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Vorwort.
Im Herbſte vorigen Jahres verbreiteten ſich
vage Gerüchte über Defraudationen bei den Armee—
lieferungen, deren Hauptſchuld den verſtorbenen
FML. Baron Eynatten treffen ſollte, welcher
beim Armee. Oberfommando das Verpflegsweſen
| während des Krieges leitete. Die Gerüchte nahmen
eine immer größere Konfiitenz an und erregten um
ſo größeres Aufſehen, als man mit ihnen die Unfälle
waͤhrend des Feldzuges in Italien und die ſchlechte
Verpflegung der Truppen in Verbindung zu bringen
ſuchte. I
Der Prozeß, deſſen Bild in den folgenden Blät-
tern entrollt werden fol, wird Auffchluß Darüber
geben, in wie weit die eben gedacgten Unia
8%
IV
gen ald begründet angenommen werben können.
Genug an dem, bie öffentliche Stimme, welche im
porigen- Fahre nach dem Kriege, wieder mit der ihr
eigenen Kraft aufzutreten begann, verlangte eine
rückſichtsloſe Unterſuchung des Gejchehenen und die
Auditoriate entwickelten in der That eine bemerkens-
werthe Thätigkeit.
Die Unterfuchung gelangte auf Spuren, welche
wirklich ftrafbare Handlungen des Baron Synatten
bermuthen ließen. Diefer geftand einen Theil fei-
ner Schuld und — entleibte fich. —
Dadurch wurde der Faden der von den Mili-
tärgerichten geführten Unterfuchung fo ziemlich ab-
geriffen und es hat den Anjchein, als ob alle Schuld
in der Perſon des Freiherrn von Eynatten fich
Fongentritt hätte. Wenigftens vernahm man nichts
bon militärifchen Komplicen des Chefs des Ber.
pflegswejens im Armee-Oberfommanpo.
Dagegen wurde mit großem Eifer nach jenen
Perſonen aus dem Zivilftande geforfcht, welche dem
Baron Eynatten bei feinem Verbrechen beigeftan-
den, ober ihn auf dasſelbe geführt haben falten.
V
Der Prozeß Eynatten mußte ſo immer grö—
ßere Dimenſionen annehmen, es entſtand der Ver—
dacht, daß der Direktor der Kreditanſtalt, Franz
Richter, nicht ohne Theilnahme an dem Gebahren
Eynatten's geweſen ſei. Mehrere Kaufleute in
Trieſt, welche bei den Lieferungsgeſchäften betheiliget
waren, wurden zur Verantwortung gezogen, ſpäter⸗
bin Richter und eine Anzahl Träger ehrenhafter
Firmen inhaftirt; der Finanzminiſter Freiherr von
Bruck als Zeuge vernommen und ſeines Amtes
enthoben, legte ſelbſt Hand an ſich. Die aufgeregte
öffentliche Meinung ſah die ganze Finanzverwal—
tung des Staats korrumpirt und man erwartete
von der bekannten ftrengen Gewiſſenhaftigkeit des
Öfterreichifchen Richterftandes, dab er eine Reihe von
großen Verbrechen gegen das Vermögen des Staa-
tes an den Tag bringen und der Beitrafung zufüh-
ren werde. Man wurde erft ruhiger, als man fabh,
daß mehrere der inhaftirten Kaufleute entlaffen -
wurden.
Dafür zog fich der Prozeß gegen Richter in die
Länge und dehnte ſich auf &ebiete aus, von Denen
vi
früher Feine Rede war; während das eigentliche,
anfangs als Ziel der Uinterfuchung betrachtete
Strafobieft immer mehr in den Hintergrund trat.
Nach fieben Monaten der Unterfuchung begann
“am 5. November 1860 diefer Prozeß, der einen fel-
tenen Umfang erreicht hat. Die Anklagefchrift
nimmt circa 32 %oliofeiten ein, ift ausnahms-
weiſe in der Staatsdrucerei gedruct und in
beinahe 40 Sremplaren aufgelegt und vertheilt
worden. |
Wir geben hier den Lauf des Prozeffes nach
der lebendigen Anjchauung und beginnen mit dem
Anklagebefchluß felbft, den wir nach dem amtlichen
Akte wörtlich mitteilen. | |
Anklagebeſchluß
— — —
Das k. £. Landesgericht in Wien bat kraft der ihm von Sr.
Apoftolifchen Majeſtät verlicehenen Amtsgewalt den Beſchluß
gefaßt: e8 werben |
I. a) Stang Richter, zu Buchau in Böhmen geboren,
‚52 Jahre alt, Latholifch, verehelicht, Vater von ſechs
Kindern, Mitbefiger zweier Spinnfabrifen, Haupt⸗
Direktor der k. k. privilegirten öſterreichiſchen Kredit⸗
anſtalt für Handel und Gewerbe und Beſitzer des
Ordens der eiſernen Krone 3. Klaſſe, wegen des theils
vollbrachten, theils verſuchten Verbrechens des Betruges
und des vollbrachten Verbrechens der Verleitung zum
Mißbrauche der Amtsgewalt, ſtrafbar nach den $$. 8,
34, 105, 197, 201/4 und 203 des St.-©.-B.; dann
b) Johann Krumbholz, zu Zleiffen, im Bezirke
MWilditein in Böhmen geboren, 32 Jahre alt, ledig,
evangelifcher Religion, Direktor und Prokuraführer der
8. Richter’fchen Fabrik am Smichow bei Prag, wegen
des vollbrachten Verbrechens bes Betruges, ftrafbar
nach den 66. 197, 201/d und 203 des St.⸗G. ⸗B.,
in den Anklageftand verſetzt;
u. Heinrich Bayer, aus Eger, in Böhmen geboren,
| 28 Jahre alt, Tatholifch, Tedig, gewefener Agent bes
Franz Richter, ift zur Schlußverhandlung als ber
Mebertretung der Verleitung zum Mißbrauche der Amts⸗
gemalt, ftrafbar nach 6. 311 des St.-&.:8., rechtlich
Befchuldigter vorzulaben.
UI Die Haft des Franz Richter und Johann Krumb⸗
bolz Bat nad) $. 156/a der Steafgrogehoriunung iati-
2 ’
zubauern und Heinrich Bayer ift auf freiem Fuße zu
belaflen;
IV. zur Schlußverbandlung find die in der beiliegenden
Lifte benannten Zeugen vorzuladen und bei derſelben
die Darauf verzeichneten Akten vorzulefen.
Grunde:
Zur Zeit des italieniſchen Krieges im vorigen Jahre war
der k. k. Feldmarſchall⸗Lieutenant und geheime Rath Auguſt
Freiherr von Eynatten Generaldirektor für die ökonomiſchen
Angelegenheiten, und zwar in biefen bie entfcheidende Perfön-
Tichkeit; vom 28. Mat bis 18. Juli v. I. war er auch Stell-
vertreter de8 Armee-Oberfommandanten.
Diefe Stellung ficherte ihm ſchon bei gewöhnlichen Ge⸗
fchäftsgange einen wichtigen Einfluß auf die Herbelfchaffung
der Armeebebürfniffe. Diefer Einfluß wurde aber noch bedeu⸗
tender, als bie im allerunterthänigften Vortrage des Armees
Oberfommando vom 18. April v. J. geftellte Bitte: „bei
- Sicherftellung ber Armeebebürfniffe von den für gewöhnliche
' Zeiten vorgefchriebenen Sicherftellungsmwegen abzugeben und
nah Maßgabe der Zweckmaͤßigkeit entweber mit ber Krebits
anftalt oder mit fonftigen foliden, bewährten und mohlhaben-
den Männern im vertraulichen Wege verhandeln & dürfen“
mit Allerhöchfter Entfchliegung vom 22. April v. 3. „für bie
Dauer der gegenwärtigen Verhaͤltniſſe“ allergnädigft genehmiget
wurde.
| Nach dem Ergebniffe der gerichtlichen Unterſuchung bat es
auch Freiherr von Eynatten an der Herbeifchaffung der Armees
bebürfniffe zwar nicht fehlen laſſen. Er hat jedoch hiebei auch
feinen und feiner Genoſſen, der Lieferanten, Nuben auf eine
für beide Theile ftrafbare Art und mit Verletzung feiner Amts-
pflicht verfolgt, fo daß feine Handlungsweiſe in mehrfacher
- Beziehung das Berbrechen bes Mißbrauches ber Amts⸗
gemalt begründet.
Als er am 4. Oktober v. 3. eine Urlaubsreife antrat,
erhob fich ſchon der allgemeine Ruf bes Volkes wider ihn mit
der Anfchuldigung, daß er fich grobe Unterſchleife habe zu
—— ommen laſſen.
3
Waͤhrend feiner Urlaubsreife wurde beffen Stelle eines
Generaldirektors anderweitig befeßt und er felbft deshalb durch
feine Gemalin telegraphifch zurüdberufen, worauf er am 3. De⸗
zember v. 3. wieder in Wien eintraf. Hier erbat er fich von
Sr. Majeftät eine abminijtrative Prüfung feiner Amtshand-
lungen, welche allerhöchit gewährt und vom Armee- Obers
tommando am 8. Dezember v. 3. angeordnet wurde.
An 15. und 17. Dezember wurde bereitd in Erfahrung
gebracht, daß für Freiheren von Eynatten bei der Krebitanftalt
vom 1. Dftober bis 4. Dezember v. I. 25 Stüd Nordbahn⸗
Altien, 22,000 fl. Metalliques und 12,000 fl. ungarifche
Srundentlaftungs-OÖbligationen hinterlegt wurden, wo fie im
Depofitenbuche, pag: 17, mit der Auffchrift „reines Depot“
vorgetragen waren.
Bei der fundbaren und polizeilich erhobenen Ueberſchul⸗
bung des Freiherrn von Eynatten und feiner Gemalin wurde
er zur Nachweifung, woher er das Vermögen erlangt, aufs
gefordert und am 17. Dezember v. I. vor einer friegsrechtlichen
Kommiffion vernommen. Er befannte, daß er fein eigenes
Bermögen befige und zu feiner Urlaubsreife ihm der Haupt⸗
Direktor der Kreditanftalt einen Kreditbrief auf 20,000 Franks
ausgeftellt, worauf er 4000 Franks erhoben habe. Zur Dedung
babe feine Semalin ihr eigenes Vermögen der Kreditanftalt
überlaffen.
Am 18. Dezember v. 3. erfchien in der Wohnung des -
Freiherrn von Eyn atten und feiner Gemalin, und zwar zur Ver⸗
nehmung der Letzteren, eine militärgerichtliche Kommiſſion.
Das von der Kreditanſtalt laut deren Büchern bereits am
4. Dezember v. J. erhobene Depoſitum war aber noch nicht
in obiger Wohnung, ſondern in perſoͤnlicher Verwahrung des
Franz Richter, der es am 4. Dezember v. I. erhoben, his
zum 20. Dezember v. J. bei fich behalten und erft am leßteren
Tage ber Baronin Eynatten in die Wohnung gefchidt Hatte.
Bei ihrer Vernehmung vom 18. Dezember v. 3. bemühte
fi die Baronin Eynatten, in Folge einer von ihrem Gemal
einige Augenblicke zuvor indgeheim erhaltenen Untermweijung,
das bei der Kreditanitalt hinterlegte Vermögen als ihr eigenes
barzuftellen und deſſen rechtlichen Erwerb nachzumeifen.
Insbeſondere behauptete fie die 2 Stüt Siaruusiu
4
Aktien durch Franz Richter um 40,000 fl. ankaufen laſſen
zu haben. |
Die Erhebungen ergaben die Unmöglichkeit eines folchen
rechtlichen Befites auf Seite der Baronin Eynatten. Anber-
feitö hat Franz Richter bei feiner gerichtlichen Vernehmung
vom 3. Jänner d. 3. erflärt, daß er berfelben im Juni
die 25 Stüf Nordbahn- Aktien Faufte und fie ihr im Juli um
34,000 fl., bie fie ihm gezahlt habe, einhändigte. Franz
Richter erbot fich auch feine Ausfage zu befchwören.
Jene Aktien wurden von Paul Schiff, Börſendirektor
ber Kreditanftalt, am 15. Juli v. I. zum Kurfe von 182.20,
alfo um 45,634 fl. 5 fr. ö. W. gefauft, auf den Konto »IJ. C.
Nitter« verbucht und am 16. Juli v. I. an Franz Richter
ausgefolgt.
Laut ber Bücher der Kreditanftalt wurben biefer für den
Ankauf obiger Aktien am 16. Juli 1859 20,000 fl., am
9. Auguft 1859 14,634 fl. 5 fr., am 22. Dezember 1859
10,000 fl. und am 12. März 1860 11,467 fl. 20 kr., mit-
hin zufammen 46,101 fl. 25 fr. 5. W. durch Franz Richter
gezahlt.
Obgleih Baron Eynatten, deſſen Gemalin und Franz
Richter beftändig heimliche Verabredungen unter fich Hatten,
und fich gegenfeitig ihre gerichtlichen Ausfagen mittheilten, fo
gerietben fie doch in unlösbare Widerfprüche und die Baronin
Eynatten befannte endlih, daß das bei der Kreditanitalt
hinterlegte Kapital nicht ihr Eigenthum fei. Freiherr von
Eynatten befannte aber,’ baß er es war, ber bem Franz
Richter einen Theil des Preiſes der 25 Stück Nordbahn-
Aktien und zwar mit 20,000 fl. bezahlte. Franz Richter
widerrief gleichfalls feine eideserbötige Ausfage vom 3. Jänner
d. J. und gab an, daß Baron Eynatten felbft ſchon zur Zeit,
als die Nordbahn⸗Aktien auf 130— 133 ftanden (was Enbe
April 1859 der Fall war), den Wunfch äußerte, 25 Stüd
Nordbahn für feine Gemalin aus deren Vermögen zu kaufen
und daß er im Monate Juni oder Juli 20,000 fl. brachte,
wofür ihm Richter 25 St. Nordbahn kaufte, welche er ber Frau
Baronin ins Haus fendete.
Der unausmweichlichen Aufforderung gegenüber, ben Erwerb
des Bermögend nachzuweiſen, ſah fich Freiherr v. Eynatten
5
gendthigt, Geſtändniß feiner Schuld dahin abzulegen, daß ihm
der feither flüchtig gewordene Hermanı Jung, ben er fchon zu
Berona während feines Aufenthaltes vom Jahre 1850— 1857
als Armee- Lieferanten fennen lernte, und welcher im Jahre 1855
eine Außsgleichung mit den Oläubigern der Frau Baronin
übernahm, mehrere Echulden derfelben bezahlte und fich hie-
Durch den Baron Eynatten felbit verbindlich machte, für einige
im Jahre 1859 beabfichtigte Lieferungen Tantismen verfprach
und folche für den Abfchluß des Vertrages vom 9. Juli v. J. auf
die Lieferung von 20.000 Dchfen im Betrage von 20.000 fl.,
für die Auflöfung dieſes Vertrages wieder 9000 fl., dann für
den angeblichen Abfchluß und die Auflöfung bes Vertrages mit
einem Triefter Lieferanten auf die Abnahme ber Häute und des Un-
ſchlittes von 36.000 Ochfen mit 10.000 fl., alfo mitdem Geſammt⸗
betrage von 39.000 fl. Oeſt. Whrg. auch wirklich ausbezahlte.
Abgeſehen davon, daß nicht erhoben werden fonnte, ob
Freiherr v. Eynatten nicht auch an andern Orten als bei ber
Kreditanftalt Geld oder Effekten hinterlegte, war durch obiges
Geſtändniß auch die Erwerbung des hei Teßterer hinterlegten
Vermögens noch nicht nachgemiefen. Er hat fich jedoch, nach-
dem er in feiner leßtwilligen Erklärung vom 7. März d. I. noch
befannt hatte, daß er fich fehwer vergangen habe, in der Nacht
vom 7. auf den 8. März db. 3. der Nothmwendigfeit einer
weiteren Nachweiſung und dem Geſtaͤndniſſe einer größeren
Schuld durch Selbſtmord entzogen.
Freiherr von Eynatten ließ fich durch Geſchenke zum Miß-
brauche der Amtögewalt verleiten. Derfelbe hat zwar nichtbefannt,
ein Geſchenk von Richter empfangen zu haben. Allein dag auch
leßterer den Freiherrn v. Eynatten beſtochen und das allerhöchſte
Aerar für ſich und in Verbindung mit Johann Krumbholz
ſowohl das Aerar als auch Private betrogen habe, geht aus
Folgendem hervor:
1. Das Verbrechen der Verleitung zum Miß-
brauche der Amtsgewalt, ſtrafbar nach $. 105 der Straf
prozeß=- Ordnung befteht darin, daß Franz Richter dein Frei—
bern v. Eynatten als E. f. Seneraldireftor und Stellver⸗
treter des Chefs des Armee⸗Oberkommando in Bällen der
Entfeheidung öffentlicher 2lngelegenheiten durch ein Geſchenk
von 26.101 fl. 25 fr. Deft. Whrg. zur Barteiliigtet um
6
zur Verlegung der Amtspflicht zu verleiten fuchte und wirklich
verleitete.
a. Daß Franz Richter dem Freiherrn v. Eynatten
‚obiges Geſchenk („cadeau«) machte, hat er felbft eingeftanden,
und ift auch aus den Büchern der Sreditanftalt erfichtlich. In
der Konfignation, welche Baron Eynatten bei dem Erlage der
Papiere überreichte, heißt es: »Staats⸗ und Aftien-Werthe,
dem Feldmarſchall⸗Lieutenant Freiherrn v. Eynatten gehörig. «
— Der Depofitenfchein vom 1. Oktober 1859, Nummer 29,
lautet auf »Se. Exzellenz Herrn Baron Eynatten, k. k. Feld⸗
marfchall-Lieutenant, wohnhaft in Wien,« und ift mit den Wor⸗
ten: »Geſehen — Richter,« unterfertigt.
Behauptet auch Richter (in feiner 353 —35ddjten Ant-
wort), daß er, da die20.000 fl. des Freiherrn v. Eynatten nur
12 Stück Nordbahn⸗Aktien deckten, bei dem Ankaufe der übrigen 13
Stück auf Zahlung rechnete und erft ſpäter dieſe Hoffnung fallen
ließ und bei fich die 13 Stüd ald „Cadeau« behandelte, fo hat
er doch früher (am 9. und 10. März) geftanden, daß Baron
Eynatten ſchon im April oder Mai fich äußerte, er möchte gern
25 Stück Nordbahn⸗Aktien kaufen, und daß er, Richter, des frü-
her geäußerten Wunfches des Baron Eynatten eingedenf, es
nunauf fih nahm, der Frau Baronin 25 Stüd Aktien zu
fenden. Er verficherte wiederholt, daß er fich bei dem Empfange
der 20.000 fl. entjchloß, den höhereht Kojtenbetrag aus Eigenem
zu tragen, da feine Verhaͤltniſſe es ihm geſtatten, der Familie
des Baron Eynatten ein ſolches Cadeau zu machen.
Nachdem Baron Eynatten vorher feinen Wunfch mit
der beftiminten Anzahl von 25 St. Nordbahn⸗Aktien ausſprach,
und zu einer Zeit, mo dieſe mehr ald 45.000 fl. Fofteten, zu
ihrem Einkaufe nur 20.000 fl. brachte, und Richter auch bie
25 Stüd kaufte, dem Freiherrn v. Eynatten fendbete und den
Reſt aus Eigenem bezahlte, ift e8 Elar, daß diefe beiden wenig
ſtens zur Zeit. des Ginfaufes der Aktien über Geben und Neh-
men des Geſchenkes vollkommen einverftanden wareı.
In ber bereits oben angeführten Antwort 353 bat Richs
ter fogar zugegeben, daß ihm Freiherr von Eynatten felbft
bei Einhändigung der 20.000 fl. fagte, er folle auch etwas
mehr Aktien nehmen, ald man um 20.000 fl. erhalte.
Fuͤnt auch Richter hier hei, baß Baron Eynatten die Bebin-
7
gung feßte, daß Richter ben Preis für biflig halte, ferners, daß
Baron Eynatten Ausgleihung mit dem Vermögen feiner
Frau verfprach: fo fonnte doch Richter über die Billigfeit des
Preifes ven Papieren, die einen täglichen Kurs haben, nie im
Zweifel fein und Fannte ficherauch Die allbefannte Vermögenslo⸗
figfeit der Bamilie Eynatten, deren Haupt felbft die 20.000 fl.,
die e8 zum Anfaufe der 25 Aftien beitrug, von Hermann
Jung während der Kriegslieferungen erhielt.
b. Daß Baron Eynatten eine der Beftechung zugäng-
liche Perfönlichkeit war, bat er ſelbſt befannt und ift durch bie
von Hermann Jung empfangenen Gefchenfe bewiefen.
Daß aber auch Franz Richter an öffentlich Bedienſtete
Geldgeſchenke zu machen fähig ift, hat er Dadurch bemiefen, daß
er feinem Agenten Sammel Kallberg in Prag eine Summe
von 583 fl. zur Befchenfung von Angeftellten ber dortigen
Monturs-Kommiſſion und den Heinrich Bayer zum Anfaufe
eined Kreditlofes für den Schneidermeifter der Stoderauer
MonturssKonmiffion anmwies und Bayer, wiewohl es Rich-
ter widerspricht, fich auch von diefem für ermächtigt erflärte,
den Angeftellten der Grazer und Stoderauer Monturs-Kom⸗
mifiton 254 fl. 70 fr. in Zigarren und in Geld zu ſchenken.
c. Segen Richter und fir den Thatbeftand der jträfli-
chen Geſchenkgebung fpricht fernerg feine falfche Verantwortung:
da er zuerft von ber Frau Baronin 34.000 fl. zum Ankaufe ber
Aktien erhalten haben wollte, dann aber zugab, daß der Baron
felbft und zwar nur 20.000 fl. brachte. Falſch ift auch die
Behauptung, daß Richter die Aktien durch Michael Angel,
feinen Bureaudiener, der Frau Baronin Eynatten in die Woh⸗
nung ſchickte, da ſich Angel zuerſt und ungeachtet wiederholter
Vernehmungen keiner ſolchen Sendung erinnern konnte und erſt
bei der Gegenſtellung das zugab, was ihm Richter vorſagte,
von der ganzen gerichtlich und eidlich vernommenen weib⸗
lichen Dienerſchaft der Familie Eynatten aber auch nicht Ein
Mitglied von einer folchen Meberbringung eines Packets etwas.
wußte, obgleich Michael Angel das Padet einer Frauensper⸗
fon, Kammerjungfer oder Stubenmädchen ber Frau Baronin,
übergeben haben will. Hiezu kommt noch, daß ungeachtet ein
und derſelbe Diener Angel bie beiden Mate, d.
und Dezember v. J., die Aktien überhradt Sohen N, Yen
8
über im Juli eine Empfangsbeftätigung ausgeftellt, im Des
zember aber eine folche verlangt und ertheilt wurde.
Die Verantwortung Richter's hierüber in feinem Ver—
höre ift voller Widerfpriche.
Daraus gebt deutlich hervor, wie falfch e8 ift, daß Richter
am 16. Juli v. I. der Frau Baronin Eynatten die Aftien
fenbete, daß er fie vielmehr dem Freiherrn v. Eynatten per-
fünlich übergab.
Mie Richter fich felbit Falfch verantwortete, fo verleitete er
. auch die Frau Baronin Eynatten zu falfchen Angaben; ja Bas
ronin Eynatten ſchrieb fich Richter’8 Ausfagen nach deſſen
Anleitung fogar auf, welche die Baronin auswendig lernen
mußte und bei ihrer gerichtlichen Vernehmung getreu und faſt
wörtlich wußte.
d. Für die gleich urjprünglich beabfichtigte Beftechung
fpricht ferner der Umftand, daß Franz Richter bemüht war, den
Anfauf der 25 Stück Nordbahn-Aktien zu verheimlichen. Er Tieß
fie auf „@. Ritter« buchen und nahın alle 25 Stud Aktien,
ungeachtet erjt 20.000 fl. darauf bezahlt waren, und fle nach den
Normen der Kreditanftalt bis zur gänzlichen Berichtigung des
Preiſes undder Nebenverbindlichkeiten hätten bei derfelben depo—
nirt bleiben follen, ſchon am 16. Juli v. 3. aus dem Depot.
In feinem Schlußverhöre geräth Richter in einen neuen
Widerſpruch mit feinen früheren Ausfagen, indem er fich bis zum
Tage feiner Verhaftung der Hoffnung hingegeben haben will, die
zurBeräußerung beſtimmten Staatspapiere der Baronin Eynat-
ten zu erhalten, und da ihm diefe nicht zufamen, die Mehrfoften
der durch die 20.000 fl. nicht gedeckt gewefenen, beiläufig 13
Stüd Aktien, ohne daß es urfprünglich feine Abficht geweſen
wäre, fich zu einem unfreiwilligen Cadeau für die Frau Baronin
geitaltet hättert. Allein abgefehen davon, daß Lebtere ausdrüds
lich erflärte, gar feinen Anspruch anf diefe Aktien zu haben, hat
doch Franz Richter felbit in feiner 28. Antwort ausdrüdlich er-
Härt: „ALS ich die 25 Stüd Nordbahn⸗Aktien kaufte, nahm ich
mir gleich vor, Daß ich die Differenz der Mehrkoſten auf mich neh⸗
men werde.< Er trat alfe ſchon mit dein Moment des Kaufes unter
Verſchweigung des Käufers als Hafter für den Kauf ein, und trat
für den Betrag von 26.101 fl. 25 Er. öft. W. auch als Zahler
anf, woran er ſchon am 9. Auguſt 14.634 1.5 tr. aud eigenem
Permögen zahlte.
9
Wie Richter den Ankauf der Aktien für Baron Eynats
ten verheimlichte, fo hielt er auch das Depot besfelben vom
4.—20. Dezember, fomit zu einer Zeit, ald das Militärgericht
gegen Eynatten bereits Unterfuchung führte, in feiner Pri-
vatverwahrung. Seine Angabe, als hätte er diefe Papiere nur
zum SHerabichneiden der Coupons, womit er fich für die
4000 Franks bezahlt machen wollte (mahrfcheinlich jener auf
Krebitbrief erhobenen), bei fich behalten, ift offenbar unrichtig,
da biezu nicht 16 Tage erforderlich find und Richter bei feiner
Vernehmung vom 17. Dezember v. J. angab, daß Breiherr
von Eynatten die auf den Kreditbrief erhobenen 4000 Franks
nach feiner Rückkunft theils durch mitgebrachte fremde Mün-
zen, theils in öfterreichifcher Währung vollkommen berichtigte,
wofür auch) von Eynatten’3 Brief ddo. 12. Dezember v. 9.
über Bezahlung von 1313 fl. 20 Er. fpricht.
Daß Richter's Abficht bei diefer Gefrhenfgebung feine
andere war, als bie, den Freihern von Eynatten mährend
der ärariſchen Kriegslieferungen des vorigen Jahres zum
Schaden des Aerars und zum Vortheile Richter’s zur Parteis
lichkeit und zur Verlegung der Amtspflicht zu verleiten, wird
aus der Darftellung der Bertragsabfchlüffe und der Lieferungen
nachgewieſen werden.
Mas nun diefe Lieferungen betrifft, an denen ſich Franz
Richter theild als Hauptdirektor der Kreditanfialt und im
Namen derfelben, theils als Privat und als foldyer wieder uns
mittelbar oder mittelbar betheiligte, fo ‚geht dießfalls aus
den Erhebungen hervor, daß er hiebei in vierfacher Eigenfchaft
auftrat und zwar als Vertreter der Kreditanftalt, als Agent, als
ſelbſtſtändiger Lieferant und endlich als Rathgeber des Armee-
Oberkommandos, in welch’ Teßterer Eigenfchaft ihn der damalige
Tinanzminifter Freiherr von Brud dem Feldmarſchall⸗Lieute⸗
nant Sreiheren von Eynatten an bie Seite gab.
Diefe Stellung bat Franz Richter fehr vortheilhaft für
ſich benüßt.
l. Schon am 21. April 1859 ſchrieb er feinem Fabriks⸗
direktor Krumbholz, „daß feine Berührungen mit den ent»
fheidenden Perfönlichkeiten ihm allen Vorſchub leiften werben,
um fein Webereiprojeft zu realifiren.“
Obgleich ex felbjt feinen Stofjvorrath harte ud ut in
10
Begriffe war, eine entfprechende Weberei zu errichten und obfchon
feine Spinnereien zur Leiftung des ganzen Garnbedarfes unzu-
laͤnglich erfchtenen, ging doch fein Hauptftreben dahin, die Liefe⸗
rung von ftarfen Baummollftoffen in feiner Hand zu vereinigen,
indem er fich zwifchen das Aerar und die Fabrifanten ſchob und
dieſe nur als Eublieferanten zuließ, indem er an Krumbholz
schrieb, »fie auf Beftellungen vom Aerar warten zu laffen, bie
ficher ausbleiben werden; fie werden dann ſchon bitten müffen.*
— Gr verpflichtete fie, ihm Provifionen und Skonto zu bezahlen,
obgleich er felbft vom Aerar die Bezahlung erhielt. Ueberdieß
nöthigte er fie, von ihm das Garn um einen erhöhten Preis zu
faufen, infomweit er e8 aber nicht felbit erzeugen könnte, fondern
die Sublieferanten e8 anderwärts kaufen mußten, ihm Doch bie
Hälfte des Preifes, um welchen fie anderwärts Garn billiger
fauften, als bei ihm, zu überlafjen.
2. Bezüglich der der Armee nothwendigen Zerealien war
er bemüht, deren Lieferung der Kreditanftalt als Kommiffionär
zuzuwenden. Wegen einer Zmwilchlieferung von 1'/, Millionen
Ellen wendete ſich Richter an das Ausland, ohne fich von der
Unmöglichkeit der Aufbringung im Inlande zu überzeugen,
ja vielmehr, obgleich die Lieferung von Zwilch im Inlande,
wie aus zahlreichen Berichten der Handelsfammer hervorgeht,
allerdings möglich gewefen wäre, wofür noch der Umſtand fpricht,
daß nad) dem Frieden von Villafranca ber ganze Zwilchbedarf
vom Inlande gedeckt wurde.
Mas zuförderft die Zerealien-Lieferungen betrifft, welche
geeignet find, Richter’8 Handlungsmeife, der fich dieſe Lieferung
zum größten Verdienft anrechnet, auf das richtige Maß zu ftellen,
kommt zu bemerken, daß diefes bedeutende Geſchäft, wobei es
Richter im Namen der Kreditanftaltübernahm, 4,300.000Mk.
Frucht und Hafer gegen Vergütung ber Auslagen und eine
Proviſion von 10 Neufreuzern per Meten zu liefern, »in rein
faufmännifcher Form,« ohne allen fchriftlichen Vertrag, daher
auch ohne Bezahlung eines Vertragsſtempels und ohne
Kaution, bloß nach mündlichem Mebereintommen zwifchen reis
bern v. Brudund Eynatten und Franz Richter durchge⸗
führt wurde. Aus Konzepten des Freiherrn von Eynatten
geht hervor, daß die drei Genannten beabfichtigten, die Rech⸗
nungen biefer Zerenlien-Lieferungen dem Treibern von Brud
11
vorzubehalten, der die Berichtigung ber Forderungen der Kredits
anftalt feiner Zeit im Einvernehmen mit dem Armee⸗Oberkom⸗
mando bejorgen follte.
Nach den Conto corrente der Kreditanftalt beträgt ihre
Forderung aus biejer Lieferung 15,369.827 fl. 17 Er. öfterr. W.
Zur Uebernahme der Rechnungen wurde der Chef des Central⸗
MilitärsRechnungsdepartements , Joſef Schultner, zu feis
nem Vorgeſetzten, dem Freiherrn v. Eynatten, befchieben, bei
welchem er auch den Direktor Richter traf. Herrn Schult⸗
ner und dem miterſchienenen Rechnungsrathe Ditman wur⸗
den die Rechnungen mit der Bemerkung vorgelegt, daß ihnen
ber Bertreter der Kreditanftalt den Zufammenhang aufklären
werde.
Ditman’d Frage nad den Preistabellen wurde von
Richter dahin beantwortet, daß dieſe nicht nothwendig feien;
Schultner's Trage nach dem angeblichen Vertrage, welcher
der Lieferung zu Grunde liege, ersegte fogar den Unwillen des
Sreiherm von Eynatten, welcher ihm wörtlich fagte: „Dieß
gehe ihn gar nichts an, u. ſ. w., er hätte die Rechnung bloß
ziffermäßig zu prüfen. — Da ber Oberkriegsbuchhalter Schults
ner angeſichts mehrerer bedenklicher Poſten eine eingehende Prüs
fung für feine Pflicht Hieli, verlangte er einen fchriftlichen Aufs
trag, die Rechnungen nur ziffermäßig prüfen zu dürfen, welchen
ihm Freiherr von Eynatten auch verfprach. Letzterer rief Dann
Herrn Schultner in fein Zimmer, benahm fich außerorbent-
lich freundlich und fagte ihm unter vier Augen, daß die Liefe⸗
sungen ber Kreditanftalt eine Winanzoperation bed Baron
Brud jei, wodurd der Staat viel Vortheil hatte; es komme
daher auf feine innere, fondern bloß ziffermäßige Prüfung an.
Einige Tage, nachdem Baron Eynatten feine Urlaubs
seije bereits angetreten hatte, erhielt Herr Schultner vom ER.
ArmersÖberfemmando den fchriftlichen Befehl, die Rechnungen
zu prüfen ohne die Befchränfung auf die bloße Ziffer. Die inzwis
fehen eingetretene Unterfuchung wider Breiherrn von Eynatten
und Richter ließ nun auch eine eingehenbere Prüfung ber
BerealienstieferungssRechnung wünfchenswerth erfcheinen, bie
von einer gemifchten Kommiffion unter Beiztehung eines Vertre⸗
ters der Kreditanftalt vorgenommen wurde. Das von den Lek-
teren im Rechtepunfte jelbft anerlannte Eraehuiy vos rung
12
war, daß die Kreditanitalt, abgefehen von anderen Poften, dem
Aerar 183.137 fl. 19 Er. öſterr. W. zu erfegen habe. — Wie
bei ber Aufrechnung zu Werke gegangen wurde, erhellt daraus,
daß dem Nerar beifpielsweife nicht bloß Die bedungene Pro⸗
viflon der Kreditanftalt, fondern überdieß namhafte Provifionen
der Angeftellten berfelben, wie z. B. für Jakob Lanyi, Dirigenten
ber Peſter Filiale, eine Provifion von 35.818 fl. 87 fr. u. ſ. w.,
ferner fogar der Stempel zur Provifiondqutttung der Anftalt
über 430.000 fl., d. i. 1357 fl. 50 fr. und diverfe Cadeaux,
beftehend in Tabaksdoſen und Schnupftabat, per 1023 fl. 75 kr.
aufgerechnet wurden.
Die Koften der Zerealien betrugen einschließlich der Fracht
nah Verona pr. Meben beim Weizen 15 fl., beim Korn
13 fl. 31 fr. und bei Gerſte und Hafer 8 fl. 63 fr. Wie viel
die Qualität zu wünfchen übrig Tieß, ift daraus zu entnehmen,
baß ber von ber Kreditanftalt felbft zur Mebergabe der Zerealien
an das Aerar beftellte Georg Hertl nur Ein Drittel des ge-
lieferten Oetreides als gut, zwei Drittel als mittelmäßig oder
fchlecht erklärte, wofür er übrigens von Lanyi und Richter
Vorwürfe erhielt. Nach den Befunde der Brüfungstommiffton
waren bie nach Italien fpebirten SHaferquantitäten berart
verunreinigt, daß die Unreinheitöprozente durchgehende das
fonft geftattete Maximum weit überftiegen, indem fie. 10°/, bes
trugen, jo daß das Aerar „nur allein für gelieferte und trans⸗
portirte Erde, Mift und fonft nicht verwendbare Artikel
327.000 fl. zu zahlen hatte.« Um weiters alle Beziehungen
Richter's zu den Ararifchen Lieferungen und deſſen ganze dießfäls
lige Gebahrung, ſowie die erlangten Vortheile darzuftellen,
werben bier auch alle jene Lieferungen vorgeführt, woran der⸗
felbe theils indirekt, theils direkt fich betheiligte, und zwar zu⸗
erſt jene ber indirekten Betheiligung. |
a) Nach Richter’3 Brief an Krumbholz müſſen Benes
dit Schroll und Söhne ſchon im April 1859 ais Lieferans
ten aufgetreten fein. Richter z0g aber Schroll an fih. Dies
fer mußte das Garn von Richter thener abnehmen, bafür
forgte aber Lebterer, daß das Aerar einen höheren Preis für
den Stoff zahlte.
Am 3. Mai 1859 fchrieb Richter an Krumholz,
SproIl Fönne erft dann abjchließen, wenn er, Rihter, mit
13
feinem Abfchluffe für das Aerar in Ordnung if; je nachdem er
den Preis für den Stoff bedinge, werde Schroll auch für das
Garn mehr als 36 Er. Kr. M. zahlen müffen. Dem Aerar ges
genüber trat Richter als Verkäufer von 5000 Stüd oder
250.000 Ellen Kalito a 13'/, kr. K. M. auf und machte den
Preis; in Wirklichkeit waren aber Schroll und Söhne bie
Berkäufer, von denen Richter die Waare, und zwar fehr ſchoͤne
Waare bezog und welche, das Garn zu 36 kr. K. M. be
rechnet, für die Elle Stoff 13 fr. K. M. verlangten.
Denn Richter fchrieb am 7. Mai 1859 an Krumb⸗
holz, er habe mit Schroll auf5000 Ellen à 13kr. K. M. abge:
fchloffen, der von ihm das Garn pr. 50.000 Pfund, a 36. KM.,
nehme; er mußte einen halben Kreuzer pr. Elle mehr zu ver-
vechnen und fo werde Schroll das Mehr von 25 fr. K. M. pr.
Srüd oder 2083 fl. K. M. dem Krumbholz, d. i. der Rich»
ter’fhen Fabrik an Smichow, zu vergüten haben. Diefe
Vreisdifferenz zwifchen dem Aerar und Schroll einerfeits und letz⸗
terem und Richter andererfeits wußte diefer bei dein förmlichen
Abſchluß mit Schroll am 21. Mai 1859 ‚in Rüdficht barauf,
baß zu einem Stüd Kalito 12'/, Pfund Garn nöthig find, das
mit zu verkleiden, daß zwar er dem Schroll gleichfalls 13° /, kr.
KM. per Elle zuficherte, Lebterer aber fich verpflichtete, von ihm
- 57.000 Bfund Garn und zwar um 38 fr. ftatt um 36 fr.
KM. abzunehmen, fo daß Richter ſchon hiedurch obige 25 Fr.
pr. Stüd, alfo 2083 fl. 20 fr. bei 5000 Stüd, gewann. Ueber⸗
dieß hatte er ſich 2°/, Kommiffionsgebühr und 1'/,/, Skonto
gegen Baarbezahlung ausbebungen, obgleich Das Aerar ohne
Skonto⸗Nachlaß auszahlte. Im Briefe vom 21. Mai fchrieb
auch Richter an Krumbholz, er habe fich bei Schroll noch
3/,/, für Kommiffion und Skonto gefichert. Diefe betragen von
250.000 Ellen zu 56.250 fl. 8. M. 1828 fl., hiezu obige
2083 fl. 20 kr., fo beträgt Richter’8 Gewinnſt bei Schroll
allein 3911 fl. 20 Er. öfterr. Währ.
b) Ein zweiter ähnlicher Fall war bei ber Lieferung von
10.000 Stüd Kaliko durch Nathan Hellmann.
Am 3. Mai 1859 fihrieb Richter an Krumbholz,
daß diefer Hellmann frage, ob er °/, breite Waare erzeuge,
von Garn Nr. 16 mit 15 Fäden Kette und Schuß pr.
] und wie viel ? Wenn er billig ſei, Tünne er, Tihter,
. 2 *
14
ihm vielleicht einen Auftrag von 5—10.000 Stüd & 50 Ellen
überreichen. Zugleich verlangte er wiederholt Brobe, nachdem
er fchon am 21. April zwei Probeftüde, ein rohes und ein
gebleichtes, verlangt hatte.
Am 13. Mai 1859 fchicte Krumbholz das verlaugte
Probeftüd, °/, breit, 15 Fäden Kette, Sarn Nr. 18 und 18
Fäden Schuß Wr. 20.
Am 16. Mat ſchrieb Richter an Krumbholz, er hoffe
für Hellmann ein bedeutendes Gefchäft. und darauf hin
große Sarnabichlüffe machen zu können. Gr foll fih daher
um die Garne von Leibitfehgrund (Richter's „zweiter Fabrik)
nicht bange fein laffen. Zugleich verlangte er nun bie Preisbe⸗
rechnung. Am 17. Mai notirte ihm Krumbtzolz ben; Preis
mit 20°/, fr. diterr. W. pr. Elle, ;
Am 17. präf. 18. Mai machte nun Nathan Hellmann
bei dem Armee⸗Oberkommando eine von Franz Richter mit-
gefertigte Lingabe, worin Hellmann ſich erbpt,. 10.000 Stück
rgben Kaliko, ''/,, Ellen breit, zu 50 Ellen a 14, u, 8. M.
ober 24/00 Fr. öſterr, W. gegen Baarzahlung von, Mitte
Juni Bis Mitte. Oftober nah Styderan und Prag zu ‚liefern,
Richter aber die Haftung für bie rishtige und vechtzeitige Liefes
rung übernahm und von Hellmann zugleich;esmächtiges wurde
den Kontrakt sanzuftogen«, mit bein Armee⸗Oberkommando bie
Abrechnung zu beforgen und die Gelder in Empfang zu nehmen.
In einer Nachſchrift erflären Beide, daß ſie zwei. Muſter
zur Wahl des Armee⸗Oberkommandos vorlegen. Denſelben.
Tag, 17. Mai, alfo bevor es protokollirt wurde, ſchrieb Freiherr
von Eynatten unter das Offert, er genehmige dieſe Lieferung,
zur beiläufigen Hälfte von jedem der zwei Muſter.
‚. In ber hierüber erflojjenen. Erledigung von Seite des
Armee-Oberfommandos vom 18. Mai v. 3. wurde ber Monturs-
Kommiſſion in Stoderau vorgetragen, nach obigen Bedinguns
gen für fih und die Monturs-Kommiſſion in Prag den Kon-
trakt zu errichten. Stoderau erhielt die beiden verfiegelten Mu⸗
ſter 1 und 2, welche nur in Hinficht der Qualität des Stoffes
zur Richtſchuur zu dienen hatten; der Kaliko ſei zu Leintüchern
zu verwenden.
Auf Grund dieſes Armee⸗Oberkommando-Erlaſſes wurde
der AÆAontraft vom 29. Juni zwiſchen obiger KHaupttoms
15
miſſion und Hellmanır unter der Bedingung, daß er für dem
Kontrahenten fchon am: 29. Juni unwiderruflich, für die kon⸗
teahirende Monturskommiffion aber erſt vom Tage” der ho⸗
ben Ratififation an ' verbindlich. fei, dahin: abgefchloffen, baß
Hellmann fih verpflichtete, 500.000 Ellen :ungebleichten
Kaliko 1'/,, breit, dem Mufter volllommen entiprechend, bie
Ele zu 24°°/, .. Neukreuzer gegen Kaution von 6235 fl. in ber
Zeit nah Mitte Juni bis Mitte Oktober. 1859. je: zur Hälfte
nah Stederan und Prag in die Kommiffionshänfer zu Tiefern.
Schon am 17. Mai fchrieb Richter an Krumbholz:
„Heute habe ich für Sie und Hellmann einen Abfchluß con
10.000 Stüd ftarfer Waare gemacht, wozu 120— 130.000 Pf.
Garn noͤthig find, das durchaus Leibitſchgrund liefern muß.
Die Waare Hat ftatt %/, bloß breit zu fein.« Im Briefe
vom 18. Mat fchrieb Richter bem Krumbholz, »er babe für
ibn 2500 Stüd vom Juli bis halben Oktober übernommen,
die Lieferung habe aber insgefaımmt durch Hellmann zu ges
ſchehen, jedoch empfängt er für dieſes Gefchäft feine Proviſion.“
Der Garnbedarf Hellmann’s für bie eritlichen 7500 Stüd be
trage 100.000 PfvNr.'?/, „„bieerifmum3EH.KE.M.pr.Pfd. He
fere.“ Schon bei diefer Lieferung wies RichterKrumbholz an,
»falls e8 die Arbeit in feiner Weberei erleichtere,
auf Zoll einen Soden weniger Schuß geben zu
können, bafür aber ſtatt Garn W. 20: Sarıı Ir: 18
verwenden: zu.müffen«e .
Da Krumbholz'am 19. Mi: erwiederte, daß er 2500
Stüd binnen 10Wochen fertig Haben und zum gegebenen Termine
3500 Städ zu Stande bringen werbe, fchrieb ihm Richter denfel«
ben Tag, er werbe bei biefen Umftänben für ihn, d. 1. Richter,
noch einen Abſchluß von 2500 Stüd erzwingen. — Aus Rich⸗
ter’8 Büchern iſt zu entnehmen, daß er zu dieſer Hellmann’fchen
Lieferung 2494 .Stüd per 123.651°/, Ellen toben Kaliko
&:24°°/.,., zuſammen per 30.826 fl. 38 fr. dfterr. Währung
geliefert und Hellmann von ihm das Garn zu 38 fr. K. M.
ober 66'/, fr. Öfterr. Währung abnahm. — Die Menge Garnes
ift zwar bier aus ben Büchern nicht erfichtlih, weil fih Hell
mann aud an ber großen Richter’ichen Lieferung von vier
Midionen Ellen betheiligie, und auch biezu Garn van Richter
bezog: Mechnet man jeboch 25 k..per Stud, wet Shrsüi,
16
jo beträgt Richter’8 Gewinn am Garnhandel zu ben 7506
Stüd Hellmann's 3127fl.50 fr. K. M. oder 3284 |1.37'/, tr
oͤſt. W. Richter ſelbſt gefteht in feiner 173. Antwort, daß er ſich
bei Hellmann im vorhinein, das tft vor Veberreichung des
Dffertes, bie Theilnahme an ber Lieferung ausbebungen habe, und
gibt einen Gewinn von 5622 fl. 22 fr. bei dieſem Gefchäfte zu.
Der Gewinn mußte defto größer ausfallen, je mehr das
Garnerſparniß beträgt, als die Mehrauslagen für das niedere _
Garn Ar. 18 ftatt Nr. 20.
Fun folgen jene Sieferungen, bei welchen ich Franz Riche
ter direkt betheiligte.
Nachdem Richter, der zu Smichow und Leibitfchgrund
Baummwollfpinnerei s Yabriten mit Regulators Webftühlen bes
fißt, die Initiative ergreifend, bem Freiherrn von Eynatten die
BDerwendung von Baummwollmaaren (Kalito) ftatt der bisher
üblichen Leinwand für bie militärifche Montirung empfohlen
hatte, wurbe vom hoben ArmeesÖberfommando laut Kommifs
flond-Protofoll vom 20. April 1859, 3. 3929, der Beichluß
gefaßt, ftatt der Leintücher und Strobfadleinwand oben unge:
bleichten Kaliko von starker, feiter Sattung, welcher im Preiſe der
Strohſackleinwand angemefjen iſt, zu wählen.
Indeß hat Franz Richter fchon für die Mufter geforgt und
2 mit littera a und Nr. 2 bezeichnete für Leintücher, eines aber
mit Nr. 3 bezeichnet für Strohfäde vorgelegt. Der Bedarf zu
Leintüchern wurde von der Kommiflion laut Protokoll vom
5. Mai 1859 auf 300.000 Ellen angegeben und die beiden
Richter’fchen Muſter a und Nr. 2 in der Breite von 1'/,, Ellen
à bis 13 kr. K. M. für geeignet erklärt. Da von littera a bereits
50.000 Ellen vorhanden waren, follte von Nr. 2 ein Liefe-
rungsvertrag von 250.000 Ellen gefchlofjen werben.
Für Strohſäcke wurde in Ermanglung eines entiprechenden
Surrogates das Richter’fche Mufter Nr. 3 bis zur Erlangung
vollkommen ent|prechender Stoffe für annehmbar erklärt, und
zwar mit dem Beifügen, baß hier DieBreite nicht unter 1°/, , EN.
fein dürfe, das Mufter daher Tediglich zur Beustpeifung der
Qualität diene,
Der Bebarf fei 300.000 Ellen a 13 kr. 8. M. Tags
darauf, am 6. Mai, erklärte fih Richter. im Kommiſſions⸗
vrotofole bamit einverftanden, jedoch mit Ausnayme des Vreikes
17
für bie Strohfadleinwand mit ber Breite von 1 und 1’/, Ellen,
worüber er morgen beftimmte Auskunft ertheilen werde.
Am 7. Mai nun gab er feine Erflärung bahin ab, daß
es von Mufter Nr. 3 zu Strohfäden 2—3000 Stüd, je 1000
für Gratz, Stoderau und Brünn, die Elle zu 14'/, fr. K. M.
zu liefern bereit fei. DieWorte »*/, breit« find vor dem Worte
»Kaliko“ oberhalb der Linien eingefchaltet, und zwar anſchei⸗
nend mit fehwärzerer Tinte, fo daß dieſe Angabe der Breite erft
nachträglich in's Protokoll eingefeßt worden fein dürfte. Wie
gejagt, feste Baron Eynatten feine Oenehmigung ſchon am
7. Mai unter das am 8. erhibirte Protokoll und ermächtigte
bie Monturs⸗Hauptkommiſſion in Stederau vom Richter’jchen
Mufter A 1000 Etüd mit 50.000 Ellen, 1'/,, Ellen breit
à 13 kr. K. M. oder 22'%/, , Neufreuzer auf Handeinkauf zu
übernehmen und nach Muſter 3 als Surrogat für Strobfadleins
wand auf 3000 Etüd a 50—60 Ellen Kaliko, 1 Elle breit
a14'/, fr. K. M. oder 25°°/,,, Neukreuzer per 1000 Stüd für
Gratz, Stoderau und Brünn einen Lieferungsvertrag abzus
ſchließen.
Richter aber wurde verſtändigt, daß man ſtatt des über⸗
reichten Muſters Nr. 2, das nicht ganz eine Elle breit ſei, ein
Muſter von gleicher Qualität, jedoch von der für die Leintücher
nothwendigen 1'/, Ellen Breite gewärtige, um einen Kon⸗
traft auf 250.000 Ellen a 13°/, fr. K. M. oder 23°°/, Neur
kreuzer errichten zu koͤnnen.
ec) Die Monturs » Hauptfommiffion follte nun vorerft
die vorräthigen 1000 Stüd Leintücher SE hroll’fcher Wanre nach
bein Muſter a übernehmen. Bei Hebergabe der erften Partie von
381 Stüd per 19.000 Ellen zeigte es fich, daß diefer Kaliko nicht
für das Mujter 1'/,,, ſondern nur °°/,, Ehen breit, alfo um
/ Ellen (oder 1°°/, Soll) zu ſchmal war. — Nur follte die
Faͤdenzahl dem Mufter gleichgewefen und der Schwund die wahr-
fiheinliche Urfache der geringeren Breite fein, was übrigens eine
phyfifche Unmöglichkeit ift. Ueber die Erklärung der Monturs⸗
Hauptkommiſſion, daß diefer fehmale Kaliko zu einfachen Lein⸗
tüchern nicht geeignet fei, erließ Baron Eynatten am 16. Mai
bein Auftrag, diefen Kaliko anzunehmen und ausfchließend zur
Erzeugung doppelter Leintücher zu verwenden, ein Umſtand, ben
Dofsath Eder als eine, unverfennbare Beginitiguag beniigu.
18
d) Die 3000 Stück Strohfad-Kalito, */, breit, Meferte
Richter durch Smekal. — Es wurden aber um 400. Shi@
mehr geliefert; dießfalls Tiegk ftatt eines &Sefuches nur ein von
Baron Eynatten felbft gefchriebener Zettel vor, worin Rich⸗
ter bittet, um jene 400 Stüd mehr liefern zu dürfen, was ihm
Baron Eynatten ohne Kontratt mit Erlaß vom 6. Juni,
3.4277, bewilligte. Richter erhielt bafür eine &°/ Brovifton
von 2272 fl. öfterr. W.
e) Bezüglich der 250.000 Ellen Kalito für Leintüͤcher,
welche auch Schroll’fches Fabrikat find, ſagt bie Erledigung
vom 8. Juni v. J., 8. 7318, daß Richter „nunmehr“ das
Muſter zu den 250.000 Eden A 1 , Ehen - breit uͤberreichte
und es wurde ber Monturs-Bauptfommilfion mit Refpript
vom 8. Juni v. 3., Zahl 4277, aufgetragen, »nunmehr« ben -
Bertrag über dieſes "Suantum Kalito »anzuftoßen« und dem
Landes⸗Generalkommando zur Ratifizirung vorzulegen.
Demgemäß wurde der Lieferungsvertrag von 19. Ob
tober 1859 mit Richter abgefchloffen, wornach 250.000 ER.
Kaliko, 1'/,, breit, vom 19. Oktober bis Ende Dezember 1859
unter der Bedingung zu liefern -feten, dag der Kaliko dem vor
gelegten Muſter vollfommen gleich und Richter vom 19. Oktober
an, die Monturs⸗Hauptkommiſſion aber erfi vom Tage ber
Ratififation verbindlich fet. Zugleich wurde eine Kaution vou
2955 Gulden erlegt.
Bezüglich der Strohſack-Kalikos endlich, wovon dae
Muſter Nr. 3 vorgelegt wurde, iſt zwiſchen der £. k. Monturs⸗
Hauptfommiffion Stoderau und Franz Richter, auf Grund
ber fihon oben angedeuteten Ermächtigung vom 8: Mat 1859;
Zahl 3319, Abtheilung 13, und bes weiteren E. E. Armee⸗Ober⸗
tommando-Erlaffes vom 15. Juni v. 3., 3. 4473, zwar fchon
am erften Juli 1859 ein Verträg auf Lieferung von 3400
Stüd, und zwar 2400 nach Stoderau, 1000 nach ©raz,
das Stüd zu 50—60 Ellen, a 1 Ele breit, zu 25°°/, ,, Neukr.
vom Monate Juni bis Ende Juli 1859 zu Liefern abgefchloffen,
biefer Vertrag aber von ber E. f. Finanz Prokuratur erft am
30. Mai 1860 vidirt und vom k.k. Landed-Öeneralfonmanbe
in Wien am 10. Juni 1860 genehmigt worben.
f) Zur Lieferung von Strohſack⸗Kaliko hat fich Fram
Xiler neuerdings in einer Eingabe vom \&. praos. 16. Sum
19
9. 3. mit dem Beifügen erboten, daß von den vorgelegten Mu⸗
ſtern und zwar von 2) 2400. Stück a 60 Glen, 29'/, Zoll
breit; von b) 380:Stüd:a:75 Ellen, 29°, Zofl breit, von c)
620 Stüd a 60 Ellen, 30%, Zoll Breit! vorrathig und von
a und o noch weitere 3000 Stuͤck, bie Elle zu 26 fr. oͤſt. W.,
in ‘der Anfertigung ‚begriffen jeten. Die Eigner ber Maren
Steben ihm nur bie 17. Iuni in Warte. — Nachträglich erflärt
er am 3. Juli auf derjelben Eingabe, daß er vom Preife '/, fr
nachlaſſe. Diefe Eingabe wurde der Monturs⸗Haupikommiſſion
in Stoderau mit IndorfatsAuftrage vom 17. Juni zur Bes
gutachtung übermittelt, welche am 21. Juni ihren Befund
dahin abgab, daß das Muſter a ftatt 1 Elle, nur °°/,, Ellen
und das Mufter c ftatt 30°/, Zoll nur Ya Bol über 1 Elle
breit fei, ſo daß beim Mufter a '/,, Ele, beim Mufter o aber
#1/ ," an ber in der Eingabe angeführten Breite fehlten, wäh
‚zend den Muttern b ftatt 29°/, Zoll 30 ZoN breit befunden
wurde; a und c wurden aber für verwendbar, b für
weniger empfehlenswerth erflärt. Hierüber ertheilte Daß Armee⸗
Dberfommando am 4. Juli 1859, Zahl 4874, die Bewilligung
zum Abfchluffe des Vertrages, welcher am15. September 1859
uf 541.200 Ellen Strohſack⸗Kaliko und zwar für Stoderau
für den Muftern a (29'/, Zoll) und c.(30',, Zoll) breit, je
180.000 &llen, für Graz aber von a 144.000 und von c
37.200 Ellen vom Monat Auguft bis Ende September 1859
im Preiſe von 25°/, Neukreuzer pr. Elle gegen Kaution von
6967 fl. öfterr. Währ. errichtet wurde. Auch biefer Vertrag
follte für die Monturs⸗Hauptkommiſſion erft vom Tage der
Ratififation verbindlich fein und auch.bei diefer Lieferung gab
es Anftände.
Die Grazer Monturstommiffion berichtete nämlich ſchon
am 16. Juli 1859, daß am Richter’fchen Strohfad » Kalifo
. Elle Breite fehle. Durch das Näffen des Kaliko im Wafler
babe fich das urfprüngliche Fabriksmaß von 62 Ellen Länge, die
aber nad) dem Meßtifch nur 60°/, Ellen hatte, bis auf 55 EI.
zebuzirt. Hierüber hat das Armee⸗Oberkommando am 26. Juli
v. J. weiteren Bericht verlangt, den die Monturskommiſſion
Graz am 30. Juli dahin erjtattete, daß jich der durch Näſſung
eingetretene Abgang von 4°/, Ellen Länge durch dae (näter
Sorgenommene Dangen wieder eriekte. Da jedoh ein Straaint
20
bei: fpäterer Reinigung durch Wafchen nicht leicht gehörig
ausgemangt werben Lönne, fo dürfte er bedeutend an Dimenfion
verlieren, bei doppelten Leintüchern, Gattien und Butter aber
weniger Nachtheil haben.
Die hierüber am 7. Auguft zur Begutachtung aufgefor-
Derte Monturs⸗Hauptkommiſſion zu Stockerau erflärte, bag
auch fie erprobte, es laſſe fich ber Laͤngenſchwund durch Mangen
auf dag frühere Maß zurüdjühren, ja durch Mangen habe ſo⸗
gar das urfprüngliche Ellenmaß gemonnen. Nicht fo fei es ber
züglich der Breite, deren Schwund derart bleibe, daß ihn felbft
. bie erzielte Meberlänge nicht zu dedden vermüge, indem immer
noch ein Breiteverluft von °/,, Glen bliebe. Diefer Stroh⸗
ſack-⸗Kaliko fei daher nach ihrer Ueberzeugung nur zu Butter
verwendbar. Ein bei Weiten wefentlicherer Umſtand fei ferner
der, daß der Richter'ſche Kaliko auch beim Erliegen in ganzen
Stüden an feiner Länge verliere, daher für die DMagazins-
Verrechnung eine Einbuße am bezahlten Ellenmaße drohe.
Die Zahlung hat Taut Bericht vom 30: Juli für 59°/, EN.
ftattgefunden. Auf einem dem Admintftrativ-Afte, beiliegenders
ämtlichenNtotizenblatte, 3. 242, ohne Datum fteht Die Bemers
fung, daß obige 541.200 Ellen Strohſack⸗Kaliko auch zu Fut⸗
ter nicht zu benügen ſeien, da der Futterſtoff durch Leinwand
and Surrogate bereits ficher geftellt ift, fomit hiefür fein Be⸗—
barf beitehe.
Die Erledigung des Armee⸗Oberkommando vom 22. Au⸗
guft lautet: »Da der Stoff nicht nur beim Wafchen in der Länge
und Breite eingeht, fondern fogar während des Erliegend an
feiner Länge verliert, und daraus das Aerar großen Nachtheil
durch Einbuße an bereits bezahltem Ellenmaß erleide, jo wird
Die Kommiffion aufgefordert, wenn dieſer Verluſt nicht gänzlicy
befeitigt werden könnte, Die Uebernahme fogleich einzuftellen.«
Nach einer Konjignation dom 17. September 1859 wur⸗
den 10 Stüd mit 600 Ellen, & 1 Elle breit, und 10 Stüd zu
778 Ellen, a 1’/,, Ellen breit, geliefert. Da auch die General»
Moentursinfpeftion am 15. September v. J. zur Begutachtung
aufgefordert wurde, erftattete diefe am 6. November 1359
ihren Bericht ber ben NRichter’fchen Kaliko dahin, daß ſich
nach der Mange noch ein Schwund von ,, Ellen in ber
Breite und 7, als Maximum in der Ränge ergebe. Yualeiig
21
wurde ausgefprochen, daß es für das Aerar fehr vertheilhafr
fei, Die Erzeugung ber Strohfäde aus Kaliko ganz einzuftellen,
Da fie nicht jene Dauer wie die aus Strohfad: Leinwand ver:
fertigten haben. Allein in ber Erledigung bes Arınee-Öbertom-
mando vom 12. bis 13. November heißt ed: »Das Armee⸗
Oberfommanbo findet über biefe unbebeutende Echwindung
von ”/,, Ellen Länge und ”/,, Ellen Breite binauszugehen
und weder eine Verlängerung noch eine Erweiterung biefer
Kalito-EStrohfäde bei der Erzeugung vornehmen zu Taflen.« —
Richter machte bei biefer Lieferung einen NettosGewinn von
5168 fl. 56 kr. öfter. MWähr.
II. a) Während obige Abfchlüffe und Lieferungen bachte
Franz Richter fehon weiter an einen neuen und zwar ben
größten Abfchluß, welcher die Anklage auf Betrug am Staate
und Privaten zur Kolge hat. Ehen am 21. Mat fchrieb Rich-
ter dem Krumbholz, daß ein großes Sarngefchäft auf 20.000
Stück ftarter Maare in Ausfiht ſtehe, und er erfuchte am
26. Mai, ihm ein Probeſtück wie das frühere bei Przibram
bleichen zu Taffen und ſchnell zu fenden, weil er darauf das ©e-
ſchaͤft bafiren wolle. Am 28. Mai gab Krumbholz das fertige
Probeftüd zu Porges in die Bleiche, e8 wurde jeboch zu fpät
fertig. Richter betrieb die rafche Heberfendung am 2. und 3. Juni
v. J. und fchrieb: „daß Gefahr auf Verzug ftehe, denn
es babe fich bereit8 Konturrenz wegen des großen Ge⸗
ſchäftes eingefiellt und es wäre entfeglich, wenn ein
Anderer dagfelbe machen follte.«
Richter hatte fich vorfichtigerweife an Benedikt Schroll
und Söhne um ein Probeftüd gewendet, das er noch am
3. Juni, und zwar gleichartig mit der gelieferten Waare von
5000 Stüd erhielt, während das eigene Richter'ſche Probeftüd
erſt amı 6. Juni fertig wurbe.
Am 4. Juni fohrieb Richter an Krumbholz, »baß er
wegen des großen Stoffgefchäftes den ganzen Vormittag beim
Armee» Oberfommando zugebracht, und Hoffnung habe, es Mon⸗
tag den 6. Junt zu Stande zu bringen. Das Schroll’jche
Probeſtück fehe recht gut aus und babe fehr gefallen. Ihm fei
befannt, daß Schroll Garn Nr. 18 Kette und Nr. 16 Schu
verwenbe, bafür 13’/, f. C. M. pr. EUe, alt FIT Ie
22
Kommiſſtionsgebühr und .Stonto erhalte, . bie Garne aber: non
om um:38 fr. 8 Mi pr. Bid. abnehine:«
In der That hat Richter, nachdem er ala Rathgebei de
YsmersOberfommando’s die. von: Anderen. eingelegten :Rufter
wegen zu jtärfer Appretur für ungedignet erklärt hatte, -: om &.
praes. 5. Juni .bei dem Armee-Oberfommando felbit bie Efü-
gabe, 8. 4273, ſammt 2 Packeten Muſter uͤberreicht und dar⸗
nach eine. Lieferung son 3—4 Millionen Ellen 3° : breiten
Bauwwollſtoffes, die Elle zu 25/ fr. öfterr. W. in der Qualitat
der mit a) bezeithneten Probeſtücke binnen ſechs Monaten, von
Mitte Juni an gerechnet, angeboten. AIs Garanten für: die
richtige und rechtzeitige Lieferung füͤhrte. er die Kre⸗
ditanſtalt an.
Die Zahlung erbat er ſich woͤchentlich für die jebe Woche
gelieferten Stoffe und zwar aus der Kaſſe des k. k. Armee⸗
Oberkommandos. — Dieſe Eingabe wurde am 8. Juni damit
erledigt, daß das Armee⸗Oberkommando die Monturs⸗Haupt⸗
kommiſſion ermächtigte, den Kontrakt mit dem Offerenten auf
4 Millionen abzuſchließen und dem Landes⸗Generalkommando
‚zur Ratifizirung zu unterbreiten, den Kommiſſionen Prag. und
Brünn ein Muſter deg fraglichen Stoffes zuzuſtellen und den
‚Stoff felbit zur Erzeugung von Hemden ober Leintüchern zu
verwenden. Gleichzeitig erging:an das Untverfal-Kriegszahfamt
der Auftrag, die Zahlung yon Fall zu Ball gegen. Borweifung
der Lieferfcheine zu erfolgen, .
In Folge diefes NrmeesÖberommando:Reftriptes vom
8. Juni v. J. 3. 4273, wurde nun zwifchen der Mouturs⸗
Hauptfommiffton i in Stockerau und Franz Richter ber Vertrag
vom 22. Juni 1859 unter bet Bedingung, daß er für Rich—
ter. am 22. Juni, für das Aerar aber vom Tage ber Ratifika⸗
tion verbinblich fei, dahin abgefchloffen: daß Richter 4 Mil⸗
lionen Ellen gebleichten Baumwollſtoff, und zwar 2 Millionen
an: die Monturs⸗Hauptkommiſſion und je 1 Million’an Die
Kommiſſionen Prag und: Brünn von Mitte Juni bi8 Ende No-
veinber 1859, monatlich 630-—-640.000 Ellen in der bedun⸗
genen Friſt liefere, welches Richter bis Ende Dezember v. J.
hinausrüdte. - Der Stoff müffe von guter Qualität und bem
Muſter a vollkommen gleich fein. Die Bleiche Yürfe nicht mit
Kalt ober anberen fchädlichen Zutbaten, ſondern natürlich und
23
gehörig, die Breite müſſe 3L" fein, und der Abgang der Breite
ſei von ber. Länge abzuziehen. Der Preis für eine Elle 31”
breiten Baumwollitoffes ſei 25'/, N. Kr., und bie Zahlung
erfolge wöchentlich beim UniverfalsKriegszahlamte in Wien; die
Kaution pr. 50.500 fl. diterr. W. werde mittelft Garantie der
Kreditanitalt geleiftet, und von ben drei Kontrakts⸗Exemplaren feis
nes auf Koiten des Kontrahenten mit dem Elaffenmäßigen Stem⸗
pel zu verfehen. Laut $. 9 fteht e8 auch dem Aerar frei, einen
allfälligen ‚Lieferungsrüditand gar nicht anzufchaffen. Es wurde
auch die Haftungsurktunde der Kreditanftalt über 50.500 fl.
ausgeſtellt und zwar vom Direktor Schiff. und Fr. Richter
ſelbſt unterfertigt, ohne daß fie hiefür eine andere Dedung als
bie. Berfon Richter’s hatte, wie diefer ſelbſt angibt.
Am G.' Juni feßte Richter Krumbholz von feinem Ab-
fehluffe in -Kenninig, mit dem Beifügen, :daß er auf diefelbe
Qualitaͤt abichleß, wie jene 5000. Etüd, mit deren Anfertis
gung ſich Shrolls dermalen befihäftigten. Krumbholz wird
zugleich aufgefordert, ſich nun mehr ohne Verzug mit den We-
berei- Unternehmern Hellmiann, Przibram, Kubinsty,
Maftny und Schroll wegen Anfertigung ind Einverneh—
men'zu:feßen. Gegen Abnahme feiner Garne um 38 fr. X. M.
pr. Pfund fei der hoͤchſte Preis 13 tr. K. M. oder: 22°,, fr.
Öfterr. W. pr. Elle, abzüglich 4°/, Skonto und Kommiſſtons⸗
gebähr gegen Kaſſa nach gefchehener Ablieferung, auch bedinge
er fich neben richtiger Breite bei jedem Stüde eine Kalbe bis
ı Eu⸗ Uebermaß an der Länge, um keinen Abzug zu haben.
Ain 8. Juni erhielt Keumbholz von Schroll ein Pro⸗
Schüc fammt Belehrung. Nun ſchloß jener fogleich mit Sub—
lieferanten Verträge ab und zwar:
a) mit Maftny auf... . . . .......... 4.000 Stüd
b) » Benedift Schroll und Söhne... 10.000 »
c) » Gebrüder Kubinsfy......... 15.000 »
d) » » Borgesd........... 6.000 »
e) » Leopold Abeled ............ 20.000 »
N >» AB Przibram........... 10.000 »
8) » Nathan Hellmann . . . . . . . . .. 15:000 »
‚b) , .» Gebrüder Reblhbammer...... 3.000. »
i) >» Martus Saufmann......... LEO ».
hunmmen au. N TLB0D Su.
24
Diefe Abfchlüffe erfolgten ad a) mit Maftny auf 23 Er.
öfterr. W. mit 4°/, Skonto gegen Zahlung in einem Monat nad)
Rechnungsausſtellung und 1°/, Uebermaß. Die Waare ſei auf
36°/," Blattbreite, 48'/, Gang, Garn Nr. 18 Einftellung
unb 16 Schuß, 15 Fäden pr. '/,", im gebleichten Zuſtande
31” breit, im rohen Zuitande aber um 3” breiter;
ad b) mit Schroll, deffen Waare ohnehin als Muster
diente, auf 13’, fi. K. M. pr. Elle gebleicht, und unter Gas
tantie des Ellenmaßes; ad c) mit Kubinsky auf rohe Waare
loco Prag, die Elle zu 12°/, fi. K. M.; ad d) mit Gebrüder
Porges auf gebleichte Waare a 13 fr. 8. M. pr. Elle; ad e)
mit Leopold Abelesauf23'/, Fr. dt. W. pr. Elle loco Stoderan,
Prag und Brünn, unter Garantie des Ellenmaßes; ad f) mit.
Przibram, auf 13kr. K. M., pr Elle und eine Elle Uebermaß; ad g)
mit Nathan Hellmann, die Elle zu 14kr. K. M. oder
24'/, Er. oͤſterr. W., abzüglich 4°/, Skonto, eine Elle Ueber:
maß; ad h) mit Redlhammer, genau fo wie bei Maftny;
ad i) mit Kaufmann auf 24” Breite, die Elle 23 Er. öfterr.W.,
2°/, Skonto Abzug bei Bezahlung nach 4 Monaten, eine &lle
Uebermaß.
Außerdem übernahmen die Sublieferanten die Verpflich⸗
tung, Garn von Richter un 38 kr. K. M. pr. Pfd. zu kaufen;
nur Abeles und Hellmann durften, weil Richter die ganze
Menge Garn nicht ſelbſt erzeugen konnte, auch anderwärts
Garn kaufen, deren Abeles 30,000 Pfund von Moor und
Sohn in Wien, a 62 °/, kr., und 5000 Pfund von. Liebig
in Reichenberg a 60 fr. ö. W. erhielt. Hellmann mußte
dafür die Hälfte der Preisdifferenzg gegen die Richter'ſchen
Garne, weldhe 38 fr. K. M. oder 66'/, fr. ö. Währ. koſteten,
an Richter mit 478 fl. 70 kr. vergüten.
Mar auch Krumbholz bald bemüht, die Meberzahl von
4500 Stüd zu reduziren, fo gebt doch aus diefen Abfchlüffen
allein fchon das hervor, was Richter in feinem Briefe vom
3. Auguft offen befannte, daß fle auf die eigene Weberei gar
feine Rüdficht nahmen. Richter fagt zwar, daß fie darauf
vergeſſen hätten. Allein, daß dem nicht fo fei, gebt daraus
hervor, daß Richter noch andere Vertragsverbinbdlichkeiten zu
erfüllen Hatte, feine Fabrik nicht viel erzeugen Eonnte und er-
Mon am 3. Auguft auf Verlängerung der Lieferungsititt vech-
25
nnete. An demjelben 3. Auguft gab Richter fein eigenes
Webereierzeugniß nur auf 6— 7000 Stüd an. Der ganze
große Lieferungsabichluß,: welcher laut feiner eigenen Ausfage
siel Aufjehen machte, war alfo bloß auf die Spekulation
begründet, dadurch, daß er die Stofflieferung ganz allein in
der Hand hatte, feine Garnpreiſe iteigern, fich einen großen
Garnabſatz jelbit während des Krieges fichern zu können und
nebftbei noch mancherlei Profite zu machen, deren mehrere, wie
gezeigt werden wird, unter das Strafgefeß fallen. Den Gewinn,
der Richter aus dem Stoffhandel verbleiben mußte, präli-
minirt er ſelbſt auf 1 Er. Bank⸗Valuta pr. Elle.
Abgefeben davon, daß Richter dem Hellmann und
Abeles geitattete, einen Theil ber Garne von Fremden zu
beziehen, fonnte er auch den übrigen Theil nicht felbit erzeugen,
Sondern kaufte gleichfalls von andern Spinnereien 336,359 '/,
Pfund Harn, wie dieſes Krumbholz in feinem Briefe vom
27. Oktober fchreibt.
So vortheilhaft diefe mit dem Aerar und ben Sub»
Tieferanten abgefchloffenen Berträge für Richter jelbit dann
geweſen wären, wenn er fie nach beiden Seiten genau erfüllt
hätte, fo bat er fie doch fchon während der Abfchlüffe oder doch
unmittelbar nach denjelben nach allen Seiten hin zum eigenen _
Bortheile und zum Schaden ber Mitfontrahenten abgeänbert,
indem er ſtatt gebleichten ungebleichten, ftatt 31 Zoll breiten
mittelſt geringerer Einftellung nur 30 oder gar 291%, Zul
breiten Kaliko Tieferte, auf '/ Zoll einen bis zwei Fäden
weniger einftellte, ftatt Nr. 16 Schußgarn Fer. 18 verwendete,
die Lieferungszeit von Mitte Dezember 1859 auf Ende es
bruar 1860 erjiredte, und als er durch dieſe Terminsver⸗
laͤngerung die Möglichkeit erreichte, feine eigenen Fabriken noch
länger befchäftigen zu Eönnen, die Stoff: und Garnlieferanten
unter der falfchen Vorfpiegelung, das Aerar habe feinen Vers
trag von 4 auf 3 Millionen Ellen reduzirt, gleichfalls zur Ges
ftattung einer Reduktion ihrer Sublieferungsverträge auf °/,
zu bewegen fuchte, und theild auch wirklich bewog.
Durch Reduktion der Breite von 31 auf 30 Zoll, jowie
durch die Verminderung der Faͤdenzahl pr. '/, Zoll und durch
die Veränderung des Sarnnummer follte Garn, durch Au⸗
wendung bed Wafchens und Kochens oder dad er alten
26
Bleiche der Bleicherlohn oder doch der Mehrbetrag der ganzen
Bleiche gegen den her Halbbleiche erfpart werden. Die Breite⸗
Reduktion follte durch bie Vorfpiegelung bemäntelt werben,
daß diefelbe nicht etwa in einer Stoffininderung, ſondern
lediglich im Schwunbe und dieſer in der Koch und Waſch⸗
manipulation den Grund habe, zur Befeitigung der Bleiche
aber follte die Vorftellung bewegen, daß dieſe in Folge des hie⸗
bei anzuwendenden Chlors und ber Säuren, deren Anwendung,
ohnedieß vertragsmäßig unterfagt war, den Stoff weniger bauer»
haft mache, als es bei dem bloßen Wachen und Kochen:ber Talk
fei, obgleich fih Richter: gerade bei. dieſen Manipulationen der
Säuren bediente. . : .
Am 8. Juni 1859 ſchrieb Kichter an Krumbholz:
„Die genaue Breite finden Sie. auf dem Muſterſtuͤcke bezeich⸗
net; die Einftellung ift 29'/, Soll pr. Elle mit 980 Rohr,
Einrichtung ift 972 Rohr oder 48°%/,, Gänge. (Da. der Gang
40 Fäden hat, fo hat das Rohr 2, und die ganze Einjtellung
1944 Fäden, wovon auf '/, Zoll 16°%/, ,, Fäden tommen.) —
Das angeführte Mufterftüd ſei breiter, als es fein joll, weßhalb
wir die genaue Breite, wie die Waare geliefert wird, mit
einem Strich bezeichnen und zur genauen Darnachachtung einen
Streifen der genauen Blattbreite beilegen.“
Sm Briefe vom 10: Juni fchreibt Krumbholz, daß
bei Nr. 18 Kette- und Nr. 16 Schuß⸗Garn nah Schroll's
Einſtellung auf 50 Ellen 13 Pfund 22 Loth Garn nothwendig
ſind. Wie Richter und Krumbholz dieſen Garnbedarf zum
eigenen Vortheile auf 12'/, Pfund zu reduziren verſtand, wied
alsbald erklärt werden.
Schon am 8. Juni ſchrieb Krumbholz an: Richter:
„Es ſcheine ihm der Preis von. 13 fr. KM. für gebleichte
Waare nicht volllommen ausreichend, wenn nicht vielleicht bei
derfelben eine geringere Cinjtellung (der Breite nah) Plat
greifen darf, als bei der ungebleichten.”
Noch denjelben Tag, an welchem eben. Baron Eynatten
das Dffert auf gebleichte Waare genehmigte, antiwortete Rich⸗
ter, daß es immer noch möglich fei, daß die Waare nicht weiß
gebleicht, fondern nur. ausgefocht und gemangt geliefert werden
fünne. Er verlangt zugleich, ihm ein Stüd zu fenden, das bloß
actochi aqusqewaſchen und gemangt ſei.
vr
Am 9. Juni ſchrieb Richter an Krumbholz, er folle
es mit ben Lieferungsterminen nicht fo genau nehmen, und zum-
Trofte wegen feiner ausgefprochenen Beſorgniß fagte ihm
Richter weiter, daß wenn, was er gar nicht bezweifle, die
Waare nur gewafihen, gekocht, gemangt und nicht gebleicht zu
werben braucht‘, :biefelbe fich abzüglich 2°/ Kommiffiondr
gebühr und }’/,°/, Som Mitgewinn für bie Erzeuger herſtellen
Jaffe, zumal es angehen werde, baß fie ſtatt Nr. 16 Schuß
Nr. 18 verwenden.
Schroll ‘erhalte bei 38 kr. K. M. für Sarn Rr. 18
Kette, 16 Schuß, nur 13'/, kr. K. M., abzüglich 3
Ein bedeutender Abſchluß ſei nicht ſchwer, da die Waare nur
gekocht und ſtatt Rt. 16 Schuß Nr. 18 verwendet wers
den kann.
Denſelben Tag (alſo am 9. Juni) antwortete Krum b⸗
holz, er laſſe ein Stud '”/,, breit (b. 1.31''/,, Zoll) herrichten.
— Schroll geben bie Einrichtung auf 48'/, (eigentlich 48°
Gang an; da aber Die. Waare etwas breiter ausfalle, als noth-
wendig, fo dürften wohl '/, bis 1 Gang zu erfparen
fein. Genüge ftatt ber gebleichten Waare nur bie
getochte; fo.bürfte Diefes die ganze Sache Ändern,
denn dtefelbe dürfte dann nicht fo viel an Breite vers
lieren, während bermalen bei ber Bleiche die Diffe—
renz beinahe & Zoll beträgt.
In diefen ſchon zur Zeit des mit Baron Eynatten be
Sprochenen-und noch vor der Zeit (22. Juni) bes mit ber Mon
turs⸗Hauptkommiſſion abgefchloffenen Vertrages gewechſelten
Briefen waren bereits alle Bunte der eigennüßigen, theilweiſe
fogar betrüglichen Vertragsverlegungen zwifchen Richter und
Krumbhoſlz angedeutet, und beide haben fich nur zu gut vers
ftanden. Noch deutlicher in ihren Briefen zu reden’ magten fie
aber nicht mehr. — Daher bedeutete Krumbholz dem Rich⸗
ter am 10. Juni nach ber vorausgefchicten Bemerkung, baß
es auch mit Kubingty und Borges, welche zu große Preife
verlangen, leichter gehen werde, wenn bloß Nr. 18 Schuß ges
nommen zu werden braucht: »das Gefchäft bedarf vieler
Erläuterungen zwifchen uns, ich werbe daher nad
Wien fommen und das gekochte Stüd mitbringen.“
— Beibe verabrebeten am Pfingitfonntage v. J. N yes
28.
und: mündlich ihre Rräflichen Unternehmungen, daher für die
Zeit vom 11. bis 14. Juni feine ſchriftliche Korreſpondenz
derſelben aufgefunden wurde.
Krumbholz geſteht, daß er die zwei Proben, von denen
alſogleich die Rede fein wird, am Pfingſtſomtage von Prag
mitbrachte und daß fich Richter diefelben am nämlichen : Tage
zum Armee⸗Oberkommando nachtragen ließ under, Krumbhol b
den Zweck hievon wohl kannte.
Als erite Frucht diefer Unterredung erfcheint eine Einga be
des Franz Richter beim Armee-Öberfonmando vom 14. praes.
15. Juni 1859, 3. 563, worin er fagt, er babe, von dem
Wunſche befeelt, die 3, reſp. 4 Millionen Hemdenſtoffe in
vorzüglicher, möglichft haltbarer Qualität zu liefen, mehrere
Verſuche mit der Bleicherei veranlaßt. Als Relultat da⸗
von übergäbe er 2 von Krumbholz aus Prag gebrachte Pro⸗
ben, und zwar nur eines, melches bloß gekocht, gewafchen und
gemangt, und ein zweites, welches gekocht, gewafchen, ges
mangt und geglättet ſei. — Beide feien haltbarer als ganz
gebleichte, da durch Die auf fürzerem und foreirterem Wege mit
Anwendung von Chlor und Säuren bewerkitelligte Bleiche die
befte Qualität des Stoffes immer einigen Abbruch erleide; er
bitte demnach ihm im Intereffe des hohen Aerars zu ges
ftatten, von ber beſſeren Beichaffenheit ber Proben 1 und 2 lies
fern zu Dürfen, ferner das Breitenmaß von 31” auf 30 big
29°/, herunterfegen zu können, da ein weiterer Schwund un-
möglich ift, der Schwund bei dem rohen Stoffe durch das ans
gewenbete Koch- und Wafchverfahren 2'/, bis 3" beträgt,
und endlich das geſetzliche normale Breitenmaß bloß 1 Wiener
Elle, d. i. 29'/,", mithin noch 1" weniger beträgt alg er ſich
zu liefern verpflichte.
Hierüber but Sreiberrv. Eynakten unter Ueberſendung der
Mufter Lund 2 die MonturssHauptlommiffion Stoderau zur
Erftattung des Öutachtend aufgefordert, ob Diefe von den am
8. Juni überfommenen Mujtern den Vorzug verdienen. Die-
felbe gab ihr Gutachten am 21. Juni 1859 dahin ab: daß
die fpäteren Muſter 1 und 2 den früheren in Bezug der Fein⸗
beit, Dichtheit und Sleichheit des Gewebes nicht nachitehen.
Säure fei ber Haltbarkeit nachtheilig und die Kommiſſion
Mdliege fich biekfals ber Anficht Richters Über Wie \ümgere
29.
Dauer an. — Uebrigeng feien die lezteren Probenmufter 1 und
2 unter ber in der Eingabe veriprochenen Breite von 30 big
30'/, Zoll, und zwar nur 29 Zoll breit; ed wäre mithin rüds
fichtlich der Beitinnmung des Stoffes zu Hemden genau auf bie
verfprochene Breite von 30” zu halten.
:Hierüber erfolgte die Erledigung von Seite des Baroır
Epynatten am 26. Juni, womit er es der Monturs⸗Haupt⸗
kommiſſion anheimitellt, ob fie das Muiter 1 oder 2 nehmen
wolle. Das Mufter follte fie auch den Kommiſſionen in Prag
und Brünn zuftellen. Bei der Lieferung ſei auf Die vorgefchrie-
bene und zugefagte Breite von wenigitend 30 Zoll unnachſicht⸗
lich zu halten. Das neue Mufter werbe dem älteren ſubſtitu irt,
babe aber beider Kaliko-Uebernahme nur rüdfichtlich
ber Qualität und des ungebleichten Zuftandes zur
Richtſchnur zu dienen; binfichtlich der Breite aber fei ‚der
Kontrahent verpflichtet, die Lieferungen in der vorgefchriebenen
und auch zugefagten Breite von 30 Zoll zu effektuiren.
Die Faljchheit und rreführung ber Richterichen Ein-
gabe bezüglich der Breitenreduktion von 31 auf 30 Zoll beiteht
nun darin, daß er dieje als eine natürliche, durch das Kochen
und Wafchen Herbeigeführte erklärte, während Doch die Marge,
wie ſchon beim Strohſack⸗Kaliko gezeigt wurde, den Waſch⸗
und Kochſchwund wieberzumgrößten Theile ergänzt und Krum b⸗
holz jelbft in feinem Briefe vom 9. Juni den Schwund der
Bleiche für größer angab, bie Reduktion felbit aber in Wirflich-
keit nur durch die von Richter angeordete und von Krumb⸗
Holz vollzogene geringere Einitellung herbeigeführt wurde, indem
fie die rohe Waare, die fie früher auf 34 Zoll einftellten, num
nur auf 32 Zoll richteten, wobei ſie ein bedeutendes Garn⸗
quantum erjparten..
Darnach wurden nun auch die Verträge mit den Sublie-
feranten mobdifizirt, oder jo weit fie nicht gefchloffen waren fchrifts
Ich errichtet; nur bei Schroll, Przibram, Porges und
Redelhammer trat diepfalls feine Aenderung ein. |
Am 17. Juni fohrieb Richter an Krumbholz: „Da
Sie ftatt 34 nur 33 Zul in roher Waare anfertigen laſſen Tön-
nen, werden Sie auch um’/, fr. pr. Elle billiger, als die fetten
Abjchlüffe gefchahen, abzufchliegen in die Lage tanımen.«
- Erließ nun zahlreihe DBerfuhe mahen, wir won ir
Ts
30
Waate mit möglichft geringem Schwunbe zubereiten: könne,
"worüber fi Ktumbholz für die Halbbleiche emtfchieb, und
Richter am 9. Auguſt ſchrieb, „daß er ‚durch die Probe die
Heberzeugung gewonnen habe ; die. rohe Wanre fünwe um
2 Zoll ſchmäler hergeitellt werden und werde dennoch volle
30 Zoll geben ; Sie Tönnen daher, jchrieb .er weiters an
Krumbholz, »rubig die rohe Waare nur32 Zoll.breit berftellen:
laſſen.“ Dieß trug er Tags barauf Krumbholz förm⸗
lich auf. ei
Am 11. Auguft antwortete Ktumbholz— B:bie Bleichen
bes Przibram, Porges und Kerzig. (d; i. Reblgammer)
eine Reduktion nicht zulaffen, da insbefonders die 34. Zoll
hreite rohe Przibramer Waare im fertigen ‚Zuftande nur
30 bis 30’, Zoll breit bleibe. (Diefes. erklärt fich jedoch daraus,
daß, wie Ptzibram bezeugt, mit ihm auf 48 Gänge zu 1920
Fäden und zwar 14 Fäden auf /, Zoll abgefchloffen wurde,
was zwar roh eine Breite von 34), Boll gibt, aber durch Die
Fädenreduktion nothmwendig einen größeren‘ Schwund herbei⸗
führte)
Krumbholz ſagt ferner im obigen Briefe: »Wenn die
Wiener Bleichen die Waare auf der kalten Bleiche trocknen, ſo
dürfte dieſe allerdings nur 3 Zoll zuſammenſchrumpfen. Eine
Reduktion der Breite laſſe ſich daher bei Benützung der Wie—
ner Bleiche nur bei Kubinsky, Maſtny, Abeles, Sell-
mann und der eigenen Waare erſtreben. « Ä
Markus Kaufmann produzirte einen Brief des Krum b⸗
holz vom 18. September 1859, worin dieſer jenem ſagt: »Bei
der neuen Einſtellung von ** Gang muß die Breite der
Waare komplet 32—32'/, Zoll ausfallen, was Sie ſich bemerken
wollen. Der Preis diefer Waare ift unter den beitehenden Kon
ditionen 22'/, fr. öfterr. Währung pr. Elle.“ Auch Kubinsky
fagt, daß er über Krumbholz's Aufforderung einige Gänge
weniger einftellte und nur 32 Zoll ftatt 34 Zoll breite Waare
erzeugte. Er legt einen Brief bes grumbholz vom 3. Juli 1859
vor, worin dieſer fchrieb: »Sie fenden mir noch immer 31 Zoll
breite Waare, während ich Sie bereits neulich erfuchte, die Breite
auf 32—32 y2 Zoll zu reduziren;« auch ſprach er °/, fr. per
Elle Vergütung an.
Das in folge der Reduktion der Breite von ZI mi 30 Au
31
zu erzielende Garnerſparniß gab Krumbholz feläft in ſeinem
Briefe" vom 31. Auguſt auf· Pfd., Kubinsty aber auf
Pfd. per Stüd oder 560 Ellen m.
Richter felbfoberechnet den Gewintäuf",/, Pi KM: ber@ile _
ober 25 kr. K. M. per Stüd, ſomit Bleichennachlaß, den er auf
Akr. per Stuͤck angibt, ſo daß nach feiner Betechnung das Erſpar⸗
niß aus der Breitehtvebuttion allein 21 Tr: pr. Stüd betragen
würde. Daß Richter diefe Breitenrebuftion oder Stoffuer-
minderung bloß zum "eigenen Vortheile auszubeuten bezweckte,
seht aus ſeinen und Krumbholz's brieflichen Geſtãnduiſſen
vor.
Amz30. JunlſchriebKrum bholz an Kubinstj: »Goffte
ich in die Lage verſetzt werben, bei ber Breite, folglich in ber
Einfellung und ſomit auch im Schuß eine Reduttivn eintreten
aſſen zu können, fo fällt dieſes Bene mit zu und wirb dann
zwiſchen uns eine beſondere Vereinbatung getroffen.“
Am 14. Juni haite Richter geſchrieben, daß er zu beiden
Modifikationen, der Breite und ber Bleiche naͤmlich, nur noch
der Zuſtimmung Stoderau’s bedürfe, wozu er am Donnerstag,
d. i. den 16. Juni, alfo noch vor feinem ſchriftlichen
Abſchluß auf 31 Zoll und ganze Bleiche, eben dorthin ges
ben werde und daß durch diefe Weodififätionen- die Etʒeugung
weſentlich einfacher und billiger würde.
Hierauf antwortet ihm Krum bholz'ſchon am 14. Juni:
»E3 wäre größerer Vortheil, wenn die Waare nur gekocht und
gewaſchen werben möchte; denn man will das Bleichen nicht
gern un %/, Tr. per Elle herftellen, während bie andere Mani⸗
pulatien nur die Hälfte kolten würde.
»Eben fo vortbeifhaft wäre e8 für ung, wenn die Breite
auf 30 bis 30'/, Zoll herabgeitellt würde; das Erfparniß
an Garn müßte Dabei natürlich ung, nicht aber bem
Acrar zu Statten lommen.«
Richter, der im Briefe vom 20. Juni feinen Gewinn
ſchon auf 77.994 fl. 60 fr. angeſchlagen hatte, ſchrieb am
9. Auguſt an Krumbholz: »Sie koͤnnen ruhig die rohe
Waare mit nur 32 Zoll herſtellen laſſen, muͤſſen aber‘ dafür
forgen, daß die Eriparung an Garn uns zu Gute kommt,
als Erfah für Die theuren Herſtellungskoſten. Baer Ah Uefa
nicht fügt, bem kündigen Ste den Vertrag, denn W hun sur
‚38
"Hoffnung, daß mir bie Lieferungszeit um drei Monate mehr aus⸗
gebehnt wird, was um fo mehr Werth hätte, als wir dann mit
unferer eigenen Garnerzeugung auskaͤmen. Dieß ifl ein weſent⸗
‚licher Grund zur Aufbeflerung unſeres Geſchaͤftes, baher Sie
and mit dm Garnlieferanten fireng verfahren wollen. *
Richter wollte, daß der Nachlaß von jedem Kontrahenten
verlangt werde, welchen Maſtuy bewilligie, von Hellmann
fogar einen Kreuzer per Elle.
Wie felbftverftändlich er biefen, Rachlaß als Felge: der
Breitenredultion betrachtet, geht aus feinem Briefe an Krum b⸗
holz vem 25. Auguft hervor, worin er auf des Letzteren Bemer⸗
Fung, daß Hellmann jeden Nachlaß verweigere, ba er bereits:
-500 Zeuge auf 34 Zoll anfertigen Tieß, erwieberte: „Den Nach=
‚Ja müflen fi alle Kontrahenten gefallen lafien, ba ich. für Die
"32 Zoll breite Waare nicht benfelben- Preis wie für die 34 Zell
breite zablen Tann. Die Erfparung an Garn ‚beträgt mindeſtens
*/, Pfund pr. Stüd; alfo 24.8. M., mithin '/ fr. .yer
Wiener Elle, und auf biefem Nachlaß muß ich beſtehen. Wenn
Hellmann 500 Zeuge um zwei Gaͤnge mehr anſertigen ließ,
jo Toftet dieſes keine 100 fl.“
Sehr wichtig iſt biepfalls Hellmann’s Brief an Rich⸗
ter, worin Erfterer die geringere Einftelung noch mit dem
Beifügen verweigert, daß fein Erfparniß herauskomme, wenn
es nicht auf Koften der Qualität geſchehen fol.
‚Bei. Redlhammer, fo ſchreibtkeumbholz am 31. Aus
euft, Fönne auf einen Nachlaß nicht gerechnet werben, weil bei
ihrer Manipulation in der Zurichtung der Waare diefe 34 Zoll
halten müfle, um darnach 30 Zoll herauszubelommen, dagegen
Fomme ihnen hier das verlängerte Ellenmaß zu Oute.
Auch Schroll dürften von einem Nachlafle nichts wiſſen
weller, weil fie urſprünglich eben darauf hin, daß die Waare
bliß, Zoll über 1 Elle breit fein barf, das Geſchaͤft ange-
nommen haben.
Die Gewinnfte, welche Richter und Krumbholz durch
Reduktion der Breite erzielten, waren laut des Befundes der
Buchverſtaͤndigen: J. Bei Kaufmann, dem bei ber Ein⸗
fſiellung auf 321/, Zoll Breite anſtatt 34 Zoll im rohen
Zuftande nicht 23, fonbern 22'/,, alfo um °,, Tr. weniger
‚pr. &De bezahlt wurden, 169 1. T7Ik.
, 33
2. Bei Kubinsky, welcher von feinen 7759 Stüd,
a 19. K. M., ftatt der angefprochenen */, fr. per Ele,
2476 fl. 67 &. ‚vergütete. \
3. Bei Abeles, ber von jeber feiner 622.441'/, Ellen
anftatt 23 nur 22'/, kr., alfo °/, tr. weniger erhielt, iſt
4481 fl. 57 fr.
4. BeiMaftny,der von feinen 124. 221. Ell. a KR.
nachließ, iſt 717 fl. 60 kt., alſo zuſammen 7845 fl. 63 kr.
Hiezu kommt der Gewinn pr: 19 ir. K. M. von
jedem ber in Richter's eigener Weberei erzeugten 8502 Stück
von 425.806'/, Ellen aus der Breitenreduttion mit 2692 fl. I8kr.
K. M. oder 2826 fl. 91'/, fr. öfter. Währg., welches, mit
obiger Summe zufammengerechnet, den Betrag von 10.672 fl.
54'/, tr. ausmacht. Hiebei ift noch zu bemerken, daß Krumb-
holz in feinen- Briefen vom 18. und 22. Juni andeutete, es
babe Schroll, ber früher für die Elle 14 fr. 8. M. verlangte
unb deſſen Baate Richter unentbehrlich war, '/ kr. K. M.
nur wegen ber Zuſicherung nachgeläflen, daß bie Waare nur
-30°/, bis 31 Zoll breit zu fein brauche. -
Auch Hellmann ſagt, daß Krumbholz von ihm gleich⸗
fall eine Vergütung für die Reduktion auf 30 Zoll verlangte,
nur feien fie heute noch nicht Übereingefommen.
In Richter’s Büchern iſt Die Breite der Kaliko nicht ange-
geben, biefelbe mußte vielmehr aus den Fakturen ber Sub-
lieferanten entnommen werden, ebenfo wenig findet fi) darin
vos, wie viel gebleihte und ungebleichte Waare geliefert wurde.
Was nun den Gewinn betrifft, den Richter und Krumb-
holz durch das Weglaſſen ber Bleiche und der Subftituirung
feiner Koch⸗, Wafchs und Mangmethode zu erzielen fuchte, te
hat Richter felbft denfelben auf 4 fr. pr. Stüd berechnet, indem
er im Briefe vom 17. Juni fagte: »Bei Hellmann haben Sie
außer der Breitendifferenz auch noch für das Wegfallen ber
vollen Bleiche 4 Fr. pr. Stüd in Anfpruch zu nehmen.*
Hellmann fagt, daß fie auf diefe Vergütung überein-
famen, und gibt die dafür von ihm allein geleiftete Geſammtver⸗
gütung auf 866 fl. 40 fr. C. M. oder 910 fl. oͤſterr. Währung
an. Krumbholz fagt, daß er zwar auch von Anderen eine Vers
gütung für das Wegfallen ber Bleiche verlangte, fie aber nur
von Hellmann im obigen Betrage erhielt.
34 Ä .
— SBerechnet man den Gewinn, den Richter duch das
Wegfallen der Bleiche bei der eigenen Waare erzielte, auch mit
4 kr., fo kommen zu obigen Hellmann’;ishen 910 fl. noch von
Richter's eigenen. 8502 Stüden 566 fl. 48 kr. K. M. oder
in d. W. 595 fl. 14 kr., und ba ferners auch mit Kubinsky,
Maftny und Kaufmann aufrohe Waare abgefihfoffen wurde,
welche Richter mit der eigenen, bejonders. bei’ Borges,
Suida und Zeppert herrishten ließ, von den. 11.153 Stüden
. Kubinsty’s 780 f. 70 k., von: den 2986 St. Maſtny's
209 fl. 2 fr., von den 1122 St. Kaufmann's 78. f. 54 Fr.
hinzuzurechnen, was zuſammen einen Betrag von 2563.41 fr.
ausmacht.
Außer biefen Vortheilen wußten fich Kichter und Krum b⸗
holz auch noch dadurch einen bedeutenden Gewinn zu erzielen,
daß fie nicht bloß bei ihrer Stofferzeugung felbft Nr. 181Schuß
Garn ftatt Nr. 16 echt amerikanifcher Wolle:vermendeten, fon-
bern.auch ihren Sublieferanten nun Mr. 18.Garn zur Verwen⸗
dung übergaben. Nun koftet zwar das Garn Nr. 18 pr. Pb.
beiläufig Ir. K. M. bis 3 kr. oͤſt. W. mehr als Nr. 16, aber
dieſe Mehrauslage iſt geringer, als das Garnerſparniß beträgt,
indem Garn Nr. 16 ftärker. ift: als Nr. 18, jo daß nach Ans
gabe der Sachverftändigen das Sarherfparniß von Nr. 18 ftatt
Nr. 16 bei 4 Wiener oder 5 engliſchen Pfunden '/, Wiener
‚oder °/, englifche Pfb. beträgt,. was pr. Stüd von 50 Glen
ibei 1'/, Pfd. ausmacht.
Koftet alfo auch das Garn. Nr. 18 pr. 50 Ellen um circa
:38 kr. oͤſt. W. mehr, werben: doc) am Garnquantum bei
80 kr., jomit nach Abrechnung noch beiläufig 4U Er. .pr.
Stüd erjparst. Kaufmann Ließ-fich für 584 Stüd, zu denen
‚er Nr. 16 Schußgarn verwendete, :122 fl..2 fr. von Richter
argiiien, ‚ wozu fich diefer auch herbeiließ; dieß macht pr. Elle
4, 0, alſo pr. Stud 20%), Er. Auch. Friedrich Kubinsky
bezeugt, baß er ſich von Richter für den Fall, menn dieſer
ihm groͤberes Garn als Nr. 18 liefern ſollte, ausbrüdlic eine:
Bergütung bebungen habe, da dann jebes zu verfertigenbe
Stüd mehr Rohmatertal abforbiren würde, als er gu nerwenden
vertragamäßig verpflichtet war, und weil hieraus für ihn ein
Nachtheil entſtehen würde.
3
85
Bei Hellmann wurde außer Nr: 18 theilweiſe auch
Garn Nr. 20 verwendet.
Aus den Vernehmungen geht hervor, daß außer Kauf
mann alle Fabrikanten faft ausfchlieglich nur Ar. 18 verwen⸗
deten.
Berechnet man dieſe Werthdifferenz nur für 75.000 Stüd,
fo ergibt fich, nad) ber dem Vinzenz Kaufmann’ geleiiteten
Dergütung berechnet, für Richter, der Nr. 16 zu verwendeh
verpflichtet war, ein Gewinn von 15.600 fl. öft. Währg.
Daß diefe Rechnung nicht zu: hoch gegriffen fei, gebt
aus dem: Befunde der WBuchverfländigen hervor, wornach
Franz Richter an feine Sublieferanten folgende Garne
verkaufte:
an Abel . ne 76. 458%, Drb.
Maſtnhhz....33.283 ⸗
-Kaufmann.. 14. 4875 ⸗
Porges. 239. 249 >=
Redlhammeeee40.062, =
s Rubinsy . 2. on 139.675'/. ⸗
= Braibram . . . 2 202000. 72.545 ⸗
s Hellmann. . 200020. 214.862°/, +
> Schroll und Söhne en 159.171'/, :
Zufommen alfo . °. . 784.795, Pfb.
Unter diefen Sarnen waren nun Str. 16 bei Schroll
29.675”/, Pfd., bei Borges 153°/,, bei Abeles 352'/,,
zufammen alfo 30. 181'/, Pfd., fo daß auf das Garn Nr. 18
754.614 Pfd. kommen.
Hellmann kann bier ohne Nachtheil für Richter aus
der Rechnung bleiben, da unter feinen Garten zwar von Nr. 16
19.852'/, Pfb., von Nr. 44 32.632'/, Pib., zufammen alfo
52.485 Pfd., Dagegen jedoch von Nr. 33.45. 7 71'/, Pd. und
von Nr. 20, 17. 437'/, Pfd., zuſammen 63.208°/, Dr. waren,
jo daß Garn Nr. 20 mit Kr. 16 wenigſtens für aufwiegend
betrachtet werden kann.
Richter hat auch ſelbſt oc von anderen Fabrikanten Garn
gekauft, und zwar: |
36 ,
I. Bon ber: Aftiengefellfchaft der Trumauer
Spinnfabrik à 63 kr. W.. .. 61.061/, Pib.
‚Liebig et Komp. zu 60 — 65 fr.. 7.701’/,
- ‚Theodor Pilz zu 64°/, und 62 fr... 5.030 s
der Schlaner Spinnerei zu 65 Z
: mb62 I... . .....60.136'/,
s. Iohann Münzberg zu 65°), fr: -. 86. 854'/,
⸗Bachheibl's Witwe, zu 63. „Al, 388 /, > ⸗
im Ganzen alfo um . . 262. 172'/ Pprb Pfb.
und zwar durchaus Nr. 18 mit Ausnahme. von 703% Pro.
N. 18'/,. ‚bei Theodor Pilz und von 2180 Pfr. Rr. 4,
jo wie 2503°%, Pd. Nr. 20 bei Liebig.
Daß Richter, beziehungsweife Krumbholz, auch in
eigener Weberei nur Nr. 18 und nicht Nr. 16 Garn verwen
beten, gebt aus ihren eigenen Briefen hervor.
Da: zu einem Stüd pr. 50 Ellen 12°/, Pb. Garn er⸗
forderlich find, fo kommen auf 30.181'/, Pfd. Garn Nr. 16
circa 2414, und in Anbetracht, daß nur das Schußgarn Nr. 16
fein follte, 4828 Std., daher e8 mit Rüdficht auf den Oelammt«
abſchluß ‚von 80.000 St. geftattet ift, die Berechnung des Ge⸗
winnes au Garn Nr. 18 ſtatt Nr. 16 auf 75.000 St.
zu baſiren. Demnach betragen bie burch Lift zum Schaden
des- Nerars erzielten Bortheile ber Etoffverminderung mittelit
Reduktion der Breite von 31 auf 30" und Verminderung
der Fädenzahl pr. '/[_J" minbeftens die, mit Beziehung auf
ben Befund der Sachverſtaͤndigen früher angeſetzte Summe
son 10.672 fl. 54'/, kr., mittelſt Anwendung von Nr. 18
Schußgarn flatt Nr. 16, 15.600 fl., welches mindeitens einen
Betrag zufammen von 26. 272 fl. 54'/, fr. ausmacht.
Die Stoffverminderung durch Rebuftion ergibt fih. auch
durch die Betrachtung, daß durch die Reduktion ber Breite von
31 auf 30" dei 64 Fäden und durch Verminderung ber
- Übrigen 30" um 2 Fäden pr. ’/[_]" 120 Fäden, alſo zuſam⸗
me 184 Fäben, erfpart wurden.
Die hierortigen Sachverftändigen, . welche den von. Rich⸗
ter gelieferten Kalito mit dem urfprünglichen vom 8. Juni
1859, 3. 4273, und mit dem fpäter jubftitwirten Muſter vom
26. Juni 1859, 3. 4872, verglichen, fanden bei jenem zur
3.4273 16 $äben Kette, 16 Faden Schub beiten HART
“
*
——
no
a wu
:37
17 Bäben Kette, 16 Fäden Echuß, und endlich beim gelieferten
Kalito 16 Fäden Kette, 15 Faͤden Schuß, Alles auf 4 Ä
berechnet.
Daraus gebt - nun hervor, daß die gelieferte Waare gegen
das urſprungliche Mufter um J Faden Schuß, gegen das ſpaͤter
ſubſtituirte Mufter aber um- einen Baden Kette und einen. Baben
Schuß pr. . weniger better. : -
| Daß übrıgend die gelieferte Woar⸗ in Kette und Schuß
meiſt nur 30 ſtatt 32 Faͤden pr; "/L_]” Hatte, geht aus
Kichter's und Krumbholz's Briefen deutlich .heruor. Bes
‚fondere ans dem bed Lehteren an Heinrich Bayer vom 26.
September, in melchem er ausbrüdlich ſagt, man verlange 33
Fäden pr. '/,[_]" (indem das. fubftituirte Mufer 33 Fäben
hatte), während jämmtliche Steffe eben nur. auf 30 Faͤden ger
sichtef und eingeftellt feien. ,
Als von den Kalikoſtoffen Richter’ 3 md feiner Sub⸗
lieferanten die erſte Liferung an die Monturs⸗Kommiſſion in
Prag erfolgte, fand man fie dert dem vorliegenden Mufſter
fo unähnlih, daß deren Annahme verweigert wurbe. — Wie
beforgt Richter und Kruwmbholz vor bem Herannahen ber
Lieferzeit waren, gebt aus ihrer Korreipendenz und Hand⸗
Iungsweife hervor. Schon am 11. Auguſt fhrieb Krumbholz
an Richter: „Scrolls haben anerfannt bei allen ihren Arti⸗
keln eine audgezeichnete Appretur, es wur Daher ein Fehler, daß
ihre Waare als Mufter (der großen Lieferung) benüßt wurde.
— Das Hinterlegen eines meniger hübfchen Muiters würbe
ung viele Unannehmlichkeiten erfpart haben.”
Am 16. Eerteniker fihrieb Krumbholz an Kichter,
daß die Uebernahme erſt fünftige Woche geſchehen werde.
Das war nun bie Woche, in welcher Richter nach Prag
eilte, um bost mit Krumbholz die Rebuftion der Subliefes
santen zu befprechen, wovon weiter unten die Rebe fein wird.
Richter verfügte ſich auch in-bie Monturs-Kommiffion,
fonnte aber die Uebernahme feiner Waare nicht durchſetzen.
Er fehnitt fi daher einen Streifen feines gelieferten Kaliko
ab, Tieß fich denfelben von ber MonturssKommijfion flegeln
‚und nahm ihn am 23. September mit fich nach Wien.
Am 24. September fohrieb Srumbholg: »Inzwiſchen
werden Sie beim Armees-Obertommando: begualiä Dr& rigen
Diujters für bier das Nöthige eingeleitet haben.“
38
0 Am 26. September fchrieb er an Heinrich Bayer, wel⸗
Het als Richter’ Agent bie Mebergabe in Brünn, Graz und
Stoderau zu beforgen hatte: »Ich bin in Prag mit bertieferung _
zurüuͤck, weil man mir mit bei Uebernahme Anftände macht, in-
dem man 33 Jädenpr. '/: Zoll verlangt, während fänmtliche
Stoffe eben. nur anf 30: Yan gerichtet und eingeftellt find.
Glücklicherweiſe ift man in Brüm und Stoderau liberaler als’
‚hier, wofelbft die perfönliche Intervention unferes Chefs hierin
Tee Aenberung hervorzubringen vermochte. «
Am 28. d. M. fchrieb Richter an Krumbholz: „Wenn
fi gegen die noch dort befindlichen Srüde ein Anftand wegen
geringer Fadenanzahl ergeben follte, werde ich dann eine Aenbes
rung der Probe fofort veranlaflen.« - -
: Am 29. ſchrieb Krumbholz an Richter: „Ich werde
Alles; aufbieten, um das nöthige Quantum bis 15. Oftober
bier geftellig zu machen ;indeffen wird und nichts übrig bleiben,
als wegen ber ‚geringen Fadenzahl eine Aenderung bes. Mu-
ſters, Die ich auch fofort zu machen bitte, denn wenn auch ein
paar Stüd mehr als 30 Fäden haben, fo iſt dieſes doch weder
bei Hellmann's noch bei Redlhammer's Waare der Ball
und dieß tft, weil fie das größere Quantum bildet, wohl zu bes
‚rädfichtigen. Sch Tege übrigens "dem Herrn Oberftlieutenant
Morgen 5 Stüd Hellmann’fher Waare zur Anſicht "08
‚zweifle aber, daß fle als gut befunden mwerden.«
Am 30. September antwortete Richter: » Sorgen Sie
ur dafür, daß die bis zum 15.k. M. dort zu lieferunde Menge
aufgebracht werde; für die anitandloje Webernahme werde ich
forgen und bis Mitte künftiger Woche wird die Erinächtigung
dort fein, die Waare, wie Sie fte liefern, zu übernehinen.*
Ä Am 30. September antwortete ihm Krumbholz unter
Berufung auf fein Telegramm: »Es :ift zur unumgänglichen
Nothwendigkeit geworden, daß Sie wegen des Abänderung des
Mufters die nöthigen Schritte einleiten.« Auch die Hell-
mhnn’fchen Stüde haben nur. 30 bis 31 Fäden. Der Oberft-
Iteutenant erwartet täglich den Auftrag ‚zur Uebernahme ber
3ofädigen Waare und ſchon deshalb ift es auch nöthig, daß Sie
diefen Auftrag erwirken; denn ſonſt kompromittiren wir
uns gleich im vorhinein ſelbſt.“
Daß Nichter's eigene, d. h. in ' \einer Gone armehte
39
Waare noch ſchlechter war, gebt. aus: Baper’d Brief: vom
28. Auguft hervor, worum -biefer, jagt, daß die eigene Ware
gegen jene Schroll's und Hellmann’s zu leicht fei. Sp wie
Bayer Die Richter'ſche Waare beuriheilte, fo fprach Letzterer
über bie des Abeles ab, indem er am 17. Oktober fchrieb :
»Die Waare des Abeles iſt jedenfalls geringer und ich-fage
Ihnen, daß, wenn fie genommen wird, diefes nur aus Rüdficht
für mich, geſchieht.“
Auch Bayer hatte zu Stoderau: und Brünn Anftänbe,
allein man war dort, wie Krumbholz fagte, »liberaler.«
Am 2. September ſchrieb Richter an Krumbhol;:
»Bayer hat mich telegraphifch nach Stoderan eingeladen, um
mir vom UnliebfamenVeberzeugung zu verjehaffen und er hoffe,
baß biefes Unliebfame durch meine perſoͤnliche Intervention
liebfam zu machen fein werde. «
Bayer .felbit fehrieb- am 16. September an die Rich«
ter’sche Fabrik: „Geſtern habe ich den. erften Lieferfehein in
Stoderau erhalten. Wegen Qualität wurde dießmal nur aus
Coulance nichts audgeitoßen. « |
Am 27. September fihrieb er: »Man bat hier circa
600 Stüd beanitändet, doch babe ich vor meiner Abreife
Mapregeln ergriffen, die bereits wirkſam mwaren.«
Obwohl nun in Stoderan und. Brünn auch die fchlechtere
Waare angenommen wurde, fo war ‚doch ber Widerſtand in
Prag nicht zu überwinden, wie fich Richter aus dem Briefe
Krumbholz's vom 30. September überzeugen mußte.
Richter überreichte daher am 3. praes. 4. Oftober 1859,
3. 8994, ein Gefuch beim Armee⸗Oberkommando, deffen güns
flige Erledigung Richter felbit fchon in feinem Briefe vom
30. Septeinber, weil fie ihn Freiherr von Eynatten ſchon
eröffnet hatte, beitimmt vorausjagte, Hierin führt er an, daß
ihm die Montursfommiffion in Prag mehrere bereitö gelie=
ferte Partien anzunehmen fich weigere, weil die Stoffe nicht
in der bedungenen Qualität ausgefallen feien. Er habe fich
daher von ben Stoffen eine Probe jenden lafjen, die er nun
mit der Bitte vorlege, die Monturstommiffion in Prag zu
beauftragen, die Etofflieferung in der Qualität diefer Probe
zu übernehmen, da eine Prüfung derfelben den Beweis Vieiern.
werde, baß bie Dualität eine ganz gute \ei, und er, Ver tune
42
Am 8. praes, 10. September erklaͤrte Richter, daß er
dem Wunſche des Armee⸗Oberkommando, fowohl in Betreff
bes Preifes als der Menge dann am eheſten zu entiprechen
vesmöge, wenn ihm Die bereits früher. angefuchte Erſtreckung bes
Lieferungstermines bis 28. Februar 1860 bewilligt würbe.
Nur müßte auch das Fontraktliche Pönale entfallen. und
nur dann eintreffen, wenn er bis 28. Februar nicht bas
ganze Quantum abgeliefert habe. Er bitte daher um gütigfte
Erſtreckung.
Die Erledigung erfolgte am 16. September, Richter
wußte fie aber laut feines Briefes fchon am 7, September und
gab Hierüber die Aufklärung, daß er nach empfangener abs
ſchlaͤgiger Erledigung - die erfte Bitte um Terminsverlänges
rung noch einmal mündlich bei General Baron Eynatten an-
geregt habe und ihm in Ausficht geitellt worden fei, auf eine
zweite Eingabe die Gewährung zu empfangen, _
In ber That bemwilligte Freiherr von Eynatten, ohne
daß ſich Richter zu irgend einem Nachlaſſe verſtand, am
16. September die Verlaͤngerung des Termins bis Ende Fe⸗
bruar 1860, obgleich Richter ſammt den Sublieferanten
nach eigenem. Geſtändniſſe den Termin im Dezember gar nicht
hätte einhalten können und für diefen Sal dem Aerar fogar
die Auflöfung oder doch bedeutende Reduzirung ber Menge
und des Preiſes als ein Wertragsrecht zugeftanden wäre.
Dieß anerkannte Richter fehon in feinem Briefe vom 14. Juli
mit den bezeichnenden Worten: »Die Oefahr liegt alfo nur in
verfpäteten Lieferungen; denn dieſe könnte man allerdings zum
Anitoß nehmen und den Abſchluß annulliren.«
Bereitd am 2. September fehrieb Krumbholz: „Wenn
Schroll noch etwas zu liefern übernimmt und der Lieferungs⸗
termin verlängert wird, jo brauchen wir feine andern Kontrakte,
denn es hilft uns unfere eigene Weberei aus.” Wie
gejagt, Schon am 7. September antwortete Richter: „Die
Lieferung wird bis Ende Februar ausgebehnt, richten Sie dar⸗
nach Ihre Erzeugung ein. Beim Abfchluß haben wir auf bie
eigene Erzeugung nicht Bedacht genommen. Auch Leibitſch⸗
grund fann in einigen Monaten mit circa 60 Stühlen arbeis
ten, mithin können Sie neben Borges und Przibram ruhig
init 5000 Stüden aus dem Kontratte lafen."
43
Am 13. September fchrieb Krumbholz, dag fih Por⸗
ges gegen die Auflöfung firäube, es fünne ihm aber nichts
nüßen, ba er fein ordentliches Stud zufammenbringe.
Aus dem weiteren Briefe bes Krumbholz vom 24: Sep⸗
tember gebt ferner hervor, daß Richter ihn in Prag befuchte
und anı 23. Eeptember wieder nad Wien zurädreifte.
Wie dieſe beiden Beſchuldigten am Pfingftfonntage in
Wien fih zufammen fanden, um ihre Pläne bezüglich der
Breitenverminderung zum Echaden des Aerars zu vereinbaren
und feitzuftellen, fo galt deren Zufammentretung in Prag am
22. September der Benachtheiligung ihrer Stoff⸗ und Garn⸗
Lieferanten.
Laut ihres Geſtändniſſes und ihrer Briefe haben ſie ſich
in Prag verabredet, die Stoff⸗Sublieferanten durch die erdichtete
Angabe, das Armee-Oberfommando habe feinen Vertrag von
4 anf 3 Millionen reduzirt, zu bewegen, auch ihre Verträge
auf /, reduziren zu Taflen und das reduzirte Viertel im ben
eigenen Fabriken zu erzeugen oder anderwärts billiger zu faufen
und dabei gewinnen zu fünnen.
Um die Borfpiegelung der Reduktion auf Seite des.
Aerars glanblich zu machen, folte Richter von Wien aus dem
Krumbholz einen Brief fchreiben, worin jener biefen anzeigt,
daß das ArmeesOberfommando das Lieferungsgefchäft um
20,000 Etüd dl Million Ellen) reduzirt habe, welchen Brief
Krumbholz im Original oder in Abfchrift bei den Sub».
lieferanten produziren werde.
Schon am 24. September (alfoam 1. Tage nach Richters
Rückreiſe von Brag nad Wien) fehrieb ihm Krumbholz: »Ich
erwarte noch umgehend ben Brief mit ber bewußten An«
zeige, baß das Armee-Oberfommando das Lieferungsgefchäft
um 20,000 Stück reduzirt habe.“
Ohne ober vorher diefe bewußte Anzeige abzumarten,
ſchrieb Krumibholz noch denfelben Tag (alfo bloß auf Grund
ihrer Tags zuvor flattgehabten Verabredung) an Benedikt
Schroll und Söhne, bie er neh am 2. September zu einer
Mehrlieferung von einigen 1000 Etüd, die. Przibram nicht
liefern wollte,. auffosbeite, : folgenden . Brief: »Was die neulich
erwähnte Erweiterung unferes: Abſchluſſes in Steffen bett,
fo Taun ich auf: eine ſolche jetzt leider wicht engen, asien
44
das ArmeesÖberfommando das Quantum. flatt vermehren,
reduziren will, was jedesfalls eintreten wird.“
Am 25. Sept. antwortete ihm Richter: „Wegen Reduzi⸗
‚rung ber Lieferung um 20,000 Stüd erhalten Sie morgen bie
nöthigen Behelfe.“
An 26. September ſchrieb nun Richter jeue „bewußte
Anzeige”, d. i. den „nöthigen Behelf“. — Dieſer lautet:
„Heute hat mi das ArmeesOÖberfoinmando dringend erfucht
den Stoffabfchluß auf 3 Millionen zu rebuziren. Dringend
bitten, beißt hier befehlen. Ich erfuche Sie daher unfere Kon⸗
trahenten vom Geſchehenen zu unterrichten und die Abfchlüffe
mit denfelben in dem Verhältniſſe zu reduziren, als die Redufs
tion im Ganzen ftattgefunden hat.“
Daß das, was Richter über die Reduktion auf Seite
des Armees-Oberfommandos jagt, ganz und gar die Unwahrheit
jei, geht aus obiger Darftellung hervor und befennen Krumb-
Holz und Richter felbft, welcher jene Vorfpiegelung wieberholt
als eine Nothlüge bezeichnet.
Wie gefinnungseinig hierin Beide waren, dafür ſpricht
ber Brief des Krumbholz von 27. September: „Was Sie
mir über die Neduzirung der Lieferung jagen, bemerfe ich
mir; es bleibt uns da allerdings nichts übrig, ald zum böfen
Spiele gute Miene machen, ſowie fich dieſes auch unfere
Kontrahenten gefallen laſſen müſſen.“
Nun Schritt Krumbholz fogleih ans Werl. Am
26. September fchreibt er.an Maftny und Abeles: „Das
-Armee-Öberfommando bat die Stofflieferung um 1 Million
reduzirt, welche ich nun auch bei meinen Kontrahenten ein⸗
ziehen muß.“
An Maftny fehrieb er noch am 30. September: „Diefe
Reduftion fam wie ein Blik aus heiterem Himmel und bat
unferen Chef bei feiner Rückkunft in Wien begrüßt." —
Einen ähnlichen Brief fehrieb er auch an Kaufmann; mit
Kubinsky, dem er „den Behelf“ vorzeigte und mit Porges
hat er in derſelben liſtigen Art mündlich verhandelt.
Krumbholz gab das Reſultat ſeiner Reduktionsbe⸗
mühungen in feinem Briefe vom 1. Oktober ſelbſt dahin an,
daß er fie bei Porges mit 1500 Stüd, bei Abeles mit
5000 Stüd, Kubinsty 3700 und Matny 1500 Seit,
45
im Oanzen mit 11,750 Stüd, vollzogen habe. Auch Kauf-
mann und Hellmann mußten etwas abgeben.
Am 2. Dftober fchrieb Richter: „Die Reduktion unferer
Schlüffe ſuchen Sie auf 15—16,000 zu bringen. Hellmann
Darf fich diefen nicht entziehen.”
Am 4. Oktober fündet Krumbhol; dem Kaufmann
Die Reduktion von 1500 auf 1000, alfo pr. 500 Städ. au,
and am 12. Oftober fchreibt er, daß er den Abſchluß mit
Hellmann nur um 2000 reduzirte. — Bon den Sublieferans
ten können als Befchädigte nicht behandelt werden: Kubinsky,
weil er felbit jagt: „er hätte, wenn er die ganze Lieferung
hätte einhalten müffen, eber Schaden ald Nuten gehabt;
Hellmann, weil er fagt, „er leide feinen Schaden, indem
er niit der ganzen Lieferung zur rechten Zeit nicht fertig gewor⸗
Sen wäre,” und Kaufmann und Maftny, weil auch fie jeden
Schaden negiren.
Iſt' auch zur Begründung des Verbrechens des Betruges
wicht nöthig, daß ein Schade wirklich entitanden it und
genügt es auch, daß die Abjicht des Thäters auf Beichädigung
gerichtet war, fo iſt Doch der Beweis der objektiven Möglichkeit
einer Beichädigung erforderlich.
Als Befchädigte aber find Joſef Porges und Leopold
Abeles zu behandeln,
Joſef von Porges bezeugt num, daß er gegen bie erſte
Aufforderung des Krumbholz, der fchon nach feinen Briefe
som 31. Auguſt den Abſchluß annulliren wollte, Vorftellungen
machte. Auf die Mittheilung des Krumbholz an ben Koufin
and Gefchäftsführer Eduard von Porges aber, daß das Aerar
um 25 °/, reduzirte, mußte auch er fich gleich den Mebrigen
der Reduktion fügen. Hätte er gewußt, daß obige Mittheilung
eine liftige Borfpiegelung fei, jo hätte er fich ganz natürlich in
Diefelbe nicht eingelaffen. Die mehrerzeugte Waare liege bei
ihm noch unverwendet, er erleide daher durch die Reduktion
jedesfalls einen Echaden.
Wenn nun auch Borges diefen nicht beziffern zu können
«rflärte, fo fagt er wenigftens, baß ihm 143 St. und eine Quan⸗
tität der angefchafften Garne übrig geblieben feien. Nun it
Durch den Befund der Sachverftändigen erhoben, daß der Ver:
täufer, wenn er dieſe Waare Losfchlagen mußte, W („satten
N‘
46
von ihnen befündeten Preis per 23 fr. einer Elle verlieren
müßte. Da nun 143 Stüd, 7150 Eden & 23 fr., einen Werih
von 1644 fl. 50 fr. haben und 20°%, bievon in runder Eumme
320 fl. betragen, fo ift der Schabe des Borges mit biefem
Betrage gerichtlich erhoben.
Sehr empfindlich wurde aber Abeles durch die Re—
duftion von 20. 000 auf 15.000 Stück beſchädigt, welcher
15.380 Stüuͤck wirklich lieferte.
Krumbholz ſagt, daß er Abeles zur Reduktion unter Vor-
weiſung einer Abſchrift des Richter’fchen Briefes vom 26. Sep⸗
tember aufforderte; Abeles hat dagegen brieflich am 28. Sep-
teinber heftige Verwahrung eingelegt und dieſe Damit begründet,
daß er 2000 fl. für Zeige und andere Einrichtung ausgegeben
und Garn unter feinen Zinfen duf zwei Monate am Lager lie—
gen babe. Er leide großen Schaden. —
Am 8. November fchrieb er, daß er noch 5000 Städ in
Arbeit habe und verlangte dafür Entfchädigung. Am 18. No—
vember erflärte er: »Wenn ich heute fein Stück mehr in Arbeit
gebe, bleiben mir wenigſtens 6000 Stiel übrig, an denen ich
ein horrendes Geld verlieren muß.“ Ä
Doch dieß half Alles nichts.
Am 5. Juni 1860 ſchrieb Abeles, er müſſe an den
6000 Stüd, die ihm übrig blieben, 12— 15.000 fl. verlieren,
da er in diefer Waare ein Kapital von circa 70.000 fl. einges
fperrt habe. Noch am 27. Jänner 1860 verlangte Abeles,
ihn zum fheilweifen Erſatz wenigftens noch 300 Stüd liefern
zu laſſen. Dieſe verſprach ihm auch Ktumbholz am 29. Jänner
noch abzunehmen. Allein am 24. Februar ſchrieb er ihm wies
der, daß er von den 300 Stück feinen Gebrauch machen koͤnne,
weil die Lieferung ſchon durch das Plus am Ellenmaße gebedt
fei. — Darauf antwortete Abeles am 26. Februar 1860;
„Es ift unrecht von Ihnen, daß Sie mir die 300 Ctüd nicht
weiter übernehmen wollen, da Sie mich um 5000 Stück redu⸗
zirten, ohne daß ich hiezu laut Ihres Briefes gehalten wäre.
Ich verliere an dent ganzen Geſchäft mein Geld, da ich in
jeder Beziehung im Nachtheil war.« In feiner "gerichtlichen
Vernehmung gab Abeles an, daß er ſich, wenn er gewußt
hätte, daß Richter Feine‘ Reduktion erlitt, auch nicht dazu
berbeigelaſſen pätte. Beim Abſchluß fer eine Reduttion wisst
47
Sorhergefehen worben. Zur Zeit der Letzeren habe er das Roh⸗
material bereits angefchafft gehabt, ein Theil der Waare fei
Tchon fertig, ein Theil in Arbeit.gewefen, und die Waare, bie
ihm jebt am Lager Tiege, könne er wegen ihrer befonderen
Qualität ohne namhaften Schaden nicht anbringen.
Die Kunftverftändigen fagen, daß dieſe Waare Feine
marktgängige jet und Richter fagt felbft, Antwort 178, daß
Die Waare von der Merkantilmaare ganz verfchieden fei. —
Abeles gab feinen Schaden auf 10—12.000 fl. an. — Bei
feiner fpäteren Vernehmung gab er denfelben nach bem gegen-
wärtigen Marftpreife a 19 fr. pr. Ele auf 6855 fl. öſt. Währ.
an. Ungeachtet er feine Hoffnung ausſprach, Richter werde
fich in Güte zum Schadenerſatze herbeilaffen, ift dieſe Ausgleichung
och nicht gefchehen und erſt im Schlußverhör erklärte fich
Nichter zum Schabenerfaße bereit; allein dieß Tann beim
Merbrechen des Betruges fchon an fih und im vorliegenden
Falle deßhalb feine Straflofigkeit begründen, weil Richter burch
Feine fiftige Befprecbung mit Krumbholz. in Prag und durch
Die „bewußte Anzeige« alles vollbracht hatte, was von feiner
Seite zum Betruge geſchehen fonnte, fo daß er auch für den
Erfolg feiner Handlungen einzuftehen Bat.
Grit nachdem Abeles gerichtlich vernonmen worben war,
schichte er Krumbholz mit Brief vom 8. Iuli 1860 Faktura
über 3672 Stüd Kaliko pr. 41.769 fl., zahlbar am 15. Jaͤn⸗
ner 1860, worauf Krumbholz am 18. Juli d. J. erwieberte,
Daß er fich die Erledigung deſſen fpäter vorbehalten müſſe,
welche aber bis jet ebenfowenig als eine Outfchrift für Abeles
erfolgte.
Diefe Reduktion fand nebft der Berüdjichfigung der eige⸗
en Weberei auch noch zu dem Zwede ftatt, um, da der Preis
diefer Waare fiel, bei anderen billiger faufen zu können, ba
Richter nach Bayer’s Brief vom 24. September 1859 bei
200.000 Ellen in Wien kaufte.
Nachdem die Tiftige Reduktion gegenüber den Stofflie«
jeranten fo gut gelungen war und der Agent JoſefJanowsky
in feinem Briefe vom 4. September ba8 Garn Ar. 18 Pins
cops zu 34 fr. 8. M. oder 59 Er. öft. Whrg., alſo wohlfeiler
anbot, als das Richteriche 8 36—38 fr. K. M. oder66'/ Er.
öfters. Währ. und als es diefes von Anderen beyag, \n tee
48
Richter am 14. Oktober an Krumbholz: »Damit wir un—
fere Spinnereien recht lange in Garn Nr. 18 befchäftigen kön—
nen, wäre es vielleicht zweckmäßig, gegen unfere Sarnliefe-
ranten dasſelbe Manöver wie gegen die St offliefes
ranten dDurchzuführen.«
Obfchon nun Krumbholz früher erklärt hatte, ‚daß ſich
die Garnlieferanten bei den gegenwärtigen Verhältniſſen auf
eine Reduktion nicht einlaffen werben, fehrieb er Doch nun an
Münzberg, welchem fie die thenerften Preiſe, d. i. 65'/, fr. pr...
Pfd., zahlten: » Das hohe Armee-Oberfommanbo in Wien bat die
Lieferung um 25%, reduzirt, ich bin daher in die unangenehme
Lage verſetzt, mit meinen Kontrahenten in jeder Richtung ein
gleiches Abkommen zu treffen, und muß auch Sie bitten, das
mit Ihnen abgeſchloſſene Quantum von 100.000 Bid. auf
75.000 Pfd. zu reduziren. Sie werden einfehen, wie unange—
nehm die Reduzirung nicht nur fpeziell für mich fein muß, ſon⸗
dern auch im Allgemeinen iftz allein es läßt fich dagegen feine
Einwendung machen, ein Machtfpruch kennt Feine Rüde
fichten. «
Hierauf antwortete Münzberg am 16. Oktober, er
könne fich diefem Begehren nicht fügen. Aus perfönlichen Rück—
fichten jedoch wolle er das von Ktumbholz mit Janowsky
getrofferre Webereinfommen wegen Abfchreibens eines Duane
tum von 12.805 Pd. ſeinerſeits beftätigen.
Krumbholz Hatte aber fchon am 15. Oktober an Rich—
ter geichrieben, Daß er bei Muͤnzberg das „Manöver” bereits
vollzogen und ſich mit ihm dahin geeiniget habe, daß er circa.
13.000 Pfd. von Schluffe ablaffe.
Bachheibel Habe ſchon früher abgeliefert und es fei Daher
nur noch Truman zu befeitigen. Auch diefe letztere Spinnerei
Tieferte nicht alle 100.000 Pfd., allein der Grund zur theilmeis
fen Auflöfung des Vertrages zeigt fich bier nicht in der fträf-
lichen Vorfpieglung, jondern erfcheint vielmehr in der minder
entiprechenden Qualität ber Garne.
Die Mittheilung der Reduktion bes Münzberg nahne
Richter am 17. Oktober „zur befriedigenden Nachricht”.
II. c) Endlich ift Franz Richter noch eines Betruges be=
ſchuldigt, wozu die Gelegenheit der beabjichtigte und nur zum
seringften Zheile realifirte Ankauf von auslindiihen Amiit,
6
49
und die von St. Erzeflenz dem Binanzminifter Breiherrn von
Bruck ausgefprochene Biligung der Richter'ſchen Anficht
geboten hat, daß die Valuta Durch Ankauf fremder Devifen
gedeckt werben dürfte. Richter will dießfalls in den erften Tas
gen bes Monates Juli 1859 von Baron Eynatten einver-
ftändlich mit Baron Brud im Namen der Krebitanftalt die
Kommiſſion zum Anfanfe con 1—1'/, Mil. Ellen Zwilch im
Auslande übernenmen, biezu den Kaufmann Hoppe als
Agenten von Wien in das Ausland abgefendet und zugleich
zur Dedung der Valuta durch die Kreditanfialt 20.003 2. ge:
fauft haben.
Obgleich über dieſes Kummiffionsgefehäft weder ein
fchriftlicher Vertrag vorliegt, noch ein Zeuge etwas weiß, fo ift
doch Thatfache, daß Chriftian Hoppe am 6. Juli von
Wien auf der Nordbahn abreiste, am 7. Juli die öjterreichifch-
fächflfche Grenze pafliste, am 9. Juli bei Linke in Leipzig
1228 Stück Zwild von 9 verfihiedenen Breiten Faufte, wovon
359 Stüd pr. 3757 Thaler 17 ©r. 5 Pfge. in die Rechnung
som 9. Juli und 869 St.pr. 9185 Thl. 17 ©r. 5 Pfge. comp⸗
tant in preußifchen Thalern, aber in dieRech nung vom 13. Juli
eingeftellt wurden. Daß Hoppe dann nach Hamburgreifte, wohin
ihm das Telegramın ber Kreditanftalt vom 9. Juli mit ber Be-
- mertung nachfolgte, daß fie nur Zwilch von 74 bis 82 Eenti-
metred Breite brauchen fünnen, während ber gefaufte Zwilch
50—116 Gentimetres breit war; es ift enblich Thatfache, daß
Hoppe infolge telegraphifchen Auftrages ber Kreditanftalt vom
12. Juli nach London abreifte, wo ihn am 14. Juli das Tele: .
gramm ereilte, daß wegen bes eingetretenen Friedens er alle
Käufe einftelle und zurückreiſen folle.
Gr hatte außer dem in Leipzig getauften Zwilch feinen
andern gekauft.
Er gab an, daß ihm Richter fagte, die Kreditanftalt be-
nöthige beiläufig eine Million Ellen Zwilch, ter in beutfchen See⸗
ftädten und wenn nicht dort, fo in England vorräthig fein bürfte.
Menn er keinen Zwilch fände, fol er Hanfartigen Stoff nehmen.
Dafür wurde ihm Vergütung aller Auslagen und 3% Proviflon
verfprechen, für den Ball aber, als er nichts fände, ober durch
irgend welches Greigniß nach Haufe berufen würde, von Rich⸗
ter eine Vergütung von 3000 fl. zugefichert. Iu der That
1
50
erhielt er für fein unverrichtetes Geſchaͤft eine Vergütung von
2500 fl., die dem Aerar aufgerechnet wurden.
Die Kreditanftalt gab Hoppe ein Akkreditif an 8
fhofsheim in Antwerpen auf 100) fl. und an Bambro in
London auf 200 L. welche Hoppe auch erhob.
Sohann Liebig gab dießfalls an, Baron Eynatten
babe ihm im Jahre 1859 gefagt, daß für bie Armee
20.000 Stück Zwilch benöthigt werben und habe ihn anfge-
fordert als Lieferant aufzutreten. Er habe nun, ohne daß ein
fchriftlicher Vertrag abgefchloffen wurde, feinen Kommis Thuma
nach Zwittau entfendet, wo dieſer 200 St. Zwilch kaufte, und
direft an die Monturs » Hauptlommifjion ablieferte. Aus
Thuma's Berichten habe er wahrgenommen, daß er mit dieſem
Geſchäft nicht fortlomme, babe daher die weiteren Einfäufe
eingeftellt, den Kommis zurüdberufen und die Ablaffung von
der Zwilchlieferung mit Baron Eynatten mündlich abgemacht.
Am 18. praes. 19. Juli 1859, 3.5903, machte Richter
eine Eingabe beim hohen Armee: ‚Oberfommande, welche übrigens
nicht mit der ſtatutenmäßigen Firma der Kreditanftalt gefertiget
ist, dahin, daß durch Kebtere im Auslande 1000 bis 1100 St.
Zwilch in verfchiedenen Breiten und durch Liebig et Komp.
- 200 St. gelauft wurden. Er verbindet hiemit die Bitte, daß
die Munturs - Kommiffion in Stoderau zur Uebernahme dieſer
Zwilche angewiefen werde. — Hiezu hat Baron Eynatten
diefe Kommiſſion am 19. Juli 1859 ermächtigt, die Einſen⸗
dung eined Mufters von jeder Sorte verlangt und zugleich Be⸗
. zieht abgefordert, wozu dieſe Zwilche am geeignetiten zu ver⸗
wenden feien.
Demgemäß überfendete obige Kom miſſion am 6. Auguſt
von jenen Zwilchen 21. verjchiedene Muſter von neun verſchie⸗
denen Breiten und bemerkte, daß fo vielfache Breiten Die Ginſtel⸗
lung acht neuer Rubriken ins Protokoll des Monturs⸗Miigazins
und in der Manipulation die Eatwerfung abtheiliger Dividen-
den für jede Breite verlangen.
In der Erledigung vom 2 Auguf trug Baron Eynats
ten ber Monturs⸗ -Haupttommiflen auf, die achterlei (von einer
Elle abweichenden) Breiten auf eine Eile Breite zu rebuziren
und darnach die Empfangnahme, Verrechnung und Verman is
51
pulirung zu bewerkitelligen. Nach der Reduktion feien die anges
ſprochenen Preife zur Kenntniß bes ArmeesOberfommandos zu
bringen, wenn fie nicht etwa früher bei Diefem felbib angegeben
würden...
In der That überreichte Richter im Namen der Krebit-
anftalt am 18. Auguft 1859 bie Faktura über die von Linke
angelauften 1223 Stüd zu 62.073%, Glen Zwild,
pr. 29.979 fl. 73 kr., mit Hinzurechaung der Fracht, Zins
fen und Baluta pr.20. Auyuft aber mit 31.063 fl.89 kr. oͤ. W.,
fo daß die Elle auf 50'/,, Neukreuzer zu ftehen kam, während
im Inlande felbjt nach Angabe der Gewerbekammern die Elle
Futter⸗ und Kittelzwilh um 30 — 37 Er. zu kaufen gemefen
späre und nach einem vorliegenden Ausweiſe des Armee⸗Ober⸗
Zommandos vom 31. Auguft bis 30. September 1859 wirklich
im Inlande von andern Lieferanten noch 236.000 Ellen Kit-
telzwilh a 30/, — 31 Er. und 159.000 Ellen Futterzwilch
&a27°/,,—28 fr. und auf Grund eines Reffriptes vom 3. Juli
an Butterzwilh a 28 fr. 300.000, zufammen alfo 745.000
Ellen gekauft wurden.
Am 23. Auguft 1859, 3. 7914, berichtete die Monturs⸗
Hauptkommiſſion, daß die Reduzirung der Zwilche auf die
vorgeſchriebene Breite von einer Elle ftattfand, fo daß Richter
40.300°%, Ellen Kittel- und 18.577°/, Ellen Futter⸗, und
Liebig 88, Glen Zelt, 30497/, Ellen Kittel- und2556°/,
Ellen Butter Zwilch, zufammen83°/ Ellen Zelt⸗, 43.350°/, Ellen
Kittel- und 21.134°/, Ellen Butter-Zwilch Tieferten, wovon für
die Kreditanitalt die Elle Kittel und Sutter Zwilch 3u 527%, kr.
—= 31.063 fl. 89 kr., für Liebig aber die Elle zu 38 fr.
—= 2271 fl. 50 fr. entfallen, fo daß dieſe Zwllche ſchon
33.334 fl. 39 fe. öft. Wyrg. often.’
Am 283. Auguft trug Baron Eynatten ber Monturs-
Hauptkommiſſion auf, obige Beträge ohne Verzug zu erfolgen.
Am 2. September hat auch Richter bereits ben Empfang von
31.063 fl. 89 fr. oͤſt. W. quittirt.
Ungeachtet nun die Elle Richter’jchen Zwilches bereits
auf 52 fl. 67 fr. zu ftehen kam und in diefen Preis die Vqluta
pr. 20 Auguft und die 6°%/, Zinfen bis zum Tage vom 9., 13.,
18., 23. Juli und 9. Auguft bereits eingerechnet waren und
in ber Faktura vom 18. Auguft eines Dean Berker Tun,
52
die Kurödiffereng mit feiner Silbe erwähnt wurde, obgleich
im Ealdo-Konto der Kreditanftalt, Fol. 320, unter dem Titel:
„Zwilch⸗Vorſchuß⸗Konto des Armee⸗Oberkommando“ nicht
bloß der Zwilch, fondern auch die Devifen verbucht find, machte
Franz Richter im Namen der Krebitanftalt in feiner Eingabe
vom 7. praes. 8. November 1859, 3. 7759, ans biefem
Zwilchgefchäfte eine neue Forderung an das Aerar im Betrage
von 50.746fl. 37 Er. unter dem Titel einer Kursdifferenz. .
Er behauptet dießſalls, daß er damals, als er einen Agen⸗
ten zum Andaufe von Zwilch in das Ausland fendete, unter aus⸗
drüdlicher Genehmigung des Armee⸗Oberkommandos einen
Theil der zur Bezahlung der zu machenden Einkäufe erforders
lichen ausländifchen Valuten gekauft habe; ba gleich darauf
ber Friedensabſchluß erfolgte, feien die Zwilcheinkaͤufe vom Ars
mee⸗Oberkommando fiftitt und die Valuten mit beffen
Genehmigung veräußert worden. Wegen bes Fallens
der Kurſe verlange die Auftalt nebit den Speſen Hoppe's
50.746 fl. 37 kr. vom Aerar als Erſatz.
In dem zugelegten Konto fand auf der „Eoll"s Seite
ddo. 7. Juli 1859 ein Ankauf von 2. 20.003, a 141, dann
wieder Spefen und Zinfen und die Provifion des nach Eng-
Iand entfenbeten Agenten pr. 2000 fl.; dagegen auf ber „Ha⸗
ben": Eeite ber Nerfauf obiger Devifen vom 2., 5., 10., 12.,
13., 16. und 22. Auguft im Kurfe von 108.74 bis 117.75,
fo daß fich ein Differenz: Guthaben der Anftalt von 50.746 fl.
37 fr. ergab.
Freiherr v. Ennatten war auf Urlaub und außer ihm
mußte bei dem ganzen Armee⸗Oberkommando Niemand etwas
von einen Devifen-Anfauf für das Ararifche Zwilchgeichäft.
Daher wurde Freiherrn von Eynatten, „da von einer
Zufimmung zum Ankaufe ausländifcher Valuten - hierorts
beim Armee⸗Oberkommando weder in den Aften etwas vor⸗
fiege, noch befannt ſei,“ fchleunigfter Bericht abgeforbert, ob
und welche Kenntniß er von diefer Angelegenheit allenfalls
habe. Nach feiner Rückkunft gab er tiber diefen hoͤchſten Auf⸗
trag in feinem Bericht vom 18. Dezember 1859, 3.4291, an,
daß ihm, als.die unerläßlicheNothwendigfeit eintrat, zur Dedung
bes gänzlichen Mangels an Kittel-Zwilch, der aller augewenbeten
Dritteln ungeachtet im Inlande nicht auigutreiten gewelen (ei,
53
-einen Agenten in's Ausland zu fehiden, Franz Richter als
merkantilifcher Ratbgeber des Armee - Oberfommandos den
Borfchlag machte, die Valuta durch alfogleiche Anſchaffung von
„London“ zu decken.
Er habe Richter aufgetragen zu Baron Bruck zu gehen,
und er glaube fich zu erinnern, daß ihın Baron Bruck bei näch⸗
jter Beſprechung fagte, er habe dem Antrage Richter's „beis-
geftimmt”. |
Nach erfolgten Friebensfchluffe und Sijtirung der Ein-
käufe habe Richter in feiner Gegenwart Freiherrn von Brud
gefragt, was nun mit den Devifen zu thun fei, Baron Brud
habe erwiedert: „Verkaufen.“ a
Er, Baron Eynatten, bitte daher die Berichtigung der
entfallenden Differenz mit Baron Bruck austragen zu laffen.
Diefer Bericht wurde am 23. Dezember bem Freiherrn
v. Brud mit der Anfrage mitgetheilt, ob und wie weit fich die
Forderung als liquid darftelle.
Hierüber äußerte er fih am 3. Jänner 1860, baß der
Ein⸗ und Berfauf der ausländifchen Baluten „mit Genehmis
gung des Armee-Oberkommando“ geſchah; daß er
übrigens Baron Eynatten's Angabe vom 18. Dezember bes
ſtättigen könne, und daß er die Rechnung ber Anftalt richtig
befunden babe und feinen Anftand gegen die Zahlung der an-
gefprochenen 50.746 fl. 37 fr. mache.
Die Prüfung diefer Rechnung beftand nach dem eidlichen
Zeugniffe des E. f. Minifterialraths Herm von Brentano,
Referenten biefer Angelegenheit darin, daß ihm, ba er von der
Sache. feine Kenntniß hatte, Baron Brud die Aufklärung gab,
er habe, als bezüglich der Valuta zum Zwilchgeſchäft fein Rath
erbeten wurbe, fich dafür ausgefprochen, daß für einen Theil
des vorausfichtlichen Kaufpreifes MWechfel auf das Ausland im
Voraus angefchafft werben follten. Nachdem auch noch der
Kurs jenes Tages, an welchem die Belaftung in ber Ned:
nung in ber Sreditanftalt ftattfand, eingefehen und richtig ber
funden wurbe, wurde auch die Forderung für begründet gehalten.
Den Tag des Gefchäftsabfchluffes felbft habe ihm Baron
Bruck nicht gefagt. Eine andere Prüfung, insbefondere der
Börfe-Tableaur, ber Korrefpondenz und der Bücher, aut
nicht flatt. Kerr von Brentano erlärt hbrrigen® KR, day W
54
normalen Geſchäftszuge der Geſchäftsabſchluß dem Armees
Oberkommando hätte angezeigt werden follen.
Baron Brucd felbft hat fich bei feiner gerichtlichen Ver⸗
nehmung einfach auf feine fchriftliche Aeußerung bezogen. Es
muß bier bemerkt werden, daß er als k. k. Finanzminifter auch
im Intereſſe der Finanzverwaltung zur Haltung ber öfterreis
hifchen Papiere und Drüdwig des Kurſes auf Silber und
fremde Devifen durch die Kreditanftalt Effekten kaufen und ver⸗
faufen ließ, wodurd das Aerar gleichfalls mit einer Differenz⸗
ſchuld von 210.000 fl. belafiet wurde. Diefe Käufe und Ver⸗
fäufe wurden jedoch durch den Börfendireftor der Kreditans
ftalt gemacht.
Außerdem hatte Freiherr v. Brud auch für feine Perſon
einen Konto bei der Kreditanftalt, welcher am 31. Dezem⸗
ber 1859 mit einer Schuld besjelben von 25.466. 87 fr. ſchloß,
wobei zu bemerken ift, daß ihm Direktor Richter ohne Dedung
der Anſtalt aus dieſer unter feiner jtilljchweigenden Haftung vom
16. Auguſt v. 3. 10.000 fl., am 9. September 10.000 fl.,
am 2%. Dftober 5000 fl., zufammen 25.000 fl. lieb, wofür
Baron Brud zur Ausgleichung diefer Schuld Taut feines Brie⸗
fes an Richter erft am 24. Jänner d. J. eine zwar intabulicte,
aber doch nicht ganz fichere dritten Perſonen gehörige Forderung
mit gleichen Betrage der Kreditanftalt zediren wollte, indem Die
Hypothek mit Rüdjicht auf eine erft zu banende Eifenbahn und
bie lnentbehrlichfeit des zu verpfändenden Orundftüdes zu
Eifenbahnzweden im Werthe fleigen werde.
Richter hatte es übernommen, „diefe Angelegenheit« zu
vertreten, wurde aber nad) feiner Angabe durch feine Verhaf⸗
tung daran gehindert, fo daß diefer Gegenſtand bei der Kredit⸗
anjtalt nicht in Beurtheilung genommen, fondern die Forderung
bei der Verlajjenichaft des Baron Brud angemeldet wurde.
Weiteren Aufflärungen über diefen und andere Gegen-
ftände der Unterfuchung entzog fich Freiher v. Brud durch
Selbitentleibung, nachdem er zuvor und zwar noch vor ber,
zwei Tage vor feinem Ende gepflogenen gerichtlichen Verneh⸗
mung alle feine Papiere gefichtet und mehrere Padete davon
- verbrannt hatte,
Ueber obige Zuftimmung desſelben zur Auszahlung der
50.746 fl. 37 Er. wurden diefe angewielen und ergohen. Nun
55
beruft aber diefe ganze Forberung nur auf einer liſtigen Rüde
datirung. | |
Denn bie bei der Kreditanftalt gefchloffenen Käufe und
Verkäufe in Wertbpapieren und dergleichen werben ncch Börfes
Schluß auf Veranlaffung des Börfedireftors in bie Börſe⸗
Tableau eingetragen. Wären daher die L. 20.003 wirklich am
7. Juli für den ärarifchen ZwilchKonto des Armee⸗Oberkom⸗
mandos defauft worden, fo müßten fie im BörfesTablenu vom
7. Juli vorfommen. Allein an dieſem Tage erfcheinen fie we
ber im Einfaufs- noch Verkaufs-Tableau, fondern in jenem
vom 14. Juli v. I. in der 7. Pot mit bem Kurfe von 141,
obgleich voraus fünf Einfaufspoften von» Londen« a 119 und
auch fpäter noch folhe a 119 und 118.75 vorfemmen.
Durch die Angaben der Direftoren Richter und Schiff
ift Tonftatirt, Daß unter den 20.000 8. „London“ 12.000
NRichter’fche und 8000 der Kreditanftalt gehörige »R.« enthal-
ten find. Die 12.000 2%. Richters fteben aber gleichfafls im
Börfen-Tabfeau vom 14. Juli a 141.
Es ift daher durch diefe Tableaur und auch durch Rich⸗
ter8 conto corıente mit der Kreditanftalt, in melchem obige
12.0008. gleichfalls als am 14. Juli andiefe Anftalt übergegan-
gen eingetragen find, nachgemwiefen, dad Franz Richter feine
12.000 8. an die Kreditanftalt und letztere dieſe 12.000 8.
fammt eigenen 8000, zufammen 20.000 %., feineswegs am
7., ſondern erft am 14. Juli an den »Zwilch-Vorſchußkonto des
Armee - Cherfommandeo« verfaufte, alfo daß, da vom 7. zum
14. Juli der Kurs auf Londen von 141—142 auf 118—119
zurückwich, das Aerar durch Die liftige Vorfpieglung, der Ein-
fauf ber Devifen babe ſchon am 7. Juli ftattgefunden, um die
Differenz von 22 bis 23°/, verfünte.
Da ferners nah Richter's eigenein Beftändniß der Zwilch⸗
einfauf vom Armee-Oberfommando chen am 13. Juli einge:
ftellt und Hoppe am 14. Juli telegraphifch zurückgerufen wurde,
fo beftand am 24. Zul kein Bedarf nach Londoner Devifen mehr,
weshalb, da der Einkauf von diefem Tage nur eine fiftige und
rechtlofe Handlung war, auch die Einkaͤufsproviſion entfält, fo
daß alfo das Militär-Aerar mit dem Betrage von 50.746 fl.
37 kr., abzfiglich der Reinneration für Hopye ver 2600 A.,
alfo mit 48.246 fl. 37 Fr. betrügeriſch heichätiat wontte.
56
Die Kursdiffereng zwifchen dem 7. und 14. Juli beträgt
bei 8. 20.003 Stüd 43.975 fl. 31 fr. und bei 2. 12.000 St.
26.383 fl. 52 kr., fomit bei &. 8000 Stüd 17.590 fl. 79 kr.
Daß der Kauf und Verkauf der L. 12.000, beziehungs⸗
weife 20.000 nicht am 7., fondern erſt am 14. Juli ftattfand,
geht aus den vielen Umſtänden hervor, wovon bier vorzüglich
erwähnt werden follen, daß der Börfedireftor Schiff mit Be-
ſtimmtheit exflärte, ex habe von Richter die Ordre zum Unt-
faße nicht am 7., fondern erſtam 14. Juli erhalten; — daß Rich-
ter's Devifen felbft erit am 14. Juli an die Kreditanitalt über-
gingen und erft Dann und Damals aus deren Kotton-Konto
ber Uebertrag in den Zwilch-Konto gefchehen fonnte, daß auch
erft von dieſem Tage, den 14. Juli, an dem ärarifchen Kottons
Lieferungs- Konto Richter’3 die Zinfen für feine L. 12. 000 be-
rechnet wurden; — daß offenbar zur Verhehlung der Spur des
Verbrechens in dem von Niemand gefertigten Aovifobrief der
Kreditanftalt an Richter nur der Monat Juli, nicht aber auch
der Tag diefes Monats angefeßt, fondern nur im Inhalte des-
jelben und bei der Kursberechnung. behauptet wurde, daß die
Devifen ſchon unterm 7. Juli begeben wurden, obgleich durch
Jeugniſſe und das Kopirbuch, in welchen dieſer Aviſobrief
zwiſchen anderen, am 14. Juli geſchriebenen und Geſchäſte
dieſes Tages betreffenden Briefen ſteht, erwieſen iſt, daß auch
jener Richter'ſche Aviſobrief erſt am 14. Juli geſchrieben
wurde; — daß dieſer Brief in das Kopirbuch der nicht am Platze
befindlichen Korreſpondenten, pag. 112, eingetragen erſcheint,
obgleich Richter am Platze hier iſt, baß auch der Aviſobrief an
den Zwilch⸗Vorſchußkonto vom 14. Juli datirt iſt; — daß Rich⸗
ter zur Zeit der Abordnung Hoppe's nicht wiſſen konnte, wie
viel Zwilch er erhalten werde, beſonders da Liebig feine Mif-
fion als eine mißglüdte aufgab und Hoppe felbit angibt,
daß Richter auch den Tal mit ihm. befprach, daß er
feinen Zwilch bekommen, vder aus einem anderen Grunde
zurüdbernfen werden würde; — daß ferner Hoppe feine Devife
auf London mit fich nahm, daher gewiß fein Grund vorlag,
Schon bei deſſen Abreife und bevor diefer noch ein Stüd gekauft
hatte, 8. 20.000 zu kaufen; — fowie, daß ebenfowenig Richter
am 7. Juli ſich zum Verkaufe v. &.12.000 aus feinen Depot
entſchloſſen haben konnte, da er in feinem Briefe an Krumb⸗
%
57
Holz von demfelben Tage (7. Juli) fchrieb: »Ich fürchte, daß
in einigen Wochen wieder eine bedeutende Verfchlechterung der
DBaluta eintreten wird, halte es Daher angewiefen, daß Sie alle
Ihre bis Mitte September in Leipzig und Hamburg zu leiftenden
Zahlungen an fich traſſiren und beftmöglichit begeben, den Er⸗
108 der Begebungen aber fich vorläufig gutfchreiben laſſen, um
dieſe feiner Zeit zur Einlöfung der Domizile zu verwenden, bei
welcher Operation wir höchitens 5 a 100 riskiren, aber die
Hoffnung haben, 20—25 zu erfparen.«
Auch im Briefe vom 9. Juli führt er die Furcht vor einer
neuen Sinanzoperation als Grund feiner Beforaniß vor einer
Verfchlechterung der Valuta an, fo daß er doch gewiß nicht das
durchſchnittlich zum Kurſe von 145 angekaufte London zu einer
Zeit, in welcher er deſſen Steigen erwartet, um 141 verkauft
haben wird. Hiezu kommt noch, daß Richter in der Zwilch⸗
rechnung vom 18. Auguſt, obgleich die Deviſen zum Ankaufe
des Zwilchs gekauft worden ſein ſollen und in demſelben Konto
verbucht ſind, mit keiner Silbe des Deviſen-Verluſtes erwähnte,
vielmehr dem Aerar die Valuta pro 20. Auguſt zur Laſt ſchrieb;
den Deviſen-Konto aber erſt am 7. November überreichte
Nicht minder belaftet Richter feine eigene Berantwortung.
Den Börfe-Tableaur, den Büchern und der Ausfage des Di-
seftor Schiff gegenüber fucht Richter feine Behauptung, Die
2. 20.000 feien Schon am 7. Juli zum Tagskurſe gekauft wor:
den, fchließlich dadurch zu ſtützen, daß er jagte: er felbit habe
diefes Sefchäft abgefchloffen und Hiervon den Börfendireftor
nur verftändigt, fowie daß er dieſes Kaufs⸗, beziehungsweiſe
Verkaufsgeſchäft fchon durch feine Beiprechung mit Baron
Brud für abgefchloffen hielt.
Diefe Behauptung ift aber grundlos, da Richter fein
Recht hatte, im Namen der Kreditanitalt 20.000 2. zu vers
faufen, indem dieſe Gefchäfte nach ber Inftruktion dem Boͤrſe⸗
Direktor zuftehen und obliegen, ba ferner auch Baron Brud
als Binanzminifter nicht berechtigt war, felbjt im Namen des
Militärs ein folches Kaufgeſchaͤft abzuſchließen, und weil end⸗
lich Richter ſelbſt wiederholt in ſeinem Verhoͤre angab, daß
er mit Baron Bruck nur die Frage der Zweckmäßigkeit des
Ankauſes von Deviſen beſprach und Baron Bruck die Trage
bejahte.
58
Bipterer hatte auch auf bie Angelegenheiten bes Militärs
Aerars nur ben Einfluß, daß das Armee⸗-Oberkommando fi
mit dem Finanzminifter ind Einvernehmen ſetzte. Treiber von
Bruck konnte daher nach feiner Stellung nur feine Billigung
über den Anfaufsplan ausſprechen, nicht aber zum Ankauf
felbft einen Auftrag ertheilen, noch weniger dieſen Kaufsvertrag
jelbft abichließen. Deßhalb erklärte Baron Eynatten auch mır,
Baron Brud habe ihm gefägt, daß er dem Antrage-Richter’s
beiftinnmte, und Zaren Brud ſelbſt erflärte, daß ber Einkauf
der Devifen mit Genehmigung des Armee-Oberkommandos
gefehab, während wicber Baron Eynatten von einer folchen
Genehmigung nichts wiffen will, fendern die Austragung dieſes
Geld äftes den Finanzminifterium zufchiebt. Zubem wurbe im
Konto der Krebitanftalt nicht Yarın Brud ober das Finanzs
minifterium, fontern das Aımce Oberfommando als Käufer
der Tevifen eingetragen. Auch Richter fagte früher wiebers
holt, Zaren Brud habe ibm den Auftrag zum Kaufe von
2. 20.000 ertheilt. Märe aber auch dieſes der Ball geweſen,
fo ift ein Kaufsauftrag ncch fein Kaufsabfchlug und vonleßterem
allein Fängt e8 ab, ob das Recht zu einer Kurs: Differenz vors
hanbın fe. Richter mußte aber felbit befennen, daß er außer
jener Unterredung mit Baron Brud, die angeblih am 7. Juli
vor der Boͤrſe ftattgefunten haben follte, gar nichts gethan habe,
was irgendwie einen Kauf begründen fännte. Daß auch er feine
angebliche Unterretung mit Baron Brud vom 7. Juli nicht
ſchon für einen Kaufsabfchlug hält, gibt er durch feine Ants
wort 320 zu erkennen; er babe am 8. Juli dem Baron
Bruck auf einem mit der Firma der Kreditanftalt bedrucken
Zettel die Mitteilung gemacht, daß er dem Wunſche derſelben
entſprechen und 2. 20.000 zum geſtrigen Kurſe à 141 aus
dem Eigenen der Kreditanſtalt gegeben habe.
Es war nun aber Loch, nachdem die 2. 20.000 erwieſener—
maßen erſt am 14. Juli “in das Tepot des Armee Ober-
fommandud übertragen wurden und außer ber angeblichen
Vinterretung am 7. Juli nichts zu einem Kaufsabſchluß gefchehen
ift, wenn diefe Unterrednng felbft als Kaufsabfchluß betrachtet
werten wollte, gänzlich überflüfltg, den Finanzminiſter am
8. Juli davon in Kenntniß zu ſetzen, mas man am 7. Juli
nit ibm felbft befprochen hat.
59
Der Kaufsabſchluß vom 14. Juli mit der Rückdatirung
auf den 7. Juli, um ben Kurs von 141 gegen jenen von 118
zu rechtfertigen, war daher nur eine liſtige Handlung, womit
ber Staat um die namhafte Summe von 48,246 fl. 37 tr.
öſt. Währung bejcbäbigt wurde.
Wäre aber auch wirklich der Kaufsabfchluß am 7. Zuli
zwifchen der Kreditanftalt und dem Armee⸗Oberkommando zu
Stande gefoinmen, fo blieb die Handlungsmeife Richter’3 doch
ein Betrug und zwar an ber Kreditanftalt zu °/, des obigen
Schadenbetrages. Denn dann hätte Leßterer allein am 14. Juli
den Anfpruch auf den ganzen Differenzgewinnegehabt, da Rich-
ter felbft zugibt, daß er erft am 13. oder 14. Juli fich ent
Schloß, ber Krebitanftalt die Summe & 12,000 aus feinen
Depot als Theilfumme der von der Anftalt Dem Nerar zu über:
gebenden 2. 20.000 zu überlaffen und daß die Anftalt ihm für
jene 2. 12.000 die Intereſſen auch erſt vom 14. Juli an berech-
nete, während ihr die Sntereffen für die 2. 20.000 vom 7. Suli
an berechnet wurden. Er will ſich zwar ſchon am 7. Juli vorge-
nemmen und am 8. Juli dem Börfendireftor Schiff gefagthaben,
daß er zu jenen 2. 20.000 aus eigenem Depot einiges London
geben wolle, da er durch Ankauf von Garn im Inlande Dispo
nible Devifen Habe, er müſſe ſich jeboch erft berechnen, wie viel
London er aus Eigenen geben könne. Wäre dieſes auch richtig,
fo wird doch Niemand behaupten wollen, daß ein folches Vor—
‚ nehmen, wobei weder die Summe der Devifen, noch ber
Vebergabstag beftimmt wurde, ein Kaufsvertrag fei.
Darin allein Täge ſchon eine Arglift, daß ein Haupt:
direktor der Krebitanitalt bei den Devifenverfäufen der Lebteren
fih ohne alle Ermächtigung vorbehielt, fpäter eine beliebige
große Summe eigener Devifen ftatt der ber Kreditanftalt
gehörigen unterzufchieben, und dadurch die Anftalt, wenn der
Kurs fteigt, um den größten Theil ihres Kursgewinnes zu
bringen, wenn er aber fällt, fie ben größten Schaden allein
tragen zu laſſen md dieſes Gefchäft damit zu verdeden, daß er
in die Bücher der Kreditanftalt fälfchlich eintragen läßt, als hätte
er Schon an jenem früheren Tage die erft fpäter feſtgeſetzte
Eumme Devifen an die Anftalt verfauft. Daß übrigens Rich:
ter am 7. Juli nicht einmal bet fich fchon den CAKE RR
hatte, auch nur eine unbeftimmte Zahl von Denon a8 Ken
&
60
Depot der Kreditanftalt für die 2. 20.000 des Aerars zu über«
lajfen, und daß feine Behauptungen, er habe disponiblg Devifen
gehabt und durch feine 2. 12.000 nur der Kreditanftalt bie
Meberlaffung von 2. 20.000 an das Aerar erleichtern wollen,
nicht haltbar find, geht daraus hervor, daß er feine erforder-
lichen Devifen von der Kreditanſtalt auf Kredit kaufte und Letztere
im eigenen PBortefeuille ſtets um jene Zeit felbft zwifchen 39.000
und 55.000 Pfde. London hatte, auch nur er bei der Anflalt
und nicht dieſe bei ihm Grleichterung der Gefchäftsabfchlüffe
juchte; daß er nur am 14., nicht aber ſchon am 7. Juli ein
Intereſſe daran haben Tonnte, daß gerade feine Devifen einen
und zwar den größeren Theil der von der Kreditanftalt an das
Armee-Oberlommando zu überlaffenden 8. 20.000 bilden,
indem am 7. Juli jeder Käufer London zu 141, dem Tages-
furfe, nahm, am 14. Juli aber, wo der Tageskurs 118 war,
Die Begebung zu 141 nur unter Benüßung der dem Aerar mit-
gejpielten Lijt möglich war. — Seine unwahre Verantwortung
geht endlich auch daraus hervor, daß Richter nad) Ausweis
der Buchverftändigen (lit.M.)noch am 6. Juli 2.555 Sch. 6. P.
zum Kurſe von 142 und am 14. Juli ſelbſt noch 8. 820
St. a 124 durch die Prager Filiale der Krebitanftalt für fich
faufen Tieß, alfo erftere (vom 6. Sul) gewiß nicht fhon am
nächiten Tage vor der Börfe zum Kurfe a 141, daher mit Ver⸗
luft verkaufen wollte, während er benfelben Tag am 7. Juli
noch auf ein weiteres Steigen der Kurſe rechnete. Daß er den
vorgeblichen Entſchluß am 7. Juli nicht faßte, gebt ferners
daraus hervor, daß er felbit an diefem Tage gegen Krumbholz
brieflich die Beforgniß ausfprach, daß die Devifen fteigen wer-
den, fo bag er bei diefer Anficht. wohl nicht die durchſchnittlich
& 145 gekauften Devifen um 141 verkaufen wollen Tonnte;
fchließlich daß er, weit entfernt, entbehrliche Devifen zu befiten,
von biefen zur Dedung feiner ausländifchen Verbindlichkeiten
nicht einmal genug befaß, weßhalb er auch feine am 14. Juli an
die Krebitanftalta 141 verlauften 2. 12.000 bis zum 11.Novem-
ber allmälich, jedoch billiger von der Kreditanſtalt wieder zurück⸗
kaufte, weil ex fie im eigenen Geſchaͤfte nicht entbehren konnte.
Als Beleg bafür dient Folgendes:
Am 13. Mai verkaufte Richter in der Hoffnung, daß die
Valuta vorläufig nicht ſchlechter werde, wie er an Krumbholz
@l
fehrieb, feine ganzes London. Dennoch betrug am 20. Mai feine
Schuld an das Ausland für rohe Baumwolle und Garne
32.538.335. 10Pf. ZZ
Am 19. Mai fchrieb Richter an Krumbholz: „Es wird
ein Baumwollguantum von 2000 Zentnern zu deden fein. Ich
will mir gleich Hiefür die Baluta decken, Tieß heute fchon 2.
2000 ankaufen und fahre damit fufzeffive bis 2. 10.000
fort, um gegen jede Eventualität gefichert zu fein.”
Am17.Suni fchreibt Richter, daß er fich bereit8 &.28.000
gefichert habe. In den Briefen vom 19. und 20. fpricht er von ber
Nothmwendigfeit, noch 2500 — 3000 Ballen Baummolle zu
faufen und mit „London zu beden. Am 23. Juni fchreibt er,
er habe das „London“ komplet, und im Briefe vom 23. Juli
gibt er den Befit von London auf L. 30.000 Stüd an.
Nach dem Befunde ber Buchverftändigen hat Richter
vom 20. Mai bis 11. Juli 1859 8. 38.447 15 Sh. 6 Pf.
Durch die Kreditanftalt angelauft und zwar um den burchichnitt-
lihen Kurs von 145.69 pr. 2. 10, wovon er bis 11. Juli
8. 11.5556 15 Sh. 6 Pr. verwendete, worunter, ba er laut
Brief von 4. Juli an Frühling und Göfchen 8. 1300 und
900 — 2200 und an Gösler in Hamburg 1000, zufammen
3200 8. als Zahlung überlafjen Hatte, auch biefe begriffen find,
fo daß er am 22. Juli noch 8.26.3892 oder laut feines Briefes
don eben dieſem 22. Juli in runder Summe noch L. 26.800 befaß.
Daß Richter einer betrügerifchen Abficht fähig fei, geht
ſchon daraus Hervor, daß er am 19. November 1847, alfo ge:
tabe am Tuge vor feiner am 20. November 1847 erklärten
Zahlungsunfähigkeit, die Hälfte feiner beiden Fabriken an
F. 9. Richter abtrat, bamit feine Gläubiger nicht darauf
greifen konnten ; jene Faͤhigkeit geht aus den mehreren barge-
ftellten Uebervortheilungen, wovon eine Die andere unterftügt,
hervor, und zeigt fich aus feinem vielfach bewieſenen Eigennutz.
In letzterer Beziehung ergab fich aus der gerichtlichen Uns
terfuchung, daß er troß feiner großen zwiſchen 30—40.000 fi.
ſchwankenden Einnahme ald Hauptdireltor ber Kreditanftalt
und ungeachtet bes Einkommens feiner beiden Fabriken fich nicht
bloß dem Spiele in’ Aktien hingab, indem er mit mehreren
Sreunden ein fogenanutes‘Konfortium: bilbete, und unter Be-
nützung eines unbebedten Kredits bei ver Krekikanttait W
8*
62
Summe v0n3450 St. Krebitaftien kaufte, von denen 1050 St.
vertheilt, der Neft aber mit 2400 St. auf basKonto bes Johann
Liebig (Nanendträger des Konfortiums) gefchrieben und im
Vorfchußgefchäfte in Belehnung genommen wurden und zwar
fo, daß die übrigen Direktoren fich über Die eigentliche Beſchaf⸗
fenheit dieſes Konfortiums erſt durch die gerichtliche Verneh⸗
mung Richter’8 unterrichten mußten.
Jene Fähigkeit geht ferner daraus hervor, daß er unter
Benützung feiner Stellung unlautere Gewinnſte realijirte. So
erhielt er von Johann Liebig für deſſen Empfehlung theils bei
Baron Eynatten zu ben Lieferungen, theild bein Finanzmi⸗
“nifter v. Bruck behufs der Erlangung eines Eskompt⸗Kredites
von angeblih 600.000 fl. bei der Bank eine Summe von
20.000 |l., von der Kladeiner Kohlengewerkſchaft, beziehungs⸗
weife vom VBerwaltungsrathe anna, für einen von ihm augftus
dirten Anlehensplan 50.000 fl., von Lanna und Klein
überdieß 25.000 fl. theild dafür, Daß er feine Stellung als
Verwaltungsrath der Bardubiger Bahn dazu verwendete, um
ihre an bie Geſellſchaft diefer Bahn geftellte Forderung zur Flüſ—⸗
ſigmachung zu bringen, theils dafür, daß er dieſen bei der Kres
bitanftalt ein Darlehen von 3'/, Mil. fl. erwirtte.
Der Beweggrund zum Betruge bei den Deviſen lag
nicht etwa in einem Verluſte an den eigenen Deviſen, die er
zu 145 kaufte und die am 14. Juli auf 118 zurückgingen;
denn er bedurfte der Deviſen zur Deckung feiner ausländiſchen
Schuld für Baumwolle und Hatte, wie er ſelbſt geiteht, den
Kaufpreis für den Kaliko auf 146 baſirt; fondern aus der Ver⸗
gleichung der Daten ergibt ſich als wahres Motiv die ſchon vor
dem 15. Juni beabfichtigte Beftechung des Baron Eynatten
mit etwas mehr als 26.000 fl., fo. daß er dieſe Summe, da bie
liftig entlodte Kursdifferenz 26.3831. 52 Fr. betrug, Tags zu⸗
vor, d. i. ben 14. Juli, dem Aerar betrüglich entlockte, um fich
hiermit, ohne fein eigenes Vermögen angreifen zu müfjen, das
Mittel zu verfchaffen, den mächtigen Freiherrn von Eynatten
ald Werkzeug zur Verübung der weiten Beſchaͤdigungen des
Aerars zu gewinnen.
Dieſe Darftelung ber Lieferung hat num folgenhes Er⸗
gebniß:
a)Ta Franz Richter durch den Bertraguom 22. —W
63
verpflichtet war, Dem mit Reftript des £. £. Armee-Oberfonmandos
vom 8. Juni 1859, 3. 4273, genehmigten Mufter vollkommen
gleiche Waare von guter Qualität zu Tiefern, und biefem Mufter
laut Verordnung vom 26. Juli 1859, 3. 4872, ein zweites
mit dem Beifate fubftitwirt wurde, Daß nunmehr dieſes be⸗
züglich der Qualität als Mufter zu gelten habe; da zur Qua⸗
lität der Kaliko-Waare nach Beitätigung der Sachverfländigen,
fowohl die Zahl als bie Stärke der Fäden und die Dichtheit
des Gewebes gehören, da aber Richter und Krumbholz for
wohl eine geringere Zahl der Fäden mittelft Reduktion der
Breite des Stoffes von 31" auf 30" und Verminderung ber
Fäden pr. '/,[_]" auch eine geringere Stärke derfelben zu
den gelieferten Stoffen verwendeten und hiedurch das Aerar
an der Stoffinenge um mehr als 26.000 fl. befrhäbigten und
die Reduktion der Breite unter der falfchen Vorſpiegelung eines
größeren Schwundes erfchlichen, Die Verminderung ber Faͤden⸗
zahl per '/ Duabdratzoll und die Aenderung bed Garn⸗Nis.
allein unter Benägung der Unmiffenheit des Aerars ohne vors
läufige Bewilligung vornahbmen und die Annahme der gering-
hältigeren Waare durch bie falfche Behauptung, daß bie Waare
dem Mufter vollkommen entfpreche, erwirkten;
b) da ferner Sofef Porges, Leopold Abeles und Jo⸗
hann Münzberg ein vertraggmäßiges Recht hatten, eine bes
ftimmte Menge Stoff, beziehungsweife Oarn, um. feftgelebte
Preife zu Iiefern, da diefe Sublieferanten von Richter und
Krumbholz durch die erbichtete Angabe, das Armee-Öber-
kommando habe die Lieferung von 4 auf 3 Millionen Ellen
mittelft eines Machtſpruches rebuzirt, theils wirklich bewogen,
theil8 zu beivegen verfucht wurden, fich auch ihre Sublieferuns
gen bedeutend bejchränten zu laſſen, da diefelben hiedurch einen
Schaden von mehr als 7000 fl. erlitten haben, und wenn fich
alle drei Fabrikanten dem ganzen Reduktionsbegehren gefügt
hätten, einen noch größeren Schaben erlitten hätten;
c) da ferners Richter dem Aerar die Kurödiffereng
von 48.246 fl. 37 Er. beim Zwilchgefchäft nur durch Tiftige
Rückdatirung des Geſchäſtsabſchluſſes auf den 7. Juli entlockte,
da alfo Franz Richter und Joh. Krumbholz fih Hinter
einem falfchen Scheine verbargen, um fich unrechtmäßigen Ge⸗
win zuzueignen unb dem Aerar und Privaten an rem Neis
64 .
mögen theils usimittelbar, theils durch DVerleitung derſelben zu
folchen nachtheiligen Handlungen, zu denen fie fih ohne Die
angemwenbete Lift nicht würben verftanden haben, einen Schaden
von mehr als 300 fl. öfter. Währung zugufügen und
wirflich zufügten, fo bilden diefe ihre Handlungen das größten-
theils volbrachte und nur zum Theile verfuchte Verbrechen des
Betruges, ftrafbarnach $.8,197— 201 dund 203be8 St.⸗“G.⸗B.,
deffen beide durch ihre vorliegende Korrefponbenz ($.'*/,), durch
fingirte Berbuchungen u. unrichtige Buchführung (F.“/,) in fak⸗
tifcher Beziehung durch ihr Geſtaͤndniß ($.'*"/,), durch beſchworene
Zeugniffe ('*/) und burch Befund beeideter Sachverftändiger
(6.263 d.St.B.OD.), wie bieß bei den einzelnen Lieferungen um⸗
ftänblich auseinandergefeht wurde, rechtlich beichuldigt find.
Mit dem Verbrechen bes Betruges trifft wider 5. Rich⸗
ter aber auch das nach $. 105 St.⸗G. ⸗B. ftrafbare Verbrechen
der Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt zufammen,
Es mußte bereitS Eingangs der objektive Thatbeſtand Diefes
Verbrechens wegen der natürlichen Lage der Sache vorausges
ſchickkt werben und es ift nachgewiefen worden, daß F. Richter
bein Freibern von Eynatten, ber über alle Rieferungsanz
gelegenheiten zu entfcheiden hatte, ein wirkliches Geſchenk von
mehr als 26.000 fl. gemacht habe.
Es würbe bei diefem Berbrechen bloß der Nachweis ber .
Abficht zur Verleitung zu einer Parteilichkeit genügen.
Abgefehen davon, daß bie Enquöte⸗Kommiſſion den Franz
Richter ausdrüdlich als Monopoliften bezeichnet, daß er bei
feiner großen Lieferung feine Kaution wie andere Lieferanten
zu leiften brauchte, aljo das Dießfällige Kapital auf eine andere ers
giebigere Weife umkehren konnte; abgefehrn davon, daß die Konz
trakte am 15. Juli noch nicht ratifizirt waren, daß er als Liefer
tant die Kaliko⸗Muſter feiner Mitbewerber prüfte und ſowohl
Schroll und Söhne, dann Ritter von Zahony die aus:
gezeichnetfte Waare geliefert hätten, während Heinrich Bayer
und Krumbholz felbit über Richter's Waare fein günftiges
Urtheil fällen; abgefeben davon, daß kein Lieferant und umſo⸗
weniger Richter, der fich ungeachtet wiederholter Aneiferung
feines Patriotismus zu feinem Preisnachlaffe berbeilieg, ein
fo namhaftes Geſchenk opfert, ohne dafür etwas zu empfangen:
/agt Sofrotb Kraus, daß Richter vit den ganyen Tag heil
65
Sreiberen von Eynatten unb zwar bei dem Referiren zugegen
war, um feine eigene Sache fehiem Stanbpunfte gemäß dar⸗
zuſtellen.
Hoftath Ecker hielt es für nothwendig, ſich dadurch zu
decken, daB er Referate über gewiſſe Befehle Eynatten’s
mit der NRandgloffe „mandatum speciale“ oder „referirt“
verſah.
Von fo vielen gegründeten Anftänden iſt much nicht Einer,
deſſen definitive Befeitigung Richter nicht gelungen wäre.
Sp wurden die zu fehmalen Leintücher, die als unzweck—
mäßig begutachteten Strohſack-Kalikos auf Eynatten’s Bes
fehl angenommen. Richter felbft fagt, daß ihm feine Stellung
zu ben entſcheidenden Perfönlichkeiten einen mefentlichen Vor⸗
fhub gewährte. Die erſte Abweifung der Termingerftredung
hätte, wenn es dabei geblieben wäre, bem Aerar felbit das
Heft in die Hand gegeben vertragsmäßig zu reduziren. Hätte
Baron Eynatten dem Oberftlieutenant Uhl in Prag über Die
Gründe feiner Anftände gegen bie nicht muftermäßige Waare
Bericht abgefordert, fo dürfte die Etoffminderung auseinanz
bergefebt worben fein und das Aerar hätte Waare von bei-
- ferer, muftermäßiger Qualität befommen.
Freiherr v. Ey natten Tieß aber ein fehlechteres Mufter
ſubſtituiren.
Die Getreiderechnungen waren noch nicht geprüft, der
ZmilchsDevifen- Konto mar noch nicht überreicht, und es iſt nach
den angeführten Erhebungen mit Grund anzunehmen, Daß,
wenn Baron v. Eynatten am Ruder geblieben wäre, die un-
gebührlichen Zerealien auf Rechnungen pr. 183.137 fl. 19 Er.
und bie DevifensDifferen; pr. 48.246 fl. 37 fr. auf immer-
wäh rende Zeiten genehmigt geblieben wären. Da mithin fo
viele Begünſtigungen, welche Baron Eynatten dem 5. Richter
auch nach dem 15. Juli ertheilte und dem Etaate nicht unbe⸗
deut enden Nachteil zufügte, vorliegen, da er fich die Lieferun⸗
gen auch für die Zukunft fihern wollte und fchon im Briefe vom
25. Oktober von Krumbholzein Köpperftüd (Gradſ) verlangte,
weil es möglich fei darin mit dem Aerar ein Geſchäft zu mas
chen, „wenn die leitende Perfönlichfeit von Urlaube zurüdges
Ichrt fein wird," — fo ift audy wohl, wie Einganad watt
wurde, ber zu biefem Verbrechen erforderliche biie Bariag uns:
66
gewiefen. und Franz Richter desſelben durch feinen Briefiwechfel..
(8.122), durch fingirte Buchführungen, Verheimlichung der Depots
und fein Beftreben, der nachforfchenden Obrigkeit durch Verabre-
dung mit den Eynatten’fchen Eheleuten vorzubeugen (nach
$. 2), durch das Geſtaͤndniß des Thatfächlichen ($. * we)
durch feine Geneigtheit und falfche Verantwortung ($. Z%-,
d. St.⸗P.⸗O.) rechtlich befchuldigt.
Sowohl Richter als Krumbholz mußten Daher nach
$. 200 d. St.-B.:D. in Anklageftand verſetzt werben.
Die Fortdauer ihrer Unterfuchungshaft gründet fich auf
$. 156. d. St.-B.-D.
Die Einbeziehung des Heinrich Bayer ald Beſchuldigten
wegen Uebertretung der Berleitung zum Mißbrauche der Amts⸗
gewalt ſtützt fih auf fein Geſtändniß, dem Schneidermeifter
Michael Hagelftädter der Monturs - Hauptlommiffton in
Stoderau noch während ber Lieferung ein Kreditlos verfpros
hen zu haben, was diefer Zeuge auch beftättigt.
‚Wien den 8. Oktober 1860.
Der k. k. Landesgerichts - Präfident.
Scharsehmid.
Hitzinger,
k. k. Landesgerichts⸗Rath,
Zeugenliſte
zur verhandlung gegen Richter.
Kornelia, Freifrau von Epnatten.
Philipp Bondi.
Heinrich Bayer, Agent des Richter.
Franz Garavaglio, Vorſtand ber Depofiten⸗Kaſſa der
Kreditanſtalt.
*8*
miſſaͤr.
Michael Angel, Kanzleidiener der Kreditanſtalt.
Johann Bayer, k. k. General⸗Kriegskommiſſaͤr.
Samuel Kallberg, Agent des Richter.
Karl von Seutter.
Franz Politſch, Meiſter der Prager Monturskommiſſion.
Joſef Ritter von Glommmer, k. k. Ober⸗ Kriegstom⸗
Ed. Strnad, k. k. Hauptmann der Prager Monturs-
Kommiſſion.
Johann Ecker von Krauß, k. k. General⸗Kriegskom⸗
miſſär.
Heinrich Schirmer, Chef der Firma Schirmer & Sommer.
Salomon Przibram, Fabriksbeſitzer.
Eduard Porges.
Joſef Porges von Portheim, in Smichow.
Friedrich Kubinsky, Fabrikant.
Markus Kaufmann, Handelsmann.
Nathan Hellmann.
68
Anton Bernbarb Jellinek,
Alerander Kofe, Buchverſtaͤndige
Anton Skrivan,
Jeſe von Mi Kler, in Prag und Wien.
Franz Mapyerhofer,
Paul Schiff, Großhändler in Wien.
Joſef Chrikof Werkmeiſter.
Michael Nag elſtaͤtter, Schneidermeiſer der Monturs⸗
Hauptkommiſſion.
Ed. Georg, Oberſt und Konmandant zu Stockerau.
Vinzenz Maftuy, Fabrikant in Lomnitz.
Leopold Abeles, Fabrikaut in Koſtelec.
Rudolf Breftl, Sekretär der Krebditanftalt.
Johann Liebig, Fabrikant.
Wilhelm Frankl, Lederhändler in Wien.
Michael Grünbaum, Korrefpondent der Kreditanftalt.
Salomon Niederhofheim, Chef der‘ Korreſpondenz.
Chriſtian Hoppe, Großhaͤndler in Wien.
Johann Münzberg; Fabriksbeſitze. u
Heinrich Weidholz, Weiß⸗ und Kurzwaaren⸗
händler. 8 8*
Joſef Winter, Baummollenfabritant, g 2
Michael Schwarz, SJuhaber ber Baumwoll⸗ WE
Spinne zu Goͤtzendorf, =
Sreiherr von Brentano, k.k. Miniſterialrath.
Dutſchka, Direktor der Kreditanſtalt.
Albert Launa.
Albert Klein. |
Anton Prelautſch, 1. k. Hauptmann zu Stockerau.
Herr v. Hornboftl, Direktor der Kreditanftalt.
Noch ift von Seite bes Vertheibigers. Dr. Beigen die
Borladung anderer Zeugen beantragt worden. Unter biefen be-
findet ſich auch Se. Erzeflenz ber Leiter des Sinangminiferiums
Edler von Plener.
Liſte der borzuleſenden Aktenſtücke
zur verhandlung gegen niqter
Protokoll Richters und Verzeichniß und Depofit-Schein
Eynatten's bei ber Krebitanftalt.
Protokoll mit Baron Eynatten,
» » Kornelia Eynatten,
» Richter, vom 3. Jänner 1860.
Gutachten der Prüfungs⸗Kommiſſion des Armeesöbers
fommandos vom 26. Jaͤnner 1860 über abfichtliche Begün-
figung.
Prot. Nr. 2. Allerhöchſte Eutſchliefung vom 22. April1859.
Kommiffions-Bemerfungen zu Nr. VI. über Kaliko⸗Lie⸗
ferungen.
Kommiſſions⸗Befund und Bemerkungen zu Nr. L, Antauf
von Zwilch.
PolizeisErhebungen über Eynatten's Schulden.
HausfuhungssProtofofftei&ynatten vom 29. Februar,
mit Auffindung der Gelder.
Conto corr. der Kreditanſtalt ſür die Richter'ſche
aͤrariſche Kottonlieferung.
Conto corr. der Kreditanſtalt für die Zwilchlieferung
bes Armee-Oberfommanbo-Brief vorm 14. Suli an.d. Zwilch⸗
Vorſchußkonto, Brief vom Juli an Richter, rar. Kotton⸗Lie⸗
ſerungskonto.
Durchſuchung der Papiere des Eyn atten, NER ONENERUN
gebt, daß er über 3000 fl. Schulden zahlte.
70
Bondy’s verbächtiger Brief vom 6. Mai 1859, ber nicht
im Kopierbuch erfcheint.
Statuten der Kreditanftalt und Vertrag Richter’s.
Protokoll mit Heren Hertl, Beamten ber Krebitanftalt.
Revifionss Protokoll zu Leibitſchgrund. Brief des Richter
an Borhammer vom ,,, , V, und 13. No⸗
vember.
Brief des Krumbholz ddo. Prag , 1860 mit Dou⸗
ceurs⸗Rechnung bes Kollberg pr. 583 fl.
Protokoll mit Adam Schack.
Veberficht der von der Krebitanftalt gelauften Serealier..
Protokoll mit Baron Brud.
Buchauszug ber Kreditanftalt für Baron Brud per
31. Dezember 1859, per 25.466 fl. 87 fr.
Berichte der Handeld- und Gewerbefammern:
Nr. 1 von Beft- Ofen,
» 2 » Preßburg,
» 8 „ tin,
» 20 » Bien ‚
» 29 „ Tentedmwar,
» 33 » Brünn,
» 41 „ Oedenbung,
» 42 „ NReichenberg,
»„ 44 „ Brody,
» 48 » !emberg,
49 Olmütz.
Protokoll mit gohann Krumbholz über Kallberg’s
Revifion.
Protokoll mit Thereſe Kadletz & Anton Klewiſchek.
Speſenrechnung vom 10. Dezember 1859 von Bayer,
bei Earl son Seutter, Buchauszug mit Spefen, ddo. 30. No⸗
vember.
Protofofl mit Zappert, über Preis der Bleiche.
Protofoll mit Louiſe Weffely, Stubenmäbchen bei
Eynatten. |
Protokoll mit Maria Seltenreich, Stubenmäbchen bei
Eynntten.
71
Kommiſſions⸗Protokoll vom 10. Maͤrz über Beſchlagnahme
der Bücher und Briefe der Fabrik Smichow.
Befund der Buchverſtaͤndigen von Prag ſammt Beilagen
und Gutachten.
Protokoll mit Johann Pelzl, Buchführer zu Smichow.
Protokoll mit Johann Krumbholz.
Protokoll mit Adam Schack.
Protokoll mit G. Markl, Offizial.
Kommiſſions⸗ Bemerhung über Meßtiſch und Ellenzahl
der Stücke.
Protokoll mit Ernſt Weber, k. k. nter⸗ Lieutenant und
Adjutant in Stockerau.
Fünf Briefe des Leopold Abeles, ddo. 1, / unb
#/ „1859, /, und"’/ 1860. -
Haftungsurkunde der Kreditanftalt über richtige Lieferung
von 4 Millionen.
Anna Schnabel, Magd bei Eynatten.
Protokoll mit Gebr. Feſete und Johann Gfateri.
Mittheilung der Srebitanftalt und Auszug aus Beirat h's
Protokoll über Richter's Anzeige Siehe Kaliko⸗ Lieferung und
4°), Prov. für Deviſenkauf.
Drei Vertraͤge: —
a) über Hellmann's Lieferung.
b) » ‚Richters Lieferung, 541,200 Ellen Strohſack
vom 15.: September. : .
c) über 250.000 Ellen Ralito vom 19. Oktober.
Protokoll mit Franz Schmitt.
Revifions- Protokoll der Bücher der Krebitanftalt:
Zwilchvorſchuß⸗Konto Nr. 39.
Börfen-Tablenuir vom 7. und 14. Juli.
Prima⸗Nota vom 14. Juli.
Btief ddo. Wien, Juli 1859, aus dem Korreſpondenzbuch
für nicht in Wien domizilirende Korreſpondenz.
Schreiben der Kreditanſtalt.
Protofol mit Wilhelm Ritter von Baponn-
» » Iran Seidk.
Schlußbrief auf 250.000 Elfen dde.: 21. Mai i859.
Protokoll mit Anna Hort im Diewite Wr. Synaiten,
Rote der Monturs⸗Pauptkommiſſion mit Muttern.
Die mündlihe Schlußverhandlung.
Mach ftenographifchen Aufzeichnungen.)
Schon in der frühen Morgenſtunde, lange vor dem Be⸗
ginne der Verhandlung, war der große Verhandlungsſaal des
Strafgerichtes in allen Räumen überfüllt. Es find zwar von
Ceite des Präfidbiums, um einen allzugroßen Andrang zu vers
hindern, Eintrittsfarten für diefen Prozeß. ausgegeben worden,
allein jelbft diejenigen, welche im Beſitze von Karten waren,,
fonnten nicht alle Play finden, dba man in der Vorausſetzung,
daß der Prozeß mehrere Tage in Anſpruch nehmen würde, und
Diele nur einmal und da nur auf furze Zeit erfcheinen werben,
mehr Karten andgegeben, als Nefervepläße vorhanden waren.
So fan es, daß beiläufig eine halbe Stunde vor der Verhand⸗
Jung nicht nur die Eingangsthüren zum Verhandlungsſaale,
fondern fogar der Eintritt zum Gange durch Wachen verfperrt
werben mußte. Im Gerichtsfaale felbit fahen wir Perfonen
aller Stände vertreten. Es waren ba Kaufleute und Fabrikan⸗
ten, Civil: und Milttärbeamte, Schriftfteller und eine außer-
gewöhnliche Anzahl von Stenographen, für welch Iehtere ein
Tisch innerhalb der Gerichtsſchranken und die erfte Bank außer
benfelben reſervirt waren. Der Gerichtshof erſchien nach 9 Uhr.
Er war in fotgender Weife zufammengefebt: Vorſitzender: Vice⸗
präfident A. Schwarz; Votanten: die Landesgerichtsräthe
Winter, Dufcher, Kumpfmüller und Peitler, auch war
dem Gerichtshofe, wie das gefetlich vorgefchrieben, ein Res
fervemann in der Perfon des Adjunkten Spada beigegeben. Die
Stantöbehörde war durch ben Chef der Wiener Staatsanwalt⸗
ſchaft, Herin Limbacher, vertreten.
Der Präfibent Täßt, nachdem ex die Werhantlung War tie:
ß
%
76
öffnet erklärt, den Gegenſtand derfelben durch den Schriftfüh-
er aufrufen und bie Angeklagten und die Zeugen vorfüh⸗
en. Zuerft erfcheint der geweſene Direktor der Kreditanftalt,
Franz Richter. Leichten, ficheren Schrittes betrat er den
Serichtsfaal. In einem Moment überblidte er den Gerichts⸗
faal, und die Farbe feines Gefichtes veränderte fich fofort, als er
den großen Andrang und die Aufregung im Publitum gewahr
wurde. Schnell faßte er fich jedoch wieder, betrat ben Ort
der Angeklagten, verneigte fich vor feinem Richter, reichte ſei⸗
nem Bertheidiger, Dr. Berger, beide Hände und ſetzte fich
auf einen für den Angellngten beftimmten, mit Leder gepol
ſterteu Stuhl nieder. (Die gewöhnliche Anklagebanf war aus
Rüdficht für die Perfon Richter’s befeitigt worden.) Nach
ihm erfchien Johann Krumbholz, fein Gefchäftsleiter im
ber Fabrik zu Smichow, und Heinrih Bayer, Agent bes
Richter. Sie nahmen neben dem Hauptbefchuldigten ihren
Platz ein. Als Eskorte war allen drei Angellagten nur ein
Polizeiwachmann beigegeben, und auch biefer blieb gleich bei
der Thür leben, ohne an der Seite ber Befchuldigten, wie das
gewöhnlich der Fall ift, während ber Verhandlung Platz zu
nehmen.
Nachdem auch die Zeugen erfchienen waren, fehritt ber
Präfident zur Namensvorlefung derfelben. Bon den vorgelabes
nen 25 Zeugen waren jedoch nur 19 erfchienen.
Der BPräfident bedeutet ihnen, daß wahrfcheinlih am
Donneritag ben 8. zum Zeugenverhöre werbe gefchritten wer⸗
ben können, und daß die Vorgeladenen daher von jenem Tage
an fich einfinden mögen.
Weiters brachte der Präfident Schriftftüdte und Zeugniffe
zur Kenntniß des Gerichtshofes, aus welchen hervorging, daß
einige der vorgeladbenen Zeugen theild durch Krankheit, theils
Durch andere Urfachen zu erfcheinen verhindert ſeien. Unter bie
jen Entfehuldigungen befand fich ein Krankheitszeugniß bes alg
Zeuge vorgeladenen Fabriksbeſitzers Johann Liebig, welcher
wegen eines Bronchiallatarrhs dem gerichtlichen Rufe nicht
Folge leiſten zu Können vorgab. |
Der Staatsanwalt erhob fih nah Vorleſung dieſes
Krankheitszeugniſſes und bemerkte, daß er hierauf fein Gewicht
Jegen Eönne, und ben Antrag ftellen mühe , ver Seräraun
3
77
wolle die Krankheit bes Herrn Liebig durch Gerichtsärzte uns
terfuchen laſſen.
Vertheidiger, Dr. Berger, fchloß fich dieſem Antrage an,
und fuͤgte noch die Bemerkung hinzu, daß er ſelbſt an einem Bron⸗
chialkatarrh leide, was ihn dennoch nicht abgehalten habe, zur
Schlußverhandlung zu erſcheinen; er müſſe daher den Antrag
ſtellen, der Herr Vorſitzende wolle die Vorladung eiebig 8
auf telegraphiſchem Wege veranlaſſen.
Der Praͤſident erklärte weiters, daß bie Vertheidigung
auch die Vorladung St. Erzellenz des Leiters bes k. k. Finanz⸗
miniſteriums und Reichsrathes Edlen von Plener beantragt
babe, und daß von Seite Sr. Erzellenz bie Erklärung einge⸗
langt fei, die deren Erfcheinen zur beitimmten Stunde fichere.
Der Präfident erwähnte weiters einer Zufchrift, daß das
gleichzeitige Erfcheinen ber Direktoren ber Kreditanftalt ohne
Störung des Gefchäftsganges der Anftalt unmöglich fei, und
daß er daher Vorforge getroffen habe, daß diefelben mit Beſei⸗
tigung jeder Gefchäftsftörung dem an fie geftellten Rufe folgen
fönnen.
Nachdem die Zeugen abgetreten waren, erfchien bie Zeugin
Baronin Eynatten, entichuldigte ihr verfpätetes Eintreffen,
und erfuchte den Präfldenten, ihr Die Stunde der Bernehmung
zu beftimmen, worauf ihr der Präfident befannt gab, daß Dies
felbe am Donnerstag um neun Uhr Früh erfolgen werde.
Auf die allgemeinen Fragen, die fofort der Präftdent an
den Angellagten Richter richtete, antwortete Lebterer, daß er
53 Jahre alt, Tatholifch, verheiratet und aus Buchau in
Böhmen gebürtig fei. Auf die Frage des Präfidenten, melchen
Stand er befleibe, bemerkte er: „Segenwärtig bin id
nichts als Fabriksbeſitzer.“
Aus den an die beiden übrigen Angeklagten geitellten allges
meinen Fragen entnahmen wir: bag Johann Krumbholz,
32 Jahre, evangelifcher Konfeffion, ledig und Direktor der Fabri⸗
ten Richter’ 8 zu Smichow, Geinrich Bayer, 28 Jahre alt, .
defien Agent in Wien fei.
Hierauf ſchritt die Staatsbehörde zur mündlichen Ents
_ widlung ber Anklage. Wir haben diefelbe bereits ihrem vollen
Umfange nach (im erften Hefte) vorausgeſchickt; nur noch eines
Saltumd Gaben wir Erwähnung zu thun, wann N er
78
äthtlichen Anklagefchrift nicht enthalten, von Geite bes Staats⸗
anwaltes am Schluffe feiner Auseinanderfegungen fürg berührt
wurde. — Nach Faſſung des Antlagebefchluffes,-
erwähnt die Staatshehörbe, „hat ſich noch ein wichtiges Fat:
tum berausgeftellt, welches ich, ohne hierauf direkt eine Anklage
zu flüßen, nur einfach mittheile; indent ed erft von bem Re⸗
fultate ber Schlußverhandlung abhängt, feinerzett bie nöthigen
Konfequenzen hieraus zu ziehen. Es Bat fi herausgeſtellt,
daß Franz Richter und Baron Bruck miteinanker Käufe und
Verkäufe von Effekten zu dem Zwecke verabrebet haben, ben
Silberkurs niedrig und die öfterreichifchen Staatspapiere mög-
lichſt hoch zu halten. Es ſcheint, daß Franz Richter dem
Finanzbeamten die Verfiherung gab, es werde für bas Aerar
fein befonderer Nachtheil Daraus entſtehen. Es zeigte fich aber,
daß die Operation eine verfehlte war; denn es flellte ſich nach
dem Schluſſe des Sefchäftes ein Defizit von 400.000 fl. heraus.
Nationalanlebens- Obligationen, vom welchen 1.400.000 fl.
zum Kurs von 72 verfauft worben find, wurden auf einem
Conto separato verbucht, und diefe Verbuchung geſchah am
6. Juni v. J.“ j
»Am 31. Dezember, fährt der Staatsanwalt fort,
„mwurbe plößlich für biefe Nattonalanlehen der Kurs von 77 fl.
angefagt, als ob bie Krebitanftalt 77 fl. hierfür befommen
hätte. Bei diefer ganzen Summe tft die Krebttanflalt um
70.000 fl. befehädigt. Ein Konto auf 150.000 fl. ungarifche
Orundentlaftungen iſt, obgleich ſich dieſe fonft Im Vorkonto⸗
tableau nicht vorfindet, dießfall im Kurſe nah fo geftellt,
daß die Anftalt um 7°/, befchädigt erfeheint. Die Anstalt ſelbſt
bat fie nämlich um 70°/,°/, verkauft, während fie mit 73 bis
74°/, angefegt waren. Defjenungeachtet find dieſe Aktien auf bie
Zeichen bes Solls dem Finanzminifterium eingetragen zum Kurfe
von 68°/,°/,, wodurd ein Echaben von 75.000 fl. erfcheint.
Es wird fich zum Schluſſe heransftellen, ob und wie weit auf
biefes Faktum noch die Anklage ansgebehnt werben kann;
eine formelle Anklage wird jedoch von mir derzeit noch nicht
erhoben. *
Der Vortrag des Staatsanwaltes hatte ungefähr zwei
Stunden in Anfpruch genommen. Nach eilf Uhr erf begann
da8 Berhör bes Angeklagten Franz Richter, während tie
79
beiden andern Angeklagten, Krumbholz und Bayer, auf
Anordnung des Vorfigenben den Gerichtsfaal verlaffen mußten.
Der Borfigende erflärt hierauf bem Angeflagten, daß, in
Rüdficht auf die lange Dauer der Verhandlung, er ihm geftats
sen wolle, während des Verhörs fich eines Seffels bedienen
zu dürfen.
Richter nahm dieſe Rüdficht mit beicheidenem Dante
auf, und begann fofort fein Verhoͤr mit der Erzählung feines
Vorlebens, von welchem er einen kurzen Abriß gab.
»In meiner Vaterſtadt Buchau, in Böhmen,« fagte er,
»habe ich die Normalfchulen und nach benjelben zwei Jahre bas
Gymnaſium befucht. Hierauf bin ich zudem Kaufmanne Liebig
in die Lehre getreten, und habe nach vollendeter Lehrzeit bei dem
Kaufmanne Bergmann durch ſechs Jahre fervirt. Im Jahre
1832 bin ich als ftiller Sefellfchafter in das Gefchäft eines
Freundes eingetreten, und bafelbft His zum Jahre 1838 geblie-
ven, in welchem Jahre der Chef die Zahlungen eingeitellt
Habe. Mir ift e8 jedoch balb wieder gelungen, das Geſchäft
ıvieder aufzurichten, und ich betreibe dasſelbe fortan bis zum heuti⸗
genTage. Im März 1857 binich von Prag nach Wien gezogen,
da ich die auf mich gefallene Wahl zum Hauptbdireftor der Kre⸗
ditanftalt angenommen habe.
Borfigender: „Haben Sie nie Ihre Zahlungen eins
geſtellt ?«
Richter: »Ia. Im Jahre 1847, aın 20. November.
Ich bin durch Unglüdsfälle, namentlich Durch eine Wafferfrage,
dazu gebracht worben. Ich hatte allein ein Opfer in der Höhe
von 20.000 fl. für neue Keffel bringen müffen, und wurde
durch ſtark beichränkten Kredit in die Lage gefebt, die Nachſicht
meiner Gläubiger in Anſpruch zu nehmen. Diefes Unglüd hat
auf meine meralifche Eriftenz feinen Einfluß gehabt, denn bie
gefanmten Gläubiger ohne Ausnahme, ubwohl deren Zahl
ftart und die Summen meiner Schulden mehr als eine halbe
Million betrugen, haben die Begleichung ihrer Anfprüche allein
nıeiner emfigen Thätigkeit überlafien, und diefe Vorausſetzung
ift auch eingetroffen, das Kapital und die Zinfen find im Laufe
der Unterſuchung vollitändig berichtigt worden. Es ift nicht
einmal eine Bränotation auf meinem Beſitze vorgelommen. IK
ſelbſt babe, damit nicht einige Gläͤubiger, vie Ah ın Ar Re
80
der Fabrik befanden, in die Lage kommen koͤnnten, fich auf
dieſelbe intabuliren zu laſſen, und dadurch mir das „.Heft«
aus der Hand zu nehmen, die Vorficht gebraucht, das Eta⸗
bliſſement an meinen Vetter zu übertragen. Ich habe ben Glaͤu⸗
bigern, als fie zufammengetreten waren, den Kaufsvertrag zur
Berfügung geftellt, mit ber Erklärung, daß ich es im Intereffe
der gefammten Gläubiger geiban, damit nicht einzelne im
Stande jeien, mich in Berlegenheit zu bringen, unb mir bie
Mittel zu entziehen, alle volftändig befriedigen zu Tönnen.«
Borfisender: „Wie groß waren In den Iekten Jahren
Ihre Eintünfte?«
Richter: „AS Hauptdirektor der Krebitanftalt bezog ich
anfänglich einen Gehalt von 30.000 fl., feßte aber dieſen felbft
auf 16.000 fl. herab; die mir in biefer Stellung bisher zuge⸗
kommenen Tantiemen betrugen bei 50.000 fl., fo daß mein
jährliches Einfommen fi auf 25⸗ bis 30.000 fl. belief. «
Vorſitzender: „Sie werden nun aufgefordert, fich über
Ihre Beziehungen zu Baron Eynatten zu äußern.«
Angeklagter: »Ich bitte mir zu geftatten, daß ich dieſe
Frage, da mit derfelben das Hauptgefchäft ber Krebitanftalt,
nämlich die Zerealienlieferung, in Verbindung fteht, etwas aus⸗
führliher beantworten darf, obwohldiefes Gefchäft feinen Gegen⸗
ftand der wider mich erhobenen Anklage bildet. «
»Im Februar bes vorigen Jahres war es, «beginnt Richter,
»als mich ber Finangminifter Baron Bruck rufen ließ, um mir
bie fehr vertrauliche Mittheilung zu machen, daß das Armees
Oberfommanbo fich in der Lage befindet, bebeutende Getreide⸗
eintäufe abjchließen zu müſſen, und an mich bie Frage ftellte,
ob ich geneigt wäre, dieſe Ginfäufe durch die Krebitanftalt bes
forgen zu laffen.«
»Baron Brud bemerkte jeboch dabei, es ſei nothwenbig,
das Geheimniß über Diefen Getreibebebarf fo Tange zu bewahren,
"damit durch das Bekanntwerden feine wilde Spelulation her-
vorgerufen und das ©etreide auf Koften des Aerars unverhält-
nißmäßig hinaufgetrieben werde. Ich müßte alfo, fügte Baron
Bruck bei, ben Muth haben, das Gcheimniß über diefen Bes
darf fo lange als möglich zu bewahren; ich müßte ben Muth
‚haben, das Gefchäft eine geraume Zeit allein auf meinen
Shultern zu Iragen, und dem Verwaltungsraihe erti Indter
81
Mittheilung darüber zu machen. &8 fei dieß nothwendig and
wegen ber Beunruhigung bes Publitums, damit bie ohnebieß
beftehende große Aufregung wegen ber Kriegsbefürchtungen:
buch das Bekanntwerden eines folchen Bedarfes nicht. KM
vermehrt werde. Ich erfannte es ald eine Aufgabe ber Krebits
anftalt, dem hohen Armes Oberfommando die beiten Dienfte
zu leiften und bemerkte, daß bie Anftalt fich um jo leichter enga⸗
giren laſſen könne, da dieſes Gefchäft eben zu den Gefchäften
gehöre, mit denen fich diefelbe befafle.«
„sch erklärte mich daher zur Uebernahme diefer Einfäufe
bereit, und erbat mir nur, Sr. Durchlauchtdem Fürften Sch war⸗
zenberg, als Präjidenten des Verwaltungsrathes der Kredit⸗
anftalt, Mittheilungen machen zu dürfen, womit fich ber Herr
Binanzminifter einverflanden erflärte und mich auch erfuchte,
mich zu dem Direktor des hohen ArmeesOberfommandos, Bas
zon v. Eynatten, zu verfügen.«
».Sch begab mich auch zu dem Lebteren, drückte meine Bes
seitwilligfeit zur Beforgung diefer Getreideeinkäufe aus, und
biefes war bie erfte Gelegenheit, wo ich mit Dem Herrn Baron
v. Eynatten in Berührung fam.«
»Am folgenden Tage fand ich mich beim Pinanzminifter
wieder ein und traf dafelbfi den Baron v. Eynatten ſcho
anmwefend.* _
»Diefe Zufammenkunft fand zu dem Zmede ftatt, um bie
Bedingungen ber Uebernahme feftzuftellen, und es wurben hierbei
folgende vereinbart:
»1. Das hohe ArmessÖberfommando übertragt an bie
Kreditanftalt alle Getreideeinkaͤufe nach feinem ganzen Bebarfe
in ber ganzen öfterreichifchen Monarchie, mit Ausnahme
der italienifchen Provinzen.
»2. Die Kreditanftalt verpflichtet fich, diefe Einkäufe nur
als Kommiſſionaͤr zu beforgen, das Geſchaͤft nach merkantilifchen
Grundſaͤtzen nach beftem Ermeſſen durchzuführen und nur
marftgängige Waare zu faufen.
»3. Die Kreditanftalt empfängt als Entfchädigung für
ihre Bemühung 10 Nr. Provifion für jeden Meben.
»4. Damit diefe Provifion unverkürgt beftehen bleite, &
es ber Krebitanftalt geftattet fein, alle ans dien intünien
>
Sꝑ
entſtehenden Speſen ben hohen Armee⸗Oberkommando 'in
Rechnung zu ſtellen.“
„Dieſe Bedingungen,“« fährt Richter fort⸗. ſind auch Sr.
Majeſtät unterbreitet worden, und fo viel mir geſagt wunde,
empfingen fie auch die Allerhoͤchſte Genehmigung.“
»Nachdem dieß gefchehen war, empfing ich von bem Hess
Finanzminifter bie Inftruftion über mein perfönliches Berhalten,
welche dahin Iautete, daß ich dem Dkinifter über alle Vorkomm⸗
niffe in dieſem Geſchäfte regelmäßig Bericht zu eritatten und
feine Zuftimmung einzuholen habe.«
»Diefer Inſtruktion bin ich auf's Getreuefte nachgelommen
und habe kein Geſchäft abgefihloffen, ohne diefe Zuftimmung
vorher eingeholt zu haben.«
»Was die Einkäufe felbft betrifft, bin ich mir bewußt, Dies
jelben mit voller Hingebung meiner Perfon geleitet zu haben.
Der Erfolg war auch ein glücklicher und günftiger, denn obwohl
in der furzen Zeit von vier Monaten das kolojjale Quantum
von 4.300.000 Metzen angekauft wurde, war boch in Folge
meiner Maßregeln die Steigerung ber Preife nur eine
jehr geringe und felbit bei den Hafer nur ſukzeſſive bis’ auf
20—25°/, eingetreten.
„Um diefes mein Wirken aber in ein helleres Licht zu ftellen,
bedarf es nur eines Rückblickes auf den Monat Oftober 9. $.,
in welchen, als e8 befannt wurde, daß das hohe Aerar Ein
kaͤufe beforgen laſſe, der Haferpreis fogleich um mehr als 26°/,
geſtiegen ift.«
| »Was die hervorgehobenen Mängel der Qualität des Gelie⸗
ferten anbelangt, fo liegt die Urfache nur in ben mittelmäßigen
Refultate der Ernte des Jahres 1858, und ich habe, wie th
‚den dringendften Bedarf gedeckt wußte, nicht nur marftgängige,
fondern fogar magazinsfähige Waare anfchaffen laſſen.“
Präſident:»Ich muß bemerken, daß Sie von dem Gegen-
‚Rande der Frage ganz abkommen; es handelt jich vorläufig nur
‚darum, Ihre Beziehungen zu Baron Eynatten kennen zu lernen. «
Angeklagter: „Ich wollte nicht meine perfönlichen Vers
dienfte heroorheben, ſondern glaubte, weil in den Anklageakte
die Stellung der Kreditanftalt —“ |
Präſident(ihn unterbrechend): »Es liegt wohl in meiner
"Pflicht, alle Beweife, die Sie zu Ihrer Vertheibigung für votb⸗
83
wenbig erachten, entgegen zu nehmen, aber in dieſem Momente
führt une Ihre Auseinanderfegung gu weit.«
Angeflagter: »Ich bitte mir nur noch einige Worte zu
geitatten, denn meine Darftellung ift bald zu Ende;« fohin fährt
ex in feiner Mede fort:
DaB ich nicht Die Proviflon, fondern das Intereſſe bes
Aerars ſtets vor Augen hatte, möge ber Umftand beweifen, baß
ich es geweſen bin, der jchon im Monate Mai den Baron
Eynatten aufmerkſam machte, die Einfäufe, wenn nicht ganz
einzuftellen, fo Doch bei denfelben vorfichtiger zu Werke zu geben;
Leider bin ich mit diefem meinem wohlgemeinten Rathe nicht
gleich durchgedrungen, man befolgte ihn erft nach zwei Monaten,
wenn es mir Daher bloß um die Provifion zu thun geweſen
wäre, fo würde ich wahrlich nicht diefen Rath ertheilt haben.«
»Mit welchem Eifer und mit welcher Sorgfalt ih mid
dem Geſchaͤfte wibmete, dafür möge als Beweis dienen, daß
ich jehr lange um einen Kreuzer pr. Metzen herumgehandelt
und alle dahin einfchlägigen Anträge und Schreiben immer
geeigneten Ortes vorgelegt habe.«
»Daß ich aber Feine Gelegenheit unbenützt vorübergehen
ließ, dem, hohen Aerar dienlich zu fein, möge folgender Um⸗
itand beweifen.«
»Es war im Monate Mai, ald mir Herr Direktor Horns
boftel berichtete, daß während meiner Abwefenheit Anbote auf
Lieferung von Hafer durch einen ficheren Sröhlich gemacht
worden ſeien; ich Habe zur Vorficht ermahnt, allein e8 wurde,
ohne diefe zu beachten, das Offert angengmmen.«
»Fröhlich fäumte in der Lieferung und fehritt erft dazu,
als bereit die Preije geitiegen waren. Baron Eynatten, fowie
Baron Bruck waren für. die Annahme ber Lieferungen; ih
‚machte aber folche Anitrengungen, daß es mir gelang, dem
Aerar 35.000 fl. zu erfparen.«
»Auf den mir gemachten Vorwurf, daß in die dieſes Ge⸗
ſchäft betreffende Rechnung Poſten eingeitellt wurden, melde
nicht zur Vergütung geeignet waren, will ich, ohne auf die ein»
genen beanitändeten Poſten einzugehen, nur im Allgemeinen
bemerken, daß bei fo bebeutenben merfantilifchen Geſchäften,
vote folches der Zerenlieneinkauf für die Arınee war, mande
Spejen bewiliigt werben müfjen, welche hei gemüinliigen Sr
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ſchaͤften nicht eintreten, boch find biefe Spefen im Verhaͤltniß
zu ben damit gewonnenen günftigen Reſultaten nur. hoͤchſt unbe⸗
deutend.“
»Diefes iſt der Fall bei ber beanſtändeten Proviflon für
ben von der Kreditanftalt nach Galizien zum Einfaufe Abge⸗
ſandten; allein die von diefem beim Einkaufe erzielten Vortheile
find fo bedeutend gemefen, daß ber Betrag der für fie entfallenden
Provifion Dagegen ganz verfchwindet. «
»So lange ich Iebe — fchließt er — werbe ich das Ber
wußtfein in mir tragen, baß ich als Hauptbireftor der Krebits
anftalt nicht ohne Erfolg beftrebt gemefen bin, dem Staate
Dienfte zu Teiften, zumal auch Se. Majeftät der Kaiſer die
Gnade hatte, in Gegenwart Sr. Durchlaucht bes Fürften
Schwarzenberg und des Grafen Zihy fich anerfennend
auszufprechen; auch das Bewußtſein trage ich in mir, Daß ich
bei dieſem ©efchäfte in ber Höhe von 15 Millionen als redli⸗
eher Mann gehandelt habe, benn meine Hand blieb Dabei
rein.«
Borfigender: „Nun wollen Sie zur Antwort auf bie
Frage zurückkehren, in welchen Beziehungen Sie au Baron
Eynatten ftanden.«
Richter: „Wie ich fchon erwähnt, wurde ich Durch Bas
son Brud, nachden er mit mir wegen bed Einkaufes der Ze⸗
realien geiprochen Hatte, angewiefen, mich mit Baron Eynat-
ten in’8 Einvernehmen zu ſeben, und damals habe ich ihn das
erſte Mal geſprochen. «
Borfitender: „Waren Sie häufig im Verkehr mit Bas
ron Eynatten?«
Richter: »Ia wohl, da ich vor Abfchluß jedes Kaufe
geichäftes mit Baron Eynatten Rüdfprache pflog.*
Vorfigender: „Waren Sie bei biejen Unterrebungen
allein mit Baron Eynatten?«
Nichter: „Sobald ich zu Baton Eynatten in das Bus
reau trat, klingelte er fogleich, und ließ den Herm Hofrath
zufen, in defien Gegenwart ich Dann meine Anträge ftellte; ich
erinnere mich nur, daß ich ein paar Male allein mit Baron
Eynatten war, mo aber nur von ganz gleichgiltigen Dingen
geiprochen murde. «
86
Borfitender: »War Ihnen befannt, daß Baron Ey⸗
natten eine Urlaubsreiſe antrete?«
Richter: »Baron Eynatten fagte mir einmal, daß, da
nun bie Sejchäfte fih mindern, er zu feiner Erholung eine .
Reife in's Ausland unternehmen wolle. Wie ich glaube, iſt er
im Oftober v. J. abgereift.«
Vorſitzender: „Haben Sie ihm einen Kreditbrief gege:
ben ?«
Richter: »Ja, ich habe ihm damals den Antrag gemacht,
ihm auf die Reife in Anerkennung feiner mir ſtets bewiefenen
Freundſchaft einen Kreditbrief ber Kreditanftalt zu geben. Bas
son Eynatten tft Darauf eingegangen, und ich gab ihm einen
auf 40.000 Frks. obwohl Eynatten eigentlih nur einen
über 20.000 Frks. wollte. « Ä
Vorſitzender: „Welche Dedung hat Baron Eynatten
für diefen Krebitbrief Ihnen gegeben ?«
Richter: »Baron Eynatten gab mir zur Dedung für Die
Krebitanftalt Werthpapiere feiner Stau, und zwar Nordbahn⸗
Aktien, Metalliquess und OrundentlaftungssÖbligationen, und
diefe wurden als Depot bei ber Kreditanftalt Hinterlegt.«
Vorfisender: „Wann iſt Baron Eynatten von feinem
Urlaube zurüdgelehrt?«
Richter: „Am 4. Dezember v. J.; ich erfuhr bieß aus
ben Zeitungen. *
Vorſitzender: »Was veranlaßte den Baron zur Rückkehr ?“
Richter: »Das weiß ich nicht. «
Vorſ igenber: »Waren in diefer Zeit nicht Gerüchte von
Unterfchleifen im Umlaufe?«
Richter: »Ia, ich hörte davon, und man ſprach von 30
bis 40 Millionen, die veruntreut worden wären.«
Vorſitzender: „Wann kamen Sie mit Baron Eynatten
nach feiner Rückkehr wieder zufammen?«
Richter: „Ich begab mich allfogleich, als die Zeitungen
bie Ankunft des Baron Eynatten meldeten, zu ihm und
brüdte ihm meine Freude über feine Rückkehr aus, da hiermit
ben umlaufenden Gerüchten am beiten geitenert werde. Baron
Eynatten tbeilte mir hierauf mit, daB er wegen dieſer Ge⸗
ruͤchte fih bei Str. Majeftät eine Prüfung feiner Amtshand-
Jungen erbeten und Se. Majeftät ihm viele ud, gemdlgtt ale.
86
Vorſitzender: „Hat Herr Baron Eynatten von dem
durch Sie erhaltenen Krebitbriefe Gebrauch gemacht? «
Richter: „Nach den Büchern der Kreditanftalt hat Bas
- ron Eynatten 2000 Franks auf den Krebitbrief behoben und
verwendet. Als tch, wie ich eben erwähnte, ihn befuchte, fagte
er mir auch, daß er mir am nächiten Morgen zur Deckung bies
fer Summe das Nöthige einfenden werde. Er ſandte mir aud
ſolches ſo daß aus dem erhaltenen Kreditbrief nur eine ge⸗
ringe Forderung übrig blieb, für welche ich, als ich das Depot
des Baron Eynatten bei der Kreditanſtalt erhob, die Haftung
übernahm. Dieſes Depot habe ich, wie ich glaube, am 4. De⸗
zember v. J. zu mir genommen, um die Koupons der Werth⸗
papiere abzuſchneiden, da dieſe Koupons als Zahlung für den
in Anſpruch genommenen Kredit aus dem Kreditbrief verwen⸗
det werden ſollten. Am 16. November wurde ich wegen dieſes
Depots bei der Polizeibehörde vernommen; ich beeilte mich,
die Koupons abzufchneiden und habe hierauf bie Werthpapiere
dem Baron Eynatten zugefandt.«
Borfißender: „Woher wußten Sie, daß dieſe Werth⸗
papiere der Frau Baronin Eynatten gehören?«
Richter: »Baron Eynatten fagte mir bei ber Ueber⸗
gabe der Werthpapiere, daß fie Eigentyum feiner Srau wären;
ebenfo Hat mir Baron Eynatten ſchon früher, ald ich nämlich
für fie die Nordbahn⸗Aktien Taufte, welche fpäter bei der Kredit-
anftalt hinterlegt wurden, eröffnet, daß biefelben feiner Frau
gehören, und ich habe deßhalb ihr dieſe Werthpapiere ges
Ichieft, und von ihr auch den Empfangfchein hierüber erhalten. *
Vorfigender: „Was für Papiere waren es, welche
Baron Eynatten bei der Kreditanftalt hinterlegt Hatte, und.
welche Sie dann der Baronin ausfolgten?«
Richter: »25 Stüd Nordbahn-Aktien, Grundentlaſtungs⸗
Obligationen und Metalliques.«
Borfißender: Was tft Ihnen "über die Erwerbung
der 25 Stück Nordbahn⸗Aktien befannt?«
Richte: „Baron Eynatten Außerte fchon lange ben
Wunſch, fürr feine Frau 25 Stück NordbahnsActien zu kaufen,
und übergab mir im Juni oder Juli v. I. zum Ankaufe dieſer
25 Stück Aktien den Betrag von 20.000 8. 36 eh wm
87
durch die Krebitanftalt die Aktien kaufen, beponirte fie bei der⸗
felben und habe fpäter, um dem Baron Eynatten eine
Freude zu machen, biefe Aktien behoben, und fie ber Frau
Baronin Eynatten zugeichict, obwohl ber ganze Kaufpreis
ber Anftalt noch nicht vollfommen vergütet war. Ich erwartete
wohl von Baron Eynatten bie Zahlung des Reſtes; jtellte
mir aber auch. im Innern die Frage, ob ich etwas bafür erhal-
ten werde, und beantwortete mir biefelbe mit den Worten:
»MWenn nicht, fo verzicht’ ich darauf.“ Ich habe mich
aber ſtets als Gläubiger ber Frau Baronin betrachtet, gegen fie
aber niemals davon das Geringfte erwähnt. Als ich ihr diefe
Werthpapiere zugefendet, verftändigte ich wohl ihren Gatten
kayın, ohne fie jedoch um ben reftlichen Kaufpreis zu mahnen,
weil. ich jeden Schein vermeiden wollte, ber irgend ein Miß-
tvauen wider ihn gezeigt hätte.«
Borfibendber: „Wann haben Sie den Baron Eynatten
von der Sendung dieſer Aftien an feine Gattin in Kenntniß
gefeßt?« '
Nichter: »Ich Habe dieß am nämlichen Tage gethan,
an welchem die Uebergabe und ritdfichtliche Zufendung erfolgte. «
Vorſitzender: „Wollen Sie nunmehr angeben, welche
Beſuche Sie dein Baron Eynatten nad feiner Rüdfehr ge-
macht?«
Richter: »Ich war außer bem ſchon erwähnten Male
gleich nach feiner Rückkunft noch zmweis oder dreimal bei Baron
Eynatten.«
Vorſitzender: „Was veranlaßte Sie zu dieſen Be⸗
fuchen ?«
Richter: „Einmal war die Veranlafjung meine polizei-
lihe Vernehmung wegen der beponisten Werthpapiere, ein
zweites Mal meine über denfelben Gegenſtand erfolgte ſtrafge⸗
richtliche Vernehmung,“.
Vorſitzender: „Welchen Anlaß konnte Ihre polizeiliche
Vernehmung geben, den Baron Eynatten zu befuchen?«
Richter: Ich babe bei meiner polizeilichen Bernehmung
nicht. geahnt, daß es.fich um ein Verbrechen handle, daher ich
auch feinen Anlaß hatte, hierüber ein Stillfchweigen zu be⸗
ob achten. Sch: theilte Baron Eynatten wnwerhailen mi,
88
daß in Betreff feiner Depots Nachforfchungen bei mir gehalten
wurden. «
Borfipender: „Was hat Baron Eynatten auf bieſe
Mittheilung erwidert?“
Richter: „Gar nichts.“
Borfitender: „Hat Baron Eynatten Einfluß auf
Ihre Heußerungen bei ber polizeilichen Vernehmung genommen?«
Richter (fchnell): »Er nicht.«
Borfigender: „Wer denn?«
Richter: »Die Frau Baronm Eynatten kam zu mir
und zwar zum erſten Male nach ihrer polizeilichen Vernehmung;
es war dieß am 18. und 20. Dezember, und ba theilte fie mir
mit, fie Habe angegeben, fie hätte bie 25 Stüd Nordbahn⸗Aktien
volftändig bezahlt. Bei dieſer Gelegenheit hat mich die Dame
erfucht, wenn ich darüber befragt werden follte, fol ich ihre
Angabe beftätigen, damit fie nicht fompromittirt werde. Ich
babe bei diejer Gelegenheit much das erſte Mal mit ihr ges
fprochen. «
Borfikender: „Hat bie Frau Baronin fich nicht näher
darüber ausgefprochen, was fie bei ihrer Vernehmung aude
gefagt?«
Richter: „»Gar nichts, außer das, was ich eben fagte.«
Borfigender: „Haben Sie ihr biefen Gefallen gethan?«
Richter (bewegt): »Das ift es-eben, hoher Gerichtshof,
über das ich mir allein einen Vorwurf machen Tann, daß ich
in meiner Vernehmung zugegeben habe, daß fie mich wirklich
volftändig bezahlt habe. Das tft das, worüber ich bei meiner
erften Einvernehmung Gott und das Gericht tief um Verzei⸗
hung gebeten habe.«
Vorfisender: „Wann find Ste von ber Polizei vers
nommen worden?“
Richter: „Am 16. Dezember. «
Borfißender: „Hat Feine weitere Vernehmung ſtattge⸗
funden?«
Richter: „Außer jener am 16. feine. * Ä
Borfigender: „Sie haben gehört, daß die Staatsan⸗
waltfchaft in dem Umftande, daß Sie nur 20.000 fl. für.die
25 Stüf NordbahnsAttien bekamen, bafür aber fänmtliche
Altien auögefolgt haben, bie Folgerung zieht, dah Sie mit bem
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Mehrbetsage bed Kaufpreifes dem Baron Eynatten ein Ge⸗
fchen? machten, und zwar ein Geſchenk, welches in ber Abficht
gemacht worben wäre, um den Baron Eynatten zum Miß-
brauch feiner Amtspflicht zu verleiten. Es ift Ihr Geftändniß
zur Begründung beffen angeführt. Nachdem Sie nun heute bie
Sache fo erklären, als "betrachten Sie fih noch immer als
Glaͤubiger rücfichtlich jener Beträge, fo fieht man fich veran-
laßt, Ihnen diejenige Stelle aus dem Verhörsprotofolfe
vorzuhalten, aus welcher zu entnehmen if, daß Sie in
der Vorunterfuchung hierüber eine andere Aufklärung gegeben
haben. In der Antwort 444 fagten Sie: »Ich habe allerdings
von Baron Eynatten nur 20.000 fl. zu dem Anfaufe von
25 Stüd Nordbahn⸗Aktien erhalten, derfelbe fagte mir, fette
Frau werbe die Papiere bei höherem Kurs wieber verkaufen und
mir den Reit bezahlen. Ich trug nun Fein Bedenken, ging auf
den Antrag ein, kaufte die verlangten 25 Stüd Aftien und
fendete fie, um mich »koulants zu zeigen, der Frau Baronin
Eynatten in bie Wohnung, und zwar durch meinen Diener
Angel. Der Kreditanftalt gegenüber trat ich als Krebitor auf
und ich war entichloffen ruhig abzumarten, bis die zum Ver⸗
Taufe beitimmten Papiere mir zukommen würden. Sie blieben
bis zum Tage meiner Verhaftung aus; ich gab die Hoffnung
auf deren Empfang ganz auf, und jo hat ſich das „plus«, ohne
Daß es meine Abficht war, zu einem „adeau« für fie geitaltet,
wozu ich mich in meinem erften VBerhöre bereits befannt habe.
"Durch die Verzichtleiftung auf dieſe Forderung habe
ich fein fremdes, fondern nur mein eigenes Intereffe
verlegt, und glaube feine ftrafbare Handlung bes
gangen zu haben.*
„Berner fagten Sie in berfelben Antwort:
»Ein Blick auf die befcheidenen Mefultate, melche ich von
den für meine eigene Rechnung gemachten Gefchäften gezogen
habe, dürfte den Beweis liefern, daß ich hiefür ein Opfer von
fo bedeutender Höhe, wie bieß fpäter durch die VBerhältniffe er-
zwungen worden ift, nicht freiwillig geletitet habe.*
„Im Widerſpruche mit Diefer Angabe fteht nun die Ante
wort 17 aus Ihrem Verhörsprotofolle; darin heißt es:
»Bel dem täglichen Verkehr, welchen ih mit dem Burn
Epnatten hatte, fam auch das Geſpraͤch auf die Be. ME.
90
der Kurs der NorbbahnsAttien auf 130-—33 ftanb, äußerte
Baron Eynatten, ba er 25 Stüd für feine Fran aus ihrem
eigenen Vermögen faufen möchte. Monate lang war dann hieson
feine Rebe mehr zwifchen ung, und erft im Juni, Juli kam er
wieder auf biefen Gegenſtand zurüd, übergab mir“ 20.000 fl.
als Eigenthum feiner Frau und erſuchte mich, für biefe Die 26
Stück Nordbahn- Aktien zu kaufen. Ich erfüllte dieſes Anfuchen
und fenbete, wie bereits erwähnt, Die 25 Stück durch meinen
Diener Angel ber Frau Baronin Epnatten u, ohne ben
Baron Eynatten davon in Kenntniß zu ſetzen. Die Abficht
auf Beftehung lag mir ferne, ed waren ja alle Ge⸗
fhäfte bereits abgefchloffen und nicht einmal eine
Aussicht vorhanden, neue zu machen. If diefes richtig ?*
Richter: »Ja.“ |
Vorſitzender: „Sie werden wohlbemerten, daß zwifchen
diefer und der heutigen Ausfage weſentliche Differenzen vors
liegen. Sie fagen heute mit voller Beftimmtheit, Sie hätten
den Baron Eynatten von dem Antanfe diefer Aktien und des
ren Zufendung an feine Oattin verftändigt, während Sie in
der Ihnen vorgelefenen Antwort Ihres Verhoͤrsprotokolles anz
gaben, Sie hätten ben Baron Eynatten davon nicht in
Kenntniß gefebt?«
Nichter: »Die Sache ift der Art: beim Weggeben, es
war am Tage ober zwei Tage nach dem Kaufe, fagteich zum Herrn
Baron: »Sie haben die 25 Nordbahn,« fonft eine fürmliche
Rüdiprache war nicht. Er war auch nie in der Rage, annehr
men zu können, daß diefe 13 Stüd mehr als ein mir von ihm
gegebener Auftrag, daß fie ein Geſchenk feien. Wenn ich mich
bier in einen Widerſpruch verwidelte, fo bitte ich, hoher Ge⸗
richtöhof, einige Rüdficht zu nehmen auf den Zuftand ber
Aufregung, in dem ich mich nach meiner Verhaftung befunden
babe: e8 war gewiffermaßen ein greller Mebergang, in den ich
durch unglüdliche Verhältniffe gebracht worden bin. Wenn ich
mich an die Zeit erinnere, jo muß ich Gott danken, daß er mid
gefund erhalten hat, es waren mir nicht fo alle Details, bie
ich mir ſpäter bewußt wurde, gegenwärtig, ald nachdem ich mich
bereits in meine Lage gefunden habe.«
Vorſitzender: »Es tft am Schluffe dieſes Protofolles die
91
ausbrüdliche Bemerkung, bag Sie die Antwort Bortzfür Wort
felbft diftirten.« |
Richter: »Ja, das ift richtig, Defienungenshtet muß i6
nochmals bitten, die Lage zu berücfichtigen, in die ich damals
verfeßt war.«
Der Bräfident lieit nun die Antwort 19 vor.
In dieſer gibt der Angeklagte an, daß er fih nur auf
Wunfch des Finanzminifters dem Gefchäfte unterzogen habe,
daß er in diefem Gefchäfte alle Pflichten eines guten Staates
bürgers erfüllt zu Haben glaube, fich nie Durch perfönliches
Intereſſe habeleiten laffen. Er erflärtweiter, daß man fich
bei einer umftändlichen Unterfuchung von der Wahrheit feiner
Behauptungen überzeugen werde, und verwahrt ſich nochmals
gegen die Beichuldigung, als habe er feine Stellung benüßt,
um den General Eynatten zum Migbraudye der Amtsgewalt
zu verleiten, indem er verfichert, daß zu der Zeit, als er bie
52 Stüd Aktien für den Baron Eynatten kaufte, alle Oe⸗
jchäfte bereits abgejchloffen waren; er erbietet fich, auch eidlich
zu befräftigen, daß er während der zwifchen ihm und Eynat⸗
ten im Gange gewelenen Berhandlungen nie Geſchenke zu
machen veranlaßt gewejen fei. Nur als ihm der Baron Eyn⸗
atten die 20.000 fl. einkändigte, erinnerte er fich der frühes
en gegen ihn gemachten Aeußerung des leßteren, daß nämlich
deſſen Frau willens fei, 25 Stüd Aktien zu Faufen.
»Es war eine reine Gefühlsſache — lautet der Schluß
jenes Protokolls — und ich entfchloß mich, ben Mehrbetrag,
wenn nöthig, aus meinem Eigenen zu tragen, da meine Ver⸗
hältniffe es mir geftatten, ein folches »Kadeau« zu machen. «
Borfigender: »Da fonımt ber Ausdrud „Gefühls-
fache« vor, während Sie ſich früher ald Gläubiger und das
Ganze als eine Geſchaäftsſache dargeftellt haben. «
Richter: „In dem Momente, als ich jenes Protokoll dik⸗
tirte, war e8 eine Gefühlsfache, ich habe meine Forderung
aufgegeben, ich habe gedacht, wenn ich es als Kadeau erfläre,
daß ich darüber am wenigften Auskunft zu geben hätte. Ich
habe gebacht, wenn ich fage, es ift ein Kadeau, wird man
mih am wenigjten behelligen fönnen, wenn man fich her⸗
beiläßt, die Bitte, mein Geſchaͤft gründlichit zu wterlusgen,
on
92
zu erfüllen, man Die Weberzeugung finden werde, daß dieſes
Geſchäft keine Veranlaſſnng gegeben bat, ein fo großes Opfer
zu bringen, wie ich e8 durch die Berbältniffe gebracht Babe.
Diefe Meberzeugung habe ich heute noch und ich Hoffe, daß es
im Laufe der Schlußverhandlung gelingen wird, darzuthun,
daß ich auf Grund meiner Gefchäfte fein fo bedeutendes Ka⸗
deau zu machen in ber Lage war.“
Borfigender: „Als Ihnen in dem 27. Vorhalte bedeu⸗
det wurde, daß Sie bei der erften Vernehmung nicht ganz auf⸗
richtig zu Werke gegangen, indem vorfommt, daß Gene:
sal Eynatten für den Fall, ald Sie vernommen werben
follten, Sie bat, zu fagen, daß Sie die 20.000 fl. nicht von
ihm, fondern feiner Frau erhalten haben, antworteten -Sie:
»Als ich die 25 Stüd kaufte, nahm ich mir gleich vor, daß
ich die Differenzen meinerſeits tragen werde; «
Richter: „Wenn nöthig, wie ich dieß fo eben gejagt
babe. «
Borfitender: » Hier aber ſteht buchftäblich: Ich nahm
mir gleich vor, daß ich bie Mehrfoften auf mich nehmen
iverde. «
Richter: »Hoher Gerichtshof! Ich habe nicht gefagt,
daß ich den früheren Vorbehalt zurüdnehme, fondern ich habe
nur gelagt: »Tollte ich nicht bezahlt werben. «
Vorſitzender: »Das müſſen Sie offenbar als Wider-
fprüche erkennen, wenn Sie zuerft fagten: »ich nahm mir gleich
vor, die Differenz felbit zu tragen und dann, daß Sie ſich erſt
ſpäter hierzu entſchloſſen.“
Richter: „Ich bitte, als ich die Erklärung machte, babe
ich immer vor Augen gehabt, nur, wenn es nöthig würde,
auf meine Forderung zu verzichten. Ich beftehe übrigens nicht
darauf, Diefe Forderung geltend zu machen. «
Vorfitender: „Ih mug Ihnen bemerfen, daß Sie
dieſen Vorbehalt nicht gemacht haben.«
Richter: „Aber ich bin überzeugt, daß ich bei dieſer Ans
gabe immer nur gedacht habe, wenn es „nöthige fei.«
Borfigender: Halten Sie die Antwort 28 für richtig
aufgenommen?«
Richter: „Hoher Gerichtsäoft Nur mit dem Bufape :
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„wenn nöthig,« es ift Dadurch meine frühere Erklärung
nicht aufgehoben. «
Vorſitzender: „Sie haben angegeben, daß Baron Eyn⸗
atten die erite Erwähnung über den Kauf von Aktien damals
machte, wo der Kurs der Nordbahn-Aftien zu 130—133 ftand.
Können Sie nicht ungefähr den Zeitpunkt angeben? «
Richter: »Das wäre fihmwer.«
Vorſitzender: »Es liegt bier ein Kurszettel vom 30.
April vor, wo diefe Aftien auf 133 ftanden.«
Richter: »Es mag um diefe Zeit geweſen fein. «
Vorſitzender: „Die Anklage folgert aus diefen Gefprä-
chen mit Baron Eynatten, daß Sie und Baron Eynatten
über das Geben und Nehmen des Diehrbetrages des Kaufs
preifes diefer Aktien fchon einveritanden geweſen fein mußten. «
Richter: »Hoher Gerichtöhof! Ich betheure beim einzi-
gen Gott, daß nie eine Sprache in dieſer Beziehung zwifchen
und war, ich bin es mir und dem Andenfen bes Generals
ſchuldig. So lange der Mann am Leben war, bielt ich ihn
für meinen Schuldner, weil ich mir bis zum legten Augenblide
gebacht habe, er werde fchuldlos hervorgehen, mweil er felbft
um bie Unterjuchung gebeten hat.«
Borfigender: „Ich muß beigerfen, daß die Höhe und
Beichaffenheit dieſes Gefchenfes einem Manne gegenüber, wie
General Eynatten war, einiges Bedenken erregen muß, ba
man aus „Gefühl“e, wie Sie es nannten, ein Geſchenk von
folcher Höhe weder gibt, noch Jemanden zumuthen kann, daß
er es annehmen werde.“
Richter: „Hoher Gerichtshofl Ich bitte zu berückſichti⸗
gen, daß, als ich dieſe Erklärung machte, Baron Eynatten
nicht mehr lebte. Ich wiederhole es, daß ich es erſt während
der Unterfuchung zu einem »Kadeau“ machte; fo lange Gene
zal Eynatten lebte, ſah ich in ihn immer meinen Schuldner. «
Borfibender: „Kannten Sie nicht die mißlichen Ver⸗
mögensverhältnifie des Barons?“
Richter: „Bei meiner Stellung in Wien war ich voll
auf beichäftigt, um mich nur über die Merkantilangelegenheiten
einigerinaßen zu orientien, nich um andere Verhäliniffe zu bes
fümmern, war mir nicht möglich. Es fiel mir auch nit Se,
einen Mann, ben man durch Beitellung zum —
⁊
—
94
Armee: Oberfommandanten den wichtigſten Bertrauens
poften ber ganzen Monarchie möchte ich fagen anver⸗
traut hatte, in fernen Bermögensverbältnifjen fo zerrüttet
zu halten.“
Hierauf wurde der an das Armee⸗Oberkommando ge⸗
richtete Erlaß vom 26. Jänner d. J. vorgeleſen, mit welchem
in Folge allerhöchften Befehls die gerichtliche Unterſuchung ge⸗
gen Feldmarſchall⸗Lieutenant Baron Eynatten angeordnet
wird, da ſich ergeben Hatte, »daß der benannte Feldmarſchall
bei der Krebitanftalt in Wien ein bedeutendes Vermögen in
Merthöeffekten erlegt hatte, welches feinen befannten Vermoͤ⸗
gensverhältniſſen widerfpricht. «
Sodann wurde das erite Vernehmprotofoll des Barons
Eynatten verlefen. In dieſem gibt derfelbe an, daß er
nady ber Rückkehr von feiner Urlaubsreife einen Brief an Rich⸗
ter gefchrieben, diefem den Krebitbrief und mehrere frembe
©eldmünzen beigefchloffen und erfucht habe, diefe Münzen als
theilweife Abzahlung des in Anfpruch genommenen Kredits
anzunehmen. Richter habe ihm hierauf ben Kuräzettel und
ben. Depofitenjchein gefenbet.
Meiter gibt Baron Eynatten in biefem Protofole an,
daß bie bei der Kreditanfalt deponirten Werthpapiere Eigen⸗
thum feiner Gemalin feien, und theils aus der von ihr ges
machten Erbichaft, theils von jenem Gelde heritammen, wel⸗
ches fie als Nadelgeld einige Tage vor ihrer Verheiratung im
Betrage von 40.000: fl. erhalten habe.
Ueber den Vorhalt, daß die vorliegenden Erhebungen,
ein ſolches Vermögen feiner Gemalin nicht darthun, nad
biefen vielmehr die Baronin Eynatten ſchon feit längerer
Zeit bedeutende Summen fchulde, gab Baron Eynatten
bieß als richtig zu, bemerkte aber, daß er erit im Jahre 1850
bieß erfahren habe. Er geftand endlich in ber lebten Zeit feines
Verwaltung durch Hermann Jung verführt worden zu fein,
und daß er für die an Bafevi übertragene Ochienlieferung
20.000 fl., fpäter für bie Auflöfung dieſes Vertrages 9000 fl.,
dann für ein an ein Triefter Haus für das Aerar übertragenes
Lieferungsgefchäit 10.000 fl. in feinem Bureau zugezählt er⸗
halten und angenommen habe.
Im Berlauf feines Verhors erzählte Baron Eynatten
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auf welche Weife er mit H. Jung in Verbindung getreten. „Im
Sahre 1855, fügte er, als ich in Verona war, babe ich erfahren,
dag meine Frau fich wegen ihrer Schulden an Hermann Jung
gewendet habe; diefer habe fich nämlich bereit erflärt,. mit ben
Släubigern meiner Fran ein Arrangement zu treffen, was auch
geſchehen, und weßhalb Jung öfter in mein Haus kam.«
»Als ich, — Fährt Baron Eynatten im Protokolle fort, —
bereits in Wien angekommen war, trat eines Tages Baſevi
von Trieft in Begleitung des Jung in mein Bureau. Ich
"Dachte anfangs, daß Jung nur als Dolmetfch mitgefommen
fei, und erfuhr erſt fpäter fein Verhältnig zu Bafevi. Jung
Hatte bei dem mit den Glänbigern meiner Iran getroffenen
Arrangement einen tiefen Blid in meine VBermögensverhält-
nifje geworfen und wurde zutraulich und eigentlich zudringlich,
indem er meine Schwäche, d. i. meine Fürforge für meine
Familie, kennen gelernt hatte. Er fagte, daß ich meinen Kin⸗
dern ein Vermögen verschaffen könnte, indem bei der Lieferung
»Tantiemen« für meine Rinder entfallen würden unb fprach
die Summe von 20.000 fl. ans. Die Verträge mit Bafevi
wurden abgefchloffen und die Dchfen geliefert. «
Inzwiſchen trat ber Waffenftillftand ein und die Schlachts
ochfen hatten fich viberdieß an diefem Orte fo angehäuft, daß’
man empfindliche Verluſte zu erleiden anfing. Es wurden die
Verträge mit Baſevi und anderen Lieferanten filtirt und fpäter
die Kontrakte aufgelöſt. Inzwiſchen war Jung zumirgelommen,
hatte 9000 fl. als Tantieme für meine Kinder gebracht und
fpäter erhielt ich für bie Kontraftaufäfungs » Berhandlungen
noch weitere 10.000 fl. K. M.«
Weiters fagteBaron Eynatten aus: »daß er fchon feüber
die Adficht hatte, Nordbahn- Aktien zu kaufen, jedoch den Rich-
ter nicht anfprechen wollte. Seine Fran aber habe fich in bie
MWohnungdes Herrn Richter verfügt, biefen um ben Ankauf von
25 Stück Nordbahn⸗Aktien erſucht, und zugleich auch erklärt, daß
fie exit im Juni in die Lage fäme, die Zahlung zu Teiften. Er
erflärt, Daß Richter ein Ehrenmann fei, mit dem er in feinem
Aräflichen Berhältniffe geftanden, und auf die Frage, warum er
nicht. felbit den Richter anfprechen wollte, erwiederte er: »Ich
wollte nicht, daß es ausſehe, ald würde ih ein Se:
Shen? verlangen.«
®
66
Der Bräfident ließ bierauf das Teftament des Baron
Eynatten vorlefen; es lautet im Weſentlichen: „Oott, All
mächtiger, fer meiner Seele gnäbig, er fiebt, daß ich biefe
Bein nicht weiter zu ertragen vermag ; ich habe mich ſchwer
vergangen und meine Familie in cine gräßliche Lage gebracht,
Gott möge fie ftärken, daß fie ihr Unglüd ertrage ; fie werben
für mich beten. Meine braven Söhne mögen nicht vergefien,
dem Kaifer gute Dienfte zu leiften und zu zeigen, daß ihr Vater
ihnen die Grundſätze ber wahren Soldatenehre beigebracht hat. «
Nach einem Abfchiebe von feinen Verwandten und Freunden fagt er
weiter: »Se. Majeftät der Kaifer wolle in feiner Huld und Onabe,
Die ich leider verwirkthabe, meiner Familie und meinen Kindern
nicht entgelten laſſen; ich habe ihm ja 46 Jahre treu gedient. «
Seinen Gönner Windifchgräg, feine Freunde Slam, Rei⸗
ſchach, Wurm und Grüne bittet er, fidy feiner Kinder anzu⸗
nehmen, und den Doftor Gredler, als Mitvormund für dieſel⸗
ben einzutreten. Zum Schluffe verfügt er über einige Koſtbar⸗
feiten und fehließt mit der Bemerkung: »unnüßes Silber und
alle derlei Gegenftände möge ®redler zu Gelde machen.“
Vorſitzender: „Was wirhier vorlefen gehört haben, ſchil⸗
dert ben Baron Eynatten in einer Wetfe, welche Fontraftirt mit
ber Lobrede, die Sie ihm gehalten.«
Nichter. „Ich habe ben Baron Eynatten nur in jener
Weiſe kennen gelernt, in welcher ich ihn gefchildert, ich habe
feine Samilienverhältniffe ftets für vollfommen geregelt gehal⸗
ten, weil mir nie ©elegenheit und Anlaß gegeben wurde, ihn
anders zu beurtheilen, nnd ich muß annehmen, daß früher auch
überall diefelte gute Meinung über diefen Mann eriftirt hat,
nachdem man eritin der leßteren Zeitihn in Unterſuchung z0g.*
Vorſitzender: „Diepolizeilichen Erhebungen haben dar⸗
getban, daß feine mißlichen Bermögensverhältniffe offenfundig
waren. *
Richter: „Ich bitte zu berüdfichtigen, daß ich erit feit
‚April 1856 in Wien bin und meine Stellung mich verpflichtet,
mich über die Merkantilfirmen zu unterrichten, und ich bin da
oft nicht injtruist. Ich erfläre auf's beſtimmteſte, daß ich ben
General für einen in ſeinen Familienverhaͤltnifſen wohl rangir⸗
ten Mann bielt, weil ex mir anders zu denken nie Veranlaſſung
gegeben bat. “
97
Vorſitzender: „Es tft aber in der Anklage geltend ge⸗
macht; daß man Ihnen felbit berlei Beitechungen zumuthen
fönne, weil Sie felbit bezüglich gewifjer Feiner Remunera-
tionen feinen Anftand nahmen, Ihre Leute zu autorifiren, die⸗
felben ohne Weiteres zu bemerkftelligen und ihnen fogar Verhal⸗
tungsregeln gaben.«
Richter: »Es ift in diefer Beziehung hauptfädhlich von
den Remunerafionen die Rede, welche mir von den Geſchaͤfts⸗
leuten vorgefchlagen wurden, und ich glaube, es liegt auch ein
Brief des Krumbholz vor, in dem mir die Propofition gemacht
wird, an die betheiligten Arbeiter u. f. mw. Remunerationen zu
vertheilen. Ich glaube mich vor allem auf meine Antwort hier.
auf beziehen zu müffen.*
Vorſitzender (den Brief ; zur Hand nehmend):; »In die
fen Briefe heißt ed: » Innerhalb acht Tagen wird der Reſt ber
Lieferung übernommen, ich erfuche Sie daher mir zu fchreiben,
welche Trinfgelder ich bei vollendeter Uebernahme an bie Leute
geben folle, denn man fängt bereits an, mich allenthalben daran
zu erinnern.“ Darauf antworten Sie am 18. Februar: „Ma-
hen Sie mir über die Nemunerationen Ihre Vorfchläge.“ Hiers
auf erhielten Sie einen Brief mit einem Zettel beigejchloffen,
auf welchem die Namen Derjenigen verzeichnet waren, bie zu
betheiligen wären. « |
»Darauf fchrieben Sie am 22. November: «
„Mit den Remunerationen können Sie nach Ihrem Vor⸗
fchlage vorgeben, aber dieſe Sache will fehr vorfichtig und zwar
zumeift im Intereffe der betreifenden Perfonen behandelt fein,
denn e8 hängen Griftenzen davon ab. Sch gebe, nachdem bie
Sefchäfte beendet find und anfangs Feine Verſprechungen ges
macht worben find, für gehabte Mühe gern Etwas her, aber
es darf das Geben feinen anbern Charakter haben.« Hier ift die
Bemerkung beigefügt: »Den Zettel habe ich vertilgt.«
Hierauf erwiederte Ihnen Krumbholz am 23.: „Die Re-
munerationsfrage habe ich in Ihrem Sinne erledigt.«
Richter: „Ich habe nichts zu bemerken, als daß ich mich
zur Veftätigung des Vorſchlages, wie er in meinem Brief ans
gedeutet, berbeigelafien habe, nachdem die Lieferung,
beendet und Fein Berfpreden vorher gemadıı wur
98
den ift, mithin die Betheiligten nicht in der: Lage
waren, dafür einen Dienft zu ermweifen.« ,
Borfitender: „War der Betrag prägifirt?«
. Ritter: „Ich erinnere mich nur, daß es ein Betrag
von beiläufig 500 fl. gewejen. Ich war in der Regel erft,
wenn die Korrefpondenz der Kreditanftalt erpedirt war, im
Stande, meine eigene Korrefpondenz zu erpediren. Ich hatte
für meine eigenen Geſchäfte fehr wenig Zeit und geftehe, daß
ich das Verzeichniß nicht genau durchgeſehen habe, weil ich dachte:
was Krumbholz vorſchlägt, wird paſſend fein; ich ſelbſt erin-
nere mich weder an Die Ziffern, noch an die Berfonen; auch Babe
ich mich nicht auf eine Rektifizirung eingelaffen, weil ich dem
Krumbholz als Vertreter meines eigenen Gefchäftes die. ganze
Angelegenheit übertragen hatte.«
Vorfißender: „Waren Namen in dem VBerzeichniß?«
Richter: »So viel id mich erinnere, waren Namen
darin.
Borfigender: „Wiffen Ste vielleicht, wer die Leute
gewefen find?«
Richter: „Ich erinnere mich deffen nicht.*
Vorſitzender: „Kennen Sie vielleicht den Stand, den
diefe Perfonen befleideten?«
Richter: „Hoher Gerichtshof, ich weiß eg nicht. «
VBorfigender: „Sie fagten: Jch habe Krumbholz gar
nichts beftimmt, denn er war der Dann nmieinesBertrauens; «
dann ſagten Sie, er folle ſehr vorfichtig fein, Die Sache fei ſehr
gefährlich, »e8 hängen Eriftenzen ab;« wie erklären Sie dieß?«
Richter: „Ich fehrieb diefes, weil ich mußte, das Je⸗
mand unglüdlich durch die Annahme eines Geſchenkes gemwor-
den ſet
Vorſitzender: »In der 110. Antwort bemerkten Sie:
»Ich muß Sie umſomehr daran erinnern, als ich im Augen⸗
blick des Schreibeus es im Intereſſe der betreffenden Perſonen
reiflich überlegt und abgewogen habe, deren Exiſtenzen davon
abhaängen.“ | ,
Richter: »Ich kann mich nur erinnern, daß es fünf bis
ſechs Perfonen betraf, ich glaube wohl, daß es Höhergeitellte
waren, aber Charge und Namen zu nennen, bin ih nicht im
Stande. «
99
VBorfigender: „Sie haben fi) auf einen gewiſſen Tal⸗
berg berufen.
Richter: „Herren Talberg fenne ich nicht perſoͤnlich da
unſer Perſonal zu Smichow ſehr beſchränkt iſt, hat mein Ge⸗
ſchaͤftsleiter durch ihn meine Stoffe übergeben laſſen.“
Vorſitzender: „Von dieſem Talberg iſt eine Rech—
nung da, in welcher vorkommt für »Kadeaus« 583 fl.«
Nichter: „Das wird richtig fein.“
i Borfigender: »Das war die Nemuneration, die Sie
in Prag gegeben; tt in Stoderau und Graz Aehnliches vorge:
fommen?«
Richter: „In Graz nicht. In Stockerau erinnere ich
mich bloß, daß mir Bayer von einem Loſe geſprochen hat, ich
weiß nicht von 40 oder 100 fl., welches er einem Bedienſteten
verfprochen; ich wiederhole nochmals, daß ich hierin feine
ſtrafbare Handlung erblickte, weil das Gejchäft fchon vorbei
und während deöfelben Feine Berfprechungen gemacht worden
waren. «
Vorſitzender: „Bedenken erregend iſt allerdings der Zus
faß: »Den Zettel habe ich vertilgt.«
Richter: „ES ift mir da der unglüdliche Maun wieder
eingefallen, und ich habe gedacht, wenn man den Zettel findet,
jo könnte e8 den Betheiligten Schaden bringen und ich habe
ihn Daher in der beiten Abficht von der Welt vertilgt.«
Borfigender: „Wie fonnte er Schaden bringen, wenn er
jo unbedeutend war?«
Richter: „Ich geftebe, ich habe au nichts Schlimmes
dabei gedacht. « |
Borfigender: »Bayer hatte die Uebergabe in Sto-
derau, Brünn und Graz zu beforgen. Da liegt nun eine Rech⸗
sung über ein Kiſtchen Zigarren vor und es fcheint, daß biefe
Zigarren eine eigene Beitimmung hatten, denm wären fle für den
eigenen Bedarf Bayer's beitimmt gemefen, fo märe der Bei⸗
fab „für Graz« nicht nothwendig geweſen. Werner fommt ein
Doften vor: »dem Meffer, Obermefler in Graz, 509 fl. 40 fr.«
Richter: „Sch mwiederhole, ich batte Feine Beranlaffung
in Betreff der Waaren in Graz eine Remuneration zu geben. «
Vorfigender: „Ste fagten, daß Sie den Bayer ermäch⸗
100
tigt hätten, den Arbeitern, weil fie Mühe und Plage hatten,
etwas zu geben; aber für das erwähnte Los habe er keine Er,
mädhtigung gehabt, er war nur bevollmädhtigt, Geſchenke zu
machen, wenn etwas nothwendig fein follte. Später fagten Ste,
Sie werden dieſe Spefennote nicht anerfennen, ba fie Bayer
dazu nicht ermächtigt hätten. «
Richter: „ch muß wiederholt aufmerkſam machen, daß
ich zu Sefchente geben keine Beranlaffung hatte.“
VBorfigender: „Wir fommen zu einem weiteren Um⸗
ftande, welcher in der Anklage geltend gemacht wurde, nämlich)
Ihre falfche Berantwortung über bie 20.000 fl. Hat ber
Baron oder dieBaroninEynatten aufSie Einfluß genommen,
wie Ste außfagen follen?«
Richter: „Nein. *
Vorſitzender: »Das wiberfpricht Ihrer früheren Aus;
jage, wo Sie erflärten, daß der Feldmarſchall⸗Lieutenant vor,
Ihrer erften Bernehmung Sie erfuchte, für den Fall, als Sie
vernommen werden follten, zu fagen, daß Sie die 20.000 fl.
nicht von ihm, fondern von feiner Frau erhalten, auch fagten
Sie, daß Sie die Fran Baronin einige Male nach der erften
Dernehmung befucht haben; wie klaͤren Sie mir dieſe Wider⸗
fprüche auf?«
Richter: „Ich habe nicht die polizeiliche, fondern bie ftraf⸗
gerichtliche Vernehmung gemeint.“
Vorſitzender: „Sie haben aber mit voller Beſtimmt⸗
heit gelagt, daß nicht Baron Eynatten, fondern feine Frau
Ihnen mitgetheilt habe, was fie bei ihrer gerichtlichen Ver⸗
nehmung ausfagte und Sie erjuchte, basfelbe anzugeben. Auf
meine Frage, ob Baron Eynatten gebeten habe, haben Sie
ſchnell mit einem „Nein« geantwortet.*
Richter: „Ich babe bier bloß die Vernehmung vor Ges
richt in Augen gehabt, welche ben 3. Jänner geichehen ift.«
Vorfitender: „Aber heute fagten Sie, daß der Baron
zu Ihnen gekommien fei.«
Richter: „Da müßte ich faljch verftanden worden fein.*
Es wurde nun die polizeiliche Ausfage des Richter am
17. Dezember vorgelefen.
Vorſitender: »In diefer Ausiage haben Sie ten üms
‚101
Hand beftätigt, daß Baron Eynatten dieſe Effetten Ihnen am
4. Dezember gegeben habe.«
Richter: »Er hat mir den Depofitenfchein gegeben mit
der Bitte, ich möge die Koupens abfchneiden und bamit feine
Schuld aus dem Kreditbriefe bezahlen «
Vorſitzender: „Olauben Sie nicht, daß es angemeſſe⸗
ner geweſen wäre, nachdem Sie wußten, daß die Behörde Nach⸗
forſchungen über die Geldverhältniffe des Baron Eynatten
pflege, zu jagen: »Diefe Effeften find noch in meinen Händen. «
Richter: »Ich geftehe, ich habe mir nur vorgenommen,
die Koupons abzufchneiden, und dann fogleich Die Werthpapiere
zurüczufchicen. Ich hatte biefelben in mein Pult gelegt unt
daran gar nicht mehr gedacht, bis ich einvernommen worden
war, worauf ich mich beeilte, Die Papiere an die Baronin
zu ſchicken.“
Der Borfigende ließ hierauf das beim Landesgerichte zu
Wien aufgenommene Protokoll vom 3. Jänner vorlefen, worin
die Art und Weife bes Ankaufes der 25 Stück NordbahnsAttien
näher bezeichnet wirb. Die Frau Baronin Eynatten fei näm-
lich zu Richter gekommen und habe ihn gefragt, wie fie ihr
Meines Kapital am beften anlegen koͤnne. Da Richter ihr Nord⸗
bahn-Aftien anrietb, fo fragte fie ihn, wie viel Geld fie brauche,
um 25 Stüd zu faufen. Richter fagte: 33— 35.000 fl. —
Richter ließ nun die 25 Stüd Aktien durch die Anftalt auf
der Börfe kaufen, und als »ſie ihm 35.000 fl. einhändigte*,
fhidte er Die 25 Stüd Nordbahn⸗Aktien durch feinen Diener.
Woher fie die Barfchaft hätte, habe fie ihm (dem Richter)
nicht gejagt, und diefer babe auch feinen Anlaß gefunden,
darnach zu forjchen.
Vorſitzender: „Was ift unrichtig in dieſem Protofolle?«
Richter: „Unrichtig ift, dag ich 35.000 fl. bekommen
habe, denn ich babe nur 20.000 fl. befommen; unrichtig if,
daß mich bie Baronin Eynatten im Juni befuchte, denn fie
kam erſt am 21. Dezember zum erſten Dale zu mir; unrichtig
ift auch, daß die Baronin Eymatten mir biefelben eingehän-
digt bat; Baron Eynatten war ed, ber fie mir eingehändigt
hatte.«
Borfigender: Haben Sie mit. der Baronin auch über
die zweite Bernehmung geſprochen ?*
102
Richter: „Dkit ihr nicht, ich theilte das Mefentlichite
meiner Ausfage nur dem ©eneral Eynatten mit, ber fi
äußerte: „Erlauben Sie, das will ich mir auffchreiben. «
Vorſitzender. „Zu welchen Zwede erfolgte dieſe Aufs
fehreibung ?«
Richter: »Das hat er mir nicht gefagt.«
DBorfigender: „Sie müffen wohl zugeben, daß Sie auf
dem beiten Wege waren, durch Ihr Benehmen die Behörde
irre zu führen. «
Richter: „Hoher Gerichtähof! Ich geitebe, daß ich an
eine ftrafbare Handlung gar nicht gedacht habe; ich war von
der Unfchuld des Generals überzeugt. *
Borfigender: „It diefer Ihr Glaube durch die Zumus
thung, falſche Ausſagen zu machen, nit wankend gemadıt
worden? «
Richter: „Auf den Punkte, wo ich heute ſtehe, fühle
ich allerdings, daß ich wanfend hätte werben follen, aber das
mals bin ich nicht wankend geworden.« _
Vorſitzender: „Mußten Sie nicht glauben, daß eine
Ausfage von Ihnen, mit Rückſicht au Ihre Stellung, Anfprud
auf Glaubwürdigkeit hatte?«
Richter: »Ich babe nicht daran gedacht, durch meine
Ausfage eine gerichtliche Unterfuchung zu vereiteln.« |
Vorſitzender: „Wusten Sie von den Gerüchten, die über
Baron Eynatten im Umlaufe waren, und welche waren e8?«
Richter: »Ich babe gehört: ber General fei mit unge:
beuren Summen durchgegangen, habe enorme Beträge in bie
englifche Bank gefendet, und berlei Mehreres, was ich von
vornherein für unmöglich hielt.« Ä
Der Borligende lieft nun hierauf die Ausfage ber Baronin
Eynatten vor, in welcher er ſelbſt von den über ihn in Umlauf
gefegten Gerüchten ſpricht; die hierauf bezügliche Stelle Tautet:
„Als ich von meiner Urlaubsreife durch meine Gattin auf teles
graphifchem Wege zurüdiberufen wurde, erfuhr ich, daß meine
Stelle befeßt fei, und mich beftimmmte, bei Sr. Majeſtät bie
Prüfung meiner Amtshandlung zu erbitten. Die wiber nid
in Umlauf gewefenen ®erüchte Tauteten dahin, daß mir bie
Krebitanftalt einen Kreditbrief über mehrere taufend Gulden
geſchenkt daß ich von verſchiedenen Lieferungen Aber 50 00 4.
103
Tantieme bezogen, und daß ich aus Anlaß ber Zerealienge
fchäfte von ber Kreditanftalt vier Millionen Gulden erhalten
babe.«
VBorfigender: „Die Staatsbehörde folgert einen weite:
sen Verdachtsgrund aus Ihrer falfchen Verantwortung und
dDieß mit um fo größerem Rechte, ba diefe faljche Berantwors
tung gerade den wichtigiten Gegenſtand, nämlich den Mehr⸗
betrag von 26.000 fl., betrifft, welchen Sie auf die 25 Stüd
Nordbahn⸗Aktien, Die Sie der Iran Baronin v. Eynatten zur
Verfügung geftellt, hergegeben haben, und das Geſetz findet eben
darin, daß fich Jemand falfch verantwortet, einen Verdachts⸗
grund.«
| Richter: »Ich kann mich nur bier wieder auf meine
erfte Ausfage berufen, es ift eine Schwachheit, ja geradezu
eine Dummheit von mir geweſen, daß ich ihrer Bitte nach⸗
gigeben. Es war aber damit feine fchlimme Abficht verbunden,
denn ich habe immer an die Schuldlofigteit des Barons von
Epnatten geglaubt. Ich habe in dem Umftande, daß zwifchen
mir und ihm fein frafbares Verhältusß ftattfand, eine Beruhi⸗
gung gejucht.«
Borfigender: „Wie konnten Sie an feine Schuldlofig-
feit glauben, da er Sie jelbit aufgefordert hat, falfch auszus
jagen?
Richter: »Es iſt ja richtig, daß er mir die Papiere im
Namen feiner Iran gegeben hat. «
Vorſitzender: „Sie nehmen die Sadye fo leicht, als
wenn es ſich bloß um eine Differenz von geringem Belange ge
handelt hätte. Ich jehe mich veranlapt, eine Aeußerung, bie .
Sie in der Vorunterfuchung angegeben, Ihnen in Erinnerung
zu bringen. Sie fagten nämlich: „Wenn ich meine gefammte
Wirkſamkeit Überblicke, fo erinnere ich mich mit Scham an bie
unrichtige Angabe, bie25 Stuͤck Nordbahn⸗Aktien betreffend, und
biefer wegen bitte ich Gott und das Gericht um Verzeihung.“
Richter: »Das ift ber Moment, ben ich, wie ich bereits
erwähnt, allein zu beflagen habe, ich wiederhole es, daß mich
hiebei keine böje Abficht leitete, und ich hoffe, daß die Ders
handlung darthun werde, daß ich auch Feine Urfache hierzu ges
habt habe.«
Borftgenber: »Sie behaupten, dap Sie Wer Id
104
Stüd durch Ihren Diener der Baronin v. Eynatten juges
ſchickt haben. Die Anklage Dagegen behauptet das Gegentbeil.«
Richter: »Ich weiß beftimmt, daß ich am 16. Juni
‚Abends meinem Diener ein Padet gegeben babe, mit dem Auf-
trage, daßfelbe in das mir von Eynatten als feine Wohnung
angegebene Haus zu tragen. Ich glaube auch ben Diener ges
fragt zu haben, wem er e8 übergeben, und daß er mir hierauf
zur Antwort gab: „Einer Frau.“
Vorfigender: „Haben Sie fi) darüber nicht näher
erkundigt, ba es fich doch um Feine Kleinigkeit hHaudelte?«
Richter: „Hoher Gerichtshofl Der Diener ift bereite
30 bis 40 Jahre alt. Er war ſtets fehr verläßlich und treu — «
Borfisender (Richter unterbrechend): »Ich Habe damit
kein Mißtrauen gegen ben Diener ausfprechen wollen; aber mir
däucht wohl, daß Sie gegründete Urfache gehabt hätten, fich zu
verfichern, ob die Papiere auch in die rechten Hände gelangt
feien?«
Richter: »Ich habe wohl eine Beſtätigung bierüber
erwartet, begnrügte mich jedoch ınit der Aeußerung bes Dieners,
das Padet abgegeben zu haben.«
Vorſitzender: „Wir werben fpäter Gelegenheit haben
zu hören, ob die Sache fih wirklich fo verhalte. Auch find in
diefer Beziehung Nachforfchungen bei Perſonen angeftellt wor⸗
den, welche während dieſer Zeit im Baron v. Eynatten’fchen
Haufe bedienftet waren, aber alle äußern ſich negativ.*
Es wurden hierauf die begüglichen Erhebungen vorgelefen.
Borfigender: „Hier liegt eine Betätigung in Briefform
in einem Konvert eingefchloffen, folgenden Inhaltes vor: »Ich
beftätige biemit, daß ich ein Padet von Werthpapieren erhal-
ten habe. Wien, den 20. Dezember 1859. B. v. E.« Weflen
Handſchrift ift die auf dem Kouvert befindlihe?«
Richter: „Das iit die Schrift von meinem volkswirth⸗
fhaftlihen Beirath Bayer. Ich habe biefes Schreiben mur
zufällig in diefes Kouvert geftedt, denn ich wollte der Behörbe
gegenüber eine Beitätigung haben, daß dag ganze Depot, das
in ben Händen der Kreditanftalt gemwefen, richtig wieder zurück⸗
gelommen ift.«
Dorfigender: „Ih muß Ihren vorbalten, daß Sie
106
ih gerade über diefe Empfangsbeſtaͤtigung nicht genügend
gerechtfertigt haben. Sie verlangten damals, ald Sie ber
Frau Baronin Eynatten bie Aktien zufenbeten, feine Be⸗
ftätigung, fpäter aber, als Sie die über den Kreditbrief depo⸗
nisten Papiere ausfulgten, da verlangten Sie eine foldhe.«
Richter: „Ed war mir bauptfächlich darum zu thun,
nebft den Nordbahn- Aktien aud über die anderen Papiere eine
Beftätigung zu erhalten. «
Vorſitzender: „Hier iſt aber nichts von den anderen
Papieren erwähnt, die Betätigung lautet ganz fummarifch
und enthält Feine Spezififation.«
Richter. »Für mich war das genug.«
Vorſitzender: „Sie wollten aber, wie Sıe gerade früher
bemerften, eine Beitätigung der Behörde gegenüber, und dieſe
ift doch fürwahr nicht genügend.«
»Mir kommen nun auf ben Umitand, daß Sie 25 Stüd
Aktien und Ihren Antbeil daran vor der Behörde verheimlicht
baben, nämlich) dadurch, daß Sie diefelben auf einen fingirten
Namen, und zwar aufden Namen #3. Ritter« eintragen
ließen. «
Richter: »Von dem Augenblide an, als ich mir vorgenom-
men hatte, die vollen 25 Stüd der Frau Baronin zuzufenden,
. babe ich bie Aktien für mich Faufen laffen. Es fommt öfter vor,
bag man fich nicht des eigenen Namens bedient und es bat Dieß
nicht die geringften Folgen. Sch war ja der Käufer und nicht ber
General v. Eynatten, und barin liegt Daher auch keine Ver⸗
heimlichung.“
Vorſitzen der: »Warum haben Sie dann nicht Ihren eige⸗
nen Namen gewählt?«
Richter: „Man will das nicht immer. Auch überließ ich
die VBerbuchung dem Direktor Schiff.
Vorſitzender: „Auf diefe 25 Stück Nordbahn find aber
nur 20.000 fl. bezahlt worden, und Sie haben das Depot
ohne Weiteres behoben. *
Richter: „Ich bin dafür der Kreditanftalt in Haftung.
Das kommt oft vor.«
Vorſitzender: „Läßt fich ein Paragraph der Statuten ber
Kreditanftalt dafür geltend macden?«
Richter: »Das bat, ſich in der Praris herqusgeſtellt.
106
Borfigender: „Bis zu welchem Betrageift man berechtigt,
Depots ohne Dedung an fich zu ziehen?«
Richter: »Es befteht darüber gar feine Verordnung. *
Vorſitzender: „Es wird auch vorkommen, daß Sie dieſes
Depoſitum längere Zeit bei ſich hatten?«
Richter: »Ja, vom 4.— 20. Dezember. Erſt nachdem
id) vernommen worden war, dachte ich mir: »Du mußt dich
tummeln, daß du die Papiere dahin bringft, wohin fie gehören. «
Ich ſchnitt alfo an dbemfelben Tage die Koupons ab und ftellte
am folgenden Tage die Papiere zurüd «
Borfigender: „Warum fagten Sie bei Ihrer Verneh⸗
mung nicht, daß diefes Depofitum noch in Ihren Händen fei?«
Richter: „Ich bin darüber nicht gefragt worden.«
Borjitender: »Es Eingt der Grund durchaus nicht
plaufibel, daß Sie nur deßhalb die Werthpapiere zurückhielten,
um die Koupons abzufchneiden.«
Richter: „Hätte ich auf etwas Anderes abgezielt, fo
hätte ich die Papiere fofort zurüdgefchidt. Ich babe fie mir
nur dephalb zurüdbehalten, damit ich die Koupons zur Ausglei⸗
hung verwenden könne. Ich kann auch den Nachweis liefern,
daß diefe Koupons dem Hauptkaſſier Eder übergeben worden
find. «
Vorſitzender: „Sie find ferner ald Zeuge vernoms
men worden und ed wurde Ihnen bie Erinnerung gemacht,
daß Sie über Alles die reine Wahrheit angeben follen. Wie
kommt e8, Daß Sie über einen fo erheblichen Buntt eine unwahre
Ausſage machten?«
Richter: »Es war eine Schwäche von mir, daß ich der
Bitte der Baronin v. Eynatten nachgegeben habe.“
Vorſitzender: »Es kann nicht bloß Schwäche fein, da
Sie auf die Folgen einer ſolchen unwahren Ausfage aufmerk⸗
ſam gemacht worden find. Wie konnten Sie ſich zu einer. fol
hen »Schwäche« hinreißen lafien?«
Richter: „Nur in Hinblid, dag ich den Baron von Ey⸗
natten für ſchuldlos hielt und ich am meiſten in der Lage
war, das Wahre an den umlaufenden Gerüchten zu kennen,
konnte ich fo ſchwach fein.«
Stantsanwalt: „Sie haben ſich auch erboten, Ihre
Ausſagen zu beſchwören. Hätten Sie auh aus Schwäde
107
oder Dummheit — mie Sie e8 nannten — ſich berbeigelaffen
einen falfchen Eid abzulegen?«
Richter: „Gewiß nicht. «
Staatsanwalt: „Sie haben verfehiebene Angaben über
ben Ort gemacht, wo Ihnen Herr Baron v. Eynatten bie
20.000 fl. übergeben.«
Richter: „Ich glaube im Armes Obertommanbo. «
Staatsanwalt: „Ihre Ausfage in der VBorunterfuchung
lautete: »in Ihrem Bureau.« Sie haben aber heute ausbrüd-
lich erflärt, daß Baron von Eynatten nie bei Ihnen war.“
Richter: »Ich fagte, daß er nie in meine: Wohnung
geweſen.“
Der Schriftführer beitättigt biefen Umftond.
Staatsanwalt: „Warum haben Ste aus Ihrer eiges
nen Kaffe die Einzahlung geleiftet? Warum haben Sie nicht
gewartet, bi8 Baron von Eynatten diefe Papiere Ihnen
bringt ?«
Richter: „Meil ich der Kreditanitalt gegenüber diefen
Poſten nicht leer laſſen wollte.«
Staatsanwalt: „Iſt nicht davon die Rede gewefen,
bag man die25 Stück auch auf andere Weife bekommen kännte?
3.3. Daß man die wirklich eingelauften und bezahlten Afs
tien deponirt, in Koft gibt, und für.den auf diefem Wege erhals
tenen Betrag weitere Aktien eintauft?«
. Richter: „Dann wäre er ein Spekulant gewefen. Er
wollte aber bloß den rechtlichen Theil deden mit den andern
Staatspapieren, die verkauft werben follten.«
(Hier wurde die Verhandlung am erftien Tage abgebrochen, und
die Fortſetzung auf den nächſten Vormittag neun Uhr feftgefegt.)
Vorſitzender: „Wollen Sie mir, Herr Richter, Folgen⸗
des aufklaͤren: Es liegt ein Brief von Krumbholz vor, in wel⸗
chem die Aeußerung vorfemmt: »Man fängt bereits an, mich
allenthalben an die Oeſchenke zu erinnern.«“ Wenn ich Jeman⸗
den erinnere, fo febt dieß eine frühere Zufage voraus.x
Richter: »Davon war nie die Rebe. *
Vorſitzender. „Wie konnte er fagen: „Man fängtan
mid zu erinnern.«
Richter: „Darüber mußfih Ktumbholz verantworten.
8
Stüd durch Ihren Diener der Baronin v. Eynatten zuge
ſchickt haben. Die Anklage dagegen behauptet das &egentbeil.*
Richter: »Ich weiß beſtimmt, daß ih am 16. Juni
‚Abends meinem Diener ein Padet gegeben habe, mit dem Auf:
trage, dasjelbe in das mir von Eynatten als feine Wohnung
angegebene Haus zu tragen. Ich glaube auch ben Diener ges
fragt zu haben, wem er ed übergeben, und daß er mir hieranf
zur Antwort gab: „Einer Frau.“
VBorfigender: „Haben Sie fi) darüber nicht näher
erkundigt, da es fich doch um Feine Kleinigkeit hHandelte?«
Richter: „Hoher Gerichtshof! Der Diener iſt bereits
30 bis 40 Jahre alt. Er war ftetö fehr verläßlich und treu — «
Borfigender (Richter unterbrechend): »Ich habe damit
fein Mißtrauen gegen ben Diener ausfprechen wollen; aber mir
daucht wohl, daß Sie gegründete Urjache gehabt hätten, fich zu
verfichern, ob die Papiere auch in die rechten Hände gelangt
feien?«
Richter: »Ich habe wohl eine Betätigung hierüber
erwartet, begnügte mich jedoch mit der Aeußerung des Dieners,
das Packet abgegeben zu baben.«
Vorfigender: „Wir werben fpäter Gelegenheit Gaben
zu hören, ob die Sache fi wirklich fo verhalte. Auch find in
diefer Beziehung Nachforfchungen bei Perfonen angeftellt wor⸗
den, welche während diefer Zeit im Baron v. Eynatten’fchen
Haufe bedienftet waren, aber alle äußern fich negativ. «
Es wurden hierauf die begüglichen Erhebungen vorgelefen.
Borfigender: „Hier liegt eine Betätigung in Briefform
in einem Kouvert eingefchloffen, folgenden Inhaltes vor: „Ich
beitätige biemit, daß ich ein Padet von Wertbpapieren erhals
ten habe. Wien, den 20. Dezember 1859. B. v. E.« Weſſen
Handſchrift iſt die auf dem Kouvert befindliche?«
Richter: „Das iſt die Schrift von meinem volkswirth⸗
ſchaftlichen Beirath Bayer. Ich habe dieſes Schreiben nur
zufällig in dieſes Kouvert geſteckt, denn ich wollte der Behörde
gegenüber eine Beſtätigung haben, daß das ganze Depot, das
in den Händen der Kreditanftalt geweſen, richtig wieder zurück⸗
gekommen ift.«
Vorſitzender: „Ich muß Ihnen vorhalten, daß Sie
106
fih gerade über diefe Empfangsbeitätigung nicht genügend
gerechtfertigt haben. Sie verlangten damals, ald Sie der
Frau Baronin Eynatten die Aktien zufendeten, feine Be⸗
ftätigung,. fpüter aber, als Sie die über den Kreditbrief depo-
nitten Papiere ausfulgten, da verlangten Sie eine ſolche.“
Richter: »Es war mir hauptfächlih darum zu thun,
nebft den Nordbahn- Aktien auch über die anderen Papiere eine
Betätigung zu erhalten.“
Vorſitzender: „Hier ift aber nichts von den anderen
Bapieren erwähnt, die Beltätigung lautet ganz ſummariſch
und enthält feine Spezififation.«
Richter. »Für mich war das genug.«
Borfigender: „Sie wollten aber, wie Sıe gerade früher
bemerften, eine Beitätigung der Behörde gegenüber, und Diefe
ift Doch fürwahr nicht genügend.“
»Wir kommen nun auf den Umftand, daß Sie 25 Stüd
Aktien und Ihren Antbeil daran vor der Behörde verheimlicht
baben, nämlich dadurch, daß Sie diefelben auf einen Aingirten
Namen, und zwar aufden Namen »J. Ritter« eintragen
ließen. «
Richter: »Von dem Augenblide an, als ich mir vorgenom⸗
men hatte, die vollen 25 Stüd ber Frau Baronin zuzufenden,
. babe ich die Aktien für-mich kaufen laffen. Es fommt öfter vor,
daß man fich nicht des eigenen Namens bedient und es hat dieß
nicht die geringften Folgen. Ich war ja der Käufer und nicht der
General v. Eynatten, und barin liegt Daher auch Feine Ver-
heimlichung.“
Vorſitzen der: »Warum haben Sie dann nicht Ihren eige⸗
nen Namen gewählt?«
Richter: »Man will das nicht inımer. Auch überlieh ich
die Verbuchung dem Direktor Schiff.«
Vorſitzender: „Auf dieſe 25 Stück Nordbahn find aber
nur 20.000 fl. bezahlt worden, und Sie haben das Depot
ohne Weiteres behoben. «
Richter: »Ich bin dafür der Kreditanftalt in Haftung.
Das fommt .oft vor.«
Borfitender: „Läßt fich ein Paragraph der Statuten der
Ren dafür geltend maden?«
. Richter: »Das bat, ſich in der Brasıa verooexe
106
Borfigenber: „Bis zu welchem Betrageift man berechtigt,
Depots ohne Dedung an fi zu ziehen?«
Richter: »Es beiteht darüber gar Teine Verordnung. *
Vorſitzender: „Es wird auch vorkommen, daß Sie dieſes
Depoſitum längere Zeit bei ſich hatten?«
Richter: »Ja, vom 4.— 20. Dezember. Erſt nachdem
ich vernommen worden war, dachte ich mir: »Du mußt dic
tummeln, daß du die Papiere dahin bringft, wohin fie gehören.*
Ich fehnitt alfo an demfelben Tage die Koupons ab und ſtellte
am folgenden Tage die Papiere zurüd «
Borfigender: „Warum fagten Sie bei Ihrer Verneh⸗
mung nicht, daß dieſes Depofitum noch in Ihren Händen fei?«
Nichter: „Ich bin darüber nicht gefragt worden.«
Vorſitzender: „ES Hingt der Grund durchaus nicht
plaujibel, dag Sie nur deßhalb die Werthpapiere zurückhielten,
um die Koupons abzufchneiden.«
Richter: „Hätte ich auf etwas Anderes abgezielt, fo
hätte ich die Bapiere fofort zurüdgefchidt. Ich habe fie mir
nur deßhalb zurüdbehalten, damit ich die Koupons zur Ausgleis
hung verwenden fünne. Ich kann auch den Nachweis liefern,
daß diefe Koupons dem Hauptfaffier Eder übergeben worben
find. «
Borfigender: „Sie find ferner als Zeuge vernoms
men worden und ed wurde Ihnen bie Erinnerung gemacht,
daß Sie über Alles die reine Wahrheit angeben follen. Wie
kommt es, daß Sie über einen fo erheblichen Punkt eine unwahre
Ausfage macıten?«
Richter: »Es war eine Schwäche von mir, baß ich der
Bitte der Baronin v. Eynatten nachgegeben habe. «
BVorfißender: »Es kann nicht bloß Schwäche fein, da
Sie auf die Folgen einer jolchen unwahren Ausfage aufmerk⸗
ſam gemacht worden find. Wie konnten Sie ſich zu einer. fol
hen »Schwäche« hinreißen lafien?«
Richter: »Nur in Hinblid, daß ich den Baron von Ey
natten für fchuldlos hielt und ich am meiften in der Lage
war, das Wahre an den umlaufenden Gerüchten zu Tennen,
konnte ich fo ſchwach fein.«
Staatsanwalt: „Sie haben ſich auch erboten, Ihre
Ausfagen zu bejchwören. Hätten Sie auh aus Schwäde
107
oder Dummheit — wie Sie es nannten — fich berbeigelaffen
einen falfchen Eid abzulegen?«
Richter: „Gewiß nicht. «
Staatsanwalt: „Sie haben verfchiedene Angaben über
ben Ort gemacht, wo Ihnen Herr Baron v. Eynatten bie
20.000 fl. übergeben. «
Richter: »Ich glaube im ArmeesObertommanbo. «
Staatsanwalt: „Ihre Ausfage in der Borunterfuchung
lautete: »in Ihrem Bureau.« Sie haben aber heute ausbrüd-
lich erflärt, daß Baron von Eynatten nie bei Ihnen war.“
Richter: »Ich fagte, baß er nie in meinen Mohnung
gemejen. «
Der Schriftführer beitättigt biefen uUmſtanb.
Staatsanwalt: „Warum haben Sie aus Ihrer eige⸗
nen Kafle die Einzahlung geleiftet? Warum haben Sie nicht
gewartet, bis Baron von Eynatten diefe Papiere Ihnen
bringt?«
Richter: „Weil ich der Kreditanitalt gegenüber biefen
Poſten nicht leer lafien wollte. «
Staatsanwalt: „Iſt nicht davon die Rebe gewefen,
dag man die25 Stück auch aufandereWeife bekommen könnte?
3.3. Daß man die wirklich eingefauften und bezahlten Ak⸗
tien deponirt, in Koft gibt, und für den auf dieſem Wege erhals
tenen Betrag weitere Aktien einfauft?«
Richter: „Dann wäre er ein Spekulant gemwefen. Er
wollte aber bloß den rechtlichen Theil deden mit den andern
Staatspapieren, die verkauft werden follten.«
(Hier wurde die Verhandlung am erſten Tage abgebrochen, und
die gostfegung auf den nädhiten Vormittag neun Uhr feftgefeßt.)
Borfigender: „Wollen Sie mir, Herr Richter, Folgen⸗
bes aufklären: Es liegt ein Brief von Krumbholz vor, in wel-
chem die Aeußerung vorfommt: „Dan fängt bereits an, mich
allenthalben an die Geſchenke zu erinnern.« Wenn ich Jeman⸗
ben erinnere, fo feßt Dieß eine frühere Zulage voraus.«
Richter: »Davon war nie die Rede. «
Vorfigender. „Wie fonnte er fagen: »Man fängtan
mich zu erinnern.«
Richter: „Darüber mußfid Krumbbhoiy veraniwerien.
8
&8 liegt meine Korrefpondenz mit ihm vor unb eö wird. in
diefer Beziehung darin kaum etwas vorgekommen fein.«
Borfigender: „Die Anklage macht als einen weiteren
Beleg für ihre rechtliche Befchuldigung bezüglich der Beſte⸗
chung eine Reihe von Lieferungsgefchäften geltend, aus wel⸗
chen, wie dieſelbe behauptet, hervorleuchtet, daß nur die befon-
dere Gunſt des Baron Eynatten ed war, welche Sie auszus
beuten wußten, zwar nicht in einer an fich firafbaren, aber
boch in eigennübiger, unpatriotifcher Weife. Die Anklage Inüpft
die weitere Yolgerung daran, daß eben bie Beitechung das
Mittel war, diefe Gunft zu erreichen. Es ift geftern hervorge⸗
hoben worden, daß allerdings die Uebergabe der 25 Stüd
Nordbahn- Aktien für den Betrag von 20.000 fl. erft am
16. Juli erfolgte; e8 wurde aber, wie bereits in der Anklage
angedeutet ift, bemerkt, Daß bezüglich dieſes Geſchäftes "bereits
eine frühe Verabredung ftattgefunden hat; daß Baron Eyn-
atten fchon zur Zeit, wo die Nordbapn- Aktien L30— 131 ftanr
ben, Sie erfucht hat, 25 Stüd zu faufen; das. geichab circa
Ende April und Anfangs Mai, alfo zu einer Zeit, mo Baron
Eynatten durchaus nicht in der Lage. war, über eine folche
Summe zu disponiren, und daraus wird gefolgert, Daß Sie
fchon früher damit. einverftanden waren, ſich der Beſtechung
als Mittel zu bedienen, um die Ounft des Baron Eynatien
zu erwerben. «
Richter: „Hoher Gerichtshof! Ich hoffe im Laufe der
Verhandlung nachweifen zu können, daß ich Feine illoyalen
Abſichten bei dem Geſchäft verfolgt habe und. daß ich ben
Pflichten eines redlichen Induſtriellen und Unterthans nachge⸗
kommen bin. Ich habe ſonſt im Allgemeinen nichts zu bemerken,
weil ich von der Abſicht ausgehe, daß ich bei allen einzelnen
Punkten, welche in der Anklage aufgeführt ſind, Gelegenheit
finden werde, mich äußern zu können.“
Vorfitender: „Die Anklage hebt hervor, daß Eie bei
den Lieferungsgefchäften in vierfacher Eigenfchaft, nämlidy als
Bertreter ber Kreditanftalt, als Agent, als felbfiftändiger Lie-
ferant und als Rathgeber bes Armee-Oberfommanbos aufs
getreten find.«
Richter: »Als Rathgeber des Armee⸗Oberkommandos
din ich aufgetreten, wenn man wid gektogt Katz ich habe in
109
ſolchen Fällen meine Abjicht offen mitgetheilt. Ich bin ferner
jelbft Induftrieler, und ich habe diefe Stelle in meiner Eigen»
fchaft als Hauptdirektor der Kreditanſtalt nicht aufgegeben, und
daher lag es in meinem Berufe, Geſchäfte in Baumwellſtoffen
abzuſchließen.“
Vorſitzender: „Haben ſich Ihre Rathſchlaͤge darauf er⸗
ſtreckt, zu bevorworten, daß irgend eine Lieferung angenommen
werbe?«
Richter: »Ich erinnere mich deſſen nicht; in der Regel
wurde ich nur über meine Anfichten hinfichtlich der Bekleidungs⸗
jtoffe und über Gegenjtände, die in mein Sach fchlagen, befragt. *
Borfigender: „Welcher Art waren diefe Rarhfchläge?«
Richter: »Als man fich entichied, zu Baummollitoffen
zu greifen, da man feine Leinenftoffe mehr hatte, habe ich den
Rath ertheilt, ih vor appretirter Waare zu hüten, weil die
Appretur in ber Regel nur täufchend ift. Die Stoffe erhalten
durch die Appretur ein außerordentlich ftarfes und haltbares
Ausfehen; kocht man fie aber heraus, fo bleibt ein eben
zurüd. Ich werbe meinen Herrn Bertreter bitten, folche Stoffe
vorzulegen, um nachzumeifen, daß mein Rath in Diefer Bezie⸗
hung das Interefje des Staates im Auge hatte.< _
VBorfigender: „Gaben Sie Ihren Rath bei feiner eins
zelnen Lieferung, Fein Urtbeil beim Worliegen apprelirter
Waare ab, von ber Sie fagten, fie fei nicht tauglich ?« Ä
Richter: „ATS die Frage noch unentfchieben. ‘war, aber
ſchon ventilirt wurde, ob man fich der Baummollftoffe bedienen
jolle, habe ich berlei Stoffe in Stoderau liegen gefeben, und
bei ſtark appretirter Waare das Armee-Oberfommando ge
warnt, biejelbe zu mählen. «
Borfigender: „E83 Tiegen einige Briefe vor, welche ent:
nehmen laſſen, daß Sie fih der befondern Gunſt, welche Ste
«bei dem Armee-Öberfommando genoffen, bewußt waren. «
Der Präfident Lieft den Brief vom 21. April 1859 au
Krumbholz vor, welcher bereit in der Anklage erwähnt ift,
und morin Richter feine Berührung mir enticheidenden Perfön-
lichkeiten als vorfchubleiftend für feine Zwede erwähnt.
Richter: „Unter Vorſchub habe ich nichts Anderes ge:
meint als das Vertrauen, welches ich mir heim Awes Dov⸗
a,
112
und weiters einen von Baron Eynatten felbft gejchriebenen
Aufſatz, welcher im Wefentlichen die Bedingungen des mit der
Kreditanftalt abgeſchloſſenen Lieferungsgeſchaͤftes enthält.
Richter: »Ich glaube, e8 wird dieſes das Brouillon
zu dem Allerhöchiten Vortrage fein, und ich habe bereits bie
Ehre gehabt, zu erwähnen, daß es ebenfalls eine Bedingung
der Verabredung war, daß die Rechnungen der Kreditanftalt
durch bie Organe des Finanzminifteriums geprüft werben. «
Hierauf wurde die Ausfage des Joſef Schultner, Chef
im Rechnungsd-Departement, vorgelefen, woraus bervorgeht,
daß Schultner am Tage vor der Urlaubsreiſe bes Baron
Eynatten zu bemjelben berufen wurde, ohne daß ihm
die Urfache befannt gegeben worden wäre. Im Bureau
des Baron Eynatten, wohin er mit dem Rechnungsrathe
Dittman befchieden worden fei, babe er einen fremden ‚Herrn
getroffen, melden ihm Eynatten ald Vertreter der Kreditan⸗
ftalt mit den Worten vorgeftellt habe: »Diefer Herr wird Ihnen
die Zufammenftellungen ber Rechnungen aufflären.« Dittman
und der Vertreter der Kreditanftalt Haben hierauf Platz genom⸗
men und Lebterer legte Rechnungen vor, welche fich auf bie
Zerealienlieferung der Kreditanftalt bezogen.
Da der Rechnung feine Preistabellen zugelegt waren,
habe er diefen Mangel hervorgehoben, allein ber Vertreter ber
Kreditanftalt diefe ald unndthig erklärt und Baron Eynatten
ihm bedeutet, daß er fich auf eine bloß »ziffermäßige Prüfung*
zu befchränfen habe.
Er habe einen fchriftlichen Auftrag dafür gefordert, Baron
Eynatten diefen zugejagt und ihn nach einigen Stunden in
fein Bureau gerufen.
Dort fei er mit befonderer Artigkeit empfangen worden,
man belobte ihn wegen feiner eifrigen Pflichterfüllung und rich-
tigen Anfichten, und gab ihm neuerlich den Auftrag, die Rech⸗
nung bloß ziffermäßig zu prüfen, da dieſes Getreidelieferungs⸗
gefchäft eine Operation bed Baron Brud.fei, aus: welcher ber
Staat fehr große Vortheile gezogen habe.
Nach einigen Tagen, während deren Baron Eynatter
feine Urlaubsreife angetreten hatte, Habe er: ben fchriftlichen
Befehl des ArmeesOberfommandos auf Brüfung dieſer Rech:
nung erhalten, ohne dab die VBelchräntung auf die Ziffer
113
ausgedrüdt worden wäre, und ed fei nun auch eine genaue
Prüfung der Rechnung vorgenommen worden, wobei ſich
auch arithmetifche Unrichtigkeiten herausgeftellt, die ſich
übrigens größtentheild zu Gunften der SKreditanftalt ers
geben haben.
Richter erflärt darüber, daß diefer Rechnung eine Preis⸗
tabelle beigelegen ſei.
Der Vorfigende lieit hierauf den Bericht der für die Prür
fung der Rechnung beftellten Kommiffion vor, welcher die
in der Anklage angeführten Unrichtigkeiten der Rechnung her⸗
vorhebt.
Vorſitzender: „Durch einen vorliegenden Konto iſt er⸗
ſichtlich, daß der geſammte Betrag der von ber k. k. pr. Kreditan⸗
ſtalt an das hohe Aerar geſtellten Forderung auf 15.369.827 fl.
für Zerealien beziffert wurde, was können Sie darüber ans
geben?«
—Richter: „Das ift ein Umftand, welcher die der Krebit-
anjtalt bemilligte Proviflon betrifft, die fie auch unverfürzt
den ftipulirten Bedingungen zufolge erhalten follte.«
Vorfitender: „Ich konftatire aus ber vorliegenden
Spezifikation, daß für Hertl in Wien in der Zeit vom 25. April
bis zum Juli ein Geſammtbetrag an Spefen von 2300fl. 75kr.
entfallen fei, wovon auf Dofen und Schnupftabat. 11 fl. in
Rechnung fommen. Die übrigen Beträge entfallen für Fiaker,
fo daß vielleicht täglich 8 fl. für ben Fiaker in Rechnung ge-
ftellt jind?« |
Richter: »Es blieb dem Schidlichfeitägefühle des be-
treffenden Beanten überlaffen, biefe Poften in Rechnung zu
ftellen oder nicht; ich für meine Perfon hätte e8 niemals
gerban. «
Aus der zur Vorleſung gebrachten Ausfage Hertl's er⸗
gibt fich, daß er fogufagen der Kommiffionär der Krebitaftalt
ift, dem vom Direktor Richter die Obforge über die Getreide⸗
lieferungen aufgetragen wurde, und deſſen Pflicht e8 mar, über
richtiges Maß und Gewicht und gute Qualität der gelieferten
Waare zu forgen; er fpricht übrigens, bevor er In bie einzelnen
Anfragen eingeht, die Ueberzengung aus, daß ben Direktor
bei dem ganzen Lieferungsgefchäfte bie beiten Abfichten be-
feelten. Die eriten Lieferungen feien zum KRaaberOcnune
118
niffe meiner damaligen @efchäfte mit der dringenden Bitte,
dem 5. Gerichtähofe vorzulegen, Sie von Sachveritändigen
unterfuchen zu laſſen. (Diefelbe wird vorläufig zu Protokoll
genommen.) Es kann überhaupt nicht von einem Gewinn, fon-
dern ed kann nur von einer Höhe der Proviſion geſprochen
werben. Die ganze Brovifton war 1'/ °/, und betrug 1828 fl.
Hievon fommt zuerft ab °/,°/, für Stempel, für Quittungen
und Verträge, und '/,’/, zur Zahlung an ben Uebergeber macht
1'/,°/, oder, in Summa, auf den Betrag von 56.622 fi.
beträgt mein ganzer Gewinn, ben ich als Beforger, Kommiſ⸗
fiondr und Hafter gegenüber dem hohen ArmeesÖberlommando
hatte, 1096 fl., fomit nur 2°/,.<
Borfigender: „Wollen Sie mir noch folgende Bedenken
aufklären. Wäre es nicht zweckdienlicher geweien, auf einen
befonderen Gewinn Verzicht zu leiften und dem Armee⸗Ober⸗
kommando Schroll als ben eigentlichen Lieferanten namhaft
zu machen ?*
Richter: „Ich ftelle die Bitte, Schroll dießfalls zu vers
nehmen; ich bin mir bewußt, daß das hohe Armee⸗Oberkom⸗
mando bei mir viel billiger gefahren iſt, als bieß bei Schroll
der Fall gemefen wäre. «
Auf die Trage des Vorſitzenden, ob der Angellagte auf
der Bernehmung des Schroll beharre, erklärte er, fein beſon⸗
deres Intereffe dafür zu haben.
Staatsanwalt: »Ich finde den Widerfpruch noch nicht
aufgellärt, der aus einem Briefe vom 3. Mai fich ergibt, wo
Sie fagen: Je nachbem ich Preife erzielen werbe, wird Schroll
den Preis von 36 oder 38 fr. pr. Pfund Garn zahlen müffen.«
Richter: „Ich meinte und konnte hierbei nur bie
Qualität des gelieferten Produktes meinen, deffen Preis natürlich
je nach der Qualität des Rohftaffes variirt.
Staatsanwalt: „Das hätte feineRichtigkeit, wenn man
früher den Preis und dann die Waare behandelt hat; in der
Regel ift das umgekehrt, es wird zuerft die Qualität bedungen
und bann der Preis feſtgeſtellt.“
Richter: „ch bitte zu berückfichtigen, daß bie Schwan⸗
fungen im Kurfe zu der Zeit derart waren, daß ich mit Beach⸗
tung des Kurfes abfchließen mußte; er war heute 130, am
»ſten Tage 140.«
115
bezieht, ftatt Leinen Baummwollftoffe in Verwendung zu bringen.
Was wiſſen Sie uns darüber anzugeben?«
Richter: „Es murde die fehnelle Errichtung von Spitä-
lern angeordnet und da war man gezwungen, ein Surrogat
für Strohſack⸗ und Leintücher- Leinwand aufzufinden. Sch wurbe
nun, als Sachverfländiger, über diefen Gegenſtand zu
Rathe gezogen. Ich erflärte, daß Kalitot am beiten als folches
Surrogat verwendet werben könnte, und legte brei Mufter vor,
von welchen ich 50.000 Stüd, 313 fr. pr. Elle, allfogleich zu
liefern, mich bereit erflärte. Um nun den Bedarf ſchnell zu
decken, wurde mein Antrag bezüglich der 50.000 Stüd fofort
‚angenommen. Bon dem mit Nr. 3 bezeichneten Muſter foflte
ih 30.000 Stüd zum Preife von höchſtens 14'/, fr. per Elle
Tiefern und ich fchloß daher einen Vertrag mitBenedift Schrol!
auf jene Lieferung ab, und da ich auch einen weiteren Bedarf von
groben, fchweren, garnigen Stoffen zu beden hatte, trat ich auch
in diefer Richtung mit Schroll wegen einer Lieferung von
50.000 Stüd in Verbindung. «
Borfigender: »Es wird in der Anklage erwähnt, daß
Schroll und Sohn fehon früher als Lieferanten eingetreten
feien, und daß Sie e8 verftanden, Schroll an fih zu ziehen,
bieß gebt auch aus Ihren eigenen Briefen an Krumbholz
hervor, denn in einem bderfelben heißt es: „Unter diefen Um:
ftänden bin ich der Meinung, daß Sie Schroll’8 Anfrage da=
durch erledigen, daß Ste ihm fagen, baß er liefern folle.« Weis
ter in einem Briefe vom 3. Mai fommt die Stelle vor: „Schroll
fann erit abfchließen, wenn ich mit meinem Abfchlujfe mit dem
Aerar in Ordnung fein werde. Diefer wird erfolgen, wenn ich
im Beſitze von zwei Probeſtücken bin; kommen diefe morgen
Abends, wird der Abfchluß auch raſch erfolgen. Je nachdem ich
den Preis für den Stoff bedingen werde, wird Schroll mehr
für das Garn als 36 fr. zahlen müſſen.“
Der Borfigende knuͤpft hieran die Bemerkung, dag Rich:
ter den Preis für den Baummollwaarenbedarf zu varliren ge:
dachte, je nachdem er beffere oder geringere PBreife vom Aerar
erlange.
Richter: „Es iſt dieß doch natürlich, daß ich nur in dieler
' MWeife. fchreiben fonnte, da Schroll die Rohſtoße von mir fürs
116
z0g und der Preis des Rohſtoffes mit dem jeweiligen Preiſe
ber Waare zuſammenhängt.“
Hierauf wurden verſchiedene auf dieſe Lieferung Bezug
habende Protokolle vorgeleſen. Es iſt aus denſelben erfichtlich,
daß Richter in einer protokollariſch aufgenommenen Erklärung
ſich erboten, ein zweckdienliches Surrogat für Leineuftoffe zu
liefern. Der Zwed dieſes Surrogates follte fein, den Bebarf
fo fchnell ald möglich zu deden, und einer Preisfteigerung zu
begegiien. Das Armee-Oberfommando hatte das Anerbieten
angenommen. Es follten 250.000 Ellen, & 23 Nkr., geliefert
werden.
. Borfigender: „Wie hatten Sie mit Schroll abges
Ichlofjen?« "
Richter: »Zu 13'/, fı.«
Borfigender: »Es iſt aus Ihren Briefen erfichtlich,
daß Sie mit Schroll die Ele zu 13 fr. K. M. abgeſchloſſen
hatten?«
Richter: »Schroll war mir vis-a-vis als Lieferant auf⸗
getreten, aber nicht dem hohen Armee-Oberkommando. Ich
hatte mir die Garnlieferung zu 38 fr. vorbehalten und konnte,
wie ich zu beweiſen Selegenheit haben werde, auh Schroll
das Garn nicht billiger überlaffen Ich mußte ihm alfo 38 kr.
für’8 Garn abverlangen, mogegen ich ihm 13'/, kr. für bie
Elle Kalikot gezahlt habe.“
Borfigender: „Nun kömmt in einem: Ihrer Briefe die
Stelle vor: »Schroll werde ich die mehr erhanbelten kr.
pr. Ele in Abzug bringen.“ In einem weiteren Schreiben
fagen Sie: „Schroll-hat mich befucht, ne find in Ordnung
gefommen!« Die Anklage faßt dieß fo auf: als wäre ber Vers
trag auf Kauf des Garnes zu 38 tr. EM. ein Scheinvertrag,
als ob Schroll ihnen in Wahrheit die Waare um 13 fr. K. M.
pr. Elle geliefert und Sie dag Garn um 36 kr. K. M. pr. Pfund
an ihn abgelaffen haben.«
Richter: »Schroll fonnte die Waare nur daun um
13 fr. Tiefen, wenn ich in der Lage gewefen wäre, das Garn
um 36 fr. ihm zu überlaffen. Da ich äber außer Stande war,
dieß zu thun, ihm fomit das Pfund nur pr. 38 fr. ablaffen
founte, jo mußte ich auch dem hohen ArmeesÖberfommando
einen höheren Preis anrechnen.“
117
Vorſitzender: »Es ilt aus ihrem Gebahren die Folge:
rung gemacht: worden, daß Sie ſich zwifchen das hohe Aerar
und den eigentlichen Lieferanten Schr o [I hinein gedrängt, und
das Aerar um den Bortheilgebrachthaben, von Schroll die Waare
billiger zu befommen. Dieſen Vortheil haben Sie fi) zu vers
ſchaffen gewußt, weil Sie beim hohen Oberfommanbo in Ounit
geftanden. «
Richter: „Ich glaube nicht, daß es Schroll's Abſicht
war als Lieferant aufzutreten, übrigens wird das Endreſultat
der Verhandlung am beiten über meine Lieferungen Aufs
fchluß geben.« .
Borfikender: „In einen. Briefe vom 21. Mai (an
EAryaH AIR fagen Sie, Sie jehen daraus, daß ich mir noch
3°4/ Seonto bedungen babe, weil ich banres Geld vom
Aerar zu befommen habe, ſo ift dieß kein geringer Aufſchlag
bes Geſchäftes.“
Richter: »Das iſt der Bruttogewinn. Ich habe aber
hiervon die Vertrags- und Quittungsſtempel bezahlt, ferner
für den Uebergeber, welchen ich bezahlen mußte. Mein
ganzer Gewinn tjt ein ganz anderer, und wenn der hohe Gerichts⸗
hof darauf fommen wird, werde ich bemweifen, daß der eigent-
liche Gewinn viel Eleiner war. «
Vorſitzender: „Eine weitere Stelle lautet (im Briefe
ddt. 21. Mai): „Mit 36 werden Sie jedesfalls bald aufhören
müſſen, denn es ſtehen 20ger Abſchlüſſe in Ausſicht, wenn
fich das neue Geſchäft realiſirt;« Sie ſprechen hier wieder
von ben 36 (kr.).“
Richter: „Ich bitte, d. h. 36ger Garn, in meiner
Spinnerei it außer 16ner und 18ner auch Garn Nr. 36
geiponnen worden, und. weil ich Ausficht anf 20ger Abjchluß
hatte, hate ich eben geſagt: „Mit 36: werben Sie bald aufs
hören müflen.«
Auf die Vorlefung von Briefen bes Krumbholz, nach
welchen der Gewinn Richter's auf 2083 fl. beziffert iſt, ant⸗
wortet Richter: »Das hat ſich ſpaͤter dadurch geändert, daß ich
Schroll den Preis von 137/, tr. gemacht habe. Ich habe bei
der Preiöfteigerung von 36 auf 38 feinen Gewinn gehabt,
weil die Kurfe mic) gendthigt haben, den Preis von 26 auf 38
zu jeben. Ich beehre mich einer Zuiammenttelung Ver sragüs
118
niffe meiner damaligen ®efchäfte mit der dringenden Bitte,
bem 5. Gerichtshofe vorzulegen, Sie von Sachveritändigen
unterfuchen zu Iaffen. (Diefelbe wird vorläufig zu Protokoll
genommen.) Es kann überhaupt nicht von einem Gewinn, fon-
dern es kann nur von einer Höhe der Provilion geiprochen
werben. Die ganze Provifton war 1'/ ,°/, und betrug 1828 fl.
Hievon kommt zuerit ab °/,°/, für Stempel, für Quittungen
und Verträge, und '/'/, zur Zahlung an ben Mebergeber macht
1'/,°/, oder, in Summa, auf den Betrag von 56.622 fl.
beträgt mein ganzer Gewinn, den ich als Befurger, Kommiſ⸗
flondr und Hafter gegenüber dem hoben ArmeesÖberlommando
hatte, 1096 fl., fomit nur 2°/.«
Borfigender: „Wollen Sie mir noch folgende Bedenken
aufflären. Wäre es nicht zweckdienlicher gewefen, auf einen
befonderen Gewinn Berzicht zu leiften und dem Armee-Öber-
fommando Schroll als den eigentlichen Lieferanten nambaft
zu machen?«“
Richter: „Ich ftelle die Bitte, Schroll dießfalls zu ver⸗
nehmen; ich bin mir bewußt, daß das hohe Armee⸗Oberkom⸗
mando bei mir viel billiger gefahren ift, als dieß bei Schroll
der Fall gemefen wäre. «
Auf die Frage des Vorjikenden, ob der Angeflagte auf
der Bernehmung des Schroll beharre, erklärte er, fein beſon⸗
deres Interefje dafür zu haben.
Staatsanwalt: »Ich finde den Widerfpruch noch nicht
aufgeklärt, der ans einem Briefe vom 3. Mai fich ergibt, wo
Sie fagen: »Je nachdem ich Preife erzielen werde, wird Schroll
ben Preis von 36 oder 38 fr. pr. Pfund Garn zahlen müflen.«
Richter: »„Ich meinte und Fonnte hierbei nur bie
Qualität des gelieferten Produktes meinen, deffen Preis natürlich
je nach der Qualität des Rohſtoffes variirt.
Staatsanwalt: »Das hätte feineRichtigkeit, wenn man
früher den Preis und dann die Waare behandelt hat; in der
Regel iit das umgekehrt, es wird zuerft die Qualität bedungen
und dann der ‘Preis feſtgeſtellt.“
Richter: „Ich bitte zu berüdfichtigen, daß die Schwan⸗
fungen im Kurfe zu der Zeit derart waren, daß ich mit Beach⸗
tung des Kurfes abjchließen mußte; er war heute 130, am
naͤchſten Tage 140.«
119
Staatsanwalt: „Nachdem jedoch diefe Geſpräche an
Einem Tage ftattgefunden haben und an Einem Tage diefe
Kurfe nicht verfchieben find, dürfte dieſe Cinwendung entfallen.*
Richter: »Ich glaube, bapkdurdh meine Darftellung. das
Recht, diefe Preife zu fordern, eriwiefen werden wird. «
Der Präfident bringt nun den Brief vom 15. Mai zum
Vorleſen, in welchem Richter an Krumbholz fohreibt: „Wenn
es die Arbeit in Ihrer Weberei erleichtert, können Sie einen
Baden weniger, jedoch anftatt Nr. 18 Nr. 20 verwenden. «
Vorſitzender: »Diefer Brief feheint mir einige Bedenken
hervorzurufen; ba fangen Sie bereit? an, bezüglich ber Breite
Berringerungen eintreten zu lafjen. «
Richter: „Ich habe geftattet, daß man 15 ftatt 16 %ä-
ben verwende, aber durch Aufbefferung des Numero bes
Garns das Sarnquantum bei 50 Ellen um wenigftend 8 Loth
erhöht. Die angezogene Kalkulation wird den Beweis liefern,
daß das richtig iſt.“
Zur weiteren Aufklärung führt Richter an, daß das Garn
Nr. 20 feiner, Nr. 18 Hingegen ftärfer ijt, daB die Qualität
bes Garnes fich nach ber Feinheit richtet, daß dieſe Veraͤnde⸗
sung zu Gunſten der Qualität geſchah, und daß das Befler-
machen fein Vorwurf fein könne.
Der Borfigende bringt nun die tage des Gewinnes, ben
er aus dem Sarnhandel bezogen hafte, zur Sprache.
Richter: „Ich muß hier dasfelbe fagen, wie bei Schroll,
dieſer Gewinn iſt nicht anzunehmen und ich hoffe dem
hohen Gerichtshofe die Meberzeugung zu verfchaffen, daß, wenn
ich für den großen Konfum gearbeitet hätte, mir ein größeres
Verdienſt erwachfen wäre, als bei diefer Erzeugung für bie
ärarifche Lieferung, überhaupt bezieht fih die Angabe auf die
ganzen 15.000 Stüd. Für 13.000 Stüd habe ich bei einem
Betrage von mehr als 100.000 ‚fl. nicht mehr verdient, als
was ich an die Kreditanftalt gezahlt habe, ich habe überhaupt
nachgewieſen, daß ich bei den 2500 Stüd gegen die gewöhns-
liche Erzeugung nicht mehr als 24 fl. gewonnen habe. Mein
ganzer Gewinn dürfte zwifchen 1000 und 1500 fl. betragen
haben.“ ⸗
2. ©. R. Duſcher: „Ich verftehe nichts von biefer
Manipulation. Ic bitte Sie daher, mich über viele weriäie
120
denen Nummern der &arne aufzuklären. Worin liegt denn
eigentlich ba8 Kennzeichen, dad Grundmertmal?«
Richter: » Das ift im Gewichtsunterfchtede. Zu 10 Pfund
Nr. 18 braucht man 18 Schneller, zu Nr. 20 braucht man
aber 20.«
Dufcer: » Das Gewicht ift alfo das enticheibende Kenn-
zeichen. «
Richter. »Ia.«
Staatsanwalt: »Sie find, obwohl Sie bei der Liefes
rung bes Hellmann mitbetheiligt waren, bennoch als Hafter
für die Kaution eingetreten. *
Richter: „Nur bis zu dem Momente, als er bie Kaution
erlegte, er tft unbefannt und ich war bekannt. «
Staatsanwalt: »Das kann ich nur als eine Haftung
für fich felbft betrachten, und wenn man für fich ſelbſt haftet,
fo iſt das feine Oarantie.«
Richter: „Ich war nur Sublieferant bei Hellmann.«
Staatsanwalt: „Was war der Mehraufwand zwifchen
Garn Nr. 18 und Nr. 207«
Richter: »Bei 50 Ellen 8 bis 9 Roth.«
Staatsanwalt: »Das Numero Ihres Mehraufmandes
durch das höhere Numero muß in Abrechnung gebracht werden
gegen dasjenige Minus, das dadurch entitanden ift, indem Sie
16 Fäden itatt 17 nahmen? Welches ift die Differenz ?«
Richter: »Ich werde die Ehre haben, es zu berechnen.«
Staatsanwalt: »Dieß werben die Sacdverftändigen
thun.«
Dorfigender: „Wir gehen zu einem Punkte des An-
Hageaftes über, wo es fi) um die Lieferung von 1000 Stüd
1'/,, Ellen breiten Kalitot Handelt, wo aber die Breite °%/,,
Ellen betrug. In der Tolge der Schwindung durch die Appres
tur konnte ein derartiges Eingehen nicht erzeugt werben, daher
wenn jie verwendet werden follte, konnte fie nur zu boppelten
Leintüchern verwendbar fein. «
Richter: »Ich muß bemerken, daß mir der Gegen⸗
ſtand wegen feiner ©eringfügigfeit fehr gleichgiltig war, und ich
mir gar nichts daraus gemacht hätte, wenn man die Waare
nicht genommen hätte. Die Waare wurde von Schroll fehnel-
121
/
ler geliefert, als er ſie zu liefern verpflichtet war, ich babe feis
nen Vortheil davon gehabt. *
Vorſitzender: „Bedenklich erfcheint nur, daß bie Se
nehmigung zur Verwendung doppelter Keintücher von Eynatten
fo ſchnell gegeben wurde.“
Richter: „Ich muß wieberholen, mir ift feine Sunft
bamit ermwiefen worden, denn mein ©ewinnft betrug nur
2— 300 fl., und wegen eines folchen Gewinnes ließ ich mir
von einer fo hohen Behörde gewiß feine Gunjt erweijen.«
Borfigender: „Wir übergehen nun zu der weiteren
Lieferung von 3000 Stüd Sadtkalikot. Da findet fih in den
Akten ein Zettel von der Handfchrift des Baron Eynatten
mit dem Inhalte: „Herr Direktor Richter erjucht Die Stockerauer
Haupt⸗Monturskommiſſion, den Auftrag zu ertheilen, ftatt
1000 Stüd Strohſackkalikot 2400 Stüd zu übernehmen. Der
Kontrakt Iautet auf 3000 .Stüd. Nachdem hievon 1000 Stüd
in Graz übernommen worden find, werden fomit 200 Stüd
mehr übergeben.“ — Das fcheint die Stelle einer fpeziellen
Eingabe vertreten zu haben, woraus man erfieht, auf wel«
chem vertrauten Fuße Sie mit Baron Eynatten flanden.«
| Richter: »Ich habe gedacht, durch diefe 400 Stüd mehr
den Bedarf zu deden und dem ArmeesÖberfommando, ich will
nicht fagen einen Gefallen getban, aber Doch demſelben Dadurch
entgegengefommen zu fein. Ich habe es dem General Eynatten
angezeigt, daß ich 400 Stüd mehr liefern werde, welcher auch
die Ermächtigung dazu ertheilte.“
Vorſitzender: »Welchen Gewinn hatten Sie bei dieſem
Geſchäfte?“
Richter: „Wohl wird er in der Anklageſchrift mit 2272fl.
beziffert, allein er ift in dem Gewinne, den ich fpäter bei der
Lieferung von 540,000 Ellen machte, eingefchlojfen , der mit
5100 fl. bezeichnet wurde; ich hatte dabei nur 2'/, Perzent
Gewinn.
BVorfißender: »In Bezug auf die Lieferung von
250,000 &llen Kalikot liegt eine protofollarifch aufgenommene
Erklärung vom 7. Mai vor, in der bie Rede ift, einen Kons
traft wegen Lieferung von 250,000 Ellen Kalitot, a 13'/, kr.,
der zu den Hemden und 2eintüchern zu verwenden ſei, abzus
fchließen. Auch ber Dießbezügliche Kontratt vom \3. Dt
122
ber 1859, welcher mit dem übereinftimmend abgefaßt wurde,
liegt vor. Was hat es mit diefer Lieferwig für Bewandtniß?«
Richter: »Ich glaube, daß ber gelieferte Kalikot von
vorzüglicher Onalität ift, die Kaution von 2955 fl. öft. W.
habe ich erlegt, wie aus den Akten zu erſehen iſt.“
Vorſitzender: „Nun wollen Sie im Allgemeinen ſagen,
was es mit der weiteren ſelbſtſtaͤndigen Lieferung von 549,000
Ellen Kalikot für eine Bewandtniß hat.
Richter: „Herr Smelal machte mir nach Abſchluß des
obenerwähnten Geſchäftes die Mittheilung, er fünne noch einige
100,000 Ellen Kalikots Tiefern; die in Folge von mir bem
ArmessOberfommando gemachten Offerte vom 14. Juni 1859
wurden angenommen. «
Diefe, fo wie der bezügliche Kontrakt vom 15. September
1859 werden verlefen. Es heißt darin: „Richter folle von
Auguft bi8 Ende September 541,200 Ellen Baumwollſtoff,
a 25°), fr. öft. W., liefern, was an ber Breite abgeht, muß
durch Abzug an der Länge erfeßt werben. Kaution per 6967 fi.
wurde erlegt.«
Vorſitzender: »„Iſt dieſe Lieferung anſtandslos vor ſich
gegangen?“
Richter: „Die Monturskommiſſion äußerte ſich: Mus
ſter a und c ſeien wohl zu Strohſäcken zu verwenden, Muſter
b aber gar nicht. Die von General Jako b8 (nicht von Eynats
ten) erflofjene Erledigung beftätigt dieß. Da fich aber in der
Folge laut Befund der Kommifjion herausftellte, daß felbft
bie Mufter a und c nicht gut zu Strohfäden oder Butter zu
verwenden feien, jo wurde Richter erfucht, Die Lieferung eins
zuftelen, was er aber für unmöglich erlärte. In Folge deſſen
erging an General Jakobs die Verfügung, den fchon geliefers
ten Kalitot nach Möglichkeit zu verwenden.
Borjigender: „Nun fommen wir zu einem neuen
Abfchnitte der Anklage, nämlich zu der großen Lies
ferung von vier Millionen Ellen Kalitot, welche
nach ber Anklage Ihnen den Anlaß zur Verübung
eines Betruges geboten bat.
»Es wird hervorgehoben, daß bei dieſer Lieferung eine
Stoffininderung dadurch herbeigeführt wurde , daß bie Stoffe
in ‚geringerer Breite ald bad genehmigte Muſter geliefert, we:
123
iger Näben eingeftellt und das Garınummer : verändert
wurde. Wollen Sie ſich im Allgemeinen dariiber dußpern?«
ee Wichter: „Baron Eynatten hat mir mirgetheilt, daß
bei dem hoben Stande ber Armee die Reinwandlieferungen nicht
zureichen, obwohl ſogar Prämien. für raſche Lieferungen aus⸗
geſeßzt wurden.“ .. - E
»Meber diefe Mittheilung ertlärte ich, daß ich Proben v von
Baummwollenjtoffen werde anfertigen laſſen, und zwar in ber
Dualitär, wie ich folche in Frankreich und England für: das
Militär im Gebrauche fand, welche Erklärung mit ſichtlichem
Vergnügen entgegengenommen, und woraufmir von der Dießfäls
tigen Kommiſſion beim Armee⸗Oberkommando bedeutet wurde,
mich mit Anfertigung der Probe zu beeilen.«
4 2*So oft ich Seit Diefer Erklärung mit dem k. k. Herrn
Hofrathe beim Armee⸗Oberkommando, Eckert-Kraus, zus
ſammentraf; erinnerte ex mich anf dieſe verſprochenen Proben.
Diefelberr langten endlich ein, und id) überreichte amı 4. Juni
unter beren Norlage mein Offert auf Lieferung von drei bis
vier Millionen Ellen dieſes Stoffes, lieferbar in drei bis ſechs
Monaten. «.
Am 8. Juni v. J. wurde ich verſtändigt, daß mein Of⸗
fert im ganzen Umfange angenommen worden ſei, und ich mich
wegen Abfchluß des Vertrages an die Monturdr Haupttoms
nıilfion in Stoderan zu menden habe.“
23 "habe min mit bem feither leider verftorbenen Sek⸗
tionschef No &-barüber gefprochen, ob es nicht gerathener wäre,
den Kalitot auf folche Art herzuftellen, Daß bei demſelben feine
Enten in Anwendung kommen, weil durch deren Wegfallen,
nad meiner Anficht, der Etoff nur an Haltbarkeit .gewinne.«-
7 sch erhielt Darauf Die Antwort, daß. die Haltbarkeit allein
entfcheibend wäre und es auf eine größere Weiße des Etoffes
durchaus nicht ankoume.“
„»In Folge diefer Mittheilung gab ich meinem Geſchaͤfts⸗
führer Krumbholz in Prag den Auftrag, entſprechende Pro⸗
ben anfertigen zu laſſen.“
BVorfißender: „Mann fand Diefe Rüdfprache wegen
Aenberung der Probe flatt?«
Nichter: „Unmittelbar nach der an wib alanaken
Terftänbigung von ber Annahme meines Diertd, d. \. AM
124
8. Juni v. 3. Diefe Aenderung der Brobe beitand darin, daß
der Stoff nur gekocht, gewaſchen und gemangt, aber nicht
gebleicht wurde. Am Pngitfonntage' v. J. brachte mir
Kıumbholz die neuen Proben. Diefe Proben legte ich
am 14. Juni ben Armee-Oberfommanbo vor, empfahl die Zu⸗
‚richtung derjelben als vorzüglich und befürwortete damit bie An⸗
nahme meines Propofition.«
„Nachdem ich aus ben mitgetheilten Proben, ſo wie aus
dem mit Krumbholz darüber gepflogenen mündlichen und
ſchriftlichen Verkehre entnommen hatte, daß in Folge bes ange⸗
wendeten Koch⸗ und Waſchverfahrens der Schwund ſich ſehr
verſchieden herausſtelle, habe ich unter Einen das. Anſuchen
geftellt, daß die Breite von 31” auf 30" redugirt werbe«..
»Diefes Anjuchen wurde gleichfalls bewilligt, ich habe aber
von diefer Bewilligung erit dann Gebrauch gemacht, nachdem
ich mit den Zurichtungsverfuchen in der Bleicherei des Zappert
in Wien die entiprechendften NRefultate erzielt und dieſe den
Beifall aller Kunftverftändigen, insbeiondere auch der Stocke⸗
sauer Kommilfion, erlangt: hatte.»
»Diefe Berfuche ergaben auch, daß der Schwund nicht fo
- bedeutend fei, als fich derſelbe bei den Probeftüdden herausgeſtellt
hatte, daß aber die Koſten diejer neuen Zurichtung viel größer
feien unb bei 30.000 Stüden eine Mehrauslage von ungefähr
8000 fl. verurfachen.«
»Dieſes war Beranlaffung, daß ich vom ber Bewilligung,
bie Waare nur in der Breite von 30 Zoll zu liefern, Ge⸗
brauch gemacht habe, eine Million Ellen in ber mir bewilligten
Breite herftellen ließ, während die übrigen drei Millionen Ellen
die urfprünglicy genehmtigte Breite erhielten. «
Borfigender: »Es wurde demnach eine Million Ellen
fchmäler Hergeftellt?«
Richter: »Ia, und biefe Anfertigung ber fchmäferen
Waare erfolgte gleich im Auguft, und bie Veranlaſſung deſſen
war einzig und allein Die, um durch die dabei eintretende Er⸗
fparung an Garn einen Erſatz für die höheren Koften der neuen
Burichtung zu finden, ba diefe, wie gejagt, mindeſtens 8000 fl.
beirugen.«
Borfigender: „Haben Sie dieſe Verſuche nur in der
Bleicherei bes Zappert angeſtellt?“
125
Richter: »Ich habe diefe Verfuche auch bei Swida in
Vakersdorf machen laffen. Dem Zappert habe ich für biefe
„Derrichtung 18.000 fl. gezahlt, auf die Zahl der bei ihm zuge⸗
zichteten Stüde weiß ich mich nicht mehr zu erinnern. «
Vorſitzender: »War diefe Herftellung ber geringer
Breite nicht dem Kontrakte zuwider?“
Richter: „Die Herfielimg von einer Million Ellen in ges
ringerer Breite war nicht gegen den Kontrakt, da mir wegen
hefferer Qualität Damals die geringere Breite Dusch den Erlaß
+om 26. Juni v. 3. bewilligt und nach meiner Anficht durch
dieſen Erlaß der urfprüngliche Vertrag modifizirt wurde.“
Vorſitzender: „Was rechnen Sie zur qualitativen Bes
Schaffenbeit der Waare?« '
Richter: „Bei Baumwollſtoffen kömmt es, Herr Präjis
dent, vor Allem darauf an, daß fie aus gutem Stoff erzeugt
‚werben, und daß die Arbeit nicht zu leicht fei.«
» ch habe Bier den Grundſatz beobachtet, daß jener Stoff
ber befte jei, welcher aus gleichem Kettens, gleichem Schußgarn
schon im Quadrat gearbeitet ift.«
⸗Die Zahl ber Fäden ift nicht maßgebend, ich führe als
Beweis dafür an, daß im November v. I. Stameb- Mayer eine
Waare vorlegte, bei welcher '/ Duadr.»Zol zwiſchen 42 bis
43 Bäden erhielt, daher diefe Waare nah ber Fadenzahl
‚als bie befte Hätte angejehen werben müffen, und dennoch wurde
meiner Waare ber Vorzug gegeben. «
Vorſitzen der: „Nah Ihrer Angabe wurde die Befpres
«hung wegen Befeitigung der Bleiche zur felben Zeit gepflugen,
als die Erledigung über Ihr Offert erfolgte'?«
—RKichter: »Es war furze Zeit nach der Annahme meines
Dffertes, daB diefe Frage wegen Wenfallen ber Bleiche erörtert
wurbe und ich habe gleichbaraufdem Krumbholz den Auftrag
zur Anfertigung neuer Mufter gegeben. Der von mir an Krumbs
Holz gerichtete dießfällige Brief wird den Zeitpunkt biefer Er⸗
ärterung beftimmen, ich vermag mich ber Zeit dieſer Beſpre⸗
Ahung nicht genau zu erinnern.«
Borfigender: „War die Folge Ihrer Befprechung mit
Baron Eynatten wegen Weglafien der Bleiche eine Zulicherung,
:von feiner Seite für bie Annahme dieſer BedbingungT* an
|
Schuß bei biefer Stofferzeugung ohne effeftibEh Verlit
‚möglich geweſen wäre, * Hi
i86
Richter: „Rein; ſondern es wurde im Algeineinen und
von ber größeren Haltbarkeit ber Stoffe geſprochen ··
Vorſitzender: „Was haben Sie nuch Annahme Ihres
Dffertes für Verfügungengetroffen ? Wären Sie in der Sage das:
zu Liefernde felbft zu erzeugen oder nicht ?«
Richter: »Ich habe- meinem’ Serhäftsrähter Rrumbe
holz’ den Auftrag ‚gegeben, auf Lieferung von 70.000 Stüden,
2.50 Ellen, mit Fabrikanten in Böhmen abzufchließen, mit
Heflmann.hake. ich perfönlich abgefchloffen. Bei dieſen Ab⸗
fehlüffen wurde anf. den Erlaß vom:26. Quni.v. J. feine Rück⸗
ſicht genommen; ba .diefer:erft nach den Abſchlüſſen erfolgte:« °
Vorſitzender: sHaben Sie dem Krumbqholz ſogleich
davon Mittheilung gemacht, daß bie Baare aur gelecht, ge⸗
waſchen und gemangt werben ſohle - -
, Ritter; „Sch glaube nicht, daß ich es fogleich that, fon«
bern ich gab ihm vorerſt ben Auftrag. gur Anfertigung. einer
Probe und verftändigte mich mit ihm weiters fehriftlich, weil
Krumbholz nur am Pfingitmentagimit wir perfönlich. verlehrte,
damals aber erſt die Proben mitgebracht hatte.«:. .- - ;
: Borfigender: „Was Haben. Sie dem Krumbbolz für
Snftruftionen bezüglich der jeinen Rummer des Garmesunb beflen.
Beichaffenheit gegeben ?*-
MRichter: »Ich kann vom 19. April am, ben. Beweis. füßr
ten, baß ich für.den Stoff zu Hemden Fein anderes Garn als
Ir. 18und Schuß Nr. 20 verwendete und Krumbholz hat von
mir den Auftrag erhalten, bei. Hellmann ein Muſter ſolchen
Stoffes ohne aller Appretur zur Vorlage. an das hobe. Armee
Oberfommando anfertigen zu laſſen. . ..
Vorſitzender: »Sind bie Muſter zu dieſem ‚Aueite ver⸗
wendet worden?;“
Riten: Ja, fie wurden vorgelegt und‘ auf biefes iſt
die Erledigung am 26. Juni v. J. erfolgt. Dieſe am 26. Juni
v. J. genehmigte Probe, ift für mich die allein verbindliche Ich
werde den Beweis führen, daß bie Verwendung yon’ at
nicht
Borfigender: „Haben Sie bem SKinmbholß nle einen
anderen Auftrag gegeben ?* ;
Aidrer: 8 babe dem Krumbholgz nie Einen anderen
127
Auſtrag gegeben, als Stoffe aus Kette I, 18. und Schuß
Nr. 20 anfertigen zu laſſen.“
Vorſitzender: »Sie haben anzugeben, ob Sie bel dieſem
Lieferungsabſchluſſe auf Ihre eigenen ' Beberefabrten gedacht
‚haben.«: -
Richter: „Allerdings. «
Vorſitzender: Welchen Antheil haben Sie für ich ver⸗
Aaufchlaut Ar
Richter: 10.000 Stide habe ich für mich veranſchlagt,
298 wäre ein Erzeugniß.von vier Monaten geweien, Die übri-
gen ‚70.000 Stüd ſollten durch Subkontrahenten gedect
werde. ..
Vorſ itzendet: »Haben Sie darüber beftimmte Inſtrut⸗
tionen an Krumbholz gegeben ?*
Richter: „Nein, aber Krumbholz batmirtäglicberich-
tet, wie ed mit den Subfontrahenten ftehe und wie weit es mit
dem Abſchluſſe bei. jedem gediehen fei.«. -
Vorſitzender: „Wie können Sie auftlaͤren, daß Krumb⸗
Holz auf 84.500 Stück mit Subkontrahenten abſchloß ?“
Richter: »Ich glaube, daß Krumbholz nur aus
Meberfehen fo viel abſchloß, was für mich in feinen Folgen lei⸗
Ser ſehr ſchlecht war. «
Vorſitzender: Sind Sie mit Krumbholz außer den
Pfingſtfeiertagen im, vorigen Jahre noch einmal in perfönlichen
Berkehr getzeten?«
Richter: »Im— September vorigen Jahres kam ich nach
Prag, da meine Familie dort den Sommer auf meiner Fa⸗
Brits-Realitaͤt; zubrachte, und damals habe iſh auch mit
Krumbholz verkehrt. Es war dieß feine Geſchäftsreiſe, aber
als ich in Prag war, hat mich Krumbholz über den Stand
des Geſchaͤfts unterrichtet, und mir dabei mitgetheilt, daß Re⸗
duktionen an den urſpruͤnglichen Vertrageſchlüſſen nicht durch⸗
führbar ſeien. :.
Vorſitzender: » Hatte damals Krumbholz von Ih⸗
nen ben Auftrag, bei den Subkontrahenten zu reduziren ?«
. ‚Richter: „Nein, aber er mußte fich ſelbſt Dazu verpflich-
tet Halten, weil er auf ein zu großes Quantum abfchloß,
do daß meine: Fabriken unbebacht blieben. Uebrigens kounte
Krumbholz mit den Subkoutrahenten Ion aus Tem Bruns
130
hatte. Fruͤher hatte ich */,. ri ‚bezahlt, aber man. verlangte von
mir einen Kreuzer, fo habe ich dei ber Fabrikation fie. mit "/,
veranfchlagt. Ich kann. aber den Beweis . Tieferu, daß mich. bie
Burichtung :22,000 fl. geloſtet bat, bei * tr. mehr. als: die
Weißbleiche. u:
Staatsanwalt: 5 Warum - nahmen Sie fir die. nette
Meihobe eine Vergütung an? Es find Zeugen da, welche. aı«
geben, daß dieß beiläufig ber Salbbleiche gleichfomme, ‚und: daß die
Halbbleiche bedeutend billiger fei als die Ganzbleiche.« -..:. .-
bi Richter: »Hier muß die [chließliche Berechnung und ber
Zeuge Zappert Auskunft geben.« .
Staatsanwalt: »Przibram gibt an. daß die Volibi⸗i⸗
el kr. K. M., die Halbbleiche aber '/, Er. betrage.« :1.., °
Richter: „Die von Przibram .angedeufete Halbbleiche
wurde von der Monturskommiſſion zu Stockerau nicht gebilligt,
es wunde dadurch nicht Die gehörige Reinheit herausgeſtellt.“
Staatsanwalt: „Borges fagt, daß die Ganzbleiche
um: m); höher fomme als die Halbbleiche. «.
Richter: »Das iſt eine ungenügende Beide, bie man
auch in. Stockerau zurückgewieſen bat.«
‚Staatsanwalt: „Hellmann gibtan, daß ein Ueberein⸗
funnten getroffen wurde ‚demzufolge wegen‘ des Wegfalles der
Ganzbleiche 4.kr, K. M. pr. Stüd Bergätung ‚gelelitet werben
hoffte; daraus geht hervor, daß dieſe Halbbleiche weniger toſtet
als die Ganzbleiche.“ |
Richter: »Ja, wenn die Halbbleiche entſprochen Hätte,
"Staatsanwalt: „Haben Sie die e Deufter des Schroll
in Ihr⸗ Hand bekommen?« rend
Richter: Ich habe fie. in meinem Burean,s > °
. Staatsanwalt: sHaben Ste al3 Fachınann nicht beob-
achtet, wie Schroll feine Muſter eingeitelli?« . :
‚Richter: „Das iſt nicht ſo leicht, ich habe nicht unter.
just wie viel Fäden eingeftelltt wurden.“ . - :
: Staatdanmwalt: „Welches Mufter : lag dem hohen Ar:
mer» Oberfommando dor, als die kLleſerung Ihnen zugeſagt
mwurdbet« .. . nein |
Richter: „Das sn: Särekl.s :
. Stantsanwalt: Ale, bildet dieſes Bud d die — *
lage des: Vertra ges 2*
131
Richter: „Der Vertrag hat aber. durch das neue Mufter
— wie. erwähnt — eine Modifikation erhalten.«
Staatsaumwalt: „Dieſes hatte ja doch nur den Zweck,
zu beweifen, daß diefe Waare beffer ſei, nicht aber, daß ſolche
Waare geliefert werde.«
Richter: „Sch hatte aber in meinem Geſuche von biefer
Qualität Erwähnung gemacht. * Ä
" Staatsanwalt: Es ift auffallend, baß beide vorgeleg⸗
ten Muſter, die dem urſprünglichen Schroll'ſchen Muſter ſub⸗
ſtituirt worden ſind, eine größere Fadenzahl ausweifen, als die
Waare, welche auf Grund jener Muſter fpäter geliefert wurde.
Es ift im Befunde der Sachverftändigen eſithalten, baß jene 33
Fäden, die von Ihnen gelieferten Waaren nur 30 auf '/, Qua-
dratzoll Hatten.«
Richter: „Die vorgelegten Proben waren im rohen Zu⸗
ſtande 32 Zoll breit angefertigt worden, ſie ſind durch Kochen
am 3 Zoll geſchwunden, mithin um 180 Faden. Dieſe ver⸗
theilten ſich auf eine Breite von 29 Zoll, mithin hat eine Zu:
nahme der Kette von 15 auf 16 Faden oder auch mehr ſtatt⸗
gefunden.“
Staatsanwalt: »Iſt Ihnen bekannt, daß die von
Schroll gelieferte Waare hoͤher eingeſtellt war, als bie Ihre?«
Richter: „Nein. «
Staatsanwalt: „Auffallend iſt es, daß Sie ſtatt 34 Zoll
nur 32 Zoll roh einſtellen ließen.“
Richter: „Ich weiß nicht, in welcher Breite Schroll feine
Maären im rohen Zuftande anfertigen ließ, ich weiß nur, daß
bei der meinigen bei 15 Faden Kette und Schuß eine Breite
son 32’ angenommen würde.“
Staatsanwalt: „Ste fagten, daß Sie fih durch die
Bitten Bayer's beſtimmen Tiefen, Waaren von Schirmer zu
Saufen. Welches, waren die Gründe, daß Schir mer bittweife
eingefchritten iſt?“
Richter: „Ich eriuche die Beantwortung biefer Frage
Herrn Bayer zu fberlaffen.«
" Staatsanwalt: „Wiffen Sie von wen biefe Waare
war?
Richter: „Ich vernahm fpäter, bag fie von Ritter uch
NRittmeier in Odrz geweſen fei.«
132
Staatsanwalt: “Aus dem von Ihnen bei ber Liefe—
rung beobachteten Verfahren geht wohl hervor, daß Sie fid>
Die Lieferungen als Monopol vindiziren wollten, und eben durch
Ihr Verfahren wurbdenviele Gefchäftsleute von den Ararifchen
Lieferungen ausgefchloffen, obmohl das Aerar von ihnen beffer
bedient worden wäre, Mit den Eublieferanten haben Sie zu
22 und 23 fi. abgefchloffen. Zappert lieferte un 20 fr. bie
befte Waare und ließ fish noch einen Gperz. Abzug gefallen. «
Richter: „Diefer Preis wurde im Monat Juli gemacht,
ich habe meinen Preis den 4. Juni gemacht, wo ber Kurs auf
London 145 Hand, während er im Juli zwifchen 126 und 120
ſtand. Ueber die Behauptung, daß ich die Baumwolllieferung
menopoliftifch betrieben, verweife ich auf die Tabelle über bie
von anderen Sieferanten angefertigten Stoffe, welche den Bes
weis liefern. wird, dag vom April bis Oftober von anderen
Lieferanten ungefähr 180.000 Stüd geliefert worben find,
was auch Hofrat Eckert⸗Kraus beflätigen wird. Was die
Bemerkung betrifft, daß andere Lieferanten verhindert worden
find, ihre Offerte anzubringen, muß ich entgegnen, daß mir
zur Zeit nichts von folden Konkurrenten befannt war, und es
gehörte Muth dazu, ein Offert auf 4.000.000 Ellen anzu
bringen, und zwar eines Theiles wegen der Borauslage von.
mindeſtens '/, Million Gulden, anderſeits wegen der unglin=
ftigen Zeit- und Baluta-Verhältniffe, Der Robftoff mußte aus-
dem Auslande bezogen, in Silber bezahlt und mußte gedeckt
werden, während ich meinen Eublontrahenten den ganzen.
Garnbedarf zu firen Preiſen überlaffen hatte. Nur dadurch,
daß mir bie Kreditanftalt zur Dedfung der 10.000 Zent⸗
ner Baummolle, welche erforderlich waren, 32,000 Pfd. Lon⸗
don vorftredte,. war ich in ber Lage das Gefchäft machen zu
fönnen, da ich von dem hohen ArmeesÖberfommando keinen
Vorſchuß annehmen wollte. Ich muß bemerken, daß mir im.
Laufe der Unterfuchung befaunt wurde, daß von Ritt—
meier und Stameb Offerte in viel fpäterer Zeit" einge
bracht worden find; Grfterer hat fich aber mochentliche Liefe⸗
rungen aubebungen, Letzterer brachte fein Offert vier Monate
fpäter ein.«
Borf iBender: »Wollen Sie angeben, in welder Weile
133
Sie von diefen durch die Kreditanitalt Fhuen zur Verfügung
geftellten 32.000 Pi. in London Gebrauch machten? «
Richter: „Diele Baluten waren für mich bloß Dedung
gegen ein alljällines Steigen derfelben, wie jolches damals zu
beforgen wer. Beim Steigen der Baluten wäre mein Bedarf
durch dieſe gefichert geweſen.“
Vorſitzender: „Wann find die nöthigen Devijen gefauft
inorden?«
Richter: »Zur Zeit des Abfchluffes des Lieferungsners
traged.*« E
Staatsanwalt: „Sie haben erwähnt, daß am 8. Juli
günftigere Anbote geftellt werden konnten, weil die Deviie
London damals im Kurfe zu finken begann. Dieſes Sinken
der Valuta mußte ihren Sublieferanten gleichfalls zu Gute
fommen, da ja diefe durch die erwirkte Reduktion Nachtheile
erlitten?«
Richter: „Das war nicht die nothwendige Folge, da
meine Subfontrahenten das Garn von mir bezogen, und bei
ber eingetretenen Reduktion nicht mehr zu nehmen brauchten. *
Staatsanwalt: „Ich mug Ihnen zur Aufklärung deſſen,
in wie fern ich Ihre Stellung als monopoliftifch betrachte, bes
merken, baß ich diefes in ber Art auffaffe, daß Sie 5'/,
Millionen Ellen zur Lieferung übernahmen, während auf alle
anderen Lieferanten nur 11/, Millionen Ellen kommen.“
Richter: „Das von mir eingelegte Verzeichniß wird bei
Beweis liefern, daß die von mir geftellten Bedingungen bie
günftigften waren. Der Staat erfparte bei deu von mir
nelieferten vier Millionen 60.000 fl., eben fo eriparte er bei
ber Lieferung der Schroll'ſchen Waare 8000 fl, und ähnliche
Erſparniſſe traten bei jämmtlichen von mir geleifteten Liefe⸗
sungen ein.*
Richter überreicht bem ©erichtähofe ein diefe Erſparun⸗
gen nachweilendes Verzeichniß.
Etastsanwalt: „Die Unterſuchung ergab, daß eine
Konkurrenz bei ben ftattzufindenben Lieferungen allerdings eins
trat, und es nur Ihrem Einfluffe bei Baron Eynatten zuges
fhrieben werden kann, bag diefe Konkurrenz keinen Exit,
batte.«
134
“Richter: „Ich muß verfichern, baß ich feine Konkureen 3
fern hielt, und: Hofsath Ecker⸗Kraus wird dieſes bezeugen. —
+: Ber Präfident bemerkt, baß er biefen Gegenſtand mi—
ſeinen Fragen nicht erfchöpfen, fondern nur durch allgemen —
Ftagen Anknüpfungspunkte für das Verhör bes Krum ln
erlangen wollte.
Dr. Berger: „Ich erfuche Herrn Direktor Richter mir —
aufzuflären, wie Sie am 22. Juni ben Vertrag über biefe
Lieferung fchlichen Tonnten, wo ‘doch Ihre Gingabe wegen
Modifitation des Vertrages vom 18. noch nicht erledigt war?«
NRichter: 3b wurde Tebiglich nur hierzu beitimmt, weil
mir Baron Eynatten bie. Verficherung gab, daß das Gut⸗
achten der Gtoderaner Kommiſſion meinem Anſuchen vom
14. entſpꝛechend ausfallen und daher dieſem iwerde willfahrt
werden.“
Dr. Berger: „Welche Provifton bezog die Kreditan⸗
ftalt für den Ihnen eingeraͤumten ſchon erwaͤhnten Valuten⸗
Kieit?« j
Richter: Ih mußte 4pCt. des Bruttowberthes ver⸗
guͤten, auch war ich'als Hauptdirektor der Anſtalt verpflichtet,
ſtelan dem Gewinne theilnehmen zu laffen.«
Dr. Berger: „Wollen Sie mir angeben, welches Quan⸗
tum Stoffe hatten Sie bis zur. Abreife des Baron Eynatten
geliefert?«
Nichter: „Den. Theil der übernommenen Lieferungen. «
Dr. Berger: „Erinnern Sie ſich deffen genau?«
—Richter: „E83 wurden um 434.000 fl. bis dahin an die
Kommiffion zu Stockerau geliefert; die Lieferung en nasse ber
gann erſt im Oktober.
Dr. Berger: s Erinnern Sie ſich nicht der Worte, womit
Baron Eynatten Sie aufforderte, ſelbſt als Lieferant auf⸗
zutreten?“
Richter: »Zur Zeit, als mar beim Soßen Armee⸗Ober⸗
kommando wegen nicht: genfigender Lieferung au Leinwan⸗
ben bie. Lieferung von Baumwollſtoffen in Erwaͤgung zog,
äußerte ſich Baron Epnatten in Gegenwart des Herrn Hof⸗
rathes Eckert⸗-⸗Kraus und meiner, ob ich nicht als Webere ibe⸗
jiber Baumwollſtoffe liefern wolle. «
135
Dre. Wiedenfeld: „Hatte Krumbholz Kenntniß von
Ihren dieſe Lieferungen betreffenden-Offerten und Eingaben?«
Richter: Ich mag im Allgemeinen ihm bavon Mittheis
Yung. gemacht haben, den genauen Inhalt kannte er aber nicht.« -
Dr. Wiedenfeld: „Hat Krumbholz aus dieſem Liefer
zungögejchäfte ober überhaupt an ben Gejchäften Ihrer Fabrik
einen Nutzen bezogen?«
Richter: „Krumbholz hatte 1500 fl. Gehalt und dann
eine Tantiömeanbem Geſammtertraͤgniſſe des Fabriksgeſchäftes.“
Das Verhoͤr mit Richter wurde hierauf unterbrochen und
Krumbholz vorgeführt.
: Borfißender gu Krumbholz: „Sie haben bie Ans
Elage: vertrommen und aus derfelben gehört, daß fie dahin ges
richtet iſt, Sie hätten im Vereine mit- Ihrem Chef Richter,
unter Berbergung hinter einem falfchen Scheine, fich und letzte⸗
sem zum Nachtbeile des Aerars und: mehrerer Privaten Vor⸗
theile zugewenbet. Insbeſondere trifft Sie die Anfchuldigung,
daß Sie mitgewirkt haben, das Aerar durch Minderung des
Stoffes bei den von Richter kontrahirten Kieferungen zu benach⸗
theiligen, und zwar einerfeits dadurch, daß die Stoffe in gerin⸗
gerer ‚Breite ald bebungen bergeftellt unb das ®arnnummer
verändert wurbe, anderfeits aber, daß Eie die Subfontrahenten
Durch das falfche Vorgeben einer vom hohen Armee⸗Oberkom⸗
mando verfügten Nebuftion gleihfals zu Reduktionen und ſo⸗
mit zum Schaden der Subkontrahenten mitwirkten. Ich for
dere Sie nun auf, fich zu äußern, mas Ihnen von biefem Lie⸗
ferungsgeſchäfte bekannt iſt.“
Der Angellagte Krumbholz war hierauf ſo ergriffen, baf
ihm durch eine Minute die Stimme verfagte, und al8 er end-
Ji zur Beantwortung ber Frage fich aufraffte, famen die Worte
anfänglich nur ftoßweife über feine Lippen:
»Herr Richter, « fo beginnt er, »fchrieb mıie — Anfangs
Juni — baf er ein großes Gefchäft — mit dem Aerar — beab-
fichtige — und forderte mih auf, — ihm Mufter zu- fenden.
Ih bin anı Pfingftmontage mit den Muftern nach Wien gekom⸗
men und übergab fie ihm, welche ich über den von ihm inzwi⸗
ſchen erhaltenen Auftrag kochen, wajchen und mangen lich. Tas
eine war’ aud. Zwanziger» Schuß und 18 Kette, das aubere
18 Kette und 18 Schuß.“
138
daß über größere Wansenniengen mit den Eubloutrahenten ab⸗
aeſchloſſen wordan fei, als eigentlich: beſtimmt mar, erklärt
Krumbhols, „hab das. Berfehen gröbtentpeiie ihm ſelbſt mr
Sat jelle.« .--
. Auf. die Frage w wer geheſert habe und ivie viel geliefert
worden fei, antwortete er:: „Vier Millionen Ellen.« Er bemerkt
weiter, daß die Sublieferanten bie Lieferungen’ nicht ordentlich
eingehalten haben und daß an beren Stelle bie eigene Fabrik ind
bas Plus getreten ſei, welches über die urfprüriglich ‚Tontsahir-
ten Lieferungen. geliefert worden fell“:
Auf'die Frage, warım man bie Lieferungsvertraͤge nicht
annullirt ober abgeändert habe, wenn die Lieferanten ihre Be⸗
dingungen nicht eingehalten haben, entgegnet er, »daß man ‚ger
gegen biefelben »coulant« fein wollte.“
Borfigender: „Welche Mittel wurden angewendet, um:
die Lieferanten zu Reduktionen zu Beftinmen ?«
Krumbholz ift wieder fo ergriffen, daß er faſt nicht
zit Morte fominen kann; auf eine anfmunternde Bewegung
R icht er's gibt, er an:
... »&8 war, Mitte September, als Richter nach Prag zu
mir kam und ich ihm mittheilte, daß bei der Lieſerung ein Plus
erwachfen ‚würde, worauf Richter entgegnete, man müſſe bie
E ublicferanten beſtimmen 10—12 pCt. nachzulaffen; fie dürf⸗
ten dieß auch gern thuu, da fie Grund hätten, ihm dankbar zu
fein. Sch. bemeykte hierauf, daß ich. dieſe Auſicht nicht theile
und bie.. Kontrahenten, ‚mir. Edjwierigfeiten machen würben,.
worauf er mir. antwortete, er werde, air: ſchreiben, daß das hohe
Armee-Oberfommando ihm aufgetragen babe, im Preiſe ober
Quantum nachzulaffen.* _
Vorſitzenden: Hat ſich Richter gedußet daß er fich
biefem Auftrage jügen werbet« .
Krumbholz: „Richter. meinte, er. werbe diefem Aufs
trage nicht nachkommen oder Entſchädigung anfprechen.«
:: . Vorſitzender: „Hat Richter Damals frhon gewußt, daß
Bas Armee-Oberfommando ihm zumuthe, das Quantum zu
reduziren ?“
| Krum bholz: Das weiß ich nicht, ich bin ‚gewohnt,
den Aufträgen meines Herrn jojort nachzukommen.“
139:
Vorſitzender: »Weßhalb wollte Ihnen dieß Richter
threiben?!« ẽ
Krumbholz: »Damit ich den Subkontrahenten gegen⸗
über einen Beleg in den Hänben habe.“
Vorſitzender: »Haben fich die Subfontrahenten zu ber
Reduzirung gutwillig berbeigelaffen?«
Krumbholz: »Ia.« |
Borfitender: „War Abeles auch zufrieden ?«
Krumbholz: „Er hat fih in ſoweit zufrieben ger
geben.“
Borfigenber: „Was heißt das „in fo weit zuftieben«?
Krumbholz: „Er hat mir feine Faktura geſchickt und ich
Habe fie auch anerfannt.«
Borfisender: „Haben Sie Herm Richter mitgetheilt,
daß Herr Abeles fich gegen die Reduzirung firäube und ans
geblich großen Schaden leide?«
Krumbholz: „Darüber weiß ich mich nicht zu ers:
innern.*
(Hier wurde das Verhör mit Krumbhol; unterbrochen
und die Verhandlung auf den nächſten Tag verfchoben.)
(Sigung vom 7. November.)
Vorſitzender: „Bevor ich in ber Verhandlung weiter
vorgehe, habe ich mitzutheilen, daß von der Krebitanftalt
eine fchriftliche Mittheilung hiehergelangt ift. Ich erinnere dar⸗
An, daß die Staatsanwaltichaft am Schluffe ihres Antrages
eines Borganges erwähnt hat, worin fie die Merkmale bes Be⸗
truges zum Nachtheile der Krebitanftalt erkennen will. Sch habe
daraus Beranlaffung genommen, die Kreditanftalt zu verftäns
Digen, . damit fie zur Wahrung ihrer Reihte und etivaiger Er-
ſatzanſprüche fh bei der Schlußverhandlung betheilige. Hier-
über ift nun eine hierauf bezügliche Mittheilung dem Gerichte zus
> gelommen.
Der Präfident verlieft die Zufchrift, aus welcher hervor⸗
gebt, daß fich die Krebitanftalt Die Entfcheidung, ob und an
wen fie Erfabanfprüche wegen der erwähnten Kursverände⸗
zung ftellen wolle, bis zu jenem Zeitpunfte vorkeholte, ws ie
Motive biefer Kursveränderung bekannt \ein werden, EIS
. |
„240
Kenntnißnahme des Vorgangs bei der Schlußverhandlung und
"zur Ertheilung von Auskünften und Aufflärungen habe fie Die
Herren Dr. Gredler und Direltor Hornboftel ald Vertreter
der Krebitanftalt beftimmt, welche im Namen derfelben der Ver⸗
‚Bandlung beiwohnen follen.
| Dr. Berger: »Als neulich der Aufruf von Seite bes
Herrn Präfidenten wegen der Vertreter der Kreditanftalt erging,
konnte ich vorausfeßen, daß fich Dieies nur aufdie Deviſen⸗Ange⸗
legenheitenbeziehe, weilnach der Anklage bei den Devifen eventuell
von der Kreditanftalt ein Erſatzanſpruch geitellt werden follte.
Bezüglich des neuen Klagefaktums wegen des Kauteld des Finanz«
minijteriums liegt in’ diefem Augenblide eine rechtliche Ent⸗
fhädigung nicht vor. In diefem Augenblide ift die Anklage in
dieſer Richtung noch nicht formulirt, undichfann vondem Stanb-
punkte Der Bertheidigung aus auch feinen Beichädigten erfennen.«
»Bei zweierlei Angelegenheiten haben die Beichädigten
der Schlußverhandlung beizumohnen und zwar entweder zur
Geltendmachung von Entfhädigungsanfprüchen nach $$. 219,
244, 243,253 der Strafprogeß-Ordnung, oder es ift bloß eine
paſſive Anwesenheit nach $. 223 nothmwendig. Gegen Tebtere
babe ich felbftverftändlich nicht einzuwenden, weil die Ents
fheidung, ob jemand im Saale gegenmärtig fein fol, Sache
des Präfidenten ift. Aber über die Anmwefenheit zur Auskunftss
ertheilung, wie ſie in der Zufchrift der Kreditanftalt erwähnt ift,
Davon fteht in der Strafprogeß-Ordnung nichts, und ich muß
mic) Dagegen verwahren. «
Staatsanwalt: „Ich habe in diefer Richtung nichts
anzuführen, da es im Intereffe ber öffentlichen Anklage nicht
von Bedeutung ift, ob die Kreditanftalt ihre Privatintereffen
durch einen Vertreter wahren will oder nicht.«
Borfitender: „Stellt ber Herr Vertreter einen formus
lirten Antrag ?*
Dr. Berger: „Mein Antrag geht dahin, daß, nachdem
in der erwähnten Zufchrift eine Vollmacht jener Herren, im
Kaufe der Schlußverhandlung Entfchäbigungsanfprüche gel⸗
‚tend zu machen, nicht enthalten ift, die Note auch In keinem
andern Sinne zur Kenntniß genommen werde, als daß fie eben
gefchrieben wurde, ohne daraus einen Anlah zu nehmen, im
£aufe ber Schlußserhandlung bezüglich der Entfhädigungsan-
141
ſprüche mit Rüdficht auf das neue Faktnum irgend eine Ver⸗
nehmung eines Vertreters der Kreditanftalt einzuleiten, und
ich proteftire gegen bie Anwefenheit eines Vertreters im Sinne
des F. 253 der Strafprozeß⸗Ordnung, fo lange die Anklage
binfichtlich des neuen Faktums nicht formulixt ift, und fo lange
nicht die beſtimmte Erklärung vorliegt, daß die Kreditanftalt in
diefer Richtung fich dem Strafverfahren anfchließt. (Der Ge⸗
richtshof zieht fich zur Berathung d efes Antrages zurüd.)
Nach beinahe breivierserftündiger Berathung erfcheint der
Gerichtshof, und der Präftdent verfünbet ben Beſchluß desſel⸗
ben wie folgt : »Der Gerichtshof hat in Betreff des Erſcheinens
des Vertreters ber Kreditanjtalt auf Grund des $. 219 der Straf-
prozeß⸗Ordnung fich einftweilen bie Entfcheidbung vorbehalten,
bis er fih nad dem Ergebniffe des weitern Verlaufes der
Schlußverhandlung im Sinne desg. 251 darüber werde aus⸗
Iprechen können, ob das von dem Stantdanwalte in den Mit-
theilungen feiner Anklage nachträglich berührte Faktum in bie
Schlußverhandlung einzubeziehen fei.«
Richter: „In Folge der geitrigen Erwähnung über das
Geſchaͤft mit Schirmer erlaube ich mir über den Gewinn, den
ich dabei gehabt habe, Nachweiſe zu geben, und ich bitte ben
hohen Gerichtshof, diefen Nachweis von Sachverftändigen
unterfuchen zulaffen.« (Er legte einige ziffermäßige Nachweiſe auf
den Gerichtätifch.)
Borfigender: »Es iſt mir foeben ein Brief zugelom-
men und ich nehme feinen Anftand den Inhalt besfelben mit-
zutheilen und es ber Staatäbehörde wie der Vertheidigung freizus
ftellen, ihre bezüglichen Anträge hierüber zu formuliren. Es ift
dieß ein Brief des hiefigen Banquiers Heinrih Mayer und
lautet wörtlich: „Euer Wohlgeboren! Ausden heutigen Zeitungen
entnehme ich Herrn Richter’s Ausfage, es feien meinem Haufe
Kalitots Proben zurüdgemiefen worden. Ich erkläre dieſe Ausfage
für falfch, daß ich dem hohen ArmeesOberfommando ein Mufter
überreicht habe. Was Die Aeußerung von vier Millionen Ellen
Hemden Kalitot betrifft, fo erlaube ich mir die Bemerkung,
daß die Öfterreichifche Induſtrie keineswegs auf fo niedriger
Stufe fteht, um diefem Bedürfniffe nicht entjprechen zu koͤn⸗
nen und bie Kraft befitt auch ohne Hilfe von Kreditanttalten
noch viel größere Duantitäten zu Ueferw. Beindsack, Dir
142
ih unfere Weberei zu Tannwald in Böhmen an, welche mo=
natlich über 700 Milionen Ellen erzeugt, daher die vier Mil.
Ellen mit Leichtigkeit in ſechs Wochen hätte liefern koͤnnen.
Indem ich Euer Wohlgeboren erfuche von dieſem meinem Schrei⸗
ben den geeigneten ©ebrauch zu machen, verbleibe id; Euer
Wohlgeboren ganz ergebener
' Heintih Mayer-Stamep.
Wien, 7. November 1860.«
Richter: „Sch erinnere mich nur, baß ich gefagt habe,
die Proben feien im November eingebracht worden unb waren
von einem Stoffe geweſen, der zwar vorzüglich an Qualität,
aber fich nicht zu Hemben geeignet hätten. Ich erinnere mic
aber nicht daran, daß ich mich in meiner Ausfage ungünftig,
über die Waare geäußert.«
Staatsanwalt: „Ich beantrage auf Grund biefes-
Briefes in Berüdfihtigung der geften von Hertn Richter
vorgebrachten Aeußerung, daß Niemand in ber Waare mit ihm
hätte Konkurrenz halten können, die Borladung des Herrn
Mayer.“
Dr. Berger: „Der Ton des Briefes charakterifirt den
Schreiber besfelben. Ob Sournalberichte über Strafverhand⸗
Iungen fofort den Ausgangspunkt einer Korrefpondenz von
Seite eines Privaten mit dem Gerichtshofe bilden können, kann
ich ganz gut der Beurtheilung des hohen Gerichtshofes über-
laſſen. Die Qualität der Waare wurde von Shehverfländigen
geprüft, und ber hohe Gerichtähof wird im Laufe der Verband:
fung auf diefen Kunftbefund zurüdfommen, und fomit ©ele-
genheit haben, fich über die Auslaffungen des Herm Mayer
ein Urtheil zu bilden. «
„Ich begreife endlich nicht, in welcher Eigenfchaft Herr
Mayer vorgelaben werben folle; wenn als Zeuge, jo würbe
ich Doch als Vertheidiger wünfchen, obmohl die Staatsanwalt:
fchaft darüber erhaben ift, vorläufig Fennen zu lernen, welde
beſondere Thatfachen Herr Mayer zu konſtatiren in der Lage
‘wäre, die auf die Beurtheilung der Anklage des Herin Richter
irgendwie einwirken könnten. Was feine Gigenfchaften als
Sachverſtaͤndiger betrifft, fo mag er wohl in vielen Dingen
ein Sacdhverftändiger fein, bezüglich der Weberei
aber babe Id bis jeht nicht Gelegenheit gehabt, etwas
143
1.
davon zu erfahren. Ich fpreche ihm auch biefe Faͤhig—
feit ab, und ich glaube, daß ber Hohe Gerichtshof in biefer
Richtung ausreichend verfeben ift. Es wird mir übrigens ein
beſonderes Vergnügen fein, an ihn Fragen Hellen zu Lönnen. «
Staatsanwalt: „Ich glaube, daß die Ausfage eines .
Fahrikanten, der erklärt, er jei im Stande gewefen, binnen
wenigen Wochen diejenige Partie zu liefern, von ber Richter
behauptet, daß fie ein anderer außer ihm nicht fo zu Tiefern im
Stande war, wichtig genug fit, um gehört zu werben. Uebri⸗
gens kann ich nicht zugeben, Daß man die Vortheile der Deffent-
lichkeit geradezu wegläugne. Viele englifche und franzöftfche Ju⸗
riften Haben beifpielöweife als Vortheil der Deffentlichkeit ans
geführt, daß die Zuhörer fich etwas von dem Gehörten ad now
tam nehmen, und dann Später auf irgend eine Art darauf auf-
merffam machen. Ich wünfche daher, dab Herr Mayer vers
nommen werde.“
B Dr. Berger: Ich ſtraͤube mich durchaus nicht dagegen,
daß er vernommen werde; meine Tendenz ging bloß dahin, daß
ih vorläufig die Erheblichkeit der Vernehmung nicht einjehe.
Was das Lob der Deffentlichfeit anbelangt, fo kann ich
mir fchmeicheln, zu einer Zeit ein Lobredner derfelben gemefen zu
fein, wo man in Oefterreich noch kaum an eine Deffentlichkeit
dachte. Ich erklärte mich nicht gegen die Bernehmung des ‚Herrn
Mayer, aber ich verwahre mich gegen die Bemerkungen,
die er bier vorbringt. Ein Recht, gegen die Form mich zu ver«
wahren, fteht mir auch gar nicht zu. Aber ich habe den Ton,
in dem er fchreibt, wenigſtens unangemeffen gefunden. «<
Der Vorſitzende erflärt, daß er die Vorladung des Zeu-
gen auf feine Verantwortung nehme.
Richter: „Ich wollte erklären, daß ich beinahe wünjchen
muß, daß Herr Mayer gerufen werde, um als Zeuge vernoms
men zu werben; ich würbe die Gelegenheit benüßen, um darzu⸗
thun, daß bei Stametz nicht die geringere Einftellung, fonbern
die feinere enticheidend war. Seine Einftellung war eine grö-
Bere; er hatte 42—43 Fäden.«
Borfigender: „Wir fommen nun auf das Geſchäft mit
ben vier Millionen Ellen zurüd. sch muß bemerfen, daß Briefe
vorliegen, welche zwifchen Ihnen und Krumbholz gemechlelt
wurden, ans welchen Briefen ſich ergibt, dab Ne vor Weho&
7a
des geſchãftes bereits Vorbereitungen trafen , bie ſich auf bdas⸗
ſelbe beziehen.“
Es werden num bie Briefe des Richter an Krumbholz
vom 21. und 26. Mai, vom 2., 3. und 4. Juni v. J. verle⸗
fen, aus welchen zu entnehmen it, daß Richter dem Krumb⸗
holz die Anfertigung eines Probeftüdes auftrug, und der Brief
vom 2. Juni enthält noch die Bemerkung, »daß Gefahr am
Berzug fei, ſich ſchon Concurrenz geltend mache, und es ſchreck⸗
lich wäre, wenn ein Anderer das Geſchaͤft machen würde.“
Die vorgelefenen Briefe des Krumbholz an Richter
find vom 2., 3., 4. und 6. Juni dv. I. und betreffen das be-
ftellte Probeftüd.
Richter: „Es waren feine Konkurrenten vorhanden, als
ich dieß bem Krumbholz fehrieb, und ich habe dieß nur vor-
gegeben, um ihn zu größerer Eile zu beſtimmen.“
Es wurden nun die auf diefe Lieferung, fich beziehenden
Aktenftüde vorgelefen; zuerft das Offert des Richter vom
4. Juni v. 3., in welchem er die in ber Anklage angeführten
und auch von ihm bereits angegebenen Bedingungen ftellt, ſohin
ber Erlaß des Armee⸗Oberkommandos vom 8. Juni v. 3., mit
welchem dieſes Dffert genehmigt und die Lieferzeit von Mitte
Juni bis Ende November v. J. beftimmt wurde; dann ber
darauf Iautende Vertrag mit der Monturs⸗Hauptkommiſſion zu
Stoderau vom 22. Juni, welchem wir weiter entnehmen, daß
die Bleiche bei den zu liefernden Stoffen nicht mit Chlor und
Säuren, fondern natürlich und gehörig zu gefchehen hatte.
Richter bemerkt, daß der Lieferungstermin irrig bis
Mitte November im Vertrage angefebt wurbe, ba die Lieferzeit
bis Mitte Dezember beftimmt worden war.
‘ Ueber die nun zur Vorlefung gebrachte Haftungsurfunde
der Kreditanftalt für die Kaution von 50.500 fl. erinnerte Rich-
ter auf die Stage, wie er diefe Urfunde unterfertigen fonnte, da
fie für ihn Bürgfchaft leiſte: »Ich war berechtigter Firmafüh⸗
rer der Kreditanſtalt, Direktor Horn boſtel war damals nicht in
Wien anweſend, ich konnte unmöglich glauben, daß dieſe Ur-
funde durch meine Unterfchrift weniger Sicherheit gewähre; ich
habe daher als KHauptdireftor der Kreditanitalt die Urkunde
gefertigt. «
_ 145
. Borfigender: .»Kömmt bie Ausftellung folcher vaf⸗
tungsurtunden bei der Kreditanſtalt öfters vor?« j
Richter: »Ich habe zwar, wie ich glaube, in meinem
Verhöre angegeben, daß die Kreditanftalt folche Urkunden ſonſt
nicht ausftellte, aber nun erinnere ich mich, daß die Anftalt
ſchon einmal eine ſolche Urkunde ausfertigte, durch welche fie
die Haftung für mehrere Millionen übernommen bat. Die Kre⸗
bitanftalt mußte ich aber auch deßhalb als haftend anfehen,
weil fie, wie ich geitern erwähnt, von diefem Gefchäfte für den
mir gegebenen Kredit eine Provifion bezog. «
Vorf itzender: „Welche Deckung hatte die Kreditantalt
für dieſe übernommene Haftung?«
Richter: „Ich erinnere mich nicht, eine Dedung in
Antrag gebracht zu haben. «
Borfigender: »In Ihrer Eingabe an dad Armee-
Oberfommando vom 8, Juni machen Sie für die Befeitigung
der Bleiche geltend, daß durch die bei der BVleiche in Anwen⸗
dung konimenden Säuren die Qualität des Stoffes leide. Wie
fonnten Sie biefed vorgeben, da nad dem Vertrage, welchen
Sie mit der Monturs-Hauptlommiffion in Stoderau errichtes
ten, die Anwendung von Chlor und Säuren bei der Bleiche
ansgefchloffen worden war?«
Richter: „Es eriftirt feine Bleiche ohne Anwendung von
ätenden Säuren, beim Baummollitoff insbefondere gibt es
feine Naturbleiche. «
Aus dem nun vorgelefenen Briefe bes Bondi vom IT.
Juni an Hellmann ift zu entnehmen, daß Richter felbit
eine Meſſung von fünf gelieferten Stüden vornehmen Tieß und
°/, Ellen Abgang am Maße gefunden hatte, dag Richter in
Folge deſſen dem Bondi jagte, er werde fich eine Meßmaſchine
anfchaffen, Bondi aber gleich ſah, daß dieſes nicht ernftlich
gemeint fei. In diefem Briefe heißt es ferner: Grundſatz des
Richter fei, den Fabrikanten nichts anzutragen, da fie felbft
darum kommen werden. Dem Major habe Richter ein Ges
ſchenk gegeben, die Mannfchaft habe er ohnedieß vegalirt, Rich⸗
ter fuche nur feinen „Rebach« zu vermehren.
Richter: »Ich weiß nicht, was Bondi da zufammenge-
fchrieben hat.“
Meber bie weiteren Iragen des Vorligenden au Kiigier
186
an; »Ein »Ocher« ift eine Abtheilung in dem Fache, durch wel-
ches die Fäden beim Webſtuhle laufen, ein. »Gang“ habe in
der Regel 40 Fäden. Zwiſchen »Gang* und „Ocher« beftehe
- gar. fein Berhältniß.« -
‚Borfigender: „Ste haben angegeben, daß Krumbholz
nur aus Verſehen mit dem Subkontrahenten auf 80.000 Stücke
abfchloß und Shre Fabriken nicht berüdfichtigte. Vorliegende
"Briefe weifen auf das Gegentheil.“
Richter verbleibt bei feiner Angabe.
Vorſitzender: „In dem Ihnen nun vorgelefenen Briefe
‚Schreiben Sie an Krumbholz: „Bei dem Abfchluffe können
Ste bis 4 Millionen Ellen gehen.« Das ftimmt nun nicht mit
Ihrer Angabe, daß Krumbholz nur aus Verſehen fo hoch
abſchloß.“*
Richter: »Ich babe in dieſer Beziehung dem Krumb-
holz die Sache überlafjen.«
Borfigender: Krumbholz hat Ihnen ja Rechen⸗
ſchaft gegeben über das, was er vorkehrte, was auf Ihre Its
ſtruktionen hinweiſet. In dem weiteren Briefe vom 19. Juni
‚schreiben Sie an Krumbholz: „Schade, daß unfere Weber
reien noch nicht im Zuge find, fie Hätten heuer vollauf zu thun.«
Auch diefes zeigt, daß Sie abfichtlich ihre Webereien nicht be=
üdjichtigten, weil diefe nicht eingerichtet waren. «
Richter: „Diefe Stelle meines Briefes bezieht fih nur
‚auf meine Weberei in Leibifchgrund.«
Vorſitzender: »Beftand wegen der Garnlieferung ein
Hebereinfommen zwifchen Ihnen und den Subfontrahenten?«
Richter: „Das Uebereinfommen bejtand darin, die Stoffe
von befter Qualität nur mit amerikaniſchem Garne berzuftellen.
Als Preis war 38kr. K. M. per Pfund beftimmt. Meber den dabei
gemachten Gewinn behalte ich mir vor, bei VBernehmung der
‚betreffenden Zeugen bem hohen Gerichtöhofe eine Vorlage zu
machen, welche zeigen wirb, daß ich nicht bloß aus Spekula⸗
tion gehandelt.«
Borfigender: „In Ihrem Briefe an Krumbholz
fchrieben Sie diefem: „Laſſen Sie fich nicht hinhalten und ge-
ben Sie fo vor, daß uns wenigitens 1 fr. B. V. per Elle vers
Hleibt.«
Richter hat nichts darauf zu erinnern.
147.
Vorſiendet: »In dem Briefe des Krumbholz vom
3. Juni v. J. ſpricht dieſer die Beſorgniß aus, daß ber Preis
von 13 kr. K. M. per Elle bei gebleichten Stoffen nicht aus⸗
reichend ei, wenn nicht eine geringere Einftelung Platz grei-
fen kann. In diefem Briefe ift fonach eine geringere Einftel-
Iung bereit angedeutet.«
Richter: „Eine geringere Einitellung kann nicht Platz
greifen.«
Borfißender: „Wir werden dariiber das Gutachten v von
Sachverſtaͤndigen hoͤren.“
Es wurden nun vorgeleſen die Eingabe des Richter: bom
3. Juni, worin er bittet, ungebleichte Waare ftatt gebleichter
und in geringerer Breite liefern zu fünnen, das darüber abges
gebene , ſich dafiir ausfprechende Gutachten der Mionturss
Hauptkommiſſion in Stoderau, endlich der Erlaß bes Armee⸗
Dberfommandos vom 26. Juni v. J., womit das Anfuchen
Richter’8 genehmigt wurbe.
‚Richter: „Die Proben haben dargethan, daß die Waare
ſtark einging; das war die Veranlaffung, warum die Waare
auf 30 Zoll vermindert wurde. In qualitativer Beziehung
fonnte Feine Nenderung eintreten, weil auf 18 Schuß 15 Faͤ⸗
den per '/, Duad.=Zoll im rohen Zuftande gerechnet war.«
Vorfitender: „Unter Qualität verftehe ich aber die Ge⸗
fammtheit aller Eigenfchaften.«
Richter: »Ich glaubte bloß zur Erfüllung aller aus
meiner Eingabe und der Benilligung vom 26. Juni entfprin-
genden Konfequenzen verpflichtet zu fein.«
Vorjitender: „In der Anklage wird fich bezogen auf
einen Brief vom 9. Auguft: » Durch die hier gebrachten Proben
habe ich die Meberzeugung gewonnen, baß die rohe Waare
um zwei Zoll jchmäler hergeftellt werben kann.“
Richter: »Das iſt der Moment, wo man durch die bei
Zappert vorgenommenen Berfuche den Breitefchwund feftitellte,
von da an wurde die Anfertigung etwas fchmäler gemacht. «
Vorſ itender lieſt eine Stelle aus einem Briefe vom
10. Auguſt vor, in ber es heißt:
»Die gemachten Erperimente haben die genügente Ürker-
zeugung geliefert, daß die Waare ftatt 3%— 3% U wu wu
148
zeigt werben kann, daher uns Gelegenheit zu weſentlicher Er⸗
ſparung geboten if. «
Richter: „Iſt fein Nachfag in diefem Briefe?«
Vorſitzender fährt weiter:
— „Denn das hohe Armee-Oberfommando verlangt
von mir, in Hinblid auf die veränderten Zeitverhältniffe einen
Nachlaß der Preife.«
Richter: »Das war das Motiv dazıı.
„Beim Schluß ber Lieferung wollt ich eine Entjchäbigung
eintreten laſſen.“
Vorfigender: »Es ift fich bier auf. einen Brief vom
11. Auguft. bezogen; in diefem heißt es: »Przibram's und.
eines Anderen Bleichen laſſen feine Reduktionen zu, eben em⸗
pfange ich Przibrams Waare, welche roh 34 hatte, im fer⸗
tigen Stande aber nicht über 30 und 30 '/, behielt, wie Sie
fich bei ihrer Ankunft überzeugen wollen; dasfelbe tft bei den
übrigen Bleichen ber Fall. Wenn fie die Wiener Bleichen kalt
hängen, fo bürfen fie bloß um zwei Zoll zufammenfchrumpfen.
Nebuftionen in ber Breite laffen fih nur bei Kubinsky's
und unfern Waren erzielen.«
Richter: „Krumbholz fchrieb, daß die eingelieferten
Waaren nicht fo wie fie fein follten, fondem über 33 im
Durchſchnitt gemeffen Haben. Bei der neuen Einftellung müffe
aber die Breite der Waare fomplet 33 betragen. Der Preis
für diefe Waare ift 22°/, fr.«
Borfitender: »Im urfprünglichen Abſchluß waren 33,.
bier fagen Sie 22°), fr.«
—Richter: „Ich bemerke, daß ich allerdings einen Vor⸗
theil gezogen habe, daß diefer aber nothmendig war, um bie
Mehrkoſten der beſſeren Zurichtung zu decken.“
Vorſitzender fihreitet zur Ablefung des Briefe von
Krumbholz vom 3. September. „Sie fenden mir immer
noch 34zöllige Waare, obwohl ich Eie erfuchte, die Breite auf
32 zu reduziren, weil mir die erfte Breite nicht fonvenirt, mit
den Mebrigen bin ich übereingelommen, daß fie */, Tr. per Elle
vergüten/ was von Ihnen beanfprucht wurde, und ich erfuche
Sie, davon Notiz zu nehmen.“ „Diefer Brief zeigt an, daB
Barnerfparung zu Ihrem eigenen Vortheile in Anſpruch
en wurde.«“
149
Richter: »Jal!l Weil ich für die beſſere Zurichtung hoͤ⸗
here Auslagen hatte. «
Borfigenber: Hier ift ein Brief an Krumbholz
vom 30. Junt, darin heißt e8: |
»Sollte ich in die Lage verfet werben, bei ber Breite,
folglich in der Einftellung und im Schuß Reduktionen eintres
ten laſſen zu koͤnnen, fo fällt diefe8 bene uns zu, und wir
werben darüber zwiſchen uns eine bejondere Vereinbarung
treffen. *
»Sie fagten, Daß aus der neuen Zurichtung dem Aerar
eine bene zuging, bier heißt es, daß dieſes bene ihnen
zufommen follte.«
Richter: »Es ift ein bene für dag Aerar, daß es Stoffe
bekam, die durch Anwendung von Säuren in ihrer Haltbarkeit
nicht beeinträchtigt worden waren.“
Borfigender: „Und für Sie?«
Richter: „Für mich war e3 eine Entfehädigung für die
Mehrkoſten der Zurichtung, wie ich bereits erwähnt habe.«
DVorfigender: „Im Briefe des Krumbholz vom
15. Juni heißt es:
„Ich vernehme es fehr gern, daß die Waare bloß gekocht,
gewafchen und gemangt werden ſoll. Es ift dieß ein großer
Vortheil, denn man will die Bleiche nicht gern um einen hal-
ben Kreuzer höher ftellen, während die andere Manipulation
nur die Hälfte foften wird.
»Ebenfo vortheilhaft für ung ift es, wenn die Breite auf
30 Zoll herabgefett wird.
»Das Erſparniß muß uns und nicht dem Aerar zu Statten
kommen.“
»Hier ſagt Kfumbholz ausdrücklich, es ſei ein großer
Vortheil, wenn die Waare bloß gekocht, gewaſchen und gemangt
wird, während Sie gerade das Gegentheil fagen.«
Ihr Brief vom 23. Augujt an Krumbholz lautet:
»Die Nachläffe, welche ich bewilligt habe, fordern Sie
fireng von den übrigen Kontrahenten, befonders von Hell:
mann, ber im Verhältniſſe des ihm bewilligten hohen Preiſes
nachlaffen muß. «
»In Ihrem Briefe vom 25. Auguit wird bemett.
Dem Nachlaſſe müffen ſich ale Kontrahenten ul \omt
150
ah Hellmann fügen, ‚ba ih für eine 32 Zoll breite
nicht fo viel zahle, wie ich für eine 34 Zoll breite Wange zah⸗
Ien könnte. Ex kann einen gerechten Nachlaß nicht verweigern. «
» Hier jtellen Sie die Beftellung in geringerer Breite als
Grund hin, aus welchen die Subfontrahenten einen Nachlaß am
Preife eintreten laſſen müffen.« .
Richter: “Ich möchte bie Motive des Nachlaſſes nicht
in dieſem Briefe finden.“
Borfißender: „In einem fpäteren Briefe fonımt in Bes
treff Hellmann’s vor, daß er fich dem Nachlaffe fügen muß.«
Es wird hierauf die Korrefpondenz, bezüglich des von
Hellmann bemilligten Nachlaffes verlejen.
Im Briefe vom 26. Auguft fohrieb Krumbholz:
»Bezüglich des Nachlafjes bin ich heute mit Freund
Hellmann arg aneinander gerathen;* und der Präftdent
erwähnte bier gleichzeitig eined an Hellmann gefchriebenen
Briefes; in diefem heißt es:
»Für eine Waare, die 46 lang eingeftellt wird, reichen
nicht 15 Fäden Kette bin, denn foll diefelbe Qualität erzielt
werden, jo muß ein Faden Schuß mehr fommen und das Eojtet
mebr.«
Dann: „Wir haben bei 34 Zoll Breite 48 angenonmen,
weil durch das Eingehen in der Bleiche 2'/, —3 Zoll weniger
erhalten wurde, und wir durch da3 Zufammengehen der Waare
auf 15 Faden Kette fommen wollten. Stellt man die Waare
46 ein und gibt ihr die volle Bleiche, jo kommen mehr als 14
Fäden heraus,« und zum Schluß heißt es:
„Ich kann ſpekuliren wie ich will, jo kann ich fein Ers
iparniß herausbringen, wenn es nicht auf Koften der Qualität
geſchehen foll, und an diefer möchte ich nicht rühren. «
Richter: »Es ift auch nicht gerührt worden. .
Vorſitzender: »Da ift ein Brief vom 4. September
an Krumbholz, er lautet: |
»Von der Inlage nehmen Sie Einjicht und überreichen
Sie diefelbe Hellmann, Ihr Vorgehen gegen denfelben fin-
den Sie vorgezeichnet.«
»Diefe Inlage wurde bei Hellmann vorgefunden und
darin heißt es:
„Ihre Auseinanberfeßung wegen des Nochloſes Gute ich
161
mir zu Semüthe genommen und bin zu bem Reiultat gelangt,
daß wir Breite-Rebuktionen von 34 auf 32 in ber Art ver-
fuchen müffen, daß ftatt 18, 16 Schuß und 15 Fäden auf '/,
Quadratzoll verwendet werben. «
»Die Waare wird volllommen gut ausfallen, und Damit
Sie bei diefer Aenderung auch Vortheil haben, bin ich bereit,
- Sie an ber baburch erzielten Erſparniß theilnehmen zu laſſen.
Erklären Sie fich darüber.«
Richter: „Es ift dieſes nicht zur Ausführung gekom⸗
men.«
Borfikender: „Die Stelle fommt mir bedeutungsvoll
vor, daß Sie den Hellmann, der ſich geſträubt hat auf Ihre
erſte Propoſition einzugehen, nun an der erzielten Erſparung
theilnehmen laſſen wollen.“
Richter: »&8 hat ſich aber nicht durchführen laſſen.“
Vorfitender: „Sie haben bisher immer gejagt, die
ſchmaͤlere Herftellung der Waare habe den Zweck gehabt, die
höheren Koften der neuen Zurichtung zu deden. Hat Hell-
mann an den Herftellungsfoften auch Theil genommen, weil
Sie ihn an der Vergütung theilnehmen Tießen?«
Richter: „Er war verpflichtet, nach der neuen Methode
die Waare herftellen zu laſſen.“
Borfigender: „Wie erflären Sie aber bei ei Hellmann
den Abzug von 4 fr. für die Bleiche?« .
Richter: »Der bat fih darauf baflıt, ı um eine Eleine
Entichädigung zu befommen für Stempel, ferner mußte ich Er-
fparungen eintreten laffen, um feinen Berluft zu baben.«
Borfigender: „Wir fommen nun auf die Berechnung
Ihres Gewinnes. Der Gewinn durch die Rebuftion der Breite
wird von Sachveritändigen auf 7845 fl. 63 fr. geichäßt.«
Richter: „ch erkenne dieſe Summe als Refultat der
Erſparung als richtig an.«
Borfitender „Die Anklage fehlägt zu diefer Summe
noch den Betrag für die in Ihrer Weberei erzeugten Stüde.«
Richter: „Meine Webereien haben erjt im Auguft v. J.,
als bie übrigen Lieferanten ihren Vertragspflichten nicht nach⸗
famen, zu fabrigiren angefangen.«
»Bon Erfparungen kann keine Rebe fein, wel uf mie
MWebereien ſchon anfangs Rücficht genommen war.“
152
Vorſitzender: „Wie groß war dad Quantum der aus
Ihrer Weberei erzeugten Stüde?«
Richter: »8500 Stüd vom 2. Auguft an.«
Ueber Antrag des Dr. Berger wird folgende Stelle aus
einem ‚Briefe des Richter vorgelefen:
a Ich bemerte nur, daß gleich anfangs die ganze Spin,
nerei darauf eingerichtet werden muß, das Garn muß aus purer »
amerilanifcher Baummolle erzeugt werden. «
. Richter: „Damit führe ich den Beweis, daß ich auf bef-
ſeres Material den höchften Werth Iegte.«
y. Ueber ferneren Antrag des Dr. Berger werden aus den,
‚ben Akten beiliegenden Briefen des Richter an&rumbholz fol
gende Stellen vorgelefew:
Aus dem Briefe vom 20. Juni, Nr. 38:
»Ich erfuhr, daß Abeles 50,000 und Borges 20.000
Pfund Garn Nr. 18 und 20 gekauft hatten.
»Ich erinnere Sie und namentlih Borges, daß ich den Auf»
trag zurüdziehe, wenn ftatt ber bebungenen Nummer 18
Nr. 20 verwendet werben foll; Diefes wäre ein Vertrags-
bruch. «
Aus dem Briefe vom 30. Juli: „Bayer wird Ihnen
mitgetheilt haben, aus welchem Grunde die erfte Lieferung be-
anftändet wurde, und es wirb dringend nothwendig, daß fein
Stüd ungeprüft paffire.
„Nehmen Sie einige Organe auf und fuchen Sie Schroll
in feinen Lieferungen zu erreichen. «
Aus dem Briefe Nr. 58:
»Glauben Sie nicht, daß wegen eingetretenem Frieden Die
Montursfommiffion bei der Mebernahme ungegründete An«
fprüche niachen würde. Wir find auch im Kriege verhalten wor⸗
den, exakte Waaren zu liefern. «
Aus dem Briefe Nr. 70:
»Der Stoffbefund ift fein ungünftiger, nur Przibram's
Fäden waren bünn, weil er mehr Schuß gibt.
»Die Zurichtung dazu flieht einer Mufterkarte ähnlich‘, das
find alle SarbenNtuancen.«
„Abele's Waare iſt von ziemlich guter Qualität, aber bei⸗
nahe ganz weiß; dieß muß geändert werben.
153
„Ale Stüde, welche wegen leden ausgejtoßen wurden,
laſſe ich bei Zappert berrichten.«
Aus bem Briefe Nr. 87:
»Auf Abeles’ Waare zurüdkehrend, fo gefällt fie mir we⸗
niger, und wenn file genommen wurde, fo ift dieß nur aus Rück⸗
ficht für mich gefchehen. Ich fürchte, daß die Baluten unferem '
Sefchäfte nicht günftig feien.«
Vorſitzender: »Warum haben Sie eine beſondere Rüd-
ſicht in Anſpruch genommen?«
Richter: „Ich habe keine in Anfpruch zu nehmen” ge⸗
habt und es iſt nicht ſo zu nehmen, ſondern, daß man die
Waare paſſiren ließ, weil die meiſten Stoffe gut waren.“
Ueber die Bitte Richter's wird aus dem Briefe vom
2. Auguſt v. J. folgende Stelle vorgeleſen:
»Wenn man bei der Uebernahme von Baumwollſtoffen
diffiziler vorgeht, können wir uns auf große Unannehmlichkei⸗
ten gefaßt machen, und Sie werden ſchließlich bedauern, dem
Armee⸗Oberkommando im Intereſſe des Aerars zur gekochten
Waare ftatt ber gebleichten gerathen zu haben.“
Vorſitzender: „Es ift fchon erwähnt worden, daß Hell-
mann 4 fr. per Stüd wegen des Wegfallens der Bleiche nachs
lafjen mußte. Hat ſich Hellmann diefes gefallen Taffen?«
Krumbholz. „Hellmann hat und die 4 fr. gut ge
fehrieben. Er hat früher fehr bedauert daß er die Waare in der
Weiße zurichten laſſen müffe, wie fie von uns geliefert wurde,
und daß er einen größeren Betrag als der fpätere Nachlaß das
für zahlen mußte. Wie groß diefer Betrag gemwefen, weiß ich
felbft nicht. «
Borfigender: „Der Gewinn, welcher durch das Weg⸗
laſſen Der Bleiche erzielt wurde, iſt im Ganzen auf 2563 fl.
61 Er. angegeben. *«
Richter: »Ich erkenne dieß bloß rücſichtlich der Waare
des Hellmann an, im Uebrigen aber nicht.«
Vorſitzender: »Jetzt kommen wir auf den Umitand der
Veränderung bed Garnnummers. Es iſt richtig, daß Nr. 18
teurer ift als Ni. 16, und man deßhalb glauben könnte, daß
Sie einen Nachtheil hatten, wenn Sie ftatt billigerem Garne
theueres verwendeten, aber es ift durch Sahuerkiiitigg sion:
v
154.
ben, daß diefe Mehrauslage geringer tft, als das Erſparniß an
Garn ausmacht.“
Richter: »Ich habe mich weder in einem Vertrag, noch
im Geſpräch zur Anwendung von 16 Garn als Schuß bei
den Stofflieferungen verpflichtet. Jum Beweiſe, daß ich nur
auf Anwendung von 18 Schuß gerechnet hatte, führe ich Fol⸗
gendes an:
»Aus dem Briefe des Krumbholz iſt zu erſehen, daß die
Anfertigung von Probeſtücken mit 15 Fäden Kette Nr. 18 und
16 Fäden Schuß Nr. 20 erfolgte. _
| »Diefe Stüde, welche ®/, breit waren, wurben bei Ge⸗
legenheit bes Hellmann’fcen Offertes dem Armee-Ober-
kommando vorgelegt und auf dieſe Stücke iſt der Abſchluß
erfolgt.
»Darauf fragte Krumbholz an, ob ed nicht zweckmaͤßiger
wäre, ſtatt 16 Faͤden pr.“Qr.-Zoll nur 15 Fäden Nr. 20
zu verwenden. Sch antwortete, ich wäre einverftanden Damit,
aber e8 müſſe flatt 20 18 Schuß verwender werden.
Durch dieſes wurde von mir ein Opfer gebracht. Bon diefer
- fo angefertigten Waare waren die Proben , welche ich dem
hohen Armee » Oberfommando bei meinem großen Offerte
vorlegte.« |
Borfikender: »Geſchah dieß beim eriten Offert?«
Richter: »Ja. Bon dieſer Waare wurden zwei Probe-
ftüde angefertigt und zwar bloß gekocht, gewaſchen und ge-
mangt und keines wurde beanftändet. Das erfte beitand aus
18 Kette und Schuß 15 Fäden pr. '/ Quabrut-Zol, das
andere 15 Fäden Kette Nr. 18 und 16 Fäden Kette Nr. 20
Schuß. «
»Dieſe Stüde wurden im rohen Zujtande 32 Zoll breit ans
gefertigt und es hat fich gezeigt, daß fle nach diefer Manipula⸗
tion bloß 29 Zoll breit waren.“
»&8 eriftiren Webermeifter, welche beitätigen, daß ber
Schwund 3 Zoll und nicht 2'/, betragen habe. «
»Auf diefe fo erzeugte Waare hat Krumbholz jeine Kal-
fulation geſchickt, welche mir bei der Preisberechnung als
Grundlage dienen follte. Diefe liegt ebenfalls bei den Akten
und es iſt nachgewieſen, daß zur Anfertigung von 60 Ellen
Gtoff 15 Foͤden 18, 16 Fäden Nr. 20, 7°/,, Pe. Kette und
155
7Pf.⸗Schuß, trotzdem, baß ein Faden weniger ift, : erfor-
dere. Diefe Koften betragen 12 fl. 36 fr. per Stüd toben
Stoffed.*
»Dazu kommen noch die durch die Balutaverfchlech-
terung erhöhten Garnpreiſe bei der Kette 2'/,, beim Schuß
7, t.*
Borfisender: „Warum iſt da ein Unterſchied?“
Richter: „Weil am Tage der Kalkulation London 135
und am Tage meiner Bertigung 145 fand. Durch diefe Erhoͤ⸗
hung des Sarnpreifes, der Bleichkojten, Stempel, Webergabs-
provifionen ꝛc. erhöhten fich die Erzeugungsfoften pr. Stüd auf
13 fl. 57 kr, Den Subfontrabenten bemilligte ich einen Weber-
gewinn von 75 fa. per Stüd, fo daß fich die Erzeugungskoften
auf 14 fl. 33 fr. per Stüd ftellten. Der Erlös betrug per
Stüäd 15 fl. 15 fr., fo daß bei einem Stüd nur 81 fr. als
Ueberfchuß verblieben.“ _
Vorſitzender: „Welches Datım trägt die von Krumb-
holz eingefendete Kalkulation ?«
Richter: »Den des 17. Mai.“«
Vorſitzender: „Darauf bemerfte ich, daß ein ſpäterer
Brief über denfelben Punft eine andere Auslegung geilatte.
In biefen Briefe heißt es:
„Es läßt fich ein Gewinn bei der Erzeugung berftellen,
zumal e8 angehen wird, daß jtatt 16 Schuß 18 verwendet
wird. Es wird nicht fchwer werden, mit 13 fr. die betreffenden
Abſchlüſſe zu machen, da die Waare nur gekocht, und ftatt 16
18 Schuß gebraucht werden barf.«
Richter: »Es wurde fein beitimmter Auftrag gegeben,
und ich habe mich nie verpflichtet, Stoffe. von Garn Nr. 16
zu liefern. « |
Vorſitzender: »Sie haben fich aber verpflichtet, voll:
fommen nach vorgelegtem Muſter zu liefern, und biefes Mu:
ſter war 18 Kette und 16 Schuß.«
Richter: „Ich konnte Fein anderes Nummer verwenden,
und glaube, daß es nicht ficher fteht, ob in den Schroll’fchen.
Muftern Garn Nr. 18 oder 16 war.«
Borfigender: »Ich glaube wicht, doh Semant \m
Stande war, Ihnen bei ber Berlefung der galten N —X
156
gen. Der Befund der Sachverftänbigen wird nachweiſen ,ob
fie richtig iſt.“
»Sie ſagten wiederholt, daß weder dag Wegfallen der
Bleiche, noch die Veränderung des Garnnummers für Sie ein
Bortheil war; dagegen heißt e8 in den ſchon vorgelefenen Brie⸗
fen, daß fich die Wanre mit Gewinn für den Erzeuger werde
herſtellen Iaffen, zumal e8 künftig angehen wird , ftatt Garn
Nr. 16 folches Ar. 18. zu verwenden. Mie tönnen Sie dieſen
Widerſpruch aufklaͤren ?«
Richter: „Die Briefe find gefchriehen, um ſie nöthigen-
falls den Kontrahenten zu zeigen, und ich babe deßhalb die
Sache günjtiger dargeftellt, als fe wirklich gewefen ift.« .:
Borfigender: »Welchen Zwed hatten Die Briefe
Krumbholz's an Sie?« . .
Richter: „Sie waren nur bejtimmt, jeine Anfichten. mir
mitzutheilen. «
Vorſitzender: »Es kommt aber ein Brief an Krumb-
holz vom 10. Juni zu verlefen, da heißt ed: »Beſſer wird es
geben, wenn nur 18 Schuß genommen wirb.« Was foll das
heißen: „beſſer wird es gehen«?«
Nichter: „»Krumbholz macht mich damit auf Dieje
Veränderung aufmerkſam und ſpricht feine Billigung derſelben
durch die Worte aus, daß es beſſer gehen wird.“
„Krumbbolg hat meine Kalkulation, auf Grund wel;
her ich den Preis berechnete, nicht gekannt. Webrigens wurde
mir die Anwendung von 18 Schuß geitattet.«e
Borfigender: »Wodurc wurde Ihnen dieſes geftattet?*
Richter: »Durch die Annahme der Proben, welche ich
dem Armee-Oberlommando vorlegte.« |
Es wird num ber Brief bes Richter an Krumbholz
geleſen, in welchen es heißt: |
Schroll's Waaren finden bisher den größten Beifall;
dazu trägt bie fchöhe Appretur, die exakte Weberei und ber
Umftand bei, daß ftatt 18 Schuß 16 verwendet wurde.
Mir werben dieſes allgemein machen muͤſſen, da dazu die Ver⸗
ringerung der Breite Gelegenheit gibt.
Richter: »Die Bemerkung über die Schroll'ſche Wanre
bezieht fich auf die 250.000 Ellen Leindwandftoffe. Wenn bie
Maatct, welche: ich mit 13 Schuß geliefert habe, von ver Mov.
157
turstommiftion nicht mufterhaltig befunden worden wäre, hätte
ih mich entfchließen können, ebenfalls 16 Schuß zu ver⸗
wenden.“
Vorſitzender: „Wie die Subkontrahenten die Verände⸗
rung des Garnnummer aufgefaßt und wie Ihnen dieſe Veraͤn⸗
derung genützt hat, darüber liegen die Belege vor, und die
Anklage berechnet den Gewinn auf 15.600 fl.« Ä
Michter: „Ich bitte mir nur einen Augenblid einen Gin⸗
blid in bie bießfällige Berechnung zu geftatten.«
Es wird dem Richter Diefe Berechnung zur Einficht gege⸗
ben und er erklärt nach genommener Einficht: »Diefe Berechs
nung ift nicht richtig. *
Vorſitzender: „Sagen Sie mir, worin beftanben bie
bei ber Lieferung erhobenen Anftände und wodurch wurden fie
befeitigt?«
Richter: »Ich fann wenig barüber fagen. Als ich im
September in Prag war, fagte mir ber Herr Oberftlieutenant
Uhl, daß die gelieferten Stoffe mit ben Proben nicht überein»
zuftimmen fcheinen. Ich erfuchte ihn, mir ein Stüd von ben
gelieferten Waaren abzufchneiden unb mit feinem Siegel ver:
ſehen zu übergeben, damit ich basfelbe dem hoben Armer-
Oberkommando mit ber Bitte vorlegen könne, die Waare in
biefer Qualität liefern zu dürfen, ba biefelbe Qualität in -
Stoderan und Brünn anftandslos angenommen wurde. Ich
nahm dieſe Probe und Iegte fie meiner Eingabe bei. Ich glaube,
es war zur Zeit ber Abreife des Baron Eynatten. Es find dieſe
Stüuͤcke aud bier, und bie Sachverftändigen werben in ber
Lage fein, diefe Angelegenheit aufzuflären.*
Vorſitzender: „Es feheint, Daß, als die Zeit ber Liefe⸗
sung herannahte, Sie ſchon Beſorgniſſe geäußert haben, daß
die Lieferung nicht anſtandslos vorſichgehen würde. Darauf
deutet Folgendes hin. Es iſt nämlich ein Brief vom 11. Auguſt
des Krumbholz da, in welchem eine Stelle lautet:
»Schroll's Muſter chat, wie alle feine andern Artikel,
eine ausgezeichnete Appretur, unb es mar gefehlt, daß Sie
S chroll’iche Waaren als Muſter benützten.“
Richter: „Das tft nicht Schroll's Rohe odood ww
bern bie. meinige. +
Ar
158
WVorſitzender: „Die Benierfung, daß ein minder gutes
Mufter zu hinterlegen geweſen wäre, iſt ſehr verfänglich.< <
Richter: »Es war ja mein Mufter.«
Vorſitzender: „Sa, einmal jpäter haben ©ie pre
Mufter vorgelegt, wir reden aber vom Beginne der kleferungs⸗
verhandlung.“
Richter: »Ich habe am 14. Juni meine Probe vorge⸗
legt, und das iſt eine Bemerkung, die Krumbholz im Auguſt
machte.“
Krumbholz: „Ich muß bemerfen, daß Schroll's Mu-
Her gebleicht waren. «
Präfident: „Ein weiterer Brief ifi der vom 16. Sep:
tember, mo e8 heißt: »Die Mebernahme derfelben erfolgt an-
fangs künftiger Woche und ich bin auf das Reſultat außeror-
dentlich gefpannt. Nach Erhalt diefes Briefes find Sie nach
Prag gereift.«
.. Richter: »Ich bin am 23. September nach Prag ge:
fahren, aber nicht direfte, und kam erft am 5. Oktober
dort an.« -
| Eine vorgelefene Stelle des Briefes Krumbholz’ an
Bayer, ddo. 26. September, läßt fich über die Schwierigfeiten
aus, die man bei der Ablieferung in Prag hatte. In diefem Briefe
kommt auch der Ausdrud »liberal« vor, was dem Bräfidenten.
Anlaß gibt zu fragen, was Richter unter diefem Worte vere
standen, worauf Lebterer bemerkt, daß diefes Wort ein bloßer
faufmännifcher Ausdruck jei.
. Sn einer Stelle des Briefe Richter’d an Krumbholz
kommt der Nachfag vor: „Wenn fih wegen geringerer Faden⸗
zahl ein Anſtand erheben ſollte, ſo berichten Sie mir es und
ih werde Aenderungen vornehmen laſſen.“
Vorſitzender: „Was hat dieß zu bedeuten?«
‚Richter: „Die Fadenzahl war bei der fpäteren Lieferung
‚geringer, ich kann nicht jedes Wort auf die Wagfchale legen. «
Vorſitze nder: »Es liegt ein Brief vom 29. September
son Krumbholz an Richter vor, wo es heißt:
»Indeſſen wird nichts übrig bleiben, als daß noch wegen
der geringeren Fadenzahl Aenderungen im Muſter veranlaßt
werden. Ich lege übrigens dem Oberſtlieutenaut Waare zur
159
Einficht vor, zweifle aber fehr, daß fle für gut befunden wer:
ben wird. «
»Dann fehreiben Sie in einem Briefe von 30. Sep:
tember: .
Sie werben für die anftandslofe nebernahme der Waare
ſchon Sorge tragen.“
Richter: „Weil ich überzengt war, daß ich nach Prag
befjere Qualitäten geſchickt Habe, und vorausfah, daß die Waas
ren jedenfalls werden’ genommen werden.«
Hierauf wird bie Eingabe Richter’ an das Armee⸗Ober⸗
fommando vorgelefen, in welcher Richter anfucht, »das hohe
ArmeesÖberfommando möge eine Prüfung der in Pray nicht
angenommenen MWaaren, von welchen er eine Probe vorlegt,
veranlaffen,« dann kommen die Berichte der Stoderauer Mon-
turs⸗Hauptkommiſſion, die jene Stoffe zur Prüfung übernahm,
an die Reihe, welche jich dahin ausiprechen, »daß Die der
Prüfung vorgelegten Stücke ihren Urſprung aus verfchiedenen
Fabriken haben, und daß die Differenz der zu prüfenden Stoffe
mit dem Mujter nur darin beftehe, daß das PBrobemufter ftär-
fer gemangt und die Zwiſchenräume mehr ausgefüllt find, als
bei weniger gemangten Stoffen, und daß jie im Gewicht ziem—
lich gleich feien.«
Richter bemerkt auf die Prüfung felber feinen Einfluß
genommen zu haben.
Vorſitzender: „Esdrängtfich hier die Anfichtauf, Daß Das
Reſultat Diefer Prüfung in die Kategorie der übrigen Begünſti⸗
gungen gehoͤre.“
Richter: »Das war keine Begünſtigung, ich habe die
Erledigung ihrem Schickſale überlaſſen.“
Vorſitzender: „Wollen Sie mir erklären, wie es mög-
lich ift, eine Anzahl von Fäden wegzunehmen, ohne die Qua⸗
lität zu beeinträchtigen ?«
Richter. »&8 find nur fo viele Fäden, als die herzu⸗
itellende geringere Breite zuließ, weggenommen worden. Diefes
bat aber die Waare nicht verfchlechtert. «
Vorſitzender: „Bei Ihrer Waare war nicht nur die
Breite von 31 Zoll auf 30 Zoll verringert, Tonbern ed waren
überdieß auf jebem Quadratzoll weniger Täden enagtilt.e
160
Richter: »Ich glaube, daß .die Hädenanzahl nicht..ims
mer ber richtige Werthmeſſer ift.« |
Vorſitzender: „Sie fagten, es fomme hauptfächlich
auf das Gewicht der Waare an. Sch meine nun, daß die An—
zahl und Stärfe ber einzelnen Fäden das michfigfte Moment
für dieſe Qualität des Stoffes fei.«
Richter: »Ich berufe mich auf meine früheren Aeuße⸗
rungen, und außerdem auf das Gutachten des Herrn Oberſt⸗
lieutenants Uhl, welcher gleichfalls ſagt, daß ein Faden mehr
oder weniger auf die Qualität des Stoffes keinen Einfluß
habe.“
Vorſitzender: »Ich glaube, daß die Berufung auf
Uhl nicht zu Ihren Gunſten ausfallen dürfte, da er ſelbſt Ihre
Waare als nicht muſtermäßig bezeichnete. Auch glaube ich,
ohne dem Urtheile des Uhl nahe treten zu wollen, daß das
Gutachten der Weber aus Wien ein maßgebenderes fein dürfte,
weil dieſe Sachkundige ſind. In deren Gutachten kömmt nun
vor: daß Zahl und Stärke der Fäden immer zur Qualität der
Maare beitrage. Damit ſtimmt auch das überein, was Hell⸗
mann in ſeinem Briefe ſchreibt, daß eine geringere Einſtellung
von Fäden der Qualität Abbruch thue.«
Richter: »Ich muß mich dem Urtheile von Sachver⸗
ſtändigen wohl fügen, allein ich bemerke, daß von einem ein-
zelnen Stüde kaum ein Schluß auf eine ganze Lieferung ven
50,000 Stüden gemacht werden fünne.«
Staatsanwalt: »Ich erfuche um Aufklärung, wie es
möglich ft, aus bem Stoffe eine Anzahl Fäden wegzuneh⸗
men, ohne daß dadurch die Qualität des Stoffes geäns
gert wird. Ich bitte mich barüber zn informiren.«
Richter: »Ich bitte anzunehmen, ber Stoff habe bie
Breite Ihres Tifches (auf den Tifch des Staatsanwalt zeis
gend). Will man nun von der Tifchbreite einen Zol abnehmen,
fo entfällt die Badenabnahme nur auf biefen einen ZoN,
bie übrige Zahl der Fäden bleibt auf der ganzen Breite un⸗
verändert.* F
Staatsanwalt: »Wenn dieſer Zoll wegfällt, fo ſollte
alſo das übrige Stück die gleiche Beſchaffenheit behalten,
das war aber bei der von Ihnen gelieferten Wagre nicht
der Fal. J | |
161
Richter: „Das fanıı nicht fein, weil dieß eine Aende-
rung der Blätter und Zeuge nothwendig gemacht hätte. Die
Weber werden bezeugen, daß dieß eine technifche Unmöglich«
feit iſt. Es jteht mir nicht zu, einen Zeugen aufzurufen , aber
es fißt bier unter den Säiten ein Mann, der gewiß meine Auf:
Härung beftätigen dürfte. «
Staatsanwalt: »Was hatten Sie vun Eynatten
erfahren, daß Sie auf die Meinung gebracht wurden, Ihr Ge-
ſuch jei bereits bewilligt?
Richter: „Er fagte nur, ich werde es erledigen und ich
bezog diefes auf den mir zugekommenen Auftrag. «
Staatsanwalt: „Bei ©elegenheit, als Sie um eine
Terminerftredung auf zwei Monate anfuchten, it Ihnen dieſe
nicht gewährt worden; es fcheint alfo, dag nicht alle Erledis
gungen günjtig ausfallen mußten. «
Richter: „Ich wiederhole,, daß ich jenen Ausdrud auf
jenen Auftrag bezog. *
Vertreter Des Aerars: »Es ift durch Sachverſtändige
jeftgeftellt worden, daß Herr Richter bedeutende Gewinnſte
durch die Sublieferanten erzielte. «
»Ich frage Sie nun, koͤnnen dieſe von Ihnen aneı-
kaunten Oewinnftbeträge dem hohen Aerar als Grundlage eines
Schadenerſatzes dienen?«
Richter: „Ich erkläre, daß ich bereit bin, dieſen Betrag
zu erjeßen, zumal dieſes jelbit meine Abficht gewejen war.«
Vorſitzender: »Es iit von Landes Generalfommando
in Wien eine Abfchrift des Grlaffes des Armee-Oberfommandog
vom 25. Juni hier vorgelegt, worin angefucht wird, auf einen
Schadenerſatz Bedacht zu nehmen. Da das Aerar benachtheiligt
worden ift, fo feheint e8 auch zu einer Entfchädigungsforderung
berechtigt.«
Richter: »Ich bitte meine Antwort aus dem Verhörs-
protofolle vorlefen zu wollen, in welchem der von mir ange-
gebene Gewinn ſelbſt auf 10.000 fl. beziffert wurde, während
die Sachverftändigen bdenfelben auf 7000 fl. angegeben; ich
erfläre mich bereit zur Vergütung, obwohl mein Nutzen fich
dadurch gewaltig reduzirt.«
Es wird dieſe Stelle aus dem Verhörsprototule Higirra
„borgelefen, welche fo lautet, wie Richter eben angab.
162
Dr. Berger: „War bei dem Armee-Oberlommando bei
dem Bertragsabfchluß davon die Rede, welches Gewicht die
Waare pr. Stück haben ſolle und wie groß die Fadenzahl
fein follte?«
Richter: »Davon war nie die Rede.“ Ä
Dr. Berger: „Wurden Ihre oder die Schroll’fchen
Mufterftüde gewogen?
- Nichter: „Meines Willens war weder das Eine noch
das Andere der Fall.«
Dr. Berger: „Wurden die Mujter mittelſt der Lupe
unterſucht?“
Richter: „In meiner Auweſenheit nicht.“
Hier wurde die Sitzung unterbrochen und anf den näch—
nen Tag (Donnerftag den 8. November) verichobent.
Donnerftag den 8. wurde die Verhandlung nicht fortge:
ſetzt. Der Herr Borfigende, Bicepräfident Schwarz, wurde
nämlich Mittwoch Nachts von einen plößlichen Unwohlſein
befallen, und die Schlußverhandlung mußte Daher auf eine
Moche vertagt werben. Landesgerichtsrath Winter, der erfte
Votant unter den im Prozeſſe Richter fungirenden Räthen,
erhielt Die Akten zur Durchficht, um nöthigenfalls zur Fortführung
ber Verhandlung vorbereitet zu jein.
Die feit dem 8. November vertagte Schlußverhanblung
wurbe Montag den 19. d. M. wieder aufgenommen. Die Zubörers
räume waren auch Diesmal ſchon vor Beginn ber Verhandlung
ganz gefüllt. Kurz vor halb 10 Uhr trat der Gerichtshof ein.
Landesgerichtsrath Winter nahm den Pla bed. Vorfitenden,
und neben ihm nahmen ſechs Nichter ihre Pläbe ein, da für
bie fernere Verhandlung zwei neue Ergänzungsrichter eingetres
ten find, nämlich Landesgerichtsrath Droz und Landesgerichs-
Adjunkt Banftingel.
Der Borfigende befragt die drei Angeklagten ‚ob fie
bamit einveritanden find, daß, ftatt die Schlußverhandlung
noch einmal vom Anfang zu beginnen, die Reafjumtion derfelben
durch Berlefung des Protokolls über die drei bereits jtattgehabten
Sißungen erfolge. Die Angeklagten erklärten fich Damit einver-
ftanden und Richter fügte noch hinzu, er fei mit jeder Anordnung.
bes Gerichtähofes zufrieden, welche auf Befchleunigung des Vers
fahrens abziele; desgleichen erklärten der Staatsanwalt Lien-
bacher, fo wie die Vertheidiger Dr. Berger und Dr. Wies
dDenfeld, zu diefer Anordnung ihre Zuſtimmung. Griterer
mit dem Borbehalt, ihm etwa nöthig erfcheinende Bemer⸗
tungen zum Protokoll geben zu dürfen. Der Borfigende
geiteht Dieß zu, und nach Entlafjung des Angellagten Bayer,
ber noch nicht betheiligt erfcheint, beginnt die Berlefung des
fehr ausjührlichen Protokolls durch den Gerichtsſchreiber.
Während der Berlefung bes Protokolls machte Dr. Ber⸗
ger dem Herrn Vorfitenden eine leife gefprochene Mittheilung.
Vorſitzender: Ich habe die Mittheilung erhalten, daß
ein Zeuge hier anmwejend iſt. Ich will ihn nicht nennen, muß
aber erfuchen, daß jene Perfonen, welche als Zeugen vorgelas
den find, fich entfernen mögen. — Im Zuhörerraum entitand
hierauf eine fih hörbar machende Unruhe.
\2
164.
Borfibender: Sch muB die Herren erjuchen, fich vor
Gericht mit gehörigem Anſtande zu benehmen. Der Herr Ver⸗
theidiger hat mir einen gewiſſen Frankl namhaft gemacht.
Ich kenne ihn nicht; er möge fich entfernen. (Es entfernt ſich
Niemand.)
Dr. Berger. Ich kann mich-auch getäufcht haben.
Die Verlefung des Protofolles nahm denganzen Vormittag
in Anfpruch; ſie endete ext gegen '/ 1 Uhr. Hierauf wurde
Krumbholz hereingeführt. Richter benützt dieſe Pauſe zu fols
genden Worten: „Sch babe nur die einzige Bitte an den
hohen Gerichtshof zu fiellen, die von Wefenheit ift, nämlich
den Herrn Direktor Schiff, der ohnehin als Zeuge vernom-
men werden. wird, zu fragen, ob ich ihm nicht den Namen
Eynatten als Auftraggeber bei den 25 Stück Nordbahn Aktien
genannt habe; mir ift es erinnerlich,al& hätte ich es ihm gefagt.
Für den Fall, Hoher Gerichtshof, als die Trage der Reduk⸗
tion vielleicht durch das, was bisher geicheben, nicht [yon erle⸗
digt wäre, würde ich mir erlauben, nur betreffs des Verhält-
niſſes zu Abeles Einiges zu fprechen.*
Vorfigender: Diefer Gegenftand iſt ſchon erichöpft.
Der Staatsanwalt Eonftatirt Die Thatfache, daß Richter
erwähnt, er wiſſe fich nicht zu erinnern, ob Bayer ein 40 oder
100 fl. 208 gemeint, und daß der Irrthum der Berechnung
des Gewinnes von 77.000 fl. Richter felbft zuzuichreiben
wäre.
Auf die Frage des Vorfißenden erklärt ber Vertreter des
Aerars, er habe nichts zu erwähnen.
Dr. Berger: Ich babe zunächft gegen bie Faſſung bes
mit feltener Bollitändigkfeit und mufterhafter Genauigkeit ges
führten Protokolls zwei kleine nebenfächliche Bemerkungen vor⸗
zubringen. Im Protokolle bezüglich der Zahlungseinftellung
Richter's im Jahre 1847 wurde gelefen: »„damit fich nicht
einzelne Gläubiger auf die Fabrik etabliren,« wenn ichrichtig
gehört, foll es heißen »„pränotiren.«
»Eine zweite Bemerkung betrifft einen Irrthum in jenem
Paſſus, wo die Berechnung bezüglich des Erſatzes des Markus
Kaufmann vorkommt. Nebit diefen Bemerkungen babe ich.
noch einen Antrag zu ftellen. Selbftverftändlich bilden alle vor⸗
gelefenen Aftenjtüde einen integrirenden Beftandtheil des Pro⸗
165
tokolls, und wenn beren Inhalt im Protokolle nicht wörtlich res
probugirt wird, ift ed darum, weil Die einfache Beziehung auf
die ohnehin in den Unterfuchungsakten vorliegenden Aktenſtücke
genügt, um ben Inhalt erfichtlich zu machen. Allein nachdem
Der hohe Gerichtshof neu zufammengefeßt iſt, ericheint es. ber
Vertheidigung nicht gleichgiltig, Daß von der Anführung des
Inhaltes ganz abgegangen wurde, und man fich lediglich auf
Die Beziehung im Protokolle beſchraͤnkte. Es fällt mir num nicht
etwa ein, den Antrag zu ftellen, alle vorgelefenen Aktenſtücke
nochmals Iefen zu laſſen, felbft auf die fofort betonten werde ich den
Herrn Vorfigenden bitten nicht augenblidtich, fondern nur an
Der geeigneten Stelle, welche fich vorausfichtlich bei der noch
Tange dauernden Verhandlung ergeben wird, Nüdficht zu neh⸗
en. (Er macht die betreffenden Aktenſtücke nambaft.)
Dr. Wiedenfeld beantragt Aehnliches.
Borfitender: Ich fehe mich veranlaßt, einige Schrift«
ftüde, welche in der Zwijchenzeit dem Präfidenten zugefonmen
find, fowohl dem Gerichtshofe ald dem Staatsanwalt und
dem Angeklagten zur Kenntniß zu bringen, u. 3. erwähne ich
Hor Allem eine Angabe des Freiheren von Brentano. Diefe
lautet :
„Löbliches Präfidium des k. k. Landesgerichtes in Wien !
„Die in den Wiener Zeitungsblättern vom 5. d. M. vers
öffentlichte Anklagefchrift gegen Herrn F. Richter enthält in
Betreff desjenigen Gegenſtandes, über welchen ich bei der Vor⸗
aunterfuchung mich zu äußern berufen worden bin, nämlich über
den Eins und Verkauf der Wechjel auf London im beiläufigen
Betrage von 20.000 Pd. St., eine Darjtellung, welche nad
meiner Auffaffung mir die Pflicht auferlegt, darüber einige Be-
merkungen zu machen. Ich hoffte bald in dem alle zu fein,
dieß bei der Schlußverhandlung mündlich thun zu koͤnnen, boch
die bedauerliche Unterbrechung, welche in der Verhandlung ein-
getreten ijt, und bei der Möglichkeit, daß ich in dem Augen»
blide, wo fpäter mein Zeugniß gewünfcht werden wird, zu
erfcheinen verhindert fein könnte, fühle ich mich gebrungen, nicht
länger zu ſäumen, über den obgebachten Theil nachftehende Er⸗
kaͤrung schriftlich bei dem Löblichen Präfibiun des f. k. Landes⸗
gerichtes niederzulegen. — Der betreffende Paſſus lautet so
dem mir vorliegenden Berichte: » Die Brüfung vieler Run
Wꝛ
166
(über den Eins und Verkauf ausländifcher Valuten) beſteht
nad) ben eidlichen Ausfagen bes k. k. Minifterinlrathes Freih.
Yon Brentano, Referenten in biefer Angelegenheit, in Fol⸗
gendem: Baron Brud babe ihm, der von der Sache gar feine
Kenntniß hatte, die Aufklärung gegeben, ex habe, als bezüglich
der Baluta zum Zwillichgefchäfte fein Rath erbeten wurde, fich
dafür ausgefprochen, daß für einen Theil des voraugfichtlichen
Kaufpreifes Wechiel auf das Ausland im Voraus angefchafft
werden follen. Nachdem auch noch der Kurs jenes Tages, an
welchem die Belaftung der Rechnung der Kreditanftalt ftattfand,
angejehen und richtig befunden wurde, warb auch bie Forde⸗
zung für begründet gehalten; den Tag des Geſchäftsabſchluſſes
felbit habe ihm Baron Bruck nicht gefagt.«
»Es war erit in der Zeit zwifchen Oftober und Dezember
1859, daß ich von biefer das Finanzminifterium unmittelbar
nichts angehenden Operation Kenntniß zu nehmen veranlapt
wurde. Die Erinnerung bes Binanzminifterd ließ Eeinen Zwei⸗
felan der THatfachejelbft, es war eben wohl begreiflich, zumal wenn
der Drang der Ereigniffe berüdfichtigt wird, daß fein Gebächts
niß das genaue Datum, an welchem er feine Wohlmeinung für
die Operation ausgefprochen hat, nicht feftgehalten hatte. Da
jedoch, mie e8 in der Anklage konftatirt ift, ber mit dem Zwilch⸗
einfauf betraute Agent am 6. Juli von Wien abreifte, und am
7. Suli bie öfterreichifch sfächfifche ©renze paffirte, und da man
annehmen muß, daß die Befchlüffe über die ihm anvertraute
Operation, fo wie über ben Einkauf von Wechfeln auf das
Ausland zur Bezahlung der Zwilliche der Abreife vorausgegans
gen feien, fo betrachte ich diefes als einen weſentlichen Grund
dafür, daß ber Einkauf und die Zufage der Werhfel zum Tas
geskurſe nicht Später als am flebenten Juli ftattgefunden ha⸗
ben follte, und finde meine früheren Aeußerungen in dieſem
Sinne zu ergänzen. — Daß nicht nur, wie die Anklage jagt,
ber Kurs jenes Tages, an welchem die Belaffung ftattfand,
eingefehen und richtig befunden wurde, fondern daß auch die an
verſchiedenen Tagen erfolgten Verkäufe mit ben amtlichen
Kuröblättern verglichen und die Berechnung ber Poſten ge-
prüft wurde, ift durch die Akten konſtatirt; doch ift bie meitere
Aeußerung in ber Anklage: „Eine andere Prüfung als befon-
ders Die ber Börfentableaur, der Korreſpondenz und. der Bücher
167
der Krebitanftalt fand nicht ftatt« eine folche, welche mir dazu
geeignet ſcheint, den Eindruck zu erzeugen, entweder daß ich in
meiner früheren Erklärung es hervorgehoben und Gewicht dar⸗
auf gelegt hätte, daß eine Unterfuchung dieſer Art nicht ftattges
funden hat, oder daß von Seite der Anlage die Unterlaffung
einer folchen Unterfuchung von Gewicht erachtet werde. Meine
Ausfage Liegt mir nicht vor, ich Taufe jedoch nicht die Gefahr,
mit derjelben in Widerfpruch zu gerathen, wenn ich erkläre, bag
fie die erftere Deutung nicht rechtfertigen fan. Die zweite Deu-
tung aber würde eine, wie mir fcheint, irrige Auffaffung ber
Stellung bes Finanzminifteriums vorausſetzen, welches nicht
dazu berufen ijt, und dem nicht zugemuthet werden kann, daß
es überhaupt berlei Unterfuchungen führe, noch daß es in bie-
fem Falle, wo feine Wohlmeinung über ein Geſchäft zwifchen
dem ?. k. ArmeesOberfommando und der öfterreichifchen Kredit⸗
anftalt für Handel und Gewerbe angefucht würde, die von lek-
teren ausgeftellte Rechnung durch die Unterfuchung ber Bücher
und Papiere der Anftalt Tontrollire. Uebrigens Iautet bie bem
k. 2. Landesgerichte befannte Schlußäußerung bes Baron Brud
auf das Erfuchen des Armee» Oberfommandos .ddo. 23. De-
zember 1859 alfo: „Daß, nach feinem Erachten fein Umſtand
obmwalten bürfte, die in Rede ftehende Forderung der k. k. Kre⸗
ditanſtalt im angefprochenen Betrage von 50,646 fl. 37 fr. als
Tiquid zu ertennen. Daß um den Erfordernifjen eines geregelten
Geſchäftsganges zu entfprechen, der Eins und Verkauf ber
Mechfel dem Armee-Oberfommando durch die Kreditanftalt
hätte feiner Zeit fchriftlich angezeigt werden follen, ift felbftver-
ſtaͤndlich; wäre dieſes gejchehen, jo wäre wohl die Anfrage bes
ArneesOberfommandos unterblieben. Zur Beleuchtung bes
wahren Sachverhaltes der obgebachten Bunfte erlaube ich mir
die ergebenfte Bitte: Das Töbliche Präfidium des f. k. Landes⸗
gerichtes wolle diefe Bemerkungen bei der Wiederaufnahme ber
Schlußverhandlung bekannt geben, und bdiefelben ben Aften
beifügen laſſen.
Wien, 11. November 1860.
Anton Freih. v. Brentano m. P.,
Miniiterialtath.
168
Ferner ijt eine Eingabe von Alois Bibra eingelangt.
Der Präfident verliest auch diefe, und es erhellt daraus, der⸗
jelbe habe in Zeitungen Bayer’3 Angabe gelefen, dag er einem
Major ein »feines« Geſchenk gemacht, ohne daß ein Name ges
namnt fei. Da er im vorigen Jahre ebenfalls bei der Kommifs
fion angeftellt geweſen, fo ſehe er fich veranlaßt zu bitten, man
‚möge unterfuchen, wer diefer Major geweſen.
Noch tft eine dritte Eingabe, erwähnt der Vorſitzende, von
Herrn Heintich Mayer vorhanden, welcher erklärt, daß er aus
ben Zeitungen erfehen, man wolle ihn in Folge feines Schreis
bens bei der Richter'ſchen Schlußverhandlung vernehmen,
und daß er ben hohen Gerichtshof bitte, man möge ihn nun
mehr jeiner Ausſage entheben.
Staatsanwalt: Was die erite Ausjage des Herm v.
Brentano betrifft, fo ift derfelben eine irrige Auffaffung zu
Grunde gelegen; es Ing der Anklage ganz fern, eine Verdaͤch⸗
tigung gegen den Referenten im Minifteriun auszufprechen,
ald ob er ungenau bei der Revifion vorgegangen wäre. Die
Staatsanwaltichaft kontatirt, warum und wie es geſchehen
fonnte, Daß die Rechnung ausgezahlt wurde, obgleich derjelbe
nad) ihrer Anſicht eigentlich auf einem Betrug beruhe. Uebrigens
babe ich angetragen, daß der Zeuge perfönlich zur Schlußvers
handlung vorgeladen werbe. Der h. Gerichtshof bat darauf
den Bejchluß gefaßt, ihn vorzuladen. Nach feiner Eingabe ift
ed nun zweifelhaft, ob er kommen wird oder nicht. ‘Ich ftelle
nun bie Bitte, darauf zu beharren, daß er erjcheine. Es wird
dieß genügend fein, um die Mißverſtändniſſe, die obwalten,
aufzuklären. Was die zweite Eingabe betrifft, fo Tann wegen
der Aufklärung des Umjtandes, daß ein Präſent au einen Mas
jor gegeben wur de, nichts Näheres gefchehen, indem es ſchon
während der Worunterficchung nicht möglich war, diefen Um⸗
ftand zu eruiren.
Mas die dritte Eingabe betrifft, die des Herm Stamiep-
Mayer nämlich, entbunden zu werden von der Abgabe eines
Zeugniffes vor dem löblichen Gerichtähofe, fo muß ich erflären,
daß ich gleich urfprünglich auf das Zeugniß desfelben, obgleid)
er einmal fchon vor bem Unterfuchungsrichter. verhört worden
tit, Fein befonbere8 Gewicht legte, und ihn nicht ald Zeugen
oorlud. Grit im Momente, als die Vertheitigung und ber Ans
169
geflagte felbit Gewicht darauf leten und ſich erboten, zu be⸗
weiſen, daß der Angeklagte billiger als alle Andern geliefert
hätte, erſt dann ſchien mir das Zeugniß von Gewicht, daß
naͤmlich Anbere noch billiger geliefert haben würden. Nun bin
ich mehrfach zur Kenntniß gekemmen, daß der Zeuge in der
Zwiſchenzeit förmlich terroriſirt worden iſt, und daß die Ein⸗
gabe besfelben, welche er dem hohen Gerichtshofe eingereicht
bat, wirklich nur Folge diefes Terrorismus iſt. Ich kann von
meinem Standpunkte und dem Standpunkte des Inſtitutes
ber Deffentlichkeit ber Gerichtsverhandlungen wahrhaft nur
bedauern, wenn biefe Deffentlichkeit zu ſolchem Wißbrauche führt.
Nach unjerer Strafprozeßorbnung hängt es vorzugsmeife von
bem Ermeffen des Vorfibenden ab, ob eine Verhandlung öffent⸗
lich fein fol oder nicht. Wie viel im Intereſſe der Oeffentlichkeit
ber Verhandlungen bereits geſchehen ift, beweist ber Ans
Drang des großen Publitums, welches fich täglich bei dieſen
Berhandlungen verfammelt: Mit Freude regiftriren wir jeden
guten Erfolg der Deffentlichkeit, und find ftolz darauf, jagen zu
Lönnen, biefelbe bringt gute Früchte. Um fo bebauerlicher
ift e8 auch fchlechte Erfolge vegiftriven zu müflen; wenn Zeus
gen, welche berufen wurden, um Zeugniffe abzulegen, durch
Umtriebe, Beichimpfungen und Beichuldigungen, wie fie fos
gar in öffentlichen Blättern vorfommen, abgefchredt werden,
vor biefem hohen Gerichtshofe Zeugniß abzulegen. Wie dem
immer fei, gewiß ift es, daß terrorifirte Zeugen nicht mehr
unbefangen und glaubwürdig erjcheinen. Deßhalb verzichte ih
auf das Zeugniß des Herrn Mayer.
. Dr. Berger: Was zuerjt: die Eingabe des Minifterial
raths Freiherrn von Brentano betrifft, ſo finde ich dasjenige,
was in ihr niedergelegt iſt, im weſentlichen Einklange mit der
Ausiage besfelben Zeugen in ber Borunterfuchung, und ber
bervorgehobene Mißflang ſcheint mir nur dadurch bervorges
bracht worden zu jeim, daß eben bie gebrudte Anflagefchrift,
welche auch in die öffentlichen Blätter übergegangen tft, bie Aus⸗
fage des Freiherrn von Brentano nicht genau nach den Alten
reprobucirt hat. Indeſſen ift dieß fein Gegenftand, worauf jetzt
näher einzugehen wäre. Sch fchließe mich baber ber Staatäbe-
Hörde an, indem mir bas Erfcheinen bes Freiheren von Bren⸗
tan um fo wünfchenswerther iſt, nachdem ver VaTyRF
172
Heinrich Mayer — an biefem Zeugen liegt mir wahrlich ſehr
wenig — aber ich kann nicht zugeben, baß er aus denjenigen
Gründen nicht vorgeladen werde, welche bie Shaatsbehörbe ans
geführt hat.“
Der Vorfigende erflärt nach Beendigung dieſes Vortrages,
daß er die Verhandlung wegen vorgefihrittener Zeit (zwei Uhr)
für heute aufheben müfle, und daß er die Befchlußfaffung in
ber nächften Sitzung befannt geben werde.
(Situng vom 20. November.)
Um halb zehn Uhr erfchien der Gerichtshof, und der Vor⸗
fitenbe besfelben machte folgende Mittheilung: »Bezüglich ber
geftern von Seite der Staatsanwaltſchaft und ber Verteidigung
geftellten Anträge, Die Bernehmung bed Zeugen Brentano bes
treffend, wurde die Borfehrung getroffen, daß derjelbe heute von
ber Nothwendigkeit feines perfönlichen Erſcheinens verjtändigt
werbe, und daß, in fofern berfelbe nicht den Tag jeiner Vor⸗
ladung, naͤmlich Montag, zubalten könnte, er einen beftimms
ten Tag angeben möge, an welchem feine Vernehmung vorzu⸗
nehmen jein wird.*
Betreffs ber zeiten Angelegenheit, nämlich der Zuſchrift
bes Majors Bibrn, hat es fich ber Gerichtshof vorbehalten,
bis zur Vernehmung des Angeklagten Bayer ſich darüber aus⸗
zufprechen; und rüdfichtlich den Vorladung bes Zeugen Mayer
hat der Gerichtshof ben VBefchluß gefaßt, daß van biejer Ver-
nehmung Umgang genommen werbe, da die perföuliche Vorla⸗
dung Mayer’s nicht nothwendig erſcheint, und ſowohl die
Staatsanwaltſchaft als auch die Vertheidigung im Weſentlichen
ſeine perſoͤnliche Anweſenheit nicht wünſche, die Ausſage
Mayer’s auch überhaupt nicht beſonders erheblich erſcheint, und
auf den früher eingelangten Brief desſelben feine Rüuckficht
genommen wird.
Der Vorſitzende beginnt das Verhoͤr mit dem Angeklagten
Richter, indem er an denſelben mehrere Fragen richtet, welche
fich auf den Befitzſtand bes Angeklagten beziehen und bereits
bei der früheren Vernehmung erörtert wurben.
In Folge dieſer Fragen erflärt Richter bie Art und
iſe, wie er in ben Brfigftand feiner MWebereien in Smichow
ihischgrund gekommen fei.
171
in Journal⸗Artikeln: Geinrih Mayer hat nun dasſelbe Ge⸗
biet zu feiner Vertheidigung. In der Preffe angegriffen, konute
ex in der Preſſe guigegnen. Der Terrorismus, der gegen Hein⸗
rih Mayer ausgeübt worden fein fol, liegt nicht bewiefen
vor; wenn er aber ausgeübt worden wäre, fo iſt gerade ber
Gerichtsſaal, ift der Gerichtshof ein Afyl gegen jeben Terroris⸗
mus. ‚Wenn Herr Heinrih Mayer erft hier erfcheint? wenn
er bier würdevoll um die Wahrheit gefragt wird, wenn er wahr⸗
heitsgemäß ausfagt, wie es fich verhält, dann fehe ich nicht ein,
wie man fagen kann, Herr Heinrich Mayer befinde fich unter
dem Eindrude eines Terrorismus. Allein auf eine andere Seite
möchte ich hinweiſen, weil eben die Löbliche Staatsbehörde bie
Preffe mit in’8 Gefecht gezogen hat.
In Öffentlichen Blättern wurde Herrn Heinrich Mayer
vorgeworfen, er habe auf die Verurtheilung des Herrn Rich⸗
ter öffentlich auf der Börfe Wetten angeboten; ich bin erbötig,
biefe Thatfache Durch Zeugen zu beweifen, und ich frage nun,
was ift an einem Zeugen, der Wetten diefer Art eingeht? Wenn
irgend Jemand gegen ihn fich fträuben müßte, fo wäre es bie
Vertheidigung, nicht weil er terrorifirt worden ift, fondern meil
er fchändliche Werten eingegangen und nicht mit einem Worte
entgegnet hat, daß Die ſchwere Beichuldigung, die gegen ihn
audgefprochen wurde, unwahr fei. Die Vorladung des Herrn
Mayer wurde von bem Herrn Präjldenten, der früher ben
Vorfitz führte, kraft des Paragraphes 242 St.⸗P.⸗O. beſchloſ⸗
fen, und ich achte den Ausfpruch des Gerichtshofes viel zu fehr,
als daß es mir jemals beifallen fünute, gegen dasjenige, was
ber hohe Gerichtshof befchloffen hat, einen Gegenantrag zu
ftellen.
Allein e8 kommt noch ein anderer Umijtand dazu. Wenn
Her Mayer nicht perfönlich vernommen wird, fo liegt fein
Brief vor. Nirgends wurde die Erklärung abgegeben, daß man
nicht auf biefen Brief im Laufe des Beweisverfahrens zurüd-
fommen werde. Iſt biefer Brief auch unter dem Einfluß des
Terrorismus gefchrieben? Antwort: Nein! Wenn daher die
Zeugenausfage bes Herrn Heinrich Mayer eine ungenügenbde
fein foll, weil ex terrorifirt wurde, fo wird man und enfgegen-
halten, daß fein Brief nicht der Ausflug des Terrariasune IR.
Darum beftebe ih zwar nicht auf die Borlobung ed Heu
172
Heintih Mayer — an biefem Zeugen Tiegt mir wahrlich jehr
wenig — aber ich kann nicht zugeben, daß er aus denjenigen
Gründen nicht vorgeladen werde, welche Die Staatsbehoͤrde ans
geführt hat.“
Der Vorfitende erflärt nach Beendigung biefes Vortrages,
. bad er die Verhandlung wegen vorgefchrittener Zeit (zwei ihr)
für heute aufheben müſſe, und daß er die Berchlußfaffung im
der nächften Sitzung befannt geben werbe.
(Sikung vom 20. November.)
Um halb zehn Uhr erfchten der Gerichtshof, und der Bors
fitende desſelben machte folgende Mittheilung: » Bezüglich ber
geitern von Seite der Staatsanwaltſchaft und der Vertheidigung
geftellten Anträge, die Bernehmung des Zeugen Brentano bes
treffend, wurde die Vorfehrung getroffen, daß berjelbe heute von
ber Nothwendigkeit feines perfönlichen Erfcheinens verftändigt
werde, und daß, in fofern berfelbe nicht ben Tag feiner Vor⸗
ladung, nämlih Montag, zuhalten fönnte, er einen beftimms
ten Tag angeben möge, an welchem feine Vernehmung vorzus
nehmen jein wird. «
Betreffs der zweiten Angelegenheit, nämlich der Zufchrift
bes Major Bibra, hat es fich der Gerichtshof vorbehalten,
bis zur Bernehmung des Angeklagten Bayer ſich darüber aus⸗
zufprechen; und rüdfichtlich den Yorladung des Zeugen Mayer
bat der Gerichtshof den Beſchluß gefabt, daß von dieſer Ver-
nehmung Umgang genommen werde, da bie perföuliche Vorla⸗
dung Mayer's nicht nothwendig erfcheint, und ſowohl bie
Staatsanmaltfchaft als auch die Vertheidigung im Wefentlichen
feine perfönliche Anmefenheit nicht wünfche, die Ausfage
Mayer’3 aud überhaupt nicht befonbers erheblich erfcheint, und
auf den früher eingelangten Brief desſelben feine Rückficht
genommen wird.
Der Vorſitzende beginnt das Verhör mit dem Angeflagten
Richter, indem er an denfelben mehrere Tragen richtet, welche
fi) auf den Befititand bes Angeflagten beziehen unb bereits
bei der früheren Vernehmung erörtert murben.
In Folge diejer Tragen erflärt Richter die Art und
Wetje, wie er in ben Befigftand feiner Wehereien in Smichow
und geiblfehgrund gekommen ſei.
173
Vorſitzender: ch fordere Sie auf, über bas Geſchäfts⸗
verhältniß zwifchen Ihnen und Koftner, deſſen öffentlicher
Sejellichafter Sie feit dem Jahre 1834 geweſen find, ſich
umfaſſend zu Außern. M
Richter: Ich habe Feine Kapitalseinlage in das von
mir und Koftner gemeinjchaftlih zu Smichow betriebene
Geſchäft geleiftet, auch dann nicht als ich Bffentlicher Geſell⸗
fehafter wurde, fondern ich war nur in dem Geſchaͤfte thätig,
und nahm auch, in Folge deſſen an ben Gewinne Theil.
Borfitender: Sie find ſpäter in ben Beſitz biefer
Realität zu Smichow gekommen?
Richter: Ja und zwar durch die Unterflübung meines
Baters, der mir zum Kaufe dieſer Realität 50.000 fl. darlehens⸗
weiße, jeboch ohne Dedung, gegeben hat. Nach dem Brande der
Fabrik habe ich die Bauftelle auf meinen eigenen erworben,
bas Yabrifsgebäude auf meine Rechnung aufgebaut und meine
Frau wurde Mitbefiterin ber Realität, ba ich zum Baue ihre
Mitgift von 30.000 fl. verwendete.
Borfigender: Sind Belaftungen auf dieſen Reali⸗
täten?
Richter: Ich glaube, daß in dieſem Momente feine
anderen Laſten auf beiden eriftiren, als die zu Gunſten ber
Krebitanftaltz als ich nämlich in Haft und meine ganze Exi⸗
ftenz erfchüttert war, bat die Krebitanjtalt fich herbeigelaffen,
mir einen Kredit von 150,000 fl. zu bemilligen, welcher auf
beide Realitäten fichergeitelt wurde.
Borfigender; Nur auf Ihre Hälfte?
Richter: Somohl auf meine, als auf die Hälfte meiner
Sattin; meine Kran ift Mithafterin.
Vorfigender: Zu welcher Zeit war die Ausgleichung
der Borderungen an Sie nad Ihrer Zahlungseinftellung voll⸗
ftändig gefchehen? |
Richter: Die vollſtändige Ausgleichung. dürfte in ben
Jahren 1857 bis 1858 erfolgt fein. Es werden fich in mei«
ner Korreſpondenz darauf bezügliche Briefe finden; ich kann
mich an die Zeit nicht genau erinnern.
Vorſitzender: Waren Sie ſchon zu biefer Zeit Direl-
ter ber Krebitanftalt?-
Richter: Ich mag ein Jahr Direttor gemelen vn, W
174
die vollftändige Ausgleichung des Kapitals und der Zinjen ſtatt⸗
. gefunden bat.
Der Borfigende ftelt nun einige Fragen an: Nichte,
welche Bezug nehmen auf die feiner Zeit, und zwar im Jahre
1847, erfolgte bücherliche Webertragung feines Beſitzſtandes
an Herrn Florian Albert Richter und Frau Wilhelmine Rich⸗
ter um den Kaufſchilling per 330,000 fl.
Richter: Der Erſtere iſt mein Coufin, die Letztere meine
Frau. Um meine Geſammtgläubiger zu ſichern, habe ich dieſen
Verkauf an meine Frau und den Couſin vorgenommen, und nach⸗
dem die Gläubiger erſchienen waren, habe ich ihnen den ganzen
Kaufkontrakt zur Verfügung geſtellt und ihnen die Motive er⸗
klärt, warum ich dieß gethan. Ich hatte Gläubiger in Prag
und im Auslande. Die Gläubiger in der Nähe hatten ®ele-
genheit, fich fofort zn pränotiren, und mir die Mittel zu ſper⸗
zen, jedem meiner Gläubiger gerecht zu werden. Es find Heute
noch eine Menge lebende Zeugen vorhanden, welche mir bezeu-
gen Eönnen, daß ich den ganzen Berfaufsvertrag zur Verfü⸗
gung meiner Gläubiger geſtellt habe, und daß dieſer Vorgang
allein es möglich machte, daß meine Gejammtgläubiger Befrie⸗
digung threr Sorderungen von mir erlangt haben. — In Folge
ber diefe Punkte betreffenden Brageftellung äußert der Anges
klagte, daß feine Frau wohl damals ein Guthaben von circa
30,000 fl. gehabt habe, daß aber von Seite ſeines Koufins
feine Zahlung erfolgt fei; dag jedoch Beide als Hafter für feine
Schulden mit der Realität eingetreten find, und daß die Gläu-
biger aus dem Ergebniffe des Gefchäftes ' befriedigt wurden;
bag, nachdem die Gläubiger befriedigt waren, durch einen zwei⸗
ten Vertrag der Rückkauf der Hypothefen veranlaßt wurde, und
daß bei diefem nach der Natur der Sache fein Kaufichilling ge⸗
floſſen ſei.
Mehreren Fragen, ob das beſagte Geſchäft nur zum
Schein geſchloſſen worden, begegnet Richter damit, daß es
ein Gebot der Nothwendigkeit war; die Käufer traten den
Släubigern gegenüber als Hafter auf, und bis zum Momente,
wo ber Bell an den Angeklagten zurüdgelangt, gingen alle
Zahlungen unter der Firma »F. A. und W. Richter.«
Bezüglich der gegenwärtig auf feinen Beflgungen baften-
den Schuldforberungen fagt der Angeklagte, da dielelten theils
175
Geſchaͤftsforderungen find, bie zur Pränotirung gelangten, als
mit feiner Verhaftung auch fein Taufmännifcher Krebit gänzlich
erſchüttert wurde, nun aber größtentheils berichtigt fein bürften,
theils aus ber bereits erwähnten Haftungserflärung ber Kres
ditanftalt herrühren.
Es wird fodann eine rüdfichtlich der Smichower Fabrit
eingelangte Zufchrift verlefen; es heißt darin, daß Richter
mit ben 90,000 fl., die er feinerzeit von der Affefuranzs Ges
ſellſchaft für die abgebrannte Leibifchgrunder Fabrik erhalten hatte,
einen Grund in Smichow faufte und die Fabrik darauf erbaute;
daß er, als er dem Fallimente nahe war, durch bie in Hamburg
und Trieft befindlichen Hauptgläubiger wegen bes in feine Red⸗
lichkeit gejekten Vertrauens vom Konkurſe gerettet wurde. Rich⸗
ter fei in Smichow allgemein als ein braver, reblicher Ge⸗
ſchaͤftsmann geachtet, und habe troß feiner derzeitigen Unters
fuchungshaft viele Stimmen für fich, welche feine Unfchuld be-
theuern. Die Smichower Fabrik bewerthe ſich auf circa
350.000 |l., fei jedoch mit bedeutenden Beträgen, und darunter
für die Kreditanftalt allein mit 200.000 fl. (150.000 fl. für
Die bereits erwähnte Pränotation und 50.000 fl. für den Betrag
ber Haftung, welche die Kreditanftalt für Richter geleiftet Hat),
belaftet. |
Das Neinerträgniß der Fabrik wird auf circa 20.000 fl.
jährlich gefchätt. Nückfichtlich der Leibifchgrunder Fabrik liegt
ein Zeugniß des betreffenden Bezirksamtes und des Gemeinde⸗
sorflandes vor.
Richter erfreute fich nach demſelben mährend feines
ganzen dortigen Aufenthaltes eines ſtets unbejcholtenen Leu⸗
munds und bes ehrenvolliten Rufes als Patriot. Der Gemeindes
vorſteher beftätigt zu feinem wahren Vergnügen, baß die Be⸗
völferung einftimmig in Richter den ebeliten Charakter bes
wundere. Diele verbanten ihm ihre Eriftenz und Verſorgung.
Seine Fabrik habe Taufenden Arbeit und Nahrung gegeben.
Die Armen verehren ihn als Vater. Das Bezirksamt beftätigt
insbefondere, daß Richter das Verdienſt gebühre, bei allen
Angelegenheiten, wo es fich um gemeinnüßige Zwecke handelte,
in erfter Reihe geftanden zu fein.
Vorſitzender: Nach welchen Normen Haben Sir WW
Paupidireltor der Rrebitanftalt fi benommen?
176
Richter: Bon vornherein find,’ ich möchte ſagen, gar
feine Direktive vorgelegen. Es mußten ſich biefe erft aus dem |
praftifhen Gefchäfte berausbilden. Es find wohl Inftruktionen
verfaßt worden, fie erlitten aber fpäter eine Aenderung und die
‚ Sefchäfte mußten fich eben den Umftänden anpafien. — Der
Vorſitzende theilt mit, daß zwei Regulative für. die Direktion
und zwar vom 25. November 1856 und 6. Jänner 1858
sorliegen. Richter erflärt daß letztere al8 dasjenige, dem man
möglichft nachtommen follte. Es enthält im Wefentlichen Fols
gendes: Die Direktion ift mit der unmittelbaren Leitung beauf-
tragt, die Verantwortung allen Direktoren gemein, und es iſt
zu größeren Geſchäften der Majoritätsbefchluß der Direktion
nothwendig. In zweifelhaften Fragen enticheldet der Verwal
tungsrath. Die Direktion hat in Bezug auf die Börfengefchäfte
gemeinfchaftlich zu berathen und zu befchließen. Sie hat wochent
lich einen überjlihtlichen Bericht, monatlich einen detaillirten
Geſchäftsausweis zu eritatten. Die Direktion ftellt Anträge
wegen neuer Projekte, ift jedoch berechtigt, ftatutenmwidrige und
unzweckmäßige Anträge von vornherein zurüczumeifen. Kaffe
und WechjelsBortefeuille werden almenatlich, ſaͤmmtliche Effekten
alle zwei Monate ffontrirt.
Richter theilt mit, daß das Börfengefchäft vom Börſen⸗
direftor Schiff begonnen wurde und nach beffen Austritte auf
Herrn Dutſchka überging. Bezüglich des Zerenliengefchäfts
fagt er, daß alle Direlzionsmitglieder hiervon Kenntniß gehabt
hätten, daß die Einfäufe zumteift von der Pelter Filiale und auf
dem biefigen Plage von ihm und Herrn Hornboftel beforgt
wurden.
Auf die Trage, wie fo das Gefchäft an die Kreditanitalt
übertragen wurde, antwortet Richter: Ich muß annehmen,
daß es allgemein befannt war, daß fich die Kreditanftalt mit
Zerealiengefchäften abgibt; fie hat damals nicht weniger als
eine halbe Million Meben in’ igren Magazinen aus dem Vor⸗
fchußgefchäft Liegen gehabt?
Borfikender: War dieß unmittelbare Eigenthbum der
Kreditanitalt?
Richter: Nein. Es wurde diefes Getreide entweder von
den Produzenten ober den Getreidehändlern zu Dem Zwecke ber
Erlangung.eines Borfchuffes eingelegt. && war ein ber Kredit⸗
d
177
anftalt verpfändeted Gut und es tft auch nur ein geringer Theil
bei der Lieferung verwendet worden.
Der Vorſitzende geht nun auf das Geſchäft mit den
25 Nordbahns Aktien über und Richter erzählt den Hergang,
wie er früher bereit8 angegeben wurde.
Borfikender: Haben Sie bei der Kreditanſtalt mit
- Semanden über das Geſchäft Rückſprache gepflogen? |
Richter: Ich babe Herrn Direktor Schiff erfucht,
25 Stück Nordbahnaktien zu faufen, ich glaube ihm auch gejagt
zu haben, daß fie Baron Eynatten gehören, und daß ich ber
Kreditanftalt gegenüber als Hafter eintrete. Herr Schiff hat
bie 25 Stüd Nordbahn-Aktien Durch die Nepräfentantender Kre⸗
ditanftalt auf der Börfe kaufen laſſen. Diefe find ber Haupts
Taflier Eder und der Beamte Glaſer. Sie wurden dort auf
Rechnung der Kreditanftalt gekauft.
Vorſitzender: Es war fomit das ganze Geſchäft auf
Rechnung der Kreditanſtalt.
Richter: Sie hatte nur für meine Rechnung kaufen
laſſen.
Vorſitzender: Wodurch iſt das erſichtlich?
Richter: Durch die Mittheilungen Schiff's, daß ſie für
mich gekauft wurden.
Vorſitzender: Da hätte auch Ihr Name in den Büchern
erſcheinen ſollen.
Richter: Er hätte erſcheinen können.
Vorſitzender: Was iſt mit den 20.000 fl. zeſchehen?
Richter: Ich habe ſie als Anzahlung auf die 25 Stück
Nordbahnaktien übergeben, den Reſt habe ich nachgezahlt.
Vorſitzender: Sie werden ſich erinnern, daß Sie nach
Ihrer Verhaftung rückſichtlich des bei Ihnen vorgefundenen
Geldes Ihre Dispoſitionen getroffen haben. Wiſſen Sie ſich
nicht näher auf dieſe Dispoſitionen zu erinnern?
Richter: Ich habe Ausgleiche an die Kreditanſtalt ger
macht, und den Ueberreft in meinen Geſchäfte Disponirt.
Borfigender: Warum gefchah die Ausgleichung an bie
Krebditanftalt nicht früher?
Nichter: Weil ich erſt in Iehter Zeit bie Saldo bekom⸗
men habe.
Borfikenber: Wer hat die 20.000 A. übernommen?
178
Richter: Ich glaube Herr Schiff. Habe ich fie nicht
Herrn Schiff gegeben, fo hat fie Herr Eder befommen.
Borfitender: Nach ber Angabe des Herrn Schiff ift
ed nicht auf dieſe Weife erfolgt. Es if bloß die Weiſung
ergangen, er ſoll den Einkauf beforgen.
Richter: Das Faktum, daß die 20.000 fl. an die Kredit⸗
anftalt gegeben worden find, fteht feſt; ich glaube, ich Habe Herrn
Schiff gefagt, daß die 20.000 fl. gleich disponibel find.
Borfitender: Herr Schiff fagt, Site hätten bloß mits
getheilt, e8 werden fpäter 40.000 fl. einfommen.
Richter: Das weiß ich nicht.
Borfigender: Wer hat in Anjehuug Ihrer Fabrikations⸗
geſchäfte in Smichow und Leibiſchgrund die Leitung und Ueber⸗
ſicht gehabt?
Richter: Die Oberleitung hatte Krumbholz, Die tedhs
nifche mein Better Florian Richter; ber Lebtere hatte auf bie.
weiteren Beziehungen keinen Einfluß.
Vorſitzender: Wie viel betrugen Ihre Baummollenein-
fäufe im Ausland?
Richter: Sie betrugen vom 22. Juni bi6 14. Juli
5574 Ztr. Baummolle. Ich mußte von vornherein ſtarke Eins
fäufe machen, als e8 zu jener Zeit immerhin möglich war, baß
Deutfchland auch in den Krieg gegen Frankreich eintreten, und
daß dann die Baumwolle wegen ber Blockade ber deutſchen
Häfen nicht zu beziehen ſein werde.
Vorſitzender: Wie haben Sie das bezahlt?
Richter: Ich habe zu dem Zwede 32.000 Pfd. St.
buch die Kreditanftalt eingefauft, um in ber Lage zu fein,
meinen Subkontrahenten einen firen Preis bezüglich des Garnes
zu jtellen.
Vorſitzender: Durch weſſen Hand ift biejer Segenitand
gelaufen, wer hat die Verbuchung gehabt, und in welcher Art
ift der Einkauf gefchehen?
Richter: Es geſchah durch ben Leiter des Banfgefchäftes,
ber Einfauf durch die Bank der Krebitanftalt, und es find Bier
wieder diefelben Perfonen, der Hauptlaflier und die Repräfens
tanten der Kreditanftalt auf der Boͤrſe.
Vorſitzender: Hat Herr Schiff dabei etwas zu thun
gebabt?
179
Richter: Der hat die Aufträge gegeben und Die Ver⸗
buchung beforgt.
Borfigender: Auf welhen Namen wurde das Geſchaͤft
auf ber Börfe gemacht?
Richter: Tür meine Rechnung unter meinem Namen.
. Die 32.000 8. St. kamen übrigens in dad Depot ber Kredite
anftalt. Sch habe bloß 12.000 2. St. herausnehmen laffen,
die ich an die Kreditanftalt bei Gelegenheit des Einkaufes von
20.000 8. St. für das Armee: Oberfommando überlafien habe.
Borfitender: Wann ift dieſe Herausnahme gefchehen?
Richter: Es hätte eben fo gut am 8. ald am 13. ge
fchehen koͤnnen.
Borfigender: Haben Sie außer dieſen »London« noch
andere »London« gehabt?
Richter: Keine. Ich glaube, daß durch meine Smichower
Geſchaͤfte zeitweilige Devifeneinkäufe gemacht wurden, aber das
geſchah höchitens für Kleinigkeiten. - |
Borfigender: Iſt Ihnen Fein folcher Einkauf von da⸗
maliger Zeit befannt?
Richter: Sch kann mich nicht erinnern.
Borfigender: Ift bier feine Mittheilung darüber ge-
macht worden?
—Richter: Da wüßte ich es Höchftens nur aus der An⸗
Plage, aus der Unterfuchung kann ich mich nicht erinnern.
Vorſitzender: Es ift im Laufe bes Monats Juli von
Smichow ein Einkauf geichehen.
Richter: Ich bin nicht im Stande biefe Frage zu bes
antworten,
Vorſitzender: Was hat Sie bewogen eine folche Lie
ferung zu übernehmen, und woher hatten Sie die Ausſicht ihr
entfprechen zu Lönnen?
Richter: Durch Mebereinfommen mit meinen Subkon⸗
trahenten.
Borfigender: Wurden mit biefen feite Abjchlüffe kon⸗
trahiıt? .
Richter: Ich glaube, daß feite Abſchluſſe gemacht wurden,
ich habe Krumbholz in dieſer Beziehung freie Hand gelaſſen.
Bezüglich der nun zur Sprache gelangten Rebuttion wie-
derholt Richter feine früheren Angaben.
AI
180
Borfigender: Wie fommt es, daß Sie in Ihrer Stel:
lung Unwahrheiten gebraucht haben, um die Parteien zu Re:
duktionen zu beitimmen? Es wäre eine Unmwahrbeit nicht noth⸗
wendig geweſen. Sie als reelle Mann hätten fagen können,
das Arınee-Dberfommando hat mir diefen und diefen Borfchlag
gemacht, ich theile Ihnen dieſes mit und bin bereit, im biefer
Weife Vorkehrungen zu treffen. Es maren die Subfontrahenten
Ihre Freunde, Sie konnten daher um fo leichter von der Wahr:
heit Gebrauch machen.
Richter: Das wäre jedenfalls beffer gewefen. Ich kann
es nur beklagen, daß ich nicht in diefer Weiſe vorgegangen bin,
wie der Herr Vorſitzende zu bemerken die Güte gehabt hat; ih
- wäre auch zu demfelben Refultate gelommen; aber ich habe die
Meberzeugung gehabt, daß den Subfontrahenten Durch die Re⸗
duktionen fein Nachtheil erwachſe.
Vorſitzender: Ste fprachen von einem „Manöver«, das
bei den Subfontrahenten auszuführen fei. Was verftehen Sie
darunter?
Richter: Ich babe e8 ein Manöver genannt, was nad)
meiner Meinung nichts Anderes war, als die Abwehr eines
mir drohenden Berluites; Ein Verluft aus dem Grunde, weil
durch die Reduktion der Stoffmenge auch eine Reduktion an
Garnbedarf eingetreten wäre.
Der Vorfigende nimmt nun Beranlaffung, zur meiteren
Entwidelung diefeg Gegenftandes auf die darauf begüglichen
Dofumente überzugeben. Es ift bier ein Schreiven des Armee-
Dberfommandos vom 8. Auguſt 1859 an Richter, worin
diefer erfucht wird, er möge feine Lieferungen auf Eleinere Quan⸗
titäten befchränfen, oder den Preis herabfeben. Die Gegen-
äußerung Richter’8 vom 17. Auguft lautet dahin, das er ges
zwungen war, bie erforderlichen Rohftoffe und Baummolle mit
ausländischen Baluten zu'bezahlen, daß in Kolge des eingetretenen
Friedens fowohl der Werth diefer Valuten ald auch der Stoffe
herabgeſunken jei, underdaherzu jeinem lebhaften Bedauern nicht
in der Lage fei, dem Wunfch des hohen Armee-Oberfommandos
zu entfprechen und einen Nachlaß am Preife oder an der Dienge
der fontrahirten Lieferung eintteten zu laſſen. Er behalte fih
jedoch vor, nach gänzlicher Abwidelung des ©efchäftes eine
Bergätung zu leijten, und eriuche nur no um Ve Terminss
181
verlängerung von Ende Dezember His Ende Februar. Hierauf
folgte die Erwiederung des ArmeesOberfommandos vom 26.
Auguft, worin fich diefed der Erwartung hingibt, daß Richter
einen Beweis feiner Opferbereitiwilligfeit und feiner patrioti>
fchen ©efinnung dahin geben möchte, der Aufforderung vom
8. in irgend einer Art nachzufommen. Die zweimonatliche
Friſterſtreckung kann nicht bewilligt werden. In ber Eingabe
vom 8. Septeniber erklärt nun Richter nochmals beftimmt,
Daß er nach gänzlich beendeter Lieferung bereit fein werde, Nach-
laß am bedungenen Preife eintreten zu laffen, und dieß um. fo
Sicherer, wenn die bereits früher angefuchte Erftredung des Lie-
ferungstermines bis 23. Februar bewilligt werde.
Borfigender: Sie hätten.rubig abwarten sollen, was
die Sublieferanten für Aeußerungen über die Reduktion machen
werben und das hätten Sie dann dem Armee-Oberfommanbo
befannt geben follen.
Richter. Die Sublieferanten find nicht in der Lage ges
weſen, Nachlaß am Preije zu gewähren, benn der Nutzen für
fie war ſehr „knapp;s bemeffen.
Der Borfitende ſieht fich hierauf veranlaßt, die Korreſpon⸗
denz, welche Richter perjönlich betrifft, zur Sprache zu brin⸗
gen, wobei Stellen aus bereit8 bekannten Briefen zur Vorle⸗
fung kommen, fämmtlich die Reduktion mit den Subfontra-
benten betreffend. Richter verantwortet ſich auf dieſe Briefe,
indem er erklärt, er babe am 7. September v. I. ſchon an
Krumbholz von der. Bewilligung der Terminſtreckung fchreiben
tönnen, meil er ſchon Gelegenheit gehabt, dem General
Eynatten die Nachmeifung zu liefen, daß das Armee-
Dberfommando gar nicht in ber Lage fei, das bedungene
Duantum nach der eingegangenen Berpflichtung bis Ende
Dezember zu übernehmen, und daß fogar nach der Termins-
erſtreckung ein Reſt nicht im Februar, ſondern im April
übernommen wurde. Der Paſſus in feinem Briefe vom
26. September, daß das Armee⸗Oberkommando die Lieferung
von vier. auf drei Millionen herabgeſetzt habe, fei nur deßhalb
eingeſchaltet worden, weil er die Ziffer für weſentlich fand,
nachdem. größere Abfchlüffe eriftirt hatten, als nothwendig
war. Die in bem Briefe vorfommenden Ausdrüde, „Urin
bitten, beißt befeblen« und „gute Miene zum bien Si“
3
182
machen « erklärt er für ftyliftifche Ausdrüde. Nach feiner Meinung
wäre troß aller Bemühung die Reduktion nicht zu Stande
gelommen, und es war Feiner ber Subfontrahenten gehalten
zu rebuzirenz; auch im Briefe vom 15. Oftober babe er unter
»Manöver «bloß die Abwehr gegen drohende Verlufte verfianden.
Borfigender: Krumbholz zeigte allen Subkontrahens
ten Ihre Briefe wegen der Reduktion vor. Ift er in biefgr
Weiſe dazu beftimmt und durch Sie informirt geweſen? '
Richter: Die Art, wie er es durchführte, war bloß auf
feine eigene Fauſt, jedoch that er es in meinem Auftrage.
Vorſitzender: Er hat alfo ihre Ideen zur Ausführung
gebracht?
Richter: Er Hat fie zur Ausführung zu bringen geſucht.
Borfigender: Er hat es gethan. Er hat wirklich effek⸗
tuirt.
Richter: Nicht im vollen Umfange.
Vorſitzender: Aber doch in 11.750 Stück?
Richter: Ich bitte dabei zu berückſichtigen, daß von die⸗
ſen 3000 Stück entfallen durch Uebermaß, welches die Sub⸗
kontrahenten ſelbſt geliefert haben, und 4000 Stück, deren
Annahme von Seite des Armee⸗Oberkommandos zurückgewieſen
wurde.
Vorſitzender: Sie haben gehört, in welcher Art ſich
bie Sublieferanten geäußert haben.
Richter: Es haben fich einige nicht fo nachtheilig dar⸗
über geäußert, fondern find fogar damit zufrieden geweſen,
weil, wenn fie die ganze Lieferung hätten einhalten follen, fie
Schaden gehabt hätten.
- Borfigender: Aber Borges und Abeles find als
Befchädigte zu behandeln, was können Sie darüber angeben?
Nichter: Was die Porges’iche Angelegenheit betzifft,
erlaube ich mir auf das Protofoll des Eduard Borges hinzus
weifen. Ich babe Grund anzunehmen, daß feine Waare bloß
Ausſchuß gemwefen, erlaube mir ferner daraufaufmerffam zu mas
chen, daß die Ausfage des Herrn Joſef v. Bortheim nicht
maßgebend fein kann; er bat fich nie mit der Reitung ber
Meberei befchäftigt; maßgebend dürfte nur die des Eduard fein,
welcher ber eigentliche Leiter des Gefchäftes war. Ich glaube
Aberbaupt bie Berpflichtung zu haben, mich gegen die Scha⸗
183
denberechnung, wie bie Unflage fie aufftellt, verwahren zu
müffen. Es wird das Urtheil der Sachverftändigen angerufen,
boch ich glaube nicht, daß ein Sachverftändiger auf der Welt
it, der fagen kann, an diefer Waare wird fo viel verloren,
wenn er fie nicht geliehen hat. Keiner der Sachveritändigen hat
die bier angeregte Waare gefehen, keiner bat file unterfucht, ob
fie gut oder Ausſchußwaare ift. Ich glaube alfo nicht, daß bie
Herren Sacwerftändigen fagen Tönnten, e8 wird an biefer
Waare verloren, fie können höchftens fagen, es Tann an dieſer
Waare verloren werden, und dann tft noch zu unterfuchen, ob
dieſe Waare fein Ausſchuß geweſen, denn jtellt fich das heraus,
fo bin nicht ich derjenige, der den Schaden zu tragen bat, fon«
dern derjenige, welcher die ſchlechte Waare erzeugt hat.
Vorſitzender: Ich ftelle mich vorläufig Damit zufrieden,
wir müſſen aber die Zeugenansfagen abwarten.
Richter: Bon der Zeit bis heute haben fich die Berhälts
niſſe mwejentlich geändert, das Rohmaterial und Alles ift wieder
theurer geworden.
Borfitender: Und was tites mit Abeleg?
Richter: Sch erlaube mir vor Allem mein Bebauern
Darüber auszudrüden, daß ich von der ganzen Verhandlung,
welche zwischen Krumbholz und Abeles flattgefunden, nicht
unterrichtet geweſen bin, daß ich erft im Verlaufe der Unter-
fuchung unterrichtet wurde. Ich habe angegeben, mir komme vor,
als male Abeles feinen Berluft zu Schwarz. Ich glaube, daß
eine Ausgleichung ftattgefunden haben muß, indem mein &es
fchäftsleiter nach wie vor mit Abeles Gefchäfte machte. Ich
bebauere ferner, daß Abeles, der alle acht Tage hier in Wien
iſt, es unterließ, mich zu befuchen und mir Mittheilungen
barüber zu machen. Nach dem, mas ich aus der Anklage gefes
hen, hat Abeles überhaupt nicht rebuzirt. Er war am 8. Juli
in der Sage, die Faktura über 3400 oder 3600 Stüd meiner
SGefchäftsleitung überreichen zu können. Diefe hat die Faktura
behalten und damit deren Richtigkeit anertannt. Dadurch, daß
meine Geſchaͤftsleitung die Faktura behielt und ich fo meiner
Berpflichtung Abeles gegenüber nachgefommen bin, bin ich im
echte von Abeles verlangen zu können, baß er feine Ber-
Richtungen mir gegenüber einhalte. Aus der Korrelpondenz
kann ber hohe Gerichtöhof erfehen, daß Abeles vie Bergliine
184
tung hatte, gewiſſe ®arnquantitäten von mir abzunehmen.
Dieſes Sarnquantum wurde auf 1300 Zentner beftimmt. Abe
les hat aber nur 700 Zentner bezogen, es ift alfo gewiß, daß
er die mir eingelieferte Waare nicht aus jenem Material ers
zeugte, aus welchem fie nach unjerem Vertrage hätten erzeugt
werden follen. Abeles bat demnach, da er feinem Vertrage
nicht nachgefommen ift, auch feinen Anfpruch an mich gels
tend zu machen. Ich erfläre aber, daß Abeles ein fo orbent-
licher vortrefflicher Charakter ift, daß ich feinen Anjtand nehme,
mich mit ihm zu vergleichen; ich glaube aber nicht, daß dieß
ein Segenftand der Anklage fein kann, mich bloß verantwort-
lich zu machen für Verpflichtungen, die ich Abeles gegenüber
eingegangen, nachdem Abeles feine Verpflichtungen mir ge
genüber nicht eingehalten hat.
Borfitender: Haben Sie in der Zwiſchenzeit, als biefe
Reduktion ftattgefunden hat, von anderen Seiten Stoffe be⸗
zogen?
Richter: Nicht nach der Reduftion, ſondern vor derſel⸗
ben babe ih 200.000 Ellen Robitoff, m 3. Ende Juli
von Sommer und Echirmer in Wien, ich glaube um 20°/,
oder 21 fr. gekauft, um fie im toben Zuftande dem hohen
Armee⸗Oberkommando liefern zu fünnen, und ich erſuche ben
Herrn Heinrih Bayer über die Motive, die mich veranlaßt
haben, den Kauf zu machen, zu vernehmen; da aber der Be-
darf gebedt war, jo war ich genöthtgt dieſe Waare zurichten zu
lafien, und als Hemditoff zu liefern; ich babe alfo nicht nur
feinen Gewinn, fondern Verluſt gehabt.
Staatsanwalt: Wie konnte die Mebertragung bes
Eigenthums Ihrer Fabrik auf Ihre Frau und Ihren Coufin
Hlorian Richter zur Sicherung der Gläubiger beitragen?
Richter: Infofern als ohne diefe Mebertragung bie
Gläubiger dadurch, daß fie diefe Fabrik in Erefution bringen;
mir die Mittel zu zahlen aus den Händen nehmen mwürben.
Außerdem find die Mebernehmer meiner Fabrik ald Zahler für
meine Schuld mit eingetreten. Zubem zeigen die prattifchen
Refultate bei Exekution einer Fabrik nur zu deutlich, daß Das
bei Ein Oulden oft nur einen Zwanziger, ja noch weniger
werth ift. Das Intereſſe meiner Gläubiger war nun burch bie
Hebertragung vielmehr bewahrt, als durch die Erefutten.
185
Staatsanwalt: Hatten Sie Grund zu glauben, daß
die Gläubiger fich mit Ihnen nicht ausgleichen werden?
Richter: Ich hatte mir damals dieſe Trage nicht geftellt,
fondern nur darauf gedacht, was ih zu thun habe, damit
feiner meiner Gläubiger verfürzt werde.
Staatsanwalt: Sie haben angegeben, daß auch Die
übrigen Direktoren der Kreditanftalt vom Zerealiengefchäfte
Kenntniß gehabt haben. Wurben diefe von der Abficht, dieſes
Geſchaͤft zu fchließen, früher in Kenntniß geſetzt?
Richter: Ich Sollte zwar nach dem Auftrage des verftor-
benen Herrn Finanzminifters diefes Gefchäft fo verjchwiegen
als möglich behandeln, aber ich konnte die Verſchwiegenheit
gegen die ausführenden Organe, und das waren meine Kollegen,
nicht einhalten.
Staatsanwalt: Iſt über diefe Unterredbung etwas
fchriftlich aufgenommen worden? ,
Richter: Nein.
Staatsanwalt. Welke Garantie hatten alfo die Dis
reftoren, wenn gegen die Majoritätsbefchlüffe derfelben Rekla⸗
mation erhoben worden wäre?
Richter: Ich muß geftehen, darüber habe ich nicht
nachgedacht. Dad Uebereinftimmen der Direktoren war bins
teichend.
Staatsanwalt: Die in Wien Anmwefenden find, fcheint
mir, mit den Bedingungen bes Kontraktes erſt nach feiner Feſt⸗
ſebung bekannt gemacht worden.
Richter: Die Bedingungen waren derart, daß ich bie
Berantwortlichteit meinen Kollegen gegenüber vecht gut über-
nehmen konnte.
Staatsanwalt: Die Nordbahn-Attien find nicht im
Depot der Anftalt geblieben, wohl aber Deviſen, die Sie kauf⸗
ten; warum gerade dieſe? |
Richter: Ich kann mir nicht einbilben , daß ich ber
Krebitanftalt für eine halbe Million Gulden einftehen, aber
ſtolz bin ich darauf, daß ich es mit 25.000 fl. fann. Die Des
dung lag in meiner Perſon und in meiner Stellung.
:. Gtanatsanwalt: ft Ihnen nicht bekannt, ob Direktor
Schiff wirklich die Londoner Deriſen aus Ihrem Depot her⸗
ausgenommen dat?
188
Krumbholz: Ich Habe nur durch die Filiale der Kredite
anftalt Devifen bezogen.
Borfigender: Wie hoch ift der Betrag geweſen, den
Sie von der Filiale bezogen haben.
Krumbholz: Das kann ich nicht mehr angeben.
Vorſitzender: Sind die Abjchlüffe mit den Subkontra⸗
henten feft gewefen oder wiberruflich?
Krumbholz: Es waren feſte Abſchlüſſe.
Vorſitzender: Haben Sie von Herrn Richter Inſtruk⸗
tionen gehabt?
Krumbholz: Ich habe mich nur an die Inſtruktionen
des Herrn Richter gehalten. Sie beſtanden darin, daß ich
80,000 Stück abſchließen kann zum Preiſe von 14 Kreuzern.
Vorſitzender: Haben die Sublieferanten die Verpflich⸗
tung der Abgabe der fertigen Waaren an Sie gehabt, oder
haben Sie es direkt an die Monturskommiſſion geliefert.
Krumbholz: Die von den Sublieferanten abgegebene
Waare iſt von und an die Monturskommiſſion abgekiefert wor⸗
den. Die Waaren find jedoch theilmerfe von den Sublieferanten
direft an die Monturstommifjion gegangen. Mebrigens haben
fich bei ſolchen Uebernahmen Anftände vis-a-vis ben Lieferanten
ergeben, wie 3. B. bei Brüder Kubinsfy, bei Kaufmann,
bei Maſtny, bei Brüder Borges.
Borfigender: Worin haben dieſe Anſtände beitanben?
Krumbholz: Die Waare war von zu leichter Qualität.
Vorfigender: In wieferne war dieß?
Krumbholz: Daß die Qualität nicht fo. wie die von
und beftellte war. Die Waare ijt zurückgenommen worden.
Vorſitzender: Ich fehe nicht ein, was die Veranlaffung
gegeben hätte, daß Sie bei: ben Sublieferanten Neduftionen
durchführen wollten.
Krumbholz: Weil wir zu viel Waare zufammen be=
fommen hätten.
Borfigender: Welche Waare?
Krumbholz: Bon den kieferanten im Berein mit unferem
eigenen Erzeugniffe.
Vorſitzender frägt nun den Krumbholz über die bereits
nitgetheilte Geſchichte rüͤckſichtlich des Vorganges bei der Reduk⸗
187
unter Tabellen über die abgefchloffenen Geſchaͤfte dem Verwal⸗
tungsrath überreicht.
Dr. Berger: Haben Sie den Släubigern den” Kaufs
ſchilling für die Fabrik zur Dispofition geftellt, oder den Kaufs
vertrag?
Richter: Den Kaufvertrag.
Dr. Berger: Hatten die Heinen Desifeneinkäufe des
Prager Sefchäftes irgend etwas mit dem großen Stoffgefchäfte
gemein?
Richter: Gar nichts,
Ä Dr. Berger: Hatten Sie einen Grund, anzunehs
men, ‚dab Abeles den großen Bedarf der Waare nicht erzeugt
hate ?
Ricter: Penn ein Gruud vorhanden war, ſo war es
der, weil er nicht das ganze Garn bezogen hat.
Dr. Berger: Wurde nach Abſchluß des Friedens das
Uebernahmsperſonale bei der Monturskommiſſion vermindert
oder vermehrt?
Richter: Das Perfonale wurde auf ein Drittel des frü—
heren Beitandes reduzirt, fo daß bis Ende Dezember von den
48.000 Stüd Stoffen im Betrage von 740,000 fl. nur für
430,000 fl. übernommen worden find.
Dr. Berger: Ich erlaube mir einige Vorleſungen zu be-
anfragen, ftellg eö aber dem Ermeilen des Herrn Vorſitzenden
anbeim, mann diefelben bewerkftelligt werden follen. &8 find dieß
vier Briefe des Abeleg, woraus erhellt, daß er fich keine Reduf-
tion gefallenlaffe, dann ein Brief von Krumbholz, der fagt, daß
Przibram felbit den Antrag einer Mebuktion machte. Berner _
würde ich bitten, die Neuerung Richter's, bie er, wie der Herr
Staatsanwalt angeführt, in der Unterfuchung gethan haben
ſoll, vorzulefen. Zum Schluß erlaube ich mir zu bemerken, daß
mir eine Mittheilung von Eduard Wiener zugelommen tft,
der zufolge er durch eine telegraphifche Depeſche von Wien ab⸗
berufen wurde.
GHierauf wurde Krumbholz vorgeführt. Das Verhör
des Krumbholz iſt zum Theil ein ergänzendes, zum Theil
tefapitulirt e8 die bereits mitgetheilten Antworten.
— Borfigenber: Baren Sie beim Devtienantonke SS
Bang
188
Krumbholz: Ich Habe nur durch die Filiale der Kredit
anftalt Devifen bezogen.
Vorſitzender: Wie hoch ift der Betrag geweſen, ben
Sie von der Filiale bezogen haben.
Krumbholz: Das kann ich nicht mehr angeben.
Vorſitzender: Sind die Abjchlüffe mit den Subkontra⸗
henten feft geweſen oder widerruflich? Ä
Krumbholz: ES waren fefte Abjchlüffe.
VBorfigender: Haben Sie von Herrn Richter Inſtrul⸗
tionen gehabt?
Krumbholz: Ich habe mich nur an die Inſtruktionen
des Herrn Richter gehalten. Sie beſtanden darin, daß ich
80,000 Stück abſchließen kann zum Preiſe von 14 Kreuzern.
Vorſitzender: Haben die Sublieferanten die Verpflich⸗
tung der Abgabe der fertigen Waaren an Sie gehabt, oder
haben Sie es direkt an die Monturskommiſſion geliefert.
Krumbholz: Die von den Sublieferanten abgegebene
Waare ijt von und an die Monturskommiſſion abgekefert wor⸗
den. Die Waaren find jedoch theilwerfe von den Sublieferanten
bireft an die Montursfommifjion gegangen. Mebrigens haben
fich bei folchen Uebernahmen Anftände vis-a-vis den Lieferanten
ergeben, wie 3. B. bei Brüder Kubinsfy, bei Kaufmann,
bei Maſtny, bei Brüder Borges.
Vorſitzender: Worin haben diefe Anſtände beitanden?
Krumbholz: Die Waare war von zu leichter Qualität.
DBorfigender: In wieferne war dieß?
Krumbholz: Daß die Qualität nicht fo. wie die von
ung beftellte war. Die Waare ijt zurüdgenommten worden.
Vorſitzender: Ich fehe nicht ein, was die Veranlaſſung
gegeben hätte, daß Sie bei den Sublieferanten Reduktionen
durchführen wollten. Ä
Krumbholz: Weil wir zu viel Waare zufammen bes
fommen hätten.
Vorſitzender: Welche Waare?
Krumbholz: Von den Lieferanten im Verein mit unſerem
eigenen Erzeugniſſe.
Vorfitzender frägt nun den Krumbholz über die bereits
mitgetheilte Geſchichte rückſichtlich des Vorganges bei der Reduk⸗
189
tion, worüber Krumbholz in feiner befannten fargen Rede⸗
weife Aufſchluß gibt.
Vorſitzender: War ſchon früber beftimmt, daß Herr
Richter Ihnen den Brief (wegen ber Reduction um 25 pCt.)
ſchicken wird?
Krumbholz: Ia das war beitimmt. Es gefchah um die -
Sublieferanten zu überzeugen, daß es ber Wille bes Herrn
Richter ift.
Borfigenber: Was haben Sie gegen Mündberg, von
dem Sie das Garn bezogen haben, bezüglich jener Lieferung
geſagt?
Krumbholz: Ich habe ihm mit anderen Worten das
geſagt, was der Brief des Herrn Richter enthält.
Vorſitzender: Iſt Ihnen auch in dieſer Richtung ein
Brief des Herm Richter zugekommen?
Krumbholz: Nein.
Vorſitzender: Haben Sie feinen bejonderen Brief be-
Iommen?
Krumbholz: Nein.
Vorſitzen der: In einem Briefe Richter’ kommen
Die Ausdrüde vor: „daß man gegen bie ©arnlieferanten das⸗
jelbe Manöver machen foll.« Was verjtehen Sie darunter?
Krumbholz: Sch verftehe darunter eine gejchäftliche
Nothlüge. Ich weiß nicht mas das zu bedeuten hat.
Borfisender. Sie haben gefagt, daß Sie den *iefes
ranten gegenüber den Brief des Herrn Richter rüdjichtlich der
Reduktion von Seite des Armee-Oberfommandos als über
eine wahre Thatfache gefchrieben betrachtet haben. Wie können
‚Sie es als eine Nothlüge barftellen?
Krumbholz: Weil ich glaubte, daß Münzberg nicht
Dazu gezwungen werben koͤnnte.
Vorſitzender: War Ihre Weberei vor der Reduktion
ebenſo befchäftigt als nach berfelben?
Krumbholz: Sie war immer gleich befchäftigt.
Vorſitzender: Es kommt aber vor, daß Sie bie Nebuls
tion angeftrengt haben, um bie eigene Weberei meh zu bes
fchäftigen.
Krumbholz: Das war, weil die Sublieieranien ae
190
Termine zurüdblieben. Wir haben deßhalb die eigene Weberei
auf Erzeugung eingerichtet.
Krumbholz beftreiter weiter, daß Abeles einen Scha-
ben gehabt, daß Porges ihm etwas vom Schaden gefagt
habe, oder daß die Waare übrig geblieben fei. Es Tann fich dieß
hoͤchſtens nur auf» Ausſchuße beziehen. Er bemerkt: „Wir Hätten
Häufig Gelegenheit gehabt, alle dieſe Verträge aufzulöfen, üͤbri⸗
gend fei die Faktura desPorges, fo wie die des Abeles aner
kannt worden; denn die Anerkennung lag in dem Empfang ber
Faktura, weil, wenn er die Bafturanicht Hätte anerfennen wollen,
er fie gleich zurückgeſchickt Haben würbe.« Krumbholz beftät-
tigt weiter, daß Kallberg ihm unter den Auslagen auch Dou⸗
ceurs und Remunerationen aufgeführt habe.
Borfigender: Haben Sie folde Zahlungen auch ges
macht?
Krumbholz: Ja.
Borfigender: Warum haben Sie folde Aufrechnungen
ausgezahlt?
Krumbholz: Er hat mich zum Schluß aufnerffam ges
macht, daß es Ufance, d. b. üblich fei, folche Remunerationen
zu geben. Herr Richter hat fie genehmigt, und ich Habe fie
ausgezahlt.
Borfigender: Erinnern Sie ſich an die Perſonen, welche
folche Reınunerationen befommen haben?
Krumbholz: Nein.
Borfigender: Es fommt vor, dag an Werfmeifter folche
Zahlungen geleiftet wurden.
Krumbholz: Das weiß ich nicht, es waren aber auch
Offiziere darunter.
Borfigender: Welche Offiziere waren. darunter gemeint?
Krumbholz: Ich kann die Namen nicht angeben; jeben-
falls aber die höheren Offiziere, wahrſcheinlich Hauptleute,
welche bei der Uebernahme beichäftigt waren.
VBorfigender: Es find alfo Individuen bezahlt worden,
welche bei der Uebernahme thätig gemefen find?
Krumbholz: Ja.
Borfigender: Wie Haben Sie das gutheißen können?
Krumbholz: Ich habe ed nur gutgeheißen, weil e8 nach
erfolgter Uebernahme geſchah.
191
Borfigender: Warum hat fi Herr Richter einvers
ftanden ertlärt?
Krumbholz: Ich Habe ihm gefchrieben, er möchte das
auszahlen lafjen, mdem — — — — (bier hält Krumb⸗
Holz plöglich inne und ift genöthigt fich niederzuſetzen.)
Vorfißender (welcher die an Krumbholz gerichteten
Tragen zumeift mit erhobener Stimme geftellt hat): Ich rede
nur fo Scharf, weil ich haben wollte, daß Sie mich hören, ich
fage das, damit es nicht auffält, als ob das in anderer Rich⸗
tung geſchehe.
Krumbholz: Ich höre wegen bes beitändigen »Geſurre“
in der Fabrik wirklich fehwer. Bezüglich des Bezuges und ber
Berwendung von »London« können, was das Erftere anbelangt,
Die Bücher der Filiale in Prag, was das Lebtere betrifft, die
Bücher der Smichower Fabrik Auffchluß geben. Zum Schluſſe
zählt Krumbholz ausländifche Firmen auf, bei denen er
Baumwolle beftellt hat.
Staatsanwalt: Wurde den Sublieferanten nur ein
Termin gegeben?
Krumbholz: Es waren Abtheilungen von Medio Juli
bis Medio Dezember in monatlichen Raten, Das Quantum
jollte in fünf oder ſechs Theilen, je nachdem der Termin lautete,
geliefert werben.
Staatsanwalt: Sie fagten mit der Empfangsbes
fättigung der Faktura des Abeles zugleich bie Anerken⸗
nung ber Faktura ausgefprochen zu haben. Alfo hätte Aber
les verjtehen Fönnen, Sie werben auch die Faktura bezahlen.
Nun ift aber das fein rechtes Verfprechen, zahlen zu wollen;
wenn Sie wirklich die Zahlung felbft damit gemeint haben,
warum haben Sie es nicht verbucht?
Krumbholz: Das ijt nicht angegangen, weil ich wiſſen
mußte, ob das Quantum richtig iſt, das er zu liefern hätte.
Staatsanwalt: Ich habe bei Fragen an den Herrn
Angeklagten Richter früher bie Bemerkung gemacht, daß der⸗
ſelbe im Laufe der Unterſuchung behauptet, es wäre ihm: uns
möglich gemefen zu liefern, während er heute angegeben, es
wäre für das Armee-Oberfommando unmöglich geweſen in
Empfang zunehmen. Die BVertheidigung hat die Bemertung,
gemacht, daß die Antwort nicht zitirt wurde. Ingwühen Tat
192
ich aber diefe befannt geben; es ift die Antwort 178. Ich fage
das nicht, um fie jet verlefen zu laffen, fondern nur, um es
anzuzeigen.
Vorſitzender: Herr Richter, was jagen Sie in beiden
Richtungen, fowohl die Ausjage des Krumbholz, als bie
Frageftellung des Herrn Staatsanwalts betreffend?
- Richter: Ich babe in diefer Beziehung nichts Befonderes
zu bemerken, als was die Devifeneineinfänfe betrifft, daß dieſe
nämlich fchon feit lange bei der Kreditanftalt beftanden haben,
wie fie auch heute noch beftehen. Ich habe, was die letzte Bes
merkung bes Herren Staatsanwalt betrifft, nichts darauf zu
bemerken, als daß ich gerade aus den Unterfuchungsaften erft
den Beweis gefunden babe, daß es fehr leicht geweſen wäre,
mit der Lieferung bis Ende Dezember fertig zu werden.
Rath Kumpfmüller zu Krumbholz: Sie haben an-
gegeben, daß die Sublieferanten vom Juli bis Dezeinber mo»
natlich den fechsten Theil hätten liefern follen. Sit für den
Fall, daß einer den Lieferungstermin nicht einhalten follte,
etwas feitgefeßt worden?
Krumbholz: Es it mündlich und schriftlich abgefchlofs
fen gewejen, den Vertrag dann aufzulöfen.
Rath KRumpfmüller: Dann hätten Sie bei der Re⸗
duktion die Ausreden nicht gebraucht. Sie hätten fagen follen:
Ihr habt den Termin nicht eingehalten, ich werde den Vertrag
auflöfen.
Krumbholz: Das hätten wir thun können.
Richter (jich erhebend, mit erregter Stimme): Er war
zu gut, und daher fommt 08, daß ich bei einem Gefchäfte von
vier Millionen nachweifen muß, daß mein Geſchaft mit 8000
Stück betheiligt war.
Rath Duſcher: Aus welchem Grunde haben Sie
Schwierigkeiten bei den Sublieferanten beſorgt? Wenn Sie mit
Ihnen abgeſchloſſen, mußten dieſe gewußt haben, mit wem fie
es zu thun haben. Sagen Sie mir beſtimmt, warum haben
Sie Schwierigkeiten vermuthet?
Krumbholz: Ich habe nur vermuthet, daß ich Schwie⸗
rigkeiten haben würde.
Rath Duſcher: Weßhalb ſollten Sie Schwierigkeiten
193
Haben? War e8 im Intereffe ber Sublieferanten, zu reduziren
ober nicht, in weſſen Interefje war die Reduktion?
Krumbholz: Zunähit in unferem, weil wir zu viel
Waare gehabt haben.
Rath Dufcer: Sit dieß auch im Intereffe der Sublie:
feranten geweien?
KrumbHolz: Nur fo viel, ald fie durch ben Friedeng-
fchluß ihre Fabriken anderweitig befchäftigen konnten.
Rath Duſcher: Was haben die Subkontrahenten zur
Antwort gegeben, als Sie geſagt haben, daß eine Reduktion
nothwendig ſei?
Krumbholz: Sie haben ſich gefügt und keine Einwen⸗
dung gemacht.
Rath Duſcher: Porges hat ſich nicht fügen wollen.
Krumbholz: Er hat ſich auch gefügt, er hat kein Wort
geſagt, daß er Schaden habe.
Dr. Berger zu Krumbholz. Iſt Richter nach ſeiner
Ueberſiedlung nach Wien oft nach Prag gekommen?
Krumbholz: Nein.
Dr. Berger: Warum iſt er im September 1859 nad
Prag gekommen?
Krumbholz: Er hat eine Reife nach Leibifchgrund ge—
macht, um feine Etabliffements zu befuchen, und kam dann
nach Prag zur Befichtigung der Fabrik.
Dr. Berger. War feine Familie in Prag?
Krumbholz: Ia.
Dr. Berger. Hat er mehr Zeit der Familie als dem
Geſchäfte gewidinet?
Krumbholz: Mehr ber Familie ald dem Geſchäfte. —
Aus den weiteren Fragen bed Dr. Bergeran Krumb-
holz erhellt, daß Richter mit den Sublieferanten in freund-
chen Berhältniffen geitanden, daß, wenn Richter ihnen die
Reduktion angekündigt, fie diefelbe angenommen hätten, daß
aber Krumbholz biefelbe fremtbfchaftlich anzutragen fich nicht
getraute; daß es ferner Sitte fei, baß wenn eine Faktura zu⸗
und nicht zurücgefchickt werde, dieß als eine Erklärung ber
Annahme der Waare anzufehen und daß die Buchung erft beim
Empfang der Waare eintrete.
Dr. v. Wiedenfeld ftellt an Krumbhoily Auer te On
194
gelegenbeit mit Abeles noch die Frage: Haben Sie aus ber
Vermittlung bes Gefchäftes Nutzen oder Schaden für Ihre
Stellung gehabt?
Krumbholz: Weber Nuten noch Schaden; ich bin auf
Gehalt angeftellt worden. Richter fonnte mich jeden Augen
blick entlafjen, fo wie ich ihn verlaſſen konnte.
(Nah 2°/, Uhr erlärte ber Vorfigende bie Situng für
geſchloſſen.)
(Sitzung vom 21. November.)
Nach dem Erſcheinen des Gerichtshofes und Vernehmen
des Angeklagten Richter äußert der Vertheidiger Dr. Berger,
daß er als Nachhang zu der berührten Zahlungseinftellung bes
Herrn Richter eine Reihe legalifirter Zeugniife feiner bamaligen
Gläubiger vorlege und erfuche, ben kurzen Inhalt berfelben bes
kannt zu geben.
Der Präfident bemerkt, fich dieß vorzubehalten und fpäter
darauf zurückkommen zu wollen, und theilt zugleich mit, Daß er
heute die Srau Baronin Eynatten vernehmen werde. Sr Täßt
die Zeugin vorrufen.
Baronin Eynatten erfcheint ganz Schwarz gefleidet. Es
wird ihr knapp an dem ©erichtötifch ein Sitz angewieſen unb
überdieß auf ihr Verlangen, mit Rüdficht auf ihre Kränklichkeit,
eine Fußſchämel gereicht. Sie ſpricht ſehr leiſe. Nichter erfen-
nend, fagt fie: »Ich habe ihn früher nicht gekannt; erft acht
Tage nach der Rüdfehr meines Mannes von der Urlaubgreife
babe ich ihn geſehen, ich glaube, e8 war am18. Dezember. Als
ich von einer Militaͤrkommiſſion vernommen werden ſollte, kam
des Morgens mein Mann in das Zimmer und ſagte mir, ich
ſolle ſagen: »Ich wäre im Monat Juni bei Herrn Richter ge⸗
weſen und habe ihn gefragt, ob er der Meinung ſei, daß ich 25
Stück Nordbahn⸗Aktien kaufen ſolle, daß die Antwort des Herrn
Richter »Ja“ gelautet habe, denn die Kurſe ſeien gut, und ich
hätte ihm den Auftrag gegeben, welche zu faufen.« Er hat mir
gefagt, daß ich 30 und einige taufend Gulden dazu brauche.
Ich möge fagen, daß ich mein eigenes Gelb dazu verwendet
babe, und ich habe angegeben, daß ich da8 Geld dazu von einem
Couſin, einen Berwandten meines Vaters, geerbt habe.
195
Vorfibender: Hat Ihr Gemal nie eine Aeußerung
darüber gemacht, ob Sie das ganze Geld Herm Richter
gegeben haben oder nur einen Theil?
Zeugin: Darüber hat er nichts gefagt. Er hat mir gefagt,
Nachmittags um 2 Uhr folle ich zu Herm Richter gehen. Das
war nach der Sigung der Kommiſſion, welche um halb 10 Uhr
Früh ftattfand. Bei der Kommiffion habe ich dasfelbe ausgefagt,
vollftändig nad) derMittheilung meines Mannes. Ich habe mei:
nem Manne mitgetheilt, daß ich feiner Angabe gemäß ausgejagt
hätte. Um zwei Uhr ging ich zu Herm Richter und babe ihm
Alles erzählt. Herr Richter fagte mir: Mein Dann müffe ſonnen⸗
Har aus der ganzen Sache herauskommen, und beim Weggehen
hat er mir gefagt, er werde uns das Geld in's Haus jchiden.
Vorſitzender: Washaben Sie mit dem Ausdrud „Sache
gemeint? War Ihnen der Sinn flar?
Z3eugin: Dieſe Mittheilung war mir klar; er glaubte, es
ſei Verleumdung.
Vorſitzender: Wo haben Sie mir Herrn Richter geſpro⸗
chen?
Zeugin: In feiner Wohnung zwifchen 3 und 4 Uhr; er
war bein Speifen und hat mid in feinem Salon empfangen.
Vorſitzender: Was hat er gemeint mit dem Ausbrude:
„er wird das Gelb fchiden?«
Zeugin: Das Geld, welches mein Mann deponirt hat.
Borfißender: Haben Sie diefe Mittheilung gleich ver-
fanden?
Zeugin: Ja, weil ich fchon des Morgens erfahren habe, er
hätte das Geld in der Kreditanftalt Deponirt, da er ed während
feiner Abwejenheit nicht im Haufe laffen wollte.
Vorſitzender: Haben Eie Ihrem Herrn Gemal über den
Beſuch etwas gejagt?
Zeugin: Sa, ich theilte ihm mit, daß ich bei Herin
Nichter geweien bin, und daß er mir gefagt babe, mein
Mann müfle fonnenklar aus der Sache hervorgehen. Dann
war Herr Richter einmal bei und und hat nach meinem Manne
gefragt, ich glaube es war acht oder vierzehn Tage nach der
eriten Beiprechung, genau kann ich es nicht fagen; im Diejer
Zwiſchenzeit ift auch das Geld gekommen, ich glaube vier Tage
nach meiner Bernehmung durch die Kommiſſion, in Doysmiiter.
Ak
196
Es war in einem blauen groben Papier eingewidelt und mit
Spagat zugebunden. Ein Diener, ben ich nicht gefehen Habe,
hat e8 gebracht. Mein Bedienter übergab es mir und verlangte
eine Beftätigung, die ich ausitellte.
Borfigender: Wie lautete diefe Beitätigung?
Zeugin: Ich habe das Geld von Herrn Richter er⸗
halten.
Vorſitzender: War der Ausdruck „Geld* wirklich drin?
Zeugin: Das fanıı ich nicht genau angeben.
Borfigender: Was war im Padete?
Zeugin: Ich habe es nicht aufgemacht, ih habe gewar-
tet, bi8 mein Dann nach Haufe fam.
Borfißender: Was war der Zweck Ihres Befuches bei
Herrn Richter?
Zeugin: Herr Richter hat einmal nach meinem Manne
gefragt, und mir gefagt, daß er gefommen fei, um meinem
Manne mitzutheilen, daß er eine Borladung zum Landesgerichte
befommen habe und er werde gleich darauf meinen Dann ent-
weder brieflich verftändigen oder felbit fommen, um ihm zu fas
gen, was fich dort ereignet babe.
Vorſitzen der: Was iſt darauf geichehen?
Zeugin: Herr Richter fam, ich glaube zwei Tage |päter,
und fagte, die Vernehmung würde nicht gleich, fondern erft den
nächften Dinitag jtattfinden. Jch weiß das Datum nicht mehr.
Verzeihen Sie, Herr Präfident, ich babe vergeffen anzugeben,
daß, als ich das erfte Mal bei Herrn Richter war und ihın meine
Ausfage mittheilte, Herr Richter bemerkt habe, es märe gut;
auch er fei Tags zuvor bei der Polizei einvernommen worden
und habe dagjelbe gejagt.
Vorſitzender: Iſt über diefe Dittheilung zwifchen Ihnen
und Ihrem Heren Gemal ausführlich gefprochen worden ?
Zeugin: Ich habe ihm das Vorgefallene mitgetheilt, er
aber hat nichts darauf erwiedert.
Baronin Eynatten fegt nun ihre Erzählung weiter fort:
Nachdem Herr Richter nicht gefommen war, bat mein Dann
wich gebeten, ich weiß nicht, ob ed am Freitag oder am Samftag
nach der Vernehmung des Herrin Richter war, ich möchte leß-
teren bejuchen. Ich that dieß Nachmittags zwifchen 3 — 4 Uhr:
Derr Richter jagte mir, daß er mit Baron Brud über diele
197
Angelegenheit gefprochen habe; daß er jedoch den Minifter nicht
fo fehr für diefelbe geſtimmt gefunden hätte, wie er wünfchte;
baß er den Minijter gar nicht verftehe und mit ihm nicht zufrie-
den fei.
Hierauf hat er (Richter) mir gejagt, daß er, nachdem er
täglich zum Sinanzminifter komme, er noch am nämlichen Tage
mit demſelben über die Angelegenheit fprechen werde. Und wenn
Baron Brud nichts thun wolle, fo würde Richter felbit ein
Memorandum Sr. Majeftät dem Kaifer überreichen, und ba
bat er mir die Worte wiederholt: mein Dann müſſe fonnenklar
aus der Sache hervorgehen, und er bedaure nur, das Geld
meines Mannes in Depot genommen zu haben. Er ſagte auch,
es wäre bedauerlich, daß ich ausgefagt habe, e8 wären ihm nur
30 und einige taufend Gulden, und nicht 40,000 fl. überges
ben worden. Mebrigens das mache nichts, weil Frauen fich Teicht
in folden Sachen irren.
Vorſitzender: Eind Sie fpäter vernommen worden?
Zeugin: Nein. — Herr Richter iſt zwei oder drei Tage
Darauf zu meinem Dann gekommen. Da habe ich ihn zweimal
Durch das Zimmer, in dem ich mich befand, durchgehen geſehen;
er hat mit meinem Dann im Kabinet gefprochen. Nach dem
Weggehen Richter’ hatte mein Mann ein Papier in der Hand,
und fagte mir, falls ich noch einmal eine jolche Vernehmung
hätte, fo foll ich fagen — und er las mir daraus vor, wahr-
Scheinlich was ihn Herr Richter diftirt hatte — »ich wäre bei
Richter Anfangs Juni gewejen und hätte ihn gebeten, mir zu
jagen, ob er der Meinung fei, baß ich gut thun würde, 25 Stüd
Nordbahn-Aktienzufaufen. Er hätte mir „„Jas« geantwortet,
zumal der Kurs fehr niedrig jtehe; es fei dieß die beſte Kapitalds
anlage, und auf das hätte ich von ihm 25 Stüd kaufen laflen;
ich wäre Mitte Julı wieder bei ihm gemwefen, und hätte ihm das
Geld für die angekauften Nordbahn-Aftien gebracht, welche er
mir denjelben Tag durch feinen Diener ind Haus geſchickt hätte.
Dieß mußte ich auswendig lernen; ich bin aber nicht gefragt
worden.
Vorſitzender: Auf welche Weife iſt dieſer Aufſatz ent-
ftanden?
Beugin: Das fanı nur Herr Richter bittint u MÄR
Ak“
198
Mann gefehrieben haben; ich habe das auswendig gelernt, was
mir mein Dann vorgelefen.
Borf ißender: Hat Ihr Herr Gemal mit diefen Du
pieren eine weitere Verfügung getroffen?
Zeugin: Ich weiß es nicht. |
Borfikender: Hat Ihr Gemal feine Aeußerung
Darüber gemacht, zu welchem Zwecke der Zettel aufgefeht
wurde?
Zeugin: Nein. Er war fo angegriffen, daß ich ihn dar⸗
über nicht gefragt habe.
Borjibender: In Anfehung dieſes Gegenftandes find
Sie, Frau Baronin, bis zum Ableben Ihres Herrin Gemals
nicht vernommen worden?
Zeugin: Nein. Einen Tag nad) dem Tode meines
Mannes ift Herrr Richter zu mir gefommen und hat mid
gefragt, ob es wirflich wahr fei; er hat mir ſehr große Theil
nahme gezeigt und war ſehr gerührt. Der Zwed feines Befus
ches war einzig, mir feine Theilnahme zu beweifen.
" Borfißender: Hat er über den bewußten Gegenſtand
etwas mit Ihnen geſprochen?
Zeugin: Ich erinnere mich an nichts. Von der Vernehmung
war damals keine Rede. Einmal, ich glaube es war am 5. oder
6. März, habe ich Herrn Richter fragen laſſen, ob er Abends
zu mir kommen wollte, weil ich ihn zufprechen wünſchte, oder ob
ich zu ihm kommen folle; er ließ mir antworten, Abends könne
er keinesfalls kommen, vielleicht Vormitta 198; e8 wäre übrigens
am beiten, ich würde gegen 4 Uhr zu Dr. Gredler kom⸗
men. Ih fam um 4 Uhr bei Dr. Gredler mit dem Herrn
Richter im Privatzimmer des Doftors zufammen. Ich habe
ihm mitgetheilt, daß mein Dann mir in einer zugedeckten Schale
ein Billet mit Kohle gefchidt habe, worin aufgefchrieben
war, was ich Herrn Richter zu wiffen machen follte. — Den
Zettel Habe ich verbrannt. —
Borfißender: War Dr. Gredler bei der Beiprechung
zugegen?
Zeugin: Nein. AlS Herr Richter kam, ging er aus
ben Zimmer. In Folge diefer Mitteilung fagte mir Herr
Richter: „Das ijt nicht wahr, er ſchwöre e3 bei den Häup-
Sern. aller feiner. Kinder, es fer wit wahr, Tab er mewmen
199 .
Manne etwas gegeben habe.“ Das hat mich beruhigt, weil ich
nad) einem folchen Schwure nicht zweifeln fonnte. : Ich habe
ihm auch gefagt, mein Dann babe mir gefchrieben, wir mögen
bei unferer Ausfage bleiben. Herr Richter fagte mir darauf:
»Jetzt geht e3 nicht mehr.« Ich fagte ihm: „Wir fchaden aber
. meinem Mann,« und er antwortete: „Jetzt geht e8 nicht mehr,
denn es fommt zum Schwur. Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage.«
Darauf eriwiederte ich, e8 würde meinem Manne:fchaden, wenn
wir nicht auf gleiche Weile ausjagten. Er bemerkte, es müffe
Alles gut gehen, und dabei wiederholte er nochmals die Worte:
»Ihr Dann muß fonnenflar aus der Sache hervorgehen. «
Die Zeugin behauptet ferner, daß Alles dasjenige, was
le jebt ausgefagt, auch in den Akten vorkommen müfle; es jet
die reine Wahrheit, und fie könne nicht3 Anderes fagen.
. Borfigender: Was haben Sie beim Militärgerichte
ausgeſagt, find Sie bei Ihrer erften Ausſage geblieben ?
Zeugin: Ich babe angegeben, daß das Frühergefagte
fingirt war; ich habe jene Ausfage gleich widerrufen.
Borfigender: Welche Angaben haben Sie gemacht?
Zeugin: Diefelben, die ich jett gemacht habe.
Borfigender: Haben Sie auch gehört, welche Ausfagen
von Herrn Richter gemacht worden find?
Zeugin: Ich habe gehört, daß Herr Richter fagte, ich
Hätte ihm Afles geſagt. Ich war nicht bei Herrn Nichter, Ich
Habe ihn früher gar nicht gekannt. Ich Habe ihn zuerft am 18.
Dezember gefehen.
Vorfikender: Sind Sie in Kenntniß gefonmen bon
Herrn Richter's Ansfage?
Zeugin: Ich erfuhr nur, was mir bei, meiner Verneh⸗
mung vorgeleſen wurde.
Vorſitzender: Was haben Sie darauf für eine Aeuße⸗
rung gemacht:
Zeugin: Ich habe geſagt, daß ich von dem Kadeau gar
nichts wiſſe.
Vorſitzen der: Geben Sie uns eine nähere Aufklärung
über das Depofitum, welches Ihr Herr Gemal bei ber Kredit⸗
anftalt gemacht hat, und was Sie darüber erfuhren.
Zeugin: Erft an dem Tage, an welchen ih vernummen
murbe, erhielt ih enntniß bavon.
200
VBorfigender: War Ihnen fchon bekannt, daß das
Geld bei der Kreditanftalt deponirt gemefen fei?
Zeugin: Ueber Seldangelegenbeiten hat mein Dann
nie mit mir gefprochen. Ich habe nichts Genaueres darüber
gewußt.
Vorſitzender: Hat der Herr Gemal wirklich Ihnen ges
hörendes Geld gehabt?
Zeugin: Ih bin moralifch überzeugt, daß Gelb,
von meinem Vermögen herſtammend, vorhanden geweſen ſein
muß, kann aber nicht angeben wie viel.
Vorſitzender: Haben Sie von der Beſchaffenheit des
Depoſitums Kenntniß gehabt?
Zeugin: Mein Mann hat mir nur geſagt, daß er die
Staatspapiere verkauft und Nordbahn-Aftien dafür gekauft habe.
Vorſitzender: Haben Sie ſich von dem Inhalte des
überfandten Packetes überzeugt?
Zeugin: Ja; weil, wie mein Mann nad) Hauſe gekom⸗
men iſt und ich es ihm übergeben habe, er e3 „aufgebunden« hat;
es waren darin25 Stüd Y'ordbahn-lftien, dann ein Eszterhazy⸗
208, Srundentlaftungs: Obligationen und Metalliqueg.
Vorſitzender: Wo find die Papiere hergefonmen ?
Zeugin: Ic) habe fie in dem Schreibtifche in meinem
Schlafzimmer aufbewahrt, und dort find fie von der Kommiffion
gefunden worden und befinden jich noch jeßt in gerichtlicher
Verwahrung.
Vorſitzender: Welche Aeußerung haben Sie in Ans
fehung Ihrer Anfprüche darauf gemacht?
Zeugin: Sch habe gefagt, daß es mein Geld ift, und
ic) glaube, daß es von meinem Gelde herrührt.
| Vorſitzender: Können Sie behaupten, daß diefe Papiere
aus Ihrem urfprünglichen Vermögen herrühren?
Zeugin: Ich kann es nicht behaupten, weil ich mit
meinem Manne nicht darüber gefprochen habe.
Borfigender: Iſt Ihnen früher befannt geworden, in
welcher Weiſe Ihr Herr Gemal fih mit Herrn Richter ing Ein-
vernehmen gejeßt hat?
Zeugin: Nie.
Borfigenber:. Haben Sie vor dieler Zeit, nachdem
201
Ihnen die Sache befannt geworden iſt, von Herrn RKichter ein
Packet erhalten?
Zeugin: Ich habe gar nichts bekommen.
Vorſitzender: Vielleicht im Verlaufe des Monats Juli?
Zeugin: Ich weiß, daß es Herr Richter behauptet hat;
ich habe aber nichts bekommen.
Vorſitzender: Haben Sie ſich bei Ihren Dienſtboten
darüber erkundigt?
Zeugin: Ja wohl, Sie ſind einvernommen worden. Das
Packet, welches ſpäter kam, war das einzige, welches ich er⸗
halten. Ein Bedienter, der früher bei mir diente, weiß ſich daran
zu erinnern, daß er es übernommen hat.
Vorſitzender: Ich muß nun einen unangenehmen Ge—⸗
genftand berühren und die Frage ftellen, ob Sie, Frau Baronir,
irgend einen Anftand gehabt haben oder ſich in Unterfuchung
befanden? — Die Zeugin eriwiebert hierauf niit äußert leiſer,
faum vernehmbarer Stimme: Ich war wegen einer Schuld
von 3000 fl. in Unterfuchung; die Schuld ift berichtigt, Das
Erkenntniß ijt fchon gefchöpft; ich habe’ meine Strafzeit über-
ſtanden; ich war auf drei Monate verurtheilt und bin nad brei
Wochen befreit worden.
Vorſitzender: Dermalen befinden Sie fih in feiner
Unterfuchung mehr?
Zeugin: Nein.
Richter: Ich habe nur Einiges zu erwiedern; zuerft
wollte ich bloß eine Korrektion des Punktes vornehmen, daß
es nicht Geld, fondern Effekten geweſen find. Die Frau
Baronin bediente fich nämlich des Ausdrudes „Geld«. Ich
habe die Frau Baronin gebeten, mich nicht zu befuchen, da ich
fie auch nicht befuchen mürde, und ihr gefagt, fie möge
zu Dr. Gredler fommen, damit fie das, was fie mir mitzu-
theilen hätte, in Anmefenheit des Dr. Gredler wieberhole;
es ift dieß aber nicht erfolgt. Was das Diftiren der Antwort
anbelangt, fo habe ich fehon bei ©elegenheit meiner früheren
Einvernehmung barauf hingewiesen, daß, nachdem ich dem Ge⸗
neral Eynatten dasjenige mitgetheilt hatte, mas ich ausge⸗
ſagt, er ſich dasſelbe aufſchrieb — zu welchem Zwecke, war mir
damals nicht bekannt. Sch habe fpäter erſt gehört, und die Frau
Baronin hat e8 jebt bejtättigt, der General habe ihr W wur
202
führlich mitgetheilt. Was die Zufenbung ber. Akten im Juli
detrifft, muß ich auf die Ausfage meined Dieners binweifen, er
wird in diefer Beziehung als Zeuge vernommen werben. Ich
habe der Frau Baronin nie eine Suftruftiouw gegeben. Als id
fie das letzte Mal bei Dr. Gredler ſah, war fie fehr ange-
griffen, und ich Habe fie zu tröften gefucht, indem ich damals
noch an den guten Ausgang der Unterfuchung ihres Gemals
glaubte. Ich babe, als fie mir mittheilte, der General werde
befhuldigt, von mir Geld befommen zu Haben, auf das be
ftimmtejte verjichert, daß das nicht der Fall wäre, und fie in
Kolge deffen getröftet. Ich habe bei diefer Gelegenheit auch der
Frau Baronin gefagt, was meine Ausfage betrifft, wenn id
nochmal befragt würde, müſſe ich die Wahrheit Tagen. Die
Frau Baronin bat dagegen Vorftellungen gemacht, und ich habe
geiagt: »Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage, ih muß die Wahr⸗
heit jagen, wie es it, und wie ed auch in der eriten Verneh⸗
mung geichah.«
Borfigender: Haben Sie der Frau Baronin gefagt,
fie ſoll bei Ihrer erſten Ausjage bleiben?
Richter: Ich habe mir gedacht, die Frau Baronin möge
jagen was ſie weiß, ich müſſe Die Wahrheit ſagen.
Vorſitzender: Wie kam es, daß Sie ausſagten, von der
Frau Baronin den Auftrag bekommen zu haben, Aktien zu
kaufen?
Richter: Das iſt die Folge der Ausſage, welche die
Frau Baronın bei ihrem erſten Einvernehmen machte.
Borfigender: Da Sie fich entfchloffen haben die Wahr«
heit zu fagen, wenn es zu einem Eide kommen follte — und
Sie boten ſich jelbit dazu an — warum haben Sie die Frau
Baronin verleitet, bei ihrer Ausjage zu bleiben?
Richter: Was ich der Frau Baronin fagte, hatte feinen
anderen Sim, als jie möge handeln nad ihrem Gewiſſen und
ihrer Veberzeugung.
Zeugin: Herr Richter fagte mir: „Ich kann nicht dabei
bleiben, weil es jett zum Schwur fommt; bleiben Sie aber bei
Ihrer Ausfage.«
Borfigender: War nie die Rede von 25 Stüd Nord⸗
bahn⸗Aktien, ift Ihnen feine Mittbeilung über die Ausjage des
Barons gemacht worden?
203
Richter: Die Frau Baronin wird beftätigen, daß ich nie
ein Wort mit ihr über die Nordbahn-Aktien gefprochen babe.
Sch weiß von der Einvernehmung bes Herrn Generals nichts
Anderes, als was mir die Frau Baronin mitgetheilt hat, näms»
Tih, daß er befchuldigt werde, von mir Geld genommen zu
haben.
Zeugin: Ich kann nur mittheilen, daß mein Mann mir
gefagt Hat. mas ich ausfagen fol. Ich bin hingegangen, um Herrn
Richter zu fagen, daß mein Dann mir aufgetragen bat, bei
meinem Einvernehmen zu erklären, ich wäre im Juli bei Rich:
ter geweſen, um ihn zu fragen, wie viel Geld nöthig wäre,
um 25 Stud Nordbahn: Aktien zu kaufen. Richter habe
geantwortet: Einige 30.000 fl. Es ſei dieß eine gute Kapi⸗
talsanlage.
Vorſitzender zu Richter: Haben Sie von ber Frau
Baronin Mittheilung über das, mas der Baron ausgefagt hat,
erhalten?
Richter: Die Frau Baronin hat mich zu diefem Zwede
das erfte Mal am 18. Dezember befncht, und mir die Mitthei-
fung gemacht, was fie bei der militärifchen Einvernehmung ge:
fagt hat.
Zeugin: Sch muß um Perzeihung bitten, mein Mann
bat geiagt, ich möchte zu Nichter geben und ihm meine Aus—⸗
fage mittheilen. Richter hat mir zur Antwort gegeben, es fei
ganz recht, denn er habe bei der Polizei dasfelbe gefagt.
Richter (barfch): Das kaun nicht fein, Hoher Oerichtshof,
denn bei meiner polizeilichen Einvernehmung fommt das nicht
vor. Die Baronin hat mir mitgeteilt, fie habe ausgefagt, daß
fie mir für 25 Stück Nordbahır- Aktien etliche 40.000 fl. zahlte,
und ich babe mich im Sinne der Frau Baronin geäußert, nur
mit dem Unterfchiede, daß ich ftatt 40.000 fl. etliche 30.000 fl.
angegeben. Das ift dasjenige, ich muß e8 wiederholen, deſſen
ich mich in der ganzen Unterfuchung zu fchämen habe. Es war
eine Schwäche. das ich das gethan habe.
Vorfigender zur Baronin: Hat Herr Richter eine
Aeußerung gegen Sie gemacht, ob er noch Gläubiger Ihres
Gemals fei, und ob die Forderung noch beftehe?
Zeugin: Davon war nie die Rebe.
Vorfipenber zu Richter: Warum haben Ste Ver Rus,
204
Baronin nicht gefagt, daß Cie derlei Anfprüche zu machen
Richter: Nein; ich glaubte die Frau Baronin durch
ihren Gemal unterrichtet. Ich habe es unterlafien, denn «8
hätte dieß einer Srinnerung ähnlich gefehen, und Das wollte
ich nicht thun.
Vorfißender: Aber nachdem ber General mit Tod ab-
gegangen war, hätten Sie doch fagen fünnen: Ich bin noch in
Verrechnung mit dem Herrn General. Er ift mir mit 26.000 fl.
südjtändig.
Richter: Hoher Gerichtshof! Ich habe die Frau Bar
nin nur am 6. gefprochen, nachher nicht mehr. Damals war bie
Grau Baronin durch die ganzen Vorgänge fo alterirt und mit
genommen, daß ich ihr nicht fagen wollte: Ich habe noch eine
Forderung. Es ift dieß eine Rückſicht, die ich freilich nicht hätte
ausüben ſollen.
Vorſitzender: Hier liegt die Gmpfangebeftätigung vor.
(Diefelbe wird ſowohl von der Fran Baronin als von Richter
als richtig befunden.) Cie lautet:
»Ich beftätige hiermit, daß ich durch den Diener bes
Herrn Richter unter heutigem Datıım ein Padet mit
Merthpapieren empfangen habe.
20. Eeptember 1859.«
Richter: Es iſt hier ftatt Geld Werthpapiere gefchrieben.
Borfißender zur Baronin: Im weldyer Art haben Sie
beftätigen fünnen, daß es Werthpaptere waren?
Zeugin: Der Diener hat es gefagt, ich habe das Padet
nicht aufgemacht; dann habe ich ja fehon am 20. gewußt, daß
mein Mann Papiere deponirte.
Staatsanwalt: ft nie die Rede davon gewejen, daß
Effekten oder Werthpapiere in's Haus geſchickt worden find?
Zeugin: Nie.
Staatsanwalt: Sit nie die Rede davon gewefen, baß
auch Richter Ihrem Manne Geſchenke gegeben hat?
Zeugin: An Gefchenfe erinnere ich mich gar nicht: man
hat nur gejagt, Richter habe angegeben, er ſchäme fich in fei-
ner ganzen Amtshandlung über gar nichts, als daß er ber Fa⸗
milie Eynatten Gefchenfe gemacht hat.
Staatsanwalt: Auf welche Art iind Frau Baronin
205
zur Kenntniß gekommen, daß man Ihren Gemal beſchuldige,
er hätte auch von Richter Geſchenke befommen?
Zeugin: Er hat mir einen Zettel mit Kohle gefchrieben,
welchen er in ein Eafferol legte, worin man ihm das Eifen ge-
ſchickt hatte.
Dr. Berger: Frau Baronin haben angegeben, daß Sie
an dem Tage, mo Sie das erſte Mal von der Militär⸗Kom⸗
million in Ihrer Wohnung vernommen wurben, von Ihrem
Gemal den Auftrag befamen, zu Direftor Richter zu geben,
ihm mitzutheilen, daß Sie vernommen worden und dasjenige
befannt zu geben, was Sie ausgefagt haben. War Ihr Gemal
verhindert, felbft zu Richter zu gehen, oder was war ber An-
laß, daß Sie hingingen? |
Zeugin: Es war fein Wille, daß ich hingehe. Er hat
wahrjcheinlich nicht gehen wollen; ich weiß nicht, ob er verhin⸗
dert war.
Dr. Berger: Frau Baronin haben ausgeſagt: ‚Mein
Mann hat einen Zettel gefchrieben, er muß ihm bdenfelben
biktirt haben.« Es waren Ihre Worte: „Muß.« Woher fchöpf-
ten nun Frau Baronin den Ausdrud: Richter muß diktirt
haben?«
Zengin: Das kann ich nicht fagen, mein Mann war allein
mit Herrn Richter im Kabinet, ift dann, nachdem er Herrn
Richter bis ins Vorzimmer begleitet hatte, zurüdgefommen,
und hat mir den befchriebenen Zettel vorgelefen. Ob es die
Schrift von Richter oder von meinem Marne geweſen, meiß
ich nicht. Ich habe den Zettel nicht gefehen.
3 Dr Berger: Ich bitte mir zu erflären: als Richter
bereit3 gerichtlich vernommen war, bat er Ihnen gefagt, jebt
geht es nicht mehr bei den früheren Ausfagen zu ‚bleiben.
Seht komme es zum Schwur, Frau Baronin haben heute
folgenden Zuſatz gemadht: Richter habe gefagt, wir fönnen
ni —* bei unſerer Ausfage bleiben. Auf wen bezogen Sie
Das Wort: „Wir?«
Zeugin. Auf ihn und mid.
Dr. Berger: Welchen Eindrud hatte daher der Zuſatz
auf Sie gemacht: „Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage.*
Zeugin: Darum habe ich auch den Entwumii gemakt,
206
»wenn;“ wenn wir nicht »gleich« ausfagen, werden, mir uns
ſchaden.
Dr. Berger: Können ſich Frau Varonin des : Zettels
erinnern, den Ihr Gemal aus dem Gefängniß, mit Kohle ge
schrieben, gefchidt * — Die Baronin fieht den Staatsanwalt und
den b. Gerichtshof an und fragt: Sul ich die Worte mieber:
Holen? — Auf die Beinerfung des Dr. Berger: »E8 Liegt mir
daran, und auf die Aufforderung des Vorfienden, es zu thun,
jagt die Baronin: Es ftand darauf: „Faites savoir a Rich-
ter, qu’on pretend, qu’il m’a donne aussi de l’argent.*
Dr. Berger: Sie haben das erite Mal angegeben,
»qu’on pretend« und das zweite Mal „qu’on l’accuse«. -
Borfigender (zur Zeugin): Es Liegt mir hier eine Ein⸗
gabe Sr. Durchlauct des Fürften Schwarzenberg vor, woraus
hervorgeht, daß Sie in einer friegsgerichtlihen Unterfuchung
wegen des Verbrechens des Betruges verwidelt geweſen, und
daß Sie auf freiem Fuße gelaffen wurden. Sch erfuche Sie mir
die näheren Umftände über diefen Sachverhalt angeben zu
wollen. Es ift zu erörtern, ob Diefe Unterfuchung zu Ende ge
kommen tft, ob diefe Haft eine Strafe oder bloß eine Anhals
tung gewefen.
Zeugin: Es war die Strafe; ich war auf drei Monate
verurtheilt.
DBorfigender: Iſt auch rücdfichtlich des Adels etwas
verhängt worden?
Zeugin: Gar nichts.
Vorfitzender: Ich habe dieſen Gegenjtand nur aus dem
Grunde zur Sprache gebracht, damit die Beridigungsfrage
erörtert werden fann.
Staatsanwalt: Ich glaube, daß die Beeidigung ent-
bebrlich gemacht werben faun nach $. 132 lit. g. *) Dr. Berger
erklärt, daß er ebenfalld auf die Beeidigung Verzicht Teifte,
und zwar auf Grund desfelben $. lit. a. Der Gerichtähofisieht
fich zurüd und entfcheidet dem Autrage der Staatsbehörde. ge:
mäß, daß die Baronin nach $. 132 lit. g. nicht zu beeiden fei.
*) Jit. g des $. 132 lauter: „Nicht zu beeiden find: Die tu ihrem
Berböre wefentliche Umftände angegeben haben, teren Unwahrheit
bargethan if, und worüber fle nicht einen bloßen Irrthum nach⸗
meiſen fönnen.“
0 L
207
Hierauf wurde der Zeuge Angel vorgerufen.
Michael Angel, Kanzleidiener ber Kreditanftalt, 64
Jahre alt, verheiratet, erklärte, er fei feit fünf Jahren bei ber
Krebitanitalt bedienftet. Auf die Srage, ob er nicht wife, warum
er vernommen werde, erklärte er, es fei dieß wahrjcheinlich aus
dem Grunde, aus welchem er fchon in der VBorunterjuchung bes
fragt wurde. „Ich habe ſchon damals geſagt,“ erzählt er, »daß
ich nur ein paar Mal bei Baron Eynatten war, daß diefer bei
Direktor Richter in der Kanzlei gewefen, und bann daß ich zum
Baron Sachen Hingetragen, und zwar ein Badet im Dezember. *
Vorfigenders Was ift Ihnen dabei gefagt. worden?
Zeuge: Ich foll mir eine Beftätigung geben laſſen.
Borfigender: Haben Sie fie auch richtig übergeben?
Zeuge: Ja. Ich habe eine Beitätigung befommen und.
fie Herrn Richter eigenhändig übergeben.
Vorſ itzender: Haben Sie außer damals noch ein ander⸗
mal ein ähnliches Packet hingetragen?
Zeuge: Ja, in früheren Zeiten, ich glaube Ende Auguſt
oder Anfangs September. Das damalige Packet war in einem
blauen Papiere eingemacht.
Vorſitzender: Was haben Sie damals für eine Kom⸗
miſſion erhalten?
Zeuge: Keine andere als die: „Geben Sie dieſes
Padet ab.«
Vorſitzender: Wie fpät war es, als Sie das Padet
abgegeben haben?
Zeuge: Es war gegen 5, 6 oder 7 Uhr ben dB.
Borfigender: Konnen Sie ſich nicht erinnern, um welche
Jhhreszeit:c8 war?
Zeuge: Ich habe bereits erwähnt, daß es im Auguſt oder
September war. Ich habe das Packet einem Frauenzimmer uͤber⸗
geben, welches mir die Thür öffnete und ſagte, daß Baron
Eyngsten nicht zu Haufe fe.
orfißender: Woraus fehließen Ste, daß e3 Ende
Auguſt oder Anfangs September war?
Zeuge: Das fann ich nicht fagen, was man daraus
Schließen kann. (Allgemeine Heiterkeit.)
Borfitender: Mir fällt es auf, daß Sie heute ſo be-
ſtimmt von einem Badet reden, nachdem Ihre Krüherr. gariit-
208
liche Vernehmung im April d. J. mit Ihrer jebigen im Wis
berfpruche fteht. Ich begreife nicht, wie es fo beftimmt in Ih⸗
rem Gedächtniſſe geblieben ift, daß Cie rückfichtlich des Packets
behaupten fünnen, e8 fei im Auguft oder September gewelen.
Zeuge: Weil ich mir „überdenft« habe, ſeitdem ich das
erſte Mal gefragt worden bin.
Der Borfigende verlieft ihm nun feine Ausfage, Die er
(Zeuge) in der Vorunterfuchung abgelegt und worin der Pafs
fus vorfommt: »Es ift mir dunkel und kommt mir fo vor, als
wenn ich im Sommer das Padet übergeben hütte.«
Richter: Ich habe gegen dieſe Ausfage des Zeugen
Angel nichts zu bemerken, als daß die Angabe desjelben, es
ſei eine Uebergabe im Auguſt oder September erfolgt, auf
einem Irrthume beruhe. Thatſächlich erfolgte die Uebergabe
im Juli.
Staatsanwalt: Haben Sie Baron Eyngtten in der
Kanzlei Richter's geſehen?
Zeuge: Ich glaube im Sommer. Um welche Zeit, kann
ich mich nicht erinnern.
Staatsanwalt (zu Richter): Sie erinnern ſich an
Du Widerſpruch, daß Sie früher ſagten: er wär nie bei mir.
deann fagten Sie: nie in der Kanzlei, fondern in der Woh⸗
nung.
Richter: Sch bitte, ich fagte: nie in der Wohnung, ſon⸗
dern in der Kanzlei.
Staatsanwalt: Von welcher Farbe war das Papier,
in welchem das Packet eingebunden war?
Zeuge: Das erite Padet, das im Sommer abgegeben
wurde, war in blauem Papier, das fpäter abgegebene in
grauem.
Richter: Das obere Papier war grau und das Darunter
befindliche blau.
Staatsanwalt: VBefchreiben Sie das Stubenmäßchen,
dem Sie das Packet übergeben haben. |
Zeuge: Ich bitte um Verzeihung, das kann ich nicht
fagen. Es war am Abend, ich hab’ angeläutet, das Packet
übergeben und mich nicht umg'ſchaut ob fie jung oder. alt ift.
(Allgemeine Heiterfeit.)
Borfigender (Zum Bublitum) : Meine Herren! Ich
209
bitte den Anftand nicht außer Augen zu laffen. Sie befinden
fi im Serichtsfaale; diefer Segenftand ift nicht als Lachitoff
zu behandeln. Er iſt zu traurig, zu ernft, zu fchwierig, obgleich
es der Zeuge nicht ernft meint, und Die ganze Angelegenheit
bloß wie eine gewöhnliche Sonverfation zu behandeln fcheint.
Der Vorſitzende ermahnt hierauf auch den Zeugen die
Aussagen der Wahrheit gemäß abzulegen und die Sache nicht
leichtfertig zu behandeln.
Staatsanwalt: Sie fcheinen mir fehr verdächtig, und
ich. muß glauben, daß file eine falfche Ausfage abgelegt haben.
Sch fordere Sie auf, die Perfon genau zu befchreiben, Der
Sie das erfte Padet übergeben haben.
Zeuge: Ich bitte ſehr, ich kann mich nicht recht erinnern.
Staatsanwalt: Wie hat-die Perfon anusgefehen, der
Sie da3 zweite Packet übergeben haben, und wie fpät war e8?
Zeuge. Sie war noch ziemlich jung, und ich glaube, daß
es gegen ein Uhr Mittags gewefen fei.
Staatsanwalt: Da Sie felbit fagen, daß Sie im
Ganzen nur zweimal dort waren, und es erwiefen ift und feit
fteht, daß Sie am 16. Juli das erfte Mal dort waren und das
zweite Mal im Dezember, wie fünnen Sie nun behaupten,
Daß Sie im Anguft dort gewefen fein? Es muß dieſe Ihre ges
genmwärtige Erinnerung offenbar faljch fein.
Zeuge ſchweigt.
Landesgerichtsrathb Duſcher: Sie haben erſt gefagt,
Sie konnten ſich auf den Tag erinnern; wann war dag?
Zeuge: An einem Wochentage.
Duſcher: Wie hätten dann Ihre Angehörigen willen
follen, da Sie doch jelbit jagen, daß Sie ed am Abend abge
geben haben wollen, daß die Abgabe des Padets durch Sie
erfolgte?
Zeuge: Ich habe gedacht, es könnte vielleicht an einem
Sonntag gewefen fein, und daß ich mit ihnen gelegentlich der
Abgabe des Packets in der Jägerzeile jpazieren ging...
Nachdem der Zeuge abgetreten war, erklärt der Vor—
fitende, daß er fich veranlaßt finde, zur Vervollftändigung des
Verhöres auf die Befchuldigungspunfte rücfjichtlich der Zwilch⸗
lieferung überzugehen. Richter jeßt auseinander, DaB er von
Seiten des Baron Eynatten fowohl als der Abtueilungsrärs
210
senten wiederholt über Mangel an Zwilch Hagen hörte. Weil
nun alle Beftrebungen zur Zwilchanſchaffung im Inlande nubs
108 waren, fei endlich General Eynatten mit der Erklärung
herausgerüct, die Kreditanftalt müſſe erfucht werden, im Aus
lande für Rechnung des Armee: Oberfonnmandos Einkäufe zu
machen. Richter hat das Gefchäft für die Kreditanftalt nicht
für geeignet gefunden, weil er fagte, daß die Anſtalt einen für
folche Einkäufe geeigneten Beamten nicht befiße. Meber Zure⸗
den des Baron Eynatten hat fiih Richter nach feiner Ins
ftruftion verpflichtet gehalten, den Finanzminiſter von biefem
Vorſchlage in Kenntniß zu feßen, mit der Erklärung, daß er
den Vorfchlag des Baron Eynatten weder von den Stande
punkte der Kreditanjtalt noch wegen des projektirten Ankaufes
im Auslande mit feinen hHandelspolitifchen Anfchauungen über
‚ ainftimmend fänte. Das Finanzminiſterium hat beshalb eine
Rückſprache mit Epnatten zugefagt. Am folgenden Tage fan
nun Richter wie gewöhnlich in das Armee-Oberkommando,
und dort wurde ihm fegleich von Baron Eynatten die Zus
fimmung bes Finanzminiſteriums zu-den Einfäufen im Aus
land bekannt gegeben. Baron Brud habe ihm (Richter) au
thatfächlich mitgetheilt, daß die Dringlichkeit der Einkäufe
einen Ausweg nicht übrig lajfe.
Tach drei bis vier Tagen hat Richter feine Zuftimmung
zur. Uebernahme der Ginfäufe für die Kreditanitalt befannt ge
geben. Herr Schiff wurde hiervon in Kenntniß gefebt. Mit
. Einvernehmen Schiffs wurde von Richter auch der Kauf:
mann Hoppe bezüglich der Zwilcheinkäufe engagirt und bie
Abreife desjelben auf den 6. oder 7. feſtgeſetzt. Nothwendiger⸗
weile fei die Valutafrage und die moralifche Verpflichtung, ven
Bedarf zum Theil in Voraus zu deden, zur Sprache gekom⸗
men. Bon Baron Eynatten fei er hierüber an den Finanz-
miniſter gewiefen worden, und zu Diefen ſei nun Richter für
deu 7. Juli zur Erledigung der Angelegenheit beitellt werben.
An diejem Tage wurde er von dem Finanzminiſter aufgefordert,
für Rechnung des Aerars 20.000 2. St., und zwar zur Ver:
Hinderung des Hinauftreibens des Kurjes auf der Börſe wo
möglich aus dem Portefeuille der Kreditanitalt anzufchaffen.
Richter habe die zugefagt, mit dem Bemerken, es ſei dieß
um jo mehr thunlich, nachdem er jelbit von reinem im Depot
211
der Kreditanfsalt befindlichen » London« (die Aſſekuranz für fein
großes Stoffgeichäft) einen PBoiten von 10: bis 12,000 8. St.
werbe ablaffen können. Sinanzminifter Brud habe ihm er-
Härt, wenn.bas Geſchaͤft gefchloflen werde, fo müfle der Kurs
am 7. Juli zu berechnen fein. Nichter habe fich die Erthei-
Jung ber Antwort auf den folgenden Tag vorbehalten. Am 8.
Hatte er ſowohl den Binanzminifter ald den Baron Eynatten
von dem Verkaufe diefer 20.000 2. St. verftändigt, und zwar
durch einen Zettel, auf beifen Kopf die Firma ber Kreditan-
ftalt vorgedrudt war. Er wollte auch am felben Tage dem Ba⸗
son Eynatten die Rechnung darüber geben, jedoch fet er von
dieſem erſucht worden, die Rechnung über den Devifeneinkauf,
die Zwilchfakturen und die Kalkulationen zufammenzubringen.
Auch von dem Abfchluß des Devifengefchäftes wurde Herr
Schiff unterrichtet. Herr Hoppe, der bereit3 am 6. abgereift
war und in Leipzig circa 1100 Stüd Zwillidh bereits gefaujt
hatte, erhielt am 9. telegraphifche Ordre, fich nach London zu
begeben und dort weitere Aufträge abzuwarten. Das Geſchäft
suhte bis zum 13., wo der Triebe gefchloffen wurde, worauf
Hoppe den Auftrag zur Rückkehr erhielt. Die von ihm zu ben
20.000 8. St. gegebenen 12.000 babe er auch ordnungsmäs
Big angemiefen. Nach dem Friedensſchluſſe wurden die Devifen
mit Zuftimmung des Armee-Oberfommandos fufzeffive ver
Tauft, und nachdem die barüber eingebrachte Rechnung von dem
Sinanzminifterium betätigt wurde, das Guthaben der Kredit:
anftakt zur Auszahlung angemiefen.
Zu dieſer Erzählung des fachlichen Herganges gibt Rich⸗
ter zu bedenken, daß die Kreditanftalt fich nicht um das Ger
fchäft beworben.habe, und was die Dedung des Balutabedarfes
anbelangt, e8 zweifellos fei, daß eine Kommifflon von Sachver⸗
ftändigen, welcher man biefe Frage vorlegen wilde, diefelbe un-
bedingt bejahen würde. Am 7., fagt er, hat noch Niemand
an ben: fünf Tage darauf erfolgten Frieden geglaubt. Die Fort:
tauer bes Krieges war viel wahrfcheinlicher als der Friede, und
dann eine bedeutende DVerfehlechterung der nächiten Kurſe ficher
zu erwarten, und in.einem folchen alle wäre es für den dfter-
seichifchen Finanzminiſter, als auch für den Direktor ber Kres
bitanftalt nicht zu rechtfertigen gemwefen, ohne vorherige Deckung
ber Baluta im. Auslande für. den Staat Waoren Anyatanlan.
Ad
212
Menn das Armee-Oberfonmando bei den Devifen einen Bers
(uft von 50.000 fl. hotte, jo muß man bedenken, daß er durch
den zur rechten Zeit eingeleiteten Stillitand und Die vorberges
gangene.Zögerung im Einkaufe den Staat vor größerem Scha⸗
den bewahrte, ber fpäter im Inlande feinen Bedarf an Zwillich
zu Sriedenspreifen erzielen-tonnte. Während des Krieges mar
folcher entweder gar nicht aufzutreiben oder höchitens zu übers
fpannten Einfaufspreifen zu haben.
Borfigender: Welche Mittheilung haben Sie Herr
Schiff darüber gemacht?
Richter: Ich habe ihm die Mittheilung gemacht, daß
ich an den Finanzminiſter 20.000 2. St. verkauft habe, nach⸗
dem ich ihm bereitö früher gejagt habe, daß die Kreditanftalt
für Rechnung des Armee⸗Oberkommandos Zwilliheinfäufe im
Auslande machen werbe.
Borfigender: Haben Sie einen fehriftlichen Auftrag
befommen?
Richter: Ich habe einen folchen verlangt, aber Baron
Eynatten bat bei ähnlichen Gelegenheiten immer gennts
wortet: »Ich, ArmeesOberfommanbant, ich gebe ben Auftrag.
Der Kreditanjtalt wurde eine Provifion von drei Perzent zugefts
chert, und es iſt übrigens auch ein Organ der Kreditanftakt hie⸗
von in Kenntniß geſetzt worden.
Vorſitzender: Was haben Sie Hoppe für Inſtruk⸗
tion gegeben?
Richter: Er fol fih in Leipzig, Bremen, Hamburg
und endlich in England um Zwillih umfehen, fo guten und
fo billigen als möglich im Namen der Kreditanftalt kaufen
und die Anzeige der realilirten Einkäufe an die Kreditans
ftalt machen.
Borfißender: Haben Sie dem Hoppe die nöthigen
Seldmittel mitgegeben?
Richter: Zur Bezahlung des Zmwilliches nicht; er mußte
bie Verkäufer an die Kreditanftalt weifen, allein zur Bejtreitung
feiner perfönlichen Bebürfniffe wurde ihm ein Akkreditiv auf
Antwerpen und eines auf London gegeben.
Vorſitzender: Wer hat die Uebergabe ber gefauften
Zwilliche eingeleitet?
Richter: Ich weiß nicht, ob Bayer dabei war.
215
Nichter: Ich kann mich da nur auf den Bericht bes Fi-
nanzminiſteriums berufen.
Hierauf lieft der Vorſitzende zur Ergänzung des Angeführ-
ten die betreffenden Aktenſtücke vor, nämlich die telegraphifche
Mittheilung Hoppe’8, die Eingaben Richter’s an das Armees
Oberfommando bezüglich des erwähnten Gefchäftes, und eben
fo Die Angabe Liebig’s, ferner die Erledigung über das Ans
fuchen des Herrn Richter, die angelauften Zwilliche zu über-
nehmen, fo wie bie Faktura über ben angelauften Zwillich. Bei
diefer Selegenheit erinnert der Präfident nochmals, daß in dies
fer Faktura über den Anlauf von Zwillich in Leipzig keine Er⸗
wähnung von Devifen enthalten ift, nachdem doch Spefen,
Zinfen und Provifionen für die Kreditanftalt berechnet find.
Richter erwiedert darauf, dieß fei deßwegen gefchehen, weil
mit London eine andere Dispofition getroffen wurde, nämlich
die des Verkaufs.
Hierauf Tieft der Präfident bie Aktenftüde bezüglich des
Berkaufes der ausländifchen Valuten vor, nämlich die Eingas
ben Richter’8 an das Armee- Oberfommando um die Ausfols
gung des fih in Folge des Sinkens der Kurfe ergebenden
Berluftes von 50,745 fl., die Eingabe des Baron Eynatten an
den Herrn Erzherzog Wilhelm, deffen Erlaß an das Finanzmi⸗
nifterium, die Rüdäußerung besfelben, in welcher bie Forde⸗
sung als liquib anerlannt wird, ferner bie Mittheilung von
Seite des Armee» Oberlommandos an bie Kreditanitalt, und
endich bie Beitätigung ber Krebitanftalt über die geichehene
Zahlung der von ihr in Anfpruch genommenen Kurdbifferenz.
Vorſitzender: Es wäre angezeigt geweſen, daß mit den
Fakturen auch die Rechnung über das »London« überreicht wor⸗
den wäre.
Richter: Das geichah deßhalb nicht, weil der Verlauf des
»London“ noch nicht vollzogen war.
Borfipender: Hatte Baron Eynatten davon Kenntniß?
Richter: Allerdings.
Borfigender: Wann hat ber Verkauf des „London«
ftattgefunden ?
Richter: Es muß gegen Ende Juli gewefen fein.
Borfigender: Wie viel haben Sie im Depot liegen
gehabt?
218
Richter: Weil zu der Zeit der Verkauf der Devifen noch
nicht vollzogen war.
Borfibender: If das Armee» Oberfommaitdo vom
Ankaufe derfelben verftändigt worden?
Richter: Ich Habe dem Baron Eynatten die Mitthei⸗
lung bievon. gemacht.
Vorſitzender: Wie konnte der Finanzminiſter einen Aufs
trag geben, baß für das Armee» Öberlommando ein folder Bes
frag von »London« angelauft werde?
Richter: Baron Eynatten fagte, als ihm biefe Frage
vorgelegt wurde, — wie er es als ehrlicher Mann thun mußte, —
er verftehe fie nicht, und fenbete mich zum Finanzminiſter, wie
ber es entfcheiden werde, jo ſoll es fein.
Vorſitzender: Auf welchen Namen wurden Diefe 20,000
2. St. verbucht?
Richter: Auf den Namen des Armee: Oberfommandss,
weil mir vom Finanzminiſterium ber Auftrag gegeben wurde,
fie für das Armee» Oberfoimmando zu kaufen.
Vorſitzender: Wer fann uns über dieſes ©efchäft den
beiten Aufichluß geben?
Richter: Der Herr Direktor Schiff.
Vorfitender: Wie haben Sie ihn davon verftändigt?
Richter: Sch erfuchte ihn am 13., da feine Zwilliche
mehr gekauft werden, die Rechnung über gekaufte London zu
machen. Die Durchführung derjelben it am 14. erfolgt.
Vorſitzender: Warum erfchienen diefe 20,000 Pf. St.
erft am 14. im Börfentableau?
Richter: Weil Baron Eynatten mich erſuchte, die
- Rechnung über die gekauften 20,000 Pf. St. erft dann anzus
bringen, wenn die Zmwillichfakturen eingelangt fein werben.
Borfisender: Wann ift der Einfauf gefchehen?
Richter: Am 7. Ih muß auf das Beſtimmteſte erflären,
ich bin das mir und auch einem anderen Manne, dem Finanz-
minifter, jchuldig, daß am 14. Fein Abſchluß gefchehen if. Am
za ift die Durchführung des Gefchäftes erfolgt, welches am
7. zwijchen mir und dem Minlfter vereinbart wurde.
Vorſitzender: Warum wurde das am T. abgefchloffene
©efhäft erſt am 14. durchgeführt?
217
Hierauf wird zur Vernehmung ded Zeugen Hofrath
EdersKraus, k. k. Kriegskommiſſaͤrs, gefchritten. Derfelbe ift
60 Jahre alt, aus Ofen gebürtig und bei der Monturs⸗ und
Ausmeffungsabtheilung Nr. 13 angeftellt. Diefer erklärt den
Angeklagten zu fennen, und zwar durch Lieferung von Kalikot
und Zwillih. Weber die Art, wie dieſe Lieferung abgefchloffen
wurde, aͤußert er ſich alfo: Es find Offerte eingereicht worden,
und diefe wurden erledigt auf Befehl des Generaldirektorg,
entweder genehmigend oder ablehnend. Das Referat darüber
Hat er abzugeben gehabt.
Borfigender: Sind Gegenſtände vorgefomnen, bie ohne
folche Referate entjchieden oder von Seite bes FEME. Eynatten
erledigt worden find?
Zeuge: Bei mir durchaus nicht.
Borfigender: Sind Sie immer mit dem Borgange
bes Baron Eynatten bei biefem Gegenftande einverjanden
gemejen?
Zeuge: Im Gegentheil, wie es auch meine Notaten be⸗
weiſen. Ich habe meine Meinung geſagt, und wenn die nicht
genehmigt wurde, fo mußte ich feine Anträge und feine Be⸗
fchlüffe in Ausführung bringen, weil er ber einzige Herr war,
ber zu .befehlen hatte.
Borfigender: Haben Sie bemerkt, daß befondere
vertrauliche DVerhältniffe zwifchen Eynatten und Richter
ftattgefunden?
Zeuge: Das nicht, außer daß der Direftor Richter einen
. großen Theil des Tages bei Baron Eynatten zubrachte, und
mich dadurch in meinem Referate genirte.
Borfigender: Was war die Beranlaffung zur Liefe⸗
sung von vier Millionen Ellen?
Zeuge: Die Veranlaffung war der Bebaıf. Als ber
Krieg entftanden war, mußte berechnet werben, wie viel Zwilliche
Die Armee bebürfe, und da hat fich berausgeftellt, daß über vier
- Millionen nötbig waren. Da aber Leinwand beſtellt war, ſo
babe ich einen Antrag auf nur 3 Millionen geftellt, in ber
Hoffnung, daß der Herbft fommt, wo wieber Leinwand zu
befommen fein wird. Plößlich finde ich eined Tages vier
Millionen bewilligt.
216
Nichter: Außer den 12,000 Pfund, die ich der Kredit
anftalt überließ, noch zwifchen 16- und 18,000 Pd.
WVorſitzender: Was follte bezüglich der Abfchreibung der⸗
jelben aus Ihrem Depot gefcheben?
Richter: Das war dem Herin Schiff überlaffen.
Borfigender: Wie viel wurde in Leipzig verwendet?
Richter: Das meiß ich nicht genau, das ift aus ben Büuͤ⸗
chern zu erfehen.
Borfigender: Können Sie jih auf Niemanden berufen,
der angeben könnte, was mit den übriggebliebenen „London*
geſchehen follte?
Richter: Ich kann mich nur auf zwei Verftorbene berus
fen. Es murde der SKreditanftalt überlafien, die übriggebliebes
nen »London« fulzeffive auf der Börfe zu verkaufen.
Borfigender: Sind fie auch wirklich verrechnet worben?
Richter: Am 8. oder 9. November tft die Rechnung ein⸗
gereicht worden.
Vorſitzender: Was ergab ſich beim Verkauf ders
felben ?
Richter; Ein Verluft von 48- bi8 50.000 fl. in %olge
des Rückganges der Kurfe vom 7. Juli an.
Borfigender: Wer hat darüber die Rechnung?
Richter: Der gegenwärtige Direktor Dutſchka. Ich
kann mich nur auf das berufen, was ich fehon gejagt babe. Ich
muß mich vor Allem auch auf den Bericht, welchen das Finanz
minifterium über diefen Gegenitand bat erfließen laſſen, berufen.
Ich muß mich im Allgemeinen auf Herrn Direktor Schiff be
zufen. Ich muß mich berufen auf eine. Ausfage, welche Herr
Hofratb Baron Brentano gemacht hat, und endlich auf die
Thatfache, daß Herr Hoppe am 6. abgereilt ift, alſo daß
Zwillicheinfäufe wirklich beabfichtigt waren, wodurch fich der
Einfauf der „London« erflären laffe.
Der Staatsanwalt behält fi) ale Fragen für die nach⸗
ſten Tage vor. Dr. Berger ſtellt einige Fragen an Richter,
aus denen es ſich herausſtellt, daß eigentlich die Kreditanſtalt
20,000 Pfd. St. an das Aerar und Richter 12.000 Pf.
an die Kreditanſtalt verkauft habe, daß der eigentliche Abſchluß
eines Geſchäftes an dem Tage, wo der Verkauf gemeldet und
nit an jenem, wo es gebucht wird, ſtattfindet.
217
Hierauf wird zur Vernehmung des Zeugen Hofrath
EdersKraus, E 8. Kriegskommiſſärs, gefchritten. Derfelbe ift
60 Fahre alt, aus Dfen gebürtig und bei der Monturs⸗ und
Ausmeffungsabtheilung Pr. 13 angeftellt. Diefer erklärt den
Angeklagten zu fennen, und zwar durch Lieferung von Kalikot
und Zwillich. Ueber die Art, wie diefe Lieferung abgefchloffen
wurde, Außert er fich alſo: Es find Offerte eingereicht worden,
und diefe wurden erledigt auf Befehl des Generaldirektor,
entweder genehmigend oder ablehnend. Das Referat darüber
bat er abzugeben gehabt.
Borfigender: Sind Begenftände vorgefomnten, die ohne
folche Referate entfchieben oder von Seite bes FMEL. Eynatten
erledigt worden find?
Zeuge: Bei mir durchaus nicht.
Borfitender: Sind Sie immer mit dem Vorgange
des Baron Eynatten bei diefem Gegenftande einverjtanden
geweſen?
Zeuge: Im Gegentheil, wie es auch meine Notaten be⸗
weiſen. Ich habe meine Meinung geſagt, und wenn die nicht
genehmigt wurde, fo mußte ich feine Anträge und feine Be-
fchlüffe in Ausführung bringen, weil er der einzige Herr war,
ber zu .befehlen hatte.
Vorſitzender: Haben Eie bemerkt, daß befondere
vertrauliche Verhältniffe zwifchen Eynatten und Richter
ftattgefunden?
Zeuge: Das nicht, außer daß der DireftorRichter einen
großen Theil des Tages bei Baron Eynatten zubrachte, und
mic) dadurch in meinem Referate genirte.
Vorſitzender: Was war die DVeranlaffung zur Liefe⸗
sung von vier Millionen Ellen?
Zeuge: Die Veranlaſſung war ber Bedarf. Als der
Krieg entitanden war, mußte berechnet werden, wie viel Zwilliche
die Armee bebürfe, und da hat fich herausgeftellt, daß über vier
. Millionen nöthig waren. Da aber Leinwand beftellt war, fo
habe ich einen Antrag auf nur 3 Millionen geftellt, in der
Hoffnung, daß der Herbft fommt, wo wieber Leinwand zu
befommen fein wird. Plöblich finde ich eined Tages vier
Millionen bewilligt.
218
Vorſitzender: Was ift Ihnen über die Lieferung,. Durch
wen fie zu gejchehen Hatte, befannt worden?
Zeuge: Herr Richter hat Offerte eingereicht, fie waren
vorfchriftsmäßig gemacht, und ber Kontrakt abgefchloffen.
Borfigender: Sind bei diefen Lieferungen auch Ans
itände vorgekommen?
Zeuge: Es find mitunter Anftände vorgekommen, theils
wegen Breite, theild wegen Eingehen. Wie ich mich entfinne,
wurde der Antrag vom Sektionschef Noö geitellt, der mir
gefagt hat, es dürfte beffer fein, wenn man die Kalikots
bloß gewafchen und gebrüht einliefern würde, weil die Bleiche
leicht dem Material fchaden Eönnte. Das ift auch burch Herrn
- Richter vollzogen worden.
Borfißender: Sind Fälle vorgefommen, daß troß ber
Austellung duch der Auftrag an die Kommifiton kam, bie
Waare in diefem Zujtande zu übernehmen?
Zeuge: Das könnte wohl der Fall fein, denn Die Kriegs
bedürfniffe waren fo groß, daß man auch Ausnahmen in
Einfäufen machen mußte.
Borfigender: Nah Ihrer Angabe haben Sie bie
Bemerkung gemacht, daß diefe Nachficht gegen Richter als eine
befondere Begünftigung anzufehen ift?
Zeuge: Es mar in fo fern eine Begünftigung, daß er
Stoffe für doppelte Leintücher Tieferte, während man ein
Material anfchaffen Eonnte, welches für mehrere Gattungen
gebraucht werden Fonnte.
Borfißender: Hat diefe Begünftigung bloß rückſichts⸗
mweife auf die Perfon des Richter von Seite des Baron .
Eynatten ftattgefunden, oder haben andere Rüdfichten obs
gewaltet?
Zeuge: Ich glaube der Drang der Verhältniffe dürfte
mit in Rechnung gekommen fein.
Vorfitender: Haben Sie bemerkt, daß ein befonderes
Zuvorfommen im Benehmen zwiſchen Eynatten und Rich⸗
ter geherricht habe?
Zeuge: Beide Herren waren fehr freundjchaftlich mit⸗
einander, aber ich Eonnte das nicht fo genau beobachten, weil,
meine Beichäftigung zu groß war Die Arbeiten waren jo übers
hänft, tag man fich bis zur Erfchöpfung abmühte.
219
Vorſitzender: Sind manche Anjichten oder Borfchläge
son Ihnen für nicht gut befunden worden ?
‚Zeuge: Ja wohl; ich fihrieb darauf „teferirt« und
daburch. tft die Verantwortung von mir genommen morben.
Manchmal habe ich auch die Bemerfung »Mandatum speciale«
darauf gemacht. Ä
Borfibender: Was war für Urſache, daß nicht auf
Ihren Antrag eingegangen wurde?
Zeuge: Ich muß aufrichtig geitehen, Baron Eynatten
iſt als ein berrfchfüchtiger Mann bekannt gewefen, der fich nicht
immer Rath geben liep.
Vorſitzender: Wollen Sie etwas Näheres bezüglid)
Der weiteren Vorgänge mit dem Zwillichlieferungsgefchäft
angeben? |
Zeuge: In Zwillich war großer Mangel, und als Se.
Majeftät der Kaifer zur Armee nach Italien ging, hat das
Armee:Oberfommando dringende Anforderungen geftellt wegen
Wäſche, Schuhen und Zmillichkitteln. Der Vorrath ging zu
Ende, und es wurden alle möglichen Mittel aufgeboten, um
BZwilliche zu erlangen, die leider aber nicht zu befom->
men waren.
Vorfißender: In welcher Art it es Ihnen befannt
‚geworden, daß es nicht möglich geweſen it welche zu erhalten?
Zeuge: Weil alle Monturskommiſſionen ſämmtliche bes
kannte Lieferanten auffordern liegen, Offerte einzubringen und
Leine eingegangen find, und nachdem wir zwei reelle und folide
Leute protofollarifch vernommen, durch welche Mittel und auf
welchen Wege man am ſchnellſten und ſicherſten Zwillich bekom⸗
men könnte, hat es fich herausgeſtellt, daß diefe erit in 3 bie
AMonaten und zu einem enorm hohen Preife geliefert werben
Zönnten. In Folge deſſen, glaube ich, hat Se. Exrzellenz Baron
Eynatten Herrn Richter aufgefordert Zwillich zu verfchaffen,
und ich glaube Richter und Liebig waren es, die Zwillich
Yerfchafft haben, aber nicht in großen Quantitäten. Diefe
Zwilliche wurden übernommen, obzwar fie nicht die gehörige
Breite und Qualität hatten, die man fordern konnte. Her⸗
Richter hat feine Rechnung abgegeben, und diefe wurde liquit
dit. Zwei Monate fpäter, nachdem diefe Rechnung liquidirr
war, welches während der Urlaubsreiſe des Baron Eynatien
220
geichah, ift Herr Richter um Erfolglaffung der Differenz bes
Agio eingefchritten, welche er Durch den Verkauf der Devifen zu
fordern hatte. Da weder mir noch dem Sektionschef Nos ein
folcher Auftrag befannt war, habe ich das Konzept faffen Läffen,
ihn abzumetfen. Dieſes Konzept wurde nicht exrpedirt, fonbern
Se. kaiſ. Hoheit Erzherzog Wil heln hat anBaron Eynatten
fehreiben Taffen, und in Folge deffen ift eine Aenkerung von ihm
gekommen, welche ſich dahin ausfprach, daß allerdings er dem
Herren Richter den Auftrag gegeben, zum Ankauf des Zwillichs
Silber für das Ausland zu kaufen. Diefe Aeußerung wurde dem Fi-
nanzminifterzur Begutachtung übergeben, welcher fich dahin aus⸗
ſprach, nachdem Baron Eynatten ben Auftrag zum Anlauf
gegeben, eö feinen Anftand unterliege, dieſe Forderung als
liquid auszahlen zu laſſen.
Vorfigender: Wie kommt es, daß diefe Differenz dem -
Aerar zur Laft gelegt wurde, nachdem fchon früher Die Rechnung
über die Ablieferung ausgezahlt wurde?
Zeuge: Das war auch mein Grund, warum ich ihn ab⸗
gewieſen; ich habe geſagt: »Jeder Kaufmann, der Rechnung
legt, muß alle Auslagen in Rechnung bringen.“ Da dieß erſt
zwei Monate fpäter geichab, fo konnte ich nicht zur Liquis
dirung der nachträglichen Forderung anweifen.
Vorfigender: Iſt Ihnen befannt worden, daß man
Herrn Richter als Fabrifanten jelbft oder als Direktor der
Kreditanftalt in Anfpruch nahm ?
Zeuge: Wegen feiner Perfon als Fabrikant, denn Baron
Eynatten batihn aufgefordert, fich als Induftrieller zu betheis
ligen und zu liefern. Anfangs ging Richter nicht Darauf ein,
fpäter that er es aber doch.
Borfigender: Willen Sie anzugeben, mas ber Grund
zur Terminverlängerung war?
Zeuge: Als der Friede geſchloſſen war, hatte ich die Pro⸗
poſition geſtellt, ſaͤmmtliche Lieferanten aufzufordern, entweder
an dem Lieferungsgeſchäfte oder an den Lieferungen felbft
Reduktionen eintreten zu laffen. Hiebei iftauch an Herrn Rich⸗
ter die Aufforderung ergangen, und wenn ich mich recht ent⸗
finne, habe er fich geäußert, er koͤnne nichts am Preife nachs
laffen und auch feinen Nachlaß an der Quantität bewilligen,
allen er wolle zu Gunſten des Aerars die Kirferungen verfchies
221
ben; ich habe dieß zurückgewieſen. &r hat zum zweiten Dale
diefen Antrag geitellt, da hat Baron Eynatten erklärt:
»Warum fol man bei ihm eine Ausnahme machen, da man
e8 Anderen geftatte?«
Richter: Ich muß ben Herrn Hofrath erinnern, baß ich
nur ein einziges Mal beim Referiren war und zwar im Präs
fidialbureau. Ich wollte abtreten, bahießb Herr TIME. Eynatten
mich warten; meine Kollegen in der Kreditanftalt werden in
der Lage fein anzugeben, daß ich in der Megel erft um 12 Uhr
zum Armee-Oberfommando ‘ging. Was den Mebergang von
3 zu 4 Millionen betrifft, muß ich wiederholt verfichern, daß
ich darauf feinen Einfluß genommen. Ich wurde erft hievon
in fpäterer Zeit verftändigt. Was die vom Her Hofrath
angedeutete erfichtliche Begünftigung betrifft, fo betrifft Diefelbe
bloß 1000 Stüd. In Bezug der Zeit, in welcher bie Auffor-
derung geichah, habe ich zu erwähnen, daß fie gegen Ende
April oder Anfangs Mai geſchah.
Staatsanwalt zum Zeugen: Iſt Ihnen bekannt, daß
Herr Richter oͤfter halbe Tage oder doch mehrere Stunden
beim Armee-Oberkommando zugebradht, Hat fih Herr
Richter öfters bei Referirung von Aftenftüden in demfelben
Bureau befunden, worin referirt wurde, und hat Herr Richter
hiebei etwas gefprochen?
Zeuge bejaht alle dieſe Tragen.
Richter: Es hat fich damals um die Deckung eines Leders
mangels gehandelt, und ich habe den damaligen Präftdenten
ber Prager Handelskammer (Herrn Pftroß) vorgefchlagen.
Staatsanwalt: Es kommen Briefe vor, aus denen
hervorgeht, daß Richter von ber Berilligung eingr Lieferung
fchon früber in Kenntniß gelangt mar, ehe diefelbe vom Armee⸗
Dberfommando erledigt wurde. Auf welche Weife konnte Rich⸗
ter ſchon mehrere Tage früher davon verftändigt worden fein?
| Zeuge: Das tft wohl möglich, weil Baron Eynatten
es ihm fagen konnte.
Staatsanwalt: Iftdem Herrn Richter die Lieferung
von Kalikot zugeiprochen worden, ohne daß er das entſprechende
Muſter zuvor vorgelegt hatte?
Zeuge: Das gewiß nicht. Die Erledigung erfolgte nur
auf Grund eines vorgelegten Muſters.
222
Staatsanwalt: War es früher au) fo, daß der Chef
ein GSefchäft, ohne Berathung einer Kommiſſion, in bie
Hand nahın?
Zeuge: Früher war im Armee-Öberlommando dieß nicht
ber Ball, fpäter find dieſe Verhältniffe nicht eingetreten, und
drittend hat Se. Exc. Baron Eynatten nicht viel Umftände
gemacht. Er bat gefagt: „Ich bin Chef, ich werde auch gleich
enticheiden, Die Zeit drängt, der Krieg bedarf einer fchleunigen
Entſcheidung.“
Staatsanwalt: War die raſche Lieferung von Kalitot
sin befonderes Bebürfniß der Armee?
Zeuge: Ia wohl.
Staatsanwalt: Hat diefer Unftand eine Preiserhoͤ—
hung bewirkt?
Zeuge: In Kalikot nicht, aber in Leinwand, und als
ſolche ſelbſt nicht durch Erhöhung zu erlangen war, mußte man
Kalikot als Surrogat nehmen, welches man jetzt für beſſer erach⸗
tet als Leinwand, weil es der Geſundheit zuträglicher ſein ſoll.
Staatsanwalt: Waren die Commiſſionen etwa ver
hindert, die Waare fo ſchnell zu übernehmen?
Zeuge: Das ift begreiflich, weil in bedeutenden Maſſen
geliefert wurde.
Staatsanwalt: War deshalb eine Frifterjtredung noths
wendig?
Zeuge: Nach meiner Anficht nicht.
Staatsanwalt: Glauben Sie, daß e3 eine Begünitis
gung war, daß dem Angeklagten ftatt 3 Millionen 4 zugeflchert
wurden, um benfelben ‘Preis von 25 '/, fr.?
Zeuge. Ich glaube nicht.
Staatsanwalt: Sie halten die Verlängerung des Lies
ferungstermins für eine Ounſt?
Zeuge: Bloß in fofern, als fonjt Richter die Lieferung
nicht hätte erfüllen fönnen. Ich habe deßhalb die Lieferzeit nicht
verlängern wollen, um ihn zu bewegen, am Preiſe nachzulaffen.
Staatsanwalt: Iſt der Grund, warum bdreißigzöllige
ftatt einundbbreißigzöflige Waare geliefert wurde, in der Meinung
gelegen, es fei Die Reduktion in ber Breite nothwendig, weil
mehr Schwund ba fei, oder wollte man Richter bewilligen, '
weniger Stoff zu verwenden?
223
Zeuge: Es könnte dem Armee-Oberfommanbo nicht zu
Grunde gelegen ſein, den Kontrahenten Vortheile zu bieten. Die
Stoffe gingen nur wenig ein und man glaubte, die Breite wuͤrde
ftichhältiger fein.
Dr. Berger: Hat Herr Richter auf die Anwendung
der Baummwollitoffe einen Einfluß genommen.
- Berge: Nein, fein Offert war übrigens unter den damali⸗
gen Verhältniffen wünfchenswerth, wegen der Maffe des Stoffes-
und der Kürze der Lieferzeit. Die Konkurrenz hat Herr Richter
jedoch in fo weit verhindert, als uns die Offerte der Subfons
trahenten des Richter und fomit Die ihm zugegangenen Borz
theile zugekommen wären. Das iſt jedoch nur eine Vorausſetzung
von mir.
Zeuge beſtätigt auch über Befragen des Dr. Berger,
Daß es für Richter allerdings wünſchenswerth war, daß ber
Liefertermin prolongirt wurde, weil er dann nicht bei der Mon⸗
turskommiſſion einen zu großen Andrang zu befürchten hatte.
Dr. Berger: Wie haben Sie die Preife der R ichte⸗
riſchen Waaren gefnnden?
Zeuge: Angemeſſen, fie waren nicht überſpannt.
Rückſichtlich der Urtheile der Handelskammern beſtätigt
Zeuge die bereits in der Vorunterſuchung abgegebene Erklärung,
daß Zwillich im Inlande nicht oder höchſtens in unbrauchbarer
Dualität aufgetrieben werden konnte.
Dr. Berger. Was beſteht Ihrer Erfahrung nach rüd-
ſichtlich der mangelnden Breite bei der Monturskommiſſion für
ein Grundſatz? |
Zeige: Die mangelnde Breite wird in ber Regel durch
Zugabe in der Länge vergütet.
Dr. Berger: Iſt Ihnen thatſächlich bekannt gewor⸗
den, daß Richter ſich für die Zukunft die Waarenlieferung
ſichern wollte?
Zeuge: Davon weiß ich nichts.
Dr. Berger: Sie- haben bereits in den Alten erklärt,
daß troß der freundlichen Beziehungen zwiſchen Richter. und
Eynatten Ihnen dochnie etwas Ungerechted und Geſetzwidri⸗
ges im ihrem Benehmen aufgefallen, Sei. Ich bitte ſich barüber
nochmals auszufprechen. - -
" Benge: Ic kann e8 nur wiederholen or.
324
Dr. Berger: Iſt es wahr, daß Richter feinen Kom:
miflionär Bayer beauftragt hat, in feinem Namen auszuſpre⸗
chen, daß Richter nach erfolgter Lieferung wegen ber an das
Armee-Oberlommando zu leitenden Entfchädigung einen Antrag
stellen werde?
Zeuge: Das iſt wahr.
Richter bitter zum Schluffe gelegentlich ber Vernehmung
der Sublieferanten konſtatiren zu laſſen, ob es ihnen moͤglich
geweſen wäre, in ſolcher Weiſe wie er zu liefern.
Um 2 Ubr wird die Sidung auf den mraͤchſten Tag
verſchoben.
Um 9'/, Uhr erſchien der Gerichtshof; nachdem der An:
geflagte Richter vorgeführt worden war, machte der Bor:
fitende die Dlittheilung, daß, nad einem ihm zugekommenen
Schreiben des Herrn Wilhelm Frankl, derfelbe erklärt, er
babe aus dem Bericht der „Preife« entnommen, daß der Her:
Borfigende bei der Situng am 19. d. M. über Mittheilung des
Vertheidigers die Bemerkung gemacht habe, falls der Zeuge
Frankl im Zuhörerraume fich befinde, er jich entfernen
folle; falls er darunter verſtanden jein follte, jo müſſe hier
ein Irrthum obwalten, da er weder am 19., noch fonft an
einem andern Tage der Berbandlung beigewohnt habe, und
ihm Die gefeglichen Beſtimmungen befannt jeien, daß Zeugen
der Berhandlung nicht beiwohnen dürfen.
Der Vorfigende läßt nun den Zeugen Ritter v. Glommer,
f. k. Oberfriegstommiffär, aufrufen. Diejer Zeuge gibt an, er
fei 53 Jahre alt, aus Brünn gebürtig, verehelicht, und bereite
im Berlaufe der Unterfuchung beeidet worden.
Borfibender: Kennen Sie den Angeklagten?
Zeuge: Ja wohl. &8 ift der Herr Franz Richter; ich
habe ihn im ArmeesÖberfonmando kennen gelernt.
Borfikender: Auf melde Weife haben Sie bei dem
Armee⸗Oberkommando feine Bekanutfchaft gemacht, und was ijt
Ihnen erinnerlich bezüglich Ihres Verkehrs mit Heren Richter?
Zeuge: Ich muß.mir hier erlauben, über die Leinwanb-
lieferungen im Allgemeinen etmas zu fagen. Es war Anfangs
2859, al3 mit Rüdficht auf die Kriegsverhaͤltniſſe ein großer
225
Bedarf an Leinwand eintrat, und jpäter jteigerte er fich noch,
als neue Armeekorps aufgeftelt wurden. Man ift früher von
der Anficht ausgegangen, die Leinenforten ohne meiters durch
Kieferanten und bie inlänbifche Induſtrie aufzubringen, hat
jedoch fpäter, um Die Sache zu fördern, eine gewiffe Prämie
bewilligt, und in Folge deſſen zu verftärkten Lieferungen aufs
gefordert. Nun aber waren fhon im Jänner bei Sicheritellung
des gernöhnlichen Bebürfniffes, meiner Anficht nach, die Lie—
feranten in Leinenforten bereit überbürdet. Wir haben zu jener
Zeit beinahe zehn Millionen Ellen an Beftellung gebraucht. Die
Nachlieferung für den Kriegsbedarf war fpärlich, wir mußten
zu Surrogat greifen, und Halbleinenforten und Kalikot in Bes
ſtellung bringen. Zur Zeit, ald Herrn Franz Richter bie
Kalikotlieferung von vier Millionen Ellen zugefichert ward, beftand
der Bedarf in ſechs Millionen Ellen; esbliebenalfo noch 2 Mil-
lionen Ellen ungedeckt, und es konnten demnach in der Yolge
noch von einigen Lieferanten Beftellungen in Leinen effeftuirt
werden. Das der Bedarf übrigens wicht ganz gedeckt wurde,
glaube ich bier erwähnen zu müffen. Was meine Beziehungen
zu Herrn Franz Richter betrifft, muß ich erklären, daß ich das
mals das Referat nicht Hatte, und nur als Vertreter meines
Boritandes zu fungiren berufen war. Die wenigen Dale, als
ich über das Quantum des anzufchaffenden Material3 vom
ArmeesOberfommandanten befragt wurde und bei bemfelben
anweſend war, habe ich jederzeit den Herrn Franz Richter
dort getroffen, und das ift Pas Einzige, was ich darüber
ſagen kann.
Vorſ itender: Was war nach Ihrer Meinung die un⸗
mittelbare Veranlaſſung, daß Herr Franz Richter dort war?
Zeuge: Ich glaube, daß er als Beirath des Armee⸗Ober-
kommandanten fungirt habe, obwohl ich der Anſicht bin, daß
die Beiräthe nur in den Spitzen der Monturskommiſſion zu
ſuchen ſind.
Vorſitzender: Sie betrachten alſo die Stellung des Herrn
Richter als Beirath als eine Ausnahme von ber gewöhnlichen
Manipulation?
Zeuge: Allerdings, nachhem bie Gepflogenheit herrſchte,
Daß bei ähnlichen Lieferungsverhandlungen eine Zuſammentre⸗
tung derjenigen Organe flattgefunden Bat, welche auf die Ars
226
ferung maßgebend waren. Diefe Kommiſſion bat fich immer
unumwunden Tiber die Größe des Duantums, über die Bes
fchaffenheit und die Modalitäten der Lieferung geeinigt, wodurch
bie Sicherftellung des Bedarfs in der billigften Weife und zum
Vortheile des Aerars zu effeftuiren fei. Dieß war dann nicht
mehr nothwenbig, nachdem es dem Armee-Öberfommandanten
beliebte, eine andere Art der Sicherftellung des Bedarfs ein
treten zu lafjen, wozu ihn, nach meinem unvorgreiflichen Dafür
halten, die Macht zuftand, da der Chef des Armee⸗Oberkom⸗
mandos zu beftimmen hat, in welcher Weife der Dienft durchzus
führen fei. Er bat anzuordnen, wie in ähnlichen Fällen vors
gegangen werden fol, und daß damals von der gewöhnlichen
Hebung abgegangen wurde, Tag ebenfalls in feiner Machtvolls
fommenheit. In Bolge der Frageſtellung des Vorfitzenden
erflärt der Zeuge, daß er unter ber Bezeichnung »Obers
fommandant«, oder wie er ſich oͤfters äußert, defien Stellvers
treter, den Baron Eyrratten, meine.
Vorſitzender: Was tft Ihnen aufgefallen in dem Der
hältnifje zwifchen Baron Eynatten und Herrn Richter?
Zeuge: Mir ift aufgefallen, daß Herr Richter immer
zugegen war, fo oft ich DieChre hatte, den Armee-Öberfomman-
danten über die Sicherftellung des Bedarfes zu fprechen.
Borfibender: Sind gleich urjprünglich vier Millionen
Ellen Kalikot beftellt worden?
Zeuge: Urfprünglich wohl nur drei Millionen. Nun war
aber ber Bedarf mit ſechs Milltonengbeziffert, und es erfchien dem⸗
nad) entfprechend, dieſe Erhöhung eintreten zu laffen, da noch
immer zwei Millionen unbededt blieben.
Vorfigender: Jit bei diefer Gelegenheit eine Ausnahme
hinfichtlich des gewöhnlichen Referats eingetreten?
Zeuge: Ich wurde fpeziell mit der Abfaffung bes Kons
zeptes dieſes Lieferungsvertrags von vier Millionen durch Baron
Eynatten beauftragt, und mußte natürlich dieſem Auftrage
unbedingt Folge leiſten.
Vorſitzender: Hätte dieſer Bedarf von vier Millionen
nicht auf einem andern Wege als durch die Perſon des Herrn
Richter herbeigefchafft werben koͤnnen?
Zeuge: Ich bin überzeugt, daß diefes hätte auf anderm
Wege gefcheben können. Ich erinnere mich, daß zu jener Zeit
227
ein Agent einer Fabrik in Görz fich mir vorgeftellt hatte und
mir Anbote machte, alle Quantitäten zu ben billigiten Preifen
und in fürzefter Zeit zu liefern; ich kann mich jedoch auf den
Namen bed Agenten nicht erinnern. Ich konnte natürlich in
meiner Stellung auf fein Offert nicht eingehen und habe ihn an
Herrn Baron Eynatten gewiefen.
Vorſitzender: War ein Ginverftändniß mit Herrn
Richter getroffen, daß er auch anderswoher den zu liefernden
Bebarf beziehen könne?
Zeuge: Das mußte ihm überlafjen bleiben, wie er es,
um feine VBerbindlichkeiten zu erfüllen, in der Rage war. Auf
das Tonnten wir nicht eingehen.
Vorſitzender: Bon dem früheren Gebrauch, nämlich
einer Konkurrenz-Ausfchreibung, ift dießmal feine Anwendung
gemächt worden?
Zeuge: Nein, weil fein Anlaß für bie dazu berufenen
Organe vorhanden war. Nachdem Baron Eynatten bie
‚vier Millionen Ellen dem Herrn Richter zuzumeifen befunden
hatte, fo tft natürlich jede weitere Maßregel in diefer Beziehung
unterblieben, da jedenfalls noch mit den zwei Millionen Ellen
andere Induſtrielle, welche allenfalls noch Anbote. machen
wollten, hätten betheiligt werden Tönnen.
Vorſitzender: War Ihnen ein Normale bekannt, welches
dahin geht, daß bei folchen Lieferungen von ber Konkurrenz Ges
brauch gemacht werde, und daß inlaͤndiſche Induſtrielle hiezu
aufzufordern ſeien?
Zeuge: In der Regel war nach der Inſuttion vom
Jahre 1850 eine folche allgemeine Konkurrenz angeorbnet, ins
befien hat Se. Majeftät in diefem fpeziellen Falle angeordnet,
daß mit einzelnen bewährten und tüchtigen Induſtriellen fpegielle
Verhandlungen ohne bejondere Ausfchreibung von Offerten an
geknüpft werden.
Befragt, ob Zeuge etwas über die Zwillichlieferung wife,
äußerte berfelbe, daß bei dem großen eintretenden Bebarfe alle
Mittel in Aufpruch genommen werben mußten und er fich erin⸗
nnere, daß Herr Richter eine Lieferung von 30.000 Ellen
Zwillich effektuirt habe, daß ihm aber alles darauf Bernauiche
erſt ſpaͤter bekannt geworden ſei.
RR
228
Vorſitzender: Wäre es nicht möglich gewefen, den Be
darf durch inländifche Induſtrie zu decken?
Zeuge: Ich nlaube, e8 wäre biefer große Bedarf burd
die inländifche Induſtrie In jener Zeit zu beden durchaus nicht
möglich geweſen. Es haben alle Aufforberungen in dieſer Rich
tung an bewährte und vertraute Lieferanten zu feinem ober nur
zu einem ungenügenden Refultate geführt.
Veber die nachträgliche Zuerkennung ber Kursdbifferen;
an Herrn Franz Richter äußert ber Zeuge, daß er nur wife,
baß über Auftragen an das Finanzminiſterium dieſe Poſt als
Liquid bezeichnet, und auf diefe Heußerung dieſelbe vom Armee
Oberfommando fofort flüffig gemacht wurde. Er felbit konnte
auf die näheren Details nicht eingehen, da diefe außerhalb ber
Sphäre feines Gefchäftsfreifes gelegen waren. ’
Borfißender: Sie haben in Ihrer früheren Verneh—⸗
mung den Herrn. Richter als allgemeinen Lieferanten bin-
geftellt: was haben Sie darunter verftanden?
Zeuge: Weil er für alle Zweige, wo ein Bedarf vorge
kommen ift, fich erklärt Hat, Leute namhaft zu machen, welde
im Stande wären, die Lieferung durchzuführen.
Borfikender: Haben Sie die Wahrnehmung gemadt,
daß bei den DVerhältniffen zwifchen Richter und Baron Ey
natten dem Erfteren befonbere Begünftigungen zugeftanden
worden find?
Zeuge: Ich kann nichts weiter fagen, als bag, fo oft ich
zu Baron Eynatten berufen wurbe, th den Herrn Richter
dort anmefend fand. |
Borfigender: It Ihnen in Ihrer amtlichen Stellung
zur Kenntniß gekommen, ob Herr Richter bei feinen 2ieferuns
gen die Beſtimmungen des Kontraltes gehörig zugehalten hat?
Zeuge: So viel mir erinnerlich tft, Hat Herr Richter
bie Lieferung nicht zu jener Zeit begonnen, als es eigentlich nad
dem Kontrafte ftipulirt war.
Vorſitzender: Was wäre bier nach dem gewöhnlichen
Gange eingetreten?
Zeuge: Es hätte Bier Die VBerhängung eines Pönales
eintreten müflen.
Borfigender: Was war bie VBeranlaffung, daß ih bier
fen Balle von bem Pönale abgepangen warte?
"229
Zeuge: Ih glaube eine ſpezielle Beifung des Baron
Eynatten.
Borfigender zu Richter: Was haben Sie zu den
Ausfagen des Herrn Zeugen zu bemerken?
Richter: Ich Habe um nichts Anderes zu bitten, als weil
ich vermuthe, daß der Agent für Die Görzer Birma einer von
den beiden Chef Som mer und Schirmer war, rüdfichtlich
des Waaren der Görzer Firma Ritter und Rittmaier den
Herrn Zeugen zu fragen, zu welcher Zeit das Offert für. Kali⸗
kot eingebracht wurde, und in welchem Umfange?
Zeuge: Mir it der Zeitpunft nicht bekannt. 1
Richter: Ich glaube, es hat fih um 400 Stück obet
20.000 Ellen gehanbelt.
Staatsanmalt: Wiffen fich der Herr Zeuge zu erin⸗
nern, wie oft es geweſen ſein mag, daß Sie zum Baron Ey⸗
natten kamen, und Herrn Richter dort gefunden haben?
Zeuge: Ich kann dieß nicht genau angeben. Es dürfte
zehn⸗ bis fünfzehnmal geweſen fein.
Staatsanwalt: Auf welche Zeitperioden vertheilte fich
dag?
Zeuge: Im Laufe der Zeit, ald es ſich um bie Sicher-
ſtellung für den Kriegsbedarf handelte, alſo ungefähr innerhalb
fuͤnf Wochen.
Staatsanwalt: Zu welcher Stunde?
Zeuge; Zu verſchiedenen Stunden. Wir ſind von acht
bis vier Uhr im Amt, Nachmittags wurde aber Niemand beim
Armee⸗Oderkommando vorgelaſſen.
Staatsanwalt: Iſt es als beſtimmt anzunehmen, daß
Richter vor zwoͤlf Uhr wiederholt beim Armee⸗Oberkommando
war? L
Zeuge: Darauf kann ich mich nicht genau erinnern, das
tönnte ich nicht beeiden.
Staatsanwalt: Können ber Herr Zeuge einige Fabri⸗
kanten namhaft machen, welche zu Zwillichlieferungen aufge⸗
ſordert wurden?
Zeuge: Es find alle jene Fabrikanten aufgefordert wor⸗
ben, welche zur Zeit der allgemeinen Sicherftellung des Krieges
bebarfes Lieferungen zu machen pflegten. Es ivaren 49 wohl-
altrebitiste und ſehr verläßliche Männer. “.
8
‘
230
Staatsanwalt: Hat jemals eine Anfrage bei der Sans |
dels⸗ und Gewerbefammer flattgefunden?
Zenge: Das nicht, weil mir bei den Monturs-Rommifs
fionen die fpezielle Aufgabe haben, ftatiftifche Daten’ zu fam-
meln, welche auf das Kieferungsgefchäft Bezug haben.
Staatsanwalt: Zu welcher. Zeit hätte Richter ein
Pönale zu zahlen gehabt?
‚Zeuge: Das Pönale betrug 5°/,5 nachdem ich mich aber
nicht genau zu erinnern weiß, wie groß die Verfpätung war,
und wann die Lieferung eigentlich begonnen habe, kann ich
dieſe Frage nicht beantworten.
Staatsanwalt: Hat Baron Eynatten nicht mit
beſtimmten Worten erklärt, daß eine Konkurrenzverhandlung
ſtattfinden ſoll?
Zeuge: Das iſt nicht ausgebrüct worden.
Staatsanwalt: Was hat Baron Eynatten barüber
geäußert, als demfelben vorgeftellt wurbe, daß eine Fabrif in
Goͤrz fehr billig die gewünjchte Quantität liefern wolle?
Zeuge: Ich kann mich nur erinnern, daß bie Angabe
des Agenten eine mündliche geweien ti. Wann, ob und in
welcher Weite eine fchriftliche Eingabe gemacht wurde, und
welche Erledigung fie erfahren, daran weiß ich mich nicht zu ers
innern. Es lag aud nicht in meiner Dienitfphäre, Den Herm
Baron darauf aufmerkffan zu machen.
: Der Staatsanwalt läßt fich die Ausfage des Zeugen in
der Borunterfuchung reichen und fonftatirt aus derfelben, daß
ein Berfuch, bei andern Baumwoll⸗Induſtriellen fich anzufras
gen, ftattfand, und daß Diefer Verſuch durch den beftimmten
Befehl des FML. Baron Eynatten verhindert wurde.
Zeuge: Dieſer beftimmte Befehl bezieht fich darauf, daß,
als die vier Millionen Ellen zur Lieferung gelangten, jede weitere
Berhandlimg um fo mehr entfallen mußte, als man den kleinen
Snduftriellen Chancen zur Lieferung offen Inffen wollte.
Staatsanwalt: Sie fagen da: „denn Richter war
fchon einmal der allgemeine Lieferant, und erhielt daher auch
Diefe Lieferung. «
Zeuge: Ich nannte ihn allgemeinen Lieſeranten, weil er
eben dieſe Kalikots geliefert hat. |
231
Dr. Berger: War die Anweſeuheit des Herrn Richter
jemals ein Hindernig des freien Zutritts für Sie? —
Zeuge: Nein.
Dr. Berger: Ich bitte mir nach Wochen oder Monaten
den Zeitraum anzugeben, in welchen: die Lieferungsgefchäfte an⸗
bängig waren, und Sie Herrn Richter zehn- bis fünfzehnmal
bei Baron Eynatten geliehen haben.
Zeuge: Das müßten mehrere Monate fein.
Dr. Berger: Finden Sie mit Nüdficht auf die Liefes
zung der vier Millionen Ellen Kalitot und auf die Intervens
- tion bei anderen Lieferungen nicht begreiflich, daB Herr Rich⸗
ter öfters bei Baron Eynatten geleben werden mußte?
Zeuge (nad einigen Bedenken): Daß er öfters anwe⸗
fend fein mußte, iſt allerdings begreiflich.
Dr. Berger: Slauben Sie, daß, wenn Her Ritter
in Goͤrz ein fchriftliches Offert überreicht hätte, diefes dann fo
zu fagen unter den Tifch gefallen wäre?
Zeuge: Das würde den proviforifchen Armee⸗Oberkom⸗
mandanten jehr verbächtigen, wenn ich mir denken koͤnnte, er
hätte ein Schriftftüd übernommen, und ed, wie der Herr Ders
theidiger jagt, unter ben Tifch fallen laſſen. Mir tft nie etwas
Achnliches vorgefommen. &s find diefe Stüde ſämmtlich zur
Kontrolle gelangt. Ä
Dr. Berger: Sind die vier Millionen in weiteren eis
neren Partien gebedt worden?"
Zeuge: Ia, in kleineren Partien. — lieber das v von Sta-
mes und Comp. eingebrachte Dffert äußert der -Zeuge fich das
bin, daß es im November eingereicht wurde, daß jedoch das
Armee⸗Oberkommando nicht darauf einging. &3 wurde bem
Diferenten übrigens das Bedauern ausgedrüdt, daß das Armees
Oberkommando nicht früher in Kenntniß des Anbotes ge⸗
langt ſei.
Staatsanwalt: Hat ſich Ihr Referat bei dem FME.
Eynatten auf bie Angelegenheit bes Richter bezogen oder
auf andere?
Zeuge: Meiftens auf das Quantum eines anzufchaffen«
den Gegenſtandes.
Staatsanwalt: Iſt es nicht vorjchriftinäßig, daß ein
Bönale jederzeit einzutreten babe?
232
.- Zeuge: Es ift das aud im Kontsafte mit Richter feſt⸗
gefeßt worden, daß ein Poͤnale einzutreten habe.
Hierauf wird der Herr General: Kriegstommijfär Johann
Baper vorgerufen. Er. ift Vorſtand der zwölften Abtheilung im
Armee-Dberfommando. Derfelbe wurde in der Borfuchung. niet
beeibet. Ä
Der vierundfechzigjährige Zeuge braucht zur Abgabe ſei⸗
ner Depofition den Zeitraum von mehr als einer Stunde, weil
viele der an ihn gerichteten Sagen einer Wiederholung bedürs
fen, um die verlangte Antwort von demfelben zu erhalten. &
bat über das Zerenliengefchäft Auskunft zu geben. Der Zeuge
jagt, daß er über Die frühere Operation rüdfichtlich der Bei⸗
fchaffung der Zerealien fich nicht äußern könne, weil dieß ein
Amtsgeheimniß fei. Das mit der Kreditanftalt getroffene Uebers
eintommen jet eine Folge der zwifchen Brud, Eynatten und
Richter. getroffenen Verabredung. Er theilt nun mit, daß in
den Magazinen die Waare oft beanftandet wurde, weil man
magazinsmäßige Waaren verlangte, während die Kreditanftalt
nur marktgängige Waaren zu liefern. hatte. Baron Eynatten
hat folche Anftände fogleich behoben, weil er Stockungen in den
Lieferungen befürchtete. Manche der Waaren waren mit Uns
reinigkeits⸗ Percenten, befonderd war diep bei dem «Hafer
der Fall, in die Magazine abgeliefert worden. Zum Schluffe
jedoch mußte man anftatt Hafer Gerfte Tiefern; e8 war dieß
aber feine befondere Begünftigung, fondern ein Alt der Noths
wendigfeit. u
Zeuge erzählt auch, daß er, weil er einmal gegenüber
Eynatten erklärte, dag die Magazine für die Annahme von
marktgängiger Waare Feine Inftruftion befigen, dieſelbe auch
nicht übernehmen konnten, von Baron Eynatten barfch ange:
fahren worben fei, und daß biefer ihm fagte, wenn er Die Ma⸗
gazine unterjtüßen werde, fo werde er ihn penfioniren lafjen.
Trotz wiederholter Fragen antwortete der Zeuge nicht beftimmt
darauf, aus welchem Motive der Beldmarfchall - Lieutenant
Gynatten diefe Bemerkung gemacht haben könne und was
jeine eigene Ueberzeugung rückſichtlich dieſer Aeußerung war.
Vorſitzender: Hat Baron Eynatten die Lieferungen
derart betrachtet, daß er allein der Beſtimmeude war?
Zeuge: Er hat Alles allein in die Hand genommen und
233
fein Referat verlangt, fondern nur verfügt, war jedoch im Ges
Ihäftsgange dazu volllommen berechtigt. — In Bezug auf
die Anftände bei der Buchhaltung Tann Zeuge auch nichtg Be⸗
ſtimmtes angeben.
‚Borfigender: Es kommt in Ihrem Protokolle vor, daß
Baron Eynatten einen Terrorismus, beſonders gegen Ihre
Perſon, anwendete.
Zeuge: Er hat Alles felbit in die Hand genommen, und
bei der geringiten Einwendung war er ‚gleich aufgebracht; er
hat blinden Gehorfam verlangt, hatte aber das Recht, ihn zu
verlangen.
Vorſitzender: Wie Fönnen Sie das einen Terroris-
mus nennen, wenn er dad Recht bat, Gehorfam zu ver«
langen?
Zeuge: Herr Direltor R. wird wiffen, wenn der geringfte
Anftand fich ergab, wie er mich behandelt hat. (Das Publikum
wird unruhig.) -
Richter: Es ift wahr, daß Freiherr v. Epnatten etwas
heftigen Charakters war. Wenn der Herr General: Kriegöfoms
miffär ihm eine Bemerkung gemacht hat, hat er ihm barfch er=
wiedert; allein wenn der Zorn vorüber war, bat er ihn auf
das Freundlichite behandelt, und bat mir ihn immer als ein
Mufter der Ehrlichkeit bezeichnet.
Vorſitzender: Haben Sie auch bei ben Ochjegilieferuns
gen interventrt?
Zeuge: In welcher Richtung?
Borfigender: Das habe ich Ihnen einftweilen noch nicht
zu fagen.
| Zeuge: Ia, ich habe auch bei der Ochſenlieferung in⸗
tervenirt.
Vorſitzender: Sind auch Anſtände dabei vorgekommen,
oder haben Sie welche gehabt? Iſt etwas gegen Sie von Seite
der Militärbehörde verfügt worden?
Zeuge: Anttände find vorgefommen. Einer Berfügung
in Bezug auf mich erinnere ih mich nicht. Eine Vernehmung-
bat ſtattgefunden.
Vorſitzender: Sie werben fpäter erfahren, was Die
Veranlaſſung meiner Trage iſt. |
234
Staatsanwalt: Sie jagten, daß der Konkurrenz nicht
Raum gegeben wurde: wie verfiehen Sie das?
Zeuge: Weil die Kreditanftalt ſich bedungen bat, von
Niemand Andern etwas zu faufen. Wir Hätten manche Pars
tien billiger kaufen können und haben fie nicht nehmen dürfen.
Staatsanwalt: War Richter and bei den NReferis
sungen zugegen?
Zeuge: O ja.
Staatsanwalt: Bitte mir anzuzeigen, ob ein Geſchenk
dem General⸗Kriegskommiſſäar bei Gelegenheit von Lieferungen
angeboten worden iſt oder nicht.
Zeuge: Ich habe das bereits zu Protokoll gegeben. Bon
Herrn Richter nicht im minbeften, auch von Anderen nicht,
was BZerealien betrifft, nur bei Ochfenlieferungen (aber auch
. ba nicht, bei der Bafevi’fchen) find mir Geſchenke angeboten
worden.
Staatsanwalt: Iſt gegen die betreffende Perfon eine
Anzeige gemacht worden?
Zeuge: Nein, und zwar aus dem Grunde nicht, weil er
mir mit einem einfachen „Nein« entgegentreten konnte.
Staatsanwalt: Wenn 3. B. 10,000 Stüd Dufaten
auf den Tifch gelegt werden —
Zeuge (ins Wort fallend): Das ift aber nicht gefchehen.
(Selächten im. Publikum.)
Vorſitzender: Es ift mir wirflich leid, jeden Tag in
Erinnerung zu bringen, den Gegenftand nicht als Lachftoff zu‘
behandeln. Sie find im ©erichtsfaale, meine Herren!
Staatsanwalt: Wenn Wertheffekten auf den Tifch ges
legt werden, fo hat man fogleich eın corpus delicti.
Zeuge: Diefer Fall ift erft fpäter eingetreten, ich habe
ben, ber fie gab, hinausgewieſen, jedoch Feine Anzeige ges
madıt.
Dr. Berger: Welche Nachtheile würde es gehabt has
ben, wenn man von Seite des Armee-Oberflommandos auf
anderen Wegen ben Getreideeinfauf bemerfitelligt hätte? Was
hätte dieß für eine Wirkung auf den Markt ausgeübt, wenn
mehrere Käufer eingetreten wären?
Zeuge. Sp hätte die Kreditanftält auch theurer für das
Nerar einkaufen müllen.
235
Der Zeuge erklärt auch über Befragen, daß er wohl
Den, Unterfchieb zwifchen magazinmäßiger und marktinäßiger
Waare nicht angeben könne, daß aber oft die von der Kredit
anſtalt gelieferten Waaren beffer als Diejenigen waren, bie
man ſonſt »magazinmäßig* nennt. Er erklärt noch, daß
mit Rückſicht auf das gelieferte Cuantum die beanftändes
ten Partien ſehr gering waren. Er erklärt weiter, daB er bie
Dperation als eine ſehr unglücliche betrachte, weil, wenn viels
feicht auch einzelne Partien billiger zu kaufen gewefen wären,
er nicht dafür ftehen könnte, ob nicht durch plößliche Preisitei-
gerung der Population große Nachteile zugegangen wären.
Dieß fei im Hinblick auf das, was im Jahre 1854 ftattfand,
{ehr wahrfcheinlich, denn damals fliegen die Breife plößlich und
rafch in die Höhe. Die Operation des Finanzminifters ift rück⸗
fichtlich deffen, die Brotpreije für das Volk und bie Getreides-
preije für Das Aerar niedrig zu halten, eine vernünftige zu nennen.
Staatsanwalt: Haben Sie Ihre gegenwärtig ausge⸗
tprochene Anjchauung aus eigener Quelle gefchöpft?
Zeuge: Aus Rechnungen und Berichten. Geſehen habe
ich das Getreide gar nie.
Der Vorſitzende bringt nun die Frage der Beeidigung des
Zeugen zur Beſprechung. Der Staatsanwalt beantragt, die Beei⸗
digung bes Zeugen, mit Rüdficht auf $. 132/g, zu unterlaſſen,
weil der Zeuge zur Zeit der militärgerichtlichen Bernehmung feine
Ausfagen in der Weile abgab, daß das Militärgericht genügende
Gründe gefunden, $. 132/g anzumenden.
Dr. Berger beftreiter gerade aus dem Wortlaute dieſes
Punktes, e8 fei nun in der heutigen Verhandlung nicht
ein einziger Umjtand zur Sprache gekommen, von dem man
fagen könne, daß der Zeuge unwahr ausgejagt habe. —
Eine Anfpielung auf eine andere Unterſuchung, deren Inhalt
er nicht kenne, nämlich die wegen der Ochjenlieferung, und
Die ganze unbeitimmite, nicht ausgefprochene Hinweijung auf
die Beichuldigung des Zeugen könne hier nicht maßgebend
fein. Der Paragraph 259 ©t.-B.-D. könne hier als Finger:
zeug dienen, fo wie bort ber Gerichtshof bei der Schöpfung
des Endurtheiles nur auf dasjenige Beweismittel Rückſicht
zu nehmen habe, welches entweder bei ber Schlußverhands
Iung vorgekommen oder aus den Akten der Bwwcsvwoe
oprgeführt wurbe. Anfpielen oder ein Hürweifen: anf nicht vor-
gelejene Alten jei kein Beweis; eine Unwahrheit jei dem Zen:
gen nicht nachgemwielen, der Zeuge babe vielmehr mit großer
Gewiſſenhaftigkeit jeine Ausfagen abgelegt, und als „gewiflens
hafter, pflichtgetreuer Beanıter« feine Ausfage gemacht, und
der Vertheidiger würbe es für eine Injurie Halten, ihn nicht
zu beeiden.
Vorſitzender: Ich bitte den Herrn Vertheibiger, die
Ausdrüde zu mäßigen, und den Schriftführer biefelben 3%
protofolliren.
Dr. Berger: Ich wiberrufe es.
Der Staatdanwalt bezieht jich auf feine Gründe, welde
die Militärbehörde gehabt hat, dem General: Kriegstommiflär
ben Eid nicht abzunehnen, und er glaubt, daß dieſe Gründe
noch nicht behoben find. Dr. Berger ſtützt fich jedoch darauf,
baß hierüber fein Aftenjtüd vorgelegt wurbe, daß bie Gründe
des Militärgerichtes. nicht befannt und der $. 132 allein maß-
gebend fei. Der Zeuge, der fogleih auf die Ausführung ber
Staatsbehörde mit der Frage geantwortet hatte, was denn das
eigentlih für ein $. fei, jagt nun zum Schluffe (gegen ben
Staatsanwalt gewendet):
Wenn Sie mein Protokoll gelefen, fo werden Sie gefuns
den haben, daß die Beeidigung beim Kriegsgerichte Deshalb
unterblieb, wenn ich fage: Ich kann für manche meiner Ausfas
gen nicht einftehen, weil ich mich nur dunkel erinnere, und weil
ich nicht weiß, ob mein Gebächtniß mir treu ift.
Vorſitzender (zum Zeugen): Ich bitte Sie fich zu mä—⸗
Bigen, und hierüber feine Erörterungen zu führen. Der Ge⸗
richtshof wird feine Entſcheidung fällen.
Nach einer halbitündigen Berathung erklärt der Bräfibent,
daß der Beichluß des Gerichtshofes dahin erfloſſen fei, daß bie
Beeidigung des Zeugen nach $. 132 lit. e *) zu unterbleiben
5) F. 132 lit. e lautet: Daß allgemein nicht beeidet werden
bürfen diejenigen, aus deren Bernehmung ſich exit zeigt, daß
fie an einer erheblichen Schwäche des Wahrnehmungs- oder
Grinnerungevermögens leiden, oder welche ſich zur Zeit ber
Beeidigung in einem folchen Leibes- und Gemüthszuftande hefin-
den, daß von ihnen ein Flares Bewußtfein ihrer zu beftätigenden
Angabe nicht erwartet werden fann.
237
habe, weil wahrgenommen wurde und der Zeuge felbit erklärt,
daß ihm das fichere Grinnerungsvermögen an einzelne Umfände
mangle.
Die Angeklagten Krumbho lz und Heinrich Bayer werden
vorgerufen. Bayer erflärt auf die Frage des Präfidenten, daß
er im Sabre 1832 geboren fei, feit zehn Jahren in Wien bei
jeinem Bruber fonditionirt habe, im vorigen Jahre ausgetre⸗
ten fei, und die Lieferungsgefchäfte für Richter, deſſen bejons
beres Vertrauen er genaß, übernommen Habe. Die Beziehuns
gen zwifchen Richter und feinem Bruder feien derart geweſen,
dag Richter feines Bruders Firma theilweife dazu benützt habe,
um ſich bier auf dem Wiener Platze fein Geſchaͤft bejorgen zu
laſſen. Sein Bruder ſei dem Richter noch 5000 fi. ſchuldig
aus jener Zeit, wo Arnftein und Eskeles ihre Zahlungen
einftellten. Er habe Richter erfucht, er möge feinen Bruder -
zur Eeite jtehen, Richter gab ihm da 5000 fl., die er mit einem
Bon, der noch in Richter's Händen fein muß, beitätigte.
Richter habe ihm die Lieferungen übertragen, er habe fie an
die Monturskommiſſion abzuliefern gehabt, und bafür '/,°/,
Proviſion befonmen. Anftände waren nur bei der eriten Kiefe-
rung und zwar bei ber der eriten 400 Stüd Kalikot, die Waare
babe mehr fchwarze Flecke gehabt als das Mufterftüd. Die
Commiſſion habe bie Waare für fehlecht erkannt, und von 400
Stüd nur 40 behalten; das habe auf ihn einen fchlechten Ein⸗
druck gemacht, er habe telegraphirt, Richter niöchte nach Stos
derau kommen, um fich von dem unliebfamen Vorfalle zu über-
zeugen. Richter fei gekommen, babe ihn aber in Gegenwart
des Oberjten und der ganzen Kommiffion Tompromittirt, ine
dem er ihn darüber zur Rede ftellte, wie er fo fchlechte Waare
liefern könne. Er habe Richter darauf proponirt, bie Wanre
bei Zappert vorrichten zu laffen, und auch Die bereits angenom⸗
menen 40 Stück wieder. zuriidigezogen. Ueber bie Abmefjung
erflärt er, daß die merfantile Waare beim Meßtiſche ſtets eine
Einbuße von 1'/,, manchmal fogar von 2 Ellen per Stüd er-
litten. Richter habe felbit jpäter in Stockerau auf merfanti-
lem Wege biefelbe Ellenzahl gefunden, die angegeben war, aber
am Meßtifche Habe immer etwas gefehlt. Außer für Richter
habe er noch für Liebig und Smelal Lieferungen beforgt,
Letzterer jebuch fei Sublieferant von Richter gemein, un x
238:
babe den Smekal nur eine einzige Rechnung und zwar eine
Spejenrechnung überreicht. (Borjigender zeigt bie betreffende
Rechnung dem Angellagten vor.)
Borfigender: Was kommen für Poften in dieſer Rech⸗
nung vor?
Bayer: Für Zigarren, ba Smelal mußte, daß ich ein
ſtarker Raucher war und mir die Gefchäfte annehmlicher mas
den wollte.
Vorſitzender: Moher kommt diese Bigareenverrehnung?
Bayer: Smekal bat fie gefauft, mir zur Verfügung
geitelt, und dann Richter verrechnet, ber aber wahrſcheinlich
felbft nichts davon gemußt hat.
Bayer erklärt, daß in diefer Rechnung nur der zweite
Theil nad) feiner Spefenrechnung ausgezogen fei, während ber
erfte nicht von ihm herrühre. Die Poft, Zigarren für Graz, fei
fo zu verftehen, daß er fie dort gekauft und geraucht habe.
Borfigender: Dann kommen Boften vor Remunera⸗
tionen«. Was für Bewandtniß hat es mit diefen?
Meber diefe Frage erflärte Bayer, er habe der allgemeis
nen Sitte gefolgt, und den Leuten nad) der Lieferung » Trinkgel⸗
der« gegeben, eben fo wie man im Gaſthauſe einem Kellner ein
Trinkgeld reicht. Die Soldaten haben fo anftrengend von Früh
bis Abends für ihn gearbeitet, daß er ihnen gern ein Trinkgeld
gegeben habe, um ihren Durft zu Löfchen, befonders da ſie nicht
verpflichtet waren, für ihn fo viel zu arbeiten, und fogar die
Sonntage zu opfern.
Auf die Aeußerung des Vorjigenden, daß viele Voften zu
10 bis 20 fl. für Manufchaft, Meffer und „Obermeifter« vor⸗
kommen, erflärt Bayer, daß unter Obermeifter nur Obermef-
fer zu verfteben fei und zwar feien das diejenigen Leute, Die
oben am Tifche geftanden, und daß er deßhalb habe mehr ges
ben müſſen, weil er fehr große Lieferungen gehabt und fait im-
mer an der Reihe geweſen fei. Meber das verfprochene Geſchenk
an den Schneidermeifter in Stoderau äußert er fich in der Art,
daß er es ihm deswegen verfprochen habe, weil der Mann fait
einzig und allein ihm, refpektive der Lieferung des Herrn Rich⸗
ter, feine Thätigfeit zugewendet habe. Der Mann mußte da-
durch in Nachtheil. kommen, weil er (Bayer) immer am Brette
gewesen und andere Leute nicht zur Lieferung gekommen feien.
‘239
Er habe Saucen für ihn gemacht, die nicht in feinem Reſſort
geweien, babe Waare aufgefchnitten und der Kommiſſion vorge-
legt, welche Gefchäfte zu verrichten die Lieferanten felbit bemü-
Bigt waren. Er habe dieß Alles beforgt, ohne Miene zu machen,
für diefe Arbeit Bezahlung zu verlangen. In Kolge deffen habe
er Richter angezeigt, daß diefer Mann eine Remuneration
verdiene und habe ihm ein SKrebitlos verfprochen, welches er
aber nicht erſt kaufen, fondern. aus feinem eigenen Vorrathe
bergeven wollte.
Vorſitzender: Haben Sie bei folchen Lieferungen auch
mit Offizieren zu thun gehabt?
Bayer: Sa, mit Hauptmann Brelautfch in Stoderau,
Hauptmann Eifenbad in Brünn und Hauptmann Ritſch
in Graz.
Vorſitzender: Kennen Sie den Herrn Bondy?
Bayer: Ja, ſchon ſeit Tängerer Zeit.
Vorſitzender: Haben Sie mit ihm über Remunerationen
geſprochen?
Bayer: Ueber Honorirung nie, aber über das Geſchaͤft
im Allgemeinen.
Vorſitzen der: Herr Bondy ſprach aber von Remune⸗
rationen und beſonders von einer, die Sie dem Major gegeben
haben ſollen.
Bayer: Ich habe entſchieden erklaͤrt, daß ich kein Praͤ⸗
ſent gemacht habe. Es ift eine eigenthümliche Sache des Herrn
Bondy, daß er mich hiedurch und auch ehrenhafte Offiziere
quafi verleumdet, Herr Bondy mag ſich ſelbſt darüber ver⸗
antworten.
Vorſitzender: Sind auch Friſterſtreckungen eingetreten,
und was war die Veranlaſſung davon?
Bayer: Von Ende Dezember bis Ende Februar, weil
die Kommiſſion nicht in der Lage war die Waare zu überneh⸗
men, da das Uebernahmsperſonale vermindert wurde.
. Vorſitzen der: Haben Sie Kenntniß davon gehabt, daß
Anforderungen an Herrn Richter geftellt worden find. wegen
Reduzirung diefer Lieferung?
Bayer: Herr Richter ſagte mir, dap er eine folche Auf
forderimg erhalten habe, jegt aber nicht in ber Lage fei, ders
felben Folze zu Leiften. Ich Habe darüber mit nem Seren uw
2A0
Kriegskommiſſär Brzihowsky und auch mit dem Herrn Hof;
rath Eder- Kraus gefprochen. Bon ber Eingabe bed Herm
Richter, worin er bieß dem Armee-Oberfommando mittheikt,
habe ich Feine Einficht gehabt. -
Vorſitzendet: Hat Herr Richter für Sie eine Zahlung
geleiſtet.
Bayer: Nein.
Vorſitzender: Sind Sie außer den 5000 ſ. dem dern
Richter noch etwas fhuldig?
Bayer: Nein.
Vorfigender: Kennen Sie Ihren Nachbar?
Bayer: Ja, es it Herr Krumbhol;.
Borfigender: Woher fennen Sie ihn?
Bayer: In Folge unferes gefchäftlichen Verkehrs.
Vorfigender: Haben Sie von Krumbholz nie Geld
genommen?
Bayer: Rie. |
Staatsanwalt: Wie tonnten Sie das Uebernahms⸗
perfonale, das, wie Sie fagten, fo gering war, mit Bechäfti-
gung überbürden, die eigentlich Sie hätten beforgen follen?
Bayer: Es hat mir Niemand etwas in den Weg gelegt.
Die Leute wußten, daß. Sie ein Trinkgeld befommen werben,
und daher thaten fie es.
Staatsanwalt: Haben dieſe Geſchaͤfte, Aufſchneiden iC.,
lange Zeit in Anſpruch genommen?
Bayer: Nein, eine halbe oder drei Viertelſtunden des
Tages.
Staatsanwalt: Was ſagte Richter bei der Auffor-
derung, die Spefen und Zinfen, die eigentlih Smekal ange:
gangen find, zu zahlen? :
Bayer: Er fagte: Ich fann dieſelben nicht anertennen,
Diefe geben Smekal an.
Staatsanwalt: Sat Richter ſpãter nichts davon
bezahlt?
Bayer: Nein, denn bie eine Hälfte derfelben bat Sm ein!
wirklich bezahlt und mit der anderen hat er. Herrn Richter
aur belaften wollen.
Ä Staatsanwalt: Sie haben gehört, daß Herr Richter
es burchgefest hat, daß zu Prag die Mannichaft. auch zur
241
Nachtzeit arbeitete. Bine Sie nicht. welche Summen Richter
dafür. bezahlt hat?
Bayer: Nein. |
Vorſitzender: ch möchte den Herrn Bayer aufmerk—
ſam machen, daß er in der Unterſuchung angegeben hat, die
Schuld ſeines Bruders beträgt 11.000 fl.
Bayer: Ih glaube, Herr Richter hat meinem Bruder
6000 fl. nachgeſehen.
. Borfigender: Was fagen Sie Dazu, Hear Richter?
Richter: Herr Heinrich Bayer haftete mit 5000 fl.
Seinen Bruder will ich nicht drängen. Ich warte, bis er in
hefiere Verhältniffe kommt, allein die Forderung eriftirt noch.
Vorſitzender: Haben Sie für Deren Heinrich Bayer
eine Zahlung geleitet? - .
Dr. Berger: Woher rührt der Verluſt an den Dich
tifchen der Montursfommiffion ?
Bayer: Dur loderes Anlegen der Waare. |
Dr. Berger: War die Vereinbarung Richters und
Smetal’s der Aıt, daß Richter auch Waare bezahlen mußte,
die von der Montursfommiffion gar nicht angenommen wurde?
Bayer: Nein.
Dr. Berger: Mufte Richter ein Pönale zahlen, *— B.
wegen verſpaͤteter Lieferung, und wo?
Bayer: Ja, in Graz, wegen einer Verſpätung von drei
Tagen, da die Hochwaffer die Ankunft der Waare verhinderten,
wurden 1500 fl: Pönale abgezogen, welche. ihm nicht zurůc⸗
erſtattet wurden.
Dr. Berger: Welche Waatenpartie hat Herr Richter
Yon Sommer und. Schirm gekauft? _
Bayer: Circa 200.000 Ellen, wes aus den Büchern zu
erſehen ſein wind. -
Dr. Berger. Bon welcher ualitt war die Waare
Schirm's? — |
Baper: Sie war ſehr ſchoͤn |
: Dr. Berger: Sie haben fich einmal nachteilig über
Richters Waare geäußert...
Bayer: Ich war der Meinung, eine nach Stoderme ge»
Ichickte Waare ſei von Richter, fpäter aber eiuhe ich daß ſie
von Przibram war.
262
Dr. Berger: Iſt Ihnen, befanns, daß Schroll beab-
fichtigte mit dem Armees Oberfommando einen Lieferungse
vertrag abzufchließen?
Bayer: Rein. '
Ir. Berger: I: Ihnen bekannt, wie groß ber Stempel
des großen Lieferungsgeichäftes bes Herm Richter wart -
Bayer: 3100 fl. für Errichtung bes Kontraktes und
eben fo viel für die bezahlte Quittung, alfo 6200 fl.
Dr. Berger: Berliert die Waare durch das Liegen im
Dlagazine an der Länge, und wie viel?
Bayer: Nach meiner Meinung fehr wenig.
Vertreter des Aerars: Sie haben angegeben, baf
Schirmer und Sommer biefe Wanre an einen Dritten ges
geben haben, welder fie dem Aerar proponiren- follte, aber
wegen des gefchlofienen Friedens es nicht thun konnte. Wie
konnten Sie glauben, daß, wenn Richter diefe Waare offerirt,
fle angenommen werde?
Bayer: Er ſuchte fih vor Pönalabzug vorzufehen, wenn
ein Theil feiner Waare fpäter geliefert wurde, als bie. Liefer-
zeit war.
Hierauf wird der Zeuge Hauptmann Strnad vorge
rufen. Er gibt an, er fei 48 Jahre alt, ein gebomer Wiener
und Hauptmann bei der Prager Monturskommiſſion.
Vorſitzender: Kennen Sie die Angeklagten?
Zeuge: Ich kenne nur Herrn Krumbholz.
Borfigender: Haben Sie den Herrn Richter nie
geſehen?
Zeuge: Nein.
Vorſitzender: In welcher Richtung find Sie mit Krumb⸗
holz in Berührung gekommen?
Zeuge: Ich mußte die Uebernahme von Kalikot beſorgen,
im Ganzen 1.000.000 Ellen.
Vorſitzender: Von welchem kieferanten?
Zeuge: Von Herrn Richter.
Vorſitzender: Wie iſt die Lieferung vor ſich gegangen?
Zeuge: Im halben September iſt ein Theil eingebracht
worden.
Vorſitzender: Welche Beſtimmung beſteht, wenn die
Bieferung nicht eingehalten wird? Ä
‚ | 243
Zeuge: Das weiß ich nicht. Ich hatte nur den Auftrag
die Lieferungen zu übernehmen.
Vorſitzender: Waren Herr Hauptmann bei ber Ueber-
nahme zugegen? —
Zeuge: Sa, ih und der Schneidermeiiter Pollitſch, der
die Qualität der Waare zu beurtheilen hatte.
Vorſitzender: Was bemerkten Sie dabei?
Zeuge: Daß die erſte Lieferung mittelmuſtermäßig war;
Die fpätere war befier, ich zeigte e8 auch dem Kommandanten
Oberflieutenant Uhl an.
Vorſitzender: Bon wen bekamen Sie den Auftrag, bie
Waare zu übernehmen?
Zeuge: Bom Kommandanten.
Vorfißender: Erftredte fich dDiefer Auftrag auf Die
ganze Million? Ä
Zeuge: Ia.
Vorſitzender: Waren keine Fehler dabei?
Zeuge: Einige Stücke waren mit Fehlern behaftet, die
aber ausgeſchoſſen und durch andere erſetzt wurden.
Vorſitzender: Wiſſen Sie etwas über Remunerationen?
Zeuge: Nein.
Vorſitzender: Es iſt mir unangenehm, Sie zu erin⸗
nen, baß bei diefen Anmeifungen von Remunerationen auch
Ihre Perfon genannt ift, und zwar mit 100 fl.
Zeuge: Ich habe nichts befommen, und weiß auch von
feiner andern Remuneration.
Borfigender: Sind keine Geſchenke unter die Mann⸗
ſchaft vertheilt worden?
Zeuge: Ich habe nichts davon geſehen.
Sorfibenben: Wie gefchieht die Abmeffung?
Zeuge: An bem Meßtifche.
Vorfigender: It ein Unterſchied zwifchen biefer Art
zu meſſen und ber merkantilifchen ?
Zeuge: Draußen: werden fie am einer Hafpel: gemeflen,
mo die Waare mehr firaff gezogen wird; bei ung am Tifche
Hiegt fie leichter auf.
Borfigender: Haben Sie perfönlich mit Krumbholz
verhanbelt?
Zeuges Ja, einige Mal; er war ümetmal bei hericuenggie.
244
Staatsanwalt: Sie haben angegeben, daß die fpäter
gelieferte Waare beifer war. Worin lag der Unterjchieb?
| Zeuge: Die erfte Lieferung ſchien mir etwas zu far
- ausgewafchen. Die fpäter gelieferte Waare hatte zwar gleiche
Fädenzahl, aber die Qualität war beffer. Auf die Feinheit der
Fäden wird nicht Rückſicht genommen.
Staatsanwalt: War genügendes Perfonal vorhanden,
um bie Waare fo fchnell zu übernehmen, als fie geliefert
wurde?
Zeuge: Die Lieferanten wurden fo ziemlich befriedigt.
Staatsanwalt: Was für ein Muſter war dag, nach
welchem die jpätere Waare geliefert wurde?
Zeuge: Es wird ein Stüd der eingelieferten Waare
felbft fein. -
Staatsanwalt: Hat Herr Kahlberg, wie er ſelbſt
angibt, keinen Verſuch gemacht, Ihnen ein Geſchenk zu machen?
Zeuge: Er hat mir mit den Worten »Hier iſt ein Brief«
auf der Gaſſe einen folchen überreicht, worauf ich nichts erwies
derie und fortging. Das war fchon eine Woche nach der Lie⸗
ferung.
Dr. Berger: Herr Hauptmann haben angegeben, daß
bei der erſten Lieferung im Vergleich mit dem Muſter zwei Faͤ⸗
den gefehlt haben; dann haben Sie angegeben, daß in Bezug
auf die Fädenzahl der Abgang auch bei den fpäteren Lieferun⸗
gen ftattgefunden habe. Bezieht ſich das auch cuf den Ver⸗
gleich mit dem zweiten Muſter? |
Zeuge: Es ift bloß das erfte Muſter gemeint.
Dr. Berger: Bon wen ift die erite Beanſaͤndigung ge⸗
weſen?
Zeuge: Von mir.
Staatsanwalt ſtellt den Antrag, daß die Beeidigung
unterbleibe, bevor nicht Kahl berg vernommen worden ſei.
Dr. Berger: Da bloß der Zeitpunkt der Beeidigung in
Frage geſtellt iſt, ſo habe ich nichts entgegenzuſetzen.
Nachdem ſich der Gerichtshof zur Berathung zurückgezogen
hatte, beſchloß derſelbe, die Beeidigung dieſes Zeugen fich bie
nach der Vernehmung des Kahlberg vorzubehalten.
- Öterauf wird Zeuge Franz Politſch vorgerufen. Er
245
fagt, er fei 38 Jahre alt und Schneidermeifter der Monturs⸗
ommiffton in Prag.
Vorſitzender: Kennen Sie die drei Angeklagten?
Zeuge: Ja, ich kenne fie. Ich und der Herr Hauptmann
Stread ſahen den gelieferten Kalikot an, der aber nach ber
Probe etwas minderer mar.
Borfigender: Waren Sie bei ber Meſſung?
Zeuge: Nein.
Borfigender: Wie groß war die Partie?
Zeuge: Das weiß ich nicht.
Vorſitzender: Iſt Ihnen befannt, woher das Meifte ges
Tommen ift?
Zeuge: Rein.
Borfigender: Haben fih in Bezug auf das Ellenmaß
feine Anftände ergeben?
Zeuge: Ia, die Waare war kürzer; allein der Lieferant
Hat den daraus fich ergebenden Abzug zu tragen.
Borfigender: It Ihnen oder Anderen Gelb zugeloms
men?
Zeuge: Niemanden.
Staatsanwalt: Sie fagten, daß bei ‘/, Zoll ein Fa⸗
den fehlt.
Zeuge: Es iſt nicht gleich, ſtellenweiſe kann einer oder
zwei gefehlt haben. Das haben wir mit der Lupe ausge⸗
meſſen.
Joſeph Chriſtoph, ebenfalls Schneidermeiſter bei der
Monturskommiſſion in Prag, ſagt aus: Ich kenne den Herrn
Richter nicht, ich weiß mich nur zu erinnern, daß er in Prag
war wegen Beanftändigung eines Poſtens, es war die Quali-
tät beanftändet. Ste war nicht ſchlecht, aber dem vorliegenden
Muſter nicht gleich. Es haben zwei bis drei Faͤden gefehlt. Es
wurde mir aufgetragen, ein Stück abzuſchneiden. Ich habe zwei
Ellen herabgenommen, ſie geſtempelt, Richter hat ſie nach
Wien mitgenommen, und nach zwei bis drei Wochen iſt der
Auftrag gekommen, fie anzunehmen. Bon einer Remuneration,
Die ich oder Andere befommen follen, weiß ich nichts.
Auch bezüglich dieſes Zeugen behält fich ber Gerichtshof
den Befchluß über die Beeidigung vor.
Darauf wird der Oberft Eduard Genrg vorgersien. üt
1%
248
son fremden Regimentern. Zur Beachtung find ein Haupt-
mann und ein Offizier vorhanden; wenn ich auch mehr zuges
theilte Offiziere verlangt hätte, fo konnten fie mir von keinem
Nuten fein, weil: fie unfere Gefchäfte nicht verftanden, als Ans
tomaten dageftanden wären, und nur größere Verwirrung ges
macht hätten.
Borfigender: Haben jich in Beziehung auf den Status
der Leute Hinderniffe rücfichtlich der Uebernahme ergeben?
Zeuge: Es beitanden große Hinderniffe theils in Bezug
auf den Stand ber Offiziere und Mannfchaft, theils in Bezug
auf die Rofalitäten; da muß Jeder warten, bis die Reihe an
ihn kommt. ine Bevorzugung findet meines MWiffens nicht
ftatt, fie fann höchitens nur dann eingetreten fein, wenn man
die Stoffe gebraucht hat, und es ift dann die Bevorzugung im
Intereſſe des Aerars oder eigentlich des Armeebedarfes erfolgt.
Mas das Benehmen zwifchen Herrn Richter und FMEL. Ey⸗
natten anbelangt, fo habe ih Hern Richter öfter bei
Eynatten gefunden. Ich habe gehört, daß er ſeinen Beirath
gegeben hat, aber ein beſonderer Einfluß in ſeiner Gegenwart
iſt mir nicht vorgekommen.
Staatsanwalt: Hat ſich Herr Richter nicht zu Ihnen
ausgeſprochen, ob die von ihm ungebleicht zubereitete Waare
ihm ſo theuer kam als gebleichte?
Zeuge: Nein.
Staatsanwalt: Ich erfuche, mir anzugeben, wiefo die
Reduktion auf 30 Zoll bewilligt wurde.
Zeuge: Es ift mir ein Reſkript des Armee⸗Oberkom⸗
mando zugelommen, worin gejagt wird, daß Richter die
Anficht ausgefprochen hat, daß der Kalikot beider Schnellbleiche
durch Säuren etwas. angegriffen werde, und daß es vielleicht
beffer wäre, wenn bie Waare bloß gewafchen und gemangt würbe.
Sn dem Gutachten, das ich darüber abgab, erklärte ich, daß ich
der Dranipulation fremd. bin, aber daß mir das Gute des Vor⸗
fchlages einlenchte und ich habe nur, weil auch angefucht war,
den Kalikot mit nur30 Zoll zu liefern, gebeten, baßınan darauf
beharren möge, dab der Stoff 30 Zoll breit fein müffe, weil
eben 29'/, bis 30 Zoll das Normalmap für Hemdftoff it. Es
it dabei weiters feſtgeſetzt, daß bie Waare unter 29'/, Zoll
Breite ausgefchoffen, hingegen, wenn '/ ober '/ Zoll von
244
den 30 fehlt, etwas an der Länge eriegt wird. Was aber für
ein Grund war, daß man von ben 31 Zoll abgegangen ift,
weiß ich nicht. Ä
Staatsanwalt: Es Scheint aus einem Briefe au
Krumbholz hervorzugehen, baß Richter, noch bevor das
Gutachten vom 21. Juni abgegeben wurde, jchon früher Ihre
- Zuftimmung zur weiteren Verminderung wußte, es fheint fomit,
daß e8 vom Herrn Oberft im Boraus bewilligt wurde.
Zeuge: Ich hatte Feine Bewilligung zu ertheilen, ich
bitte auch das Datum meines Gutachtens einzufehen, aber ein-
gewirkt hat er durchaus nicht auf mich. |
Staatsanwalt: Wie fommt es, daß am 22. Juni ber
Bertrag auch auf die urfprüngliche Breite gefchloffen wurde,
während am 21. Juni die Bitte Richter’ um weitere Vermin⸗
derung begutachtet wurde?
» Beuge: Wir haben wahrfcheinlich, troßdem wir bereits
die Verordnung des ArmeesObertommandos hatten, die zu prü⸗
fende Waare noch nicht erhalten, die Sache war aber fo dringend,
daß wir auf eine mögliche Aenderung des Vertragesnicht warten
durften und daher der Vertrag abgeſchloſſen murde, ungeachter
bes Gutachtens, das über bie mögliche Aenderung bereits
erfolgte. |
Staatsanwalt: Die jpäte Zufendung fomute hier nicht
Urfache fein, meil ſie doch bereits dieſe Stoffe . begutachter
Hatten. |
Zeuge: Ich kann keine Auskunft geben. Es ift mir jelbit
auffällig, aber es Tann möglich fein, daß der Kontraft erit
nachträglich unterfchrieben wurde, weil der Kontrahent ſchon
durch die Erklärung gebunden ift. Der Kontrakt ift zumeift nur
Form, der Lieferant nnterfchreibt oft und feßt in das Aerar dag
Vertrauen, daß ihm etwaige Klaufeln nachträglich. bewilligr
werden.
Es wird dem Zeugen auf Verlangen des Staatsanwaltes
fein Gutachten vorgelefen, aus welchem hervorgeht, daß er
allerdings eine Breiteverminderung gefunden habe, Die von der
ſtarken Appretur herfommen fann, daß er jedoch ohne bejondere
Ermaͤchtigung Seitens des ArmeesOberfommandosnicht glaube,
die Uebernahme pflegen zu follen und für den Sal, als wegen
des dringenden Bebarfs der Uebernahme beidyloken weruen
250
follte, die Verwendung der Waare zu doppelten Leintüchern
vorſchlage.
Staatsanwalt: Es ſcheint mir eine Unrichtigkeit darin
zu fein, daß die geringe Anzahl der Fäden nur durch den
Schwund entitanden fei,. weil nach meiner Anfichtbeim Schwunb
die Fäden fich mehr zufammenziehen und daher mehr Fäden
auf 1’ kommen müflen.
Zeuge: Wie aus meinem Gutachten hervorgeht, haben
wir die Fäden noch nicht gezählt, wir hatten damals für den
Kalikot noch keinen befonderen Anbaltspunft und find auf das
Fädenzählen erft fpäter gefommen. ich bitte auch auf den
Bedarf Ruͤckficht zu nehmen.
Staatsanwalt: Es ſcheint nicht richtig, daß die Fäden
nicht gezählt wurden, weil in Ihrem Outachten von der Faͤ⸗
denzahl die Rede iſt.
Zeuge: Wenn es fo fteht, dann haben wir fie gezählt.
Mebrigens ift das eine fo ind Minutiöfe gehende Auseinander-
jeßung, daß ich nicht. im Stande bin, gleich darüber Flar zu fein.
Ich müßte erft berechnen, wie viel auf die ganze Breite gehen,
müßte dieß auf den Schwund reduziren und was für eine Aen⸗
derung in '/, Zoll hervorbringt.- Ich habe übrigens noch feine
Mafchinenmeberei geſehen, und ich weiß nicht, ob hier die Faä—
Denzahl mit mathematischer Genauigkeit geordnet ift.
Richter: Ich habe wiederholt bemerkt, Daß es fich bei
Diefer Gelegenheit um einen Handkauf gehandelt habe, und
nicht um die Fabrikation. Ich wiederhole nochmals, daß die
MWaare fo billig war, daß ich fie noch heute billig nennen muß.
Dear Vor figende verliedt noch die Erledigung des Armee⸗Ober⸗
kommandos, wo in Folge dieſes Gutachtens die Annahme der
Waare und die Verwendung derſelben zu doppelten Leintüchern
verfügt wurde.
Staatsanwalt: Was mochte der Grund fein, daß die
gelieferte Waare zu Prag fo bedeutende Anſtände gefunden, nicht
aber die in Brünn und in Stoderau?
Zeuge: Ich glaube, das liegt in der Verfchiedenheit der
Sabrifation; wir haben e& ja nicht aus benfelben Fabriken be
fommen.
Dr. Berger: War Direltor Rigter früher in Sto⸗
deran?
251
Zeuge: Zweimal, fo viel ich mich erinnern kann.
Dr. Berger: Hat er das erfte Mal wegen der beanjtän:
deten Stüde, an welchen fih Schalen befanden, fich nicht aus«
drüdlich erklärt, daß fie bei der Uebernahme ftrenge und gerecht
verfahren, und die Waare, die nicht gut ift, zurüdweifen
follten?
Zeuge: Er hat das wiederholt gethan. Ä
Dr. Berger: Herr Oberft haben erflärt, daß der 31.
Theil — felbft auf die VBorausfegung des Herrin Staatsanwalts
eingehend, Daß der Stoff 31 Zoll hätte breit fein follen — ab-
folut werthlos gewefen wäre. Das it in dem Sinne zu verfte-
ben, daß das Plus über 30 Zoll fein Erfparniß im Längen-
maße bei den Hemden herbeigeführt?
Zeuge: Kein Erfpamiß, e8 wäre nur eine zufällige
Wohlthat für die Mannfchaft gewefen, daß die Hemden um
einen Zoll weiter wären. — Zeuge erklärt ferner, dag der Ab-
fchluß des Kontraftes nur eine Sormalität gemefen, die beob-
achtet hätte werden müfjen, und daß er durchaus feinen Grund
gehabt hätte, in Heren Richter Mißtrauen zu feßen. Er wäre
im Gegentheil froh geweſen, es bei ſo bedeutenden Lieferungen
mit einem Manne zu thun haben, der ſich des allgemeinen Ver⸗
trauens in der öfterreichifchen Monarchie und noch weiter er:
freute. Auf die Frage bes Dr. Berger, ob der Zeuge bie
Garnnummer und bie Fädenzahl als etwas Beſtimmendes be-
trachte, erklärt derfelbe, daß er fich nach feiner Inſtruktion in
Betreff der Leinwand gehalten, wo es ausdrüdlich heißt, ſich
nicht zu ftrenge an die Fädenzahl zu halten, wenn nur die
Qualität gut und der Stoff verwendbar ift.
Richter: Ich kann den hohen Gerichtshof nur bitten, an
den Herrn Oberften die Frage zu ftellen, ob e8 möglich geme-
fen wäre, die nach Stoderau beftimmte Stoffmenge bis Ende
Dezember zu übernehmen, nachdem das Perfonale durch Urlaub
und Abfchied verringert wurde.
Zeuge: Ich glaube nicht, daß das möglich geweſen wäre.
Der Präfident erflärt nun zur Beeidigungsfrage zu fehreiten.
Es entfpinnt fih nun eine lebhafte Debatte zwifchen dem
Staatsanwalt und den Doktoren Berger und Wiedenfeld.
Der Staatsanwalt erflärt, er wolle die Beeidigung dieſes Zeu-
gen dahin geftellt Iaffen, bis die Ausfprühe der Sahynerkiin
AR
252
digen darthun werden, ob die Anfichten des Oberften richtig
oder nicht richtig feien. Der Staatsanwalt bezeichnet den Ober
ften als fachverftändigen Zeugen, worauf Dr. Berger erklärt,
die Strafprogeßordnung fenne feine fachveritändigen Zeugen,
fie fenne nur Sachverftändige oder Zeugen. Der Sachverftän-
Dige und der Zeuge habe nach beitem Wiffen und Gewiſſen
auszufagen, er ſehe nicht ein, warum der Oberft, wenn er daS,
was er mußte, nach befter Meberzeugung ausgefagt nicht beei-
det werden follte.
Doktor Wiedenfeld bemerkt, daß der Zeuge von ber
Staatsbehörde felbit vorgerufen wurde; diefe mußte nun wif-
fen ob als Zeuge oder als Sachverftändiger. Berief fie ihn als
Sachverſtändigen, fu ift e8 nicht möglich, daß fie jet gegen ihn
Einwendung machen follte, berief fie ihn ald Zeugen, jo muß
jie zu feiner Nichtbeeidigung einen Bedenklichfeitägrund nach
6. 132 aufführen; biefen Hat fie nicht angeführt, mithin
glaube er, wäre es gefeblich den Zeugen zu beeiden. Nachdem
nun der Staatsanwalt auseinandergefeht, daß es Pflicht der
Stantsbehörde, nicht bloß Belaftungszeugen, fondern auch Ent-
laftungszengen vorzurufen, erklärte er, daß der wefentliche Un—
terfchied zwifchen Sachverſtändigen und Zeugen Darin befiche, -
daß die Sachverftändigen beeidet werden, noch bevor fie ausſa—
gen, während die Zeugen erft nach ihrer Ausfage den Eid
ablegen.
Nach einer langen heißen Debatte zwifchen dem Staats:
anmwalt und den Vertheidigern zog fich der Gerichtshof zurück,
und erklärte nach einer kurzen Berathung, daß die Beeidi-
gung des Zeugen vorzunehmen fei, weil fein Ausſchließungs—
grund vorliege. Der Zeuge wird beeidet und entfernt fich
darauf.
Hierauf erfeheint Michael Nagelftätter, 41 Jahre alt,
verehelicht, Schneidermeifter bei der Stoderauer Monturskom⸗
mifflon. Derfelbe legt fein Zeugniß unter fichtlicher Befangen-
heit und Furcht ab, die fich fo meit fteigert, daß der Vorfigende
ihn Plag nehmen und ihm ein Glas Waffer reichen läßt. Er er:
klärt durchaus fein Geſchenk empfangen zu haben und er wiſſe
fich nur zu erinnern, daß Bayer einmal von einem 208 ge-
/prochen; er habe ihm jedoch kaum pugehoͤrt und nichts erwie⸗
253
dert. Der Zeuge wird nach fehon vorhergefaßten Beichluß bes
Gerichtshofes nicht beeidet.
Anton PBrelautfch, Hauptmann der Stoderauer Mon-
turs⸗Hauptkommiſſion, 59 Jahre alt, aus Wien gebürtig, er:
klaͤrt, dag nichtqualitätmäßige Waare als Nusfchuß zurückge⸗
legt wurde, daß fei aber bei jeder andern Lieferung auch der
Tall. Bei Zmillichlieferungen habe fein Anftand obgewaltet.
Bon Geſchenken an die Mannfchaft fei ihm nichts befannt ge-
worden.
Staatsanwalt: Sie haben zu Protokoll gegeben, daß
die Waare 31. Zoll breit geliefert wurde, von einer Aenderung
von gebleichter in ungebleichte jei ihnen nichts bekannt. Hem⸗
denkalikot follte 31 Zollbreit fein; wo 30 Zoll waren, wurde
ein Abfchlag an der Länge gemacht, unter 30 Zoll gar nicht
angenommen. Bon diefen Punkten jcheint mir Feiner richtig zu
fein, weil die Breite von 31 Zoll auf dreißig Zoll wirklich re:
duzirt und an der Länge nur bort. abgezogen wurde, mo Die
Breite unter 30 Zoll war.
Zeuge: Ich kann mich vielleicht geirrt Haben. Wenn ich
das gejagt, fo habe ich unmillfürlich einen Verftoß begangen.
Richter: Ich kann nur unter Berufung auf das Gut—⸗
achten der Prager Buchverftändigen das Faktum konftatiren,
Daß bloß der vierte Theil, beiläufig 1 Million Ellen 30 Zoll
breit geliefert worden ift, und daß erft dann die Nothwendig⸗
feit dazu eintrat.
Doktor Berger: Herr Hauptmann haben in der Vorun⸗
terfuchung ausgefagt, daß die Waare Richter’s volllommen
gut und preiswürdig war, wieberholen Sie das heute?
Zeuge: Ich muß heute basfelbe fagen.
Doktor Berger: Beſteht zmifchen dem Meflen am Meß⸗
tifche der Kommiffion und der Fabrik ein Unterfchiedb und zu
weſſen Bortheil?
Zeuge: Wir mefjen zu fünf Ellen, oft hat fich eine Dif-
ferenz zum Vortheil der Kommiſſion ergeben.
Bayer: Ich möchte den Herrn Hauptmann bitten, zu
beftätigen, daß es nicht möglich war, alle Waare, die geliefert
wurde, im Magazin unterzubringen.
Zeuge: &8 ift fein Pla geweſen.
Staatsanwalt. Sind von den Serien Ar
- R
254
Kommiffion auch andere VBerrichtungen gemacht worden, als
wozu fie wegen ihrer Dienftleiftung verpflichtet waren ?
Zeuge: Das ift mir nicht befannt.
Auf die Frage, ob die Leute der Monsurstommiffion nicht
mit Abladen, Aufjchneiden sc. beichäftigt waren, gibt ber
Hauptmann eine bejahenbe Antwort.
Bayer: Ich erlaube mir hinzumeifen, daß gerade Sie
mir einmal Ihre Leute entzogen haben.
Zeuge: Das ift wahr.
Der Präfident bringt die Beeidigungsfrage zur Sprache.
Staatsanwalt: Ich kann nichts Anderes angeben, als
die Umftände, daß im Protofolle in der Antwort ganz unrich-
tige Daten angegeben worden find. Der Herr Hauptmann hat
ale Grund einen Irrthum angegeben; ich muß es dem hoben
Gerichtshofe überlaffen, ob ein folcher Irrtum annehmbar er-
fcheint, und ftüße mich auf $. 132 lit. g
Doktor Berger: Bezüglich der Antwort muß ich erfären,
daß der Zeuge feine unmwahre Thatfache, fondern nur eine irs
rige Meinung ansgefprochen; folglich bat lit. g feine An-
wendung.
Staatsanwalt: &8 ift eine Thatfache, daß die Waare
30 und nicht 31 Zoll breit war; die Ruͤckweiſung einer Waare
iſt eine Thatfache und feine Meinung.
Dr. Berger: Die Stantsbehörde behauptet felbft nicht,
Daß eine Unwahrheit nachgewiefen fei, und daß der Zeuge we⸗
jentlich eine Unwahrheit gejagt habe.
Der Gerichtshof zieht fich zurüd und erklärt hierauf, es
jei fein gefeßlicher Grund vorhanden, den Zeugen von der
Beeidigung auszufchließen.
Der Zeuge wirb beeidet und hierauf bie Verhandlung ge⸗
gen 4 Uhr auf folgenden Tag verſchoben.
Die Situng beginnt um halb zehn Uhr mit dem Verhöre
des Zeugen Philipp Bondi. Diefer ift dreißig Jahre alt, aus Prag
gebürtig, moifaifcher Religion, ledig und Gejchäftöführer bei
Hellmann, Berfchleißer in dem Geſchäfte Hellmann’g,
der aber aufdie Erzeugung ber Fabrik feinen Einfluß nimmt. Seit-
dem er in dieſem Haufe fich befindet, ift Hellmann mit Richs
ter im Geſchaͤftsverkehr geftanden, und zwar wurde durch letz⸗
teren ber fommiffionelle Verfchleiß der Richter’fchen Fabri⸗
Fate effektuirt. Es ift ihm bekannt, daß Hellmann im Laufe
bes Jahres 1859 fich herbeigelaffen habe, Baumwollwaaren
für Das Aerar zu arbeiten; Hellmann fei dephalb hieher ges
fommen und habe mit dem Armee-Oberfommandog eine Kali-
Iotlieferung abgefchloffen. Er, Zeuge, habe auf dieſes Ge⸗
fchäft feinen unmittelbaren Einfluß genommen und wiſſe nur,
daß es fich um ben Abfchluß eines Quantums von 500.000
Ellen Kalikot zu dem Preije von 24 fr. gehandelt habe. Er
wife ferner, daß Hellmann Herm Richter bevollmädhtigt
habe, den Betrag für ihn zu unterfertigen; die Kaution im Ber
trage von ungefähr 6000 fl. habe Hellmann geleitet, und
er glaube fich zu erinnern, daß Herr Richter nur bis zur Ein-
lage ber Kaution die Haftung übernommen habe. Die Ueber:
gabe der Waare für das Haus in Gtoderau habe er beforgt;
fobalb ihm angezeigt wurde, daß die Waare dort fei, fuhr er
hinaus und hat ſich angefragt, wann er zur Webergabe der
Waare gelangen könne. Er hatte bei diefer ©elegenheit mit
‚einem Oberlieutenant zu thun, den er aber dem Namen nad
nicht bezeichnen Tönne; er mußte von einem Bureau in das ans
bere gehen, mand;mal babe er auch einen Major dort gefehen,
befien Namen er ebenfalls nicht wife, und Aberdieß noch das
Nrbeitöperfonale, welches bie Wanren aufs und zugerollt Hat.
Vorſitzender: Wollten Sie die Uebergabe der Waare
an Jemand Andern übertragen?
Zeuge: Ich habe die Abficht gehabt, fie Herrn Bayer
zu überlafjen, der bereit war, fie zu übernehmen, denn wis,
| 13
256
verurfachte dieſes Geschäft, mit dem ich nicht vertraut war, zu
viel Zeitverluftz ich mußte immer nach Stoderau hinausfahren,
während Bayer immer dort zugegen war. Ich habe dem Herrn
Hellmann den Bayer empfohlen, weil ich wußte, daß er zur
Beforgung des Geſchaͤftes geeignet ift.
Borfigender: War es nur die Rüdficht wegen Ihres
Zeitverluftes und nicht auch eine andere Rückſicht, weßhalb
Sie die Mebergabe an Bayer übertragen wollten?
Zeuge: Ich babe bloß ben Zeitverluft. im Auge gehabt.
Hierauf wird ein Schreiben vom 17. Juni 1859 vorgeles
fen, er wiederholt darin, daß er eben nur wegen bes früher er-
wähnten Umftandes und auch aus dem Grunde die Mebergabe
an Bayer übertragen wollte, weil Bayer mit dem Geichäfte der
Vebergabe vertraut war und mit demfelben gut umzugehen wußte.
Vorſitzender: Es wird hier im Briefe erwähnt, daß
Bayer dem Major ein „feines Präfent« gemacht habe. Was ift
Ihnen darüber bekannt?
Zeuge: In dem Augenblicde, wo ich es niedergeſchrieben
habe, ‚es find nun 1'/, Jahr, werde ich wohl nach dem, was
ich gehört habe, einen Grund dazu gehabt haben, es meinem
Herrn zu fchreiben, heute weiß ich mich nicht an die näheren
Umftände zu erinnern, die mich zu diefer Bemerkung berechtigt
baden.
Borfigender: Auf welches Gefchäft bezieht fih Ihre
Aeußerung in dem Briefe: „das neue Geſchaͤft?“
Zeuge: Es hat fih um einen weitern Abjchluß zwischen
Hellmann iind Richter gehandelt; da habe ich mwahrfchein-
lich dem Herrn Hellmann die Mittheilung gemarht, daß Die
Waare gekocht und gewaschen wird und deßhalb ein Ausfall in
der Breite gefchehen könne. Der Zeuge äußert weiter, er habe
auf dieß. Sefchäft Teinen Einfluß genommen und babe Hell-
mann in diefer Richtung nur folche Mittheilungen gemacht,
von welchen er hoffen durfte, daß ſie feinem Chef von Intereffe
fein würben. Er wiffe mır, daß Richter eine Lieferung von
vier Millionen Ellen Kalikot übernommen, und daß davon bie
Mebe war, daß Hellmanı an Richter Waaren liefern wolle.
Die näheren Berhältniffe feien ihm unbefannt. Zeuge gibt fers
nes an, baß man bei ber Ablieferung der Hellmann’fchen Waare,
spe überhaupt bei jeder andern, ſolche, die nicht analitätmäßig
257
Hefüinben wurde, nicht annahm, und daß in Prag für bie Hell⸗
mann’fche Fabrik ein gewiſſer Kallberg die Ablieferung bes
ſorgt habe.
Bayer: ch möchte nur Herrn Bondi bitten, fidh deut⸗
Tich auszufprechen, ob ich ihm fagte, daß ich dem Herrn Major
Geſchenke gemacht habe. Ich Habe fchon in ber Borunterfuchung
in Abrede geftellt, daß je von mir Präfente gemacht worden
find. Herr Bondt mochte von der Annahme ausgehen, daß es
nothwendig gewefen, den Leuten Geſchenke zu machen. Ich
fchreibe es meiner Perfönlichkeit zu, daß ich mich den Leuten
gegenüber angenehm zu machen mußte.
| Zeuge: Ich fchrieb: „Major oder wer da iſt;“ dieſes
zeigt barauf hin, daß ich es nicht beftimmt wußte; ich habe
vielleicht eine Andeutung gehört, kann aber in diefer Beziehung
nichts Beftimmtes behaupten. -
Vorſitzender: Was verftehen Sie unter dem Ausdrud
in Ihrem Briefe: „Sonft wird man malträtirt?«
- Zeuge: Ich habe mich vielleicht nicht richtig ausgebrücdkt.
Ich verftehe nur darunter, daß man in biefer Beziehung gewiſ⸗
fen Chikanen ausgefeht ift. Ich habe ganze Tage verloren, ich
mußte fragen, ob die Waare ba ift, ob Zeit zur Mebernahme
fet, fand feine Arbeiter und wurde endlich befchteben, ich müffe
ein anderesmal kommen. Kam ich, ging es mir wieder fo, und
deßwegen fagte ich: »Man wird malträtirt.«
Borfigender: Bon wen habenSie etwas Über die Ge⸗
fchente gehört? Hat Ihnen Bayer etwas darüber gefagt?
Zeuge: Ih kann nichts Pofitives hierüber angeben.
VBorfigender: Zur Zeit, ald der Brief gefchrieben wurde,
ift die Befchulbigung gegen einen Staböoffizier, einen Major
oder wen fonft ausgefprochen. Da entfchuldigt feine Zeit. In
bem Momente, als ber Brief gefchrieben, ift ſchon diefe Be⸗
fehuldigung vorhanden. Ich gebe Ihnen den Grund meiner
Frageftellung an, weil fich ein Major, der bamals i in Stoderau
geweſen, dadurch beleidigt findet.
Zeuge: Ich bitte zu entfchuldigen, ber Brief war bloß
für Hellmann beftimmt, ich glaubte nicht, daß er in andere
Hände kommen würde. Ich beabfichtige durchaus nicht Jemand
bloßzuſtellen.
Staatsanwalt: Können Sie die Möge Aa
W
258
fcheinlichkeit angeben, von. wem Sie erfahren, daß ein „feines
Präfent« gemacht wurde?
Zeuge: Ich kann nicht genau Auffchluß darüber geben,
ich weiß nicht, auf welche Veranlaſſung Hin ich Diefe Bemer⸗
fung gemacht habe.
Staatsanwalt: Ich habe Ihre Ausfage notitt: Sie
fagten: „Richter hat mir mitgetheilt, es ſoll die Waare nur ges
kocht oder gemwafchen werben, und dadurch wird ein Ausfall an
Breite fiattfinden.«
Zeuge: Bielleicht hat mir Herr Richter in diefer Hin-
ſicht Mittheilungen gemacht. Mein Brief muß die. nähere Auf⸗
HMärung darüber geben.
Staatsanwalt: Leiden Sie überhaupt an Gedächtniß⸗
ſchwäche? Wie kommt es, daß gerade diefe Punkte, die doch
wichtig fein mußten, und morüber Sie auch im Verlaufe bes
Unterfuchung gefragt wurden, Ihnen ganz aus dem Gedächt-
nifje entfchmunden find?
Zeuge: Ich habe auf das Detailgejchäft gar feinen Ein⸗
fluß genommen; meine Aufgabe war es, die Waare zu verfchlei-
Ben, mit den Kieferungsgeichäften habe ich mich wenig befaß ,
und Hellmann nur jene Mittheilungen gemacht, die. ihn in-
tereſſiren fonnten. |
Vorſitzender: Sie haben in Ihrem Briefe den Pafſus
in Betreff Richter's gefchrieben: »Das wird nun feinen Re⸗
bach« vermehren.“
Zeuge: Der Ausdruck jelbit ift ſchon ein ſcherzhafter.
Borfigender: Rebach ift Nutzen und der Ausdrud
Nutzen ift fein Scherz.
Zeuge: Nugen nicht, aber: „Rebach«, ja.
Richter: Ich glaube nur in Betreff des von Herrn
Bondi gemählten Ausbrudes bemerken zu müffen, daß ich ihm
gefagt: „Durch Kochen und Wafchen werde eine Verminderung
in der Breite ftattfinden, nämlich ein größerer Eingang.“
Zeuge: Wenn ich mich eined anderen Ausbrudes bes
diente, als Herr Richter, fo habe ich ihn nicht verftanden.
- Staatsanwalt: Ich erfuche den Zeugen nicht zu beei⸗
den. Er gibt zwar an, daß er keineswegs ein ſchwaches Ge⸗
daͤchtniß habe; bemungeachtet aber behauptet er alle jene Punkte
nicht mehr zu miſſen, die er bei einem quten Gedöchtuiſſe willen
259
müßte; er will nicht mehr wiffen, welche Verabredung über die
Beichaffenheit der Waare ftattgefunden; er will nicht wiſſen —
(Unruhe und Zifchen im Publifum.)
Borfigender: Erlauben Sie, dag ich Sıe unterbreche.
Ich möchte doch wiſſen, wer jener Herr iſt, ber ſich fo unanſtaͤn⸗
Dig benimmt. Ich erfuche Die Herren, felbit aufzupaſſen auf folche
Perjonen, die fich im Gerichtöfaale unanftändig benehmen, ſonſt
nrüßte ich mich genöthigt fehen, andere Verfügungen zu treffen.
Staatsanwalt (fährt fort): Er will nicht: mehr wif-
fen, welche Gründe von Richter angegeben wurden dafür, daß
die Waare künftig fchmäler ausfallen follte, obgleih Richter.
ſelbſt ihm in's Antlig fagt, daß ber Schwund allein der rund
gewefen. Diefe Behauptung Richter’s ſcheint mir richtig, ba
fie auch beim ArmeesÖberlommando angegeben wurde. Der
Zeuge will nicht wiffen, wer die Mittheilung gemacht haben
tollte in Betreff des „feinen Präfentes«. Es tft undenkbar, daß
er das nicht wiſſe; es iſt undenfbar, bag er e8 von einem Andern
als eben Bayer erfahren, welcher der gejuchteite Mann für
Vebergabe ber Lieferung geweſen. Die Behauptung dieſes Zeu-
gen, dieſes Alles nicht zu willen, ift offenbar falſch. Aus die⸗
jem Grunde beantrage ih daher, ihn nach $. 132 lit. g nicht
zu beeiden.
Dr. Berger: Ic weiß nicht, welche Verabredungen mit
Richter gemeint find, auf welche ſich ber Zeuge nicht erinnern
kann. &8 ift dieß jedenfalls ein Beweis fehr irrelevanter Natur.
Mas das Schmälerfein der Waare hetrifft, fo geht aus den
Briefen des Zeugen hervor, daß: er in ziemlich leichtfinniger,
unkorrekter Weife fchreibt. Er brüdt ſich aber bei @ericht,
und wo er zu Protokoll vernommen wird, viel gemwiffenhafter
aus, als in Briefen. Er hat heute ſelbſt angegeben, daß er von
ber Manipulation nichts verftehe, und dieß ift ein Grund,
warum er jich an das Schmälerwerben nicht erinnert, warum
er bie technifchen Auffaffungen Richter’s nicht veritand. Was
den letzten Umſtand betrifft, daß er ſich nicht erinnert, wer von dem
feinem Präjente gefprochen, fo zeigt der Brief ſelbſt, daß er ſchon
damals ſchwankend war. Erfchreibt ja bortan einen Major „oder wer
fonftbaift«. Dergleichen Auslafjungen ſcheinen ſolche zu fein, welche
vom Hörenfagen, von der Konverjation herrühren. Wenn es
bie Briefe find, welche auf den Glauben führen, daB ter Aesae
260
mit ber Wahrheit zurüdhalte, fo muß ich geſtehen, der Zeuge
Scheint in feinen Briefen ſehr gefchwäßig, bei Gericht aber jehr
forreft zu fein. Ich glaube durchaus nicht, daß man ſagen
könne, er habe offenbar falfch. ausgefagt. Kine falfche Ausfage
ift nur dann erwieſen, wenn man bie Unwahrbeit einer Aus⸗
fage nachweift; wenn man ihm nachweiſt, wie im Gegenſatze
zu feiner Angabe der Sachverhalt fich eigentlich dariielt. Ein
tolcher Beweis, glaube ich, ift nicht geliefert, und fo unange-
nehm ber Zeuge auch fonft fein mag, fo glaube ih nicht, dag
ex von der Beeidigung auszufchließen fei.
Richter: Ich muß mir die Bemerkung erlauben, daß ich
Deren Bondi als tüchtigen, merkantil gebildeten &efchäfts-
mann, nicht aber als Fabrikanten fenne. ch habe ihm über die
Beschaffenheit der Waare nie etwas angegeben, weil er nichte
davon verfteht.
Der Gerichtshof zieht fich hierauf zurüd und erflärt nach
einer 20 Minuten dauernden Berathung, der Beichluß des Ges
richtshofes fei dahin gefaßt worden, daß der Zeuge Philipp
Bondi nad $.132, lit. e, nicht zu beeiden fei, weil, nach deſ⸗
fen eigener Erklärung, ihm gewiſſe Umſtände ‚nicht erinnerlich
fein. Der Zeuge wird erſucht, fih im Zeugenzimmer
aufzuhalten, fals man ihn noch brauchen follte, und ber Ges
richtsvollzieher aufgefordert, Darüber zu wachen, daß Diefer Zeuge
mit den anderen nicht in Berührung komme.
Hierauf wurde der Zeuge Karl von Seuter vorgerufen.
Diefer, vierzig Jahre alt, aus Lindau in Baiern
gebürtig, Kaufmann in Wien und Affocie der Firma Smekal,
fagt aus: Wir haben an Richter ftarfgarnige rohe Waare,
jogenannte Molinos, vier Biertelbreit, geliefert. Anfangs glaubten
wiresgejchehedie Lieferung aufRtechnung ber Kreditanftalt, ſpaͤter
wurben wir jedoch eriucht, unfere Rechnung auf Richter zu
ſtellen. Die Waare ift um 14 ir. EM. abgeliefert worden, mit
3°/, Perzent Skonto für Richter. Wir hatten bie Waar⸗
franko Wien zu liefern; für bie Ablieferung an die Monturs⸗
kommiſſion Hatte Richter felbft. zu forgen. Bayer bat das
beforgt und von und eine Proviflon von ein Perzent befommen.
Herr Bayer pflegte bei und Speſenvorſchuß zu erheben; er
legte feine Rechnung ab, und die haben wir. einfach Richter
zur Laft gefihrieben. Wir fanden an und für fich dieſe Auslage
261
nicht zu beanftanden. (Es wird ihm bie eingelegte Speſenrech⸗
nung vorgewieſen.) Die erften Zigarren haben wir ihm auf fein
Berlangen gegeben, weil das fo üblich ifl. Wenn er aber mehr
gebrancht hat, mag er es verantworten, daß er fo viel rauchte.
Vorſitzender: Iſt nach Ihrer Meinung und Gefchäfts-
kenntniß ein befonderer VBortheil fiir Herrn Richter aus biefem
Geſchaͤfte erwachſen? |
Zeuge: Ich glaube, daß die Proviſivn bes Herrn
Richter eine fehr kleine mar, ich muß bas daraus fchließen,
weil er bei und die Waare etwas theurer einfaufte, als bei
Anderen.
Auf diefe Zeugenausfage bin behauptet Bayer, er habe
Niemand davon in Kenntniß gefebt, daß er Geſchenke gemacht
Habe, habe fie aber gemacht, weil er eingefehen, baß es noththue.
Der Borfitende verlieft nun dem Angeklagten feine Aus-
fage aus ber Vorunterfuchung, worin er ausbrüdlich fagt, daß
er die Ermächtigung der Herren Smefalund Richter zu die⸗
fem Gefchäfte erhalten habe.
Bayer will nun das bahin auslegen, daß, nachdem die
gelegte Spefenrechnung keinen Widerfpruch erlitt, er fich für
ermächtigt halten konnte.
Richter: Ich habe zu bemerken, daß ich nur bie Fracht
allein zu tragen hatte, und daß, nachdem er bloß die bei der
Monturslommiffion angenommenen Smekal'ſchen Waaren
zu besahlen hatte, er keinen befonderen Anlaß zueinem Gefchente
an bie betreffenden Organe hatte.
Zeuge: Sie mußten nicht allein die Fracht tragen, fons
bern auch die Reiſeſpeſen des Bevollmächtigten. Uebrigens
wahrfsheinlich, weil wir eingeſehen haben, daß Herr Richter
ein fchlechtes Gefchäft gemacht, haben wir uns in Prag zum
Tragen der Hälfte diefer Spefen entfchloffen.
Staatsanwalt: Warum haben Sie geglaubt, daß
Sie das Seichäft mit der Kreditanftalt machen?
Zeuge: Da Richter, als erſter Direktor der Anitalt,
Derbi, ſo glaubte ich, daß ich mit der Kreditanftalt vers
handle.
Staatsanwalt: Ich glaube aber, daß man auf die
bloße Vermuthung bin nicht gleich Jemand mit der Rechnung
belaftet.
262
Zeuge: Ich bitte um Verzeihung; wenn bei ung ber
Prokuraführer eines Hauſes ein Gefchäft entrirt, fo fragen wir
nicht um die Vollmacht, fonbern wir fegen voraus, baß er bie
Geſchäft für fein Haus macht; fo auch bei Richter in Bezug
auf die Krebitanftalt.
| Staatsanwalt: Mit welchen Worten bat Bayer bie
. Zigarren verlangt?
Ä Zeuge: Ich erinnere mich nicht genau, weil ich mit ein
paar Kiften Zigarren nicht fo viel Weſens zu machen pflege.
Dr. Berger: Hatten Sie felbft Schritte gemacht, um
Lieferungen zu machen?
Zeuge: Nur ein einzigesmal, ein paar Tage vor dem
Frieden von Villafranca, haben wir uns bei dem Armee⸗Ober⸗
kommando erkundigt. Wir fürchteten zu ſehr den Zeitverluſt.
Die Zeit iſt fuͤr uns Geld. Wir haben einen Vermittler vor⸗
gezogen und würden ihn noch heute vorziehen. Der Zeuge wird
beeidet.
Samuel Kallberg, 21 Jahre alt, bedienſtet bei Hell⸗
mann. Eriſt derjenige, der die Ablieferung ber Hellmann’fchen
Waaren bei ber Monturstommiifion in Prag beforgte. Er hat
eine Million und zwanzig Ellen zur Ablieferung gebracht.
VBorfigender: In welch’ nähere Berührung find Ste
mit dem einen oder dem anderen ber in der Monturskommiſſion
beichäftigten Männer gelommen? Ä
Kallberg: Ich bin zu Ende der Lieferung, ed war zu
Ende Februar, von den Leuten im Departement Nr. 1 aufges
fordert worden, ich foll ihnen etwas geben. Ich fagte, daß ich
nichtö geben koͤnne. Einen beitimmten Betrag haben fie auch
nicht verlangt, und als Urfache ihres Verlangens gaben fle
ihre Mühemaltung an. Ste ſetzten auch hinzu, daß fie von
jedem Lieferantenetwas befommen. Ich fagte es Herm Krum b⸗
bolz. Er fagte mir, er werde Herrn Richter darüber fchreiben ;
bann verlangte er einen Vorfchlag über bie Höhe des Betrages
und theilte mir fchließlich mit, daß Herr Richter diefen Vor⸗
fohlag unter der Bedingung genehmige, wenn es nur eine »Gra⸗
tifitation« für gehabte Mühe ift. Nachdem ed nun nichts Anderes
war, fo habe ich das Geld befommen und an bie Leute vertbeilt.
Das Geld, das ich befam, betrug 533 fl., die VBertheilung
geſchab nach ber von mir eingelegten Aufitellung und fo ziemlich
263
an einem Tage. Ich gab Vormittag bem Hauptmanne Strand
100 fl. Ich gab fle ihm aufder Gaife, jedoch in einem Kouvert,
und ſagte ihm dabei: „Herr Richter Taife fich empfehlen unb
fende Ihnen das fiir Ihre, Mühe.“ Es ift möglich, daß es
Jemand geſehen Hat, denn ich habe es ihm nicht im Geheimen
gegeben. Der Hauptmann fagte mir, ich möchte an Herrn
Nichter feinen Dank ausfprechen. Der Meiiter Politfch
bekam 50 fl, auch auf der Galle. Oberlieutenant Baum
100 fl., Oberlientenant. Schmidt 30 bis 40 fl. Die beis
den Letzteren befamen das Geld auf dem Balkon der Monturss
kommiſſion. Außerdemerbieltnochein Oberlientenant im Depars
tement Nr. 120 fl., und zum Schluffe die gemeinen Soldaten
zum Theile mehrere zufammen Beträge in ber Höhe von 30 fl.,
zum Theile einzeln entweder zu fünf&ulden oder nur zu einem
Sulden. Die Summe der an die gemeinen Soldaten vertheilten
Gelder beträgt 80 bis 100 fl.
Borfigender: Haben Sie alle für die Oratififation bes
flimmten Gelder ausgegeben? | |
Zeuge: Nein, 180 fl. blieben übrig, welche ich Herrn
Florian Richter perfänlich übergab.
Borfitender: Wie groß war der Zeitraum von ber erften
Betheilung bis zur Zeit, als Sie von Krumbholz nachtraͤg⸗
lich 40 fl. bezogen haben?
Zeuge: Das weiß ich nicht, fieben bis acht Tage.
Vorfigender: Mehrere Herren, denen Sie nah Ihrer
Ausfage Geſchenke gegeben, haben dieß beitimmt verneint.
Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage? |
Zeuge: Ich bleibe dabei. Ich kann es mit Beitimmtheit
fagen. |
Vorfitender hält dem Zeugen nochmals feine Ausſa⸗
gen vor, bezeichnet nochmals die Perfonen, denen er Geſchenke
gegeben hat, und auf die abermalige Frage, ob der Zeuge bei
feiner Ausfage bleibe, erwiedert biefer mit einem beftimmten» Ja«.
Auf die Frage des Vorfitenden, was Her Richter
Dazu zu bemerken habe, erwieberte diefer: Hoher Gerichtshof!
Ich kann mich nur auf die Motive berufen, bie mein Brief ent⸗
Halt. Ich Habe Niemand den Auftrag gegeben etwas zu vers
fprechen, und gerabe diefer Umſtand und der Umftand, da
die Brager Kommiſſion die einzige geweſen it, weder ie Bose
‚264
bem Lieferungstermin gemäß abgenommen hat, hat mich ver-
anlaßt, die von Kallberg vorgefchlagenen und von Krumb⸗
holz überfandten Remunerationen zu bewilligen. Ich hatte bie
Ueberzeugung, daß bie Leute in Prag fehr wader gearbeitet has
ben, eine Ounſt habe ich nicht in Anfpruch nehmen wollen.
Vorſitzender: In weſſen Jutereſſe find die Beträge an
die Leute der Montursfommiffion abgegeben werben?
Richter: Ich kann nicht fagen, daß es mein ntereffe
war, ich habe aber die NRemunerationen für den außerorbentlis
chen Fleiß bewilligt.
Der Borfigende legt num bem Zeugen feine Original
rechnungen über bie Nemunerationen vor; die letzte iſt vom 8.
März 1860, welche er auch anerkennt.
Vorfigender zu Richter: Wo ift die Sulanmenfedung
ber Remuneration?
Richter: Ich habe fie vertilgt.
Borfigender: Ich muß Sie auf den Brief von Krumbs
holz vom 21. Februar aufmerffam machen, in bem er Ihnen
ein BVerzeichniß über Nemunerationen zur Genehmigung und
Rektififation zu unterbreiten verfpricht, fobald bie Lieferung
beenbet fein wird, und Sie erwieberten darauf, er moͤge Ihnen
BVorfchläge machen, was er auch that. Haben Sie die Berfonen
in's Auge gefaßt, Die babel bedacht waren?
Richter: Ich bin in feine genaue Prüfung eingegangen.
Borfigender: Wie konnten Sie aber zugeben, daß Ofr
figiere mit Douceurs honorirt wurben?
Richter: Ich habe ſchon gefagt, es war für die außers
ordentliche Dienftleiftung und ich dachte nicht eine ftrafbare
Handlung auszuüben.
Vorſitzender: Es fcheint mir aber doch, daß Ihnen eine
andere Anficht vorgeſchwebt hat. Sie ſchrieben ja an Krumb⸗
holz: »Mit den Remunerationen koͤnnen Sie nach Ihrem
Vorſchlage vorgehen, die Sache will aber ſehr vorſichtig und
zwar zunieiſt im Intereſſe Der betreffenden Perfonen Sorgenoms
men werden, denn es hängen Eriitenzen davon ab. Ich gebe,
nachdem has Gefchäft abgemidelt ift und feine Berfprechungen
bei Beginn und währenb ber Gefchäfte Ihrerfeits gemacht wor⸗
ben find, für verurfachte Mühe gerne, aber es darf bad Geben
265
feinen andern Gharakter baben,* und als Notiz iR beigefügt:
„ben Zettel habe ich verbrannt. «
Michter: Es ift das ber Ausdruck meiner Gefühle gewe⸗
fen; weil ich nichts dafür in Anſpruch genommen habe, babe
ich den Orundfaß: » Leben und leben lafjen« Bier in Anwendung.
bringen laffen,
Vorſitzen der zu frumbholz: Was ſagen Sie dazu?
Krumbholz: Ich ſah darin keine ſtrafbare Handlung.
Vorſitzender: Wohin if bie Zuſammenſtellung ges
fommen?
Krumbholz: Ich Habe fie. dem Herrn Richter gegeben;
e8 ift das ber im Briefe angeführte Zettel.
Staatsanwalt zum Zeugen: Welche Anitände find
gemacht worben bei der erſten Lieferung von vier Millionen, und
was hat man an der Waare audgefeht? .
Zeuge: Der Hauptmann hat bie Waare mit ber Lupe
unterfucht und mir gegenüber nur gefagt, fie ſei nicht muſter⸗
mäßig; das Warum fagte er mir nicht.
Staatsanwalt: Sind fe auch von den Offizieren um
eine Remuneration angegangen werben, wie von der Mann⸗
fchaft?
Zeuge: Nein.
Staatsanwalt zu Richter: Sie haben -jelbft verlangt,
daß Ihnen ein Vorfchlag gemacht merbe, warum haben Sie
fich nicht die Mühe genammen denſelben zu leſen?
Richter: Das liegt in meiner Stellung; ich Habe für
meine Geſchaͤfte oft nur ein paat Minuten Zeit; ich mußte,
daß mir Krumbholz nichts. vorſchlagen würde, was ich nicht
genehmigen kann.
Staatsanwalt: er wäre angemeſſen heweſen, die ein⸗
zelnen Poſten zu prüfen, es kann der Vorſchlag nur ben Zweck
baben, ob die Boften für die entſprechenden Chargen end zweck⸗
mäßig beſtimmt ſind.
Richter: Meine Meinung war nur einen Verſchlog in
Bezug auf die Ziffer zu machen, nicht aber in Bezug auf vi
Berfonen.
Dr. Berges (zum Zeugen): Wann haben Sie bie. —
sung beendet gehabt?
Zeuge: Segen Enbe Februar.
266
Dr. Berger: Wiſſen Sie den Tag beſtimmt?
Zeuge: Nicht genau.
Dr. Berger: Wie lange nach bewerkſtelligter left
haben Sie das Gelb zur Verteilung an die Offiziere und Sw
Daten beiommen?
Zeuge: Das Geld befam ich einen Tag früher, be or
ich mit der Lieferung zu Ende war.
: Dr. Berger: Wie lange nach bewerkſtelligter Liefer 0
Haben Sie ſich in die Kommiſſion begeben, um das Geld ar mb;
zuzahlen?
Zeuge: Eine halbe Stunde darnach, als ich den Liefer
fchein in Händen hatte, zahlte ich auch.
Dr. Berger: Wann haben die Leute um Gelb = 2
ſucht?
Zeuge: Gegen Ende der vieferuag, Ende Februar.
Dr. Berger: Wie viel war da noch zu liefern?
Zeuge: Zwei bis drei Tage früher war-die Hebernahme
der Lieferung vollendet.
Dr Berger: Im Briefe bes Herrn Krumbh olz ſteht
aber: „Es find noch 8000 Ellen zu übernehmen, welche wahr:
ſcheinlich morgen übernommen werden.“
Zeuge: Wahrſcheinlich meint Krumbholz, daß dieſe
8000 Ellen noch zu meſſen ſeien.
Krumbholz beſtätigt dies.
Staatsanwalt: Der Zeuge erkennt ſelbſt, daß er meh⸗
rere Geſchenke gegeben, und zwar in nicht unbeträchtlichen Be⸗
trägen, nicht bloß an die Mannfchaft, ſondern auch an Offi⸗
ztere. Sch habe feinen genügenden Grund, anzunehmen, da
dieſe Geſchenke vor Beendigung der Lieferung gegeben feien, ob-
gleich das immer noch eine Möglichkeit ift. Allein bie Frageiſt,
ob denn diefe Geſchenke nicht vor Beendigung der Lieferung wes
nigftens verfprochent worden find, und wäre dieß geichehen, fo
müßte man den Zeugen bed Verbrechens zur Verleitung bes
Misſsbrauches der Amtsgewalt befchuldigen. Ich glaube, daß
ein genügenber Anhaltspunkt. vorhanden üft, ven Zeugen wes
nigftens für verdächtig zu halten, dag ein Verfprechen früher
wirklich ftattfand. Diefer Verdacht ſcheint mir Daraus hervor:
zugehen, daß er jelbit der Mannſchaft ein ähnliches Verfprechen
machte; wie er felbit fagt, gegen Ende der Lieferung, alfo nicht
267
mach Beendigung derielben, daß aber das Verzeichniß Namen
enthält, von denen eine frühere Erinnerung erhalten zu haben
er fich nicht erinnert. Ich meine nun, wenn bie Veranlaffung
feines Verzeichniſſes bloß bie Erinnerung der Mannfchaft ges
weſen wäre, jo wäre ed eigentlich erflärlich, daB er vor Allem
auf die Mannſchaft gedacht hätte. Es kommt aber vor, daß
die 40 fl., die er nachträglich verlangte, exit ſpaͤterhin an bie
Vannſchaft vertheilt wurden. Es iſt der Zeuge wegen bes Ver⸗
brechens der Verleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt nicht
in Unterſuchung zu ziehen. Ich will nicht ſagen, er ſei rechtlich
beſchuldigt, daß er aber auf Grundlage des F. 132, lit. A, der
St.⸗P. O. verdächtig erfheint, am dieſem Verbrechen Theil ges
nommen zu haben.
Dr. Berger: Aus der eben dargelegten Eorrefpondenz
geht hervor, daß am 20. Februar noch 8000 Ellen abzuliefern,
sefpeetive abzumeſſen gemefen feien, und daß biefe Uebernahme
am 22. Februar hätte ftattfinden follen. Der zweite Brief des
Herrn Richter, welcher fih auf die Douceurs der Monturs⸗
kommiſſion in Prag bezieht, ift vom 22. Februar datirt und
enthält erft bie Genehmigung berfelben. Diefer Brief langte das
ber erſt am 23. Februar in Prag an und e8 liegt daher nicht
erwiefen vor, daß irgend eine Geſchenkzuſicherung oder gar eine
Geſchenkgebung noch vor bewerfftelligter vollftändiger Webers
nahme der Waaren erfolgt ſei. So weit es fich alio um das
Faktum der Gefchenfgebung handelt, iſt dieſe allerdings erft
nach vollfommen bewertftelligter Nebernahme der Waaren geſche⸗
ben, und der Zeuge tft nicht einmal der Uebertretung des F. 311
Ihuldig. Was aber den Verdacht bezüglich des Verbrechens ber
Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt betrifft, fo glaube
ih, daß das Faktum, daß der Diannfchaft allenfalls etwas ver⸗
fprochen worden wäre, doch nicht einen analegen Schluß dahin
läßt, daß ein ähnliches Verfprechen den Offizieren gemacht
worden fei. Mindeftens dürfte befannt fein, daß das Verhalten
Dffizieren gegenüber von Seite eines jungen Mannes, wie die⸗
fer Kommis ift, ganz anders ift, als das der Mannfchaft ge-
genüber, und daß man einem Dffizier ein Geſchenk nicht ſo an⸗
bieten Tann, wie etwa einem Korporalen, der Durft fühlt und
um ein Doueeur bittet. Ich finde daher von da ausgehend,
daß allenfalld der Mannſchaft etwas veriprodden wanrüen |k\, Vo
268
durchaus kein analoger Schluß zuläffig ift auf ein Berhalten
gegenüber ben Offiziesen.. Ueberdieß fcheint es mir aber, daß bie
Begriffsbeſtimmung, welche bie Strafprogeßorbnung von einem
Verdachtsgrunde aufftellt, eine engere ift alö ‚die, welche: von
ber löblichen Staatsbehörde angegeben wird. Zu einem Ber
dachtsgrunde gehört ein Zufammenbang zwilchen einer beftimm-
ten Perfon und einer beftimmten That, welche in einem Kau⸗
ſalitaͤts⸗ Zufammenhange ftehen. Ein folder Zuſammenhang
liegt aber nıcht vor, es ift eine vage Vermuthung, daß biefer
Mann fich des Verbrechens der Berleitung zum Mißbrauche der
Amtsgewalt ſchuldig gemacht Hat, es ift der Verdachtsgrund
der litera a alſo nicht vorhanden.
Dr. Wiedenfeld: Ich glaube beifügen zu müffen, baf
ſelbſt Der vorgelefene Brief Richter’3 einen Anhaltspunkt gibt,
daß nichts verfprochen worben ift. Richter fagt, daß nur Et»
was zu geben ift, wenn Nichts verfprochen worden.
Da die Gefchäftsfährung gewohnt war, immer bie Auf
träge genau zu vollziehen, fo ift diefer Auftrag nur dann volls
zogen worden, wenn Nichts versprochen werben war.
Staatsanwalt: Was die Bemerkung Richter’s in
feinem Briefe betrifft, fo muß ich geftehen, daß ich Darauf fein
Gewiſcht lege, ich habe leider zu oft erfahren aus der Vorlefung
ber Briefe, welche Spiegelfechterei Richter und fein Fabriks⸗
direktor getrieben haben. Es ift in den Briefen, wo es fich um
die Reduktion handelt, geiprochen worden, als ob fie bedauern
würden, daß rebuzirt worden iſt, und ber Direktor der Fabrik
iſt vollfommen darauf eingegangen, und bebauert gleichfalls, ob-
gleich beide wußten, daß fie. e8 find, die rebuzirt haben, und
daß fle nicht rebuzirt warden find. Was den Berbachtsgrund
betrifft,. fo erlaube ich mir darauf zu erwibern, daß bie Strafs
prozeßordnung nähere und entferntere Verdachtsgründe kennt,
daß F. 132 lit. a nicht davon ſpricht, es muß ein näherer Ber:
dachtsgrund vorhanden ſein, um eine Spezialunterſuchung ein⸗
zuleiten, es genuͤgt ein entfernter.
| Dr. Berger: Ich muß mich darüber wundern, daß man
Die Korrefpondenz Richter’s in diefem Augenblide als eine
Spiegelfedhterei erklärt, nachbem doch der größte
Theil der Anklagefchrift anf die Korrefponbenz. des
Herrn Richter gebaut ift. Auf den Brief baute mar Das
2069
ganze Verhalten Richter’8 zu den Sublontrahenten, und in
dieſem Falle nimmt man den Brief als pure Wahrheit. Ih
behalte mir die Erörterung darüber auf meine Schlußanführung
sor. Ich glaube daher, wenn man in einem Falle einen Brief
des Herren Richter an Krumbholz wie ein Notariatsinſtru⸗
ment interpretirt, daß man fich dieß in andern Fällen auch ge-
fallen laſſen muß. Was die Verbachtögründe anbetrifft, fo ift
mir ebenfalls nicht fremd, daß unfere Strafprozefordnung
nähere und entferntere kennt. Worauf ich hinſpielte, war ber
Aufammenhang zwifhen That und Perfon, und daß biefer
nur dann verwirklicht ift, wenn man eine beftimmte That
und eine beitimmte Perfon nachweiſt, das iſt gewiß, und eben
o tft gewiß, daß das Verhalten zur Mannſchaft feinen Schluß
auf das Verhalten zu den Offizieren geftattet. Ich glaube,
es fteht feit, daß ber Zeuge eines Verbrechens an der Theil:
nahme der Handlung nicht verbächtigt ift, und daß feiner
Beeidigung fein Grund im Wege iteht.
Dr. Wiedenfeld: Ich glaube, daß man ben erwähn⸗
ten Briefen Spiegelfechterei nicht vorwerſen kann. Der erite
Brief war wohl geichtieben, um dem Krumbholz als Beleg
gegen die Sublieferanten zu dienen. Allein aus dem in Rede
ſtehenden Briefe erhellt, daß er nicht gefihrieben war, um von
Jemand gelefen zu werden, denn es kommen darin Ausbrüde
vor, wie: »ich habe ben Zettel vernichtet, die man gewiß nicht
beifügen würbe, wenn man vorausſetzen koͤnnte, daß ber Brief
von Andern gelefen werbe. |
Nach einer Berathung des Gerichtshofes, welche zwanzig
Minuten dauerte, erfläst der Vorſitzende, daß ber Beſchluß dahin
gefaßt worden fei, Samuel Kallberg fei in Folge bes $. 132,
lit. A, nicht zu beeiben. Der Vorſitzende erflärt zugleich, daß,
da bie Vernehmung bed nun an die Reife kommenden Nathan
Hellmann ohne Unterbrehung zu lange dauern würde, Die
Verhandlung auf morgen vertagt werde. (Schluß der Sitzung
1/, U)
Die Sitzung beginnt um 9 '), Uhr. Der Vorſitzende for-
bern Michter auf, über feine Geſchäftsverbindung mit bem
Hauſe Schroll ſich auszufprechen.
Richter: Als die Einrichtung von Spitaͤlern angeord⸗
net wurde, trat ein ſehr ſtarker Bedarf von Baumwollſtoffen
270
beim Armee-Obertommanbo ein. Ich wurbe aufgefordert, mich
umzufehen, was ich liefern fönnte. In Bolge deſſen habe id;
den Geſchaͤftsleiter des Hauſes Schroll rufen laſſen, und ihn
gefragt, ob und wie viel er ſolche geeignete Waare beſitze. Dar⸗
auf hin hat er mir eine Probe gebracht, mit dem Bemerken, es
ſeien davon 1000 Stück vorhanden. Das war gebleichte Waare;
ben Preis hat er mit 13 kr. beſtimmt. Sch habe die Probe mit
Angabe desſelben Preifes dem Armee-Oberkommando vorge⸗
legt: fie wurde algeptirt, und das find die 1000 Stüd, welche
bei der Ablieferung in Stoderau etwas ſchmäler gefunden wur⸗
den als die Probe. Nachdem damit der Bedarf nicht gededt war,
fofragte ih Herm Schroll, was er weiter liefern könne, und er
bat dann 5000 Stüd, Die für Leintücher beſtimmt waren, zur
Lieferung übernommen. Richter äußert weiter, baß dem Hauſe
Schroll befannt gewefen fei, daß diefer Ankauf für den Bedarf
bes ArmeesÖberfommandos ftattfinde, und dag Schroll bie
Waare an ihn (Michter) geliefert, da er nicht glaubte, daß es
die Abficht des Schroll geweien fei, direkt an das Armees
Oberfommanbo zu liefern,
Borjigender: Erinnern Sie fi) an die Zeit, in wels
her Sie in dieſe nähere Beziehung zu Schrol!l getreten find:
Richter: Es war unmittelbar nach der Kriegserflärung;
es muß im Monate Mai gewefen fein, genau fann ich e8 aber
nicht fagen.. Das Datum ber Kriegserklärung ift maßgebend,
weil eben in Folge diefer Kriegserklärung die raſche Errichtung
von Feldfpitälern angeordnet worden iſt.
Borfigender: Welchen Nupen hatten Sie von dem Ge⸗
ſchäfte?
Richter: Ich habe bei dem Geſchäfte von 1000 Stück
eine Proviſion von circa 260 bis 280 fl. bezogen, und zwar
deßhalb, weil ich vis-A-vis dem Armee-Oberlommando bie
Haitung ber Uebernahme hatte; außer dieſen habe ich bei ben
1000 Stück nichts verdient.
Borfigender: Welche Propofitionen haben Sie bei dies
fen 1000 Stück dem ArmessOberfommando gemadt?
Richter: . Ich ſtellte benfelben Preis, welchen mir
Schroll geftelt hat. Es wurde ein Etüd, das mir-der Ges
fchäftsleiter von Schroll gegeben, als Diufter vprgelegt. Dies
ſes Mufter wurde auch dem Armee⸗Oberkommando gelaffen
271
und nach Stockerau gebracht. Ich glaube, daß es dem hohen
Armee =» Oberfommando bekannt war, daß die Waare von
Schroll ift, denn ich habe den Auftrag befommen, auf dem
Plate zu Faufen; es ijt alfo ein Handkauf gemefen, und ich
Habe nicht mehr als diefe 1000 Stüd geeigneter Waare auffin-
Den können. Wegen des weiteren dringlichen Bedarfes habe ich
Schroll zur Erzeugung einer bejjeren Partie aufgefordert und
5000 Stüd gebleichter Waare bei ihm anfertigen lafjen.
Vorſitzender: Welche Beziehungen beftanden zwifchen
Ihnen und Schroll bei diefem Gefchäfte?
Richter: In Folge meiner Aufforderung zur Lieferung,
von 5000 Stück hat Schroll diefelbeübernommen, und zwar
zum Preife von 13 '/, fr. per Elle und mit der Bedingung,
bag er. das Garn hiezu von mir um 38 fr. beziehe. Urſprüng⸗
lich maren die Beltimmungen 13 und 36 fr.; nachdem aber
durch Erhöhung der Valuta und durch den Umstand, daß
Schroll vorzügliches Garn verlangte, ich in die Nothwendig⸗
keit gejeßt war, für mein Garn 38 fr. zu verlangen, wurde
ber Preis auf 13 kr. feſtgeſetzt.
Vorſitzender: Welche Bedingungen wurden bei dieſem
©efchäfte feitgeftellt?
Richter: Da ich beim ArmeesÖberfommando die Hafs
tung übernommen hatte, fo habe ich im Ganzen 3 '/, Perzent
Provifton bezogen, wovon ich aber die Stempel und die Ueber⸗
gabsprovifion zu beftreiten Hatte, fo daß ich bei den 5000
Stüd im Ganzen 1100 fl. verdient habe. Krumbholz hatte
von dieſem ©efchäfte feine nähere Kenntniß, als das was die
Garne betraf, die er an Schroll lieferte, ba die Buchung über
das Sefchäft felbit nicht in Prag, fondern hier in Wien erfolgte.
Vorſitzender: Ich muß die Trage an Sie ftellen, ob
KrumbHolz von diefem Gefchäfte gar Feine Kenntniß befom-
men habe.
Richter: In Betreff der 5000 Stüd habe ich ihm mit-
getheilt, ich hatte die Hoffnung, durch Schroll beim Armee
Oberkommando ein Gefchäft zu machen, und daß ich dabei in
die Lage kommen würde, eine Partie Garne zu placiven. Rüd-
fichtlich des erften Gefchäftes habe ich gar feine Mittheilung ge=
macht, denn es war ein bier burchlaufendes Geſchäft.
W
272
Borfigender: Wer hatte dafür die Haftung gegenüber
bem Armee⸗Oberkommando?
Richter: Ich, fowohl für die richtige Lieferung als auch
für die richtige Qualität.
Der Vorfigende läßt den Angeklagten Krumbholz vor⸗
führen und dieſer beſtätigt im Weſentlichen das, was bereits
Richter über dieſe Angelegenheit geäußert hat. Er will von
ben näheren Beſtimmungen hinſichtlich dieſes Geſchäͤftes mit
Schroll nichts wiſſen, als was auf den Garnkauf Bezug hat,
und daß in Smichow das Haus Schroll für das Garn, wel
ches an dasselbe geliefert, und zwar urfprünglich mit 36 Tr.,
dann mit 38 Tr. belaftet wurde,
Der Vorſitzende verlieft nun mehrere Briefe Richter's an
Krumbholz, welche auf diefes Gefchäft Bezug haben. In dem
erſten Briefe vom 20. April 1859 iſt die Hoffnung ausgeſpro⸗
chen, daß ein ſolches Geſchaͤft mit Schroll werde abgeſchloſſen
werden. In dem Briefe vom 21. April aͤußert fich Richter,
bag ihm von entjcheidenden Perfönlichkeiten aller Vorſchub ger
Jeiftet und fein Webereiprojeft mit großer Zuverficht zur Realis
firung gelangen werde.
Kichter: Ich meinte Hier die Einrichtung, meiner mes
chaniſchen Weberei in Leibifchgrund.
Borfisender: Welche entjcheibenden PBerfönlichkeiten
haben Sie darunter verftanden?
Richter: Heren FME. Freiherrn v. Eynatten, ben
Seftionschef Noe und alle die Herren, welche mich aufforders
‚ten, mich unter die Konkurrenten zu ftellen, u, 3. als Lieferant von
Baummwollitoffen. Es wird nun ein Brief vom 26. April vers
lefen, worin Richter an Krumbholz fchreibt, daß eine Bars
tie Garne mit 36 fr. an Schroll zu Tiefern fei, und daß noch
weitere 25,000 Pfund nachkommen werben, bezüglich deren er
erft nach Verlauf von acht Tagen den Preis beftimmen könne.
Krumbholz: Das hat fih fpäter geändert, und ber
Preis wurde auf 38 Er. erhöht.
Richter: Aus dem ®runde, weil während ber Dauer
der Unterhandlungen eine bedeutende Verfchlechterung der Va⸗
luta eingetreten it. In einem Schreiben vom 3. Mai theilt
tichter mit, daB, je nachdem er den Preis der zu liefernden
273
Stoffe bedingen werde, auh Schroll für das Garn mehr als
36 fr. zahlen müfle.
Richter: Ich konnte nicht früher bezüglich des Garne
abfchließen, bevor nicht das Gefchäft mit dem Aerar in Orbs
nung war. &8 hat dieß Bezug auf bie Lieferung der 5000
Stüd Stoffe, und da von dem Preife für die Stoffe auch bie
Beitimmung der Qualität der Dazu zu verwendenden Baum-
wolle abhängt, "fo konnte auch dann erft der Preis des Garns
beftimmt werben. 13 kr. war ber Preis der Stoffe gegen-
über dem Armee-Öberfommando, und ich habe mit Schroll
auf 13 '/, Er. abgefchlofien.
In einem Schreiben vom 5. Mai zeigt Richter bem
Krumbholz an, daß Schroll, dem nun '/, fr. per Elle mehr
gezahlt werde, an ihn den Unterſchied im Preiſe der Garne von
36 auf 38 kr. zu vergüten habe. Auch wird in dieſem Briefe
zugleich Krumbholz verſtaͤndigt, daß Richter 3 Y Perzent
Skonto und Proviſion von Schroll beziehe.
Richter: Die Vergütung bat deßhalb ftatigefunden, weil
ern Schroll urſprünglich das Garn mit 36 Fr. berechnet
wurde, und fie mar auch gerechtfertigt wegen ber mittlerweile
eingetretenen Verichlechterung der Valuta. Später habe ich ge«
fagt, wozu erſt eine Ertravergütung, ich zahle Schroll ben
Preis, welchen ich vom Armee-Oberlommando bekomme, und
er bat mir 38 fr. für das Garn zu zahlen. Das ift dann eine
effektive Abrechnung.
Vorſitzender (zu Krumbholz): Was fagen Sie dazu?
Sie äußerten früher, daß Sie von all dem nichts wiſſen.
Krumbholz: Ich kann darüber nichts jagen, ich weiß
nur das, was das Oarngefchäft betrifft, und da ift feine Pros
viſton gezahlt worden.
Richter: Don der Vergütung hat es fein Abkommen ge⸗
habt, aber die Provifton habe ich immer bekommen für meine
Haftung, die ich gegenüber dem Armee⸗Oberkommando hatte.
In einem Briefe vom 21. Mai erklärt Richter, daß er
beim Genuß von 3 '/, pCt. für Skonto und Provifion von
Schroll, da er vom Aerar bares Geld beziehe, eine weſent⸗
liche Aufbeſſerung bes Gefchäfts erwarte.
- Richter: Ich meinte aber nicht eine Aufbeilerung vis-
A-vis dem Armee-Oberlommando , fondern vis-a-vis von
20*
272
Borfigender: Wer hatte dafür die Haftung gegenüber
dem Armee-Oberfommando?
Richter: Ich, ſowohl für die richtige Lieferung als auch
für Die richtige Qualität.
Der Vorfißende läßt den Angeklagten Krumbholz vor⸗
führen und dieſer beſtaͤtigt im Weſentlichen das, was bereits
Richter über dieſe Angelegenheit geäußert hat. Er will von
ben näheren Beftimmungen hinſichtlich dieſes Geſchäftes mit
Schroll nichts willen, als was auf den Garnkauf Bezug hat,
und daß in Smichom das Haus Schroll für das Garn, wel
ches an dasfelbe geliefert, und zwar urfprünglich mit 36 kr.,
dann mit 38 fr. belaftet wurde,
Der Borfitende verlieft nun mehrere Briefe Richter’s an
Krumbholz, welche auf dieſes Gefchäft Bezug haben. In dem
erften Briefe vom 20. April 1859 ift die Hoffnung ausgefpros
hen, daß ein folches Gefchäft mit Schroll werde abgefchloffen
werben. In dem Briefe vom 21. April äußert fih Richter,
dag ihm von entjcheidenden Perfönlichkeiten aller Vorſchub ges
Jeiftet und fein Webereiprojeft mit großer Zuverficht zur Reali⸗
firung gelangen werde.
Kichter: Ich meinte hier die Einrichtung, meiner mes
chanifchen Weberei in Leibifchgrund.
Borfisender: Welche entfcheidenden PBerfönlichkeiten
haben Sie darunter verftanden?
Richter: Herm FML. Freiheren v. Eynatten, ben
Seftionschef Nioe und alle die Herren, welche mich aufforders
.ten, mich unter die Konkurrenten zu ftellen, u, 3. als Lieferant von
Baumwollftoffen. Es wird nun ein Brief vom 26. April vers
lefen, worin Richter an Krumbholz fehreibt, daß eine Par
tie Garne mit 36 fr. an Schroll zu liefern fei, und daß noch
weitere 25,000 Pfund nachkommen werden, bezüglich deren er
erft nach Verlauf von acht Tagen den Preis beftimmen fönne.
Krumbholz: Das Hat fich ſpäter geändert, und der
Preis wurde auf 38 Er. erhöht.
Richter: Aus dem Grunde, weil während der Dauer
der Unterhandlungen eine bedeutende Verfchlechterung der Va⸗
luta eingetreten ift. In einem Schreiben vom 3. Mai theilt
Richter mit, daß, je nachdem er den Preis der zu Tiefernden
273
Stoffe bedingen werde, auch Schroll für das Garn mehr als
36 Er. zahlen müfle.
Richter: Ich konnte nicht früher bezüglich des Garns
abfchließen, bevor nicht das Gefchäft mit dem Aerar in Ord⸗
nung war. Es hat dieß Bezug auf die Lieferung der 5000
Stück Stoffe, und da von dem Preife für die Stoffe auch bie
Beſtimmung der Qualität der dazu zu verwendenden Baum:
wolle abhängt, ſo konnte auch dann erft der Preis des Garne
beftimmt werden. 13 '/, fr. war ber Preis der Stoffe gegen-
über dem Armee-Oberfommando, und ich babe mit Schroll
auf 13 kr. abgefchloffen.
In einem Schreiben vom 5. Mai zeigt Richter dem
Krumbholz an, daß. Schroll, dem nun '/, fr. per Elle mehr
gezahlt werde, an ihn den Unterſchied im Preife der Öarne von
36 auf 38 fr. zu vergüten habe. Auch wird in diefem Briefe
zugleih Krumbholz veritändigt, daß Richter 3 Ya Perzent
Skonto und Provifion von SchrolT beziehe.
Richter: Die Vergütung hat deßhalb ftattgefunden, weil
ern Schroll urfprünglich das Garn mit 36 Er. berechnet
wurde, und fie war auch gerechtfertigt wegen der mittlerweile
eingetretenen Verfchlechterung der Baluta. Später habe ich ge-
fagt, wozu erſt eine Ertravergütung, ich zahle Schroll den
Preis, welchen ich von: Armee-Oberfommando befomme, und
er bat mir 38 Er. für das Garn zu zahlen. Das ift dann eine
effektive Abrechnung.
| Borfigender (zu Krumbholz): Was fagen Sie dazu?
Sie äußerten früher, daß Sie von all dem nichts wiſſen.
Krumbholz: Ich kann darüber nichts jagen, ich weiß
nur das, was das Oarngefchäft betrifft, und da ift feine Pros
viſton gezahlt worden.
Richter: Don der Vergütung hat es fein Abfommen ges
habt, aber die Provifion habe ich immer befommen für meine
Haftung, die ich gegenüber dem Armee-Oberfommando hatte.
In einem Briefe vom 21. Mai erklärt Richter, daß er
beim Genuß von 3 '/, p&t. für Skonto und Provifion von
Schroll, da er vom Aerar bares Geld beziehe, eine weſent⸗
liche Aufbeiferung des Gefchäfts erwarte.
- Richter: Sch meinte aber nicht eine Aufbeiferung vis-
a-vis dem Armee-Oberfommando , fonbern vis-a-vis un
WE
274
Schroll, denn dos war mein Gewinn, von dem ich Die Webers
gabsfpefen, Stempel u. f. w. zu bezahlen Hatte.
Staatsanwalt: Es fteht in den Briefen, daß Sie Gar
Nr. 16 und 18 geliefert haben; daher würde felbft darin das
Seftändniß liegen, daß das Mufter, welches gu den 5000
Stück vorgelegen, in Nr. 16 und 18 beftanden.
- Richter: Darin kann kein folches Gejtändniß liegen; ih
babe für die 5000 Stüd nicht das volle Quantum bergegeben;
e3 find dazu 70,000 Pfund Garn erforderlich gewefen.
Dr. Berger: Ift für Leintücher gröbere Waare nöthig
als für Hemden?
Richter: Für Leintücher kann die Waare ſteifer, für
Hemden aber muß ſie ſchmiegſam ſein.
Dr. Berger: Waren die 5000 Stück für Leintücher oder
für Hemden beſtimmt?
Richter: Für Leintücher.
Dr. Berger: Sie haben den Gewinn früher auf 1196 fl.
angegeben, heute nahe auf 1100 fl. Die Anklage itellt aber
einen Gewinn von 2083 fl. dar, weil das Gar von 36 auf
38 fr. erhöht wurde. E& hat alfo ein Profit von 25 Fr. per
Stüd ftattgefunden.
Richter: Es iſt dieß unrichtig; ich hatte die Ehre, Vor:
lagen zu machen, was ich an dem Garn verdient, melches zu
den für ärarifche Zwede gelieferten Stoffen verwendet wurde.
Sch babe dabei weniger verdient, ald wenn ich meine Spin⸗
nereien Stoffe hätte arbeiten Iafjen, die — um mich fo auszu⸗
Besen, — für Bettelleute gut genug gewefen wäre. Sch habe
2 °/, fl. am Gentner verdient, und wenn mir ein Gewinn am
Garn angerechnet wird, iſt das nad) meiner Meinung unrichtig.
Der Zeuge Franz Seidel, Bevollmächtigter und Ge⸗
fhäftsführer der Schroll’fchen Niederlage in Wien, wird num
vorgerufen. Er kennt Herm Franz Richter, jedoch nicht den
zweiten Angeklagten, Krumbholz, und weiß jich betreff3 dee
Lieferungsgefchäftes nur der Umftände zu erinnern, daß Rich⸗
ter im April 1859 in die Niederlage geſchickt habe, damit einer
von den Herren zu ihm komme. Da keiner derfelben bier gewes
fen, babe er an feine Chefs gefchrieben, Herr Iofeph Schroll
fei hieher gefommen und habe mit Richter unterhandelt. Rich»
fer babe damals 1000 Etüd, die ‘sorrätkiq geweſen, angefauft
275
und die Niederlage felbit Habe diefelben nach Stoderau gelies
fert. Später jeien die Waaren von Bayer geliefert worben.
Das Garn habe fein Chef anfangs mit 36 fx. bezahlen müf-
en, wofür fie 13 Er. per Elle bekamen.
Später fei jedoch dad Garn auf 38 fr. erhöht, aber da⸗
für Die Elle mit 13 '/, fr. bezahlt worden. Wenn er Geld ges
braucht habe, fei er zu Richter gegangen, der babe fich mit
ihm ausgeglichen; größere Beträge feien jedoch von der Smis
cho wer Fabrik an feinen Chef direkt gezahlt worden.
Auf die Trage des Staatsanwalt erflärt er, über "die
Verminderung der Breite nichts angeben zu fünnen, weil er in
das Technifche nicht eingeweiht fei.
Auf die Frage des Dr. Berger erflärter, daß die Waa⸗
sen ber erften Lieferung gebleicht, die der andern bloß gewaſchen
waren. Das Haus Schroll habe fich nicht felbit zu den Lies
ferungen angeboten und auch nicht anbieten fünnen, weil es
von der Lieferung nichts gewußt habe. Auch er erklärt, daß zu
Hemden feinere Stoffe verwendet werden müſſen, als zu Lein⸗
tüchern.
Der Borfigende fordert hierauf den Zeugen auf, abzutre-
ten, fich jedoch nicht zu entfernen, weil vielleicht feine nochma-
lige Bernehmung nothiwendig fein könnte.
Hierauf ericheint Joſeph Schroll, Fabriksbeſitzer aus
Hauptmannsdorf bei Braunau in Böhmen. Derfelbe, zeigt in
feinem ganzen Benehmen eine gewiſſe Scheu und Furchtſam⸗
feit, weil er, wie er fich ſelbſt ausdrüädt, noch nie bei einer Ge⸗
richts verhandlung betheiligt gemefen ift. Auf die ragen bes
Borfigenden kann er nur in nicht beſtimmter und unklarer Meife
antworten, bis er endlich einige Papiere aus der Tafche nimmt,
auf welchen er -fich Aufzeichnungen gemacht hat. Er gibt an,
daß er im April vorigen Jahres von Seidel einen Brief er-
hielt: ex möge eines Gejchäftes halber nach Wien zu Richter
kommen. Diejer habe ihm nun vor Allem die am Lager befind⸗
Uchen 1001 Stüd Ketten abgefauft und eine Lieferung von
5000 Stüd mit ihm beiprochen. Er felbit habe fich von Rich»
ter bie Lieferung der Garne bedungen, und zwar zum Preife
von 36 fr. Er lieft aus feinen Auffchreibungen: »Im Monat
Mai trat ich mit Herrn Richter, und zwar auf feine Auffors
derung, wegen Lieferung von 5000 Stüd Kattun, Ar Kur
276
und 16er Schuß in Unterbandlung. Derfelbe erhält für Garn
36 fr. KM., und wir erbotenung, die Waare zu 13 fr. per Elke,
abzüglich 2 Perzent Provifion und 1 7/4 Perzent Skonto, zu
liefern. «
Zeuge gibt weiter an, er und Richter haben bloß ober⸗
flaͤchlich gefprochen; es fei Feine Andeutung gemacht worden, went
eigentlich die Lieferung gehöre. Er Habe geglaubt für die Kre⸗
ditanftalt; als jeboch Richter bloß infeinemeigenen Namen un
terfertigte, und als im Abfchluß die Waare als für dag Ara
gehörig bezeichnet wurde, habe er erft gemußt, daß die Lie
ferung nicht für die Krebitanftalt gehöre. Er habe mehrere
Mufterftüce vorgelegt, die mit Ziffern bezeichnet waren; ee
Zahlen könne er nicht angeben. Als es zum. definitiven A
ſchluß kommen follte, Habe Richter erklärt, er koͤnne das Garcci
nicht mehr zu 36 Fr. liefern, und habe 38 kr. verlangt. Inu
Monate Juni erfolgte ber zweite Abſchluß mit dem Geſchaͤfts —
führer Krumbholz in Prag, über 10,000 Stück Kattun Nr :
18 Kette und Nr. 18 Schuß, wofür er 13 '/, fr. per Elle ua
bielt und das Garn zu 38 fr. bezahlen mußte; bie Waarefer 1
bloß gemwafchen worden.
Der Vorſitzende verlieft hierauf ein Protokoll, welches
aufgenommen wurde, um ein Surrogat für Leinwand zu fin —
ben: „Um den bebeutenben Bedarf möglichft fehnell zu dedem
und gewaltfame Preisfteigerungen hintanzuhalten, ift e8 zued——
dienlich, für Leintücher feiten Kalikot in Anwendung zu bin
gen.“ Die verfchiedenen Mufter waren entweder von fo ſchlech
ter Qualität und von fo überfpannten Preifen, daß e8 ange
zeigt fein dürfte, rohen und ungebleichten Kalikot ſtarker un ⸗
fefter Art in der fürzeften Brift und zu den, den Zeitverhältniſ⸗
fen entfprechenden Preifen anzufchaffen. Das Protokoll ift von
zwanzigften April Datirt, und unterfchrieben von Richter und”
Eynatten. Weiters wurde im Protokolle bezeichnet, daß das
Kalitotmufter des Herrn Direktor für Leintücher geeignet
und daß der Preis von 13 fr. ein geringer fei; von bemjelben
Stück jeien ſchon 1000 Stüd vorhanden, die fogleich übers
nommen werden fünnten, und es Zönnten ferner mochentlidy
minbeftens 600 Stüd abgeliefert werden. Daman feinen Stoff
billiger zu erreichen vermöge, fo fei der Antrag des Direktors
Nichter annehmbar. Der Bebar| velauie Ah auf 300,000
268
‚279
bruar verlängert wurde. Bebungen wurben 14 fr. EM. pr. Elle.
Für den Fall aber, daß die Waare nicht vollftändig gebleicht zu
werben braucht, follte ich vom bedungenen Preiſe & Er. per Stüd
an Richter zurücgeben; ferner war bedungen, daß 4 °/, vom
Gelde in Abzug gebracht werben, daß ich außerdem eine Elle
Uebermaß wegen der Schwindung liefere, und daß die Waare
im '/, Quabratzoll 30 Fäden enthält. Die Proviſion lag ſchon
in dieſen 4 °/..
Borfigender: Hat Richter das Geſchaͤft für ſeine Per⸗
ſon übernommen?
Zeuge: Meines Wiſſens hat er es für feine Perſon übers
nonmen. Das Verbältnig zur Kreditanftalt Fannte ich nicht.
Vorfitender: Wohin wurde die Waare geliefert ?
Zeuge: Zum Theile nach Prag, zum Theile nach Sto-
derau und Brünn.
Borfißender: Haben Sie außer Kalberg und Bondt
Niemanden zur Beforgung Ihrer Abgabe gehabt?
Zeuge: Es fann vielleicht fein, daß Bondi in Sto-
derau die Waare durch einen Anderen übergeben Tieß.
Vorſitzender: Hat fich ein Anitand babei ergeben?
- Beuge: Ganz unbedeutende.
Vorfigender: Iſt es bei ben urfprünglichen Beſtim⸗
mungen geblieben?
Zeuge: Krumbholz fagte mir, es fei die Breite von
30 Zoll hinreichend; ob er dieß imAuftrage des Herrn Richter
gethan hat, weiß ich nicht. j
Borfigender: Was ift in Bezugauf das Garn beitimmt
worden ?
Zeuge: Ich follte das Garnquantum von Kern Rich⸗
ter zum Preiſe von 30 ft. KM. beziehen, allein Herr Rich⸗
ter geftattete mir fpäter auch anderweitig Garn zu kaufen, wel
ches ich auch billiger befam. Die daraus ſich agebene Preis⸗
differenz theilte ich mit Herrn Richter.
Vorſitzen der: Warum das?
Zeuge: Weil Herr Richter mir erlaubte, Garn ander⸗
weitig zu kaufen, und er mir dadurch einen Gefallen erwieſen
hat; es war ein Nutzen für mich.
Vorſitzender: Iſt fpäter keine Reduktion Ihrer Lies
ferung eingetreten?
278
von Ihnen gehabt, wie er N mit dem Perfonale der Monturs-
fommijfion zu benehmen habe?
Zeuge: ©ar feine.‘ Die Koften ber Lieferung wurden von
mir felbft getragen. Richter hat ſechs Stüd weniger geltefert, wie
es fan, weiß ich nicht. Sch lieferte dieſe ſechs Stüd mehr. Ob er
mir ſechs Stüde erſetzte, kann ich mich nicht erinnern, denn was
in ben Unterfuchungsaften bezüglich. des Erſatzes von mehreren
für ihn gelieferten Stüden angeführt tft, bezieht ſich auf eine
andere von mir für ihn gelieferte Partie.
Der Vorſitzende verlieſt nun das von Hellmann einge⸗
brachte Offert, es lautet auf die bereits bezeichneten Stoffmen⸗
gen, welche , Wiener Ellen in der Breite haben ſollten. Die
Bezahlung wurde fogleich nach Ablieferung jeder einzelnen Par-
tie bedungen. Der Lieferungstermin war von Mitte Juni bis
Ende Oftober, die Haftung wurde von Richterübernommen. Mu⸗
fterftücfe wurden zwei'eingebracht, die Genehmigung diefer Kies
ferung ift unter dem 17. Mat 1859 vom ME. Eynatten
für beide Mufter erfolgt. Gleichfalls wurde ber, an die Prager
Monturskommiſſion erlafjene Auftrag wegen Verftändigung bed
Hellmann rüdjichtlich der Annahme feines Offertes bekannt
gegeben.
Vorſitzender: Hat Herr Richter als Beſitzer der Fabrik
in Smichow oder ald Hauptdirektor der Kreditanitalt gehaftet?
Zeuge: Darüber kann ich mich nicht ausfprechen.
Der Vorſitzende theilt weiter mit, daß der Kontraktsab⸗
ſchluß am 29. Juni in Stockerau erfolgte.
Zeuge: Die Kaution im Betrage von 6325 fl. wurde
durch meinen Gefchäftsführer erlegt. Bei der zweiten Partie
- babe ih 15.000 Stüd als Subkontrahent des Richter zu lie:
fern übernommen.
Borfigender: Wie find Ste in Kenntniß gefoinmen,
daB es ſich um ein Lieferungsgefchäft Handelt?
Zeuge: Sch glaube, daß esmir Krumbholz gefagt hat.
‚Borfigender: Wiffen Sie auch um mie viel es fich hans
delte und wie viel Sie liefern follten?
Zeuge: Es handelte fih um die Lieferung von 3 —
4 Mil. Ellen, wovon ich nad) der anfänglichen Beftimmung
12,500 Stüd liefern follte, und zwar binnen ſechs Monaten,
von Zuli bis Ende Dezember, weiche Sch aber 18 Ente Tes
279
bruar verlängert wurde. Bedungen wurden 14 fr. EM. pr. Elle.
Für ben Fall aber, daß die Waare nicht vollftändig gebleicht zu
werden braucht, follte ich vom bedungenen Preiſe 4 Er. per Stüd
an Richter zurüdgeben; ferner war bebungen, daß 4 °/, vom
Gelde in Abzug gebracht werben, baß ich außerdem eine Elle
Uebermaß wegen der Schwindung liefere, und daß die Waare
im '/, Duadratzoll 30 Fäden enthält. Die Proviſion lag ſchon
in dieſen 4 °/.
Borfißender: Hat Richter das Geſchaͤft für ſeine Pers
fon übernommen?
Zeuge: Meines Wiffens hat er es für feine Berfon übers
nommen. Das Verhältniß zur Kreditanftalt kannte ich nicht.
Borfigender: Wohin wurde die Waare geliefert ?
Zeuge: Zum Theile nach Prag, zum Theile nach Sto⸗
derau und Brünn.
Borfigender: Haben Sie außer Kalberg und Bondt
Nientanden zur Beforgung Ihrer Abgabe gehabt?
Zeuge: Es fann vielleicht fein, daß Bondi in Sto-
derau die Waare durch einen Anderen übergeben ließ.
Vorſitzender: Hat fich ein Anſtand babei ergeben?
Zeuge: Ganz unbedeutende.
Borfikender: ft es bei den urfprünglichen Beſtim⸗
mungen geblieben?
Zeuge: Krumbholz fagte mir, es fei die Breite von
30 Zoll hinreichend; ob er dieß im Auftrage des Herrn Richter
gethan hat, weiß ich nicht.
Vorſitzender: Was ift in Bezugauf das Garn beftimmt
worden ?
Zeuge: Sch follte das Garnquantum von Herm Rich⸗
ter zum Preife von 30 fi. EM. beziehen, allein Herr Rich-
ter geftattete mir fpäter auch anderweitig Garn zu faufen, wels
ches ich auch billiger befam. Die daraus fich ergebene Preiss
Differenz theilte idy mit Herrn Richter.
Borfigender: Warum das?
Zeuge: Weil Herr Richter mir erlaubte, Garn ander-
weitig zu kaufen, und er mir dadurch einen Gefallen ermwiejen
hat; es war ein Nuten für mid.
Vorſitzender: Iſt fpäter feine Reduktion Ihrer Kies
ferung eingetreten?
280
Zeuge: Ia; Herr Krumbholz hat mir, unter Vor⸗
weifung eines Originalbriefes bes Herrn Richter, befien Ins
halt aber ich nicht mehr genau weiß, geiagt, es fei von Seite
des Armee» Oberfommandos eine Reduktion angeordnet, bie
anderen Subkontrahenten hätten fich dieſelbe gefallen laſſen, da⸗
her follte auch ich weniger liefern. Ich glaubte es nicht, weil
ich jehr daran zweifelte, Daß das Aerar einen abgefchloffenen
Vertrag rückgaͤngig machen wolle, allein da es ber Wunſch
des Herrn Richter war, fo that ich es enblich.
Borfitender: Iſt Ihnen auch zugleich die Verlän⸗
gerung des Termines befannt geworden oder ſchon früher?
Zeuge: Ich habe mir die Zeitabfchnitte nicht fo gemerkt.
Vorſitzender: Hat Krumbholz Feine Vergütung von
Ihnen gefordert?
Zeuge: Ja, wegen ber Verminderung ber Breite. Ich
ging nicht darauf ein und bin mit Herrn Krumbholz einmal
fogar arg aneinander gefommen; denn da ich an ber Manipu⸗
lation nichts änderte, fo konnte ih auch nichts vom Preiſe
nachlafjen.
Vorfigender: If Ihnen durch die Reduktion ein
Schade erwachfen?
Zeuge: Nein, jo jehr ich mich im Anfange dagegen
fträubte, jo angenehm war es mir fpäter, weil ich nicht in der
Lage war, die Waare in der beftimmten Zeit zu Tiefern.
Borfitender: Haben. Sie Herrn Richter gegenüber
noch ein Guthaben?
Zeuge: Ia. Ich glaube 115,500 fl., die auf feine Fa-
brif in Smichow vorgemerkt find.
Vorfigender: Woher ſtammt diefer Anfpruh auf
Richter?
Zeuge: Zum Theil aus dieſem Lieferungsgefchäfte, zum
Theile noch aus unferem früheren Geſchäftsverkehre.
Borj igender: Haben Sie dieſen Betrag nur auf bie
Realität in Smichow pränotirt?
Zeuge: Auch auf die Realität in Leibifchgrund.
Vorfigender: Nach dem Grundbuchsertrafte (Leibiſch⸗
grund) kommt eine andere Poft vor, nämlich 47,473 fl. 59Er.
und 67,561 fl. 54 fi.
281
Zeuge: Diefe zwei Beträge find identifch mitdem einen,
den ich oben genannt habe.
Borfitender: Warum haben Sie im Laufe des heuri-
gen Jahres biefe Sicherung gegen Herrn Richter ergriffen?
Zeuge: Einerfeits weil der Betrag fehr groß war, ans
berfeitö weil ich es ber Welt fchuldig war, um ihr zu zeigen,
daß mein Betrag fichergeftellt ift.
Vorfißender: Hatten Sie fchon damals, ald Richter
feine Zahlungen zu Smichow eingeftelt hat, Forderungen
an ihn?
Zeuge: Ia, auf den Betrag kann ich mich nicht genau
erinnern, ıch glaube, es war zwifchen 20,000 fl. und 30,000 fl.,
it aber gänzlich berichtigt worden.
Richter: Hoher Gerichtshof! Ich möchte nur bitten mir
zu erlauben, daß ich an Herrn Hellmann zwei Sragen ftellen
darf: warum ich mir die Beziehung meines Garnes ausbeduns
gen habe, und ob ihm der beftimmte Preis billig oder theuer
vorfam?
Zeuge: Herr Richter hat darum bedungen das Garn
von ihm zu beziehen, weil ihm darum zu thun war, daß das
Material aus amerikanifcher Baummolle beftehe, mas bei andes
ven Spinnern nicht der Fall war. Was die zweite Frage anbe-
langt, fo war der Preis ein entfprechender; man bat Garne
von fchlechterer Qualität auch nicht billiger befommen, und ich
weiß nicht, wenn man diefe Qualität hätte haben wollen, ob
man fie anderwärts gefunden hätte.
Richter: Ueber ben Rechnungsftand, was mein Gejchäft
noch ſchuldig ift, habe ich feine genaue Kenntniß, aber ich ers
klaͤre, hoher Gerichtshof (mit Thränen und wanfender Stimme),
daß, wenn er-feine Forderung nicht eintreibt, er dies, nur aus
Rückſicht für das verwaiſte Gefchäft thut.
Borfigender (zu Richter): Haben Sie Hellmann
gegenüber Beine Forderung?
Richter: Nein. Ich trete auch von der Verguͤtung zurück,
weil er keine Aenderung in der Breite gemacht hat. Herr Hell⸗
mann wird beftätigen, Daß die Waare, die er nach meiner Mes
thode zurichten mußte, ihm mehr gekoftet hat, ala wenn er fie in
weißgebleichtem Zuſtande hätte liefern follen.
Der Zeuge beitätigt dieß.
284
Vorfigender: Was können Sie angeben bezüglich ber
Reduzirung? Iſt Ihnen ein Nachtheil daraus erwachſen?
Zeuge: Mirift durchaus fein Schaben baraus
erwachſen.
Vorſitzender: Sind Sie gleich urſprünglich von dieſer
Anſicht ausgegangen?
Zeuge: Ich glaube dieß wenigſtens bereits im Protokolle
vom Juni erklaͤrt zu haben, und zwar aus dem Grunde, weil
wir ſelbſt das reduzirte Quantum nicht abgeliefert haben. Die
Urſache, daß wir nicht abliefern konnten, lag darin, weil theils
die Lieferung fruͤher eingeſtellt wurde, als wir gedacht, andern⸗
theils, weil wir nicht fertig geworden ſind.
Richter, erklaͤrt der Zeugeweiter, hat ſich mit einem ſehr mäs
ßigen Nutzen begnügt, beziffern ließe fich derſelbe nicht fo leicht,
ihnen ſelbſt wäre die Waare mit 22 °/, Nr. bezahlt worden,
während Richter 25 fr. dafür befommen hätte, wofür er aber
die Regiefpefen habe tragen müffen.
Vorſitzender: Es ift nachgewiefen, daß die Angabe von
Seite bes Krumbholz, dasNerar habe die Qualität reduzirt,
nicht in der Wahrheit gegründet fei, daß es, wie er fich ſelbſt
ausbrüdt, eine Nothlüge geweſen wäre. Wenn biefer Fall nicht
eingetreten wäre, würden Sie auf die Rebultion eingegangen
fein, wenn Sie gewußt hätten, daB bie Rebuftion beim Aerar
nicht fkattfand ?
Zeuge: Das kann ich fchon aus dieſer Urfache ſchwer
beustheilen, weil dieß eine Berftändigung mit meinem Kom:
pagnon nothwendig gemacht hätte. Nach meiner perjönlichen
Meberzeugung würde ich mich auch in diefem Galle zur Reduk⸗
tion verstanden haben, ich glaube ſchon aus Rüdjicht für
Hessen Richter. .
Vorfigender: Wie verbält fich diefe Angabe zu Ihrer
13. Antwort im Unterjuchungsprotofolle, wo von Ihrer Seite
ein erlittener Schade vorgebracdht wird?
Zeuge: Das liegt barin und ich glaube es wirb auf diefe
Art zu erklären fein: Mir wurde bei bem hohen Landesgerichte
R Brag die Frage geftellt: Haben Sie dadurch einen Schaden
litten, daß Rrumbholz in der Mitte des Monats Februar
Lieferung einitellte, anftart, wie Sie glauben, gegen Ende
mar? Auf diefe Frage glaube ich geantwortet zu baben, daß
285
in ber That in Folge deffen 143 Stüd zurüdgeblieben find,
zum Theil in rohem, zum Theile in gebleichtem, zum Theil in
appretirtem Zuftande. Ob uns dadurch ein Schade erwachſen,
bag die Wanre zurüdgeblieben, kann ich nicht ermeffen, weil
ich nicht weiß, wie viel und Davon als Ausschuß zurückgewiefen
worden wäre.
Auf die Trage bed Staatsanwalt, woher er die Vermu⸗
thung fchöpfe, daß von diefen 143 Stüd mehrere hätten aus⸗
geftoßen werben können, erklärt der Zeuge, daß die Erfahrung
diefes Iehre und bejonders wären bie Ausftoßungen wegen nicht
genügender Breitegefchehen, und zwar habe biefe immer Krumbs
Holz felbft angeordnet; denn er habe feine Waare wenigftens
unter 30 Zoll nicht angenommen. Aus ben Fragen des Staats⸗
anwalts an ben Zeugen erhellt ferner, baß der Zeuge von bem
zurüdgebliebenen. Garne einen Theil zurüdgeftelt, einen ans
deren Theil Grillmayer & Liebig verkauft, daß bie 143
zurüdgebliebenen Stüde fpäter, und zwar im Donate Juli,
von ihm um 13%, fr. pr. Elle verkauft worden feien, während
ihm Krumbholz früher nur 13 Er. dafür gegeben.
Staatsanwalt: Würden Sie, wenn Sie gewußt häts
ten, daß die Reduktion von Seite des Armees Oberfomman-
dos nicht wahr sei, dennoch die Reduktion angenommen
haben?
Zeuge: Ich glaube, werm Richter offen und ausbrüds
fich uns den Wunfch mitgetheilt Hätte, fo würde uns dieß noch
mehr veranlaßt haben, zu reduziren; eshat ung nur mans
genehm berührt, daß und Krumbholz nicht bie Wahrheit mits
getheilt.
Landesgerichtsrath Peitler: Sie haben heute angegeben,
daß Sie durch die Reduktion keinen Schaden erlitten, weil Sie
nicht im Stande geweſen, das reduzirte Quantum rechtzeitig
zu liefern. Geben Sie uns an, ob Sie für den Fall, daß Sie
einen Liefertermin nicht einhalten follten, ausdrüdlich flipufir-
ten, daß Richter berechtigt fet, den Vertrag aufzuheben.
Zeuge: Wir haben barüber feinen Vertrag gehabt, aber
ich halte es für jehr natürlich und glaube jedenfalls, daß dieß
Herren Richter zugeftauden wäre.
Landesgerichtsrath Beitler: Zu was wäre Richter be-
286
rechtigt gewefen, wenn Sie einen Monattermin nicht einge⸗
halten hätten?
Zeuge: Streng genommen, hätte er Waaren kaufen und
fie mir anvechnen können, ich hätte fie Dann erfeßen müffen.
Krumbholz: Ich habe ſchon, bevor der Antrag auf Res
Duzirung geftellt wurbe, gedroht, ihm die Kieferung ganz zu
entziehen, weil bei der Kommiſſion fich Anftände wegen der
Breite ergeben haben.
Richter erklärt ferner auf die Frage des Praͤſidenten, daß
Porges verpflichtet geweien, Mitte Juli zu liefern. Wenn
feine erite Lieferung erſt November erflofjen fei und er fie anges
nommen, fo fei das Nachlicht von feiner Seite geweien.
Doktor Berger ftellt die Irage an den Zeugen, ob er
verpflichtet gemwefen jei, in den fech8 Monaten jeden Monat
1000 Stüd oder anfangs weniger, aber gegen Schluß mehr
zu liefern, und ob Richter das Necht gehabt hätte, wie be=
reits Herr Rath Peitler gefragt, das Fehlende zu kaufen und
Porges mit dem Betrage zu belaften? — Der Zeuge vermag
hierüber feine beftimmte Antwort zu geben. Doktor Berger
fragt weiter, ob dem Zeugen von Seite des Unterfuchungsrich-
ters befannt gegeben wurde, daß man den ihm zugefügten Scha—
den durch Sachverftändige erheben ließ?
Zeuge: Nein.
Dr. Berger: Hat der Unterfuchungsrichter angege-
ben, daß Sie nach Ausspruch der Sachverftändigen einen Scha⸗
den von circa 320 fl. erlitten haben?
Zeuge: Ich habe ſchon erklärt, daß ich gar nicht ange-
ben faun, daß ich einen Schaden erlitten.
Dr. Wiedenfeld: War es bedungen, wenn Sie mit
einer Monatlieferung zurüdblieben, daß Nichter die Waare
wo anders Faufen könne?
Zeuge: Unfer Uebereinfommen befteht aus der mündli-
hen Befprechung. Ich erinnere mich nicht daran, daß es bes
dungen worden wäre, aber ich glaube, es verftehe fich von jelbit.
Staatsanwalt hält dem Zeugen vor, daß fein Couſin ans
ber8 auögefagt habe, worauf biefer den Widerfpruch dadurch
Löft, daß fein Couſin fich meift mit Chemie, er aber mit ber
Weberei und dem Betriebe derfelben abgebe. -
Der Borfigende erfucht den Staatsanwalt, tiber die wei-
287
tere Anweſenheit des Zeugen in Wien einen Antrag zu fielen,
da die Sachverftändigen erſt Montag vernommen werben.
Staatsanwalt: Ich glaube, der Zeuge fönne indeffen
zurüdreifen, weil die Schndenangabe im Anklagefchluß fich zwar
auf das Gutachten der Sachveritändigen bezieht, jedoch ohne
weitere Beziehung auf die Zeugenausſage.
Dr. Berger erklärt fich damit einveritanden.
Der Zeuge, welcher ſchon in der VBorunterfuchung beeidet
wurde, entjernt fich hierauf, und deffen Eoufin und Kompag⸗
non Joſef Porges von Portheim erfcheint. Diefer macht
im Wefentlichen diefelbe Ausfage, nur erklärt er, er habe feis
nen Couſin fait überall freie Hand gelaffen. Er hat ebenfalls
durchaus Feinen Anfpruch wegen der Reduktion zu machen, er
fei bei feiner früheren Vernehmung nicht genau unterrichtet ges
weſen, er habe geglaubt, der Nachteil fei durch die Reduktion
entftanden, er habe jeboch fpäter zur Kenntniß gebracht, daß
dieß nicht durch die Reduktion, fondern durch die Nichteinhals
tung der Lieferzeit entitanden fei. Wenn ihm Richter mitges
theilt hätte, daß er (Richter) eine Reduktion einführen wolle, -
hätte er" mit feinem Kompagnon eine Rüdfprache gepflogen, und
er glaube, fie wären darauf eingegangen.
Staatsanwalt: Sie fagten, daß Site durch die Re:
duktion feinen Schaden erlitten hätten?
Zeuge: Wir haben feinen Echaden, weil bie Waare
nicht durch di Reduktion zurücigeblieben, fonderndurch unfere
eigene Schuld, indem wir die Lieferzeit nicht eins
hielten.
Staatsanwalt: Wie tommt es, daß Sie bei dem Vers
hör des Unterfuchungsrichters gejagt, daß Sie in der erſten
Verhörung bereit gewefen mären, eine ftrafrechtliche Unterfus
hung einleiten zu laffen?
Zeuge: Als ich gehört, daß die Reduktion nicht vom
Staate ausgehe, war ich verlegt, weil man ung nicht die Wahrs
heit gejagt, ich habe in dem Augenblide feinen Entfchluß ges
faßt und kann auch nicht fagen, was ich mehrere Monate früher
gethan Hätte, da ich nicht felbfiftändig im Gefchäfte war.
Dr. Berger: Ich habe zunächit feine Trage zu ftellen, aber
um Ihren Aeußerungen in Betreff der Vorunterfuchung zu bes
gegnen, erjuche ich dem Zeugen die Antworten 26— 3& st
W
288
Ausfage vorzulefen. Der Schriftführer lieſt Die betreffenden Fra⸗
gen bezüglich ber Schabenbemeffung vor, aus denen es fich ergibt,
daß Der Uinterfuchungsrichter alle Momente zufammengejtellt
hatte, um den Zeugen zur Präzijirung feines Schadens zu ver-
“ anlaffen. Derfelbe hatte dieß von ſich gewielen, troß des An-
dringens des Unterfuchungsrichters, daß er nicht ausweichend
antworten ſoll.
Dr. Berger ſtellt dann an den Zeugen dieſelbe Frage
wegen Schadenermeſſung durch die Sachverſtändigen, die er dem
fruͤheren Zeugen geſtellt. Derſelbe erklärt, daß er davon nichts
erfahren, und da er keinen Schaden erlitten, ſo entfällt dieß von
ſelbſt.
Markus Kaufmann, Fabrikant in Prag, bereits in der
Vorunterſuchung beeidet, ſagt aus: Ich habe mich ſelbſt an
Herrn Richter gewandt, ob ich liefern koͤnne, es wurde zwi⸗
fchen uns bloß ein mündliches Uebereintommen getroffen, ba
ich Herın Richter von früher her als einen höchſt ehrenwers-
then Mann kannte. Die Verabredung ging dahin, daß die Lie-
. ferung zum Preife von 23 Er. öſt. W. per Elle, das Stüd zu
. 52 Ellen zu arbeiten fei; das Garn mußte vom Kern Rich
ter bezogen werden. Es war mir ganz angenehın das Garn
vom Herrn Nichter beziehen zu fönnen. Später wurde aller
dings feine Abänderung in Bezug auf Qualität, wohl aber
eine Veränderung ber Breite (von 48 auf 46'/,') getroffen.
Bon meiner Waare find 125 Stüd beanftändet worden, - weil
fie fledig waren, es find auch einige Stücke Dabei gewefen, bie
etwas ſchmäler ausgefallen find, aber dafür kann man nichts.
Was die Reduktion meiner Lieferung anbelangt, fo war das bie
Bolge einer mündlichen Verabredung, es war mir ganz anges
nehm, weil mir, jobald ich andere, Befchäftigung gefunden, gar
nichtö Daran gelegen war, zu liefern. Herr Richter bat ſich
gegen mich fehr gut benommen, weil er von mir, der ich im
November fchon fertig fein follte, noch- im Januar und Februar
abgeliefert genommen bat.
Vorſitzender wünſcht, daß noch aus der Ausſage der
Zeugen ein Irrthum der Anklage konſtatirt werde, bezuͤglich
einer an Kaufmann gezahlten Entſchädigung.
Der Zeuge bemerkt: Ich habe ein niedriger numerirtes
Garn bekommen, und da ich von demſelben mehr verbraucht
-
290
- Zeuge: Es wurde auf 32” rebuzirt. Die Vergütung,
bie ich auszahlte, war 19 fr. pr. Stüd.
Staatsanwalt: Welche Vergütung wurde verlangt?
Zeuge: Wir haben ung fohnell geeinigt.
Staat3anwalt: Ich frage, welche Vergütung perlangt
wurde; es heißt kr. pr. Ellen.
Zeuge: Nein, nur °/, Tr.
Dr. Berger: Würden Sie, wenn Sie aufgefordert
worden wären, Lieferungen an das Aerar übernommen haben?
Zeuge: Ich kann das nicht fagen, die Zeiten waren fehr
gewagt, es hätte vom Moment abgehangen‘, die Intervention
des Herrn Richter war mir angenehm, ich wurde gegenüber
ben; Aerar bezüglich des Garns jeder Verantwortung dadurch
enthoben, der Garnpreis war mir-ganz angemeſſen. |
Binzenz Majtny, Fabrikant in Prag, beeidet in ber
Borunterfuchung, fagt aus: Richter fenne ich ſchon 30 Jahre,
er hat mir fehr wichtige gefchäftliche Dienfte geleitet. Bezüglich
der Lieferung wurde mir das Quantum, da8 ich liefern wollte,
freigejtellt;, ich habe mich für 4000 Stüd erklärt. Der Preis
pr. Elle war 23 Nkr., die Same hat Richter mir geliefert,
und ich hätte die Lieferung nicht angenommen, wenn mir eben
Richter die Garne nicht zugefichert hätte. Rüdfichtlich der
Reduktion wurde mir der Brief Richter’ an Krumbholz
anfangs gar nicht vorgewieſen. Ich habe mich auch anftande-
los gefügt; fir mich iſt durchaus Fein Schade daraus erwachfen.
Ich hatte indeffen für meine Weberei eine anderweitige Beſchaͤf⸗—
tigung gefunden, und ed war mir das um fo lieber, weil in
Ießterer Zeit die Waare fo ftreng geflchtet wurde.: Es wurde
mir von Seite ber Smichower Fabrik fo viel Ausfhuß gemacht,
daß ich meine fchwächeren Arbeiter weggeben mußte und durch
die Verminderung der Arbeiter in Gefahr Fam, den Termin
nicht halten zu können.
Vorſitzender: Warım nennen Sie das Gedaren der
Fabrik ſtreng? |
Zeuge: Die Waare war nicht fo ganz, wie fie mir
aufgegeben wurde, und ich habe mich auch bei der Kieferung vers
pflichtet, das zurüdzunehmen, was nicht die gewünfchte Eigen:
ſchaft hätte.
Bo ıf ißender: Sie haben ſich doeh früher qrängert, dag
292
länger fortgebauert hätten, die Verthenerung des Barnes eine
grenzenlofe gewejen wäre. Die Theuerung würde noch größer
geworden fein, wenn 10 oder 15 Lieferanten genöthigt geweien
wären, fich für jechs Donate ihren Bedarf zu deden.
Staatsanwalt: Welche Differenz it zwilchen dem
Preife der breiteren und ſchmäleren Waare?
Zeuge. /, Nr per Elle. (Die Sigung wurde um
3 Uhr auf Montag vertagt.) \
Die Verhandlung beginnt um 9'/, Uhr mit ber Verneh⸗
mung des Zeugen Salomon Brzibram, Kattunfabrifanten und
Mebereiinhaber aus Prag. Diefer kennt Herrn Richter feit
zwanzig Sahren, ift Anfangs Juni 9.3. nach Wien gekommen,
batte Richter befucht und ift von diefem befragt worden, ob er
nicht eine Lieferung von Kalikot übernehmen fünne. Nur "um
feine Arbeiter befchäftigen zu können, bat er den Entjchluß ges
faßt, eine Lieferung von 10.000 Stüd zu übernehmen. Die
Bedingungen mit Richter waren 13 fr.pr. Elle und das Garn
hiezu fei von Nichter um 38 kr. zu übernehnen. Die Waare
war an Richter felbit zu liefern, und zwar mit 51 Ellen per
Stüd, jedoch mit der Beitimmung, dag eine Elle von der Länge
per Stüd abgezogen ‚werden follte, weil, wie Krumbholz
fagte, man bei der Monturstommijfion die Waare über ben
Tiſch ziehe, wodurch eine Einbuße im Ellenmaße erfolge. Fer⸗
ner war beitimmt, 18er Garn ſowohl für Kette als für Schuß
zu nehmen. Die eriten 30 Stüd gebleichte Waare hatte er im
weißen Zuftande geliefert; Herr Krumbholz aber fagte, es
hätte babei einen Anftand gehabt; es fei ihm daher ein Muſter,
wie er glaube, von Schroll’3 Waare gegeben worden, von
jogenannter Halbbleiche, wonach die fernere Waare zu Tiefen
fei. Auch bei den ſpäter von ihm gelieferten 250 Stüden fol,
nad der Angabe des Bayer, ein Anſtand fich erhoben haben;
er wollte, daß man ihm die Waare retournire, fie war aber bes
seits zu Zappert in bie Bleiche gegeben worden. So hatte er
5100 und einige Stüd abgeliefert. Nach dem Frieden von
Bilafranca fing das Gefchäft in der Druckerei an fich zu hes
ben, und er habe gefunden, bag er die Arbeiter mit feiner
Waare befchäftigen fönite. Bei feiner Anwefenheit in Wien er⸗
fuchte er Herm Richter, er möge ihm die weiteren Lieferuns
gen nachſehen. Richter fagte: »Ich fehe wohl ein, daß Ihnen
294
Differenz des Preifes, den er Ihnen gezahlt hat, und den er
vom Aerar bekommen hat?
Zeuge: Ich glaube nicht, daß er profitirt haben wird:
ich hätte es um diefen Preis nicht übernommen.
Vorſitzen der zu Krumbholz: Was meinten Sie mit
dem Ausdrucke in Ihrem Briefe vom 15. Juni, daß Przi⸗
bram bereits »weichgemacht“ iſt?
Richter gibt Tächelnd darauf die Erwieberung, Daß dieß
ein üblicher Ausdrud ift, und Krumbholz darunter veritans
den habe, daß Przibram, welcher früher zu dem Gefchäfte
feine große Luft gezeigt hat, nun geneigt fei, Darauf einzugehen,
. welchen Umftand der Zeuge bejtätigt.
Staatsanwalt: Hat Krumbholz auch eine Reduk⸗
* tion am Preije verlangt?
Zeuge: Davon war nicht bie Rede, denn ich bin auf
eine Reduktion gar nicht eingegangen.
Der Staatsanwalt läßt die betreffende Stelle der Aus⸗
fage dieſes Zeugen aus der Unterfuchung verlefen, mo es heißt,
Krumbholz habe eine Reduktion auf 29'/, Zofl und eine
Herabfegung des Preiſes verlangt; er (Zeuge) fei aber nicht
Darauf eingegangen.
Zeuge: Ich kann mich nicht erinnern; möglich, daß
Krumbholz mit meinem Direktor gefprochen hat; (zu Krumb⸗
holz gewendet:) Sie haben gefagt, daß die Waare etwas ſchmä⸗
ler fein fönne; ob in der Einftellung oder in der Ablieferung,
daran kann ich mich nicht erinnern.
Richter: Das kann nur ein Irrthum geweſen fein, ba
die Waare 30 Zoll breit abgeliefert werben mußte. '
Zeuge zieht nun einige Garnmuſter hervor, zeigt fie dem
Staatsanwalt, macht auf die Unterfchiede Hinfichtlich der Oua⸗
fität der Sarne aufmerkſam, und behauptet, dag die Grund⸗
lage eines guten Stoffes nicht in der Fädenzahl, ſondern in ber
Qualität des verwendeten Garnes beitehe. |
Vorſitzender: Was ift die Veranlaffung, daß Sie, ohne
aufgefordert zu fein, zu biejer Verhandlung dieſe Garnmuſter
mitbringen?
Zeuge: Weil hier fo oft von der Fädenzahl geſprochen
wurde. Dan lieft das in den Berichten ber Zeitungen; bei
295
uns Fabrifanten aber hat die Kädenzabl feinen Werth; nur
ein gutes Garu bedingt eine gute Waare.
Staatsanwalt: Aber das müſſen Sie doc zugeben,
daß zwei Fäden guten Garnes beffer find, als ein Faden durch⸗
ſchoſſen.
Zeuge bemerkt darauf, daß man bei gebleichter oder
halbgebleichter Waare die dazu verwendete Fädenanzahl Garne
auf einen Quadratzoll nicht wie bei der rohen Waare beftim-
men koͤnne, weil durch die Manipulation mander Zoll mehr,
nıancher Zoll weniger Fäden enthalten werde. Zeuge deponirt
die beiben vorgezeigten Spulen Garne Nro. 18, wovon das
eine guter und das andere fchlechter Qualität ift, worauf feine
Beeidigung erfolgt.
Leopold Abeles, 43 Jahre alt, Yabrifant, bereits in
der Vorunterfuchung beeidigt, fagt aus: Im vorigen Jahre
habe ich in Erfahrung gebracht, daß Herr Richter Liefer:
gen für Die Kreditanftalt übernommen habe. Ich Habe mich nach
Wien verfügt, habe mich Herrn Richter vorgeftellt, worauf
„Herr Richter erflärte, daß er geneigt jei, mir einen Theil die—
fer Lieferung zukommen zu lajfen. Sr wied mich an Herrn
Krumbholz, mit welchem ich den Preis von 13'/, fr. pr. Elle
vereinbarte; das Ellenmaß für jedes Stüd wurde auf 50 Ellen
feftgeftellt. Die Nichtigkeit des Mapes hatte ich felber zu ga-
rantiren. Die Waare war nach einem beflimmten Mufter und
aus amerifanifchen Baumwollgarn Nro. 18. zu arbeiten, Die
Hälfte des Garnes, circa 12 — 13 Zentuer, mußte ich von
Herrn Richter beziehen. Die Lieferung felbit bezifferte fich auf
20.000 Stüd. Es wurde gleich urfprünglich bebungen, daß
bie Breite biefer Waare 31 Zoll fein folte; doch für den Hall,
als fie auch fehmäler fein könnte, bat fih Herr Krumbholz
ausbedungen, daß dieſes Erſparniß in der Breite zu feinen
Gunſten entfallen müßte, für den Hall eben, als die Breite der
Waare bloß 30'/, Zoll. betragen follte. Ich Hatte bereits 6- bis
7000 Stüd fertig, als die Reduktion eingeführt wurde. Die
Ablieferung wurde durch den Kommiffionär Richter's beforgt.
Borfitender: Hat die ganze Lieferung ftattgefunben,
oder ift in Beziehung auf das Quantum des von Ihnen einges
gangenen Lieferungskontraktes eine Abänderung erfolgt?
Zeuge: Ich habe 3672 Stül weniger litt, IR u
296 .
dungen war. Die Veranlaffung lag in dem Umſtande, daß mir
Her Krumbholz im September vorigen Jahres bekannt gab,
Herr Richter fei um eine. Rebuftion erfucht worden; bie
Quantität ber Reduktion wurde mir nicht mitgetheilt. Ich habe
Verwahrung dagegen-eingelegt und erklärt, daß ich nicht be⸗
greife, wie mir das überhaupt zugemuthet werden konnte, nach⸗
dem ich doch nicht mit dem hohen Aerar, fondern mit Herrn
Richter abgefchloffen habe. Die Antwort ging dahin, daß ich,
weil Alle reduzirt haben, auch reduziren möge. Ich habe mid
auch damals nicht einverftanden erklärt. Mebrigens erinnere ich
mich, Daß ich eines Tages gefchrieben habe, daß er mir noch
300 Stüd zu liefern geftatte. Darauf hat mir Herr Krum b⸗
holz zuerſt gefchrieben, er werde fie vielleicht in Prag unter
. bringen können, mir fpäter jedoch die Uebernahme verweigert.
Sch habe aber meinem Rechte nichts vergeben; ich habe ihm ges
fchrieben, daß ich einen Nachtheil erleide. Ich habe mich jedoch
in feine genaue Berechnung meines Schadens eingelaffen.
Borfitender: Nach Ihrer Korrefpondenz haben Sie ihm
einen Schaden von 2000 fl. allein für Anfehaffung von neuen
Zeugen berechnet.
Zeuge: Das konnte ich rechtlich nicht al Schaden ans
geben, weil ich nachträglich eingefeben habe, baß ich dieſe
Zeuge auch zu andern Arbeiten verwenden kann, und am Ende
‚mußte ich fie doch anfchaffen, um arbeiten zu können.
Borfigender: Sie haben auch gefchrieben, daß Sie ein
‚ »hortendes Geld« verlieren müflen.
Zeuge: Biel Geld allerdings, wenn er die Waare nicht
übernommen, und wenn ich gezwungen wäre, ſie deßhalb zu
verkaufen. Diefer Ausdrud dürfte am Ende deßhalb gefchrieben
worden fein, um Krumbholz eher zu bewegen, bie Waare zu
übernehmen. Ich habe auch den Schaden mit 10— 12.000 fl.
beziffert. Ich konnte ihn aber damals noch nicht ziffermäßig bes
rechnen, und ed ging diefeAnführung eines Schadens ebenfalls
darauf hin, ihm zur Uebernahme zu bewegen. Ich bitte auch
noch) zu bedenken, daß diefe Summe Bezug hatte auf 6000
Stüd, bie fertig. waren. Er brauchte aber diefe 6000 Stüd
nicht zu übernehmen, benn berechnet man bie Anzahl ber bes
reits von mir gelieferten Ellen, fo hatte er eben nur noch 3672
Stüd von mir zu übernehmen. Es wird daher ber dort er-
300
hörsprotofolle des Abeles, worin dieſer fagt, daß er auch, wenn
er gewußt hätte, daß das Aerar nicht reduzirt hat, leinesfalls
auf die Reduktion eingegangen wäre.
Zeuge: Ich habees auch damals nicht fo verſtanden,
daß ich auf die Reduktion eingegangen bin.
Vorſitzender: Sie ſind auf die Reduktion eingegangen,
weil Sie die Waare zurückbehielten.
Zeuge: Ich habe mich niemals herbeigelaſſen weniger
zu liefern. Ich habe die Worte übrigens nicht jo genau erwogen
und es bürfte auch fein, daß fie nicht jo genau niederge⸗
fchrieben wurden. .
Staatsanwalt: Sie haben angegeben, daß Sie in
Richter nach feiner Verhaftung nicht dringen wollten; nun
fonımt auch vor, daß, nachdem der Unterjuchungsrichter Sie vers
nommen, und Sie von biefem gehört, daß die Reduktion nicht
vom Armee-Oberkommando ausgegangen fei, Sie Richter
die Faktura überfchickt haben. Es muß alfo ber Glaube fein,
dag Sie wirklich an die Reduktion des Armee-Öberfommandos
geglaubt haben, weil Sie erft dann, nachdem Sie bie Unwahr⸗
heit deffen vernommen, Die Fattur⸗ überſchickten.
Zeuge: Es war auch ſo der Fall.
Staatsanwalt: Ich muß Sie erſuchen auzugeben,
wie groß Sie den Zinſenverluſt berechnen darüber, daß die
Maare liegen geblieben ift?
Zeuge: Ich habe in meiner Faktura bemerkt, Daß ich
Richter für den ganzen Betrag vom 15. Jänner belafte, Dars
unter verftehbe ich, daß er verpflichtet fei, vom 15. Jänner
angefangen die Zinfen zu vergüten. Wir jtehen in fortwähren-
dem Conto currente; Herr Nichter hätte mir daher am Ende
bes Jahres die üblichen Zinfen vom 15. Jänner bis zur Zeit
der Zahlung zu vergüten.
Staatsanwalt: Können Sie angeben ,‚ wie groß ber
Schaden gewefen wäre, wenn Sie dieſe Waare hätten Ende
Februar an den Mann bringen müffen?
Zeuge: 68 ift nicht möglich dieß anzugeben. Ich haͤtte
mich in dieſem Falle um einen Kaͤufer umſehen müſſen; da ich
aber die Waare nicht als mein Eigenthum betrachtete, konnte
ich das nicht; ich kann alſo unmöglich einen Schaden angeben,
da ich nicht weiß, wie viel ich für die Wooxe helommen hätte.
302
befte Material in Anwendung zu bringen. Was die Zinfen
betrifft, fo hat Herr Abeles felbft erklärt. daß er feinen Zinfens
verluft habe, weil die Faktura feit 15. Jänner lautet.
Dr. Wiedenfeldb: Iſt die Wechfelforderung, welche Sie
pränotiren ließen, rechtzeitig eingegangen ?
Zeuge: Pünttlih, am Verfallstage; ich habe dadurch
fpäter mehr Beruhigung gehabt, weil ich überzeugt war, daß
die Verhältniffe Richt er's ganz gut find, und daß dag Ge⸗
Ichäft felbit in gar feine Stodung gerieth.
Dr. Wiedenfeld: Iſt jene Antwort, welche Ihnen vor:
gehalten wurde, mo der Schade mit Rüdficht auf den Markt⸗
preiß berechnet wurde, erft durch Die Frage bes Unterſuchunge—
richters verurſacht werben?
Zeuge: In.
Dr. Wiedenfeld: Alfo ift die Echabenberechnung
nicht auf eigenen Antrieb, fonbern erft durch biefen Vorbehalt
geichehen?
Zeuge: Oewiß.
Hierauf wird Johann Münzberg vorgerufen. Er er⸗
klaͤrt, Richter habe mit ihm ein Uebereinkommen getroffen, in
Folge deſſen er (Zeuge) verpflichtet war, dem Richter woͤchent⸗
lih 5000 Pfund Garn fowohl 18er Schuß als 18er Kette zum
Preife von 37 fr. zu liefern. Der Termin war bi8 Ende Be
bruar beftimmt. Im Oftober fei er jedoch von Richter aufges
fordert worden, er möchte geftatten, daß weniger übernommen
werde. Er fei bald darüber einig geworden. und bereit geweſen,
ungefähr den achten Theil der Lieferung zu ftreichen. Er erklärt,
wenn Richter nicht gefagt, daß die Reduktion vom Armees
Oberfommando ausgegangen, fondern ihn perfönlich weniger
zu liefern erfucht hätte, hätte er es gleichfalld gethan.
Borfitender: Haben Sie in Bezug auf Ihre Perfon
einen Schaden? _
Zeuge: Ich glaube nicht, daß ich einen habe; denn nach
dem Friedensſchluſſe hat fich das Geſchäft ganz anders geftaltet.
Es hat fich gebeffert, während eö mir bei der. Uebernahme will:
fonımen, von Herrn Richter einen Auftrag zu erhalten, ba
damals der Abfa total gelähmt war. Ich glaube alfo durch⸗
aus keinen Verluſt erlitten zu haben.
Er erklaͤrt, daß er Richter als einen wackeren Geſchaͤfts⸗
. 304
in Betreff der Motive gefagt habe, welche mich veranlagt Haben,
dieß Gejchäft mit Schirmer zu machen. Die Waare war gut,
aber etwas ſchmal. Deßhalb wurde auch bei ber Ablieferung in
Stockerau fehr viel an der Länge abgezogen, was an der Breite
fehlte, was Herrn Schirma unbelannt geblieben iſt. Die Eins
buße an Ellenmaß ift auf meine Koften gegangen.
Zeuge beitätigt dieß.
Vorſitzender: Was find das für befondere Motive?
Richter: Herr Bayer fagte mir, die Herren Schirmer
und Sommer befinden ſich in Verlegenheit mit der Waare und
haben mich gebeten, daß es Ihnen als jungen Anfängern fehr
angenehm wäre, wenn ich diefelben übernehmen würde, |
Bayer: Ich kann beitätigen, bag Herr Richter auf mein
oftmaliges dringendes Bitten die Waare kaufte. Ä
Staatsanwalt: Bon wen Hirten Sie, daß Richter
noch Waare bedürfe?
Zeuge: Bon Herrn Bayer. Ich glaube, er jagte mir,
daß Richter noch nicht gedeckt fei.
Bayer: Herr Schirmer kann nicht-fagen, daß ich mit
ihm über das Bedürfniß der Waare gefprochen habe, Herr
Sommer fam zu mir.
Da gegen die Beeitigung dieſes Zeugen weder von Seite
des Staatsanwalt noch von Seite des Bertheidigerd eine
Einwendung gemacht wurde, wurde er beeidigt, worauf er fich
entfernte. Auch Bayer ımd Krumbholz verlaffen auf Bes
fehl des Vorſitzenden den Saal.
Richter: Sch erlaube mir einen Ausweis vorzulegen,
wie viel Nutzen meine Weberei aus dem Gefchäfte gezogen bat,
zum Beweis, daß die ftattgefundene Reduktion nicht zu meinen
Gunſten gewefen iſt, fondern daß es eine Nothwendigkeit war;
daraus erhellt, Daß das Hiefige Armee-Oberfommando mir ges
genüber den Wunsch und die Bitte ausgejprochen hat. — (Er legt
diefen Ausweis vor.)
Vorſitzender: Was Haben Sie über Ihr Verhältniß
mit Herrn Liebig zu fagen?
Richter: Ich ſchicke voraus, dag ich Liebig, ben
größten Babrifanten Defterreichs, fchon Tange fenne, und mit
ibm bejtändig in angenehm perfönlicher Verbindung geſtanden
Bin, ohne daß gerade Geſchaͤſte abgeiäglofen wutten. Sit duch
306
Vorfigender: Was tft mit ben 20,000 fl. verfügt
worden?
Nichter: Das weiß ich nicht genau; ich glaube, ich habe
einen Akzeptationskredit von 25,000 fl. bei Herrn Liebig bes
nuͤtzt und habe dann reduzirt. Sur Zeit ber Handelskrifis habe
ich Herrn Liebig gebeten, meinen Geſchäften einen Akzepta⸗
tio nskredit von 25,000 fl. zu gewähren; ob bie Ausgleichung.
bezüglich bes Meberfchuffes von 5000 fl. erfolgt ifl, weiß ich
nicht; ich habe in Prag Feine Verbuchung dieſes Betrages vors
nehmen laſſen, fondern habe nur einfach Notizen felbft bier ge⸗
führt, da ich zur eigentlichen Verbuchung nicht Zeit hatte.
Vorſitzender: Sind Sie mit Herrn Liebig außerdem
in feine Berührung gekommen?
Richter: Außerdem in keine.
Vorſitzender: Erinnern Sie fih an feine Gefchäfte, bei
denen auch Ste betheiligt waren, und durch welche auch Herr
Liebig in Haftung gekommen it?
Richter: &8 ift mir nichts erinnerlich.
Dorfisender: Es geſchah aber eine Erwähnung vom
fogenannten Konſortium.
Richter: DVerzeiben, Hoher Gerichtähof, daß ich nicht
gleich daran gedacht habe. Es kommt öfters während einer Pras
xis vor, daß ſich Mehrere zu dem Zwede vereinigen, Paniere
bis zu einer newiffen Summe zu kaufen und darauf eine Spes
kulation zu gründen. Bei diefem Konfortium handelt es ſich
um den Ankauf von Kreditaftien. Daran betheiligte fich auch
Herr Liebig. Es follte ein großer Betrag von —Mil⸗
lion in Kreditaftien gekauft werden, und wenn diefelben mit
Gewinn zu realifiren wären, fie anch zu realifiven.
Vorfisender: Die ganze Summe beträgt nach den vor—
liegenden Ausmeifen 800,000 fl., wie wurde dieſes Gefchäft
eingeleitet?
Richter: Es wurden ſukzeſſive Kreditaktien auf der Boͤrſe
gekauft, die bei der Kreditanſtalt eingelegt wurden, und zwar
fo viel ich mich erinnere, ganz allein durch Herrn Eduard To-
desco. Außer dieſem war an bem Konfortium auch Herr Lind⸗
heim, Ser Liebig und Herr Haber und auch ich mit einer
unbebentenden Summe betheiligt.
Borfigender: Haben Sie, wie Sie Heren Teig al
308
Prüfung ber Gewerke betraut war, an ben Verwaltungsrath
machte, wurbe das Anlehen bewilligt. Daß vollftändige Si⸗
herheit vorhanden war, geht ſchon baraus hervor, Daß die Ges
werkfchaft nach diefer Anleihe bei der Krebitauftalt noch ein an⸗
deres Aniehen von 1'/, Millionen bei einer ausländifchen Bant
in Darmftabt) machte. Diefe 50.000 fl. erhielt ich, nachdem
das Anlehen bewilligt worben war, welches für bas Geſchaͤft
in Smichow verwendet wurde.
—Staatsanwalt: Welche Deckung hat die Krebitanftalt,
Daß bie 800.000 fl. ober wenigitens die Differenz, bie fid
beim Verkaufe ergab, bezahlt würde? |
Richter: Die Bethelligten am Konfortium maren derart,
daß für die Kreditanftalt feine Beſorgniß entftand. -
Staatsanwalt: Konnte Liebig, der doch allein als
Träger bes Konfortiums in ben Büchern erſcheint, gutſtehen
für die Zahlung?
Richter: Auch für zwanzigmal ſo viel würde Herr
Liebig ſicher geweſen ſin.
Dr. Berger: Wie groß wird das Vermoͤgen des Herm
Liebig ungefähr gefchäßt?
Richter: Es geht in bie Millionen.
Dr. Berger: Wie viel, haben Sie bei biefem Geſchaͤfte
verloren?
Richter: Ich glaube zwiſchen 3—5000 fl.
Hierauf erſchien Herr Johann Liebig, er iſt 58 Jahre
«lt, ans Braunau in Böhmen gebürtig, Großhändler und Has
Srifant, Er wurde ſchon in der Vorunterfuchung beeidet. Er
fagt: Ich kenne Herrn Richter feit vielen Jahren, ich achte feis
den Charakter hoch, und er hat mir einmal eine Gefaͤlligkeit er⸗
wiefen, für die ich ihm ewig bankbar fein werde. Ich habe
während bes Krieges geliefert. Ich wurbe durch Herrn Rich⸗
ter dem FMe. Baron Eynatten und anderen Herren, bie ich
‚nicht kenne, vorgeſtellt und habe auf eine Lieferung von */,
breitem Katton im Betrage von einer . Million Ellen abges
Ichloſſen.
Vorſitzender: Haben Sie über dieß Gefchäft mit Herrn
Richter Rüdfprache genommen?
Zeuge: Im Diskurs. Wir waren einmal in einer &e- -
Jellſchaft beifammen, da iR Veriäjiebened inteden werben,
310 -
. Beuge: Ich will aber aus dieſer Kalkulation beweifen, -
daß diefe Behauptung unwahr ift. Ich habe nicht einmal vier
pr. Et. daran verdient. Eine weitere Lieferung habe ich nicht über:
nommen, ich bin einige Male aufgefordere worden, Zwilche zu -
liefern, ich habe auch Schritte dazu gemacht, habe aber nicht
mehr ald 200 Stüd anfaufen laffeh, die ich dem Armee-Ober-
fommando lieferte.
Borfigender: Haben Sie auch Herrn Richter Gefäls
ligkeiten erwiefen, und in welcher Richtung?
Zeuge: Ich wüßte nicht, aber unter Gefchäftsfreunden
fann das wohl fein.
. VBorfigender: Es fommt vor, daß Sie ihm einen Ab
zeptationsfredit eröffnet haben.
Zeuge: Daß ijt feine Gefälligfeit, bad iſt Geſchäft, weil
man dafür Proviſion bezahlen muß.
Vorſitzender: Sind Sie noch in anderem Verkehr mit
Herrn Richter geweſen, 3. B. bei einem Gejchäfte mit Krebits
- aftien?
Zeuge: Ja, da auch, ed war dieß eine ganz einfache Spefu«
lation gewefen. Herr Richter hat mich dazu aufgefordert. Ich
habe meine Zuſtimmung gegeben, babe mich mit 75.000 fl.
betheiligt. Später hat ſich herausgeftellt, Daß das ganze Ges
Ihäft auf meinen Namen gejchrieben wurde, was mir aber
nicht recht war. Richter bat damit nicht3 Unrechtes gethan.
Es ift auch nicht weiter zwifchen und zur Sprache gefommen.,
Es ift mir befannt geworden, daß eine Eleine Differenz fich her⸗
ausgeitellt Habe.
Borfigender: Sit Ihnen auch befannt geworben, daß
noch andere Perfonen betheiligt waren?
Zeuge: Darüber iſt mir nichts mitgetheilt worden. Ich
babe dieß erft fpäter erfahren.
Vorſitzender: Iſt Diefer Ankauf aus den Vermögens»
quellen des Herrn Richter vorgenommen worden, oder find
andere dazu verwendet worden?
Zeuge: Die Papiere find bei der Kreditanftalt binters
legt worden.
Borfigender: Hat ‘Herr Richter mit Ihnen darüber
geſprochen, daß Krumbholz Sie als Träger des Geſchäftes
eintragen lic? 6
312
Vorſitzender: Haben Eie Herrn Liebig in Kenntniß
geſetzt, daß er als Träger bes ganzen Konfortiums erfcheine?
Richter: Ich habe ihn gefragt, ob er ſich daran bes
theiligen wolle; ich bin auch von ber Vorausſetzung ausgegangen,
daß es ihm nicht geniren werde, weil ich glaubte, daß ich,
Haber und Lindheim ihm als Subgaranten genug fein
werden.
Zeuge: Es kann das ſo fein, ich habe jedoch Fein Gewicht
darauf gelegt.
Staatsanwalt: Wollen Sie mir ſagen, wann Sie von
Baron Eynatten erſucht worden ſind fich um Zwilche umzu⸗
ſehen und iſt auch von der Deckung der Valuta geſprochen
worden?
Zeuge: Es war im Monate Juni oder Juli; von
Valutadeckung konnte nicht die Rede ſein, weil ich keine aus⸗
laͤndiſchen Zwilche zu liefern hatte, im Inlande habe ich mich
in Zwittau umgeſehen.
Richter: Ich wollte nur auf das beſtimmieſte erflären,
dag Herr Liebig im Lande zu kaufen aufgefordert wurbe,
daß daher nicht nothmwendig war, fich wegen Valutadeckung
umzuſehen.
Dr. Berger: Waͤren Sie im Stande geweſen, im In⸗
lande 20,000 Stück Zwilch zu liefern?
Zeuge: Das wäre unmöglich gemwefen.
Dr. Berger: Wie lange Tennen Sie Herrn Richter?
Zeuge: Biclleiht 15—20 Jahre.
Dr. Berger: Haben Sie eine eigenmüßige, ſchmutzige
Denk⸗ und Handlungsweiſe an ihm bemerkt?
Zeuge: Ich kann mich über Herrn Richter nur ſeyr
lobend ausſprechen, und’ es hat uns Allen meh gethan.
(owohl der Zeuge als Richter brechen in Thraͤnen aus).
Dr. Berger: Waren Sie zur Zeit, als Herr Richter
Ihnen das Geld verfchaflte, in großer Gelbverlegenheit?
Zeuge: Ia, und ber Dienft, den er mir erwiefen, war
ein fehr großer. Ich werbe niemals vergefien, daß ich, unges
achtet ich der Nationalbank meine Realitäten gegeben habe, bie
eine halbe Million werth waren, ich doch damals ohne Bes
fürwortung bes Minifters Brud kein Geld erhalten hätte.
Dr. Berger: Wenn ih wiär Are, dod Sie ud ein
314
100 jl. bekommen habe, ein folcher jedoch hei derfelben nicht
angeftellt ift, und Bittfteller vielmehr glaube, daß dieſe An-
gabe aufihn, einen früheren Lieutenant, bezogen werben koͤnnte,
zu fonitatiren, daß er von Kalberg Feine 100 fl. befommen
babe. Der Borfigende Eonftatirt, daß der in der Ausfage des
Kalberg genannte Oberlieutenant nicht Baum, ſondern
Brauner heiße.
Um zwei Uhr wird die Sitzung auf morgen vertagt.
Um 9'/, Uhr beginnt die Verhandlung mit ber Ders
nehmung des Zeugen Adalbert Lanna. Er ift 55 Jahre alt,
aus Budweis gebürtig, k. k. Schiffmeifter, und in Prag domis
zilirt. Er erflärt Herm Richter feit feinen erften Jugendjahren
zu fennen und in ben legteren Jahren, burch feine Betheiligung
bei der Steinfohlens und Eifengewerfichaft in Kladno, mit
demfelben in näheren Verkehr getreten zu fein. In Angelegens
Heiten dieſer Gewerkſchaft Habe er fich bereits im Jahre 1855
mit Herm Richter häufig berathen. Noch mehr aber im Jahre
. 1856, als es fich mit Ruͤckſicht auf die Uebernahme von Eifens
bahnbauten um die Herbeifchaffung eines größeren Betriebs⸗
kapitals handelte. Zu diefen Berathungen feien mehrere auss
Jändifche Kapazitäten und befonders Richter beigezogen worden.
Diefer hat volllommen den auf ihn gefeßten Erwartungen
entjprochen; Die Betheiligten haben im Laufe von einem halben
oder Dreivierteljahren das Anlehen erhalten, und zwar wurde
28 bei der Kreditauftalt gemacht. Die Kreditanitalt Hat eine
befondere Kommiflion nach Kladno geichidt; es wurden ‚bie
Bücher und Borräthe unterfucht, und nachdem ſie fich überzeugt
hatte, Daß die Anlage eine gute tft, wurbe der Abſchluß gemacht,
und fie wird es gewiß nicht bedauern, da nach dieſem Abfehluffe
noch mehrere Anlehen im Auslande effeftuirt wurden. Richter
war für- feine Perſon durchaus nicht betheiligt, doch wurde
ſpäter befchloffen, alle Diejenigen, die in diefer Richtung mit-
gearbeitet, morunter fich auch zwei Ausländer befanden, mit
einem Honorar zu bedenfen, und für Herrn Richter wurde
diefes Honorar mit 50,000 fl. beftimmt. Diefes Honorar
wurde in zwei Naten zu je 25,000 fl. und zwar die eine
Hälfte an Krumbholz und die andere an Herrn Richter
jelbjt in Barem ausbezahlt. . Das Unternehmen der Kladnoer
Eiſen⸗Induſtriegeſellſchaft Hing vorgaalih von dem Baue ber
316
die beiden Poften ber erwähnten 50,000 fl. Hert Krumbholz
bekommen habe, und daß bezüglich der letztbeſprochenen Beguͤn⸗
ſtigung von 25,000 fl., er (Richter) dieſe als eine Abfindung
jener Betheiligung mit Antheilfcheinen an der Kladnoer Gewerk⸗
ſchaft betrachte, welche ihm der Here Zeuge zugefagt bat. »Ich
Hitte,« Außert fchließlih Richter, „den Herrn Zeugen zu
fragen, ob ich ihm je eine Veranlaffung gegeben habe, die ih ,
glauben machen koͤnnte, ich verlange etwas von ihm. Es
it mir Alles von feiner Seite gewiſſermaßen aufgebrungen
worden. «
Zeuge: Nicht nur Richter hat nicht8 gefordert, fondern
wenn ich hätte bezahlen wollen für Alles, was er mir Gutes
gethan, und für den guten Rath, den er mir gegeben bat, fo
Hätte ich noch an ihn fehr viel zu entrichten. Wie ich mit ihm in
den zwanziger Jahren bekannt wurde, war er es, der mir die
Rathſchlaͤge gegeben hat, Die mich auf einen höheren Standpunkt
gebracht haben. Wir find feitden auf das innigfte befreundet;
ich habe ihm das Geld aus freiem Antriebe gegeben. (Eine innere
Aufregung, welche fich bis zum Weinen fteigert, verhindert ben
Zeugen weiterzufprechen; auch Herr Richter fcheint von diefer
Scene ſehr ergriffen.) Ich bitte um Entſchuldigung, fagt hierauf
der Zeuge, ich bin fehr aufgeregt.
Vorſitzender: Faſſen Ste fi, und ſprechen Sie ruhig
weiter.
Zeuge: Es ift ihm nicht eingefallen, etwas zu fordern;
es ift bloß von mir einzig und allein ausgegangeınt.
Dr. Berger: Wollen Sie, Herr. Zeuge, angeben, mer
bei der Kladnoer Geweikſchaft den Gedanken angeregt bat,
- Diejenigen zu honoriren, die fich um bie ewerlſchaft verdient
gemacht haben?
Zeuge: Ich und der verſtorbene Kommerzienrath Lind⸗
heim. Der Beſchluß der Honorirung wurde in Prag gefaßt,
and hierauf erfolgte die Mittheilung an Herrn Richter.
Dr. Berger: Hat Herr Richter oder ein anderer ber
Betheiligten im Vorhinein gewußt, daß eine Honorirung erfol⸗
gen werde?
Zeuge: Es konnte Niemand etwas davon wiſſen.
Dr. Berger: Wie lange mag ed nad dem Seite
318
auf die Eifenwerfe zu Kladno Herr Kichter. eine Zahlung
empfangen hat?
Zeuge: In dieſer Richtung it mir nur befannt, daß
Herr Krumbholz mich früher angegangen hat, 25, 000 fl.
für.ihn zu algeptiren. Ich habe das gethan. Im Laufe der Ber
gebenheit erinnere ich mich, von Lanna gehört zu haben, daß
er dieſe Angelegenheit vermitteln würde, und er hat mir den
Vorſchlag gemacht, noͤthigenfalls auf dieſe 25,000 fl. zu ver
zichten. Ich habe dieſe Gelegenheit mit Freuden ergriffen, um
Herrn Richter einigermaßen dankbar zu fein; jeboch fpäter
habe ich gehört, daß Herr Lanna mich mit diefem Betrage nicht
belaftet, vielmehr das Gelb felbft bezahlt habe. Ich bin in
neuerer Zeit durch die Irau des Herrn Richter auf Grund
eines Schreibens, das Herr Richter aus feiner Haft an mid
gerichtet hat, um 50,000 fl. Afzeptationd-Krebit angegangen
worden. In Anerkennung feiner Lage und in Rüdficht auf fein
Geſchäft habe ich ihm diefen AfzeptationssKredit, jo wie er ihn
angefucht hat, auf fech8 Monate gewährt, und obwohl die Zeit
bereitö verfloffen ift, bin ich gerne bereit, ihın verbindiich zu fein.
Sch muß auch erklären, daß Herr Richter nie voneiner Rekom⸗
penfe, eine Erwähnung gemacht hat die er von mir verlangt.
Richter: Ter Kredit von 50,000 fl., den ich in: Ans
ſpruch genommen babe, ift hauptſaͤchlich aus dem Umſtande
hervorgegangen, daß mir auf meine Stofflieferung 50,000 fl.
vorenthaltenmworden find, und daß durchmeine Inhaftirung nein
Geſchäft um allen Kredit gekommen it. Es ift auf feine eigene
Kraft beichränft, und ich mußte, um es aufrecht zu erhalten,
mich eben nur an gute Freunde wenben.
Vorſitzender: Durch wen ift dieſe Vorenthaltung
geſchehen?
Richter: Sie iſt verfügt worden, d. h. man hat mir Die Be⸗
träge für Die letzte Stofflieferung im Delaufe von 49,000 fl.
nicht auszahlen laſſen, Infolange, bi8 mein Prozeß entfehieben
fein wird.
| Auguſt Zappert, Befiter einer Bleiche und Appretur
in Sechshaus, bereits beeidet, gibt über die für Richter ger
machte Bleiche folgende Aufklärung: Herr Richter hat mir
die Bleiche mit den Worten aufgetragen, die Waare mit afler
Evrgfalt zu. bleichen, denn «8 handle Ah nit ieh vum das
320
)
Der Zeuge erzählt weiter, Daß er eined Tages zum General
Eynatten berufen wurde, wo ihm diefer mit den Worten ents
gegenkam: „Schon wieder eine neue Berlegenheit, uud Diegmal
eine bedeutende. Sch habe Alles gethan, um den Bebarf, ber ein
großer und dringender ift, ficherzuftellen. Ich habe nun Direktor
Richter und Sie als VBertrauendmänner berufen, um mit Ihnen
zu berathen.« Nach ber Angabe Eynatten’s hätte nun Richter
auf eine Fabrik in Brüffel hingewieſen, welche im Stande wäre,
jedes Quantum zu liefern. Zeuge ſprach fich nicht nur Dagegen
aus, fonbern betonte zugleich die Hoffnung, daß es noch moͤg⸗
lich ſel, den Bedarf durch inländifche Induſtrielle zu decken. Er
feßte fich mit Richter in Verbindung, und verfpradh ihm, ans
erkannte öjterreichifche Firmen mit der Bemerkung zur Tiefe
rung auffordern zu wollen, daß man fonit den Bedarf im Aus⸗
lande been würde. Richter fand biefe Idee gut, und geitand
dem Zeugen acht Tage zu, um fie durchzuführen. Nach act
Tagen und zwar in Folge einer fechöftündigen beim Ars
mee-Öberfommando gepflogenen Berhändlung, wo ber Zeuge
ſelbſt das Protokoll führte, fam ein Lieferungsabfchluß über
520,000 Paar Fußbeffeidungsftüde zu Stande, Kaum war
dieſe Lieferung abgeſchloſſen, ſo wurde er ſchon aufgefordert,
nach Prag zu reiſen und die Fabrik Pollak zur Uebernahme
einer weiteren Lieferung zu bewegen. Die Lieferung wurde in
Prag auch abgeſchloſſen, Mb als Zeuge hieher zurückkam,
wurde ihm weiter mitgetheilt, daß mit den hieſigen Lieferanten
noch weiter eine Lieferung von 400,000 Paar Fußbekleidungs⸗
ſtücken eingegangen wurde. Für dieſe letzteren wurden jedoch
33 fr. per Stück mehr gezahlt. Als dann der Friedensſchluß
eingetreten war, habe ſich, wie Zeuge erzählt, die Fabrik
Pollak ohne jedwede Vergütung zum Rücktritt bereit erflärt.
Vorſitzender: Warum hatte Richter, den Vorſchlag
gemacht, dieſen Bedarf aus Brüſſel zu beziehen? Wäre es ihm
nicht möglich gewefen, auch hier mit Jemanden Rüdiprache
Darüber zu treffen?
Zeuge: Ich kann nicht angeben, ob er in biefer Richtung
Verbindungen gehabt hat.
Richter: Wiefchon Herr Hofrath Eders Kraus betätigt,
ijt es für nothmwendig gefunden worden, den Schuhbedarf ſchnell
gu beden. Ich empfing von Baron Eynatten ten Roktaq,
382 " ⸗
rirt, mit ihr zweinial in Zucker, einmal in Spiritus verlehrt
und bezüglich der Getreidelieferung ebenfall einen Auftrag er⸗
halten, fo weit es ihm möglich wäre, denfelben auszuführen.
Gr habe nun Weizen, Hafer und Gerfte gelauft. Er babe for
wohl vor Käufer ald Verfäufer‘/, pGt. Senfarie gehabt. Auf bie
Frage des Dr. Berger gibt er an, daß bie ©etreibepreife, wen
die Lieferung auf eine andere Art als durch bie Krebitans
ftalt beforgt worden wäre, bedeutend in die Höhe gegangen wär
ren, und auf bie weitere Frage, warum auch jet der Preis des
Hafers geſtiegen ſei, autwortete er: Weil die Befürchtung vor
einem naheſtehenden Bedarf da iſt. Die Ernte wäre in Jahre
1858, fagte der Zeuge weiter, fchlecht geweien. Der Hafer
made wegen feiner ſpitzigen Form, die fich abftoßt, viel Staub
und Unreinlichkeit, Die vom Maße abgehe.
Hierauf wird die Ausfage des ©. Fleſch aus Nen
Raudnitz in Betreff der Schuhlieferung vorgeleſen, Derſelbe
gibt ganz dieſelben Umſtaͤnde an wie diejenigen, welche bei ber
Schlußverhandlung von Richter angegeben wurden,
Hierauf wirb der Zeuge Ehriftian Hoppe, Großhändler
in Wien, vorgerufen. Er erflärt: Richter habe ihn Anfangs
Juli zu fich gerufen und ihm aufgetragen in’3 Ausland zu
reifen und vorzüglich in den Seeftädten und wenn dort nicht
möglich, in London ein bedeutendes Quantum Zwilch einzus
taufen, von ben Einkäufen alfogleich auf telegraphifchem Wege
der Kreditanftalt Anzeige zu machen und gegen baare Bezahlung
abzufchließen. Er habe in Leipzig eine Heine Quantität eins
gekauft, ſei dann nach Hamburg gereift, wo er am 9. Juli
nah dem Waftenftiliftande auf telegraphiſchem Wege bie
Weiſung erhalten babe, weitere Befehle abzuwarten. In
Bolge dieſes Befehles habe er fich nad) London begeben und
bort die Depefche vorgefunden, bes eingetretenen Friedens
wegen die Einkäufe gänzlich einzuftellen. Er fei nah Wien
gefommen und babe, da ihm 3%/, Proviſion zugefichert waren,
eine Rechnung im .Betrage.von 2500 ff. der Kreditanftalt eins -
gereicht und Die Anftalt auf feinem Conto corrente mit dieſem
Betrage -belaftet. Ueber die Devifen weiß er durchaue nichts
anzugeben.
Richter erklärt, er habe Hoppe aufgefordert, vor Allem
gute Qualitaͤt und fe billig ale miüglicg zu tauien. A \ener
4
324
tende Direktor beſorgte. Zur Zeit des Einkaufes war dieß Herr
Schiff. 12,000 Pfund verkaufte ich von ben meinigen an bie
Krebitanftalt. Die Kreditanftalt gab 8000 Bfund dazu, und
dieſer ganze Betrag von 20,000 Pfund wurde an das Armee
Oberkommando in Folge meines Abſchluſſes mit dem Finanz⸗
minifterium überlaffen, und zwar wurde der Zwilchvorſchußkonto
baniit belaftet. Dabei blieben aber die Papiere unter berfelben
Sperre. Nachdem aber die Zwilcheinfäufe eingeftellt wurben,
Hat das Yinanzminifterium den Wiederverkauf ber unverwendet
gebliebenen Londons. mit Uebereinſtimmung des ArmeesOber-
fommandos angeordnet, weldher auch am 2., 5., 10., 12.,
13.., 16. und 22. Auguft erfolgte. Den 22. Auguft fand nicht
ein eigentlicher Verkauf ftatt,. jondern jene Beträge, welche für
die von Leipzig empfangenen Zwilche mit-1650 Pfund ange
fhafft wurden. Die aus. bem Verkaufe eingelangten Gelder
wurden dem Armee⸗Oberkommando gutgefchrieben, Alles im
conto corrente richtig eingeftellt und die Abrechnung bes Gan⸗
zen am. 11. November eingereicht. Ich hatte aus dem Verkaufe
einen Nachtheil von 65,000 fl. dadurch, weil ich meine. Lon⸗
dons mit 145 gekauft und mit 117 verlauft habe. Jedoch
babe ich diefen Verluft, der mich allein traf und ber nur ein
relativer war, weil ich die Devifen zur Bezahlung des Garnes
angeichafft Hatte, der Krebitanftalt vollitändig bezahlt.
Borjitender: Was können Sie gegen die Zumuthung
einer liſtigen Rückdatirung ausfprechen?
Richter: So weites mir zufteht; in der Stellung, in ber
ich mich befinde, muß ich mich entjchieden gegen eine folche In⸗
finuation erflären. Ich habe am 7. Juli mit dem Heren Finanz⸗
minijter-für Rechnung bes Armee-Oberfommando auf 20,000
Pfund Sterling zur theilweifen Deckung der Zwilcheinfäufe abs
geihloffen, und zwar mündlih. Ich habe diefen Schluß am
8. Sr. Erzellenz durch einen Zettel mitgetheilt, wie es bei ben
Geſchäften zwifchen der Kreditanftalt und dem Zinanzminifterhun
öfter in Anwendung gefommen iſt. Der Schluß des Gefchäftes
fand am 7. Juli ſtatt. Auf Grfuchen des Herrn General
Eynatten, als ich ihn am 8. von bem mit dem Minifter ges
machten Schluß unterrichtete, und ihm andentete, ich wuͤrde
die Rechnung über dieſe London entweder noch während des
Jaufenben ober doch während des wäciten Noqrd tem Arurees
326
Richter: Ja, es ſind das aber Vermuthungen, die mar
täglich ausfpricht, und die ftetd mit den Ereigniffen wechſeln;
ich habe, wie aus dem vorliegenden Briefe an Krumbholz
vom 7. Juli erheflt, die Vermuthung ausgefprochen, daß in
Folge des Krieges fih die Valuta verfchlechtein würde. Um
mich daher in dieſer Beziehung ficher zu ftellen, habe ich meinen
Geſchäfte in Smichow den Auftrag gegeben, die ausſteheuden
Beträge in Händen der Traffanten zu laſſen, denn ich war der
- Meinung, daß ich bei biefen Geſchäften Höchftens 6—7°/, ries
fire, während ich 20°/, babei erfparen könnte.
Staatsanwalt: Können Sie einen Vertrag derart
jchließen, daß die Summe, die Sie Jemand überlaffen wollen,
sticht beftimmt wird?
Richter: Es gibt ſolche. Ich tonute mir eine freie Pr
mie halten, allein bier fand dieß nicht ſtatt, ich hatte mir die
Wahl vorbehalten, jenen Theil abzugeben, den ich zu ents
behren im Stande war.
Staatsanwalt: Wer war von der Areditanſtalt er⸗
mächtigt, den Kaufvertrag auf 12. 000 Pfund mit are abs
zufchließen ? _
Richter: Direktor Schiff.
Staatsanwalt: Sie haben aber. Direktor Schiff erſt
am 8. vom Gefchäfte verftändigt, wie konnten Sie es am 7.
mit ihm abfchließen?
Richter: Ich Habe zwar in der Unterfuchung angegeben,
dag ih am 8. Herrn Schiff in Kenntniß gefebt habe, allein es
kann auch fihon am 7. geweien fein, ich war bei der Angabe
der Zeit ganz allein auf mein Gedächtniß angewieſen, und da
kann e8 leicht fein, daß bei dieſer Maſſa von Segenitänden ich
mir die Zeitpunfte nicht fo genau merkte.
Staatsanwalt: Ich habe gegen den - Kaufvertrag zwei
fehr große Bedenken; eritens, daß Sie feine Summe beftinmt
haben, und zweitens, dag Niemand da war, mit dem Sie den
Vertrag hätten abfchließen follen.
Richter: Ich finde gar nichts Bedenkliches darin, und
Herr Schiff wird die nöthigen Dkittheilungen hierüber machen.
Staatsanwalt: Wie weit meinen Sie, daß dadurch
daß Sie 12.000 Pfund hergaben, Sie die Kreditanftalt ers
Jeichtert haben?
®
®
326
Richter: Ja, es find bas aber Bermuthungen, die man
täglich ausfpricht, und die ſtets mit den Ereigniſſen wechjeln;
ich babe, wie aus bem vorliegenden Briefe an Krumbholz
vom 7. Juli erhellt, die Vermuthung ausgeſprochen, daß in
Folge des Krieges ſich die Valuta verſchlechtern würde. Um
mich daher in dieſer Beziehung ſicher zu ſtellen, babe ich meinem
Seihäfte i in Smichow ben Auftrag gegeben, die ausiteheuden
Beträge in Händen ber Traffanten zu laſſen, denn ich war der
Meinung, baß ich bei biefen Geſchäften Höchitene 6—7°/, ris⸗
fire, während ich 20°%/, babei erfparen könnte.
Staatsanwalt: Können Sie einen Vertrag derart
Schließen, daß die Summe, . die Sie Jemand überlaffen wollen,
nicht beitimmt wird?
Richter: Es gibt ſolche. Ich onnte mir eine freie Praͤ⸗
mie halten, allein bier fand dieß nicht itatt, ich hatte mir Die
Mahl vorbehalten, jenen Theil abzugeben, den ich au ents
behren im Stande war.
Staatsanwalt: Wer war von ber Areditanſtalt er⸗
mächtigt, den Kaufvertrag auf 12. 000 Pfund mit Sonn ab⸗
zuſchließen?
Richter: Direktor Schiff.
Staatsanwalt: Sie haben aber. Direktor Schiff erſt
am 8. vom Gefchäfte verftändigt, wie konnten Sie ed am 7.
mit ihm abfchließen?
Richter: Ich habe zwar in der Unterfuchung angegeben,
dag ich am 8. Herrn Schiff in Kenntniß gelebt habe, allein es
kann auch fchon am 7. gewefen fein, ich war bei der Angabe
der Zeit ganz allein auf mein Gedächtniß angewieſen, und da
kann es leicht fein, daß bei diefer Maſſa von Segenftänden ich
mir die Zeitpunkte nicht fo genau merkte.
Staatsanwalt: Ich habe gegen ben-Kaufvertrag zwei
fehr große Bedenken; eritens, daß Sie feine Summe beftimmt
haben, und zweitens, daß Niemand da war, mit dem Sie den
Vertrag hätten abfchließen follen.
Richter: Ich finde gar nichts Bedenkliches darin, und
Ser Schiff wird die nöthigen Mittheilungen hierüber machen.
Staatsanwalt: Wie weit meinen Sie, daß dadurch
Sie 12.000 Pfund hergaben, Sie die Krebitanftalt er-
ert haben?
®
328
Dr. Berger: Hat Herr IME. Eynatten vie Anfchaf:
fung der Devifen ausſchließlich als Sache des Finanzminifte:
riums erflärt? _
Richter: Ja.
Dr. Berger: War Kerr Schiff berechtigt, Käufe börfen-
mäßiger Effekten für die Anftalt auszuführen?
Richter: Ia wohl. Im Einverftändriß mit der Direktion.
Dr. Berger: Der Verkauf Ihrer 12,000 Pfund Ster⸗
ling an die Kreditanſtalt war in nothwendiger, thatſächlicher
Verbindung mit dem Abſchluß über die 20,000 Pfund mit der
Kreditanſtalt?
Richter: Ich glaube, da ſonft die Anſtalt nicht auf den
Wunſch des Miniſters hätte eingehen koͤnnen. Beide Gefchäfte
aber haben keinen nothwendigen Zuſammenhang; eine ſpezielle
Anordnung bezüglich. der Aufnahme in's Börfentableau habe
ich nicht gegeben.
Dr. Berger: Hatte der Brief, der die Adreſſe trägt:
„An den Zwildvorfchußfonto« feine Beitimmmg au bas
Armee-Obertommando, oder welche andere fpegielle Beftimmung
hatte er innerhalb ber Anttalt?
Richter glaubt, er fei für’ ArmeesÖberfommando be⸗
flimmt geweſen, meint aber, er könne auch für bie Berbuchung
gefchrieben gemwefen fein.
ü Dr. Berger: Zieht die Korrefponbenz bie Daten zu ben
Briefen bloß aus dem Börfentableau, oder hat fie.noch befondere
Notizen aus andern Quellen?
Richter: Sie erhält die Angabe zumeift von dem bes
treffenden Direktor, der die Einkäufe macht; in dem fpeziellen
Balle find nach meiner Ueberzeugung bie betreffenden Angaben
von Herrn Schiff gemacht worden.
Vorſitz en der: Welchen Anlaß hätte Herr Direktor Schiff
haben koͤnnen, um der Korreſpondenz eine ſolche Andeutung zu
geben? Glauben Sie, daß er für ſeine Perſon eine ſolche Ver⸗
fügung hätte treffen ſollen? Ä
- Richter: Er Hätte fie einfach treffen Lönnen, ‚wenn er es
für gut befunden hätte; ich Habe Herrn Schiff bloß am 13.
erjucht, nunmehr die Durchführung des Gefchäftes vorzunehmen.
Borfigender: Wie fchon vorgelommen ift, haben Sie für
Baron Epnatten Geſchäfte beioratz har Ah ein F(olcher Fall
330 —
Baron Eynatten kein ſolcher Konto eroͤffnet war, wie fuͤr Ba⸗
ron Bruck?
Richter: Das iſt auch ein anderes Verhaͤltniß, bier hatte
«3 fih um Banrgeld und da bloß um bieAusführung eines Aufs
trages gehandelt. Die Buchung rückſichtlich der Schuld bes
Finanzminiſters ift auch öffentlich Durch die Bücher gegangen.
Außerdem wollte ich Baron Eynatten Vertrauen beweifen;
Baron Brud hatte nicht nöthig, daß ich ihm Vertrauen bes
weile.
Borf ißender: Hat auch das Finanzminiſterium einen
Konto?
Richter: Das iſt für Geſchäfte, die bie Kreditanftalt
Zrüher für das Finanzminiſterium gemacht hat, namentlich im
Sabre 1857 und fpäter, zur Zeit als das Anlehen in London
entrirt werden follte. Se. Erzellenz Hatte es nämlich. Damals
für gut befunden, Devifen verkaufen zu Iaffen, um die Kurfe
derfelben zu drüden. Die betreffenden Gefchäfte befinden fid
auf den Konto des Finanzminiſteriums verzeichnet. Wenn Her
Bräfident erlauben, werde ich mich über den Gegenſtand auds
führlicher äußern. Ich bitte jedoch um einige Minuten Gebulb.
Der Finanzminifter Brud hat die Aufbefferung der wirthfchafts
lichenVerhaͤltniſſe nach Oeſterreich insbeſonders in zwei Richtuns
gen angeftrebt. Die erfte Richtung war bie Wiederherftellung
der Baluta und die zweite die Aufbeflerung ber Kommunifationds
mittel dur ein ganz Oefterreich umfafjendes. Eifenbahnmes.
Vorzüglich war es die Wiederherftellung der Baluta, welcher
Baron Brud feine ganze Sorgfalt widmete. Es war das Ziel
feines Denkens und Strebens, fein Haar war dabei von Grau
ins Weiße übergegangen. Es gelang ihm endlich, dieſe Maßregel
zur Durchführung zu bringen. Es ijt befannt, daß wir am
Schluſſe des Jahres 1858 wieber in der Lage waren die Baars
zahlungen aufnehmen zu fönnen.
VBorfigender: ch verfiehe das „wir« nicht. .
Richter: Wir, d. 5. »Oeſterreich.« Sebermanı mar
Darüber erfreut, insbefonbere Jene, bie auf ein fires Einkom⸗
men verwieſen waren, bag num der Gulden mieder feinen vollen
Werth hatte und nicht wie das heute ift, 60 Er. oder weniger
werth ijt. Ich, der ich fo häufig mit Baron Brud verkehrte,
ich babe ihn nie fo fröhlich geſehen wre hama. Cr \agke wir:
332
treff der gekauften Papiere getroffen werben. Auf die Frage über
die politifche Lage zuckte Se. Erzellenz die Achſeln.
Unter ſolchen Umjtänden, fagte ich, ift e8 vielleicht zweck⸗
mäßig, das London, welches es aus dem Erloͤſe des Anlchend
im Auslande in natura zurüderitatten wollte,. zu deden. Er
gab mir den Auftrag, die Papiere im Ausland zu verkaufen und
unter allen Umftänden das London zu deden. Als ich das
Finanzminifterium verließ, traf ich zufällig auf dem Mehl:
markte den Direktor Schiff in Begleitung von Fremden. Ich
forderte ihn auf, nachdem ich ihm die Mittheilung von bem eben
Erzählten gemacht hatte, mich fofort zur Kreditanftalt zu be:
gleiten, wo wir an demfelben Tage, am Sonntag, noch bie
PVerkaufsaufträge auf National ind Ausfand abfendeten, wie
die telegraphifche Depefchen ausweifen. Mit diefen Aufträgen
fuhren wir fort und innerhalb einiger Tage waren die 100.000
Pfund Sterling gebedt. Der Verkauf war in der Art günftig,
daß wir in ber Lage waren, dem Finanzminiſter für bie National
einen Kurs von 72 und füt das London einen Kurs von 118
rechnen zu fönnen. Bekanntlich ift vier Wochen fpäter ber Kurs
von London 145—146 und ber Kurs von National: 64 ges
wefen. Nach Ablauf des erften Semefters im Juli oder Auguſt
babe ich dem Herrn Minifter. eine Veberficht über den Stand
der Rechnung bes Finanzminifteriums gegeben, und als er biefe
Aufammenftellung in die Hand nahm und ſah, um welche
Sunme es ſich handelte, erging.er fich in ein Sammern über
den großen Berluft, der dem Staate aus der Operation zugehe,
und fagte: »Den müffen wir aufzubeffern fuchen,« wobei er
noch hinzufügte: „Wir werden noch darauf zurüdfommen.«
Damit wurde ich entlaffen. Sm September oder im Oktober
habe ich den Gegenſtand abermals angeregt, und bei der Ge⸗
legenheit bat er mich beauftragt, 1'/, Millionen Grundent⸗
laſtungen, die zu jener Zeit befonders billig jtanden, zu kaufen
und zwar mit dem Zwede, baß ber Gewinn der babei gemacht
werde, dem Konto des Yinanzminifteriums gutgefchrieben
werben-fol. Diefe 17/, Millionen Grunbentlaitungen handelte
ich von bem Bevollmächtigten des Fürſten Eſterhazy, Franz
Grafen Zichy, zum Kurs von 70°/,. Von dieſem @efchäfte
haben Se. Erzellenz ebenfalls Kenntniß erhalten.
Anfangs des Jahres oder zur Zeit, AB er WX6ècabGoh her
334
gejagt ober gethan hat, that fie ohne genaue Kenntniß von ber
Sachlage.
Vorſitzender: Haben Sie nie ben Verwaltungsrath hier⸗
son in Kenntniß geſetzt?
Richter: Ich erinnere mich, daß ich Herrn Hornbofet
im Allgemeinen mitgetheilt habe, daß bie 1'/, Millionen
Srundentlaftungen zur Aufbefjerung ber Verlufe des Aerars
beſtimmt find.
Vorſitzen der: Welche Angaben haben Sie dem Buch⸗
halter zus Umänderung gegeben?
Nichter: Meiner Erinnerung‘ nach habe ich geſagt:
»Aendern Eie die Ziffern in dieſer Beziehung ab.*. Er hat
nun, weil ale Bücher unter ihm find,. die betreffende Anord⸗
nung getroffen: Es muß das auch in den Büchern vorkommen,
weil es nicht im Geheimen geichehen ift. Ich muß aber wieber
Bolt erflären, daß ich Die beftimmte Erklärung erhalten habe,
daß das Finanzminifterium für Alles haftet, und daß ich mi
ohne die Einwilligung der Anftalt zu nichts verpflichtet habe.
Borfigender: Hätte man dieſe angebeuteten Aenberungen
aus ben Büchern erfehen müſſen?
Richter: Es find die Ziffern geändert worden, unb id
dachte nur immer, der Buchhalter wird, freimiliig oder gefragt,
angeben; welche Neränderungen er veranftaltet Lat. Uebrigens
muß ich bemerken, daß fich die Reviflonsprüfung allerdings
nicht in die Detailprüfung einläßt, aber daß fie die Salbi er-
bebt, mit dem Tepot vergleicht, um zu feben, ob bie Dedung
vorhanden iſt.
Dr. Berger: Dieſe Umänderung iſt wohl dahin zu ver-
fiehen, dag neue Ziffern auf Grund der neuen Anrechnung eins
gefchrieben worden find. |
Richter: Es wurden neue Ziffern eingefchrieben. Zu
biefem proviforifchen Uebereinfommen hatte ich die Ermäd-
tigung in Folge früherer ähnlicher Transaktionen, und zwar
viel größerer Beträge, mir zugemutbet.
Der Bertreter bes Aerars: Ich bitte mir genau bes
fonnt zu geben, wie eigentlich der Inhalt bes Zettels abgefaft
war, mit: welchem Sie dem Finanzminifterium den Abſchluß
mitgetheilt.
Richter: Er Iautete: „Seiiglafen IN 00 SEEN Ster⸗
336
Zeuge erwiebert weiter, die ihm vorgelegte Rechnung wäre
merkantiliſch geführt geweien. Die von der hiezu niedergefehten
Kommiſſion zuſammengeſtellten Bemaͤnglungen belaufen ſich
auf circa 183.137 fl. 19 kr., unter dieſen ein Rechnungsfehler
von 10,000 fl. und überdieß noch andere ungebührliche Berech⸗
nungen zum Nachtheile des Aerars. —
Richter: Nach dem Uebereinkommen mit der Areditan⸗
ftalt war dieſe berechtigt, ihre Mechnung durch Organe des Fl⸗
nanzminifteriums prüfen zu laſſen. Nachdem die Krebitanftalt
in der Lage war, jede Ziffer in der Rechnung nachweifen-zn
fönnen, insbefnndere durch Schlußzettel, fo habe Ich feinen An:
ftand genommen, diefe Rechnungen, auf die ich gar feinen Ein-
fluß genommen habe, und welche burch die Buchhaltung ber
Krebitanftalt ausgeführt murden, dem Armee⸗Oberkommando
vorzulegen und fie durch deſſen Organe prüfen zu laſſen. Ich
babe bei der Gelegenheit, als ich Herrn Schultner bei Baron
Eynatten traf, zw ihm gejagt, daß ich mit Vergnügen bereit
wäre, für ben all, als das Eine oder bag Andere ihm unklar
fein follte, die Sache aufzuklären, und wenn ich verhindert
fein follte, ihm durch Leute aus der Kreditanftalt alle Nach⸗
weifungen zu verfihaffen. Was der Herr Zeuge als ungebühr:
lich betrachtet, und überhaupt was Die ganze Rechnungsart
anbelangt, fo muß ich es der Kreditanftalt überlaffen, welche
in der Lage fein wird, Die Richtigkeit jeder Poft, vielleicht mit
Ausnabıne eines einzigen Meinen Irrthums, nachzumeifen.
Zeuge erklärt, daß Richter allerdings zur Ertheilung
von Nachweifungen ſich Damals bereitwillig erklärt habe.
Staatsanwalt: Was verftehen Sie unter ziffermäßiger
Prüfung? W en
Zeuge: Daß bloß die Zifferanſätze geprüft werben,
feineswegs aber, ob die Poften mit legalen Dokumenten be⸗
legt ſind.
Staatsanwalt: Iſt Ihnen: eriunerlich welcherlei. Art
von Poften unbelegt waren? -
Zeuge: Trinkgelder u. dgl.; ich fmın mid) nicht: fo genau
erinnern.
Richter beitreitet die Anfisht biefes Zeugen, weil fonft
ber Rechnung nicht wären Schlußzettel beigelegt worden, und
er glaubt, daß unter ziffermäpiger Brütung Mertingp ansh ein
338
rechnung für. bie Herren. Sifchhoff und: Hoffmann im Bes
trage von 9000 fl. geweien, und Direktor Horuboftel hätte
gejagt, biefe Schlußbriefs wären nur beigelsgt worden, um die
Poſt zu decken.
Zeuge äußert weiter auf bie: Feag⸗ des Herrn Botanten,
daß die Qualität des abgelieferten Getreides theils gut, theils
nicht gut geweſen ſei, denn das Getreide habe eine Beimiſchung
von Sand und anderen Begenftänben enthalten.
Landesgerichtsrath Duſcher: In welchem Verhält—⸗
niffe ficht Has Gewicht bes Sandes sum Gewichte des Getreides,
was ift fchwerer?
Zeuge gibt auf diefe Frage keine Antwort.
Dr. Berger: IR Ihnen befannt, daß gewiffe Unreinig-
keits⸗Perzente bei, Frũchten angenommen werden, und ſind auch
dieſe bei den Prüfungen der Rechnungen in Betracht gezogen
worden?
Zeuge beſaht bieſe Frage und wird dann entlaſſen.
Richter: Es giht keine fingirten Schlußbriefe; Direktor
Hornboſtel iſt als Zeuge vorgeladen, er wird in die Lage kom⸗
men, daruͤber Auskünfte geben zu Können. Ich bitte denſelben
darüber zu befragen.
Rechnungszath Paul Ditmann erklärt: Er ſei gerufen.
worden, bie Rechnungen zu prüfen, habe unter ben einzelnen
Beilagen. keine Marktpreisrechnung wahrgenoinmen, und Die
Antwort erhalten, daß ſolche Marktpreisheftätigungen nicht
“ erforderli wären, daß es ſich überhaupt nur-um eine ziffer⸗
mäßige Prüfung der Rechnung handle, und daß dieſe Froge
daß, Zentral⸗ Rechnungsdepartement nichts angehe. Er be⸗
merkte eine Poſition, die einen Abgang, eine Schwindung der
Früchte in Folge der Transportixung darſtellte. Baron Ey-
natten erwiederte, daß das Aerat dieſe Poſt zu tragen babe.
Die Rechnung wurde ihm nicht weiter zur Reviſion gegeben,
weil er nur eine Superreviſion haͤtte ausführen ſollen, aber
son dem Zentr at Fechnungsdepartement uͤberſehtt worden iſt.
Sen wird beeibet).
‚Der Borfigende geht nun zum Deviſengeſchaͤfte über.
Staatßanwalt: Es wurde ſchon geſtern darüher ges
mrochen, ob bei ber Unterebung, die Here Kiigrer wit Boxen
x
340
Staatsanwalt: Es muß. aber immer ein Käufer fein,
welcher in ben Verkaufsvertrag einmwilligt, während Sie fagten,
Sie hätten den Direktor Schiff verftändigt; eine bloße Ders
ftändigung genuͤgt nicht.
Richter: Wir im kaufmaͤnniſchen Leben kennen keine
Vertraͤge, ba Heißt: es: »Ein Wort, ein Mann!“ Ich habe
dieß einfach dem Direktor Schiff angezeigt, er hat es in Ord⸗
nung gefunden. Verträge abzuſchließen war nicht noͤthig. Wir
"machen. zwanzigmal größere Geſchaͤfte in zwei bis drei Worten.
Staatsanwalt: Zft ein Tag beftimmt würden, an
welchem bie Effekten übergeben werben follten?
Richter: Nein. Zu übergeben waren fie gar nicht. Sie
blieben im Beſitze der Krebitanftalt. Auf Wunſch Eynatten’s
unterblieb'die Uebergabe bis zum 13., wo ich nach der Zurüds
berufung Hoppe's ihn erfuchte, die Durchführung der Gefchäfte
zu veranlafjen.
" Staatsanwalt: Es heißt in der 42. Antwort der Vor⸗
unterfuchung: Es wurde die Trage. ber Zmedmäßigfeit bes
fprochen, Diefe Frage wurde bejaht, und ich Tieß 20,000 Pf.
St. London durch die Anftalt kaufen. Dieß ſcheint anders zu
fein, als Sie jebt angaben.
Richter: Diefe Antwort ift eine Hiftorifche Daritellung,
die nicht fo genau in Betreff der Daten ift; es ift fogar uns
richtig, daß mich bei diefer Befprechung Baron Eynatten
begleitet, ich habe mich Später erinnert, daß. Baron Eynatten
in Betreff des Verkaufes der Deviſen bei Baron Brud gemwefen,
nicht aber in Betreff des Einkaufes, was ich auch fpäter nach⸗
gewieſen habe.
Staatsanwalt: &3 find die Devifen, welche für das
Armee⸗Oberkommando gekauft worden find, vom 2. bis
16. Auguft verfauft worden, am 18. wurde bie Rechnung
über Zwilch dem Armee-Oberfommanbo überreicht, e8 war
alfo nur noch acht Tage bis zum Verkaufe aller Devifen,
warımt haben Sie diefe acht. Tage nicht. gewartet?
Richter: Das ift fehr einfach, weil ber Zwilch nach
Stoderau. geführt und dort bezahlt. werben mußte,
Staatsanwalt: Anderſeits ift ber Konto erft am
211. November bem Armee-Oberlommanbo vorgelegt worden,
342
welcher aus dem Kaufe von 1'/, Millionen Grundentlaſtungen
hervorgehen ſollte.
Staatsanwalt: Warum it nicht vorher die Bewil⸗
ligung der Kreditanſtalt nachgeſucht worden zu dieſer Auf⸗
beſſerung? Es iſt dieß ja eine Geſchenkgebung.
Richter: Es it keine Geſchenkgebung. Das Finanz⸗
miniſterium iſt dafür gut geweſen. Nach meiner Erinnerung
war es die Abſicht des Finanzminiſters, daß, wenn dieſe 8pGt.
eingebracht find, durch den Gewinn beit Grundentlaſtungen,
Sr. Majeſtät den Vortrag zu machen, und die Genehmigung
der Rechnung nachzufuchen.
, Staatsanwalt: Ben ben Srunbentlaftungen werden
wir fpäter fptechen. Nachdem alfo die Anftalt nicht. mehr als
72p6t. befommen bat, fo konnte fie 77pCt. nur geben, wenn
fie 5pCt. geſchenkt hat.
Richter: Es iſt kein definitives Geſchäft, es iſt ein Ueber⸗
einkommen geweſen. Ich habe bei früheren Gelegenheiten ähns
liche Transaktionen gemacht und es ift dieß erit giltig geweſen,
nachdem der Verwaltungsrath darüber befchloffen. Auch Hier
jollte e8 fo fein. Meine Verhaftung verhinderte mich dem Vers
waltungsrathe den Vortrag darüber zu machen.
. Staatsanmalt: Es kommt vor, daß ſich das Revi⸗
fionstomite um das Konto bes Finanzminiſteriums gar nicht
umgefehen bat, und wie hätte das Nevifionstomit& darauf
kommen follen, daß folche Nenderungen ftattgefunden, nachdem
das Conto separato des Kaufes zu 72 am 31. Dezember eins
getragen worden?
Richter: Es iſt nicht am 31. Dezember, fondern erft
fpäter gefchehen, wir haben es auf ben 31. zurüdbezogen.
Uebrigens frage ich die Löbliche Staatsbehörde, was kann mich
veranlajfen, ein Geheimniß über diefe Sache zu beobadhten, bei
ber ich nicht das geringite perfönliche Intereſſe hatte? Ich bin
auf die Wünſche des Herrn Finanzminiſters eingegangen, den
Kursverluft aufzubeflern.
Staatsanwalt: Ich habe etwas ganz Anderes gefragt,
nämlich wie fich das Reviſionskomitoͤ hätte auskennen follen.
Richter: Ich hätte die Mittheilung gemacht, weil ich
feine Beranlaffung hatte, ein Geheimniß zu beobachten.
Staatsanwalt: Es iſt ger keine Beranlaflung geweſen
344
wortung biefer Frage am folgenden Tage zu geftatten. Am 19. er⸗
zählt sun Richt er bie bereits früher mitgetheilten Aeußerungen.
Staatsanwalt: IA das Yinanzminifterium von bem
Anlaufe verftändigt worden?
Richter: Es ift eine Anzeige geichehen. BE
Staatsanwalt: Im Boͤrſentableaux erfcheint jebe
ein Anderer als Käufer der 1 '/, Million Örundentlajtungen.
Richter: Es wird vieleicht „nostro« heißen, weil bie
Srundentlaftungen erit in den Beſitz der Anftalt und fpäter in
ben Beflg des Sinanzminifteriums übergegangen find.
Staatsanwalt: Warum ift nicht gleich der billigere
Kurs, um welchen die Bapiere bem Finanzminiſterium übers
laffen wurden, eingetragen worden?
Richter: Urfprünglich wurden fie aud dem. Binanzmis
nifterium mit 70 °/, notirt, und erft nach ber Rüdfprache mit
dem Finanzminifter bat die Aenderung jtattgefunden.
Staatsanwalt: Woher mußten Sie genau, daB fih
fieher ein Gewinn aus diefem Gefchäfte ergeben werbe?
Richter: Eicher kann man nicht fagen, «8 ift Die Wahr⸗
Icheinlichfeit vorgelegen. Uebrigens war nicht ich Dafür verants
wortlich, e8 war die Anjchauung bes Miniftere. Ich muß mich
auch auf einen Verwaltungsrathsbeſchluß berufen, daB für
Rechnung der Anftalt nichts gekauft werden bürfte, und wos
durch bemiefen wird, daß für das Yinanzıninifterium allein ges
fauft wurde.
Staatsanwalt: Iſt über diefen Derfauf ein Avifobrief
geichrieben worden?
Richter: Die Berftändigung tft mündlich erfolgt.
Staatsanwalt: Liegt ein fehriftlicher Auftrag vor, die
Papiere zu faufen?
Nichter: Alle Aufträge des Miniſters waren mündlid.
Staatsanwalt: Wie hätte fich Die Kreditanftalt gegens
über dem Finanzminifterium mit ihrer Forderung ousweifen
koͤnnen, wenn anglüdlicherweife Baron Brud früher geftorben
wöre, bevor er über diefe Forderung der Krebitanftalt gejpres
chen hätte?
Richter: Sie Hätte auf Perfonen, die Davon Kenntniß
hatten, hinweiſen müflen. Es ift übrigens bei viel größeren
©rfchäften auch Fein Auftrag gegeben worden. u .
346
Dr. Berger: Wollen Sie außer dem Cerealiengeſchaͤfte
noch eine Gelegenheit angeben, wo Sie fiir Rechnung de des Bi
nanzminiſteriums in Folge eines muͤndlichen Auftrages oh
Dperationen ausführten?-
Richter theilt nun mit, dag Minifter- Brad im Früh⸗
jahre 1857 — fich anlehnend an einen früheren Vorgang bed
Freiherrn v. Kübel, welcher ebenfalls große Einkäufe für
Rechnung des Staates hatte machen Taffen — circa ſechsund⸗
zwanzig Millionen junge Bahnaltien zur Zeit ber Krifis ber-
felben babe kaufen Taffen. Der Staat habe bamals mit einem
Kapitale von zehn Millionen operirt, und es ſei ihm gelungen
im Vereine mit ber Krebitanftalt Die junge Unternehmung über
Waſſer. zu halten, ohne Daß dem Aerar ein Schade zugegangen
wäre. Auch bei biefer Gelegenheit mar der Auftrag. münbs
lich. Die Abrechnung erfolgte zuerft zwifchen Baron Brud und
Nichter, wurde fodann vom Verwaltungsrathe der Krebitans
Halt geprüft und fehlieplich Sr. Majerät zu ber fpäter auch er
folgten Genehmigung vorgelegt. M
Dr. Berger: Der Verwaltungsrath hat alſo auch erſt
nachträglich das Geſchäft zur Kenntniß genommen und ge⸗
nehmigt?
Richter: Ja.
Dr. Berger: Glauben Sie, daß die Veränderung in
dem todten Konto des Nationalanlehens in den Büchern ber
‚Sereditanftalt bei einer genaueren Durchſicht erſichtlich wer⸗
den muß?
Richter: Ja.
Dr. Berger: Hielten Sie es von Ihrem Standpunkte
aus rathlich, am 23. März Operationen der öſterreichiſchen Fi⸗
nanzverwaltung auch innerhalb biefes Hauſes bloßzulegen?
Richter: Nein, ohne bejtimmtes Anfragen hätte ich es
vor mir nicht rechtfertigen Fünnen, folche Operationen zu Ans
Derer Kenntniß zu bringen.
Salomon Niederhochheimer, Chef der Eorrefdondenz
in der Kreditanftalt, bereits in der Vorunterfuchung beeidet,
jagt and: Er habe aus den Notizen bes Börfendireftors das
Börfentableau anzufertigen und auf Grund besfelben dem ihm
antergebenen Perfonale das Ausfertigen der Briefe an die eins
zelnen Sommittenten aufzutragen. Rochdem lau die Boͤrſen⸗
Lv
348
tion den Auftrag zur Eintragung an dem Tage gibt, au wel⸗
chem das Geſchaͤft auf der Börſe abgeſchloffen wurde.
Zuge: Durchaus nicht. |
: (Gemurmel im Publitum.)
- Dr. Berger: Sie befemmen alle Aufträge ı zur Gintra-
gung ins Boͤrſentableau bloß vom Boͤrſendirektor.
- Zeuge: Sa.
Richter konſtatirt, daß der Auodruck Boͤrſenditektor
— nur: auf den das Banlgeſchaͤft leitenden Direftor Bes
ug hat. a
Die Ausſage des darauf ale Bengen varnommenen Kor⸗
reſpondenten ber Kreditanſtalt, Herrn Gruͤnebaum, ſtimmt
bis in die kleinſten Details mit der Ausſage des vor ihm ver⸗
nommenen Zeugen Niederbochheimer überein, nur fügt er
auf eine tage des Dr. Berger Hinzu, daß es ein bloßes
Verſehen ſei, daß er das Datum im Brief an Richter wegge⸗
laſſen habe. Er wurde beeidet.
Der hietauf vorgerufene Zeuge, Herr Paul Schiff,
gibt an, er ſei 33 Jahre alt, in Frankfurt a. 5. DO. geboren,
‚Stoßhändler in Wien und: bis zum 31. Juli 1859 Dixeltor
der Krebitanftalt gewefen.
- Borfigender: In welchen Verbindungen ind Sie mit
de Perfon bes Herrn Richter geftanben?
Zeuge: Er war mein Kollege, und zuerft haben wir
‚allein und fpäter mit Direktor Hornboftel das Direktorium ber
Kreditanftalt geführt.
Vorſitzender: Sind in dieſer Beziehung befondere Gele⸗
genhenen vorgekommen, wo Direktor Richt er mit Ihnen ver⸗
ehrt hat?
Zeuge: O ja. Täglich erhielt ich von ihm Weiſungen,
da ich das Bank⸗ und Boͤrſengeſchaͤft zu leiten hatte.
Vorſitzender: In welcher Art haben Sie ſich mit den
Boͤrſengeſchäften befaßt?
Zeuge: Ich hatte Sie eben auszuführen, deßhalb be⸗
ſuchte ich zuerft bie Boͤrfe ſelbſt, ſpäͤter aber ſchickte ich Beamte
der Kreditanſtalt.
Vorſitzender: Wie wurde bei dieſem veſchatn vorge⸗
gangen?
Zeuge: Die Effelten wurden an ver Birie —E und
350
bafür noch fehuldig iſt. Speziell bin ich nicht Darauf eingegans
gen, weil es nicht mein Amt war, und ieh michuicht Darauf ver⸗
fiehe. Von einem andern ©efchäfte weiß ich fo: viel, Daß das
hohe Armeesöberfommando den Herrn Richter aufgefordert
bat, Zwilch im Auslande antaujen zu laſſen, und Herr Rich»
ter fagte mis am 4. ober 5. Juli, daß er dagegen eine Por
London »verjchloffen« Habe. Er erfuchte mich zugleich, die ein⸗
laufenden Devifen für uns zu behalten, weil gewünſcht ‘werde,
daß bie Devifen nicht an der Börfe gefauft würden, damit ber
Kurs nicht alterizt werde. Daher wurden die am 5., 6. und 7.
Juli eingegangenen Devifen nicht verfauft, ſondern behalten,
im Betrage von 8000 8. St., wie aus dem Börfentableau ers
fichtlich iſ. Am 13. oder 14. Juli fagte mir Richter mit
Bezugnahme auf diefe Geichäfte, daß ich 20,000 L., die er zum
Preife von: 141 acht Tage vorher »„verichloffen* hatte, dem
ArmeesOberfonnmando auf den Zwillichvorihußfonto ftellen
follte. 8000 &. St. follte ich aus dem Portefenille ber Kredit
anftalt nehmen und 12,000 aus feinem eigenen. Das habe
ih gethan, babe Die Verbuchung aufgegeben, und weiter weiß
ich nichts davon. Ich mache darauf aufmerkſam, daß, als Her
Richter mir am 4. oder 5. Juli gefagt bat, daß Zwillich im
Auslande gekauft werden jolle, er mir bedeutete, Herr Hoppe
fei dazu beftimmt, als Agent ber Kreditanftalt im Auslande
den Zwillich zu kaufen, und daß er mich erfuchte, Herin Hoppe
mit ben nöthigen Afkreditiven zu verfehen, was ich auch gethan
- babe. Diefe 20,000 8. find am 14. Juli verbucht worden, mit
Bezugnahme auf den 7. Juli, wo der eigentliche Abſchluß bes
Geſchäftes ftattgejunden hat.
- Borfißender: Kommen foldye Fälle öfters vor, daß ein
ſo langer Zwiſchenraum zwiſchen den Abſchluß des Geſchaͤftes
und der Verbuchung beſteht?
Zeuge: O ja, und dieſen Zeitraum finde ich kurz, es
find Fälle vorfommen, wo auch noch größere Zeitunterſchiede
ftattgefunden haben, und gerade bei Geſchäften, bie mit ber
Regierung gemacht worben find, kamen folche Säle vor. Es
war ein Monat früher, ald das Armeekorps aus Böhmen nad
Italien geſchickt wurde. Es hatte den Auftrag, über Sachſen
und Baiern nach Italien zu gehen. Für die Beſtreitung der
Zransportfoften war. beiläufig eine Millten Shen eriarberlich,
352
das Depot und der Name des Eigenthümers verzeichnet find.
In diefem Falle war es fo: An den Devifen des Herrn Rich⸗
ter’3 war ein Zettel angehängt auf dem jtand: „32,000 Pfd.,
Franz Richter, Aerarialfottonlieferung;« son dieſer habe ich
12,000 und von den der. Kreditanitalt gehörigen 8000 Pd.
genommen, und habe ein neues Depot gemacht im Betrage von
20,000 Bd. für den Zwilchvorſchußkonto.
Dr. Berger: War es im Intereſſe der Anſtalt, die
»London«, die Sie im Wege ber Korrefpondenz befamen, zu
verwertben?
Zeuge: Das Portefeuille der Kreditanftalt in Bezug auf
London war ein fehr geringes und die Erwerbung derfelben
war nothwendig.
Dr. Berger: Haben Sie etwas Auffälliged oder gar
das Intereffe der Anftalt Beeinträchtigended darin gefunden,
daß Herr Richter erklärte, er gebe 12,000 Pd. her?
Zeuge: Durchaus nicht. Ich Hätte im Gegentheile einen
Nachtheil darin gefunden, wenn er gefagt hätte, die Anftalt
müſſe die ganzen 20,000 Pfd. geben.
Dr. Berger: Hat Herr Direktor Richter in feinen Ver⸗
handlungen mit dem Sinanzminifter von Seite der Kreditanftalt
eine weitgehende Vollmacht gehabt?
Zeuge: Er hatte eine ſolche, allein er mußte ſeine Kol⸗
legen und den Verwaltungsrath von den Geſchäften in Kennt⸗
niß feßen.
Dr. Berger: Hat Herr Direktor Richter für Diejenigen
»London«, die er fich als Aſſekuranz für fein Stoffgefhäft an⸗
gefchafft Hat, der Kreditanftalt eine Proviſion bezahlt?
Zeuge: Ich babe zwar in der Vorunterfuchung gefagt,
daß mir von einer Proviflon nichts bekannt fei, allein ſchon dar⸗
aus, daß die Kreditanftalt Fein Gefchäft machen darf, wo fie
nicht etwas verdient, konnte ich entnehmen, daß eine Proviſton
gezahlt wurbe. Später wurde mir auch befannt, daß eine joldhe
wirflich gezahlt worben ift.
Vorſitzender: Willen Sie von Gefchäften, die von Seite
ber Kreditanftalt oder von Seite des Herrn Richter’ mit Bas
ron Bruck abgefchloffen worden find?
Zeuge: Wir haben fehr viele Gefchäfte mit dem Finanz⸗
miniſterium und dem Finanzminiſtex gewocht.
353
naͤchſten Tagen etwas geichehen werde, was auf Devifen fchlecht
einwirken könnte, und fprach ſehr ſtark davon, baß die Bank
neue Noten und ber Staat neue Kaffenfcheine ausgeben würde,
wir haben eingefehen, daß die Baluta ſich verfchlechtern
tönne, und waren der Anficht, Daß es nicht gerathen wäre, we⸗
nigſtens jebt Papiere zu Taufen, und dadurch die Baluta zu
Herfchlechtern und hier Wechfel anzulaufen. Wir haben drei Tage
nach einander nach Belgien, Amjterdam und Frankfurt am Main
eine Million Nationalanleben gefchidt. Wir haben das Nas
tionalanlehen zu 72 verkauft, und Xondon zu 118 gededt. Wir
hatten das Recht, diefe Operation für fehr gut anzunehmen.
Ich habe einen eigenen Conto separato einrichten laſſen; denn
das Sinanzminijterium hätte, wenn ber Krieg nicht erflärt wor⸗
den wäre, jagen koͤnnen: Es geht mich nichts an, ich Dede Die
100,000 Pfd. London in natura und bann wäre der Kredite
anftalt ein großer Schaden erwachlen.
Borf igenber: Iſt bei diefer Gelegenheit ber Verwal⸗
tungsrath davon in Kenntniß geſetzt worden?
Zeuge. Nach meiner Anſicht hatte der Verwaltungsrath J
gar keine Kenntniß davon zu nehmen, da eine eigene Kommiſſion
beſtellt war, und dieſe Sache nur vor das Direktorium gehoͤrte,
gewiß aber iſt es, daß er davon gewußt. Mehrere Verwaltungs⸗
räthe find Bantiers, und wußten, daß die Kreditanftalt Na⸗
tional gekauft und London begeben.
Staatsanwalt: Sind nicht au die Kommiſſionsge⸗
fchäfte derart, daß ein Beichluß des Direktoriums nothwendig
ift, um fie zu übernehmen?
Zeuge: &8 braucht gar feinen Beichluß; es braucht nur
da einen Beichluß, wo ein Riſiko ift. Mit dieſen Kommifs-
fionsgejchäften, zumal e8 dag ArmeesÖberfommando betrifft,
war durchaus fein Riſiko verbunden. Wo der Auftraggeber fols
vent ift, bedarf es Feines Beſchluſſes.
Staatsanwalt: Sie haben in Ihrer Antwort in ber
Vorunterſuchung erflärt, die Kreditanftalt habe immer ein ſtar⸗
kes Portefeuille auf London.
Zeuge: Wie man ed nehmen will; für Jemand, der die
Geſchäfte nicht veriteht, ift es immer ein großes Portefeuille,
für mich und die Kreditanftalt it e8 immer ein geringes. Das
mals war gerade der Krieg in der rrkreriihtten Weile ent-
356
Er wird hierauf beeidet und entfernt fich.
Rudolph Breftl, Sekretär der Krebitanftalt (ebemalis
ger Reichstagsbeputirter), erflärt, daß Richter in ber Bel
rathsſitzung zwei Verwaltungsräthe erfuchte, für feine Rech⸗
nung gegen 4 °/, Proviſion Devifen an der Börfe Taufen zu
Iaffen. Diefem Erſuchen wurde anftandslos Folge gegeben.
Zeuge erflärt das Gebaren Richter's als kaufmänniſch
koulant, und betont, daß Richter mitunter fich weniger um die
Form gekümmert. Einer eigennützigen habfüchtigen Abficht
Halte er ihn nicht für fähig. Zeuge wird beeidigt.
Theodor Hornboftl, 45 Jahre alt, Direktor der Kıe-
Ditanftalt, ehemals Handelsminifter, wird vorgerufen. Er ift
feit 1857 zugleich mit Richter im Amte.
Zeuge erflärt, daß Richter zumeift Die Aufträge des
Finanzminiſters münbfich erhalten und fie ſodann feinen Colle⸗
gen mitgetheilt habe. Er erklärt weiter, daß Die Rechnung
mit dem Finanzminijterium bereits beglichen wurde und zwar
in der Weife, daß die Kreditanjtalt die Depots fowohl in Nas
tionalanlehen als in Metalligues und Grundentlaftungs-Obli-
gationen zu einem Kurſe, der etwas über "den Tageskurs
war, baar berechnete, und das Aerar demgemäß an die An:
ftalt einen Betrag von mehr als 200,000 fl. herauszahlte. Be-
züglich der Kursveränderung in den Büchern hat der Herr Zeuge
feine Kenntniß erhalten, er meint, daß Richter damals feiner
Stellungnach und in der VBorausficht der wahrfcheinlichen nach»
traͤglichen Gutheißung einem derartigen Compromis wohl ein⸗
gehen konnte, bemerkt aber, daß Richter den Verwaltungs⸗
rath von dem ganzen Vorgange noch nicht in Kenntniß geſetzt
und daß die Zuſtimmung des Verwaltungsrathes noch nicht er⸗
folgt iſt.
Vorſitzender: Halten Sie dieſen Vorgang bes Herm
Richter für bedenklicher Natur?
Zeuge: Ich kann darin nichts Bedenkliches erfennen, ba
er heilige Transaktionen mit dem Finanzminiftertum hatte.
Unjere Anftalt ftand in fteter Beziehung zu dem Finanzmini-
fteriumn, und es ift gewiß, daß dabei Die Idee vorleuchtete, ent⸗
weder einen fchon gehabten oder zu gewärtigenden Krebit als
Entſchädigung dem Finanzminifterlum zuzumenden. Eine böfe
Abficht, wie ich mich ausbrüden mürgte, tan N duxchaus
358
werben mußte. Seine Anficht über das Gebaren Richter’s
gebt dahin, dag Richter für das Intereffe der Krebitanftalt
mit großer Aufopferung tbätig war. Er glaubt, Richter habe
öfter im Iuterejfe der Sache die Form manchmal aus dem
Auge gelaffen, übrigens Fönne er ed ſich nur zur Ehre
rechnen, vier Jahre mit ihm zufammengemefen zu fein. Mit
Baron Brud hatte Hornboftel rücdfichtlich des Kontos ber
Kreditanftalt verhandelt; es it jedoch der Abfchluß diefer Unter
handlungen erft unter dem jeßigen Leiter des Sinanzminifteriums
erfolgt. Er gibt auch über das Zerealiengefchäft Aufflärungen.
Auf den Ankauf bat nach feiner Angabe Richter nur in Wien
einigen Einfluß genommen. Die Differenz zwijchen ber Kredit⸗
anftalt und der zur Prüfung ibrer Nechnung beftiminten Kom⸗
miffion motivirte er in einer längeren Ausdeinanderfegung mit
der Verfchiedenbeit der kaufmänniſchen Anfchauung und ber
Anficht des Militärrechnungsdepots. Uebrigens fei die urfprüngs
lih mit mehr als 300,000 fl. bezifferte Differenz nunmehr
bereit8 meit unter 100,000 fl. berabgemindert.
Dr. Berger: Haben Sie in der Kommiſſion gehört, dag
fingirte Lieferfcheine vorfamen?
Zeuge: In der Kommiffion ift meines Wiffens von
fingirten Lieferfcheinen nicht8 vorgefommen.
Die Anweſenheit Richter's an Vormittagen im Bureau
der Kreditanftalt erklärt Zeuge als Regel. Er beitätigt, daß Nichs
ter auch ſonſt ohne vorherige Genehmigung des Verwaltungs
rathes Gefchäfte im großen Maßftabe für das Finanzminiiterium
abgefchloffen babe. Niüdfichtlich des der Kladnoer Eifengewerls
Ihaft gemachten Darlehens weiß er von einer bejonderen Bes
günftigung durch Richter nichts. Ein Fachmann habe den Ber
richt entworfen, auf den hin das Anleben erfolgte.
Der Vorſitzende itellt zum Schluß die Anfrage, ob die Sach⸗
verftändigen einzeln vorgenommen werden follen. Staatsanwalt
und Bertheidiger überlaffen die Entfcheidung darüber dem
©erichtöhofe. Nach furzer Berathung wurde die abgefonderte
Vernehmung der Sachverftändigen befchlojjen und die Situng
hierauf aufgehoben.
Um 9'/, Uhr eröffnet der Präſident die Sitzung und nad
Vorführung des Angeklagten Richter wird der Zeuge Moriz
Srldfhmidt aufgerufen.
360
auch feine Veranlaffung fand, in die Prüfung der einzelnen
Ziffern einzugehen.
Zeuge Außert weiter: Meine häufigen Beziehungen mit
dem Herrn Finanzminiſter felbft und mit dem Heim Hofs
rath Brentano, welchen ich ‚durch meine Stellung in dem
Haufe Rothf hilb manchmal zu fprechen Gelegenheit hatte,
gab mir auch die Veranlaffung, mit diefen Herren über jene
unbebedten 260,000 fl. zu iprechen und diefelben haben mir
die DVerficherung gegeben, daß der Gegenſtand georbnet werde,
was auch im Monate Juni geichab.
Vorſitzender: In welcher Art iſt diefe Differenz ent-
ftanden?
Zeuge: Durch das Ballen ber Kurſe ber Papiere, welche
für die Finanzverwaltung bei ber Krebitanftalt deponirt waren.
Diefe Papiere erhielten einen niederen Werth, und demnach war
jene Deckung erforderlich.
Ueber ein dem Herr Zeugen vorgewieſenes Konto der
Finanzverwaltung in ben Büchern ber Kreditanſtalt, welches,
wie wir bereitd erwähnt, fih in ein Conto aperto und
Conto separato theilt, äußert Zeuge, Daß biejes ein Auszug
aus dem Saldofonto wäre, worauf das Revifionstomite bei
ber Prüfung ber Rechnung mit der Finanzverwaltung aus dem
früher angegebenen Grunde nicht eingegangen fei.
Nichter, aufgeforbert, feine Bemerkungen zur Angabe
des Herrn Zeugen zn machen, äußert: Ich wollte ben eigents
lichen Nerlauf und die Motive meiner KHandlungsweife dem
Revifionstomite mittheilen und den Antrag ftellen und befürs
worten, baß es fich damit einverftanden erfläre, daß bie 1'/,
Million Orundentlaftungs-Obligationen für das Finanzminis
ftertum, fo wie ich e8 verbuchen ließ, mit bem Kurfe von 68°/,
verbleiben möge. Ferner wollte ich bie Herren unterrichten, daß ber
Gewinn, welcher aus diefer Operation mit den Grundentla-
fiungs Obligationen hervorgeht, bie Beitimmung bat, bie Auf⸗
befierung ber fünf Perzent bei dem Nationalanleben zu beden.
Nachdem fpäter Diefe Grundentlaſtungs⸗Obligationen von ber
Krebitanftalt mit 73'/, verkauft worden find, fo ergab fidh aller⸗
bings ein Ueberfchuß von 78,750 fl. Bon biefem Betrag hatte,
fo war mein Uebereintommen mit bem Herrn Finanzminiſter
Bruck, die Krebitanftalt zuerit für jene Aufbefferung bei ben
‚362
Platzkonti zur Revifton kommen würben, dem Komite bie
nöthige Mittheilung zu machen. Ich habe keinen Grund ges
Habt, den Gegenjtand zu verfchweigen, ich habe es für meine
Pflicht gehalten, den Schaden, den die Staatsverwaltung erw
Aitten hat, möglichit zu befjern. Es wäre Thorheit, ja Bloͤdſiun
gemwefen, wenn ich in diefer Beziehung irgend eine Verant⸗
wortlichfeit oder Gefährdung übernommen hätte. Herr v.
Goldſchmidt wirb beftätigen, dag, fo Tange ich auf freiem Fuße
war, die Revifton der Platzkonti nicht ftattgefunden Kat, und
äch konnte auch annehmen, daß jene Aenderung, die ich wohl
angeordnet batte, die aber von mir nicht durchgeführt wurde,
auch vom Hauptbuchhalter zur Mittheilung des Verwaltungs
rathes gebracht werden wird.
Der Vorfigende verlieft ein den Akten beiliegendes Schrifts
ftüd des Pinanzminifteriums, aus welchem hervorgeht, baf
auf Grundlage einer Allerhöchiten Ermächtigung die früher er
mwähnte Forderung ber Kreditanftalt an die Finanzverwaltung
zur Ordnung angewiefen wurde.
Staatsanwalt (zum Zeugen): Sind Ihnen auch
andere Fälle bekannt, welche in ähnlicher Weife zwifchen Fi
nanzminiiterium und Kreditanitalt abgethban worden find, wie
hier die Aufbefjerung bei dem Nationalanlehen und Grundents
Jajtungs-Obligationen?
Zeuge: Nein, es ift mir fein anderer Fall befannt.
Richter weift auf die bereits früher beiprochene Trans⸗
aftion bin, welche von ihm mit dem Finanzminiſter Bruck hins
fichtlich des Haltens der Kurfe der jungen Bahnen vereinbart
wurde umd nachträglich die Genehmigung ded VBerwaltungss
rathes erlangt hat. Zeuge beitätigt dieſen Unftand.
Der Staatsanwalt findet einen großen Unterfchied zwis
schen diefer Transaktion mit den Bahnen und der bier in Rebe
ſtehenden, da es fich hier um eine Herabfeßung des wirklich
gezahlten Einfaufspreifes der Orundentlajtungs-Obligationen
und eine Aufbeſſerung über den wirklichen Verfaufspreis des
Nationalanlehens handelt, und fragt Zeugen, ob eine derartige
Transaktion bei der Kreditanitalt bereits vorgekommen wäre.
Zeuge, Ich kann nicht annehmen, daß Herr Richter
der Sinanzverwaltung ein Gefchent aus dem Sädel der Kres
Öitanftalt machen wollte, \onden ih muß aAmiten, taß bei
364
Aenderung auf fich genommen, Durch feine eigene Anordnung
en den Buchhalter, der ihm Folge leiften mußte. Nach meiner
Anficht hätte er die Meinung bed Verwaltungsrathes im vors
ans einholen follen; aber ich glaube, baß er bei ben vielen
Geſchäften nicht daran gedacht habe. Daß eine Abficht ber
Berheimlichung vorliegt, glaube ich nicht.
Staatsanwalt: Warum follte die-Revifion eine ganz
befondere Gelegenheit bieten, eine ſolche Transaktion zur
Kenntniß des Komites zu bringen?
Zeuge: Ich denke, dag bei Gelegenheit der Prüfung
diefes Kontos und bei der Natur besjelben er auch Gelegenheit
hatte, die betreffende Aufklärung zu geben. Ich halte das .
Komite ald die geeignetfte Veranlaſſung zu dieſen Mitthei⸗
lungen.
Richter: Ich erlaube mir vor Allem die Bitte, von Herrn
Goldſchmidt beſtätigen zu laſſen, daß die Direktion vermöge
Verwaltungsrathsbeſchluſſes vom vorigen Jahre gar nicht in
der Lage war, Grundentlaſtungen Taufen zu dürfen. Her
Goldfhmidt wird weiter beftätigen, daß ich in meiner Eigen
Schaft als Direktor berechtigt war, Anordnungen betreffs der
Verbuchung zu treffen. (Wird vom Zeugen beftätigt.) Ich wie:
derhole dabei nochmals, daß die Anvrönungen unter Haftung
des Binanzminifteriums gefchehen find. Ich habe der Staats
verwaltung nichts ſchenken dürfen. Ich habe wohl den Willen,
ja die Pflicht gehabt, den Verlujt des Aerars fo viel als moͤg⸗
lich aufzubeſſern. Hingegen im Namen der Kreditanftalt ver
fchenten, das Hieße meine Stellung geführben, und fo weit reicht
mein Patriotismus nicht, obwohl ich immer gern bazır beige:
tragen habe, wo fich für den Staat etwas erfparen ließ. Ich
habe die Vorlage deßhalb für das Revifionskfomite aufbewahrt,
weil die Mitglieder desſelben tüchtige Gefchäftsleute find, und
an biefen hat der Verwaltungsrath gerade keinen Ueberfluß.
Ueber die Zeit, wann ich eine folche Mittheilung zu machen
habe, bejteht feine Vorſchrift.
Zeuge: Herr Direktor Richter hat vollflommen freie
Hand.
Dr. Berger: Wenn Sie in die Kenntniß gefommen
wären, baß der Kurs der Papiere nur unter der Vorausſetzung
Herabgeimindert werden fol, dag man der Krebitanftalt den Vers
366
mit dem Aerar bezüglich dieſes Poſtens für die Kreditanftalt
abgeichlofjen?
Zeuge: Darüber muß ich wohl bitten, daß der Verwal
tungsrath entfcheibet, ich kann individuell Feine Bemerkung ab-
geben. Ich glaube aber nicht, daß er das Recht hat, auf eine
ihm noch zuftehbende Vergütung zu verzichten.
Landesgerichtsrath Dufcher: Glauben Sie, daß das
Merar bei dieſer ®elegenheit zu viel befommen hat?
Zeuge: Allerdings.
Eduard Wiener, Großhändler, Berwaltungsrath ber
Krebditanftalt, feinerzeit Mitglied bes betreffenden Reviſions⸗
Tomites, theilt über den Vorgang bei ber Revifion und über
bie erzielten Refultate dasfelbe mit, mas ber frühere Zeuge
ausfagte.
Borfigender: Wäre, bevor noch die Ausgleichung mit
der Staatsverwaltung gefchehen ift, allenfalls noch eine Ge⸗
legenheit über nähere Erörterung dieſes Kontos dageweſen?
Zeuge: Ohne eine fpezielle Veranlafjung wahrlich nicht.
Eine folche ſpezielle Veranlafjung war die vom Landesgerichte
und gewordene Mittheilung..
WVorſitzender: Ift ber Vorgang in der Ordnung ge
weſen, oder hat Herr Richter die Grenzen feiner Wirkjamteit
überfchritten ?
Zeuge: Ich glaube, daß ftrenge genommen der Vorgang
nieht ganz in der Ordnung war. Aber ich muß noch Hinzufügen,
Laß Herr Direktor Richter fehr viele Geſchäfte mit ber Finanz⸗
verwaltung geleitet hat, daß er beim Verwaltungsrathe ein
großes Vertrauen genoffen, und daher auch Gejchäfte, Die ftreng
genommen außer feinem Wirkungskreiſe lagen, vorher vers
handelte und nachher erft zur Genehmigung des Verwaltungs
rathes gebracht hat. Er hat alfo in diejem fpeziellen Falle auch
geglaubt, dazu ermächtigt zu fein.
Richter: Es war dieß ein Kommmiffionsgefchäft und
mithin lag die Angriffnahme desfelben in Händen der Direktion,
ich habe nichts Anderes zu erwiedern, als daß ich hier dasjenige
mittheile, was ich am 12. März mitzutheilen beabfichtigte.
Vorſitzender: Können Sie fich, nachdem Sie Mitglieb
des Derwaltungsrathrs find, darüber ansprechen, daß, wenn
vifton bei: dent Zerealiengefchäfte eine jo bedeutende war, man
denn nicht die Differenzen über das Zerealiengefchäft zur Ver⸗
.anlajjung genommen habe, um die ungebührlichen Aufrech⸗
nungen berabzumindern. Richter verwahrt ſich mit erregter
Stimme dagegen, daß er von bedeutendem Gewinn bei der
Provifion gejprochen habe, er müßte das mit Unrecht gefagte
Wort „bedeutend« widerrufen. Was den Ausdrud „ungebährs
lich« betreffe, fo müſſe er auf das Beſtimmteſte erklären, daß auf
Grundlage ber Bereinbarungen, bie zwifchen dem Finanzminifter,
ihm und Baron Eynatten getroffen wurden, Die Rechnung
geitellt wurde, und daß die Kreditanftalt berechtigt fei, alle
jene Ziffern, welche von ber Kommiſſion beanftändet worden
find, auch von ber Staatsverwaltung zu fordern, und er fel
jeden Augenblick bereit, wenn bie Kreditanftalt es fordert, in
diefer Beziehung für fie einzutreten; mit Ausnahme einiger
einer geringer Poften, die der betreffende Beamte aus Tat
hätte in die Rechnung nicht aufnehmen follen, find alle übrigen
Poſten im Sinne des Mebereintommens aufgeftellt worden.
Dr. Berger: Herr Wiener, Siehaben fih ausgefprochen,
Sie können eine Aufbefferung der Kurfe nicht als Schwan⸗
fung anfehen, fo lange ein Aequivalent dagegen ſteht. Sehen
Sie in den für die Finanzverwaltung angefauften Grundent⸗
Inftung8-Obligationen ein Aequivalent?
Zeuge: Das würde un fo mehr ein Aequivalent gegeben
haben, als dieſe Kursaufbefferung auf demfelben Konto er
fchienen wäre.
Dr. Berger: Der Verwaltungsrath, deſſen Mitglied
Sie find, hat fi) dahin ausgeſprochen, daß, fobald die Natur
der Transaktion und die damit verbundenen Motive befaunt
fein werben, er feine Anfprüche ftellen werde. Meine Frage iſt
nun: wenn Sie bie Transaktion fo annehmen, wie fie ‚Herr
Michter dargelegt, erbliden Sie darin eine Schenkung
von 5 pr. Ct.?
Zeuge: Eine. vollftändige Schenkung erblide ich darin
nicht, denn fonft würden die Orundentlaftungen nicht angekauft
worden fein, um das Ganze auszugleichen.
. Al der Vorſitzende dem Zeugen die Bemerkung nacht,
ob er die Wahrheit feiner Ausfage auch beeiden koͤnne,
erflärt berfelbe, daß er voh Yinyalügen wär, Wider
370
Iſt dieß gefchehen, fe kann ich nur wiederholen, "daß ich das
Ganze als fehr wahrfcheinlich betrachte, da Baron Brud feine
Entjchlüffe raſch faßte und die That rafch auf. die Entfchlüffe
folgen ließ. Es hätte auch gar feinen Sinn gehabt, ſolche Bes
ſchlüſſe, zu fallen, ohne fie auszufühten. . Wenn mn fi
nicht hätte fogleich fichern wollen, fo hätte der ganze Entfchluf
gar Feine Tragweite gehabt. Ich halre alſo aus diefem Grunde
für wahr, daß die Zufage diefer Poft London nicht ſpäter als
am 7. Juli jtattgefunden. Ich babe während ber ganzen Zeit,
wo Baron Brud Finanzminifter war, niemals irgend einen
Grund gehabt, tn eines feiner Worte Zweifel zu ſetzen, ich habe
niemals einen Grund gehabt, anzunehmen, daß er feine hohe
Etellung zu einen perfönlichen Vortheile auszubeuten fähig fei,
noch weniger aber, daß er feine hohe Stellung zum. Nachtheile
bes Etaates mißbrauchen kann. Ich babe daher theild aus
diefer Meberzeugung, theils auch aus fachlichen Gründen nicht
den geringflien Zweifel gehegt, daß ſich die Eache fo verhält,
wie fie dargeftellt wurde. Daß Baron Brud mir die genaue
Summe und den genauen Tag nicht angeben konnte, ftimmt fo
fehr mit feinem großartigen Vorhaben zufammen, ftimmt: fo fehr
zuſammen mit feinem Vorgehen in Treu und Glauben gegen
über einer Anftalt, welche theilweife dafür geichaffen worden
ift, un dem Staate ihren Beiltand, ihre Unterftüßung zu Teiften,
in Fällen, wo bieß dem Etaate dienlich fein würde, baß, wie
gefagt, auch meine Meberzeugung dahin geht, daß ein folcher
Abſchluß mit einem Poſten Wechſel zur Zahlung ber Zwilliche
zu jener Zeit ftattgefunden Habe.
Borjigender: Sind in- Beziehung auf dag Datum
oder Die näheren: Umstände feine weiteren Nachforſchungen
geſchehen?
Zeuge: Ich kann mich in dieſer Beziehung nur auf
meine frühere Ausſage und auf mein Schreiben berufen: . Eine
Unterfuchung der Papiere und Bücher ber Kreditanftale würde
hi diefem Falle eben fo wenig im Berufe des Sinanzminifteriums
gelegen haben, als irgend welcher Ormd bafür gegenüber ber
Kreditanftält beſtand.
Als der Vorfikende dem Zeugen die beiden Konto verlegt
und eine Aufklärung über die am 14. erfolgte Einſtellung-vom
7. verlangt, erklärt derſelbe. Ich werde dann al Suipertäu
372 | \
ich weiß nur, baß Baron Bruck dieſe Thatfache ebenfalls aner⸗
kannt hat. Baron Brud hoffte, daß der Gegenſtand durch
fpätere Fluktuationen fi) von felbft- ausgleichen würde. Als
jedoch durch Eintritt yon Ereigniſſen Gründe entitanden, melde
e8 nicht wünſchenswerth machten, weitere Chancen mit ben
Effekten, welche die Krebitanftalt für Rechnung des Aerars ober
bes Sinanzminifteriums zu halten Auftrag hatte, abzumarten,
fo ermächtigte mich Baron Brud, mit der Krebitanftalt in
Unterhbandlung wegen Austragung zu treten. Das war wahr
feheinlih im März biefes Jahres, und zwar fullte dieſe Aus⸗
tragung bei &elegenheit ber Aufnahme des letzten Anlehens
erfolgen.- Baron Brud, der bei jeder ©elegenheit die Staatds '
interejjen nach Kräften zu fördern trachtete, wollte auch davon
abhängig machen, in wieferne fich Die Kreditanftalt beim neuen
Anlehen betheiligte, ob er diefe Ausgleichung dann gleich vor⸗
nehmen, oder ob er fie noch auf einen weiteren Zeitpunkt hits
ausfchieben werde. Er wollte mit einem Worte hierdurch bie
Ausficht auf Die Ausgleichung diefer Poft die Kreditanftalt da-
bin führen, daß fie fich mit noch anfehnlicheren Summen beim
Anlehen betheilige, als fie ohnehin zu thun geneigt war. Die
Kreditanitalt betheiligte fich auch nicht nur mit einer fehr bebeu-
tenden Summe, fondern legte ohne irgend eine Vergütung jo:
wohl bier als in ihren Filialen Anlehensbogen auf, und be
“ wirkte außer ihrer eigenen Betheiligung mit 7'/, Mil. eine
Subfkription von 2. Mil. In Anbetracht deſſen war Baron
Bruck geneigt, diefen Gegenftand damals zu begleichen. Sein
beklagenswerthes Ende verhinderte ihn die Ausgleichung zu
beendigen. Sobald Se. Erzellenz der gegenwärtige Leiter des
Vinanzminifteriums Kenntniß von allen Umftänden hatte, bie
fich darauf beziehen, erftattete er einen allerunterthänigften Vor:
trag Sr. Mojeftät, und die Eache wurde in Folge kaiſerlicher
Entſchließung geordnet.
° Borfigender: War Baron Brud mit dem ganzen
Stande der Dinge einverftanden, hat er Alles für richtig erfannt,
haben fich feine Bedenken erhoben?
Zenge: Es ergab fich fein Bedenken, er hat nur fein Be-
dauern Darüber ausgefprochen, Daß hohe Forderungen gegen bas
Einanzminifterium vorkommen. Die ganze Operation war offen-
bar im Intereffe des Staates in Hack Titüigen Momenten ent-
374
Brud vorgelegt wurde, er fich bebauerlich über die Höhe biefer
Rechnung geäußert hat, und dem Vertreter der Kreditanftalt
geingt haben mag: Das geht nicht, der. Staat kann Das nicht
Alles tragen; die Krebitanftalt hat fo viele Beguͤnſtigungen ˖ vom
Staate genoffen, es tft Daher ihr Beruf, den -Stant zu unter
fügen. Sie müfjen-. daher einen - Theil. ber - Differenz tragen.
Dieb mag die Veranlaffung dazu gewefen fein, baß eine Aen⸗
derung ber Ziffer des verkauften Nationalanlehens zu. Gunſten
des Staates und zum Nachtheile der Kreditanſtalt ſtattgefunden
haben mag.
Borfigender: SR in dieſer Richtung eine Ausgleichung
von Seite des Finanzminiſteriums gefchehen, ober bürfte dieſes
von der Kreditanftalt zur. Erſatzleiſtung angehalten werben?
Zeuge: Darüber zu antworten, fällt mir ſchwer. Diefer
Gegenſtand iſt Durch gütliches Vergleichen zu Stande gekommen,
ein Vergleich, im welchem von der Kreditanftalt die Papiere zu
bejjereim Kurfe übernommen wurden, als der Tageskurs war.
Die Kreditanftalt hat aus. freiem Antriebe einen Theil des
Berluftes auf fich genommen. Sie hat empfunden, daß es nicht
unbillig war, wenn der Staat von ihr erwartet, daß fie zu
Opfern, welche im öffentlichen Intereffe, dns auch ihr Intereſſe,
gebracht wurden, auch etwas beitrage. Unter dieſen Umſtaͤnden
iſt ſchwer zu ſagen, ob ſie gegenwärtig noch berechtigt wäre,
eine Borderung zu jtellen.
Borfibender: Welcher Meinung find Sie über den
Charakter des Angeflagten Richter, und was können Sie
überhaupt von ihm angeben?
Zeuge: Sch Habe Herrn Richter zuerſt kennen gelernt,
als er zur Verwaltung der Kreditanftalt, zu deren Haupt⸗
Direktor vorgefchlagen wurbe. Ich habe früher feinen Namen
ausfchließlich als Mitglied der Prager Handelskammer gehört, -
und ich habe auch im Finanzminijterium eine fehr günjtige .
Meinung über ihn ausfprechen gehört.
Als Herr Richter diefen Poſten mit einem fehr hoben
Gehalte übernahm, fand ich ihn in einigen Stüden mehr, in
anderen weniger für diefe Stelle geeignet. Der Vertrauungs⸗
punkt ift erledigt Durch die Art, wie Herr Richter vorgefchlagen
wurde, und den Ruf, ben er gehabt. Es gab Fächer, die ihm
bis dahin ganz fremb geweien. Während ter Dover (einer
e
376
weiter noch nöthig waren, am Leben zu erhalten. Dies iR
geſchehen durch Kombinationen, welche gewiß Die erfindunge
reichften waren, Die e8 je gegeben, und der Ausdruck derfelben
war das von der Kreditanftalt getroffene Lotterieanlehen. Es
war feine Feine Aufgabe, die verfchiedenen Unternehmungen,
welche durch dieſe Operation gerettet wurden, in’8 Einvernehmen
zu feten und die Sache fo zu ordnen, daß die Kreditanftalt für
ſie auftreten konnte, ohne fich ſelbſt zu gefährden. Herr Ride
„ter bat fich bei diefer fohwierigen und mühfnmen Operation
fo bewährt, daß Dadurch mein Vertrauen in feine Tüchtigfeit
erhöht wurde. Al nun die unglüdliche Wendung im Sabre
1859 eintrat, war ich zwar ben eriten Theil, des Jahres nicht
anwejend, allein ich hörte doch, daß beſchloſſen worden war,
die Lieferung für Die Armee der Kreditanftalt zu übergeben,
eine Operation, Die ebenfalls fehr große Schwierigkeiten bass
bieten mußte, iR einen Momente, wo es fich darum handelte,
folche Maſſen auf einmal aufzugreifen, in einem Momente, wo
das Vertrauen fo erfchüttert war, daß das Silber von 101 auf
145 jtieg, was auf ben natürlichen Werth einer jeden Waare
und eines jeden Produktes einen großen Einfluß Außern mußte,
befonders wenn es fich darum handelte, ſolche Maſſen von
Getreide in der vorgefchriebenen Zeit aufzutreiben. Als ich im
Auslande erfuhr, daB die Kreditanftalt mit dieſer Operation
betraut worden jei, war ich der Anficht, daß ein heilfamerer
Entſchluß wohl nicht hätte ergriffen werden können, denn bie
Kreditanitalt hat nicht allein durch ihre ftarfen Kapitalien Geld-
mittel vorräthig, fondern auch durch ihre Filiale an Plätzen, wo
Getreide jich fonzentriste, die ©elegenheit das Beite zu thun,
was jich unter jolchen Verhältnijfen thun lieg. Es ift eine aller
böchite Entjchließung geweſen, day das Geſchäft nicht auf ge
wöhnlichem Wege, jondern auf vertraulichen betrieben werben
fol; daher muß e8 auch von diefem Standpunfte aus beurtheilt
werden. sch babe fpäter die Berechnung uud die Beanftändis
gung, welche feitens des ArmeesÖberfommandog ftattgefunden,
gefehen, und nach Allem, was vorgelegt wurde, bleibe ich der
Anſicht, daß die Krebitanftalt in doppelter Beziehung dem
Etaate genübt: in Beziehung auf die Finanzen und in Bezie⸗
hung auf bie Bevölferung, welche ficher wejentlich höhere
Preife für ihren Brot- und Koͤrnerbedoxk hätten ipfen willen,
3783
was auch Herr Baron Brentano beſtaͤtigt, daß Se. Erzelleriz
- der Finanzminiſter feine Aufträge mir in' der Regel mündlich
eriheilte. Was den Termin des Anlehens- Betrifft, fo habe ich
vor der Zeit an gerechnet, «ld mir es bekannt wurde, ich wußte
nicht, daß es vor Jahresſchluß jchon beſchloſſen hewefen iſt.
Staatsanwallt: Ich bitte, ſo weit ed möglich iſt, die
Worte anzugeben, die Baron Bruck damals geſprochen hat,
wie er feine Einflußnahme auf den Einfauf der Devifen dem
Harn Minüfterialrathe mitgetheilt hat.
Zeuge: Der Sinn war ungefähr folgender: bie Sache
iſt in der Weſenheit richtig, wir muͤſſen fie anstragen.
Staatsanwalt: Bezüglich der Uebernahme der Nas
tionalanlehen und der ungariſchen Grundentlaſtungen möchte
ich Die. Auftklaͤrung haben, ob nicht die Uebernahme zu einem
Kurſe eines künftigen Tages mit der Kreditanſtalt vereinbart
worden iſt.
Zeuge: Man hat getrachtet einen möglich hoͤheren
Kurs anzurechnen als den Tageskurs ,‚ um den Verluſt des
Staates zu vermindern.
Staatsanwalt: Her Pinifterialratb haben eine
Schriftliche Eingabe gemacht, welche auch vorgelefen worben ift.
Ich erfuche, wenn wirklich faktifche Unrichtigfeiten in der Ans
flage vorkommen, die einzelnen Punkte anzugeben.
Zeuge: Ein Punkt, der mich perfönlich berührt, und _
den ich auch in meinem Schreiben erwähnt habe, ift folgender.
In der Anklage heißt es: »Die Prüfung dieſer Rechnung bes
fiehbt nach den eitlichen Ausfagen dest. k. Dlinifterialrathes
Freiherrn von Brentano, Referenten in dieſer Angelegenheit,
in Folgendem: Baron Bruck habe ihm, der von der Sache
feine Kenntniß hatte, die Aufflärung gegeben, er habe, als
bezüglich der Valuta zum Zwilchgeichäfte fein Rath erbeten
wurbe, fich dafür ausgefprochen, daß für einen Theil bes vor⸗
ausfichtlichen Kaufpreiſes Wechfel auf das Ausland im Voraus
angefchafft werden follen. Nachdem auch noch der Kurs jenes
Tages, an welchem die Belajtung der Rechnung in der Kredit-
anitalt jtattfand, angeſehen und richtig befunden wurde, wurde
auch. die Forderung für begründet gehalten.« Ich habe bas
nieht Im Einklange mit meiner Aeußerung gehalten, daher habe
es im Schreiben erwähnt.
380
Monate mit der alten Klage sugebracht, bie Verteidigung
babe nichts zu fürchten.
Vorſitzender: Der Beſchluß bes Gerichtshofes iſt dahin
ausgefallen, daß in Bezug anf das nen vorgefommene Faktum
wegen des Konto bes Finanzminifteriums dieſer Gegenftand
auch in die Schlußverhandlung einzubeziehen fei, mit Rüdficht
auf F. 251 der St.-P.-O. und der 66. 197 und 201 a bed
St.⸗G.⸗B., durch Verfaffung eines falfchen Konto zum Nach⸗
theile der Kreditanftalt in einem 300 fl. überfteigenden Betrage.
Es werden auch die nöthigen Verfügungen getroffen, damit
bie Repräfentanten der Kreditanftalt vorgeladen werben.
Here Alerander Schöller, Verwaltungsrath ber Krebit-
anjtalt und Mitglied des zur Prüfung ber Bilanz beftellten
Revifionsfomites, ftimmt in feinen Angaben bezüglich der fals
tischen Vorgänge bei der Revifion mit denen feiner Kollegen
überein. Er bemerkt weiter: „Mas die Stornirung der Poſten
anbelangt, ſo kann entweder nur eine Kompenfation oder eine
vorläufige Transaktion mit dem Finanzminiſter beftanden
haben; den Vorgang mit der Buchung betrachte ich nur als
einen proviferifchen, die Genehmigung bat von und abgehangen.
Nach meiner perfönlichen relativen Weberzeugung konnte durch
eine folche Verbuchung der Anftalt ein Nachtheil nicht erwachſen,
weil Diefe Eintragung dem DBerwaltungsrathe, welchem die
Entſcheidung anheimfiel, bekannt gegeben werden mußte. Ich
fenne Herr Richter feit einer Reihe von Jahren, feit dem
Jahre 1846 oder 1847, war einer feiner Kreditoren zur Zeit,
als er dad Unglüd Hatte, feine Zahlungen verfchieben zu
müflen; ich habe ihm damals einen Nachlaß bewilligt, er hat
ihn jedoch nicht angenommen und Kapital und Zinfen prompt
bezahlt.« Dadurch auf Richter aufmerkfam gemacht, babe er
ihn im Laufe der Zeit wegen feiner Intelligenz und Thätigfeit
immer mehr achten und ſchätzen gelernt und fich unter Den»
jenigen befunden, Die feine Annahme als Direktor der Krebits
anftalt zumeiſt befürworteten. Zeuge fchließt nut den Worten:
»Ich Babe fpäter auch feine Gelegenheit gehabt, bas Vertrauen
erichüttert zu fehen, bis die Anklage gekommen ift, die und
Alle in Schreien verfeßt hat.“ — Auf Befragen bes Ver⸗
theidigers betätigt der Zeuge, dat auf dem tobten Konto der
Nationalanlehen man auf den erten TÜR tie Aotkaeiuiie
381
Stornirung und die Umfchreibung der Kurſe bemerken mußte.
Bezüglich der zur Sprache gebrachten Gehalts⸗ und Tantisnien-
frage beitätigt Zeuge auf Erinnerung des Richter, daß dieſer
felbft e8 war, ber ſowohl auf die Verminderung des Gehaltes
als auch der Tantieme hinarbeitete.
Na ihn erfchien der erfte Sachverftändige Joſef Maria
9. Miller. Derfelbe ift 64 Jahre alt, Kaufmann bier. Er fagt:
Ich bin als Sacverjtändiger im Buchfache im Laufe der Vor⸗
unterfuchung von Seiten des Kandesgerichtsrathes Hietzinger
beeibigt worden. Weber die von dem Vorfikenden ihm vorge»
Tegten Konti über das Devifengefchäft erflärt er: Ich finde
auf einem biefer Konti unter der Weberjchrift » Zwilchworfchuß-
fonto« einen Betrag von 20,000 Pfund Sterling in Empfang
genommen am 14. Juli zum Kurfe von 41, und in einer
kleinen Rubrif die Bezeichnung »7. Julie beigefeßt. Hieraus
geht hervor, daß biefe 20,000 Pfund Sterling am 14. Juli
verbucht wurden, und daß vielleicht bie Verrechnung am 7. Jull
ftattgefunden bat. Es zeigt mir dieß eben, daß hierbei die Bes
rechnung mit dem Kurfe vom 7. Inli geichab. Eine gemöhn-
liche Art der Eintragung ift das nicht, benn es ift etwas Ipäter
verbucht worden:
Vorſ itzender: Wiſſen Sie unter Ihrem Eide, daß ſolche
Fälle, wo ein Geſchäft früher gemacht und erſt einige Tage
Später verbucht wird, vortommen?
Zeuge: Ja.
Rückſichtlich des zweiten Konto, wo die dem Richter ab⸗
gefauften 12,000 L. verzeichnet erfcheinen, bemerkt der Sach⸗
verftändige: Mir fcheint, diefe 12,000 8. hängen zufammten
mit der Boft von 20,000 L.; ich fchöpfe aus dieſer Art dev
Aufftellung die Anflcht, dag dieſe 20,000 8. nicht aus Einer
Partie verkauft worden find. Mit der hier ebenfalls vorkom⸗
menden Bezeichnung »7. Juli“ bat es biefelbe Bewandtniß
wie mit den 20,000 8. Wir haben eine folche nachträgliche.
Eintragung auch bei anderen Gegenftänden; ber Unterfchied
in der Zeit ' beträgt gewöhnlich zwei ober drei Tage feit dem
Abſchluſſe des Geſchäftes. Befondere - Fälle ausgenoumen,
halte ich für orbnungsmäßig, die Buchung an bemfelbeu Tage
zu veranlaffen. Ald Grund biefer Borkommnig könnte ich ans
geben, daß Herr Richter ein volltommenes Bertranen Ta VE
382
Geſchäften genoſſen Haben wird, welche. er für die Staat
verwaltung vorgenommen hat. Die Hebesnahme der Deviſen
auf Rechnung des Zwilchvorſchußkonto fcheint ſchon am 7. Zuli
geichehen zu fein. Im gewöhnlichen Gefchäftsverfehre wird
eine ſolche Uebernahme fogleich angezeigt. Ich kann dabei nur
wiederholen, daß ich mir feine andere Anfchauung habe machen
fönnen, als die, daß Herr Richter befondere Vollmachten
haben mußte, um dieſe Ordnung einzuhalten. Vielleicht hatte
er mündliche Aufträge. Der Staatsanwalt ftellt an den Zeugen
die Frage, die Sachverftändigen hätte. bei Dur:hficht des Buches
Hefunden, daß Briefe nicht ganz in Ordnung geweſen, einer
habe keine Unterfchrift, einer Fein Datum ꝛc., es wäre dieß mit
einer ordentlichen Buchführung nicht vereinbar. Ift, wenn bei
irgend einer Buchführung etwas fehlerhaft, bloß der Schluß
zuläflig, es müſſe eine außerordentliche Vollmacht fein, oder
man ift unordentlich oder man ift vielleicht auch nicht ganz
rechtlich zu Werke gegangen? -
Nachdem der Zeuge erklärt, es ftehe ihm nicht zu, eine
folche Eiliche Srage zu beantworten, und ihm noch mehrere
Tragen von dem Staatsanwalt vorgelegt werben, verlangt
Leßterer, daß den Zeugen früher fchriftlich die Sragen übergeben
werden nnd fie nur zur Beantwortung ber ragen einzeln vor-
gerufen werden würden. Dr. Berger erklärt, er könne augens
blilicd) feinen Entjchluß darüber abgeben, fo lange er nicht bie
Tragen Fenne. Der Staatsanwalt will von ber Vernehmung
Diefes Zeugen ganz abfteben, Da noch andere Zeugen zugegen
feien. Tr. Berger aber replizirt, e8 feien in derBorunterfuchung
die Herten Müller und Mayerhofer über biefe Devifens
angelegenheit befragt worden, er könne daher nicht zugeben, daß
noch andere Zeugen in biefen Gegenſtand eingeweiht wäürben.
Ter Gerichtshof zieht fich zurüd und erklärt beim Wieder
erfcheinen, daß auf den Antrag des Staatsanwalts nicht einges
gangen werden könne, und beftellt den Zeugen auf morgen um
9 Uhr. Die Sikung schließt um 3 Uhr.
Die Verhandlung beginnt um 9'/, Uhr. Der bereite
in der früheren Sitzung theilweiſe vernommene Buchverftändige
Joſef v. Miller äußert über die: Srage bes Vorſitzenden, mas
man unter todtem Konto zu verjiehen habe, er habe dieſes Konto
in feiner Braris nicht geführt, und Rihter aut die Aulkläs
384
gelte Korrefpondenz, er einer jeden Beurtheilung fich enthalte
und dieß allein dem Gerichtshofe überlaffen müſſe. Nur das
tönne er beitimmt angeben, daß der vorgefundene Brief mit
ber Ueberfchrift: an dad Zwilch-Deviſenkonto, keineswegs für
das Armee⸗Oberkommando, fondern für diebetreffende Gefchäfts-
abtheilung der Kreditanftalt, und zwar zum Zwede der Buchung
beftimmt fein müſſe.
Herr Dutſchka, feit dem 1. Auguft 1859 Direktor der
Kreditanftalt, bat von. den näheren Detail der vom Herm
Direktor Richter mit dem Aerar abgefchloffenen Gefchäfte
feine Kenntniß. Es wird ihm das Konto des Finänzminifteriums
aus den Büchern der Kreditanftalt vorgewieſen, und er gibt in
diefer Richtung diefelbe Aufflärung, wie fie bereit3 von Ric
ter felbft und vom Herrn Direktor Schiff ertheilt wurbe.
Vorſitzender: Ift Ihnen von einer fogenannten Auf
befferung bei biefer Verrechnung mit dem Finanzminifterium
etwas befannt gegeben worden?
Zeuge: Nein, erit dann, als fich durch die Unterfuchung
des hiefigen Kandesgerichtes eine folche Aufbefferung heraus:
geftellt Hat, habe ich Davon Kenntniß erhalten.
Vorſitzender: Iſt nach den Statuten Herr Richter
als Hauptdirektor i in der Lage geweſen, die Verfügung zu treffen,
daß eine ſolche Aufbeſſerung in das Konto eiugeführt werde?
Zeuge: Darüber hat der Verwaltungsrath zu entſcheiden.
Es iſt übrigens feine Zeit beſtimmt, binnen welcher Friſt dem
Verwaltungsrathe die Anzeige zu machen fei. Er konnte ſelbſt⸗
ftändig vorgehen und fpäter die Anzeige machen. Solche Fälle
find öfters vorgefoinmen. — Der Zeuge äußert fich ferner das
bin, daß er nicht im ©eringiten daran zweifle, daß, wenn
Richter die Motive angeführt hätte, die ihn zur Aufbeſſerung
bewogen, ber Berwaltungsrath feine Zuftimmung Dazu gegeben
hätte, bejonders da er perfönlich Feinen Vortheil von dieſer Aufs
. befferung hatte. Der Zeuge erklärt, das Haupt?onto fei bie
Zufammenftellung des Separat- und Apertlontos. Bei genauer
Eingehung in die Details Hätte man alfogleich die Aufbefferung
herausfinden muͤſſen. Auch diefer Zeuge Außert fich hoͤchſt günftig
über den Charakter und die Sefchäftsgebarung Richter's und
erklärt, daß er, ald Richter verhaftet war, zu Diefem gekommen
fei, um über bie Gefchäfte überhaupt zu Iprechen, und daß ihm
386
diefe Transaktion vorgenommen worben wäre, und Richter bie
Hoffnung der Genehmigung Hatte, in den Buchungen, die er
vornehmen ließ, eine Faͤlſchung erkennen?
Zeuge: Durchaus nicht. Die Buchung war Har und.
deutlich; jeder, der die Konti im Detail prüfte, mußte die Trans»
aktion herausfinden.
Dr. Berger: Können Sie beirdem befannten Charafter
Richter's annehmen, daß er bei diefer Transaktion für bie
Finanzverwaltung. die Abficht haben konnte, der Kreditanftalt
einen Schaden zuzufligen?
Zeuge: Ich kann das unmöglich annehmen, und felbft
wenn ich den Charakter des Herrn Richter nicht näher kennen
würde, müßte ich zuerſt Tragen, welchen Vortheil er daraus ge
habt, und welche Nothwendigkeit vorgelegen.
Richter: Ich wollte den Herrn Direktor Dutſchka fra
gen, wie thener die Kreditanftalt Die Grundentlaftungs-Obligas
tionen vom Sinanzminifterium übernommen hat.
« Zeuge: Ich glaube 73 oder 73%.
Richter: In diefem Kurs von 73’/, liegt fhen das
Mittel für die Finanzverwaltung, der Kreditanftalt die Aufs
beſſerung von 70,000 fl. zurüdzuerftatten.
Staatsanwalt: Es wurde von todten Konti gefprochen.
Befteht eine Anordnung dafür, daß das Reviſtonskomité bie
todten Konti näher prüft als die übrigen?
Zeuge: Es jteht dem Komite frei, jedes Konto zu prüfen;
eine beftimmte Anordnung beiteht nicht.
Staatsanwalt: Weſſen Aufgabe iſt, nach der Anficht
des Herrn Direktors, die innere Prüfung der Konti? Wer muß,
da das Reviſionskomité das Innere nicht prüft, im Laufe bes
Jahres dieß thun?
Zeuge: Eine ſolche Prüfung findet eigentlich nicht ftett,
nachdem die Ziffer als richtig vorausgeſetzt wird. Es ift bei ber
doppelten Buchhaltung bie Kontrole in fich ſelbſt. Wenn aber
ein fpezieller Fall da wäre, müßte Jemand damit beauftragt
werden. Uebrigens wurden alle vierzehn Tage die Saldi eben
jo qualitativ geprüft, wie e8 das Revifionsfomite am Schluß
des Jahres macht. Aber fonft war feine Kontrole vorgefchriehen,
und war nach meiner Dleinung auch nicht nöthig.-
Landesgerichtsrath Bettler: Her Direltar haben
388
Dr. jur. Stanz Karl Meyerhofer, Kaufmann, bereits
in der Borunterfuchung beeidet, Sachverftändiger, bemerkt: Er
müffe ſich in feiner Ausfage etwas weitläufiger faſſen, weil das
Schriftliche Gutachten von Seite des Herrn Staatsanwaltö be⸗
mängelt wurde. Der Staatsanwalt habe ſich den Sachver⸗
ftändigen gegenüber geäußert: Ihr Gutachten fei ein Rechts⸗
guiachten, zu beffen Abgabe fie nicht berechtigt feien. Aus den
von ihnen aufgeftellten Prämiffen feien nicht Die dort
geführten Schlüffe zu ziehen. Es fehe fait fo aus, als wenn
fie einen Betrug entichuldigen wollten.
Staatsanwalt: Das ijt nicht richtig.
Sadverftändiger: Ich erinnere mich genau, Ste haben
und noch ein Beifpiel darüber gebracht. Sie fagten: „Es jehe
gerade fo aus, ald wenn ein Diener feinen Herrn benachthei⸗
ligt, und wir ihn entſchuldigen wollten.“
Ueber Aufforderung des Vorſitzender ſich auf den Ge
genftand felber einzulaifen, gibt der Zeuge fein Ontachten
dahin ab, Daß die Sachverjtändigen ihre Entſcheidung nit
nach dem vorliegenden Einzelfalle, fondern im Zufammenhange
mit der ganzen Sefchäftsgebarung zwifchen dem Armee-Öber:
kommando und der Kreditanftalt abgegeben hätten. Hier drängte.
fich ihnen Die Veberzeugung auf, Daß, weil feine fehriftlichen
Aufträge vorliegen, weil ihnen vielmehr gefagt wurde, daß alle
Aufträge mündlich erfolgten, weil die Rechnung nicht am Tage
gebucht wurde, Herr Richter von beiden Seiten ein großes
Vertrauen genof, und ſich wie ein Disponent in einem eigenen
Sefchäfte darftellte. Sie haben daher ihr Gutachten dahin ab
gegeben, es ſei „höchſt wahrſcheinlichs, dag er die angefauften
20,000 Pf. St. um die von ihm angegebene Zeit zu dem Ge
fhäfte mit dein Zwilche beftimmt babe. Diefe Anfchauung
hätten fie nach beftem Willen und Gewiſſen ausgefprochen. Au
er findet, daß die Zinfenberechnung vom 7. Juli laufe, erklärt
es aber als allgemeinen Grundſatz, daß ſolche Geſchäfte am
Tage des Abſchluſſes eingebucht werden. Was die vorgefundenen
Briefe anbelangt, ſo ſei es möglich, daß ſie bloß zum Zwecke
der Verbuchung geſchrieben wurden. Wenn aber das Geſchäft
am 7. Juli geſchloſſen wurde, ſo begreife er nicht, warum es
erſt am 14. Juli verbucht wurde; hier müſſe ein ſpezieller
Grund vorliegen. Regelmäßig hätte die Verbuchung am 7.
3
Sachverſtändiger: Der betreffende Buchhalter härte
jedenfalls den Mangel bemerken follen. Hat er es abſichtlich
nicht gethan, fo war es ein Verfchulden von ihm.
Staatsanwalt: Erfordert eine ordentliche Korreſpon⸗
denzführung, Daß der Auftraggeber über den Vollzug des Ger.
Schäftes mit Angabe der Summe und des Kurſes verjtändigt
werde? |
Zeuge: Ia, entweder an bemfelben oder langſtens am
nächitfolgenden Tage.
Staatsanwalt: Verträgt es ſich mit der ordentlichen
Buchführung eines Sefchäftsheren,“ ber am 4. November 1'/,
Millionen in ungarifchen Grundentlaftungs-Öbligationen vers
fauft hatte, dieſes Gefchäft, worüber Fein fchriftlicher Auftrag
vorhanden und fein Tablean eingetragen tft, erſt am folgen
den 31. Dezember zu verrechnen und zu verbuchen?
Sachverſtändiger: So wie die Frage geftellt if, Tann
ich nicht begreifen, wie Die Buchung erſt fo Spät ftattgefunden hat.
Staatsanwalt: Wie groß beziffert fich der der Kreditan⸗
ftalt erwachfene Schaden unter der Vorausfeßung, daß die
1,400.000 fl. Rationalanlehen nicht zum Kurfe von 75, fon
dern von 72, dann 1,500.000 fl. in ungarischen Grundent⸗
Yaftungs-Obligationen nicht am 4. November, fondern erſt an
dein Tage, an welchem ber Tageskurs auf 73 ftand, zum
Kurfe von 68°/, überlafjen worden waren?
Sachverjtändiger: Sch werde die Rechnung vornehmen
und das Reſultat derfelben dem hohen Gerichtshofe überreichen.
Richter: In Bezug auf die Buchführung gibt es zwar
gewifle allgemeine Orundfäte, allein die Kreditanftalt ift ein
fo mächtiges Inſtitut, und hat ein fo koloſſales Geſchäft, daß
man bei diefer von den allgemeinen Grundfäßen manchmal
Umgang nehmen muß.
Dr. Berger (zum Sachverftändigen): Wenn Die Kredit:
anitalt nicht der Kommiffionär des Militär-Aerars war, fondern
unmittelbar mit demfelben einen Schluß über 20,000 Pfund
London gemacht hätte, würden Sie da Ihr abgegebenes Gut:
achten ändern?
Sachverſtändiger: Nein.
Dr. Berger: Herr Richter, nicht ald Repräfentant ber
FKreditanftalt, fondern als Herr Richker, dok ver Krebitauftalt
392
ber von den Buchverftändigen gemachten Auszüge Die Richtig:
feit berfelben, erklärt, daß die Bücher in vollkommener Orb»
nung geführt worden, und Daß von dem Deviſengeſchaͤfte nichts
darin enthalten geweſen ſei.
Einen Ausſpruch über den Kursverluſt, den Richter bei
den Deviſen erlitten haben ſoll, habe man nicht machen koͤn⸗
nen, weil ſich der auf das Zwilchlieferungskonto bezieht, in den
Büchern des Herrn Richter aber kein ſolcher aufzufinden
geweſen.
Richter: Ich glaube, daß dieß ein Irrthum war, der
von dem Herrn Unterſuchungsrichter ausgegangen iſt, denn man
habe vorausgeſetzt, ich requirire einen Deviſenverluſt vom
Staate.
Hierauf wird dem Sachverſtändigen das von ihm und ſei⸗
nen Kollegen abgegebene Gutachten vorgele ſen. Dieſes weit⸗
läufige Operat wurde durch nachträgliche Erläuterung zum
Theil berechtigt, und wird zum Theil durch die von Richter
gemachten Vorlagen noch zur Befprechung gelangen.
Nach der Verlefung dieſes Gutachtens bittet Richter um
das Wort.
Richter: Ich wollte bloß den hoben Gerichtshof bitten,
die Prager Herren Buchveritändigen erheben zu laſſen, 1) wie
groß die Kottonlieferung an mein Prager Geſchäft bis zum
18. September wurde. 2) Wie viel an mein ®efchäft laut
ihres eigenen Ausweiſes der Stüdzahl nach bis zum 31. Des
zember abgeliefert worden iſt, daß endlich jene Vorlagen, melde
ich über den Gewinn bei meinem Stoffgefhäft gemacht habe,
den Prager Herren Sachverftändigen, weil ſie am beſten geeig⸗
net ſind uͤber den Gegenſtand ſich zu äußern, zur Prüfung vors
gelegt werden. Was meine Vorlagen über den Gewinn bei der
Garnerzeugung betrifft, fo iſt Herr Jellinek allein Fachmann
und ich würde bitten, ihm zur Beurtheilung dieſer Vorlagen
einen der Wiener Sachverſtändigen, der ſich ebenfalls auf Garn⸗
erzeugung verſteht, beizugeben.
Der Staatsanwalt erklärt, daß er gegen dieſe von
Richter vorgeſchlagene Prüfung nichts einzuwenden.habe, nur
verlange er, daß die Sachverjtändigen in bie Nichtigkeit jeder
einzelnen von Richter vorgebrachten Poſt eingehen ſollen. Er
. finde e8 auch begründet, daß der Herr Sellinet den Wiener
I
394
Krebitanitalt auf die Aufforderung des Landesgerichtes die
Antwort, ddo. 30. November, dahin erfolgt ſei, daß fich der Vers
waltungsrath diefem Strafverfahren nicht anfchließe, und daher
auch keinen Vertreter zur Geltendmachung der Erfabanfprüde
hieherfende.
Der bereitd geftern vorgenommene Sachverjtändige Sellis
net wird wieder vorgerufen. Der Vorſitzende bringt aus den
Unterfuchungsaften eine Antwort des Angeklagten Richter zur
Kenntniß, dag ihm durch die Verwendung von 18ers Schußgarn
gegen die Anwendung von Schußgarn Nr. 20 mit Rüdjicht
auf die dabei angeordnete Manipulation fein Vortheil erwachien
jei, da beider Anwendung des 18er= Garns ein größeres Sanı-
quantum zur Erzeugung nötbig wurde, als wenn 20er verwens
bet worden wäre.
Der Vorfigende fährt nun fort in der Verlejung des von
den Prager Kunftverftändigen abgegebenen Gutachtens.
Richter bemerkt, daß die Prager Sachverjtändigen als
Provijion für die Kreditanitalt '/, pr. Et. angenommen haben,
wihrend dem er eine vierperzentige Provifion, und mithin einen
Betrag von 36,000 fl. an die Kreditanitalt zu bezahlen hatte.
Wenn nın auch die von den Sadverftändigen aufgeitellte Ge⸗
winnziffer von 78,000 fl. agnoszirt wird, jo müßte jedenfalls
diefer Provifionsbetrag per 36,000 fl. davon in Abzug gebradt
werden. Werde weiters der Berlujt am Ellenmaße, wie er ihn
bei der Ablieferung an die Monturskommiſſion zu erleiden hatte,
endlich der Zinfenverluft ſowohl für die fogleich erfolgte Aus—
zahlung der fälligen Beträge als für die rüditändigen 49,000f.
und fchlieglich die Oeneralunfojten im Betrage von mindeitend
5000 fl., fo wie zulegt eine Poſt von 1600 fl. für Verluſte bei
Ausſchüſſen und zurücgebliebenen Waaren abgezogen, dann
würde fich jein Gewinn auf nicht mehr als 22— 24000 fl.
beziffern.
Der Sachverftändige Herr, Sellinef erkennt an, daß,
wenn Richter für den Betrag von 90,000 fl. an die Kredit:
anitalt vier pr. Et. Proviſion zu bezahlen hatte, diefe Provifion
36,000 fl. tbatfächlich betragen würde.
Dr. Berger findet, daß die vierprogentige Proviſion durch
die beſchworene Zeugenausfage der. Herren Hornboſtel, Schiff
und Dr: Breitl feitgeltellt jet und (vo mit der Aeußerung ber
396
Der Staatsanwalt findet in feiner Erwiderung noch eine an
die Sachverftändigen zu richtende Frage aufzuftellen: » Welches
find im Allgemeinen die Koſten der Bleiche, die Koften der
Halbbleiche, und welches mögen die Koiten der Appretur. jein,
welche Richter feinen Stoffen gegeben hat?«
Ueber die weitere Berlefung des Outachtens, welches vors
züglich der Erwägung des Preifes der Devifen und feines
Gewinnes als Spinnerlohn gewidmet ift, bemerkt Richter:
Ich Habe eine Vorlage gemacht, daß, wenn ich anderes Garn
als für ärarifche Zwecke gearbeitet hätte, ich mehr verdient
haben mürde; mein Gewinn bat fih bei 100 Pfund auf
25. 75 Er. geftellt. Ich habe durch die vorherige Verforgung
der Devifen aus dem fpäteren Ballen derfelben keinen Bortheil
‚gezogen; anders wäre ed geweſen, wenn ich, wie gejagt, meinen
Bedarf an Devifen gar nicht gebedt, gefchwindelt hätte und
blind an das Geſchäft gegangen wäre, da hätte ich, wie bie
Verhältniſſe gekommen find, 60,000 fl. mehr verdienen können.
Nichter erklärt ferner, daß es den ficherften Anhaltspunkt gebe,
wenn man die Baummollpreis-Beitimmungen der Wiener Hans
delskammer zur ©rundlage der Berechnung nehmen möchte,
woraus fich ergebe, daß er noch um '/, fl. billiger geliefert, als
damals die Wiener Preife waren. Er lege übrigens auf die
Unterfuchung des Garngewinnes feinen Werth, denn er habe,
bevor er das Geſchäft mit dem Aerar gemacht, geiponnen,
ja er fpinne noch heute, und erkläre, daß er heute das Doppelte
von dem verdiene, was er Damals verdienthabe. Er müffe wieders
holen, wennesauch vielleicht unpaffend wäre, daß er andem Aerar
wenigerverdient, als wenn erfürdas »arme Volk“ gearbeitet hätte.
Seine Spinnerei habe vor diefem Gefchäfte beitanden, und
beitehe Gottlob auch nad dem Sefchäfte; wenn nun Diele
Unterfuchung eine Verzögerung herbeiführen jollte, fo erkläre
er, daß er Darauf ganz verzichte. Zeuge erflärt hierauf, daß,
wenn der Angeflagte mehr hätte verdienen wollen, hätte er
aus oftindifhem Garne gefponnen. Die Fäden wären dadurch
etwas voller und der Kalifot griffiger, aber minder haltbar
geworden, und 3—4 fl. wären für Richter am Zentner Ge⸗
winn gemefen.
Richter: Hoher Gerichtshof! Aus den Erklärungen des
Seren Jellinek fehen Ste, daR ih hei den Rohſtoffen für
397
ärarifche Zwecke ein Opfer von mindeitens 30,000 fl. gebracht
habe. Mit einem folchen Bewußtfein muß es mic) tief befrüben,
wenn fo Heine Nergeleien, ob 18 oder 16, ob ein Faden mehr
oder weniger — Durch heftiges Weinen unterbrochen, kann er
nicht weiter fprechen und äußert fich ſpäter nochmals: er ver⸗
zichte auf die ganze Unterſuchung; es genüge ihm vollkommen,
wenn der Gerichtshof von den Vorlagen Kenntniß genommen;
dem Publikum lägen dieſe Eingaben nun vor; er überlaſſe dieß
ganz dem Urtheile des Publikums, und er ſei überzeugt, dasſelbe
werde ſicher ſagen: Richter hat ſich mit ſehr geringem Gewinn
begnügt.
Auf eine dritte Eingabe Richter 8, in welcher er feine .
Berechnungen zu motiviren verfucht, erflärt der Staatsanwalt,
er hege die Meinung, daß ſolche Aftenitüde, welche nur Ber
bauptungen des Angeklagten enthalten, bloß als Ausfagen von
ihm gelten Tönnen, nicht aber als folche, auf. welche befonderes
Gewicht gelegt werde. Der Vorfitende erklärt, daß er weit
davon entfernt fei, zu fagen, daß man darauf befonberes
Gewicht lege.
Staatsanwalt: Wenn der Angeklagte feine Gingaben
zurüdnehmen will, fo habe ich nichts Dagegen einzuwenden,
nur wenn darauf mehr Gewicht gelegt werden follte, als auf
einfache Behauptungen, würde ich erjuchen, dieſelben durch Die
Sachverſtändigen prüfen zu laffen. Kür das Publitum Aften-
ftüde einzulegen, halte ich für ganz gleichgiltig, wir arbeiten
nicht für das Publikum, wenn auch dasfelbe Zuhörer if. Was
nun Die Berechnung der Spinnerei betrifft, fo halte ich dieſe
für ganz unhaltbar, weil man wijfen müßte, ob man dann
Abſatz gehabt hätte. Er babe, fährt er fort, Fragen zuſammen⸗
geſtellt, und wenn auch die VBertheidigung ſolche formulirte
Tragen ben Sachverftändigen übergeben wollte, jo würbe dieß
gewiß zur Abkürzung des Oanzen beitragen.
Dr. Berger: Herr Richter bat drei Vorlagen, auf die
ich einiges Gewicht lege, verfaßt: Der Gewinn am Stoffgefchäfte,
am Garn und an der Bleiche. Es ift weder Heren Richter
noch mir beigefallen, damit dem hohen Gerichtshof eine Richt:
ſchnur vorfchreiben zu wollen, wie bezüglich der Sachverftändigen
vorgegangen werben folle. Wären biefe Vorlagen nicht fihrifts
lich abgegeben worden, fo wäre dasjenige, mas in ihnen Kekt,
398
bei diejer Schlußverhandlung von Richter im Vernehmungs⸗
wege vbrgetragen worden, und auf dieſem Wege wäre ber hohe
Gerichtshof In Die Lage gekommen, die Ziffern zur Kenntniß
zu nehmen. Dem boben Gerichtöhofe, namentlich dem Vor⸗
fißenden ſteht es zu, im Laufe der weiteren Verhandlung bies
jenigen Umjtänbe zu präziſiren, welche für das endliche Urtheil
von Seite ber Sachverftändigen maßgebend find. Wie Die loöb⸗
liche Staatsbehörde dabei vorgehen will, bleibt ihr anheimgeftellt;
wenn fie es zwechnäßig findet und in ber Lage ift, formulirte
Tragen zu ftellen, fo mag fie es thun. Die Bertheidigung über
läßt die Leitung der Verhandlung felbftverftändlich dem Vor⸗
fitenben; welche Fragen fie zu ftellen haben wird, darüber wird
fie exit dann vollitändig Elar werden, wenn die Sachverftänbigen
ihren Befund abgegeben baben werden.
Staatsanwalt: Wenn in diefem Ausfpruche bes Herm
Vertbeidigers die Zumuthung liegt, als ob die Stantsanwalts
fchaft auf die Leitung des Gerichtöverfahrens Einfluß nehmen
wollte, fo weife ich diefelbe zurüd.
Dr. Berger: Ich glaube nicht, daß in meinen Worten
etwas gelegen ift, was eine ſolche Zumuthung erkennen läßt.
Im Segentbeil, die Verrbeidigung bat blog ben Vorwurf von
jich abgewälgt, Daß man ihr zumuthe, auf die Leitung der Ver⸗
bandlung Sinflug gu nebmen.
Der Herr Vorſitzende erklärt bierauf, daß es nicht hieher
geböre, ſolche Tebatten in Anregung zu bringen, er wolle alles
Mögliche anwenden, um die Vejchleunigung des ganzen Gegens
tandes berbeizufübren.
Der Sacbveritändige bitter nun auf Grundlage der Ans
gabe Richter's, die Frage zu fermuliren und ibm zur Beants
wortung zu übergeben, worauf der Vorfigende Richter auf
fordert, Die Punkte anzugeben, über welche fidh die Prager Sad»
perständigen äußern follen.
Richter: Ueber nichts Anderzz, als darüber, daß mein
Verluſt im Ellenmaße wirklich QOVO Hl. und mem Zinjenverluft
Sedo AL betrug.
Tr Berger: Ich glaube, bie Herren Sachverftändigen
ind der Meienbrit nach zu dem Zwecke voraeladen, ben Gewinn
keim Stefigerchäfte retzuftellen. Die einzige Arage von Seite
der Vertdeidiguug it die: „ie erfiat dh wach dem Daren,
400
lich überreichten Fragen in ein Zimmer zu fchiden, um ben
©egenftand zu unterfuchen und. auf die Beantwortung vorzu⸗
bereiten. Was die Vernehmung der Sachverftändigen felbft vom
Gerichtshofe betrifft, müffen fie nach dem Geſetze einzeln ver⸗
nommen werden.
Dr. Berger: Ich bin dießmal in der Lage, vollkommen
mit der löblichen Staatsbehörde übereinzuftimmen. Wenn der
Gerichtshof den Befchluß über Die Vorlegung der Sragepoften
feitgeftellt, fo fei der Vorfchlag der, Daß den Sachverftändigen
von Seite des Gerichtshofes die Trage bekannt gegeben werde,
woran fich diefer Vorgang fchließt, wie ihn die Staatsbehoͤrde
angegeben bat. |
Sachverftändiger: Ich glaube, es wäre angemeflen,
wenn wir zufammen arbeiten würden, es wäre einerfeit das
durch Zeit erfpart, indem wir die Vorlegung brauchen und fo
nicht Einer auf den Anderen warten muß, anderſeits kann bie
Borlage beffer geprüft werben. Wir haften alle Drei für unfere
Arbeit.
Der Serichtshof zieht fich zur Berathung zurüd, und nad
längerer Pauſe verkündigt der Vorſitzende den Befchluß bes
©erichtähofes. Er fagt: Bei ben übereinftimmenden Anträgen
der Staatsanwaltichaft mit der Vertheidigung des Herrn Ric’
‘ter hat der Gerichtshof den Beichluß gefaßt, daB rüdfichtlid
des Sachverftändigen Kern Jellinek drei Sragen zur Bes
antwortung geftellt werden, und zwar wie ich fie hier angeben
werde:
1. Welcher iit Richter's Reingewinn bei den vier Mil
lionen Ellen Kalifot, als Stoffhändler, Garnhändler und als
Weber bei ben 3673 Stüd, das Stüd zu 50 Ellen?
2. Welche Schuld an das Ausland Hatte Richter am
7. Juli 1859, und wie groß war an diefem Tage fein Beſih
an ausländifchen Devifen, beide auf London reduzirt?
3. Welchen Sarnbedarf hat Richter zu den vier Millionen
Kalikot, reſpektive LO,000 Zentner Baumwolle, von den Subs
fontrahenten im Inlande und von anderen Spinnereien ats
geichafft, und wie viel fällt, wenn bie 32,000 8. als Affekuranz
beftimmt waren, von diefer Aſſekuranz weg, wenn ein beftimmter,
von den Sachverftändigen zn ermittelnder Garnbedarf im In⸗
land angeſchafft worden tft? — Der Gerichtshof hat auch ben
⸗
N
402
Antworten vorgelefen. Nüdjichtlich aller jener Bragen, welche
die Manipulation betreffen, äußert Zeuge, baß er nicht coms _
petent fei und Darüber der zweite Sachverfländige, «Herr
Schwarz, beſſere Auskunft zu geben in der Lage fein werbe.
Nur über einen Fragepunkt, nämlich: welcher Schade
durch (den Subfontrahenten) zurüdgebliebene, für das NAerar
beftimmte Kalikots für den &igenthümer ſich ergebe? Außert
der Sachveritändige: „Wir haben 20 Przt. angenommen, da
dieſe Waare nach eigenen Angaben zum Bedarfe für das Aerar
angefertigt wurde, und ba dieſe Waare nicht marktgängig ifl,
fo nahmen wir an, daß, wenn fie auf den Markt gebracht wird,
fie billiger verkauft werden müſſe, allein wir fönnen den Bes
trag des Schadens nicht genau angeben, und es müßte, um
einen beſtimmten Ausfpruch in Diefer Beziehungmachen zu koͤn⸗
nen, die Waare wirklich verkauft werben.«
Es wird fodann ein Tiſch in den Gerichtsſaal gebradt
und auf dieſem verfchiedene Kalikots ausgebreitet.
Der fachverfländige Zeuge erklärt, daß er feinen Unter
ſchied zwifchen der gebleichten und nichtgebleichten Waare ers
fenne. Die Qualität Diefer-beiden Mufter fei fo ziemlich glei
und da fie aus amerifanifcher Wolle gefponnen wird, vorzüge
lieh und theurer als die aus oftindifcher. Diefe käme um
10—12 jl. per Zentner wohlfeiler. Wenn aljo Richter nur
amerifanifches Garn verwendet, fo geht Daraus hervor, baß er
das hohe Aerar zufriedenftellen wollte. Gegen die Stoffe, wie
ſte allgemein im Verkehr find, feien Die bier vorgelegten von
bejonders guter Qualıtät.
Richter legt ein appretirtes Stüd vor, laßt durch Zeu⸗
gen Eonjtatiren, daß dieſes viel fchlechter fei, ald das von ihm
gelieferte unappretirte.
Auf Fragen des Dr. Berger erflärt Zeuge, daß man auf
ben eriten Anblick nicht zu erfennen vermag, ob bie Stoffe aus
amerikanischer oder oftindifcher Wolle gefponnen feien; dur
Mengung beider, was oft gefchehe, fei ſtets ein Vortheil zu
erzielen. Die vier Millionen Ellen, die von 8S—10 Fabrikanten
verferfigt wurden, hätten nicht vollftändig egal erzeugt werden
können.
Es wird darauf, auf Veranlafſung des Staatsanwaltes,
and bens Depofitenamte jenes Stüd geholt, welches fich Rich⸗
404
und Gerichtsadvokat, Repräfentant. ded DBerwaltungsrathes
ber Kreditanftalt. Er erklärt, Daß der VBerwaltungsrath in Be
zug auf bie beiden Konti der Kreditanſtalt mit der Bezeichnung
für das Finanzminifterium lediglich eine Transaktion zu einer
: Sinangoperation zwiſchen beiden Kontrahenten fah. Diele
Transaktion hätte aber nur dann Wirkſamkeit, wenn fie der
Bermwaltungsrath genehmigt hätte, fie fei Daher nur provifo-
rifch gewefen und habe der Kreditanftalt feinen Schaden ge:
bracht. Da die 1,400,000 fl. Nationalanlehen dem Finanz
miniſterium mit einem niederen ald dem Tageskurſe berechnet
wurben, wurden die ſpäter eingekauften 1,500,000 Grund⸗
entlaſtungs⸗Obligationen im Depot der Kreditanſtalt als Desung
zurückgehalten. Anch keine Geheimnißkrämerei ſei dabei im
Spiele geweſen, indem alle mit der Buchführung beauftragten
Organe davon wußten. Ebenſo konnte dieß auf die Tantieme
und Dividende feinen Einfluß haben, indem die Grundentla⸗
ftungs3-Obligationen Eigenthumdes Sinanzıninifteriums waren.
Richter macht darauf aufmerkfam, daß das Feine Trand-
aktion, fondern nur eine mit dem Minifter vereinbarte provi⸗
forifche Verbuchung war, was auch der Zeuge beftätigt. Diefer
erklärt ferner, daß die Compenfation aus den Grundentlas
ftungs-Obligationen nur eine eventuelle war, für den Fall, wenn
diefelben wirklich veräußert worden wären und wenn die Ab
rechnung mit dem Sinanzminifterium zur rechten Zeit vor fi
gegangen wäre.
Auf die Frage des Staatsanwalts erflärt der Zeuge, daß
die Depotö-Konti nachweifen, Daß die Grundentlaftungs-Obli-
gationen gleich urfprünglich für das Finanzminifterium gefauft .
wurden. Auf die Bemerkung des Staatsanwalts, daß fie im
Börfentableau unter »nostro« angeführt feien, ermwiederte der
Zeuge, daß öfters Einkäufe unter fremden Namen verzeichnet,
Daher unter »nostro« vorfommen, da dieß ein Sammelnamen fei,
der zwar vor Allem die Kreditanftalt vezeichnet, aber auch oft an-
dere Kontrahenten, für Die die Kreditanitalt operirt. Für ſpe⸗
zielle Fälle aber, die dieß darthun, müßte erſt eine ſpezielle
Information vom Verwaltungsrathe eingeholt werden.
Nichter beruft fich auf die eidliche Ausfage Dutſchka's,
dem er gejagt, daß bie 1'/, Mil. GrunbentlaftungssObligar
tionen bem Kinanzminifterinm gehören. Er lucht ferner darauf
406
Lönnen, wenn das ganze Geſchäft eine reine Fiktion geweien
wäre, und auf Die Neußerung des Dr. Berger, daß außer
Direktor Richter der einzige unmittelbare Zeuge, ber Finanz⸗
miniſter, todt wäre; ob er nun nach. allen Prämiffen, die er
Tenne, einen überwiegenden Grund dafür zu geben habe, es fei
eine Fiktion oder Wahrheit gewefen, erflärt der Zeuge: „Ich
erfreute mich feit vielen Jahren des Vertrauens des Herm Fis
nanzminijters, bin auch von Seite feiner Erben mit der Ab»
handlung feines Nachlaffes beehrt, und kann daher aus meis
nen perfönlichen Beziehungen zu dem Verftorbenen mit der ge
wiſſenhafteſten Ueberzeugung befräftigen-und ausfprechen, und
er einer folchen Handlung gar nicht fähig gewefen wäre. Dass
felbe halte ich auch vom Charakter des Herrn Richter.« Er
ſchloß damit, daß er Richter's Angabe für vollfommen wahr
halte. . |
Auf die Sragen des Landesgerichtsrathes Dufcher erflärt
Zeuge, daß das Jahr mit der Bilanz abgefchloffen werde, und
die ©eneralverfammlung nach den Vorlagen urtheile, bie fie
gut zu heißen habe, daß die Transaktion nicht zur Sprache ges
. Tonımen fei, daß diefelbe einen ſchwebenden Gegenſtand bes
treffe, der auf die Verbuchung bafire. Der Zeuge wird beeidet
und nad beffen Entfernung der Sachverftändige Jellinet
‚ vorgernfen. Diefer erklärt, er und Sfrivan hätten die drei
Tragen. ausgearbeitet, jedoch noch nicht ins Neine gefchrieben,
und Skrivan, ber fie. zu Papier gebracht, werde fie beifer
leſen können als er. _
Auf diefe Aeußerung bin wird Herr Skrivan, Lehrer an
der Prager Gremialfchule, vorgerufen, un ald Sachverftändiger
feine Aeßerungen über diejenigen Sragen abzugeben, welche wir
fchon früher angeführt haben. Er beziffert in der Beantwor⸗
tung den Gewinn Richter's als Stoffhändler auf 60,000 fl.,
als Sarnhändler auf 20,000 fl. (wobei der Sachverftändige
den Gewinn ald Spinnereiverdienit mit 4000 fl. benennt).
Den Webereigewinn konnte er nicht angeben, weil weber
er noch Herr Jellinek Weber feiern. Der Zeuge Hat von
dem gebotenen Rechnungsmaterial Umgang genommen, und
die vier pr. Et. Proviflon nicht von dem in dem ganzen Stoff
geichäfte engagirten Betrage von circa 900,000 fl., fondern
408
dieſe Sachverſtändigen vorgeladen habe; die Vorladung erfolgte
jedenfalls von Seite des Gerichtshofes, jedoch ſtützen ſich dieſe
Anträge zum Theil auf einen in der Vorunterſuchung von
ihnen abgegebenen Befund, und in Folge deſſen ſei es begrün⸗
bet im Grundſatz der Mündlichkeit, daß fie bei der Schluß⸗
verhandlung ſpeziell gehoͤrt werden ſollen, es handle ſich hier
bloß um die Zuſatzfrage des Vertheidigerd. Dr. Berger ent-
gegnet: Die erfte Frage über ben Gewinn fei von dem Staats
anwalte geftellt worden, ebeit fo die zweite Brage, und bloß die
zweite Srage habe ihm Anlaß zur Stellung der dritten gegeben.
Der Zwed der Vertheidigung fei erreicht, es fei Fonftatirt, daß
- die vier pr. St. Provifion vom Oarngefchäft zu zahlen feien,
und es werde wohl nicht bezweifelt werden, baß auch bei die-
fem Geſchäfte Generalunkoiten fich ergaben. Eine Frageftellung
an diefe Sachveritändigen finde er jedoch unnöthig, weil die
felben geftanden hätten, daß ihnen Die effentiellen Kenntniſſe
zur Abgabe eines Gutachtens mangeln.
Richter erklärt: „Er müſſe fich, nachdem ihm daran liege,
daß ſeine Vorlagen unterſucht würden, überlegen, was zu thun
ſei; er ſei aber der ſicheren Hoffnung, binnen 10 Minuten den
Gerichtshof von der Richtigkeit ſeiner Vorlagen überzeugen zu
koͤnnen.« Da auch über ſpezielle Fragen einzelne Votanten von
den Sadverftändigen kaum eine andere Antwort, als die zu
erlangen war, daß fie fich in dem Oegenftande für nicht kompetent
erachten, fo einigen fich alle Parteien in dem Entfchluffe, die
Abreife derfelben nach Prag zugefteben zu wollen. Es wird nid
vorbehalten, vondem Sachverftändigen Schwarz die Beantwors
tung ber Frage zu-verlangen, welche Die eben genannten Sad
verständigen nicht hatten beantworten fünnen.
Um °/,3 Uhr wird die Sitzung auf morgen Nachmittag |
4 Uhr vertagt.
Die Situng beginnt um 4 Uhr Nachmittags. Der Sad:
verftändige Sfrivan entſchuldigt fich, er fei geftern verwirrt
geweſen; er erklärt heute den Gewinn Richter’3 als Stoff
händler auf 43,230 fl. \
Der Sadhverftändige Schwarz erklärt, daß er die Kalku⸗
lation des Herrn Richter als vollfommen richtig befunden;
daß wohl für den Erzeuger mancher Baden erfpart worden fei,
aber nicht zum Nachtheile det Stofes. Die Ziffer des Gewin⸗
410
beſtand Damals vorgelegt worden, und es wurde, wie es dem
Gerichtshof bekannt fein wird, audeinandergefeßt, Daß die ganze
Dperation den Zmed hatte, auf den Stand der Devifen und
der Staatseffeften einzuwirken, weil Die Kurfe der Staatgeffekten
damals fehr ungünftig waren, und weil es in der Abficht bes
Finanzminiſteriums war, höhere Kurfe zu erzielen. Dieter Zwed
wurde dadurch erreicht, daß »London“ verlauft wurde, um ben
Devifenfurs zu erniedrigen, und National eingekauft, um ben -
Kurs diefer zu erhöhen Der Zwed der ganzen Operation war
fomit, die Kurſe zu beffern. Das Gefchäft hat einen nicht ganz
günftigen Verlauf genommen, im Gegentheile find DVerlufte
entitanden, an welchen fowohl die Kreditanftalt als die Staats:
verwaltung betheiligt war, denn der Zweck kann nad) meiner
Anfchauung für die Krebitanftalt ſelbſt, wenn beffere Kurfe er
reicht wurden, nicht ohne vortheilhafte Wirkung bleiben. In
diefer Richtung mag alfo zwifchen Herrn Richter und dem
Baron Bruck wohl die Abficht vorgemwaltet haben, daß an dem
Berlufte, welcher herauskommt, beide Theile fich betheiligen,
und daß ein gewiffer nomineller Kurs vereinbart worden ifl,
mit deffen Zugrundlegung die Berichtigung erfolgt ift. Für mi
hat es fih darum gehandelt, daß die Poit, welche noch immer
. eine fehwebende war, geordnet werde, und fo iſt e8 gejchehen,
Daß ein beftimmter Kurs angenommen, und die Berech⸗
nung darauf geftüßt wurde. Ich habe mir hiezu die Ermäd)-
tigung Sr. Majeftät erbeten, welche, wie der Herr Vorſitzende
angedentet hat, auch ertheilt wurde; in Folge beffen wurde biefe
Mebernahme definitiv zum Abſchluß gebracht, die Kaffe ange
wieſen, den entfallenden Betrag, nämlich 210,000 fl., an die
Kreditanftalt auszubezahlen, und es kann fomit die ganze Ans
gelegenheit als gefchloffen angefehen werden.
Vorſitzender: Würde durch dieſe Ausgleichung feine
weitere Forderung von Seite ber Kreditanftalt an das Finanz
minifterium geftellt werden?
Zeuge: Ob die Kreditanftalt eine folche Forderung ftellen
wird, weiß ich nicht. Sch würde den Standpunft feithalten, daß
dieſe Angelegenheit Durch Die erwähnte Austragung ihre definitive
Ordnung gefunden hat.
Borfikender: Würde im Falle, daß zwifchen Baron
Brud und dem Herin Richter eine Seyarat⸗Verabredung
⸗
412
um feine Meinung befragt worden, und feine Meimung abzu⸗
geben war er vollkommen befugt.
Vorſitzender: Es beſtimmt mich zu dieſer Frage der
Umftand, daß Herr Richter behauptet, daß der Herr Finanz⸗
minifter ihm den Auftrag gegeben hätte, zur Dedung ber
Zwilcheinkäufe im Auslande Devifen einzufaufen.
Zeuge: Ich kann nur erwiedern, daß mir bloß befannt
wurde, daß Baron Brud feinen Rath gegeben hat, und daß
er befragt wurde, ob es zweckmäßig wäre, zur Durchführung
diefes Gefchäftes Devifen zu faufen. Es Tiegt fehr nahe, daß,
wenn Gefchäfte im Auslande gemacht und ausländifche Waaren
gekauft werben follen, man ſich auch mit auslaͤndiſchem Gelde
und in „London“ deckt. Der Rath war ein ganz motivirter,
gerechtfertigter, und ein Meiteres ift mir nicht bekannt. Eine
Einmifhung in das ganze Gefchäft und in bie Angelegenheit
des Militär-Aerars ift, fo weit ich weiß, von Seite des Baron
Brud nie ausgegangen.
Vorſitzender: Erzellenz bürften viefleicht auch in der
Lage fein, uns über ben Charafter des Herrn Richter Näheres
anzugeben.
Zeuge: Ih war vom Jahre 1836— 1848 bei ber
Rameral-Beziefövermaltung in Eger und fpäter bis zum Jahre
1851 bei der Sinanz-Landesdireftion in Prag. Aus jener Zeit
datiren fich meine Kenntniffe über die Perſon des Herren Ric
ter als Beſitzer der Spinnfabrif in Leibifchgrund, im Kameral⸗
bezirfe Eger, und der Fabrik zu Smichow bei Prag. Die Be
ziehungen ber Binanzbehörden zu ben Gewerbsunternehmern
waren bei dem damaligen Prohibitivſyſtem und bei der beliebten
ftrengen Ueberwachung häufiger und mehr als e8 gegenmärtig
der Ball ift. In jener Zeit habe ih Herrn Richter als einen
fehr ftrebfamen und gewandten Gefchäftsmann Tennen gelernt,
und obmohl er felbftverftändlich auf den entiprechenden Unters
nehmungsprofit bei feinen Gefchäften bedacht fein mußte, if
mir doch nicht bekannt geworden, daß er fich irgend eines uners
laubten Mittels bedient hätte, fondern fo viel mir erinnerlich,
ift er in feinem Geſchaͤfte in allen Beziehungen rechtlich. Gegen»
über feinen Arbeitsleuten und Fleineren Gefchäftsleuten hat fich
Herr Richter als großer Fabriksherr ftetS menſchenfreundlich
und hilfreich gezeigt, und in den Zeiten ber Roth und ber &es
413
ſchaftsſtockung ift er ihnen mit Rath und That wohlthätig und
„uneigennüßig an die Hand gegangen. Was feine Beziehungen
zu ben Finanzbehörden anbelangt, fo ift feine Fabrik, die un-
mittelbar an der jächfifchen Grenze gelegen war, einer ſehr
firengen Ueberwachung in Bezug auf ben Verkehr und in Bezug
auf Buchführung unterworfen gewefen, aber wenn mich mein
Gedächtniß nicht täufcht, iſt gegen Herrn Richter weder
wegen Schleichhandels noch fonft wegen einer Gejeßübertretung
eingefchritten worden, vielmehr muß ich bemerfen, daß ich bei
Abführung von Unterfuchungen in Gefällsübertretungen in der
Lage gewefen bin, ihn als Sachverftändigen beizuziehen, daß
er bei diefer Gelegenheit ſtets ebenſo gewiffenhaft und unpars
teiifch als fachkundig fein Gutachten abgegeben hat. Auch bei
anderen Anläffen hat fih Herr Richter bewährt, insbefondere
als Kommiffionen über Zolformen und Tariffragen gepflogen
wurden, wo er als Bertrauensperfon beigezogen war. Bei ber
Länge der Zeit ift es mir nicht möglich, einzelne Daten anzu⸗
führen, aber ich möchte immerhin das Selammtergebniß ber
Eindrüce, die mir aus jener Zeit geblieben find, mit Sicherheit
und Gewiſſenhaftigkeit dahin zufammenfaflen, daß ich in Ueber⸗
einftimmung mit ber damaligen allgemeinen Meinung ben
Herrn Richter ſowohl als Menſch wie als Geſchaͤftsmann,
als achtbaren Charakter ſchätzen gelernt habe; und in dieſer
Beziehung nehme ich keinen Anſtand, dem hohen Gerichtshofe
das Zeugniß über ihn abzulegen.
Richter wiederholt die frühere Erklaͤrung, daß der Finanz⸗
minifter ihm den Auftrag gegeben habe, weil eben Baron
Eynatten ſich zu allem geneigt erflärte, was Baron Brud
anorbnien würde. Dr. Berger fragt, ob Se. Erzellenz auch die
früher ausgeſprochene Anficht dann behalten würde, wenn der
Vergleich ſich als ein ſolcher herausſtellen würde, der auf uns
zichtigem Konto beruht.
Zeuge: Bevor ich diefe Frage beſtimmt beantworte, muß
ich erklaͤren, daß ſeit damals der Kurs für dieſe Papiere ein
günſtigerer "wurde ... Sch muß aber bemerken, daß das Faktum
der. Kursänderung der Krebitanftalt Doch durch die Buchführung
ober denjenigen, dem fie anvertraut war, befannt fein mußte,
daß ich fomit annehmen konnte, daß beim BVertragsabichluß bie
Krebitanftalt in Kenntniß biefes Verhältniffes geweſen ift ober
414
wenigſtens in Kenntniß dieſes Verhaͤltniſſes fein ſollte, und daß
es ihre Pflicht war, zu eruiren, ob dieſe Rechnung richtig iſt.
Wenn nun die Kreditanſtalt dieſes unterlaſſen bat, fo iſt es ein
Verſehen. Die Finanzverwaltung hat die Rechnung der Kredit⸗
anſtalt als die Grundlage der von mir ausgegangenen Anord⸗
nung betrachtet; die Angelegenheit iſt in der geſchehenen Weiſe
abgetragen worden, und zu einem nähern Eingehen in bie
Rechnung ift für mich Fein Anlaß gewefen. Der Anbot iſt von
der Kreditanftalt in der Weife gefihehen, daß der Standpunkt
des gegenfeitigen Uebereinkommens feitgeftellt wurde. Das if
geſchehen, und in Folge deſſen wurbe ber Vergleich geſchloſſen.
Das Sefchäft hätte allerdings noch Tänger in diefem Zuftande
hingezogen werden fönnen, und der Verluft wäre vielleicht ein
geringerer geworden; man wollte aber der Sache ein Ende
machen, man ift über einen beftimmten Kurs übereingefommen,
und fo fam der Vergleich zu Stande. Auf das Verhältniß ob
biefe Eintragung in den Büchern richtig war oder nicht, Tag
für die Finanzverwaltung fein rund vor, einzugehen; übrigens,
vorläufig darüber abzufprechen, ift fchmwierig, und ich wäre,
wenn ein folches Anfinnen von Seite ber Krebitanftalt geftellt
fein würde, nicht in der Lage, Darüber zu entfcheiden, weil bes
reits ein Allerböchiter Entjchluß In der Sache erfolgt ift.
Dr. Berger: Erzellenz fchließen alfo Die Möglichkeit ber
Erörterung diefer Frage nicht aus?
Zeuge: Die Möglichkeit der Erörterung ift überhaupt
Schwer auszufchließen.
Dr. Berger: Wenn bezüglich der Devifen das Sachver-
hältniß etma fo war, daß der verftorbene Finanzminiſter direkt
mit Herrn Richter den Abſchluß über die 20,000 Pfd. St.
machten, halten Exzellenz dafür, daß e8 Sache bes Herrn
Richter geweſen wäre, die Berechtigung des Herrn Finanz
minifterd zu prüfen, oder war Herr Richter auf feinem Stand»
punkte berechtigt, die Legitimation des Freiheren von Brud zu
einem Abfchluffe vorauszufehen?
Zeuge: Alle diefe Fragen find bedingt, vorausgeſetzt daß
Herr Richter berechtigt war, den Abſchluß als im Befugniſſe
des Finanzminiſters beftehend anzufehen. Sch muß nur erklären,
daß ich geglaubt habe, über beftimmte TIhatfachen und nicht.
über Ideen vernommen zu werben, und ob eine Berechtigung
416
Brud in dem Protokolle, daß er keinen Anftand gegen die Bes
rechnung ber einzelnen Poften gehabt habe, und fich veranlaßt
fand, dieſe Forderung als liquid zu erfennen.
Nach Mittheilung einer Zufchrift des Armee⸗Oberkom⸗
mando’s, betreff3 des Erſatzanſpruches, und von Zufchriften an
die Prager und Grazer Dionturstommiflion wegen Uebernahme
von Kalikot⸗Lieferung, erklärt der Borfigende, daß nun Die, von
dem Staatsanwalt beantragte Borlefung von mehreren Alten
ftüden an die Reihe käme; worin die bei der Kommiſſion an
geftellten Offiziere erklären, nichts von Geſchenken zu wiffen.
Der Staatsanwalt verzichtet darauf. Es wird weiter ein aus
dem Jahre 1857 herrührendes ©efuch des Vermaltungsrathes
der Kreditanftalt verlefen, worin dieſe fich zur Annahme von
Lieferungen für die E. k. Armee bereit erklärt; die Darauf ergan-
gene Antwort des ArmeesÖberfommondo’s lautet ablehnend.
Es wird darauf der Angellagte Bayer vorgerufen und
gefragt, ob er noch etwas zu erwähnen babe. Bayer erfucht,
der Gerichtöhof möge ihm erlauben, aus feinem Geſchaͤftsbuche
den Beweis zu führen, daß feine Lieferung Ende Dezember mit
945,000 Ellen beendet war. Der Vorſitzende geht jedoch barauf
nicht ein, und fordert ihn auf, morgen um neun Uhr Früh zu
den Plaidoyers zu erfcheinen. Bayer entfernt fih, und Krumb-
holz, der ebenfalls nichts mehr zu erwähnen weiß, wird ab
geführt, weil die Vorlefung der folgenden Aktenſtücke Richter
allein betrifft.
Vorſitzender: Zurüdfommend auf die Anfchaffung der
Nordbahnaktien, fordere ich Sie auf, die Widerfprüche zwifchen
Ihrer Ausfage und der des Baron Eynatten zu erflären.
Richter: Ich kann mich nur auf das berufen, mas id
fchon gefagt habe, ich erhielt nur 20,000 fl., welchen Betrag
ih an die Kaffe der Kreditanftalt abführte, — Hierauf verlief
der Vorfitende die betreffenden Ausfagen des Baron Eynatten
aus dem Friegögerichtlichen Unterfuchungsprotofolle, welches wir
feinerzeit ausführlich fchon mitgetheilt haben, und worin Eyn⸗
atten behauptete, die Nordbahnaktien mit 34,000 fl. vollftäns
dig bezahlt zu Haben. — Richter erklärt, bei feiner Ausfage
zu verharren, und daß fein Gefchäft den Beweis Tiefere, er habe
ein folches Geſchenk bei feinem geringen Gewinne gar nicht zu
machen Beranlafjung gehabt.
#18
Ueber Kemunerationen weiß er nur, daß ber Antrag hiezu von
Kalberg ausgegangen und von Rishter für ben Fall gut
geheißen wurde, wenn fie nach ber Lieferung gegeben witsben.
Nach Berlefung eines Briefes Richter’8 au Kramſta
‚in Preußiſch⸗Schleſien, ob er in der Lage ſei, Zwilch zu liefern
‚und der verneinenden Antwort deöfelben kommt bie Ausſage
bes Dr. Zugſchwerdt, derzeit in Stein inhaftirt, zur Vers
leſung. Derfelbe Hatte fich nämlich geäußert, er könnte, wen
er über die Kreditanftalt reden dürfte, fo Manches enthüllen.
Sin. Folge defjen bei dem Kreisgerichte Krems vernommen, gibt
ex mehrere Aeußerungen in.Betreif des ©efchäftsgebarens ber
-Kreditanftalt ab; über die in der lebten Zeit vorgelommenen
Geſchäfte könne er nichts angeben, weil er bereits 2'/, Jahre
fih in Stein befinde. Mit Franz Richter habe er als Verwal
tungsrath vielfache Gelegenheit gehabt, zu verkehren, und es jei
ihm nicht ber geringite Hall bekannt, wo Richter ein flatuten
widriges oder gar eigennütziges Gebaren gezeigt Hätte. Was
die von ihm gemachte Aeußerung in Betreff der vertraulichen
Mittheilung anbelangt, fo müſſe er erklären, daß diefelbe auf
die Berfon Richter's feinen Bezug babe. Er fünne Mitthei-
Jungen machen, die er fih durch Erfahrungen gefanmelt, und
‚bie bei einer Reform des Inftitutes nicht ohne Belang fein
dürften. Zum Schlufje müſſe er nochmals erklären, daß er mit
Richter auch außer dem gefchäftlichen Verkehr in freundfchaft-
lichem Umgang geitanden und ihm nicht der geringste Vorfall ber
kannt fei, welcher gegen die Ehrlichkeit desjelben ſprechen würde.
Der Borfigende lieſt nun eine Reihe von Zeugniffen, Die
plomen, Referaten und Briefen vor, welche im Laufe bes Ber-
fahrens von dem Bertheidiger eingelegt worben waren. Ein
Theil derfelben erklärt ausdrüdlich, daß, obwohl Richter im
. Sahre 1847 feine Zahlungen momentan einftellte, ex dennoch
allen feinen Verpflichtungen nachkam, und ein Hamburger Glaͤu⸗
biger beftätigt ausdrudlich, daB Richter feine ſämmtlichen
Aktiva feinen Oläubigern zur Berfügung stellte. Aus dieſen
Urkunden geht.weiter hervor, daß Richter zum Mitglied eines
Zentraltomites, zur Regenerisung ber Baummwollindufßrie in
Böhmen, zum Kommifflonsmitgliede bei der Ausftellung in
London ernannt wurde; daß er vom König von Sachfen eine
. filberne Medaille für feine Reittungen in der Baummollfpinneri
419
erhielt; daß ber Finanzminiſter ihm ausdrücklich für den Wine
dankte, ben er ihm rückſichtlich des Schmuͤggelweſens in det
Lombardei gab. In gleicher Weife wird betätigt, baß er bei
allen Angelegenheiten, welche- Oemeinnübigkeit und Armuth
empfehlenswerth machten, in erſter Reihe ale Wohlthaͤter fich
hervorthat, und daß bie Handelskammer in Prag ihn in ihrem
Berichte „den Reformator der bis dahin leidenden Weberei in
Böhmen“ nannte; zum Schluß erwähnen wir noch das Zeug⸗
niß der Smichomwer israelitifchen Kultusgemeinde, der er bei
zwei Selegenheiten rüdfichtlich der Erhaltung ihrer Synagoge
und Dedumg einer bedeutenden Schuldpoft menfchenfreundlich
beiftand, in welchem Zeugniffe die gegenwärtige Lage Richter’&
als eine Prüfung, welche der Weltenherrſcher über ihn verhängte,
angefehen und die Zuverficht ausgeſprochen wird, daß Richter
aus diefen traurigen VBerhältniffen unbefchadet an feiner Ehre
hervorgehen werde. Der Staatsanwalt bemerkt, daß von ben dies
fen im Prozeß Richters ihm zugegangenen Zufchriften er nur eine
einzige zur Kenntniß des Gerichtes bringen wolle, weil je nicht
wie die Übrigen anonym ſei. Diefe Zufchrift wird verlefen. Sie
it von K. ©. Blodig in Zwittau, Der erzählt,‘ daß er ſelbſt
zu dem Preiſe von 27°/,, Er. und fpäter zu 31 fr. per Elle
Zwild an das Armee⸗Oberkommando allerdings gegen höchft
geringen Gewinn lieferte und dabei zugleich die Meinung aus⸗
fpricht, Daß der Abgeſandte Liebig's immerhin noch Hätte Zwils
lich in der Gegend von Zwittau finden Bönnen. Richter bemerkt,
daß dieß eine Sache fei, Die nicht ihn, fondern Liebig angehe.
Hlermit wird das Beweisverfahren für gefchloffen erflärt.
Dr. Berger erhebt fih, um rüdfichtlich ber morgigen Schlußs
anträge die Trennung der Erörterung aber die Thatfrage von
der über die „Anwendung des Geſetzess (Schuldfrage) im
Sinne des $. 254 der Strafprogeßorbnung zu beantragen.
Dr. Wiedenfeld fchließt fich dem an. Der Staatsanwalt be-
merkt, daß er das nicht für nothwendig halte, daß er fich aber,
falls ber Gerichtshof e8 befchließen werde, dem nicht widerfeße.
Der Vorfitzende behält fich die Verkündigung bes Beſchluſſes im
diefer Richtung für morgen bevor, und ladet bie Parteien für
Morgen Früh um 9 Uhr zur weiteren Grörterung vor. Die
Sitzung fohließt um 7 Uhr. |
420
Schlußantrag des Stantsanwaltes Dr. Lienbacher.
„Hoher Gerichtshof! Bevor ich zur Erfüllung ber geſet⸗
lichen Aufgabe fchreite und die Ergebniffe der Schlußverhaub-
Jung zwfammenfaffe, glaube ich etwas über den Stanbpunkt
fagen zu müſſen, welchen die Juſtiz in Diefem Straffalle einzuhal⸗
ten und eingehalten hat. Man wird fragen: was für ein Stand⸗
punkt wirb e8 denn fein, als der Des Geſetzes und Rechtes, ben
die Juſtiz einzuhalten Hat? Ich vindizire durchaus feinen an
dern und ich möchte eben diefen Punkt mehr betonen. Die Wich⸗
tigkeit des Falles rechtfertigt dieſes, ſo wie die vollendete Oef⸗
fentlichkeit, mit welcher dieſer Straffall behandelt murbe, fo
daß Taufende des Ins und Auslandes zu fillen, viele aber
auch zu Sauten, und darunter einige ſogar zu vorlauten
Miturtheilern in unferem Straffalle wurden. Ein paar Worte
ber Abwehr und der Beruhigung dürften Daher angezeigt jein.
Sch fage: der Abwehr — Es fehlte nicht an ſolchen Stim⸗
men, welche es nahe zu legen juchten, als ob in unjerm
Prozeſſe auch etwas Politit mitgefpielt hätte. Dieſe Be
fehuldigung muß geradezu zurückgewieſen werden. Die Juſtiz
bat nur ein Ziel vor Augen: es iſt das der Gerechtigkeit, es ik
Daher auch nur ein einziges politifches Ariom, das wir verfol-
gen, und es fpricht fich aus in den Worten: Justitia regno-
rum fundamentum. Dan legte auch nahe, als ob in unjerem
Prozefle auch .fiskalifche Tendenzen fich geltend gemacht hätten.
„glaube, daß der hohe Gerichtshof felbft dem ſchlagendſten Be⸗
weis lieferte, daß dem nicht ſo iſt, indem er auch jenen Straffall
in die Schlußverhandlung einbezog, wo die Krebitanſtalt beſchaͤ⸗
digt iſt, beſchädigt zum Vortheile des Staates. Es iſt ins⸗
beſonders von Seiten des Angeklagten Herrn Richter gkeich
beim Beginne unſerer Verhandlung der Vorwurf der Anklage
gemacht worden, als ob ſie ſich gegen die Kreditanſtalt gewen⸗
det haͤtte.
„Auch das ift unrichtig. Die Unterſuchung ſelbſt wurde nur
gegen den Angeklagten, gegen den Hauptdirektor der Kreditan⸗
ſtalt geführt; nur gegen ihn, nicht gegen die Kreditanſtalt rich⸗
tet ſich die Beſchuldigung. Man mußte bedauern, daß man
hiebei auch anderer wichtiger Inſtitutionen gedenken mußte, uach⸗
dem bie Beziehungen zwiſchen heiben vorlagen. Ich ſagte auch,
422
felben der Vertheidigung zum Angriffe in der Ueberzeugung
bloßftelle, daß das Unhaltbare dureh eine eingehende Debatte
von felbft fallen, und das Haltbare fich nur um fo mehr in
feiner Haltbarkeit bewähren wird. Was die Ordnung betrifft,
welche die Anklage einhalten will, fo wird fie zuerſt jeme
Thatbandlungen berühren, bezüglich welcher die Anklage fi
nur gegen den eriten Angeklagten, Herrn Richter, und hierauf
jene Momente, bezüglich welcher die Anklage fich gegen Herrn
Richter und deffen Fabriksdireftor, Heren Krumbholz, wen
det. Als erſten Anflagepunft nehme ich dad Devifengefchäft.
Der Staatsanwalt geht nun das Thatfächliche Diefes Ger
ſchäftes durch, und gelangt zu folgenden Konſequenzen: Die
Anfchuldigung gebt dahin, daß der Angeklagte den Kaufber
trag nicht den 7. Juli abgefchloffen, daß vielmehr derſelbe fin
girter Weife am 14. Juli auf ben 7. zurüddatirt wurbe, dem
Aerar ſei in Folge beffen ein Schade von 48,246. fl. 37 kr.
zugefügt worden, indem man 2500 fl., welche die Kreditanſtalt
an Hoppe ausgezahlt hätte, von dem eigentlihen Schadens
betrage von 50,746 fl. 37 Er. abziehen müffe. Beſtehe auch fein
Geſetz, welches vorjchreibt ein Gefchäft am Tage des Abfchiuffes
in das Börfentableau einzutragen, fo fonftatire Doch der bei der
Kreditanftalt herrſchende Uſus den Umftand, daß ein tolches
Geſchäft am Tage des Abfchluffes in das Börfentableau ein
geichrieben werden müſſe. Die Nichteintragung am 7. Juli fe
daher ein Beleg, daß an diefem Tage das Geſchäft nicht ges
ſchloſſen wurde. Es beitehe weiter die Ordnung, daß, wenn ein
ein Geſchaͤft geichloffen ift, fogleich. am Tage berfelben der Avis
fobrief wenigftens ausgefertigt werde, das hätte in dieſem Falle
am 7. oder doch wenigſtens am 8. Juli gefehen ſollen. Die
Berantwortung Richter's dagegen fei nicht jtichhältig; wenn
auch Baron Eynatten erjucht Hätte, exit fpäter das Geſchaͤft
verrechnen zu wollen, fo hätte Doch, um eine Rechnung überhaupt
machen zufönnen, das ®efchäft fchon früher in das Börfentablean,
der Grundlage der Buchführung, eingetragen werben jollen.
Ebenſo wenig ftichhältig fei die Angabe Richter's, daß er zu
diefem Geſchaͤfte von Baron Bruck einen Auftrag erhalten habe.
Das Geſchäft hätte jedenfalls mit Herrn Schiff, als dem Leiter
ber Börfengeichäfte, abgefchlofien werben follen, und Herr R ishter
Habe nach den Statuten der Krebitanttatt nicht das Recht gehabt,
423
ein folches Seichäft allein abzufchließen. Abgeſehen davon fehlte
auch dem Finangminifter jede folche Berechtigung, den Kanf⸗
vertrag jelbit abzufchließen. Aber angenommen, daß Richter,
wie er fagt, am 8. Auguſt oder wem man gar feine An⸗
gabe in der Borunterfuchung als glaubwärdig annehmen
wollte, am 7. Abends den Herrn Schiff, vom Abſchluß in
Kenntniß gefeßt hätte, 10 fei auch diefer Zeitpunkt fchon zu
fpät geweſen, weil er verpflichtet war, am Vormittage zur Boͤrſe⸗
zeit dem Herrn Schiff von dem vom Finanzminiſter erhaltenen
Auftrag in Kenntniß zu jeßen. Nichter habe am 4. oder 5.
Juli Schiff in Kenntniß gefeht, daß er auf einen ſtarken Poſten
abgefchlofien. Darunter koͤnne der Abfchluß auf 8. 20.000 nicht
verftanden fein, weil der Angeklagte felbit fagt, daß er zu jener
Zeit mit dem Sinanzminifter nur die Frage der Zweckmaͤßigkeit
des Ankaufes der Devisen beiprochen habe. Anderſeits hat fich
Direktor Richter nur geäußert, daß er auf einen ſtarken
Boften . abgefchloffen, ohne Beſtimmung der Summe gäbe
es aber Teinen Kaufvertrag. Baron Eynatten war eigents
lich nur berechtigt mit der Kreditanftalt den Kaufvertrag
abzufchließen. Diefer wies aber den Direktor der Kredit⸗
anftalt an, fich mit dem Finanzminiſter ins Einvernehmen zu
feßen, allein auch Teßterer bat den Vertrag nicht abgejchloffen,
denn er war nicht berechtigt dazu. Se. Erz. der jeßige Leiter
bes Finanzminifteriums habe auch erflärt, daß nach feinem Da»
fürhalten, nach dem was er gehört, Baron Brud nicht den Kauf-
vertrag .abgefchlofien, daß er Tediglich nur einen Rath gegeben,
alfo nur als Rathgeber in einer Angelegenheit gehandelt
babe, in welcher der Chef des Armee-Oberfommandos fich
minder gewanbt fühlte, ebenfo hat Freiherr von Brentano die
Aeußerung abgegeben, daß Baron Brud nur als Rathgeber
gewirkt habe. In der allerhoͤchſten Entfchließung bezüglich bes
Zerealiengeichäftes fei nur enthalten, daß der Chef bes Armees
Oberkommandos fich mit bem Finanzminiſter ins Einvernehmen
jeßen follte, eben Damit fei noch keineswegs die Berechtigung
für den Miniſter ausgefprochen, für das Armee⸗Oberkommando
ſelbſtſtaͤndig abzuſchließen. Der Konto ſei auch nicht auf den
Binanzminifter, fondern auf das Armee⸗Oberkommando ges
fehrieben. Auch die fehriftliche Aeußerumg bes Barons Brud
laſſe nicht im Minbeften fchließen, daß er felbit den Werkauike
424‘
vertrag abgefchloflen. Der Minifter habe für feine eigene Perfon
als Privat, fo wie auch als Minifter für das Finanzmini⸗
fterium Gefchäfte mit der Kreditanftalt gemacht. Auch dieſe
habe er nicht felbft mit Richter abgefchloffen, fondern lediglich
ben Auftrag zum Kaufen gegeben, und es läßt fich Doch gewiß
vorausſetzen, daß Baron Bruck um fo weniger für das Armes
Oberfommando felbft abgefchloffen haben werde. Aus den proto⸗
Bollarifchen Antworten Richter’$ gehe hervor, daß Baron Brud
ihm höchitens nur einen Auftrag, mit aller Wahrfcheinlichkeit
nur einen Rath gegeben. Im Laufe ber Verhandlung habe ber
Angeklagte einmal die Aeußerung fallen laſſen, er Habe bie
20,000 Pf. St. „mittelft des Miniſters gekauft,“ ein Gap,
Der nur eine Art Mebergang fein follte zur Annahme, Daß fie mit
bem Diinifter gefauft worden, obgleih „mittelft« und „mit
noch keineswegs identifch find. Der Kaufvertrag wurbe alfo nad
Aeußerungen aller Herren, die angeführt wurden, am 7. zwiſchen
Baron Brud und Richter nicht abgefchloffen.
Der Staatsanwalt gebt nun auf den Beweis über, daß
das Sefchäft auch fein Lieferungsgefchäft geweien fei. Dazu hätte
nämlich ein jpäterer Tag der Uebergabe feftgefeßt werden follen,
und dieß fei nicht gefchehen; es hätte vielmehr ein Tagesge⸗
ſchaäft fein follen, da der Kaufsauftrag zum Kurfe eines be
fimmten Tages gelautet haben follte; allein daraus, daß bie
Papiere erſt am 14. übergeben wurden, Täßt fich der Schluß
ziehen, daß das Geſchäft nicht am 7., fondern am 14. Juli abs
gefchloffen worden iſt. Wenn der Angeklagte angegeben, daß er
Devifen gekauft, um die Zmillicheinfäufe im Ausland zu beden,
fo fei dieß am 7. kaum mwahrfcheinlich, da er da noch garnichtwißs
jen konnte, ob er überhaupt Zwillich im Auslande befommen werde.
Denn er habe ja feinem Agenten Hoppe verfprochen, für ben
Fall, als im Auslande nichts effektwirt werden follte, ihm eine
Provifion von 3000 fl. zu geben. Seben wir aber ben Fall;
der übrigens nicht zugegeben werben fann, daß wirklich ſchon
am 7. das Behürfniß beftanden hätte, Devifen für ben
erſt anzulaufenden Zwillich zu Taufen, fo frägt es fich, wer
dann hätte kaufen follen, Die Valuta hatte ja zunächſt bie
Kreditanftalt zu bedfen, fie war der Kommifjionär; ber Kom⸗
miſſionär muß zahlen, und bat er gezahlt, dann verrechnet er
dem Rommittenten, und der Kommitent des AemeesOberfonts
426
war dieſes Kaufgefchäft lediglich eine gebotene Gelegenheit, um
feine eigenen Devifen, wovon er 12,000 Pfund zu dieſen
20,000 gab, um einen höheren Preis anzubringen, als er an
. ber Börfe am 14. dafür erhalten hätte, es war insbefonbere bie
Tendenz, bie. Beftechungsjumme zu gewinnen, welche er Tags
darauf am 15. Juli benöshigte zum Ankaufe ber 25 Stüd
NordbahnsAktien. Es hat der Angellagte am 14. Juli allein, '
nicht aber am 7. ein beſonderes Intereife gehabt, gerade feine
Devifen an das Aerar zu überlaffen. Am 7. Juli hätte ihm
SSebermann, ber Devifen fauft, 141 gegeben, am 14. Juli aber
Niemand, auch die Anttalt nicht, wenigftens nicht mit Willen.
Es war nun das Aerar, welshes als moralifche Berfon fich nicht
felbft vertreten Fann, fondern durch phyfiiche Perfonen vertreten
wird und welches bezüglich der mit der Anftalt abzufchließenden
Geſchaͤfte viel Bertrauen.dem Angeklagten zuwendete. Hier war
bie befte Gelegenheit geboten, das Aerar zu beichäbigen. Es iſt
fonach das Verbrechen des Betruges nach den SS. .197, 203
Strafgefehbuch bezüglich der ganzen Summe des Kaufabs
fchluffes von 20,000: Pfund Eonftatirt. Es ift das Geſchaͤft,
welches der Angeklagte bezüglich der 12,000 Pfund mit ber
Kreditanftalt abgefchloflen bat, gleichfalls ein fingirtes, und es
ift dieſes der einentliche Zwei, zu deſſen Erreichung der
eritere Abfchluß von 20,000 Pfund mit dem Aerar fingirt mar.
Die Differenz bezüglich der 12,000 Pfund zwifchen dem 7. und
14. Juli macht 26,383 fl. 52 kr.; auch diefer Vertrag if ein
fingirter und erfcheint in dem Börjentableau erft am I&., ber
Avifobrief ift gleichfall8 vom 14., wie das Korreſpondenzbuch
angibt. Ich muß überhaupt fragen, ınit wen der 2ingeklagte
am 7. diefen Kaufvertrag abgefchloifen haben follte. Er mußte
ihn rein mit fich felbit abgejchlofien Haben, denn es war fonft
Niemand der NRepräfentant der Anftalt. Mit fich felbit einen
Kaufvertrag abzufchließen geht aber nicht; ein Buchverftändiger,
Dr. Mayerhofer, hat zwar ausgeſagt, Daß Richter die Voll,
macht beider Theile in jich vereinigt, und der Abſchluß nur Sache
feines innern Willen! war. Allein dieje Anficht ift unrichtig,
der Abichluß eines Kaufvertrages jet zwei Perfonen und die
. Mebereinitimmung zweier Willen voraus.
Auch bezüglich der 12,000. Pfd. St. wurde fein Bere
frag weder mit ber Krebitanikait, na wit dem Finanzmini⸗
428
Herrn Richter oßne das fo wichtige Datum und in ber ausland
schen anftatt in der Plaß-Korrefpondenz vorfommt. Das kann
nur den Zweck haben, den Brief nicht fo leicht ausfindig mas
chen zu fönnen, Auch in den Büchern ded Angellagten ift keine
gehörige Abrechnung über den Devifenabfchluß. Auch das, daß
ber Angeklagte ein Spieler in Effekten war, fpricht gegen ihn.
Es war eine Spielgefellfehaft gegründet, »Konfortium« ges
nannt. Anitatt daß dieſes Konfortium in den Büchern einge
tragen war, erfcheint Xiebig allein mit der ganzen Summe von
400,000 fl. ohne fein Borwiffen. Man verlor bei Diefem Spiele.
Liebig wurden da90,000fl. zur Laſt gefchrieben, obgleich er ih
nur auf 75,000 fl. verpflichtet haben follte. Auch die Behaup⸗
tung bes Angeklagten, daß er Niemand zur Spekulation vers
leitet Hätte, wird durch die Ausfage Liebig’8 widerfprocen.
Der Angeklagte behauptet zwar, er babe felbit einen Deviſen⸗
verluft erlitten, was vielleicht feine Handlungsweiſe entfchulbl-
gen würbe, allein er jagt felbft, ber Verluſt fei ein relativer,
nach meiner Behauptung war es gar feiner, denn es war nur ein
Verluſt auf einem Konto, der durch ben um 1°/, höheren
Gewinn auf einem andern Konto mehr ald tompenfirt wurde.
Es war daher die Abficht des Angeklagten fich bei Diefer Hands
Iungsweife feine andere, als die zum Ankaufe der Nordbahns
Actien nöthigen Summen zu verjchaffen.
Mebergebend auf den Konto bezüglich 1,400,000 fi.
Nationalanlehen und 1,500,000 fl. ungarifcher Grundentla⸗
ftungs- Obligationen, behaupte ich, daß die Kreditanſtalt befchäs
digt wurde, und zwar beim Nationalanlehen um fünf Prozent
und bei ungarifchen Grundentlaftungs- Obligationen um 2'/,
Prozent Dadurch, daß dem Aerar eine Aufbeflerung des Kur:
fes zu Gute fam. Der Schade der Kreditanftalt beläuft fich im
Ganzen auf 107,500 fl. Wohl hat diefen Verluft Der DVertres
ter der Kreditanftalt, Herr Doftor Oredler, negirt, allein ex bat
zu gleicher Zeit erflärt, daß die Anftalt die Differenz fordern,
ja im Notbfalle felbit Hagen wird. Auch die Kompenfation if
hier nicht anwendbar, indem bei beiden Papieren eine Aufbefs
ferung des Kurfes zu Gunſten bes Aerars eintrat. Diefer
Schaden iſt durch Bälfchung herbeigeführt worden, denn im
conto separato vom 6. Juni fommt die Pot Nationalanlehen
zum Schluffe von 72 vor. Im Belegjaumel som 26. Juni ift
- 429
diefe Poft mit 1,025,000 fl. berechnet, allein im conto sepa-
rato iſt bieje Poſt pro 31. Dezember ſtornirt, und nach dem
Belegjournale von demſelben Datum mit 1,095,000 fl. berech⸗
net. In dem dem Sinanzminifterium vorhelegten General⸗
konto kommt dieſe Poſt ddto. 6. Juni zum Preiſe von
1,095,000 fl. vor. Die 1'/, Million Grundentlaſtungs⸗
Obligationen wurden am 4. November, wie aus dem Boͤrſe⸗
tableau hervorgeht, zum Kurſe von 70.75 gekauft, bem Finanz⸗
minifterium aber pro 4. November zum Kurfe von 68°/,
überlafien. Die Verbuchung ſoll wegen einer Spekulation
unterblieben fein, wie Richter behauptet, allein die Verbuchung
hindert keinerlei Spekulation.
Diefe Papiere find alfo höchſtens erft am 31. Dezember an
das Finanzminifterium übergegangen. Die Fälſchung befteht in
ber nachträglichen Einftellung, in der Behauptung, daß fie
zum Kurſe von 68'/ gelauft worden feien, in dem Börfen-
tableau und in der Buchung. Zwar behauptet Doktor Gred⸗
ler, e8 fei feine Fälſchung, weil zu einer Fälſchung eine. falfche
That gehöre, und Richter dem betreffenden Perfonale bie Aen-
derung der Buchung aufgelragen-habe, allein der Anfab eines
falfchen Kurfes iſt ja eine falfche Thatſache. Dann konnte ja
der Angellagte die Buchung nicht jelbft vornehmen, er Tonnte
ja eben fo gut durch andere Hände fälfchen laſſen. Daß. aud)
andere Perfonen von ber Aenderung des Kurfes wußten, ent-
fheide gar nichts, da das Dienitperfonal unbedingt der Di-
rektion Folge leiſten müſſe. Die Kurserhöhung bei National
und die Erniedrigung bei den Orundentlaftungen im Betrage
von 107,500 fl. ift aljo eine Schenkung, da ein Anfpruch dar-
auf fehlt. Auch Die Behauptung des Dokter Gredler, daß es
geichehen fei, um den Konto des Yinanzminifteriums nicht auf
einmal fo groß erſcheinen zu laſſen, entſcheide nichts, denn der
Schuldner kann wohl eine Schuld in mehreren Raten zahlen,
Doch eine Faͤlſchung iſt nicht nöthig.
Es geht nun aus dieſen Umſtänden hervor, daß der An⸗
geklagte Richter nicht die Abſicht hatte, zu dieſer Schenkung
die Genehmigung von den dazu berechtigten Perſonen einzu⸗
holen, denn er hatte reichliche Gelegenheit, in den monatlichen
Sitzungen des Verwaltungsrathes den Ausweis über den
Rechnungsabſchluß vorzulegen, und hat doch die Tälicgung,
430
oder nennen wir e8 Veränderung, auf eigene Fauſt brchgeführt.
Wollte er die Ermächtigung einholen, jo war es ganz gefehlt,
die Bücher früher zu ändern, benn die Genehmigung könnte
möglicher Weife verweigert werben. Daun hätten die Bücher
wieder gebeijert werden müflen. Auch Dr. Gredler mußte zus
geben, daß die frühere Einholung der-Genehmigung des Ber
waltungsrathes wünfchenswerth geweſen fei. Dann if nicht
einzufehben, warum von bem Revifionskomitoͤ die @enehs
migung eingeholt werben follte, da Diefes doch nur bavauf zu
fehen hat, ob die Saldi gededt find. Durch Ziehung eines
falfchen Salbo aber wird das Komite irregeführt. Im Generals
fonto waren die Veränderungen gar nicht erfichtlich. Die innere
Prüfung der Konti kann nach ausdrüdlicher Verſicherung ber
Komitemitglieder, wie aus einer Note ber Kreditanftalt hervor
geht, wegen Umfang der Öejchäfte, im Komite gar nicht vorges
nommen werden. Dieje Prüfung der Konti ift vielmehr Sack
der Direktion felbft. Herr Richter fah fich fomit der Berlegenheit
überhoben, daß Andere Die Konti prüfen. Die Komitemitglieber
Herten Goldſchmied, Wiener, Schöller, jo wie Ken
Direftor Duſchka geben alle einjtimmig an, daß die Aenderung
ohne die gerichtliche Anzeige vollfommen unentdedt geblieben
wäre. Daß der Angeflagte nicht einmal willens war, bie
nachträgliche Bewilligung einzuholen, geht Daraus hervor, daß
er nicht einmal den Mitdireftoren Nachricht von der Fälſchung
gab. Bei jeiner Verhaftung war das Revifionsfomite in voller
Thätigfeit, am dritten Reviflonstage hätten die Pladkonti
und unter diefen auch das Saldo des Finanzminiſteriums
an die Reihe kommen ſollen. Da hätte nun Richter wohl im
Laufe der Unterfuchung Nachricht geben follen; denn Ken
Duſchka beiprach jich Häufig mit Heren Richter; daß es kein
Vergeſſen gewejen, geht daraus hervor, daß er gerabe über
diefen Konto des Finanzminifteriums zu Dutſchka gefprochen.
Auch der Unterfuchungsrichter befragte den Angeklagten über
diefen Konto am 22. und 23. März. Hier kann alſo von
feinem Bergeflen die Rede fein. Hier mußte fih Richter er-
innen und dem Komite die wahre Aufklärung geben; aber an
feinem biefer Tage hat es Richter wirklich getan. Im Ges
gentheile geht aus Richter's Aeußerungen im Protokolle
hervor, daß er abfichtlih auf die Verheimlihung ber Trans
432
man fich verglich. Ueberdieß wurde für bie Hebergabe ber Effekten
von Aerar an die Anftalt ein Tünftiger beſtimmter Tag feftgefebt,
fo daß es ein Lieferungsgefchäft war. Die Aktionäre unb bie
Antheilnehmer an ber Tantiome hätten e8 allein fein follen,
die den Verluſt hätten tragen follen, doch beide wurden nicht
gefragt. Baron Bruck hat, als der Unterfuchungsrichter ihn um
Aufflärung über das Konto bat, nichts davon gefagt, in welcher
Art die Transaktion ftattgefunden. Entweber wußte Baron
Bruck felbit nichts davon, und ber Angeflagte hatte Urfache,
ihn in Unfenntniß zu laſſen, dann konnte man um fo viel wents
ger vorausſetzen, daß der Angeklagte e8 dem Berwaltungsrathe
und der ©eneralverwaltung mittheilen werde, oder es ſchwieg
Baron Brud, weil er merkte, Richter habe nicht recht gehan⸗
belt. In beiden Fällen muß man fchließen, daß Nichter nicht bie
Abficht Hatte, Die Genehmigung zu feiner Handlungs weiſe eins
zubolen. Daß die Papiere gekauft und verkauft wurden zu bem
Zwecke, um das Anlehen, welches in London effektuirt werben
follte, zu erleichtern, feheint durch die Meußerung des Breiherm
von Brentano miderlegt, welcher fagt, daß das Anlehend-
gefchäft in London fehon vor dem 1. Jänner vorigen Jahres ab-
geichloffen war.
Die Schenkung mittelft Falſchung ift nicht aus Patriotis⸗
mus gefchehen, denn fonft hätte Richter ficherlich dem Verwal⸗
tungsrathe oder der ©eneralverfammlung davon Anzeige ges
‚macht, und e8 den Aktionären überlaſſen ans ihrem eigenren Sädel
‚patriotifch zu fein. Es Hat diefelbe nur darauf gezielt, Durch Ber:
minderung des Defizitö feine eigene Verantwortlichkeit zu ver
mindern. Er hat bie Kreditanftalt durch eine Fälſchung um
107,500 fl. befchädigt. Und wäre das Motiv auch Patriotismus
geweſen, fo Heiligt der Zwed durchaus nicht Die Mittel; man
müßte: fonft gar viele Verbrecher für ſchuldlos erflären. Es
liegt nach dem Gefagten auch hierin das Verbrechen des Betru⸗
ges ftrafbar nach $$. 197 und 203 des St.⸗G.⸗B. vor. —
Der Staatsanwalt gebt nun auf den dritten Punkt, nämlich
auf die Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt, über.
Auch in Betreff diefes Punktes halte er den Angellagten für
ſchuldig. Er ſetzt nämlich die Ausfage Richter's auseinan-
der, erflärt, daß die Angaben des Dienerd Angel meil
falfch feien, daß derjelbe, vor and tem Werhörsprotofolle
434
allein wegen‘ Gefchentgebung an Baron Eynatten wurde
er verhaftet, und welch ein Widerfpruh wäre es, nah
biefer Verhaftung diefes Geſchenk zu vollbringen. Gegen ben
Angeklagten fpreche auch jeine falfche Verantwortung, und es
ift jehr bedenklich gegeu den Angellagten, daß er fich damals
nicht bloß falfch verantwortete, und die Baronin dazu verleitete,
fondern auch zur Beſchwörung der falſchen Angabe ſich erboten
hat. Auch in der Schlußverhandlung hat er die rechte Hand
zum Schwure emporgehoben, und fo viel der erſte Eid werth
geweſen, fo viel fei auchder zweite werth. Gegen ben Angeflagten
fpricht auch die Berheimlichung der Spuren des Geheimniſſes und
zwar insbeſonders die Verbuchung der 25 StückNordbahn⸗Aktien
auf J. C. Ritter. Vom 4. bis 20. Dez. ſei ber Angeklagte auch
ſelbſt im Beſitz der Altien geweſen, und zwar, wie er angibt, um bie
Coupons abzufchneiden; aber dazu brauche man nicht fo viel
Zeit, und al8 man nad) dem Vermögen des Baron Eynatten
geforscht und Richter darüber gefragt wurde, da verfchwieg er
biefen Beſitz und jchickte die Papiere der Baronin. Somit geht
aus diefem Allem hervor, daß er fihon am 16. Juli die Ar
ficht Hatte, den Mehrbetrag von 25,000 fl. dem Baron Eyn⸗
atten zu fchenten. Zwifchen Richter und Eynatten handelt
es fich häufig um Entfcheidungen in öffentlichen Angelegenheis
ten. Lieferungen gehören unter diefe Angelegenheiten. Das Vers
brechen der Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt durch
Geſchenkgebung fei fonach in dem Falle bewiefen, wenn noch
"einige Momente bewiefen find, die darthun, daß die Abficht
des Gefchenfgebers die war, den Baron Eynatten burch diefe
Geſchenke zur Parteilichkeit oder zur Verlegung der Amtspflicht
zu verleiten. Und auch dieſe Abficht fei erwiefen. Richter
fuchte nämlich die Dionopolifirung der Lieferung in feine Hände
zu bringen. Dieß fei durch die Artund Weife, wie er Die Lie
ferungen fich zuzumenden mußte, bewiejen. Die Lieferungsges
fchäfte wurden ja, um die Konkurrenz auszujchließen, Tängere
Zeit verheimlicht. Bei dem Zerealiengefchäfte hatte diefe Ver-
heimlichung vielleicht einen Nuten, nicht aber bei den Stoffge-
fchäften. Die Kommijfion, die diefe zu prüfen Hatte, nennt
den Angeflagten einen „Monopoliften« und äußert ſich dahin,
daß ein hoher Grad von Wahrfcheinlichkeit einer abfichtlichen
Begänftigung Richters zum Nadıigeile rd Arrars vorhane
438
dem man bie geringere Einftellung erkennen konnte. Das höhere
Faden» Nr. 18 ftatt 16 if an den Waaren im uppretirten
Zuſtande nicht erkennbar. Die Erlaubnig zur Lieferung von
fchmälerer Waare erwirkte er fich durch eine Irrefuͤhrung,
indem er vorſpiegelte, daß bei feiner Appretur ein größerer
Schwund eintrete, während in Wirklichkeit der Schwund
geringer war, als bei der Ganzbleiche, da er bei dieſer 4“,
bei jener 2’ betrug. In feiner Eingabe, worin er um die An:
ordnung ber Hebernahme der Waare bittet, find viele Unrich-
tigteiten enthalten. In Folge biefer Eingabe und in Folge
eines Darauf begründeten Gutachtens der Stoderauer Monturd-
kommiſſion wurde die Uebernahme angeorbnet. Das gelang
ihm alfo nur durch eine Irreführung, und das Verbrechen
bes Betruges liegt alfo nad $. 197 bes St.s©.:B. erwieſen
vor. Ich weiß nun fehr gut Die fogenannte faufmännifche Lüge
und Marktfchreierei von einer folchen abfichtlichen Irreführung
zu unterfcheiden, bier aber war die Abficht der Befchädigung
fchon zur Zeit der Vertragsfehlußfaffung vorhanden. Der Staats⸗
anwalt geht nun über auf das letztbehauptete Faktum, nämlid
ber Rebuzirung bei den Sublieferanten. Er nennt in diefer
Beziehung drei Perfonen: Porges, Abeled und Münz
berg. Bezüglich des erften fei er in Folge der Ausfagen
desfelben nicht im Stande, die Anklage aufrecht zu erhal
ten, hingegen fei gegenüber Abeles und Münzberg Die ge
Ichehene Reduktion feitens des Armee⸗Oberkommando's vor-
gefpiegelt und dadurch ein Betrug verübt worden. Es ſei in
diefer Beziehung bezeichnend, daß das franzöfliche St.⸗G.⸗B.
(Code Napoleon) ben von den Angeklagten gebrachten Aus
druck „Manöver« gerade an der Stelle nennt, wo vom Betruge
die Rede tft. Abeles fowohl als Münzberg fei in einem
300 fl. weit überiteigenden Betrage befchädigt.
Hiermit fchließt ber Staatsanwalt feinen Vortrag. Auf
Erinnerung des Präfidenten erhebt er fich noch einmal und er-
klärt bezüglich Bayer, dag, da diefer das Verſprechen eines
Geſchenkes an den Schneider Nagelftäbter eingeftanden, und
bie Verjährung desſelben rückſichtlich d arch feine Vernehmung
in März unterbrochen worden ſei, wegen ber Uebertretung der
Berleitung zum Mißbrauche ber Amtsgewalt zu verurtheilen fei.
439
Plaidoyer des Vertheidigers Dr, Berger. *)
Ein feierlicher Augenblid it es, in welchem ich Das Wort
ergreife, und ich bin mir feiner Schwere und Bedeutung wohl
bewußt. Die Aufmerkfamteit, die Erwartung und Spannung
nicht nur unjeres weiten Vaterlandes, nein, die Blicke von
ganz Europa find auf das Drama gerichtet, das in ben lebten
Wochen in diefem Saale fich entwidelte und nun feinem Enbe
zuneigt. Es iſt dieſes Drama der dritte Act jener gewal⸗
tigen, erjcehütternden Trilogie, die mit dem fühnenden Selbft-
morbe des Baron Eynatten begann, mit dem tragifchen Tode
bes Minifters Brud ihren Höhepunkt erreichte und nun durch
ben Ausfpruch des hoben ©erichtähofes, fo Hoffen wir, fo hoffen
Tauſende mit und außer dieſem Saale, einen menfchlich ver-
. fühnenden, alle Unbill, allen Schmerz auflöfenden Abfchluß
finden wird.
Aber nicht nur die Mitwelt und ihre Kritif, auch das
Urtheil der Geſchichte wird richten über Die Thatfachen, die. in
diefem Prozeſſe erörtert wurden, über die Perfonen, die bei
dieſen Thatfachen betheiligt waren, über Die Richter, die dabei
zu Gericht faßen, und audy über die, die als Ankläger und Bers
theidiger vor dieſem ©erichte ihr Recht heifchen ; benn man täufche
fich nicht: Diefer Prozeß gehört der Sefchichte an, er fällt in
einen Wendepunkt unferer vaterländifchen Geſchichte und ift
ein Symptom berjelben. |
In einem fo bedeutungsvollen Augenblide nun, deſſen
mächtige Schwingen uns weit über Die enge Zeitipanne, die
unfer flüchtige8 Erdendafein umrahmt, hinwegtragen, müſſen
alle Regungen des Augenblids, alle kleinlichen Rückſichten,
alle äußerlichen Motive fehweigen; nur die Wahrheit, nur das
Recht, nur das Geſetz dürfen unfere Leitfterne fein. Es muß
Die Wahrheit fiegreich gegen jede anonyme Macht, bie fich
zwifchen fie und Das Recht ftellen wollte, zu ihrem Rechte kommen;
ed muß das Recht, fiegreich gegen jede unberechtigte Tendenz,
die „feinen geraden Weg krümmen möchte, eine Wahrheit
werden.
*) Wortlaut nach ſtenographiſchen Aufgeiiynungen.
440
Aber die Mittel und Wege, um zur Wahrheit und zum
Rechte zu gelangen, ſind nicht.für Alle gleich. Auf dem Kampfs
plate des Prozeiles find Wind und Sonne nicht gleich vertheilt
zwifchen Anklage und Vertheibigung. Acht Monate lang konnte
die Anklage in dem geheime Arfenale ber Borunterfuchung
ihre Waffen fchmieden, jeden Akt der Vorunterfuchung Fonnte
fie nicht nur pafliv zur Kenntniß nehmen, fie Tonnte maßs
gebend, aktiv auf ihn einwirken, ihn leiten und für ihre Zwecke
benüten. Und das hat fie auch gethan; noch im letzten Augen-
blide; nachdem die Akten der Borunterfuchung bereits fpruchreif
erflärt waren, hat man eine neue Anklage wider den Angeklagten
improvifist und Die Schlußverhandlung mit der enblofen
Perſpektive eines unendlichen und unberechenbaren Kampfes
eroͤffnet.
Waͤhrend der langen Dauer der Vorunterſuchung war
die Vertheidigung geſetzlich mundtodt; ſie konnte nicht ahnen,
wider welche künſtlich und labyrinthiſch angelegte Anklage ſie
den ungleichen Kampf würde aufzunehmen haben, und nun,
nachdem ſie endlich doch zu Worte gekommen, nachdem die
Anklage bereits dreimal die Fronten ihrer Beweisführung ent
widelt hat, mußte die Vertheidigung in der haftigen Eile von
faum halb fo viel Wochen, als der Anklage Monate zu Gebote
ftanden, ihr Werk vorbereiten und vollenden.
Gleichwohl geht die Vertheidigung mit Muth und Ber
frauen an ihre legte Aufgabe. Sie ſchoͤpft ihre Zuverficht vor
allem aus der inneren Ohnmacht der Anklage ſelbſt; fie fehöpft
ihre Zuverfiht aus dem Vertrauen in den hoben Gerichtshof,
der nur auf bewiejene TIhatfachen hin jein Urtheil fällen und
nur in folchen bewiefenen Thatſachen etwas Strafbares ers
fennen Tann, welche das Gefeb als ftrafbar erklärt; fie fchöpft
endlich ihr Vertrauen aus der Meberzeugung, daß fie es ift,
welche für die gerechte Sache, für das Recht felbit ftreitet, an
deſſen felfenfeften Sundamenten die aufgeregten Wogen der
Partetintereffen, der keidenſchaſten und der Parteitendenzen
machtlos zerſchellen.
Ich habe geſagt: die innere Ohnmacht der Anklage iſt
die erſte Waffe der Vertheidigung gegen ſie, und ich ſage: fie
iſt nicht die ſchwächſte.
Charakteriſtiſch hat der in ver Schlupserhanblung hier
44l
vernommene Herr Alerander Schöller den Eindrud der ges
druckten Anklagefchrift, wie fie mir hier vorliegt und wie fie in
die Oeffentlichkeit drang, bezeichnet. Bei Allen, die den Ange
Hagten achteten, bie ibm auch: in feinem. traurigen Geſchicke
ihre Theilnahme, ihre Sympathie bewahrten, war. es nur Ein
Eindrud, der des Schredens, wie fi Herr Alexander .
Schöller ausdrüdt. Unter dem Eindrude dieſes Schredens
und der durch ihn aufgeregten öffentlichen Meinung begwin die
oͤffentliche Schlußverhandlung.
Aber der erſte Lufthauch der Oeffentlichkeit wehte das
Spinnengewebe der Verdächtigung hinweg. Die Anklage in
ihrer erſten Faſſung war kein mächtiger, impoſanter Bau, auf
tief gelegten Fundamenten aufgeführt; ſie war ein muͤhſam,
aber haltlos zuſammengefügtes, muſiviſches Gebilde, das beim
erſten Angriffe zerbroͤckelte, und dieß war das Schickſal dieſer
Anklage in der Schlußverhandlung.
Dieſe Schlußverhandlung, ſie bot ein ſo noch nie geſehenes
Schauſpiel: an 50- Zeugen der Belaſtung, durch welche der
Angeklagte ber fchwarzen Thaten überwiefen werden follte, bie
ihm .die Anklage zur Lait legte, ein halbes Hundert Zeugen
aus allen Kreifen, allen Ständen und allen Schichten wurden
aufgeboten, — und Zeuge um Zeuge bat für den Angeflagten
ausgefagt. Da kamen zuerit die Spiten der militärifchen
Adminiftration und die technifchen Organe derfelben, ‚und
fie beftäligten, daß ber Angeklagte die Geſchäfte, welche er für
Das Aerar beforgte, mit Exaktheit, Genauigkeit und Gewiſſen⸗
baftigkeit ins Werk febte.
Man bot feine Gefchäftsfreunde, die Subkontra⸗
benten, auf; man hätte nach der Anklage erwarten dürfen, das
werde. ein Chor der Rache fein, der die Sühne des Gefehes
wider ben Angeflagten beraufbefchwören werde. Und gerabe
Die Subfontrahenten, fie waren die eifrigften und beredteften
Vertheidiger des Angellagten. Sie rühmten feingloyale, ehrliche
und billige Handlungsweiſe, und wunderten ji, wie man fie
als Beichädigte, als Betrogene anfehen konnte.
Es kamen die andern Freunde, die ber Eigennuß bes
AUngellagten erploitirt haben follte, Lanna, Liebig, Klein,
und unter Schluchzen und Thränen haben diefe Leute beitätigt,
und fi) befannt dafür, daß fie Schuldner des Angeklagten
444
eigentliche Aufgabe der Vertheidigung zwei Refultate: erftens
Vieles zu erörtern, was in den Zuſammenhang der Anklage
zwar einbezogen wurde, jeboch Direkt keinen Gegenftand berfel-
ben bildet, gleichwohl aber erledigt und auf das wahre Maß
zurüdgeführt werben muß; zweitens werde ich Damit Prämiffen
gewinnen für denjenigen Theil meiner Vertheidigung, der fich
mit der Widerlegung ber Anklage bejchäftigt, wie fie zulebt
ausgeführt wurde. Die Methode der Anklage, fo wie ich fie
zu betrachten habe, beftand darin, daß fie Thatfachen, die fchon
im Laufe der VBorunterfuchung vorlamen und bie fiir Den Anges
klagten fprachen, entweder einfach ignorirte, oder fie Doch fo mo⸗
difizirte, daß fie num plößlich gegen den Angeklagten zu fprechen
ſcheinen. Diefe Methode griff auf dem ganzen &ebiete der ges
druckten Anklage in Beziehung auf perfönliche und thatfächliche
Berhältniffe durch, und ich wende mich nun zunächft zu den er-
fteren. |
Es ift begreiflich, wenn man einen Dann wie den Anges
Magten Herm Richter des Betruges anklagen wollte, fo mußte
man vor Allem bedacht fein, feine perfönlichen Verhältniſſe in
das gehäffigfte Licht zu ftellen. Und dieſes beginnt auf Seite
23 der gedruckten Anklage unten, wo e8 wörtlich heißt: »Daß
Richter einer betrügerifchen Abficht fähig fei« u.f. w., worauf
Dann die einzelnen Thatfachen folgen, aus denen eine betrüge-
gerifche Abſicht abgeleitet werben will, und welche ich fofort im
Einzelnen erörtern werde. Der Zweck dieſer Darftelung, wel⸗
her auf entftelten Thatfachen beruht, ift einjach ber, den Ange⸗
Hagten Richter als einen Mann darzuftellen, ber ein Leben
und eine Schule nur von Lug und Trug, von Habfucht und
Eigennuß, von Arglift und Verſtellung hinter fich hat. So wie
der Erdenbewohner die der Erde abgefehrte Seite des Mondes,
ſo befommt der Lefer der gedruckten Anklagfchrift die LXichtfeite
im Charakter des Angeklagten nicht zu Geſichte, — fihwarz in
ſchwarz, das ift die einzige, das tft die Grundfarbe der Ans
Tage.
»Daß Richter, « heißt e8 Seite 28, „einer betrügerifchen
Abficht fähig fei, geht daraus hervor, daß er am 19. Novem-
ber 1847, alfo gerade den Tag vor feiner am 20. November
erklaͤrten Zahlungseinftellung, die Hälfte feiner beiden Fabriken
on F. A. Richter abtrat, damit {eine Sihutiger wicht darnach
445
greifen könnten.“ Entweder diefe Thatfache verhält fich fo, wie
fie hier in dieſer Iafonifchen Faſſung in der Anklage dargeftellt
{ft und dann hätte Die Staatsbehörde Die Verpflichtung gehabt,
gegen Richter die Anklage wegen betrügerifcher Verkürzung
- feiner Öläubiger, wegen betrügerifcher Sufpendirung feiner
Zahlungen zu erheben, denn es ſteht der Staatsbehörde dort,
wo fie von Amtswegen verfolgen muß, nicht das Recht der
Amneftie zu. Ober die Thatfache verhält fich nicht fo, und dann
frage ich, warum wurde nicht weiter nachgeforfcht, oder warım
wurden diejenigen Thatfachen, diejenigen Dokumente in ber
Anklage verfehmwiegen, welche das Gegentheil jener Thatfache
beftätigen? Und diefe Dokumente Tagen in den Unterſuchungs⸗
alten; es find Dieß die Zeugnifle der Gemeinde, der Pfarre und
des Bezirksamtes Wildftein, das Zeugniß des SKreisgerichtes
Eger, das Zeugniß der Polizeidirektion Prag vom 18. Sep⸗
tember und vom 20. März 1860.
In allen dieſen Zeugniffen wird übereinftimmend beftä-
tigt, daß Richter im Jahre 1847 zwar feine Zahlungen eins
geitellt, jedoch feine Gläubiger mit Kapital und Zinfen bis auf
den letzten Kreuzer bezahlt hat. Sch erwähne dabei nur neben
her, daß ich im Laufe des Beweisverfahrens — und das Tann
ich der Anklageſchrift nicht zum Vorwurfe machen — von ſehr
vielen, ja von beinahe fämtlichen Glaͤubigern, welche im Jahre
1847 und ben darauf folgenden Jahren von Richter befries
digt wurden, Zeugniffe beibrachte. Der hohe Gerichtshof felbft
hat im Laufe der Schlußverbandlung Herrn Alerander Schoͤl⸗
der gehört, der beftätigte, daß er zu ben bedeutendſten Gläubi-
gern Richter’3 gehörte, von diefem aber mit Kapital und Zin-
fen befriedigt wurde. Herr Merander Schöller hat, wie ich
bereit erwähnte, gerade aus Anlaß der Zahlungseinftellung
und des Umftandes, daß Richter in biefer drängenden Kala⸗
mität Kapital und Zinfen bis auf den Iebten Kreuzer berichtigte,
troßdem bag Herr Aler. Schöller ihm einen namhaften Nachlaß
zugeftanden hätte, ihmfein beſonderes Vertrauen zugemwenbet, und
fich durch die Erfahrungen jener Zeit beftimmen laſſen, ihn für den
Poſten des Hauptdirektors der Kreditanftalt zu fandidiren und
zu unterftüßen. Warum, frage ich aber, find jene erfterwähnten
Zeugniffe, Die allein ſchon die Anklage binfichtlich dieſes Faktums
446 "
über die Unwahrheit ihrer Borgaben hätten aufflären muͤſſen,
verſchwiegen worden?
Es wird weiter auf Seite 29 der Anklage — und es
gehoͤrt dieſes ebenfalls zu der perſoͤnlichen Charakteriſtik — dem
Angeklagten Spielſucht vorgeworfen und noch geſtern hat die
loͤbl. Staatsbehoͤrde an einer Stelle, die damit wahrhaftig nicht
den geringiten Zufammenhang Hat, nochmals dieſe Thatfache
aufgefrifcht. Worin beiteht denn nun diefe Spielfucht? Was
liegt über fie für ein Beweis vor? Ein einziges Konfortium
zum Ankaufe von Kreditaktien. Wurbe mit diefem gefpielt? Ich
glaube jeder von und weiß vom Börfenfpiele fo viel, daß, wo
die an der Börfe gekauften Effekten wirklich bezogen werben,
von einem Spiele nicht die Rede fein kann. Sie wurden effektiv
gekauft, fie wurden fogar, wie die Staatsbehörbe ſelbſt anführt,
mit dem Gelde der Anftalt gefauft und bei ihr verpfändet. Nun
die Anftalt kauft fehr oft für Parteien mit ihrem Gelbe, und
fie ift dafür gefichert, indem die gelauften Effeften als Pfand in
ber Anftalt bleiben. Daher ift es auch nicht wahr, daß diefes
Konfortium unter Benügung eines unbededten Kredites ber Kre-
ditanftalt fich gebildet habe und mit ihrem Gelde feine Operar
tionen ausführte. Dabei war Richter mit einer verhältnißmäßig
ſehr Kleinen Quote betheiligt, große Kapitaliften waren diejenis
gen, welche den größten Antheil an diefem Konfortium hatten.
Bon diefem einen Falle bes Konfortiums kann man aber wahrs
haftig nicht folgern, daß Richter ein Mann fei, ber fich der
Spielfucht ergeben hat.
Weiter wird auf diefelbe Art angeführt, daß anna,
Liebig und Klein, welche ich bereit3 erwähnte, von dem An-
geflagten ausgebeutet wurden. Es wird den Herin Richter
zur Laſt gelegt, daß er in Mißbrauch feiner Stellung als Haupt-
direftor der Kreditanitalt zum Behufe der Befchaffung eines
Darlehens von Seite diefer Anftalt von Lanna und von Diefem
auch deßhalb ein ©efchenf angenommen babe, um ihm ein
Outhaben bei der Parbubiger Eiſenbahngeſellſchaft flüfſig zu
machen. Aber der h. Gerichtshof wird fich aus der unmittel-
baren Erinnerung gegenwärtig halten und aus dem Protokolle
der Schlußverhandlung entnehmen, baß ber Titel, aus welchem
Lanna dem Angeklagten eine Bonififation von 50,000 fl. und
fpäter von 25,000 fl. zufließen Ließ, ein gang anderer war.
447
Auf die Bewilligung des Darlehens für die Kladnoer Eiſen⸗
werkgeſellſchaft hatte, wie der Zeuge Direktor Hornboftel
ausbrüdlich beftätigte, der Angeklagte Herr Richter keinen
maßgebenben Einfluß. Ein eigenes Komite war barüber von der
Kreditanftalt niebergefet worden, welches die Brage zu ent-
ſcheiden hatte, ob ber Kladnoer Eiſenwerkgeſellſchaft ein Dars
leben zu geben fei. Herr Direftor Hornboftel war derjenige,
ber zur Unterfuchung der bergbücherlichen Realitäten abgefenbet
wurde und in Begleitung von Sachverſtändigen diefe Unters
fuchung vornahm, und nachdem auf diefe Weife die hypotheka⸗
riſche Sicherheit feitgeftellt war, bewilligte über Vorfchlag jenes
Komites der Verwaltungsrath ber Kreditanftalt das Darlehen.
| Wo ift ba ein Mißbrauch bes Direftors Richter? Noch
mehr, ber h. Gerichtshof wird fich weiters erinnern, daß Herr
Lanna bier beftätigte, daß das Gefchäft im Juni 1857 abs
gefchlofien war und jener Betrag, welchen, wie er fagt, er Herrn
Direftor Richter aufnötbigte, erft im Dezember 18657 an
Richter gegeben wurde. Der h. Gerichtshof wird ſich auch
erinnern, daß der Anlaß diejer Gefchentgebung nach ber Angabe
Launa’s von dem verftorbenen Gewerken Lindheim ausging,
welcher ben Antrag ftellte, allen Jenen ein Honorar zu verabreis
chen, welche für Die Arrangirung der Angelegenheiten ber Klad⸗
noer Gewerkſchaft thätig waren, und der fpezielle Titel, unter wels
chem Direktor Richter einen ſolchen Antheil befam, war nicht
ber Lohn für ein verfchafftes Darlehen, fondern für die Umſicht,
mit der er die einzelnen Gewerken unter fich in Beziehung auf
ihre einzelnen Antheile und gegenfeitigen Verhältuiffe in’3 Eins
vernehmen zu feßen verftand. Derfelbe Zeuge beftätigte, baß
es gar feinen Sinn habe, wenn man behauptet, Direktor Rich⸗
ter babe ihm bei dem Verwaltungsrathe der Pardubitzer Eifen-
bahn einen rüdjtändigen Baufoftenbetrag flüffig gemacht, denn
die Bewilligung hiezu hing von dem ganzen Vermaltungsrathe
ab. In gleicher Weife hat fich auch bie Tantiöme oder Die Be⸗
zahlung berfelben von Seite des Herrn Liebig an Herrn
Richter aufgellärt. Herr Liebig hat erflärt, daß er fich mit
Rückficht auf jenes bedeutende Darlehen, welches ibm Herr
Richter, nicht von der Krebitanftalt, fondern durch die Ver⸗
mittlung bes Sinanzminifters von ber Nationalbank, in dringen⸗
fter Noth verfchafft hatte, als Schuldner Richt er's —
448
habe, und ihm jene 20,000 fl. aufnöthigte. In allen diefen
Thatſachen ift nichts zu erbliden, was irgend einen gehäffigen
Charakter, was den Schatten eines Mißbrauchs feiner Amts⸗
gemalt auf den Angellagten werfen fönnte. Es wird fich endlich
der h. Gerichtshof erinnern, daß Herr Klein fo zu fagen fein
Bedauern auögefprochen hat, Daß er nicht auch in ber Lage war,
Herrn Richter feinen effektiven Dank bezeigen zu können.
Menn nun fhon aus dem bisher Sefagten Kervorgeht,
daß diejenigen Tihatfachen, die wider Den Angeflagten zur Dar-
thuung feiner betrügerifchen Abficht in der Anklage ange
führt werben, unwahr find, fo wäre bie Anflage auch überbieß in
der Lage gemefen, bein fpeziellen Inhalt jener Zeugniffe, bie
bereits früher bezogen wurden, zur Kenntniß zu nehmen, und
hätte fie dieß im Sinne des $. 60 St.⸗P.⸗O. gethan, fo hätte
fie nicht mit jenen Argumenten auftreten fönnen, welche, wie
ich eben erwähnte, Seite 29 zu Iefen find. Iene Zeugniffe, und
zwar zunächft bas sub Jour.⸗Nro. 504 befindliche Zeugniß ber
- Gemeinde und Pfarre Wilditein vom 18. September 1860,
welches ich bereits berührt Habe, enthält die denkwürdige Stelk:
»daß die ganze hiefige Bevölkerung in dem genannten Herrn
Fabriksbeſitzer einſtimmig und ftetö den biederſten und liebevoll⸗
ften Charakter bemunderte, ja ihn als ihren großmüthigften
Mohlthäter, als einen Vater verehrte. Hunderte von Familien
verdanken ihm feit feinem Hierfein ihre Eriftenz und Verſor⸗
gung, und Taufende find im Laufe der mehreren in dieſer Des
riode fallenden Nothjahre aus feinen Händen und durch feine
Berwendung den Armen und Arbeitsunfähigen in Abesroth
und Schönbach zugeflofjen. Armuth und Elend fanden in ihm
einen fteten bochherzigen und opferreichen Beſchützer.“ Dazu
fügte das Bezirksamt Wildftein hinzu, daß es die von dem Ges
meindevorftand und der Ortsfeelforge Wildftein abgegebenen
Zeugniffe nicht nur beftätige, fondern Daß auch beigefügt werben
muß, daß Richter nicht nur was die Unterftüßung der Armen
anbelangt, fondern bei jeder Selegenheit, wo es fich um gemeins
nüßige Zwede handelte, wie z. B. beim Straßenbau, mit einer
befonderen Munifizenz zur Förderung des Zweckes fich betheis
ligte. Die Prager Polizeidirektion endlich, die wahrlich nicht zu
diefem Zwecke requirirt wurde, hat in Dem von ihr abgegebenen
Zeugniffe vom 18. September I860 vie Bemertung ausge
449
ſprochen, daß Richter allgemein geachtet, als ein braver und
redlicher Gefchäftsmann und Arbeitsgeber geliebt werde. Alles
diefes war der Anklage aus den Unterfuchungsakten bekannt
und wurde von ihr fehlechthin idnorirt.
Das alfo ift der Mann, beffen Prinzip und Handlungs⸗
weife nach ber Anklage nur Eigennuß ift, das iſt der Dann,
dem man. es jebt als. Verbrechen anrechnet, daß er nicht bloß
mit Schaden erzeugt hat, dem man die Faͤden ängftlih nach⸗
zählt, um die er das Aerar verfürzt Haben fol. Allein ich bin
noch nicht zu Ende, ich kann von diefem eigennüßigen Manne
noch andere Eigenschaften anführen: Diefer vielleicht für Manche
zu reich dotirte Hauptdirektor der Krebitanftalt hat freiwillig
auf den höheren Gehalt, freiwillig auf die höhere Tantieme
Verzicht geleiftet. Er, der einen die Anftalt bindenden Kon⸗
traft für jich hatte, hat in den erften Tagen nad) feiner Verhaf⸗
tung, als er in der traurigften Situation feines Lebens fich bes
fand und wo der Kontrakt mit der Anftalt die Stüße feiner
Familie war, weil durch feine Verhaftung alle feine Verhälts
niffe ganz zerrüttet waren, er bat damals feine Stelle als
Hauptdireftor der Kreditanftalt niedergelegt, und ber Verwal⸗
tungsrath bat beinahe einftimmig befchloffen, dieſes edelmü⸗
thige Niederlegen feiner Stelle nicht anzunehmen.
Minifterialvath Freihert v. Brentano, und aud das
hätte der Anklage aus den Unterfuchungsaften befannt fein
tönen, hat in feiner Ausfage die bewährte Uneigennützigkeit
Richter's beionbers betont.
| Aber noch mehr, am 9. März wurde Richter verhaftet.
and am 19. März wurde ein Erfuchfchreiben an das Kreisge⸗
richt zu Krems erlaffen, um den zu Stein inhaftirten Dr.
Zugſchwert über die Perfon Richter's zu vernehmen. In
dem Grfuchichreiben fteht die bedeutungsuolle Stelle: „Daß
Zugſchwert durch Die genaue Angabe der Wahrheit — und
bier wurde auf eine Bemerfung angefpielt, die Dr. Zug-
Tchwert in diefem Haufe ausgebracht haben follte — ein nicht
zu unterfchäßendes Verdienſt fich erwerben würde.« Und Zug⸗
Schwert Hat der Wahrheit die Ehre. gegeben und fie voll und
ganz angegeben. Er hat alle bereitö von mir berührten That⸗
fachen, die Verzichtleiftung auf ben höheren Gehalt und aufüie
Höhere Tantiöme betätigt und überdieh erlitt , dok — X
450
Richter Fein fatutenwidriges, Fein unrechtmäßiges Gebaren,
auch nicht im Privatverkehre befannt fei. Und wie wenig man
auch jebt auf das Zeugniß des Dr. Zugfchwert, weil er ein
Sträfling ift, geben will, ich glaube, man würde viel auf fein
Zeugniß gegeben haben, wenn er im entgegengefebten Sinne
ausgeſagt hätte. |
Sch glaube damit ber Anklage das Fundament unter ben
Füßen mweggezogen zu haben. Einer betrügerifchen Abficht if
ber Dann, der mit diefen Eigenfchaften, die ich eben berührt
habe, ausgeftattet ift, der dieſe Thatjachen in feinem Leben hin⸗
tex ſich hat, nicht fähig, und ich berufe mich hier, um nicht in
banaler Meife auf diefen Umftand nochmals zurüdzufommen,
- auch auf die zahlreichen Zeugniffe, welche Dem hohen Gerichtshofe
zur Kenntniß gefommen find, und melche die glänzendfte, recht:
Tichfte nd ehrbarfte Vergangenheit bes Angeklagten ausweifen.
So wie aber in Beziehung auf Die Perfon des Angellag
ten, ift bie Anklage auch in Beziehung auf andere perfünlis
he Berbältniffe nicht mit derjenigen Eraktheit, Genauigkeit,
ich möchte fagen Aktentrene vorgegangen, wie fie nach dem
Inhalte der Unterfuchungsaften hätte vorgeben können,
und, wie ich hinzufüge, hätte vorgehen follen. Es find dieß bie
Perfonen: Freiherr v. Eynatten und Baron Brud. Ich muß
biefe perfünlichen Verhältniffe hier berühren. Allerdings hat man
in berjenigen mündlichen Ausführung der Anflage, momit bie
Schlußverhandlung eröffnet wurde, den Namen bes Barond
Brud fallen Taffen, und im Laufe des Bemweisverfahrens
‚wurde er, dad muß ich anerkennen, ſtets mit der gebübrlichen
Schonung erwähnt, und in der Schlußausführung ber Töblichen
Staatsbehörde, und auch dieß erkenne ich im vollften Maße an,
wurbe es vermieden, den Namen des Baron Bruck anzutaften;
im Gegentheile hat fie es ‚abgewehrt, daß er in irgend einer
Weiſe angetaftet werden koͤnne, und auch das erkenne ich an.
Die gebrudte Anklagefchrift aber, die in alle Welt gefommen,
und anch in bie öffentlichen Journale übergegangen ift, ftellt es
feft, daß man anfangs von einer Gemeinfchaft Eynatten-Bruds
Richter ausgegangen fei. Man könnte mir vielleicht jagen,
was mich das wohl befümmere? ch werde aber fofort aus dem
Inhalte ber Anklage nachweifen, daß jede vergrößerte Schuld
des Baron Eynatten, jede wngeredtierüige Verhächtigung
451
Des Baron Brud ihre Schatten auch auf meinen Klienten
werfen könnten, und darum ift es meine Pflicht, das, was
in der Anklage in diefer Richtung vorgebracht ift, fo weit es
Freiherrn von Eynatten betrifft, auf fein wahres Maß zu⸗
südzuführen, und fo weit es Freiherrn von Bruck betrifft, ent
ſchleden zurüdzuweifen. Die genannten drei Perfonen werben in
ber Anklage, und zwar Seite 5 kumulativ al8 „die drei Genann-
ten« bezeichnet, welche beabfichtigten, die Rechnung der. Cerea⸗
Iienlieferung bem Freiherrn von Brud vorzubehalten, und
auf Seite 30 der Anklage kommt die fehr bebeutungsvolle
Stelle vor, daß, wenn Baron Eynatten am Ruber geblie⸗
‚ben wäre, die ungebührliche Gerenlienrechnung und die De-
vifenrechnung ebenfalls wohl auf ewige Zeiten genehmigt geblies
ben wären. Kein Unbefangener wird verfennen, daß in bie-
fen Stellen eben nicht Die wohlwollendſte Anficht ausgeſpro⸗
«hen wurde.
Es wird ferner von Bäron Eynatten gejagt, dag nicht
nachgewieſen fei, ob er nicht anderswo Dermögen deponirt
babe. Bon feinem Selbſtmorde wird gefagt, daß er fich da⸗
durch dem Bekenntniſſe einer größeren Schuld entzogen habe,
und von Baron Brud wieder heißt e8, und zwar an der Stelle,
wo von der »Aufflärung über 25.000 fl.* die Rebe ift, daß
er fich Durch feinen Selbftmord weiteren „Aufflärungen über die⸗
fen und andere Gegenftände der Unterfuchung« entzogen habe,
nachdem er zupor, nämlich zwei Tage vor feinem Ende, alle
Papiere gefichtet und mehrere Padete verbrannt hatte. Ich
Habe nach diejer wortlichen Darlegung ber Stelle, welche bie
Anflage enthält, nicht nöthig, noch mehr zu betonen, daß da⸗
mit eine Berbächtigung bes Freiherrn von Brud ausge⸗
fprochen iſt.
Was tft nun die Schuld des Baron Eynatten? Wo
liegt ein Verdacht gegen Baron Brud vor? Was gegen Baron
Eynatten bewiefen iſt, beftebt einfach in der Geſchenkannahme
von 39.000 fl. von Jung. Ich beftreite aber, daß irgend etwas
Anderes eriftirt, was fonft noch gegen ihn bewiefen werben
kann, unb wenn ber Staatsbehörde Beweife in diefer Richtung
zu Gebote geftanden wären, fo bin ich von ihrer Umficht und
Vorficht überzeugt, daß fie dieſe Beweife beigebracht hätte. Ich
habe nicht nöthig, wegen eines anberweitigen Vermögens bes
452
Baron Eynatten irgend wie Umfrage zu halten und gleich
falls die in ber Anklage vortommende Behauptung aufzuftellen,
daß ber Befiß der bei Baron Eynatten vorgefundenen Ver⸗
mögenfchaften nicht vollftändig aufgeklärt fei.
Mas fein Vermögen betrifft, jo wurden vorgefunben:
25 Stück Nordbahn- Aktien, 21.000 fl. Nationalanlehens⸗
Obligationen und 21.000 fl. Grundentlaftungs- Obliga-
tionen; das macht nah bem Kurswerthe vom Juli und
Auguft 1859 ungefähr ben Betrag von 66.000 fl. Nimmt
man nun die 39.000 fl. von Jung und ben von Rich⸗
ter Erebitirten Betrag von 26.000 fl., jo gibt dieß 65.000 fl.,
womit das ganze Vermögen bes Baron Eynatten bis auf
eine ganz. verfehwindende Differenz aufgeflärt if. Dan hat
alfo gar feinen Grund, einer weiteren Schuld des Baron Ey
natten nachzufosfchen. Und wenn man die wirklich erſchüt⸗
ternde Art und Weife bedenkt, in welcher Freiherr v. Eynatten
feine Schuld geftand, zu einer Zeit, wo er. noch nicht genöthigt
war, bie Gefchentgebung von Seite Jung's anzugeben, und
wenn man fich das Teftament des Freiherrn von Eynatten
gegenwärtig hält, fo glaube ich, fteht wider diefen Dann nit
mehr als jener Fehltritt bewieſen, den er durch die Annahme
des Geſchenkes von Jung beging, und dieſen Fehltritt und
ſelbſt jeden andern bat er Durch feinen Selbſtmord mehr als
ebüßt. Welche find aber die Werbächtigungen, die wiber
Freiherr von Brud vorgebracht wurden? Welchen Werth haben
diefe? Und wie lafjen fie fich rechtfertigen? Die bedenklichſte
Stelle der Anklage ift die rüdfichtlich des Konto bei der Krebit-
anftalt im Betrage vou 25,000 fl.
Die Kreditanftalt nun iſt eigentlich ein Banquier und Freis
herr von Brud war ein Minliter, der den Kredit feines Ban
quiers in Anfpruch nahm und es wird noch manchen Miniſter
geben, der ben Kredit feines Banquiers in Anfpruch nimmt
und ich meiß, man muß nicht gerade ein diterreichifcher Miniſter
fein, um einen Banquier als feinen Banquier zu benüten.
Hätte Herr Baron Brud ſich bewogen gefunden, fich 25,000f.
auf andere Weife zu verfchaffen, fo hätte er es auf dem Poften,
auf dem er fih befand, und in dem Wirfungsfreife, der ihm zu
Gebote ftand, in ber leichteſten Weife than fünnen, und gerabe
Diefe Behandlung feiner Geldangelegenheiten ſtellt auch in dieſer
453
Beziehung feine Integrität heraus. Es wurbe weiters in vers
bächtigender Weile hervorgehoben, daß er alle feine Papiere
fichtete und mehrere Padete davon zwei Tage vor feinem Tobe
verbrannte. Wer hat aber in feinem Leben nicht fchon Padete,
alte Konti, alteRechnungen verbrannt? Und der Kammerbiener,
Mathias Gruber, hat eben angegeben, daß esalte Konti waren,
die zum Theile noch von dem Aufenthalte in Konftantinopel
herruͤrten, die Baron Bruck verbrannte. Hätte Baron Brud
verbächtigende Papiere zu verbrennen gehabt, fo würde er fich
geüthet haben, fie gerade in Gegenwart der vorwißigen Zeugen
haft eines Bedienten zu verbrennen, er würde felbft bie
Flammen und den Ofen gefunden haben, mo er die Papiere
ohne Zeugenfchaft eines Andern verbrennen konnte; ja zur Zeit,
wo er die Papiere verbrannte, hatte er durchaus feine Ahnung
von denjenigen Gefchiden, die allerdings raſch auf ihn heran
ftürmten. Selbit die mit aller Befcheibenheit vorgenommene
Vernehmung des Unterfuchungsrichter8 war nicht geeignet, ihm
Beforgniß einzuflößen.
Der härtefte Schlag, der ihn traf und der ihm nun erft
den Zuſammenhang zwifchen feiner Bernehmung und dieſem
Schlage errathen ließ, war das allerh. Handbillet vom 22. April
1860. Dieſes allerh. Handbillet, welches feinen Stolz, fein
Machtbewußtſein, ſeinen Ehrgeiz tief verletzte, gab ihm das
toͤdtende Meſſer in die Hand. Er ſtarb durch den Selbſtmord
des Stolzes, — und dieß iſt die ganze Aufklärung. Ich bin
mit der Richtigſtellung der perfünlichen Verhältniſſe zu Ende
und ich hoffe durch dasjenige, was ich eben ausführte, nach⸗
gewiefen zu haben, daß die anfangs von ber Anklage fingirte,
fpäter in der mündlichen Anklage allerdings nicht berührte
Solidarität der Namen: Eynatten, Brud, Richter eine
Thatſache ift, die von der Gefchichte als unwahr bezeichnet
werden wird.
Ich gehe nun zu den thatfächlichen Verhältniffen über,
nämlich zu den Gefchäften, welche mit der Anklage in Verbin⸗
dung ftehen, und zwar zuerft zu denjenigen Gefchäften, welche
zwar noch Feinen Gegenſtand der Anklage felbft bilden, deren
Ausläufer und Ergebniffe aber namentlich mit bemjenigen Theile
ber Anklage in Verbindung gefeßt werben, welcher auf F. 105
454
des St.⸗G⸗.B. gegründet wird. Ich meine zuerft das Zerealien-
geſchaͤft. | | |
In Beziehung auf Das Zerealiengefchäft wurbe es Herm
Direktor Richter zum Vorwurfe gemacht, daß er feinen fchrifts
lichen Vertrag errichtete, keine Kaution erlegte, Teinen Stempel
bezahlte und mas dergleichen Mehreres. Es find die lauter
Zumuthungen, welche in einem faufmännifchen Kommiſſions⸗
geichäfte, und nichts Anderes war dieß Gefchäft als ein kauf⸗
männifches Kommiffionsgefchäft, gar nicht gemacht werben
können. Den jchriftlichen Vertrag begehrte fogar Herr Richter
felbft, Breihert von Eynatten errichtete ihn aber nicht, und
Freiherr von Eynatten war mit fo weit gehenden, gegen alle
Präzedenz ausgebehnten VBollmachten auögeftattet, daß Richter
annehmen Tonnte, Freiherr von Eynatten habe das Ned,
auch bloß mündliche Verträge zu errichten.
Nun wird man Niemand zumuthen, von einem miünblichen
Bertrage Stempelgebühr zu bezahlen oder einen fchriftlichen
Bertrag zu errichten, einzig und allein um die Gebühren bes
zahlen zufönnen. Daß aber Richter die Stempelgebühr, und
zwar eine hohe Stempelgebühr, wo fie ihn mit Recht traf, wirk
lid) errichtete, beweift der Schluß des Vertrages vom 22. Juni
1859, von welchem er die Stempelgebühr ordnungsmaͤßig
entrichtete. Allein bei einem Faufmännifchen Kommiffionsgefchäft
fallen alle folche Gebühren den Kommittenten zur Laft. Der
Kommiſſionär Hat daher nach kaufmänniſchem Uſus ſolche
Gebuͤhren nicht zu entrichten und alle dieſe Inſinuationen, die
ſchon an ſich nicht ſchwer wiegen, ſtehen mit einem kaufmaͤn⸗
niſchen Kommiſſionsgeſchaͤfte geradezu im Widerſpruche. Ich
glaube alſo, daß aus ſolchen Umſtänden irgend etwas den Aw
geflagten Belaitendes nicht hergeholt werben könne.
Es wurde aber weiter die Beichaffenheit der durch die
Kreditanftalt eingefauften Früchte einer fehr eingehenden Kritil
unterzogen, und die Anklage ſchon äußert fich, daß das Ber
dienft, welches ſich Herr Richter in diefer Beziehung vindizire,
auf ein fehr befcheidenes Maß zu redugziren fei. Es Tiegen über
die Befchaffenheit der Früchte mannigfache Zeugniffe vor und
zwar bereit3 in den Unterfuchungsatten. Die Anklagefchrift hat
aber nady der Methode, welche ich noch immer behandle, nur
Diejenigen Zeugnifje berüdfichttat, weiße Kür ten Zweck ber
455
Anklage die geeigneteften waren, zunächft das des Beamten der
Kreditanitalt Härtl. Nun ſelbſt Härtl, der gleich an Beginne
feiner Ausfage eingeftanden, daß er eigentlich vom Zerealien-
gefchäfte gar nichts verftehe, ſelbſt Härtl, fage ich, hat zuge-
geben, dab Richter ihn den Auftrag gab, mit großer Umficht
und Vorſicht zu Werke zu gehen, er bat zugegeben, daß
er auf gutes Maß, volles Gewicht und rechte Qualität zu ſehen
hatte, und daß er in letzterer Beziehung, weil er nicht vollfoms
men Sachverſtändiger war, noch auf eine andere Perfon, wenn
ich nicht irre, Namens Kauz, verwiefen war. Jener Härtl,
der nach dieſen Prämiffen und wie gleichfalls aus den Proto⸗
kollen der VBorunterfuchung zu entnehmen it, als Sachverſtän⸗
diger in Zerealien nicht zu betrachten iſt, hat, wie mir ſcheint,
und wie dieß aus dem Protokolle ſehr hervorleuchtet, aus offener
Rivalitaͤt gegen den Leiter der Peſter Filiale Laͤnyi ausgeſagt,
Daß nur '/, gut, ”/, aber ſchlecht geweſen ſeien. Es wäre dieß
traurig, wenn Härtl der einzige Zeuge geweſen wäre. Er ift
es aber nicht. Sch berufe mich zunächft auf den Hofrath Bayer,
der zwar wegen Schwäche bes Erinnerungsvermögens im Laufe
ber Schlußverhandlung nicht beeibet wurde, auf den ich mich -
aber, weil ſich auch bie Töbliche Staatsbehörde auf ihn berief,
ebenfalls berufen Tann. Hofratb Bayer nun bejtättigte Die
gute Beſchaffenheit der angelauften Früchte, die zweckmäßige
Art und Weife, wie beim Einkaufe derfelben zu Werke gegangen
wurde, und wie dabei jede fchädliche Tautwerdende Konfurrenz
und mit ihr die Steigerung ber Preife vermieden wurde. Wenn
auch bdiefer alte Herr erinnerungsſchwach in Beziehung auf
Meine Daten ift, fo find doch diefe von mir angeführten Daten
fo allgemeinfeftitehend, daß fie felbft dem ſchwachen Erinnerungs⸗
vermögen im Gedächtniß bleiben, und daher auch von dieſem
Zeugen als wahr angenommen werben können.
Hofrath Bayer ift aber auch nicht der einzige, deſſen
Ausfage bereits in den Vorunterfuchungsaften vorlag. Auch
General Mertens, beifen Bericht fich unter Journ.⸗Nir. 370
befindet, bezeugt, daß die Waare zwar keine magazinsmäßige,
aber eine durchaus gute war, und die nothwendige Nachficht
bei bem Hafer fet dadurch erklärt, weil jo große Quantitäten
nah dem Mißjahre 1858 nicht ariders aufzubringen waren,
und er hat dabei hingewieſen, wasl'auc die Sadhnertäntigen
456
Santa und Grünwald beftätigten, nämlich auf die befonbere
Methode, mit welcher die Früchte in Ungarn eingeheimft wer⸗
ben, und wodurch bebeutenbe Unreinigfeitsperzente bie noth-
wenbige Sonfequenz find. Auch die Ueberprüfungskommiſſion,
deren Glaborat fih in Journ.Nr. 23 vorfindet, hat über das
Setreibegefchäft fich anerfennend ausgejprochen, fie hat e8 als
zweckmäßig erklärt, daß das Getreidegeichäft der Krebitanftalt
überwiefen wurde, und die Provifion von 10 fr. mäßig, bie
Art und Weife des Gebarens korrekt gefunden, und fich bar
über insbeſondere ausgeiprochen, daß gegen die Korrektheit ber
Verhandlungen durchaus nichts einzuwenden fei. Alfo alle
biefe Beweiſe, die ich foeben vorgeführt habe, und bemen id
noch bie Zeugniffe von Grünwald und Fanta Hinzufüge,
welche erſt in ber Schlußverhandlung vernommen worden find,
während Die andern Beweiſe ſchon in der Vorunterſuchung
bekannt waren, hätten genügen dürfen, die Anſicht über das
Zerealiengefchäft zu modifiziren, und basjelbe nicht in jo
herabfegender Weife zu beurtheilen, mie dieß in der Anklage
geſchehen iſt.
Es iſt noch ein anderer Punkt bei dieſem Zerealiengeſchäft,
auf den auch ein ſehr großes Gewicht gelegt wurde, namentlich
bei der Anklage wegen Verleitung zum Mißbrauche der Amts⸗
gemalt, das ift Die Rechnungslegung über das Zerealiengefchäft.
Ich erkenne, daß Oberfriegsbuchhalter Schultner beis
nahe der einzige Zeuge war, ber einen Punkt, welcher aber
mit der Anklage in durchaus feinen Zufammenhange fteht, in
einer etwas unangenehmen, nicht aber in einer folchen Weife
vorgebracht Hat, daß er dem Angeklagten irgendwie fchädlid
fein könnte. Herr Oberkriegsbuchhalter Schultner, ein
firenger Buchhaltungsbeamter, hat feine Pflicht erfüllt, und
verdient alle Anerkennung für die jtrenge Nechtlichkeit, mit der
er als Staatöbeamter die Rechnungen prüfte, Die das hohe
Aerar betrafen. Nun muß man aber zugeben, daß der Stand»
punft eines Beamten der Buchhaltung und der eines Kauf:
mannes in Bezug auf Rechnungen in einem Kommiſſions⸗
gefchäfte nicht nur nicht zufammenfallen, fondern, wie gerade
aus ber perfönlichen Vernehmung des Herm ES chultner fih
ergab, weit ab von einander liegen. Seine Anſchauung tft am
Bureautiſch groß gezogen und feine Anſchauung iſt ganz Divers
457
girend von jenen Prinzipien, welche bas faufmännifche, lebens⸗
feifche und praftifche Gebaren erfüllen. Das ift alfo ber erite
Gegenſatz, der hervortritt. Et verlangte alle handſchriftlichen
Grundlagen, insbefondere aber einen Pieferungsvertrag, ber
nicht abgejchloffen wurde, weil es Fein Lieferungsgefchäft,
fondern ein Kommüfjionsgefchäft war. Die kaufmännifche ©e-
barung ift dabei eine ganz einfache. Es werden, wie dieß auch
geſchah, die Schlußzettel und die Preistabellen vorgelegt, und
das genügt. | . |
Der gravirendſte Umſtand in den Augen bes Herrn
Schultner war rüdfichtlich des Baron Eynatten der Aufs
trag, der an ben Herrn Schultner ging, bie Rechnung bloß
ziffermäßig zu prüfen, und es wird namentlich in der Anklage
wegen Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt darauf an⸗
geipielt, e8 jei diefe Begünftigung, wie man fie nennt, eine bes
fonder8 von Herrn Richter erfehnte gewefen. Ich bin in ber
Lage, diefem ſchon bier entfchieden entgegenzutreten. Der hohe
Gerichtshof wird fich noch aus der Ausfage des Henn Schultner
zu entfinnen in der Lage fein, daß Freiherr v. Eynatten es
war, ber rafch, wie er num einmal war, nur von einer ziffer⸗
mäßigen Prüfung Iprach, daß Nichter aber Dagegen fagte, er
ftehe ihm, Herrn Schultner, mit allen Behelfen zu Gebote.
Alle Behelfe zu. Gebote ftellen heißt, die Aufflärungen geben,
die nothmwendig find. Diefe Bereitwilligfeit des Herm Richter
bat aub Herr Schultner durchaus nicht in der Richtung der
bloß ziffermäßigen Prüfung aufgefaßt.
Wenn nun alfo ein Konflikt ftattfand zwifchen Schultner
und Eynatten, fo war das ein Konflikt der traditionellen
Haltung und Uebung des Beamten und der erzeptionellen Boll:
macht des militärischen Befehlshabers. Diefer Konflikt, der
etwas fcharf ausfiel, weil eben der Hohe Militär nicht gewohnt
ift, viel Widerfpruch zu finden, war für bie Empfindlichkeit bes
Beamten verlegend; aber man fanıı nicht fagen, daß er in irgend
einer Weife von Herrn Richter hervorgerufen worden wäre.
Sch fehe daher nicht ein, wie man das Verlangen nach ziffer-
mäßiger Rechnung Herın Richter zur Laſt legen Tann.
Uebrigens muß ich mich weiters darauf berufen, baß bie
Mängel ber gelegten Rechnung urfprünglich 350,006 fl. waren,
welche Summe von bem in biefen Angelegenheiten jelbit fach«
458
verftändigen Herrn Minifterialrath von Brentano, der eine
Kapazität in biefem Fache ift, fchon als gering bezeichnet wurde.
Diefe Mängel verminderten fich überdieß auf die Ziffer von
183,000 fl., und auch dieſe Ziffer ift durchaus noch nicht. bie
endgiltig feftgeftellte und von der Krebitanitalt bereit rechtlich
anerkannte. Im Gegentheile ift die fehließliche Ziffer noch ein
Gegenftand ber Verhandlung, und es dürfte fi, wie Her
Direktor Hornboftel es in feiner ausführlichen Erörterung
nachwies, diefelbe noch bedeutend herabminbern und vielleicht
faum die Höhe von 1°/, erreichen. Ja felbft die Meberprüfungs-
kommiſſion des ®etreidegejchäfts hat im Gegenfage zu Herrn
Schultner fih dahin ausgefprochen, daß die Ziffer von
183,000 fl. ein Verhältniß zur Ziffer von 15,300,000 fl. des
Zerealiengeſchäfts gar nicht fo hoch fei, wie fie denn in der That
nur etwa 1’/,%/, beträgt. Eben fo ift das Geſchaͤft auch In Be
zug auf den finanziellen Erfolg mit vielem Vortheile für das
Aerar geſchloſſen worden. Freiherr v. Brentano von feinem.
hoben Standpunfte aus hat zwei weientliche Bortheile prägnant
angegeben, welche die Beforgung des Getreideeinkaufes Durch bie
Kreditanſtalt für den. Stan hatte. Er erzählte, daß er fich da⸗
mals im Auslande befand und als er davon hörte, es für einen
der glüdlichiten Gedanken pries, daß man die Kreditanftalt das
mit betraute.- Die zwei Vortheile, die er anführte, waren, baß
man durch eine zwedinäßige Gebarung von Seite der Kredit
anftalt die Preisfteigerung der Konkurrenz verhinderte und bie
Bevölkerung im Großen und Ganzen vor der Kalamität einer
Theuerung bewahrte. Das, glaube ich, find Verdienſte, die nicht
zu unterfchäßen find und die dem Angeklagten Herrn Richter
gebühren; das haben auch Die Zeugen Santa und Grünwald
betätigt, welche bier ausfagten, daß fie um jeden Metzen han
bein mußten, daß Richter fich den Anfchein gab, als ob er
nicht Faufen wollte, und daß ed Richter durch manche »Ma⸗
növer« dieſer Art gelang, bie Preife der Zerealien niedrig zu
erhalten.
Endlich darf ich zur vollftändigen Erörterung und Er⸗
ledigung des Gegenſtandes nicht unberückſichtigt laſſen, daß
durch mehrere Zeugen und Beamte der Anſtalt, wozu insbe⸗
ſondere Herr Direktor Hornboftel gehört, beftätigt iſt, daß
Derr Direktor Richter auf die Verfallung der Rechnungen bei
459
ber Anitalt insbefondere auch auf die Formirung der Zerealiens
rechnung feinen Einfluß nahm, feinen hatte, und feinen nehmen
konnte.
Man muß ſich aber nur lebendig in die Lage eines Haupt⸗
direktors der Kreditanſtalt als den Mittelpunkt eines mit ſo zahl⸗
reichen Beamten verſehenen, ſo weit ausgedehnten Inſtitutes den⸗
ken, um von jener Vorſtellung abzugehen, als ob ein Direktor
der Kreditanſtalt fih um jeden Zettel kümmern könnte, der im
* Haufe gejchrieben wird. Ein Direktor, der dieß thäte, der würbe
wahrlich feinen Poſten ſchlecht ausfüllen, der würde kein guter
Direktor ſein, — denn ein ſolcher darf kein Bureaumenſch, er
muß ein Dann der friſchen That fein.
Damit glaube ich die Angelegenheit des Zerealiengefchäftes
verlaſſen und mich jenen weiteren Geſchaͤften zuwenden zu koͤnnen,
welche in der Anklage zwar nicht als ſtrafbare Handlungen er⸗
ſcheinen, aber doch mit dem Gegenſtande der Anklage in ver⸗
bächtigende Verbindung gebracht werben. Ich meine nämlich
zunähft das Zwilchgefchäft. Auch beim Zmilchgefchäfte laͤßt
fich die Anklage fo an, obwohl ich in diefer Beziehung geftehen
muß, daß fie minder entfchteden hervortritt, als ob das Zwilch⸗
gefchäft nicht ohne eigennüßige Abficht von Seite des Herrn
Richter gefucht worben wäre. Die Anklage läßt beinahe hers
vorbliden, als ob denn doch der Devifenantauf eigentlich nur
bie beabfichtigte Folge bes gefuchten Zwilchgefchäftes geweſen
wäre, als ob fein Mangel an Zwilch im Inlanbe geherrſcht habe.
In diefer Beziehung kann ich mich einfach auf die fehr einleuch⸗
tende und klare Ausfage des Herrn Ober- Kriegsfommifjärs
v. Ölommer berufen, welcher dem hohen Gerichtähofe beftätigte,
Daß der Bedarf von Zwilch in Sommer v. J., namentlich Ans
fangs Juli, ein erorbitanter gewefen fet, baß die Armee wirklich
an Zwilch Mangel gelitten Hat, und daß man troß ber um⸗
fichtigften Vernehmung jener Gewerbsleute, bei denen man
Zwilch aufzutreiben fonft in ber Lage war, nicht zum Ziele ge-
langen, fich nicht den erforderlichen Zwilch verfchaffen Tonnte.
Diefe Ihatfache hat auch der Bericht der Enquetefommiffion feſt⸗
geftellt, und ich berufe mich auf dieſes Aftenftüd. Herr Liebig hat
gleichfalls beftätigt, daß er nicht in der Lage war, mehr als 200
Städ zufammen zu bringen, und daß er das Geſchaͤft deßhalb
aufgegeben habe. Der hier vernommene Zeuge Hoppe, der in
460
diefem Zweige jehr verfirt ift, Hat gleichfallg angegeben, daß
Zwilch nicht zu befehaffen war. Und daß Herr Richter nicht
derjenige Mann ift, der nur fofort an das Ausland fich wendet,
bas hat er in feiner Haltung bei dem Schuhgeſchäfte bewiefen,
wie aus ber Ausfage bes Zeugen Wilhelm Frankl hervorgeht,
da er wieder durch ein „Manöver« die inländifchen Schuhpro-
duzenten dahin brachte, daß fie fich entfchloffen, mit dem Ar-
meesOberfommando ein Lieferungsgefchäft einzugehen. Auch
Herr Minifterialrath v. Brentano hat beftätigt, daß es zweds
mäßig war, den Zwilch im Auslande zu Taufen und daß Mi
nifter Bruſk ſich nicht fo Teicht entfchloffen habe, im Auslande
kaufen zu Tajfen, wenn es nicht. abfolut nothwendig war, was
auch einfach aus finanziellen Gründen einleuchtet, um eben nicht
burh Zahlungen im Auslande auf die Valuta nachtheilig zu
wirken. Dagegen ift man mit einem ganzen Konvolut von Be
richten zahlreicher Handelskammern aufgetreten, die mir erft
vorgejtern gehört haben.
Auf Grund dieſer Berichte wurde in der Anklage und auch
in ber mündlichen Ausführung die Behauptung aufgeftellt, daß
zur fraglichen Zeit Zwilch ſehr Teicht im Inlande zu verfchaffen
gewefen wäre, und zwar in beliebigen Onantitäten. Es find in
dieſer Beziehung zwei Fragen geftellt worden, nämlich 1. über die
Beſchaffung überhaupt von 1'/, Mil. Ellen, und 2. die Frage,
ob in der Zeit vom 18. Juli bis 23, Auguft des Sommers
1859, 1000—1100 Stüd Zwild im Inlande aufzubringen
waren. Die erfte Frage haben viele Heinere Kammern bejahend
beantwortet, das ift wahr; aber die vorzüglichitien Handels⸗
fammern der Monarchie, an Orten, welche die Gmporien bes
Öfterreichifchen Handels find, die Handeldfammern von Belt,
Mien, Brünn, Prag und auch die fehlefifche Handelskammer
haben fich negativ und dahin geäußert, daß Zwilch in folchen
Duantitäten ohne bedeutende Preisfteigerung nicht zu vers
Ichaffen gewefen wäre. Ich glaube alfo, daß biefe Kammerbe⸗
sichte beweiſend Sprechen für Herrn Richter. — Die 2. Frage,
die man an die Kammern ftellte, war eine ganz müßige, uners
hebliche, man hätte fie beſſer unterlaffen und es tft Schade
am das Papier, dad mit ihrer weitwendigen Beantworkung
verjchrieben wurde. Daß im Sommer 1859 vom 18.
Full 5i8 23, Auguft 1000-1100 Ss Ankh im
461
werben konnten, das ift wahrhaftig nicht bie Frage, auf die es
ankam, da es ſich um 30 bis 50.000 Stüd und nicht
am 1000—1100 handelte. Die Fragen, die man ftellte, und
welche die Handelsfammern bejahenb beantworteten, bat für
den Zwed der Unterfuchung gar feinen Werth, weil es fich nicht
darum gehandelt hat, Zwilch nach geichloffenem Frieden, mo
die inlänbifche Produktion fich wieder hervorwagte, anzufaufen,
fondern zu der Zeit, wo der Krieg am heftigften entbrannt war,
und ber nahe Friede noch gar nicht in Ausficht fand. E3 han⸗
delte fich nicht um 1000—1100, fondern um 30—50,000
Stüde und nicht nach gefchloffenem Frieden Ende Juli bis 18.
Auguft 1859, fondern mitten im Kriege. Diefe Frage hätte
man alſo befjer unterlaffen, man hätte die Kammern ebenfogut
um das Befinden der Kammermitglieder oder um bag Wetter
im Kammerbezirke fragen fünnen. Die Thatſache ſteht dem⸗
nach feit, daß damals der Zwilh im Inlande nicht zu be-
Schaffen war.
Ich kann dieſen Gegenftand nicht verlaffen, ohne auch noch
auf die Kritik Hinzuweifen, die Herr Hofrath Eder-Kraus
Schon in der Borunterfuchung, und fohin auch in der Schlußver-
handlung gegen die Handelskammern niederlegte. Herr Hofrath
Eder: Kraus hat gefagt, daß er zweifle, ob die Kammern das
mals, wenn man fie gefragt hätte, ebenfalld fo fich geäußert
hätten, ob fie ferner die Vermittlung für das Aerar übernommen
Hätten, und ob nicht durch die Kammern felbft im Schooße der⸗
ſelben eine ganz unliebfame Preisiteigerung fich herausgeitellt
haben würde. Dan darf alfo mit gutem runde zweifeln, daß
damals den Kammern die Wünfchelruthe zu Gebote geitanben
wäre, um bie verborgenen Zwilchuorräthe an das Tageslicht
zu zaubern, und man darf vielmehr fagen, daß jede Anfrage nur
eine enorme Preisfteigerung zur Folge gehabt hätte. Ich glaube
Somit das Zwilchgefchäft ruhig verlafien zu können.
Ich wende mich nun zu jenen Gefchäften, welche in der
Anklage mit den Buchftaben A—F erjcheinen, um in dieſer
Beziehung dasjenige feitzuftellen, was im Intereſſe ber Vers
‚ theidigung feitgeftellt werden muß. Es kommen fürs Eifte
unter lit. A, C und E Diejenigen Gefchäfte vor, welche die
Firma Schroll & Söhne betreffen. Ich kann nur annehmen,
daß das unter E erwähnte Geſchäft bvloß der BÄREN
462
wegen angeführt worden ifl. Bei dieſem Geſchäfte muß nur
hemerft werden, daß bie Lieferung erft am 19. Oktober, alio
zu einer Zeit gefchloffen wurde, wo Baron Eynatten nit
mehr am Ruder war. Was das Gefchäft A anbelangt, fo betrifft
es 5000 Stüd Strohfadkalitot. In der Erzählung biefes
Sefchäftes kommen mannigfache faktifche Unrichtigfeiten unb
Unrichtigkeiten in der Berechnung des Gewinnes vor. Eine
thatfächliche Unrichtigfeit enthalten gleich die Eingangsworte,
welche mit einem Gegenftande zufammenhängen, der geftern
etwas ausführlicher von Seite der Staatöbehörde bei der Mos
tivirung ihrer Anträge wegen Verleitung zum Mißbrauche ber
Amtögewalt berührt wurde, nämlich mit den Monopoliſirungs⸗
tendenzen des Angeklagten. Da wird denn in ber Anklage
gefagt: „Richter Hat Sch roll an ſich gezogen« und Richter
fei derjenige geweſen, welcher die unmittelbare Lieferung des
Herren Schroll verhinderte. Der hohe Gerichtshof hat aber
Herrn Schroll und Herrn Seibl perfönlich gehört, und biefe
Herren haben, ſowie auch überhaupt alle Subfontrahenten, fi
dahin geäußert, daß ſie ſich nicht hätten beifallen laſſen, als
ſelbſtſtändige Lieferanten aufzutreten. Es wurde in ber Anklage
darauf bingewiefen, daß man Schroll befeitigte und ihn zum
Subtontrabenten herabgedrängt hat. Dieſes muß aber nad
bem Geſagten zurücdgemwiefen werden. Schroll hat, wie fih
in der Schlußverhandlung herausftellte, von Richter denfelben
Preis pr. Elle, nämlich 13°/ fr. erhalten, ben Richter jelbft
vom Aerar erhielt; dagegen wurden an dem urfprünglich präs
Iiminirten Garnpreiſe 2 Er. pr. Pfd. aufgefchlagen und ber
©arnpreis um biefe 2 fr. höher gerechnet.
Die Anklage Hat nun zu einer eigenthümlichen Metbobe
gegriffen, um Richter's Gewinn bei diefem Gefchäfte auss
zurechnen. Ste fieht nämlich dieſe 2 fr. fofortalgeinenreinen Ge⸗
winn an, was aber faljch iſt; 13’), Er. befam Richter und
13'/, fr. zahlte er Schroll. Das Garn nahm er nun zwar
ven Richter um 2 r. theuerer ab; das ift aber nicht reiner
Unternebmungsgewinn Richter's, weil biefer von den Koften
der Garnproduktion abhängt; alfo ift es jalfch, jene 2 fr. als
Maßſtab des Gewinnes zu nehmen, und folglich ift Die ganze Ge⸗
winnftberechnung, bie darauf geftüßt wird, ſowie der dort ans
gegebene Betrag von 2083 1. 20 %. ufenbar unrichtig. Falſch
468
ift aber auch weiter die 3'/,perz. Berechnung von Kommiffion
und, Skonto, da hievon die zweiperzentige Uebergabsprovifion
Bayer's abzurechnen ift. Falſch ift daher auch bie ganze
Summe von 3911 fl. 20 kr., welche ald Gewinn bei dieſem
Schroll'ſchen Sefchäfte aufgerechnet ift, und der ganze Ge⸗
winn, wie erin der Schlußverhandlung dargethanmurbe, beläuft
fih nur auf 1196 fl.
Das Geſchäft C hat fowohl in der Vorunterfuchung als
auch in dem Anklagebefchluffe eine gemichtige Rolle gefpielt.
Obwohl es fich dabei nur um 1000 Stüd Leintücherfalitot
Hanbelte, fo wurde bach in der Anklage behauptet, baß bei ber
Annahme derfelben „eine unverfennbare Begünftigung* unters
Saufen fei. Es fcheint zwar, daß die Anklage im Laufe ber
Schlußverhandlung einer andern Anficht geworben ift, denn fie
hat dieſes Gefchäft geftern nicht als eine Begünftigung aufges
zählt, was auchnicht möglich. war. Der hohe Gerichtshof wird
fichh aber noch) der Ausfage Schroll's, und Seidl's erinnern,
welche beftätigten, daß Richter bei dieſem Gefchäfte gar nicht
zu haften hatte, daß jene Waare, bie bei der Monturstommiffion
nicht angenommen murde, von Seite des Schroll zurüdzus
nehmen war. Ebenfo war Die Bedingung gemacht, daß bie
mangelnde Breite in ber Länge erfeßt werde, was auch ge⸗
fchehen if. Es war baher bezüglich diefes Punktes. nicht
nothwendig eine Begünftigung in Anwendung zu bringen, und
es iſt daher, was übrigens von ber Anklage felbft anerkannt
worden ift, dieſe Begünftigung auch gar nicht vorhanden. Der
Gewinn bei diefem Gefchäfte von. 270— 280 Gulden ift faum
nennenswerth. Außerdem war Die Waare vorzüglich, wie hier
bei Befichtigung ber Mufterflüde von Seite der Herren Sachs
verftändigen Weidholz und Schwarz auögefagt wurde, und
fomit hat Richter bei Dem großen Bedarfe, der damals an
Strohſackkalikot hHerrfchte, dem ArmeesÖberfommando einen
wefentlichen Dienft geleiftet, und auch diefen kleinen Poften
ohne irgend eine ihm widerfahrene Begünftigung abgeliefert.
Ich komme nun auf das Sefchäft mit Hellmann lit. B. Bet
biefem wird zunächft der Gewinn auf berfelben irrthümlichen
Bafis wie bei dem Sefchäfte A berechnet, und es tft fomit
auch hier die Berechnung vollkommen unrichtig. Weiters aber
wird angenommen, Richter habe in feiner Antwart VITO et
7:
464
Vorunterſuchung den Gewinn bei dieſem Geſchaͤfte von
10,000 Stüd, bei welchem er ſelbſt als Subkontrahent bes
Hellmann aufgetreten iſt, mit 5622 fl. 22 fr. beziffert. Das
iſt aber ganz einfach der Gewinn, den Richter von jene
20,000 Stüden hatte, mit. welchen «Hellmann am großen
Stoffgefchäfte betheiligt war. Ich kann an dieſer Stelle nit
unterlaffen, auf etwas Eigenthuͤmliches hinzumeifen.
Mährend bei ber Anklage wegen bes großen Stoffge
fchäftes Richter gravirt erfcheinen fol, daß er ftatt Nr. 16
Nr. 18 Schuß verwendete, wird ihm hier umgelehrt ein Bor:
wurf daraus gemacht, daß er Nr. 18 ftatt Nr. 20, alfo beſſeres
Garn genommeu hat. Es bleiben noch die Gefchäfte D und E
mit Smekal zu erörtern. Beim Gefchäfte D wurde ein Ge⸗
winn mit 2272 fl. herausgerechnet. Wie fich aber ergab, um
wie namentlich auch durch Bayer beſtätigt wird, ſteckt jedoch
dieſer Gewinn ſchon im Gewinne bei F, welcher mit 568 ſl.
56 fr. beziffert ift, und fomit beläuft ſich der ganze berechnete
Gewinn der Geſchäfte A bis F, mit Ausnahme von E, auf
8248 fl. 56 fr. Ich kann übrigens das Hellmann’sche Seichäft
nicht verlaffen, ohne darauf hinzumeifen, daß auf Seite 9 der
Anklage die Erledigung des Armee⸗Oberkommandos wegen bed
zu fehmalen Strohſackkalikots, als ausgegangen vom General
major Jacobs, richtig bezogen wurbe und daß gleichwohl auf
Seite 30 der gedrudten Anflagefchrift wieder gejagt wird, daß
die zu ſchmalen Strohfadfalitots vom FML. Eynatten im
Mege der Begünftigung zur Annahme bewilligt wurden. Es
foheint fomit, daß die Anklage auf Seite 30 bereitS das vers
geffen bat, was fie auf Seite 9 richtig erzählte.
Es ift alfo nachgemiefen, daß bei diefen ſechs Gruppen von
Gefchäften, welche Die Anklage von A—F aufzählt, der Gewinn
verſchwindend klein und befcheiden war, und daß bei der
Bermittlerroffe, welche Herr Direktor Richter bei diefen Ge⸗
fhäften ausführte und auf fich hatte, durchaus nicht irgendwie
eine Begünftigung auf feiner Seite erblickt werden kann. Dieß
find Tauter Refultate, die fich gleichfalls fchon aus den Akten
der Borunterfuchung ergeben.
Sch wende mich nunmehr au denjenigen Gefchäften, welche
bereits Fundamente der Anklage find, und zwar zuerſt zu dem
©efchäfte über die vier Millionen Een KoCkots. Bei diefem
465
Geſchaͤfte, und diefes fpielte in der geftrigen Ausführung ber
Anklage eine große Rolle, wird ſchon in der Anflage behauptet,
es babe ſich Richter zwifchen das Aerar und bie Lieferanten
geſchoben und gewiffermaßen das Lieferungsgefchäft monopo-
liſirt. Ich berufe mich vorläufig in biefer Beziehling. auf bie
Ausjagen fänmtlicher Sublontrahenten, insbefondere auf bie
Ausfage des Subkontrahenten Maftny, welcher dem h. Ge⸗
richtshofe barlegte, mit welchem Rifito es im Jahre 1859 ver-
bunden war, ein fo großes Gefchäft, wie es Direktor Richter
unternahm, in die Hand zu nehmen, und wie gefährlich es
anderfeits für das h. Aerar geweſen wäre, ſtatt ein folches Ge⸗
ſchaͤft in ficheren, mit hinreichenden Mitteln ausgerüiteten
Händen zu fonzentriren, ed unter viele einzelne kleine Lieferanten
zu vertheilen, was, wie der fehr intelligente Zeuge Maftny be
flätigte, nur eine große Preisfteigerung zur Folge gehabt hätte.
Diefes vorläufig über das Monopol, fo weit e8 die gebrudte Ans
lagefchrift betrifft. Eines muß ich noch hinzufügen. Es wird
aud die Fabrik von Zahoni in der Anklage zitirt, als ob fie
ein Etabliffement geweſen wäre, dag fehr leicht Hätte Tiefern und
Tonkurrisen können, und als ob ed gewiffermaßen auch durch
Richter verdrängt worben wäre. Zahoni hätte aber nach feiner
"Ausfage wöchentlich nicht mehr als 20,000 Ellen Tiefern können,
“und ed würde daher die Lieferung von vier Millionen Ellen
nahezu 3'/, Jahre gedauert haben. (Bewegung im Publikum.)
Es find vorzugsweiſe in erfterer Linie Die Motive, welche
Richter beftimmt haben follen, das große Kalikotgefhäft ans
zunehmen, in ber gedruckten Anklagefchrift einer Erörterung, ich
möchte fagen, einer Bekritelung unterzogen worden. Es heißt
nämlich, Richter habe die Initiative ergriffen, um, wie es an
einer Stelle der Anklagefchrift heißt, Baron Eynatten die An⸗
wendung von Kalikots bei den DeilitärsMontursforten zu em⸗
pfehlen; er fei alfo derjenige gewefen, Durch welchen Baron Eyn-
atten beftimmt wurbe, Kalifot zu verwenden, und wenn das
der Fall wäre, könnte man vielleicht von einer Begünftigung
fprechen. — Es iſt dieß aber eben nicht der Ball! — Ich will es
der Anklage nicht zum Vorwurfe machen, daB fie zunächit bie
Aeußerung des Generalmajord Jacobs, die erft nach ber
Drudlegung der Anklage anlangte, ‚nicht in berfelben berüd»
fichtigte. Generalmajor Jacobs hat ch in (eier TER
%
>
466
unter Journ.⸗Nr. 538 dahin ausgefprochen, daß er es war, welcher
dem FML. Eynatten die Anwendung bes Kalikots für mi
Kitärifche Montursſorten anrieth; er erzählt fein Geſpräch mit
General Eynatten und daß diefer ihm fagte, daß General
Fejervari ein Feind bes Kalikot fei, und daß deffen Vorurtheil
erft überwunden werben müßte. Aber auch Herr Hofrath Eder
Kraus bat bereit in der VBorunterfuchung ausgefagt, daß er
und ber Seftionschef No& diejenigen waren, welche hauptfſaͤch⸗
lich auf General Eynatten rüdfichtlih der Anwendung bes
Kalikots beim Militär wirkten. Und derfelbe Herr Hofrath ers
zählt auch noch weiter, baß FMe. Eynatten es war, ber
Herrn Richter aufgefordert hat, als Lieferant aufzutreten. Er
erzählt fogar die Worte Baron Eynatten’s die er zu ihm
fprach: » Ste find ja auch Spinner und Weber, liefern Sie bob
Kalitot!« worauf Herr Richter geantwortet habe, er fei barauf
nicht eingerichtet, und hätte dieß früher wiffen müſſen. Ich
glaube, daß aus dieſer Ausfage allein ſchon hervorgeht, daß von
einer Initiative zur Anwendung von Kalitot, von einem Her
beiführen einer Begünftigung für ihn, durchaus gar keine Rede
fein fann.
Es haben ſich auch, nachdem der Kalikotbedarf fehr drin
gend wurde, durchaus feine größeren Lieferanten, troß ber
Mühe fie zu finden, gemeldet, und nachdem es zweckmaͤßig er
ſchienen, Die Lieferung in ben Händen Richter’ zu vereinigen,
wie die Herren Eder-Kraus und Olommer beftätigen,
hat man Richter, der zuerft nur brei Millionen offerirte, gewiſ⸗
fermaßen genöthigt, die Lieferung auf vier Millionen Ellen zu
erhöhen und Die genannten Zeugen beftätigen, daß auch biefe
vier Millionen Ellen den Armeebedarf bei einem Armeeftande
von 900.000 Mann weitaus noch nicht gedeckt haben, und
daß man noch bedeutende Quantitäten fich gem gefichert hätte.
Sch glaube, mit dieſem Zeugniffe ift die Initiative, auf welche bie
Anklage anfpielt, nicht bewiefen, und menn der hohe Gerichts⸗
hof damit die Ausſage des Hertn Maſtny noch in Verbin⸗
dung bringt, ſo wird man geſtehen müſſen, daß die Unterneh⸗
mung dieſer Lieferung im Sommer 1859 ein riskantes Unter:
nehmen war und nur yon demjenigen, der eben dieſe Unterneh:
mung auf eine folid berechnete Orundlage geftellt hatte, über
nommen werben Tonnte.
368 |
Preis erklärt, und in welchem Rufe bie Garne des Herm
Richter ftehen, haben wir vun Sachverftändigen gehört. So⸗
mit ift die Hypotheſe der Garnſpekulation als eines ber
Motive des Richter, das große Garngeſchäſt zu unternehmen,
gleichfalls definitiv erledigt. Im weiteren Berfolge des Kali
Iotsgefchäftes nach ber Anklagefchrift wäre ich genöthigt, auf
den Vertragsabſchluß zu übergehen. Allein wiewohl auch hier
die Ergebniffe ber Vorunterfuchung gegen die Anklage feftzuftel-
Sen wären, behalte ich mir bieß Doch auf den Zeitpunkt der
MWiderlegung der einzelnen Anklagepunkte und fpeziell des
auf das Kalikotgeſchäft bafirten Betrugsanklagepunktes vor,
weil es mir bier, wie ich bereits früher geſagt habe, zunaächſt
nur darum zu thun ift, die wichtigftien Modifikationen, welde
die Thatfachen in der Anklage erlitten haben, zu berüdfictis
gen, und Thatfachen, die in der Anklage nicht untergebradt
find, im Intereſſe der Vertheibigung feftzuftellen.
Ich übergehe daher vorläufig den Vertragsabſchluß und
ebenfo die mpyfteriöfe Zufammenkunft vom 12. Juni 1859,
welhe am Pflngftfonntage 1859 zwiſchen Richter und
Krumbholz hier in Wien ftattgefunden bat, und in welcher
die Anklage gewiffermaßen den Ausgangspunft der ganzen
verbrecherifchen Unternehmung erbliden will. Allein einen Punkt
kann ich nicht umhin, Hier zu berühren. Die Anklage gründe
fich, ſoweit file das Stoffgefchäft betrifft, auf Garnnummern,
Fädenzahl, Quadratzoll, Breite und Gewicht pr. Stüd. Die
Anklage hätte aber auch erwähnen follen, daß von Garnnummern,
Fadenzahl und Gewicht pr. Stüd im Vertrage vom 22. Jun
nichts vorkommt. Die wäre mindeftend der Vollſtändigkeit
wegen wünfchenswerth gemejen, wenn ich auch der Töblichen
Staatsbehoͤrde nicht infinuiren will, daß fie ſchon deßhalb allein
die Anklage auf Orund der von Sadenzahl und Garnnummen
gemachten Bemänglungen nicht hätte formuliren follen. Aber
auch noch ein anderer Punkt ift verfehwiegen worden, das if
die Ratifikation des Kontraftes. Sch habe gleich am Be⸗
ginne der Schlußverhandlung vor einem Donate in Konftas
tirung des Datums dieſer Ratififation vor dieſem h. Gesicht
veranlaßt; e8 war bieß ber 10. Juni 1860.
Es tft nun merkwuͤrdig, daß ein Vertrag, aus dem man auf
Betrug Hagt, und vücfichtlich welchen Betruges das h. Aerar
Pr)
469 °
fogar einen Vertreter der privatrechtlichen Intereffen abfenbet,
daß ein folcher Vertrag im Juni 1860, alfo zu einer Zeit ratis
figirt wurde, wo die Vorunterſuchung bereit3 Studien ber
Sarnnummern anftellte und bie Fäden zählen ließ, von wel⸗
hen Operationen auch das hohe MilttärsNerar offenbar Kenntniß
hatte, da e8 ja durch einen militärischen Repräfentanten bei allen
Sandlungen der VBorunterfuchung vertreten war, obgleich freilich
bie Anweſenheit jenes Repräfentanten weder aus der St.⸗P.⸗O.,
noch ans dem Reichögefeßblatte zu erklären war und zu rechtfers
tigen ift. Wie ift aber der Widerfpruch aufzuklären, der doch gewiß
darin liegt, daß ein Vertrag ratifizirt wird, aus dem man fich betro⸗
gen erklaͤrt, den man annulliren konnte, wenn man betrogen wor⸗
den iſt? Ich kann mir nicht denken, daß man durch die Ratifi⸗
kation, die vorbehalten worden iſt, einen Vortrag genehmigen
werde, wenn man wirklich betrogen wäre. Dieſe Ratifikation
iſt auch noch in anderer Beziehung und namentlich bei der Beur⸗
theilung der Anklage der Verleitung zum Mißbrauche der Amts⸗
gewalt bemerkenswerth.
Die Ratifikation des Vertrages vom 22. Juni 1859
hängt nämlih mit der Prolongasionsfrage der Lieferung auf
das Engite zufammen. Die Anklage behauptet in der Druds
Schrift, und fie wiederholte es auch bei ihrer mündlichen Aus⸗
führung, daß man mit diefer Prolongation das Heft aus der
Hand gab, mit welchem man Here Richter hätte zwingen
Finnen, auf die Reduktion einzugehen. Da man fich aber die
Ratifitation vorbehielt, fo hat man bas Heft nicht aus der
Hand gegeben -und durch die Prolongation hat man auf die
Ratifitation nicht verzichtet, weil fonft die Ratifitationsflaufel
vom 10. Juni 1860 nicht beigefeßt worden wäre, und man
bat alfo durch die Ratififation das vorbehalten, worauf man
durch. Die Prolongation verzichtet zu haben behauptet. So viel
über den Vertragsabfchluß bezüglich der vier Millionen Ellen.
Ich gehe nun zur Vertragserfüllung über.
Die Anklage war überall befliffen, die Korrefpondenz von
Richter an Krumbholz und umgelehrt einer großen, univer-
falen Sichtung zu unterziehen, und, Dank der Ordnung, bie in
ben Briefichaften der ‚Herren Rıchter und Krumbholz
herrſchte, fehlt von den Briefen nichts, fie find alle ba. Der
hohe Gerichtshof wird fich nun erinnern, daß ich Im Laufe bes
470
Beweisverfahrens fehr viele Briefe vorlejen ließ, die Richter
an Krumbholz fohrieb, worin Krumbholz zur exakten Ans
fertigung . der Waare wiederholt erinnert wird, worin er aufs
merkſam gemacht wurde, daß es nicht bloß eine Sache der Spe⸗
Yulation, fondern vor Allem eine Ehrenfache fei, daß man das
Aerar mit guter, vorzüglicher Waare bedienen müſſe. Dieß
wäre ein Punkt, der ſchon gleich von vornherein. ein wenig ben
Bekrittlungen in Bezug auf die Art der Erfüllung des Vertra⸗
ges begegnet hätte. Auch die Ausfage des Zeugen Zappert
war nach zweifacher Richtung für die Verhandlung von Wich⸗
tigfeit, weil durch fie die höheren Koften der Halbbleiche ſich
heraußitellen, andererfeitö aber, weil Herr Richter zu Herm
Zappert, wie dieſer es beftätigte, ſich wiederholt äußerte —
was Zappert ſchon in der Unterſuchung ausfagte — er
möchte die Waare auf das Beſte herrichten, damit man fich mit
biefer Waare Ehre aufhebe, und Zappert, ber auch in der
Lage ift, die wahre Befchaffenheit zu beurtheilen, hat der Waare
Richter's das befte Zeugniß gegeben und fie als eine gan
vorzügliche erklärt.
Allein über die Befchaffenheit der Waare liegen noch ganz
andere autbentifchere Zeugnifle vor. Es find nebft-den Zeugs
niffen der Spitzen der militärifchen Adminijtration, 3. B. Hof
rath Ecker-Kraus, der die Waare als ganz gut bezeichneke,
auch die Ausfagen der technifchen Organe der Militärbehörden,
nämlich der Monturskommiſſionen, und zwar ſowohl von der
Prager ald von der Stoderaner Mopnturstommiffion vorlie
gend, und ich erlaube mir, weil dieſe Angelegenheit boch von
etwas größerem Belange iſt, dasjenige, was als Material in
der Borunterfuhung vorlag, dem hohen Gerichtshofe in Erin
nerung zu bringen.
Hauptmann Strnad. beitätigte in der Vorunterfuchung
und hat ed in ber Schlußverhandlung wiederholt, daß bie
Waare dem zweiten genehmigten Prager Mufter entfprach, und
er hat in Rückſicht auf die Befchaffenheit des zweiten Muſters
fich geäußert, daß es keineswegs ein folches war, wie es auf
Seite 30 der Anklage gefagt wird, wo e3 heißt, daß Yeldmar
fchall- Lieutenant Baron Eynatten genöthigt war, ein ſchlech⸗
teres Mufter zu fubftituiren. Auf diefes zweite Mufter, beffen
Schlechte Befchaffenheit eigentlich Generalmajor Jacobs zu vers
471
antworten hätte, werbe ich fpäter zurückkommen. Oberft Georgi,
ein Zeuge von wahrhaft Flaffifcher Befchaffenheit und Gedie⸗
genheit der Anfchauung, Nüchternheit und Befonnenheit in feis
nen Ausfagen, dem man die Gerabheit und Ehrlichkeit auf den
erften Anblid anfieht, und ber auch beeidet wurde, hat die Rich⸗
ter’fche Waare als gut und preismürdig erflärt, ja fie fogar
befjer und billiger ald die von anderen Lieferanten bezeichnet.
Hauptmann Prelautfch fagte, daß die Waare Richter's gut
und preiswürbig war, und nie den geringften Anftand hatte.
Nagelftätter, der gegen bie Qualität ber gelieferten Waare
nichts einzumenben vermag, fagt aus, daß fie durchwegs über-
einftimmend mit dem Muſter war, theilweife fogar befjer. Es
folgen. aber auch kollektive Gutachten der Monturskommiſ⸗
fionen als foldhe. Die Prager Monturstommifflon erklärt
unter Journ.⸗Nr. 298, daß die Waare ganz gut und mit
bem vorliegenden Muſter volllomnen übereinjtimmend gefuns
den wurde. Oberfilientenant Uhl (unter Journ.⸗Nr. 373, vom
21. Juni 1860) fand das von ihm übernommene Lieferungs⸗
quantum anftandslos, und die Stoderauer Monturskommiſ⸗
fion hat unter Journ. Nr. 379 die muftermäßige Beſchaffen⸗
heit der Waare außer allen Zweifel geftellt.
Sch glaube, daß dieſe Zeugniffe die kompetenteſten find,
weil fie von technifchen Kommiſſionen abgegeben wurden, welche
bie ganze gelieferte Quantität und nicht bloß ein Mufterftüd
fahen, und weil e8 Zeugniffe find, die nicht in der Luft gemacht
wurden, fondern auf der Anfchauung des ganzen Gegenftandes
felbft bafiren. Diefe Zeugniffe werden dem hoben Gerichtähofe
meines Erachtens hinlängliche Beruhigung barüber gewähren,
baß auch abgefehen von ber fpäteren Beweisführung Richter
vollfommen gute, muftermäßige und mit feiner Borlage ganz
im Einklange ftehende Waare geliefert hat. Ich habe aber, ins
bem ich das große GSefchäft noch vom Standpunkte der Borun-
terfuchung erörtese, auch über den Gewinn und die Berechnungs⸗
weife desſelben Einiges vorzubringen. Bon allen andern und vor-
züglich von ben Heinen. Gefchäften wurde in der Anflagefchrift der
Gewinn angegeben, bezüglich des großen Gefchäftes wurde dieß
jeboch nicht mit hinlänglicher Genauigkeit gethan, wahrſchein⸗
fich hat man von vorne herein das Gutachten der Prager Sach⸗
verftändigen, wenn ich diefe Herren fo nennen darf, für ges
472
nügenb angefehen und erwartet, baß fie ihr Gutachten in ber
Schlugverhandlung ergänzen werden. Sie haben das nach be⸗
sten Kräften gethan, und ich algeptire dabei, was fo ziemlich
zuverläffige Bafis ift. In ihrem zweiten Gutachten haben fie
ben in ihrem erſten Gutachten auf 92,000 fl. angegebenen
Gewinn auf 78,000 reduzixt. In ber Schlußverhanblung
mußten fie anerfennen, daß eine 4°/, Proviflon, die von ber
Anklagejchrift ziffermäßig nicht benübt wurde, von dem Ge⸗
winne Richter's in der Ziffer von nahezu 36,000 fl. rüds
fichtlich des ganzen Stoffgefchäftes abzuziehen ift, und es res
duzirt fich fonach nach ihrer Berechnung der Gewinn fchen
auf 42,000 fl. Von diefem Gewinne find aber noch abzuziehen,
wie die Anklage felbft anerkannt Hat, die auf dieſes Geſchaͤft
entfallende Parzelle der Generalunkoſten, dann für 8000 übrige
gebliebene Stüde per Stüd 1 fl. und e8 Tiegt fomit der Ge⸗
winn zwifchen ber Ziffer von 20 — 30,000 fl. Bringt man
damit die gelieferten Nachweifungen bezüglich ber Geſchaͤfte
A. — F. in Verbindung, fo wird fi der hohe Gerichtshof
ſchon jest über den erorbitant hohen Gewinn Richter’8 eine
maßgebende Anficht bilden können. Dabei wurde von dem
Mangel, der fih am ärarifchen Meßtifche am Ellenmaße er
gibt, ganz Umgang genommen.
Die loͤbliche Staatsbehörde hat bei Gelegenheit der Ber
weisführung und Erörterung über den Mangel im Maße am
Meptifche die Bemerkung gemacht, daß dieſes Refultat in ber
Monturskommiſſion bezüglich des Ellenmaßes und des Mante
am Meßtiſche nicht maßgebend jei, weil man bloß drei Stüde
herausgenommen babe und fich von dieſen drei Stüden fein
Schluß auf alle ziehen laſſe. Ich kann jedoch die geometriſche Ca⸗
price des Meßtiſches nicht ſo auffaſſen. Das iſt konſtatirt, daß
der Meßtiſch, wenn er in Anwendung ſteht, das Stück Nr. 1
genau ſo mißt, wie das Stück Nr. 100 und Nr. 1000. Ich
kann mir nicht denken, daß das proportionale Verhäaͤltniß ber
Einbuße am Meßtifche, weil es auf einem ſtets wiederkeh⸗
renden geometrifchen Verhältniſſe beruht, fich jemals ändern
Eönnte. Dan kann fih alfo beim Meptifche volllommen das
mit begnügen, drei Stüde zu meffen und den Durchfchnitt auf
alle andern anzumenden. Allein ich akzeptire die Anfchauung,
daß man von brei Stücen keinen Schluß auf 80,000 Stüde
474
daß er vermöge einer abſtrackten Berechnung von Sachverſtaͤn⸗
digen, die feine Waare nicht fahen, mit 320 fl. befchädigt wurde,
mit welcher Schäßung zugleich der Rubikon bes $. 203 bes
St.⸗G.⸗B überfohritten wurde. Borges beftätiget, daß er ftatt
im Juli erft im November zu liefern anfing und daß er die Waare
um ’/, fr. iheurer verkaufte, als er fie an Richter hätteabführen
können, nämlih um 13'/ kr. ftatt um 13 & — Abeles ift
auch unter den Beichädigten.
Bei Abeles muß ich darauf hinmweifen, daß er fih gar
nicht als Befchädigter angegeben hat, und daß er an wiederhol⸗
ten Stellen des Protokolls, als man ihn aufforderte, feinen
Schaden zu beziffern, fagte, daß er nicht befchädigt fei. Abeles
hat ſich vollkommen auf die Baſis des Vertrages, auf den Rechts.
ftandpunft gejtellt, und bat im Briefe vom 28. Eeptember,
weldyer ald Antwort auf ben vom 26. September gejchrieben
wurde, erflärt, daß er fich der Reduktion nicht fügen wolle, auf
dem Vertrage beftehe, dafür aber jedes Piund Garn abnehmen
werde, was er fpäter auch ausdrüdlich beftätigte, ja jogar mit
Prozeß drohte. Er hat fogar fpäter, wie dieß ebenfall3 in der
Borunterfuchung vorkommt, die Faktura eingefendet, wovon
wir hörten, daB das Behalten derfelben ein Annehmen ber
Waare ift. Ich werde aufbas Abeles’fche Faktum noch fpäter
im Detail zurückkommen, aber es wird fich fchon hier dem hos
ben Gerichtshofe die Meberzeugung aufbringen, daß von eine
betrügerifchen Sandlungsweife wohl feine Rebe fein fanıı. Ih
habe dabei von der perfünlichen Charakterbefchaffenheit des
Herrn Richter ganz gefchwiegen, weil ich ohnehin mit dem
Beginne meiner Ausführung ein- für allemal diefe in den Vors
dergrund ftellte, und ich glaube, daß bei allen Fakten vor Allem
bie Perfon des Herrn Richter es iff, welche ſtets betrachtet
werden muß im Zuſammenhange mit der Stage, ob er eined
Betruges fähig fei oder nicht. Und ich glaube, die Subfontra-
henten dürften fehr verblüfft dreinfehen, wenn fie erfahren, daß
Herr Richter noch immer eines an ihnen verübten Betruges
angeklagt wird.
Ich mende mich nun zum Devifengefchäfte. Ich Habe
bier vorläufig, bis ich Gelegenheit haben werde, der Anklage
jelbft gegenüber zu treten, nur wenig zu berühren. Ich berühre
vor Allem bie Ausſage des Freihercrx van Brentano. Wie
475
fih der 5. Gerichtshof aus der Vernehmung diefes Zeugen
überzeugt haben wird, ift Freiherr von Bretano ein diploma⸗
. tifch vorfichtiger, jedes Wort abwägender Mann, der, ehe er zu
einem öffentlichen Akte, zu einer Kundgebung von Sefinnungen,
zur Berichtigung von Thatſachen fich entjchließt, reiflich mit
füch zu Rathe geht. Dieſen Charakter hatte auch feine Darles
gung hier in der Schlußverhandlung und ich glaube, der h.
Gerichtshof wird fich überzeugt haben, daß aus dem Munde
besfelben keineswegs wunüberlegte Worte gingen. Wenn fich
nun diefer Herr gebrängt ſah, an den h. ©erichtähof eine Zus
fchrift zu richten, worin er fich in feiner feinen, eleganten Art
und Weife mit ber Auffaffung feiner Ausfage in der Borunters
ſuchung nicht vollfommen einverftanden erflärt und die Berich-
tigung dem h. Gerichtshofe anheimgab, fo mußte er einen Grund
bafür gehabt haben, und ed genügt auch eine einfache Verglei-
hung deſſen, was in ber Anklage fteht, und mas das Protokoll
enthält, um zu zeigen, daß in ber Anklage nicht Alles ftebt,
was im Protofoll enthalten ift. Er hat insbeſonders angeführt,
daß im Boraus, wie er fi) aus dem Geſpräche mit Baron
Brud erinnere, die Befchaffung der Devifen befchloffen war;
er hat insbefondere auf die Abreife des Agenten hingewieſen,
und feine eilfte Antwort im Borunterfuchungsprotofolle charak⸗
terifirt fchon den Rechtsftandpunft, der beim Devifengefchäfte
eingehalten werben muß, denn es war ein unmittelbarer Schluß
zwifchen Herrn Richter und Baron Brud und nicht die Auf:
teagertheilung bed Armee» Oberfommandos. |
In ſeiner eilften Antwort fagt er in ganz richtig prak⸗
tifcher Präzifirung des Faktums, daß jener Tag maßgebend ift,
wo dieſe Poft mit dem Finanzminiſterium gefchloffen wurbe.
Freiherr von Brentano hat, wie gleichfalls in der Anklage
‚nicht reproduzirt wurde, Darauf fehr viel Gewicht gelegt, Daß unter
"den für das h. Aerar angeſchafften „London« „kurze London“ was .
sen, die ſchon am 21. Juli verfielen, und er hat Daraus — und das
ift auch fehr naheliegend und von einer folchen Kapazität zu
erwarten — gefolgert, daß das auch ein mitunterflügendes
Moment dafür ift, daß bie Befchaffungsordre nicht erſt am
14. Juli erfolgt fein kann. Ex hat in der Vorunterfuchung be-
ſtimmt beftättiget, daß Se. Erzellenz Baron Bruck ihm fagte,
‚er erinnere fich bes Kaufes der Deviſen, wenn ır uch ten mn,
476
nicht prägifiren könne. Er hat aber nicht berührt, ob zur Prä-
ziffrung dieſes Tages ein weiteres Geſpräch zwiſchen ihnen
gepflogen wurde. Die Note des Finanzminifteriums läßt Darüber
feinen Zweifel. Ich kann bei diefer Gelegenheit nicht umhin,
noch etwas in Erinnerung zu bringen, was geftern beim Devt-
. Tengefchäfte vorgebracht wurde, nämlich, warum man London
mit kurzer Zeit gegeben habe. An diefer Stelle kann ich gleich
die Aufflärung geben: 1. wird dasjenige gegeben, was man
eben hat, und wenn man feine langen Londons hat, fo gibt man
kurze; 2. hat ed noch einen Zweckmäßigkeitsgrund. Hoppe
teifte am 6. Juli ab, er hat bereits am 8. Einkäufe in Leipzig
gemacht, und da ift e8 wieder eine bekannte Thatfache, daß
man mit kurzen Devifen beffer fortkommt, denn es if für
die unmittelbare Begleichung viel vortheilhafter, und darum gab
man turze Londons. Das ift nun wiederum ein nicht zu unter
fihäßenber Beweisgrund dafür, daß der Kauf fein fingirter
gewefen fei. Bon weit wichtigerer Befchaffenheit aber noch ift
die Ausfage mit Rüdficht auf Die Note des Finanzminiſteriums
vom 3. Sänner d. J., 3. 7071.
Auch dieſe Note iſt in der Anklage nur in abgekürzter
Meife, und zwar fo wiedergegeben, daß ihr wejentlicher beftäti-
gender Theil, dasjenige, worin die Effenz ihrer Beweistraft
ausgeſprochen ift, hinweggelaſſen wurbe, und bloß der Eingang
und die Schlußformel blieben, in welchen die Ausfage des
Generals Eynatten vom 18. Dezember befräftigt und die
Liquidhaltung ausgefprochen wird. Wenn diefe Note wirklich
nur diefen Tenor hätte, fo wäre fie nur rein formeller Natur,
und man tönnte verleitet werben, fich gegen ein Aftenftüd,
gegen das man nad $. 275 ber St.-B.-O. feinen Argwohn
hegen darf, vielleicht Eritifch zu verhalten, trotzdem das Geſetz
es verbietet. Allein diefe Note hat weitere zwei Sätze, Mittels
fäße, welche jene beiden Süße verbinden und die folgendermaßen
Inuten: »Da dieſe Kurfe mit den bezüglichen offiziellen Noti-
rungen der hiefigen Börſe übereinftimmen, und auch gegen bie
Berechnung der einzelnen Poften nichts zu erinnern ifl.« Das
find zwei fehr weſentliche Sätze. Der erfte fpricht Die formelle
Richtigkeit aus, in Bezug auf bie Berechnung der Kurfe und
das ift der formelle Theil; der zweite Sat fagt, daß auch gegen
die Berechnung der einzelnen Motten wiärs gu eriuneen iſt und
477
dieſer Satz enthaͤlt mehr als eine formelle Bekraͤftigung. Worin
beſtanden naͤmlich dieſe einzelnen Poſten und ihre Berechnung?
Darin, daß zum Beiſpiele 20,000 8. pr. 7. Juli gekauft,
eingefteilt ftanden, und das ift ja mit ein Beftandtheil der ein-
zelnen Poften, mit ein Moment ber Berechnung der einzelnen
Voften. Da nun gegen bie Berechnung der einzelnen Poften
nichts zu erinnern kam, fo bat Baron Bruck bei Abfaffung bes
amtlichen Aktenſtückes damit erflärt, daß keine Bedenken gegen
die Berechnung vorliegen, daß er ſich fomit auch des Schluß⸗
tages vollfommen erinnere, und durch dieſe Note allein ift
daher die Anklage wegen der Devifen ſchon vollftändig wi-
derlegt.
Diefe Note ift ein Altenftüc des Finanzminiſteriums und
fein Privatfchreiben des Baron Brud, wie beinahe die Ans
Mage anzudeuten ſcheint; fie ift ein Aktenftüc des Finanzminis
ſteriums, wie aus ber Form ber Note hervorgeht, aus dem
Zeichen des Finanzminifteriums und der Gefchäftszahl berfel-
ben; fleift ein Präfldialftäd, weil fie von dem Finanzminifter
Baron Brud unterjchrieben ift, und an ihrer unbedingten _
Glaubwürdigkeit läßt fih nach den Aufflärungen des Baron
Brentano nicht im Geringiten maͤkeln. Diefe Note ift das
Fundament ber Vertheibigung, und alle andern Beweisfühs
tungen, die ich noch an basfelbe anlehnen werde, find nur noch
von unterftüßenber, von fetundärer Natur. Ich bemerfe dabei
fchon am diefer Stelle, daß, was die Kompetenzfrage bezüglich
des Deviſengeſchaͤftes betrifft, ſie auch hier ſchon entſchieden iſt,
und allen jenen Bekritelungen nicht unterliegt, welche gegen ſie
vorgebracht werden. Man hat die Frage aufgeſtellt und nega⸗
tiv beantwortet, ob Bruck die Berechtigung hatte, 20,000 2.
London zu faufen und Richter fie zu verlaufen. Ich behalte
mir, indem ich auf den erſten Theil der Frage jetzt eingehe, die
Beantwortung des letzteren für ſpaͤter vor. Die’ Kompetenz-
frage, ſage ich, liegt entſchieden vor, dadurch, daß nach Ueber⸗
reichung ber Rechnung am 11. November 1859 das A.O.⸗K.
es feines Amtes fand, ed dem Finanzminiftertum zu überlaffen,
die Sache zu entfcheiden und ſich an dasſelbe wendete, damit
die Entjcheidung erfolge. Dadurch ift bargethan, daß die Bes
Schaffung der Devifen nach. der amtlichen Anficht der Behörde
nicht in das Reſſort des A.O.«“K., \ontern in Va Rat
478»
des Sinanzminifteriums gehöre, und ich erinnere an die Blei⸗
ftiftnoten, welche auf dem äußern Umfchlage der betreffenden
Note vom 3.. Jänner fich befinden, und welche die verfchiebenen
Meinungen der Referenten beim A.O.⸗K. enthalten und bie
fämmtlich darin zufammenftimmen, daß fie gegen bie Liqui⸗
bität ber Forderung in Folge diefer Note nichts mehr einzw
wenden haben, und ihre Bota nur bezüglich derjenigen Kafle
angaben, aus welcher der Differenzbetrag flüflig zu machen ſei.
Die Kompetenz des Freiherrn von Brud rüdfichtlich ber Des
vifenfrage fiheint mir alfo vollftändig erledigt, obwohl ich
fpäter noch Gelegenheit haben werde, nochmals darauf zurüds
zufommen. Auch die Ausfage des Herrn Schiff hat in ber
Anklage nicht diejenige Würdigung erfahren, welche ihr nad
bem Inhalte des Protokolls des Herrn Schiff ſchon in der
Borunterfuchung hätte zu Theil werben müffen. Bon der Aus⸗
fage bes Herrn Schiff wird in der Anklage nichts Anderes vor
gebracht, als daß er am 13. oder 14. Julivon Richter ben
»Auftrag zur Durchführung“ des Devifengefchäftes erhalten
hätte. Es wäre traurig, wenn aus der Ausfage des Herrn
Schiff nicht mehr hervorgehen würde. Aber ich meife auf eine
Stelle in der Ausfage des Herrn Schiff, auf feine 22. und
23. Antwort hin, worin Herr Schiff beftätiget, daß er bereits
acht Tage früher, nämlich zur Zeit als der Agent Hoppe weg⸗
ging, alfo acht Tage vor dem 14. Juli, von Richter bie Mit
theilung erhielt, daß die Poſt mit dem Aerar abgejchloffen
worben fei, und in der Schlußverhandlung hat er. fich noch auf
eine andere Dfittheilung, nämlich auf das DVerfchloffenfein,
welches am 3. oder 4. Juli erfolgt fein fol, erinnert, und das
hängt ganz mit den fonftigen Angaben zufanımen. Herr Richter
gibt an, er habe Sr. Erzellenz den Baron Brud am 3. ober
4. Juli gefragt, ob es nicht zweckmäßig fei, für bie Zwilch⸗
einfäufe einen Poſten London zu werforgen. Se. Erzellenz
habe darauf geantwortet: »Ich werbe es mir überlegen, kom⸗
men Sie an dem Tage, an dem der Agent abreift.« Her
Richter hatte aus feinem Umgange mit dem Finanzminiſter
Anlaß genug gefunden, zu benfen, daß der umfichtige
Binancier die Frage poſitiv erledigen werde, und er konnte
fomit bem Herrn Schiff am 3. oder‘ 4. Juli fagen, daß
bie Poſt „verfchlofien« sei, was aber aMertings nicht ben
J
479
Sinn bes $. 936 des bürgl. G.⸗B., nämlich ben eines präparas
torifchen Vertrages, fondern einfach nach merkantiliichen An-
füchten den Sinn bat, daß man eine gewiffe Waare, einen
gewiſſen Poften für jemand, der fich in nächfter Zeit entfchließen
wird, parat halte. Es ift das noch fein rechtsverbindliches
Geſchaͤft, es konnte auch das Geſchaͤft am 3. Juli noch nicht
geſchloſſen fein.
Es iſt jomit aus der Antwort bed Herin Schiff beftätigt,
daß er acht Tage vor dem 14. Juli den Schluß angezeigt erhals
ten, und fomit ift denn auch dieſer Punkt außer Zweifel geftellt.
Sn vollftändiger Erledigung diefed Theiles meiner Ausführung
führe ich noch an, daß von dem Öutachten der Herren Miller
und Mapyerhofer in der Anklagefchrift gar nichts enthalten
tft. Ueber dieſes Gutachten ift, aus mir unbelannten Gründen,
zur Tagesordnung übergegangen worden, obwohl im Intereffe
ber genauen Handhabung des F. 60 der St.⸗P.⸗O. auch) diefes
Butachten zu berühren geweſen wäre, infomeit e8 Anfchauungen
enthält, welche denen der Anklage entgecenitehen.
Ich babe daher vom Standpunkte ber Vorunterfuchung
nur noch den lebten Punkt der Anklage zu berühren, naͤm⸗
lich ben Punkt der Verleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt.
In diefer Beziehung muß ich diejenigen Thatfachen ergänzen,
welche die gebrudte Anklage nicht enthält, Die aber von Weſen⸗
beit find. Es find dieß vor Allem die Ausfagen bed Baron und
ber Baronin Eynatten, namentlich jene des erfteren und auch
jene ber letzteren. Was diefe beiden Perfonen ausfagten,
. insbefonbere Baron Eynatten in feiner 39. und 41. Antwort,
it von höchfter Wichtigkeit. Ohne unmittelbar zur Angabe
gebrängt zu fein, als er daran war, fein Vermögen, welches
bei ihm fonftatirt wurde, nachzumweifen, hat er Jung als ben»
jenigen angegeben, von welchem ex 39,000 fl. erhielt. Er
wurbe wiederholt auf fein Verhältniß zu Direktor Richter
aufmerkſam gemacht und erklärte in feiner 41. Antwort, bei
deren Abgabe der Mann mit feinen Schieffale im Reinen war,
und eine fpätere Antwort beftätigt ed, daß er mit Herrn Rich⸗
tes, ben er ftetö ald einen Ehrenmann kennen gelernt habe,
in einem fträflichen Verhältniß geitanden habe, er fügte hinzu:
„Ich beziehe mich auf die Eröffnungen und Enthüllungen, die
ich. bereits geftern gemacht habe, wornach ich in dielem —
3
480
blide feinen Grund mehr hätte, irgend etwas zu verfchweigen.«
Bon welchem Werthe diefe Ausfage auf die Entlaftung bes
Herrn Richter if, brauche ich dem h. Gerichtshofe nicht weiter
zu erörtern. Welch eine Bedeutung die Ausfage ber Freiin von
Eynatten bat, werde ich fpäter berühren.
Es wirb weiter in der Anklage angeführt, daß Direktor
Richter bei feinen Lieferungsgefchäften von 4 Millionen Ellen
Kalikot keine Kaution geftellt Habe. Diefe Thatfache tft ein
fach unrichtig. Eine Kaution wurde geitellt und zwar von
ber Kreditanftalt, und es kommt dieß fogar in ber Anklage
felbft vor, nur heißt es, daß font die Kreditanftalt aͤhnliche
Urkunden nicht ausftellte. Es wurde aber in der Schlußver-
Handlung erhoben, daß die Kreditanitalt allerdings folche Urs
Zunden ausſtelle, nämlich für die Steuernfredite der Zuckerfabriken.
Daß die Gewinne in der Anflage unrichtig berechnet wurden.
babe ich ſchon früher auseinandergefeßt. Die Reduzirung biefer
Gewinne dürfte auf die Beurtheilung der Anklage wegen
‚Beftechung von bedeutendem Gewichte fein. Bon dem Cha⸗
safter Richter’s als Monopoliften Habe ich bereits gefprochen.
In der Anklage wird auch noch angeführt, Richter habe
die Kalitotmufter der Mitlieferanten zur Beurtheilung gehabt.
Es ift nun weber in den Akten der Vorunterfuchung, noch in
der Schlußverhandlung irgend etwas erhoben, was dieſe Bes
hauptung beftätigen würde, und ich glaube, es dürfte gut fein,
diefen Paſſus aus der Anklage zu ftreichen. Es wurde in der
Anklage weiters hervorgehoben, daß Fein Anftand vorgefoms
men ift, den Richter nicht zur befeitigen gewußt hätte. Ich
bin in der Lage, folhe Anftände angeben zu fönnen, bie Rich⸗
ter zu befeitigen nicht in der Lage war, und zwar zuerft dad
Pönale von 1500 fl., was Andern fo leicht nachgefehen wird,
wurbe Herrn Richter nicht nachgefehen! Den Hell man'ſchen
Kalltot, der zu Graz ſchmäler gefimden wurde und den Gene
ralmajor Jakobs wegen des großen Bedarfes annahm, wollte
Freiherr von Eynatten nicht annehmen. Das Muſter in Prag,
von bem Richter felbft fich fchmeichelte, daß e8 von Preiheren
von Eynatten alfogleich bewilligt werden würbe, tft von Frei⸗
herrn von Eynatten nicht fogleich bewilligt, vielmehr an
die Monturskommiſſion in Stoderan zur Begutachtung übers
geben mworben und erit ſein Amttnaieiget, Geveralmajor
481°
Jakobs hat, wie aus dem Journ.⸗Nr. 538 hervorgeht, dieſe
Annahme bewilligt. Die-Prolongation, die Anderen, fogar wie
Hoftath EdersKraus fagte, immer bewilligt wurde, wurde
Herrn Richter geradezu ausnahmsweiſe abgefchlagen, und Herr
Hofrath Ecker⸗Kraus hat auch. Hier felbft ein „Manöver«
geübt, indem er fagte, wenn man Richter die Prolongation
abfchlagen würde, werde er fich zu einer Reduktion Teicht vers
fleben; es ift die Prolongation auch thatfächlich nicht bes
willigt worden, und die begehrte Reduktion felbft wird auch
Niemand für eine Begünſtigung anfehen. Alfo man fieht, daß
erſtens nicht alle Anftände behoben wurben und daß zweitens
die ganze Behandlung bed Herrn Richter nach bem Vertrage
vom 22. Juni und ſchon nach dem Standpunkte ber Akten
und des Ergebniſſes der Vorunterfuchung eine ſolche war, daß
von einer Begünftigung fchlechtweg nicht gefprochen werben
Tonne.
Nah dieſem Ergebniſſe ber Beurtheilung ber Anklage
auf Grundlage der Alten der Borunterfuchung überlafle ich es
dem hohen Gerichtshofe, felbit zu würdigen, obbiefe Ergänzungen
der Anklage, die ich hinzugefügt habe, nicht fchon im Sinne
des $. 60 der St.⸗P.⸗O. in der Anklage felbit Hätten erfolgen
follen, und ob fie derfelben nicht eine ganz andere Gewandung
gegeben hätten. Ich fchreite nunmehr zur zweiten Aufgabe,
nämlich der Widerlegung der Anklage in derjenigen Art, wie
fie geftern erhoben wurde.
Ich wende mich bamit zu bem zweiten Theile der mir ob⸗
Tiegenden Aufgabe. Uebergehend auf Die einzelnen Anklages
punkte, werde ich diefelben aus Gründen der organifchen Ver⸗
bindung und bes organischen Aneinanderfügens ber Gegenſtaͤnde
nicht in der von ber löblichen Staatöbehörde befolgten Ordnung
beſprechen. Sch gehe von ben Sublieferanten aus, wende mid).
von biefen zu dem großen Stoffgefchäfte, gehe über zu dem
Devifenftonto, füge baran die Betrachtung des Anklagepunfts
über ben Konto des Finanzminifteriums, und fehließe mit der
Erörterung ber Anklage wegen DBerleitung zum Mißbrauche
der Amtögewalt. Bezüglich aller diefer Anklagepunfte habe ich
durch dasjenige, was der erſte Theil meiner Auseinander-
feßungen barthat, wichtige Prämiffen ‚gewonnen, und i⸗ kann
484
keine foldhe. Den wirklich unbefangenen Charakter diefes Brie⸗
fes glaube ich hiermit bargethan zu haben. Dan muß aber auch
die Motive betrachten, welche Richter zur Reduktion bewogen
haben. Es find dieß gewiß nicht betrügerifche Motive. Die
Eublieferanten waren auch weit entfernt Davon, ihn zu beſchul⸗
digen, ald ob er ihnen einen Echaben zufügen wollte. Der
Grund ber Rebuftion liegt aber in den all Krumbhol;
hat 80,500 Stüd unter die Sublontrahenten vertheilt, alfo
ſchon 5000 Stüd mehr, als er repartiren follte.
Nachdem die Monturskommiſſion die Lieferung nicht nad
Stüden, fonbern nach Ellen berechnete, und nicht eine Elle
mehr als vier Millionen Ellen annahm, und vier Millionen
Ellen bei dem Maße ber Stüde, welche die Subfontrahenten
lieferten, indem bie Ellenzahl. ihrer Stüde fehr ungleich war,
mit 77.000 Stüd bereits gebedt waren; fo ergaben fich 3000
Stüd wieder als zu viel beftellt, und daher fchon 8000 Stüde
disponibel. Rechnet man nun noch hinzu, ohne Rüdficht auf
das Erzeugniß in ber eigenen Fabrik mit 8000 Stüd, die Waare
von Sommer und Schirmer mit 3500 Stück; fo ergibt
fih ein Mehr von 11.500 Stüden, welche Richter num Lager
geblieben wären. Ich gebe zu, daß er ſich ver Schaden bein
wollte, aber das gefchah zu einer Zeit, wo er nicht daran den⸗
fen konnte, daß er den Eubfontrahenten damit einen Schaden
zufügte. Wir haben übrigens auch gehört, daß bie meiften
Subfontrahbenten mit ihren Lieferungen im Ruͤckſtande geblie
ben feien, daß fie die Lieferumg nicht rechtzeitig begannen, daß
man Abeles den Kontrakt prolongiren mußte, und man hätte
ihn fogar anuulliven fönnen. Man kann daher nicht voraus
ſetzen, daß fle das ganze Quantum rechtzeitig fertig gemalt
hätten und dieß fchon fchließt jebe rechtswidrige Abſicht auf
Seite Richter’3 zur Benachtbeiligung der Subfontrahenten
vollftändig aus.
Die meiften Sublontrahenten haben fich aber auch, was
das Verhältnig ihrer Willensbetimmung zur Einflußnahme
Richter's auf fie betrifft, in einer Weiſe ausgefprochen, melde
bem friminaliftifchen Begriffe des Betruges ſchnurſtracks entges
genfteht. Theorie und Praris einigten fich Tängft darin, daß
bei einem Betrugsverhältniffe die Irreführung, der Einfluß
auf bie Willensrichtung des VBerrogenen ein (Ebher fein muß,
485.
daß in ber Srreführung, in ber Einflußnahme auf den Willen
bes Beirogenen das Motiv ber Willensbeftimmung besfelben.
gefunden und nachgemwiefen werben müfje. Mit andern Worten,
es muß zwifchen ber Irreführung oder der Benuͤtzung eines Irr⸗
thums und dem Willen besjenigen, gegen ben bie Irreführung
gerichtet wurde, ein Kaufalitätsverhältnig beſtehen, weßhalb,
abgefeben von ber Irreführung, die im vorliegenden Falle gar
nicht vorhanden war, und da durch die Handlungsweife des
Angeklagten der Wille der Subkontrahenten nicht beſtimmt
worden ift, im Sinne bes 6. 197. St./G.⸗B. von einem Bes
truge hier nicht die Rede fein kann. Dieſes Verhältniß ded Kaus
falzufammenhanges findet bei feinem ber Sublontrahenten
ftatt.
Sämmtliche Subfontrahenten, darunter hervorragende
Kaufleute, wie Borges und Münzberg, haben ausgeſagt,
daß das bloße Wort Richter’8 für fie genügte, um die Liefe⸗
zung zu reduziren. Wo der Wunfch genügt, wo der bloße Außs
fpruch des Angeklagten das Motiv ift, da ift Irreführung auch
nicht denkbar. Andere Sublontrahenten haben wieder ausges
fagt, daB ihnen die Reduktion fogar erwünfcht gewefen fei. Da
ift e8 befonders Przibram, welcher fagte, dag ihm die Redu⸗
zirung ganz erwünfcht war, da er für feine Sabrif eine ander⸗
weitige Beichäftigung vorzog, weil eben der Geſchaͤftsgewinn
bei der Lieferung für Richter ſehr knapp war, was in der ges
ringern Differenz im Preiſe, welchen Richt er empfing und
zahlte, ſeinen Grund hat.
Maſtny hat gleichfalls erklärt, daß ihm die Reduzirung
erwänfcht war, und hier ift noch ein befonberer Umftand, ber
in anderer Richtung fehrgewichtig ift. Maſtn y hat nämlich deßhalb
gerne reduzirt, weil er ſo gute Waare, wie ſie verlangt wurde,
gar nicht erzeugen konnte. Porges hat 142 Stück Waare als
Ausſchuß zurückbehalten, und er kann daher hier nicht weiter in
Betracht kommen. Es iſt aber hier noch weiter, namentlich mit
Beachtung des Begriffs des Betruges, zu erwägen, daß die
Subkontrahenten ſich der Reduzirung gar nicht zu fügen
brauchten. Markus Kaufmann hat dieſen Rechtspunkt in der
ganzen Schärfe auch erfaßt. Selbſt wenn in dem Briefe vom
26. September eine Irreführung enthalten geweſen wäre, was
nicht der Fall iſt, fo brauchte ſich einer ſolchen Vorhiee e
486
Niemand zu fügen, und Jeder konnte auf feinem Vertrage bes
ſtehen. Dieſen letzteren Standpunft hat auch der fehr praktiſche
Abeles feitgehalten. Dann iſt auch die Reduzirung einer Lies
ferung von ſolchem Belange, wie ſie noch thatfächlich in Aus
fiht fand, kein Faktum, was fich fo verborgen zwifchen vier
Wänden abthun läßt. Ein jeder Betheiligter hatte Teicht Gele⸗
genheit, fih über die Wahrheit zu erkundigen. Wer an ben
Brief nicht glaubte, konnte einfach beim ArnreesOberfommando
nachfragen, und er wäre dann ficher auf dasjenige gekommen,
was er wirklich zu glauben Hat. Nach allen dieſen Erörteruns
gen iſt daher Feine Srreführung vorhanden gewefen, feine Be
flimmung auf den Willen der einzelnen Subkontrahenten geübt
worden, durch welche die Srreführung zu feinem Entſchluß in
einen beitimmten Zufammenbang getreten wäre, und es kam
ſomit von einem Betruge Feine Rede fein. Sch muß noch dazn
bemerken, daß Herr Hofratb EdersKraus beitätigte, Hen
Richter habe beabfichtigt, fich mit einer Bonifilation in Waare
oder Geld eingufinden. Sein Geſuch an das ArmeesÖberlom-
manbo beweift dieß unb es ift dieß weiter durch die Mitthei⸗
lung des Herrn Hofraths Kraus bewiefen. Hatte fich aber
Richter zu einer Bonifikation entfchloffen, mußte er feiner
ſeits den Kalkül ziehen über die noch zu lieferuden Stück,
um mit Beitimmtheit fagen zu können, ob er mit biefer Boni
fitation auch thatfächlich bereits geleiftet.
So wie aber ſchon die Urelemente des Betruges fehlen,
fo fehlen auch die Eonfekutiven Momente, welche zu jedem Be
truge erforderlich find. Daß Herr Richter feinen Schaden zur
fügte, und Daß er ihn auch nicht keabfichtigte, glaube ich darge:
than zu haben, und ich berufe mich auf den Charakter Rich⸗
ter's, auf das was feititeht, wie namentlich die Subkontrahen⸗
ten, welche bier konkret in Betracht kommen, in Bezug
auf Richter felbit fich äußerten. Bei Münz berg habe ich kaum
nöthig, mich darüber weiter auszulaffen. Sch habe bereits in
dem eriten Theile meiner Ausführung dargethan, daß er einen
Schaden nicht erleiden konnte, da der Garnabſatz nicht aufge
hört hat, und da man, wie dieß vielfeirig bemiefen wird, babei
einen Schaden nicht erleiden Tann.
Ich wende mich zu Abeles. Auch für diefes Faktum
Habe ic) im erften Theile meiner Audiiigeumgen Giutängliche
487
Prämiffen gewonnen. Es fteht feit, Daß Abeles erklärt hat, er
gehe auf die Reduktion nicht ein, und wolle dafür auch
jebes Pfund Garn von Nichter übernehmen. Auf biefes
Faktum ift er in einem fpäteren Briefe zurüdgelommen, und er
bat von der Erfüllung der Bertragspflicht ſeitens Richters
und ſeinerſeits gefprochen. Er hat fogar mit einem Prozeſſe ge:
droht. Nun aber hat Abeles noch ein bedeutendes Quantum
von circa 4 bis 600 Zentner Garn von Richter noch nicht
übernommen. Die löbliche Staatsbehörbe hat nun geftern bes
merkt, daß Abeles nicht glaubte, Daß er die Waare gerade aus
jenem Garn hätte erzeugen mäüflen, weiches er von Richter
noch zu nehmen hatte. Sch. gebe dieß allenfalls zu, für meinen
Zweck ift dieß ganz gleichgiltig. Dagegen fteht aber feit, daß in
einem entgeltlicyen Vertrage mit gegenfeitigen Leitungen bie
Leiftung von der einen Seite bedingt ift durch die Erfüllung
ber Leiſtung von. der anderen Seite. Deßhalb kann ber eine
Theil zur Erfüllung des Vertrages nicht gezwungen werben,
wenn von der andern Seite Ber Vertrag nicht eingehalten oder
doch Die Bereitwilligfeit hiezu nicht erflärt wird. Richter hatte
übrigens auf dem Standpunfte, den er einhielt, guten Grund
zu glauben, daß Abeles fein Garn abnehme, um die zu Tiefernde
Waare daraus zu erzeugen. Es ift dieß der erfte Grund, warum
bie Abeles’sche Waare von Richter noch nicht bezogen wurde.
Abeles hat ausdrüdlich beitätigt, daß er das Richter'ſche
Garn noch nicht bezogen habe. Es werden fich daher die bei⸗
ben Theile gegenieitig abfinden, was wohl einen Anlaß zu
einem. Zivilprogeß, aber keineswegs zu einem Strafprozeſſe
geben Zönnte. Abeles bat auch weiters ausdrüdlich beitäz
tigt, daß er in dem Behalten der an Krumbholz geland-
ten Faktura eine Annahme ter Waare fehe, womit auch das
Sutachten des Herrn Dr. Mayerhofer übereinitimmt.
Der Standpunkt, den Herr Richter in der ganzen Ans
gelegenheit inne hat, ift daher‘ Tediglich ein rein privatrechtlis
her. Man kanıı aber auch von feinem Schaden fprechen. Abes
le8 felbft hat wiederholt gejagt, er ſei nicht befchädigt. Auf
bie wiederholte Srage, ob fein Schaden 10.000 oder 6000 fl.,
ober wie viel erbetsage, erklärte er: »Ich kann das nicht fagen,
ich habe keinen Schaben,« und er bat auch rüdjichtlich der bei
ihm Tiegengebliebenen Stüde erklärt, „ie gehiren Rider,
488
ih konnte fie nicht verkaufen, weil fie Richt er's Waare finb.«
Man bat fi fogar bewogen -gefunden, ihm einen Schaben
durch Sachverftändige aufzunötbigen. VBezeichnend in der- Sache
ift, daß er am Schluffe jenes Protofolles, welches über die
Waare bei ihm und über feinen Schaden aufgenommen wurbe,
nochmals binzufügte: »Ich erleide Feinen Schaden, ich kann
nicht angeben, daß ich bejchädigt fei.« Ich muß fagen, daß ich
mir bei der Natur unferer Strafprogeßordnung einen oftroyirten
Schaden nicht recht denken kann. Schon bei Borges hat es
mid) in ber Anklage frappirt. Die offizielle Beitimmung eines
Schadens it mit ben $$. 75, 76, 127, 270, 359 unferer
Strafprozeßordnung nicht vecht vereinbar. Wenn Semand bes
ſchädigt erfcheint, ift in der Regel der Schade nur durch ihn
felbft, durch Sachverftändige aber nur dann zu erheben, wenn
entweder der Beſchädigte den Schaden zu hoch angibt, ober
wenn er nicht fähig tft, ihn zu Tonftatiren. Es gibt aber keinen
bloß durch Sachveritändige gegen den Willen bed Betheiligten
oftroyirten Schaden. Es kann fomit auch in dieſem Falle von
einem zu offroyirenden Schaden nicht die Rede fein. Die Sub-
fontrahenten find nicht befchädigt, und der ganze Anklagepunft
fällt von felbft hinweg.
Ich wende mich nun zu dem Anklagepunfte bezüglich ber
Stoffminderung durch geringere Einftellung und Veränderung
der Sarnnummern. Hier bejchränfe ich mich zuerft auf das fat
tifche Sebiet. Man muß fich vollftändig Klar werden, welches
ber Rechtsſtandpunkt für die Lieferung des Herrn Richter
bezüglich der vier Millionen Ellen Kalikot an das Aerar war.
Die Löbliche Staatsbehörbe hat im Laufe des Bemeisverfahs
end und in ihrer Schlußausführung, fo wieinder urfprünglichen
Drudichrift den Standpunkt eingehalten, daB das Mufter vom
4. Juni die Genehmigung vom 8. Juni und der Vertragsab⸗
ſchluß vom 22. Juni die Rechtsgrundlage bilden. Das Offer
von vier Millionen Ellen ift aber eben nur ein Offert, es ift
nichts als im Sinne des bürgerlichen Geſetzbuches $. 862 ein
Derfprechen, ein Verſprechen mit Borlage eines Mufters.
Derjenige, dem ich etwas offerire, ift Dann vielleicht ges
neigt, Darauf einzugeben, und dieß fagte er im vorliegenden
Falle am 8. Juni. Er fügte bei: „wir wollen einen fchriftlichen
Bertrag errichten, « und da \agt 5. OB dei hinein. -B.,
489
dag, wenn beide Theile über einen fchriftlichen Vertrag überein:
kommen, auf anderweitige Abrebe vor Unterfertigung des Ver⸗
trages Feine weitere Rüdficht zu nehmen fei. Es ift übrigens
nicht erwiefen und kann auch durch alle Korreſpondenz zwifchen
Richter und Krumbholz nicht erwieſen werben, daß das Mufter
vom 4. Juni wirklich Schuß Nr. 16 gehabt, obwohl dieß für dem
vorliegenden Fall vollkommen unentſcheidend iſt. Am 8. Juni
befinden wir und auch, noch auf demſelben Standpunkt, nämlich
in der für den Vertrag noch nicht rechtöwirkfamen Vorverhand⸗
lung. Am 15. Juni gab Herr Richter den Unterhandlungen
eine neue Wendung, er offerirte ein neues Mufter und hätte
eben fo gut ausdrüdlich das früher offerirte vom 4. Juni zu⸗
rücknehmen können. Er hat es aber ſtillſchweigend zuruͤckgenom⸗
men im Einne $. 863 des bürgerlichen Gefeßbuches. Daß
Jemand ftillfchweigenb ein DBerfprechen zurüdnehmen kann,
wenn es durch eine unzweideutige Willenserflärung gefchieht,
befundet 6.863 des bürgerlihen G. B., welcher den ſtillſchweigen⸗
ben Willenserklärungen, wenn fieaufeineungmweideutige Weiſe den
Willen befunden, diefelbe Rechtskraft beilegt, wie den ausbrüd-
lichen Willenserklärungen, und es kann Niemand zweifeln, wenn
ein Lieferant für ein Mufter vom 4. Juni am 15. Juni ein
neues Mufter fubfiftuirt, er damit zugleich zu erkennen gibt,
daß er das frühere Mufter zurüdgenommen habe und die Unters
Handlungen auf der Bafis des fpäteren Mufters, nämlich des
. vom 15. Juni, einleite. Durch die Erledigung vom 8. Juni
ift Daher gar fein -Rechtsftandpunft gewonnen, benn das Mufter
. vom 15. geht dem Vertrage vom 22. Juni voran. Es ift eben
unwahr, Daß der Vertrag vom 22. Juni auf Grund des Mufters
vom 4. Juni gejchlofjen wurde.
Die Monturskommiſſion, welche um die Begutachtung
bes Mufters vom 15. Juni aufgefordert wurde, hat auch ihr
Gutachten am 21. Juni abgelegt und bdiefelbe Monturskom⸗
miffton wares, welche am 22. Juni den Vertrag abgefchloflen
bat, und es kann das unter Feiner andern Bedingung, unter
feiner andern Vorausſetzung gewefen fein, als daß das ohnehin
am 21. Juni begutachtete, am 15. Juni eingebrachte Mufter
‚ jenem vom 4. Juni derogire, daß fomit das fpätere Mufter bie
Grundlage des Vertrags bilde. Oberft Georgi hat auch aus⸗
brüdlich bejtätigt, Daß bei der Abfalfung des Wertrangt UL
490
mit ſolchen Subtilitäten vorgegangen werde, dag man fich alle
Klauſeln vorbehielt, wenn man auch erſt am 26. Juni Das
Mufter vom 15. Juni genehmigte. Es bildet ſomit die Geneh⸗
migung des zweiten Muſters einen Additionnlartifel zum Ver⸗
trag vom 22. Juni. Dieß ift die Rechtsgefchichte des Vertrages
vom 22. Juni und es iſt barans Klar, daß das Muſter vom 4.
Juni hier gar nicht mehr weiter in Betracht fommt. Mit dem
was ich hier in thatfächlicher Beziehung auseinanderjebte, Fällt
auch die Behauptung zufammen, als fei das zweite Diufter bes
trüglicher Weifefubftituirt worden. Ich muß aufrichtig geftehen,
daß ich mir hier einen Betrug, eine Irreführung gar nicht denken
kann. Durch welche Manipulation das Mufter erzeugt wurde,
ob e8 29 Zoll hatte, wie es entitanden iſt, wie es jene Beichafs
fenheit befam, die es Damals hatte, darauf kommt es gar. nicht
an. Die Militär-Monturseommiffion bat das zweite Muſter
eben fo begutachtet wie das erſte und die Montursfommifs
fion zu Stoderau it das technijche Organ des Armee⸗Ober⸗
Tommandos. Die Monturskommiffion bat auf ihrem Stand»
punfte das zweite Muiter, wie fie e8 für nöthig erachtete, unters
fucht und fie hatte bei dieſem zweiten Muſter die Wahl zwifchen
dem vom 4. und dem von 15. Juni. Wenn fie fich num für
das vom 15. Juni entfchieden, fo hat fie jelbitverttändlich vom
technifchen Standpuntte die Srage der Nehnlichkeit und Unähn-
lichkeit der beiden Muſter volitändig entfchieden, und man
müßte nur annehmen, daß die technifche Kommiſſion die Sache
nicht verftanden und ihre Pflicht nicht gethan hätte, oder daß
wir bier im Gerichtsſaale es beſſer verftünden, als die Stoder-
auer Montursfommiffion, was ih doch kaum glauben
möchte.
Ich glaube, nach allem dem ijt nicht dargethan, daß eine
Irreführung der Kommiffion möglich war, da die Monturss
kommiſſion Die kompetente Autorität ift und fih für Das
zweite Muſter ausſprach. Auf Grundlage diefes Ontachtens
bat dag Armee» Oberfommando die Lieferung nad) dem zwei⸗
ten Mujter bejchlofjen und ſomit iſt eine Irreführung auch von
dieſem Standpunkte aus nicht möglich. Es iſt daher in Diefer
Richtung fich in eine Sadenzählung einzulajjen, ebenjo wie die
Konjtatirung der Garnnummern etwas Ueberflüfliges, und es
. genügt das anzuführen, was die Sahyverkinüigen in der Schlußs
492
22. Juni und ber Ergänzung besfelben vom 26. Juni in
Verbindung mit dem Sutachten vom 21. Juni. Ich fühle mich
übrigens nicht berufen, technifch zu unterfuchen, ob dieß GOutach⸗
ten der Monturskommiſſion vom 21. Juni richtig fet ober nicht, ih
fompromittire auf dieſe technifche Autorität und unterorbne
mich den Sachverftändigen. Ich glaube aber, daß die technifchen
Drgane berMilitär-Abminiftration hinlängliche Erfahrung, hin
Tängliche Umficht und Waarenkenntniffe haben, um nicht einen
Ausfpruch zu machen, der das Aerar zu Schaden bringen würde,
Begebe ich mich demnach auf die Grundlage des Vertrages,
fo enthält diefer Vertrag von Garnnummern, Gewicht, Yäben
zahl u. f. w. nicht das Geringfte. Oberft Georgi fagt, daß kei
den Kommiſſionen nicht nach diefem Geſichtspunkte übernom⸗
men werde, ja er bat beftätigt, daß man fich mit derlei Subs
tilitäten nach der Inſtruktion nicht zu befaffen Hätte, und fomit
war der Vertrag nur derart bindend, daß die Waare zwar voll⸗
ftändig Ähnlich zu fein hatte, daß aber in Bezug auf qualitativ
ähnliche Befchaffenheit an minutiöfes Fadenzählen per '/, Zoll,
an eine Analyfe der Garnnummern zu denken, unthunlich, und
nach ben Aufſchlüſſen, bie wir gehört Haben, fogar unmöglid
war, weil Nr. 16 von Nr. 18 in der Verarbeitung gar nicht
unterjchieden werden koönne. Richter befennt, daß Nr. 18
Kette und Nr. 18 Schuß verwendet wurde, und es fteht feft, day
er einen höheren Preis verlangt haben müßte, wenn er Nr. 16
Schuß‘ hätte verwenden follen. In dem Stadium bes Ber
tragsabſchluſſes war demnach eine Irreführung nicht möglich,
aber auch nicht bei der Vertragserfüllung, weil auch bier eine
betrügerifche Unterfchiebung, wo die Vergleichung ber Waare
mit dem Mufter erfolgte, nicht denkbar ift. Es lag das Mufters
ftüd vor, man fonnte die abzuliefernde Waare mit demfelben
vergleichen und jene Stüde zurüdftoßen, welche dem Muſter
nicht enifprachen, was auch thatfächlich geſchah. Es iſt alſo
eine Irreführung in dem Momente der Bertragserfüllung eben fo
wenig möglih, als im Momente des Vertragsabfchluffes.
Allein ich gehe weiter und ftelle den Sat auf, daß nach den
Beitimmungen des allgemeinen bürgerlichen ©efeßbuches, wie
dieß auch vermöge einer Entfcheidung des oberften Gerichts⸗
hofes vom 5. Juli 1854 feftfteht, und aus $. 919 a. b. G. 2.
bezüglich ber Bertragserfüllung, dannausg.922 wegen Gewähr:
493
deiftung und $. 934 wegen ber Verletzung über bie Hälfte evident
hervorgeht, die bloße quantitative Nichterfüllung eines Vertras
ges nie einen Betrug begründen kann. Wollte man das Gegen-
theil behaupten, jo wäre jede Kontraktsklage fofort dem
Strafggrihte nach beim bekannten Hofdeltete zum weiteren Bers
fahren abzutreten. |
Wenn mir Jemand 100 fl. ſchuldet und mir nur 80 fl.
bavon zurückzahlt, fo bat er mich gerade fo verkürzt, als
wenn er mir einen Baden weniger als die etwa bebungenen 30
Faͤden auf '/[_]’ gegeben hätte. Könnte ich dann fagen, ich fet
betrogen, wenn mir ein Schneider, bei dem ich mir einen blauen
Brad mit zwei Reihen vergoldeter Knöpfe beftellt habe, einen Brad
mit einer Reihe Knöpfe bringt. Ich nehme den Sradanund er hat
mich nicht betrogen. Wenn ein Kaufmann Syrup nach Muſter be-
ſtellt und findet, Daß der gelieferte Syrup nicht fo füß ift, wie
das Mufter, und er den Syrup dennoch annimmt, fo ift er
nicht betrogen. &8 verbleibt ihm hoͤchſtens im Sinne des bür-
‚gerlichen Geſetzes ein ſehr prefäres Entfchädigungsrecht. Wenn
‚ein Baumeifter mir ein Haus nach einem Plane baut, und id
dinde, daß das Haus zwar nicht ganz nach. dem Plane gebaut ift,
sch übernehme aber dennoch die Schlüffel von ihm, fo bat er
mich nicht betrogen; e8 bleibt mir hoͤchſtens eine Entfchädigungs-
age gegen ihn. Ich führe eben einen Prozeß, ber jetzt dem ober-
ſten Gerichtshofe zur Entfcheidung vorliegt. Ein biefiger Bilder-
händler verkaufte einem Kunftfreunde ein Bild als einen echten
Buido Reni, nun aber ift das Bild fein Guido Reni, die Sach⸗
Herftändigen haben dieß beftätigt. Es lag bier ficher mehr Grund
zu einer Betrugsanzeige vor,und dennoch hat fich die Partei auf
den Zivilprozeß beſchränkt und die Sache ift nun in dritter In⸗
ſtanz anhängig. Es ift dieß ein viel grellerer Fall als der, wel⸗
cher dem hohen Gerichtshofe jet zur Urtheilsfällung vorliegt.
Es iſt aber auch nach all dem, was im DBerlaufe bes
Beweisverfahrens fich ergab, weder Die zu jedem Betrugsfaktum
erforderliche böfe Abficht, noch ein beabfichtigter oder wirklicher
Schade vorhanden. Der Schaden ift nicht beabfichtigt, das
‚zeigen die zahlreichen Briefe, welche Herr Richter an Krumb⸗
Holz gefchrieben Hat. Alle diefe Briefe athmen den Geift Rich-
ter’s, dem vor Allem an der ehrlichen und eraften Erfüllung
Der übernommenen Derbindlichfeit gelegen war. Er bränate
494
in Krumbholz, ja für die exakte Erzeugung ber Waare Sorge
zu tragen. Ich berührte ſchon früher die Ausfage des Maftny,
welcher erflärte, daß ihm die Rebuzirung der Waare ganz ers
wünſcht war, weil er fo gute Waare, wie Richter ſie verlangte,
nicht erzeugen fonnte. Borges beitätigte gleichfalls, daß er dem
Anforderungen Richter’8 in Bezug auf gute Qualität nicht
nachkommen konnte. Es iſt erwieſen Durch die Ausfage des Ober
fien Georgi, daß Richter die Monturslommiffion Stoderan
ſelbſt aufgefordert babe, bei ber Prüfung der Waare ja firenge
zu Werke zu geben, was ficher die böfe Abficht ausfchließt.
Es ifterwiefen, daß Richter vorzügliches Garn verwenden
Heß. Hellmann, Kaufmann, Maftny und bie Sachver⸗
Händigen Weidholz und Schwarz haben biefes in ber
Schlußverhandlung gleichfalls betätigt. Sie haben weiters aus
der Anficht der Mufterftüde mit ziemlicher Sicherheit, beinahe
mit aller Gewißheit gefchlofien, daß Richter, mie er angab,
nur norbamerifanifche Baummolle verwendele und die genannten
Sachverſtaͤndigen haben ausdrüdlich angegeben, daß Richter
viel billiger hätte erzeugen Fönnen, wenn er zum Theile oftins
difche Wolle verarbeitet hätte, deren Beimengung zu einem
geringen Theile nicht einmal fichtbar ift und die Waare für das
Auge noch beftechender und für die Hand »„griffiger« macht.
Alle diefe Umstände thun auf das Klarfte dar, daß Richter
nicht die Abficht hatte, dem Aerar einen Schaden zuzufügen.
Sein Gewinn war ein höchit mäßiger, denn fein Gewinn iſt,
wie bereit nachgemwiefen wurde, ein ſehr geringer, und wie der
hohe Gerichtshof fich durch die Einficht des Verzeichniffes Nr. 370
überzeugte, wurden anderen 2ieferanten weit höhere Preife
gezahlt. Es ift weiter ein ganz falfcher Geſichtspunkt, das ſchon
für einen Schaden anzufehen, mas Jemandem durch die nicht
genaue Bertragserfüllung entgeht. Der $. 1293 des hal.
G.⸗B. definirt den Schaden als den Nachtheil am Vermögen,
welchen man erleidet, an dem aljo, was man nach dem römis
ſchen Rechte bereits in bonis suis befigt. Ein Nichteriverb eines
Gutes, das erft erworben werden fol, ift nie ein Schade, fondern
nur der Verluſt des Gutes, welches man bereit3 befitt, ift ein
Schade; was gleichfalls durch $. 1293 bes bgl. G.⸗B. feitgeftellt
it. Der löblichen Staatsbebörbe ift geftern unwillkürlich
bie richtige Anficht ent{chlüpit, Inden fe (aqte, Richter habe
, | 495
das Aerar dadurch befchädigt, indem er die Abjicht Hatte,
das zugewinnen, was dem Aerarentging, mas aber offenbarnurein
entgangener Bortheil und fein Schade wäre, Das Recht aber,
welches ich gegen einen Andern auf eine Leiftung habe, ift an
fih in feiner Eriftenz fein Gegenſtand der Zufügung eines
Schadens. Wenn ih an meinem Yorderungsrechte verlegt
werde, weil der Schuldner nicht leiftet, was er zu leiſten hat,
fo eriftirt mein Recht dennoch, und mein, wenn auch verleßtes
Recht hört nicht auf ein Recht zu fein. Alfo kann fich ber
Schaden nur auf das Materielle, mas ich in Händen habe,
nur auf die Sache jelbit oder darauf beziehen, daß ich durch
Betrug mein Recht ſelbſt verliere. Die Verletzung des Rechtes als
folches aber ift nie ein Schade, auch nicht im Sinne bes $. 197
bed St. G.⸗B.
Es fommt aber noch ein anderer Gefichtspunft dazu.
Ich will mich auf den Standpunft ftellen, daß das Aequivalent,
welches ich aus einem entgeltlichen Vertrage bekommen fol,
fhon in bonis meis if, fehon zu meinem Vermögen gehört,
und baß ich fomit dadurch, daß ich es nicht vollftändig bekomme,
im Sinne de8$. 1293 des bgl. ©. B. ſchon einen Schaben erleide.
« Aber felbft unter diejer Vorausſetzung würde fich alles um ben
Beweis drehen, ob das Aequivalent, welches ich erhielt, .
einen geringeren Werth habe, ald das Entgelt, melches ich
bingegeben babe. Hier wäre daher zu ermeifen, daß ber
Kalitot, welcher geliefert worden ift, 25"/, fr. per Elle nicht
werth war. Alle Zeugen, alle Sacverftändigen haben aber
beftätigt, daß die Waare 25 '/, fr. werth war.
Allein das Aerar hat die Waare, da bie Fädenzahl gleich-
giltig it, muftermäßig erhalten, weil die Waare dem Mufter
entfprach. Das Nerar hat in der Waare vollftändig das Aequi⸗
valent befommen, das e8 hingab, und deßhalb ift fogar unter
dem Seflchtöpunfte, wenn man annehmen würde, daß durch bie
Nichtleiſtung des Aequivalents dem Aerar ein Schaden zuge-
fügt worden märe, Demfelben fein Schaden zugefügt worden,
weil es das vollftändige Aequivalent befam. Es fällt fomit
auch dieſe ganze Frage außer Betracht. Dazu kommt aber noch
die fehr merkwürdige fachgemäße Ausfage des Oberften Georgi.
— Oberſt Georgi hat gefagt, daß die 30zöllige Breite des
Stoffes genüge und daß die Breite über dreigig, —
496
fel. Es war auch beftimmt, daß Waare unter 29'/, Zoll guid-
zugeben und ber Mangel an ber Breite von 29°/, bie
30 Zoll an der Laͤnge abzuziehen ſei. »Es nützt und nichts,
ob wir einen Zoll in der Breite mehr bekommen, er iſt abſolut
werthlos,“ ſagte Oberſt Georgi. Wenn nun das Mitglied der
Monturskommiſſion den 31. Zoll für werthlos erklärt, fo iſt
es ficher fein Schade, daß er wegfiel. Aber der Kontzahent
Richter hatte ihn außerdem auch gar nicht zu Tiefern, Denn er
ſteht auf dem vertragsmäßigen Standpunkte von 30 Zoll, und dieſe
hat er geliefert. Und hier muß ich nochmals in Erinnerung bringen,
was ich bereits früher anläßlich des Meßtiſches bemerkte, da
die Staatsbehörde behauptete, daß man das Meſſen an Meß—
tische nicht al8 Norm annehmen könne, weil nicht Alles gemeſſen
wurde. Wenn dieß richtig iſt, Dann ift auch der Beweis unmöglich, _
daß eine Verkürzung flattgefunden bat, weil nicht die ganze
Waare befihtigt wurde. Das Refultat der Erörterung rüds
fichtlich Diefes Punktes ift folgendes: Es hat eine Irreführung
nicht ftattgefunden weder im Momente des Vertragsabſchluſſes
noch im Momente der Vertragsunterfertigung, noch im Mo⸗
mente der Vertragserfüllung. Es iſt keine Abſicht anzunehmen,
daß Richter das Aerar beſchädigen wollte, es iſt bewieſen, daß
er die Waare muſtergiltig geliefert hat, weil hier die Fadenzahl
außer Betracht kommt, und ſomit kaun auf dieſem Gebiete von
einem Betruge Feine Rede fein.
Ich wende mich nun zu dem Devifengefchäfte. Bor
Allem hat bier die Staatsbehörde das Bedenken aufgeworfen,
daß der Zwilchanfauf im Auslande nicht nöthig gewefen fei.
Ich habe diefe Frage bereits im erften Theile meiner Ausführung
affirmativ beantwortet, und habe die Beweismittel dafür allegirt.
Sch gehe nun über diefe Behauptung fofort weiter zu einem
‚andern Punkte, welchen die Staatsbehörde bei diefer Anklage
erörtert hat. Der zweite Umftand, den fie betonte, war der,
ob es denn überhaupt nöthig geweſen fei, ſich am 7. Juli die
Devifen zu verſchaffen. Sie fagt, am 7. Juli fei diefes noch
nicht nöthig geweſen, weil noch fein Zwilch gekauft worden if;
auch habe man noch nicht gewußt, ob man Zwilch finden und
Jaufen werde. Ich muß vor Allem diefen beiden Bemerkungen
entgegentreten.
In ber Beichaffung von Dein yahen wagte Tadıs
498
in ben Vordergrund geſtellt werden, daß ber einzige unmittel⸗
bare Zeuge des Schkuffes, Freiherr v. Brud, nicht mehr am
Leben und fein perfünliches unmittelbares Zeugniß unmoͤg⸗
Ih if. Es bleibt Daher für ung, fo weit eg auf das Zeug.
niß des Freiherrn von Bruck ankommt, bloß ein Dokument übrig,
nämlich die Note vom 3. Jänner, welche ich bereits früher zu
analyfiren die Ehre hatte. Es ift diefe Note jo wenig au bean⸗
Ränden, daß ich weiter Fein Wort darüber zu verlieren in ber
Rage bin. Da nun aber ein direkter und unmittelbarer Beweis
über den Schluß vom 7. Juli nicht mehr möglich ift, fo er
übrigt nichts als der Beweis aus Wahrfcheinlichkeitägründen,
‚welche alle zu dem Refultate zwingen, daß der Schluß am 7.
Juli ftattgefunden bat. Ich habe bereits auf Die Ausſage ded
Hern Schiff hingewiefen; Herr Schiff hat in der Schluß
verhandlung ausgefagt, daß Herr Richter ihm am 3. oder
4. Juli mittheilte, daß er eine Poft London dem Minifter
verfchloffen habe. Herr Schiff hat weiter ausgefagt, daß
in Folge deſſen die mit der Korrefpondenz einlaufenden
Devifen vom 3. bis 8. Juli zu dieſem Zwecke zurüdgehalten
und nicht begeben wurden, weil, wie er auf eine fpätere An
frage hinzufügte, er das damalige Portefeuille der Kredit:
anftalt zur Abgabe eines ftarfen Poftens London nicht ausreis
chend hielt. Herr Schiff hat in der 22. und 23. Antwort in
der Vorunterfuchung beftätigt, da fchon acht Tage vor dem 14.
Juli, und er präzifirte diefen Zeitpunft durch die Abreife des
Herrn Hoppe nah England, Herr Richter ihm einen Polen
London notifizirte. Herr Baron Brentano bat in der Schluß
verhandlung in Uebereinftimmung, in.Ergänzung deſſen, was
er in ber Vorunterfuchung ausfagte, fih dahin geäußert, daß
Se. Erzellenz Freiherr v. Bruck ihm fagte, daß er fich bes An-
kaufes erinnere; Sreiherr von Brentano wies bereit Darauf hin,
daß der Schluß mit Se. Erzellenz gemacht, und es komme nur
darauf an, wann dieſes London mit dem Finanzminifter gefchlei
fen worden fei. Unterftüßend iſt noch nebenbei die Aufklärung
bes EGMEL. Eynatten, die troß der fonftigen Geſchicke dieſes
Mannes denn doch Glauben verdient, denn zur Zeit, als ihm
Diefe Aeußerung abgefordert wurde, war er noch in ber admini⸗
ftrativen Unterfuchung, und wenn demnach Se. k. Hoheit ber
Herr Erzherzog Wilhelm ihn wirtig fa, Iyen einen Bericht
499
- über die Sachlage abzufordern, fo glaube ich,daß er rückſichtlich
Diefer Angelegenheit wirklich als glaubwürdig anzufehen fei.
In Bolge diefer Aufforderung Hat auch Baron Eynats
ten am 18. Dezember feine Jeußerung erftattet und beftätigt,
Daß der Schluß durch Baron Brud erfolgt fei. Wenn nun
Baron Brud den Schluß beitätigt, wenn Freiherr ven Bren-
tano fich erinnert, daß der Miniſter diefen Schluß beftätigt
hat, wenn ed gewiß ift, Daß diefer Schluß gar keinen Sinn hätte,
wenn er nicht zur Zeit ber Abreife des Agenten und jedenfalls
vor dem 14: Juli gemacht worben wäre; fo find das Iauter
anterftüßende Beweismittel bafür, daß der Schluß am 7. Juli
gemacht wurde und ber vollftändige Beweis dafür liegt in der
Note des Finanzminifteriums vom 3. Jänner d. 9.
Ich glaube damit die Kardinalfrage beantwortet zu haben. -
Es handelt fich nun zunächft darum, die Bedenken, welche in der
Schlußverbandlung von der Staatsbehöde entgegengehalten
worden, zu widerlegen. Diefe Bedenken find zunächft formeller
Natur. Sie betreffen die Eintragung in das Börfentablenu,
die Korrefpondenz und die Buchung. Hier gilt zunächſt fols
gender Standpunkt. Alle diefe Akte find Folgen bes Schluffes,
nicht der Schluß ſelbſt. Man kann nicht etwa fagen: das Ger
ſchaͤft jet durch die Eintragung in das Börfentableau, durch die
Korreſpondenz und die Buchung gemacht worden, dieß wäre
volftändig unrichtig. Das Geſchaͤft muß zuerſt abgeſchloſſen
fein, und kann erft dann eingetragen, durchgeführt werden. Die
Ausführung feßt eben das gefchloffene Geſchäft voraus. Auch
ift e8 eine eben fo unrichtige Anfchauumg, Daß Die Durchführung
in ben Büchern, in ber Korrefpondenz etwa als Die Uebergabe
anzufeben fei. Darin ſehe ich Feine Mebergabe, und es war auch,
wie ich fpäter berühren werde, eine Mebergabe etwa im Sinne
des F. 428 des bürgerlichen Geſetzbuches gar nicht: nöthig.
Wenn der Schluß auf 20.000 Pf. zwifchen Baron Brud und
Nichter gemacht wurde, blieben die Devifen felbftverftändlich
beim Kommifjlonär für das Zwilchgefchäft, d. 5. bei der Kre⸗
ditanftalt, weil fie ja die Zahlungen für ben Zwilch zu leiſten
gehabt Hätte. Die Uebergabe war nicht nöthig, und vom Stand⸗
punkte des Kaufabichluffes Hatte man e8 mit. einem Kauf auf
Borg zu thun und $. 1063 bes bürgerlichen Gefehbuches bes
ftimmt, daß beim Kauf auf Borg das verkaufte Obiekt fofert.
500 _
in bas Eigenthum des Käufers übergehe, und es ift Dabei bie
phyfiſche Webergabe an benjelben nicht abjolut nothmwenbig.
Da nun bie Devifen bei dem Kommifftonär des Zwilchgeichäfs
tes, bei der. Krebitauftalt, zu ‚gerbleiben hatten, fo war bie
Uebergabe um fo weniger nöthig. Die Deviſen waren beider
Kreditanftalt zur Dispofition des Aerars und Dadurch überge
ben. . Vebrigend muß bemerkt werden, daß jene formellen Akte:
bie Eintragung in bas Börfentableau, die Korrefpondenz und
die Buchung, nicht einen Schluß vom 14. Juli beweifen. Sie
bemeifen als Beweismittel nur das, was fie enthalten; fie ent
halten aber einen Kauf vom 7. Juli, und-mithin.beweifen fie
eben nur einen Kauf vom 7. Juli. Dan kann ja über Rechts⸗
afte, die früher ſtattgefunden, auch erſt fpäter - Die Beweisur
funden errichten. Was nun insbefondere das Börſentableau
betrifft, fo wurde demfelben von Seite. der Anklage ein ſehr
großes, entjcheidendes Gewicht beigelegt, welches ihm aber nicht
zulommt. Herr Dr. Mayerhofer hat e8 für eine erft bei der
Anſtalt eingeführte erzeptionelle Einrichtung erflärt. Die Be -
hauptung ber Anflage, dag alle Geſchäfte in das Börfentablean
kommen müfjen, ift unrichtig.
88 Steht im Gegentbeil feft, daß bei der Kreditanftalt nicht
alle Geſchäfte in das Börfentableau fommen müjfjen. Ich berufe
mich auf die Ausfage des Zeugen Niederhofheim, des Chefs
der Korreſpondenz, der ausfagte, daß. nur die auf Der Börje abs
geichloffenen Gefchäfte in das Tableau eingetragen werden
und börfenmäßige Sefchäfte nur dann an demfelben Tage in’s
Tableau fommen, wenn fie wirklich auf. der Börfe abgefchloffen
werben. Echlüffe, die nicht auf der Börfe gemacht werben,
fommen nicht nothwendig am Tage ded Schlufles in dag Bör-
fentableau, und fogar die Antwort, weldhe Herrn Richter ent
gegengehalten wurde, daß der Yinanzminifter ihm fagte:
»®eben Sie aus dem Portefeuille der Anftalt,« beweiſt, was
auch ganz mit ben Ideen des Finanzminiſters, Die Baluta nicht
auf ber Börfe in die Höhe zu treiben, im Einklange ift, daß
das Sefchäft nicht auf der Börfe gefchloffen worden ift. Man
bat weiters den Avifobrief ohne Datum beſonders hervorges
hoben und darin fogar eine Berheimlichung der Spur ber That
erfennen wollen. Ich muß gefteben, daß ich in einem nicht das
Firten Briefe, von dem durch die Zeugen Grünbaum und
*
501
Niederhofheim hervorgeht, daß das Datum nur aus Ver⸗
fehen mwegblieb, nie die Spuren der Verheimlichung einer That
erbliden würbe. Im Gegentheile würde ich e8 eher im Hinein-
fchreiben des Datums.erfennen; wenn 3. B. das Datum vom
7. hineingefchrieben worden wäre und alle Umftände dagegen auf
ben 14: als Datum hinweiſen würden. Wie aus den Zeugenaus⸗
fagen hervorgeht, iſt das weggelaffene Datum ein Verfehen und
es kann darin nicht die Spur einer Verheimlichung gefehen
werden, um fo weniger, ba fowohl durch die Ausfage ber un⸗
tergeordneten Beamten, als der ehemaligen Direktoren Schiff
und Hornboftel erwiefen ift, daß Direktor Richter auf die
Buchung, die Korrefpondenz, furz auf das Manipulative bei
ber Anftalt gar feinen Einfluß nahm und im gegenwärtigen
Balle auch nicht nehmen konnte. Daß auch in anderen Fällen
Buchungen fpäter erfolgten, als das Gefchäft geſchloſſen wurde,
ift durch die Sachverftändigen, welche die Bücher eingefehen
haben, dargelegt worden, und es ift auch in dieſer Beziehung
bie hier vorliegende Buchung feine erzeptionelle. Es wird ferner
als formelles Bedenken geltend gemacht die Trennung des Zwilch⸗
‚und Devifenkonto. Es wurde diefes Bedenken damit unterftüßt,
daß die Gebühr für die Reife Hoppe’s nicht in ben Devifens
fonto gehöre. Die eine Bemerkung ift richtig, die andere nicht.
Es iſt richtig, daß die Gebühr Hoppe's nicht in den Devifen-
konto gehöre; damit ift aber nicht ermwiefen, daß die Theilung
bes Zwilch» und Devifenfonto unrichtig if. Im Gegentheile,
die Sachverftändigen haben anerfannt, daß die Trennung des
Zwilh- und Devifenkonto ordmungsmäßig war.
Es wurde auch unter andern Bedenken von Seite der
Staatsbehörde geltend gemacht und betont, daß die Uebergabe
der Devifen gar nicht hinlänglich ermiefen fei, und Daß man gar
feine Anitalten machte, fle zu überzeben, weil fle im Portefenille
ber Anftalt Hinterlegt, aufbewahrt murben. Ich habe bereits
darauf hingemwiefen, daß auf Grund des $. 1063 a. b. ©.
bei dem Schluß auf Borg einfach durch den Echluß Die
Papiere Eigentbum des Pinanzminifteriums wurden. Das
Bedenken, daß die Uebergabe erſt am 1%. Juli erfolgt ſei, iſt
ebenfalls unrichtig, weil, wie gezeigt, die Durchführung in der
Korreſpondenz und Buchung gar feine Webergabe ift, fonbern
bie Papiere wurden in bem Augenblide, wo fie verkauft wurden,
502
im Portefeuille der Anftalt dem Yinanzminifterium übergeben,
Sie blieben nämlich für das Finanzminifterium und rüdficht
Iich für das ArmeesÖberfommando parat. Es wurde weiter
geltend gemacht, daß nach $. 42 der Börſenordnung das Ge
fchäft entweder ein Tages⸗ oder Lieferungsgefchäft-war, folglich
Die Mebergabe entweder an demſelben oder an Dem Lieferungstage
ftattzufinden Hatte. Es war aber das Gejchäft weder ein Tages
noch ein Lieferungsgefchäft, fondern ein einfaches Kaufgeſchaͤft,
und auch Fein Börfengefchäft, und es findet daher auch das
Börfengefeß bier feine Anwendung.
Es mwurbe ferner ald Bedenken geltend gemacht, warum
eine Notifikation erfolgte, wenn der Abfchluß mit St. Erzellenz
Baron Brud geſchah; da ja in diefem Falle eine Notifikation
überflüffig gewefen fei. Ich erinnere babei nur daran, daß ed
eine merfantile Ufance ift, jedes Sefchäft, fei es nun ein Koms
miſſions⸗ oder ein Kaufgefchäft, zu notifiziren. Wenn ich zu dem
Geldwechöler Uffenheimer fage: »Schiden Sie mir Nach⸗
mittag 25 Stüd Weitbahn-Aftien,« jo wird er mir, ganz gleich»
giltig ob es ein Kauf- oder Kommiffionsgefchäft ift, in jedem
alle eine Notifitation darüber geben.
Eines der Hauptbedenken der Töblichen Staatsbehörde aber
— und dieß ift materieller Natur — wurde von der Berechtigung
des Finanzminifters und des Herrn Richter zu dem Abſchluſſe
Des Gefchäftes hergeholt. Ich muß zuerft im Allgemeinen be
merken, daß dieſes Bedenken eigentlich zweifchneidiger Na-
fur if. Wenn die Staatsbehörde die Ungiltigfeit des Ge⸗
Ihäftsabjchluffes aus dem Mangel der Legitimation zu dem Ab-
ſchluſſe folgert, fo ift dieß ja einBeweis, dag der Abſchluß wirkt
lich erfolgte und dann ift die Anklage felbit an die Luft
geſtellt. Es fchlug fich fomit die Anklage ſelbſt, wenn fie einen
Beweis der Ungiltigkeit dieſes Gefchäftes zu führen verjuchte,
und es hätte die allfällige Ungiltigfeit des Geſchäftes nur die
Wirfung, daß derjenige, ber etwas aus dem ungiltigen Ger
fchäfte geleiftet hat, die Leiftung als Nichtfchuld zurüdzuvers
langen berechtigt wäre. Aber das Faktum des gefchehenen Ab:
fchluffes wird dadurch gerade beitätigt. Ich gebe nun aber
weiter auf die Frage ein: War Baron Brud berechtigt 20.000
Pf, Namens des MilitärsAerars zu aquiriren? Die formelle Le⸗
gitimation fteht außer Zwoeiiel, das hat Brig v. Brentano
503
im Laufe der Schlußverhandlung auseinandergefebt, denn als
Baron Eynatten die Frage an das Finanzminifterium ver-
- wies, bat er fie als außer feinem Reffort befindlich erklärt, und
kraft feiner Vollmacht den Freiherrn von Bruck legitimirt, die⸗
ſen Kaufabſchluß im Namen des Militär⸗Aerars zu bewirken.
Auch durch die Bleiſtiftgloſſen auf der Note vom 3. Jänner iſt
die rechtliche Legitimation außer Zweifel geſetzt. Se. Erzellenz
Edler von Plener, ber ſehr umſichtig in feiner Ausſage war,
hat hinzugefügt, daß erſtens Richter annehmen Fönne, daß
eine folche Bevollmächtigung erfolgt fei, und dann zweitens,
Daß Richter gleichfall8 auf feinem Standpunkte nach diefen
Brämiffen ben Sinanzminifter Bruck ohne weiters als ben bes
sechtigten Käufer habe anfehen künnen, und man wird doch
nicht fo weit geben, und bem Direktor ber Krebitanftalt, ber mit
dem Finanzminifter im Laufe von Jahren Gefchäfte im Betrage
von vielen Millionen machte, zuzumuthen, an ben Sinanzmini-
fter Die etwas heikliche Frage zu ftellen: „Sind Erzellenz auch
berechtigt, von mir 20.000 Pf. zu kaufen?« Man muß fich Die
Dinge vorftellen, wie fie find, und man wird finden, daß eine
folche Frage und unter ſolchen Berhältniffen minbeftens ale
tattlos befunden worden wäre. Die Legitimation jtand alſo auf
diefem Standpunkte außer allem Zweifel.
Ich möchte aber noch Eines hinzufügen; Se. Erzellenz
Baron Bruck hatte weitgehende Machtbefugniſſe im Intereſſe
ber finanziellen Zuftänbe des Staates. Der Miniſter, der be-
rechtigt war, das Nationalanlehen, welches das a. h. Patent
auf 500 Millionen feitgeitellt hatte, um die Summe von 111
Millionen zu überfchreiten, war gewiß auch berechtigt, 20.000 8.
für das Milttär-Aerar anzufanfen. Ich glaube, diefes Argus
ment allein frhlägt jebes Bedenken aus dem Felde. Se. Erzellenz
epräfentirte überhaupt die Finanzen des Staates. Einen jols
chen fubtilen Unterfchied, was ift in der Kompetenz des Mili⸗
tär-Nerars und was nicht, Fümmert einen Finanzminiſtrr von
Oeſterreich ſehr wenig, und wohl noch weniger den Privaten,
der mit dem Miniſter verkehrt.
2 Habe ich nun nachgewieſen, daß formell die Berechtigung
des Freiherrn von Brud vorhanden war, fo frägt ed fich wei-
ter unı bie Berechtigung des Herrn Richter gegenüber ber
Kreditanftalt, und ihrem DBerwaltungsrathe in dad W. Sr
504
fchäft einzugehen. Wenn auch die Berechtigung nicht in den
Statuten begründet gewefen wäre, fo hat doch Herr Direktor
Schiff in der Vorunterfuchung ausgefagt, daß am 7. Juli das
Geben ber 20.000 Pfund zwifchen ihm und Richter bereits feſt⸗
ftand und es ift auch im Sinne des Reglemente vom Stand:
punfte ber Direktion der ganze Vorgang ftreng legal und auch
von dieſem Standpunkte aus wicht zu beanftänden. Ein weiteres
Bedenken wurde von Seite ber loͤblichen Staatsbehoͤrde bezuͤg⸗
lich des Gebens ber 12.000 Pf. Seitens Richters geltend
gemacht. Es wird nämlich gefagt, Richter habe feine 12.000
Pf. erit am 14. Juli an die Kreditanitalt verfauft und er war
daher nur den Kurs vom 14. Juli zu verlangen berechtigt. Der
Fall jteht aber nicht fo. Am 7. Juli hat die Kreditanftalt in Pers
fon des Herrn Schiff mit Heren Richter ein Gejchäft einge:
gangen über das Geben der 20.000 Pf. an das Aerar zu Duos
ten; welche zmifchen ihnen erſt fpäter zu beſtimmen waren. Die
am 7. Juli verkauften 20. 000 Pf. in erſt Ipäter feftzufeben,
den Quoten waren von Richter und Schiff im Sinne be
$.936 des bürgerlichen Geſetzbuches, — benn biefer ſetzt auch bie
. Möglichkeit voraus, daß irgend ein Punkt bes Vertrages auch ert
fpäter prägifirt werben könne unter ben abjchließenden Theilen —
abgejchlojjen worden. Was das weitere Sachverhaͤltniß anbes
langt, jo hat Schiff beitätigt, daß in Folge des DVerfchloflen-
ſeins bereits für die effektive Abſchlußpoſt von 20.000 Pf. Lon⸗
don alle mit der Korrefpondenz eingehenden Devifen aufbehal:
ten wurden, welche bis zum 14. Juli nur 8000 Pf. betrugen.
Es folgt daraus, daß die Anjtalt bei ihrem ſchwachen Portes
feuille am 14. Juii nur 8000 Pf. abgeben konnte, und Schiff ließ
alſo folgerichtig von ſeinem Standpunkte aus am 14. Juli zu,
daß vermöge ber Verabredung, Die zwiſchen ihm und Richter ge⸗
troffen wurde, der letztere 12. 000 Pf. zu dem Geſchäfte gebe. Der
Sachverſtändige Day erhofer, der in dieſe Frage mit volls
ſtändiger Auffaſſung einging, hat die Frage, zu welchem Kurſe
die in Folge der Verabredung vom 7. Juli am 14. Juli be⸗
ſtimmte Quote der Deviſen Richter's zu berechnen ſei, in der
beſtimmten Weiſe beantwortet, daß die Richter'ſchen Deviſen
mit dem Kurſe vom 7. zu berechnen ſeien; alſo iſt vom ſtreng
rechtlichen Standpunkte uͤber das Geben der 12.000 Pf. nichts
einzuwenden.
505
Auch gegen bie Zinfenberechnung ift nicht das ©eringite
einzuwenden. Kraft des Echlufies am 7. Juli mit dem Aerar
waren biefem die Zinfen vom 7. Juli zu berechnen. Bei Rich⸗
ter aber, ber zu dem Betrage erit am 14. die beftimmte Quote
binzugab, konnte Die. Zinfenberechnung erit vom 14. eintreten.
Es ſteht dieß Alles mit.einander im Einklange und man findet
bieß, wenn man fich nur die Mühe gibt, das Rechtöverhältnig
vom merkantilen Stanbpuntte überhaupt ein wenig ſcharf in’
Auge zu faſſen. Es wurbe aber gegen das Geben der 12.000 Pf.
auch noch bemerkt, daß Richter fie nicht geben fonnte. Es iſt
bieß eine durch das Faktum felbft widerlegte Hypothefe. Den
Vorwurf, ba Jemand etwas nicht thun könne, beantwortet
man nicht beffer, als durch die Thatfache, bag man es dennoch
thut. Wenn man behauptet, Richter habe die 12.000 2.
nicht geben koͤnnen und er gab fie doch, fo it das Bedenken,
daß er fie nicht habe geben können, widerlegt. Ich will mid
jeboch auf dieſen, vielleicht als fofiftifch ausgegebenen Stand⸗
punkt nicht ftellen,: und vielmehr in den Devifenbejig Rich⸗
ter's näher eingehen. Man jagt nun, daß erwiejen fei, Daß.
Richter's ausländifche Schuld am 7. Juli eine ſolche war,
Daß er 12.000 Pf. nicht entbehren konnte. Es ift jedoch durch
die Erhebungen bei der Kreditanftalt, Durch die Zeugen Horn⸗
boftel, Schiff und Breſtl dargetban, daß die 32.000 Pf. _
nur für das Stoffgefchäft Richter’ angefchafft wurden, und
es ſteht Nlemanden zu, num plöblich gegen dieſe urfprüngliche
Beſtimmung und gegen die abgegrenzte Beſtimmung der Devi-
fen aufzutreten und zu fagen, dieſe Devifen ſeien nicht bloß für
das Stoffgefchäft beftimmt gewefen, fondern fie begögen fich über-
bauptauf die ganzeausländifche Schuld Richt er's. Wie Richter
feine Berbindlichkeiten in den übrigen Branchen feiner Gejchäfts-
bezüge erfüllen wollte, das war feine Sache, und e8 ift nicht etwa
eine erft in der Schlußverhandlung gemachte Erfindung, daß
bie 32.000 Pf. nur für das Stoffgefchäft beſtimmt waren. Ich
führe nur an, daß felbit die Prager Sachverftändigen, obwohl
ih auf dieſe fein beſonderes Gewicht lege, herausgebracht ha-
. ben, daß Richter 8000 Pf. entbehren fonnte, und ich bin
überzeugt, daß, wenn die Prager Sachverftändigen 8000 Bi.
herausgebracht haben, wir 12.000 Pf. herausbringen wer-
den. Es wurde weiter Herrn Richter ein Schreiben nam
506
7. Juli entgegen gehalten, in welchem Richter an Krumb-
holz fchreibt: »Von nun an laflen Sie bis Mitte Septem»
ber auf fih traffiren,« und es wird Daraus gefolgert, daß
er Devifen bedurft hätte. Das iſt aber gerade umgekehrt. Dies
fer Brief ift eben ein ellatanter Beweis, daB er Devifens
überfluß hatte, denn wenn man auf fich trafjisen läßt, ſo if
das ein Gegenfab von Noth an Devifen. Man bat bei der
®
Sache auf den Brief vom 9. Juli fih berufen. worin Rich⸗
ter zu Krumbholz die Befürchtung ausfprach, daß vielleicht
ein neues Anlehen zu Stande kommen werde. Mag fein, daß
Herrn Richter die Befürchtung vor einem ſolchen Anlehen
vorfchwebte, dieß importirt aber nicht auf das am 7. Juli gefchlofs
fene Geſchäft. Wenn Herr Richter eine folche Beſorgniß am
7. Juli gehabt hätte, bann hätte er vorfichtiger fein und ber Kre⸗
ditanftalt nichts von feinen Devifen geben follen. Daß eine Fleine
Bott von 550 Pf. am 7. gefauft wurde, die mit der Aſſekuranz
des Stoffgefchäftes nichts gemein hatte, importirt fehr wenig.
Für die. übrigen Gefchäfte Tonnte er Taufen und verkaufen.
Denn die Frage fteht nur fo: Konnte er 12.000 Pf. aus ber
Aſſekuranz für das Stoffgefchäft geben?
Es wurde aber weiter nachgewiefen, und zwar aus dem
Devifentonto felbft, daß nach dem 14. Juli für Richter fein
neues London mehr gefauft'worden ift, und daß wirklich nad)
dem 14. Juli nur furzes London gegen langes ausgetauſcht
wurde. Auch it nachgewiefen, daß die Kreditanftalt Damals ein
ſchwaches PBortefeuille in London hatte, und Herr Schiff hat
ausdrüdlich erklärt, daß er in dem ©eben der 12.000 Pi.
nichts Arglijtiges babe erbliden können. Die Staatsbehörde
bat bei dem Faktum bes-Devifenkaufes auch das Konfortium
angeführt, in der Richtung ald ob Richter ein Spieler gewes
fen wäre. Ich habe aber wahrlich den Zuſammenhang nicht auf:
gefaßt und nach den Erläuterungen, die ich heute über das.
Conſortium gemacht habe, bürfte die Widerlegung dieſes Beden⸗
kens entfallen, indem das Konfortium kaum den Charakter eines
Spieles an fich trägt. Wenn ich daher das ganze eben erörterte
Faktum überlege, fo fomme ich zu dem formellen Refultate, daß
in Rückſicht auf die ©t.-B.-O. ber Thatbeitand durchaus nicht ers
wieſen iſt. DieStaatsbehörde hat fich beinüht, diefen Tkatbeitand
durch Berbachtögründe feitzuitellen. Eine Seitttellung des That:
507
beitandes durch Verdachtsgründe gibt es aber nicht; es ift ſomit
ber Beweis bes Thatbeftandes nicht geführt. Die Staatsbehoͤrde
warf aber bie Frage fo auf: Iſt der Schluß für den 7. Juli fingirt
worden? und hat alle Gründe aufgeitellt für diefe Behauptung.
Ich habe nun dem entgegengeitellt: die Note des Finanzmini-
ſteriums, unterftügt von den Zeugen Schiff, Brentano,
unterftügt in ihrem ganzen Zufammenhange mit den gewöhns
lichen Gefchäften unterftübt durch die Nothmwendigfeit des Devi⸗
fenfaufes, daß Herr Hoppe wirklich zum Zwilcheinkaufe ins
Ausland ging, unterftügt endlich durch Die Ausfage Sr. Erzel-
lenz Edlen von Plener und des Freiherrn von Brentano,
bag folde Dedungen mittelft Devifen vollkommen fahgemäß
find. Ich kann übrigens dabei nicht unbemerkt laſſen, daß in
formeller Beziehung bie bücherliche Durhführung dieſes Schluſ⸗
ſes nicht von Richter, ſondern wie alle Zeugen und Schiff
ins beſondere beſtaͤtigen, von Schiff ſelbſt ausging. Richter
bat durchaus nichts gethan, was einer Veränderung des That⸗
beftandes, der Verheimlichung oder Befeitigung von Spus
sen ähnlich flieht, fo daß im ©egentheile, wenn Richter
in diefer Angelegenheit irgendwie ein Schuldbewußtfein in fich
getragen. haben würde, oder irgend ein unlauters Werk voll-
bracht hätte, er hätte Vorkehrungen treffen müſſen und fraft
feiner Machtvollkommenheit auch hätte treffen können, denn
dann mußte er beforgt fein, den ganzen Thatbeftand in eine
andere SeftaltYu bringen. Man bat noch Motive, obmohl jekt,
nachdem ber Thatbeftand und die, böfe Abficht nicht erwiefen
werden kann, Darauf Feine Rüdficht zu nehmen wäre, ange⸗
führt, nämlich, daß Richter durch Die Begebung von 12.000
Pfd. am 14. Zuli 26.000 fl. zur Ergänzung besjenigen Be-
trages gewinnen wollte; womit er den Mebrbetrag für die 25
Stück Nordbahns Aktien für Cynatten deden wollte. Man hat
zu diefem Motive einzig unb allein den Umftand angeführt,
daß der 14. Juli vor dem 15. und 16. Suli fommt. Das tft
wohl wahr, aber e3 ift ein reiner Zufall, daß am 14. dieſes
©efchäft gemacht wurde, und gerade wenn diefer Zufammen-
Hang richtig wäre, bürfte man Richter zutrauen, daß er am
15. nicht etwas gethan hätte, was den 14. fo nahe erfchienen
wäre. Es fallen num bier Zufall und Vernunft zufammen, und
508
Dort, wo man bie Vernunft nicht nachweifen kaun, bort hat
der Zufall noch immer mehr Berechtigung als die Vernunft.
Ich gehe nun über auf dasjenige Faktum, welches darin
befteht, Daß der Konto des Finanzminifteriums zum Nachtheile
der Krebitanftalt gefälicht, und diefer ein namhafter Schaben
zugefügt worden fein fol. Die erfte Frage in Bezug anf
den objeftiven Thatbeftand ift zunächſt die der Fälſchung. Eine
Fälfchung in einem Buche findet offenbar nur dann ftatt, wenn
bie Eintragung ohne rechtlichen Grund, das heißt auf Grund
einer rechtlichen Fiktion gefchehen ift, wenn im Buche ein Gefchäft
fingirt wird, das fich richt zugetragen bat, das nicht, oder nicht
fo mie e8 gebucht, abgefchloffen wurde. Es läßt ſich alfo nad
bloßem Anblid der Bücher durchaus nicht fagen, die Fälfchung
iſt objektiv feſtgeſtellt, ſondern es ift gewiß, Daß bezüglich eines
folchen Faktums nur dann eine Fälfchung vorliegt, wenn erwies
fen wäre, daß die Buchung eine reine Fiktion ift. So lange aber
ein Grund fir das Gegentheil befteht, kann man von einer Fäl
fhung nicht reden. Da nun Baron Brud todt ift, muß man
fich mit Wahrfcheintichkeitsgründen begnügen. Die Transaktion
aber, welche, wie Richter angibt, zur Aufbefferung des Finanz:
tonto vom Jahre 1859 mit dem Aerar vorbehaltlich der nad-
träglichen. Genehmigung des Berwaltungsrathes geſchloſſen
wurde, iſt keineswegs eine Fiktion; daher kann von einer falſchen
Buchung Feine Rede fein. Sie iſt eine Thatſache und die Buch⸗
führung ift hienach aufzufaffen. Die Herren DAtſchka und Dr.
®redler haben auf Grund diefer fachlichen Anfchauungen auss
gefagt, daß man von einer Fälfchung durchaus nicht fprechen
kann; eben fo hat Herr Schöller ausgefagt, daß die Buchumg
nur eine proviforifche war. Es kann alſo von der Eriftenz einer
Fälſchung in dieſer Auffaffung a priori feine Rebe fein. Aber
auch von einer Irreführung ift nicht Die Rede. Es ift vielfach
anerfannt worden, daß die Stornirung aus den Büchern erſicht⸗
lich ift, wie Herr Weidinger, Herr Schöller, Herr Dutſchka
beftätigen, und Herr Schöller hat fogar ausdrücklich erflärt,
daß er fie gefehen Hat. Bei näherer Unterfuchung ber Bücher,
fagt Herr Dutſchka, hätte das Verhaͤltniß Mar bervortreten
müffen, und man kann daher nicht fagen, daß Richter befon-
dere Deranftaltungen wegen Geheimhaltung getroffen bat und
die fpäter zu berühtenden Untänte heirttiiaen wullauumen,
510
Das erite, fagt fie, beftand barin, daß, wer für fein eigenes
Intereſſe fälfcht, noch um fo eher. für frembes fälfche. Ich
begreife für's Erſte die.pſychologiſche Richtigkeit des Satzes nicht,
und ich glaube mehr, daß, wer für das eigene Intereſſe faͤlſcht,
nicht um fo eher für das frembe fälfcht, fondern um fo eher
für das eigene. Wer fich gerne Nuten zuwendet, iſt nicht ber,
ber einem Anbern lieber den Nuten zumendet. Mir kann bieß
piychologifche Räthſel nicht zufagen, und ich würde mich nicht
getrauen, dasfelbe einer Friminaliftifchen Abhandlung zu Orunde
zu legen. Sch frage aber, wo ilt es erwiefen, daß Richter für
fein eigenes Intereffe fälfchte? Ich weiß nicht, mo dieß geweſen
fein fol, und es fehlt demnach für das erſie Motiv jede
faktiſche Prämiſſe.
Das zweite Motio, welches die löbl. Staatsanwaltſchaft
anführt, iſt, Daß Richter bemüht war, fich vor Verantwortung
zu ſchützen. Diefes Motiv ift.mir aber noch weniger einleuchtend.
Um ſich vor einer adminiftrativen Verantwortlichkeit zu fchüßen,
follte man einen Betrug begehen von fo ungeheuerlichen Fogen,
die fo verhängnißvoll in dag Geſchick eines Mannes eingreifen
fönnen, der fich in einer fo ausgezeichneten und einflußreichen
Stellung befindet. Man fieht alfo, daß man mit diejer Erflä-
rung nicht ausreichen würde, ich muß mich daher um andere
Motive umfehen. Um ſich aber diefe Motive aus der Trans:
aktion felbft genügend zu erklären, muß man vor Allem fid
darftellen, was diefem Geſchäfte vorhergeht.
Bei diefer Transaktion — und es kann bier, da gleichfalls
wie bei dem Devifengefchäfte der Gauptzeuge tobt iſt, nur
wieder auf Gründe der Wahrfcheinlichkeit fich berufen werben,
— find aber einzelne Spuren der Auffaffung Sr. Erzellenz
bes Freiherrn von Brud vorhanden, welche mit ber Darlegung
des Angeklagten übereinftinnmen, Andeutungen, die fomehl
von ihm felbit, als von Perfonen herrühren, die mit ihm uns
mittelbar in Berührung famen, die feine Anfchauungeu kannten.
Zu den von ihm felbft herrührenden Andeutungen gehört die
11. Antwort feines Protefolles, worin er rücfichtlich des früher
gehabten Verluftes, gelegenheitlich des ihm vorgewiefenen Kontos
der Kreditanitalt bemerkt, diefer anfcheinend bedeutende, aus
jener Operation entfpringende Verluſt würde fih durch ein
fleines Steigen der Papiere von Weh hehaten haben.
612
als ein ganz nebenfächliches Bedenken angeführt, Freiherr von
Brentano babe ſchon vor dem Neujahre 1859 das Anlchen
abgefchloffen. Dieß fcheint ein Mißverftändniß. Wie ich die Sach⸗
lage aufgefaßt ˖ habe, hat Freiherr von Brentano vor dem
neuen Jahre die Einleitung dazu getroffen, aber es iſt gleich⸗
wohl das Anlehen noch nicht abgefchloffen gewefen, und es war
daher ganz in der Ordnung, dutch den Devifenverfauf und
Ankauf von Obligationen das Anlehen zu ſekundiren, felbft
wenn es ſchon gefchloffen war. Die löbl. Staatdbehoͤrde hat noch
ferner angeführt, es fcheine unmahrfcheinlich, daß man bei ben
Grundentlaſtungs⸗Obligationen ein Aequivalent, wie fie es
nennt, eine Kompenfation durch das Steigen der Papiere mit
Zuverficht erwarten konnte.
Allerdings war bie ganze Operation von bem Finanz⸗
miniſter auf das Steigen der damals niedrig geſtandenen
Grundentlaſtungen baſirt, und die Zeit hat gezeigt, daß die
darauf gebauten Chancen allerdings nicht täuſchten. Es wurde
ein weiteres Bedenken rege gemacht, warum Richter früher
die Bücher ändern ließ, bevor er die Anzeige machte. Die⸗
ſes Bedenken iſt im Laufe des Beweisverfahrens namentlich
durch die Ausſage des Dr. Gredler hinlänglich aufgeklaͤtt
worden, der ausſagte, es habe ſich um eine Herabminderung des
Konto pro 1859 gehandelt, und es mußte Anfangs Jänner 1860
der Konto des Finanzminiſteriums vorgelegt werden. Alle Or⸗
gane der Kreditanſtalt ſind nun darüber einverſtanden, daß,
wenn dieſe Angelegenheit beſprochen werden ſollte, ſie nicht vor
das Plenum des Verwaltungsrathes, ſondern vor einen Beirath
kommen mußte, und daß das Reviſionskomité am geeignetſten
fei für die Ordnung ſolcher mit den Büchern im Zuſammen⸗
bange ftebenden Angelegenheiten. Wenn man nun bebentt,
daß Anfangs 1860 diefer Konto dem Minifter vorgelegt wers
ben mußte, daß aber das Komite erft im März zufammentrat,
fo war dieß fiir Herrn Richter die paffendite Beranlaffung, bie
Angelegenheit durch das Kemite vor das Plenum des Vers
waltungsratbes zu bringen. Es ift nun aber erwiefen, baf
Richter auf Grund früherer Prägedenzien, wo er fich fehr auß-
gedehnter Vollmachten erfreute, nicht nöthig Hatte, bie
Sache fo dringlich zu betreiben und er konnte auch nicht vors
ausſehen, dag er am 9. Märy werde verhaftet werten und am
514
Richter zu machen. Aber man fand dieſes nicht nothwendig.
Es wurde geftern die Antwort berührt, welche Richter am
22. und 23. März, über die Sachlage befragt, dem Unter-
fuchungsrichter* gab. An der enticheidenben Stelle hat auch
Richter ſchon Damals erklärt, Die Differenz werde burch Die Kus⸗
veränderung eingebracht werben, die Anftalt werde feinen Schas
ben erleiden, uud das ftimmt vollkommen mit ber Antwort bes
Barons Brud überein. Ich ſehe darin wieder einen Beweis, daß
man mit der Transaktion nicht hinter den: Bergen halten wollte,
wenn auch eine unglüdliche Derfettung ber Umſtände den
Direktor Richter nicht an der volltändigen Darlegung der
Sachlage verhindert hätte.
‚Direktor Richter wurde auch am 18. Oktober, kurz
vor der Schlußverhandlung mieder befragt. Damals war
Freiherr von Brud todt, und Richter ftand vor feiner Schlußs
verhandlung. Ich glaube, dieſe zwei Umftände machen es fehr
begreiflih, daß er in diefem Augenblide die Sache ungenau
barftellte. Wer einer Schlußverhandlung, wie fie Herrn Richter
' bevorftand, entgegengeht; wer, wie ich, ihn gefehen hat, wie
er durch drei Wochen täglich duch act und mehr Stunden
die Akten zum Behufe feiner Vertheidigung Durcharbeitete,
ber wird begreifen, wie es im Kopfe des Herrn Richter
ausfah. Sch weiß dieß von dem meinigen.
Ich kann nach diefer Ausführung, nachdem nicht bewiefen
ift, daß die Buchung auf Fiktion beruhe, nachdem bemwiefen ift,
daß Arglift es nicht geweſen, welche zu dieſer Buchung verans
Iaßte, auf die Konfefutivfrage des Schadens übergeben.
Die löbl. Staatsbehörde fand in der Aeußerung des Dr.
Gredler, welcher fagte, ‘die Anitalt fei nicht befchädigt und
fie ftele bennoch eine Forderung an die Staatsverwaltung,
einen Widerfpruch. Ehen weil die Anftalt glaubt, daß fie noch
Forderungen bat, hält fie jich nicht für beſchädigt. Es iſt dieß
ein notbwendiger Zuſammenhang und fein Widerfpruch. Wenn
fie feine Forderung ſtellen könnte, dürfte fie fich Tür beſchädigt
halten. Ob nun bie Kreditanftalt eine Forderung zu Itellen berechs
tigt iſt, kann von Seite dieſes hohen Gerichtes nicht entjchieben
werden. In ben Aeußerungen des Verwaltungsrathes Dr. Ored⸗
ler und Sr. Erzellenz Edlen von Blener trat ja eben der fünftige
mögliche Prozeß hernor, es And dos Wð Marteien, von
“
516
ber Amtsgewalt. — Was nun bier zunächit die Konftruftior
bes Beweisgebäudes betrifft, fo bat die Anklage auch hier ben
objektiven Thatbeftand durch Verdachtsgründe zu konſtatiren
gefucht. Sch ſchicke dieß voraus, um nicht fpäter Darauf zuruͤd⸗
kommen zu müflen. Durch Verdachtsgründe kann aber fein ob-
jeftiver Thatbeftand dargethan werbenund folglich Taffe ich michin
Die Erörterungen nur Darum ein, um zu beweifen, daß auch bie
Verdachtsgründe, die man Dazu benügen will, nicht ausreichen,
um die Meberzeugung zu begründen, Herr Richter hätte Baron
Eynatten ein Geſchenk gemacht in der Abficht, um benfelben
zur Phrteilichkeit zu verleiten. Daß in ben Ausfagen des Herm
Richter das Geftändniß diefer That nicht gefunden werben
fann, hat die Staatsbehörde felbit anerkannt. Durch die Analyfe
Der Antworten des Brotofold Nr. 19, 28, 355, 355 und 444
wird beftätigt, daß in allen dieſen Ausfagen ftetS berfelbe
Grundgedanke vorherrſchend jich Fundgibt, der den Angeklagten
erfüllt hat, daß er nämlich nach dem Einkaufe ber Aktien dieſel⸗
ben ber Samilie bes Baron Eynatten und refpeftive dem Ba-
ton Eynatten für feine Frau als Käuferin übermitteln ließ,
daß er ihm den Reſt Freditirt, und daß er nur nach und nad
innerlich bei fich den Gedanken faßte, daß möglichermeife das
Geld verloren fei. Und dadurch geftaltete fich ihm Die Sache zu
einem Kadeau. Die. Schenkung ift ein unentgeltlicher Vertrag,
"bei dem beide Theile über das unentgeltliche Geben und Neh:
men einer Sache einverftanden fein müfjen.
Darüber, daß Direktor Richter bei der Uebergabe der
Altien, möge diefe an wen immer erfolgt fein, fchenfen wollte,
daß er irgend eine Handlung ins Werf geſetzt Hat, melde
die Abficht zu ſchenken bekundet hat, Tiegt nicht der geringfte
Beweis vor und ebenfomwenig darüber, daB Baron Eynatten
dieſe Abficht errieth, in fih aufnahın, fie erfannte und ihr ent
gegen feine Handlungsweiſe in der Art wieder modifizirte, daß
auh Richter die Geſchenkannahme von Seite des Baron
Eynatten erfannt Hatte, das heißt, daß der Wille beider
Perfonen im Sinne der $$. 862, 863 bes bürgerlichen
Geſetzbuches in dem unentgeltlichen Nehmen und Geben des Su,
perplus, welches an den Aktien nicht gezahlt worden war, fi
geeinigt Hatte. Ein folcher Beweis liegt nicht vor und wenn
Heute Direktor Richter gegen venienigen, melcher ber Käufer ber
518
und Richter ergeben, nämlich bag Eynatten angab, 34,000f.
gegeben zu haben. Es war dieß, bevor er fein fträfliched Bew
hältniß zu Jung aufgeklärt hatte und zu einer Zeit, wo er bie
Bejorgniß haben mußte, daß dieſes Verhältniß an das Tages
licht fommen werde. Dann verleitete er Richter, Daß dieſer aus⸗
fagen follte, er habe 34,000 fl. bekommen und jo erflärt fid
einfach,.wie Eynatten angab, er habe Richter 34,000 fl.
gegeben, um fich vor der Entdeckung feiner Beziehung zu Jung
fo lange als möglich zu wahren. Dieß, glaube ich, klärt den
Miderfpruh vollkommen auf. — Eynatten gab 20,000 fi.,
er befand fi in einer Hohen, mit außerordentlicher Vollmacht
ausgeitatteten, ein Zeichen bes höchiten Vertrauens bekun⸗
denden Stellung. Die Anklagefchrift hat: allerdings angeführt,
daß die Familie Eynatten polizeilich kundbar verfchulbet ge
weien, und man hat dieß in der Anklageſchrift als Verdacht:
grund Herrn Richter entgegengehalten. Aber alle diefe polls
zeilichen Nachforfchungen find erft im Laufe der Unterfuchung
angeftellt worden. Nun tft e3 leicht zu fagen, die Familie Eyn-
atten ift verfehuldet, nachdem man im Laufe der Unterfuchung
die Polizeidtreftionen von Salzburg, Innsbrud und Verona in
Bewegung geſetzt und Dadurch herausgebracht hat, daß Eynatten
zu ben beiten Kunden des Leihhauſes in Salzburg gehörte.
Das war aber damals polizeilich nicht bekannt, al8 man Baron
Eynatten an jener Stelle ſah, die er einnahm. Ich bezweifle
jehr, Daß man ihn fonft, wenn die Thatfachen damals befannt
gewefen wären, mit einer fo hohen Funktion betraut hätte. Ich
fchließe alfo gerade daraus, daß er mit einer fo hoben Funktion
betraut wurde, aus.der erzepzionellen Vollmacht, die. ihm ges
geben wurde, daß er aller Welt, Hoc und Niedrig, als hoͤchſt
vertrauuingswürdige Perfon erfchien, und darum auch Herrn
Richter als folche erfcheinen mußte, und ich fehe darin keinen vers
dächtigenben Umftand, daß nun, nachdem Eynatten ihmden Auf:
frag gegeben, für feine ®emalin fünfundzmanzig Stück Nordbahn⸗
Aftien zu Faufen und dafür nur 20,000 fl. bergab, man fich ihm
gegenüber als foulant erivies und ihm dig Aktien zufandte, wie
man jedem andern vertrauungswärdigen Käufer fie zugefendet
hätte. |
Meiter wurde geſtern geltend gemacht, daß. Eynatten
biefe Altien dann wie fein Eigentyun bebaudelt habe. Die Als
520
niffe befam, und auf welchem Zettel, wie Die Baronin auf
meine eindringlichen Fragen ausfagte, die Worte ftanden:
»Faites savoir à Ri oht er qu’on pretende qu’il m'a donne
aussi de l’argent,* nicht wie fie urfprünglich fagte: »qu’on
V’accuse,« d. h. daß man behauptet, daß man vorgibt, nicht
daß man weiß, Richter habe dem Eynatten. ein Geſchenk
gemacht.
Das ſind abermals ſprechende Beweiſe dafür, daß
Baron Eynatten auf ſeinem Standpunkte den Mehrbetrag
der Nordbahnaktien nicht als Geſchenk anſah, nie als Geſchenk
anſehen konnte. Wenn man ſich weiter erinnert, daß die Baronin
Eynatten es für infam erklärt hat, daß Richter angebe,
der Familie Eynatten ein Geſchenk gemacht zu haben, ſo iſt
dieß gleichfalls ein unterſtützendes Moment dafür, daß die
Schenkung als zwiſchen Beiden vereinbart durchaus nicht
erſcheint.
Ein weiterer Umſtand iſt von großem Gewichte, und hier
benütze ich dasjenige, was ich im Laufe des erſten Theiles mei⸗
ner Ausführung bei Gelegenheit der Beſprechung der Geſchäfte
feitftellte, nämlich die geringen Gewinne, die Herr Richter ges
macht, die fich wirklich auf verfchwindend Eleine Summen belau-
fen, und die beim großen Stoffgefchäfte von vier Millionen Ellen
Kalikot weit unter 30,000 fl. Herabfinfen. Diefe fprechen gegen
ein Geſchenkvon 26,000 fl. Es wurde auch die prompte Bezahlung
ber 4000 Franks, welche Eynatten auf das Akkreditiv in Paris
erhob, vorgeführt. Wäre Eynatten mit Richter in einem fträf-
lichen Berhältniffe geftanden, jo hätteerbeifichdaraufrechnen koͤn⸗
nen: »Das ift ein Dann, der mir ſchenkt,“ — und esift weit mehr
anzunehmen, daß, da die fonftigen Sinanzverhältniffe des Baron
Eynatten nicht die glänzendften geweſen fein follen, er fid
nicht beeilt hätte, die 4000 Franks prompt zu bezahlen. Er
hatte aber am 12. Dezember eigens einen Brief an Richter
gerichtet, worin er Richter anweiſt, die Koupons von den im
Depot befindlichen Papieren herabzufchneiden und Damit ſammt
den ihm überfanbten ausländifchen Münzen die 4000 Franks
fich bezahlt zu machen. In diefem prompten exakten geſchäfts⸗
männifchen Worgeben ſpricht es fich aus, Daß zwifchen ihnen
in ©eldangelegenheiten ein rein gejchäftliches Vorgehen ftatts
528
gefunden, daß fie fich ftreng auf der Baſis bes Zufordernhabens
und Schuldigſeins bewegten.
Es murbe auch geltend gemacht, daß die Buchung eine
ſolche war, daß die Schenkung durch fie verheimlicht wurde.
Herr Direktor Schiff hat aber eidlich beftätigt, daß Herr
Richter fogleih beim Ankauf der Aftien ihm fagte, biefe
25 Stück gehören General Eynatten, er werde demnächſt
Staatsobligationen verkaufen und den Reſt bezahlen. Daß
zuweilen eine Buchung auf einen andern Namen vorkommt,
wurde von allen Organen ber Kreditanftalt beftätigt. Endlich
erfolgte das Depot auf den Namen Eynatten, woraus am
beiten hervorgeht, daß man aus der Sache fein Geheimniß
machte.
Es iſt Thatfache, daß Direktor Richter die großen Voll:
machten des Baron Eynatten kannte, daß diefer in allen be=
beutenden Geſchäften zum Theile felbft ihn zu Rathe z0g,
theild in Verbindung mit andern beratbichlagte, mit ihm bes
deutende Geſchäfte u. z. das Getreidegeſchäft von 15,000. 000 fl.
das Schuhgeſchäft im Belaufe von fünf Milllonen durch
Richter und Frankl, das Zwilchgeſchäft in präliminirten Be⸗
trage von5— 600. 000 fl, das Stoffgeſchäft mit —200, 000fl.
abmachte, das macht bald zweiundzwanzig Millionen. Wenn
nun Richter eine unlautere Abſicht gehabt hätte, jo hätte er
bet diefer fehr einflußreichen Perfönlichkeit, welche in gefchäft-
licher Beziehung alles Vertrauen auf ihn feßte, jene Abficht
leicht erreichen fönnen und man müßte ſich fomit wundern,
daß der Gewinn, welchen Richter bezog, ſich auf jene Eleine
Summe belaufe, die ich in dem erften Theile meiner Erörtes
rung ben hohen ©erichtähofe vorlegte.
Es ift daher der objektive Thatbeftand einer Schenkuug, des
Einverjtändniffes zwifchen Richter und Eynatten, nicht nur
nicht erwiefen, es ift vielmehr das Gegentheil bewiefen, ba fehr
viele Umſtände dargethan wurden, welche gerade . dagegen
fprechen.
Der Vollſtändigkeit wegen babe ich aber bie Aufgabe,
auch den jubjeftiven Thatbeftand zu erörtern. Dan könnte,
ſelbſt wenn eine Schenkung vorläge, nicht annehmen, daß ſie
in der Abficht gemacht worben fei, um Eynatten zu einer
Parteilichkeit, zum Mißbrauche ber Amtögewalt zu verleiten.
522
Ich möchte vor allem Andern in den Vordergrund ftellen, baf
zunächlt fich hier eigentlich zwei Kontrahenten in jenen Ge⸗
fchäften, um bie e8 fich handelte, gegenüberftanden ; Eynatten
als Nepräfentant des Militär-Aerars und Nichter. Wemn
nun zwei Kontrahenten. mit einander unterhandeln, und wäre
der eine Theil auch der Staat, fo ift dieß ſchon an fich Feine Ent-
ſcheidung in öffentlichen Angelegenheiten. Es iſt dieß Der Fall, wel⸗
chen der $.290 des bgl. G.⸗B. vor Augen hat, wo privatrechtliche
Verhaͤltniſſe, wenn ſie auch zwiſchen dem Aerar und Privaten her⸗
vortreten, einen rein privatlichen Charakter an ſich haben. Es war
alſo ſtreng genommen nicht einmal dasjenige, was Eynatten zu
verfügen hatte, Richte r gegenüber eine Entſcheidung in öffentlichen
Angelegenheiten. Ich lege aber darauf wenig Gewicht, weil
ich glaube, daß man, wenn aͤhnliche Parteilichkeiten auch unter⸗
laufen fein ſollten, dieß doch wenigſtens bezüglich Richter's,
durchaus nicht nachweiſen könne. Ich habe mir bereits erlaubt
im erften Theile meiner Ausführung eine Reihe von Thatfachen
anzuführen, die das Gegentheil von Begünftigungen ausdrüden,
die von Eynatten ins Wert gefebt worden fein follen. Wohl
aber muß ich zunächft im Allgemeinen auf die Ausfagen bed
Hofraths Eder-Kraus, dann auf die Ausfagen des Hofraths
Bayer und Oberfriegstommiffäird Glommer, fowie des
Oberften Georgi hinmeifen, welche übereinftinnmend ausgefagt
haben, Daß ihnen im Verkehre Richter's mit Eynatten
nicht8 Unrechtes oder Geſetzwidriges aufgefallen ift, daß feine
Begünftigungen ftattgefunden haben. Die Töbliche Staats:
behörde hat gejtern bei Ausführung des fnbjeftiven Theiles
Diefes Anklagepunftes, fo viel ich aufgefaßt habe, vier Punkte
als folche aufgeftellt, in denen fie Monıente von Begünftigungen
und PBarteilichkeiten findet. Es ijt denn doch aber zunächit au
nöthig, Abgefehen davon, daß fich keiner dieſer Punkte fadifch bes
währen wird, bei bem Verbrechen der Berleitung zum Mißbrauche
der Amtsgewalt den Begriff der Parteilichfeit genau feftzuhalten
und feitzuftellen, um fie nicht mit dem etwas vagen Ausdrud der
Begünftigung zu verwechfeln. Parteilichkeit ift etwas ganz
Anderes ald Begünftigung; Parteilichfeit im Sinne bed
St.⸗G.⸗B. ift bei wiberftreitenden Interejjen die Bevorzugung
des gar nicht oder minderberechtigten Intereffe gegen das bes
rechtigtere. Darin Liegt sine Bevorppypoo einer Partei. Es
524
Hofrathes Ecker-Kraus anführte; Herr ObersKriegstommiffär
Glommer Hat namentlih den Weg näher bezeichnet, auf
welchen das ArmeesÖberfommando fich Lieferungen ficherzus
stellen pflegt, jo daß das Nichtvernehmen ber Handelsfammern
nicht als Begünftigung Richter's anzunehmen war. Es war
auch nicht Sache des Herrn Richter das Armee-Oberfommando
aufzufordern, es möge Doch auch Die Handeldfammern vernehmen,
um ihn nicht in den Schein der Monopoliftrung zu bringen.
Es wurde weiters angeführt, Herr Richter Habe ſich
jede Konkurrenz‘ durch feine Stellung als Direktor der Kredit
anftalt befeitigt, denn ein jeder, der bei der Anftalt Kredit
fuchte, babe ſich fchenen müſſen, dem Direktor Richter
Konkurrenz zu machen. Es iſt dieß eine ganz vage, durch keine
Thatſache bewieſene Konjektur, denn es iſt feine einzige That⸗
ſache vorgekommen, die dieſe Behauptung oder Vermuthung
rechtfertigen würde. Man bat auch darauf hingewiefen, daß
Richter ſich künftige Lieferungsgeſchäfte zu ſichern ſuchte;
allein war es denn ausgemacht, daß Freiherr von Eynatten
ſtets an der Spibe der Sefihäfte beim Armee-Öberfommando
bleiben werde? War es auch nur wahrſcheinlich, daß er mit feinen
weitgehenden, ausgedehnten Vollmachten die Armee⸗Admini⸗
ftration fürimmer vehalten würde, die ihm nur für die Kriegszeit an⸗
vertraut wurde? Dieß war in hohem Grade unwahrſcheinlich,
der Mann hatte nur eine exzeptionelle Stellung, die durchaus
nicht andauernd fein konnke, und jede Kalkulation, die ſich auf
dieſe höchſt erzeptionelle Stellung blajirte, würde nur fehr
wenig Chancen für fich gehabt haben. Ein zweiter Umſtand,
welcher außer der monopoliftrenden Stellung Richter’s, wenn
überhaupt angenommen werden könnte, daß eine folche vor-
handen war, berührt wurde, war die Zerealienberechnung.
Veber diefe habe ich mich bereits im eriten Theile meiner Auss
führung binlänglih ausgefprochen und das Verhalten bes
Herrn Richter im volljten Lichte dargeftellt, ich Habe auf alle
Alten hingewieſen und glaube deßhalb, daß ich über Diefe ans
geblihe Begünftigung auch nicht ein Wort weiter zu vers
Tieren habe.
Die Kalikotlieferung ſoll fich endlich, wenn ich nicht irre,
auch nach der Art der Erfüllung des Kontraftes als eine Pars
teilichkeit fir Richter darkellen. Aut in Vert Auzehung
526
jektiven Thatbeſtandes, felbft wenn zuzulafen wäre, einen ob-
jeftiven Thatbeſtand auf Orundlage von Verdachtsgründen
anzunehmen. Aber ſelbſt bie geltend gemachten Verbachtögründe
find in dieſem Falle nicht vorhanden.
ALS einen der wichtigsten hat man die falfche Verantwor-
tung Richter’& am 3. Jänner diefes Jahres angegeben. Rich⸗
ter felbit hat wiederholt behauptet, dieſes ſei die einzige Ange
legenbeit, deren er fich zu fchämen habe, und wofür er Gott
und das Gericht um Verzeihung bitte.
Es ift begreiflich, wie Richter damals unter dem Eins
fluffe der Eynatten’fchen Eheleute dazu fam, jene inkorrekte
Ausfage zu machen. Eynatten mar es, weldyer Die Prove⸗
nienz feine8 Vermögens vor Jung zu verbergen ftrebte; er war
derjenige, der Interefle daran hatte, ber Behauptung vor bem
Militärgerichte Geltung zu verfchaffen, daß das Gelb zu ben
Aktien von feiner Frau berrühre. Zu dem Zwecke Hat nicht
Richter die Baronin Eynatten, fondern umgekehrt, Eynats
ten durıh feine Gemalin Richter vermocht, in feinem Intereſſe
eine unrichtige Ausſage zu machen. Sachlich und pſychologiſch
erklärt jich aus dem Geſagten die Ausfage Richter's vollkom⸗
men, wenn man fich in die Situation Eynatten's verjeßt.
Aber auch juriftifch vefultirt Eein Bedenken. Richter war da⸗
mals noch fein Angellagter, er hat fich nicht falfch verantwors
tet, weil er feine früher am 3. Jänner gemachte Ausſage fo:
gleich nach jeiner Verhaftung und vor Beginn der eigentlichen
Unterfuchung wiberief. Er kann daher nicht im Sinne des
6.281 der St.⸗P.-O. der falfchen Berantwortung geziehen wer⸗
den, weil eine jolche bei Widerruf einer faljchen Ausfage übers
haupt niemals vorliegt. Nur wenn er ungeachtet Des vorgehal-
tenen Beweiſes im Läugnen verharrt wäre, könnte man ihm eine
falfche Verantwortung imputiren. Allerdings war Richter fein
bloßer Zeuge. Richter war im inne der Entfcheidung des ober⸗
jten ©erichtöhofes vom 22. Juni 1852 ein Zeuge, der vom
Standpunkte des Unterfuchungsrichters in der Sache, über die
er vernommen wurde, befangen erfchien, und Daher im Sinne
jener Entfcheidung auch nicht al8 unwahr ausfagender Zeuge
behandelt werden konnte, was aud der Grund war, Daß
man gegen ihn feine Anklage deshalb erhob. Richter hat ſich
nicht falfch verantwortet, denn an jenem Taae, an bem er
527
das erfte Dial als Unterfuchter vernommen wurde, am 9.
März Abends trat er mit jener Erklärung hervor, welche er
in ber Hauptſache durch die ganze Unterfuchung feitgehalten
bat. Eine falfche Verantwortung liegt. alfo nicht vor.
ALS weiteren Verdachtsgrund hat man ferner die Geneigtr
heit Richter'3 zur Beftechung angeführt. Als Grund für diefe
Seneigtheit wurde bie Gefchenfgebung buch Kallberg und die
durch Bayer angefehen. Was zunächit Kallberg betrifft, je
find die Briefe vom 18. und 22. Februar 1860, welche Rich-
ter an Krumbholz jchrieb, fehr entfcheidend, In dieſen heißt
es ausdrüdlich, daß man vor vollitändig bewerkftelligter Kiefe-
zung nichts geben dürfe und auch dann nur, wenn. man nichts
vorhinein verfprochen hat. Dieje Art und Weile der Behand»
Iung jener Angelegenheit, die nun einmal, wie es feheint, nicht
zu vermeiden war, fpricht fehr gegen eine foldhe Geneigtheit
zur . Beftechung, die einen Schluß auf die Verübung derje-
nigen firafbaren That zuließe, melche die Anklage behauptet.
In Prag handelte e8 jich um einige hundert, bier um 26,000
©ulden. . Das fpricht durchaus nicht dafür, daß Richter
geneigt lei, bie Berlegung der Amtöpflicht, die Herbei⸗
führung einer Parteilichfeit durch Geſchenke zu erwirfen.
Die Briefe fagen vielmehr das Gegentheil. Es fcheint überhaupt,
dag Richter nur oberflächlich von den in Prag zu gebenden
Nemunerationen Notiz nahm, jebenfalld aber durch den Ernft,
womit er die Sache feinen Untergeordneten gegenüber behanbelte,
Diele vor Verübung einer jtrafbaren Handlung bewahren wollte.
Segen bie Geneigtheit Richter’3 im Intereſſe der. Parteis
Jichkeit Gefchenfe .an Beamte zu geben, fpricht auch der Brief
Bondi’s vom 17. Juni 1859. Bondi ſchreibt: Richter
fagt nur immer das große Wort „nichts geben«. Und hier
in der Schlußverhandlung fagte Bondi, baß, als er mit
Nichter von ber Remunerazion zu fprechen anfing, dieſer
fagte: „Laſſen Eie fi nur ja nicht beifallen, etwas zu geben.
Mas die Sefchenfgebung darch Bayer betrifft, welche in ein
paar Sechſern und einigen Zigarren beftanden haben fol,
fo ift Richter eben fo wenig damit in Verbindung zu ſetzen,
wie mit dem Lofe, da8 Bayer dem Schneidermeifter in
©toderau verſprach; das find Akte, die Bayer ind Werk
gefegt und für feine Perfon zu verantwarten N ION
528
ganz gut verantworten kann. Es ift baber die &eneigtHeit zu
Geſchenkgebungen durchaus nicht erwieſen, am allerwenigſten
in einer dem $. 105 bes Straf⸗Geſetzbuches analogen Richtung.
Weiter hat man auch die Bereitwilligfeit zur Annahme von
Geſchenken hervorgehoben und dabei die Geſchenke von Lana,
Liebig und Klein angeführt. Allein wenn es an. und für
ſich ſchon verdächtig wäre, Geſchenke anzımehmen, ſo ſchließt
dieß noch nicht die Geneigtheit in ſich, auch Geſchenke zu geben.
Man hat weiters die Verheimlichung des Depots als einen
Verdachtsgrund angegeben. Bezüglich dieſes Depots kann eigent-
lich von einer Verheimlichung gar nicht die Rede ſein. Richter
war ja nicht verpflichtet, die Anzeige zu machen, daß ein Depot
bei ihm ſei. Bei der Polizei wurde er darum nicht gefragt, er hat
nichts gethan, um den Thatbeſtand zu ändern. Im Gegentheile, das
Hinfenben der Aktien am 18. Dezember an Baron Ey natten iſt,
weit entfernt’ eine Verheimlichung zu fein, eine Kundgebung bes
ganzen Sachverhaltes. Hätte Richter bie Aktien nicht hinge⸗
fendet, fo wäre e8 viel beffer gemefen, wenn man ini Auge bat,
daß er überhaupt etwas habe verheimlichen wollen. Auch hätte er,
wenn etwas zu vertufchen, eine Schuld zu bemänteln gewelen
wäre, auch noch, nachdem er polizeilich vernommen mar und
eine adminiſtrative Unterfuchung mit Baron Eynatten einge
leitet war, der Sache durch einen einfachen Zettel oder in anderer
Weiſe fehr leicht eine andere Wendung geben, oder die Aktien
etwa zurücbehalten oder eine Schlußrechnung hinſenden koͤnnen.
Er hat aber nichts dergleichen gethan, und fomit kann auch in
diefer Beziehung von einer DVerheimlichung keine Rede fein.
Diefe wäre auch nicht vom 4. bis 20. Dezember zu datiren,
denn erit am 12. Dezember fihrieb Baron Eynatten au
Richter ben Brief wegen Abtrennung der Koupons; am 17.
Dezember wurde Richter polizeilich vernommen, und am 18.
Dezember fandte er fogleich die deponirten Papiere der Frau
Baronin Eynatten. Diefes beutet darauf bin, dag er, nad
dem die Behörde fich in die Sache zu mengen anfing, reine Hand
haben und die Aktien an denjenigen ſpediren wollte, dem ſie
gehörten, vorbehaltlich des Forderungsrechtes, welches er ſpaͤter
als ein gefährdetes anſehen mußte. Daß keine fingirte Buchung
vorhanden ſei, habe ich bereits früher bemerkt. Man hat auch
auf einen Brief hingewieſen, wWher UN SAME sun Der
6530
kurzer Unterbrechung fährt Dr. Berger, ſichtlich Thraͤnen un⸗
terdrüdend, fort:)
Der Angeklagte fieht jetzt, mit Vertrauen auf dieſen hohen
Gerichtshof, dem Ausfpruche entgegen; auch die Welt, bie
große Fury, die hinter jebem Gerichtshofe ſteht, fie erwarte
es, fie hofft es, daß der Angellagte wieder ber Welt, feiner
Tpätigkeit, feinem nützlichen Walten und feine Familie hofft
es, baß er ihr zurückgegeben werde.
Aber noch eine Seite habe ich zu berühren. Acht Mo:
nate lang hat die Welt auf Die Enthüllungen dieſes Prozeſſes
gewartet, und fie find nun da. Von allen den großen Unter
fohleifen,. die man erwartet hat, von den Beſtechungsſummen,
die ſich auf Millionen belaufen, jollten, von alle dem ift nichts
vorhanden. Viele Schwarzſeher wollten al’ die Kalamitäten,
die Defterreich in den legten Jahren betrafen, aus den Geheim⸗
niſſen dieſes Prozeſſes erklären. Da Famen die zwei Selbitmorde
und gaben der aufgeregten Fantaſie neue Nahrung, und
alsbald erblidte man ein ganzes Spitem von Korruption,
und hielt alles für morfch, für faul, für angefreffen, was an
der Spibe der Verwaltung, der Geſchäfte itand.
Ich glaube, daß heute die Welt von diefen Illufionen ents
täufcht ift! Ich glaube, daß fie heute an diefen winzigkleinen Re⸗
fultaten dieſer Schlußverbandlung, an den ängſtlich, mühevoll
und doch nutzlos mit der Lupe gezäblten Fäden, an den troß
aller Mühe nicht ausgeflügelten Garnnummern — die freilich
auch kein weltbemegendes Problem in fi tragen — nun do
fiebt, daß es fich einfach darum handelt, einen fonit geachteten,
von Hoch und Niedrig als einen der ehrenwertheiten Charaftere
hingeftellten Mann eines gemeinen Verbrechens wegen zu ver:
urtbeilen. Ich glaube, daß der hohe Gerichtshof auf Grund der
glänzenden Zeugniffe, Die vorgelejen wurden und” eine ganze
Geſchichte Des edelmüthigiten, wenn auch geräufchlojen Waltens
in fich begreifen, daß er auf Grund der perfönlichen Haltung
des Angeklagten die Ueberzeugung von feiner Echuldlofigkeit
fefthalten, und dasjenige Urtheil ſchoͤpfen wird, welches der
Sache entſpricht.
Zwei Opfer find bereits gefallen; heiſere Stimmen krei⸗
chen nach einem dritten, und verlangen Sühne für Berbre-
chen, die nicht begangen worben. SDM dem Stante ein drittes
532
geringerem in einem Augenblide, wo der Eindrud der warmen
und beredten Vertheidigung des Hauptangeklagten ein noch jo
mächtiger if.
Mas fie jedoch für ihren Klienten im bollſten Maße be⸗
anſpruchen kann, iſt jenes Mitgefühl, welches die traurige
Lage eines Mannes verdient, der durch Redlichkeit und Bieder⸗
ſinn die Achtung ſeiner Umgebung zu erwerben und zu erhalten
wußte, eines Mannes, der bis zu dem Augenblicke, wo ſich
die Gefängnißpforte hinter ihm ſchloß, keine Ahnung davon
hatte, daß man in irgend einer ſeiner Handlungen auch nur
den Schein eines Unrechtes ſehen koͤnnte, ſondern der in dem
Bewußtſein lebte und noch lebt, daß er ſtets nur das gethan,
was die ſtrengſte und uneigennützigſte Pflichterfüllung von
einem treuen Diener fordert. Es iſt daher für die Vertheidigung
erfreulich, ihre Ueberzeugung offen zu bekennen, daß der Aus⸗
ſpruch deſſen, wozu und hier das märmfte und lebhafteſte Mit:
gefühl drängt, im vollfommenften Einflange mit den firgngiten
Anforderungen der Gerechtigkeit ſteht.
Die Anklage gegen meinen Klienten iſt eine zweifache:
fie iſt auf die Verbrechen des Betruges, begangen am Staate
durch Stoffverminderung und an den Subkontrahenten durch
Reduktion gerichtet.
Sn erſterer Beziehung alaubt die Anklage ſich die geſtellte
Aufgabe dadurch zu erleichtern, daß fie die Berfonen der beiden
Angeklagten vollfommen identifizirt, allein abgefehen davon,
da ein folcher Vorgang im Strafrechte überhaupt unzuläflig
ift, fo erfcheint er bier insbejondere aus der Rüdficht ganz
unpaflend, weil das Verhältniß beider Angeklagten zu dem
angeblich bejchädigten Staate ein weſentlich verſchiedenes ift.
Die Staatsbehörde nahm das Vertragsverhältnig zum Aus
gangspunfte ihrer Erörterung und fleht die jtrafbare Handlung
in der argliftigen Berlegung der durch dasfelbe begründeten
Pflichten. — Direktor Richter jtand allerdings mit dem Staate
im Kontraftsverhältniffe und befand fich wenigſtens in der Moͤg⸗
lichkeit, die Kontraftspflichten zu verlegen. Mein Klient konnte
es nicht einmal, da er feine folchen Pflichten hatte. Er iſt nicht
Kompagnon, ſondern lediglich Bevollmächtigter. und Gefchäjtd-
jührer, er jtand mit dem Etaate in Beziehung auf die Gefchäfte,
am bie es fich bier handelt, in gar keinem Verhältniffe, ja er
534
ertheilt fogar gegen eine Tare Privilegien auf Verbefferungen, bie
eine größere Defonomie in der Erzeugungerzielen, und berechtigt
dadurch ben Privilegirten, den Nutzen ausichließlich für ſich
auszubenten. Mein Klient fonnte an biefe Verfuche mit um fo
größerer Beruhigung gehen, als dem Staate ſolche Hilfsmittel
zu ®ebote ftehen, welche den Gedanken an die Möglichkeit,
gegen den Kontrakt zu handeln, ausjchließen. Alle Verfügungen
wurden erft nach Einvernehmen ber Stoderauer Monturs⸗
kommiſſion getroffen. Bon diefer als eigens beftellter technifcher
Behörde müffen nicht nur die nöthigen Kenntniſſe vorausgefeht
werben, fondern fie hat auch durch die vorliegenden Qutachten
bemwiefen, daß fie mit großer Sorgfalt und Genauigkeit zu
Werke ging. Gegen die an der Erftattung diefer Gutachten
betheiligten Perfonen konnte kein Bedenken erhoben werben;
ja ed müßte jedes etwaige Bedenken, gegenüber ber offiziellen
Erklärung in der „Wiener-Zeitung* vom 28. Juni 1860 ver-
fchwinden.
Der Berfuch, dasjenige, was durch Erläſſe der höchiten
Behörden auf jo fichere und verläßliche Grundlagen hin verfügt
wurde, im Wege des Kriminalrichterd zu beitreiten, erfcheint
ganz unzuläflig; — die Staatsbehörde felbft erfannte, daß
ein folcher Vorgang Anlaß zu Belorgniffen gebe, indem fie
eine Abwehr derjelben für nöthig hielt. — Mag man jelbit
zugeben, daß nur der Unredliche verurtffeilt werde, fo genügt
ſchon die Möglichkeit, daß über bie Kontrafterfillung nicht Durch
den Givilrichter, fondern durch den Kriminalrichter fofort abge⸗
fprochen werde und die Gefahr, nach Monate langer Haft den
Beweis der Schuldlofigkeit führen zu müſſen, den achtbaren
Geſchäftsmann, der fein Makel an feiner Ehre duldet, von
den Lieferungsgeſchäften zurüdzufchreden, und felbe folchen
Perfonen in die Hände zu ſpielen, welche in einem höheren
Gewinne eine Prämie für die Gefahr, die ihrer Ehre droht, zu
finden wiffen. Gewiß ift, daß Krumbholz nicht glauben konnte,
es werde fein Chef auch nur in der Lage fein, Anträge zu geneh⸗
migen oder Aufträge zu ertheilen, die den Beſtimmungen des
Vertrages entgegen jind, wozu noch kommt, daß ed nach der
durch Sachverſtändige beftätigten faufmännifchen Uebung im
gerwöhnlichen Verkehre nicht gefcbieht, daB man Fäden zählt!
Uebrigens mar der Umſtand, ob wud in welder Art Richter
636
fo erjcheinen fie als feine Spiegelfechterei; fie geben das Bild
eines aufrechten Geſchäftsverkehres, fie enthalten den technifchen
Beirath, den mein Klient feinem Chef zu ertheilen. jchuldig
war und bie bei einem fo.großen Gejchäite nöthigen Mitthei⸗
lungen. Es hanbelte fih bier um Vorkehrungen für ein Ge⸗
fhäft in einer Waarengattung, für welche die Fabrik früher
‚nicht eingerichtet war, es waren »baher einerfeitö wegen ber
großen Ausdehnung desjelben im Intereffe Richter’3 mancyerlei
Borfergen zur Vermeidung etwaiger Nachtheile nothwendig,
andererfeitS wollte Richter eine Wanre liefern, welche dem
Zwecke, für den fie beftimmt: war, vollfommen entfpräche, wie
dieß aus feinen Briefen hervorgeht. Die Erörterungen zwifchen
Richter und Krumbholz fallen in das Stadium der Vers
tragsunterbandlungen, da die definitive Beftimmung über die
Art der Lieferung erft am 26. Juni 1859 erfloß.
Der Bertheidiger beweilt fohin aus der Korrefpondenz,
daß die beanjtändeten Motififationen des Vertrages mit dem
Aerar ˖ durch die Aufträge des Richter an Krumbholz bereits
vor des leßteren Reife nach Wien feitgeftellt waren, mithin nicht
erit das Rejultat der am Pfingitionntage ftattgebabten Unterre
dung fein konnten Diefe babe jich vielmehr auf die Herbeifchaf-
fung des bedeutenden Quantums von circa 5000 Str. Baum-
wolle und auf die richtigen Abfchlüffe mit den Subfontrahenten
bezogen; Krumbholz, der, wenn auch gefchäftstüchtig, doch
Mangel an Energie und Celbitftändigfeit befike, hielt es, da
Richter fich bei jeinem Mangel an Zeit für die eigenen Ge⸗
ſchäfte in feinen Briefen nur fehr kurz ausdrückte, für nothwens
Dig, fich genaue Informationen zu holen.
Auch bezüglich jener Waare, die in Prag abgeliefert wer-
den follte, und Anfangs beanftändet wurde, verhielt eh Krum b⸗
Holz ganz pafliv, und machte lediglich feinem Chef die Anzeige
von den erhobenen Anftänden. Die Anwendung des $. 201 lit.d
des St.⸗“G.⸗B., als ob Krumbholz fich hätte unrechtmäßigen
Gewinn zueignen wollen, erjeheint ſchon deßwegen ganz unrich⸗
tig, weil Krumbholz nur eine fire Befoldung und eine Remu-
neration am Schluffe des Sabres, aber feinen Antheil am Be
ichäfte hatte. Seine Nechtlichfeit wird durch alle Zeugen be⸗
jtätigt, und fein unbedingter Gehorſam gegen die Befehle feines
Chefs wird um fo ertlärlicher, wenn mon die Verlönlichkeit des
538
war, nun ba dieſes Geſchäft von bem Aerar nicht mehr abges
fchlöffen wurbe, zu dem großen Stoffgefchäfte verwendet werden
mußte, da ferner fich Dadurch, daß das Aerar ſich nicht an die
Anzahl Stüde, fondern an die Anzahl Ellen hielt, die abges
lieferten Stüde aber mehr Ellen hatten, ein Mebermaß ergab.
Die Staatöbehörde tritt durch ihre Anklage in Widerſpruch
it dem, was im gewöhnlichen und faufmännifchen Verkehre
gang und gebe ift. Eben fomenig, als man fich um die Motive
befümmert, welche den Mitfontrahenten zur Eingehung des
Geſchäftes beftimmen, kümmert man fich um bie- Motive, bie
ihn zu dem Anfuchen um Auflöfung veranlaffen. Es entfpricht
dieß auch der Beitimmung des $. 901 bürgl. G.⸗B. Dan ge
braucht im. Faufmännifchen Leben um fo eher eine Ausfluct,
als manes, da man mit einem Gefchäftämanne zu thun hat, von
dem man voraudfeßen muß, daß er zu beurtheilen im Stande
ift, in wie weit der vorgegebene Grund geeignet ift, für ihn
eine Nöthigung von dem Geſchäfte zurücdzugehen, herbeizu⸗
führen. | |
Der Bertheidiger weilt fohin nach, daß die von der Staats⸗
behörde zur Unterftügung ihrer Anficht berufene Entfcheidung
des oberiten Gerichtshofes wegen Verſchiedenheit des Falles
hier feine Anwendung finden kann.
Es gehört überdieß nad $. 197 des St-©.:B. zu den
Momenten des Betruges, daß ein Schade entflanden jei oder
wenigitens beabfichtigt wurde. Schade wird nad) $. 1293 bürgl.
G.⸗B. dem Entgange des Gewinnes entgegengefebt. Würde felbit
durch die Nichtannahme der Waare und deren anderweitigen Vers
fauf den Subfontrahenten ein Verluſt zugegangen fein, To wäre
jelbit nach dem Gutachten der Sachverftändigen doch mindeitend
immer der Preis des Stoffes erreicht worden, mithin würde
Diejer Verluft immer nur den Webergewinn betroffen haben.
Es wurde aber fihon von der Vertheidigung des Richter ge
zeigt, daß weber bei Münzberg noch bei Abeles von einem
Schaden die Rede fein kann, und wenn die Sache nit Abeles
sticht früher geordnet wurde, fo lag dieß ja darin, daß dieſer
wegen der Verhaftnahme Richter's fein Vertrauen in deffen
Solvenz verloren hatte, und erft nach Berichtigung der von ihm
zur Bränotirung geprachten Weche wii Vertrauen gewann,
540
anerkannt werde, und dieje Anerkennung, ich Darf es mit Zus
verficht jagen, wird ihm vu | den n Aueſpruch bes 5. Gerichtes
zu Theil werden.
Dr. Berger erhebt ſich hierauf, um einige Worte der
Vertheidigung für den Angeklagten Bayer zu ſprechen. Die
Anklage ſtützt ſich auf das Verſprechen eines Kreditloſes an den
Schneidermeiſter Ragelſtätter und die Austheilung von ein
paar Zigarren und Sechſerln au das Perfonale der Monturs⸗
tommiflion in Oraz. Das Geſetz, das nur von Beamten fpridt,
Lönne hier nicht angewendet merden, da der Schneidermeifte
und das untergeordnete PBerfonale in Graz doch offenbar Feine
öffentlichen Beamten feien. Es fei auch nichts vorgefallen, was
auf eine Unregelmäßigkeit des Vorganges bei der Lieferung
schließen liege. Die Verabreichung der Zigarren jei wahrfchein-
lich nah Form bergemöhnlichen Konvenienz geichehen; und Sech⸗
ſerln feien ein fo geringer Betrag, daß er gar nicht zu beachten
ei. Es ſei das Verſprechen noch fein Geben; e3 liege nicht ein-
mal eine Verfuchshandlung vor, da diefe ein Element der voll:
endeten Handlung in fich begreifen müfle.
Mebrigens fei, wie aus der Ausfage des Nageljtätter
hervorgeht, das Verſprechen höchft oberflächig gemefen und das
zu einer Zeit, wo die Lieferung beinahe ſchon vollendet war.
Daher fei der Angeflagte von dem Vergehen der Berleitung
zum Mißbrauche der Amtsgewalt Toszufprechen.
Am 13. Dezember, Bormittage 9 Uhr, verkündete der Borfis
tzende des Gerichtshofes folgendes Straferfenntniß:
Das f. f. Landesgericht Wien hat Eraft der ihm von
©r. f. k. Apoitolifchen Majeſtät verliehenen Amtsgewalt über
die Anklage der £. . Staatsanwaltjchaft gegen Franz Ric:
ter wegen theils vollbrachten, theild verfuchten Verbrechens des
Betruges und wegen des vollbrachten Verbrechens der Berlei:
dung zum Mißbrauch der Amtsgewalt, dann gegen Johann
Krumbholz, wegen vollbrachten Verbrechens des Betruges
und gegen Heinrich Bayer, wegen Ürkertretung der Berleitung
541
zum Mißbrauche der Amtsgewalt nach der wieder ſie durchge⸗
führten Schließverhandlung zu Recht erkannt: -
A. Franz Richter, 52 Jahre alt, zu Buchau in
Böhmen gebürtig, Fatholifch, verheiratet, Mitbefiger zweier
Spinnfabrifen und Hauptdirektor der k. k. priv. öfterreichtichen
Kreditanftalt für Handel und Gewerbe ift
‚I. ſchuldig des Verbrechens der Berleitung zum Miß-
brauch der Amtsgewalt nach $. 105 des St. ©. durch Verabfols
gung eines Gefchenkes von Nordbahn-Aftien im Werthe von
25.634 fl. 5. Oe. W. an ben k. f. Feldmarſchalllieute⸗
nant Baron Eynatten, um ihn bei Entſcheidung über Ars
meelieferungen zur Parteilichfeit zu verleiten;
II. wird derfelbe von der Anklage wegen Verbrechens des
volbrachten Betruges nach $. 197 de8 St. ©. durch liſtige Auf⸗
rechnung eines Betrages von 50.746 fl. 37 Er. De. W. beim
ar A von 20.000 Pfund Sterling zum Nachtheile
des k. Tr. Armee-Öberfomnandos wegen Unzulänglichfeit der
Beweismittel, gemäß $.287 des St. P. O. freigeſprochen;
III. wird Franz Richter von dem ihm angeſchuldeten
Berbrechen des Betruges nach $6. 197 und 201, Hit. a und d
des St. ©. durch Anfertigung eines falfchen Konto für dag
k. k. Finanzminifterium zum Nachtheile der privilegirten Öfterreis
chiſchen Kreditanſtalt, dann durch abfichtlihe Stoffvermin⸗
derung bei ber Lieferung von vier Millionen Ellen Kalikot zum
Nachtheile des hohen Aerars,und durch Reduzirung eines Thei⸗
1e8 hievon zum Schaden der Sublieferanten vermöge $. 288
des St. DO. losgeſprochen und ſchuldlos erkannt.
B. Johann Krumbholz, 32 Jahre alt, zu Kleiffen in
Böhmen gebürtig, evangelifcher Religion, ledig, Direktor und
Prokuraführer ber Franz Richter’fchen Fabrik am Smihew.
bei Prag, wird von dem ihm angeſchuldeten Berbrechen des
Betruges nah ben $$. 197 und 201 lit. d des St. ©. duich
Mitwirkung bei der erwähnten Stoffverminderung zum Nach⸗
tbeile des Aerars und bei Neduzirung eines Theiles der Lie⸗
ferung zum Schaden der Sublieferanten gemäß $. 288 ded St.
G. losgeſprochen und ſchuldlos erkannt.
©. Heinrich Bayer, 28 Jahre alt, aus Eger in Boͤh⸗
men gebürtig, Tatholtich, Tedig, gewefener Agent des Franz
Richter, wird vonderihm angefchuldeten eherttetung der Qiers
542
leitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt nad $. 311 des St.
©. gemäß 288 Et. P. D. losgeiprochen und ſchuldlos erkannt.
Bezliglich der Angeklagten Johann Krumbholz und
Heinrich Bayer find die Koften des Strafverfahrens nad
6. 342 der St. P. O. vom Staate zu tragen.
Gründe:
I. Das Verbrechen ber Berleitung zum Mif-
brauche der Amtsgemwalt betreffend:
Diefes Verbrechen begeht nad $. 105 des St. ©.
berjenige, welder einen zur Entſcheidung dffent-
licher Angelegenheiten berufenen Beamten burd
Geſchenke zu einer Parteilichfeit oder zur Berle
gung der Amtspflicht zu verleiten fucdht.
Diefe Erforderniffe find im gegenwärtigen
Falle vorhanden:
Der k. 8. Feldmarjchalllieutenant Baron Eynakgen war
im Jahre 1859 Generaldirektor für die Sfonomifchen Angeles
genheiten, und er war vom 28. Mai bis 18. Juli v. I. au
Etellvertreter des E. k. Armee⸗Oberkommandanten, als folder
hatte er während bes italienifchen Krieges auch über die Her⸗
beifchaffung der Armeebebürfniffe felbftftändig zu entfcheiben.
Die Entſcheidung über Lieferungen für bie.
Armee gehört aber zu den Entſcheidungen öffent
licher Angelegenheiten, indem unter letteren folche Ange:
legenheiten zu .verftehen find, welche das Interefje aller ober
doch eines gewiſſen Kreifes der Staatsbürger berühren, was
offenbar auch bei Armeelieferungen ber Hall iſt.
Bezüglich der Berabfolgung eines Geſchenkes
an Baron Eynatten liegt das G©eftändniß des
Kranz Richter vor. Es ergibt fich nämlidy aus jeinen Anz
gaben in den Antworten 17, 19, 27 und 28 feines Verhoͤrs,
baß er am 15. Juli 1855 für Baron Eynatten 25 Stil
Nordbahnaktien um 45,634 fl. 5 fr. De. W. gekauft, von
bemfelben aber nur 20.000 fl. De. W. zum Anfaufe der
Aktien erhalten und fich gleich Damals vorgenommen habe, bie
Differenz oder die Mehrfoften auf fich zu nehmen, indem feine
Vermögensverhältuiffe ihm geftatteten der Samilie Eynatten
ein foldyes Kadeau, d. i. Seient u maken.
544
getragen und alldort eineni Dienfimädchen, das er nicht näher
bezeichnen Tann, übergeben zu haben; auch tft Hiervon weder ben
Hernommenen Dienftperfonen etwas befannt, noch bat die Frau
Baronin, wie fie behauptet, diefe Aktien erhalten. Es ift daher
anzunehmen, daß der Angeflagte diefelben nicht-ihr, ſondern
dem Baron Eynatten eingehändigt hat, wofür auch der Um⸗
ſtand fpricht, daß er am 1. Oftober v. I. vor dem Antritte ſei⸗
nes Urlaubes diefe 25 Stüd Aktien ald Depot auf feinen Nas
men bei ver.-Kreditaniftalt hinterlegt hat. "
Bezüglich der Erwerbungsart diefer 25 Stüd Aftien be
ſtehen mehrere Widerfprüche zwifchen den Angaben des Baron
Eynätten, welcher dem Angellagten 34.000 fl. zum Ankaufe
‘der 25 Stüd Aktien gegeben haben will, zwifchen der Ausfage
der Baronin Eynatten, welche anfangs vorbrachte, dem Ans
geflagten: 40.000 fl. hiezu gegeben zu Haben, und der Ausfage
des Franz Richter, welcher bei feiner VBernehmung als Zeuge
in ber Unterfuchung gegen Baron Eynatten am 3. Jänner
d. J. angab, den Betrag für die 25 Aftien mit circa 34.000 fl.
it Banknoten von der Baronin Eynatten eingehändigt ers
halten zu haben.
Diefe falfche Ausfage vor Gericht würde das Verbrechen
des Betrugesnah$. 199 lit. a des St. ©. begründen, falls Rich:
ter nicht des Verbrechens der DVerleitung zum Mißbrauche der
Amtsgewalt fehuldig wäre. Der Beweis des von dem An:
geflagten geläugneten böfen Vorſatzes iſt nach $. 268
der St. PD: O. bergeftellt.
Als Tag der Geſchenkgebung ift der 16. Zuli 1859 anzu
fehen, indem der Angeflagte Richter eingefteht, an diefem Tage
die 25 Stud Aktien der Baronin Eynatten in die Wohnung
geichickt zu Haben, e8 kommt daher zu beurtheilen, ob der Ange
Magte die Abficht hatte, durch dieſes Geſchenk den Baron Ey-
natten nad dem 16. Juli v. J. zur Parteilichkeit zu ver⸗
leiten.
Diefe Abſicht muß angenommen werden, und zwar
dahin gerichtet, daß Baron Eynatten durch das erhaltene Ge⸗
ſchenk veranlaßt werbe, weitere Kieferungen an den Angellagten
oder an bie Krebitanftalt mit Ausfchluß anderer Konkurrenten
zu überlaffen, und zwar aus folgenden Gründen: Der An:
geflagte hat in feinem Briefean Rrumtueindde, 25. Oftos
.546
I. Betrug durch Anrechnung einer Kurspdifferen;z
aus den im Juli 1859 für das Armee⸗Oberkom⸗
mando angefhafften Devifen:
Franz Richter hat in feinem Geſuche vom 7. November
1859 an da8 f. f. ArmeesÖberlommando zur Begründung
feines Anfpruches auf Vergütung einer Kursdifferenz im Be
trage von 50.746 fl. 37 fr. fich auf die ausdrückliche Geneh⸗
migung des Armee-Oberfommanbo berufen. Wird berückfich⸗
tigt, daß nad Richter's Angabe und nad) dem Ergebniffe der
Unterfuchung felbft die wichtigiten Gefchäfte, wie das Zerealien-
gefchäft, mündlich abgemacht wurden, fo mußte, ba der Anlauf
der jene Kurspdifferenz veranlafienden Devifen im Monate Juli
1859, alfo zu einer Zeit ftattgefunden haben joll, als Baron
Eynatten Vorſtand des Armee-Oberfommando’3 war und
fich in den Alten keine Verhandlung darüber vorfand, ange:
nommen werden, daß ber zur Zeit des eingebrachten Geſuches
abmwefende Baron Eynatten feine Genehmigung ausdrüdlicd
sertheilt habe. Allein Baron Eynatten bat diefe Zumuthung
abgelehnt und angegeben, er habe den Richter dießfalls am
den Herrn Finanzminifter gewiefen. Auch Richter beftätigt
dieß ſowohl in der Vorunterfuchung als in der Schlußver⸗
handlung, behauptet aber, den Auftrag zum Ankaufe der De:
vifen im Betrage von 20.000 Pfb. London am 7. Juli 1859
von Baron Bruck erhalten und denfelben auf Grund dieſes
Auftrages durchgeführt zu haben.
Es iſt fohin die Berufung auf die ausdrüdliche Genehmi⸗
gung des Armee⸗Oberkommandos, wie fie von Richter in
feiner Eingabe bezogen und auch in der Aeußerung des Baron
Brud und in der Erledigung jener Eingabe angeführt wurde,
feineswegs auf Wahrheit beruhen.
68 geht ferner aus den Ausſagen Sr. Erzellenz des Ed⸗
len von Plener und des Freiherrn von Brentano hervor, daß
Baron Brud in jener Angelegenheit nur berathend, nicht ent-
ſcheidend habe einfchreiten fünnen, und Baron Brud felbit
macht in der dießfälligen Aeuferung vom 3. Jänner 1860 feine
Andeutung, daß der Auftrag zum Ankaufe von ihm ausgegan-
gen fei, fondern er erfennt nur Eynatten’d Angaben und bie
ziffermäßige Richtigkeit des Kante an,
543
fohlofjen worden fei, die Verbuchung mit dem Kurſe des 7.
Juli und bem Zinfenlaufe von dieſem Tage an, fowie Die ent
jprechende Verftändigung der betreffenden Parteien veranlaßt
worden ſei, unrichtig ift, indem Schiff angibt, daß Richter
ihn am 13. oder 14. Juli vorigen Jahres von dem Geſchaͤfts⸗
abichluffe, und daß eram 7. Juli ftattfand, in Kenntniß ge
fett babe.
68 weijen Daher die Eintragung bes in Frage ftehenden
Geſchäftes in das Börfentablenu vom 14. Juli, die wirkliche
Uebergabe der Effekten an diefem Tage und- Die weitere Ver⸗
buchung und die darnach entworfenen Avifobriefe zugleich auf
den Abſchluß des Geſchäftes an diefem Tage bin.
Der Zeuge Schiff gab zwar in der Schlu Verhandlung
an, daß Richter ibm am &. ober 5. Juli v. 3. mitgetheilt
hätte, daß er einen ftarken Bolten »London« verfchloffen habe,
allein Schiff gibt felbit wieder zu, dag damit noch Fein Ab-
fhluß erklärt worden fei, was auch daraus erhellt, daß der
Kurs nicht nach dem 4. oder 5. Juli, fondern nach einem
anderen Tage berechnet wurde, und ebenjo auch ber Sinfenlauf
nicht mit einem jerier Tage begann.
Auch Baron Bruck's angebliche Aeußerung, den Ankauf
von 20.000 Pfund Sterling in Devifen nach dem Kurfe ded
laufenden Tages zu beforgen, bezeichnet nur, daß der Kurs
jenes Tages berechnet werden follte, an welchen der Ankauf
bejorgt werden würde.
Da nun weder Baron Eynatten noh Baron Brud
jenen Tag angegeben, an welchem die Behprechung dieſes Ges
genſtandes ftatthatte, und fein Grund vorliegt, aus welchem
Richter durch 6—7 Tage ein abgeichloffenes Geſchäft vers
ichwiegen haben follte, fo erfeheint auch die Angabe, der Kauf
jei am 7. Juli gefchloffen worden, nach dem Grörterten nicht
glaubwürdig.
Diefe Unglaubwäürdigfeit wird bezüglich des von Richter
an die Kreditanftalt überlaffenen Betrages von 12.000 Piund
Sterling noch dadurch erhöht, daß biefer Kauf nur mit Schiff
geichehen fein konnte, Diefer aber angibt, Richter habe erit am
13. oder 14. Juli 1859 erwähnt, daß aus feinem Depot
obiger Betrag entnommen werden könne, daß nebit der Eins
Fragung diefer Summe am 1%. Si au der Zinfenlauf vom
550
IH. a. Betrug durch Anfertigung eines falfchen
Konto für das Ainanzminifterium,, zum Nachtheile
der Kreditanſtalt.
Was dieſen Fall betrifft, ſo hat der Gerichtshof gemaͤß
F. 268 der St. P. O. eine betrügerifche Anſicht des Angeklag⸗
ten nicht angenommen, ſondern ſeine Angaben für wahr ge⸗
halten, daß er über Auftrag des Finanzminiſters Baron Bruck
zum Vortheile des hohen Aerars im General⸗Konto für das
Finanzminiſterium, datirt 31. Dezember 1859, den Kurs bei
den verfauften 1.400,000 fl. „Rational-Anlehen« von „72*
auf »77« erhöht und bei den angefauften 1'/, Millionen
ungarifcher Orundentlaftungs-Obligationen um 2% Prozent
niederer angefett habe, jeboch nur unter der Borausfeßung ber
nachträglichen Genehmigung diejer Aufbefferung im Betrage
von 103,750 fl. De. W. von Seite des Verwaltungsrathes,
daß er jedoch an der Ausführung durch feine am 9. März d. 2.
erfolgte Verhaftung verhindert worden fei.
Nach den beichwornen Ausfagen des Direftord Horn⸗
boftel, der Mitglieder des Reviſions-Komito's, Schöller,
Wiener und Goldfhmid und des Verwaltungsrathes Dr.
Gredler hat der Angeklagte der Kreditanjtalt gegenüber ji)
ſtets vedlih und uneigennüßig benommen, das Befte derfelben
nah Kräften befördert und dadurch das volle Vertrauen des
Verwaltungsrathes gewonnen, fo daß er die nachträgliche Ger
nehmigung ber in Frage flehenden Aufbeſſerung durch denfels
ben deito mehr vorausfegen konnte, al& bei der vom Baron
Brud im Einveritändniffe mit Richter zum Behufe der Bel
ferung der Baluta und des Kurſes der öfterreichifchen Staats⸗
papiere unternommenen, aber mißlungenen Yinanzoperation
indireft auch die Kreditanitalt betheiligt war.
Auch ift zu berüdfichtigen, dap beim Zerealiengejchäfte
Die Kreditanitalt eine Provifion von 400.000 fl. bezog,
während die Aufbeſſerung zum Vortheile des Staates nur
103,750 fl. Oe. W. beträgt. Bei dem Mangel eines Be
weifes des böfen Vorſatzes des Angeflagten, mithin
beim Abgange des fubjektiven Thatbeftandes, wurde der Ans
geflagte von der Anklage wegen diefes Verbrechens vermöge
$. 288 der St. P. O. I\vsgeipragen wob (Aulblos erklärt.
562
rechtlichen Betruges nicht erkannt, denn Richter jchrieb am
26. September 1859 an Krumbholz:
- »Seute hat mich das Armee⸗Oberkommando dringend ers
fucht, den Etoffabichluß aufbrei Millionen zu reduziren. Drin-
gend bitten heißt hier befehlen. Ich erfuche Sie baber,
unfere Kontrahenten vom Gefchehenen zu unterrichten und bie
Abfchlüffe mit benfelben in demfelben Verhaͤltniſſe zu reduziren,
als die Reduktion im Ganzen Rattgefunden hat.«
Diefer. Brief entbält aber nicht eine Fiktion, fondern iſt
im Wefentlichen richtig, indem das k. k. Armee⸗Oberkommando
wirklich den Wunſch einer Reduktion ausgeſprochen hat. Dieſer
Brief war auch nicht geeignet den Münzberg und Abeles
irre zu führen und ihnen einen Schaden zuzufügen.
Erſterer erklärte bei der Schlußverhandlung, daß ihm die Re⸗
duktion von '/, des bedungenen Garnes im Oktober v. I. ges
legen kam und er dadurch feinen Schaden litt, weil damals bie
Geſchaͤfte nicht mehr ftedten und er das reduzirte Garn daher
auch an andere Parteien abſetzte.
Abeles erklärte gleichfalls bei der Schlußverhandlung,
Daß er durch die Reduktion keinen Schaden erlitt, Daß ihn der
erwähnte Brief gar nicht berührte, indem er nicht mit dem
ArmeesÖberfommando , fondern mit Richter den Vertrag
geichloffen und diefen auf bie Einhaltung des Vertrages oder
anf Schadenerfaß geflagt haben würde, falls ihm die eingefendete
Saktura über das ganze Quantum der verttagsmäßig gelieferten
Waare nicht angenommen morben wäre.
Es fehlt daher auch hier ber Thatbeftand eines Betruges
nach $. 197 des Strafgeſetzes.
Der Angeklagte mußte daher gemäß $. 288 der Straf⸗
Prozeßordnung von der Anflage losgeſprochen werben.
B. Diefe Losfprehung des Hauptangeflagten
Branz Richter hat aus gleichen Gründen aud bie
Su rrehung des Mitangeklagten Krumbbol; zur
olge.
C. Heinrich Bayer hat bei der Schlußverhandlung an⸗
gegeben, daß er zu dem Schneidermeiſter Nagelſtetter bei
der £. k. Monturs⸗Hauptkommiſſion zu Stockerau am 3. oder
5. Sänner d. 3. am Schluffe der Lieferungen gefagt habe, er
werde ihm einmal ein Kredialoos gr. 100 I. bringen. Nagel-
553
ftetter beftätigte bei der Schlußverhanbhung diefe Angabe mit
der Bemerkung, daß ihn Bayer niemals zn einer geſetzwidrigen
Handlung aufgefordert habe.
Dieſe unbeſtimmte Aeußerung enthält nicht das Ver⸗
ſprechen eines Geſchenkes in der Abſicht den Nagelſtetter zur
Verletzung ſeiner Amtspflicht oder zur Parteilichkeit zu verleiten,
und da demnach der Thatbeſtand der Uebertretung nach $..311
des Strafgefeßes nicht vorhanden ift, fa mußte gemäß $. 288
der Straf: Prozeßordnung auch diefer Angeklagte losgeſprochen
und ſchuldlos erklärt werden.
Der Staatsanwalt jtellt nun bezüglich des Strafaus⸗
maßes, in welchem Richter für ſchuldig erflärt wurde, feinen
Antrag.
Richter — jagt er — iſt ſchuldig erklärt des Verbrechens
der Verleitung zum Mißbraud) der Amtögewalt nad $. 105 des
Strafgeſetzes. Dieſes Geſetz enthaͤlt zwei Strafſätze: der eine mit
Kerker von ſechs Monaten bis zu einem Jahre, der andere bei
erſchwerenden Umftänden mit ſchwerem Kerler von einem bis
zu fünf Jahren. Ich finde keinen zureichenden Grund auf die
Anwendung des höheren Strafſatzes anzutragen und glaube,
daß ber minbere Anfab von ſechs Monaten bis zu einem Sabre
Anwendung findet.
Als mildernd fprechen für Richter die vielen guten Zeugs
nifje über fein Vorleben, ferner‘ daß er durch neun Monate ver⸗
haftet ift, was ein großes Gegengewicht gegen die geſetzliche
Strafe bildet, ich glaube, daß der hohe Gerichtshof unter ber
Vorausſetzung, daß Richter nur des einen Verbrechens ſchul⸗
dig ift, zur Anwendung bed außerorbentlichen Milderungs-
rechtes berechtigt ift, ftelle deßhalb auch feinen beitimmten Straf-
antrag und bemerkte nur, daß ber Angeklagte der den Gerichtös
bofe in $. 54 des Strafgefeßes eingeräumten außerorbentlichen
Milderung würdig erfcheint.
Dr. Berger: &8 bleibt num der Bertheibigung des Herrn
Richter bie legte und traurigfte Pflicht, und wie oft fie auch
diefelbe in anderen Faͤllen geubt hat, von fo fchmerzhaften. Em-
pfindungen bemädtigt war fie nie. Sie kämpft jeboch den.
Schmerz nieder und ftellt fi) auf ben Standpunkt ber Rausilie
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bes Angeklagten, welche ein Anrecht Darauf hat, daß Die Ver⸗
theidigung Alles geltend macht, was zur Milderung bes
Urtheils dienen kann. Ich ertenne es gerne an, Daß bie
1öbliche Staatsbehörde dem Standpunkt der Humanität heute
volfommen gerecht geworden ift, und wenn fie fich nicht auf
eine minutiöfe Ausführung aller einzelnen Milderungsumftänbe
einließ, fo erkenne ich es volllommen an, daß fie dem Mildes
rungsrechte dieſes hohen Gerichtshofes nicht entgegentritt.
Ich, auf dem Standpunkte der Familie, vom Gefegesitand-
punkte aus, in der Verpflichtung, die Milderungsumftände
im Sinne des Geſetzes felbit, im Sinne ber Tertirung besfelben
anzuführen, unterziehe ich mich diefer Obliegenbeit und glaube,
dag für den Angeklagten nicht etwa bloß ein tadellojes Vorle⸗
ben im gefeglichen, banaliten Sinne des Wortes, fondern daß
für ihn eine ausgezeichnete Vergangenheit als Menſch, als
Bürger, ald Induftrieller, ja auch ald Vorftand jener Anftalt
fpreche, deren Hauptdireftor er war. Diefes Alles wird durch
die Zeugniffe, welche fehriftlich und mündlich vor dieſem Hohen
Gerichtshofe abgelegt wurden, außer Zweifel gefekt.
Der hohe Gerichtshof felbft hat in feinen Motiven bezugs
des dritten Anllagepunftes ausgeiprochen und anerkannt, daß
die Gebarung des Verurtheilten bezüglich der Kreditanftalt
ſtets die äußerſte Interefjelofigkeit bewies und ſtets eine folche
war, welche nur das Wohl der Anftalt im Auge hatte. Auch
aus den anderen Motiven ergibt fih, daß der Angeflagte ge:
genüber dem Staate die Gefchäfte, die ihm obgelegen, mit
Gewiſſenhaftigkeit, Umficht und Energie zum Bortheile des
Staates beforgte. Seine Vergangenheit ift daher eine ausges
zeichnete.
Ich führe aber weiter bezüglich bdesjenigen Faktums,
welches die DVerurtheilung zur Folge hatte, den gefeßlichen
Milderungsumftand an, daß ed nach der Motivirung bes Ge
richtshofes weniger die freie Entjchliegung des Angeflagten,
als vielmehr die durch das Verhalten des ML. Eynatten
Dargebotene Gelegenheit war. Das Geſchäft zwilchen beiden
ging in einer ſolchen Weife vor fich, daß es fich unwillkürlich
zu einem Kadeau geftaltet haben mag, wie der hohe Gerichts-
hof fagt. Dabei ift feine verbrecherifche Selbitbeitimmung, «8
ift vielmehr ein Sichgehenlafen, ein voſibes Verhalten, eine
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" Der Gerichtöhof zieht ſich zur Berathung zurüd und
nach einer halbitündigen Berathung verkündet der Vorſitzende
das Urtheil des Gerichtähofes: -
Franz Richter wird wegen bed Verbrechens ber Verlei⸗
tung zum Mißbrauche der Amtögewalt nah $. 105 bes
St. ©., unter Anwendung der 66. 54 und 55 des St. ©.
zur Strafe des Kerkers in der Dauer Eines Dionates, verfchärft
‚mit zweimaligem Yaften, dann zum Erfake der Koften des
Strafverfahrens verurtheilt; auch find die als Geſchenk ge
gebenen Nordbahn- Aktien im Werthbetrage von 25.634 fl. 5 kr.
De. W. zum Armenfonde der Stadt Wien zu erlegen. Ä
Richter, über das Rechtsmittel der Berufung belehtt,
weilt auf feinen Vertheidiger bin, und diefer bittet um Zu:
Stellung einer Abfchrift des Urtheils.
Sohin wurde die Verhandlung geichlofjen.
(Der f. k. Staatsanwalt gab nachträglich Die Erklärung
ab „auf die Berufung gegen die Losſprechung des Richter
und Krumbholz von dem Verbrechen des Betruges durch Stoff⸗
minderung und Reduzirung der Lieferung. der Sublieferanten
zu verzichten, * in Folge deſſen Krumbholz fogleich auf freien
Buß geftellt wurbe.
Am nächſten Tage nach der Verkündigung des Urtheiles
gab die Staatsbehörde — wie es hieß im hoben Auftrage —
die Erklärung ab, daß ſie auf das ihr zuftehende Recht der Be
sufung in allen Bunkten Verzicht Teifte.
Franz Richter wurde noch im Laufe desſelben Tages feis
ner Haft entlaſſen.
Am 3. Jänner 1861, fomit drei Wochen nach beendigter
Schlußverhandlung, verbreitete fich die erfchütternde Nachricht,
daß Franz Richter geitorben fei. Ein Nervenfieber der heftig:
ſten Art hatte jeinem Leben ein Ende gemacht.
Bemerkenswerth ift der Umitand, daß Franz Richter am
3. Jänner 1860 die erfte Ausjage vor den Strafrichter ablegte
und daß er gerade nach einem vollen Jahre am jelben Tage,
nänlich, wie erwähnt, am 3. Jänner 1861, verfchied.