattelgarten, und 292.
drinnen war ein Baum, auf den er jeden Tag
stieg. Weiter hatte er eine Tochter und diese
einen Geliebten, Eines Tages saß nun Nasreddin
auf seinem Baume, als der Bursche mit seiner
Tochter kam und mit ihr zu tändeln begann; an
Verwegenheit ließ ers dabei nicht fehlen und
schließlich sagte er zu ihr: ,, Stell dich hin; ich
will es machen wie ein Hengst."
,,Gut," sagte sie.
Während er nun das Mädchen besprang,
blickte er in die Höhe, und da sah er den Hodscha;
augenblicklich ließ er sie und nahm Reißaus.
Nun nahm sie etliche Datteln und lief dem
Flüchtling nach; dabei rief sie; ,,Nimm doch!"
Aber der Hodscha schrie vom Baume herunter:
„Was fällt dir ein, ihn mit so etwas locken zu
wollen? Glaubst du, er wird für drei Datteln
zu einem so schamlosen Ding kommen, die den
weißen Fluß hat, wie du? Zeig doch wenigstens
eine Handvoll!"
ALs der Hodscha eines Tages aus seiner Tür 293.
trat, sah er einen Knaben vor dem Hause
hocken und seine Notdurft verrichten; da schrie
er mehrere Male hintereinander: ,,Was machst du
da? Wessen Kind bist du?"
Endlich antwortete der Bengel: ,,Ich bin der
Sohn der Schwester des Stadtverwesers."
Augenblicklich nahm ihn der Hodscha bei der
167
Hand und führte ihn vor das Haus des Stadt-
verwesers; und dort sagte er: ,,Da ist der Ort,
wo du deine Notdurft verrichten sollst."
294. t^ Ines Tages sagte der Hodscha zu seinem
JZtf Bruder: „Tu mir etwas zuliebe."
,,Was denn?"
„Erlaube mir, dich herzunehmen wie einen
Knaben."
„Kannst du mich nicht um etwas andres
bitten?"
„Was?" schrie der Hodscha, ,,du bist doch
mein Bruder; von wem soll ich es denn ver-
langen, wenn nicht von dir?"
295. "ppines Tages erging sich der Hodscha mit sei-
jLtf nem Amad; sie kamen aber am Abende nicht
nach Hause, sondern verbrachten die Nacht unter
freiem Himmel, Der Hodscha fragte den Amad:
„Wem hast du deine Frau für die heutige Nacht
zu hüten gegeben?"
Der Amad antwortete: ,,Dem Softa, Alter."
Der Hodscha fuhr fort: ,,Und wem hast du
die Tugend des Softas zu hüten gegeben?"
296. "T^^^ Hodscha wanderte einmal mit einem
JLy großen Sacke voll Joghurt auf dem Rücken,
und der Joghurt wiegte sich in dem Sacke von
der einen Seite auf die andere; endlich schrie der
Hodscha: „Bleib du ruhig dahinten; sonst sollst
du mit meinem Menschenpflanzer Bekanntschaft
machen,"
Der Joghurt antwortete nichts, hörte aber
auch nicht auf, sich zu wiegen. Unverzüglich
168
warf sich der Hodscha auf den Sack, machte ein
Loch hinein und versenkte darein den besagten
Menschenpflanzer. Als er ihn dann wieder
herauszog, sah er, daß er voller Joghurt war,
und da schrie er: ,, Wahrhaftig, du warst schon
in Löchern genug; aber mit einem weißen Kopfe
bist du noch nie herausgekommen!"
Zufällig kam einmal der Hodscha vorbei, als 297.
ein Jude mit erhobenen Händen Gott um
einen Regen anflehte; es regnete aber keines-
wegs. Da wandte sich der Jude zum Hodscha
und sagte zu ihm: ,,Bete auch du; nach dem,
wessen Gebet einen Erfolg haben wird, werden
wir sehn, wer der wirkliche allmächtige Gott ist,
der deinige oder der meinige."
Der Hodscha hob die Hände zum Himmel und
betete. Und alsbald grollte der Donner, zuckten
Blitze hernieder und begann ein starker Regen zu
fallen. Der Hodscha entfloh und trachtete sich
eiligst unter einem Felsen zu verbergen; aber das
Wetter schlug auch dort hinein und ging über den
Hodscha nieder.
Da schrie er: „Herr Gott, du hast mein Ge-
bet schlecht verstanden; warum nähmest du dir
sonst die Mühe, das Gewitter bis unter diesen
Stein zu schicken, wo doch der Jude draußen
steht?"
Eines Tages ging der Hodscha weg, und nach- 29H.
dem er eine Zeitlang gewandert war, fand er
nicht mehr nach Hause; da begegnete er einem
Manne und den fragte er: „Bruder, hast du mein
Haus gesehn?"
Der Mann antwortete: ,,Ich habe einen grob-
169
knochigen Derwisch gesehn, der es wegtrug;
wenn du mit mir gehn willst* so wollen wir ihn
aufsuchen."
Der Hodscha glaubte es und kam sogar auf
den Verdacht, es handle sich um einen Greis, der
Baba-Sultan genannt wurde. Er machte sich als-
bald auf den Weg zu diesem Biedermanne; als
er ankam, fand er ihn im Hofe seines Klosters.
Er fragte ihn: ,,Hast du mein Haus gesehn?"
Der Alte antwortete: „Man hat es hieher-
gebracht; dann ist es aber wieder zurückgeschickt
worden."
Der Hodscha wollte unverzüglich aufbrechen,
aber die Derwische ließen ihn nicht weg: ,, Bleib
bei uns heute Nacht," sagten sie; ,, morgen früh
gehst du dann."
Während er nun schlief, schnitten sie ihm
Haare und Bart, Er stand noch in der Dämme-
rung auf und ging weg, ohne etwas bemerkt zu
haben; als er aber auf seinem Wege zu einem
Brunnen kam, betrachtete er sich im Wasser und
da erkannte er sich nicht wieder.
„Diese Schufte," schrie er, ,,sie haben mich
gegen einen Kalender vertauscht, den sie an
meiner Statt ins Bett gelegt haben!" Und als er
heimkam, sagte er zu seiner Frau: ,,Weib, man
hat mich mit einem Kalender verwechselt; hast
du keine Nachrichten von mir? Übrigens haben
sie mir wenigstens, nach dem, was ich sehe, mein
Haus zurückgebracht!"
299. "pinmal war der Hodscha Nasreddin in Ara-
JZtf bien. Die arabischen Weisen gaben ihm ein
Fest, und als das mitten im Gange war, legten sie
170
ihm eine Streitfrage vor. Aber der Hodscha,
der ihnen keine Antwort schuldig bleiben wollte,
sagte zu ihnen: „Wenn ihr mir die Fragen, die
ich an euch richten will, beantworten werdet,
werde auch ich euch Antwort geben; wenn nicht,
so gehe ich, wie ich gekommen bin."
Sie waren damit einverstanden, und nun sagte
der Hodscha: ,,Wißt ihr, warum die Fische Reiß-
aus nehmen beim Anblicke des Menschen, und
warum die Sterne entfliehn, wann die Sonne er-
scheint? Das sind meine Fragen,"
Die Araber fanden keine Lösung und erkann-
ten seine Überlegenheit an.
DEr Hodscha beobachtete eines Tages einen 300.
Mann, wie er eine Summe Geldes irgendwo
versteckte. Als sich der Eigentümer entfernt hatte,
bemächtigte sich der Hodscha des Geldes; der
Eigentümer hatte ihn aber bemerkt und verfolgte
ihn. Der Hodscha flüchtete sich in eine Moschee,
aber der andere lief ihm auch dorthin nach. Der
Hodscha stieg aufs Minaret und der andere stieg
auch hinauf. Als schließlich der Hodscha sah,
daß er ihm nicht entwischen konnte, stürzte er
sich von oben herab und erwachte augenblicklich ;
denn er hatte das alles nur geträumt.
Ein Bader junge hatte sein Schermesser ver- 301.
loren; weinend und das Gesicht in den Hän-
den verborgen lief er herum und schrie: „Ach,
das Schermesser! Ach, das Schermesser!"
Der Hodscha, der dabei war und das hörte:
sagte sich: „Zweifellos hat man diesem Diebe die
Nase abgeschnitten!"
171
302. "T^Er Hodscha war gestorben und man legte ihn
J_*/ in ein altes Grab, Nachdem die Leute aus-
einandergegangen waren, kamen Munkar und
Nakir ^, um ihn zu befragen, und er sagte zu
ihnen: „Wenn ihr wollt, daß ich sprechen soll,
so gebt mir einen Asper."
Auf diese Rede versetzten sie ihm einen
derben Streich. Nun schrie er: ,,He, Freunde,
wenn ihr kein Geld habt, kommt ein andermal
wieder,"
Und damit erwachte er; denn alles war nur
ein Traum,
303. "P^^^ Hodscha kam einmal in ein Dorf; die Ein-
J_-/ wohner, denen er auffiel, sagten zu ihm:
,,Da du ein Würdenträger bist, so komm über
einen Toten die Gebete zu sprechen," Er ging
mit ihnen und verrichtete alles, was bei einer
Leichenfeier geschehn soll; doch begnügte er sich
damit, den Schlußausruf: ,Gott ist groß' nur ein-
mal zu singen. Dessenungeachtet bezahlte man
ihn und er entfernte sich.
Nun machte ein Städter, der auch anwesend
war, die Bauern aufmerksam, daß diese Anrufung
über einem Toten viermal wiederholt werden soll.
Da liefen sie dem Hodscha nach und erhoben, als
sie ihn eingeholt hatten, ihre Einwendungen,
Der Hodscha fragte sie: ,,Den wievielten haben
wir heute?"
„Den fünften."
Und er sagte, um sie sich vom Halse zu
schaffen: „Wenn heute der fünfte ist, wird das
^ Siehe die Fußnote auf S, 13-
172
Totengebet nicht anders gesprochen, als wie ich
es getan habe."
Eines Tages hatte die Frau des Hodschas den 304.
Sik eines Mannes gesehn, und sie wurde von
einem solchen Verlangen nach ihm erfaßt, daß sie
krank wurde; und sie sagte: ,, Wohin ist denn der
verschwunden, den ich gesehn habe? vielleicht
fände er ein Mittel für mein Übel,"
Der Hodscha ging den Mann suchen und
brachte ihn ihr.
Der Mann sagte: „Sie ist wahrhaftig krank,"
,,Das weiß ich, daß sie krank ist," antwortete
der Hodscha; „aber was ist da zu tun?"
,,Wenn du etliche Knoblauchzehen hast, so
bring sie."
Der Hodscha hatte just welche zu Hause; er
holte sie und gab sie ihm. Der Fremde rieb sich
nun damit das, was die Aufmerksamkeit der
Frau angezogen hatte, und steckte es an den Ort,
der für dieses Heilmittel empfänglich war; sodann
zog er es wieder heraus.
Als die Behandlung beendigt war, schrie der
Hodscha: „Warum hast du mir nicht gesagt, was
zu tun war? Das hätte ich ganz allein zustande-
gebracht; es ist ein Verfahren, das mir nicht un-
bekannt ist."
ALs der Hodscha eines Tages trübselig seine 305,
Straße zog, begegnete er einer Frau und die
fragte ihn: „Woher kommst du, Hodscha?"
„Aus der Hölle," antwortete er.
Und sie fragte weiter: „Hast du vielleicht dort
meinen Sohn gesehn?"
173
„Ja; er ist als Schuldner gestorben und darum
ist ihm der Eintritt ins Paradies versagt worden,"
„Und auf wieviel beläuft sich seine Schuld?"
„Auf tausend Asper." Und Nasreddin fügte
hinzu: „Seine Frau ist im Paradiese; er aber
kann nur hinein mit den tausend Asper."
Die Frau fragte noch: „Und wann gehst du
zurück?" und Nasreddin antwortete: „Augen-
blicklich,"
Da gab sie ihm die tausend Asper und bat
ihn: „Eile nur, damit du die Sache unverzüglich
zu einem Ende bringst."
Als sie heimkam, sagte sie zu ihrem Manne,
der zu Hause war: ,,Ich habe Nachrichten von
unserm Sohne bekommen; da er nicht anders ins
Paradies gelangen kann als mit tausend Asper,
habe ich sie hergegeben."
,,Wem hast du sie denn gegeben?"
,,Dem Hodscha."
Unverzüglich machte sich der Mann auf die
Verfolgung des Hodschas. Der flüchtete sich, als
er ihn kommen sah, in eine Mühle; und er sagte
zu dem Müller: „Siehst du den Mann, der heran-
sprengt? es ist ein Scherge, der dich greifen
will."
„Was soll ich da tun?" fragte der Müller er-
schrocken.
„Nimm meine Kleider und ich will die deinigen
nehmen; klettere auf den Baum und verstecke
dich."
Der Kleidertausch war kaum vollzogen, und
der Müller hatte sich kaum auf dem Baume ver-
steckt, als der Mann ankam. Er sah niemand als
den Hodscha in der Tracht des Müllers, und der
174
Hodscha blickte auffällig auf den Baum hinauf.
Nun bemerkte der Mann den vermeintlichen
Hodscha. Da er zu Pferde war, stieg er ab und
übergab das Pferd dem falschen Müller; dann
zog er seine Kleider aus, um sie nicht beim
Klettern zu beschmutzen.
Ungesäumt bemächtigte sich der Hodscha der
Kleider und stieg auf das Pferd; und indem er
da vonritt, schrie er dem Gefoppten zu: ,, Kennst
du mich jetzt, Gesell?"
Nun ließ der arme Mann von dem Müller ab,
stieg vom Baume herunter und machte sich nackt
und ohne Pferd auf den Heimweg. Und seine
Frau fragte ihn, als er so ankam: ,,Was hast du
gemacht?"
,,Ich habe den Hodscha eingeholt," sagte er
und fuhr, um Scheltworten auszuweichen, fort:
,,Das, was er dir gesagt hat, war wahr; darum
habe ich ihm auch zur Belohnung für seine guten
Dienste mein Pferd und meine Kleider ge-
schenkt."
Eines Tages fragte man den Hodscha, um ihn 306.
zu hänseln: ,, Wohin ist denn dein Grind ge-
kommen?"
Und der Hodscha antwortete; „Von euch habe
ich ihn bekommen, und euch habe ich ihn zurück-
gegeben,"
ALs der Hodscha eines Tages von der Mühle 307.
heimkam, bemerkte er, daß kein Brennreisig
dawar; drum nahm er die Axt und ging in den
Busch, um welches zu holen. Es war schon
finstere Nacht, als ihm auf einmal die Axt ent-
175
fiel; er suchte sie umsonst. Endlich schrie er:
„Herr, wenn du mich die Axt wiederfinden läßt,
so verspreche ich dir ein Achtel Gerste."
Kaum hatte er ausgesprochen, als er auch
schon die Axt fand; nun schrie er: „Dank, Herr!
Da es dir aber so leicht fällt, Bitten zu erhören,
so laß mich auch ein Achtel Gerste finden; dann
werde ich mich meiner Verpflichtung gegen dich
entledigen!"
308. A Ls der Hodscha einmal in eine Moschee trat,
.tA. sah er hinter der Tür einen Hund sitzen; er
gab ihm einen Stockhieb und das erschrockene
Tier flüchtete sich auf die Kanzel, Da sagte der
Hodscha zu ihm: „Bitte tausendmal um Ver-
zeihung; ich kenne noch nicht alle Prediger, die
zu dieser Moschee gehören."
309. T\^^ Hodscha Nasreddin hatte eine Kuh, die
LJ keinen Tropf Milch gab; da wollte er sie
durch den öffentlichen Ausrufer verkaufen lassen,
und der führte sie herum und pries sie schreiend
an: „Wer will eine gute Milchkuh, eine Kuh,
deren Milch ist wie Sahne?"
„Wahrhaftig," schrie der Hodscha, als er sie
also loben hörte, „da hätte ich mich schön über
ihren Wert getäuscht!"
Und damit nahm er sie dem Ausrufer aus der
Hand und führte sie wieder heim.
310. T\^^ Hodscha hatte einmal die Pilgerreise nach
U Mekka gemacht, und an der Tür der Kaaba
drängte sich das Volk, Auch ein Neger war
darunter und die Leute schrien: „Herr, duldest
176
du denn hier die schwarze Fratze dieses Un-
gläubigen?"
Da sagte der Hodscha: „Warum beschimpft
ihr ihn wegen seiner Farbe? Er ist wenigstens
imstande, seine Sünden auf sein Äußeres zu
schieben; wenn wir das täten, so wären wir, ihr
und ich, schwärzer als er."
Eines Tages schrie der Sohn des Hodschas: 311.
„Komm, Vater! in dem Topfe da ist ein
Mann und ich fürchte mich,"
Nachdem der Hodscha hingetreten war und
im Topfe sein eigenes Bild gesehn hatte, sagte
er zu dem Knaben: „Sei nur ruhig; das ist nur
ein alter Mann, der die kleinen Kinder schrecken
will."
DEr Sohn des Hodschas sprach eines Tages bei 312.
sich: „Wenn die Dichter Verse machen,
warum sollte ich nicht auch welche machen?"
Ganz voll von dem Gedanken ging er weg, und
er kam zu einer Quelle in der Nachbarschaft;
nachdem er dort lange gesonnen hatte, gelang
ihm endlich der Vers:
Ein Baum, ein Baum steht am Rande einer
Quelle,
Ganz zufrieden mit diesem hübschen Gedichte
trug er es seiner Mutter vor, und die wiederholte
es dem Vater, Der sagte: „Wir müssen alle
unsere Nachbarn versammeln und sie zu einem
Festmahle einladen, damit wir Freude haben an
unserm verständigen Sohne,"
Man lud alle Bewohner des Viertels ein und
las ihnen nach dem Mahle den ausgezeichneten
Nasreddin, I. 12 177
Vers vor; da wollten alle vor Lachen bersten.
Und voll Begeisterung über dieses Ergebnis schrie
die Mutter: „Des Todes will ich sein, wenn mein
Sohn nicht die Sprache der Nachtigall hat!"
Der Hodscha aber sagte: „Hüte dich, Frau,
vor derlei Beteuerungen; du wirst den Knaben
noch verschreien."
313. "C'Ines Tages gingen der Hodscha und seine
X2tf Frau zum Flusse, um Leinensachen zu
waschen. Als nun die Frau unversehens ihren
Fuß ins Wasser steckte, packte ihn ein Krebs.
„Zu Hilfe, Hodscha," schrie sie, „zu Hilfe!"
Er sagte: „Setz dich, damit ich sehe, was
es ist."
Er bückte sich, und da sah er, was für ein
Tier es war; aber er beugte sich dabei, um besser
zu sehn, so weit nieder, daß der Krebs mit der
andern Schere seine Nase faßte. In diesem
Augenblicke ließ die Frau, deren Schrecken noch
mehr gewachsen war, einen Wind; der Hodscha
jedoch schrie: „Das brauchst du nicht aufzu-
machen, wohl aber die Pfoten dieses Viehs."
314. "rpines Nachts träumte dem Hodscha, daß er
j2j auf einer Reise einen Schatz gefunden habe,
und um den Ort zu bezeichnen, habe er dort ein
natürliches Bedürfnis befriedigt. Als er dann er-
wachte, fand er, daß nur das Ende des Traumes
keine Einbildung gewesen war.
Da schrie er: „Ach, Herr, warum hast du mir
das da gelassen und das Gold genommen? dir
hätte doch das eine auch nicht mehr genützt als
das andere!"
178
DEr Hodscha ging sich einmal ein Paar Hosen 315.
kaufen; für den Heimweg zog er sie schon
an. Einige Freunde, die ihn damit sahen, setzten
es sich in den Kopf, ihm einen Streich zu spielen;
zu diesem Zwecke verteilten sie sich auf dem
Wege, und der, der ihm als erster begegnete,
sagte zu ihm nach Gruß und Gegengruß: „Was
machst du mit den Hosen? du brauchst sie doch
nicht; gib sie mir,"
„Geh heim," antwortete der Hodscha, „und
laß mich in Ruh."
Fünfmal hatte sich dieses Gespräch zwischen
dem Hodscha und je einem von den Gesellen
wiederholt, bis sich der Hodscha endlich stellte,
als hätte er sich überreden lassen; er sagte zu
dem, mit dem er sprach, indem er ihm das Bein
hinhielt: „So nimm sie denn meinetwegen."
Als sich der Mann bückte, um ihm die Hosen
abzuziehen, gab ihm der Hodscha einen Tritt,
daß er sich auf dem Boden wälzte, und schrie:
„Merk dirs doch einmal: Um Streiche zu spielen,
bin ich da!"
Auf einem Spaziergange kam der Hodscha zu 316.
einem großen Baume; er betrachtete ihn
imd fragte sich, was für ein Baum das sei.
Schließlich warf er, um sich darüber zu ver-
gewissern, einen Stein in die Äste, und der fiel
alsbald wieder herunter.
„Jetzt weiß ichs," schrie er, ,,was du bist!
ich kenne dich leicht an der Frucht,"
Die Frau des Hodschas Nasreddin wusch das 317.
Haus; in dieser gebückten Stellung be-
trachtete er sie, und da sah er deutlich, daß sie
12* 179
zwei Löcher hatte. „Weib," schrie er, „du hast
also zwei! das habe ich gar nicht gewußt; aber
heute Nacht will ich sie alle beide hernehmen,
und um es ja nicht zu vergessen, will ich den
ganzen Tag kein Wort sagen, ohne hinzuzusetzen:
,Ich werde mich an beiden ergötzen,* "
Kaum hatte er ausgeredet, als zwei Schüler
kamen, und die fragten ihn: „Hodscha, willst du
uns Gastfreundschaft gewähren?"
Er antwortete: „Meinetwegen; tretet ein,
bitte." Und er setzte hinzu: „Ich werde mich
an beiden ergötzen."
„Wahrhaftig," sagten die zwei jungen Leute,
„der Hodscha macht einen Spaß,"
„Weib," sagte er, „bereite das Mahl und dreh
der Gans da den Kragen ab." Und wieder setzte
er hinzu: „Ich werde mich an beiden ergötzen."
Die Gans legten sie aber beiseite, um sie am
nächsten Tage zu essen.
„Weib," sagte wieder der Hodscha, „mache
die Betten." Und wieder setzte er hinzu: „Ich
will mich an beiden ergötzen." Dann legte er
sich nieder.
Nun sagten die beiden Schüler zueinander:
„Der Hodscha macht keineswegs einen Spaß; er
will uns jedenfalls so behandeln, wie er sagt.
Wir müssen abwechselnd wachen, damit, was
immer auch geschieht, der, der wach ist, den
andern wecken kann." Sie lösten sich also
pünktlich ab und schliefen und wachten, wie
jeden die Reihe traf.
Auf einmal begann nun der Hodscha, der an
nichts sonst dachte, als daß er sein Vorhaben
ins Werk setzen werde, zu schreien; , »Wahrhaftig,
180
zuerst will ich mich an dem einen ergötzen, und
dann will ichs mit dem andern versuchen."
„Da wir zwei sind," sagte sich erschrocken
der Wachende, „weiß ich nicht, bei welchem er
anfangen wird," Durch diesen Gedanken erregt,
weckte er seinen Gesellen, und der stand alsbald
auf. Nun sagten sie: „Sputen wir uns; wir dürfen
nicht mehr dasein, wann er uns überfallen will."
Sie schnürten augenblicklich ihre Bündel;
hakten die Gans los, die am Fenster hing, und
liefen, was sie ihre Beine trugen; und vielleicht
laufen sie noch immer.
Eines Tages saß der Hodscha daheim bei seiner 318.
Frau; traurig betrachtete er ihre geheimen
Reize, und endlich sagte er: „Frau, was ist das?
ich sage ihms zum ersten, zum zweiten und zum
dritten Male: ich verstoße dich."
„Was sagst du da?"
„Geht es denn nicht an, daß ich mich auf
diese Weise dessen, was mir an dir am meisten
mißfällt, entledige?"
Die Frau des Hodschas Nasreddin war krank; 319.
nach drei oder vier Tagen der Pflege fühlte
er, daß ihn seine Kräfte verließen, und er sagte
zu ihr: „Steh auf, meine Liebe, oder laß mich
etwas essen gehn."
Sie begann zu weinen und der Hodscha ging
weg. Sie benutzte seine Abwesenheit und stand
hastig auf; als er vom Bade zurückkam, fand er
das Haus gekehrt, das Mahl bereitet und die
Betten aufgeschüttelt. Seine Frau, die alles in
Ordnung gebracht hatte, ruhte aus. Als er sie
181
sah, lehnte er sich an die Tür, die Hände schlaff
und den Kopf schwankend, und schrie: „Ach,
jetzt ist sie tot! O meine lieben Knäblein, o meine
lieben kleinen Mädchen, jetzt könnt ihr nicht
mehr geboren werden!"
320. A Ls die Frau des Hodschas einmal allein war,
XJL entblößte sie sich, betrachtete sich und
sagte: ,,Ach, du mein teuerer Schatz, warum habe
ich nicht drei solche wie du! was für eine herr-
liche Sache wäre das!"
Von ungefähr kam in diesem Augenblicke der
Hodscha heim; er hörte alles und sah, an wen
sie ihre Rede richtete. Er blieb draußen, ent-
blößte sich gleicherweise und sagte weinend:
„Was für Unheil hast du mir schon auf den Hals
geladen! wieviel Mißgeschick habe ich schon
deinethalben erleiden müssen!"
Als die Frau draußen seufzen hörte, sah sie
nach und fand, daß es der Hodscha war; und sie
sagte: „Worüber jammerst du denn?"
„Ich habe", antwortete er, ,, darüber geklagt,
daß wir Männer dort, wo ihr Frauen einen Schatz
habt, eine Quelle unzähliger Übel und Qualen
haben,"
321. t* Ines Tages schlich sich der Meister in einen
Ca Weingarten und begann Trauben zu essen;
der Eigentümer kam dazu und fragte ihn: „Was
machst du da?"
„Ich bin hergekommen, um mir hier meinen
Bauch zu erleichtern,"
„So; und wo ist dann das, was du gemacht
hast?"
182
Nasreddin blickte umsonst nach allen Seiten
umher; er sah nichts, was ihn hätte rechtfertigen
können. „Da ist es," schrie er endlich, als er
einen Eselsdreck sah.
Aber der Eigentümer sagte: „Das ist ja von
einem Esel."
Und der Hodscha antwortete: „Wenn es nicht
von mir ist und nicht von dir, dann weiß ich
wahrhaftig nicht, von wem es stammen kann."
ETliche Christen sagten zum Sohne des Hod- 322.
schas: „Bete den Messias an oder geh aus
der Stadt."
Er antwortete: „Wann der Messias kommt,
werde ich gehn."
DEr Hodscha zog einmal den Imam, während 323.
der im Gebete auf dem Boden lag, beim
Ohrläppchen; gleich darauf sagte der Imam das
feierlichste Gebet, nämlich den Absatz vom
Throne.
Da sagte der Hodscha: „Wenn du den Absatz
vom Throne schon sprichst, wann man dich beim
Ohrläppchen zieht, was wirst du denn sprechen,
wann man dir die Hoden drückt?"
Eines Tages berieten der Hodscha und seine 324.
Nachbarn miteinander, wohin sie lustwan-
deln gehn sollten; endlich sagte der Hodscha:
„Gehn wir zum Flusse und schauen wir den
Frauen baden zu."
Sic waren einverstanden und gingen mit ihm:
Als sie zu den Frauen gekommen waren, ent-
blößte sich eine von ihnen, die sah, daß sie be-
183
obachtet wurden; daraufhin sagte einer zum
Hodscha, um ihn zu hänseln: „Wirst du diese
Gelegenheit nicht benutzen?"
Ohne zu zaudern, schob der Hodscha seine
Kleider weg, reckte den bewußten in die Luft und
schrie: ,,Seht, meine Freunde, mich findet man
niemals unvorbereitet; wie ein Baum habe ich
immer, meinen Nachbarn zu gefallen, einen
strammen Ast bereit, auf dem man klettern kann!"
So sahen die, die sich auf seine Kosten lustig
zu machen gedacht hatten, ihren Scherz zu ihrer
Beschämung ausschlagen.
325. A N einem Tage, wo der Hodscha Nasreddin
xjL predigen sollte, sagten die Gläubigen unter-
einander: „Wann er kommt und uns begrüßt,
geben wir ihm den Gruß nicht zurück; wir wollen
sehn, was er tun wird,"
Der Hodscha kam und grüßte die Gemeinde;
aber niemand antwortete ihm. Da sagte er, nach-
dem er nach allen Seiten umhergeblickt hatte:
„Wahrhaftig, ich bin ganz allein; kein Mensch ist
gekommen." Mit diesen Worten ging er weg und
überließ die Versammelten ihrem Unmut über
den Ausgang ihres Streiches.
326. A Ls der Hodscha Nasreddin das erste Mal vor
x^ Tamerlan erschien, sprach dieser Eroberer
bei sich: „Ich muß ihn verderben; ich will ihm
Fragen stellen, und wenn er auch nur eine nicht
beantwortet, lasse ich ihn töten. Und er fragte
den Hodscha: „Wer bist du?"
Der Hodscha antwortete: „Ich bin der Gott
der Erde."
184
Nun war Tamerlan, der ein Tatare war, von
den schönsten jungen Leuten seines Volkes um-
geben, die, wie es bei ihnen zutrifft, sehr kleine
Augen hatten.
Tamerlan fuhr fort: „Gut also, Gott der Erde,
hast du dir diese hübschen Knaben betrachtet?
was sagst du zu ihnen?"
„Ich habe sie betrachtet; aber ihre kleinen
Augen sind nicht hübsch."
„Da du Gott bist," erwiderte Timur, „so tu
mir den Gefallen und mach sie größer,"
„Padischah, ich bin nur Gott der Erde, und
darum kann ich nur die Augen größer machen,
die sie unter dem Gürtel haben; die, die sie oben
haben, die gehn den Gott des Himmels an."
Timur freute sich herzlich über diese Antwort
und erkannte, mit was für einem Schalke er es
zu tun hatte: „Da du so ein lustiger Gesell bist,
so schwöre ich, daß ich mich nicht mehr von dir
trennen werde."
„So sei es," antwortete der Hodscha; „du bist
der Herr."
TAmerlan war sehr häßlich; er hatte nur ein 327.
Auge und einen eisernen Fuß. Als er nun
einmal mit dem Hodscha saß und sich mit ihm
unterhielt, fuhr er mit der Hand an den Kopf
und ließ den Barbier rufen. Der kam augen-
blicklich; nachdem er ihm den Kopf geschoren
hatte, reichte er ihm einen Spiegel. Timur be-
trachtete sich, und da er sah, wie häßlich er war,
begann er zu weinen. Seinem Beispiele folgend,
zerflossen auch der Hodscha und der ganze Hof
in Tränen und Seufzern, und das dauerte eine
185
oder zwei Stunden, Endlich gelang es den Hof-
leuten, indem sie einige hübsche Geschichten er-
zählten, Timur zu zerstreuen und ihn seinen
Kummer vergessen zu machen, und er hörte zu
weinen auf; aber der Hodscha weinte nur umso
stärker. Und Timur sagte zu ihm: „Ich habe
mich im Spiegel betrachtet, und da habe ich mich
so abscheulich gefunden, daß ich einen schweren
Kummer litt, weil ich, der Padischah, der Herr
so vieler Sklaven, so häßlich sein muß; ich habe
also mit vollem Rechte geweint. Aber warum
weinst denn du noch zu dieser Stunde, und warum
hörst du nicht auf, zu klagen?"
Der Hodscha antwortete sofort: „Du hast dich
nur einmal im Spiegel gesehn, und dieser kurze
Augenblick hat genügt, dich zwei Stunden lang
weinen zu machen; was ist denn wunderbares
dabei, wenn ich, der ich dich den ganzen Tag
sehe, länger weine als du?"
Über diese Rede fiel Timur in ein unauslösch-
liches Gelächter.
186
3. Angeblich historisches
DA Nasrcddin durch diese Geschichte ^ mit 328.
Tamerlan besser bekannt geworden war,
nahm er sich bald darauf die Freiheit, ihm ein
andres Geschenk zu machen, nämlich zehn zarte,
frischgepflückte Gurken; dafür erhielt er von ihm
zehn Goldstücke. Als dann die Gurken nicht
mehr so selten waren, lud er ihrer einen Wagen
voll, um sie Tamerlan zu bringen. Der Türhüter
aber, der sich der großen Belohnung für die
ersten zehn erinnerte, weigerte sich ihn einzu-
lassen, wenn er nicht verspreche, die neue
Gegengabe mit ihm zu teilen. Der Handel wurde
so abgeschlossen, und Nasreddin wurde vor-
gelassen. Auf die Frage Tamerlans, was ihn
herführe, antwortete er, er bringe ihm viel mehr
Gurken als das andere Mal; als aber Tamerlan
diese außerordentlich große Menge sah, befahl er
ihm ebenso viel Stockstreiche zu geben, wie es
Gurken seien. Und es waren fünfhundert Stück.
Nasreddin mußte sich fügen und erlitt geduldig
zweihundertfünfzig Hiebe; dann aber begann er
zu schreien, er habe nun seinen Teil, und er hoffe,
der König werde auch dem Türhüter sein Recht
widerfahren lassen. Der König fragte ihn, was
das heißen solle, und Nasreddin antwortete ihm:
„Ich habe mich mit dem Türhüter verglichen, daß
er die Hälfte von dem haben solle, was ich als
Geschenk bekäme, und dafür hat er mich vor-
gelassen." Der Türhüter wurde gerufen; da er
sich gezwungen sah, den Handel anzuerkennen,
mußte er auch seinen Teil auf sich nehmen und
1 Nämlich die oben als Nr, 71 mitgeteilte.
189
empfing die andern zweihundertfünfzig Stock-
streiche-
329. ^l^Amerlan begann nun so viel Gefallen an
X Nasreddin zu finden, daß er ihn mit dem
Versprechen, ihm nichts zu verweigern, ermutigte,
zu verlangen, was er wolle. Nasreddin verlangte
nichts weiter als den mäßigen Betrag von zehn
Goldstücken, um davon ein Denkmal für die
Nachwelt zu erbauen. Als ihm das Geld aus-
gezahlt worden war, errichtete er mitten auf
freiem Felde ein großes Tor mit Schloß und
Riegel. Darüber gabs denn ein allgemeines
Staunen und man fragte ihn um den Grund; da
antwortete er: „Die allerspäteste Zukunft wird
die Erinnerung an diese Tür ebenso getreu be-
wahren wie die an die Siege Tamerlans ; während
aber die Welt bei diesem Denkmal, das die
Streiche Nasreddins ins Gedächtnis zurückruft,
lachen wird, wird das Andenken der Taten
Tamerlans Tränen hervorrufen von einem Ende
der Erde zum andern."
330. "T^Aiazet war einmal gegen seine vornehmsten
J3 Offiziere sehr aufgebracht und hatte schon
den Rat versammelt, der ihnen das Urteil
sprechen sollte; da nun die Herren vom Rate in
ihrem Schrecken und ihrer Bestürzung nicht
wußten, wie sie den Unglücklichen das Leben
retten könnten, bot sich ihnen Nasreddin an, um
ihnen zu helfen. Und er sagte zu Bajazet:
„Sultan, laß die Leute nur henken; sie sind alle
Verräter." Bajazet war damit einverstanden und
Nasreddin fuhr fort: „Wozu sind sie uns auch
190
nütze? wenn jetzt Timur mit seiner Armee
kommt, so nimm du die Standarte und ich werde
die Trommel schlagen; wir wollen ihm ein Treffen
liefern, und wahrhaftig, wir zwei werden den
Tataren genug zu schaffen machen." Bajazet
antwortete nichts; wenige Augenblicke darauf
gewährte er aber den Schuldigen seine Gnade.
NAsreddin hatte den Zorn Bajazets erregt und 331.
Bajazet befahl, ihn hinzurichten; er mußte
auf einen sehr hohen Baum auf freiem Felde
steigen, und den sollten die Soldaten umhauen,
damit Bajazet sehe, was für Luftsprünge Nasr-
eddin machen werde. Trotz dem inständigen
Flehen Nasreddins getraute sich niemand, Baja-
zet für ihn um Gnade zu bitten, so daß er sich
selber zu helfen versuchte; er ließ oben auf dem
Baume die Hosen herunter und verunreinigte die
Soldaten. Darüber mußte Bajazet herzlich lachen,
und er erlaubte ihm, herabzusteigen.
191
4, Moderne Volkserzählungen aus
Nasreddins Heimat
Nasreddin, I. 13
Eine Frau kam einmal zum Hodscha, gab ihm 332.
einen Brief und bat ihn, ihn ihr vorzulesen.
Nun konnte der Hodscha gar nicht lesen; da er
sich aber schämte, dies einzugestehn, nahm er
den Brief und las: „Hochwohlgeborener, ehren-
werter Herr" usw., wie ein Freund einem andern
zu schreiben pflegt.
Die Frau sagte darauf, daß das kein Brief
eines Bekannten, sondern der Steuerzettel ihres
Hauses sei. Und der Hodscha antwortete:
„Warum hast du mir das nicht früher gesagt?
dann hätte ich ihn anders gelesen."
Eines Nachts schlich der Hodscha zu der 333.
Sklavin seines Vaters. Die Sklavin wachte
auf und fragte: „Wer ist da?"
„Pst," antwortete der Hodscha, „ich bin mein
Vater."
DEr Sohn des Hodschas hatte ein Haus gebaut 334.
und lud seinen Vater ein, es zu besichtigen.
Der Hodscha sah sich alles gut an, sowohl unten,
als auch oben; und als ihn der Sohn fragte, ob
das Haus schön sei, antwortete er: „Alle Räum-
lichkeiten sind schön; nur in dem kleinen Zimmer
zu ebener Erde ist die Tür so eng, daß kein Eß-
tisch hineingeht."
Er hatte den Abtritt für ein Zimmer angesehn.
DEr Hodscha kaufte einmal eine Oka Datteln 335.
und aß dann die Datteln mit den Kernen.
Als man ihn fragte, warum er sie mit den Kernen
verschlucke, antwortete er: „Ich habe sie mit den
13* 195
Kernen gekauft, und so hat man mir sie zu-
gewogen."
336. T^-'^*' Hodscha hatte ein Haus gemeinsam mit
1^ einem andern, und mit diesem hatte er
immerfort Streit. Darum ging er einmal auf den
Markt und wollte seine Hälfte verkaufen. Man
fragte ihn um den Grund und er antwortete, daß
er mit seinem Hausgesellschafter zu viel Streit
habe, und daß er mit dem Gelde, das er für seine
Hälfte bekommen werde, die andere dazukaufen
wolle.
337. "Kß^ An fragte einmal den Hodscha, wer älter sei,
l'l. er oder sein Bruder. Der Hodscha ant-
wortete, daß zwar er um ein Jahr älter sei, daß
aber im nächsten Jahre sein Bruder das Jahr ab-
gelebt haben werde und daß sie dann gleich alt
sein würden.
338. "TX Er Hodscha kam einmal zu Timur. Der Khan,
J_^ der ihn sehr gern hatte, fragte ihn, wie groß
seine Familie sei. Der Hodscha antwortete:
„Zehn Köpfe." Timur befahl, ihm für jeden ein-
zelnen hundert Akscha auszuzahlen. Der Hod-
scha nahm die tausend Akscha in Empfang, ging
zu Timur zurück und sagte ihm, daß er einen
zu wenig angesagt habe. Timur fragte um den
Namen des Ausgelassenen.
Der Hodscha antwortete: „Nasreddin-Ef feudi."
196
Anmerkungen
literatur- und stoffgeschichtlichen Inhalts
Verzeichnis der im folgenden häufiger
zitierten Bücher, Aufsätze und
Zeitschriften
Anthropophyteia = Idy&Qwnogivrtia , Jahrbücher
für Folkloristische Erhebungen und Forschungen
zur Entwicklungsgeschichte der geschlechtlichen
Moral, herausgegeben von Dr, Friedrich S, Krauss.
I— VII. Leipzig, 1904 ff,
Archivio = Archivio per lo studio delle tradizioni po-
polari, ed, Pitre, Palermo, 1882 ff.
Barker = A Reading Book of Turkish Language, by
William Burckhardt Barker, London, 1854 (enthält
von S. 27 bis 106 der türkischen Paginierung Plea-
sing Tales of Khoja Nasr-il-Deen Effendi in tür-
kischer Sprache mit englischer Übersetzung).
B a s s e t RTP = die von Basset in der Revue des tradi-
tions populaires, XVI ff,, aus dem Nawadir (s. d.)
übersetzten Stücke.
B o n e 1 1 i = Luigi Bonelli, Saggi del Folklore dell'isola
• di Malta, V: Voci infantili, Facezie di Gahan im
Archivio, XIV, S. 457 ff.
B u a d e m == Buadem, Hundertunddreißig Anekdoten
aus seinem Leben von Mehemed Tewfik in Nr. 2735
der Reclamschen Universal-Bibliothek, S. 39 — 93.
Die Kenntnis der Nr. 131 — 226 der Buadem-
schwänke Tewfiks, die bisher noch in keiner euro-
päischen Sprache erschienen sind, verdanke ich der
Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Theodor Menzel,
der mir das Manuskript seiner deutschen Über-
tragung zur Durchsicht überlassen hat.
Cantimir = Cantimir, Histoire de l'empire othoman,
traduit par De Joncquieres, Paris, 1743 ff.
Clouston, Flowers = Flowers from a Persian Gar-
den, and other Papers by W. A, Clouston, London,
1890,
Clouston, Noodles = The Book of Noodles by
W. A, Clouston, London, 1888.
C r a n e = Italian Populär Tales by Thomas Frederick
Crane, London, 1885.
19^
De la Croix ^= De la Croix, Geschichte des osma-
nischen Reiches, deutsch von Schulz, Frankfurt,
1769 ff.
D o r a n = The History of Court Pools by Dr. Doran,
London, 1858.
E t h e := Essays und Studien von Dr. Hermann Ethe,
Berlin, 1872; darin S. 233—254: Ein türkischer
Eulenspiegel,
F I ö g e 1 = Geschichte der Hofnarren von Karl Friedrich
Flögel, Liegnitz und Leipzig, 1789,
Fourberies = Les Fourberies de Si Djeh'a, contes
kabyles, recueillis et traduits par Auguste Mou-
lieras, Traduction fran^aise et notes avec une
etude sur Si Djeh'a et les anecdotes qui lui sont
attribuees, par M. Rene Basset, Paris, 1892,
Galland == Les paroles remarquables, les bons mots,
et les maximes des Orientaux (par Ant. Calland),
A la Haye, 1694.
G a z e a u = Les Bouffons par M. A. Gazeau, Paris, 1882.
Gonzenbach = Sicilianische Märchen. Aus dem
Volksmunde gesammelt von Laura Gonzenbach.
Mit Anmerkungen Reinhold Köhler's und einer Ein-
leitung herausgegeben von Otto Hartwig. Leipzig,
1870. 2 Bände.
Griechisch = '0 NäaQ-edätv-Xöt^as xai la daitZa uvexSoia
aviov. 'Ey 'A&tjyai^, BtßXioTt(aXtTov Mi^atjX SaXißtQov.
Hammer = Hammer, Geschichte des osmanischen
Reiches, Pest, 1827 ff.
Hartmann = M. Hartmann, Schwanke und Schnurren
im islamischen Orient in der Zeitschrift des Ver-
eins für Volkskunde, V, S. 40 ff.
1 1 g = Maltesische Märchen und Schwanke. Aus dem
Volksmunde gesammelt von B. Ilg. Leipzig, 1906.
2 Bände.
X ö h 1 e r = Kleinere Schriften von Reinhold Köhler,
herausgegeben von Johannes Bolte, Weimar (Ber-
lin), 1898 ff. 3 Bände; darin I, S. 481—509: Nasr-
eddins Schwanke.
Kroatisch = Posurice i sale Nasredina. Drugo
izdanjf. Zagreb, L. Hartman.
K u k a = The Wit and Humour of the Persians by
Meherjibhai Nosherwanji Kuka, Bombay, 1894.
200
Mango = F, Mango, La leggenda dello sciocco nelle
novelline calabre im Archivio X, S. 45 ff.
Mardrus = Le livre des Mille nuits et une nuit, tra-
duction litterale et complete du texte arabe par le
Dr. J. C. Mardrus, Tome XV, Paris, 1904; darin
S. 93 — 118: Quelques sottises et theories du maitre
des devises et des ris.
Monnier == Les contes populaires en Italie par Marc
Monnier, Paris, 1880.
Murad = Nassreddin Chodja. Ein osmanischer Eulen-
spiegel von Murad Efendi (d. i. Fr. v. Werner),
Vierte Auflage, Oldenburg (Die erste Ausgabe ist
1878 erscfiienen).
Natu ad ir = Nawadir el chodscha nasr ed-din effendi
dschoha, Kairo, o. J.
N i c k =r Fr, Nick, Die Hof- und Volks-Narren, Stuttgart,
1861. 2 Bände.
N o u r i == Nasreddin Khodjas Schwanke und Streiche,
Türkische Geschichten aus Timurlenks Tagen er-
zählt von Ali Nouri, Breslau, 1904.
P a n n = Anton Pann, Opere complete. Editia Il-a,
Vol. I, Bucuresti, 1909; darin S. 327—356: Nazdra-
vaniile lui Nastratin Hogea (ist zuerst 1853 er-
scfiienen).
Pharaon = Spahis, Turcos et Goumiers par Florian
Pharaon, Paris, 1864; das 9. Kapitel, Les reunions
de Turcos, entfiält eine Anzahl Dscfiefiagescfiicfiten.
P i t r e = Fiabe, novelle e racconti popolari siciliani,
raccolti ed illustrati da Giuseppe Pitre, Palermo,
1875. 4 Bände; darin III, S. 353—379: Giufä.
Roda Roda = Roda Roda, Der Pascha lacht. Morgen-
ländische Schwanke, Berlin und Leipzig, 1909;
darin S. 121 — 125: Von Nassr'eddin.
RTF = Revue des traditions populaires, Paris, 1885 ff,
S er b i s c h = Nasradin-hodza, njegove sale, dosetke i
lakrdje u pripodjetkama od Mehemeda Tevfika,
Prevod s nemackog, U Nuvom Sadu, 1903,
Sottisier^ = Sottisier de Nasr-Eddin-Hodja, Bouffon
de Tamerlan, suivi d'autres faceties turques, tra-
' über die Quellen, die Decourdemanche für die einzelnen Stücke benutzt
hat, sei nach seinen Angaben folgendes mitgeteilt: Die Nummern 1 — 179 be-
ruhen auf einem Manuskripte ägyptischer Herkunft, von dem er meint, daß
201
duits sur des manuscrits inedits par J. A, Decourde-
manche, Bruxelles, 1878,
Stumme, Malta = Stumme, Maltesische Märchen,
Gedichte und Rätsel, Leipzig, 1904,
Stumme, Studien = Stumme, Maltesische Studien,
Leipzig, 1904,
Stumme, T amazratt = Stumme, Märchen der Ber-
bern von Tamazratt in Südtunisien, Leipzig, 1900.
Stumme, Tripolis = Stumme, Märchen und Gedichte
aus der Stadt Tripolis in Nordafrika, Leipzig, 1898.
Stumme, Tunis = Stumme, Tunisische Märchen und
Gedichte, Leipzig, 1893.
T e w f i k = Die Schwanke des Naßr-ed-din, Aus-
gewählt und ergänzt von Mehemed Tewfik in
Nr. 2735 der Reclamschen Universal - Bibliothek,
S. 5—38.
Trefdi = Naszreddin hodsa trefäi, Török (kisäsziai)
szöveget gyüjtötte, forditässal es jegyzetekkel
ellätta Dr, Künos Ignäcz, Budapest, 1899 (Die
Schwanke 1 — 136 auch bei Radioff, Die Sprachen
der türkischen Stämme, Petersburg 1866 ff., I. Ab-
teilung, VIII, S. 408—436).
Volksbuch = 1. Les Plaisanteries de Nasr-Eddin
Hodja, traduites du Türe par J.-A. Decourde-
manche. Seconde edition, augmentee de Naivetes
de Karacouch, Paris, 1908 (Die erste Ausgabe
ohne die Karakuschanekdoten ist 1876 erschienen).
2, Meister Nasr-eddin's Schwanke und Räuber und
Richter. Aus dem türkischen Urtext wortgetreu
übersetzt von Wilh, von Camerloher, und resp. Dr.
W. Prelog in Konstantinopel, Triest, 1857 (Das Vor-
wort Camerlohers ist von 1855 datiert).
es Cardonne gehört habe, und dessen Papier, ein französisches Fabrikat,
die Jahreszahl 1757 aufweist, die Nummern 180 — 210 auf einem zu Ende des
16. oder zu Anfang des 17. Jahrhunderts niedergeschriebenen Manuskripte,
die Nummern 211 — 214 auf einem Manuskripte des 19. Jahrhunderts, die
Nummern 215 — 224 auf einem Manuskripte mit alter arabischer Schrift, die
Nummern 225 — 238 auf einem Manuskripte in ägyptischem Arabisch, die
Nummern 239 — 268 auf einem Manuskripte vom Jahre 1089 der Hidschra
(= 1678 u. Z,), die Nummern 269—279 auf einem Manuskripte des 19. Jahr-
hunderts, die Nummern 280 — 292 auf einem Manuskripte, das das Ankaufs-
datum von 1614 trägt, die Nummern 293 — 295 auf Dietericis Chrestomathie
Ottomane und die Nummern 296—321 auf dem Volksbuche.
202
Walawani= 'lojaxel/j, Balaßävr], MtXQaacazixd, HO^rjvrjai^
1891 ; darin S. 140 — 159: 'O Nua^sööly Xw'rfaf (dieser
Aufsatz ist schon 1888 im BvCkvtivov 'Hixiqo'Aoyiov,
S. 297—310 erschienen).
ZW = Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, Berlin,
1890 ff.
203
L Türkische Überlieferungen
1, Die hundertfünfundzwanzig Schwanke
des Volksbuchs
1. Volksbuch, Nr, 1 1| Barker, S. 27 ff,; Sottisier, Nr, 1
(erster Teil); Tewfik, Nr, 30; Nouri, S, 19ff,; Trefdi, Nr. 1;
Nawadir, S, 2 (Basset RTP, XVII, S, 93); Meißner, Neu-
arabische Geschichten aus dem Iraq, Leipzig 1903, S. 56
und 57, Nr, 3: Eine Schnurre vom Chawadja Nasr eddin;
Kuka, S, 222; Griechisch, Nr, 11; Serbisch, S. 11 ff,; Kroa-
tisch, S, 10 ff,; Murad, Nr, 3,
Nick, I, S, 151; Köhler, I, S, 484 2; Clouston, Flowers.
S, 66; Gazeau, S, 193; Fourberies, S, 19; Hartmann, S, 65ff.
In der RTP, XVII, S. 94 zitiert Basset eine ukrai-
nische Version aus der Kryptadia, VIII, Paris, 1902,
S. 391: Pourquoi les raskolniks ont la tonsure; eine rumä-
nische steht bei Ispirescu, Snöve sau Povesti Populäre,
ed, 2-a, Bukarest, 1875 (M, Gaster im Magazin für die
Literatur des Auslandes, XCVI, S, 564), Vgl, auch eine
Schnurre in dem aus dem 16, Jahrhunderte stammenden
Liber facetiarum oder Libro de chistes von Luis de Pinedo
(A, Paz y Melia, Sales espafiolas, I, Madrid, 1890,
S, 266 ff,), die nur eine Parallele zu Nasreddins dritter
Predigt bietet, und den Schluß der 8, Facetie Arlottos in
meiner Ausgabe (= Bd, I und II der Narren, Gaukler und
Volkslieblinge), I, S, 28 und 188.
2. Volksbuch, Nr, 2; Barker, S, 30; Sottisier, Nr, 1
(zweiter Teil); Tewfik, Nr, 66; Nouri, S, 21; Trefdi, Nr, 3;
Mardrus, S, 94; Nawadir, S. 2 (Basset RTP, XVI, S. 463);
Griechisch, Nr, 12; Serbisch, S, 33; Kroatisch, S, 27.
Fourberies, S. 17; Trefäi, S, 21.
Vgl, auch unten die Nrn, 243 und 244,
1 Der zuerst genannte Titel ist der der benutzten Fassung. Der erste Ab-
satz der Noten gibt die Textstellen, der zweite und dritte geben Verweise
und Literaturnachweise.
2 Die an dieser Stelle gebrachten Nachweise gehören fast sämtlich
zu der 3. Facetie Arlottos (I, S. 7 ff. und 174 ff.).
205
3, Volksbuch, Nr. 3; Barker, S. 30 ff,; Tewfik, Nr, 67;
Trefäi. Nr, 2; Nawadir, S, 2 (Basset RTF, XVI, S, 464);
Griechisch, Nr, 13; Kroatisch, S, 27,
Gazeau, S, 193; Trefdi, S. 21,
Vgl, auch unten Nr. 242.
4, Sottisier, Nr, 81; Volksbuch, Nr, 4; Barker, S,31ff,;
Tewfik, Nr, 53; Trefdi, Nr, 4; Nawadir, S. 3 (Basset AT"?,
XVII, S, 34); Griechisch, Nr. 14; Serbisch, S, 27; Kroatisch,
S. 23,
Fourberies, S. 41.
5. Sottisier, Nr. 10; Volksbuch, Nr. 5; Barker, S. 32 ff.;
Nouri, S. 216 ff.; Trefdi, Nr, 5; Nawadir. S. 4; Kuka,
S. 214; Griechisch, Nr. 6; Serbisch, S. 108; Kroatisch, S. 85.
Fourberies, S. 30,
Der Schwank findet sich mutatis mutandis in der
Disciplina clericalis von Petrus Alphonsi (hg, v. Fr. W. V.
Schmidt, Berlin, 1827, S. 82) ; der Verfasser scheint aus
dem Kitab al ikd al farid von Achmed ihn Abdirabbihi
(t 940) 1 oder aus dessen Quellen geschöpft zu haben.
Die Erzählung Abdirabbihis hat Basset in der RTF, XVII,
S. 95 übersetzt. Näher den obigen Versionen steht aber
der folgende, wahrscheinlich noch um 500 Jahre ältere
Abderitenschwank (Fhilogelos. Hieroclis et Fhilagrii
Facetiae, ed. Eberhard, Berlin, 1869, S, 30, Nr. 124):
ixaioy. ßtSövzo; de rivos nfvTijxoyra, /utj ßovXöfxtvos kaßsiy,
divnviaE. xujUfxvaas ovv xal xijv /«pa nqoztivas , slriE' 66s
xay za mvzrixovza.
Vgl. auch die von St. Julien im Journal asiatique, IV,
1824, S, 100 aus dem chinesischen Buche Siao li Siao
übersetzte Erzählung,
6. Volksbuch, Nr. 6; Barker, S. 33 ff,; Trefdi, Nr, 6;
Nawadir, S. 5 (Basset RTF, XVII, S. 94); Basset, Etüde
sur la Zenatia du Mzab de Ouargla et de l'Oued-Rir,
Paris, 1893, S. 102 ff., Nr. 2: Les excuses de Djoh'a; Grie-
chisch, Nr, 15.
Gazeau, S. 194.
1 Vgl. Brockelmann , Geschichte der arabischen Litteratur , I, Weimar,
1898, S. 154 ff.
206
7. Volksbuch, Nr. 7; Barker, S.34ff.; Sottisier, Nr. 38;
Tewfik, Nr, 21; Nouri, S. 193 ff.; Trefdi, Nr. 8; Nawadir,
S. 5 (Basset RTP, XVII, S, 35); Basset, Zenatia, S, 109,
Nr. 7; Djoh'a et le maitre d'un jardin; Griechisch, Nr, 103;
Serbisch, S, 24 ff.; Kroatisch, S. 80 f f . und 9.
Clouston, Noodles, S. 11 ff.; Gazeau, S, 194; Fourbe-
ries, S, 35; Hartmann, S. 63; Trefäi, S. 19.
Hörn bringt (S. 69) eine jedenfalls ältere Version aus
der Herzerfreuenden Schrift des Persers Ubeid Zakani
(t 1370/71) bei, die wohl identisch ist mit Kuka, S. 189,
Nr. 202; als Parallele sei noch Krauss, Zigeuner humor,
Leipzig, 1907, S. 87 ff.: Der Knoblauch genannt. Vgl, auch
die unten (II, S. 125 ff.) als Nr. 441 mitgeteilte Juvadi-
geschichte.
8. Barker, S. 35 ff.; Volksbuch, Nr. 8; Sottisier, Nr. 6;
Tewfik, Nr. 22; Nouri, S. 140 ff.; Trefdi, Nr. 9; Nawadir,
S. 5 (Basset RTP, XVII, S. 96 ff. und XIX, S. 20) ; Griechisch,
Nr. 82; Serbisch, S. 29; Kroatisch, S. 82 ff . und 9.
Fourberies, S. 29,
9. Volksbuch, Nr. 9; Barker, S. 36 ff.; Sottisier, Nr. 41;
Tewfik, Nr. 68; Trefäi, Nr. 10; Nawadir, S. 5 (Basset RTP,
XVII, S. 97); Griechisch, Nr, 38; Kroatisch, S, 26 ff,; Mu-
rad, Nr. 16.
Köhler, I, S. 484; Gazeau, S. 195; Fourberies, S. 35.
Etwas ähnliches erzählen G. Finamore im Archivio,
IX, S. 157 ff. von dem Pfarrer Zi'Tanghe in Gamberale
(um 1700) und Ispirescu, S. 86 [Magazin, XCVI, S. 595);
derlei sonderbare Zeitrechnungen kehren auch
wieder in Wickrams Rollwagenbüchlein, Nr. 47 (Boltes
Nachweise S. 375), im Sackful of News (Hazlitt, Shakes-
peare Jest-Books, II, London, 1864, S. 186), bei Monnier,
S. 216 ff. und in der Anthropophyteia, I, S. 81 ff. Bei
Galland, S. 54 zählt ein Schneider in Samarkand die
Toten, die auf den Friedhof geschafft werden, indem er
bei Jedem ein Steinchen in einen Topf wirft; als er dann
selber stirbt, sagt ein Nachbar: „Nun ist auch er in den
Topf gefallen wie die andern." Vgl. auch die 117. Facetie
Arlottos, II, S. 98 und E. J, Bronner, Bayerisches Schel-
men-Büchlein, Diessen, 1911, S. 61 ff,
207
t\
Dem Schlüsse der Facetie Nasreddins steht sehr nahe
die folgende Schnurre aus Campbell, Populär Tales of the
West-Highlands, New Ed., London, 1890, II, S. 399,
The Assynt man once went to Tain to buy meal, Out-
side the town, a man asked him if he knew what o'clock it
was, ,,Last time it was 12, If it is striking still, it must be
at 50,"
10, Volksbuch, Nr. 10; Barker, S. 38; Sottisier, Nr. 20;
Tewfik, Nr, 59; Trefdi, Nr, 11; Mardrus, S. 98; Nawadir.
S, 9 (Basset RTF. XVII, S, 481); Griechisch, Nr, 39; Wala-
wani, S, 67 und 155; Serbisch, S. 32; Kroatisch, S. 36;
Murad, Nr, 4, Vgl. auch Nr. 109.
Ethe, S, 239; Köhler, I, S. 484 ff . und 505; Gazeau,
S. 194; Fourberies, S. 31,
Zu der von Köhler angezogenen Stelle aus Heines
Reisebildern (Die Bäder von Lucca, Kap, 13) vgl, die Ver-
wendung, die sie im Gendre de M. Foirier von E, Augier
und J. Sandeau, 2, Akt, 1. Szene, gefunden hat. Mit der
Nasreddinschen Version stimmt vollständig eine von
Strafforello in der Sapienza del mondo, Torino, 1878 ff,,
II, S, 462 mitgeteilte,
11, Sottisier, Nr, 240; Volksbuch, Nr, 11; Barker,
S. 38 ff.; Trefdi, Nr. 12; Griechisch, Nr, 83; Serbisch,
S. 161.
Gazeau, S, 195.
Wie sich hier Nasreddin an dem Kamel rächen will,
so strafen im Fhilogelos, Nr. 111 die Abderiten einen Esel,
lassen aber bei der Exekution alle Esel der Stadt an-
wesend sein, damit sie sich ein Beispiel nähmen; ähnlich
machen es bei Zincgref-Weidner, Teutsche Apophtegmata,
Amsterdam, 1653 ff., IV, S, 280 deutsche Städter und bei
Blade, Contes populaires de la Gascogne, Paris, 1886, III,
S. 359 ff,: La truie pendue die Einwohner von Marsolan
mit einem bösen Schweine und der Sieur Gaulard in Ta-
bourots Contes facecieux du Sieur Gaulard (Ausgabe Paris,
1662, S. 191) mit einem schlimmen Pferde, Wohl nach
Tabourot erzählen Zincgref-Weidner, V, S, 114 ff, und Chr,
Lehmann, Florilegium politicum, 1630, S, 731 ff.; s. auch
Albrecht Keller, Die Schwaben in der Geschichte des
Volkshumors, Freiburg, 1907, S, 267 ff,, wo allerdings die
208
Hinrichtung des Farren aus einem andern Grunde erfolgt,
wo aber auch alle Rinder Exekutionszeugen sein müssen.
Wir werden dem Motive der Strafe von Tieren,
das sich auch in der Rechtsgeschichte verfolgen läßt, noch
öfter begegnen; vgl, besonders Nr. 356.
12. Volksbuch. Nr. 12; Barker, S. 39; Sottisier, Nr. 13;
Tewfik, Nr, 17; Nouri, S, 221; Trefäi. Nr. 13; Nawadir,
S. 9; Griechisch, Nr. 84; Serbisch, S, 28; Kroatisch, S, 8.
Gazeau, S. 195 ff.
13. Sottisier, Nr, 241; Volksbuch, Nr. 13; Trefäi. Nr. 14;
Nawadir, S. 9; Serbisch, S. 165 ff. (nicht obszön).
Gazeau, S. 196; Fourberies, S. 60.
14. Volksbuch. Nr. 14; Barker, S. 39 ff.; Sottisier,
Nr. 54; Tewfik, Nr, 54; Nouri, S, 186 ff,; Trefdi, Nr, 15;
Nawadir. S, 10 (Basset RTF, XVII, S, 482); Fourberies,
Nr, 11; Griechisch, Nr. 28; Serbisch, S. 22; Kroatisch, S. 23.
Gazeau, S. 196.
15. Volksbuch, Nr. 15; Sottisier, Nr. 27; Tewfik, Nr. 48;
Trefdi Nr. 17; Nawadir, S. 10 (Basset RTF, XVII, S, 483);
Griechisch, Nr. 29; Serbisch, S. 44 (anders S. 109); Kroa-
tisch, S, 17.
Gazeau, S. 196,
Eine hübsche persische Variante steht bei Kuka, S, 186,
Nr. 96.
16. Sottisier, Nr. 247; Volksbuch. Nr, 16; Barker,
S, 40 ff,; Nouri, S, 190; Trefdi, Nr. 16; Griechisch, Nr. 25;
Serbisch, S. 39 und 168.
Von diesem Schwanke bringt beinahe jeder Heraus-
geber einen andern Text und der des serbischen Volks-
buchs zweie; der hier mitgeteilte ist wohl die beste
Fassung, Vgl, auch Nr. 177.
17. Volksbuch, Nr. 17; Barker, S, 41; Sottisier, Nr, 39;
Tewfik, Nr, 46; Trefdi, Nr, 18; Nawadir, S. 10 [Basset RTF,
XVII, S, 484); Griechisch, Nr. 26; Serbisch, S. 129 und 42;
Kroatisch, S. 17.
Nasreddin, I. 14 209
18. Volksbuch. Nr. 18; Barker, S. 41 ff,; Sottisier,
Nr. 40; Tewfik, Nr, 47; Nouri, S, 206; Trefdi, Nr, 19; Na-
wadir, S, 14; Griechisch, Nr, 27; Serbisch, S. 166 ff. und 27;
Kroatisch, S. 17.
Gazeau, S. 196 ff,; Hartmann, S. 163; Basset in der
RTF, XI, S, 496 ff,; Hörn, S, 69 (eine ältere Version steht
bei Zakani),
19. Volksbuch. Nr. 19; Barker, S, 42; Sottisier. Nr, 35;
Tewfik, Nr, 23; Trefdi, Nr, 20; Nawadir. S, 14; Griechisch
Nr. 153; Serbisch, S, 35; Kroatisch S. 9,
Vgl, dazu die 39, Facetie im Philogelos, besonders mit
der dort, S, 14, unter dem Striche gegebenen Lesart: ^
S^oXaatixol dvo o/uov eßädi^ov. I6ü)v de avitüy 6 ii;
fzeXatfa oqviv, tlntv ■ aätXfpi, law: laviiis 6 aXexiwq ant&aye •
xai (fta lovio ftiXaiva iytdvoaio.
20. Volksbuch, Nr. 20; Barker, S, 42 ff.; Sottisier,
Nr, 55; Tewfik, Nr. 33; Trefdi, Nr, 21; Nawadir. S. 14; Grie-
chisch, Nr. 137; Serbisch, S. 14; Kroatisch S. 13. S. oben
Nr. 11.
21. Volksbuch, Nr, 21; Sottisier, Nr, 29; Tewfik, Nr, 49;
Trefdi, Nr, 22; Griechisch, Nr, 141; Serbisch, S, 27; Kroa-
tisch, S. 17.
22. Volksbuch, Nr, 22; Barker, S, 43 ff,; Sottisier,
Nr, 227; Ethe, S, 241; Trefdi, Nr, 23; Nawadir, S. 14; Grie-
chisch, Nr. 136; Serbisch, S. 168 ff.
Gazeau, S. 197; Fourberies, S, 59; Hörn, S, 70 (Zakani).
Krauss , Zigeunerhumor, S. 7: Wie ein Zigeuner die
„Teufel" um seine Seele geprellt.
23. Volksbuch. Nr. 23; Sottisier. Nr. 57; Trefdi. Nr, 24;
Nawadir. S. 14; Griechisch, Nr. 138; Serbisch, S. 162.
Köhler, I. S. 485; Fourberies, S, 37; Trefdi, S. 12.
Vgl. weiter meine Ausgabe von Heinrich Bebeis
Schwänken, München, 1907, II, S, 150 ff,; zu den dortigen
Nachweisen kommen noch Merkens, Was sich das Volk
erzählt, Jena, 1892, S, 162, Nr, 193 g und J, Fleury, Litte-
rature orale de la Basse-N ormandie, Paris, 1883, S. 204.
24. Volksbuch, Nr. 24; Sottisier, Nr. 251; Trefdi, Nr. 25.
210
25, Volksbuch, Nr. 25; Sottisier, Nr, 252; Trefäi, Nr. 26;
Nawadir, S. 14; Griechisch, Nr. 139.
Prym und Socin, Der neu-aramaeische Dialekt von
Tür 'Abdin, Göttingen, 1881, II, S. 288.
26, Volksbuch, Nr. 26; Sottisier, Nr. 171 (hier wird der
Schwank von Timur angestiftet) ; Tewfik, Nr. 50; Nouri,
S. 24 ff.; Trefäi, Nr, 27; Mardrus, S. 101; Nawadir, S. 14;
Fourberies, Nr, 13; Griechisch, Nr, 17; Serbisch, S, 22 ff,;
Kroatisch, S, 103 und 18,
Fourberies, S. 52; Hartmann, S. 64.
Von Harun al Raschid und dem bekannten Schalke
Abu Nuwas erzählen die Geschichten asch Schirwani im
Nafhat al jaman i (Basset in der RTF, XIV, S, 441 ff. und
den Fourberies, S. 186), Veiten, Märchen und Erzählungen
der Suaheli, Stuttgart, 1898, S. 17 ff. und Rückert, Erbau-
liches und Beschauliches aus dem Morgenland [Werke,
Hesse, IV, S, 340 ff.) : Der Hofpoet; von Kaiser Akbar dem
Großen von Hindustan (1542 — 1605) und seinen beiden
Günstlingen berichtet sie Kuka, S. 254 ff.
Eine merkwürdige Parallele steht in Aurbachers
Volksbüchlein (II, S. 138 ff. der Reclamschen Ausgabe) :
Der Hahn im Korb.
27. Volksbuch, Nr. 27; Barker, S. 44; Sottisier, Nr. 255;
Tewfik, Nr. 24; Trefäi, Nr. 28; Nawadir, S. 14; Griechisch,
Nr. 81; Serbisch, S. 36; Kroatisch, S. 9.
28. Volksbuch. Nr. 28; Barker, S, 44 ff.; Sottisier.
Nr. 106; Tewfik, Nr. 71; Trefäi, Nr, 29; Nawadir, S. 14;
Griechisch, Nr. 158; Serbisch, S.20; Kroatisch, S. 29.
Die Strafe, die hier als an der Quelle vollzogen ge-
dacht wird (vgl. auch Nr, 296), entspricht dem griechischen
Rhaphanizein, wozu man außer Juvenals 10. Satire,
V. 317 ff. noch die folgenden Verse in Catulls 15. Epi-
gramm vergleiche:
Ah tum te miserum, malique fati,
Quem, attractis pedibus, patente porta,
Percurrent raphanique mugilesque.
S. auch die zu Nr. 71 angezogene serbische Erzählung.
1 Vgl Brockelmann, II, S. 502.
14* 211
29. Volksbuch, Nr. 29; Sottisier, Nr. 296; Trefdi, Nr. 30;
Nawadir, S. 15; Griechisch, Nr. 36.
30, Volksbuch, Nr. 30; Sottisier, Nr, 297; Trc/di, Nr. 31.
31. Sottisier, Nr. 18; Volksbuch, Nr. 31; Barker,
S, 45 ff,; Nouri, S. 101 ff.; Trefdi, Nr. 32; Nawadir, S. 15;
Fourberies, Nr, 32 {hier verkauft Dscheha die Kleider
seiner Freunde); Griechisch, Nr, 16; Serbisch, S. 133 ff .
und 170 ff.; Kroatisch, S. 83 ff.; Murad, Nr, 21.
Köhler, I, S. 485; Gazeau, S. 197 ff,; Clouston, Populär
Tales and Fictions, Edinburgh, 1887, II, S, 35 ff,; Fourbe-
ries, S. 31.
32, Volksbuch, Nr, 32; Barker, S,47ff,; Sottisier, Nr, 3;
Ethe, S, 241 ff,; Nouri, S, 202 ff,; Trefdi, Nr, 33; Nawadir.
S. 18 (Basset RTF, XVII, S. 349); Fourberies, Nr. 31;
Griechisch, Nr. 165; Walawani, S. 157; Serbisch, S. 121,
Kroatisch, S. 94 ff.; Murad, Nr. 14.
Gazeau, S, 198; Fourberies, S, 29; Trefdi, S, 20,
Eine sicherlich ältere Fassung dieser Schnurre bildet
die 665, der Lustigen Geschichten des syrischen Mönches
Bar-Hebraeus (f 1289) ; s, The Laughable Stories collected
by Mär Gregory John Bar-Hebraeus, ed, by E, W, Budge,
London, 1897, S, 167 ff.
Cristoforo Zabata , Diporto de' viandanti (1. Ausg.
1589), Venetia, 1610, S. 66:
Vn ladro, rubando in Toledo la bottega di vno che
si chiamaua Pietro il negro, huomo piaceuole e faceto,
s'abbatte incontrarlo, che gli portaua via una caßa piena
di merci, ilquale andando in compagnia del ladro, fu dal
detto domandato, perche gli andaua dietro, alquale esso
rispose: io vengo per vedere, doue mi tramutate.
Vgl, auch Kuka, S, 185, Nr, 94 und Pitre, Novelle
popolari toscane, Firenze, 1885, S, 311, Nr, 74: // Fagioli
e i ladri.
33. Sottisier, Nr. 258; Volksbuch, Nr. 33; Trefdi, Nr. 34;
Griechisch, Nr. 164,
34, Sottisier, Nr, 262; Volksbuch. Nr. 34; Trefdi, Nr. 35;
Griechisch, Nr. 155; Serbisch, S. 132 ff.
212
35. Volksbuch, Nr. 35; Barker, S. 48 ff.; Soitisier.
Nr. 111; Ethe, S. 246 ff,; Nouri, S. 177 ff.; Trefäi, Nr. 36;
Mardrus, S, 98 ff.; Nawadir, S. 18; Stumme, Tunis, I, S. 78
und II, S. 130 ff.; Pharaon, S. 179 ff.; Fourberies, Nr. 16;
B. Ilg, Maltesische Legenden und Schwanke, Nr. 8: Dscha-
han und das Kesselchen in der ZW, XIX, S. 312; Grie-
chisch, Nr, 156; Walawani, S. 155 ff.; Serbisch, S. 150 ff.;
Kroatisch, S. 73 ff.; Murad, Nr, 1,
Köhler, I, S, 485 ff.; Clouston, Flowers, S, 67; Gazeau,
S. 198; Fourberies, S, 45; Hartmann, S, 56; Trefäi, S, 16.
Büttner, Anthologie aus der Suaheli-Literatur, Berlin,
1894, I, S, 88 ff, und II, S, 88 ff.; Roda Roda, S. 148 (von
einem Zigeuner).
36. Volksbuch. Nr. 36; Barker, S, 50 ff,; Trefäi, Nr. 37;
Nawadir, S. 19; Fourberies, Nr. 30; Griechisch, Nr. 112;
Serbisch, S. 178.
Vgl. unten Nr. 308.
37. Volksbuch, Nr, 37; Barker, S, 51; Sottisier, Nr, 14;
Tewfik, Nr. 60; Trefäi, Nr. 38; Nawadir, S. 19; Mardrus,
S, 93 ff. (= unten Nr, 377); Griechisch, Nr. 37; Serbisch,
S, 43; Kroatisch, S. 25,
Fourberies, S. 30 und 79.
38. Volksbuch, Nr, 38; Sottisier, Nr, 298; Tewfik,
Nr. 58; Trefäi, Nr, 39; Nawadir, S, 19; Griechisch, Nr. 157;
Serbisch, S, 42; Kroatisch, S. 24.
Fourberies, S, 67,
Ähnlich ist folgender Schwank bei (Wolfgang Bütner)
Von Claus Narren (1. Ausg. 1572), Franckfort, 1602, S. 7:
Als er (Clauß) von einem sawren Merrettich aß, vnd
im starck in der Nase roch, schrey er abermal: O Fewr,
Fewr ist in meiner Nasen auffgangen, wer wird mirs
dämpffen vnnd leschen, daß mir der Kopff nicht ver-
brennet.
Genauer stimmt zu der Nasreddinschen Fassung eine
im Democritus ridens, Amstelodami, 1649, S. 127;
Bonus quidam postquam cibos multo sale et pipere
conditos sumsisset, media nocte lecto exsurgens, et capite
e fenestra prospiciens, quanta maxima potuit voce excla-
mavit: Ad ignem, ad ignem, Territi hac voce vicini accur-
213
runt; ac quaerentibus, ubinam ardaret, In mea gula,
respondit, in mea gula.
39. Volksbuch, Nr. 39; Sottisier, Nr. 299; Nouri,
S. 218 ff.; Trefäi, Nr. 40; Nawadir, S. 19; Griechisch,
Nr, 73; Kroatisch, S, 85 ff.
Gazeau, S. 198 ff.
40. Volksbuch, Nr. 40; Barker, S. 51 ff.; Sottisier,
Nr. 33; Nouri, S. 204 ff.; Trefäi, Nr. 41; Nawadir, S. 19;
Griechisch, Nr. 61 ; Serbisch, S. 187 ff.
41. Volksbuch, Nr, 41; Sottisier, Nr. 9; Trefäi, Nr. 42;
Nawadir, S. 19 ff. (Basset RTP, XIX, S. 250) ; Griechisch,
Nr, 74; Serbisch, S. 132 (anders).
Gazeau, S. 200.
Die älteste Fassung ist wohl die 257. Facetie im Philo-
gelos, zit. Ausg. S. 55:
S)(oXceaiix6s dyogäaac xqeas, ßaaidCuiy avio dn^Q-ftro
(l^ Tov olxoy aviov. Xovnris dt Qij^ac tjgnaafv ctiro ix r^f
XtiQog avTov. 6 öt f<pt] ' tJf ov yeyw/uai, dy fxrj xdyw noi-
r^ao) avto aAAu).
42. Volksbuch, Nr.42; Sottisier. Nr. 237; Tewfik, Nr. 44;
Nouri, S. 225; Trefäi, Nr. 43; Nawadir, S. 20; Pharaon,
S. 194; Fourberies, Nr. 58; Griechisch, Nr. 77; Serbisch,
S. 23; Kroatisch, S, 16 ff.; Pann, S. 331.
Gazeau, S. 200; Fourberies, S, 60; Hörn, S. 69 (Zakani).
43. Volksbuch, Nr. 43; Sottisier, Nr. 260; Buadem,
Nr. 112; Trefäi, Nr. 44; Nawadir, S, 20; Griechisch, Nr, 78;
Serbisch, S, 91 ff.; Kroatisch, S. 60; unten Nr. 278.
Sich selber nicht kennen; In einer Novelle
Sercambis (Novelle inedite, ed. Renier, Torino, 1889, Nr, 2,
S, 17 ff.) hat der Einfaltspinsel Ganfo im Bade Angst, er
könnte sich unter den vielen nackten Menschen nicht er-
kennen, und legt sich daher auf die rechte Schulter ein
Kreuz aus Stroh. Als dieses wegschwimmt und an der
Schulter eines andern haftet, hält er diesen für sich selber:
Tu sei io et io son tu.
Hierzu vergleiche den Schwank von dem arabischen
Narren Habannaka, den Hartmann, S, 49 nach Maidani
214
(Arahum proverhia, ed. Freytag, Bonn, 1838 ff., I, S. 392 ff.)
erzählt und schon bei dem im Jahre 719 oder 728 ver-
storbenen Dichter al Farazdak ^ nachweist. Ähnlich
glaubt in der 68. Facetie Poggios ein Dummkopf, daß
einer, der seine Stimme nachahmt, er selber sei.
Eine hübsche Variante bietet eine Erzählung bei Do-
menichi, Facetie, 1562, S. 169 ff,, deren gekürzte lateinische
Übersetzung im Democritus ridens, S, 235 ff, mitgeteilt sei:
Eques quidam Montricensis 2, häud magna cum re, ut
ille ait, ambitiosus tamen et conservandi sui cupidus,
famulum conduxerat, Martinum nomine, hominem mirifice
somnolentum. Habebat ille amicum, non procul ab urbe
rusticantem; quem invisere volens, ante villae portam ex
equo descendit et Martino equum custodiendum tradit.
Is, manui implicitis habenis, mox in gramen se prosternit,
et profundo somno occupatur, Praeteribat forte lavernio
quidam, et ab occasione invitatus, ubi hominem altum
stertere animadvertit, et abscissis habenis, quas Martinus
brachio circumplicatas teneLat, ac novis e cingulo suo
factis, equum conscendit, cumque eo sese subducit, Non
multo post Martinus evigilans, ac semisomnis adhuc cir-
cumspiciens, Ego, inquit, aut Martinus sum, aut non sum.
Si Martinus sum, heri mei equum amisi; si non sum, habe-
nas has lucrifeci, Quod postea in proverbium abiit. Huic
mandes, si quid recte curatum velis.
Hierzu vergleiche man die Erzählung Verloren oder
gefunden in Hebels Schatzkästlein des Rheinischen Haus-
freundes {Werke, Hesse, IV, S. 177 ff.) und folgende eng-
lische Version aus Delight and Pastime or Pleasant Diver-
sion for both sexes . . , ., London, 1697 bei Ashton, Humour,
Wif, and Satire of the Seventcenth Century, New York,
1884, S. 72:
A pleasant Fancy of an Italian by name Trivelino,
who falling asleep one Day, with his Horse's Bridle twisted
in his Arm, another came who unbridied his Horse and got
away. Trivelino being awaked, and missing his Horse
began to feel himself about, saying: Either I am Trivelino^
or not: If I am Trivelino my Horse is lost; H not, I have.
got a Bridle, but know not how.
« Brockclmann, I, S. 53ff.
2 Soll wohl Matinensis heißen.
215
Diese Schnurre, zu der eine sehr nahestehende Paral-
lele in — Timbuktu erzählt wird (Basset, Contes popu-
laires d'Afrique, Paris, 1903, S. 163 ff.), vermittelt den
Übergang zu der als Nr. 298 mitgeteilten und ihren in den
Noten beigebrachten Varianten.
44. Sottisier. Nr, 259; Wolksbuch, Nr. 44; Barker, S. 52;
Tretäi, Nr. 45; Griechisch, Nr. 79; Serbisch, S. 153.
45. Barker, S. 53; Volksbuch, Nr. 45; Sottisier, Nr. 53;
Trefdi. Nr. 46; Nawadir, S. 20; Griechisch, Nr. 80; Ser-
bisch, S. 159.
46. Volksbuch, Nr. 46; Sottisier, Nr. 75 (Schluß);
Nouri, S. 167 ff.; Trefdi, Nr. 47; Nawadir, S. 20; Grie-
chisch, Nr. 48; Serbisch, S. 36 f f . und 111 ff.; Kroatisch,
S. 75 ff.; Murad. Nr. 29 (Schluß).
A. C. Lee, The Decameron. Its Sources and Analogues,
London, 1909, S. 97.
Zu dem Motive vom eingebildeten Toten vgl,
unten die Nrn. 49, 66, 121, 141 und 382.
47. Volksbuch, Nr. 47; Sottisier, Nr. 92 (nicht von Kur-
den, sondern von Arabern); Nouri, S. 146; Trefdi, Nr. 48;
Nawadir. S. 21; Griechisch, Nr. 93; Serbisch, S. 153 ff .
Köhler, I, S. 485.
Anthropophyteia, III, S. 79 ff. und 380 ff.
48. Volksbuch, Nr. 48; Sottisier, Nr. 90; Trefdi, Nr. 49;
Griechisch, Nr. 91; Serbisch, S. 174 ff.
Clouston, Noodles, S, 91.
49. Volksbuch, Nr. 49 und Barker, S. 53 ff.; Sottisier.
Nr, 175; Nouri, S, 195 ff.; Trefdi, Nr. 50; Nawadir. S. 21;
Griechisch, Nr. 92; Serbisch, S. 143 ff. und eine Variante
S. 163 ff.; Kroatisch, S. 88 ff.; Pann, S. 343 ff .
Köhler, I, S. 486 ff. und 505 ff.; Gazeau, S. 200ff.; Four-
beries. S. 53; Trefdi, S. 12; Archiv für slawische Philologie,
XXIX, S. 452; Lee, The Decameron, S. 96 ff.
Das Schema dieser Geschichte läßt sich folgender-
maßen darstellen: 1. das Abhacken des Astes,
auf dem man sitzt, 2. der dritte (zweite, achte)
Wind des Esels, Pferdes oder Maultiers oder des
216
Gefoppten selber als Todeszeichen für diesen und 3. das
Sprechen des weggetragenen vermeintlichen Toten.
Zu 1 vgl, das sechste Abenteuer des Guru Paramär-
tan, kombiniert mit dem bei Nr, 66 angegebenen Zuge
(Österley in der Zeitschrift für vergleichende Literatur-
geschichte, I, S. 53 ff. und 67 ff,) und eine Anekdote, die
Zachariae in der ZW, XIII, S. 218 aus Täranäthas Ge-
schichte des Buddhismus mitteilt; ferner; Grillenvertr eiber,
Franckfurt am Mayn, 1603 (v, d. Hagen, Narrenbuch,
Halle, 1811, S, 477); P, Senequier, Blason populaire pro-
vengal in der RTF, XII, S. 75; endlich eine Erzählung bei
ihn Arabschah, Fakihat al hulafa ^ (Chauvin, Biblio-
graphie des ouvrages arabes. Liege, 1892 ff,, II, S. 201,
Nr, 47),
Zu 1 und 2: Schleicher, Litauische Märchen, Sprich-
worte, Rätsel und Lieder. Weimar, 1857, S, 41 ff,; Blade,
Contes populaires de la Gascogne, III, S, 128 ff, (hier
verstopft Jean ITmbecile dem Esel nach dem zweiten
Winde den Hintern mit einem Pflocke; der Esel läßt den
dritten, der Pflock durchbohrt den Dummkopf, und er
stirbt. Vgl, Köhler, III, S. 50 ff.); Gh. Swynnerton, Ro-
mantic Tales front the Panjab with Indian Nights' Enter-
tainment, London 1908, S, 272: Of a credulous iveaver
(hier soll der Weber an dem Tage sterben, wo sein Mund
bluten wird).
Zu 3: unten Nr, 121.
Zu 1 und 3: Eine indische Erzählung des Bharataka
Dvätrinfikä, übersetzt von A, Weber in den Monats-
berichten der Berl. Akademie, 1860, S, 71 ff, (Österley in
der Z. /. vgL Litg., I, S, 53; Clouston, Noodles, S, 158 ff,);
Pitrc, III, S. 144 ff,, Nr, 150: Lu Partannisi.
Zu 2 und 3: Prym-Socin, Tür 'Abdin, II, S. 249 ff,;
P, Sebillot, Contes de la Haute-Bretagne, Nr, 14 und 15 in
der RTP, S, 442 ff , und 443 ff,; Anthropophyteia, III,
S, 400 ff.
Zu 1, 2 und 3: Haltrich, Deutsche Volksmärchen aus
dem Sachsenlande in Siebenbürgen, 4. Aufl., Wien, 1885,
S. 250 ff,; J. Vinson, Le Folklore du Pays Basque, Paris,
1883, S, 93 ff.; 0. Knoop, Schnurren und Schnaken aus
Rügen, Nr. 1 in Am Ur-Quell, IV, S. 72 ff . = Merkens,
' Brockelmann, II, S. 29.
217
II, S, 148 ff., Nr. 177. Weiter sei verwiesen auf die letzte
der unten (II, S, 128 ff.) mitgeteilten Geschichten von
Juvadi (Nr. 447), die wieder so ziemlich mit Pitre, No-
velle popolari toscane, S. 182 ff, (Nachweise S, 196) von
Giucca übereinstimmt.
50, Volksbuch, Nr, 50; Soitisier, Nr, 300; Tewfik,
Nr, 43; Nouri, S, 213; Trefäi, Nr, 51; Nawadir, S, 21; Grie-
chisch, Nr, 94; Serbisch, S. 45; Kroatisch, S, 16.
51, Volksbuch, Nr. 51; Soitisier, Nr. 301; Trefäi,
Nr. 52; Nawadir, S. 22; Griechisch, Nr. 40; Murad, Nr, 20.
Köhler, I, S, 490 (die Geschichte ist identisch mit der
166, Äsopischen Fabel in Halms Ausgabe: üarriQ xai
■&vyaTiQ(i]; vgl. auch die 377, Erzählung im 1. Buche von
Kirchhofs Wendunmuth (hg, v, Österley, I, S, 412 ff,),
52, Volksbuch, Nr, 52; Barker, S, 56; Soitisier, Nr, 48;
Nouri, S, 147; Trefäi, Nr, 53; Nawadir, S. 22; Griechisch,
Nr. 41; Serbisch, S. 189; Kroatisch, S. 64.
Memminger Mond: In einem außerordentlich
interessanten Exkurse, den Seb, Pauli in den Modi di dire
toscani (1. Ausg. 1740), Venezia, 1761, S. 212 ff, der
Redensart Non conosce la luna di Bologna widmet,
heißt es:
Roberto Tizio nel Hb, 8, de' Luogi controversi al capi-
tolo 9^, riferito dal Menagio^: „Neminem ignorare arbi-
tror, jocoso dicterio quosdam illudendi morem esse, quod
faciles pacatosque se praestent ad quodvis credendum.
lis enim occinere consuevimus, non vero ipsos lunam, quae
Bononiae lucet, cognitam habere: quasi vero luna, quam
hie Florentiae spectamus, alia sit atque diversa ab ea,
quam Bononienses, atque adeo omnes ubique populi, in-
tuentur, Manavit autem hie sermo a veteribus, ne quis
domi nostrae nuper natum existimet, Reperi namque
apud Plutarcum in commentario De exilio eundera irri-
dendi modum usurpatum, ubi cum plura adduxisset, quae
exilii incommodum extenuarent, nisi etiam tollere possent,
' D. i. Roberti Titii Burgensis Locorum controversorum libri X, Floren-
tiae, 1583.
2 D. i. Manage, Origini della lingua italiana, Geneva, 1685.
218
demum subdit: Atqui stultitiam ejus irridemus, qui lunam
Athenis meliorem nitidioremque esse dicat, quam quae
Corinthi ^. Et tarnen in idem quodammodo vitium mentis
incidimus, cum peregrinantes terram, mare, aer, coelum ut
diversa aliaque a consuetis esse contendimus," II volgo
conta aver avuto origine questo dettato da un scolare
gaglioffo, che dallo studio di Bologna, ove erasi trattenuto
piü anni, riduttosi in patria con fama di savio, domandö,
se quella luna, che ivi luceva, fosse la stessa solita vedersi
a Bologna. II Monosini 2 da a questa maniera di dire
un' altra spiegazione: Accedente aliquo ad aliquorum com-
mercium, qui diutius ab Ulis Visus non sit, tunc dicere
solet aliquis: Ecco la luna da Bologna.
Titius und Menage hätten noch eine andere altgrie-
chische Belegstelle heranziehen können, und zwar die
49, Facetie von Hierokles (Philogelos, S, 16] :
2^o}.«aitx6g r»}*- atXrjyriy l^uiy, invvrt^dvito tov naxQos
li xai Tftis äkX«is TioXeai loiavtai aeXrjyai liai.
Auch Bar-Hebraeus hat eine ähnliche Schnurre (ed.
Budge, S, 142, Nr. 549):
A certain simpleton looked at the moon when it was
fourteen days old, and said, „Blessed month," And when
it was said to him, „How is it thou didst not see the moon
before?" he answered, ,,I was not in the city having only
just come."
Kuka bringt zwei hiehergehörige Geschichten (S. 166,
Nr, 38 und S, 182, Nr, 84), von denen die erstgenannte
folgen möge:
A person from Hajäz had come to Shiraz, On the eve
of the lirst day of the month of Ramazän he saw the new
moon which ushers in every month, The sight of it aggra-
vated our sage, who said angrily to the moon, — „Hast
thou come back to torment and annoy mankind by obli-
ging them to keep fasts? May God kill me, if I do not
avoid thy malign influence by departing immediately from
this city!"
Vom Sieur Gaulard erzählt Tabourot S, 258 ff.:
Se promenant sur le pont de Dole, et voyant la lune
1 Plutarch, De cxilio, 6: Kaiioi yfkwjuef irjy aßiXjtQiav tov
gjdaxoyzos, iy 'Ad-^vats ßtXiioya atXtjytjy ilyat lijs iy KoQiy&ta.
2 D. s. Angeli Monosinii Floris italicae linguae libri novem, Vcnetiis, 1604.
219
pleine, apparente proche I'horison, qui se monstroit fort
grande, Je vous asseure, dit-il, que nous sommes bien-
heureux en ce pais; car nostre lune est plus grande que
Celle de Paris, II pensoit qu'il y en auoit vne pour cha-
que ville.
Ähnliche Geschichten finden sich sehr häufig, z. B.
L. Aurbacher, Ein Volksbüchlein, I, S. 152, Merkens, I,
S, 14, Nr. 17, II, S. 17 ff., Nr, 22 und III, S, 10, Nr, 10,
Keller, Schwaben, S. 139 (wo auf Boners Edelstein, Nr, 99
hingewiesen wird). Bronner, Bayerisches Schelmen-Büch-
lein, S, 115 ff., L, F, Sauve, Le Folk-lore des Hautes-
Vosges, Paris, 1889, S, 74, G, Calvia, Facezie sopra gli
abitanti di Sorso in Sardegna, Nr, 4 im Archivio, XXI,
S, 378, Strafforello, II, S, 460 usw. Vgl, auch den Schluß
der zu Nr. HO mitgeteilten Stelle aus Eyerings Proverbio-
rum copia.
53. Volksbuch, Nr. 53; Sottisier, Nr. 245 (anders);
Trefdi, Nr. 54; Nawadir, S, 22; Griechisch, Nr. 42 (ohne
Obszönität),
54, Volksbuch, Nr. 54; Barker, S, 56 ff,; Sottisier.
Nr. 19; Nouri, S. 67 ff.; Trefdi, Nr, 55; Nawadir. S, 22;
Kuka, S. 215 ff.; Stumme, Tripolis, S, 176 ff.; Fourberies,
Nr. 20; Griechisch, Nr. 43; Serbisch, S, 121 ff,; Kroatisch,
S, 68 ff,; Murad, Nr. 27.
Köhler, I, S. 490 ff.; Fourberies, S. 31 und Bassets
Nachtrag in der RTF. XI, S. 496; Trefdi, S. 12 und 20 f f .
Vgl. die altfranzösische Farce des deux savetiers, über
die P. Toldo in den Studj di filologia romanza, IX, S. 199
und in der ZW. XIII, S. 420 ff . handelt; weiter Arienti,
Porretane (1. Ausg. 1483), Venetia, 1531, Bl. 45a ff.,
Nov. 20: Messere Lorenzo Spazza. caualiero araldo, se
fa conuenire denanti al preiore da uno ^notaro. üqual
e dimostrato non esser in bono sentimento. et messer
Lorenzo libero se parte lasciando il notaro schernito e
desperato; Le piacevoli e ridiculose facetie di M. Poncino
della Torre, Cremonese (1. Ausg. 1581), Brescia, 1599,
Bl. 17b ff. = Zabata, Diporto, S. 90 ff.; (G. Sagredo),
L'Arcadia in Brenta (1, Ausg. 1667), Bologna, 1693,
S. 168 ff.; Juan de Timoneda, El Patranuelo (1. Ausg.
1576), patr. 18 in der Biblioteca des autores espanoles,
220
I
3.a ed„ Madrid, 1850, S. 158 ff. (Dunlop - Liebrecht,
S. 271 und D. M. Menendez y Pelayo, Origenes de la
Novela, II, Madrid, 1907, S. LH); J. P, de Memel, Neu-
vermehrt und augirte Anmuthige lustige Gesellschafft,
Zippel-Zerbst, 1701, S. 91, Nr. 208; C. A. M, v. W„ Neu-
außgebutzter, kurtzweiliger Zeitvertreiber, 1685, S. 244 ff.;
G. Georgeakis et L, Pineau, Le Folk-lore de Lesbos, Paris,
1894, S. 111 ff.: Le juif et le chretien; Ilg, II, S, 70 f f ,,
Nr, 113: Die Geschichte von den neunundneunzig Gold-
stücken. Mit Ausnahme der zwei zuletzt genannten Fas-
sungen kommt die Schuld des Schalkes an den Gläubiger
auf eine andere Weise zustande.
Unter den Dschohageschichten bei Mardrus ist eine
(S. 101 ff,), die der unsern, aber nur in ihrem ersten Teile
entspricht, während diesem in der Nasreddinerzählung bei
Walawani, S. 156 ff. ein anderer Schluß beigefügt ist ^;
ein interessantes Gegenstück hat dieser erste Teil in den
Facette et motti arguti, Fiorenza, 1548, die von L. Dome-
nichi herausgegeben sind, und zwar in dem Abschnitte
(Bl, Fib), der, wie ich bei Arlotto, II, S. 308 ff , nach-
gewiesen habe, auf einem im Jahre 1479 niedergeschrie-
benen Manuskripte beruht:
Vn pouero huomo s'inginocchiaua ogni mattina a un
Crocifisso, pregandolo, che gli facesse trouare cento du-
cati, e dicendo: se io trouaßi un meno, non gli torrei.
Vno che lo senti, ne uoUe fare la pruoua, e gettogli quiui
di nascosa una borsa con nouanta noue ducati; colui pre-
sala, gli annouero, e disse: a Dio, Christo; hamene a
dare uno.
Diese Geschichte, die auch in den spätem Ausgaben
der Domenichischen Facetien (1562, S, 257, 1581, S, 317
usw.) wiederkehrt, hat Parallelen in den wahrscheinlich
vor der Mitte des 16, Jahrhunderts zum ersten Male er-
schienenen Jests of Scogin, und zwar in dem Schwanke
^ Ta inoketnojUfya ilvai eiyotjTa ' ngosqivy^ zov 'EßgaUtv
fls Ttt SixuaitiQia, 6ixai<j}ais zov Xwi^a, diaTtiuofiivov Sri nagd
Tov 'AXXa^ ii,i^Tt]ae xai sXaße z6 noaov, xai or« tlyat aövvaiov
va naQade}(&iJ öxi tvgiaxitai äy&Qwnoc, xai /uäkiara Eßgatos;
ivväfifvos va naiCp loaovtoy xiyJvytoiffs fieza itüy ygtjiudzcjy
ttVTOv, xai xi).os yout/uo^ dnoiXiia ztäv gtcpfhttawy aviä Xtgoäv.
221
How Scogin prayed to a Roode for an Hundred French
Crownes (Hazlitt, II, S. 128 ff.) und bei Krauss, Zigeuner-
humor, S. 12 ff.: Der Zigeuner spaßt nicht mit Gott. Zu
dem zweiten Teile unserer Erzählung stimmt wieder der
Schluß des 7, Märchens der Grimmschen KHM: Der gute
Handel und seiner kroatischen Variante bei Krauss, Sagen
und Märchen der Südslaven, Leipzig, S, 244 ff., Nr, 52:
Bauer und Jude.
55. Volksbuch, Nr. 55; Barker, S. 60 ff.; Sottisier,
Nr. 21; Ethe, S. 242; Tewfik, Nr. 52; Nouri, S. 200 ff.;
Trefdi. Nr, 56; Nawadir, S. 23; Bonelli, S. 458 ff.; Ilg, II,
Nr. 92; Griechisch, Nr, 75; Serbisch, S. 29 ff.; Kroatisch,
S. 86 ff. und 22 ff.; Gonzenbach, I, S. 258 ff.; Papanti,
Dante secondo la tradizione e i novellatori, Livorno, 1873,
S. 73 ff.; Pitre, III, S. 365 ff. (= unten Nr, 432); Murad,
Nr. 17; Pann, S. 335,
Köhler, I, S, 491; Crane, S, 296 und 380; Gazeau,
S. 201; St. Prato, RTP, IV, S. 167 ff.; Fourberies. S, 31 ff.;
Köhler-Bolte, ZW. VI, S, 74; Trefäi, S. 18; Wesselski,
Mönchslatein, Leipzig, 1909, S, 226 ff.; Papini, La leggenda
di Dante, Lanciano, 1911, S. 74 ff .
Vgl. ferner zu dem Zuge des Dankes an die
Kleider: Bandello, Novelle, III, Nr. 38, Widmungsbrief
(Firenze, 1832, S. 612) ; Schupp, Salomo oder Regenten-
Spiegel, Cap. 10 [Schrifften, Hanau, 1663, S. 108 ff.); Zeit-
vertreiber, S. 65 ff.; Memel, S. 104 ff., Nr. 238 (nach
Melander, Jocoseria, I, Nr. 264, Lichae, 1604, S- 207);
Harsdörfer, Ars apophtegmatica, Nürnberg, 1655, S. 420,
Nr. 1975; Gladwin, The Fersian Moonshee, 2. ed., Calcutta,
1799, II, S. 24, Nr. 63; Pharaon, S. 208 ff.; A. Lecoy de la
Marche, L'esprit de nos a'ieux, Paris, o. J., S. 56 ff., Nr. 32;
Biegleisen, Jüdisch-deutsche Erzählungen aus Lemberg,
Nr. 2 in der ZW, IV, S. 209 ff.
56. Volksbuch, Nr. 56; Barker, S. 61 ff.; Sottisier,
Nr. 302; Trefdi, Nr, 57; Nawadir, S. 23; Griechisch, Nr. 44;
Serbisch, S. 170.
Fourberies, S. 184 ff.
Vgl. weiter die 72. Facetie im Philogelos:
2}(oXaaxtx6; iy yäfion iaxta&iU. eha dvttX<'iQfüy^ iv](Ofja$,
tinty, tvtv^w; xal dti Taixa ifiä^ nouTy.
222
57, Volksbuch, Nr. 57; Sottisier, Nr, 266; Trefdi,
Nr, 58; Nawadir, S. 23; Stumme, Tripolis, S. 178 ff. = unten
Nr. 381; Griechisch, Nr, 85 + 169; Serbisch, S. 139 ff,
Fourberies, S, 62,
Vgl, Reinisch, Die Nuba-Sprache, Wien, 1879, I,
S, 183 ff,
58, Volksbuch, Nr, 58; Barker, S, 62 ff,; Sottisier,
Nr, 31; Trefäi, Nr. 59; Nawadir, S. 24; Griechisch, Nr, 161,
Gazeau, S. 201.
59, Volksbuch, Nr, 59; Sottisier, Nr, 303; Trefäi,
Nr. 60; Griechisch, Nr. 162,
60, Volksbuch, Nr. 60; Barker, S. 63 ff.; Sottisier,
Nr. 100; Buadem, Nr. 113; Nouri, S. 62; Trefäi, Nr. 61;
Nawadir, S, 24; Fourberies, Nr, 34; Griechisch, Nr. 163;
Serbisch, S, 92; Kroatisch, S, 60,
Fourberies, S, 44.
61, Barker, S. 64 ff.; Volksbuch, Nr. 61; Sottisier,
Nr, 223 = unten Nr. 281 (nur der Schluß); Tewfik, Nr. 18;
Trefäi, Nr. 62; Nawadir, S. 24; Griechisch, Nr. 102; Ser-
bisch, S. 25; Kroatisch, S. 8.
Trefäi, S. 16.
Ähnlich straft Klaus Narr sein Pferdchen, das sich
unanständig betragen hat, indem er ihm den Sattel ab-
nimmt und es „zu Fuß laufen läßt"; vgl. Pauli, Schimpf
und Ernst, hg. v. österley, Stuttgart, 1866, Anhang, Nr. 2,
Hans Sachs, Sämtliche Fabeln und Schwanke, hg, v, Goetze
und Drescher, IV, Halle, 1903, S, 246 ff, mit den Noten der
Herausgeber und Bütner, Von Claus Narren. S, 201, Das-
selbe tut Triboulet, der Hofnarr König Franz I. von
Frankreich, in der Nov, 68 des Recueil des plaisantes et
facetieuses nouvelles, Lyon, 1555, S. 212 ff, = Les foyeuses
aventures et facetieuses narrations, Lyon, 1556, S. 242 ff.,
nov. 71.1, die dann von 1568 an als 98. Stück in die Nou-
velles recreations et joyeux devis von Bonav. Des Periers
1 über diese beiden Sammlungen vgl. Wesselski , Mönchslatein, S. 199
und Firenzuola, Novellen und Gespräche, übers, v, Wesselski, München 1910,
S. 176 {f.
223
aufgenommen worden ist (ed. par P, L, Jacob [Paul
Lacroix], Paris, 1858, S, 333 ff.) ; vgl. weiter P. L. Jacob
[Paul Lacroix], Curiosites de l'histoire de France, Paris,
1858, S. 116 ff, und A. Canel, Recherches historiques sur
les fous des rois de France, Paris, 1873, S. 107 ff,
62. Barker, S. 65; Volksbuch, Nr. 62; Sottisier,
Nr. 304; Griechisch, S. 119.
63. Volksbuch, Nr. 63; Barker, S. 65 ff.; Sottisier.
Nr. 243; Nouri, S. 53 ff. (hier ist der Esel ein „Despot", d. h.
ein Bischof geworden); Trefäi, Nr. 63; Nawadir, S. 24;
Stumme, Tunis I, S. 79 ff. und II, S. 133 ff, = unten
Nr, 385; Griechisch, Nr. 101; Serbisch, S. 131; Kroatisch,
S. 67 ff. (Despot); Murad, Nr. 28; Pann, S. 341. Vgl. auch
unten Nr. 259.
Köhler, I, S. 491; Bolte in der ZW, VII, S. 93 ff.;
Fourberies, S, 61; Chauvin, VII, S. 170 ff.; Basset in der
RTF, XIX, S. 56; Archio für slavische Philologie, XIX,
S. 267, XXII, S. 305 und XXIX, S. 453.
Clouston, Noodles, S. 104; Swynnerton, S. 43 ff,;
Yakoub Artin Pacha, Contes populaires de la vallee du
Nil, Paris, 1895, S, 51 ff, (verquickt mit dem Motive von
Nr, 487) ; Veckenstedt, Sztukoris, der Till Eulenspiegel der
Litauer und Zamaiten, Leipzig, 1885, S, 32 ff,; Anthropo-
phyteia, I, S. 25 ff.
64. Volksbuch, Nr. 64; Sottisier, Nr. 99; Buadem,
Nr. 87; Trefdi, Nr. 64; Nawadir, S, 25; Griechisch, Nr. 32;
Serbisch, S, 123 ff, und 81 ff.
Vgl, P, Sebillot, Contes et legendes de la Haute-
Bretagne, Nr. 100: L'äne du Jaguen in der RTF, XXIV,
S, 202 ff.
65. Volksbuch, Nr. 65; Barker, S. 66; Sottisier, Nr, 235;
Ethe, S, 243; Tewfik, Nr, 12; Nouri, S, 55 ff,; Trefdi,
Nr, 65; Mardrus, S, 94 ff.; Nawadir. S, 25; Kuka, S, 216 ff,;
Fourberies, Nr, 29; Griechisch, Nr, 120; Walawani, S, 156;
Serbisch, S, 24; Kroatisch, S. 100 und 6 ff,; Murad, Nr, 5;
Pann, S, 331,
Köhler, I, S, 491; Gazeau, S, 201 ff.; Fourberies, S. 60;
Trefdi, S. 12 und 16; Basset im Keleti Szemle, I, S, 221 fL
224
Die Schnurre ist nichts als eine glückliche Steigerung
der Anekdote von Scipio Nasica und dem Dichter Ennius,
die bei Cicero, De oratore, II, 68, 276 erzählt wird und
ohne Namen im Philogelos als Nr. 193 wiederkehrt. Vgl.
zu dieser Fassung, wo der Besucher zwar der Magd oder
dem Diener, aber nicht dem Herrn selber glaubt, daß dieser
nicht zu Hause sei, die Nachweise Österleys zu Kirchhofs
Wendunmuih, III, Nr. 139, ferner Castiglione, II Corte-
giano, II, c. 75 (hg, v. Wesselski, I, S. 207 und 321), Lodo-
vico Carbone, Facezie, ed. da Abd-el-Kader Salza,
Livorno, 1900, S. 34, Nr, 29, Guicciardini, Detti, et fatii
piacevoli et gravi (1. Ausg. 1565), Venezia, 1581, S. 153 ff.,
Tales and Quicke Answeres (ca. 1535), Nr. 112 (Hazlitt,
I, S, 126 ff.), The Jests of Scogin, S. 140 ff., The Pleasant
Conceites of Old Hobson the Merry Londoner (1. Ausg.
1607), Nr, 35 (Hazlitt, III, S. 51), Oxford Jests Refined
and Enlarged, London, 1684 bei Ashton, Humour, Wit and
Satire, S. 235, Caspar Lucas Hidalgo, Didlogos de apacible
entreteniemento (1, Ausg. 1605), diäl, I, cap. 2 in Extra-
vagantes, Barcelona, 1884, S. 31 usw.
Parallelen zu unserer Version stehen bei Juan de Ti-
moneda, Sobremesa y alivio de caminantes (1. Ausg. 1563),
p. II, c, 62 in der Biblioteca des autores espafioles, III,
S, 182, nach diesem bei Zabata, Diporto de' viandanti,
S. 80, in der Arcadia in Brenta S, 397 ff,, bei Casalicchio,
L'utile col dolce (1. Ausg, 1671), c. I, d, 8, a. 4, Venezia,
1708, S. 144, bei Baraton, Poesies diverses, Paris, 1705,
S. 189, in den Pantagrueliques (1. Ausgabe 1854), Turin,
1870, S. 58, bei Büttner, Suaheli-Literatur, I, S. 88 und II,
S. 87 ff, und bei Roda Roda, S. 222 ff.
66, Volksbuch, Nr, 66; Barker, S, 66 ff.; Sottisier,
Nr. 75 (1, Teil); Trefäi, Nr. 66; Nawadir. S. 25; Griechisch,
Nr, 95.
Köhler, I, S. 488 ff.; Gazeau, S, 202; Fourberies, S. 41.
Vgl, das 6. Abenteuer Guru Paramärtans, wo einem
Schüler Gurus mitgeteilt wird, daß sich Gurus Tod durch
das Erkalten seiner Lenden anzeigen werde (Österley in
der Z. /. vgl. Litg., I, S. 67 ff.). Bei W. F. O'Connor, Folk
Tales from Tibet, 2. ed., London, 1907, S. 30 ff,: The story
of the foolish young mussulman werden gelbe Fußsohlen
als Todeszeichen angegeben,
Nasreddin, I. 1,5 225
Zu dem Zuge vom eingebildeten Toten vgl,
die Nrn. 46, 49, 121, 141 und 382.
67, Volksbuch, Nr, 67; Sottisier, Nr, 305; Tewfik,
Nr, 35; Trefdi, Nr. 67; Griechisch, Nr, 96; Serbisch, S. 109
und 35; Kroatisch, S. 13,
68, Volksbuch, Nr. 68; Barker, S, 67 ff.; Sottisier.
Nr, 102; Tewfik, Nr, 34; Trefdi, Nr, 68; Nawadir, S. 26;
Griechisch, Nr, 97; Serbisch, S, 14 ff,; Kroatisch, S, 13.
Treläi, S, 16.
69, Volksbuch, Nr, 69; Barker, S. 68 ff.; Treidi, Nr. 69;
Nawadir, S. 26; Griechisch, Nr. 99; Serbisch, S, 189.
Köhler, I, S, 492 ff.; Trefäi, S, 12.
Fröschen Geld gegeben: Dazu vgl. außer
der bei Köhler, III, S. 14 und im Archiv für slavische
Philologie, XXII, S, 304 und 309 angegebenen Literatur
noch Krauss, Sagen und Märchen der Südslaven, S. 244 ff.,
Pitre, Novelle popolari toscane, S. 180 (Giucca), Landes,
Contes et legendes annamites, Saigon, 1886, S. 320, Mer-
kens, I, Nr. 39, und Keller, Schwaben, S. 98 ff.
70, Barker, S. 69 ff.; Volksbuch, Nr. 70; Sottisier,
Nr. 68; Nouri, S. 123 ff.; Trefdi, Nr, 70; Nawadir, S, 26;
Kuka, S. 217; Griechisch, Nr, 98; Kroatisch, S, 18 ff.;
Murad, Nr, 22. Die erste Frage allein als Inhalt einer
selbständigen Erzählung: Tewfik, Nr, 51; Serbisch, S. 31.
Köhler, I, S. 492 ff.; Gazeau, S, 202 ff.; Fourberies,
S. 39; Hartmann, S. 64 ff.
Die außerordentlich reiche Literatur über das Motiv
der drei Fragen hat A, L, Jellinek im Euphorion, IX,
S. 159 zusammengestellt; dazu kommen noch: De Puy-
maigre im Archivio, III, S, 98 ff,; Basset, Loqmän berbere,
Paris, 1890, S, LXIff,; Ad. Rittershaus, Die neuisländischen
Volksmärchen, Halle a. S., 1902, S. 404 ff.; Letterio di
Francia, Franco Sacchetti novellatore, Pisa, 1902 (=voI. 16
der Annali della R. scuola normale superiore di Pisa, Filo-
logia e filosofia), S. 112 ff.; Meißner, Neuarabische Ge-
schichten aus dem Iraq, S. 89 ff.; Menendez y Pelayo,
Origenes de la Novela, II, S. LVIII ff.
226
71, Sottisier, Nr. 61; Cantimir i, I, S, 164; De la Croix,
I, S. 153 ff.; Flöge!, S. 176 ff.; Hammer, I, S. 629 ff.;
Doran, S. 73 ff.; Nick, I, S. 147 ff.; Murad, Nr. 24. An allen
diesen Stellen handelt es sich um Feigen, die der Hodscha
statt der zuerst in Aussicht genommenen Quitten dem
Sultan Timur überbringt. In den folgenden Fassungen
variieren die als Geschenk gebrachten Früchte und statt
Timurs ist es der Bei, Hegemon, Beg, Pascha oder Kaid,
der sie erhält: Volksbuch, Nr. 71; Barker, S, 77 ff.; Nouri,
S, 151 ff.; Trefdi, Nr. 71; Nawadir, S. 26; Fourberies,
Nr. 25; Griechisch, Nr. 100; Serbisch, S. 141 ff. und 186 ff.;
Kroatisch, S. 77 ff.; Pann, S. 333 ff .
Köhler, I, S. 494 ff.; Gazeau, S. 203 ff.; Fourberies,
S. 37 ff.; Trefdi, S. 6 ff.; vgl. ferner Cloustons Abhandlung
„Luckily, they are not peaches" in den Populär Tales and
Fictions. H, S. 467 ff.
In der Anmerkung zur 68. Facetie Arlottos (I,S.226ff.)
ist der Anfang einer Erzählung des Midrasch Wajikra
rabba mitgeteilt worden, die eine Parallele zu diesem
Schwanke Nasreddins darstellt; hier folge nunmehr der
Schluß:
Der König befahl, daß man ihn vor das Tor des
Palastes setze und jeder Aus- und Eingehende ihn mit
seinen Feigen ins Gesicht werfen solle. Am Abende
wandte er sich von da weg und ging nach Hause und er-
zählte seinem Weibe: „Alles, was mir begegnet ist, habe
ich dir zu danken," „Geh," sprach sie zu ihm, „schwatze
es deiner Mutter vor; gut, daß es nur Feigen und nicht
Ethroge und daß sie reif und nicht unreif waren."
Die älteste abendländische Version dieser Schnurre,
die auch bei Kuka, S. 217 ff. wiederkehrt, scheint eine der
Cento novelle antiche zu sein; in Gualteruzzis Texte ist
sie die 74., in dem Borghinis die 73. (Ausgabe Milano,
' Cantimir schickt der Erzählung folgende Worte voraus: Nos Histo-
riens ajoutent encore une circonstance bien capable de convaincre; c'est
qu'avant l'engageraent (gemeint ist die Schlacht von Angora am 20. Juli 1402,
in derBajazetvon Timur geschlagen und gefangen genommen worden ist) Tamer-
lan qui etoit campe assez pres de Jenishehir, c'est Neapolis de l'Asie mineure,
passa trois jours ä ecouter Nasruddin Hoja: ce bouffon, ou plutöt cet Esope
Türe charma si fort le Prince avec ses fables, qu'il lui fit oublier de sac-
cager la ville. le dois quelque chose ä la curiosite de raon Lecteur, et je
vais par maniere de digression l'amuser de quelques particularites au sujet
de cet horame-lä: je les prends d'un livre Türe.
15* 227
1804 = vol, I der Raccolta di Novelle, S. 193 ff,, wo nach
D. M, Manni eine Parallele gegeben und auf das Sprich-
wort Manco male, ch'elle non iuron pesche verwiesen wird;
ed. Biagi, Firenze, 1880, S, 107 ff.; ed. Sicardi, Straßburg,
o, J., S, 95 ff.) Eben diese Novelle, zu der man D'Ancona,
Romania, III, S, 180 vergleiche, wird von Seb, Pauli in der
Modi di dire toscani, zit, Ausg., S, 259 ff, nach Menage
zur Erklärung des Sprichwortes Fortuna che non furon
pesche herangezogen und mit der auch von Clouston,
a, a, 0, zitierten Geschichte von dem Feigentribute von
Poggibonsi zusammengestellt. Denselben Stoff behandeln
Tomaso Costo in einer Novelle des 5, Tages seines zuerst
1596 erschienenen Fuggilozio, deren Argument lautet: //
re Francesco donando a molti gli vien portata una soma
di zucche da un malizioso contadino, a cui son trotte per
la testa (Venetia, 1604, S, 331 ff,) und die Arcadia in
Brenta, S, 36 ff,; mit einem andern Motive ist er verquickt
bei D'Ouville, L Elite des contes (1, Ausg, 1641), Paris,
1873, S, 48 ff,: Autre naivete.
Eine serbische Variante in der Anthropophyteia, III,
S, 363 ist deshalb bemerkenswert, weil sie an die oben,
S, 211 erwähnte Strafe des Rhaphanizein erinnert.
Zweifellos scheint es mir zu sein, daß dieser Schwank
und die bekannte Fabel von der Eichel und dem Kürbis
(s. unten Nr. 513) in einem Zusammenhange stehn.
72. Volksbuch, Nr, 72; Barker, S, 78 ff.; Sottisier,
Nr. 65 (hier wieder von Timur) ; Treldi, Nr. 72; Griechisch,
Nr. 104; Serbisch, S. 175 ff,
Trefdi, S. 8.
Köhler, I, 416 ff.
73. Volksbuch, Nr. 73; Sottisier, Nr. 64 (von Timur);
Trefdi, Nr. 73; Griechisch, Nr. 105; Serbisch, S. HO.
Anders E. Sachau, Skizze des Fellichi-Dialekts von Mosul,
Berlin, 1895, S. 70, wo dem Molla Nasreddin eingeredet
wird, sein junger Stier sei ein Pferd.
74. Sottisier, Nr. 224; Volksbuch, Nr. 74 1; Trefai,
Nr. 74; Mardrus, S. 110; Griechisch, Nr. 106; Kroatisch,
1 S. dazu unten die Aamerkung zu Nr. 265.
228
S. 90 ff. Die Frage, wodurch sich Nasreddin von einem
Esel unterscheide, die bei Mardrus fehlt, als Nr. 25 bei
Murad,
Köhler, I, S. 496,
75. Volksbuch, Nr. 75; Barker, S. 80 ff.; Soitisier,
Nr. 62; Tewfik, Nr. 39; Nouri, S, 114 ff.; Trefäi, Nr. 75;
Griechisch, Nr. 107 und 154; Ta 52 naQccjuv&tce, Athen, o. J.,
S. 81 ff., Nr. 33: 'O Botßööag xai 6 Naaigadif XoVrf««-;
Serbisch, S, 16; Kroatisch, S. 15; Murad, Nr. 15; Pann,
S. 334 ff.
Köhler, I, S. 496; Fourberies, S. 38; Hartmann, S. 63;
Trefdi, S. 12.
Die ausgiebigsten Nachweise zu dieser oft behandelten
Geschichte, die der Hauptsache nach mit der 4. Novelle
des 6. Tages im Dekameron (übersetzt von Wesselski,
Leipzig, 1909, II, S. 228 ff.) übereinstimmt, gibt Bolte in
seiner Ausgabe der Schwankbücher von Montanus, Tü-
bingen, 1899, S. 613 ff. und abgedruckt sind sie bei Lee,
The Decameron, S. 177 ff.; einige Nachträge bei Hans Sachs,
Sämtliche Fabeln und Schwanke, III, S. 255. Es sei noch
auf folgende Parallelen verwiesen: Le Parangon des Nou-
velles honnestes et delectables (1. Ausg. 1531), Paris, 1865,
S. 36 ff.: De la grue qui n'avoit qu'une cuisse; Garibay,
Cuentos (Mitte des 16. Jahrhunderts) bei Paz y Melia,
Sales espanolas, II, S. 61; Melchor de Santa Cruz, Floresta
espanola (1. Ausg. 1574), Bruxellas, 1598, p. II, c, 2, Nr. 62
(vgl.Menendez y Pelayo, Origenes de la ^oyc/a, II, S.XLIII),
schlecht ins Deutsche übersetzt bei Chr. Lehmann, Exilium
melancholiae (1. Ausg. 1643), Straßburg, 1669, E, Nr. 75,
S. 122 ff.; England' s JestsRetin'd and Improv'd, 3rd Edition,
London, 1693 bei Ashton, S. 291 ff.; Zincgref -Weidner, IV,
S. 184; Harsdörfer, Ars apophtegmatica, S. 198, Nr. 918;
Merkens, I, S. 65 ff., Nr. 77.
Die Antwort Nasreddins: „Hierzulande haben die
Gänse nur ein Bein" entspricht der Antwort, die in der
75. Novelle der Gualteruzzischen Ausgabe der Cento no-
velle antiche (ed. Biagi, Firenze, 1880, S. 108 ff., ed. Si-
cardi, Straßburg, o. J., S, 96 ff.) der Spielmann dem Herr-
gott gibt: „E non anno ernioni quelli (chavretti) di questo
paese". Zu dieser Erzählung vgl. Bolte bei Montanus,
S. 562 ff,
229
76. Barker, S. 82 ff.; Volksbuch, Nr. 76; Sottisier,
Nr, 97; rre/di, Nr, 76; Griechisch, Nr, 108; Serbisch,
S, 167 ff.
Basset in der RTF, XI, S. 498; Trefdi, S. 20; Hörn,
S, 71 (Karakusch); Vo/Äs6ucA (Decourdemanche), S. 126 ff,
(Karakusch).
Clouston, Noodles, S, 86 ff,
77. Volksbuch, Nr, 77; Barker, S, 83 ff,; Sottisier,
Nr, 73; Ethe, S. 247 ff.; Tewfik, Nr, 38; Nouri, S, 159 ff,;
Trefdi, Nr, 77; Nawadir, S, 26; Griechisch, Nr. 47; Wala-
wani, S. 154; Serbisch, S, 126ff. und 15; Kroatisch, S, 14 ff.;
Pann, S. 341.
Köhler, I, 496; Clouston, Flowers, S. 69; Fourberies,
S. 40 ff.; Trefdi, S. 27.
78. Volksbuch, Nr. 78; Sottisier, Nr. 191; Tewfik,
Nr. 6; Trefdi, Nr. 78; Mardrus, S. 97 ff.; Nawadir, S, 27;
Fourberies, Nr, 6; Griechisch, Nr, 140; Serbisch, S. 34,
79. Volksbuch, Nr. 79; Barker, S. 84 ff.; Sottisier,
Nr. 229; Tewfik, Nr. 65; Nouri, S. 172 ff.; Trefdi, Nr, 79;
Nawadir, S, 27; Kuka, S, 218; Fourberies, Nr. 57; Griechisch,
Nr, 21; Serbisch, S, 20 ff.; Kroatisch, S. 25 ff.; Murad,
Nr. 26. Vgl. auch unten Nr. 495.
Clouston, Noodles, S, 90; Gazeau, S, 204; Fourberies,
S. 59: Basset in der RTF, XI, S. 498; Hartmann, S, 52.
Vgl. die 1. Karakuschgeschichte im Volksbuch (De-
courdemanche), S, 116, die wieder mit einer Dschoha-
geschichte im Nuzhat al udaba (Basset im Keleti Szemle,
I, S. 221, Nr. 1; Basset in der RTF, XI, S, 498) überein-
stimmt. Als älteste Version darf aber wohl die 28. Facetie
im Philogelos gelten;
JSjfoAaffrtxoiJ lof ect/Ti)(ftQa xvmv iiaxev. 6 6i tlntv • ii
tö Ijuaitof inlaaev, i<f/ia/uiyoy av tjy.
80. Volksbuch, Nr, 80; Barker, S. 85 ff.; Sottisier,
Nr. 50; Nouri, S. 22 ff.; Trefdi, Nr. 80; Nawadir, S. 27;
Griechisch, Nr. 51; Serbisch, S. 181 ff.
Hartmann, Der islamische Orient, I, Berlin, 1905, S, 182
aus dem zentralasiatischen Volksbuche von Meschreb, dem
weisen Narren.
230
81, Volksbuch, Nr. 81; Sottisier, Nr, 32; Ethe, S, 243;
Nouri, S. 222 ff.; Trefdi, Nr. 81; Nawadir, S. 27; Griechisch,
Nr. 52; Kroatisch, S. 79 ff. Vgl. auch unten Nr. 510,
Köhler, I, 496 ff.; Fourberies, S, 33 ff.; Trefdi, S, 12.
Die Literatur über den Dieb auf dem Mond-
strahle ist zusammengestellt bei Chauvin, II, S. 84 und
IX, S. 31; dazu Kuka, S. 238 ff.
82, Barker, S. 86 ff.; Volksbuch, Nr. 82; Sottisier,
Nr, 104; Nouri, S. 170 ff.; Trefdi, Nr, 82; Nawadir, S, 28;
Griechisch, Nr, 53; Serbisch, S, 173 ff,; Kroatisch, S, 99 f f .
83, Sottisier, Nr. 7; Volksbucfi, Nr. 83; Trefdi, Nr, 83;
Griechisch, Nr. 54.
Trefdi, S. 19 ff.
Vgl, die allerdings von unserer Fassung etwas ab-
weichende, aber mit Buadem, Nr, 133 übereinstimmende
658. Erzählung bei Bar-Hebraeus, S. 166, die mit Wesselski,
Möncfislatein, Nr, 134 zusammenzustellen ist; zu den dort,
S. 247 und bei Bebel, I, S, 132 ff. gegebenen Nachweisen
kommen noch: Kuka, S. 161, Tales and Quicke Answeres,
Nr. 83 (Hazlitt, I, S. 101), Domenichi, Facetie, 1548,
Bl K4b (nach Gastius), Doni, / Marmi, Vinegia, 1552, II,
S. 49 ff., Archie Armstrong' s Banquet of Jests (1. Ausg.
einfach als Banquet of Jeasts 1630), Edinburgh, 1872,
S. 218 ff., Certayne Conceyts and Jests, Nr. 23 (1. Ausg.
1609), bei Hazlitt III, S, 11, Lehmann, Exilium melan-
cfioliae, D, Nr. 14, S. 85, Harsdörfer, Ars apophtegmatica,
S. 94, Nr. 416, Schupp, Schrifften, S. 372, Joe Millers Jests,
London, o. J, (ca. 1750), S, %, Nr, 547 und Swynnerton,
S, 300 ff.
Eine Geschichte der kroatischen Ausgabe, S, 102 er-
zählt folgendes:
Als Nasreddin einmal mit seinem Sohne in einem
Bette schlief, hörten sie mitten in der Nacht, wie sich
zwei Diebe ins Zimmer schlichen, und der eine ging auf
die eine Seite, der andere auf die andere. Nasreddin stieß
seinen Sohn und sagte ihm ins Ohr: „Das sind Dumm-
köpfe; sie werden gar nichts finden."
„Ich werde sie erschrecken," sagte der Sohn.
„Nein, du mußt schweigen; ich habe eine stärkere
Stimme und werde so schreien, daß sie erschrecken, und
231
vielleicht verliert dann einer etwas, was er anderswo ge-
stohlen hat und was wir brauchen können."
Ähnlich ist folgende Facetie bei Domenichi, 1562,
S, 55 (1581, S. 66):
Ghino pouero inuitö vna notte Spachino a dormire
seco, et la notte mentre dormiuano, entrö vn ladro in
casa, e andaua ruspando per rubare qualche cosa, II che
sentendo Spachino toccö Ghino (dicendo): e vn ladro?
Disse allhora Spachino: lo vuö gridare, che forse gli
caderä qualche cosa.
Mit dieser Schnurre stimmt der Zigeunerschwank bei
Roda Roda, S. 156 überein,
84. Soitisier, Nr, 79; Volksbuch, Nr. 84; Nouri, S. 93;
Trefäi, Nr. 84; Griechisch, Nr. 55.
Vgl. Pauli, Schimpf und Ernst, Anhang, Nr. 35,
S. 413 ff.; Hans Sachs, Schwanke, IV, Nr. 302, S. 100 ff,;
Wickram, Rollwagenbüchlein, Nr. 91, S. 118 ff.; Kirchhof,
Wendunmuth, 1, Nr. 373, S, 410; Aurbacher, Volksbüchlein,
I, S. 125 ff,
85. Volksbuch. Nr, 85; Sottisier, Nr, 267; Trefdi, Nr. 85;
Griechisch Nr, 56,
86. Sottisier, Nr. 268; Volksbuch, Nr. 86; Trefäi, Nr. 86;
Griechisch, Nr. 57.
87. Volksbuch, Nr. 87; Barker, S. 87 ff.; Sottisier,
Nr. 279; Nouri, S. 92; Trefdi, Nr. 87; Nawadir, S. 28
(Basset RTP, VI, S. 304); Griechisch, Nr, 45; Serbisch,
S. 118 ff.
Galland, S, 17; Fourberies, S. 64.
88. Volksbuch, Nr. 88; Trefdi, Nr. 88; Nawadir, S. 28;
Griechisch, Nr, 46.
89. Volksbuch, Nr. 89; Barker, S, 88 ff.; Sottisier,
Nr. 80; Ethe, S, 242 ff.; Nouri, S. 96; Trefdi, Nr. 89;
Nawadir, S. 28; Fourberies, Nr. 26; Griechisch, Nr, 49;
Serbisch, S. 38 ff-; Kroatisch, S. 87.
Gazeau, S, 204; Fourberies, S. 41; Trefdi, S. 22,
232
90. Volksbuch, Nr. 90; Sottisier, Nr. 163; Trefdi, Nr. 90;
Nawadir, S. 28; Griechisch, Nr. 50; Murad, Nr. 6.
Vgl. Recueil, 1555, S. 83 ff., nouv. 14: D'un superstitieux
medecin, qui ne vouloit rire avec sa femme, si non quand il
plouvoit, et de la bonne fortune de ladicte femme apres
son trespas (deutsch bearbeitet von Kirchhof, Wendunmuth,
B. III, Nr. 241) = Aventures, 1556, S, 108 ff., nov. 18 = Les
joyeuses Aventures et nouvelles Recreations, Paris, 1577,
Bl, 46a ff„ devis 13 = Des Periers, S. 289 ff., nouv. 95.
91. Volksbuch, Nr. 91; Sottisier, Nr. 306; Trefäi, Nr. 91;
Griechisch, Nr. 121,
92. Volksbuch, Nr. 92; Sottisier, Nr. 196; Trefdi, Nr. 92;
Mardrus, S. 116 ff.; Nawadir, S. 29; Griechisch, Nr. 122.
Gazeau, S. 204 ff.
93. Volksbuch, Nr. 93; Sottisier, Nr. 307; Trefäi, Nr, 93;
Nawadir, S. 29; Griechisch, Nr. 133; Serbisch, S. 187.
94. Volksbuch, Nr. 94; Barker, S. 89; Sottisier, Nr. 308;
Trefäi, Nr, 94; Nawadir, S. 29; Fourberies, Nr. 28;
Griechisch, Nr, 123; Serbisch, S. 179.
95. Volksbuch, Nr. 95; Barker, S.90; Sottisier, Nr, 309;
Trefdi, Nr. 95; Nawadir, S. 29; Griechisch, Nr. 132;
Serbisch, S. 112.
96. Barker, S. 90 ff.; Volksbuch, Nr. 96; Sottisier,
Nr, 17; Nouri, S. 26 ff.; Trefdi, Nr. 96; Nawadir, S. 29;
Fourberies, Nr. 44; Reinisch, Nuba-Sprache, I, S. 162
(= Basset, Contes populaires d'Afrique, S, 137: Joha et
les souliers); Griechisch, Nr. 134; Serbisch, S. 171 ff.;
Kroatisch, S. 65 ff.
Fourberies, S. 31 und 79; Trefäis, S. 27.
Vgl, folgende Schnurre bei Doni, Rime del Burchiello,
Vinegia, 1553. S. 148:
Batista de Peruzzi fu un ceruello ombroso, ende la
State quando s'andaua a bagnare, come s'era spogliato
nudo, si cigneua un pugnale sfoderato dietro alle reni, et
entraua sotto acqua. Vna volta gli fu domandato, per che
portaua l'arme sotto l'acqua. O, disse egli, tu sei sciocco,
233
a colui che gne ne dimandö; che diauol so io, chi ci sia
qua sotto.
97. Sottisier, Nr, 47; Volksbuch, Nr. 97; Barker,
S. 91 ff.; Nouri, S. 214 ff.; Trefdi. Nr. 97; Mardrus, S.lOOff.;
Nawadir, S. 29; Pharaon, S. 204 ff.; Fourberies, Nr. 18;
Griechisch, Nr. 135; Serbisch, S. 140 ff.
Köhler, I, S. 497; St. Prato in der RTF. II, S. 503 ff.;
Gazeau, S. 205; Fourberies, S. 36; Trefdi, S. 17.
Ispirescu, S. 3 (Gaster im Magazin, XCVI, S. 564).
Chauvin (VIII, S. 158) stellt diesen Schwank mit der
großen Reihe von Erzählungen zusammen, wo es sich um
eine Scheinzahlung für eine Scheinleistung
handelt.
Eine ähnliche Ableitung des Anspruchs, als nahe-
stehender zu gelten, findet sich im Nuzhat al udaba
(Basset in der RTF, XIII, S. 667):
Man erzählt, daß ein Parasit zu einer Hochzeit ge-
kommen, aber weggejagt worden ist. Da schrie er: „Un-
glück über euch, einen Menschen, wie ich bin, wegzu-
jagen!" „Und wer bist du denn?" „Ich bin der Nachbar
des Tischlers, der den Leisten für den Schuster gemacht
hat, der den Schuh der Braut genäht hat!"
98. Sottisier. Nr. 112; Volksbuch, Nr. 98; Barker, S. 93;
Trefdi, Nr. 98; Griechisch, Nr. 111; Serbisch, S. 174.
99. Volksbuch, Nr. 99; Barker, S. 93 ff.; Sottisier,
Nr. 310; Trefdi, Nr. 99; Nawadir, S. 30; Griechisch Nr. 126.
Trefdi, S. 23.
100. Barker, S. 94 ff.; Volksbuch, Nr. 100; Trefdi,
Nr. 100; Griechisch, Nr. 127.
Der zweite Teil für sich allein: Buadem, Nr, 8; Ser-
bisch, S, 54; Kroatisch, S. 31.
Der Reiter, der sein Pferd nicht kennt
usw. kehrt in der 90. Facetie Poggios wieder: Jocatio
cuiusdam Veneti qui equum suum non cognoverat; auf
dieser beruhen die Nr, 72 der Tales and Quicke Answeres
(Haziitt, I, S. 91 ff.), die Nr. 19 der Fleasant Conceites of
cid Hobson the Merry Londoner (Haziitt, III, S. 33 ff.)
und der erste Teil des 40. Kapitels des Laienbuchs (v. d.
234
Hagen, Narrenbuch, S, 197 ff,; Das Laienbuch, Stuttgart,
1839, S, 142), Vgl. auch die 24. Novelle bei Des Periers,
zit. Ausg. S. 112 ff.
Der zweite Teil des Schwankes (Verkehrt auf-
sitzen) hat zwei Parallelen in Costos Fuggilozio, zit.
Ausg. S. 118: Gofferia d'un Veneziano caualcando, e sua
accorta risposta und S. 163 ff.: Risposfa mordace d'un
Buffone, deren zweite eine obszöne Begründung bringt.
101. Soitisier, Nr. 82; Volksbuch, Nr. 101; Barker,
S. 95 ff.; Nouri, S, 38; Trefdi, Nr. 101; Griechisch, Nr. 128.
Gazeau, S. 205.
102. Volksbuch, Nr. 102; Barker, S.96; Trefdi, Nr. 102;
Griechisch, Nr. 129.
103. Volksbuch, Nr. 103; Barker, S. 97; Sottisier,
Nr. 311; Trefdi, Nr. 103; Nawadir, S. 30; Griechisch,
Nr. 130; Serbisch, S. 112.
104. Volksbuch, Nr. 104; Barker, S. 97 ff. (anders);
Sottisier, Nr. 312; Tewfik, Nr, 27; Nouri, S. 97; Trefdi,
Nr. 104; Nawadir, S. 30; Griechisch, Nr. 131 und 21; Ser-
bisch, S. 23; Kroatisch, S. 10.
Clouston, Noodles, S. 91; Gazeau, S. 205 ff.; Four-
beries, S. 68; Hartmann, S. 65.
105. Volksbuch, Nr. 105; Sottisier, Nr. 313; Trefdi,
Nr. 105; Nawadir, S, 30; Griechisch, Nr, 86.
Köhler, I, S. 497; Fourberies, S. 68 (die Schnurre
findet sich schon in dem Rabi al abrar des 1143 verstorbe-
nen Zamachschari).
Vgl, die von Bolte zu Wickram, Nr. 39, S. 372 zu-
sammengestellte Literatur.
106. Volksbuch, Nr. 106; Sottisier. Nr. 314; Tewfik,
Nr. 26; Trefdi, Nr, 106; Nawadir, S. 30; Griechisch, Nr. 64;
Serbisch, S. 29; Kroatisch, S. 10,
Hörn, S. 69 (eine ältere Version bei Zakani).
107. Volksbuch, Nr. 107; Sottisier, Nr. 190; Nouri,
S. 144 ff.; Trefdi, Nr. 107; Mardrus, S. 116; Nawadir, S. 30;
Griechisch, Nr. 65; Serbisch, S. 41 ff,
235
108- Volksbuch, Nr, 108; Sottisier. Nr. 108; Buadem,
Nr, 26; Trefäi, Nr, 106; Nawadir, S, 30; Griechisch, Nr. 64;
Serbisch, S, 29; Kroatisch, S, 10,
109, Volksbuch, Nr, 109; Sottisier, Nr, 315; Trefdi.
Nr, 108; Griechisch, Nr. 67; Serbisch, S. 185; Vgl. auch
oben Nr, 10.
Trefäi, S, 18.
Vgl. weiter Reinisch, Die Nuba-Sprache, I, S, 179 ff,
und A, de Motylinski, Dialogue et iextes en dialecte de
Djerba, Paris, 1898, S, 24 ff, = Basset, Contes populaires
d'Ahique, S, 23 ff,
110, Volksbuch, Nr, 110; Sottisier, Nr. 264 + 290;
Trefdi, Nr. HO; Griechisch, Nr. 62; Serbisch, S. 115 ff.
Gazeau, S. 206.
Am nächsten den occidentalen Varianten der im
zweiten Teile des Schwankes erzählten Geschichte steht
Panns Gedicht, S. 351 ff., dessen Inhalt kurz ist, wie folgt:
Da der Hodscha Nastratin Geld hat, schickt er seinen
Sohn in die Fremde studieren, und der kommt zur Freude
seiner Eltern mit den besten Zeugnissen heim. Als er nun
die erste Nacht im väterlichen Hause verbringt, sieht er
auf der Decke Kuhmist kleben. Es ist ihm unerklärlich,
wie es die Kuh angestellt haben müsse, um dort oben ihren
Mist abzulagern; er sieht in der Mechanik, in der Mathe-
matik und in andern Büchern nach, kann aber die Lösung
nicht finden. Am Morgen kommt sich seine Mutter er-
kundigen, wie er geschlafen habe, und da erzählt er ihr,
welche Überlegungen ihn um seinen Schlaf gebracht
hätten. Auf die Antwort der Mutter, daß das Brett früher
im Hofe gelegen habe, wo es wahrscheinlich von irgend-
einem Rinde beschmutzt worden sei usw. meint er, daß
man ihm auf den fremden Schulen die Dinge nie so gut er-
klärt habe wie seine Mutter, die den besten Professor für
ihn abgegeben hätte. Sie ist nunmehr überzeugt, daß ihr
Sohn ein ebensolcher Dummkopf bleiben werde wie sein
Vater Nastratin.
Zu dieser Form des Schwankes haben Köhler, I,
S. 497 ff., Bolte in der ZW, VII, S. 465 ff. und XI, S. 76,
Basset in den Fourberies, S, 65 und Waas in den Quellen
236
der Beispiele Boners, Dortmund, 1897, S. 71 Parallelen
beigebracht. Ich nenne dazu noch die folgenden: The
Jests of Scogin bei Hazlitt, II, S, 71; Archie Armstrongs
Banquet of Jests, S, 359; Lehmann, Florilegium politicum,
S. 738; V, Brunei, Faceties normandes, Nr. 5 in der RTF,
11, S. 108 ff.; A. Harou, Faceties des coperes de Dinant,
Nr, 2 in der RTF, IV, S. 482 ff,; Ch. Beauquier, Blason
populaire de la Franche-Comte in der RTF, XI, S- 646;
G, Calvia, Facexie sopra gli abitanti di Sorso in Sar-^
degna, Nr. 6 im Archivio, XXI, S, 380, und Anthropo-
phyteia, V, S, 338 ff. Weiter folge hier die oben bei
Nr. 52 angezogene Stelle aus Euch. Eyering, Proverbiorum
copia, Eißleben, 1601, S. 591 ff,:
Hernach bald an dem dritten tag
Der Doctor biß vmb neune lag,
Vnd lag verjrt in seinem bett.
Sich eins Kuhdrecks verwundern thet.
Des er gewar wurd an der deck.
Klebt oben an der dil der dreck,
Wist nicht, wie die Kuh kommen nauff,
Vnd als er jetzt gstanden auff.
Fragt er den Vater vmb bericht.
Der ward traurig vnd zu jm spricht:
Du geck, wie magstu darnach fragen;
Do solche dil im hoff noch lagen,
Die Kuh drüb ging vnd darauff schiß,
Vnd also nauff genagelt iß.
Eins mals trat er für seine Thür,
Hengt aus vnd zinselt von Natur,
Vergaß des Cuius vnuerwart,
Sah an die Sonn vnd dran vernart,
Gieng nein vnd thet zum Vater jehen.
Wie er die Sonn jtzt drauß gesehen;
Sprach: Vater, wie ich drauß thet stan,
Die Sonn eben gesehen an,
Bedüncket mich in alle meim Sinne,
Sie gleich der zu Venedig drinnen.
Der Vater schrack des noch viel mehr,
Sprach: Wo ist deine Kunst und lehr?
Ach weh meins Gelts, du nerrisch Kind,
Meinstu, das auch zwo Sonnen sind?
237
Von dir wird man diß Sprichwort sagen,
Ein Ganß sey vbers Meer geflogen,
Ein Ganß auch wider kommen dar,
Die singt Jtzt Gack Gack gleich wie vor.
Endlich sei noch auf Lehmanns Exilium melancholiae,
R, Nr. 99, S, 377 verwiesen, das analog wie Bütner, Von
Claus Narren, S. 154 ff. (Zincgref-Weidner, V, S. 151 ff.)
folgendermaßen erzählt:
Ein Pennal, als ihm einer Roßfeigen in die Schuch
gelegt, verwundert er sich darüber, wie nur das Pferd muß
in die Schuch kommen seyn.
111. Barker, S. 98 ff.; Volksbuch, Nr. 111; Sottisier,
Nr, 58; Trefäi, Nr. 110; Nawadir, S, 31; Griechisch, Nr, 63;
Serbisch, S, 119 ff.
112. Sottisier, Nr. 230; Volksbuch, Nr. 112; Tewfik,
Nr. 14 = Trefäi, Nr. 146; Nawadir, S. 31; Griechisch,
Nr. 125; Serbisch, S. 39 ff.; Kroatisch, S. 7.
113. Volksbuch, Nr. 113; Barker, S. 99 ff.; Sottisier,
Nr. 295; Ethe, S, 249 ff,; Nouri, S, 211 ff,; Tretai, Nr. 111;
Nawadir, S, 31; Kuka, S, 218 ff,; Fourberies, Nr, 45; Grie-
chisch, Nr, 58; Serbisch, S, 38; Kroatisch, S, 81,
Gazeau, S. 206; Clouston, Flowers, S, 68;^ Fourberies,
S, 66; Trefäi, S. 22.
Der Schwank ist nur eine Variante einer Erzählung
aus Tausend und einer Nacht (übertragen von Henning,
Leipzig, 1895 ff., II, S. 77 ff.) ; vgl, dazu Chauvin, V, S. 159,
114. Volksbuch, Nr, 114; Sottisier, Nr, 59; Trefäi,
Nr, 112; Nawadir, S, 31; Griechisch, Nr, 59; Serbisch,
S, 120,
115. Volksbuch, Nr, 115; Nouri, S. 83 ff,; Trefäi,
Nr, 113; Nawadir, S, 32; Griechisch, Nr, 60; Serbisch,
S. 154,
Köhler, I, S, 498; Clouston, Flowers, S, 69 ff,; Trefäi,
S. 83 ff.
Vgl, A, L, Stiefels Abhandlung Der Schwank von den
drei Mönchen, die sich den Mund verbrannten in der ZW,
238
XIII, S. 88 ff. (Arienti, nov. 46; Pauli, Nr. 672; Agricola,
Nr. 505; Waldis, Esopus. III, Nr. 90 und A Hundred Mery
Talys, Nr. 97). Arienti bietet aber nicht die älteste Dar-
stellung; vielmehr zitiert S, v. Arx, Giovanni Sabadino
degli Arienti und seine Porretane, Erlangen, 1909, S. 85
zwei ungefähr dasselbe wie Arientis Novelle erzählende
Oktaven aus Luigi Pulcis Morgante, c. 16 (zuerst ge-
druckt 1482, aber zwischen 1460 und 1470 verfaßt).
116. Volksbuch, Nr. 116; Soitisier, Nr. 129; Trefäi,
Nr. 114; Mardrus, S. 106 ff.; Nawadir. S. 32.
117. Volksbuch. Nr. 117; Barker, S. 100 ff.; Sottisier,
Nr. 316; Nouri, S. 33 ff.; Trefdi, Nr. 115; Nawadir, S. 32;
Kuka, S. 219; Griechisch, Nr. 87; Serbisch, S. 130 ff.; Kroa-
tisch, S. 66 ff.
Trefdi, S. 22.
118. Volksbuch, Nr. 118; Sottisier. Nr. 317; Trefdi.
Nr. 116; Nawadir, S. 33; Griechisch, Nr, 88.
119. Volksbuch, Nr. 119; Sottisier, Nr, 318; Trefdi,
Nr. 117; Nawadir, S, 33; Griechisch, Nr. 89; Serbisch,
S. 118.
120. Volksbuch, Nr. 120; Barker, S. 101 ff.; Nouri,
S. 137 ff.; Trefdi, Nr. 118; Nawadir, S. 33; Fourberies,
Nr. 17; Griechisch, Nr. 90,
Clouston, Flowers. S. 68 ff,; Basset, Zenatia, S, 172;
Hartmann, S, 64,
121. Volksbuch, Nr, 121; Sottisier. Nr, 75 (Schluß);
Tewfik, Nr. 45; Trefdi. Nr. 119; Griechisch, Nr, 68; Ser-
bisch, S. 26; Kroatisch, S. 17,
Vgl. oben die Nrn. 49, 46 und 66, ferner unten Nr. 141
und 382.
Eine serbische Erzählung (S, 137 ff.) lautet:
Eines Morgens stand der Hodscha Nasreddin sehr früh
auf und wollte in Geschäften ins Dorf gehn. Die Nach-
barn hatten sich aber besprochen, sich mit ihm einen
kleinen Spaß zu machen. Als er sein Haus verließ, fragten
sie ihn: „Wohin gehst du, Hodscha?"
239
„Ins Dorf."
„Wie kannst du denn ins Dorf gehn, wo du doch
gestern Abend gestorben bist? Wir sind gekommen, um
dich wegzutragen und zu begraben, wie es unsere Pflicht
als Nachbarn ist, und du willst ins Dorf!"
„Laßt mich nur gehn," sagte Nasreddin; „wenn ich
zurückkomme, dann meinetwegen."
„0 nein," schrien alle; „wie könnten wir das zu-
geben? Geh sofort wieder heim, damit wir dich für das
Begräbnis herrichten."
Nasreddin konnte sich nicht von ihnen losmachen.
Die Nachbarn wuschen ihn tüchtig, wie man einen Leich-
nam wäscht, legten ihn in einen Sarg und trugen ihn zur
Moschee, Unterwegs begegnete ihnen ein Bekannter, ein
gesetzter Mann; er hatte wenig Zeit und eilte in seinen
Geschäften. Die Nachbarn wollten ihn zwingen, mit ihnen
zu gehn, er aber entschuldigte sich, daß er eine notwendige
Verrichtung habe, und Gott werde es ihm nicht verübeln,
daß er an dem Leichenbegängnis nicht teilnehmen könne.
Aber das half ihm nichts, und als er sich durchaus
losmachen wollte, hob der Hodscha den Kopf aus dem
Sarge und sagte zu ihm: ,,Du versuchst vergebens, Freund,
dich ihrer zu erwehren; das gelingt niemand. Ich habe
wirklich eine wichtigere Arbeit gehabt als du; aber was
tut das, wenn mich diese Horde nicht einmal reden läßt!"
Zu dem Motive vom eingebildeten Toten
siehe weiter außer Bebel, I, S. 169 ff. (dazu hauptsächlich
^j Cl^uvin, VIII, S. 98, ferner Rittershaus, S. 359 ff.) die
Noten auf S, 265 ff. meiner Ausgabe von Morlinis Novellen,
München, 1908 und die 149. Facetie Arlottos (II, S. 151 ff.);
eine eigentümliche Variante bietet die 10. Adventure bei
Mackenzie, The Marvellous Adventures and Rare Conceits
of Master Tyll Owlglass, London, 1890, S, 50 ff.
122. Volksbuch. Nr. 122; Barker, S. 103; Sottisier,
S. 319; Trefdi, Nr. 120; Nawadir, S. 33; Griechisch, Nr. 69;
Serbisch, S. 42 ff.
Vgl, Buadem, Nr. 140,
123. Volksbuch. Nr. 123; SoHisier. Nr. 320; Buadem,
Nr. 115; Nouri, S. 188 ff.; Trefdi. Nr. 121; Nawadir. S. 33;
Griechisch, Nr. 70; Serbisch, S. 92 ff.; Kroatisch, S, 63.
240
124. Volksbuch, Nr. 124; Sottisier. Nr. 28; Nouri,
S. 226 ff.; Trefäi, Nr. 122; Nawadir, S. 34; Kuka, S. 219
(zwar nicht von Nasreddin, aber mitten unter den auf ihn
bezüglichen Anekdoten); Griechisch, Nr. 71; Serbisch,
S. 172 ff.
Köhler, I, S. 498; Gazeau, S. 207; Clouston, Noodles.
S. 92; Fourberies, S. 33; Basset in der RTF, XI, S. 496;
Trefai, S. 11 ff.
Zu der Rettung des Mondes vgl. weiter:
Müllenhoff, Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer
Schleswig Holstein und Lauenburg, 4. Aufl., Kiel, 1845,
Nr. 111, S. 95 (nur erwähnt); E. Meier, Deutsche Sagen,
Sitten und Gebräuche aus Schwaben, Stuttgart, 1852, II,
Nr. 402, S. 361 = Merkens, I, S. 16, Nr. 21; Bronner,
Bayerisches Schelmen-Büchlein, S. 105 ff., 189 ff. und 190;
Am Ur-Quell, III, S. 29 (jüdisch aus Chelm); V. Brunet,
Faceties normandes, Nr. 11: La lune prise au piege in der
RTF, II, S. 211 ff.; J. de Chesnaye, Blasons populaires de
la Vendee, Nr. 1 in der RTF, XXII, S. 88; G. Amalfi,
J. Chiochiari nel mandamento di Tegiano im Archivio,
VII, S. 132; Ispirescu, S. 103 (Gaster im Magazin, XCVI,
S. 613 ff.) ; Veckenstedt, Zamaiten, I, S. 235 ff.; Jacobs,
English Fairy Tales, 3rd Ed., London, 1907, S. 13 ff.
In andern Versionen wird ein Esel getötet, weil man
meint, er habe den Mond, der sich im Wasser gespiegelt
hat, ertrunken: Ortoli, Les contes populaires de l'ile de
Corse, Paris, 1883, S. 252 ff.: U Bastelicacciu et son äne;
Blade, Contes populaires de la Gascogne, III, S. 142 ff,:
L'äne de Montastruc; vgl. hierzu Köhler, I, S. 498 und 90
und Clouston, Noodles, S. 45. Hierher gehört auch fol-
gende Historia von Klaus Narr, S. 478 ff. (gekürzt bei
Zincgref-Weidner, V, S. 171):
Clauß stund in einem Fenster im Saale, am abend da
der Mond schiene vnnd der Himmel voll Sternen stund, die
sähe er klar vnd hell in dem Wasser herwider leuchten,
vnd dachte, der Himmel mit den Sternen würde ersauffen,
gieng von demselben Fenster hinweg, an ein anders, vnd
sähe die Sternen im Wasser wie vor, doch nicht alle, vnd
sprach: Es wird der gantze Himmel, als ich sehe, nicht
ersauffen. Zu letzt kam er an ein Fenster, von dem er
nicht in das Wasser sehen kondte, vnnd sähe auch keinen
Sternen mehr, da rieff er: Zu Beth, lieben Brüder, zu Beth,
Nasreddin, I. Iß 241
die Liechter am Himmel sind alle verbronnen, aber die
Sternen sind alle wider auß dem Wasser, vnnd ist nicht
einer verbronnen.
In dem 26. Stücke der von E. Chavanne übersetzten
Fahles et contes de l'Inde, extraits du Tripitaka chinois
(Actes du XIVc congres international des orientalistes,
Paris, 1906, Sect. V, S. 138 ff.) und bei Schiefner, Tibetan
Tales, translated by W. R, S. Ralston, London, 1906,
S, 353: The monkeys and the moon bilden Affen, um den
Mond aus einem Brunnen zu ziehen, eine Kette, indem
sich einer an den andern hängt; als dann der Ast bricht,
woran sich der oberste hält, fallen alle ins Wasser, In
ähnlichen Erzählungen, wo, um den Mond zu fangen, eine
solche Kette ^ gebildet wird, geschieht die Katastrophe,
weil sich der oberste in die Hände spucken will; Am
Ur-Quell, II, S. 192 (von den Büsumern) ; Ch, Beauquier,
Blason populaire de la Franche-Comte in der RTF, XI,
S, 649; Les fous de Tschervä.
Schließlich sei noch eine Anspielung auf eine Orts-
neckerei erwähnt, die sich in dem Widmungsbriefe der
26, des III, Teils von Bandellos Novelle findet (zit, Ausg.,
S. 584) ; Signori miei, voi cercate, come f anno i Modonesi,
la luna nel pozzo ....
125, Volksbuch, Nr, 125; Barker, S, 104 ff,; Sottisier,
Nr, 321; Tewfik, Nr, 57; Nouri, S, 185; Trefdi, Nr, 123;
Griechisch, Nr, 72; Serbisch, S, 31 ff,; Kroatisch, S, 24.
Vgl, Murad, Nr, 13,
Hartmann, S, 63.
1 Das Motiv von der lebenden Kette kommt natürlich auch in
andern Verbindungen vor, worüber man Köhler I, S. 113 vergleiche, ferner
Hans Sachs, IV, S. 73 ff., M. Lidzbarski, Geschichten und Lieder aus den neu-
aramäischen Handschriften der Kgl. Bibliothek zu Berlin, Weimar, 1896,
S. 71 ff., Bolte in der Z. f. vgl. Littg., XI, S. 233 und Archiv für slavische
Philologie, XXI, S. 281 und XXVI, S. 462; weiter außer den an diesen Stellen
gegebenen Verweisen: The Kathd Sarit Sägara, transl. by C.H.Tawney, Cal-
cutta, 1880ff., II, S. 111 ff.; The Sackhil of News bei Hazlilt, II. S, 185;
P. Scbillot, Lilterature orale de la Haute-Bretagne, Paris, 1881, S. 255; Bronner,
Bayerisches Schelmen-Büchlein, S. 164.
242
2. Aus Manuskripten verschiedenen Alters.
126, Sottisier, Nr, 2.
127, Sottisier, Nr, 4; vgl, Buadem, Nr. 36 (Serbisch,
S, 63; Kroatisch, S, 38),
Eine ähnliche Geschichte steht im Nafhat al jaman
von asch Schirwani (Basset, RTP, II, S, 502) ; der Gedanke
findet sich aber schon bei Bar-Hebraeus, S, 152, Nr, 605:
Another fool seeing an Arab minaret from which men
were calling to prayer, said to his companion, „How very
tall the men who built this minaret must have been!" His
friend replied, „0 silly man, how could any man be as tall
as this? They built it first of all on the ground, and then
set it up,"
Dem entspricht eine persische Erzählung (Kuka,
S, 175, Nr, 65), wo das Minaret durch ,a very high tower'
ersetzt ist,
128, Sottisier, Nr, 5; Serbisch, S. 47.
Clouston, Noodles, S, 91 ff.
Der Schwank liest sich wie eine Parodie auf die fol-
gende Erzählung, die in Gladwins Persian Moonshee, II,
S, 15, Nr, 34 steht:
Somebody seized a Dirveish's turband, and ran away
with it, The Dirveish repaired to the churchyard, and
there seated himself, The people said to him, „the man
who took your turband went towards the orchard; why
are you sitting in the curchyard, what are you about?" -^
He answered, ,,he too müst come here at last, and there-
fore I have seated myself in this place,"
Tatsächlich wird auch diese Geschichte von Nasreddin
erzählt (Serbisch, S, 169),
129, Sottisier, Nr, 8,
130, Sottisier, Nr, 11,
131, Sottisier, Nr, 12.
132, Sottisier, Nr. 15,
16* 243
133. Sottisier, Nr. 16; Ethe, S. 253 ff.
Clouston, Noodles, S. 93; Fourberies, S. 30.
Sehr ähnlich ist die 192. Facetie Poggios De sono (der
angenehmste Klang ist der der Tischglocke) ; zu den zwei
Bearbeitungen bei Nocl, II, S. 187 noch Der edle Fincken-
Ritter, o, 0, u. J. („Gedruckt in der jetzigen Welt"),"S. 62,
Nr. 365.
134. Sottisier, Nr. 22; Volksbuch, (nur bei Camer-
loher), Schluß; Barker, S. 104; Tewfik, Nr. 30; Serbisch,
S, 11 ff.; Kroatisch, S. 10 ff.
135. Sottisier, Nr. 23.
Eine ähnliche Erzählung steht in Tausend und einer
Nacht, XIX, S. 15 ff.; vgl. Chauvin, VIII, S. 108.
136. Sottisier, Nr. 25; Galland, S. 16 ff. (Un bon
homme de Sivri-Hissar . . . .).
Hörn, S. 69 ff. (Zakani).
137. Sottisier, Nr. 26. Ein Schwank in der serbischen
Ausgabe (S. 181) lautet:
Der Hodscha Nasreddin hatte für sich und seine
Freunde, wenn ihn die besuchen kämen, einige Winter-
vorräte aufbewahrt, aber die Mäuse machten sich darüber
und fraßen allmählich alles auf. Als er das gewahr wurde,
wußte er in seinem Zorne nicht, wie er die Mäuse fangen
sollte, und noch weniger, wie er sie aus dem Hause treiben
könnte. Und also zornig schrie er: „Wartet, wartet, ihr
Abscheulichen und Söhne von Abscheulichen! ich werde es
euch schon zeigen!" Er schaffte ein Bündel Stroh ins
Haus, zündete es an und schloß die Tür. Als das Haus
brannte, fingen die Mäuse zu schreien an, und Nasreddin
rief fröhlich: „Aha! aha! so ists recht, daß ihr einmal
merkt, wem ihr Schaden machen dürft!"
Eine Variante steht ebendort, S. 186.
Zu der Verbrennung eines Hauses des
Ungeziefers halber siehe die Noten Österleys zu
Pauli, Nr. 37, S. 477 und Boltes zu Schumanns Nacht-
büchlein. Nr. 1 (Tübingen, 1893, S. 384 und hinter Freys
Gartengesellschaft, S. 276), ferner Hans Sachs, Schwanke,
V, S, 229; weiter vgl. die 6. Erzählung in den Mery Tales
244
of the Mad Men of Gotham (Hazlitt, III, S. 9), die bei
Clouston, Noodles, S. 41 aus der Tale of Beryn ab-
gedruckten Verse, und das folgende Stück (Nr, 306) der
Exempla of Jacques de Vitry, ed, by Crane, London, 1890,
S, 128:
Quidam ita pusillanimes sunt quod ictibus inimici
statim cedunt malentes peccatis consentire et vastari
quam tentationibus molestari, similis cuidam fatuo qui,
cum muscis valde infestaretur, domum propriam combuscit
ut muscas pariter combureret, Ita multi dum muscas
sustinere nolunt igne luxurie se vastari et incendi per-
mittunt.
138. Sotiisier, Nr. 30,
139. Sottisier, Nr. 34. In einer entsprechenden ser-
bischen Erzählung (S. HO) sagt Nasreddin: „Es ist genug,
daß sie (die Zwiebeln) tagsüber wachsen; was einer hat,
soll er bewahren, und was mir gehört, soll bei mir bleiben,"
140. Sottisier, Nr. 36.
D'Herbelot (Orientalische Bibliothek, Halle, 1785 ff.,
I, S. 524) erzählt ähnliches von Bahlul, dem Hofnarren
Harun al Raschids; nach D'Herbelot steht die sicherlich
verdorbene Schnurre bei Flögel, S, 172,
Eine hübsche Variante bringt Kuka, S, 192:
In Ispahan there was a madman who, standing in the
bazär, used to beat the passers-by, saying „Why don't
you all take one side of the road?" As he would not
listen to reason, and as using force against him was out
of the question, owing to the Persians regarding a madman
as one rapt in Divine ecstasy, a wise man advised the men
to bring forward another madman to argue with this one,
This was done; and when the first madman asked the
above question to the passers-by, the other replied, „You
know, the earth is like a shield floating on water, If all
the people were to go on one side, that part would become
too heavy, and the earth would be overturned,"
Strange to say, this reply satisfied the first madman,
and he gave up annoying the passers-by,
245
141. Sottisier. Nr, 37,
Vgl, oben die Nrn. 49, 46, 66, 121 und 382,
142. Sottisier, Nr, 42; Serbisch, S. 37.
Vgl, Nr, 282.
Eine hübsche Analogie bietet ein Schwank in Bronners
Bayerischem Schelmen-Büchlein, S, 79 ff,: Die Stier-
wascher, der aber auch als Neckgeschichte für eine Reihe
salzburgischer Orte erzählt wird,
143. Sottisier, Nr, 43; Serbisch, S. 162 ff.
144. Sottisier, Nr, 44; Nouri, S. 77 ff,; Kroatisch,
S. 76 ff.
145. Sottisier, Nr, 45,
146. Sottisier, Nr, 46; Tewfik, Nr. 32 = Trefdi. Nr. 141
::= Serbisch, S. 29 (an allen drei Stellen ist der Text ver-
dorben); Griechisch, Nr, 23; Kroatisch, S, 12 ff,; Pann,
S. 346 ff.
Dieselbe Geschichte wird bei Gonzenbach, I, Nr, 37,
S. 260 von Giufa erzählt; vgl. die Nachweise dazu von
Köhler und Bolte in der ZW, VI, S. 74.
Vgl. weiter die 122. Facetie Arlottos und meine Noten
dazu (II, S. 105 ff. und 234 ff.).
147. Sottisier, Nr. 49.
148. Sottisier, Nr. 51.
149. Sottisier, Nr. 52.
150. Sottisier, Nr. 56.
151. Sottisier, Nr. 60.
152. Sottisier, Nr, 63, Für sich allein kommt der
Schwank nur hier vor; in allen andern Darstellungen ist
er mit Nr. 326 zusammengezogen; Dieterici, Chrestomathie
Ottomane, Berlin, 1854, S. 31 ff. [Fourberies, S. 38 und 65) ;
Ethe, S. 244; Trefdi, Nr. 137; Kunos bei Radioff, Die
246
Sprachen der türkischen Stämme, Petersburg, 1866 {f.,
VIII, S. XIX ff.; Mardrus, S. 107 ff.; Sachau, Skizze des
Fellichi-Dialekts von Mosul, S. 71 ff. (ebenfalls von Nasr-
eddin).
153. Sottisier, Nr. 66,
154. Sottisier. Nr. 67; Buadem, Nr. 31; Serbisch S. 62;
Kroatisch, S. 37,
155. Sottisier, Nr. 69,
156. Sottisier, Nr, 70,
Galland, S. 21,
157. Sottisier, Nr. 71; Serbisch, S, 157 ff, (wirklich von
Nasreddin).
Fourberies, S. 3 und 39 ff. (die Geschichte steht auch
in dem Thamarat al aurak von ihn Hidschdscha (f 1434) ^.
158. Sottisier, Nr. 72; Buadem, Nr. 17; Serbisch, S. 57;
Kroatisch, S. 33 ff.
Köhler, I, S. 506; Fourberies, S. 40.
Vgl. weiter Köhler, II, S. 633 ff., Bebel, I, S. 177 und
Papini, La leggenda di Dante, S. 84 ff. Zu den an diesen
Stellen gegebenen Parallelen kommen noch: Kuka, S. 179;
Facette, motti, buffonerie, et burle del Piovano Arlotto,
del Gonnella et del Barlacchia, Firenze, 1565, S. 129 ff,
(von Barlacchia) ; danach französisch G, Chappuis, Les
Facetieuses lournees, Paris, 1584, i. V, n. 9, Bl. 154a ff.;
Garzoni, La piazza universale di tutte le professioni del
mondo (1, Ausg. 1579), Venezia, 1616, S, 331; Sagredo,
L'Arcadia in Brenta, S. 383 ff.; Garibay, Cuentos in den
Sales espanolas, II, S. 52; Seb. Mey, Fäbulario, Fab. 56
(Menendez y Pelayo, II, S. CIX ff.) ; Eyering, I, S. 85 ff.;
Melander, Joco-Seria, deutsch. Lieh, 1605, II, S. 423, Nr. 377
(nicht in den lateinischen Ausgaben); Lehmann, Exilium
melancholiae, F, Nr. 31; Gerlach, Eutrapeliae, Leipzig, 1656,
I, Nr. 952; Harsdörfer, Ars apophtegmatica, S. 626, Nr. 2982;
1 S. Brockelmann, II, S. 15 ff.
247
Jacke of Dover s Quest of Inquirie bei Hazlitt, II, S. 322 ff.;
Joe Millers Jests, S. 17, Nr. 97.
159. Sottisier, Nr. 74.
160. Sottisier, Nr. 76; Nawadir, S. 46; Griechisch,
S. 110; Serbisch, S. 125; Pann, S. 336 ff. Vgl. unten
Nr. 394.
Fourberies, S. 41; Hörn, S. 70 (Zakani; die Erzählung
aus dem Mesnewi von Dschelaleddin Rumi [transl. by
E. H. Whinfield, 2. ed., London, 1898, S. 130], auf die
Hörn verweist, hat nur ganz allgemeine Beziehungen).
Eine entfernte Ähnlichkeit hat eine Schnurre im
Nuzhaf al udaba, die bei Hammer, Rosenöl, II, Stuttgart,
1813, S. 302, Nr. 177 übersetzt ist; zu ihr stimmt einiger-
maßen die Geschichte von dem Pfarrer von Mößkirch, die
nach der Zimmerischen Chronik, 2. Aufl., Freiburg i. B.,
1881, II, S. 439 zu dem Sprichworte Anlaß gegeben hat:
„Das walt Gott! sprach pfaff Petter, do stig er uf die
magt."
161. Sottisier, Nr. 78; Buadem, Nr. 88; Serbisch, S. 82;
Kroatisch, S. 51.
Clouston, Noodles, S. 90.
Gesteigert ist die Komik in folgender persischer
Schnurre bei Kuka, S. 157;
A Syrian went to a carpenter's Workshop, and asked
him to make a door for him. The carpenter wanted to
know the length and breadth of the door, whereupon the
Syrian went home, measured the breadth of his doorway
with his extended arms, and, keeping the arms so
outstretched, began to return to the carpenter. But on
his way back he encountered a wag, who, by way of a
practical joke, tripped him up, and laid him flat on his
back, on the ground, Even then, the Syrian would not
make use of his arms, but kept them extended, and being
unable to rise in this position, went on abusing the man
and requesting the passers-by to pick him up. When some
one offered to raise him, he shouted out, ,,Don't take hold
of my arms or you would destroy the measurement of my
door. Take me up by the beard." So he was picked up
in the way suggested by himself; and he went away quite
248
a happy man af the thought, that in spite of all difficulties
he had preserved the measurement of his door.
Merkens, II, S. 13 ff., Nr. 14.
162. Sottisier, Nr. 83.
Merkwürdige Parallelen zu diesem Schwanke bieten
im Jacke of Dover die Erzählung von dem Foole of Not-
iingfiam (Hazlitt, II, S. 326 ff.) und die folgende aus
Arcliie Armstrong' s Banquet of Jesis, S. 184 ff.:
A Gentleman Walking somewhat late in the night, was
taken by the Watch, and had before the Lanthorne; where
they very strictly demanded who hee was, and whom hee
served: he answered, that hee was, as they say, a man,
and that hee served God. I, say you so, quoth the Con-
stable, then carry him to the Counter, if hee serve no body
eise: yes sir: replied the Gentleman, I serve my Lord
Chamberlaine. My Lord Chamberlaine? (saith the Con-
stable) why did you not teil me so before? Marry, quoth
the Gentleman, because I had thought, thou loved God
better than my Lord Chamberlaine.
163. Sottisier, Nr. 84; Fourberies, Nr. 39; vgl. auch
Serbisch, S. 110 ff.
Fourberies, S. 42 ff.; Basset in der RTF, XI, S. 497 ff.
Die Literatur über das Motiv von dem Kürbis etc.
als Pferdeei (Eselsei etc.) findet man zusammen-
gestellt in Boltes Noten zu Freys Gartengesellscliaft,
S. 214 ff., im Arcfiiv für slaviscfie Philologie, XXII, S. 301
und 309 und XXIX, S. 452 und bei M. Böhm, Lettiscfie
Schwanke, Reval, 1911, S. 111; dazu noch Keller, Schwa-
ben, S. 136 ff. und Bronner, Schelmen-Büchlein, S. 113 ff.
Über das Motiv von den Luftschlössern, das in der
Erzählung des Sottisier (nicht in der der Fourberies) den
Schluß bildet, vgl. die von mir im Euphorion, XV, S. 7 ff.
verzeichnete Literatur, hauptsächlich Bolte zu Wickrara,
S. 391 und zu Montanus, S. 603 ff., ferner J. Hertel, Tan-
träkhyäyika, Leipzig, 1909, II, S, 148 ff. und I, S. 140, Es
kommt aber auch in einer Erzählung von Nasreddin selb-
ständig vor, und zwar in der serbischen Ausgabe, S. 48,
in einer eigentümlichen Variante:
Eines Tages fand der Hodscha Nasreddin auf der
Straße ein Hufeisen, Außer sich vor Freude, lief er nach
249
Hause und sagte zu seiner Frau: „Schau nur, was ich ge-
funden habe! Dieses Hufeisen mußt du gut aufheben; bis
ich noch dreie gefunden habe, dann kaufe ich ein Pferd
und dann reisen wir miteinander nach Mekka."
„Ja," antwortete die Frau, „und auf der Rückreise
besuchen wir meine Eltern,"
„Du hast wirklich kein Herz," fiel ihr Nasreddin ins
Wort; „du willst wohl das Pferd nicht ein bißchen ver-
schnaufen lassen!"
164. Sottisier, Nr. 85,
Vgl. Behrnauer, Die vierzig Veziere, Leipzig, 1851,
S. 233 ff.
165. Sottisier, Nr. 86.
Löcher mit Speise verschmieren: s. unten
Nr. 444.
Spiegelbild verkannt: s. unten Nr. 311.
166. Sottisier, Nr. 87.
Vgl. Domenichi, Facetie, 1548, Bl, C^b (1562, S. 138,
1581, S. 171):
Dicendosi da alcuni Sanesi, che in vn certo caso
occorso i Fiorentini haueuano perduto il ceruello, disse
Cosmo: E' non lo possono gia perdere eßi. Forse voleua
tassargli di non hauerlo mai hauuto.
Ähnlich ist Harsdörfer, Ars apophtegmatica, S. 35,
Nr. 159.
167. Sottisier, Nr, 88.
Köhler, I, S, 506.
Vgl, meine Nachweise zu Morlinis Nov, 32, S, 287 ff.
und zu Mönchslatein, Nr, 13, S, 204; dazu noch: Carbone,
Facezie, S, 59 ff ,, Nr. 84; Casalicchio, C. I, d. 4, a. 5,
S. 252 ff.; Pitre, III, S. 324 ff., Nr, 180; Crane, S, 287 ff.;
G. Amalfi, XII facezie e motti raccolti in Piano di Sor-
rento, Nr, 9 im Archivio, XXI, S, 366 ff,; // medico e
l'amalato; Eyering, Proverbiorum copia, I, S, 42 ff,; Leh-
mann, Exilium melancholiae, S, Nr, 84, S, 398; Harsdörfer,
Ars apophtegmatica, S, 99, Nr, 442; Merkens, III, S, 127 ff,,
Nr, 103; Tales and Quicke Answeres, Nr, 50 (Hazlitt, I,
S, 65 ff,); Archie Armstrong's Banquet of Jests, S, 95
(ebenso wie Mönchslatein, Nr, 13 kombiniert mit dem unten
250
Nr, 439 erwähnten Motive von der Heilung durch Lachen) ;
Clouston, Noodles, S. 168 ff,; G. Georgeakis et Leon
Pineau, Le Folk-lore de Lesbos, S, 131 ff,: Les deux amis.
168, Sotfisier, Nr. 89.
169, Sottisier, Nr, 91,
Der Schwank von dem Einfältigen, der den'
■für einen gewissen Fall erhaltenen Be-
fehl bei einem andern Anlaß, der ein
andres Benehmen erfordern würde, buch-
stäblich befolgt, existiert, auch auf Nasreddin
übertragen, noch in einer deutlichem Form; wie Künos
in der Einleitung zu Naszreddin hodsa trefäi S, 26 be-
merkt, hat nach tatarischen Quellen Iwanitzky ein „Reise-
erlebnis" des Hodschas ins Russische übersetzt, und dieses
folge hier nach dem ungarischen Texte:
Es geschah einmal, daß Nasreddin auf seinen Wegen
Totengräbern begegnete, und die begrüßte er mit dem
Gruße: „Friede sei mit euch!" Die Totengräber prügelten
ihn weidlich durch, weil er nicht so hätte grüßen sollen,
sondern beide Hände erheben und für den Frieden der
Toten bitten. Der Hodscha merkte sich das und ging
weiter.
Er traf eine Menge Leute, die singend und tanzend an
ihm vorüberzogen. Kaum hatte er die bemerkt, so erhob
er beide Hände und begann das Totengebet, Sie prügelten
ihn ebenso, v/eil man eine Hochzeitsgesellschaft nicht mit
diesem Gebete empfangen, sondern mit ihnen springen und
tanzen solle. Auch das merkte sich der Hodscha,
Auf seinen weitern Wegen begegnete er einem Jäger,
der gerade einem Hasen auf der Spur war. Er begann zu
springen und zu tanzen, und verscheuchte mit diesem
Lärme den Hasen, Der Jäger fiel über ihn her und
prügelte ihn mit dem Gewehrkolben durch, weil er nicht
auf den Fußspitzen gegangen sei, bald geduckt und bald
aufrecht. Auch das merkte er sich.
Sein Weg führte ihn bei Hirten vorüber, die eine zahl-
reiche Schafherde vor sich hertrieben. Da duckte er sich
bald, bald ging er aufrecht; darob erschraken die Schafe
so, daß sie nach hundert Richtungen auseinanderliefen,
und auch dafür mußte er büßen,
251
Vgl. dazu Bebel, I. Buch, Nr. 26 und 27 samt den
I, S. 128 gegebenen Nachweisungen, hauptsächlich Boltes
Noten zu Frey, Nr. 1, a, S. 212 ff,, ferner Archiv für sla-
vische Philologie, XXII, S. 309. Ähnliche Darstellungen,
die wohl zu unterscheiden sind von denen, wo es sich
einfach um dumme Streiche eines Sohnes oder Ehemannes
handelt, sind noch: P. Sebillot, Lifierature orale de la
Haute-Bretagne, Paris, 1881, S. 92 ff. und 102 ff., derselbe,
Litterature orale d'Auvergne, Paris, 1898, S. 84 ff., Clouston,
Noodles, S. 123 ff. (auch zum folgenden), Jacobs, English
Fairy Tales, S. 152 ff.: Lazy Jack, und S. 249 und Böhm,
Lettische Schwanke, S. 52 ff., Nr. 32 und teilweise S, 54 ff.,
Nr. 33.
Oft bezieht sich der mißverstandene Befehl auf die
Worte der Ansprache oder die Begrüßung,
wie z. B. in dem von Pitre III, S. 362 ff. als Nr. 7 seiner
Giufägeschichten mitgeteilten Schwanke (Monnier, S. 13ff.),
zu dessen Anfange die unten als Nr. 435 gebrachte Hiohä-
erzählung eine Parallele bildet; dazu vergleiche Köhler,
I, S. 87 ff. und 50, Boltes Noten zu Montanus, Garten-
gesellschaft, Nr. 50, S. 602, Rittershaus, S. 429 ff. und
Archiv für slavische Philologie, XXII, S. 304 und 309. An
weitern Versionen seien angegeben Merkens, I, S. 124 ff.,
Nr. 131, Wilhelm Busch, Ut öler Welt, München, 1910,
S. 35 ff., Nr. 16, L. Leger, Recueil de contes populaires
slaves, Paris, 1882, S. 231 ff., H. Carnoy, Litterature orale
de la Picardie, Paris, 1883, S. 186 ff., Blade, Contes popu-
laires de la Gascogne, III, S. 137 ff., Louis Dart, De mal
en pis „Comme Tribuet", Conte Champenois in der RTP,
XI, S. 321 ff., eine nordfranzösische Erzählung, Jean l'inno-
cent, mitgeteilt von Ed. Edmond ebendort, XX, S. 94 ff.,
Denis Bressan, Contes populaires de La Bresse, Nr. 3,
ebendort, XXIII, S. 350 ff., Jacobs, More English Fairy Tales,
London, 1894, S. 195 ff. und 242, ein japanischer Schwank,
Der dumme Tempo, erzählt von Iguchi im Globus, 69, Nr. 3,
abgedruckt bei Aug. Seidel, Anthologie aus der asiatischen
Volkslitteratur, Weimar, 1898, S. 44 ff. und J. Hinton
Xnowles, Folk-Tales of Kashmir, London, 1888, S. 189 ff.
170. Sottisier, Nr. 93.
Ein ähnlicher Schwank aus Bosnien, ebenfalls von
Nasreddin, wird in der Anthropophyteia, IV, S, 385 ff. er-
252
zählt; eine Parallele dazu, aber nicht von Nasreddin, steht
bei Roda Roda, S. 40 ff. Eine andere Version, deren An-
fang an den von Nr, 262 erinnert, steht in der serbischen
Ausgabe, S, 182 ff.:
Einmal ging der Hodscha Nasreddin mit dem Sultan
auf die Jagd; alle hatten Falken mit, nur Nasreddin eine
Krähe. Im Felde angelangt, ließen alle ihre Falken
steigen, und auch Nasreddin ließ seine Krähe aus. Die
ging auf einen Stier nieder, und den band Nasreddin sofort
an den Hörnern an und führte ihn mit sich, als ob der
Stier jetzt ihm gehören würde, weil ihn seine Krähe erjagt
habe. Aber der Besitzer wollte ihm den Stier nicht lassen;
obwohl ihm der Sultan selber sagte, daß er ihn ihm lassen
solle, ging er zum Kadi und klagte wider Nasreddin.
Als Nasreddin davon hörte, lief er schnell zum Kadi
und versprach ihm ein Geschenk, wenn ihm der Stier nach
seinem Spruche zufalle. Der Kadi sagte es zu, und als
beide Streitteile vor Gericht kamen, der Besitzer sowohl,
als auch der Hodscha Nasreddin, sagte er; „Die Krähe des
Hodschas hat den Stier erjagt, und was einer erjagt, das
ist sein"; und damit ließ er den Besitzer des Stiers hinaus-
werfen.
Am nächsten Tage nahm der Hodscha einen Topf
und füllte ihn fast bis zum Rande mit Stiermist, darüber
legte er ein Kohlblatt und auf dieses gab er ein wenig
Butter; und diesen Topf schickte er dem Kadi als Ge-
schenk. Der Kadi kam des Nachts nach Hause und sagte,
weil er gerade Lust auf Butter hatte, seiner Frau, sie
solle ihm den Topf bringen. Die Frau brachte ihn und er
nahm einen Löffel, fuhr damit in die Mitte hinein und
kostete. Aber er riß den Löffel sofort wieder aus dem
Munde und rief: „Pfui Teufel!" Dann sah er nach, was es
sei. Er ärgerte sich grimmig und ließ Nasreddin rufen;
und er sagte voller Zorn zu ihm: „Womit hast du mich ge-
füttert, du niederträchtiger Kerl?" ,,Du hast dich selber
gefüttert, erhabener Kadi," antwortete der Hodscha; „aus
dem Topfe hast du schon gegessen, als du das Urteil ge-
sprochen hast. Wie könnte denn eine Krähe einen Stier
erjagen?" Und damit ging er.
171. Sottisier, Nr. 94; Serbisch, S. 25 ff.; Pann, S. 332.
Krauss, Zigeunerhumor, S. 47 ff.
253
172. Sotfisier, Nr, 95; Serbisch, S. 149 ff.
Ebenso Gladwin, Persian Moonshee, II, S, 19 ff.,
Nr, 50 und Krauss, Zigeunerhumor, S, 48 ff,; sehr nahe
stehn auch die Novellen 3 und 4 in Arientis Porrettane,
zit. Ausg,, Bl, 8b ff, und 10a ff, und der auf der einen be-
ruhende Schwank in der Arcadia in Brenta, S, 170 ff. Vgl.
auch Montanus, Gartengesellschaft, Nr, 19 (die Nachweise
Boltes S, 597),
173. Sottisier, Nr. 96; Serbisch, S, 40 („Küß ihn zwei-
mal; ich werde ihn halten, damit er nicht ausreißen
kann").
Vgl. eine Stelle im Kitab al ikd al farid von Abdi-
rabbihi, die Basset in der RTP, XVII, S. 94 übersetzt hat;
dort ist die Anspielung auf den 49. Vers der 5, Sure des
Korans deutlicher ausgedrückt,
174. Sottisier, Nr, 98,
175. Sottisier, Nr, 101; Serbisch, S. 180 ff. (Schluß
geändert),
176. Sottisier. Nr. 103.
177. Sottisier, Nr. 105; vgl. oben Nr. 16.
178. Sottisier, Nr. 107.
179. Sottisier, Nr. 109.
Es gibt eine große Zahl Geschichten von Nasreddin,
die alle denselben Eingang, aber eine verschiedene Pointe
haben: Tewfik, Nr. 56 (= Trefdi, Nr. 165 [statt 166] und
Serbisch, S. 21), Nouri, S. 163 ff. (= Kroatisch, S. 74 ff.)
und Serbisch, S. 45; die beste ist jedoch die folgende (Ser-
bisch, S. 127):
Eines Tages hatte der Hodscha Nasreddin so viel ge-
trunken, daß er sich nicht mehr auf den Beinen halten
konnte, und er schlief ein. Als er ganz matt erwachte,
wollte er vors Haus gehn, konnte aber die Treppe nicht
finden und fiel in ein Loch; dort blieb er liegen. Sein
Weib kam gelaufen und fragte ihn, ob er noch lebe; er
antwortete; „Laß mir die Popin rufen."
254
Sie meinte, er sei nicht recht bei Sinnen, und lief um
einen Arzt. Als der Arzt kam, ließ ihn sich der Hodscha
gar nicht nahe kommen, sondern fragte ihn, kaum daß er
ihn sah: „Bist du schon jemals über eine Treppe gefallen?"
„Noch nie," antwortete der Arzt.
„Dann kannst du mir auch nicht helfen," sagte Nasr-
eddin; ,*geh zum Teufel! Und du, Weib, laß mir sofort die
Popin rufen; die hat ihren Popen schon öfter von dieser
Krankheit geheilt."
180. Sottisier, Nr. 110; anders Tewfik, Nr. 29, Trefäi,
Nr. 153 (statt 154) und Serbisch, S, 35,
181. Sottisier, Nr. 113.
182. Sottisier, Nr. 114.
Fourberies, S. 46,
183. Sottisier, Nr, 115.
184. Sottisier. Nr. 116.
185. Sottisier, Nr. 117,
186. Sottisier, Nr, 119.
187. Sottisier, Nr. 120.
Galland, S, 15 ff.
188. Sottisier. Nr. 121.
Fourberies, S. 46 und 186.
Ähnliche Geschichten stehn bei Sachau, Fellichi-
Dialekt von Mosul, S. 67 und bei Lidzbarski, Neu-ara-
mäische Handschriften, S. 152 ff. Lidzbarski weist u. a,
eine Parallele bei ihn Arabschah, Fakihat al hulafa nach;
vgl, dazu Chauvin, II, S. 204 ff. und 214. Eine Version aus
al Abschihi, Mustatraf^ hat Basset in der RTF, XIII,
S. 483 übersetzt. Siehe ferner Chauvin, V, S. 160, Note
und Kuka, S. 162, Nr, 31,
1 S. Brockelraann, U, S. 56.
255
189. Sottisier, Nr. 122.
190. Sottisier, Nr. 123.
Köhler, I, S. 506 ff.; Fourberies. S. 47,
Eine ältere ^ Version dieser Erzählung steht in dem
Laiifeh nameh des 1531 verstorbenen Türken Lamii; sie
ist bei Cardonne, Melanges de Litterature Orientale, Paris,
1770, II, S. 82 übersetzt (Versuche der Orientalischen
Litteratur, Breslau, 1771, S. 222 ff.). Eine noch ältere ist
uns in der 65. Facetie Arlottos (I, S. 151 ff. und 221 ff.)
bekannt. Hans Sachs hat den Stoff zweimal behandelt:
am 5. Mai 1550 als Meistergesang Der Schneider mit dem
paner, dann am 21. Juli 1563, mit einer andern Erzählung
verbunden, als Spruchgedicht Der Schneider mit dem
panier (Schwanke, V, S. 74 ff . und II, S. 472 ff,); die
jüngere Fassung ist breiter ausgeführt als die ältere,
A, L, Stiefel hat in den Hans Sachs-Forschungen,
Nürnberg, 1894, S. 80 ff. als Quelle Hans Sachsens die
Facetie Arlottos bezeichnet; dies wohl nur in Unkenntnis
der Abhandlung Cloustons The Tailor's Dream in den
Populär Tales and Fictions, II, S. 79 ff. Dort wird nämlich
unter anderm die humoristische Schilderung eines Turniers
zwischen einem Schneider und einem Schuster angeführt,
die den 1520 verstorbenen schottischen Dichter William
Dunbar zum Verfasser hat; und das Banner des Schneiders
wird also beschrieben:
His banner borne was him before,
Wherein were clouts a hunder score,
Ilk ane of divers hue;
And all stolen out of sundry webs; —
For while the sea flood fills and ebbs,
Tailyors will never be true.
Wenn nun auch Clouston von der falschen Annahme
ausgeht, die Facetien Arlottos seien erst 1520 zum ersten
Male in Druck erschienen, so scheint mir doch das
Resultat seines Schlusses richtig, daß nämlich die Verse
Dunbars auf ein altes Mönchsexempel zurückgehn, und
dies um so mehr, als wir bei der Untersuchung von Ar-
' Vgl. die oben auf Seite 201 ff. gemachten Angaben über das Alter der
im Sottisier benützten Manuskripte.
256
lottos Quellen gesehn haben, daß bei Arlotto eine ganze
Reihe von Predigtmärlein bearbeitet ist. Dieses Märlein
kann dann auch in letzter Instanz die Quelle Hans
Sachsens gewesen sein, und diese Lösung ist sicherlich
befriedigender als die Annahme Stiefels, wonach Hans
Sachs an der Facetie Arlottos ziemlich viel geändert
haben müßte.
Ein Gedicht von John Harrington (f 1612), Of a Pre-
cise Tailor ist aus The most Elegant and Wittie Epi-
grams, London, 1633 bei Ashton, S, 32 ff, und Clouston,
a. a, O,, S, 80 ff. abgedruckt. Weitere Nachweise geben
Bolte bei Frey, S, 256, Note und Chauvin, HI, S, 38; einige
stehn auch bei Hans Sachs, V, S. 74, Eine moderne ita-
liänische Version findet sich bei J, Nieri, Racconti popo-
lari lucchesi, Castelnuovo di Garfagnana, 1891, S, 157 ff,,
Nr. 43; Patron Bandiera.
191, Sottisier. Nr, 124,
192, Sottisier, Nr, 125; Mardrus, S, 107.
193, Sottisier, Nr. 126,
Köhler, l, S. 506; Fourberies. S. 47.
Die Geschichte ist so ziemlich identisch mit der
132. Facetie Poggios: De Judaeo mortuo assumpto igno-
ranter in cibum per Florentinum, die Seb. Brant in
Esopi appologi, Basileae, 1501, Bl. Del» ff. bearbeitet hat;
vgl. dazu Hans Sachs, Schwanke, H, S. 540 ff. (auch
S. XXni und IV, S. 493 ff. Fast ebenso wie im Sottisier
wird im Nuzhat al udaha (Basset in der RTP, XV, S. 671)
erzählt.
194, Sottisier, Nr. 127.
195, Sottisier, Nr, 128; Mardrus, S, 104 ff,
196, Sottisier, Nr, 130,
197, Sottisier, Nr, 131,
Im Nuzhat al udaba findet sich folgende Schnurre
(Basset in der RTP, XV, S, 286) :
Nasreddin, I. 17 257
Man erzählt von einem Manne, der sich für einen Pro-
pheten ausgab; zu dem sagte einer seiner Freunde, der
einäugig war: „Was ist das Zeichen deines Propheten-
tums? was sind deine Wunder?" „Mein Wunder ist
dieses: du bist einäugig; ich will dir auf der Stelle das
gesunde Auge herausnehmen und den Herrn bitten, auf
daß du sehest." Der andere antwortete: „Ich glaube, daß
du ein Prophet bist."
AI Abschihi erzählt im Mustatrat (Basset in der RTP,
XIII, S. 490 ff.):
Zur Zeit al Mamuns ^ gab sich ein Mann für einen
Propheten aus, und zwar wollte er Abraham sein, der
Freund Gottes, Der Chalif sagte zu ihm: „Abraham hat
Wunder und Zeichen getan," „Was für Zeichen?" „Man
zündete ein Feuer an für ihn, und sie warfen ihn hinein;
aber die Flamme ward ihm eine Kühlung und eine Seg-
nung 2; wir wollen für dich einen Scheiterhaufen anzünden
und dich hineinstürzen; wenn es dir so geht wie ihm,
werden wir an dich glauben," „Ich möchte lieber etwas
leichteres," „Die Zeichen von Moses?" „Was sind das für
Zeichen?" „Er warf seinen Stab hin, und der wurde zur
Schlange 3, er schlug das Meer, und es teilte sich *, und er
steckte seine Hand in den Busen, und sie war weiß ^."
„Das ist noch schwerer für mich als das erste Zeichen."
„Die Zeichen von Jesus?" „Was sind die?" „Die Toten
zu erwecken"," „Du sagst das richtige: ich will dem Kadi
Jachja ihn Aktani den Kopf abschlagen und werde ihn
dir im Augenblicke wieder zum Leben erwecken," Da
schrie der Kadi: „Ich bin der erste, der an dich glaubt."
Als älteste Version zitiert aber Basset an der zuletzt
genannten Stelle das Kitab al ikd al farid von Abdirabbihi.
Andere Parallelen stehn bei Clouston, Flowers, S. 35 ff.
(Saadi), Gladwin, The Persian Moonshee, II, S. 16, Nr. 37
und Galland, S. 20; vgl, auch zu der Erzählung Abschihis
Roda Roda, S. 40,
198, Sotiisier, Nr. 132.
' 833 gestorben.
2 Koran, 21. v. 68 u. 69.
3 Koran. 20, v. 68—72.
'» Koran, 20, v. 79.
5 Koran, 20, v. 23.
8 Koran, 3, v. 43.
258
199. Sottisier, Nr, 133.
200. Sottisier, Nr. 134.
Vgl, die 51, Facetie Arlottos (I, S, 130 ff,)-
201. Sottisier, Nr. 135.
Von dieser Geschichte gilt wohl dasselbe, was Bolte
bei Hans Sachs, III, S. XI von dem Meistergesänge Die
leren geltseck (ebendort, S, 369 ff,) sagt, daß sie nämlich
in letzter Instanz auf die 412. Fabel Aesops: ^tXagyvQo
zurückgeht; vgl. dazu noch Aesopi Phrygis et aliorum
fabulae, Venetiis, 1539, Bl. 97 a: Auarus, Camerarius,
Fabulae aesopicae, Lipsiae, 1570, S. 106: Avarus, schließ-
lich auch die 194. Novelle Sacchettis und weiter Clouston,
Populär Tales and Fictions, I, S. 61 ff,
202. Sottisier, Nr. 136.
203. Sottisier, Nr. 137. Anders: Buadem, Nr. 44; Ser-
bisch, S. 65 ff.; Kroatisch, S. 40.
Galland, S, 24 ff .
204. Sottisier, Nr. 138; Buadem, Nr, 74; Serbisch,
S. 77; Kroatisch, S. 48.
Die Geschichte findet sich schon in Dschamis Bäha-
ristan (Der Frühlingsgarten von Mewlana Abdurrhaman
Dschami. Aus dem Persischen übertragen von 0. M.
Frh. V. Schlechta-Wssehrd, Wien, 1846, S, 86 ff.) ; danach
steht sie bei Cardonne, I, S. 119 (deutsch, S. 69), Auf
derselben Quelle beruht wohl auch Gladwin, The Persian
Moonshee, S, 18, Nr. 40.
205. Sottisier, Nr. 139.
206. Sottisier, Nr, 140,
Vgl, die 105, Facetie Arlottos (II, S. 75),
207. Sottisier. Nr. 141.
208. Sottisier. Nr. 142.
209. Sottisier, Nr. 143, Vgl. dazu Tewfik, Nr. 2;
Trefäi, Nr. 147; Griechisch, Nr. 159; Serbisch, S- 46,
17* 259
210. Sottisier, Nr, 144,
211. Sottisier, Nr, 146, Mit Nasreddin als traurigem
Helden: Nouri, S. 181 ff,| Serbisch, S, 147 ff,; Kroatisch,
S. 181 ff.
Zu der Version des Sottisier stimmt die dritte der
drei Geschichten, die Julien Dumoret aus einem tür-
kischen Buche: „Nasser eddin khodjah", für dessen Ver-
fasser er Nasreddin hält, im Journal asiatique, XIII,
S, 488 übersetzt hat^; während der Eingang verschieden
ist, sind die drei Ratschläge des Geistlichen und der des
Trägers so wie im Sottisier. Anders ist der dritte Rat des
Geizhalses („Wenn dir einer sagt, es gebe noch einen
Lastträger, der dümmer wäre als du, so glaube es nicht")
in einer Erzählung des Hadikat al afrah von asch Schir-
wani, die Basset in der RTP, XIV, S, 216 übersetzt hat;
diese wieder ist fast identisch mit der 485. der Laughable
Stories von Bar-Hebraeus (Budge, S. 126 ff.), die die älteste
Fassung darstellen dürfte. Ihr stehn die drei oben-
genannten Versionen, deren Held Nasreddin ist, und eine
persische Geschichte bei Kuka, S. 167 ff. sehr nahe.
Deutsch ist der Schwank bearbeitet von Roda Roda,
S. 212 ff.
Entfernter stehn ein Schwank bei Clouston, Flowers,
S. 105 ff. und das 43. Kapitel im Wegkürzer von Montanus;
vgl. Boltes Nachweisungen S, 581 und Chauvin, VIII,
S. 139 (Parodien zu Nr. 136).
212. Sottisier, Nr. 147.
213. Sottisier, Nr, 148.
Köhler, I, S. 507; Fourberies, S. 49.
S. Arlotto, II, S. 64 ff. und 226 ff.
1 In der Vorbemerkung sagt Dumoret: „Les trcis petits contes qu'on
va lire sont extraits de Nasser eddin khodjah anpeile vulgaireraent Nazeretin
khodjah. Cet ecrivain facetieux a compose un livre d'histoires ecrites en
turc , parmi lesquelles on en trouve quelques unes d'assez plaisantes et
d'assez originales. En general le style de Nazeretin est simple et naturel,
Sans etre prive neanmoins de cette gräce qui fait le merite du conteur. Son
recueil qui est tres-repandu en Orient, existe ä Paris parmi les manuscrits
de la Bibliotheque du Roi. Nous avons eu pcndant longtemps ä notre dis-
position un petit manuscrit des oeuvres de cet auteur ..." Bemerkt sei
hier noch, daß die erste der drei von Dumoret mitgeteilten Erzählungen eine
ziemlich genaue Parallele zu Arlotto, Nr. 171 (II, S. 179 ff. und 253 ff.) bietet.
260
214. Sotiisier, Nr, 149.
Galland, S. 22.
215. Sotüsier, Nr. 150,
216. Soüisier, Nr, 151; Tewfik, Nr. 16; Kroatisch, S, 7 ff.
Hörn, S. 69 (Zakani) ; Trefdi, S. 19.
217. Sottisier, Nr. 152.
Galland, S. 26 ff.; Hammer, Rosenöl, II, S. 78 f f .,
Nr. 44; Clouston, Flowers. S. 109 ff.; Roda Roda, S. 214 ff,
218. Sottisier, Nr. 153; Tewfik, Nr. 20; Trefdi, Nr. 151;
Serbisch, S, 35.
219. Sottisier, Nr. 154.
Fourberies, S. 50; zu den dortigen Nachweisungen zu
dem Motive von dem Dämon (Menschen) als
Reittier noch Chauvin, VII, S. 23 ff.
220. Sottisier, Nr, 155.
221. Sottisier, Nr. 156,
222. Sottisier, Nr. 157,
Vgl. zu diesem Schwanke den folgenden, Jen J. F,
Campbell in den Populär Tales of the West Highlands,
II, S, 398 erzählt:
He (the Assynt man) once took his child to be bapti-
zed; the minister said he doubted if he were fit to hold
the child for baptism.
„Oh, to be sure I am, thought it was as heavy as a
stirk."
This answer shewing little wit, the minister asked him
how many commandments there were.
„Twenty," he said boldly.
„Oh, that will never do; go back and learn your
questions" (Shorter Catechism).
Half way home he met a man.
„Hov/ many commandments will there be? There
must be thirty, for the minister was not content with
twenty."
261
He was set to rights on this point, and turning back
(it was winter), he thought the clergyman would not refuse
him this time etc, etc.
Eine weitere Parallele steht bei Ilg, II, S. 91 ff,,
Nr. 131.
223. Sottisier, Nr. 158.
224. Sottisier. Nr. 159.
225. Sottisier. Nr. 160.
226. Sottisier. Nr. 161.
227. Sottisier, Nr. 162.
Galland, S. 14.
228. Sottisier. Nr. 164.
229. Sottisier, Nr. 165; Buadem, Nr. 5; Serbisch, S. 53;
Kroatisch, S. 31,
Eine hübsche Parallele zu dieser Schnurre steht in
Mendozas Lazarillo de Tormes. trat. III (Biblioteca des
antares espanoles. III, S, 86 ff.):
O seüor, dije yo, acuda aqui, que nos traen un
muerto. ^Cömo asi? respondiö el, Aqui arriba le en-
contre, y venia diciendo su mujer: marido y senor mio,
^adönde os llevan? i A la casa löbrega y oscura? ä la
casa triste y desdichada? ä la casa donde nunca comen
ni beben? Acä, seiior nos le traen.
Auf dem Lazarillo beruht Casalicchio, c. I, d. 9, a, 2,
S. 161 ff. und vielleicht auch in letzter Instanz die sizilia-
nische Volkserzählung Lu Cavaleri Assicca-frittuli im
Archivio. III, S. 93 ff. Näher der Fassung im Sottisier
steht der 49. Schwank bei Swynnerton, S. 300.
Eine entferntere Variante bieten Zincgref-Weidner, II,
S, 53 und das Exilium melancholiae, A, Nr, 48, S, 15:
Ein armer Bürger zu Elverfeld, mit Kindern beladen,
ward gefragt, wie es in seinem Hauß stünde? gab seine
Armuth durch diese höffliche Antwort verblümter weise
zu verstehen; Es gienge wie im Himmel. Gefragt: Wie so?
Antwortet er: Im Himmel isset und trinckt man nicht.
262
230. Sottisier, Nr, 166.
231. Sottisier, Nr. 167.
Ein Gegenstück dazu stellt die 105, Facetie im Philo-
gelos, S, 26 dar:
4^tkdQyvQ0^ igwrwjutyoc Sia zi äXXo ovöiy (l fxit /uovov
iXaiai ia&iat , t(pt] ' Xya z6 fxlv i^w&ty avxl oipov t^o), t6 de
laiovv ctpil ^vXov ' (paywv 6e, eis T^v kttvzov xeq)ak^y anoy-
yiaäjufvog, kovigov ovx sniäio/uai.
232. Sottisier, Nr. 168.
Zu dem Motive von dem Bettler bei dem
Gatten seiner ehemaligen Frau ist die Lite-
ratur zusammengestellt von Basset, Zenatia, S, 107 ff. und
RTP, XXII, S. 221 ff. und von Chauvin, II, S, 174, Nr. 16
und VIII, S, 180, Nr, 212,
233. Sottisier, Nr, 169,
Galland, S, 29 ff.
234. Sottisier, Nr, 170.
Galland, S. 191; Fourberies, S. 52.
Nick, I, S. 152; Roda Roda, S. 70 (verdorben).
235. Sottisier, Nr. 172.
236. Sottisier, Nr. 173; Pharaon, S. 177 ff.
Eine ausführliche Studie hat dem Stoffe Köhler (II,
S, 594 ff.) gewidmet; dazu vgl. meine Nachträge bei Mor-
lini, S. 309 und Rittershaus, S. 366 ff.
237. Sottisier, Nr. 174; Tewfik, Nr. 61; Nouri, S. 85 ff.;
Griechisch, Nr, 2; Serbisch, S, 117 ff, und 16 ff,; Kroatisch,
S, 19 ff.
Köhler, I, S. 507; Fourberies, S. 52 ff.
Über das Motiv der Schweigwette handelt ein
Aufsatz von Clouston, The silent couple, in den Populär
Tales and Fictions, II, S. 15 ff.; Clouston betrachtet als
Quelle der unzähligen, diesen Stoff behandelnden Ge-
schichten eine tamulische Erzählung, die französisch bei
J. A, Dubois, La Pantcha-tantra etc., Paris, 1826, S, 363 ff.
steht und von der er im Book of Noodles, S. 171 ff. eine
263
Übertragung gibt. Der Inhalt ist, soweit er uns hier an-
geht, kurz der: Vier Brahmanen werden auf der Land-
straße von einem Soldaten gegrüßt. Es entspinnt sich ein
Streit unter ihnen, wem von ihnen eigentlich der Gruß
gegolten habe, und schließlich laufen sie dem Soldaten
nach, um ihn darüber zu befragen; der Soldat antwortet
ihnen, sein Gruß gehöre dem größten Narren unter ihnen,
Nun beschließen sie, diese neuerliche Frage, wer nämlich
von ihnen der größte Narr sei, dem Gerichte von Dharma-
puri vorzulegen, und dieses trägt ihnen zur leichtern Ent-
scheidung auf, daß jeder ein bemerkenswertes Erlebnis
erzähle, um seinen Anspruch auf die Würde des größten
Narren zu rechtfertigen. Der dritte Brahmane erzählt dann
die Geschichte, wie er mit seinem Weibe gewettet habe,
wer es am längsten aushalten werde, zu schweigen usw.
Eine merkwürdige Übereinstimmung mit der Ge-
schichte der vier Brahmanen bieten zwei süditaliänische
Überlieferungen, wo sich drei Dummköpfe streiten, wem
von ihnen ein Gruß zukomme; die eine stammt aus Neapel
und ist von V. della Scala im I. Jahrgange des Giambattista
Basile unter dem Titel 'O cunto d' 'o soluto d' 'e tre cafune
veröffentlicht, die andere steht als Nr. 6 unter den von
G. Amalfi gesammelten XII facezie e motu raccolii in
Piano di Sorrento im Archivio, XXI, S. 360 ff. ^; in beiden
Fällen entspricht die Erzählung des dritten Bewerbers um
den Dummheitspreis der des dritten Brahmanen ^. An die
Stelle des fiktiven Gutes, des Grußes, tritt in der 1. No-
velle der 8. Nacht in Straparolas Piacevoli notti ein
wirkliches und zwar ein Kleinod, das von drei Findern
dem gehören soll, der der faulste ist; die Erzählung des
dritten bringt dann die Schweigwette.
Obwohl das Motiv von dem Wettstreite der drei
Faulen ungeheuer verbreitet ist ^, kommt doch die
' Die neapolitanische Version kenne ich nur aus den Zitaten Amalfis
a. a. O. und den G. Ruas im. Ciomale storico della letteratura italianc, XVI,
S. 257.
2 Ebenfalls um einen Gruß streiten sich drei dumme Schulmeister in
einer Geschichte im Madschmu az zarf von Abu Madjan (Ende des 12. Jahr-
hunderts; vgl. Brockelmann. I, S. 438), die Basset in der RTP, XXI, S. 441 ff.
übersetzt hat; der zweite Schulmeister erzählt, wie sich seine Schüler und
er selbst im Brunnen gesehn haben usw., wozu oben Nr. 165 und unten
Nr. 311 zu vergleichen sind.
3 Nachweise geben Grimm in den KHM, III, S. 233 ff., Österley zu
Paulis Schimpf und Ernst, Nr. 261 und zu Cesta Romanorum , Nr. 91, Lieb-
264
Schweigwette in den bekannten Versionen nirgends sonst
vor als bei Straparola; in der Form einer selbständigen
Erzählung begegnet sie jedoch außerordentlich häufig.
Siehe darüber Pitre, III, S- 326 ff. und IV, S, 443, Crane,
S, 284 ff. und 378, Clouston, Noodles, S. 107 ff., Landes,
Contes et legendes annamites, S. 317, Rua a, a. 0., Basset
in der RTP, XII, S. 412 und XV, S. 283 ff., Amalfi a. a. 0.,
Bolte, Das Danziger Theater im 16. und 17. Jahrhundert,
Hamburg, 1895, S. 226 ff., Köhler, II, S, 576 ff., Lidzbarski,
S. 179 und 184, dazu Bolte in der Z. /. vgl. Littg., N. F.,
XIII, S, 234, Brie, Eulenspiegel in England. Berlin, i903,
S. 118, Chauvin, VIII, S. 132 und Dähnhardt, Naiursagen,
Leipzig, 1907 ff., I, S. 233 fL
238. Sottisier, Nr, 176.
Vgl. die bei Bolte zu Montanus, S. 578 ff, und bei
G- Rua, Novelle del „Mamhriano" del Cieco da Ferrara,
Torino, 1888, S. 56 ff. angegebenen Schwanke, die ein deut-
liches Bild geben, wie beliebt derartige Erzählungen bei
unsern Altvordern waren. Zu der 39, Novelle im Grand
parangon des nouvelles nouvelles von Nicolas de Troyes,
Paris, 1869, S, 148 ff.: D'une fille qui ne vouloit point avoir
de mary qui eust genitoires, die Rua zitiert, wäre auf das
Gedicht Yon dem striegelein in den von A. v. Keller
herausgegebenen Erzählungen aus altdeutschen Hand
Schriften, Stuttgart, 1855, S. 412 ff, zu verweisen gewesen
Zu der in Diarbekr üblichen Redewendung vgl. fol
gende Stelle in der 103. Facetie Poggios, zu der die härm
lose Erklärung des Sprichworts Alla barha bei Seb. Pauli
S. 268 ff, nicht recht stimmen will: Est communis loquendi
modus, cum quis ventris crepitum edidit, ut circumstantes
Ad barham ejus, qui nihil cuiquam debet, dicant.
239. Sottisier, Nr, 177,
240. Sottisiier, Nr, 178; Buadem, Nr. 94; Kuka, S. 213fL;
Serbisch, S, 84 ff,; Kroatisch, S. 57.
recht in Zur Volkskunde, Heilbronn, 1879, S. 119, Bolte zu Schumanns
Nachtbächlein, Nr. 43 mit den Nachträgen bei Frey, S. 285, Goetze-Dreacher
bei Hans Sachs, V, S. 249 und Rua a. a. O.; dazu noch T. Garzoni, La
sinagoga de Pl'ignoranli (1. Ausg. 1589), Vcnetia, 1605, S. 70 ff. („appreSo ä
Filarco"). Lfm vier Penny, die dem närrischesten gehören sollen, streiten
vier Weber bei Swynnerton, S. 252 ff., No. 37: Of the four foolish weavers.
265
Eine Variante steht in der serbischen Ausgabe S. 47ff.:
Einmal wollte der Hodscha Nasreddin einen kleinen
Tümpel überspringen. Er nahm einen Anlauf und sprang,
kam aber nicht hinüber, sondern fiel mitten in den Tümpel.
„0 Jugend, schon bist du vorüber!" seufzte er und sah
sich um. Und als er bemerkte, daß niemand in der Nähe
war, fuhr er fort: „Übrigens habe ich auch in meiner
Jugend nie besonders gut springen können,"
241. Soitisier, Nr, 179.
242. Sottisier. Nr. 180; Mardrus, S. 110, Vgl, auch
oben Nr. 3,
243. Sottisier, Nr, 181; Mardrus, S. 110 ff.
244. Sottisier, Nr. 182; Mardrus, S. 111 (bei der Über-
tragung benutzt).
245. Sottisier, Nr. 183; Mardrus, S. 112 ff.
246. Sottisier, Nr, 185.
Dasselbe Motiv kehrt wieder bei Domenichi, 1562,
S, 11 ff, (1581, S, 14), im Democritus ridens, S, 220ff, (Über-
setzung nach Domenichi), in der Arcadia in Brenta, S, 114 ff.
(wieder nach Domenichi) und in Jacke of Dovers Quest of
Inquirie, bei Hazlitt, II, S, 342; The Foole of Winchester
(eine Bearbeitung des ersten Teils der Facetie Dome-
nichis),
247. Sottisier, Nr. 186.
248. Sottisier, Nr, 187; Mardrus, S, 115 ff.
249. Sottisier, Nr. 188.
250. Sottisier, Nr, 189.
Fourberies, S, 54,
251. Sottisier, Nr. 192; Mardrus, S. 113 ff.
252. Sottisier, Nr, 193.
266
253. Sottisier, Nr. 194.
254. Sottisier, Nr. 195.
255. Sottisier. Nr. 197.
256. Sottisier. Nr. 198; Mardrus, S. 114.
257. Sottisier. Nr, 199.
258. Sottisier. Nr, 200.
259. Sottisier, Nr. 201. Vgl. oben Nr, 63,
260. Sottisier. Nr. 202.
261. Sottisier. Nr. 203; Pann, S. 339 ff. Vgl. auch
Nr. 290,
Köhler, I, S, 506; Gazeau, S, 199 ff,; Fourberies. S, 55.
Die älteste Darstellung der Geschichte von dem
vermeintlich verlorenen Esel bietet wohl Bar-
Hebraeus, der (Budge, S, 145 ff,, Nr, 569) folgendermaßen
erzählt:
Another simpleton, who was a servant, had ten asses
which he hired to certain people, and when they came
back to their places he took his asses and counted them,
(and found them to be) ten. Then he mounted one of
them and rode some distance and came back, and as he
was going away he counted those that were before him,
and found them (to be] nine; and he was angry, and
alighted and counted them over again, and found them
(to be) ten. And he mounted an ass again, and counted
the others and found them (to be) nine; thereupon he
dismounted and counted (them), and found them (to be)
ten, Then he said, „Verily there is a devil with me, for
whenever I mount an ass I lose one of them; therefore I
must not ride lest I lose one altogether.
Die älteste abendländische Bearbeitung ist die 55. Fa-
cetie Poggios: Fabula Mancini, auf der wieder eine
türkische des 16, Jahrhunderts beruht, nämlich die 97, der
Fahles turques. trad, p. J, A, Decourdemanche, Paris, 1882,
S, 199 ff,: Le muletier et sa femme. Weiter gehören in
267
diese Verzweigung: Brant, Esopi appologi, Bl. Doaff,;
Hans Sachs, IV, S. 70 ff,; Schumann, Nachtbüchhin, Nr, 24
(mit Boltes Nachweisungen ebendort, S. 402 ff, und hinter
Freys Gartengesellschaft, S. 282) ; Montanus, Gartengesell-
schaft, Nr. 70 (Boltes Nachweise, S, 610 ff,); Tales and
Quicke Answeres, Nr. 60 bei Hazlitt, I, S, 80 ff.; Lehmann,
Exilium melancholiae, E, Nr. 91, S, 127; Das kurtzweilige
Lehen von Clement Marott (1, Ausg. 1660), o. O., 1663,
S. 55 ff,; Prym und Socin, Tür 'Ahdin, II,, S. 183 ff,; Krauss,
Zigeunerhumor, S. 202; Roda Roda, S. 209. Eine An-
spielung auf die Geschichte bringt der Schluß des 5, Kap,
im 11. Buche des Don Quixote.
Nahe verwandt mit dieser Schnurre ist die, wo sich
eine Gesellschaft von Einfaltspinseln, oft nachdem sie ein
meistens wirkliches, manchmal auch nur eingebildetes
Wasser durchwatet hat, zählt, ob noch alle da sind, und
wo der Zählende stets sich selber mitzu-
zählen vergißt; dazu vgl. das erste Abenteuer Guru
Paramärtans (Österley in der Z. /. vgl. Littg., I, S, 50 ff,
und 55 ff.), das 10. Kapitel der Mery Tales of the Mad
Men of Gotham (Hazlitt, III, S, 12 ff, und Jacobs, More
English Fairy Tales, S, 209 ff.), ferner Campbell, II,
S, 391 ff., V. d. Hagen, Narrenbuch, S. 478 ff„ Clouston,
Noodles, S, 28 ff, und 32 ff, und Swynnerton, S, 436 ff.
Bisweilen wird die Zahl dadurch festgestellt, daß die
Dummköpfe ihre Nasen in einen Sandhaufen stecken und
dann diese Löcher zählen: Müllenhoff, S, 94 f f ., Nr. 111
= Merkens, I, S. 54 ff., Nr, 70; Kopisch, Histörchen von
den Büsumern in den Gesammelten Werken, Berlin, 1856,
I, S, 280; Am Ur-Quell, II, S, 192; Köhler, I, S. 112 ff.;
Böhm, Lettische Schwanke, Nr, 35, S, 58 ff ., dazu S, 119,
An die Stelle des Sandhaufens tritt ein Kuhfladen oder
etwas noch unappetitlicheres bei Birlinger, Volksthüm-
liches aus Schwaben, Freiburg, 1861 ff,, I, S, 437 und 461
= Merkens, I, Nr. 7 und 16; De Colleville et de Zeppelin,
Legendes danoises, Nr, 44 in der RTF, VIII, S, 388 ff.;
L. Brueyre in einer Erzählung aus Languedoc in der RTF,
I, S. 335; Ispirescu, S, 105 [Magazin, XCVI, S, 613);
Ch, Beauquier, Blason populaire de la Franche-Comte in
der RTF, XI, S, 650. Durch die Weglegung der Mützen
geschieht die Zählung bei J. H. Knowles, Folk-Tales of
Kashmir, S, 322 ff,
268
Sehr nahe verwandt ist das Motiv von den ver-
wechselten Füßen, manchmal auch Armen: Waldis,
Esopus, IV, Nr, 90, v, 50 ff.; Zimmerische Chronik, I,
S. 315; Laienbuch, Kap. 29, S. 118 ff. (v. d, Hagen, Narren-
buch, S. 163 ff.) ; Jacobs, More Celtic Fairy Tales, London,
1894, S. 104 ff.; Campbell, II, S. 391 ff. und 401 ff.; Blade,
Contes populaires de la Gascogne, III, S. 136; Georgeakis
et Pineau, Le Folk-lore de Lesbos, S. 116. Das aus den
Nugae doctae Gaudentii Jocosi, Solisbaci, 1713, S. 66 in
Am Ur-Quell, IV, S. 181 abgedruckte Stück Pedes baculo
percussi ist wörtlich exzerpiert aus Melanders Jocoseria,
I, Nr, 75; De Fatuis quibusdam (Lichae, 1604, S. 71;
deutsche Ausgabe Lieh, 1605, S. 48, Nr. 50), wo als Quelle
angegeben wird: Musculus in Explicatione Psalmi 9,
pag. 92; gemeint sind damit jedenfalls die Enarrationes
in totum Psalterium et in Esaiam, die zuerst 1551 in Basel
erschienen sind. Hieher gehört schließlich auch Rückerts
Gedicht Die Tanzfuhre [Werke, II, S. 57). Vgl. weiter
Boltes Nachweisungen zu Schumann, Nr. 8, S. 391 und bei
Frey, S. 279, ferner Keller, Schwaben, S. 144. Bei Knoop,
Volkssagen, Erzählungen usw. aus dem östlichen Hinter-
pommern, Posen, 1885, S. 47, Nr. 90 ^ Merkens, III,
S. 33 ff., Nr. 49 ist in den Schwank auch das Motiv von
der lebenden Kette verwoben; s. dazu oben S. 242.
262. Sottisier, Nr. 204.
Eine serbische Variante haben wir oben zu Nr. 170
mitgeteilt; eine andere, die weniger Interesse bietet, steht
in der serbischen Ausgabe S. 156 ff.
263. Sottisier, Nr. 205.
Vgl. U. Jahn, Schwanke und Schnurren aus Bauern
Mund, Berlin, 1890, S. 106 ff.
264. Sottisier, Nr. 206; Mardrus, S. 117.
Anthropophyteia, I, S, 94 ff.
265. Sottisier, Nr. 207; Mardrus, S. 114. Außerdem
steht die Schnurre zum Schlüsse der Nr. 74 des Volks-
buches, anstatt deren oben Sottisier, Nr. 244 wieder-
gegeben ist; ebenso Trefäi, Nr. 74 (und S, 27 ff.) und
Griechisch, Nr. 106.
269
266. Sottisier. Nr, 208.
267. Sottisier, Nr. 209. "
268. Sottisier. Nr, 210.
269. Sottisier, Nr. 211.
270. Sottisier. Nr, 212.
271. Sottisier. Nr. 213.
272. Sottisier, Nr. 214,
273. Sottisier, Nr. 215.
274. Sottisier, Nr. 216; Ethe, S. 250 ff.; Nouri, S. 29 ff.
275. Sottisier, Nr. 217.
276. Sottisier. Nr. 218; Mardrus, S. 115.
Köhler, I, S. 506; Fourheries. S. 56 ff.
Die Verbreitung dieses Schwankes ist so oft behandelt
worden, daß es wohl überflüssig ist, hier noch einmal
darauf einzugehn; bemerkt sei nur, daß er auch in Indien
im Volksmunde lebt (Swynnerton, S. 273).
277. Sottisier. Nr. 219; Anthropophytheia, V, S. 327 ff. ^
Dem Motive von dem Fieischverkaufe an
die Hunde werden wir unten bei Nr. 412 noch einmal
begegnen; festgestellt sei hier nur, daß es in der Form,
die in diesem Schwanke vorliegt, eigentlich nur eine
Variante zu dem unten zur Nr, 407 behandelten Motive
ist. Ähnliches wird bei Haltrich, S, 226 ff. erzählt.
Eigentümlich ist eine arabische Überlieferung aus
Algier, die bei Pharaon, S. 174 ff, erzählt wird: S i
D s c h e h a wird von seiner Mutter auf den Markt ge-
schickt, um einen Hammel zu kaufen; er soll aber einen
wählen, der nicht mehr gehn kann. Anstatt nun einen zu
* Die darin unserer Erzählung vorangehende hat eine Parallele in
der serbischen Ausgabe, S. 178 ff.
270
kaufen, bei dem das wegeiÄ seines Fetts zutrifft, bringt
er einen heim, der vor Schwäche nicht mehr gehn kann.
Dscheha schlachtet ihn und breitet die Fleischstücke auf
einem Brette aus. Als es Nacht wird, ohne daß sich
jemand um ihn und seine Ware gekümmert hätte, ver-
kauft er sie an eine schwarze Hündin, der er sagt, er
werde wegen der Bezahlung mit ihr zu ihrem Herrn gehn.
Er verfolgt auch die Hündin und stürzt hinter ihr in ein
Haus mit dem Rufe: „Gebt mir mein Geld!" Die Herrin
dieses Hauses ist eben mit einem Nachbar mitten in einer
galanten Unterhaltung, und dieser Nachbar wirft Si
Dscheha, den er für einen Gläubiger der Dame hält, seine
Börse zu. Kaum hat Dscheha das Geld genommen, als die
schwarze Sklavin der Dame meldet, daß ihr Gatte heim-
kommt. Nun muß sich der Geliebte unten, Si Dscheha
oben in dem Bette verstecken. Der Gatte teilt seiner Frau
mit, daß er verreisen müsse, und sagt, die Hände zum
Himmel erhebend: „Ich empfehle dich dem da oben," Da
hebt Si Dscheha den Vorhang und ruft: ,,Herr, ich habe
mit deiner Frau nichts zu schaffen; empfiehl sie lieber dem
unten: ich bin nur um mein Geld hergekommen." Damit
entflieht er in der allgemeinen Verwirrung, ^
Ganz auffallend stimmt mit dieser Geschichte die
30. Novelle Morlinis überein; ja sogar der Zug von dem
Fleischverkaufe an einen Hund ist rudimentär erhalten.
Den Übergang zu einer Erzählung in Tausend und einer
Nacht (übertragen von Henning, XXHI, S, 222 ff.) stellt
die unten als Nr, 386 wiedergegebene Geschichte aus
Tunis dar.
278. Sottisier, Nr. 220; sehr ähnlich Serbisch, S, 108.
Vgl. Nr, 43 und Nr, 299,
279. Sottisier, Nr. 221.
280. Sottisier, Nr, 222; vgl, die als Nr, 428 mitgeteilte
Giufägeschichte samt den Anmerkungen dazu,
1 Zu dem Motive Seigneur dessus, seigneur dessous vgl.
Wesselski im Euphorion, XV, S. 12, Nr. 42 und Köhler, III, S. 167. Die auf
der Novelle Morlinis beruhende Novelle Straparolas ist die Quelle für das
19. Kapitel des German Rogue (Brie, Eulenspiegel in England, S. 119); auf die
33. der Cent nouvelles nouvelles gehen Recueil, 1555, S. 131 ff., nouv. 33, Aven-
tum, 1556, S. 160 ff., nov. 36 und Aventures, 1577, Bl. 71b ff., devis 26 zurück.
271
Köhler, I, S. 507; Fourb^ies, S. 57 ff.
Weitere Nachweise findet man bei Chauvin, II, S, 118,
Nr, 99 und 100, bei Rittershaus, S. 349 ff, (dazu S, 357),
im Archiv für slavische Philologie, XXIX, S, 451 und bei
Wesselski, Die Novellen Morlinis, S, 278 ff. Dazu sind
noch zu nennen Dschelaleddin Rumi, Mesnewi, zit, Ausg,
S. 85 ff,; E, B, Cowell, The Jätaka or stories of the
Buddhas former births, Cambridge, 1895 ff., I, S, 116 ff,:
Mafiasa-Jätafia und S. 117 ff,: Rohini- Jätaka; Chavanne,
Fables et contes de l'lnde, S, 91, Nr. 4 und S. 92 f f ,,
Nr, 5; Swynnerton, S, 437; Aurbacher, Wolksbüchlein, II,
S. 141 ff,; Roda Roda, S, 158 ff.
281, Sottisier. Nr, 223,
Das Heimschicken von Tieren oder Dingen
ist ein in den Volksüberlieferungen außerordentlich häu-
figer Zug: Um einen Dreifuß handelt es sich in den fol-
genden Versionen: Mery Tales of the Mad Men of Gotham,
Nr, 5 (Hazlitt, III, S, 8; Clouston, Noodles, S. 36 ff.);
Montanus, Gartengesellschaft, Nr. 4 (Noten, S. 591);
Cosquin, Contes populaires de Lorraine, Paris, 1886, II,
S. 178 und 179 ff.; Sebillot, Litterature orale de la Haute-
Bretagne, Paris, 1881, S, 98; Derselbe, Contes de la Haute-
Bretagne, Nr, 13: Jean le Fou in der RTF, XI, S, 439 ff,;
L, Morin, Contes Troyens, Nr, 2: Jean-Bete, ebendort,
S. 460 ff, ; Carnoy, Litterature orale de la Picardie,
S. 179 ff. Um Käse: Mad Men of Gotham, Nr. 4 (Hazlitt,
III, S. 6 ff.; Jacobs, More English Fairy Tales, S. 206 ff.;
Clouston, Noodles, S. 34 ff,); Campbell, II, S, 399, Nr, 8;
Grimm, KHM, Nr, 59, Um ein Spinnrad: Camplaell, II,
S, 398 ff , Um ein Schwein: Sebillot, Litterature orale de
la Haute-Bretagne, S, 92 und 98, Um ein Kalb: Grimm,
KHM, Nr. 61, Bei Pitre, Novelle popolari ioscane, S, 188
schickt Giucca Mehl mit dem Winde heim. Verwandt ist
auch eine Schnurre der Contes du Sieur Gaulard, S, 223 ff,,
wo ein Diener ein Pferd als Wegweiser erhält.
Ein Gegenstück zu dem Schlüsse dieser Facetie, der
identisch ist mit der Nr. 61, bietet der als Nr. 490 mit-
geteilte Schwank, wo Nasreddin dem Esel, auf dem er
reitet, eine Last abnimmt und sich selber auflädt, damit
sie der Esel nicht zu tragen brauche.
272
282. Sottisier, Nr, 224.
Vgl, Nr, 142; Basset, Loqmän herbere, S. 80 ff,; Chau-
vin, III, S, 31, Nr. 17.
Bronner, Schelmen-Büchlein, S. 29 ff,
283. Sottisier, Nr. 225,
284. Sottisier, Nr, 226,
285. Sottisier, Nr. 228; Nawadir, S, 15 (hier ist
Dschoha der leidende Teil].
Fourberies, S. 59; den dort zitierten Schwank aus dem
Mustatraf von al Abschihi hat Basset in der RTF, XIII,
S. 478 übertragen,
286. Sottisier, Nr, 231,
287. Sottisier, Nr, 232.
288. Sottisier, Nr, 233,
Vgl. Nr. 38.
289. Sottisier, Nr. 234.
290. Sottisier, Nr. 236,
Vgl. Nr. 261.
291. Sottisier, Nr. 238.
292. Sottisier, Nr. 239.
Anthropophytheia, I, S. 179 ff.
293. Sottisier, Nr, 242.
Fourberies, S. 60 ff,
294. Sottisier, Nr, 246.
295. Sottisier, Nr, 248.
296. Sottisier, Nr. 249.
297. Sottisier, Nr. 250.
Nasreddin. I. 18 273
298. Sottisier, Nr. 253; vgl. Buadem, Nr, 167,
Das sich nicht erkennen wegen einer
äußerlichen Veränderung, ein Zug, auf den
schon oben in der Anmerkung zu Nr. 43 einigermaßen
eingegangen worden ist, findet sich schon im Philogelos,
S. 17 ff., Nr. 56 in einer Darstellung, die dem in Rede
stehenden Schwanke auffallend ähnelt:
JS^oXaaitxos xai (paXnxQog xal xovqsvs awoSttiovit; xlo
tv Ttvt eQt]fj,itf fitifftvifs, avve&fvio tiqos xeaaaQas Mqag dy-
gvnytjaai xal r« axivt] Sxaaios TrjQtjaai. ws St eXa^f ko
xovQtT 7iQ(üi(a (fvXä^ai, jutieiOQiad-^vai r^eXwv lov a}(oXaanx6v
xa&ev&ofia i^VQf xat zwy ojQÜJv nXrjQW&ttaüiv 6ivnvKStv. o dt
a)(oXaazixo; ip^j^cay cJf dno vnvov zrjv xe(pakijy xai figdu
iaviov xfjiXöv^ fiiya xäS^aQfxa, (ptjaiv^ 6 xovqtvs ' nXayt}&eic
yag avi i/uov zoy cpaXaxQoy e^vnyiaty.
Eine moderne Variante dieser Facetie steht bei Mer-
kens, S. 129 ff., Nr, 138.
Eine Schnurre von dem Narren Lobelin, der sich im
neuen Kleide nicht kennt, habe ich im Mönchslatein,
S. 193, Nr. 152 nach der Mensa philosophica übersetzt.
Wichtig ist ein englisches Kinderlied von einer Frau,
die sich nicht mehr kennt, als ihr im Schlafe die Röcke
abgeschnitten worden sind (Jacobs, More English Fairy
Tales, S. 59 ff.: Lawkamercyme und die Noten auf S. 226;
Campbell, II, S. 397; Archiüio, IX, S. 437 ff.); hierzu ver-
gleiche man den Schluß der Nr. 34 und 59 der Grimmschen
KHM, Haltrich, S. 252 ff., Asbjörnsen, Fairy Tales from
the Far North, transl. by H. L. Braekstad, London, 1897,
S. 69 ff,, Franco, Rose e spine, Monteleone, 1889, S. VIII
(zit. im Archivio, IX, S. 118 ff.), Rittershaus, S, 354, Archiv
für slavische Philologie, XIX, S. 256 und XXI, S. 283 ff. und
Böhm, Lettische Schwanke, S. 14 ff., Nr, 15 mit den Nach-
weisungen auf S. 112. Interessant ist noch eine Notiz von
Loys Brueyre in der RTF, II, S. 297, die den Zusammen-
hang einer Farce des Palais Royal mit der 14. der Face-
ties normandes von V. Brunet: Le Sourdin et le negre
[RTF, II, S. 213) und damit auch mit unserm Stoffe über-
haupt feststellt.
Verwandt ist das in Rede stehende Motiv mit dem
Zuge, daß einem Einfaltspinsel eingeredet wird, er sei ein
anderer, das wieder dem Motiv von dem Dummkopf nahe
steht, der zu dem Glauben, er sei tot, gebracht wird,
274
worüber schon zur Genüge gehandelt worden ist. Poten-
ziert ist der erstgenannte Zug, dessen bekannteste Be-
arbeitung die Novella del Grasso legnajuolo ist, in der
Trinuzia Firenzuolas, wo der „dottore sciocco" Messer
Rovina am Schlüsse der 1, Szene des 5. Aktes seine Er-
lebnisse also zusammenfaßt [Opere, Milano, 1802, V,
S. 92):
r vo' veder, se da me a me i' mi sapessi ritrovare:
i' ero Messer Rovina, e fu' per diventar un altro; poi mi
vesti a uso di donna, e non diventai donna; ch' i' pisciai
pur come gli uomini: poi fu' preso co' panni del Golpe,
e non diventai Golpe; che s' i' fussi diventato, i birri m'
arebbon ritenuto: andai dipoi in piazza e trovai il Dormi,
e non fu piü Messer Rovina: e' bisogno adunque ch' i' mi
perdessi per la via.
299. Sottisier, Nr. 254.
Vgl. Pauli, Schimpf und Ernst, Nr. 97, S, 74 und 484;
Arlotto, Fac. 54, I, S, 133 und 213 ff,
300. Sottisier, Nr. 256; vgl. Nr. 302.
301. Sottisier. Nr. 257,
302. Sottisier, Nr. 261; vgl. Nr, 300.
303. Sottisier, Nr. 263.
304. Sottisier, Nr, 265.
305. Sottisier, Nr, 269,
Köhler, I, S. 507; Fourberies. S, 63,
Der Schüler aus dem Paradies: Zu diesem
Schwanke vgl, die von mir zu Bebel, II, Nr, 50, Bd. I,
S, 189 angegebene Literatur und davon hauptsächlich
Boltes Noten zu Frey, Nr, 61 und Wickram, Nr. 107, ferner
Köhler, I, S, 383 ff. Zu den an diesen Orten beigebrachten
Nachweisungen kommen noch; Pasquil's Jests with the
Merriments of Mother Bunch, London, o, J,, bei Ashton,
S, 168 ff. (nicht in Hazlitts Neudruck); Filleul Petigny,
Contes de la Beauce et du Perche, Nr. 16 in der RTP,
XIII, S. 634 ff,; Kerbeuzec, Contes et legendes de la Haute-
18* 275
Bretagne, Nr, 92, ebendort, XXIII, S. 341 ; Ilg, II, S. 30 ff,,
Nr. 88; Rittershaus, S. 352 ff.; Busch, Ut öler Welt, S, 82 ff.,
Nr. 33; Böhm, Lettische Schwanke, S, 25 ff . und 68 ff.,
Nr, 22 und 41, Noten S. 113 und 120,
Zu dem Schlüsse vom getäuschten Verfolger
vgl, Schumann, Nachtbüchlein, S. 288 ff, zu Nr, 46, P, Se-
billot, Contes de la Haute-Bretagne, Nr, 1 in der RTF, XI,
S, 299 ff, und Krauss, Sagen und Märchen der Südslaven,
II, S, 249.
306. Sottisier, Nr, 270,
307. Sottisier, Nr, 271.
308. Sottisier, Nr. 272,
Vgl. oben Nr, 36,
309. Sottisier, Nr, 273; Roda Roda, S, 125. Vgl. unten
Nr. 488.
Kuka, S. 80; Ispirescu, S, 110 (Magazin, XCVI, S, 614).
310. Sottisier, Nr, 274.
311. Sottisier, Nr, 275.
Fourberies, S, 63 ff.
Zu dieser Fassung des Motives vom verkannten
Spiegelbilde, dem wir schon oben bei Nr. 165 be-
gegnet sind, bietet Bar-Hebraeus, S, 148, Nr. 583 eine
Parallele:
Another simpleton looked into a vessel of water, and
he went and said to his mother, „There is a thief in the
vessel." And when his mother came and had looked in
also she saw her own face in the water by the side of that
of her son. And she said to her son, „Verily it is a thief,
and there is, besides, a whore with this cursed fellow;
stand thou here that they may not come out and escape
until I can call the neighbours,"
Witziger ist folgende persische Geschichte (Kuka,
S. 175):
A boy saw his own Image while looking into a well.
He immediately ran to his mother and said, „Mother, come
with me; there is a thief in the well." The mother came
276
to the well, and looking into it observed, „By God! thou
art right: and look, there is an old hag, too, with him,"
In der 33, Facetie des Philogelos hält der Beschauer
sein Bild, das sich im Brunnen spiegelt, für den Hausherrn
des Brunnens; dazu bietet Kuka, S. 187, Nr. 99 eine
Parallele, Swynnerton, Nr, 11 (S, 153) ähnelt wieder der
Version von Bar-Hebraeus, zu der auch noch Alice Ferme,
Contes recueillis en Tunis, Nr, 1: La bonne femme sötte
in der RTF, VIII, S, 28 zu vergleichen ist.
Eine merkwürdige Modernisierung hat die Schnurre
in den Contes du Sieur Gaulard, S, 233 erfahren:
„Or comme il (le Sieur Gaulard) entendit dire qu'on
auoit mis rafraischir vne bouteille de vin dans vn puits,
il fut curieux d'y aller regarder: apperceuant son ombre
dans l'eau, qui le representoit, il appella ses compagnons,
et leur dit: Helas, Messieurs, venez viste m'aider ä retirer
nostre vin, car il y a lä bas des Antipodes, qui boiront tout
nostre vin, si nous n'y mettons ordre, II auoit peur que
son ombre ne beust son vin sans luy: ou bien il pensoit
que les Antipodes habitassent dans des puits.
Deutsch steht dieser Schwank im Exilium melan-
choliae, S, Nr, 16, S, 383, früher aber schon bei Lundorf,
Wißbadisch Wisenbrünlein (I), Franckfurt, 1610, S, 168 ff.
als Historia 79; Von einem der sich vor den Antipodibus
förchtete; Lundorf gibt als Quelle das 1602 erschienene
Convivium evangelicum von Christophorus Marianus an.
Augenscheinlich nach Tabourot erzählt d'Ouville, II,
S, 299 ff. Vgl, noch die oben S, 264 in der Fußnote er-
wähnte Erzählung Abu Madjans,
312. Sottisier, Nr, 276,
313, Sottisier, Nr, 277,
Schier dieselbe Geschichte erzählt schon die 208, No-
velle Sacchettis, deren Argument lautet: Mauro pescatore
da Civitä nuova, recando granchi marini, gli mette nella
rete sul letto; escene uno fuori la notte, e piglia la donna
nel luogo della vergogna, e Mauro, soccorrendo co' denti,
e preso dal granchio per la bocca; e quello, che ne seguita.
An französischen Bearbeitungen seien genannt Bouchet,
Les Serees, 1, I, s. 6 (6d. C. E. Roybet, Paris, 1873 ff., II,
S. 36 ff.], Beroalde de Verville. Le Moyen de parvenir,
277
c. 49 (ed. P. L. Jacob, Paris, 1841, S. 169 ff.) und ein Ge-
dicht Le cancre de mer von Epiphane Sidredoulx in den
Contes en vers imites du Moyen de parvenir, Paris, 1874,
S. 99 ff. Ein lateinisches Gedicht von Bernard de La Mon-
noye und ein französisches des Abbe Bretin zitiert Francia,
S. 281 ff. Eine serbische und eine bosnische Variante, die
unserer Fassung sehr nahe stehn, bringt die Anthropo-
phyteia, I, S. 151 ff. und 152 ff.
314. Sottisier, Nr, 278; Buadem, Nr. 146.
Vgl. meine Nachweisungen zur 216. Facetie Arlottos,
II, S. 267 und Ilg, II, S. 99, Nr. 111,
315. Sottisier, Nr, 280.
316. Sottisier. Nr. 282.
317. Sottisier. Nr. 283.
Zu dem ersten Teile vergleiche Poggius, Fac, 5: De
homine insulso qui existimavit duos cunnos in uxore,
M, Lindener, Katzipori, Nr. 31, hg, von Lichtenstein, Tü-
bingen, 1883, S, 91 ff„ Costo, // Fuggilozio. g. II: Vn pazzo
giouane non vuol moglie. se non troua vna donna con due
cotali etc., zit. Ausg., S. 73 ff., Hermotimus, Additamenta.
S. 280 ff.: De Rustico existimante Vxorem suam duos
cunnos habere und Reinisch, Die 'Afar-Sprache, Wien,
1885, I, S. 41 fL
Eine Parallele zum zweiten Teile ist die 34, Novelle
im Heptameron, bearbeitet bei d'Ouville, I, S, 83 ff.: De
deux cordeliers = Les Recreations fran^oises, Utopie,
1681, I, S. 58 ff. Weitere Nachweise gibt Bolte in seiner
Ausgabe von Wickrams Rollwagenbüchlein, S. 379, wozu
noch Monnier, S. 354 ff. und zwei sehr an den von dem
Hodscha erzählten Schwank gemahnende Stücke in der
Anthropophytheia, II, S. 430 ff, und 433 ff, zu nennen sind.
318. Sottisier, Nr, 284,
319. Sottisier, Nr, 285,
320. Sottisier. Nr, 286; Mardrus, S, 111 ff.
278 ■' =
321, Sotiisier, Nr. 287; Mardrus, S, 112 (mit anderm
Schlüsse).
Außer der modernen serbischen Variante aus Süd-
ungarn in der Anthropophyteia, V, S. 335 ff, ist noch be-
merkenswert eine alte spanische bei J, de Timoneda,
Sobramesa y alivio de caminantes, p, I, c. 65 [Biblioteca
des autores espanoles, III, S, 174);
Un caminante entrö en una vina por comer uvas,
Estandolas comiendo vino la guarda, y pidiole prenda.
Respondiö el caminante; „hermano, yo no soy entrado
aqui para comer, sino para cagar," Dijo la guarda; „pues
mostrad dönde habeis cagado." Cansadas los dos de ir
por la viiia, encontraron con un depösito de buey; dijo el
caminante; ,,heis aqui dönde cague." Respondiö la
guarda; ,,no es verdad, porque esa mierda es de buey."
Dijo el caminante; „i fuerte cosa es! Si quiero cagar
mierda de buey, l vedärmelo heis?"
322, Sottisier, Nr. 288.
323, Sottisier, Nr, 289,
324, Sottisier, Nr, 291,
325, Sottisier, Nr. 292.
326, Sottisier, Nr. 293; Nawadir, S. 35; s. oben die
Anmerkung zu Nr. 152.
Köhler, I, S. 504.
Eine fast identische Geschichte steht in den Vierzig
Vezieren (Behrnauer, S. 150) ; eine hübsche Variante hat
al Abschihis Mustatraf (Basset in der RTF, XIII, S. 492).
327, Sottisier, Nr. 294; Goethe, West-östlicher Diwan
[Sämtliche Werke, hg. v. L. Geiger, V, S. 171); Ethe,
S. 244 ff.; Nouri, S. 112 ff.; Mardrus, S. 109 ff.
279
3. Angeblich historisches
328. Cantimir, I, 166 ff.; De la Croix, I, S. 154; Flögel,
S. 178 ff.; Hammer, I, S. 630; Doran, S, 74 ff.; Trefdi, S. 7 ff.
Vgl. zu diesem außerordentlich verbreiteten Schwanke
meine Noten bei Bebel, I, S. 190 ff., ferner Francia,
S. 109 ff,; Basset, Nouveaux contes herberes, Paris, 1897,
S. 354 ff.; Basset in der RTP, XII, S. 675 ff.; Katona,
Temesväri Pelbärt peldäi, Pest, 1902, S, 39; Chauvin, V,
S. 282; Archiv für slavische Philologie, XIX, S. 256, XXI,
S. 288 und 295. Nachzutragen sind noch: Histoire litte-
raire de la France, XXIV, S, 509; Eyering, Proverbiorum
copia, 1, S. 527 ff.; Sagredo, L'Arcadia in Brenta, S, 383;
Baraton, Poesies, S. 239 ff.; Krauss, Sagen und Märchen
der Südslaven, I, S. 246 ff.; Monnier, S. 235 ff.; P. E. Guar-
nerio im Archivio, II, S. 499 ff.; Harsdörfer, Ars apophteg-
matica, S. 625 ff ., Nr. 2980; Busch, Ut öler Welt, S. 36 f f .,
Nr. 17; Roda Roda, S. 249 ff . (kombiniert mit Buadem,
Nr. 2 = Serbisch, S. 51 ff, und Kroatisch, S. 29 ff.),
329. Cantimir, I, 167 ff.; Hammer, I, S. 625; Trefdi,
S. 8 ff.
330. De la Croix, I, S, 150 ff.; Flögel, S. 177 ff.; Doran
S. 74; Nick, I, S. 149.
331. Flögel, S, 179; Nick, I, S, 151 ff,
Flögel gibt keine Quelle an, und bei den sonst von
ihm benützten Autoren ist die Geschichte nicht zu finden;
wohl aber steht sie, allerdings nicht von Nasreddin, schon
im Democritus ridens, S, 232 ff,:
Bajasites I, Turcorum tyrannus (et talis proprie fuit)
utebatur quodam aethiope apud Indos nato familiarissime
et suavissime; eumque ob facetias et lepores plurimum
diligebat, Accidit aliquando ut Bajasites castra metatus
in planitie tentorium figi juberet ad arborem quamdam
sublimem. Hanc intuens, „Bre Areb," inquit (hoc est,
„Heus aethiops") „si me amas, in hujus arboris verticem
conscende." Statim aethiops, exutis vestibus, paret et
scandit. Ad fastigium ubi pervenerat, Bajasites mandat
Solachiis (satellites sunt, qui circa Sultanum equitantem
in albis subuculis cursitare solent] ut admotis securibus
280
mox arborem continuis ictibus dejiciant et prosternant.
Quibus strenue heri Imperium exsequentibus, aethiops,
arbore prope tota jam resecta, anxius et praecipitio proxi-
mus Sultani Consiliarios infra arborem stantes obtestatur,
ut apud Bajasitem intercederent et vitae gratiam impetra-
rent. Sed frustra eorum sollicitabat intercessionem,
qui nee prodire in conspectum Bajasitis, ne dum unico
verbulo eum compellare audebant, Aethiops itaque con-
silio ex tempore et re nata capto, stratagemate extremum
vitae periculum antevertit, et subito solutis f eminalibus seu
subligaculis, ventris sordes, quas ipse timor non parum
propellebat, excernit in satellites, qui arborem secabant.
Hisce vero ad tam inopinam sordium grandinem ab opere
diffugientibus, aethiops ex arbore se dimittit, et appellatis
Sultani Consiliariis, qui spectaculo praesentes adstabant,
„Utinam Consiliariis vestris similibus idem hoc usu veniat,"
inquit, „ut conspurcentur! quorum verba tantum non valent
quantum meae sordes." Proverbio dicuntur, Turdi malum
sibi cacare; at hie sibi salutem, Tanti est a se ipso et
consilium et opem petere.
281
4. Moderne Volkserzählungen aus
Nasreddins Heimat
332. Trefdi, Nr- 7,
Vgl. unten die zwei serbischen Schwanke, Nr, 479
und 482.
Dasselbe Motiv, der Lehrer, der nicht lesen
kann, ist auch in einem Schwanke in Tausend und
einer Nacht verarbeitet (Hennig, VIII, S. 80 ff.); vgl, auch
Basset im Keleti szemle, I, S. 222, Nr. 13-
333. Trefai, Nr. 129 (und S. 29); Buadem, Nr. 97;
Nawadir, S- 3; Serbisch, S- 86.
Basset im Keleti szemle, I, S. 222, Nr. 10 (aus dem
Nuzhat al udaba).
334. Trefdi, Nr- 130; Nawadir, S- 3-
Die Schnurre steht schon bei Bar-Hebraeus, S- 154 ff-,
Nr- 619; Everything is beautiful in it except the latrine,
■^ which hat one fault: its door is so narroh^ that a table
rv will not go trough it.
335- Trefai, Nr- 133; Buadem, Nr. 110; Nawadir, S. 18;
Serbisch, S. 91; Kroatisch, S, 60.
Bar-Hebraeus, S, 162, Nr. 647-
336- Trefdi, Nr- 134; Buadem, Nr. 117; Nawadir, S. 40;
Serbisch, S- 93; Kroatisch, S- 61-
Bar-Hebraeus, S. 150, Nr. 595.
337. Trefdi. Nr. 135 (und S. 29); Buadem, Nr. 118;
Nawadir, S. 40; Serbisch, S. 93; Kroatisch, S- 61-
Fourberies, S- 70-
Dschami, Bäfiaristan, zit- Ausg-, S. 83; Galland, S- 44;
Kuka, S- 153, Nr- 7-
338. Trefdi, Nr. 136.
282
Inhalt des L Bandes
Seite
Einleitung IX
I. Türkische Überlieferungen 1
1, Die hundertfünfundzwanzig Schwanke des
Volksbuchs 3
2, Aus Manuskripten verschiedenen Alters ... 67
3, Angeblich historisches 187
4, Moderne Volkserzählungen aus Nasreddins
Heimat 193
Anmerkungen literatur- und stoffgeschichtlichen In-
halts 197
Die seltsame Predigt 205
Der lebendige Traum 206
Sonderbare Zeitrechnungen 207
Was geschieht mit den alten Monden? .... 208
Strafe von Tieren 208
Rhaphanizein 211
Sich selber nicht kennen 214 und 274
Der vermeintliche Tote . . . 216, 217, 226 und 240
Abhacken des Astes, auf dem man sitzt . . . 216
Memminger Mond 218
Dank an die Kleider 222
Der Esel als Richter 224
Scipio und Ennius 225
Todeszeichen 225
Den Fröschen Geld gegeben 226
Drei Fragen (Kaiser und Abt) 226
Früchte an den Kopf geworfen 227
Eiche und Kürbis (Fabel) 228
Einbeiniges Geflügel 229
Dieb auf dem Mondstrahl 231
Reiter kennt sein Pferd nicht 234
Verkehrt aufsitzen 235
Kuhmist an der Zimmerdecke 236
Die Rettung des Mondes 241
Lebende Kette 242 und 269
Verbrennung eines Hauses des Ungeziefers halber 244
Kürbis als Pferdeei 249
Luftschlösser 249
Spiegelbild verkannt 250 und 276
283
Seite
Befehle bei einem verkehrten Anlasse befolgt , , 251
Verkehrte Ansprache oder Begrüßung , . . , 252
Des Schneiders Fahne 256
Der Dämon als Reittier 261
Der Bettler bei dem Gatten seiner ehemaligen
Frau 263
Schweigwette 263
Streit um einen Gruß , 263
Wettstreit der drei Faulen 264
Der vermeintlich verlorene Esel 267
Die verwechselten Füße 269
Fleischverkauf an die Hunde 270
Seigneur dessus, seigneur dessous 271
Heimschicken von Tieren usw 272
Der Schüler aus dem Paradiese 275
Der getäuschte Verfolger 276
Mit dem Diener teilen 280
Der Lehrer, der nicht lesen kann 282
284
4
PN
6231
N27H63
1911
V.l
C.l
ROBA
1