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Full text of "Der Jüngere Plinius nach seinen Briefen"

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THE Gll-T OF 
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^I^IIEN SALlSnrRV, 
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DES 



kOniolichen gymnasiums 



IN 



TOBiNGEN 



ZUM 



SCHLUSSE DES SCHUUAHRS 1872—1873. 



INHALT : 

L DER JttNGERE PLINIUS NACH SEINEN BRIEPEN. von prof. 

)W>^vw^BENDEff. 

n. "SiCHULNACHRICHTEN. vom REKTOR. 



TUBINGEN, 

6EDRUCKT BEI LUDWIG FRIEDRICH FUES. 

1873. 



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„ JJie Briefe des jiingeren Plinius sind hocbst lehrreich und geben uns ein unschatz- 
bares Bild der Zeit*, sagt Niebuhr (Vortrage iiber romische Geschichte ed. Isler III, 
S. 226), und gewiss mit voUem Recht. Wie wir die Zeit Ciceros und dessen eigene 
Personlichkeit mit ihren Tugenden und Fehlem aus seinen Briefen durchsichtiger und 
vollstandiger als aus irgend einem andern literarischen Denkmal kennen lernen, so 
dienen uns die Briefe des Plinius als ein Spiegel, aus welchem das Wesen und der 
Charakter dieser spateren Zeit in deutlichen und bestimmten ZUgen uns vor Augen 
tritt. Freilich steht die Zeit des Plinius in mehr als einer Hinsicht hinter der Zeit 
Ciceros zurtick, und wie sich die Zeiten beider Manner zu einander verhalten, so auch 
diese Mauner selbst; ist man doch nicht selten geneigt, in der spateren Periode nichts 
als Schwache und Verfall zu finden. Diese Anschauung ist berechtigt in der* Beziehung, 
nach welcher das Romerthum der friiheren Zeit seine eigenthtimliche Grosse entfaltet 
hat: auf dem Gebiet selbstSndiger staatlicher Entwicklung und grossartigen politischen 
Handelns. Aber wenn es doch Aufgabe der historischen Betrachtung ist, jede Zeit vor 
allem darauf anzusehen, was sie Eigenthtimliches und Charakteristisches bietet, gleich- 
viel ob diess an und fiir sich lind im Vergleich mit den Leistungen anderer Zeiten 
grossartig sein mag oder nicht, so werden eben die Briefe des Plinius als ein Zeit- 
spiegel unsere Beachtung verdienen und wir werden dabei finden , dass neben dem vielen 
Kleinlichen und Schwachlichen , welches so mannigfach die Signatur diescr Periode 
ausmacht, doch auch solche Momente vorhanden sind, welche nicht bloss Verfall und 
Ausgelebtheit bekunden, sondern auch Keime zu ncuer Entwicklung enthalten und den 
Anbruch einer neuen Zeit andeuten und vorbereiten. Das Gemalde, welches die Briefe 
des Plinius vor unsern Augen entrollen, ist arm an Szenen politischer Thatigkeit, es 
eroffnet uns keine Perspective auf einen Schauplatz grossartiger Zeit- und V5lker- 
Bewegungen: aber es hietet uns eine Ftille von Detailansichten, welche, aus dem tag- 
lichen Leben genommen, sorgfaltig und fleissig ausgefuhrt sind, um so sorgfaltiger , als 
sie von Anfang an filr die Kenntnissnahme des gebildeten Publikums bestimmt waren. 
Diesen Einzelnschilderungen nachzugehen und daraus wo moglich ein Bild vom inneren 
und ausseren Leben dieser Periode zu gewinnen ist der Zweck unserer Zeilen, wobei 
wir der VoIIstandigkeit wegen einen Abriss tiber den Lebensgang des Plinius vor- 
ausschicken ^). 



1) Fiir die Biographie des Plinius sind die zwci Hauptscbriften : 1. Das ftltere Werk von Masson, 
(C. Plinii vita ordine cbronologico digesta, Amstelod. 1709) in welchein die nachweisbaren und vermuth- 
lichen Momento aus dem Leben des Bcbriftstellers nach der Jabresfolge verzeicbnet sind, durch Sorgfalt 
der Untorsucbnng nocb immer sebr scb^tzbar; — 2. die Abbandlung von Tb. Mommsen im Hermes UI, 

l 



V t 



— 2 - 

Flinius war geboren zu Comuni; auch Novum Comum genannt von der neuen 
Colonistenbevolkerung, wejphe besonders durch Casar, Suet. C»s. 28, — dorthin ge- 
fUhrt worden war. PHnius selbst spricht von dieser seiner Vaterstadt an mehreren 
Stellen seiner Briefe : I, 3. H, 7. 8. IV, 30. VI, 24. VII, 11. IX, 7. Fttr die Bestim- 
mung seines Geburtsjahres haben wir einen Anhaltspunkt VI, 20, 5, wo ,er sagt, dass 
er beim Ausbruch des Vesuv im achtzehnten Lebensjahr gestanden habe. Nun fallt 
dieser Ausbruch auf den 24. August 79, sonach muss Plinius zwischen dem 24. August 
Gl und 24. August 62 geboren worden sein. — Der Name und die Stellung seines 
Vaters sind genauer bekannt aus dessen Grabinschrift ^) : hienach hiess er L. Caecil. 
L. F. Cilo; er wird ferner genannt IV vir aedilicia potestate *), bekleidete also ein 
hoheres Gemeindeamt in Comum; er vermachte in seinem Testament seiner Vaterstadt 
40,000 Sestertien zu jahrlichen Oelaustheilungen. Aus VIII, 10, 3 geht hervor, dass 
die Familie seit langerer Zeit im Besitz von Aemtern war und zu den Honoratioren 
von Comum gehorte. — Der leibliche Vater des Plinius tritt indessen sehr zuruck vor 
seinem Adoptiwater, dem mutterlichen Oheim, dem beruhmten alteren Plinius, welcher 
ebenfalls j^us Comum stammte ^). Unser Plinius wurde der Erbe des Namens seines 
Adoptivvaters : wahrend er ursprUnglich P. Caecil. L. F. Ouf. (d. h. aus der Tribus 
Ufentina, zu welcher Comum gehorte) Secundus hiess, tragt er spater den Namen , 
C, Plin. L. F. Ouf. Cascil. Sec. — Auch der prosocer des Plinius, der Grossvater 
seiner dritten Frau Calpurnia, Calpurnius Fabatus, stammte aus Comum. VII, 32, 1. 

V, 11, 2. — Ueber die Jugendzeit erfahren wir nicht viel. Der leibliche Vater starb 
friih, — properavit setas, wie es in der Grabschrift heisst — , (jedenfalls vor 76) und 
Plinius erhielt daher einen Vormund in seinem Landsmann Verginius Rufus, 11, 1, 8. 
Seine Studien scheinen schon frUh vielseitig und wohl auch etwas plaulos gewesen zu 
sein: bereits im vierzehnten Jahr dichtete er ein Produkt, welches unter dem Namen 
einer Tragodie lief. (Pueritiae foetus, meint Masson.) AIs Lehrer riennt er Quintilian 

VI, 6, 3. U, 14, 9. und Nicetes Sacerdos VI, 6, 3, welch letzterer Tac. Dial. 15 als 
Rhetor der modernen Schule genannt wird; sonach wird PL ziemlich frUh nach Rom 
geg.angen sein, um zu studiren. Sonst nennt er als rector et magister vitae suae den 
Corellius Rufus I, 12, 12. IV, 17, welcher im Jahr 97 oder 98 im 68. Lebensjahr frei- 
willig starb; seinen vaterlich gesinnten Vormund und Fuhrer Verg. Rufus II, 1; ferner 
den Arulenus Rusticus, den imJahre 93 zum Tod verurtheilten Lobredner des Patus 

S. 31 — 139, wolche namentlich durch Aiisheutang wcrthvoller inschriftcn iiber Manches cin neues Licht 
Terbreitct. — Das Buch von J. P. Lagergren (de vita et elocutione C. Plinii, Upsala 1872) enthftlt weder 
fur die Biographie etwas Neues, noch sonst filr unsem Zweck etwas Wesentliches , da es sich fast aus- 
schlicsslich mit der Sprache des Plinius besch&ftigt. — Gcgen die von Mommsen aufgcsteUte Chronologie 
der Briefe hat C. Peter im Philologus B.- 32, 4. S. 698 ff. manchcs eingewendet; doch beruhrt uns diese 
Frage nicht nilher. 

1) 8. Mommsen a. a. O. S. 60. 

2) Diess oder IV viri «diles war der Titel der Municipalftdilen. S. Real-Encycl. VI, 1. S. 359. 

3) Nicht aus Yerona. S. Mommsen S. 61. 



— 3 — 

Thrasea und HelvidiuB Friscus I, 14, 1. Auch der Tante seiner dritten Frau, der Cal- 
puruia Hispulla, bekeunt er vieles zu verdanken, IV; 19, 7. Von dem Ansehen seiner 
Faniilie, aber auch wohl von seiner frlihreifen gravitas zeugt der Umstand, dass die 
Stadt Tifernum Tiberinum ihn ^fast noch als Knaben^ zu ihrem Patronus erwahlte 
IV, 1, 4. Dass er ganz besonders an seinen Oheim sich anschloss, ist natUrlich*, so war er 
denn auch in dessen Niihe (doch nicht in unmittelbarer Begleituhg) bei der Katastrophe 
vom 24. August 79 , VI, 16. In seinem 19ten Jahr trat er zum erstenmal oifentlich als 
Redner d. h. Sachwalter auf V, 8, 8; er hatte damals noch sehr nebelhafte Vorstel- 
lungen von dem, was zu einem Redner gehort. Das frilhe Alter an sich h&tte freilich 
nichts Aufiallendes: Crassus trat im 19ten, C^r im 21sten, Asinius PoIIio im 22sten 
Lebensjahr zum erstenmal als Anklager auf, Tac. Dial. c. 34. Aber der Schritt aus 
den vier Wanden der Schule auf das Forum war ein grosserer als frilher, wo die 
praktische Uebung und lebendige Anschauung das Hauptelement des Unterrichts bilde- 
ten. — Ob Plinius sogleich nach dem Tode des Titus oder erst spater 'flamen divi 
Titi Augusti war, wie er auf einer Inschrift heisst, — eine Wtirde, die er iibrigens 
nicht zu Boin, sondem in seiner Vaterstadt bekleidete, — ist nicht zu bestimmen. 
Noch vor seinem Eintritt in den Senat bekleidete er mehrere untergeordnete Aemter, 
wie diess tlblich war: so das Decemvirat litibus judicandis, d. h. er war in der Com- 
mission zur Leitung der Centumviralgerichte , s. Suet. Oct. 35, — sowie das Sevirat 
der romischen Kitterschaft; iibrigens spricht Plinius selbst nicht von diesen Aemtern, 
sondem sie sind auf Inschriften angegeben; das Jahr derselben ist nicht genau zu be- 
stimmen. Dagegen erwahnt er ofters sein Militartribunat bei der dritten gallischen 
Legion in Sjrien. Er war damals noch adulescentulus, I, 10, 2. Doch regierte bereits 
Domitian, s. bes. VIH, 14, 7. und daher nennt sich Plinius auch wieder juvenis, ibid. 
Wie lang seine militarische Laufbahn dauerte, ersehen wir nicht, schwerlich langer als 
nothig war, d. h. ^/2 bis 1 Jahr. Das Militarische scheint ihn dabei wenig angefochten 
zu haben, was auch nicht verlangt wurde; er suchte mehr den Umgang von Philo- 
sophen, wie des Enphrates, I, 10, des Artemidorus, welchen er spater bei seiner Aus- 
weisung aus Kom durch Domitian, a. 93, mit Reisegeld unterstiitzte, UI, 11. Daneben 
erhielt er von seinem Legaten den Auftrag, die mit ebenso grosser Nachliissigkeit als 
Unehrlichkeit gefUhrten Eechnungen der Regimentsverwaltung zu revidiren, was einer- 
seits ftir sein finanzielles, auch sonst erprobtes Talent, andererseits ftir seine Zuver- 
lassigkeit und Unbestechlichkeit Zeugnifli3 ablegt, VU, 31, 2. Auf der RUckkehr von 
Asien nothigt^ ihn ungUnstige Winde zu einem unfreiwilligen Aufenthalt auf der 
kleinen Insel Icaria im agaischen Meer; er benutzte diese Zeit, um eine Elegie an 
Insel und Meer zu richten: es war diess sein zweiter poetischer Versuch, VU, 4, 3. 
Von da an erfahren wir nichts Naheres bis zum Antritt der hoheren Aemter. Er be- 
kleidete ohne Zweifel *) die Qu&stur vora 1. Juni 89 bis 31. Mai 90, das Volks- 
tribunat vom 10. December 91 bis 9. December 92, die Pratur im Jahr 93. Hin- 



1) 6. die nftheren Ausfdhrungen bei Mommscn a. a. O. 



— 4 - 

sichtlich seiner Quastur ist besonders zu betnerken; dass er^ VUy 16, 2, qusBstor Csesaris 
d. h. Domitians war. Diess war ein Vertrauensposten , denn der qusBstor principis war 
Privatsecretar des Kaisers und hatte besonders die Reden und Schreiben des Kaisers 
im Senat zu verlesen ^). Dass Plinius dieae einflussreiche Stelle unter Domitian be- 
kleidete, ist gewiss ein Beweis daftir, dass er hinsichtlich seiner politischen Gesinnung 
bis dahin wenig Selbstandigke>t gezeigt hatte *). Als Tribun wie als Prator bewies er 
sich hochst loyal, Paneg. 95, j^ruhig und bescheiden*. Doch wurden von ihm wahrend 
seiner Pratur Spiele veranstaltet, VII, II, 4. Nach VU, 16, 2 wurde ihm behufs 
frtiljerer Erlangung der Prfitnr ein Jahr nachgelassen , indessen scheint er die besondere 
Gunst des Eaisers um jene Zeit verloren zu haben III, 11: der Blitz, welcher a. 93 
mehrere freisinnige Mfinner traf, streifte auch ihn, er nennt sich quasi ambustus.- Viel- 
leicht war diess auch blosse Einbildung und er kam sich selbst gefahrlicher vor, als er 
in der That war und als er dem Domitian erschien: wenigstens bekleidete er (nach 
Inschriften)^ noch unter Domitian das dreijahrige Amt eines praefectus aerarii militaris, 
wozu die Ernennung vom Kaiser selbst ausgieng. Hieraus geht jedenfalls seine finan- 
zielle Brauchbarkeit hervor. Domitian gab auch. einer Denuntiation des Mettius Carus 
keine unmittelbare Folge VII, 27, 14. Doch trat die Beforderung des Plinius zura 
Consul nicht mehr unter diesem Kaiser ein, s. Paneg. 95: Plinius machte vorerst Halt 
auf der Bahn der Ehrenstellen. Aber noch unter Nerva, im Januar 98, erhielt er die 
prajfectura terarii Saturni, Verwaltung der Staatskasse, welche er mit Cornutus Ter- 
tullus bis 101 filhrte (also auch wahrend scines Consulats), zum Consul wurde er, 
ebenfalls mit Tertullus, am 9. Januar 100 designirt, Paneg. 60. 92; er fiihrte das 
Consulat entweder vom 1. Juli bis 30. September oder vom 1. September bis 31. 
Oktober 100 und weihte es ein durch seine Dan^ede an Trajan, von dem er es er- 
halten hatte, durch seinen Panegyricus. Gleich im Anfang von Trajans Regierung 
hatte er auch das jus trium liberorum erhalten, ad Traj. 2, was er als eine ganz be- 
sondere Gunstbezeugung des Kaisers ansah; er hatte nemlich trotz dreimaliger Ver- 
heirathung keine Kinder. Den Geburtstag Trajans, 18. September, feierte er als 
Consul durch Spiele im Circus. — Im Jahr 103 oder 104 wurde er Augur. Ein 
weit^res Amt, welches er nach V, 14 bekleidete, ist die auf Inschriften naher bezeich- 
nete Cura alvei Tiberis et riparum et cloacarum Urbis, ein Amt dessen Bedeutung 
schon darauB zu ersehen ist, dass stets Consularen es verwalteten; die Zeit dieaer Ver- 
waltung ist ohne Zweifel 105 — 107. Von weiteren offentlichen Funktionen erfahren 
wir nichts bis zu seiner Statthalterschaft in Bithjnien. Die Zeit dieser letzteren ist 



1) S. Lange, rom. Alterth. I, S. 643. 

2) Yielleicht war dieses nilhere Verhttltniss zu Domitian der Grund, wesshalh er Paneg. 95 die 
Quftstnr nicht erwAhnt, 8. 'Mommsen a. a. O. 8. 87. A. 4. Doch erklttrt sich dieses Schweigen wohl ein- 
facher daraus, dass er hier Yon Dem redet, was er dem Senat ixL verdanken hahe, da nun aher jenea Amt 
dem persSnlichen Dienst des Kaisers angehorte, so hatte der Senat damit nichts unmittelhar zu thun, die 
Begutachtnng seiner Leistungen war lediglich Sache des Kaisers. 



— a — 

nicht ganz sicher. Wahrend man friiher ^) den Abgang des Plinius nach Bithjnien 
ins Jahr 103 setztey entscheidet sich Mommsen ^) fttr 111 und bestimmt seine Rfickkehr 
auf 113. Bithynien war in Folge Ifingerer schlechter Verwaltung a. 103 kaiserliche 
Provinz geworden; ans den Briefen an Trajan ist zu ersehen^ dass vorzugsweise die 
okonomischen Verhaltnisse der Provinz im Argen lagen und einer griindlichen Besse- 
rung bedurften .und so war es offenbar die TUchtigkeit des Plinius auf diesem Gebiet 
in Verbindung mit seiner Ehrenhaftigkeit und Unbescholtenheit, was ihn dem Trajan 
als besonders geeignet erscheinen liess. — Mit dieser Statthalterschaft endigen unsere 
Nachrichten liber Plinius. Sein Tod erfolgte ohne Zweifel kurz nach seiner Rttckkehr 
aus Bithynien. 

Was die ^eit betrifft, in welcher die Briefe geschrieben wurden, so ergeben sich ^) 
dafttr aus den Briefen selbst folgende Data: Buch I ist geschrieben 96 oder 97, heraus- 
gegeben 97. Buch 11 enthalt Briefe vom Jahr 97 bis 100; Buch III von 101, viel- 
leicht auch 102; Buch IV von* 105, Buch V von 105 und 106, Buch VI von 106 
und 107 , Buch VII— IX von 107 bis 109. Die Briefe an Trajan fallen zum Theil 
(1 — 14) vor die Zeit der bithynischen Statthalterschaft in die Jahre 98 bis 107, theils 
sind sie von der Provinz aus geschrieben vom September 111 bis Januar 113. 



Gehen wir nun ttber zu einer Darlegung der verschiedenen Beziehungen, nach 
welchen die Briefe des Plinius uns eine Ausbeute gewahren, so werden zuerst die 
ausseren Verhaltnisse, finanzielle Lage, Wohnung und Einrichtung, tagliche Lebens- 
weise und Beschaftigung ins Auge zu fassen sein. 

Hinsichtlich seiner Vermogensverhaltnisse gibt uns Plinius keine bestimmte 
Angabe, woraus der Stand derselben genau ersehen werden kdnnte. Wenn wir aber 
die einzelnen Notizen zusammennehmen, welche auf diesen Punkt sich beziehen, so 
liisst sich immerhin eine annahernde Vorstellung darttber gewinnen. Vor allem kommen 
die von Pl. zu verschiedenen Zwecken geraachten Schenkungen und Stiftungen in Be- 
tracht. I, 8, 2 stiftet er in seiner Vaterstadt eine Bibliothek, ein nach § 9 wohlbe- 
rechnetes Zeugniss der ihm von Natnr eigenen Munificenz. I, 19 schenkt er seinem 
Landsmann und Schulkameraden Bomatius Firmus, welcher bloss das Verm5gen zum 
Stand eines Dekurio, mindestens 100,000 Sesterzien *), besitzt, noeh 300,000 Sest., um 
ihn zum Stand eines Ritters zu befahigen. Nach 11, 4 gibt er der Tochter eines 
Freundes, der Calvina, 100,000 Sest. zur Mitgift, auch erl^st er ihr nach dem Tod 
ihres Vaters sammtliche Forderungen, die er an sie zu machen hat. UI, 11 gibt er 



1) So Masson ad ann. 103. nnd noch Marquardt R. Alterth. III 1 B. 150. Anm. 984, sowie £m« 
Hoifmann, der Agricola des Tacitus, S. 34. 

2) S. a. a. O. S. 96 ff. 

3) S. Mommsen^a. a. O. 

4) C. 10,000 fl. 



— 6 - 

dem au8 Rom ausgewiesenen Philosopben Ar.temidorus ein Viatikum und Geld zur Be- 
zahlung seiner Sehulden. Ebenso unterstUtzt er den armen Martial^ wie dieser nach 
Spanien reisen will, lll; 21, 2. In der Nahe vom Tifernum Tiberinura hat er einen 
Tempel erbaut, IV, 1. Nach IV, 13, 3 ff. macht er in Comum eine Stiftung zur An- 
stellung von Lehrern, V^ des gesammten Aufwands. Nach V, 7 hat Plin. seiner Vater- 
stadt im ganzen schon 1,600,000 Sest. geschenkt: davon fallen 500,000 auf die Ali- 
mentirung, (s. unten, VII, 18) 100,000 auf die Fundirung der Bibliothek ; sonach muss 
die noch fehlende Million der Werth' der Bibliothek selbst gewesen sein. Auch ist er 
bereit, seiner Vaterstadt von einer Erbschaft 400,000 Sest. zu Uberlassen. Seiner 
Amme hat er, VI, 3, ein GUtchen im Werth von 100,000 Sest. geschenkt und trSigt 
Sorge, dass es im Stand erhalten wird. Seinem Landsmann Metilius Crispus schenkt 
er VI, 25, 3 zu seiner Equipirung als Centurio 40,000 Sest. Seinem Freund Quintilian, 
welcher einen zu einer gewissen Beprasentation genothigten Schwiegersohn erhalt und 
kein grosses VermSgen hat, bietet er 50,000 Sest. zur Ausstattung seiner Tochter an: 
jjich wUrde noch mehr anbieten, wenn ich nicht ton der Voraussetzung ausgienge, dass 
nur die GeringfUgigkeit des SUmmchens dir bei deinem zarten GefUhl die Annahme 
moglich machen wird^. Seiner Vaterstadt gibt er 500,000 Sest. zur Alimentirung von 
freigeborenen Knaben und Madchen, ^und zwar wurde diese Summe in der Weise 
sichergestellt, dass Plin. eines seiner GrundstUcke auf die Gemeinde Ubertrug und dann 
dasselbe von dieser zurUckerwarb, nicht zu vollem Eigenthum, sondem als Erbpacht 
unter Auflage eines von dem jedesmaligen Besitzer jahrlich an die Gemeinde zu ent- 
richtenden Vektigal von 30,000 Sest. = 6 Procent jener Summe** ^). — VIII, 2 erlasst 
er den Kaufern seines Herbstertrages einen Theil der Summe, nachdem der Ertrag zu 
gering ausgefallen ist: jedem V»; dazu von dem, was Uber 10,000 Sest. ist, je noch 
^/lo und Uberdiess noch den guten Zahlern ^/lo des Abbezahlten. ^Diese Rechnung 
oder Nachsicht ist mich theuer zu stehen gekommen^. IX, 39 lasst er auf seinen 
GUtern einen Tempel der Ceres mit bedeutendem Aufwand restauriren, und zwar 
sollen dabei keine Kosten gespart werden. — Hiezu kommt noch eine auf Inschriften 
angegebene Stiftung ^) vou 1,866,666^8 Sest. oder zu 6 Procent gerechnet eine jSihr- 
liche Rente von 112,000 Sest.; die Bestimmung ist zunachst die Versorgung von 
hundert Freigelassenen des Testators mit jahrlichen Alimenten, spater, d. h. wohl nach 
Ableben sammtlicher Freigeiassenen , die Ausrichtung eines jahrlichen Schmauses fUr 
die ganze Plebs. — Hienach betrugen die Schenkungen des Plinius — ausser dem 
testamentarischen Vennachtniss — 2,190,000 Sest.; wobei aber wohl zu beachten . ist, 
dass bei einer ganzen Reihe von Geschenken der Betrag nicht genannt ist. Ausser- 
dem aber spricht PI. nicht selten von seinen finanziellen Verhaltnissen. Er besitzt 
II, 15. VII, 11 praedia materna paternaque, welche tibrigens nicht viel abwerfen. Eine 
ihm gehorige Villa liegt bei Laurentum II, 17; IX, 40; eine andere im Tuscanischen 



1) S. Mommsen S. 100 f. 

2) Mommsen S. 102. 



— ^ - 

V, 6; IX, 36 *); ferner hat er Besitzungen m der Nabe von Tifernum Tiberinum; IV, 
1, 3; auch besitzt er mehrere Villen am Comersee, IX, 7. Ein ererbtes Gut eben- 
daselbst verkauft er VII, 11 an seine Freundin Corellia um 700,000 Sest., obwohl er 
es zu 900,000 anbringen k5nnte. m, 19, 1 ff. hStte er Lust, ein neben dem seinigen 
gelegenes Gut zu kaufen um 3 Mill. Sest., dasselbe ist aber eigentlich 5 Mill. werth, 
eine Summe, die er nicht disponibel hat, die er aber wohl durch ein Anlehen sich 
verschaffen konnte. Der grosste Theil seines Vermdgens ist in liegenden GUtem an- 
gelegt, ni 19, 8; daher er auch ofters von Geschaften und Schwierigkeiten mit den 
Pachtern zu berichten hat; s. oben VIII, 2; er findet nicht immer einen tllchtigen 
Mann, VTI, 30, 3; er ist ofters mit der Durchsicht der Rechnungen beschaftigt, V, 14, 8; 
nach unangenehmen Erfahyuugen will er ein neues Pachtsystem einfUhren, IX, 37. 
Der Ertrag ist oft gering, weil alles zu wohlfeil ist, auch macht ihm wohl der Hagel 
emen Sti'ich durch die Rechnung, IV, 6. Der Herbst fallt mager aus, doch ist er zu- 
frieden, wenn er noch ein paar Kreuzer hat, um Papier zu kaufen, VHI, 15. Uebri- 
gens hat Plin. auch Capitalvermogen , HI, 19, 8. und im Nothfall auch Kredit: von 
seiner reichen Schwiegermutter kann er jederzeit Geld haben. Dabei macht er fiir 
seine Person keinen Aufwand, auch wo die Einktipfte ausbleiben, weiss er sich nach 
der Decke zu strecken II, 4, 3. Ueberhaupt lebt er einfach , auch seine Gaste mlissen 
vorlieb nehraen I, 15. Kein luxurioser Apparat begleitet ihn von der Stadt aufs Land, 
kein Heer von Sklaven, beladen mit allen erdenklichen Artikeln raffinirter Ueppigkeit; 
das Mahl, zu welchem er einen Freund eingeladen hat, I, 15, besteht aus gewohn- 
lichen einheimischen Gerichten, Lauch, Schnecken, Eiern, Graupensuppe, Oliven, 
Mangold und dergl., zur Unterhaltung dient etwa ein Vorleser oder Citherspieler, da- 
gegen Leckerbissen, wie sie der rdmische Gourmand erwartet, Austern, Saueuter, 
Seeigel und — Tanzerinnen von Gades sind bei Plin. nicht zu finden; die Znriistungen 
zu einer Mahlzeit kosten weder viel Geld noch viel Zeit, III, 12. Nur da darf nicht 
gespart werden, wo es sich um die Reprasentation seiner Stellung bandelt. 

Nach all diesem war Plinius, wenn man den heutigen Massstab anlegt, zum 
mindesten ein sehr wohlhabender Mann, nach dem Massstab jener Zeit dagegen war 
sein Vermogen, wie er selbst H, 4 sagt, ein massiges *). In der That gehorte Plinius 
nicht zu den Senatoren ersten Ranges: bei diesen kommen erst die eigentlichen grossen 
Vermogen vor. Seneca besass 300 Mill. Sest., Andere, wie namentlich die Freige- 
lassenen eines Claudius und Nero, noch mehr, ihre Besitzungen waren nicht bloss iiber 
Italien, sondern iiber die ganze romische Welt yerstreut. Von Solchen wurde i^un 
freilich auch ein kolossaler Luxus entfaltet; seit Vespasian war indessen in diesem 
Punkt eine grossere M&ssigung eingetreten, Tac. Ann. III, 55, und so kam denn die 
veranderte Richtung der Zeit dem personlichen Streben des Plinius nach Einfachheit 
enigegen. So finden wir denn auch in seinen hauslichen Einriditungeh keineswegs 



1) Die Lesart Tusculaiiiim IV, 13, 1 ist in Tuscanum umzuftndern, s. Mommsen S. 53. 

2) Vgl. iiber dlese Yerhftltnis^e Friedlfinder, Darstellungen aus dcr Sittengeschlchte Roms I, S. 204 ff. 



— 8 — 

irgend welche aufiallende Fracht. Zwar besitzt er in verschiedenen Gegenden Land* 
hauser^ aber sie sind; sovlel wir sehen; alle mehr behaglich und geschmackvoll, als 
luxurios und raffinirt eingerichtet. So hat er mehrere Yillen am Comersee, von wel- 
chen ganz besonders zwei ihn erfreuen und beschtlftigen : die eine liegt hoch und ge- 
wahrt die Aussicht iiber den See^ die andere steht unmittelbar am Wasser; jene^ 
gleichsain auf hohem Kothum stehend^ wird von dem gelehrten Besitzer Tragoedia 
genannt; diese^ auf leichtem Sokkus sich wiegend; heisst Comoedia. — Weitlaufiger ids 
diese beiden , offenbar kleineren Villen beschreibt uns Plinius sein Laurentinum und sein 
Tuscanum ^). Was das erstere Landhaus, das bei Laurentum gelegene^ betrifft^ so 
ist ihm dieses ganz besonders augenehm wegen der bequemen Lage in geringer; nur 
etwa 3^/2 deutsche Meilen betragender Entfemupg von Rom^ am Gestade des Meeres. Die 
Villa ist praktisch und behaglich^ aber nicht kostbar eingerichtet: vorn ein emfaches 
Atrium^ dann ein Sfiulengang in Form eines D; durch Fensterscheiben gegen ungiinstige 
Witterung geschiitzt^ dahinter der Speisesal, Salon^ mit thUrgrossen Fensterfliigeln , auf 
drei Seiten den Ausblick auf das Meer gewahrend, wahrend man nach hiuten durch 
die ganze Keihe der Zimmer und Raunxe das bewaldete Gebirg sieht. Auf einem 
rechtwiuklig daran angebauten Seitenfliigel liegen zwei Zimmer sonnig angelegt; in 
deren sonnigem Winkel ist der Bingplatz. JBin weitereS; amphitheatralisch gebautes 
Zimmer enthalt in Wandschranken die Handbibliothek mit den am hiiufigsten gelesenen 
Biichem. Auf demselben Fliigel liegen dann noch ein Schlafzimmer und Raume fUr 
die Dienerschaft , welche aber auch als Gastzimmer verwendet werden konnen. Auf 
dem andern Fliigel sind ebenfalls vier Zimmer, welche theilweise auch als Speise- 
zimmer dienen konnen. £s versteht sich, dass eine vollstandige Badeeinrichtung nicht 
fehlen darf; das Schwimmbassin gewahrt den Schwimmenden die Aussicht auf die See. 
Zwei angebaute thurmahnliche Gebaude enthalten ebenfalls bewohnbare B^ume und 
gewahren eine weite Aussicht auf Land ^ und Meer. An das Haus schliesst sich der 
Garten an, eine Promenade mit Buchs undRosmarin, Spaliere flir Weintrauben, Maul- 
beer- und FeigenbS.ume ; etwas weiter znriick liegt der Nutzgarten. Zwischen diesen 
Garten und dem Meer zieht sich eine Saulenhalle mit Fenstera auf beiden Seiten hin, 
umgeben von duftenden Veilchenbeeten; da ist eine vortreffliche Einrichtung zur Fest- 
haltung der Sonne uud zugleich zur Abkiihlung, ohne dass die Winde unangenehm 
werden, zu jeder Tageszeit hat man einen Genuss. Besonders viel Werth legt der 
Besitzer auf einen von ihm selbst iiber dem Portikus aufgebauten Wohnraum mit weiter 
Aussicht, mit einer Nische oder Alkov, der ein Sopha und zwei Lesepulte enthalt und 
nach drei Seiten, auf das Meer, die Villa und die Walder Aussicht gewahrt; daran 



1) Ob die folgcnde Bc6chrcib\ing in allen Einzclnheiten richtig ist, mag dahingestellt bleiben. Aber 
aiich in Betreff der Constructionen , wie sie z. B. von Hirt (Gesch. der Baukunst III, 295 ff.) und von 
Becker-Rein (Galhia I, 87 f.) gegeben werden, lassen sich Zwcifel erheben. LHngere Beechreibungen der 
Alten sind ilberhaupt selten so klar, dass auch nur zwei darauf begrilndete Nachbildnngen \'6]\ig iiber- 
einstimmen. 



\ 



— 9 - 

stosst noch ein dunkles; stilles Gemach, ein rechtes Schlafzimmerchen. Ein Hypo- 
kaustam, wenn auch von kleinster Dimension, fehlt nicht, auch ist noch ein weiteres 
Zimmer da, welches ganz geeignet ist fUr ungestortes Studium, zumal wenn, wie an 
den Saturnalien, das ganze Haus und die Umgebung von Liirm ertonen. Ein Spring- 
brunnen ist nicht vorhanden; wohl aber Quellen und andere Brunnen mit herrlichem 
Wasser, Holz und Lebensmittel sind leicht zu bekommen, zumal von Ostia her. Die 
Utngebung ist freundlich durch eine Reihe von Landhilusem. Das Meer hat dort keine 
kostbaren Fische^ aber vortreffliche SchoIIen und Gamelen. Landliche Vorrilthe; wie 
aamentlich Milch^ kann man jederzeit haben. Bei allen diesen Vorztlgen mllsste 
£iner ein gar zu blasirter Stiidter seiu; wenn er nicht Geschmack fande an einem 
ruhigen Aufenthalt auf dieser Villula. 

Die ander6 Villa; welche Plinius beschreibt; lag im Tuscischen V^ 6^ entfemt vom 
Meer^ am Fuss des Apenniny bei Tifernum Tiberinum. Das Klima ist dort im Winter 
etwas rauh; so dass Myrte und Oelbaum nicht wachsen, auch der Lorbeer nicfat immer 
gedeiht; um so angenehmer und gesUnder ist der Sommer. Die Gegend ist herrlich: 
^ein Amphitheater , wie es nur die Natur selbst hervorbringen kann'. Die Walder 
bieten alle moglichen Thiere fUr die Jagd^ ttberdiess findet sich da vortreffliches Acker- 
landy Weinberge und WieseU; ein BodeU; zu dessen Bearbeitung man die stiirksten 
Stiere und Pfluge braucht^ Wasser ist genug da^ ohne Sumpf^ die Besitzung ist mitten 
vom Tiber durchschnitten; welcher wenigstens im Herbst und Winter schiiFbar ist und 
die Vorrathe nach Eom ftthrt. Die Villa selbst ist mit der Vorderseite gegen Mittag 
gerichtety etwas erhabeu; aber ohne mUhsame Steigung^ mit prachtiger Aussicfat., Die 
Einrichtung ist im ganzen die gleiche wie bei der laurentinischen Villa^ nur reicher 
und mannigfaltiger; besonders hervorgehoben werden z. B. die kUnstlichen Figuren 
von Thieren^ zu welchen der Buchs zugeschnitten ist ^)^ auch finden wir hier eine 
reichere Verwendung von Marmor und besonders spielt das Wasser in mannigfacher 
Verwentlung eine bedeutende BoIIe. 

Es ist gewiss wohl begrttndet^ wenn Plinius diese Landhauser mit ihren Einrich- 
tungen als nicht sonderlich reich und kostbar bezeichnet. ^Mein Laurentinum, schreibt 
er IV^ 6; besteht eigentlich in nichts als in Haus und Garten^ dann kommt gleich der 
Sand''. Allerdings herrscht hier kein raffinirter LuxuS; keine forcirte Ueberwindung 
der Natur^ weder der Ort nbch das Material ist besonders kostbar; die Anlagen sind 
einfach und von massigem Umfang^ es ist da nicht wie bei des Plinius Zeitgenossen 
Begulus^ ein Park^ wo der Boden von unabsehbaren Saulengangen ; das Ufer von 
Statuen bedeckt ist^ wo es eine ganze Menagerie von Nachtigallen; Amseln und Papa- 
geien gibt IV, 2. Die Gegenstande zum Gebrauch und zum Schmuck sind bei Plinius 



1) Was Hirt (Gescb. der Baukunst II, 366) zu der Vermuthnng gofQhrt hat, dass die sogenannte 
franzosische Gartenkunst aus dem Wunsch hervorgegangen sei, nachznahmen, was Plin. beschrieben hatte; 
B. Humboldt Kosmos II, 8. 110 Anm. 38. Doch wird die Richtigkeit dieser Ableitung von Friedl&nder 
Darst. II, S. 147 bezweifelt. 

2 



— 10 — 

nicht au8 allen m5glichen entlegenen Landern mit schweren Kosten herbeigeholt ^). 
Indessen gerade die verhaltnissmassige Einfachheit steht ja in innerer Harmonie mit der 
Natur selbst und so scheinen denn diese Villen so recht angelegt zu sein zn einem 
ruhigen und reinen Naturgenuss. In der That empfindet auch Plinius, so*oft er in 
Rom sich aufhalt; eine Sehnsucht nach dem Landleben. Aber mit diesem ersehnten 
Naturgenuss hat es nun doch eine eigene Bewandtniss : bei allen Reizen ; welche Comum 
mit seiner anmuthigen Umgebung; welche sonst der Aufenthalt auf dem Land bietet, 
hat doch eine solche Zuriickgezogenheit ihren Hauptwerth darin, dass man dort am 
ungestortest^n studieren kann, dass man nicht; wie in der Stadt^ durch allerlei lang- 
weilige und widerwartige Geschafte und Verbindlichkeiten die Zeit zum Studieren ver- 
liert I, 9. ^O Meer, o Gestade der See*, ruft Plinius aus, ^o du rechtes, von der 
Welt abgeschiedenes — Museum!^ Die offene freie Natur schatzt er als die beste 
Studierstube ^). Otium und Studium sind ja eins und dasselbe. Die Krankheit eines 
geschatzten Freundes halt ihn in Kom zurtick, mit Ungeduld wartet er auf Besserung, 
^um auf sein Laurentinum; d. h. zu seinen Bttchem; zu seinem Schrcibtisch, seinen 
ungestorten Studien zu eilen*. I, 22, 11. Die Geschafte in der Stadt sind Ketten ftir 
ihu; n, 8, er sehnt sich nach dem Comersee wie der Kranke nach Weiu, nach Badern, 
nach Quellen: wie hat man doch dort See und Wald, Fische und Wild — und wie 
ungestort kann man dort studieren! So geizig mit der Zeit ist Plinius zw.ar nicht, wie 
sein Oheim, der altere Plinius, dass er nicht auch einmal spazieren gienge, lU, 5, 16. 
Doch hat er sicherlich Buch und Schreibtafel in der Tasche gehabt. Auf seinem tusci- 
schen Gut htilt er sich bei einer Beise von Comum nach Rom nur auf, um eine lite- 
rarische Arbeit fertig zu machen, IV, 13, 1. Ist er sonst dort, so ist er mit Jagen 
und Studieren beschaftigt, V, 18, bald abwechselnd, bald liiit beidem zugleich; das Schrei- 
ben wird ihm fast leichter, als einen Hasen zu fangen; er fangt wohl einmal drei starke 
Eber im Netz, aber die Schreibtafel legt er nicht aus der Hand, in Berg und Wald 
ist ebensogut Minerva zu Haus als Diana I, 6. Dass er auf dem Land mit okondmischen 
Geschaften zu thun, mit den Beschwerden del* Bauern sich abzuqualen hat, ist ihm 
nicht etwa desshalb lastig, weil ihm dadurch der seutimental-idyUische Naturgenuss 
gestort wtirde, sondern weil er nur nebenher studieren kann, obwohl er auch das k 
tout prix zu Stande bringt, VII, 30. AusfUhrlich beschreibt er IX, 36, wie er den Tag 
auf seinem tuscischen Gut zubriugt: das erste, wenn er morgeus aufwacht, ist, dass er 
in seinem Schlafzimmer meditirt, dann seinen Sekretar ruft und diesem seine Gedanken 
dictirt, ein Geschaft, welches auch im Freien fortgesetzt wird, ja sogar zu Wagen, 
wenn er ausfahrt. Nach der Siesta und einem kurzen Spaziergang folgt lautes Lesen 
einer griechischen oder lateinischen Rede — behufs der Verdauung! dann Bad und was 
dazu gehort, — wahrend der Hauptmahlzeit Vorlesung, Abends Spaziergang mit den 
gebildeten Mitgliederu des Hauses. 

1) >Vie elne luxurUSse Villa eingericbtet war, zeigt z. B. die Beschreibung bei Stat. Silv. II, 2. I, 3. 

2) Anders fasst die SteUe Humboldt Kosmos 11, S. 110 als „An8bruch eines tiefen Naturgeffihls'*. So 
auch Motz, aber die Empfindung der Naturschonheit bei den Alten S. 78. 



— n - 

Aus dieflen Stellen erhellt, was Pliniu^ unter NatorgenuBS versteht: die Natur ist 
ihm bloss Mittel zum Zweck, sie macht ihm ein ungestortes Studieren mogllch. Das 
erscheint uns nun freilich als eine hochst philisterhafte Anschauung. Doch dlirfen wir 
hinsichtlich des Naturgenusses an Plinius keine Anforderungen stellen, wie sie den 
Anschauungen der modernen Zeit entsprechen. In diesem Punkt ist zwischen antiker 
und modemer Auffassung ein wesentlicher Unterschied. In der Hauptsache stellt sich 
Plinius zu der Natur und dem Landleben nicht anders als andere Romer. £s ist vor 
allem der Drang^ der Enge und dem Larm^ den GeschHften und VerpjQichtungen, ja 
selbst den Gefahren und Bedrangnissen des Stadtlebens zu entfliehen und sich unge- 
stort dem Otium in dieser oder jener Form hinzugeben. H5ren wir z. B. Horaz an 
verschiedenen Stellen wie Sat. H, 6. Ep. I, 7. 10. 14. 16 oder Juvenal Sat. lU oder 
auch Catull Carm. 31. 4A, — Uberall die gleiche Klage Uber ^den Druck von Giebeln 
und Dachem, Uber der Strassen quetschende Enge^. Dem zu entfliehen gehen sie 
auis Land, wo sie gleichsam sich ausspannen konnen. Negativ ist diess auch die Stim- 
mung des Plinius^ obwohl er ohne die Stadt in die Lange nicht sein kann^ aber sein 
Treiben auf dem Land ist doch keiu dolce far niente, wie wir etwa bei Horaz und 
CatuII es uns vorstellen mogeu; er ist stets von seinen BUchern begleitet und angst- 
lich bemUht; bei allem Landleben und Naturgenuss keinen Augenbliclc fUr das Studium 
zu verlieren; es macht das einen Theil seines pedantischen Wesens aus, von welchem 
spater noch die Bede sein wird. Indessen was die Auffassung der Natur Uherhaupt 
betriifty so unterscheidet sich dariu Plinius nicht wesentlich von seinen Landsleuten. 
Mau hat mit Recht hervorgehoben , dass die Alten zur Natur sich anders stellteu; als 
die modeme Welt *). Wir suchen und lieben in der Natur nicht bloss das einfach 
Schone, Anmuthige^ MildC; sondern nicht weniger, ja wohl noch mehr das Wilde 
und Schaurige^ das Furchtbare der Hochgebirge und das Majestlitische des tosenden 
Wassers; selbst das Gefahrdrohende und Entsetzen Erregende eines Alpengletschers 
mit seinen Spalten und AbgrUuden ; wir wollen den unwillkUrlichen Schauder^ der das 
meuschliche GemUth bei wilden Naturscenen und Naturschauspielen ergreift; wir suchen 
das Komantische. DafUr zeigen uun die Alten wenig Geschmack und so hat auch 
Plinius keineh Sinn dafUr, der ohnediess keine romantische; sondern eine durch und 
durch prosaische Natur ist. Der Genuss der Natur ist nicht Selbstzweck, sondern 
Mittel zum Zweck, zur Ungestortheit *). Was er an der Natur zu rUhmen findet, 
liaben wlr oben gesehen; es ist das AnmuthigC; Ruhige, Behagliche; hochstens inter- 
essirt er sich fUr eigenthUmliche Erscheinungeu; wie die Quellen des Clituranus mit 
ihren Umgebungen , VIU, 8 , oder die schwimmenden Inseln im vadimonischen See, 
Vin, 20. Wo aber das Bestreben da ist, die Naturerscheinungen zu erklaren, da ist 



1) Vgl. hieriiber MotZi Humboldt, KosmoB II, Friedlftnder, Darst. II S. 118 ff. Hess, Programm von 
Rendsburg 1871 : Beitrftge zur Untersnchung iiber das Naturgefiihl ira klass. Alterthum. 

2) Der plinianische secessus mit seinem otium und eine moderne Ferienroise mit der bcwussten 
Absicht, die Natur zu geniesseu und auch einmal gar nichts zu arbeiten, sind einander diametral ect- 
gegengesetzt. 

•> * 



— 12 - 

I 

der reine Naturgenuss nicht mehr vorhanden. Allein die — kurz gesagt — senti- 
mentale Auffassung der Natur war etwas^ was den Alten im allgemeinen fehlte^ wenn 
ihnen auch der Sinn ftir die Natur keineswegs in dem Mass abgesprochen werden darf, 
wie es hSufig geschieht. Wenn ^die moderne Naturbetrachtung in der Natur eine 
Seele ahnt, von welcher die menschliche nur ein Theil ist oder welcher sie doch inner- 
lich verwandt ist*, wenn sie in der Natur Stimmungen finden will, welche ihrer eigenen 
Stimmung entsprechen, wenn das Subjekt in der Natur eine gewisse geheime Sympathie 
entdeckt; zu welcher es sich hingezogen fUhlt^ so wussten hievon die ^lten allerdings 
nichts. Es erklart sich diess einmal daraus, dass sie die Natur naiver, unmjttelbarer 
und daher auch ausserlicher auffassten; andererseits aber auch ^) daraus, dass die My- 
thologie in den Gottern Wesen aufgestellt hatte, in welche die ^Seele* der Natur 
durch den mythologischen Destillationsprocess hinUbergezogen worden war, den Bergen 
und Waldern, den FlUssen und Quellen selbst war daher keine eigene ^Seele** tibrig 
geblieben und die Alten kamen daher. gar nicht so wie die Modernen in die Grefahr, 
der Natur anzuempfinden und anzudichten, was sie vielleicht in der That gar nicht hat. 
Wie viel weniger kdnnen wir eine solche modern-sentimentale Naturanschauung bei 
einem von Haus aus so prosaischen Volk, wie die Romer waren, und bei einer so 
durchaus prosaischen Natur, wie sie Plinius besass, erwarten! ' 

Begleiten wir nun den Plinius vom Land in die Stadt, und fragen wir, was 
hier seine Hauptbeschaftigung bildete, so gibt uns die Antwort auf diese Frage eine 
einleuchtende Vorstellung von dem Umschwung der Zeiten. Stellen wir diese Frage 
nach der Beschaftigung eines vornehmen, in Aemtern und Wttrden stehenden Romers 
wenige Generationen friiher, nehmen wir dann zur Beantwortung die Briefe Ciceros 
zur Hand, so fiuden wir da zwar, wie natUrlich, alles Mogliche berUhrt, aber was 
durch Alles hindurchgeht, was das A und O alles Dichtens und Trachtens, alles Jammerns 
und RUhmens, aller Lust und Unlust bildet, ist doch eben das politische Leben; der 
Zustand des Staats ist es, der Qicero^s ganze^ inneres und siusseres Leben erftillt und 
durchdringt. Cicero ist kein Staatsmann und doch Politik und immer Politik! Wie 
gaoz anders hundert Jahre spHter! Schon bei Seneca muss es uns aufla,llen, dass in 
seinen vielen Briefen die politischen Verhjiltnisse buchstablich mit keiner Silbe erwahnt 
werden. Das erklart sich freilich daraus, dass diese Briefe zur Veroffentlichung be- 
stimmt waren und dass die Regierung der letzten julischen Kaiser nicht dazu angethan 
war, politische Debatten zu wecken oder auch nur zu gestatten. SpSLter war es nun 
freilich besser geworden. Zwar die Herrschaft Domitians hielt ebenfalls jede freiere 
Regung nieder, aber mit Nerva und Trajan kam eine andere Zeit. Indessen an eine 
Wiederkehr der frUheren Zustande, wo die Politik das ganze Leben jedes einzelnen 
Romers erfullte, war auch da nicht zu denken. Wohl wird die neue Aera in Uber- 
schwenglicben AusdrUcken gepriesen, aber mit all diesen Tiraden Uber die wiederher- 
gestellte Freiheit, wie wir sie im Panegyrikus des Plinius finden, war doch die Freiheit 

1) Trotz dem Widerspruch von Motz u. A. 



~ 13 - 

aelbst keineswegs zu neuem Leben erweckt. Der einzelne ROmer hat jetzt mit der 

groBsen Politik nichts mehr zu thuu; ausser aoweit der Wille dea Fiirsten es gestattet 

oder befiehlt. Der alte Romergeist war im Lauf des ersten kaiaerlichen Jahrhundefi» 

yerschwunden^ wir haben jetzt eine ganz andere Romerwelt vor unS; alles ist gedMmpft 

und gebunden, angekrlLnkelt und abgeblasst; es fehlt Uberall im Marke die schaiFende 

Gewalt, die mit Nothwendigkeit zur That und wieder zur That treibt und so finden 

wir bei den Schriftstellern , welchen das alte Rom in seiner Grotoe noch vor Augen 

stand; nur eben die verschiedenen Nttancen, in welchen die Unzufriedenheit mit der 

Gegenwart sich ausdrttckt, das ktthl-philosophische Ignoriren bei Seneca^ den altrepu- 

blikanischen Oppositionsgeist bei LucaH; den aristokratischen Groll bei Tacitus^ die 

dttstere Verbissenheit und wieder die schrankenlosen Ausbrttche der gesammelten Galle 

bei Juvenal und die blasirte Resignation bei Vi^Ien. Es ist bezeichnend, dass wir jetzt 

so gar oft dem Wort fastidium begegnen^ das wir nicht besser als mit ^BIasirtheit^ 

ttbersetzen konnen. Es ist eine Stimmung der Ermttdung und Indolenz, der Oede und 

LeerC; welche nicht zum geringsten Theil auf des Nichts durchbohrendem GefUhl be- 

ruht; welches aus der Vergleichung der alt^n und neuen Zeit^ des alten und neuen 

RomerVoIks entspringen musste. So ist es denn ganz natttrlich, wenn die Politik 

auch bei Plinius gar sehr in den Hintergrund tritt, und gerade in diesem Punkt er^ 

« scheint er uns als ein rechter Tjpus seiner Zeit, in dieser Beziehung sind seine Briefe 

ein Spiegel, in welchem wir die damalige Romerwelt aufs deutlichste erkennen. Zwar 

iMsst Plinius sich von seinem Lehrer Euphrates sagen^ I^ 10; dass es die edelste Auf- 

gabe der Philosophie sei^ fUr den Staat thatig zu seiu; aber er kann doch nicht glau- 

beu; dass eine solche politische ThStigkeit besser sein soll, als den ganzen Tag auf 

Horen und Lernen, auf theoretische Untersuchungen und Disputationen zu verwendeuy 

und wenn er amtliche Geschafte auszurichten hat; so ist ihm idas hdchst widerwartig 

und er braucht dafttr fbrmlich Trost und Aufrichtung. Die Antrittsrede zu seinem 

Konsulaty der PanegjrikuS; ist ihm besonders desshalb werth^ weil er dadurch Gelegen- 

heit bekommt; nachher mit der studierten Ueberarbeitung der Rede eine brillante Vor- 

lesung zu veranstalten III; 18. In einer Zeit, wo man sich von den alten Herren sagen 

lassen musste, wie es frtther bei den Comitien zugegangen war^ ist es kein Wunder; 

dass dem Senat die alte WUrde, ja selbst der Anstand abhanden gekommen ist, 111, 20| 

und dass die Kenntniss der senatorischen Pnixis sich selbst bei Plinius nicht mehr vor- 

findet, VUI; 14. Inmitten seiner amtlichen Geschfifte, die doch gewiss den Mann nicht 

80 vollkommen wie in frttherer Zeit in Anspruch nahmen — und wir horen auch von 

Plinius selbst nichts ttber bedeutende officielle Leistungen — sehnt er sich nach der 

Zeit, wo es ihm vergonnt sein wird, sich im Ruhestand seinen Liebhabereien hinzu- 

geben^ IV^ 23; die Politik ist ein unliebsames Geschaft^ mit welchem man moglichst 

rasch fertig werden muss. Die grdssten Haupt- und Staats-Actionen sind die Processe 

vor dem Gericht der Centumvim oder etwa eine Anklage resp. Vertheidigung in Sachen 

eines Statthalters wie z. B. des Marius Priscus H, 11. Wie sehr im politischen Leben 

die Selbstfindigkeit verloren gegangen, ja unmoglich war, zeigt namentlich der Brief- 



— 14 — 

I 

wechsel zwischen Flinius und Trajan. Gewiss war die Frovinzialverwaltung unter den 
besseren Kaisern der republikanisclien unbedingt vorzuziehen, ftir das materielle Ge- 
deihen wurde meist gut gesorgt und mehr wurde von den Frovinzialen nicht verlangt. 
Aber es ist bezeichnend, freilich fiir Flinius insbesonderC; aber auch fur die Gebun- 
denheit der politischen Bewegung Uberhaupt, wie Flinius als Statthalter von Bithynien 
in allen noch so geringfUgigen Kleinigkeiten beim Kaiser anfragt und um Weisungen 
bittet. Mag es sicll um okonomische Angelegenheiten wie Bauten^ Bader; Canale^ 
Elloaken und dergl., um Fenerwehreinrichtungen oder (jrensdarmeriewesen, oder um 
Behandlung der Christen und des politiscli bedenklichen Klubbwesens handeln^ immer 
wird Seine Majestat von dem gewissenhaften Statthalter um lustruktionen angegangen 
und dieser hat sich das besondere Becht eingeholt, selbst in solchen Dingen^ welche 
sonst der eigenen Entschliessung des St^tthalters Uberlassen blieben^ sich an den Stufen , 
des Throns Raths zu erholen^ ad Traj. 31. Kein Wunder,. wenn der Kaiser mit leich-^ 
ter Ironie die allzugrosse Skrupulosit^t abweist, ad Traj. 40. 98. 99. Man sieht 
jedenfalls daraus, dass Rom damals keine Schnle war^ um selbstandige Folitiker rait 
freiem und weitem Blick zu erzieheu; i^an glaubt hier ganz das bureaukratische An- 
frage- und Revisionswesen des moderuen Staatsmechanismus zu erkennen. FUr die 
Frovinzen selbst war es ex^tschieden so besser: aber von jenen koniglichen Senatoren 
der alten Zeit ist kein Zoll mehr Ubrig, der Statthalter ist lediglich nichts als ein Be- 
amter; der die Weisungen der kaiserlichen Kanzlei zu Bom einzuholen und stricte zu 
befolgen hat. Dem entsprechend hat ja auch Tacitus seinen Schwiegervater Agricola 
ganz besonders in der Bichtung charakterisirt, dass er an ihm die weise Selbstbe- 
schrankung hervorhebt, welche von jeder Geltendmachung der eigenen Verdienste sich 
consequent fernhalt '). 

Da Fliuius in den letzten Jahren seines Lebens mit der Statthalterschaft von 
Bithynien, offenbar aus besonderem Vertrauen des KaiserS; ad Traj. 18. 32, betraut 
wurdc; BO war es ihm nicht vergonnt, sein Leben mit dem reinen Genuss literarischer 
Besch&ftigung abzuschliessen; indessen trifft ihn kein Tadel, dass er in dieser Beziehung 
in frUheren Jahren etwas versaumt hatte. Und damit kommen wir auf das, was den 
Angelpunkt alles seines Sinnens und Treibens bildet, auf die literarische Beschiif- 
tigung. Flinius ist auch in dieser Beziehung der beste Typus dicser papierenen Zeit, 
welche aus der freien Arena grossartig selbstiindiger Thatigkeit in die Kanzlei und in 
den Horsal zurUckgedrangt worden ist. Wir haben schon gesehen, wie er sich aus der 
Folitik heraus sehnt nach Buhe und Ungestortheit. Aber sein eigenstes Wesen lernen 
wir kenneu; wenn wir auf dem literarischen Gebiel seine Ffade verfolgen. Die amt- 
liche Laufbahn war eben einmal eine leidige Nothwendigkeit, wenn man Namen und 
Stellung haben wollte, aber es war dem Flinius darin nicht recht wohl; hier aber im 
Horen, Leseu; Schreiben, da findet er so recht die Befriedigung seiner innersten und 
eigensten Triebe und WUnsche. 



1) S. Hirzel im Tabinger Programm 1871. S. 2. 



— 15 — 

Eb wUrde viel zu viel Raum in Anspruch nehmen; wenn alle die Stellen aufge- 
flihrt werden sollten; an welchen Plinius von Literatur; Schriftstellerei^ Poesie u. dgl. 
spricht; wir mliBsen uns daher auf die Anflihrung der bezeichnendsten Aeusserungen 
bes^ihranken. Die Beschaffcigung mit praktischen Dingen, mit Processen und Ge- 
schaften auf dem Forum hat eigentlich etwas Unmoralisches^ man wird wider Willen 
bosartig und bissig; dagegen der Horsal, die Aula ist etwas Harmloses und Unschad- 
liches; ein Bedner wie der damals in Rom Vorlesungen haltende Is&us ist der glticlc- 
lichste Mensch unter der Sonne^ wer ihn nicht zu horen begehrt^ ist von Stein und 
Eisen. So ist auch das Ideal des Buhms daS; was dem Livius geschah^ zu dessen ^\ o 
Besichtigung ein Verehrer von Gades extra nach Rom reiste; .also: ^horen muss man den ' f-'^* 
IsauS; wenn auch nur um ihn gehort zu haben^; 11; 3. Die Redekunst als solche, 
die tcchnische Fertigkeit, schon zu reden^ ist flir Plipius etwas Heiliges und sein 
Schmerz kennt keine Grenzen iiber die Entweihung dieses Heiligthums durch Men- 
schen, welche eine Claque bezahlen und sich von derselben Beifall ^zuheulen^ lassen, 
II; 14. Dass der aus einem Senator zum Rhetor gewordene Valerius Licinianus sich 
eines Incests schuldig macht ; ist besonders desshalb iirgerlich , weil die Studien dadurch 
einen Makel empfangeU; IV, 11, 4. Dass des Plinius Freund Julius Valens dem Tode 
nahe ist, ist zwar an sich sehr betriibend; aber der Hauptschmerz ist der, dass ein 
Mann so friih sterben muss, welcher ,,80 viel geleseu; so viel geschrieben hat, so be- 
geistert fiir die Wissenschaft war'' , und dass alle seine Produkte nun , weil unvollendet, 
ftir die Nachwelt verloren sind, V, 21. Beim Ausbruch des Vesuv bleibt Plinius ruhig' 
bei seinen Biichern , wahrend sein Oheim die merkwlirdige Naturerscheinung untersucht 
und dartlber das Leben verliert, VI, 16. Ist dem Plinius so die Literatur das hdchste, 
heiligste, was es gibt, so ist natiirlich sein ganzes Streben auf literarischen Ruhm 
gerichtet und es muss nun alles in Bewegung gesetzt werden, was nur irgend zum Ziel 
fiihren kann: eigene Produktion auf moglichst vielen Gebieten in Poesie und Prosa, 
namentlich aber die damals so allgemein gewordene Recitation. Was Plinius schreibt, 
ist bestimmt, veroflFentlicht, in die weitesten Kreise gebracht zu werden; so sind ja 
gerade seine Briefe von Anfang an mit der bestimmten Absicht der Veriiffentlichung 
geschrieben und dadurch ist Inhalt und Form derselben bestimmt, daher war auch die 
schliessliche Sammlung keine schwierige Arbeit, I, 1. Demgemiiss wird nun auf die 
Form des Ausdrucks alle m5gliche Sorgfalt verwendet und Plinius befindet sich in 
einer steten Unruhe, einer zappelnden Angst, ob doch alles auch gehorig ausgefeilt 
sei, um sich ordentlich sehen und horen lassen zu konnen, — worauf denn freilich 
auch seine Befriedigung um so griindlicher ist, wenn er sich sagen kann, dass er den 
Besten seiner Zeit genug gethan hat. Zum Vorbild im Ausdruck nimmt er sich, wie 
billig, den Demosthenes, freilich zunachst nur in den Wendungen der Rede, in der 
Phraseologie ; denn dass er die ganze Kraft dieses Redners erreichen kann, muss er 
leider bezweifeln, I, 2. Aber auch Ciceros ^y}xu6ou;, d. h. die stets wiederkehrenden 
zur Ausstaffirung der Rede dienenden Gemeinplatze weiss er wohl zu verwenden, 
ib. § 4. Die Beredsamkeit der neuesten Zeit geniigt ihm nicht, daher er zu Cicero 



/ 



— 16 — 

zurlickkefart, I^ 5^ 12. vgl. Martial. X; 19, 14 ff. Ueber seme Emennung zum Augur 
freut er sich demgemasB besonders aus dem Grund; weil ja Cicero auch Augur gewesen 
ist; wenn er auch freilich in tibci*triebener Bescheidenheit kaum daran denkt, dass er 
selbst in hohem Alter einen Hauch von Cicero'8 Geist in sich verspUre^ IV^ 8^ 4. 
Mit grdsster Verehrung sieht Pliniua femer auf seinen grossen Zeitgenossen Tacitus 
und einzelne Ausdrticke da und dort verrathen sogar buchstabliche Nachahmung taci- 
teischer Gedanken und Wendungen. So wenn er I, 6 an Tacitus schreibt; dass die 
Waldeinsamkeit und die Stille der Jagdgrtinde die Phantasie machtig anregen^ so er- 
innert diess nicht undeutlich an die bekaunte Stelle Tac. Dial. c. 9 und 12^ welche 
tiberdiess IX, 10, 2 ausdrticklich citirt wird; auch die Wendung II, 1, 11 beim Tod 
des Verginius Bufus, wo Plinius schreibt: ^^er lebt und wird inmier leben im Gedacht- 
niss und im Mund der Mensphen^, ist ein nicht undeutlicher Anklang an den Schluss 
des Agricola, und eine ohne Zweifel von Tacitus in elnem Brief gemachte Bemerkung, 
dass man der Minerva und der Diana zugleich dienen mtisse, wird sowohl I, 6 als 
IX, 10 von Plinius verwendet. Tacitus ist ja von Jugend auf sein Vorbild, es ist ihm 
die grosste Beruhigung, dass er und Tacitus zugleich von Mit- und Nachwelt genannt, 
durch die Studien eng verbunden, ja sogar in Testamenten als unzertrennlich zusammen 
bedacht werden. So findet zwischen ihnen auch ein gegenseitiger Austausch ihrer 
Schriften zur Hevision statt, VII, 20. VoIIends dass ein romischer Ritter, welcher bei 
den circensischen Spielen neben Tacitus sitzt, und von diesem auf die Frage, wer er 
sei, die Antwort erhalt: ^du musst mich ja aus meinen Schriften kennen!^ — dass 
dieser .Ritter ungewiss ist, ob er den Tacitus oder den Plinius in seinem Nachbar ver- 
muthen soUe, macht den Plinius tiberglticklich, IX, 23. Wenn er dem Geschichtswerk 
des Tacitus die Unsterblichkeit weissagt, so erregt diess in ihm den lebhaftesten Wunsch, 
ebenfalls darin eine Stelle zu finden, nattirlich ohne Schmeichelei, VII, 33. Leider ist 
ims nicht bekannt, ob und wie Tacitus diesen Wunsch erftillt hat, welcher lebhaft an 
das Ansinnen eiinnert, welches Cicero, auch das Vorbild des Plinius, an den Historiker 
L. Luccejus stellt, Ep. ad Fam. V, 12. — Wenn nun auch die Anlehnung an Tacitus 
nur ein gtinstiges Zeugniss ftir das Urtheil des Plinlus ablegen kanu, so ist dieser doch 
tiberhaupt ausserst angstlich, es niochte etwas Unvollkommenes von ihm auf die Nach- 
welt kommen, daher er stets die Feile, den Hath, die Kritik seiner Freunde nachsucht. 
So wtinscht er von Pompejus Saturninus die Revision der Rede, welche er in Comum 
bei der Stiftung einer Bibliothek gehalten hat, um sie je nach Erfund zu yeroflfent- 
licheu oder zurtickzuhalten, I, 8. Freilich ist dieser Pompejus Saturninus ein Wunder- 
mann, das Entzticken des Plinius: er ist Advokat, Historiker, Volksredner, Dichter, 
Epistolograph, und zwar alles in vollkommenster Weise. Was Wunder, dass Plinius 
in ihn formlich verliebt ist? I, 16. Bezeichnend ist ftir Plinius auch, dass er kein 
Freund der Ktirze ist, ein gutes Buch ist ihm desto lieber, je umfangreicher es ist, 
kurz und gut ist keineswegs nach seinem Geschmack; sieht er ein recht grosses Per- 
gameu, so steigt der ganze Himmel zu ihm nieder. Sein Ideal ist derjenige Redner, 
desseu Worte dicht wie Schneeflocken fliegen, wer eine kurze Rede will, verrslth damit 



— 17 — 

nur Geistestragheit und Blasirtheit, I, 20. Grosser UmfaQg ist ja ziigleieh eiu Beweis 
der darauf yerwendeten Sorgfalt II, 5. 

Nach solchen Grunds&tzen hat sich nun Flinius auf verschiedenen Gebieten der 
Literatur bewegt. Vor allem war er natUrHch; wie jeder Bomer; der eine BoIIe spielen 
woUtC; als Bedner thatig. In deinem 19. Jahr trat er zum erstenmal offentlich auf, 
V, 8, 8, Er spricht von einer Beihe von Beden , die er zu Anklage und Vertheidigung 
gehalten ^), und welche er dann nachtraglich zu Uberarbeiten und zu rhetorischen 
Meisterwerken im damaligen Geschmack auszufeilen bemtiht war, V; 8; 6. 12, 1 u. o. 
Uebrig ist indessen nur eine von diesen Bedeu; diejeuigC; welche er als Consul zum 
Lob des Kaisers Trajan gehalten hat, der Panegyrikus; welcher aber nicht geeignet 
isty uns nach weiteren Proben Plinianischer Beredsamkeit lUstern zu machen. Man 
muss freilich die mildemden Umstclnde bei der Beurtheilung dieser Antrittsrede berUck* 
sichtigen: den Jammer der eben vergangenen domitianischen Periode, das wirklich 
Grosse, Erlosende und Segenbringende in der Erscheinung TrajanS; die Sitte der Zeit; 
welche eben einmal solche byzantinische Huldigungen verlangte, — aber wenn diess 
auch in Bechnung gezogen wird, so bleibt doch noch ein starker Best von Ungeniess- 
barkeit Ubrig, ja jene MilderungsgrUnde verlieren zum Theil wieder an Gewicht, wenn 
wir bedenkeu; dass Plinius noch nachtraglich an der Bede nach Krfiften gefeilt hat, 
III; 18; dass er sie zu einem Muster ihrer Gattung; wo moglich zu einem xTfffAa i^ dceC 
machen wollte. Einen unbedingt giltigen Massstab fUr das Urtheil Ubcr die sonstigeu; 
unter andem Umstanden gehaltenen Beden des Plinius gibt nun zwar der Panegyrikus 
nicht; aber wemi doch ein uns sonst unbekannter Luperkus den Stil des Plinius 
BchwUlstig und Ubertrieben findet; wenn Plinius sich gegen dieseh Vorwurf verwahren 
muss und fiir die Beden das Becht; ja die Pflicht in Anspruch nimmt; erhabenC; kUhnC; 
ja halsbrechende Wendungen zu gebraucheu; wenn er will; dass dem Bedner keine 
hemmeuden ZUgel augelegt; dass die Begeisterung und der Schwung iiicht kleinlich 
gedampft werden dUrfen; wenn er den kUhnen Bedner mit einem Seiltanzer vergleicht; 
und wie ein solcher gerade durch nie dagewesene Leistungen den Beifall des Publi- 
kums zu erjagen sucht; so lasst uns diess vermutheu; dass auch die sonstigen Beden 
des Plinius im Genre des Panegyrikus gehalten waren und es wird dies mn so weniger 
gUnstig gewirkt habeu; als Plinius ja doch eine durch und durch prosaische Natur war^ 
also jene rhetorische Gluth und Verwegenheit doch nur gekUnstelt sein konntO; und 
was er IX; 23 von demosthenischen Wendungen anfUhrt ; uni seine Ansichten zu recht- 
fertigeu; zeigt nur, dass; wenn zwei das Nemliche thuu; das Besultat doch nicht das 
nemliche ist. Der rhetorische Charakter des Plinius ist uns auch ein ]^eweis; dass er 
wohl daran gethan hat; sich nicht auf dem Feld der Geschichtschreibung zu ver- 
suchen. An Aufforderung dazu fehlte es ihm nicht; an der Lust; sich dadurch einen 
Namen zu erwerbeU; auch nicht; aber er hat zuviel mit der Bearbeitung seiner Beden 
zu schaffen und fUhlt doch auch selbst die grosse Kluft; welche den Bedner vom 



1) S. TeaflTel, ROm. Lit.6e8ch. § 317. Anm. 2. 



y 



- 18 - 

Historiker trennt; V^ 8. So hat er ausser einer biographischen Gelegenheitsschrift; 
einem Nekrolog; III; 10; nichts in diesem Fach producirt. In der That fehlte es ihm 
hiezu an Objektivitat des Urtheils; an politischem Interesse und Verstandniss, an um- 
fassenden Anschauungen , an der Ruhe und Nttchtemheit der Darstellung und ohne 
Zweifel auch an den nothigen Studien. Die rhetorische Manier verlfiugnet sich ja selbst 
in seinen Briefen nicht. Diese sind freilich von Anfang an mit dem Bewusstsein 
ktinftiger VerSffentlichung geschrieben und diess ist ein wesentliches Moment, wodurch 
sie sich von der Briefsammlung Ciceros unterscheiden. Denn wahrend Cicero, welcher 
bei dem comproraittirenden Inhalt vieler Briefe weder an die Herausgabe fttr die Zeit- 
genossen; noch an die Eritik der Nachwelt denken konnte, rUckhaltsIos seine innersten 
Gedanken und Empfindungen ausspricht; ist bei Plinius alles berechnet; wohl erwogen, 
nach Inhalt und Form studirt und praparirt; nirgends ist ein Wort, welches irgendwie 
Anstoss erregen konnte, die Personen sind fast ohne Ausnahme in rUhmender Weise 
erwahnt, wenigstens von den noch Lebenden ist fastniemals etwas Schlimmes gesagt ^). 
Daher denn die Plinianischen Briefe entfemt nicht den frischen Eindruck der Unmittel- 
barkeit machen wie die Ciceronischen; so interessant sie auch fUr uns sind durch das 
Stiiek Zeitgeschichte, welches sich in ihnen darstellt; so reich sie namentlich sind an 
Spiegelungen des inneren Lebens der damaligen Generation^ so lassen sie uns doch im 
ganzen ktthl durch die ttberall sich verrathende Tendenz und Reflexion, durch die 
Oberflachliclikeit der Behandlung, je die fast ganzliche Ignorirung tieferer Fragen und 
Interessen, und haufig genug durch die Trivialitat des Inhalts. Plinius selbst fUhlt den 
Abstand, dcr ihn von Cicero trennt, deutlich genug, IX, 2, aber um so mehr hatte 
er in der Veroffentlichung auch der unbedeutendsten Billetchen zurttckhaltend sein 
sollen. Es ist etwas ganz Anderes, ob ein Anderer solche nichtssagende Briefe auf 
den Markt bringt oder ob der Autor selbst es thut und wenn gleich fiir uns oft die 
gleichgiltigsten Mittheilungen Intcresse haben, weil dadurch diess und jenes Streiflicht 
auf die mannigfaltigsten Verhaltnisse dcs damaligen Lebens fUIIt/ so ist damit doch die 
pedantische Eitelkeit nicht gerechtfertigt, mit welcher Plinius das Epistulse ttberschrie- 
bene Fach seines Schreibtisches vor dem Publikum ausgeschttttet hat- 

Wir mttsseu nun aber dem Plinius auf noch ein Gebiet folgen, wo wir ihn nach 
seinem ganzen Wesen am wenigsten vermuthen sollten, nemlich auf da« Geibiet der 
Poesie. Es gehorte in Rom langst zum guten Ton, auch etwas zu dichten, die Be- 
schaftigung mit den grossen Dichtern der Auguaieischen Periode hatte ein dilettautisches 
Nachahmungsfieber erzeugt, welchem sich die Wenigsten entziehen konnten. Machte 
doch noch der, 78 Jahre alte Vestricius Spurinna *) jeden Tag regelmassig zu einer be- 
stimmten Stunde sein lyrisches Gedicht, UI, 1, und wenn nun Plinius in den so ent- 
standenen Produkten eine wunderbare Anmuth und Heiterkeit und einen durchgebilde- 



1) Mit Ausnahme des Regulus. S. Teu£fel a. a. O. § 317, 6. 

2) Ueber ihn und die unter seinem Namen von C. Barth 1613 herausgegebenen Gedichte «. Teuffeli 
R. Lit.Ge8ch. § 305, 5. 



— 19 - 

ten Geschmack findet, so werden wir unsere Vorstellungen von seiner ^genen poetischen 
Ader nicfat allzu faoch spannen. So faatte Plinius scfaon in seinem vierzefanten Jafar ein 
griecfaiscfaes ^Trauerspiel^ geBcfarieben; zur ersten Abfassung von ^HendekasyUaben^ 
veranlasste ifan ein unfreiwiUiger Aufentfaalt auf der Insel Ikaria; sp&ter fallt ifam einmal^ 
wie ifam bei der Siesta der Scfalaf nicfat kommen will, ein^ dass die grossten Redner 
aucfa faie und da im Dicfaten sicfa versucfat faaben: folgericfatig muss aucfa er es tfaun 
und flugs scfamiedet er in wenigen Minuten 13 Hexameter; nicfat weniger rascfa gelingen 
ifam elegiscfae und jambiscfae Gedicfate und so ^rast und wUtfaet er^ in seiner gottlicfaen 
Begeisterung alle moglicfaen Versmasse durcfa^ bis er scfaUessIicfa — bezeicfanend genug 
— docfa die Hendekasyllaben fttr seine beste Leistung erkennt; VH^ 4; diese dicfatet 
er nun im Wagen, im Bad, Uber Tiscfa, kurz wo er Langeweile fufcfate#, IV, 14, 
vgl. Vn, 9, 9. Zwei Muster davon sind uns erfaalten, VU, 4 und 9: wie zu erwarten 
war, lediglicfa vorsifizirte Prosa. Aber nicfat bloss zu dicfaten faalt Plinius f\lr seine 
Pflicfat, weU ja jedermann es tfaut, sondern er ist aucfa in seinen Versen ausgelassen 
und lasciv, — warum? weil Andere es aucfa sind! Er wird zwar darob ofters gcfadel^, 
IV, 14. V, 3, aber er entscfauldigt sicfa mit CatuII (c. 16.) und zafalt eine ganze Reifae 
^faocfast gebildeter, wUrdiger und tugendfaafter Manner^ auf, welcfaen dieser Vorwurf- 
ebensogut gemacht werden konnte. Vielleicfat war er faieria bei seinem Freund Martial 
in die Scfaule gegangen, HI, 21. So unnatUrlicfa und abgescfamackt ein solcfaes Treiben 
uns erscfaeinen muss, so ist docfa aucfa faierin Flinius ein Reprasentant seiner Zeit ^). 
Was er tfaat, tfaaten seit Horaz* Zeit (vgl. Ep. II, 1, 107 fi*.) unzafalige Andere und 
kaum durcfa etwas Anderes verr^tfa sicfa. der Epigonencharakter dieser Periode, der 
Maugel an innerer Wahrfaeit und Selbstandigkeit , das KUnstlicfae und Gemacfate des 
ganzen inneren und ausseren Lebens , die eitle Selbsttauscfaung Uber die Nicfatigkeit der 
eigenen Lcistungen, kurz die Flucfat des Genius so deutlicfa, wie in diesem zur Mode 
und Manier, ja zur Manie gewordenen poetiscfaen Dilettantismus. 

Diese vielseitige Produktivitat des Plinius verlangt nun aber aucfa ifar Publikum, 
die Erzeugnisse wollen auf den Markt gebracfat sein und diesem BedUrfniss kamen aufs 
wiUkommenste diein Rom seit der Zeit des Augustus Ublicfaen Recitationen ^) ent- 
gegen. Asinius Pollio faatte diese Sitte eingefUhrt und es war aus einem solchen, an 
und fUr sicfa zweckmassigen , zum lebhaften Verkefar zwischen literariscfaen Producenten 
und Consumenteu ganz geeigneten Institut bald eine wafare Stadt- und Land-Plage ge-. 
worden, indem jeder nocfa so unberufene Dicfaterling fur seine Produkte — oft aber 
aucfa fLLr fremde, die er fUr eigene ausgab — ein Publikum faaben wollte und dieses 
mit Gute oder Gewalt zusammenbracfate. So finden wir denn schon bei Horaz, nocfa 
mefar bei spateren Scfariftstellem und Dicfatem laute Klagen und herben Spott Uber 



1) Vgl. Friedlftnder a. a. O. lU, S. 297 ff. 

2) Hierfiber s. Tenffel, R. LitCJesch. S. 373 f. Friedl&nder III, S. 316 ff. M. Hertz, Schriftsteller 
und Publikum in Rom, u. A. 

3» 



— 20 — 

dieses Eecitationsfieber ^). Ganz anders Plinins: er sieht in dieser Sitte ein wahres 
Heil fUr die Literatur, er halt es fUr eine heilige Gewissenssache vorzulesen und vor- 
lesen zu lassen. Aus den zahlreichen Stellen ^)^ an welchen der Becitation Erwahnung 
geschieht, heben wir nur wenige hervor: I, 13 ist er hoch erfreut: denn ^das Jahr ist 
gut, die Dichter gerathen^, aber das Publikum benimmt sich auf die schnodeste Weise, 
es zeigt die grosste Trilgheit und Gleichgiltigkeit, wenn eine Vorlesung angeklindigt 
wird , was Tag fUr Tag .der Fall ist. ^Da sitzen sie und lassen sich Stadtneuigkeiten 
erzahleu; spiit und langsam kommen sie heran, gehen aber vor dem Schluss wieder 
fort, theils heimlich und verstohlen , theils aber auch ganz ungenirt. . Selbst die grossten 
MUssigg^nger muss man wiederholt bitten und dann klagen sie tiber den verlorenen 
Tag*. ' DafUr verdienen freilich um so mehr Anerkennung die Edleu, welche sich da- 
durch ira Schreiben und Vorlesen nicht beirren lassen. Plinius rUhmt von sich selbst, 
dass er sich nie vergeblich habe suchen lassen. Er vergeht vor Ungeduld; dass ein 
Freund seine Verse nicht vorlesen will, II, 10; er begreift nicht, wie man zogern 
k^nn mit VerofFentlichung von Gedichten, III, 15. Seinen Panegyrikus hat er einem 
gewahlten Freundeskreis vorgelesen, was drei Tage in Anspruch genommen hat, III, 18. 
IV, 5. Mit innerer Angst geht er ans Vorlesen, V, 12. Einem jungen Mann, welcher 
ein mythologisches Gedicht vorgelesen hat, fallt er vor EntzUcken um den Hals imd 
bedeckt ihn mit EUssen, V, 17. Er ist tief emport Uber das trage, hochmUthige, un- 
geschickte, geradezu wahnwitzige Benehmen einiger gebildet sein wollenden Zuhorer, 
welche bei einer Vorlesung wie Bildsaulen dasitzen, keine Miene verziehen und sich 
dadurch ja den Vorleser mit Gewalt zum Feinde machen, VI, 17. Er fur seine Per- 
son hat Methode bei seinen Vorlesungen, VII, 17, er erlasst seinen Zuhorern keine 
Silbe, er liest alles vor, wfthrend Andere manches auszulassen pflegen; er gibt ja damit 
nur einen Beweis der Aufmerksamkeit , die er fiir das Publikum hat, VIII, 21. 

Ein solches Verfahren war von Plinius ofFenbar gut gemeint: er suchte, wie er 
wiederholt sagt, das Vorgelesene auf Grund der Kritik der Zuhorer zu verbessern, er 
wollte dadurch den Sinn fur die Literatur lebendig erhalten, aufstrebende Talente er- 
muntem, Uberhaupt den Sinn fUr hohere Interessen fordeni; allein 'cr erkannte nicht, 
dass in einer Zeit, wo die schaffende Kraft erlahmt, wo im allgemeinen an die Stelle 
der innerlich nothwendigen, in sich selbst befriedigten Produktion eine mehr oder 
weniger gemachte, auf Ostentation angelegte Modeschriftstellerei getreten war, durch 
solche Mittel nicht zu helfen war. Freilich zeigt er sich gerade • darin wiederum als 
Kind und Vertreter seiner Zeit. Anstatt grosser Interessen und kraftiger That bewegte 
man sich iu einem kleinlichen literarischen Treiben; so oft und vicl Plinius das Be- 
dUrfniss und den Wunsch ausspricht, durch Ruhm unsterblich zu werden, immer ist 



1) S. Hor. Sat. I, 4, 73 flf. Ar» P. 472. Sat. I, 3, 87. Ep. I, 19, 35. Pere. Sat. I, 13. Sen. 
Ep. 95. Mart. I, 63. 66. II, 20. III, 18. 44. 45. 50. VIU, 20. Tac. Dial. 9. Juv. Sat. I, 1. 
VI, 434. VII, 36. 

2) I, 5, 2. 13. n, 3. 10. 19. ra, 7. 10. 15. 18. 21. IV, 5. 7. 19. 27. V, 3. 12. 17. 21. VI, 
6. 15. 17. 21. VII, 4. 17. Vm, 12. 21. IX, 27. 34. 



- 21 — 

der Weg hiezu literarische Produktion, Thaten kommen einem Andem zu, III, 7, 14; 
und insofern als die Literatur^ Schreiben und Horen von Prosa und Poesie im Vorder- 
grund der Interessen stand, lasst sich diese Periode vergleichen mit der deutschen 
Literaturperiode in der zweiten Halfte des vorigen Jabrhunderts, nur mit dem grossen 
Unterschied^ dass unsere deutsche Literatur^ trotzdem^ dass sie von dem nationalen, 
speciell dem politischen Leben vielfach abgewendet war, doch vermoge des ihr inwoh- 
nenden idealen Gehaltes den kraftigsten iSamen flir die kUnftige Emeuerung der deutschen 
Nation ausstreute, w&hrend in Rom die Kraft der Nation bereits zum grossen Theil 
aufgezehrt war und alle zappelnde Bemilhung selbst der edleren Miinner zuletzt nur 
dazu diente, die Unfahigkeit originalen Hervorbringens vor Augen zu legen. Finden 
Wir ja doch gerade bei aen kr^ftigsten und tiefsten Greistern dieser Zeit, wie bei Tacitus 
und Juvenal, einen Grundzug einerseits resignirter Abwendung, andererseits geistreicher 
Forcirtheit; der nicht zum geringsten Theil darin wurzelt; dass diese Manner die Schw&- 
chen der Zeit^aufs schmerzlichste erapfinden und ihr doch keine Heilung zu bringen 
verm5gen) wesshalb sie eben auch nichts anderes zu thun wissen^ als das offentliche 
Leben seinen-Gang gehen zu lassen und ihren GroII und ihren Kummer aufs Papier 
zu bringen, wahrend freilich Andere, wie Martial, tlber die schwere Noth der Zeit mit 
cynischer Selbstemiedrigung oder, wie Seneca, rait philosophischer Resignation hinweg- 
koraraen. Plinius aber gehort weder zu den gemeinen noch zu den tiefen Naturen: 
80 hat er die naive, ehrliche Ueberzeugung, dass durch die literarische Virtuosit&t die 
kranke Zeit wenigstens zu einem guten Theil geheilt und die alte R5merwelt wieder 
verjUngt werden konne, und wenn wir diese Ansicht freilich ftir sehr kurzsichtig er- 
kl^ren mtissen, so konnen wir ihr doch das Zeugniss eines edlen Bestrebens nicht ver- 
sagen. 

Freilich frei von Egoismus ist es nicht, wenn Plinius sich mit allen seinen Kraften 
in die Mitte der literarischen Bewegung hineinstellt. Es gab ja bei der Unfreiheit des 
politischen Lebens kaum ein anderes Mittel, die eigene Person zu einer gewissen Be- 
deutung zu bringen und hier tritt uns nun eine der schwachsten Seiten im Wesen des 
Plinius entgegen, nemlich seine masslose Eitelkeit. Wenn mit Recht gesagt wird, 
dass allen Personlichkeiten dieser Zeit eine gewisse Eitelkeit anhafte, denn Je mehr der 
Einzelne sich anstrengen muss, um in schwerer Zeit nicht unterzugehen , desto grdsser 
kommt er sich vor'' *) — und dass man sich fortwShrend wie auf der Btthne gefUhlt 
habe, so triflft dieser Vorwurf ganz besonders unsern Plinius. Zwar von Heuchelei wird 
er wobl frei zu sprechen sein, denn offener kann man in diesem Punkt nicht sein als er^ 
wohl aber kann man sagen, dass die Eitelkeit, das theatralische Gebahren ihm zur an- 
dern Natur geworden war. 

Plinius weiss recht wohl, dass es eine bedenkliche Sache ist um das Reden von 
der eigenen Person, I, 8, 6. Aber es ist doch gut, wenn man selbst fUr seinen Ruhm 
sorgt durch Veroffentlichung von Schriften, weil es ja immer ungewiss ist, ob Andere 



1) S. Teuffel, R. Lit.G. § 256. 



1« 



— 22 — 






meinen Lekennt cr: „was micli am meisten umtreibt, 
, T;i- v.ad Xacht l.or,chiitngt ini-:li dc" Cedii::l;c, 
piporlicben konne", V, B. Wenn der Mensch stirbt, 
' Uii^terbliclikcit priipaiirt ^ein, «laea <Ier Tod so 
. iind wcr irgcnd vUv:-^ Tiiclitigc^ gelcl=tct 
S 01 rcchnet, steht auf eincm ganz vcrkehrten Standpunkt, 
i"§p|yteii.i:licn IIiilierc= au Tlicil wcnlcn, aU Riiluii, Aiicr- 
g^£ ■■i3*irijF;ni!i[iM^'!**ttr aiich PliTiiua ilcm M^rlial, ilcr ihn imgepungen und 
l&ltlillSf^M'!^'^» ■ il ""'^ Freuden ein Viadcum vcrabreicht, III, 21. Ist 
"^ ""j^S^H^IlffflilSfcj ^i^iuo I.cistuiigcii hii fjlanzoiiikteu Licht dargestullt 
il^-'il_[fi9, ll^iP^ jl-s^ S'» 'Tag hfichsten GlUck= i«t e'j= ftlr Plinius, wie zwei 
1l~'£'MIdt^i4l8'^?*'' ^'^'''^i''^ crklaren: „m6gen die Giittcr, ruft er aus, 
*'Jpo^.Lgfcjsl';W|;ai^*»iUirai!'' VI, 11. Ja fiir.vahr, iiloht.s jir.rt |[kiii licli-;- 
^"^i*K'^i^'^^3^^- ■'^"''^' ^^^* ^e'" Freund .VngurinnB sclireiljt, iat vor- 
^^'^'i'©'-*S3^S- ^^ er iiber riinius selbst schreiht! IX, 8, uud in eiiier 
F^Sk"!^'^'"^^'!'®*^ ^''" '"""'-■" ""^'^'''■■r <li'-' Stelkii, v.clche ^oii scliicr 
p(^i^3^J^;.Sp^3S-' So sind ihni auch die Briefe nie lang genug, welcho 
p!^li®t<K'w''S8'^^ff*°i '^f 2U, dass diese tichriften in Lugdunnm in dcn 
P=i£=l^il!#,i;" """ '''•' '™''«' UL.bcrr.s l.„>,g, IX, 11. Er v.r. 
^.&ia^|^*rS^uUii|Bi,^|^aBS sein Name auf die Nachwelt komuie, wenn aiich 
^■'■"^''■^"■^ I^i^Jltlloh sciiicn Flcisa und seiue Aciitung vor der Nachwclt, 
S^lSrt^n^der Ocda:il;p, d:i.- ■ Ta^'itU3 sciirFrc.im! ist, rincr, ^i 
i^td^its.vt^.dieser genanut werden wird, Plinius nicht vctgesscn 

^l^et^itS^ vcrmehrt iverdcn kBnntcn, niiigen gcnilgcii, um dic 

fii^^S^e deii Flinius jcderzeit und ILbcrallhin verj 
J^rSrJ auf das Kleinliche gcrli^htet, ijedanlisch 
fji^atlffi^ iiuch bci Plini'1- der Fidl. Wie sehr e 
c&UiU^ Urtheil abhiingig ist, wie ^gstlich cr ist 
iK-:fi:al» Stattliallcr vun Bitliyiilen kclueu Suhritt zu tluiu 
"■ ^Kni=or^, Imlicn ""ir scli-m obcn geschcn. .\hor ;iik-Ii 
Uutisrhps, nnfli eUier oft klciulichen, iiusHcrlLJicu 



Igt. Wio 
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iii scincn 
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— 23 — 

seine bestimmte Stunde hat, 111; 1. So kann er auch sagen^ dass er noch in ganz 
jungen Jahren von dem fUnfzig Jahre alteren Corellius Rufus mit Achtung^ ja sogar 
mit einer gewissen Ehrfurcht behandelt worden sei und das Zeugniss bekommen habe, 
dass er, PliniuS; stets mit der gr5ssten Weisheit handlC; IV; 17. Er hebt daher auch 
an einem jungen Mann ganz besonders hervor; dass er den Ernst eines Greisen zeige, 
VI; 26; und umgekehrt ist es ihm wohlthuend; dass er von einem jungen Mann verehrt 
wird wie ein GreiS; I; 14; ja sogar an einem vierzehnjfihrigen Madchen ist es nach 
seiner Ansicht ein ganz besonderer Schmuck ihrer LiebenswUrdigkeit; dass sie klug wie 
eine AltC; wtirdig wie eine Matrone ist! V; 16. Es ist daher ganz in der Ordnung; 
dass er seine eigene Frau nach seiner Weise bildet: sie ist begeistert fUr die Literatur; 
liest die BUcher ihres ManneS; ja sie lernt sie auswendig; sie componirt und singt seine 
VersC; sie lauscht seinen Vorlesungen hinter einem Vorhang; und das alles aus lauter 
LiebC; welche ja die beste Schule ist; IV; 19. Zu dieser Pedanterie passt es dann ganz 
Tortrefflich; dass Plinius auf der Jagd stets seine Schreibtafel zur Hand hat; j^um die 
Gottesgabe eines Einfalls nicht verloren gehen zu lassen^. 

Das alles dient nun allerdings zur Begrtindung des Vorwurfs; dass Plinius ^in 
vielem klein gewesen sei* ^). Aber damit wir nicht zu gering von ihm denkeu; mtissen 
wir einerseits die Zeitverhaltnisse stets im Auge behalteu; die eben einmal den nicht 
besonders begnadeten Menschen zu kleinlicher ThHtigkeit herabdrUckten ; ibm weder 
Weite des GesichtskreiseS; noch Raum zu bedeutender Thatigkeit tibrig liessen und die 
Freude am Daseiu; das jugendliche Sichgehenlassen; in frtihen und spaten Jahren zur 
Unmoglichkeit machten; sodann aber sind die wirklich edlenZtige im Charakter des 
Plinius nicht zu vergessen. Es ist oben schon von seiner Freigebigkeit; seinem keines- 
wegs kleinlichen Benehmen in Geldsachen die Kede geweseU; darob verdient er um so 
mehr Anerkennung; als er seinen Ueberfluss; anstatt ihn zu einem tippigen oder doch 
egoistischen Leben zu gebraucheu; in der That fllr edlC; gemeinnUtzige Zwecke ver- 
wendet hat, Wir haben femer gefundeu; dass er in seiner AmtsfUhrung tadellos war, 
namentlich in finanzieller Hinsicht volle Brauchbarkeit und Uneigenntitzigkeit bewies: 
Zeugniss dafUr gibt das Zutrauen Trajans, wenn er ihm die Verwaltung der Provinz 
Bithynien tibertrug. Ueberhaupt aber finden wir bei Plinius eine Liberalitat und 
Humanitat; die uns ausserst wohlthuend anspricht; eine aufs Edle gerichtete; ehrliche 
und aufrichtige Gesinnung. Seine ehlichen Verhaltnisse waren makelloS; sein Einver- 
nehmen mit seiner FraU; ja selbst mit seiner Schwiegermutter *) das bestC; was wohl 
nicht wenig heissen will in einer Zeit; in welcher die sechste Satire Juvenals und die 
Epigramme Martials gedichtet worden sind. ^Meine Frau liebt mich ; sagt er ; und das 
ist ein Beweis flir ihre Eeinheit^; IV; 19 ^). Aber auch gegen die sonstigen Angehorigen 



1) Teuffel, R. Lit.G. § 317, 7. 

2) Wttbrend Juvenal Sat. VI, 231 als Regel Jener Zeit aufstellt: Desperanda tibi salva con- 
cordia socru! * 

3) Masson u. A. nebmen an, Plinius sei zweimal verheiratbet gewesen; bei dieser Annabme wird 
die Stelle ad Traj. 2, 2 -so gefasst, dass die Worte sicut — credere als Beweis genommen werden f&r 



- 24 — 

«eines Hauses ist er freundlich und mild. Gegen seine Sklaven ist er so nachsichtig, 
dasB sie faul und nachlassig werden^ I^ 4. Auf seiuen Besitzungen arbeitet kein Sklave 
in Fesseln; III; 19^ 7. Er erlaubt seinen Sklaven, Testamente zu machen^ nimmt 
Antheil an den bei ihnen vorkomraenden Krankheiten und TodesflLllen; VIII; 16. Er 
ivill ein rechter pater familise sein^ das patriarchalische Oberhaupt seines Hauses, V, 
19, 2. Sein Verhaltniss zu seinem Freigelassenen Zosimus erinnert lebhaft an das des 
Cicero zu Tiro: Plinius ist ein Freund des ZosimuS; er schickt ihn, wie er Blut speit, 
zur Kur nach Aegypten und bei wiederholten Anfallen in das gesunde Klima von Forum 
Julii; er versieht ihu mit dem nothigen Geld und bittet, fUr ihn in allem zu sorgen, 
V, 19. Nichts macht ihm mehr Vergniigen, als junge Manner, besonders von litera- 
rischem Streben, zu protegiren. Er I^t sich da nichts verdriessen, geht in den Hiiu- 
sern umher, um einem Prot^^ Gunst zu gewinnen, II, 9; er ist fiir einen Candidaten, 
welchen er unterstiitzt, in der qulQendsten Unruhe, es ist ihm, wie wenn er selbst noch 
einmal Bewerber ware, sein ganzes Renomm^ sieht er auf dem Spiel stehen, VI, 6. 
Und alles ist gesagt, wenn er sogar den Grundsatz ausspricht, dass die Pflichten der 
Freundschaft selbst den Studien vorgehen, VIII, 9. FUr sein Verhalten gegen Andere 
halt er sich an die Regel, dass man im Bewusstsein der eigenen Fehler mit andern 
Nachsicht haben mtisse, deun es ist richtig, was Thrasea sagt, wer die Laster hasst, 
hasst die Menschen, VHI, 22. Aus diesen toleranten Grunds&tzen erkart sich auch sein 
Verhalten zu den Christen, welche er in Bithynien vorfindet, ad Traj. 96. Wenn 
er, wie der Kaiser selbst, nur halbe Massregeln ergreifen will, so ist offenbar, — und 



liberos concup. , und die Worte quos — potui in Parenthese zu stehen kommen. Dagegen Mommsen u. A. 
nehmen eine dreimalige Yerheirathung an. Indem nemlich lY, 1, 19 eine Hinweisung auf eine erst vor 
kurzem stattgefundene Eheschliessung enthalten ist, indem femer die Worte ad Traj. 2, 2 eicut — credere 
als Beweis genommen werden fiir quos — Yolai, so' wird der Schluss gezogen, dass Piinius etwa im Jahr 
103 zum drittenmal sich verheirathet habe, nachdem ihm noch unter Domitian seine zweite Frau gestorben 
war. Abcr gegen diese letztere Erklllrung m5chte doch folgendos Bedenken sich erheben: IV, 1 ist (nach 
Mommsen) geschrieben oder herausgegeben a. 103 oder 104, also fiinf — sechs Jahre nach dem Regierungs- 
antritt Trajans, d. h. nach ad Traj. 2 (freilich wiU Peter im Philologus 32, 4. S. 698 ff. die von Moramsen 
aufgestellte chronologische Ordnung der Briefe nicht ohne weiteres anerkennen). War nun zu der Zeit, 
wo Plinius den Brief ad Traj. 2 schrieb, die zweite Frau schon gestorben und war er zu der Zeit, wo er 
IV, 1 schrieb, mit der dritten Frau seit kurzem verheirathet , so war er eine Reihe von Jahren unver- 
heirathet, was mit der ganzen Auedruclcsweise ad Tr. 2 nicht recht stimmen wiU. Zudcm hofil PHnius 
ad Tr. 2, 3 zuversichtlich , dass er jetzt Vater werde, eine Hoffnung, die nattirlicher ist, wenn er erst in 
Einer Ehe, als wenn er in zwei frflheren Ehen kinderlos geblieben war. (Dicse Hoffnung mit VHI, 10 in 
Verbindung zu bringen, ist nicht zulftssig, theils wcgen der Abfassungszeit der beidcn Briefe, theils weil 
Pl., wenn seine Frau nichtsiahnte, noch weniger etwas ahnen konnte.) Hienach mdcbte die wahrscheinlichste 
Annahme die sein, dass die erste Frau des Plinius a. 97 starb (IX, 13, 4), dass PI. im Anfang von 
Trajans Begierung nach ad Tr. 2, 2 die zweite Frau hatte, welche aber nicht weiter erwfthnt wird, viel- 
leicht weil die Ehe nicht nach Wunsch ausfiel, — und dass Plinius . 103 — IV, ^l. 19 — die dritte Frau 
nahm. Dio Schwiegermutter Pompeja.Celerina I, 4. VI, 10. ad Truj. 51 ist die Mutter der ersten Frau; die 
Frau, an welche er VI, 4. 7. VII, 5 schreibt, Calpurnia, ist die dritte, deren Tante ist Calpurnia HispuIIa, 
IV, 19. VIII, 11. und ihr Grossvater ist Calpurnius Fabatus, an wclchen die Briefe IV, 1. V, 11. VI, 12. 
30. VII, 11. 16. 23. 32. VHI, 10 gerichtct sind. 



zwar sowohl bei Plinius als bei Trajan — der Grund in einem Conflict der Staataraison 
mit der persQnlichen Humanitilt zii suchen: politiach ist die Sekte nicht zu dulden^ aber 
hart zu verfahren streitet 'gegen die Humanitat^ da ja sittliche Vergehen und positive 
Gesetzesverletzungen uicht vorliegen. Indessen ftihlt Plinius oft selbst; dass er doch zu 
nachgiebig; zu gefallig; zu weich ist, er mochte bisweilen sogar eiu' wenig harter^n 
StofFes sein. Er kennt seine mollitia animi^ sein weiches Gemlith IV, 21, zumal gegen- 
liber von Freunden, daher er sich den Tadel zuzieht, dass er seine Freunde bei jeder 
Gelegenheit libertrieben lobe, was er aber selbst nicht als einen Tadel gelten lassen 
kann, VH, 28. Ja er hat soviel Gemlith, dass er den Schmerz als etwas echt Mensch- 
liches erkennt, er empfindet eine gewisse schmerzliche Wonne, dolendi voluptatem, 
wenn er den Thranen deu Lauf liisst, VIII, 16. So wird er auch aus Sehnsucht naxjh 
seiner abwesenden Frau fbrmlich krank, VH, 5, und sie muss ihn nach Bithyuien be- 
gleiten, ad Traj. 120 f. In dieser Gemiithsweichheit miissen wir, so sehr sonst Plinius 
ein Kind und Tjpus seiner Zeit ist, einen Zug erkennen, der, wie freilich auch noch 
andere Ziige, dem Charakter des alten Bomerthums so gut als fremd ist. Die Thriinen 
der friiheren Romer haben entweder eine sehr reale Ursache in wirklichem Schmerz und 
Leiden, oder sie haben einen bestimmten reellon Zweck, wie z. B. die Erweckung der 
Riihrung vor Gericht, falls da iiberhaupt an wirkliche Thranen bei dem Wort lacrimas 
zu denken ist. Aber das finden wir in der friiheren Zeit wohl kaum, dass ein Romer 
die Thranen gleichsam als Selbstzweck ansieht, dass er weint, um dariu einen gewissen 
positiven Genuss zu haben. Das ist sentimental und modem , nicht antik. Auch darin 
weicht Plinius ab vom Geschmack seiner Zeit und iiberhaupt des rdmischen Volkes, dass 
er die Spiele im Circus kindisch findet , er kann an diesem Schauspiel auch nicht den 
mindesten Gefallen haben* und ist mit sich zufrieden, dass er es nicht kann, IX, 6, ja 
er halt diese Spiele flir hochst unmoralisch und sittengefahrlich, IV, 22, 7. Ebenso- 
wenig behagen ihm die Spassraacher, Missgeburten und dergl., wie sie damals in der 
Mode waren, IX, 17. Sonst aber separirt er sich keineswegs von den Richtimgen seiner 
Zeit. Schon seine Eitelkeit erlaubt ihm nicht, die Mitlebenden geringschatzig zu be- 
handeln, weil es ihm ja vergolten werden konnte, aber er hat den gesundeu Grundsatz, 
dass wenigstens dem Schriftsteller der Umstand, dass er noch lebt, nicht an und fiir 
sich schaden sollte, I, 16. £r gehort auch zu den Bewunderem der Alten, theilt aber 
nicht die oft gehorte Meinung, dass es in der Gegenwart gar keine Talente mehr gebe, 
als ob die Natur sich vollig erschopft heltte und nicht mehr zeugungsfiLhig ware, VI, 21. 
Und aus dieser Accommodation, zusammen mit der grossen Weichheit seines Charakters, 
ist es auch zu begreifen, dass er seine amtliche Carri^re unter Domitian gemacht 
hat und von diesem befbrdert worden ist. Daraus hat man dem Plinius schon einen 
grossen Vorwurf bereitet, und es ist noch sehr mild ausgedriickt, wenn Mommsen sagt, 
es sei auch dem Plinius das gewohnliche Los der Unbedeutenden beschieden gewesen, 
in allen Zeitlauften vorwarts zu kommen. Da es flir Plinius nicht wohl ein Vorwurf 
sein kann, dass er von Trajan befbrdert worden ist, so handelt es sich hier bloss um 
seine Carri^re unter Domitian. Wir miissen hier aber vor allem uns erinnem, dass 

4 



- 26 — 

Plinius nicht zu einer politischen Personlichkeit angelegt war. Wenn er tiber die Re- 

gierung des Domitian aich entriistet aussert, so Ijegt ihm jede republikanische Anwand- 

lung fern; die Monarchie ist ihm etwas Nothwendiges ; Selbstterstandliclies^ Beruhigendes, 

er hat nicht den altromischen Kepublikanersinn' eines Patus Thrasea^ sowenig als des 

Tacitus Sehusucht nach der entschwundenen Herrlichkeit der weiland Aristokratiie; er ist 

ganz beruhigt; wenn er im Hinblick auf die Schaden der Zeit sagen kann: aXXoc tocOtx 

Td^ U77&0 ^[i.5c; [jLsXTiaei, d. h. nicht den Gottern im Himmel^ sondem dem Gott auf Erden^ 

IV, 25. Die Weltgeschichte zurilckschieben zu woUen, fallt ihm nicht ein. Nur die 

Laster Domitians sind ihm ein Greuel. AIso seine politische Gesinnung konnte ihn nicht 

abhalten, ein Amt anzunehmen; aber eine ganzliche Zuriickgezogenheit ware doch nicht 

ohne Gefahr gewesen und wenn es auch misslich ist zu sagen, die Charakterfestigkeit 

eines Thrasea habe ja doch nichts gefruchtet, so wird man doch andererseits nicht von 

Jedem verlangen diirfqn, dass er sich dem Argwohu des Domitian geradezu hatte in die 

Hande liefern sollen. Von eigener politischer Aktion war ja ohnehin nicht die Rede: 

dass Plinius eine besondere Thatigkeit im Sinn 'Domitians entwickelt hatte, dass er auch 

nur cin personlicher Gilnstling des Kaisers gewesen wiire, lesen wir nirgends. Die 

Aomter des Plinius waren vorzugsweise finanzieller und okonomischer Art, und dass er 

da sich niitzlich machen konnte, nicht bloss dem Kaiser, sondern auch dem Staat, wird 

nicht zu bezweifeln sein. Dass seine Eitelkeit auch hier mit im Spiel war, geben wir 

recht gern zu, aber Eitelkeit ist zwar ein Fehler, aber keineswegs der schlimmste, 

welchen ein Mensch haben kann. Desswegen wenn wir Mommsen's oben angefUhrte Aeusse- 

rung uns im ganzen gefallen lassen, konnen wir doch den Vorwurf der Charakter- 

losigkeit oder noch schllmmerer Eigenschaften nicht fUr gegrtindet halten. Dass wcnigstens 

Plinius diis Vertrauen anderer gutgesinnter Menschen nicht verlor, zeigt seine Verbin- 

dung mit Verginlus Rufus, mit Tacitus und Andern, zeigt das Vertrauen, welches die 

Familie des Helvidius Priscus nach Domitians Tod in ihn setzte, zeigt namentlich seine 

Stellung unter Nerva und Trajan. Derselbe Vorwurf ist freilich auch gegen Andere 

gerichtet worden, z. B. gegen Agricola, und mit ebensowenig Grund ^). Uebrigens 

ist es ein seltsamer Widerspruch, wenn j,Historiker* wie Stahr solche Anklagen erheben 

und doch zugleich — weil ja systematisch gerettet werden muss! — die Entdeckung 

machen, dass Domitian lang nicht so schlimm war, als er aussah. War also Domitian 

besser, war er vielleicht gar ein vortrefflicher Mensch und FUrst, so sollte raan es jenen 

Manuern nicht so sehr iibel nehmen, dass sie unter ihm gedient habenl Aber solchen 

^Kritikern^ wie Stahr kann man es iiberhaupt nicht recht machen. Zieht sich ein 

Mann von politischer Thatigkeit ganz zuriick, so ist er uupatriotisch, egoistisch, feig, 

charakterlos; begibt er sich trotz allem in den Dienst des Kaisers, d. h. des Staates, so 

ist er servil, unselbstandig, also wieder feig und charakterlos ; sucht er sich moglichst 

in der Mitte zu halten, nach keiner Seite hin seine Person einzusetzen, so ist er furcht- 

sam, unzuverlassig, perfid, kurz zum drittenmal feig und charakterlos. 



1} 8. Hirzel, Programm von Tilbiiigen 1S71. 



_ 27 — 

FaAsen wir nunmehr die im einzelnen dargelegten Schwachen und Fehler einerseitc^ 
die loblichen Eigenschaften andererseits zuBammeU; so springt die Aehnlichkeit des 
sich daraus ergebenden Charakters mit dem Charakter Cicero's in die Augen. ^Plinius 
hat Ciceros Weichheit und Durst nach Lob, aber ohne seine Launen und Bosheiten wie 
ohne sein grosses Talent^ ^). So ungleich beide waren hinsichtlich der Hohe ihrer 
AniageU; so war doch bei beiden das literarische Talent am meisten vorhanden. Auch 
Cicero war ja nicht zum Staatsmann geboreu; seine Schriften sind es^ die ihn verewigt 
haben und er ist dem Plinius darin gleich^ dass auch ihn alles Literarische interessirt; 
dass er nichts Bedeutendes auf diesem Gebiet; Ja auch nichts GeringfUgiges sich ent- 
gehen lasst. Noch mehr freilich fehlt der pohtische Sinn bei Plinius; aber dessen ganze 
Zeit war eben eine weniger politische. £s ware auch fUr Cicero ein Glilck gewesen, 
wenn ihn die Verh&Itnisse nicht unter die Lenker des Staats gefUhrt h&tten. — Einander 
gleich sind ferner beide in ihrer Eitelkeit und ihrer Vielgeschaftigkeit^ beide bilden 
daher auch gewissermassen einen Mittelpunkt fUr die gebildete Weh : wie wir in Ciceros 
Briefen fast alle bedeutenden Manner der Zeit wieder finden^ so fehlt auch unter des 
Plinius Freunden und Correspondenten kaum ein bekannterer von seinen Zeitgenossen. 
Sodann charakterisirt beide ein eigentlich unromischer Zug: die Weichheit des GemilthS; 
^eine Zartlichkeit des Herzens, welche sehr wenige Bomer hatten^ ^), ein gewisses 
unantikes sentimentales Wesen^ ein Bewusstsein der Geflihle und ein Spielen mit den 
Empfindungen. Und damit verbindet sich Uberhaupt ein starkes Hervortreten der Sub- 
jektivitat; welches bei Cicero oft genug zum unangenehmen Egoismus wird^ bei Plinius 
mehr nur als eine naive und harmlose Selbstbespiegelung erscheint. Neben diesen eine 
Aehnlichkeit begrUndenden ZUgen ist aber die Uniihnlichkeit nicht weniger gross. Vor 
allem ist ja Cicero unbedingt der reichere umfassendere Geist^ der nicht bloss auf noch 
mehr Gebieten als Plinius sich bewegt , sondem — wenn auch immer noch als Dilettant 
— doch auch die tieferen Fragen der Philosophie in seinen Bereich zieht; dazu fehlt 
dem Plinius die Gabe, ^worin es dem Cicero kein Mann im Alterthum gleich thut*^ *), 
die Gabe des Witzes; freilich mit dem Witz auch die ^Bosheit^ und damit das Talent; 
sich Uberall Gegner zu machen. Cicero ist Uberhaupt wie receptiver, so auch produk- 
tiver als Plinius; Cicero hat leicht und rasch gearbeitet; Plinius gewiss etwas langsam 
und mUhsam-pedantisch. Aber andererseits hat Plinius auch entschiedene VorzUge vor 
Cicero: er ist praktischer; solider, er hat Talent ftlrs praktische Geschiift, besouders 
auch ftir Geldsachen, was ja bekanntlich dem Cicero in bedauerlicher Weise fehlte; 
Plinius hat eine nicht geringe Befahigung fUr das Finanz- und Verwaltungs-Fach. Bei 
aller Weichheit ist Plinius doch weniger sanguinisch, als Cicero, daher auch gewiss 
fester und zuverlassiger in seinen personlichen Verbindungen. Cicero hat eine Menge 
von Bekannten und Correspondenten, aber wenige eigentliche Freunde; wie denn auch 



1) Teuffel, Rdm. Lit.Ge8ch. S. 696. 

2) Vgl. Niebuhr, Vortrttge uber r5m. Gesch. ed. Isler III, S. 16. 

3) Niebuhr a. a. O. S. 18. 



— 28 — 

seine ehlichen Verhiiltnisse, trotz oder wegen zweiinaliger Heirath^ keineu wohlthuenden 
Eindruck machen. ^Keiner hatte fUr ihn eine rechte Liehe* *). Des Plinius Freund- 
schaftsverh^tnisse sind schoner uud herzlicher, ein Freund konnte sich auf ihn gewiss 
vierlasseu; wozu freilich auch der Umstand viel beitrug, dass Plinius in sicheren und 
soliden Verhaltnissen lebte und daher nicht so ^erschiitterlich* war wie Cicero. Auch 
fehlt dem Plinius die ausserordentliche Sensibilitat; welche bei Cicero bis ins Krankhafte 
gieng und durch die ausseren Unruhen stets rege erhalten und gesteigert wurde. Wenn 
daher Cicero eine viel reichere und bedeutendere Personlichkelt ist, so macht doch 
gerade die Soliditat; das WohIbegrUnd.ete im Wesen des Plinius, soweit es nicht zur 
Pedanterie ausartet; einen unbedingt wohlthuenderen Eindruck. 

Es liegt nahe^ den Plinius auch mit bedeutenden Zeitgenossen zu vergleichen; 
z. B. mit Seneca (der freilich sein Zeitgenosse nur im weiteren Sinn ist) und mit Tacitus. 
Die Tiefe dieser beiden bedeutenden Geister hat nun freilich Plinius nicht; er hat weder 
den pragmatischen Blick des Geschichtschreibers noch die feine Analjrsirungskunst des 
Psychologen wie Tacitus; er halt sich auch im Stil mehr auf der Oberflache und trotz- 
dem, das3 er die rhetorisirende Sprache seiner Zeit vollkommen theilt, fehlt ihm doch 
die Kunst der wuchtigen Pragnanz, an deren Stelle er das geistreich-subtile Antithesen- 
spiel und die Glatte des weltmannisch-feinen Conversationstones *) setzt. Andererseits 
aber war Plinius ohne Zweifel liebenswUrdiger als Tacitus und hatte nicht dessen bis 
zur Verbitterung ernste Weltanschauung. Von Tacitus aber und noch melir von Seneca 
unterscheidet sich Plinius in aruffallender Weise durch die Fernhaltung aller iiber das 
reale Leben hinausgehenden Fragen, durch ein der Philosophie, der Speculation ganzlich 
fern stehendes Wesen. Wenn Seneca in seinen Briefen alles, auch das Kleinste auf 
die philosophischen Principien bezieht und nach den letzteren zu regeln sucht, wenn er 
nach allen Seiten hin auf solche Beziehangen ibrmlich Jagd macht, so halt sich dagegen 
Plinius einfach an dasjenige, was in concreto da ist. Es ist auffallend, wie wenig oder 
eigentlich gar nicht tiefere sittliche und religioso Themata von ihm behandelt werden, 
abgesehen von solchen, welche das alltagliche Leb^en mit sich fiihrt, wie z. B. das 
Verhalten zu den Freunden oder zur Gattin. Plinius hat seine Philosophen auch gehoii;, 
aber lediglich um sich zum Redner zu bilden; eigentliche Philosophen, wie Epiktet, 
welcher bis zum Jahr 94 in Rom sich aufhielt und gerade mit des Plinius Lehrer 
Euphrates und seinem Freund Musonius Rufus eng verbuuden war, werden gar nicht 
erwahut, Uber das honestum lang zu philosophiren und ein reflectirtes Moralsystem sich 
zu zimmern ftihlt er kein BedUrfniss. Wie nahe htitte es gelegen , bei den vielen Tiraden 
Uber die pergamentene Unsterblichkeit des Schriftstellers auch einmal die Frage nach 
der personlichen Unsterblichkeit zu berUhren — aber keine Spur findet sich davon! So 



1) Niebnhr S. 18. 

2) Aucfai in Boziehung auf seih Aeusseres haben wir uns wohl den Plinius als ein zartes, schmilchtigesy 
ziemlich kleines, aber dabei gewiss h5chst lebendiges, wuseliges Mftnnchen yorzustellen, s. II, tl, 15. 
ad Traj. 18. 



— 29 - 

wird Plinius sich auch zur Staatsreligion gestellt haben, ohne viel darilber zu reflectiren; 
er hatte in dieser Beziehung nichta von Ti^citus^ Seneca^ selbst nicht von seinem Oheim; 
vielleicht war gerade des letzteren negative Haltung zur positiven Religion nur geeignet, 
ihn von der BeschtLftigung mit diesen Fragen zurUckzuhalten. Es interessirt ihn wohl 
allenfalls die Frage^ ob es Oespenster gebe? VII; 27, und er ist geneigt; diess anzu- 
nehmen, aber die Frage, ob Gotter, ob Zufall oder fatum die Welt regieren und dgl., 
Fragen, welche doch von Andern so oft aufgeworfen, wenn auch nicht beantwortet 
werden, sucht man bei Plinius vergebens. Er hat mehrere Mal Gelegenheit den Selbst- 
mord von Freunden zu berichten, z. B. I; 12. 22. Aber er lasst sich in keine philo- 
sophische Betrachtung tiber die Berechtigung des Selbstmords liberhaupt ein, wie z. B. 
Seneca an vielen StoIIen thut. Die grossen Schaden der Zeit wie in politischer, so 
auch in sittlich-religioser Beziehung liegen fast ausserhalb seines Gesichtskreises und in 
sofem rauss man freilich sagen, dass er an Tiefe des Geistes, an Weite des Blicks^ an 
Intensitat des sittlichen Geftlhls; an philosophischer Anlage hinter einem Tacitus, Seneca; 
Juveqal entschieden zurtibksteht. 

So ist an Plinius viel Schwachliches und Kleinliches, aber auch vieles Gute und 
Lobliche: ^gross war er in nichts**. Aber gerade dadurch^ dass er ttber den Mittel- 
schlag sich nicht wesentlich erhebt, erscheint er als ein Typusseiner Zeit, so weit 
diese noch etwas Gutes hervorzubringen vermochte und wenn er meint, das im Grund 
wenig bedeutende; fUr die Menschheit ziemlich fruchtlose, literarische und asthetische 
Treiben, in welchem er sich bewegt, sei etwas Grosses, so kennzeichnet sich ja gerade 
dadurch der epigonische Charakter der Generation. Die grosse Zeit Koms war gerade 
fem genug, um aus den Augen imd aus dem Sinn gerUckt zu seiu, aber auch die ganz 
schlimme Zeit unter den Juliern*uud dann nochmals unter Domitian war vorUber, als 
Plinius seine Briefe schrieb: so entstand durch das Bewusstsein, dass man besser daran 
sei und besser sei als die vorhergehende Generation, eine gewisse Ueberschatzung der 
eigenen Bedeutung, welche um so starker ins Auge fallt, je weniger der wirkliche 
Gehalt dieser Vorstellung entsprach. In Einem Athem ist man voll Bewunderung fUr 
die Muster der alten Zeit und getrostet sich wieder, dass man ruhig dem Monarchen 
alles anheirostellen dUrfe; mao glaubt wieder ein Bomer zu sein und doch ist gerade 
der specifisch romische Geist entwichen. Dass letzteres der Fall ist, wird uns nun 
freilich zunachst als ein Tadel fUr diese Epigonen erscheineu; sofern sie sich Romer 
hiessen , ohne es im wahren und vollen Sinn des Worts zu sein ; andererseits aber mUssen 
wir doch von einem allgemeineren Gesichtspunkt aus darin auch wieder einen ent- 
schiedenen Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit erblicken. In den Schriften 
des Plinius — freilich noch weit mehr bei Seneca — stellt sich uns ein Fortgehen aus 
dem specifisch romischen Bewusstsein zu einem allgemeineren^ hoheren Standpunkt der 
Humanitat, zu einem gewissen Kosmopolitismus dar und gerade diese Abwendung vom 
einseitigen Bomerthum, diese Hinwendung zu einer freieren Auffassung der Dinge ist es^ 
was das Studium dieser Zeit so interessant macht. 

AIs ein Hauptmoment ist in dieser Beziehung die Abwendung des Einzelnen vou 



— 30 — 

selbBtM^ndiger politischer Tbatigkeit zu nennen; wovon schon oben die Rede gewesen ist. 
Wenn fllr den R5mer der friiheren Zeit das Leben gar nicht denkbar war ohne eine 
solche personliche Bethatigung an den Interessen und Bediirfnissen des Gemeinwesens^ 
flo ist ja jetzt alles doch nur Sache des Einzigen^ der tiber Allen steht; und der Btirger 
darf an der Sorge ftir den Staat nur in soweit Antheil nehmen, als es ihm vom Ftirsten 
gestattet wird. Mau sollte melnen, in einer Zeit vorgeschrittener Kultur — und diess 
war doch gewiss die Zeit des Plinius *) — mtisse auch ein hoherer Schwung, mtisse 
mehr Gehalt und Elasticitat des Charakters vorhanden sein. Allein hier macht sich 
ein Gesetz geltend, welches nicht nur auf die Romer, sondern auch auf andere Volker 
seine Anwendung findet. j^Das Steigen der Kultur und Civilisation ist nicht selten mit 
der Abnahme der politischen Reife verbunden^ *) , politischer Sinn und allgemeine humane 
Bildung stehen zu einander gar haufig in umgekehrtem Verhaltniss. Das griechische 
Volk ist im Alterthum das eigentliche Kulturvolk, das Volk der Humanitat, aber ganz 
und gar kein politisches Volk ^). Die Heroen unserer deutschen.Poesie und mit ihnen 
ihre asthetisch gebildeten Zeitgenossen hielten sich von der Politik mSglichst fern, ein 
politisch Lied ist fur Gothe ein garstig Lied und er ruft aus: 

,)Zur Nation Euch zu bilden, Ihr hofft es, Deutsche, vergebens: 
Bildet dafiir, Ihr konnts, besser zu Mcnschen Euch aus!*^ 

Derjenige Romer, der zuerst in grossem Umfang die humane Bildung reprasen- 
tirte, Gcero, war alles, nur kein Staatsmann. Allein wenn eine so wegwerfende 
Charakteristik Ciceros, wie wir sie da und dort in neueren Epochemachenden Ge- 
schichtswerken und dann natUrlich in den davon abhangigen, aber nicht Epochemachen- 
den Schriften antreffen , schon desshalb ungerecht ist ^, weil die rein menschliche Beite 
an ihm gegeniiber der specifisch romischen, d. h. politischen Auspragung nicht genug 
beachtet wird, so ist ein allgemeinerer Massstab auch flir die Beurtheilung der ganzen 
spateren Romerwelt berechtigt, ja noch 'mehr als Cicero ist die Zeit des Plinius zu 
entschuldigen, wenn sie ihren Blick mehr und mehr anderen Gebieten zuwendjst als der 
Politik. Wenn das, was ist, Recht hat und zudem durch die Dauer eines Jahrhunderts 
festgegriindet ist, wenn die Herstellung der friiheren Zustande einraal nicht mehr mog- 



1) „£ine wahrhaft erstaunliche Masse von Bildung war iiber das ganze Keich verbreitef^. Nisseu 
„iiber den gegenw&rtigen Stand der rom. Kaisergeschichte'* in Sybers histor. Zeitschr. 1868. I, S. 244. 

2) Jhering, Gelst de^ romischen Rechts II, a. S. 290. 

3) Versteht sich im Ganzen und Grossen betrachtet; dass Griechenland und besonders, aber auch 
fast au8schh*esslich Athen grosse StaatsmAnner hervorgebracht hat, soU damit nicht geleugnet sein. 

4) Weit billiger ist Niebuhr a. a. O. III, S. 26: „dle Zartlichkeit des Herzens, ^iXoaTopfta, die sehr 
wenige Romer hatten, die Vater- und Freundes-Liebe hatte Cicero; darum wurde er als unm&nnlich und 
feig verspottet, seine Trauer ura den Tod seiner Tochter gieng aus dieser grossen Innigkeit hervor". 8. 26: 
„ich licbe Cic. wie wenn ich ihn gekannt h&tte und mich schmerzt auch der Spott, den schon die Alten- 
gegen ihn geiibt haben", und von Nftgelsbach sagt Doderlein (offentliche Reden S. 245): „er konnte in Ent- 
rilstung tibcrwallen, wenn er einen Cicero, dessen Humanitiit er hoch Iiielt, um seiner Schwftchen willen 
gfinzlich in den Staub getrcten sah''. 



— 31 - 

lich ist, 80 iBt es eine leere Sehnsucht; die nichts lernen kann und will^ nur immer mit 
dem Gegenwartigen zu hadem. Insofern kann man wohl in dem Benehmen von Man- 
nem wie Patus Thrasea^ Helvidius PriscuS; selbst in dem Standpunkt uud der An- 
schauungsweise eines Tacitus einen gewissen Anachronismus erblickeu; mit dem wir 
freilich desswegen nicht rechten dtlrfen, weil der Mensch, der mitten in der Bewegungy 
im Strom der Zeit steht^ kein so freies Urtheil und unbefangenes Streben hat noch 
haben kann, als Derjenige, welcher unbetheiligt und klihl aus der Ferne beobachtet. 
.War nun aber die eigentlich politische Zeit fiir die Romer vorbei, so verdienen doch 
diejenigen Geister unsere Achtung^ welche ihre Musse und ihr Inneres durch ander- 
weitige edle Gedanken und Beschaftigungen auszufiillen bemliht waren^ und dass zu 
diesen auch Plinius gehorte^ wird kaum zu leugnen sein. Der Wechsel der Zeiten 
kennzeichnet sich namentlich darin^ dass an die Stelle des BUrgers^ des civis Romanus, 
mehr Amd mehr der Mensch tritt: es ist schon ein Anhauch christlicher Luft^ jjhie ist 
kein Jude noch Grieche, kein Knecht noch Freier*, Gal. 3, 28. Ist dem Menschen 
die machtige Energie des HandelnS; wie die alten Romer sie hatten^ die nach aussen 
durchbrechende Thatkraft und die nach aussen ins Auge fallende That abhanden 
gekommen, so tritt dafiir eine ernstlichere und reichere Verinnerlichung ein, an die 
Stelle des gewaltigen Epos, das uns in der alteren romischen Geschichte gegeniibertritt, 
erscheiut lyrische Weichheit; -wenn nicht Herrschaft, so doch Berechtigung des GefUhls ^). 
Ein weit bedeutenderer Vertreter dieser neuen humanen, kosmopolitischen Richtung, als 
Plinius, ist freilich Seneca; dessen tiefer, umfassender philosopliischer Blick dem Plinius 
fehlte. Aber die Anschauungen beider sind doch im wesentlichen dieselben^ nur von 
Plinius mehr naiv ausgesprochen , von Seneca systematlsch erfasst und entwickelt. Was 
Seneca liber die Wohlthatigkeit gegen alle Menschen ohne Unterschied *), was er llber 
die Behandlung der Sklaven *) sagt, was er tiber die Schauspiele schreibt *), entspricht 
ganz den Anschauungen des Plinius. Und hierin zeigt sich, dass die Zeit, mit welcher 
wir es hier zu thun haben, und dass die Menschen, welche die neue Richtung und 
Stimmung vorzugsweise vertreten, nicht bloss im RUckschritt, sondern doch auch im 
Fortschritt begriffen waren. Im Verhaltniss des Menschen zum Menschen ist ^der Putikt, 
wo der Universalismus des Christenthums roit dem Partikularismus und dem aristo- 
kratischen Charakter des Alterthums in nothwendigen Conflict kommt^ *). Dieser 
Conflict tritt jetzt in die Romerwelt herein und wie der Verfall des alten Romerthums 
dazu mitwirkt, um den neuen Ideen Eingang zu gewahren, so tragen diese letzteren 
selbst wieder dazu bei, jenes exclusive Romerthum mehr und mehr in den Hintergrund 
zu drangen. Und dieser Gesichtspunkt ist es, den man festhalten muss, um dieser 



1) Diesen Gesichtspunkt hier weiter zu verfolgen, verbietet Zweck und Kaum. unserer Arbeit, daher 
nur wenige Andeutungen. 

2) Z. B. de benef. 4, 17. de clem. 1, 1. und oft. 

3) De clem. 1, 18. de benef. 3, 18 ff. u. s. w. 

4) Z.^B. £p. 7. 93. und dfters. • 

5) Baur, Seneca und Paulus, in Hilgenfelds theol. Ztschr. 1858. S. 209. 



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^^P^GS^^ESB 9K'fi| iBi ReprSsentanteii gerechl zu werden. „Niicli<leni der 



®&«}SeKII.S;J»WBiieiT!cliatt sich tibcr allc Schniiikon criiebeujc Ri 

■glfJJlJSS^&ll^g-.g.MVriiJ.ing iir.il GciriiMi.clit »cii:v Krnft craci.iifft 



M^ft^ff^^fyTO' QIPP'' ■ bUrgerlichcr uud liiiuslichcr, in sicli gekelirter u 
^il''^il^k**'' "■'■'''^'"^ wireLui beiriinms wicdcrliiiaen; uiid wu 
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■^JJsr ii!:-i aliwudi'ii von jciier ri-^teii K:',iBer^eit, dic 
^iH g-t(j|".,|j|f]^. jl^r di(> Mcnschhcit gebrachl hat. eo wordeit wir doch 
|^^iS.'{i'ti|-'lV^- Bjiuuut danii crbliL^kcii, ^daas vur alluiu dcr ulte 'Irutz- 
BSf^iIHi ii'.^rl|-_02<''"'"'''ieii werdcii iuusslc. wcnn die ilciiBcMir-it lcri^-n 
&)|$FH^i|Sf «■'n H ^^ fUgeii'* -}. Uiid legeii wir dabcr bei dcr Beur- 

BC^' Cr'il Plil$' W'^ ''^' ^*"'' ^'^'«'■'''•■'^■i'*ti^""f; <''^'* ictziufLii s(;ib.^,t aic=ou 

M|l8l]^ill^!fl8rtXil|lin, beHrtlieilcQ wir dic BcstrcbnTigeji und ficinmitt^cn 



crscheiiien jiiilsBtc bolltc das iiciie rrincip > 
1 dic Melt ciutretcn so war dic Zeit vorbei 



ItwS-^og^MSS^ti^.sBlv^-elcIicm iiiiiii allcs Nicht-romischc vorwarf udcr gcring- 
!?2g*^»i*j^'|^u^^'|fcic!icr, receptiver, demiitbiger werden, um autzunehmen 



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1 



NacMcliten uber das Gymnasium, 



Chronik der Anstalt. 

In dem Fersonalstand des Gymnasiams und der Elementarschule sind im Laufe der zwci 
Scbuljahre 1871 — 1873 folgende Yer&nderungen vorgegangen: 

Unter dem 28. September 1871 wurde dem Hilfslehrer Dr. Baur zur Annahme einer 
Directorstelle aih CoUegium in Buchsweiler (Elsass) Urlaub auf 5 Jahre ertheilt. 

Am 2. October 1871 wurde die hiedurch erledigte Hilfslehrerstelle dem Oberpraceptor 
Maj£R am Ljzeum ia Ludwigsburg als Amtsverweser ttbertrageti und demselben am 7. November 
der Titel eines Professors auf der 8. Rangstufe erUieilt. 

Am 2. October 1871 wurde das erledigte Yikariat am Gymnasium und der Realanstalt 
dem Candidaten Minner ttbertragen. 

Am 19. Dezember 1871 wurde dem Hauptlehrer der Klassen III und IV, Dr. Pfaff, zum 
Behufe der Annahme einer Lehrstelle am Collegium in Buchsweilcr die nachgesuchte Dienstent- 
lassung gnMigst bewilligt. 

Am 20. Dezember 1871 wurde zum Amtsverweser fQr denselben der Gymnasialvikar Minner, 
beziehungsweise Turnlehrer WCst fttr den von Dr. Pfaff ertheilten Turnunterricht, bestellt. 

Unter dem 16. Januar 1872 wurde die erledigte Pruceptorsstelle an Klasse III uud lY 
dem Hepetenteu und Gymnasialvikar Braitmaier in Stuttgart in Rttcksicht auf seinc dermaligen 
Gesundheitsumstande in provisorischer Weise ttbertragen. 

Am 8. Februar 1872 wurde Gymnasialvikar Minner zum Vikar am Obergymnasium in Stutt- 
gart bestellt und Candidat Gscheidle zum Gymnasialvikar ernanut. 

Am 22. Februar 1872 starb Professor Dr. Kommerell, Yorstand der Realanstalt hier, 
Lehrer der Physik und Chemie am Gymnasium. Das Gymnasium beklagt mit Dank und Wehmuth 
den Yerlust dieses vielseitig gebildeten und kenntnissreichen Lehrers , der durch seinen fasslichen, 
den Bedttrfnissen des Gymnasiums entsprechenden Vortrag, durch seinen in liebenswttrdige Huma- 
nit&t gekleideten £rnst die Schttler ebenso zu fesseln wusste, als sein biederes, offenes, tien 
Interessen des Gymnasiums zug&ngliches Wesen, sein coUegialisches uud freundschaftliches Ent- 
gegenkomm^n den Lehrern unvergesslich bleiben wird. 

Der Unterricht in den genannten Fachern wurde durch seinen Nachfolger, Professor Hauck, 
ttbernommen (Erlass vom 24. October 1872). 

Durch hOchste Eatschliessuug vom 5. Marz 1872 wurde dem Gymnasialrektor Dr. Hirzel 
der Titel eines Oberstudienraths gn&digst verliehen. 





34 



.. 11 .K. 






l>tf«|-i>™"" 



lymnasialvikar Gsciieidle an dia Ktassc 1(1, b des 
ifen, 
! dem rraccptnratsverwcser GitXxF.R in Nenen- 

|V§^J^4.QtAicii|iins und Ucr Eluiieiil&rbdiule Ut ilurmak-ii folgoiiileniuiscn 

j,<^2§yi|iltiher Elcmentarschnle Uberstudienratli Dr. Hirzel, znglcich 

fS.^i:^j[0y^|i <1u' Uni'..i~:tai aud I.t1i)'u- &h> )<hiloli^i.oheL Scminji'. 
rlS ii'||:,^. Hm : T>i'. Wii.DKKMLTii; K.wsek, Klassoiilclirer mi Kl. VIII 
l^n||ioA.,|ilassciilehrer an K). VII, Rcligionslchrer; LuDwii; Majeu. 
j^W)j|(:Wliei..ir: U.u-i ;;, IV-.rcsstii' .lu du- Uealau^Ult ljii.-r, IWiit 
M'l| l||^'j|«' Naturkaiidc: Beiillclircr HOLi.. 



i:Bc'gS'ii^p^'«n IIet.d und Br.vitmaier. 

i^*K^W^"§*''S' Zkvicr uiid Fauski,. 

|aE^'..5ji»*»fclaii-t;il[ ui:d l'Uoi)ii-'iit:irschuk' : Gk.Xti:», nc]ioteiil. 

^^c^:^iu§i 

:^it^f^^^Sif, crsterer xuglcicli Sclniiisdircibiclirer , lctztcrcr Gcsaiig- 

lI^^T^^ig^it^arnlehrer. 

i<»^,v^(a|lHaS; dtr Uealaiistalt und der gewerbliclien Fnrtbilduiigsscliulo: 

rl^^^cfet^dcht crtheilcii die Hcpctentcn im Wilhelmsstirt: l)r. Kkittel, 
mI^i^»:i^- ^_ 

fnJ^^lgi^rde drm Priic^ptor IIkld cine aii^^^frordi^iitliohe Gratifif.itk.n 
C-S;'§^«*-^hi'iiar 1^72 erhicll dev Gymnasialvikar JIinker filr die 
ClfB.l€i^.i^Jaiui.u' bii m. Kcliruar uu; den liiii:rcalai't;afllIlL'ii der Stulle 
-f^)^-a|:-^ril 1872 ^viirde deiii Rcnlk-Iirer IIhll , inchdcni der von 
ii^" ^^B"K3phic iim oliern Gyninasiuni an 1'roi". Majer Ubcrgegangcn, 
"*" kI^*^^ i:el.!or.iL=k.i-se , i'ka: .' und zugleiLli die ^ucrkc ,,,.iig 
i-^M^tf^i ■•^J'*^ J^'5i^%@Jli*^"=' 



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'f^k. 



— 35 - 

aas denselben Mitteln der G«halt des Tarnlehrers und dcr des Gymnasialvikars eine Zalagc von 
100 fl. — Am 12. April 1873 wurde dem Prof. Kayser fflr die tibersiedlang der Bibliothek 
in ein anderes Lokal eine Belohnung von 50 fl. aus der Rektoratskasse bewilligt. — Die Ge- 
halte der Lehrer am Gymnasium stellen sich nunmehr folgendermasscn : Rektor neben freier 
Wohnung 1900 fl., vier Professoren am obern Gymnasium zu 1900, 1800, 1700 und 1600 fl., 
eine Lehrstelle an KL VI und V 1500, eine zweite 1400 fl., zwei Lehrstellen an Kl. IV uud 
III je 1300 fl., zwei Lehrstellen an KI. I und II je 1050 fl., zwei Elcmentarlohrstellen je 
700 fl. uud 120 fl. Hausmietheentschadigung. Gehalt des Vikars: 550 fl. — Am 28. nnd 
29. Februar 1872 wurde der Zeichenunterricht am Gymnasium wie auch an der Realanstalt und 
Fortbildungsschule durch Prof. Kurz visitirt. Vom 3. bis 8. Juui 1872 wurdc eine ein- 
gehende Visitation des Gymnasiums durch Oberstudieurath Bockbhammrr vorgenommen. 

Die Sclmljahre 1871 — 73 haben fflr den Unterricht an den wUrttembergischen Gymnasien 
einige sehr wichtige, von vielen Seiten schon lange herbeigewUnschte Veranderungen gebracht, 
welche als eine Folge von dem Beitritt Wflrttembergs zum deutschen Reich zu betrachten sind.» 
So wurden durch Erlass vom 10. August 1871 die Prflfungsnormen fflr die Ermachtigung 
znm einjahrig freiwilligcn Militardienst abgeandert uud die Zeit der Prflfung (jedenfalls vor 
dem 21. September), sowie die StcIIung der Aufgabeu dem Lehrcrkonvent flberlassen. Sodann 
wurde durclk eine ausfflhrliche Verordnung vom 30. Miii-z 1872 die Ausstellung von Zeugnissen 
fflr die wissenschaftliche Qualification zum einjahrig freiwilligen Militardienst in Gemftssheit der 
Bestimmungen der Milit&rersatzinstruction normirt, nacbdem in dem Reichsgesetzblatt von 1872, 
Nr. 8. S. 62 auch das Gymnasium in Tflbingen fflf berechtigt zu Ausstellung solcher Zcugnisse 
erklflrt worden war. ' Unter dem 20. Juni wurden flbrigens dic im Herbst 1871 zu diesem 
Zweck ausgestellten Zeugnisse auch in. der damaligen Form fUr giltig erklart. Zu gleicher Zeit 
mit der vorgenannten Normalverordnung vom 30. Mfirz 1872 bestimmte ein Erlass, dass kflnftig 
eine Dispensation vom Griechischen am Gymnasium nur nach genauer ErwSgung dcr fflr die 
Dispensation sprechenden Grflnde (Alter, Gesundheitszustand, Anlagen, Beruf des Schfllers) zu 
ertheilen und fflr diese Dispensation anderweitiger Unterricht wftbrend dcr griechischen Stunden 
in der Anstalt anzuordncn sci. Endlich wurde dnrch Erlass vom 4. Januar 1873 das Gricchische 
fflr ein wesentliches, nicht bloss facultatives, Unterrichtsfach im Gymuasium erklfirt. Dispensation 
sollte kflnftig bloss durch die Ministerialabtheilung ertheilt, jedenfalls ffir vollstfiudigen Ersatz- 
unterricht im Gymnasium, nach Umst&nden auf Kosten der Schfller, gesorgt werden. Am 20. 
Februar 1873 wurden gedruckte Formularieu als Muster fflr Ausstellung der Zeugnisse behufs 
der Meldung zum einjahrig freiwilligen Militftrdienst mitgetheilt. — Unter d^m 4. Januar und 
24. Juli 1873 wurden Bestimmungen flber die Aufnahme in die militdrarztlichen Bildungsan- 
stalten in Berliu ausgegeben. — Am 3. Januar 1873 wurde ein Eutwurf zu , einer Abiturienten- 
prflfungsordnung im Anschluss an die in Preussen bestehende tJbung zur Besprechuug mit dem 
Lehrerkonvent vorgelegt und zugleich der Rektor zu einer Berathung des flbrigens im Prinzip 
schon feststehenden Entwurfs mit den flbrigen Vorst&ndeu der Gymnasien unter dem Vorsitz des 
Herrn Ministers nach Stuttgart berufen. Unter dem 19. Juni 1873 ergieng dann hierauf eine 
Ministerialverfflgung (Staatsanzeiger Nr. 145), betrelFend die Einfflhrung einer Abiturientenprflfung 
an den Gymnasien und dem Realgymnasinm in Stuttgart, 'wozu unter demselben Datum eine In- 



— 36 — 

structioh vou der Ministerialabtbeilnng gegeben wurde. Der wesentlicbe Inhalt dieser ActenstQcke 
ist: die Prtifung wird unter Leitung eines k()nigl. Kommissars an den Gymnasien in der Regel 
am Schlusse des Schuljabrs durch die bisberigcn Lebrer scbriftlicb und mOndlicb abgebalten. 
Das Griecbiscbe ist fQr alle Candidaten der bumanistiscbem Gjmnasien obligat. £in griecbisches 
Scriptum ist wieder eingeftlbii. Gegcnstfinde der PrOfung sind stotlicbe Fftcbcr des ordent- 
licbeu Gymnasialunterricbts. Die Forderungen in Matbematik sind verscbarft. — Scbon zuvor 
war durcb Erlass vom 3. April 1873 fUr die dermalen im Obergymnasium beiindlicben nicbt 
Griecbisch lernenden SchUler die Bestimmung getroffen, dass von ihnen zwar das Griecbische 
nicht verlangt, dagegen anderweitige Forderungen an sie gestellt werden wttrden. 

Unter dem 24. April 1872 wurde die Einfttbrung der zweiten Abtbeilung der lateiniscben 
Grammatik von Middendoi-f fttr die mittleren und oberen Klassen und dcr livianischen Cbrestomatbie 
von Jordan fttr Kl. V und VI genebmigt. Endlich wurden durch Erlass vom 18. April 1872 
die Lehrer an den mittleren und unteren Klassen angewiesen, bei der Lectttre des dentschen 
Lehrbucbs besonders die Stttcke zu berttcksicbtigen , die sich auf die Naturgescbicbte der drei 
Reicbe bezieben. Aucb wurde den Lebrern empfohlcn, sich, wepn mOglicb, die nOtbigen Kennt- 
nisse in Naturgescbicbte noch anzueignen. 






— 37 — 



B. 



Lehrejnrichtung. 

1. Lektionsplan, 

4 

genehmigt durch Erlassc vom 21. Aagast 1871 uiid 29. Aagust 1872. 



Lehrfacher. 


1 

i 




a) Oymnasinm. 

1 






Lehrfacher. 


b) Elemen- 
tarschnle. 




VIII. 

1 
5 7u.8 


VII. 

8 


VI. V. 
12 ,12 


IV. 1 III. 

^ ♦ . - -, 

12 12 


II. 
12 


I. 
12 


Deutsche Sprache, 


n. 


I. 

* 


Lateinische Sprache 


1 

1 


Rdmische Alterthfl- 






t 

1 


1 
1 






Lesen,Schreiben 


15 


14 


mer . . . . 


t 

1 




1 


' 






Anschauungsunter- 




Griechiscbe Sprachc 


j' 6 


6** 


6 6 


4 , 4++ 






richt, Religion u. 


1 


fHebraische Sprachc 


J 1 3 


3 


, 








Memoriren . . 

• 


3 


2V« 


FranzSsischeSprachi 


B 2(4) 2(4) 


2 2 


4++ 






Rechneii . . . 


3 


2V« 


tEnglische Sprache . 


' 2 


2 


! 










Summe 


21 19 


Deutsche Sprache . 


2 


2 


1 

1 1 1 

1 


2 


2 


3 


3 






Religion . . . . 


2 


2 


2 ; 2 


2 


2 


3 


3 


. 




Geschichte . . , 


2 


2 


v/i iv« 


1V« 


IV2 




x 




• 


Geographie . . 


1 


1 


IV» iV« 


1^'* 


iV« 


1 




> 




Mathematik . . , 


. 3* 


3* 


2 2 


2« 


2 


3 


4 


t 




Phiiosophie . . . 


1 








1 

I 










Physik und Chemie . 


2 




















Naturgeschichte . . 




2 


















Turnen . . . . 


3 


3 


3 


3 


3 


• 3 










Singen . . . . 






1 


1 


1 


1 










SchOnschreiben . . 


f 




■1 1 1 


1 


1 


1 


1 






fZeichnen . . . 


2 


2 


2 2 


2 2 










Summe der obligateii 


'! 




1 












Lehrstundeu . . 


32 


31 


33 33 

1 


30,im26,lin 
Som- Som- 


23 


23 








' 








merS4 


merdO 


' 




• 







t Facultative F&cher. tt Nar im Sommer. * AbtheilungBunterricht. *• Theilweiser Ab- 

theilungsunterricht. () Fiir Nichtgriechen, VII und VIII combinirt. 

Die Lectionon werden gegeben: a) Winters von 8 bis 12 und von 2 bis 4 Uhr, die facultativen 
Fftcher und das Tumen von 2 bis 7 Uhr, b) Sommers am untern Gymnasium von 7 bis 11, am obem 
von 8 bis 12 Uhr, Nachmittags von 2 bis 4 Uhr, die facultativen Fi&cher und das Turnen von 7 bis 12 
und von 2 bis 6 Uhr. Das Turnen ist zum Theil unter die iibrigen ordentlichen Lectionen eingereiht. 

Donnerstag und Samstag Nachmittag sind ausser den Zeichenstunden (von 2 bis 4 Uhr) ganz frei. 
Sommers werden die Nachmittage am Donnerstag auch zu naturwissenschaftlichen Excursionen verwendet. 

I 



3S 



t •• ^- •• 



2. Lelirpeiiseii. ') 
Sft ergymnasiiini. 

Klassc VIII. 

SaAsEciilclirer: Prof. Kajser. 






: Au=\\.ilil. Cic. Vomn. II, 

IhUZEI,. 

II, mit Ausivalil; Kpisteln 1. 2 St. Kaa-beh. 

St. K.VYBElt. 

-ts-l^:^eile von 1\. 4 St. Hlll/.EL. 
:i5lJ^:Si>S'^d«#ll. "'. mit .Viisvtahl; Saliren I, 1. 3. 4. G. 9. II, 

•*':|i^s.®-?:i;-f' : 



^ri^^t^iESe^ ,'^Ull|ibSte Expesition, liii 

^:|#f 5?g- ?:* :i; 

Z ^^>I^J^.W.gg&e:.& ifiSuier Ilins II "' 



III., (lc race. l'latoii apol. Socr. Sopliokles Oed. Tyr. 

liie und da mit cincr Coiiiposition abwech- 

II. 31 — 46. 59 — G:-.. 



^^*l«^j^{^.ig^e;^ ±guier Ilias 11. III. VI, 360 — 502. 

AYMEE. 



. St. 




. Bncli der Konige und aus Jesaia 1—19. Uepetitiou 
jii^g^Sg:. ¥S^L:g.Jhe CMiiipoiitiuiieti unil Exiiositioii ilictii'li.-i' BibulLib3chiiitt.c. 
!:'S^J^„ftjiig5-'^^gC"-. ^^tllc!-:i> ;nis .le^.iia 10—66. Craininntiscbi^ ITbunscii. 



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— 39 — 

lieds. Mittelhochdeatsche Formenlehre. Lektflre nach dem Lesebach von Schanenbarg' 
and Hoche Theil I. Bendeb. Aafsatze. Hirzel. Bekdeb. 

II. Litcratargeschichte seit der Reformation mit besonderer Rflcksicht aaf die neaeste Zeit 
seit Lessing. Lektttre: aasser den Abschnitten bei Schaaenbnrg and Hoche Theil II 
noch: Lessings Emilia Galotti and ISathan,, Goethe^s Gdz and Egmont. Aafsfttze. 
Bekdeb. ^ 

Beligion 2 St. 

I. Kirchengeschichte vom Anfang bis zam Augsbarger Religionsfrieden. 
n. Christliche Glaabenslehre. Bexdeb. 

Geschichte 2 St. 

I. Mittelalter. Yon der Y6lkerwanderang bis zam Anfang des 16. Jahrh. Memoriren 

der Data. Repetitionen. 
n. Neaere Zeit von Anfang des 16. Jahrh. bis 1871. Wie oben. Hirzel. 

Geographie 1 St. (im Sommerhalbjahr 1873). 

Mathematische Geographie nach Wiegands Grandriss. Majeb. 

Mathematik. 2 Abth. je 3 St. 

I. 1. Abth. 

a. Arithmetik: Lehre von den Potenzen, Warzeln and Logarithmen. Arithmet. and 
geometr. Progressionen. Zinseszins- and Rentenrechnang. Diophant. Gleichangen 
ersten Grads. Aafgaben f(ir Gleichangen 2. Grads mit mehreren Unbekannten and 
vermiscbte Aafgaben. 

b. Geometrie: Nagel, Anhang V. Das Wichtigste aas der neaern Geometrie. An- 
leitang zur geometrischen and algebraischen Analysis. 

c. Trigonometrie nach Diktat bis zur Berechnang schiefw. Dreiecke. 

d. Stereometrie nach Kommerell tlber die Halfte absolvirt. 

2. Abth. 

a. Arithmetik: Quadrat- and Kubikwarzelaasziehen. Potenzen and Wurzeln. Qua- 
dratische Gleichungen. 

b. Geometrie: Nagel IH. Anhang. Proportionenlehre. Nagel V — Yll. Anhang IV. 

II. 1. Abth. 

a. Arithmetik: Gleichangen vom 2. Grad. Logarithmen. Progressionen. Zinseszins- 
rechnang. Diophant. Gleichungen 1. Grads. Repetitionen. 

b. Geometrie: Nagel Anhang Y. Algebr. Analysis. Berechnangsaufgaben. 

c. Trigonometrie mit Diktat nach Ohm, Wiegaud, Zech, Spitz. 

d. Stereometrie nach Kommerell. I, H. Einleitung. zu HI. gemeinschaftlich mit 2. Abth. 

2. Abth. 

a. Arithmetik: Potenzen nnd Wurzeln. Warzelausziehen, Qaadratische Gleichangen. 

b. Geometrie: Nagel, Anhang III. Propoi-tionen. YI. YII. Bach mit Anhang IV. 
Majeb. 



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Biii 



H 11 M 

^T^^glechanik dcr festcji Kfirper. Kommebei.i,- 
^t|j|^IJk. Aku^tik. ^Virmeleliri;. C ruiidbegntTe dor Metcorologie. 



«ilO ' W ('crailieturuui; Tumspide; 



Ge\M;lirfeckttiJ. Turulebrcr WObt. 



laTDit Kl. VII. Frciljandzcicbnen. KaEtsEH. 



.». Klasse VII. 

Klassenlelircr : Prnf. Bender 
■& .A. 
'i-^'-&ni).i, pro Milouc. Sall. Cut., Cw. in Catil. I- III. 1 
■V-»- -5- 

'^«■£*ll*'i 1'yy'lanii'-. I'roi'cr/, CutuU Dacli Voh. 2 St. Majek. 
■S*M|f '.^*un£i)j Jiitlj;aiirli. l St. Hirzej.. 

^l^i^-ii^''' ^W— ^'^- '^. 1— :?0. -20- 
r^"2g' Sj— ;;i . 4 St. Bi:njji'.b. 

if:c^;|^st. majeii. 

i^ci||>ii^tid i^j^iJiLmaliscUe t'buijgen. 1 

■>SI^#-4. Herud, 76 rA\<\'- aus I. :i St. JL\.ier. 

§j^S^. m. IX. XYI. XVHI. XXII. XXIV. 2 St. liKNDEH- 

^I&;i.^cli kkij TljLiii.jta liiiJ Bauuikin, llulzei-, Kieckiior und l^xcep- 

[%Il<fA..£^.ii-a:.I<.'r.Jn 



-37. 43 — 4li. X, C— 10. 



St. Benui::!!. 




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S<B-_CuA . @& @^ @^ ©A ^^j^i TOImi 1.1^ i 



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- 41 — 

FranzOsisch 2 St. 

I. Ghrestomathie von Wildermath; StUcke aus Ahth. I und Le chef d'oeuvre inconna im 

Anhang. Im Qbrigen wi^ bei KI. YIII. 
II. Chrestomathie; StQcke ans Ablh. I aud II. lui Qbrigen wie bei El. VIII. 

Mit den Nichtgriechen von Kl. VII und VIII. 4 St. 
I. und II. Voltaire, Charles XII, Buch 1 — 4. StUcke aus der Chrestomathie Abth. II. 
Grammatik nach Borel. Hebdomadarien. Dr. Wildermuth. 

Englisch, gemeinschaftlich mit den Ober-Realschttlern, 2 Abtheilungen, je 2 St. 

I. Abth. I. Fortsetzung der Grammatik und der Lektttre der Chrestomathie von Gantter. 
Abth. 3. Aufung der Grammatik und der LektQre der Q^restomathie von Gantter, 
nebst schriftlichen tFbungen in beiden Abtheilungen. 
II. Wie bei I, da die SchQIer nach zweij&hrigem Kurs gewohnlich austreten. Wildermuth. 

Deutsch 2 St. 

I. Schillers Leben und Dichtungen. Gelesen wurden etwa ^/s der Gedichte, Wallenstein, 

Maria Stuart, Jungfi*au von Orleaus, Braut von Messina, Tell. Aufs&tze. 
II. Poetik mit Abschnitten aus der Rhetorik uach Kleinpaul. Gelesen wurde: GOthe's 
Hermann und Dorothea. Uhlandlsche Gedichte und Dramen. Aufs^Itze. Majer. 

Religion 2 St. 

I. Geschichte des Volkes Israei von Abraham bis auf Herodes den Grossen. Einleitung 

in's Alte Testament. 
U. Geschichte Jesu und der Apostel nach dem Evangelium MatthSLi und der Apostelgeschichte. 
Einleitung in's Neue Testament. Bekder. 

Geschichte 2 St. 

I. Alte Geschichte: Die orientalischen Vdlker und die Griechen bis zur Zerstdrung von 

Korinth. 
II. R5mische Geschichte bis zur Vdlkerwanderung; im Anschluss an das „historische Hilfs- 
buch'' von Herbst. Bekder. 

Geographie 1 St. 

I. Ailgemeine physikalis che Geogrfaphie. WQrtteipberg. Continent von Australien. Amerika. 

HOLL. 

H. Physikalische und politische Geographie von Australien, Amerika, Afrika und theil- 
weise von Asien. Majer. 

Mathematik, Abtheilungs-Unterricht je 3 St. 

a. Algebra. 
I. I. Abth. Fortsetzung der Gleichungen ersten Grads mit einer and mehreren Unbe- 

kannten nach M. Hirsch und Heis. 1 St. 

2. Abth. Im Wintersemester die 4 Species der Buchstabenrechnung nach Heis. 3 St. 
Im Sommersemester Gleichungen des 1. Grads. 1 St. 
n. Wie bei I, da der Kursus zweij&hrig ist. 

6 I 







42 - 



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I '^''IIB M '»1 ^omniorsomestci' Ilotniiil;, 



mit Aufgabeii zu I iind 11. 3 F^t. 
Sojimierseiiiester , iiebst Anfgabcn. 



iiiid Geogrosic iiach Schiidler iitid dor Itescbreibnng des 
lieiansgcgcbcii vom statisUseli-topographisclien Bareau. 



itubuugen. GerLitlioiurneii. Turii=piele. WCsr. 



.gJntorgvinnasium. 



1 Jcr Vu 



om KLissenlcbrer crlbeill.) 



iSSCssClasseiilehre 



Klasse VI. 
^fienlebrer: Prof. Mltller. 

1'rof. Maier. 



...SSh^cl^Cu, 

t,)§a|rH=-air 



>:: J.iviiis XIJ—X-XXVIII; III. riir?!is: Clcfvo XV, 
Anthologio 118 Verse. Muiidliche Composition iiacli 
StadvC. Pioluco; Ilebilomailanen; reriodeti, 
- l.iTii!-: VII- XXIII. naurp, Antliologie': I. Cur^Tiq 
I ;§;cS:-S'— 80. ■Wochentliclic Periodcn, iiicist aus Cicoro. MUnd- 
ui^^^n^-^-eBiltosiliiiii vuii ttwa 7n Stuokoji au.i der zwciteii Abtheiluiig 
Ixgisgcd^. rroloco: Ilebifnmndarien. 




— 43 - 

scLriftliclie Composition nach HOchsten's Dbungsbuch XXI — XXV. Gruner, Chresto- 
mathie, erste Abtheilung I, 36 — 42. Prilc. Held. 
II. Repetition der Formenlehre. Syutax nach Knebers Grammatik § 25 — 100. (de und i, 
adj., prou., verbes.). MQndliche und wOchentlich eine schriftliche Composition nach 
H6chsten XXIII— XXVH. Gruner, Ciirestomathie , erste Abtheilung I, 37—43. 
Prflc. Held. 

Deutsch 1 St. 

I. Leseboch fttr die Latein- und Real-ScHulen Wttrttembergs , dritter Theil. Grammatische 

tJbungen. AufsStze. 
II. Lesebuch fttr die Latein- und Real-Schulen Wttrttembergs , dritter Theil. Grammatische 
Ubungen. Aufsfltze. 

Religion 2 St. 

I. Lesnng und Erklilrung der Apostelgeschichte , des Evangeliums Marci; Bergpredigt und 
Gieichnisse nach Matthaus; Evangelium Lucfl I — 9. Memorirstoff theils gelernt 
theils repetirt. 
II. Lesuug und Erklilrung der Apostelgeschichte, des Ev. Matthfli; Repetition der biblischen 
Geschichte; Erkl&rung einos Thcils des Katechismus. MemorirstoiF theils neugelernt 
theils repetirt. 

Geschichte und Geographie 3 St. 

I. Doutsche Geschichte vom OstgothenkOnig Theodorich bis zum Jahre 1812 nnd das 
Wesentlichste aus der wttrttembergischen Geschichte. Memoriren der Zeittafeln. 
Repetition der physikalischen Geographie von Deutschland; alte Geographie. 
II. Deutsche Geschichte von Karl dem Grossen bis znm Jahre 1815 nach MQller's Leit- 
faden. Memoriren der Zeittafeln. 
Repetition der politischen Geographie Europas; alte Geographie. 

Rechnen 2 St. 

I. Repetition der Brttche. Schiussrechnung. Vermischungsrechnung; Disconto-, Termin-, 
Obligationen- , Gewinn- uud Vcrlust-, Theilungs-Rechnungen. Kettensatz ^ vermischte 
Beispiele. Prac. Fausel. 
II. Repetition der Brttche. Schlussrechnung. Vermischungsrechnung. Disconto-, Termin-, 
Obligationen-, Gewinn- und Verlust-, Theilungs-Rechnungen. Kettensatz; vermischte 
Beispiele. PrSc. Fausel. 

Singen 1 St. Gemeinschaftlich mit Kl. V. 

I. Intervallttbungen. Zwei- und dreistimmige Lieder aus der Weber*schen Sammlung : Heft 

ni, IV, V. Achtzehu Choraie einstimmig eingettbt. Elementarl. GussMANif. 
II. Wie bei I. Elementarl. Gussmakn. 

Turnen 3 St. 

Gemeinschaftlich mit KI. V. 
I. und H. Marschttbungen ; 'Ordnnngs-, Grclenk- und Hauptttbungen; Ger&the-Turnen am 
Klettergerttst, Rcck und Schwingel. Rundlauf; Turnspiele. Turnlehrer WGst. 

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Griecljisclie Scljrift. Carstair'sclje Ubangcn 

■El.lJEU. 

flirift. r,rier>hi'che Sclirift. 
Eloinctitarl. I\leinff.i.D£r 



Carst; 



r"scLc 






IvUsse V. 

ilcljrer; l'rof. Mjier. 
il.:ljrei : Trof. Muller. 



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Jorilan, I.ivinnisclje Clircstomatliie I — VII, 

.eutheils. Kiiiiibuiig der Pi'usoUik uuil Meliik, 

_ (1 Perl.i: .etei- i.nthi- i-t. Miladl;rl)r? 

:&I'i||!i^*iii^ -^-'^^'^' rbuijgssldclic II. Abllicilung, 60 StDclic. Scliriftliclic 

jr„l!8^=^^'*^''lK-^^^"'*^'' ^^"'«''li^i^lieD Kcgeln. rrolncn. Hcbauinajliii-icn. 

^*B':i'-E'''^'S**!i-^"^^- I. ". I". Jcnlvi, I.ivi,iniE-'lic CLrc?t-imall.ie I— XT. 

■'^^?^r^'^i^^ i^:?' lIoI;ier, Cbungs-tiicke II. Abtlicilung. RO StUckc. lix- 

:^uffiofew:«i^!g<^iil»||;<.^tUiiabiiiig s.i jiUktisditr Kijgclii. riuloco. llebJoiijudaricii. 

■^-^{R. ^SC> •am- laa. •j^ V ■tf-''^' • 

'* Jsi;^"^^!®:^'^^™"''^' T- <"''"''"3 r. n. a. 1 an<l 2. Au-ew;ililtc Sliickc 
'^kw^MMb^&aJ^^ph^ uiid iii den Materialicn von Gau|ii> unii Ilolzer zur Ein- 
^. IS^''ffl*S'*2S^-'lK''&!^&'B''^ Sjiilax. riuloco. HcbdoiJiadarieii, 

^^!^S."^.''^®^$'!- "^'''' '-^^'■"- '■ '''""'"' -^^ '■■ ^*' ^--^- ''''^ ^-^- 

•2'^ta|Sfc-S-i-*i;3^. A^aBt^fe ^cr \'erba aiif \v. und der uuregelmussigen \'erba iiach 

'•i^.iXf.Li^^^- .ffiuM5L!iSSn Uijil Iloly.i.r llft^ — IK. Jlundlicbu uiid >cbiiftlicbc Coujijo- 

Tbciinta von Bliiimlein 1. Cur^uii. 



[tax: Tjphre vnm 
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— 45 — 

Religion 2 St. 

I. Lesang nnd ErklftiiiDg des Ev. Mattbfli. Repetition der Geschicbte des alten Testaments. 

nach Jahn. Der vorgeschriebene Memorirstoff theils gelemt theils repetirt. 
11. Lesung und Erkl&rung des Ev. Mattbdi. Memorirstoff wie oben. 
Geschichte und Geographie 3 St. 

L ROmische Geschicbte nach MflIIer's Leitfaden § 35 — 108. Geograpbie der aussereuro- 

p&iscben Welttbeile. 
IL ROmiscbe Geschichte nach Mfiller^s Leitfaden § 35 — 100. Geograpbie der aussereuro- 
p^schen Welttheile nach Schacht. 
Recbnen 2 St. 

I. Repetition der Brtlche. Klammerrechnungen. Bruchsatz, Erweiterung auf Yielsatz. 
Zinsrecbnung. Durchschnitts- und Gewinn- und Yerlustrechnung nach Procenten. 
Prac. Fausel. 
IL Wie I. 
Turnen 3 St. gemeinscbaftlicb mit Kl. YI. 
Singen 1 St. gemeinschaftlicb mit Kl. YI. 
ScbOnschreiben 1 St. 

I. Deutscbe und lateiniscbe Currentscbrift. Griechiscbe Scbrift nach Hartmann. Car- 

stair'sche tFbungen mit Auswahl. 
II. Wie I: Elementarl. Kleinfelder. 
Zeicbnen 2 St. Kreiseb. 

Klasse IV. 

I. Klassenlehrer: PrHc. Held. 
II. Klassenlebrer : Prflc. Dr. Ffaff und Pnlc. Braitmaier. 

Lateiniscb 12 St. 

L Cornelins Nepos Milt., Them., Arist., Paus., Cim., Lys., Alcib., Thrasyb., Con., 
Dion, Iphicr., Epam., Hann. — Composition nach Grobel § 54—184 und nach 
Holzer I. Abth. 76 — 116. Proloco. Hebdomadarien. 
n. Cornelius Nepos Milt., Them. , Arist., Paus., Cim., Lys., Alcib., Thrasyb., Con., 
Ipb., Chabr., Timoth., Epam, Pelop., Ages., Eum., Phoc, Timol., Ham., Hann., 
Cato, Atticus. — Composition nach Hoker, L Abtb. 30—126. und GrObel 
§ 119 — 184. Proloco. Hebdomadarien. * 

Griecbisch 4 St. 

I. Repetition und Fortsetzung der Formenlehre (Zablv?5rter, Pronomina, Verba auf ci) 
und auf |jLt) nacb Koch, Schulgrammatik § 37 — 61. Gaupp und Holzer Mate- 
rialien XXI — 57, griecbiscbe und deutscbe Beispiele, die letzteren grOsstentheils aucb 
schriftlich abersetzt. 
n. Koch, Scbulgrammatik § 40—56. (Pronomina bis Verba [ai incl.). Wcsener, 
, Elementarbuch I. Theil 44 bis Schluss; H. Theil 1 — 15; die deutschen Sttlcke ge- 
schrieben. 



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f Artiltel bis verb. rpgul, incl.). Hiicbstoii , tbiings- 
-j,^ .— Jf'. H -S?H jl ' i»>''iilL;i ^.Hi cinc bis zwej ^cbiiftlidic Compositioiicn. LeseUbnngeit. 

^■■^^^4169^^^^'*' It'^^';^ (iiainantlicli dic iiaturgeschiclitUcben Siucke) nacli detn 
"1^iS.fijglJ?,T§:H"filc.-.l.d,iile;i II. Th, Elniibuiig ii,.r urtlioi.rr,phi,:i.lic:i Kcsc! 



Fsnliiicii UIK.I ProphcLen 
ndig gelesen imd erlclilrt , dcr 



y^^I^iKiu^c.gi^jiB&o^lu ¥jach iMllllui'':> Leilfadun. GcograpLie ilc: ausi^cfdeutAcbca 
^Sl^g^ciiSiil^-l^fSl^l^Svicp:. abHfiniiscbe Gescbiclitc bis zum Einfall der (Jallier. Geograpliie 

* *|t^pMnSK-®igg.^i*c:«clnungeii. Sclilussrechnnng. Drcisatz, licchnung mit ali- 
^ii'^*^^^''^^- A US^si^i^llalmungcu. Schlussrecbnung. Dreisatz. ^[Qnzverwandlungen. 

**J:ifl.*' '■ 



jjift.m||l.^'^"l&"'^ f|l Satzlehrc, Obuiigen im Vortvag. Gcdiclitc meniorirt. 
:^PM'.b'tiS\'ttt9^lj^^SkOi|]i[P&cli dem Lescbacb II. Tb. Kiniibung dcr ortliographiscbcn 
« ^Wi^ii8'|| H |lf§ ||tio:i. Mcmoiiren vn;i Gcdiditei: ' t»-'.,™.-. 

]pSQl|k||. #>i^lS;^||'^rentIii'h das ^'eue Tc.tamcnts. 1 
^^'P^ Ut'^' «je '^B KviiTigelitim M:irci vollsinndig 
.A,.ft.i^it^ii^it£rt«^>ipca^rstotf nacb Vorscbrift 
.....*.._. ^ ^ _ ..._._ -. jjjggjjmn ilaixi vollsUiiiciig yclcsen uud 



■^^^^^^^'^^iS'^^w^*^^'^ ^^'"'pliltiungcni Geriitlicturuen nm Klcttergci ilst , Bock, 
*.^!k,l^Ei:^^^i:^^le. Prilc. Dr. PiAii,- nnj Tariilclii-er WfsT. 

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- 47 — 



Klasse III. 

I. Klassenlehrer: Prac. Braitmaier. 
II. Klassenlehrer: Prac. Held. 
Lateinisch 12 St. 

I. L'hon!ond viri illustres I — XI und LXn. Repetition der Fonnenlehre. Syntax und 
Composition nach GrObel § 25 — 123. Composition nach Holzer I, 1 — 30. Proloco 
und Hebdomadarien. 
IL Repetition der Formenlehre nach Middendorf und GrUter. L'homond-Holzer Tiri illustres 
I — XI. Syntax und Composition nach GrObel § 54—125. 
Griechisch im Sommcr 4 St. 

I. Koch, Grammatik bis § 40. Declinat. der Substantive und Adjective, Zahlworte, Prono- 
mina. Wesener, Elementarbuch, griechische und deutsche Beispiele; letztere sammt- 
lich geschrieben. 
n. Koch, Grammatik bis § 31. (Buchstaben. Accente, Declinat.) Wesener, Elementar- 
buch I. Th. I — XXVI, griechische und deutsche Beispiele , die letzteren gr5sstentheils 
auch schriftlich. 
Deutsch 2 St. 

I. LeseObung mit Erkiarung nach dem Lesebuch II. Th. Eintlbung der orthographischen 

Regeln. tjbungen im Vortrag (Gedichte memorirt). 
n. Lesettbung mit Erkl&rung nach dem Lesebuch II. Th. Einttbung der orthographischen 
Regeln. tFbungen im Yortrag (8 Gedichte memorirt). 
Religion 2 St. 

I. Einleitung in das alte Testament. BQcher Samuelis und der K5mge mit Auswahl, das 

Evang. Luca ganz gelesen. Das Yorgeschriebene memorirt. 
n. Einleitung in die Bibel, namentlich das alte Testament. Die Bttdier Samuel nnd der 
K5nige mit Auswahl, das Evang. Lucft vollstSndig gelesen und erklftrt. Memorir- 
stofF nach Vorschrift. 
Geschichte und Geographie. 

I. Geschichte der orientalischen V5lker. 

Geographie: tFbersicht der Oceane und Kontinente. Deutschland. 
II. Wie I. In Geschichte kam noch dazu griechische Geschichte bis Solon. 
Rechnen 2 St. 

I. Repetition der 4 Species mit benannten Zahlen. Bruchlehre. Klammerrechnungen mit 

reinen Zahlen. 
n. Wie I. ' . 

Turnen 3 St. 

I. und n. Marschvorttbung^n ; Gelenk- und Hauptttbungen; Gerathttbungen am Rundiauf, 
Klettergerttst, Bock, Reck; Turnspiele. Turnlehrer WtJsT. 
Singen 1 St. 

S. Kl. IV. ' 



48 






lutsuliiift. Uriocliisclic Sctirilt nebbt cia- 






Klasse II. 

ll^ Kliissenlelirtr : I'iuiv 
'|j'KIa-=.:jnlelii-n': Pi.u. 



Faosel. 
Zejer. 



I liW,iiU MWlendui^ Jcr Syntax; die lateinisclien uiid deutscLen Cbungs- 
;-^!i|[t ;»oiiiicjll.> Vouiljiilai- giusstcuilieils. iTolocu. Hi;b(iumadiuit;n. 
'*S?'*^"'S-^''"'''"1'"^D '''^'' Syiitax mif BeiziVbung iles idoiiien Briider 
li^^i^ji^t zusammeiihiingendcii . freien praktischcn Anwciidungeii. I>ie 
Li^iiS^ili^^enJuii SUiilii' MiJdciidorf gi'i)ssli;uUieils , Jie laii^iiiisclKii Jes- 
''E**^ '^ -Aii-^ivahl iibTsetzt. Roiincll^ Vncnbular ynllstfindig mpmorirt. 
Ijel^W^S^ (lci' Wortbildung. 1'roloco. UcbdomadarieQ. 

;'grji^^Htheils mit besondcri.'t' Eucksicht auf diu Hegelii fiir dcutsche 
:i-C^'irf ^'■"'"■gesobichte. Dikta!?. 0biin-en im Vortrai-. 
lC^vl^iu^t Rechtschrcibeii nach ausgewfihlten Paragraphcii der studien- 
j^isiiiiCtejleiiiigers Maturialii;ii=ammluiiy. Dciziehuiig von Scbolls urllio- 



'"■^^*"''*^'' ''''-' ■''■""^"'■s "^'i /alin iiiit Ber,iit,;ung ili:i Neucii Testaiuoi 
;i»||i»)^,l¥* Memoriren naeh Vorschrift. Priic. Zkykr. 




W*m «is <S <^ '<^* 'si 'm. '^ 



- 49 — 



Klasse I. 

I. Klassenlehrer: Prfic. Zejcr. 
II. Klassenlehrer: Priic. Fausel. 
Lateinisch 12 St. 

I. Middendorf und Grttter, Formenlehre; Syntax bis § 23 incl. roit Beiziehang des kleinen 
BrOder nebst freien, schiiftlichen, zasammenfassenden praktischen Anwendungen. 
Memoriren der WOrtersammlungen Middendorfs. Das Fasslichste aas der Wort- 
bildung. Proloco. 
II. Middendorf und GrQter, Formenlehre; Syntax bis zum ztisammengesetzten Satz mit 
Beiziehung GrObels. Exponirt 7 £tttcke. 
Deutsch 3 St. « 

I. Dentsche Formenlehre. Lesettbungen und Memoriren aus dem Lesebuch I. Thl. Diktate 
nach Bauei*s praktischem Unterrichtsgang. Studienrftthliches W5rterverzeichniss. WOrter- 
familien. Aufs&tze. 
II. Lesebuch I. Theil. Lese- und Rechtschreibttbungen. Memoriren von Gedichten. 4 St. 
Religion 3 St. 

I. Biblische Geschichte Alten Testaments nach Zahn. Memoriren nach Vorschrift. Prilc. 

Zeyer. 
n. Wie I. 
Rechnen. 

I. Die 4 Species bis zum Dividiren mit zwei Ziffern. Numeriren uud Kopfrechnen. 4 St. 
II. Numeriren. Die 4 Species in unbenannten Zahlen bis zum Dividiren mit zwei Ziffern. 
Die neuen Masse, Gewichte und Mttnzen. Kopfrechnen. 3 St. 
Schdnschreiben 1 St. wie Klasse II. 



' Elementarscliale. 

Klasse IL 

I. Klassenlehrer : Elementarlehrer Kleinfelder. 
II. Klassenlehrer: Elementarlehrer Gussinailll. 

Deutsche Sprache 12 St. 

I. Lesen: Fibel II., Brandauer, Lesebuch II. Th. vollstandig. Kenntniss der flex. Rede- 
theile; Lehre vom einfachen und einfach erweiterten Satz. Rechtschreibttbnngen. 
Memorirt: Poetisches aus Brandauer. 
II. Wie L 
Anschauungsunterricht 1 St. 

I. Der im II. Th. der Fibel und in dem Brand. Lesebuch enthakene Lesestoff unter Be- 

ntttznng der naturgeschichtlichen Bilder von Schreiber. 
n. Wie L 

7 






«ilitHhriclcuen >'i^ria-hc ilfi- 1. Alth. dc- Sprudibaclis. 



i^d^i^ffyia /11 acbt -101115611 Znliten (=^cliriftlii:li). Vrrliereitcnde Irlungen 
^^f jjfflliivL^ioii, enUickelt nus Addition uitd Subtvaction. 
'i||ilSrt|]||ei' i\\t:i erstcii Siii;cici> auf die gCMiilinlicljblcu Aliiiucn, Masse, 
'S^blgr.Lcitfaden filr da- rcchik-n in dcr F.leiiiciitarEdmlc. 

#„ 

'ilkSl Hcini=cl)C Al[ilinbtfl. P;ilzc iii deui=chcr uiid lateiiiischer Scbrift 



Klus^e I 

..■ntuiiciDer GDSsmann. 



-Sf.;j&1-3|tnlflii-ci-: Kki,,i.>ntiii-lclirer GoSSBiaail. 
:^.:^RaenleliiTr: Kleiiicntiirlclirer KteinftTJer. 



^.^^^auungs«ntcrricht 12 Sl. 

■^^liS.-gfOst .Viiliang. Keniitiiiss dcr Ilaupt-. Eigeiiscbafts- , Zeit- und 

iS*i^P*5blclirc mit rimngcu. 



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■'—^EK- 'H^i ''''r OaI"cr bibl. Geschichte mit Answahl, Memorircn voa 
^/♦^||:c^j(Kolbs Kindergartcn). 

'&^Z;^;BerUcksichtigung der 4 Spccics. Additiou und Subtractiou mit 
ueaoiiB.iS^tltiiijuuis vuii lOu nittndliclj nnd ji:hriftlidi ncW Beibpklen. 

.k «i(S»k «<S»» 4'!^ «*^V 4i&^ •ig^ ««Qit «!!<$» 






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— 51 — 



3) Winter 1872—73: 

a) oberes . . 

b) anteres . . 



66 
133 



4) Sommer 1873: 
a) oberes . 
Vj nnteres . 



56 
137 



199 Schfller. 



193 SchQler. 



Zur Universit&t sind abgegangen: 



Herbst 1871 
Ostem 1&72 
Herbst 1872 
Ostern 1873 



5 

5 

8 nnter diesen einer in das ev. Seminar 

9 



27 Schfller. 
Beim Landexamen 1872 ist ein SchUler als Seminarist, einer als Hospes in das Seminar 
Sch5nthal, 1873 einer als Seminarist in das Seminar Maulbronn anfgenommen worden. 



H. Die Elementarschnle z&hlte 
1) im Winter 1871—72 80 Schtller. 
3) im Winter 1872—73 84 



9) 



2) im Sommer 1872 79 Schtller. 
4) im Sommer 1873 87 „ 



Gesamtzahl derSchttler des Gymnasinms nnd der Elementarschule imSommer 1873: 280. 
Tflbingen im September 1873. 



K. Gymnasialrektorat. 



Dr. HirzeL 



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