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Digitized by the Internet Archive
in 2010 with funding from
University of Toronto
http://www.archive.org/details/derkampfumarabieOOstuh
HANBURGISCHE
FORSCHUNGEN
Wirtschaftliche und politische Studien
aus hanseatischem Interessengebiet
herausgegeben von
Prof. Dr. Karl Rathgen und Dr. Franz Stuhlmann
Direktor des Seminars für Kais. Geheimem Regierungsrat,
NationaIöl<onomie und Kolonialpolitik ^Generalsekretär der Zentralstelle des
in Hamburg Hamburgisdien Kolonial instituts
Erstes Heft
Der Kampf um Arabien
zwischen der Türkei und England
von
Franz Stuhlmann
Verlag von George Westermann
Hamburg .Braunsdi weig Berlin
DER KAMPF
UM
ARABIEN
zwischen der
Türkei und England
Von
Franz Stuhlmann
Verlag von George Westermann
Hamburg Braunschweig Berlin
Ausgegeben April 1916
Alle Rechte vorbehalten
Copyright 1916
by George Westermann
Braunschweig
V3
^7
Druck von George Westermann in Braunschweig
WAS WIR WOLLEN
Die Unterzeidineten treten mit dem ersten Heft eines
Unternehmens vor die Öffentlichkeit, das bestimmt ist,
das Studium und die Erl^enntnis der Grundlagen von Ham-
burgs politisdien und wirtschaftlichen Existenzbedingungen,
die sich über die ganze Welt erstrecken, zu fördern.
Wie der Name der geplanten Sammlung sagt, wollen
wir die Gelegenheit zur Veröffentlichung von eindringlichen
politischen und wirtschaftlichen Untersuchungen schaffen, die
für Hamburg wie für seine hanseatischen Schwesterstädte
Bedeutung haben, Bedeutung für die Gegenwart. Wir wollen
der Stunde dienen, indem wir die wissenschaftliche Arbeit
auf diesen Gebieten fördern in Ehrfurcht vor der Vergangen-
heit, zum Verständnis der Gegenwart, zum Suchen nach
der Erkenntnis der Entwici^lungstendenzen, die in die Zu-
kunft führen.
Wir denken uns als Leser, über den Kreis der Fach-
gelehrten hinaus, die breite Schicht derer, die mit uns nach
politischer Bildung, nach Belehrung über die Probleme der
Gegenwart verlangen.
Gewaltig sind ja die politischen und wirtschaftlichen Pro-
bleme, vor die diese ungeheure Gegenwart das deutsche
Volk stellt. An ihrer Klärung mitzuarbeiten, ist eine ernste
Pflicht Hamburgs. Hier empfindet jeder, daß die je^t oft
gehörte Frage „Kontinentalpolitik oder Überseepolitik?" schief
gestellt ist. Wie die Machtverteilung, wie das Wirtschafts-
leben über See sich gestalten werden, gehört zu den Grund-
fragen der Entwicklung des deutschen Volkes, berührt das
Lebenselement Hamburgs und seiner Schwesterstädte an
der See.
Mehr als je weist die Gegenwart uns darauf hin, wie von
der politischen Machtgestaltung die Zukunft unserer wirt-
schaftlichen Betätigung nach außen hin abhängt. Welche
Wege geht die Ausdehnung der politischen Macht und des
wirtschaftlichen Einflusses der großen Staaten über See?
Wie sind ihre Methoden, was ihre Ziele? Die ersten Hefte
— VI —
unserer Sammlung werden dies für Arabien, für Persien
schildern.
Und weiter: Wie sind die Entwicklungstendenzen des
großen Welthandels der Gegenwart? Welche Wege wird er
gehen? Was wird seine Stellung werden in einer Zeit, in
der nichts festzustehen scheint? Wie werden die großen
Rohstoffmärkte sich gestalten? Wie wird sich die Einfuhr
organisieren, wie die Ausfuhr in einer Zeit wachsender Syn-
dizierung und Kartellierung, die durch die Kriegsnotwendig-
keiten und die zu erwartenden Kriegsfolgen eine immer
weitere Steigung erfährt und über die herkömmlichen Schran-
ken und Maßregeln der Handels- und Zollpolitik immer
mehr hinwegschreitet? Was wird die Stellung sein, die Ham-
burgs Handel in den Umgestaltungen des Weltverkehrs ein-
nimmt?
Wir maßen uns nicht an, in dieser Zeit den Männern
der Tat Vorschriften zu machen, noch ist es die Aufgabe
der Wissenschaft, dem Hamburger Kaufmann gute Lehren
zu geben, wo er Geschäfte machen und wie er Geld ver-
dienen kann.
Aber wir wünschen dazu beizutragen, daß der Weg, den
die Männer der Tat zu gehen haben, heller beleuchtet werde,
daß immer mehr klare Erkenntnis an Stelle des instinkt-
mäßigen Tastens trete. In dem uns feindlichen oder übelwol-
lenden Auslande werden die Leistungen Deutschlands seiner
wissenschaftlichen Organisation zugeschrieben. So einseitig
und übertrieben manche dieser Behauptungen sind, sie zeigen
doch den Weg, den die deutsche Willenskraft zu gehen hat.
Bei der Begründung dieser Sammlung leitet die Heraus-
geber der Gedanke, daß in der wissenschaftlichen Arbeit
über Politik und Wirtschaftsleben Hamburg, der Brenn-
punkt der überseeischen Bestrebungen Deutschlands, bisher
nicht die genügende Würdigung gefunden hat. Wir möchten
einen Sammelpunkt für die schaffen, welche hier mitarbeiten
wollen. Wir hoffen anregend auf die Arbeiter zu wirken,
denen durch unsere Veröffentlichung Gelegenheit geboten
wird, vor der Öffentlichkeit zu Worte zu kommen und die
Schäle zu heben, die an wissenschaftlichem Rohstoff un-
genu^t liegen.
Wir denken dabei in erster Linie an das politische und
volkswirtschaftliche Material, das in dem großen Wirtschafts-
— VII —
archiv der „Zentralstelle des Hamburgischen Kolonialinstituts "
gesammelt wird. Die Umwandlung dieses toten Materials
in lebendige Erkenntnis scheint uns eine dringliche ham-
burgische Aufgabe zu sein. Aber wir hoffen auch auf die
Ausbeutung aller sonstigen Quellen, die in Hamburg, in
seinen Schwesterstädten und anderwärts für die Erkenntnis
der politischen und wirtschaftlidien Gegenwart fließen.
Das Bedürfnis nach solcher Erkenntnis zeigen die immer
erneuten Versuche, eine hamburgische Zeitschrift zu begrün-
den. Wir wollen solchen Bestrebungen nicht hindernd in
den Weg treten; wir hoffen sie im Gegenteil zu fördern.
Die „Hamburgischen Forschungen" wollen solchen Unter-
suchungen zur Öffentlichkeit verhelfen, die über den Rahmen
des wissenschaftlichen Aufsa^es hinausgehen. Sie sollen
keine Sammlung von Broschüren werden, sondern eine Reihe
in sich selbständiger Hefte, zunächst etwa drei bis fünf im
Jahre. Das Band, das sie zusammenhält, werden die hansea-
tischen politischen und wirtschaftlichen Interessen sein.
Wir denken dabei zunächst an die überseeischen Be-
ziehungen. Aber wir denken auch an deren Wurzeln in der
engeren Heimat, an die Rückwirkung der Weltereignisse auf
die großen hanseatischen Handels- und Verkehrsplä^e. Und
darüber hinaus denken wir an die Erörterung der heimi-
schen Aufgaben der Zukunft, die politischen und wirtschaft-
lichen Probleme der Großstadtentwicklung in ihrer eigenarti-
gen Form des Stadtstaates auf dem Boden des Deutschen
Reiches.
Daß dabei nur das wissenschaftliche Denken und die
wissenschaftliche Forschung zu Worte kommen soll, daß die
„Hamburgischen Forschungen" keiner Partei- oder Inter-
essentengruppe dienen werden, bedarf kaum der Hervor-
hebung.
Ob uns gelingen wird, unsere Ziele zu erreichen, wird
davon abhängen, ob wir die Mitarbeiter finden. Gelingt
das, dann werden auch die Leser nicht fehlen, die die Fort-
führung des Unternehmens ermöglichen.
Hamburg, im März 1916.
Dr. KARL RATHGEN. Dr. FRANZ STUHLMANN.
GELEITWORT
zum 1. Heft
Es mag als eine wunderliche Laune ersdieinen, sich im
Getümmel des Weltkrieges mit einem so abgelegenen
Lande wie Arabien zu besdiäftigen, das mit Red\t das un-
bekannteste Gebiet der Erde genannt wird. Aber Arabien
liegt dem Kriege, um den sich heute alle Gedanken drehen,
nur örtlich entfernt. Ich hoffe in den folgenden Blättern
zeigen zu können, weldie große Wichtigkeit dies Land für
unseren Verbündeten, die Türkei, hat, und welche ungeheure
Gefahr in ihm liegt für unseren Hauptfeind England, das
hier fast empfindlicher ist als in Europa.
Lord Curzon sagt („Persia", Bd. I, S. 4): „Die Zukunft
von Großbritannien wird entschieden werden, nidit in
Europa, selbst nicht auf dem Meere und den Ozeanen,
durch welche seine Flagge streift, auch nicht in dem größeren
Britannien, das durch Englands Abkömmlinge geschaffen
wurde, sondern in dem Erdteil (d. h. Asien), aus welchem
unser Auswanderergeschlecht zuallererst kam, und in wel-
chen deren Nachkommen als Eroberer zurückgekehrt sind.
Ohne Indien könnte das englische Weltreich nicht bestehen.
Der Besi^ von Indien ist das unveräußerliche Kennzeichen
der Hoheit in der östlichen Halbkugel."
Um Indien dreht sich für England alles, und Arabien
ist Vorfeld für die Verteidigung Indiens, Jede Verlegung
Englands in Arabien würde sofortige empfindliche
Rückwirkung auf Indien haben.
Aus diesen Erwägungen heraus erstrebte England die
Alleinherrschaft in Arabien und die Macht über die Zufuhr-
straßen von Europa nach dem Indisdien Ozean. Das Rote
Meer und noch mehr der Perser Golf sind heute
praktisch geschlossene englische Seen, die nur mit
Englands Erlaubnis befahren werden dürfen. Die-
ser Zustand ist für uns und alle anderen Nationen
schwer zu ertragen. Die Befreiung der Meere von der
Alleinherrschaft Englands ist offen ausgesprochenes Kriegs-
ziel. Wie dies in Arabien zu erstreben ist, wie sehr wir
_ IX —
dort eine starke, verbündete Türkei uns wünschen, das
mögen diese Zeilen zeigen.
Wenn idi unternommen habe, die Probleme an der Hand
der Geschichte in ihrer Entwicklung etwas breiter darzulegen,
so konnte dies nicht als streng wissenschaftliche Unter-
suchung geschehen; die muß ich dem Geschichtsforsdier und
Orientalisten überlassen. Ich konnte nur als Laie das zu-
sammenstellen, was ich in der Literatur und in der Tages-
presse darüber gefunden habe, ohne imstande zu sein,
überall strenge Kritik üben zu können. Ich habe dabei
die Archive der „Zentralstelle des Hamburgischen Kolonial-
instituts" weitgehend benu^t, wäre ohne diese überhaupt
nicht in der Lage gewesen, die neueren Ereignisse übersicht-
lich zusammenzustellen. Aber die Zeitungsnachrichten —
aus dem Bedürfnis des Tages geschaffen und oft auch von
den politischen Rüci^sichten beeinflußt — geben nicht immer
die geschichtliche Wahrheit. Wenn idi sie dennodi vielfach
aufnahm, so gesdiah es im Bewußtsein, daß zwar jeder
neue Tag die Berichte ändern und die Folgerungen daraus
Lügen strafen kann, daß aber eine Darstellung ohne die
Berücksichtigung der Tagespresse lückenhaft gewesen wäre.
Herr Prof., Dr. Tschudi lieh mir in zahlreidien Fällen
seinen Rat und das reiche Material seines „Seminars für
Gesdiichte und Kultur des Orients".
Lieber hätte ich es gesehen, wenn ich mit der Arbeit
bis zum Abschluß des Krieges hätte warten können. Die
Irrtümer wären dann leichter zu vermeiden gewesen. Der
Zweck dieser Schrift aber, über die wichtigen vorliegenden
Probleme, die Wenigen geläufig sein werden, den Politiker
aufzuklären, wäre zum guten Teil fortgefallen, wenn sie
post festum gekommen wäre. So möge sie als „Kriegs-
industrie" ihren Weg gehen.
Wenn daneben der an Arabien vorbeifahrende Reisende
Aufschlüsse über das verschlossene Land findet, wenn unsere
Kolonisten in Ostafrika einiges für sie Interessante daraus
entnehmen können, und wenn sie anregend wirken sollte,
daß die in Arabien ruhenden Probleme von deutscher Seite
gefördert werden, dann ist der Zweck der Schrift erfüllt.
Hamburg, im März 1916.
F. Stuhlmann.
Die Reditsdireibung der arabischen Namen
In der Reditsdireibung der arabisdien Namen habe idi midi tun-
lidist an die Sdireibweise der Arabisten gehalten. Folgende Zeid\en
weidien von der allgemeinen deutsdien Ausspradie ab:
t ist das englisdve tt>, arabisdi vi>
g das weid\e französisdie ge, das arabisdie j-, es wird vielfadi dsc(),
dj umsdirieben
gh das arabisdie ^, ein Mittellaut zwisdien r und g
h arabisdi r, das halbrauhe b in der Mitte zwisdien dem deutsdien
t) und et)
ch das arabisdie ^, wie im deutsdien ad)', oft audi kb umsdirieben
d das arabisdie '>, ein sehr weidies englisdies tb
z das stimmhafte, sogenannte „weidie s", nidit wie das deutsdiezzu
spredien!
S das stimmlose harte s (engl., franz. s, arabisdi c/*)
s arabisdi ^, deutsdi sd), englisdi sb, französisdi cb
s arabisdi ^, das dumpfe, emphatisdie s
d arabisdi J=, das dumpfe, emphatisdie d, englisdi meist db gesdirieben
t ararabisdi i>, das dumpfe, emphatisdie t
z arabisdi la, das emphatisdie z, meist wie zj ausgesprodien
" arabisdi ^, der Kehlversdiluß bei der Ausspradie von a, i, o, u
q arabisdi 3> ^^^ dumpfe, gutturale k oder g
ü und w, arabisdi 3, der Halbvokal u
i und j, arabisdi i3 -i^, der Halbvokal /.
Es ist meist sdiwer, festzustellen, mit weldien Zeidien die Orts-
namen von den Arabern gesdirieben werden. Idi habe midi durdiweg
nadi Hartmann und Sprenger geriditet; in vielen Fällen hat Herr Prof.
Tsdiudi mir seinen Rat gegeben.
Auf der Übersiditskarte habe idi die Namen nadi obiger Art und
wie im Text gesdirieben, bei den nadi den Originalen wiedergegebenen
anderen Karten mußte natürlidi die englisdie oder französisdie Sdireib-
weise belassen werden.
Nadistehende Liste erleiditert die Identifizierung der Ortsnamen
im Vergleidi mit der Sdireibweise der Engländer und Franzosen auf
anderen Karten.
Abu Dabi (Sabi, Tabi, Dhabi, Dabä)
el-'Ager (Al-'Oqair, Adsdier)
Al-Ahsa (Hasa, El-Hasa, Lahsa)
'AbbSs
Abd 'all (Abdali, Abdalee)
'Abd ul- AzTz
Abu 'ArTs (Abu Arisdi, „Vater der
Wohnhütte")
' Aden (Aden, von Engländern f älsdi-
lidi Eden gesprodien)
'Amara
'Ämiri (Amiri)
'Amrän
'Aqaba (Akaba, „der Aufstieg")
AqrabT (Akrabee)
el- arid
Ahwaz (Ahwas, Adiwas)
'Asir (Asir)
'Awlaqi (Aulaki, Bulaka)
Baghdäd (Bagdad)!
Bahrain (Baharain bzw. Bahren
„zwei Meere" gesdirieben)
— XI -
Basra (Basohra, Basra)
BTr 'All [nen")
BTres-Seb'a(Birseba,„siebenBrun-
Bu el-Haf (Balhaf, das alte Kane)
Büsehr (fälsdilidv für Bender Abu
Seher; Bushire, Budiire)
Chor Abdallah
Dabä (Dubai)
Dahnä (Dahna, Dana)
Dala (Ad-dala, Dhala)
Derät (Deraa)
Ebhä (Abha)
Eufrat (arab. Frat, Euphrat)
Fadli (Fadhli, Fudhli)
Gäsak (Dschask, Jask, Djasak)
öauf (Al-G6f, Dsdiauf, Dschouf)
dawasin (Qawasim, Jawasim)
Gebel (Dsdiebel)
Ghazza (Gaza)
Ghonfude (Qunfuda, Kunfuda)
Ghumdän
Gidda (Dschidda, Tschedda)
Hadramaut, aS^n/uvTa
Hajil (Hail, Hajal)
Hawsäb (Haushabee, Hazzabee)
Higäz (Hedschas)
Hille
Hindi je
Hit [maus)
Hodeidä (Hudeida, ^aSrjSov d. Ptolo-
Hofhuf
Hormüz (Hormus, Ornnus)
Iräq (Irak)
Irqa (Irka, Arqah)
Isma'Tlija (Ismailia)
Jäfe i (Jafei, Yaffaea)
Janbu (Jambo)
Katiri (Kathiri)
Kerbels
Kism (Kisdiim, Kishim)
Küt el- amära (d. h. „das noch be-
wohnte SdiloQ" im Gegensa^ zum
Ruinen-Schloß)
el-Kuweit (bzw. Al-KwTt, Küit „das
kleine Kastell", Kuweit, Chowait,
Koweit; auch Qurain [gespr. Gren]
„das kleine Hörn" genannt)
Lahg (Lahedsch, Lahedj)
Lohija (Lohheja)
Ma'an
Main
Makallä (Mekalla, Makullah)
Ma rib
Masqat (Maskat, Muscate)
Matrah (Matrah)
Mehri (Mahra)
Mirbat (Mirbat)
Mocha' (Mokka, Mokha)
Mohammera
Muntefik (Muntefitsch)
Musawa (Massauah)
En-Näsirije (Nasirije)
Negd (Nedsched)
el-*Öla (Ola, Ula)
Oman (Uman)
Scheich Otman (Sdieich Osman)
Qahtan (Kahtan, Kachtan)
Qarmaten (Karmaten)
Qasim (Kassim)
Qasr i-sirin (Kasrichirin)
el-Qatar (Gittr, Kater)
el-Qatif (Katif, Qatyf)
Qisn (Kischin, Kishin, Südarabien)
Qurna (Korna, Gurna ,,das Hörn")
Ras el-Chaime (Ras el Kheime)
Rastaq
Rijad (Er-Rijäd, Riadh)
Sabjä (Sabija)
Sabwät(Schabat,Schabuat,Shabwat)
Sa da
Sämarrä (Samarra)
Sammar (Schammar, Schamar)
Sana (Sana, Sanaa) [cha)
Sarga (Sarga, Schardja, Dscharad-
Satt el-'Arab (Schatt el-Arab)
Sibam (Shibam)
Siher (Scheher, Shehr, Shuhr)
Sohar (Sohar)
Soqotra (Sokotra) [esch schiuch)
Süq es-sijüch (Suk esh-shijuk, Suk
Sür (Sur = Tyrus)
Täif
Taima
Ta'izz
Tamim
Tihama
el-Wegh, Wegg (Wedsch)
Zafär (Dzafar; Dofar, dhofar)
Zebid
Zuber (Sobeir)
INHALTS-ANQABE
Seite
Kapitel 1. Arabien, das Land und seine Bewohner .... 1
Grenzen, Größe, Aufbau (S. 1); Klima in ges(hid\tlicher Zeit
nidht geändert (S. 2); schwache Besiedlung, Beduinen und
Städter als Gegensäfee (S. 3); Semiten, Urbevölkerung möglich
(S. 4); von und nach Arabien gehende Einflüsse (S. 6).
Kapitel 2. Arabien im Altertum . 7
Beziehungen der Ägypter zur Weihrauchregion (S. 7); Handels-
monopol der Südaraber, alte Handelsstraßen (S. 8); Staat der
Minäer und Sabäer (S. 10); Angriffe der Perser auf Südara-
bien (S. 10); Ausbreitung der Ptolomäer; Südaraber besiedeln
Afrika (S. 11); Fürsten von Saba und Du Raidän (S. 11);
Expedition des Aelius Gallus, Jemen schließt sich Persien
an (S. 12); Abessinier ins Land gerufen; jüdsiche Dynastie in
Jemen (S. 13); Perser besiegen die Abessinier in Südarabien .
(S. 14).
Kapitel 3. Das Auftreten des Islam 15
Auftreten Mohammeds hatte neue Auswanderung der Araber
zur Folge (S. 15); Interessen des Weltreiches gehen über
Arabien hinaus, Sife des Chalifats nach Damascus, später nach
Baghdäd verlegt (S. 17); Orienthandel wird durch den Chalifen
monopolisiert (S. 17); Fätimiden erhalten in Mekka Vorzugs-
stellung, von Südarabien aus wird Ostafrika kolonisiert, Unter-
nehmungen nach dem Osten (S. 18).
Kapitel 4. Das Aufkommen der Türken 19
Arabien spielt im Chalifenreich Nebenrolle, das große Gebiet
arabischer Zunge zerfällt politisch (S. 20); Turkvölker kommen
von Osten, stellen sich in die Dienste der Chalifen (S. 20),
die selbst machtlos werden; Mongolen, Türken (S. 21); Handels-
wege nach dem Osten (S.22); der Mameluk Baibars bringt den
vertriebenen Abbäsiden nach Kairo. Ägypter hatten Haupt-
einfluß in Mekka; 1147 unterwerfen die Aijübiden Jemen, 1507
Mameluken zum Roten Meer gegen die Portugiesen (S. 23);
Türkensultan Selim erobert 1517 Ägypten, wird damit auch Herr
in Mekka; türkischer Anspruch auf das Chalifat in dieser Zeit
begründet (S. 23); obgleich formell der Sultan das Chalifat
usurpierte, wird er als Chalif anerkannt. Die „Arabische Frage"
datiert aus dieser Zeit (S. 24).
Kapitel 5. Die Frage der Grenze auf der SinaV-Halbinsel
zwischen Ägypten und der Türkei 26
Staatsrechtliche Stellung Ägyptens (S. 26); Belehnung von
Abbäs Hilmi 1892, nähere Bezeichnung der Sinaigrenze im
Anschluß daran (S. 27) ; Ägypten sendet Mr. Jennings Bramly
— XIII —
Seite
zum SinaT, Differenzen mit der Türkei (S. 28); Ultimatum
Englands, 14.115. Mai 1906 durch Notenaustausdi Friede ge-
sichert (S. 30); Grenzvertrag vom 1. Oi^tober 1906 (S. 31).
Kapitel 6. Die Provinz (Hedschas) Higäz 32
Chalifen hatten Vertreter in Mekka (S. 32); die 'Aliiden be-
kamen als Sdverifen das Übergewicht in Mekka (S. 33); um
960 wird Ga far erster GroQ-Scherif ; 1212 bekommt Familie
Qatäda das GroQ-Scherifat (S. 34); die Sendung des Mahmal
(S. 35); Ägypter, dann Türken in Mekka (S. 36); Verhältnis
des türkischen Gouverneurs zum Groß-Scherifen (S. 37); die
Wahhäbiten-Unruhen und ihre Bekämpfung durch Ägypten
(S. 39); 1858 Ermordung von Christen und Bombardement von
Gidda (S. 40); türkische Verwaltung in Higäz 1869 (S. 41);
politische Zustände (S. 42).
Die Higäz-Bahn. Religiös -politischer Zweci« (S. 43); An-
schlußbahn Haifa-Mezerib (S. 44); Bausumme als fromme Stif-
tungen gesammelt (S. 45); Widerstand gegen die Weiter-
führung der Bahn (S.46); Zweigbahnen, finanzielle Ergebnisse
(S. 48); Nu^en des Weiterbaues (S. 51).
Die Transarabien-Bahn. Englands Pläne (S.53); nörd-
lidia oder südliche Linienführung.
Die Universität Medina. Gründung 1913 (5.53).
Reformen im Higaz (S. 54); Truppen und Verwaltung im
Higäz (S. 54) ; die Provinz im Weltkrieg (S. 57).
Kapitel 7. Jemen und "Asir 60
Das Land Jemen (S. 60); Kulturrückgang, Dammbruch von
Ma rib (S. 62); Archäologische Probleme (S. 62); Gegnerschaft
Rom -Persien (S. 63); frühislamische Geschichte von Jemen
nach M. Hartmann (S. 63); die Imäme der Zaiditen (S. 65);
Eroberung von Ägypten aus (S. 66); die Portugiesen und ihre
Bekämpfung durch die Türken (S. 67); Türkei erobert Jemen
(S. 68), bleibt bis 1635. Seit 1824 neue Eroberung durch die
Türken bzw. Ägypter (S. 69); Zurückziehen der Türken und
neue Eroberung 1849 (S. 70); erst 1870 wirkliche Bese^ung
von Asir und Jemen (S. 71); Interessenkonflikt mit den Eng-
ländern in Aden 1873 (S. 72); Einrichtung der Zivilverwaltung
(S. 72); Aufstand 1892 (S.73); Verwaltung und Garnison (S. 74);
Aufstand des Imäm Jahjä 1904 (S. 76); Waffenstillstand 1906
(S. 77), wird von Konstantinopel nicht gebilligt; neue Kriegs-
Expedition (S. 78); Sana genommen, aber Türken außerhalb
geschlagen, der Imäm nimmt Sana ein (S. 80); Friedens-
verhandlungen (S. 81); Entwurf des Friedensvertrages (S. 82),
wird vom Ministerium Talaat Bey verworfen (S. 82); Auf-
ständische durch Engländer und Italiener unterstü^t (S. 83);
1909 tritt Sejjid Idris als neuer Widersacher auf (5. 86);
dessen Leben (S. 87); das Land Asir (S. 88); Aufstand des
Idris (S. 89); Verhandlungen mit ihm (S. 90); 1910 neuer all-
gemeiner Aufstand (5.91); Kämpfe in 'Asir mit Unterstü^ung
des Groß-Scherifen (5. 93); Eroberung von Ebhä (5. 94);
Kämpfe im Süden (Jemen) (S. 95); Sana entse^t, schwerer
— XIV —
Seite
Rüdtschlag, Niederlage bei Gizan; Friedensverhandlungen
wegen der politischen Lage in Europa (S. 95); der Friedens-
vertrag vom 5./6. August 1913 (S. 96); der Krieg mit Italien (S.99).
Die Bahn Hodeida-San a(S.lOO); Beschädigung der Bahn
durdi Italien; Bahnbau- Gesellschaft 1909 von Franzosen ge-
gründet (S. 100); Linienführung (S. 101); französisch -italieni-
scher Zwischenfall (S. 102); die wichtige Bahn sollte vor\
Türken gebaut werden, möglichst bis Scheich Sa'id und mit
Anschluß nach Mekka, ebenso türkisch-deutsAe Funkenstation
(S. 103).
Neue Kämpfe gegen Idris (S. 104); Verhandlungen mit Idris
(S. 106), der 1914 Gesandte nach Konstantinopel schickt
(S. 108); Ergebnis unbekannt; Jemen im Weltkriege (S. 108);
türkisch-italienischer Zwischenfall (S. 110); Türken im Bund
mit Jahjä gegen Aden (S. 111); Deutschlands Interesse an
starker Türkei in Jemen (S. 113).
Kapitel 8. Sdieich Sa'td und die französischen Ansprüche
darauf 113
Lage und Wichtigkeit des Punktes (S. 114); französische Inter-
essen seit 1734 (S. 115); Landkauf durch Marseiller Gesell-
schaft (S. 116); auf englische Veranlassung das Gebiet der
Türkei überlassen (S.117); neue Bemühungen der Franzosen
(5. 118); Scheich Said im Weltkriege (S. 120).
Kapitel 9. Die englischen Besi^ungen und Interessengebiete
in Südarabien 120
'Aden im Altertum (S. 120) und im Islam (S. 121); 'Aden von
Portugiesen (S. 123) und Türken erobert (S. 124); Holländer,
East India Co. und Franzosen in Aden und Mochä (S. 126);
Perim 1799 zum erstenmal von England beseht (S. 128); Eng-
länder in Mochä und Jemen (S. 130); der Sultan von Lahg
(S. 132); England erobert Aden (S. 133); Verhandlung mit
südarabischen Stämmen (S. 135); 'Aden 1850 Freihafen (S.136);
englischer Landkauf (S. 137); Grenzverhandlung mit Türkei
(S. 137); Bahnprojekte (S. 138); deutsches Konsulat (S. 138);
Aden im Weltkriege (weitere Nachrichten) (S. 139); Stämme
unterwerfen sidi der Türkei (S. 140).
Die südarabischen Stämme (S. 140); Abd'äli, Subaihi,
Fadli, Aqrabi usw. (S. 141 ff.), englische Verträge mit ihnen,
Seher und Makalla (S. 145); Qisn und Soqotra (S. 146); Perim
(S. 147); Kamarän (S. 148); Soqotra (S. 148); Ghüria-Müriä
(S. 149); Britisch-Somali (S. 149).
Kapitel 10. Masqat oder 'Oman 151
'Oman im Altertum (S. 152); Einwanderer aus Jemen (S. 154);
Perser in Oman (S. 155); die Sekte der Ibäditen (S. 156);
die verschiedenen Imäm-Familien (S. 158); die Portugiesen
(S. 159); ihre Vertreibung; Kolonien von Oman in Ostafrika
(S. 160); die Familie der Äl bu-Said in Oman (S. 162); die
Nachfolge, die Stellung des Imän und des weltlichen Herr-
schers (S. 1 64) ; Vertrag mit England über Bender Abbäs (S. 1 54) ;
— XV —
Seite
die Bestrebungen Englands (S. 167); der Kampf Englands
gegen dieSeeräuber(S. 168); Würde des Imäm erlischt (S. 170);
Bestrebungen der Franzosen (S. 171); Beziehung zur per-
sischen Küste (S. 173); der Trucial-Vertrag (S. 173); Teilung
des Reiches zwischen 'On\än und Ostafrika, der Schiedsspruch
Englands (S. 176); die Subsidie von Zanzibar (S. 179); Ver-
träge mit England (S. 179); Unruhen von 1895 und Englands
hinterlistiges Verhalten dabei (S. 180); die neuen französischen
Interessen in Oman (S. 181); Vertrag von 1844 und 1862
(S. 181); die Flaggenatteste (S. 182); der Plan einer franzö-
sischen Kohlenstation in Masqat (S. 183); die schwere Span-
nung zwischen England und Frankreich in Oman wird durch
Abschluß der Entente cordiale gelöst (S. 185); Rußlands Streben
zum Perser Golf (S. 187); Unruhen in Oman 1913 (S. 188);
Waffenschmuggel und Waffenhandel (S. 189); Englands Herr-
schaft in 'Oman (S. 191); Waffenstatistik (S. 192).
Kapitel 11. Die Bahrain-Inseln und die türkische Provinz
El-Ahsä (Lahsä, EI-Hasa) 195
Bahrain; Alte Geschicfite von Bahrain, die dortigen Grab-
Tumuli (S. 195); Perlenfischerei (S. 196); englische Bestre-
bungen (S. 197); die Hamburger Firma Robert WoenckhausÄ Co.
(S. 198); Hamburg-Amerika-Linie im Perser Golf (S. 201).
El-Ahsä (S.202), wird türkische Provinz (S.203); Eroberung
1913 durch die Wahhäbiten auf Anstiften der Engländer
(S. 204).
Kapitel 12. Die Wahhäbiten und ihre Nadif olger in Negd
(Ibn Sa'üd und Ihn Rasid) 206
Das Land (S. 206); Auftreten und Geschichte der Wahhäbiten
(S. 207); die Türken ins Land gerufen (S. 208); die Sippe
der Ibn Rasid in Häjil (S.209); Kämpfe zwischen Ibn Sa üd und
Ibn Rasid (S. 210); der Häuptling von Kuweit tritt für Ibn
Saud mit Hilfe der Engländer ein (S. 211); Ibn Saud erobert
mit Hilfe der Engländer die türkische Provinz el-Ahsä (S. 212) ;
die Wahhäbiten-Emire im Weltkriege (S. 214).
Kapitel 13. Der Iräq 217
Alte Kultur des Landes (S. 218); Verfall unter den späteren
'Abbäsiden (S. 220); Bewässerungspläne (S. 221); Handels-
straßen (S. 222); die Baghdäd-Bahn (S. 223).
Die Fragevon el-Kuweit (S. 224); Vertrag Englands mit
Schech Mubarak 1899 (S. 225); Mubarak wird von England
für unabhängig von der Türkei erklärt (S.226); er beansprucht
auf Veranlassung Englands auch Chor 'Abdallah (S. 228); Ver-
handlungen wegen der Endstrecke der Baghdäd-Bahn (S.229);
der Vertrag darüber nicht ratifiziert (S. 231).
Die Petrole Umgegenden vonMohamm er ausw.(S.231);
Konzession von d'Arcy (S.232); Anglo Persian Oil Co. (S.233);
Übernahme von Aktien derselben durch England (S. 234);
Bewässerungsplan bei Mohammera (S.236); Petroleumquellen
bei Oasr i-Sirin (S. 237).
— XVI —
Seite
Die Sd\iffahrt auf dem Tigris und Eufrat (S. 239);
Konzession der Firma Lynch 1860 nur für Eufrat erteilt (S. 240).
Mesopotamien im Weltkriege (S. 241); Poona Brigade
über Bahrain nadi Fa'o (S. 242); Verhaftung der deutschen
Konsuln' (S. 242); Basra erobert (S. 242); Qurna (S. 243);
das Petroleum-Gebiet (S. 243); Schlacht bei Saiba (S. 244);
Bese^ung von Küt el-'amära (S.245); Schiiten auf Seite der
Türken (S. 246); englische Niederlage bei Ktesiphon (S.247);
Mißlingen des Entsafees der nach Kut geflüchteten Engländer
(S.248); russische Bestrebungen, durch Persien zum Golf zu
kommen (S. 249).
Kapitel 14. Schlußbetrachtung 252
Politische Zustände in Arabien beim Ausbruch des Krieges
(S. 252); Übersicht über die Geschichte von Südwestarabien
(S. 253) ; Bedeutung der türkischen Macht in Jemen (S. 255);
Bedeutung von Mesopotamien und des Perser Golfes für
Indien und England (S. 255); die für die äußere und innere
Politik der Türkei in Arabien vorliegenden Probleme (S. 261).
Nachträge 262
Zum Kapitel 6 (S. 262i; zum Kapit 1 9 (S. 262); zum Kapitel 13
(S. 262); Amtlicher englischer Bericht über die Kämpfe im
'Iräq von Mitte April bis Ende September 1915 (S. 263).
Anhang. Aktenstücke im Urtext zu den Kapiteln 5, 9, 10, 11,
13; Nr. 1-54 3*
Die Liste der Verträge ist jedem Kapitel vorangese^t.
Karten, l. Übersichtskarte von Arabien.
2. Karte von Jemen (nach „Geographica! Journal",
Jan. 1914).
3. a) Karte von Scheich Said nach englischen und fran-
zösischen Quellen.
b) Karte der Umgegend von 'Aden, nach englischen
Quellen.
4. Karte des Iräq, nach der „Times"; mit Nebenkarte
der Petroleumfunde nach englischen Quellen.
Textkarte: Die Gegend von Küt el- amära, nach der „Times" . . 277
1. Kapitel
Arabien, das Land und seine Bewohner
Als unregelmäQiges Viered« schiebt sich zwischen Asien
und Afrika die Halbinsel Arabien ein, im Westen durch
das über 2000 Kilometer lange Rote Meer, im Osten durch
den etwa 1500 Kilometer langen Persischen Golf (ein-
schließlith des Busens von "Oman) von den Nachbarländern
getrennt. Die Scheidung durch diese nur schmalen Graben-
brüche ist aber nicht so stark, als daß sie eine Trennung
der anliegenden Völker herbeigeführt hätte, vielmehr sind
seit der Urzeit von Westen und Osten stets Völker- und
Kulturströme von und nach Arabien nachweisbar. Nach Nor-
den sefet die Halbinsel sich klimatisch, geologisch und
kulturell als „syrische Wüste" zwischen Palästina — Syrien
und Mesopotamien fort.
Über drei Millionen Quadratkilometer, also etwa eine
Fläche ein Viertel so groß wie Europa, sind von diesem
Lande eingenc)mmen, das eine riesige Bodenscholle bildet,
die aus einer archäischen Unterlage besteht, auf welcher im
Norden Kreideformation, im Süden Tertiär liegt, und aus
der im Nordwesten sowie im Süden an zahlreichen Stellen
jungvulkanische Durchbrüche und Lawa-Ergüsse hervortreten.
Es ist ein Tafelland, das im Westen und Süden durch Graben-
brüche oder Verwerfungen ganz schroffe Steilküsten bildet,
denen nur im Westen eine wüstenartige Vorebene, Tihäma
genannt, sich vorlagert. Stufenförmig fallen hier die Ränder
der Tafel zum Roten Meere ab, von dem aus der Tafelrand
den Eindruck eines Gebirges macht. Nach Osten oder
besser Nordosten dacht das Tafelland sich langsam zum
Perser Golfe ab. Nur in der Südosted^e, im 'Oman, ist
noch ein Bergland dem Meere vorgelagert. Der größte Teil
des Landes ist von Steppen eingenommen, nur im Nord-
osten (Nefüd) und im Süden (Dahnä) sind große wasser-
lose Wüsten mit Sanddünen eingelagert. Die geringe
Gliederung des Landes, seine geographisd\e Lage zwischen
den großen Wüstenländern der Erde und die Regenarmut
Hamburgische Forschungen. Heftl. 1
— 2 —
bedingen es, daß seine anbaufähigen Flädien nicht sehr
ausgedehnt sind. Bei weitem der größte Teil des Landes
besteht aus Steppen, die während vieler Monate des Jahres
fast wüstenartig vegetationslos sind, die aber immer nod\
Weidegelegenheit bieten. Ständige Flüsse sind nicht vor-
handen. Im Bereich der periodischen Wasserläufe und in
den Tälern zwischen aufgesetzten Höhenzügen aber sind
an sehr vielen Stellen anbaufähige Flächen zu finden, ab-
gesehen von den Oasen, die Quellen ihr Dasein verdanken.
Das Klima der Küstenländer ist sehr heiß, das der Hoch-
flächen extrem, am Tage glühend heiß, nadits oft eisig
kalt. Im Südwesten, in der Landschaft Jemen, wo die
zerfransten Ränder des Plateaus bis auf 3000 Meter Meeres-
höhe aufsteigen, und wo unter dem Einfluß des Passates
vom Indischen Ozean her eine richtige Regenzeit im Spät-
sommer auftritt, ist an den Berghängen und in den Tälern
reicheres Kulturland vorhanden, das zur Entstehung eines
größeren Gemeinwesens mit seßhafter Bodenwirtschaft von
alters her geführt hat. Auf Terrassenbauten mit künst-
licher Bewässerung wird dort der beste Kaffee der Welt
erzeugt. Wo Kultur vorhanden, ist ein primitiver Pflug
überall bekannt.
Nach allem, was man aus der geschichtlich faßbaren Zeit
weiß, sind Klima und Bodenbeschaffenheit von Arabien sich
gleich geblieben. Sdion die ältesten Berichte der Ägypter
und Assyrier reden von den Wüstensteppen und ihren
Nomaden-Bewohnern. Je nach den friedlichen Verhält-
nissen und je nadi dem Kulturstande wird sidk die Grenze
zwischen Ackerbauland und Weide im Laufe der Zeit zwar
oft ein wenig verschoben haben; die in der geographischen
Lage und dem Klima begründete Natur des Landes hat
sich aber kaum geändert, solange die Geschichte Kunde
davon hat. Es ist zwar möglich und sogar wahrscheinlich,
daß in vorgeschichtlichen Zeiten, in einer Pluvial-Periode,
Arabien günstigere Lebensbedingungen hatte; bei der ge-
ringen Erforschung des Landes können wir dies aber noch
nicht beweisen. Wenn man im Süden von Palästina, auf der
Sinai-Halbinsel, Stätten findet, die heute ganz verödet sind,
in denen aber untrügliche Zeichen der Besiedlung, ja von
Weinanbau zu sehen sind, wenn in Nordost- Jemen, z. B.
bei Ma'rib, weite Strecken heute verödet sind, an denen
— 3 —
früher reidies Leben blühte, wenn ferner die Reste von
Schlössern und Burgen, ja von Städten in Tälern gefunden
werden, die heute nur von Nomaden belebt sind, so
ist dies kaum ein Zeichen von neueren Klimasdiwankungen,
sondern vielmehr von dem Sinken des Kulturstandes infolge
politischer oder wirtschaftlicher Änderungen seit dem Ver-
fall des 'Abbäsiden- Reiches, durch welche eine mangel-
hafte Wasserökonomie bedingt wurde. Denn auch in den
reicheren Gegenden ist ohne sorgsamste Wasserhaltung,
ohne Aufspeicherung des Ergebnisses der wenigen Regen,
ein pfleglicher Landbau nicht möglich.
Die Landesnatur hat es von alters her bedingt, daß
Arabien nur recht schwach besiedelt sein kann. Für das
große Gebiet schwanken die Schalungen zwischen 3, 5 und
11 Millionen Menschen. Immer hat es dort Nomaden ge-
geben, die, wenn auch meistens an bestimmte Zonen ge-
bunden, keine festen Wohnsi^e haben, die frei in der
Steppe mit und von ihren Tieren leben, und die in tiefer
Verachtung herabsehen auf die Städter und Aci^erbauer,
welche in mühsamer Arbeit der dauernd bewohnten und
bestellten Scholle einen Ertrag abzwingen, den jene ihnen
räuberischerweise auch noch streitig machen. Daß diese
Nomaden von der Urzeit an nur Viehzüchter gewesen sind,
kann man mit Eduard Hahn nicht glauben. Ihre Urahnen
werden Hackbauer oder Ackerbauer gewesen sein, die durch
irgendwelche Ungunst der Verhältnisse ergiebigere Gebiete
verlassen und die Steppe bezogen haben, oder deren einst
reichere Gebiete in der Vorzeit austrockneten, so daß sie
zum Nomadismus gezwungen wurden. Geschichtlich nach-
weisbar ist dies in Arabien aber nicht. Denn in der
ältesten Zeit schon wird uns von den räuberischen Be-
wohnern der Syrischen Wüste berichtet, die allein „'aribi"
genannt wurden, während die seßhaften Leute weiter im
Süden mit verschiedenen Namen — Nabatäer, Chatramiten,
Minäer, Sabäer usw. belegt wurden. Dieser unüberbrüci«-
bare Gegensa^ zwischen Nomaden-Beduinen und Städter-
Ackerbauern innerhalb von Arabien geht durch die ganze
Geschichte hindurch. Beduinen (Ma'additen, Kassiten) und
Ackerbauer (Jemeniten, Kelbiten) stehen auch in der Ge-
schichte des Islam gegeneinander, und noch heute dauert
diese in der Natur des Landes begründete Zweiteilung der
1*
_ 4 —
Bewohner an.* Es gibt audi „nomadische" Städte, so
sonderbar dies klingen mag; aber Mekka ist das Beispiel
einer soldien, wo die den Karawanenhandel beherrschenden
Nomaden sidi einen Ruhepunkt schafften, wo seit der
Urzeit ein Marktpla^ und ein Heiligtum für die Nomaden
bestand, wo aber kein Landbau ein Leben aus der Sdiolle
heraus ermöglichte. Dagegen war Jatrib-Medina eine echte
Stadt in einer Oase. Der Gegensatz dieser beiden Orte
ist in dem Antagonismus von Nomaden und Seßhaften be-
gründet. In Mekka herrschten seit dem 5. Jahrhundert die
Häupter des Beduinenstammes der Qureis, der Raubadel,
in Medina der Kaufmann und Städter.
Man nimmt im allgemeinen an, daß Arabien die Ur-
heimat der Semiten ist. Diese bilden aber nur eine SpradK-
(nicht eine Völker-)Gruppe, welche der der Hamiten eng
verwandt, nur eine Unterart der lefeteren ist. Geschichtlich
nachweisbar ist jedenfalls, daß von Arabien aus semitische
Völker die umliegenden Kulturländer beeinflußten, besonders
wenn diese eine schwächliche Herrschaft hatten. Die baby-
lonischen Semiten, die Ghana 'aniter-Hebräer, die Aramäer
und die Araber selbst gingen von Arabien aus. Manche
Fingerzeige lassen aber darauf schließen, daß in der Urzeit
im Süden der Halbinsel auch noch Stämme saßen, die den
Hamiten verwandt waren, daß diese teilweise nach Afrika
zogen, teilweise vielleicht aber von Norden aus semitisiert
wurden. 2 Es ist gar nicht unmöglich, daß die so tiefgehende
Zweiteilung der Kultur in Arabien auch eine ethnographische
Ursache hat, daß hier herrschende semitische Nomaden-
klassen sich über eine seßhafte, mehr hamitische Schicht
schoben, ja, daß Südarabien ein Durchgangsland für lang-
dauernde transerythräische Völkerwanderungen war, die von
Asien aus nach Afrika gerichtet waren. Mangels genauer
' Im Oman nennt man die Stadt- und Dorfbewohner hadr (daher
wohl der Landesname Hadramaüt, der sdion im biblischen Altertum
bekannt war) und die Nomaden bedü {nadx Badger).
2 Der französische Reisende d'Arnaud, der audi Ma rib 1843 be-
suchte, fand in Jemen eine Paria-Rasse, Chadim (pl. Achdam) genannt
wörtlich „Sklaven" Üourn. asiatique XV, p. 376. Paris 1850), die glatte
Haare, dunkle Haut, Adlernase, dicke Lippen haben und größer als die
Araber sind. Es sind Musikanten, Schmiede, öffentliche Ausrufer usw.
d'Arnaud und Playfair denken an Nachkommen von Himjariten, Persern
oder Abessiniern. Aber vielleicht handelt es sici\ um eine Urbevölkerung.
— 5 —
Untersuchungen sind hierüber die Ansichten aber durchaus
noch ungeklärt. Jedenfalls wissen wir, daß auch im kulturell
hochstehenden Südarabien eine herrschende Adelsklasse und
weniger angesehene, kastenartig gegliederte Städter vor-
handen sind.
Die hervorstechende Eigenschaft der Araber ist ihre
durch das Leben in der Wüstensteppe bedingte Unabhängig-
keit, ihr unbändiger Freiheitsdrang, der sich keiner staat-
lichen Autorität fügt. Das ganze politische Leben spielt sich
in Stämmen und Stammesgruppen ab, die Familie tritt
ebenso zurück wie der Einzelne. Wenn es zu Staatsbil-
dungen kommt, was nur bei den seßhaften Bevölkerungen
denkbar ist, sehen wir mehr Stammeskoalitionen zur Durch-
führung bestimmter gemeinsamer Interessen als einen Staat
in unserem Sinne.
Die umliegenden reichen Kulturländer reizten die Araber
zu Angriffen, zur Ausbeutung. Die abströmenden Beduinen
gingen aber vielfach in der Kultur der von ihnen heim-
gesuchten Länder auf, die wohl vorher schon semitische
Sprachstämme hatten. Die Akkader im sumerischen Baby-
lonien, die Ghana 'aniter und Hebräer, sowie die Aramäer
in den nördlichen Ländern sind dafür ebensolche Beispiele
wie vielleicht auch die Hyksos in Ägypten und später die
Araber im weiten Gebiete von Rom, Byzanz und Persien.
Aber die umliegenden Kulturländer haben sicher auch große
Einflüsse nach Arabien hin geltend gemacht: von den Su-
merern, Babyloniern, Assyrern, von Syrien, Ägypten, Per-
sien und Byzanz-Rom sind sicher viele Anregungen in
Arabien eingedrungen; wissen wir doch auch von einer
großen jüdischen und christlichen Kolonisierung im vor-
mohammedanischen Arabien. Es ist denkbar, daß die Kultur-
gebiete und Staatsbildungen in Südarabien auf den Grund-
lagen derartiger Fremdeinflüsse entstanden sind. Nach-
weisen läßt sich dies nodi nidKt, da die archäologische Er-
forschung des Landes sich bislang nur auf das an der
Oberfläche Gefundene beschränken mußte. Eins aber wissen
wir genau, daß nämlich in sehr alter Zeit schon in Süd-
arabien sich Handelszentren gebildet hatten, die einerseits
die Schäle des Landes selbst, wie Gold, Weihrauch und
Myrrhe, ausführten, die anderseits aber den Zwischen-
handel mit den Produkten von Indien, vielleicht sogar von
— 6 —
Ostasien (Zimmet!) völlig monopolisierten. Für diesen
Handel besorgten die Beduinen den Transport auf dem
Karawanenwege nach Norden. Auch ein Handelsverkehr zur
See hat sich in ganz alter Zeit dort schon ausgebildet, auf
dem Roten Meer nach Ägypten, auf dem Perser Golf nach
Babylonien und vielleicht auch auf dem Ozean nach Indien
und Afrika. Die jefet noch in Arabien bestehenden Über-
land-Handelswege sind aus der Urzeit übernommen, heute
sind es die Pilgerstraßen.
Wenn man im allgemeinen auch sagen kann, daß gegen-
wärtig das Land arm und unproduktiv ist, so gehen die
Meinungen von Kennern wie Hartmann, Musil u. a. m. doch
dahin, daß unendlich viel mehr vom Boden ausgenufet
werden könnte, als es je^t geschieht. Denkbar ist, daß
außerdem auch heute noch große Bodenschä^e vorhanden
sind; im Altertum wenigstens brachte das Land viel Gold.
Sprenger^ schreibt: „Namentlich sind es die Araber, welche
den größten Teil des im Altertum vorhandenen Goldes
unter die Menschen geschleudert haben. Id\ habe sie sogar
im Verdacht, daß sie es sind, welche dieses unselige Metall
zuerst feilgeboten und die sacra auri fames angereizt haben.
Die Weihrauchregion ist das Herz des alten Welthandels,
und es hat schon in vorhistorischer Zeit zu pulsieren an-
gefangen.* Sprenger sucht das Goldland Ophir-HawTla
der Bibel in Chaulän in Westarabien, Glaser in Jemama
im Inneren des Landes.
Aber auch wenn die Zeit für das Monopol des Gewürz-
und Aromatenhandels, für die Goldproduktion Arabiens
vorbei ist, welche letztere noch zur Zeit von Hamdäni
(gestorben 945 zu San'ä) in Betrieb waren, so kann das
Land doch mindestens ebensoviel hervorbringen wie die
unter ähnlichen Verhältnissen stehenden Gebiete von Tripoli-
tanien bis Algerien. Viehzuchtsprodukte werden massenhaft
geliefert werden können, der Landbau läßt sich vermehren
ebenso wie der hochgetriebene Gartenbau in Südarabien,
der auf künstlich bewässerten Terrassen Kaffee der edelsten
Art trägt. Nur Ruhe ist dem Lande nötig.
* W. Sprenger, Alte Geographie Arabiens (Bern 1875), S. 299.
— 7 —
2. Kapitel
Arabien im Altertum
Es kann hier nidit der Ort sein, um eine auch nur an-
nähernde Übersicht unserer Kenntnisse von der alten
Geschidite Arabiens zu geben. Nur wenige Hinweise mögen
genügen, soweit sie dazu dienen, die heutigen Verhältnisse
zu beleuchten.
„Die Weihrauchregion ", schreibt Sprenger, „ist das Herz
des alten Welthandels, und es hat sdion in vorhistorischer
Zeit zu pulsieren angefangen. Die Araber, näher bezeichnet
die Bewohner der Weihrauchregion, sind die Gründer des
Welthandels, wie er im Altertum bestand."
Im letzten (13.) Jahr der Regierung von Sahure, also
etwa 2600 v. Chr. nach Ed. Meyer, wurden aus Punt
80000(?) Myrrhen und Gold nach Ägypten gebracht. Unter
dem letzten König der XI. Dynastie, S'onchkere', also
etwa um 2000 v. Chr., soll der Beamte Henu aus dem
Lande Punt (Pwn — t) frischen, „grünen" Weihrauch geholt
haben. Die Königin Hatsepsut der XVIII. Dynastie, also
etwa um 1530 v. Chr., hat in ihrem neunten Regierungs-
jahr eine große Expedition nach Punt gesandt, die auf den
Wänden des Tempels in Der-el- Bahrt dargestellt wurde.
Bis mindestens zur XXI. Dynastie, also vielleicht bis 1100
V. Chr., können wir diese Beziehungen verfolgen. Das
Land Punt, das „Land der Götter", weil es im Osten, gegen
Sonnenaufgang lag, ist nach der Deutung vieler Gelehrter
im heutigen Somali-Gebiet zu suchen, also an der afrika-
nischen Küste; andere aber meinen, daß die Länder zu beiden
Seiten des Roten Meeres gemeint sind.^ Zur Erlangung
von Weihraucfi, vielleicht auch von Gold, wurden diese Reisen
unternommen, die, wohl nur von den Herrschern aus-
gerüstet, Regale waren. Sie deuten aber auf uralte Bezie-
hungen zu den Weihrauchländern. Anscheinend wurde von
dort schon in frühester Zeit auch Zimmet geholt,^ das nicht
* W.Max Müller, Asien und Europa (S. 116) schreibt, daß Punt audi
Hbst, Hbsti, also etwa Habasat genannt wurde. Dies war aber der
Name der Leute, die früher in Südarabien in der Weihrauchregion
wohnten und nach Glaser von dort aus Abessinien kolonisierten.
2 Theophrast (372 bis 287 v. Chr.) kennt Kassia-Kinnamon als aus
Saba kommend.
— 8 —
in Südarabien oder dem Somalilande wuchs, sondern durdi
den Handel dorthin gelangte, wahrscheinlidi über Land aus
Ostasien nach dem Perser Golf. Wir können höchstens dar-
über Vermutungen anstellen, wie der Handel mit Weihrauch
entstanden ist, der pharmakologisch und geographisch so
eng begrenzt ist, und dessen alle altorientalischen Kultur-
völker als Ausstattung für ihren Kultus bedurften. Tatsache
ist, daß dieser Handel in sehr alter Zeit entstanden sein
muß, und daß er in den Gegenden des Golfes von 'Aden
sein Zentrum hatte. In den Weihrauchländern, besonders
in Hadramaüt, dem Hazarmawet der Bibel, und im Jemen,
dem Reiche der sagenhaften Königin von Saba (der Bilqis
der arabischen Sage) saßen die Händler mit diesem wert-
vollen und gesuchten Stoff. Und ebenso sicher ist es, daß
schon in sehr alter Zeit Erzeugnisse von Indien dort gehandelt
wurden, die nur auf dem Seewege nach Arabien gelangen
konnten. Durch dies Handelsmonopol, das noch bis ins Mittel-
alter streng gehütet wurde, hatte sich in Südarabien ein
märchenhafter Reichtum angesammelt, von dem das Gerücht
in die fernen Kulturländer drang. Salomo und Hiram traten
um 1000 V. Chr. in Handelsbeziehungen mit Südarabien,
woraus die Sage vom Besuch der Königin von Saba in Jeru-
salem entstand. Teils wurden diese Waren zu Wasser durch
das Rote Meer bis 'Esjon geber der Juden, Aila der Griechen
oder 'Aqaba der heutigen Araber, oder bis Qolzum-Suez
gebracht und von dort zu Lande durch das Land der Naba-
täer über Petra nach Ghazza am Mittelmeer oder nach
Ägypten. Teils aber nahm der Handel den Landweg, wobei
der Transport durcii die Nomaden monopolisiert wurde.
Man ging vom eigentlichen Weihrauchlande Hadramaüt und
seinem Hauptort Sabwat, Sabbatha des Ptolomäos, eines-
teils nach dem Lande der Minäer in Westarabien und von
dort nach Norden auf der heutigen Pilgerstraße, und weiter
entweder über das Rote Meer nach Ägypten oder nordwärts
nach Ghazza oder Damaskus. Anderseits aber ging der
Weg von Hadramaüt nach den Uferländern des Perser Golfes,
nach der alten Handelsmetropole Gerra, die an der Fest-
landsküste gegenüber den Bahrain-Inseln lag. Hier ver-
einigte sich der Weg mit einem anderen, der übers Wasser
von Indien (Pattala am Indus?) und besonders von Persien
kam. Von Gerra ging es entweder nach Norden über
_ 9 —
Teredon an der Mündung des Euphrat nadi Babylon oder
quer durch Arabien nadi Petra-Ghazza, nach Ägypten oder
Damaskus. Dies waren die uralten Handelsstädte und
Handelswege, und le^tere sind bis auf den heutigen Tag
als Pilgerstraßen geblieben. Als Marktpla^ und Heiligtum,
wo während der Karawanenzeit Landfriede herrschte, ist
durch den Handel Mekka, das alte Makoraba, in weit vor-
islamischer Zeit entstanden. Mit dem Handel kam großer
Reichtum und der Erzählung nach ein unerhörter Luxus
nach Südarabien. Welcher Rasse die dortigen Händler an-
gehörten, wissen .wir nidit. Sie umgaben ihr Geschäft mit
einem religiösen Nimbus und wachten eifersüchtig über ihr
Monopol. In der Gegend von Gerra, auf der Insel Tylos-
Bahrain, sollen nach Herodot die Vorfahren der Phönizier
gewohnt haben, ehe sie mit der chana'anäischen Semiten-
wanderung zum Mittelmeer gelangten. Denkbar ist, daß
stammverwandte Leute auch in Südarabien wohnten. Jeden-
falls aber wird die arabische Küste des Persischen Golfes
auch immer stark von Sumer-Babylonien und von Persien
beeinflußt gewesen sein, wie es heute noch der Fall ist.
Durch die Monopolstellung waren die alten Händler
Südarabiens in der Lage, die Preise für ihre Waren kon-
kurrenzlos zu bestimmen, und die Abgaben, welche von der
Priesterschaft ihr auferlegt wurden, sowie die hohen Trans-
portkosten, welche die Nomaden nahmen, verteuerten die
Waren nodi mehr. Aber wenigstens die Endpunkte dieses
Orienthandels waren oft in verschiedenen Händen. Die
Herrscher in Ägypten, Babylon und Damaskus sowie später
in Persien, Byzanz und Rom konnten nicht beliebig hohe
Abgaben dem Handel auferlegen, wenn sie ihn nicht aus
ihrem Bereiche verjagen wollten. Auch die Händler der
Ankunftsmärkte ließen wegen gegenseitiger Konkurrenz die
Preise nicht ins ungemessene steigen. Sobald aber im
Laufe der Geschichte alle Endpunkte des Orienthandels
einer Macht Untertan waren, trat eine Monopolisierung
schlimmster Art auf.
Eigenartige Staatswesen haben sich in Südarabien ge-
bildet, Konföderationen, deren Staatsrecht wahrscheinlich
auf der arabischen Stammesverfassung aufgebaut war. Noch
harren viele der von Glaser gesammelten Inschriften der
Bearbeitung, und bisher hat man nur das auf der Ober-
— 10 —
fläche liegende aufnehmen können. Für eine Datierung
fehlen noch sehr viele Unterlagen. Das älteste der bisher
greifbaren Reiche war das der Minäer (Ma'Tn), dessen zeit-
liche Begrenzung nach oben und unten unsicher ist. Hart-
mann se^t es von 700 bis 230 v. Chr., Glaser bis ins zweite
Jahrtausend hinauf. Jedenfalls waren die legten Minäer noch
gleichzeitig mit dem Reiche der Sabäer, von dessen Bezie-
hung zu Salomon uns die Bibel erzählt, und das jedenfalls
das Reich der Minäer abgelöst hatte. Die Sabäer hatten ihre
Hauptstadt in dem heutigen Ma'rib, dessen großer Wasser-
staudamm (gebrochen nach Glaser nidit vor 543 n. Chr.)
in der arabischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielte.
Es ist kein Wunder, daß dies reiche Zentrum des Orient-
handels die Habgier der großen Kulturstaaten reizte. Salama-
nassar II. hatte um 900 Feldzüge gegen Arabien unter-
nommen. Unter Tiglat Pileser III. waren 738 die Sabäer
und auch Medina Assyrien tributpflichtig; Sargon unterwarf
715, Assarhaddon 671 südarabische Stämme, und um 640
unternahm Assurbanipal Feldzüge gegen Arabien. Nach dem
Aufkommen der Perser und der Bese^ung von Ägypten (525)
durch Kambyses wird Arabien audi persisch beeinflußt ge-
wesen sein. Nach der Angabe von Herodot sollen die Araber
schon dem Darius (521 — 485) jährlich einen Tribut von
1000 Talenten Weihrauch haben senden müssen. Als Alex-
ander der Große 325 seinen Admiral Nearchos aussandte, um
von Indien aus den Seeweg zu nehmen, bekam dieser auch
einen Auftrag für Arabien. Die Nachfolger Alexanders in
Persien und Ägypten werden jedenfalls ihr Augenmerk auch
nach dem Weihrauchlande gerichtet haben. Besonders aber
wird Persien schon damals wie auch in späterer Zeit die
Ostküste von Arabien beherrscht haben.
Die Ptolemäer, die den von Darius angelegten Kanal
vom Nil nach Qolzum(Klysma)-Suez wiederhergestellt hatten,
suchten den indischen Handel durch das Rote Meer, die
Seleukiden dagegen auf die persische Straße zu lenken. Die
Perser aber waren auf die Vermittlung der Gerräer und
Nabatäer angewiesen, während es den Ptolemäern gelang,
den direkten Seeweg sich zu öffnen. Ptolemäos II. Phila-
delphos (284 — 247) umfuhr Arabien bei seinen Kriegen
gegen die Perser, seine Nachfolger legten Handelskolonien
überall am Roten Meere an. Von Ptolemäos III. Euergetes
— 11 —
(247 — 221) finden wir in Adulis (bei Musawä) Inschriften.
Von Ptolemäos Sotor (115 — 80) ist eine Münze sogar
in Deutsch-Ostafrika ausgegraben worden. Hellenistischer
Kultureinfluß hat sich in Abessinien und auch wohl in Süd-
arabien geltend gemacht.
Solange die nördlichen Reiche mächtig waren, konnten
die Südaraber sich nur nadi Afrika ausbreiten. Wahrschein-
lich werden Jahrhunderte lang Menschen von Südarabien
nad\ der gegenüberliegenden Küste gewandert sein und so
den Grund zu der hamitischen Bevölkerung in den Län-
dern der Galla, Somali u. a. m. gelegt haben. Die Sabäer
selbst haben etwa 500 v. Chr. Abessinien besiedelt; wenig-
stens datiert Glaser eine sabäische Inschrift von Jeha in
Abessinien aus dieser Zeit. Später, im legten Jahrhundert
vor unserer Zeitrechnung, sind dann die Habast aus Süd-
arabien — aus der Gegend des heutigen Mahra — nadi
Abessinien ausgewandert. Nach ihnen wurde dies Land be-
nannt. Und ebenso wie wohl nach Indien fuhren die Sa-
bäer nach der Ostküste von Afrika. Wenigstens berichtet
der Periplus (um 60 n. Chr.), daß die Kaufleute von Mauza-
Muza', beim heutigen Mocha gelegen, „nach altem Her-
kommen" Handel an der afrikanischen Küste bis weit nach
Süden trieben.
Innere Unruhen sind es wahrscheinlich gewesen, die an
Stelle der Herrschaft der Sabäer eine andere in Südarabien
aufkommen ließen. Leute von der Südwestspi^e Arabiens,
aus Himjar, bekamen die Gewalt, ihre Fürsten nennen sich
Könige von Saba und Du Raidän. Einige Gelehrte glauben,
daß diese Umwälzung schon im dritten und zweiten Jahr-
hundert V. Chr. begonnen habe, während Hartmann das
erste Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung annimmt. Viel-
leicht hat bei dieser Umwälzung auch der Umstand mit-
gewirkt, daß um diese Zeit die Parther (Arsaciden) einen
großen Teil der Weihrauchländer beseht hatten. Sobald
Rom 30 V. Chr. Ägypten erobert hatte, gewann es auch am
Roten Meer die Vorherrschaft. Alexandrinische Kaufleute
besuchten die Küstenorte. Von einem von ihnen, Basile,
haben wir den oben schon erwähnten „Periplus", eine Segel-
anweisung für das Rote Meer und den Indischen Ozean
aus der Mitte des ersten christlichen Jahrhunderts. Zur
Zeit dieses Periplus überwog der Seeverkehr. Vorher hatte
— 12 -
das unter hellenistisdiem Einfluß entstandene Reich der
Nabatäer südlidi von Palästina, dessen Einfluß sich von
der Hauptstadt Petra aus weit nach Norden und Süden er-
streckte, den Karawanenverkehr beherrscht. Durch Vermitt-
lung der Nabatäer wollte Augustus das sagenhaftreiche Saba
erobern. 24 v. Chr. sandte er ein Landheer unter Aelius
Gallus ab, ein abenteuerliches Unternehmen, das sich nur
aus der völligen Unkenntnis des römischen Generalstabs in
Alexandria über die Zustände von Innerarabien erklären
läßt, und das völlig scheiterte, auch wenn die römischen
Soldaten etwa bis Ma'rib gekommen sind. Den Kaufleuten
gelang allmählich eine friedliche Eroberung der Küste. Die
Bestrebungen der Römer wurden unterstüöt durch An-
griffe, welche die Abessinier von Axum auf Saba machten.
Rom — das westliche oder das östliche — hat im Laufe
der Zeit stets mit den Abessiniern zusammengehalten, Saba
sich mehr an Persien angelegt. Offenbar im Einverständ-
nis mit Axum haben die Römer auch 'Aden beseht (Eudä-
mon Emporion, das von Plinius Athene genannt wird),
dessen Blütezeit lange vor Plinius gewesen sein muß. Die
Römer werden den Ort wohl nicht sehr lange besessen
haben, wohl nur solange die erste Axumitenherrschaft in
Arabien dauerte, etwa im vierten Jahrhundert n. Chr.^
Aber auch das militärische Vorgehen Roms scheint wieder-
holt zu sein. 201 n. Chr. soll Kaiser Septimius Severus
Arabia felix (im weiteren Sinne) durchzogen haben, und im
Norden hatten die Römer sich schon früher festgeseöt.
Denn 109 besiegte Cornelius Palma unter Trajan die Naba-
täer und gründete so die römische Provinz Arabia.
In der Mitte des vierten Jahrhunderts (nach Glaser 356)
hören wir, daß 'Aden eine der drei arabischen Städte war,
in denen mit Genehmigung des eingeborenen Herrsciiers
christliche Kirchen erbaut wurden; die anderen Orte waren
Tafär und Hormüz.
Seit der Erstarkung Persiens durch das Aufkommen
der Sassaniden (226 n. Chr.) schloß sich Jemen immer mehr
den Persern an, wohl auf Grund der Bedrängung durch Rom
und Abessinien. In Abessinien gelangte, wohl auf Druck von
1 Die aus ciem Bericht im Periplus erschlossene Bese^ung von
'Aden durch die Römer ist recht unsicher (vgl. auch Mommsen, Rom.
GesA. V, 611).
— 13 —
Rom, das Christentum sehr früh (etwa Ende des vierten Jahr-
hunderts) zur Aufnahme, das in Persien — mit Ausnahme
der von Rom vertriebenen Nestorianer — nicht geduldet
wurde, besonders weil es für römisch galt. Das perser-
freundliche Saba öffnete sidi deshalb mehr den Juden, die
wohl schon seit sehr langer Zeit dort vereinzelt lebten, in
größerer Zahl vielleicht seit der Zerstörung Jerusalems ein-
gewandert waren. Die südarabischen Herrscher gewannen
großen Einfluß: Samir Juhar'is (etwa 280 n. Chr.) soll
einen Kriegszug nach Sogdiana unternommen haben, das
man nach ihm Samirkand (Samarkand) genannt hat. Dort
sollen himjarische Inschriften gefunden sein. Er wollte durch
Turkestan nach China — ein Zeichen für die uralten
Handelsbeziehungen von Südwestarabien über den Perser
Golf nach Innerasien. Der Enkel von oamir, der Tubba' el-
Aqran, soll sogar einen Zug nach China unternommen
haben, wo er eine Besamung von Arabern zurüd^ließ.
Der mit den Herrsdiern unzufriedene Feudaladel hatte
von 300 bis 370 die Abessinier ins Land gerufen, die aber
nicht nur den Persereinfluß, sondern auch die Macht der
Barone brachen. Dadurch gewann das städtische Bürgertum
die Oberhand und (nach Hartmann) mit ihm die handels-
gewandten Juden an Macht, die das eingeborene Königtum
Unterstufen. Und dieses nahm die jüdische Religion an.
Es handelte sich also zugleich um eine politische und eine
wirtschaftliche Revolution in demokratisch -kapitalistischer
Richtung. Der lefete der jüdischen Könige, Du Nawäs, ver-
anlaßte etwa 520 in Jemen eine große Christenverfolgung.
Als Reaktion hiergegen fielen die christlichen Abessinier
unter der Regierung von Elisbaas, wie die Griechen ihn
nannten, wieder in Jemen ein, und ihr Feldherr Arjat er-
oberte es 525. Die Straße von Bäb el-Mandeb wurde in
diesem Jahre nach den Acta Arethae (Dillmann, Axumi-
tisches Reich, 39) durch eine eiserne Kette aus strategisciien
Rücksichten geschlossen. Man wollte das Rote Meer und
seinen Handel für Rom-Abessinien haben. Etwa hundert
Jahre lang war das Land eine abessinische Provinz und
stand auch mit Ost-Rom gut — denn West-Rom war ja in
der Völkerwanderung 467 vernichtet worden. Der christliche
Statthalter Abraha el-asram breitete seine Macht aus, er
versuchte sogar, wenn auch vergeblich, Mekka zu erobern
— 14 —
(Zug mit den Elefanten). Wir sehen, daß also auch jefet
wieder die Zustände der nördlichen Reiche ihre Einflüsse
nach Arabien erstreckten: Kaiser Justinian ging 532 und
540 — 562 gegen Persien siegreich vor, und ebenso auch fast
gleichzeitig das mit Byzanz verbündete Abessinien gegen
Arabien. Der dortige Adel aber erhoffte Hilfe von den
Persern und wandte sich mit einer Gesandtschaft an den
Sassaniden Chosrau Anusirwan. Dieser rüstete tatsächlidi
eine Expedition aus. Der lefete abessinische Statthalter,
der 575 von den Persern unter Horzad ibn Narsi, genannt
Wahriz, bei 'Aden gesdilagen wurde, hieß Masruk. Ein
Araber Ma'di-Karib wurde als persischer Statthalter in
Jemen eingese^t.
Nachdem die Abessinier noch einmal die Gewalt an sidi
gerissen hatten, kamen die Perser unter demselben Wahriz
595 zurü(k, der dann selbst die Statthalterschaft übernahm.
Seit 597 war Jemen eine persische Provinz unter persischen
Gouverneuren, die auch das Nord-Somaliland beherrschten.
Die Macht der Perser muß aber in Südarabien nicht sehr
einflußreich gewesen sein, das Land war politisch zerrissen
und geschwächt. Die dort zahlreich vorhandenen Juden be-
nufeten ihre höhere geistige und finanzielle Kraft, um sich
Vorteile zu verschaffen.
Der Perser Chosrau II. Parwez (590 — 628) eroberte auch
Ägypten; er hatte bei dem Niedergang der byzantinischen
Macht zeitweilig die Herrschaft über alle orientalischen
Handelswege erhalten, wodurch er eine Kontrolle über un-
geheure Reichtümer ausüben konnte. Schon zur Zeit des
Plinius soll der Wert der vom Orient nach Rom eingeführ-
ten Waren in unserem Gelde viele Millionen Mark gewesen
sein,^ und seit den inzwischen verflossenen fünf Jahrhun-
derten hatte dieser Handel sich gewiß noch vermehrt.
Römisches Geld floß auch in bar massenhaft nach dem
Orient: in Masqat-Sohär fanden die Portugiesen 1601 eine
große Menge römischer Münzen aus der Zeit des Tiberius,
^ Plinius gibt den Betrag der den Arabern und Indiern von Rom
gezahlten Kaufgelder auf 100 Millionen Sesterzen (22 Millionen Mark,
für Arabien allein auf 12 Millionen Mark an [Mommsen, Rom. Gesch.,
V, 617]). Eine Kamellast Weihraudi kam damals in Qhazza auf 688 Denare
(600 Mark) zu stehen infolge hoher Abgaben an die Priesterschaft und
unterwegs.
— 15 —
und sogar in Ostasien werden heute nodi römisdie Gold-
stücke der Kaiserzeit gefunden.
Aus unserer Betraditung ersehen wir, daß in Südarabien
das Zentrum des alten Orienthandels war, daß sich dort
unter dem Einfluß dieses Handels und wohl durch kulturelle
Befruchtung aus Babylonien, Persien, Ägypten und Byzanz
eine eigenartige städtische Kultur gebildet hatte. Rom-
Byzanz und Persien beeinflußten die politischen und wirt-
stfiaftlidhen Zustände im Jemen; diese beiden Großmächte
hielten sich auch hier das Gegengewicht, so daß keine von
ihnen eine dauernde Monopolstellung im Orienthandel der
antiken Welt erreichte. Die großen Antagonisten der Alten
Welt, Rom und Persien, aber versuchten stets beide, die
so wichtigen Handelsstraßen nach dem Orient zu beherr-
schen oder wenigstens zu beeinflussen, und diese gingen
durch das Rote Meer und durch den Perser Golf bzw. durch
die Halbinsel Arabien mit Karawanen. Der große Umschlags-
pla^ für den Orienthandel war in Südarabien, wo teils die
Produkte des Landes selbst (Gold, Weihrauch und Myrrhen),
teils Waren aus Indien und Afrika gehandelt wurden. Die
dortigen Kaufleute wachten eifersüchtig über die Quellen
ihres Reichtums, sie ließen die fremden Händler nur bis zu
ihren Plänen kommen, hüllten aber die Herkunft der Pro-
dukte in mystisches Dunkel, um die Konkurrenz fern-
zuhalten.
3. Kapitel
Das Auftreten des Islam
In die Zeit der persischen Fremdherrschaft, der persischen
* und byzantinischen politischen und wirtschaftlichen Ri-
valität, der starken Beeinflussung des arabischen Heiden-
tums durch persische, jüdische und christliche Religions-
strömungen fällt das Auftreten von Mohammed, dessen
Lehre durch eine neue semitische Auswanderung aus
Arabien in die ganze antike byzantinisch-persische Welt
getragen wurde. Arabien ist die Wiege des Islam, ebenso
wie der islamischen Staatsidee; zur Entwicklung aber kamen
beide erst nach Eroberung der alten Kulturländer, durch
die der Islam befruchtet wurde. Die Jemeniten und mit
ihnen die von ihnen abstammenden Bewohner von Medina
— 16 —
und anderer Orte haben als Städter noch lange Zeit eine
besondere Stellung im Islam eingenommen, gegenüber
dem Mekka-Adel und den Beduinen. Mohammed, als Ab-
kömmling des Mekka-Adels, versuchte in seiner ersten
Zeit sogar gegen die Städter und besonders die perser-
freundlidien Jemeniten mit den christlichen Abessiniern
zusammen Hand in Hand zu gehen, aber vergeblich. So
verfolgte er seine Pläne mit den Städtern. Noch zu seinen
Lebzeiten hatte er Mu'äd als Gesandten zu dem persischen
Statthalter Almarzuban (Budan?) nadi Jemen gesandt, mit
dem Erfolge, daß die dortige Oberschicht der Bevölkerung
um 634 den Islam annahm.
Mohammed war ohne direkte männlidie Nachkommen
und ohne Bestimmung über die Erbfolge gestorben. Es
entstand zunächst ein Wahlreich; bei der Einsetzung des
Chalifen stritten immer die Interessen der Leute von
Mekka und von Medina, der Beduinen und der Städter, gegen-
einander. Dem Stammesadel der Altaraber trat außerdem
der neue Geistesadel der direkten Genossen der Propheten
entgegen. Zuerst war Medina das Zentrum des Chalifats.
Von hier wurden die aufständischen Araber bekämpft, von
hier aus auch die großen Eroberungen ins Werk gese^t.
Die lawinenartige Ausbreitung des Islam ist nur erklär-
lich aus dem Verfall und der geringen Widerstandskraft der
alten Kulturstaaten und aus dem staatsmännischen Talent
seines Gründers, der es verstand, die Beduinen religiös zu
begeistern und politisch zusammenzufassen. Nicht aus
Hunger und Übervölkerung sind die Araber aus ihrem
Lande herausgebrochen, sondern getragen von religiösem
Fanatismus und angestachelt durch Beutelust.
Zuerst wurden die Gebiete erobert, in denen schon
arabische Stämme seit langem eingedrungen und in der
Überzahl waren. Babylonien wurde gegen die Sassaniden
besiegt. Dort gründeten die Araber 638 Basra und Küfa.
Im Jahre 635 schon war Damaskus gefallen, und 641 wurde
auch Alexandrien von 'Amr, dem Feldherrn von 'Omar,
den Byzantinern abgenommen. Der Chalif selbst aber
blieb in Medina. Der dritte Chalif, 'Otmän, gehörte noch
zu den alten „Ausgewanderten", den Genossen des Pro-
pheten. Unter ihm vergrößerte das Reich sich bedeutend,
Nordafrika und Teile von Kleinasien wurden erobert. Die
— 17 —
Interessen des Riesengebiets gingen dadurch weit über die
Grenzen von Arabien hinaus. Der Omaijade Mu'äwija
verlegte deshalb den Si^ der Regierung nach Damaskus,
wo er, der Angehörige der stolzesten Adelsfamilie von
Mekka, das Chalifat als erblich in seiner Familie erklärte,
nachdem er die Anhänger des 'Ali und Husein besiegt
hatte, welche in Kufä und Basra als leibliche Erbfolger
des Propheten kurze Zeit Gegen-Chalifen gewesen waren.
So war gleichzeitig mit dem Zwiespalt in religiöser Be-
ziehung auch die Verlegung des Machtzentrums in die
eroberten Gebiete vor sich gegangen. Ganz hörte der
Einfluß Arabiens auf die Geschicke der islamischen Welt
allerdings wohl erst 754 mit dem Ende der Omaijaden
und Verlegung des Chalifats nach Baghdad durch die
'Abbasiden auf.
Nach der Schaffung des Chalifenreiches war für den
Orienthandel ein völliges Monopol entstanden. Während
früher der Verkehr über Mesopotamien ging, wenn die
Herrscher in Ägypten zu hohe Abgaben erhoben, oder um-
gekehrt über Alexandrien oder Damaskus, wenn der östliche
Weg ungünstig schien, war je^t die Macht überall in einer
Hand. Die Zollstellen in Basra, Buchära, Multan und
Alexandrien wurden von Damaskus und später von Bagh-
dad aus einheitlich geleitet. Alle Orientwaren, alle Ge-
würze, Seidenstoffe und Teppiche, die ins Abendland gingen,
waren in der Preisbildung von dem Chalifen abhängig.
Als Baghdad von 754—1258 der Sit des Chalifats unter
den 'Abbäsiden war, fand der ostindische Handel mehr
auf dem persischen Wege über Basra statt. Aber auch
der Landweg über Mekka wurde noch immer benu^t.
Unter Tulün ging der ägyptische Orienthandel (nach Beci^er)
über die Landenge von Suez und lag in den Händen
abendländischer Juden. Ein bis zwei Jahrhunderte später
ging er durch Ägypten der ganzen Länge nach, getragen
von den Käremiten, einer Organisation großen Stils für
diesen Transithandel, bei dem die Spezereien allein einen
Wert von mehr als 800000 Dinaren hatten, was einem ab-
soluten Goldwert von 8 Millionen Mark entsprach, den
man relativ drei oder viermal so hoch bewerten muß.
(Bed«er, in Clio Bd. XI.]
Für die Politik der Chalifen hatte Arabien kaum noch
Hamburgische Forschungen. Heft 1. 2
— 18 —
Bedeutung. Nur um 900 erwed^te die Bewegung der Qar-
maten große Unruhen, einer isnriä'tlitisdien - si'itisdien
Sekte, die fast ganz Arabien eroberte und sehr bedenklich
nach Nordafrika hinübergriff. In Arabien hielten die Qar-
maten sich in Bahrain und Jemäma am längsten. Arabien
zerfiel allmählich in kleine, fast unabhängige Emirate.
In Mekka versuditen, allerdings aus religiösen Gründen,
die jeweils herrschenden Chalifen Einfluß zu gewinnen. Im
Jahre 969 selten es die ägyptischen Fätimiden durch, daß
sie dort den Ehrenpla^ erhielten; 980 aber gelang es einem
'alTdischen Geschlecht, den anarchischen Zuständen in
Mekka ein Ende zu machen und das Großscherifat daselbst
zu begründen. Der erste Großscherif war Ga'far.
In Südarabien war infolge der Handelsunternehmungen
audi der Wandertrieb immer groß gewesen. Der Sage
nach sollen um 650 Leute aus 'Oman unter einem Dir
oder Tir zusammen mit Higaz-Leuten unter Darod nach
der Somaliküste gezogen sein; sie haben angeblich dort
das Somali-Volk begründet (Paulitschke). Um 712 hatten
die Araber Handelsniederlassungen am Indus. Nach der
bekannten Chronik von Kilwa haben Anhänger vonZaid, dem
Sohne von 'Ali bin Husein, um 739 die ostafrikanische Küste
besiedelt, wohin Südaraber aus Muza'-Mocha schon zur Zeit
des Periplus, also 700 Jahre früher, Handelszüge gemacht
hatten. Im Jahre 750 sollen Araber die Komoren, 850
Madagaskar kolonisiert haben. Die alten Handelsfahrten
nach Ostafrika werden eben nur zeitweilig unterbrochen sein,
wenn auch feste Städte wie Muqdischu dort wohl kaum
vor dem Anfang des 10. Jahrhunderts gegründet wurden.
Zuerst werden Elfenbein und Sklaven, später auch Gold
aus Sofala geholt sein.
Auch nach Osten fanden sicher dauernde Handelsunter-
nehmungen statt. Im hohen Altertum werden die Waren
des fernen Ostens auf dem Karawanenwege durch Inner-
asien und dann nach Pattala am Indus oder nach Persien
gelangt sein. In Samarkand sind himjarische Inschriften
gefunden worden, ein Zeichen, daß die Südaraber bis ins
Oxusgebiet gelangten. Sie sollen dort noch 553 eine ge-
schlossene Siedlung gehabt haben. Später lernte man
den Seeweg kennen. Byzantinische Kaufleute, die wohl
aus Südarabien kamen, sollen 166 n. Chr. in Südchina er-
— 19 —
schienen sein. In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts
gelangten auch chinesische Schiffe nach HTra südöstlich von
Babylon. Doch scheint der Verkehr von West nach Ost
größer gewesen zu sein als umgekehrt. Wir hören, daß
758 Kanton von Arabern und Persern geplündert wurde,
daß die Araber Zutritt in Kanton, Ningpo, Hangtschou,
Kiautschou hatten, und daß sie 999 in Hangtschou Ex-
territorialität genossen. Die Händler naögen wohl meistens
von Straf, Obolla (Apologos), Basra, Hormüz und Bahrain
ausgegangen sein, aber gewiß auch von 'Oman, Hadramaüt
und Jemen. Ihre Fahrten werden in der Geschichte von
Sindbad dem Seefahrer verherrlicht. Seit Anfang des 1 3. Jahr-
hunderts sind auch die Chinesen ihrerseits nach Westen
gefahren; 1408 eroberten sie Ceylon, 1430 erschien ihre
Flotte vor 'Aden und Gidda. Später aber haben diese
Fahrten der Chinesen offenbar aufgehört, während die
Handelsunternehmungen der Araber nach China nur zeitweilig
durdi chinesische Sperrmaßregeln unterbunden wurden. Alle
die erwähnten Verbindungen und die ungemeine Unter-
nehmungslust der Araber kamen dem Orienthandel des
Chalifenreichs zugute. Der indische Ozean war ein ara-
bisches Meer.
Wir sehen also, daß im Mittelalter Arabien politisch von
den Chalifen vernachlässigt war und in voneinander unab-
hängige Emirate oder Imamate zerfiel, daß es aber durch
Handelskolonisation weite Gebiete eroberte und umfang-
reichen Zwischenhandel betrieb. Die Endpunkte der Handels-
straßen im Abendlande aber wurden durch die Chalifen
beherrscht, welche dadurch enorme Reichtümer gewannen.
D
4. Kapitel
Das Aufkommen der Türken
ie Nachfolger von Mohammed hatten die halbe bekannte
Welt erobert. Das große Reich erhielt das Arabische
als Staatssprache, den Islam als Staatsreligion. Von den
Säulen des Herkules und Spanien bis tief nach Asien hinein
ward die arabische Mischkultur verbreitet. Die Araber standen
als Herrenvolk und Militäradel über den unterworfenen
Völkern. Spracheinheit und die Gemeinsamkeit des Glaubens
2*
— 20 -
einigte die Länder auch dann noch, als sie politisch unter
verschiedenen Dynastien auseinandergefallen waren. Nur
Persien trennte sich bald ab unter eigener schiitischer Islam-
Form, mit seiner eigenen Sprache und gestuft auf eine alte,
starke Kultur. Ähnlich wurden die Zustände in Nordindien.
Ein durch die gemeinsame arabische Sprache begründetes
Groß-Arabien reichte jedoch stets von Mesopotamien bis West-
afrika, auch wenn es politisch zerfallen war. Das Stamm-
land, Arabien selbst, aber spielte eine Nebenrolle, nur Mekka
hatte als heiliger Pilgerpla^ Bedeutung. Wer die Ka'ba
beherrschte, war von den Mohammedanern als Imam oder
Chalif, Beherrscher der Gläubigen, angesehen. Der Chalif
hatte die Religion zu verteidigen. Wenn auch die Tradition
nur Mitglieder der Familie Qureis das Imämat zusprach, so
beugte man sich doch aus Zwed^mäßigkeitsgründen der tat-
sächlichen Gewalt, wenn das Chalifat und die Pilgerorte in
Händen von Herrschern waren, welche nicht diesem Stamme
angehörten, ja nicht einmal Araber waren. Allerdings beugte
man sich eben nur dem Zwange; in der Theorie waren
stets Bestrebungen vorhanden, welche gegen die Fremden
das Chalifat der Araber und besonders der Qureis erhofften.
Arabien und Mekka mußten deshalb immer erstrebenswerte
Teile des Chalifenreiches aus religionspolitischen Gründen
sein. Der Süden von Arabien, das schwer zugängliche
Gebirgsland, aber führte ein nationales Sonderleben im
Kampfe aller gegen alle; die Chalifen kümmerten sich
lange Zeit nicht um diese Gebiete.
Von Osten aus schoben sich nomadische Völker aus den
weiten Ebenen Nordasiens nach Westen gegen das Chalifen-
reich. Die Türkvölker saßen im 5. Jahrhundert als Teile
der tatarischen Stämme in einem großen Nomadenreich
zwischen Irtysch und Jenissei. Sie überfluteten die Steppen
bis zum Kaspischen Meer und Ural. Nach dem Ende des
türkischen Reiches am Orchon im 8. Jahrhundert entstand
das Reich der Uiguren, das vom Baikal zum Gelben Fluß
reichte. Teils zogen sie nach Nordpersien und Kleinasien,
teils ins südliche Rußland und in den nördlichen Kaukasus.
Den Türken verwandte Stämme bewohnen heute noch die
Länder von Ostsibirien bis zum Balkan. Im 8. Jahrhundert
nahmen viele türkischen Stämme den Islam von sunnitischem
Ritus an. Als reisige Söldner wurden Mengen dieser Leute
— 21 —
in die Dienste der Herrscher von Persien und Baghdäd
genommen, wo sie bald die tatsächliche Gewalt erhielten.
Ganze Stämme von ihnen traten als Verbündete der Fürsten
auf und machten sich vielfach selbständig. So hatte sich
ein Häuptling Seldsdiuk (Selgüq) mit seinem Volke in
Buchära festgeseöt. Von dort wendete sich dieser nach
seinem Führer benannte Stamm teils nach Syrien und Klein-
asien, teils nach Persien und Baghdäd. Einer ihrer Führer,
Toghrul Beg, eroberte Nordpersien und 1055 Baghdäd, wo
von dann ab das Chalifat unter der Gewalt der Seldschuken,
wie schon vorher unter der der Bujiden, nur noch ein Schein-
dasein fristete in der Hand eines herbeigerufenen Fätimiden
aus Ägypten. Auch Kleinasien kam unter seldschukische
Fürsten. Wenn auch unter ihnen Ordnung herrschte und
die Wissenschaft blühte, so kam durch ihre nomadischen
Völker doch ein Zurückgehen des Ackerbaues gegenüber
der Viehzucht, eine Verödung der Länder, zustande.
Neue Horden brachen aus Innerasien hervor: die Mon-
golen, welche im Anfang des 13. Jahrhunderts unter Dschingis
Chan standen. Transoxanien, Iran und Syrien wurden von
ihnen überrannt, und Hulagu, der Sohn des Dschingis Chan,
vernichtete 1258 Baghdäd und damit das dort herrschende
abbäsidische Chalifat. So war das Kulturleben im Islam
schwer geschädigt.
Den Seldschuken folgte ein anderer oghusischer Türken-
stamm aus Transoxanien, der sich in Anatolien festse^te.
Ihr Herrscher 'Otmän (1288 — 1326) dehnte seine Macht über
Teile von Nord-Kleinasien aus. Nadi ihm wird das Volk die
Osmanen (gesdirieben : 'Otmänen) genannt. Es entstand ein
Kriegerstaat, dessen Heeresverfassung auf dem Lehnswesen
und dem Soldatenorden der Janitscharen begründet war.
Die Balkanhalbinsel wurde erobert. Nach der unglücklichen
Sdilacht bei Angora (1402) wurde das Osmanenreich zeit-
weilig ein Lehnsstaat des Mongolen Timur.
Ein byzantinischer Prätendent Johann VI. Kantakuzenos
rief die Türken zu Hilfe, die Gallipoli beseiten, und 1453
mußte der lefete byzantinische Kaiser Constantin XI. die
Hauptstadt Konstantinopel an Sultan Mehmed IL übergeben.
Die sunnitischen Türken hanefitischen Ritus waren die
Nachfolger von Ost-Rom geworden. In Europa, Asien und
Afrika suchten sie dies Erbe anzutreten. Durch die vielen
— 22 -
Unruhen und durch das Eindringen der nomadischen Völker
in Ackerbauländer waren Reichtum und Blüte in den alten
Kulturländern herabgesunken. Dazu kamen die Züge der
Kreuzfahrer, und ihnen folgten die Handelsunternehmungen
der Genuesen und Venezianer, die von dem Handel der
Chalifenreidie Nu^en zogen.
Alexandrien war der Markt für den Orient und Okzident.
Sein Orienthandel ging durdi das Rote Meer nadi Süd-
arabien. Dort waren 'Aden und Zebid durch ihren Handels-
verkehr berühmt. Le^teres lag zwischen Mochä und Hodeida
etwas landeinwärts. Früher hatten auch die Leute von
Sohär in 'Oman Schiffe nach Indien gesandt, aber der Sultan
der Insel Kism am Eingang zum Perser Golf bei Hörmuz
hinderte sie durch Seeräuberei. Von 'Aden aus gingen die
Schiffe nach dem Indus, Guzerat, Malabar, Hinterindien
und China. Der Welthandel wurde von Aden aus, der im
Süden des Roten Meeres von Zebid aus betrieben. In 'Aden
scheint auch meist Umschlag, d. h. Schiffs- und Eigentums-
wedhsel stattgefunden zu haben. Edrisi schildert uns den
Handel von Aden, wie er Anfang des 12. Jahrhunderts
war: Nach Norden fahrend, wurden die Waren meist in
einem Orte namens Aidab gelöscht, der etwa bei Kap Elba
gegenüber Gidda gelegen haben soll, und von dort gingen
sie über Land an den Nil bei Küs (dem alten Apolinopolis
parva oberhalb Koptos). Auch Marco Polo schreibt vom
Hörensagen über diesen Weg von Aden nach Alexandrien.
Die abendländischen (italienischen) Handelsherren suchten
die Waren in den unterägyptischen Märkten auf, tro^ der
Gewissensbedenken gegenüber den Mohammedanern und
troö der Verbote, welche von der Geistlichkeit gegen den
Handel mit Sarazenen erlassen wurden, besonders in bezug
auf den Verkauf von Material, das den Kriegen der Mo-
hammedaner dienen könnte.
Den isma ilitischen Fätimiden-Sultanen waren in Ägypten
1171 die Aijubiden unter Saladin gefolgt. Diese wurden
1259 durch die Mameluken-Sultane erseht, welche aus dem
Kriegeradel hervorgingen. Der Mameluk Baibars (1260 — 77)
gewährte nach Vernichtung des 'Abbäsiden-Chalifats zu
Baghdäd 1261 den entkommenen 'Abbäsiden Zuflucht in
Ägypten und ließ ihr Oberhaupt, Abul Qäsim, unter dem
Ehrennamen el-mustansir billäh als Scheinchalifen ein-
— 23 —
setjen. Hierdurch verband er den Nimbus der Religion mit
seiner eigenen weltlichen Macht, besonders wo dieser Chalif
ohne Macht nodi ein Angehöriger der Familie des Pro-
pheten war. So fristete das Abbäsiden-Chalifat in Ägypten
ein Sdieindasein bis zur Eroberung des Landes durch die
Osmanen.
Wie oben erwähnt, hatten schon 969 die ägyptischen
Fätimiden es durchgese^t, daß ihnen im heiligen Mekka
der Ehrenplaö gewährt wurde. Dank der maßgebenden
Bedeutung von Ägypten für den Handel von Arabien konnten
sie dies erreichen. Etwa 1174 wurde auch Jemen durch
die Aijübiden-Sultane von Ägypten unterworfen, die dort
das Erbe von Rom antraten. Denn in dessen ägyptischem
Reich war Südarabien in der Theorie dauernd eine Provinz
geblieben, auch wenn dort die römisdie Macht zeitweilig nicht
ausgeübt wurde. Doch behielten die Aijubiden die Herr-
schaft in Jemen nur etwa sechzig Jahre. Der le^te Mameluken-
Sultan Qänsüh al-ghüri sandte 1507 eine Flotte unter Husein
al-kurdi nach dem Roten Meer und dem Indischen Ozean,
um Jemen wieder zu erobern und die indischen Handelsplä^e
vor den Portugiesen zu schüren. Diese hatten nämlich bei
ihren Entdeckungszügen vorwiegend kaufmännische Absichten,
und die Ägypter mußten natürlich fürchten, daß ihr so sehr
bedeutender und einträglicher Orienthandel durch die neuen
Unternehmungen der Portugiesen stark beeinträchtigt wurde.
Anderseits aber spielten bei den Portugiesen auch noch
religiöse Beweggründe mit, die Bekämpfung der Ungläubigen.
Beides mußte zu Abwehrmaßregeln und Zusammenstößen
führen. Doch davon später! Schon 1517 ging die Herrschaft
über das eroberte Sana den Mameluken wieder verloren
an den Imäm der Zaiditen in Jemen.
Nachdem der Türkensultan Selim I. Syrien und Damaskus
erobert, wurden Anfang 1517 die Mameluken von ihm bei
Kairo geschlagen und so Ägypten erobert. Der Großscherif
von Mekka, Barakat II., hatte sich dem siegreichen Selim
sofort unterworfen. Mekka und der nominelle Besiö von
Nordwestarabien, vom Higäz, fiel den Türken somit ohne
weiteres zu. Als Beute führte Selim auch Mutawakkil III.,
den abbasidischen Scheinchalifen, mit nach Konstantinopel,
von dem er sich bald die Chalifenwürde angeblich abtreten
ließ. Seit dieser Zeit hat der Sultan der Türkei den An-
— 24 —
Spruch auf die weltlidie und geistliche Gewalt im orthodoxen
Islam erhoben, er ist Chalif oder Imäm. Wenn er auch
nicht aus dem arabischen Stamme der Qurets ist, so fügen
die Mohammedaner sich doch seiner Gewalt. Wer durch
den Konsensus der geistigen Führer, die Igma', Herrscher
geworden ist, dem beugen sich die Gläubigen, er hat An-
spruch auf den Gehorsam derselben. Die Sure IV, 62
sagt: „Ihr Gläubigen, gehorchet Gott und seinem Gesandten
und denen unter euch, die die Kommandogewalt besitzen";
dies ist die qoranische Grundlage für den Anspruch der
Türkensultane auf das Chalifat, und auf dieses haben sie
immer sehr großes Gewicht gelegt, um die Weltherrschaft-
idee des Islam zu verwirklichen. Dies ist dem Türkensultan
ja gelegentlich des Baues der Higaz-Bahn glänzend ge-
lungen, die ihrerseits wieder der Stärkung der Chalifen-
stellung des Sultans diente. Nicht allen Erwartungen hat
dagegen die Erklärung des Heiligen Krieges im jefeigen
Weltkriege entsprochen, obgleich diese auch wieder nur in-
folge der Chalifeneigenschaft überhaupt möglich war.
Es darf aber nicht vergessen werden, daß in der Theorie
das religiöse Chalifat vom Sultan der Türkei usurpiert ist,
daß es nicht allen Vorschriften des islamischen Glaubens
entspricht, wenn ein Türke und kein Araber vom Stamme
Qurets die höchste geistliche und weltliche Gewalt im Islam
hat. Aus diesen religiösen Gründen und wegen ihres Freiheits-
sinnes, Unabhängigkeitsdranges und Stammesstolzes haben
die Araber zu allen Zeiten und noch heute nie die Hoff-
nung aufgegeben, das Chalifat ihres Gottesstaates wieder
in arabischen Händen zu sehen. Dies ist der Grund der
„Arabischen Frage", die viel von sich reden macht. Die
Türken sind in ihren Außengebieten eben Fremde, die das
Land kraft des Schwertes erobert haben, und die auch als
Fremde nicht überall beliebt sind. Ihre Außenprovinzen
sind etwa mit unseren Kolonien zu vergleichen, und zwar
infolge der früheren Mißwirtschaft sind es meistens nicht
gut verwaltete Kolonien, in denen leider keine geordnete
Verwaltung, Blühen und Gedeihen, Ruhe und Sicherheit
die Bewohner es vergessen lassen, daß eine fremde Macht
sie beherrscht. Natürlich wird es den Türken in islamischen
Ländern leichter zu herrschen, als es für Christen sein
würde, aber unter der Asche glimmt immer diese religiöse
- 25 -
„Arabisdie Frage". Und sie wird glimmend erhalten, ja
zur Flamme entfacht durch den neidischen Einfluß anderer
Mächte. So pflegen die Franzosen in Syrien seit Napoleon,
die Engländer in Südarabien, Mesopotamien und Ägypten
diese Gefühle der Araber, um sie den Türken zu ent-
fremden. In Arabien, womit allein wir uns besdiäftigen
wollen, sind die Engländer die natürlichen Feinde der
Türken. Sie wollen deren Einfluß auf Mekka und somit
auf die gläubigen Mohammedaner aller Länder stören, von
denen England ungezählte Millionen in Indien und Ägypten
als Untertanen hat. Sie wollen auch die großen Handels-
straßen beherrschen, die östlich und westlidi an Arabien
vorbeigehen.
Im nachfolgenden wollen wir nun versudien, die politi-
schen Verhältnisse der türkisdien Außenländer in Arabien
nacheinander im Laufe der Geschichte zu betrachten, und
dabei auch die Gegenbestrebungen der Engländer und an-
derer Europäer beleuchten.
Wir können uns dabei an die türkische Provinz-Einteilung
halten und erst den Nordwesten von Arabien, den Higäz,
nehmen, darauf den Südwesten, Jemen mit 'Asir, folgen
lassen. Es würden dann die englischen Gebiete in 'Aden,
Soqotra und die Schu^staaten in Hadramaüt an die Reihe
kommen. Eingeschoben als nichttürkisches Gebiet würde
ferner das Land 'Oman und die Küste des Perser Golfes,
endlich Innerarabien mit den Sultanaten Sammar und Negd.
Und zum Schluß wäre kurz der \raq 'arabi, das alte Meso-
potamien, mit der Frage der Baghdäd-Bahn zu erwähnen,
woran sich das „Sultanat" Koweit anschließen könnte.
Überall werden wir versuchen, aus den immerhin dürftigen
Nachrichten uns ein Bild zu machen über den Gang der
Ereignisse in Arabien während des legten Weltkrieges, um
daraus einige Fragen abzuleiten, welche für die große Politik
von Wichtigkeit sind.
Vergegenwärtigen wir uns noch kurz, welche Zustände
die Türken vorfanden, als sie 1517 in Arabien erschienen.
Die Türken hatten mit Konstantinopel das Erbe von
Byzanz angetreten, hatten Ägypten erobert und damit audi
das Chalifat des Islam erhalten. Das Streben der Türkei
in Arabien mußte sein, die Heiligen Orte zu besi^en, um
so Einfluß auf die Gläubigen zu gewinnen, außerdem als
- 26 —
Erbe von Ägypten die wichtigsten Straßen des Orienthandels
zu beherrschen.
Mekka und Medina wurden von den Chalifen aus religiösen
Gründen beherrscht, doch spielten dort die Sultane von
Ägypten die Hauptrolle, welche auch in Jemen eingedrungen
waren. In Mekka aber hatte der Großscherif die innere Ver-
waltung und bedeutenden Einfluß; in Jemen und 'AsTr
waren einheimische bzw. zatditische Fürsten als Imäme,
deren Macht zwar auch nicht sehr groß war, immer aber
noch bedeutender als die der Ägypter. Im Iräq, dem
ältesten Kulturlande der Welt, Babylonien, war durch die
dauernden Unruhen der Araber, Perser, Mongolen usw. Öde
eingetreten, die noch vermehrt wurde durch die Zwistigkeiten
zwischen den Sunniten und Schiiten. Baghdäd war 1507
vom Perserkönig Ismail es-Saf! dem Turkmenen Uzun
Hasan abgenommen. Das Innere von Arabien aber war
unabhängig, ebenso wie der Süden der Halbinsel, von Duodez-
fürsten und Stammesältesten beherrscht.
Im Orienthandel waren gerade in dieser Übergangs-
zeit große Veränderungen eingetreten: die Portugiesen
versuchten nach Entdeckung des Seeweges nach Ostindien
diesen Orienthandel in ihre Hand zu bringen, sie begannen
zu diesem Zwecke feste Niederlassungen am Indischen
Ozean anzulegen. Die Venezianer, Genuesen, Pisaner und
und andere abendländische Kaufmannsstaaten aber hatten
das größte Interesse, daß dieser Handel wie früher nach
Norden durch Ägypten und Syrien ging.
5. Kapitel
Die Frage der Grenze auf der Sinai-Halbinsel
zwischen Ägypten und der Türkei
Ägypten war als türkisches Lehen seit dem Frieden von
Kutahia am 4. Mai 1833 an Mehmed 'Ali als Erb-
statthalter gegeben. Durch das Chatt-i-serif vom 13. Fe-
bruar 1841 und den Ferman vom 1. Juni desselben Jahres
wurde das Lehnsverhältnis genauer festgese^t. Am 8. Juni
1873 regelte ein Ferman die Erbfolge für den Chediv (erst
seit 1876 tritt dieser Titel auf) und se^te den jährlichen
— 27 —
Tribut auf 150000 Beutel (zirka 3 Millionen Mark) fest.
Nach der Bese^ung von Ägypten durch die Engländer im
Jahre 1882 blieb das Vasallenverhältnis zur Türkei und
der Tribut bestehen. Als am 14. April 1892 'Abbäs HilmT
als Chediv von der Türkei bestallt wurde (s. Anhang Nr. 1),
ist der Tribut auf 750000 ^ festgese^t und bestimmt, daß
der Chediv auch ohne vorherige Genehmigung der Türkei
rechtsgültige Verträge mit fremden Mächten abschließen
dürfe. Er sollte aber unter keinen Umständen Teile des
ägyptischen Gebietes abtreten. In den Vorverhandlungen hatte
am 8. April der Großwesir dem Chediv ein Telegramm
gesandt (s. Anhang Nr. 2), demzufolge verschiedene Orte
an der Ostküste des Roten Meeres und des Golfes von
'Aqaba, einschließlich des Ortes 'Aqaba selbst, die früher
zur Sicherheit der Pilgerkarawanen von Ägypten beseht
waren, wieder an das Wilajet Higäz fallen; die Halbinsel
Sinai selbst aber sollte wie bisher durch Ägypten verwaltet
werden. Es wird bei dieser und anderer Gelegenheit auf
eine Karte vom Jahre 1841 verwiesen, die aber, wie Lord
Cromer schrieb, nicht aufzufinden war. Da nun vertrags-
mäßig zwischen der Türkei und Ägypten keine Veränderungen
der bisherigen Beziehungen ohne englische Einwilligung
getroffen werden können, fragte Sir Evelyn Baring (Lord
Cromer) am 13. April in Konstantinopel nach der genaueren
Festlegung der Grenze auf der Sinai-Halbinsel (s. Anhang
Nr. 3); er sei der Meinung, daß die Grenzlinie von einem
Punkte ein wenig östlich von El-'Aris nach dem Kopfe des
Golfes von 'Aqaba liefe, wobei dieser Ort türkisch bliebe;
mit einer soldien Regelung sei die englische Regierung
einverstanden.
So waren die Verhältnisse, als im Anfang des Jahres
1906 eine neue Streitfrage über die Sinai-Grenze entstand.
In der Parlamentsdrucksache: „Egypt. Nr. 2 (1906) Corres-
pondence respecting the Turko-Egyptian frontier in the
Sinai Peninsula, London, July 1906 (CD. 3006)" hat Lord
Cromer ausführlich die Entwici^Iung des Streitfalles aus-
einandergesefet, der zu sehr scharfer Stellungnahme Eng-
lands führte.
Wir wollen nach seiner Darstellung gehen, uns aber
vergegenwärtigen, daß die Higäz -Bahn am 1. September
1904 bis Ma'än fertiggestellt war und 1905 darüber hinaus
— 28 —
weitergebaut wurde. Schon damals ist die Absicht laut
geworden, einen Zweig der Bahn an den Golf von 'Aqaba
zu führen, um eine Verbindung mit dem Roten Meere zu
bekommen. Dies aber ist offenbar England als eine Be-
drohung von Ägypten und als eine Konkurrenz für den
Suez-Kanal erschienen. Von 1882 bis 1905 hatte es sich
nicht im geringsten um die Sinai -Halbinsel gekümmert.
Mit einem Male aber ergriff es einen Vorwand, als dort ein
paar Leute ermordet wurden, und sandte Mr. Jennings
Bramly als Kommandanten und Inspektor dorthin, der in
En-Nachl ein Rasthaus baute. Es wurde auch eine Summe
bereitgestellt, um einige kleine Kulturarbeiten auszuführen.
Lord Cromer betonte nun, daß Sinai seit langem als
ägyptisches Land betrachtet sei. Nach der obenerwähnten
Abmachung von 1892 würde die Grenze beim Pla^e Rafa
anfangen, wo neben einem Baume zwei Grenzpfeiler aus
Marmor seit langem ständen. Er wies es von der Hand,
daß die Entsendung des Mr. Bramly als Grundlage für ein
künftiges englisches Eingreifen im Higäz gedeutet werden
könnte, besonders mit Rücksicht auf die Higäz-Bahn, die
ja 100 km entfernt sei. In Konstantinopel habe man dies
irrigerweise aber geglaubt. Ich darf hierbei hinzufügen,
daß ein so guter Kenner der Verhältnisse wie Dr. Hermann
Schmidt (in seinem neuen Werk über das Eisenbahnwesen
in der asiatischen Türkei, S. 126) ebenfalls der Ansicht
ist, die Bahnfrage sei die Grundlage des Streites gewesen.
Er schreibt: „England erzwang die Unterlassung des Baues
der Bahn Ma'än-'Aqaba schließlich durch die Drohung, es
werde mit seiner Flotte in Konstantinopel erscheinen." Dem
englisdien Widerstände lag der Wunsch zugrunde, auf
der Sinai-Halbinsel selbst Fuß zu fassen, der dann in
jüngster Zeit auch verwirklicht ist. Nachrichten über ägyp-
tische Unternehmungen in Sinai kamen nach Konstanti-
nopel, wo man von den Engländern verlangte, die ägyp-
tischen Organe zurückzuziehen, die auf türkischem Gebiet
zwischen 'Aqaba und Ghazza sich befänden. Da zugleich
auch in Kairo über türkische Bewegungen berichtet wurde,
sandte Lord Cromer Mr. Bramly in die Nähe von 'Aqaba,
der mit 50 Mann und einem ägyptischen Offizier Taba
(Taba'?) an der Westseite des Golfs beseite. Zugleich
schlug Lord Cromer schon im Januar 1906 die örtliche
— 29 —
Festlegung der Grenze vor, was die Türkei ablehnte. Da
aber schon vor der Ankunft der Truppen die Türken Taba
beseht hatten, gingen die Ägypter nach der kleinen Insel
Geziret el-Fara ün (audi Graje genannt). Heftige Noten
wurden gewediselt, und die Türkei sandte an RusdT Pascha,
den Kommandanten von 'Aqaba, Verstärkungen und wei-
gerte sidi audi weiterhin, eine Grenzfestse^ung durch eine
Kommission vornehmen zu lassen. Als Schüfe fürMr. Bramly
wurde am 14. Februar das englische Kriegsschiff „Diana"
nach Fara'ün gesandt. Erst daraufhin hat man am 18. Fe-
bruar zugegeben, die Lage an Ort und Stelle d\ird\ eine
Kommission prüfen zu lassen. Die in Kairo angekommenen
türkisciien Kommissare hatten sich aber nicht mit den
Ägypto-Engländern, sondern nur mit GhazT Muchtar Pascha
in Verbindung gesefet, dem Vertreter des Sultans, den die
Engländer als solchen nicht anerkannt hatten. Dieser, mit
dem man trofedem für diesen einen Fall verhandelte, stellte
sidi aber auf den Standpunkt, daß die Grenze in einer
geraden Linie von 'Aqaba nach Suez laufen sollte. Der
Sultan lege auf diese Grenze Wert wegen einer Abzwei-
gung der Higäz-Bahn, die eventuell Suez oder Port Sa'Td
erreichen solle. Er war aber audi mit einer Grenze von
Rafa bis Ras Mohammed zufrieden, dem südlichsten Kap
der Sinai-Halbinsel. Hiergegen hatten die Engländer
schwerste Bedenken; denn im ersteren Falle würde die
Türkei in der Lage gewesen sein, eine strategische Bahn
an den Suezkanal zu bauen, im anderen Falle aber an das
Rote Meer außerhalb der schmalen Bucht von 'Aqaba, so
daß dann das Rote Meer ein türkisches Gewässer (Mare
clausum) geworden wäre. Lord Cromer betonte, daß hier-
durch die Frage ihren örtlichen Charakter verloren habe
und zu einer von britischem, ägyptischem und allgemein
europäischem Interesse geworden sei. Die Ausführung
dieses Planes sei eine Gefahr nicht nur für die Freiheit
von Ägypten, sondern für die Freiheit des Verkehrs durch
den Kanal. Durch diese damalige englische Auffassung ge-
winnt diese Frage im heutigen Kriege ihr besonderes Inter-
esse, denn diese „Freiheit des Verkehrs" ist nach englischer
Auffassung doch nur eine Alleinbeherrschung des Kanals
durch England als Schufemaciit von Ägypten.
Verschiedene Noten wurden ohne Erfolg gewechselt.
— 30 —
Nachriditen kamen, daß die Türken bei Rafa die Grenz-
steine entfernt und Truppen bei El-'Aris und Aqaba ver-
sammelt hatten. Daraufhin entschloß sich Lord Cromer
im Anfang Mai, die englische Garnison in Ägypten zu ver-
stärken und energische Schritte zu ergreifen. Am 3. Mai
1906 wurde der Pforte eine heftige Note überreicht (s. An-
hang Nr. 4), in der kategorisch die Grenzregulierung auf
der Linie Rafa — Nordpunkt Aqaba Golf und die Räumung
von Taba verlangt ward. Man forderte eine Entscheidung
binnen zehn Tagen.
Am folgenden Tage ging die englische Flotte unter
Admiral Lord Charles Beresford nach dem Piräus. Es ist
charakteristisch, daß schon damals die französischen und
russischen Vertreter in Kairo die englischen Schritte billig-
ten, während sie den deutschen, österreichischen und
italienischen nur mitgeteilt wurden. Da man einen tür-
kischen „Raid" nach el-Nachl auf der Sinai-Halbinsel und
infolgedessen einen Ausbruch von Fanatismus in Ägypten
fürchtete, unternahm die englische Flotte es, alle Vor-
bereitungen für die Verteidigung des Kanals zu treffen,
während die Armee bereit war, nach den Umständen zu
handeln (S. 28 der englischen DenksdKrift). Große Mengen
von Truppen wurden für Ägypten bereitgestellt, ein Ge-
schwader unter Rear-Admiral Sir Henry Hedworth Lamb-
ton in den ägyptischen Gewässern versammelt. Außerdem
benachrichtigte man „gewisse Mächte* von allen Anord-
nungen, um Verzögerungen zu vermeiden, die sich aus
den durch die Suezkanal -Konvention vorgeschriebenen
Formalitäten ergeben könnten. Es wurde aber betont, daß
die Flotte nichts unternommen haben würde, außer auf
Requisition der ägyptischen Regierung — also Englands
selbst — , die für die Neutralität des Kanals verantwortlich sei.
Eine türkische Note vom 13. Mai wurde für ungenügend
erklärt. In der Antwort betonte Sir Edward Grey, daß
England nie die Oberhoheit der Türkei gegenüber Ägypten
bezweifelt habe, daß aber, wenn diese Oberhoheit unver-
einbar mit der britischen Okkupation Ägyptens sei, die
britische Stellung in Ägypten mit der ganzen Kraft des
englischen Reiches aufrechterhalten werden würde.
Endlich, am 14. und 15. Mai, wurden Noten gewechselt
(s. Anhang Nr. 5 und 6), nach denen die Türkei alle eng-
— 31 —
lischen Bedingungen annahm, und England sidi zufrieden
erklärte. Der Zwisdienfall war erledigt; aber Lord Cromer
hielt es dodi für geboten, eine starke Vermehrung der eng-
lischen Garnison in Ägypten zu beantragen, deren Kosten dem
ägyptischen, nicht dem englischen Budget zur Last fallen
sollten, denn die öffentliche Meinung war bei dieser Ge-
legenheit sehr stark erregt worden. ^ Eine Grenzkommission
wurde ernannt, und deren Ergebnisse sind in dem Ver-
trage vom 1. Oktober 1906 (s. Anhang Nr. 7) niedergelegt,
der die Grenze ganz nadh englisdiem Wunsche regelte.
Die Sinai-Halbinsel war nun das Glacis für die Vertei-
digung von Ägypten geworden, ein neues Mittel für Eng-
land, den Suezkanal und damit den Seeweg zum Osten
zu beherrschen. Und die Pläne der Türkei, eine strate-
gische Bahn — wie England sie nannte — zum Kanal zu
bauen, waren verhindert.
Heute ist die Halbinsel das Gebiet, in dem sich ein
Angriff auf Ägypten vorbereitet. Die damaligen Verhand-
lungen konnten nicht verhindern, daß die Türken am
10. November El-'Aris und am 18. November 1914 En-Nachl
beseiten, und daß schon am 22. November die erste tür-
kische Patrouille am Kanal erschien, der am 27. Januar und
26. März 1915 größere Gewalterkundigungen folgten. Diese
Bedrohung hattte auf alle Fälle die sofortige Wirkung,
daß eine bedeutende englische Truppenmacht in Ägypten
von den anderen Kriegsschauplä^en abgezogen wurde. Die
Streitfrage von 1906 aber zeigt uns, wie schon damals
England auf eine Verteidigung durch englische Truppen
auf ägyptische Requisition vorbereitet war, und welchen
großen Wert es auf den unbestrittenen Besi^ der Halb-
insel legte, indem es bei der Durchse^ung dieser An-
sprüche nicht vor der Eventualität eines Krieges mit der
Türkei zurückschreckte. Wenn schon die Frage der SinaV-
Grenze eine derartige Aufregung veranlaßte, so kann man
^ Interessant ist cier Brief eines Ägypters, den Lorci Cromer in
der erwähnten DenksdKrift veröffentlicht. Zu Aufständen in Ägypten
fehle jede Organisation, und wenn ein Krieg zwischen England und
dem Sultan ausbrädve, dann würde jeder Mohammedaner nur auf den
Chalifen hören. Die Ägypter liebten die Türken nicht, aber der Sultan
sei Chalif und sein Ruf der des Glaubens, die Stimme des Propheten.
Dem siegreichen Chalifen würde ganz Ägypten zur Seite stehen (siehe
auch Schweinfurth im „Berl. Tageblatt" vom 11. Nov. 1914).
— 32 —
ermessen, daß England den Besi^ von Ägypten selbst als
eine Lebensfrage betrachtet, daß es aber dort auch am
verwundbarsten ist.
Dem Kulturhistoriker würde die Halbinsel die inter-
essantesten Probleme bieten. Nicht nur durch Erforschung
der sogenannten Gebalia-Leute am SinaY-Berge, die man
vielfach für Reste der von Kaiser Justinian im Anfang des
6. Jahrhunderts dorthin gebrachten Truppen oder Sklaven
hält, die aber vielleicht auch alte Berberstämme sein können
— denn man hat doch auf der Halbinsel Inschriften in der
libyschen Tamazigh- Sprache gefunden. Viel interessanter
würde die Erforschung der alten Kulturreste sein, die weit
über die Grenzen von Palästina hinaus die frühere Besied-
lung des Landes mit einer seßhaften Bevölkerung zeigen,
welche den Weinbau betrieb, und endlich als Wichtigstes
die genaue Untersuchung von 'Ain Qades, wo wahrscheinlich
das Hauptheiligtum des Jaweh stand, und wo Moses seine
Inspirationen erhalten haben soll. Dies Quellengebiet, das
dicht an der damals festgestellten Grenze liegt, ist heute
noch einer der wenigen Punkte, wo dauernd Wasser zu
haben ist, und wo ohne weitere Vorbereitungen Menschen
längere Zeit sich aufhalten können. Vielleicht veranlassen
diese Zeilen einen Herrn, der dorthinkommt, wenigstens
vorläufige Feststellungen zu machen, um eine spätere Unter-
suchung vorzubereiten.
6. Kapitel
Die Provinz (Hedschas) Hi^az
"pvie Städte Mekka und Medina wurden zu „Heiligen Orten"
■*-^ (Haramen) erklärt. Nach der Übersiedlung der Cha-
lifen nach Damaskus blieben viele Leute in diesen Heiligen
Orten Anhänger der Blutsverwandten des Propheten, und
zwar besonders der Nachkommen des Hasan, die von den
Arabern verehrt wurden. Dadurch kamen sie in Gegensa^
zu den 'alidischen 'Abbasiden-Chalifen, die ihren Siö in
Baghdad hatten. Mekka wurde sogar von 'alidischen Heeren
um 815 geplündert. Die Chalifen hatten immer ihren Ver-
treter in Mekka. Seit 891 kam die Sekte der Qarmaten auf,
die sich gegen den offiziellen Islam und das "Abbäsiden-
— 33 —
chalifat wendete. Von ihrem in Bahrain aufgerichteten
Reich aus überfielen sie Mekka 930, wo gerade nicht ein-
mal ein offizieller Vertreter vom Chalif anwesend war.
Der heilige „schwarze Stein" wurde nach Bahrain fort-
geschleppt. Da ihr Plan, den Chalif durch Plünderung zu
treffen, nicht geglückt war, sandten sie den schwarzen Stein
950 zurück.
Bei der Zerstückelung des Chalifats wurde der Higaz
wie fast ganz Arabien als herrenloses Gebiet betrachtet,
das nichts einbrachte. Nur in den Heiligen Orten blieb die
Ausübung gewisser Rechte für die islamischen Fürsten von
Bedeutung. Wer hier kein Ansehen hatte, verlor es im
ganzen Gebiet des Islam. Die Pilgerkarawanen wurden
durch Heere begleitet, um den betreffenden Herrschern An-
sehen in Mekka zu verschaffen. Seit 969 erlangten die
kräftigen alidisch-ismailitischen Fätimiden von Ägypten in
Mekka das Übergewicht gegen die machtlosen 'Abbäsiden.
Teils erreichten sie dies durch Bestechung, teils infolge der
wirtschaftlichen Abhängigkeit des Higäz von Ägypten, be-
sonders in bezug auf die Lebensmittelversorgung.
Bei der allgemeinen Anarchie in den inneren Zuständen
von Mekka erlangten allmählich die 'Aliden das Übergewicht,
die unter den Beduinen viele Verwandte hatten. Die Nach-
kommen von All wurden allmählich allein als Scherifen
(Serif, pl. Sorfä) bezeichnet, womit man früher die Häupter
aller edlen Araberstämme benannt hatte. Seit etwa 961
aber gewinnt die Hasanidenfamilie der Müsäwi die Ober-
hand, ihr Vertreter Dja'afari (Ga'far) eroberte um 960 Mekka
und war dort bis 980 der erste Großscherif, das heißt ein-
heimischer Fürst, welcher die innere Verwaltung führte, bei
den Beduinen der Umgegend Ansehen hatte, und neben
dem der Vertreter des Chalifen oder Sultans meist nicht viel
Einfluß besaß.
Die Geschichte von Mekka unter den Großscherifen ist
von Snouck Hugronje in seinem Buche „Mekka" (Haag 1888)
ausführlich beschrieben. Ich gebe hier nach ihm nur wenige
Daten. Unruhen und Anarchie hörten nicht auf, die Groß-
scherifen waren bald von Ägypten, bald von Baghdäd ab-
hängig, je nach den Geldern, die sie von einem oder dem
anderen Orte bezogen. Durch die Abgaben der Pilger, Be-
steuerung und Zölle war die Stellung der Großscherifen
Hamburgische Forschungen. Heft 1. 2
— 34 —
ganz einträglidi. Das Heilige Gebiet war ein Ausbeutungs-
gegenstand, dessen Besi^ natürlich den Neid vieler erregte.
Immerhin hatten die Ägypter großen Einfluß aus wirtschaft-
lichen Gründen. In Mekka hatte man aber auch die Ge-
treidezufuhren aus dem Jemen nötig, und durch diese Be-
ziehungen kamen Ende des 12. Jahrhunderts auch zatditische
Einflüsse nach Mekka. Das Scherifat war an die 'Altden-
familie der Hawäsim gekommen. 1147 hatte Saladin von
Ägypten Teile von Jemen erobern lassen. Sein dortiger
Statthalter galt gewissermaßen auch als Hüter der Heiligen
Orte; Saladin schaffte die Kopfsteuer ab, welche durch die
Scherifen von den Pilgern erpreßt wurde. Als Entschädi-
gung aber gab er ihnen eine Geld- und Getreidesubvention.
Viel kümmern konnte auch Saladin sich nicht um Mekka;
er hatte mit Ägypten genug zu tun.
In der Gegend von Janba' saß ein Zweig der Hasan-
iden, dessen Haupt Ende des 12. Jahrhunderts Qatäda
war. Dieser entriß um 1202 den Hawäsim die Herrschaft
über Mekka und wurde so Großscherif, der Stammvater der
noch heute regierenden Fürsten von Mekka. Sein Ziel war,
mit allen Mitteln ein möglichst unabhängiges Fürstentum
des ganzen Higäz zu gründen, ein Unternehmen, das wegen
der Zersplitterung der Bevölkerung in zahllose Parteien und
wegen der Einflüsse fremder Staaten nicht ganz glückte.
Immerhin dehnte er seine Herrschaft aus von Janbu*^ und
Medina im Norden bis Hält in Jemen im Süden. Er
interessierte sich sehr für die hasanidischen Zaiditen in
Jemen, doch traten die Scherifen bald zum safi'itischen
orthodoxen Bekenntnis über. Als ein Heerführer der ägyp-
tischen Aijübiden, Nur ed-DTn, sich 1232 in Jemen selb-
ständig gemacht hatte, kämpften in Mekka Ägypten und
Jemen um die Vorherrschaft. Jemen hatte zeitweilig sol-
chen Einfluß, daß sein Emir sogar 1240 die indirekten
Steuern in Mekka abschaffte, die allerdings bald wieder
eingeführt wurden. Bis 1254 stritten sich die Söhne und
Enkel von Qatada um die Herrschaft, Mord und Totschlag
waren alltägliche Dinge.
Nachdem 1258 die Mongolen Baghdäd eingenommen, und
das 'abbasidische Chalifat dort bedeutungslos geworden war,
hörte auch der Einfluß der Pilgerkarawanen aus dem 'Iräq
in Mekka auf. Dagegen gewann Ägypten unter dem Marne-
- 35 —
luken Baibars an Bedeutung. Somit gewann es audK in
Mekka entscheidenden Einfluß, überließ aber die innere
Verwaltung der Stadt dem Großscherifen, der ein ener-
gischer Mann war (Mohammed Abu-Numejj 1254 bis 1301).
Kämpfe und Bündnisse, Totschlag und Versöhnung waren
unter den Beduinen nach alter Gewohnheit unvermeidlich.
Die Araber behaupten, daß auch aus der Zeit des Baibars
und Abu Numejj die Sitte stammt, jährlich zum Pilgerfest
ein „Mahmal" zu senden. Ursprünglich war nadi Snouck
Hugronje dies eine prächtige Sänfte, welche von den isla-
mischen Fürsten in leerem Zustande zum Pilgerfest gesandt
wurde, gewissermaßen als Hoheitszeichen für den absenden-
den Monarchen, der dadurch ideell am Feste teilnahm. Erst
1472 gelang es den Ägyptern, für lange Zeit durchzusehen,
daß nur sie allein dies Hoheitszeichen sandten. Das Mahmal
ward unpersönlicher Vertreter des Schu^herm von Mekka;
die Scherifen reisten der Sitte nach diesem Zeichen ehren-
halber entgegen. Mit der im Mahmal enthaltenen Decke
wurde die Ka'ba bekleidet; sie ist heute unter dem Namen
des „Heiligen Teppich" bekannt.
Um die dauernden Erbstreitigkeiten unter den Groß-
scherifen kümmerten die Sultane von Ägypten sich nur
wenig. Ein ägyptischer Emir mit seiner Leibwache hatte in
Mekka fast nur die Fiktion der ägyptischen Schu^herrschaft
aufrechtzuerhalten. Er erlaubte sogar zeitweise, daß in
der Ka"^ba zaiditischer Gottesdienst abgehalten wurde. Unter
dem Einfluß Ägyptens aber wurden die Anhänger dieser
Lehre bald verfolgt. Seit 1452 versuchten die Schu^herren
von Ägypten eine Art von Kontrolle der Scherifenverwaltung,
nahmen ihnen 1452 sogar die Zölle von Gidda ab. Alles:
Pilger, Schiffbrüchige, die frommen Stiftungen, die Schuö-
herren sogar, wurde von dem Großscherifen finanziell aus-
gebeutet, die sich eine eigene Heeresmadht aus ihren Sklaven
bildeten. Persönlich aber benahmen die Scherife sich den
Arabern gegenüber demokratisch patriarchalisch. Formell
angestellt oder bestätigt wurden sie von Ägypten, was auch
äußerlich durch Verleihung eines Ehrengewandes zum Aus-
druck kam. Die Türken legten seit 1438 eine kleine stän-
dige Besamung nach Mekka, deren Emir der „Aufseher der
Heiligen Städte" war, ein Vorläufer des späteren türkischen
Gouverneurs in Mekka.
3*
— 36 -
Sobald der Türkensultan Seltm I. Ägypten erobert hatte,
ging der damalige Großscherif Barakät II. auf die Seite der
Türken über, denen also Mekka automatisch zufiel. Durdi
die erfolgreichen Waffen der Türken, nicht durch ihre gute
Verwaltung, wurden auch die Großscherifen eingesdiüditert,
und leidliche Ruhe herrschte zeitweise im Lande. Die Macht
des Großscherifs erweiterte sich örtlich; im Interesse der
Türken verjagte er 1541 die nach Qidda gekommenen portu-
giesischen Schiffe. Soliman I. hatte Mesopotamien, Basra,
Suez, 1526 auch Jemen und 1538 'Aden erobert; Jemen
allerdings nur an der Küste, denn im Innern herrschten
noch bis 1570 unabhängige Imäme. Die Großscherifen
regierten unter den Türken ungestört in Mekka weiter. Die
großen Handelsstraßen durch das Rote Meer und den Perser
Golf aber waren unter der Kontrolle der Türken, denen sie
nur durch die Portugiesen streitig gemacht wurden.
Seit 1517 wurden aus dem Türkischen Reich — wie
früher aus Kairo und Damaskus — , so neuerdings auch
aus Konstantinopel je ein Mahmal nach Mekka gesandt, ja,
von 1556 bis 1630 kam dazu noch eines aus Jemen, alle
aus türkischen Gebieten. Schon dieser Umstand, so un-
erheblich er scheinen mag, zeigt die damaligen Dezentrali-
sationsbestrebungen in der Türkei. Am stärksten war wie
immer der Zusammenhang des Higaz mit Ägypten aus wirt-
schaftlichen Gründen. Aus Ägypten und auch aus Konstan-
tinopel fanden jährliche Kornsendungen und Geldstiftungen
nach Mekka statt, ja, Beträge für diese sind heute noch im
offiziellen Staatsbudget der Türkei zu finden.
Entsprechend dem internationalen Charakter hatte Mekka
vier Richter für die vier orthodoxen Bekenntnisse des Islam.
Bisher war der Hauptrichter ein eingeborener Mekkaner von
safe'itischem Bekenntnis, weil die Scherifen diesem hul-
digten. Die Türken führten aber die jährliche Sendung
eines hanefitischen Richters aus Konstantinopel durch. Doch
auch die anderen Richter hatten noch ihren Wirkungskreis,
denn die ausschließliche Rechtspflege nach hanefitischem
Ritus ist im Higaz, wie überall in der Türkei, erst in neuerer
Zeit eingeführt.
Anfang des 17. Jahrhunderts begann die Dezentralisierung
und damit ein Niedergang der Türkei. Die Folge war, daß
die Wirren im Higaz wieder überhandnahmen. Sogar durch-
— 37 —
reisende türkische Gouverneure wurden beleidigt, und der
türkische Mufti 1639 auf Befehl des Großscherifen getötet.
Die Einwohnersdiaftvon Mekka war in Familien, DewT (besser:
Dawi) gespalten, die sich gegenseitig befehdeten und deren
Häupter dem Grundbesi^ und der Tüchtigkeit ihrer Fa-
milienmitglieder ihren Einfluß verdankten.
Im Jahre 1642 wurde der türkische Verwaltungsbeamte
(Sangaq) in Gidda zum Inspektor der Heiligen Stadt (seich
el-Haram) ernannt, wodurch die Mekkaner aufgebracht wur-
den. Auch die türkische Soldateska, immer wechselnde
Verwaltungsbeamte und Richter, die Bevorzugung des Hanefi-
kultus, alles machte die Türken unbeliebt und festigte die
Stellung der landesangehörigen Scherifen. Diese waren nur
in einer Frage mit den Türken einig, nämlich in der Be-
kämpfung von deren Erbfeinden, der schi'itischen Perser.
Die Türken haben es sehr geschickt verstanden, diesen
Religionsgegensaö zu einer Kampflosung zu machen. Nach-
dem die Perser 1638 aus Baghdäd durch Murad vertrieben
waren, wurde ihnen auch der Besuch von Mekka untersagt.
Auch gegen die Zaiditen von Jemen wütete man in Mekka.
Der Wali der Türkei hatte in Mekka ungefähr die Funk-
tion eines Residenten, dem eine Leibwache zur Verfügung
stand. Er hatte die ideelle Hoheit des Sultans der Türkei
zu vertreten, auch den Verkehr mit der türkischen Außen-
welt zu leiten. Die Verhältnisse zu nichttürkischen Ländern
zu regeln, beanspruchten die Scherifen für sich selbst. In
die innere Verwaltung des Landes mischte der Wali sich
nicht ein, er konnte es auch gar nicht, da seine Macht nicht
ausreichte, und er durchweg ein Neuling im Lande war;
bei der damaligen Verwaltung in der Türkei kam es den
Beamten eben nur darauf an, so gut als möglich abzu-
schneiden bei einem Amte, das sie sich hatten kaufen müssen.
Der Wali hatte zwar das Recht, jederzeit denjenigen Scherifen
einzusehen, den er für den geeigneten hielt, war aber meist
nicht imstande, dies Recht auszuüben. Der Einfluß des
Paschas von Gidda sank immer mehr herab, sein Amt
scheint dann und wann überhaupt gar nicht beseht ge-
wesen zu sein. Nur während der Pilgerzeit hatte er über-
haupt genügend Macht zur Stelle, um seinen Willen durch-
zusehen, sonst stand ihm kaum eine Leibwache zur Ver-
fügung. Dagegen übten während der Schwäche der Türkei
— 38 —
die Imame von Jemen wieder ein wenig mehr Einfluß in
Mekka aus.
Bei den allgemeinen Unruhen im Lande selbst hatten
die Sdierifen von Mekka keine Gelegenheit, sich um fernere
Gebiete zu kümmern und übersahen, daß in Arabien die
schwersten Umwälzungen sich vorbereiteten. Ein Mann war
in Innerarabien erschienen, der den Islam reformieren wollte,
Mohammed 'abd el-Wahhab, der Gründer der Wahhabiten-
sekte, und hatte in DarTja seinen Hauptsiö aufgeschlagen.
Er wollte die reine Religion Mohammeds wiederherstellen.
Die Lehre des Reformators ließ die Scherifen in Mekka
ziemlich gleichgültig, seine praktischen Forderungen aber
wurden einstweilen leichtsinnigerweise sehr übersehen. Er
wandte sidi aber auch gegen die Heilige Stadt, wo alles, was
dort lebenswichtig war, von ihm bekämpft wurde. Seine
Stüfee fand er an den Beduinen von Innerarabien. Schon
1800 eroberten wahhabitische Stämme den Hafen Hall an
der Südgrenze des Scherifats, 1803 mußte Täif aufgegeben
werden, und audi Mekka fiel im selben Jahre in die Hände
der Reformatoren, nachdem die Besamung und der Sdierif
sich nach Gidda geflüchtet hatten. Dieser Ort hielt sich,
unterstüfet durch eine Garnison des Emirs von Syrien, die
aber später zurückgezogen wurde. Die Türken gaben sogar
auch die Orte Sawäkin und Masawa' (Massauah) an der anderen
Seite des Roten Meeres auf. Dem Großscherifen Ghälib
blieb nichts übrig, als die Oberherrschaft der Wahhäbiten
anzuerkennen und sein Gebiet aus deren Hand wieder ent-
gegenzunehmen. Den Türken wurde der Zutritt zu den
Heiligen Orten verboten. Im Namen der Wahhäbiten be-
herrschte der Scherif auch die Häfen Gidda, Janbu', Masawa'
und Sawäktn.
Jefet erst kam die Pforte zur Einsicht, daß es um ihr
Ansehen im Islam geschehen sei, wenn sie nicht energische
Maßregeln ergriff, um die Heiligen Orte wiederzugewinnen.
Der fähige Arnautenführer Mehmed 'Ali, der schon mit der
Wiedereroberung von Ägypten aus der Hand der Mameluken
beschäftigt war, welche nach Abzug der Franzosen und Eng-
länder dort wieder zur Herrschaft gekommen waren, erhielt
von der Pforte den Auftrag, so bald als möglich das Gebiet
von Mekka und Medina von den Wahhäbiten zu reinigen.
Erst im September 1811 gestatteten die Verhältnisse, in
- 39 —
Ägypten es, eine Expedition unter Tusun, dem Sohne von
Mehmed 'Ali, auszurüsten, die aber unglücklich verlief. Erst
bei der zweiten Expedition Anfang 1812 wurde Medina er-
obert, Anfang 1813 gingen Truppen von Janbu' nach Gidda,
um von dort aus Mekka zu erobern. Der Großscherif Ghälib,
der nicht an die dauernde Herrschaft der Reformatoren ge-
glaubt hatte, nahm die Ägypter gut auf, schon weil er zu
gut wußte, daß der Higäz wirtschaftlidi ganz von Ägypten
abhängig war. Audi Taif ward bald zurückerobert, und
Ende 1813 erschien Mehmed 'Ali selbst in Mekka. Troö
seiner türkenfreundlidien Haltung wurde der Großscherif
abgese^t. Ein Neffe von ihm wurde sein Nachfolger, der
nur noch mehr eine nominelle Gewalt hatte. Bis 1815 war
der Vizekönig selbst mit der Regelung der Verhältnisse in
Mekka beschäftigt, während sein Sohn Tusun Westarabien
durchzog. Dessen Bruder Ibrahim konnte 1818 die Wah-
häbiten in das politiscfi unwichtige Innerarabien zurüci«-
drüd^en. Das im Namen der Türkei eroberte Ägypten und
der Higäz wurden von Mehmed 'Alt ganz selbständig ver-
waltet und seinen Nachkommen im Frieden von Kutahia
am 6. Mai 1833 als Erbgut gesichert. Für Mekka richtete
er alle frommen Stiftungen wieder ein. Ein Pascha war in
Mekka Resident für den Vizekönig von Ägypten; er wählte
sich selbst die Mittelsperson für die Verhandlungen mit den
Eingeborenen, eine Scherifenfamilie wurde gegen die andere
ausgespielt. Das Haupt vom Clan der Dewi 'Aün, Moham-
med ibn 'Aün, hatte den Ägyptern 1824 bei der Unter-
werfung von 'AsTr geholfen, 1827 wurde dieser kluge Mann
Großscherif. Da Mehmed 'Ali mit seinem Lehnsherrn
Mahmud, dem Sultan in Konstantinopel, 1839 in Konflikt
geraten war, konnte er sich nicht viel um den Higaz küm-
mern, in dem wieder Unruhen herrschten. 1840 wurde zwi-
schen der Türkei und Ägypten ein Vertrag geschlossen, nach
dem Syrien und der Higäz unter die direkte Verwaltung der
Türkei kamen. Auch unter dem neuen Herrn blieb Moham-
med Großscherif von Mekka und Emir eines Gebietes im
Higäz, dessen Grenzen fast täglich sdiwankten.
Seit der Vertreibung der Wahhäbiten war der Vizekönig
— und später der Sultan — in Mekka durch einen Pascha
als Residenten vertreten, der den Titel Muhäfiz Makka, „der
Bewacher Mekkas", hatte; außerdem sandten die Türken wie
— 40 —
früher einen Wäll nadi äidda, der zugleich seich el-haram
war. Beide mußten natürlich in häufige Zwistigkeiten mit
dem Großscherifen kommen, wenn dieser etwas auf seine
Würde hielt. In diese Differenzen mischte sich noch der in
Konstantinopel in Verbannung lebende 'Abd el-Muttalib ein,
der Sohn des früheren Großscherifen Ghälib aus dem Stamme
der Dewi Zaid. Der Großsdierif Mohammed ibn 'Aün führte
im Interesse der Türken Kriege gegen das Zentrum der
Wahhäbiten, das nun in er-Rijäd war, gegen 'AsTr; auch
nahm er Hodeida, Mocha sowie Zebid ein und gewann Ein-
fluß in Sana. Durch seine Beziehungen zum Großwesir
in Konstantinopel hatte 'Abd el-Muttalib es durchgeseöt,
daß er zum Großscherif ernannt wurde (1851 bis 1856).
Bald wurde er aber wieder durch seinen Vorgänger Moham-
med ibn 'Aün (1856 bis 1858) erseht, dem sein Sohn 'Ab-
dallah bin Mohammed bis 1877 folgte.
Am 15. Juni 1858 wurden infolge Ausbruches von Fana-
tismus in Gidda einige Christen, mit ihnen der französische
und der englische Konsul, ermordet, was den Engländern Ge-
legenheit gab, sich einzumischen und die Stadt am 25. Juli
jenes Jahres zu bombardieren und so lange zu besehen, bis
sie die geforderte Genugtuung erhielten in der Form der
Entsendung eines aus Europäern und Türken zusammen-
gese^ten Richterkollegiums mit fast unbeschränkter Voll-
macht, weldies die angeblich Hauptschuldigen zum Tode
verurteilte. Neben der Entfachung von verstärktem Euro-
päerhaß hat diese Einmischung doch vielleicht einigen be-
lehrenden Einfluß auf die Bevölkerung gehabt.
Während des Scherifats von 'Abdallah herrschte ziem-
liche Ruhe im Higäz. In den Außenbeziehungen aber traten
große Umwälzungen ein, besonders im Anschluß an die Er-
öffnung des Suezkanals. Die Türkei konnte infolge der
besseren Verbindung nun viel leichter in die Verhältnisse
von Arabien eingreifen. Vorher schon war Gidda durch
ein Kabel an die Welt angeschlossen; bald wurde der Tele-
graph auch nach Mekka und Täif gelegt. Auch die Rück-
eroberung von Jemen 1872, von der später die Rede sein
wird, hatte ihre Einwirkung auf den Higäz und stärkte dort
die Stellung der Türkei. Während des Russisch-Türkischen
Krieges 1877 bis 1878 wurde in Mekka für den Sieg der
islamischen Waffen gebetet, sogar ein arabisches Freikorps
— 41 —
gebildet, das aber wohl praktisch unverwertbar blieb. Der
Großscherif wollte seine Anhänglichkeit an die Türkei
zeigen, wie Snoud« Hugronje schreibt, und hoffte, „daß den
Russen ein heilsamer Schrecken eingeflößt würde durch die
Kunde, daß sogar die Heilige Stadt bewaffnet würde". —
Es liegt nahe, hierzu Vergleiche in der heutigen Zeit zu
suchen.
Im Jahre 1869 richtete die Türkei in Mekka, Medtna,
Qidda und Täif die heimische bureaukratische Verwaltung
ein. Auch Gemeinderäte wurden gebildet, die aber tatsäch-
lich ohne Einfluß waren. Der türkische Gouverneur, Wali
des Wilajets vom Higaz, hatte seinen Sift in Mekka, in der
heißen Jahreszeit in Täif. Je nachdem er ein energischer
Mann war, und er mit Truppen aus Konstantinopel unter-
stüöt wurde, hatte er die Oberhand, oder andernfalls der
Großscherif, der übrigens bei der Unterwerfung von 'Astr
mithalf. Der Scherif hatte auch eine Leibwache, Bawärai
genannt, sowie Gendarmerie, Bisa genannt. Dem Scherifen
'Abdallah folgte sein Bruder Husein (1877 bis 1880) im
Amte nach; er fiel dem Dolche eines Afghanen zum Opfer.
Sein Nachfolger war bis 1882 wiederum 'Abd el-Muttalib,
aus der Familie der DewT Zaid der Scherife, der sich troö
seines hohen Alters durch Brutalität und Gewalttaten un-
möglich machte. Unter der Residentur des sehr energischen
türkischen Wali 'Otmän Nur! Pascha ward er abgesefet. An
seine Stelle bestallte 'Otmän Pascha den 'Abadilah 'Aün
er-Rafiq zum Großscherifen, welcher offenbar der Vorgänger
des noch heute lebenden Großscherifen Husein war. 'Otman
Pascha mußte weichen; ihm folgte bald der sehr nachgiebige
Safwet Pascha. 1
Die politischen Zustände waren etwa die folgenden: In
den Häfen war die Verwaltung rein türkisch; die Erhebung
der Zölle geschah für Rechnung der Türkei, dem Groß-
scherifen war ein bestimmtes Jahresgehalt ausgese^t. Den
Befehl über die Armee hatte nur der türkische Wali, der aus
Konstantinopel seine Weisungen erhielt. Ein selbstbewußter
1 1883 starb (Ermordung?) in Täif bei Mekka der seit 1877 dort-
hin verbannte Midhat Pascha, weldier 1869 als Wali von Baghdad dort
viel zur Ausbreitung des türkischen Reiches tat. Vom 22. Dezember
1876 bis 5. Februar 1877 war er Großwesir und se^te am 23. Dezember
1876 die Verfassung durch, die schon am 14. Februar 1878 fiel.
— 42 —
Scherif beansprudite allerdings die Gewalt von Halt im Süden
bis etwas nördlich von Medina, das heißt soweit die Beduinen
dies zuließen. Der Gouverneur aber erkannte dem Sdie-
rifen im Prinzip nur die Herrschaft über die arabischen
Adligen an, er hielt sich in Verwaltungsdingen nur zur Be-
ratung mit dem Scherifen verpfliditet, was aber notwendig
war, da der Pascha meist landfremd war, der Sdierif aber
außer der Personenkenntnis auch den geschichtlidien Ein-
fluß hatte, besonders über die Beduinen. Über die Recht-
sprechung entstanden sehr oft Schwierigkeiten, da der Gou-
verneur nach modernem türkischem Recht, der Scherif aber
nur nach dem göttlichen Recht, Sarfa, urteilen wollte. So
gab es zwei verschiedene Rechtsprechungen und Gerichts-
höfe. Die Bevölkerung stand stets auf der Seite des an-
wesenden, geschichtlich mit dem Lande verwachsenen 'Sche-
rifen, denn der Sultan war in weiter Ferne und seihe Ver-
treter wechselten. Sejjidina, der Scherif, wurde mehr
gefürchtet als Efendina, der Wali, dem die Unkenntnis des
Arabischen meist sehr hinderlich war.
Mit den heutigen Verkehrsmitteln, bei guter finanzieller
Grundlage und richtig bezahlten Beamten sollte auch der
Türkei es nicht schwerfallen, Ordnung im Higäz zu er-
zwingen, wie Snouck Hugronje meint. Die Alte Türkei hat
dies aber nicht fertiggebracht. Und die Schwierigkeiten
wurden für sie noch erhöht, weil europäische Mächte sich
hineinmischten. England versuchte von Ägypten aus, das
es seit 1883 okkupiert hatte, Einfluß auf die Scherifen zu
gewinnen; die Söhne des Großscherifen wurden in Kairo
vielfach von den Engländern wie Fürsten empfangen, und
1905 erklärten — sicher auf Anstiften Englands — die Pro-
vinzen Jemen, el-Ahsä und Higäz ihre Unabhängigkeit von
der Türkei. Doch scheint dies nicht viel genügt zu haben,
denn 1908 wurde der Wali Ahmed Ratib Pascha, der Gegner
der Higäz-Bahn, durch eine besondere Kommission unter
Marschall 'Arif Pascha entfernt und Marschall Kiazim Pascha
zum Wali des Higäz ernannt. Im selben Jahre soll auch
in Higäz (und in Jemen) eine Funkenstation errichtet sein.
Ein Jahr später berichtet ein Mekkapilger, daß als Groß-
scherif Husein ibn 'Ali Pascha aus der Familie Qatäda, als
Wali Kämil As'ad Pascha, der in Gidda seinen Vertreter
als Qä'immaqäm hatte, im Amte waren.
— 43 —
Der Weltkrieg hat natürlich audi auf den Higäz eingewirkt.
Immerhin aber sollen an der Pilgerfahrt im Oktober 1914
nod\ 32000 Personen teilgenommen haben, darunter 3000
aus Holländisch- und 12000 aus Britisch-Indien. Gegen
frühere Jahre hatte also die Zahl der Pilger stark ab-
genommen.^
Nach Musil („Österr. Monatsschr. f. d.Orient" 31 .Okt. 1914)
soll in Mekka und Medina die autonomistische Bewegung
immer mehr Boden gewonnen haben. Die türkischen Truppen
durften sich 1913 nicht in die inneren Angelegenheiten ein-
mischen. Der Verkehr zwischen den Heiligen Städten war
sehr unsicher wegen Blutrache unter Arabern, weil im Jahre
1912 ein Sohn des Großscherifen den Häuptling Bedi bin
Rbeik getötet hatte; die Verwandten hatten den Blutpreis
abgelehnt und plünderten alle kleinen Karawanen. Der
Großscherif stand auf selten des türkenfreundlichen Ibn
Rastd, von dem wir später zu reden haben werden, wäh-
rend er gegen den Machtzuwachs des Ibn Sa'üd sehr miß-
trauisch war, dessen Einfluß dauernd wuchs.
Die Higäz'Bahn
Schon mehrfach hatten wir Gelegenheit, zu sehen, wie
wichtig es für den Sultan der Türkei ist, seine Autorität
in Mekka aufrechtzuerhalten. Seine Stellung als Chalif,
als Beherrscher der Gläubigen, hängt von dem Besi^e der
Heiligen Orte ab. Religiöse und politische Gründe waren
es also, die den vorigen Sultan 'Abd ul-Hamid veranlaßten,
ein ganz besonderes Gewicht auf seine Stellung als Chalif
zu legen. Ein ebenso wichtiges wie eigenartiges Mittel,
diesem Streben Nachdrud« zu verleihen, war die Schöpfung
der Higaz- oder Mekka-Bahn. Eisenbahnen werden sonst
^ 1913 landeten im Hafen von Gidda 97992 Pilger; davon kamen
34685 aus Niederländisdi-Indien, 12684 aus Ägypten, 12 434 aus Indien,
6888 aus dem Sudan, 8158 aus Französisch -Nordafrika und 8450 aus
russisAen Besi^ungen („Hamb. Nachr." vom 13. Nov. 1915). Nad\ dem
k. u. k. österr. -Ungar. Konsulatsberidit kamen 83295 Pilger 1913 nach
Gidda. — Dr. Max Roloff gelangte 1914 zu Beginn des Weltkrieges nach
Mekka und hörte dort, daß England im August in Indien, im September
in Ägypten verbreiten ließ, daß Deutsdiland(!) die Wallfahrt verhindere,
es sperre den Land- und Seeweg. Die Zahl der Pilger betrug etwa
32000. Man wußte in Mekka aber sehr gut, daß die Schuld England
trifft.
— 44 —
überall in der Welt aus wirtschaftlichen oder vielleicht auch
strategischen Gründen gebaut, hier sind es aber religiöse
und politische Beweggründe. Für alle Moslime mußte es
einleuchtend sein, in bequemer Weise die sonst mühsame
und gefahrvolle Pilgerfahrt (hagg) nach Mekka ausführen zu
können. Die Erleiditerung dieser Verbindung konnte jedem
Gläubigen als ein verdienstvolles Werk hingestellt werden.
Und für den Sultan bedeutete dies Werk eine sehr große
Zunahme von Einfluß und Macht.
Schon 1874 hatte, wie Professor Martin Hartmann schreibt,
der türkisdie Major Ahmed Rastd, der am Feldzuge zur
Unterwerfung von Jemen 1872/73 unter Muchtar Pascha teil-
genommen hatte, die Aufmerksamkeit auf diese Bahn ge-
lenkt. „Solange der Schwerpunkt des islamischen Chalifats
in Arabien ist," schrieb er, „gehen auch die größten Opfer,
die das osmanische Reich für dauernden Besiö und Kulti-
vierung Arabiens bringt, nicht verloren, ja womöglich müßte
vor allen anderen Orten von Damaskus aus eine Bahn nach
dem Higäz gebaut und bis Mekka und Gidda geführt werden,
zumal solchem Bau sich keine Schwierigkeiten, v^^ie hohe
Gebirge und gewaltige Ströme, entgegenstellen; das wäre
gegenwärtig die wichtigste Verkehrslinie Arabiens und zu-
gleich auch die beste Gewähr und Sicherung des arabischen
Besi^es."
Am 1. Mai 1900 ersdiien das kaiserliche Irade für den
Bau der Bahn von Damaskus nach Mekka, mit dem Befehl,
die Arbeiten gleich zu beginnen.
Schon seit 1882 hatten Unternehmer eine Konzession
erhalten zum Bau einer Bahn von Haifa nach Damaskus,
die aber verfiel; 1890 ist die Konzession wieder aufgenommen
und später an die englische Syria-Ottoman-Railway Co., an
deren Spifee ein M. Hill stand, übergegangen. Ende 1892
begann der Bau einer Normalspurbahn von Haifa aus, schritt
aber so langsam fort, daß 1898 die Konzession verfiel;
1902 ist das fertiggestellte Stück von der türkischen Regie-
rung übernommen worden und rasch bis Muzerib weiter-
geführt, wo diese Bahn Anschluß an die Stredte von Da-
maskus aus haben sollte. Diese 171 Kilometer, die 1906
fertiggestellt waren, bilden den sehr wichtigen Anschluß der
Mekka-Bahn an das Mittelländisciie Meer. Man hatte näm-
lich zuerst die Absicht, die von einer französischen Gesell-
— 45 —
Schaft 1 erbaute und ihr gehörige Bahn Damaskus — Muzerib
anzukaufen. Die Verhandlungen zerschlugen sich aber wegen
zu hoher Forderungen, und so war man gezwungen, fast
parallel neben der alten französisdien Stred^e eine neue
Bahn fertigzustellen, die über Derät geführt wurde, das
demnach noch mit dem Endpunkte der Haifa-Bahn, Muzerib,
verbunden werden mußte.
Da die Türkei selbst die Mittel nicht aufbringen konnte,
und an eine Rentabilität der nur religiösen und politischen
Zwecken dienenden Bahn nicht zu denken war, mußte man
sehen, die für den Bau erforderlichen Summen, die auf
200 Millionen Franken geschäht wurden, auf andere Weise
zu erhalten. Die Mohammedaner aller Länder — sogar aus
Indien, Java und China — brachten als fromme Stiftungen
auf den Aufruf des Chalifen etwa 15 bis 17 Millionen Franken
zusammen. Außerdem wurden besondere Steuern, Taxen,
Gehaltsabzüge der türkischen Beamten (1 0 % vom Mai-Gehalt),
Stempelabgaben u. a. m. eingerichtet, die jährlich etwa 5V2
Millionen brachten. Hinzu kommen unregelmäßige Abgaben,
wie kleine Pflichtzahlungen bei Beförderungen, Verkaufs-
erlös der Felle aller in der Türkei beim Beiramsfest ge-
sdiladiteter Hammel und ähnliches mehr. Eine Steinkohlen-
konzession am Schwarzen Meer, eine andere zur Ausbeutung
etwaiger Mineralfunde an der neuen Bahn am Toten Meer
und im Jordantal kamen hinzu. Endlich überließ der Sultan
sein Recht auf unumschränkte Verfügung über alles zum Bau
nötige Land der neuen Bahn; übrigens gaben auch die
LandbesiiÖer dem frommen Werk ihr Privatland gern ohne
Entgelt ab. Endlidi trat eine sehr große Erleichterung da-
durch ein, daß die Arbeiten fast ganz durch Soldaten aus-
geführt wurden, für deren Löhnung das Kriegsministerium
sorgte. Eine Pionier- und Telegraphenkompagnie, zwei bis
drei Bataillone Infanterie und später zwei eigens für diesen
Zweck gebildete Eisenbahnbataillone (zusammen 5 — 7000
Mann) bewirkten die Arbeiten. Nur die Zulagen der Sol-
daten wurden aus den Mitteln der Higäz-Bahn bestritten.
So kam es, daß die Bahn recht billig gebaut wurde (an-
geblich durchschnittlich für nur 26900 Mark das Kilometer);
nur die schwierige Streci^e durch das Jarmuk-Tal kostete mehr.
^ Societe du chemin de fer Damas-Hamah et prolongement.
- 46 -
Die Strecke bis Maän ist am 1. September 1904, bis el-
'Öla am 1. September 1907 und die ganze Stred^e von
1320 km bis Medina im September 1908 dem Verkehr über-
geben worden.
Die genaue GeschidKte der Bahn und ihre Beschreibung
ist von Auler Pascha (Petermanns Erg.-Heft 144, 154, 161;
1906), Blanckenhorn(Zeitschr.d. Berl. Ges. f. Erdkunde, 1907),
M. Hartmann (Orient. Lit.-Ztg., 1908) sowie Dr. H. Schmidt
(Eisenbahnwesen in der asiatischen Türkei; Berlin 1914) be-
schrieben, so daß ich hier nur kurz zu erwähnen brauche»
daß die Spurweite 1,05 m beträgt, während die anderen
syrischen Bahnen Normalspur haben. Die Lokomotiven
waren meist deutsches, die Wagen belgisches Erzeugnis.
Die Bahn ist eingleisig.
Nach Fertigstellung der noch fehlenden Stellen der
Baghdad-Bahn imTaurus-und Amanusgebirge wird man also
von Konstantinopel aus per Bahn nach Medina fahren können,
wobei allerdings in Damaskus Wagenwechsel stattfinden
muß. Die Bauausführung geschah unter Leitung des Dresdner
Ingenieurs Meißner Pascha.^ Zuerst hatte er viele euro-
päische Gehilfen, die aber allmählich alle durch Türken er-
seht zu sein scheinen. Dies war schon deshalb nötig,
weil das Gebiet der Heiligen Orte nicht durch Christen be-
treten werden darf.
Nach der Eröffnung der Bahn bis Medina beschloß die
Kommission, mit der Weiterführung vorläufig ein Jahr zu
warten. Die Kämpfe mit den Beduinen hatten viele Menschen-
leben gekostet. Man wollte die Araber sich erst beruhigen
lassen, die von der Bahn fürchteten, ihre Transporteinkünfte
zu verlieren. Man hoffte, daß sie in Ruhe die wirtschaft-
lichen Vorteile der Bahn kennenlernen würden. Der unbot-
mäßige Wali der Provinz, Ahmed Ratib Pascha, der ein
Gegner der Bahn war, wurde abberufen (s. oben). Er hatte
die Überfälle im stillen geduldet, da er fürchtete, durch die
' Als Frankreidi der Türkei 1914 eine Anleihe bewilligte, verlangte
es unter anderem die Entfernung des deutschen Ingenieurs Meißner
Pascha aus der Higäz-Bahn. Auf Frankreichs Veranlassung ist damals
auch der Bau der Strecke tiaifa — Jerusalem eingestellt. Zugleich wurden
Frankreich die Hafenbauten in Haifa, Jäfa, Tarabulus und Beirut über-
tragen — alles Zugeständnisse, die durch den Weltkrieg hoffentlich
hinfällig werden. (Nadv G. Galli.)
— 47 —
Bahn auch seine Einkünfte an den Pilgern zu verlieren.
Außerdem wurde der Großscherif durdK Geschenke von Kon-
stantinopel günstig gestimmt. Aber die arabischen Scherifen
stimmten offen gegen den Weiterbau der Bahn, in der Furdit,
ihre Einkünfte zu verlieren; sie drohten mit Zerstörung der
ganzen Bahn, wenn sie über Medina weitergebaut würde.
Diese Drohung gewinnt eine gefährliche Beleuchtung durch
die Berichte der türkischen Gouverneure über die große
Waffeneinfuhr von modernen Gewehren (System Martini)
nach Arabien. Sogar Dynamit haben die Araber bei ihren
Angriffen auf die Telegraphenlinien benu^t. Es ist ein
offenes Geheimnis, daß diese Waffen von englischen Kauf-
leuten stammen.^ Unter wohlwollendem Zusehen der eng-
lischen Kriegsschiffe wurden sie in den Häfen des Roten
Meeres und des Perser Golfes gelandet. Die Higäz-Bahn,
welche die türkische Macht stärkte, war seit langem den
Engländern ein Dorn im Auge. Den Engländern wäre es
sehr unangenehm, wenn in der Nachbarschaft von Aden,
Ägypten und Sudan eine starke Türkei auftreten würde.
So wird die Frage des Weiterbaues der Higaz-Bahn eine
Machtfrage zwischen der Türkei und England werden („Hamb.
Nachr." vom 20. April 1909).
Die Leitung des Werkes lag in der ersten Zeit in den
Händen der „Higäz-Bahn-Kommission" unter dem Vorsi^
des Großwesirs, in der Mehmed 'Izzet Pascha das treibende
Element war. Es gab ferner eine Ausführungskommission
unter dem Wali von Beirut, Esid Bey, der als General-
direktor der Higäz-Bahn Kämil Pascha angehörte. Im Jahre
1912 wurde auf den Beschluß des Ministerrats der zukünf-
tige Bau der etwa 450 km langen Endstreci^e Medina — Mekka
dem Kriegsministerium unterstellt. Präsident der General-
direktion der Higaz-Bahn, die ihren Sife in Konstantinopel
hat, wurde Generalmajor Dschawid Bey (Gäwid).
Eine ganze Reihe von Zweigbahnen sind geplant, von
denen uns die syrischen Strecken hier nicht interessieren.
Als sehr wichtige Abzweigung muß hier aber eine Verbindung
von Ma'än nach 'Aqaba am Roten Meer erwähnt werden.
^ Vgl. dazu die Ausführungen in\ Kapitel über Bahrain, Masqa.
und die Wahhabiten. Es ist unzweifelhaft, daß mit englischer Hilfe
1903 und 1912, wahrsdieinlidi aber dauernd, große Mengen Waffen usw.
von 'Oman und Koweit aus ins Innere gesdiafft sind.
— 48 —
Sie kam jedodi auf Einspruch der Engländer nicht zustande,
die sogar am 13. Mai 1907 mit einer Flottendemonstration
in Konstantinopel drohten.^ Denn diese Verbindung hätte
die Stellung der Engländer in Ägypten beeinflußt, auch dem
Suezkanal Konkurrenz gemacht. Je^t im Weltkrieg ist die
Schaffung dieser Bahn wieder sehr aktuell geworden, doch
bietet das sehr zerklüftete Gebirgsland von Petra große
technische Schwierigkeiten, weshalb man daran dachte, die
Abzweigung ein wenig südlicher bei Mudewwere vorzunehmen.
Es scheint aber, daß man einstweilen auch dies Projekt
zurückgestellt gegenüber einer Abzweigung der Haifa-Bahn
von Al-Füle aus, die über Näbulus, Lidda, Bir-seba' geführt
werden soll. Wie weit die Arbeiten fortgeschritten sind, ist
der Öffentlichkeit unbekannt. Am 17. Januar 1915 bewil-
ligte die türkische Kammer 200000 & für die Linie Afule —
Näbulus, am 30. März soll die Bahn bis Lidda fertig gewesen
sein. Die Presse brachte die Notiz, daß B!r-seba' im Ok-
tober 1915 erreicht sei.- Die Linie ist von größter Be-
deutung für das türkische Vorgehen gegen Ägypten. Von
Btr-seb'a bis zum Kanal werden rund noch 250 km übrig
sein. Die Higäz-Bahn hat unter günstigen Verhältnissen bis
zu 3 km am Tage fertiggestellt. Doch wird in der heutigen
Zeit der FortsdKritt nicht so rasch gehen, zumal es an Bau-
material mangeln muß, wenn man nidit andere, weniger
wichtige Linien in Syrien aufnehmen und für den neuen
Bau verwenden will. In Zukunft aber wird man jedenfalls
noch die direkte Verbindung von der Higäz-Bahn bei Ma an
oder Mudewwere nach'Aqaba bauen müssen, im Zusammen-
hang mit dem weiter unter zu erwähnendem Projekt der
transarabisdien Bahn.
Nadidem „Deutschen Handelsarchiv" 1912 verkehrten von
^ Es ist mir bekannt, daß in der Öffentlidikeit diese Verhand-
lungen sid\ nur um die Grenze der Sinai-Halbinsel drehten, daß Lord
Cromer sogar formell ableugnete, etwas gegen das Bahnprojekt zu
haben. Ich habe aber die Überzeugung, daß neben der Qrenzfrage die
Bahnfrage sehr wichtig war. (Im übrigen siehe Kapitel 5.)
• Es sdieint, daß die Bahn über Bir-seba und Mesrife weiter über
die Grenze geführt ist. Wenigstens gaben im Januar 1916 englisdie und
italienisdKe Zeitungen die Meldung, daß die „Sinai-Bahn" auf 40 bis
50 km sid\ dem Suezkanal genähert habe, sowie daß man mit ihr
zusammen eine Wasserleitung erbaut habe. Die Riditigkeit dieser
Nad\rid\t läßt sidi nicht nachprüfen.
— 49 —
Haifa bzw. Damaskus wöchentlidi in jeder Richtung drei
Züge mit 72 Stunden Fahrzeit, die man um 18 Stunden
verkürzen wollte; 1914 wird die Fahrzeit auf 54 Stunden
angegeben. Man hatte sogar einen Speisewagen eingerichtet.
Nachstehend gebe ich einige Ziffern über die Bahn,
ohne imstande zu sein, die oft widersprechenden Angaben
kontrollieren zu können.
Die Kosten für den Bau und das rollende Material be-
trugen :
für 1465 km auf je 1 km
Piaster (1 £ T. = 102,6) 1 Frank == 4,52 P. Sag.
Anlagekosten. 352155161,09 P. 240379 P. Sag.
= 77910433 Frank
Roll. Material 46876540,19 P. 31997 P. Sag.
= 10570915 Frank
zusammen 399031 701 ,28 P.
oder 88281348 Frank
Vom 14. März 1910 bis 13. März 1911 hatte man einen
Reingewinn von 1730700 Frank bei diesem Anlagekapital
von 88,2 Millionen Frank oder eine Verzinsung von 1,95
Prozent, wobei aber zu berücksichtigen ist, daß das Anlage-
kapital tatsächlich nicht verzinst zu werden brauchte, weil
es aus freiwilligen Spenden usw. bestand. Die Brutto-
einnahmen beliefen sich 1909 auf 18896271, 1910 auf
26789075. die Betriebsausgaben 1909 auf 15892142, 1910
auf 19672524 Frank. Von anderer Seite (Alexis Rey) wird
angegeben, daß 1909 die Gesamteinnahmen 3800000 Frank
waren (pro km 2334 Frank), 1910 aber 5565084 (5359000?)
Frank (pro km 3657 Frank), und zwar werden 1305 km an-
gegeben.^ Vielleicht hat man die Strecke Haifa-Der at nicht
mit in die Recfinung einbezogen. Die Haupteinnahmen bringt
die nördliche Linie Damaskus — Der at, dank der großen Stadt
Damaskus von einer Viertelmillion Einwohnern. Auf der
Stredke von Derät nach Medina werden fast nur Pilger,
aber wenige Waren befördert (nach Bankdirektor Griesbauer
in „Weltverkehr und Weltwirtschaft", 1913, S. 540).
^ Für 1911 wurden für ca. 1468 km 6618800 Frank Einnahmen, pro
km etwa 4100 Frank angegeben; die Einnahmen hätten gut die Betriebs-
kosten gedeckt, der Überschuß würde für den Weiterbau verbraucht,
da ein Anlagekapital nicht zu verzinsen und amortisieren sei.
H-.-r.bürgisdie Forschungen. Heftl. 4
— 50 —
1912 sollen die Einnahmen (wohl Reineinnahmen?) nach
den « Ägyptischen Nachrichten " vom 20. Sept. 1913 1 20000 ^ T.
oder rund 2170000 Mark gewesen sein.
Nach Dr. Schmidt betrugen die Einnahmen (Stiftungen usw.)
bis zum 31. Juli 1907 in Goldpiastern (4,4 P. = 1 Frank)
abzüglidi der Kursverluste 318869026 Piaster, von denen
102877338 Piaster freiwillige Beisteuern waren. Professor
Hartmann (Der Islam 1908. „Mitt. d. Orient. Sem."; Berlin,
XII, 1909, S. 63) schreibt, daß am 21. Januar 1909 eine
Interpellation in der türkischen Kammer über die Higaz-
Bahn eingebracht wurde. Nath Angabe der Regierung
waren 3800000 £ T. (70300000 M.) zum Bau vereinnahmt,
2800000 £ T. (51800000 M.) für Bau und Material aus-
gegeben, der Rest von etwa I8V2 Millionen für Gehälter
und ähnliches. (!) Es wurde darauf eine Kommission zur
Kontrolle der Verwaltungsgelder gewählt. Die Bahn solle
in Zukunft „'Otmanische Higäz-Bahn" und nicht mehr „Isla-
mische Higäz-Bahn" heißen.
Bei der schnellen Bauausführung durch teils ungeübte
Leute werden sich manche Mängel herausgestellt haben.
Bei allen Bahnen in Neuländern, deren klimatische Fak-
toren man nicht genau kennt, sind immer Reparaturen nötig.
Recht ungünstig hatte Professor Musil 1910 über den Zu-
stand der Bahn berichtet (vgl. M. Hartmann in: „Asien"
vom 31. Juli 1912, und „Berliner Tageblatt" vom 26. Sep-
tember 1911), besonders sollten die Stationen nicht genügend
geschürt, die Lokomotiven und Wagen schlecht gehalten sein.
Hiergegen hat allerdings Esref-Efendi, der Chef des tech-
nischen Bureaus der Higäz-Bahn, im „Berliner Tageblatt" vom
17. September 1911 Einspruch erhoben, der vor allem die
guten Dienste hervorhebt, die Meißner Pascha durch die
türkischen Ingenieure gehabt hätte. Auf der Streci^e Ma an
bis Medina wären an Europäern nur Meißner und sein
Adjutant Herr Schröder tätig gewesen. Später scheint man
für die Leitung wieder mehr Europäer beschäftigt zu haben,
wohingegen der Betrieb aus religiösen Gründen durch Türken
erfolgte. 1911 sollen auf der Bahn im ganzen 81 Lokomo-
tiven, 100 Personenwagen und 900 Güterwagen gewesen sein.
Sehr bedenklich ist die Unsicherheit, die durch häufige
Überfälle räuberischer Beduinen veranlaßt wurden. Die
Stationen müssen deshalb kleine Festungen sein. M. Hart-
— 51 —
mann befürwortet, die ganze Bahn durch Kamelreiterkorps
sdiü^en zu lassen, durch «Uberbeduinen*, wie er sich aus-
drückt. Für eine solche Truppe müsse man die Erfahrungen
der Franzosen in Südalgerien und in der Sahara sich nufebar
machen. Die Franzosen haben dort die „Meharistes* ge-
schaffen nach Art der Kosakentruppen, die mit ihren Reit-
tieren angeworbene Beduinen sind. Es hatte sich nämlich
herausgestellt, daß nur der Eigner selbst sein Kamel richtig
behandeln kann, und daß man nur bei diesem Rekrutie-
rungssystem die Beduinen auch wirtschaftlich und disziplinar
fesseln kann. Jedenfalls ist mit einer sehr beweglichen
Truppe, unterstü^t durch Panzerzüge, die Sicherung der
Bahn durchzuführen. Danebenher sollte die Errichtung^ von
Automobillinien gehen in die Oasengegenden von Gaüf,
Sammar usw. Sehr wünschenswert wäre die Fortführung
der Bahn nicht nur bis Mekka und Gidda, sondern, soweit
als möglich nach Süden bis Jemen, zunächst vielleicht nur
mit Automobilen, deren Räder für den Sand der Wüste
eingerichtet werden müßten. Es sollte so der Anschluß nach
Süden versucht werden an die Bahn, die in Jemen geplant
wird, und über die wir weiter unten sprechen werden —
aber nicht nach 'Aden, sondern nach Hodeida oder, noch
viel besser, nach Scheich Said. Doch davon später.
Die Transarabien-Bahn
Es ist selbstverständlich, daß England den größten Wert
auf sichere Verbindungen mit seiner wichtigsten Besi^ung,
Indien, legen muß. Aus diesem Bestreben ergaben sich
die Beherrschung des Suezkanals durch Aufkauf des größten
Teils seiner Aktien, die Okkupation von Ägypten, die An-
lage von Flottenstüöpunkten am Ausgang des Roten Meeres
in 'Aden und Perim, die Beherrschung des Ausganges vom
Perser Golf und die Schu^erklärung über Kueit. Dies hat
aber noch nicht genügt, um die Sicherheit der Verbindung
unter allen Umständen zu gewährleisten. Es sollte noch eine
Landverbindung geschaffen werden. Über Persien war sie
der Russen wegen nicht möglich. So lag es nahe, an eine
direkte Verbindung von Ägypten mit Indien zu denken.
Zunächst plante man eine Bahn den Eufratfluß entlang.
Die von General Chesney geführte Expedition nahm dort
schon 1850 zu diesem Zwecke Vermessungen vor. Sir
4*
— 52 —
W. P. Andrew, der Herzog von Sutherland und andere be-
fürworteten den Plan warm, der lange Zeit immer wieder
aufkam. Später tauditen neue Projekte auf: eine trans-
arabische Bahn, deren Zwecke nicht wirtschaftliche, sondern
nur politische und strategisciie waren. Diese Bahn sollte
auch der deutschen Baghdäd-Bahn entgegenarbeiten. Durcfi
eine solche Verbindung würde England seine indischen
Truppen in ganz kurzer Zeit nach Ägypten und somit nach
Europa werfen können, und umgekehrt auch europäische
Truppen nach Indien. Von London aus hätte man Kuradii
in acht Tagen erreichen können. Lord Curzon ist vielleicht
der Vater des Gedankens, diese Bahn von Suez über 'Aqaba
und quer durch Arabien nach Küeit zu legen, von wo sie
entlang der Küste von Persien und Beludschistan nach
Indien gehen könnte. Als man dann die Hauptmadit von
Ägypten aus in den Sudan verlegte, das für fremde Mächte
unangreifbarer als Ägypten ist, tauchte der Plan auf, die
Bahn von einem Punkte gegenüber von Port-Sudan aus-
gehen zu lassen, um sie entweder in Kueit oder bei den
Bahrain-Inseln endigen zu lassen. Lord Kitchener scheint
früher für den lefetgenannten Plan gewesen zu sein. Im
„Tag" vom 25. Juni, 10. Juli und 8. September 1913 ist von
Theodor Ling angegeben, daß England sich sogar schon um
eine Konzession für diese Bahn beworben haben sollte,
„which is likely to be granted". Und zwar dachte man
daran, die Konzession nicht etwa von der Türkei, sondern
von den Emiren von Küeit, von Sammar und anderen Leuten
zu erhalten, denen England nach dem bekannten Beispiel
von Kueit zunächst die „Unabhängigkeit" und seinen Schu^
verschaffen müßte. Die Bestrebungen Englands mit dem
Wahhäbiten-Sultan Ibn Saud, auf die wir später kommen,
zielen offenbar hierauf hin. England mußte erst Uneinig-
keit stiften zwischen der Türkei und den innerarabischen
Herrschern, die früher zur Türkei in einem gewissen Ab-
hängigkeitsverhältnis standen. Aber selbst wenn dies auf
die Dauer gelingen sollte, so muß die transarabische Bahn
unter allen Umständen die unzweifelhaft türkische Higäz-
Bahn und somit rein türkisches Gebiet kreuzen. In Eng-
land soll man sich nun 1913 für den nördlichen Weg ent-
sciiieden haben. Vielleicht kehrt man aber unter dem Einfluß
der heutigen türkisch-deutschen Bedrohung Ägyptens wieder
— 53 —
zum Südprojekt zurück. Man plant aber immer nodi die
Linie, mit der man in 52 Stunden von Port Said nach
Küeit über Gauf gehen soll, wo die Hauptstation einzu-
richten wäre. Die Kosten der Bahn sollen auf 100 Mil-
lionen Mark (wohl zu gering) geschäht sein. Ob England
an die Fortse^ung der Bahn entlang der persischen Küste
ernstlich denkt, ist mindestens zweifelhaft, weil diese Strecke
dem russischen Einfluß zu nahe gerüd^t sein würde.
Gelingt es England, die transarabische Bahn zu verwirk-
lichen, so erhält es einen sehr großen Machtzuwadis, und
der Einfluß der Türkei in den Heiligen Orten des Islam
und somit in der mohammedanischen Welt wäre sehr ge-
fährdet. Es muß deshalb alles versucht werden, daß Eng-
land dies Ziel nicht erreicht. Vielmehr muß die Türkei
selbst mit deutscher Hilfe, diese Bahn oder eine solche von
einem Punkte der Higäz-Bahn nach der Baghdad-Bahn oder
nach Küeit oder nach Bahrein bauen. Hierdurch würde
der Einfluß der Türkei in Arabien völlig sichergestellt, vor
allem aber würde die Weltmachtstellung Englands leiden
zum Vorteil der Türkei und Deutschlands. Die gefahr-
bringende absolute Beherrschung der Handelsstraßen nach
dem Osten würde unterbunden werden. Eine solche Bahn
ist auf lange Zeit nur als Militärbahn mit militärischer
Sicherung denkbar. Ihre Wichtigkeit ist aber so groß, daß
sie auch bedeutende Opfer lohnt. Die Vorbedingungen für
sie ist aber, daß England die alleinige Herrschaft auch im
Perser Golf genommen wird, daß auch andere Mächte, vor
allem die Türkei, dort dauernden Einfluß haben. Hierauf
kommen wir noch zurück.
Die Universität in Medina
M. Hartmann („Arabische Frage" S.588) meinte, daß Ara-
bien und Marokko für eine Universität noch nicht reif wären.
Vielleicht unter dem Eindruck, daß die arabische Univer-
sität in Kairo zu stark von England beeinflußt wird, hat
man sich aber in Konstantinopel entschlossen, eine Uni-
versität in Medina zu errichten. Die Grundsteinlegung fand
am 29. November 1913 bei Anwesenheit einer besonderen
Kommission aus Konstantinopel statt, auf einem Plafee im
Osten der Stadt. Das Grundstück ist 16000 Quadratpik
groß, dazu kommt noch ein Garten von 286000 Quadrat-
— 54 —
pik, in dem später eine landwirtsdiaftliche Sdiule errichtet
werden soll. Das kaiserliche hade zur Errichtung der Uni-
versität datiert vom 19. April 1913. Ihr Zentralkomitee hat
seinen Siö in Konstantinopel, der Verwaltungsrat in Medina.
Der Rektor ist Scheich Sawis 'Abd el-'AzTz,^ der früher in
Kairo tätig war; er ist wohl der Urheber des ganzen Planes.
Das wichtigste ist, daß der Unterricht nur in arabischer
Sprache erteilt wird. Das Waqf-Ministerium, dem die Uni-
versität untersteht, hat einen jährlichen Zuschuß von 10000
türk. Pfund bewilligt, für die erste Anlage außerdem noch
80000 Pfund. Eine Sekundärschule ist angegliedert.
Diese Gründung ist eine Anerkennung der arabischen
Kultur seitens der Türken. Es ist zu hoffen, daß die tür-
kischen nationalistischen und zentralisierenden Stimmungen,
die besonders im je^igen Krieg sehr stark sind, hierin keine
Änderung aufkommen lassen, und daß die Universität wirk-
lich ins Leben tritt. Ihr sollten in Baghdäd, Damaskus und
in Jemen ähnliche Einrichtungen folgen, die aber nicht allein
rein islamisches Wissen verbreiten, sondern die sich be-
streben sollten, auch abendländische Gelehrsamkeit ihren
Zwed^en dienstbar zu machen. So wird es möglich sein,
im Lande ein gebildetes Element zu erziehen, aus dem
sich tüchtige Beamte, Ärzte usw. rekrutieren. Und sobald
Bildung in diese Länder gedrungen ist, werden sie befähigt
werden, unter dem Halbmond der Türkei autonome Staaten
zu bilden, einen Staatenbund, um eine glückliche Lösung
der so schwierigen Arabischen Frage zu bringen. ^ Eine
starke Türkei kann in der Arabischen Frage nachgiebig sein.
Wie weit die Reformen der „jungen" Türkei im Higäz
haben einwirken können, ist aus der Presse schwer ersicht-
lich. Etwa Mitte 1913 hat Tala'at Bey nach der „Depeche
coloniale" vom 4. August 1913 ein Rundschreiben an die
Gouverneure erlassen, das sich auf die arabischen Gebiete der
Türkei bezieht: Danach sollen die Einkünfte und die Güter
des Waqf in jedem Wilajet der religiösen Gemeinde dieses
' Zeifungsnadiriditen zufolge soll Sawis Abd el-'Aziz im Oktober
1915 in Berlin gewesen sein, wo er beim Beiramfest der türkischen
Kolonie zugegen war.
' Eine andere islamisdie Universität, „Saladin el-Ejubi", ist im Sep-
tember 1915 in Jerusalem eröffnet worden.
— 55 —
Wilajets gehören. Der Wali und der Generalrat sollen ge-
meinsam beraten über die auszuführenden öffentlichen
Arbeiten und sie ausführen. Im Frieden sollen die Sol-
daten ihren Dienst im Bezirk der Armeekorps-Inspektion
des Wilajets ableisten, aber die Regierung hat die Voll-
macht, die Truppen an die Punkte der Grenzen zu senden,
wo Verstärkungen nötig sind. Die Garnisonen vom Higaz,
Negd und 'AsTr werden aus Soldaten zusammengese^t, die
aus allen Teilen von Arabien stammen, im Verhältnis der
Zahl der Rekruten. In den arabischen Ländern soll der
elementare und mittlere Unterricht in der Sprache der Mehr-
heit der Bewohner gegeben werden, jedoch wird man auch
Türkisch lehren. Man wird höhere Schulen schaffen, in
denen der Unterricht auf Arabisch erfolgt. In den Schulen,
in denen bisher der Unterricht auf Türkisch gegeben wurde,
wird dies weitergeschehen, aber außerdem wird man Schulen
gründen, in denen auf Arabisch unterrichtet wird. Alle Be-
amten in arabischen Ländern müssen die arabische Sprache
beherrschen. Alle Beamten zweiten Grades werden von den
Gouverneuren ernannt, mit Ausnahme bestimmter Richter, die
durch ein Irade des Sultans berufen werden. Die Regie-
rung in Konstantinopel behält sich also nur vor, den Wali,
den Generalsekretär, den obersten Scha^meister und be-
stimmte Richter zu ernennen, die aber alle Arabisch können
müssen. Fremde Spezialisten sollen für die Einrichtung
der Verwaltung und für die öffentlichen Arbeiten berufen
werden. Das Defizit der Budgets der Wilajets in bezug auf
die öffentlichen Arbeiten, den Unterricht und die Lokal-
verwaltung soll ausgeglichen werden durch Vorwegnahme
von Einkünften der allgemeinen Reichseinnahmen.
Roloff schreibt, daß im Frühjahr 1914 sich türkische und
arabische Politiker im Cafe Tokatlian in Konstantinopel
versammelten, um eine Verbrüderung von Türken und Ara-
bern zu erzielen. Zur selben Zeit seien in Häjil die Ab-
gesandten vieler arabischer Emire zu einem Kongreß zu-
sammengekommen, um über Maßregeln zu beraten, die für
die Erreichung von Reformen und der Autonomie von der
Pforte zu erzwingen wären. Daran hätten ein Sohn des
Großscherifs von Mekka als dessen Vertreter, ein Bruder
des Emir der Wahhabiten, ein Abgesandter des Emir
von Häjil und andere Würdenträger aus Syrien, Iraq und
— 56 -
Ägypten teilgenommen.^ Über die dort gefaßten Beschlüsse
soll noch nichts bekannt sein; alles wird darauf ankommen,
ob die arabischen Fürsten ihre Sonderinteressen beiseite-
lassen. Durch den Weltkrieg, durch die Verkündigung des
Heiligen Krieges einerseits und durch die erhöhte Tätigkeit
der englischen Agenten anderseits werden sich siciier die
Fragen verschoben haben. Wohinaus die Entwicklung gehen
wird, muß die Zukunft lehren.
Im Frieden ist die 22. Division des VII. Armeekorps im
Higäz stationiert; wie stark sie ist, entzieht sich meiner
Kenntnis. Gewöhnlich soll eine Division aus 3 Infanterie-
regimentern zu je 3 Bataillonen, 1 Jägerbataillon, 1 Ma-
sciiinengewehrkompagnie, 1 Feldartillerieregiment zu 6 Batte-
rien, 1 Pionierkompagnie, 1 Kompagnie Fuhrwesen und
V4 Telegraphenkompagnie bestehen.
In der Verwaltung scheint man zu versuchen, entlang
der Higäz-Bahn größere Zentren zu schaffen, wahrscheinlich
in Satt el-Hagg, Tebük und el-'Öla.
Nachdem die Türken am 29. Oktober 1914 [mit in den
Weltkrieg eingetreten waren, und der Sultan als Chalif alle
Mohammedaner zum Kampfe aufgerufen hatte, griffen die
kriegerischen Ereignisse natürlich auch nach dem Higaz über.
Es zeigte sich, wie wichtig die religiöse Politik von 'Abd ul-
Hamid gewesen war, seine Stellung als Chalif zu betonen
und die Higäz-Bahn zu erbauen. Aber die seit langer Zeit
von England in Ägypten und von Frankreich in Syrien ge-
^ Rouet schreibt, daß schon 1904 von einem derartigen Kongreß die
Rede gewesen sei, den er für sehr unwahrscheinlich hält, da die Teil-
nehmer zu verschiedenartige Interessen hätten. Er glaubt, daß die
Nachricht über solche Kongresse nur mittels der ägyptischen Presse in
die Welt gese^t seien durch die Alttürken und andere, die durch Stif-
tung von Unfrieden im trüben fischen wollten. — Nach Frhrn. v. Macltay
(„Deutsche Tagesztg." vom 18. 2. 1911) hatte sich neben dem „Komitee
für Einheit, Freiheit und Fortschritt" in Konstantinopel eine „Arabisch-
türkische Gesellschaft" gebildet, die gemeinsam mit der neuen Regie-
rung die arabischen Interessen vertreten sollte. Mit dem Aufleben der
türkischen Zentralisationstendenzen sei daraus eine arabische Fronde ge-
worden, die besonders mit der Presse arbeitet, vor allem mit der in
Mekka erscheinenden „Sams el-^adäla" und der Konstantinopolitaner
„el-Destur" („Die Verfassung"). Die arabische Bewegung soll sich aber
in Arabien fast ganz auf die religiösen Zentren Mekka und Medina
und auf die dortigen Geistlichen beschränken, während der Araber der
Wüste ihr fremd bleibt.
— 57 —
schürte Arabische Frage wurde natürlich von den feindlichen
Mächten aufs neue nach Möglichkeit ausgenü^t. Schon früher
hatte Frh. von der Golö darauf aufmerksam gemacht, daß die
Frage der wahrhaften Versöhnung der arabischen Welt mit
dem Chalifat der otmanischen Sultane für die Türken von
weit größerer Bedeutung sei, als wenn die Türkei Maze-
donien oder Albanien verliere. Die Vorausse^ung für eine
sofortige allgemeine Erhebung des Islam wäre gewesen
die Anerkennung des türkischen Chalifats seitens aller ortho-
doxen Mohammedaner und völlige Einheit im Islam (Roloff).
Das sind aber unerfüllbare Vorausse^ungen schon bei
der Verschiedenheit der wirtschaftlichen Interessen, die an
vielen Stellen so sehr mit denen der Engländer, Fran-
zosen usw. verbunden sind. So bildete die Erklärung des
Heiligen Krieges zwar ein sehr gutes Kampfmittel, das vieler-
orts der Türkei und uns große Hilfe gab — ich darf nur
an Deutsch-Ostafrika erinnern — , aber eine allgemeine Er-
hebung des Islam mußte eine Utopie bleiben; sie kann
nur nach einem durchgreifenden Erfolge der Waffen ein-
treten, der allein maßgebend ist.
Es kann hier nicht die Aufgabe sein, die kriegerischen
Unternehmungen gegen Ägypten zu beleuchten, so unend-
lich wichtig sie auch sind. Ich darf nur daran erinnern,
daß schon am 10. November el-'Arts und am 18. November
Qala't en-Nachl auf der Sinai-Halbinsel seitens der Türken
beseht wurden. Nachdem bereits am 22. November tür-
kische Vortruppen den Suezkanal erreicht hatten, wurde am
27. Januar eine Gewaltrekognoszierung am Kanal ausgeführt,
der sich im März und April noch einige kleinere Unter-
nehmungen anschlössen. Auch im August und September
1915 wurden von den Türken noch Bahnanlagen und eine
Funkenstation am Kanal zerstört. Die Türken haben je^t
(Februar 1916) fast die ganze Sinai-Halbinsel in ihrer
Gewalt und warten offenbar auf die Zeit, wo die Verhält-
nisse des Hauptkriegsschauplafees es erlauben, wieder aufs
neue mit großer Macht vorzugehen. Denn gewiß ist für die
Niederwerfung der englischen Ansprüche der Kampf gegen
den Suezkanal von höchster Bedeutung. Aber das Ziel, die
Monopolstellung auf den Wegen nach Osten zu brechen,
kann auch in Südarabien und am Perser Golfe erreicht
werden, wie wir noch zeigen wollen.
— 58 —
Die Engländer versuditen ihre Vorherrsdiaft auf dem
Meere auszunu^en, um der Unternehmung gegen Ägypten
in die Flanke zu fallen, und zwar vom Golf von 'Aqaba
aus, wo in den ersten Kriegstagen eine kleine türkische Be-
samung, angeblich mit Funkeneinrichtung und einem deut-
schen Offizier („Times" vom 31. Oktober), eingetroffen
war. Am 3. und 6. November beschoß der Kreuzer ,Mi-
nerva" den Ort 'Aqaba und zerstörte Gebäude der Lan-
dungstruppen, am 19. und 28. Dezember wurde der Ver-
such einer Landung ohne Erfolg vorgenommen. Auch am
27. Februar 1915 wurden die dort ausgeschifften Engländer
wieder zurückgetrieben. Der französische Kreuzer „Desaix"
soll an dem Unternehmen teilgenommen haben. Man scheint
zwar gleich Anfang November ein winziges Fort und eine
Telegraphenstation zeitweise zerstört zu haben, im übrigen
aber sind die Türken im Besifee ihrer Stellung geblieben.
Im Higäz ist gleich nad\ Ausbruch des Krieges der Teil
der Stämme, der von den Türken abhängig war, offen zur
Türkei getreten. Wenigstens hören wir, daß am 15. No-
vember der Qädi von Medtna, die Häupter der Hanefiten
und Sciiafi'iten zum Heiligen Kriege aufgerufen habe, daß
am 28. November in Mekka für den Sieg der Türkei und
ihrer Verbündeten gebetet würde, und daß am folgenden
Tage die Heilige Fahne, der Sangaq es-serif, feierlich ein-
geholt wurde. Dies gesciiah, tro^dem die Indische Regie-
rung am 2. November („Times" vom 6. November 1914)
öffentlich erklären ließ, daß die Heiligen Orte in Mekka und
im Iräq sowie der Hafen Gidda niciit durch englische Land-
oder Seestreitkräfte belästigt werden sollten, solange man
die indischen Pilger dort nicht belästigen würde. Die fran-
zösische und russische Regierung haben ähnliche Erklärungen
abgegeben. Ende Dezember sollen auch Araber aus dem
Negd, also wohl Leute des Ibn Rastd, sich gegen England
erklärt haben. Am 12. Januar haben, Zeitungsmeldungen
nach, die Engländer einen Landungsversuch bei Habia (? Ras
Hatiba) in der Nähe von Gidda ohne Erfolg gemacht und
am 5. Februar Gidda beschossen. Am 22. Februar soll ein
englisches Schiff im Hafen von Janbu einen Brief an Land
gesandt haben, in dem den Stämmen erklärt wurde, daß
England keine feindlichen Absichten gegen sie habe, sie
sogar mit Nahrungsmitteln und Munition Unterstufen wolle,
— 59 —
wenn sie auf Seite Englands treten würden. Das Ober-
haupt der Stämme habe aber jede Unterredung abgelehnt,
weil sie an der Seite der Türkei ständen. Karl Neufeld
(„Berl.Tagebl." vom 11. November 1915) schreibt, man hätte
auch erfolglos Proklamationen aus englischen Flugzeugen ab-
geworfen. Vom 21. März wird eine mißglüdcte Landung der
Engländer in Monghile (? in 27V2 Grad nördl. Breite, Mueleh,
Muweila?) gemeldet. Wahrscheinlich beim selben Orte (die
Presse- sagt allerdings „Moyle bei Medina") wurde am
24. Mai ein englisches Flugzeug herabgeschossen, das von
einem Kreuzer kam. Im September 1915 sollen die Leute
aus dem Higäz ihre Ergebenheitsversicherung gegen die
Türkei wiederholt haben („Frankf. Ztg." vom 13. Sept. 1915).
Im Dezember 1914 war Karl Neufeld — bekannt durch
seine Gefangenschaft beim Mahdi im Sudan, wo er den
Islam hatte annehmen müssen — als Mohammedaner
erst nach der Sinai-Halbinsel, dann nach Medina gereist,
wo man ihn scharf beobachtete, aber als Mohammedaner
frei gehen ließ. Er konnte (nach dem „Berliner Tageblatt"
vom 11. November 1915) alle früheren Nachrichten bestä-
tigen: Die Engländer haßte man dort, weil sie die Pilger-
fahrten von Ägypten und Indien behinderten, die Nahrungs-
zufuhr unterbanden und den Mohammedanern den von ihnen
eingese^ten „Sultan von Ägypten" als Chalifen aufdrängen
wollten. Die Türkei lieferte Mengen von Getreide nach dem
Higaz; täglich bekam man die europäischen Kriegsdepeschen
in Medina, wo unsere Siege Begeisterung ausübten.
Aus allen Nachrichten ist also anzunehmen, daß die
Türken im Higäz Herren der Lage sind, daß Bahn und
Küste gut geschürt sind, während die Feinde von der See
aus blockieren. Sehr wirksam scheint diese Blocitade aber
nicht zu sein, wie die Reise der „Emden"- Besamung zeigt.
Überall aber werden die Feinde versuchen, mit Geld und
anderen Mitteln Stämme zum Aufruhr gegen die Türkei
zu veranlassen. Feindliche Unternehmungen gegen die
Higaz-Bahn können jedoch nur Erfolg haben, wenn sie mit
großen Mitteln unternommen werden, denn zur Erreichung
der Bahn ist ein langer Marsch nötig. Die aufgehe^ten
Stämme aber, die schon in Friedenszeiten die Bahn dauernd
beunruhigten, können gewiß auch heute dort dann und
wann Verlegenheiten bereiten, die aber unwesentlich sind.
— 60 —
Jedenfalls sind die Heiligen Orte Mekka und Medina fest
in der Hand der Türkei, und alle von England und Frank-
reid\^ unternommenen Pläne, das Chalifat des Sultans durch
ein Gegenchalifat zu stürzen, müssen scheitern, solange die
Türken Herren der Ka'ba sind.
7. Kapitel
Jemen und 'Asir
Der Südwestteil von Arabien bildet eine geographische
und kulturelle, damit auch politische Einheit. Es ist
das „Glücklidie Arabien", Arabia felix der Alten, ein Name,
der vielleicht aus „'Aden" entstanden ist, woraus man „eudae-
mon" und „felix" madite. Man wollte aber hiermit auch
das infolge natürlicher und wirtsdiaftlicher Lage günstigste
Gebiet der großen Halbinsel bezeichnen. Im Altertum war
im Lande selbst keine einheitliche Bezeichnung des frag-
lidien Gebietes üblich. Es war das Land der Sabäer, aus
dem sich das der Himjariten entwickelte, die je nach ihrer
staatlichen Kraft engere oder weitere Länder beherrschten.
Einem niederen, am Roten Meer gelegenen Wüsten-
streifen, Tihäma genannt, folgt landeinwärts in Stufen auf-
steigend ein hohes Bergland, Serat, das vielfach zerrissen
ist und das nach Osten hin allmählich in die innerarabische
Wüste übergeht. Den Monsumwinden ausgese^t, empfangen
die Berge genügende Sommerregen, so daß die Flüsse
dann sogar das Meer erreichen. Nach den Beobachtungen
von Beneyton ist im Küstenland (Tihäma) die Temperatur
während der Kalmen von Mai bis September 35 — 43*^;
während der Sommerregen sinkt die Temperatur etwas, im
Winter ist sie 25 — 35*^. Auf dem Plateau beobachtete er
im Sommer 17—27°, im Winter —5 bis +29", wobei
diese Unterscfiiede von 34° oft innerhalb von 24 Stunden
^ Unter Nr. 1533 ist in der französisdien Kammer ein Gesefeentwurf
eingebracht, nach dem 500000 Frank bereitgestellt werden sollen, um in
Mekka und Medina je eine Unterkunft für Pilger aus den französischen
Protektoraten zu schaffen. Diese „Hotelleries" sollen unter die Bestim-
mungen des „Habous" (Waqf) fallen. (Bulletin du Comite de l'Afrique
fran9aise 1915. S. 291.) Auf diese Weise hofft Frankreich seinen Kolo-
nial-Mohammedanern gefällig zu sein und in den Heiligen Orten Ein-
fluß zu gelangen.
— 61 —
eintraten. Die Berge sind von der Talsohle an bis auf
die Gipfel terrassiert; eine erstaunliche Arbeit ist auf diese
Anlagen von der Urzeit an verwandt. Die Terrassen werden
sorgsamst künstlich bewässert, besonders um auf ihnen
Kaffee zu bauen. Schon die Altägypter sprachen von den
„Stufenländern zu beiden Seiten des Meeres", und es ist
denkbar, daß sie hiermit diese Terrassenbauten meinten.
Die Kaffeekultur auf den Terrassen allerdings ist dort an-
scheinend kaum vor dem 15. Jahrhundert unserer Zeitrech-
nung von Abessinien aus eingeführt, wo der Kaffeebaum
einheimisch ist. Der Sage nach soll ein sufitischer Mufti
Scheich Sihab-ed-DTn DabhänT^ um 1470 den Gebrauch
der Kaffeebohne in 'Aden eingeführt haben. Und mit dieser
Kultur wird man auch die des Qat (Catha edulis) aus
Abessinien in Jemen eingeführt haben. Außerdem baut
man Getreide in den Tälern — früher vielleicht auch auf
Terrassen — ebenso Mengen von Fruchtbäumen. Der
Gebrauch des Pfluges ist seit alter Zeit üblich. Gemüse
scheinen durchweg gefehlt zu haben; wenigstens wird von
den ersten türkischen Militärexpeditionen gemeldet, daß
viele Soldaten aus Mangel an Gemüsen an einer skorbut-
artigen Krankheit gestorben wären, weshalb man ihnen
zubereiteten Klee (Luzerne?) gegeben habe. Erst die Türken
scheinen Gemüse gebaut zu haben. Die seßhafte, kulturell
hochstehende Bevölkerung ist offenbar Meister gewesen in
der sorgsamen Wasserwirtschaft. Kanalbewässerung und
Stauwerke waren schon in alter Zeit weit verbreitet. Stellen-
weise hatte man ganz bedeutende Werke, wie den Damm
bei Ma'rib, dem Hauptorte der Sabäer, der angeblich
30 Schleusen hatte. Man kennt die Reste von 27 solcher
Talsperren. Unter den inneren Wirren des Feudaladels,
unter den Kriegen mit Abessiniern und Persern, über die
wir in einem früheren Abschnitt berichteten, litt die staat-
liche Gewalt und somit der Kulturzustand des Landes, die
' Nad\ anderer Angabe wurde der Kaffee etwa 1450 von Gemal
ed-Din Abu Abdallah Mohammed bin Said ed-Dubani, dem Qädi von
"Aden, aus Abessinien gebracht. Wieder andere sagen, daß 1430 Sdieid[\
'Ali Saduli bin Omar, der in Mocha angesiedelt war, den Kaffee damals
sdion hatte. In Südarabien trinkt man aus Sparsamkeitsgründen nur
eine Abkodiung aus den Kaffeesdialen (Qisr), die Bohnen werden
exportiert.
— 62 —
Wasserwerke wurden vernachlässigt. Jener Damm von
Marib soll 120(?), 447, 539 und 550 (nadi Glaser nur
543) n. Chr. gebrochen sein, die Leute wanderten aus, und
das Land verfiel. Durch den Einfluß des Islam bekam
das Beduinenelement das Übergewicht über die seßhafte
Bevölkerung, und auch dadurch wird ein Kulturrückgang
stattgefunden haben, so daß allmählich die Wüste Gegenden
einnahm, die früher blühende Kulturländer waren. So
sollen gerade bei Ma'rib riesige Steinbauten von dem
Damme und von Tempeln einen hohen Kulturzustand be-
zeugen in einer Gegend, wo heute die gefährlichsten Be-
duinenräuber hausen. Überall im Lande verstreut sind
richtige Städte mit hohen Häusern von einer ganz eigen-
artigen Architektur,^ die wahrscheinlich stark von Persien
aus beeinflußt ist. Aus alter Zeit kennt man einstweilen
nur Inschriften, viele tausend in sabäischer und himja-
ritischer Sprache, in eigenen südsemitischen Schriftzeichen
verfaßt. Aber wirkliche Ausgrabungen hat man nodi nicht
vornehmen können. Hier ist noch alles zu leisten. Auf
Schritt und Tritt sollen dem Reisenden Ruinen begegnen.
Der Jemen-Araber el-Hamdäni hat im 10. Jahrhundert eine
Menge von ihnen aufgezählt, er ist der eingeborene Archäo-
loge von Südarabien. Ein Bild aber von den kulturellen
Zusammenhängen des Volkes oder der Völker, die diese
Bauten vollführten, kann man sich, heute nocii nicht machen.
Das ganze Land, von der Küste bis weit ins Innere hin-
ein, von Hadramaüt bis zum fernen Norden schreit geradezu
nach dem Spaten des gründlich arbeitenden Archäologen,
der hier ein überreiches Feld haben wird. Alles, was er
dort leistet, vom ersten Spatensticii an, wird erfolgreich
sein. Und welche interessanten und wichtigen Probleme
der alten Geschichte hier zu lösen sind, ist schon weiter
oben angedeutet. San'ä selbst (das alte 'Uzel, wo das
Schloß Ghomdan stand), Marib, Sabwat (Sabota der Alten,
die alte Hauptstadt von Hadramaüt), vor allem auch Zofär,
der frühere Weihrauchhafen, sind die Punkte, wo zum Bei-
^ Es wird besdirieben, daß bei der Architektur in Jemen Qips-
ornamente eine große Rolle spielen (wohl im Inneren der Häuser),
ein Art von Gipsmosaik, wie es in Nordafrika und Spanien seit der Mitte
des 7. Jahrhunderts so schön entwickelt ist. Nach Strzygowski ist diese
Ornamentik wahrscheinlich aus Babylonien nach Nordafrika gelangt.
— 63 —
spiel ein Erfolg am ersten zu erreichen sein wird. Wenn
die politischen Verhältnisse die Arbeit dort gestatten, dann
ist zu erhoffen, daß deutschen Gelehrten diese blühen wird.
Über die alte Geschichte des Landes haben wir oben
einige Angaben gemacht. Wir sahen, daß die Städte dort
Zentren des Welthandels waren für die Produkte des Landes
selbst, Gold, Weihrauch und Myrrhe, sowie für die Gewürze
aus Indien, und wie sich dort ein märchenhafter Reichtum
entwici«elte. Und damit einher gingen politischer Einfluß
und Handelsbeziehungen bis weit nach der Ostküste von
Afrika und bis nach Indien.
Aber der Antagonismus von Rom-Abessinien einerseits
und von Persien anderseits sowie die inneren Feudalfehden
hatten das Land geschwächt, und als um 634 der Islam
dort durch die Sendlinge Mohammeds eingeführt wurde,
kam als zerse^endes Element noch dazu der Einfluß von
Religionsstreitigkeiten und das Überwiegen des Nomaden-
tums, von dem der Islam getragen wurde.
Martin Hartmann hat („Arabische Frage" S. 530 ff.) die
frühislamische Geschichte von Jemen behandelt, wie Ibn
Chaldün und 'Omärä sie aufzeichneten. Ihm folgen wir im
nachstehenden durchweg. Das Land stand unter dem Zeichen
der alten Sippenherrschaft, die „Könige" von Himjar be-
hielten eine Zeitlang ihre Sonderstellung. Neben ihnen
aber war ein Vertreter des Chalifen von Damaskus oder
Baghdad als „amil" anwesend. Später wurden die ein-
geborenen Häupter als „Imäm" oder „Emir" bezeichnet.
Bei dem Zerfall des großen Chalifenreiches im Beginn des
9. Jahrhunderts machte sich auch der Statthalter des Chalifen
in Jemen in der von ihm gegründeten Stadt Zebtd un-
abhängig. Eine Reihe von selbständigen Dynastien folgten
einander. Bemerkenswert ist, daß alle diese Herrscher ihre
eigenen Münzen prägten, und daß auch in mohammeda-
nischer Zeit mehrere weibliche Herrscher vorkamen.
1. die Zijadiden in Zebtd (819—1018), deren Macht
sich über einen großen Teil von Jemen bis Hadra-
maüt und 'Aden erstreckte. Der Stammvater Ibn Zijäd
baute 819 Zebid. Beim Zurückgehen ihrer Macht ent-
standen in San ä und Ganad lokale Herrschaften. Die
Qarmaten zerstörten 904 Zebid, eroberten 912 Sana.
Beim Tode von Ibn Saläma 1011 zerfiel das Reich;
— 64 —
2. die Ja'furiden (Himjariten) in Sana und Ganad
861—956;
3. die Nagahiden in Zebid 1021 — 1158, Nachkommen
eines abessinischen Sklaven des legten zijädisdien
Majordomus;
4. die Sulaihidenin San'a 1 037 — 1 1 Ol waren Isma'^eliten,
die das ganze Jemen und 1063 sogar Mekka er-
oberten. Die Residenz wird 1065 von Sana nach
Dulgibla (südwestlich von Ibb, nördlich von Ganad)
verlegt;
5. die Hamdaniden in Sana 1098 — 1174, die von den
Aijübiden abgelöst wurden;
6. die M a h d i d e n in Zebid 1 1 59 — 1 1 74; sie waren Chare-
giten und folgten in Zebid den Nagahiden;
7. dieZurai iden in 'Aden 1038— 1174 (Ismä'Tliten, Fürst
Az-Züraf vom Stamme läm);
8. die Aijübiden in Jemen 1174—1228). Es waren
Selguken, die auch Ägypten beherrschten.
Der bedeutendste unter ihnen, Saladin (Saläh ed-dm),
hatte schon 1174 Teile von Jemen erobern lassen. Etwa
1215 hatte der Aijübide Masüd im Namen seines in
Ägypten regierenden Vaters Kamil ganz Jemen erobert.
Aber schon 1228 machte sich ein Heerführer der Aijübiden
namens Nur ed-Din in Jemen unabhängig. Seine Macht
erstreckte sich bis nach Mekka, wo er 1240 zeitweise die
indirekten Steuern abschaffte. Dieser Nur ed-Din gehörte
zum Geschlecht der
9. Rasüliden in Jemen (1229 — 1454), deren Stammvater
Gesandter (rasül) des 'abbasidischen Chalifen gewesen
war. Der Sohn jenes Ahnherrn war 1222 Statthalter
von Mekka unter dem legten aijübidischen Sultan von
Ägypten Masüd, nach dessen Tode 1228 die Herr-
schaft von Jemen, Hadramaüt und Mekka auf Nur
ed-Din 'Omar überging.
10. Die Tähiriden folgten dem vorigen Hause von 1446
an bis zur Eroberung von Jemen durch die Mame-
luken 1507.
Nun ist das Eigentümliche, daß neben diesen weltlichen
Dynastien in Jemen noch geistliche herrschten, Imäme der
Rassiden, die in Sa'da von 893 bis etwa 1300 saßen.
Sie fanden ihre Fortse^ung in den Imämen von San ä, die
— 65 —
dort heute nodi eine große Rolle spielen. Wir müssen
deshalb auf ihre Vorgeschichte mit einigen Worten eingehen.
Diese Imäme leiten sich ab von Al-Hädt Jahja, Enkel des
Qäsim ar-Rassi, eines angeblichen Nachkommen des Hasan
bin 'All und zaiditischen Dissidenten unter dem 'Abbäsiden-
Chalif en Ma'mün (81 3 — 833). Bekanntlich hatte der Schwieger-
sohn des Propheten Mohammed, 'Ali, zwei Söhne, Hasan
und Husain. Der Sohn des le^teren war 'Alt Zain ul-
'äbidin, dessen einer Sohn Zaid war, der 740 verstorbene
Gründer der Zaiditensekte. Da dieser nach der Ansicht
seiner Anhänger der fünfte reciitmäßige Chalif in leiblicher
Nachfolge vom Propheten war, nennt sich seine Sekte auch
die „Fünfer" (Chamsije). Von ihm soll jener Al-Hädi Jahja
abstammen, dessen Nachkomme der heute noch in Jemen
vorhandene Imäm Jahja ist. Wir sehen also, daß dieser
Mann von ganz altem alidiscfien Adel ist und zugleich
das Oberhaupt der schiitischen Sekte der Zaiditen — ebenso
wie zum Beispiel der vielgenannte Agha Chan das Ober-
haupt einer anderen schiitischen Sekte ist, der „Siebener",
Ismä'iliten oder Choga, die in Indien und Ostafrika ihre
Anhänger hat.
Schon um 739, also noch zu Lebzeiten von Zaid, sollen
Anhänger von ihm nach der Ostküste von Afrika aus-
gewandert sein. Die Zaiditen hatten 864 ein Reich am
Kaspischen Meer, 893 gründen sie ein Imämat zu Sa'da
in Jemen, 932 kämpfen die zaiditischen Imäme von Jemen
erfolgreich gegen die Qarmaten, 1197 gegen die Aijübiden.
Die Genealogie der späteren Imäme sciieint aber nicht
ganz klar zu sein; jedenfalls ist dies Amt von dem Stamme
des Husain bald auf den des Hasan übergegangen. Das
ist nach der Ansicht der Zaiditen aud\ statthaft, da zwar
das Blut des Propheten im Imäm vorhanden sein muß,
nicht aber eine direkte Erbfolge gefordert wird. Vielmehr
soll unter den Prophetennaciikommen der passendste durch
Wahl der Altesten des Volkes zum Imäm ernannt werden.
Er soll das Haupt einer „ecclesia militans" sein, für welches
besondere Eigenscfiaften verlangt werden. Der erste Imäm
in Jemen soll der Tradition nach — wie schon erwähnt —
der Hasanide al-Hädi ila l-Haqq Jahjä gewesen sein, der
901 starb. Sein 860 verstorbener Großvater al-Qäsim ar-
rassT Targumän ad-dtn hatte seinen Si^ am Berge Rass bei
Hamburgisdie Forschungen. Heftl. g
— 66 —
MedTna, von wo er fliehen mußte. Jedenfalls soll jener
al-Hädt Jahjä der Ahnherr der noch heute in Jemen leben-
den Imame sein. Im Jahre 893 soll al-Had! Jahjä nach
Sa'da gekommen sein, wo er sich der Stadt bemächtigte,
bald aber wieder weichen mußte. 897 konnte er nach
Sa'da zurüd^kehren und eroberte auch Nagran. Bald hatte
er gegen die Qarmaten zu kämpfen, ebenso wie sein
zweiter Sohn und Nachfolger Ahmed en-Näsir. Schon der
Al-HädT Jahia hat Münzen mit seinem Namen prägen
lassen.
Im Jahre 901 wurde auch Sana von dem Rassiden
Imam Al-Hadi erobert, jedoch 912 nahmen die Qarmaten
die Stadt fort; 956 wurde sie durch den Rassiden Imam
von Sa'da al-Muchtar zurückgewonnen. In allen wechsel-
vollen Zeiten während mehr als tausend Jahren haben
die zaiditischen Imäme sich in Jemen gehalten, gestuft be-
sonders durch die im Lande sehr stark verbreiteten An-
hänger ihrer religiösen Sekte. Es handelt sich bei der
Herrschaft der Imäme also um einen Caesaro-Papismus im
kleinen.
Wir sahen oben, daß die selgukischen Sultane von
Ägypten, die Aijubiden, 1173 Jemen durch Türän sah bin-
Aijub unterwerfen ließen, der im folgenden Jahre auch
'Aden und Sana einnahm. Die Herrschaft der Aijubiden
wurde zwar formell unter der Oberhoheit der 'Abbäsiden-
Chalifen in Baghdäd ausgeübt, tatsächlich aber waren die
Aijubiden in Ägypten und somit auch in Jemen selbständig.
Im Jahre 1215 kämpfte der Aijübide el Masüd, Sohn von
el-Kämil, mit Hilfe kurdischer und türkischer Truppen in
Jemen auch gegen den Rassiden-Imäm al-Mansür. Aus
diesen Zeiten datiert der Anspruch von Ägypten und somit
auch von dessen Rechtsnachfolger, der Türkei, auf Jemen.
Der Heerführer vom Aijubiden-Sultan Mas üd, Nur ed-Din
'Omar ibn Rasül, machte sich 1229 von Ägypten unabhängig.
Seine Nachkommen, die Rasüliden, beherrschten, wie wir
oben anführten, Jemen bis 1454, bis ihnen die Gewalt
durch die Tähiriden entrissen wurde, die bis 1517 herrsch-
ten. Dann traten die Ägypter die Herrschaft wieder an.
Der Mamelukensultan Qänsüh al-Ghürt sandte 1507 eine
Flotte unter Husain al Kurdi nach dem Roten Meere und
dem Indischen Ozean, deren Hauptzweck« allerdings war.
— 67 —
die Portugiesen zu bekämpfen. Aber auch San'ä wurde
damals bese^t.^
Ein sehr wichtiger Teil des Handels von Ägypten ging,
wie wir früher sahen, nach dem Orient durch das Rote
Meer und den Indischen Ozean. Nadidem nun Vasco
da Gama 1498 Kalikut beseht hatte, mußten die Portu-
giesen, in ihrer Absicht, den Orienthandel an sich zu reißen,
audi bald mit den Arabern und Ägyptern zusammenstoßen,
zumal sie auch die Bekämpfung der islamischen Ungläu-
bigen auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Wir wissen,
daß die Araber überall an der indischen Küste ihre Han-
delsniederlassungen hatten. Im Jahre 1502 vernichtete Vasco
da Gama eine arabische Handelsflotte bei Kalikut, 1504
veranlaßte die Niederlage des Fürsten Samudrin von Malabar
zahlreiche arabische Händler, Malabar zu verlassen. Ihre
Flotte wurde auf dem Wege nach Arabien durch die Portu-
giesen zerstört. 1509 vernichtete der portugiesisdie Vize-
könig Francesco d'Almeida bei Diu in einer großen See-
schlacht die unter dem ägyptischen Admiral Mir Husein
vereinigten Flotten der Indier, Araber und der Ägypter.
In der Folge gewannen die Portugiesen 1515 Hormüz, und
damit fielen auch 'Oman, die Bahrain-Inseln und die Herr-
schaft im Perser Golf ihnen zu. Die Unternehmungen der
Portugiesen gegen die Länder am Roten Meer mißlangen
aber infolge des Widerstandes der Türken. Im Jahre 1538
war der 80 Jahre alte Suleiman Pascha mit 76 Schiffen und
20000 Mann von Suez (Qolzum) aus abgesandt. Die Stadt
'Aden unterwarf sich sofort. Man fuhr nach Gutscherat, wo im
Oktober Diu ohne Erfolg belagert wurde. In Jemen sefete
^ Nadi Cassels „Jaman" S. 237 landeten die Streitkräfte des ägyp-
tid\en Sultans Qansüh el-Qhüri Dezember 1515 an der Insel Kamarän,
griffen dann den Hafen „Qadida" (Hodeida?) an, der zerstört wurde.
Der Gouverneur von Lohija unterwarf sidi und unterstü^te die Armee.
Zebid wurde 1516 genommen und im folgenden Jahre Sana und das
ganze Land. Der le^te Sultan von Jemen fiel bei Sana. Während
also die Türken Ägypten eroberten, nahm dieses Jemen, und der lefete
Mameluken -Sultan Tumän Bey wurde auf Befehl von Selim einige
Tage früher in Kairo gehängt, als der Sultan Jemens getötet wurde.
Die ägyptisdie Okkupationsarmee, zu der Tsdherkessen, Kurden und
andere Asiaten gehörten, hatte auch tausend Qewehrträger, die von
Selim an Ägypten geliehen waren, um die Portugiesen zu vertreiben,
weldie die Handelswege im Indischen Ozean störten.
5«
— 68 —
man rüdtkehrend Mustafa Bey als Gouverneur ein. Wir
kommen darauf noch bei der Besprechung von 'Aden zurück.
In dem Bestreben, die Portugiesen aus dem Gebiete des
Indischen Ozeans zu vertreiben, wurden 1585 zwei türkische
Galeeren unter Mirale Beque — wie die Portugiesen schreiben
(Emir el-Beg?) — auch nach Ostafrika gesandt, unter dem-
selben Führer, der die Portugiesen schon 1581 aus Masqat
vertrieben hatte. Er eroberte Mugdischu, Diu und einige
andere Orte und ging mit großer Beute im nächsten Jahre
zurück. Eine zweite Expedition unter demselben Führer
endete aber 1588 mit großem Mißerfolg; die Türken wurden
vertrieben, und Mirale Beque gefangen nach Lissabon ge-
bracht.
Doch kehren wir wieder nach Jemen zurück. Wir folgen
vor allem den Ausführungen von M. Hartmann, der einen
Ausschnitt der Geschichte von Jemen nach der Darstellung
des türkischen Majors Al-Hagg Ahmed RasTd gibt, eines
Mannes, der die türkische Eroberung von 1871 mitgemacht hat.
In Sana hatte 1506 der Imäm Jahjä Saraf ad-din die
Zaiditenherrschaft erneuert, 1517 beherrschte er das ganze
Land Jemen, nachdem der ägyptische Admiral durch ein
Zusammenwirken mit dem Großscherifen von Mekka be-
seitigt und seine Flotte 1516 vor Gidda zu den Türken
übergegangen war. Infolge der Eroberung von Ägypten
durch die Türken war diesen die Herrschaft über Mekka
und auch die Anwartschaft auf Jemen zugefallen. Die
Türken gingen auc^t sofort an die Eroberung von Jemen
durch Vermittlung des früheren ägyptischen Kommandanten
dort, Iskender, der 1521 durch einen 'Otmanen erseht
wurde. Die türkische Seemacht war die direkte Fortse^ung
der ägyptischen. Die türkischen Paschas, die Jemen er-
oberten und verwalteten, hatten zu rechnen mit den Nach-
kommen des erwähnten Imam Jahjä Saraf ad-din, mit dem
Gegen-Imam, Fürsten von Ahnum, und endlich den Isma'^t-
liten, die einem „Dä'i" genannten Priester unterstanden. Die
ernstesten Gegner aber waren immer die zaiditischen Imame,
die 1570 besiegt wurden. Nach der Einnahme von San'ä
1546 durch Özdemir Pascha blieb diese Stadt der Hauptort
der Türken. Der bedeutendste Gouverneur war der Alba-
nese Hasan Pascha (1550 — 1604), welcher sich redlich be-
mühte, eine wirkliche Verwaltung einzurichten.
— 69 -
Unter dem Wali Haidar Pascha (1624—1629) wurde
San'ä nach naehrjähriger Belagerung dem Imam Mu'aijad
ihn Qäsim übergeben. Nachdem noch kurze Zeit die tür-
kische Herrschaft durch den aus Ägypten gesandten Wali
Qänsüh Pasdia aufrechterhalten wurde, mußten die Türken
1635 abziehen. Jemen wurde wieder von den Imämen
beherrscht, zuerst unter denen aus dem Hause Qäsim bis
1676. Dann folgten Wirren unter versdiiedenen Gruppen
der Imämfamilie untereinander und unter Prätendenten
aus anderen Kreisen. So hatte sich seit 1728 der Sultan
von Lahedj (Lahg) bei 'Aden unabhängig gemacht, ebenso
die Scherifen von Abu 'Aris, die nach Abschüttlung des
Joches der Wahhäbiten die Imamstelle in San ä einnahmen,
nachdem Scherif Hamüd die Wahhäbitenarmee in 'Astr ge-
schlagen und ihren Führer Abu Nokta (Noqta?) getötet hatte.
Eine Liste der Imäme von 1630 bis 1849 ist von Playfair
(S. 178) gegeben, ebenso die der Sultane von Lahg (S. 179)
von 1728—1849. 1834 löste sich die Imämherrschaft in
lauter kleine Dynastien auf. Unruhen in 'AsTr, an denen
der Wali von Mekka, Mohammed 'Alt, genannt Türkge bilmez,
beteiligt war, gaben dem Vizekönig von Ägypten, Mehmed
'Alt, Veranlassung zum Einschreiten.
Der Emir von 'Astr hatte Modiä genommen und den
Handel dort vernichtet. Von 1824—1827 führten die Türken
bzw. Ägypter nach Zwemer sechs vergebliche Feldzüge gegen
'Asir; 1833 wurde der Versuch wiederholt. Am 21. August
1834 waren die Ägypter siegreich, mußten sich aber vor
den Arabern im September wieder zurückziehen; 1836 wurde
nochmals der Versuch zur Eroberung von 'Asir gemacht,
aber mit vollem Mißerfolg. Von der Zeit an blieb 'Asir
so gut wie selbständig, wenn es auch als türkisches Gebiet
auf den Karten angegeben v/urde.
Weiter im Süden hatte man mehr Erfolg. Mehmed 'Alt
sandte Truppen zu Lande und zu Wasser, Lohtja und
Hodeida wurden beseht, die Tihäma und Mochä (1833),
Ta'izz (1837) erobert, so daß die Ägypter Jemen von 1835
bis 1840 ziemlich fest in Verwaltung hatten.
Nach dem großen Umschwung in Ägypten war es aber
auch in Jemen mit der Herrschaft der Ägypter aus, von wo
man sich so gut wie ganz zurüci«zog. Der Sultan von
Konstantinopel beabsichtigte das Land für sich in direkte
— 70 —
Verwaltung zu nehmen, konnte aber einstweilen zur Wah-
rung des äußeren Scheins nur einen türkischen Kommissar
senden, Esref Bey, der die Verwaltung der Provinz in die
Hände des Scherifs Husein ihn 'Ali von Abu ArTs legte,
der sich in Mochä behauptete, während Hodeida dem Sultan
von 'Asir in die Hände gefallen war. Husein sollte das
Land für Rechnung der Türkei verwalten. Dieser Sdierif,
der nur im Küstenland der Tihama etwas Einfluß hatte,
war im Streite mit dem Imäm in San ä. Qubrusli Tewfiq
Pascha, der zu der Zeit Gehilfe des Großscherifen von
Mekka, Mohammed ihn 'Aün, war, empfahl der Pforte die
Wiedereroberung von Jemen. Der Sultan Abd ul-Megid
(1839 — 1861) ging auf den Plan ein. Der genannte Sdierif
Husein wurde mit der Eroberung beauftragt, zu welchem
Zwed^ ihm 4 — 5000 Mann Truppen zur Verfügung gestellt
■wurden, die 1849 zusammen mit dem genannten Tewfiq
Pascha in Hodeida ankamen. Der den Türken freundlich-
gesinnte Imam Mohammed Jahja, der die Macht der Türken
überschatte, riet dem vertrauensseligen Tewfiq zum Angriff
auf Sana, das am 24. Juli 1849 erreicht wurde. Aber der
größte Teil der Truppen wurde am folgenden Morgen
niedergemacht, und der Pascha mußte froh sein, mit dem
Rest seiner Macht losgelassen zu werden. Von Hodeida
aus aber konnte Tewfiq doch kleine Gebiete von Jemen
unterwerfen.
In der Folge wurden nun eine Anzahl von türkischen
Gouverneuren ernannt, teils mit dem Titel Wäli, teils als
Mutes'arif. Aber die Türken hatten nur Teile der Tihama
und einige Punkte am Abhang des Gebirges inne. Trotj-
dem wurde Jemen seit 1849 amtlich als türkisches Wilajet
aufgeführt. In der Theorie war Jemen wie alle Länder
Arabiens eine Provinz des Sultans der Türken als Inhaber
des Chalifats und auch als Rechtsnachfolger der Ägypter
geblieben. Die Türkei hat niemals formell darauf ver-
zichtet, auch wenn sie zeitweilig dort keine Macht ausüben
konnte, ebenso wie die katholische Kirche in der Theorie nie
auf Gebiete verzichten wird, die jemals von ihr beherrscht
wurden.
Die Eröffnung des Suezkanals gab den Anstoß zu neuer
aktiver Betätigung der Türkei, nicht nur in Mekka, wie wir
oben sahen, sondern auch in Jemen. Nachdem der Walt
— 71 —
Halebli 'Alt Pasdia im November 1870 den gefährlichen
Emir von 'AsTr, Mohammed ihn 'A'id, besiegt hatte, schlug
er der Pforte die Unterwerfung von ganz 'Asir vor. Eine
Division wurde unter dem Befehl von Feriq (Mehmed)
Redif Pascha mit dem Brigadegeneral (Ahmed) Muditär
Pascha^ als Qeneralsstabsdhef gebildet. Im Dezember 1870
ging Muchtar mit dem ersten Trupp ab, und bald folgte
Redif mit der Haupttruppe. Zu ihnen stieß in Ghunfude
der Brigadegeneral Hasan Pascha aus Gidda. Man beschloß,
zuerst 'AsTr von Ghunfude aus zu erobern, ein Plan, der
verfehlt war, da dies Land noch größere Sdiwierigkeit als
Jemen bot. Man beseite zuerst Muhäjil als Etappe, von
wo man im März 1870 aufbrach. ^ Ende März wurde Sughä
erobert, ebenso Ebhä, das später der Siö der Verwaltung
des Mutes'arifs wurde. Raida, die Hauptfeste des Emir,
ergab sich am 20. April. Am 1. August 1870 übertrug der
erkrankte Redif Pascha den Oberbefehl an Muditar. Die
Türken sahen troö ihrer Erfolge aber bald die große
Schwierigkeit ein, dies Land zu beherrschen, in dem sie
überall nur Mißtrauen fanden. Die Araber griffen nach
dem ersten Schred« die Türken wieder an. Muchtar Pascha,
in dem Bestreben, nun auch Jemen zu erobern, ging nach
Gabana und Hodeida, wo neu angekommene Truppen erst
der ausgebrochenen Cholera wegen eine lange Quarantäne
durchmachen mußten. In der Wartezeit wurde der Feld-
zugsplan entworfen. Am 16. März 1871 marschierten fünf
Bataillone gegen San ä, das Ende April mit 20000(?) Mann
genommen wurde. Der Imäm Muzaffer ed-Din wurde
vertrieben. Gepeinigt durch die inneren Unruhen, begrüßten
die Bewohner von San'^a die Türken als Befreier. Eine Reihe
von weiteren festen Punkten wurde beseht. Die Verbindung
mit der Türkei wurde über 'Aden geleitet. Sehr viel Schwie-
rigkeit machte die Eroberung der Feste von Kaukaban.^
^ Der Eroberer von Jemen, Ahmed Muchtar Pascha, war später
Qroßwesir in Konsfantinopel. Sein Sohn war türkischer Botschafter
in Berlin.
2 Von hier ab geben die Verfasser die Zeiten nach dem türkischen
Finanzjahr, so daß eine Verschiebung der Daten eintritt.
^ Im Jahre 1873 etwa muß auch unser Dr. Emin Pascha (Eduard
Schnitjer) als türkischer Militärarzt in Jemen tätig gewesen sein, wahr-
scheinlich war er bei der Eroberung von Kaukaban zugegen. Leider
läßt sich nichts Genaues darüber feststellen.
— 72 —
Nach leidlicher Eroberung des ganzen Landes und Einrich-
tung einer Zivilverwaltung wurde Muchtär Pascha 1873 als
Minister der Öffentlichen Arbeiten nach Konstantinopel be-
rufen und Ahmed Aijüb zum WälT von Jemen und zugleich
Kommandanten (MusTr) des VII. Armeekorps, das dort sta-
tioniert war, ernannt.
Die Eroberung des Landes gegen Süden war begrenzt
durch die Interessensphäre von 'Aden, das die Engländer
seit 1839 beseht hatten. Bei der Annäherung der türkischen
Truppen sandten die Engländer Soldaten nach Lahg (Lahedj),
dessen Sultan einen Vertrag mit England geschlossen hatte,
und infolge von englischen Vorstellungen in Konstantinopel
mußten die Türken sich im Dezember 1873 von dort
zurückziehen. 1875 machten die südlichen Stämme von
Jemen einen Aufstand gegen die Türken, der aber bald
niedergeworfen wurde.
Der Imäm wurde, wie erwähnt, bei der Eroberung ab-
gese^t, man ließ ihm aber seine religiöse Oberhoheit über
die Zaiditen. Muzaffer ed-Din hielt seine Verpflichtungen
auch treu; sein Sohn Ahmed ed-Din aber trat wieder gegen
die Türken auf, ebenso wie dessen Sohn, der heutige Imäm
Jahjä Hamd ed-Din, von dem wir später zu reden haben
werden.
Die Türken richteten in Jemen eine Zivilverwaltung ein,
das Land wurde in Distrikte eingeteilt. In San'a wurden
Kasernen errichtet, der Handel belebte sich, Militärstraßen
wurden gebaut. Die Landbevölkerung aber war recht un-
zufrieden, besonders über das System der türkischen Be-
steuerung. Dies ist ja überhaupt der wunde Punkt der
türkischen Verwaltung, vor allem unter der „alten" Regie-
rung. Alles wurde besteuert. Wie überall in der Türkei,
so ward auch dort die Hauptsteuer vom Ertrag des Bodens
genommen, und zwar in natura, die Ernte durfte nicht vom
Felde genommen werden, bis nicht eine Kommission sie
abgeschält hatte, ein Verfahren, das bei der schlechten
Verwaltung immer Anlaß zu Erpressungen gab. In den
Häfen wurden hohe Zölle erhoben — während das eng-
lische 'Aden seit 1850 Freihafen war. Es ist bekannt, daß
Jemen als politischer Verbannungsort galt, daß die Beamten,
die man dorthin sandte, nicht die besten waren. Dazu kam,
daß sie ihre Amter meist hatten erkaufen müssen, und daß
— 73 —
sie demnach das Land ausbeuten mußten, um wieder zu
ihrem Gelde zu kommen. So glimmte die Unzufrieden-
[\eit unter der Asche und brach bei jeder Gelegenheit aus.
Und bei diesen Unruhen schloß sich der größte Teil des
Landes immer an den Imäm an, denn ein Hauptteil der
Bevölkerung besteht aus Zaiditen, die ihrem Oberhaupte
folgen.^ Streitigkeiten unter den Stämmen, von denen
einige sich durch die Türken benachteiligt fühlten, schlechte
Verwaltung seitens der Behörden, die meistens die ara-
bische Sprache des Landes nicht verstanden und dauernd
wechselten, die religiösen Gegensä^e zwischen den sun-
nitischen Türken, die nach hanefitischem Recht urteilten,
und den Zaiditen, die im Imam ihren angestammten Herrn
sahen, das waren bei all den Aufständen die vielen Ur-
sachen.
Im Sommer 1892 wurde eine Abteilung von 400 Sol-
daten, die in der Nähe von Hodeida Steuern eintreiben
sollten, von dem Stamme der Beni Merwan überfallen
und niedergemacht. Das gab den Anstoß zu einem all-
gemeinen Aufstand, zu dessen Leitung der Imäm Ahmed
ed-Din wohl gegen seinen Willen gezwungen wurde. Die
Türken hatten 15000 Soldaten im Lande, die zwar schlecht
ausgerüstet waren, die aber doch heldenhaft fochten. Der
Imäm entschlüpfte aus Sana, und die Stadt wurde von
zahllosen Arabern belagert. Andere Orte, wie Menacha,
Gible, Taizz und Jerim, fielen dem Imäm zu. Das ganze
Land, mit Ausnahme von Sana, Hodeida und zwei kleinen
Plänen im Norden, war in Händen der Rebellen. Auf
telegraphische Hilferufe kam eine Expedition unter Faizi
Pascha, dem früheren Gouverneur von Mekka, in Hodeida
an, die Menacha bald im Sturm nahm. Nach erbitterten
Kämpfen in den Pässen wurde auch Sana entse^t, wo nach
Angabe von Zwemer unter Kriegsrecht an den Aufstän-
dischen böse Rache genommen wurde. Ende Januar 1893
waren alle Städte wieder erobert und die Hauptstraße ge-
öffnet. Aber der Guerillakrieg dauerte fort.
So war 1895/96 ein Aufstand im Norden unter dem
Imäm; ganz 'AsTr scheint damals in den Händen desselben
* Die Leute in 'Asir sind meist Sunniten, ebenso wie der Stamm
der Zaranik südöstlich von Hodeida. Aber auch isma ilitische Stämme
gibt es, die unter einem „Walt" stehen, z. B. im Qebel Haräz.
- 74 —
gewesen zu sein, der seinen Sit} in Chamr hatte. 1897/98
waren auch in Jemen selbst bedeutende Unruhen.^
Die Einteilung des Landes war Ende des vorigen Jahr-
hunderts folgende: Jemen und 'AsTr bildeten zusammen
ein Vilajet, das in vier Mutes'^arifate eingeteilt war. Von
diesen hatte Ta'izz fünf Qaza's (arabisch Qadä, Bezirke),
San'ä deren acht, el-Ebhä (Abha, Ibha in 'AsTr) deren fünf
und Hodeida adit. Die gesamte Bevölkerung wurde auf
vier Millionen — allerdings wohl redit unzuverlässig — ge-
schäht. An Truppen waren vorhanden das VII. Armeekorps,
das seine Rekruten aus Syrien und Mesopotamien bezog.
Beim Ausbrudi des Aufstandes, auf den wir gleich zu
sprechen kommen, sollen 32 Linien -Infanterie -Bataillone
vorhanden gewesen sein, dazu 2 Bat. Jäger, 2 Esk. Kaval-
lerie, 1 Regt. Feldartillerie, 1 Bat. Fußartillerie mit 18 Ge-
schü^en, 1 Bat. Bergartillerie mit 24 Geschü^en, 1 Pionier-
Kompagnie, zusammen 12000 Mann, in verschiedene Gar-
nisonen verteilt. Die stärkste Garnison, Sana, zählte 3000
bis 4000 Mann. Reserven waren nidit verfügbar, wohl aber
ein Regiment Gendarmerie, ein Sanitätskorps und einige
Spezialtruppen. Die Soldaten waren, wie überall in der
Türkei, vorzügliche Krieger, die Führung aber nicht immer
einwandsfrei, weil nur zu oft die leitenden Stellen von
Leuten eingenommen waren, die sie irgendwelchen persön-
lichen Verbindungen, nicht ihrer Tüchtigkeit verdankten,
oder die sie gar erkauft hatten. Die Soldaten waren schlecht
gekleidet und mangelhaft verpflegt. Sold bekamen sie
ebensowenig wie die Beamten ihr Gehalt. Der ganze Ver-
proviantierungsdienst war sehr schlecht organisiert, das
Sanitätswesen recht mangelhaft. Das Land selbst war durch
das Steuersystem der Türkei und die Art, wie die Abgaben
erhoben wurden, ausgesogen. Die Rechtspflege ließ zu
wünschen übrig. Die Türken versuchten nach alter Weise
Ruhe zu halten, indem sie durch Geschenke und Ver-
^ Aus Anlaß irgendweldier Seeräuberei haben etwa 1902 die Ita-
liener den Ort Middi bombardiert und vor Hodeida demonstriert. Bei
den Verhandlungen hat die Türkei Italien das Redit zuerkannt, die
unter italienischer Flagge im Roten Meer fahrenden eingeborenen
Fahrzeuge unter sein Protektorat zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit
soll England die Absicht gehabt haben, Hodeida zu annektieren. —
Nähere Angaben habe ich über diese von De la Tour erzählten Be-
gebenheiten nicht finden können.
— 75 —
sprediungen die Parteien gegeneinander ausspielten. Durdi
die ewigen Unruhen hatte der Wohlstand sehr gelitten, die
Bevölkerung war verelendet. Die Ausfuhr hatte sich ver-
ringert, ging überdies fast ganz über den Freihafen 'Aden,
also über englisches Gebiet. Seit Jahrhunderten an das
geistige Oberhaupt, den Imäm, gewöhnt und die Türken als
Fremdherren ansehend, sdKlossen sich viele der Einwohner
wieder von neuem an ihren Imäm an, der in Chamr, etwa
100 km nördlidi von San'ä, in 'AsTr wohnte. Wäre das
ganze Land einig gewesen unter einem Führer, dann wäre
es um die Herrchaft der Türken geschehen gewesen, sobald
ein Aufstand ausbrach. Aber entsprechend dem arabischen
Charakter war das Land in viele Interessengruppen ge-
spalten. Die innere Lage aber war so, daß es nur eines
Anstoßes bedurfte, um zu einer schweren Erhebung zu
führen.
Im Jahre 1903 wurde der Gouverneur von AsTr er-
mordet.^ Wegen einer Mißernte von zwei Jahren war man
nicht imstande gewesen, die Steuern zu bezahlen. Ein Jahr
Aufschub, das gewährt wurde, nu^te nichts, da wieder die
Regen ausblieben. Dazu kam, daß Proviant für die Truppen
requiriert wurde, den man auf Anordnung des Kriegs-
ministers Rizä Pascha nicht aus Konstantinopel senden
wollte, sondern der aus Sparsamkeitsgründen im Lande
beschafft werden sollte. So mußten die Bewohner die
Lebensmittel abgeben, die nicht einmal für sie selbst aus-
reichten. Dazu kamen Zwangsmaßregeln des Korpskom-
mandanten, des Tscherkessen 'Abdallah Pascha. Der da-
malige Imäm Hamd ed-Din glaubte die Gelegenheit zum
Aufstand gekommen, doch hinderte ihn sein Tod an der
Ausführung. Sein Sohn Imäm Mahmud Jahjä ibn Hamd
ed-Din, der 1904 zur Herrschaft gelangte und den Titel
^ Die Schilderung des Aufstandes von 1905 beruht auf folgenden
Darstellungen: 1. L. Bouvat, La revolte du Jemen (Rev. du monde
musulman. 1908. IV, S.91), wo ein arabischer Bericht mitgeteilt wird:
Les evenements infernaux entre les revoltes jemenites et les troupes
ottomanes ou prise de Sana du Yemen par l'imam surnomme Emir
du Croyants de son nom YaRja Al-Mansoür al-Moutawakkiral alläh.
2. Eine Seite türkischer Kriegsgeschichte. Kämpfe in Jemen gegen den
Imam. 1905. „Kölnische Zeitung" 1910 (Nr. 1025 vom 23. Sept. 1910).
3. M. Hartmann, Die Arabische Frage (Leipzig 1909), S. 582. — M. Hart-
mann in: Der Islam 1907 („Mitt. d. Orient. Seminars", 1908. II. Abt.).
— 76 —
„Beherrscher der Gläubigen" sowie „el-Mansur* (der Sieg-
reidie) angenommen hatte, stellte sidi an die Spi^e der
Mißvergnügten. Er erklärte den Heiligen Krieg gegen die
Türken; eine neue Requisition gab den Anstoß dazu. Der
Militärkommandant 'Abdallah Pascha telegraphierte um Hilfe
nadi Konstantinopel, besonders weil er auch auf seine Sol-
daten sich nicht glaubte verlassen zu können, von denen
die meisten lange über ihre Dienstzeit in Jemen und schlecht
verpflegt waren. Die Aufständischen, die unter der Führung
eines Emir namens al-Moqaddami standen, erhielten einen
monatlidKen Sold von je 60 Frank und waren reidilich
mit Gras-Gewehren ausgerüstet. — Es ist höchst wahr-
scheinlich, daß das Geld, welches die Aufrührer zur Ver-
fügung hatten, vielleicht auch ein Teil der Gewehre, aus
englischer oder französischer Quelle kamen. — Am 5. des
Monats Ramadan war San ä völlig eingeschlossen, ehe die
Verstärkungen ankommen konnten. In der Stadt herrsdite
Hungersnot, man ließ die Maultiere, Esel und zulegt auch
die Hunde zum Essen schlachten. Dysenterie bradi aus,
täglich sollen daran dreißig Personen und fernere sechzig
an Gewalttaten zugrunde gegangen sein. Ghalib Pascha
kam von Medtna über Hodeida zur Hilfe; er konnte San'ä
mit drei Bataillonen entsefeen, kam aber ohne Lebensmittel,
so daß die Hungersnot sich noch vergrößerte. Bei einem
Angriff auf ein Haus, das die Stadt beherrschte, wurden
die Aufständischen durch Ghalib Pascha und Tewfiq Pascha
an der Spi^e des 4, Infanterieregiments und eines Batail-
lons Jäger zunächst zurückgeworfen. Drei Tage schlug man
sich außerhalb der Stadt, wobei die Verteidiger auf ein
Viertel ihrer Zahl zusammenschmolzen. Nadi Erschöpfung
der Munitionen mußten die Türken in die Stadt zurück,
wo die Lage unerträglich geworden war. Einige Truppen
ergaben sich, wobei den Feinden 22 Berggeschü^e, 5 Be-
lagerungsgeschüöe und 1800 Martini-Gewehre in die Hände
fielen. Im März 1905 mußte auf Befehl aus Konstan-
tinopel der zum Kommandeur im Jemen ernannte Mar-
schall Riza Pascha mit 20 V2 Bataillonen (16 Bat. syrische
Redifs, 16 V2 Bat. anatolische Nizams vom VII. Korps) und
Artillerie sich auf San'a in Marsch sefeen, dessen Garnison
aus vier Nizam-Bataillonen des VII. Korps und vier der
Higäz-Division unter 'Arif Pascha bestand. Die zu Hilfe
— 77 —
kommenden Truppen wurden am 1. und 2. April geschlagen.
Rizä Pasdia, der außer der Artillerie nodi zwölf Bataillone
zur Verfügung hatte, ging nach diesen Kämpfen nadK dem
Orte Beit el-Mahdi, wo ihm treugebliebene Leute vom Stamme
Jam (Gam?) Träger stellten. Mit ihrer Hilfe erreichte er
Suq el-Chamis, wo er eine Abteilung ließ. Nach einem
neuen Gefecht gelangten seine erschöpften Truppen nach
Bughan. Ein großer Teil des Trains ging verloren. Eine
Reihe von Niederlagen der Türken folgte, unter denen
Hunger und Krankheit wüteten. Der Gouverneur und die
Offiziere von San ä hielten Kriegsrat, und da der Wider-
stand aussichtslos war, sandte man eine Gesandtschaft unter
Führung des Sekretärs vom Wilajet, Regeb Efendi, zum Imäm,
mit dem am 13. (26.?) April 1905 bei Qarjet el-kabile (al-
qabile, al-qabile?) ein Vertrag abgeschlossen wurde, den
außer genanntem Regeb noch Oberst Ibrahim Bey vom
Generalstab und zwei andere Offiziere unterschrieben. Man
übergab Sana und das umliegende Gebiet dem Imäm; alle
türkischen Soldaten und Beamten mußten binnen zwei
Wochen aus diesem Gebiet abziehen und das ganze Kriegs-
material übergeben, das aus 20 (nach anderem Bericht 50)
Geschü^en, 8000 Martini- und 3000 Mauser-Gewehren be-
stand. Die Türken behielten außer Menächa, wo Rizä Pascha
blieb, Ta'izz, 'Jbb, Mechädir, Kataba und Radä; also die
südlichen Bezirke, die an den englischen Besiö anstießen.
Ein Waffenstillstand wurde auf ein Jahr verabredet, während-
dessen der Imäm beabsichtigte, mit dem Sultan ein Über-
einkommen zu schließen. Alle Archive wurden dem Imäm
übergeben, der für ihre Aufbewahrung sorgen sollte. Auch
das Hospital und das Eigentum der türkischen Regierung
wurden dem Imäm überantwortet. Alle Reklamationen
gegen die türkische Verwaltung oder Beamte sollten in
Menächa angebracht werden, wo die Regierung eingerichtet
wurde. Es sollten auch keine Verfolgungen türkischer Be-
amten in Sana auf Reklamationen von Arabern statt-
finden.
Nach Schilderung eines Kriegsteilnehmers soll der Imäm
Jahjä ein sehr tatkräftiger und hart arbeitender Mann sein,
der Einfluß hat, und dem auch politisches Verständnis nicht
fehlt. Er soll den besten Willen gehabt haben, mit der
Türkei wirklich zu einem Einvernehmen zu kommen, zumal
— 78 —
er sich durchaus nicht auf alle Einwohner von Jemen, son-
dern hauptsächlich nur auf seine Religionsgenossen stufen
konnte. Seine Mittel reiditen aber nicht aus zur Durch-
führung seiner Ansprüche gegen die Türken und zur Ein-
richtung einer straffen Verwaltung. Vielmehr konnte er
nicht hindern, daß in Sana eine Regiererei anfing, die
selbst den Arabern die frühere türkische Herrschaft wün-
schenswerter sein ließ.
Die Zentralverwaltung in Konstantinopel scheint den
Vertrag vom April nicht gutgeheißen zu haben. Vielmehr
wurde beschlossen, Jemen zurückzugewinnen. Alle verfüg-
baren Truppen wurden zusammengezogen. Eine Glanz-
leistung allerersten Ranges war der Gewaltmarsch des alten
Marschalls Ahmed Faisi Pascha, des Kommandeurs vom
VI. Korps in Baghdäd, mit einem Kontingent quer durch
Arabien von Negd in Innerarabien, wo er sich gerade befand,
nach Medina; eine gewiß ungeheure Anstrengung. Er war
am 6. Mai zum Oberkommandierenden im Jemen ernannt
worden und traf am 6. Juni in Hodeida ein. Ende April
war schon Marschall Säkir Pascha in Hodeida angelangt,
um die neu eintreffenden Truppen zu verteilen und das
VII. Korps zu reorganisieren. Ende Juni war in der Gegend
Mocha-Ta'izz Rizä Pascha mit 12 Bataillonen und 6 Ge-
schüfeen; in der Gegend Bagll - Hajil - Hagerije - Menacha
Säkir Pascha mit 22 Bataillonen und 18 Geschü^en; in der
Gegend Lochia-SeidTje Jusuf Pascha mit 8 Bataillonen und
4 Geschüfeen; in Hodeida 9 Bataillone, 8 Geschü^e und
etwas Reiterei, zusammen 51 Bataillone und 36 Geschü^e.^
^ Die 51 Bataillone gehörten folgenden Truppenteilen an: II. Korps
(Adrianopel), 14. Redif-Brigade Isparta (Anatolien). 27. Redif-Regin\ent
Isparta, 4 Bataillone, 28. Redif-Reg. Aksehir, 4 Bat. — III, Korps (Salo-
niki), kombinierte Nizam-Brigade der K. Inf.-Div. Nastitsch, 1/21. —
1. II, IV/22. — 1. IV/23. — III, IV/24 (Arnauten), 8 Bataillone, 36. Redif-
Reg. Berat (Arnauten), 4 Bat. — IV. Korps (Ersingian), 27. Redif-Brig.
Trapezunt (Lasen), 53. Redif-Reg. Trapezunt, 4. Bat.; 54. Redif-Reg.
Riseh, 4 Bat. — V. Korps (Damaskus) 1/33. — 1. IV/37. - 1. IV/38.
11/39 (syrische Araber), 8 Bat. Im ganzen 36 Bataillone. Ferner aus
den Resten der ursprünglich 32 Bataillone der 34. Redif-Brig. Tripolis-
Syrien (syrische Araber), 67. Redif-Reg. Tripolis, 68. Redif-Reg. Lata-
kieh, 36. Redif-Brig. Jerusalem, 71. Redif-Reg. Jerusalem, 72. Redif-Reg.
Jaffa, das ganze VII. Korps (Anatolien und Syrien). — Zusammen
51 Bataillone. An Artillerie waren vorhanden: 2. 5. 6/4 Regimenter,
5. Geb./5, 5. und 6. Geb./6.
— 79 —
Außerdem waren noch 4 Bataillone unter einem andern Jusuf
Pasdia in Hagür (Hägir?) nördlich von Saffr eingeschlossen,
die sich dort hielten, bis FaizT Pascha San ä erobert hatte.
Die Streitkräfte des Imäm waren etwa 15000 Mann und
25 Geschüöe. Die Fechtweise der Araber bestand darin,
feste Punkte zu besehen, sie zu verteidigen oder daraus
hervorzubrechen. Bewegungen während eines Gefechts und
Umgehungen kannten sie nicht.
Säkir Pascha hatte sein Hauptquartier in Menächa. Bri-
gadegeneral 'Izzet Pascha war Generalstabschef. Große
Schwierigkeiten machten die Transporte; Pferde waren zum
Ziehen der Geschü^e nicht zu verwenden. Die allein brauch-
baren Bergkamele waren selten. So mußten die Geschüte
vielfach getragen werden. Auch der Transport der Munition
nahm viel Kräfte in Anspruch. Endlich mußte man auch
Besamungen zurüciilassen, so daß für den Kampf nur ein
Teil der Truppen verfügbar war.
Am 15. Juli 1905 konnte auf Grund eines Heeresbefehls
der Vormarsch in drei Kolonnen stattfinden: der rechte
Flügel unter Brigadegeneral Rizä Pascha mit 7 Bataillonen
und 6 Geschü^en von Ta'izz über 'Ibb und Sinar auf Sana;
die Mitte unter Marschall Säkir Pascha mit 14 Bataillonen
und 12 Geschüfeen von Hagarie auf das feindliche Haupt-
lager in Beit el-Mahdi; der linke Flügel unter Brigade-
general Jusuf Pascha mit 5 Bataillonen und 4 Geschü^en
von ZeidTje auf Sekodrije: zusammen also eine Macht von
28 Bataillonen und 22 Geschü^en unter dem Oberbefehl
von FaizT Pascha. Der Imam hatte bei Beit el-Mahdt mit
5000 Mann steile Höhen in Verteidigung gese^t, die am
19. Juli genommen wurden. Wegen Mangel an Verpflegung
und Medikamenten mußte die Verfolgung aufgegeben wer-
den. Man hatte zuerst die Zufuhren von Häjil aus zu
regeln, eine Anfuhrstraße einzurichten und kleine Gefechte
zu führen, bis man am 10. August bei Mesaq die nötigen
Vorräte beisammen hatte. Beim weiteren Vormarsch gab
es Kämpfe bei Süq el-Chamis und Ghamlan (= Bett es-
Salome) am 10. bis 12. August. Am 18. wurde der Feind
bei Boghan geworfen. Am 24. August wurde die feindliche
Stellung bei Beit-Sa'bän (= Bett el-Mehdi nach Imhof) ge-
nommen. Unterdessen war auch die Kolonne von Rizä
Pascha bis Simar und die von Jusuf Pascha bis Tawile
— 80 —
gelangt, so daß man nadi einigen Gefechten am Abend des
31. August in San'ä einrücken konnte.
Der Imäm aber verstand es, FaizT Pasdia aus seiner
Stellung herauszulocken. Eine Reihe von Gefechten verlief
wieder unglücklich, bei denen Rizä Pascha fiel und Jüsuf
Pascha verwundet wurde. FaizT Pascha wurde von seiner
Operationsbasis abgeschnitten, seine Armee wurde geschla-
gen, und mit einem Drittel seiner Truppen konnte er vom
Oktober 1905 bis Januar des nächsten Jahres 'Amrän ge-
winnen. Dank gesandter Verstärkungen gelang es ihm
endlich, San ä zu gewinnen, wo er wieder eingeschlossen
wurde, aber ohne daß die Verbindung mit Hödeida ganz
gestört wurde. Schließlich gelang es den Aufständischen
jedoch, Sana zu nehmen. Unter den türkischen Truppen,
denen es an Sold, Munition, Lebensmitteln und Transport-
möglichkeiten fehlte, brachen vielfach Widersefelichkeiten
aus, besonders in Hodeida.
Der Krieg in Jemen hatte nicht nur das dort in Gar-
nison liegende VII. Armeekorps ganz aufgebraucht, sondern
auch noch unter den zu Hilfe gesandten Truppen, arnau-
tischen und lasischen Regimentern, sehr stark aufgeräumt.
Man kann rechnen, daß zwei Drittel aller verwendeten Leute
verloren waren, die im Laufe des Feldzuges die Stärke
von etwa hundert Bataillonen erreicht hatten. Wenn auch
in der Türkei selbst ein Aufstand in Mazedonien drohte,
man also für europäische Verwicklungen die Truppen bereit-
halten mußte und den Verlust von fünfzig Bataillonen schwer
empfand, so waren doch die arabischen Zustände für das
Ansehen der Türkei so wichtig, daß man das Wagnis lief,
diese große Kräfteentfaltung in Jemen zu veranlassen.
Nachdem der Krieg aber resultatlos verlaufen war, mußte
man wohl oder übel versuchen, zu einem Übereinkommen
mit dem Imäm Jahjä zu gelangen, wobei die Türken auch
auf die Spaltung innerhalb der Aufständischen hofften.
Faizi Pascha scheint bald abberufen worden zu sein.
Der Regierungssiö der Türken war Menächa, der des Imäm
San'ä. Da offenbar die Verhandlungen im Lande ergebnis-
los waren, man sich auch wohl gegenseitig nicht traute,
schickte man Gesandtschaften von Jemen nach Konstantinopel
und umgekehrt. Wieviele solcher hin und her gegangen
sind, kann ich nicht feststellen. Jedenfalls kam am 28. Juni
— 81 —
1906 eine Abordnung von 40 Geistlichen aus Jemen in
Konstantinopel an und wurde vom Sultan empfangen. Ferner
ist, etwa um dieselbe Zeit, eine Kommission unter dem
Divisionskommandeur Sabit Pascha mit Geschenken und
Geld zum Imäm gesandt, der die Autonomie forderte. Im
Februar 1908 sollen an Bord der „Ismailiah" Abgesandte
des Imäm unter Führung des Majors Ahmed SerkT Bey in
Konstantinopel angelangt sein, während im selben Jahre
eine türkisdKe Mission nach Jemen ging, von der ein hane-
fitischer Qädi sdxon in Mekka an der Cholera starb. Diese
Kommission soll den Jahjä überhaupt nicht zu sprechen
bekommen haben, der brieflich seine Unabhängigkeit ver-
langte. Es scheint, daß auch Gesandte aus Mekka bei
dieser vergeblichen Mission mitgewirkt haben.
Ende 1907 war Husein HilmT Pascha von Jemen ab-
berufen. Die Unordnungen wucfisen, und alle Missionen,
die zwischen Jemen und Konstantinopel gewechselt wurden,
hatten nicht den geringsten Erfolg. Der Imäm führte sein
eigenes Regiment, beanspruchte sogar, selbst Münzen zu
prägen, wie das seine Ahnen getan hatten.
In der Türkei hatte die Partei der Jungtürken immer
mehr an Ansehen gewonnen. Am 24. Juli 1908 war die alte
Verfassung von 1876 von neuem in Kraft gese^t. Die hier-
gegen von 'Abd ul-Hamid angezettelte Verschwörung miß-
lang, und am 27. April 1909 wurde in unblutiger Revolution
der Sultan von den Anhängern des „Komitees für Einheit
und Fortschritt" abgese^t. Die neue Regierung war be-
sonders angesichts der Verhältnisse in der europäischen
Türkei geneigt, die Verhandlungen mit dem Imäm von
Jemen zu einem guten Ende zu führen, um Ruhe zu be-
kommen. Auf Anregung von Konstantinopel sandte der
Imäm drei seiner nahen Verwandten dorthin, die im Februar
1909 eintrafen. Auf Drängen der Abgeordneten für den
Jemen wurde vom Parlament eine Kommission eingesefet,
die einen Entwurf zu einem Vertrage mit Jahjä über die
Verwaltungsreformen aufstellen sollte. Der Entwurf wurde
unter dem Vorsife des früheren Ministers des Inneren,
Ferid Bey, ausgearbeitet; an ihm nahm auch der Abgeord-
nete und Redakteur des „Tannin", Husein Gähid Bey, teil,
hauptsächlich war er aber das Werk des Großwesirs Husein
Hilmt Pascha, der bis 1907 Gouverneur des Jemen gewesen
Hamburgische Forschungen. Heftl. 5
— 82 —
war. Der Geseftentwurf beruhte also auf der Arbeit von
Männern, welche die Verhältnisse des Landes und seiner
Bewohner gut kannten. Es wurden, da im Kamnieraussdiuß
keine Einigung erzielt werden konnte, nach Einholung des
Gutachtens der Abgeordneten von Jemen und des Jahjä
selbst noch einige Änderungen gemacht, so daß etwa fol-
gende Bedingungen festgestellt wurden: Die Provinz Jemen
wird in zwei selbständige Wilajets geteilt, deren eines, der
gebirgige Teil mit 'Amran, Hage, Tawila, Hagir, Zemar,
Jerim und 'Aus, unter die direkte Verwaltung des Imäm
kommen, während der übrige Teil mit Einschluß der Küste
(Tihama) unter einen neuen Wali gestellt werden sollte.
Beide Wali führen die Verwaltung selbständig und un-
beschränkt mit Hilfe von Richtern und der einheimischen
Gendarmerie nach den Vorschriften des religiösen Rechtes
(Serfa). Die Reineinkünfte beider Wilajets sollten nach
Konstantinopel abgeführt werden. Beide Wali hatten einen
jährlichen Rechenschaftsbericht über Einnahmen und Aus-
gaben an die Regierung zu erstatten. Das militärische
Hauptquartier sollte in Menächa sein, in Sana und in der
Tihama würde je eine Abteilung zur Aufrechterhaltung der
Ordnung gelegt, nur nach dem Si^e des Imäm sollte kein
türkisches Militär kommen. Die Einführung des Serfa-
rechts für die Verwaltung — und nicht des türkischen Qanun
— sowie die Ernennung des Imam zum Wali des Gebirges
waren die wichtigsten Bestimmungen. Nadi einem offiziellen
Communique vom Januar 1911 scheint dann später noch
beschlossen worden zu sein, das Land in drei Teile zu
trennen, Tihama, das Gebirgsland und das nördliche 'Astr,
da die dortigen safe'itischen Sunniten nicht der Autorität
des zaiditischen Imam unterstellt werden könnten. Der Ent-
wurf, der die Billigung des in Frage kommenden Parla-
mentsausschusses erhalten hatte, sollte Mitte 1909 der
Kammer in geheimer Si^ung vorgelegt werden. Man er-
wartete eine sehr erregte Debatte, weil die Jungtürken, die
sich nun schon kräftig genug fühlten, in ihrem National-
gefühl eine Zentralisation der ganzen Verwaltung in Kon-
stantinopel sowie ein unbedingtes Übergewicht des Tür-
kischen haben wollten, den arabischen Bestrebungen also
nicht nachgeben wollten. Da trat der damalige Minister
des Inneren, Tala'at Bey, auf und erklärte vor dem Paria-
— 83 —
ment, der Entwurf sei unzweckmäßig und nicht geeignet,
die Lage in Jemen zu regeln. Er wurde deshalb zurück-
gezogen. Einerseits wollte man separatistische Dezentra-
lisation vermeiden, man hatte das Ideal, einen türkischen
Nationalstaat zu schaffen; anderseits aber gaben neue Auf-
stände in Jemen den Anstoß oder Vorwand zu diesem
Umschlag.
Wahrscheinlich gehörten die meisten Beamten in Jemen
noch dem alten System an und hatten wie früher die Ein-
wohner drangsaliert, kurzum die Stämme der Beni-Qais
und Beni-SalTl erhoben sich gegen den Gouverneur 'Alt
Pasdia el-Boäni. Außerdem plünderte die Bevölkerung
von Tamaheg eine von 'AsTr kommende Karawane, wobei
116 Soldaten fielen. Auf diese Nachrichten hin erklärte
die Regierung, zuerst mit Waffengewalt ihr Ansehen wieder-
herzustellen, und sie fand dabei die Billigung der Kammer.
Es ist erstaunlich, wie immer wieder die Aufständischen
Mittel und Kräfte zum Kriege fanden. Zwar haben wir
gesehen, daß ihnen schon früher eine Menge von Hinter-
lader-Gewehren und Geschüöen in die Hände gefallen
waren; diese werden aber immer noch nicht genügt haben,
um die Menge von Leuten zu bewaffnen; vor allem werden
sie geheime Zufuhren von Munition bekommen haben.
Ebenso erstaunlich ist es, auch bei dem neuen Aufstand
wieder zu hören, daß der Imäm seinen Leuten je 15 Maria-
Theresia-Taler im Monat als Sold gab. Zwar werden ihm
die Einkünfte großer Teile des Landes zur Verfügung ge-
standen haben, vor allem der „Zehnte"; aber die Zoll-
stellen waren doch in den Händen der Türken geblieben.
Es ist als sicher anzunehmen, wenn man auch keine bün-
digen Beweise dafür veröffentlicht hat, daß die Hilfe von
auswärts kam. Es ist bekannt, daß die Engländer von
Aden aus zahlreiche Stämme in Südarabien durch Geld
an sich fesselten. Von 'Oman aus bis an die offiziellen
Grenzen von Jemen werden diese Subventionen amtlich
zugegeben. Es ist auch unzweifelhaft, daß den Engländern
eine kräftige türkische Provinz in Südarabien sehr hinder-
lich sein mußte, während sie bei einer geschwäcfiten Provinz
in gewohnter Art im trüben fischen konnten. Daß diese
Ansicht nicht nur bei uns herrschte, mögen folgende Äuße-
rungen lehren.
— 84 —
In einem Artikel „La rivolta araba e le potenze* im
^Corriere della Sera" vom 26. Dezember 1909 schrieb der
Marchese Benzoni: „Non e un mistero per nessuno, die
armi, munizioni, approvvigionamenti per gli insorti sono per-
venuti a destinazione con la tazita compiacenza delle auto-
ritä britanniche ... Se i turchi riuscissero a impadronirsi
realmente e non solo nominalmente dell'Arabia, la posizione
commerciale e politica della Granbretagna sarebbe grave-
mente minacciata." (Es ist für niemanden ein Geheimnis,
daß Waffen, Munition und Lebensmittel für die Aufstän-
dischen an ihre Bestimmung gekommen sind mit der still-
schweigenden Zustimmung der englisd\en Behörden . . .
Wenn es den Türken gelänge, sich wirklich und nicht nur
nominell Arabiens zu bemäditigen, dann würde die wirt-
schaftliche und politische Stellung von Großbritannien schwer
bedroht sein.) Und weiter: A. Baldacci in einem Artikel
„La Questione del Yemen e la nostra politica coloniale"
im „Rivista di politica estera e coloniale, Italia derEstero,"
Rom, vom 20. Oktober 1909, Seite 1816: „Tutte le rivolte
della peninsola araba sono percio State clandestinamente
appoggiate dell'Inghilterra." Seite 1817: „Da Aden principal-
mente gli inglesi somministrana regularomente armi e denaro
per il trionfo dell'imam e per assicurarsi un predominio
uguale a quello acquistado pei sultanati di Koveit e di Mas-
cate." Und weiter Seite 1818: „11 Yemen, in mano di una
potenza piü forte e piü aggressiva della Turchia, rappre-
senterebbe una minaccia constante per l'Africa Orientale
italiana. In mano nostra, invece, oltre al resto, rappresen-
terebbe un mercato opportunissimo per smaltirvi i cereali
deir Eritrea." (Alle Aufstände in der arabisdien Halbinsel
sind deshalb offenbar von England unterstü^t. Von Aden
besonders liefern die Engländer regelmäßig Waffen und
Geld für den Triumph des Imam, und um sich eine Vor-
herrsdiaft zu sichern, ähnlich derjenigen, die sie über die
Sultanate von Koweit und Masqat gewonnen haben. Jemen
in Händen einer Macht, die stärker und aggressiver als die
Türkei ist, würde eine dauernde Drohung für das italie-
nische Ostafrika vorstellen. In unseren Händen aber würde
es, von anderem abgesehen, einen günstigen Markt dar-
stellen, um das Korn von Erythräa aufzunehmen.) Die
Italiener haben deshalb audi zu jener Zeit in Mocha
— 85 —
ein Generalkonsulat eingerichtet, in einem Orte, wo selbst
England nur einen einfachen Konsularagenten hatte, und
italienisdie Kriegsschiffe wie „Volturno" und „Arethusa"
haben unter dem Vorwande, die Interessen italienischer
Schu^befohlener zu wahren, im Falle sie durch die Auf-
ständischen bedroht sein sollten, die Küste von Mochä
bis Ghunfude dauernd aufgesucht.
Gaston Rouet schrieb in „La question duyemen" („Ques-
tions diplomatiques et coloniales", Paris vom 16. April 1910,
Seite 48): „Les Anglais, d'apres eux, activeraient en sous-
mains l'insurrection yemenite, dans l'espoir de voir un
jour le Yemen, contree fertile, tomber en leur pouvoir. Ce
serait par le hinterland d'Aden, que les insurges se ravi-
tailleraient, et les plus ardents propagateurs de la rebellion
seraient des emissaires payes par les autorites du protec-
torat." — Der Verfasser legt diese Äußerung allerdings
Deutschland in den Mund und behauptet, die Engländer in
'Aden hätten sich stets loyal gegen die Türken erwiesen,
die Flüchtlinge aus Jemen sogar stets freundlich aufgenom-
men; dagegen hätte Italien — damals Deutschlands Ver-
bündeter — alles getan, Zwietracht in Jemen einzuführen,
um dort das Erbe anzutreten. Die Deutschen aber hätten
derzeit aus Sympathie für das eben gefallene Alttürken-
tum versucht, Unruhen zu stiften durch Emissäre der Alt-
türken, besonders des Izzet Pascha, des früheren Günst-
lings von 'Abd ul-Ham!d. (Der Italiener schiebt die Schuld
also den Franzosen und dieser den Italienern zu.) Rouet
empfiehlt, bei diesem Aufstand ganz energisch gegen die
Aufständischen vorzugehen. Der Abfall der arabischen Pro-
vinzen sei für die Türkei gefährlich und ,1a tranquillite de
l'Europe est liee ä la restauration complete de l'empire
Ottoman. Le prestige que la Turquie a dans l'islam ne lui
vient pas du rayonnement de la dignite khalifale, mais de sa
puissance militaire mise au service du coran, Nombre de
souverains musulmans jouissant vis-ä-vis du Sultan de I'in-
dependance politique lui rendent hommage non comme au
successeur du prophete, mais comme au chef de la plus
forte fraction de l'islam . . . Une Turquie forte et libre n'est
eile pas un gage de paix, d'autant plus estimable pour
nous autres Fran^ais que nous esperons trouver en la
Turquie la seule barriere efficace ä opposer ä la poussee
— 86 —
du Pangermanisme en Orient, et le contrepoids necessaire
ä l'influence allemande en Europe?" — Frankreich hoffte
noch 1910, daß Deutschland nur in der alttürkischen Partei
unter 'Abd ul-Hamid Einfluß haben würde, es versudite mit
allen Mitteln, Deutschland von den Jungtürken zu entfernen;
eine völlig falsdie Rechnung, denn die deutsche Politik hat
sich nicht an eine Partei in der Türkei gewandt, sondern
an diesen Staat selbst.
Eine Pariser Depesche vom 27. August 1909 („Ham-
burger Fremdenblatt" vom 29. August 1909) besagte folgen-
des: „In Konstantinopel ist die Nadiricht eingetroffen, daß
die im Jemengebiet sich aufhaltenden türkischen Agenten
britischer Nationalität den Sprengstoff geliefert hätten,
durdx den die jüngste folgenschwere Explosion in einem
türkischen Munitionsdepot herbeigeführt wurde. Jene bri-
tischen Agenten, unter denen sich ehemalige englische Offi-
ziere befinden, machen gemeinsame Sache mit den arabischen
Revolutionären, die zum Lohn für die gegenwärtige Unter-
stü^ung durch die englisciien Parteigänger die Abtretung
eines für England wichtigen Küstenstricfies versprechen, falls
es gelingt, Jemen selbständig zu macfien." — (Dieser für
England wichtige Küstenstrich wird wahrscheinlici\ Scheich
Sa Td gewesen sein, worauf wir noch zu sprechen kommen.)
Jedenfalls zeigt diese Pariser Depesche, daß man auch in
Frankreich an Englands Unterstüfeung der Aufrührer glaubte.
Es ist auch gar kein Zweifel, daß es damals den Imäm
Jahjä unterstüfete, mindestens moralisch, wahrscfieinlicii aber
auch durch direkte Zufuhren von Hilfsmitteln oder wenig-
stens durch Duldung von solchen. Italien aber hoffte, wie
wir in Zukunft sehen werden, seine Ziele durch einen
anderen Mann zu erreichen, auf den wir nun zu sprechen
kommen müssen.
Im Jahre 1909 war in ^Asir ein neuer Widersacher der
Türkei aufgetreten, der ihr noch viel zu scfiaffen machen
sollte, und der noch heute ein sciilimmerer Feind der Türken
ist als der Imäm, Sejjid Idris. Nach türkisciien Quellen
hat Imhoff Pascha im „Berliner Tageblatt" vom 8. Oktober
1910 die Lebensgeschichte dieses Mannes gegeben. Ihm
folgen wir hier:
Des Idris Großvater, Ahmed bin-Idrts, war von Fez in
Marokko nach Sabjä in 'Astr ausgewandert. Vorher hatte
— 87 —
er sich nach Ägypten und von dort nach Mekka begeben.
Als er dort von der Geistlichkeit viel zu leiden hatte, wandte
er sich nach Gidda. Von hier zog er aber bald nach Me-
rawa (?), Zeidije und Abu 'ArTs. Ein wenig später ging er
nach Sabjä, wo er 1827 starb. Er war ein gelehrter und
geachteter Mann. Von seinen drei Söhnen ging der zweite,
'Abd ul-'Ali bin Ahmed, nach Dongola im Sudan; der dritte,
Mustafa bin Ahmed, hatte zwei Söhne und eine Tochter.
Der älteste Sohn, Mehmed bin Ahmed, heiratete auf
Wunsch seines Vaters eine Sklavin, die ihm einen Sohn,
'All bin Mehmed, schenkte. Dieser 'Ali beschäftigte sich
mit Theologie, Physik und auch mit Wahrsagerei. Er hei-
ratete die Tochter eines gewöhnlichen Mannes, Nasr Ulla
Senedrt, und bekam sechs Kinder. Der älteste Sohn von
diesen war Mehmed bin 'Ali, alias Sejjid Idris,^ der 1878
geboren ist. Im Alter von 18 Jahren ging dieser nach
Ägypten, lebte abwechselnd in Dongola, Kassala, Musawa,
auf den Farsän-Inseln und in Gizän an der arabischen
Küste. Im Jahre 1907 kam er nach Sabja. Dort beschäf-
tigte er sidi mit Amulettschreiben und predigte auch in den
Moscheen. Die Bewohner von Sabjä, die Stämme von
Ga'fera undTamba(?) lagen stets im Kriege miteinander. Die
Lebensmittel und anderen Bedürfnisse für Sabjä mußten
immer von den Landungsplä^en Gizän oder Sefiq(?) geholt
werden. Da diese beiden Häfen sich in den Händen der
erwähnten feindlichen Stämme befanden, konnte nichts nach
Sabjä befördert werden. Die bedrängten Bewohner dieser
Stadt baten IdrTs um Vermittlung. Er nahm den Vorschlag
an, lud die Stämme zu sich ein, sagte ihnen, daß er „der
Herr der Stunde", das heißt der Allwissende, sei, daß die
Hauptpflicht darin bestehe, der Türkei treu zu sein und
für die Sicherheit der Wege zu sorgen. Er erklärte ihnen,
daß sie die türkischen Soldaten als Glaubensbrüder ehren
und lieben müßten. Bald darauf beauftragte er die Be-
völkerung, sich mit Waffen und Munition zum Kriege gegen
die Ungläubigen zu versehen. Seine erste Tat war, daß
er dem Sdierifen Ahmed Pascha ChawägT die Hände ab-
schnitt und so Schrecken um sich verbreitete. Außerdem
versudite er mit Hilfe chemisdier Künste, wie Phosphor-
^ Idris, nach Nöldeke der Apostel Andreas; oft mit Enodi identifiziert.
— 88 -
schminke, farbigen Tinkturen usw. sid\ einen magischen Ruf
zu geben.
Sejjid Idris soll sehr intelligent, von mittlerem Wuchs,
kaffeebraunem Gesicht und durchdringendem BMdk sein.
Er lächelt immer und hat liebenswürdiges Wesen, was ihn
nicht hindert, ein grausamer Tyrann zu sein. Er hat auf
der el-Azhar in Kairo studiert und dort wahrscheinlich mit
englischen Organen Fühlung bekommen,^ vielleicht auch
mit Alttürken. Bei seinem früheren Aufenthalt wird er auch
die Italiener in Musawa' kennengelernt haben. Zuerst trat
er nur als Reformator auf, dessen friedliche Absichten dazu
dienen sollten, die wirtschaftliche Entwicklung von 'Asir zu
fördern. Lange verstecitte er seine wahren Pläne; er ließ
sogar diejenigen von seinen Anhängern fallen, welche im
Übereifer die Ereignisse sich überstürzen ließen. Er be-
herrschte allmählich ganz '^Asir, besonders die Stämme der
Beni-Takif und Beni-Kahtan; sein Einfluß reichte nach
Jemen hinein bis Lohtja.
'AsTr ist ein zwischen Higäz und Jemen liegendes Ge-
birgsland, das nach der türkischen Eroberung im Jahre 1871
zum Sangaq gemacht wurde und sieben Kreise (qadä)
hatte: El-Ebhä, Banu-Sehir, Ghamid, Ghunfude, Moha'il,
Rigäl, Alma' und Sabja. Der Hauptort ist el-Ebhä. Die Be-
wohner sind äußerst todesverachtend und tapfer, kein Stamm
wird von den Türken wie dieser gefürchtet. Schon 1824
hatte Ahmed Pascha im Auftrage von Mehmed 'Ali das Land
vergeblich bekriegt. Ebensowenig Erfolg hatten die Feld-
züge von 1834 und den folgenden Jahren. Der damalige
Häuptling des 'AsTr, 'A'id bin Müsa, übte im Bergland seine
Herrschaft unbelästigt aus, die auf seinen Sohn Moham-
med überging. Le^terer vertrieb 1871 die türkischen Truppen
sogar aus den Küstenpläfeen. Erst Ferid (Mohammed) Redif
Pascha gelang es, 1871 das Land zu unterwerfen (s. oben).
Bei dem äußerst schwierigen Charakter des Landes und der
Bewohner scheinen die Türken dort nie einen Einfluß
gehabt zu haben, der viel über die Küste und die unmittel-
bare Umgebung von el-Ebha hinausging.
^ Nadi einem in der „Revue du monde musulman" (XV, 1911, S. 379)
erwähnten Brief soll Sejjid Idris Mitglied des Mirghanijah-Ordens sein,
der stets die Politik der Engländer in Ägypten und in Chartum ge-
stuft hat.
— 89 —
Etwa im März 1908 warf IdrTs die Maske ab und ließ
sich als ^^Mahdi" (Propheten) im 'Asir ausrufen. Er war der
eigentliche Herrscher dort. Der Wali vom Jemen, Hasan
TahsTn Pascha, ließ durch die türkischen Organe unter den
Bewohnern der Tihama eine Proklamation verbreiten, durch
die Idris als Zauberer und Schwindler hingestellt wurde.
Hierdurch wurde der Aufstand erst recht verstärkt, den der
„Mahd!" IdrTs als ihm auferzwungen hinstellte. Fast das
ganze sunnitische 'AsTr sowie die jemenisdien Stämme der
ez-Zohra und el-Wadät schlössen sich ihm an, später auch
noch die eUKohra und el-Megarda,^ da diese ihre Inter-
essen durdi die türkischen Bahnbaupläne gefährdet glaubten,
von denen wir später zu reden haben werden. Der Mahdi
aber war mit dem Imäm nicht vereint, schon allein wegen
der religiösen Differenzen. Während der Imäm die volle
Autonomie erstrebte, wollte der Mahdi zunächst noch die
Oberhoheit des Sultans bestehen lassen, ja, er bot zeit-
weise sidi der Türkei sogar als Friedensstifter im Jemen an.
Es handelte sich also um Einzelrevolutionen aus allen mög-
lichen Ursachen, und die Türkei wäre gewiß ihrer Herr
geworden, wenn sie von Anfang an eine energische und
klare Politik gehabt hätte. Leider aber handelten die Zentral-
Organe in Konstantinopel, der Wali Hasan Tahsm, der
Militärkommandant Said Pascha und schließlich auch die
Lokalbeamten alle nach verschiedenen Grundsä^en, ja, sie
ließen sich sogar auf Unterhandlungen mit dem Mahdt ein,
den sie vorher als Lügner hingestellt hatten — wie sie
fast gleichzeitig auch mit Jahjä verhandelt hatten.
Mehrere Kommissionen wurden zu Sejjid IdrTs gesandt;
die erste, aus arabischen Häuptlingen und Geistlichen zu-
sammengese^t, verließ Mekka Ende Dezember und traf
IdrTs in Sabja, seinem Hauptquartier. Sie erhielt nur einen
Brief des IdrTs, in dem er dem Großwesir die traurige Lage
der Araber in 'AsTr schilderte. Die zweite Mission, aus
türkischen Geistlichen und Offizieren zusammengese^t, ver-
^ Im Dezember 1909 wurden der italienisd\e Konsul von Mod\ä
Mard\ese Benzoni und der deutsdie Forsdiungsreisende Burdiardt (zwi-
sdien Sana und Ta'izz) ermordet, eine Tat, die mehr gegen die tür-
kisdve Begleitmannsdiaft als gegen die beiden Opfer geridhtet gewesen
zu sein sdieint. Der Weg führt durdi das Gebiet der obengenannten
beiden Stämme.
— 90 —
ließ Konstantinopel Anfang Januar 1910 (1909?), sie traf
in Gizän mit Said Pascha zusammen, der am 25. Ok-
tober 1909 eine Unterredung mit Idris hatte, der mit 6000
Reitern ankam. Dieser wies die Anschuldigung zurück, daß
er das Freitagsgebet (diutba) immer noch im Namen des
früheren Sultans 'Abd ul-Hamid abhalten ließe, er sei ein
treuer Freund der Türken und hoffe besonders von den
Jungtürken eine Besserung der Verhältnisse seines Landes.
Gegen seinen Willen habe man ihn zum „MahdT" aus-
gerufen. Wenn aber seine Vorschläge zurückgewiesen würden
und die Regierung Truppen gegen ihn senden sollte, so
würde er zum Kriege gezwungen.
Diese Verhandlungen scheinen stattgefunden zu haben,
nachdem der Imam 1909 einen neuen Aufstand erregt hatte,
von dem oben schon die Rede war. Diese Unruhen gaben,
wie erwähnt, den Vorwand, den Entwurf für eine Verfas-
sungsänderung in Jemen im August 1909 zurüci«zuziehen.
Ganz genau habe ich micii aus der Presse über die Reihen-
folge der Ereignisse, welche zur großen Erhebung von
1910/11 führten, nicht unterrichten können. Jedenfalls
sagen französische Nachrichten, daß Said Pascha sich ge-
neigt gezeigt hätte, weiter mit IdrTs zu verhandeln, daß er
aber aus Konstantinopel die Weisung bekam, sich nach
Ghunfude zu begeben, um den Befehl über die Truppen
zu übernehmen und unmittelbar in 'AsTr einzumarschieren.
Die sdiarfe Politik des Wali Hasan Tahsin und der Wunsch
der Jungtürken, eine Dezentralisation zu vermeiden, scheint
auch gegenüber IdrTs den Ausschlag gegeben zu haben.
Allerdings sollen damals viele türkische Offiziere ihre Be-
denken geäußert haben, angesichts des Umfanges des Auf-
standes in Jemen dorthin so viele Truppen zu senden, in
einen Kampf, der selbst bei glücklichem Ausgang der Armee
eine lange Erholungszeit aufgenötigt hätte, was man in
Rücksicht auf die Lage in der europäischen Türkei nicht
wagen könne. Rouet meint, daß außerdem die Alttürken
noch das Gerücht ausgestreut hätten, es handle sich um
eine Vereinigung von Imam und Mahdi, die dem Sultan
das Chalifat streitigmachen wollten, ein Gerücht, das an-
geblich auch noch durch die vom alten Izzet Pascha be-
einflußte ägyptische Presse weiterverbreitet wäre, damit
durch die Unternehmungen in Jemen die Jungtürken so
— 91 —
große Schwierigkeiten bei^ämen, daß ihre Herrschaft ge-
fährdet sei.
Die Folge des Abbruches der Verhandlungen mit Jahjä
und Idris über die Verfassungsreformen in Jemen war
jedenfalls, daß die Aufstände von neuem ausbrachen oder
verstärkt wurden. Beide Gruppen von Aufständischen, der
Imäm und Idrts, schlugen los. Es scheinen aber zunächst
nur kleine örtliche Ereignisse gewesen zu sein, bis Ende
1910 offene umfangreiche Revolte ausbrach.
Idris seöte vier türkische Offiziere gefangen und nahm
das Zollhaus in el-Wassima(?), er proklamierte seine Un-
abhängigkeit und sefete eigene Beamte ein; auch nahm er
einen Abgeordneten von 'Asfr gefangen. Die Türken in
'AsTr flohen an die Küste oder nach Ebhä. Dann belagerte
er Ebhä und sandte Truppen in die Tihäma. Nach dem
Bericht der Garnison von Ebha vom 23. Dezember 1910
hoffte man, sich dort zu halten, auch die Nachrichten aus
Hodeida klangen günstig. Der Imäm aber organisierte
große Banden und erklärte den „Heiligen Krieg" gegen die
Türken, so daß der Bezirk Safa (Däfir?) sich in Händen
des Aufstandes befand und Sana bedroht war.
An einem Dezembertage des Jahres 1910 waren die
ganzen Höhen um San ä herum von den Mannen des Jahjä
beseht, deren rote Flagge mit dem weißen (doppelspi^igen)
Säbel des 'Alt (du l-fiqar) den türkischen Halbmond ver-
drängt hatte. Wir haben nun in der Folge zwei Kriegs-
schauplä^e zu unterscheiden: den des Idris in 'AsTr und
in einem Teile der Tihäma, in Gebieten mit safe'itisch-
sunnitischer Bevölkerung — und den des Imäm Jahjä im
Gebirgsland von Jemen mit zaiditischen Leuten. Beide
Aufständische wandten sich gegen die Türken, sie hingen
aber nicht direkt miteinander zusammen, wenn sie sich
auch zeitweilig in ihren Zielen vereinigten. Die religiösen
und politisch-wirtschaftlichen Interessen der Aufständischen
waren verschiedene, beide aber wurden durch dieselben
Gründe geleitet, die in den Türken lagen. Diese hatten
stets Reformen versprochen, ihre Zusagen aber nur un-
vollkommen gehalten; auch hatten die Jungtürken nicht
sofort die besten ihrer Beamten in diese schwierigen Ge-
biete gesandt nach dem Grundsaö, daß für die Außenländer
die allerbesten Verwaltungsbeamten gerade gut genug sind.
— 92 —
Aus der hamidisdien Zeit war die Bestechlidikeit, das Gegen-
einanderausspielen der Landesparteien durdi Geschenke usw.
noch bestehen geblieben. Ferner mußten die Bestrebungen
der Jungtürken, einen türkischen Nationalstaat auch im
Außenlande zu errichten und der türkischen Sprache die
unbedingte Vorherrschaft zu geben, in Jemen sehr große
Erbitterung erzeugen. Dann war das Land durch die vielen
Kriege wirtschaftlich vernichtet, die einst blühende Kaffee-
kultur fast ausgerottet, teils weil der Kaffee dort nicht mehr
so billig gebaut werden konnte, wie der Weltmarkt es ver-
langte, teils weil er durch die hohen Steuern so sehr be-
lastet war, teils aber, weil angeblich das gute Land den
Arabern fortgenommen sein sollte. Und schließlich spielte
auch die Stimmung der Araber gegen die Jungtürken eine
Rolle, die religiös einem anderen islamisdhen Bekenntnis
(dem hanefitisdien) angehörten als die Landesbewohner,
die aber vor allem durch die Verfassung der jungen Türkei
den Christen und Juden fast dieselben Rechte wie den
Mohammedanern eingeräumt hatten.
Die Türken saßen in 'Astr an einigen Küstenorten und
in Ebhä. Am 21. Januar 1910 traf die Nachricht in Hodeida
ein, daß im Beginn des Monats der Hauptort Ebha von
den Truppen des IdrTs völlig eingeschlossen sei. Der Pla^
war zwar gut verproviantiert und von Solimän Pascha kräftig
verteidigt. Zu gleicher Zeit waren die Leute des IdrTs auch
mit starken Kräften in der Tihäma gegen Hodeida vor-
gerückt, ebenso wie sie auch im nördlichen Küstenlande
Pläfee der Türken einnahmen, wie das Zollamt in 'Arif
Chamsa(?) und 'Abu 'Aris, wo sie den Qä'immaqam ge-
fangennahmen.
Von Konstantinopel aus sah man die Lage offenbar noch
nicht so ernst an, ernannte aber immerhin den in Jemen
befindlichen Generalleutnant Sa'id Pascha zum Komman-
dierenden in 'AsTr. Da aber im Januar auch der Imäm
Jahjä in Jemen losgeschlagen hatte, dessen Truppen man
auf 60000 Mann schälte, mußte man an fernere Maß-
nahmen denken. Man bereitete in Konstantinopel die Ab-
fahrt eines Hilfskorps vor, wofür zunächst 31 Bataillone,
5 Batterien und 3 Kompagnien Maschinengewehrtruppen vor-
gesehen wurden. Am 29. Januar 1911 fuhr Sa'id Pascha
von Hodeida nach Ghunfude ab, um dort den Krieg zu leiten.
— 93 —
In Jemen selbst waren die 13. und 14. Nizamdivision von
je 17 Bataillonen mit Stationsorten in Hodeida und San'ä,
5 Eskadronen, 14 Batterien sowie eine kleine Truppe in
'AsTr verfügbar; in Sana selbst rund 6000 Mann. Mitte
Februar wurde 'Alt Pascha zum neuen Wali ernannt. Die
ersten Hilfstruppen kamen von Konstantinopel am 12. Fe-
bruar in Hodeida an (3000 Mann), wenige Tage darauf der
für die ganze Expedition ernannte Höchstkommandierende
Marschall Mahmud Sewket Pascha und sein Generalstabs-
chef Izzet Pascha. Über die Höhe der ganzen Ersa^truppen
gehen die Meldungen der Presse auseinander. Einerseits
sprach man von 35000 Mann im ganzen, anderseits von
35 Nizam-Bataillonen und 10 Redif-Bataillonen.
Da am 22. Februar neue Überfälle in der Tihäma vor-
gefallen waren, wollten die Türken zunächst gegen diese
Leute marschieren. Bevor die Unternehmung aber ab-
ging, stellte der Großscherif von Mekka, Husein Pascha,
6000 Mann zur Verfügung, die später noch durch 4000 wei-
tere Araber und 800 Kamele — wohl von Ibn-RasTd stam-
mend — verstärkt wurden. Die Türken fügten ihrerseits zu
diesen Kolonnen noch einige Truppen hinzu. Der Plan
war, daß der Großscherif selbst über Lit und Ghunfude, wo
die Vereinigung mit den Türken stattfinden sollte, nach
Ebhä marschieren wollte, während sein Sohn mit den Leuten
aus Innerarabien auf der Pilgerstraße von Mekka ebenfalls
auf Ebhä vorging.
Betrachten wir zunächst diese Unternehmungen im Norden,
die in der „ Deutschen Tageszeitung" vom 30. Juli bis 2. August
1912 nach Berichten türkischer Offiziere geschildert sind
von dem türkischen Oberleutnant Ismä Tl Haqqi Bey Tewfiq.
Angesichts der großen Vorbereitungen der Türken und
des Großscherifs unterwarf sich am 20. April ein bedeuten-
der Teil des Stammes Ghamet(?). Am 21. April konnte der
Großscherif den Vormarsch beginnen. Die erste Kolonne
bildeten die etwa 1000 Mann des Scherifen Haidar Bey, sie
kam nicht bis el-Ebhä. Die zweite Kolonne von etwa 1500
Mann stand unter dem Abgeordneten von Mekka, Scherif
'Abdallah Bey; sie marschierte der dritten Kolonne weit
voraus, die unter dem Großscherifen Husein Pascha selbst
stand und 4500 Araber sowie türkische reguläre Kavallerie,
2 Infanteriebataillone aus dem Higäz, 4 Gebirgsgeschü^e,
— 94 -
2 Maschinengewehre usw. hatte. Der Marsch vollzog sidi
ohne Schwierigkeiten bis Ghunfude. Dem vorauseilenden
Großscherifen unterwarfen sich noch einige Araberstämme.
Etwas vor Ghunfude wurde am 24. Mai ein Lager auf-
geschlagen. Die Scherifen des Stammes Dui-Hasan(?) schenk-
ten dem Großsdierifen 400 Negersklaven, die man in die
Truppe einreihte. Am 27. Mai wurden die Aufständischen
unter ibn Huresä bei Hegef geschlagen. Am selben Tage
wurde der Hafen (Mersa) Halt von türkischen Kanonen-
booten bombardiert. Eingeschüchtert, unterwarfen sich die
Stämme von Halt und Ghos(?) dem Großscherifen. Erst am
16. Juni konnte der weitere Vormarsch nach Herbeischaffung
von Transportkamelen beginnen; auch hatten noch die Ver-
stärkungen aus Hodeida abgewartet werden müssen, näm-
lich 7 Bataillone Nizam-Infanterie aus Higäz, 5 Bataillone
aus Jemen, 8 Gebirgsgeschü^e, 2 Maschinengewehre sowie
250 Mann Gendarmerie und 800 Krieger des Großscherifs
von Mekka. Der Vormarsch wurde durch die übergroße
Hi^e sehr erschwert. Nach verschiedenen Scharmüfeeln traf
man die erste Stellung der Aufständischen am 21. Juni am
Passe Okabei-Suhul(?). Am folgenden Tage wurde der Ort
Barik gestürmt, wo man viele Munitionskisten fand, auf
denen der Name „Djibuti" stand, die also ohne Zweifel
aus französischem Gebiete stammten; am 9. Juli fand bei
Sabach ein erbittertes Gefecht statt, und nacii einem fer-
neren Kampf am 14. Juli gegen etwa 8000 Aufständische
konnte man am 15. Juli in el-Ebhä einrücken. — Der tür-
kische Offizier schließt seinen sehr ausführlichen Bericht,
von dem ich nur die wesentlichsten Daten gegeben habe,
mit der Bemerkung: „Der Sieg war errungen, aber der Feind
nicht vernichtet. Der Rebell stand mit seinem ganzen
Anhang in einem anderen Teil der Provinz und wartete,
da er nicht behelligt wurde, auf die günstige Gelegenheit,
dasselbe Spiel wiederzubeginnen . . . Wenn heute Sejjid
Idris mit italienischer Unterstü^ung den 'AsTr wieder zum
Aufruhr gegen die Regierung treibt, so sind dies die Folgen
des früher begangenen Fehlers, den Rebellenführer und
seinen Anhang nicht vernichtet zu haben ..." Dies wurde
1912 angesiciits der damals wieder ausgebrochenen Auf-
stände geschrieben; es gilt auch noch für 1915!
Inzwischen war der Hauptteil der türkischen Macht im
— 95 —
Süden gegen den gleichfalls aufständischen Imäm tätig. Im
Februar hatte der Oberst 'Ali Rizä dessen Anhänger bei
Menadia geworfen. Anfang April hatte Izzet Pascha beim
Orte Sinän-Pasdia gesiegt und bald darauf das belagerte
San'^ä entsetzt. Mitte April hatte sich die Seitenkolonne
von vier Bataillonen, die den VVaffenschmuggel über 'Aden
verhindern sollte, in Sana mit der Haupttruppe vereinigt,
so daß 'Izzet Pasdia in der Lage war, die Umgegend der
Hauptstadt zu säubern. Der Imam hatte sich östlich nach
Gebel Sehara zurückgezogen. Nach Verteilung vieler Ge-
schenke war 'Izzet im Mai leidlich Herr von Jemen. Bald
darauf aber erfolgte ein großer Rückschlag. Da bei den
Unternehmungen gegen San ä die Küste stark von Truppen
entblößt war, sandte Idris eine große Macht von angeblich
10000 Kriegern dorthin. Im Juni (Reuters Telegramm aus
Hodeida vom 17. Juni) überraschten die Aufständischen die
Vorhut von Suleiman Pascha, dem Wäli und Oberst-
kommandierenden, bei den Brunnen in der Nähe von
Gizan (gegenüber den Farsän- Inseln), und brachten ihr
eine sehr schwere Niederlage bei; es sollen 1000 Türken
dort gefallen sein. Zur Wiedergewinnung der Brunnen
wurden etwa 10000 Türken unter Raghib Bey abgesandt.
Bei den Brunnen, von wo die Araber sich zurückgezogen
hatten, wurden die Türken überrascht und erlitten eine
furchtbare Niederlage. Raghib Bey soll dabei verschwunden
und nach späteren Nachrichten zum IdrTs übergegangen sein,
um seiner Verurteilung vor dem Kriegsgericht zu entgehen
(„Frankfurter Zeitung* vom 5. Januar 1912). Auch bei LohTja
erlitt man Einbußen, und erst nach Gewinnung des Stammes
der Giamle (?) gelang es am 22. Juli, die Leute des Idris
zu vertreiben, die nach Norden abzogen.
Die Lage war so, daß man in Konstantinopel im Juli
schon wieder neue Reserven einberufen mußte. Es wird sich
gezeigt haben, daß die völlige Unterwerfung große Schwierig-
keiten machen würde; außerdem geboten die Verhältnisse
in der Heimat, nicht einen so großen Teil der Truppen in
entfernten Gebieten zu verwenden. Man beschloß zunächst,
Frieden mit dem Imam zu machen und ihm den größten
Teil seiner Forderungen zu bewilligen. Am 8./21. Oktober
1911 kam der Chef der türkischen Zivil- und Militärgewalt,
'Izzet Pascha in Da an, fünf Stunden nordöstlich von 'Amrän,
— 96 —
mit dem Imam Jahjä zusammen, beide begleitet von vielen
Würdenträgern. Nach der „Deutschen Tageszeitung" vom
5. und 6. August 1913 wurden folgende Bedingungen für
einen Frieden verabredet:
1. Zur Ausführung der zaiditischen Religion werden die
erforderliciien Richter vom Imäm ernannt; die Ver-
waltungsbehörde wird die Ernennungen schriftlich nach
Konstantinopel mitteilen.
2. Der Imam wird einen Appellationsgeriditshof bilden,
um vorkommende Klagen zu untersuchen und der
Regierung zu unterbreiten. Der Si^ des Appellations-
hofes ist San'a. Präsident und Mitglieder werden
vom Imäm gewählt und von der Regierung bestätigt.
3. Wird von den Richtern die Todesstrafe verhängt, und
kann nach Vorschrift des Seri at-Gese^es zwischen den
Teilnehmern keine Übereinstimmung erzielt werden,
so wird der Gerichtsbeschluß zur Bestätigung nach
Konstantinopel gesandt und muß innerhalb von drei
Monaten vom Scheich el-Islam bestätigt sowie nach
Genehmigung durch den Sultan veröffentlicht und
ausgeführt werden.
4. Ist einer der Richter ungerecht, so werden die Gründe
ermittelt und dem WälT mitgeteilt.
5. Für die Hanefiten und Säfe'iten wird die Regierung
nur Richter aus den Bergbewohnern auswählen.
6. Zur Erledigung von Prozessen zwischen Leuten ver-
schiedener Bekenntnisse wird ein Gerichtshof von
zaiditischen und säfe'itischen Richtern gebildet.
7. Die in den Orten herumreisenden, nicht ständigen
Gerichten angehörenden Richter werden durch eine
„Mubäsir" zu nennende Schu^wache geschürt, die die
Regierung stellt.
8. Alle Waqf-Angelegenheiten (fromme Stiftungen) wer-
den vom Imäm geregelt.
9. Alle bis zum Abschluß des Bündnisses begangenen
politischen Vergehen werden nicht bestraft; die rück'
ständigen Steuern sind zu erlassen.
10. Bestimmten verarmten Gebieten werden die Steuern
auf zehn Jahre erlassen.
11. Die Staatssteuern werden auf Grund des Vermögens-
betrages (nisäb) bestimmt, welcher der von der mo-
— 97 —
hammedanisdien Religion bestimmten Armenabgabe
(zekjat, besser: zakat) von 2V2O/0 entspridit.
12. Wird bei der Regierung oder den GeridKten eine
Klage wegen Erpressung (Grausamkeit, „Zülm") der
Steuereinnehmer anhängig gemadit, oder kommt bei
der Steuerhebung in böser Absidit eine Gesetjwidrig-
keit vor, so stellen Regierung und Geridite gemeinsam
die Untersuchung an, die Gerichte entscheiden, und
die Regierung bestätigt das Ergebnis.
13. Die zaiditische Bevölkerung kann dem Imäm direkt
oder durch Vermittlung der Ortschefs oder der
Richter Geschenke machen.
14. Der Imäm gibt den „Zehnten" nach dem Serfat-
Geseö direkt an die Regierung und bringt auch
seine Ernte, ohne Einmischung der Steuereinnehmer,
unter Dach.
15. Der Imäm wird das zu dem ihm unterstehenden,
frommen Stiftungen gehörige Sana und Umgebung
sowie die den Einwohnern von Haräz und 'Amrän ge-
hörigen Pfandobjekte räumen.
16. Alle Einwohner von Jemen und alle Regierungs-
beamten können sich unter der Vorausse^ung, daß
sie die beiderseitige Ruhe nicht stören, innerhalb von
Jemen in vollkommener Sicherheit nach jedem be-
liebigen Orte begeben und von dort wieder zurück-
kehren.
17. Nach Bestätigung dieses Bündnisses durch Kaiserlichen
Ferman darf keine Partei den Bezirk der anderen,
den sie heute im Besifee hat, irgendwie belästigen.
In diesem Vertragsentwurfe, der also noch der Bestätigung
bedurfte, wurde demnach dem Imäm kein Land abgetreten;
er leistete der Regierung gegenüber auf den Titel des „Be-
herrscher der Gläubigen" Verzicht, dagegen bekam er die
Bezeichnung „Imäm des Jemen". Ebensoviel Land wie zu
Ahmed Muchtär Paschas Zeit (und infolge dessen Reformen)
unter Regierungsverwaltung stand, sollte der Regierung ver-
bleiben. Der Imäm verzichtete also auf seine weitgehenden
Ansprüche, mit Ausnahme der religiösen Oberhoheit über
die Zaiditen. Als Ausgleich erkannte die Regierung den bis
zum Bündnisschluß unter dem Namen „Saqt Mahüd(?)*
bekannten Sajjid Jahjä als solchen an, und ebenso ein unter
Hamburgische Forschungen. Heftl. 7
— 98 —
ihm im Inneren des Landes stehendes gesondertes unab-
hängiges zaiditisches Imamat, welches das gleiche Recht hat
wie das unter türkischer Verwaltung stehende Imamat. Über
die Grenzen dieser beiden Gebiete habe ich nichts fest-
stellen können.
Idi gebe die Bedingungen unter Fortlassung unwesent-
licher Teile so ausführlich nach den Angaben des türkischen
Leutnants Hüsni Emir Bey wieder, weil sie zeigen, welches
die hauptsächlichen Streitpunkte waren. Das Ergebnis war
also die Anerkenntnis seitens der Türken von einem völlig
autonomen Imamat, und getrennt davon in dem unter
türkischer Verwaltung stehenden Teil von Jemen die Ge-
währung weiter Befugnisse und Rechte an den Imäm. Die
Regierung überließ außerdem die Sorge für die Bildungs-
anstalten dem Imäm.
Auch ein großes Geldgeschenk an den Imam scheint
diesen zum Nachgeben bereitgemacht zu haben. Im De-
zember 1911 gab der Großwesir in der Kammer Zusagen
über die Reformen in Jemen. Eine Beschlußkommission
wurde eingesefet, und am 1. Februar wurde der Vertrag,
den Izzet Pascha mit dem Imäm abgeschlossen hatte, in
Sana öffentlich verlesen. Nach dem „Berliner Tageblatt" vom
20. Juli 1914 soll der Vertrag allerdings erst am 13. Juli
1914 von der türkischen Kammer endgültig genehmigt sein.
Wie Roloff schreibt, wurden im Februar 1912 1 00000 £ T.
und im Mai nochmals die gleiche Summe für die Reformen
in Jemen bewilligt; im August 1912 aber wurde die Kom-
mission vertagt, und im September beschlossen, überhaupt
keine Kommission zu ernennen. Dann kam der Balkan-
krieg, und es scheint bei den Versprechungen von Reformen
geblieben zu sein.
Jedenfalls hatte der Friede die Folge, daß die Ruhe in
Jemen einstweilen gesichert war. Man hatte anerkannt,
daß nicht alle Provinzen nach derselben Schablone, sondern
nach den jeweiligen Verhältnissen verwaltet werden sollten.
Das war ein großes Nachgeben gegenüber den Einheits-
bestrebungen in Konstantinopel, aber es war klug und
richtig, wenigstens mit einer der unruhigen Parteien Frieden
zu schließen.
Idris nämlich stand immer noch bei Gizan und Lohija
mit angeblich 12 000 Mann; den Türken mit ihrer kleinen
— 99 —
Garnison unter Mohammed "^Ali wurde die Verteidigung
redKt schwer gemacht.
Bedenklicher aber wurden die Verhältnisse für die
Türkei durch den Ausbruch des Krieges mit Italien. (Vgl.
Imhoff Pascha in „Deutsche Tageszeitung* vom 8. Oktober
1912.) Am 30. September schon wurde in Hödeida die
Nachricht vom Ausbruch dieses Krieges bekannt (der Krieg
war ja am 29. September erklärt worden); am 2. Oktober
erschienen die beiden italienischen Kriegsschiffe „Arethusa"
und ;»Vulturno" und warfen einige Granaten. Die fremden
und auch die italienischen Untertanen wurden durch die Türken
vor der aufgeregten Bevölkerung geschürt. Der türkische
Kreuzer „Peik i-sefket" ging nach Kamaran, sechs Kanonen-
boote nach den Farasän-Inseln. Die türkischen Truppen
von Gizän, welche den bei Sebjä stehenden Idris im Schach
halten sollten, wurden der Sicherheit wegen nach den Farasän-
Inseln gebracht, weil ihre Versorgung mit Trinkwasser zu
schwierig war, und man das Abschneiden der Wassertransporte
durch neu gemeldete italienische Schiffe befürchtete. Sieben
italienische Kriegsschiffe bombardierten dann auch bald
Ghunfude, das von der Landseite von den Leuten des Idrts
belagert wurde. Diese aber wurden zurückgeschlagen. Der
Imäm Jahjä stand treu zu den Türken und erklärte den
Krieg gegen Idrts, der von Italien Hilfe annahm. Der Groß-
scherif von Mekka war wieder bereit, über Land mit einer
Truppe nach 'AsTr zu marschieren, von dem ein Teil zu
den Türken (Soleimän Pascha) hielt, während die Ein-
wohner von Sebjä, 'Abu 'Arts sowie bei Hödeida die Leute
der Dörfer Midi im Kaza (gada) Lohija und 'Abbäs im gada
Hagür auf selten von Idrts waren.
Im Oktober steckte ein von Italien bestochener Neger,
Mesu 'All Guestänt(?), einige Dörfer bei Hödeida in Brand;
im November bombardierten die Italiener verschiedene Orte,
darunter Mochä, Bäb el-Mandeb und Scheich Sa'id, wobei die
erwidernden türkischen Haubi^en den Kreuzer „Calabria*
außer Gefecht selten. Am 12./25. November kamen italie-
nische Parlamentäre nach Hödeida, um anzuzeigen, daß die
Küste von Ras 'Isä bis Ghalifka blocitiert wäre, was später
noch auf die Küste bis Lohtja-Ghunfude ausgedehnt wurde^
Die Italiener lieferten angeblich den Leuten des Idrts 7 Ge-
schü^e, 3000 alte Gewehre, Geld und Lebensmittel.
7*
— 100 —
Die Bahn Hodeida — San'ä.
Anfang Februar 1912 hatten die Italiener Hodeida bom-
bardiert und dabei die Bahnanlagen und den Wagenpark
der Bahnunternehmung beschädigt, welche von Franzosen
in türkischem Auftrage erstellt waren. Bevor wir dem Gang
der Ereignisse weiter folgen, müssen wir auf diese Ar-
beiten eingehen. Die Franzosen, welche Djibuti am an-
deren Ufer des Roten Meeres besaßen und auf Scheich Sa'^id
Anspruch machten — worauf wir noch besonders zurück-
kommen müssen — , hatten schon lange die Bestrebungen
der Italiener mit Neid beaditet. In Hodeida hatte Italien
ein Generalkonsulat, in Mochä eine Konsulatsagentur ein-
gerichtet. In San'ä hatte Cav. Giuseppe Caprotti — wie
die Franzosen behaupten, mit Staatsunterstü^ung — ein
bedeutendes Geschäft für Kommission und Export ein-
gerichtet und in den arabischen Kreisen viel Einfluß erlangt.
Der Marchese Benzoni war als italienischer Agent dauernd
im Lande umhergereist, angeblich um farbige Soldaten für
italienisch Eritrea anzuwerben, bis er mit Burchardt zu-
sammen 1909 ermordet wurde. Die Franzosen behaupten,
daß er eine Straße von San'ä nach Scheich Sa'^Td hätte er-
kunden wollen, also nach dem von Frankreich beanspruchten
Gebiete. Die Franzosen benu^ten die sd\wierige Lage der
Türkei in Jemen 1909, um anzubieten, eine Erschließungs-
bahn zu bauen, mittels der das Land leiditer verteidigt
werden könnte. Die französische Diplomatie setzte es
durch, daß die türkische Regierung auf den Plan einging.
Eine französische Bankgruppe unter Leitung der Banque
fran9aise pour le commerce et l'industrie (Banque Rouvier)
wurde mit den Vorarbeiten betraut. Für den Bahnbau
selbst bildete sich die „Compagnie ottomane du Chemin
de fer Hodeidah — Sanaa et embranchements". Durch Gesefe
vom 11. /24. August 1909 wurde der Gesellschaft Bau und
Betrieb der Bahn übertragen. Die Mittel wurden durch
eine 4% ige türkische Anleihe beschafft, die im Betrage von
1 Million ^ T. (22,7 Millionen Frank) der Gesellschaft
übergeben und im März 1911 zum Kurse von 92%
(= 455 Fr.) an die Pariser Börse gebracht wurden. Die
Verzinsung und Tilgung der Anleihe bis 2009 ist durch
Verpfändung von ie T. 40987 der Einnahmen von Hodeida
und Gebane sichergestellt. Die Gesellschaft wird mit dem
- 101 —
Erlös der Anleihe auch den Bau der Teilstrecke von 160 km
bis HagTIe (Hogeila, nahe 'Obal) und des Hafens in Gebäne
ausführen können. (Sciimidt.) Die Spurweite der Bahn
sollte 1,44 m betragen. (Alexis Rey.) Unter Leitung des
Ingenieurs A. Beneyton begannen die Vermessungen im
August 1909, wurden bis Juli 1910 weitergeführt und von
Januar 1911 bis November 1912 fortgese^t. Das erste
Projekt der Linie über Saham und Fers fand wegen der
Unsicherheit der Gegend nicht die Billigung der türkischen
Regierung. Man kam deshalb zu einem südlichen Um-
wege über Zebtd und Ta'izz, um dann über Ibb und
Jerim nach San'ä zu gelangen, und darüber hinaus noch
bis 'Amrän. Der Endpunkt an der Küste sollte beim Orte
Gebane am Kap Ras el-Ketib, etwas nördlich von Hodeida,
angelegt werden, wo die Landungsverhältnisse besser als
bei der Stadt sind. Außerdem sollte noch eine Bahn vom
Hafen aus über Bägil nach Hogeila gebaut werden, am
Bergfuß unterhalb von Menächa. Die Länge der großen
Strecke wird auf 328 km, die Kosten auf 1 V2 Millionen £ T.,
die des Hafens auf 200000 ^ T. angegeben.^ Die Serat-
Kette soll bei Fitjere Gaeten(?) in 3279 m Meereshöhe
überschritten werden. Am 2. März 1911 wurde durch den
General 'Izzet Pascha der erste Spatenstich gemacht.
Offenbar hat man Material herangebracht und auch die
Arbeit begonnen, die aber durch Schwierigkeiten gestört
wurden, welche von Italien und England in den Weg ge-
legt wurden. England hatte den Plan, durch eine indische
Firma (Cowajee Dinshaw?) eine Bahn von 'Aden aus
nach San'ä über Dhalaa (Dala?) zu bauen, wofür die
Trassierung fertiggestellt war. Scheinbar aus politischen
Gründen hat man aber etwa 1909 die Vorarbeiten dort
wieder zerstört. Die Engländer hatten damals offenbar die
Losung ausgegeben, die Türken in Jemen unbehelligt zu
lassen. Als Anfang 1912 die italienische Flotte die Bahn-
anlagen bei Hodeida beschossen, erhob sich in Frankreich
ein Sturm der Entrüstung; es gab Leute, die daraus gern
einen französisch-italienisdien Zwischenfall gemacht hätten,
zumal zur selben Zeit (12. Januar) mit Italien auch die
ernste Streitfrage wegen der gekaperten Dampfer „Carthage*
* Alexis Rey gibt 741 km für die Bahn Hodeida — San ä an.
— 102 —
und "Manuba" spielte. Brunet-Millon schrieb z. B. in der
»Depeche coloniale" vom 7. Februar 1912: ^Pour mieux
encore que la guerre ne se fait pas seulement contre les
Turcs, mais qu'elle est surtout dirigee contre les interets
fran^ais, les Italiens n'ont pas hesite ä bombarder Cheikh-
Said que nous considerons ä juste titre comme territoire
fran9ais, et ils viennent de porter le comble ä leur audace
en detruisant le materiel du diemin de fer d'Hodeida, en
ruinant les esperances que nous avions le droit de fonder
sur cette cEuvre pour notre penetration pacifique du Yemen.
L'Italie peut se dire notre amie, et nous pouvons avoir
un certain interet a sembler le croire; mais quand les
temoignages de cette amitie vont jusqu'ä la destruction de
nos etablissements et la confiscation de nos navires, nous
avons le devoir de les trouver exageres, et de le dire." —
Man beruhigte sich aber sofort in Paris. Aus offenbar
offiziöser Quelle kam die Notiz in die französische Presse,
daß die fragliche Bahn kein französisches, sondern ein tür-
kisches Unternehmen wäre, an dem nicht nur französische,
sondern auch italienische Kapitalien beteiligt seien. Übrigens
werde in dem von der türkischen Behörde unterzeichneten
Vertrage ausdrüci^lich erklärt, daß die Verluste und Schäden,
die dem Unternehmen durch einen Aufstand oder Krieg ver-
ursacht würden, der türkischen Regierung zur Last fielen.
Die Eisenbahngesellschaft müsse also für die verursachten
Schäden von der türkischen Regierung Ersa^ erhalten. Es
handle sich also nicht um einen französisch-italienischen,
sondern um einen türkisch-italienischen Zwischenfall, den
man vor das Haager Schiedsgericht bringen könne.
Wie weit die Bahnarbeiten fortgeschritten sind, habe ich
nicht ermitteln können. In den beiden Zusammenstellungen
von Dr. Schmidt und General Imhoff war die Strecke von
Gebäne bis Hodeida schon vor Ausbruch des italienisch-
türkisdKen Krieges im Betrieb; infolge der Beschießung durch
die Italiener wurde der Bau eingestellt, soll aber im Früh-
jahr 1913 wieder aufgenommen sein. (Schmidt.) Unter
dem 15. Juli 1915 brachte die „Deutsche Levante-Zeitung"
die Nachricht aus Haifa, daß der Bau endgültig aufgegeben
sei. Das zur Zeit der Beschießung unterwegs befindliche
Baumaterial habe man in Port Said und 'Aden ausgeladen
und nach Haifa gebracht, um es zum Bau von Zweigbahnen
— 103 —
der Higaz-Bahn zu verwenden. Die Richtigkeit der Nach-
richt vermag ich nicht zu kontrollieren. Es ist aber sehr wahr-
scheinlich, daß alles Bahnmaterial, auch der Linie Hodeida —
Gebäne, verschwunden ist, denn sonst hätten Kapitänleutnant
V. Mücke und die Emden-Mannschaft im Januar— Februar
1915 etwas darüber berichtet.
Nach Angaben von Dr. Schmidt soll sich eine fran-
zösische Kapitalistengruppe 1910 auch um den Bau einer
Bahn von Gidda nach San'ä beworben haben. Näheres
war bis 1914 darüber noch nicht bekanntgeworden. Die
ganze Higäz-Bahn würde erst eine Aussidit auf Rentabilität
und eine große politische und strategische Bedeutung
erhalten, wenn sie durch 'AsTr hindurch bis San ä und weiter
vollendet wäre. Wie schon erwähnt, haben die Engländer
Vorarbeiten ausführen lassen für eine Bahn von 'Aden
nach Dala, die leicht in Verbindung kommen könnte mit
der projektierten südlichen Stred^e der Bahn Hodeida —
San'^ä. Wenn die Engländer auch einstweilen ihre Vor-
arbeiten zerstört haben, so ließen sie den Plan ganz gewiß
nicht fallen. Zwemer (S. 226 seines Buches) schreibt: „That
railroad will be built as soon as the Turk leaves Yemen's
Capital; God hasten the Day." Es ist dies ein Ausspruch,
der Englands Wünsche verrät. Eine solche Bahn würde
nicht nur den ganzen Handel und Verkehr von Jemen nach
'Aden lenken, sondern zusammen mit der Fortse^ung nach
Norden zur Higäz-Bahn die allergrößte strategische Be-
deutung haben: eine Inlandverbindung von Ägypten nach
'Aden, und eine völlige Monopolisierung der Handelsstraßen
durch das Rote Meer würde die Folge sein. Es ist aus-
geschlossen, daß eine hoffentlich siegreiche Türkei einen
solchen Fremdkörper in ihrem Gebiete dulden kann. Viel-
mehr liegt es im Lebensinteresse der Türkei und der Mittel-
mächte, daß diese englischen und französischen Bahnbau-
Projekte nie zustande kommen. Die Türkei muß die
Herrschaft über Jemen behalten, muß dort eine starke
Garnison haben und selbst die Bahn bauen von
Medina an bis zum Süden von Arabien. Ist diese
fertig, dann hören alle Unruhen von selbst auf, und die
Bahn bildet eine Möglichkeit, unabhängig von dem Suez-
kanal und von Ägypten Waren und Soldaten nach dem Ufer
— 104 -
des Indischen Ozeans zu befördern. Und deshalb darf
der Endpunkt nidit in 'Aden oder Hodeida sein,
sondern nur am Indischen Ozean innerhalb des
iürkisdien Gebietes, etwa bei Scheich Sa'Td, gegen-
über der Insel Perim, worauf ich noch zu sprechen
komme. Bei einem eventuellen Friedensdiluß im je^igen
Weltkriege müßte die Bahnfrage mit Einschluß der franzö-
sischen Konzessionen in Jemen jedenfalls auf das ernsteste
berücksichtigt werden. Ich darf bei dieser Gelegenheit nodi
auf eine sehr widitige Frage aufmerksam machen: Im
Gebirgslande von Jemen, dessen Gipfel bis 3000 m auf-
steigen, wäre ein ausgezeichneter Punkt, um eine große
Funkenstation zu errichten, die mit Damaskus oder Kon-
stantinopel, vielleidit auch Nauen einerseits und dem ganzen
Gebiete des Indischen Ozeans anderseits in Verbindung
stehen würde. Eine solche Station, in befreundetem
türkischem Lande und unter der Obhut einer star-
ken Türkei, betrieben von deutschen Fachleuten,
würde die Welt unabhängig machen von dem Kabel-
monopol der Engländer. Denn diese haben auf ewige
Zeiten lautende Verträge an allen Stellen abgeschlossen,
von Ägypten an bis zum Indischen Ozean, die zum Landen
von Kabeln geeignet sind. Eine Funkenstation in Jemen
würde das englische Kabelmonopol mit einem Schlag ver-
nichten. Aber die Funkenstation muß gesciiü^t werden
durch die Inlandverbindung per Bahn nach Palästina, mehr
aber noch durch eine starke Garnison in Jemen und durch
den Ausbau der türkischen Anlagen bei Scheich Sa'id.
Kehren wir zu unserer geschichtlichen Betrachtung zurück!
Die Angriffe der Italiener hatten zur Folge, daß der Imäm
Jahjä sich ganz auf die Seite der Türken stellte und mit
ihnen gemeinsam das Land gegen den auswärtigen Feind
und gegen Idris verteidigte. Nach der „Frankfurter Zeitung"
vom 2. Mai 1912 waren noch 30000 Mann türkischer Truppen
vom legten Feldzug in Jemen verblieben, zu denen der
Imäm etwa 40000 Mann Hilfstruppen stellen könnte. Beides
Angaben, die wohl viel zu hoch gegriffen sind. Man nahm
an, daß in ganz Jemen etwa 500000 (?) Araber Feuerwaffen
besifeen; die Truppen haben Mauser, französische Gras-
Gewehre M. 1874/6, Martini und Manlicher. Die Italiener
— 105 —
haben sidi gehütet, das schon durch die Natur gut ge-
sdiü^te und von so zahlreidien Leuten verteidigte Land
anzugreifen, außer daß sie die Küste bombardierten. Da-
gegen haben sie den Abenteurer und Emporkömmling IdrTs
nach Möglichkeit unterstü^t. Die wirtschaftlichen Verhält-
nisse wurden leidlich aufrechterhalten. Während der italie-
nischen Blocl^ade verschifften z. B. die Firmen Max Klein,
A. Besse und M. Ries ihre Felle über Salef bei Kamaran,
wo große der Dette publique gehörige Salinen sind. Von
dort holte der Dampfer „Wißmann" der Firma Cowajee
Dinschaw Broths. die Waren nach 'Aden ab.
Im März 1912 zog Hamdt Pascha, der Sieger von Lohtia,
Truppen bei einem Orte Sohara(?) zusammen, angeblich
27 Bataillone, während der Großscherif vom Norden aus
zu Hilfe kommen wollte. IdrTs hatte seinen Standort bei
el-Ebhä. Im Mai aber wurden türkisdie Truppen und der
Sohn des Großscfierifs, Fesal Bey, bei Ghunfude von dem
Feldherrn des IdrTs, Mogad Mohammed sirtab, schwer ge-
schlagen, die Araber nahmen den Ort Mohail(?) ein, und
die Türken unter Soliman Pascha wurden in el-Ebha völlig
eingeschlosssen. Im Juni soll IdrTs mit elf kriegsmäßig
ausgerüsteten Schiffen die türkischen Truppen von den
Farasan-Inseln.^ vertrieben haben. Auch im August wurden
weitere Fortschritte des IdrTs gemeldet. Die zurücl^gewor-
fenen türkischen Truppen zogen sich nach Hodeida zurück;
vielfach kamen Meutereien unter ihnen vor. Am 22. August
fand ein neuer Kampf bei Hage(?) statt, bei dem die Strategie
der Araber darauf hingewiesen haben soll, daß italienische
' Auf der Farasän-Insel Kumh hafte angeblich 1901 Deutschland den
Türken eine Kohlenstation abpachten wollen. Über diesen Plan, der
wahrscheinlich nie bestanden hat, regten sidi die Engländer so auf,
daO die „Times of India" am 5. Oktober 1901 schrieb: „Der Plan ist
eine der unwürdigsten und verächtlichsfen Episoden der neueren deut-
schen Geschichte" („D. Kol.-Zfg." 1901, S. 432). Auf einer der Inseln
ist ein Petroleumvorkommen festgestellt worden, das französische In-
genieure mit einer Probebohrung untersuchten. Die Konzession zur
Ausbeutung dieser Funde auf 75 Jahre ist etwa 1912 der Red Sea
Oilfieids Co. gegeben, die an der ägyptischen Seite des Roten Meeres
bei Qebel ez-Zeif ihre Unternehmungen hat („Hamb. Fremdenblatt"
vom 23. März 1912). Nach Hamdani sollen die Farasän-Inseln früher
von Christen des Taghlib-Sfammes bewohnt gewesen sein. Im zehnten
Jahrhundert habe man noch die Ruinen der Kirchen dort gekannt.
Die Inseln bildeten früher ein wichtiges Schiffahrtszentrum.
— 106 —
Offiziere in ihrem Lager waren („Voßische Zeitung" vom
6. Sept. 1912), wie dies in einem amtlichen Communique
in Konstantinopel vom 6. September behauptet wurde.
Unter dem 21. September wurde dann ein Sieg der Türken
unter Said Pascha gegen Idris aus dem Norden des Landes
gemeldet. Weil der Imam sich nicht nur ruhig, sondern
sogar freundlich verhielt, war die Gegend von Sana ziem-
lich sicher, im Süden aber wurden neue Kämpfe gegen den
aufständischen Stamm der Zeranik(?) nötig. Auch der
Stamm Hesced(?), der bisher dem Imäm anhing, soll da-
mals zu IdrTs übergegangen sein.
Man scheint es in der Folge für nü^licher angesehen
zu haben, mit IdrTs zu verhandeln in der Art, wie man es
vorher mit Jahjä machte. Man ist wegen der Lage in
Europa offenbar auch genötigt gewesen, die Truppen in
Jemen stark zu verringern. 1912 oder 1913 scheint auch
der Oberkommandierende von Jemen, Marschalllzzet Pascha,
von dort abberufen worden zu sein, um unter dem Groß-
wesir Mahmud Schewket Pascha — seinem früheren Chef
in Jemen, der ja am 11. Juni 1913 in Konstantinopel er-
mordet wurde — den Oberbefehl der Landstreitkräfte zu
übernehmen. Der Friede zu Lausanne war am 18. Oktober
1912 mit Italien geschlossen, aber der für die Türkei noch
gefährlichere Balkankrieg hrad\ Anfang Oktober 1912 aus.
Alles wird dazu geführt haben, daß man seitens der Türken
eine Friedenskommission zu IdrTs sandte, an deren Spi^e
der Gouverneur vin San ä, Mahmud Näzim, stand, und an
der angesehene mohammedanische Geistliche teilnahmen.
Besonders die letzteren versuchten dem IdrTs auseinander-
zusefeen, daß er in dieser schwierigen Zeit des Islam ver-
pflichtet sei, sich dem Sultan als Chalifen zu unterwerfen.
Da auch die Türken weitgehende Nachgiebigkeit zeigten,
schien IdrTs erst zum Frieden geneigt, stellte dann aber
derartige Forderungen, daß im August 1913 die Verhand-
lungen abgebrochen werden mußten. (Am 30. Mai 1913
war der Friede zu London gescfilossen, so daß man glaubte,
freiere Hand zu haben.) IdrTs verlangte nämlich Meadi(?),
Gizän, die Farasän-Inseln, die ganze Provinz 'AsTr und noch
weitere Distrikte in völliger politischer Unabhängigkeit.
Man mußte also mit neuen Kämpfen gegen IdrTs rechnen,
dessen Truppen unter der Führung eines Mohammed bin
— 107 —
"^Arrär standen. Unter den sehr verringerten türkisdien
Truppen sollen zu der Zeit wieder Meutereien vorgekommen
sein. Audi die Stimmung des Imäm Jahjä sdieint damals
weniger freundlidi geworden zu sein, da die Türken ihn
nidit immer sdiü^en konnten. Immerhin aber hieß es nodi
im Dezember 1912, daß er zu den Türken hielte und es
IdrTs nidit gelungen sei, mit ihm anzuknüpfen. IdrTs, dem
eine Anzahl Stämme zugelaufen waren, wurde, soweit es
ging, von der Land- und Seeseite belagert, er erhielt aber
immer wieder Zufuhren. Etwa im November hatten die
Türken die Farasan-Inseln beseht, IdrTs aber soll sie nadi
heftigen Kämpfen ihnen abgenommen haben („Ägypt. Nadir.*
vom 6. Dez. 1913). Die Waffen für Idris sollen aus „einem
fremden Staate" in Europa gekommen sein, audi soll Abes-
sinien sehr stark am Waffensdimuggel beteiligt gewesen
sein. Ebenso beriditete al-Moqattam („Correspondance
d'Orient" vom I.Juni 1914, „Ägypt. Nadir." vom 14. Mai 1914)
von „une grande puissance latine", weldie IdrTs viele Gelder
gesandt habe, die auf einem von zwei Kanonenbooten be-
gleiteten Dampfer gebradit seien — ob es sidi um Frank-
reidi oder Italien gehandelt hat, wird nidit angegeben.
Mitte 1914 sollen die Türken nur nodi etwa 5000 Soldaten
in Jemen gehabt haben, davon in Hodeida 1000. Von
diesen wäre sogar eine Anzahl desertiert, da ihnen der
Sold seit adit Monaten nidit ausgezahlt sei, sie außerdem
sdion über fünf Jahre in Jemen waren, während der Dienst
dort für Offiziere nur zwei, für Mannsdiaften drei Jahre
betragen sollte. Im Mai 1914 wird audi beriditet, daß viele
der Anhänger sidi von Jahjä zu IdrTs gewandt hätten.
Der WalT, Mahmud Bey Näzim, soll zwar mit dem Jahjä
gut Freund gewesen sein, dessen Anhänger, die Zaiditen,
aber sollen viel geklagt haben, sie sollen sogar eine Ge-
sandtsdiaft nadi Konstantinopel gesdiid^t haben, um sidi
zu besdiweren.
Aber IdrTs sdieint allmählidi des Kampfes müde gewesen
zu sein; audi wird er gehofft haben, daß die Lage der
Türkei es ihm ermöglidien würde, von ihr gute Bedin-
gungen zu erzielen. Er sandte im Juli 1914 eine Gesandt-
sdiaft nadi Konstantinopel, an deren Spi^e sein besonderer
Freund, der Arzt Dr. 'Izzet Efendi el-GindT, stand, der ein
Handsdireiben von Mohammed 'AlT el-IdrTs el-Huseini —
— 108 —
so ist sein voller Name — bradite. Dieser Arzt soll an-
geblich unbegrenzte Vollmadit gehabt haben. Nach Mel-
dungen aus Konstantinopel vom 15. und 16. Juli 1914 soll
Idris gefordert haben, daß er erblicher Fürst von 'AsTr wird,
daß er das Land in voller Souveränität verwaltet, und daß
die türkische Regierung weder Beamte nodi Truppen nach
'Asir sendet. Dagegen wollte IdrTs sid\ verpflichten, die
Oberherrschaft des Sultans anzuerkennen, die ottomanisdie
Flagge zu hissen und das Freitagsgebet im Namen des
Sultans als Chalifen abhalten zu lassen.
Wie weit man mit den Verhandlungen gekommen ist,
ob die Hohe Pforte ihre Zentralisierungsbestrebungen auf-
gegeben und eine gewisse Autonomie dem Idris in 'Asir
gewährt hat, wie sie es früher bei dem Imäm Jahjä in
Jemen tat, ist in der Presse nicht bekanntgeworden. Es
ist aber schon möglich, daß man guten Willen zeigte, dodi
scheint es, daß die Verhandlungen zu keinem Ergebnis ge-
kommen sind.
Als nun am 29. Oktober 1914 der Krieg mit Rußland
ausbrach und England am 4. November Ägypten, am 6. No-
vember Cypern annektierte, sowie als am 11. November
der Sultan als Chalif alle Mohammedaner zum Kriege
gegen Rußland, England und Frankreich aufrief, da machte
sich auch der Krieg sofort in Südarabien geltend.
Wir wollen gleich hier die weiteren Ereignisse in Jemen
bespredien, soweit sie bekanntgeworden sind, leider aber
tappt man dabei überall im Dunkeln, denn die Meldungen
von dort sind äußerst spärlich und unzuverlässig. Die Eng-
länder hatten Veranlassung, alle Nachrichten zu unterdrückten,
und die Türken waren lange offenbar ganz ohne Verbin-
dung mit Jemen. Wenigstens wird berichtet, daß die Mann-
sdiaft der „Emden", die am 15. März 1915 von Hodeida
abfuhr, die ersten Nachrichten von dort nach Norden ge-
bracht haben. Am 3. Mai kamen dann in Konstantinopel
zwei Abgeordnete von Hodeida an mit direkten Nachrichten
seit mehreren Monaten. Sie waren über Lohija und Ghun-
fude nach Lit gefahren und von dort über Mekka und
Medina gereist. Sie erzählten, daß nach Verkündigung des
Heiligen Krieges alle Stämme sich bei Hodeida versammelt
hätten, bereit, mit den Türken zusammen das Land zu
schüren.
— 109 —
Idi kann nicht mehr tun, als hier eine Reihe von Be-
richten aus der Presse aufführen.
Mitte November teilte Reuters Bureau offiziös mit, daß
die englische Regierung keinerlei Kriegsoperationen zu Lande
oder zu Wasser gegen Arabien unternehmen werde, mit
Ausnahme soldier, die zum Schule der arabischen
Interessen gegen Angriffe der Türken oder anderer
unternommen werden müßten, oder solcher zur
Unterstü^ung der Araber, die sich der türkischen
Herrschaft entledigen wollen.
England verhandelte also offiziell von Macht zu Macht
mit den Arabern, die gegen die Türken aufsässig waren.
Als erste Kriegstat beschossen die Engländer am 16. No-
vember 1914 die türkischen Batterien bei Sciieich Sa'id an
der Straße von Bab el-Mandeb, auf die ich noch ausführ-
licher zurüci^kommen muß. Sie sollen dort auch indische
Truppen gelandet haben. Unzweifelhaft aber müssen die
Türken imstande gewesen sein, später an diesen Plaö
zurücJizukehren, denn Anfang oder Mitte August 1915 wurden
von dort aus die englischen Kasernen und der Leuchtturm
auf der Insel Perim beschossen. Am 2. November wurde
der Ort Mochä bombardiert, wo Mitte Dezember ein eng-
lischer Landungsversuch abgewiesen wurde. Es scheint,
daß der Imam Jahja sich den Türken gleich zu Beginn des
Krieges bedingungslos zur Verfügung gestellt hat. Schon
am 10. Dezember 1914 wurde berichtet, daß er die Absicht
hätte, gegen 'Aden zu ziehen. Auch Idris scheint zuerst Ruhe
gehalten zu haben. Ob die am 21. Dezember in die Presse
gelangte Nachricht, daß der große Häuptling Ibn Sa'^ud aus
Innerarabien, von dem wir noch viel zu reden haben werden,
nach Jemen den Türken zu Hilfe geeilt sei, möchte ich
sehr bezweifeln; denn trofedem er 1913 von den bedrängten
Türken zum Pascha und Walt von El-Ahsä am Perser Golf
ernannt war, hat er sich immer mehr auf die Seite der
Engländer gestellt. Jedenfalls aber hielten die Engländer
es Mitte Dezember für nü^lich, indische Truppen in 'Aden
zu landen. Zu gleicfier Zeit wurde gemeldet, daß alle süd-
arabischen Häuptlinge sich von England abgewandt hätten
und von den Türken mit Waffen und Geld versehen würden.
Wieviel von dieser Nachricht wahr ist, ließ sich damals
nicht feststellen.
— 110 —
Bei Beginn des Krieges flüchtete der englisdie Konsul
Richardson in Hodeida in das Haus des italienischen Kon-
suls Cecchi, wurde dort aber von türkischen Gendarmen
gefangengenommen und auf die Vorstellung des Italieners
nicht freigelassen. Der italienische Konsul schiffte sich am
3. Dezember auf dem italienischen Kriegssdiiff „Giuliana"
ein. Auf seinen Bericht hin verlangte Italien die sofortige
Freilassung des Engländers und eine Genugtuung. Die Ver-
handlungen mit der Türkei zogen sich etwas in die Länge,
weil die Verbindung mit Hodeida unterbrochen war. Ende
Januar aber berief der Wali des Jemen die fraglichen tür-
kischen Beamten von Hodeida ab; am 6. Februar landete
der italienische Konsul dort, dem sofort der englische Konsul
ausgeliefert wurde. Durch Hissen und Salutieren der ita-
lienischen Flagge und Austausch von Besuchen wurde der
„Zwischenfall von Hodeida" aus der Welt geschafft.
Am 7. Januar 1915 landete in Hodeida ein Teil der Mann-
sdiaftS.M.S. „Emden" unter Kapitänleutnant von Müdte; sie
wurde dort gut aufgenommen, blieb noch zwei Monate in
Sana und fuhr am 14. März von Gebäne wieder ab nadi
Norden. Am 1. April wurde sie auf dem Marsche von Lit
nach Gidda von Beduinen angegriffen, die von Engländern
gekauft sein sollen. Ein vom Großscherif von Mekka ge-
sandte Abteilung befreite sie. Leider ist nicht angegeben,
um welchen Stamm von Arabern es sich handelte. In einer
Pressenotiz finde ich, daß es „Beni Harb" gewesen seien.
Es ist also denkbar, daß diese Leute mit denen des Idrts
gemeinsame Sache machten.
Die Engländer, Franzosen und Italiener, die, wie wir
sahen, sämtlich Interessen in Südarabien haben, und die
audi schon früher den Idris gegen die Türken unterstü^ten,
werden sich die Gelegenheit nicht haben entgehen lassen,
mit allen Mitteln diesen zu neuen türkenfeindlichen Taten
zu reizen. In der Tat hören wir um Mitte August 1915,
daß Idrts in 'Asir den Türken feindlich gesinnt sei, wenn
er damals auch noch die türkische Garnison unter dem
Oberst Muhl ed-DTn(?) in el-Ebhä duldete. Aber schon am
22. August wurde dem „Temps" aus Kairo gemeldet, daß
Idrts plane, auf San'ä zu marschieren. Zuerst wolle er sich
der Orte Sakara(?) und Sa'da bemächtigen. Im September
sollen dann auch bei einem Angriff der Engländer von
— 111 —
der See aus auf Lohija die Truppen des IdrTs die türkische
Garnison dort von der Landseite angegriffen haben. Der
Meldung nach ist aber der Führer der Idrisleute, Mehmed
Tahir, bei dieser Gelegenheit gefallen. Drei Tage lang
haben die Engländer damals mit vier Schiffen den Ort be-
schossen, von dem aus die Türken mit ihren Landbatte-
rien ein englisches Schiff getroffen haben wollen, das sid\
nach der nahen Insel Hamzok(?) zurüd^zog.
Einen großen Erfolg haben die Türken gemeinsam mit
den Leuten des Jahjä unter ihrem Feldherrn Mohammed
Nasr gegen 'Aden gehabt. Auf das Gerüdit hin, daß eine
Truppe aus Jemen anmarschiere, hatte der Kommandeur
von 'Aden eine Kameltruppe zur Rekognoszierung vorgesandt,
die eine bedeutende Zahl von Feinden feststellte und sich
nach Lahedj (Lahg) zurückzog, wo sie durch 250 Mann und
zwei Geschüöe verstärkt wurde. Am 4. Juli 1915 wurden
dort die Engländer von mehreren tausend Türken und
Arabern angegriffen, die 20 Geschü^e gehabt haben sollen.
Da Unterstü^ungen nicht rasch genug herankamen, ging die
englische Truppe am 5. Juli aus Lahg zurück bis 'Aden,
mit dem Verlust von angeblich drei verwundeten englischen
Offizieren, während sie nach der „Times" 13 Türken ge-
fangengenommen haben will. Nadi den türkischen Be-
richten aber sind die Kämpfe für die Engländer nodi un-
günstigerabgelaufen: ein Reserveoffizier, 5 indisdie Soldaten,
4 Sdinellfeuergeschü^e, 5 Maschinengewehre, 9 Automobile
und sehr viel Kriegsmaterial sollen von den Türken erbeutet
worden sein. Mehr als 200 Leichen will man auf der Straße
gefunden haben. Am 21. Juli sind die Engländer nochmals
aus 'Aden vorgestoßen, haben das Dorf Scheich 'Otmän, das
in Sehweite der Stadt liegt, genommen und sich auch einige
Zeit in Lahg gehalten. Nach der türkischen Meldung sind
die Engländer am 21. August wieder aus Lahg heraus-
geworfen mit einem Verlust von 4 Geschü^en und 5 Ma-
schinengewehren. Am 24./25. August versuchten die Eng-
länder, die Ortscfiaft El-Waht zu überfallen, wurden aber
ebenso geschlagen wie drei Tage später, wo sie mit 5 In-
fanterie-Bataillonen, 3 Kavallerie-Schwadronen, 2 Schnell-
feuer-Batterien und 2 Maschinengewehr- Abteilungen vor-
gingen. Am 8. Dezember wurde eine englische Kavallerie-
Abteilung auf Btr Ahmed zurücicgeworfen, zwischen dem
— 112 —
10. und 17. Dezember fanden Gefechte bei Mejah(?) statt,
nach denen die Engländer auf Scheich 'Otmän zurüdsgingen.
Ebenso fanden etwa im Januar 1916 (Bericht vom 16. Fe-
bruar) Kämpfe zwischen Scheich 'Otmän und Elu Aile (el-
'Ali?) statt, nach denen die Engländer auf ersteren Ort
sich zurückzogen. Seit Mitte 1915 ist 'Aden von der Land-
seite aus durdi Türken und Araber abgeschnitten, denen die
Engländer früher selbst Gewehre zum Aufstand gegen die
Türken geliefert hatten. (Fernere Nachrichten s. bei Aden).
Anfang November 1915 berichtete die „Südslawische Kor-
respondenz", daß der Sultan außer dem Scheich der Senüsi
auch dem Scheich von Jemen — also ohne Zweifel dem Imäm
Jähjä — den Titel „ Großwesir "(?) verliehen habe, und daß
beicie der Türkei entschieden freundlich gesinnt seien. Die
Italiener („La Perseveranza" vom 4. Nov. 1915) regten sich
hierüber sehr auf. Aus Konstantinopel wurde am 15. De-
zember gemeldet, daß Imäm Jahjä die Brillanten zum Osma-
nijeorden sowie die goldene Imtiazmedaille vom Sultan
wegen seines tatkräftigen Verhaltens verliehen ist.
Aus allen, wenn auch sehr dürftigen Nachrichten scheint
also hervorzugehen, daß die Türken Jemen fest in der Hand
haben, dank der Unterstü^ung durch Jahjä. Die Engländer
sind in 'Aden eingeschlossen, und die Erfolge der Türken
werden bewirkt haben, daß anscheinend alle Stämme von
Südarabien, auch die in der englischen Interessensphäre,
sich der gemeinsamen Sache des Islam angeschlossen haben,
mit Ausnahme wahrscheinlich von IdrTs, der offenbar von den
Feinden der Türken durch große Geldmittel bestochen wurde.
Es ist aber kein Zweifel, daß das ganze Land durch alle
die nun schon fast ununterbrochen seit 1871 währenden
Unruhen sehr gelitten hat. Wenn es auch nicht gerade zur
Wüste geworden ist, wie Roloff meint, so müssen die Sied-
lungen und Kulturen doch schwer geschädigt sein. Eine
hoffentlich siegreiche Türkei wird alle Mühe aufzuwenden
haben, das Land wieder zum Wohlstand zu bringen, auf
den es seiner Natur nach rechnen kann. Wie die innere
Politik in diesem Lande zu führen ist, läßt sich ohne eigene
Anschauung nicht entscheiden. Die Geschichte der ganzen
türkischen Verwaltung hat aber doch immerhin gelehrt, daß
dort nur die besten Beamten gerade gut genug
sind, und daß man sich nicht scheuen soll, auch
— 113 -
Mittel für den Wiederaufbau in das Land hinein-
zustecken. Schaffung von Verkehrswegen und eine
richtige Steuer- und Zollpolitik werden nötig sein.
Man wird auch nicht umhinkönnen, hier von den
Zentralisierungsmethoden der Türken abzugehen,
eine arabische Verwaltung und eine arabische Redit-
sprechung unter Heranziehung des Eingeborenen-
elements heranzubilden, aufgebaut auf die Be-
völkerung, die auf eine alte geschichtliche Kultur
zurüdiblidten kann. Schon vor vielen Jahren empfahlen
Kenner des Landes, wie Eduard Glaser, dem Imäm eine ge-
wisse Autonomie zu geben, die ja nun auch vertragsmäßig
durch die Türken festgelegt ist, und die durch die Blutbande
des jefet gemeinsam geführten Krieges besiegelt wurde.
Für die äußere Politik haben wir Deutsche das größte
Interesse daran, daß eine siegreiche und starke
Türkei das Land behält, daß sie dort mit unserer
Hilfe, ohne die Engländer und Franzosen, eine
Bahn baut und eine große Funkenstation einrichtet.
Wir wollen auch hoffen, daß der Friede Gelegenheit
gibt, gegen das englische Interessengebiet eine
Grenzregulierung vorzunehmen, wobei das aller-
wichtigste sein wird, daß die Türkei die Halbinsel
bei Sdieich Said mit genügender Sicherheitszone
erhält.
Sind einmal die Zustände im Lande ruhig, dann wird
hoffentlidi deutsd\en Forschern Gelegenheit gegeben, den
Sdileier von den Geheimnissen zu lüften, der über der alten
Geschichte des Landes ruht, eines Landes, in dem sidi einst
der bedeutendste Handel des Altertums abspielte, und wo
der Boden so zahlreiche und für die KulturgesdKid\te der
Menschheit wichtige Geheimnisse deckt.
8. Kapitel
Scheich Sa id (Seich Said) und die französischen
Ansprüdie darauf
r\er Reisende, weldier die Straße von Bäb el-Mandeb
'•^ durchfährt, wird an deren Ostseite ein hohes Kap be-
merkt haben, dessen mehr als 260 m hohe Felsen die nur
Hamburgische Forschungen. Heft 1 . a
— 114 —
3V4 Kilometer entfernte Insel Perim völlig beherrschen.
Durch das Glas konnte er dort Spuren von Erdwerken
sehen. Der Dampferkapitän gab auf Fragen die Auskunft,
daß die Türken hier Batterien erbaut hätten. Mehr war
immer nicht zu erfahren. Wie oft habe id\ auf der Fahrt
nach Ostafrika diese Stelle beobachtet, die strategisch eine
so große Wichtigkeit zu haben schien!
Erst später konnte ich mich aus der Literatur über diesen
merkwürdigen Punkt unterrichten. Zwei vulkanische Berge
bilden hier die äußerste Südwestspifee von Arabien, gelegen
auf einer etwa 10 km langen und 7 km breiten Halbinsel.
Auf der afrikanischen Seite im SSW liegt die etwa 4 km
lange und 160 m hohe Halbinsel Ras Segan (Scan), die
eine nach Norden offene, 18 m tiefe Bucht bildet. Sie ist
vielleicht strategisch ebenso wichtig wie Scheich Sa'td. In
der Straße Bab el-Mandeb selbst liegt die den Engländern
gehörige Insel Perim. Zwischen ihr und Arabien geht die
„Kleine Straße", von den Arabern Bäb el-Menheli oder
Bab Iskander genannt, weil der Sage nach Alexander der
Große hier eine Stadt gebaut haben soll. In der Tat
schildern die alten Geographen hier am Ausgang des
Roten Meeres einen Hafenplafe Okelis (Ocila), der etwa
300 V. Chr. unter der Oberhoheit der Kattabaner, 20 v. Chr.
unter den Gebanitern und schon 80 n. Chr. unter den
Himjariten stand. Zur Zeit des Hamdäni im 10. Jahr-
hundert wohnten hier die Banu Magtd bin Hatdän bin 'Amr
bin al-Häf bin Qcdä'a. An der Südseite des vorderen uebel
Manhali befinden sich Ruinen, die wohl das alte Okelis
vorstellen.^ Die Berge scheinen ganz kahl zu sein, in der
Ebene und den Tälern aber sollen Quellen (Brunnen?)
und etwas Vegetation sein. Die Schilderung der Fran-
zosen von „Wäldern" ist wohl übertrieben. Audi die Mit-
teilung von Capitaine Michel, der die Reede untersuchte,
^ Playfair erwähnt, daß auf Bäb el-Mandeb alte Brunnen vor-
handen sind. (Die Karten zeigen auch Wasserplä^e dort.) Die Ruinen
von Okelis sollen etwa 1 V2 km von der See entfernt liegen. Der Pla^
wurde von den Eingeborenen Daküa (Playfair: Dakooäa) genannt.
Die Karte der französischen Gesellschaft gibt Ruinen an einer Bucht
im Süden vom Kap an. Das Grabmal des Scheich Sa Td, nach dem der
Ort benannt ist, liegt an der Nordseite vom Kap. Die türkisdi-englisdie
Grenze nach der Abmachung vom April 1905 geht vom Südufer der
Halbinsel aus, etwa 12 bis 15 engl. Meilen westlich vom Kap (s. Karte).
- 115 —
daß dort große Lagerstätten von Kohlen sich befinden, daß
Pozzuolanerde, Kalk und im benachbarten Bahr el-Safi
auch Schwefel vorkommen, wird eine captatio benevolentiae
der Interessenten gewesen sein. Zwischen die Berge schiebt
sich von Norden eine Ebene ein, die zum großen Teil von
einer Lagune eingenommen wird. Sie soll etwa 2 engl.
Meilen lang und V2 breit sein und 3000 Hektar Oberfläche
haben, aber ihr Wasser hat nach den Berichten nur 1 bis
4 Fuß Tiefe. Sie steht durch einen engen, nur einige
Meter breiten und meist durch eine Barre versperrten
Kanal mit dem Meere nach Norden zu in Verbindung.
Nach dem Ingenieur Caspari (Gaspari?), der das Land im
Auftrage der französisdien Regierung untersuchte, ist die
Lagune in ihrem jefeigen Zustande für einen Hafen unge-
eignet. Große Baggerungen und eine Mole wären nötig, um
hier einen bei jedem Winde sidieren Hafen zu schaffen.
Immerhin aber bietet das Vorgebirge im Norden und Süden
je nach den Winden den Sdiiffen Schu^, zumal die 10 m
Wasserlinie unweit der Küste verläuft. Die arabischen
Fahrzeuge ankern meistens zwischen dem Kap und der
Insel Perim.
Die hervorragende strategische Lage des Planes hatte
die Franzosen gereizt, als sie sich bei Madagaskar fest-
selten. Schon im Jahre 1734 hatte der berühmte Admiral
Mähe de Labourdonnais sich das Kap von einem eingeborenem
Sultan abtreten lassen. Ludwig XVI. soll dort sogar einen
Agenten unterhalten haben. Bonaparte beauftragte General
Bon, den Pla^ zu okkupieren; aber es geschah offenbar nichts.
Im Jahre 1828 erhielt Mehmed 'Alt Anweisung von der fran-
zösischen Regierung, den Pla^ militärisch zu besehen. Als
er dies dann zehn Jahre später ausführen wollte, unterstü^te
ihn die französische Regierung nicht mehr, denn England
wandte sich gegen diese Expedition. Sobald England 1839
'Aden und 1857 Perim beseht hatte, erlosch wohl sein Inter-
esse für das Kap von Scheich Sa'Td. Wenigstens ließ Eng-
land es zu, daß im Jahre 1868 dies Land an Franzosen ver-
kauft wurde. Der in 'Aden wohnende Franzose Suel hatte
1867 die Herren Faillet und Nas, Agenten eines Hauses in
Marseille, auf den Plaö aufmerksam gemacht. Der Häuptling
'All Tabat Durein, der Geld nötig hatte, erbot sich, das Land
zu verkaufen, das ihm angeblich gehörte. Ein Herr Theodore
— 116 —
Poilay erhielt den Auftrag, den Kauf für eine Marseille-
Firma abzusdiließen, was im Oktober 1868 geschah. Der
Franzose hatte so 1600 Quadratkilometer für 50000 Frank
erworben. Der Kaufvertrag wurde am 14. Oktober 1868
im französischen Konsulat in 'Aden eingetragen. Die Firma
Rabaud - Bazin-van de Bork hatte, wie es hieß, dafür
425000 Frank zur Verfügung gestellt. England versudite
den Kauf zu hintertreiben — idi ridite mich nach einem
Artikel von Aug. Pawlowski in „L'information" vom 11. Ja-
nuar 1912 — und veranlaßte den Gouverneur des türkisdien
Higäz, beim Konsulat in 'Aden gegen den Verkauf eines
Landes zu protestieren, das als türkisch zu betrachten sei.
Der französische Konsul M. de Crety habe daraufhin unter
dem 22. Februar 1869 an die Regierung nach Paris be-
richtet, daß die Türken nie über Hodeida hinausgekommen
wären, daß die Türkei sogar, als 1863 die Engländer wegen
eines bei Bäb el-Mandeb geplünderten Schiffes reklamiert
hätten, zur Antwort gegeben hätte, daß dies Land ihr nidit
gehöre, daß sie deshalb auch nicht auf die Reklamation
eingehen könnte. Das französische Marineministerium ent-
sandte den Schiffsleutnant Vidal an Ort und Stelle, der die
Gültigkeit des Vertrages mit 'Ali Tabat feststellte. Derselbe
wurde deshalb am 21. Dezember 1869 bestätigt mit der
Stundung für die Bezahlung bis zum 1. Dezember 1870.
Die Zahlungen seien regelmäßig erfolgt. Die „Societe de
Bab el-Mandeb", die von MM. Rabaud -Bazin gegründet
wurde, sandte eine Studienkommission nach Arabien. Der
Gouverneur von Mochä, Soleimän Bey, aber ging am 4. Juni
1870 nach Scheich Sa'id, wogegen der französisdie Konsul
in 'Aden protestierte. Nach Unterhandlungen in Paris und
Konstantinopel erkannte die Türkei am 7. Juli 1871 gegen-
über dem französischen Gesandten Bourre die Rechtmäßig-
keit der Erwerbung an. Da aber Soleimän Bey nicht fortging,
stellte die Gesellschaft ihre Zahlungen an den Häuptling und
ihre Arbeiten ein. Die Studienkommission verließ den Ort
unter dem Schu^ des französischen Kriegsschiffes „Bruat".
Im Jahre 1871, als die Engländer während des Deutsch-
Französischen Krieges sich weigerten, den französischen
Kriegsschiffen Kohlen in 'Aden zu liefern, hat der Konter-
admiral Lallemand in Scheidi Sa'id eine Niederlage von Ol —
und auch wohl Kohlen — eingerichtet, die angeblich bald
— 117 —
darauf vom Gouverneur von Mocha mit Dynamit gesprengt
wurde. Nach dem Kriege kümmerte die französische Re-
gierung sich nidit mehr um den Plaö, während 1873 zwi-
schen England und der Türkei ein Abkommen getroffen
wurde, in weldiem die Türkei Englands Oberhoheit bis
zum Kap Bab el-Mandeb anerkannte.
1876 versuchte Herr Suel das Land der französischen
Regierung zu verkaufen. Da man aber nach dem Kriege
an andere Dinge zu denken hatte, vertagte Gambetta die
Frage auf spätere Zeiten. 1884 wandte die italienische
Regierung sich angeblich an die Marseiller Gesellschaft mit
der Anfrage, ob sie das Land verkaufen wollte. Man würde
zwei Millionen Frank angenommen haben. Der Vermittler
wandte sich nochmals an Frankreich, das aber die Forderung
für zu hoch erachtete. Angeblich sollen damals auch Deutsch-
land, Rußland, England und Spanien sich für das Gebiet
interessiert haben; sie hätten aber auf weiteres Eingehen
verzichtet aus Furciit, England zu verleben. Ich selbst
glaube, daß die Interessentengruppe diese Gerüchte nur ver-
breitete, um der französischen Regierung den Kauf genehmer
zu machen. England soll vorgezogen haben, das Gebiet
in Händen der Türkei zu sehen, von der man nichts zu
fürchten habe. Rawson schrieb darüber 1885, daß „Scheich
Sa'Td in türkischem Gebiet läge, und daß kein Interesse
für andere Leute (d. h. England) sei, dort teure Anlagen
zu machen. Der Hafen hätte mit Aden zu konkurrieren.
Allerdings beherrsche Scheich Said die Insel Perim." Joubert
glaubte, daß ein geheimer Vertrag zwisciien Frankreich und
England bestände, nach dem Frankreich verzichtet hätte,
und daß das Land ruhig der Türkei überlassen wurde.
Dafür spricht auch eine Äußerung der „Army and Navy
Gazette" vom 14. August 1897: „Wir können nicht wünschen,
die Franzosen in Scheich Said mächtig zu sehen."
Aber die französischen Interessenten gaben nicht nach.
Im Jahre 1885 schrieb der Forschungsreisende Paul Soleillet:
„Einer der Schlüssel der Meere ist in unseren Händen,
werden wir ihn im Stich lassen? Indem wir Scheich Sa'Td
okkupieren und es durch Forts, deren Feuer sich kreuzen
können, mit der Insel Soba (arab. Sawäbä, Klippen im
Süden von Perim, auch „Sieben Brüder" genannt) und Kap
Sejarn (an der afrikanischen Küste, Ras Segän, Hemmar
— 118 —
el-Sean) verbinden, so werden wir den Kanal von Suez
freihalten. Denn wenn man ihn uns sdiließen wollte,
würden wir im Roten Meere die Schiffe unserer Gegner
gefangennehmen, und wir wären stets Herren einer der
Wege nach Indien."
Bei Beginn der französischen Madagaskar-Expediton
verteidigte Fran9ois Deloncle am 7. Dezember 1896 die
Redhte Frankreichs auf Scheich Said vor der französischen
Kammer. Im Jahre 1898 hat dann Frankreich angeblich
das Gebiet der Gesellschaft abgekauft und es zur fran-
zösischen Kolonie erklärt. Tro^dem ließ die türkische Re-
gierung am 19. Oktober 1902 noch 600 Soldaten in Scheich
Sa'id ausschiffen, wo schon 1885 der Oberst Gaber Efendi
Befestigungsvverke angelegt hatte, welche Perim beherrschten,
und wo schon 1870 türkische Soldaten waren.
Ein neues Sturmlaufen der französischen Interessenten
begann 1904. Herr Presseq-Rolland, später Redakteur der
„Depeche de Toulouse", schloß einen neuen Kaufvertrag
ab mit dem Sohne des inzwischen verstorbenen Sultans,
Mohammed 'Alt Tabat Durein, ein Vertrag, der auch die
Orte Katah(?), Wohnort des Sultans, und Dobaah (?),
Wohnort seines Bruders Embareh Durein — der später als
türkenfreundlich bezeichnet wurde — , mit einschloß.^ Der
Käufer wurde aber von seiner Regierung desavouiert. Es
wurde Lärm geschlagen, daß der „franzosenfreundlidhe*
Sultan, der so gern den Schu^ der französischen Flagge
gehabt hätte, nun tief gebeugt sei. Ich vermute aber, daß
der Sultan sich nur nach dem Gelde sehnte, daß er wie alle
Araber herzlich wenig von dem Eindringen einer fremden
Macht wissen wollte.
Jedenfalls ist während des Krieges zwischen Italien und
der Türkei die türkische Garnison in Scheich Sa'id auf
4000 Mann verstärkt. Der Ort wurde von den Italienern
beschossen; die Garnison aber stand sich währenddessen
vorzüglich mit den Engländern in Perim, die sie mit Nah-
rung versorgten. (Joubert.)
^ Wahrsdieinlich war dieser ganze Kaufvertrag eine Mystifikation,
denn M. Corbie konnte in Djibuti 1913 feststellen, daß der Gesandte
des M. Presseq-Rolland, M. Hugues le Roux, niemals in Scheidi Sa id
gewesen sei, tro^dem er in seineni Buche „Menelik et Nous" seine
abenteuerliAe Fahrt dorthin beschrieben hätte.
— 119 —
Ende 1913 wurde ein neuer Versuch der französisdien
Interessenten unternommen. Herr Albert Corbie,^ der für
die „L'evolution algerienne et tunisienne" schrieb (Nummer
vom 23. Dezember 1913, „Depeche coloniale" vom 10. und
28. November 1913) und der ein besonderes Buch über
Sd\eich Said geschrieben hat(„Le mystere de Cheikh Said"),
das ich leider nicht erhalten konnte, der aber offenbar
Leiter eines „Studienbureaus" für den Hafen und die
Kohlenbergwerke (houilleres) von Scheich Sa Td war,^ fuhr,
wie er sagt nadh fünfjährigen Vorstudien, am 2. Oktober
1913 nach Djibuti, nachdem er erst einen Briefwedisel mit
den dortigen Behörden und dem Sultan versucht hatte.
M. Pascal, der Gouverneur von Djibuti, der sich dem
Plane geneigt gezeigt hatte, mußte seinen Pla^ verlassen.
Nachdem Corbie auch beim französischen Vizekonsul in
'Aden, M. Ries, nichts ausgerichtet, und nachdem sich die
Unmöglichkeit gezeigt hatte, nach Scheich Said zu gelan-
gen, dessen Besuch von der türkischen Garnison eifer-
süchtig allen Fremden vorenthalten wurde, mußte er wieder
abreisen, konnte aber noch die Genugtuung mitnehmen,
daß der totgeglaubte Häuptling Mohammed noch lebte, daß
er nur gelähmt sei.
Der Fall von Scheich Sa'id zeigt, wie eine besondere
Finanzgruppe, die sich offenbar hinter Abgeordnete steckte,
immer wieder die öffentliche Meinung Frankreichs zu ihren
Gunsten aufregen kann, auch wenn offenbar die Regierung
lange aus politischen Gründen auf das fragliche Projekt
verzichtet hat. In vorliegendem Falle hat man — wie bei
Masqat — das französische Interesse England gegenüber
geopfert, welches seinerseits die Türken dort für ganz harm-
lose Nachbarn hielt.
Interessant ist an dem Bericht dieses M. Corbie, daß
er offen über den Waffenschmuggel redet, der mit den
revolutionären Arabern stattfand. So traf er in Djibuti
^ Derselbe Alberf Corbie hat in der „Depeche coloniale" (Paris)
vom 9. November 1915 einen Artikel „L'Arabie et la guerre europeenne"
geschrieben, der von verkehrten Vorstellungen strömt. Er empfiehlt
Frankreich, mit Jahjä sich zu vereinigen, dagegen Sejjid Idris zu be-
kämpfen. Er stellt also die tatsächlichen Verhältnisse auf den Kopf in
der Annahme, Idris sei Verbündeter der Türkei.
2 Cabinet d'Etudes techniques des houilleres et du port de Cheikh
Sa id. Corbie A. L. 29. Rue Davioud. Paris.
— 120 —
einen Mann aus Jemen, namens Salem 'Abdallah, der
dauernd Waffen den Insurgenten besorgte. Am 26. Oktober
erzählte ihm ein alter Jemen-Krieger namens 'Abdu: „Nous
trouverons toujours des armes ä Obock et ä Djibuti pour
la guerre en outrance . . . la France, qui est ici a Djibuti,
nous fournit des armes, mais eile donne de l'or ä la
Turquie ..." Ohne Zweifel, die Lieferung von Waffen
gegen die Türkei ist seit langer Zeit von Frankreidi, Italien,
und wahrscheinlich auch von England unterstü^t.
Im Weltkriege wurde Scheich Sa Td von den Engländern
am 16. November 1914 — nach Neufeld im Juli 1915 ein
zweites Mal — besdhossen; im August 1915 haben die
Türken mit Hilfstruppen des Imam Jahjä von dort aus die
englisdien Anlagen auf Perim unter Feuer genommen.
Nach den in Medina angelangten Nachriditen hielten die
Türken Scheich Sa'id Mitte 1915 beseht, so daß Dampfer
daran nur nachts vorbeifahren konnten, weil leider den
Türken Scheinwerfer fehlten, um die Straße nachts zu be-
leuchten.
Jedenfalls ist es sehr wichtig, bei einem hoffentlich für
die Türkei günstigen Friedensschlüsse die Frage von Scheich
Sa'Td genau zu prüfen und wenn möglich durchzusehen, daß
die Grenze gegen das englische Gebiet in einigem Abstand
vom Kap geführt wird, und nicht so, wie sie durch die
Grenzregulierung von 1905 festgese^t wurde. Späterer Er-
wägung bleibt dann nach genauem militärischem und tech-
nischem Studium vorbehalten, ob an dem Orte nicht nur
große türkische Befestigungen, sondern auch Hafenanlagen
errichtet werden können, und ob es möglich ist, eine Bahn
von Norden aus bis hierher zu führen. Jedenfalls ist
Schech Said für das Rote Meer ein außerordentlich wich-
tiger Plaö.
9. Kapitel
Die englisdien Besi^ungen und Interessen-
gebiete in Südarabien
Dei der Betrachtung der Geschichte des Altertums und
'^ Mittelalters haben wir oft den Ort 'Aden erwähnen
müssen, der einer der großen Handelshäfen von Südara-
bien schon in der Urzeit gewesen sein muß. Adane war
— 121 —
ein Stapelpla^ für den Weihrauchhandel, der aus den ösU
licheren Küstenplä^en und aus dem Somalilande kam. Zur
Römerzeit muß es schon ein sehr wohlhabender und wich-
tiger Plaö gewesen sein, denn gleich nadi der Eroberung
von Ägypten (30 v. Chr.) haben angeblich die Römer 'Aden
beseht, vielleicht 24 v. Chr.? zur Zeit des Aelius Gallus,
und sie scheinen es etwa bis zur Zeit der ersten Axumiten-
herrschaft in Arabien behalten zu haben (4. Jahrhundert),
wenn sie überhaupt eine reelle Herrschaft dort ausübten.^
Für sie war der Ort „Arabia emporium", „die Stadt in
Arabien"; dorthin fuhren sie, wenn sie auf dem Wege durch
das Rote Meer die Produkte des Orients holen wollten»
Über die alte Geschidite des Ortes weiß man aber wenig.
Es sind dort nach Playfair (S. 13) zwei himjaritische In-
schriften gefunden: eine runde Marmorplatte, die 20 Fuß
unter der Erde lag und ein Gedenkstein gewesen zu sein
scheint, und eine andere Inschrift auf dem Gipfel des Ras
Tarsain, westlich von dem heutigen „Steamer Point*.
Dauernd werden die Römer den Ort jedenfalls nicht in der
Hand gehabt haben, denn der Autor des Periplus berichtete
etwa 80 n. Chr., daß 'Aden kurz vor seiner Zeit von dem
»Kaiser" (Claudius oder Nero?) hätte zerstört werden
müssen. Wir hörten auch, daß 342 unter Konstantin dort
eine Kirche errichtet wurde. Es war eben der große Transit-
plaö für den Handel zwischen Europa und Indien. Das Land
hat sich in Reaktion gegen die Römer und ihre Verbündeten,
die Abessinier, mehr und mehr den Persern angeschlossen,
und bei 'Aden war es auch, wo 595 das persische Heer
unter Wahriz die Abessinier schlug. Playfair nimmt an,
daß unter der persischen Herrschaft, also um 600, die großen
„Tanks" gebaut wurden, die zuerst von Ibn Batuta be-
schrieben wurden, und welche die Engländer 1856 wieder
herstellten.
Der Prophet Mohammed sandte selbst als Statthalter
Abu Müsa el-As'ari nach 'Aden.
In den Zeiten des Islam hängt die Geschichte von Aden
natürlich eng mit der von Jemen zusammen. Wir sahen
oben schon, daß von 1038 bis 1147 sogar eine aus 'Aden
^ Die Nachriditen über die politische Herrschaft der Römer m
'Acien sind recht unsicher. Jedenfalls aber haben sie dort große kauf-
männische Interessen von Ägypten aus gehabt.
— 122 —
stammende Dynastie, die Zurai'iden, Jemen beherrschte. Im
Jahre 1038 wurde die Stadt von einem „Zehereyah" (wie
Playfair schreibt, vielleicht Zurai'iden?) erobert, welcher dort
einen Gouverneur einse^te. Mit diesem trat Ibn 'Omar, der
Häuptling von Lahedj (Lahg), Seher und Hadramaut in Ver-
bindung, den er aber bald angriff und tötete. So ward er
gemeinsam mit seinem Bruder Mas üd Herrscher von 'Aden.
Ihre Nadifolger eroberten einen großen Teil von Jemen,
gerieten aber in viele Fehden untereinander. Im Jahre 1152
nahm einer der Herrscher von Jemen, Sultan el-Mansür,'Aden
durch Verrat, mußte aber 1173 seine Herrschaft an die Aijü-
biden unter Türan sah abgeben, der den Melek el-Mas'üd,
Bruder des Imam'AlT von Sana, zum Gouverneur von 'Aden
ernannte. Der Nachfolger von Masüd war 1233 bis 1249
Sultan Nur ed-Din, der Begründer der Rasülidendynastie
von Jemen. Er eroberte bald ganz Jemen, formell unter
der Oberhoheit des Chalifen, mit dem er aber 1249 einen
Streit bekam, infolgedessen ein gewisser Muzaffer Sems
ed-Din gegen ihn ausgesandt wurde, der ihm 'Aden fort-
nahm. Ein Bruder von dem Sohn und Nadifolger des Mu-
zaffer, Ibrahim, nahm 1294 'Aden und Lahg fort, mußte die
Orte aber bald an dessen Nachfolger Dä'üd zurückgeben.
Bei den inneren Unruhen unter den Rasuliden spielte der
Besi^ des reichen Eingangspla^es Aden oft eine Rolle. Im
Jahre 1454 wurde die Stadt von ihrem Gouverneur den
siegreichen Tähiriden übergeben. Im folgenden Jahre ver-
suchte der Gouverneur von Seher vergeblich, Aden von den
Eindringlingen zu befreien; aber auch Seher wurde von den
Tähiriden erobert. Von diesen war wohl der bedeutendste
'Abd el-Wahhäb ibn Tähir, der 1472 zur Regierung kam und
in 'Aden eine etwa 15 km lange Wasserleitung baute, welche
vom Orte BTr-Hammid aus die Stadt mit Trinkwasser ver-
sorgen sollte. Ihre Reste sind heute noch neben einer
modernen Leitung zu sehen.
'Aden war immer noch der wichtige Handelspla^ für
Indien geblieben. Dort liefen die Fahrzeuge ein, welche
aus Indien und China kamen, während anderseits die aus
dem Roten Meer kommenden Schiffe meist in 'Aden die
Waren für den Weitertransport aufnahmen. Seit 1420 aller-
dings suchten die indischen Schiffe 'Aden eine Zeitlang zu
meiden, weil der dortige Fürst die indischen Waren am
- 123 —
Weitertransport nach Ägypten zu hindern versuchte und sie
an sich bringen wollte, um eigene Karawanen nach Norden
zu senden. Die Indier haben deshalb zeitweise Gidda als
Hafenplafe genommen, wo ihre Bestrebungen von den Ägyp-
tern unterstü^t wurden. Als mit dem 15. Jahrhundert die
Kaffeekultur in Jemen aufkam, scheint der Handel sidi all-
mählich von 'Aden nach Mocha gewandt zu haben. Dort
hatte nach Playfair um 1430 nur ein islamischer Heiliger
gewohnt, bei dem Fremde den Genuß des Kaffees kennen-
lernten. Die alte Handelsstadt Müzä (ßov^a), deren Hafen
im Periplus als Ausgangsort des Handels mit Ostafrika
erwähnt wurde, hatte damals wohl ihre Bedeutung lange
verloren und ist heute ein kleiner Inlandplafe bei Mochä,
das seine Größe dem Kaffeehandel verdankte. 'Aden selbst
aber verlor seinen Einfluß besonders durch die Bestre-
bungen der Portugiesen, den Handel auf dem Seewege um
das Kap der guten Hoffnung an sich zu ziehen.
Handelsbeziehungen anzuknüpfen und die Ungläubigen
zu bekriegen, das waren die Ziele der portugiesischen Unter-
nehmungen. Es mußte ihnen also daran liegen, die Hoch-
burgen des arabischen Handels am Indischen Ozean, Goa,
Diu, Hormüz und 'Aden, in die Hand zu bekommen. 'Aden
hatte damals 35000 Einwohner (zur Zeit von Marco Polo
1276 sogar 80000 Einwohner und 360 Moscheen) und war
stark befestigt. Es war schon von 1487 bis 1490 von Pedro
di Covilham besucht, der in etwas abenteuerlicher Sendung
von Portugal zum „Priester Johannes", also nach Abessinien,
hatte gehen sollen. Auch der Bolognese Ludovico di Var-
thema kam 1503 nach 'Aden, wo man ihn als Christen ge-
fangennahm. Nach der Festse^ung der Portugiesen in
Indien gingen sie an die Eroberung der arabischen Orte.
1506 nahm Alphonso d'AIbuquerque die Ghuria-lnseln, So-
kotra und Masqat. Am 1 8. Februar 1 51 3 fuhr er mit 20 Schiffen
von Indien ab, kam am Ostertage nach Aden, wo er einen
Teil der Stadt einnahm, aber sich zurückziehen und auf
der Kamaran-lnsel im Roten Meer überwintern mußte. Da
er bei seiner erneuten Ankunft im Juli nächsten Jahres
'Aden stärker befestigt fand, das von dem Emir Murgän
(portugiesisch: Mira Mirzan) verteidigt wurde, ging er ohne
Erfolg nach Indien zurüci«.
Dem Vorgehen der Portugiesen folgte die Reaktion seitens
— 124 —
der Ägypter, die am Orienthandel ganz besonders inter-
essiert waren. Der Mameluk Qänsuh el-Ghüri rüstete in Suez
eine Flotte von 72 Segeln aus, die unter dem Befehl des
Eunuchen Soleiman aus Mytilene stand. Soleimän wurde vor
'Aden unter schwerem Verlust zurückgeschlagen, konnte jedoch
die meisten Häfen von Jemen erobern. Daraufhin regten
die Portugiesen sidi aufs neue: am 8. Februar 1516 segelte
Lopo Suarez von Goa mit 27 Schiffen nach 'Aden ab, dessen
Befestigungen durch den vorhergegangenen ägyptischen An-
griff etwas beschädigt waren. Deshalb bot der Gouverneur
die Unterwerfung der Stadt den Portugiesen an, die sich
aber die Besi^nahme für später vorbehielten, weil sie erst
gegen die Flotte von Soleiman vorgehen wollten. Es glücl^te
ihnen aber nicht, diese bei Gidda zu zerstören. Suarez
ging deshalb über Kamaran und Zeila nach 'Aden zurück,
dessen Verteidigungswerke der Emir Murgän inzwischen
wiederhergestellt hatte, und das nun nicfit mehr den Portu-
giesen ausgeliefert wurde. Suarez mußte deshalb unver-
richteter Sache abziehen.
Der Sultan der Türken, Selim I., hatte 1517 Ägypten
erobert und war dort auch Erbe der überseeischen Unter-
nehmungen der Mameluken geworden. So gewannen die
Türken auch die ägyptischen Besi^ungen in Jemen und
wollten 'Aden zu einem Ausgangspunkt für die Bekämpfung
der Portugiesen in Indien und Ostafrika machen, um diese
dem Handel von Alexandrien, Damaskus und Baghdäd so
gefährlichen Gegner unschädlich zu machen; unterstüfet
wurde er dabei durch die italienisciien Kaufleute aus Genua,
Venedig usw., die ja aucii durch die Ableitung des Handels
nach Portugal für ihr Gescfiäft zu fürchten hatten. In
den Jahren 1524 und 1530 soll der Sultan von 'Aden den
Portugiesen wiederum seine Unterwerfung und Tribut-
zahlung angeboten haben, doch scheinen diese dort keine
besonderen Niederlassungen errichtet zu haben. Jeden-
falls konnten sie in der Folge den Plaö nicht gegen die
Türken schüren, welciie eine große Flotte in Suez er-
bauten. Als sie fertig war, ließ der Sultan, Soleiman der
Prächtige, alle venezianischen Seeleute in Alexandrien auf-
greifen und nach Suez zum Dienst auf die Schiffe bringen,
welche die stattliche Zahl von 76 erreicht hatten. Außer den
Seeleuten und Artilleristen wurden noch 4000 Janitscharen
— 125 —
und 16000 andere Soldaten eingeschifft unter dem Befehl
desselben Soliman, der schon die vorige Expedition geführt
hatte. Am 27. Juni 1538 fuhr man von Suez ab und kam
am 3. August vor 'Aden an. Der dortige Chef 'Omar bin
Dä'üd wurde an Bord gelod^t, verräterischerweise getötet,
und die Stadt genommen. Die weitere türkische Unter-
nehmung gegen Indien mißglückte. Am 5. Dezember war
Soliman wieder in 'Aden und landete dort 100 Kanonen
und 500 Mann. Auf dem Rückwege wurde noch Zebid ge-
nommen, wo man Mustafa Bey als Gouverneur ließ. Im
Jahre 1547 revoltierten die Einwohner von Aden gegen die
Türken, welche eine drückende Regierung führten. Sie
übergaben ihre Stadt freiwillig den Portugiesen unter Nunho
d'Acunha (Dom Payo de Noronha?) und verspradKen einen
jährlidien Tribut von 10000 Pardaos in Gold. Doch schon
1551 wurden die Portugiesen durch den „Kapudan" (Ad-
miral) von Ägypten vertrieben, der mit einer Flotte 'Aden
angriff. Wie lange die Türken in Aden selbst geherrscht,
habe ich nidit feststellen können. Jedenfalls hatte die tür-
kisdie Macht in ganz Jemen 1630 praktisch ihr Ende er-
reicht.
Der damalige Handelsplaö lag an der Stelle der heu-
tigen Stadt Aden im Vulkankessel. Auf den Bergen und
am Isthmus waren starke Befestigungen errichtet; als Hafen
diente wahrscheinlich die jefet „Fisdierbucht" genannte Stelle
und der durch die Insel Sira geschürte Strand, vielleicht
auch der „innere" Hafen. Dagegen war die heutige Sied-
lung am „Steamer Point" noch nicht vorhanden. Aden
soll im 13. Jahrhundert 80000 Einwohner gehabt haben,
zur Türkenherrschaft auch noch 35000. Die Zolleinnahmen
und Hafenabgaben müssen für den Herrscher redit be-
deutend gewesen sein infolge des sehr großen Verkehrs.
Durch die Ableitung des Handels nach Gidda und Mocha,
infolge der Beeinträchtigung durcii die Portugiesen in Indien
und durch die türkische Mißwirtschaft aber verlor der Ort
allmählich an Bedeutung. Die Befestigungen verfielen. Sie
waren in schlechtem Zustande, als 1708 de Merville, Leiter
einer Unternehmung der französischen Handelsgesellschaft
von Saint-Malo, sie besucfite. Es waren zwar noch Wälle
und Türme vorhanden, ebenso 5 bis 6 Batterien schwerer
Bronzegeschü^e, welche die Türken zurückgelassen hatten.
— 126 —
Audi der Isthmus war durdi besondere Forts verteidigt,
auf denen 52 Kanonen standen. Die Stadt hatte noch
einige größere Gebäude, die meisten aber lagen in Ruinen.
Hundert Jahre später, als Salt 1809 den Ort besuchte,
war dort immer noch ein bedeutender Handel mit Gummi
und Harzen, von Kaffee allerdings nicht so gut wie in
Mochä. Aber von der einstigen Größe der Stadt zeugten
nur noch Ruinen zwischen kümmerlichen Hütten. Endlich,
1835, war das früher so bedeutende 'Aden zu einem kleinen
Dorf geworden mit etwa 600 Einwohnern und rund 60 halb-
verfallenen Steinhäusern und sonst nur Mattenhütten. Die
„Tanks" waren verfallen, und der Hafen fast verlassen.
Als bedeutendes Werk bestand noch eine aus behauenen
Steinen gebaute Straße auf dem Gipfel des Berges Sumsan.^
Unter den Bewohnern waren 250 Juden, 40 bis 50 Ban-
janen-lndier, der Rest Araber und Somali. Der in Lahg
wohnende Sultan der 'Abd'alT hatte in der Stadt einen Zoll-
einnehmer unter dem Schu^ von 50 Beduinen, und die Ein-
künfte überstiegen nicht 12000 Dollar. Die Ablenkung des
Orienthandels auf den Weg um das Kap der Guten Hoff-
nung durch die Portugiesen und später durch die Holländer
und Engländer hatte den einstigen Welthandelsplaö ver-
nichtet. Nur der Kaffee-Export aus Jemen ließ den Ort be-
stehen, wenn auch dieses Geschäft damals besser von dem
günstiger gelegenen Mocha aus gemacht werden konnte.
Doch kehren wir zu unserer geschichtlichen Betrachtung
zurück. Im Jahre 1595 war das erste Geschwader der Hol-
länder unter Cornelius Houtmans nach dem Orient ab-
gefahren, die sich aber zuerst in ferneren Gegenden be-
tätigten. Anders die Engländer, welche 1600 das erste
Geschwader der späteren „East India Co." abließen. Schon
1609 erschien die „Ascension" unter Kapitän Alexander
Sharpey in 'Aden, der dort festgehalten wurde, bis ein Löse-
geld bezahlt ward. Im folgenden Jahre kam der Admiral
Sir Henry Middleton mitden Schiffen „Darling" und „Pepper-
corn" nach 'Aden, wo der (türkische?) Gouverneur Ga'fer
Pascha ihn freundlich empfing. Weiter nach Mochä gereist,
wurde er dort gefangengesefet und nach San'ä geschleppt, von
^ Vgl. hierzu Haines' Darstellung in der „Calcutta Govt.-Gazette",
1839. Abgedruckt in Hertens „Nouveau Recueil des Traites", XV.
— 127 —
wo er erst im folgenden Jahre freigelassen wurde mit der
Warnung, daß kein Christ, selbst mit Erlaubnis des Sultans
von Konstantinopel, wieder nach arabischen Häfen kommen
sollte. In Modiä aber konnte er vom Gouverneur einen
Schadenersaö für seine Verluste herausbekommen. Auch der
in 'Aden gelassene Kapitän Doveton von der „Peppercorn"
wurde dort ähnlich behandelt. Etwas später (1612) aber
wurden die Schiffe „Cloue", „Hector" und „Thomas" unter
Kapitän John Saris in Mochä besser aufgenommen und
ihnen die Erlaubnis gegeben, dort frei zu handeln. Die
Holländer unter van den Broeck gingen 1616 nach 'Aden und
Seher, wo sie freundlich aufgenommen wurden. Jedoch
konnten sie nichts unternehmen wegen der eifersüchtigen
Konkurrenz der indischen Kaufleute. In Modiä erhielt van
den Broeck zwei Jahre später die Handelserlaubnis und
besuchte auch mehrere Orte des Binnenlandes, ohne daß
er etwas erreichte. Der Engländer Kapitän Shilling mit der
;»Anne Royal" konnte es aber 1618 beim Gouverneur von
Mochä durdiseöen, daß die Engländer in Mocha eine Fak-
torei einrichten durften und nur 3^/o Zoll zu bezahlen
brauchten. Die Türken zogen sich bald darauf (um 1630)
aus ganz Südarabien zurück, vielleicht, weil der geringe
Handel dort ihnen die Herrschaft nicht mehr lohnend er-
scheinen ließ. Jemen und damit auch 'Aden kam unter die
Herrschaft der Imäme.
Auch die Franzosen versuchten in den Handel von Süd-
arabien hineinzukommen. Ende 1708 trafen die Schiffe
„Curieuse" und „Diligent" unter de Merville von der fran-
zösischen Handelsgesellschaft in Saint-Malo in 'Aden ein, wo
sie gut aufgenommen wurden. In Mocha fanden sie eine
holländische Niederlassung, für welche jährlich ein Schiff
von 700 t von Batavia kam, um Kaffee und andere ara-
bische Erzeugnisse einzukaufen. Schon 1690 hatte man auf
Veranlassung des Gouverneurs van Hoorn die Kaffeesaat
von Arabien aus nach Batavia bringen lassen, wo eine syste-
matische Kultur ebenso begonnen wurde wie in vielen
anderen tropischen Ländern. Hierdurch wurde der Keim
zum zukünftigen Verfall auch des Handels von Mochä gelegt.
Den Franzosen gewährte man religiöse Duldung und Handel
in der Stadt; sie mußten aber nachts auf ihr Schiff zurück-
kehren, doch durften sie auf ihrer Faktorei ihre Flagge hissen.
— 128 —
Sie hatten 3*^/0 Zoll zu zahlen. Ein Jahr später besuchte
ein französisdier Arzt sogar die Binnenstadt Mo'ahib(?) auf
Einladung des Imam, un\ ihn zu behandeln. Während jener
Zeit versuchten Gesandte aus Konstantinopel, den Imäm zu
veranlassen, die Handelsbeziehungen mit den Europäern
abzubrechen und den Kaffee nur nach Ägypten zu senden,
worauf er aber nid\t einging. Gelegentlich eines Konflikts
der Franzosen wegen rüci^ständiger Abgaben in Mochä wurde
nadi Repressalien der Zoll auf 2V2 ^Iq herabgese^t. Zur
Zeit der Anwesenheit des ausgezeichneten dänischen Reisen-
den Niebuhr (1763) war der Handel von Mochä hauptsädi-
lich in den Händen von Banyanen-Indiern. Nur alle zwei
Jahre kam ein Schiff der Englisch-Ostindisdien Compagnie
dorthin. Man erhob einen Zoll von 3% neben allerhand
anderen Abgaben, z. B. ein Ankergeld, das sich nadi der
Zahl der Schiffsmasten berechnete. Zwei Kriegsschiffe
wurden 1770 wegen Belästigung des Kapitäns eines eng-
lischen Handelsschiffes nach Mochä gesandt, die dort eine
hohe Entschädigung einzogen.
Als nach Bese^ung von Ägypten durch die Franzosen
die Engländer für ihre indischen Besifeungen fürchten mußten,
sandte die englische Regierung eine Seestreitmadht unter
dem Admiral Blanket 1799 zum Roten Meer. Auf Befehl
von Bombay aus beseite im April 1799 eine Abteilung von
300 europäischen und eingeborenen Truppen die Insel Perim
unter Oberstleutnant Murray, der zum „Politischen Kom-
missar für das Rote Meer" ernannt wurde. Man hoffte, auf
diese Weise den Franzosen die Verbindung von Ägypten
mit dem Indischen Ozean abzuschneiden. Am 3. Mai nahm
man offiziell Besi^ für die East India Co. von der „herren-
losen" Insel, welche von keiner anderen Regierung be-
ansprucht wurde. Bis zum 1. September blieb man dort.
Da aber die Versuche. Trinkwasser zu gewinnen, erfolglos
blieben, die Straße von Bäb el-Mandeb außerdem mit den
damaligen Geschü^en von Perim aus nicht beherrscht werden
konnte, gab man den Posten auf. Der Sultan Ahmed bin
'Abd ul-Karim von 'Aden bot der Besamung in freundlicher
Weise Unterkunft in seiner Stadt an. Der englische Besiö
von Perim gründet sich auf diese Unternehmung, auch wenn
die Insel lange Zeit keine Besamung mehr bekam.
Der Handel von Südarabien war infolge von Belästi-
- 129 —
gungen durch die Araber sehr zurückgegangen. Außerdem
brachte man seit einiger Zeit den Kaffee mit Karawanen
von Gidda und Mekka aus nach Konstantinopel. Endlich
aber machten auch seit Beginn des 19. Jahrhunderts amerika-
nische Schiffe dort Konkurrenz, die ebenfalls im südlichen
Teil des Indischen Ozeans des Walfischfangs wegen ver-
kehrten. Aus allen diesen Gründen versuchten die Engländer,
ihre Beziehungen dort reger zu gestalten. Kommodore Sir
Home Popham auf dem Kriegsschiff „Rodney" bekam ge-
legentlich von englischen Unternehmungen gegen Ägypten,
die von General Baird geleitet wurden, den Auftrag, sich
um die Belebung des Handels mit Arabien zu kümmern.
General Baird hatte schon den Arzt Dr. Pringle aus Bombay
im Mai 1801 von Mochä aus nach Sana mit Geschenken
zum Imäm 'All Mansür gesandt, der ihm jede Unterstü^ung
für die englischen Schiffe zusagte und die Erlaubnis zur
Errichtung eines englischen Marinehospitals in Mochä gab.
Sir Home Popham wurde 1802 zum „Gesandten bei den
Staaten von Arabien" ernannt und beauftragt, Handelsver-
träge mit San'ä und 'Aden zu schließen. Leutnant Lamb,
Dr. Pringle sowie ein Legationssekretär Elliot wurden ins
Innere vorausgesandt. Offenbar durch seine eigene Un-
geschicklichkeit und Großspurigkeit mißlang die Aufgabe von
Popham in Jemen vollständig. In 'Aden aber gelang es
ihm, 1802 einen Freundschafts- und Handelsvertrag abzu-
schließen. (Siehe Aitchison, Vol. XIII, Nr. XV.)
Nachdem Mehmed 'Alt durch Ibrahim Pascha die Wah-
häbiten besiegt hatte, kam er mit dem Imam überein, daß
die Türken die Seehäfen Ghunfude, LohTja u.a.m. verlassen,
der Imam el Mutawakkil Ahmed bin 'Ali ihnen aber einen
jährlichen Tribut von 100000 Talern^ zahlen sollte. Unter
dem Nachfolger dieses Imäm, 'Abdallah, der einen Teil
seines Gebiets wieder verloren, aber Mochä behalten hatte,
wurde im Juli 1817 Leutnant Dommicetti vom Kriegsschiff
^Prince of Wales" der Bombay-Marine infolge einer Diffe-
renz mit einem arabischen Schiffsführer von Arabern in
Mochä angegriffen und schwer beleidigt. Erst Ende November
nächsten Jahres wurden englische Kriegsschiffe nach Mochä
^ Unter „Taler" ist zweifelsohne immer der Maria-Theresia-Taler
zu verstehen, Qurüs, aud\ Reält genannt.
Hamburgische Forschungen. Heftl. g
— 130 —
gesandt, um Genugtuung zu verlangen. Man forderte einen
Vertrag von dem Imäm el-Mahdi 'Abdallah, demzufolge der
englische Resident eine Leibgarde erhalten sollte in der-
selben Stärke wie der in Basra und Baghdad, daß alle An-
gestellten der englischen Faktorei englische Untertanen sein
und nur der Reditsprediung des Residenten unterstehen
sollten; dasselbe sollte der Fall sein mit allen Indiern; bei
Streitfällen zwischen britischen und arabischen Untertanen
sollte ein gemischtes Gericht eintreten. Der Resident sollte
sich frei und unbeschränkt in Mochä bewegen dürfen, auch
im Orte Scheich SadulT, von wo die Europäer wegen eines
heiligen Grabes bislang ausgeschlossen waren. Der Export-
zoll sollte von 3V2 auf 2V4^/o ermäßigt werden, was auch
die Franzosen bezahlten, seitdem sie Mochä vor einem
Jahrhundert bombardiert hatten. Ein GrundstüA wurde für
die Einrichtung eines englischen Friedhofs gefordert. Endlich
verlangte man für den Residenten das Recht, jederzeit nach
Sana zu Besprechungen mit dem Imam zu gehen, ohne
daß der Gouverneur (Dawla) von Mochä ihm eine Bedeckung
(zur Kontrolle) mitgab.
Kapitän Bruce, der Resident von Büsehr, wurde bestimmt,
diese Verhandlungen zu führen; er fuhr am 23. August
1820 von Bombay ab, begleitet vom Kriegsschiff „Topaz",
unter Kapitän Lumley. Die Verhandlungen waren jedoch
ohne Erfolg; vielmehr zog der Gouverneur Truppen zu-
sammen. Am 2. Dezember 1820 wurde die Stadt bombar-
diert. Nachdem eine Landungsabteilung der Engländer
zurückgeschlagen, wurde nach ferneren Verhandlungen der
zweite Angriff am 26. Dezember mit besserem Erfolg ge-
macht. Die Unterwerfung erfolgte, und der Vertrag (s. Ait-
chison, Bd. XIII, Nr. LXXVlll, u. Anhang Nr. 8) wurde am
15. Januar 1821 übergeben, in dessen Ausführung Leutnant
Robinson der East India Co. Marine mit einer Leibwache
von 30 Sepoys in Mochä blieb (Bombay Book of Treaties,
S. 672). Bald aber erhoben sich Streitfälle aus diesem
Vertrage mit Bezug auf die Zollbehandlung der Indier (§ 7).
Das Dokument war offenbar sehr flüchtig abgefaßt worden.
Dann stellte es sich heraus, daß die Bedingung, nach der
die Angestellten der Engländer nur der Gerichtsbarkeit des
Residenten unterstehen sollten (§ 6), ebenso wie andere
Teile, im arabischen Text des Vertrages ganz anders als im
— 131 -
englischen lautete. Der Imam weigerte sich, den arabischen
Wortlaut umzuändern. Ihm wurde deshalb erklärt, daß
Vorkommendenfalls der Resident auf die Erfüllung dieser
Bedingung bestehen oder Mochä verlassen würde, die Ent-
scheidung über weitere Schritte dem Vizekönig von Indien
überlassend. Am 26. Dezember 1824 wurden den Franzosen
ihre Rechte in Mocha durch einen Ferman des Imam von
Sän'ä bestätigt (s. Anhang Nr. 9).
In dem Kriege der Türken gegen 'Asir hatte der tür-
kische Befehlshaber Mohammed 'Ali, genannt Türkge Bilmez
(„der nicht Türkisch sprechen kann"), Mochä erobert, das
er am 16. März 1833 nach Einsefeung einer Garnison ver-
lassen wollte. Er widerse^te sich seinem neu ernannten
Nachfolger Ahmed Pascha, der ihn deshalb von See aus
angriff, während von Land aus die Leute von 'Astr Mochä
erstürmten. Türkge Bilmez rettete sich mit 150 Mann an
Bord des englischen Schiffes „Tigris" und wurde nach Bombay
gebracht. Bei der Plünderung durch die 'AsTr- Beduinen
wurde das Haus des englischen Vertreters, eines Indiers
namens Tajeb Ibramjee, geschont. Die Leute von 'Asir
mußten bald den ägyptisch-türkischen Truppen weichen.
Die 1836 Jemen bereisenden Cruttendon und Hurton
vom Vermessungskriegsschiff „Palinurus" wurden überall
gut aufgenommen, obgleich infolge des Regenmangels eine
Hungersnot herrschte, die sehr viele Opfer forderte. Anfang
1840 mußten die ägyptischen Truppen Jemen räumen, und
Husein, der Scherif von Abu 'Arts, nahm Mochä in Besiö
unter der Bedingung, dem Pascha von Ägypten jährlich 90000
(100000?) Taler Tribut zu zahlen. Auf diese Nachricht hin
wurde Leutnant Gordon mit dem Kriegsschiff „Zenobia" von
'Aden aus nach Mochä gesandt, um die englischen Unter-
tanen zu schüren. Er wurde als „Ungläubiger" schlecht be-
handelt. Am 1. September 1840 schloß Kapitän Mornby
einen Vertrag mit dem Scherifen Husein ab (Aitchison,
Bd. XIII, Nr. LXXIX). Bald darauf aber forderte man vom
englischen Vizekonsul die Herabholung der Flagge, ließ die
Indier eine hohe Kontribution zahlen und erhöhte den
Zoll auf 9%. Als auch noch viele Übergriffe gegen indische
Kaufleute gemacht wurden, wanderten die meisten nach dem
neu sich entwickelnden 'Aden aus, das seit 1839 englisch
geworden war. Die englisch -indische Regierung hatte ge-
9*
— 132 —
messene Befehle gegeben, sich nicht in die Streitigkeiten
der Araber einzulassen, und beharrte in genauer Neutralität
zwischen den Parteien der Araber in der Hoffnung, daß
diese sich untereinander aufreiben würden. Man forderte
deshalb aud\ keine Genugtuung für die Beleidigungen, die
der englische Abgeordnete in Mochä erduldet hatte. Wohl
aber hat man nach Aitchison in Konstantinopel verhandelt,
da die Türkei Besi^er von Jemen sei, und dort hat man
die Bestrebungen der Türken auf Wiedereroberung von Jemen
angeblich audi unterstü^t. Auf Veranlassung des türkischen
Kommissars Esraf Bey hat denn auch 1842 der Scherif von
Abu 'ArTs erklärt, er würde gern die englische Flagge wieder
hissen lassen. Der Scherif reiste sogar nach 'Aden, um
den neuen englischen Konsul nach Mochä zu geleiten; aber
dieser erschien nicht (s. Playfair, S. 150).
Im August 1844 sandte der Imäm von San'ä nach 'Aden,
um anzufragen, ob die Engländer etwas einzuwenden hätten,
wenn er den Sultan von Lahg und das 'Abd'alT-Land unter-
werfe. Diese Gebiete aber waren im Interessenkreis der
Engländer von 'Aden gelegen. Als die Türken unter Tewfiq
Pascha 1849 den Versuch gemacht hatten, Jemen zu erobern,
über den wir oben berichteten, und wenigstens einige Plä^e
hielten, versuchten sie im August 1850, ihre Herrschaft auch
nach Süden und Osten gegen'Aden auszudehnen. Mit einigen
alten Schiffen wollte man Seher und Makalla nehmen, wurde
aber bei Bender Borum von dem Häuptling von Makalla ge-
schlagen. Die Engländer werden wohl indirekt mit geholfen
haben, indem sie schon damals die Häuptlinge in Südarabien
durch Unterstüöungen an sich fesselten und sie für ihre
Zwecke ausnü^ten, ohne daß sie selbst etwas dabei wagten.
Bevor wir die englische Besifenahme von Aden besprechen,
müssen wir auf den eben erwähnten Sultan der Abd'alT
von Lahg zurücitkommen. Als die Macht der Imame sich
verzettelte, machte sich 1728 auch der Häuptling des wichtig-
sten und kriegerischsten Stammes von Südarabien, der
'Abd'ali, von den Imamen völlig unabhängig. Sein Hauptort
war Lahg (meist Lahedj geschrieben), das von den Arabern
auch El-Hota genannt wird. Der Plaö liegt in Sichtweite
etwa 22 engl. Meilen nordnordwestlich von Aden. Der
Gründer dieser Lahg-Dynastie war Fadl bin Ali bin Fadl
bin Säleh bin Salem. 1735 nahm er 'Aden in Besife. Ein
— 133 —
1792 bis 1827 herrschender Nachfolger, Ahmed bin 'Abd el-
Kerim, benahm sich sehr freundhdi gegen die Engländer
bei der Anwesenheit von Salt (1809) und Haines (1820),
ebenso gegen die Mannschaft, die 1799 aus Perim zurück-
kam. Im Jahre 1802 wurde mit ihm der erwähnte Handels-
und Freundschaf tsvertrag durch SirHome Popham geschlossen.
Unter der Herrschaft dieses Sultans blühte das kleine Reich
auf; er förderte auch den Handel und ermutigte Indier und
Ägypter, sich in 'Aden anzusiedeln. Sein Neffe und Nach-
folger Mahsin war das Gegenteil von ihm. Im Jahre 1829
(1827?) ließ die indische Regierung in 'Aden ein Kohlen-
depot auf der Sira-Insel bei 'Aden einrichten für den Qe-
braud\ der „Hugh Lindsley", des ersten in Indien gebauten
Dampfschiffes, das im Roten Meer fahren sollte. In Aden
waren so wenig Arbeitskräfte vorhanden, daß man zum
Anbordnehmen von 180 t Kohlen bei der ersten Reise
dieses Dampfers sechs Tage brauchte. Man schaffte deshalb
die Kohlenniederlage nach Makalla und gab 'Aden als Kohlen-
station auf. In der Folge dachte man auch daran, eine
Kohlenstation auf der Insel Soqotra einzurichten, wo des-
halb 1835 auf kurze Zeit indische Truppen gelandet wurden.
Aber bald erkannte man, daß der gute natürliche Hafen
von 'Aden die besten Bedingungen bot. Eine Gelegenheit,
dort einzuschreiten, fand sich bald.
Am Morgen des 14. Januar 1837 wurde das in Madras
beheimatete Sci\iff „Doria Dowlut", das dem Nawob von
Madras gehörte und für 200000(?) Rupien Waren führte, bei
Chubbet Sailan schiffbrüciiig und von 'Aden -Arabern aus-
geplündert.^ Die Regierung von Bombay forderte Genug-
tuung und Garantien gegen ähnliche Vorkommnisse. Zu
diesem Zwecke wurde Kapitän Haines auf dem Kriegssciiiff
„Coote" nach Aden gesandt mit der Anweisung, bei gün-
stigem Verlauf der Verhandlungen die Stadt durch Kauf
zu gewinnen, damit der englische Verkehr auf dem Roten
Meer gesichert würde, und damit man eine gute Kohlen-
station erhielte.^ Haines kam am 28. Dezember 1837 in
^ Vgl. über die Vorgänge „Correspondence rel. to the Occupation of
'Aden", 31. Juli bis 16. Oktober 1837, printed by Order of Parliament
30. May 1839. (Härtens' „Nouveau Recueil de Traites", XV.)
2 Vgl. hierzu: „Minute by the Governor of Bombay" vom 23. Sept.
1837 (Anhang Nr. 10), in dem der Erwerb empfohlen wurde.
— 134 —
"^Aden an. Bei der ersten Unterredung am 4. Januar leugnete
der Sultan seine Kenntnis von dem Raube. Da aber die
Waren öffentlidi in 'Aden verkauft waren, nüöte ihm das
Leugnen nichts, und er mußte sich entschließen, die noch
erreichbaren Waren im Werte von 7808 Talern zurüci^zugeben
und über den Wert des Restes der verlorenen Sachen einen
Scheele von 4192 Talern mit 12 Monaten Sicht ausstellen.
Nachdem diese Frage geregelt, erreichte Haines am 23. Januar
vom Sultan einen Vertragsentwurf sowie die schriftliche Zu-
sicherung, im folgenden März den Engländern die Halb-
insel 'Aden gegen eine jährliche Pension von 8700 Talern
zu überlassen (s. Anhang Nr. 11 und 12). Da Intrigen ein-
se^ten, reiste Haines ab und kam am 24. Oktober zurüci«,
um die Erfüllung der Zusage zu verlangen. Der Sultan
\ind besonders dessen Sohn antworteten in herausfordernder
Weise, verboten auch die Fortnahme der schon ausgelieferten
Waren des geplünderten Schiffes aus der Stadt. 'Aden wurde
deshalb bloci^iert. Am 18. Dezember kamen noch die Schiffe
„Mahi" und „Anne Crichton" zur Hilfe. Am 11. Januar
1839 fand ein Gefecht zwischen der „Mahi" und der Bat-
terie auf der Sira-Insel statt. Als am 16. Januar noch die
Kriegsschiffe „Volage" und „Cruizer" mit zusammen 38 Ge-
schü^en und 700 Mann Besamung unter dem Befehl von
Major Baillie eingetroffen waren, bombardierte man die
Stadt nach Ablauf eines Ultimatums am 19. Januar und
nahm sie im Sturm. Der Verlust der Engländer betrug 15,
der Araber 150 Tote und Verwundete. Die arabische Be-
samung bestand aus 700 vom Innern herangezogenen Sol-
daten, die Bevölkerung von Aden aus 600 Menschen, von
denen die meisten Juden waren. Der Sultan floh nach
Lahg. Aden war also durch Eroberung englischer Besi^
geworden.
Die erste Sorge Haines' war, 'Aden vorläufig zu befestigen.
Schon im Januar 1839 gelang es, mit dem Azaiba-Stamme,
einer Abteilung der 'Abd'ali, einen Friedens- und Freund-
schaftsvertrag abzuschließen, und im Februar geschah das-
selbe mit dem Sultan von Lahg selbst und den Häuptlingen
der benachbarten Stämme, nämlich der Aqrabi, Subaiha,
Jafe'T, Fadli, Serjebi u. a. m. Am 18. Juni vollzog der
Sultan von Lahg eine Verpflichtung (s. Anhang Nr. 13), worin
er ein freundliches Verhalten gegen 'Aden versprach, und
— 135 —
bei dieser Gelegenheit erhielt er die erste Rate seines Sti-
pendiums von 541 Talern monatlich, die ihm zugesichert
wurde, solange sein Verhalten gut wäre.
Von dieser Zeit an vermehrte sich die Bevölkerung der
Stadt durch Zuzug, so daß sie 1840 sich schon auf 4600
belief. Doch kamen bald Zusammenstöße mit den Arabern
vor: der 'Abd'ali- und FadlT-Stamm griffen schon im No-
vember 'Aden an. Am 21. Mai 1840 wurden die Aus-
schreitungen von den vereinigten Arabern wiederholt, und
zwar unter Einverständnis des Sultans Mahsin von Lahg,
der sogar den englischen Vertreter in Lahg, einen Juden
namens Hasan Chatib, ermorden ließ. Nur die Aqrabi
blieben den Engländern freundlich.
Die Engländer aber dehnten ihre Macht aus. Am
31. August wurde die Insel Müsa im Golfe von Tagura
(Tadjura) an der afrikanischen Küste in Besiö genommen
infolge eines Vertrages mit dem dortigen Sultan. Ebenso
geschah es mit den Inseln Bäb bei Chubbet Charab (Tagura)
und Eibat bei Zeila.
Ein neuer Angriff der 'Abd'ali und Fadli fand am 5. Juli
1841 statt, welche Btr Hamid nahe beim Isthmus vor 'Aden
beseht hielten. Im Oktober vertrieb man die Araber von dort
und aus dem nahen Scheich 'Otmän. Hiernach versprachen
die Stämme Frieden, und der Sultan Mahsin schloß am
11. Februar 1843 einen neuen Freundschafts- und Friedens-
vertrag (Bombay Book of Treaties, S.285; Aitchison, Bd. XIII,
Nr. XVIII), der am 20. Februar 1844 in schärferer Form
wiederholt wurde (ib. S. 287, Nr. XVIII), bevor man dem
Sultan wieder seine vorher gesperrte Pension auszahlte.
Im August 1846 reizte ein Fanatiker namens Sejjid Ismail,
der den Heiligen Krieg predigte, die Stämme auf, die aber
zurückgeschlagen wurden. Der Nachfolger des am 30. No-
vember 1847 verstorbenen Sultans Mahsin von Lahg, Ahmed,
war bedeutend freundlicher gegen die Engländer als sein
Vater, weil er ein gutes Verhältnis zu ihnen in seinem
eigenen Interesse fand. Er starb aber schon Anfang 1849.
Ihm folgte sein Bruder 'Ali, der gegen die Engländer mit
den arabischen Stämmen hielt. Mit ihm wurde am 7. März
1849 ein neuer Vertrag seitens der East India Co. geschlossen,
der unter dem 30. Oktober durch Lord Dalhousie ratifiziert
wurde. (Bombay Book of Treaties, S.289; Aitchison, Nr. XX.)
— 136 —
Doch die Unruhen hörten nicht auf. Im Februar 1851
wurden einige englische Offiziere auf einem Ausflug über-
fallen und teils getötet. Da noch andere Untaten vorkamen,
entzog man dem Häuptling der Fadli- und AqrabT-Araber
ihre Pension, bis Ende 1855 die Fadli ihre Unterwerfung
anboten. Immer wieder machte auch der Sultan von Lahg
neue Intrigen, ebenso fanden Räubereien statt. Der poli-
tische Resident von 'Aden brach deshalb die Beziehungen
mit dem Sultan ab, der keine Zufuhren in die Stadt ließ
und sogar Scheich 'Otmän beseite. Da friedliche Versuche
nichts nü^ten, griff man am 18. März 1858 den Sultan in
Scheich 'Otman an, das man zerstörte. Daraufhin wurde
Friede geschlossen, und die Lebensmittelzufuhren kamen
wieder nach der Stadt hinein — mit diesem Ereignis schließt
die Schilderung von Playfair.
Über zwanzig Jahre haben die Schwierigkeiten mit den
arabischen Nachbarn gedauert, und auch in der heutigen
Zeit kann man ihnen nicht trauen, denn alle aus dem
Innern nach 'Aden hineinkommenden Leute müssen ent-
waffnet werden, und tro^dem kommen immer noch Über-
fälle vor.
In der ersten Zeit der Bese^ung hatte 'Aden dieselben
Zollsä^e wie Indien. Seit 1850 aber machte man es zum
Freihafen^ und erreichte dadurch, daß der Handel von
Jemen sich meist nach 'Aden zog. Auch hat sich die Be-
völkerung sehr vermehrt. Sie wird jefet etwa 45000 Ein-
wohner betragen, einschließlich der Garnison und der recht
fluktuierenden Somali. Der Ort steht unter dem Gouverneur
der Bombay-Presidency. Der höchste Beamte ist ein Poli-
tischer Resident, meist ein Brigadegeneral, dem die mili-
tärische und zivile Macht untersteht, und der seit 1864 etwas
größere Selbständigkeit von Bombay hat. Ein indischer
Regierungsbeschluß legte damals die Strafjustiz in die Hand
des Residenten ; kleinere Fälle sollten durch die Assistent-
Residenten, den Kantonnement-Magistrat und den Truppen-
befehlshaber erledigt werden. Todesurteile bedürfen der
^ Abgaben wurden nur erhoben auf Getränke und Waffen. Dazu
kamen die Einnahmen aus den Salzwerken, von Briefmarken usw.
Die Hafenanlagen wurden durch Hafenabgaben erhalten. Eine Munizipal-
kasse erhielt Erbzinsen, kleine Abgaben und den Verkaufserlös von
Wasser aus den Brunnen.
— 137 —
Bestätigung durch den High Court in Bombay. Indisches
Straf- und Zivilrecht ist eingeführt. Der Politische Resident
bezieht ein Jahreseinkommen von 36000 Rupien. Die sehr
stark ausgebaute Festung ist mit europäischen und indischen
Truppen belegt. Im Jahre 1882 wurde die Pension des
Sultans von Lahg auf 19692 Taler erhöht.
Nachdem 1839 die Halbinsel von 'Aden englisches Land
geworden war, hat man am 28. Januar 1863 noch die gegen-
überliegende vulkanische Halbinsel Gebel Hasan (Ihsan), von
den Engländern auch „Little Aden" genannt, für 3000 Taler
und eine monatliche Pension von 30 Taler vom Sultan
der Aqrabi- Araber hinzugekauft (s. Anhang Nr. 14 und 15).
Endlich wurde 1882 noch ein Landstreifen von 35 Quadrat-
meilen gegen Erhöhung der Sultanspension hinzuerworben
(s. Anhang Nr. 16), der die Bucht zwischen den beiden
Halbinseln im Norden begrenzt, so daß der Ort Scheich
'Otmän dadurch englisch geworden ist. 1888 ist in der
Gegend von Little 'Aden noch ein fernerer Landstreifen für
2000 Rupien hinzugekauft worden (s. Anhang Nr. 17).
Mit den anliegenden Stämmen von Südarabien, den
Subaiha, 'Abd'alt, Fudli (Fadli), HawsebT, 'AlawT (Alaüi?),
Aqrabi, AmirT, AulakT und JäfeT, wurden Freundschafts-
verträge abgeschlossen; viele von deren Häuptlingen er-
hielten auch Pensionen, über die weiter unten die Rede
sein wird.
Als 1871 bei der Eroberung von Jemen die Türken nach
Süden vorgingen, erhoben die Engländer in Konstantinopel
Protest, sandten auch eine kleine Abteilung Artillerie und
Kavallerie nach Lahg, um die englischen Interessen dort
zu schüren. Im Jahre 1873 entstanden neue Reibereien,
als zwei Brüder des Sultans von Lahg sich an die Türken
in Jemen gewandt hatten.^ Dies führte zu neuen Vor-
stellungen, die Ende 1874 damit abschlössen, daß die
türkischen Truppen aus der Gegend von Lahg zurückgezogen
wurden, und daß die Türkei Englands Oberhoheit über die
Gebiete von neun arabischen Stämmen in Südarabien an-
erkannte, die sich von dem Berge Zey (bei Scheich Sa'id?)
^ Über die Aden-Angelegenheit 111— 7 XII 1873 vergleidie: „Das
StaatsarAiv", Bd. XXVI, Nr. 5202—5215; Correspondence resp. Turkish
proceedings in the neighbourhood of Aden. Pari. Papers, Turky Nr. 1
(1874), C. 920.
— 138 —
im Westen bis nach dem Gebiete von 'Oman (bis Ras Sa'tr)
im Osten erstrecken sollten. Zwei Jahre später haben
diese Stämme wieder gegen England revoltiert, wurden
aber bald unterworfen.
Im November 1901 wurde eine englisch-türkische Kom-
mission gebildet, welche die Grenze festse^en sollte zwischen
den beiderseitigen Gebieten. Das Ergebnis war ein Ver-
trag vom April 1905, nach dem die Grenze vom Berge
Scheich Murad (bei Scheich Sa'id?) bis zum Bana-Fluß etwas
östlich von Kataba (in Jemen) nadi den Stammesgrenzen
verlaufen sollte, um dann in genau nordöstlidier Richtung
an die große Wüste zu gehen. Den Wortlaut des Vertrages
konnte ich nicht finden, die dazugehörige Karte ist im
»Geographical Journal" 1906 abgedruckt, auch als besondere
Karte erschienen.
Zwemer schreibt in seinem Buche, daß eine Bahn von
*^Aden aus ins Innere gebaut würde, sobald die Türken
Jemen verlassen. „God hasten the day!" In der Tat hat
denn audi etwa 1904 („Geogr. Anzeiger" 1905, S. 161)
eine indische Firma (ich vermute, die bekannten Cowasjee
Dinshaw Brths.), eine Konzession zum Bau einer Bahn von
*Aden nach Dhalaa (Dal'a?) erhalten. Nach kurzer Zeit
haben die Engländer die Trassierungsarbeiten wieder zer-
stören lassen, wie M. Hartmann erfahren hat. Natürlich
wird die Bahnlinie sidi nach den Plänen leicht wieder auf-
finden lassen, so daß die Ausführung jederzeit wieder auf-
genommen werden kann, sobald die politisdie Lage es
erlaubt.
Um 1900 soll die indische Regierung große Mittel an-
gefordert haben, um in 'Aden den Seehafen so zu vertiefen
und auszugestalten, daß selbst die größten Kriegsschiffe
dort jederzeit ein sicheres Unterkommen finden. Einst-
weilen sdieint dieser Plan noch zu ruhen. (De la Tour.)
Deutsdiland ist in 'Aden durdi einen Wahlkonsul ver-
treten, der fast immer Angestellter der englisdien „Aden Goal
Co." war. Die „Deutsch-Ostafrikanische Zeitung" (T.Februar
und 22. März 1914) hat lebhafte Klage über diese von Eng-
land abhängige Vertretung geführt und angeregt, daß wir
in diesem so sehr wichtigen Punkte einen unabhängigen
Konsul bekommen.
Wir erwähnten schon oben (S. 111 ff.) bei der Besprechung
— 139 —
von Jemen, daß während des Weltkrieges die Engländer
im August 1915 bei Lahg von den vereinigten Türken und
Arabern schwer gesdilagen wurden, und daß sie seitdem in
ihrer Festung eingeschlossen sind. Nachträglich sei hier
noch folgendes gebracht: Die Zeitung „Hiläl" in Kon-
stantinopel meldete aus dem Blatte „Seda i-Islam" vom
6. November 1915 aus Hadramaüt, daß ein Aufstand gegen
die Engländer in Bäb el-Mandeb bis Masqat ausgebrochen
sei. Zuerst habe man — wie schon erwähnt — Lahg und
Pal'a eingenommen. Der Hakim von Gebel Nerim(?) habe
sich mit den Aufständischen von Sibäm und Bed'a vereinigt.
Die Engländer landeten eine Truppe bei Makalla, welche
fünf Stunden landeinwärts von 12000 Arabern geschlagen
wurde. Viele Engländer sollen gefangen, 3 Gesdiü^e,
7 Maschinengewehre, 800 Gewehre und viel Munition er-
beutet sein. Die Höhen, welche den Golf von 'Aden be-
herrschen, wurden von den Arabern beseht. Die Engländer
halten diese Nachriditen geheim, haben sie aber nicht
abgeleugnet. („Mil.-Wochenblatt" 2. Dez. 1915.)
Unter dem 14. Dezember wurde aus Konstantinopel über
die lefeten Kämpfe bei 'Aden vom Kriegspressequartier be-
richtet („Neue freie Presse", 17. Dezember 1915): Am
21. Juli landete eine aus drei indischen vom Suezkanal
herbeigeschafften Infanterie-Bataillonen, 200 Kamelreitern
und 5 Feldgesdiüöen bestehende englische Kolonne an
einem Punkte nordwestlich von 'Aden und griff die Türken
an, um den Brunnen bei Scheich 'Otman wiederzugewinnen.
Am Kampfe nahm auch die Flotte teil. Die Engländer
hatten 50 Tote und 100 Verwundete; die Stämme von
oemmar, Makalla und Hadramaüt haben mit den Türken
gegen die Engländer gekämpft. Am 30. Juli griffen die
Türken von Lahg aus die Engländer an, die sich mit einem
Verlust von 200 Toten nach 'Aden zurückzogen. Am
23. August gingen die Engländer mit neu aus Australien
und Indien gebrachten Truppen gegen Lahg vor, mußten
aber nach Scheich 'Otmän zurück. Am 24./25. August griffen,
wie schon Seite 111 erwähnt, die Engländer vergeblich das
Dorf El-Waht an, dessen Stamm zu den Türken übergetreten
ist. Am 28. August unternahmen die Engländer mit 5 In-
fanterie-Bataillonen, 3 Kavallerie-Schwadronen, 2 Schnell-
feuer-Batterien und 2 Maschinengewehr-Abteilungen einen
— 140 —
neuen, vergeblichen Angriff auf El-Waht. Sie mußten nach
'Aden zurückflüchten unter Verlust von 251 Toten und über
400 Verwundeten. Auf türkischer Seite fielen 17 Mann,
und 48 wurden verwundet. Erbeutet wurden 700 Gewehre,
300 Kisten Munition, 1 Fahne und 25 Kamele. Am 22. Sep-
tember versuchten die Engländer vergeblich auf Es-Sail vor-
zurüci^en. Am 25. September wurde wieder El-Waht an-
gegriffen mit 1 Infanterie-Regiment, 2 Schwadronen, 1 Hau-
bi^e und 1 Feldbatterie. Die kleine türkische Besamung
mußte sich zuerst 1 Kilometer nördlich zurüci^ziehen; nach
Erhalt von Verstärkungen aber schlugen die Türken die
Engländer und beseiten das Dorf Ed-Dirtje (Darija?). Am
3. Oktober fand ein Zusammenstoß zwischen einer tür-
kischen Erkundigungsabteilung und Engländern bei El-Failje
(es-Saile?) (zwischen El-Waht und 'Aden) statt, wobei zwei
Engländer verwundet wurden. Gegenwärtig bedrohen die
Türken die Landenge von 'Aden und Scheich 'Otman.
Nach einer anderen Zeitungsnachricht sollen die Türken
in Jemen (und bei Aden?) unter dem Befehl des Obersten
Said Bey stehen.
Am 27. Januar 1916 brachte die Presse die Nachricht,
daß ganz Südarabien einstweilen für England verloren sei,
das sich in der Festung 'Aden mit Schwierigkeiten hält.
Truppen sollen zur Unterstüfeung der Garnison aus Ägypten
fortgenommen sein. Alle südarabischen Stämme, deren
Protektorat England übernahm, sollen zu den Türken über-
gegangen sein.
Nach amtlicher türkischer Meldung vom 3. März 1916
verloren die Engländer im legten Kampfe bei Dafiouch
(Fiüs) einen General und 160 Mann an Toten. Nach dem
Gefecht kam „der Emir" der Stämme der Küsten-
gegend von'Aden bis Hadramaut und bot der osma-
nischen Regierung die Unterwerfung der östlichen
und westlichen Küstengegenden von 'Aden an. „Es
kam so unter die osmanische Herrschaft." Vielleicht
handelt es sich um den Sultan der 'Abd'alT in Lahg?
Die südarabischen Stämme
Im Laufe der Zeit sind von England mit allen Stämmen
von Südarabien Verträge abgeschlossen, von denen wir die
wichtigsten hier erwähnen wollen.
— 141 —
a) Die 'Abd'alT wohnen um Lahg herum, die West-
grenze ist unbestimmt, im Nordosten reichen sie von Al-
Anad bis dicht Bir 'Uwaiden und von dort nach 'Imad; ein
Stück der Seeküste gehört den Fadli. Über die Verträge
mit den 'Abd'alT (Lahg) ist schon geredet. Der Sultan erhält
von England 1541 Taler im Monat (19692 Taler im Jahre)
als Entgelt für sein Wohlverhalten. Er hat Ansprud\ auf
9 Salutschüsse. Ein Teil des Subaihi-Landes ist ihm seit
1899 unterstellt. Die 'Abd'alt haben etwa 18000 Einwohner,
das Staatseinkommen ist 100000 Rp.
b) Die Subaihi wohnen im Land an der See von Ras
Imran bis Bäb el-Mandeb; sie zerfallen in viele kleine
Stämme, die sich durch Räuberei auszeichnen. Im Februar-
März 1839 wurde mit einigen der Chefs Verträge ab-
geschlossen (19. Februar mit dem Chef der MusaidT, 20. Fe-
bruar mit den südlichen Subaihi, 2. Februar mit dem Chef
von Wahat, 18. Februar mit Al-'Abadi, 18. Februar mit
Zabart, 18. Februar mit Zaidi, 10. März mit As-Serzebi,
s. Aitchison Nr. XXVI). Am 13. Mai 1871 wurde den Man-
suri 25 Taler, den Machdumt 30 Taler, den Raja'T 25 Taler
monatliche Stipendien vertraglich gegeben (Aitchison Nr. XXVII)
als Gegenleistung für die Aufgabe der bisher von ihnen
erhobenen Wegezölle. Im Jahre 1889 wurden mit den Ab-
teilungen der Atifi und BarhemT Protektoratsverträge ab-
geschlossen (s. Anhang Nr. 18 und 19). Bis in dieses
Jahrhundert hinein haben Angriffe gegen Engländer von
diesen Stämmen stattgefunden, deren Zahl auf 19500 Seelen
geschäht wird.
c) Die FadlT wohnen im Nordosten von 'Aden und
erstrecken sich 100 engl. Meilen die Küste entlang von der
Ostgrenze 'Abd'ali bei Imad bis zur Westgrenze der AwlaqT
bei Maqatin. Der Sultan von Lahg zahlte lange Zeit Wege-
zoll an diesen Stamm, und die Engländer haben diese
Zahlungen fortgese^t, um Frieden zu haben (182„cooroosh''
[Taler] wurden jedes halbe Jahr gezahlt [Aitchison Nr.XXXII]).
Wegen Plünderungen dicht bei 'Aden wurde 1865 gegen
diesen Stamm Krieg geführt, nachdem er eine Geisel in
'Aden stellen mußte. Die Pension wurde von 30 auf 100,
1872 auf 180 Taler monatlich erhöht als Entgelt für die
Aufgabe von Wegezöllen (Aitchison Nr. XXXV). Am 4. August
1888 wurde ein Protektoratsvertrag mit den FadlT ab-
— 142 —
gesdilossen (s. Anhang Nr. 20). Der Stamm wird auf
24000 Seelen geschäht; der Sultan hat ein Einkommen von
20000 Rp. und Anspruch auf Salutschüsse.
d) Die Aqrabi, eine Unterabteilung der'Abd'ali, wohnen
um Bir Ahmed. Seit 1839 sind verschiedene Verträge mit
ihnen abgeschlossen, unter anderem 1863 die Verpflichtung,
an keine andere Nation als England Land abzugeben, wo-
gegen der Chef einmalig 3000 und monatlidi 30 Taler er-
hielt. 1869 wurde von ihm die Halbinsel Gebel Hasan
(Little Aden), die den Hafen 'Aden begrenzte, gegen ein-
malige Zahlung von 30000 Talern und Erhöhung der Pension
auf 40 Taler erworben (s. Anhang Nr. 15). Diesem Kaufe
folgte am 15. Juli 1888 der eines Landstreifens bei Äl-
Hiswa' und Bender Fukum gegen eine Entschädigung von
2000 Rp. (s. Anhang Nr. 17). Am 15. Juli 1888 ist mit
dem Stamme ein Protektoratsvertrag abgeschlossen worden
(s. Anhang Nr. 21).
Die Aqrabi wohnen an der Küste von Btr Ahmed bis
Räs'Imranj sie können 250 Krieger stellen. Das Einkommen
des Chefs wird auf 2000 Rp. gescfiä^t.
e) Die Oberen AwlaqT wohnen von der Grenze der
Fadli im Westen bis zu jener der DujaibT im Osten, doch
gehören die Häfen Irqa und Hawra unabhängigen Chefs.
Verschiedene Verträge sind mit ihnen von 1889 bis 1904
gemacht worden.
f) Die Unteren Awlaqi schlössen seit 1855 Verträge
ab. Am 2. Juni 1888 wurde mit ihnen ein Protektorats-
vertrag eingegangen (s. Anhang Nr. 22). Der Stamm wird
auf 15000 Seelen geschäht, das Einkommen des Chefs soll
10000 Rp. im Jahre sein.
g) Behan al-Kasab; dieser Stamm wohnt nordöstlich
von den Oberen Jafe'i und nörlich von Bed'a. Im Jahre 1903
ist gelegentlich der Grenzregulierung ein Vertrag mit ihm
gesdilossen, nach dem sein Sultan 30 Taler im Monat
Pension erhält; der Stamm wird auf 11 000 Seelen geschäht.
h) 'Irqa. Der Chef erhält seit 1888 eine Pension, zu-
gleich bekam er das englische Protektorat gegen die Ver-
pflichtung, mit fremden Mä(i\ten nur durch England zu
verkehren (s. Aitchison Nr. XLIX). Am 7. Januar 1902 ist
ein neuer Protektoratsvertrag abgeschlossen und die Pension
von 80 auf 180 Taler erhöht (s. Anhang Nr. 23).
— 143 —
i) Untere Hawra; die Chefs wohnen in einem Hafen
etwa 12 engl. Meilen von 'Irqa. Sie erhielten seit 1888
ein Stipendium bei Abschluß des Vertrages. Ein neuer
Protektoratsvertrag ist am 7. April 1902 abgesdilossen, nach
dem sie statt früher 50 nunmehr 180 Taler Pension jähr-
lich erhalten (s. Anhang Nr. 24).
k) Die Jafe'i: ein Stamm östlich von 'Aden. Die Küsten-
striche sind von den Fadli eingenommen. Die Jafe'i
wohnen im Inneren. Mit den Unteren Jafe'i wurde schon
1839 ein Vertrag abgeschlossen (Aitchison Nr. LIII), und
am 1. August 1895 ist ein englisches Protektorat über sie
erklärt (s. Anhang Nr. 25). Der Chef erhält ein jährliches
Stipendium von 250 Talern und seit 1873 noch eine „royalty"
von 25 Talern jährlich von den Fadli für eine Wasser-
gerechtsame. Die Kopfzahl wird auf 28000 Seelen, das
Einkommen des Sultans auf 16000 Rp. im Jahre gesdKäfet.
Mit den Oberen Jafe'i verkehrten die Engländer erst ge-
legentlich der Grenzregulierung im Jahre 1903. Gegen das
Verspredien, keiner anderen Nation als den Engländern
irgendwelche Rechte zu gewähren, wurden der einen Abtei-
lung 40, der anderen 50 Taler im Monat gegeben. Außer-
dem erhält seit Oktober 1903 der Chef des Saibt-Stammes
7 Taler im Monat für Überwachung der Grenzzeichen. Ein
Mann namens Mahsin 'Askar erhält noch 20 Taler im Monat
„in Anerkennung seines Einflusses". Die auf 80000 Köpfe
geschälten Oberen Jafe'i sind ziemlich zivilisiert, treiben
Handel mit Indien und Java, doch weigern sie Europäern
den Zutritt zu ihrem Gebiete. Mit einigen Abteilungen
wurden 1903 Protektoratsverträge gesdilossen.
1) Die HawsabT machten seit 1839 Verträge mit Eng-
land; schon damals wurden ihnen 628 „cooroosh fransa" als
jährliches Stipendium gegeben, die bei schlediter Führung
zurückgehalten wurden, besonders wenn sie den Leuten
von Lahg das Wasser sperrten oder sich mit den Türken
einließen (s. Anhang Nr. 26). Am 6. August 1895 wurde
ein Protektoratsvertrag mit ihnen abgesdilossen (s. Anhang
Nr. 27). Als die Türken im Juli ein Fort bei Ad-Dareja
(Darija) im HawsabT- Gebiet errichtet hatten, wurden sie
durcii englische Truppen am 26. Juli 1901 dort vertrieben.
Der Stamm wird auf 8200 Seelen geschäht, das Einkommen
seines Chefs auf 11000 Rp. jährlich.
— 144 —
m) Die'Alawi leben nordwestlich von den Hawsabt, durch
deren Vermittlung der Chef der 'Alawi schon früh ein Sti-
pendium von 80 Talern jährlich bezog, ohne einen Vertrag
eingegangen zu sein. Am 16. Juli 1895 wurde ein Pro-
tektoratsvertrag mit ihnen abgeschlossen (s. Anhang Nr. 28).
Es handelt sich um einen Stamm von 1500 Köpfen mit
einem Sultanseinkommen von 6000 Rp.
n) Die DälT (englisch D'thala) wohnen nordwestlich der
Alawi auf dem Wege nach Sana. 1872 versuchten die
Türken dort erfolglos die Herrschaft zu bekommen. Durch
einen Vertrag vom 2. Oktober 1880 (s. Aitdiison Nr. LXVII)
wurde der Häuptling englischer Stipendiat mit 50 Talern
jährlich, welche Summe später verdoppelt wurde. Während
der Grenzregulierung verstärkten die Engländer zeitweilig
ihre Truppen dort auf 2500 Mann, um zu erreichen, daß
das Gebiet zur Türkei kam. Ein Vertrag mit ihnen wurde
am 28. November 1904 abgeschlossen (s. Anhang Nr. 29),
nach dem ein Stipendium von 100 Talern monatlich gezahlt
und das Protektorat übernommen wurde. Der Stamm zählt
etwa 50000 Seelen; der Chef hat etwa 35000 Rp. jährliches
Einkommen.
o) Die WahidT ist ein Stamm in Hadramaut am Neeres-
ufer, im Norden und Nordosten von Naman und Buraisi,
im Nordwesten durch die Oberen Awlaki und im Südwesten
durch die Dujaibi begrenzt. Die Häfen sind Ras el-Kelb,
BTr 'All, Bä el-Häf (Balahaf) und Ras el-Makdaha(Majdaha).
1870 wurde das Land von Kapt. Miles und dem Deutschen
Werner Hunzinger bereist. 1882 besuchte 'Izzet Pasdia
Bä el-Haf und Bir 'Ali auf seiner Reise von Baghdäd nadi
Hodeida, bei welcher Gelegenheit Nasr bin 'Abdallah von
Bä el-Häf eine türkische Flagge erhielt. Die anderen Sul-
tane sollen damals „freiwillig" um engliscfien Schüfe gebeten
haben. Am 30. April 1888 wurden darauf mit den Sul-
tanen von Bä el-Häf und Bir 'Ali die Protektoratsverträge
abgeschlossen (s. Anhang Nr. 30 und 31), bei welcher
Gelegenheit die beiden Sultane je 120 Taler jährliches
Stipendium erhielten. Nach Unterdrüci^ung einiger Unruhen
wurden am 15. März 1895 und I.Juni 1896 neue Protek-
toratsverträge mit diesen Häuptlingen abgeschlossen, deren
Stipendien auf je 360 Taler jährlich erhöht wurden (s. An-
hang Nr. 32 und 33).
— 145 —
p) Die KatirT wohnen zwischen den Awlaq! und den
Mahn. Sie versuchten gegen Makalla und Seher vorzu-
gehen, was ebenso durdi die Engländer verhindert wurde
wie ihre zeitweilige Bese^ung des Hafens in Dofar (Zafar).
Ein Vertrag ist nicht mit ihnen geschlossen.
q) Seher und Makalla sind die beiden Haupthäfen in
Hadramaut. Sie waren früher im Besiö der KatirT, die
Ende des 15. Jahrhunderts durch die Qassadt, einen Unter-
stamm der Jäfe'i, vertrieben wurden. Am 14. Mai 1863
wurde mit den Herrschern („Nakib") von Makalla und
Seher ein Vertrag zur Unterdrückung der Sklaverei ab-
geschlossen. Verwandte des Ka'aiti- Chefs aus Sibam in
Hadramaut waren lange in Diensten des Nizam von Hai-
derabad. 1873 wurden die Antisklavereiverträge erneuert.
Gelegentlich eines Durbars in Delhi wurden beiden „Nakib"
12 Salutschüsse zugebilligt. Dauernd waren Streitigkeiten
zwischen diesen beiden Chefs, in weldie sich einzumischen
die indische Regierung dem Nizam von Haiderabad verbot.
Endlich aber wurde Makalla und Umgebung dem Gemadär
von Siher übergeben, und der Ex-Nakib von Makalla, 'Omar
bin-Säleh bin Mohammed, wurde 1888 nach Zanzibar ge-
bracht, wo er 1888 die ihm gebotenen Abmachungen an-
nahm.^ (Dort betrieb er jahrelang ein Geschäft zur Ver-
mietung von Lastträgern.) Am 29. Mai 1882 wurde dem
Gemadär von Siher und Makalla vertraglidi ein Stipendium
von 360 Talern jährlich gewährt, wogegen er dem Resi-
denten von 'Aden 100000 Dollar übergeben mußte für die
Unterhaltung des Ex-Nakib von Makalla in Zanzibar. Am
1. Mai 1888 ist mit dem Gemadär 'Abdallah bin 'Omar von
Siher und seinem Bruder ein Protektoratsvertrag abgeschlos-
sen (s. Anhang Nr. 34). Dem Herrscher folgte am 25. No-
vember 1888 sein Bruder Awad bin 'Omar, bekannt unter
dem Namen „Sultan Nawaz Jang" aus Haiderabad. Seit 1902
wird der Chef nicht mehr „Gemadär", sondern offiziell
„Sultan" genannt. Seine Gefolgschaft wird auf 60000 Köpfe,
sein Einkommen auf 223000 Rp. geschäht. Aitchison gibt
keine weiteren Verträge mit Siher und Makalla an. In
* Näheres über Seher und Makalla bei Leo Hirsdi, Reisen in Süd-
Arabien, Mahra-Land und tladramaut. Leiden 1897. S. 11 ff. Dort findet
sich auch die Angabe, daß die Portugiesen 35 Jahre lang Forts an
dieser Küste beseht hätten.
Hamburgische Forschungen. Heft 1. ig
— 146 —
neuerer Zeit wird aber immer behauptet, daß mit Makalla
ganz besondere Abmadiungen bestehen, die vielleidit geheim
geblieben sind. Im Hinterland von Makalla sind die Eng-
länder, wie schon erwähnt, im Spätsommer 1915 schwer
geschlagen worden; die Hinterlandstämme scheinen sich im
Heiligen Kriege mit den Türken verbunden zu haben. Viele
Leute von Siher (Wasihiri) und Makalla leben in Zanzibar
und Deutsch -Ostafrika, wo sie mit Salz und Salzfischen,
Matten u. a. m. handeln; viele sind nach Java ausgewandert'
r) Qisn und die Insel Soqotra. Der Al-Afrir-Stamm
der Mahri hat seinen Hauptort in Qisn und beansprucht
auch die Oberhoheit über die Insl Soqotra. Am 23. Januar
1876 wurde mit dem Sultan von Qisn und Soqotra ein
Vertrag geschlossen (s. Anhang Nr. 35), nach dem er sich
gegen eine einmalige Zahlung von 30OO Talern und jähr-
liches Stipendium von 360 Talern verpflichtete, kein Stück
von Soqotra einer anderen Nation als England zu geben.
Am 23. April 1886 nahm er ein englisches Protektorat für
Soqotra an (s. Anhang Nr. 36) und verpflichtete sich, mit
keiner anderen Macht als England ohne dessen Wissen zu
verhandeln. In einem ähnlichen Vertrage verpflichtete er
sich am 2. Mai 1888 auch für den Mahra-Stamm und Qisn
an der Hadramaut-Küste (s. Anhang Nr. 37) gegen ein jähr-
liches Stipendium von 120 Talern. Auf der Insel Soqotra
hat er etwa 5000 Beduinen und eine Einnahme von 1000 Rp.
Seit 1902 erhält er einen Salut von 9 Schüssen zugebilligt.
Aus diesen durchweg den Aufzeichnungen von Aitchison,
Unterstaatssekretär in Indien, entnommenen Angaben geht
hervor, daß England systematisch seit 1839 und dann
wieder besonders 1876, 1895 und 1904 die meisten Stämme
in Südarabien, von Bäb el-Mandeb bis etwa nach Mirbät,
in seine Abhängigkeit gebracht hat, und zwar wurden mit
vielen dieser Stämme formelle Protektoratsverträge ab-
geschlossen, welche durch den Vizekönig von Indien rati-
fiziert sind. Vielfach in der Presse ist ein Protektorat über
Südarabien geleugnet worden. Für das ganze Land ist
auch keines erklärt worden, aber überall mit einzelnen
Stämmen, mit denen England als Macht zu Macht verhan-
delte. Bei jeder Unbotmäßigkeit gegen England wurden
den Häuptlingen die Subsidien entzogen, denn diese sind
das äußere Zeichen der Abhängigkeit. Soviel ich aus den
— 147 —
Angaben von Aifchison feststellen konnte, wurden im Beginn
dieses Jahrhunderts an alle Häuptlinge zusammen 291 14TaIer
im Jahre regelmäßig gezahlt. Es wird sidK dabei wohl um
Maria-Theresia-Taler gehandelt haben, und die „cooroosh"
(Groschen!) werden dieselbe Münze gewesen sein, die in
Zanzibar nur Rechnungseinheit ist, dem amerikanischen
Golddollar entspricht und rund 2 Rupien oder 2^/3 Mark
Wert hat. Wenn diese Rechnung stimmt, dann betragen
die jährlichen Subsidien rund 58223 Rp. oder 77637 Mark,
und außerdem hat die englische Regierung noch übernom-
men, den früheren Häuptling von Makalla in Zanzibar zu
unterhalten von den lOOOCO Talern, welche der Häuptling
von Seher einzahlte.
Die Macht in Südarabien hatte also tatsächlich der poli-
tische Resident in 'Aden, ein ungekrönter König — bis zum
Ausbruch des Heiligen Krieges. Wie es dort jefet aussieht,
kann man nicht beurteilen, denn von England wird jede
Nadiricht zurückgehalten. Der Umstand, daß dem Jahjä
von Jemen, der den Türken gegen die Engländer bei 'Aden
und Makalla geholfen zu haben scheint, Ende 1915 ein
türkischer Orden mit Brillanten verliehen wurde, läßt darauf
schließen, daß Türken und Araber gegen die Engländer
große Erfolge hatten. Im März 1916 wurde, wie erwähnt,
gemeldet, daß Stämme Südarabiens sich den Türken unter-
worfen haben, und daß die Engländer sogar in 'Aden selbst
gefährdet wären. Einstweilen hat also die englische Ober-
hoheit dort aufgehört.
Perim. Die von den Alten die „Insel des Diodorus", von
den Arabern Majün genannte Insel Perim wurde von Albu-
querque 1513 besucht, als er aus dem Roten Meer zurück-
kam. Er errichtete dort ein Kreuz und nannte die Insel
„Vera Cruz". Eine Zeitlang haben dort Piraten ihren Stüö-
punkt gehabt, die später nach Saint-Marie bei Madagaskar
gingen. Im Jahre 1799 ist sie von den Engländern, wie
schon erwähnt, als herrenlos in Besiö genommen und kurze
Zeit durch den Oberstleutnant Murray beseht. Auch 1801
soll dort eine kleine Garnison gewesen sein. Als dann die
englische Dampfschiffahrt im Roten Meer bedeutender wurde
— denn man brachte ja die Post und Passagiere schon
lange vor Eröffnung des Suezkanals über Alexandrien und
Suez nach Indien — , da besAloß man, Perim als Aus-
10«
— 148 —
gangsstelle des Roten Meeres dauernd zu besehen. Man
erzählt sich, daß die Franzosen zu gleicher Zeit dieselbe
Absicht gehabt hätten, und daß zu diesem Zweck ein fran-
zösisches Kriegsschiff nach 'Aden gekommen sei; dort aber
hätten bei einem Fest die Offiziere über ihre Aufgabe ge-
sprochen. Auf diese Kunde hin habe der Resident von
'Aden noch in der Nacht ein Kriegsschiff abgehen lassen,
so daß die Franzosen bei ihrer Ankunft in Perim dort
schon die englische Flagge vorfanden und unverrichteter
Sache abfahren mußten. Seit 1857 ist dort eine ständige
englische Garnison. Im Jahre 1861 wurde auf Perim ein
Leuchtturm gebaut, 1875 erridKtete die Aden Goal Comp,
dort ein Kohlenlager, 1888 wurden einige Beamte der
Eastern Telegraph Co. in Perim stationiert. Die 5500 m
lange und 1800 m breite Insel ist der Krater eines er-
loschenen Vulkans; Süßwasser gibt es nicht. Von Süd-
westen aus kann man in die Kraterbucht hineinfahren, die
einen vorzüglichen Hafen für viele Schiffe bildet mit der
Möglichkeit, dicht am Ufer zu liegen.
Kamarän ist eine kleine Insel, 166 qkm groß, die im
Roten Meer nördlich von Hodeida liegt. Sie wurde von
Albuquerque 1513 auf seiner erfolglogen Reise gegen 'Aden
besucht. Im Jahre 1858 haben die Engländer sie beseöt,
damit keine andere Macht dort ein Telegraphenkabel landen
könne. Die englischen Handbücher zählen die Insel heute
noch als britisches Eigentum auf, während andere Angaben
dies bezweifeln. So erwähnt z. B. das türkiscfie Staatshand-
buch Sälnäme im Sangaq Hodeida ein „Nähije" (Bezirk)
Kamarän als türkisch.
Jedenfalls ist in Kamarän die Quarantänestation, wo die
von Süden kommenden Pilger, also hauptsächlich Indier
und Javanen, 10 Tage bleiben müssen, bevor sie nach Gidda
und Mekka gehen.
Soqotra, auf der Höhe des Kap Guardafui gelegen und
von einer Urbevölkerung bewohnt, deren Sprache der von
Mehrt in Südarabien verwandt sein soll, war schon im Alter-
tum als „Insel des Dioskurides" bekannt. Sie soll damals
von Griechen kolonisiert worden sein. Im Jahre 15C6 be-
seiten die Portugiesen unter Tristan d'Almeida dort eine
Stadt, wo sie noch Thomas -Christen fanden. Sie ließen
auch kurze Zeit eine Besamung auf der Insel. 1507 war
— 149 —
Albuquerque auf seiner Rüd^reise vom Roten Meer auch in
Soqotra. Später gehörte die Insel dem Sultan von Masqat,
dann dem von Qisn in Mahra; 1835 beseiten die Engländer
sie zum erstenmal, landeten dort zeitweilig indische Truppen
und richteten auch eine Kohlenniederlage ein, doch mußten
sie des schlechten Klimas wegen die Insel aufgeben. Am
23. Januar 1876 wurde von den Engländern — diesmal mit
dem Sultan von Soqotra — wieder ein Vertrag geschlossen,
nach welchem der Sultan sich gegen eine einmalige Zahlung
von 3000 Maria-Theresia-Talern und eine jährliche Pension
von 360 Talern verpflichtete, niemals anderen Mächten außer
England Zusagen oder Landkonzessionen zu madien, und
allen Schiffbrüchigen zu helfen.^ Irgendeinen direkten amt-
lichen Einfluß übt England auf Soqotra nicht aus, hat auch
keinen Leuchtturm ^ dort gebaut. Doch hat es 1886 formell
das Protektorat erklärt. Ein Vertreter des Sultans von
Qisn wohnt in Tamarida auf Soqotra.
Die Ghüriä-Müriä-Inseln bilden eine Gruppe von fünf
winzigen Eilanden an der Südküste von Arabien, die 1503
von Albuquerque entdedkt und besucht wurden. Der Sultan
von Masqat machte — wohl auf Wunsch der Engländer —
Anspruch auf diese Küste, und mit ihm haben die Eng-
länder am 14. Juli 1854 einen Vertrag geschlossen, dem-
zufolge der Sultan die Inseln an England abtrat. (Siehe
Anhang Nr. 38.) Man dachte daran, dort das Kabel nach
Indien zu landen, ein Plan, der aber nicht ausgeführt wurde.
Außerdem hoffte man die Guanolager der Inseln ausnü^en
zu können, zu welchem Zwed^e am 15. Juli 1856 drei Eng-
ländern eine Konzession erteilt wurde. (S. Anhang Nr. 39.)
Jedoch soll nur sehr wenig von diesem Stoff tatsächlidi
ausgeführt sein. Die größte der Inseln heißt Halanija, die
anderen es-S6da, Hasik und Qablia.
Das Britisciie Somaliland muß hier wenigstens kurz
erwähnt werden, da es zeitweilig zum Maditbereich von
' Siehe weiter oben unter Qisn. (Anhang Nr. 35 u. 36.)
^ Für das Rote Meer erhielt die Firma Barbier, Renard & Turenne
(um 1900?) die Konzession von der türkischen Regierung, Leuchttürme
auf den Inseln usw. zu erbauen. (Zebair, auf der Gruppe Abon-Ail,
Gebel Ter und bei Mochä.) Der Dampfer „Atrique" verließ Rouen mit
Personal und Material für diese Arbeiten (De la Tour). Wie weit sie
gediehen, ist mir unbekannt. Jedenfalls sind je^t Leuchtfeuer auf der
Insel Teir, Nord-Sukur, bei Mochä und auf Perim.
— 150 —
"^Aden gehörte. Wegen der Weihrauchproduktion dieser Küste
haben schon seit der ältesten Zeit Beziehungen mit Ägypten
und Südarabien bestanden. Funde machen es wahrschein-
lich, daß auch die Römer oder Byzantiner hier Nieder-
lassungen hatten. Jedenfalls nennt der Periplus eine Menge
Häfen dort. Ebenso haben die Abessinier während ihrer
Bestrebungen in Südarabien an der Somaliküste Fuß gefaßt,
wahrscheinlich auch das Christentum dort eingeführt. So
soll der König von Axum 523 von Zeila aus nadh 'Aden
übergeseöt sein. Auch die Perser haben in ihrer arabischen
Zeit mindestens Berbera beseht, angeblich auch eine Wasser-
leitung dort gebaut, deren Reste noch vorhanden sind. Sehr
viel reger sind natürlich viele Jahrhunderte lang die Be-
ziehungen mit Arabien gewesen. Von dort gingen dauernd
Menschen nach dem Somaliland, wo schon um 650 der
Islam eingeführt wurde. Es scheint, daß nicht nur aus Jemen,
sondern auch besonders aus Hadramaüt und Mahra die
Wanderungen nach der Somaliküste stattfanden. Anfang
4es 16. Jahrhunderts haben die Ägypter auch in Zeila sich
festgesefet, das aber schon 1516 durch die Portugiesen ver-
brannt wurde.
Im Februar 1827 schloß der Kapitän eines englischen
Kriegsschiffes mit dem Sultan des Habr-Awal-Stammes einen
Vertrag zum Schule von Schiffbrüchigen ab. (Aitchison
Nr. LXXXIV.)^ Bald nach der Besefeung von 'Aden ver-
pflichtete sich am 19. August 1840 der Sultan von Zeila
und Tagura, der früher von Jemen, dann eine Zeitlang in
Ägypten abhängig gewesen war, gegenüber der East India
Co., keiner anderen Macht einen Teil der anliegenden
Küste abzutreten. Die kleine Insel Aubad oder Eibat wurde
am 3. September 1840 an die Gesellschaft verkauft. Zur
gleichen Zeit (31. August 1840) wurden auch die Müsa-
(Muscha- oder Maschah-) Inseln sowie das Eiland Bäb in
der Bucht von Tagura vom Sultan des Landes an England
abgetreten. Alle diese kleinen Inseln sind 1888 an Frank-
reich übertragen, als durch einen Vertrag die englischen und
französischen Interessengebiete im Somaliland festgelegt
wurden. Im Laufe der Jahre sind noch verschiedene Ver-
^ Ich ridite midi nach R. E. Stubbs' „A historical Geography of the
British colonies", Bd. 1, S. 84 ff. (Oxford 1906), sowie nach Aitchison,
Bd. XIII, S. 189 ff.
— 151 —
träge mit Häuptlingen der Nord-Somaliküste abgesdilossen
wegen der Unterdrückung des Sklavenhandels. ^
Im Jahre 1870 richtete der Chediv von Ägypten, der die
Ansprüche der Türken im Gebiete des Roten Meeres über-
nommen hatte, Garnisonen an der Nord-Somaliküste und in
Harrar ein, die 1884 während der Mahdistenunruhen zurüci«-
gezogen wurden. Sofort traten europäische Mächte in die
Bresche ein. Von 'Aden aus wurden die Plä^e Zeila und
Berbera beseht, mit allen Häuptlingen wurden Verträge ab-
geschlossen, und 1885 schon erklärte England sein Protek-
torat über das Land, während 1884 die Franzosen Obok
und bald darauf dessen Umgebung an sich brachten. Von
'Asab an nördlich aber nahm Italien das Land in Anspruch.
Von 1884 bis 1898 war das englische Somaliland unter
der Verwaltung des politischen Residenten von 'Aden, dann
kam es unter das „Foreign Office" und wurde von einem
Commissioner geleitet; 1905 ging es auf das „Colonial
Office* über. Der Siö der Verwaltung von Nord-Somali-
land ist in Berbera. Man überließ die Stämme im Innern
sich selbst, und erst in neuerer Zeit hat man den Einfluß
auch ins Innere ausgedehnt. Ohne die Kosten der mili-
tärischen Unternehmungen muß das Mutterland einen jähr-
lichen Zuschuß von etwa 136000 ^ geben. Auf die großen
Schwierigkeiten, die England seit 1901 im Somaligebiet
mit dem „Mad-Mullah" (eigentlich „falschen Propheten" und
im Wortspiel „verrückten Propheten") gehabt hat, der mit
seinem richtigen Namen Mohammed bin 'Abdullah Hasan
heißt, dessen Bekämpfung große Expeditionen nötig machte,
und der noch immer nicht ruhig ist, können wir hier nicht
eingehen.
10. Kapitel
Masqat oder 'Oman
Ein durch die große Wüste ed-Dahnä nach dem Binnenland
abgesperrtes Gebiet liegt isoliert im äußersten Südosten
von Arabien, das je nach der Macht seiner Herrscher mehr
oder weniger lange Strecken der Küsten nach Westen und
Norden in Besi^ hatte, das auch nach der persischen Seite
' Es handelt sich an der Somaliküste um die Stämme: Habr-Awal..
Qadabursi, Habr Toljaala, Isa, Habr Qerhajes und Warsingili.
— 152 —
des Golfes hinübergriff, ebenso wie es selbst von Persien
aus zeitweilig beherrscht wurde. Hohe Berge im Innern
gewähren eine ziemliche Fruchtbarkeit (Dattelkultur, etwas
Ackerbau) und die Anlage von festen Siedlungen, zwischen
die sich aber dauernd Beduinen einschieben. In 'Oman
soll Kupfer, Blei, Eisen und Bernstein, bei Bahila auch
Gold vorhanden sein. Kulturell wurde dies Land zwar
sehr stark von Arabien selbst beeinflußt, besonders durch
Einwanderungen von Jemen aus und durch den Islam;
viel aber scheint auch die persische Küste eingewirkt zu
haben. Besonders wird die Eigenschaft, Staaten zu bilden,
hier — wie vielleicht auch in Jemen — dem Einströmen
persischer Elemente zuzuschreiben zu sein. Das Binnen-
land von 'Oman hat ein „arabisches" Leben geführt, halb
seßhaft, halb nomadisch; die Küste dagegen hatte von
den ältesten bekannten Zeiten an dank ihrer günstigen
Lage eine ähnlich bevorzugte Stellung wie die von Jemen.
Auch hier entwici^elten sich Handelsemporien, die teils durch
Karawanen nach dem Weihrauchlande Hadramaut, nach
Jemen und Mekka sowie anderseits nach Norden ver-
kehrten. Noch bedeutender aber waren die überseeischen
Beziehungen nach den Uferländern des Perser Golfes, mit
dem reichen Babylonien, mit der persischen Küste und ihren
Hinterländern Susiana, Persis, Sogdiana, und weiter mit
dem großen innerasiatischen Überlandweg von China her,
dann aber auch mit Indien, Ceylon, den Molukken und
China. Und eigenartigerweise gehen von 'Oman aus auch
die großen Kolonisationsbestrebungen nach Ostafrika, offen-
bar im Anschluß an eine Auswanderung von Hadramaut
aus. So ist auch dies an der Pforte des Perser Golfes
gelegene Gebiet von großer Wichtigkeit für den Handel.
Ahnlich wie in Jemen sind also die örtlichen Bedingungen
von 'Oman, aber verschieden hat die Geschichte sich hier
abgespielt, indem das Land wenigstens äußerlich unab-
hängig blieb. Die großen Antagonisten, Rom-Byzanz und
Persien, konnten hier nicht so aufeinanderprallen wie am
Roten Meer, Persien hatte die natürlichen Vorteile an der
Hand. Das Chalifat und die Türkei begnügten sich damit,
ihre politischen Einflüsse am nördlichen Teil des Perser
Golfes auszudehnen; dort wurden die Zollstellen errichtet.
Als aber die europäischen Nationen vom Kap aus gekommen
— 153 —
waren, da belegten sie den Eingang des Golfes mit einer
Kontrollstelle; Hormüz und Masqat wurden 1515 von den
Portugiesen beseht, denen die Perser mit englisdKer Hilfe
1622 den ersteren Ort fortnahmen. Die Engländer aber haben
sich begnügt, 'Oman mit Verträgen und Geldstipendien unter
ihre politische Gewalt zu bekommen. Sie beanspruchen
aber den alleinigen Einfluß dort und lassen keinen Neben-
buhler hinzu.
Im Altertum lag der Persische Golf weiter von den
Stätten klassisdier Kultur entfernt als das Rote Meer. Es
ist deshalb verständlich, daß wir weit weniger über ihn
in alter Zeit hören. Vielfach nannte man den Südteil
des Perser Golfes die „Erythräische See", nach einem
sagenhaften König Erythras, dessen Grab auf der Insel
Ogyra (Organa) gewesen sein soll, in der Sprenger die
Insel Kism vermutet. Der Admiral des Alexander, Nearchos,
welcher die Küste von Gedrosia (Mekran) entlang fuhr,
kannte das Kap Asabon, das heutige Musandum in 'Oman^
und sein Begleiter Androsthenes muß einen der Weihrauch-
pläfee besucht haben, vielleidit die Bahrain-Inseln, von wo
er eine ganze Schiffsladung des gesuchten Stoffes mit-
brachte. Auch der Periplus kennt Orte im Perser Golf.
Zur Zeit des Ptolomäos sollen im heutigen 'Oman die
Macae (Ma'ka?) und die Ichthyophagen im Norden, die
Cottabani (wohl Qodä'a?) in der Höhe von Masqat und
die Sachalitae (d. h. „ Küstenbewohner ") am Ufer der
Weihrauchgegend gewohnt haben, wo im Innern die Chatra-
monitae (d. h. „die Leute von Hadramaut") saßen. Eine
genaue Vorstellung über den Kulturzustand der dortigen
Völker zu jenen Zeiten können wir uns nicht machen, wenn
wir auch hören, daß die Küstenleute einen regen Handels-
verkehr hatten. Die Mohammedaner haben audi hier wie
überall die geschichtlichen Überlieferungen aus der vor-
islamischen „Zeit der Unwissenheit" ausgetilgt. Nur sehr
wenig ist bewahrt worden, meist in Form von Genealogien.
Wir wollen für 'Oman der Chronik von SalTl ibn-Raziq,
die von Badger herausgegeben ist, folgen, besonders der
Einleitung des Herausgebers, der sich wohl meistens Caussin
de Perceval anschließt.
Ein gewisser Ja'arüb, Nachkomme von Qahtan, soll 754
vor unserer Zeitrechnung in Jemen und 'Oman geherrscht
— 154 —
und sein Nachkomme Sammar die Herrschaft der Perser
über 'Oman anerkannt haben. Nun ist Qahtan, der mit
dem hebräischen Joqtan identisch ist, nach den arabischen
Genealogien der Urvater der südarabischen Stämme. Sein
Nachkomme Ga'rüb wird als erster genannt, der Arabisch
redete; dessen Enkel ist Saba, Vater des Himjar und des
Kahlän, gewesen. Es scheint also, als ob sich in dieser
sagenhaften Genealogie die Vertreter des ansässigen Kultur"
volkes, der Städte- und Staatenbildner von Südarabien,
verkörpern, die ja möglicherweise von anderer Rasse als
die nomadischen Araber gewesen sind (?). Jemen und
"^Oman müssen demnach vielleicht einer gemeinsamen
Kulturschicht angehört haben. Zwischen beiden haben rege
Beziehungen stattgefunden. In 'Oman ist bis auf den
heutigen Tag ebenso wie in fast ganz Arabien der Gegen-
saö zwischen den seßhaften Städtern mit ihrer Landwirt-
schaft und den nomadischen Beduinen zu finden. Beide
machen sich dauernd ihr Gebiet streitig. Und außerdem
sehen wir im Laufe der Geschichte, daß das Binnenland
und die Küstenzone oft voneinander getrennte politische
Entwicklungen durchmachen. So wird es auch in alter Zeit
gewesen sein.
Sammar soll also etwa zur Zeit des Kyros die Herr-
schaft der Perser über 'Oman anerkannt haben, die mit
Hilfe neuer Einwanderer aus Jemen vom Stamme el-Azd
zurückgetrieben sein sollen. Die Auswanderung von diesem
brachte man mit dem bekannten Dammbruch von MaVib
zusammen, dessen Zeitpunkt von den Forschern verschieden
angesett wird, von Glaser z. B. erst 534 n. Chr. Dies geschicht-
liche Ereignis wird aber wohl nur als sehr unsichere Zeit-
angabe in der Überlieferung angenommen; irgendwelche
Naturereignisse oder politische Umwälzungen werden die
Auswanderung aus Jemen bedingt haben, die sich ja nach
verschiedenen Gegenden richteten. Andere sogenannte
Azditenfamilien sollen auch aus Negd in 'Oman eingewan-
dert sein. Diese haben unter dem jungen König Sapur IL
von Persien die persischen Küsten heimgesucht, doch hat
Sapur um 320 n. Chr. wieder die arabische Küste von
el-Qatif an unterworfen.
Andere Einwanderer von Jemen waren Nachkommen
von Tai' vom Stamme 'Odad, die um 250 n. Chr. aus
— 155 —
ihrer Heimat auswanderten. Von ihnen stammen die
Benü-Nebhän^ab, die zwei bis drei Jahrhunderte lang'Omän
beherrschten.
Als noch andere Stämme in 'Oman werden die Benü
Hinä (Häni, Häna, el-Hinawija) genannt, welche die Mehr-
zahl der Beduinen des Landes repräsentieren. Ihre Wider-
sacher sollen die el-Ghäfirt gewesen sein, aus denen im
18. Jahrhundert der Imäm Mohammed bin Nasr hervor-
ging; dies waren vielleicht Ismä'iliten.
Der Hauptstamm in 'Oman bis zum Ende des 6. Jahr-
hunderts waren die Jemen-Azditen, als Chosros Parwiz ein
Heer unter Wahriz nach Jemen sandte, das auch 'Oman,
Hadramaut, Mahra und Bahrain unterwarf. Das Land
wurde wieder persisch. Um 630 aber sandte der Prophet
Mohammed einen gewissen 'Amr nach 'Oman,^ wo die
Azditen-Brüder Jaifar (Ga'far?) und 'Abd, die Söhne von
uulanda, herrschten. Diese nahmen den Islam an. Ein
Aufstand erfolgte in 'Oman während der Regierung des
Chalifen Abu Bekr unter Führung des Azditen Du et-Tai'
Lakit, eines früheren Widersachers von Gulanda. Hadra-
maut, Mahra und Bahrain waren zu gleicher Zeit aufsässig
geworden, doch wurde der Aufstand bald niedergeworfen.
Um 636 ernannte der Chalif 'Omar den 'Otmän bin Abt
el-'AsT zum Gouverneur von Oman und Bahrain, der von
dort aus eine Expedition gegen Sind führte. Die Ober-
hoheit der Chalifen über 'Oman war aber nur eine nomi-
nelle bis zur Thronbesteigung des Chalifen 'Abd ul-Malik
Merwan (685), dessen Statthalter im 'Iräq, el-Haggag, die
Unterwerfung von 'Oman durchführte. Die Azditen Brüder
Suleimän und Sa'Td flohen in das Land der Zang, d. h.
nach Ostafrika. 3
'Oman war also ein Anhängsel des 'Iräq geworden, von
wo die Beamten ernannt wurden. Zuweilen nahm man
' Nebhäni spielen audt heute noA in 'Oman eine geachtete Rolle.
Der bekannte frühere „Bürgermeister" von Daressalam, Solimän bin
Nasr, ist aus dieser Familie.
2 Nach anderer Le art wurde Huclarifa bin Mihsan el-Qhalfäni aus
Himjar vom Propheten nach Oman gesandt.
2 Badger nimmt an, daß es diese Anhänger des Said aus 'Oman
waren, und nicht die des 'Aliden Zaid, welche Ostafrika der Legende
nach zuerst kolonisiert haben (s. oben S. 65 im Abschnitt über Jemen).
— 156 —
aber auch Steuerbeamte oder Gouverneure aus den Ein-
wohnern von 'Oman. Im Jahre 751 machte das Land sich
unabhängig und wählte seinen eigenen Herrscher in der
Person des Gulanda bin Masüd, des ersten Imäm von
'Oman. Bisher hatten die dortigen Herrscher keinen be-
sonderen Titel geführt. Inzwischen war nämlich die Sekte
der Ibädija die mäd\tigste in 'Oman geworden.
Für diejenigen, welchen die islamischen Sekten nicht
geläufig sind, gebe id\ hier die Entstehung dieser Ibaditen
nach Bed^er („Die Religion in Geschichte und Gegenwart",
herausgegeben von Gunkel und Scheel, S. 738):
„Die Chäregiten und Ibaditen. Die Sunna (Praxis)
erkennt die vier ersten durch den Consensus omnium er-
wählten Chalifen Abu Bekr, 'Omar, 'Otman und 'Alt als
orthodox an, alle späteren Chalifen sind es nur noch durdi
Gewalt geworden. Wer aber durch das „Igmä'" (Consensus)
anerkannt ist, hat rechtlichen Anspruch auf den Gehorsam
der Gläubigen, selbst wenn er sich nicht streng an das
Gese^ halten sollte. . . . Des Otman Nadhfolger war 'Ali,
Mohammeds Schwiegersohn, den seine Familie von Anfang
an als den einzig berechtigten Nachfolger des Propheten
angesehen hatte. Gegen ihn empörte sich ein Verwandter
von 'Otman, der syrische Statthalter Mu'wija. Es kam
zum Kampf; schon schien das Schicksal zugunsten von 'Ali
entschieden zu haben, als Mu'wija die Entscheidung des
Qoran anrief. Im Lager von 'Ali befanden sich eine Reihe
frommer puritanisch gesinnter Leute, die den Widerstreben-
den zwangen, darauf einzugehen. Kaum hatte er sich aber
zu einem Schiedsgericht entschlossen, als sie ihn empört
verließen (daher ihr Name chawärig „ausgehende") mit der
Begründung, er habe sich in Gottes Sache auf Unterhand-
lungen und Zugeständnisse eingelassen. Er kämpfe ebenso
wie Mu'wija nicht für Gott, sondern für sich selber. Der
Chalif aber müsse ein Mann von anerkannter Frömmig-
keit sein. Deshalb könne 'Ali ebensowenig Chalif sein
wie Mu'wija. Auch der gottlose 'Otman könne nicht an-
erkannt werden. So halten sich die Chäregiten und ihre
Ableger nur an die ersten beiden Chalifen. Es ist begreif-
lich, daß eine Sekte, die jeden kleinen Fehltritt als Un-
glauben ansieht, sich bald in zahlreiche Einzelsekten auf-
lösen muß. Das ist nun auch mit den Chäregiten ge-
— 157 —
sdiehen. Nur politisch haben sie längere Zeit die Ruhe
des Chalifenreiches gestört, dann sind sie bis auf einige
Reste, die Ibäditen, auch Abaditen genannt, untergegangen.
Diese sind in Nordafrika, 'Oman, Zanzibar und Deutsch-
Ostafrika zu finden."
Das Redit der Ibäditen ist von Sachau und anderen
ausführlich bearbeitet, weil eben diese Sekte für unsere
eigene Kolonie Ostafrika von Wichtigkeit ist. Die Sultane
von Zanzibar und von 'Oman sind ihre Hauptvertreter. Der
Sultan von 'Oman war für diese Sekte der „Imäm", d. h.
das geistliche und weltliche Oberhaupt. Nach ihrem Recht
ist für die Wahl des Imäm keine leibliche oder geistige Nadi-
folge nötig. Der Imäm soll vielmehr der Erwählte des Volkes
sein, das ihn auch absehen kann. Es kam aber bald dazu,
daß nicht das ganze Volk, sondern nur ein Kollegium von
Angesehenen, von Ältesten, die Wahl vornahm, und daß
der Imäm dem Volke präsentiert und von ihm durch Ak-
klamation bestätigt wurde. So geschah es zuerst 762 bei
der Wahl von Mohammed bin 'Affän. Die Hauptstadt des
Landes war damals Nezwa (Niswa?). Später wurde Rastäq
der Siö des Imäm, bis er seit 1779 dauernd in Masqat
lebte. In älterer Zeit war der Schwerpunkt des Landes also
im Innern, später an der Küste. Beide Teile aber haben
oft gesonderte staatliche Existenzen gehabt.
Harun ar-RasTd (786 — 809) versuchte vergebens, 'Oman
zu erobern, dessen Einfluß bis Mahra in Südarabien aus-
gedehnt war. Die Abhängigkeit dieses Landes von 'Oman
war aber anscheinend nur eine sehr lose und verschwand
bald ganz. Erst um 1854 wurde sie ganz künstlich wieder-
hergestellt, als der Imäm von 'Oman, Sejjid Sa'id, die an
der Mahra-Küste liegenden Ghüriä-Müriä-lnseln den Eng-
ländern abtrat, obgleich die Inseln den Häuptlingen der
Benü Chalfän bei Mirbat tributär waren. Nur mit Hilfe der
Engländer, und weil diese die Inseln vom Sultan von 'Oman
erwerben wollten, wurde dessen Oberhoheit zeitweise —
von England — anerkannt.
Während des Chalifats des 'Abbäsiden Mo'tadhid (892
bis 902) riefen unzufriedene Elemente in Oman den Gou-
verneur vom 'Iräq, Mohammed bin-Nür, ins Land, der mit
einem Heere von 25000 Mann 'Oman eroberte. Viele der
Bewohner flohen nach Hormüz, Siräz usw. Sein Statthalter
— 158 —
wurde aber bald ersdilagen, da das Volk durdi die Grau-
samkeiten der Fremden erbittert war. Nadi einigen Imäm-
Herrschern, und nachdem die Qarmaten-Unruhen 913 im
Lande nidit viel Einfluß gehabt hatten, herrschte der Sultan
von Baghdad wieder offiziell im Lande. Tro^dem aber hatten
die Bewohner von 'Oman auch ihre eigenen Imäme, also
ein ganz ähnliches Verhältnis, wie wir es in Jemen gesehen
haben. Der Imäm war das religiöse und weltliche Ober-
haupt und wurde von einem Kollegium von vier Ältesten
gewählt. Es scheint also, daß von Baghdad aus nur ein
kleiner Teil des Landes beherrscht wurde. Nach dem Jahre
1000, als das 'Abbäsiden-Chalifat geschwächt war, hörte auch
das Vasallenverhältnis auf, und 'Oman wurde selbständig.
Nacheinander herrschten fünf Imame in Nezwa (Niswa) aus
verschiedenen Azditen-Familien, dann kam ein Interregnum
von 260 Jahren, in dem die Benü Nebhän die Madit ge-
wannen und eine Dynastie von Königen (Nalik, pl. Meluk)
schufen, die über einen großen Teil des Innern herrsditen,
ohne daß sie auch die geistlichen Führer der Ibaditen waren.
Erst um 1435 wurde das Imämat wiederhergestellt.
Unter der Herrschaft der Benu Nebhän (1154—1406)
wurde 'Oman zweimal von Persien angegriffen, 1265 von
Siraz und etwas später von Hormüz^ aus, wo im Bezirk
Kerman sich ein kleines Fürstentum arabischen Ursprungs
gebildet hatte. Dies le^tere war nach Vertreibung durch
die Mongolen (etwa 1260, nach anderen erst um 1310)
vom Festlandsort Gombrün - Hormüz nach der nahe ge-
legenen Insel Gerün oder Zarün geflüchtet, die dann auch
Hormüz genannt Vv'urde. Obgleich bald von 'Oman ver-
trieben, haben diese „Könige von Hormüz" noch bis zum
Beginn des 16. Jahrhunderts die Jurisdiktion in 'Oman be-
ansprucht, also bis zur Ankunft der Portugiesen.
Von 1435 — 1624 herrschten Imame aus den Familien
der Azditen, Nebhän und Hinäi. Dann kam mit Näsir bin
Mursid die Ga'rüba an die Regierung, die Abkömmlinge
der ältesten Qahtän-Einwanderer aus Jemen waren. Diese
^ Hormüz soll angeblich von dem Sassaniden Ardesir Babekan
(211—224) gegründet sein, zuerst auf dem Festland, östlich vom heu-
tigen Bender Abbas. Um 1310 ist die Stadt durch Kutb ed-Din auf
die nahegelegene Insel verlegt, wo sie sich als reiche und berühmte
Handelsstadt entwickelte.
— 159 -
hatten ihre Hauptstadt in Rastäq, auch während die Portu-
giesen die Küstenorte innehatten.
Im Jahre 1506 war nämlich das portugiesische Kreuzer-
geschwader unter Albuquerque von Soqotra aus nach Hormuz
gefahren, welche Stadt damals auch die arabische Küste
beherrschte. Im September folgenden Jahres kam Albu-
querque zurück. Der für den unmündigen Sultan herrschende
Vormund, ein Eunuche, lehnte die Übergabe der Stadt
Hormuz ab. Als jedodi ein Teil davon erobert war, er-
klärten sich die Araber zur Tributzahlung bereit und
erlaubten den Portugiesen, ein befestigtes Handelskontor
dort zu errichten, das die Araber aber bald wieder ein-
nahmen. Erst im Frühjahr 1515 wurde die mächtige Handels-
stadt den Portugiesen unter Albuquerque ausgeliefert, weldie
die Zitadelle einnahmen und den König nach Goa sandten.
Ein gefährlidier Aufstand brach 1522 dort aus, nach dessen
Unterdrüd^ung der Tribut auf öOOOOXeraphim erhöht wurde.
JedodK erst 1542 sollen alle Zolleinkünfte von Hormuz
ganz in der Hand der Portugiesen gewesen sein. Die
Küstenstädte von 'Oman waren schon früher von den Portu-
giesen beseht worden. Um 1508 werden sie dort überall
befestigte Kontore gehabt haben, in denen Garnisonen
lagen, ebenso wie es auch in Bahrain der Fall war. Um
1551 nahm eine türkische Flotte unter Pirbec den Portu-
giesen zeitweilig Masqat fort; sieben Jahre später ließ
Solimän der Prächtige auch Bahrain angreifen, das aber
mit Erfolg von Dom Alvario di Silveira verteidigt wurde.
1581 ist dann Masqat noch einmal auf kurze Zeit dem
Türken Mirale Beque, den wir schon oben kennenlernten,
in die Hände gefallen. Viel Einfluß haben die Portugiesen
allerdings sogar in den Städten nicht gehabt. So wurde
ihnen, als sie 1588 in Masqat und Sohar Festungen bauten,
dort nur die Hälfte der Zollgefälle in Form freiwilliger
Schenkungen abgetreten (Strandes S. 226). Im Innern von
^Oman jedoch herrschten während der ganzen Zeit die Imäme
weiter. Qalhät, Qarjat, Masqat, Sur, Matra und Sohär
sowie manche andere Pläöe in 'Oman waren in Händen
der Portugiesen. Nur in Lawa an der Küste hatte der Imäm
Einfluß, und ein paar kleine Orte hatten unabhängige
Herrscher, als am 22. April 1622 die Portugiesen mit eng-
lischer Hilfe von den Persern aus Hormuz vertrieben
— 160 —
wurden.^ Der Rest der portugiesischen Besamung von Hor-
müz flüchtete nadi Masqat, das nun das Bollwerk der Portu-
giesen wurde. Im Orte Gulfar an der Westseite des Kaps
war das sonderbare Verhältnis, daß dort sowohl die Portu-
giesen als auch die Perser aus Hormuz je ein Fort und
Garnisonen hatten.
Der Imam, ermutigt durch die Erfolge der Perser in
Hormuz, ging auch seinerseits (1640) gegen die Portugiesen
in Masqat vor; 1648 wurden bei seinen Angriffen die Forts
in öarjat, Dobera und Matra sowie die Stadtumwallung von
Masqat von den Portugiesen aufgegeben, und am 26. Januar
1650 fiel auch die Festung von Masqat in die Hände des
Imam Sultan bin Seif. Nur in Sohär behielten die Portu-
giesen eine Zeitlang nodi das Fort (d. h. ein befestigtes
Handelskontor), gegen Zahlung eines Tributs an den Imam,
der aber auch seinerseits dort ein eigenes Fort baute. Der
Imam griff die Portugiesen sogar in Indien (Diu und Daman)
an, wo er große Beute machte. Jedenfalls waren beim Tode
von Sultan bin Seif (1668) die Portugiesen überall aus
'Oman vertrieben.
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts hatten die Araber von
'Oman auch Kolonien an der Ostküste von Afrika angelegt.
Die Bevölkerung der arabischen Küsten war von alters her
an Seefahrt gewohnt gewesen, sie hatte in portugiesischen
Diensten diesen Beruf weiter ausgeübt und vervollkommnet.
Als nun 1651 dem Imam von 'Oman einige portugiesische
Kriegs- und Handelsschiffe in die Hände fielen, war der
Grund zu einer Flotte gelegt, die durch Ankäufe vergrößert
wurde. Mit dieser ging man von 'Oman aus audi gegen
die indischen und afrikanischen Besi^ungen der Portugiesen
vor. 1652 überfielen die Araber Zanzibar und erschienen
1660 vor Mombassa. Schon zur Zeit von Imam Sultan bin
Seif herrschten in Ostafrika die Araber von 'Oman mehr
als die Portugiesen, auch wenn diesen noch einige feste
^ Curzon („Persia" II, 418) gibt die Bedingungen an, unter denen
die Pflichten und die Beute von Hormuz zwischen den Per ern und
Engländern geteilt wurden. Bei Aifdiison (Bd. XII, S. 2) ist sogar der
Vertrag über die Verteilung des Plünderungsergebnisses abgedrudtt.
Viele Jahre zog sich der Streit über den Raub (20000 £) hin, welcher
den Engländern aus der Beute zugefallen war. 1625 wurden alle bisher
portugiesischen Plä^e mit Ausnahme von Bahrain an Persien aus-
geliefert.
— 161 —
Pläfee gehörten. Im Dezember 1898 fiel nach dreijähriger
Belagerung Mombassa, die starke portugiesische Festung,
den Arabern von 'Oman in die Hände. Nachdem es noch-
mals zurückerobert war, zogen am 26. November 1729 die
Araber endgültig in Mombassa ein, wo dann wie im ganzen
nördlichen Ostafrika arabische Gouverneure regierten, die
von 'Oman aus eingese^t waren. ^
Einer der Nachfolger von Sultan bin Seif, Seif bin Sultan,
der 1711 starb, ließ eine große Zahl von unterirdischen
Wasserleitungen in 'Oman wiederherstellen, Anlagen, die
wie so vieles andere aus Persien in Arabien eingeführt
waren. 2 Sein Nachfolger Sultan bin Seif II. eroberte die
* Die genaue Schilderung bei Strandes: „Die Portugiesenzeit von
Deutsch- und Englisch-Ostafrika" ; Berlin 1899.
2 Bewässerung in Oman. „In den gebirgigen Gegenden ge-
sdiieht die Bewässerung, wie schon gesagt, durch fließendes Wasser,
das man von besonders wasserreichen Quellen ableitet und in unter-
irdischen Leitungskanälen ansammelt, die in gewissen Abständen mit
Ziehbrunnen und Luftschächten von 10 bis zu 15 m Tiefe versehen sind.
Die Gesamtheit dieser Wasserleitungskanäle bildet das, was die Ein-
geborenen j,feleg" (plur. „aflag") nennen, und das Distributivvermögen
des „feleg" wird nach „gheiz" (plur. „ghujuz") bemessen, oder nach der
Zahl der Kanäle, aus denen er sich zusammense^t. Der „feleg" ist
Kollektiveigentum. Die Wassermenge, die ein solcher „gheiz" während
einer Tagesstunde (die annäherungsweise nach der Sonne und den
Sternen berechnet wird) verteilen kann, nennt man „athar" ('atar?);
sie ist für die Bewässerung von ca. 100 Dattelpalmen ausreichend. Ein
solches Wasserquantum wird vom „feleg" den Besi^ern von Palmen-
pflanzungen nach Maßgabe ihrer Bewässerungstätigkeit für 400 Taler
abgelassen; mithin stellt ein „feleg", der über drei „ghujuz" verfügt —
und das ist der Durchschnitt — , ein ansehnliches Kapital dar.
Der neunte Teil des Wassers, d. h. das Wasser eines Tages von
einer Periode von je 9 Tagen, ist für den „feleg" reserviert und wird
dem jeweils Meistbietenden verkauft. Der Ertrag ist für die Unter-
haltung und den Ausbau des „feleg" bestimmt, wie auch zur Zahlung
des Gehalts für die damit beauftragte Persönlichkeit, die durch Wahl
dazu ausersehen wird. Sehr häufig werden Legate zugunsten des
„feleg" ausgesetst, denen auf diese Weise in einigen Gegenden der
achte oder auch der siebente Teil des Wassers zufällt.
Aus dem Dargelegten geht also hervor, daß das Gedeihen der
Landwirtschaft in den gebirgigen Gegenden im wesentlichen von der
Schaffung neuer „aflag" abhängig ist, die aber nur in beschränktem Maße
möglich scheint angesichts der Schwierigkeit, Quellen zu finden, die nach
Wasserreichtum und Lage den gewünschten Bedingungen entsprechen.
In Batna und in einigen anderen Orten, wo die Bewässerung durch
Brunnen (tüjan, sing, taüi) bewirkt wird, reicht die leicht erschließbare
Hamburgische Forschungen. Heftl. jj
— 162 —
Bahrain-Inseln von den Persern, die dort seit Vertreibung
der Portugiesen saßen. Unter einem Imäm Muhenna, der
1718 zur Regierung kam, wurden die Zölle in Masqat ab-
gesdiafft, so daß der Handel aufblühte.
Interne Streitigkeiten hörten im Lande nicht auf. Die
beiden verschiedenen Bevölkerungselemente, die öahtanT
und 'AdnanT, oder Jemeni und Mu adt, oder HinänT und
Ghäfiri, wie man sie zu verschiedener Zeit nannte, standen
sich schroff gegenüber. Und auch unter den Imamen waren
dauernd Streitigkeiten, indem bald ein, bald der andere
Prätendent von einer Partei unterstüfet wurde. So sank die
Macht der Herrscher aus der Ga'ruba-Familie infolge dieser
Kämpfe immer mehr, bis man 1741 Ahmed bin Sa'id aus
der Familie Äl Bu-Sa'id zum Imam wählte.
Ahmed war ein Mann von niederer Herkunft, der aber
durch seine Tüchtigkeit Gouverneur von Sohar geworden
war und die Perser vertrieben hatte, die der vorige Imam
1737 während der inneren Streitigkeiten zu Hilfe geholt
hatte. Im Jahre 1738 hatten diese Perser Masqat, mit Aus-
nahme der beiden Forts, erobert. Vor Sohär durch Ahmed
geschlagen, hatten sie sich zurückgezogen. Aber einer
der Imäm- Prätendenten rief die Perser wieder herbei,
die nun auch die Forts von Masqat und Matra nahmen.
unterirdisdie Wassersdvidit sdieinbar weit über die Grenzen des in
Kultur genommenen Geländes hinaus, und man könnte vielleicht eine
größere Menge von Brunnen graben und so gegenwärtig unbebaute
Landstridie nutjbar machen.
Im Gegensa^ zu dem »feleg, der alle Grundstüdke, die er speist,
miteinander vereinigt und an die aus der gemeinsamen Nu^ung resul-
tierenden Abmachungen bindet, bildet jeder „taüi" mit der Pflanzung,
die er bewässert, ein unabhängiges und abgesondertes Eigentum.
Die tiefsten Brunnen befinden sich in Sib und kosten, was Graben
und Ausmauern anlangt, etwa 400 Frank. Der primitive hölzerne Appa-
rat, der das Wasser in die Höhe treibt, kostet 70 Frank; die Unter-
haltungskosten belaufen sich auf ungefähr 30 Frank jährlich.
Eine Pflanzung von 150 Dattelpalmen in voller Ertragfähigkeit
mit dem dazugehörigen Brunnen erwirbt man in Batna für etwa
600 Taler."
(Wörtliche Übersetung aus „II Sultanato di Oman." Rapporto del
Sgr. Umberto Omar. Ministerio degli Affari esterno. — „Direzione cen-
trale degli Affari coloniali. Ufficio di Studicoloniali",No10. Aprile 1912.
Roma 1912.)
In Persien, woher wohl diese Kanäle stammen, werden sie ,qanat"
genannt (Herzfeld.), in Turkcstan und Asyrien Karls.
— 163 —
Nur Sohär wurde tro^ langer Belagerung durch Ahmed mit
starken Truppen kräftig verteidigt. Da der Imam, welcher
die Perser herbeigerufen hatte, starb und die Belagerung
von Sohär aussichtslos war, machte man Frieden, und bald
gaben die Perser auch Masqat auf. Bei dieser Gelegenheit
ließ Ahmed in verräterisdier Weise die persische Garnison
bei einem scheinbaren Versöhnungsmahl abschladiten und
den Rest auf Schiffen verbrennen — so berichtet der Chronist.
Nachdem Ahmed einen Triumphzug durch das Land gemacht
hatte, erwählte man ihn 1741 zum Imäm. Er ist der Ahn-
herr des noch heute in 'Oman und in Zanzibar „regieren-
den" Herrscherhauses der Äl Bü-Sa'Td.
Ahmed bin Sa'Td kam mit großer Macht der Stadt Basra
zu Hilfe, die von den Persern genommen war. Wir hören,
daß bei dieser Gelegenheit der Feind eine eiserne Kette
über den Eingang des Satt el-'Arab gespannt hatte, die Ahmed
mit seinen Kriegsschiffen durchbrach und Basra befreite.
Zum Dank seöte ihm der Sultan der Türkei eine Pension
aus, die angeblich noch bis zur Zeit von Sajjid Said bin
Sultan bezahlt wurde; später schloß er ein Bündnis mit
Haidar 'Alt, dem „Nawwab" von Bangalore, ab, der einen
Vertreter nach Masqat sandte. Innere Unruhen und Kämpfe
füllten einen großen Teil von Ahmeds Regierungszeit. Er
starb 1775.
Ein Grund für die Schwächung der Regierungsgewalt in
'Oman ist in der neuen Art zu suchen, wie die Nachfolge
geregelt wurde. Bisher waren die Imäme fast 900 Jahre
hindurch, unabhängig von dynastischen Rücksichten, infolge
ihrer Tüchtigkeit gewählt. Der Sohn eines Verstorbenen hatte
grundsä^lich nicht mehr Recht als jeder Landesbewohner.
Aber schon unter den Ga'rüba begann man vom bisherigen
Verfahren abzuweichen, indem immer mehr die Angehörigen
des herrschenden Stammes bevorzugt wurden, und indem
ein Sohn — nicht immer der älteste — des verstorbenen
Herrschers durchweg Nachfolger wurde. Nur bei der Wahl
von Ahmed bin Sa'id der Äl Bu-Sa'id- Familie ging man
wieder auf das alte Wahlprinzip zurück. Nach ihm aber
kam man zu einer Familien -Nachfolge mit einer Neigung
für den ältesten männlichen Familienangehörigen. Die Auf-
stellung eines Rechtes der Primogenitur v^ürde viele der
Erbfolgestreitigkeiten vermieden haben, die dauernd im
11*
— 164 —
Lande wüteten. Die Prinzen, „Sejjid*, wie der Titel der
Angehörigen des Herrscherhauses von nun an lautete —
audK die von Zanzibar werden so betitelt — , bekamen als
Apanage die Einkünfte irgendeines Ories, in dem sie sid\
nun einrichteten, und von dem aus sie häufig Aufstände
gegen den Herrscher machten, indem sie ihren Feudalpflichten
untreu wurden. Ebenso wie unter den sieben Söhnen von
Ahmed erbitterte Kämpfe stattfanden, gibt es soldie noch
bis auf den heutigen Tag — eine Folge des unklaren Erb-
folgerechtes in 'Oman. Es kam aber auch vor, daß einmal
ein erwählter Imam nicht beliebt oder für die Regierungs-
geschäfte ungeeignet war. Dann blieb er bisweilen als
Imäm das religiöse Oberhaupt, die Staatsgewalt aber wurde
von irgendeinem oder mehreren Konkurrenten der AI Bü-
Sa'^Td- Familie ausgeübt. Dadurch entstanden oft sehr ver-
worrene Verhältnisse. So war der Imäm -Nachfolger von
Ahmed dessen zweiter Sohn Said, der Herrscher aber des
leöteren Sohn Hamed bin Said. Solange der erwählte Imäm
lebte oder nicht formell abgese^t war, nannte der Regent
sich nur einfach Sejjid, Prinz. Als Hamed 1792 an den Pocken
gestorben war, nahm sein Vater auch die staatliche Gewalt
wieder an sich, mußte sie aber bald an seinen jüngeren
Bruder Sultan abgeben, während er das Imamat noch behielt.
So war dieser Sultan bin Said nicht der erwählte reli-
giöse, aber der tatsächliche weltliche Herr von 'Oman. Er
nahm einige Orte an der Küste von Mekran sowie die
Inseln Kism und Hormuz wieder ein. Seine Einverleibung
von Bahrain dauerte jedoch nicht lange, da sein Sohn als
Gouverneur dort bald vertrieben wurde durdi den El-'Utübi-
Stamm, der dort vorher herrschte. Von Sejjid Sultan ist am
12. August 1798 ein Vertrag mit der „East India Co." ab-
geschlossen, in welchem der Herrscher die Errichtung einer
englischen Handelsfaktorei und einer Garnison in Gomrun
(Kanbrün, Gombrün) erlaubte, dem heutigen Bender 'Abbäs,
denn diese persische Küste des alten Hormuz stand damals
unter der Gewalt von 'Oman. Vorher hatten die Herrscher
von 'Oman die Pläfee an der Mekran-Küste vom Schah von
Persien für die jährliche Summe von 6000 Toman gepachtet.^
^ Nadir Schah verpachtete Bender Abbäs, Kism, Hormuz an den
Scheich der Beni Ma aini. Da einer dieser Herrscher sich mißliebig
gemacht hatte, wurde ihm das Land vom Sejjid Sultan von Oman fort-
— 165 —
Nachdem dieser Zustand etwa 100 Jahre gedauert hatte,
hielten sie sidi fast für Besi^er der Küste. Über den Haupt-
ort Bender 'Abbäs, früher Gombrün, hatte 1798 der Sejjid
Sultan bin Ahmed von 'Oman ohne Rüd^sichtnahme auf
Persien sogar den erwähnten Vertrag mit den Engländern
abgeschlossen, dessen § 7 lautete: „Wenn immer die Eng-
länder in Bender 'Abbäs eine Faktorei erriditen wollen und
dabei ein Fort herstellen, so habe ich keinen Einwand,
wenn sie dasselbe befestigen und dort Kanonen aufstellen,
so viel sie wollen, und ebensowenig daß sie 40 bis 50 Eng-
länder sowie 700 bis 800 Sepoys dort halten." Auch war
zu gleicher Zeit den Engländern durch Sejjid Sultan die
Errichtung einer englischen Flottenstation in Basidü (Bassa-
dore der Portugiesen) auf der Insel El-Kism zugestanden
worden, die mit Einwilligung von 'Oman dort schon be-
standen hatte.
Die Engländer gingen durch diesen Vertrag gegen die
Pläne der Franzosen und Holländer im Perser Golf vor.
Unter dem 12. Oktober 1798 schloß der Vertreter der East
India Co. in Büsehr einen Vertrag mit 'Oman ab (Anhang
Nr. 40), durch den die infolge des Handelsverkehrs des Sul-
tans von Masqat nach Mauritius in 'Oman einflußreichen
Franzosen vom Handel mit diesem Lande ausgeschlossen
werden sollten. Schon am 18. Januar 1800 wurde ein zweiter
Vertrag abgeschlossen, der seitens der East India Co. durch
genommen, der in das Pachtverhältnis eintrat. 1798 sdiloQ Sultan den
Verfrag mit der British East India Co. 1855 wurde die Pachtsumme
von 6000 auf 16000 Toman erhöht, 1866 auf 20000 Toman, 1868 auf
30000 Toman. Bald darauf wurde der Sultan von Oman dort ver-
trieben. 1888 bekommt das Gebiet eine persische Besamung (Curzon:
.Persia" II, 424 ff.). Der Vertrag von 1798 ist bei Aitchison nicht auf-
geführt, wohl weil er rechtsungültig war, da der Sultan Rechte vergab,
die Persien gehörten. — Die Verträge zwischen Oman und Persien
von 1855 und vom 4. August 1868 sind bei Aitchison, Bd. XII, Appen-
dix XLV abgedruckt. Der englische Anspruch auf Basidü (Bassadore) auf
der Insel Kism gründet sich aber auf den Vertrag von 1798 oder auf
ein nichtveröffentlidites Abkommen mit Sejjid Said. Jedenfalls wird
der englische Besife bestätigt im Telegraphenvertrage vom 17. November
1864 (Aitchison, Bd. XII, Nr. LXI), obgleich seit 1856 Hormüz und Kism
nicht einmal mehr im Pachtbesi^ von Oman waren (Aitchison, Bd. XII,
S. 138). Wenn also nicht englische Abmachungen mit Persien über
Basidü bestehen, dann schwebt der englische Anspruch auf diesen Plafe
in der Luft.
— 166 —
den „Gesandten" Sir John Malcolm gefertigt wurde. In ihm
wurde abgemadit, daß ein Engländer von „respectability*
seitens der Gesellsdiaft dauernd in Masqat wohnen sollte,
und daß durch ihn der Verkehr zwischen den beiden Mächten
geführt werden sollte (Aitchison, Bd. XII, Nr. LH). In diesem
Vertrage wird Sejjid Sultan von beiden Seiten als „Imäm"
bezeichnet; aber der arabische Chronist, den wir oben
nannten, behauptet, daß er nidit der rechtmäßige, erwählte
Imäm gewesen sei. Ein gefährlicher Feind entstand 'Oman
in den Wahhäbiten, deren Führer 'Abd ul-'AzTz Bahrain und
Umgegend 1800 eroberte, nach Persien übergriff und audi
'Oman bedrohte. Die Gefahr versöhnte aber die streitenden
Parteien in 'Oman, und so wurde der Feind verscheud\t.
Am 20. (14.?) November 1804 fiel Sejjid Sultan auf der
Rückkehr von einer Reise nach Basra in einem Gefecht mit
den öawasim und 'Utubt in der Nähe der Insel Kism.
Der Imäm Sa'id lebte noch ohne Einfluß in Rastäq,
eine Menge von Verwandten madite auf die Herrschaft
Ansprudi (besonders Sejjid Oais von Sohär), außerdem
Angehörige der Familien Chalfän, Ga'rüba und Ghälirt.
Dem zweiten Sohne von Sejjid Sultan, Sejjid Sa'id bin
Sultan, gelang es 1807, sich die Herrschaft über den größten
Teil von 'Oman zu sichern. Dauernd aber hatte er innere
Kämpfe zu bestehen, und als noch die Wahhäbiten wieder
angriffen, wandte er sich an Persien mit der Bitte, dort auf
seine Kosten eine Reitertruppe von 3000 Mann anwerben
und ausrüsten zu dürfen. Jedoch auch diese Söldner konnten
ihm nicht viel nü^en. Wenigstens haben damals die Wah-
häbiten von dem Orte Bereimi aus einen großen Raubzug
in 'Oman gemacht.
Diese Unruhen in eigenem Lande waren wohl der Grund,
weshalb Sejjid Sa'id sich den Engländern zuneigte. Auf
Veranlassung der Wahhäbiten hatten nämlich die El-üawasim
(Jawasim) an der sogenannten Piratenküste ihre Raubzüge
bis nach der indischen Westküste ausgedehnt. Um diese
zu unterdrückten und dem Sejjid Sa'id in seinen Kämpfen
zu helfen, audi um diesen zu verhindern, mit den Piraten
gemeinsame Sache zu machen, sandte die indische Regie-
rung eine Expedition in den Persischen Golf. Die Eng-
länder werden froh gewesen sein, eine passende Gelegen-
heit gehabt zu haben, sich hier einzumischen.
— 167 —
Wir müssen zum Verständnis der Vorgänge auf die eng-
lisdien Bestrebungen im Perser Golf etwas eingehen. Die
ersten Engländer, welche den Golf besuchten, waren Ralph
Fitch und seine drei Genossen, die dort 1583 reisten, um
Handel zu treiben. Die Portugiesen in Hormüz nahmen
sie gefangen und brachten sie nach Goa, wo sie als erste
Engländer Indien besuchten. Ihre Reise war der Anlaß
zu den Unternehmungen, die später zur Errichtung der
East India Co. führten. Erst 1618 ist eines der Handels-
schiffe dieser Gesellschaft von Surät nach öäsak (Djaschk,
Jask) an die persische Küste gesandt, wo heute eine eng-
lische Telegraphenstation ist. Man wurde dort aber durch
die Hormüz beherrschenden Portugiesen an Handelsgeschäften
verhindert. Mit Vergnügen ergriff man deshalb die Gelegen-
heit von Streitigkeiten der Perser mit den Portugiesen,
um auf Seiten der ersteren gegen Hormüz vorzugehen, nach-
dem man sich erst vertragsmäßig das Recht von Persien
hatte zusichern lassen, „den Golf dauernd zu verteidigen*.
Nach der Zerstörung von Hormüz und Vertreibung der
Portugiesen errichtete man eine Faktorei in Bender 'Abbäs
(1622 bis 1771), damals Gombrün genannt. Man hatte in
der Folge den Bestrebungen der Holländer^ im Golf ent-
' Seit 1623 hatte die niederländische Comp, des Indes orientales
Faktoreien an der persisdien Küste gegründet, die einträgliche Ge-
schäfte machten. Die meisten ihrer Niederlassungen wurden durch
deutsche Beamte geleitet. Gegen die holländischen Unternehmungen
richtete sich 1637 auch die „Holsteinische Gesandtschaft" Hamburgischer
Kaufleute, bekannt durch die Teilnahme des Dichters Paul Fleming und
ihre Beschreibung durch Adam Olearius. Die Holländer wollten den
Perser Golf besonders als Zugangsweg nach Mesopotamien benu^en.
Wegen eines Streites mit den Türken zogen 1748 die Holländer von
Basra nach der kleinen Insel Chärak (Chärag), nicht weit von der
Mündung des Satt el-'Arab gelegen, von wo aus sie unter Leitung des
genialen preußischen Barons Kniphausen ganz bedeutende Handels-
unternehmungen machten, bis Seeräuber unter Mir Mohannah, Scheich
von Bender Rig, sie dort 1765 vertrieben. Zweimal, zulegt 1807, lieQ
Frankreich sich die Insel abtreten, jedoch hörten die französischen Ab-
sichten 1809 nach Vertreibung der französischen Gesandtschaft aus
Persien auf. Dieselbe Insel wurde im Juni 1838 von England während
des englisch-persischen Krieges beseht und bis 1842 behalten. Die Be-
sefeung wiederholte sich im Dezember 1856 während des zweiten Krieges
mit Persien, bei welcher Gelegenheit man auch Mohammera am Satt
el-'Arab eroberte. Seit 1857 ist diese Insel, einst die Hochburg des
niederländischen Handels, wieder im persischen Besi^.
— 168 —
gegenzuarbeiten und half auch den Arabern, die Portu-
giesen aus Masqat zu vertreiben. Die Engländer haben
eben schon damals immer an der Seite von Farbigen gegen
Europäer gefochten, wenn es galt, deren Handelskonkurrenz
zu vernichten; das ist keine neue Erscheinung im heutigen
Kriege. Ein großes Verdienst haben die Engländer sich
allerdings dadurch erworben, daß sie seit 1785 im Perser
Golf wie anderswo gute Karten herstellten. Seit 1800 ist
ein englischer Agent in Masqat.
Den englisdien Handelsreisen wurden die Seeräubereien
im Perser Golf sehr hinderlich. Als Seefahrer waren die
Araber gewiß schon in alter Zeit auch Seeräuber ebenso
wie Landräuber gewesen. Das galt beides als ehrlidier
Kampf. Eine Organisation nahm der Seeraub aber erst seit
1805 an, nadidem die Wahhabiten- Bewegung ein wenig
Einigkeit in die arabischen Stämme dieser Gegend gebracht
hatte. Ein Friedensvertrag mit den Gawasim- (Jawasim)
Piraten, der am 6. Februar 1806 in Bender 'Abbäs geschlossen
wurde (Aitchison, Bd. XII, Nr. XXXVl), hinderte diese nicht,
weiterhin zu räubern. ^ Sie griffen sogar die Kreuzer „Lion*
und „Nereid" der East India Co. an, nahmen einmal selbst
das kleine Kriegsschiff „Ralph", das die Sendung von Sir
Harford Jones nach Persien begleiten sollte, sowie 1809
die „Minerva".- Da entschloß man sich zu energischen Maß-
regeln. Eine Expedition wurde unter Colonel Sir L. Smith
ausgesandt, an der das „York and Lancaster Regiment* und
das „Royal North Lancashire Regiment" sowie persische
Reiter teilnahmen. Am 12. November 1809 wurde der Ort
Julfar (Gulfar), meist Ras el-Cheima genannt, bombardiert
und gestürmt. Man verbrannte viele Schiffe und nahm
den Hauptschuldigen, Hasan bin Rahmah, gefangen. Darauf
fuhr die Expedition über den Golf, züchtigte Lingah und
nahm das Fort Laft auf der Insel Kism. Dann zerstörte
man die Schiffe der Seeräuber in Sargah, einige Orte an
der Piratenküste wurden noch genommen, und endlich schlug
man an der Küste von 'Oman bei Sinas am 31. Dezember
* Lord Curzon (Persia II, 449) gibt eine Zusammenstellung der
Seeraubzüge der Jowasim (Gawasim) von 1805 bis 1821.
2 In der Höhe ihrer Macht hatten die Seeräuber 63 große und
870 kleine Schiffe, mit 19000 Mann beseht. Einige Schiffe führten
40 bis 50 Kanonen.
— 169 —
1810 die Wahhäbiten. (Nach der „Times History of the
War", Persian Gulf Number, März 1815.)
Die Festung von Sinäs wurde Sejjid Sa'Td übergeben,
aber gleich nach der Abfahrt der Engländer kamen die
Wahhäbiten verstärkt zurück, so daß die Leute von 'Oman
eine schwere Niederlage erlitten. Durch das Eingreifen der
Engländer waren die Wahhäbiten nur noch erbitterter ge-
worden, besonders da der von England in Ras el-Cheima
eingese^te Sultan bin-Sakar mit dem Wahhäbitenführer ver-
feindet war. Dieser, namens Mutlak el-Muta'irt, ging nun
mit großer Macht gegen Masna'a in 'Oman vor. Sejjid Sa'Td
bat die Engländer um Hilfe, da wegen ihres Vorgehens die
Angriffe der Wahhäbiten sidi vermehrt hätten. Die Regie-
rung der East India Co. aber hielt es für untunlich, ihm
Hilfe zu leisten „without making it appear that we were
united in a contest with the Wahhabee power, which was
contrary to our repeatedly declared policy" („Official Precis
regarding Muscat and its relations with the Wahhabee Power",
p. 4). Man wollte es also mit den Wahhäbiten nicht ver-
derben, von denen man vielleicht ein Gegengewicht gegen
die Türken in Mesopotamien und gegen die Ägypter im
Higäz erhoffte, die ja damals unter französischem Einfluß
waren. Der immer noch im Hintergrunde ein Scheindasein
führende Imam Sa'Td bot Frieden an, und auch der Sejjid
Sa'id mußte sidi zu Verhandlungen entschließen. Ungefähr
um die Mitte 1810 sandte er ein Geschenk von 40000 Talern
und scheint sich vertragsmäßig auch zu dauerndem Tribut
an die Wahhäbiten verpflichtet zu haben. Aber erst nach
deren Niederwerfung durch Mehmed 'Alt und Ibrähtm Pascha
— worüber wir schon früher berichteten — bekam 'Oman
Ruhe vor den Wahhäbiten für etwa 20 Jahre. Sejjid Sa'td
war es gelungen, s\d\ auch in den Besiö von Sohär zu
seöen, das früher von dem Imäm Ahmed einem seiner Söhne
gegeben war, und das seitdem ein so gut wie unabhängiges
Fürstentum gebildet hatte. Dagegen mißlang ihm 1816 der
Versuch, Bahrain zu unterwerfen.
Die englische Unternehmung 1809 gegen die Seeräuber
hatte keinen Dauererfolg gehabt, wohl schon, weil der
eingese^te Häuptling den Wahhäbiten nicht genehm war.
1812 fingen sie neue Raubzüge an, 1815 hatten sie sogar
ein Schiff an der Küste von Kathiawar genommen, 1816
— 170 —
bedrohte ein englisdies Gesdiwader vergeblich Ras el-Cheima.
Die GawasmT-Seeräuber bauten ein Fort in Basidü auf der
Insel Kism. Im Jahre 1819 ging eine Seeräuberflottille von
34 Sdiiffen mit 7000 Mann sogar nach Cutch und Kathia-
w^ar. Erst dann entschloß man sich zu energischen Maß-
regeln. Unter der Führung von Sir William Keir Grant fuhr
eine Macht im November 1819 von Bombay ab, an der
wieder die früher erwähnten Regimenter beteiligt waren.
Ras el-Cheima und andere Plä^e wurden genommen und
zerstört, aucfi bei Sohar an der'Oman-Küste war ein heftiger
Kampf. Am 8. Januar (15. März) 1820 wurden endlich
Friedensverträge (Aitchison, Bd. XII, Nr. XXXVII u. XXXVIU)
mit den Seeräubern und Bahrain geschlossen, durcii die
für lange Zeit Ruhe geschaffen wurde.
Gleich darauf wollten die Engländer Sejjid Sa'^id gegen
zwei Stämme an der öa'län-Küste helfen, die sich den
Wahhäbiten angeschlossen und englische Schiffbrüchige ge-
plündert hatten. Eine bei Sur gelandete Abteilung Engländer
wurde zusammen mit den Leuten von Sejjid Sa'id am 9. No-
vember 1820 völlig geschlagen. Die Engländer mußten ohne
Ergebnis am 17. November von Masqat aus nach Bombay
zurückkehren. Eine zweite Expedition unter Sir Lionel Smith
wurde ausgesandt, die am 2. März 1821 einen Sieg erfocht.
Etwa zu dieser Zeit war der alte Imam Sa'id gestorben;
man hat dann, wie der Chronist berichtet, keinen wieder-
gewählt, so daß in der Folge ein religiöses Oberhaupt der
Ibaditen nicht mehr vorhanden war. Sejjid Sa'id nahm den
Titel „Imäm" nicht wieder auf, d. h. es fand keine Wahl
zum Imam wieder statt. Auch seine Nachfolger haben den-
selben Grundsa^ befolgt. Badger meint, daß bei der inneren
Zerrissenheit und dem Einfluß der Wahhäbiten man gefürchtet
hätte, daß bei einer Wahl nicht genügend Stimmen auf
einen Mann fallen und deshalb neue Wirren daraus ent-
stehen würden. Vielleicht aber lag auch der Grund vor, daß
Sejjid Sa'id wünschte, seine Dynastie erblich in 'Oman zu
machen, was bei dem Wahlsystem der Ibaditen nicht möglich
gewesen wäre. Überdies soll das Recht dieser Sekte es
auch nicht unbedingt verlangen, daß stets ein Imäm vor-
handen sein muß. Kurz, die geistige Würde des Imäm ist
seit Beginn des 18. Jahrhunderts eingeschlafen, und nur die
weltliche Macht des Sejjid ist vorhanden.
— 171 —
Wir haben bisher immer nur von den Bemühungen der
Engländer in 'Oman geredet, aber ebenso wie in Indien,
Ägypten, Persien und an anderen Orten bemühten sich in
"^Omän auch die Franzosen um Einfluß. Die Franzosen
unterlagen in Indien fast überall. Sie versuchten deshalb
von Ägypten und Persien aus vorzugehen. Die Regierung
der Revolution sandte Ollivier und Bruguiere 1792 als Unter-
händler nach Persien, um einen Vertrag abzuschließen, was
aber durch die Engländer vereitelt wurde. Zu derselben
Zeit entstand der Plan, dem von Persien unabhängig ge-
wordenen Herrsdier von 'Oman zu helfen. Mit einem Erlaß
vom 13. Ventose des Jahres 3 der Revolution (etwa 3. März
1795) wurde in Masqat ein französisches Konsulat errichtet.
Nicht nur die Engländer, sondern auch der Gouverneur von
Reunion, General Magallon, hat nach Angabe der Franzosen
Sejjid Sa'Td gegen die Wahhäbiten unterstü^t. ^ Ich kann
allerdings näheres darüber nicht feststellen, wo und wie
dies geschah, Badger erwähnt nichts davon. Er schreibt eben
nur als Engländer. Jedenfalls wurde (1803) Jean Baptiste
Cavaignac für Masqat bestimmt,^ dessen Herrsdier Sejjid Sa'id
dem Gouverneur von Ile de France (Reunion) 1807 mitteilte:
i»Nous nous empressons par les presentes de cultiver l'an-
cienne amitie qui a toujours regne entre nos peres et la
nation fran^aise, et nous esperons que Votre Excellence vou-
dra bien considerer notre pays comme ä Elle appartenant et
toujours pret ä Lui obeir chaques fois qu'EUe voudra bien
nous honorer de ses ordres." Am 16. Juni 1807 wurde
ein „ewiger und unverle^Hcher" Friedensvertrag zwischen
Frankreich und 'Oman in Ile de France unterzeichnet.
Sonst überall zurücl^gewichen, blieben die Franzosen
nur noch durch die Tätigkeit der kreolischen Händler bei
Madagaskar und Mauritius, wohin auch Leute von Zanzibar
kamen, im Indischen Ozean interessiert. Und von dort aus
bahnten sich wieder neue Beziehungen mit 'Oman an, dem
Zanzibar gehörte, besonders weil die die französische Flagge
' Siehe audi Ch. Brunet-Millon: „Mascate, Monnaie d'echange;
Questions diplomatiques et coloniales", Nr. 369 vom 1. Juli 1912.
^ Jean Baptiste Cavaignac, 1803 von Talieyrand auf Napoleons
Veranlassung zum Vertreter Frankreichs in Masqat ernannt, von wo
er wohl gegen die Engländer in Indien und am Perser Golfe wirken
sollte, ist offenbar nie dorthin abgereist.
— 172 —
führenden Eingeborenen -Fahrzeuge eine besondere Stel-
lung einnahmen. Argwöhnisch auf den Einfluß der Fran-
zosen, schloß England mit Frankreich einen Sicherheits-
vertrag am 10. März 1862 ab, in dem beide Staaten gegen-
seitig sich die Unabhängigkeit und Unantastbarkeit von
Zanzibar und 'Oman garantierten (s. Anhang Nr. 41). Eng-
land hat sich in der Folge in Zanzibar nicht an diesen Ver-
trag gehalten. Doch wir greifen den Ereignissen vor.
Nachdem die Madit der Wahhäbiten durdi die ägyp-
tisdien Truppen gebrochen war, bestand zwar keine un-
mittelbare Gefahr mehr für 'Oman, doch selten sich die
Wahhäbiten wieder an der Grenze dieses Landes in El-
BereimT fest, und Sejjid Sa'id scheint zeitweilig ihnen sogar
Tribut (Zakat) bezahlt zu haben. Er hat sogar im Jahre
1828 ihre Hilfe bei einem Eroberungsversuch gegen Bahrain
in Anspruch genommen, der gänzlich sdieiterte.
In den Jahren 1829 bis 1844 beschäftigte Sejjid Sa'Td
sich hauptsächlich mit der Festigung seiner Besi^ungen in
Ostafrika, vor allem ging er zuerst gegen die englische
Protektoratserklärung vor, welche arabische Häuptlinge in
Ostafrika dicht vor 1829 mit dem Kommandanten des eng-
lischen Kriegsschiffes „Lewen" abgemacht hatten. Während
seiner langen Abwesenheit in Zanzibar kamen in 'Oman
natürlich wieder viele Unruhen vor, besonders in Sohär und
mit dem Häuptling der Gawasim, wodurch die Autorität von
Sejjid Said sehr gelitten hatte. Deshalb sandten die Eng-
länder eine Demonstrationsflotte nach Masqat, durch deren Ver-
mittlung die Gefahr abgewandt wurde ^ (10. September 1832).
Dem Wahhäbitendief Turki bin-Sa'ud aber zahlte er die
jährliche Summe von 5000 Talern gegen die Verpflichtung,
die derzeitigen Grenzen zu achten, so daß das Gebiet von
Oman bis Ga'län, das der Wahhäbiten bis el-Qatif reichte.
(Brief an den englischen Residenten im Persischen Golf
vom 23. Mai 1833.) Innere Streitigkeiten und Beunruhi-
gungen durch die Wahhäbiten aber wechselten tro^dem
dauernd miteinander ab, und le^teren mußten noch höhere
jährliche Tribute gezahlt werden (1852 jährlich 12000 Taler,
dazu Rüciistände aus früheren Jahren, und 1854 noch 8000
Taler extra). Hinzu kam, daß Ende 1854 die Perser den
Vertreter von 'Oman aus Bender 'Abbäs und aus anderen
1 Siehe „Bombay Governement selections", Nr. XXIV, S. 204—208.
— 173 —
Orten der Kermanküste vertrieben. (Wir sahen oben, daß
Sejjid Sultan über Bender 'Abbäs 1798 einen Vertrag mit
den Engländern abgeschlossen hatte.)
Eine Expedition unter Sejjid Tuweini, dem Sohne von
Sejjid Sa'Td, konnte Bender 'Abbas, Minau und Semil zwar
wieder zurüdterobern; weil aber die Perser Verstärkungen
erhielten und die Engländer irrtümlicherweise Hilfe von
der 'Omanküste verhinderten, weil der Verkehr von bewaff-
neten Schiffen auf dem Golf verboten sei, mußte Tuweint
sich zurückziehen. Im April 1856 wurde ein Vertrag mit
Persien gesdilossen (s. Anhang Nr. 41), nach dem die Pacht-
summe für Bender 'Abbäs auf 16000 Toman erhöht wurde;
Hormuz und Kism wurden persisch, der Befestigungsgraben
um Bender 'Abbäs mußte entfernt werden; kurz, der dor-
tige Vertreter von 'Oman war ein Vasall von Persien, mußte
sogar Heeresfolge leisten. 'Oman übernahm außerdem den
Flottenschuö der persischen Küste, und endlich konnte der
Vertrag nach 20 Jahren von Persien gekündigt werden —
(was audi geschah). Die Engländer scheinen damals bei
diesen Verhandlungen nichts für ihren Schübling getan zu
haben, der bald danach auf der Reise nach Zanzibar an
Bord seiner Fregatte „Victoria" am 19. Oktober 1856 starb.
Nach Sir William Grants Expedition waren die Seeräuber
leidlich ruhig gewesen. Die Bent Jas in Abu Dabi (Däbi?)
machten allerdings 1834 neue Unruhen, wurden aber bald
unterworfen. Im Laufe der Jahre sind eine Menge Ver-
träge mit den einzelnen Stämmen der Piratenküste ab-
geschlossen worden, bis man 1853 alle Verträge zusammen-
faßte zu dem „Trucial Treaty" (s. Anhang Nr. 42), nach
welchem diese Häuptlinge auch „Trucial Chiefs" genannt
werden, d.h. „Waffenstillstands-Häuptlinge". Sie hatten sich
verpflichtet, keine Angriffe mehr auf die Schiffahrt zu machen,
bei hohen Strafen ewigen Frieden zu halten und in allen
Streitfällen den englischen politischen Residenten in Bender
Büsehr als Schiedsrichter anzurufen.^ In die Streitigkeiten
' Dieses „Trucial Arrangement and League" bezog sich auf Ras el-
Cheima (QawasTm Stamm). Umm el-Ichwein (Kawein, Gawain der Eng-
länder, audi Ghowain, Khuwain geschrieben, Äl bü 'Ali Stamm), Agman
(Äl bü' Ali Stamm), Sharka (Sarqa) (Qawasim Stamm), Dabai (Äl bü
Falasal Stamm der Beni Jas und Abu Dabi (Dabi, Xabi?) (Beni Jas Stamm).
Alle diese si^en zwischen Ras el-Qatar und Ras el-Hadd an der ara-
bischen Küste.
— 174 —
auf dem Lande, welche die Häuptlinge untereinander hatten,
mischte die englische Regierung sich nicht ein; ihr kam es
nur auf den Frieden zur See an, der den Handel stören
könnte. Die Leute unter sich konnten sich gern gegenseitig
aufreiben.
Außer diesen Verträgen haben die Engländer mit dem
Häuptling der Bahrain-Inseln 1880 und 1892 (s. Anhang
Nr. 51 u. 52) noch besondere Verträge abgeschlossen, durch
die zwar nicht formell, doch praktisch dort ein englisches
Protektorat geschaffen wurde. Der Hauptzweck aller dieser
Verträge ist, es allen anderen fremden Mächten unmöglich
zu machen, irgendwelche Rechte an den Uferländern des
Perser Golfs zu gewinnen, um so den Engländern das
Monopol dort zu gewähren. Dieser Zwed« wurde aber erst
voll erreicht durch eine Reihe von Verträgen, die im März
1892 mit den verschiedenen Häuptlingen abgeschlossen
wurden (s. Anhang Nr. 43). Im Jahre 1902 verpflichteten
sich diese außerdem vertraglich, keine Ein- oder Ausfuhr
von Waffen und Munition in ihrem Gebiete zu dulden.
Als Kennzeichen führen die „Trucial "-Araber eine weiße
Flagge mit quadratischem roten Innenfeld. Es ist nicht
zu verkennen, daß die Engländer nicht nur in ihrem eigenen^
sondern auch im allgemeinen Interesse ein segensreiches
Werk durch die Unterdrückung des Seeraubes und des
Sklavenhandels^ geschaffen haben. Aber der innere Beweg-
grund für die Verträge war Sicherung der englischen Allein-
herrschaft am Golf. Dadurch, daß die Häuptlinge sich dem
Schiedsgericht des politischen Residenten für den persischen
Golf in Bender Busehr unterworfen haben, und daß auch
* Für die englische Marine ist die UnterdrüAung der Sklaverei ein
gutes Geschäft. So schreibt der „Economist" vom 25. Oktober 1913,
daö für die Zeit November 1909 bis Mai 1910 im Perser Golf den
„Runners in the Golf" 1400 & ausgezahlt wurden als Preise, die sich
hier besonders auf Ergreifung von waffenführenden Schiffen bezogen.
Beteiligt waren vier Kriegsschiffe, von denen die „Philomel" etwa 570 ^
erhielt. Die vier Kommandanten bekamen je 715 ^, 5 Sh., 7 d; die ge-
ringste Belohnung aber war nur 5 d. — In Zanzibar erzählte man sich,
daß die Ausmessungen der erbeuteten Sklavenschiffe immer sehr günstig
berechnet wurden, und daß man jede Gelegenheit ergriff, um diese
lohnende Sklaven -Kaperung auszuführen. Soweit bekannt, erhalten
die deutschen Seeleute für die Erfüllung ihrer Pflicht keine solchen.
Preise.
— 175 —
andere Herrscher, mit denen nidit direkte Verträge gemadit
worden, diese Gerichtsbarkeit aufsuchten, ist der Resident
tatsächlich der ungekrönte König des Perser Golfs geworden.
Sir Lewis Pelly, Colonel Ross, Colonel Meade und je^t Sir
Percy Cox waren und sind im Golf die wirklichen Herrscher,
und der Vertrag von 1853 ist die staatsrechtliche Unterlage
für die Ansprüche Englands auf die Suprematie im Perser
Golf, auf die wir noch weiter zu sprechen kommen werden.
Aus Liebe zu dem bedrängten Sejjid Sa'id haben die Eng-
länder sidi ganz gewiß nicht in irgendwelche Unternehmungen
eingelassen, sie haben vielmehr diesen schmählich im Stich
gelassen, wenn es ihnen paßte.
Wir dürfen uns nicht vorstellen, daß in 'Oman ein Staats-
wesen nach unseren Begriffen vorhanden war und ist. Die
Grenzen der Gewalt wediselten dauernd nach den Macht-
verhältnissen der Herrscher, und diese waren abhängig von
den inneren Fehden im Lande. Der Herrscher war der
Primus inter pares, er hatte mit seinen Familienmitgliedern
und andern Stammesältesten zu verhandeln und ihnen Lehne
zu geben, welche diese oft so gut wie völlig unabhängig
machten. Und die Herrschaft hörte gegenüber den noma-
dischen Stämmen im Innern fast immer auf, die sidi zwi-
schen die seßhaften einschoben. Die Hausmacht, der Reich-
tum des Herrschers, war die Grundlage der Regierung; und
die zur Anwerbung von Truppen nötigen Mittel waren sehr
von den Zolleinnahmen abhängig, die überall an Indier
verpachtet waren. Seit 1899 ist dies Zollpacht-System ver-
lassen, und die Steuer wird durch besoldete „Beamte" er-
hoben. In politischer Hinsicht aber war und ist der Herr-
scher von 'Oman vollkommen abhängig von England, dessen
Politischer Resident und Generalkonsul in Masqat der mili-
tärische und politische „Berater" ist, der keine fremden
Einflüsse duldet, und der eine eigene Schu^wache von in-
dischen Truppen hat. Auch eine indische Post ist in Masqat
eingerichtet. Es war zu natürlich, daß Sejjid Sa'id sidi mehr
für seine afrikanischen Besi^ungen interessierte, wo er freier
zu sein hoffte — wo aber die Macht der AI Bu-Sa'Td noch
früher als in 'Oman durch die Engländer schwinden sollte.
Am 31. Mai 1839 wurde mit England ein Handelsvertrag
abgeschlossen. (Aitchison, Bd. XII, Nr. LIV.)
Nach dem Tode von Sejjid Sa'id entstanden wieder hef-
— 176 —
tige Erbstreitigkeiten. Von seiner ebenbürtigen Witwe hatte
er keine männlichen Nachkommen, von Sklavinnen jedodi
15 überlebende Söhne. Der älteste davon, Sejjid TweinT,
folgte ihm in 'Oman, während sein jüngerer Bruder Sejjid
Mägid die Herrschaft in Zanzibar übernahm. Außerdem
aber erhielt ein anderer Sohn Sejjid Turkt nodi den Nord-
teil von 'Oman mit dem Hauptort Sohär. So war wenig-
stens seit 1844 die allgemeine Meinung. Tatsächlich aber
war ein Herrscher von 'Oman nach dem dortigen Staatsrecht
gar nicht in der Lage, eine territoriale Erbteilung zu machen,
denn ebenso wie der Imäm vom Volk oder von den Ältesten
gewählt werden soll, muß sich auch der Herrscher, der
nidit geistiges Oberhaupt ist, der Wahl unterziehen oder
ist vielmehr ganz abhängig von dem Willen der Mehrheit
der Adelsgeschlechter. In der Tat soll auch das Testament
des Sejjid Sa'Td vom 6. August 1850 nur Verfügungen über
sein angeblich persönliches Eigentum enthalten haben, ohne
Eingehen auf die Nachfolge in der Regierung. Obige Macht-
verteilung bezog sich vielmehr auf die beim Tode von Sa'td
herrschenden tatsädilidien Verhältnisse. Die betreffenden
waren die „beati possidentes", weil sie vom verstorbenen
an den fraglichen Plänen als Gouverneure eingese^t waren.
Natürlich brachen sofort Streitigkeiten aus. Im Jahre 1860
sollte gerade eine kriegerische Expedition nadi Zanzibar
unternommen werden, als die Engländer es für gut hielten,
sich einzumischen. Sie stifteten Frieden, um dabei selbst Vor-
teile zu erhalten. Sejjid Mägid hatte sich nämlich geweigert,
eine ausgemacfite Tributsumme von jährlich 40000 Talern an
Sejjid Tuweini (Tweini) zu zahlen. Beide entsciilossen sich
nun, einem Schiedsspruch des Lord Canning sich zu unter-
werfen, der Vizekönig und Generalgouverneur von Indien war.
Eine Kommission unter dem Vorsiö des Brigadegenerals Sir
William Coghlan wurde gebildet, bei welcher die Streitenden
ihre Gründe vorzubringen hatten. Als Ergebnis dieser Unter-
suchungen wurde festgestellt, daß in der Familie des Imäm
die Nachfolge auf einer Wahl beruhe. Beim Tode von
Sejjid Sa'id sei sein Sohn Mägid durch das Volk von
Zanzibar und Ostafrika erwählt worden; die Verhältnisse der
dortigen Besifeungen brächten es mit sich, daß daselbst eine
besondere Wahl stattfinden könne, und daß die Bevölke-
rung dort ein Recht gehabt haben würde, sich die Unter-
— 177 —
werfung unter Sejjid Tweini zu verbitten. Deshalb sei der
Ansprudi des Sejjid Mägid auf die afrikanischen Besi^ungen
denen des Sejjid Tweini überlegen. Dieser aber hätte be-
absichtigt, seine Ansprüche mit der Waffe durchzusehen.
Weil er sidi jedoch dem Sprudi der Engländer unterworfen
und auf den Erfolg der Waffen verziditet hätte, habe
er einen Anspruch auf irgendeine Kompensation. Als eine
solche Entschädigung wurde die Zahlung von 40000 Talern
jährlich festgese^t, die Zanzibar an 'Oman zu leisten hätte.
Die Höhe dieser Summe wurde so hoch bemessen, weil
"^Omän jährlich 20000 Taler an die Wahhäbiten zu zahlen
habe, wovon früher die Hälfte von Zanzibar geliefert sei.
Außerdem sollte Sejjid Mägid dem Herrscher von 'Oman
noch 80000 Taler abliefern als Rückstand für die verflos-
senen zwei Jahre. Die Zahlung dieser Summe aber sollte
keine Anerkennung der Oberhoheit von 'Oman über Zanzibar
sein; jedoch sollte die Leistung eine dauernde sein als Ent-
gelt für den Verzicht auf Zanzibar und als ein Ausgleich
für die versciiieden großen Erbteile. Die Einkünfte von
"^Oman wurden bei dieser Gelegenheit auf 129500, die von
Zanzibar auf 2C6000 Taler angegeben. Im April 1861 wurde
derSchiedsspruch von beiden Parteien angenommen (s. Anhang
Nr. 44). Sejjid Tweini war natürlidi unzufrieden, doch wich
er dem englischen Druck.
Da die Wahhäbiten sich auf der Halbinsel Oatar und in
Sür unliebsam maciiten, unterstü^ten die Engländer Sejjid
Tweini mit Waffen, sandten audi selbst das Kriegsschiff
„Highflower" aus, welches im Februar 1866 gegen die be-
treffenden Orte vorging. Zur selben Zeit, am 11. Februar
1866, wurde Sejjid Tweini in Sohär von seinem eigenen
Sohn Sälim ermordet, während er im Fort schlief. Der
Resident des Persischen Golfs, Colonel Pelly, weigerte sich,
mit Sälim als Nachfolger zu verkehren, der einen beträdit-
lichen Anhang hatte. Die indische Regierung aber erkannte
im September 1866 den Vatermörder als Herrscher an, weil
seine Schuld nicht klar bewiesen sei, weil die häuslichen
Streitigkeiten nicht der englischen Rechtsprechung unterlägen,
und weil tatsächlich die Bevölkerung von'Omän ihn anerkannt
habe. Badger beschönigt dieses Verfahren durch den Hin-
weis, daß die vielfachen Morde in der Türkei niemals die
europäischen Staaten verhindert hätten, die Gewalthaber
Hamburgische Forschungen. Heft 1. J2
— 178 —
anzuerkennen. Derartige Verbrechen würden, wenn sie mit
dynastischen Intrigen verbunden sind, bei Orientalen nur
als politische Vergehen angesehen, und im vorliegenden
Falle wären sie nur von den Widersachern des Sälim ver-
urteilt. Sejjid Turki aber war anderer Meinung als die
indische Regierung, sammelte eine starke Macht und griff
Sohar und Matra an. Doch gab er im September dem eng-
lischen Drucke nach, verzichtete auf seine Landansprüche
gegen Zahlung einer Pension von 7200 Talern. Dazu wurde
ihm auferlegt, in Indien zu wohnen, wohin er am 11. Sep-
tember 1867 abfuhr.
Die indische Regierung streckte Sejjid Salim bis zu
40000 Talern vor zur Unterdrückung der Aufstände, unter
der Bedingung, daß das Geld von der Zanzibar-Subsidie
abgezogen würde. Außer anderen Aufständen erlebte Sejjid
Sälim noch die des 'Azzan bin-Qais aus er-Rostaq, der die
Herrschaft erstrebte und am 3. Oktober 1868 Masqat ein-
nahm, v^obei Sälim seine ganzen Schäle von 200000 &
Wert verlor. Der anwesende politische Resident schlug einen
Waffenstillstand vor, währenddessen er an seine Vorgeseöten
berichten wollte; doch wurde dieser Vorschlag abgelehnt.
Die Araber griffen an, und das englische Kriegsschiff ^^Vigi-
lant" mußte sich zurückziehen. Die indische Regierung gab
die telegraphische Anweisung, nicht einzugreifen und bei
eventueller Neuwahl eines Herrschers Sejjid Turki zu Unter-
stufen. Es wurde aber Sejjid "Azzan bin-Qais als Herrscher
ausgerufen, und am 11. Oktober fuhr Sejjid Sälim auf
seinem Schiffe „Prince of Wales" nach Bender 'Abbäs. Von
dort und Kism aus hoffte er sein Land wiederzuerobern.
Aber die indische Regierung bestand auf dem Verbot, be-
waffnete Fahrzeuge auf dem Perser Golf zu dulden. Da
man gehört haben wollte, daß Sejjid Turki Aussicht auf
Unterstü^ung der Bewohner von 'Oman hätte, erlaubte im
März 1869 die indische Regierung ihm, Bombay auf seine
eigene Verantwortung zu verlassen. Er reiste ein Jahr
später nach Bender 'Abbäs ab. Es folgten neue innere
Wirren, vermehrt durch das Eingreifen von Wahhäbiten.
Sejjid Turki schlug 'Azzan am 4. Oktober, und endlicii (1871)
gelang es ihm, die Macht an sich zu reißen. Doch war
seine Regierungszeit (bis 4. Juni 1888) voll von dauernden
Unruhen. Er war aber den Engländern ergeben. Im Jahre
- 179 —
1874 sidierfe England sidh durch einen neuen Vertrag das
Recht, im Namen des Sultans über Masqat- Fahrzeuge auch
in den Territorialgewässern von 'Oman die Polizeigewalt
auszuüben.
Weil Zanzibar sich 1866 beim Tode von Sejjid Tweint
geweigert hatte, die ausbedungene Subsidie von 40000
Talern an 'Oman zu zahlen, übernahm es England 1873,
für diese Summe gutzusagen, und so werden seit der Zeit
tatsächlich jährlich etwa 6000 £ (nach anderer Lesart 150000
oder 200000 Frank) von England aus an den Herrscher von
'Oman bezahlt. Es ist an sich gleichgültig, ob wirklich
England sich dafür bei Zanzibar schadlos hielt. Tatsache
ist, daß durch diese Zahlung aus Englands Händen der
Herrscher von 'Oman völlig abhängig von England wurde,
nachdem dieses 1890 das Protektorat über Zanzibar erklärt
hatte, und die Gelder demnach ganz von der englischen
Verwaltung bezahlt wurden. Wenn der Sultan von 'Oman
nicht nach dem Willen seines Geldgebers handelte, wurden
ihm einfach die Zahlungen unterbunden.
Die nach dem Vertrage mit Persien seit 1854 unter
pachtweiser Verwaltung von 'Oman stehende Küste von
Mekrän mit Bender 'Abbas, Kism usw. wurde nach dem
Ablauf des Vertrages 1875 von Persien wieder zurückgefor-
dert.i Am 19. März 1891 schloß der politische Resident,
Colonel Ross, einen Meistbegünstigungsvertrag für England
und seine Besi^ungen mit Sejjid Feisal ab, der am 4. Juni
1888 zur Regierung gekommen war. Die Engländer dürfen
danach in Masqat Grundeigentum erwerben. Regierungs-
güter und Transitgut ist zollfrei, für anderes wird 5% Ein-
fuhrzoll bezahlt. Die Exterritorialität kann auch auf fremde
Europäer ausgedehnt werden, die in Masqat keine konsula-
rische Vertretung haben. Dieser Vertrag konnte erst nach
12 Jahren gekündigt werden (s. Anhang Nr. 45). Im selben
Jahre (20. März 1891) unterzeichnete der Sultan Feisal eine
Verpflichtung für sich und seine Nachfolger, keiner anderen
Macht als England Teile von Oman abzutreten oder zu ver-
pachten (s. Anhang Nr. 46).
* Nur Gwadar (Qwafar, Gwaftar?) an dar Mekrän-Küste scheint
weiterhin Oman verblieben zu sein, wohl weil dort mit „Einverständnis"
des Sultans von 'Oman sich die Engländer mit einer Station des Indo-
persischen Telegraphen eingenistet hatten.
12*
— 180 —
Auch unter Sejjid Feisal hörten die inneren Unruhen
nicht auf, doch bin ich nicht in der Lage, darüber genauere
Angaben zu machen. Ein Vorkommen aber ist sehr er-
wähnenswert, weil es wie kein anderes zeigt, in weldier
rücksichtslosen Weise England vorgeht.
Ende 1894 hatten sich wieder einmal aufständische Hi-
nawT versammelt unter einem Scheich Säleh von Samed,
der dem Sejjid Feisal seinen Tribut nicht bezahlen wollte.
Am 12. Februar 1895 gelang es etwa 200 Mann von ihnen,
in Masqat einzudringen. Sie verhielten sich ruhig, Sejjid
Feisal gab ihrem Führer sogar ein Geldgesciienk. Die Hälfte
der Beduinen blieb nachts in der Stadt, deren Tore um
Mitternacht von einer starken Macht angegriffen wurden, die
in den Palast von Sejjid Feisal gelangten, der nur mit ge-
nauer Not sich in das Fort Geläli retten konnte, während
sein Bruder in das andere Fort Merani flüchtete. Beide
Festungen waren mit einigen Leuten und alten portugie-
sischen Kanonen beseht. Von diesen Forts aus eröffnete
man nun das Feuer auf den Sultan-Palast, in dem die
Aufständischen lagen. Die Stadt selbst war in Händen des
Feindes. Drei Tage lang mußte der Sultan seinen eigenen
Palast bombardieren. Docfi blieb es in der Stadt selbst
ohne weitere Unruhen. Endlich erhielt der Sultan Hilfe
von etwa 1000 Getreuen, die zum Angriff übergingen, wobei
die englischen Untertanen, d. h. Indier, in Gefahr kamen,
so daß auf Veranlassung des englischen Residenten Major
J. H. Sadler ein Waffenstillstand auf einige Stunden ge-
schlossen wurde, während dessen die Indier in dem benach-
barten Dorfe Makalla Schuö suchen konnten. Drei englische
Kriegsschiffe („Sphinx", „Lawrence" und „Bramley") er-
schienen vor Masqat, offenbar telegraphisch vom Residenten
herbeigerufen. Aber zum allgemeinen Erstaunen griffen diese
nicht ein. Zwemer schreibt wörtlich: „Aus diplomatischen
Gründen ließen sie den Sultan seine eigenen Kämpfe aus-
fechten, und als die Rebellen endlich (9. März 1895) über-
zeugt wurden, den armen Sultan zu verlassen, war er be-
lastet (saddled) mit einer großen Rechnung für den Schaden,
der den englischen Untertanen während des Angriffes er-
wachsen war." Das heißt also mit nüchternen Worten: man
hat absichtlich keine Hilfe gewährt, damit der Sultan noch
mehr finanziell abhängig von England würde, eine gewiß
— 181 —
sehr feine und edle Politik! An den 177000 Dollar, die
man als Schadenersaö forderte, hatte der Sultan bis 1900
zu tilgen, obgleich er versuchte, sie als Steuer von den
schuldigen Stämmen einzuziehen.
Im Jahre 1895 stellte der Sultan mit Hilfe englischer
Kriegssdiiffe die Autorität in 'Oman und Dofär an der
Mahraküste wieder her.
Im Jahre 1894 wurde ein französisches Konsulat in
Masqat errichtet, woran die Engländer viel Anstoß nahmen^,
da die Franzosen dort kaum Handelsinteressen hatten. Es
schien also, daß das Konsulat nur politische Ziele verfolgen
konnte, und darin sind die Engländer von größter Empfind-
lichkeit.
Wir hatten oben schon etwas über die französisdien
Interessen im Persischen Golf gesagt. Das 1795 von Frank-
reich in Masqat errichtete Konsulat war offenbar seit langem
zurüdigezogen, nachdem am 16. Juni 1807 ein „ewiger"
Freundschaftsvertrag mit 'Oman abgeschlossen war. Am
17. November 1844 (s. Anhang Nr. 47) wurde zwischen Frank-
reich und Masqat ein neuer Vertrag geschlossen, in dem
Frankreich das Protektorat denjenigen Sultansuntertanen zu-
gestanden wurde, welche in französischen Diensten waren
(Exterritorialität), was die Franzosen in der Folge zugunsten
aller Leute auslegten, die irgendwie bei Franzosen beschäf-
tigt waren (wie Schiffsführer, Handelsagenten usw.). Außer-
dem erhielt Frankreich das Redit der meistbegünstigten
Nation, und der Sultan verpflichtete sidi, keine Monopole
zuungunsten Frankreichs zu verleihen. In dem § 3 dieses
Vertrags hat Frankreich auch das Recht erhalten, in 'Oman
Immobilien zu erwerben. Am 10. März 1862 anerkannten
England und Frankreich gegenseitig die Unabhängigkeit der
Sultane von Zanzibar und 'Oman (s. Anhang Nr. 48).
Überall im Gebiet des Indischen Ozeans versuchten nun
die Franzosen Eingeborene an sich heranzuziehen, indem
sie ihnen das französische Schu^genossenrecht gaben. Ganz
besonders geschah dies in bezug auf einheimische Fahr-
zeuge. Dies Verfahren wurde von Djibuti-Obok, von Mada-
gaskar und von Zanzibar ausgeübt, und die französische
Regierung willigte nicht ein, daß diese Fahrzeuge mit fran-
zösischer Flagge von anderen als französischen Kriegsschiffen
angehalten oder untersucht würden, es sei denn in fremden
— 182 —
Territorialgewässern. Dieser Ansprudi hat in Ostafrika zu
sehr vielen Schwierigkeiten geführt, weil hierdurch die Kon-
trolle des Sklavenhandels sehr erschwert wurde. Frankreich
hatte schon den sogenannten „Quintuplevertrag" vom 20. De-
zember 1841 nicht ratifiziert und 1845 England gegenüber
sich nur bereit erklärt, daß die beiderseitigen Kreuzer-
gesdiwader zusammenarbeiten sollten. Die Generalakte der
Brüsseler Konferenz vom 2. Juli 1890 wurde von der fran-
zösischen Kammer in Anlehnung an frühere Entschließungen
nicht ratifiziert, soweit sie Bezug hatte auf die Beschlag-
nahme und Aburteilung verdächtiger Schiffe; insbesondere
wurde die Durchsudiung der Fahrzeuge mit französischer
Flagge nicht erlaubt. Der Grund ist wohl, daß diese Be-
vorzugung französischer Boote deren Besi^ern größere Frei-
heit gewährte, und daß diese deshalb sehr gern sich an
die Franzosen anschlössen, wodurch Frankreich wiederum
größeren politischen Einfluß bekam; mit anderen Worten:
man versuchte auf diese Weise zur „Französierung" der
Araber beizutragen.
Dies war besonders in 'Oman der Fall. Leute, die ein-
mal mit französischer Flagge gefahren waren, ließen bei
der Rückkehr Reeder, Kaufleute, Matrosen, ja deren ganze
Familien, Dienstpersonal und ihre Kundschaft unter die
französischen Schufebefohlenen aufnehmen, so daß sie als
Exterritoriale nur der Rechtsprechung des französischen
Konsuls, nicht der des einheimischen Herrschers unterstanden.
Der sehr energische französische Konsul in 'Oman, M. Ot-
tavi, hat hiervon den weitesten Gebrauch gemacht, so daß
fast die ganze Einwohnerschaft der Stadt Sür, ja, wie
Brunet-Millon schreibt, fast die Hälfte der Bewohner von
ganz 'Oman unter französische Gerichtsbarkeit gekommen
sei. Es war dies ein systematisches Französieren, das poli-
tische Interessen am Lande schuf. Dazu kam, daß dauernd
französische Kriegsschiffe im Perser Golf verkehrten. Dies
mußte die Unruhe der Engländer erwecken, die den Golf
für ihre alleinige Domäne ansehen, die vor allem Masqat
für den Schlüssel zum Perser Golf betrachten. Sie beschul-
digten deshalb fortwährend die französischen Konsuln der
Parteinahme für die Sklavenhändler, denn mit diesem phil-
antropischen Vorwand konnte man am leichtesten vorgehen.
Konsul Ottavi aber schrieb damals: „Wenn die britischen
— 183 —
Offiziere unsere Sdiufebefohlenen mit ihren Beschuldigungen
verfolgen, so geschieht dies niciit allein, weil diese die
französische Flagge führenden Schiffe unseren Einfluß gegen-
über dem Englands stärken, sondern auch weil das Vor-
handensein dieser Fahrzeuge und der dadurch zutage tretende
Vorteil der französisdien Flagge nach und nach zur Zer-
störung der in diesen Gebieten vorherrschenden Ansicht
führt, nach welciier der Persische Golf und Arabien sowie
alle auf diesen Meeren fahrenden Schiffe ausschließlich der
englischen Gerichtsbarkeit unterstehen."
Die Engländer glaubten besonders scharf auftreten zu
können, als die Spannung mit Frankreich durch den Zwischen-
fall von Faschoda stark war. Im Jahre 1897 ersuchte der
englische Resident in Masqat, Oberst Mockler, Sejjid Feisal,
gegen alle seine Untertanen vorzugehen, welche die fran-
zösische Flagge annahmen. Der Sultan erklärte sich dazu
außerstande. Als dann die Engländer erfuhren, daß
38 Masqat-Schiffe auf einmal bei den französischen Kon-
sulaten in Zanzibar und 'Aden die Flagge genommen hatten,
versuchte der englische Resident wieder auf den Sultan
einzuwirken, dessen Beschwerden die französische Regie-
rung aber nicht nachkam. Am 25. Oktober 1897 und am
10. Januar 1 898 erfolgten weitere Vorstellungen. Der Resident
in Bender Büsehr, Colonel Meade, verlangte am 9. Februar
1899 vom Sultan sogar die Zurückziehung aller französischen
Flaggen und eine entsprechende Veröffentlichung seitens
des Sultans. Er sollte die Eigner französischer Schiffe als
Rebellen erklären, widrigenfalls ihm seine (Zanzibar-) Sub-
vention gesperrt würde.
Noch gespannter wurden die Verhältnisse durch ein
anderes Vorkommen. Frankreich wollte Kohlenstationen am
Indischen Ozean erwerben, schon seiner Besifeungen in
Madagaskar wegen. Gestuft auf den Meistbegünstigungs-
vertrag von 1844, in dem Frankreich die Erwerbung von
Grundstücl^en gestattet war, pachtete der französische Konsul
Ottavi am 7. März 1898 vom Sultan einen Lagerpla^ bei
Bender Djissar (Gisah?), 5 engl. Meilen südlich von Masqat.
Sofort erschien der englische Resident für den Persischen
Golf vor Masqat mit einem englischen Geschwader, um
Sejjid Feisal ein Ultimatum zu stellen: „Ich habe den Befehl
erhalten, zu verlangen, daß Eure Hoheit sofort, und zwar in
- 184 —
einer der Öffentlidikeit möglichst zugänglidien Weise, die
Niditigi^eitserklärung aller überhaupt mit der französischen
oder jeder anderen Regierung bisher abgeschlossenen Ver-
träge abgibt, welche die Abtretung eines Hafens, eines hierzu
geeigneten Ortes oder eines Teiles des Festlandes für gleich-
viel welche Zwecke vorsehen. Eine Ausnahme hiervon bilden
die mit England bestehenden Abkommen, und ist mir ohne
Zögern die Kopie der Nichtigkeitserklärung der fraglichen
Abkommen zu übergeben, damit ich dieselbe an die Regie-
rung Großbritanniens übergeben kann." Die Erregung dar-
über war groß, das Verhältnis von Frankreich zu England
war schon wegen Faschoda gespannt genug, und man machte
sich auf eine Kriegserklärung gefaßt. Die englische Regierung
aber billigte nicht das Vorgehen ihres Residenten. Delcasse
war deshalb in der Lage, die Erklärung in der französischen
Kammer abzugeben, ^ daß „die Regierung der Königin nach
Kenntnisnahme der vorliegenden Tatsachen und unserer Ab-
sichten nicht gezögert hat, anzuerkennen, daß die Rechte Frank-
reichs und Englands in Masqat wie auch die eingegangenen
Verpflichtungen gleichartige seien, und daß Frankreich sehr
wohl dort ein Kohlendepot unter den gleichen Bedingungen,
wie England das seinige erhalten, beanspruchen könne". Man
kam überein, alle Differenzen in Paris zu behandeln und
nicht in Masqat einen Druck auszuüben. Das Ergebnis der
Verhandlungen war, daß England an Frankreich einen
Anteil an seinem eigenen Kohlenlagerpla^ in der Makalla-
bucht des Masqat-Hafens gab, also an einem Plaö, wo es
die französischen Interessen unter Aufsicht hatte. England
richtete für sich selbst im Januar 1899 noch einen ferneren
Kohlen-Lagerplafe bei Ras el-Hadd ein.
Die Schwierigkeiten mit dem Flaggenrecht der Ein-
geborenenfahrzeuge gingen jedoch weiter. Am 5. August
1899 erklärte der englische Geschäftsträger Herrn Delcasse,
daß „die Ausnahmestellung der Masqat-Schiffe unter fran-
zösischer Flagge unverträglich sei mit den seitens der fran-
zösischen Regierung eingegangenen Verpflichtungen hin-
sichtlich der Unabhängigkeit des Sultanats von 'Oman". Die
Engländer übten einen Druck auf den Sultan aus. Im folgen-
den Juni ging dann auch Sejjid Feisal mit dem englischen
1 Chambre des Deputes, Debats parlementaires. 5. Mars 1899.
— 185 —
Konsul nach Sur, um die französischen Schufebriefe einzu-
fordern. Am 12. Juni 1900 haben dort die Eigentümer fran-
zösischer Flaggenbriefe dem Sultan dieselben „freiwillig"
zur Verfügung gestellt, was dieser annahm. Durch das
Kriegsschiff „Catinat" ließ Frankreich jedoch die Rückgabe
dieser Papiere fordern. Und als sich derselbe Vorgang im
nächsten Jahre wiederholte, erklärte der französische Kon-
sul Laronce, daß seine Regierung entschlossen sei, an der
augenblidilichen Lage in der Angelegenheit der Schiffahrt
unter allen Umständen festzuhalten, „d. h. unsere Unter-
tanen würden weiter dem Schule und der Gerichtsbarkeit
unserer Flagge unterstehen, welche die Vorfahren der Pro-
tegierten schon so lange Zeit geachtet und respektiert hat-
ten". Major Cox aber hatte den Auftrag, in dieser Frage
unzweideutig vorzugehen. Bei einer Reihe fernerer Zwi-
schenfälle wurde durch England gezeigt, daß der fran-
zösische Schuö für die Untertanen von 'Oman „ungeseölich
und dem Abkommen von 1862 zuwider" sei. Am 8. April
1903 wurden drei französische Schutgenossen auf Veranlas-
sung von Major Cox gefangengese^t, von ihm selbst ver-
nommen, vom Sultan verurteilt, und vor dem Gefängnis
wurde ein Posten der indisch-englischen Schu^wache auf-
gestellt.^ Der darauf am 18. Mai ankommende Komman-
dant des Kreuzers „Infernet" ließ sich nicht von Cox ein-
schüchtern; er forderte zunächst die RücJ«kehr des Sultans, der
auf englische Veranlassung ins Innere gegangen war. Zurück-
gekehrt, antwortete dieser auf die Aufforderung, die Gefange-
nen freizulassen: „Ich wage es nicht." — Da kam die Weisung
aus London, die Gefangenen freizugeben. Und was war
der Grund? Eduard VII. reiste damals gerade nach Paris,
um die Entente cordiale einzuleiten. So kamen auch im
fernen Arabien die Ereignisse zur Geltung, welche den
Umschwung der französischen und englischen Politik be-
stimmten. Man entschloß sich, den Fall dem Haager Schieds-
gericht zu überweisen. Es wurde sogar am 13. Oktober
1904 ein eigener Vertrag zwischen England und Frankreich
* Durch eine „Order in counsel" vom 4. November 1807 (Aitdiison,
Bd. XII, Appendix Nr. L), war die englisdie Konsulargeridifsbarkeit über
die englischen Untertanen und Sdiu^befohlenen in Oman festgese^t
worden. Der Konsul oder politische Resident in Masqat hat eine eigene>
aus indischen Truppen bestehende Leibwache.
— 186 —
abgeschlossen, 1 der die Zusammenseöung des Gerichts fest-
sefete, deren Mitglieder dem Haager Sdiiedsgericht angehören
sollten.
Die Hoffnungen Frankreichs in Masqat, und wohl auch
in Scheich Sa Td, waren ebenso wie die Interessen in Fa-
schoda und in Ägypten der Revanche geopfert worden, und
nur in Maroki^o hat Frankreich 1904 freie Hand von England
erhalten. Der französische Vizekonsul Laronce in Masqat
stellte keine Flaggenscheine mehr aus, abgesehen von den
30 noch vorhandenen; die für den französischen Schu^ in
Frage kommenden Schiffer in Masqat sollten nur diejenigen
mehr sein, welche vor dem 2. Januar 1892 die Flagge er-
halten hatten, von diesem Zeitpunkt an nur solche, welche
vor 1863 das Recht als französische Proteges hatten. Unter-
tanen von 'Oman aber, welche die französische Flagge führen
durften, sollten keine Exterritorialität in 'Oman genießen
(s. Anhang Nr. 49). Das Schiedsgericht hatte nämlich seinen
Spruch vom 8. August 1905 gegen Frankreich gefällt, weil
die Richter die Vorschriften des Brüsseler Generalabkom-
mens anwandten, dem Frankreich nicht beigetreten war.
Aber Frankreich beruhigte sich im Interesse der Entente
dabei. Ein vom Sultan von 'Oman 1908 erlassener und
von Frankreich und England gutgeheißener Erlaß unterstellte
die fraglichen Schiffe in den Gewässern von 'Oman (in den
zum Festland gehörigen Meeresteilen und im ganzen Perser
Golf) der ausschließlichen Gerichtsbarkeit von Oman. Die
französischen Schiffe der Eingeborenen verschwanden durch
Erlöschen ihrer Rechte, dem französischen Konsul in Masqat
ist die Gerichtsbarkeit über sie entzogen, die von England
ausgeübt wird. Die Vorherrschaft Englands in Masqat ist
heute eine vollendete Tatsache. Brunet-Millon (nach Uber-
se^ung im „Export", 1912), dem ich fast wörtlich gefolgt
bin, fügt hinzu: „Das englische Protektorat über Masqat ist
auf Ungesefelichkeiten begründet und aufgebaut, was jedoch
unseren Partner jenseit des Kanals an einem freundschaft-
* Agreements between the United Kingdom and France referring
to Arbitration the Question of the grant of the French Flag to Muscat
Dhows. Sgnd. London, Oct. 13, 1904 and Jan. 13, 1905. Treaty series,
No 3, 1905. — Vgl. auch: Boutres Mascatais francises. Paris 1905.
Impr. Nationale. Dies ist die französisdie Denkschrift für das Haager
Schiedsgericht.
— 187 —
liehen Zusammengehen mit uns nicht hindert. Unsere recht-
lidie Stellung in Masqat ist von uns sehr teuer bezahlt
worden, und selbst unseren englischen Freunden können
wir dieselbe nicht für ein Butterbrot abtreten." Der Ver-
fasser hoffte, daß Frankreich dafür die Seyshellen, Amiranten
und den „Hafen" von Melinde bekommt. Nun, — es hat
die Genehmigung erhalten, je^t mit den Engländern zu-
sammen kämpfen zu dürfen.
Im November 1901 wurde Masqat mit Gask (Jask) durch
ein Kabel verbunden und so dem Weltkabelne^ angeschlossen.
Am 31. Mai 1902 verpflichtete der Sultan sich, die Aus-
beutung der Kohlenfelder im Hinterland von Sur keiner
anderen fremden Macht oder Gesellsdiaft zu geben, bevor
der englischen Regierung Gelegenheit gegeben sei, das
Unternehmen selbst im Verein mit dem Sultan auszuführen
(s. Anhang Nr. 50).
Im Jahre 1905 wurde dem „Sponge Exploration Syndi-
cate Ltd.", London, 39 Luke Street, die Konzession zum
Fischen von Schwämmen von Ras el-Hadd bis Chasab erteilt
(s. Aitchison, Bd. XII, Appendix Nr. LH).
Die Franzosen aber waren nicht die einzigen Kon-
kurrenten in 'Oman für England, das unter allen Umständen
ein Monopol im Persisdien Golf will, für den ihm Masqat
der Schlüssel bildet. Im April 1899 tauchte das Gerücht
auf, daß Rußland im Perser Golf eine politische Stellung
erstrebe, daß es Bender 'Abbäs als Endpunkt einer Bahn
durch Persien erworben habe. Rußland richtete auch ein
Konsulat in Masqat ein und betrieb eine subventionierte
Dampferlinie 1 von Odessa nach Masqat und Bender Büsehr,
wo ein russischer Generalsonsul saß. Alles dies waren für
England höchst verdächtige und unerträgliche Zustände. Die
indische Presse verlangte sofort Verstärkung des englischen
Geschwaders, eine Vermehrung der politischen Beamten
Englands im Perser Golf und mehr Telegraphenkabel. Außer-
dem wurde gewünscht, daß bei der baldigen Beendigung
des zehnjährigen russischen Privilegs, Bahnen in Persien
zu bauen, England alles aufbieten müsse, die Verlängerung
dieses Rechts zu verhindern. England aber wurde auf in-
' Russische Linie Odessa — Persisd\er Golf (R. O. P. I. T.) Russkoje
obschtsdiestwo parochodstwa i torgowli. — Agent war unter anderen
der Holländer Victor Paul ter Meulen, Konsularagent in Ahwäz.
- 188 —
direkte Weise diesen Nebenbuhler los. Es hatte die Japaner
auf Rußland gehest, und durch den Frieden von Portsmouth
im September/Oktober 1905 wurde Rußland so geschwächt,
daß es seine Bestrebungen im Perser Golf aufgab. Im
Vertrage vom 31. August 1907 aber wurde ihm von Eng-
land freundlichst erlaubt, in Nordpersien Bahnen und andere
Einflüsse zu gewinnen, aber an den Persischen Golf durfte
es nicht heran. An Stelle des Strebens zum Indischen
Ozean will Rußland heute im Verein mit seinen Freunden
über Konstantinopel an die offene See, ein aussichtsloses
Unternehmen. Da aber Rußland einen Hafen am eisfreien
Meere nötig hat, wird es später doch vielleicht noch ein-
mal seine alten Bestrebungen zum Perser Golfe wieder
aufnehmen.
Mitte 1913 gab es neue innere Unruhen in 'Oman. Die
Waffenverordnung (s. u.) gab den Vorwand, daß ein Scheich
'Abdallah bin Hamed es-Salimi sid\ erhob und Nezwa be-
seite. Es wurde auch ein Scheich Sälim bin RasTd el-Charüst
zum „Imäm" gewählt. Sejjid Feisal sandte seinen Sohn
Sejjid Nadir den Aufrührern entgegen. Nadi der „Times* vom
18. Sept. 1913 handelte es sich besonders um den Besife
der Dattelwälder des Sultans in Semil. Sejjid Feisal wurde
im Juli durdx Entsendung des 2. Ratchputen - Regiments
von Bombay unterstü^t, denen noch einige hundert Mann
der King-Edwards-Grenadiere folgten, um die Küstenplä^e
zu halten; mehrere Orte im Innern waren dem „Imäm" in
die Hand gefallen. Im übrigen hatten die Engländer den
Befehl, sich der genauesten Neutralität zu befleißigen, d. h.
die Araber sich gegenseitig schwächen zu lassen. Am 7. Ok-
tober 1913 ist Sejjid Feisal gestorben, und sein Sohn Sejjid
Tajmür sein Nachfolger geworden. Im April 1914 nahmen
die Aufrührer die Orte Qurjat und Barkar (Barkali?), die
von England bombardiert wurden. Die Rebellen zogen sich
von der Küste zurüdk, hielten aber das Innere im Besiö.
Seitdem ist eine indische Garnison zum Schule des Sul-
tans und der indischen Händler in Masqat geblieben. Viel-
leicht angereizt durch die Nachricht von dem europäischen
Kriege haben die Rebellen am lO./ll. Januar 1915 wieder
heftige Angriffe auf die Außenstellungen der Stadt Masqat
gemacht, die durch die Truppen des Sultans unter Mithilfe
von einer Abteilung des 95. Russel's Infantry Regiment und
— 189 —
der 102. Bombay Grenadiere zurückgeworfen wurden. Der
Sultan ist nur Herr der Stadt Masqat und von ein paar
Orten an der Küste und im Binnenlande, der Rest des Lan-
des ist dem erwähnten „Imäm" unterworfen oder selbständig.
Wahrscheinlich aber spielen im Innern auch die Einflüsse
des Wahhäbitenchefs mit, mit dem die Engländer gegen die
Türkei sich verbündet haben. Ihnen liegt ja auch gar nichts
daran, dem Sultan das Land zu erhalten, sie wollen nur
selbst Einfluß an der Küste haben. Zu erwähnen ist noch,
daß 1913 im sogenannten Kuweit-Abkommen die Türkei
auf ihre Ansprüche auf Masqat verzichtet haben soll, und
daß der Wahhäbiten-Emir Ibn Saud seit etwa Mitte 1913
das ganze Hinterland von 'Oman zu beherrschen scheint.
Für die legten Jahre haben wir noch einiges hinzuzufügen.
Gelegentlidi eines Angriffs von bewaffneten Eingeborenen-
fahrzeugen auf ein englisches Schiff im November 1910,
das den Waffenschmuggel überwachen sollte, wurden eng-
lische Soldaten getötet. Deshalb tauchte wieder die Frage
des Überwachungsrechts für die Fahrzeuge auf. Im April
1911 wurden unter Admiral Slade die englischen Kriegs-
schiffe „Hyacinth" und „Fox* an den Perser Golf zur
Unterdrückung des Waffenschmuggels gesandt. Slade landete
Truppen bei Debai und vernichtete dort eine Waffennieder-
lage.^ Die „Depechecoloniale" vom 17. Juni 1912 behauptete,
die arabischen Schiffe holten sich die Waffen von Dares-
salam, aus der italienischen Zone oder sogar aus Indien,
um sie nach Beludschistan, Afghanistan usw. zu bringen.
Lord Curzon hatte als Gegenmittel 1911 die Annexion
von Masqat empfohlen. Man zog aber vor, an Frankreich zu
appellieren, es möge auf seine alten Rechte in Masqat ver-
zichten. (Lord Curzon's Rede im Oberhaus am 22.Märzl911.)
Der Staatssekretär für Indien, Lord Morley, hatte erklärt, man
könne von Frankreich nicht verlangen, daß es kostenlos ver-
zichtete. Bei den verschiedenen Versprechungen und Rechts-
* Nad\ arabisdien Quellen (M. Hartmann in „Welt des Islam" II)
soll England Ende 1912 ein Kriegssdiiff nad\ der Omänküste gesandt
haben, um den Sultan zur Hissung der englischen Flagge zu ver-
anlassen. Die Trucialdtiefs aber hatten dies abgelehnt, da auch Eng-
land ihr Feind sei. Zur selben Zeit ist zugunsten der Türkei während
des Krieges mit Italien auch in Oman wie in Bahrain gesammelt worden,
was auch in Zanzibar und anderen islamischen Ländern geschah.
- 190 —
abtretungen, die sich an die Marokkofrage knüpften, hatte
man geglaubt, daß Masqat ein Tauschobjekt sein würde.
Jedenfalls scheint Frankreich England dort freie Hand ge-
lassen zu haben. Laut Verordnung des Sultans von 'Oman
vom 12. Juli 1912 sollen jedenfalls alle eingeführten Waffen
und Munitionen unter Zollverschluß gelagert werden; sie
dürfen nur mit Genehmigung an bewährte Händler ab-
gegeben werden („Nachrichten für Handel und Industrie"
vom 30. Okt. 1912). Jedoch versuchte Frankreich, nochmals
Widerstand zu leisten, indem es Ende des Jahres ein großes
Kriegsschiff nach Masqat sandte, um einen Druck auszu-
üben. Von englischer Seite wurde behauptet, daß es haupt-
sächlich einige französische Firmen seien, die den Waffen-
handel nach Afghanistan trieben, und die von einigen fran-
zösischen Deputierten unterstüöt würden („Daily Mail" vom
28. Nov. 1912). Im Oberhause wurde am 10. Dezember
1912 eine Frage über Masqat an die Regierung gerichtet;
Lord Morley antwortete, daß die Waffenverordnung zwar
nicht ideal sei, daß aber die französische Regierung mit
eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen habe; eine wichtige
Geschäftsgruppe dort behaupte, daß die Waffen beschlag-
nahmt würden. Es sei aber aus politischen Gründen besser,
diese Frage jeöt nicht weiter zu erörtern („Köln. Ztg." vom
13. Dez. 1912). Die französischen Interessenten hofften
damals, daß man durch Verzicht auf die Rechte aus dem
Vertrage von 1862 in Masqat von England die Kolonie
Gambia erhalten würde.
Die Waffenfrage hat dauernd die sorgenden Interessen
von England gefunden. Es nimmt an, daß von dort aus
dauernd Waffen nach Afghanistan geschmuggelt werden, und
zwar besonders solche, die aus dem mit England verbün-
deten Frankreich kommen. Das erwähnte Abkommen mit
Frankreich von 1912 genügte den Engländern nicht. Ein
Engländer soll beobachtet haben, daß etwa 1911 in Masqat
an 200000 Gewehre lagerten, und daß die Pakete von
Munition nach Millionen zählten. Unter den Augen eines
englischen Kriegsschiffes entlud eine Dhau Waffen und
Munition in Masqat. Die Franzosen wollten aus Geschäfts-
gründen ihren Handel nicht missen, beanspruchten sogar
eine persönliche Entschädigung für eventuelles Aufgeben
des illegitimen Handels. Das Geschäft ging der englisdien
— 191 —
Freundsdiaft vor. Aber auch Firmen aus Birmingham soll-
ten an diesem Handel teilnehmen („Nordd. Allg. Ztg,"
vom 29. Jan. 1914). Noch Anfang 1914 ließ Frankreich dem
Wahhäbiten Emir Ibn Sa'ud große Mengen Waffen anbieten,
die jedenfalls über Masqat gehen sollten. Endlich, am
4. Febr. 1914, haben Sir Edward Grey und der französische
Botsdiafter Cambon Noten ausgetauscht, denen zufolge
Frankreich auf die Vorrechte verzichtete, die den französischen
Untertanen durch den Vertrag von 1844 gewährt wurden,
insofern sie den neuen verschärften Bestimmungen über
den Waffenhandel in Masqat widerstreiten, d. h. in bezug
auf den illegitimen Waffenhandel im Sultanat. Die Regie-
rungen wollten auch nichts einwenden, wenn der Sultan (d. h.
die Engländer) Abänderungen oder Ergänzungen zu den
Waffenbestimmungen erlassen sollte („Correspondence
d'Orient", Paris, 1./16. Juli 1914). Also noch vor dem Aus-
bruch des großen Krieges hat England das lang erstrebte
Ziel erreicht, daß es nämlich die Waffenkontrolle in 'Oman
hat. Und es ist wahrscheinlich, daß dies Recht je^t wäh-
rend des Krieges auf das schärfste ausgenü^t wird, denn
die Waffenversorgung von Afghanistan ist eine große Sorge
für England und Indien.
Aber nicht nur um diese Frage handelt es sich. Masqat
hat eben einen sehr guten, von einer Insel geschürten Hafen,
der einen Stüfepunkt erster Klasse abgibt, wo Kohlendepots
und Befestigungen errichtet werden können, sobald Frank-
reich keinen Widerstand mehr leistet. Und der Hafen von
Masqat bedeutet für den Perser Golf dasselbe, was 'Aden
für das Rote Meer ist: di« strategische Schlüsselstellung
für dies Meer, das die Engländer nun als das ihrige be-
trachten. Unsere Baghdad-Bahn hat, abgesehen von der
Frage ihres Endpunktes in Kuweit, nur den Zugang zu
einem englischen Binnenmeer, solange der Ausgang vom
Perser Golf ausschließlich in englischer Hand ist. Und das
ist je^t der Fall, denn auch an der persischen Seite besi^en
die Engländer die Kabelstation bei Kap Dschask (Gäsak),
Basidü auf der Insel Kism^ sowie die kleinen Inseln Taub
' Interessant ist die Angabe „eines persischen Patrioten" („Persien
und der Europäische Krieg." Berlin, Karl Curtius, 1915), daß England
während des Weltkrieges der persischen Regierung angeboten habe,
die Inseln Chärak, Hormüz und Kism zu kaufen.
— 192 —
und Abu Musa vor der Straße von Hormüz. Endlich haben
sie die volle Gewalt über die Piratenküste. Auch bei einem
günstigen Kriegsausgang werden formelle Zusicherungen Eng-
lands uns nidits nüfeen, um dort die Freiheit des Meeres
zu bekommen und die Baghdad-Bahn vor Erdrosselung im
geeigneten Augenblick zu schüren. Helfen kann nur, wenn
die Engländer gezwungen werden, auf ihre alleinigen An-
sprüche am Perser Golf zu verzichten und zu gestatten,
daß auch eine andere Macht, die nid\t zum Vierverbande
gehört, sich einen festen Punkt dort sichert. Hierfür wären
die riesigen und geschürten Buchten am KapMusandum sehr
geeignet, in denen sogar die ganze englische Flotte Unter-
kommen finden kann, wenn das Klima dort nicht so un-
erträglich heiß wäre, daß selbst die Engländer den Plaö auf-
geben mußten, den sie 1864 bis 1869 beseiten, als sie dort
eine Kabelstation einrichten wollten. Schwer wird es aller-
dings sein, England von Masqat abzubringen, auf das es den
allergrößten Wert legt. Lord Curzon scfirieb („Persia" II, 443):
„Wir lassen dem Sultan eine Subsidie zukommen, wir be-
stimmen seine Politik und werden keine fremde Einmischung
hier dulden. Die Zeit wird kommen, wo ein entschiedenerer
Besiö erforderlich sein wird, und der Junion Jadk wird von
den Burgen von Masqat wehen." Und schon 1899 sagte Sir
Richard Temple in einem Vortrage im United Service Club:
„Masqat gehört uns, und unsere Rechte daselbst müssen
wir, wenn notwendig, mit den Waffen aufrechterhalten."
Die Freiheit des Perser Golfs aber ist für unsere Baghdad-
Bahn eine Lebensfrage, und wir können nicht oder nur sehr
schwer dort die freie See wie am Roten Meer erreichen.
Deshalb muß irgend etwas geschehen, was uns und anderen
Mäcfiten die Freiheit sichert.
Aus nebenstehenden Zahlen geht hervor, daß die Ein-
fuhr von Waffen und Munition nach Masqat aus Belgien
am bedeutendsten war. Nach den Konsulatsberichten kom-
men diese Waffen aber fast ausschließlich aus Frankreich
und werden von Belgien aus nur verladen; doch kommen
auch aus diesem Lande viel Martini -Gewehre, die billiger
sind als die englischen. Aus Deutschland stammen durch-
weg nur wertvolle Waffen, so z. B. 1911/12 7000 Gewehre
für 53800 i. Wichtig aber ist, daß England und seine
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Hamburgische Forschungen. Heft 1.
13
— 194 —
Besi^ungen fast die gleiche Menge wie Belgien (Frank-
reidi) einführte. Es beleuditet dieser Umstand die dauern-
den Anschuldigungen der Engländer, daß nur die Fran-
zosen die Araber und Afghanen mit Waffen versorgen.
In der Ausfuhr erscheinen Waffen fast gar nicht, denn es
wird nur die Ausfuhr auf Dampfern notiert; die auf ein-
heimischen Seglern scheint im Sdimuggelwege zu erfolgen.
1911 — 12 sind die angeführten Mengen für die persische
Regierung und arabische Häuptlinge mit Einverständnis des
englischen Residenten ausgeführt. Für 1912 — 13 meldet der
Konsulatsbericht: „Large Imports consigned to His Highness
the Sultan of Muscat and to the Chaikh of Koweit." Es
ist sehr auffallend, daß gerade um diese Zeit (April 1913)
der englische Konsul von Kuweit ins Innere zum Ibn Sa'üd
reiste, und daß gleich darauf die Türken in EI-Ahsa von
den Mannen des Ibn Saud angegriffen wurden.
Die übrigen Waifen werden teils direkt von Masqat aus
ins Innere von Arabien gehen, andere aber auch tro^ aller
englischen Kontrolle in andere Häfen des Perser Golfes
verfrachtet werden. Aber es ist als sidier anzunehmen,
daß außer diesen Waffen die Araber noch direkte Zufuhren
erhalten. So sollen die Engländer nach Kuweit außer den
angegebenen Waffen und Munitionen für den Scheich von
Kuweit und den Emir Ibn Sa'üd sehr viele Waffen, Muni-
tionen und sogar auch Schnellfeuergeschü^e direkt geliefert
haben. Aus arabischen Quellen berichtet M. Hartmann
(„Welt des Islam" II, 302), daß Anfang 1914 Frankreich
einen Vertreter an Ibn Sa'üd nach Er-Rijad gesandt habe,
um ihm lOOCOO A oder Steuern von 50000 £ T. anzubieten
und ihm zu eröffnen, daß er bei Frankreich Waffen neuester
Art billiger als irgend sonstwo kaufen könne. Und als Eng-
land von diesem Angebot hörte, hat es ihm eine Jahres-
zahlung von 50 000 £ und Lieferung aller Waffen versprochen,
die er nötig hätte. Anderseits sollen die Türken an Ibn Rastd
Anfang 1914 viele Gewehre und Kanonen gesandt haben.
Nad\ dem englischen Konsulatsbericht soll in Masqat
im September 1912 die Verordnung in Kraft getreten sein,
nach der alle Waffen in staatliche Magazine gebracht werden
müssen, und zwar nicht nur die neu eingeführten, sondern
auch die noch bei den Kaufleuten vorhandenen. Man hoffte
dadurch den Waffenvertrieb kontrollieren zu können. Die
— 195 —
oben mitgeteilten Zahlen zeigen aber, welch ungeheure Zahl
von Waffen allein von Masqat aus schon vorher ins Innere
von Arabien gekommen ist, auch wenn man annimmt, daß
ein Teil davon nach Persien und Afghanistan gebracht wurde.
11. Kapitel
Die Bahrain-Inseln und die türkische Provinz
El-Ahsä (Lahsä, El-Hasä)
An der Ostküste Arabiens liegen in dem von der Halb-
insel el-Qatar gebildeten Golfe die Bahrain-Inseln, die
von manchen Geschiditsforschern mit dem Dedan der Bibel,
der Insel Tylos der Griechen, identifiziert werden. Dort
soll die Alexander-Expedition die Baumwollstaude entdeckt
haben (gossympinos des Plinius). Nach der von Herodot
gegebenen Überlieferung haben die Phönizier von hier aus
ihren Zug nach Norden angetreten. Strabo beriditet von
phönizisdhen Tempeln auf der Insel. Es ist aucii sehr
wahrscheinlich, daß die älteste Kultur von Babylonien enge
Beziehungen mit diesen Inseln hatte. Beweisen können
wir diese Zusammenhänge leider noch nicht, da die Unter-
suchung der riesigen Grab-Tumuli auf der Hauptinsel durch
Bent und andere bisher ohne wesentliche Ergebnisse ver-
laufen ist.i Es liegen nämlich auf einer weiten Ebene im
Innern der In^el Tausende von riesigen Grabhügeln, teils
von 30 und mehr Metern Höhe, die enorme Steinkisten-
Gräber in zwei Stocdtwerken enthalten. Außer auffallend
dolychocephalen Schädeln, Brücfistüci^en eines Goldarmbands,
einigen Tontöpfen und einer an phönizische Stücke er-
innernden Elfenbeinschniöerei eines Ochsen ist nichts darin
gefunden. Die weitere genaue Untersuchung aber wäre
sehr erwünscfit; denn es ist kein Zweifel, daß wir hier
uralten Kulturboden vor uns haben. Gegenüber, land-
einv.'ärts im Festland, lag die alte Handelsstadt Gerra,^ über
^ Prideaux, F. B.: „The sepuldiral Tumuli of Bahrain." Ardiaeo-
logical Survey of India ... Annual Rep. 1908—1909. Calcutta 1912.
S. 65. — Jouannin, A.: „Les Tumuli de Bahrain. Memoirs de la
Delegation in Perse." T. VIII. 1905. V. 149-157. - Bent: „The
Baharain Islands." Proc. Roy. Geogr. Soc. 12. London 1890.
2 Nach Sprenger ist el-Ger ä (arabisch) ein „Ort, wo nichts wächst".
Strabo sagt, daß Gerra von Chaldäern gegründet sei.
13*
- 196
deren Lage man sidi nodi nicht einig ist. Einige sudien
sie bei El-Qatif, andere im Grunde der Bucht von El-
Qatar; das Wahrscheinliche ist aber, daß sie in der Oase von
El-Hufhüf lag. Jedenfalls ging von hier aus eine der aller-
wichtigsten Handelsstraßen quer durch Arabien, teils nach
Makoraba — Mekka, teils wohl nach Jemen entlang dem
Wadi ed-Dawasir, teils nach Nordwesten. Und nach Osten
hin gingen die Handelswege von Gerra über den Golf nach
Persien und weiter wohl bis nach China. Schon zu Plinius'
Zeit waren die Bahrain-Inseln berühmt durch ihre Perlen-
fisdierei, die noch heute blüht. An 900 Boote widmen sich
vom Juni bis Oktober von dort aus der Perlenfiscfierei im
Persischen Golf.^
Besonders dieser reichen Perlenfischerei wegen waren
die Inseln immer eine begehrenswerte Beute umliegender
Stämme. Schon im Altertum müssen Babylonien und
Persien dort abwechselnd großen Einfluß gehabt haben.
Der Islam wurde sehr früh eingeführt. Vor Mohammed
stand ein Teil des Landes unter persischer Herrschaft, der
Statthalter war Ispid weih (Weißes Gesicht), v.?oraus die
Araber Asbads gemacht haben. Zur Zeit der Propheten
war die Hauptbevölkerung von el- Bahrain die Benu 'Abd
el-Qais bin Afsa, die aus der Tihäma gekommen waren und
die Ijäd vertrieben hatten. Im Jahre 6 — 8 d. Higra wurde
"^AlT bin 'Abdallah el-Hadrami nad\ Bahrain gesandt, um den
persisdien Häuptling el- Mundsir bin SawT zu bekehren.
Viele „Magier" (Perser), Juden und Christen lebten damals
dort. Nach Mohammeds Tode empörte sich Sureih bin
Dubeiä el-Hutam bin Ghuwatä. Dort war um 900 die
Hodiburg der Qarmaten, die 922 die Stadt el-Ahsä (el-Huf-
huf) bauten. (Ihr Gründer war Abu Tähir Suleiman bin Abu
Sa*^id el-Ghanäbt.) Um 1330 wurde el- Bahrain von der
' Perlenhandel in Bahrain.
1909—1910
Rup.
1910—1911
Rup.
1911—1912
Rup.
1912—1913
1913-1914
Einfuhr . .
Ausfuhr. .
6 300 000
10 990 000
5 975 000
13 928 000
13 483 000
29 920 000
1 000 000
2 033 333
531 134
1 451 293
Der Unterschied zwischen Ausfuhr und Einfuhr ist jedenfalls der Wert
der im Gebiet von e!-Bahrain selbst gewonnenen Perlen.
— 197 —
Insel Hormuz aus durch Qutb ed-Din erobert. Ihr alter
Name war Owal, Awäl; die Bezeichnung el-Bahrain, „zwei
Meere", tritt erst später auf. Der alte Hauptort hieß Tarm
(Darin). Wir sahen schon, wie Perser und 'Oman sich um
den Besiö stritten, wie dann die Portugiesen die Insel be-
seiten. Nach ihrem Abzüge 1622 waren die Perser dort
wieder Herren, zulegt von 1735 — 1783.* Zeitweilig mußte
die Insel Tribut an Masqat zahlen, bis im Jahre 1783 der
"^Utubt-Stamm von Zobara auf dem arabischen Festland zu-
sammen mit dem AI -Sabah- Stamm el-Bahrain beseite.
Zum Stamm 'Utubt gehört noch heute die Familie des dor-
tigen Scheich. 1800—1801 hatte wieder Masqat und bis 1810
die Wahhäbiten die Gewalt. Die 'Utubi kamen darauf wieder-
um ans Ruder, mußten aber oft an 'Oman oder Persien
Tribut zahlen. Lord Curzon schreibt, daß einmal zu gleicher
Zeit die Flaggen von England, 'Oman und Negd über dem
Hauptorte Menäma wehten. Im Jahre 1820 schloß sich der
damalige Chef Suleimän bin Ahmed dem allgemeinen Ver-
trage der „Trucial Chiefs" mit England an. Von 1820—1828
bezahlte Bahrain Tribut an Masqat, 1830 an die Wahhäbiten.
Im Jahre 1839 wollte der ägyptische Kommandeur, der in
der Nähe gegen die Wahhäbiten kämpfte, Bahrain angreifen,
jedoch verhinderte England dies ebenso wie 1843 die per-
sischen Absichten auf die Inseln. Mohammed bin Chalifa,
der Enkel von Soleimän bin Ahmed, schloß mit England
1847 einen Vertrag über die Unterdrückung der Sklaverei.
Als kurz darauf die Pforte wieder versuchte, ihre Anerken-
nung in Bahrain durchzusehen, erklärte England, es habe
mit dem „unabhängigen" Herrscher dort einen Vertrag ab-
geschlossen und würde es nicht dulden, daß er sich unter
die Oberhoheit der Pforte stelle. Um ihn noch mehr zu
binden, wurden 1861 und 1868, nachdem er einen Seekrieg
mit el-Qatar geführt hatte, wieder Verträge von England
mit dem damaligen Häuptling'Ali bin Chalifa abgeschlossen,
in dem er sich bereit erklärte, Seeräuberei, Krieg und
Sklavenhandel zu unterdrücken; für den Bruch des Friedens
in jenem Seekriege aber wurden an die Engländer 100000^
* Nach einer Nachricht vom 29. Dezember 1915 soll Persien in
einer Antwortnote auf ein russisches Ultimatum, das am 24. Dezember
abgelaufen war, unter anderem gefordert haben, daß England Persiens
Hoheit über el-Bahrain anerkennt.
— 198 —
Strafe bezahlt. Im Vertrage von 1861 war abgemadit, daß
die Engländer dort nur 5% Einfuhrzoll zu bezahlen hatten.
Ein Verwandter von 'Alt, namens Mohammed, eroberte
Bahrain, tötete den Chef und beteiligte sich 1869 wieder am
Seeraub, so daß die Engländer seine Hauptstadt Menäma
bombardierten und ihn nach 'Aden deportierten.^ An Stelle
des gefallenen 'Alt wurde 1869 dessen Sohn 'Isa (Curzon
nennt ihn Esau!) von den Engländern zum Herrscher ge-
macht, der ihnen treu blieb. Am 22. Dezember 1889 und
13. März 1892 schloß er Verträge mit England (s. Anhang
Nr. 51,52), nach denen er sich verpflichtete, mit keiner Macht
außer mit England Verträge zu schließen oder in Schrift-
verkehr zu treten, kein Land an fremde Regierungen zu
geben oder die Niederlassung eines andern Konsuls als (les
englischen in Bahrain zuzulassen. Formell ist Scheich 'Isa
jedoch noch unabhängiger Herrscher, der aber zugunsten
Englands auf einen großen Teil seiner Hoheitsrechte ver-
zichtet hat. Ende 1912 wünschte der englische Resident,
daß der Scheich ein Viertel seiner Zolleinkünfte zu Melio-
rationen und Anstellung eines englischen(!) Richters für
Zivilsachen verwandte. Da er sich weigerte, verschob der
Resident von Büsehr die Regelung der Frage auf spätere
Zeiten. Ein englisches Protektorat über Bahrain ist nicht
bekannt geworden.
Türkische Ansprüche auf Bahrain hat England stets
zurüd^gewiesen, so 1839, 1847, l'871, 1893 und 1895. Im
Jahre 1893 soll der Türkei mitgeteilt sein, daß Bahrain
„under British protection" stände.
Die Gruppe der Bahrain-Inseln hat etwa 100000 Ein-
wohner, die meist Maleki-Sunniten sind, doch leben dort
auch viele schi'itische Perser, Indier u. a. m. Der Haupt-
ort Menäma hat etwa 25 000, Muharraq etwa 20000 Ein-
wohner.
Große Aufregung entstand, als 1898 (nicht 1896, wie
die „Times Hist. of the War" sagt) eine Hamburger Firma
Robert Woeckhaus & Co. im Persischen Golf erschien.^
* Das erste deutsdie Handelsunternehmen am Persischen Golf
wurde in Busehr unter dem Namen Johann Werth u. Co. gegründet. Diese
Firma wurde später von der Deutsch-Persischen Handelsgesellschaft in
Bremen mit Niederlassungen in Bender Abbäs, Büsehr und Siräz
übernommen, die aber ihre Tätigkeit wieder einstellte.
— 199 —
Sie befaßte sich zuerst mit dem Aufkauf von Perlmutter-
schalen in Lingah an der persischen Küste, einem bisher
dort ganz vernachlässigten Artikel. Im Jahre 1901 verlegte
sie ihr Hauptgeschäft nach Bahrain. Auch Mohammera
Basra, Bender 'Abbas und andere Orte erhielten Ver-
tretungen dieser Firma, von der die Engländer lächerlicher-
weise annahmen, daß sie mit deutschen Staatsgeldern
politische Zwecke verfolgte. („Times Hist. of the War",
part 29 vom 9. März 1915.) Es ist dies natürlich eine
der Unwahrheiten, die von den Engländern erfunden sind,
welche sich nicht vorstellen können, daß eine Firma durch
Rührigkeit und durch die Tüchtigkeit ihrer Angestellten in
einigen Jahren aus dem Nichts etwas sdiaffen kann. Diese
hat es fertiggebracht, durch Aufnahme eines im Persischen
Golf bisher fast unbeachteten Artikels nicht nur Geld zu
verdienen, sondern den Hauptmarkt für eben diese Perl-
mutterschalen von London nach Hamburg zu verlegen.
Kurz nach Errichtung der Niederlassung in Bahrain wollte
Robert Woenckhaus & Co. — wie die „Times Hist. of the
War" sagt — eine Konzession vom Scheich der Insel auf
Ausbeutung der Perlenfischerei erwerben, was diesem von
den Engländern aber verboten wurde. Darauf soll die Firma
in Konstantinopel beantragt haben, die Insel Halül auf Höhe
der türkischen Station El-Bidä an der Halbinsel El-Qatar zu
pachten, die ein Standort der Perlenfischerei ist und nach
englischer Auffassung als gemeinsames Eigentum aller
perlenfischenden Stämme betrachtet wird. Auch hier hat
angeblich England hindernd eingegriffen, welches fürchtete,
daß Deutschland auf Halül eine Kohlenstation einrichten
könnte. Etwas später hat die den Engländern so gefährlich
scheinende Firma auf der etwa 50 Seemeilen nordwestlich
des Ortes Sarga (im Lande „Schardscha" gesprochen) an der
Piratenküste liegende Insel Abu Musa RedKte auf Lager von
Eisenoxyd erworben. Die Engländer behaupten, daß diese
Insel dauernd im Besi^ des Häuptlings von Sarga ge-
wesen sei. Das Recht, die Lager von rotem Eisenoxyd
auszubeuten, war vom Scheich an drei Araber vergeben,
von denen zwei in Lingah (Linka, Linga) ansässig waren.
Im Jahre 1906 hat die Firma Robert Woenckhaus & Co.
diese Konzession von jenen Arabern erworben. Angeblich
soll der Scheich von Sarga gegen die Übertragung protestiert
— 200 —
haben, natürlich auf Anstiften der Engländer, die fürchteten,
daß die Hamburg-Amerika-Linie die Insel erwerben könne(!).
Dieser Häuptling hatte sich durch Anschluß an den erwähnten
»Trucial-Vertrag" im Jahre 1892 verpflichtet, „mit keiner
anderen Macht ein Übereinkommen oder eine Verhandlung
(correspondence) einzugehen, noch die Vertreter einer an-
deren Regierung bei sich zuzulassen, noch sich irgendeines
Teils seiner Länder zu entäußern — außer gegenüber von
Großbritannien". Hier also paßte den Engländern die Kon-
struktion der Eigentumsrechte von Sarga ebenso wie seiner-
zeit beim Erwerb der Ghüria-Müriä Inseln diejenigen des
Sultans von 'Oman. Im Oktober 1907 schleppte das englische
Kriegsschiff „Lapwing" einige Fahrzeuge mit bewaffneten
Leuten des Häuptlings von Sarga nach Abu Müsa, welche
die Angestellten von Woenckhaus angriffen und nach Lingah
brachten, sogar ein Boot mit der deutschen Flagge beschossen,
in dem der Vertreter der Firma war. (Es darf dabei er-
wähnt werden, daß es sonst den Eingeborenen ganz streng
von den Engländern verboten ist, in bewaffneten Ein-
geborenen-Fahrzeugen auf dem Golf zu verkehren.) Wie
alle deutschen Firmen im Auslande, so hat auch diese stets
Reibereien mit den Behörden vermieden und versucht, troö
aller entgegengese^ter Hindernisse mit der englischen Ver-
tretung gut auszukommen und Schwierigkeiten zu vermeiden.
Hier aber mußte sie bei der offenbaren Verlegung deutscher
Rechte die Hilfe der Reichsregierung in Anspruch nehmen.
Es wurden von beiden Seiten umfangreiche Denkschriften
verfaßt — ich sah selbst drei stattliche Bände davon im
Hamburger Geschäftshause der Firma — , und das Ergebnis
war ein ganz anderes, als die „Times Hist. of the War"
es in ihrer gehässigen Weise darstellt. Ende 1913 hat das
englische Auswärtige Amt, Sir Edw. Grey, grundsä^Hch die
Berechtigung eines Schadenersaftes für die deutsche Firma
anerkannt und das Unrecht zugegeben. Über die Höhe
dieser Entschädigung aber sollten noch Erhebungen durch
den Board of Trade stattfinden. Die deutsche Firma stellte
ihre Forderungen so niedrig wie möglich, um die endgültige
Regelung nicht zu erschweren. Aber diese wurde offenbar
absichtlich von den Engländern hinausgeschoben, so daß
bei dem Ausbruch des Krieges, acht Monate nach der grund-
sä^lichen Anerkennung, die Frage noch in der Schwebe
— 201 —
war („Deutsdie Levante-Zeitung" vom 1. Juli 1915). Eng-
land hat beim Kriegsausbruch die Gelegenheit benu^t, um
diese Konkurrenzfirma lahmzulegen. Ihre Angestellten in
den Golfhäfen wurden gefangen ^ und nach Indien gebracht,
die Waren beschlagnahmt und die Geschäfte geschlossen,
und zwar sogar auch die in dem neutralen persischen Ge-
biet (Mohammera, Ahwäz, Büsehr). Dieser Fall zeigt,
wie England über jede Unternehmung anderer Nationen im
Perser Golf denkt, wie rücksichtslos es sein Monopol dort
ausnuöt. Es zeigt auch, wessen wir uns zu gewärtigen
haben für die Interessen der Baghdad- Bahn, die doch
nun einmal ohne einen Anschluß an den Golf nicht leben
kann.
Fast nocfi unangenehmer als das Auftreten der deut-
schen Handelsfirma war den Engländern die Errichtung
eines deutschen Konsulats in Bender-Büsehr im November
1897, dessen erster Inhaber der früher in Zanzibar tätig
gewesene Dr. Reinhardt war. Ganz verdächtig aber wurde
die Firma Woenci^haus, als sie Vertreter der Hamburg-
Amerika-Linie wurde, die seit September 1906 einen neuen
Hamburg -Dienst nach Arabien und dem Persischen Golf
erriciitete. Der Hapag gegenüber wird von England immer
wieder behauptet, sie sei mit Reichsgeldern subventioniert,
was noch so häufig vergeblich widerlegt werden kann. Die
Engländer können es eben nicht fassen, daß wir keine ge-
heimen Fonds im Auswärtigen Amte haben, die man heim-
lich für politische Ziele verwenden kann. Im Perser Golf
aber ist für England alles politisch, was von irgendeiner
fremden Macht ausgeht, und ganz besonders alles Deutsche.
Tatsache ist, daß nicht ein großer Luxusdampfer mit Musik-
kapelle und Festen, wie die „Times" behauptet, die erste
der Hapag- Fahrten im Perser Golf machte, sondern am
* Nach der „Times" vom 6. November 1915 ist der Angestellte
Georg Harling der Firma Robert Woenckhaus & Co. in Bahrain ver-
haftet, als im Oktober dort die Brigade des Generals Delamain ankam
— also vor Ausbruch des Krieges mit der Türkei — weil er an die
deutschen Konsulate in Basra und Büsehr einen Bericht über die eng-
lische Expedition geschrieben hatte. Die „Times" hütet sich aber, den
Fall als Spionage darzustellen, weil doch Bahrain kein englischer Besiö,
sondern ein „selbständiges" Sullanat ist. Am 22. Dezember ist Harling
nach Indien überführt. (Vgl. auch „Deutsche Levante - Zeitung" vom
1. Januar 1916.)
— 202 —
14. Juli 1906 der alte Frachtdampfer „Canadia". Vier Dampfer
von 2500 bis 3000 Tonnen liefen auf der neuen Linie über
Antwerpen, Marseille, Port Sudan, Djibuti, Masqat, Bender-
'Äbbäs, Linga, Bahrain, Büsehr, Mohammera und Basra.
In Suez ist Umladung nach Suwakin, Musawa', Gidda,
Hodeida, Janbu, Tor und El-Wegh, in Port Sudan nach
Chartum, in Mohammera nach Ahwaz, in Basra nach
Baghdäd und in Busehr nach Kuweit. Allmählich wurden
größere Dampfer eingestellt, so daß 1914 „Christian X.",
„Persepolis", „Nicomedia" und „Secundus", alle von 4400
bis 4900 Tonnen, auf dieser Linie in Betrieb waren.
Beim Beginn des Weltkrieges herrschte in der Bevöl-
kerung von Bahrain eine recht deutschfreundlidie Stimmung,
besonders weil Deutschland mit dem Chalifen befreundet
war. Auch bei den Persern in Bahrain war die Meinung
gegen England, weil es an Seite Rußlands kämpfte. Deutsch-
land bewunderte man, weil es gegen die mächtigsten Reiche
den Kampf aufgenommen hatte.
Es sei noch erwähnt, das schon vor Ausbruch des
Weltkrieges zwisdhen England und der Türkei die Eng-
länder in den Bahrain-Inseln im Oktober 1914 eine große
Truppenmacht zusammenzogen. Die Brigade von Poona
stand hier in Reserve, um gegen Mesopotamien vorzu-
gehen.
El-Ahsä. Aus geographischen Gründen wollen wir bei
unserer Reise rund um Arabien schon hier einige Be-
merkungen über die türkische Provinz El-Ahsä einschalten,
obgleich sie ein Anhängsel des Wilajets Basra ist. Es handelt
sich um den Landstreifen, der von der Mündung des Satt
El-'Arab, oder besser von el-Kuweit an nach Süden bis zur
Halbinsel El-Qatar reicht und von der Türkei beansprucht
wird. Die Hauptstadt ist El-Hufhüf, auch El-Ahsa, Lahsa,
Hagar genannt. Der Name El-Ahsa ist Plural von El-Hisj
und bedeutet „eine weite Ebene mit sandigem Grunde,
der Regenwasser unter der Erde führt, das beim Graben
zum Vorschein kommt". (Die Schreibweise Lahsa, El-Hasä
ist nach Wüstenfeld falsch.) El-Hufhüf ist eine Oase, die
nach Burchardt an 30000 Einwohner haben mag. Sprenger
gibt an, daß der Ort um 890 n. Chr. (nadi Wüstenfeld 922
n. Chr.) von den Qarmaten erbaut sei; doch spricht das
Vorhandensein der Oase im sonst wasserlosen Lande dafür,
— 203 —
daß der Plaö immer besiedelt gewesen ist. Zukünftige
Forschungen werden vielleicht ergeben, daß das alte Gerra
in derselben Gegend gelegen war, und nicht unmittelbar an
der Küste. El-Hufhüf ist etwa 15 — 18 Stunden entfernt von
der Zollstelle an der Küste El-'Ager (Adscher), auf den
Karten auch 'Oqeir genannt. Einen weiteren Pla^ an der
Küste haben die Türken bei El-Qatif etwas im Norden.
Und endlich ist zeitweilig noch ein Punkt auf der Halb-
insel El-Qatar beseht worden, den man gewöhnlich El-Bidä
nennt. Die dortige türkische Garnison befindet (oder befand)
sich im ganz nahe gelegenen El-Docha. Der ganze Küsten-
strich wird El-Chatt(„ der Strich") genannt. Chattische Lanzen
aus indischem Bambus waren in Alt-Arabien berühmt.
Die Türken geben im offiziellen Staatskalender (Sälname)
diese Bezirke als „Sangaq du Negd" an mit den Bezirken
(nähije) Mirez, Djefr (Gefr), 'Ojun und 'Agir ('Ager), und
den Casa (gada), Qatif und Qatar. Es ist aber Tatsache,
daß die türkische Verwaltung niemals in das innerarabische
Negd gereicht hat, daß sie sich an den angegebenen Stellen
auch kaum viel über die Schußweite der Waffen er-
streckte. 'Ager hatte 1903 zur Zeit der Reise von Burchardt
eine Kompagnie Soldaten, in Hufhüf standen 3V2 Tabür
(Bataillone); eines in El-Qatar und der Rest in El-Qatif;
alles zusammen 7 Tabür und V2 Tabür Maultierreiter. Die
Garnisonen gehörten zum VI. Armeekorps. Die Einkünfte
des Landes beliefen sich außer den für 6000^ T. verpachteten
Zöllen auf 35000 £ T. Im Jahre 1911 wurden die dortigen
Truppen auf 4 Bataillone Infanterie, 2 Schwadronen Kaval-
lerie und 1 Batterie Maultier-Kanonen angegeben.
El-Ahsä war schon einmal zur Zeit von Mehmed 'Alt
1838 — 1840 eine türkische Provinz gewesen, aber binnen
kurzem auf Vorstellung der Engländer wieder aufgegeben.
Im Jahre 1871 stritten sich die Wahhäbiten 'Abdallah bin
Feisal mit seinem Bruder Sa üd bin Feisal. Ersterer
wandte sich um Hilfe an Midhat Pascha, der damals Gou-
verneur von Baghdad war. Dieser äußerst energische Mann
benufete die Gelegenheit, um vorzugehen, und beseite EI-
Qatif. Die Türkei erklärte damals an England, daß sie
keine Oberhoheit über Bahrain, Masqat und die Trucial-
Chiefs beanspruchte, auch keine Seeunternehmungen machen
würde. Die Türken zogen bald ihre regulären Truppen
— 204 —
aus El-Ahsä zurüd« und selten Bezia bin Areir von dem
ihnen befreundeten Ben! Chalib-Stamm als Gouverneur ein
mit einer Polizeitruppe als Grenzsdiuö. Als sich 1876 die
Stämme in El-Ahsä empörten, wurden wieder reguläre tür-
kische Truppen entsandt, und mit ihnen zog der erste Gou-
verneur des neuerrichteten Wilajets Basra,^ Näsr Pascha von
dem Stamme der Muntafiq, nach Hofhüf, das er nochmals
erobern mußte. Der Sohn von Näsr, Mezjed (MazTd Pascha
Asa'dün?) wurde zum ersten Mutesarrif dort ernannt. Seit
1876 übte also die Türkei in El-Ahsä die Herrschaft aus, aber
sie hatte nur wenig Einfluß. Die Häuptlinge waren so gut
wie unabhängig. Ganz besonders mußte man mit den Emiren
der Wahhäbiten sich stellen, auf die wir noch ausführlicher
zu sprechen kommen. Hier sei nur vorläufig folgendes
erwähnt: Im Jahre 1902 wurde Tälib Bek Annaqtb aus
Basra Gouverneur von El-Ahsä. Unter ihm herrschte Ruhe.
Nach seiner Abdankung ließ man nur sehr wenige Truppen
dort. Nachdem im April 1913 der englische Konsul von
Kuweit, Cpt. Shakespear, mit Ibn Sa'üd verhandelt hatte,
machte Mitte Mai dieser einen Angriff auf Hofhüf, wo
25 türkische Soldaten getötet wurden. Audi El-Qatif ist
bei dieser Gelegenheit genommen, wo nur 90 Soldaten
v^aren (in Hufhüf 310 Mann). Die türkischen Truppen
wurden entwaffnet und nach der Küste gesandt, von wo sie
nadi Bahrain gesandt wurden. Dort befand sich gerade ein
türkisches Kanonenboot, das aber nichts unternehmen konnte.
Nach Angabe der Engländer („Times Hist. of the War") sind
die Truppen auf britischem Dampfer nach Basra befördert
worden. Seit Juni 1913 ist also die Provinz El-Ahsä nidit
mehr im Besiöe der Türken, nur in Bidä auf der Halb-
insel El-Qatar sollen die Türken länger geblieben sein.
Sie waren dort noch im Oktober 1914. Es ist für mich
nicht der geringste Zweifel, daß dies Vorgehen von Ibn Sa'ud
auf Anstiften, wenigstens mit Wissen der Engländer erfolgte,
die vorher den Arabern Waffen besorgt hatten. Im Juli 1913
wurden die „Fremden" in El-Hufhuf und El-Oatif zum Ver-
lassen des Landes aufgefordert. Von allen Waren wurde
8% Eingangszoll erhoben. Der Eroberer 'Abd ul-'Aziz ibn
* So schreibt ein ungenannter Verfasser (Musil?) in der ,Österr.
Monatsschrift f. d. Orient" vom Jan./Febr. 1914. Soweit ich weiß, ist
das Wilajet Basra erst 1884 von Baghdäd abgetrennt worden.
— 205 —
Sa'ud bewaffnete seine Leute mit den türkischen Gewehren
und belegte die türkisdien Kasernen mit seinen Leuten.
Da er auch das Binnenland von 'Oman erobert hatte,
konnte er im Spätsommer 1913 sein Reich in die vier Pro-
vinzen 'Oman, El-Ahsa, El-Qastm und Er-Rijäd einteilen.
Sein Reich ging also von der Straße von Hormuz bis weit
ins Innere von Arabien; er besaß auch die früheren tür-
kischen Pläfee El-Qatif und El-'Ager. Sein größter Erfolg
bei diesen Unternehmungen war, daß sein Wahhabiten-Reidi
nunmehr einen Zugang zum Meere hatte, wo es allerdings
von England abhängig ist. Im Sommer 1914 entschloß sich
Zeitungsnadirichten zufolge die türkische Regierung, 'Abd
uU'^Aziz zum Pascha und Wali von Negd zu ernennen. ^
Sie machte also gute Miene zum bösen Spiel und sicherte
sich formell den Bestand ihrer Provinz, in der sie aber
nicht das geringste zu sagen hat, und in der ein Türken-
feind und Engländerfreund der Alleinherrscher ist. Jeden-
falls waren bei Ausbruch des europäischen Krieges mit Aus-
nahme von der Garnison in Btdä keine türkischen Truppen
mehr in der Provinz El-Ahsä, die durch den je^igen „Wali"
völlig dem englischen Einfluß ausgese^t ist. Dies war aller-
dings auch schon früher der Fall. Die „Times" schrieb am
14. Juli 1911: „Jedoch weiß die türkische Regierung genau,
daß für die Verbindung mit ihren eigenen Behörden in
allen Teilen des Persischen Golfs sie sich nur auf britische
Duldung verlassen kann, und daß unter den Bedingungen,
welche bisher in den türkischen Golf-Distrikten vorgeherrscht
haben, es schwer ist, sehr viel mehr Rechtfertigung für
diese Duldung zu sehen als für die außerordentliche Nach-
* Es scheint, daß schon vorher die Pforte feste Beziehungen zum
Emir Ihn Saud angeknüpft hatte, denn es verlautete, daß Anfang 1913
sein Monatsgehalt auf 150 i^T. erhöht wurde. (Ich vermute, daß Eng-
land ihm mehr bezahlte, und daß deshalb der Emir gegen die Türken
vorging.) Ende 1913 hißte Ibn Saud die türkische Flagge in seinem
Gebiete, als Zeichen seines Anschlusses an die Türkei, und am 18. Juli
1914 meldete Reuter aus Simla, daß Ibn Saud von der Pforte zum
Qeneralgouverneur und Militärkommandanten ernannt sei, mit dem
Recht der Truppenaushebung. Die Verhältnisse sind jedenfalls in der
Öffentlichkeit nicht klar. Man kann nur vermuten, daß Ibn Saud mit
England und der Pforte es nicht verderben wollte, tatsächlich aber mit
dem Teile geht, der am besten bezahlt und der den größten Erfolg
hat. Näheres über die Geschichte der Wahhäbiten-Emire werden wir im
nächsten Kapitel bringen.
— 206 —
sieht, die wir fortwährend gegen die persischen Rechte einer
unzulänglichen (ineffective) Landeshoheit an der anderen
Küste des Golfes zeigen."
12. Kapitel
Die Wahhabiten und ihre Nachfolger in Negd
(Ihn Saud und Ihn Rasid)
J^as Innere von Arabien wird durch eine vielfach von
■^^Gebirgszügen und Tälern durchse^te Hochfläche ein-
genommen, über die wir aber noch recht geringe Kenntnisse
haben. Nur wenige Reisende, unter denen Palgrave, Reinaud,
Sadler, Pelly, Huber, Nolde und Leachman zu nennen sind,
konnten in das Land eindringen. In neuererZeit offenbar auch
die englischen Konsuln Crow und Shakespear. Nach allem,
was man bisher weiß, ist dies Gebiet durchaus nicht völlig
wüstenhaft, vielmehr sind überall Täler vorhanden, in denen
nicht nur die Kultur von Dattelpalmen, sondern auch etwas
Ackerbau möglicfi ist, und Viehweide ist weithin vorhanden.
Die arabischen Schriftsteller berichten von vielen festen
Schlössern und Burgen, die teils Winterquartiere der Stämme
bilden, teils aber auch als dauernd feste Siedlungen anzu-
sprechen sind. Der nördliche Teil wird als Sammar mit dem
Hauptort Häjil(Hail) bezeichnet, südlicher liegt das eigentliche
Negd mit den Städten Bereida und Er-Rijäd. Die Um-
gebung lefeteren Ortes, El-Jemäma genannt, muß archäo-
logisch höchst interessant sein. Die Erforschung von dem
alten Schloß Sadus zum Beispiel wäre gewiß lohnend und
könnte Aufschluß geben über das Eindringen persischer oder
jemenischer Kulturen. Glaser nimmt an, daß das Wädi
ed-Dawasir von Jemen an bis hierher reicht und nach der
Bahrain-Küste weiter geht. Wahrscheinlich ist der Kultur-
zustand des ganzen Innerarabiens zur Zeit von Mohammed
viel besser als heute gewesen. Erst mit der Vernachlässi-
gung des Landes durch die Chalifen, besonders durch die
"^Abbäsiden, griff das Räuberleben um sich, und der Kultur-
zustand wurde schlechter.
Dies interessante Gebiet hat immer eine große Selb-
ständigkeit gehabt, auch wenn die antiken Handels- und
modernen Pilgerstraßen es durd^.kreuzen. Seine Geschichte
— 207 —
kann aber wohl erst geschrieben werden, wenn die Erfor-
schung der Burgruinen und ihrer Inschriften erfolgt ist. Uns
interessiert das Gebiet seit dem Auftreten der Wahhäbiten-
sekte, deren Vorbereitungsgebiet hauptsächlich das Negd
war, und welche die ganze Halbinsel erschütterte. Im Jahre
1696 wurde in Wasit in Negd ein Mohammed bin 'Abd el-
Wahhäb vom Stamme Tamim geboren, der von seinem
Vater im Hambali-Ritus erzogen wurde und an den Haupt-
orten des Islam studierte. Auf seinen Reisen sdired^te ihn
die Entwid^lung ab, die der Islam genommen hatte, und er
begann eine Rückkehr zur alten, reinen Religion zu pre-
digen. Insbesondere verwarf er die Igma', die Anbetung
der Heiligen und Verehrung der Heiligen Gräber; er verbot
den Gebrauch von Tabak, Seide, Gold, Musik und allen
sonstigen Luxussachen, nur Wohlgerüche waren ihm erlaubt.
Rückkehr zum puritanischen Ur-Islam war sein Ziel. Der
Priester fand in einem Weltmann den Verbreiter seiner
Lehre. Der Emir Mohammed ibn Saud von Dartja in
Negd nahm seine Lehre an und verbreitete sie auch nach
dem Tode ihres Begründers (1765). Um 1780 war die Lehre
über fast ganz Innerarabien verbreitet, hauptsächlich durch
die Bemühungen des Sohnes von Mohammed ibn Saud,
'Abd ul-'AzTz ibn Sa'ud, der 1804 von einem persischen
Fanatiker ermordet Vx^urde, nachdem er sogar Bahrain er-
obert hatte. Dessen Sohn Sa'üd II. hatte am 27. April 1803
Mekka erobert, wie er es zwei Jahre vorher mit Kerbela,
der heiligen Stadt der Schi'iten, getan hatte. Im Jahre 1805
besuchte der Engländer Reinaud in politischer Mission im
Auftrage des politischen Residenten Manesty in Gren-Kuweit
DarTja, den Si^ des Wahhäbiten Emirs, traf aber jeden-
falls den 'Abd uI-'Aziz nicht mehr lebend an. Die Türkei
rührte sich anfangs tro^ des Verlustes der Heiligen Orte
nicht. Erst 1811 beauftragte sie Mehmed 'Alt, von Ägypten
aus vorzugehen, der eine Expedition unter seinem Sohne
Tusün Pascha entsandte. Mekka und Medina wurden 1812
erobert, aber die Türken wurden bald darauf bei Bedr ge-
schlagen. Eine zweite ägyptisch -türkische Armee unter
Mustafa Bey nahm Täif. Endlich konnte Mehmed 'AI! selbst
die Vv^ahhabiten bei Besel, in der Nähe von Täif, schlagen.
Der Wahhabitenchef Sa'ud III. war im April 1814 in seiner
Hauptstadt Dartja am Fieber gestorben, und sein Sohn
— 208 —
'Abdallah bin Sa'üd ihm gefolgt. Mit diesem wurde Frieden
geschlossen. Aber schon im August 1816 gab es einen neuen
Feldzug gegen die Wahhäbiten unter Ibrahim, dem Sohne
von Mehmed 'Ali. Ein Stamm nadi dem anderen fiel von
den Wahhäbiten ab, und die Hauptstadt DarTja wurde 1818
ohne Kampf erobert. Der gefangen nach Konstantinopel
gebrachte 'Abdallah wurde dort am 18. Dezember 1818 hin-
gerichtet. Im Auftrage der englischen Regierung verhandelte
Kapitän Sadler etwa 1820 in Darija mit dem Sieger Ibrahim
Pascha. Vorher sdion hatten die Engländer 1809 die von
den Wahhäbiten gestuften Seeräuber bei Ras el-Cheima
geschlagen, sich jedoch geweigert, dem bedrohten 'Oman zu
helfen. Der Einfluß der Wahhäbiten aber wuchs bald wieder.
Der Vetter des hingerichteten 'Abdallah, Turki bin 'Abdallah
ibn Sa'üd, wurde zum Emir von Negd ausgerufen, vertrieb
den ägyptischen Gouverneur, wenn er auch noch der Form
wegen kleine Abgaben an die Hohe Pforte zahlte, bis er
1831 (1833?) ermordet wurde. Sejjid Said von 'Oman zahlte
Tribut an die Wahhäbiten, während die Engländer sich
neutral verhielten. Der Sohn von TurkT, Feisal, lehnte sich
offen gegen Ägypten auf, das in einer neuen Expedition
den Negd unterwarf, 1838 auch El-Hufhüf und El-Qatif auf
kurze Zeit durch Chursid Pascha beseite. Gegen das Vor-
dringen der Ägypter legte der englische politische Resident
am Persisdien Golf formellen Protest ein, der axidi den
Trucial Chefs die Zusidierung gab, sie gegen die Ägypter
zu schüren (Aitdiison XII, 141). Auf die Vorstellungen der
englischen Regierung haben die Ägypter im Mai 1840 Negd
verlassen, dort aber als ihren Gouverneur einen Vetter von
Feisal eingesefet. Auf Grund dieser Eroberung beansprucht
die Türkei noch heute die Oberhoheit über Innerarabien.
Die Einsprüdie Englands damals sind wohl darauf zurück-
zuführen, daß zur selben Zeit Mehmed 'Ali durch die euro-
päischen Mächte gezwungen wurde, auch Syrien zu räumen.
Feisal wurde nach Ägypten verbannt, konnte aber 1843 zurück-
kehren und bis zu seinem Tode (1865) den Negd regieren.
Oman mußte wieder Tribut an Feisal zahlen (erst 5000,
dann 12000 Taler). Sein Sohn 'Abdallah bekam Streit mit
seinem Bruder Sa'üd und rief die Türken ins Land, die,
wie wir sahen, damals von Baghdäd aus El-Hufhuf und das
Land El-Ahsä beseiten. 'Abdallah konnte die Macht nicht
— 209 —
an sich bringen, sein Bruder Sa'üd blieb Herrscher bis zu
seinem 1874 erfolgten Tode in Er-Rijad, das jefet der
Hauptort war. Er war es, der England versprach, Masqat
gegen Zahlung eines Tributs nicht zu belästigen. ^
Inzwisciien war eine neue Macht im Negd aufgekommen,
die uns besonders interessiert, weil beide Machtgruppen bis
in die heutige Zeit eine Rolle spielen, und weil die heu-
tigen Zustände nur verständlich sind, wenn wir ihre geschicht-
liche Entwicklung kennen. Als Turki 1831 durch seinen
Vetter Misäri ermordet wurde und Feisal ihm folgte, war
in Er-Rijäd ein Mann namens 'Abdallah ibn RasTd aus Häjil,
der Feisal große Dienste leistete und Einfluß gewann. Dies
ist der Vorfahr der Ibn Rastd, die heute die Gegner
der Ibn Sa'üd sind. Er starb 1844 zu Häjil als Gouverneur
seiner Heimatprovinz Sammar, wo er sich sogar eine Leib-
wache halten durfte. Sein Sohn Taläl gewann noch mehr
Macht in Häjil, wohin er Kaufleute aus Basra und Baghdäd
zog. Schließlich machte er sich ganz unabhängig von Er-
Rijäd. Gepeinigt durch eine innere Krankheit, erschoß er
sich 1867. Nach Ermordung anderer Prätendenten wurde
1868 in Häjil Mohammed ibn RasTd, der dritte Sohn von
Abdallah, Herrscher, der dort eine scharfe Regierung führte.
1 Martin Hartmann hat in „Die Weif des Islam" (II, S. 310) die
Genealogie der Sippe Sa üd in Er-Rijäd ausführlidi behandelt.
Regenten von Er-Rijäd
I. Sa üd I.
t1725
Xunaijän II. Mohammed Misäri
I tiz^? I
Ibrahim Abdallah III. Abd al- aziz Hasan
tl804
I
Xunaijän VII. Turki IV. Sa üd III. Misari
t1831 tl814 I
IX.Faisal V. Abdallah VI. Misäri X.Chälid' Abd ar-rahmän
gefangen flSlS tl820 abges. 1841
1839-43, tl 865 (?)
XL' Abdallah xll/Abdälläh XIII. Saud 'Abd ar-rahmän VIII. Misari
tl843 abges. 1 864 (?) tl874 | tl833
XIV. ' Abd al- aziz
Die Zahlen vor den Namen bedeuten die Reihenfolge der Regenten,
Hamburgische Forschungen. Heftl. J4
— 210 —
Die Karawanenstraßen waren sicher und Räuber selten unter
ihm. Im Jahre 1886 ergriff er die Gelegenheit, die Zustände
in Er-Rijäd zu ordnen, wo zwei Neffen den Emir 'Abdallah
bin Feisal ergriffen und gefangengese^t hatten. Moham-
med ibn RasTd seöte zwar den Thronräuber ab, führte aber
den Emir 'Abdallah selbst nach Hajil und ließ einen jün-
geren Bruder von ihm als Gouverneur in Er-Rijäd. So
hatte das große Reich der Ibn Sa'üd tatsächlich sein Ende
erreicht, das grünrote Banner der Ibn Rasid hatte gesiegt
über die rotweiße Fahne der Ibn Sa'üd. Mit der Türkei
stellte Mohammed ibn Rasid sich gut, nannte sich deren
Verbündeter und zahlte einen kleinen Tribut an den Groß-
scherif in Mekka als Anerkennung der Oberhoheit der Türkei.
Im Jahre 1890 machten die Anhänger der Ibn Sa'ud einen
Versuch, das alte Reich wiederherzustellen, aber vergeblich.
Als Mohammed ibn Rasid 1897 starb, war er der Herrscher
von ganz Innerarabien. Sein Nachfolger 'Abd ul-'AzTz Mita'b
bin Mohammed ibn RasTd fiel in einem Gefecht 1906; und
dessen ältester Sohn wurde im folgenden Jahre von einem
seiner Vettern, Sultan bin Hamid Ibn Rasid ermordet. Es
folgte Sa'üd ibn Rasid, der etwa 1886 geboren ist. In
seiner Jugend, denn er kam mit 12 Jahren zur Regierung,
war ein gewisser Zämil es-Sabhän Regent, der gegen die
die türkische Regierung und gegen die Fremden eine freund-
liche Haltung annahm. Es gelang ihm, Er-Rijäd zu erobern,
die Erben des Emir flohen und fanden Zuflucht in Kuweit.^
Die beiden widerstreitenden Parteien in Innerarabien
waren also die Sippen der Ibn Sa'üd in Er-Rijäd und die
der Ibn Rasid in Häjil. Sie sind es noch heute, werden
aber in der Zeitungspresse dauernd verwechselt, weil un-
glücklicherweise der heutige Herrscher der Familie Ibn Rasid
in Häjil den Personennamen Sa'üd trägt. Die beiden Kon-
kurrenten heißen heute also: 'Abd el-'Aziz Pascha ibn Sa'üd
in Er-Rijäd und Sa'ud bin 'Abd el-'Aziz Pascha ibn Rasid in
Hajil.2
' Diesen Zämil es-Sabhän hat Ibn Rasid 1914 hinrichten lassen,
angeblich weil er eine Anlehnung an die Partei der Ibn Saud wollte.
'^ Nach M. Hartmann lauten im „Loghat al'arab" die Namen meist
Ibn Ar-Rasid und As-Sa üd oder Ibn Sa üd; daneben das richtige Äl Sa'üd.
Dies Äl hat mit dem arabisciien Artikel nichts zu tun, es ist ein in
seiner Bedeutung nicht mehr erkanntes äl „Sippe".
— 211 —
Die Verhältnisse verändern und komplizieren sid\ nun^n
nadiidem — England im geheimen und stillen eingriff. Lord
Curzon hatte als eine seiner ersten Regierungshandlungen
am 23. Januar 1899 einen Vertrag mit dem Häuptling von el-
Kuweit abschließen lassen, um den Persischen Golf als Vorfeld
für das Indische Kaiserreich sicherzustellen und besonders
um den deutschen Plänen mit der Baghdäd-Bahn entgegen-
zuarbeiten. Wir kommen darauf weiter unten noch zu
sprechen. Die Pläne der Engländer gingen zielbewußt darauf
hinaus, sich einen mäditigen Anhang in Innerarabien zu
schaffen, der gegen die Türken gerichtet war. Aber das
fernstehende Publikum durfte dies nicht merken, und das
Ziel wurde mit sehr vielen Umwegen „auf leisen Schuhen"
verfolgt, wie England dies liebt.
Mubarak ibn as-Sabah, der Häuptling von Kuweit, der
seit dem Vertrag vom 23. Januar 1899 an den Engländern
einen Rüci«halt hatte, und der wegen der wachsenden Madit
der Ibn-Rasid in Häjil fürditen mußte, daß sein Anteil an
dem Gewinn der Karawanenstraße von Mesopotamien nach
Mekka geschmälert würde, unternahm im Jahre 1900, un-
zweifelhaft mit englischer Unterstü^ung durch Gewehrliefe-
rungen und vielleicht auch mit englischen Kanonen, einen Zug
ins Innere, unterstüfet von dem Haupt der Muntafik-Araber,
Sa'dun Pascha. Er schlug Ibn RasTd mehrfach und konnte
auch in Er-Rijäd einziehen, um dort seinen Schübling 'Abd
ul-'AzTz ibn Sa'üd einzusehen. Jedoch wurde er bei Breigat(?)
von Ibn Rasid geschlagen und mußte mit großem Verlust
zurück. Nur kümmerliche Reste seiner Streiter kamen in
Kuweit an. Mubarak hatte 'Abd ul-'AzTz, den Erben der
Familie Ibn Sa'ud, bei sich aufgenommen, und 1904 wurde
dieser mit einer großen Menge von Waffen und Geldmitteln,
über deren Herkunft aus englischer Quelle gar kein Zweifel
herrschen kann, nach dem Negd zurüd^gesandt, um seine
Herrschaft wieder aufzurichten. Er-Rijäd konnte bald beseht
werden, und die Beduinen der 'Aneze, Bereide und QasTm
schlössen sich ihm an, so daß Ibn Rasid bei Kesseiba (Qa-
seiba?) eine schwere Niederlage erlitt. Darauf rückte Faizt
Pascha von Baghdäd aus mit 4000 Mann zur Hilfe, bekam
aber Gegenbefehl von Konstantinopel, da man dort nicht mit
England und den Wahhäbiten zugleich Streit haben wollte.
(Ich richte mich nach Mackay's Darstellung in „Petermanns
14*
— 212 —
Mitt." V. 20. Okt. 1913.) 'Abd ul-'Aziz ibn Sa'ud verstand es,
auch den Fanatismus anzuregen, jedenfalls fielen ihm die
meisten Stämme zu. Auch die junge Türkei konnte dort
nicht viel weiteres ausrichten. Näzim (Nädim) Pascha bekam
zwar den Auftrag, vorzugehen; als aber die Engländer zu
verstehen gaben, daß man eine Einmischung in die An-
gelegenheiten von Kuweit keinesfalls dulden würde, ließ
man den Dingen ihren Lauf. Im Jahre 1909 hat der Ru-
wala-Stamm der 'Aneze-Beduinen dem Emir von Häjil die
Oase Gauf (Djof) entrissen, die ihm seit 1855 Untertan war.
Ende 1912 zogen die Streitkräfte des Ibn Sa'üd bis in die
Nähe von Hajil, zersprengten die Sammar-Stämme, so daß
Ibn Sa'üd wieder unumschränkter Herr von Innerarabien —
von Englands Gnaden — war.
Im Jahre 1911 reiste der englisdie Konsul von Basra,
Mr. Crow, von Kuweit nach dem Negd, um mit Ibn Sa'ud zu
verhandeln. Im ersten Halbjahr 1912/13 sind nadi dem eng-
lischen Konsulatsbericht über den Handel in Masqat große
Sendungen von Waffen und Munitionen an den Sultan von
Masqat und an den Scheich von Kuweit abgegangen (ver-
gleiche oben im Kapitel über Masqat „Large Imports con-
signed to His Highness the Sultan of Muscat and to the
Sheikh of Kuweit"). Ende April 1913^ reiste der englische
Konsul von Kuweit, Kapitän Shakespear zu 'Abd ul-'Aztz
ibn Sa'üd, den er im Juni in El-Chafs sprach, und im Juni
desselben Jahres vertrieb 'Abd ul-'Aztz die Türken aus El-
Hofhüf und el-Qatif. An der Piratenküste warb dieser sogar
Soldaten (in Ras el-cheima und Sarga). Zugeben werden
die Engländer nie, daß ihre Konsulatsreisen mit dem Angriff
des Ibn Sa'üd auf el-Ahsä zusammenhingen. Es bedarf
aber bei den zwingenden Beweisen gar keines solchen Ein-
geständnisses. Nur mit ihrer indirekten Hilfe hat Abd ul-
'AzTz ibn Sa'üd das alte Wahhabitenreich in seiner früheren
Ausdehnung wieder erstehen lassen, das von den Grenzen
des Higäz und 'AsTr bis nach 'Oman und an die Ufer des
Perser Golfs reicht. Ohne eigene Verantwortung zu haben,
ohne irgendein Risiko hat England dort ein von sich völlig
abhängiges Reich geschaffen, um die Verhältnisse in Inner-
^ Die Reise des Engländers Kapitän Lead\man im November 1912
von Damaskus aus nach Negd („Qeogr. Journal" 1913, S. 147) hat wohl
mit den Bestrebungen der englischen Konsuln nichts zu tun.
— 213 —
arabien nadi seinem Gutdünken zu lenken. England ist
also schon lange vor dem Weltkrieg gegen die Türkei in
heimlicher Weise vorgegangen. Die Türkei hat offenbar
schon früher ein festes Verhältnis zu Ibn Sa'üd anzubahnen
versucht, denn Anfang 1913 hat sie sein „Monatsgehalt"
auf 150 sS T. erhöht, und Ende des Jahres hißte Ibn Saud
die türkische Flagge in seinem Gebiet als Zeichen seines
Anschlusses an die Türkei. Er hat es offenbar mit der
Türkei nicht ganz verderben wollen.
Im Spätsommer 1913 teilte Ibn Sa'ud sein Reich in vier
Provinzen, und zwar bildete das Land von der Meerenge
von Hormüz bis el-Qatar die Provinz 'Oman; nordwestlich
davon liegt die Provinz El-Ahsä mit den Städten Hufhuf
und el-'Ager COqair); südwestlich die Provinz el-Qasim,
und südlich von dieser das Land Er-Rijäd. Die Türkei
scheint sich mit diesen Verhältnissen abgefunden zu haben.
Wenigstens wird im Juli 1914 aus Konstantinopel gemeldet,
daß die Pforte nach Verhandlung mit dem Pascha von Basra
'Abd ul-'AzTz ibn Sa'ud zum Pasdia und Wali des Negd be-
stimmte mit dem Recht, dort Rekruten auszuheben. Ob die
Ernennung vor Beginn des Krieges stattgefunden hat, ist
nicht festzustellen. Fraglich ist, ob es richtig war, den
ausgesprochenen Türkenfeind und Engländerfreund zum
Gouverneur einer türkischen Provinz zu machen, auch wenn
man an dieser nur das formelle Besiferecht wahren wollte. Der
Anhänger der Türkei, Ibn RasTd, mußte sich dadurch zurück-
gestoßen fühlen (Roloff). Im Februar 1914 wurde gemeldet,
daß Ibn Sa üd nach el-Ahsa und Kuweit gezogen sei. Anfang
1914 soll Frankreich einen Vertreter zu Ibn Saud gesandt
haben, der ihm 100000 £ oder 50000 ^ Steuern sowie
den billigen Verkauf von Waffen anbot. Als England dies
hörte, habe es eine Jahreszahlung von 50000 ^ T. und
Lieferung aller Waffen angeboten, die Ibn Sa'ud nötig hätte
(„Welt des Islam", II. 1914, S. 302). Mit dem englischen
Konsul soll in 'Oqair abgemacht sein, daß die Bahrain-Inseln
bei England bleiben, daß Ibn Sa'üd el-Qatar und das'Oman-
Binnenland erhält. Die fremden Händler (d. h. Indier)
sollen im Gebiet des Ibn Saud Handelsfreiheit genießen,
England will den Seeschu^ der Küste übernehmen, welche
die Wahhäbiten nun erhalten haben. Über die Waffenfrage
und über die Masqat-Küste soll nichts abgemacht sein (ibid.).
— 214 —
Ibn Rasid hat sich dagegen offenbar der Türkei seit
längerem angesdilossen. Im August 1912 sandte er eine
Gesandtschaft nach Konstantinopel mit der Bitte, Deputierte
im türkischen Parlament für den Negd zu erhalten und gute
Beziehungen zur Türkei anzuknüpfen. Im Oktober des Jahres
unterwarfen sich ihm die Stämme'Äneze, AI Fad'an und As-
Sab'a. Ibn Rasid zog dann mit 20000 Kriegern nad\ Norden,
um die Feinde (Beduinen) der Türkei anzugreifen. Ende
1913 gab der Sultan an Ibn RasTd einen Orden mit Brillanten
und erhöhte sein Monatsgehalt auf 250 & T. (4625 Mark).
Anfang 1914 hat die türkische Regierung ihm viele Gewehre
und Kanonen auf dem Wege über die Higaz-Bahn gesandt.
Aus diesen unzusammenhängenden Notizen kann man
sich kein rechtes Bild machen. Niemand weiß genau, wie
heute die Verhältnisse in Innerarabien liegen. Nur verwor-
rene Nachrichten dringen seit Beginn des Weltkrieges zu uns.
Am 9. Dezember 1914 heißt es z. B. in einer Pressemeldung aus
Konstantinopel, daß die beiden Feinde Ibn Sa'üd und Ibn
RasTd sich versöhnt hätten, und daß Ibn Sa'üd 1000 Reiter
und 3000 Kamele gegen die Engländer nadi Basra gesandt
habe, während die Truppen des RasTd andere Verwendung
finden sollten. (An dieser Nachricht glaube ich sehr zwei-
feln zu müssen.) Am 25. April 1915 ging dann die Notiz
durch die Presse („Hamburger Corresp." vom 25. April 1915),
daß der „Emir von Negd" in einer Schlacht den Ibn Sa'üd
besiegt habe, wobei auf selten des lauteren 3000 Mann ge-
fallen seien, darunter der Führer eines englischen Hilfskorps
und alle englischen Artilleristen. Es muß sich, wie eine
Erläuterung richtig annimmt, um einen Sieg von Ibn Rasid
gehandelt haben, der auf seiten der Türkei kämpfte. Die
Meldungen aus dem Orient sind aber so widersprechend,
daß man ihnen nur mit sehr großer Kritik begegnen darf.
Eine Bestätigung hat diese Nachricht nicht gefunden. Eine
gewisse Wahrscheinlichkeit hat dagegen die Meldung aus
der Zeit dicht vor dem Kriege (»Hamburger Corresp." vom
3. Juni 1914), die aus London kam. Danach sollte es
damals der Diplomatie des Gouverneurs von Basra gelungen
sein, die Stämme Et-Tüman, Ibn Salan'Aneze und Matar(?)
zum Abfall von Ibn Sa'üd zu bewegen, doch seien sie durch
Ibn Saud geschlagen, dessen Leute sich zwischen Basra
und Kuweit befänden. Die Streiter des Scheichs von Kuweit
— 215 —
befänden sich zur gleichen Zeit bei Zubeir, ganz in der
Nähe von Basra.
Idi gebe hier noch einige andere Zeitungsnachrichten
über die angeblidie Beteiligung dieser Araberstämme am
Kriege (die mir fraglich erscheinenden Meldungen sind mit ?
bezeichnet).
28. November 1914: Die Wahhabiten sind gegen Basra
im Anmarsch.
29. November 1914: Sa'dün Pasdia von den Muntafik-
Arabern geht mit den Türken.
1. Dezember 1914: Der Scheich von Kuweit beteiligt sich
am Heiligen Kriege. (?)
10. Dezember 1914: Ibn Rastd und Ibn Sa'üd stellen
versöhnt den Türken Truppen zur Verfügung gegen
das von den Engländern genommene Basra. (?)
21. Dezember 1914: Ibn Sa'üd sendet 6000 Reiter den
Türken zur Hilfe; er selbst geht mit seiner Haupt-
macht nadi dem Jemen. (?) Ibn RasTd soll auf Be-
fehle der Türken warten.
Januar-Februar 1915: Nach Ausbrudi des Krieges macht
Kapitän Shakespear eine neue Dienstreise, um mit
Ibn Sa'üd zu verhandeln, wurde aber im Februar 1915
in Innerarabien getötet. Die „Times History of the
War" sagt, daß Ibn Sa'üd mit einigen Naciibam damals
im Streite war, gibt aber keinen Namen an. Sollte
der Konsul im Kampf gegen Ibn Rasid gefallen sein?
2. Februar 1915: Ibn Rastd ist eingetroffen, wahrschein-
lich bei Qurna.
30. März 1915: Ibn Sa'ud, der am Islam Verrat beging,
ist von Ibn Rastd in Innerarabien geschlagen.
11. April 1915: Bei Saiba und am 26. Mai 1915 bei
Qurna helfen Araber den Türken.
11. Oktober 1915: Aus Baghdäd wird gemeldet, daß die
Engländer bei Basra den Angriffen von Araberstämmen
ausgese^t sind.
30. September 1915 (^Times*): „Die Araber sind offen-
kundig mit den Türken, ausgenommen in den Gegen-
den, die wir eroberten. Sie sind den Türken nü^lich
gewesen . . . Augenblicklich ist der Araber als Ver-
bündeter ein gefährliches Hindernis, sowohl der Feinde
— 216 —
wie der Engländer. Man kann sidi nicht auf ihn ver-
lassen ..."
9. März 1916 („Voßische Zeitung"): Aus Baghdad in
Konstantinopel angekommene Zeitungen melden, daß
Ibn RasTd in Negd den Heiligen Krieg ausgerufen
habe, und daß die Sammar-Stämme unter dem Befehl
des Emir Madschid (Megid?) sich den Stämmen von
el-Adschman (Agman?) angeschlossen hätten.
Vielleicht weiß man in Konstantinopel über das Verhalten
der Araberstämme Bescheid. Bei uns aber herrscht hier-
über völlige Unklarheit. Aus den sich widersprechenden
Zeitungsnachrichten kann man sich höchstens das folgende
Bild machen: Seit 1913 siöt an Stelle der Türken Ibn Sa'ud
in El-Ahsä; er ist der Form nach dort als Gouverneur der
Türkei eingese^t, wird aber tatsächlich ganz von England ge-
leitet. Seine Einflußzone reicht von den Grenzen von Jemen
und Higäz bis zur Grenze von 'Oman, das auch völlig in
englischem Solde steht, und einen Tribut an Ibn Sa'üd zahlt.
Weiter reicht dessen Reich bis an die Bahrain -Küste von
'Oman bis Kuweit und im Innern nördlich bis Bereida ein-
schließlich. Ibn Sa'üd ist seit mindestens 1904, wahrschein-
lich schon früher, in ausgiebiger Weise mit englischen Waffen
und englischem Geld unterstüfet worden. Die englischen
Konsuln haben 1911, 1913 und 1915 persönlich in Innerarabien
mit ihm verhandelt. Wie weit sein Einfluß heute reicht, ist
nicht zu bestimmen; es wäre denkbar, daß ein Teil der
Stämme von ihm abgefallen ist. Im Norden von Inner-
arabien sifet in Häjil Ibn Rasid, der dort formell auch als
türkischer Gouverneur lebt, tatsächlich aber selbständig ist.
Er hat es aber offenbar von Anfang an mit der Türkei ge-
halten, ebenso wie wahrscheinlich die Muntafik und andere
mesopotamische Stämme. Sie werden nicht sehr zuverlässige
Verbündete der Türkei sein, sogar von ihr abfallen, wenn
die Türkei Rückschläge hat; bei Erfolgen aber werden diese*
Araber sehr wertvolle Helfer sein, und es ist anzunehmen,
daß ihre Zahl sich bei einem Siege der Türken vermehren
wird. England hat seit vielen Jahren diese Beeinflussungen
der Araber unternommen, ohne selbst viel Risiko und Ver-
pflichtungen auf sich zu nehmen. Nur Waffen und Geld
hat es geliefert, es kann sich jeden Augenblick zurückziehen
— 217 —
und seine Tätigkeit leugnen. Aber diese erfolgte völlig plan-
mäßig und mit Ausnü^ung aller ungefährlichen Möglich-
keiten, um die Türken von den Ufern des Perser Golfs in
dem Augenblick abzubringen, wo es sich herausstellte, daß
die Türkei Deutschland mehr folgte, als es England lieb war.
Für die zukünftige Politik in Innerarabien ein Horoskop
zu stellen, ist kaum möglich. An der Provinz El-Ahsä hat
die Türkei bisher wenig Freude gehabt. Mit der Sippe
Ibn Sa'üd, die sich England ganz angeschlossen hat, und
die mit Hilfe Englands die Provinz El-Ahsä fortnahm, wird
bei einem für die Türkei günstigen Kriegsende schwer ein
gutes Einvernehmen möglich sein. Es wird sidi wohl etwa
darum handeln, die Sippe Ibn RasTd tunlichst zu stärken,
ihr behilflich zu sein, die führende Macht zu werden und
eine Verwaltung einzurichten, die den unruhigen Zuständen
Arabiens angepaßt ist. Dann wird es vielleicht glücken, aus
diesen Gebieten eine Art von Bundesstaat für die Türkei
zu machen. Wirklichen Einfluß und Ordnung wird man dort
erst erreichen können, wenn eine Bahn von einem Punkt
der Higäz-Bahn aus das Land durchquert und etwa bis
nadi Basra oder Bahrain geht. Bei Schonung der Eigen-
arten der Araber wird es dann auch gelingen, hier einen
Damm gegen die unruhigen Beduinen zu sci\affen und alle
nördlichen Länder zu schüren.
13. Kapitel
Der Iräq
ps kann bei unserer Aufgabe, eine Zusammenstellung über
■-'die Gesdiichte von Arabien zu geben, sich nicht darum
handeln, ausführlich auf Mesopotamien einzugehen. Wir
müssen es aber erwähnen, weil es immer einen Anziehungs-
punkt für die Bewohner Arabiens gebildet hat. Trotj aller Be-
richte über die Kultur des Zweistromlandes, des Aus-
strahlungspunktes des orientalisch -europäischen Kultur-
kreises, muß dort der Natur des Landes nach immer nur eine
vergrößerte Oasenkultur bestanden haben. Rings umgeben
von Wüstensteppen, in denen der Nomade lebte, hatte das
Kulturland sich gegen die großen Völkerwellen zu wehren, die
immer aus Arabien herausfluten konnten, wenn die Grenz-
- 218 -
lande eine schwache Regierung hatten. Nach dem, was wir
heute sehen, können wir uns keine Vorstellung davon machen,
wie dies Land die Wiege der Ackerbaukultur, der staat-
lichen Einrichtungen und der Religionen gewesen sein kann.
Sonnendurchglühte unendliche Ebenen, welche einen großen
Teil des Jahres überflutet sind, den anderen staubige Tennen
fast ohne Vegetation darstellen, werden von den beiden
Strömen durchzogen, an deren Ufern weitversprengte kleine
Siedlungen und Felder liegen. Nur wohin das Wasser
der Flüsse gebracht werden kann, da ist eine Landwirtschaft
möglich, wenn auch unter Schwierigkeiten. Die Kanäle des
Altertums sind verfallen, stellenweis zeigen Reihen von
Sandhügeln ihren früheren Lauf an, in den heute kein
Wasser mehr zu bringen ist, weil die Richtung und das
Niveau des Flusses sich änderten. Die heutigen Kanäle,
wenig zahlreich im Vergleich zu früheren Zeiten, ermöglichen
ebenfalls nur Oasen-Siedlungen, die ohne eine hochentwickelte
Bewässerungstechnik nicht möglich sind und auch in diesem
Lande nie möglich sein konnten. Man hat früher geglaubt,
daß enorme Landflächen in Babylonien im Altertum durch
Bewässerung erschlossen worden seien. Aber die Unter-
suchungen von Sir William Willcoci^s haben ergeben, daß
mit Ausnü^ung der ganzen modernen Technik überhaupt
nur 14000 qkm im günstigsten Falle bewässert werden
könnten. Weil nun im hohen Altertum der Perser-Golf
mindestens bis zur Vereinigung von Eufrat und Tigris
reichte, man also weniger Land als heute zur Verfügung
hatte, so muß man annehmen, daß zur Zeit der Sumerer
und Babylonier kaum 10—12000 qkm im Höchstfalle be-
wässert werden konnten, daß also das ganze Kulturland
eher weniger als diese Fläche gewesen ist. Der Ackerbau
konnte hier nur Wasserbau sein, bei der die Viehhaltung
nicht leicht war. Ich kann mir immer keine Vorstellung
machen, wie in einem solchen Lande die Ackerwirtschaft
mit Pflug, Getreidebau, und vor allem mit der Domesti-
zierung des Rindes entstanden sein kann. Die Archäo-
logen geben den Wortlaut der gefundenen Inschriften mit
Jahreszahlen, Herrschernamen und Schilderungen der ent-
wickelten Rechtspflege wieder, aber sie haben Beweise für
die Grundlagen der Wirtschaftserfindung noch nicht erbracht.
Noch ist aus all den Schutthügeln Babyloniens kein Getreide-
— 219 —
körn und andere Zeugen herbeigesdhafft, die uns den Beweis
liefern, daß in diesen\ Lande der Extreme die widitigsten
Erfindungen der Menschheit gemacht wurden, die Zähmung
des Rindes und seine Ausnütjung zur Pflugkultur, der
Anbau unserer Getreidearten. Vielleicht werden die Archäo-
logen einmal feststellen können, daß diese Erfindungen
nidit in der Ebene, sondern in Nachbargebieten gemacht
wurden und nur nadi Babylonien verpflanzt wurden, wo
man sie den besonderen Verhältnissen anpaßte in einem
Lande, wo jedenfalls dem Ackerbau die Erfindung eines
hochentwickelten Bewässerungssystems voraufgegangen sein
muß, und diese Bewässerung ist nur denkbar mit der gleich-
zeitigen Schaffung sicherer staatlicher (meist despotischer)
Einrichtungen. Wo diese versagen, ist das erforderliche
Zusammenarbeiten nicht möglich. Wenn Fremde das Land
überschwemmten, seien es nun Akkadier, Elamiten, Chaldäer
oder Araber, so mußten sie kulturell in der Landesbevölke-
rung aufgehen, sich ganz deren Wirtschaftssystem unter-
ordnen, das durch die Natur des Landes unabweisbar ge-
boten war. Versagten sie hierin, so gewann der Nomade die
Oberhand gegenüber dem Bauer. Erschlaffte aber die
Staatsgewalt, so daß die Wasserwirtschaft in Unordnung
kam, so mußte die gesamte Wirtschaft des Landes ver-
fallen.
Nicht nur ein Land mit eigener Produktion stellt
Babylonien dar, sondern ein sehr wichtiges Durchgangs-
gebiet. Die großen schon in der ältesten Zeit aus Inner-
asien kommenden Handelsstraßen münden hier ebenso wie
der Seeweg über den Perser Golf, der schon in dem Ur-
altertum die größte Bedeutung gehabt haben muß. Waren
zum Selbstverbrauch und zum Weitertransport nach dem
Westen mußten den Weg durch das Zweistromland nehmen,
Babylon und später Seleukia oder Ktesiphon waren die
großen Stapelpläöe des alten Orienthandels; die Zollstationen
der persischen Herrscher befanden sich in diesem Lande.
Wir deuteten schon früher bei der Besprechung der alten
Geschichte Arabiens an, welche Wictitigkeit die jeweilige
Politik von Persien oder Rom für die Handelswege über
den Perser Golf oder über das Rote Meer hatte.
Nachdem die Heere von 'Omar sich 636 in Kufa ihre
Hauptstadt errichtet und ein Jahr vorher Basra gegründet
— 220 —
hatten, sorgten die Statthalter dafür, daß die alte Wirtschafts-
form erhalten blieb. Die Chalifen hatten einen Militär-
adel mit Garnisonen im Lande, die in Weisheit sich Land-
wirtschaft und Handel der Bewohner zunu^e machten, und
die auch in der Lage waren, die für die Wasserwirtschaft
notwendige straffe Zentralisation zu erhalten. Auch als die
*^Abbassiden ihre Residenz nach dem 762 gegrür\deten Baghdäd
— zeitweise auch nach Samarrä — verlegten, konnten die
Zustände des Landes erhalten bleiben. Die arabische In-
vasion an sich hat dort nicht zerstörend gewirkt, soweit wir
bisher wissen. Als aber das Chalifat der 'Abbassiden zerfiel,
als überall im Reich Dezentralisation aufkam, da mußte
wie in Arabien selbst, so noch viel mehr im 'Iraq ein
furchtbarer Verfall eintreten. Bei inneren Fehden, Einzel-
bestrebungen von Stammeshäuptern und Versagen der
Zentralgewalt verkamen die nur durch große Organisationen
zu bähenden Wasserwerke. Viel Schaden entstand dem
Lande besonders durch den Verkauf der Amterstellen und
Verpachtung der Steuern, die in natura von der Ernte vor
deren Einbringung abgeliefert werden mußten — ein Ubel-
stand, der auch heute in der Türkei noch nicht verschwunden
ist. Das Land wurde ausgebeutet, die Bewohner hatten
kein Interesse mehr an der Produktion, weil ihnen nur
das Minimum für die Fristung ihres Lebens belassen wurde.
Die Kanäle versandeten und verschwanden, die Bevölkerung
konnte sich nicht ernähren, sie wurde außerdem durch Un-
ruhen aufgerieben, kurz, die Eigenwirtschaft und Eigen-
produktion des Landes verkamen immer mehr von der Zeit
der späteren 'Abbassiden an, also beginnend etwa mit der
Mitte des 9. Jahrhunderts. Noch größer wurde der Verfall
des Landes, als Baghdad von Hulagu, dem Enkel von Dschingis
Chan, 1258 erobert wurde. Timur und die Perserherrscher
folgten, und später war die Hauptstadt Baghdäd lange ein
Zankapfel zwischen Persern und Türken, bis Murad IV. sie
1638 endgültig für die Türkei eroberte. Der Handel war
von Baghdad vielfach abgelenkt und auf einem nördlicheren
Wege über Taurus (Täbris) nach dem Mittelmeer gegangen.
Heute ist das Land sehr dünn besiedelt und sehr wenig
angebaut. Von der einstigen Bewässerung sind nur noch
Reste vorhanden, so daß die Siedlungen mit Ausnahme
vom Satt el-'Arab sich fast ganz in Einzeloasen auf den
— 221 —
unmittelbaren Rand der Flüsse beschränken. Wenn wir
nun heute mit der Hoffnung umgehen, daß die alte Kultur,
der Wohlstand, wieder entstehen wird, so dürfen wir uns
dabei keinen übertriebenen Hoffnungen hingeben. Wie
erwähnt, ist nadi Willcocksi die möglidie Ausdehnung der
bewässerbaren, also anbaufähigen Fläche nur 14000 qkm
(die von Turkestan z. R. 70000 qkm!) Man hat allerdings
den Vorteil, daß man heute — ganz anders als in Turkestan
und in Ägypten — wirtschaftlich in Mesopotamien fast auf
einem Neuland arbeiten kann, also auf die je^ige Wirtschaft
der Bewohner kaum Rücksicht zu nehmen braucht. Aber
eben die Neuheit der Aufgabe bietet so viele ungeahnte
Schwierigkeiten und Probleme bei dem Mangel an Mensdien,
der abnormen Temperatur, der dauernden Veränderung der
Flußbetten u. v. mehr, daß man nur nach allergründlichsten
Studien durch die besten Wirtschaftler und Techniker an
diese Aufgabe herangehen sollte, um Rückschlägen aus dem
Wege zu gehen. Jeder, der in diese Länder geht, studiere
erst mal gründlidi das neue Buch von Junge über Turkestan, ^
das für den ganzen Orient und besonders für alle Troci^en-
gebiete die allerwichtigsten Fingerzeige gibt. Er mache
sich klar, daß er in allem umlernen muß, und daß er durch
verkehrte Maßnahmen unheilbaren Schaden stiften kann.
Die Vorbedingung einer zukünftigen gedeihlichen Wirtschaft
* Willcodts, Sir William: „The Irrigation of Mesopotamia". London
1911. Mit Atlas. Der bekannte, in Ägypten so erfolgreidie Ingenieur
wurde nach Babylonien entsandt. Er arbeitete einen sdxrittweis durd\-
zuführenden Plan von Staudämmen, Sammelbed«en und Kanälen aus,
nad\ dem z. B. zwisdien Baghdäd und NasTrije 750000 ha bewässert
werden können, auf denen 375000 t Korn und 1 V4 Millionen Ballen
Baumwolle erzielt werden könnten. „In the arid regions of the earth
water should be monopolised for Irrigation and the railways fortrans-
port. For navigation you may Substitute railway-transport; for purpose
of Irrigation, nothing can take the place of water." Die Kosten des
Willcocks'schen Planes werden auf 29 Millionen ^. T. angegeben. Ein
großer Damm über den Kopf des Hindije-Kanals, drei engl. Meilen
unterhalb von Musaijib am Eufrat, ist von der Ingenieur -Firma Sir
John Jackson Ltd. im Vertrag mit der türkischen Regierung erbaut und
am 12. Dezember 1913 eröffnet. — Diese Wasser-Interessen zu schüren,
ist mit ein Grund für den englischen Feldzug nach Mesopotamien.
(Siehe auch Tholens: „Z. Ges. Erdk.« Berlin 1913).
2 Junge, Reinhard: „Das Problem der Europäisierung orientalischer
Wirtschaft, dargestellt an den Verhältnissen der Sozialwirtschaft von
Russisch-Turkestan." Weimar 1915.
— 222 —
ist Sicherung des Lebens und des Eigentums der Bewohner
vor den Beduinen und damit verbunden die Vermehrung
der ländlichen Bevölkerung, der die alte wasserwirtschaftliche
Tradition erst wieder anerzogen werden muß. Jahrelange
gründlichste Studien sind nötig, die wir in Verbindung mit
den Türken vornehmen müssen, ehe man an die Ausführung
von Projekten gehen kann, die in sich gewiß gesund sind,
und die ohne Zweifel die Eigenproduktion des Landes
heben werden, um ihm selbst und den europäischen Geld-
gebern Vorteile zu verschaffen. Die Studien von Willcoci^s
sind erst der Anfang, dem noch viele Arbeiten von Ingenieuren
und Nationalökonomen folgen müssen. Unter den heutigen
Verhältnissen sind es fast nur die Datteln vom Satt el-
'Arab, die für die Ausfuhr in Frage kommen.
Während nun die eine Grundlage vom Wohlstand des
Landes seit langem zurückgegangen ist, hat sich die andere,
der Handel, weit besser gehalten, dank der geographischen
Lage. Die märchenhafte Pracht der Chalifenstadt, wie wir
sie aus den Schilderungen aus „Tausendundeiner Nacht"
unter Harun ar-Rasid kennen, beruhte auf dem reichen
Handel mit dem ferneren Orient durch den Perser Golf,
mit Persien und Syrien; und alle diese Beziehungen haben
sich erhalten, bis die Entdeckung des Seeweges nach Indien
durch die Portugiesen dem Handel von Europa mit dem
Orient andere Wege wies. Von da an mußte der Verkehr
langsam sinken, und das Land mehr und mehr zum Boll-
werk der Türken gegen Persien werden. Die Portugiesen,
und nach ihnen die Holländer und Engländer, legten aller-
dings noch lange auf den Handel im Perser Golf das größte
Gewicht, weil sie hofften, dort wetteifernd dem alten Verkehr
der Eingeborenen mit Erfolg entgegenarbeiten zu können.
Der Handel mit Persien wurde nach Hormüz und dann
durch die Holländer nach Basra und Charaq abgelenkt, und
das indische Geschäft direkt an Ort und Stelle betrieben.
Der Handel von Baghdäd wurde allmählich zu einem Schatten
seiner einstigen Größe. Als dann Frankreich durch die
Napoleonische Expedition versuchte, England den Weg nach
Indien durch Ägypten und das Rote Meer zu sperren, da
begann England, den alten Handelsweg durch Mesopotamien
wieder aufzunehmen. Die Englisch-Ostindische Handels-
gesellschaft richtete eine Kamelpost vom Perser Golf nach
— 223 —
Syrien ein, die noch bis 1886 bestand. Die Sicherung eines
Weges nach Indien war für England so wichtig, daß es den
General F. Rowdon Chesney mit einer Erforschung der Möglich-
keit einer Verbindung des Mittelländischen Meeres und dem
Indischen Ozean durch das Zweistromland beauftragte. Diese
Bestrebungen haben D. H. Schmidt in seinem Buche über
die Eisenbahnen der asiatischen Türkei sowie Siegfried
Genthe u. a. m. ausführlich dargestellt, so daß ich auf deren
Arbeiten verweisen kann. Das Streben Englands nach der
Sicherung der indischen Verbindung hat den Handel von
Baghdad wieder beleben lassen durch die englischen Unter-
nehmungen im Perser Golf und die Sdiiffahrt auf dem
Eufrat durch die Lynch-Gesellschaft seit 1830. Auch das
englische Kanonenboot „Comet" war dort stationiert. Für
eine Bahnverbindung nach dem 'Iraq aber konnte die Türkei
nur soldKen Plänen nähertreten, die wirklich die türkische
Hauptstadt mit ihrem Außenlande verband, und die nicht
nur englisch-indischen Interessen dienten. Zwar war die
Entwicklung des Handels vom Zweistromland für die Türkei
wichtig genug; noch mehr Bedeutung aber mußte sie einer
strategischen Verbindung beilegen, die zugleich den separa-
tistischen Tendenzen der Außenländer entgegenwirkte.
Est ist hier nicht der Plaö, die Entwicklung der Ana-
tolisdien Bahn und ihrer Fortse^ung, der Baghdäd-Bahn,
zu schildern. Wir übergehen diese Entwicklung und stellen
nur fest, daß durch den Vertrag vom 5. März 1903 die
Bahnlinie über Baghdad, Kerbela, Negef, Zubeir nach Basra
genehmigt wurde. Von Zubeir aus sollte noch eine Linie
an „einen Punkt des Persischen Golfs" geführt werden,
und mit dieser müssen wir uns hier etwas beschäftigen,
weil hierbei die englischen Machenschaften eine große Rolle
spielten, sobald der Schienenstrang Aussicht hatte, sich dem
Golf zu nähern, den die Engländer als ihr unantastbares
Herrschaftsgebiet betrachten.
Die Baghdad-Bahn-Gesellschaft bot vergeblich einer eng-
lisdien Finanzgruppe die Beteiligung bei dem Unternehmen
an unter der Bedingung, daß die englische Regierung in
eine Erhöhung der türkischen Eingangszölle willigte, die
für die Finanzierung der Bahn-Garantien erwünscht war,
und daß der Endpunkt in el-Kuweit von der Türkei befestigt
würde. Die Engländer willigten nicht ein, angeblich weil
— 224 —
die Gleichbereditigung des englisdien Kapitals nidit sidier-
gestellt erscheine, tatsächlich wohl, weil sie auf alle Fälle
das Erscheinen von fremden Einflüssen am Perser Golf
verhindern wollten.
Die Verhandlungen zur Finanzierung der Baghdäd-Bahn
ergaben, daß von dem Kapital der Gesellschaft je 40% auf
deutsche und französische Interessen und je 10% auf die
türkische Regierung und die Anatolische Bahngesellschaft
übernommen wurden. Am 21. März 1911 erhielt die Ge-
sellschaft die sehr wichtige Konzession, eine Zweiglinie nach
Alexandrette am Mittelländischen Meer zu erbauen, wo-
gegen sie in einem am 19. März abgeschlossenen Vertrage
auf das Recht hatte verzichten müssen, von Baghdäd über
Zubeir nach Basra und von Zubeir nach „einem Punkte des
Persischen Golfs" zu bauen. Diese Strecke sollte von
einer neuen Gesellschaft unter Beteiligung des internationalen
Kapitals, d. h. der Engländer, gebaut werden, wobei kein
außertürkisches Land günstiger als Deutschland gestellt
werden sollte. England hatte seinen Einfluß geltend ge-
macht, als es sah, daß die Bahnbauten bis an den Golf
doch in den Bereich der nahen Möglichkeit rückten.
Durch dieses Abkommen hatten wir den wichtigen An-
schluß nach Alexandrette erreicht und in dem Bahnbau bis
Baghdad völlig freie Hand, besonders als nach späterer Ver-
handlung die Banque Ottomane die Anteile von 30 Millionen
Frank französischer Interessenten 1913 abgestoßen hatte und
Frankreich dadurch ausgeschieden war. Für die Türkei
war Freiheit geschaffen für Unterhandlungen über die Ein-
richtung einer neuen türkischen Gesellschaft mit Bezug auf
den Weiterbau nach Basra und Kuweit, wofür die Einwilligung
Englands zu einer Zollerhöhung um 4°/o zu erreichen war.
Die Frage von el-Kuweit.
In der Nordwestecd^e des Perser Golfes schneidet eine
Bucht ein, an deren Südseite der Ort el-Kuweit^ mit etwa
50000 Einwohnern liegt. Schon der General Chesney hatte
diesen Plafe als geeignet für den Hafen der Eufrat-Bahn
' El-Kuweit (Kuwet) ist das Diminutivum von Küt (umwalltes Dorf).
Der Ort wurde früher auch Qren genannt (Diminutivun^ von Qurn
„Hörn", ein Wort, das von den Engländern „Grane" gesdirieben wurde).
— 225 —
bezeidinet, obgleich die Wasserverhältnisse nicht derartig
sind, daß große Dampfer unmittelbar anlegen können. Als
nun die Verhandlungen über die Bahnbauten jenseits von
Konia greifbare Gestalt annahmen, legte sich England ganz
im geheimen ins Mittel, um uns den Zugang mit der Bahn
an den Perser Golf zu erschweren. Wenn auch schon seit
der Eroberung von Hormüz 1622 England sein besonderes
Augenmerk auf den Golf gerichtet hatte und immer mehr
seine Wichtigkeit für Indien einsah, war es doch erst seit
1899 Lord Curzon als Vizekönig von Indien, der mit seinem
ganzen Einfluß die Politik verfolgte, unter keinen Umständen
einer anderen Macht am Perser Golf Einfluß zu gestatten.
Angesichts der deutschen Verhandlungen mit der Türkei
über die Baghdäd-Bahn war eine seiner ersten Amtshand-
lungen als Vizekönig, daß er dem englischen Residenten
in Bender Büsehr, Colonel Meade, den Auftrag gab, mit dem
Scheich von El-Kuweit einen Vertrag abzuschließen, was am
23. Januar 1899 erfolgte. Der Inhalt dieses Vertrages ist
bis heute geheim geblieben, doch hat man aus einer Rede
von Balfour am 8. April 1903 und aus Lord Curzons
,»Romanes Lectures on Frontier" erfahren, daß der Scheich
besondere Entschädigungen für seine Nachgiebigkeit er-
halten hat. Die „Times" vom 11. Januar 1911 schreibt
von „spezial treaty relations which placed his rights and
interests under the aegis of Great Britain", und Lord
Curzon berichtet, daß der Scheich von el-Kuweit „was tant-
amount to an assertion of protectorat, although . . . by a
Strange anomaly the protectorate of Turkey was never for-
mally denied".
Als nun Anfang 1900 der deutsche Generalkonsul Stemrich
aus Konstantinopel kam, um als Leiter einer Kommission zum
Studium des Bahngebiets mit dem Scheich von el-Kuweit über
den Endpunkt der Baghdäd-Bahn zu verhandeln, und um
eine Konzession bei Ras Katama^ an der Bucht zu erlangen,
mußte der Scheich die Verhandlungen ablehnen auf Grund
des kurz vorher mit England abgeschlossenen Vertrages, in
dem er sich nach der „Times History of the War" unter
anderem verpflichtet hatte, keinen Teil seines Besi^es an
* Wohl Kazima oder Kadima, wo 633 eine Schlacht der gegen den
'Iraq ziehenden Araberheere stattfand, am Grunde der Buciit von Kuweit.
Hamburgische Forschungen. Heft 1« 45
— 226 —
andere Regierungen oder Untertanen anderer Regierungen
als England zu verpachten oder sonst abzugeben.
Es trat nun die Frage auf, wie weit Sdieich Mubarak
ibn Sabah überhaupt verhandlungsberechtigt war, mit anderen
Worten, ob er staatsrechtlich von der Türkei abhängig war.
Nach einer Überlieferung sollen die Araber von el-Kuweit vor
etwa 250 Jahren aus Umm Qasr am Chor 'Abdallah ein-
gewandert sein (Pelly). Die Akten der Bombay-Regierung
und die Aufzeichnungen von Midhat Pascha aber geben an, daß
sie aus Negd kamen. Die „Times* vom 28. Januar 1911
bringt eine Zusammenstellung der Ansichten verschiedener
Besucher über das Verhältnis von el-Kuweit zur Türkei: im
18. Jahrhundert sollen die Häuptlinge dort ganz unabhängig
gewesen sein; im Jahre 1829 berichtete Kapitän Brucks, daß
sie die Hoheit der Pforte anerkannten und Tribut zahlten;
1845 meldete Leutnant Kemball, daß sie eng mit dem
Gouvernement von Baghdäd verbunden waren, die türkische
Flagge führten, und daß der Scheich gegen eine Subvention
die Beschulung von Basra übernom.men habe; 1853 schrieb
Leutnant Disbrowe, daß der Scheich sich unter die „Guar-
dianship" der Türkei gestellt habe. Auch Pelly weiß 1863
und 1865, daß el-Kuweit die Verpflichtung des Schubes der
Satt el-'Arab- Mündung übernommen habe. Die „Denk-
würdigkeiten* von Midhat Pascha sollen die Ansicht ent-
halten, daß 1869 — 70 el-Kuweit die Forderung der Unter-
werfung unter Baghdad abgelehnt hatte und praktisch unab-
hängig gewesen sei ; Midhat beanspruchte für sich die Ehre, das
Gebiet der Türkei unterworfen zu haben. Der Sd\reiber des
Artikels in der „Times" meint, daß die Oberhoheit der Tür-
kei nur eine Einbildung gewesen sei, entstanden durch die all-
gemeine Achtung gegen den mächtigsten islamischen Fürsten,
die dem Scheich von el-Kuweit für sein Ansehen nüölich
gewesen sei. Ganz besonders habe er sich mit der Türkei
gut stellen müssen, weil seine Dattelpflanzungen bei Fa'o
auf unbestritten türkischem Gebiete lagen, aus denen er
eine Einnahme von 4000 ü T. im Jahre bezog. Die tür-
kische Flagge habe er nur als Höflichkeit und als Zeichen
der Zugehörigkeit zum Islam geführt. Anderseits aber hat
Mubarak sich immer mit den Engländern gut gestellt, von
denen er Schuö in seinen Interessen erhielt, und die ihm be-
deutende Unterstü^ungen an Geld und Waffen zukommen
— 227 —
ließen. So heißt es z. B. im englischen Konsulatsbericht
über el-Kuweit für 1913 — 14 unter „Waffen und Munition":
„Increase of 7509 &, which is due to increased quantities
of ammunition, imported by the ruler of Koweit, permits
for which were obtained by him." Nach demselben Bericht
waren die Waffen- und Munitionseinfuhren folgende:
Einfuhr per Dampfer
1911—12 1912—13 1913—14
Waffen und Munition . 2800 is 9833 & 17342^
davon aus England . — „ 100 „ 2302 „
„ Frankreich 2800 „ 9733 « 15040 „
England hatte 1 820 seine Residentur von Basra nach el-Kuweit
verlegt, weil in ersterem Orte Differenzen mit den Türken
entstanden waren. Als später die Gefahr einer Beherr-
schung des Seeweges nach Indien durch Frankreich ge-
schwunden war, zog England sein Konsulat von el-Kuweit
zurück. Lord Curzon rid\tete es aber wieder ein, Oberst-
leutnant W. G. Grey war Resident in el-Kuweit; er zeicfinete
den Bericht von 1913/14; dann war Cpt. William Henry
Shakespear dort Resident, derselbe, welcher 1913 und 1915
Ibn Sa'üd in Innerarabien dienstlich aufsuchte und im
Februar 1915 daselbst getötet wurde.
Im Jahre 19C6 hißte der englische Konsul einfach die
englische Flagge am Hafeneingang von el-Kuweit und auf
zwei kleinen Inseln davor.
Mubarak ließ sich in die Händel zwischen Ibn RasTd
und Ibn Sa'üd ein, wie wir schon gesehen haben. Ohne
Zweifel geschah dies auf englische Veranlassung. Als seine
Truppen von Ibn RasTd geschlagen waren, erschien 1901
eine türkische Korvette mit Soldaten vor el-Kuweit. Die da-
von unterrichtete englisch-indische Regierung aber hatte schon
ein Kriegsschiff hingesandt, deren Kommandant, Cpt. Pears,
die Landung der türkischen Truppen verbot. Bei späteren Er-
örterungen darüber soll nach der „Times" vom 28. Januar
1911 in Konstantinopel erklärt sein, daß die türkische Korvette
gar keine Truppen an Bord gehabt hätte. Ende desselben
Jahres kam die Korvette wieder mit einem höheren tür-
kischen Beamten, dem Cpt. Simons, dessen Schiff gerade
dort war, auf eigene Verantwortung das Land verbot. Als
dann Ibn RasTd sich el-Kuweit näherte, fanden sich drei eng-
15»
— 228 —
lische Sdiiffe dort ein, die einen Posten 18 engl. Meilen
landeinwärts bei Cehara beseiten, infolge dessen die Leute
von Ibn Rasid abzogen. Auch einigen Neffen von Mubarak,
die am Satt el-'Arab in Verbannung waren, gelang nidit die
Fortnahme der Stadt; sie wurden durch das englische Kriegs-
schiff „Lapwing" verjagt.
Als nun der Plan auftauchte, den zukünftigen Hafen der
Baghdäd-Bahn eventuell an den Chor 'Abdallah und Chor
Zubeir zu verlegen, veranlaßte England sofort Mubarak,
auch diese Gebiete für sein Eigentum zu erklären, bis zu
einem Punkte 20 Meilen nordöstlidi von Chor 'Abdallah,
ebenso über die große Insel Bubijan. Trofedem sandte die
Türkei im Jahre 1902 Militärposten nach Safwän und Umm
Qasr und auf die Bubijan-Insel, und zwei Monate später
legte sie einen Posten nach der MusalamTje-Bai (Abu'AlT),
180 engl. Meilen südlidi von el-Kuweit. Lord Curzon pro-
testierte, aber die Posten waren 1911 noch dort. England
benadiriditigte nur die Pforte, daß die türkischen Besamungen
die Redite von Mubarak nicht präjudizierten. Die „Times
History of the War" erzählt, daß die nachgiebige Haltung
Englands einem Zufall während der Anwesenheit des Deut-
sdien Kaisers in London zuzusdireiben sei. König Eduard
habe bei dieser Gelegenheit einen Notizenzettel in der Hand
gehabt, den er dem Kaiser auf dessen Ersuchen übergeben
habe, und der eine bedingungsweise Zusage enthalten hätte;
diese Notizen wären als eine offizielle Mitteilung aufgefaßt.
Jedenfalls sollen bei Ausbruch des Weltkrieges die tür-
kischen Posten in Bubijan noch bestanden haben. Die
Engländer müssen ihrer Sache nicht so ganz sicher gewesen
sein, denn bei den Verhandlungen über die Bahn von
Baghdäd nach Basra und el-Kuweit wurde 1913 abgemacht,
daß die Türkei die nominelle Oberhoheit über el-Kuweit
behält und das Recht hat, einen türkischen Vertreter dort
zu halten, daß sie aber sich in die inneren und äußeren
Verhältnisse des Landes nicht einzumischen habe. Wie
von ganz anderer Seite die Frage von el-Kuweit beurteilt
wird, mag eine Äußerung von de La Tour zeigen, der
sdireibt: „L'agitation d'un vasal de la Turquie, le cheikh
Mobarek, dont le gouvernement anglo- Indien encourage
les velleitees d'independance pour le mettre a sa dis-
cretion."
— 229 -
Die Verhandlungen zwischen der Türkei und England
über die neu zu gründende Gesellschaft, welche die Bahn
von Baghdäd nach Basra und weiter bauen sollte, zogen
sich lange hin, besonders auch, da die Türkei ohne Ein-
verständnis Deutschlands nichts zugeben konnte. England
hatte wohl eingesehen, daß es besser getan hätte, den
Vorschlag einer finanziellen Beteiligung 1903 anzunehmen.
Da man sich keine eigenen Vorteile von der Baghdad-Bahn
versprach, vielmehr Vorteile anderer voraussah, hatte man
seinerzeit abgelehnt. Jefet, als das Unternehmen fortschritt^
suchte England überall verzögernd zu wirken, zum min-
desten aber sich selbst den Einfluß an der Endstrecke
der Bahn zu verschaffen. Wie die „Times" am 23. März
1911 sagte, hatten die Engländer kein Recht, irgendeinem
Staate vorzuschreiben, weldie Bahnen er bauen wolle, und
an wen er sie zur Ausführung gäbe, aber aus Gründen der
Staatsvernunft müsse man Sorge tragen, daß solche Bahnen
nicht gegen Englands Lebensinteressen benufet würden. Am
22. März hatte Sir Edward Grey den Standpunkt der Re-
gierung im Parlament dahin klargelegt, daß die Bahn Eng-
lands Handel als meistbegünstigter Nation offenstehen
müsse; „vergessen wir nicht, daß Lord Lansdowne die
Gefahr klargelegt hat, wenn eine fremde Macht sich am
Perser Golf in einer befestigten Stellung festse^t, von wo
aus sie Indien in den Rücken fallen kann."
Endlich, im Mai 1913, waren die Verhandlungen zwi-
schen England und der Türkei so weit gediehen, daß die
«Norddeutsche Allgemeine Zeitung" darüber vorläufig be-
richten konnte. Vom Mai bis September hat die Presse
dann eine Menge Erörterungen über dieses Abkommen ge-
bracht, das selbst nie veröffentlicht ist. Nach einem Tele-
gramm aus London hat am 17. September 1913 Lord Hardinge
als Vizekönig von Indien in Simla erklärt, daß England die
Oberhoheit der Türkei über el-Kuweit anerkenne, daß die Tür-
kei sich aber verpflichte, nicht in die inneren Angelegenheiten
von el-Kuweit sich einzumischen, und die zwischen England und
dem Scheich von el-Kuweit getroffenen Abkommen anzu-
erkennen. (Es soll mit el-Kuweit nach 1899 noch ein fernerer
Vertrag geschlossen sein!) Die Pforte verzichte außerdem auf
ihre Ansprüche auf el - Qatar, Bahrain und Masqat und erkenne
das Recht Englands an, im Persischen Golf Leuchtfeuer zu
— 230 —
errichten und die Polizei auszuüben. Die Presse beriditete
ferner, daß England der Türkei darin nachgegeben habe,
daß die Baghdäd- Bahn -Gesellschaft auch die Stred<:e von
Baghdäd nach Basra baut unter der Bedingung, daß zwei
Engländer in den Aufsichtsrat der Gesellschaft eintreten,
um für die gleichmäßige Behandlung aller die Bahn be-
nuöenden Nationen zu sorgen. Dagegen solle die Endstreci^e
bis el-Kuweit oder bis zu einem anderen Punkt des Golfes
von einer neuen (englischen) Gesellschaft gebaut werden.
Von England hinge es also ab, ob diese Bahn überhaupt
hergestellt wird. Außerdem sollen die Hafenanlagen in Basra
einer englischen Firma zur Ausführung übertragen werden,
England würde auch für die Schiffbarmachung des Satt el-
"^Arab durch Ausbaggerung der Barre sorgen. Dagegen soll
England nachgegeben haben, daß die Zölle in der Türkei
von 11 auf 15% gese^t werden, ohne dabei die Kapi-
tulationen abzuschaffen. Endlich heißt es, daß England
der Türkei gestatte, einen Vertreter bei dem Scheich von
el-Kuweit zu halten.
Natürlich hatte man in der deutschen Presse große Be-
denken, das Werk der Baghdad-Bahn an seinem Ausgang
zum Meere der Gnade Englands zu überlassen. Zwar
haben viele Politiker (unter ihnen auch Dr. Jaeckh in der
„Neuen Hamburger Zeitung" vom 21. Mai 1913) ausgeführt,
daß keine Gefahr für uns vorläge; daß es nur im Interesse
der englischen Kapitalisten sei, die Hafenanlagen in Basra
schnell und gut zu bauen und billig zu bewirtschaften;
daß besonders wir die ursprünglich uns gese^ten Ziele
erreicht hätten und gegen die Aufgabe der Kuweit-Streclte
den Anschluß nach Alexandrette erhalten hätten. Es sei
überhaupt noch nicht ausgemacht, ob es wirtschaftlich für
die Baghdäd-Bahn von Vorteil sei, wenn über Baghdäd hin-
aus gebaut würde, da dann die Frachten die kürzere Strecke
nach dem Meere und nicht die längere nach Norden
wählen würden. Ich glaube aber, daß der jefeige Krieg jeden
von uns belehrt hat, daß England zu allem fähig ist, und
daß es für uns nicht erträglich ist, wenn das große Werk
der Baghdad-Bahn von der See abgeschnitten wird, falls die
wirtschaftlichen Verhältnisse eine Verlängerung bis dahin
fordern sollten. Glücklicherweise ist der Vertrag zwischen
England und der Türkei nie ratifiziert worden: Die „Times
— 231 —
History of the War" schreibt wenigstens, daß Mitte Juni
1914, sedis Wochen vor Ausbruch des Weltkrieges, der Ver-
trag mit der Türkei und ein anderer mit Deutschland über
die Baghdäd-Bahn, Mesopotamien und andere Dinge vom
Fürsten Lichnowsky und Sir Edward Grey paraphiert wur-
den, daß die Verträge aber nicht endgültig gezeichnet und
ihr Inhalt nicht bekanntgegeben sei. England wäre hier-
über froh, weil so die ihm lästige Bedingung des tür-
kischen Vertreters in el-Kuweit hinfällig geworden sei, der
zu dauernden Schwierigkeiten hätte führen müssen. Ich
hoffe, daß wir noch mehr froh sein können, und daß
der Krieg uns die Möglichkeit gibt, unter den von uns
gewollten Bedingungen später neue Verhandlungen zu
führen. Und diese müssen notwendigerweise uns völlige
Freiheit geben.
Zu bedenken ist folgendes: Nach dem Vertrage von
Erzerum vom 28. Juli 1825 (s. Anhang Nr. 53) ist das linke,
östliche Ufer des Satt el-'Arab persisches Gebiet, jedoch
ganz englisch beeinflußt. Das rechte Ufer wird von Eng-
land zwar offiziell der Türkei zugesprochen; wenigstens
wird der türkische Besiö von Fa'o nicht bestritten. Aber
im gegebenen Augenblick wird England auch hier wieder
eine Oberhoheit des Scheich von el-Kuweit herausfinden, so
daß dann streckenweis beide Flußufer nichttürkisch würden.
Der Hafenbetrieb und die Kontrolle der Flußschiffahrt
(Baggerung, Leuchtfeuer) von Basra zum Meere wird auch
von England beansprucht, welches dadurch eine gänzliche
Erdrosselung unserer Baghdäd-Bahn an ihrem Golfende
veranlassen könnte. Es muß erreicht werden, daß der
Hafen in Basra, die Schiffahrtstraße des Satt el- Arab und
das Gebiet von el-Kuweit türkisch bleiben, damit diese Macht
dort unternehmen kann, was sie im Landesinteresse für
gut erachtet. Wir aber müssen hierauf dringen, weil wir
große wirtschaftliche Werte dort in der Bahn anlegen, die
wir nicht von der Gnade Englands abhängig sehen dürfen.
Nach einer Mitteilung des „Temps" von Mitte Januar
1916 ist der Scheich Mubarak bin Sabah von el-Kuweit kürz-
lich verstorben. Er war vor einiger Zeit von England zum
Lohn für seine Dienste zum „Sir" ernannt.
Die Petroleumgegenden von Mohammera usw. Für
die Beurteilung der englischen Interessen in Mesopotamien
— 232 —
spielen die Petroleumquellen im Qarün-Gebiet eine große
Rolle, weshalb wir sie wenigstens kurz erwähnen müssen.
In dem Vertrage von Erzerum vom 28. Juli 1823 (s. An-
hang Nr. 53) in Verbindung mit dem Abkommen vom
31. Mai 1847 (s. Anhang Nr. 54) wurde das linke Ufer des
Satt el-'Arab den Persern zuerkannt bis etwa 7 engl. Meilen
oberhalb von der Stadt Mohammera. Das ganze Gebiet
des Qärün-Flusses, des Pasitigris der Alten, der im Alter-
tum nod\ direkt in den Perser Golf floß, ist somit persisch
geblieben. Seit 1888 wurde durch Vermittlung von Sir
Drummond Wolff die freie Schiffahrt auf diesem Flusse
durdigesefet, die von der englischen Lynch - Gesellsdiaft
wahrgenommen wird, welche seit 1830 auf dem Tigris
verkehrt (Lynch Brothers, Euphrates and Tigris Steam
Nav. Co.).i
Seit der ältesten bekannten Zeit benu^te man die Pe-
troleum- und Asphaltvorkommen in Mesopotamien und
Persien. Das Alte Testament erzählt von der mit Erdpech
gedichteten Ardie Noah, die babylonischen Bauten wurden
mit Mörtel aus diesem Stoff aufgeführt, das Heilige Feuer
der Zoroaster Religion ist wahrsdieinlich auf Ölquellen
zurückzuführen. An der ganzen südwestlichen Außenseite
des Zagros- Gebirges liegen zahllose Fundstellen dieses
Stoffes, die überall an die Gipse des Miozäns gebunden
sind. Von der Höhe von Mosul gehen die Funde bis zur
Insel Kism herunter. (Siehe die Karte.) Und ebenso sind
auf der östlichen Seite des Zweistromlandes eine Menge
Fundstellen bekannt. Wir haben es hier in erster Linie
mit den Quellen in der Gegend östlich der Linie Ahwäz-
Suster zu tun. Im Jahre 1901 erwarb der australische
Millionär W. K. d'Arcy die Konzessionen der bisherigen
Persian Mining Oil Co. auf 60 Jahre, und zwar für ganz
Persien mit Ausnahme der fünf nördlichen Provinzen. Diese
Konzession bezieht sich auch auf alle zukünftigen Funde, so
daß sie einem Monopol gleicht. Ihre Ausdehnung ist auf
dem Kärtchen eingezeichnet. Jene Persian Mining Oil Co.
hatte ihr Kapital von 1 Million ^ aufgebraudit und war
* Auch die deutsdie Firma Robert Woendchaus & Co. hatte vor
dem Kriege Fahrzeuge auf dem Qärün-Flusse laufen, die aber wohl
von den Engländern jefet fortgenommen sind.
— 233 —
aufgelöst worden. Die weiteren Aufschlußarbeiten ^ einer
First Exploitation Co. wurden unter der Ägide der Burmah
Oil Co. unternommen, und als sie ein gutes Ergebnis
gehabt hatten, gründete man 1909 die Anglo Persian
Oil Co., deren Hauptfelder im Maidän i-Naftün, im Osten
des Ortes Ahwäz liegen. Die Gesellschaft verfügte über
eine Million voll eingezahlter Aktien von je 1 ^, eine Million
6%iger Vorzugsaktien zu je 1 ü», von denen 999000 emit-
tiert waren, und 5*^/o Debentures in Höhe des halben Aktien-
kapitals, von denen 1904 600000 ausgegeben waren. Der
Hauptgründer und bis zu seinem Tode der Vorsi^ende des
Direktoriums war der Kanadier Lord Strathcona. Die
Burmah Oil Co. hatte einen großen Teil der Stammaktien
in Besiö. Die Anteile der First Exploitation Co. sind auf
die Funde in einer Quadratmeile Land im Bachtiaren-Gebiet
festgese^t, für welche die Bakhtiari Oil Co. mit 400000 £
gegründet wurde. Die persische Regierung erhält als Ab-
gabe 16% des Reingewinns. In den Jahren 1908—09
wurden in Maidan i-Naftün in 400 m Tiefe große Quellen
erschlossen. Dreißig Sonden wurden in den Boden ge-
trieben, von denen drei den größten Teil des Ertrages lie-
fern. Bei den Quellen sind Behälter für 60000 Tonnen Rohöl
gebaut. Die Pumpstation ist in Tembi, 2V2 engl. Meilen ent-
fernt, und von dort führt eine Leitung von 6 Zoll Durchmesser
bis Wais, und weiter mit 8 Zoll bis 'Abbadän. Diese 235 km
lange Röhrenleitung kann 1000 Tonnen täglich befördern.
Die Raffinerien der Gesellschaft sind in 'Abbadan^ am oatt
el-'Arab, wo eine neue, ganz modern mit Elektrizität aus-
gestattete, rein englische Stadt entstanden ist. Dort waren
1913 vier Batterien mit 34 Destillierapparaten in Betrieb, die
Benzin, zwei Sorten Leuchtöl und Heizöl herstellten, und
zwar wird Heizöl für die Marine erzeugt, indem nur 30%
Leichtprodukte entfernt werden. Die gegenwärtigen Ein-
^ 1902 untersuchte ein Mr. Burls die Petroleumgegend für eine
englisch-persische Gesellschaft. 1903 — 04 hatte man eine kleine Aus-
beute bei Quasr i-sirin und el-Chänaqein; wegen der Schwierigkeit der
Arbeiterbeschaffung konnte man dort nichts unternehmen. Die erwähnte
d'Arcy-Gesellschaft hat ihre Konzession durch Firman von Muzaffer
el-Din erhalten.
2 'Abbädän war noch im 10. Jahrhundert eine Insel im Perser Golf,
je^t liegt sie über 30 Kilometer vom Meere entfernt; so stark sind die
Anschwemmungen des Flusses.
— 234 —
richtungen können 240000 Tonnen Heizöl und die ent-
sprechende Menge anderer Produkte liefern. Die Vertretung
in Mohammera hatte früher M. Lloyd Scott and Co., jefet
Mrs. Strid«, Scott and Co. (London ES, Winchester House,
Old Broad Str.). In 'Abbädän waren 1913 schon dreißig
große Ölbehälter aufgestellt; dort können Dampfer von 1 7 Fuß
Tiefgang laden. Eine zweite Röhrenleitung ist im Bau.
Nachdem nun die Marine Englands vielfach zur 01-
feuerung übergegangen war, und diese durch die amerika-
nischen Trustbildungen für den Bezug des Rohstoffes leicht
in Frage gestellt werden konnte, richtete die englische Re-
gierung ihr Augenmerk auf die ungemein bedeutenden
Funde am Satt el-'Arab. Eine Kommission der Marine
unter Vize-Admiral Sir Edmond Slade wurde im Oktober
1913 hingesandt, um alle Umstände genau zu untersudien,
und nachdem sie günstige Berichte erstattet, legte die
Regierung dem Parlament einen Geseöesentwurf vor,^ nadi
welchem ein sehr bedeutender Anteil der Aktien der Anglo
Persian Oil Co. vom englischen Staate angekauft werden
und der Bezug von Heizöl für die Marine sichergestellt
werden sollte. Die Regierung übernahm durdi Parlaments-
beschluß vom 17. Juni 1914 mit 254 gegen 18 Stimmen
für 2001000 & Aktien und 199000 £ Debentures, und
gleichzeitig wurde ein Vertrag mit der Admiralität ab-
geschlossen, nach dem diese der Gesellschaft das Heizöl
mit den im jährlichen Etat vorgesehenen Summen abkauft.
Allerdings äußerte man in England schwere Bedenken gegen
dies Verfahren (z. B. „Times" vom 20. Juni 1914). Die
Röhrenleitung sei leicht verlefebar durch die halbwilden
Stämme, die Anlagen könnten von Indien aus nicht ver-
teidigt werden, ohne die indische Armee zu schwächen. Der
„Manchester Guardian" machte auch darauf aufmerksam,
daß durch die Petroleum -Interessen Englands Verhältnis
zu Rußland leiden könne. Auch betonte man, daß Persiens
Unabhängigkeit bedroht sei, wenn England in persischem
Gebiet so große Interessen habe, welche geschürt werden
müßten. Alle Bedenken aber wurden nicht beachtet, und
sechs Wochen vor Kriegsausbruch war also zu allen früheren
' »Anglo -Persian Oil Company. Bill to provide money for the
purpose of the acquisition of share or loan capital." — Parliamentary
Papers, Session 1914. House of Lords. Papers of Bills (223) 345.
— 235 —
nodi dies bedeutende Interesse der Engländer am Perser
Golf entstanden.
Nach dem legten Jahresbericht der Gesellschaft (I.April
1914 bis 31. März 1915) wurde eine besondere Tanker Co.
gegründet, um Petroleum-Transportschiffe zu bauen. Im
Monat sind etwa 28000 Tonnen Ol gefördert worden. Am
5. Februar ist die Röhrenleitung von unruhigen Persern
zerstört worden und mußte 4V2 Monate unterbrochen bleiben.
Aus diesem Grunde war die Gesellschaft gezwungen, 144000 t
Ol zu verbrennen, das sie nidit unterbringen oder fort-
schaffen konnte. 4% Dividenden wurden auf die Vorzugs-
anteile verteilt. Der „Economist" vom 11. Dezember 1915
übte nochmals eine sehr scharfe Kritik an der Gesellschaft;
es sei keine Sache der Regierung, Handelsunternehmungen
zu machen. Außerdem seien die Anlagen durch die Perser
und Türken dauernd gefährdet. Die Hoffnung der Gesell-
schaft, sich an der persischen Regierung vertragsmäßig
schadlos zu halten, bestände nur in der Theorie.
Es ist ein altgeschichtliches Gebiet, um das es sich hier
handelt. Das heutige Suster ist das alte Susa, wo de Mor-
gans Ausgrabungen die wichtigsten Ergebnisse nicht nur
über die Elamiter, sondern auch über die Babylonier er-
zielten — wurde hier doch der Gese^esstein von Hammu-
rabi gefunden. Ahwäz am Qärün-Flusse, das je^t im Kriege
verschiedentlich von sich reden machte, ist ein kleiner Flecken
(1891: 700 Hütten), bis wohin die Flußschiffahrt reicht. Dort
ist ein großer Damm über dem Fluß, der wohl von den
Sassaniden erbaut wurde. Von 'Abulfeida wird der Ort
Suq el-Hüz genannt, nach dem alten elamitischen Stamme
der Huz, woraus allmählich Ahwaz entstanden ist. Im
Mittelalter waren dort viele Gärten mit künstlicher Be-
wässerung, besonders die Zuckerrohrkultur war berühmt.
Aber die vielen Steinzylinder, die noch Karl Ritter und
andere für Teile von Zuckermühlen hielten, und die in
großer Zahl bei Ahwaz liegen, sollen Säulentrommeln sein,
vorbereitet zum Transport nach Kufa, Basra usw. ^ Die Be-
wässerungssysteme dort können sicher wieder instand gese^t
werden, teils sind sie noch in Betrieb. Die „Times History
' P. Schwarz: .Die Zuckerpressen in Ahwäz." Der Islam, Bd. VI,
S. 269.
— 236 —
of the War" erzählt, daß bei Mohammera Anfang dieses
Jahrhunderts ein Holländer namens van Roggen^ einen
Plan für große Bewässerungsanlagen ausgearbeitet hätte,
die 2 Millionen Mj kosten sollten. Er habe sich durch Ver-
mittlung der Deutschen Gesandtschaft in Teheran um eine
Konzession für diese Pläne beworben, wogegen aber der
Chef von Mohammera Einspruch erhoben habe — natürlich
auf Anstiften von England. Der Chef habe gesagt, wenn
er eine Bewässerung wolle, dann könne er sie selbst mit
Hilfe von englischen Kapitalisten machen, und auf seine
Bitte habe dann ein indischer Ingenieur 18 Monate dort
gearbeitet, um einen anderen Plan aufzustellen. Und als
man in Teheran weiter auf die ersten Pläne einging, habe
der Chef von Mohammera gedroht, aktiven Widerstand
gegen die persische Regierung zu leisten, wenn man ihm
seine Rechte zugunsten von Deutschland antasten wolle.
Dieser Sultan von Mohammera, Chaz'al Chan 2, ist nämlich
durch Verträge ganz an England gebunden, das hier wieder
einmal für gut befunden hat, einen Vasallen Persiens für
halb unabhängig zu erklären und mit ihm Sonderabkommen
zu machen, auch wenn diese sich vielleicht der Form nach
nur auf den Sdiuö der Petroleumfelder beziehen. Denn
hierfür soll er 3000^ im Jahre von den Engländern erhalten.
Bei den Grenzkriegen hatten die Türken den Ort ge-
nommen und wieder verlassen; im November 1841 wurde
er von den Persern eingenommen und auf Drängen Ruß-
lands im Vertrage von Erzerum den Persern endgültig zu-
erkannt, die dort auch eine Festung bauten. Im Kriege
' Notice sur les anciens travaux hydrauliques en Susiane par
Mr. Graadt van Roggen. Extraits des Memoires de la Delegation au
Perse. Bd. VII. Chalon s. Saone 1905. — S. audi Ernst Herzfeld:
Eine Reise durdi Luristan, Arabistan und Färs. Petermanns Mitt. 1907.
S. 76 und 77.
^ Das Gebiet von Mohammera bis Sdieidi Abul Sach ist meist
von Sa'b-Arabern bewohnt und untersteht einem Häuptling, der den
Titel Muez-es-Sultaneh oder Sardär Arfa führt. Chaz'al Chan ist der
jüngste Sohn des früheren Herrsdiers Haggi Gabir Chan und Bruder
des legten Herrschers Mügil, den er ums Leben brachte. Er unter-
steht formell dem persischen Gouverneur von Arabistan und verwaltet
die Araberstämme von Band-i-Qir bis Mohammera am Qärün-FluQ.
Dod\ genießt er eine sehr große Selbständigkeit gegenüber der per-
sischen Zentralregierung und verhandelte immer mit den Engländern.
Die Perser nennen den Scheidi Khizil (Chizil Chan).
— 237 —
mit Persien ist Mohammera 1857 von den Engländern er-
obert, später Persien wieder zurückgegeben; 1892 wurden
dort persische Kasernen erbaut. Aber das Interesse Englands
forderte es, daß der Häuptling von Mohammera selbständige
Verträge mit England abschloß, als unabhängig anerkannt
wurde, auch wenn sein Gebiet in der „neutralen* Zone
zwischen dem englischen und russischen Einflußgebiet in Per-
sien liegt. So betrachteten die Engländer das linke Ufer des
Satt el-'Arab schon als ihre Einflußzone, ebenso wie sie das
rechte ihrem Schübling Mubarak von el- Kuweit zuerkannt
hatten. Aber nicht alle Einwohner von Mohammera scheinen
mit der Politik ihres Chefs einverstanden zu sein, denn
Ende 1914 machte Scheich Handal (Hanzal), der Bruder-
sohn des Chaz'al Chan, einen Angriff auf dessen Schloß,
wobei leftterer getötet wurde. Als Ursache wird die Un-
zufriedenheit mit der Parteinahme des Chaz'al für die
Engländer angegeben („Welt des Islam" III, 37). Wie die
Verhältnisse heute dort liegen, läßt sich nicht übersehen.
Anfang März 1915 wurde berichtet, daß zwei türkische Re-
gimenter mit Hilfe von Leuten der Beni Läm Ahwaz an-
gegriffen und diesen Ort sowie 'Utaz beseht hätten. Einen
Monat später wird dann noch ein Angriff auf Ahwäz gemeldet.
Was weiter dort vorgegangen ist, ist unbekannt geblieben,
aber man kann vermuten, daß die Engländer bei ihrem
Vorgehen nach Norden Ahwäz im Mai wieder nehmen
konnten.*
Noch eine andere Petroleum-Fundstelle in Mesopotamien
hat Aussicht, wirtschaftlich wichtig zu werden, bei Mendel!
und in der Nähe von Qasr i-Sirin (Chäniqein), östlich von
Baghdäd. Auf Mendel! wurde das Interesse schon 1860
gelenkt, aber noch 1901 geschah dort die Ausbeutung in
primitiver Weise durch die türkische Regierung. Nur etwa
180000 Kilo wurden im Jahre für den Bedarf des Landes
gewonnen. Im Jahre 1901 erwarb ein englischer Kapitalist
die Konzession (wahrscheinlich war es auch d'Arcy), die
* Nach einem Telegramm aus Konstantinopel vom 30. Dezember
1915 hat Persien auf ein russisches Ultimatum zum Anschluß an die
Verbündeten, das am 24. Dezember ablief, mit Forderungen an Ruß-
land und England geantwortet, und zwar verlangt Persien unter an-
derem den Abbruch der unmittelbaren Verbindung, die England mit den
Scheichs der nahe des Persischen Golfes wohnenden Stämme unterhält.
— 238 —
früher vielleicht audi in das Gebiet der Persian Mining Cq.
gefallen war; 1903 sind bei Qasr i-Sirin Bohrungen ge-
macht, über deren Ergebnis ich nichts habe feststellen
können. Die Engländer haben sich überlegt, daß eine 360
engl. Meilen lange Röhrenleitung von dort bis nach Mo-
hammera sich nicht lohnen würde, und so scheinen sie
weitere Bemühungen aufgegeben zu haben. 1904 soll
dann die Deutsche Bank im Interesse der Baghdäd-Bahn
die Untersuchungen fortgesefet haben, und 1914 hat sich
die Turkish Petroleum Co. mit englischem, deutscJiem
und holländischem Kapital gebildet,^ welche die Rechte der
Baghdäd-Bahn-Gesellschaft übernahm, die aus einer zehn
Jahre früher erteilten Schürferlaubnis entstanden waren.
Von dem Kapital von 80000 ^ sind 20000 vollbezahlte
Stücke der deutschen Gruppe ausgehändigt; von dem Rest
von 60000 £, die mit je 1 sh oder 5% eingezahlt sind,
gingen 40000 an die d'Arcy-Gruppe, vertreten durch die
National-Bank of Turkey, und 20000 an die Detering-Gruppe,
vertreten durch die Anglo Saxon Petroleum Co. über. Wenn
die England gegenüber gegebenen diplomatischen Zusagen
auf die Turkish Petroleum Co. übergehen sollten, dann
wird beabsichtigt, das Kapital auf 160000 it zu erhöhen,
das so verteilt werden soll, daß die Gruppen gleich stark wie
früher bleiben. Bei einer Grenzregulierung zwischen Persien
und der Türkei, die sich endlos in die Länge zu ziehen
scheint, soll etwa 1913 der Ort Qasr i-Sirm an Persien, der
nahe Haupt- Petroleumfundort (Chaniqein?) aber an die
Türkei gefallen sein. Am 6. Juni 1914 ging eine Notiz durch
die Presse, daß die türkische Regierung der Turkish Petro-
leum Co. eine Konzession für Mesopotamien (Wilajet Mosul)
erteilt habe. \d\ vermute, daß es sidi um die erwähnten
Funde handelt. Es ist aber anzunehmen, daß noch viele
der Asphalt- und Öl-Vorkommen, die auch an der Eufrat-
Seite nicht fehlen, eine wirtschaftliche Bedeutung erhalten
werden, sowohl für die Versorgung der Baghdäd-Bahn mit
* Außerdem fand id\ die Notiz, daß im Februar 1914 zur Ausbeutung
der Erdöllager in Mesopotamien sidi im Februar 1914 eine rein tür-
kische Gesellschaft gebildet habe, unter deren Gründern Ghäzi Muchtar
Pascha, der Sieger von Kars, genannt wird („Österr. Monatssdir. f. d.
Orient", 1914, S. 167). Ob diese Gesellschaft mit der obengenannten
identisch ist, weiß ich nicht.
— 239 —
Brennmaterial als auch für den Handel im Lande selbst.
Bei den Funden bei Qasr i-Sirtn hat man schon je^t von
der Legung einer Röhrenleitung bis Baghdäd gesprochen.
Der Ort liegt an dem Wege von Baghdäd nach Hamadän
und Teheran, somit also an einer geplanten Zweiglinie
der Baghdäd-Bahn.
England legt jedenfalls größten Wert auf die Petroleum-
Funde, und es ist nicht unmöglich, daß es Persien das
Erdölgebiet abzukaufen oder es durch Tausch zu erhalten
suchen wird.
Die Sdiiffahrt auf dem Tigris und Eufrat. Am Aus-
fluß des Satt el-'Arab in den Perser Golf liegt eine Barre,
die aus sehr weichem Schlick besteht. Bei Ebbe hat die
„äußere" Barre nur etwa 2 Meter Wasser über dem Schlick,
die „innere" Barre 3,6 Meter. Bei Nippflut sind auf der
äußeren Barre 4,6 Meter, bei Springflut 5,2 Meter Wasser.
Die Dampfer können auch hinüberkommen, wenn sie noch
etwa 0,3 Meter in den weichen Schlick hineinreichen. Das
Fahrwasser ist — wenn audi unzuverlässig — betonnt. An
der Westseite des Eingangs in den Satt el-'Arab liegt der
Ort Fa'o, der ein kleines türkisches Fort und Zollamt, zwei
kleine Leuchtfeuer und die Station der englischen Kabel-
gesellschaft enthält, die hier an den türkischen Überland-
Telegraphen anschließt. Von der äußeren Barre bis Basra
sind 65 engl. Meilen zu fahren, das Wasser ist dort tief,
vor Basra 9 — 11 Meter. Basra ist das Hamburg von
Mesopotamien, es ist der Seehafen, den eine Menge von
Dampferlinien anlaufen. Von dort an ist der Eufrat wegen
seines sehr unzuverlässigen Wasserstandes, der besonders
von dem Verbraudi für die künstlidien Bewässerungen
abhängt, nur sehr unvollkommen schiffbar. Der Tigris da-
gegen wird seit 1830 von den Flußdampfern der Lynch Line
befahren, neben denen noch türkische Dampfer der Hamidije-
Gesellsdiaft verkehren. Kleine Boote der Lynch - Gesell-
schaft fahren auch den Qärün aufwärts bis Ahwäz, ebenso
wie vor dem Kriege die Dampfer von Robert Woenckhaus
u. Co. Ende 1915 ließen die Engländer den Wasserbau-
techniker Sir George Buchanan aus Rangun nach dem Tigris
kommen als Berater für die Flußregulierungen, denn von
der Leistungsfähigkeit des Flußverkehrs hing ihre sehr
scJiwierige Zufuhr während des Krieges ab. Die Sciiiffahrt
— 240 —
auf dem Flusse ist sehr behindert wegen des gewundenen
Laufes und unregelmäßigen Wasserstandes.
Als England die Verbindung nach Indien Überland durch
das türkische Gebiet und den Perser Golf suchte, wurden
auch zwei Dampfer für den Verkehr auf dem Eufrat heran-
gebracht. Unter dem 29. Dezember 1834 erhielt die Britische
Gesandtsdiaft in Konstantinopel einen Ferman für den Schüfe
dieser beiden Dampfer zum Verkehr nur auf dem Eufrat.
„To navigate by turns two steam boots on the river Euphrates
which flows at a small distance from the city of Bagdad*
... „and this navigation is to continue as long as, con-
formably to what has been represented to us, it may prove
useful to the two powers, and no inconvenience result
therefrom ..." (Aitchison, Bd. XIII, Nr. IX.)
Im Jahre 1860 wurde eine englische Dampfergesellschaft
unter dem Namen „Euphrat Valley Steam Navigation Co.*
(nach ihrem Hauptaktionär „Lynch Co." genannt) gegründet,
der die Redite für den Eufrat bestätigt wurden; 1875 bekam sie
die Erlaubnis, noch einen dritten Dampfer einzustellen, jedoch
immer nur für den Eufrat, nie für den Tigris. Auf diesem
scheint sie nur auf Grund eines stillschweigenden Gewohnheits-
rechts zu verkehren, das ihr wohl streitig gemacht werden kann
(s. „Voss. Zeitung" vom 23. Jan. 1916). Daß die Erlaubnis auch
auf den Tigris — der allein leidlich schiffbar ist — ausgedehnt
wurde, ist nicht veröffentlicht worden, wenn auch die Gesell-
schaft jefet „Euphrates and Tigris St. N. Co." heißt. Auf keinen
Fall ist von einem Monopol englischer Schiffahrt auf dem
Tigris die Rede; ja, es ist vielleicht nicht einmal ein Recht der
Engländer dafür vorhanden, so daß das Feld für die Betätigung
deutscher Dampfer im Anschluß an die Baghdäd-Bahn frei ist.
Die acht Dampfer der Hamidije-Gesellschaft sind Eigen-
tum der türkischen Zivilliste. Sie sollen recht gut geführt
und wohlfeiler als die englischen sein.
Außer den beiden Handelsdampfern hatten die Eng-
länder noch ein bewaffnetes Nachrichtenboot „Comet" zur
Verfügung ihrer Residentur, dessen Ersafe durch ein neues
Schiff am 13. Juli 1869 (Aitchison. Bd. XIII, Nr. X) durch
die türkische Regierung gutgeheißen wurde. In dem be-
treffenden Briefe heißt es: „La Comete, se trouvant sur
les rivieres de Mesopotamie." Für dieses ist demnach die
Fahrt auf Eufrat und Tigris genehmigt worden.
— 241 —
Da nun des linke Ufer des Satt el-'Arab dem unter
persisdher Hoheit stehenden Chef von Mohammera gehört,
der ganz in englischen Händen ist, da das rechte Ufer von
dem Scheidi von el- Kuweit beansprutfit wird, und da in
Basra der von den Engländern seit langem unterstüfete
Älteste der Familie Sejjid Ahmed, Tälib Anaqib, viel mehr
Einfluß als der türkische Gouverneur hat, so ist tatsächlich
das ganze Mündungsgebiet des Zweistromes in Händen
Englands, das dadurch auch einen Einfluß auf das künftige
Endteil der Baghdäd-Bahn besi^t — ganz einerlei, ob sie
bei Basra oder el-Kuweit enden wird — , das die Baghdäd-
Bahn zwingen wird, sich allen englischen „Wünschen" zu
fügen. Der je^ige Krieg hat uns gezeigt, daß alle Verträge
nichts nüfeen, daß England seine Gewalt rücksichtslos aus-
nu^en wird. Und Mesopotamien ist für England das Ver-
teidigungs-Vorland für Indien, es ist auch nach Englands
Hoffnung künftiges indisches Kolonisationsland. Es war
also nidits natürlicher, als daß bei Ausbruch des Krieges
mit der Türkei nicht England, sondern Indien den Kriegs-
zug ins Zweistromland unternahm, um mit offener Gewalt
die Türkei hier zu vertreiben, wie sie es im stillen schon
seit Jahren durch Vorscfiiebung eingeborener Häuptlinge
(Ibn Sa'üd, el-Kuweit, Mohammera) getan hatte.
Mesopotamien im Weltkriege. Wenn auch die Ereig-
nisse hier teils nur unvollkommen bekannt sind, wenn wir
von englischer Seite nur eine amtliche zusammenfassende
Darstellung eines Teiles der Unternehmung, ^ von türkischer
nur einzelne unzusammenhängende Telegramme haben, und
wenn auch die Vorgänge noch völlig in der Entwicklung
begriffen sind, so müssen wir in großen Zügen sie doch
erwähnen, um unsere Schlüsse daraus ziehen zu können.
Schon vordem die Kanonen am Bosporus am 29. Ok-
tober 1914 losgegangen waren, hatten die Engländer die
Poona-Brigade in Bombay am 19. Oktober eingeschifft.
Es war die mit „D" bezeichnete Abteilung der indischen
' „Despatches regarding Operations in the Persian Qulf and in
Mesopotamia." Pres, to both Houses of Parliament. London 1915
(Cd. 8074), enthaltend NaAriditen vom 27. Februar, 26. Juni und
14. August, die sidi aber nur auf Ereignisse bis zum 14. April 1915
beziehen. — „The Times History of the War", Part. 29, Vol. III, March
1915, bis zur Einnahme von Qurna am 8. Januar, und einige weitere
Notizen aus dem Januar.
Hamburgische Forschungen. Heft 1. ■jg
— 242 —
Armee. Am 23. Oktober war man bei den Bahrain-Inseln,
wo die Leute mit Rudern ausgebildet wurden. Von dort
fuhr man am 2. November ab, und nach Aufnahme von
Piloten in dem „neutralen" Bender Büsehr^ kam man am
3. November vor der Mündung des Satt el-'Arab an. In der
Nacht vom 6. und 7. November wurde das Fort in Fa'o
nach Beschießung durch die „Odin" mit einem Landungs-
korps unter Leitung von Oberstleutnant H. L. Rosher ge-
nommen. Am 10. November brachte der Scheich von
Mohammera die Nachricht, daß ein türkisch - arabisches
Kommando unter Samt Bey gegenüber von Mohammera
eingetroffen sei, dessen Angriff auf das englische Lager bei
SanTjeh am 11. scheiterte. Den englisdien Konsuln in
Basra, Baghdäd und Mohammera hatten die Türken am
2. November freie Abreise gewährt, während die Eng-
länder den deutschen Konsul Dr. Listemann in Bender
Büsehr — dem neutralen Pla^e — und später den in Basra
(Emil Gloye) festnahmen und nach Bombay brachten. Auch
die deutschen Vertreter von Rob. Woenckhaus & Co. in
Bahrain, Mohammera, Ahwäz und Büsehr hatten dasselbe
Schicksal gehabt, angeblich weil sie mit den türkischen Be-
hörden Verkehr hatten, wozu sie im neutralen persischen
Gebiet auch berechtigt waren. England aber beachtete die
persische Neutralität nicht und betrachtete dies Land als sein
eigenes.
Der Oberkommandierende der Engländer war zuerst
der Brigadegeneral W. S. Delamain, dann der General-
leutnant Sir Arthur Barret, und endlich der General Sir
John Eccles Nixon. Der Political-Resident in Büsehr,
Oberst Sir Percy Cox, hat dauernd an den Kriegshandlungen
teilgenommen. Am 14. November wurde eine türkische Ab-
teilung bei Saihan angegriffen, doch mußten die Engländer
sich vor türkischen Verstärkungen zurückziehen. Am 17. No-
vember wurde eine vom Bimbaschi (Major) Adie Bey befehligte
türkische Stellung bei Sähil genommen. Am 22. November
rückten die ersten englischen Truppen in Basra ein, das
von den Türken aufgegeben war. Major Brownlow wurde
zum Militärgouverneur ernannt und nahm im deutschen
Konsulat Wohnung.
* Idi schreibe Bender Büsehr, obgleich der Platj richtiger Bender
Abu Seher „Hafen Vater der Stadt" heißt.
~ 243 —
Die Türken hatten den Fluß durch Versenken des Ham-
burg-Amerika-Dampfers „Ekbatana" und zweier anderer
Fahrzeuge versperrt, doch konnten die englischen Sdiiffe
dies Hindernis überwinden.
Am 3. Dezember wurde eine Abteilung aus Basra unter
Oberst Frazer gegen Mezera (Mezeira, Muzaira?) abgesandt,
wo Türken standen, doch konnte der Angriff gegen das
Dorf Qurna, das an der früheren Vereinigungsstelle von
Eufrat und Tigris liegt, erst nach Heranholung von Ver-
stärkungen und nach Übersehen auf das westliche Tigris-
Ufer am 8. Dezember genommen werden. Dem türkischen
Verteidiger Subht Bey wurde wegen seines tapferen Ver-
haltens der Degen belassen.
Am 26. Dezember wurde der Scheich Chaz'al von Mo-
hammera von seinem Brudersohn wegen seines england-
freundlichen Verhaltens getötet.^ Anfang Januar wurde
der Generalstabsmajor Soleimän 'Askar unter Beförderung
zum Obersten und Wali von Basra zum Kommandeur der
33. türkischen Division ernannt, während der Wali von
Mosul, Soleimän Nasif Bey zum Wali von Baghdad ernannt
wurde. Am 20. Januar hatten die Engländer 5000 Tür-
ken, die nördlich von Qurna am Rota-Kanal standen, zu
werfen.
Ende Januar oder Anfang Februar beseiten die Türken
Hawiz (besser: Awqaz, Hawaize der englisdien Karte). Am
5. Februar durchschnitten Perser die Erdölleitung. Einen
Monat später hatten zwei türkische Regimenter im Verein
mit 12000 Arabern der Ben! Lam bei einem Orte Chadir(?)
Stellung genommen. Die Engländer machten einen erfolg-
losen Angriff, den sie selbst nur als Erkundigung bezeich-
neten, und die Türken konnten daraufhin Ahwaz besehen,
das sie nach amtlichen englischen Berichten aber am 12. April
nochm.als angriffen. Wie sich später hier im Petroleumgebiet
von Arabistan die Kriegslage entwickelte, ist nicht bekannt ge-
' Wie sich die Eingeborenen den Türken gegenüber verhielten, ist
schwer zu sagen. Es scheint, daß Ibn Rasid, die Muntefiq, Nord-Sammar
und Beni-Lam zu ihnen hielten. Der „Chäwer" berichtet vom 31. De-
zember 1914, daß die Häupter des Stammes Al-Fatia und Samije sowie
von Daghära und Diwänije am Heiligen Kriege teilnahmen. Begeisterte
Predigten des Schiiten Sejjid Mohammed QazwInT werden erwähnt
(„Welt des Islam").
16*
— 244 —
worden.^ Jedenfalls fanden bis weit in den September hinein
noch Kämpfe bei Qurna und sogar bei Basra statt. Die Türken
hatten Verstärkungen von Baghdäd über 'Amara, den Satt
el-Haj und Süq es-Sijüch durch die Wüste herangeführt.
Am 12. April wurden die in Saiba, ein wenig westlich
von Basra liegenden Engländer von den Türken unter
Soleimän 'Askar und 'Alt Bey angegriffen. Das überflutete
Gebiet erschwerte die Kämpfe sehr. Der Ausgang der
Sdilacht hing an einem Haar, und erst am 14. April konnten
die Engländer die sehr heftigen Angriffe der Türken und
der mit ihnen vereinigten Araber abweisen und in der Folge
das Dorf Nachaila (Nakhailah) besehen. Beteiligt waren
auf türkisdier Seite 12000 Reguläre, meist Kurden, 12 Feld-
geschüöe und 10000 Araber. Als Führer der le^teren werden
Sejjid Jezdi, Jüsuf mit den Beni Malik, und Ajaimi-Araber
genannt. Gegen die englische Übermadit konnten die
kräftigen Unternehmungen der Türken nichts ausrichten ;-
' Über die Kämpfe bei Ahwaz antwortete der indische Staats-
sekretär Lord Crewe auf eine Anfrage des Lords Curzon an\ 18. März
ausweidiend im Parlament. Es ist aber anzunehmen, daß die Türken
im Mai nach dem unglücklichen Gefecht bei Saiba das Petroleumgebiet
räumten. Führer der Türken war Mohammed Pascha Daghestäni.
2 Nach den englischen amtlichen Berichten haben bis zur Schlacht
bei Saiba folgende Truppen auf englischer Seite teilgenommen: In-
fanterie: 2nd Dorset Regiment, 117th Mahratta Light Infantery,
119*'" Infantery, 20'h Duke of Cambridge's own Infantery, 24'^ Pun-
jabis, 104thWellesleg's Rifles, 103th Mahrattas (103*^ Light Inf.), llOth
Mahrattas Light Inf., 120th Radjputana Inf., llQth Infantery (Mooltan),
2nd Norfolk Regiment, 7'^ Radjputs, lOS'h Light Inf., Oxfordshire and
Buckinghamshire Light Inf., 19th Punjabis, 22th Punjabis, 52nd Sikhs,
7th Gurkhas, zusammen 18 Infanterie-Regimenter. — Pioniere:
48th Pioneers, 81 st Pioneers, S^d Comp. Sappers and Miners, 17»^ Comp.
Sappers and Miners, zusammen 4 Pionier-Truppen. — Kavallerie:
„S" Battery Royal Horse Artillery, 7th Lanciers, 12th Cavalry, SS^d Ca-
valry, 16**^ Cavalry, 23''d Cavalry, zusammen 6 Kav.-Truppenteile.
— Artillerie: 30th Mountain Bat., 23rd Mountain Bat., 63''d Battery
Roy. Field Art., 76th Bat. Roy. F. Art., 82"d Bat. Roy. F. Art., zusammen
5 Art. -Truppenteile, dazu die berittene Artillerie. — Ferner wird
noch genannt das 10*^ Mule Corps, 21 st Mule Corps, 126th Indian Field
Ambulance, 17th British Ambulance. — Von selten der Marine nahmen
teil die Kriegsschiffe „Ocean", „Odin", „Espiegle", „Lawrenze"; die
bewaffneten Boote „Lewis Pelly", „Miner", „Shaitan", „Mashona", die
Lynch-Dampfer „Medijie", „Blosse Lynch", „Malomir", „Salami", „Shu-
shan", „Mozaffari"; die British India Steam Nav. Co.-Dampfer: „Umaria",
„Varela", „Umta", „Berbera", „Erinpura", „Toriila". Endlich werden noch
„Elephanta" und „Dalhousie" erwähnt, alles zusammen 22 Fahrzeuge.
— 245 —
außerdem scheinen die Araber stellenweise versagt zu haben.
Soleiman'Askar soll sich nachdem Kampfe ersdiossen haben.
Nachdem die Engländer bei Saiba den türkischen Angriff
abgeschlagen und Nachaila beseht hatten, konnten sie erst
Anfang Juni weiter vordringen. Unter dem 3. Juni wurde
berichtet, daß sie unter General Townshend den erst 1860
angelegten Ort Amära beseiten. Damals soll die türkisdie
Abteilung geworfen sein, die „aus Persien" zurückkam, also
vielleicht die Truppen, welche früher Ahwäz beseht hatten.
Der Kleinkrieg scheint den Engländern viel Sorgen gemacht
zu haben, denn Anfang Juli wurde bericiitet, daß die türken-
freundlidien Stämme der el-Kiäb und Dewrek, die auf per-
sischem Gebiet am Qärün wohnen, die Engländer bei
Hasalia und Elmara („Frankfurter Zeitung" vom 10. Juli)
sowie andere Araber (Muntefik?) bei Qal'at en-Negin, west-
lich Qurna („Neue Hamb. Zeitung" vom 7. August) mit
Erfolg angegriffen hätten. Sehr große Schwierigkeiten mußte
auch das sommerliche Klima der englischen Truppe be-
reiten.
Inzwischen wurde auch gegen den Eufrat vorgegangen,
und am 26. Juli konnten die Engländer unter Generalmajor
G. F. Gorringe Näsirije besehen, nachdem sie vorher Süq
es-Sijuch genommen hatten.
Langsam und unter großen Schwierigkeiten ging es fluß-
aufwärts am Tigris. Die Türken hatten sich unter der Führung
von Nur ed-DTn Pascha bei Küt el-'amära^ stark verschanzt.
Es waren türkische Reguläre des Landes, verstärkt durcii
einige Regimenter, die aus Konstantinopel gesandt waren,
als dieses noch nicht bedroht war; so bericiiten wenigstens
die Engländer. Am 26. und 27. September wurden diese
Befestigungen von den Engländern unter Delamain an-
gegriffen, die nach einer Umgehung in schweren Kämpfen
die Türken werfen konnten. Die Türken hatten große Ver-
luste, aber auch die Engländer ließen 500 Tote auf dem
Schlachtfelde. Am 29. September zogen die Türken in der
Riciitung auf Baghdäd ab.
^ Der je^t so viel genannte Ort heißt offenbar Kut el-' amära, d. h.
„das nodi bewohnte Sdiloß". Der Gegensa^i dazu wäre Küt el-diaräba,
„das zerstörte Schloß" (nadi gütiger Mitteilung von Prof. Tschudi).
Küt heißt „Schloß" oder besser „mit einer Mauer umgebenes Dorf".
Das Diminutiv davon ist Kuwet.
- 246 —
Im Rüdken der englischen Truppe waren die Zustände
durchaus nicht ruhig. Am 12. Juli wurde eine englische
Patrouille bei Bender Büsehr getötet, und am 8. August
hielten die Engländer es für geboten, das neutrale persische
Bender Büsehr zu besehen, das sie allerdings etwa am
15. Oktober wieder aufgaben. Was hier vor sich gegangen
ist, läßt sich nicht feststellen.^ Alle Augenblicke wird von
türkisch-arabischen Überfällen am Tigris berichtet, so noch
vom 26. September („Berliner Tageblatt" vom 2. Oktober).
Auch von Meutereien unter den englischen Truppen hörte
man (8. und 10. Sikh-Reg.).
Im 'Iraq sind die Verhältnisse für die Türken recht er-
schwert durch die religiöse Spaltung. Denn ein großer Teil
der dortigen Bewohner sind Schi'iten, die ja ihre großen
Heiligtümer in Kerbela, wo Husein beerdigt liegt, sowie
in Negf, Samarrä und Kazimen bei Baghdad haben.
Die schroffen Gegensä^e zwischen Sunniten und Schi'iten
haben sich erst durch die orthodoxen Türken herausgebildet;
aber schon 'Abd ul-Hamid versuchte langsam zu vermitteln.
Und bei Kriegsausbruch wandte der Sultan in Konstan-
tinopel sich nicht als Chalif, wohl aber als Herrscher der
bedeutendsten islamischen Macht auch an die Schi'iten.
Schi'itische Stämme der Muntefik, Beni Läm und andere
haben dann auch den Türken geholfen. Ein ganz wesent-
liches Ereignis war es, als Ende September der „Groß-
Mudechtechid" (oberste Würdenträger der Schi'iten) Sa'id
Ismä'Tl in Kerbela das geheiligte Schwert des Husein aus
der Grabmoschee holte und es feierlich mit der Heiligen
Fahne des 'Abbäs dem Oberkommandierenden der Türken
Nur ed-DTn Pascha beim Dorfe Bert übergab als äußeres
Zeichen der Teilnahme der Schi'iten am Kriege. Zur selben
Zeit hörte man auch wieder von Angriffen der Araber gegen
die Engländer nördlich von Qurna und dicht bei Basra.
Die Engländer rückten nur langsam von Kut el-'amära nach
Norden vor, meldeten aber unter dem 20. Oktober, daß sie
nur noch einige Meilen von Baghdad ständen. In den
legten Tagen des Oktober und ersten des November stellten
auch fast alle deutschen Blätter Betrachtungen über die Fol-
' Vielleidit hängt das Aufgeben von Busehr mit der Bewegung der
persischen Gendarmerie zusammen, die sich aud\ gegen englische
Konsuln in Siräz und in anderen Orten richtete.
— 247 —
gen eines eventuellen Verlustes von Baghdäd an. Die eng-
lische Presse aber bradvte versteckt die Nachricht, daß Ende
Oktober ein starker Truppentransport von Konstantinopel
aus nach dem Osten abgegangen sei. Hinterher haben sie
dann die Vermutung ausgesprochen, daß es sich um Ver-
stärkungen für die 'Iraq-Armee gehandelt hat. Und es ist
kein Geheimnis mehr, seitdem Feldmarschall v. d. Golö
Pascha es in Aleppo öffentlich verkündet hat, daß er diese
Verstärkungen geführt hat.
Die Engländer unter General Townshend griffen mit
etwa 17 Bataillonen oder etwa 15000 Mann am 22. No-
vember die Türken bei den Ruinen des alten Ktesiphon
zunächst erfolgreich an. Die Türken zogen ihre offenbar
eben eingetroffenen Verstärkungen heran und konnten den
Engländern am 23. bis 24. November eine sehr schwere
Niederlage beibringen (4567 Mann Verluste), die Townshend
zwang, mit allen Truppen, verfolgt von den Türken, auf
Kut el-'amära zurückzuweichen, wo er sich seitdem ver-
teidigt.
In den vergangenen vierzehn Monaten des Krieges
gegen Mesopotamien hatten die Engländer mit recht
großen Mitteln, gestuft auf das nahe Indien, und auf
ihre jahrelange Vorbereitung einen Vormarsch in ganz
schmaler Front vom Satt el-'Arab nach Norden erreicht,
der ihnen sicher bei vielen arabischen Stämmen und
in Indien einiges Ansehen gebracht hatte. Der Rüd^-
schlag bei Ktesiphon aber muß alles Erreichte völlig ver-
nichten, das Ansehen schwer schädigen, selbst wenn es
gelingen sollte, sich im Lande zu halten. Die Zuversicht
der Zentralmächte in ihre Unternehmungen war so groß,
daß sie mit Beginn der Offensive gegen Serbien schon
an die Vorbereitungen für die Hilfen in Mesopotamien
gehen und diese programmäßig durchführen konnten. Auch
die Bahn wird wohl im Kriege weiter gefördert werden
(am 29. August 1914 war die Strecke Baghdäd — Sämarrä er-
öffnet), so daß die Hilfen bald noch rascher kommen können.
Die Engländer mußten mit größter Eile an das Heranziehen
von Verstärkungen gehen!
Am 6-/7. Januar 1916 mißlang den Engländern bei
Scheich Sa'ad der Entsag der bei Kut el-'amara von den
Türken unter Nur ed-DTn eingeschlossenen Truppen von
— 248 —
'All Gharbi aus. Am 13. bis 15. Januar fanden Gefechte
bei El-Owasa (Ovah?) statt, und am 20. Januar in der
Nähe von El-Qussa, etwa 7 engl. Meilen Luftlinie östlich
von Küt el-'amara, das noch immer eingeschlossen ist.
Die englischen Entsa^truppen unter den Generalen Aylmer,
Younghusband und Remball hatten sich also näher an Kut
el-'amara herangeschoben, ohne daß ihnen der Entsag
gelang. Zu gleicher Zeit machen türkische (arabische?)
Truppen einen Angriff westlich von Qurna auf ein eng-
lisches Lager; und von Baghdäd aus unternahmen türkische
Truppen Vorstöße nacJi Persien, offenbar um zu verhindern,
daß die Russen den Engländern in Mesopotamien zu Hilfe
kommen. Als Führer der türkischen Armee im 'Iräq wurde
der greise Feldmarschall v. d. Golö Pascha genannt, von
dessen Anwesenheit bei Küt el-'amära die Engländer Mitte
Januar selbst berichteten. Der englische Oberkommandant
Sir John Nixon ist „aus Gesundheitsrüci^sichten" seines
Postens enthoben und durch Sir Percy Lake erseht, dem
Generalstabscfief der indischen Armee, welcher Ende Ja-
nuar 1916 in Mesopotamien eintraf. Mitte Februar 1916
fand noch eine fernere Änderung statt, indem die Expedition
in Mesopotamien direkt dem englisciien War Office unter-
stellt Vv'urde.
Die Entsaötruppen hatten bei Felahije (Es-Sin) so sdiwere
Verluste gehabt, daß General Aylmer am 21. Januar um
einen Waffenstillstand zur Beerdigung der Toten bat. Die
Türken behielten Küt el-'amara fest eingeschlossen und
hatten gegen das von Süden kommende Entsafeheer bei
Es-Sin eine starke Stellung beseht. Diese konnte auch bei
einem verzweifelten Vorstoß der Engländer am rechten Ufer
des Tigris am 5. — 9. März 1916 nicht genommen werden.
Am 15. März bericfitete General Aylmer, daß nur sehr ge-
ringe Aussicht auf Entsag der belagerten Truppen sei.
Unterdessen hatten die Engländer am 7. Februar auch
dicht bei Qurna eine Schlappe erlitten, indem eine den
Sattel-Haj hinaufgehende Abteilung von Arabern angegriffen
wurde, die man bisher für Freunde hielt. Wenn auch einige
Tage später die Araber bei BatanTje (dicht bei NäsirTje) be-
straft wurden, so zeigt dies Vorkommen doch, daß die Be-
völkerung des Landes sich wieder mehr an die Türken an-
schließt.
— 249 —
Nidit nur große Verluste an Material und Menschen haben
die Engländer erlitten; viel schwerer ist ihre Einbuße an An-
sehen, denn die Nachricht von den Niederlagen wird sich mit
Windeseile in Persien und Indien verbreiten. Englische Be-
richte geben an, daß der Mißerfolg zum Teil durdi die tür-
kischen Verstärkungen, zum Teil aber auch durch das Versagen
arabischer Hilfsvölker verursacht wurde, und zwar werden
die Sammar und Muntafik angegeben („Vorwärts" vom
14, Dezember 1915). Es ist wahrscheinlich, daß schon
vorher die Engländer sich recht unsicher in bezug auf diese
Araber fühlten, denn im September zeigten die Süd-Sammar
(Muntafik) mit 80—100000 Kriegern, die Beni Läm mit
15000 Mann und persische Luren sidi feindlich gegen
England. Unter dem 24. November wird aus Rotterdam
(„Rhein. -Westf. Zeitung" vom 26. November 1915) aus der
indischen Presse der Wortlaut eines Manifestes des eng-
lischen Oberkommandanten an die Araber gegeben, in
welchem natürlich Deutschland die Schuld am Kriege zu-
geschoben wurde, das die Türkei zu unfreundlichen Hand-
lungen gegen England aufgereizt habe. Die Stämme werden
deshalb zur Wahrung der Neutralität aufgefordert und ihnen
der Schu^ der islamischen Einrichtungen gewährleistet.
Die Russen versuchten die Engländer in Mesopotamien
durch einen Angriff in Persien zu entlasten, der außerhalb
des Rahmens unserer Betrachtungen liegt. Ich erwähne nur,
daß die Türken, welche Kermandschah am 17. Januar beseht
hatten, dort einen Monat später wieder vertrieben wurden.
Die Russen aber werden diesen Zug nach Persien nicht un-
eigennü^ig im Interesse der Engländer unternommen haben.
Die englische Expedition nach Mesopotamien ist also
mindestens völlig ins Stocken geraten, und viele Kreise in
England kritisieren scharf die Fehler, die man machte. Die
„Morning Post" schrieb sogar, daß die Rettung der Abtei-
lung des Generals Townshend bei Kut ganz von den Er-
folgen abhängen wird, die man von der russischen Einnahme
der Festung Erzerum am 16. Februar und vom Vormarsch
der Russen in Persien erwartet, welche Kermanschah am
28. Februar und Kerind am 13. März 1916 beseiten. Sehr
interessant ist nun, wie solche Erwägungen auf andere Teile
der englischen öffentlichen Meinung wirken. „The Near
Fast" vom 25. Februar 1916 schreibt (S. 462): „It would be
— 250 —
a crowning disgrace, if we imposed upon our Allies the
additional task of capturing Baghdad ... Although it makes
no difference which of the Allies troops are the first to
enter a town or district, the point we would make here is
that great Britain, having put her hand to the Mesopotamian
campaign, has to carry it out to an end on her own account,
and there must be no encouragement of a "laisser faire"
policy, which would cause us to slake our efforts on the
Tigris in the expectation of the Russians doing our work
for US ..." Das heißt mit dürren Worten: man fürchtet die
Russen fast mehr als die Türken in Mesopotamien, man
fühlt wieder das alte Gespenst heraufkommen, daß Rußland
versucht, sich einen Weg zum Perser Golf zu bahnen, wo-
gegen England seinerzeit auf das schärfste vorging, und
das man durch den Vertrag vom 31. August 1907 gebannt
zu haben hoffte. Es ist gar nicht so undenkbar, daß man
in England es lieber sehen würde, wenn mit einem vollen
Mißerfolg die englische Macht sich nach Basra zurüd«ziehen
müßte, als wenn die Russen durch die Eroberung von
Baghdad sich einen Anspruch auf den Weg zum Perser
Golf erkämpften. Sollte wirklich — was wenig wahrsdiein-
lich ist — den Russen dieser Erfolg blühen, so kann er
den Keim bilden zu einem künftigen schweren Konflikt
zwischen Rußland und England. Dieser ist sogar schon
heraufbeschworen durch das Eindringen Rußlands in Persien
bis nach Kermanschah und Ispahan (19. März), also bis an
die Grenze der „russischen Einflußzone" des Vertrages vom
31. August 1907. Ein weiteres Vordringen Rußlands würde
England als schweren Eingriff in seine Rechte ansehen,
zumal wenn die Russen danach streben sollten, den ihnen
so nötigen Ausgang zum freien Meer an dem Perser
Golf zu suchen. Der russische Professor Migulin soll
erklärt haben („Berl. Tagebl." vom 15. März 1916), Per-
sien habe keine Existenzberechtigung mehr, es müsse
zwischen Rußland und England aufgeteilt werden, wobei
Rußland auch die sogenannte „neutrale" Zone erhalten
müsse.
Der Krieg gegen Mesopotamien ist nicht von England
direkt geführt, sondern von der englisch-indischen Armee.
Wie er durch jahrelange Intrigen vorbereitet wurde, haben
wir im Laufe unserer Betrachtungen gesehen. Der Aus-
— 251 —
bruch der Verwicklung mit der Türkei am 29. Oktober war
nur ein sehr willkommener Anlaß für Indien, die lange
gehegten Absichten zu verwirklichen. Eines der wichtigsten
Vorländer für Indien, der Perser Golf, wurde durch die
deutschen Bahnpläne für bedroht erachtet. Die Gelegenheit
war gegeben, diese deutschen — wenn auch wirtschaftlichen —
Bestrebungen zu vernichten. Ein Erfolg hier würde den eng-
lischen Einfluß in Arabien ungemein stärken, den England so
lange auf Hintertreppen erstrebt hatte, er würde die Möglich-
keit eröffnen, gegen das türkische ein arabisches Chalifat
unter englischem Einfluß einzurichten. Mit der Loslösung
der Araber von der Türkei aber würde diese auf das alier-
schwerste geschwächt werden, nicht mehr die Vormacht des
Islam sein, und die übrigen islamischen Staaten würde
England dann unter seine Gewalt bringen, dadurch seine
Stellung in Indien festigend. Endlich wollte man durch
den Angriff auf Mesopotamien offenbar den türkischen Vor-
marsch von Ägypten ablenken.
Beim Abschluß dieser Zeilen stehen die Aussichten für
die Türken demnach in Mesopotamien recht gut, und es ist
nur zu hoffen, daß sie die Übergabe der bei Kut ein-
geschlossenen Engländer bald durchsehen.
So kann man der Entwicklung der Ereignisse im 'Iräq
mit Ruhe, aber auch mit Interesse entgegensehen und
hoffen, daß man hier England mindestens ebenso empfindlidi
wie in Ägypten treffen kann.
Wie die Unternehmung in Mesopotamien in England
beurteilt wird, mag ein Ausspruch in „New Statesman"
vom 11. Dezember 1915 zeigen: „In the war against Turkey
there is no theatre in which we can fight the Turks at a
greater advantage to ourselves than the Mesopota-
mien . . . A really large movement there would be a far better
policy than sending great forces to East Africa, where the
German levies ought to be easily blockaded and con-
tained, and where it scarcely seems worth while doing
more to them."
Für uns heißt dies aber, daß wir eine sehr wirksame
Entlastung von Deutsch-Ostafrika auf dem Kriegsschauplaö
in Mesopotamien erreichen können.
— 252 —
Kapitel 14
Schlugbetrachtung
Beim Ausbruch des jefeigen Krieges, aus dem wahrscheinlich
die Welt neu verteilt hervorgehen wird, waren nach den
vorhergehenden Ausführungen die Verhältnisse in Arabien
also etwa folgende: Die Türkei hat seit dem 14. Jahrhundert
die Provinz Higäz mit den heiligen Orten sowie seit 1871
Jemen in der Hand, nachdem sie in lefeterem Lande Frieden
mit dem Imäm Jahjä geschlossen hat. In 'AsTr ist ihre
Gewalt sehr fraglich, da dort der von England, Frankreich
und Italien unterstü^te Idris gegen sie ist. Im Osten ist
die Türkei Mitte 1913 aus der Provinz El-Ahsä durch den
Wahhabitenhäuptling Ibn Sa'üd mit englischer Hilfe ver-
drängt, hat aber ihre nominelle Oberhoheit gewahrt, indem
sie Ibn Sa üd dort zum Gouverneur ernannte. Aus el-Kuweit
hat sie vor den Engländern zurückweichen müssen.
Die Engländer besi^en seit 1839 'Aden, Perim und die
Ghüria-Müria- Inseln; sie haben mit den südarabischen
Häuptlingen von Bäb el-Mandeb bis Mirbat Protektorats-
verträge geschlossen, ohne daß sie dort eine Herrschaft aus-
üben. In 'Oman sind die Engländer die tatsächlichen, wenn
auch nicht formellen Machthaber. Sie beherrschen mittels
Geld und Waffenlieferungen Innerarabien durch Ibn Sa'ud,
den Scheich von el-Kuweit, sowie durch IdrTs von 'Asir. An
der„Trucial"-Küste haben sie durch Verträge großen Einfluß,
wenn auch kein Protektorat; dorthin sind die Wahhäbiten
unter Ibn Sa'üd ebenfalls an das Meer gekommen. Bahrain
ist kein englischer Besife, steht aber völlig unter englischem
Einfluß.
Imäm Jahjä schließt sich an die Türken an, denen
nach militärischen Erfolgen auch manche der Häuptlinge des
Protektoratsgebietes von Südarabien folgen werden. Im
Norden hält Ibn Rasid von Häjil zu den Türken, ebenso
wie anscheinend viele der Stämme an der Grenze des
'Iräq. Die Verbindung mit den türkenfreundlichen Stämmen
kann teils durch die Higäz-Bahn, teils auf Karawanen-
wegen durch Arabien erfolgen, jedenfalls wird die Verbin-
dung für Nachschübe recht schwer sein.
Die Engländer dagegen haben den Wasserweg überall
frei und werden auch ihre finanziellen Mittel anwenden,
4
— 253 —
um sich Hilfskräfte zu verschaffen. Das rollende englische
Pfund, die „leichte Kavallerie von St. George", wie man
es scherzweise nannte, spielt eine wichtige Rolle.
Arabien wird allerdings nur ein Nebenkriegsschauplaö
sein können, die Entscheidungen fallen an anderen Stellen.
Aber tro^dem ist Arabien für den Krieg und besonders
für die Kriegsziele von größter Wichtigkeit; denn es liegt
zwischen den beiden großen Meeresstraßen nach dem Osten.
Diese zu befreien, dazu kann und muß Arabien helfen.
Wir haben unsere Betrachtungen über die Geschichte
von Arabien abgeschlossen. Wir sahen, daß im hohen
Altertum die Länder um den Golf von 'Aden eine Handels-
monopolstellung dadurch erhielten, daß nur hier die überall
so begehrten Produkte Weihrauch und Myrrhen gewonnen
wurden; wir sahen, daß sich aus diesem Ortshandel wahr-
scheinlich schon sehr früh ein Fernhandel entwickelte, wobei
zuerst aus den Gegenden am Perser Golf, dann weiter aus
Osten her die Produkte Indiens und sogar Chinas geholt
wurden, so daß sich eine Handelsmonopolstellung in Süd-
arabien entwickelt hätte, wenn nicht ein Ausgleich auf den
Karawanenstraßen und auf dem Wege durch den Perser
Golf stattgefunden hätte. Später wirkten Rom-Byzanz
einerseits und Persien anderseits auf diese Handelswege,
indem bei zu großer Machtausnu^ung eines Teiles die
Waren über den Konkurrenzweg geleitet wurden. Sobald
aber beide Wege in einer Hand vereinigt waren, was unter
dem Kaiserreich und unter den Chalifen der Fall war,
konnten diese Mächte den Handel völlig monopolisieren
und die Preise für die Orientwaren durch Auferlegung von
hohen Zöllen und anderweit diktieren.
Südarabien als Weihrauchland hatte mit der Zeit seine
Bedeutung verloren, als Umlade- und Vermittlungsstelle
für den Orienthandel aber war es noch lange von großer
Wichtigkeit. Nach seinem Besi^ strebten die mächtigsten
Reiche. Es war der Handelsvorposten von Ägypten, der
bei der engen Einfahrt in das Rote Meer leicht zu
beherrschen war. Die Türken als Rechtsnachfolger der
Chalifen und auch der Ägypter, die beide aus dem Orient-
handel enorme Einkünfte bezogen hatten, suchten das
Monopol wiederzugewinnen. Daraus ist ihre Besetzung
von Basra und vor allem von Jemen, 'Aden und der
— 254 —
Somali-Küste zu erklären. Mit dem Augenblick aber, wo
der Seeweg um das Kap durch die Portugiesen gefunden
war, mußten die arabisdhen Handelswege ihre Wichtigkeit
verlieren. Deshalb erfolgte der vergebliche Kampf der
Türken gegen die Portugiesen im Indischen Ozean; und
schließlich gab die Türkei im 17. Jahrhundert Südarabien
auf, zog wenigstens die Besamungen zurück, als die Handels-
bedeutung der Jemen-Küste geschwunden war. Die dort
eingeführte Kaffeekultur konnte den Verfall nur verzögern,
nicht aufhalten.
Die Engländer waren an die Stelle der Portugiesen ge-
treten; sie dehnten von 'Aden aus über fast ganz Südarabien
ihre Schu^herrsdiaft aus. Für ihre Bestrebungen bekam Süd-
arabien aber erst großen Wert, als die Dampfschiffe die Segler
abgelöst hatten, und nachdem man Post und Passagiere
durch das Rote Meer nach Indien beförderte. Da mußten
Kohlenstationen geschaffen werden, die noch wichtiger
wurden, als am 16. November 1869 der Suezkanal er-
öffnet war. Die Engländer hatten schon vorgebaut durch
ihre Kohlenstation in 'Aden und durch Sicherung von allen
Punkten (Kamarän, Perim, Ghüria-Muria, Soqotra), die
für die Landung von Telegraphenkabeln seinerzeit in
Frage kommen konnten. Sie fuhren auch ferner noch fort,
ihre Stü^punkte in Südarabien und im Somali-Land zu
vermehren. Sie beseiten vor allem auch im Jahre 1883
den anderen Ausgang des Roten Meeres, Ägypten, so
daß sie tatsächlich den Weg durch das Rote Meer nach dem
ferneren Osten und nach Ost-Afrika völlig in Händen
hätten, wenn nicht die Türkei noch vorhanden wäre.
Diese hatte gelegentlich der neuen mit dem Suez-
kanal geschaffenen Verbindungen ihr Interesse wieder
Arabien mehr zugewandt, als es für den Besiö der Heiligen
Orte des Islam nötig war. Sie hatte Jemen, das sie in
der Theorie nie aufgegeben, wieder beseht und hatte dort
schwerste Kriege zu führen gehabt, welche große Opfer an
Menschen und Mitteln kosteten. Wir können nicht in die
Absichten hineinsehen, welche die Türkei hiermit verfolgte,
die aber so gewichtig gewesen sein müssen, daß zu ihrer
Erreichung eine Entblößung der europäischen Besiftungen
von Truppen nicht gescheut wurde. Aber wir können ver-
muten, daß es nicht nur Sucht nach Ausdehnung der Herr-
— 255 —
Schaft, nicht nur das Ideal war, über weitere Mohammedaner
zu herrschen. Es wird der ganz reale Zwedt gewesen sein,
den alten wichtigen Welthandelsweg sich zu sichern, ein
Streben, das mit der Bese^ung von Scheich Sa'ad gekrönt
wurde, auf das aber auch der Bahnbau nach Medina hin-
arbeitete.
Aus der Geschichte der Kämpfe in Jemen sahen wir,
wie schwer selbst eine islamische Macht bei den religiösen,
politischen und geographischen Verhältnissen es hat, dort
festen Fuß zu fassen. Einer christlichen Macht wird es
fast unmöglich sein. Wohl aber wird es eine starke Türkei
können, wenn sie klüglich den örtlichen Verhältnissen Rech-
nung trägt und dies Land nur als gut geleiteten Bundesstaat
betrachtet, ohne die Bewohner zu Nationaltürken machen
zu wollen. Wir sahen auch, daß eine starke Türkei
die einzige Macht ist, die den Monopolbestrebungen Eng-
lands im Roten Meer entgegentreten kann, die zu ver-
hindern imstande ist, daß eine der wichtigsten Meeres-
straßen nur von einer Macht beherrscht wird. Das Ver-
bleiben der Türkei in Jemen, die Landverbindung von
Jemen mit dem Norden durch die Verlängerung der Higäz-
Bahn und die Errichtung einer großen Funkenstation in
Jemen, schließlich möglichst auch der Ausbau eines Hafens
in türkischem Gebiet am Ausgang des Roten Meeres, das
sind die Wünsche, die nicht nur Deutschland für die Zu-
kunft hegen muß, sondern alle, welche die Freiheit der
Seestraßen als das Mittel ansehen, einen gerechten Wett-
bewerb der Völker zu ermöglichen, und welche nicht wollen,
daß das Rote Meer ein englischer Binnensee wird.
Etwas anders und doch wieder ähnlich liegen die Ver-
hältnisse im Perser Golf.
Unter dem 29. März 1915 sdirieb die „Daily Mail":
Mesopotamien müsse dauernd britischer Besiö bleiben als
Auswanderungsgebiet für Indien, und am 15. April betonte
Lord Curzon bei einer Rede in der Society of Arts („Times"
15. April 1915), daß die Länder nördlich des Perser Golfs
kein natürlicher Besi^ der Türkei wären, die als Eindring-
ling ins Land gekommen sei. Es wäre Aufgabe der eng-
lischen Politik, diese Länder von der Türkei zu trennen
und jene angenehmen Beziehungen wieder herzustellen,
die fünfzig Jahre lang für die englische Politik maßgebend
— 256 —
gewesen wären. Der deutsche Einfluß müsse dort ein für
allemal ein Ende haben; die Baghdad-Bahn könne nur
nü^lich sein, wenn England die Aufsicht darüber führe.
Am 10. März sdion hatte die „Times" geschrieben: „Es
ist ein Kardinalgrundsa^ für die Verteidigung Indiens, daß
keine andere Macht bewaffneten Zugang zum Persischen
Golf erhalten darf", und dann folgen die bekannten Erörte-
rungen, daß die deutsche Baghdad-Bahn politische und nicht
wirtschaftliche Ziele verfolge.
Es ist immer derselbe Gedankengang; nur der Ton ändert
sich bei England, je nachdem Frankreich, Rußland oder
Deutschland es wagt, in irgendeiner Form sich eine Stel-
lung am Perser Golf zu verschaffen. Wir sahen, wie 1622
die Engländer mit persischer Hilfe die Portugiesen, bald
darauf die Holländer aus dem Perser Golf verdrängten, wie
sie zur Zeit der Ägypten-Expedition Napoleons sich in Indien
bedroht fühlten und sich den Weg dorthin durch Meso-
potamien sichern wollten. ^ Wir sahen, wie General Chesney
eine Straße durch das Zweistromland suchte. Im Jahre
1800 faßten die Engländer festen Fuß in Bender Büsehr
mit der dortigen Ankunft von Sir John Malcolm. Seit
1820 ergriffen sie die Gelegenheit, sich einzumischen, in
der Form des Kampfes gegen die Seeräuber, schlössen
aber gleich mit ihnen Verträge, nach denen sie an keine
Macht außer an England Land oder andere Rechte ab-
geben dürften. Als dann die Vorbereitungen für die Tele-
graphenverbindung mit Indien kamen, da wurde der Perser
Golf noch wichtiger für England. Die für die Landung von
Kabeln geeigneten Punkte, bei Kism, Gäsak, Masqat, Musan-
dum, die Inseln in der Straße von Hormüz wurden be-
schlagnahmt. Die Bestrebungen der Franzosen, in Masqat
einen Kohlenplaö und das Protektorat über Eingeborene zu
* Seit 1639 hatte die engl. E. I. Co. eine Faktorei in Basra, die
aber erst 1764 von der Pforte anerkannt wurde. 1783 wurde ein
eingeborener Agent, 1798 ein Resident für die englische Überlandpost
nadi Baghdäd gesetzt. Seit 1810 war ein Political Agent, seif 1882
ein Political Resident in Baghdäd. Von 1844 bis 1885 arbeitete die
„Desert-Post" für die Überlandpost von Samija nach Damaskus, bis sie
dem durd\ Midhat Pascha eingerichteten türkischen Konkurrenzunter-
nehmen wich. Seit 1880 ist ein russischer Konsul, seit 1901 General-
konsul, in Baghdäd. Seit Dezember 1894 hat Deutschland ein Konsulat
in Baghdäd (Konsul Richarz), seit kurzem auch eins in Basra.
— 257 —
erhalten, führten beinahe zu einem Bruch zwisdien Frank-
reich und England, der nur durch die Schaffung der Entente
cordiale 1903 vermieden wurde. Das Streben Rußlands
an den Golf wurde mit aller Scfiärfe abgelehnt. Curzon
(Persia II, 465) schreibt unter anderem darüber: „England
does not demand, that the Persian Gulf should be a "mare
clausum" against foreign trade. ... A Russian port in the
Persian Gulf, that dear dream of so many a patriot from
the Neva to the Wolga, would, even in time of peace,
import an element of unrest into the life of the Gulf that
would shake the delicate equilibrium so laboriously estab-
lished. ... I should regard the concession of a port upon
the Persian Gulf to Russia by any power as a deliberate
insult to Great Britain, as a wanton rupture of the Status
quo, and as an intentional provocation to war: And I
should impeach the British minister, who was guilty of
acquiescing in such a surrender, as a traitor to his country."
Wenn auch das englische Dogma der Alleinherrsdiaft
im Perser Golf schon seit langem besteht, so hat es dod\
erst durch Lord Curzon seinen eifrigsten Vertreter gefunden.
Und als die Gefahr von Rußlands Seite nach dem Frieden
vom August/September 1905 mit Japan und nach dem
englisch-russischen Abkommen über Persien vom 31. August
1907 gebannt war, richtete sid\ Englands Argwohn gegen
Deutschland^ dessen Pläne mit der Baghdäd-Bahn es schon
lange ängstlich verfolgt hatte. Eine der ersten Amts-
handlungen von Lord Curzon als Vizekönig von Indien
war, daß er den Absdiluß des Geheimvertrages mit dem
Scheich Mubarak von el-Kuweit veranlaßte, woraus, wie wir
sahen, die Unmöglichkeit für Deutschland erwudis, mit der
Baghdad-Bahn bei el-Kuweit das Meer zu erreichen. Ihm
ist es auch zuzuschreiben, daß England den Scheich von
el-Kuweit veranlaßte, das Gebiet bis fast zum rechten Ufer des
Satt el-'Arab zu beanspruchen, und daß sein Einfluß auf
den Scheich von Mohammera so stark wurde, daß auch das
Ostufer des Satt ganz unter englische Leitung kam. Natürlich
hüllte England sich in den Mantel der Selbstlosigkeit, da
es ja keine Gebiete dort für sich erworben hätte.
An allen wichtigen Punkten des Golfes hat es aber
Politische Residenten, die sämtlich Offiziere der indischen
Armee sind. Sie werden von der indischen Regierung er-
Hamburgische Forschungen. Heft 1. -jt
— 258 —
nannt, erhalten aber ihre Besoldung vom Foreign Office.
Für Indien sind sie Residenten oder Politische Agenten, für
ihre Beziehungen zu England daneben Generalkonsuln. Alle
sind sie unterstellt dem Politischen Residenten in Bender
Busehr, dem ungekrönten König des Perser Golfes. Alle
haben sie ihre eigenen Leibwachen von indischen Soldaten.
Die Türkei wurde von England seit 1871 zunächst als
harmlos im Besiö der Provinz el-Ahsä, von el-Kuweit und
der Satt el-'Arab-Mündung gelassen. Als aber Deutschland
im Hintergrunde der Türkei mit dem rein wirtschaftlichen
Unternehmen der Baghdäd-Bahn erschien, da schob Eng-
land Araberhäuptlinge vor, indem es ihre Selbständigkeit
anerkannte und sie anstiftete, die Türkei aus den Be-
si^ungen am Golf zu vertreiben. Diese Häuptlinge aber
hat England politisch in der Hand.
Über die Wichtigkeit der englischen Interessen am Perser
Golf will ich noch auf einige Äußerungen hinweisen. Im
Jahre 1902 erklärte der Admiral Mahan: „Concession in
the Persian Gulf, whether by formal arrangement (with
other Powers) or by neglect of the local commercial inter-
ests which now underlie political and military control
will imperil Great Britain's naval Situation in the Farther
East, her political position in India, her commercial inter-
ests in both, and the imperial tie between herseif and
Australasia." ... „The control of the Persian Gulf by a
foreign state of considerable naval potentiality, a "fleet in
being" there based upon a strong military port, would re-
produce the relations of Cadiz, Gibraltar and Malta to the
Mediterranean. It would flank all the routes to the Farther
East, to India and to Australia, the last two actually in-
ternal to the Empire regarded as a political System. And
although Great Britain unquestionably would check such a
fleet, so placed, by a division of her own, it might well
require a detachment large enough to affect seriously the
general strength of her naval position."
Die oft angeführte „Times History of the War" aber
schreibt: „The maintenance of British predominance in
the Gulf is an essential part of the defenceof India.
The mere presence of another power in the Persian Gulf,
whether its post be fortified or unfortified, would have a
gravely unsettling effect upon India. The people of India
— 259 —
would not stop to think whether, from such a post, their
country could be really threatened. The fact, that another
flag was flying in a region where the British had been domi-
nant for three hundred years and supreme for more than
a Century would suffice to persuade them that our strength
was declining, and such confidence as we now inspire
would instantly be diminished."
Aus allem ersehen wir, daß England nicht nur am
Ärmelkanal und in Ägypten verwundbar ist, daß es am
Perser Golf mindestens ebenso empfindlich ist wie an
jenen nähergelegenen Stellen, ja, wir müssen annehmen,
daß schon ein Rückschlag am Perser Golf die Stimmung
in Indien auf das schwerste beeinflussen wird. Sollte aber
England infolge des Krieges veranlaßt werden, irgendeiner
anderen Nation — und wenn es auch Rußland wäre — einen
Zugang zum Golf zu gewähren, so würde diese Tatsache
von England als eine ganz schwere Niederlage aufgefaßt
werden an seiner allerempfindlichsten Stelle.
Für Deutschland ist es nicht notwendig, nicht einmal
wünschenswert, selbst einen Punkt am Perser Golf in
eigener Verwaltung zu haben, es sei denn, daß es sich um
notwendige Flottenpunkte handeln würde; es genügt für
uns, wenn irgendeine andere Nation außer England den
freien Zugang und Ausgang zum Golf erhält. Mit anderen
Worten, es ist zu erstreben, daß die Türkei eine freie Ver-
fügung über die Mündung des Satt el-'Arab wiedererhält,
und daß irgendeine Nation, die nicht ganz schwach oder
völlig im Fahrwasser Englands ist, am Ausgang des Golfs
einen starken Posten bekommt, sei es in 'Oman, sei es an
der persischen Seite. Ist dies nicht zu erreichen, dann müßte
die Baghdäd-Bahn sich auf die Binnenfrachten in der asia-
tischen Türkei beschränken, oder sie wäre gezwungen, sich
einen Ausgang am offenen Ozean zu suchen, in Arabien oder
in Persien, also durch Verbindung mit der Higäz-Bahn oder
durch einen Ausbau bis etwa Bender 'Abbas. Wir dürfen
unsere Erwägungen aber nicht nur durch Rüd^sicht auf die
Baghdäd-Bahn leiten lassen, wenn sie auch als großes wirt-
schaftliches Unternehmen für die Erstarkung der befreun-
deten Türkei wichtig genug ist. Der „trockene" Weg Ham-
burg-Baghdäd genügt uns nicht. Deutschland — und be-
sonders Hamburg — braucht auch die „nassen" Wege, in
17*
— 260 —
diesem Fall den Seeweg von Basra zum Indisdien Ozean,
wo England die alleinige Oberhoheit beansprudit.
Die Kämpfe, die sich in Mesopotamien zwischen den
englischen Invasionstruppen und den Türken abspielen, sind
für den Ausgang des Weltkrieges von ganz wesentlicher
Bedeutung, ja, sie können entscheidend mit Bezug auf
England sein.
Der Einfluß, den England seit langem und ganz im
stillen in Arabien selbst sudit, und der darauf abzielt, die
Stellung der Türkei dort zu erschüttern und auszuschalten,
muß auf die Türkei eine sehr unheilvolle Wirkung haben,
für welche nicht nur die arabischen Provinzen wichtige
Teile des türkischen Staates sind, für weldie die Beherr-
schung der Heiligen Orte gleidibedeutend mit dem Besi^
des Chalifats ist. Für Englands Interessen in Ägypten und
Indien aber muß es widitig sein, ein islamisches Chalifat zu
haben, das ganz unter englischem Einfluß steht. Die Madit,
weldie England in Innerarabien über die von Ibn Sa'^ud
beherrschten Gebiete ausübt, ist eine dauernde Drohung
gegen die Türkei. Es muß also erstrebt werden, daß eine
starke Türkei aus dem Kriege hervorgeht.
„Depuis longtemps dejä tous les fils des intrigues arabes
aboutissent a Londres," so schrieb 1913 der Franzose Saint
Brice („Correspondence d'Orient", Juin 1913). Und diese
große Wertschä^ung Arabiens für die englische Politik be-
ruht darauf, daß Großbritannien nicht nur die Türkei
schädigen möchte, um seine eigene Stellung in Ägypten
und Indien zu stärken; England will auch die absolute
Herrschaft über die Meeresstraßen erhalten, die nach dem
Osten führen; es will zwar nicht kommerziell wie die Römer
und die Chalifen durch ihre Zollstationen den Handel
monopolisieren und die Preise diktieren, sondern es be-
ansprucht die politische Herrschaft unter Ausschluß aller
anderen Mächte am Roten Meer und Perser Golf, um in der
Lage zu sein, sie nach seinem Gutdünken sperren zu können.
Die Beweggründe für die Beherrschung der Hauptwasser-
straßen haben sich seit der alten Zeit etwas geändert, die
Tatsache selbst ist geblieben, und sie ist für alle see-
fahrenden und handeltreibenden Nationen gleich gefährlich.
Die Freiheit der Meere, die wir im Kriege heute
erstreben, bedeutet ihre Befreiung von englischer
— 261 —
Alleinherrschaft. Einige Mittel, wie diese am Roten
Meer und Perser Golf zu erreichen ist, habe ich im
Laufe unserer Untersuchung angegeben. Wieweit sich
aber die Ziele verwirklichen lassen, hängt von dem Erfolg
des Schwertes und von der politisciien Gesamtlage ab, die
zu übersehen heute nocii nicht möglidi ist.
In Indien liegt der Schwerpunkt der englischen
Politik, und Arabien ist das direkte Vorgelände
von Indien!
So sehen wir, daß für die Kriegführung und für die
äußere Politik der Zentralmächte, und besonders der Türkei,
Arabien eine sehr wichtige Rolle spielt. Für unsere Bundes-
genossen, die Türken, aber liegen in Arabien außerdem
auch die allerwichtigsten Probleme der inneren Politik. Der
alte Gegensaö zwischen den türkischen und den arabischen
Reichsteilen, der von Frankreicfi und England stets künst-
lich geschürt wurde, ist heute unter dem Zwange des Krieges
etwas verwischt, nicht aber ausgeglichen. Nach dem Frieden
wird neben einer Verwaltungsreform — besonders in bezug
auf das Finanz- und Steuerwesen — die allerwichtigste
Aufgabe der Türkei sein, den richtigen Weg zu finden, der
die türkisch-arabischen Gegensä^e ausgleicht. Gescfiieht dies
nicht, so werden nach Eintritt der äußeren Ruhe die inneren
Leidenschaften wieder aufflammen, die England, Frankreich
und Rußland einen willkommenen Anlaß geben werden,
sich einzumischen und Einfluß zu gewinnen. Eine Aus-
söhnung scheint nur möglich zu sein durch Ausbau der in
Jemen begonnenen Reformen, durch Gewährung einer großen
Selbständigkeit der arabischen Gebiete unter der Oberhoheit
der Türkei. Beispiele für ähnliche Regierungsformen findet
die Türkei ja bei ihren heutigen Bundesgenossen Deutscfi-
land und Österreich-Ungarn. Hoffentlich werden sich die
weitsichtigen und patriotischen Männer finden, welche diese
inneren Probleme zu lösen verstehen, die vielleicht schwie-
riger als die militärischen sind, welche der Krieg bietet.
Eine aus dem heutigen Ringen hoffentlich stark und kräftig
hervorgehende Türkei aber kann im Inneren nachgiebig
sein und dadurch die Ruhe für ihre gedeihliche Entwici^-
lung finden.
NACHTRÄGE
Zu Kapitel 6. Higaz
Anfang 1916 madite der türkische Kriegsminister und
Vizegeneralissimus Enver Pascha eine Reise in die arabischen
Gegenden. Am 7. Februar wurde er in Medina glänzend
empfangen.
Am 29. Februar 1916 wurden am Golf von 'Aqaba aus-
geschiffte Engländer von Türken und arabischen Hilfstruppen
mit Verlust zurüci^getrieben.
Zu Kapitel 9. 'Aden
Am 12. März (Februar?) beseiten starke türkisch-
arabische Truppen Afijüs und die 4 km südwestlich davor-
liegenden Höhen. Die Engländer konnten ihre Anlagen in
El-Meihale nicht halten.
Nach amtlichem Bericht aus London vom 18. März
1916 griff eine von drei deutschen Offizieren begleitete
türkische Abteilung englische Vorposten bei Imad (10 engl.
Meilen von 'Aden) an, mußte sich aber zurücitziehen. Viel-
leicht bezieht sich auf dasselbe Ereignis der im amtlichen
türkischen Bericht vom 21. März erwähnte englische Vor-
stoß auf es-Saile, nördlich von Scheich 'Otmän, dessen
Teilnehmer auf ihren Ausgangspunkt Scheich 'Otmän zurück-
fliehen mußten.
Zu Kapitel 13. Iräq (Kuweit)
Nach einem in der „Kölnischen Volkszeitung" vom 25. März
abgedruckten Bericht eines Mitgliedes der britischen Kraft-
wagenkolonne in Mesopotamien war im April 1915 bei
Kuweit eine Funkenstation errichtet, eine andere bei Qurna,
die bis 'Aden Meldungen senden konnte. Bei Kuweit war
ein bedeutendes englisches Lager. Von dort aus hatte man
zwei Bahngleise ins Innere gelegt: eines, das 30 engl.
Meilen weit ging, ein anderes bis Basra. Am 5. Mai waren
— 263 —
in Kuweit 12000 Mann Artillerie, Kavallerie und einige
Fußtruppen zusammengezogen. Verhandelt wurde dort fast
nur mit Scheidi Mohammed el-Mansür, dem Regierungs-
dief des Sultans, der selbst IV2 engl. Meilen von der Stadt
einsam in einem Felsenschloß saß. — Im Juni hatten
Streifkommandos die Aufgabe, alle Zisternen und Brunnen
in zwei engl. Meilen Abstand von der Etappenstraße zu
vernichten, weil die einzigen den Engländern freundlich
gesinnten Eingeborenen die Leute des Emir von Kuweit
waren. Anfang Juni 1915 waren in Qurna 35000 Mann
und 30 Batterien versammelt.
Nach vollständigem Abschluß dieses Buches erschien in
der „Times" vom 6. April 1916 der amtliche Bericht des
Generals Nixon über die englischen Unternehmungen
in Mesopotamien von Mitte April bis Ende Septem-
ber 1915. Da sie die frühere Darstellung wesentlich
ergänzen, gebe ich sie hier in Übersetzung wieder. Ich
lasse nur die Stellen mit den üblichen Lobpreisungen der
englischen Truppen fort. Die Schreibung der Namen gebe
ich nach dem englischen Original.
„Ich gestatte mir, den Bericht über die Operationen der
unter meinem Befehl stehenden Truppen für die Zeit von
Mitte April 1915 bis Ende September 1915 einzusenden.
1. Durch die Überschwemmungen der letzten Jahres-
zeit, die die größte der letzten 30 Jahre gewesen sein soll,
wurde ein mit Schilfrohr bewachsener, 2 — 6 Fuß tiefer
Binnensee gebildet, dessen Ausdehnung sich von 40 Meilen
nördlich von Qurnah bis Basra — von Nasiriyeh im Westen
bis Hawizeh (50 Meilen nordöstlich von Qurnah) im Osten
erstreckt. Infolgedessen waren die Operationen in diesem
Gebiete bis zur Abnahme der Überschwemmung gegen Ende
Juli amphibischer Natur.
2. Im April hatte eine Brigade, die erst unter Major-
General Davison, dann unter Brigadier-General Lean stand,
bei Ahwaz eine feindliche Macht von ungefähr 8 Bataillonen
Türken mit 8 Kanonen und 10000 arabischen Hilfstruppen,
welche von Amarah via Bisaitin und Khafajiyah (am Flusse
Kharkeh) nach Persisch-Arabistan vorgerückt waren, zurück-
gehalten.
— 264 —
Zu gleidier Zeit war eine andere britische Heeresabteilung
in Qurnah, wo ihr seit Januar eine türkisdie Streitmacht
von 6 Bataillonen mit 10 Kanonen und den üblichen arabi-
schen Hilfstruppen, die von Amarah den Tigris hinunter-
gekommen war, gegenüberstand. Durch die Niederlage der
Türken bei Barjisiyah (20 Meilen südwestlich von Basrah)
am 14. April waren die feindlichen Truppen in der Nach-
barschaft von Basrah zerstreut und nach Nasiriyah ver-
trieben. Das versetzte mich in die Lage, gegen die feind-
lichen Truppenabteilungen am Karun und am Tigris vor-
gehen zu können.
Ich beschloß, zuerst am Karun anzugreifen, und übergab
Major-General Gorringe den Oberbefehl über diese Ope-
ration.
Der Kampf am Karun
3. Sobald die Türken bei Barjisiyah geschlagen waren,
wurde mit der Zusammenziehung der 12. Division am Karun
begonnen. Bei der Nachricht von der Niederlage ihrer
Truppen bei Barjisiyah zogen sich die Türken bei Ahwaz
über den Kharkeh zurück.
General Gorringe nahm die Verfolgung auf. Am 7. Mai
hatten die 12. Division und die Kavallerie-Brigade lUah
am Kharkeh erreicht. Der 250 Yards breite Fluß bot mit
seiner tiefen und starken Strömung ein ungeheures Hinder-
nis für den Übergang unserer Truppen.
4. General Gorringe überwand diese Schwierigkeiten
und beförderte auf geschickte Weise seine Truppen und
Kanonen ans andere Ufer. Als die Türken entdeckten, daß
unsere Kolonnen über den Fluß gesetzt hatten, zogen sie
sich weiter nach Amarah zurück.
Jetzt fand sich General Gorringe vor die Notwendigkeit
gestellt, einen widerspenstigen, kampflustigen Stamm der
Beni-Taruf-Araber zu bekämpfen, der sidi zum großen
Teil auf die Seite der Türken gestellt hatte.
Er zog am Kharkeh entlang; auf beiden Seiten des
Flusses wurde gekämpft.
Die Truppen am rechten Ufer waren Major-General
Melliss, die Truppen am linken Ufer Brigadier-General Lean
unterstellt.
Trotz der außerordentlich großen Hitze — in den Zelten
— 265 —
betrug die Temperatur 120 Grad (F.) — zeidineten sich
die Truppen bei dem erfolgreichen Angriff auf die arabische
Feste Kharajiyah durch große Tapferkeit und unverdrossene
Ausdauer aus.
Subadar Major Ajäb Khan und 20 Mann der 76. Pun-
jabis bewiesen große Tapferkeit. Unter heftigem Feuer
erbeuteten sie schwimmend ein Boot, in weldiem die
Truppen über den Fluß befördert wurden, bis genügend
Kräfte versammelt waren, um eine stark beseite, befestigte,
aus Lehm gebaute Stellung anzugreifen.
5. Meinen Instruktionen gemäß unternahm General
Gorringe, nachdem er die seinen Vormarsch hindernden
feindlichen Stämme geschlagen, mit einem Teil seiner
Truppe von Basailin aus eine Reihe von Unternehmungen
gegen die Türken, welche zwischen ihm und Amarah lagen.
Dieses geschah in Zusammenhang mit dem bevorstehenden
Vormarsch unserer Truppen von Qurnah (unter Major-
General Townshend) auf Amarah. Es hatte den gewünsch-
ten Erfolg. Die Verstärkungen der türkischen Truppen am
Tigris konnten nidit zur rediten Zeit eintreffen, um General
Townshends Vormarsch aufzuhalten. Es ist hauptsäd\lich
diesen Demonstrationen zu verdanken, daß der Rückzug
der Türken den Tigris hinauf, nach ihrer Niederlage am
31. Mai, so überstürzt war, und daß General Townshend
ungehindert in Amarah einziehen konnte. Die General
Gorringe gegenüberstehenden Türken kamen in Amarah so
verspätet an, daß sie zu ihrer Uberrasdiung schon General
Townshend im Besiöe der Stadt fanden.
Ein Teil der Vorhut wurde gefangengenommen, der
Rest mußte fliehen und dabei 2 Kanonen zurüd^lassen.
6. General Gorringes Operationen dehnten sich über
einen Zeitraum von sieben Wochen aus. Das Resultat war,
daß Persisch-Arabistan vom Feinde gesäubert war, daß die
arabischen Stämme sich ergeben mußten, daß die Röhren-
leitungen der Olfelder repariert und dort normale Zustände
hergestellt werden konnten und daß General Townshends
Vormarsdi von Qurnah wirkungsvoll unterstü^t wurde.
7
8. Während die 12. Division am Karun und Kharkeh
vordrang, wurden Vorbsreitungen zum Vormarsch der
6. Division unter Major-General Townshend am Tigris
— 266 —
hinauf getroffen. Das Weiterkommen und Sammeln der
Truppen konnte nur langsam und mühsam vor sidi gehen
wegen der zu jener Zeit begrenzten Transportgelegenheiten,
das übersdiwemmte Gebiet um Qurnah stellte viele Auf-
gaben, die sorgfältig durchdadit werden mußten, ehe die
Operationen begonnen werden konnten.
9. Es wurden sogenannte "bellums" — lange, schmale,
im Lande gebräüchlidie Boote — gesammelt, mit Panzer-
platten ausgestattet, um die Infanterie zum Angriffsplaö zu
befördern, die Truppen mußten sich im „punten" und anderer
Schiffsarbeit üben; verschiedenartige Kanonen wurden auf
Flöße, Kähne, Schlepper und Raddampfer verladen, schwim-
mende Hospitäler wurden geschaffen und viele andere
Einrichtungen und Ausrüstungen ersonnen und durch-
geführt.
Gegen Ende Mai waren die Vorbereitungen zum Vor-
marsch erledigt.
10. Die Verschanzungen der Türken lagen nördlich von
Qurnah auf Inseln, welche das höhergelegene Land im
überschwemmten Gebiet bildete. Die befestigten Stellungen
waren in zwei Gruppen eingeteilt, die südlichere war eine
vorgeschobene Stellung ungefähr 2 Meilen von den briti-
schen Linien entfernt, die Hauptstellung lag ungefähr
3 Meilen weiter nach Norden.
Durch die Überschwemmung war die Stellung ziemlich
günstig, sie bedingte einen sorgfältig überlegten Angriff
in aufeinanderfolgenden Phasen, in denen Landheer und
Flotte zusammen mitwirkten.
General Townshends Plan war, mit Hilfe der Flottille
und der schwimmenden Artillerie sowie derjenigen in den
Qurnah-Verschanzungen durch einen Frontalangriff, ver-
bunden mit einem Angriff, durch den des Feindes linke
Flanke umgangen wurde, die vorgeschobene Stellung zu
nehmen.
11. Frühmorgens am 31. Mai rückte die Infanterie nach
einer heftigen vorbereitenden Beschießung in der Flottille
der improvisierten „Kriegsbellums" unter dem Schule eines
ausgezeichnet gezielten Kanonenfeuers zum Angriff vor.
Die 17. Infanterie-Brigade unter Lieutenant- Colonel
Climo, 24. Punjabis, machte den Frontangriff. Die 22. Pun-
jabis und die Sirmur Sappers and Miners nahmen unter
— 267 —
Lieutenant-Colonel Blois Johnson, 22. Punjabis, "One Tree
Hill" auf der linken Flanke des Feindes und bestrichen
Norfolk Hill, das erste Ziel der 17. Infanterie-Brigade,
welches durch Bajonettangriff von dem ersten Bataillon
Oxfordshire and Buckinghamshire Light Infantry genommen
wurde. Lefetere hatten s\d\ mit ihren Booten mehr als
eine Meile weit durch dichtes Rohr hindurcharbeiten und
beim Landen bis zu den Hüften im Wasser waten müssen,
12. Die Tapferkeit der Minenfeger, die den Schaluppen
und den gepanzerten Schleppern vorausfuhren, ermöglidite
diesen, mit den Truppen Schritt zu halten, und ihr Feuer
mit dem der Artillerie zu Wasser und zu Lande trug wesent-
lich dazu bei, daß die ganze vorgeschobene Stellung des
Feindes gegen 12 Uhr mittags genommen war.
Durth einen Erkundungsflug wurde am Morgen des
1. Juni festgestellt, daß der Feind seine Hauptstellung auf-
gegeben hatte und sich in voller Flucht am Tigris hinauf
zurüd^zog.
Die Naval Flotilla, von H. M. S. Espiegle (Captain Nunn,
R. N.) geführt, nahm die Verfolgung auf. Die Schiffe mit
den anderen Truppen folgten. Am Morgen des 2. Juni
konnten die tiefer gehenden Schiffe ungefähr 10 Meilen
unterhalb Qulat Salih des flachen Wassers wegen nicht
weiter vorgehen, die Verfolgung wurde von den gepanzerten
Schleppern fortgesefet. Die „Espiegle" hatte bis dahin das
türkische Kanonenboot Marmaris bekämpft und versenkt
und 2 Dampfer und eine Anzahl von mit Munition und
Vorräten beladenen Leichtern erbeutet.
General Townshend in Amarah
14. Qulat Salih wurde am Nachmittag des 2. Juni er-
reicht, die Verfolgung wurde fortgese^t, nachdem feindliche
Truppen außerhalb der Stadt vertrieben worden waren.
Am Nachmittag des 3. Juni nahmen H. M. S. Comet
(Captain Nunn, R. N.) mit General Townshend an Bord,
und 3 gepanzerte Schlepper Amarah ein; 700 Mann und
40 Offiziere wurden gefangengenommen.
Die führende Infanterie (2"** Batalion, Norfolk Regiment)
der 6. Division kam morgens 6V2 Uhr am 4. Juni in Ama-
rah, keinen Augenblick zu früh, an, denn die Bevölkerung
hatte angefangen, sich über die Stärke des Feindes, dem
— 268 —
sie sich am vorhergehenden Tage hatte ergeben müssen,
ein wahres Bild zu machen.
Bei Qurnah, bei der Verfolgung und der Bese^ung von
Amarah erbeuteten wir 17 Kanonen, 2718 Gewehre, 1773
Gefangene, 4 Flußdampfer (außer dem Kanonenboot Mar-
maris und einem andern versenkten Dampfer), eine Anzahl
Leichter und Boote, eine Menge Munition und viele Vorräte.
Während aller dieser Operationen war das Wetter außer-
ordentlich heiß, tagsüber brannte eine glühendheiße Sonne,
die Nächte waren still und schwül; trofedem war der Geist
und die Energie unserer Truppen ausgezeichnet.
16
17. Nach der Einnahme von Amarah wurden sofort
Vorbereitungen zu der Einnahme von Nasiriyah am Eufrat,
dem Plaö, der diese Flanke beherrscht, getroffen. Er ist
von so großer Wichtigkeit, da er die Basis ist, von der
aus eine feindliche Streitmacht vorgehen muß, welche Basrah
bedrohen will. Er ist das Zentrum, von dem aus die
mächtigen arabischen Stämme längs des Eufrat beeinflußt
werden können, und da er an einem Ende des Shatt
AI-Hai liegt, stellt er die Verbindung zwischen dem Eufrat
und Tigris her, ist daher von strategischem Wert; auch ist
er der Hauptsi^ der Zivilbehörden eines großen Teils der
Basrah-Provinz.
18. Dieses Ziel sollten General Gorringe und seine
Truppen erreichen. Der Wasserweg von Qurnah nach
Nasiriyah führt 30 Meilen lang durch das niedriggelegene
Tal des alten Eufratkanals bis nach Chahbaish, 15 Meilen
lang durch den Hammar-See nach Westen, von dort aus
durch den Haqiqah, einen vielfach gewundenen, etwa
50 Yards breiten und 15 Meilen langen Kanal, bis etwa
25 Meilen unterhalb Nasiriyah der Hauptkanal des Eufrat
erreicht wird. Von Qurnah bis Chahbaish können Schiffe
mit großem Tiefgang den alten Eufrat hinauffahren. Darüber
hinaus war der Hammar-See für alle Flußdampfer mit
einem Tiefgang von weniger als 5 Fuß bis zum Einfluß
in den Haqiqah-Kanal schiffbar. Mitte Juni führte der
Kanal innerhalb des Sees wenig mehr als 3 Fuß Wasser,
und nur die kleinsten Dampfer konnten hindurchfahren.
Häufig saßen Dampfer tagelang fest, und die kleinen, als
Kanonenboote ausgerüsteten Schlepper konnten erst hinüber-
— 269 —
gebracht werden, nachdem man Kanonen, Munition, Panzer-
platten, Heizmaterial und Wasser heruntergenommen hatte,
und wenn man leichte Heckraddampfer benuftte, um sie
ins Schlepptau zu nehmen. Später konnten Truppen und
Kriegsmaterial nur in „bellums" befördert werden, und
Soldaten mußten diese auf einigen Strecken durch Schlamm
und Wasser ziehen. Der Haqiqah-Kanal war eine halbe
Meile vor seinem Einfluß in den See durch einen fest-
gefügten „Bund" versperrt. Dieser mußte beseitigt werden,
ehe die Durchfahrt von den Schiffen benu^t werden konnte.
19. Nachdem sich der Eufrat mit dem Haqiqah ver-
einigt hat, besifet er eine durchschnittliche Breite von
300 Yards. An seinen Ufern befinden sich zahlreiche
Gärten, Stücke bebauten Landes und mehrere kleine von
Mauern umfriedigte Dörfer. Auf dem linken Ufer sind
Streifen von Dattelpalmen und hier und da eine Gruppe
von Weiden die charakteristischen Merkmale. Am rechten
Ufer ist die Gegend freier. Während des Monats Juli lag
das Land, mit Ausnahme von einem einige hundert Yards
breiten Streifen trockenen Bodens an den Flußufern, voll-
ständig unter Wasser. Zahlreiche Bewässerungskanäle durch-
schneiden diesen Streifen im rechten Winkel zum Fluß und
bieten dem Vorrücken eine Reihe von Hindernissen. So
war die Gegend beschaffen, wo die Türken unserem Vor-
marsch auf Nasiriyah ihren Hauptwiderstand entgegense^ten.
Das Vorrücken den Eufrat hinauf
20. Am 26. Juni war General Gorringes Heeresmacht
in Qurnah zusammengezogen und rückte am 27. Juni über
den Hammar-See vor. Ihr vorauf fuhren Kanonenboote
unter dem Befehl von Captain Nunn, R. N. Bewaffnete
feindliche Barkassen oberhalb des Haqiqah-,, Bund* wurden
zurückgetrieben. Der „Bund" wurde besetzt und das Zer-
störungswerk an ihm begonnen. Während des 28. wurde
ein 150 Yards breiter und 4 Fuß tiefer Kanal hergestellt.
Das durch die Öffnung fließende Wasser verursachte eine
starke Stromschnelle, fast einen Wasserfall. Abteilungen
der Mannschaften gelang es, am 29. die Schiffe hinauf-
zuheben.
Erst am 4. Juli waren alle Schiffe und Mannschaften
durch die Haqiqah-Sperre gelangt und ungefähr 2V2 Meilen
— 270 —
vom Zusammenfluß mit dem Eufrat entfernt in Stellung
gebracht. Während wir den Zusammenfluß ded^ten, wurde
erkundet, daß sich die Feinde mit Kanonen am rechten
Ufer des Eufrat aufgestellt hatten und beide Ufer des
Haqiqah sowohl wie das Minenfeld, welches sie etwa eine
Meile weiter hinaus vorbereitet hatten, beherrschten.
21. Am 5. Juli um 4"*^ morgens rückte die 30. Infanterie-
Brigade unter dem Oberbefehl des Major-General Melliss
vor, um den Feind anzugreifen, am linken Ufer die 76. Pun-
jabis und die 24. Punjabis, die le^teren auf „bellums" durd\
das Übersdiwemmungsgebiet in Verbindung mit der 30. Ge-
birgsbatterie. Die 2/7 Gurkhas, von den 1/4 Hants. unter-
stü^t, marschierten am rechten Ufer entlang. Sie stießen
auf starke Gegenwehr, besonders am linken Ufer, und erst
um l^^Uhr zwangen unsere Truppen den Feind am rechten
Ufer des Eufrat, die weiße Flagge zu zeigen. Die 24. Pun-
jabis mußten ihre „bellums" etwa 60 Yards weit über
trod^enes Land tragen, ehe sie über den Eufrat sefeen und die
feindliche Stellung nehmen konnten. Nachdem das rechte Ufer
gesäubert worden war, konnte unser Geschwader die Minen
aufsuchen, was dadurdi erleichtert wurde, daß ein gefange-
ner türkischer Offizier dabei half, ihre Lage festzustellen.
Um 9 Uhr abends war der Kanal frei. Die Sdiiffe kamen
heran, und die Truppen wurden verladen.
22. Die feindliche Abteilung, die unserem Vorrücken
Widerstand geleistet hatte, bestand aus 1000 Mann regu-
lärer türkischer Truppen, 2000 Arabern, 4 Kanonen und
mit „pompoms" bewaffneten Thornycroft-Barkassen. 4 Ka-
nonen und 130 Gefangene fielen in unsere Hände. Wir
hatten 26 Tote und 85 Verwundete zu beklagen.
Die zweite Phase dieser Operation begann am Morgen
des 6. Juli mit der Einnahme von Suk Esh-Sheyukh durch
Captain Nunn mit zwei Kanonenbooten, und nachher fuhr
die ganze Flottille den Eufrat hinauf.
23. Die Türken hatten zu beiden Seiten des Flusses
etwa 5 Meilen unterhalb Nasiriyah eine Reihe von Stel-
lungen eingenommen, deren Flanken sich auf Sumpfgelände
stuften. Vor ihren Gräben lagen breite, tiefe Kanäle, die
schwer zu umgehen oder zu stürmen waren. Am rechten
Ufer war der Boden ohne Deckung, am linken von einem
sciimalen Streifen von Palmen beseht.
— 271 —
24. General Gorringe verschanzte sich mit seinen Truppen
an beiden Ufern etwa 2 Meilen unterhalb der vorgescho-
benen feindlichen Stellungen. Bis zum 13. Juli wurden
fortwährend Rekognoszierungen ausgeführt, und wir arbei-
teten uns mit unseren Gräben allmählich näher an den
Feind heran.
25. In der Nacht vom 13. auf den 14. griffen unsere
Truppen an beiden Ufern an. Am rechten Ufer nahmen
wir eine verschanzte Stellung, 400 Yards von den türkischen
Gräben entfernt. Ein tapferer Versuch der 24. Punjabis
unter Lieutenant Colonel Climo, mit Unterstü^ung von 4 Ka-
nonen der 30. Gebirgsbatterie unter Captain E. J. Nixon,
einige Sandhügel hinter des Feindes rechter Flanke zu
nehmen, stieß auf unervv'artet heftige Gegenwehr. Arabisdie
Stammesangehörige fielen ihnen in den Rücken, und sie
mußten weichen. Die Gebirgskanonen deckten den Rüd^zug
und leisteten dadurch wertvolle Hilfe.
26. Bis zum 23. vollendete General Gorringe seine Vor-
bereitungen für einen entscheidenden Angriff. Die Geschü^e
wurden weiter vorgeschoben, die Gräben der Infanterie weiter
ausgebaut und die Verbindungen verbessert. Die Arbeits-
kolonnen waren beständigem Feuer ausgese^t, aber unsere
Horchposten zeigten sich denen des Feindes überlegen. Die
Hi^e war Tag und Nacht fast unerträglich.
27. Am 24. Juli, 5 Uhr morgens, begann der Angriff.
Um 7-^° Uhr morgens hatte die 12. Infanterie-Brigade, die
am linken Ufer des Flusses vorging, die vorgeschobenen
feindlidhen Gräben bei Wiyadijah eingenommen. Die 30. In-
fanterie-Brigade trieb dann ihren Angriff am rechten Ufer
vor, von wohlgezieltem Gesdiüöfeuer gedeckt, und um 9^° Uhr
morgens waren die vorgeschobenen Gräben in ihrem Besiö,
nachdem sie sich die Durchfahrt durch den Mejmineh-Kanal
erzwungen hatten. Während dieser Operation kämpfte sich
das Kanonenboot Sumana, mit Brüd^enbaumaterial beladen,
unter heftigem Feuer bis zur Einfahrt durch, und die
17. Company Sappers schlug, vom Feuer der Kanonenboote
unterstüöt, eine Brücke hinüber. Der Angriff wurde von
beiden Ufern aus fortgesefet. Troö heftiger Gegenwehr wurde
die Hauptstellung am Mittag genommen. Die Feinde hielten
hartnäckig in ihren Gräben stand, und 500 kamen darin
um. Nachdem sich die Truppen wieder gesammelt hatten,
— 272 —
drangen sie bis zur Sadanawiyah-Stellung, der legten feind-
lidien Verteidigungslinie, vor, die auch genommen wurde.
Während des Angriffs auf Sadanawiyah legte Captain Nunn
die Shushan, einen kleinen Hed^raddampfer, dicht an den
feindlichen Gräben am Flußufer fest und beschoO sie aus
der Nähe.
Die Einnahme von Nasiriyah
29. Um 6^ Uhr abends war der Feind in vollem Rück-
zuge durch die Sümpfe begriffen, und unsere Truppen
schlugen ihr Feldlager in den eroberten Stellungen auf.
Der Feind hatte schwere Verluste erlitten, während die
unsrigen in Anbetracht der Art der Kämpfe unbedeutend
waren, denn die Gesamtzahl unserer Toten und Verwun-
deten blieb unter 600.
Wir machten über 1000 Gefangene, nahmen 17 Kanonen,
5 Maschinengewehre, 1586 Gewehre und eine Menge Muni-
tion und andere Vorräte.
Am 25. wurde Nasiriyah ohne weitere Gegenwehr beseht.
30. General Gorringe hatte die ihm zugewiesene Auf-
gabe mit Geschicklichkeit und Entschlossenheit gelöst ...
. . . Selten oder vielleicht niemals haben unsere Truppen
einen Feldzug in so drückender Hifee geführt wie diesen
Sommer in den sumpfigen Ebenen von Mesopotamien . . .
31
33. Die Einnahme von Nasiriyah hatte die britische Ober-
herrschaft über den westlichen Teil des Wilajets Basra her-
gestellt, aber der Distrikt nördlich von der Linie Amarah —
Nasiriyah liegt noch außerhalb unserer Herrschaft, und starke
türkische Kräfte unter Nur Ed-Din Bey sammelten sich, wie
wir hörten, bei Kut al-Amarah am Zusammenfluß des Shatt
al-Hai mit dem Tigris, und der Besife dieses strategischen
Punktes ist notwendig für die wirksame Beherrschung des
nördlichen Teils vom Wilajet Basra. Nur Ed-Din hatte
dadurdi einen Ablenkungsangriff versuciit, daß er starke
Kräfte bis 30 Meilen von Amarah brachte, während meine
Aufmerksamkeit hauptsächlich auf den Eufrat gerichtet war.
Die Niederwerfung Nur Ed-Dins und die Einnahme von
Kut al-Amarah wurde mein nächstes Ziel, sobald Nasiriyah
sicher in unserer Hand war, und ich begann am folgenden
Tage mit der Beförderung der Truppen.
— 273 —
34. Vom Monat Juni an ist der Shatt al-Hai während
eines Zeitraums von 6 Monaten nid\t schiffbar, und der
einzige Wasserweg nach Kut ist dann der Tigris.
Angriff auf Kut
Am 1. August nahm eine Abteilung der 6. Division, be-
gleitet von einer Flottille, Ali al-Qharbi ein. Unter dem
Schufte dieser Abteilung fand die Konzentration der 6. Divi-
sion unter Townshend statt, um auf Kut al-Amarah vor-
zugehen.
35. Die Überführung der Truppen vom Eufrat zum Tigris
geschah sehr langsam, da es sdiwierig war, den seichten
Hammar-See bei tiefem Wasserstand zu kreuzen. Um den
12. September herum war die Truppe in Ali al-Gharbi zu-
sammengezogen. Von dort aus wurde der Vormarsdi am
Ufer entlang fortgeseftt, von der Flottille und den übrigen
Booten begleitet, bis Sannayat (ungefähr 8 Meilen südlich
der feindlichen Truppen, die als Deckung für Kut al-Amarah
dienten) am 15. September erreicht war. Während dieses
ganzen Marsches herrschte große Hifte mit Temperaturen
von 110 bis 116° (F.) im Schatten. Die Kolonne blieb bis
zum 25. September in Sannayat und bekam während dieser
Zeit Verstärkungen.
36. Einige Scharmüftel fanden zwischen unserer und der
feindlichen Kavallerie statt, und dauernd wurden Aufklä-
rungen zu Luft und zu Wasser unternommen. So wurde
genaue Kenntnis der Lage der feindlichen Stellungen erreicht.
Die Arbeit des Royal Flying Corps war während dieser Zeit
unschäftbar.
37. Die Armee Nur Ed-Din Beys lag 7 Meilen nordöstlich
von Kut auf beiden Ufern des Flusses und 8 Meilen ent-
fernt von der Streitmacht General Townshends in Sannayat.
Sie nahm eine Stellung ein, die schon von Natur aus
günstig zur Verteidigung war und durdi eine drei bis vier-
monatige Vorbereitung zu einer starken Stellung ausgebaut
worden war. Auf dem rechten Ufer dehnten sich die Ver-
teidigungsstellungen 5 Meilen südwärts aus, an einigen
Hügeln vorbei, welche ein ausgedehntes Feuerfeld be-
herrschten.
Der Fluß war durch eine Barriere von Barken und Draht-
seilen gesperrt, die im nahen Feuerbereidi ihrer Gesdiüfte
Hamburgische Forschungen. Heft 1. 4o
— 274 —
waren. Auf dem linken Ufer dehnten sidi die Verschan-
zungen 7 Meilen weit aus und verbanden die Zwisdien-
räume zwischen den\ Fluß und drei Sumpfgebieten, welche
sich nach Norden hin erstreckten. Die Verteidigungen waren
gut und verborgen angelegt und beherrschten freies Feld.
Sie waren mit großer Gründlichkeit ausgeführt, nicht das
geringste fehlte. Vor den Gräben waren Stacheldrahthinder-
nisse, Wolfsgruben und Landminen. Dahinter waren meilen-
lange Verbindungsgräben, welche die verschiedenen Be-
festigungswerke miteinander verbanden und gedeci^te Aus-
gänge zum Fluß hin hatten, wo Rampen und Landungsstege
gemacht worden waren, um so den Verkehr der Truppen
von und zu den Schiffen zu erleichtern. Pumpwerke und
Kanäle leiteten das Wasser des Flusses zu den Gräben.
38. Nur Ed-Dins Armee hielt diese Stellung mit einer
Division auf jedem Ufer und einigen Reservetruppen auf
dem linken Ufer in der Nähe einer Brüd^e oberhalb der
Hauptstellung. Arabische Kavallerie war auf der linken
Flanke der Türken aufgestellt, der größte Teil der regulären
türkischen Kavallerie war jedoch während der Sdilacht ab-
wesend, da ein Zug gegen unsere rückwärtigen Verbindungen
in Shaik Saad unternommen wurde.
Townshends erfolgreicher Plan
39. Am 26. September näherte sidi General Townshend
bis auf 4 Meilen der türkischen Stellung. Sein Plan war^
auf dem linken Ufer einen entscheidenden Angriff zu machen,
indem er den türkischen linken Flügel mit seiner Haupt-
macht umzingelte; aber um den Feind über die Richtung
des wahren Angriffs zu täuschen, wurden zum Schein Stel-
lungsveränderungen vorgenommen und Teilangriffe gemacht,
damit die Türken meinen sollten, daß der Hauptangriff auf
dem rechten Ufer erfolgen würde.
40. Am Morgen des 27. September gingen unsere Truppen
auf beiden Seiten des Ufers vor. Die Hauptmacht auf dem
rechten Ufer macfite einen schwachen Angriff auf die Gräben
südlich des Flusses, während die Abteilung auf dem linken
Ufer sich in 3000 Yards Entfernung vom Feind eingrub.
Unterdes war eine Brücke hergestellt worden, und im Schule
der Nacht kam die Hauptmacht von dem rechten Ufer her-
über und marschierte auf der linken Flanke des Gegners auf.
— 275 -
41. Am Morgen des 28. September wurde ein allgemeiner
Angrif auf den Feind am linken Ufer gemacht. Die 18. In-
fanterie-Brigade unter Major-General Fry machte einen hef-
tigen Angriff mit ihrem linken Flügel am Fluß entlang,
während Brigadier General Delamain, der die 16. und
17. Infanterie-Brigade befehligte, in zwei Reihen gegen den
linken feindlidien Flügel vorging, wobei er eine Abteilung
die Flankengräben von vorn angreifen ließ, während die
andere Abteilung einen großen Bogen um die Flanke machte
und den Feind im Rücken angriff. General Delamains rechter
Flügel wurde durdi die Kavallerie-Brigade gedeckt.
42. Die ersten Truppen, die in die feindlichen Gräben
eindrangen, waren das 1. Bataillon, Dorsetshire Regiment,
117. Mahrattas und 22. Compagnie Sappers and Miners,
welche, von der Artillerie gut unterstü^t, einen glänzenden
Angriff machten. Bald nach 10 Uhr morgens nahmen sie eine
Redoute und Gräben auf der äußersten Linken des Feindes,
fügten ihm schwere Verluste zu und machten 135 Gefangene.
43. Dann wurde ein gemeinsamer Angriff der 16. und
17. Infanterie-Brigade gemacht, und nach harten Kämpfen,
bei denen der Feind mehrere erfolglose Gegenangriffe ver-
suchte, war der ganze nördliche Teil der feindlichen Stel-
lungen um 2 Uhr morgens in unserm Besiö.
44. General Delamain sammelte seine Truppen in der
eroberten Stellung und gewährte ihnen die wohlverdiente
Ruhe, da sie durch die große Hi^e, den langen Marsch und
den harten Kampf erschöpft waren. Nach kurzer Rast wandte
sich General Delamain südwärts mit seiner Abteilung und
unterstüöte die 18. Infanterie-Brigade dadurch, daß er den
ihr gegenüberstehenden Feind im Rüci^en angriff. Bevor
dieser Angriff sich entwickeln konnte, erschienen starke feind-
liche Reserven von Südwesten mit der Richtung auf die Brücke.
Sofort änderte General Delamain seinen Plan und griff die
neuen Truppen an, wobei er von seinen Kanonen, die aus
einer Entfernung von 1700 Yards schössen, untertü^t wurde.
Der Anblick des anrückenden Feindes und die Aussicfit,
ihn in offenem Kampf mit dem Bajonett anzugreifen, gab
unserer Infanterie neuen Mut, denn sie war müde und
erschöpft durdi die langen und schweren Anstrengungen
unter der tropischen Sonne. Durst und Müdigkeit waren
sofort vergessen. Der Angriff wurde in sehr tapferer Weise
18*
— 276 —
mit großer Heftigkeit gemacht. Der Feind wurde in einem
großartigen Sturmangriff geschlagen, wobei 4 Geschüfee in
unsere Hände fielen und den Türken schwere Verluste zu-
gefügt wurden. Der Feind kämpfte hartnäd^ig und wurde
nur durch das Einbrechen der Dunkelheit vor der vollstän-
digen Vernichtung bewahrt.
46. General Delamains Truppen verbrachten die Nacht
auf dem Kampfschaupla^, ungefähr zwei Meilen von dem
Fluß entfernt. Leute und Pferde litten furchtbar unter dem
Mangel an Wasser, denn das salzhaltige Wasser des Sumpfes
war ungenießbar. Am Morgen erreichte die Abteilung den
Fluß, und die Pferde bekamen nach 40 Stunden zum ersten-
mal wieder Wasser.
47. Während der Sdilacht unterstüfete die Naval Flotilla
den Landangriff vom Flusse aus. Am Abend des 28. fuhr
die Naval Flotilla, unter Führung des Schiffes „Comet*,
(Lieutenant Commander E. C. Cookson, R. N. Acting Senior
Naval Officer) stromaufwärts und versuchte, sidi einen Weg
durch die Barrikade zu bahnen. Die Schiffe bekamen sehr
heftiges Feuer von beiden Ufern. Der Comet rammte die
Barriere, aber sie widerstand. Lieutenant Commander Cookson
fiel, als er versuchte, ein Drahtseil zu zerschneiden, welches
die Barken zusammenhielt.
Die Türken auf der Flucht
48. Die Türken räumten die ihnen noch gebliebenen
Gräben in der Nacht und flohen am Ufer des Tigris ent-
lang. Am 29. morgens wurde die Verfolgung aufgenommen;
die Truppen wurden zu Schiff befördert, die Kavallerie ritt
voran. Die Kavallerie, welche aus vier schwachen Schwa-
dronen bestand, überholte den Feind am 1. Oktober; aber sie
mußte auf die Unterstü^ung der Schiffe mit den Truppen war-
ten, da die Türken sich geordnet zurückzogen und von einer
starken Nachhut mit Infanterie und Kanonen geschürt wurden.
49. Das Vordringen der Flußkolonne wurde durch die
schwierigen Wasserverhältnisse und den hindernden Treib-
sand so verzögert, daß sie nicht imstande war, den flie-
henden Feind zu überholen. Als die Schiffe Aziziyat am
5. Oktober erreichten, hatte der Feind seine vorbereitete
Verteidigungsstellung in Ctesiphon erreicht, wodurch er den
Weg nadi Bagdad decltte. Hier erhielt er Verstärkung.
— 277 —
50. Die Türken hatten 4000 Mann Verluste, von denen
wir 1153 Mann gefangennahmen. Dazu erbeuteten wir
14 Geschü^e, viele Gewehre, Munition und Vorräte. Im
Verhältnis zur Wucht und der Größe des Kampfes waren
unsere Verluste nur gering. Sie beliefen sich auf 1233 Mann,
einschließlich vieler Leichtverwundeter.
51. Die Niederlage Nur Ed-Din Beys beendete die Ver-
treibung der Türken aus dem Wilajet Basrah ..."
Den Befehl bei Küt el-'amära hat an Stelle des Gene-
rals Aylmer General Gorringe erhalten. Nach amtlichem
Bericht aus Konstantinopel vom 11. April 1916 wurden vom
5. bis 9. April die Engländer bei FelahTje unter großem
Verlust zurückgeworfen. — Unter dem 18. April meldete
der Oberbefehlshaber, General Lake, daß die englischen
Truppen vor türkischen Angriffen auf dem rechten, süd-
lichen Ufer des Tigris 500 — 800 m zurückgenommen wären.
Jedenfalls sind auch nach türkischen Meldungen alle
Entsatjversuche am 17. bis 19. April abgeschlagen. — Am
19. April ist Generalfeldmarschall v. d. Golt im Haupt-
quartier seiner türkischen Armee dem Flecktyphus erlegen.
Auf dem beifolgenden Kärtchen aus der „Times" vom
7. April 1916 lassen sich die Kämpfe um Kut el-'^amära
gut verfolgen:
■ ^ivithi
ANHANG
Akfensfüdce im Urtext
zu den Kapiteln V, IX, X, XI, XIII
Nr. 1—54
Hamburgische Forsdiungen. Heft I. (Anhang.)
Bei der Zusammenstellung der Verträge hat mir
Frl. A. Schmidt, Bibliothekarin der Zentralstelle
des Hamburgisdien Kolonialinstituts, wesentlich ge-
holfen, wofür idi ihr auch an dieser Stelle danke.
Die sehr veränderliche englische und französische
Schreibweise der Eigennamen und Ortsnamen ist
jedesmal aus der vorliegenden Quelle übernommen.
zu KAPITEL V.
Nr. 1. Firman vom 14. April 1892.
„ 2. Telegramm vom 8. April 1892.
„ 3. Baring an Tigrane vom 13. April 1892.
, 4. O'Conor an Tewfik vom 3. Mai 1906.
, 5. Note Verbale vom 14. Mai 1906.
„ 6. Note Verbale vom 15. Mai 1906.
, 7. Vertrag zwisdien der Türkei und Ägypten vom I.Oktober 1906.
Nr. 1.
Supplement to the Egyptian "Journal Officiel"
of April 14, 1892.
Aus: Correspondence respecting t})e TurcO'Egyptian Frontier in tl)e
Sinai Peninsula. Egypt. No. 2 (1906). (Parliamentary Papers, Cd. 3006.)
Ce matin ä 10 heures, a eu lieu, au Palais d'Abdine, avec le
ceremonial arrete, la lecture solennelle du Firman Imperial d'investi-
ture de Son Altesse le Khedive Abbas Hilmi.
Firman Imperial d'Investiture adresse ä Son Altesse
Abbas Hilmi Pädia.
(Traduction.)
A mon Vizir eclare, Abbas Hilmi Pädia, appele au Khedivat
d'Egypte avec le haut rang de "Sedaret", decore de mes Ordres Im-
periaux duMedjidieh en brillants et de la premiere classe de l'Osmanieh,
que le Tout-Puissant perpetue sa splendeur, &c,
Par suite des decrets de la Providence, le Khedive, Mehemet
Thewfik Pädia, etant decede, le Khedivat d'Egypte, avec les anciennes
limites indiquees dans le Firman Imperial en date du 2 Rebi-ul-Akhir,
1257, A. H., ainsi sur la carte annexee au dit Firman et les territoires
annexes en conformite du Firman Imperial en date du 15 Zilhidge,
1281, A. H., a ete confere ä toi, en vertu de mon Irade Imperial en
date du 7 Djemazi-ul-Akhir, 1309, comme temoignage de ma haute
bienveillance, et eu egard ä tes Services, ä ta droiture, et ä ta loyaute,
tant ä ma personne qu'aux interets de mon Empire, et ä tes connaissances
par rapport ä l'etat general de l'Egypte; et ä ta capacite reconnue
pour le reglement et l'amelioration des affaires de l'administration de
l'Egypte; ä toi qui est l'aine du defunt Khedive, conformement ä la
regle etablie par le Firman Imperial du 12 Moharrem, 1283, qui etablit
la transmission du Khedivat par ordre de primogeniture, de fils aine
en fils aine.
L'accroissement de la prosperite de l'Egypte et la consolidation
de la securite et de la tranquillite de ses habitants constituant, ä nos
1*
_ 4* —
yeux, l'objet de notre plus haute sollicitude, nous avions rendu, pour
atteindre ce but louable, un Firman Imperial en date du 19 Chaban,
1296, qui, tout en conferant ä ton defunt pere le Khedivat d'Egypte,
decretait les dispositions suivantes: —
Tous les revenus du Khedivat d'Egypte seront per9us en mon
nom Imperial. Les habitants de l'Egypte etant mes sujets, et ne
devant, comme tels, subir en aucun temps la moindre oppression
ni acte arbitraire, ä cette condition, le Khedivat d'Egypte, auquel est
confiee l'administration civile, financiere, et judiciaire du pays, aura
la faculte d'elaborer et d'etablir, d'une maniere conforme ä la justice,
tous reglements et lois interieurs necessaires ä cet egard.
Le Khedive sera autorise ä conclure et ä renouveler, sans porter
atteinte aux Traites politiques de mon Gouvernement Imperial ni ä
ses droits souverains sur ce pays, les Conventions avec les Agents
des Puissances etrangeres pour les Douanes et le commerce, et pour
toutes les transactions avec les etrangers concernant les affaires
interieures, et cela dans le but de developper le commerce et l'industrie
et de regier la police des etrangers et tous leurs rapports avec le
Gouvernement et la population.
Ces Conventions seront communiquees ä ma Sublime Porte avant
leur Promulgation par le Khedive.
Le Khedive aura la disposition complete et entiere des affaires
financieres du pays, mais il n'aura nullement le droit de contracter
des emprunts, sauf pour ce qui concerne exclusivement le reglement
de la Situation financiere presente et en parfait accord avec ses
presents creanciers ou les delegues charges officiellement de leurs
interets.
Le Khedivat ne saura, sous aucun pretexte ni motif, abandonner
ä d'autres, en tout ou en partie, les privileges accordes ä l'Egypte et
qui lui sont confies, et qui fönt partie des droits inherents au Pouvoir
Souverain, ni aucune partie du territoire.
L'Administration Egyptienne aura soin de payer regulierement le
tribut annuel de Ä, T. 750,000.
La monnaie sera frappee en Egypte en mon nom.
En temps de paix, 18,000 hommes de troupes suffisent pour la
garde Interieure de l'Egypte. Ce diiffre ne doit pas etre depasse.
Cepedant, comme les forces Egyptiennes de terre et de mer sont
destinees aussi au service de mon Gouvernement, dans le cas oü la
Sublime Porte se trouverait engagee dans une guerre, leur diiffre
pourra etre augmente dans la proportion jugee convenable.
Les drapeaux des forces de terre et de mer et les insignes
des differents grades des officiers seront les memes que ceux de
mes armees.
Le Khedive aura le droit de conferer: aux officiers de terre et de
mer, jusqu'au grade de Colonel inclusivement, et aux emplois civils,
jusqu'au grade de "Sanieh" inclusivement.
Le Khedive ne pourra, comme par le passe, construire des batiments
blindes sans l'autorisation expresse de mon Gouvernement.
Tu veilleras au strict maintien des conditions qui precedent et ä
qu'il n'arrive rien de contraire.
— 5* —
En vue de raccomplissement integral des dispositions ci-dessus
mentionnees, mon present Firman Imperial, orne de mon autographe
Imperial, a ete rendu et envoye.
Le 27 Chaban. 1309.
Nr. 2.
Telegramme de son Altesse le Grand Vizir ä Son Altesse le Khedive,
en date du 8 Avril, 1892.
(Traduction.)
II est ä la connaissance de votre Altesse que Sa Majeste le Sultan
avait autorise la presence ä El-Wedjh, Muellah, Daba, et Akaba, sur
le littoral du Hedjaz, ainsi que dans certaines localites de la presqu'Tle
de Tor-Sinai, d'un nombre süffisant de zaptiehs places par le Gou-
vernement Egyptien, ä cause du passage du Mahmal Egyptien par voie
de terre.
Comme toutes ces localites ne figurent point sur la Carte de 1257
remise ä feu Mehemet-Ali Pädia et indiquant les frontieres Egyptiennes,
El-Wedjh a, par consequent, fait dernierement retour au Vilayet de
Hedjaz, par Irade de Sa Majeste Imperiale, comme lui ont fait retour
dernierement les localites de Daba et Muellah. De meme, Akaba
aujourd'hui est egalement annexe au dit vilayet, et, pour ce qui est
de la presqu'ile de Tor-SinaY, le statu quo est maintenu et eile sera
administree par le Khedivat de la meme maniere qu'elle etait administree
du temps de votre grand-pere, Ismail Pädia, et de votre pere, Mehemet
Thewfik Pädia.
Nr. 3.
Sir E. Baring to Tigrane Pasha.
M. le Ministre. Cairo, April 13, 1892.
I have the honour to adtnowledge the receipt of your Excellency's
note of to-day's date, in whidi, in reply to mine of the ll'h instant,
you communicate to me the Turkish text and Frendi translation of a
telegram addressed on the 8*^ instant by the Grand Vizier of His
Imperial Majesty the Sultan to His Highness the Khedive, informing
His Highness that, in so far as the Sinai Peninsula is concerned, the
Status quo is maintained, and that it will continue to be administered
by the Khedivate.
Your Excellency is aware that no alteration can be made in the
Firmans regulating the relations between the Sublime Porte and
Egypt without the consent of Her Britannic Majesty's Government.
It was on this account that 1 was instructed to invite your Excellen-
cy's attention to the Insertion in the present Firman of a definition
of boundaries whidi differed from that contained in the Firman issued
to His Highness the late Khedive, and whidi, if read by itself, ap-
peared to imply that the Sinai Peninsula would for the future depend
administratively, not on the Khedivate of Egypt, but on the Vilayet of
the Hedjaz.
— 6* -
The feiegram from the Grand Vizier, which your Excellency has
done me the honour to communicate to me, makes it clear, however,
that the Sinai Peninsula — that is to say, the territory bounded to
the east by a line running in a south-easterly direction from a point
0 short distance to the east of El-Arish to the head of the Gulf of
Akaba — is to continue to be administered by Egypt. The fort of
Akaba, which lies to the east of the line in question, will thus form
part of the Vilayet of the Hedjaz.
Her Majesty's Government signiiied to the Sublime Porte some
weeks ago, through Her Majesty's Charge d'Affaires at Constantinople,
their willingness to assent to this arrangement.
Under these circumstances, I am instructed to declare that Her
Brifannic Majesty's Government consent to the definition of boundaries
contained in the present Firman, as supplemented, amended, and
explained by the telegram of the 8th instant from His Highness the
Grand Vizier, which they consider as annexed to and as forming part
of the Firman, and that they entertain no objecfion to the official
Promulgation of the Firman, with the addition of the above-mentioned
explanatory telegram.
I am to add that Her Majesty's Government cannot admit that
any existing territorial rights or claims are in any degree affected by
(hanges whidi have been introduced into the language of the Firman,
or by their acceptance thereof.
I have been instructed to address this note to your Excellency, as
well as my note of the 11*^ instant, in order to place on official record
the view maintained by Her Majesty's Government throughout the
negotiations to which they have been a party on this subject, and
whidi have now beenbrought to a close.
I have the honour to request that your Excellency will be so good
as to cause this correspondence to be published simultaneously with
the publication of The Firman and of the telegram from His Highness
the Grand Vizier in the "Official Journal" of the Egyptian Government.
I avail, &c.
(Signed) E. BARING.
Nr. 4.
Sir N. O'Conor to Tewfik Pasha.
M. le Ministre. Constantinople, May 3, 1906.
Your Excellency is doubtless aware that by its note verbale of
the 13th April, 1892, the Imperial Ministry for Foreign Affairs was
good enough to transmit to this Embassy a copy of the Firman of
Investiture granted on the 27 th Shaaban, 1309, to His Highness
Abbas Hilmi Pasha, Khedive of Egypt, together with a copy of the
telegram addressed on the 26*^ March, 1308 (the 8th April, 1892),
by Jevad Pasha, then Grand Vizier, to His Highness on the subject
of the SinaTtic Peninsula. In virtue of these Instruments that pen-
insula is to be administered by the Khedivate in the same manner as
_ 7* —
it was administered by Abbas Hilmi Pasha's predecessors, Tewfik
Pasha and Ismail Pasha.
Notwithstanding this provision, the Imperial Government has
occupied Taba with a military force whidi it refuses to withdraw,
though repeatedly requested to do so, and though Taba is indubitably
situated within the territory the administration of which is vested in
His Highness the Khedive.
Both the substance and tone of the Grand Vizier 's communication
to the Khedive have made further negotiations at Cairo impossible.
The contentions as to the frontier put forward in the Grand Vizier's
reply are quite inadmissible; if admitted, they would seriously pre-
judice the position as regards the Suez Canal and Egypt. Nego-
tiations have now been prolonged over several weeks not only without
progress, but with increasing claims on the part of the Porte, to the
prejudice of the administrative frontier of Egypt.
The Imperial Government is well aware that His Majesty's Go-
vernment cannot remain indifferent in presence of any act tending
to circumscribe the territories of Egypt, nor view without concern
any violation or infringement of the rights of His Highness the
Khedive as defined and established in the Acts and Treaties now
in force.
I have consequently the honour to inform your Excellency that
I have received from His Majesty's Principal Secretary of State for
Foreign Affairs Instructions to request that the Ottoman Govern-
ment will agree to the demarcation of the line from Rafeh to the
head of the Qulf of Akaba on the basis of the aforesaid telegram of
the 8**^ April, 1892, and that, pending such demarcation, Taba shall
be evacuated.
Further delay must increase the difficulties of the Situation, and
I am therefore to add that if this request should not have been
complied with within a period of ten days, the position will become grave.
I avail, &c.
(Signed) N. R. O'CONOR.
Nr. 5.
Note Verbale.
M. l'Ambassadeur. Le 14 Mai, 1906.
J'ai eu l'honneur de recevoir la note que votre Excellence a bien
voulu m'ecrire le 12 de ce mois concernant l'occupation de Taba.
Permettez-moi de vous faire observer qu'il n'est jamais entre
dans la pensee du Gouvernement Imperial de meconnaitre le contenu
du telegramme du 8 Avril de feu Djevad Pad\a ä Son Altesse le Khe-
dive. Du reste, la communication que j'ai eu l'honneur d'adresser ä
votre Excellence le 11 de ce mois etait tout ä fait explicite. L'eva-
cuation de Taba a ete decidee, et les ordres ont ete dejä donnes en
consequences.
— 8* —
II est entendu que les officiers d'Etat-Major se trouvant ä Akaba
et les fonctionnaires qui seront envoyes par Son Altesse le Khedive
se reuniront pour effectuer sur les lieux, et d'apres les donnees topo-
graphiques, une enquete technique pour la designation sur une carte
des points de nature ä assurer le maintien, sur la base du telegramme
precite de Djevad Pacha, du statu quo dans la Presqu'Tle de Sinai, et
pour tracer la ligne de demarcation ä partir de Rafeh, pres d'El
Aridi, et allant vers le sudest en une ligne approximativement directe
jusqu'ä un point sur le Golfe d'Akaba ä une distance d'au moins
3 milles d'Akaba.
Les vues exprimees dans la comnnunication precitee de votre
Excellence se trouvent ainsi pleinement realisees.
En priant votre Excellence de vouloir bien communiquer ce qui
precede ä Londres, nous esperons que le Gouvernement de Sa
Majeste le Roi y verra une nouvelle preuve de notre vif desir de
maintenir toujours nos relations sur le pied de la plus parfaite
cordialite. En nous exprimant de son cote sa pleine satisfaction, il
nous aura temoigne lui-meme du prix qu'il attadie ä la conservation
et au raffermissement des bons rapports qui existent si heureusement
entre les deux Etats.
Veuillez, &c.
(Signe) TEWFIK.
Nr. 6.
M. le Ministre. Constantinople, May 15, 1906.
I lost no time in referring to my Government the note which
your Excellency was so good as to address to me on the 14th instant,
in reply to my note of the 12*^, on the subject of the occupation of
Taba, and delimitation of the Peninsula of Sinai.
His Majesty's Government have received with pleasure your
Excellency's declaration that the Sublime Porte does not question the
Contents of the telegram addressed by the deceased Grand Vizier,
Jevad Pasha, to His Highness the Khedive on the 8*^ April, 1892,
that the withdrawal of the Imperial troops from Taba has been
decided upon, and that Instructions have been sent to the Ottoman
Staff Officers now at Akaba to delimit and record on a map, jointly
with the officials to be appointed by His Highness the Khedive, the
line of demarcation running approximately straight from Rafeh in a
southeasterly direction to a point on the Gulf of Akaba, not less than
3 miles from Akaba, so as to insure the maintenance of the Status
quo in the Sinai Peninsula on the basis of the telegram above
mentioned of the 8th April, 1892.
On behalf of His Majesty's Government 1 have the honour to
take act of the foregoing declarations, as also of the declaration of
His Highness the Grand Vizier, that Orders have been sent for the
withdrawal of the Ottoman troops into Turkish territory to the east of
Rafeh, should any have crossed to the Egyptian side, and the resto-
— 9* —
ration of the pillars said to have been lately destroyed there, and to
express their satisfaction at the settlement of this question, which
cannot fail to contribute to the maintenance and consolidation of those
friendly relations which are so desirable in the interests of both coun-
tries, and which are no less appreciated by the Government of my
august Sovereign than by that of His Imperial Majesty the Sultan.
I avail, &c.
(Signed) N. R. O'CONOR.
Nr. 7.
TURQUIE, EGYPTE.
Arrangement concernant la delimitation administrative entre les
Vilajets de Hedjas et de Jerusalem et la Peninsule de Sinai;
signe ä Rafah, le l^"" octobre 1906.
(Aus : Recueil de traites . . . par G. Fr. de Martens. Troisieme Serie,
Tome 5. 1912. S. 882 ff.) British and Foreign State Papers XCIX, p. 482.
Agreement signed and exchanged at Rafah on (13 Shaban, 1324,
18 Ailul, 1322) October 1, 1906, between the Commissioners of
the Turkish Sultanate and the Commissioners of the Egyptian
Khediviate, concerning the fixing of a Separating Administrative
Line between the Vilayet of Hejaz and Governorate of Jerusalem
and the SinaY Peninsula.
El Miralai Staff Officer Ahmed Muzaffer Bey and El Bimbashi
Staff Officer Mohamed Fahmi Bey, as Commissioners of the Turkish
Sultanate, and Emir-el-Lewa Ibrahim Fathi Pasha and El Miralai
R. C. R. Owen Bey, as Commissioners of the Egyptian Khediviate,
having been intrusted with the delimitation of the Administrative
Separating Line between the Vilayet of Hejaz, and Governorate of
Jerusalem, and the Sinai Peninsula, have, in the name of the Turkish
Sultanate and the Egyptian Khediviate, agreed as foUows:
Art. I. The Administrative Separating Line, as shown on map
attached to this Agreement, begins at the point of Ras Taba, on the
western shore of the Gulf of Akaba, and follows along the eastern
ridge overlooking Wadi Taba to the top of Jebel Fort; from thence the
Separating Line extends by straight lines as follows:
From Jebel Fort to a point not exceeding 200 metres to the east
of the top of Jebel Fathi Pasha, thence to that point whidi is formed
by the intersection of a Prolongation of this line with a perpendicular
line drawn from a point 200 metres measured from the top of Jebel
Fathi Pasha along the line drawn from the centre of the top of that
hill to Mofrak Point (the Mofrak is the junction of the Gaza-Akaba
and Nekhl-Akaba roads). From this point of intersection to the hill
east of and overlooking Thamilet-el-Radadi (place where there is water),
so that the Thamila (or water) remains west of the line; thence to
top of Ras Radadi, marked on the above-mentioned map as A 3;
thence to top of Jebel Safra, marked as A 4; thence to top of
— 10* —
eastern peak of Um Guf, marked as A 5; thence to thaf point marked
as A 7, north of Thamilet Sueilma; thence to that point marked as 8,
on the west-north-west of Jebel Semaui; thence to top of hill west-
north-west of Bir Maghara (which is the well in the northern brandi
of the Wadii Ma Yein, leaving that well east of the Separating Line);
from thence to A 9; from thence to A 9 bis west of Jebel Megrah;
from thence to Ras-el-Ain, marked A 10 bis; from thence to a point
on Jebel-um-Hawawit, marked as A 11; from thence to half distance
between two pillars (whidi pillars are marked at A 13) under a tree
390 metres south-west of Bir Rafah; it then runs in a straight line at a
bearing of 280° of the magnetic north (viz., 80° to the west) to a point
on a sand-hill measured 420 metres in a straight line from the above-
mentioned pillars; thence in a straight line at a bearing of 334° of the
magnetic north (viz., 26° to the west) to the Mediterranean Sea, passing
over hill of ruins of the seashore.
II. The Separating Line mentioned in Article I has been indicated
by a black broken line on duplicate maps (annexed to this Agree-
ment), which shall be signed and exchanged simultaneously with the
Agreement.
III. Boundary pillars will be erected, in the presence of the Joint
Commission, at intervisible points along the Separating Line, from the
point on the Mediterranean shore to the point on the shore of the
Qulf of Akaba.
IV. These boundary pillars will be under the protection of the
Turkish Sultanate and Egyptian Khediviate.
V. Should it be necessary in future to renew these pillars, or to
increase them, eadi party shall send a Representative for this purpose.
The positions of these new pillars shall be determined by the course
of the Separating Line as laid down in the map.
VI. All tribes living on both sides shall have the right of benefiting
by the water as heretofore, viz., they shall retain their ancient and
former rights in this respect.
Necessary guarantees will be given to Arab tribes respecting above.
Also Turkish soldlers, native individuals, and gendarmes shall
benefit by the water which remained west of the Separating Line.
VII. Armed Turkish soldiers and armed gendarmes will not be
permitted to cross to te west of the Separating Line.
VIII. Natives and Arabs of both sides shall continue to retain the
same established and ancient rights of ownership of waters, fields and
lands on both sides as formerly.
Commissioners of the Turkish Sultanate:
Miralai Staff Officer Muzaffer,
Bimbashi Staff Officer Fahmi.
Commissioners of the Egyptian Khediviate:
Emir Lewa Ibrahim Fathi,
Miralai R. C. R. Owen.
— 11* —
Zu KAPITEL IX.
Nr. 8. Vertrag mit dem Imam von San'a vom 15. Januar 1821.
„ 9. Firmandesimam vonSan afürFrankreichvom26.Dezemberl824.
„ 10. Aufzeidinung des Gouverneurs von Bombay über Aden vom
23. September 1837.
„ 11. Vertrag zwischen England und dem Sultan von Aden vom
September 1838.
„ 12. Preliminary Engagement mit Sultan Lahej vom 23. Januar 1838.
„ 13. Bond of Sultan M'Hassan vom 18. Juni 1838.
„ 14. Engagement of Sheikh of Akrabees vom 23. Januar 1863.
„ 15. Säle of Little Aden vom 2. April 1869.
„ 16. Purdiase of Sheikh 'Othman vom 16. Februar 1882.
„ 17. Purdiase of Land from Akrabi vom 15. Juli 1888.
„ 18. Vertrag mit Subaihi vom 17. September 1889.
„ 19. Vertrag mit Subaihi (Barhemi) vom 21. September 1889.
„ 20. Vertrag mit Fadhli vom 4. August 1888.
„ 21. Vertrag mit Akrabi (Bir Ahmed) vom 15. Juli 1888.
„ 22. Vertrag mit Lower Aulaki vom 2. Juni 1888.
„ 23. Protektionsvertrag mit Irka vom 7. Januar 1902.
„ 24. Protektionsvertrag mit Haura vom 7. April 1902.
„ 25. Protektionsvertrag mit Lower Yafii vom 1. August 1895.
„ 26. Vertrag mit Howshabee vom 14. Juni 1839.
„ 27. Protektionsvertrag mit Haushabi vom 6. August 1895.
„ 28. Protektionsvertrag mit Alawi vom 16. Juli 1895.
„ 29. Vertrag mit D'Thala vom 28. November 1894.
„ 30. Vertrag mit Wahidi vom 30. April 1888.
„ 31. Vertrag mit Wahidi (Balahaf) vom 30. April 1888.
„ 32. Protektionsvertrag mit Wahidi (Balahaf) vom 15. März 1895.
„ 33. Protektionsvertrag mit Wahidi (Bir Ali) vom 1. Juni 1896.
„ 34. Vertrag mit Ka'yti vom 1. Mai 1888.
„ 35. Vertrag mit dem Sultan von Socotra vom 23. Januar 1876.
„ 36. Protektoratsvertrag mit Socotra vom 23. April 1886.
„ 37. Vertrag mit Mahri (Kishn) vom 23. Mai 1888.
„ 38. Vertrag mit Maskat über Koria-Moria-Inseln vom 14. Juli 1854.
„ 39. Verpachtung der Koria-Moria-Inseln vom 15. Juli 1856.
Nr. 8.
Treaty concluded with the Imam of Senaa
on 15th January 1821.
Aus: Aitcbison. Vol. XIH. No. LXXVIII.
In explanation of the Articies which were settled between the
Umeer Futtuh-oola, the Agent for the Imam Mehdi, the Chief of
Senaa, the City of Sam, and between the Agent of the English
Government, Agha Mr. Bruce Khan, in the year 1236, and from the
birth of Jesus 1821:
— 12* —
English Version.
Article 1.
That the Resident shall have a
guard of the same strength as is
allowed at Bagdad, Bussorah, and
Bushire, of thirty men, to support
his respectability.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Govt. Agent.
Article 2.
That the Resident shall be
exen\pt from all compliances de-
grading to the diaracter of the
repräsentative of the British Go-
vernment; that he shall have füll
liberty to ride on horseback when
and where he pleases; have free
ingress and egress to all the gates
of Mokha , amongst others of
Sheikh Shadelley, from whidi Eu-
ropeans have hitherto been ex-
cluded for some years past; and
shall have all the same liberty
and freedom they have at Bushire,
Bussorah, Bagdad, and Muscat.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Govt. Agent.
Article 3.
A piece of ground to be allotted
for a cementery; and none of those
under the British Government and
Translation of the Arabic
Counterpart.
Article 1.
That the Resident (Vakeel) who
may be stationed on the part of
the English Government at the
port of Mokha shall have with
him (lit. there shall be with him)
thirty military from out of their
army, like the Residents (Vakeels)
atBusrah, Bagdad, and Ubooshuhur
(Busheer).
It is finished besides this.
Signed by six witnesses.
Article 2.
That the Resident (Vakeel) who
may be stationed in the factory on
the part of the British Government
shall have (lit. there shall be to
him) respect, attention, dignity and
diaracter near the Governor; and
those who are dependants of the
British Government may ride on
horse, etc., and they may ride in
any other mode as they may feel
inclined. He may go out of the
eitles and into the eitles for plea-
sure, refreshing his spirits; and
he may go out through the whole
of the gates, especially out of the
Shadullee. He may go out mounted
on horses, etc., and he may enter
mounted, being independent in his
own mind (meaning as he pleases.)
It is necessary that there shall
not be any to hinder him, nor
any person shall say a word to
him; and to him (there shall be)
respect as at the other ports,
Bagdad, Busrah, Ubooshuhur, and
the port of Muscat.
Is is finished besides this.
Signed by the six Members
of the Mokha Council.
Article 3.
The dead of the English, that
the Almighty and Supreme God
Orders their souls to be snatdied
— 13'
flag to be spoken to or insulted
on account of their religion.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Qovt. Agent.
Article 4.
The Resident to have free per-
mission to proceed to Senaa and
communicate with His Highness
the Imam whenever he n\ay deem
it necessary to do so, the Dola on
these occasions furnishing a guard
or escort if it should be deemed
requisite.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Qovt. Agent.
Article 5.
That the andiorage duty of
(400 G. C.) four hundred German
crowns shall henceforth cease on
British ships, whidi has hitherto
been levied, on all merchant ships
when they landed cargoes. Here-
after no duty on this account shall
be paid whether cargo is landed
or not, the same as His Majesty's
ships and the Honourable Com-
pany's vessels of war.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Govt. Agent.
Article 6.
All subjects of the British Go-
vernment trading to Mokha, and
particularly the merchants of Su-
rat, shall do so under the protec-
away, there shall be a place appoin-
ted and set apart from them that
they may bury their dead in it;
no one shall say to them, "the
practice of your 'sect is sud\ or
such'; it is not good."
It is finished besides this.
Signed by the six Members.
Article 4.
The Agent (Vakeel) of the Eng-
lish Government who is stationed
at the port of Mokha, if it should
please his mind to go out, he may
go out to Senaa to His Highness
the Imam Mehdi for recreation of
the mind. No one shall hinderhim,
and the Hakim of Mokha shall grant
of his own army an escort for a
safeguard on the road, and there
is nothing contrary to him.
It is finished besides this.
Signed by the six Members.
Article 5.
The merdiant ships whidi are
dependent on the English Govern-
ment, ihere was a custom that
they should pay 400 rials as an-
diorage duty; but from this day
it ceases; there is nothing (leviable)
on them; their Situation is that of
the Government vessels and the
King's ships. If its cargo should
be brought on shore, there is
nothing (leviable) on them of the
400 rials. This affairs was dis-
cussed and fixed without being
referred to Senaa, on the condition
of the cessation of hostilities and
the removal of the blodkade of the
port.
It is finished besides this.
Signed by the six Members.
Article 6.
That all merdiants who are the
dependants of the English Govern-
ment, under their protection and
under their flag, may transact their
— 14^
tion of the British flag (if of the
Islam faith, and wish fo settle
their disputes according to the
Mahomedan Sharah, they shall be
at liberty to do so, a person on
the part of the Resident attending),
and all differences among them-
selves shall be decided by the Re-
sident; in the event of any of the
Imam's subjects being concerned
in the dispute, by an Agent on the
part of the Resident (or himself
if he pleases) and the Qovernor
conjointly; if the Imam's subject
is wrong, the Qovernor shall
punish him: if, on the contrary,
the Resident. Also that all the
dependants of the factory of every
denomination, from broker down-
wards, shall be whoUy under the
protection of the British flag and
control of the Resident, who
shall alone possess the power of
punishing them and redressing all
complaints against them.
This sixth Article has been ex-
pressly admitted by separate grant
to Captain Bruce by His Highness
the Imam.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Govt. Agent.
Article 7.
That the export duty on the
British trade shall be hereafter
2V4 per Cent., the same as the
Frendi and not 3V2 as hitherto,
and that the Import duty shall be
the same to the English and all
their subjects, and no more shall
be levied than 2V4 per cent. upon
imports and exports.
This Article is expressly gran-
ted by separate Firman from
His Highness as a particular mark
affairs (trade) at the Bunder of
Mokha, especially the natives of
Surat. If there be Mussulmen
among them, and disputes should
happen between them, and any of
them may desire (to have) the
law (Mussulman), no Opposition is
to be made to them (meaning to
their wishes).
Whenever there may be (any
dispute) between the people ("Ju-
maut") of resident and the sub-
jects of Mokha, a person may come
(be present) on the part of the Re-
sident before the Hakim of Mokha,
who will observe in what manner
the wrong has been committed,
and by whom. If the native of
the country be in the wrong, the
Hakim of Mokha is to punish him ;
but if the crime or wrong should
have been committed by the Eng-
lish military ("Uskur"), then the
Resident is to punish them.
This Article, the sixth, is one of
the two which were referred to the
Imam Mehdi for his consideration,
and the Shureef's answer having
arrived, was (given into) the hands
of Mr. Bruce, a copy being retained
by the Umeer Futteh-oolla; and
on receipt of the answer, there
was an argument between M. Bruce
and the Umeer Futteh-oolla, the
(substance of) which is written
above.
Article 7.
In regard to duties on what is
exported from the port of Mokha,
two dollars and a quarter shall be
paid on one hundred, as the Frendi,
who pay two dollars and a quar-
ter on the hundred; and the im-
ports into the port of Mokha shall
be like that for the English Go-
vernment and for the English
merdiants.
The seventh Article is (one) of
the two Articles whidi were re-
— 15'
of his friendship to the British
nation.
(Sd.) Wm. BRUCE,
Govt. Agent.
Mokha, ISthJanuary 1821.
(True copy.)
(Sd.) Wm. BRUCE,
Govt. Agent.
Signed and sealed by Umeer
Futteh-oolla and all the Members
of the Mokha Council to each se-
parate Article, as also by Captain
Bruce,
Approved.
(Sd.) JOHN KISH LUMLEY,
Capt of H. M.'s Ship "Topaze"
and Senior Officer.
ferred for the consideration and
decision of His Highness the Shu-
reef Mehdi, and to which the
answer returned by the Shureef
was as follows :
We have reduced the duties
three- quarters of a dollar per
Cent, out of three dollars, and
this is upon all goods imported
into the port in the name of the
English Cirkar and their mer-
diants; there is not (to be) more
(required) fronn them than two
and a quarter dollars per cent
alone, both upon goods imported
and on goods exported, and this
is as a mark of our regard and
respect for the said two (the
English Government and their mer-
chants) and for the preservation
of the intercourse and friendship
between us both, as was (the case)
with those who existed before us
(in former times).
"Dated Rubbee-oo-Sanee 1236
of the Hijra, A. D. 1821.
Signed by the six Members."
Nr. 9.
Firman de rimam de Sana en Arabie.
En date du 26 Decembre 1824.
Aus: Recueil de traites ... fonde par G. Fr. de Härtens,
Nouv. Suppl. T. 1. 1761/1829. S. 669. (Traduction de l'Arabe.)
Au nom de Dieu dement et misericordieux.
Par nos genereuses et nobles ecritures, nous assurons et con-
firmons aux Frangais, les Privileges qui leur furent accordes par nos
illustres ancetres, et dont ils jouissent depuis longues annees dans
notre florissante ville de Moka, la protegee de Dieu, sans qua jamais
il y survienne aucun changement, ou qu'on puisse leur causer aucune
peine. Nous voulons qu'ils continuent a obtenir tous les avantages
stipules dans les pieces qu'ils ont entre les mains, et qu'ils aient de
plus droit aux memes prerogatives que les Anglais; que nos officiers
leur temoignent tous les egards et tout le respect convenables, que
ceux-ci prennent une entiere connaissance de ces dispositions et
qu'ils se soummettent ä nos ordres. Dieu nous suffit: nous nous en
rapportons ä sa volonte.
Ecrit dans le mois de la lune de Rebiul-Akher, l'an 1240 de
l'Herige (decembre 1824). Gloire ä Dieu.
— 16* —
La piece ci-dessus a ete transcrite mot pour mot, par l'agent de
France ä Moka, d'un ecrit ä lui adresse de la pari de notre maitre
riman de Sana, et a ete par nous collationnee avec l'original.
Abderrahnnan-Ebn-Mohammed.
Pour copie conforme ä l'original, restant aux archives de Moka.
Le 26 Decembre 1824. Signe d' Armandy.
Nr. 10.
Minute by the Governor of Bombay.
Aus : Recueil de traites . . . par G. Fr. d. Martens.
Tome XIX. 1840. S. 248 ff.
(Extract.) 23 September 1837.
The establishment of a monthly communication by steam with the
Red Sea, and formation of a flotilla of armed steamers, renders it
absolutely necessary that we should have a Station of our own on the
coast of Arabia, as we have in the Persian Qulf ; and the insult which
has been offered to the British flag by the Sultan of Aden, has led
me to inquiries, whidi leave no doubt on my mind that we should
take possession of the port of Aden.
I shall make a short summary of the advantages which Aden
offers as a depot for coals, and as a naval and commercial Station.
Cape Aden is a high rocky promontory, almost an island, the
communication with the main being only by a narrow strip of land,
which is nearly covered at high-water spring-tides, and which a single
work and a few men could maintain against any attack. The village
of Aden is situated on the eastern shore, and is surrounded by an
amphitheatre of lofty mountains, open to attack from the sea at only
one Spot, on which a small fort might be required. Opposite to, and
commanding the town of Aden is an island, 1,200 yards long by
700 broad, and 400 feet high, upon whi(i\ barracks could be built for a
detachement of troops. The remains of a tank are still visible; and
on the northern part, where boats unload, a pier was formerly run
out, on which was a battery for five or six guns, now in ruins. The
water of Aden is good, and the climate healthy.
The harbour of Aden is excellent, and ruins of great extent prove
that it was once a mart of great importance. It might again, under
good management, be made the port of export for coffee, gums and
spices of Arabia, and the Channel through which the produce of Eng-
land and India might be spread through the rieh provinces of Yemen
and Hadhar-el-mout. The trade with the African coast would also be
thrown into the Aden market.
As a coal depot, no place on the coast is so advantageous; it
divides the distance between Bombay and Suez, and steamers may
run into Back Bay during the night, and load and unload at all seasons
in perfect security.
Should the Board adopt my views, I propose that this Minute
should be forwarded by the "Atalanta" to the Secret Committee, and
— 17* —
that we request permission to take possession of Cape Aden. A copy
should be forwarded to the Government of India, and our hope ex-
pressed that, in consideration of the danger of delay, the Qovernor-
general in Council will authorize us to carry our plan into immediate effect.
Nr. 11.
Traites entre la Grande-Bretagne et le Sultan d'Aden en Arabie
du mois de Septembre 1838.
(Presente au Parlament d'Angleterre au mois de Mai 1839.)
Aus : Recueil de traites . . . par G. Fr. de Martens.
Tome XIX. 1840. S. 721.
(Der Wortlaut auf S. 348 desselben Bandes weidit etwas von diesem ab.)
1. The Sultan of Aden agrees to cede in perpetuity, in free
sovereignty to the British Government, the land of Aden, as far as the
northern side of the Khore Muksa, including the mountains and every
part of the land generally included in what is called Cape Aden,
together with the harbours of the same, named Gubet Toowye,
Bunder Serah, Bunder Duras, and the Islands within the same, as
well as Seerah Island, and all fortifications, reservoirs, tanks, wells,
public buildings, gates and ruins, now existing within the above limits.
2. The British Government agrees to pay the sum of (8700?)
dollars to the Sultan of Aden annually in arrears on the 31 st December
of eadi year, or so long as they may retain possession of the terri-
tory ceded in the first article.
3. The British Government engages that no interference or mole-
station shall at any time be offered those who profess the Mahomedan
religion, and that no injury or damage shall be done to the mosque
of Sheik Hydroosse, or to any other mosque or place of Mahomedan
worship. The free and unrestricted exercise of religion is guaranteed
the Mahomedan priests and all who profess that faith.
4. All persons who may choose to reside within the limits defined
in the first article, shall be entitled to British protection, according
to the laws which may be established by the British Government.
5. The Sultan of Aden engages to afford every facility in his
power for the prosecution of commerce within his dominions, and the
country adjacent thereto, and will afford efficient protection to all
persons under the British Government and flag, resorting to them for
commercial or other peaceful pursuits.
6. The British Government will maintain the most amicable
relations with the Sultan, his family, relations, and tribe. The
Sultan and his family will be at liberty to reside at Aden, and
will be the treated with the courtesy and honour due to their rank
and Station.
7. Two of the vessels belonging to the Sultan of Aden, not
exceeding the burthen of 200 tons eadi, shall be allowed to trade
with Aden free of duties; should they, however, be freighted with the
property of his subjects or other persons, the usual duties will be
levied thereon.
Hamburgisdie Forschungen. Heft I. (Anhang.) 2
— 18* —
8. The British Government guarantees to the present inhabitants
of the territory ceded in the first article, the füll and undisturbed en-
joyment of all houses and other private property now in their possession.
In the event of any part of the same being required for public pur-
poses, the same will be purd\ased at a fair valuation.
9. The Sultan of Aden will be allowed to retain his present private
dwellinghouses. All ordnance now at Aden is the property of the
Sultan, and may be removed to Lahedge.
Nr. 12.
Preliminary Engagement of the Sultan M'Hassan of Lahej,
for the Transfer of Aden to the British Government.
(Received by Capt. S. B. Haines, Indian Navy, at Aden,
on the 23''dJanuary 1838.)
Aus: Treaties and Conventions ... subsist. between Great Britain and
foreign powers by Lewis tiertslet. Vol. XI. 1864. S. 1 — 2.
The peace, mercy, and blessings of the Almighty be with you.
We have received the letter whidi, through Jaffer, you have
written concerning our agreement about Aden, on the 5*^ of Shuval;
but you must know that we have claims upon that place, as also have
the tribes and Sultans around it. About the delay of the 2 months,
Zilkad and Zilhuj, to which you and I have agreed before the transfer,
we earnestly desire that it be observed. You will go to Bombay, and
there consult the Government, while we will consult our people, the
Princes and Shaikhs, and prepare their minds; then we and you, the
Commissioner of the Company, will carry into effect the delivery of
the fortress of Aden into your hand, and ratify the expenses of the
tribes and Sultans, the regulations and manner of proceeding of
everything connected with the town, the war by land and sea; then
you, as the Commissioner, shall receive a true and füll account and
ratified transfer of the fortress of the town. As for the said customs,
one-half will be upon you, and the other half upon us, after the
2 months, if it is agreed upon between us. On your arrival we will
treat about the monthly or annual stipend. But the Arabs of the present
town must remain under our name and our Jurisdiction; all other
people will be your subjects; and while we are treating after the
delay of the 2 said months you must not act aggressively against us,
or wrest any part of Aden from us. If you did not observe the delay
of 2 months, we will not be responsible to you for anything that
may happen. (L. S.) Sultan M'Hassan Foudthel.
Witness: Rashed Bin AbduUa.
After the 2 months we will speak and treat with Captain Haines
and no other person.
Sultan M'Hassan of Lahej to Capt. Haines, January 23, 1838.
(Extract.)
Bismillahir Rahmanir Rahum bemunnihee t'alla, &c. and compliments.
What I now write is from Lahej, where all are well. Your letter
reached me, and I understand all you wrote in that letter. I have
— 19* —
finished with you on the subject of the town, and told you all.
Jaffer came to me from you. I have spoken truth, and gave him a
letter, and from his hand received another. 1 have given my seal
that Aden is yours, and you must now give me yours as a security
to me. You have both my letter and seal. SULTAN M HASSAN.
Nr. 13.
Bond entered into by Sultan M^Hassan, after Aden came into the
possession of the British, on signing whidi he received the first
payment on account of the stipend of 541 German crowns per
mensem, whidt the British Government agreed to allow him white
he remained faithful to his Engagements. June 18, 1839.
Nach tiertslet: Treaties and Conventions... (Aus: „Bombay Book of
Treaties." S. 284. Aitchison, Bd. XIII, Nr. XVII ist der Wortlaut abweichend.)
Sultan M Hassan Foudthel , his sons Sultan Ahmed M' Assen
Foudthel, Ali Abdulla and Foudthel, enter into an Engagement
of peace and friendship on the part of their Government, and
Captain S. B. Haines of the Indian Navy, Political Agent at
Aden, on the part of the Government of the East India Company.
Art. I. Sultan M'Hassan and his sons engage themselves to keep
their territory and roads in peace and security, so that the weak and
poor people may communicate in safety with ead\ other, the Sultan
being responsible for every wrong done on the road by any of the
Sultan's people. The Sultan will al.vays preserve peace and friendship
with the British Government, their interests being united by the British
possessing Aden in perpetuity.
II. Captain Haines agrees to pay the stipends of the Foudthelee,
Yaffar, Houshebee, and Ameer Tribes, as originally paid by Sultan
M' Hassan of Lahej.
III. Captain Haines agrees to pay to Sultan M Hassan and
his descendants the sum of 6,500 German crowns, from the month
of Zilkad, 1254.
IV. From Khore Muksa towards Lahej is to be under the Juris-
diction of the Sultan, according to the known confines of the Abdallee
territory.
V. If there happen war against Abdallee, or the territory of Lahej
or Aden, the Contracting Parties will assist each other.
VI. The subjects of the Sultan entering Aden will be under the
Jurisdiction of the British Government for the time, and the British
subjects resorting to Lahej will be under the Jurisdiction of the Sultan
for the time being.
VII. Everything belonging to the Sultan or his sons entering, or
going out of, Aden will be free from custom duties.
Dated the 6th of Rubee-oos-sanu (corresponding with the 18*^ June,
1839, A. D.).
S. B. HAINES. (SEAL OF SULTAN M' HASSAN FOUDTHEL.)
— 20* —
Nr. 14.
Engagement of Sheikh of Akrabees with the Governor of Aden,
never to part with any Portion of the Peninsula of Jibbel Ihsan
(Jebel Hassan), except to the British Government. — January 23, 1863.
Aus: Aitcbison, Bd. XIII, Nr. XL.
Praise be to Qod alone.
The object of writing this lawful Bond is, that is is hereby
covenanted and agreed batwixt Sheikh Abdoolla Bahaidarah Mehdi,
Chief of the Akrabee tribe, on the one part, and Brigadier William
Marcus Coghlan, Governor of Aden, on behalf of Her Majesty the
Queen of England, on the other part, that the said Sheikh Abdoolla
Bahaidarah Mehdi doth pledge himself, his heirs and successors by
this agreement never to seil, mortgage, or give for occupation, save
to the British Government, any portion of the Peninsula called Jibbel
Ihsan, including the Khore of Bir Ahmed, Alghadeer, Bundar, Fogum,
and all the intermediate coast and inlets.
In consideration of which act of friendship, the said Sheikh
Abdoolla Bahaidarah Mehdi has received from Brigadier William Mar-
cus Coghlan, Governor of Aden, an immediate payment of 3,000 dollars,
and shall also receive from the said Brigadier Coghlan or his successors
a future monthly subsidy of 30 dollars, it being understood that this
stipend imposes an Obligation on the part of Sheikh Abdoolla Bahai-
darah Mehdi, his heirs and successors, to protect all traders and
British subjects who pass through or reside in the Akrabee territory,
and also for preserving terms of peace and friendship betwixt the
Akrabee tribe and the Governor of Aden, representing the Government
of Her Majesty the Queen of England.
In token of this honourable engagement, the Brigadier William
Marcus Coghlan and Sheikh Abdoolla Bahaidarah Mehdi do severally
äff ix their hand and seal at Aden on Friday, the 23 «"d day of January,
in the year of Christ 1863, corresponding with the 3'"d day of Shaban
in the year of the Hegira 1279.
ABDOOLLA BAHAIDARAH MEHDI.
W. M. COGHLAN, Brigadier, Political Resident, Aden.
Nr. 15.
Translation of an Engagement entered into by the Sheikh of the
Akrabi Tribe for the sale of Little Aden. 1869.
h\is: Aitcbison. Vol. XIII. Nr. XLI.
The cause of writing this lawful deed is as follows:
That a Treaty and engagement is made between Sheikh Ab-
dooUah Ba Haidara Mehdi, Sheikh of the Akrabi tribe, on the one
part, and General Sir Edward Russell, Resident of Aden, on behalf
of the Honourable British Government, on the other.
To wit, the abovementioned Sheikh Abdoollah Ba Haidara Mehdi
on his part binds himself by these presents to have sold and delivered
over in perpetuity to the British Government the Peninsula called
Jebel Ihsan alias Jebel Hussan and the Khor of Bir Ahmed and AI-
— 21* —
Ghader and Bunder Fokum, and all and whatsoever is comprised on
the seashore in the maffer of harbours or ports between the said Khor
(of Bir Ahmed) and Bundar Fogum; and moreover the said Abdoollah
Ba Haidara Mehdi binds himself, his heirs and successors, by these
presents, never fo seil or pledge or give up any one for residence,
excepting to the British Government, any portion whatsoever of Jebel
Ras Imram, or the land on the border of the bay between Ras Imram
and Jebel Ihsan or Hussan; and in consideration of what is aforemen-
tioned, the said Sheik Abdoollah Ba Haidara Mehdi has received from
General Sir Edward Russell, Resident at Aden, the sum of thirty
thousand German crowns, being the amount of purdiase-money agreed
upon by the said Abdoollah Ba Haidara Mehdi, and this sum of thirty
thousand German crowns is over and above the sum of three thousand
German crowns whidi Brigadier William Marcus Coghlan stipulated
for and paid to the said Sheikh Abdoollah Ba Haidara Mehdi on the
23 rd day of January 1863, in accordance with the Treaty that was
made on that date, and payment of these said three thousand German
crowns then well and truly made to the said Abdoollah Ba Haidara MehdL
In witness that the terms of this Treaty are truly and justly
binding on Sheikh Abdoollah Ba Haidara Mehdi of himself, his heirs
and successors, as to the sale, and on General Sir Edward Russell,
Resident at Aden, on behalf of the Honourable British Government,
as to the purchase, both have hereunto set their signatures and seals,
at Aden, this 2nd day of April A. D. 1869, equivalent to 21 st day of
the month Zhil Hujj. A. H. 1285.
(Sd.) ABDOOLLAH BA HAIDARA MAHDI.
„ E. L. RUSSELL, Major-General,
i„ „„^_„^„ „r Resident at Aden.
In presence ot —
(Sd.) ALOWI BIN ZAIN AL AIDROOS.
G. R. GOODFELLOW, Captain,
Assistant Resident, Aden.
Articles of Treaty and engagement between Sheikh Abdoollah Ba
Haidara Mehdi and Sir Edward Russell, Resident at Aden, that the
honour and respect whidi is due to Abdoollah Ba Haidara Mehdi from
the British Government continue, and that from the present date an
increase of dollars 10 to the present subsidy of 30 dollars be paid
(making) a total of dollars 40 (per mensem), and that Abdoollah Ba
Haidara (be permitted to) levy transport dues on whatever may be
landed from the bunders whid\ he has sold this day according to a
Treaty drawn up with Sir Edward Rüssel on behalf of the British
Government should the goods so landed thence pass through his
territory, viz., Bir Ahmed, and all Claims of Sultan Fadhlee, or of
Sultan Ahmed, the Fadthli, upon Bir Ahmed, the Resident is to take
upon himself, and this is what is agreed upon.
This second day of April 1869, equivalent to 21 st day of Zhil Hujj 1285.
(Sd.) E. L. RUSSELL, Major-General,
Resident at Aden.
ABDOOLLAH BA HAIDARA MAHDI.
— 22* —
Nr. 16.
Agreement with the Abdali Sultan for the purdiase
of Shaikh 'Othman, etc. — 1882.
Aus : Aitcbison. Vol. XIII. Nr. XXIV.
Articles of a treaty existing between Sultan Fadthl bin Ali Mohsin
Fadthl-al-' Abdali, Sultan of Lahej and its dependencies, on behalf of
hinnself, his uncles and his and their heirs and successors, on the
one part and Major-General Francis Loch, Commander of the Most
Honourable Order of the Bath and Political Resident at Aden, on be-
half of the Government of India, on the other part.
Whereas by Article V of a treaty concluded on the 7*^ Marth
1849 between Stafford Bettesworth Haines, Captain in the Indian
Navy and Political Agent at Aden, on behalf of the Government of
India, and Sultan 'Ali Mohsin Fadthl, on behalf of himself, his heirs
and successors, it was agreed that the bridge of Khor Maksar and the
piain between it and the mountains of Aden, forming the Isthmus, are
British property and no further north; and whereas a sum of dollars
(541) five hundred and fortyone is under the before-mentioned treaty
payable monthly to the said Sultan 'Ali Mohsin Fadthl, his heirs and
successors, so long as he or they continue to act with sincerity, truth
and friendship, towards the British, and adhere strictly to the terms of
the aforesaid treaty; and whereas Sultan Fadthl bin Ali Mohsin
Fadthl for himself, his uncles and his and their heirs and successors,
has agreed to seil to the British Government for a sum of dollars
(25,000) twenty-five thousand only and an increase, to the present
subsidy of dollars (541) five hundred and forty-one, of dollars (1,100)
one thousand and one hundred per mensem, of which (600) six hundred
are for the profit of water and (500) five hundred for that of salt,
making in all dollars (1,641) one thousand six hundred and forty-one
per mensem, all that (tract of) land lying to the north of the pen-
insula of Aden, and bounded by a line commencing from a point on
the sea-shore one and five-sixteenths of a mile due east of the north
end of the Khor Maksar causeway and running north-east by north
seven and a quarter miles to a point on the coast line. From hence
the boundary passes from the sea westward three and a quarter miles
to a point near Inad. From this point the boundary line, after
passing through an imaginary point one mile north of the Wali of
Shaikh 'Othman, extends to a mark on the bank of the Wadi Toban
situated one mile Inland. From this point the boundary runs south-
south-west to the sea.
Article 1.
This therefore witnesseth that the said Sultan Fadthl bin 'Ali
Mohsin Fadthl, in pursuance of the conditions of this treaty and in
consideration of the sum of dollars (25,000) twenty-five thousand
already received and the monthly increase of the subsidy of dollars
(1,100) one thousand one hundred agreed to be paid to him by the
British Government, doth hereby for himself, his uncles and his and
their heirs and successors, cede and confirm unto the (hands of the)
— 23* —
Said British Government all that portion of territory as herein above
described, to be retained by the said British Government for ever as
a part of its territories; and the said Sultan Fadthl bin Ali Mohsin
Fadthl does further bind himself, his uncles and his and their heirs
and successors, to make no claim hereafter on the said tracts of land
or any revenue derived from them.
Article 2.
An the said Major-General Francis Loch, C. B., Political Resident
of Aden, being duly authorized does hereby solemniy promise in the
name of His Excellency the Qovernor General in Council to pay to
the said Sultan Fadthl bin Ali Mohsin Fadthl, his heirs and successors,
the sum of dollars (1,641) one thousand six hundred and forty-one
made up as aforesaid per mensem.
Article 3.
And the said Sultan Fadthl bin Ali Mohsin Fadthl on the one
part and the said Major-General Francis Loch, C. B., Political Resident
at Aden, being duly authorized on the other part, do declare that the
Convention made and signed on the 7*^ day of March 1867 in regard
to the aqueduct between Shaikh Othman and Aden by Sultan Fadthl
Mohsin Fadthl on the one part and Lieutenant-Colonel W. L. Merewether,
Political Resident at Aden, on the other part, is hereby cancelled.
Article 4.
So long as the Sultan of Lahej possesses the right to levy the
taxes on goods entering Aden by land as heretofore, he will be per-
mitted to collect his dues as at present (he is doing) in British
territory at the rates mentioned in the treaty of 1849.
Article 5.
If any soldier of the Sultan of Lahej escape to British territory,
and he is required by the Sultan, the Resident will send him; and in
the same manner if any of the Sultan's subjects, after committing an
heinous offence of the kind for which the British Government is
accustomed under similar circumstances to grant extradition, takes
refuge in Shaikh Othman, Imad or Aden, and is required by the Sul-
tan, und if there is reasonable ground for believing that he has
committed the offence, the Resident will also send him back; and the
Sultan agrees on his part to send back British soldiers or subjects
who escape to Lahej or its territory from Aden or its dependencies
if their extradition be demanded.
Article 6.
If the Resident require the Services of any Abdali, he will employ
him through the Sultan, and in case the 'Abdali or 'Abdalis resign,
or are dismissed, and if they are replaced by other Abdalis, the Re-
sident will ask for them through the Sultan.
Article 7.
And the territories of the said Sultan Fadthl bin Mohsin Fadthl, his
heirs and successors, shall remain under British protection as heretofore.
— 24* —
Done at Shaikh 'Othman on Monday, the sixth day of February,
in the year of Our Lord one thousand eight hundred and eighty-two,
corresponding with the IT^^day of Rabi-al-Awwal of the year 1299 of
the Hizra.
(Signed in Vernacular.)
Sultan of Lahej and its Dependencies.
In the presence of —
(Sd.) F. M, HUNTER, Major,
Assistant Resident, Aden.
, OMAR HOOSAIN MAHMUD-AL-WAHSH.
Done at Aden on Tuesday, the seventh day of February, in the
year of Our Lord one thousand eight hundred and eighty-two, corres-
ponding with the eighteenth day of Rabi-al-Awwal of the year 1299
of the Hizra.
(Sd.) FRANCIS LOCH, Major -General,
Political Resident, Aden.
In the presence of —
(Signed in vernacular.)
(Sd.) F. M. HUNTER, Major,
Assistant Resident, Aden.
(Sd.) RIPON,
Viceroy and Qovernor-Qeneral
of India.
This treaty was ratified by his Excellency the Viceroy and Qover-
nor General of India, at Calcutta, on the 7th day of Mard\ 1882.
(Sd.) C. GRANT,
Secretary to the Government of India,
Foreign Department.
Nr. 17.
Agreement for the Purchase of Land from the Akrabi Sheikh — 1888.
Pius: Aitcbison. Vol. XIIL Nr. XLIL
This agreement made this 15<h day of July one thousand eight
hundred and eighty-eight A. D., corresponding to 5*^ al-Ka'ada one
thousand three hundred and five, between Sheikh Abdalla ba Haidara
Mahdi, Sheikh of the Akrabi tribe, on the one part, and Brigadier-
General A. G. F. Hogg, C. B., Political Resident, Aden, on behalf of
the Government of India, on the other part.
Whereas a tract of land belonging to the said Sheikh 'Abdalla ba
Haidara Mahdi, lying between the village of Hiswa and Little Aden
and Bandar Fogum, is required by the Government of India to secure
British Jurisdiction over the entire shores of the harbour of Aden
and for other reasons; and whereas the said Sheikh Abdalla ba
Haidara Mahdi has agreed to seil to the Government of India the
— 25* —
Said tract of land for a sum of rupees two thousands; this therefore
witnesseth that in pursuance of this agreement, and in consideration
of the sum of rupees two thousand paid by the said Government of
India to Sheikh 'Abdalla ba Haidara Mahdi, the receipt whereof the
said Sheikh Abdalla ba Haidara Mahdi doth hereby acknowledge, and
for the same doth hereby release the Government of India, the said
Shaikh Abdalla ba Haidara Mahdi doth hereby grant and confirm
unto the Government of India all that tract of land described as under,
that is to say, a strip land of the breadth of half a mile extending
along the shore from the Tuban river westward past Little Aden to
Bundar Fogum, and to be defined thus by a line commencing from
the second pillar from the shore on the boundary line now dividing
British from Akrabi territory, and which pillar is situated at a distance
of about half a mile from the shore, thence running parallel to the
sea-shore in a westerly direction, passing the British boundary of
Little Aden at a distance of half a mile, and meeting the shore of
Bundar Fogum at a distance of half a mile from the British boundary
of Little Aden.
The tract of land thus ceded to the Government of India is
bounded thus:
North — Akrabi territory.
South — The sea and the British territory of Little Aden.
East — British territory.
West — The sea of Bunder Fogum.
The Said strip of half a mile in breadth to be measured from
high water mark and to include all shores, bays, and bunders on the
seaside of the said tract, to have and to hold the said tract of land
as the property of the Government of India in perpetuity without any
let or hindrance or any claim or demand by the said Sheikh 'Abdalla
ba Haidara Mahdi or his heirs and successors, or by any of his
tribesmen or any other person or persons whomsoever.
In witness whereof the said parties to these presents have
"hereunto set their hands and seals the day, month and year above
written.
(Sd.) A. G. F. HOGG, (Sd.) ABDALLA BA HAIDARA
Brigadier-General, MAHDI.
Political Resident, Aden.
Nr. 18.
Treaty with Subaihi (Atiffi). September 17, 1889.
Aus: Aitcbison. Bd. XIIL Nr. XXX.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of
the undersigned Shaikhs of the Attiffi tribe hereby undertakes to
extend to the Attiffi territory on the South Coast of Arabia, and
situated between the territory of the Barhemi tribe and that under
the authority of the Turkish Government at Shaikh Sa'id, and whidi
territory is under their authority and Jurisdiction, the gracious favour
and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
— 26* —
II. The aforesaid Shaikhs of the 'Atiffi tribe agree and promise
on behalf of themselves, their relations, heirs and successors and the
whole of the tribe, to refrain from entering into any correspondence,
Agreement, or Treaty, with any foreign nation or Power, except with
the knowledge and sanction of the British Government; and further
promise to give immediate notice to the Resident at Aden, or other
British officer, of the attempt by any other Power to interfere with
the 'Atiffi territory.
III. The aforesaid Shaikhs of the 'Atiffi tribe bind themselves,
their relations, heirs and successors and the whole tribe for ever, that
they will not cede, seil, mortgage, lease, hire or give, or otherwise
dispose of the Atiffi territory, or any part of the same, at any time
to any Power other than the British Government.
IV. The above Treaty shall have effect from this date. In
witness whereof the undersigned have affixed their signatures or seals
at Aden this 17th day of September, 1889.
A. G. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident.
Aden, September 17, 1889.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort William on the 26th day of February, 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 19.
Treaty with Subaihi (Barhemi). September 21, 1889.
Aus: Aitcbison. Bd. XIII, Nr. XXXI.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of
the undersigned Shaikhs of the Barhemi tribe hereby undertakes to
extend to the Barhemi territory on the South Coast of Arabia, and
situated between the territories of the 'Akrabi and Atiffi tribes, whid\
territory is under their authority and Jurisdiction, the gracious favour
and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The aforesaid Shaikhs of the Barhemi tribe agree and promise
on behalf of themselves, their relations, heirs and successors and the
whole tribe, to refrain from entering into any correspondence,
Agreement, or Treaty, with any foreign nation or Power, except with
the knowledge and sanction of the British Government; and further
promise to give immediate notice to the Resident at Aden, or other
British officer, of the attempt by any other Power to interfere with
the Barhemi territory.
III. The aforesaid Shaikhs of the Barhemi tribe hereby bind
themselves, their relations, heirs and successors and the whole tribe
for ever, that they will not cede, seil, mortgage, lease, hire or give,
or otherwise dispose of the Barhemi territory, or any part of the
same, at any time, to any Power other than the British Government.
— 27* —
IV. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signafures and seals at
Aden this 21 st day of Septeniber, 1889.
A. Q. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
Aden, September 21, 1889.
LANSDOWNE,
Viceroy and Qovernor-Qeneral of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort Willian\ on the 26 th day of February, A.D. 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 20.
Treaty with FadhIi. August 4, 1888.
Aus: Aitcbison. Bd. XIII. Nr. XXXVII.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of
the undersigned Sultan Ahmed bin Husain the FadhIi, hereby under-
takes to extend to Shugra and the FadhIi country with their depen-
dencies, which are under his authority and Jurisdiction, the gracious
favour and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The Said Sultan Ahmed bin Husain the FadhIi, agrees and
promises on behalf of himself, his heirs and successors, to refrain
from entering into any correspondence, Agreement, or Treaty with
any foreign nation or Power, except with the knowledge and sanction
of the British Government; and further promises to give immediate
notice to the Resident at Aden, or other British officer, of the attempt
by any other Power to interfere with Shugra and the FadhIi country
and their dependencies.
III. The Said Sultan Ahmed bin Husain the FadhIi hereby binds
himself and his heirs and successors for ever, that he or they will
not cede, seil, mortgage, lease, hire or give, or otherwise dispose of
the Fahdli territory, or any part of the same, at any time, to any
Power other than the British Government.
IV. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signature or seals at Aden
this 4th day of August, A.D., 1888.
A. G. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of India
in Council at Fort William on the 26th day of February, A. D., 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
— 28* —
Nr. 21.
Treaty with Akrabi (Bir Ahmed). July 15, 1888.
Pius: Aitctison. Bd. Xlll. Nr. XLIII.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of
the undersigned Shaikh Abdalla ba Haidara Mahdi, the Akrabi, hereby
undertakes to extend to Bir Ahmed with its dependencies, whidK are
under his authority and Jurisdiction, the gracious favour and protection
of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The Said Shaikh Abdalla ba Haidara Mahdi, the Akrabi, agrees
and promises on behalf of himself, his heirs and successors, to refrain
from entering into any correspondence, Agreement or Treaty, with any
foreign nation or Power, except with the knowledge and sanction
of the British Government; and further promises to give immediate
notice to the Resident at Aden, or other British officer, of the
attempt by any other Power to interfere with Bir Ahmed and its
dependencies.
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals af Bir
Ahmed this 15th day of July, 1888.
A. G. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort William on the 26 th day of February, 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 22.
Treaty with Lower 'Aulaki. June 2, 1888.
Aus: Aitctison. Bd. XIII. Nr. XLVII.
Art. I. The British Government in compliance with the wishes
of the aforesaid Sultans of the Lower 'Aulaki tribe hereby undertakes
to extend to Abwar and its dependencies, whidi are under the autho-
rity and Jurisdiction of the Lower Aulaki tribe, the gracious favour
and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The aforesaid Sultans of the Lower 'Aulaki tribe agree and
promise on behalf of themselves and their heirs and successors to
refrain from entering into any correspondence, Agreement, or
Treaty, with any foreign nation or Power, except with the knowledge
and sanction of the British Government; and further promise to give
immediate notice to the Resident at Aden, or other British officer,
of the attempt by any other Power to interfere with Ahwar and its
dependencies.
— 29* —
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at
Aden this 2nd day of June, 1888.
A. G. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
Aden, June 2, 1888.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort William, on the 26*1» day of February, A, D. 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Governnxent of India, Foreign Department.
Nr. 23.
Protectorate Treaty — Irka.
^usl Aitdfison. Bd. XIII. Nr. L.
The British Government and Sheikh Ahmed -bin Awadth-bin-
Muhammad-ba-Das, Sheikh of Irka and its dependencies, being desirous
of maintaining and strengthening the relations of peace and friendship
existing between them:
The British Government have named and appointed Brigadier-
General Pelham James Maitland, C. B., Political Resident at Aden, to
conclude a Treaty for this purpose.
The Said Brigadier-General Pelham James Maitland, C. B., and
Sheikh Ahmed-bin-Awadth-ba-Das, Sheikh of Irka and its dependen-
cies, aforesaid, have agreed upon and concluded the following Articies:
Article I.
The British Government, in compliance with the wish of the
undersigned, Sheikh Ahmed-bin-Awadth-bin-Muhammad-ba-Das, hereby
undertakes to extend to Irka and its dependencies, which are under
his authority and Jurisdiction, the gracious favour and protection of
His Majesty the King-Emperor.
Article II.
The Said Sheikh Ahmed-bin-Awadth-bin-Muhammad-ba-Das agrees
and promises, on behalf of himself, his heirs and successors, to
refrain from entering into any correspondence, Agreement or Treaty,
with any foreign nation or Power except with the knowledge and
sanction of the British Government, and further promise to give
immediate notice to the Resident at Aden, or other British officer,
of the attempt by any other Power to interfere with Irka and its
dependencies.
Article III.
The aforesaid Sheikh Ahmed-bin-Awadth-bin-Muhammad-ba-Das
hereby binds himself, his relations, heirs and successors and the
whole tribe for ever that he or they will not cede, seil, mortgage,
— 30* —
lease, hire or give, or otherwise dispose of the Irka territory, or any
part of the same, at any time, to any Power other than the British
Government.
Article IV.
The above Treaty shall have effect from this date, in witness
whereof the undersigned have affixed their signatures and seals at
Aden th's seventh of January one thousand nine hundred and two.
P. J. MAITLAND, Brigadier-General, His SHEIKH AHMED-BIN
Political Resident. x AWADTH-BIN mark.
MUHAMMAD-BA-DAS.
CURZON,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Calcutta, on the 27th day of Mardi, A. D. one
thousand nine hundred and two.
H. S. BARNES, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 24.
Protectorate Treaty — Haura.
Pius: Aitctison. Bd. XIII. Nr. LH.
The British Government and Sheikh Saleh-bin-Awadth, Sheikh of
Haura and its dependencies, being desirous of maintaining and streng-
thening the relations of peace and friendship existing between them :
The British Government have named and appointed Brigadier-
General Pelham James Maitland, C. B., Political Resident at Aden, to
conclude a treaty for this purpose.
The Said Brigad er-General Pelham James Maitland, C. B., and
Sheikh Saleh-bin-Awadth, Sheikh of Haura and its dependencies,
aforesaid, have agreed upon and concluded the following articles:
Article I.
The Br'tish Government, incompliance with the wish of the
undersigned Sheikh-Saleh-bin-Awadth, hereby undertakes to extend
to Haura and its dependencies, whid\ are under his authority and
Jurisdiction, the gracious favour and protection of His Majesty the
King-Emperor.
Article II.
The Said Sheikh-Saleh-bin-Awadth agrees and promises, on behalf
of himseif, his heirs and successors, to refrain from entering into
any correspondence, agreement or treaty, with any foreign nation or
Power, except with the knowledge and sanction of the British Govern-
ment, and f jrther promises to give immediate notice to the Resident
at Aden, or other British officer of the attempt by any other Power
to interfere with Haura and its dependencies.
— 31* —
Article III.
The aforesaid Sheikh Saleh-bin-Awadth hereby binds himse'f,
his relations, heirs and successors and the whole tribe for ever, that
he or they will not cede, seil, mortgage, lease, hire or give, or other-
wise dispose of the Haura territory, of any part of the same, at any
time, to any Power other than the British Government.
Article IV.
The above treaty shall have effect from this date, in witness
whereof the undersigned have affixed their signatures and seals at
Aden this seventh of April one thousand nine hundred and two.
P. J. MAITLAND, Brigadier-General, HIS SHEIKH SALEH
Political Resident at Aden. x Bin-AWADTH, mark.
CURZON,
Viceroy and Governor-General of India.
This treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Simla on the 13*^ day of June A. D. one thousand
nine hundred and two.
H. S. BARNES, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 25.
Protectorate Treaty — Lower Vaiii.
Pius. ■ Aitcbison. Bd. XIII. Nr. UV.
The British Government and Bubakar bin Saif, the Yafii Sultan
of Khanfar, AI Husn Masana Ar-Rawwa Al-Kara and the Lower Yafii
country with their dependencies , being desirous of maintaining
and strengthening the relations of peace and friendship existing be-
tween them.
The British Government have named and appointed Brigadier-
General Charles Alexander Cuningham, Political Resident at Aden, to
conclude a treaty for this purpose.
The Said Brigadier-General Charles Alexander Cuningham and
Sultan Bubakar bin Saif, the Yafii aforesaid, have agreed upon and
concluded the following articles:
Article I.
The British Government, in compliance with the wish of the
undersigned, Sultan Bubakar bin Saif, the Yafii hereby undertakes
to extend to Khanfar, AI Husn, Masana Ar-Rawwa Al-Kara and the
Lower Yafii country with their dependencies, which are under his
authority and Jurisdiction, the gracious favour and protection of Her
Majesty the Queen-Empress.
Ariele IL
The Said Sultan Bubakar bin Saif the Yafii agrees and promises
on behalf of himself, his relations, heirs, successors and the whole
tribe to refrain from entering into any correspondence, agreement or
— 32* —
treaty, with any Foreign Nation or Power, except with the Knowledge
and sanction of the British Government, and further promises to give
immediate notice to the Resident at Aden or other British officer, of
the attempt by any other Power to interfere with Khanfar, Al-Husn,
Masana, Ar-Rawwa Al-Kara and the Lower Yafii country and their
dependencies.
Article III.
The Said Sultan Bubakar bin Saif, the Yafii, hereby binds himself,
his relations, heirs, successors and the whole tribe for ever that he
or they will not cede, seil, mortgage, lease, hire or give or otherwise
dispose of the Lower Yafii territory and its dependencies or any part
of the same, at any tin\e, to any Power, or person other than the
British Government.
Article IV.
The above treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at
Aden this first day of August one thousand eight hundred and
ninety-five, A. D.
(Sd.) C. A. CUNINGHAM, Brigadier-General.
Political Resident, Aden.
(Sd.) ELGIN,
Viceroy and Governor-General of India.
This treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Simla, on the 28*1^ day of October A. D., one
thousand eight hundred and ninety-five.
(Sd.) W. J. CUNINGHAM, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 26.
Engagement entered into by Sultan Maneh bin Sulam of the
Hooshabee, and his son Sultan bin Maneh, of the Hooshabee,
with the Governor of Aden, for the Protection of British Subjects.
June 14, 1839.
Aus: Altebison. Bd. XIII. Nr. LXII.
Sultan Maneh Bin Sulam of the Hooshabee, and his son Sulam
bin Maneh, of the Hooshabee, declare of their own accord that they
enter into an agreement with all those under them, belonging to
Hooshabee, their clans, and all those dependent upon them, the Chief
of M. Haroorooluwajeer, and the whole Hooshabee, as before arranged
with Commander Haines, Governor of Aden, who sincerely agrees to
pay the allowances received by them from Sultan M. Houssain Fudl
Abdalee. What has been arranged between them (Commander Haines
and the Sultan) is that whatever belongs to the Sultans of Abdalee,
former and succeeding, and to those of the Hooshabee, former and
succeeding, shall be theirs respectively.
The Abdalee shall be responsible, as is agreed upon, for all
outrages committed in Lahej, its neighbourhood, or within its limits,
1
— 33* -
or in Aden, its roads, or within ifs boundaries, and Maneh bin Sulam
for those perpetrated by the Hooshabee, their clans, or those subject
to them. In case Maneh render any assistance to any other Sultan
or tribe, this bond is to be considered null and void. Our (Sultan
Maneh's) hand is the same as that of Sultan M. Houssain Fudl, and
our friend is identical with Sultan M. Houssain. In the event of any
plunder by any of the above tribes on the roads or in Lahej, the bond
whidi we have shall be considered null until we make restitution of
whatever may be carried away. Should any one commit an assault
or murder in Lahej or Aden, or on the roads, and should such person
be proved to be one of the Hooshabee or of their clans, he shall be
seized and considered an offender. This bond is binding and lasting.
We shall receive our allowance from Governn\ent every 6 months, or
a part, if necessary, after two months. This is to commence from
the month of Zilkad, Hegira 1254 (January, February, 1839). The above
people shall receive the allowance fixed for them through us, or the
Sultan (M. Houssain), or his children. These are the stipulations
agreed upon by Sultan Maneh bin Sulam and Sulam bin Maneh, and
which are mediated by Abee M. Houssain bin Wugees bin Kassim
Suffeean, who is Vakeel of the Hooshabee. These points are agreed
to on Friday, the 2"^ Rubee-oo-sanee, Hegira 1255 (14th June, 1839).
The allowance fixed for the Hooshabee is 628 Cooroosh Fransa per
annum, half of whidi is 314 Cooroosh.
Nr. 27.
Protectorate Treaty — Haushabi.
Aus: Aitcbisort. Bd. XIII. Nr. LXV.
The British Government and Mohsin bin 'Ali 'Mani, the Haushabi
Sultan of Müsaimir-bin- Ubaid, Ar-Raha and the Haushabi country
with their dependencies, being desirous of maintaining and strengthen-
ing the relations of peace and friendship existing between them.
The British Government have named and appointed Brigadier-
General Charles Alexander Cuningham, Political Resident at Aden, to
conclude a treaty for this purpose.
The Said Brigadier-General Charles Alexander Cuningham and
Sultan Mohsin bin 'Ali Mani, the Haushabi aforesaid, have agreed
upon and concluded the foUowing articles:
Article I.
The British Government in compliance with the wish of the
undersigned Sultan Mohsin bin 'Ali Mani, the Haushabi, hereby
undertakesto extend to Musaimir-bin-' Ubaid, Ar-Raha and the Haushabi
country with their dependencies, which are under his authority and
Jurisdiction the gracious favour and protection of Her Majesty the
Queen-Empress.
Article II.
The Said Sultan Mohsin bin 'Ali 'Mani, the Haushabi, agrees and
promises on behalf of himself, his relations, heirs, sucessors and the
Hamburger Forschungen. Bd. 1. (Anhang.) 3
— 34* —
whole tribe to refrain from entering into any correspondence, agreement,
or treaty with any foreign nation or power, except with the knowledge
and sanction of the British Government, and further promises to give
immediate notice to the Resident at Aden or other British officer of
the attempt by any other power to interfere with Musaimir-bin-'Ubaid,
Ar-Raha and the Haushabi country and their dependencies.
Article III.
The Said Sultan Mohsin bin Ali 'Man, the Haushabi, hereby binds
himself, his relations, heirs, successors and the whole tribe for ever,
that he or they will not cede, seil, mortgage, lease, hire, or give, or
otherwise dispose of the Haushabi territory and its dependencies, or
any part of the same at any time to any power or person other than
the British Government.
Article IV.
The above treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at
Aden this sixth day of August, one thousand eight hundred and ninety-
five, A. D.
(Sd.) C. A. CUNINGHAM, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
I, Fadthl bin 'Ali Mohsin Fadthl al Abdali, Sultan of Lahej,
certify that Mohsin bin 'Ali 'Mani, the Haushabi Sultan, enters into
this treaty under my auspices and signs it with my füll knowledge
and consent.
(Sd.) FADTHL BIN 'ALI MOHSIN,
Sultan of Lahej.
(Sd.) ELGIN,
Viceroy and Governor-General of India.
This treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Simla on the 20*^ day of October, A. D., one
thousand eight hundred and ninety-five.
(Sd.) W. J. CUNINGHAM, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 28.
Protectorate Treaty — Alawi.
^us : Aitcbison. Bd. XIIL Nr. LXVL
The British Government and Shaif bin Said, the Alawi Shaikh of
AI Kasha and the Alawi country with their dependencies, being
desirous of maintaining and strengthening the relations of peace and
friendship existing between them.
Article I.
The British Government in compliance with the wish of the
undersigned Shaikh Shaif bin Said, the Alawi, hereby undertakes
— 35* -
to extend to AI Kasha and the Alawi country with their dependencies,
which are under his authority and Jurisdiction, the gracious favour
and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
Article II.
The Said Shaikh Shaif bin Said, the Alawi, agrees and promises
on behalf of himself, his relations, heirs, successors, and the whole
tribe to refrain from entering into any correspondence, agreement or
treaty, with any foreign nation or power, except with the knowledge
and sanction of the British Government, and further promises to give
immediate notice to the Resident at Aden or other British officer of
the attempt by any other Power to interfere with AI Kasha and the
Alawi country and their dependencies.
Article III.
The Said Shaikh Shaif bin Said, the Alawi, hereby binds himself,
his relations, heirs, successors, and the whole tribe for ever, that he
or they will not cede, seil, mortgage, lease, hire or give or otherwise
dispose of the Alawi territory and its dependencies or any part of the
same at any time, to any Power, or persons other than the British
Government.
Article IV.
The above treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at
Aden this sixteenth day of July one thousand eight hundred and
nmety- ive, A. D. ^^^ ^ ^ ^ CUNINGHAM, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
(Sd.) ELGIN,
Viceroy and Governor-General of India.
This treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Simla, on the 20 th day of October A. D., one
thousand eight hundred and ninety-five.
(Sd.) W. J. CUNINGHAM, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 29.
Treaty with the Amir of D'thala.
Aus: Aitchison. Bd. XIII. Nr. LXVIll.
1.
There shall be peace and friendship between the British Govern-
ment and all the tribesmen, subjects and dependents of the Amir of
D'thala. The subjects of the British, and the people of D'thala and
its dependencies, shall be free to enter the territories of the other;
they shall not be molested, but shall be treated with respect at all
times and at all places. The said Amir of D'thala and other notable
persons shall visit Aden when they please. They shall be treated with
respect and be given passes to carry arms.
3«
— 36* —
II.
In compliance with the wish of the aforesaid Amir Shaif bin Sei
bin Abdul Hadi bin Hasan, the British Government hereby undertake
to extend to the territory of D'thala and all its dependencies the gra-
cious favour and protection of His Majesty the King-Emperor.
III.
The Said Amir Shaif bin Sef bin Abdul Hadi bin Hasan hereby
a.grees, and promises on behalf of himself, his heirs and successors,
and the whole of the tribesmen, subjects and dependents, under his
Jurisdiction, to refrain from entering into any correspondence, agree-
ment or treaty with any foreign nation or Power; and further promise
to give immediate notice to the Resident at Aden, or other British
officer, of any attempt, by any other power, to interfere with the terri-
tory of D'thala or any of its dependencies.
IV.
The Said Amir Shaif bin Sef bin Abdul Hadi bin Hasan hereby
binds himself, and his heirs and successors, for ever, that they will
not cede, seil, mortgage, lease, hire, or give, or otherwise dispose of,
the territory of D'thala, and its dependencies, or any other part of the
same, at any time to any power other than the British Government.
V.
The Said Amir Shaif bin Sef bin Abdul Hadi bin Hasan further
promises on behalf of himself, his heirs and successors, and all his
tribesmen, subjects and dependents, that he will keep open the roads
in the territory of D'thala, and its dependencies, and that they will
Protect all persons who may be going in the direction of Aden for the
purposes of trade, or returning therefrom.
VI.
The Said Amir Shaif bin Sef bin Abdul Hadi bin Hasan also en-
gages on behalf of himself, his heirs and successors, and all his tribes-
men, subjects and dependents to maintain the boundary which has
been demarcated by the Joint British and Turkish Commission, and to
Protect the boundary pillars.
VII.
Further the said Amir Shaif bin Sef bin Abdul Hadi bin Hasan
undertakes, on behalf of himself, his heirs and successors, to maintain
Order within the boundary of the territories of D'thala and its depen-
dencies, and to restrain his tribesmen, subjects and dependents from
creating disturbances either in his own territory, or in the country
beyond the boundary line, and from interfering with the tribes who
are subjects of the Turkish Government.
VIII.
In consideration of these undertakings and engagements the British
Government agree to pay to the said Amir Shaif bin Sef bin Abdul
Hadi bin Hasan, and to his successor, or successors, a monthly sum
of one hundred (100) doUars, the half of whidi\ is fifty (50) dollars.
— 37* —
IX.
To assist him in carrying out the obligations imposed by this
Treaty the said Amir, on behalf of himself and his successors, engages
to maintain a force of 50 men, or such less number as the Resident
may agree to. So long as this force is maintained in a state of effi-
ciency to the satisfaction of the Resident, the British Government agree
to pay to the said Amir Shaif bin Sef bin Abdul Hadi bin Hasan, and
to his successor or successors, a monthly sum of one hundred (100)
dollars, the half of which is fifty (50) dollars, this subsidy to be in
addition to that mentioned in Article VIII.
X.
The above Treaty shall have effect from this date. In witness
thereof the undersigned have affixed their signatures or seals at Aden
this twenty-eighth day of November one thousand nine hundred and four.
H. M. MASON, Major-General,
Resident in Aden.
CURZON,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort William on the 8*^ day of February A. D.,
one thousand nine hundred and five.
S. M. FRÄSER,
Officiating Secretary to the Government
of India in the Foreign-Department.
Nr. 30.
Treaty with Wahidi (Bir Ali).
April 30, 1888.
fiius : Aitcbison. Bd. XIII. Nr. LXIX.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of
the undersigned Mohsin bin Saleh bin Mohsin, Saleh bin Ahmed bin
Saleh, Abdalla bin Ahmed bin Saleh, Nasir bin Husain bin Mohsin,
Bubakr bin Husain bin Mohsin, Saleh bin Abdalla bin Saleh bin Mohsin,
'Ali bin Abdalla bin Saleh bin Mohsin, and Nasir bin Talib bin Hadi,
Sultans of the Wahidi tribe, hereby undertakes to extend to Bir Ali
and its dependencies, which are under their authority and Jurisdiction,
the gracious favour and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The said Mohsin bin Saleh bin Mohsin, Saleh bin Ahmed bin
Saleh, Abdalla bin Ahmed bin Saleh, Nasir bin Husain bin Mohsin^
Bubakr bin Husain bin Mohsin, Saleh bin Abdalla bin Saleh bin Mohsin,
'AH bin Abdalla bin Saleh bin Mohsin, and Nasir bin Talib bin Hadi,
agree and promise on behalf of themselves and their heirs and suc-
cessors to refrain from entering into any correspondence, Agreement,
or Treaty with any foreign nation or Power, except with the knowledge,
and sanction of the British Government; and further promise to give
immediate notice to the Resident at Aden, or other British officer, of
— 38* —
the nftempt by any other Power to interfere with Bir 'Ali and its
dependencies.
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at Bir
'Ali this 30th day of April, 1888.
A. Q. F. HOQQ, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Qovernor-General of
India in Council at Fort William, on the 26'^ day of February, A. D. 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 31.
Treaty with Wahidi (Balahaf).
April 30, 1888.
Aus: Aitcbison. Bd. Xlll. Nr. LXX.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of
the undersigned Hadi bin Saleh bin Nasir bin 'Abdalla bin Ahmed bin
Hadi on behalf of himself and his brothers Nasir bin Saleh, Ahmed
bin Saleh, Mohsin bin Saleh, Husain bin Saleh and Hason bin Saleh,
and Saleh bin 'Abdalla bin Ahmed bin Nasir bin 'Abdalla bin Ahmed
bin Hadi on behalf of himself and his brothers Ahmed bin Ali and
Bubakr bin Nasir, Chiefs of the Wahidi, hereby undertakes to extend
to Balahaf and its dependencies, whidi are under their authority and
Jurisdiction, the gracious favour and protection of Her Majesty the
Queen-Empress.
II. The Said Hadi bin Saleh bin Nasir bin 'Abdalla bin Ahmed bin
Hadi, on behalf of himself and his brothers, Nasir bin Saleh, Ahmed
bin Saleh, Mohsin bin Saleh, Husain bin Saleh, and Hason bin Saleh,
and Saleh bin Abdalla bin Ahmed bin Nasir bin Abdalla bin Ahmed
bin Hadi, on behalf of himself and his brothers Ahmed bin Ali, and
Bubakr bin Nasir, agree and promise on behalf of themselves, their
heirs and successors, to refrain from entering into any correspondence,
Agreement, or Treaty with any foreign nation or Power, except with
the knowledge and sanction of the British Government; and further
promise to give immediate notice to the Resident at Aden, or other
British officer, of the attempt by any other Power to interfere with
Balahaf and its dependencies.
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at
Bunder Balahaf, this 30th day of April, 1888.
A. G. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India, in Council at Fort William, on the 26*^ day of February, A. D. 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
— 39* —
Nr. 32.
Protectorate Treaty — Wahidi (Balahaf).
Aus: Aitcbison. Bd. XIII. Nr. LXXI.
Articie I.
The British Government in compliance with the wish of the under-
signed Säleh bin 'Abdalla bin Ahmed bin Näsir bin Abdalla bin Ahmed
bin Hädi, his cousin Ahmed bin Ali, his nephew Bubakr bin Näsir,
Ahmed bin Säleh bin Näsir bin Abdalla bin Ahmed bin Hädi, on be-
half of himself and his brother Nasir bin Säleh, and Husain bin Säleh
bin Näsir bin' Abdalla bin Ahmed bin Hädi, chiefs of the Wahidi, hereby
undertakes to extend to Balahaf and its dependencies whid\ are under
their authority and Jurisdiction the gracious favour and protection of
Her Majesty the Queen-Empress.
Articie II.
The said Säleh bin Abdalla bin Ahmed bin Näsir bin 'Abdalla
bin Ahmed bin Hädi, his cousin, Ahmed bin 'Ali, his nephew Bubakr
bin Näsir, Ahmed bin Säleh bin Näsir bin Abdalla bin Ahmed bin
Hädi, on behalf of himself and his brother Nasir bin Säleh, and
Husain bin Säleh bin Näsir bin 'Abdalla bin Ahmed bin Hädi, agree
and promise on behalf of themselves, their relations, heirs, successors
and the whole tribe to refrain from entering into any correspondence,
agreement or treaty with any foreign nation, power or person except
with the knowledge and sanction of the British Government, and
further promise to give immediate notice to the Resident at Aden or
other British officer of the attempt by any other power to interfere
with Balahaf and its dependencies.
Articie III.
The aforesaid chiefs of the Wahidi bind themselves, their relations,
heirs, successors and the whole tribe for ever that they will not cede,
seil, mortgage, lease, hire, or give or otherwise dispose of the terri-
tory of Balahaf and its dependencies or any part of the same at any
time to any foreign power or person other than the British Government.
Articie IV.
The above treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at
Aden, this fifteenth day of Mard\ one thousand eight hundred and
ninety-five.
JOHN JOPP, Brigadier-General,
Political Resident, Aden.
ELGIN,
Viceroy and Governor-General of India.
This treaty was ratified by the Viceroy and Qovernor-General of
India in Council at Simla, on the 10*^ day of June, A. D. one thousand
eight hundred and ninety-five.
(Sd.) W. J. CUNINGHAM, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
— 40» —
Nr. 33.
Protectorate Treaty Wahidi (Bir Ali).
Aus: Aitcbison. Bd. XIII. Nr. LXXII.
Article I.
The British Government, in con\pliance with fhe wish of the
undersigned Salih bin Ahmed bin Salih bin Munef; his brother Ab-
dulla bin Ahmed bin Salih bin Munef; his cousin Salih bin Abdulla
bin Salih bin Mohsin; his cousin Ali bin Abdulla bin Salih bin Mohsin;
his cousin Bubakar bin Husain bin Mohsin on behalf of himself and
his two Cousins, namely, Munef bin Nasir bin Husain and Nasir bin
Nasir bin Husain; his cousin Nasir bin Mohsin bin Salih bin Mohsin
on behalf of himself and his brothers Salih bin Mohsin and Husain
bin Mohsin; and his cousin Nasir bin Talib bin Hadi, Chiefs of
the Wahidi Tribe, hereby undertakes to extend to Bir Ali and its
dependencies whidi are under their authority and Jurisdiction the
gracious favour and protection of Her Majesty the Queen-Empress.
Article II.
The said Salih bin Ahmed bin Salih bin Munef; his brother Ab-
dulla bin Ahmed bin Salih bin Munef; his cousin Salih bin Abdulla
bin Salih bin Mohsin; his cousin Ali bin Abdulla bin Salih bin Mohsin;
his cousin Bubakar bin Husain bin Mohsin on behalf of himself and
his two Cousins, namely, Munef bin Nasir bin Husain and Nasir bin
Nasir bin Husain; his cousin Nasir bin Mohsin bin Salih bin Husain
on behalf of himself and his brothers Salih bin Mohsin and Husain
bin Mohsin; and his cousin Nasir bin Talib bin Hadi agree and
promise on behalf of themselves, their relations, heirs, successors
and the whole tribe to refrain from entering into any correspondence,
agreement or treaty with any foreign nation, power, or person, except
with the knowledge and sanction of the British Government, and
further promise to give immediate notice to the Resident at Aden or
other British officer of the attempt by any other Power to interfere
with Bir Ali and its dependencies.
Article III.
The aforesaid Chiefs of the Wahidi bind themselves, their relations,
heirs, successors, and the whole tribe for ever, that they will not cede,
seil, mortgage, lease, hire, or give, or otherwise dispose, of the terri-
tory of Bir Ali and its dependencies or any part of the same at any
time to any Foreign Power or person other than the British Go-
vernment.
Article IV.
The above Treaty shall have effect from this date.
In witness whereof the undersigned have affixed their signatures
or seals at Aden this first day of June one thousand eight hundred
and ninety-six.
(Sd.) W. B. FERRIS, Lieutenant-Colonel,
Acting Political Resident, Aden.
ELGIN,
Viceroy and Governor-General of India.
— 41* —
This treaty was ratified by the Viceroy and Qovernor-Qeneral of
India in Council at Simla, on the 29 th day of July, A. D. one thousand
eight hundred and ninety-six.
(Sd.) H. S. BARNES, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 34.
Treaty with Ka*^yti of Sheher and Mocalla.
May 1, 1888.
Aus: Aitcfjison. Bd. XIII. Nr. LXXVII.
Art. I. The British Government, in compliance with the wish of
the undersigned Abdalla bin Omar bin Awadth al Ka'yti on behalf of
himself, and his brother Awadth bin Omar al Ka'yti, hereby under-
takes to extend to Mokalla and Shihr and their dependencies, whidi
are under their authority and Jurisdiction, the gracious favour and
protection of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The Said 'Abdalla bin Omar bin Awadth al Kayti agrees and
promises on behalf of himself, and his brother Awadth bin Omar al
Ka'yti, and his and their heirs and successors, to refrain from entering
into any correspondence, Agreement, or Treaty, with any foreign nation
or Power, except with the knowledge and sanction of the British
Government; and further promises to give immediate notice to the
Resident at Aden, or other British officer, of the attempt by any other
Power to interfere with Mokalla and Shihr and their dependencies.
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at Shihr,
this ist day of May, 1888.
A. Q. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort William, on the 26th day of February, A. D. 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 35.
Agreement between the British Government and the Sultan of
Socotra. Non-cession of Island except to the British Government.
Assistance to Wredced Vessels.
January 23, 1876.
kusi Aitcbison. Bd. XIII. Nr. LXX.XI.
(Translation.)
Praise be to God alonel
The object of writing this lawful and honourable bond is that it
is hereby covenanted and agreed between Ali bin Abdulla bin Salem
— 42* —
bin Saad bin Afreer, Sultan of Socotra, on the one part, and Brigadier-
General John William Schneider, the Governor of Aden, on behalf of
the British Government, on the other part, that the said Ali bin Abdulla
bin Salem bin Saad bin Afreer, Sultan of Socotra, does pledge and bind
himself, his heirs and successors, never to cede, to seil, to mortgage, or
otherwise give for occupation, save to the British Government, the Island
of Socotra or any of its dependencies — the neighbouring Islands.
In consideration of the above covenant, the said Ali bin Abdulla
bin Salem bin Saad bin Afreer, Sultan of Socotra, has received from
Brigadier-General John William Schneider, the Governor of Aden, on
behalf of himself, his heirs, and successors, an immediate payment
of 3000 doUars (three thousand), and he, his heirs and successors,
shall further receive from the British Government a yearly subsidy
of 360 doUars (three hundred and sixty), it being understood that this
stipend imposes on the aforesaid Ali bin Abdulla bin Salem bin Saad
bin Afreer, Sultan of Socotra, his heirs and successors, the Obligation
of rendering assistance to any vessel, whether belonging to the British
or any other nation, that may be wrecked on the Island of Socotra,
or on its dependencies — the neighbouring Islands, and of protecting
the crew, the passengers, and the cargo thereof, for whidi acts of
friendship and goodwill towards the British Government a suitable
reward will also be given to Ali bin Abdulla bin Salem bin Saad bin
Afreer, Sultan of Socotra, and to his heirs and successors after him.
In token of the conclusion of this lawful and honourable bond,
Ali bin Abdulla bin Salem bin Saad bin Afreer, Sultan of Socotra, and
Brigadier-General John William Schneider, the Governor of Aden, the
former for himself, his heirs and successors, and the latter on behalf of
the British Government, do eadi, in the presence of witnesses, affix their
signatures on this 26thday of Zilhujjeh(A. H.)1292, corresponding with the
23«'d day of January (A. D.) 1876.
(Signature in Vernacular.)
J. W. SCHNEIDER, Brigadier-General,
Political Resident, Governor of Aden.
Her Majesty's Ship Briton, off Kisdieen.
23rd January, 1876. NORTHBROOK,
Viceroy and Governor-General of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India at Calcutta, on the Ist day of March, 1876.
T. H. THORNTON, Officiating Secretary
to the Government of India.
Nr. 36.
Treaty between Great Britain and Socotra, extending British Pro-
tection to Socotra and its Dependencies. Signed at Kishn.
April 23, 1886.
Aus: Aitcbison. Bd. XIII. Nr. LXXXII.
Art. I. The British Government, in compliance with the wish of
the Undersigned, Sultan Ali-bin-Abdalla, hereby undertakes to extend
— 43* —
to the Island of Socotra and its dependencies whidi are under his
authority and Jurisdiction the gracious favour and protection of Her
Majesty the Queen-Empress.
II. The Said Sultan Ali-bin-Abdalla agrees and promises, on behalf
of himself, his heirs and successors, to refrain from entering into any
correspondence, Agreement, or Treaty with any foreign nation or Power
except with the knowledge and sanction of the British Qovernn\ent;
and further promises to give immediate notice to the Resident at Aden,
or other British officer, of the attempt by any other Power to interfere
with the Island of Socotra and its dependencies.
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the Undersigned have affixed their signatures or seals, at
Kishn, this 23rd day of April, 1886.
(On behalf of Brigadier-General A. Q. F. Hogg, Political Resident
at Aden.)
CHAS. W. H. SEALY,
Second Assistant Resident.
DUFFERIN,
Viceroy and Qovernor-Qeneral of India.
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-Qeneral of
India in Council, at Simla, on the 23''d day of June, 1886.
H. M. DURAND, Secretary
fo the Government of India, Foreign Department.
Nr. 37.
Treaty with Mahri (Kishn). May 2, 1888.
Aus: Aitcbison. Bd. XIII. Nr. LXXXIII.
Art. I. The British Government in compliance with the wish of the
undersigned Sultan 'Ali bin'^Abdalla bin Salim bin Saad bin Afrir al Mahri,
hereby undertakes to extend to Kishn and its dependencies, which are
under his authority and Jurisdiction, the gracious favour and protection
of Her Majesty the Queen-Empress.
II. The Said Sultan Ali bin Abdalla bin Salim bin Saad bin Afrir
al Mahri agrees and promises on behalf of himself, his heirs and suc-
cessors, to refrain from entering into any correspondence, Agreement,
or Treaty with any foreign nation or Power, except with the knowledge
and sanction of the British Government; and further promises to
give immediate notice to the Resident at Aden, or other British
officer, of the attempt by any other Power to interfere with Kishn and
its dependencies.
III. The above Treaty shall have effect from this date. In witness
whereof the undersigned have affixed their signatures or seals at Kishn,
this 2nd day of May, 1888.
A. G. F. HOGG, Brigadier-General,
Political Resident.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of India.
_ 44* —
This Treaty was ratified by the Viceroy and Governor-General of
India in Council at Fort William on the 26 1^ day of February, 1890.
W. J. CUNINGHAM, Officiating Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 38.
Acte signe ä Maskate, le 14 juillet 1854, par l'Imaum de Maskate
pour la cession des lies Koria-Moria ä la Grande-Bretagne.
Aus: Nouveau Recueil General de Traites ...
Continuation du Grand Recueil de G. Fr. de Martens par Charles Samwer.
Tome XVI. Partie II. S. 126 ff.
(Traduction.)
From the humble Sereid Bin, Sultan, to all and every one who may
see this paper, whether Mohammedans, or others.
There has arrived to me from the powerful nation (England) Captain
Freemantle, belonging to the Royal Navy of the great Queen, requesting
from me, the (Jesair i bin Calfaim) Chorian Morian Islands, namely,
Helaaneea, libleea, Soda, Haski and Gourzoud, and I hereby cede io the
Queen Victoria the above mentioned Islands, to be Her possessions, or
Her heirs and successors after Her. In proof whereof, I have here-
unto affixed my signature and seal, on behalf of myself, and my son
after me, of my own free will and pleasure, without force, intimidation,
or pecuniary interest whatsoever.
And be the same known to all to whom these presents may come.
Done at Muscat, the 17th day of the month Shawal 1270 (14th July
1854.)
Given under my band,
(signed by the Imaum) "Sereid".
Nr. 39.
Grant by the Queen of Great Britain. July 15, 1856.
The Queen has been pleased, bylicence, dated 20th February, 1856,
+ to grant to John Ord, of Litherland, near Liverpool, late master
mariner, Joseph Hindson, and James Henshall Hayes, of Liverpool,
merdiants and brokers, their executors, administrators, and assigns,
the sole and exclusive right for the term of 5 years from the date of
such licence, to raise and take away guano, and other substances
capable of being used in manuring land, from the 3 Islands of Jibleea,
Haski, and Ghurzoud, in or near the Bay of Kooria Mooria, on the
south coast of Arabia, and to construct all sudi works or buildings as
may be necessary for that purpose, which said islands (with the Islands
of Halaaneea and Soda) were formerly part of the dominions of the
Imaum of Muscat, and were by his Highness ceded to Her Majesty,
her heirs and successors, in füll property and dominion.
— 45* —
ZU KAPITEL X.
Nr. 40. Verfrag der Brit. East India Co. mit Maskat von 1798.
, 41. Auszug aus Vertrag mit Maskat über Bender 'Abbäs vom
April 1856.
, 42. Treaty of peace in perpetuity (Trucial Treaty) vom 4. Mai 1853.
„ 43 a — e. Verträge mit verschiedenen Trucial-Häuptlingen von 1892.
„ 44. Briefe über Sdviedsgeridit von Lord Canning über 'Oman-
Zanzibar von 1861.
„ 45. Engl. Handelsvertrag mit Maskat vom 19. März 1891.
„ 46. Übereinkommen, daß Maskat keiner Nation außer England
Land abtreten will, vom 20. März 1891.
, 47. Freundschafts- und Handelsvertrag mit Frankreich vom 17. No-
vember 1844.
„ 48. England und Frankreich garantieren Unabhängigkeit von Maskat
und Zanzibar. 10. März 1862,
„ 49. Entscheidung des Haager Schiedsgerichts vom 8. August 1905.
„ 50. Sultan von Maskat erlaubt nur England den Abbau von Kohlen.
31. Mai 1892.
Nr. 40.
Translation of the Cowinamah, or written engagement
from the Imam of Muskat — 1798.
Aus: Aitd)ison. Bd. XIL Nr. LL
(L. S.)
Deed of Agreement from the State of the Omanian Asylum under the
approbation of the Imam, the Director Syud Sultan whose
grandeur be eternall to the High and Potent English Com-
pany, whose greatness be perpetuated as comprehended in the
following Articles :
Article L
From the Intervention of the Nawab Etmandi Edowla Mirza Mehedy
AUy Khan Bahadoor Hurhmut Jung never shall there be any deviation
from this Cowinamah.
Article II.
From the recital of the said Nawab my heart has become disposed
to an increase of the friendship with that State, and from this day
forth the friend of that Sircar is the friend of this, and the friend of
the Sircar is to be the friend of that; and, in like manner, the enemy
of that Sircar is the enemy of this, and the enemy of this is to be the
enemy of that.
Article III.
Whereas frequent applications have been made, and are still
making, by the French and Dutch people for a factory, i. e., to seat
themselves in either at Maskat or Qoombroom, or at the other ports
of this Sircar, it is therefore written that, whilst warfare shall con-
— 46* —
tinue between the English Company and them, never shall, from
respect to the Company's friendship, be given to them throughout all
my territories a place to fix or seat themselves in, nor shall they get
even ground to stand upon within this State.
Article IV.
As there is a person of the French nation, who has been for
these several years in my service, and who hath now gone in command
of one of my vessels to the Mauritius, I shall, immediately on his
return, dismiss him from my service and expel him.
Article V.
In the event of any Frend\ vessel coming to water at Muscat, she
shall not be allowed to enter the cove into which the English vessels
are admitted, but remain without and in case of hostilities ensuing
here between the Frendi and English ships, the force of this State
by land and by sea, and my people, shall take part in hostility with
the English, but on the high seas I am not to interfere.
Article VI.
On the occurrence of any shipwreck of a vessel or vessels apper-
taining to the English, there shall certainly be aid and comfort
afforded on the part of this Government, nor shall the property be
seized on.
Article VII.
In the part of Abassy (Goombroom) whenever the English shall
be disposed to establish a factory, I have no objection to their forti-
fying the same and mounting guns thereon, as many as they list, and
to forty or fifty English gentlemen residing there, with seven or eight
hundred English Sepoys, and for the rest, the rate of duties on goods
on buying and selling will be on the same footing as at Bussora and
Abushehr.
Dated Ist of Jemmadee-ul-Awul 1213 Hegira, or 12th of October 1798.
(L. S.)
Nr. 41.
Auszug aus dem Vertrag mit Maskat überBendr'Abbäs vom April 1856.
Aus: SaW'Ibti'Razik: tiistory of t\)e Imäms and Seyyids of ' Oman.
Transl. by G. P. Badger. 1871. S. XCIV.
The foUowing summary of the stipulations of this Treaty, which
is dated "in the month of Sha'abän, A. H. 1272" (April, 1856), is com-
piled from an Areibic version handed to the Editor by the Seyyid Thu-
wainy, in 1861: —
"Bunder-el-'Abbas and its dependencies, also the two maritime
islands (el-Kishm and Hormüz), together with 'Eisin, Täziyän, ShemTI,
Minau, and Biyabän, are declared to be places belonging to the Supreme
(Persian) Government, over whidi the Imäm of Maskat may appoint
deputies for the space of twenty years. The governor deputed by him
— 47* —
over Bunder-el-'Abbäs shall render obedience fo the Governor of Shiräz.
The rental of these places, including certain fixed gratuities. to be
16,000 tomäns."
The ditch round Bunder-el-'Abbäs to be filled up, and no other
to be dug there.
At the expiration of twenty years, these territories are to be
restored to Persia, with which power it will rest to decide whether
the farm shall be renewed to the Sultan of Maskat or not.
"Should the Governor of Pars or the Governors of Kermän, on
any important occasion, wish to dispatdi troops towards Cutdi (Gun-
dava), or Mekrän, or Beloodiistän, they shall be treated with the respect
due to Governors, and shall be supplied with provisions, guides, and
escorts."
Should the Governor of Shiräz complain against the Arab Governor
of Bunder-el-'Abbäs the Imäm shall immediately remove him, and
appoint another in his stead, who shall likewise be subject to the
Governor of Shiräz.
Bunder-el-'Abbäs and the adjacent Islands, and the other places
named, are assigned, in farm, to the Sultan of Maskat and his heirs
only. In default of heirs, these territories must revert to the Persian
Prime Minister.
While the territories above named shall remain in the hands of
the Sultan of Mäskat's officers, he shall not allow the agents of any
foreign Governments to pass through those places, and shall protect
them by ships of war, and otherwise, against secret treadiery and
open foreign invasion.
The Sultan of Maskat has not the right of transferring Bunder-
el-'Abbäs, or any of the aforenamed territories, to any foreign power,
even under the conditions stipulated.
Nr. 42.
Treaty of peace in perpetuity agreed upon by the Chiefs of the
Arabian coast in behalf of themselves their heirs and successors,
under the mediation of the Resident in the Persian Gulf.
4. May, 1853.
Aus: Nouveau Recueil General de Traites, ... Continuation du Grand
Recueil de G. Fr. de Martens par Cbarles Samwer. Tome XVI, Partie II,
S. 123 ff. — Aitdjison. Bd. XII. Nr. XLIII.
Whe, whose seals are hereunto affixed, Shaikh Sultan Bin Suggur,
Chief of Rasool Khymah: Shaikh Saeed Bin Tahnoon, Chief of Aboo-
thabee: Shaikh Saeed Bin Butye, Chief of Debaye; Shaikh Humaid
Bin Rashid, Chief of Ejman; Shaikh Abdoollah Bin Rashid, Chief of
Amulgavine.
Having experienced for a series of years the benefits and advantages
resulting from a maritime Truce contracted amongst ourselves, under
the mediation of the Resident in the Persian Gulf, and renewed from
time to time up to the present period; and being fuUy impressedi
— 48* —
therefore, with a sense of the evil consequences formerly arising from
the prosecution of our feuds at sea, whereby our subjects and depen-
dents were prevented from carrying on ths pearl fishery in security,
and were exposed fo Interruption and molestation when passing on
their lawful occasions ; accordingly, we, as aforesaid, have determined,
for ourselves, our heirs and successors, to conclude together a lasting
and inviolable peace from this time forth in perpetuity, and do hereby
agree to bind ourselves down to observe the following conditions :
I. That from this date, viz. 25 th Rujub 1269, 4th May 1853, and
hereafter, there shall be a complete cessation of hostilities at sea,
between our respective subjects and dependents, and a perfect maritime
truce shall endure between ourselves and between our successors
respectively for evermore.
II. That in the event, which God forbid, of any of our subjects or
dependents committing an act of aggression at sea upon the lives or
property of those of any of the parties to this agreement, we will im-
mediately punish the assailant, and proceed to afford füll redress upon
the same being brought to our notice.
III. That in the event of an act of aggression being committed at
Sea by any of those who are subscribers with us to this engagement,
upon any of our subjects or dependents, we will not proceed im-
mediately to retaliate, but will inform the British Resident, or the
commodore at Bassadore, who will forthwith take the necessary steps
for obtaining reparafion for the injury inflicted, provided that its oc-
currence can be satisfactorily proved.
IV. We further agree, that the maintenance of the peace now
concluded amongst us shall be watdied over by the British Govern-
ment, who will take steps to insure at all times the due observance
of the above Articles, and God of this is the best witness and guarantee.
(L. S.) Adoollah Bin Rashid, Chief of Amulgavine.
(L. S.) Humaid Bin Rashid, Chief of Ejman.
(L. S.) Saeed Bin Butye, Chief of Debaye.
(L. S.) Saeed Bin Tahnoon, Chief of the Beniyas.
(L. S.) Sultan Bin Suggur, Chief of the Joasmees.
Arnold Burrowes Kemball,
British Resident in the Persian Gulf.
Nr. 43.
Treaties between the British Government and certain Chiefs on
the Persian Gulf. March, 1892.
Aus: Treaties and Conventions ... betw. Great Britain and foreign
Powers. By Sir Edward Hertslet, 1895. Vol. XIX. S. 769 ff. —
Aitcbison. Bd. XII. Nr. XLIX.
a) Treaties with six Trucial Chiefs on the Arab Coast.
(1.) Treaty with Abu Dhabi. March 6, 1892.
I, Zaeed bin Khalifah, Chief of Abu Dhabi, in the presence of
Lieutenant-Colonel A. C. Talbot, C. I. E., Political Resident, Persian Gulf,
— 49* —
do hereby solemnly bind myself and agree, on behalf of myself, my
heirs and successors, to the following conditions, viz.: —
1«*. That I will on no account enter into any agreement or cor-
respondence with any Power other than the British Government.
2"d. That without the assent of the British Government, I will
not consent to the residence within my territory of the agent of any
other Government.
S^d. That I will on no account cede, seil, mortgage orotherwise give
for occupation any part of my territory, save to the British Government.
Dated Abu Dhabi, 6th Mardi, 1892, corresponding to 5*^ Shaaban,
1309, Hijri.
Signature of Zaeed bin Khalifah, Chief of Abu Dhabi.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col. LANSDOWNE,
Resident, Persian Gulf. Viceroy and Governor-General of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India, at Simla, on the 12th day of May, 1892.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
b) TREATY with Debai. Mardi 7, 1892.
I, Rashid bin Maktum, Chief of Debai, in the presence of Lieutenant-
Colonel A. C. Talbot, C. I. E., Political Resident, Persian Gulf, do hereby
solemnly bind myself and agree, on behalf of myself, my heirs, and
successors, to the following conditions, viz.: —
(See Treaty with Abu Dhabi. [1].)
Dated Debai, 7th March, 1892, corresponding with 8th Shaaban, 1309.
Signature of Rashid bin Maktum, Chief of Debai.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col., LANSDOWNE,
Resident, Persian Gulf. Viceroy and Governor-General of India.
Ratified by his Excellency the Viceroy and Governor-General of
India, at Simla, on the 12th day of May, 1892.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
c) TREATY with Ajman. March 7, 1892.
I, Homeid bin Rashid, Chief of Ajman, in the presence of Lieu-
tenant-Colonel A. C. Talbot, C, I. E., Political Resident, Persian Gulf,
do hereby solemnly bind myself and agree, on behalf of myself, my
heirs and successors, to the following conditions, viz.: —
(See Treaty with Abu Dhabi. [1.])
Dated Ajman, 7th Mardi, 1892, corresponding with 8*^ Shaaban, 1309.
Signature of Homeid bin Rashid, Chief of Ajman.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col., LANSDOWNE,
Resident, Persian Gulf. Viceroy and Governor-General of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India, at Simla, on the 12th day of May, 1892.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Hamburgische Forschungen. Heft I. (Anhang.) 4
— 50* —
d) TREATY with Shargah. Mardi 7, 1892.
1, Saggar bin Khalid, Chief of Shargah, in the presence of Lieu-
tenant-Colonel A. C. Talbof, C. I. E., Political Resident, Persian Gulf, do
hereby solemnly bind myself and agree, on behalf of myself, my heirs
and successors, to the following conditions, viz.: —
(See Treaty with Abu Dhabi. [1.])
Dated Shargah, 7thMardi, 1892, corresponding to 8'h Shaaban, 1309.
Signature of Saggar bin Khalid, Chief of Shargah.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col., LANSDOWNE,
Resident, Persian Gulf. Viceroy and Qovernor-General of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India, at Simla, on the 12tii day of May, 1892.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
e) TREATY with Ras-al-Khaimah. March 8, 1892.
I, Hamaid bin Abdullah, Chief of Ras-al-Khaimah, in the presence
of Lieutenant-Colonel A. C. Talbot, C. I. E., Political Resident, Persian
Gulf, do hereby solemnly bind myself and agree, on behalf of myself,
my heirs, and successors, to the following conditions, viz.: —
(See Treaty with Abu Dhabi. [1.])
Dated Ras-al-Khaimah, the 8th Mardi, 1892, corresponding with
9th Shaaban, 1309.
Signature of Hamid bin Abdullah, Chief of Ras-al-Khaimah.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col., LANSDOWNE,
Resident, Persian Gulf. Viceroy and Governor-General of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India, at Simla, on the 12th day of May, 1892.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
f) TREATY with Umm-al-Kawain, March 8, 1892.
I, Ahmad bin Abdullah, Chief of Umm-al-Kawain, in the presence
of Lieutenant-Colonel A. C. Talbot, C. I. E., Political Resident, Persian
Gulf, do hereby solemnly bind myself and agree on behalf of myself,
my heirs and successors to the following conditions, viz.: —
(See Treaty with Abu Dhabi. [1.])
Dated Umm-al-Kawain, 8'hMardi, 1892, corresponding with 9th Shaa-
ban, 1309.
Signature of Ahmad bin Abdullah, Chief of Umm-al-Kawain.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col., LANSDOWNE,
Resident, Persian Gulf. Viceroy and Governor-General of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India, at Simla, on the 12'^ day of May, 1892.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department
— 51 * —
Nr. 44.
Letter to His Highness Syud Thowaynee bin Saeed bin Sultan
of Muscat — 1861.
Aus: Aitcbison. Bd. XII. Nr. LIX.
Beloved and esfeemed Friend!
I adress Vour Highness on the subject of the unhappy differences
whidi have arisen between yourself and Vour Highness's brother, the
ruier of Zanzibar, and for the settlement of whidi Your Highness has
engaged to accept the arbitration of the Viceroy and Governor-General
of India.
Having regard to the friendly relations which have always existed
between the Government of Her Majesty the Queen and the Govern-
ment of Oman and Zanzibar, and desiring to prevent war between
kinsmen, I accepted the charge of arbitration between you, and in order
to obtain the füllest knowledge of all the points in dispute, I directed
the Government of Bombay to send an Officer to Muscat and Zanzibar
to make the necessary enquiries. Brigadier Coghlan was selected for
this purpose, an officer in whose judgment, intelligence, and impartiality
the Government of India reposes the utmost confidence.
Brigadier Coghlan has submitted a füll and clear report of all the
questions at issue between Your Highness and your brother.
I have given my most careful attention to each of these questions.
The terms of my decision are as follows:
Ist. — That His Highness Syud Majid be declared ruler of Zan-
zibar and the African dominions of His late Highness Syud Saeed.
2nd. — That the ruler of Zanzibar pay annually to the ruler of
Muscat a subsidy of 40000 crowns.
3""d. — That His Highness Syud Majid pay to His Highness Syud
Thowaynee the arrears of subsidy for two years, or 80000 crowns.
I am satisfied that these terms are just and honourable to both
of you: and as you have deliberately and solemniy accepted my arbi-
tration, I shall expect that you will cheerfully and faithfully abide
by them, and that they will be carried out without unnecessary delay.
The annual payment of 40000 crowns is not to be understood as
a recognition of the dependence of Zanzibar upon Muscat, neither is
it to be considered as merely personal between Your Highness and
your brother Syud Majid. It is to extend to your respective successors,
and is to be held to be a final and permanent arrangement, com-
pensating the ruler of Muscat for the abandonment of all claims upon
Zanzibar, and adjusting the inequality between the two inheritances
derived from your father, His late Highness Syud Saeed, the venerated
friend of the British Government, which two inheritances are to be
henceforward distinct and separate.
I am, Your Highness's
Sincere friend and well-wisher,
Fort William; (Sd.) CANNING.
The 2nd April 1861.
4*
— 52* —
To His Exalted Excellency Lord Canning,
Governor-Qeneral of India, etc., etc., etc.
In the name of the great GodI
After Compliments. — At a most propitious and favourable time
we were honoured with the receipt of your esteemed letter and were
highly gratified with its contents. What Your Excellency has stated is
most satisfactory to us, more especially as regards your award betwixt
US and cur brother Majid. We heartily accept the same and are at
a loss how to express our regret for having occasioned you so much
trouble, and our appreciation of the kindness whidi has been mani-
fested towards us in this matter. We thank Qod for your efforts on
our behalf, praying also that your good will may be rewarded and that
you may never cease to be our support. We further pray that our
sincere affection may always be towards the Great (British) Govern-
ment, and that it may increase continually: moreover, that your exalted
affection and noble solitude may always be exercised towards us, and
that we may never be deprived thereof. As regards our brother
Majid, we pray God during our life-time he may never experience
anything from us but kindness and hearty good will. Furthermore,
we rely implicitly on your arbitration between us (being carried out).
What your exalted Excellency may require in any way from your
attadied friend, a hint alone will suffice for its accomplishment, and
we shall feel honoured in executing it.
We pray finally that you may be preserved to the highest honours
and in the most perfect health. We send you the salutation of peace
as the best conclusion.
From your truly sincere friend, the servant of God, who confides
In him as the Giver of all good.
(Sd.) THOWAYNEE BIN SAEED BIN SULTAN.
5th of Eb-Kaada 1277. n c -)
15th May 1861. ^ ' ''
Nr. 45.
Traite d'amitie, de commerce et de navigation; signe ä Muskat
le 19 mars 1891.^
Aus: Nouveau Recueil general de traites ... Continuation du grand
recueil de G. Fr. de Martens. II. Serie. T. 18. 1893. S. 636 ff.
Aitcl?ison. Bd. XII. Nr. LXVI.
Parliamentary Papers presented to both Houses of Parliament by
Command of Her Majesty, May 1892. (C. 6638.)
Her Majesty the Queen of the United Kingdom of Great Britain
and Ireland, [Empress of India, and His Highness the Seyyid Feysal-
bin-Turki-bin-Saeed, Sultan of Muskat and Oman, being desirous to
conflrm and strengthen the friendly relations which now subsist between
the two countries, and to promote and extend their commercial rela-
» Les ratifications ont ete echang^es ä Muskat le 20 fevrier 1892.
— 53* —
tions, have named as their Plenipotentiaries fo conclude a Treaty for
this purpose, that is to say: —
Her Majesty the Queen of the United Kingdom of Qreat Britain
and Ireland, Empress of India, Colonel Edward Charles Ross, Com-
panion of the Star of India, Her Britannic Majesty's Political Resident
in the Persian Gulf;
And His Highness the Sultan of Muskat, in person;
Who have agreed upon and concluded the following Articles:
Article 1.
The Treaty concluded between the British Government and Sultan
Seyyid Saeed-bin-Sultan of Muscat and Oman on the 31st May, 1839
(17 Rabia Ist, 1255), is hereby cancelled and declared void, and the
present Treaty, when ratified, shall be substituted for it.
Article II.
Subjects of Her Britannic Majesty shall, for the purpose of this
Treaty, include subjects of native States in India in alliance with Her
Majesty. SuA subjects shall enjoy, immediately and unconditionally,
throughout the dominions of His Highness the Sultan of Muskat, with
respect to commerce, shipping, and the exercise of trade, as in every
other respect, all the rights, Privileges, immunities, advantages, and
protection of whatsoever nature, which are, or hereafter may be, en-
joyed by, or accorded to, the subjects or Citizens of the most favoured
nation.
They shall more especially not be liable to other or more onerous
duties, imposts, restrictions, or obligations of whatever description, than
those to whidi subjects or Citizens of the most favoured nation now
are, or hereafter may be, subjected.
Article III.
The two High Contracting Parties acknowledge reciprocally to each
other the right of appointing Consuls to reside in eadi other's domi-
nions wherever the interests of commerce may require the presence
of sudi officers; and sudi Consuls shall at all times be placed, in the
country in which they reside, on the footing of the Consuls of the most
favoured nations. Eadi of the High Contracting Parties further agree
to permit his own subjects to be appointed to Consular offices by the
other Contracting Party, provided always that the persons so appointed
shall not begin to act without the previous approbation of the Sovereign
whose subjects they may be. The public functionaries of either Go-
vernment residing in the dominions of the other, shall enjoy the same
Privileges, immunities, and exemptions which are enjoyed within the
same dominions by similar public functionaries of other countries.
Article IV.
There shall be perfect freedom of commerce and navigation between
the High Contracting Parties; each shall allow the subjects of the other
to enter all ports, creeks, and rivers with their vessels and cargoes,
also to travel, reside, pursue commerce and trade, whether wholesale
or retail, in eadi other's dominions, and therein to hire, purchase, and
— 54* -
possess houses, warehouses, shops, stores and lands. British subjects
shall everywhere be freely permitted, whether personally or by agent,
to bargain for, buy, barter, and seil all kinds of goods, articles of
import, or native production, whether intended for sale within the domi-
nions of His Highness or for export, and to arrange with the owner or
his agent regarding the price of all sudi goods and produce without
interference of any sort on the part of the authorities of His Highness.
His Highness the Sultan of Muskat binds himself not to allow or
recognize the establishment of any kind of monopoly or exciusive
privilege of trade within his dominions to any Government, Association,
or individual.
Articie V.
Subjects of Her Britannic Majesty shall be permitted, throughout
the dominions of His Highness the Sultan, to acquire by gift, purdiase,
intestate succession, or under will, or any other legal manner, land,
houses, and property of every description, whether movable or im-
movable, to possess the same; and freely to dispose thereof by sale,
barter, donation, or otherwise.
Articie VI.
His Highness the Sultan shall be permitted to levy a duty of entry
not exceeding 5 per cent. on the value of all goods and merchandize,
of whatever description, imported by sea from forcign countries into
His Highness' dominions. This duty shall be paid at that port in His
Highness' dominions where the goods are first landed, and, on payment
thereof, sud\ goods shall thereafter be exempt, within the Sultan's
dominions, from all other customs duties or taxes, levied by, or on
behalf of, the Government of His Highness the Sultan, by whatever
names these may be designated, and no higher import duty shall be
claimed from British subjects than that whidi is paid by subjects or
Citizens of the most favoured nation.
This duty, once paid, shall cover, from all other charges on the
part of His Highness the Sultan, goods of whatever description coming
from foreign countries by sea, whether these are intended for local con-
sumption or for transmission elsewhere in bulk or otherwise, and whether
they remain in the state in whidi they are imported or have been
manufactured.
There shall, however, be exempted from payment of all duty the
following, namely: —
1. All goods and merchandize which, being destined for a foreign
port, are transhipped from one vessel to another in any of the ports
of His Highness the Sultan of Muskat, or which have been for this
purpose provisionally landed and deposited in any of the Sultan's
custom-houses to await the arrival of a vessel in which to be reshipped
aboard. But goods and merchandize so landed shall be exempted only,
provided that the consignee or his agent shall have, on the arrival of
the ship, handed over the said goods to be kept under Customs seal,
and declared them as landed for transhipment, designating at the
same time the foreign port of destination, and also provided that the
Said goods are actually shipped for the said foreign port as originally
— 55* —
declared, within period not exceeding six months after their first Ianding>
and without having, in the interval, changed owners.
2. All goods and merdiandize which, not being consigned to a port
within the dominions of the Sultan, have been inadvertently landed,
provided that sudi goods are reshipped within a month of being so
landed and transported abroad. Should, however, sudi goods or merchan-
dize, here spoken of, be opened or removed from the custody of the
Customs authorities, the füll duty shall then be payable on the same.
3. Goals, naval provisions, stores, and fittings, the property of Her
Majesty's Government, landed in the dominions of His Highness for
the use of the ships of Her Majesty's navy.
4. All goods and merdiandize transhipped or landed for the repair
of damage caused by stress of weather or other disaster at sea, pro-
vided the cargo so disdiarged shall be reshipped and taken away on
board of the same vessel, or if the latter shall have been condemned,
or her departure delayed, in any other manner.
Article VII.
No article whatever shall be prohibitad from being imported into
or exported from the territories of His Highness the Sultan of Muskat,
and no export duties are to be levied on goods exported from those
territories except with the consent of the Government of Her Britannic
Majesty, such consent being subject to the conditions that may be laid
down in the notifications intimating the same.
Article VIII.
It is agreed and understood by the High Contracting Parties that,
in the event of an arrangement being entered into hereafter between
His Highness and the Powers having Treaty relations with Muskat, and
to which Great Britain shall be a consenting party, whereby vessels
entering the port of Muskat shall be charged with shipping, tonnage,
or harbour dues, such dues to be administered under the control of
a special Board for the improvement of the harbour and construction
and maintenance of lighthouses, &c.; nothing in the aforementioned
provisions shall be construed so as to exempt British vessels from
payment of such shipping, harbour, or tonnage dues as may hereafter
be agreed upon.
Article IX.
It shall be at the Option of the British subject in eacfi case to pay
the percentage duties stipulated in Article VI, either in cash, or, if the
nature of the goods allows of it, in kind, by giving up an äquivalent
amount of the goods or produce.
In the event of payment being made in cash, the value of the
merchandize, goods, or produce on which duty is to be levied, shall be
fixed according to the ready-money market price ruling at the time
when the duty is levied. In the case of foreign Imports, the value
shall be fixed according to the market price at Muskat, and in that of
native goods and produce by the market price at the place where the
merd\ants shall choose to pay the duty.
— 56* —
In the event of any dispute arising befween a British subject and
the Custom-house authorities regarding the value of sudi goods, this
shall be determined by reference to tvvo experts, eadi party nomi-
nating one, and the value so ascertained shall be decisive. Should,
however, these experts not be able to agree, they shall choose an um-
pire, whose decision is to be considered final.
Article X.
His Highness the Sultan of Muskat engages by the present Treaty
to provide and give Orders to his officials that the movement of goods
in transit shall not be obstructed or delayed in a vexatious manner
by unnecessary Customs formalities and Regulations, and that every
facility will be given for fheir transport.
Article XL
British vesseb entering a port in the dominions of His Highness
the Sultan of Muskat, in distress, shall receive from the local autho-
rities all necessary aid to enable them to revictual and refit so as to
proceed on their voyage.
Should a British vessel be wreAed off the coast of His Highness'
dominions, the authorities of His Highness shall render all assistance
in their power to the distressed vessel, in order to save the ship, her
cargo, and those on board; they shall also give aid and protection fo
persons saved, and shall assist them in readiing the nearest British
Consulate; they shall further take every possible care that the goods
so recovered are safely stored, and kept for the purpose of being
handed over to the owner, captain, agent of the ship, or British Consul,
subject always to rights of salvage.
His Highness' authorities shall further see that the British Con-
sulate is at once informed of such disaster having occurred.
Should a British vessel, wrecked on the coast of His Highness'
dominions, be plundered, the authorities of His Highness shall, as soon
as they come to know thereof, render prompt assistance and take
measures to pursue and punish the robbers, and recover the stolen
property. Likewise, should a vessel of His Highness the Sultan of
Muskat, or of one of his subjects, enter a British port in distress, or
be wrecked off the coast of Her Majesty's dominions, the like help and
assistance shall be rendered by the British authorities.
Article XII.
Should sailors or others belonging to a British ship of war or
merdiant-vessel, desert and take refuge on shore or on board of any
of His Highness' ships, the authorities of His Highness the Sultan of
Muskat shall, upon request of a Consular official, or, in his absence,
of the captain of the ship, take the necessary steps in order to have
them arrested and delivered over to the Consular official or to the
captain.
In this, however, the Consular officer and captain shall render
every assistance.
— 57* —
Article XIII.
Subjects of Her Britannic Majesty shall, as regards their person
and property, enjoy within the dominions of His Highness the Sultan
of Muskat the rights of exterritoriality.
The authorities of His Highness the Sultan have no right to inter-
fere in disputes with subjects of Her Britannic Majesty amongst
themselves, or between them and members of other Christian nations;
such questions, whether of a civil or criminal nature, shall be decided
by the competent Consular authorities. The trial and also the punishment
of all offences and crimes of which British subjects may be accused
within the dominions of His Highness the Sultan, also the hearing
and settlement of all civil question-, claims, or disputes in which they
are the defendants, is expressly reserved to the British Consular
authorities and Courts, and removed fron\ the Jurisdiction of His
Highness the Sultan.
Should disputes arise between subjects of His Highness the Sul-
tan or other non- Christian Power, not represented by Consuls at
Muskat, and a subject of Her Britannic Majesty, in which the British
subject is the plaintiff or complainant, the matter shall be brought
before and decided by the highest authority of the Sultan, or some
person specially delegated by him for this purpose. The proceedings
and final decision in such a case shall not, however, be considered
legal unless notice has been given and an opportunity afforded for
the British Consul or his Substitute to attend at the hearing and
final decision.
Article XIV.
Subjects of His Highness the Sultan, or any non-Christian nation,
not represented by Consuls at Muskat, who are in the regulär service
of British subjects within the dominions of His Highness the Sultan
of Muskat, shall enjoy the same protection as British subjects them-
selves.
Should they be charged with having committed a crime or serious
offence punishable by law, they shall, on sufficient evidence being
shown to justify further proceedings, be handed over by British
employers, or by order of the British Consul, to the authorities of
His Highness the Sultan for trial and punishment.
Article XV.
Should a subject of Her Majesty residing in the dominions of
His Highness the Sultan of Muskat be adjudicated bankrupt, the
British Consul shall taks possession of, recover, and realize all available
property and assets of such bankrupt, to be dealt with and distributed
according to the provisions of English Bankruptcy Law.
Article XVI.
Should a subject of His Highness the Sultan of Muskat resist or
evade payment of the just and rightful claims of a British subject,
the authorities of His Highness th- Sultan shall afford to the British
creditor every aid and facility in recovering the amount due to him.
In like manner the British Consul shall afford every aid and facility
— 58* —
to subjects of His Highness the Sultan of Muskat, in recovering debts
justly due to them from a British subject.
Article XVII.
Should a British subject die within the dominions of His Highness
the Sultan of Muskat, or dying elsewhere leave property therein,
movable or immovable, the British Consul shall be authorized to
collect, realize, and take possession of the estate of the deceased, to
be disposed of according to the provisions of English law.
Article XVIII.
The houses, dwellings, warehouses, and other premise of British
subjects, or of persons actually in their regulär service within the domi-
nions of His Highness the Sultan of Muskat, shall not be entered, or
seardied under any pretext, by the officials of His Highness without
the consent of the occupier, unless with the cognizance and assistance
of the British Consul or his Substitute.
Article XIX.
It is hereby agreed between the two High Contracting Parties that,
in the event of an agreement being hereafter arrived at between His
Highness the Sultan of Muskat and the various Powers with which
His Highness shall be in Treaty relations, including Great Britain,
which must be a consenting party, whereby the residents of a district
or town shall, without distinction of nationality, be made subject to
the payment of local taxes, for municipal and sanitary purposes, the
same to be fixed and administered by or under the control of a spe-
cial Board, nothing contained in this Treaty shall be understood so as
to exempt British residents from the payment of such taxes.
Article XX.
Subjects of the two High Contracting Parties shall, within the
dominions of each other, enjoy freedom of conscience and religious
toleration, the free and public exercise of all forms of religion, and
the right to build edifices for religious worship.
Article XXI.
The stipulations of the present Treaty shall be applicable to all
the Colonies and foreign possessions of Her Britannic Majesty so far
as the laws permit, excepting to those hereinafter named, that is to
say, except to —
The Dominian of Canada. — Newfoundland. — The Cape of
Good Hope. — Natal. — New South Wales. — Victoria. —
Queensland. — Tasmania. — South Australia. — Western
Australia. — New Zealand.
Provided always that the stipulations of the present Treaty shall
be made applicable to any of the above-named Colonies or foreign
possessions, on whose behalf notice to that effect shall have been
given by Her Britannic Majesty's Representative in Muskat to His
Highness the Sultan within two years from the date of exchange of the
ratifications of the present Treaty.
— 59* —
Article XXII.
The present Treaty has been executed in quadruplicate, two copies
being written in English and two in Arabic. These are understood to
be of similar import and signification; in the event, however of doubt
hereafter arising as to the proper Interpretation of the English, or
Arabic text of one or other of the Treaty stipulations, the English text
shall be considered decisive. The Treaty shall come into Operation
within one month after the date when the ratifications may take place.
Article XXIII.
After the lapse of twelve years from the date on which this Treaty
shall come into force, and on twelve months' notice given by either
party, this Treaty shall be subject to revision by Plenipotehtiaries
appointed on both sides for this purpose, who shall be empowered to
decide on and adopt such amendments as experience shall prove to
be desirable.
In witness whereof Colonel Edward Charles Ross, C. S.I., on behalf
of Her Majesty the Queen of Great Britain and Ireland, and Empress
of India, and His Highness Seyyed Feysal-bin-Turki, Sultan of Muskat,
on his own behalf, have signed the san\e and affixed thereto their
respective seals.
Done at Muskat, this IQth day of March, 1891, corresponding to
the 8th Shaaban of the year 1308 Hijreea.
EDWARD CHARLES ROSS, Colonel.
Political Resident in the Persian Qulf.
(Signatare in Arabic of His Highness the Sultan of Muskat.)
Protocol.
The Undersigned in proceeding to the exdiange of ratifications of
the Treaty signed at Muskat on the 19th Mardi, 1891, between Her
Majesty the Queen of Great Britain and Ireland, Empress of India,
and His Highness Seyyid Feysal-bin-Turki, Sultan of Muskat, have
agreed to the present Protocol, which shall have the same force and
validity as if it had been inserted in the body of the Treaty itself.
It is agreed that under Article XXIII of the said Treaty either of
the High Contracting Parties shall be at liberty, after the expiration of
twelve years from the date on which the Treaty has come into force,
to terminate the said Treaty at any time on giving twelve months' notice.
In witness whereof the Undersigned, duly authorized for the pur-
pose, have signed the present Protocol, in quadruplicate, and have
affixed thereto their seals.
Done at Muskat, on the 20th day of February, 1892.
A. C. TALBOT, Lieutenant-Colonel,
Political Resident, Persian Gulf.
(Signatare in Arabic of His Highness the Sultan of Muskat.)
— 60* -
Nr. 46.
A^eement regarding the cession of territory by the Sultan of Oman,
dated Mardi 20, 1891.
Aus: Aitcbison. Bd. XII. Nr. LXVII.
Praise be to GOD alone.
The object of writing this lawful and honourabia Bond is that it
is hereby covenanted and agreed between His Highness Seyyid Feysal
bin Turki bin Seyyid, Sultan of Muscat and Oman, on the one part,
and Colonel Edward Charles Ross, Companion of the Star of India,
Her Britannic Majesty's Political Resident in the Persian Gulf, on
behalf of the British Government, on the other part, that the said
Seyyid Feysal bin Turki bin Saeed, Sultan of Muskat and Oman, does
pledge and bind himself, his heirs and successors never to cede, to
seil, to mortgage or otherwise give for occupation, save to the British
Government, the dominions of Muskat and Oman or any of their
dependencles.
In foken of the conclusion of this lawful and honourable Bond
Seyyid Feysal bin Turki bin Saeed, Sultan of Muskat and Oman, and
Colonel Edward Charles Ross, Companion of the Star of India, Her
Britannic Majesty's Political Resident in the Persian Gulf, the former
for himself, his heirs and successors, and the latter on behalf of the
British Government, do eadi, in the presence of witnesses affix their
signatures on this ninth day of Shaaljan one thousand three hundred
and eight (A. H.) corresponding to the twentieth day of Mard\ (A. D.) 1 891 .
E. C. ROSS, Colonel, Signature of HIS HIGHNESS
Political Resident in the SEYYID FEYSAL BIN TURKI BIN SAEED,
Persian Gulf. Sultan of Muskat and Oman.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-Qeneral of India.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-Qeneral of
India, at Simla, on the twenty-third day of May 1891.
H. M. DURAND, Secretary
to the Government of India, Foreign Department.
Nr. 47.
Traite d'amitie et de commerce entre la France et les Etats de
Mascate en Arabie. Conclu et signe ä Zanzibar, le 17Novembre 1844.
Aus: Recueil de traites . . . par M. de Härtens. Tome VII. 1850. S. 623.
{Aitcbison. Bd. XII. Append. Nr. XLIX.)
(Les ratifications de ce Traite ont ete respectivement
ediangees le 4. Fevrier 1846.)
Art. 1. II y aura paix constante et amitie perpetuelle entre S. M.
l'empereur des Fran9ais, ses heritiers et successeurs, d'une part, et
S. A. l'iman de Mascate, ses heritiers et successeurs, d'autre part,
— 61* —
ef entre les sujets des deux Etats, sans exception de personnes ni
de lieux.
2. Les sujets de S. A. l'iman de Mascate pourront, en toute liberte,
entrer, resider, commercer et circuler en France avec leurs marchan-
dises. Les Fran^ais jouiront de la meme liberte dans les Etats de S. A. le
sultan de Mascate, et les sujets de diacun des deux pays auront recipro-
quement droit, dans l'autre, ä tous les Privileges et avantages qui sont
ou pourront etre accordes aux sujets des nations les plus favorisees-
3. Les Fran^ais auront la faculte d'acheter, de vendre ou de
prendre ä bail des terres, maisons, magasins, dans les Etats de S. A.
le sultan de Mascate. Nul ne pourra, sous aucun pretexte, penetrer
dans les magasins et autres proprietes, possedes ou occupes par des
Frangais ou par des personnes au Service des Fran9ais, ni les visiter
sans le consentement de l'occupant, ä moins que ce ne soit avec
l'intervention du consul de France.
Les Francais ne pourront, sous aucun pretexte, etre retenus contre
leur volonte dans les Etats du sultan de Mascate.
4. Les sujets de S. A. le sultan de Mascate qui seront au service
des Fran9ais jouiront de la meme protection que les Fran9ais eux-
memes; mais, si les sujets de S.A. sont convaincus de quelque crime
ou infraction punissable par la loi, ils seront congedies par les Fran9ai3
au Service desquels ils se trouveraient, et livres aux autorites locales.
Les hautes parties contractantes se reconnaissent reciproquement
le droit de nommer des consuls et agens consulaires pour resider
dans leurs Etats respectifs. Toutefois, ces agens ne devront entrer
en fonctions qu'avec l'exequatur du souverain dans les Etats duquel
ils resident. Ces agens jouiront des memes droits et prerogatives
que ceux de la nation la plus favorisee.
Les consuls et agens consulaires fran9ais pourront arborer le
pavillon fran9ais sur leur habitation.
6. Les autorites relevant de S. A. le sultan de Mascate n'inter-
viendront point dans les contestations entre Fran9ais ou entre des
Fran9ais et des sujets d'autres nations diretiennes. Dans les diffe-
rends entre un sujet de S. A. et un Fran9ais, la plainte, si eile est
portee par le premier, ressortira au consul fran9ais, qui prononcera
le jugement; mais si la plainte est portee par un Fran9ais contre
quelqu'un des sujets de S. A., ou de toute autre puissance musul-
mane, la cause sera jugee par S. A. le sultan de Mascate, ou par
teile personne qu'il designera. Dans ce cas, il ne pourra etre pro-
cede au jugement qu'en presence du consul de France ou d'une per-
sonne designee par lui pour assister ä la procedure. Dans les diffe-
rends entre un Fran9ais et un sujet de S. A. le sultan de Mascate,
la deposition d'un individu convaincu de faux temoignage dans une
occasion precedente sera recusee, soit que la cause se trouve appelee
devant le consul de France, soit qu'elle soit soumise ä S. A. le sultan
ou ä son representant.
7. Les biens d'un Fran9ais decede dans les Etats de S. A. le sultan
de Mascate, ou d'un sujet de son altesse decede en France, seront remis
aux heritiers ou executeurs testamentaires, ou, ä leur defaut, au consul
ou agent consulaire de le nation ä laquelle appartenait le decede.
— 62* —
8. Si un Fran9ais fait faillite dans les Etats du sultan, le consul
de France prendra possession de tous les biens du failli et les re-
mettra ä ses creanciers pour etre partages entre eux. Cela fait, le
failli aura droit ä une dediarge complete de ses creanciers. II ne
saurait etre ulterieurement tenu de combler son deficit, et l'on ne
pourra considerer les biens qu'il acquerra par la suite comme sus-
ceptibles d'etre detournes ä cet effet; mais le consul de France ne
negligera aucun moyen d'operer, dans l'interet des creanciers, la saisie
de tout ce qui appartiendra au failli dans d'autres pays, et de con-
stater qu'il a fait l'abandon sans reserve de tout ce qu'il possedait
au moment oü il a ete declare insolvable.
9. Si un sujet de S. A. le sultan de Mascate refuse ou elude le
paiement d'une dette envers un Francais, les autorites relevant de
S. A. donneront au creancier toute aide et facilite pour recouvrer ce
qui lui est du; et de meme le consul de France donnera toute assi-
stance aux sujets de S. A. pour recouvrer les dettes qu'ils auront ä
reclamer des Fran^ais.
10. Le droit ä percevoir sur les marchandises apportees par navires
fran9ais dans les Etats de S. A. le sultan de Mascate n'excedera point
cinq pour cent de la valeur; et si les n\archandises importees par
quelque autre nation etaient admises ä un droit inferieur, le benefice
de cette reduction est garanti aux produits similaires importes par
navires frangais. Moyennant l'acquittement de ce droit unique, les
navires fran^ais et leurs cargaisons seront affranAis de toutes taxes
d'importation, d'exportation, de tonnage, de licence, de pilotage, d'an-
crage et de toute autre taxe quelconque, soit ä l'entree, soit ä la
sortie. II ne sera exige aucun droit sur la partie de la cargaison qui ne
sera point debarquee, et si ces mardiandises sont ensuite transportees
sur un autre point des Etats de S. A. le sultan de Mascate, elles n'y
seront soumises ä aucun droit addltionnel ou plus eieve. Apres le
paiement au droit ci dessus mentionne, les mardiandises pourront etre
vendus en gros ou en detail, sans acquitter de nouveaux droits.
Aucune taxe quelconque ne sera exigee des navires fran9ais qui
entreront dans les ports des Etats de S. A. le sultan de Mascate pour
se reparer, faire des vivres ou connaitre I'etat du mard\e.
Les navires fran9ais jouiront de plein droit, dans les ports depen-
dant de S. A. le sultan de Mascate, de tous Privileges et immunites
accordes ä ceux de la nation la plus favorisee.
11. Aucun article quelconque de commerce ne sera prohibe, soit
ä l'importation, soit ä l'exportation, dans les Etats de S. A. le sultan
de Mascate; le commerce y sera parfaitement libre et ne sera soumis
qu'au seul droit d'importation autorise par l'article precedent et ä
aucun autre. Les Fran9ais auront l'entiere liberte d'adieter, de vendre,
ä qui bon leur ssmblera, dans toute l'etendue des domaines de S. A.,
et cette liberte ne pourra etre entravee par aucun monopole ou privi-
lege exclusif de vente ou d'adiat.
Toutefois, la France s'abstiendra de faire le commerce de l'ivoire
et de la gomme copale ä la cote Orientale d'Afrique, depuis le port de
Tangate, situe par 4°30' latitude sud, jusqu'au port de Quiloa, situe
par 7° au sud de l'equateur, ces deux ports inclus, jusqu'ä ce que
— 63* -
l'Angleferre, ou les Etats-Unis d'Amerique, ou toute autre nation chre-
tienne, aient la faculte de s'y livrer.
12. S'il s'eleve quelque contestation sur la valeur des mardian-
dises importees dans les Etats du sultan de Mascate, et sur lesquelles
le droit de cinq pour cent doit etre per^u, la douane aura le droit de
demander la vingtieme partie des mardiandises en nature au lieu du
paiement de cinq pour cent, et le negociant sera tenu de livrer le
vingtieme ainsi reclame, toutes les fois que la nature des mardian-
dises rendra praticable ce mode de paiement; mais le negociarit qui
aura acquitte ce droit n'aura plus rien a payer ä la douane pour les
dix-neuf autres vingtiemes de ses mardiandises, dans quelque partie
des Etats de S. A. le sultan da Mascate qu'il lui convienne de les
transporter; si la douane se refuse ä prelever le droit du vingtiemci
ou si les mardiandises ne comportent point ce fractionnement, le point
cn litige sera soumis ä deux personnes competentes, dioisies, l'une
par le d\ei de la douane, l'autre par le negociant, lesquelles evalueront
les mardiandises. Si les arbitres different d'opinion, ils nommeront
un tiers arbitre dont la decision sera definitive, et le droit sera pre-
leve d'apres la valeur ainsi etablie.
13. li ne sera point permis ä un negociant fran^ais de mettre ses
mardiandises en vente pendant les trois jours qui suivront leur arrivee,
ä moins qu'avant l'expiration de ce delai le negociant et le dief de la
douane ne soient tombes d'accord sur la valeur des mardiandises. Si,
dans l'espace de ces trois jours, le dief de la douane n'a point accepte
Tun des deux moyens indiques pour la perception du droit, les auto-
rites dependant de S. A. le sultan de Mascate devront, sur la demande
qui leur en sera faite, obüger la douane ä adopter Tun ou l'autre de
ces deux modes.
14. Si S. M. l'empereur des Fran^ais ou S. A. le sultan de Mas-
cate se trouvaient en guerre avec un autre pays, les sujets fran^ais
et ceux de S. A. le sultan pourraient, neanmoins, se rendre dans ce
pays, en passant par les Etats respectifs des deux puissances, avec
des mardiandises de tout genre, excepte des munitions de guerre;
mais ils ne pourront entrer dans aucun port ou place assiegee ou
soumise ä un blocus effectif.
15. Si un navire fran^ais en detresse entre dans un port dependant
de S. A. le sultan de Mascate, les autorites locales lui donneront toutes
facilites pour se reparer, se ravitailler et continuer son voyage.
Si un bätiment sous pavillon fran(;ais fait naufrage sur les cotes
des Etats de S. A., les naufrages seront accueillis avec bienveillance
et secourus; les autorites locales donneront tous leurs solns au sauve-
tage, et les objets sauves seront exactement remis aux proprietaires
ou au consul frangais. La meme assistance et la meme protection
sont assurees aux navires des sujets du sultan de Mascate qui feraient
naufrage sur les cotes de France.
16. Si des navires frangais etaient pris par des pirates autres que
des diretiens, et conduits dans les Etats de S. A. le sultan de Mascate,
l'equipage et les passagers de ces bätiments seraient remis, ainsi que
leurs cargaisons, entre les mains du consul ou de l'agent consu-
laire de France.
— 64* —
17. Les Fran^ais auront la facult^ de former, soit ä Zanzibar, soit
sur tout autre point des Etats de S. A. le sultan de Mascate, des
depots ou magasins d'approvisionnements de quelque nature que
ce soit.
18. Toute Convention negociee ou stipulee anterieurement au present
traite est de nulle valeur.
19. La presente Convention sera ratifiee, et les ratifications en
seront ediangees ä Mascate ou ä Zanzibar aussitot que possible, et,
au plus tard, dans l'espace de quinze mois, ä dater du jour de la
signature.
Fait ä Zanzibar, le 17 novembre 1844.
Pour S. M. l'empereur des Fran^ais
Signe: ROMAIN DESFOSSES.
(Cadiet de l'iman.) Signe: SEID.
Nr. 48.
Declaration between Great Britain and France, engaging reciprocally
to respect the Independence of the Sultans of Muscat and Zanzibar.
Signed at Paris, March 10, 1862.
Aus: Treaties and Conventions ... betw. Great Britain and foreign
Powers. By Edward Hertslet, 1877. Vol. XIII. S. 399.
{Aitd)ison. Bd. XII. Nr. LX, wo auch der französisd\e Parallel -Text
gegeben ist.)
Her Majesty the Queen of the United Kingdom of Great Britain
and Ireland and His Majesty the Emperor of the Frendi, taking into
consideration the importance of maintaining the independence of His
Highness the Sultan of Muscat and of His Highness the Sultan of
Zanzibar, have thought it right to engage reciprocally to respect the
independence of these Sovereigns.
The Undersigned, Her Britannic Majesty's Ambassador Extra-
ordinary and Plenipotentiary at the Court of France, and the Minister
Secretary of State for Foreign Affairs of His Majesty the Emperor of
the Frendi, being furnished with the necessary powers, hereby declare,
in consequence, that their said Majesties take reciprocally that en-
gagement.
In witness whereof, the Undersigned have signed the present
Declaration, and have affixed thereto the seals of their arms.
Done at Paris, the lOth Mard\, 1862.
(L.S.) COWLEY.
(L. S.) E. THOUVENEL.
Nr. 49.
Inhalt der Entscheidung des Haager Schiedsgerichtsspruchs
vom 8. August 1905.
Aus: Aitcbison. Bd. XII. S. 202.
1. That before the 2"d January 1892, France was entitled to
authorise vessels belonging to subjects of His Highness the Sultan
— 65* —
of Maskat to fly the French flag, only bound by her own legislation
and administrative rules;
2. Thaf owners of dhows, who before 1892, had been authorised
by France to fly the Frend» flag, retained this authorisation as long
as France renewed it to the grantee; and
3. That after the 2"^ January 1892, France was not entitled to autho-
rise vessels belonging to subjects of His Highness the Sultan of Maskat
to fly the French flag, except on condition that their owners, or fitters-
out, had established, or should establish, that they had been considered
and treated by France as her "proteges" before the year 1863; and,
with regard to the effect, transference or transmission of flags so
granted, it was decided,
(1) that dhows of Maskat authorised as aforesaid to fly fhe French
flag were entitled in the territorial waters of Maskat to the inviolabi-
lity provided by the Frendv Maskat treaty of November 17, 1884;
(2) that the authorisation to fh" the French flag could not be trans-
mitted or transferred to any other person, or to any other dhow, even
if belonging to the same owner; and
(3) that subjects of the Sultan of Maskat, who were owners or
masters of dhows authorised to fly the French flag, or who were members
of the crews of such vessels, or who belonged to their families, did
not enjoy in consequence of that fact, any right of exterritoriality which
could exempt them from the sovereignty, especially from the Juris-
diction of His Highness the Sultan of Maskat.
Nr. 50.
Translation' of an undertaking given [by the Sultan of Oman on
the 31st May 1902 to the British Political Agent at Muscat, regarding
the Sur coalfields.
Aus: Aitcbison. Bd. XII. Nr. LXIX.
After the usual compliments. — Regarding the communication you
made to me on the subject of the Qeologist's report and the views of
Government on the subject of the coal deposits, Your Honour is at
liberty to inform Government on my behalf, that for the present I have
no Intention of entering upon the work myself; and that in the future
if any Government or Company ask my permission to embark upon the
mining enterprise in question, I will not accord sud\ permission without
first communicating with Government, in order that they may themselves
take up the work with me if they feel so inclined. This is what had
to be written. May you be preserved.
Hamburgische Forsthungen. Heft I. (Anhang.)
— 66* —
ZU KAPITEL XI.
Nr. 51. Vertrag von England mit Bahrein vom 22. Dezember 1888.
„ 52. Vertrag von England mit Bahrein vom 13. März 1892.
Nr. 51.
Translation of Agreement signed by the Chief of Bahrein,
dated 22 "d December 1880.
I^us: Aitcbison. Bd. XII. Nr. XXXIll.
I, Isa bin Ali AI Khalifa, Chief of Bahrein, hereby bind myself
and successors in the Government of Bahrein to the British Govern-
ment to abstain from entering into negotiations or making treaties of
any sort with any State or Government other than the British without
the consent of the said British Government, and to refuse permission
to any other Government than the British to establish diplomatic or
consular agencies or coaling depots in our territory, unless with the
consent of the British Government.
This engagement does not apply to or affect the customary
friendly correspondence with the local authorities of neighbouring
States on business of minor importance.
The above Agreement is subject to the approval and acceptance
of His Excellency the Viceroy and Governor-General of India in
Council.
Signatare and seal of ISA BIN ALI.
L. S. Signatare and seal of AHMED BIN ALI.
Signed and sealed at Bahrein on the twenty-second day of De-
cember one thousand eight hundred and eighty in my presence.
(Sd.) E. C. ROSS, Lieut.-Col.
Political Resident, Persian Gulf.
The above Agreement was accepted and ratified by Her Britannic
Majesty's Government in 1881.
(Sd.) E. C. ROSS, Colonel,
Political Resident, Persian Gulf.
Nr. 52.
Exclusive Agreement of the Shaikh of Bahrein with the British
Government, dated the 13th March 1892.
Aus: Aitcbison. Bd. XII. Nr. XXXIV.
I, Esau bin Ali, Chief of Bahrein, in the presence of Lieutenant-
Colonel A. C. Talbot, C. I. E., Political Resident, Persian Gulf, do
hereby solemnly bind myself and agree, on behalf of myself, my heirs
and successors, to the following conditions, viz.: —
— 67* —
1 ®*. — That I will on no account enter into any agreement or
correspondence with any Power other than the British Government.
2nd. — That without the assent of the British Government, 1 will
not consent to the residence within my territory of the agent of any
other Government.
Srd. — That I will on no account cede, seil, mortgage or other-
wise give for occupation any part of my territory save to the British
Government.
Dated Bahrein, 13 thMard\ 1892, corresponding with 14th Shaaban 1309.
Signature of Esau bin Ali, Chief of Bahrein.
A. C. TALBOT, Lieut.-Col.,
Resident, Persian Gulf.
LANSDOWNE,
Viceroy and Governor-General of india.
Ratified by His Excellency the Viceroy and Governor-General of
India at Simla on the twelfth day of May 1892.
H. M. DURAND,
Secretary to the Government of India, Foreign Department.
ZU KAPITEL XIII.
Nr. 53. Auszug aus Vertrag von Erzerum zwischen Türkei und Persien
vom 28. Juli 1823.
, 54. Auszug aus Erklärung der Türkisch-Persisthen Kommission
vom 31. Mai 1847.
Nr. 53.
Traite de delimitation entre la Perse et la Turquie, faisant suite
au Traite de paix de 28 juillet 1823; signe ä Erzeroum,
le 31 (19) mai 1847.
Aus: Recueil de traites . . . par G. Fr. de Martens. Tome XX. 1875. S. 1.
Traduction.
Art. 1. Les deux Puissances Musulmanes arretent que les recla-
mations pecuniaires qu'elles avaient elevees jusqu'ä present, l'une
ä Charge de l'autre, soient totalement abandonnees; mais que nulle
atteinte ne soit portee par cet arrangement aux dispositions (prises)
pour le reglement des reclamations inserees dans l'article 4.
Art. 2. Le Gouvernement de Perse s'engage ä abandonner au
Gouvernement Ottoman tous les terrains plats, c'est-ä-dire, les ter-
rains de la partie occidentale de la province de Zohab; et le Gou-
vernement Ottoman s'engage de son cote ä abandonner au Gouverne-
ment Persan la partie Orientale, c'est-ä-dire, tous les terrains mon-
tagneux de la province de Zohab, avec la vallee de Kerrind.
Le Gouvernement Persan se desiste de toute espece de preten-
tion relative ä la ville et ä la province de Suleimanie, et s'engage
formellement ä ne jamais exercer nulle espece d'immixtion ni d'em-
5*
— 68* —
pietement par rapport au droit de la souverainefe du Gouvernement
Ottoman sur la dite province.
Le Gouvernement Ottoman s'engage formellement ä ce que la
ville et l'echelle de Mohammara, l'ile de Khizr, le lieu d'ancrage, et
aussi les terrains de la rive Orientale, c'est-ä-dire, de la rive gauche
du Schatt-ul-Arab, qui sont en la possession des tribes reconnues
comme relevant de la Perse, soient dans la possession du Gouverne-
ment Persan en pleine souverainete. Outre cela, les navires Per-
sans auront le droit de naviguer en pleine liberte sur le Sthatt-ul-
Arab, depuis l'endroit oü ce fleuve se jette dans la mer jusqu'au
point de contact des frontieres des deux parties.
Art. 3. Les deux Parties Contractantes ayant par le present
Traite abandonne leurs autres reclamations territoriales, s'engagent
ä nommer immediatement des deux cötes des Commissaires et des
Ingenieurs, afin que ceux-ci determinent les frontieres entre les deux
Etats d'une maniere conforme ä l'article precedent.
Art. 6. Les negociants Persans paieront en nature ou en argent
comptant les droits de douane pour leurs mardiandises, selon la
valeur actuelle et courante des dites mardiandises, et de la maniere
indiquee dans l'article relatif au commerce du Traite d'Erzeroum
conclu en 1238. On ne demandera rien (pas une piece de monnaie)
en sus du montant fixe dans le dit Traite.
Art. 7. Le Gouvernement Ottoman promet d'accorder les Privi-
leges necessaires pour que, en conformite des Traites precedents, les
pelerins Persans puissent visiter, en toute sürete et ä l'abri de toute
espece de vexation, les lieux saints qui se trouvent dans les Etats
Ottomans. Et, de plus, desirant raffermir et consolider les liens de
l'amitie et de la Concorde qui doivent subsister entre les deux Puis-
sances Musulmanes et entre leurs sujets respectifs, il s'engage ä
prendre les mesures les plus convenables ce que, de meme que les
pelerins Persans jouissent de tous les Privileges dans les Etats Otto-
mans, les autres sujets Persans aussi en participent, et que, tant
pour leur commerce que sous d'autres rapports, ils soient mis ä
l'abri de toute sorte d'injustice, de molestation, ou d'incivilite. Outre
cela, le Gouvernement Ottoman promet de reconnaitre les Consuls
qui seront nommes par le Gouvernement Persan dans tels endroits
des Etats Ottomans oü les interets commerciaux et la protection des
sujets et negociants Persans l'exigeraient ä l'exception de la Mecque
la veneree, et de Medine la resplendissante; et d'observer ä l'egard
des dits Consuls tous les Privileges dus ä leur caractere officiel et
qui sont observes envers les Consuls des autres Puissances amies.
De son cote, le Gouvernement Persan s'engage ä user en toute
d\ose de procedes reciproques, soit envers les Consuls qui seront
nommes par le Gouvernement Ottoman dans tels endroits de la Perse
oü ils seront juges necessaires, soit ä l'egard des sujets et negociants
Ottomans qui frequenteraient la Perse.
Art. 8. Les deux Hautes Puissances Musulmanes s'engagent ä
adopter et a mettre ä execution les mesures necessaires pour em-
— 69* —
pecher et reprimer les vols et les brlgandages des fribus et des autres
peuplades etablies sur les frontieres; auquel effet, elles placeront des
troupes dans les lieux convenables. Et elles s'engagent ä s'acquitter
de leur devoir quant a toute espece d'acte d'agression, tels qua pil-
lage, depredation, ou meurtre, qui aurait lieu sur leurs territoires
respectifs.
Les dcux Hautes Puissances laisseront une fois pour toutes ä la
libre volonte des tribus qui, leur Suzerain n'etant pas connu, sont
contestees, la faculte de dioisir et de designer les endroits oü dore-
navant elles demeureront toujours; et il est arrete qua les tribus dont
la dependance est connue, seront forcees de rentrer dans le territoire
de l'Etat dont elles relevent.
Nr. 54.
Translation of Articles of Agreement concluded at Erzeroom and
signed by the Turco-Persian Commissioners on the 31 »t May 1847.
^us: Aitcbison. Bd. XII. App. Nr. XVIII.
Article 2.
The town and port of Mohammerah, and the Island of Khiza, with
the anchorage, as well as so mud\ of the eastern bank of the Shut-el-
Arab as is occupied by tribes confessedly belonging to Persia, are to
remain in the possession of Persia, besides which Persians will enjoy
the complete liberty of navigating the Shut-el-Arab, from its mouth to
the point of contact of the two frontiers. Soolumaneeyeh will remain
in the possession of Turkey. In regard to Nohab, the Persian Govern-
ment setlles that all the mountainous portion with the pass of Kerrond
on its eastern part will be retained by it, and the piain of Nohab
whi(h forms the western portion, will be given over to Turkey.
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D3 Stuhlmann, Franz
ooo Der Kampf um Arabien
^^ zwischen der Türkei und England