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Full text of "Der Prozess Richter : nach amtlichen Aktenstücken und stenographischen Aufzeichnungen"

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Vorwort. 


Im Herbſte vorigen Jahres verbreiteten ſich 
vage Gerüchte über Defraudationen bei den Armee— 
lieferungen, deren Hauptſchuld den verſtorbenen 
FML. Baron Eynatten treffen ſollte, welcher 
beim Armee. Oberfommando das Verpflegsweſen 
| während des Krieges leitete. Die Gerüchte nahmen 
eine immer größere Konfiitenz an und erregten um 
ſo größeres Aufſehen, als man mit ihnen die Unfälle 
waͤhrend des Feldzuges in Italien und die ſchlechte 
Verpflegung der Truppen in Verbindung zu bringen 
ſuchte. I 

Der Prozeß, deſſen Bild in den folgenden Blät- 
tern entrollt werden fol, wird Auffchluß Darüber 
geben, in wie weit die eben gedacgten Unia 

8% 


IV 


gen ald begründet angenommen werben können. 
Genug an dem, bie öffentliche Stimme, welche im 
porigen- Fahre nach dem Kriege, wieder mit der ihr 
eigenen Kraft aufzutreten begann, verlangte eine 
rückſichtsloſe Unterſuchung des Gejchehenen und die 
Auditoriate entwickelten in der That eine bemerkens- 
werthe Thätigkeit. 

Die Unterfuchung gelangte auf Spuren, welche 
wirklich ftrafbare Handlungen des Baron Synatten 
bermuthen ließen. Diefer geftand einen Theil fei- 
ner Schuld und — entleibte fich. — 

Dadurch wurde der Faden der von den Mili- 
tärgerichten geführten Unterfuchung fo ziemlich ab- 
geriffen und es hat den Anjchein, als ob alle Schuld 
in der Perſon des Freiherrn von Eynatten fich 
Fongentritt hätte. Wenigftens vernahm man nichts 
bon militärifchen Komplicen des Chefs des Ber. 
pflegswejens im Armee-Oberfommanpo. 

Dagegen wurde mit großem Eifer nach jenen 
Perſonen aus dem Zivilftande geforfcht, welche dem 
Baron Eynatten bei feinem Verbrechen beigeftan- 
den, ober ihn auf dasſelbe geführt haben falten. 


V 


Der Prozeß Eynatten mußte ſo immer grö— 
ßere Dimenſionen annehmen, es entſtand der Ver— 
dacht, daß der Direktor der Kreditanſtalt, Franz 
Richter, nicht ohne Theilnahme an dem Gebahren 
Eynatten's geweſen ſei. Mehrere Kaufleute in 
Trieſt, welche bei den Lieferungsgeſchäften betheiliget 
waren, wurden zur Verantwortung gezogen, ſpäter⸗ 
bin Richter und eine Anzahl Träger ehrenhafter 
Firmen inhaftirt; der Finanzminiſter Freiherr von 
Bruck als Zeuge vernommen und ſeines Amtes 
enthoben, legte ſelbſt Hand an ſich. Die aufgeregte 
öffentliche Meinung ſah die ganze Finanzverwal— 
tung des Staats korrumpirt und man erwartete 
von der bekannten ftrengen Gewiſſenhaftigkeit des 
Öfterreichifchen Richterftandes, dab er eine Reihe von 
großen Verbrechen gegen das Vermögen des Staa- 
tes an den Tag bringen und der Beitrafung zufüh- 
ren werde. Man wurde erft ruhiger, als man fabh, 
daß mehrere der inhaftirten Kaufleute entlaffen - 
wurden. 

Dafür zog fich der Prozeß gegen Richter in die 
Länge und dehnte ſich auf &ebiete aus, von Denen 


vi 


früher Feine Rede war; während das eigentliche, 
anfangs als Ziel der Uinterfuchung betrachtete 
Strafobieft immer mehr in den Hintergrund trat. 
Nach fieben Monaten der Unterfuchung begann 
“am 5. November 1860 diefer Prozeß, der einen fel- 
tenen Umfang erreicht hat. Die Anklagefchrift 
nimmt circa 32 %oliofeiten ein, ift ausnahms- 
weiſe in der Staatsdrucerei gedruct und in 
beinahe 40 Sremplaren aufgelegt und vertheilt 
worden. | 
Wir geben hier den Lauf des Prozeffes nach 
der lebendigen Anjchauung und beginnen mit dem 
Anklagebefchluß felbft, den wir nach dem amtlichen 
Akte wörtlich mitteilen. | | 


Anklagebeſchluß 


— — — 


Das k. £. Landesgericht in Wien bat kraft der ihm von Sr. 
Apoftolifchen Majeſtät verlicehenen Amtsgewalt den Beſchluß 
gefaßt: e8 werben | 
I. a) Stang Richter, zu Buchau in Böhmen geboren, 
‚52 Jahre alt, Latholifch, verehelicht, Vater von ſechs 
Kindern, Mitbefiger zweier Spinnfabrifen, Haupt⸗ 
Direktor der k. k. privilegirten öſterreichiſchen Kredit⸗ 
anſtalt für Handel und Gewerbe und Beſitzer des 
Ordens der eiſernen Krone 3. Klaſſe, wegen des theils 
vollbrachten, theils verſuchten Verbrechens des Betruges 
und des vollbrachten Verbrechens der Verleitung zum 
Mißbrauche der Amtsgewalt, ſtrafbar nach den $$. 8, 
34, 105, 197, 201/4 und 203 des St.-©.-B.; dann 
b) Johann Krumbholz, zu Zleiffen, im Bezirke 
MWilditein in Böhmen geboren, 32 Jahre alt, ledig, 
evangelifcher Religion, Direktor und Prokuraführer der 
8. Richter’fchen Fabrik am Smichow bei Prag, wegen 
des vollbrachten Verbrechens bes Betruges, ftrafbar 
nach den 66. 197, 201/d und 203 des St.⸗G. ⸗B., 
in den Anklageftand verſetzt; 
u. Heinrich Bayer, aus Eger, in Böhmen geboren, 
| 28 Jahre alt, Tatholifch, Tedig, gewefener Agent bes 
Franz Richter, ift zur Schlußverhandlung als ber 
Mebertretung der Verleitung zum Mißbrauche der Amts⸗ 
gemalt, ftrafbar nach 6. 311 des St.-&.:8., rechtlich 
Befchuldigter vorzulaben. 
UI Die Haft des Franz Richter und Johann Krumb⸗ 
bolz Bat nad) $. 156/a der Steafgrogehoriunung iati- 


2 ’ 


zubauern und Heinrich Bayer ift auf freiem Fuße zu 
belaflen; 

IV. zur Schlußverbandlung find die in der beiliegenden 
Lifte benannten Zeugen vorzuladen und bei derſelben 
die Darauf verzeichneten Akten vorzulefen. 


Grunde: 


Zur Zeit des italieniſchen Krieges im vorigen Jahre war 
der k. k. Feldmarſchall⸗Lieutenant und geheime Rath Auguſt 
Freiherr von Eynatten Generaldirektor für die ökonomiſchen 
Angelegenheiten, und zwar in biefen bie entfcheidende Perfön- 
Tichkeit; vom 28. Mat bis 18. Juli v. I. war er auch Stell- 
vertreter de8 Armee-Oberfommandanten. 

Diefe Stellung ficherte ihm ſchon bei gewöhnlichen Ge⸗ 
fchäftsgange einen wichtigen Einfluß auf die Herbelfchaffung 
der Armeebebürfniffe. Diefer Einfluß wurde aber noch bedeu⸗ 
tender, als bie im allerunterthänigften Vortrage des Armees 
Oberfommando vom 18. April v. J. geftellte Bitte: „bei 
- Sicherftellung ber Armeebebürfniffe von den für gewöhnliche 
' Zeiten vorgefchriebenen Sicherftellungsmwegen abzugeben und 
nah Maßgabe der Zweckmaͤßigkeit entweber mit ber Krebits 

anftalt oder mit fonftigen foliden, bewährten und mohlhaben- 
den Männern im vertraulichen Wege verhandeln & dürfen“ 
mit Allerhöchfter Entfchliegung vom 22. April v. 3. „für bie 
Dauer der gegenwärtigen Verhaͤltniſſe“ allergnädigft genehmiget 
wurde. 
| Nach dem Ergebniffe der gerichtlichen Unterſuchung bat es 

auch Freiherr von Eynatten an der Herbeifchaffung der Armees 
bebürfniffe zwar nicht fehlen laſſen. Er hat jedoch hiebei auch 
feinen und feiner Genoſſen, der Lieferanten, Nuben auf eine 
für beide Theile ftrafbare Art und mit Verletzung feiner Amts- 
pflicht verfolgt, fo daß feine Handlungsweiſe in mehrfacher 
- Beziehung das Berbrechen bes Mißbrauches ber Amts⸗ 
gemalt begründet. 

Als er am 4. Oktober v. 3. eine Urlaubsreife antrat, 
erhob fich ſchon der allgemeine Ruf bes Volkes wider ihn mit 
der Anfchuldigung, daß er fich grobe Unterſchleife habe zu 
—— ommen laſſen. 


3 


Waͤhrend feiner Urlaubsreife wurde beffen Stelle eines 
Generaldirektors anderweitig befeßt und er felbft deshalb durch 
feine Gemalin telegraphifch zurüdberufen, worauf er am 3. De⸗ 
zember v. 3. wieder in Wien eintraf. Hier erbat er fich von 
Sr. Majeftät eine abminijtrative Prüfung feiner Amtshand- 
lungen, welche allerhöchit gewährt und vom Armee- Obers 
tommando am 8. Dezember v. 3. angeordnet wurde. 

An 15. und 17. Dezember wurde bereitd in Erfahrung 
gebracht, daß für Freiheren von Eynatten bei der Krebitanftalt 
vom 1. Dftober bis 4. Dezember v. I. 25 Stüd Nordbahn⸗ 
Altien, 22,000 fl. Metalliques und 12,000 fl. ungarifche 
Srundentlaftungs-OÖbligationen hinterlegt wurden, wo fie im 
Depofitenbuche, pag: 17, mit der Auffchrift „reines Depot“ 
vorgetragen waren. 

Bei der fundbaren und polizeilich erhobenen Ueberſchul⸗ 
bung des Freiherrn von Eynatten und feiner Gemalin wurde 
er zur Nachweifung, woher er das Vermögen erlangt, aufs 
gefordert und am 17. Dezember v. I. vor einer friegsrechtlichen 
Kommiffion vernommen. Er befannte, daß er fein eigenes 
Bermögen befige und zu feiner Urlaubsreife ihm der Haupt⸗ 
Direktor der Kreditanftalt einen Kreditbrief auf 20,000 Franks 
ausgeftellt, worauf er 4000 Franks erhoben habe. Zur Dedung 
babe feine Semalin ihr eigenes Vermögen der Kreditanftalt 
überlaffen. 

Am 18. Dezember v. 3. erfchien in der Wohnung des - 
Freiherrn von Eyn atten und feiner Gemalin, und zwar zur Ver⸗ 
nehmung der Letzteren, eine militärgerichtliche Kommiſſion. 

Das von der Kreditanſtalt laut deren Büchern bereits am 
4. Dezember v. J. erhobene Depoſitum war aber noch nicht 
in obiger Wohnung, ſondern in perſoͤnlicher Verwahrung des 
Franz Richter, der es am 4. Dezember v. I. erhoben, his 
zum 20. Dezember v. J. bei fich behalten und erft am leßteren 
Tage ber Baronin Eynatten in die Wohnung gefchidt Hatte. 

Bei ihrer Vernehmung vom 18. Dezember v. 3. bemühte 
fi die Baronin Eynatten, in Folge einer von ihrem Gemal 
einige Augenblicke zuvor indgeheim erhaltenen Untermweijung, 
das bei der Kreditanitalt hinterlegte Vermögen als ihr eigenes 
barzuftellen und deſſen rechtlichen Erwerb nachzumeifen. 

Insbeſondere behauptete fie die 2 Stüt Siaruusiu 


4 


Aktien durch Franz Richter um 40,000 fl. ankaufen laſſen 
zu haben. | 

Die Erhebungen ergaben die Unmöglichkeit eines folchen 
rechtlichen Befites auf Seite der Baronin Eynatten. Anber- 
feitö hat Franz Richter bei feiner gerichtlichen Vernehmung 
vom 3. Jänner d. 3. erflärt, daß er berfelben im Juni 
die 25 Stüf Nordbahn- Aktien Faufte und fie ihr im Juli um 
34,000 fl., bie fie ihm gezahlt habe, einhändigte. Franz 
Richter erbot fich auch feine Ausfage zu befchwören. 

Jene Aktien wurden von Paul Schiff, Börſendirektor 
ber Kreditanftalt, am 15. Juli v. I. zum Kurfe von 182.20, 
alfo um 45,634 fl. 5 fr. ö. W. gefauft, auf den Konto »IJ. C. 
Nitter« verbucht und am 16. Juli v. I. an Franz Richter 
ausgefolgt. 

Laut ber Bücher der Kreditanftalt wurben biefer für den 
Ankauf obiger Aktien am 16. Juli 1859 20,000 fl., am 
9. Auguft 1859 14,634 fl. 5 fr., am 22. Dezember 1859 
10,000 fl. und am 12. März 1860 11,467 fl. 20 kr., mit- 
hin zufammen 46,101 fl. 25 fr. 5. W. durch Franz Richter 
gezahlt. 

Obgleih Baron Eynatten, deſſen Gemalin und Franz 
Richter beftändig heimliche Verabredungen unter fich Hatten, 
und fich gegenfeitig ihre gerichtlichen Ausfagen mittheilten, fo 
gerietben fie doch in unlösbare Widerfprüche und die Baronin 
Eynatten befannte endlih, daß das bei der Kreditanitalt 
hinterlegte Kapital nicht ihr Eigenthum fei. Freiherr von 
Eynatten befannte aber,’ baß er es war, ber bem Franz 
Richter einen Theil des Preiſes der 25 Stück Nordbahn- 
Aktien und zwar mit 20,000 fl. bezahlte. Franz Richter 
widerrief gleichfalls feine eideserbötige Ausfage vom 3. Jänner 
d. J. und gab an, daß Baron Eynatten felbft ſchon zur Zeit, 
als die Nordbahn⸗Aktien auf 130— 133 ftanden (was Enbe 
April 1859 der Fall war), den Wunfch äußerte, 25 Stüd 
Nordbahn für feine Gemalin aus deren Vermögen zu kaufen 
und daß er im Monate Juni oder Juli 20,000 fl. brachte, 
wofür ihm Richter 25 St. Nordbahn kaufte, welche er ber Frau 
Baronin ins Haus fendete. 

Der unausmweichlichen Aufforderung gegenüber, ben Erwerb 
des Bermögend nachzuweiſen, ſah fich Freiherr v. Eynatten 


5 


gendthigt, Geſtändniß feiner Schuld dahin abzulegen, daß ihm 
der feither flüchtig gewordene Hermanı Jung, ben er fchon zu 
Berona während feines Aufenthaltes vom Jahre 1850— 1857 
als Armee- Lieferanten fennen lernte, und welcher im Jahre 1855 
eine Außsgleichung mit den Oläubigern der Frau Baronin 
übernahm, mehrere Echulden derfelben bezahlte und fich hie- 
Durch den Baron Eynatten felbit verbindlich machte, für einige 
im Jahre 1859 beabfichtigte Lieferungen Tantismen verfprach 
und folche für den Abfchluß des Vertrages vom 9. Juli v. J. auf 
die Lieferung von 20.000 Dchfen im Betrage von 20.000 fl., 
für die Auflöfung dieſes Vertrages wieder 9000 fl., dann für 
den angeblichen Abfchluß und die Auflöfung bes Vertrages mit 
einem Triefter Lieferanten auf die Abnahme ber Häute und des Un- 
ſchlittes von 36.000 Ochfen mit 10.000 fl., alfo mitdem Geſammt⸗ 
betrage von 39.000 fl. Oeſt. Whrg. auch wirklich ausbezahlte. 

Abgeſehen davon, daß nicht erhoben werden fonnte, ob 
Freiherr v. Eynatten nicht auch an andern Orten als bei ber 
Kreditanftalt Geld oder Effekten hinterlegte, war durch obiges 
Geſtändniß auch die Erwerbung des hei Teßterer hinterlegten 
Vermögens noch nicht nachgemiefen. Er hat fich jedoch, nach- 
dem er in feiner leßtwilligen Erklärung vom 7. März d. I. noch 
befannt hatte, daß er fich fehwer vergangen habe, in der Nacht 
vom 7. auf den 8. März db. 3. der Nothmwendigfeit einer 
weiteren Nachweiſung und dem Geſtaͤndniſſe einer größeren 
Schuld durch Selbſtmord entzogen. 

Freiherr von Eynatten ließ fich durch Geſchenke zum Miß- 
brauche der Amtögewalt verleiten. Derfelbe hat zwar nichtbefannt, 
ein Geſchenk von Richter empfangen zu haben. Allein dag auch 
leßterer den Freiherrn v. Eynatten beſtochen und das allerhöchſte 
Aerar für ſich und in Verbindung mit Johann Krumbholz 
ſowohl das Aerar als auch Private betrogen habe, geht aus 
Folgendem hervor: 

1. Das Verbrechen der Verleitung zum Miß- 
brauche der Amtsgewalt, ſtrafbar nach $. 105 der Straf 
prozeß=- Ordnung befteht darin, daß Franz Richter dein Frei— 
bern v. Eynatten als E. f. Seneraldireftor und Stellver⸗ 
treter des Chefs des Armee⸗Oberkommando in Bällen der 
Entfeheidung öffentlicher 2lngelegenheiten durch ein Geſchenk 
von 26.101 fl. 25 fr. Deft. Whrg. zur Barteiliigtet um 


6 


zur Verlegung der Amtspflicht zu verleiten fuchte und wirklich 
verleitete. 

a. Daß Franz Richter dem Freiherrn v. Eynatten 
‚obiges Geſchenk („cadeau«) machte, hat er felbft eingeftanden, 
und ift auch aus den Büchern der Sreditanftalt erfichtlich. In 
der Konfignation, welche Baron Eynatten bei dem Erlage der 
Papiere überreichte, heißt es: »Staats⸗ und Aftien-Werthe, 
dem Feldmarſchall⸗Lieutenant Freiherrn v. Eynatten gehörig. « 
— Der Depofitenfchein vom 1. Oktober 1859, Nummer 29, 
lautet auf »Se. Exzellenz Herrn Baron Eynatten, k. k. Feld⸗ 
marfchall-Lieutenant, wohnhaft in Wien,« und ift mit den Wor⸗ 
ten: »Geſehen — Richter,« unterfertigt. 

Behauptet auch Richter (in feiner 353 —35ddjten Ant- 
wort), daß er, da die20.000 fl. des Freiherrn v. Eynatten nur 
12 Stück Nordbahn⸗Aktien deckten, bei dem Ankaufe der übrigen 13 
Stück auf Zahlung rechnete und erft ſpäter dieſe Hoffnung fallen 
ließ und bei fich die 13 Stüd ald „Cadeau« behandelte, fo hat 
er doch früher (am 9. und 10. März) geftanden, daß Baron 
Eynatten ſchon im April oder Mai fich äußerte, er möchte gern 
25 Stück Nordbahn⸗Aktien kaufen, und daß er, Richter, des frü- 
her geäußerten Wunfches des Baron Eynatten eingedenf, es 
nunauf fih nahm, der Frau Baronin 25 Stüd Aktien zu 
fenden. Er verficherte wiederholt, daß er fich bei dem Empfange 
der 20.000 fl. entjchloß, den höhereht Kojtenbetrag aus Eigenem 
zu tragen, da feine Verhaͤltniſſe es ihm geſtatten, der Familie 
des Baron Eynatten ein ſolches Cadeau zu machen. 

Nachdem Baron Eynatten vorher feinen Wunfch mit 
der beftiminten Anzahl von 25 St. Nordbahn⸗Aktien ausſprach, 
und zu einer Zeit, mo dieſe mehr ald 45.000 fl. Fofteten, zu 
ihrem Einkaufe nur 20.000 fl. brachte, und Richter auch bie 
25 Stüd kaufte, dem Freiherrn v. Eynatten fendbete und den 
Reſt aus Eigenem bezahlte, ift e8 Elar, daß diefe beiden wenig 
ſtens zur Zeit. des Ginfaufes der Aktien über Geben und Neh- 
men des Geſchenkes vollkommen einverftanden wareı. 

In ber bereits oben angeführten Antwort 353 bat Richs 
ter fogar zugegeben, daß ihm Freiherr von Eynatten felbft 
bei Einhändigung der 20.000 fl. fagte, er folle auch etwas 
mehr Aktien nehmen, ald man um 20.000 fl. erhalte. 
Fuͤnt auch Richter hier hei, baß Baron Eynatten die Bebin- 


7 


gung feßte, daß Richter ben Preis für biflig halte, ferners, daß 
Baron Eynatten Ausgleihung mit dem Vermögen feiner 
Frau verfprach: fo fonnte doch Richter über die Billigfeit des 
Preifes ven Papieren, die einen täglichen Kurs haben, nie im 
Zweifel fein und Fannte ficherauch Die allbefannte Vermögenslo⸗ 
figfeit der Bamilie Eynatten, deren Haupt felbft die 20.000 fl., 
die e8 zum Anfaufe der 25 Aftien beitrug, von Hermann 
Jung während der Kriegslieferungen erhielt. 

b. Daß Baron Eynatten eine der Beftechung zugäng- 
liche Perfönlichkeit war, bat er ſelbſt befannt und ift durch bie 
von Hermann Jung empfangenen Gefchenfe bewiefen. 

Daß aber auch Franz Richter an öffentlich Bedienſtete 
Geldgeſchenke zu machen fähig ift, hat er Dadurch bemiefen, daß 
er feinem Agenten Sammel Kallberg in Prag eine Summe 
von 583 fl. zur Befchenfung von Angeftellten ber dortigen 
Monturs-Kommiſſion und den Heinrich Bayer zum Anfaufe 
eined Kreditlofes für den Schneidermeifter der Stoderauer 
MonturssKonmiffion anmwies und Bayer, wiewohl es Rich- 
ter widerspricht, fich auch von diefem für ermächtigt erflärte, 
den Angeftellten der Grazer und Stoderauer Monturs-Kom⸗ 
mifiton 254 fl. 70 fr. in Zigarren und in Geld zu ſchenken. 

c. Segen Richter und fir den Thatbeftand der jträfli- 
chen Geſchenkgebung fpricht fernerg feine falfche Verantwortung: 
da er zuerft von ber Frau Baronin 34.000 fl. zum Ankaufe ber 
Aktien erhalten haben wollte, dann aber zugab, daß der Baron 
felbft und zwar nur 20.000 fl. brachte. Falſch ift auch die 
Behauptung, daß Richter die Aktien durch Michael Angel, 
feinen Bureaudiener, der Frau Baronin Eynatten in die Woh⸗ 
nung ſchickte, da ſich Angel zuerſt und ungeachtet wiederholter 
Vernehmungen keiner ſolchen Sendung erinnern konnte und erſt 
bei der Gegenſtellung das zugab, was ihm Richter vorſagte, 
von der ganzen gerichtlich und eidlich vernommenen weib⸗ 
lichen Dienerſchaft der Familie Eynatten aber auch nicht Ein 
Mitglied von einer folchen Meberbringung eines Packets etwas. 
wußte, obgleich Michael Angel das Padet einer Frauensper⸗ 
fon, Kammerjungfer oder Stubenmädchen ber Frau Baronin, 
übergeben haben will. Hiezu kommt noch, daß ungeachtet ein 
und derſelbe Diener Angel bie beiden Mate, d. 
und Dezember v. J., die Aktien überhradt Sohen N, Yen 


8 


über im Juli eine Empfangsbeftätigung ausgeftellt, im Des 
zember aber eine folche verlangt und ertheilt wurde. 

Die Verantwortung Richter's hierüber in feinem Ver— 
höre ift voller Widerfpriche. 

Daraus gebt deutlich hervor, wie falfch e8 ift, daß Richter 
am 16. Juli v. I. der Frau Baronin Eynatten die Aftien 
fenbete, daß er fie vielmehr dem Freiherrn v. Eynatten per- 
fünlich übergab. 

Mie Richter fich felbit Falfch verantwortete, fo verleitete er 
. auch die Frau Baronin Eynatten zu falfchen Angaben; ja Bas 

ronin Eynatten ſchrieb fich Richter’8 Ausfagen nach deſſen 
Anleitung fogar auf, welche die Baronin auswendig lernen 
mußte und bei ihrer gerichtlichen Vernehmung getreu und faſt 
wörtlich wußte. 

d. Für die gleich urjprünglich beabfichtigte Beftechung 
fpricht ferner der Umftand, daß Franz Richter bemüht war, den 
Anfauf der 25 Stück Nordbahn-Aktien zu verheimlichen. Er Tieß 
fie auf „@. Ritter« buchen und nahın alle 25 Stud Aktien, 
ungeachtet erjt 20.000 fl. darauf bezahlt waren, und fle nach den 
Normen der Kreditanftalt bis zur gänzlichen Berichtigung des 
Preiſes undder Nebenverbindlichkeiten hätten bei derfelben depo— 
nirt bleiben follen, ſchon am 16. Juli v. 3. aus dem Depot. 

In feinem Schlußverhöre geräth Richter in einen neuen 
Widerſpruch mit feinen früheren Ausfagen, indem er fich bis zum 
Tage feiner Verhaftung der Hoffnung hingegeben haben will, die 
zurBeräußerung beſtimmten Staatspapiere der Baronin Eynat- 
ten zu erhalten, und da ihm diefe nicht zufamen, die Mehrfoften 
der durch die 20.000 fl. nicht gedeckt gewefenen, beiläufig 13 
Stüd Aktien, ohne daß es urfprünglich feine Abficht geweſen 
wäre, fich zu einem unfreiwilligen Cadeau für die Frau Baronin 
geitaltet hättert. Allein abgefehen davon, daß Lebtere ausdrüds 
lich erflärte, gar feinen Anspruch anf diefe Aktien zu haben, hat 
doch Franz Richter felbit in feiner 28. Antwort ausdrüdlich er- 
Härt: „ALS ich die 25 Stüd Nordbahn⸗Aktien kaufte, nahm ich 
mir gleich vor, Daß ich die Differenz der Mehrkoſten auf mich neh⸗ 
men werde.< Er trat alfe ſchon mit dein Moment des Kaufes unter 
Verſchweigung des Käufers als Hafter für den Kauf ein, und trat 
für den Betrag von 26.101 fl. 25 Er. öft. W. auch als Zahler 
anf, woran er ſchon am 9. Auguſt 14.634 1.5 tr. aud eigenem 

Permögen zahlte. 


9 


Wie Richter den Ankauf der Aktien für Baron Eynats 
ten verheimlichte, fo hielt er auch das Depot besfelben vom 
4.—20. Dezember, fomit zu einer Zeit, ald das Militärgericht 
gegen Eynatten bereits Unterfuchung führte, in feiner Pri- 
vatverwahrung. Seine Angabe, als hätte er diefe Papiere nur 
zum SHerabichneiden der Coupons, womit er fich für die 
4000 Franks bezahlt machen wollte (mahrfcheinlich jener auf 
Krebitbrief erhobenen), bei fich behalten, ift offenbar unrichtig, 
da biezu nicht 16 Tage erforderlich find und Richter bei feiner 
Vernehmung vom 17. Dezember v. J. angab, daß Breiherr 
von Eynatten die auf den Kreditbrief erhobenen 4000 Franks 
nach feiner Rückkunft theils durch mitgebrachte fremde Mün- 
zen, theils in öfterreichifcher Währung vollkommen berichtigte, 
wofür auch) von Eynatten’3 Brief ddo. 12. Dezember v. 9. 
über Bezahlung von 1313 fl. 20 Er. fpricht. 

Daß Richter's Abficht bei diefer Gefrhenfgebung feine 
andere war, als bie, den Freihern von Eynatten mährend 
der ärariſchen Kriegslieferungen des vorigen Jahres zum 
Schaden des Aerars und zum Vortheile Richter’s zur Parteis 
lichkeit und zur Verlegung der Amtspflicht zu verleiten, wird 
aus der Darftellung der Bertragsabfchlüffe und der Lieferungen 
nachgewieſen werden. 

Mas nun diefe Lieferungen betrifft, an denen ſich Franz 
Richter theild als Hauptdirektor der Kreditanfialt und im 
Namen derfelben, theils als Privat und als foldyer wieder uns 
mittelbar oder mittelbar betheiligte, fo ‚geht dießfalls aus 
den Erhebungen hervor, daß er hiebei in vierfacher Eigenfchaft 
auftrat und zwar als Vertreter der Kreditanftalt, als Agent, als 
ſelbſtſtändiger Lieferant und endlich als Rathgeber des Armee- 
Oberkommandos, in welch’ Teßterer Eigenfchaft ihn der damalige 
Tinanzminifter Freiherr von Brud dem Feldmarſchall⸗Lieute⸗ 
nant Sreiheren von Eynatten an bie Seite gab. 

Diefe Stellung bat Franz Richter fehr vortheilhaft für 
ſich benüßt. 

l. Schon am 21. April 1859 ſchrieb er feinem Fabriks⸗ 
direktor Krumbholz, „daß feine Berührungen mit den ent» 
fheidenden Perfönlichkeiten ihm allen Vorſchub leiften werben, 
um fein Webereiprojeft zu realifiren.“ 

Obgleich ex felbjt feinen Stofjvorrath harte ud ut in 


10 


Begriffe war, eine entfprechende Weberei zu errichten und obfchon 
feine Spinnereien zur Leiftung des ganzen Garnbedarfes unzu- 
laͤnglich erfchtenen, ging doch fein Hauptftreben dahin, die Liefe⸗ 
rung von ftarfen Baummollftoffen in feiner Hand zu vereinigen, 
indem er fich zwifchen das Aerar und die Fabrifanten ſchob und 
dieſe nur als Eublieferanten zuließ, indem er an Krumbholz 
schrieb, »fie auf Beftellungen vom Aerar warten zu laffen, bie 
ficher ausbleiben werden; fie werden dann ſchon bitten müffen.* 
— Gr verpflichtete fie, ihm Provifionen und Skonto zu bezahlen, 
obgleich er felbft vom Aerar die Bezahlung erhielt. Ueberdieß 
nöthigte er fie, von ihm das Garn um einen erhöhten Preis zu 
faufen, infomweit er e8 aber nicht felbit erzeugen könnte, fondern 
die Sublieferanten e8 anderwärts kaufen mußten, ihm Doch bie 
Hälfte des Preifes, um welchen fie anderwärts Garn billiger 
fauften, als bei ihm, zu überlafjen. 

2. Bezüglich der der Armee nothwendigen Zerealien war 
er bemüht, deren Lieferung der Kreditanftalt als Kommiffionär 
zuzuwenden. Wegen einer Zmwilchlieferung von 1'/, Millionen 
Ellen wendete ſich Richter an das Ausland, ohne fich von der 
Unmöglichkeit der Aufbringung im Inlande zu überzeugen, 
ja vielmehr, obgleich die Lieferung von Zwilch im Inlande, 
wie aus zahlreichen Berichten der Handelsfammer hervorgeht, 
allerdings möglich gewefen wäre, wofür noch der Umſtand fpricht, 
daß nad) dem Frieden von Villafranca ber ganze Zwilchbedarf 
vom Inlande gedeckt wurde. 

Mas zuförderft die Zerealien-Lieferungen betrifft, welche 
geeignet find, Richter’8 Handlungsmeife, der fich dieſe Lieferung 
zum größten Verdienft anrechnet, auf das richtige Maß zu ftellen, 
kommt zu bemerken, daß diefes bedeutende Geſchäft, wobei es 
Richter im Namen der Kreditanftaltübernahm, 4,300.000Mk. 
Frucht und Hafer gegen Vergütung ber Auslagen und eine 
Proviſion von 10 Neufreuzern per Meten zu liefern, »in rein 
faufmännifcher Form,« ohne allen fchriftlichen Vertrag, daher 
auch ohne Bezahlung eines Vertragsſtempels und ohne 
Kaution, bloß nach mündlichem Mebereintommen zwifchen reis 
bern v. Brudund Eynatten und Franz Richter durchge⸗ 
führt wurde. Aus Konzepten des Freiherrn von Eynatten 
geht hervor, daß die drei Genannten beabfichtigten, die Rech⸗ 
nungen biefer Zerenlien-Lieferungen dem Treibern von Brud 


11 


vorzubehalten, der die Berichtigung ber Forderungen der Kredits 
anftalt feiner Zeit im Einvernehmen mit dem Armee⸗Oberkom⸗ 
mando bejorgen follte. 

Nach den Conto corrente der Kreditanftalt beträgt ihre 
Forderung aus biejer Lieferung 15,369.827 fl. 17 Er. öfterr. W. 
Zur Uebernahme der Rechnungen wurde der Chef des Central⸗ 
MilitärsRechnungsdepartements , Joſef Schultner, zu feis 
nem Vorgeſetzten, dem Freiherrn v. Eynatten, befchieben, bei 
welchem er auch den Direktor Richter traf. Herrn Schult⸗ 
ner und dem miterſchienenen Rechnungsrathe Ditman wur⸗ 
den die Rechnungen mit der Bemerkung vorgelegt, daß ihnen 
ber Bertreter der Kreditanftalt den Zufammenhang aufklären 
werde. 

Ditman’d Frage nad den Preistabellen wurde von 
Richter dahin beantwortet, daß dieſe nicht nothwendig feien; 
Schultner's Trage nach dem angeblichen Vertrage, welcher 
der Lieferung zu Grunde liege, ersegte fogar den Unwillen des 
Sreiherm von Eynatten, welcher ihm wörtlich fagte: „Dieß 
gehe ihn gar nichts an, u. ſ. w., er hätte die Rechnung bloß 
ziffermäßig zu prüfen. — Da ber Oberkriegsbuchhalter Schults 
ner angeſichts mehrerer bedenklicher Poſten eine eingehende Prüs 
fung für feine Pflicht Hieli, verlangte er einen fchriftlichen Aufs 
trag, die Rechnungen nur ziffermäßig prüfen zu dürfen, welchen 
ihm Freiherr von Eynatten auch verfprach. Letzterer rief Dann 
Herrn Schultner in fein Zimmer, benahm fich außerorbent- 
lich freundlich und fagte ihm unter vier Augen, daß die Liefe⸗ 
sungen ber Kreditanftalt eine Winanzoperation bed Baron 
Brud jei, wodurd der Staat viel Vortheil hatte; es komme 
daher auf feine innere, fondern bloß ziffermäßige Prüfung an. 

Einige Tage, nachdem Baron Eynatten feine Urlaubs 
seije bereits angetreten hatte, erhielt Herr Schultner vom ER. 
ArmersÖberfemmando den fchriftlichen Befehl, die Rechnungen 
zu prüfen ohne die Befchränfung auf die bloße Ziffer. Die inzwis 
fehen eingetretene Unterfuchung wider Breiherrn von Eynatten 
und Richter ließ nun auch eine eingehenbere Prüfung ber 
BerealienstieferungssRechnung wünfchenswerth erfcheinen, bie 
von einer gemifchten Kommiffion unter Beiztehung eines Vertre⸗ 
ters der Kreditanftalt vorgenommen wurde. Das von den Lek- 
teren im Rechtepunfte jelbft anerlannte Eraehuiy vos rung 


12 


war, daß die Kreditanitalt, abgefehen von anderen Poften, dem 
Aerar 183.137 fl. 19 Er. öſterr. W. zu erfegen habe. — Wie 
bei ber Aufrechnung zu Werke gegangen wurde, erhellt daraus, 
daß dem Nerar beifpielsweife nicht bloß Die bedungene Pro⸗ 
viflon der Kreditanftalt, fondern überdieß namhafte Provifionen 
der Angeftellten berfelben, wie z. B. für Jakob Lanyi, Dirigenten 
ber Peſter Filiale, eine Provifion von 35.818 fl. 87 fr. u. ſ. w., 
ferner fogar der Stempel zur Provifiondqutttung der Anftalt 
über 430.000 fl., d. i. 1357 fl. 50 fr. und diverfe Cadeaux, 
beftehend in Tabaksdoſen und Schnupftabat, per 1023 fl. 75 kr. 
aufgerechnet wurden. 

Die Koften der Zerealien betrugen einschließlich der Fracht 
nah Verona pr. Meben beim Weizen 15 fl., beim Korn 
13 fl. 31 fr. und bei Gerſte und Hafer 8 fl. 63 fr. Wie viel 
die Qualität zu wünfchen übrig Tieß, ift daraus zu entnehmen, 
baß ber von ber Kreditanftalt felbft zur Mebergabe der Zerealien 
an das Aerar beftellte Georg Hertl nur Ein Drittel des ge- 
lieferten Oetreides als gut, zwei Drittel als mittelmäßig oder 
fchlecht erklärte, wofür er übrigens von Lanyi und Richter 
Vorwürfe erhielt. Nach den Befunde der Brüfungstommiffton 
waren bie nach Italien fpebirten SHaferquantitäten berart 
verunreinigt, daß die Unreinheitöprozente durchgehende das 
fonft geftattete Maximum weit überftiegen, indem fie. 10°/, bes 
trugen, jo daß das Aerar „nur allein für gelieferte und trans⸗ 
portirte Erde, Mift und fonft nicht verwendbare Artikel 
327.000 fl. zu zahlen hatte.« Um weiters alle Beziehungen 
Richter's zu den Ararifchen Lieferungen und deſſen ganze dießfäls 
lige Gebahrung, ſowie die erlangten Vortheile darzuftellen, 
werben bier auch alle jene Lieferungen vorgeführt, woran der⸗ 
felbe theils indirekt, theils direkt fich betheiligte, und zwar zu⸗ 
erſt jene ber indirekten Betheiligung. | 

a) Nach Richter’3 Brief an Krumbholz müſſen Benes 
dit Schroll und Söhne ſchon im April 1859 ais Lieferans 
ten aufgetreten fein. Richter z0g aber Schroll an fih. Dies 
fer mußte das Garn von Richter thener abnehmen, bafür 
forgte aber Lebterer, daß das Aerar einen höheren Preis für 
den Stoff zahlte. 

Am 3. Mai 1859 fchrieb Richter an Krumholz, 
SproIl Fönne erft dann abjchließen, wenn er, Rihter, mit 


13 


feinem Abfchluffe für das Aerar in Ordnung if; je nachdem er 
den Preis für den Stoff bedinge, werde Schroll auch für das 
Garn mehr als 36 Er. Kr. M. zahlen müffen. Dem Aerar ges 
genüber trat Richter als Verkäufer von 5000 Stüd oder 
250.000 Ellen Kalito a 13'/, kr. K. M. auf und machte den 
Preis; in Wirklichkeit waren aber Schroll und Söhne bie 
Berkäufer, von denen Richter die Waare, und zwar fehr ſchoͤne 
Waare bezog und welche, das Garn zu 36 kr. K. M. be 
rechnet, für die Elle Stoff 13 fr. K. M. verlangten. 

Denn Richter fchrieb am 7. Mai 1859 an Krumb⸗ 
holz, er habe mit Schroll auf5000 Ellen à 13kr. K. M. abge: 
fchloffen, der von ihm das Garn pr. 50.000 Pfund, a 36. KM., 
nehme; er mußte einen halben Kreuzer pr. Elle mehr zu ver- 
vechnen und fo werde Schroll das Mehr von 25 fr. K. M. pr. 
Srüd oder 2083 fl. K. M. dem Krumbholz, d. i. der Rich» 
ter’fhen Fabrik an Smichow, zu vergüten haben. Diefe 
Vreisdifferenz zwifchen dem Aerar und Schroll einerfeits und letz⸗ 
terem und Richter andererfeits wußte diefer bei dein förmlichen 
Abſchluß mit Schroll am 21. Mai 1859 ‚in Rüdficht barauf, 
baß zu einem Stüd Kalito 12'/, Pfund Garn nöthig find, das 
mit zu verkleiden, daß zwar er dem Schroll gleichfalls 13° /, kr. 
KM. per Elle zuficherte, Lebterer aber fich verpflichtete, von ihm 
- 57.000 Bfund Garn und zwar um 38 fr. ftatt um 36 fr. 
KM. abzunehmen, fo daß Richter ſchon hiedurch obige 25 Fr. 
pr. Stüd, alfo 2083 fl. 20 fr. bei 5000 Stüd, gewann. Ueber⸗ 
dieß hatte er ſich 2°/, Kommiffionsgebühr und 1'/,/, Skonto 
gegen Baarbezahlung ausbebungen, obgleich Das Aerar ohne 
Skonto⸗Nachlaß auszahlte. Im Briefe vom 21. Mai fchrieb 
auch Richter an Krumbholz, er habe fich bei Schroll noch 
3/,/, für Kommiffion und Skonto gefichert. Diefe betragen von 
250.000 Ellen zu 56.250 fl. 8. M. 1828 fl., hiezu obige 
2083 fl. 20 kr., fo beträgt Richter’8 Gewinnſt bei Schroll 
allein 3911 fl. 20 Er. öfterr. Währ. 

b) Ein zweiter ähnlicher Fall war bei ber Lieferung von 
10.000 Stüd Kaliko durch Nathan Hellmann. 

Am 3. Mai 1859 fihrieb Richter an Krumbholz, 
daß diefer Hellmann frage, ob er °/, breite Waare erzeuge, 
von Garn Nr. 16 mit 15 Fäden Kette und Schuß pr. 
] und wie viel ? Wenn er billig ſei, Tünne er, Tihter, 

. 2 * 


14 


ihm vielleicht einen Auftrag von 5—10.000 Stüd & 50 Ellen 
überreichen. Zugleich verlangte er wiederholt Brobe, nachdem 
er fchon am 21. April zwei Probeftüde, ein rohes und ein 
gebleichtes, verlangt hatte. 

Am 13. Mai 1859 fchicte Krumbholz das verlaugte 
Probeftüd, °/, breit, 15 Fäden Kette, Sarn Nr. 18 und 18 
Fäden Schuß Wr. 20. 

Am 16. Mat ſchrieb Richter an Krumbholz, er hoffe 
für Hellmann ein bedeutendes Gefchäft. und darauf hin 
große Sarnabichlüffe machen zu können. Gr foll fih daher 
um die Garne von Leibitfehgrund (Richter's „zweiter Fabrik) 
nicht bange fein laffen. Zugleich verlangte er nun bie Preisbe⸗ 
rechnung. Am 17. Mai notirte ihm Krumbtzolz ben; Preis 
mit 20°/, fr. diterr. W. pr. Elle, ; 

Am 17. präf. 18. Mai machte nun Nathan Hellmann 
bei dem Armee⸗Oberkommando eine von Franz Richter mit- 
gefertigte Lingabe, worin Hellmann ſich erbpt,. 10.000 Stück 
rgben Kaliko, ''/,, Ellen breit, zu 50 Ellen a 14, u, 8. M. 
ober 24/00 Fr. öſterr, W. gegen Baarzahlung von, Mitte 
Juni Bis Mitte. Oftober nah Styderan und Prag zu ‚liefern, 
Richter aber die Haftung für bie rishtige und vechtzeitige Liefes 
rung übernahm und von Hellmann zugleich;esmächtiges wurde 
den Kontrakt sanzuftogen«, mit bein Armee⸗Oberkommando bie 
Abrechnung zu beforgen und die Gelder in Empfang zu nehmen. 

In einer Nachſchrift erflären Beide, daß ſie zwei. Muſter 
zur Wahl des Armee⸗Oberkommandos vorlegen. Denſelben. 
Tag, 17. Mai, alfo bevor es protokollirt wurde, ſchrieb Freiherr 
von Eynatten unter das Offert, er genehmige dieſe Lieferung, 
zur beiläufigen Hälfte von jedem der zwei Muſter. 

‚. In ber hierüber erflojjenen. Erledigung von Seite des 
Armee-Oberfommandos vom 18. Mai v. 3. wurde ber Monturs- 
Kommiſſion in Stoderau vorgetragen, nach obigen Bedinguns 
gen für fih und die Monturs-Kommiſſion in Prag den Kon- 
trakt zu errichten. Stoderau erhielt die beiden verfiegelten Mu⸗ 
ſter 1 und 2, welche nur in Hinficht der Qualität des Stoffes 
zur Richtſchuur zu dienen hatten; der Kaliko ſei zu Leintüchern 
zu verwenden. 

Auf Grund dieſes Armee⸗Oberkommando-Erlaſſes wurde 
der AÆAontraft vom 29. Juni zwiſchen obiger KHaupttoms 


15 


miſſion und Hellmanır unter der Bedingung, daß er für dem 
Kontrahenten fchon am: 29. Juni unwiderruflich, für die kon⸗ 
teahirende Monturskommiffion aber erſt vom Tage” der ho⸗ 
ben Ratififation an ' verbindlich. fei, dahin: abgefchloffen, baß 
Hellmann fih verpflichtete, 500.000 Ellen :ungebleichten 
Kaliko 1'/,, breit, dem Mufter volllommen entiprechend, bie 
Ele zu 24°°/, .. Neukreuzer gegen Kaution von 6235 fl. in ber 
Zeit nah Mitte Juni bis Mitte Oktober. 1859. je: zur Hälfte 
nah Stederan und Prag in die Kommiffionshänfer zu Tiefern. 

Schon am 17. Mai fchrieb Richter an Krumbholz: 
„Heute habe ich für Sie und Hellmann einen Abfchluß con 
10.000 Stüd ftarfer Waare gemacht, wozu 120— 130.000 Pf. 
Garn noͤthig find, das durchaus Leibitſchgrund liefern muß. 
Die Waare Hat ftatt %/, bloß breit zu fein.« Im Briefe 
vom 18. Mat fchrieb Richter bem Krumbholz, »er babe für 
ibn 2500 Stüd vom Juli bis halben Oktober übernommen, 
die Lieferung habe aber insgefaımmt durch Hellmann zu ges 
ſchehen, jedoch empfängt er für dieſes Gefchäft feine Proviſion.“ 
Der Garnbedarf Hellmann’s für bie eritlichen 7500 Stüd be 
trage 100.000 PfvNr.'?/, „„bieerifmum3EH.KE.M.pr.Pfd. He 
fere.“ Schon bei diefer Lieferung wies RichterKrumbholz an, 
»falls e8 die Arbeit in feiner Weberei erleichtere, 
auf Zoll einen Soden weniger Schuß geben zu 
können, bafür aber ſtatt Garn W. 20: Sarıı Ir: 18 
verwenden: zu.müffen«e . 

Da Krumbholz'am 19. Mi: erwiederte, daß er 2500 
Stüd binnen 10Wochen fertig Haben und zum gegebenen Termine 
3500 Städ zu Stande bringen werbe, fchrieb ihm Richter denfel« 
ben Tag, er werbe bei biefen Umftänben für ihn, d. 1. Richter, 
noch einen Abſchluß von 2500 Stüd erzwingen. — Aus Rich⸗ 
ter’8 Büchern iſt zu entnehmen, daß er zu dieſer Hellmann’fchen 
Lieferung 2494 .Stüd per 123.651°/, Ellen toben Kaliko 
&:24°°/.,., zuſammen per 30.826 fl. 38 fr. dfterr. Währung 
geliefert und Hellmann von ihm das Garn zu 38 fr. K. M. 
ober 66'/, fr. Öfterr. Währung abnahm. — Die Menge Garnes 
ift zwar bier aus ben Büchern nicht erfichtlih, weil fih Hell 
mann aud an ber großen Richter’ichen Lieferung von vier 
Midionen Ellen betheiligie, und auch biezu Garn van Richter 
bezog: Mechnet man jeboch 25 k..per Stud, wet Shrsüi, 


16 


jo beträgt Richter’8 Gewinn am Garnhandel zu ben 7506 
Stüd Hellmann's 3127fl.50 fr. K. M. oder 3284 |1.37'/, tr 
oͤſt. W. Richter ſelbſt gefteht in feiner 173. Antwort, daß er ſich 
bei Hellmann im vorhinein, das tft vor Veberreichung des 
Dffertes, bie Theilnahme an ber Lieferung ausbebungen habe, und 
gibt einen Gewinn von 5622 fl. 22 fr. bei dieſem Gefchäfte zu. 

Der Gewinn mußte defto größer ausfallen, je mehr das 
Garnerſparniß beträgt, als die Mehrauslagen für das niedere _ 
Garn Ar. 18 ftatt Nr. 20. 

Fun folgen jene Sieferungen, bei welchen ich Franz Riche 
ter direkt betheiligte. 

Nachdem Richter, der zu Smichow und Leibitfchgrund 
Baummwollfpinnerei s Yabriten mit Regulators Webftühlen bes 
fißt, die Initiative ergreifend, bem Freiherrn von Eynatten die 
BDerwendung von Baummwollmaaren (Kalito) ftatt der bisher 

üblichen Leinwand für bie militärifche Montirung empfohlen 
hatte, wurbe vom hoben ArmeesÖberfommando laut Kommifs 
flond-Protofoll vom 20. April 1859, 3. 3929, der Beichluß 
gefaßt, ftatt der Leintücher und Strobfadleinwand oben unge: 
bleichten Kaliko von starker, feiter Sattung, welcher im Preiſe der 
Strohſackleinwand angemefjen iſt, zu wählen. 

Indeß hat Franz Richter fchon für die Mufter geforgt und 
2 mit littera a und Nr. 2 bezeichnete für Leintücher, eines aber 
mit Nr. 3 bezeichnet für Strohfäde vorgelegt. Der Bedarf zu 
Leintüchern wurde von der Kommiflion laut Protokoll vom 
5. Mai 1859 auf 300.000 Ellen angegeben und die beiden 
Richter’fchen Muſter a und Nr. 2 in der Breite von 1'/,, Ellen 
à bis 13 kr. K. M. für geeignet erklärt. Da von littera a bereits 
50.000 Ellen vorhanden waren, follte von Nr. 2 ein Liefe- 
rungsvertrag von 250.000 Ellen gefchlofjen werben. 

Für Strohſäcke wurde in Ermanglung eines entiprechenden 
Surrogates das Richter’fche Mufter Nr. 3 bis zur Erlangung 
vollkommen ent|prechender Stoffe für annehmbar erklärt, und 
zwar mit dem Beifügen, baß hier DieBreite nicht unter 1°/, , EN. 
fein dürfe, das Mufter daher Tediglich zur Beustpeifung der 
Qualität diene, 

Der Bebarf fei 300.000 Ellen a 13 kr. 8. M. Tags 
darauf, am 6. Mai, erklärte fih Richter. im Kommiſſions⸗ 

vrotofole bamit einverftanden, jedoch mit Ausnayme des Vreikes 


17 


für bie Strohfadleinwand mit ber Breite von 1 und 1’/, Ellen, 
worüber er morgen beftimmte Auskunft ertheilen werde. 

Am 7. Mai nun gab er feine Erflärung bahin ab, daß 
es von Mufter Nr. 3 zu Strohfäden 2—3000 Stüd, je 1000 
für Gratz, Stoderau und Brünn, die Elle zu 14'/, fr. K. M. 
zu liefern bereit fei. DieWorte »*/, breit« find vor dem Worte 
»Kaliko“ oberhalb der Linien eingefchaltet, und zwar anſchei⸗ 
nend mit fehwärzerer Tinte, fo daß dieſe Angabe der Breite erft 
nachträglich in's Protokoll eingefeßt worden fein dürfte. Wie 
gejagt, feste Baron Eynatten feine Oenehmigung ſchon am 
7. Mai unter das am 8. erhibirte Protokoll und ermächtigte 
bie Monturs⸗Hauptkommiſſion in Stederau vom Richter’jchen 
Mufter A 1000 Etüd mit 50.000 Ellen, 1'/,, Ellen breit 
à 13 kr. K. M. oder 22'%/, , Neufreuzer auf Handeinkauf zu 
übernehmen und nach Muſter 3 als Surrogat für Strobfadleins 
wand auf 3000 Etüd a 50—60 Ellen Kaliko, 1 Elle breit 
a14'/, fr. K. M. oder 25°°/,,, Neukreuzer per 1000 Stüd für 
Gratz, Stoderau und Brünn einen Lieferungsvertrag abzus 
ſchließen. 

Richter aber wurde verſtändigt, daß man ſtatt des über⸗ 
reichten Muſters Nr. 2, das nicht ganz eine Elle breit ſei, ein 
Muſter von gleicher Qualität, jedoch von der für die Leintücher 
nothwendigen 1'/, Ellen Breite gewärtige, um einen Kon⸗ 
traft auf 250.000 Ellen a 13°/, fr. K. M. oder 23°°/,  Neur 
kreuzer errichten zu koͤnnen. 

ec) Die Monturs » Hauptfommiffion follte nun vorerft 
die vorräthigen 1000 Stüd Leintücher SE hroll’fcher Wanre nach 
bein Muſter a übernehmen. Bei Hebergabe der erften Partie von 
381 Stüd per 19.000 Ellen zeigte es fich, daß diefer Kaliko nicht 
für das Mujter 1'/,,, ſondern nur °°/,, Ehen breit, alfo um 
/ Ellen (oder 1°°/, Soll) zu ſchmal war. — Nur follte die 
Faͤdenzahl dem Mufter gleichgewefen und der Schwund die wahr- 
fiheinliche Urfache der geringeren Breite fein, was übrigens eine 
phyfifche Unmöglichkeit ift. Ueber die Erklärung der Monturs⸗ 
Hauptkommiſſion, daß diefer fehmale Kaliko zu einfachen Lein⸗ 
tüchern nicht geeignet fei, erließ Baron Eynatten am 16. Mai 
bein Auftrag, diefen Kaliko anzunehmen und ausfchließend zur 
Erzeugung doppelter Leintücher zu verwenden, ein Umſtand, ben 
Dofsath Eder als eine, unverfennbare Beginitiguag beniigu. 


18 


d) Die 3000 Stück Strohfad-Kalito, */, breit, Meferte 
Richter durch Smekal. — Es wurden aber um 400. Shi@ 
mehr geliefert; dießfalls Tiegk ftatt eines &Sefuches nur ein von 
Baron Eynatten felbft gefchriebener Zettel vor, worin Rich⸗ 
ter bittet, um jene 400 Stüd mehr liefern zu dürfen, was ihm 
Baron Eynatten ohne Kontratt mit Erlaß vom 6. Juni, 
3.4277, bewilligte. Richter erhielt bafür eine &°/ Brovifton 
von 2272 fl. öfterr. W. 

e) Bezüglich der 250.000 Ellen Kalito für Leintüͤcher, 
welche auch Schroll’fches Fabrikat find, ſagt bie Erledigung 
vom 8. Juni v. J., 8. 7318, daß Richter „nunmehr“ das 
Muſter zu den 250.000 Eden A 1 , Ehen - breit uͤberreichte 
und es wurde ber Monturs-Bauptfommilfion mit Refpript 
vom 8. Juni v. 3., Zahl 4277, aufgetragen, »nunmehr« ben - 
Bertrag über dieſes "Suantum Kalito »anzuftoßen« und dem 
Landes⸗Generalkommando zur Ratifizirung vorzulegen. 

Demgemäß wurde der Lieferungsvertrag von 19. Ob 
tober 1859 mit Richter abgefchloffen, wornach 250.000 ER. 
Kaliko, 1'/,, breit, vom 19. Oktober bis Ende Dezember 1859 
unter der Bedingung zu liefern -feten, dag der Kaliko dem vor 
gelegten Muſter vollfommen gleich und Richter vom 19. Oktober 
an, die Monturs⸗Hauptkommiſſion aber erfi vom Tage ber 
Ratififation verbindlich fet. Zugleich wurde eine Kaution vou 
2955 Gulden erlegt. 

Bezüglich der Strohſack-Kalikos endlich, wovon dae 
Muſter Nr. 3 vorgelegt wurde, iſt zwiſchen der £. k. Monturs⸗ 
Hauptfommiffion Stoderau und Franz Richter, auf Grund 
ber fihon oben angedeuteten Ermächtigung vom 8: Mat 1859; 
Zahl 3319, Abtheilung 13, und bes weiteren E. E. Armee⸗Ober⸗ 
tommando-Erlaffes vom 15. Juni v. 3., 3. 4473, zwar fchon 
am erften Juli 1859 ein Verträg auf Lieferung von 3400 
Stüd, und zwar 2400 nach Stoderau, 1000 nach ©raz, 
das Stüd zu 50—60 Ellen, a 1 Ele breit, zu 25°°/, ,, Neukr. 
vom Monate Juni bis Ende Juli 1859 zu Liefern abgefchloffen, 
biefer Vertrag aber von ber E. f. Finanz Prokuratur erft am 
30. Mai 1860 vidirt und vom k.k. Landed-Öeneralfonmanbe 
in Wien am 10. Juni 1860 genehmigt worben. 

f) Zur Lieferung von Strohſack⸗Kaliko hat fich Fram 
Xiler neuerdings in einer Eingabe vom \&. praos. 16. Sum 


19 


9. 3. mit dem Beifügen erboten, daß von den vorgelegten Mu⸗ 
ſtern und zwar von 2) 2400. Stück a 60 Glen, 29'/, Zoll 
breit; von b) 380:Stüd:a:75 Ellen, 29°, Zofl breit, von c) 
620 Stüd a 60 Ellen, 30%, Zoll Breit! vorrathig und von 
a und o noch weitere 3000 Stuͤck, bie Elle zu 26 fr. oͤſt. W., 
in ‘der Anfertigung ‚begriffen jeten. Die Eigner ber Maren 
Steben ihm nur bie 17. Iuni in Warte. — Nachträglich erflärt 
er am 3. Juli auf derjelben Eingabe, daß er vom Preife '/, fr 
nachlaſſe. Diefe Eingabe wurde der Monturs⸗Haupikommiſſion 
in Stoderau mit IndorfatsAuftrage vom 17. Juni zur Bes 
gutachtung übermittelt, welche am 21. Juni ihren Befund 
dahin abgab, daß das Muſter a ftatt 1 Elle, nur °°/,, Ellen 
und das Mufter c ftatt 30°/, Zoll nur Ya Bol über 1 Elle 
breit fei, ſo daß beim Mufter a '/,, Ele, beim Mufter o aber 
#1/ ," an ber in der Eingabe angeführten Breite fehlten, wäh 
‚zend den Muttern b ftatt 29°/, Zoll 30 ZoN breit befunden 
wurde; a und c wurden aber für verwendbar, b für 
weniger empfehlenswerth erflärt. Hierüber ertheilte Daß Armee⸗ 
Dberfommando am 4. Juli 1859, Zahl 4874, die Bewilligung 
zum Abfchluffe des Vertrages, welcher am15. September 1859 
uf 541.200 Ellen Strohſack⸗Kaliko und zwar für Stoderau 
für den Muftern a (29'/, Zoll) und c.(30',, Zoll) breit, je 
180.000 &llen, für Graz aber von a 144.000 und von c 
37.200 Ellen vom Monat Auguft bis Ende September 1859 
im Preiſe von 25°/, Neukreuzer pr. Elle gegen Kaution von 
6967 fl. öfterr. Währ. errichtet wurde. Auch biefer Vertrag 
follte für die Monturs⸗Hauptkommiſſion erft vom Tage der 
Ratififation verbindlich fein und auch.bei diefer Lieferung gab 
es Anftände. 

Die Grazer Monturstommiffion berichtete nämlich ſchon 
am 16. Juli 1859, daß am Richter’fchen Strohfad » Kalifo 
. Elle Breite fehle. Durch das Näffen des Kaliko im Wafler 
babe fich das urfprüngliche Fabriksmaß von 62 Ellen Länge, die 
aber nad) dem Meßtifch nur 60°/, Ellen hatte, bis auf 55 EI. 
zebuzirt. Hierüber hat das Armee⸗Oberkommando am 26. Juli 
v. J. weiteren Bericht verlangt, den die Monturskommiſſion 
Graz am 30. Juli dahin erjtattete, daß jich der durch Näſſung 
eingetretene Abgang von 4°/, Ellen Länge durch dae (näter 
Sorgenommene Dangen wieder eriekte. Da jedoh ein Straaint 


20 


bei: fpäterer Reinigung durch Wafchen nicht leicht gehörig 
ausgemangt werben Lönne, fo dürfte er bedeutend an Dimenfion 
verlieren, bei doppelten Leintüchern, Gattien und Butter aber 
weniger Nachtheil haben. 

Die hierüber am 7. Auguft zur Begutachtung aufgefor- 
Derte Monturs⸗Hauptkommiſſion zu Stockerau erflärte, bag 
auch fie erprobte, es laſſe fich ber Laͤngenſchwund durch Mangen 
auf dag frühere Maß zurüdjühren, ja durch Mangen habe ſo⸗ 
gar das urfprüngliche Ellenmaß gemonnen. Nicht fo fei es ber 
züglich der Breite, deren Schwund derart bleibe, daß ihn felbft 
. bie erzielte Meberlänge nicht zu dedden vermüge, indem immer 
noch ein Breiteverluft von °/,, Glen bliebe. Diefer Stroh⸗ 
ſack-⸗Kaliko fei daher nach ihrer Ueberzeugung nur zu Butter 
verwendbar. Ein bei Weiten wefentlicherer Umſtand fei ferner 
der, daß der Richter'ſche Kaliko auch beim Erliegen in ganzen 
Stüden an feiner Länge verliere, daher für die DMagazins- 
Verrechnung eine Einbuße am bezahlten Ellenmaße drohe. 

Die Zahlung hat Taut Bericht vom 30: Juli für 59°/, EN. 
ftattgefunden. Auf einem dem Admintftrativ-Afte, beiliegenders 
ämtlichenNtotizenblatte, 3. 242, ohne Datum fteht Die Bemers 
fung, daß obige 541.200 Ellen Strohſack⸗Kaliko auch zu Fut⸗ 
ter nicht zu benügen ſeien, da der Futterſtoff durch Leinwand 
and Surrogate bereits ficher geftellt ift, fomit hiefür fein Be⸗— 
barf beitehe. 

Die Erledigung des Armee⸗Oberkommando vom 22. Au⸗ 
guft lautet: »Da der Stoff nicht nur beim Wafchen in der Länge 
und Breite eingeht, fondern fogar während des Erliegend an 
feiner Länge verliert, und daraus das Aerar großen Nachtheil 
durch Einbuße an bereits bezahltem Ellenmaß erleide, jo wird 
Die Kommiffion aufgefordert, wenn dieſer Verluſt nicht gänzlicy 
befeitigt werden könnte, Die Uebernahme fogleich einzuftellen.« 

Nach einer Konjignation dom 17. September 1859 wur⸗ 
den 10 Stüd mit 600 Ellen, & 1 Elle breit, und 10 Stüd zu 
778 Ellen, a 1’/,, Ellen breit, geliefert. Da auch die General» 
Moentursinfpeftion am 15. September v. J. zur Begutachtung 
aufgefordert wurde, erftattete diefe am 6. November 1359 
ihren Bericht ber ben NRichter’fchen Kaliko dahin, daß ſich 
nach der Mange noch ein Schwund von ,, Ellen in ber 

Breite und 7, als Maximum in der Ränge ergebe. Yualeiig 





21 


wurde ausgefprochen, daß es für das Aerar fehr vertheilhafr 
fei, Die Erzeugung ber Strohfäde aus Kaliko ganz einzuftellen, 
Da fie nicht jene Dauer wie die aus Strohfad: Leinwand ver: 
fertigten haben. Allein in ber Erledigung bes Arınee-Öbertom- 
mando vom 12. bis 13. November heißt ed: »Das Armee⸗ 
Oberfommanbo findet über biefe unbebeutende Echwindung 
von ”/,, Ellen Länge und ”/,, Ellen Breite binauszugehen 
und weder eine Verlängerung noch eine Erweiterung biefer 
Kalito-EStrohfäde bei der Erzeugung vornehmen zu Taflen.« — 
Richter machte bei biefer Lieferung einen NettosGewinn von 
5168 fl. 56 kr. öfter. MWähr. 


II. a) Während obige Abfchlüffe und Lieferungen bachte 
Franz Richter fehon weiter an einen neuen und zwar ben 
größten Abfchluß, welcher die Anklage auf Betrug am Staate 
und Privaten zur Kolge hat. Ehen am 21. Mat fchrieb Rich- 
ter dem Krumbholz, daß ein großes Sarngefchäft auf 20.000 
Stück ftarter Maare in Ausfiht ſtehe, und er erfuchte am 
26. Mai, ihm ein Probeſtück wie das frühere bei Przibram 
bleichen zu Taffen und ſchnell zu fenden, weil er darauf das ©e- 
ſchaͤft bafiren wolle. Am 28. Mai gab Krumbholz das fertige 
Probeftüd zu Porges in die Bleiche, e8 wurde jeboch zu fpät 
fertig. Richter betrieb die rafche Heberfendung am 2. und 3. Juni 
v. J. und fchrieb: „daß Gefahr auf Verzug ftehe, denn 
es babe fich bereit8 Konturrenz wegen des großen Ge⸗ 
ſchäftes eingefiellt und es wäre entfeglich, wenn ein 
Anderer dagfelbe machen follte.« 


Richter hatte fich vorfichtigerweife an Benedikt Schroll 
und Söhne um ein Probeftüd gewendet, das er noch am 
3. Juni, und zwar gleichartig mit der gelieferten Waare von 
5000 Stüd erhielt, während das eigene Richter'ſche Probeftüd 
erſt amı 6. Juni fertig wurbe. 


Am 4. Juni fohrieb Richter an Krumbholz, »baß er 
wegen des großen Stoffgefchäftes den ganzen Vormittag beim 
Armee» Oberfommando zugebracht, und Hoffnung habe, es Mon⸗ 
tag den 6. Junt zu Stande zu bringen. Das Schroll’jche 
Probeſtück fehe recht gut aus und babe fehr gefallen. Ihm fei 
befannt, daß Schroll Garn Nr. 18 Kette und Nr. 16 Schu 
verwenbe, bafür 13’/, f. C. M. pr. EUe, alt FIT Ie 


22 


Kommiſſtionsgebühr und .Stonto erhalte, . bie Garne aber: non 
om um:38 fr. 8 Mi pr. Bid. abnehine:« 

In der That hat Richter, nachdem er ala Rathgebei de 
YsmersOberfommando’s die. von: Anderen. eingelegten :Rufter 
wegen zu jtärfer Appretur für ungedignet erklärt hatte, -: om &. 
praes. 5. Juni .bei dem Armee-Oberfommando felbit bie Efü- 
gabe, 8. 4273, ſammt 2 Packeten Muſter uͤberreicht und dar⸗ 
nach eine. Lieferung son 3—4 Millionen Ellen 3° : breiten 
Bauwwollſtoffes, die Elle zu 25/ fr. öfterr. W. in der Qualitat 
der mit a) bezeithneten Probeſtücke binnen ſechs Monaten, von 
Mitte Juni an gerechnet, angeboten. AIs Garanten für: die 
richtige und rechtzeitige Lieferung füͤhrte. er die Kre⸗ 
ditanſtalt an. 

Die Zahlung erbat er ſich woͤchentlich für die jebe Woche 
gelieferten Stoffe und zwar aus der Kaſſe des k. k. Armee⸗ 
Oberkommandos. — Dieſe Eingabe wurde am 8. Juni damit 
erledigt, daß das Armee⸗Oberkommando die Monturs⸗Haupt⸗ 
kommiſſion ermächtigte, den Kontrakt mit dem Offerenten auf 
4 Millionen abzuſchließen und dem Landes⸗Generalkommando 


‚zur Ratifizirung zu unterbreiten, den Kommiſſionen Prag. und 


Brünn ein Muſter deg fraglichen Stoffes zuzuſtellen und den 
‚Stoff felbit zur Erzeugung von Hemden ober Leintüchern zu 
verwenden. Gleichzeitig erging:an das Untverfal-Kriegszahfamt 
der Auftrag, die Zahlung yon Fall zu Ball gegen. Borweifung 
der Lieferfcheine zu erfolgen, . 

In Folge diefes NrmeesÖberommando:Reftriptes vom 
8. Juni v. J. 3. 4273, wurde nun zwifchen der Mouturs⸗ 
Hauptfommiffton i in Stockerau und Franz Richter ber Vertrag 
vom 22. Juni 1859 unter bet Bedingung, daß er für Rich— 
ter. am 22. Juni, für das Aerar aber vom Tage ber Ratifika⸗ 
tion verbinblich fei, dahin abgefchloffen: daß Richter 4 Mil⸗ 
lionen Ellen gebleichten Baumwollſtoff, und zwar 2 Millionen 
an: die Monturs⸗Hauptkommiſſion und je 1 Million’an Die 
Kommiſſionen Prag und: Brünn von Mitte Juni bi8 Ende No- 
veinber 1859, monatlich 630-—-640.000 Ellen in der bedun⸗ 
genen Friſt liefere, welches Richter bis Ende Dezember v. J. 
hinausrüdte. - Der Stoff müffe von guter Qualität und bem 
Muſter a vollkommen gleich fein. Die Bleiche Yürfe nicht mit 
Kalt ober anberen fchädlichen Zutbaten, ſondern natürlich und 


23 


gehörig, die Breite müſſe 3L" fein, und der Abgang der Breite 
ſei von ber. Länge abzuziehen. Der Preis für eine Elle 31” 
breiten Baumwollitoffes ſei 25'/, N. Kr., und bie Zahlung 
erfolge wöchentlich beim UniverfalsKriegszahlamte in Wien; die 
Kaution pr. 50.500 fl. diterr. W. werde mittelft Garantie der 
Kreditanitalt geleiftet, und von ben drei Kontrakts⸗Exemplaren feis 
nes auf Koiten des Kontrahenten mit dem Elaffenmäßigen Stem⸗ 
pel zu verfehen. Laut $. 9 fteht e8 auch dem Aerar frei, einen 
allfälligen ‚Lieferungsrüditand gar nicht anzufchaffen. Es wurde 
auch die Haftungsurktunde der Kreditanftalt über 50.500 fl. 
ausgeſtellt und zwar vom Direktor Schiff. und Fr. Richter 
ſelbſt unterfertigt, ohne daß fie hiefür eine andere Dedung als 
bie. Berfon Richter’s hatte, wie diefer ſelbſt angibt. 

Am G.' Juni feßte Richter Krumbholz von feinem Ab- 
fehluffe in -Kenninig, mit dem Beifügen, :daß er auf diefelbe 
Qualitaͤt abichleß, wie jene 5000. Etüd, mit deren Anfertis 
gung ſich Shrolls dermalen befihäftigten. Krumbholz wird 
zugleich aufgefordert, ſich nun mehr ohne Verzug mit den We- 
berei- Unternehmern Hellmiann, Przibram, Kubinsty, 
Maftny und Schroll wegen Anfertigung ind Einverneh— 
men'zu:feßen. Gegen Abnahme feiner Garne um 38 fr. X. M. 
pr. Pfund fei der hoͤchſte Preis 13 tr. K. M. oder: 22°,, fr. 
Öfterr. W. pr. Elle, abzüglich 4°/, Skonto und Kommiſſtons⸗ 
gebähr gegen Kaſſa nach gefchehener Ablieferung, auch bedinge 
er fich neben richtiger Breite bei jedem Stüde eine Kalbe bis 
ı Eu⸗ Uebermaß an der Länge, um keinen Abzug zu haben. 

Ain 8. Juni erhielt Keumbholz von Schroll ein Pro⸗ 
Schüc fammt Belehrung. Nun ſchloß jener fogleich mit Sub— 
lieferanten Verträge ab und zwar: 


a) mit Maftny auf... . . . .......... 4.000 Stüd 
b) » Benedift Schroll und Söhne... 10.000 » 
c) » Gebrüder Kubinsfy......... 15.000 » 
d) » »  Borgesd........... 6.000 » 
e) » Leopold Abeled ............ 20.000 » 
N >» AB Przibram........... 10.000 » 
8) » Nathan Hellmann . . . . . . . . .. 15:000 » 
‚b) , .» Gebrüder Reblhbammer...... 3.000. » 
i) >» Martus Saufmann......... LEO ». 


hunmmen au. N TLB0D Su. 


24 


Diefe Abfchlüffe erfolgten ad a) mit Maftny auf 23 Er. 
öfterr. W. mit 4°/, Skonto gegen Zahlung in einem Monat nad) 
Rechnungsausſtellung und 1°/, Uebermaß. Die Waare ſei auf 

36°/," Blattbreite, 48'/, Gang, Garn Nr. 18 Einftellung 
unb 16 Schuß, 15 Fäden pr. '/,", im gebleichten Zuſtande 
31” breit, im rohen Zuitande aber um 3” breiter; 

ad b) mit Schroll, deffen Waare ohnehin als Muster 
diente, auf 13’, fi. K. M. pr. Elle gebleicht, und unter Gas 
tantie des Ellenmaßes; ad c) mit Kubinsky auf rohe Waare 
loco Prag, die Elle zu 12°/, fi. K. M.; ad d) mit Gebrüder 
Porges auf gebleichte Waare a 13 fr. 8. M. pr. Elle; ad e) 
mit Leopold Abelesauf23'/, Fr. dt. W. pr. Elle loco Stoderan, 
Prag und Brünn, unter Garantie des Ellenmaßes; ad f) mit. 
Przibram, auf 13kr. K. M., pr Elle und eine Elle Uebermaß; ad g) 
mit Nathan Hellmann, die Elle zu 14kr. K. M. oder 
24'/, Er. oͤſterr. W., abzüglich 4°/, Skonto, eine Elle Ueber: 
maß; ad h) mit Redlhammer, genau fo wie bei Maftny; 
ad i) mit Kaufmann auf 24” Breite, die Elle 23 Er. öfterr.W., 
2°/, Skonto Abzug bei Bezahlung nach 4 Monaten, eine &lle 
Uebermaß. 

Außerdem übernahmen die Sublieferanten die Verpflich⸗ 
tung, Garn von Richter un 38 kr. K. M. pr. Pfd. zu kaufen; 
nur Abeles und Hellmann durften, weil Richter die ganze 
Menge Garn nicht ſelbſt erzeugen konnte, auch anderwärts 
Garn kaufen, deren Abeles 30,000 Pfund von Moor und 
Sohn in Wien, a 62 °/, kr., und 5000 Pfund von. Liebig 
in Reichenberg a 60 fr. ö. W. erhielt. Hellmann mußte 
dafür die Hälfte der Preisdifferenzg gegen die Richter'ſchen 
Garne, weldhe 38 fr. K. M. oder 66'/, fr. ö. Währ. koſteten, 
an Richter mit 478 fl. 70 kr. vergüten. 

Mar auch Krumbholz bald bemüht, die Meberzahl von 
4500 Stüd zu reduziren, fo gebt doch aus diefen Abfchlüffen 
allein fchon das hervor, was Richter in feinem Briefe vom 
3. Auguft offen befannte, daß fle auf die eigene Weberei gar 
feine Rüdficht nahmen. Richter fagt zwar, daß fie darauf 
vergeſſen hätten. Allein, daß dem nicht fo fei, gebt daraus 
hervor, daß Richter noch andere Vertragsverbinbdlichkeiten zu 
erfüllen Hatte, feine Fabrik nicht viel erzeugen Eonnte und er- 
Mon am 3. Auguft auf Verlängerung der Lieferungsititt vech- 


25 


nnete. An demjelben 3. Auguft gab Richter fein eigenes 
Webereierzeugniß nur auf 6— 7000 Stüd an. Der ganze 
große Lieferungsabichluß,: welcher laut feiner eigenen Ausfage 
siel Aufjehen machte, war alfo bloß auf die Spekulation 
begründet, dadurch, daß er die Stofflieferung ganz allein in 
der Hand hatte, feine Garnpreiſe iteigern, fich einen großen 
Garnabſatz jelbit während des Krieges fichern zu können und 
nebftbei noch mancherlei Profite zu machen, deren mehrere, wie 
gezeigt werden wird, unter das Strafgefeß fallen. Den Gewinn, 
der Richter aus dem Stoffhandel verbleiben mußte, präli- 
minirt er ſelbſt auf 1 Er. Bank⸗Valuta pr. Elle. 

Abgefeben davon, daß Richter dem Hellmann und 
Abeles geitattete, einen Theil ber Garne von Fremden zu 
beziehen, fonnte er auch den übrigen Theil nicht felbit erzeugen, 
Sondern kaufte gleichfalls von andern Spinnereien 336,359 '/, 
Pfund Harn, wie dieſes Krumbholz in feinem Briefe vom 
27. Oktober fchreibt. 

So vortheilhaft diefe mit dem Aerar und ben Sub» 
Tieferanten abgefchloffenen Berträge für Richter jelbit dann 
geweſen wären, wenn er fie nach beiden Seiten genau erfüllt 
hätte, fo bat er fie doch fchon während der Abfchlüffe oder doch 
unmittelbar nach denjelben nach allen Seiten hin zum eigenen _ 
Bortheile und zum Schaden ber Mitfontrahenten abgeänbert, 
indem er ſtatt gebleichten ungebleichten, ftatt 31 Zoll breiten 
mittelſt geringerer Einftellung nur 30 oder gar 291%, Zul 
breiten Kaliko Tieferte, auf '/ Zoll einen bis zwei Fäden 
weniger einftellte, ftatt Nr. 16 Schußgarn Fer. 18 verwendete, 
die Lieferungszeit von Mitte Dezember 1859 auf Ende es 
bruar 1860 erjiredte, und als er durch dieſe Terminsver⸗ 
laͤngerung die Möglichkeit erreichte, feine eigenen Fabriken noch 
länger befchäftigen zu Eönnen, die Stoff: und Garnlieferanten 
unter der falfchen Vorfpiegelung, das Aerar habe feinen Vers 
trag von 4 auf 3 Millionen Ellen reduzirt, gleichfalls zur Ges 
ftattung einer Reduktion ihrer Sublieferungsverträge auf °/, 
zu bewegen fuchte, und theild auch wirklich bewog. 

Durch Reduktion der Breite von 31 auf 30 Zoll, jowie 
durch die Verminderung der Faͤdenzahl pr. '/, Zoll und durch 
die Veränderung des Sarnnummer follte Garn, durch Au⸗ 
wendung bed Wafchens und Kochens oder dad er alten 


26 


Bleiche der Bleicherlohn oder doch der Mehrbetrag der ganzen 
Bleiche gegen den her Halbbleiche erfpart werden. Die Breite⸗ 
Reduktion follte durch bie Vorfpiegelung bemäntelt werben, 
daß diefelbe nicht etwa in einer Stoffininderung, ſondern 
lediglich im Schwunbe und dieſer in der Koch und Waſch⸗ 
manipulation den Grund habe, zur Befeitigung der Bleiche 
aber follte die Vorftellung bewegen, daß dieſe in Folge des hie⸗ 
bei anzuwendenden Chlors und ber Säuren, deren Anwendung, 
ohnedieß vertragsmäßig unterfagt war, den Stoff weniger bauer» 
haft mache, als es bei dem bloßen Wachen und Kochen:ber Talk 
fei, obgleich fih Richter: gerade bei. dieſen Manipulationen der 
Säuren bediente. . : . 

Am 8. Juni 1859 ſchrieb Kichter an Krumbholz: 
„Die genaue Breite finden Sie. auf dem Muſterſtuͤcke bezeich⸗ 
net; die Einftellung ift 29'/, Soll pr. Elle mit 980 Rohr, 
Einrichtung ift 972 Rohr oder 48°%/,, Gänge. (Da. der Gang 
40 Fäden hat, fo hat das Rohr 2, und die ganze Einjtellung 
1944 Fäden, wovon auf '/, Zoll 16°%/, ,, Fäden tommen.) — 
Das angeführte Mufterftüd ſei breiter, als es fein joll, weßhalb 
wir die genaue Breite, wie die Waare geliefert wird, mit 
einem Strich bezeichnen und zur genauen Darnachachtung einen 
Streifen der genauen Blattbreite beilegen.“ 

Sm Briefe vom 10: Juni fchreibt Krumbholz, daß 
bei Nr. 18 Kette- und Nr. 16 Schuß⸗Garn nah Schroll's 
Einſtellung auf 50 Ellen 13 Pfund 22 Loth Garn nothwendig 
ſind. Wie Richter und Krumbholz dieſen Garnbedarf zum 
eigenen Vortheile auf 12'/, Pfund zu reduziren verſtand, wied 
alsbald erklärt werden. 

Schon am 8. Juni ſchrieb Krumbholz an: Richter: 
„Es ſcheine ihm der Preis von. 13 fr. KM. für gebleichte 
Waare nicht volllommen ausreichend, wenn nicht vielleicht bei 
derfelben eine geringere Cinjtellung (der Breite nah) Plat 
greifen darf, als bei der ungebleichten.” 

Noch denjelben Tag, an welchem eben. Baron Eynatten 
das Dffert auf gebleichte Waare genehmigte, antiwortete Rich⸗ 
ter, daß es immer noch möglich fei, daß die Waare nicht weiß 
gebleicht, fondern nur. ausgefocht und gemangt geliefert werden 
fünne. Er verlangt zugleich, ihm ein Stüd zu fenden, das bloß 

actochi aqusqewaſchen und gemangt ſei. 


vr 


Am 9. Juni ſchrieb Richter an Krumbholz, er folle 
es mit ben Lieferungsterminen nicht fo genau nehmen, und zum- 
Trofte wegen feiner ausgefprochenen Beſorgniß fagte ihm 
Richter weiter, daß wenn, was er gar nicht bezweifle, die 
Waare nur gewafihen, gekocht, gemangt und nicht gebleicht zu 
werben braucht‘, :biefelbe fich abzüglich 2°/ Kommiffiondr 
gebühr und }’/,°/, Som Mitgewinn für bie Erzeuger herſtellen 
Jaffe, zumal es angehen werde, baß fie ſtatt Nr. 16 Schuß 
Nr. 18 verwenden. 

Schroll ‘erhalte bei 38 kr. K. M. für Sarn Rr. 18 
Kette, 16 Schuß, nur 13'/, kr. K. M., abzüglich 3 
Ein bedeutender Abſchluß ſei nicht ſchwer, da die Waare nur 
gekocht und ſtatt Rt. 16 Schuß Nr. 18 verwendet wers 
den kann. 

Denſelben Tag (alſo am 9. Juni) antwortete Krum b⸗ 
holz, er laſſe ein Stud '”/,, breit (b. 1.31''/,, Zoll) herrichten. 
— Schroll geben bie Einrichtung auf 48'/, (eigentlich 48° 
Gang an; da aber Die. Waare etwas breiter ausfalle, als noth- 
wendig, fo dürften wohl '/, bis 1 Gang zu erfparen 
fein. Genüge ftatt ber gebleichten Waare nur bie 
getochte; fo.bürfte Diefes die ganze Sache Ändern, 
denn dtefelbe dürfte dann nicht fo viel an Breite vers 
lieren, während bermalen bei ber Bleiche die Diffe— 
renz beinahe & Zoll beträgt. 

In diefen ſchon zur Zeit des mit Baron Eynatten be 
Sprochenen-und noch vor der Zeit (22. Juni) bes mit ber Mon 
turs⸗Hauptkommiſſion abgefchloffenen Vertrages gewechſelten 
Briefen waren bereits alle Bunte der eigennüßigen, theilweiſe 
fogar betrüglichen Vertragsverlegungen zwifchen Richter und 
Krumbhoſlz angedeutet, und beide haben fich nur zu gut vers 
ftanden. Noch deutlicher in ihren Briefen zu reden’ magten fie 
aber nicht mehr. — Daher bedeutete Krumbholz dem Rich⸗ 
ter am 10. Juni nach ber vorausgefchicten Bemerkung, baß 
es auch mit Kubingty und Borges, welche zu große Preife 
verlangen, leichter gehen werde, wenn bloß Nr. 18 Schuß ges 
nommen zu werden braucht: »das Gefchäft bedarf vieler 
Erläuterungen zwifchen uns, ich werbe daher nad 
Wien fommen und das gekochte Stüd mitbringen.“ 
— Beibe verabrebeten am Pfingitfonntage v. J. N yes 


28. 


und: mündlich ihre Rräflichen Unternehmungen, daher für die 
Zeit vom 11. bis 14. Juni feine ſchriftliche Korreſpondenz 
derſelben aufgefunden wurde. 

Krumbholz geſteht, daß er die zwei Proben, von denen 
alſogleich die Rede fein wird, am Pfingſtſomtage von Prag 
mitbrachte und daß fich Richter diefelben am nämlichen : Tage 
zum Armee⸗Oberkommando nachtragen ließ under, Krumbhol b 
den Zweck hievon wohl kannte. 

Als erite Frucht diefer Unterredung erfcheint eine Einga be 
des Franz Richter beim Armee-Öberfonmando vom 14. praes. 
15. Juni 1859, 3. 563, worin er fagt, er babe, von dem 
Wunſche befeelt, die 3, reſp. 4 Millionen Hemdenſtoffe in 
vorzüglicher, möglichft haltbarer Qualität zu liefen, mehrere 
Verſuche mit der Bleicherei veranlaßt. Als Relultat da⸗ 

von übergäbe er 2 von Krumbholz aus Prag gebrachte Pro⸗ 
ben, und zwar nur eines, melches bloß gekocht, gewafchen und 
gemangt, und ein zweites, welches gekocht, gewafchen, ges 
mangt und geglättet ſei. — Beide feien haltbarer als ganz 
gebleichte, da durch Die auf fürzerem und foreirterem Wege mit 
Anwendung von Chlor und Säuren bewerkitelligte Bleiche die 
befte Qualität des Stoffes immer einigen Abbruch erleide; er 
bitte demnach ihm im Intereffe des hohen Aerars zu ges 
ftatten, von ber beſſeren Beichaffenheit ber Proben 1 und 2 lies 
fern zu Dürfen, ferner das Breitenmaß von 31” auf 30 big 
29°/, herunterfegen zu können, da ein weiterer Schwund un- 
möglich ift, der Schwund bei dem rohen Stoffe durch das ans 
gewenbete Koch- und Wafchverfahren 2'/, bis 3" beträgt, 

und endlich das geſetzliche normale Breitenmaß bloß 1 Wiener 
Elle, d. i. 29'/,", mithin noch 1" weniger beträgt alg er ſich 
zu liefern verpflichte. 

Hierüber but Sreiberrv. Eynakten unter Ueberſendung der 
Mufter Lund 2 die MonturssHauptlommiffion Stoderau zur 
Erftattung des Öutachtend aufgefordert, ob Diefe von den am 
8. Juni überfommenen Mujtern den Vorzug verdienen. Die- 
felbe gab ihr Gutachten am 21. Juni 1859 dahin ab: daß 
die fpäteren Muſter 1 und 2 den früheren in Bezug der Fein⸗ 
beit, Dichtheit und Sleichheit des Gewebes nicht nachitehen. 
Säure fei ber Haltbarkeit nachtheilig und die Kommiſſion 

Mdliege fich biekfals ber Anficht Richters Über Wie \ümgere 


29. 


Dauer an. — Uebrigeng feien die lezteren Probenmufter 1 und 
2 unter ber in der Eingabe veriprochenen Breite von 30 big 
30'/, Zoll, und zwar nur 29 Zoll breit; ed wäre mithin rüds 
fichtlich der Beitinnmung des Stoffes zu Hemden genau auf bie 
verfprochene Breite von 30” zu halten. 

:Hierüber erfolgte die Erledigung von Seite des Baroır 
Epynatten am 26. Juni, womit er es der Monturs⸗Haupt⸗ 
kommiſſion anheimitellt, ob fie das Muiter 1 oder 2 nehmen 
wolle. Das Mufter follte fie auch den Kommiſſionen in Prag 
und Brünn zuftellen. Bei der Lieferung ſei auf Die vorgefchrie- 
bene und zugefagte Breite von wenigitend 30 Zoll unnachſicht⸗ 
lich zu halten. Das neue Mufter werbe dem älteren ſubſtitu irt, 
babe aber beider Kaliko-Uebernahme nur rüdfichtlich 
ber Qualität und des ungebleichten Zuftandes zur 
Richtſchnur zu dienen; binfichtlich der Breite aber fei ‚der 
Kontrahent verpflichtet, die Lieferungen in der vorgefchriebenen 
und auch zugefagten Breite von 30 Zoll zu effektuiren. 

Die Faljchheit und rreführung ber Richterichen Ein- 
gabe bezüglich der Breitenreduktion von 31 auf 30 Zoll beiteht 
nun darin, daß er dieje als eine natürliche, durch das Kochen 
und Wafchen Herbeigeführte erklärte, während Doch die Marge, 
wie ſchon beim Strohſack⸗Kaliko gezeigt wurde, den Waſch⸗ 
und Kochſchwund wieberzumgrößten Theile ergänzt und Krum b⸗ 
holz jelbft in feinem Briefe vom 9. Juni den Schwund der 
Bleiche für größer angab, bie Reduktion felbit aber in Wirflich- 
keit nur durch die von Richter angeordete und von Krumb⸗ 
Holz vollzogene geringere Einitellung herbeigeführt wurde, indem 
fie die rohe Waare, die fie früher auf 34 Zoll einftellten, num 
nur auf 32 Zoll richteten, wobei ſie ein bedeutendes Garn⸗ 
quantum erjparten.. 

Darnach wurden nun auch die Verträge mit den Sublie- 
feranten mobdifizirt, oder jo weit fie nicht gefchloffen waren fchrifts 
Ich errichtet; nur bei Schroll, Przibram, Porges und 
Redelhammer trat diepfalls feine Aenderung ein. | 

Am 17. Juni fohrieb Richter an Krumbholz: „Da 
Sie ftatt 34 nur 33 Zul in roher Waare anfertigen laſſen Tön- 
nen, werden Sie auch um’/, fr. pr. Elle billiger, als die fetten 
Abjchlüffe gefchahen, abzufchliegen in die Lage tanımen.« 

-  Erließ nun zahlreihe DBerfuhe mahen, wir won ir 
Ts 


30 


Waate mit möglichft geringem Schwunbe zubereiten: könne, 
"worüber fi Ktumbholz für die Halbbleiche emtfchieb, und 
Richter am 9. Auguſt ſchrieb, „daß er ‚durch die Probe die 
Heberzeugung gewonnen habe ; die. rohe Wanre fünwe um 
2 Zoll ſchmäler hergeitellt werden und werde dennoch volle 
30 Zoll geben ; Sie Tönnen daher, jchrieb .er weiters an 
Krumbholz, »rubig die rohe Waare nur32 Zoll.breit berftellen: 
laſſen.“ Dieß trug er Tags barauf Krumbholz förm⸗ 
lich auf. ei 

Am 11. Auguft antwortete Ktumbholz— B:bie Bleichen 
bes Przibram, Porges und Kerzig. (d; i. Reblgammer) 
eine Reduktion nicht zulaffen, da insbefonders die 34. Zoll 
hreite rohe Przibramer Waare im fertigen ‚Zuftande nur 
30 bis 30’, Zoll breit bleibe. (Diefes. erklärt fich jedoch daraus, 
daß, wie Ptzibram bezeugt, mit ihm auf 48 Gänge zu 1920 
Fäden und zwar 14 Fäden auf /, Zoll abgefchloffen wurde, 
was zwar roh eine Breite von 34), Boll gibt, aber durch Die 
Fädenreduktion nothmwendig einen größeren‘ Schwund herbei⸗ 
führte) 
Krumbholz ſagt ferner im obigen Briefe: »Wenn die 
Wiener Bleichen die Waare auf der kalten Bleiche trocknen, ſo 
dürfte dieſe allerdings nur 3 Zoll zuſammenſchrumpfen. Eine 
Reduktion der Breite laſſe ſich daher bei Benützung der Wie— 
ner Bleiche nur bei Kubinsky, Maſtny, Abeles, Sell- 
mann und der eigenen Waare erſtreben. « Ä 

Markus Kaufmann produzirte einen Brief des Krum b⸗ 
holz vom 18. September 1859, worin dieſer jenem ſagt: »Bei 
der neuen Einſtellung von ** Gang muß die Breite der 
Waare komplet 32—32'/, Zoll ausfallen, was Sie ſich bemerken 
wollen. Der Preis diefer Waare ift unter den beitehenden Kon 
ditionen 22'/, fr. öfterr. Währung pr. Elle.“ Auch Kubinsky 
fagt, daß er über Krumbholz's Aufforderung einige Gänge 
weniger einftellte und nur 32 Zoll ftatt 34 Zoll breite Waare 
erzeugte. Er legt einen Brief bes grumbholz vom 3. Juli 1859 
vor, worin dieſer fchrieb: »Sie fenden mir noch immer 31 Zoll 
breite Waare, während ich Sie bereits neulich erfuchte, die Breite 
auf 32—32 y2 Zoll zu reduziren;« auch ſprach er °/, fr. per 
Elle Vergütung an. 

Das in folge der Reduktion der Breite von ZI mi 30 Au 


31 


zu erzielende Garnerſparniß gab Krumbholz feläft in ſeinem 
Briefe" vom 31. Auguſt auf· Pfd., Kubinsty aber auf 
Pfd. per Stüd oder 560 Ellen m. 

Richter felbfoberechnet den Gewintäuf",/, Pi KM: ber@ile _ 
ober 25 kr. K. M. per Stüd, ſomit Bleichennachlaß, den er auf 
Akr. per Stuͤck angibt, ſo daß nach feiner Betechnung das Erſpar⸗ 
niß aus der Breitehtvebuttion allein 21 Tr: pr. Stüd betragen 
würde. Daß Richter diefe Breitenrebuftion oder Stoffuer- 
minderung bloß zum "eigenen Vortheile auszubeuten bezweckte, 
seht aus ſeinen und Krumbholz's brieflichen Geſtãnduiſſen 

vor. 


Amz30. JunlſchriebKrum bholz an Kubinstj: »Goffte 
ich in die Lage verſetzt werben, bei ber Breite, folglich in ber 
Einfellung und ſomit auch im Schuß eine Reduttivn eintreten 

aſſen zu können, fo fällt dieſes Bene mit zu und wirb dann 
zwiſchen uns eine beſondere Vereinbatung getroffen.“ 

Am 14. Juni haite Richter geſchrieben, daß er zu beiden 
Modifikationen, der Breite und ber Bleiche naͤmlich, nur noch 
der Zuſtimmung Stoderau’s bedürfe, wozu er am Donnerstag, 
d. i. den 16. Juni, alfo noch vor feinem ſchriftlichen 
Abſchluß auf 31 Zoll und ganze Bleiche, eben dorthin ges 
ben werde und daß durch diefe Weodififätionen- die Etʒeugung 
weſentlich einfacher und billiger würde. 

Hierauf antwortet ihm Krum bholz'ſchon am 14. Juni: 
»E3 wäre größerer Vortheil, wenn die Waare nur gekocht und 
gewaſchen werben möchte; denn man will das Bleichen nicht 
gern un %/, Tr. per Elle herftellen, während bie andere Mani⸗ 
pulatien nur die Hälfte kolten würde. 

»Eben fo vortbeifhaft wäre e8 für ung, wenn die Breite 
auf 30 bis 30'/, Zoll herabgeitellt würde; das Erfparniß 
an Garn müßte Dabei natürlich ung, nicht aber bem 
Acrar zu Statten lommen.« 

Richter, der im Briefe vom 20. Juni feinen Gewinn 
ſchon auf 77.994 fl. 60 fr. angeſchlagen hatte, ſchrieb am 
9. Auguſt an Krumbholz: »Sie koͤnnen ruhig die rohe 
Waare mit nur 32 Zoll herſtellen laſſen, muͤſſen aber‘ dafür 
forgen, daß die Eriparung an Garn uns zu Gute kommt, 
als Erfah für Die theuren Herſtellungskoſten. Baer Ah Uefa 
nicht fügt, bem kündigen Ste den Vertrag, denn W hun sur 


‚38 


"Hoffnung, daß mir bie Lieferungszeit um drei Monate mehr aus⸗ 
gebehnt wird, was um fo mehr Werth hätte, als wir dann mit 
unferer eigenen Garnerzeugung auskaͤmen. Dieß ifl ein weſent⸗ 
‚licher Grund zur Aufbeflerung unſeres Geſchaͤftes, baher Sie 
and mit dm Garnlieferanten fireng verfahren wollen. * 

Richter wollte, daß der Nachlaß von jedem Kontrahenten 
verlangt werde, welchen Maſtuy bewilligie, von Hellmann 
fogar einen Kreuzer per Elle. 

Wie felbftverftändlich er biefen, Rachlaß als Felge: der 
Breitenredultion betrachtet, geht aus feinem Briefe an Krum b⸗ 
holz vem 25. Auguft hervor, worin er auf des Letzteren Bemer⸗ 

Fung, daß Hellmann jeden Nachlaß verweigere, ba er bereits: 
-500 Zeuge auf 34 Zoll anfertigen Tieß, erwieberte: „Den Nach= 
‚Ja müflen fi alle Kontrahenten gefallen lafien, ba ich. für Die 
"32 Zoll breite Waare nicht benfelben- Preis wie für die 34 Zell 
breite zablen Tann. Die Erfparung an Garn ‚beträgt mindeſtens 
*/, Pfund pr. Stüd; alfo 24.8. M., mithin '/ fr. .yer 
Wiener Elle, und auf biefem Nachlaß muß ich beſtehen. Wenn 
Hellmann 500 Zeuge um zwei Gaͤnge mehr anſertigen ließ, 
jo Toftet dieſes keine 100 fl.“ 

Sehr wichtig iſt biepfalls Hellmann’s Brief an Rich⸗ 
ter, worin Erfterer die geringere Einftelung noch mit dem 
Beifügen verweigert, daß fein Erfparniß herauskomme, wenn 
es nicht auf Koften der Qualität geſchehen fol. 

‚Bei. Redlhammer, fo ſchreibtkeumbholz am 31. Aus 
euft, Fönne auf einen Nachlaß nicht gerechnet werben, weil bei 
ihrer Manipulation in der Zurichtung der Waare diefe 34 Zoll 
halten müfle, um darnach 30 Zoll herauszubelommen, dagegen 
Fomme ihnen hier das verlängerte Ellenmaß zu Oute. 

Auch Schroll dürften von einem Nachlafle nichts wiſſen 
weller, weil fie urſprünglich eben darauf hin, daß die Waare 
bliß, Zoll über 1 Elle breit fein barf, das Geſchaͤft ange- 
nommen haben. 

Die Gewinnfte, welche Richter und Krumbholz durch 
Reduktion der Breite erzielten, waren laut des Befundes der 
Buchverſtaͤndigen: J. Bei Kaufmann, dem bei ber Ein⸗ 

fſiellung auf 321/, Zoll Breite anſtatt 34 Zoll im rohen 
Zuftande nicht 23, fonbern 22'/,, alfo um °,, Tr. weniger 
‚pr. &De bezahlt wurden, 169 1. T7Ik. 


, 33 


2. Bei Kubinsky, welcher von feinen 7759 Stüd, 
a 19. K. M., ftatt der angefprochenen */, fr. per Ele, 
2476 fl. 67 &. ‚vergütete. \ 

3. Bei Abeles, ber von jeber feiner 622.441'/, Ellen 
anftatt 23 nur 22'/, kr., alfo °/, tr. weniger erhielt, iſt 
4481 fl. 57 fr. 

4. BeiMaftny,der von feinen 124. 221. Ell. a KR. 
nachließ, iſt 717 fl. 60 kt., alſo zuſammen 7845 fl. 63 kr. 

Hiezu kommt der Gewinn pr: 19 ir. K. M. von 
jedem ber in Richter's eigener Weberei erzeugten 8502 Stück 
von 425.806'/, Ellen aus der Breitenreduttion mit 2692 fl. I8kr. 
K. M. oder 2826 fl. 91'/, fr. öfter. Währg., welches, mit 
obiger Summe zufammengerechnet, den Betrag von 10.672 fl. 
54'/, tr. ausmacht. Hiebei ift noch zu bemerken, daß Krumb- 
holz in feinen- Briefen vom 18. und 22. Juni andeutete, es 
babe Schroll, ber früher für die Elle 14 fr. 8. M. verlangte 
unb deſſen Baate Richter unentbehrlich war, '/ kr. K. M. 
nur wegen ber Zuſicherung nachgeläflen, daß bie Waare nur 
-30°/, bis 31 Zoll breit zu fein brauche. - 

Auch Hellmann ſagt, daß Krumbholz von ihm gleich⸗ 
fall eine Vergütung für die Reduktion auf 30 Zoll verlangte, 
nur feien fie heute noch nicht Übereingefommen. 

In Richter’s Büchern iſt Die Breite der Kaliko nicht ange- 
geben, biefelbe mußte vielmehr aus den Fakturen ber Sub- 
lieferanten entnommen werden, ebenfo wenig findet fi) darin 
vos, wie viel gebleihte und ungebleichte Waare geliefert wurde. 

Was nun den Gewinn betrifft, den Richter und Krumb- 
holz durch das Weglaſſen ber Bleiche und der Subftituirung 
feiner Koch⸗, Wafchs und Mangmethode zu erzielen fuchte, te 
hat Richter felbft denfelben auf 4 fr. pr. Stüd berechnet, indem 
er im Briefe vom 17. Juni fagte: »Bei Hellmann haben Sie 
außer der Breitendifferenz auch noch für das Wegfallen ber 
vollen Bleiche 4 Fr. pr. Stüd in Anfpruch zu nehmen.* 

Hellmann fagt, daß fie auf diefe Vergütung überein- 
famen, und gibt die dafür von ihm allein geleiftete Geſammtver⸗ 
gütung auf 866 fl. 40 fr. C. M. oder 910 fl. oͤſterr. Währung 
an. Krumbholz fagt, daß er zwar auch von Anderen eine Vers 
gütung für das Wegfallen ber Bleiche verlangte, fie aber nur 
von Hellmann im obigen Betrage erhielt. 


34 Ä . 


— SBerechnet man den Gewinn, den Richter duch das 
Wegfallen der Bleiche bei der eigenen Waare erzielte, auch mit 
4 kr., fo kommen zu obigen Hellmann’;ishen 910 fl. noch von 
Richter's eigenen. 8502 Stüden 566 fl. 48 kr. K. M. oder 
in d. W. 595 fl. 14 kr., und ba ferners auch mit Kubinsky, 
Maftny und Kaufmann aufrohe Waare abgefihfoffen wurde, 
welche Richter mit der eigenen, bejonders. bei’ Borges, 
Suida und Zeppert herrishten ließ, von den. 11.153 Stüden 
. Kubinsty’s 780 f. 70 k., von: den 2986 St. Maſtny's 
209 fl. 2 fr., von den 1122 St. Kaufmann's 78. f. 54 Fr. 
hinzuzurechnen, was zuſammen einen Betrag von 2563.41 fr. 
ausmacht. 

Außer biefen Vortheilen wußten fich Kichter und Krum b⸗ 
holz auch noch dadurch einen bedeutenden Gewinn zu erzielen, 
daß fie nicht bloß bei ihrer Stofferzeugung felbft Nr. 181Schuß 
Garn ftatt Nr. 16 echt amerikanifcher Wolle:vermendeten, fon- 
bern.auch ihren Sublieferanten nun Mr. 18.Garn zur Verwen⸗ 
dung übergaben. Nun koftet zwar das Garn Nr. 18 pr. Pb. 
beiläufig Ir. K. M. bis 3 kr. oͤſt. W. mehr als Nr. 16, aber 
dieſe Mehrauslage iſt geringer, als das Garnerſparniß beträgt, 
indem Garn Nr. 16 ftärker. ift: als Nr. 18, jo daß nach Ans 
gabe der Sachverftändigen das Sarherfparniß von Nr. 18 ftatt 
Nr. 16 bei 4 Wiener oder 5 engliſchen Pfunden '/, Wiener 
‚oder °/, englifche Pfb. beträgt,. was pr. Stüd von 50 Glen 
ibei 1'/, Pfd. ausmacht. 

Koftet alfo auch das Garn. Nr. 18 pr. 50 Ellen um circa 
:38 kr. oͤſt. W. mehr, werben: doc) am Garnquantum bei 
80 kr., jomit nach Abrechnung noch beiläufig 4U Er. .pr. 
Stüd erjparst. Kaufmann Ließ-fich für 584 Stüd, zu denen 
‚er Nr. 16 Schußgarn verwendete, :122 fl..2 fr. von Richter 
argiiien, ‚ wozu fich diefer auch herbeiließ; dieß macht pr. Elle 

4, 0, alſo pr. Stud 20%), Er. Auch. Friedrich Kubinsky 
bezeugt, baß er ſich von Richter für den Fall, menn dieſer 
ihm groͤberes Garn als Nr. 18 liefern ſollte, ausbrüdlic eine: 
Bergütung bebungen habe, da dann jebes zu verfertigenbe 
Stüd mehr Rohmatertal abforbiren würde, als er gu nerwenden 
vertragamäßig verpflichtet war, und weil hieraus für ihn ein 
Nachtheil entſtehen würde. 


3 


85 


Bei Hellmann wurde außer Nr: 18 theilweiſe auch 
Garn Nr. 20 verwendet. 

Aus den Vernehmungen geht hervor, daß außer Kauf 
mann alle Fabrikanten faft ausfchlieglich nur Ar. 18 verwen⸗ 
deten. 

Berechnet man dieſe Werthdifferenz nur für 75.000 Stüd, 
fo ergibt fich, nad) ber dem Vinzenz Kaufmann’ geleiiteten 
Dergütung berechnet, für Richter, der Nr. 16 zu verwendeh 
verpflichtet war, ein Gewinn von 15.600 fl. öft. Währg. 

Daß diefe Rechnung nicht zu: hoch gegriffen fei, gebt 
aus dem: Befunde der WBuchverfländigen hervor, wornach 
Franz Richter an feine Sublieferanten folgende Garne 
verkaufte: 


an Abel . ne 76. 458%, Drb. 
Maſtnhhz....33.283 ⸗ 
-Kaufmann.. 14. 4875 ⸗ 
Porges. 239. 249 >= 
Redlhammeeee40.062, = 
s Rubinsy . 2. on 139.675'/. ⸗ 
= Braibram . . . 2 202000. 72.545 ⸗ 
s Hellmann. . 200020. 214.862°/, + 
> Schroll und Söhne en 159.171'/, : 


Zufommen alfo . °. . 784.795, Pfb. 


Unter diefen Sarnen waren nun Str. 16 bei Schroll 
29.675”/, Pfd., bei Borges 153°/,, bei Abeles 352'/,, 
zufammen alfo 30. 181'/, Pfd., fo daß auf das Garn Nr. 18 
754.614 Pfd. kommen. 


Hellmann kann bier ohne Nachtheil für Richter aus 
der Rechnung bleiben, da unter feinen Garten zwar von Nr. 16 
19.852'/, Pfb., von Nr. 44 32.632'/, Pib., zufammen alfo 
52.485 Pfd., Dagegen jedoch von Nr. 33.45. 7 71'/, Pd. und 
von Nr. 20, 17. 437'/, Pfd., zuſammen 63.208°/, Dr. waren, 
jo daß Garn Nr. 20 mit Kr. 16 wenigſtens für aufwiegend 
betrachtet werden kann. 


Richter hat auch ſelbſt oc von anderen Fabrikanten Garn 
gekauft, und zwar: | 


36 , 


I. Bon ber: Aftiengefellfchaft der Trumauer 
Spinnfabrik à 63 kr. W.. .. 61.061/, Pib. 
‚Liebig et Komp. zu 60 — 65 fr.. 7.701’/, 
- ‚Theodor Pilz zu 64°/, und 62 fr... 5.030 s 
der Schlaner Spinnerei zu 65 Z 

:  mb62 I... . .....60.136'/, 
s. Iohann Münzberg zu 65°), fr: -. 86. 854'/, 
⸗Bachheibl's Witwe, zu 63. „Al, 388 /, > ⸗ 


im Ganzen alfo um . . 262. 172'/ Pprb Pfb. 
und zwar durchaus Nr. 18 mit Ausnahme. von 703% Pro. 
N. 18'/,. ‚bei Theodor Pilz und von 2180 Pfr. Rr. 4, 
jo wie 2503°%, Pd. Nr. 20 bei Liebig. 

Daß Richter, beziehungsweife Krumbholz, auch in 
eigener Weberei nur Nr. 18 und nicht Nr. 16 Garn verwen 
beten, gebt aus ihren eigenen Briefen hervor. 

Da: zu einem Stüd pr. 50 Ellen 12°/, Pb. Garn er⸗ 
forderlich find, fo kommen auf 30.181'/, Pfd. Garn Nr. 16 
circa 2414, und in Anbetracht, daß nur das Schußgarn Nr. 16 
fein follte, 4828 Std., daher e8 mit Rüdficht auf den Oelammt« 
abſchluß ‚von 80.000 St. geftattet ift, die Berechnung des Ge⸗ 
winnes au Garn Nr. 18 ſtatt Nr. 16 auf 75.000 St. 
zu baſiren. Demnach betragen bie burch Lift zum Schaden 
des- Nerars erzielten Bortheile ber Etoffverminderung mittelit 
Reduktion der Breite von 31 auf 30" und Verminderung 
der Fädenzahl pr. '/[_J" minbeftens die, mit Beziehung auf 
ben Befund der Sachverſtaͤndigen früher angeſetzte Summe 
son 10.672 fl. 54'/, kr., mittelſt Anwendung von Nr. 18 
Schußgarn flatt Nr. 16, 15.600 fl., welches mindeitens einen 
Betrag zufammen von 26. 272 fl. 54'/, fr. ausmacht. 

Die Stoffverminderung durch Rebuftion ergibt fih. auch 
durch die Betrachtung, daß durch die Reduktion ber Breite von 
31 auf 30" dei 64 Fäden und durch Verminderung ber 

- Übrigen 30" um 2 Fäden pr. ’/[_]" 120 Fäden, alſo zuſam⸗ 
me 184 Fäben, erfpart wurden. 

Die hierortigen Sachverftändigen, . welche den von. Rich⸗ 
ter gelieferten Kalito mit dem urfprünglichen vom 8. Juni 

1859, 3. 4273, und mit dem fpäter jubftitwirten Muſter vom 
26. Juni 1859, 3. 4872, verglichen, fanden bei jenem zur 
3.4273 16 $äben Kette, 16 Faden Schub beiten HART 


“ 


* 
—— 


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a wu 


:37 


17 Bäben Kette, 16 Fäden Echuß, und endlich beim gelieferten 
Kalito 16 Fäden Kette, 15 Faͤden Schuß, Alles auf 4 Ä 
berechnet. 

Daraus gebt - nun hervor, daß die gelieferte Waare gegen 
das urſprungliche Mufter um J Faden Schuß, gegen das ſpaͤter 
ſubſtituirte Mufter aber um- einen Baden Kette und einen. Baben 
Schuß pr. . weniger better. : - 
| Daß übrıgend die gelieferte Woar⸗ in Kette und Schuß 
meiſt nur 30 ſtatt 32 Faͤden pr; "/L_]” Hatte, geht aus 
Kichter's und Krumbholz's Briefen deutlich .heruor. Bes 
‚fondere ans dem bed Lehteren an Heinrich Bayer vom 26. 
September, in melchem er ausbrüdlich ſagt, man verlange 33 
Fäden pr. '/,[_]" (indem das. fubftituirte Mufer 33 Fäben 
hatte), während jämmtliche Steffe eben nur. auf 30 Faͤden ger 
sichtef und eingeftellt feien. , 

Als von den Kalikoſtoffen Richter’ 3 md feiner Sub⸗ 
lieferanten die erſte Liferung an die Monturs⸗Kommiſſion in 
Prag erfolgte, fand man fie dert dem vorliegenden Mufſter 
fo unähnlih, daß deren Annahme verweigert wurbe. — Wie 
beforgt Richter und Kruwmbholz vor bem Herannahen ber 
Lieferzeit waren, gebt aus ihrer Korreipendenz und Hand⸗ 
Iungsweife hervor. Schon am 11. Auguſt fhrieb Krumbholz 
an Richter: „Scrolls haben anerfannt bei allen ihren Arti⸗ 
keln eine audgezeichnete Appretur, es wur Daher ein Fehler, daß 
ihre Waare als Mufter (der großen Lieferung) benüßt wurde. 
— Das Hinterlegen eines meniger hübfchen Muiters würbe 
ung viele Unannehmlichkeiten erfpart haben.” 

Am 16. Eerteniker fihrieb Krumbholz an Kichter, 
daß die Uebernahme erſt fünftige Woche geſchehen werde. 

Das war nun bie Woche, in welcher Richter nach Prag 
eilte, um bost mit Krumbholz die Rebuftion der Subliefes 
santen zu befprechen, wovon weiter unten die Rebe fein wird. 

Richter verfügte ſich auch in-bie Monturs-Kommiffion, 
fonnte aber die Uebernahme feiner Waare nicht durchſetzen. 
Er fehnitt fi daher einen Streifen feines gelieferten Kaliko 
ab, Tieß fich denfelben von ber MonturssKommijfion flegeln 

‚und nahm ihn am 23. September mit fich nach Wien. 

Am 24. September fohrieb Srumbholg: »Inzwiſchen 
werden Sie beim Armees-Obertommando: begualiä Dr& rigen 
Diujters für bier das Nöthige eingeleitet haben.“ 


38 


0 Am 26. September fchrieb er an Heinrich Bayer, wel⸗ 
Het als Richter’ Agent bie Mebergabe in Brünn, Graz und 
Stoderau zu beforgen hatte: »Ich bin in Prag mit bertieferung _ 
zurüuͤck, weil man mir mit bei Uebernahme Anftände macht, in- 
dem man 33 Jädenpr. '/: Zoll verlangt, während fänmtliche 
Stoffe eben. nur anf 30: Yan gerichtet und eingeftellt find. 
Glücklicherweiſe ift man in Brüm und Stoderau liberaler als’ 
‚hier, wofelbft die perfönliche Intervention unferes Chefs hierin 
Tee Aenberung hervorzubringen vermochte. « 

Am 28. d. M. fchrieb Richter an Krumbholz: „Wenn 
fi gegen die noch dort befindlichen Srüde ein Anftand wegen 
geringer Fadenanzahl ergeben follte, werde ich dann eine Aenbes 
rung der Probe fofort veranlaflen.« - - 

: Am 29. ſchrieb Krumbholz an Richter: „Ich werde 
Alles; aufbieten, um das nöthige Quantum bis 15. Oftober 
bier geftellig zu machen ;indeffen wird und nichts übrig bleiben, 
als wegen ber ‚geringen Fadenzahl eine Aenderung bes. Mu- 
ſters, Die ich auch fofort zu machen bitte, denn wenn auch ein 
paar Stüd mehr als 30 Fäden haben, fo iſt dieſes doch weder 
bei Hellmann's noch bei Redlhammer's Waare der Ball 
und dieß tft, weil fie das größere Quantum bildet, wohl zu bes 
‚rädfichtigen. Sch Tege übrigens "dem Herrn Oberftlieutenant 
Morgen 5 Stüd Hellmann’fher Waare zur Anſicht "08 
‚zweifle aber, daß fle als gut befunden mwerden.« 

Am 30. September antwortete Richter: » Sorgen Sie 
ur dafür, daß die bis zum 15.k. M. dort zu lieferunde Menge 
aufgebracht werde; für die anitandloje Webernahme werde ich 
forgen und bis Mitte künftiger Woche wird die Erinächtigung 
dort fein, die Waare, wie Sie fte liefern, zu übernehinen.* 

Ä Am 30. September antwortete ihm Krumbholz unter 
Berufung auf fein Telegramm: »Es :ift zur unumgänglichen 
Nothwendigkeit geworden, daß Sie wegen des Abänderung des 
Mufters die nöthigen Schritte einleiten.« Auch die Hell- 
mhnn’fchen Stüde haben nur. 30 bis 31 Fäden. Der Oberft- 
Iteutenant erwartet täglich den Auftrag ‚zur Uebernahme ber 
3ofädigen Waare und ſchon deshalb ift es auch nöthig, daß Sie 
diefen Auftrag erwirken; denn ſonſt kompromittiren wir 
uns gleich im vorhinein ſelbſt.“ 

Daß Nichter's eigene, d. h. in ' \einer Gone armehte 


39 


Waare noch ſchlechter war, gebt. aus: Baper’d Brief: vom 
28. Auguft hervor, worum -biefer, jagt, daß die eigene Ware 
gegen jene Schroll's und Hellmann’s zu leicht fei. Sp wie 
Bayer Die Richter'ſche Waare beuriheilte, fo fprach Letzterer 
über bie des Abeles ab, indem er am 17. Oktober fchrieb : 
»Die Waare des Abeles iſt jedenfalls geringer und ich-fage 
Ihnen, daß, wenn fie genommen wird, diefes nur aus Rüdficht 
für mich, geſchieht.“ 

Auch Bayer hatte zu Stoderau: und Brünn Anftänbe, 
allein man war dort, wie Krumbholz fagte, »liberaler.« 

Am 2. September ſchrieb Richter an Krumbhol;: 
»Bayer hat mich telegraphifch nach Stoderan eingeladen, um 
mir vom UnliebfamenVeberzeugung zu verjehaffen und er hoffe, 
baß biefes Unliebfame durch meine perſoͤnliche Intervention 
liebfam zu machen fein werde. « 

Bayer .felbit fehrieb- am 16. September an die Rich« 

ter’sche Fabrik: „Geſtern habe ich den. erften Lieferfehein in 
Stoderau erhalten. Wegen Qualität wurde dießmal nur aus 
Coulance nichts audgeitoßen. « | 

Am 27. September fihrieb er: »Man bat hier circa 
600 Stüd beanitändet, doch babe ich vor meiner Abreife 
Mapregeln ergriffen, die bereits wirkſam mwaren.« 

Obwohl nun in Stoderan und. Brünn auch die fchlechtere 
Waare angenommen wurde, fo war ‚doch ber Widerſtand in 
Prag nicht zu überwinden, wie fich Richter aus dem Briefe 
Krumbholz's vom 30. September überzeugen mußte. 

Richter überreichte daher am 3. praes. 4. Oftober 1859, 
3. 8994, ein Gefuch beim Armee⸗Oberkommando, deffen güns 
flige Erledigung Richter felbit fchon in feinem Briefe vom 
30. Septeinber, weil fie ihn Freiherr von Eynatten ſchon 
eröffnet hatte, beitimmt vorausjagte, Hierin führt er an, daß 
ihm die Montursfommiffion in Prag mehrere bereitö gelie= 
ferte Partien anzunehmen fich weigere, weil die Stoffe nicht 
in der bedungenen Qualität ausgefallen feien. Er habe fich 
daher von ben Stoffen eine Probe jenden lafjen, die er nun 
mit der Bitte vorlege, die Monturstommiffion in Prag zu 
beauftragen, die Etofflieferung in der Qualität diefer Probe 
zu übernehmen, da eine Prüfung derfelben den Beweis Vieiern. 
werde, baß bie Dualität eine ganz gute \ei, und er, Ver tune 


42 


Am 8. praes, 10. September erklaͤrte Richter, daß er 
dem Wunſche des Armee⸗Oberkommando, fowohl in Betreff 
bes Preifes als der Menge dann am eheſten zu entiprechen 
vesmöge, wenn ihm Die bereits früher. angefuchte Erſtreckung bes 
Lieferungstermines bis 28. Februar 1860 bewilligt würbe. 

Nur müßte auch das Fontraktliche Pönale entfallen. und 
nur dann eintreffen, wenn er bis 28. Februar nicht bas 
ganze Quantum abgeliefert habe. Er bitte daher um gütigfte 
Erſtreckung. 

Die Erledigung erfolgte am 16. September, Richter 
wußte fie aber laut feines Briefes fchon am 7, September und 
gab Hierüber die Aufklärung, daß er nach empfangener abs 
ſchlaͤgiger Erledigung - die erfte Bitte um Terminsverlänges 
rung noch einmal mündlich bei General Baron Eynatten an- 
geregt habe und ihm in Ausficht geitellt worden fei, auf eine 
zweite Eingabe die Gewährung zu empfangen, _ 

In ber That bemwilligte Freiherr von Eynatten, ohne 
daß ſich Richter zu irgend einem Nachlaſſe verſtand, am 
16. September die Verlaͤngerung des Termins bis Ende Fe⸗ 
bruar 1860, obgleich Richter ſammt den Sublieferanten 
nach eigenem. Geſtändniſſe den Termin im Dezember gar nicht 
hätte einhalten können und für diefen Sal dem Aerar fogar 
die Auflöfung oder doch bedeutende Reduzirung ber Menge 
und des Preiſes als ein Wertragsrecht zugeftanden wäre. 
Dieß anerkannte Richter fehon in feinem Briefe vom 14. Juli 
mit den bezeichnenden Worten: »Die Oefahr liegt alfo nur in 
verfpäteten Lieferungen; denn dieſe könnte man allerdings zum 
Anitoß nehmen und den Abſchluß annulliren.« 

Bereitd am 2. September fehrieb Krumbholz: „Wenn 
Schroll noch etwas zu liefern übernimmt und der Lieferungs⸗ 
termin verlängert wird, jo brauchen wir feine andern Kontrakte, 
denn es hilft uns unfere eigene Weberei aus.” Wie 
gejagt, Schon am 7. September antwortete Richter: „Die 
Lieferung wird bis Ende Februar ausgebehnt, richten Sie dar⸗ 
nach Ihre Erzeugung ein. Beim Abfchluß haben wir auf bie 
eigene Erzeugung nicht Bedacht genommen. Auch Leibitſch⸗ 
grund fann in einigen Monaten mit circa 60 Stühlen arbeis 
ten, mithin können Sie neben Borges und Przibram ruhig 
init 5000 Stüden aus dem Kontratte lafen." 


43 

Am 13. September fchrieb Krumbholz, dag fih Por⸗ 
ges gegen die Auflöfung firäube, es fünne ihm aber nichts 
nüßen, ba er fein ordentliches Stud zufammenbringe. 

Aus dem weiteren Briefe bes Krumbholz vom 24: Sep⸗ 
tember gebt ferner hervor, daß Richter ihn in Prag befuchte 
und anı 23. Eeptember wieder nad Wien zurädreifte. 

Wie dieſe beiden Beſchuldigten am Pfingftfonntage in 
Wien fih zufammen fanden, um ihre Pläne bezüglich der 
Breitenverminderung zum Echaden des Aerars zu vereinbaren 
und feitzuftellen, fo galt deren Zufammentretung in Prag am 
22. September der Benachtheiligung ihrer Stoff⸗ und Garn⸗ 
Lieferanten. 

Laut ihres Geſtändniſſes und ihrer Briefe haben ſie ſich 
in Prag verabredet, die Stoff⸗Sublieferanten durch die erdichtete 
Angabe, das Armee-Oberfommando habe feinen Vertrag von 
4 anf 3 Millionen reduzirt, zu bewegen, auch ihre Verträge 
auf /, reduziren zu Taflen und das reduzirte Viertel im ben 
eigenen Fabriken zu erzeugen oder anderwärts billiger zu faufen 
und dabei gewinnen zu fünnen. 

Um die Borfpiegelung der Reduktion auf Seite des. 
Aerars glanblich zu machen, folte Richter von Wien aus dem 
Krumbholz einen Brief fchreiben, worin jener biefen anzeigt, 
daß das ArmeesOberfommando das Lieferungsgefchäft um 
20,000 Etüd dl Million Ellen) reduzirt habe, welchen Brief 
Krumbholz im Original oder in Abfchrift bei den Sub». 
lieferanten produziren werde. 

Schon am 24. September (alfoam 1. Tage nach Richters 
Rückreiſe von Brag nad Wien) fehrieb ihm Krumbholz: »Ich 
erwarte noch umgehend ben Brief mit ber bewußten An« 
zeige, baß das Armee-Oberfommando das Lieferungsgefchäft 
um 20,000 Stück reduzirt habe.“ 

Ohne ober vorher diefe bewußte Anzeige abzumarten, 
ſchrieb Krumibholz noch denfelben Tag (alfo bloß auf Grund 
ihrer Tags zuvor flattgehabten Verabredung) an Benedikt 
Schroll und Söhne, bie er neh am 2. September zu einer 
Mehrlieferung von einigen 1000 Etüd, die. Przibram nicht 
liefern wollte,. auffosbeite, : folgenden . Brief: »Was die neulich 
erwähnte Erweiterung unferes: Abſchluſſes in Steffen bett, 
fo Taun ich auf: eine ſolche jetzt leider wicht engen, asien 


44 


das ArmeesÖberfommando das Quantum. flatt vermehren, 
reduziren will, was jedesfalls eintreten wird.“ 

Am 25. Sept. antwortete ihm Richter: „Wegen Reduzi⸗ 
‚rung ber Lieferung um 20,000 Stüd erhalten Sie morgen bie 
nöthigen Behelfe.“ 

An 26. September ſchrieb nun Richter jeue „bewußte 
Anzeige”, d. i. den „nöthigen Behelf“. — Dieſer lautet: 
„Heute hat mi das ArmeesOÖberfoinmando dringend erfucht 
den Stoffabfchluß auf 3 Millionen zu rebuziren. Dringend 
bitten, beißt hier befehlen. Ich erfuche Sie daher unfere Kon⸗ 
trahenten vom Geſchehenen zu unterrichten und die Abfchlüffe 
mit denfelben in dem Verhältniſſe zu reduziren, als die Redufs 
tion im Ganzen ftattgefunden hat.“ 

Daß das, was Richter über die Reduktion auf Seite 
des Armees-Oberfommandos jagt, ganz und gar die Unwahrheit 
jei, geht aus obiger Darftellung hervor und befennen Krumb- 
Holz und Richter felbft, welcher jene Vorfpiegelung wieberholt 
als eine Nothlüge bezeichnet. 

Wie gefinnungseinig hierin Beide waren, dafür ſpricht 
ber Brief des Krumbholz von 27. September: „Was Sie 
mir über die Neduzirung der Lieferung jagen, bemerfe ich 
mir; es bleibt uns da allerdings nichts übrig, ald zum böfen 
Spiele gute Miene machen, ſowie fich dieſes auch unfere 
Kontrahenten gefallen laſſen müſſen.“ 

Nun Schritt Krumbholz fogleih ans Werl. Am 
26. September fchreibt er.an Maftny und Abeles: „Das 
-Armee-Öberfommando bat die Stofflieferung um 1 Million 
reduzirt, welche ich nun auch bei meinen Kontrahenten ein⸗ 
ziehen muß.“ 

An Maftny fehrieb er noch am 30. September: „Diefe 
Reduftion fam wie ein Blik aus heiterem Himmel und bat 
unferen Chef bei feiner Rückkunft in Wien begrüßt." — 
Einen ähnlichen Brief fehrieb er auch an Kaufmann; mit 
Kubinsky, dem er „den Behelf“ vorzeigte und mit Porges 
hat er in derſelben liſtigen Art mündlich verhandelt. 

Krumbholz gab das Reſultat ſeiner Reduktionsbe⸗ 
mühungen in feinem Briefe vom 1. Oktober ſelbſt dahin an, 
daß er fie bei Porges mit 1500 Stüd, bei Abeles mit 
5000 Stüd, Kubinsty 3700 und Matny 1500 Seit, 


45 


im Oanzen mit 11,750 Stüd, vollzogen habe. Auch Kauf- 
mann und Hellmann mußten etwas abgeben. 

Am 2. Dftober fchrieb Richter: „Die Reduktion unferer 
Schlüffe ſuchen Sie auf 15—16,000 zu bringen. Hellmann 
Darf fich diefen nicht entziehen.” 

Am 4. Oktober fündet Krumbhol; dem Kaufmann 
Die Reduktion von 1500 auf 1000, alfo pr. 500 Städ. au, 
and am 12. Oftober fchreibt er, daß er den Abſchluß mit 
Hellmann nur um 2000 reduzirte. — Bon den Sublieferans 
ten können als Befchädigte nicht behandelt werden: Kubinsky, 
weil er felbit jagt: „er hätte, wenn er die ganze Lieferung 
hätte einhalten müffen, eber Schaden ald Nuten gehabt; 
Hellmann, weil er fagt, „er leide feinen Schaden, indem 
er niit der ganzen Lieferung zur rechten Zeit nicht fertig gewor⸗ 
Sen wäre,” und Kaufmann und Maftny, weil auch fie jeden 
Schaden negiren. 

Iſt' auch zur Begründung des Verbrechens des Betruges 
wicht nöthig, daß ein Schade wirklich entitanden it und 
genügt es auch, daß die Abjicht des Thäters auf Beichädigung 
gerichtet war, fo iſt Doch der Beweis der objektiven Möglichkeit 
einer Beichädigung erforderlich. 

Als Befchädigte aber find Joſef Porges und Leopold 
Abeles zu behandeln, 

Joſef von Porges bezeugt num, daß er gegen bie erſte 
Aufforderung des Krumbholz, der fchon nach feinen Briefe 
som 31. Auguſt den Abſchluß annulliren wollte, Vorftellungen 
machte. Auf die Mittheilung des Krumbholz an ben Koufin 
and Gefchäftsführer Eduard von Porges aber, daß das Aerar 
um 25 °/, reduzirte, mußte auch er fich gleich den Mebrigen 
der Reduktion fügen. Hätte er gewußt, daß obige Mittheilung 
eine liftige Borfpiegelung fei, jo hätte er fich ganz natürlich in 
Diefelbe nicht eingelaffen. Die mehrerzeugte Waare liege bei 
ihm noch unverwendet, er erleide daher durch die Reduktion 
jedesfalls einen Echaden. 

Wenn nun auch Borges diefen nicht beziffern zu können 
«rflärte, fo fagt er wenigftens, baß ihm 143 St. und eine Quan⸗ 
tität der angefchafften Garne übrig geblieben feien. Nun it 
Durch den Befund der Sachverftändigen erhoben, daß der Ver: 
täufer, wenn er dieſe Waare Losfchlagen mußte, W („satten 

N‘ 


46 


von ihnen befündeten Preis per 23 fr. einer Elle verlieren 
müßte. Da nun 143 Stüd, 7150 Eden & 23 fr., einen Werih 
von 1644 fl. 50 fr. haben und 20°%, bievon in runder Eumme 
320 fl. betragen, fo ift der Schabe des Borges mit biefem 
Betrage gerichtlich erhoben. 

Sehr empfindlich wurde aber Abeles durch die Re— 
duftion von 20. 000 auf 15.000 Stück beſchädigt, welcher 
15.380 Stüuͤck wirklich lieferte. 

Krumbholz ſagt, daß er Abeles zur Reduktion unter Vor- 
weiſung einer Abſchrift des Richter’fchen Briefes vom 26. Sep⸗ 
tember aufforderte; Abeles hat dagegen brieflich am 28. Sep- 
teinber heftige Verwahrung eingelegt und dieſe Damit begründet, 
daß er 2000 fl. für Zeige und andere Einrichtung ausgegeben 
und Garn unter feinen Zinfen duf zwei Monate am Lager lie— 
gen babe. Er leide großen Schaden. — 

Am 8. November fchrieb er, daß er noch 5000 Städ in 
Arbeit habe und verlangte dafür Entfchädigung. Am 18. No— 
vember erflärte er: »Wenn ich heute fein Stück mehr in Arbeit 
gebe, bleiben mir wenigſtens 6000 Stiel übrig, an denen ich 
ein horrendes Geld verlieren muß.“ Ä 

Doch dieß half Alles nichts. 

Am 5. Juni 1860 ſchrieb Abeles, er müſſe an den 
6000 Stüd, die ihm übrig blieben, 12— 15.000 fl. verlieren, 
da er in diefer Waare ein Kapital von circa 70.000 fl. einges 
fperrt habe. Noch am 27. Jänner 1860 verlangte Abeles, 
ihn zum fheilweifen Erſatz wenigftens noch 300 Stüd liefern 
zu laſſen. Dieſe verſprach ihm auch Ktumbholz am 29. Jänner 
noch abzunehmen. Allein am 24. Februar ſchrieb er ihm wies 
der, daß er von den 300 Stück feinen Gebrauch machen koͤnne, 
weil die Lieferung ſchon durch das Plus am Ellenmaße gebedt 
fei. — Darauf antwortete Abeles am 26. Februar 1860; 
„Es ift unrecht von Ihnen, daß Sie mir die 300 Ctüd nicht 
weiter übernehmen wollen, da Sie mich um 5000 Stück redu⸗ 
zirten, ohne daß ich hiezu laut Ihres Briefes gehalten wäre. 
Ich verliere an dent ganzen Geſchäft mein Geld, da ich in 
jeder Beziehung im Nachtheil war.« In feiner "gerichtlichen 
Vernehmung gab Abeles an, daß er ſich, wenn er gewußt 
hätte, daß Richter Feine‘ Reduktion erlitt, auch nicht dazu 
berbeigelaſſen pätte. Beim Abſchluß fer eine Reduttion wisst 


47 


Sorhergefehen worben. Zur Zeit der Letzeren habe er das Roh⸗ 
material bereits angefchafft gehabt, ein Theil der Waare fei 
Tchon fertig, ein Theil in Arbeit.gewefen, und die Waare, bie 
ihm jebt am Lager Tiege, könne er wegen ihrer befonderen 
Qualität ohne namhaften Schaden nicht anbringen. 

Die Kunftverftändigen fagen, daß dieſe Waare Feine 
marktgängige jet und Richter fagt felbft, Antwort 178, daß 
Die Waare von der Merkantilmaare ganz verfchieden fei. — 
Abeles gab feinen Schaden auf 10—12.000 fl. an. — Bei 
feiner fpäteren Vernehmung gab er denfelben nach bem gegen- 
wärtigen Marftpreife a 19 fr. pr. Ele auf 6855 fl. öſt. Währ. 
an. Ungeachtet er feine Hoffnung ausſprach, Richter werde 
fich in Güte zum Schadenerſatze herbeilaffen, ift dieſe Ausgleichung 
och nicht gefchehen und erſt im Schlußverhör erklärte fich 
Nichter zum Schabenerfaße bereit; allein dieß Tann beim 
Merbrechen des Betruges fchon an fih und im vorliegenden 
Falle deßhalb feine Straflofigkeit begründen, weil Richter burch 
Feine fiftige Befprecbung mit Krumbholz. in Prag und durch 
Die „bewußte Anzeige« alles vollbracht hatte, was von feiner 
Seite zum Betruge geſchehen fonnte, fo daß er auch für den 
Erfolg feiner Handlungen einzuftehen Bat. 

Grit nachdem Abeles gerichtlich vernonmen worben war, 
schichte er Krumbholz mit Brief vom 8. Iuli 1860 Faktura 
über 3672 Stüd Kaliko pr. 41.769 fl., zahlbar am 15. Jaͤn⸗ 
ner 1860, worauf Krumbholz am 18. Juli d. J. erwieberte, 
Daß er fich die Erledigung deſſen fpäter vorbehalten müſſe, 
welche aber bis jet ebenfowenig als eine Outfchrift für Abeles 
erfolgte. 

Diefe Reduktion fand nebft der Berüdjichfigung der eige⸗ 
en Weberei auch noch zu dem Zwede ftatt, um, da der Preis 
diefer Waare fiel, bei anderen billiger faufen zu können, ba 
Richter nach Bayer’s Brief vom 24. September 1859 bei 
200.000 Ellen in Wien kaufte. 

Nachdem die Tiftige Reduktion gegenüber den Stofflie« 
jeranten fo gut gelungen war und der Agent JoſefJanowsky 
in feinem Briefe vom 4. September ba8 Garn Ar. 18 Pins 
cops zu 34 fr. 8. M. oder 59 Er. öft. Whrg., alſo wohlfeiler 
anbot, als das Richteriche 8 36—38 fr. K. M. oder66'/ Er. 
öfters. Währ. und als es diefes von Anderen beyag, \n tee 


48 


Richter am 14. Oktober an Krumbholz: »Damit wir un— 
fere Spinnereien recht lange in Garn Nr. 18 befchäftigen kön— 
nen, wäre es vielleicht zweckmäßig, gegen unfere Sarnliefe- 
ranten dasſelbe Manöver wie gegen die St offliefes 
ranten dDurchzuführen.« 

Obfchon nun Krumbholz früher erklärt hatte, ‚daß ſich 
die Garnlieferanten bei den gegenwärtigen Verhältniſſen auf 
eine Reduktion nicht einlaffen werben, fehrieb er Doch nun an 
Münzberg, welchem fie die thenerften Preiſe, d. i. 65'/, fr. pr... 
Pfd., zahlten: » Das hohe Armee-Oberfommanbo in Wien bat die 
Lieferung um 25%, reduzirt, ich bin daher in die unangenehme 
Lage verſetzt, mit meinen Kontrahenten in jeder Richtung ein 
gleiches Abkommen zu treffen, und muß auch Sie bitten, das 
mit Ihnen abgeſchloſſene Quantum von 100.000 Bid. auf 
75.000 Pfd. zu reduziren. Sie werden einfehen, wie unange— 
nehm die Reduzirung nicht nur fpeziell für mich fein muß, ſon⸗ 
dern auch im Allgemeinen iftz allein es läßt fich dagegen feine 
Einwendung machen, ein Machtfpruch kennt Feine Rüde 
fichten. « 

Hierauf antwortete Münzberg am 16. Oktober, er 
könne fich diefem Begehren nicht fügen. Aus perfönlichen Rück— 
fichten jedoch wolle er das von Ktumbholz mit Janowsky 
getrofferre Webereinfommen wegen Abfchreibens eines Duane 
tum von 12.805 Pd. ſeinerſeits beftätigen. 

Krumbholz Hatte aber fchon am 15. Oktober an Rich— 
ter geichrieben, Daß er bei Muͤnzberg das „Manöver” bereits 
vollzogen und ſich mit ihm dahin geeiniget habe, daß er circa. 
13.000 Pfd. von Schluffe ablaffe. 

Bachheibel Habe ſchon früher abgeliefert und es fei Daher 
nur noch Truman zu befeitigen. Auch diefe letztere Spinnerei 
Tieferte nicht alle 100.000 Pfd., allein der Grund zur theilmeis 
fen Auflöfung des Vertrages zeigt fich bier nicht in der fträf- 
lichen Vorfpieglung, jondern erfcheint vielmehr in der minder 
entiprechenden Qualität ber Garne. 

Die Mittheilung der Reduktion bes Münzberg nahne 
Richter am 17. Oktober „zur befriedigenden Nachricht”. 

II. c) Endlich ift Franz Richter noch eines Betruges be= 
ſchuldigt, wozu die Gelegenheit der beabjichtigte und nur zum 

seringften Zheile realifirte Ankauf von auslindiihen Amiit, 


6 


49 


und die von St. Erzeflenz dem Binanzminifter Breiherrn von 
Bruck ausgefprochene Biligung der Richter'ſchen Anficht 
geboten hat, daß die Valuta Durch Ankauf fremder Devifen 
gedeckt werben dürfte. Richter will dießfalls in den erften Tas 
gen bes Monates Juli 1859 von Baron Eynatten einver- 
ftändlich mit Baron Brud im Namen der Krebitanftalt die 
Kommiſſion zum Anfanfe con 1—1'/, Mil. Ellen Zwilch im 
Auslande übernenmen, biezu den Kaufmann Hoppe als 
Agenten von Wien in das Ausland abgefendet und zugleich 
zur Dedung der Valuta durch die Kreditanfialt 20.003 2. ge: 
fauft haben. 

Obgleich über dieſes Kummiffionsgefehäft weder ein 
fchriftlicher Vertrag vorliegt, noch ein Zeuge etwas weiß, fo ift 
doch Thatfache, daß Chriftian Hoppe am 6. Juli von 
Wien auf der Nordbahn abreiste, am 7. Juli die öjterreichifch- 
fächflfche Grenze pafliste, am 9. Juli bei Linke in Leipzig 
1228 Stück Zwild von 9 verfihiedenen Breiten Faufte, wovon 
359 Stüd pr. 3757 Thaler 17 ©r. 5 Pfge. in die Rechnung 
som 9. Juli und 869 St.pr. 9185 Thl. 17 ©r. 5 Pfge. comp⸗ 
tant in preußifchen Thalern, aber in dieRech nung vom 13. Juli 
eingeftellt wurden. Daß Hoppe dann nach Hamburgreifte, wohin 
ihm das Telegramın ber Kreditanftalt vom 9. Juli mit ber Be- 

- mertung nachfolgte, daß fie nur Zwilch von 74 bis 82 Eenti- 
metred Breite brauchen fünnen, während ber gefaufte Zwilch 
50—116 Gentimetres breit war; es ift enblich Thatfache, daß 
Hoppe infolge telegraphifchen Auftrages ber Kreditanftalt vom 
12. Juli nach London abreifte, wo ihn am 14. Juli das Tele: . 
gramm ereilte, daß wegen bes eingetretenen Friedens er alle 
Käufe einftelle und zurückreiſen folle. 

Gr hatte außer dem in Leipzig getauften Zwilch feinen 
andern gekauft. 

Er gab an, daß ihm Richter fagte, die Kreditanftalt be- 
nöthige beiläufig eine Million Ellen Zwilch, ter in beutfchen See⸗ 
ftädten und wenn nicht dort, fo in England vorräthig fein bürfte. 
Menn er keinen Zwilch fände, fol er Hanfartigen Stoff nehmen. 
Dafür wurde ihm Vergütung aller Auslagen und 3% Proviflon 
verfprechen, für den Ball aber, als er nichts fände, ober durch 
irgend welches Greigniß nach Haufe berufen würde, von Rich⸗ 
ter eine Vergütung von 3000 fl. zugefichert. Iu der That 


1 


50 


erhielt er für fein unverrichtetes Geſchaͤft eine Vergütung von 
2500 fl., die dem Aerar aufgerechnet wurden. 

Die Kreditanftalt gab Hoppe ein Akkreditif an 8 
fhofsheim in Antwerpen auf 100) fl. und an Bambro in 
London auf 200 L. welche Hoppe auch erhob. 

Sohann Liebig gab dießfalls an, Baron Eynatten 
babe ihm im Jahre 1859 gefagt, daß für bie Armee 
20.000 Stück Zwilch benöthigt werben und habe ihn anfge- 
fordert als Lieferant aufzutreten. Er habe nun, ohne daß ein 
fchriftlicher Vertrag abgefchloffen wurde, feinen Kommis Thuma 
nach Zwittau entfendet, wo dieſer 200 St. Zwilch kaufte, und 
direft an die Monturs » Hauptlommifjion ablieferte. Aus 
Thuma's Berichten habe er wahrgenommen, daß er mit dieſem 
Geſchäft nicht fortlomme, babe daher die weiteren Einfäufe 
eingeftellt, den Kommis zurüdberufen und die Ablaffung von 
der Zwilchlieferung mit Baron Eynatten mündlich abgemacht. 

Am 18. praes. 19. Juli 1859, 3.5903, machte Richter 
eine Eingabe beim hohen Armee: ‚Oberfommande, welche übrigens 
nicht mit der ſtatutenmäßigen Firma der Kreditanftalt gefertiget 
ist, dahin, daß durch Kebtere im Auslande 1000 bis 1100 St. 

Zwilch in verfchiedenen Breiten und durch Liebig et Komp. 
- 200 St. gelauft wurden. Er verbindet hiemit die Bitte, daß 
die Munturs - Kommiffion in Stoderau zur Uebernahme dieſer 
Zwilche angewiefen werde. — Hiezu hat Baron Eynatten 
diefe Kommiſſion am 19. Juli 1859 ermächtigt, die Einſen⸗ 
dung eined Mufters von jeder Sorte verlangt und zugleich Be⸗ 
. zieht abgefordert, wozu dieſe Zwilche am geeignetiten zu ver⸗ 
wenden feien. 

Demgemäß überfendete obige Kom miſſion am 6. Auguſt 
von jenen Zwilchen 21. verjchiedene Muſter von neun verſchie⸗ 
denen Breiten und bemerkte, daß fo vielfache Breiten Die Ginſtel⸗ 
lung acht neuer Rubriken ins Protokoll des Monturs⸗Miigazins 
und in der Manipulation die Eatwerfung abtheiliger Dividen- 
den für jede Breite verlangen. 

In der Erledigung vom 2 Auguf trug Baron Eynats 
ten ber Monturs⸗ -Haupttommiflen auf, die achterlei (von einer 
Elle abweichenden) Breiten auf eine Eile Breite zu rebuziren 
und darnach die Empfangnahme, Verrechnung und Verman is 


51 


pulirung zu bewerkitelligen. Nach der Reduktion feien die anges 
ſprochenen Preife zur Kenntniß bes ArmeesOberfommandos zu 
bringen, wenn fie nicht etwa früher bei Diefem felbib angegeben 
würden... 

In der That überreichte Richter im Namen der Krebit- 
anftalt am 18. Auguft 1859 bie Faktura über die von Linke 
angelauften 1223 Stüd zu 62.073%, Glen Zwild, 
pr. 29.979 fl. 73 kr., mit Hinzurechaung der Fracht, Zins 
fen und Baluta pr.20. Auyuft aber mit 31.063 fl.89 kr. oͤ. W., 
fo daß die Elle auf 50'/,, Neukreuzer zu ftehen kam, während 
im Inlande felbjt nach Angabe der Gewerbekammern die Elle 
Futter⸗ und Kittelzwilh um 30 — 37 Er. zu kaufen gemefen 
späre und nach einem vorliegenden Ausweiſe des Armee⸗Ober⸗ 
Zommandos vom 31. Auguft bis 30. September 1859 wirklich 
im Inlande von andern Lieferanten noch 236.000 Ellen Kit- 
telzwilh a 30/, — 31 Er. und 159.000 Ellen Futterzwilch 
&a27°/,,—28 fr. und auf Grund eines Reffriptes vom 3. Juli 
an Butterzwilh a 28 fr. 300.000, zufammen alfo 745.000 
Ellen gekauft wurden. 

Am 23. Auguft 1859, 3. 7914, berichtete die Monturs⸗ 
Hauptkommiſſion, daß die Reduzirung der Zwilche auf die 
vorgeſchriebene Breite von einer Elle ftattfand, fo daß Richter 
40.300°%, Ellen Kittel- und 18.577°/, Ellen Futter⸗, und 
Liebig 88, Glen Zelt, 30497/, Ellen Kittel- und2556°/, 
Ellen Butter Zwilch, zufammen83°/ Ellen Zelt⸗, 43.350°/, Ellen 
Kittel- und 21.134°/, Ellen Butter-Zwilch Tieferten, wovon für 
die Kreditanitalt die Elle Kittel und Sutter Zwilch 3u 527%, kr. 
—= 31.063 fl. 89 kr., für Liebig aber die Elle zu 38 fr. 
—= 2271 fl. 50 fr. entfallen, fo daß dieſe Zwllche ſchon 
33.334 fl. 39 fe. öft. Wyrg. often.’ 

Am 283. Auguft trug Baron Eynatten ber Monturs- 
Hauptkommiſſion auf, obige Beträge ohne Verzug zu erfolgen. 
Am 2. September hat auch Richter bereits ben Empfang von 
31.063 fl. 89 fr. oͤſt. W. quittirt. 

Ungeachtet nun die Elle Richter’jchen Zwilches bereits 
auf 52 fl. 67 fr. zu ftehen kam und in diefen Preis die Vqluta 
pr. 20 Auguft und die 6°%/, Zinfen bis zum Tage vom 9., 13., 
18., 23. Juli und 9. Auguft bereits eingerechnet waren und 
in ber Faktura vom 18. Auguft eines Dean Berker Tun, 


52 


die Kurödiffereng mit feiner Silbe erwähnt wurde, obgleich 
im Ealdo-Konto der Kreditanftalt, Fol. 320, unter dem Titel: 
„Zwilch⸗Vorſchuß⸗Konto des Armee⸗Oberkommando“ nicht 
bloß der Zwilch, fondern auch die Devifen verbucht find, machte 
Franz Richter im Namen der Krebitanftalt in feiner Eingabe 
vom 7. praes. 8. November 1859, 3. 7759, ans biefem 
Zwilchgefchäfte eine neue Forderung an das Aerar im Betrage 
von 50.746fl. 37 Er. unter dem Titel einer Kursdifferenz. . 

Er behauptet dießſalls, daß er damals, als er einen Agen⸗ 
ten zum Andaufe von Zwilch in das Ausland fendete, unter aus⸗ 
drüdlicher Genehmigung des Armee⸗Oberkommandos einen 
Theil der zur Bezahlung der zu machenden Einkäufe erforders 
lichen ausländifchen Valuten gekauft habe; ba gleich darauf 
ber Friedensabſchluß erfolgte, feien die Zwilcheinkaͤufe vom Ars 
mee⸗Oberkommando fiftitt und die Valuten mit beffen 
Genehmigung veräußert worden. Wegen bes Fallens 
der Kurſe verlange die Auftalt nebit den Speſen Hoppe's 
50.746 fl. 37 kr. vom Aerar als Erſatz. 

In dem zugelegten Konto fand auf der „Eoll"s Seite 
ddo. 7. Juli 1859 ein Ankauf von 2. 20.003, a 141, dann 
wieder Spefen und Zinfen und die Provifion des nach Eng- 
Iand entfenbeten Agenten pr. 2000 fl.; dagegen auf ber „Ha⸗ 
ben": Eeite ber Nerfauf obiger Devifen vom 2., 5., 10., 12., 
13., 16. und 22. Auguft im Kurfe von 108.74 bis 117.75, 
fo daß fich ein Differenz: Guthaben der Anftalt von 50.746 fl. 
37 fr. ergab. 

Freiherr v. Ennatten war auf Urlaub und außer ihm 
mußte bei dem ganzen Armee⸗Oberkommando Niemand etwas 
von einen Devifen-Anfauf für das Ararifche Zwilchgeichäft. 

Daher wurde Freiherrn von Eynatten, „da von einer 
Zufimmung zum Ankaufe ausländifcher Valuten - hierorts 
beim Armee⸗Oberkommando weder in den Aften etwas vor⸗ 
fiege, noch befannt ſei,“ fchleunigfter Bericht abgeforbert, ob 
und welche Kenntniß er von diefer Angelegenheit allenfalls 
habe. Nach feiner Rückkunft gab er tiber diefen hoͤchſten Auf⸗ 
trag in feinem Bericht vom 18. Dezember 1859, 3.4291, an, 
daß ihm, als.die unerläßlicheNothwendigfeit eintrat, zur Dedung 
bes gänzlichen Mangels an Kittel-Zwilch, der aller augewenbeten 

Dritteln ungeachtet im Inlande nicht auigutreiten gewelen (ei, 


53 


-einen Agenten in's Ausland zu fehiden, Franz Richter als 
merkantilifcher Ratbgeber des Armee - Oberfommandos den 
Borfchlag machte, die Valuta durch alfogleiche Anſchaffung von 

„London“ zu decken. 

Er habe Richter aufgetragen zu Baron Bruck zu gehen, 
und er glaube fich zu erinnern, daß ihın Baron Bruck bei näch⸗ 
jter Beſprechung fagte, er habe dem Antrage Richter's „beis- 
geftimmt”. | 

Nach erfolgten Friebensfchluffe und Sijtirung der Ein- 
käufe habe Richter in feiner Gegenwart Freiherrn von Brud 
gefragt, was nun mit den Devifen zu thun fei, Baron Brud 
habe erwiedert: „Verkaufen.“ a 

Er, Baron Eynatten, bitte daher die Berichtigung der 
entfallenden Differenz mit Baron Bruck austragen zu laffen. 

Diefer Bericht wurde am 23. Dezember bem Freiherrn 
v. Brud mit der Anfrage mitgetheilt, ob und wie weit fich die 
Forderung als liquid darftelle. 

Hierüber äußerte er fih am 3. Jänner 1860, baß der 
Ein⸗ und Berfauf der ausländifchen Baluten „mit Genehmis 
gung des Armee-Oberkommando“ geſchah; daß er 
übrigens Baron Eynatten's Angabe vom 18. Dezember bes 
ſtättigen könne, und daß er die Rechnung ber Anftalt richtig 
befunden babe und feinen Anftand gegen die Zahlung der an- 
gefprochenen 50.746 fl. 37 fr. mache. 

Die Prüfung diefer Rechnung beftand nach dem eidlichen 
Zeugniffe des E. f. Minifterialraths Herm von Brentano, 
Referenten biefer Angelegenheit darin, daß ihm, ba er von der 
Sache. feine Kenntniß hatte, Baron Brud die Aufklärung gab, 
er habe, als bezüglich der Valuta zum Zwilchgeſchäft fein Rath 
erbeten wurbe, fich dafür ausgefprochen, daß für einen Theil 
des vorausfichtlichen Kaufpreifes MWechfel auf das Ausland im 
Voraus angefchafft werben follten. Nachdem auch noch der 
Kurs jenes Tages, an welchem die Belaftung in ber Ned: 
nung in ber Sreditanftalt ftattfand, eingefehen und richtig ber 
funden wurbe, wurde auch die Forderung für begründet gehalten. 

Den Tag des Gefchäftsabfchluffes felbft habe ihm Baron 
Bruck nicht gefagt. Eine andere Prüfung, insbefondere der 
Börfe-Tableaur, ber Korrefpondenz und der Bücher, aut 
nicht flatt. Kerr von Brentano erlärt hbrrigen® KR, day W 


54 


normalen Geſchäftszuge der Geſchäftsabſchluß dem Armees 
Oberkommando hätte angezeigt werden follen. 

Baron Brucd felbft hat fich bei feiner gerichtlichen Ver⸗ 
nehmung einfach auf feine fchriftliche Aeußerung bezogen. Es 
muß bier bemerkt werden, daß er als k. k. Finanzminifter auch 
im Intereſſe der Finanzverwaltung zur Haltung ber öfterreis 
hifchen Papiere und Drüdwig des Kurſes auf Silber und 
fremde Devifen durch die Kreditanftalt Effekten kaufen und ver⸗ 
faufen ließ, wodurd das Aerar gleichfalls mit einer Differenz⸗ 
ſchuld von 210.000 fl. belafiet wurde. Diefe Käufe und Ver⸗ 
fäufe wurden jedoch durch den Börfendireftor der Kreditans 
ftalt gemacht. 

Außerdem hatte Freiherr v. Brud auch für feine Perſon 
einen Konto bei der Kreditanftalt, welcher am 31. Dezem⸗ 
ber 1859 mit einer Schuld besjelben von 25.466. 87 fr. ſchloß, 
wobei zu bemerken ift, daß ihm Direktor Richter ohne Dedung 
der Anſtalt aus dieſer unter feiner jtilljchweigenden Haftung vom 
16. Auguſt v. 3. 10.000 fl., am 9. September 10.000 fl., 
am 2%. Dftober 5000 fl., zufammen 25.000 fl. lieb, wofür 
Baron Brud zur Ausgleichung diefer Schuld Taut feines Brie⸗ 
fes an Richter erft am 24. Jänner d. J. eine zwar intabulicte, 
aber doch nicht ganz fichere dritten Perſonen gehörige Forderung 
mit gleichen Betrage der Kreditanftalt zediren wollte, indem Die 
Hypothek mit Rüdjicht auf eine erft zu banende Eifenbahn und 
bie lnentbehrlichfeit des zu verpfändenden Orundftüdes zu 
Eifenbahnzweden im Werthe fleigen werde. 

Richter hatte es übernommen, „diefe Angelegenheit« zu 
vertreten, wurde aber nad) feiner Angabe durch feine Verhaf⸗ 
tung daran gehindert, fo daß diefer Gegenſtand bei der Kredit⸗ 
anjtalt nicht in Beurtheilung genommen, fondern die Forderung 
bei der Verlajjenichaft des Baron Brud angemeldet wurde. 

Weiteren Aufflärungen über diefen und andere Gegen- 
ftände der Unterfuchung entzog fich Freiher v. Brud durch 
Selbitentleibung, nachdem er zuvor und zwar noch vor ber, 
zwei Tage vor feinem Ende gepflogenen gerichtlichen Verneh⸗ 
mung alle feine Papiere gefichtet und mehrere Padete davon 
- verbrannt hatte, 

Ueber obige Zuftimmung desſelben zur Auszahlung der 
50.746 fl. 37 Er. wurden diefe angewielen und ergohen. Nun 


55 


beruft aber diefe ganze Forberung nur auf einer liſtigen Rüde 
datirung. | | 

Denn bie bei der Kreditanftalt gefchloffenen Käufe und 
Verkäufe in Wertbpapieren und dergleichen werben ncch Börfes 
Schluß auf Veranlaffung des Börfedireftors in bie Börſe⸗ 
Tableau eingetragen. Wären daher die L. 20.003 wirklich am 
7. Juli für den ärarifchen ZwilchKonto des Armee⸗Oberkom⸗ 
mandos defauft worden, fo müßten fie im BörfesTablenu vom 
7. Juli vorfommen. Allein an dieſem Tage erfcheinen fie we 
ber im Einfaufs- noch Verkaufs-Tableau, fondern in jenem 
vom 14. Juli v. I. in der 7. Pot mit bem Kurfe von 141, 
obgleich voraus fünf Einfaufspoften von» Londen« a 119 und 
auch fpäter noch folhe a 119 und 118.75 vorfemmen. 

Durch die Angaben der Direftoren Richter und Schiff 
ift Tonftatirt, Daß unter den 20.000 8. „London“ 12.000 
NRichter’fche und 8000 der Kreditanftalt gehörige »R.« enthal- 
ten find. Die 12.000 2%. Richters fteben aber gleichfafls im 
Börfen-Tabfeau vom 14. Juli a 141. 

Es ift daher durch diefe Tableaur und auch durch Rich⸗ 
ter8 conto corıente mit der Kreditanftalt, in melchem obige 
12.0008. gleichfalls als am 14. Juli andiefe Anftalt übergegan- 
gen eingetragen find, nachgemwiefen, dad Franz Richter feine 
12.000 8. an die Kreditanftalt und letztere dieſe 12.000 8. 
fammt eigenen 8000, zufammen 20.000 %., feineswegs am 
7., ſondern erft am 14. Juli an den »Zwilch-Vorſchußkonto des 
Armee - Cherfommandeo« verfaufte, alfo daß, da vom 7. zum 
14. Juli der Kurs auf Londen von 141—142 auf 118—119 
zurückwich, das Aerar durch Die liftige Vorfpieglung, der Ein- 
fauf ber Devifen babe ſchon am 7. Juli ftattgefunden, um die 
Differenz von 22 bis 23°/, verfünte. 

Da ferners nah Richter's eigenein Beftändniß der Zwilch⸗ 
einfauf vom Armee-Oberfommando chen am 13. Juli einge: 
ftellt und Hoppe am 14. Juli telegraphifch zurückgerufen wurde, 
fo beftand am 24. Zul kein Bedarf nach Londoner Devifen mehr, 
weshalb, da der Einkauf von diefem Tage nur eine fiftige und 
rechtlofe Handlung war, auch die Einkaͤufsproviſion entfält, fo 
daß alfo das Militär-Aerar mit dem Betrage von 50.746 fl. 
37 kr., abzfiglich der Reinneration für Hopye ver 2600 A., 
alfo mit 48.246 fl. 37 Fr. betrügeriſch heichätiat wontte. 


56 


Die Kursdiffereng zwifchen dem 7. und 14. Juli beträgt 
bei 8. 20.003 Stüd 43.975 fl. 31 fr. und bei 2. 12.000 St. 
26.383 fl. 52 kr., fomit bei &. 8000 Stüd 17.590 fl. 79 kr. 

Daß der Kauf und Verkauf der L. 12.000, beziehungs⸗ 
weife 20.000 nicht am 7., fondern erſt am 14. Juli ftattfand, 
geht aus den vielen Umſtänden hervor, wovon bier vorzüglich 
erwähnt werden follen, daß der Börfedireftor Schiff mit Be- 
ſtimmtheit exflärte, ex habe von Richter die Ordre zum Unt- 
faße nicht am 7., fondern erſtam 14. Juli erhalten; — daß Rich- 
ter's Devifen felbft erit am 14. Juli an die Kreditanitalt über- 
gingen und erft Dann und Damals aus deren Kotton-Konto 
ber Uebertrag in den Zwilch-Konto gefchehen fonnte, daß auch 
erft von dieſem Tage, den 14. Juli, an dem ärarifchen Kottons 
Lieferungs- Konto Richter’3 die Zinfen für feine L. 12. 000 be- 
rechnet wurden; — daß offenbar zur Verhehlung der Spur des 
Verbrechens in dem von Niemand gefertigten Aovifobrief der 
Kreditanftalt an Richter nur der Monat Juli, nicht aber auch 
der Tag diefes Monats angefeßt, fondern nur im Inhalte des- 
jelben und bei der Kursberechnung. behauptet wurde, daß die 
Devifen ſchon unterm 7. Juli begeben wurden, obgleich durch 
Jeugniſſe und das Kopirbuch, in welchen dieſer Aviſobrief 
zwiſchen anderen, am 14. Juli geſchriebenen und Geſchäſte 
dieſes Tages betreffenden Briefen ſteht, erwieſen iſt, daß auch 
jener Richter'ſche Aviſobrief erſt am 14. Juli geſchrieben 
wurde; — daß dieſer Brief in das Kopirbuch der nicht am Platze 
befindlichen Korreſpondenten, pag. 112, eingetragen erſcheint, 
obgleich Richter am Platze hier iſt, baß auch der Aviſobrief an 
den Zwilch⸗Vorſchußkonto vom 14. Juli datirt iſt; — daß Rich⸗ 
ter zur Zeit der Abordnung Hoppe's nicht wiſſen konnte, wie 
viel Zwilch er erhalten werde, beſonders da Liebig feine Mif- 
fion als eine mißglüdte aufgab und Hoppe felbit angibt, 
daß Richter auch den Tal mit ihm. befprach, daß er 
feinen Zwilch bekommen, vder aus einem anderen Grunde 
zurüdbernfen werden würde; — daß ferner Hoppe feine Devife 
auf London mit fich nahm, daher gewiß fein Grund vorlag, 
Schon bei deſſen Abreife und bevor diefer noch ein Stüd gekauft 
hatte, 8. 20.000 zu kaufen; — fowie, daß ebenfowenig Richter 
am 7. Juli ſich zum Verkaufe v. &.12.000 aus feinen Depot 
entſchloſſen haben konnte, da er in feinem Briefe an Krumb⸗ 


% 


57 


Holz von demfelben Tage (7. Juli) fchrieb: »Ich fürchte, daß 
in einigen Wochen wieder eine bedeutende Verfchlechterung der 
DBaluta eintreten wird, halte es Daher angewiefen, daß Sie alle 
Ihre bis Mitte September in Leipzig und Hamburg zu leiftenden 
Zahlungen an fich traſſiren und beftmöglichit begeben, den Er⸗ 
108 der Begebungen aber fich vorläufig gutfchreiben laſſen, um 
dieſe feiner Zeit zur Einlöfung der Domizile zu verwenden, bei 
welcher Operation wir höchitens 5 a 100 riskiren, aber die 
Hoffnung haben, 20—25 zu erfparen.« 

Auch im Briefe vom 9. Juli führt er die Furcht vor einer 
neuen Sinanzoperation als Grund feiner Beforaniß vor einer 
Verfchlechterung der Valuta an, fo daß er doch gewiß nicht das 
durchſchnittlich zum Kurſe von 145 angekaufte London zu einer 
Zeit, in welcher er deſſen Steigen erwartet, um 141 verkauft 
haben wird. Hiezu kommt noch, daß Richter in der Zwilch⸗ 
rechnung vom 18. Auguſt, obgleich die Deviſen zum Ankaufe 
des Zwilchs gekauft worden ſein ſollen und in demſelben Konto 
verbucht ſind, mit keiner Silbe des Deviſen-Verluſtes erwähnte, 
vielmehr dem Aerar die Valuta pro 20. Auguſt zur Laſt ſchrieb; 
den Deviſen-Konto aber erſt am 7. November überreichte 

Nicht minder belaftet Richter feine eigene Berantwortung. 
Den Börfe-Tableaur, den Büchern und der Ausfage des Di- 
seftor Schiff gegenüber fucht Richter feine Behauptung, Die 
2. 20.000 feien Schon am 7. Juli zum Tagskurſe gekauft wor: 
den, fchließlich dadurch zu ſtützen, daß er jagte: er felbit habe 
diefes Sefchäft abgefchloffen und Hiervon den Börfendireftor 
nur verftändigt, fowie daß er dieſes Kaufs⸗, beziehungsweiſe 
Verkaufsgeſchäft fchon durch feine Beiprechung mit Baron 
Brud für abgefchloffen hielt. 

Diefe Behauptung ift aber grundlos, da Richter fein 
Recht hatte, im Namen der Kreditanitalt 20.000 2. zu vers 
faufen, indem dieſe Gefchäfte nach ber Inftruktion dem Boͤrſe⸗ 
Direktor zuftehen und obliegen, ba ferner auch Baron Brud 
als Binanzminifter nicht berechtigt war, felbjt im Namen des 
Militärs ein folches Kaufgeſchaͤft abzuſchließen, und weil end⸗ 
lich Richter ſelbſt wiederholt in ſeinem Verhoͤre angab, daß 
er mit Baron Bruck nur die Frage der Zweckmäßigkeit des 
Ankauſes von Deviſen beſprach und Baron Bruck die Trage 
bejahte. 


58 


Bipterer hatte auch auf bie Angelegenheiten bes Militärs 
Aerars nur ben Einfluß, daß das Armee⸗-Oberkommando fi 
mit dem Finanzminifter ind Einvernehmen ſetzte. Treiber von 
Bruck konnte daher nach feiner Stellung nur feine Billigung 
über den Anfaufsplan ausſprechen, nicht aber zum Ankauf 
felbft einen Auftrag ertheilen, noch weniger dieſen Kaufsvertrag 
jelbft abichließen. Deßhalb erklärte Baron Eynatten auch mır, 
Baron Brud habe ihm gefägt, daß er dem Antrage-Richter’s 
beiftinnmte, und Zaren Brud ſelbſt erflärte, daß ber Einkauf 
der Devifen mit Genehmigung des Armee-Oberkommandos 
gefehab, während wicber Baron Eynatten von einer folchen 
Genehmigung nichts wiffen will, fendern die Austragung dieſes 
Geld äftes den Finanzminifterium zufchiebt. Zubem wurbe im 
Konto der Krebitanftalt nicht Yarın Brud ober das Finanzs 
minifterium, fontern das Aımce Oberfommando als Käufer 
der Tevifen eingetragen. Auch Richter fagte früher wiebers 
holt, Zaren Brud habe ibm den Auftrag zum Kaufe von 
2. 20.000 ertheilt. Märe aber auch dieſes der Ball geweſen, 
fo ift ein Kaufsauftrag ncch fein Kaufsabfchlug und vonleßterem 
allein Fängt e8 ab, ob das Recht zu einer Kurs: Differenz vors 
hanbın fe. Richter mußte aber felbit befennen, daß er außer 
jener Unterredung mit Baron Brud, die angeblih am 7. Juli 
vor der Boͤrſe ftattgefunten haben follte, gar nichts gethan habe, 
was irgendwie einen Kauf begründen fännte. Daß auch er feine 
angebliche Unterretung mit Baron Brud vom 7. Juli nicht 
ſchon für einen Kaufsabfchlug hält, gibt er durch feine Ants 
wort 320 zu erkennen; er babe am 8. Juli dem Baron 
Bruck auf einem mit der Firma der Kreditanftalt bedrucken 
Zettel die Mitteilung gemacht, daß er dem Wunſche derſelben 
entſprechen und 2. 20.000 zum geſtrigen Kurſe à 141 aus 
dem Eigenen der Kreditanſtalt gegeben habe. 

Es war nun aber Loch, nachdem die 2. 20.000 erwieſener— 
maßen erſt am 14. Juli “in das Tepot des Armee Ober- 
fommandud übertragen wurden und außer ber angeblichen 
Vinterretung am 7. Juli nichts zu einem Kaufsabſchluß gefchehen 
ift, wenn diefe Unterrednng felbft als Kaufsabfchluß betrachtet 
werten wollte, gänzlich überflüfltg, den Finanzminiſter am 
8. Juli davon in Kenntniß zu ſetzen, mas man am 7. Juli 

nit ibm felbft befprochen hat. 


59 

Der Kaufsabſchluß vom 14. Juli mit der Rückdatirung 
auf den 7. Juli, um ben Kurs von 141 gegen jenen von 118 
zu rechtfertigen, war daher nur eine liſtige Handlung, womit 
ber Staat um die namhafte Summe von 48,246 fl. 37 tr. 
öſt. Währung bejcbäbigt wurde. 

Wäre aber auch wirklich der Kaufsabfchluß am 7. Zuli 
zwifchen der Kreditanftalt und dem Armee⸗Oberkommando zu 
Stande gefoinmen, fo blieb die Handlungsmeife Richter’3 doch 
ein Betrug und zwar an ber Kreditanftalt zu °/, des obigen 
Schadenbetrages. Denn dann hätte Leßterer allein am 14. Juli 
den Anfpruch auf den ganzen Differenzgewinnegehabt, da Rich- 
ter felbft zugibt, daß er erft am 13. oder 14. Juli fich ent 
Schloß, ber Krebitanftalt die Summe & 12,000 aus feinen 
Depot als Theilfumme der von der Anftalt Dem Nerar zu über: 
gebenden 2. 20.000 zu überlaffen und daß die Anftalt ihm für 
jene 2. 12.000 die Intereſſen auch erſt vom 14. Juli an berech- 
nete, während ihr die Sntereffen für die 2. 20.000 vom 7. Suli 
an berechnet wurden. Er will ſich zwar ſchon am 7. Juli vorge- 
nemmen und am 8. Juli dem Börfendireftor Schiff gefagthaben, 
daß er zu jenen 2. 20.000 aus eigenem Depot einiges London 
geben wolle, da er durch Ankauf von Garn im Inlande Dispo 
nible Devifen Habe, er müſſe ſich jeboch erft berechnen, wie viel 
London er aus Eigenen geben könne. Wäre dieſes auch richtig, 
fo wird doch Niemand behaupten wollen, daß ein folches Vor— 
‚ nehmen, wobei weder die Summe der Devifen, noch ber 
Vebergabstag beftimmt wurde, ein Kaufsvertrag fei. 

Darin allein Täge ſchon eine Arglift, daß ein Haupt: 
direktor der Krebitanitalt bei den Devifenverfäufen der Lebteren 
fih ohne alle Ermächtigung vorbehielt, fpäter eine beliebige 
große Summe eigener Devifen ftatt der ber Kreditanftalt 
gehörigen unterzufchieben, und dadurch die Anftalt, wenn der 
Kurs fteigt, um den größten Theil ihres Kursgewinnes zu 
bringen, wenn er aber fällt, fie ben größten Schaden allein 
tragen zu laſſen md dieſes Gefchäft damit zu verdeden, daß er 
in die Bücher der Kreditanftalt fälfchlich eintragen läßt, als hätte 
er Schon an jenem früheren Tage die erft fpäter feſtgeſetzte 
Eumme Devifen an die Anftalt verfauft. Daß übrigens Rich: 
ter am 7. Juli nicht einmal bet fich fchon den CAKE RR 
hatte, auch nur eine unbeftimmte Zahl von Denon a8 Ken 

& 


60 


Depot der Kreditanftalt für die 2. 20.000 des Aerars zu über« 
lajfen, und daß feine Behauptungen, er habe disponiblg Devifen 
gehabt und durch feine 2. 12.000 nur der Kreditanftalt bie 
Meberlaffung von 2. 20.000 an das Aerar erleichtern wollen, 
nicht haltbar find, geht daraus hervor, daß er feine erforder- 
lichen Devifen von der Kreditanſtalt auf Kredit kaufte und Letztere 
im eigenen PBortefeuille ſtets um jene Zeit felbft zwifchen 39.000 
und 55.000 Pfde. London hatte, auch nur er bei der Anflalt 
und nicht dieſe bei ihm Grleichterung der Gefchäftsabfchlüffe 
juchte; daß er nur am 14., nicht aber ſchon am 7. Juli ein 
Intereſſe daran haben Tonnte, daß gerade feine Devifen einen 
und zwar den größeren Theil der von der Kreditanftalt an das 
Armee-Oberlommando zu überlaffenden 8. 20.000 bilden, 
indem am 7. Juli jeder Käufer London zu 141, dem Tages- 
furfe, nahm, am 14. Juli aber, wo der Tageskurs 118 war, 
Die Begebung zu 141 nur unter Benüßung der dem Aerar mit- 
gejpielten Lijt möglich war. — Seine unwahre Verantwortung 
geht endlich auch daraus hervor, daß Richter nad) Ausweis 
der Buchverftändigen (lit.M.)noch am 6. Juli 2.555 Sch. 6. P. 
zum Kurſe von 142 und am 14. Juli ſelbſt noch 8. 820 
St. a 124 durch die Prager Filiale der Krebitanftalt für fich 
faufen Tieß, alfo erftere (vom 6. Sul) gewiß nicht fhon am 
nächiten Tage vor der Börfe zum Kurfe a 141, daher mit Ver⸗ 
luft verkaufen wollte, während er benfelben Tag am 7. Juli 
noch auf ein weiteres Steigen der Kurſe rechnete. Daß er den 
vorgeblichen Entſchluß am 7. Juli nicht faßte, gebt ferners 
daraus hervor, daß er felbit an diefem Tage gegen Krumbholz 
brieflich die Beforgniß ausfprach, daß die Devifen fteigen wer- 
den, fo bag er bei diefer Anficht. wohl nicht die durchſchnittlich 
& 145 gekauften Devifen um 141 verkaufen wollen Tonnte; 
fchließlich daß er, weit entfernt, entbehrliche Devifen zu befiten, 
von biefen zur Dedung feiner ausländifchen Verbindlichkeiten 
nicht einmal genug befaß, weßhalb er auch feine am 14. Juli an 
die Krebitanftalta 141 verlauften 2. 12.000 bis zum 11.Novem- 
ber allmälich, jedoch billiger von der Kreditanſtalt wieder zurück⸗ 
kaufte, weil ex fie im eigenen Geſchaͤfte nicht entbehren konnte. 

Als Beleg bafür dient Folgendes: 

Am 13. Mai verkaufte Richter in der Hoffnung, daß die 
Valuta vorläufig nicht ſchlechter werde, wie er an Krumbholz 


@l 


fehrieb, feine ganzes London. Dennoch betrug am 20. Mai feine 
Schuld an das Ausland für rohe Baumwolle und Garne 
32.538.335. 10Pf. ZZ 

Am 19. Mai fchrieb Richter an Krumbholz: „Es wird 
ein Baumwollguantum von 2000 Zentnern zu deden fein. Ich 
will mir gleich Hiefür die Baluta decken, Tieß heute fchon 2. 
2000 ankaufen und fahre damit fufzeffive bis 2. 10.000 
fort, um gegen jede Eventualität gefichert zu fein.” 

Am17.Suni fchreibt Richter, daß er fich bereit8 &.28.000 
gefichert habe. In den Briefen vom 19. und 20. fpricht er von ber 
Nothmwendigfeit, noch 2500 — 3000 Ballen Baummolle zu 
faufen und mit „London zu beden. Am 23. Juni fchreibt er, 
er habe das „London“ komplet, und im Briefe vom 23. Juli 
gibt er den Befit von London auf L. 30.000 Stüd an. 

Nach dem Befunde ber Buchverftändigen hat Richter 
vom 20. Mai bis 11. Juli 1859 8. 38.447 15 Sh. 6 Pf. 
Durch die Kreditanftalt angelauft und zwar um den burchichnitt- 
lihen Kurs von 145.69 pr. 2. 10, wovon er bis 11. Juli 
8. 11.5556 15 Sh. 6 Pr. verwendete, worunter, ba er laut 
Brief von 4. Juli an Frühling und Göfchen 8. 1300 und 
900 — 2200 und an Gösler in Hamburg 1000, zufammen 
3200 8. als Zahlung überlafjen Hatte, auch biefe begriffen find, 
fo daß er am 22. Juli noch 8.26.3892 oder laut feines Briefes 
don eben dieſem 22. Juli in runder Summe noch L. 26.800 befaß. 

Daß Richter einer betrügerifchen Abficht fähig fei, geht 
ſchon daraus Hervor, daß er am 19. November 1847, alfo ge: 
tabe am Tuge vor feiner am 20. November 1847 erklärten 
Zahlungsunfähigkeit, die Hälfte feiner beiden Fabriken an 
F. 9. Richter abtrat, bamit feine Gläubiger nicht darauf 
greifen konnten ; jene Faͤhigkeit geht aus den mehreren barge- 
ftellten Uebervortheilungen, wovon eine Die andere unterftügt, 
hervor, und zeigt fich aus feinem vielfach bewieſenen Eigennutz. 

In letzterer Beziehung ergab fich aus der gerichtlichen Uns 
terfuchung, daß er troß feiner großen zwiſchen 30—40.000 fi. 
ſchwankenden Einnahme ald Hauptdireltor ber Kreditanftalt 
und ungeachtet bes Einkommens feiner beiden Fabriken fich nicht 
bloß dem Spiele in’ Aktien hingab, indem er mit mehreren 
Sreunden ein fogenanutes‘Konfortium: bilbete, und unter Be- 
nützung eines unbebedten Kredits bei ver Krekikanttait W 

8* 


62 


Summe v0n3450 St. Krebitaftien kaufte, von denen 1050 St. 
vertheilt, der Neft aber mit 2400 St. auf basKonto bes Johann 
Liebig (Nanendträger des Konfortiums) gefchrieben und im 
Vorfchußgefchäfte in Belehnung genommen wurden und zwar 
fo, daß die übrigen Direktoren fich über Die eigentliche Beſchaf⸗ 
fenheit dieſes Konfortiums erſt durch die gerichtliche Verneh⸗ 
mung Richter’8 unterrichten mußten. 

Jene Fähigkeit geht ferner daraus hervor, daß er unter 
Benützung feiner Stellung unlautere Gewinnſte realijirte. So 
erhielt er von Johann Liebig für deſſen Empfehlung theils bei 
Baron Eynatten zu ben Lieferungen, theild bein Finanzmi⸗ 
“nifter v. Bruck behufs der Erlangung eines Eskompt⸗Kredites 
von angeblih 600.000 fl. bei der Bank eine Summe von 
20.000 |l., von der Kladeiner Kohlengewerkſchaft, beziehungs⸗ 
weife vom VBerwaltungsrathe anna, für einen von ihm augftus 
dirten Anlehensplan 50.000 fl., von Lanna und Klein 
überdieß 25.000 fl. theild dafür, Daß er feine Stellung als 
Verwaltungsrath der Bardubiger Bahn dazu verwendete, um 
ihre an bie Geſellſchaft diefer Bahn geftellte Forderung zur Flüſ—⸗ 
ſigmachung zu bringen, theils dafür, daß er dieſen bei der Kres 
bitanftalt ein Darlehen von 3'/, Mil. fl. erwirtte. 

Der Beweggrund zum Betruge bei den Deviſen lag 
nicht etwa in einem Verluſte an den eigenen Deviſen, die er 
zu 145 kaufte und die am 14. Juli auf 118 zurückgingen; 
denn er bedurfte der Deviſen zur Deckung feiner ausländiſchen 
Schuld für Baumwolle und Hatte, wie er ſelbſt geiteht, den 
Kaufpreis für den Kaliko auf 146 baſirt; fondern aus der Ver⸗ 
gleichung der Daten ergibt ſich als wahres Motiv die ſchon vor 
dem 15. Juni beabfichtigte Beftechung des Baron Eynatten 
mit etwas mehr als 26.000 fl., fo. daß er dieſe Summe, da bie 
liftig entlodte Kursdifferenz 26.3831. 52 Fr. betrug, Tags zu⸗ 
vor, d. i. ben 14. Juli, dem Aerar betrüglich entlockte, um fich 
hiermit, ohne fein eigenes Vermögen angreifen zu müfjen, das 
Mittel zu verfchaffen, den mächtigen Freiherrn von Eynatten 
ald Werkzeug zur Verübung der weiten Beſchaͤdigungen des 
Aerars zu gewinnen. 

Dieſe Darftelung ber Lieferung hat num folgenhes Er⸗ 
gebniß: 
 a)Ta Franz Richter durch den Bertraguom 22. —W 


63 


verpflichtet war, Dem mit Reftript des £. £. Armee-Oberfonmandos 
vom 8. Juni 1859, 3. 4273, genehmigten Mufter vollkommen 
gleiche Waare von guter Qualität zu Tiefern, und biefem Mufter 
laut Verordnung vom 26. Juli 1859, 3. 4872, ein zweites 
mit dem Beifate fubftitwirt wurde, Daß nunmehr dieſes be⸗ 
züglich der Qualität als Mufter zu gelten habe; da zur Qua⸗ 
lität der Kaliko-Waare nach Beitätigung der Sachverfländigen, 
fowohl die Zahl als bie Stärke der Fäden und die Dichtheit 
des Gewebes gehören, da aber Richter und Krumbholz for 
wohl eine geringere Zahl der Fäden mittelft Reduktion der 
Breite des Stoffes von 31" auf 30" und Verminderung ber 
Fäden pr. '/,[_]" auch eine geringere Stärke derfelben zu 
den gelieferten Stoffen verwendeten und hiedurch das Aerar 
an der Stoffinenge um mehr als 26.000 fl. befrhäbigten und 
die Reduktion der Breite unter der falfchen Vorſpiegelung eines 
größeren Schwundes erfchlichen, Die Verminderung ber Faͤden⸗ 
zahl per '/ Duabdratzoll und die Aenderung bed Garn⸗Nis. 
allein unter Benägung der Unmiffenheit des Aerars ohne vors 
läufige Bewilligung vornahbmen und die Annahme der gering- 
hältigeren Waare durch bie falfche Behauptung, daß bie Waare 
dem Mufter vollkommen entfpreche, erwirkten; 

b) da ferner Sofef Porges, Leopold Abeles und Jo⸗ 
hann Münzberg ein vertraggmäßiges Recht hatten, eine bes 
ftimmte Menge Stoff, beziehungsweife Oarn, um. feftgelebte 
Preife zu Iiefern, da diefe Sublieferanten von Richter und 
Krumbholz durch die erbichtete Angabe, das Armee-Öber- 
kommando habe die Lieferung von 4 auf 3 Millionen Ellen 
mittelft eines Machtſpruches rebuzirt, theils wirklich bewogen, 
theil8 zu beivegen verfucht wurden, fich auch ihre Sublieferuns 
gen bedeutend bejchränten zu laſſen, da diefelben hiedurch einen 
Schaden von mehr als 7000 fl. erlitten haben, und wenn fich 
alle drei Fabrikanten dem ganzen Reduktionsbegehren gefügt 
hätten, einen noch größeren Schaben erlitten hätten; 

c) da ferners Richter dem Aerar die Kurödiffereng 
von 48.246 fl. 37 Er. beim Zwilchgefchäft nur durch Tiftige 
Rückdatirung des Geſchäſtsabſchluſſes auf den 7. Juli entlockte, 
da alfo Franz Richter und Joh. Krumbholz fih Hinter 
einem falfchen Scheine verbargen, um fich unrechtmäßigen Ge⸗ 
win zuzueignen unb dem Aerar und Privaten an rem Neis 


64 . 
mögen theils usimittelbar, theils durch DVerleitung derſelben zu 
folchen nachtheiligen Handlungen, zu denen fie fih ohne Die 
angemwenbete Lift nicht würben verftanden haben, einen Schaden 
von mehr als 300 fl. öfter. Währung zugufügen und 
wirflich zufügten, fo bilden diefe ihre Handlungen das größten- 
theils volbrachte und nur zum Theile verfuchte Verbrechen des 
Betruges, ftrafbarnach $.8,197— 201 dund 203be8 St.⸗“G.⸗B., 
deffen beide durch ihre vorliegende Korrefponbenz ($.'*/,), durch 
fingirte Berbuchungen u. unrichtige Buchführung (F.“/,) in fak⸗ 
tifcher Beziehung durch ihr Geſtaͤndniß ($.'*"/,), durch beſchworene 
Zeugniffe ('*/) und burch Befund beeideter Sachverftändiger 
(6.263 d.St.B.OD.), wie bieß bei den einzelnen Lieferungen um⸗ 
ftänblich auseinandergefeht wurde, rechtlich beichuldigt find. 

Mit dem Verbrechen bes Betruges trifft wider 5. Rich⸗ 
ter aber auch das nach $. 105 St.⸗G. ⸗B. ftrafbare Verbrechen 
der Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt zufammen, 
Es mußte bereitS Eingangs der objektive Thatbeſtand Diefes 
Verbrechens wegen der natürlichen Lage der Sache vorausges 
ſchickkt werben und es ift nachgewiefen worden, daß F. Richter 
bein Freibern von Eynatten, ber über alle Rieferungsanz 
gelegenheiten zu entfcheiden hatte, ein wirkliches Geſchenk von 
mehr als 26.000 fl. gemacht habe. 

Es würbe bei diefem Berbrechen bloß der Nachweis ber . 
Abficht zur Verleitung zu einer Parteilichkeit genügen. 

Abgefehen davon, daß bie Enquöte⸗Kommiſſion den Franz 
Richter ausdrüdlich als Monopoliften bezeichnet, daß er bei 
feiner großen Lieferung feine Kaution wie andere Lieferanten 
zu leiften brauchte, aljo das Dießfällige Kapital auf eine andere ers 
giebigere Weife umkehren konnte; abgefehrn davon, daß die Konz 
trakte am 15. Juli noch nicht ratifizirt waren, daß er als Liefer 
tant die Kaliko⸗Muſter feiner Mitbewerber prüfte und ſowohl 
Schroll und Söhne, dann Ritter von Zahony die aus: 
gezeichnetfte Waare geliefert hätten, während Heinrich Bayer 
und Krumbholz felbit über Richter's Waare fein günftiges 
Urtheil fällen; abgefeben davon, daß kein Lieferant und umſo⸗ 
weniger Richter, der fich ungeachtet wiederholter Aneiferung 
feines Patriotismus zu feinem Preisnachlaffe berbeilieg, ein 
fo namhaftes Geſchenk opfert, ohne dafür etwas zu empfangen: 

/agt Sofrotb Kraus, daß Richter vit den ganyen Tag heil 


65 


Sreiberen von Eynatten unb zwar bei dem Referiren zugegen 
war, um feine eigene Sache fehiem Stanbpunfte gemäß dar⸗ 
zuſtellen. 

Hoftath Ecker hielt es für nothwendig, ſich dadurch zu 
decken, daB er Referate über gewiſſe Befehle Eynatten’s 
mit der NRandgloffe „mandatum speciale“ oder „referirt“ 
verſah. 

Von fo vielen gegründeten Anftänden iſt much nicht Einer, 
deſſen definitive Befeitigung Richter nicht gelungen wäre. 

Sp wurden die zu fehmalen Leintücher, die als unzweck— 
mäßig begutachteten Strohſack-Kalikos auf Eynatten’s Bes 
fehl angenommen. Richter felbft fagt, daß ihm feine Stellung 
zu ben entſcheidenden Perfönlichkeiten einen mefentlichen Vor⸗ 
fhub gewährte. Die erſte Abweifung der Termingerftredung 
hätte, wenn es dabei geblieben wäre, bem Aerar felbit das 
Heft in die Hand gegeben vertragsmäßig zu reduziren. Hätte 
Baron Eynatten dem Oberftlieutenant Uhl in Prag über Die 
Gründe feiner Anftände gegen bie nicht muftermäßige Waare 
Bericht abgefordert, fo dürfte die Etoffminderung auseinanz 
bergefebt worben fein und das Aerar hätte Waare von bei- 

-  ferer, muftermäßiger Qualität befommen. 

Freiherr v. Ey natten Tieß aber ein fehlechteres Mufter 
ſubſtituiren. 

Die Getreiderechnungen waren noch nicht geprüft, der 
ZmilchsDevifen- Konto mar noch nicht überreicht, und es iſt nach 
den angeführten Erhebungen mit Grund anzunehmen, Daß, 
wenn Baron v. Eynatten am Ruder geblieben wäre, die un- 
gebührlichen Zerealien auf Rechnungen pr. 183.137 fl. 19 Er. 
und bie DevifensDifferen; pr. 48.246 fl. 37 fr. auf immer- 
wäh rende Zeiten genehmigt geblieben wären. Da mithin fo 
viele Begünſtigungen, welche Baron Eynatten dem 5. Richter 
auch nach dem 15. Juli ertheilte und dem Etaate nicht unbe⸗ 
deut enden Nachteil zufügte, vorliegen, da er fich die Lieferun⸗ 
gen auch für die Zukunft fihern wollte und fchon im Briefe vom 
25. Oktober von Krumbholzein Köpperftüd (Gradſ) verlangte, 
weil es möglich fei darin mit dem Aerar ein Geſchäft zu mas 
chen, „wenn die leitende Perfönlichfeit von Urlaube zurüdges 
Ichrt fein wird," — fo ift audy wohl, wie Einganad watt 

wurde, ber zu biefem Verbrechen erforderliche biie Bariag uns: 


66 


gewiefen. und Franz Richter desſelben durch feinen Briefiwechfel.. 
(8.122), durch fingirte Buchführungen, Verheimlichung der Depots 
und fein Beftreben, der nachforfchenden Obrigkeit durch Verabre- 
dung mit den Eynatten’fchen Eheleuten vorzubeugen (nach 
$. 2), durch das Geſtaͤndniß des Thatfächlichen ($. * we) 
durch feine Geneigtheit und falfche Verantwortung ($. Z%-, 
d. St.⸗P.⸗O.) rechtlich befchuldigt. 

Sowohl Richter als Krumbholz mußten Daher nach 
$. 200 d. St.-B.:D. in Anklageftand verſetzt werben. 

Die Fortdauer ihrer Unterfuchungshaft gründet fich auf 
$. 156. d. St.-B.-D. 

Die Einbeziehung des Heinrich Bayer ald Beſchuldigten 
wegen Uebertretung der Berleitung zum Mißbrauche der Amts⸗ 
gewalt ſtützt fih auf fein Geſtändniß, dem Schneidermeifter 
Michael Hagelftädter der Monturs - Hauptlommiffton in 
Stoderau noch während ber Lieferung ein Kreditlos verfpros 
hen zu haben, was diefer Zeuge auch beftättigt. 

‚Wien den 8. Oktober 1860. 











Der k. k. Landesgerichts - Präfident. 
Scharsehmid. 


Hitzinger, 
k. k. Landesgerichts⸗Rath, 


Zeugenliſte 
zur verhandlung gegen Richter. 


Kornelia, Freifrau von Epnatten. 

Philipp Bondi. 

Heinrich Bayer, Agent des Richter. 

Franz Garavaglio, Vorſtand ber Depofiten⸗Kaſſa der 


Kreditanſtalt. 


*8* 


miſſaͤr. 


Michael Angel, Kanzleidiener der Kreditanſtalt. 
Johann Bayer, k. k. General⸗Kriegskommiſſaͤr. 
Samuel Kallberg, Agent des Richter. 

Karl von Seutter. 

Franz Politſch, Meiſter der Prager Monturskommiſſion. 
Joſef Ritter von Glommmer, k. k. Ober⸗ Kriegstom⸗ 


Ed. Strnad, k. k. Hauptmann der Prager Monturs- 


Kommiſſion. 


Johann Ecker von Krauß, k. k. General⸗Kriegskom⸗ 


miſſär. 


Heinrich Schirmer, Chef der Firma Schirmer & Sommer. 
Salomon Przibram, Fabriksbeſitzer. 

Eduard Porges. 

Joſef Porges von Portheim, in Smichow. 

Friedrich Kubinsky, Fabrikant. 

Markus Kaufmann, Handelsmann. 

Nathan Hellmann. 


68 


Anton Bernbarb Jellinek, 


Alerander Kofe, Buchverſtaͤndige 


Anton Skrivan, 
Jeſe von Mi Kler, in Prag und Wien. 


Franz Mapyerhofer, 
Paul Schiff, Großhändler in Wien. 
Joſef Chrikof Werkmeiſter. 
Michael Nag elſtaͤtter, Schneidermeiſer der Monturs⸗ 
Hauptkommiſſion. 
Ed. Georg, Oberſt und Konmandant zu Stockerau. 
Vinzenz Maftuy, Fabrikant in Lomnitz. 
Leopold Abeles, Fabrikaut in Koſtelec. 
Rudolf Breftl, Sekretär der Krebditanftalt. 
Johann Liebig, Fabrikant. 
Wilhelm Frankl, Lederhändler in Wien. 
Michael Grünbaum, Korrefpondent der Kreditanftalt. 
Salomon Niederhofheim, Chef der‘ Korreſpondenz. 
Chriſtian Hoppe, Großhaͤndler in Wien. 
Johann Münzberg; Fabriksbeſitze. u 
Heinrich Weidholz, Weiß⸗ und Kurzwaaren⸗ 


händler. 8 8* 
Joſef Winter, Baummollenfabritant, g 2 
Michael Schwarz, SJuhaber ber Baumwoll⸗ WE 

Spinne zu Goͤtzendorf, = 


Sreiherr von Brentano, k.k. Miniſterialrath. 
Dutſchka, Direktor der Kreditanſtalt. 

Albert Launa. 

Albert Klein. | 
Anton Prelautſch, 1. k. Hauptmann zu Stockerau. 
Herr v. Hornboftl, Direktor der Kreditanftalt. 


Noch ift von Seite bes Vertheibigers. Dr. Beigen die 
Borladung anderer Zeugen beantragt worden. Unter biefen be- 
findet ſich auch Se. Erzeflenz ber Leiter des Sinangminiferiums 
Edler von Plener. 


Liſte der borzuleſenden Aktenſtücke 


zur verhandlung gegen niqter 





Protokoll Richters und Verzeichniß und Depofit-Schein 
Eynatten's bei ber Krebitanftalt. 

Protokoll mit Baron Eynatten, 

» » Kornelia Eynatten, 
» Richter, vom 3. Jänner 1860. 

Gutachten der Prüfungs⸗Kommiſſion des Armeesöbers 
fommandos vom 26. Jaͤnner 1860 über abfichtliche Begün- 
figung. 

Prot. Nr. 2. Allerhöchſte Eutſchliefung vom 22. April1859. 

Kommiffions-Bemerfungen zu Nr. VI. über Kaliko⸗Lie⸗ 
ferungen. 

Kommiſſions⸗Befund und Bemerkungen zu Nr. L, Antauf 

von Zwilch. 

PolizeisErhebungen über Eynatten's Schulden. 

HausfuhungssProtofofftei&ynatten vom 29. Februar, 
mit Auffindung der Gelder. 

Conto corr. der Kreditanſtalt ſür die Richter'ſche 
aͤrariſche Kottonlieferung. 

Conto corr. der Kreditanſtalt für die Zwilchlieferung 
bes Armee-Oberfommanbo-Brief vorm 14. Suli an.d. Zwilch⸗ 
Vorſchußkonto, Brief vom Juli an Richter, rar. Kotton⸗Lie⸗ 
ſerungskonto. 

Durchſuchung der Papiere des Eyn atten, NER ONENERUN 
gebt, daß er über 3000 fl. Schulden zahlte. 


70 


Bondy’s verbächtiger Brief vom 6. Mai 1859, ber nicht 
im Kopierbuch erfcheint. 


Statuten der Kreditanftalt und Vertrag Richter’s. 
Protokoll mit Heren Hertl, Beamten ber Krebitanftalt. 


Revifionss Protokoll zu Leibitſchgrund. Brief des Richter 
an Borhammer vom ,,, , V, und 13. No⸗ 
vember. 

Brief des Krumbholz ddo. Prag , 1860 mit Dou⸗ 
ceurs⸗Rechnung bes Kollberg pr. 583 fl. 

Protokoll mit Adam Schack. 

Veberficht der von der Krebitanftalt gelauften Serealier.. 

Protokoll mit Baron Brud. 

Buchauszug ber Kreditanftalt für Baron Brud per 
31. Dezember 1859, per 25.466 fl. 87 fr. 

Berichte der Handeld- und Gewerbefammern: 

Nr. 1 von Beft- Ofen, 
» 2 » Preßburg, 
» 8 „ tin, 

» 20 » Bien ‚ 

» 29 „ Tentedmwar, 

» 33 » Brünn, 

» 41 „ Oedenbung, 

» 42 „ NReichenberg, 

»„ 44 „ Brody, 

» 48 » !emberg, 
49 Olmütz. 

Protokoll mit gohann Krumbholz über Kallberg’s 
Revifion. 

Protokoll mit Thereſe Kadletz & Anton Klewiſchek. 

Speſenrechnung vom 10. Dezember 1859 von Bayer, 
bei Earl son Seutter, Buchauszug mit Spefen, ddo. 30. No⸗ 
vember. 

Protofofl mit Zappert, über Preis der Bleiche. 

Protofoll mit Louiſe Weffely, Stubenmäbchen bei 
Eynatten. | 

Protokoll mit Maria Seltenreich, Stubenmäbchen bei 
Eynntten. 


71 
Kommiſſions⸗Protokoll vom 10. Maͤrz über Beſchlagnahme 
der Bücher und Briefe der Fabrik Smichow. 
Befund der Buchverſtaͤndigen von Prag ſammt Beilagen 
und Gutachten. 
Protokoll mit Johann Pelzl, Buchführer zu Smichow. 
Protokoll mit Johann Krumbholz. 
Protokoll mit Adam Schack. 
Protokoll mit G. Markl, Offizial. 
Kommiſſions⸗ Bemerhung über Meßtiſch und Ellenzahl 
der Stücke. 
Protokoll mit Ernſt Weber, k. k. nter⸗ Lieutenant und 
Adjutant in Stockerau. 
Fünf Briefe des Leopold Abeles, ddo. 1, / unb 
#/ „1859, /, und"’/ 1860. - 
Haftungsurkunde der Kreditanftalt über richtige Lieferung 
von 4 Millionen. 
Anna Schnabel, Magd bei Eynatten. 
Protokoll mit Gebr. Feſete und Johann Gfateri. 
Mittheilung der Srebitanftalt und Auszug aus Beirat h's 
Protokoll über Richter's Anzeige Siehe Kaliko⸗ Lieferung und 
4°), Prov. für Deviſenkauf. 
Drei Vertraͤge: — 
a) über Hellmann's Lieferung. 
b) » ‚Richters Lieferung, 541,200 Ellen Strohſack 
vom 15.: September. : . 
c) über 250.000 Ellen Ralito vom 19. Oktober. 
Protokoll mit Franz Schmitt. 
Revifions- Protokoll der Bücher der Krebitanftalt: 
Zwilchvorſchuß⸗Konto Nr. 39. 
Börfen-Tablenuir vom 7. und 14. Juli. 
Prima⸗Nota vom 14. Juli. 
Btief ddo. Wien, Juli 1859, aus dem Korreſpondenzbuch 
für nicht in Wien domizilirende Korreſpondenz. 
Schreiben der Kreditanſtalt. 
Protofol mit Wilhelm Ritter von Baponn- 
» » Iran Seidk. 
Schlußbrief auf 250.000 Elfen dde.: 21. Mai i859. 
Protokoll mit Anna Hort im Diewite Wr. Synaiten, 
Rote der Monturs⸗Pauptkommiſſion mit Muttern. 





Die mündlihe Schlußverhandlung. 


Mach ftenographifchen Aufzeichnungen.) 


Schon in der frühen Morgenſtunde, lange vor dem Be⸗ 
ginne der Verhandlung, war der große Verhandlungsſaal des 
Strafgerichtes in allen Räumen überfüllt. Es find zwar von 
Ceite des Präfidbiums, um einen allzugroßen Andrang zu vers 
hindern, Eintrittsfarten für diefen Prozeß. ausgegeben worden, 
allein jelbft diejenigen, welche im Beſitze von Karten waren,, 
fonnten nicht alle Play finden, dba man in der Vorausſetzung, 
daß der Prozeß mehrere Tage in Anſpruch nehmen würde, und 
Diele nur einmal und da nur auf furze Zeit erfcheinen werben, 
mehr Karten andgegeben, als Nefervepläße vorhanden waren. 
So fan es, daß beiläufig eine halbe Stunde vor der Verhand⸗ 
Jung nicht nur die Eingangsthüren zum Verhandlungsſaale, 
fondern fogar der Eintritt zum Gange durch Wachen verfperrt 
werben mußte. Im Gerichtsfaale felbit fahen wir Perfonen 
aller Stände vertreten. Es waren ba Kaufleute und Fabrikan⸗ 
ten, Civil: und Milttärbeamte, Schriftfteller und eine außer- 
gewöhnliche Anzahl von Stenographen, für welch Iehtere ein 
Tisch innerhalb der Gerichtsſchranken und die erfte Bank außer 
benfelben reſervirt waren. Der Gerichtshof erſchien nach 9 Uhr. 
Er war in fotgender Weife zufammengefebt: Vorſitzender: Vice⸗ 
präfident A. Schwarz; Votanten: die Landesgerichtsräthe 
Winter, Dufcher, Kumpfmüller und Peitler, auch war 
dem Gerichtshofe, wie das gefetlich vorgefchrieben, ein Res 
fervemann in der Perfon des Adjunkten Spada beigegeben. Die 
Stantöbehörde war durch ben Chef der Wiener Staatsanwalt⸗ 
ſchaft, Herin Limbacher, vertreten. 

Der Präfibent Täßt, nachdem ex die Werhantlung War tie: 

ß 


% 


76 


öffnet erklärt, den Gegenſtand derfelben durch den Schriftfüh- 
er aufrufen und bie Angeklagten und die Zeugen vorfüh⸗ 
en. Zuerft erfcheint der geweſene Direktor der Kreditanftalt, 
Franz Richter. Leichten, ficheren Schrittes betrat er den 
Serichtsfaal. In einem Moment überblidte er den Gerichts⸗ 
faal, und die Farbe feines Gefichtes veränderte fich fofort, als er 
den großen Andrang und die Aufregung im Publitum gewahr 
wurde. Schnell faßte er fich jedoch wieder, betrat ben Ort 
der Angeklagten, verneigte fich vor feinem Richter, reichte ſei⸗ 
nem Bertheidiger, Dr. Berger, beide Hände und ſetzte fich 
auf einen für den Angellngten beftimmten, mit Leder gepol 
ſterteu Stuhl nieder. (Die gewöhnliche Anklagebanf war aus 
Rüdficht für die Perfon Richter’s befeitigt worden.) Nach 
ihm erfchien Johann Krumbholz, fein Gefchäftsleiter im 
ber Fabrik zu Smichow, und Heinrih Bayer, Agent bes 
Richter. Sie nahmen neben dem Hauptbefchuldigten ihren 
Platz ein. Als Eskorte war allen drei Angellagten nur ein 
Polizeiwachmann beigegeben, und auch biefer blieb gleich bei 
der Thür leben, ohne an der Seite ber Befchuldigten, wie das 
gewöhnlich der Fall ift, während ber Verhandlung Platz zu 
nehmen. 

Nachdem auch die Zeugen erfchienen waren, fehritt ber 
Präfident zur Namensvorlefung derfelben. Bon den vorgelabes 
nen 25 Zeugen waren jedoch nur 19 erfchienen. 

Der BPräfident bedeutet ihnen, daß wahrfcheinlih am 
Donneritag ben 8. zum Zeugenverhöre werbe gefchritten wer⸗ 
ben können, und daß die Vorgeladenen daher von jenem Tage 
an fich einfinden mögen. 

Weiters brachte der Präfident Schriftftüdte und Zeugniffe 
zur Kenntniß des Gerichtshofes, aus welchen hervorging, daß 
einige der vorgeladbenen Zeugen theild durch Krankheit, theils 
Durch andere Urfachen zu erfcheinen verhindert ſeien. Unter bie 
jen Entfehuldigungen befand fich ein Krankheitszeugniß bes alg 
Zeuge vorgeladenen Fabriksbeſitzers Johann Liebig, welcher 
wegen eines Bronchiallatarrhs dem gerichtlichen Rufe nicht 
Folge leiſten zu Können vorgab. | 

Der Staatsanwalt erhob fih nah Vorleſung dieſes 
Krankheitszeugniſſes und bemerkte, daß er hierauf fein Gewicht 
Jegen Eönne, und ben Antrag ftellen mühe , ver Seräraun 


3 

77 

wolle die Krankheit bes Herrn Liebig durch Gerichtsärzte uns 
terfuchen laſſen. 

Vertheidiger, Dr. Berger, fchloß fich dieſem Antrage an, 
und fuͤgte noch die Bemerkung hinzu, daß er ſelbſt an einem Bron⸗ 
chialkatarrh leide, was ihn dennoch nicht abgehalten habe, zur 
Schlußverhandlung zu erſcheinen; er müſſe daher den Antrag 
ſtellen, der Herr Vorſitzende wolle die Vorladung eiebig 8 
auf telegraphiſchem Wege veranlaſſen. 

Der Praͤſident erklärte weiters, daß bie Vertheidigung 
auch die Vorladung St. Erzellenz des Leiters bes k. k. Finanz⸗ 
miniſteriums und Reichsrathes Edlen von Plener beantragt 
babe, und daß von Seite Sr. Erzellenz bie Erklärung einge⸗ 
langt fei, die deren Erfcheinen zur beitimmten Stunde fichere. 

Der Präfident erwähnte weiters einer Zufchrift, daß das 
gleichzeitige Erfcheinen ber Direktoren ber Kreditanftalt ohne 
Störung des Gefchäftsganges der Anftalt unmöglich fei, und 
daß er daher Vorforge getroffen habe, daß diefelben mit Beſei⸗ 
tigung jeder Gefchäftsftörung dem an fie geftellten Rufe folgen 
fönnen. 

Nachdem die Zeugen abgetreten waren, erfchien bie Zeugin 
Baronin Eynatten, entichuldigte ihr verfpätetes Eintreffen, 
und erfuchte den Präfldenten, ihr Die Stunde der Bernehmung 
zu beftimmen, worauf ihr der Präfident befannt gab, daß Dies 
felbe am Donnerstag um neun Uhr Früh erfolgen werde. 

Auf die allgemeinen Fragen, die fofort der Präftdent an 
den Angellagten Richter richtete, antwortete Lebterer, daß er 
53 Jahre alt, Tatholifch, verheiratet und aus Buchau in 
Böhmen gebürtig fei. Auf die Frage des Präfidenten, melchen 
Stand er befleibe, bemerkte er: „Segenwärtig bin id 
nichts als Fabriksbeſitzer.“ 

Aus den an die beiden übrigen Angeklagten geitellten allges 
meinen Fragen entnahmen wir: bag Johann Krumbholz, 
32 Jahre, evangelifcher Konfeffion, ledig und Direktor der Fabri⸗ 
ten Richter’ 8 zu Smichow, Geinrich Bayer, 28 Jahre alt, . 
defien Agent in Wien fei. 

Hierauf ſchritt die Staatsbehörde zur mündlichen Ents 
_ widlung ber Anklage. Wir haben diefelbe bereits ihrem vollen 
Umfange nach (im erften Hefte) vorausgeſchickt; nur noch eines 
Saltumd Gaben wir Erwähnung zu thun, wann N er 


78 


äthtlichen Anklagefchrift nicht enthalten, von Geite bes Staats⸗ 
anwaltes am Schluffe feiner Auseinanderfegungen fürg berührt 
wurde. — Nach Faſſung des Antlagebefchluffes,- 
erwähnt die Staatshehörbe, „hat ſich noch ein wichtiges Fat: 
tum berausgeftellt, welches ich, ohne hierauf direkt eine Anklage 
zu flüßen, nur einfach mittheile; indent ed erft von bem Re⸗ 
fultate ber Schlußverhandlung abhängt, feinerzett bie nöthigen 
Konfequenzen hieraus zu ziehen. Es Bat fi herausgeſtellt, 
daß Franz Richter und Baron Bruck miteinanker Käufe und 
Verkäufe von Effekten zu dem Zwecke verabrebet haben, ben 
Silberkurs niedrig und die öfterreichifchen Staatspapiere mög- 
lichſt hoch zu halten. Es ſcheint, daß Franz Richter dem 
Finanzbeamten die Verfiherung gab, es werde für bas Aerar 
fein befonderer Nachtheil Daraus entſtehen. Es zeigte fich aber, 
daß die Operation eine verfehlte war; denn es flellte ſich nach 
dem Schluſſe des Sefchäftes ein Defizit von 400.000 fl. heraus. 
Nationalanlebens- Obligationen, vom welchen 1.400.000 fl. 
zum Kurs von 72 verfauft worben find, wurden auf einem 
Conto separato verbucht, und diefe Verbuchung geſchah am 
6. Juni v. J.“ j 

»Am 31. Dezember, fährt der Staatsanwalt fort, 
„mwurbe plößlich für biefe Nattonalanlehen der Kurs von 77 fl. 
angefagt, als ob bie Krebitanftalt 77 fl. hierfür befommen 
hätte. Bei diefer ganzen Summe tft die Krebttanflalt um 
70.000 fl. befehädigt. Ein Konto auf 150.000 fl. ungarifche 
Orundentlaftungen iſt, obgleich ſich dieſe fonft Im Vorkonto⸗ 
tableau nicht vorfindet, dießfall im Kurſe nah fo geftellt, 
daß die Anftalt um 7°/, befchädigt erfeheint. Die Anstalt ſelbſt 
bat fie nämlich um 70°/,°/, verkauft, während fie mit 73 bis 
74°/, angefegt waren. Defjenungeachtet find dieſe Aktien auf bie 
Zeichen bes Solls dem Finanzminifterium eingetragen zum Kurfe 
von 68°/,°/,, wodurd ein Echaben von 75.000 fl. erfcheint. 
Es wird fich zum Schluſſe heransftellen, ob und wie weit auf 
biefes Faktum noch die Anklage ansgebehnt werben kann; 
eine formelle Anklage wird jedoch von mir derzeit noch nicht 
erhoben. * 

Der Vortrag des Staatsanwaltes hatte ungefähr zwei 
Stunden in Anfpruch genommen. Nach eilf Uhr erf begann 
da8 Berhör bes Angeklagten Franz Richter, während tie 


79 


beiden andern Angeklagten, Krumbholz und Bayer, auf 
Anordnung des Vorfigenben den Gerichtsfaal verlaffen mußten. 

Der Borfigende erflärt hierauf bem Angeflagten, daß, in 
Rüdficht auf die lange Dauer der Verhandlung, er ihm geftats 
sen wolle, während des Verhörs fich eines Seffels bedienen 
zu dürfen. 

Richter nahm dieſe Rüdficht mit beicheidenem Dante 
auf, und begann fofort fein Verhoͤr mit der Erzählung feines 
Vorlebens, von welchem er einen kurzen Abriß gab. 

»In meiner Vaterſtadt Buchau, in Böhmen,« fagte er, 
»habe ich die Normalfchulen und nach benjelben zwei Jahre bas 
Gymnaſium befucht. Hierauf bin ich zudem Kaufmanne Liebig 
in die Lehre getreten, und habe nach vollendeter Lehrzeit bei dem 
Kaufmanne Bergmann durch ſechs Jahre fervirt. Im Jahre 
1832 bin ich als ftiller Sefellfchafter in das Gefchäft eines 
Freundes eingetreten, und bafelbft His zum Jahre 1838 geblie- 
ven, in welchem Jahre der Chef die Zahlungen eingeitellt 
Habe. Mir ift e8 jedoch balb wieder gelungen, das Geſchäft 
ıvieder aufzurichten, und ich betreibe dasſelbe fortan bis zum heuti⸗ 
genTage. Im März 1857 binich von Prag nach Wien gezogen, 
da ich die auf mich gefallene Wahl zum Hauptbdireftor der Kre⸗ 
ditanftalt angenommen habe. 

Borfigender: „Haben Sie nie Ihre Zahlungen eins 
geſtellt ?« 

Richter: »Ia. Im Jahre 1847, aın 20. November. 
Ich bin durch Unglüdsfälle, namentlich Durch eine Wafferfrage, 
dazu gebracht worben. Ich hatte allein ein Opfer in der Höhe 
von 20.000 fl. für neue Keffel bringen müffen, und wurde 
durch ſtark beichränkten Kredit in die Lage gefebt, die Nachſicht 
meiner Gläubiger in Anſpruch zu nehmen. Diefes Unglüd hat 
auf meine meralifche Eriftenz feinen Einfluß gehabt, denn bie 
gefanmten Gläubiger ohne Ausnahme, ubwohl deren Zahl 
ftart und die Summen meiner Schulden mehr als eine halbe 
Million betrugen, haben die Begleichung ihrer Anfprüche allein 
nıeiner emfigen Thätigkeit überlafien, und diefe Vorausſetzung 
ift auch eingetroffen, das Kapital und die Zinfen find im Laufe 
der Unterſuchung vollitändig berichtigt worden. Es ift nicht 
einmal eine Bränotation auf meinem Beſitze vorgelommen. IK 
ſelbſt babe, damit nicht einige Gläͤubiger, vie Ah ın Ar Re 


80 

der Fabrik befanden, in die Lage kommen koͤnnten, fich auf 
dieſelbe intabuliren zu laſſen, und dadurch mir das „.Heft« 
aus der Hand zu nehmen, die Vorficht gebraucht, das Eta⸗ 
bliſſement an meinen Vetter zu übertragen. Ich habe ben Glaͤu⸗ 
bigern, als fie zufammengetreten waren, den Kaufsvertrag zur 
Berfügung geftellt, mit ber Erklärung, daß ich es im Intereffe 
der gefammten Gläubiger geiban, damit nicht einzelne im 
Stande jeien, mich in Berlegenheit zu bringen, unb mir bie 
Mittel zu entziehen, alle volftändig befriedigen zu Tönnen.« 

Borfisender: „Wie groß waren In den Iekten Jahren 
Ihre Eintünfte?« 

Richter: „AS Hauptdirektor der Krebitanftalt bezog ich 
anfänglich einen Gehalt von 30.000 fl., feßte aber dieſen felbft 
auf 16.000 fl. herab; die mir in biefer Stellung bisher zuge⸗ 
kommenen Tantiemen betrugen bei 50.000 fl., fo daß mein 
jährliches Einfommen fi auf 25⸗ bis 30.000 fl. belief. « 

Vorſitzender: „Sie werden nun aufgefordert, fich über 
Ihre Beziehungen zu Baron Eynatten zu äußern.« 

Angeklagter: »Ich bitte mir zu geftatten, daß ich dieſe 
Frage, da mit derfelben das Hauptgefchäft ber Krebitanftalt, 
nämlich die Zerealienlieferung, in Verbindung fteht, etwas aus⸗ 
führliher beantworten darf, obwohldiefes Gefchäft feinen Gegen⸗ 
ftand der wider mich erhobenen Anklage bildet. « 

»Im Februar bes vorigen Jahres war es, «beginnt Richter, 
»als mich ber Finangminifter Baron Bruck rufen ließ, um mir 
bie fehr vertrauliche Mittheilung zu machen, daß das Armees 
Oberfommanbo fich in der Lage befindet, bebeutende Getreide⸗ 
eintäufe abjchließen zu müſſen, und an mich bie Frage ftellte, 
ob ich geneigt wäre, dieſe Ginfäufe durch die Krebitanftalt bes 
forgen zu laffen.« 

»Baron Brud bemerkte jeboch dabei, es ſei nothwenbig, 
das Geheimniß über Diefen Getreibebebarf fo Tange zu bewahren, 
"damit durch das Bekanntwerden feine wilde Spelulation her- 

vorgerufen und das ©etreide auf Koften des Aerars unverhält- 
nißmäßig hinaufgetrieben werde. Ich müßte alfo, fügte Baron 
Bruck bei, ben Muth haben, das Gcheimniß über diefen Bes 
darf fo lange als möglich zu bewahren; ich müßte ben Muth 
‚haben, das Gefchäft eine geraume Zeit allein auf meinen 
Shultern zu Iragen, und dem Verwaltungsraihe erti Indter 


81 

Mittheilung darüber zu machen. &8 fei dieß nothwendig and 
wegen ber Beunruhigung bes Publitums, damit bie ohnebieß 

beftehende große Aufregung wegen ber Kriegsbefürchtungen: 

buch das Bekanntwerden eines folchen Bedarfes nicht. KM 

vermehrt werde. Ich erfannte es ald eine Aufgabe ber Krebits 

anftalt, dem hohen Armes Oberfommando die beiten Dienfte 

zu leiften und bemerkte, daß bie Anftalt fich um jo leichter enga⸗ 

giren laſſen könne, da dieſes Gefchäft eben zu den Gefchäften 

gehöre, mit denen fich diefelbe befafle.« 

„sch erklärte mich daher zur Uebernahme diefer Einfäufe 
bereit, und erbat mir nur, Sr. Durchlauchtdem Fürften Sch war⸗ 
zenberg, als Präjidenten des Verwaltungsrathes der Kredit⸗ 
anftalt, Mittheilungen machen zu dürfen, womit fich ber Herr 
Binanzminifter einverflanden erflärte und mich auch erfuchte, 
mich zu dem Direktor des hohen ArmeesOberfommandos, Bas 
zon v. Eynatten, zu verfügen.« 

».Sch begab mich auch zu dem Lebteren, drückte meine Bes 
seitwilligfeit zur Beforgung diefer Getreideeinkäufe aus, und 
biefes war bie erfte Gelegenheit, wo ich mit Dem Herrn Baron 
v. Eynatten in Berührung fam.« 

»Am folgenden Tage fand ich mich beim Pinanzminifter 
wieder ein und traf dafelbfi den Baron v. Eynatten ſcho 
anmwefend.* _ 


»Diefe Zufammenkunft fand zu dem Zmede ftatt, um bie 
Bedingungen ber Uebernahme feftzuftellen, und es wurben hierbei 
folgende vereinbart: 

»1. Das hohe ArmessÖberfommando übertragt an bie 
Kreditanftalt alle Getreideeinkaͤufe nach feinem ganzen Bebarfe 
in ber ganzen öfterreichifchen Monarchie, mit Ausnahme 
der italienifchen Provinzen. 

»2. Die Kreditanftalt verpflichtet fich, diefe Einkäufe nur 
als Kommiſſionaͤr zu beforgen, das Geſchaͤft nach merkantilifchen 
Grundſaͤtzen nach beftem Ermeſſen durchzuführen und nur 
marftgängige Waare zu faufen. 

»3. Die Kreditanftalt empfängt als Entfchädigung für 
ihre Bemühung 10 Nr. Provifion für jeden Meben. 

»4. Damit diefe Provifion unverkürgt beftehen bleite, & 
es ber Krebitanftalt geftattet fein, alle ans dien intünien 

> 


Sꝑ 


entſtehenden Speſen ben hohen Armee⸗Oberkommando 'in 
Rechnung zu ſtellen.“ 

„Dieſe Bedingungen,“« fährt Richter fort⸗. ſind auch Sr. 
Majeſtät unterbreitet worden, und fo viel mir geſagt wunde, 

empfingen fie auch die Allerhoͤchſte Genehmigung.“ 

»Nachdem dieß gefchehen war, empfing ich von bem Hess 
Finanzminifter bie Inftruftion über mein perfönliches Berhalten, 
welche dahin Iautete, daß ich dem Dkinifter über alle Vorkomm⸗ 
niffe in dieſem Geſchäfte regelmäßig Bericht zu eritatten und 
feine Zuftimmung einzuholen habe.« 

»Diefer Inſtruktion bin ich auf's Getreuefte nachgelommen 
und habe kein Geſchäft abgefihloffen, ohne diefe Zuftimmung 
vorher eingeholt zu haben.« 

»Was die Einkäufe felbft betrifft, bin ich mir bewußt, Dies 
jelben mit voller Hingebung meiner Perfon geleitet zu haben. 
Der Erfolg war auch ein glücklicher und günftiger, denn obwohl 
in der furzen Zeit von vier Monaten das kolojjale Quantum 
von 4.300.000 Metzen angekauft wurde, war boch in Folge 
meiner Maßregeln die Steigerung ber Preife nur eine 

jehr geringe und felbit bei den Hafer nur ſukzeſſive bis’ auf 
20—25°/, eingetreten. 

„Um diefes mein Wirken aber in ein helleres Licht zu ftellen, 
bedarf es nur eines Rückblickes auf den Monat Oftober 9. $., 
in welchen, als e8 befannt wurde, daß das hohe Aerar Ein 
kaͤufe beforgen laſſe, der Haferpreis fogleich um mehr als 26°/, 
geſtiegen ift.« 

| »Was die hervorgehobenen Mängel der Qualität des Gelie⸗ 
ferten anbelangt, fo liegt die Urfache nur in ben mittelmäßigen 
Refultate der Ernte des Jahres 1858, und ich habe, wie th 
‚den dringendften Bedarf gedeckt wußte, nicht nur marftgängige, 
fondern fogar magazinsfähige Waare anfchaffen laſſen.“ 
Präſident:»Ich muß bemerken, daß Sie von dem Gegen- 
‚Rande der Frage ganz abkommen; es handelt jich vorläufig nur 
‚darum, Ihre Beziehungen zu Baron Eynatten kennen zu lernen. « 

Angeklagter: „Ich wollte nicht meine perfönlichen Vers 
dienfte heroorheben, ſondern glaubte, weil in den Anklageakte 
die Stellung der Kreditanftalt —“ | 

Präſident(ihn unterbrechend): »Es liegt wohl in meiner 

"Pflicht, alle Beweife, die Sie zu Ihrer Vertheibigung für votb⸗ 


83 


wenbig erachten, entgegen zu nehmen, aber in dieſem Momente 
führt une Ihre Auseinanderfegung gu weit.« 

Angeflagter: »Ich bitte mir nur noch einige Worte zu 
geitatten, denn meine Darftellung ift bald zu Ende;« fohin fährt 
ex in feiner Mede fort: 

DaB ich nicht Die Proviflon, fondern das Intereſſe bes 
Aerars ſtets vor Augen hatte, möge ber Umftand beweifen, baß 
ich es geweſen bin, der jchon im Monate Mai den Baron 
Eynatten aufmerkſam machte, die Einfäufe, wenn nicht ganz 
einzuftellen, fo Doch bei denfelben vorfichtiger zu Werke zu geben; 
Leider bin ich mit diefem meinem wohlgemeinten Rathe nicht 
gleich durchgedrungen, man befolgte ihn erft nach zwei Monaten, 

wenn es mir Daher bloß um die Provifion zu thun geweſen 
wäre, fo würde ich wahrlich nicht diefen Rath ertheilt haben.« 
»Mit welchem Eifer und mit welcher Sorgfalt ih mid 
dem Geſchaͤfte wibmete, dafür möge als Beweis dienen, daß 
ich jehr lange um einen Kreuzer pr. Metzen herumgehandelt 
und alle dahin einfchlägigen Anträge und Schreiben immer 
geeigneten Ortes vorgelegt habe.« 

»Daß ich aber Feine Gelegenheit unbenützt vorübergehen 
ließ, dem, hohen Aerar dienlich zu fein, möge folgender Um⸗ 
itand beweifen.« 

»Es war im Monate Mai, ald mir Herr Direktor Horns 
boftel berichtete, daß während meiner Abwefenheit Anbote auf 
Lieferung von Hafer durch einen ficheren Sröhlich gemacht 
worden ſeien; ich Habe zur Vorficht ermahnt, allein e8 wurde, 
ohne diefe zu beachten, das Offert angengmmen.« 

»Fröhlich fäumte in der Lieferung und fehritt erft dazu, 
als bereit die Preije geitiegen waren. Baron Eynatten, fowie 
Baron Bruck waren für. die Annahme ber Lieferungen; ih 
‚machte aber folche Anitrengungen, daß es mir gelang, dem 
Aerar 35.000 fl. zu erfparen.« 

»Auf den mir gemachten Vorwurf, daß in die dieſes Ge⸗ 
ſchäft betreffende Rechnung Poſten eingeitellt wurden, melde 
nicht zur Vergütung geeignet waren, will ich, ohne auf die ein» 
genen beanitändeten Poſten einzugehen, nur im Allgemeinen 
bemerken, daß bei fo bebeutenben merfantilifchen Geſchäften, 
vote folches der Zerenlieneinkauf für die Arınee war, mande 
Spejen bewiliigt werben müfjen, welche hei gemüinliigen Sr 


84 


ſchaͤften nicht eintreten, boch find biefe Spefen im Verhaͤltniß 
zu ben damit gewonnenen günftigen Reſultaten nur. hoͤchſt unbe⸗ 
deutend.“ 


»Diefes iſt der Fall bei ber beanſtändeten Proviflon für 
ben von der Kreditanftalt nach Galizien zum Einfaufe Abge⸗ 
ſandten; allein die von diefem beim Einkaufe erzielten Vortheile 
find fo bedeutend gemefen, daß ber Betrag der für fie entfallenden 
Provifion Dagegen ganz verfchwindet. « 


»So lange ich Iebe — fchließt er — werbe ich das Ber 
wußtfein in mir tragen, baß ich als Hauptbireftor der Krebits 
anftalt nicht ohne Erfolg beftrebt gemefen bin, dem Staate 
Dienfte zu Teiften, zumal auch Se. Majeftät der Kaiſer die 
Gnade hatte, in Gegenwart Sr. Durchlaucht bes Fürften 
Schwarzenberg und des Grafen Zihy fich anerfennend 
auszufprechen; auch das Bewußtſein trage ich in mir, Daß ich 
bei dieſem ©efchäfte in ber Höhe von 15 Millionen als redli⸗ 


eher Mann gehandelt habe, benn meine Hand blieb Dabei 
rein.« 


Borfigender: „Nun wollen Sie zur Antwort auf bie 
Frage zurückkehren, in welchen Beziehungen Sie au Baron 
Eynatten ftanden.« 


Richter: „Wie ich fchon erwähnt, wurde ich Durch Bas 
son Brud, nachden er mit mir wegen bed Einkaufes der Ze⸗ 
realien geiprochen Hatte, angewiefen, mich mit Baron Eynat- 
ten in’8 Einvernehmen zu ſeben, und damals habe ich ihn das 
erſte Mal geſprochen. « 

Borfitender: „Waren Sie häufig im Verkehr mit Bas 
ron Eynatten?« 

Richter: »Ia wohl, da ich vor Abfchluß jedes Kaufe 
geichäftes mit Baron Eynatten Rüdfprache pflog.* 

Vorfigender: „Waren Sie bei biejen Unterrebungen 
allein mit Baron Eynatten?« 

Nichter: „Sobald ich zu Baton Eynatten in das Bus 
reau trat, klingelte er fogleich, und ließ den Herm Hofrath 
zufen, in defien Gegenwart ich Dann meine Anträge ftellte; ich 
erinnere mich nur, daß ich ein paar Male allein mit Baron 
Eynatten war, mo aber nur von ganz gleichgiltigen Dingen 
geiprochen murde. « 


86 


Borfitender: »War Ihnen befannt, daß Baron Ey⸗ 
natten eine Urlaubsreiſe antrete?« 

Richter: »Baron Eynatten fagte mir einmal, daß, da 
nun bie Sejchäfte fih mindern, er zu feiner Erholung eine . 
Reife in's Ausland unternehmen wolle. Wie ich glaube, iſt er 
im Oftober v. J. abgereift.« 

Vorſitzender: „Haben Sie ihm einen Kreditbrief gege: 
ben ?« 

Richter: »Ja, ich habe ihm damals den Antrag gemacht, 
ihm auf die Reife in Anerkennung feiner mir ſtets bewiefenen 
Freundſchaft einen Kreditbrief ber Kreditanftalt zu geben. Bas 
son Eynatten tft Darauf eingegangen, und ich gab ihm einen 
auf 40.000 Frks. obwohl Eynatten eigentlih nur einen 
über 20.000 Frks. wollte. « Ä 

Vorſitzender: „Welche Dedung hat Baron Eynatten 
für diefen Krebitbrief Ihnen gegeben ?« 

Richter: »Baron Eynatten gab mir zur Dedung für Die 
Krebitanftalt Werthpapiere feiner Stau, und zwar Nordbahn⸗ 
Aktien, Metalliquess und OrundentlaftungssÖbligationen, und 
diefe wurden als Depot bei ber Kreditanftalt Hinterlegt.« 

Vorfisender: „Wann iſt Baron Eynatten von feinem 
Urlaube zurüdgelehrt?« 

Richter: „Am 4. Dezember v. J.; ich erfuhr bieß aus 
ben Zeitungen. * 

Vorſitzender: »Was veranlaßte den Baron zur Rückkehr ?“ 

Richter: »Das weiß ich nicht. « 

Vorſ igenber: »Waren in diefer Zeit nicht Gerüchte von 
Unterfchleifen im Umlaufe?« 

Richter: »Ia, ich hörte davon, und man ſprach von 30 
bis 40 Millionen, die veruntreut worden wären.« 

Vorſitzender: „Wann kamen Sie mit Baron Eynatten 
nach feiner Rückkehr wieder zufammen?« 

Richter: „Ich begab mich allfogleich, als die Zeitungen 
bie Ankunft des Baron Eynatten meldeten, zu ihm und 
brüdte ihm meine Freude über feine Rückkehr aus, da hiermit 
ben umlaufenden Gerüchten am beiten geitenert werde. Baron 
Eynatten tbeilte mir hierauf mit, daB er wegen dieſer Ge⸗ 
ruͤchte fih bei Str. Majeftät eine Prüfung feiner Amtshand- 
Jungen erbeten und Se. Majeftät ihm viele ud, gemdlgtt ale. 


86 


Vorſitzender: „Hat Herr Baron Eynatten von dem 
durch Sie erhaltenen Krebitbriefe Gebrauch gemacht? « 


Richter: „Nach den Büchern der Kreditanftalt hat Bas 
- ron Eynatten 2000 Franks auf den Krebitbrief behoben und 
verwendet. Als tch, wie ich eben erwähnte, ihn befuchte, fagte 
er mir auch, daß er mir am nächiten Morgen zur Deckung bies 
fer Summe das Nöthige einfenden werde. Er ſandte mir aud 
ſolches ſo daß aus dem erhaltenen Kreditbrief nur eine ge⸗ 
ringe Forderung übrig blieb, für welche ich, als ich das Depot 
des Baron Eynatten bei der Kreditanſtalt erhob, die Haftung 
übernahm. Dieſes Depot habe ich, wie ich glaube, am 4. De⸗ 
zember v. J. zu mir genommen, um die Koupons der Werth⸗ 
papiere abzuſchneiden, da dieſe Koupons als Zahlung für den 
in Anſpruch genommenen Kredit aus dem Kreditbrief verwen⸗ 
det werden ſollten. Am 16. November wurde ich wegen dieſes 
Depots bei der Polizeibehörde vernommen; ich beeilte mich, 
die Koupons abzufchneiden und habe hierauf bie Werthpapiere 
dem Baron Eynatten zugefandt.« 


Borfißender: „Woher wußten Sie, daß dieſe Werth⸗ 
papiere der Frau Baronin Eynatten gehören?« 


Richter: »Baron Eynatten fagte mir bei ber Ueber⸗ 
gabe der Werthpapiere, daß fie Eigentyum feiner Srau wären; 
ebenfo Hat mir Baron Eynatten ſchon früher, ald ich nämlich 
für fie die Nordbahn⸗Aktien Taufte, welche fpäter bei der Kredit- 
anftalt hinterlegt wurden, eröffnet, daß biefelben feiner Frau 
gehören, und ich habe deßhalb ihr dieſe Werthpapiere ges 
Ichieft, und von ihr auch den Empfangfchein hierüber erhalten. * 

Vorfigender: „Was für Papiere waren es, welche 
Baron Eynatten bei der Kreditanftalt hinterlegt Hatte, und. 
welche Sie dann der Baronin ausfolgten?« 


Richter: »25 Stüd Nordbahn-Aktien, Grundentlaſtungs⸗ 
Obligationen und Metalliques.« 

Borfißender: Was tft Ihnen "über die Erwerbung 
der 25 Stück Nordbahn⸗Aktien befannt?« 

Richte: „Baron Eynatten Außerte fchon lange ben 
Wunſch, fürr feine Frau 25 Stück NordbahnsActien zu kaufen, 
und übergab mir im Juni oder Juli v. I. zum Ankaufe dieſer 
25 Stück Aktien den Betrag von 20.000 8. 36 eh wm 


87 


durch die Krebitanftalt die Aktien kaufen, beponirte fie bei der⸗ 
felben und habe fpäter, um dem Baron Eynatten eine 
Freude zu machen, biefe Aktien behoben, und fie ber Frau 
Baronin Eynatten zugeichict, obwohl ber ganze Kaufpreis 
ber Anftalt noch nicht vollfommen vergütet war. Ich erwartete 
wohl von Baron Eynatten bie Zahlung des Reſtes; jtellte 
mir aber auch. im Innern die Frage, ob ich etwas bafür erhal- 
ten werde, und beantwortete mir biefelbe mit den Worten: 
»MWenn nicht, fo verzicht’ ich darauf.“ Ich habe mich 
aber ſtets als Gläubiger ber Frau Baronin betrachtet, gegen fie 
aber niemals davon das Geringfte erwähnt. Als ich ihr diefe 
Werthpapiere zugefendet, verftändigte ich wohl ihren Gatten 
kayın, ohne fie jedoch um ben reftlichen Kaufpreis zu mahnen, 
weil. ich jeden Schein vermeiden wollte, ber irgend ein Miß- 
tvauen wider ihn gezeigt hätte.« 

Borfibendber: „Wann haben Sie den Baron Eynatten 
von der Sendung dieſer Aftien an feine Gattin in Kenntniß 
gefeßt?« ' 

Nichter: »Ich Habe dieß am nämlichen Tage gethan, 
an welchem die Uebergabe und ritdfichtliche Zufendung erfolgte. « 

Vorſitzender: „Wollen Sie nunmehr angeben, welche 
Beſuche Sie dein Baron Eynatten nad feiner Rüdfehr ge- 
macht?« 

Richter: »Ich war außer bem ſchon erwähnten Male 
gleich nach feiner Rückkunft noch zmweis oder dreimal bei Baron 
Eynatten.« 

Vorſitzender: „Was veranlaßte Sie zu dieſen Be⸗ 
fuchen ?« 

Richter: „Einmal war die Veranlafjung meine polizei- 
lihe Vernehmung wegen der beponisten Werthpapiere, ein 
zweites Mal meine über denfelben Gegenſtand erfolgte ſtrafge⸗ 
richtliche Vernehmung,“. 

Vorſitzender: „Welchen Anlaß konnte Ihre polizeiliche 
Vernehmung geben, den Baron Eynatten zu befuchen?« 

Richter: Ich babe bei meiner polizeilichen Bernehmung 
nicht. geahnt, daß es.fich um ein Verbrechen handle, daher ich 
auch feinen Anlaß hatte, hierüber ein Stillfchweigen zu be⸗ 
ob achten. Sch: theilte Baron Eynatten wnwerhailen mi, 


88 


daß in Betreff feiner Depots Nachforfchungen bei mir gehalten 
wurden. « 

Borfipender: „Was hat Baron Eynatten auf bieſe 
Mittheilung erwidert?“ 

Richter: „Gar nichts.“ 

Borfitender: „Hat Baron Eynatten Einfluß auf 
Ihre Heußerungen bei ber polizeilichen Vernehmung genommen?« 

Richter (fchnell): »Er nicht.« 

Borfigender: „Wer denn?« 

Richter: »Die Frau Baronm Eynatten kam zu mir 
und zwar zum erſten Male nach ihrer polizeilichen Vernehmung; 
es war dieß am 18. und 20. Dezember, und ba theilte fie mir 
mit, fie Habe angegeben, fie hätte bie 25 Stüd Nordbahn⸗Aktien 
volftändig bezahlt. Bei dieſer Gelegenheit hat mich die Dame 
erfucht, wenn ich darüber befragt werden follte, fol ich ihre 
Angabe beftätigen, damit fie nicht fompromittirt werde. Ich 
babe bei diejer Gelegenheit much das erſte Mal mit ihr ges 
fprochen. « 

Borfikender: „Hat bie Frau Baronin fich nicht näher 
darüber ausgefprochen, was fie bei ihrer Vernehmung aude 
gefagt?« 

Richter: „»Gar nichts, außer das, was ich eben fagte.« 

Borfigender: „Haben Sie ihr biefen Gefallen gethan?« 

Richter (bewegt): »Das ift es-eben, hoher Gerichtshof, 
über das ich mir allein einen Vorwurf machen Tann, daß ich 
in meiner Vernehmung zugegeben habe, daß fie mich wirklich 
volftändig bezahlt habe. Das tft das, worüber ich bei meiner 
erften Einvernehmung Gott und das Gericht tief um Verzei⸗ 
hung gebeten habe.« 

Vorfisender: „Wann find Ste von ber Polizei vers 
nommen worden?“ 

Richter: „Am 16. Dezember. « 

Borfißender: „Hat Feine weitere Vernehmung ſtattge⸗ 
funden?« 

Richter: „Außer jener am 16. feine. * Ä 

Borfigender: „Sie haben gehört, daß die Staatsan⸗ 
waltfchaft in dem Umftande, daß Sie nur 20.000 fl. für.die 
25 Stüf NordbahnsAttien bekamen, bafür aber fänmtliche 
Altien auögefolgt haben, bie Folgerung zieht, dah Sie mit bem 


89 
Mehrbetsage bed Kaufpreifes dem Baron Eynatten ein Ge⸗ 
fchen? machten, und zwar ein Geſchenk, welches in ber Abficht 
gemacht worben wäre, um den Baron Eynatten zum Miß- 
brauch feiner Amtspflicht zu verleiten. Es ift Ihr Geftändniß 
zur Begründung beffen angeführt. Nachdem Sie nun heute bie 
Sache fo erklären, als "betrachten Sie fih noch immer als 
Glaͤubiger rücfichtlich jener Beträge, fo fieht man fich veran- 
laßt, Ihnen diejenige Stelle aus dem Verhörsprotofolfe 
vorzuhalten, aus welcher zu entnehmen if, daß Sie in 
der Vorunterfuchung hierüber eine andere Aufklärung gegeben 
haben. In der Antwort 444 fagten Sie: »Ich habe allerdings 
von Baron Eynatten nur 20.000 fl. zu dem Anfaufe von 
25 Stüd Nordbahn⸗Aktien erhalten, derfelbe fagte mir, fette 
Frau werbe die Papiere bei höherem Kurs wieber verkaufen und 
mir den Reit bezahlen. Ich trug nun Fein Bedenken, ging auf 
den Antrag ein, kaufte die verlangten 25 Stüd Aftien und 
fendete fie, um mich »koulants zu zeigen, der Frau Baronin 
Eynatten in bie Wohnung, und zwar durch meinen Diener 
Angel. Der Kreditanftalt gegenüber trat ich als Krebitor auf 
und ich war entichloffen ruhig abzumarten, bis die zum Ver⸗ 
Taufe beitimmten Papiere mir zukommen würden. Sie blieben 
bis zum Tage meiner Verhaftung aus; ich gab die Hoffnung 
auf deren Empfang ganz auf, und jo hat ſich das „plus«, ohne 
Daß es meine Abficht war, zu einem „adeau« für fie geitaltet, 
wozu ich mich in meinem erften VBerhöre bereits befannt habe. 
"Durch die Verzichtleiftung auf dieſe Forderung habe 
ich fein fremdes, fondern nur mein eigenes Intereffe 
verlegt, und glaube feine ftrafbare Handlung bes 
gangen zu haben.* 

„Berner fagten Sie in berfelben Antwort: 

»Ein Blick auf die befcheidenen Mefultate, melche ich von 
den für meine eigene Rechnung gemachten Gefchäften gezogen 
habe, dürfte den Beweis liefern, daß ich hiefür ein Opfer von 
fo bedeutender Höhe, wie bieß fpäter durch die VBerhältniffe er- 
zwungen worden ift, nicht freiwillig geletitet habe.* 

„Im Widerſpruche mit Diefer Angabe fteht nun die Ante 
wort 17 aus Ihrem Verhörsprotofolle; darin heißt es: 

 »Bel dem täglichen Verkehr, welchen ih mit dem Burn 
Epnatten hatte, fam auch das Geſpraͤch auf die Be. ME. 


90 


der Kurs der NorbbahnsAttien auf 130-—33 ftanb, äußerte 
Baron Eynatten, ba er 25 Stüd für feine Fran aus ihrem 
eigenen Vermögen faufen möchte. Monate lang war dann hieson 
feine Rebe mehr zwifchen ung, und erft im Juni, Juli kam er 
wieder auf biefen Gegenſtand zurüd, übergab mir“ 20.000 fl. 
als Eigenthum feiner Frau und erſuchte mich, für biefe Die 26 
Stück Nordbahn- Aktien zu kaufen. Ich erfüllte dieſes Anfuchen 
und fenbete, wie bereits erwähnt, Die 25 Stück durch meinen 
Diener Angel ber Frau Baronin Epnatten u, ohne ben 
Baron Eynatten davon in Kenntniß zu ſetzen. Die Abficht 
auf Beftehung lag mir ferne, ed waren ja alle Ge⸗ 
fhäfte bereits abgefchloffen und nicht einmal eine 
Aussicht vorhanden, neue zu machen. If diefes richtig ?* 

Richter: »Ja.“ | 

Vorſitzender: „Sie werden wohlbemerten, daß zwifchen 
diefer und der heutigen Ausfage weſentliche Differenzen vors 
liegen. Sie fagen heute mit voller Beftimmtheit, Sie hätten 
den Baron Eynatten von dem Antanfe diefer Aktien und des 
ren Zufendung an feine Oattin verftändigt, während Sie in 
der Ihnen vorgelefenen Antwort Ihres Verhoͤrsprotokolles anz 
gaben, Sie hätten ben Baron Eynatten davon nicht in 
Kenntniß gefebt?« 

Nichter: »Die Sache ift der Art: beim Weggeben, es 
war am Tage ober zwei Tage nach dem Kaufe, fagteich zum Herrn 
Baron: »Sie haben die 25 Nordbahn,« fonft eine fürmliche 
Rüdiprache war nicht. Er war auch nie in der Rage, annehr 
men zu können, daß diefe 13 Stüd mehr als ein mir von ihm 
gegebener Auftrag, daß fie ein Geſchenk feien. Wenn ich mich 
bier in einen Widerſpruch verwidelte, fo bitte ich, hoher Ge⸗ 
richtöhof, einige Rüdficht zu nehmen auf den Zuftand ber 
Aufregung, in dem ich mich nach meiner Verhaftung befunden 
babe: e8 war gewiffermaßen ein greller Mebergang, in den ich 
durch unglüdliche Verhältniffe gebracht worden bin. Wenn ich 
mich an die Zeit erinnere, jo muß ich Gott danken, daß er mid 
gefund erhalten hat, es waren mir nicht fo alle Details, bie 
ich mir ſpäter bewußt wurde, gegenwärtig, ald nachdem ich mich 
bereits in meine Lage gefunden habe.« 

Vorſitzender: »Es tft am Schluffe dieſes Protofolles die 


91 
ausbrüdliche Bemerkung, bag Sie die Antwort Bortzfür Wort 
felbft diftirten.« | 

Richter: »Ja, das ift richtig, Defienungenshtet muß i6 
nochmals bitten, die Lage zu berücfichtigen, in die ich damals 
verfeßt war.« 

Der Bräfident lieit nun die Antwort 19 vor. 

In dieſer gibt der Angeklagte an, daß er fih nur auf 
Wunfch des Finanzminifters dem Gefchäfte unterzogen habe, 
daß er in diefem Gefchäfte alle Pflichten eines guten Staates 
bürgers erfüllt zu Haben glaube, fich nie Durch perfönliches 
Intereſſe habeleiten laffen. Er erflärtweiter, daß man fich 
bei einer umftändlichen Unterfuchung von der Wahrheit feiner 
Behauptungen überzeugen werde, und verwahrt ſich nochmals 
gegen die Beichuldigung, als habe er feine Stellung benüßt, 
um den General Eynatten zum Migbraudye der Amtsgewalt 
zu verleiten, indem er verfichert, daß zu der Zeit, als er bie 
52 Stüd Aktien für den Baron Eynatten kaufte, alle Oe⸗ 
jchäfte bereits abgejchloffen waren; er erbietet fich, auch eidlich 
zu befräftigen, daß er während der zwifchen ihm und Eynat⸗ 
ten im Gange gewelenen Berhandlungen nie Geſchenke zu 
machen veranlaßt gewejen fei. Nur als ihm der Baron Eyn⸗ 
atten die 20.000 fl. einkändigte, erinnerte er fich der frühes 
en gegen ihn gemachten Aeußerung des leßteren, daß nämlich 
deſſen Frau willens fei, 25 Stüd Aktien zu Faufen. 

»Es war eine reine Gefühlsſache — lautet der Schluß 
jenes Protokolls — und ich entfchloß mich, ben Mehrbetrag, 
wenn nöthig, aus meinem Eigenen zu tragen, da meine Ver⸗ 
hältniffe es mir geftatten, ein folches »Kadeau« zu machen. « 

Borfigender: »Da fonımt ber Ausdrud „Gefühls- 
fache« vor, während Sie ſich früher ald Gläubiger und das 
Ganze als eine Geſchaäftsſache dargeftellt haben. « 

Richter: „In dem Momente, als ich jenes Protokoll dik⸗ 
tirte, war e8 eine Gefühlsfache, ich habe meine Forderung 
aufgegeben, ich habe gedacht, wenn ich es als Kadeau erfläre, 
daß ich darüber am wenigften Auskunft zu geben hätte. Ich 
habe gebacht, wenn ich fage, es ift ein Kadeau, wird man 
mih am wenigjten behelligen fönnen, wenn man fich her⸗ 
beiläßt, die Bitte, mein Geſchaͤft gründlichit zu wterlusgen, 

on 


92 


zu erfüllen, man Die Weberzeugung finden werde, daß dieſes 
Geſchäft keine Veranlaſſnng gegeben bat, ein fo großes Opfer 
zu bringen, wie ich e8 durch die Berbältniffe gebracht Babe. 
Diefe Meberzeugung habe ich heute noch und ich Hoffe, daß es 
im Laufe der Schlußverhandlung gelingen wird, darzuthun, 
daß ich auf Grund meiner Gefchäfte fein fo bedeutendes Ka⸗ 
deau zu machen in ber Lage war.“ 

Borfigender: „Als Ihnen in dem 27. Vorhalte bedeu⸗ 
det wurde, daß Sie bei der erften Vernehmung nicht ganz auf⸗ 
richtig zu Werke gegangen, indem vorfommt, daß Gene: 
sal Eynatten für den Fall, ald Sie vernommen werben 
follten, Sie bat, zu fagen, daß Sie die 20.000 fl. nicht von 
ihm, fondern feiner Frau erhalten haben, antworteten -Sie: 
»Als ich die 25 Stüd kaufte, nahm ich mir gleich vor, daß 
ich die Differenzen meinerſeits tragen werde; « 

Richter: „Wenn nöthig, wie ich dieß fo eben gejagt 
babe. « 

Borfitender: » Hier aber ſteht buchftäblich: Ich nahm 
mir gleich vor, daß ich bie Mehrfoften auf mich nehmen 
iverde. « 

Richter: »Hoher Gerichtshof! Ich habe nicht gefagt, 
daß ich den früheren Vorbehalt zurüdnehme, fondern ich habe 
nur gelagt: »Tollte ich nicht bezahlt werben. « 

Vorſitzender: »Das müſſen Sie offenbar als Wider- 
fprüche erkennen, wenn Sie zuerft fagten: »ich nahm mir gleich 
vor, die Differenz felbit zu tragen und dann, daß Sie ſich erſt 
ſpäter hierzu entſchloſſen.“ 

Richter: „Ich bitte, als ich die Erklärung machte, babe 
ich immer vor Augen gehabt, nur, wenn es nöthig würde, 
auf meine Forderung zu verzichten. Ich beftehe übrigens nicht 
darauf, Diefe Forderung geltend zu machen. « 

Vorfitender: „Ih mug Ihnen bemerfen, daß Sie 
dieſen Vorbehalt nicht gemacht haben.« 

Richter: „Aber ich bin überzeugt, daß ich bei dieſer Ans 
gabe immer nur gedacht habe, wenn es „nöthige fei.« 

Borfigender: Halten Sie die Antwort 28 für richtig 
aufgenommen?« 

Richter: „Hoher Gerichtsäoft Nur mit dem Bufape : 


93 


„wenn nöthig,« es ift Dadurch meine frühere Erklärung 
nicht aufgehoben. « 

Vorſitzender: „Sie haben angegeben, daß Baron Eyn⸗ 
atten die erite Erwähnung über den Kauf von Aktien damals 
machte, wo der Kurs der Nordbahn-Aftien zu 130—133 ftand. 
Können Sie nicht ungefähr den Zeitpunkt angeben? « 

Richter: »Das wäre fihmwer.« 

Vorſitzender: »Es liegt bier ein Kurszettel vom 30. 
April vor, wo diefe Aftien auf 133 ftanden.« 

Richter: »Es mag um diefe Zeit geweſen fein. « 

Vorſitzender: „Die Anklage folgert aus diefen Gefprä- 
chen mit Baron Eynatten, daß Sie und Baron Eynatten 
über das Geben und Nehmen des Diehrbetrages des Kaufs 
preifes diefer Aktien fchon einveritanden geweſen fein mußten. « 

Richter: »Hoher Gerichtöhof! Ich betheure beim einzi- 
gen Gott, daß nie eine Sprache in dieſer Beziehung zwifchen 
und war, ich bin es mir und dem Andenfen bes Generals 
ſchuldig. So lange der Mann am Leben war, bielt ich ihn 
für meinen Schuldner, weil ich mir bis zum legten Augenblide 
gebacht habe, er werde fchuldlos hervorgehen, mweil er felbft 
um bie Unterjuchung gebeten hat.« 

Borfigender: „Ich muß beigerfen, daß die Höhe und 
Beichaffenheit dieſes Gefchenfes einem Manne gegenüber, wie 
General Eynatten war, einiges Bedenken erregen muß, ba 
man aus „Gefühl“e, wie Sie es nannten, ein Geſchenk von 
folcher Höhe weder gibt, noch Jemanden zumuthen kann, daß 
er es annehmen werde.“ 

Richter: „Hoher Gerichtshofl Ich bitte zu berückſichti⸗ 
gen, daß, als ich dieſe Erklärung machte, Baron Eynatten 
nicht mehr lebte. Ich wiederhole es, daß ich es erſt während 
der Unterfuchung zu einem »Kadeau“ machte; fo lange Gene 
zal Eynatten lebte, ſah ich in ihn immer meinen Schuldner. « 
Borfibender: „Kannten Sie nicht die mißlichen Ver⸗ 
mögensverhältnifie des Barons?“ 

Richter: „Bei meiner Stellung in Wien war ich voll 
auf beichäftigt, um mich nur über die Merkantilangelegenheiten 
einigerinaßen zu orientien, nich um andere Verhäliniffe zu bes 
fümmern, war mir nicht möglich. Es fiel mir auch nit Se, 
einen Mann, ben man durch Beitellung zum — 

⁊ 


— 


94 


Armee: Oberfommandanten den wichtigſten Bertrauens 
poften ber ganzen Monarchie möchte ich fagen anver⸗ 
traut hatte, in fernen Bermögensverbältnifjen fo zerrüttet 
zu halten.“ 

Hierauf wurde der an das Armee⸗Oberkommando ge⸗ 
richtete Erlaß vom 26. Jänner d. J. vorgeleſen, mit welchem 
in Folge allerhöchften Befehls die gerichtliche Unterſuchung ge⸗ 
gen Feldmarſchall⸗Lieutenant Baron Eynatten angeordnet 
wird, da ſich ergeben Hatte, »daß der benannte Feldmarſchall 
bei der Krebitanftalt in Wien ein bedeutendes Vermögen in 
Merthöeffekten erlegt hatte, welches feinen befannten Vermoͤ⸗ 
gensverhältniſſen widerfpricht. « 

Sodann wurde das erite Vernehmprotofoll des Barons 
Eynatten verlefen. In dieſem gibt derfelbe an, daß er 
nady ber Rückkehr von feiner Urlaubsreife einen Brief an Rich⸗ 
ter gefchrieben, diefem den Krebitbrief und mehrere frembe 
©eldmünzen beigefchloffen und erfucht habe, diefe Münzen als 
theilweife Abzahlung des in Anfpruch genommenen Kredits 
anzunehmen. Richter habe ihm hierauf ben Kuräzettel und 
ben. Depofitenjchein gefenbet. 

Meiter gibt Baron Eynatten in biefem Protofole an, 
daß bie bei der Kreditanfalt deponirten Werthpapiere Eigen⸗ 
thum feiner Gemalin feien, und theils aus der von ihr ges 
machten Erbichaft, theils von jenem Gelde heritammen, wel⸗ 
ches fie als Nadelgeld einige Tage vor ihrer Verheiratung im 
Betrage von 40.000: fl. erhalten habe. 

Ueber den Vorhalt, daß die vorliegenden Erhebungen, 
ein ſolches Vermögen feiner Gemalin nicht darthun, nad 
biefen vielmehr die Baronin Eynatten ſchon feit längerer 
Zeit bedeutende Summen fchulde, gab Baron Eynatten 
bieß als richtig zu, bemerkte aber, daß er erit im Jahre 1850 
bieß erfahren habe. Er geftand endlich in ber lebten Zeit feines 
Verwaltung durch Hermann Jung verführt worden zu fein, 
und daß er für die an Bafevi übertragene Ochienlieferung 
20.000 fl., fpäter für bie Auflöfung dieſes Vertrages 9000 fl., 
dann für ein an ein Triefter Haus für das Aerar übertragenes 
Lieferungsgefchäit 10.000 fl. in feinem Bureau zugezählt er⸗ 
halten und angenommen habe. 

Im Berlauf feines Verhors erzählte Baron Eynatten 


| 95 
auf welche Weife er mit H. Jung in Verbindung getreten. „Im 
Sahre 1855, fügte er, als ich in Verona war, babe ich erfahren, 
dag meine Frau fich wegen ihrer Schulden an Hermann Jung 
gewendet habe; diefer habe fich nämlich bereit erflärt,. mit ben 
Släubigern meiner Fran ein Arrangement zu treffen, was auch 
geſchehen, und weßhalb Jung öfter in mein Haus kam.« 

»Als ich, — Fährt Baron Eynatten im Protokolle fort, — 
bereits in Wien angekommen war, trat eines Tages Baſevi 
von Trieft in Begleitung des Jung in mein Bureau. Ich 
"Dachte anfangs, daß Jung nur als Dolmetfch mitgefommen 
fei, und erfuhr erſt fpäter fein Verhältnig zu Bafevi. Jung 
Hatte bei dem mit den Glänbigern meiner Iran getroffenen 
Arrangement einen tiefen Blid in meine VBermögensverhält- 
nifje geworfen und wurde zutraulich und eigentlich zudringlich, 
indem er meine Schwäche, d. i. meine Fürforge für meine 
Familie, kennen gelernt hatte. Er fagte, daß ich meinen Kin⸗ 
dern ein Vermögen verschaffen könnte, indem bei der Lieferung 
»Tantiemen« für meine Rinder entfallen würden unb fprach 
die Summe von 20.000 fl. ans. Die Verträge mit Bafevi 
wurden abgefchloffen und die Dchfen geliefert. « 

Inzwiſchen trat ber Waffenftillftand ein und die Schlachts 
ochfen hatten fich viberdieß an diefem Orte fo angehäuft, daß’ 
man empfindliche Verluſte zu erleiden anfing. Es wurden die 
Verträge mit Baſevi und anderen Lieferanten filtirt und fpäter 
die Kontrakte aufgelöſt. Inzwiſchen war Jung zumirgelommen, 
hatte 9000 fl. als Tantieme für meine Kinder gebracht und 
fpäter erhielt ich für bie Kontraftaufäfungs » Berhandlungen 
noch weitere 10.000 fl. K. M.« 

Weiters fagteBaron Eynatten aus: »daß er fchon feüber 
die Adficht hatte, Nordbahn- Aktien zu kaufen, jedoch den Rich- 
ter nicht anfprechen wollte. Seine Fran aber habe fich in bie 
MWohnungdes Herrn Richter verfügt, biefen um ben Ankauf von 
25 Stück Nordbahn⸗Aktien erſucht, und zugleich auch erklärt, daß 
fie exit im Juni in die Lage fäme, die Zahlung zu Teiften. Er 
erflärt, Daß Richter ein Ehrenmann fei, mit dem er in feinem 
Aräflichen Berhältniffe geftanden, und auf die Frage, warum er 
nicht. felbit den Richter anfprechen wollte, erwiederte er: »Ich 
wollte nicht, daß es ausſehe, ald würde ih ein Se: 
Shen? verlangen.« 


® 


66 


Der Bräfident ließ bierauf das Teftament des Baron 
Eynatten vorlefen; es lautet im Weſentlichen: „Oott, All 
mächtiger, fer meiner Seele gnäbig, er fiebt, daß ich biefe 
Bein nicht weiter zu ertragen vermag ; ich habe mich ſchwer 
vergangen und meine Familie in cine gräßliche Lage gebracht, 
Gott möge fie ftärken, daß fie ihr Unglüd ertrage ; fie werben 
für mich beten. Meine braven Söhne mögen nicht vergefien, 
dem Kaifer gute Dienfte zu leiften und zu zeigen, daß ihr Vater 
ihnen die Grundſätze ber wahren Soldatenehre beigebracht hat. « 
Nach einem Abfchiebe von feinen Verwandten und Freunden fagt er 
weiter: »Se. Majeftät der Kaifer wolle in feiner Huld und Onabe, 
Die ich leider verwirkthabe, meiner Familie und meinen Kindern 
nicht entgelten laſſen; ich habe ihm ja 46 Jahre treu gedient. « 
Seinen Gönner Windifchgräg, feine Freunde Slam, Rei⸗ 
ſchach, Wurm und Grüne bittet er, fidy feiner Kinder anzu⸗ 
nehmen, und den Doftor Gredler, als Mitvormund für dieſel⸗ 
ben einzutreten. Zum Schluffe verfügt er über einige Koſtbar⸗ 
feiten und fehließt mit der Bemerkung: »unnüßes Silber und 
alle derlei Gegenftände möge ®redler zu Gelde machen.“ 

Vorſitzender: „Was wirhier vorlefen gehört haben, ſchil⸗ 
dert ben Baron Eynatten in einer Wetfe, welche Fontraftirt mit 
ber Lobrede, die Sie ihm gehalten.« 

Nichter. „Ich habe ben Baron Eynatten nur in jener 
Weiſe kennen gelernt, in welcher ich ihn gefchildert, ich habe 
feine Samilienverhältniffe ftets für vollfommen geregelt gehal⸗ 
ten, weil mir nie ©elegenheit und Anlaß gegeben wurde, ihn 
anders zu beurtheilen, nnd ich muß annehmen, daß früher auch 
überall diefelte gute Meinung über diefen Mann eriftirt hat, 
nachdem man eritin der leßteren Zeitihn in Unterſuchung z0g.* 

Vorſitzender: „Diepolizeilichen Erhebungen haben dar⸗ 
getban, daß feine mißlichen Bermögensverhältniffe offenfundig 
waren. * 

Richter: „Ich bitte zu berüdfichtigen, daß ich erit feit 
‚April 1856 in Wien bin und meine Stellung mich verpflichtet, 
mich über die Merkantilfirmen zu unterrichten, und ich bin da 
oft nicht injtruist. Ich erfläre auf's beſtimmteſte, daß ich ben 
General für einen in ſeinen Familienverhaͤltnifſen wohl rangir⸗ 
ten Mann bielt, weil ex mir anders zu denken nie Veranlaſſung 

gegeben bat. “ 


97 


Vorſitzender: „Es tft aber in der Anklage geltend ge⸗ 
macht; daß man Ihnen felbit berlei Beitechungen zumuthen 
fönne, weil Sie felbit bezüglich gewifjer Feiner Remunera- 
tionen feinen Anftand nahmen, Ihre Leute zu autorifiren, die⸗ 
felben ohne Weiteres zu bemerkftelligen und ihnen fogar Verhal⸗ 
tungsregeln gaben.« 

Richter: »Es ift in diefer Beziehung hauptfädhlich von 
den Remunerafionen die Rede, welche mir von den Geſchaͤfts⸗ 
leuten vorgefchlagen wurden, und ich glaube, es liegt auch ein 
Brief des Krumbholz vor, in dem mir die Propofition gemacht 
wird, an die betheiligten Arbeiter u. f. mw. Remunerationen zu 
vertheilen. Ich glaube mich vor allem auf meine Antwort hier. 
auf beziehen zu müffen.* 


Vorſitzender (den Brief ; zur Hand nehmend):; »In die 
fen Briefe heißt ed: » Innerhalb acht Tagen wird der Reſt ber 
Lieferung übernommen, ich erfuche Sie daher mir zu fchreiben, 
welche Trinfgelder ich bei vollendeter Uebernahme an bie Leute 
geben folle, denn man fängt bereits an, mich allenthalben daran 
zu erinnern.“ Darauf antworten Sie am 18. Februar: „Ma- 
hen Sie mir über die Nemunerationen Ihre Vorfchläge.“ Hiers 
auf erhielten Sie einen Brief mit einem Zettel beigejchloffen, 
auf welchem die Namen Derjenigen verzeichnet waren, bie zu 
betheiligen wären. « | 


»Darauf fchrieben Sie am 22. November: « 


„Mit den Remunerationen können Sie nach Ihrem Vor⸗ 
fchlage vorgeben, aber dieſe Sache will fehr vorfichtig und zwar 
zumeift im Intereffe der betreifenden Perfonen behandelt fein, 
denn e8 hängen Griftenzen davon ab. Sch gebe, nachdem bie 
Sefchäfte beendet find und anfangs Feine Verſprechungen ges 
macht worben find, für gehabte Mühe gern Etwas her, aber 
es darf das Geben feinen anbern Charakter haben.« Hier ift die 
Bemerkung beigefügt: »Den Zettel habe ich vertilgt.« 
Hierauf erwiederte Ihnen Krumbholz am 23.: „Die Re- 
munerationsfrage habe ich in Ihrem Sinne erledigt.« 

Richter: „Ich habe nichts zu bemerken, als daß ich mich 
zur Veftätigung des Vorſchlages, wie er in meinem Brief ans 
gedeutet, berbeigelafien habe, nachdem die Lieferung, 
beendet und Fein Berfpreden vorher gemadıı wur 


98 


den ift, mithin die Betheiligten nicht in der: Lage 
waren, dafür einen Dienft zu ermweifen.« , 

Borfitender: „War der Betrag prägifirt?« 

. Ritter: „Ich erinnere mich nur, daß es ein Betrag 
von beiläufig 500 fl. gewejen. Ich war in der Regel erft, 
wenn die Korrefpondenz der Kreditanftalt erpedirt war, im 
Stande, meine eigene Korrefpondenz zu erpediren. Ich hatte 
für meine eigenen Geſchäfte fehr wenig Zeit und geftehe, daß 
ich das Verzeichniß nicht genau durchgeſehen habe, weil ich dachte: 
was Krumbholz vorſchlägt, wird paſſend fein; ich ſelbſt erin- 
nere mich weder an Die Ziffern, noch an die Berfonen; auch Babe 
ich mich nicht auf eine Rektifizirung eingelaffen, weil ich dem 
Krumbholz als Vertreter meines eigenen Gefchäftes die. ganze 
Angelegenheit übertragen hatte.« 

Vorfißender: „Waren Namen in dem VBerzeichniß?« 

Richter: »So viel id mich erinnere, waren Namen 
darin. 
Borfigender: „Wiffen Ste vielleicht, wer die Leute 
gewefen find?« 

Richter: „Ich erinnere mich deffen nicht.* 

Vorſitzender: „Kennen Sie vielleicht den Stand, den 
diefe Perfonen befleideten?« 

Richter: „Hoher Gerichtshof, ich weiß eg nicht. « 

VBorfigender: „Sie fagten: Jch habe Krumbholz gar 
nichts beftimmt, denn er war der Dann nmieinesBertrauens; « 
dann ſagten Sie, er folle ſehr vorfichtig fein, Die Sache fei ſehr 
gefährlich, »e8 hängen Eriftenzen ab;« wie erklären Sie dieß?« 

Richter: „Ich fehrieb diefes, weil ich mußte, das Je⸗ 
mand unglüdlich durch die Annahme eines Geſchenkes gemwor- 
den ſet 

Vorſitzender: »In der 110. Antwort bemerkten Sie: 
»Ich muß Sie umſomehr daran erinnern, als ich im Augen⸗ 
blick des Schreibeus es im Intereſſe der betreffenden Perſonen 
reiflich überlegt und abgewogen habe, deren Exiſtenzen davon 
abhaängen.“ | , 

Richter: »Ich kann mich nur erinnern, daß es fünf bis 
ſechs Perfonen betraf, ich glaube wohl, daß es Höhergeitellte 
waren, aber Charge und Namen zu nennen, bin ih nicht im 
Stande. « 


99 


VBorfigender: „Sie haben fi) auf einen gewiſſen Tal⸗ 
berg berufen. 

Richter: „Herren Talberg fenne ich nicht perſoͤnlich da 
unſer Perſonal zu Smichow ſehr beſchränkt iſt, hat mein Ge⸗ 
ſchaͤftsleiter durch ihn meine Stoffe übergeben laſſen.“ 

Vorſitzender: „Von dieſem Talberg iſt eine Rech— 
nung da, in welcher vorkommt für »Kadeaus« 583 fl.« 

Nichter: „Das wird richtig fein.“ 

i Borfigender: »Das war die Nemuneration, die Sie 
in Prag gegeben; tt in Stoderau und Graz Aehnliches vorge: 
fommen?« 

Richter: „In Graz nicht. In Stockerau erinnere ich 
mich bloß, daß mir Bayer von einem Loſe geſprochen hat, ich 
weiß nicht von 40 oder 100 fl., welches er einem Bedienſteten 

verfprochen; ich wiederhole nochmals, daß ich hierin feine 
ſtrafbare Handlung erblickte, weil das Gejchäft fchon vorbei 
und während deöfelben Feine Berfprechungen gemacht worden 
waren. « 

Vorſitzender: „Bedenken erregend iſt allerdings der Zus 
faß: »Den Zettel habe ich vertilgt.« 

Richter: „ES ift mir da der unglüdliche Maun wieder 
eingefallen, und ich habe gedacht, wenn man den Zettel findet, 
jo könnte e8 den Betheiligten Schaden bringen und ich habe 
ihn Daher in der beiten Abficht von der Welt vertilgt.« 

Borfigender: „Wie fonnte er Schaden bringen, wenn er 
jo unbedeutend war?« 

Richter: „Ich geftebe, ich habe au nichts Schlimmes 
dabei gedacht. « | 

Borfigender: »Bayer hatte die Uebergabe in Sto- 
derau, Brünn und Graz zu beforgen. Da liegt nun eine Rech⸗ 
sung über ein Kiſtchen Zigarren vor und es fcheint, daß biefe 
Zigarren eine eigene Beitimmung hatten, denm wären fle für den 
eigenen Bedarf Bayer's beitimmt gemefen, fo märe der Bei⸗ 
fab „für Graz« nicht nothwendig geweſen. Werner fommt ein 
Doften vor: »dem Meffer, Obermefler in Graz, 509 fl. 40 fr.« 

Richter: „Sch mwiederhole, ich batte Feine Beranlaffung 
in Betreff der Waaren in Graz eine Remuneration zu geben. « 

Vorfigender: „Ste fagten, daß Sie den Bayer ermäch⸗ 


100 


tigt hätten, den Arbeitern, weil fie Mühe und Plage hatten, 
etwas zu geben; aber für das erwähnte Los habe er keine Er, 
mädhtigung gehabt, er war nur bevollmädhtigt, Geſchenke zu 
machen, wenn etwas nothwendig fein follte. Später fagten Ste, 
Sie werden dieſe Spefennote nicht anerfennen, ba fie Bayer 
dazu nicht ermächtigt hätten. « 

Richter: „ch muß wiederholt aufmerkſam machen, daß 
ich zu Sefchente geben keine Beranlaffung hatte.“ 

VBorfigender: „Wir fommen zu einem weiteren Um⸗ 
ftande, welcher in der Anklage geltend gemacht wurde, nämlich) 
Ihre falfche Berantwortung über bie 20.000 fl. Hat ber 
Baron oder dieBaroninEynatten aufSie Einfluß genommen, 
wie Ste außfagen follen?« 

Richter: „Nein. * 

Vorſitzender: »Das wiberfpricht Ihrer früheren Aus; 
jage, wo Sie erflärten, daß der Feldmarſchall⸗Lieutenant vor, 
Ihrer erften Bernehmung Sie erfuchte, für den Fall, als Sie 
vernommen werden follten, zu fagen, daß Sie die 20.000 fl. 
nicht von ihm, fondern von feiner Frau erhalten, auch fagten 
Sie, daß Sie die Fran Baronin einige Male nach der erften 
Dernehmung befucht haben; wie klaͤren Sie mir dieſe Wider⸗ 
fprüche auf?« 

Richter: „Ich habe nicht die polizeiliche, fondern bie ftraf⸗ 
gerichtliche Vernehmung gemeint.“ 

Vorſitzender: „Sie haben aber mit voller Beſtimmt⸗ 
heit gelagt, daß nicht Baron Eynatten, fondern feine Frau 
Ihnen mitgetheilt habe, was fie bei ihrer gerichtlichen Ver⸗ 
nehmung ausfagte und Sie erjuchte, basfelbe anzugeben. Auf 
meine Frage, ob Baron Eynatten gebeten habe, haben Sie 
ſchnell mit einem „Nein« geantwortet.* 

Richter: „Ich babe bier bloß die Vernehmung vor Ges 
richt in Augen gehabt, welche ben 3. Jänner geichehen ift.« 

Vorfitender: „Aber heute fagten Sie, daß der Baron 
zu Ihnen gekommien fei.« 

Richter: „Da müßte ich faljch verftanden worden fein.* 

Es wurde nun die polizeiliche Ausfage des Richter am 
17. Dezember vorgelefen. 

Vorſitender: »In diefer Ausiage haben Sie ten üms 


‚101 


Hand beftätigt, daß Baron Eynatten dieſe Effetten Ihnen am 
4. Dezember gegeben habe.« 

Richter: »Er hat mir den Depofitenfchein gegeben mit 
der Bitte, ich möge die Koupens abfchneiden und bamit feine 
Schuld aus dem Kreditbriefe bezahlen « 

Vorſitzender: „Olauben Sie nicht, daß es angemeſſe⸗ 
ner geweſen wäre, nachdem Sie wußten, daß die Behörde Nach⸗ 
forſchungen über die Geldverhältniffe des Baron Eynatten 
pflege, zu jagen: »Diefe Effeften find noch in meinen Händen. « 

Richter: »Ich geftehe, ich habe mir nur vorgenommen, 
die Koupons abzufchneiden, und dann fogleich Die Werthpapiere 
zurüczufchicen. Ich hatte biefelben in mein Pult gelegt unt 
daran gar nicht mehr gedacht, bis ich einvernommen worden 
war, worauf ich mich beeilte, Die Papiere an die Baronin 
zu ſchicken.“ 

Der Borfigende ließ hierauf das beim Landesgerichte zu 
Wien aufgenommene Protokoll vom 3. Jänner vorlefen, worin 
die Art und Weife bes Ankaufes der 25 Stück NordbahnsAttien 
näher bezeichnet wirb. Die Frau Baronin Eynatten fei näm- 
lich zu Richter gekommen und habe ihn gefragt, wie fie ihr 
Meines Kapital am beften anlegen koͤnne. Da Richter ihr Nord⸗ 
bahn-Aftien anrietb, fo fragte fie ihn, wie viel Geld fie brauche, 
um 25 Stüd zu faufen. Richter fagte: 33— 35.000 fl. — 
Richter ließ nun die 25 Stüd Aktien durch die Anftalt auf 
der Börfe kaufen, und als »ſie ihm 35.000 fl. einhändigte*, 
fhidte er Die 25 Stüd Nordbahn⸗Aktien durch feinen Diener. 
Woher fie die Barfchaft hätte, habe fie ihm (dem Richter) 
nicht gejagt, und diefer babe auch feinen Anlaß gefunden, 
darnach zu forjchen. 

Vorſitzender: „Was ift unrichtig in dieſem Protofolle?« 

Richter: „Unrichtig ift, dag ich 35.000 fl. bekommen 
habe, denn ich babe nur 20.000 fl. befommen; unrichtig if, 
daß mich bie Baronin Eynatten im Juni befuchte, denn fie 
kam erſt am 21. Dezember zum erſten Dale zu mir; unrichtig 
ift auch, daß die Baronin Eymatten mir biefelben eingehän- 
digt bat; Baron Eynatten war ed, ber fie mir eingehändigt 
hatte.« 

Borfigender: Haben Sie mit. der Baronin auch über 

die zweite Bernehmung geſprochen ?* 


102 


Richter: „Dkit ihr nicht, ich theilte das Mefentlichite 
meiner Ausfage nur dem ©eneral Eynatten mit, ber fi 
äußerte: „Erlauben Sie, das will ich mir auffchreiben. « 

Vorſitzender. „Zu welchen Zwede erfolgte dieſe Aufs 
fehreibung ?« 

Richter: »Das hat er mir nicht gefagt.« 

DBorfigender: „Sie müffen wohl zugeben, daß Sie auf 
dem beiten Wege waren, durch Ihr Benehmen die Behörde 
irre zu führen. « 

Richter: „Hoher Gerichtähof! Ich geitebe, daß ich an 
eine ftrafbare Handlung gar nicht gedacht habe; ich war von 
der Unfchuld des Generals überzeugt. * 

Borfigender: „It diefer Ihr Glaube durch die Zumus 
thung, falſche Ausſagen zu machen, nit wankend gemadıt 
worden? « 

Richter: „Auf den Punkte, wo ich heute ſtehe, fühle 
ich allerdings, daß ich wanfend hätte werben follen, aber das 
mals bin ich nicht wankend geworden.« _ 

Vorſitzender: „Mußten Sie nicht glauben, daß eine 
Ausfage von Ihnen, mit Rückſicht au Ihre Stellung, Anfprud 
auf Glaubwürdigkeit hatte?« 

Richter: »Ich babe nicht daran gedacht, durch meine 
Ausfage eine gerichtliche Unterfuchung zu vereiteln.« | 

Vorſitzender: „Wusten Sie von den Gerüchten, die über 

Baron Eynatten im Umlaufe waren, und welche waren e8?« 
Richter: »Ich babe gehört: ber General fei mit unge: 
beuren Summen durchgegangen, habe enorme Beträge in bie 
englifche Bank gefendet, und berlei Mehreres, was ich von 
vornherein für unmöglich hielt.« Ä 

Der Borligende lieft nun hierauf die Ausfage ber Baronin 
Eynatten vor, in welcher er ſelbſt von den über ihn in Umlauf 
gefegten Gerüchten ſpricht; die hierauf bezügliche Stelle Tautet: 
„Als ich von meiner Urlaubsreife durch meine Gattin auf teles 
graphifchem Wege zurüdiberufen wurde, erfuhr ich, daß meine 
Stelle befeßt fei, und mich beftimmmte, bei Sr. Majeſtät bie 
Prüfung meiner Amtshandlung zu erbitten. Die wiber nid 
in Umlauf gewefenen ®erüchte Tauteten dahin, daß mir bie 
Krebitanftalt einen Kreditbrief über mehrere taufend Gulden 
geſchenkt daß ich von verſchiedenen Lieferungen Aber 50 00 4. 


103 


Tantieme bezogen, und daß ich aus Anlaß ber Zerealienge 
fchäfte von ber Kreditanftalt vier Millionen Gulden erhalten 
babe.« 

VBorfigender: „Die Staatsbehörde folgert einen weite: 
sen Verdachtsgrund aus Ihrer falfchen Verantwortung und 
dDieß mit um fo größerem Rechte, ba diefe faljche Berantwors 
tung gerade den wichtigiten Gegenſtand, nämlich den Mehr⸗ 
betrag von 26.000 fl., betrifft, welchen Sie auf die 25 Stüd 
Nordbahn⸗Aktien, Die Sie der Iran Baronin v. Eynatten zur 
Verfügung geftellt, hergegeben haben, und das Geſetz findet eben 
darin, daß fich Jemand falfch verantwortet, einen Verdachts⸗ 

grund.« 
| Richter: »Ich kann mich nur bier wieder auf meine 

erfte Ausfage berufen, es ift eine Schwachheit, ja geradezu 
eine Dummheit von mir geweſen, daß ich ihrer Bitte nach⸗ 
gigeben. Es war aber damit feine fchlimme Abficht verbunden, 
denn ich habe immer an die Schuldlofigteit des Barons von 
Epnatten geglaubt. Ich habe in dem Umftande, daß zwifchen 
mir und ihm fein frafbares Verhältusß ftattfand, eine Beruhi⸗ 
gung gejucht.« 

Borfigender: „Wie konnten Sie an feine Schuldlofig- 
feit glauben, da er Sie jelbit aufgefordert hat, falfch auszus 
jagen? 

Richter: »Es iſt ja richtig, daß er mir die Papiere im 
Namen feiner Iran gegeben hat. « 

Vorſitzender: „Sie nehmen die Sadye fo leicht, als 
wenn es ſich bloß um eine Differenz von geringem Belange ge 
handelt hätte. Ich jehe mich veranlapt, eine Aeußerung, bie . 
Sie in der Vorunterfuchung angegeben, Ihnen in Erinnerung 
zu bringen. Sie fagten nämlich: „Wenn ich meine gefammte 
Wirkſamkeit Überblicke, fo erinnere ich mich mit Scham an bie 
unrichtige Angabe, bie25 Stuͤck Nordbahn⸗Aktien betreffend, und 
biefer wegen bitte ich Gott und das Gericht um Verzeihung.“ 

Richter: »Das ift ber Moment, ben ich, wie ich bereits 
erwähnt, allein zu beflagen habe, ich wiederhole es, daß mich 
hiebei keine böje Abficht leitete, und ich hoffe, daß die Ders 
handlung darthun werde, daß ich auch Feine Urfache hierzu ges 
habt habe.« 

Borftgenber: »Sie behaupten, dap Sie Wer Id 


104 


Stüd durch Ihren Diener der Baronin v. Eynatten juges 
ſchickt haben. Die Anklage Dagegen behauptet das Gegentbeil.« 

Richter: »Ich weiß beftimmt, daß ich am 16. Juni 
‚Abends meinem Diener ein Padet gegeben babe, mit dem Auf- 
trage, daßfelbe in das mir von Eynatten als feine Wohnung 
angegebene Haus zu tragen. Ich glaube auch ben Diener ges 
fragt zu haben, wem er e8 übergeben, und daß er mir hierauf 
zur Antwort gab: „Einer Frau.“ 

Vorfigender: „Haben Sie fi) darüber nicht näher 
erkundigt, ba es fich doch um Feine Kleinigkeit hHaudelte?« 

Richter: „Hoher Gerichtshofl Der Diener ift bereite 
30 bis 40 Jahre alt. Er war ſtets fehr verläßlich und treu — « 

Borfisender (Richter unterbrechend): »Ich Habe damit 
kein Mißtrauen gegen ben Diener ausfprechen wollen; aber mir 
däucht wohl, daß Sie gegründete Urfache gehabt hätten, fich zu 
verfichern, ob die Papiere auch in die rechten Hände gelangt 
feien?« 

Richter: »Ich habe wohl eine Beſtätigung bierüber 
erwartet, begnrügte mich jedoch ınit der Aeußerung bes Dieners, 
das Padet abgegeben zu haben.« 


Vorſitzender: „Wir werben fpäter Gelegenheit haben 
zu hören, ob die Sache fih wirklich fo verhalte. Auch find in 
diefer Beziehung Nachforfchungen bei Perſonen angeftellt wor⸗ 
den, welche während dieſer Zeit im Baron v. Eynatten’fchen 
Haufe bedienftet waren, aber alle äußern ſich negativ.* 


Es wurden hierauf die begüglichen Erhebungen vorgelefen. 

Borfigender: „Hier liegt eine Betätigung in Briefform 
in einem Konvert eingefchloffen, folgenden Inhaltes vor: »Ich 
beftätige biemit, daß ich ein Padet von Werthpapieren erhal- 
ten habe. Wien, den 20. Dezember 1859. B. v. E.« Weflen 
Handſchrift ift die auf dem Kouvert befindlihe?« 

Richter: „Das iit die Schrift von meinem volkswirth⸗ 
fhaftlihen Beirath Bayer. Ich habe biefes Schreiben mur 
zufällig in diefes Kouvert geftedt, denn ich wollte der Behörbe 
gegenüber eine Beitätigung haben, daß dag ganze Depot, das 
in ben Händen der Kreditanftalt gemwefen, richtig wieder zurück⸗ 
gelommen ift.« 


Dorfigender: „Ih muß Ihren vorbalten, daß Sie 


106 
ih gerade über diefe Empfangsbeſtaͤtigung nicht genügend 
gerechtfertigt haben. Sie verlangten damals, ald Sie ber 
Frau Baronin Eynatten bie Aktien zufenbeten, feine Be⸗ 
ftätigung, fpäter aber, als Sie die über den Kreditbrief depo⸗ 
nisten Papiere ausfulgten, da verlangten Sie eine foldhe.« 

Richter: „Ed war mir bauptfächlich darum zu thun, 
nebft den Nordbahn- Aktien aud über die anderen Papiere eine 
Beftätigung zu erhalten. « 

Vorſitzender: „Hier iſt aber nichts von den anderen 
Papieren erwähnt, die Betätigung lautet ganz fummarifch 
und enthält Feine Spezififation.« 

Richter. »Für mich war das genug.« 

Vorſitzender: „Sie wollten aber, wie Sıe gerade früher 
bemerften, eine Beitätigung der Behörde gegenüber, und dieſe 
ift doch fürwahr nicht genügend.« 

»Mir kommen nun auf ben Umitand, daß Sie 25 Stüd 
Aktien und Ihren Antbeil daran vor der Behörde verheimlicht 
baben, nämlich) dadurch, daß Sie diefelben auf einen fingirten 
Namen, und zwar aufden Namen #3. Ritter« eintragen 
ließen. « 

Richter: »Von dem Augenblide an, als ich mir vorgenom- 
men hatte, die vollen 25 Stüd der Frau Baronin zuzufenden, 
. babe ich bie Aktien für mich Faufen laffen. Es fommt öfter vor, 
bag man fich nicht des eigenen Namens bedient und es bat Dieß 
nicht die geringften Folgen. Sch war ja der Käufer und nicht ber 
General v. Eynatten, und barin liegt Daher auch keine Ver⸗ 
heimlichung.“ 

Vorſitzen der: »Warum haben Sie dann nicht Ihren eige⸗ 
nen Namen gewählt?« 

Richter: „Man will das nicht immer. Auch überließ ich 
die VBerbuchung dem Direktor Schiff. 

Vorſitzender: „Auf diefe 25 Stück Nordbahn find aber 
nur 20.000 fl. bezahlt worden, und Sie haben das Depot 
ohne Weiteres behoben. * 

Richter: „Ich bin dafür der Kreditanftalt in Haftung. 
Das kommt oft vor.« 

Vorſitzender: „Läßt fich ein Paragraph der Statuten ber 
Kreditanftalt dafür geltend macden?« 

Richter: »Das bat, ſich in der Praris herqusgeſtellt. 


106 

Borfigender: „Bis zu welchem Betrageift man berechtigt, 
Depots ohne Dedung an fich zu ziehen?« 

Richter: »Es befteht darüber gar feine Verordnung. * 

Vorſitzender: „Es wird auch vorkommen, daß Sie dieſes 
Depoſitum längere Zeit bei ſich hatten?« 

Richter: »Ja, vom 4.— 20. Dezember. Erſt nachdem 
id) vernommen worden war, dachte ich mir: »Du mußt dich 
tummeln, daß du die Papiere dahin bringft, wohin fie gehören. « 
Ich ſchnitt alfo an dbemfelben Tage die Koupons ab und ftellte 
am folgenden Tage die Papiere zurüd « 

Borfigender: „Warum fagten Sie bei Ihrer Verneh⸗ 
mung nicht, daß diefes Depofitum noch in Ihren Händen fei?« 
Richter: „Ich bin darüber nicht gefragt worden.« 

Borjitender: »Es Eingt der Grund durchaus nicht 
plaufibel, daß Sie nur deßhalb die Werthpapiere zurückhielten, 
um die Koupons abzufchneiden.« 

Richter: „Hätte ich auf etwas Anderes abgezielt, fo 
hätte ich die Papiere fofort zurüdgefchidt. Ich babe fie mir 
nur dephalb zurüdbehalten, damit ich die Koupons zur Ausglei⸗ 
hung verwenden könne. Ich kann auch den Nachweis liefern, 
daß diefe Koupons dem Hauptkaſſier Eder übergeben worden 
find. « 

Vorſitzender: „Sie find ferner ald Zeuge vernoms 
men worden und ed wurde Ihnen bie Erinnerung gemacht, 
daß Sie über Alles die reine Wahrheit angeben follen. Wie 
kommt e8, Daß Sie über einen fo erheblichen Buntt eine unwahre 
Ausſage machten?« 

Richter: »Es war eine Schwäche von mir, daß ich der 
Bitte der Baronin v. Eynatten nachgegeben habe.“ 

Vorſitzender: »Es kann nicht bloß Schwäche fein, da 
Sie auf die Folgen einer ſolchen unwahren Ausfage aufmerk⸗ 
ſam gemacht worden find. Wie konnten Sie ſich zu einer. fol 
hen »Schwäche« hinreißen lafien?« 

Richter: „Nur in Hinblid, dag ich den Baron von Ey⸗ 
natten für ſchuldlos hielt und ich am meiſten in der Lage 
war, das Wahre an den umlaufenden Gerüchten zu kennen, 
konnte ich fo ſchwach fein.« 

Stantsanwalt: „Sie haben ſich auch erboten, Ihre 
Ausſagen zu beſchwören. Hätten Sie auh aus Schwäde 





107 


oder Dummheit — mie Sie e8 nannten — ſich berbeigelaffen 
einen falfchen Eid abzulegen?« 

Richter: „Gewiß nicht. « 

Staatsanwalt: „Sie haben verfehiebene Angaben über 
ben Ort gemacht, wo Ihnen Herr Baron v. Eynatten bie 
20.000 fl. übergeben.« 

Richter: „Ich glaube im Armes Obertommanbo. « 

Staatsanwalt: „Ihre Ausfage in der VBorunterfuchung 
lautete: »in Ihrem Bureau.« Sie haben aber heute ausbrüd- 
lich erflärt, daß Baron von Eynatten nie bei Ihnen war.“ 

Richter: »Ich fagte, daß er nie in meine: Wohnung 
geweſen.“ 

Der Schriftführer beitättigt biefen Umftond. 

Staatsanwalt: „Warum haben Ste aus Ihrer eiges 
nen Kaffe die Einzahlung geleiftet? Warum haben Sie nicht 
gewartet, bi8 Baron von Eynatten diefe Papiere Ihnen 
bringt ?« 

Richter: „Meil ich der Kreditanitalt gegenüber diefen 
Poſten nicht leer laſſen wollte.« 

Staatsanwalt: „Iſt nicht davon die Rede gewefen, 
bag man die25 Stück auch auf andere Weife bekommen kännte? 
3.3. Daß man die wirklich eingelauften und bezahlten Afs 
tien deponirt, in Koft gibt, und für.den auf diefem Wege erhals 
tenen Betrag weitere Aktien eintauft?« 

. Richter: „Dann wäre er ein Spekulant gewefen. Er 
wollte aber bloß den rechtlichen Theil deden mit den andern 
Staatspapieren, die verkauft werben follten.« 

(Hier wurde die Verhandlung am erftien Tage abgebrochen, und 
die Fortſetzung auf den nächſten Vormittag neun Uhr feftgefegt.) 

Vorſitzender: „Wollen Sie mir, Herr Richter, Folgen⸗ 
des aufklaͤren: Es liegt ein Brief von Krumbholz vor, in wel⸗ 
chem die Aeußerung vorfemmt: »Man fängt bereits an, mich 
allenthalben an die Oeſchenke zu erinnern.«“ Wenn ich Jeman⸗ 
den erinnere, fo febt dieß eine frühere Zufage voraus.x 

Richter: »Davon war nie die Rebe. * 

Vorſitzender. „Wie konnte er fagen: „Man fängtan 
mid zu erinnern.« 

Richter: „Darüber mußfih Ktumbholz verantworten. 

8 


Stüd durch Ihren Diener der Baronin v. Eynatten zuge 
ſchickt haben. Die Anklage dagegen behauptet das &egentbeil.* 

Richter: »Ich weiß beſtimmt, daß ih am 16. Juni 
‚Abends meinem Diener ein Padet gegeben habe, mit dem Auf: 
trage, dasjelbe in das mir von Eynatten als feine Wohnung 
angegebene Haus zu tragen. Ich glaube auch ben Diener ges 
fragt zu haben, wem er ed übergeben, und daß er mir hieranf 
zur Antwort gab: „Einer Frau.“ 

VBorfigender: „Haben Sie fi) darüber nicht näher 
erkundigt, da es fich doch um Feine Kleinigkeit hHandelte?« 

Richter: „Hoher Gerichtshof! Der Diener iſt bereits 
30 bis 40 Jahre alt. Er war ftetö fehr verläßlich und treu — « 

Borfigender (Richter unterbrechend): »Ich habe damit 
fein Mißtrauen gegen ben Diener ausfprechen wollen; aber mir 
daucht wohl, daß Sie gegründete Urjache gehabt hätten, fich zu 

verfichern, ob die Papiere auch in die rechten Hände gelangt 

feien?« 

Richter: »Ich habe wohl eine Betätigung hierüber 
erwartet, begnügte mich jedoch mit der Aeußerung des Dieners, 
das Packet abgegeben zu baben.« 


Vorfigender: „Wir werben fpäter Gelegenheit Gaben 
zu hören, ob die Sache fi wirklich fo verhalte. Auch find in 
diefer Beziehung Nachforfchungen bei Perfonen angeftellt wor⸗ 
den, welche während diefer Zeit im Baron v. Eynatten’fchen 
Haufe bedienftet waren, aber alle äußern fich negativ. « 


Es wurden hierauf die begüglichen Erhebungen vorgelefen. 

Borfigender: „Hier liegt eine Betätigung in Briefform 
in einem Kouvert eingefchloffen, folgenden Inhaltes vor: „Ich 
beitätige biemit, daß ich ein Padet von Wertbpapieren erhals 
ten habe. Wien, den 20. Dezember 1859. B. v. E.« Weſſen 
Handſchrift iſt die auf dem Kouvert befindliche?« 


Richter: „Das iſt die Schrift von meinem volkswirth⸗ 
ſchaftlichen Beirath Bayer. Ich habe dieſes Schreiben nur 
zufällig in dieſes Kouvert geſteckt, denn ich wollte der Behörde 
gegenüber eine Beſtätigung haben, daß das ganze Depot, das 
in den Händen der Kreditanftalt geweſen, richtig wieder zurück⸗ 
gekommen ift.« 


Vorſitzender: „Ich muß Ihnen vorhalten, daß Sie 


106 
fih gerade über diefe Empfangsbeitätigung nicht genügend 
gerechtfertigt haben. Sie verlangten damals, ald Sie der 
Frau Baronin Eynatten die Aktien zufendeten, feine Be⸗ 
ftätigung,. fpüter aber, als Sie die über den Kreditbrief depo- 
nitten Papiere ausfulgten, da verlangten Sie eine ſolche.“ 

Richter: »Es war mir hauptfächlih darum zu thun, 
nebft den Nordbahn- Aktien auch über die anderen Papiere eine 
Betätigung zu erhalten.“ 

Vorſitzender: „Hier ift aber nichts von den anderen 
Bapieren erwähnt, die Beltätigung lautet ganz ſummariſch 
und enthält feine Spezififation.« 

Richter. »Für mich war das genug.« 

Borfigender: „Sie wollten aber, wie Sıe gerade früher 
bemerften, eine Beitätigung der Behörde gegenüber, und Diefe 
ift Doch fürwahr nicht genügend.“ 

»Wir kommen nun auf den Umftand, daß Sie 25 Stüd 
Aktien und Ihren Antbeil daran vor der Behörde verheimlicht 
baben, nämlich dadurch, daß Sie diefelben auf einen Aingirten 
Namen, und zwar aufden Namen »J. Ritter« eintragen 
ließen. « 

Richter: »Von dem Augenblide an, als ich mir vorgenom⸗ 
men hatte, die vollen 25 Stüd ber Frau Baronin zuzufenden, 
. babe ich die Aktien für-mich kaufen laffen. Es fommt öfter vor, 
daß man fich nicht des eigenen Namens bedient und es hat dieß 
nicht die geringften Folgen. Ich war ja der Käufer und nicht der 
General v. Eynatten, und barin liegt Daher auch Feine Ver- 
heimlichung.“ 

Vorſitzen der: »Warum haben Sie dann nicht Ihren eige⸗ 
nen Namen gewählt?« 

Richter: »Man will das nicht inımer. Auch überlieh ich 
die Verbuchung dem Direktor Schiff.« 

Vorſitzender: „Auf dieſe 25 Stück Nordbahn find aber 
nur 20.000 fl. bezahlt worden, und Sie haben das Depot 
ohne Weiteres behoben. « 

Richter: »Ich bin dafür der Kreditanftalt in Haftung. 
Das fommt .oft vor.« 

Borfitender: „Läßt fich ein Paragraph der Statuten der 
Ren dafür geltend maden?« 

. Richter: »Das bat, ſich in der Brasıa verooexe 


106 
Borfigenber: „Bis zu welchem Betrageift man berechtigt, 
Depots ohne Dedung an fi zu ziehen?« 

Richter: »Es beiteht darüber gar Teine Verordnung. * 

Vorſitzender: „Es wird auch vorkommen, daß Sie dieſes 
Depoſitum längere Zeit bei ſich hatten?« 

Richter: »Ja, vom 4.— 20. Dezember. Erſt nachdem 
ich vernommen worden war, dachte ich mir: »Du mußt dic 
tummeln, daß du die Papiere dahin bringft, wohin fie gehören.* 
Ich fehnitt alfo an demfelben Tage die Koupons ab und ſtellte 
am folgenden Tage die Papiere zurüd « 

Borfigender: „Warum fagten Sie bei Ihrer Verneh⸗ 
mung nicht, daß dieſes Depofitum noch in Ihren Händen fei?« 
Nichter: „Ich bin darüber nicht gefragt worden.« 

Vorſitzender: „ES Hingt der Grund durchaus nicht 
plaujibel, dag Sie nur deßhalb die Werthpapiere zurückhielten, 
um die Koupons abzufchneiden.« 

Richter: „Hätte ich auf etwas Anderes abgezielt, fo 
hätte ich die Bapiere fofort zurüdgefchidt. Ich habe fie mir 
nur deßhalb zurüdbehalten, damit ich die Koupons zur Ausgleis 
hung verwenden fünne. Ich kann auch den Nachweis liefern, 
daß diefe Koupons dem Hauptfaffier Eder übergeben worben 
find. « 

Borfigender: „Sie find ferner als Zeuge vernoms 
men worden und ed wurde Ihnen bie Erinnerung gemacht, 
daß Sie über Alles die reine Wahrheit angeben follen. Wie 
kommt es, daß Sie über einen fo erheblichen Punkt eine unwahre 
Ausfage macıten?« 

Richter: »Es war eine Schwäche von mir, baß ich der 
Bitte der Baronin v. Eynatten nachgegeben habe. « 

BVorfißender: »Es kann nicht bloß Schwäche fein, da 
Sie auf die Folgen einer jolchen unwahren Ausfage aufmerk⸗ 
ſam gemacht worden find. Wie konnten Sie ſich zu einer. fol 
hen »Schwäche« hinreißen lafien?« 

Richter: »Nur in Hinblid, daß ich den Baron von Ey 
natten für fchuldlos hielt und ich am meiften in der Lage 
war, das Wahre an den umlaufenden Gerüchten zu Tennen, 
konnte ich fo ſchwach fein.« 

Staatsanwalt: „Sie haben ſich auch erboten, Ihre 
Ausfagen zu bejchwören. Hätten Sie auh aus Schwäde 


107 


oder Dummheit — wie Sie es nannten — fich berbeigelaffen 
einen falfchen Eid abzulegen?« 

Richter: „Gewiß nicht. « 

Staatsanwalt: „Sie haben verfchiedene Angaben über 
ben Ort gemacht, wo Ihnen Herr Baron v. Eynatten bie 
20.000 fl. übergeben. « 

Richter: »Ich glaube im ArmeesObertommanbo. « 

Staatsanwalt: „Ihre Ausfage in der Borunterfuchung 
lautete: »in Ihrem Bureau.« Sie haben aber heute ausbrüd- 
lich erflärt, daß Baron von Eynatten nie bei Ihnen war.“ 

Richter: »Ich fagte, baß er nie in meinen Mohnung 
gemejen. « 

Der Schriftführer beitättigt biefen uUmſtanb. 

Staatsanwalt: „Warum haben Sie aus Ihrer eige⸗ 
nen Kafle die Einzahlung geleiftet? Warum haben Sie nicht 
gewartet, bis Baron von Eynatten diefe Papiere Ihnen 
bringt?« 

Richter: „Weil ich der Kreditanitalt gegenüber biefen 
Poſten nicht leer lafien wollte. « 

Staatsanwalt: „Iſt nicht davon die Rebe gewefen, 
dag man die25 Stück auch aufandereWeife bekommen könnte? 
3.3. Daß man die wirklich eingefauften und bezahlten Ak⸗ 
tien deponirt, in Koft gibt, und für den auf dieſem Wege erhals 
tenen Betrag weitere Aktien einfauft?« 

Richter: „Dann wäre er ein Spekulant gemwefen. Er 
wollte aber bloß den rechtlichen Theil deden mit den andern 
Staatspapieren, die verkauft werden follten.« 

(Hier wurde die Verhandlung am erſten Tage abgebrochen, und 

die gostfegung auf den nädhiten Vormittag neun Uhr feftgefeßt.) 

Borfigender: „Wollen Sie mir, Herr Richter, Folgen⸗ 
bes aufklären: Es liegt ein Brief von Krumbholz vor, in wel- 
chem die Aeußerung vorfommt: „Dan fängt bereits an, mich 
allenthalben an die Geſchenke zu erinnern.« Wenn ich Jeman⸗ 
ben erinnere, fo feßt Dieß eine frühere Zulage voraus.« 

Richter: »Davon war nie die Rede. « 

Vorfigender. „Wie fonnte er fagen: »Man fängtan 
mich zu erinnern.« 

Richter: „Darüber mußfid Krumbbhoiy veraniwerien. 

8 


&8 liegt meine Korrefpondenz mit ihm vor unb eö wird. in 
diefer Beziehung darin kaum etwas vorgekommen fein.« 

Borfigender: „Die Anklage macht als einen weiteren 
Beleg für ihre rechtliche Befchuldigung bezüglich der Beſte⸗ 
chung eine Reihe von Lieferungsgefchäften geltend, aus wel⸗ 
chen, wie dieſelbe behauptet, hervorleuchtet, daß nur die befon- 
dere Gunſt des Baron Eynatten ed war, welche Sie auszus 
beuten wußten, zwar nicht in einer an fich firafbaren, aber 
boch in eigennübiger, unpatriotifcher Weife. Die Anklage Inüpft 
die weitere Yolgerung daran, daß eben bie Beitechung das 
Mittel war, diefe Gunft zu erreichen. Es ift geftern hervorge⸗ 
hoben worden, daß allerdings die Uebergabe der 25 Stüd 
Nordbahn- Aktien für den Betrag von 20.000 fl. erft am 
16. Juli erfolgte; e8 wurde aber, wie bereits in der Anklage 
angedeutet ift, bemerkt, Daß bezüglich dieſes Geſchäftes "bereits 
eine frühe Verabredung ftattgefunden hat; daß Baron Eyn- 
atten fchon zur Zeit, wo die Nordbapn- Aktien L30— 131 ftanr 
ben, Sie erfucht hat, 25 Stüd zu faufen; das. geichab circa 
Ende April und Anfangs Mai, alfo zu einer Zeit, mo Baron 
Eynatten durchaus nicht in der Lage. war, über eine folche 
Summe zu disponiren, und daraus wird gefolgert, Daß Sie 
fchon früher damit. einverftanden waren, ſich der Beſtechung 
als Mittel zu bedienen, um die Ounft des Baron Eynatien 
zu erwerben. « 

Richter: „Hoher Gerichtshof! Ich hoffe im Laufe der 
Verhandlung nachweifen zu können, daß ich Feine illoyalen 
Abſichten bei dem Geſchäft verfolgt habe und. daß ich ben 
Pflichten eines redlichen Induſtriellen und Unterthans nachge⸗ 
kommen bin. Ich habe ſonſt im Allgemeinen nichts zu bemerken, 
weil ich von der Abſicht ausgehe, daß ich bei allen einzelnen 
Punkten, welche in der Anklage aufgeführt ſind, Gelegenheit 
finden werde, mich äußern zu können.“ 

Vorfitender: „Die Anklage hebt hervor, daß Eie bei 
den Lieferungsgefchäften in vierfacher Eigenfchaft, nämlidy als 
Bertreter ber Kreditanftalt, als Agent, als felbfiftändiger Lie- 
ferant und als Rathgeber bes Armee-Oberfommanbos aufs 
getreten find.« 

Richter: »Als Rathgeber des Armee⸗Oberkommandos 
din ich aufgetreten, wenn man wid gektogt Katz ich habe in 


109 
ſolchen Fällen meine Abjicht offen mitgetheilt. Ich bin ferner 
jelbft Induftrieler, und ich habe diefe Stelle in meiner Eigen» 
fchaft als Hauptdirektor der Kreditanſtalt nicht aufgegeben, und 
daher lag es in meinem Berufe, Geſchäfte in Baumwellſtoffen 
abzuſchließen.“ 

Vorſitzender: „Haben ſich Ihre Rathſchlaͤge darauf er⸗ 
ſtreckt, zu bevorworten, daß irgend eine Lieferung angenommen 
werbe?« 

Richter: »Ich erinnere mich deſſen nicht; in der Regel 
wurde ich nur über meine Anfichten hinfichtlich der Bekleidungs⸗ 
jtoffe und über Gegenjtände, die in mein Sach fchlagen, befragt. * 

Borfigender: „Welcher Art waren diefe Rarhfchläge?« 

Richter: »Als man fich entichied, zu Baummollitoffen 
zu greifen, da man feine Leinenftoffe mehr hatte, habe ich den 
Rath ertheilt, ih vor appretirter Waare zu hüten, weil die 
Appretur in ber Regel nur täufchend ift. Die Stoffe erhalten 
durch die Appretur ein außerordentlich ftarfes und haltbares 
Ausfehen; kocht man fie aber heraus, fo bleibt ein eben 
zurüd. Ich werbe meinen Herrn Bertreter bitten, folche Stoffe 
vorzulegen, um nachzumeifen, daß mein Rath in Diefer Bezie⸗ 
hung das Interefje des Staates im Auge hatte.< _ 

VBorfigender: „Gaben Sie Ihren Rath bei feiner eins 
zelnen Lieferung, Fein Urtbeil beim Worliegen apprelirter 
Waare ab, von ber Sie fagten, fie fei nicht tauglich ?« Ä 


Richter: „ATS die Frage noch unentfchieben. ‘war, aber 
ſchon ventilirt wurde, ob man fich der Baummollftoffe bedienen 
jolle, habe ich berlei Stoffe in Stoderau liegen gefeben, und 
bei ſtark appretirter Waare das Armee-Oberfommando ge 
warnt, biejelbe zu mählen. « 

Borfigender: „E83 Tiegen einige Briefe vor, welche ent: 
nehmen laſſen, daß Sie fih der befondern Gunſt, welche Ste 
«bei dem Armee-Öberfommando genoffen, bewußt waren. « 

Der Präfident Lieft den Brief vom 21. April 1859 au 
Krumbholz vor, welcher bereit in der Anklage erwähnt ift, 
und morin Richter feine Berührung mir enticheidenden Perfön- 
lichkeiten als vorfchubleiftend für feine Zwede erwähnt. 

Richter: „Unter Vorſchub habe ich nichts Anderes ge: 
meint als das Vertrauen, welches ich mir heim Awes Dov⸗ 

a, 


112 


und weiters einen von Baron Eynatten felbft gejchriebenen 
Aufſatz, welcher im Wefentlichen die Bedingungen des mit der 
Kreditanftalt abgeſchloſſenen Lieferungsgeſchaͤftes enthält. 

Richter: »Ich glaube, e8 wird dieſes das Brouillon 
zu dem Allerhöchiten Vortrage fein, und ich habe bereits bie 
Ehre gehabt, zu erwähnen, daß es ebenfalls eine Bedingung 
der Verabredung war, daß die Rechnungen der Kreditanftalt 
durch bie Organe des Finanzminifteriums geprüft werben. « 

Hierauf wurde die Ausfage des Joſef Schultner, Chef 
im Rechnungsd-Departement, vorgelefen, woraus bervorgeht, 
daß Schultner am Tage vor der Urlaubsreiſe bes Baron 
Eynatten zu bemjelben berufen wurde, ohne daß ihm 
die Urfache befannt gegeben worden wäre. Im Bureau 
des Baron Eynatten, wohin er mit dem Rechnungsrathe 
Dittman befchieden worden fei, babe er einen fremden ‚Herrn 
getroffen, melden ihm Eynatten ald Vertreter der Kreditan⸗ 
ftalt mit den Worten vorgeftellt habe: »Diefer Herr wird Ihnen 
die Zufammenftellungen ber Rechnungen aufflären.« Dittman 
und der Vertreter der Kreditanftalt Haben hierauf Platz genom⸗ 
men und Lebterer legte Rechnungen vor, welche fich auf bie 
Zerealienlieferung der Kreditanftalt bezogen. 

Da der Rechnung feine Preistabellen zugelegt waren, 
habe er diefen Mangel hervorgehoben, allein ber Vertreter ber 
Kreditanftalt diefe ald unndthig erklärt und Baron Eynatten 
ihm bedeutet, daß er fich auf eine bloß »ziffermäßige Prüfung* 
zu befchränfen habe. 

Er habe einen fchriftlichen Auftrag dafür gefordert, Baron 
Eynatten diefen zugejagt und ihn nach einigen Stunden in 
fein Bureau gerufen. 

Dort fei er mit befonderer Artigkeit empfangen worden, 
man belobte ihn wegen feiner eifrigen Pflichterfüllung und rich- 
tigen Anfichten, und gab ihm neuerlich den Auftrag, die Rech⸗ 
nung bloß ziffermäßig zu prüfen, da dieſes Getreidelieferungs⸗ 
gefchäft eine Operation bed Baron Brud.fei, aus: welcher ber 
Staat fehr große Vortheile gezogen habe. 

Nach einigen Tagen, während deren Baron Eynatter 
feine Urlaubsreife angetreten hatte, Habe er: ben fchriftlichen 
Befehl des ArmeesOberfommandos auf Brüfung dieſer Rech: 
nung erhalten, ohne dab die VBelchräntung auf die Ziffer 


113 


ausgedrüdt worden wäre, und ed fei nun auch eine genaue 
Prüfung der Rechnung vorgenommen worden, wobei ſich 
auch arithmetifche Unrichtigkeiten herausgeftellt, die ſich 
übrigens größtentheild zu Gunften der SKreditanftalt ers 
geben haben. 

Richter erflärt darüber, daß diefer Rechnung eine Preis⸗ 

tabelle beigelegen ſei. 
Der Vorfigende lieit hierauf den Bericht der für die Prür 
fung der Rechnung beftellten Kommiffion vor, welcher die 
in der Anklage angeführten Unrichtigkeiten der Rechnung her⸗ 
vorhebt. 

Vorſitzender: „Durch einen vorliegenden Konto iſt er⸗ 
ſichtlich, daß der geſammte Betrag der von ber k. k. pr. Kreditan⸗ 
ſtalt an das hohe Aerar geſtellten Forderung auf 15.369.827 fl. 
für Zerealien beziffert wurde, was können Sie darüber ans 
geben?« 

—Richter: „Das ift ein Umftand, welcher die der Krebit- 
anjtalt bemilligte Proviflon betrifft, die fie auch unverfürzt 
den ftipulirten Bedingungen zufolge erhalten follte.« 

Vorfitender: „Ich konftatire aus ber vorliegenden 
Spezifikation, daß für Hertl in Wien in der Zeit vom 25. April 
bis zum Juli ein Geſammtbetrag an Spefen von 2300fl. 75kr. 
entfallen fei, wovon auf Dofen und Schnupftabat. 11 fl. in 
Rechnung fommen. Die übrigen Beträge entfallen für Fiaker, 
fo daß vielleicht täglich 8 fl. für ben Fiaker in Rechnung ge- 
ftellt jind?« | 

Richter: »Es blieb dem Schidlichfeitägefühle des be- 
treffenden Beanten überlaffen, biefe Poften in Rechnung zu 
ftellen oder nicht; ich für meine Perfon hätte e8 niemals 
gerban. « 

Aus der zur Vorleſung gebrachten Ausfage Hertl's er⸗ 
gibt fich, daß er fogufagen der Kommiffionär der Krebitaftalt 
ift, dem vom Direktor Richter die Obforge über die Getreide⸗ 
lieferungen aufgetragen wurde, und deſſen Pflicht e8 mar, über 
richtiges Maß und Gewicht und gute Qualität der gelieferten 
Waare zu forgen; er fpricht übrigens, bevor er In bie einzelnen 
Anfragen eingeht, die Ueberzengung aus, daß ben Direktor 
bei dem ganzen Lieferungsgefchäfte bie beiten Abfichten be- 
feelten. Die eriten Lieferungen feien zum KRaaberOcnune 


118 


niffe meiner damaligen @efchäfte mit der dringenden Bitte, 
dem 5. Gerichtähofe vorzulegen, Sie von Sachveritändigen 
unterfuchen zu laſſen. (Diefelbe wird vorläufig zu Protokoll 
genommen.) Es kann überhaupt nicht von einem Gewinn, fon- 
dern ed kann nur von einer Höhe der Proviſion geſprochen 
werben. Die ganze Brovifton war 1'/ °/, und betrug 1828 fl. 
Hievon fommt zuerft ab °/,°/, für Stempel, für Quittungen 
und Verträge, und '/,’/, zur Zahlung an ben Uebergeber macht 
1'/,°/, oder, in Summa, auf den Betrag von 56.622 fi. 
beträgt mein ganzer Gewinn, ben ich als Beforger, Kommiſ⸗ 
fiondr und Hafter gegenüber dem hohen ArmeesÖberlommando 
hatte, 1096 fl., fomit nur 2°/,.< 

Borfigender: „Wollen Sie mir noch folgende Bedenken 
aufklären. Wäre es nicht zweckdienlicher geweien, auf einen 
befonderen Gewinn Verzicht zu leiften und dem Armee⸗Ober⸗ 
kommando Schroll als ben eigentlichen Lieferanten namhaft 
zu machen ?* 

Richter: „Ich ftelle die Bitte, Schroll dießfalls zu vers 
nehmen; ich bin mir bewußt, daß das hohe Armee⸗Oberkom⸗ 
mando bei mir viel billiger gefahren iſt, als bieß bei Schroll 
der Fall gemefen wäre. « 

Auf die Trage des Vorſitzenden, ob der Angellagte auf 
der Bernehmung des Schroll beharre, erklärte er, fein beſon⸗ 
deres Intereffe dafür zu haben. 

Staatsanwalt: »Ich finde den Widerfpruch noch nicht 
aufgellärt, der aus einem Briefe vom 3. Mai fich ergibt, wo 
Sie fagen: Je nachbem ich Preife erzielen werbe, wird Schroll 
den Preis von 36 oder 38 fr. pr. Pfund Garn zahlen müffen.« 

Richter: „Ich meinte und konnte hierbei nur bie 
Qualität des gelieferten Produktes meinen, deffen Preis natürlich 
je nach der Qualität des Rohftaffes variirt. 

Staatsanwalt: „Das hätte feineRichtigkeit, wenn man 
früher den Preis und dann die Waare behandelt hat; in der 
Regel ift das umgekehrt, es wird zuerft die Qualität bedungen 
und bann der Preis feſtgeſtellt.“ 

Richter: „ch bitte zu berückfichtigen, daß bie Schwan⸗ 
fungen im Kurfe zu der Zeit derart waren, daß ich mit Beach⸗ 
tung des Kurfes abfchließen mußte; er war heute 130, am 

»ſten Tage 140.« 





115 


bezieht, ftatt Leinen Baummwollftoffe in Verwendung zu bringen. 
Was wiſſen Sie uns darüber anzugeben?« 


Richter: „Es murde die fehnelle Errichtung von Spitä- 
lern angeordnet und da war man gezwungen, ein Surrogat 
für Strohſack⸗ und Leintücher- Leinwand aufzufinden. Sch wurbe 
nun, als Sachverfländiger, über diefen Gegenſtand zu 
Rathe gezogen. Ich erflärte, daß Kalitot am beiten als folches 
Surrogat verwendet werben könnte, und legte brei Mufter vor, 
von welchen ich 50.000 Stüd, 313 fr. pr. Elle, allfogleich zu 
liefern, mich bereit erflärte. Um nun den Bedarf ſchnell zu 
decken, wurde mein Antrag bezüglich der 50.000 Stüd fofort 
‚angenommen. Bon dem mit Nr. 3 bezeichneten Muſter foflte 
ih 30.000 Stüd zum Preife von höchſtens 14'/, fr. per Elle 
Tiefern und ich fchloß daher einen Vertrag mitBenedift Schrol! 
auf jene Lieferung ab, und da ich auch einen weiteren Bedarf von 
groben, fchweren, garnigen Stoffen zu beden hatte, trat ich auch 
in diefer Richtung mit Schroll wegen einer Lieferung von 
50.000 Stüd in Verbindung. « 


Borfigender: »Es wird in der Anklage erwähnt, daß 
Schroll und Sohn fehon früher als Lieferanten eingetreten 
feien, und daß Sie e8 verftanden, Schroll an fih zu ziehen, 
bieß gebt auch aus Ihren eigenen Briefen an Krumbholz 
hervor, denn in einem bderfelben heißt es: „Unter diefen Um: 
ftänden bin ich der Meinung, daß Sie Schroll’8 Anfrage da= 
durch erledigen, daß Ste ihm fagen, baß er liefern folle.« Weis 
ter in einem Briefe vom 3. Mai fommt die Stelle vor: „Schroll 
fann erit abfchließen, wenn ich mit meinem Abfchlujfe mit dem 
Aerar in Ordnung fein werde. Diefer wird erfolgen, wenn ich 
im Beſitze von zwei Probeſtücken bin; kommen diefe morgen 
Abends, wird der Abfchluß auch raſch erfolgen. Je nachdem ich 
den Preis für den Stoff bedingen werde, wird Schroll mehr 
für das Garn als 36 fr. zahlen müſſen.“ 

Der Borfigende knuͤpft hieran die Bemerkung, dag Rich: 
ter den Preis für den Baummollwaarenbedarf zu varliren ge: 
dachte, je nachdem er beffere oder geringere PBreife vom Aerar 
erlange. 

Richter: „Es iſt dieß doch natürlich, daß ich nur in dieler 
' MWeife. fchreiben fonnte, da Schroll die Rohſtoße von mir fürs 


116 


z0g und der Preis des Rohſtoffes mit dem jeweiligen Preiſe 
ber Waare zuſammenhängt.“ 

Hierauf wurden verſchiedene auf dieſe Lieferung Bezug 
habende Protokolle vorgeleſen. Es iſt aus denſelben erfichtlich, 
daß Richter in einer protokollariſch aufgenommenen Erklärung 
ſich erboten, ein zweckdienliches Surrogat für Leineuftoffe zu 
liefern. Der Zwed dieſes Surrogates follte fein, den Bebarf 
fo fchnell ald möglich zu deden, und einer Preisfteigerung zu 
begegiien. Das Armee-Oberfommando hatte das Anerbieten 
angenommen. Es follten 250.000 Ellen, & 23 Nkr., geliefert 
werden. 

. Borfigender: „Wie hatten Sie mit Schroll abges 
Ichlofjen?« " 

Richter: »Zu 13'/, fı.« 

Borfigender: »Es iſt aus Ihren Briefen erfichtlich, 
daß Sie mit Schroll die Ele zu 13 fr. K. M. abgeſchloſſen 
hatten?« 

Richter: »Schroll war mir vis-a-vis als Lieferant auf⸗ 
getreten, aber nicht dem hohen Armee-Oberkommando. Ich 
hatte mir die Garnlieferung zu 38 fr. vorbehalten und konnte, 
wie ich zu beweiſen Selegenheit haben werde, auh Schroll 
das Garn nicht billiger überlaffen Ich mußte ihm alfo 38 kr. 
für’8 Garn abverlangen, mogegen ich ihm 13'/, kr. für bie 
Elle Kalikot gezahlt habe.“ 

Borfigender: „Nun kömmt in einem: Ihrer Briefe die 
Stelle vor: »Schroll werde ich die mehr erhanbelten kr. 
pr. Ele in Abzug bringen.“ In einem weiteren Schreiben 
fagen Sie: „Schroll-hat mich befucht, ne find in Ordnung 
gefommen!« Die Anklage faßt dieß fo auf: als wäre ber Vers 
trag auf Kauf des Garnes zu 38 tr. EM. ein Scheinvertrag, 
als ob Schroll ihnen in Wahrheit die Waare um 13 fr. K. M. 
pr. Elle geliefert und Sie dag Garn um 36 kr. K. M. pr. Pfund 
an ihn abgelaffen haben.« 

Richter: »Schroll fonnte die Waare nur daun um 
13 fr. Tiefen, wenn ich in der Lage gewefen wäre, das Garn 
um 36 fr. ihm zu überlaffen. Da ich äber außer Stande war, 
dieß zu thun, ihm fomit das Pfund nur pr. 38 fr. ablaffen 
founte, jo mußte ich auch dem hohen ArmeesÖberfommando 
einen höheren Preis anrechnen.“ 


117 


Vorſitzender: »Es ilt aus ihrem Gebahren die Folge: 
rung gemacht: worden, daß Sie ſich zwifchen das hohe Aerar 
und den eigentlichen Lieferanten Schr o [I hinein gedrängt, und 
das Aerar um den Bortheilgebrachthaben, von Schroll die Waare 
billiger zu befommen. Dieſen Vortheil haben Sie fi) zu vers 
ſchaffen gewußt, weil Sie beim hohen Oberfommanbo in Ounit 
geftanden. « 

Richter: „Ich glaube nicht, daß es Schroll's Abſicht 
war als Lieferant aufzutreten, übrigens wird das Endreſultat 
der Verhandlung am beiten über meine Lieferungen Aufs 
fchluß geben.« . 

Borfikender: „In einen. Briefe vom 21. Mai (an 
EAryaH AIR fagen Sie, Sie jehen daraus, daß ich mir noch 

3°4/ Seonto bedungen babe, weil ich banres Geld vom 
Aerar zu befommen habe, ſo ift dieß kein geringer Aufſchlag 
bes Geſchäftes.“ 

Richter: »Das iſt der Bruttogewinn. Ich habe aber 
hiervon die Vertrags- und Quittungsſtempel bezahlt, ferner 
für den Uebergeber, welchen ich bezahlen mußte. Mein 
ganzer Gewinn tjt ein ganz anderer, und wenn der hohe Gerichts⸗ 
hof darauf fommen wird, werde ich bemweifen, daß der eigent- 
liche Gewinn viel Eleiner war. « 

Vorſitzender: „Eine weitere Stelle lautet (im Briefe 
ddt. 21. Mai): „Mit 36 werden Sie jedesfalls bald aufhören 
müſſen, denn es ſtehen 20ger Abſchlüſſe in Ausſicht, wenn 
fich das neue Geſchäft realiſirt;« Sie ſprechen hier wieder 
von ben 36 (kr.).“ 

Richter: „Ich bitte, d. h. 36ger Garn, in meiner 
Spinnerei it außer 16ner und 18ner auch Garn Nr. 36 
geiponnen worden, und. weil ich Ausficht anf 20ger Abjchluß 
hatte, hate ich eben geſagt: „Mit 36: werben Sie bald aufs 
hören müflen.« 

Auf die Vorlefung von Briefen bes Krumbholz, nach 
welchen der Gewinn Richter's auf 2083 fl. beziffert iſt, ant⸗ 
wortet Richter: »Das hat ſich ſpaͤter dadurch geändert, daß ich 
Schroll den Preis von 137/, tr. gemacht habe. Ich habe bei 
der Preiöfteigerung von 36 auf 38 feinen Gewinn gehabt, 
weil die Kurfe mic) gendthigt haben, den Preis von 26 auf 38 
zu jeben. Ich beehre mich einer Zuiammenttelung Ver sragüs 


118 


niffe meiner damaligen ®efchäfte mit der dringenden Bitte, 
bem 5. Gerichtshofe vorzulegen, Sie von Sachveritändigen 
unterfuchen zu Iaffen. (Diefelbe wird vorläufig zu Protokoll 
genommen.) Es kann überhaupt nicht von einem Gewinn, fon- 
dern es kann nur von einer Höhe der Provilion geiprochen 
werben. Die ganze Provifton war 1'/ ,°/, und betrug 1828 fl. 
Hievon kommt zuerit ab °/,°/, für Stempel, für Quittungen 
und Verträge, und '/'/, zur Zahlung an ben Mebergeber macht 

1'/,°/, oder, in Summa, auf den Betrag von 56.622 fl. 
beträgt mein ganzer Gewinn, den ich als Befurger, Kommiſ⸗ 
flondr und Hafter gegenüber dem hoben ArmeesÖberlommando 
hatte, 1096 fl., fomit nur 2°/.« 

Borfigender: „Wollen Sie mir noch folgende Bedenken 
aufflären. Wäre es nicht zweckdienlicher gewefen, auf einen 
befonderen Gewinn Berzicht zu leiften und dem Armee-Öber- 
fommando Schroll als den eigentlichen Lieferanten nambaft 
zu machen?«“ 

Richter: „Ich ftelle die Bitte, Schroll dießfalls zu ver⸗ 
nehmen; ich bin mir bewußt, daß das hohe Armee⸗Oberkom⸗ 
mando bei mir viel billiger gefahren ift, als dieß bei Schroll 
der Fall gemefen wäre. « 

Auf die Frage des Vorjikenden, ob der Angeflagte auf 
der Bernehmung des Schroll beharre, erklärte er, fein beſon⸗ 
deres Interefje dafür zu haben. 

Staatsanwalt: »Ich finde den Widerfpruch noch nicht 
aufgeklärt, der ans einem Briefe vom 3. Mai fich ergibt, wo 
Sie fagen: »Je nachdem ich Preife erzielen werde, wird Schroll 
ben Preis von 36 oder 38 fr. pr. Pfund Garn zahlen müflen.« 

Richter: »„Ich meinte und Fonnte hierbei nur bie 
Qualität des gelieferten Produktes meinen, deffen Preis natürlich 
je nach der Qualität des Rohſtoffes variirt. 

Staatsanwalt: »Das hätte feineRichtigkeit, wenn man 
früher den Preis und dann die Waare behandelt hat; in der 
Regel iit das umgekehrt, es wird zuerft die Qualität bedungen 
und dann der ‘Preis feſtgeſtellt.“ 

Richter: „Ich bitte zu berüdfichtigen, daß die Schwan⸗ 
fungen im Kurfe zu der Zeit derart waren, daß ich mit Beach⸗ 
tung des Kurfes abjchließen mußte; er war heute 130, am 
naͤchſten Tage 140.« 


119 


Staatsanwalt: „Nachdem jedoch diefe Geſpräche an 
Einem Tage ftattgefunden haben und an Einem Tage diefe 
Kurfe nicht verfchieben find, dürfte dieſe Cinwendung entfallen.* 

Richter: »Ich glaube, bapkdurdh meine Darftellung. das 
Recht, diefe Preife zu fordern, eriwiefen werden wird. « 

Der Präfident bringt nun den Brief vom 15. Mai zum 
Vorleſen, in welchem Richter an Krumbholz fohreibt: „Wenn 
es die Arbeit in Ihrer Weberei erleichtert, können Sie einen 
Baden weniger, jedoch anftatt Nr. 18 Nr. 20 verwenden. « 

Vorſitzender: »Diefer Brief feheint mir einige Bedenken 
hervorzurufen; ba fangen Sie bereit? an, bezüglich ber Breite 
Berringerungen eintreten zu lafjen. « 

Richter: „Ich habe geftattet, daß man 15 ftatt 16 %ä- 
ben verwende, aber durch Aufbefferung des Numero bes 
Garns das Sarnquantum bei 50 Ellen um wenigftend 8 Loth 
erhöht. Die angezogene Kalkulation wird den Beweis liefern, 
daß das richtig iſt.“ 

Zur weiteren Aufklärung führt Richter an, daß das Garn 
Nr. 20 feiner, Nr. 18 Hingegen ftärfer ijt, daB die Qualität 
bes Garnes fich nach ber Feinheit richtet, daß dieſe Veraͤnde⸗ 
sung zu Gunſten der Qualität geſchah, und daß das Befler- 
machen fein Vorwurf fein könne. 

Der Borfigende bringt nun die tage des Gewinnes, ben 
er aus dem Sarnhandel bezogen hafte, zur Sprache. 

Richter: „Ich muß hier dasfelbe fagen, wie bei Schroll, 
dieſer Gewinn iſt nicht anzunehmen und ich hoffe dem 
hohen Gerichtshofe die Meberzeugung zu verfchaffen, daß, wenn 
ich für den großen Konfum gearbeitet hätte, mir ein größeres 
Verdienſt erwachfen wäre, als bei diefer Erzeugung für bie 
ärarifche Lieferung, überhaupt bezieht fih die Angabe auf die 
ganzen 15.000 Stüd. Für 13.000 Stüd habe ich bei einem 
Betrage von mehr als 100.000 ‚fl. nicht mehr verdient, als 
was ich an die Kreditanftalt gezahlt habe, ich habe überhaupt 
nachgewieſen, daß ich bei den 2500 Stüd gegen die gewöhns- 
liche Erzeugung nicht mehr als 24 fl. gewonnen habe. Mein 
ganzer Gewinn dürfte zwifchen 1000 und 1500 fl. betragen 
haben.“ ⸗ 

2. ©. R. Duſcher: „Ich verftehe nichts von biefer 
Manipulation. Ic bitte Sie daher, mich über viele weriäie 


120 


denen Nummern der &arne aufzuklären. Worin liegt denn 
eigentlich ba8 Kennzeichen, dad Grundmertmal?« 


Richter: » Das ift im Gewichtsunterfchtede. Zu 10 Pfund 
Nr. 18 braucht man 18 Schneller, zu Nr. 20 braucht man 
aber 20.« 

Dufcer: » Das Gewicht ift alfo das enticheibende Kenn- 
zeichen. « 

Richter. »Ia.« 

Staatsanwalt: »Sie find, obwohl Sie bei der Liefes 
rung bes Hellmann mitbetheiligt waren, bennoch als Hafter 
für die Kaution eingetreten. * 

Richter: „Nur bis zu dem Momente, als er bie Kaution 
erlegte, er tft unbefannt und ich war bekannt. « 

Staatsanwalt: »Das kann ich nur als eine Haftung 
für fich felbft betrachten, und wenn man für fich ſelbſt haftet, 
fo iſt das feine Oarantie.« 

Richter: „Ich war nur Sublieferant bei Hellmann.« 

Staatsanwalt: „Was war der Mehraufwand zwifchen 
Garn Nr. 18 und Nr. 207« 

Richter: »Bei 50 Ellen 8 bis 9 Roth.« 

Staatsanwalt: »Das Numero Ihres Mehraufmandes 
durch das höhere Numero muß in Abrechnung gebracht werden 
gegen dasjenige Minus, das dadurch entitanden ift, indem Sie 
16 Fäden itatt 17 nahmen? Welches ift die Differenz ?« 

Richter: »Ich werde die Ehre haben, es zu berechnen.« 

Staatsanwalt: »Dieß werben die Sacdverftändigen 
thun.« 

Dorfigender: „Wir gehen zu einem Punkte des An- 
Hageaftes über, wo es fi) um die Lieferung von 1000 Stüd 
1'/,, Ellen breiten Kalitot Handelt, wo aber die Breite °%/,, 
Ellen betrug. In der Tolge der Schwindung durch die Appres 
tur konnte ein derartiges Eingehen nicht erzeugt werben, daher 
wenn jie verwendet werden follte, konnte fie nur zu boppelten 

Leintüchern verwendbar fein. « 

Richter: »Ich muß bemerken, daß mir der Gegen⸗ 
ſtand wegen feiner ©eringfügigfeit fehr gleichgiltig war, und ich 
mir gar nichts daraus gemacht hätte, wenn man die Waare 
nicht genommen hätte. Die Waare wurde von Schroll fehnel- 


121 


/ 


ler geliefert, als er ſie zu liefern verpflichtet war, ich babe feis 
nen Vortheil davon gehabt. * 

Vorſitzender: „Bedenklich erfcheint nur, daß bie Se 
nehmigung zur Verwendung doppelter Keintücher von Eynatten 
fo ſchnell gegeben wurde.“ 

Richter: „Ich muß wieberholen, mir ift feine Sunft 
bamit ermwiefen worden, denn mein ©ewinnft betrug nur 
2— 300 fl., und wegen eines folchen Gewinnes ließ ich mir 
von einer fo hohen Behörde gewiß feine Gunjt erweijen.« 

Borfigender: „Wir übergehen nun zu der weiteren 
Lieferung von 3000 Stüd Sadtkalikot. Da findet fih in den 
Akten ein Zettel von der Handfchrift des Baron Eynatten 
mit dem Inhalte: „Herr Direktor Richter erjucht Die Stockerauer 
Haupt⸗Monturskommiſſion, den Auftrag zu ertheilen, ftatt 
1000 Stüd Strohſackkalikot 2400 Stüd zu übernehmen. Der 
Kontrakt Iautet auf 3000 .Stüd. Nachdem hievon 1000 Stüd 
in Graz übernommen worden find, werden fomit 200 Stüd 
mehr übergeben.“ — Das fcheint die Stelle einer fpeziellen 
Eingabe vertreten zu haben, woraus man erfieht, auf wel« 
chem vertrauten Fuße Sie mit Baron Eynatten flanden.« 
| Richter: »Ich habe gedacht, durch diefe 400 Stüd mehr 

den Bedarf zu deden und dem ArmeesÖberfommando, ich will 
nicht fagen einen Gefallen getban, aber Doch demſelben Dadurch 
entgegengefommen zu fein. Ich habe es dem General Eynatten 
angezeigt, daß ich 400 Stüd mehr liefern werde, welcher auch 
die Ermächtigung dazu ertheilte.“ 

Vorſitzender: »Welchen Gewinn hatten Sie bei dieſem 
Geſchäfte?“ 

Richter: „Wohl wird er in der Anklageſchrift mit 2272fl. 
beziffert, allein er ift in dem Gewinne, den ich fpäter bei der 
Lieferung von 540,000 Ellen machte, eingefchlojfen , der mit 
5100 fl. bezeichnet wurde; ich hatte dabei nur 2'/, Perzent 
Gewinn. 

BVorfißender: »In Bezug auf die Lieferung von 
250,000 &llen Kalikot liegt eine protofollarifch aufgenommene 
Erklärung vom 7. Mai vor, in der bie Rede ift, einen Kons 
traft wegen Lieferung von 250,000 Ellen Kalitot, a 13'/, kr., 
der zu den Hemden und 2eintüchern zu verwenden ſei, abzus 
fchließen. Auch ber Dießbezügliche Kontratt vom \3. Dt 


122 


ber 1859, welcher mit dem übereinftimmend abgefaßt wurde, 
liegt vor. Was hat es mit diefer Lieferwig für Bewandtniß?« 

Richter: »Ich glaube, daß ber gelieferte Kalikot von 
vorzüglicher Onalität ift, die Kaution von 2955 fl. öft. W. 
habe ich erlegt, wie aus den Akten zu erſehen iſt.“ 

Vorſitzender: „Nun wollen Sie im Allgemeinen ſagen, 
was es mit der weiteren ſelbſtſtaͤndigen Lieferung von 549,000 
Ellen Kalikot für eine Bewandtniß hat. 

Richter: „Herr Smelal machte mir nach Abſchluß des 
obenerwähnten Geſchäftes die Mittheilung, er fünne noch einige 
100,000 Ellen Kalikots Tiefern; die in Folge von mir bem 
ArmessOberfommando gemachten Offerte vom 14. Juni 1859 
wurden angenommen. « 

Diefe, fo wie der bezügliche Kontrakt vom 15. September 
1859 werden verlefen. Es heißt darin: „Richter folle von 
Auguft bi8 Ende September 541,200 Ellen Baumwollſtoff, 
a 25°), fr. öft. W., liefern, was an ber Breite abgeht, muß 
durch Abzug an der Länge erfeßt werben. Kaution per 6967 fi. 
wurde erlegt.« 

Vorſitzender: »„Iſt dieſe Lieferung anſtandslos vor ſich 
gegangen?“ 

Richter: „Die Monturskommiſſion äußerte ſich: Mus 
ſter a und c ſeien wohl zu Strohſäcken zu verwenden, Muſter 
b aber gar nicht. Die von General Jako b8 (nicht von Eynats 
ten) erflofjene Erledigung beftätigt dieß. Da fich aber in der 
Folge laut Befund der Kommifjion herausftellte, daß felbft 
bie Mufter a und c nicht gut zu Strohfäden oder Butter zu 
verwenden feien, jo wurde Richter erfucht, Die Lieferung eins 
zuftelen, was er aber für unmöglich erlärte. In Folge deſſen 
erging an General Jakobs die Verfügung, den fchon geliefers 
ten Kalitot nach Möglichkeit zu verwenden. 

Borjigender: „Nun fommen wir zu einem neuen 
Abfchnitte der Anklage, nämlich zu der großen Lies 
ferung von vier Millionen Ellen Kalitot, welche 
nach ber Anklage Ihnen den Anlaß zur Verübung 
eines Betruges geboten bat. 

»Es wird hervorgehoben, daß bei dieſer Lieferung eine 
Stoffininderung dadurch herbeigeführt wurde , daß bie Stoffe 
in ‚geringerer Breite ald bad genehmigte Muſter geliefert, we: 


123 


iger Näben eingeftellt und das Garınummer : verändert 
wurde. Wollen Sie ſich im Allgemeinen dariiber dußpern?« 
ee Wichter: „Baron Eynatten hat mir mirgetheilt, daß 
bei dem hoben Stande ber Armee die Reinwandlieferungen nicht 
zureichen, obwohl ſogar Prämien. für raſche Lieferungen aus⸗ 
geſeßzt wurden.“ .. - E 

»Meber diefe Mittheilung ertlärte ich, daß ich Proben v von 

Baummwollenjtoffen werde anfertigen laſſen, und zwar in ber 
Dualitär, wie ich folche in Frankreich und England für: das 
Militär im Gebrauche fand, welche Erklärung mit ſichtlichem 
Vergnügen entgegengenommen, und woraufmir von der Dießfäls 
tigen Kommiſſion beim Armee⸗Oberkommando bedeutet wurde, 
mich mit Anfertigung der Probe zu beeilen.« 
4 2*So oft ich Seit Diefer Erklärung mit dem k. k. Herrn 
Hofrathe beim Armee⸗Oberkommando, Eckert-Kraus, zus 
ſammentraf; erinnerte ex mich anf dieſe verſprochenen Proben. 
Diefelberr langten endlich ein, und id) überreichte amı 4. Juni 
unter beren Norlage mein Offert auf Lieferung von drei bis 
vier Millionen Ellen dieſes Stoffes, lieferbar in drei bis ſechs 
Monaten. «. 

Am 8. Juni v. J. wurde ich verſtändigt, daß mein Of⸗ 
fert im ganzen Umfange angenommen worden ſei, und ich mich 
wegen Abfchluß des Vertrages an die Monturdr Haupttoms 
nıilfion in Stoderan zu menden habe.“ 

23 "habe min mit bem feither leider verftorbenen Sek⸗ 
tionschef No &-barüber gefprochen, ob es nicht gerathener wäre, 
den Kalitot auf folche Art herzuftellen, Daß bei demſelben feine 
Enten in Anwendung kommen, weil durch deren Wegfallen, 
nad meiner Anficht, der Etoff nur an Haltbarkeit .gewinne.«- 
7 sch erhielt Darauf Die Antwort, daß. die Haltbarkeit allein 
entfcheibend wäre und es auf eine größere Weiße des Etoffes 
durchaus nicht ankoume.“ 

„»In Folge diefer Mittheilung gab ich meinem Geſchaͤfts⸗ 
führer Krumbholz in Prag den Auftrag, entſprechende Pro⸗ 
ben anfertigen zu laſſen.“ 

BVorfißender: „Mann fand Diefe Rüdfprache wegen 
Aenberung der Probe flatt?« 

Nichter: „Unmittelbar nach der an wib alanaken 
Terftänbigung von ber Annahme meines Diertd, d. \. AM 


124 

8. Juni v. 3. Diefe Aenderung der Brobe beitand darin, daß 
der Stoff nur gekocht, gewaſchen und gemangt, aber nicht 
gebleicht wurde. Am Pngitfonntage' v. J. brachte mir 
Kıumbholz die neuen Proben. Diefe Proben legte ich 
am 14. Juni ben Armee-Oberfommanbo vor, empfahl die Zu⸗ 
‚richtung derjelben als vorzüglich und befürwortete damit bie An⸗ 
nahme meines Propofition.« 

„Nachdem ich aus ben mitgetheilten Proben, ſo wie aus 
dem mit Krumbholz darüber gepflogenen mündlichen und 
ſchriftlichen Verkehre entnommen hatte, daß in Folge bes ange⸗ 
wendeten Koch⸗ und Waſchverfahrens der Schwund ſich ſehr 
verſchieden herausſtelle, habe ich unter Einen das. Anſuchen 
geftellt, daß die Breite von 31” auf 30" redugirt werbe«.. 

»Diefes Anjuchen wurde gleichfalls bewilligt, ich habe aber 
von diefer Bewilligung erit dann Gebrauch gemacht, nachdem 
ich mit den Zurichtungsverfuchen in der Bleicherei des Zappert 
in Wien die entiprechendften NRefultate erzielt und dieſe den 

Beifall aller Kunftverftändigen, insbeiondere auch der Stocke⸗ 
sauer Kommilfion, erlangt: hatte.» 

»Diefe Berfuche ergaben auch, daß der Schwund nicht fo 
- bedeutend fei, als fich derſelbe bei den Probeftüdden herausgeſtellt 
hatte, daß aber die Koſten diejer neuen Zurichtung viel größer 
feien unb bei 30.000 Stüden eine Mehrauslage von ungefähr 
8000 fl. verurfachen.« 

»Dieſes war Beranlaffung, daß ich vom ber Bewilligung, 
bie Waare nur in der Breite von 30 Zoll zu liefern, Ge⸗ 
brauch gemacht habe, eine Million Ellen in ber mir bewilligten 
Breite herftellen ließ, während die übrigen drei Millionen Ellen 
die urfprünglicy genehmtigte Breite erhielten. « 

Borfigender: »Es wurde demnach eine Million Ellen 
fchmäler Hergeftellt?« 

Richter: »Ia, und biefe Anfertigung ber fchmäferen 
Waare erfolgte gleich im Auguft, und bie Veranlaſſung deſſen 
war einzig und allein Die, um durch die dabei eintretende Er⸗ 
fparung an Garn einen Erſatz für die höheren Koften der neuen 
Burichtung zu finden, ba diefe, wie gejagt, mindeſtens 8000 fl. 
beirugen.« 

Borfigender: „Haben Sie dieſe Verſuche nur in der 
Bleicherei bes Zappert angeſtellt?“ 


125 


Richter: »Ich habe diefe Verfuche auch bei Swida in 
Vakersdorf machen laffen. Dem Zappert habe ich für biefe 
„Derrichtung 18.000 fl. gezahlt, auf die Zahl der bei ihm zuge⸗ 
zichteten Stüde weiß ich mich nicht mehr zu erinnern. « 

Vorſitzender: »War diefe Herftellung ber geringer 
Breite nicht dem Kontrakte zuwider?“ 

Richter: „Die Herfielimg von einer Million Ellen in ges 
ringerer Breite war nicht gegen den Kontrakt, da mir wegen 
hefferer Qualität Damals die geringere Breite Dusch den Erlaß 
+om 26. Juni v. 3. bewilligt und nach meiner Anficht durch 
dieſen Erlaß der urfprüngliche Vertrag modifizirt wurde.“ 

Vorſitzender: „Was rechnen Sie zur qualitativen Bes 
Schaffenbeit der Waare?« ' 

Richter: „Bei Baumwollſtoffen kömmt es, Herr Präjis 
dent, vor Allem darauf an, daß fie aus gutem Stoff erzeugt 
‚werben, und daß die Arbeit nicht zu leicht fei.« 

» ch habe Bier den Grundſatz beobachtet, daß jener Stoff 
ber befte jei, welcher aus gleichem Kettens, gleichem Schußgarn 
schon im Quadrat gearbeitet ift.« 

⸗Die Zahl ber Fäden ift nicht maßgebend, ich führe als 
Beweis dafür an, daß im November v. I. Stameb- Mayer eine 
Waare vorlegte, bei welcher '/ Duadr.»Zol zwiſchen 42 bis 
43 Bäden erhielt, daher diefe Waare nah ber Fadenzahl 
‚als bie befte Hätte angejehen werben müffen, und dennoch wurde 
meiner Waare ber Vorzug gegeben. « 

Vorſitzen der: „Nah Ihrer Angabe wurde die Befpres 
«hung wegen Befeitigung der Bleiche zur felben Zeit gepflugen, 
als die Erledigung über Ihr Offert erfolgte'?« 

—RKichter: »Es war furze Zeit nach der Annahme meines 
Dffertes, daB diefe Frage wegen Wenfallen ber Bleiche erörtert 
wurbe und ich habe gleichbaraufdem Krumbholz den Auftrag 
zur Anfertigung neuer Mufter gegeben. Der von mir an Krumbs 
Holz gerichtete dießfällige Brief wird den Zeitpunkt biefer Er⸗ 
ärterung beftimmen, ich vermag mich ber Zeit dieſer Beſpre⸗ 
Ahung nicht genau zu erinnern.« 

Borfigender: „War die Folge Ihrer Befprechung mit 
Baron Eynatten wegen Weglafien der Bleiche eine Zulicherung, 
:von feiner Seite für bie Annahme dieſer BedbingungT* an 


| 


Schuß bei biefer Stofferzeugung ohne effeftibEh Verlit 
‚möglich geweſen wäre, * Hi 


i86 
Richter: „Rein; ſondern es wurde im Algeineinen und 
von ber größeren Haltbarkeit ber Stoffe geſprochen ·· 


Vorſitzender: „Was haben Sie nuch Annahme Ihres 
Dffertes für Verfügungengetroffen ? Wären Sie in der Sage das: 


zu Liefernde felbft zu erzeugen oder nicht ?« 


Richter: »Ich habe- meinem’ Serhäftsrähter Rrumbe 
holz’ den Auftrag ‚gegeben, auf Lieferung von 70.000 Stüden, 
2.50 Ellen, mit Fabrikanten in Böhmen abzufchließen, mit 
Heflmann.hake. ich perfönlich abgefchloffen. Bei dieſen Ab⸗ 
fehlüffen wurde anf. den Erlaß vom:26. Quni.v. J. feine Rück⸗ 
ſicht genommen; ba .diefer:erft nach den Abſchlüſſen erfolgte:« ° 

Vorſitzender: sHaben Sie dem Krumbqholz ſogleich 


davon Mittheilung gemacht, daß bie Baare aur gelecht, ge⸗ 


waſchen und gemangt werben ſohle - - 
, Ritter; „Sch glaube nicht, daß ich es fogleich that, fon« 
bern ich gab ihm vorerſt ben Auftrag. gur Anfertigung. einer 
Probe und verftändigte mich mit ihm weiters fehriftlich, weil 
Krumbholz nur am Pfingitmentagimit wir perfönlich. verlehrte, 
damals aber erſt die Proben mitgebracht hatte.«:. .- - ; 
:  Borfigender: „Was Haben. Sie dem Krumbbolz für 
Snftruftionen bezüglich der jeinen Rummer des Garmesunb beflen. 
Beichaffenheit gegeben ?*- 
MRichter: »Ich kann vom 19. April am, ben. Beweis. füßr 
ten, baß ich für.den Stoff zu Hemden Fein anderes Garn als 
Ir. 18und Schuß Nr. 20 verwendete und Krumbholz hat von 
mir den Auftrag erhalten, bei. Hellmann ein Muſter ſolchen 
Stoffes ohne aller Appretur zur Vorlage. an das hobe. Armee 
Oberfommando anfertigen zu laſſen. . .. 
Vorſitzender: »Sind bie Muſter zu dieſem ‚Aueite ver⸗ 
wendet worden?;“ 
Riten: Ja, fie wurden vorgelegt und‘ auf biefes iſt 
die Erledigung am 26. Juni v. J. erfolgt. Dieſe am 26. Juni 
v. J. genehmigte Probe, ift für mich die allein verbindliche Ich 
werde den Beweis führen, daß bie Verwendung yon’ at 
nicht 


Borfigender: „Haben Sie bem SKinmbholß nle einen 
anderen Auftrag gegeben ?* ; 
Aidrer: 8 babe dem Krumbholgz nie Einen anderen 


127 


Auſtrag gegeben, als Stoffe aus Kette I, 18. und Schuß 
Nr. 20 anfertigen zu laſſen.“ 

Vorſitzender: »Sie haben anzugeben, ob Sie bel dieſem 
Lieferungsabſchluſſe auf Ihre eigenen ' Beberefabrten gedacht 
‚haben.«: - 

Richter: „Allerdings. « 

Vorſitzender: Welchen Antheil haben Sie für ich ver⸗ 
Aaufchlaut Ar 

Richter: 10.000 Stide habe ich für mich veranſchlagt, 
298 wäre ein Erzeugniß.von vier Monaten geweien, Die übri- 
gen ‚70.000 Stüd ſollten durch Subkontrahenten gedect 
werde. .. 

Vorſ itzendet: »Haben Sie darüber beftimmte Inſtrut⸗ 
tionen an Krumbholz gegeben ?* 

Richter: „Nein, aber Krumbholz batmirtäglicberich- 
tet, wie ed mit den Subfontrahenten ftehe und wie weit es mit 
dem Abſchluſſe bei. jedem gediehen fei.«. - 

Vorſitzender: „Wie können Sie auftlaͤren, daß Krumb⸗ 
Holz auf 84.500 Stück mit Subkontrahenten abſchloß ?“ 

Richter: »Ich glaube, daß Krumbholz nur aus 
Meberfehen fo viel abſchloß, was für mich in feinen Folgen lei⸗ 
Ser ſehr ſchlecht war. « 

Vorſitzender: Sind Sie mit Krumbholz außer den 
Pfingſtfeiertagen im, vorigen Jahre noch einmal in perfönlichen 
Berkehr getzeten?« 

Richter: »Im— September vorigen Jahres kam ich nach 
Prag, da meine Familie dort den Sommer auf meiner Fa⸗ 
Brits-Realitaͤt; zubrachte, und damals habe iſh auch mit 
Krumbholz verkehrt. Es war dieß feine Geſchäftsreiſe, aber 
als ich in Prag war, hat mich Krumbholz über den Stand 
des Geſchaͤfts unterrichtet, und mir dabei mitgetheilt, daß Re⸗ 
duktionen an den urſpruͤnglichen Vertrageſchlüſſen nicht durch⸗ 
führbar ſeien. :. 

Vorſitzender: » Hatte damals Krumbholz von Ih⸗ 
nen ben Auftrag, bei den Subkontrahenten zu reduziren ?« 

. ‚Richter: „Nein, aber er mußte fich ſelbſt Dazu verpflich- 
tet Halten, weil er auf ein zu großes Quantum abfchloß, 
do daß meine: Fabriken unbebacht blieben. Uebrigens kounte 
Krumbholz mit den Subkoutrahenten Ion aus Tem Bruns 


130 


hatte. Fruͤher hatte ich */,. ri ‚bezahlt, aber man. verlangte von 
mir einen Kreuzer, fo habe ich dei ber Fabrikation fie. mit "/, 
veranfchlagt. Ich kann. aber den Beweis . Tieferu, daß mich. bie 
Burichtung :22,000 fl. geloſtet bat, bei * tr. mehr. als: die 
Weißbleiche. u: 

Staatsanwalt: 5 Warum - nahmen Sie fir die. nette 
Meihobe eine Vergütung an? Es find Zeugen da, welche. aı« 
geben, daß dieß beiläufig ber Salbbleiche gleichfomme, ‚und: daß die 
Halbbleiche bedeutend billiger fei als die Ganzbleiche.« -..:. .- 
bi Richter: »Hier muß die [chließliche Berechnung und ber 
Zeuge Zappert Auskunft geben.« . 

Staatsanwalt: »Przibram gibt an. daß die Volibi⸗i⸗ 
el kr. K. M., die Halbbleiche aber '/, Er. betrage.« :1.., ° 
Richter: „Die von Przibram .angedeufete Halbbleiche 
wurde von der Monturskommiſſion zu Stockerau nicht gebilligt, 
es wunde dadurch nicht Die gehörige Reinheit herausgeſtellt.“ 

Staatsanwalt: „Borges fagt, daß die Ganzbleiche 
um: m); höher fomme als die Halbbleiche. «. 

Richter: »Das iſt eine ungenügende Beide, bie man 
auch in. Stockerau zurückgewieſen bat.« 

‚Staatsanwalt: „Hellmann gibtan, daß ein Ueberein⸗ 
funnten getroffen wurde ‚demzufolge wegen‘ des Wegfalles der 
Ganzbleiche 4.kr, K. M. pr. Stüd Bergätung ‚gelelitet werben 
hoffte; daraus geht hervor, daß dieſe Halbbleiche weniger toſtet 
als die Ganzbleiche.“ | 

Richter: »Ja, wenn die Halbbleiche entſprochen Hätte, 

"Staatsanwalt: „Haben Sie die e Deufter des Schroll 
in Ihr⸗ Hand bekommen?« rend 

Richter: Ich habe fie. in meinem Burean,s > ° 

. Staatsanwalt: sHaben Ste al3 Fachınann nicht beob- 
achtet, wie Schroll feine Muſter eingeitelli?« . : 

‚Richter: „Das iſt nicht ſo leicht, ich habe nicht unter. 
just wie viel Fäden eingeftelltt wurden.“  . - : 

: Staatdanmwalt: „Welches Mufter : lag dem hohen Ar: 
mer» Oberfommando dor, als die kLleſerung Ihnen zugeſagt 
mwurdbet« .. . nein | 

Richter: „Das sn: Särekl.s : 

. Stantsanwalt: Ale, bildet dieſes Bud d die — * 
lage des: Vertra ges 2* 


131 


Richter: „Der Vertrag hat aber. durch das neue Mufter 
— wie. erwähnt — eine Modifikation erhalten.« 

Staatsaumwalt: „Dieſes hatte ja doch nur den Zweck, 
zu beweifen, daß diefe Waare beffer ſei, nicht aber, daß ſolche 
Waare geliefert werde.« 

Richter: „Sch hatte aber in meinem Geſuche von biefer 
Qualität Erwähnung gemacht. * Ä 

" Staatsanwalt: Es ift auffallend, baß beide vorgeleg⸗ 
ten Muſter, die dem urſprünglichen Schroll'ſchen Muſter ſub⸗ 
ſtituirt worden ſind, eine größere Fadenzahl ausweifen, als die 
Waare, welche auf Grund jener Muſter fpäter geliefert wurde. 
Es ift im Befunde der Sachverftändigen eſithalten, baß jene 33 
Fäden, die von Ihnen gelieferten Waaren nur 30 auf '/, Qua- 
dratzoll Hatten.« 

Richter: „Die vorgelegten Proben waren im rohen Zu⸗ 
ſtande 32 Zoll breit angefertigt worden, ſie ſind durch Kochen 
am 3 Zoll geſchwunden, mithin um 180 Faden. Dieſe ver⸗ 
theilten ſich auf eine Breite von 29 Zoll, mithin hat eine Zu: 
nahme der Kette von 15 auf 16 Faden oder auch mehr ſtatt⸗ 
gefunden.“ 

Staatsanwalt: »Iſt Ihnen bekannt, daß die von 

Schroll gelieferte Waare hoͤher eingeſtellt war, als bie Ihre?« 

Richter: „Nein. « 

Staatsanwalt: „Auffallend iſt es, daß Sie ſtatt 34 Zoll 
nur 32 Zoll roh einſtellen ließen.“ 

Richter: „Ich weiß nicht, in welcher Breite Schroll feine 
Maären im rohen Zuftande anfertigen ließ, ich weiß nur, daß 
bei der meinigen bei 15 Faden Kette und Schuß eine Breite 

son 32’ angenommen würde.“ 

Staatsanwalt: „Ste fagten, daß Sie fih durch die 
Bitten Bayer's beſtimmen Tiefen, Waaren von Schirmer zu 
Saufen. Welches, waren die Gründe, daß Schir mer bittweife 
eingefchritten iſt?“ 

Richter: „Ich eriuche die Beantwortung biefer Frage 
Herrn Bayer zu fberlaffen.« 

" Staatsanwalt: „Wiffen Sie von wen biefe Waare 
war? 

Richter: „Ich vernahm fpäter, bag fie von Ritter uch 
NRittmeier in Odrz geweſen fei.« 


132 


Staatsanwalt: “Aus dem von Ihnen bei ber Liefe— 
rung beobachteten Verfahren geht wohl hervor, daß Sie fid> 
Die Lieferungen als Monopol vindiziren wollten, und eben durch 
Ihr Verfahren wurbdenviele Gefchäftsleute von den Ararifchen 
Lieferungen ausgefchloffen, obmohl das Aerar von ihnen beffer 
bedient worden wäre, Mit den Eublieferanten haben Sie zu 
22 und 23 fi. abgefchloffen. Zappert lieferte un 20 fr. bie 
befte Waare und ließ fish noch einen Gperz. Abzug gefallen. « 


Richter: „Diefer Preis wurde im Monat Juli gemacht, 
ich habe meinen Preis den 4. Juni gemacht, wo ber Kurs auf 
London 145 Hand, während er im Juli zwifchen 126 und 120 
ſtand. Ueber die Behauptung, daß ich die Baumwolllieferung 
menopoliftifch betrieben, verweife ich auf die Tabelle über bie 
von anderen Sieferanten angefertigten Stoffe, welche den Bes 
weis liefern. wird, dag vom April bis Oftober von anderen 
Lieferanten ungefähr 180.000 Stüd geliefert worben find, 
was auch Hofrat Eckert⸗Kraus beflätigen wird. Was die 
Bemerkung betrifft, daß andere Lieferanten verhindert worden 
find, ihre Offerte anzubringen, muß ich entgegnen, daß mir 
zur Zeit nichts von folden Konkurrenten befannt war, und es 
gehörte Muth dazu, ein Offert auf 4.000.000 Ellen anzu 
bringen, und zwar eines Theiles wegen der Borauslage von. 
mindeſtens '/, Million Gulden, anderſeits wegen der unglin= 
ftigen Zeit- und Baluta-Verhältniffe, Der Robftoff mußte aus- 
dem Auslande bezogen, in Silber bezahlt und mußte gedeckt 
werden, während ich meinen Eublontrahenten den ganzen. 
Garnbedarf zu firen Preiſen überlaffen hatte. Nur dadurch, 
daß mir bie Kreditanftalt zur Dedfung der 10.000 Zent⸗ 
ner Baummolle, welche erforderlich waren, 32,000 Pfd. Lon⸗ 
don vorftredte,. war ich in ber Lage das Gefchäft machen zu 
fönnen, da ich von dem hohen ArmeesÖberfommando keinen 
Vorſchuß annehmen wollte. Ich muß bemerken, daß mir im. 
Laufe der Unterfuchung befaunt wurde, daß von Ritt— 
meier und Stameb Offerte in viel fpäterer Zeit" einge 
bracht worden find; Grfterer hat fich aber mochentliche Liefe⸗ 
rungen aubebungen, Letzterer brachte fein Offert vier Monate 
fpäter ein.« 


Borf iBender: »Wollen Sie angeben, in welder Weile 


133 


Sie von diefen durch die Kreditanitalt Fhuen zur Verfügung 
geftellten 32.000 Pi. in London Gebrauch machten? « 

Richter: „Diele Baluten waren für mich bloß Dedung 
gegen ein alljällines Steigen derfelben, wie jolches damals zu 
beforgen wer. Beim Steigen der Baluten wäre mein Bedarf 
durch dieſe gefichert geweſen.“ 

Vorſitzender: „Wann find die nöthigen Devijen gefauft 
inorden?« 

Richter: »Zur Zeit des Abfchluffes des Lieferungsners 
traged.*« E 

Staatsanwalt: „Sie haben erwähnt, daß am 8. Juli 
günftigere Anbote geftellt werden konnten, weil die Deviie 
London damals im Kurfe zu finken begann. Dieſes Sinken 
der Valuta mußte ihren Sublieferanten gleichfalls zu Gute 
fommen, da ja diefe durch die erwirkte Reduktion Nachtheile 
erlitten?« 

Richter: „Das war nicht die nothwendige Folge, da 
meine Subfontrahenten das Garn von mir bezogen, und bei 
ber eingetretenen Reduktion nicht mehr zu nehmen brauchten. * 

Staatsanwalt: „Ich mug Ihnen zur Aufklärung deſſen, 
in wie fern ich Ihre Stellung als monopoliftifch betrachte, bes 
merken, baß ich diefes in ber Art auffaffe, daß Sie 5'/, 
Millionen Ellen zur Lieferung übernahmen, während auf alle 
anderen Lieferanten nur 11/, Millionen Ellen kommen.“ 

Richter: „Das von mir eingelegte Verzeichniß wird bei 
Beweis liefern, daß die von mir geftellten Bedingungen bie 
günftigften waren. Der Staat erfparte bei deu von mir 
nelieferten vier Millionen 60.000 fl., eben fo eriparte er bei 
ber Lieferung der Schroll'ſchen Waare 8000 fl, und ähnliche 
Erſparniſſe traten bei jämmtlichen von mir geleifteten Liefe⸗ 
sungen ein.* 

Richter überreicht bem ©erichtähofe ein diefe Erſparun⸗ 
gen nachweilendes Verzeichniß. 

Etastsanwalt: „Die Unterſuchung ergab, daß eine 
Konkurrenz bei ben ftattzufindenben Lieferungen allerdings eins 
trat, und es nur Ihrem Einfluffe bei Baron Eynatten zuges 
fhrieben werden kann, bag diefe Konkurrenz keinen Exit, 
batte.« 


134 


“Richter: „Ich muß verfichern, baß ich feine Konkureen 3 
fern hielt, und: Hofsath Ecker⸗Kraus wird dieſes bezeugen. — 
+: Ber Präfident bemerkt, baß er biefen Gegenſtand mi— 
ſeinen Fragen nicht erfchöpfen, fondern nur durch allgemen — 
Ftagen Anknüpfungspunkte für das Verhör bes Krum ln 
erlangen wollte. 


Dr. Berger: „Ich erfuche Herrn Direktor Richter mir — 
aufzuflären, wie Sie am 22. Juni ben Vertrag über biefe 
Lieferung fchlichen Tonnten, wo ‘doch Ihre Gingabe wegen 
Modifitation des Vertrages vom 18. noch nicht erledigt war?« 

NRichter: 3b wurde Tebiglich nur hierzu beitimmt, weil 
mir Baron Eynatten bie. Verficherung gab, daß das Gut⸗ 
achten der Gtoderaner Kommiſſion meinem Anſuchen vom 
14. entſpꝛechend ausfallen und daher dieſem iwerde willfahrt 
werden.“ 

Dr. Berger: „Welche Provifton bezog die Kreditan⸗ 
ftalt für den Ihnen eingeraͤumten ſchon erwaͤhnten Valuten⸗ 
Kieit?« j 

Richter: Ih mußte 4pCt. des Bruttowberthes ver⸗ 
guͤten, auch war ich'als Hauptdirektor der Anſtalt verpflichtet, 
ſtelan dem Gewinne theilnehmen zu laffen.« 

Dr. Berger: „Wollen Sie mir angeben, welches Quan⸗ 
tum Stoffe hatten Sie bis zur. Abreife des Baron Eynatten 
geliefert?« 

Nichter: „Den. Theil der übernommenen Lieferungen. « 
Dr. Berger: „Erinnern Sie ſich deffen genau?« 
—Richter: „E83 wurden um 434.000 fl. bis dahin an die 

Kommiffion zu Stockerau geliefert; die Lieferung en nasse ber 

gann erſt im Oktober. 

Dr. Berger: s Erinnern Sie ſich nicht der Worte, womit 
Baron Eynatten Sie aufforderte, ſelbſt als Lieferant auf⸗ 
zutreten?“ 

Richter: »Zur Zeit, als mar beim Soßen Armee⸗Ober⸗ 
kommando wegen nicht: genfigender Lieferung au Leinwan⸗ 
ben bie. Lieferung von Baumwollſtoffen in Erwaͤgung zog, 
äußerte ſich Baron Epnatten in Gegenwart des Herrn Hof⸗ 
rathes Eckert⸗-⸗Kraus und meiner, ob ich nicht als Webere ibe⸗ 
jiber Baumwollſtoffe liefern wolle. « 


135 


Dre. Wiedenfeld: „Hatte Krumbholz Kenntniß von 
Ihren dieſe Lieferungen betreffenden-Offerten und Eingaben?« 

Richter: Ich mag im Allgemeinen ihm bavon Mittheis 
Yung. gemacht haben, den genauen Inhalt kannte er aber nicht.« - 

Dr. Wiedenfeld: „Hat Krumbholz aus dieſem Liefer 
zungögejchäfte ober überhaupt an ben Gejchäften Ihrer Fabrik 
einen Nutzen bezogen?« 

Richter: „Krumbholz hatte 1500 fl. Gehalt und dann 
eine Tantiömeanbem Geſammtertraͤgniſſe des Fabriksgeſchäftes.“ 

Das Verhoͤr mit Richter wurde hierauf unterbrochen und 
Krumbholz vorgeführt. 

:  Borfißender gu Krumbholz: „Sie haben bie Ans 
Elage: vertrommen und aus derfelben gehört, daß fie dahin ges 
richtet iſt, Sie hätten im Vereine mit- Ihrem Chef Richter, 
unter Berbergung hinter einem falfchen Scheine, fich und letzte⸗ 
sem zum Nachtbeile des Aerars und: mehrerer Privaten Vor⸗ 
theile zugewenbet. Insbeſondere trifft Sie die Anfchuldigung, 
daß Sie mitgewirkt haben, das Aerar durch Minderung des 
Stoffes bei den von Richter kontrahirten Kieferungen zu benach⸗ 
theiligen, und zwar einerfeits dadurch, daß die Stoffe in gerin⸗ 
gerer ‚Breite ald bebungen bergeftellt unb das ®arnnummer 
verändert wurbe, anderfeits aber, daß Eie die Subfontrahenten 
Durch das falfche Vorgeben einer vom hohen Armee⸗Oberkom⸗ 
mando verfügten Nebuftion gleihfals zu Reduktionen und ſo⸗ 
mit zum Schaden der Subkontrahenten mitwirkten. Ich for 
dere Sie nun auf, fich zu äußern, mas Ihnen von biefem Lie⸗ 
ferungsgeſchäfte bekannt iſt.“ 

Der Angellagte Krumbholz war hierauf ſo ergriffen, baf 
ihm durch eine Minute die Stimme verfagte, und al8 er end- 
Ji zur Beantwortung ber Frage fich aufraffte, famen die Worte 
anfänglich nur ftoßweife über feine Lippen: 

»Herr Richter, « fo beginnt er, »fchrieb mıie — Anfangs 
Juni — baf er ein großes Gefchäft — mit dem Aerar — beab- 
fichtige — und forderte mih auf, — ihm Mufter zu- fenden. 
Ih bin anı Pfingftmontage mit den Muftern nach Wien gekom⸗ 
men und übergab fie ihm, welche ich über den von ihm inzwi⸗ 
ſchen erhaltenen Auftrag kochen, wajchen und mangen lich. Tas 
eine war’ aud. Zwanziger» Schuß und 18 Kette, das aubere 
18 Kette und 18 Schuß.“ 


138 


daß über größere Wansenniengen mit den Eubloutrahenten ab⸗ 
aeſchloſſen wordan fei, als eigentlich: beſtimmt mar, erklärt 
Krumbhols, „hab das. Berfehen gröbtentpeiie ihm ſelbſt mr 
Sat jelle.« .-- 

. Auf. die Frage w wer geheſert habe und ivie viel geliefert 
worden fei, antwortete er:: „Vier Millionen Ellen.« Er bemerkt 
weiter, daß die Sublieferanten bie Lieferungen’ nicht ordentlich 
eingehalten haben und daß an beren Stelle bie eigene Fabrik ind 

bas Plus getreten ſei, welches über die urfprüriglich ‚Tontsahir- 
ten Lieferungen. geliefert worden fell“: 

Auf'die Frage, warım man bie Lieferungsvertraͤge nicht 
annullirt ober abgeändert habe, wenn die Lieferanten ihre Be⸗ 
dingungen nicht eingehalten haben, entgegnet er, »daß man ‚ger 
gegen biefelben »coulant« fein wollte.“ 

Borfigender: „Welche Mittel wurden angewendet, um: 
die Lieferanten zu Reduktionen zu Beftinmen ?« 

Krumbholz ift wieder fo ergriffen, daß er faſt nicht 
zit Morte fominen kann; auf eine anfmunternde Bewegung 
R icht er's gibt, er an: 

... »&8 war, Mitte September, als Richter nach Prag zu 
mir kam und ich ihm mittheilte, daß bei der Lieſerung ein Plus 
erwachfen ‚würde, worauf Richter entgegnete, man müſſe bie 
E ublicferanten beſtimmen 10—12 pCt. nachzulaffen; fie dürf⸗ 
ten dieß auch gern thuu, da fie Grund hätten, ihm dankbar zu 
fein. Sch. bemeykte hierauf, daß ich. dieſe Auſicht nicht theile 
und bie.. Kontrahenten, ‚mir. Edjwierigfeiten machen würben,. 
worauf er mir. antwortete, er werde, air: ſchreiben, daß das hohe 
Armee-Oberfommando ihm aufgetragen babe, im Preiſe ober 
Quantum nachzulaffen.* _ 

Vorſitzenden: Hat ſich Richter gedußet daß er fich 
biefem Auftrage jügen werbet« . 

Krumbholz: „Richter. meinte, er. werbe diefem Aufs 
trage nicht nachkommen oder Entſchädigung anfprechen.« 

:: . Vorſitzender: „Hat Richter Damals frhon gewußt, daß 

Bas Armee-Oberfommando ihm zumuthe, das Quantum zu 
reduziren ?“ 

| Krum bholz: Das weiß ich nicht, ich bin ‚gewohnt, 

den Aufträgen meines Herrn jojort nachzukommen.“ 


139: 

Vorſitzender: »Weßhalb wollte Ihnen dieß Richter 

threiben?!« ẽ 

Krumbholz: »Damit ich den Subkontrahenten gegen⸗ 
über einen Beleg in den Hänben habe.“ 

Vorſitzender: »Haben fich die Subfontrahenten zu ber 
Reduzirung gutwillig berbeigelaffen?« 

Krumbholz: »Ia.« | 

Borfitender: „War Abeles auch zufrieden ?« 

Krumbholz: „Er hat fih in ſoweit zufrieben ger 
geben.“ 

Borfigenber: „Was heißt das „in fo weit zuftieben«? 

Krumbholz: „Er hat mir feine Faktura geſchickt und ich 
Habe fie auch anerfannt.« 

Borfisender: „Haben Sie Herm Richter mitgetheilt, 
daß Herr Abeles fich gegen die Reduzirung firäube und ans 
geblich großen Schaden leide?« 

Krumbholz: „Darüber weiß ich mich nicht zu ers: 
innern.* 

(Hier wurde das Verhör mit Krumbhol; unterbrochen 
und die Verhandlung auf den nächſten Tag verfchoben.) 


(Sigung vom 7. November.) 


Vorſitzender: „Bevor ich in ber Verhandlung weiter 
vorgehe, habe ich mitzutheilen, daß von der Krebitanftalt 
eine fchriftliche Mittheilung hiehergelangt ift. Ich erinnere dar⸗ 
An, daß die Staatsanwaltichaft am Schluffe ihres Antrages 
eines Borganges erwähnt hat, worin fie die Merkmale bes Be⸗ 
truges zum Nachtheile der Krebitanftalt erkennen will. Sch habe 
daraus Beranlaffung genommen, die Kreditanftalt zu verftäns 
Digen, . damit fie zur Wahrung ihrer Reihte und etivaiger Er- 
ſatzanſprüche fh bei der Schlußverhandlung betheilige. Hier- 
über ift nun eine hierauf bezügliche Mittheilung dem Gerichte zus 
> gelommen. 

Der Präfident verlieft die Zufchrift, aus welcher hervor⸗ 
gebt, daß fich die Krebitanftalt Die Entfcheidung, ob und an 
wen fie Erfabanfprüche wegen der erwähnten Kursverände⸗ 
zung ftellen wolle, bis zu jenem Zeitpunfte vorkeholte, ws ie 
Motive biefer Kursveränderung bekannt \ein werden, EIS 

. | 


„240 


Kenntnißnahme des Vorgangs bei der Schlußverhandlung und 
"zur Ertheilung von Auskünften und Aufflärungen habe fie Die 
Herren Dr. Gredler und Direltor Hornboftel ald Vertreter 
der Krebitanftalt beftimmt, welche im Namen derfelben der Ver⸗ 
‚Bandlung beiwohnen follen. 
| Dr. Berger: »Als neulich der Aufruf von Seite bes 
Herrn Präfidenten wegen der Vertreter der Kreditanftalt erging, 
konnte ich vorausfeßen, daß fich Dieies nur aufdie Deviſen⸗Ange⸗ 
legenheitenbeziehe, weilnach der Anklage bei den Devifen eventuell 
von der Kreditanftalt ein Erſatzanſpruch geitellt werden follte. 
Bezüglich des neuen Klagefaktums wegen des Kauteld des Finanz« 
minijteriums liegt in’ diefem Augenblide eine rechtliche Ent⸗ 
fhädigung nicht vor. In diefem Augenblide ift die Anklage in 
dieſer Richtung noch nicht formulirt, undichfann vondem Stanb- 
punkte Der Bertheidigung aus auch feinen Beichädigten erfennen.« 

»Bei zweierlei Angelegenheiten haben die Beichädigten 
der Schlußverhandlung beizumohnen und zwar entweder zur 
Geltendmachung von Entfhädigungsanfprüchen nach $$. 219, 
244, 243,253 der Strafprogeß-Ordnung, oder es ift bloß eine 
paſſive Anwesenheit nach $. 223 nothmwendig. Gegen Tebtere 
babe ich felbftverftändlich nicht einzuwenden, weil die Ents 
fheidung, ob jemand im Saale gegenmärtig fein fol, Sache 
des Präfidenten ift. Aber über die Anmwefenheit zur Auskunftss 
ertheilung, wie ſie in der Zufchrift der Kreditanftalt erwähnt ift, 
Davon fteht in der Strafprogeß-Ordnung nichts, und ich muß 
mic) Dagegen verwahren. « 

Staatsanwalt: „Ich habe in diefer Richtung nichts 
anzuführen, da es im Intereffe ber öffentlichen Anklage nicht 
von Bedeutung ift, ob die Kreditanftalt ihre Privatintereffen 
durch einen Vertreter wahren will oder nicht.« 

Borfitender: „Stellt ber Herr Vertreter einen formus 
lirten Antrag ?* 

Dr. Berger: „Mein Antrag geht dahin, daß, nachdem 
in der erwähnten Zufchrift eine Vollmacht jener Herren, im 
Kaufe der Schlußverhandlung Entfchäbigungsanfprüche gel⸗ 
‚tend zu machen, nicht enthalten ift, die Note auch In keinem 
andern Sinne zur Kenntniß genommen werde, als daß fie eben 
gefchrieben wurde, ohne daraus einen Anlah zu nehmen, im 
£aufe ber Schlußserhandlung bezüglich der Entfhädigungsan- 


141 


ſprüche mit Rüdficht auf das neue Faktnum irgend eine Ver⸗ 
nehmung eines Vertreters der Kreditanftalt einzuleiten, und 
ich proteftire gegen bie Anwefenheit eines Vertreters im Sinne 
des F. 253 der Strafprozeß⸗Ordnung, fo lange die Anklage 
binfichtlich des neuen Faktums nicht formulixt ift, und fo lange 
nicht die beſtimmte Erklärung vorliegt, daß die Kreditanftalt in 
diefer Richtung fich dem Strafverfahren anfchließt. (Der Ge⸗ 
richtshof zieht fich zur Berathung d efes Antrages zurüd.) 

Nach beinahe breivierserftündiger Berathung erfcheint der 
Gerichtshof, und der Präftdent verfünbet ben Beſchluß desſel⸗ 
ben wie folgt : »Der Gerichtshof hat in Betreff des Erſcheinens 
des Vertreters ber Kreditanjtalt auf Grund des $. 219 der Straf- 
prozeß⸗Ordnung fich einftweilen bie Entfcheidbung vorbehalten, 
bis er fih nad dem Ergebniffe des weitern Verlaufes der 
Schlußverhandlung im Sinne desg. 251 darüber werde aus⸗ 
Iprechen können, ob das von dem Stantdanwalte in den Mit- 
theilungen feiner Anklage nachträglich berührte Faktum in bie 
Schlußverhandlung einzubeziehen fei.« 

Richter: „In Folge der geitrigen Erwähnung über das 
Geſchaͤft mit Schirmer erlaube ich mir über den Gewinn, den 
ich dabei gehabt habe, Nachweiſe zu geben, und ich bitte ben 
hohen Gerichtshof, diefen Nachweis von Sachverftändigen 
unterfuchen zulaffen.« (Er legte einige ziffermäßige Nachweiſe auf 
den Gerichtätifch.) 

Borfigender: »Es iſt mir foeben ein Brief zugelom- 
men und ich nehme feinen Anftand den Inhalt besfelben mit- 
zutheilen und es ber Staatäbehörde wie der Vertheidigung freizus 
ftellen, ihre bezüglichen Anträge hierüber zu formuliren. Es ift 
dieß ein Brief des hiefigen Banquiers Heinrih Mayer und 
lautet wörtlich: „Euer Wohlgeboren! Ausden heutigen Zeitungen 
entnehme ich Herrn Richter’s Ausfage, es feien meinem Haufe 
Kalitots Proben zurüdgemiefen worden. Ich erkläre dieſe Ausfage 
für falfch, daß ich dem hohen ArmeesOberfommando ein Mufter 
überreicht habe. Was Die Aeußerung von vier Millionen Ellen 
Hemden Kalitot betrifft, fo erlaube ich mir die Bemerkung, 
daß die Öfterreichifche Induſtrie keineswegs auf fo niedriger 
Stufe fteht, um diefem Bedürfniffe nicht entjprechen zu koͤn⸗ 
nen und bie Kraft befitt auch ohne Hilfe von Kreditanttalten 
noch viel größere Duantitäten zu Ueferw. Beindsack, Dir 


142 

ih unfere Weberei zu Tannwald in Böhmen an, welche mo= 
natlich über 700 Milionen Ellen erzeugt, daher die vier Mil. 
Ellen mit Leichtigkeit in ſechs Wochen hätte liefern koͤnnen. 
Indem ich Euer Wohlgeboren erfuche von dieſem meinem Schrei⸗ 
ben den geeigneten ©ebrauch zu machen, verbleibe id; Euer 
Wohlgeboren ganz ergebener 
' Heintih Mayer-Stamep. 

Wien, 7. November 1860.« 

Richter: „Sch erinnere mich nur, baß ich gefagt habe, 
die Proben feien im November eingebracht worden unb waren 
von einem Stoffe geweſen, der zwar vorzüglich an Qualität, 
aber fich nicht zu Hemben geeignet hätten. Ich erinnere mic 
aber nicht daran, daß ich mich in meiner Ausfage ungünftig, 
über die Waare geäußert.« 

Staatsanwalt: „Ich beantrage auf Grund biefes- 
Briefes in Berüdfihtigung der geften von Hertn Richter 
vorgebrachten Aeußerung, daß Niemand in ber Waare mit ihm 
hätte Konkurrenz halten können, die Borladung des Herrn 
Mayer.“ 

Dr. Berger: „Der Ton des Briefes charakterifirt den 
Schreiber besfelben. Ob Sournalberichte über Strafverhand⸗ 
Iungen fofort den Ausgangspunkt einer Korrefpondenz von 
Seite eines Privaten mit dem Gerichtshofe bilden können, kann 
ich ganz gut der Beurtheilung des hohen Gerichtshofes über- 
laſſen. Die Qualität der Waare wurde von Shehverfländigen 
geprüft, und ber hohe Gerichtähof wird im Laufe der Verband: 
fung auf diefen Kunftbefund zurüdfommen, und fomit ©ele- 
genheit haben, fich über die Auslaffungen des Herm Mayer 
ein Urtheil zu bilden. « 

„Ich begreife endlich nicht, in welcher Eigenfchaft Herr 
Mayer vorgelaben werben folle; wenn als Zeuge, jo würbe 
ich Doch als Vertheidiger wünfchen, obmohl die Staatsanwalt: 
fchaft darüber erhaben ift, vorläufig Fennen zu lernen, welde 
beſondere Thatfachen Herr Mayer zu konſtatiren in der Lage 
‘wäre, die auf die Beurtheilung der Anklage des Herin Richter 
irgendwie einwirken könnten. Was feine Gigenfchaften als 
Sachverſtaͤndiger betrifft, fo mag er wohl in vielen Dingen 
ein Sacdhverftändiger fein, bezüglich der Weberei 
aber babe Id bis jeht nicht Gelegenheit gehabt, etwas 


143 


1. 


davon zu erfahren. Ich fpreche ihm auch biefe Faͤhig— 
feit ab, und ich glaube, daß ber Hohe Gerichtshof in biefer 

Richtung ausreichend verfeben ift. Es wird mir übrigens ein 
beſonderes Vergnügen fein, an ihn Fragen Hellen zu Lönnen. « 

Staatsanwalt: „Ich glaube, daß die Ausfage eines . 
Fahrikanten, der erklärt, er jei im Stande gewefen, binnen 
wenigen Wochen diejenige Partie zu liefern, von ber Richter 
behauptet, daß fie ein anderer außer ihm nicht fo zu Tiefern im 
Stande war, wichtig genug fit, um gehört zu werben. Uebri⸗ 
gens kann ich nicht zugeben, Daß man die Vortheile der Deffent- 
lichkeit geradezu wegläugne. Viele englifche und franzöftfche Ju⸗ 
riften Haben beifpielöweife als Vortheil der Deffentlichkeit ans 
geführt, daß die Zuhörer fich etwas von dem Gehörten ad now 
tam nehmen, und dann Später auf irgend eine Art darauf auf- 
merffam machen. Ich wünfche daher, dab Herr Mayer vers 
nommen werde.“ 

B Dr. Berger: Ich ſtraͤube mich durchaus nicht dagegen, 
daß er vernommen werde; meine Tendenz ging bloß dahin, daß 
ih vorläufig die Erheblichkeit der Vernehmung nicht einjehe. 
Was das Lob der Deffentlichfeit anbelangt, fo kann ich 
mir fchmeicheln, zu einer Zeit ein Lobredner derfelben gemefen zu 
fein, wo man in Oefterreich noch kaum an eine Deffentlichkeit 
dachte. Ich erklärte mich nicht gegen die Bernehmung des ‚Herrn 
Mayer, aber ich verwahre mich gegen die Bemerkungen, 
die er bier vorbringt. Ein Recht, gegen die Form mich zu ver« 
wahren, fteht mir auch gar nicht zu. Aber ich habe den Ton, 
in dem er fchreibt, wenigſtens unangemeffen gefunden. «< 

Der Vorſitzende erflärt, daß er die Vorladung des Zeu- 
gen auf feine Verantwortung nehme. 

Richter: „Ich wollte erklären, daß ich beinahe wünjchen 
muß, daß Herr Mayer gerufen werde, um als Zeuge vernoms 
men zu werben; ich würbe die Gelegenheit benüßen, um darzu⸗ 
thun, daß bei Stametz nicht die geringere Einftellung, fonbern 
die feinere enticheidend war. Seine Einftellung war eine grö- 
Bere; er hatte 42—43 Fäden.« 

Borfigender: „Wir fommen nun auf das Geſchäft mit 
ben vier Millionen Ellen zurüd. sch muß bemerfen, daß Briefe 
vorliegen, welche zwifchen Ihnen und Krumbholz gemechlelt 
wurden, ans welchen Briefen ſich ergibt, dab Ne vor Weho& 


7a 


des geſchãftes bereits Vorbereitungen trafen , bie ſich auf bdas⸗ 
ſelbe beziehen.“ 

Es werden num bie Briefe des Richter an Krumbholz 
vom 21. und 26. Mai, vom 2., 3. und 4. Juni v. J. verle⸗ 
fen, aus welchen zu entnehmen it, daß Richter dem Krumb⸗ 
holz die Anfertigung eines Probeftüdes auftrug, und der Brief 
vom 2. Juni enthält noch die Bemerkung, »daß Gefahr am 
Berzug fei, ſich ſchon Concurrenz geltend mache, und es ſchreck⸗ 
lich wäre, wenn ein Anderer das Geſchaͤft machen würde.“ 

Die vorgelefenen Briefe des Krumbholz an Richter 
find vom 2., 3., 4. und 6. Juni dv. I. und betreffen das be- 
ftellte Probeftüd. 

Richter: „Es waren feine Konkurrenten vorhanden, als 
ich dieß bem Krumbholz fehrieb, und ich habe dieß nur vor- 
gegeben, um ihn zu größerer Eile zu beſtimmen.“ 

Es wurden nun die auf diefe Lieferung, fich beziehenden 
Aktenftüde vorgelefen; zuerft das Offert des Richter vom 
4. Juni v. 3., in welchem er die in ber Anklage angeführten 
und auch von ihm bereits angegebenen Bedingungen ftellt, ſohin 
ber Erlaß des Armee⸗Oberkommandos vom 8. Juni v. 3., mit 
welchem dieſes Dffert genehmigt und die Lieferzeit von Mitte 
Juni bis Ende November v. J. beftimmt wurde; dann ber 
darauf Iautende Vertrag mit der Monturs⸗Hauptkommiſſion zu 
Stoderau vom 22. Juni, welchem wir weiter entnehmen, daß 
die Bleiche bei den zu liefernden Stoffen nicht mit Chlor und 
Säuren, fondern natürlich und gehörig zu gefchehen hatte. 

Richter bemerkt, daß der Lieferungstermin irrig bis 
Mitte November im Vertrage angefebt wurbe, ba die Lieferzeit 
bis Mitte Dezember beftimmt worden war. 

‘ Ueber die nun zur Vorlefung gebrachte Haftungsurfunde 
der Kreditanftalt für die Kaution von 50.500 fl. erinnerte Rich- 
ter auf die Stage, wie er diefe Urfunde unterfertigen fonnte, da 
fie für ihn Bürgfchaft leiſte: »Ich war berechtigter Firmafüh⸗ 
rer der Kreditanſtalt, Direktor Horn boſtel war damals nicht in 
Wien anweſend, ich konnte unmöglich glauben, daß dieſe Ur- 
funde durch meine Unterfchrift weniger Sicherheit gewähre; ich 
habe daher als KHauptdireftor der Kreditanitalt die Urkunde 

gefertigt. « 


_ 145 

. Borfigender: .»Kömmt bie Ausftellung folcher vaf⸗ 
tungsurtunden bei der Kreditanſtalt öfters vor?« j 

Richter: »Ich habe zwar, wie ich glaube, in meinem 
Verhöre angegeben, daß die Kreditanftalt folche Urkunden ſonſt 
nicht ausftellte, aber nun erinnere ich mich, daß die Anftalt 
ſchon einmal eine ſolche Urkunde ausfertigte, durch welche fie 
die Haftung für mehrere Millionen übernommen bat. Die Kre⸗ 
bitanftalt mußte ich aber auch deßhalb als haftend anfehen, 
weil fie, wie ich geitern erwähnt, von diefem Gefchäfte für den 
mir gegebenen Kredit eine Provifion bezog. « 

Vorf itzender: „Welche Deckung hatte die Kreditantalt 
für dieſe übernommene Haftung?« 

Richter: „Ich erinnere mich nicht, eine Dedung in 
Antrag gebracht zu haben. « 

Borfigender: »In Ihrer Eingabe an dad Armee- 
Oberfommando vom 8, Juni machen Sie für die Befeitigung 
der Bleiche geltend, daß durch die bei der BVleiche in Anwen⸗ 
dung konimenden Säuren die Qualität des Stoffes leide. Wie 
fonnten Sie biefed vorgeben, da nad dem Vertrage, welchen 
Sie mit der Monturs-Hauptlommiffion in Stoderau errichtes 
ten, die Anwendung von Chlor und Säuren bei der Bleiche 
ansgefchloffen worden war?« 

Richter: „Es eriftirt feine Bleiche ohne Anwendung von 
ätenden Säuren, beim Baummollitoff insbefondere gibt es 
feine Naturbleiche. « 

Aus dem nun vorgelefenen Briefe bes Bondi vom IT. 
Juni an Hellmann ift zu entnehmen, daß Richter felbit 
eine Meſſung von fünf gelieferten Stüden vornehmen Tieß und 
°/, Ellen Abgang am Maße gefunden hatte, dag Richter in 
Folge deſſen dem Bondi jagte, er werde fich eine Meßmaſchine 
anfchaffen, Bondi aber gleich ſah, daß dieſes nicht ernftlich 
gemeint fei. In diefem Briefe heißt es ferner: Grundſatz des 
Richter fei, den Fabrikanten nichts anzutragen, da fie felbft 
darum kommen werden. Dem Major habe Richter ein Ges 
ſchenk gegeben, die Mannfchaft habe er ohnedieß vegalirt, Rich⸗ 
ter fuche nur feinen „Rebach« zu vermehren. 

Richter: »Ich weiß nicht, was Bondi da zufammenge- 
fchrieben hat.“ 

Meber bie weiteren Iragen des Vorligenden au Kiigier 


186 


an; »Ein »Ocher« ift eine Abtheilung in dem Fache, durch wel- 
ches die Fäden beim Webſtuhle laufen, ein. »Gang“ habe in 
der Regel 40 Fäden. Zwiſchen »Gang* und „Ocher« beftehe 
- gar. fein Berhältniß.« - 

‚Borfigender: „Ste haben angegeben, daß Krumbholz 
nur aus Verſehen mit dem Subkontrahenten auf 80.000 Stücke 
abfchloß und Shre Fabriken nicht berüdfichtigte. Vorliegende 

"Briefe weifen auf das Gegentheil.“ 
Richter verbleibt bei feiner Angabe. 

Vorſitzender: „In dem Ihnen nun vorgelefenen Briefe 
‚Schreiben Sie an Krumbholz: „Bei dem Abfchluffe können 
Ste bis 4 Millionen Ellen gehen.« Das ftimmt nun nicht mit 
Ihrer Angabe, daß Krumbholz nur aus Verſehen fo hoch 
abſchloß.“* 

Richter: »Ich babe in dieſer Beziehung dem Krumb- 
holz die Sache überlafjen.« 

Borfigender: Krumbholz hat Ihnen ja Rechen⸗ 
ſchaft gegeben über das, was er vorkehrte, was auf Ihre Its 
ſtruktionen hinweiſet. In dem weiteren Briefe vom 19. Juni 
‚schreiben Sie an Krumbholz: „Schade, daß unfere Weber 
reien noch nicht im Zuge find, fie Hätten heuer vollauf zu thun.« 
Auch diefes zeigt, daß Sie abfichtlich ihre Webereien nicht be= 
üdjichtigten, weil diefe nicht eingerichtet waren. « 

Richter: „Diefe Stelle meines Briefes bezieht fih nur 
‚auf meine Weberei in Leibifchgrund.« 

Vorſitzender: »Beftand wegen der Garnlieferung ein 
Hebereinfommen zwifchen Ihnen und den Subfontrahenten?« 

Richter: „Das Uebereinfommen bejtand darin, die Stoffe 
von befter Qualität nur mit amerikaniſchem Garne berzuftellen. 
Als Preis war 38kr. K. M. per Pfund beftimmt. Meber den dabei 
gemachten Gewinn behalte ich mir vor, bei VBernehmung der 
‚betreffenden Zeugen bem hohen Gerichtöhofe eine Vorlage zu 
machen, welche zeigen wirb, daß ich nicht bloß aus Spekula⸗ 

tion gehandelt.« 

Borfigender: „In Ihrem Briefe an Krumbholz 
fchrieben Sie diefem: „Laſſen Sie fich nicht hinhalten und ge- 
ben Sie fo vor, daß uns wenigitens 1 fr. B. V. per Elle vers 
Hleibt.« 

Richter hat nichts darauf zu erinnern. 


147. 


Vorſiendet: »In dem Briefe des Krumbholz vom 
3. Juni v. J. ſpricht dieſer die Beſorgniß aus, daß ber Preis 
von 13 kr. K. M. per Elle bei gebleichten Stoffen nicht aus⸗ 
reichend ei, wenn nicht eine geringere Einftelung Platz grei- 
fen kann. In diefem Briefe ift fonach eine geringere Einftel- 
Iung bereit angedeutet.« 

Richter: „Eine geringere Einitellung kann nicht Platz 
greifen.« 

Borfißender: „Wir werden dariiber das Gutachten v von 
Sachverſtaͤndigen hoͤren.“ 


Es wurden nun vorgeleſen die Eingabe des Richter: bom 
3. Juni, worin er bittet, ungebleichte Waare ftatt gebleichter 
und in geringerer Breite liefern zu fünnen, das darüber abges 
gebene , ſich dafiir ausfprechende Gutachten der Mionturss 
Hauptkommiſſion in Stoderau, endlich der Erlaß bes Armee⸗ 
Dberfommandos vom 26. Juni v. J., womit das Anfuchen 
Richter’8 genehmigt wurbe. 

‚Richter: „Die Proben haben dargethan, daß die Waare 
ſtark einging; das war die Veranlaffung, warum die Waare 
auf 30 Zoll vermindert wurde. In qualitativer Beziehung 
fonnte Feine Nenderung eintreten, weil auf 18 Schuß 15 Faͤ⸗ 
den per '/, Duad.=Zoll im rohen Zuftande gerechnet war.« 

Vorfitender: „Unter Qualität verftehe ich aber die Ge⸗ 
fammtheit aller Eigenfchaften.« 

Richter: »Ich glaubte bloß zur Erfüllung aller aus 
meiner Eingabe und der Benilligung vom 26. Juni entfprin- 
genden Konfequenzen verpflichtet zu fein.« 

Vorjitender: „In der Anklage wird fich bezogen auf 
einen Brief vom 9. Auguft: » Durch die hier gebrachten Proben 
habe ich die Meberzeugung gewonnen, baß die rohe Waare 
um zwei Zoll jchmäler hergeftellt werben kann.“ 

Richter: »Das iſt der Moment, wo man durch die bei 
Zappert vorgenommenen Berfuche den Breitefchwund feftitellte, 
von da an wurde die Anfertigung etwas fchmäler gemacht. « 

Vorſ itender lieſt eine Stelle aus einem Briefe vom 
10. Auguſt vor, in ber es heißt: 

»Die gemachten Erperimente haben die genügente Ürker- 

zeugung geliefert, daß die Waare ftatt 3%— 3% U wu wu 


148 


zeigt werben kann, daher uns Gelegenheit zu weſentlicher Er⸗ 
ſparung geboten if. « 

Richter: „Iſt fein Nachfag in diefem Briefe?« 

Vorſitzender fährt weiter: 

— „Denn das hohe Armee-Oberfommando verlangt 
von mir, in Hinblid auf die veränderten Zeitverhältniffe einen 
Nachlaß der Preife.« 

Richter: »Das war das Motiv dazıı. 

„Beim Schluß ber Lieferung wollt ich eine Entjchäbigung 
eintreten laſſen.“ 

Vorfigender: »Es ift fich bier auf. einen Brief vom 
11. Auguft. bezogen; in diefem heißt es: »Przibram's und. 
eines Anderen Bleichen laſſen feine Reduktionen zu, eben em⸗ 
pfange ich Przibrams Waare, welche roh 34 hatte, im fer⸗ 
tigen Stande aber nicht über 30 und 30 '/, behielt, wie Sie 
fich bei ihrer Ankunft überzeugen wollen; dasfelbe tft bei den 
übrigen Bleichen ber Fall. Wenn fie die Wiener Bleichen kalt 
hängen, fo bürfen fie bloß um zwei Zoll zufammenfchrumpfen. 
Nebuftionen in ber Breite laffen fih nur bei Kubinsky's 
und unfern Waren erzielen.« 

Richter: „Krumbholz fchrieb, daß die eingelieferten 
Waaren nicht fo wie fie fein follten, fondem über 33 im 
Durchſchnitt gemeffen Haben. Bei der neuen Einftellung müffe 
aber die Breite der Waare fomplet 33 betragen. Der Preis 
für diefe Waare ift 22°/, fr.« 

Borfitender: »Im urfprünglichen Abſchluß waren 33,. 
bier fagen Sie 22°), fr.« 

—Richter: „Ich bemerke, daß ich allerdings einen Vor⸗ 
theil gezogen habe, daß diefer aber nothmendig war, um bie 
Mehrkoſten der beſſeren Zurichtung zu decken.“ 

Vorſitzender fihreitet zur Ablefung des Briefe von 
Krumbholz vom 3. September. „Sie fenden mir immer 
noch 34zöllige Waare, obwohl ich Eie erfuchte, die Breite auf 
32 zu reduziren, weil mir die erfte Breite nicht fonvenirt, mit 
den Mebrigen bin ich übereingelommen, daß fie */, Tr. per Elle 
vergüten/ was von Ihnen beanfprucht wurde, und ich erfuche 
Sie, davon Notiz zu nehmen.“ „Diefer Brief zeigt an, daB 

Barnerfparung zu Ihrem eigenen Vortheile in Anſpruch 


en wurde.«“ 








149 

Richter: »Jal!l Weil ich für die beſſere Zurichtung hoͤ⸗ 
here Auslagen hatte. « 

Borfigenber: Hier ift ein Brief an Krumbholz 
vom 30. Junt, darin heißt e8: | 

»Sollte ich in die Lage verfet werben, bei ber Breite, 
folglich in der Einftellung und im Schuß Reduktionen eintres 
ten laſſen zu koͤnnen, fo fällt diefe8 bene uns zu, und wir 
werben darüber zwiſchen uns eine bejondere Vereinbarung 
treffen. * 

»Sie fagten, Daß aus der neuen Zurichtung dem Aerar 
eine bene zuging, bier heißt es, daß dieſes bene ihnen 
zufommen follte.« 

Richter: »Es ift ein bene für dag Aerar, daß es Stoffe 
bekam, die durch Anwendung von Säuren in ihrer Haltbarkeit 
nicht beeinträchtigt worden waren.“ 

Borfigender: „Und für Sie?« 

Richter: „Für mich war e3 eine Entfehädigung für die 
Mehrkoſten der Zurichtung, wie ich bereits erwähnt habe.« 

DVorfigender: „Im Briefe des Krumbholz vom 
15. Juni heißt es: 

„Ich vernehme es fehr gern, daß die Waare bloß gekocht, 
gewafchen und gemangt werden ſoll. Es ift dieß ein großer 
Vortheil, denn man will die Bleiche nicht gern um einen hal- 
ben Kreuzer höher ftellen, während die andere Manipulation 
nur die Hälfte foften wird. 

»Ebenfo vortheilhaft für ung ift es, wenn die Breite auf 
30 Zoll herabgefett wird. 

»Das Erſparniß muß uns und nicht dem Aerar zu Statten 
kommen.“ 

»Hier ſagt Kfumbholz ausdrücklich, es ſei ein großer 
Vortheil, wenn die Waare bloß gekocht, gewaſchen und gemangt 
wird, während Sie gerade das Gegentheil fagen.« 

Ihr Brief vom 23. Augujt an Krumbholz lautet: 

»Die Nachläffe, welche ich bewilligt habe, fordern Sie 
fireng von den übrigen Kontrahenten, befonders von Hell: 
mann, ber im Verhältniſſe des ihm bewilligten hohen Preiſes 
nachlaffen muß. « 

»In Ihrem Briefe vom 25. Auguit wird bemett. 
Dem Nachlaſſe müffen ſich ale Kontrahenten ul \omt 


150 


ah Hellmann fügen, ‚ba ih für eine 32 Zoll breite 
nicht fo viel zahle, wie ich für eine 34 Zoll breite Wange zah⸗ 
Ien könnte. Ex kann einen gerechten Nachlaß nicht verweigern. « 

» Hier jtellen Sie die Beftellung in geringerer Breite als 
Grund hin, aus welchen die Subfontrahenten einen Nachlaß am 
Preife eintreten laſſen müffen.« . 

Richter: “Ich möchte bie Motive des Nachlaſſes nicht 
in dieſem Briefe finden.“ 

Borfißender: „In einem fpäteren Briefe fonımt in Bes 
treff Hellmann’s vor, daß er fich dem Nachlaffe fügen muß.« 

Es wird hierauf die Korrefpondenz, bezüglich des von 
Hellmann bemilligten Nachlaffes verlejen. 

Im Briefe vom 26. Auguft fohrieb Krumbholz: 

»Bezüglich des Nachlafjes bin ich heute mit Freund 
Hellmann arg aneinander gerathen;* und der Präftdent 
erwähnte bier gleichzeitig eined an Hellmann gefchriebenen 
Briefes; in diefem heißt es: 

»Für eine Waare, die 46 lang eingeftellt wird, reichen 
nicht 15 Fäden Kette bin, denn foll diefelbe Qualität erzielt 
werden, jo muß ein Faden Schuß mehr fommen und das Eojtet 
mebr.« 

Dann: „Wir haben bei 34 Zoll Breite 48 angenonmen, 
weil durch das Eingehen in der Bleiche 2'/, —3 Zoll weniger 
erhalten wurde, und wir durch da3 Zufammengehen der Waare 
auf 15 Faden Kette fommen wollten. Stellt man die Waare 
46 ein und gibt ihr die volle Bleiche, jo kommen mehr als 14 
Fäden heraus,« und zum Schluß heißt es: 

„Ich kann ſpekuliren wie ich will, jo kann ich fein Ers 
iparniß herausbringen, wenn es nicht auf Koften der Qualität 
geſchehen foll, und an diefer möchte ich nicht rühren. « 

Richter: »Es ift auch nicht gerührt worden. . 

Vorſitzender: »Da ift ein Brief vom 4. September 

an Krumbholz, er lautet: | 
»Von der Inlage nehmen Sie Einjicht und überreichen 
Sie diefelbe Hellmann, Ihr Vorgehen gegen denfelben fin- 
den Sie vorgezeichnet.« 

»Diefe Inlage wurde bei Hellmann vorgefunden und 
darin heißt es: 

„Ihre Auseinanberfeßung wegen des Nochloſes Gute ich 


161 


mir zu Semüthe genommen und bin zu bem Reiultat gelangt, 
daß wir Breite-Rebuktionen von 34 auf 32 in ber Art ver- 
fuchen müffen, daß ftatt 18, 16 Schuß und 15 Fäden auf '/, 
Quadratzoll verwendet werben. « 

»Die Waare wird volllommen gut ausfallen, und Damit 
Sie bei diefer Aenderung auch Vortheil haben, bin ich bereit, 
- Sie an ber baburch erzielten Erſparniß theilnehmen zu laſſen. 
Erklären Sie fich darüber.« 

Richter: „Es ift dieſes nicht zur Ausführung gekom⸗ 
men.« 

Borfikender: „Die Stelle fommt mir bedeutungsvoll 
vor, daß Sie den Hellmann, der ſich geſträubt hat auf Ihre 
erſte Propoſition einzugehen, nun an der erzielten Erſparung 
theilnehmen laſſen wollen.“ 

Richter: »&8 hat ſich aber nicht durchführen laſſen.“ 

Vorfitender: „Sie haben bisher immer gejagt, die 
ſchmaͤlere Herftellung der Waare habe den Zweck gehabt, die 
höheren Koften der neuen Zurichtung zu deden. Hat Hell- 
mann an den Herftellungsfoften auch Theil genommen, weil 
Sie ihn an der Vergütung theilnehmen Tießen?« 

Richter: „Er war verpflichtet, nach der neuen Methode 
die Waare herftellen zu laſſen.“ 

Borfigender: „Wie erflären Sie aber bei ei Hellmann 
den Abzug von 4 fr. für die Bleiche?« . 

Richter: »Der bat fih darauf baflıt, ı um eine Eleine 
Entichädigung zu befommen für Stempel, ferner mußte ich Er- 
fparungen eintreten laffen, um feinen Berluft zu baben.« 

Borfigender: „Wir fommen nun auf die Berechnung 
Ihres Gewinnes. Der Gewinn durch die Rebuftion der Breite 
wird von Sachveritändigen auf 7845 fl. 63 fr. geichäßt.« 

Richter: „ch erkenne dieſe Summe als Refultat der 
Erſparung als richtig an.« 

Borfitender „Die Anklage fehlägt zu diefer Summe 
noch den Betrag für die in Ihrer Weberei erzeugten Stüde.« 

Richter: „Meine Webereien haben erjt im Auguft v. J., 
als bie übrigen Lieferanten ihren Vertragspflichten nicht nach⸗ 
famen, zu fabrigiren angefangen.« 

»Bon Erfparungen kann keine Rebe fein, wel uf mie 
MWebereien ſchon anfangs Rücficht genommen war.“ 


152 


Vorſitzender: „Wie groß war dad Quantum der aus 
Ihrer Weberei erzeugten Stüde?« 
Richter: »8500 Stüd vom 2. Auguft an.« 


Ueber Antrag des Dr. Berger wird folgende Stelle aus 
einem ‚Briefe des Richter vorgelefen: 

a Ich bemerte nur, daß gleich anfangs die ganze Spin, 
nerei darauf eingerichtet werden muß, das Garn muß aus purer » 
amerilanifcher Baummolle erzeugt werden. « 

. Richter: „Damit führe ich den Beweis, daß ich auf bef- 
ſeres Material den höchften Werth Iegte.« 

y. Ueber ferneren Antrag des Dr. Berger werden aus den, 
‚ben Akten beiliegenden Briefen des Richter an&rumbholz fol 
gende Stellen vorgelefew: 

Aus dem Briefe vom 20. Juni, Nr. 38: 

»Ich erfuhr, daß Abeles 50,000 und Borges 20.000 
Pfund Garn Nr. 18 und 20 gekauft hatten. 

»Ich erinnere Sie und namentlih Borges, daß ich den Auf» 
trag zurüdziehe, wenn ftatt ber bebungenen Nummer 18 
Nr. 20 verwendet werben foll; Diefes wäre ein Vertrags- 
bruch. « 

Aus dem Briefe vom 30. Juli: „Bayer wird Ihnen 
mitgetheilt haben, aus welchem Grunde die erfte Lieferung be- 
anftändet wurde, und es wirb dringend nothwendig, daß fein 
Stüd ungeprüft paffire. 

„Nehmen Sie einige Organe auf und fuchen Sie Schroll 
in feinen Lieferungen zu erreichen. « 

Aus dem Briefe Nr. 58: 

»Glauben Sie nicht, daß wegen eingetretenem Frieden Die 
Montursfommiffion bei der Mebernahme ungegründete An« 
fprüche niachen würde. Wir find auch im Kriege verhalten wor⸗ 
den, exakte Waaren zu liefern. « 

Aus dem Briefe Nr. 70: 

»Der Stoffbefund ift fein ungünftiger, nur Przibram's 
Fäden waren bünn, weil er mehr Schuß gibt. 

»Die Zurichtung dazu flieht einer Mufterkarte ähnlich‘, das 
find alle SarbenNtuancen.« 

„Abele's Waare iſt von ziemlich guter Qualität, aber bei⸗ 
nahe ganz weiß; dieß muß geändert werben. 


153 


„Ale Stüde, welche wegen leden ausgejtoßen wurden, 
laſſe ich bei Zappert berrichten.« 

Aus bem Briefe Nr. 87: 

»Auf Abeles’ Waare zurüdkehrend, fo gefällt fie mir we⸗ 
niger, und wenn file genommen wurde, fo ift dieß nur aus Rück⸗ 
ficht für mich gefchehen. Ich fürchte, daß die Baluten unferem ' 
Sefchäfte nicht günftig feien.« 

Vorſitzender: »Warum haben Sie eine beſondere Rüd- 
ſicht in Anſpruch genommen?« 

Richter: „Ich habe keine in Anfpruch zu nehmen” ge⸗ 
habt und es iſt nicht ſo zu nehmen, ſondern, daß man die 
Waare paſſiren ließ, weil die meiſten Stoffe gut waren.“ 

Ueber die Bitte Richter's wird aus dem Briefe vom 
2. Auguſt v. J. folgende Stelle vorgeleſen: 

»Wenn man bei der Uebernahme von Baumwollſtoffen 
diffiziler vorgeht, können wir uns auf große Unannehmlichkei⸗ 
ten gefaßt machen, und Sie werden ſchließlich bedauern, dem 
Armee⸗Oberkommando im Intereſſe des Aerars zur gekochten 
Waare ftatt ber gebleichten gerathen zu haben.“ 


Vorſitzender: „Es ift fchon erwähnt worden, daß Hell- 
mann 4 fr. per Stüd wegen des Wegfallens der Bleiche nachs 
lafjen mußte. Hat ſich Hellmann diefes gefallen Taffen?« 

Krumbholz. „Hellmann hat und die 4 fr. gut ge 
fehrieben. Er hat früher fehr bedauert daß er die Waare in der 
Weiße zurichten laſſen müffe, wie fie von uns geliefert wurde, 
und daß er einen größeren Betrag als der fpätere Nachlaß das 
für zahlen mußte. Wie groß diefer Betrag gemwefen, weiß ich 
felbft nicht. « 

Borfigender: „Der Gewinn, welcher durch das Weg⸗ 
laſſen Der Bleiche erzielt wurde, iſt im Ganzen auf 2563 fl. 
61 Er. angegeben. *« 

Richter: »Ich erkenne dieß bloß rücſichtlich der Waare 
des Hellmann an, im Uebrigen aber nicht.« 

Vorſitzender: »Jetzt kommen wir auf den Umitand der 
Veränderung bed Garnnummers. Es iſt richtig, daß Nr. 18 
teurer ift als Ni. 16, und man deßhalb glauben könnte, daß 
Sie einen Nachtheil hatten, wenn Sie ftatt billigerem Garne 
theueres verwendeten, aber es ift durch Sahuerkiiitigg sion: 


v 


154. 


ben, daß diefe Mehrauslage geringer tft, als das Erſparniß an 
Garn ausmacht.“ 

Richter: »Ich habe mich weder in einem Vertrag, noch 
im Geſpräch zur Anwendung von 16 Garn als Schuß bei 
den Stofflieferungen verpflichtet. Jum Beweiſe, daß ich nur 
auf Anwendung von 18 Schuß gerechnet hatte, führe ich Fol⸗ 
gendes an: 

»Aus dem Briefe des Krumbholz iſt zu erſehen, daß die 
Anfertigung von Probeſtücken mit 15 Fäden Kette Nr. 18 und 

16 Fäden Schuß Nr. 20 erfolgte. _ 
| »Diefe Stüde, welche ®/, breit waren, wurben bei Ge⸗ 
legenheit bes Hellmann’fcen Offertes dem Armee-Ober- 
kommando vorgelegt und auf dieſe Stücke iſt der Abſchluß 
erfolgt. 

»Darauf fragte Krumbholz an, ob ed nicht zweckmaͤßiger 
wäre, ſtatt 16 Faͤden pr.“Qr.-Zoll nur 15 Fäden Nr. 20 
zu verwenden. Sch antwortete, ich wäre einverftanden Damit, 
aber e8 müſſe flatt 20 18 Schuß verwender werden. 
Durch dieſes wurde von mir ein Opfer gebracht. Bon diefer 
- fo angefertigten Waare waren die Proben , welche ich dem 

hohen Armee » Oberfommando bei meinem großen Offerte 
vorlegte.« | 

Borfikender: »Geſchah dieß beim eriten Offert?« 

Richter: »Ja. Bon dieſer Waare wurden zwei Probe- 
ftüde angefertigt und zwar bloß gekocht, gewaſchen und ge- 
mangt und keines wurde beanftändet. Das erfte beitand aus 
18 Kette und Schuß 15 Fäden pr. '/ Quabrut-Zol, das 
andere 15 Fäden Kette Nr. 18 und 16 Fäden Kette Nr. 20 
Schuß. « 

»Dieſe Stüde wurden im rohen Zujtande 32 Zoll breit ans 
gefertigt und es hat fich gezeigt, daß fle nach diefer Manipula⸗ 
tion bloß 29 Zoll breit waren.“ 

»&8 eriftiren Webermeifter, welche beitätigen, daß ber 
Schwund 3 Zoll und nicht 2'/, betragen habe. « 

»Auf diefe fo erzeugte Waare hat Krumbholz jeine Kal- 
fulation geſchickt, welche mir bei der Preisberechnung als 
Grundlage dienen follte. Diefe liegt ebenfalls bei den Akten 
und es iſt nachgewieſen, daß zur Anfertigung von 60 Ellen 
Gtoff 15 Foͤden 18, 16 Fäden Nr. 20, 7°/,, Pe. Kette und 


155 


7Pf.⸗Schuß, trotzdem, baß ein Faden weniger ift, : erfor- 
dere. Diefe Koften betragen 12 fl. 36 fr. per Stüd toben 
Stoffed.* 

»Dazu kommen noch die durch die Balutaverfchlech- 
terung erhöhten Garnpreiſe bei der Kette 2'/,, beim Schuß 
7, t.* 

Borfisender: „Warum iſt da ein Unterſchied?“ 

Richter: „Weil am Tage der Kalkulation London 135 
und am Tage meiner Bertigung 145 fand. Durch diefe Erhoͤ⸗ 
hung des Sarnpreifes, der Bleichkojten, Stempel, Webergabs- 
provifionen ꝛc. erhöhten fich die Erzeugungsfoften pr. Stüd auf 
13 fl. 57 kr, Den Subfontrabenten bemilligte ich einen Weber- 
gewinn von 75 fa. per Stüd, fo daß fich die Erzeugungskoften 
auf 14 fl. 33 fr. per Stüd ftellten. Der Erlös betrug per 
Stüäd 15 fl. 15 fr., fo daß bei einem Stüd nur 81 fr. als 
Ueberfchuß verblieben.“ _ 

Vorſitzender: „Welches Datım trägt die von Krumb- 
holz eingefendete Kalkulation ?« 

Richter: »Den des 17. Mai.“« 

Vorſitzender: „Darauf bemerfte ich, daß ein ſpäterer 
Brief über denfelben Punft eine andere Auslegung geilatte. 
In biefen Briefe heißt es: 

„Es läßt fich ein Gewinn bei der Erzeugung berftellen, 
zumal e8 angehen wird, daß jtatt 16 Schuß 18 verwendet 
wird. Es wird nicht fchwer werden, mit 13 fr. die betreffenden 
Abſchlüſſe zu machen, da die Waare nur gekocht, und ftatt 16 
18 Schuß gebraucht werden barf.« 

Richter: »Es wurde fein beitimmter Auftrag gegeben, 
und ich habe mich nie verpflichtet, Stoffe. von Garn Nr. 16 
zu liefern. « | 

Vorſitzender: »Sie haben fich aber verpflichtet, voll: 
fommen nach vorgelegtem Muſter zu liefern, und biefes Mu: 
ſter war 18 Kette und 16 Schuß.« 

Richter: „Ich konnte Fein anderes Nummer verwenden, 
und glaube, daß es nicht ficher fteht, ob in den Schroll’fchen. 
Muftern Garn Nr. 18 oder 16 war.« 

Borfigender: »Ich glaube wicht, doh Semant \m 
Stande war, Ihnen bei ber Berlefung der galten N —X 


156 


gen. Der Befund der Sachverftänbigen wird nachweiſen ,ob 
fie richtig iſt.“ 

»Sie ſagten wiederholt, daß weder dag Wegfallen der 
Bleiche, noch die Veränderung des Garnnummers für Sie ein 
Bortheil war; dagegen heißt e8 in den ſchon vorgelefenen Brie⸗ 
fen, daß fich die Wanre mit Gewinn für den Erzeuger werde 
herſtellen Iaffen, zumal e8 künftig angehen wird , ftatt Garn 
Nr. 16 folches Ar. 18. zu verwenden. Mie tönnen Sie dieſen 
Widerſpruch aufklaͤren ?« 

Richter: „Die Briefe find gefchriehen, um ſie nöthigen- 
falls den Kontrahenten zu zeigen, und ich babe deßhalb die 
Sache günjtiger dargeftellt, als fe wirklich gewefen ift.« .: 

Borfigender: »Welchen Zwed hatten Die Briefe 
Krumbholz's an Sie?« . . 

Richter: „Sie waren nur bejtimmt, jeine Anfichten. mir 
mitzutheilen. « 

Vorſitzender: »Es kommt aber ein Brief an Krumb- 
holz vom 10. Juni zu verlefen, da heißt ed: »Beſſer wird es 
geben, wenn nur 18 Schuß genommen wirb.« Was foll das 
heißen: „beſſer wird es gehen«?« 

Nichter: „»Krumbholz macht mich damit auf Dieje 
Veränderung aufmerkſam und ſpricht feine Billigung derſelben 
durch die Worte aus, daß es beſſer gehen wird.“ 

„Krumbbolg hat meine Kalkulation, auf Grund wel; 
her ich den Preis berechnete, nicht gekannt. Webrigens wurde 
mir die Anwendung von 18 Schuß geitattet.«e 

Borfigender: »Wodurc wurde Ihnen dieſes geftattet?* 

Richter: »Durch die Annahme der Proben, welche ich 
dem Armee-Oberlommando vorlegte.« | 

Es wird num ber Brief bes Richter an Krumbholz 
geleſen, in welchen es heißt: | 
Schroll's Waaren finden bisher den größten Beifall; 
dazu trägt bie fchöhe Appretur, die exakte Weberei und ber 
Umftand bei, daß ftatt 18 Schuß 16 verwendet wurde. 
Mir werben dieſes allgemein machen muͤſſen, da dazu die Ver⸗ 

ringerung der Breite Gelegenheit gibt. 

Richter: »Die Bemerkung über die Schroll'ſche Wanre 
bezieht fich auf die 250.000 Ellen Leindwandftoffe. Wenn bie 

Maatct, welche: ich mit 13 Schuß geliefert habe, von ver Mov. 


157 


turstommiftion nicht mufterhaltig befunden worden wäre, hätte 
ih mich entfchließen können, ebenfalls 16 Schuß zu ver⸗ 
wenden.“ 


Vorſitzender: „Wie die Subkontrahenten die Verände⸗ 
rung des Garnnummer aufgefaßt und wie Ihnen dieſe Veraͤn⸗ 
derung genützt hat, darüber liegen die Belege vor, und die 
Anklage berechnet den Gewinn auf 15.600 fl.« Ä 

Michter: „Ich bitte mir nur einen Augenblid einen Gin⸗ 
blid in bie bießfällige Berechnung zu geftatten.« 

Es wird dem Richter Diefe Berechnung zur Einficht gege⸗ 
ben und er erklärt nach genommener Einficht: »Diefe Berechs 
nung ift nicht richtig. * 

Vorſitzender: „Sagen Sie mir, worin beftanben bie 
bei ber Lieferung erhobenen Anftände und wodurch wurden fie 
befeitigt?« 

Richter: »Ich fann wenig barüber fagen. Als ich im 
September in Prag war, fagte mir ber Herr Oberftlieutenant 
Uhl, daß die gelieferten Stoffe mit ben Proben nicht überein» 
zuftimmen fcheinen. Ich erfuchte ihn, mir ein Stüd von ben 
gelieferten Waaren abzufchneiden unb mit feinem Siegel ver: 
ſehen zu übergeben, damit ich basfelbe dem hoben Armer- 
Oberkommando mit ber Bitte vorlegen könne, die Waare in 
biefer Qualität liefern zu dürfen, ba biefelbe Qualität in - 
Stoderan und Brünn anftandslos angenommen wurde. Ich 
nahm dieſe Probe und Iegte fie meiner Eingabe bei. Ich glaube, 
es war zur Zeit ber Abreife des Baron Eynatten. Es find dieſe 
Stüuͤcke aud bier, und bie Sachverftändigen werben in ber 

Lage fein, diefe Angelegenheit aufzuflären.* 

Vorſitzender: „Es feheint, Daß, als die Zeit ber Liefe⸗ 
sung herannahte, Sie ſchon Beſorgniſſe geäußert haben, daß 
die Lieferung nicht anſtandslos vorſichgehen würde. Darauf 
deutet Folgendes hin. Es iſt nämlich ein Brief vom 11. Auguſt 
des Krumbholz da, in welchem eine Stelle lautet: 

»Schroll's Muſter chat, wie alle feine andern Artikel, 
eine ausgezeichnete Appretur, unb es mar gefehlt, daß Sie 
S chroll’iche Waaren als Muſter benützten.“ 

Richter: „Das tft nicht Schroll's Rohe odood ww 


bern bie. meinige. + 
Ar 


158 


WVorſitzender: „Die Benierfung, daß ein minder gutes 
Mufter zu hinterlegen geweſen wäre, iſt ſehr verfänglich.< < 

Richter: »Es war ja mein Mufter.« 

Vorſitzender: „Sa, einmal jpäter haben ©ie pre 
Mufter vorgelegt, wir reden aber vom Beginne der kleferungs⸗ 
verhandlung.“ 

Richter: »Ich habe am 14. Juni meine Probe vorge⸗ 
legt, und das iſt eine Bemerkung, die Krumbholz im Auguſt 
machte.“ 

Krumbholz: „Ich muß bemerfen, daß Schroll's Mu- 
Her gebleicht waren. « 

Präfident: „Ein weiterer Brief ifi der vom 16. Sep: 
tember, mo e8 heißt: »Die Mebernahme derfelben erfolgt an- 
fangs künftiger Woche und ich bin auf das Reſultat außeror- 
dentlich gefpannt. Nach Erhalt diefes Briefes find Sie nach 
Prag gereift.« 

.. Richter: »Ich bin am 23. September nach Prag ge: 
fahren, aber nicht direfte, und kam erft am 5. Oktober 
dort an.« - 
| Eine vorgelefene Stelle des Briefes Krumbholz’ an 
Bayer, ddo. 26. September, läßt fich über die Schwierigfeiten 
aus, die man bei der Ablieferung in Prag hatte. In diefem Briefe 
kommt auch der Ausdrud »liberal« vor, was dem Bräfidenten. 
Anlaß gibt zu fragen, was Richter unter diefem Worte vere 
standen, worauf Lebterer bemerkt, daß diefes Wort ein bloßer 
faufmännifcher Ausdruck jei. 

. Sn einer Stelle des Briefe Richter’d an Krumbholz 
kommt der Nachfag vor: „Wenn fih wegen geringerer Faden⸗ 
zahl ein Anſtand erheben ſollte, ſo berichten Sie mir es und 
ih werde Aenderungen vornehmen laſſen.“ 

Vorſitzender: „Was hat dieß zu bedeuten?« 

‚Richter: „Die Fadenzahl war bei der fpäteren Lieferung 
‚geringer, ich kann nicht jedes Wort auf die Wagfchale legen. « 

Vorſitze nder: »Es liegt ein Brief vom 29. September 
son Krumbholz an Richter vor, wo es heißt: 

»Indeſſen wird nichts übrig bleiben, als daß noch wegen 
der geringeren Fadenzahl Aenderungen im Muſter veranlaßt 
werden. Ich lege übrigens dem Oberſtlieutenaut Waare zur 


159 


Einficht vor, zweifle aber fehr, daß fle für gut befunden wer: 
ben wird. « 

»Dann fehreiben Sie in einem Briefe von 30. Sep: 
tember: . 

Sie werben für die anftandslofe nebernahme der Waare 
ſchon Sorge tragen.“ 

Richter: „Weil ich überzengt war, daß ich nach Prag 
befjere Qualitäten geſchickt Habe, und vorausfah, daß die Waas 
ren jedenfalls werden’ genommen werden.« 

Hierauf wird bie Eingabe Richter’ an das Armee⸗Ober⸗ 
fommando vorgelefen, in welcher Richter anfucht, »das hohe 
ArmeesÖberfommando möge eine Prüfung der in Pray nicht 
angenommenen MWaaren, von welchen er eine Probe vorlegt, 
veranlaffen,« dann kommen die Berichte der Stoderauer Mon- 
turs⸗Hauptkommiſſion, die jene Stoffe zur Prüfung übernahm, 
an die Reihe, welche jich dahin ausiprechen, »daß Die der 
Prüfung vorgelegten Stücke ihren Urſprung aus verfchiedenen 
Fabriken haben, und daß die Differenz der zu prüfenden Stoffe 
mit dem Mujter nur darin beftehe, daß das PBrobemufter ftär- 
fer gemangt und die Zwiſchenräume mehr ausgefüllt find, als 
bei weniger gemangten Stoffen, und daß jie im Gewicht ziem— 
lich gleich feien.« 

Richter bemerkt auf die Prüfung felber feinen Einfluß 
genommen zu haben. 

Vorſitzender: „Esdrängtfich hier die Anfichtauf, Daß Das 
Reſultat Diefer Prüfung in die Kategorie der übrigen Begünſti⸗ 
gungen gehoͤre.“ 

Richter: »Das war keine Begünſtigung, ich habe die 
Erledigung ihrem Schickſale überlaſſen.“ 

Vorſitzender: „Wollen Sie mir erklären, wie es mög- 
lich ift, eine Anzahl von Fäden wegzunehmen, ohne die Qua⸗ 
lität zu beeinträchtigen ?« 

Richter. »&8 find nur fo viele Fäden, als die herzu⸗ 
itellende geringere Breite zuließ, weggenommen worden. Diefes 
bat aber die Waare nicht verfchlechtert. « 

Vorſitzender: „Bei Ihrer Waare war nicht nur die 
Breite von 31 Zoll auf 30 Zoll verringert, Tonbern ed waren 
überdieß auf jebem Quadratzoll weniger Täden enagtilt.e 


160 


Richter: »Ich glaube, daß .die Hädenanzahl nicht..ims 
mer ber richtige Werthmeſſer ift.« | 
Vorſitzender: „Sie fagten, es fomme hauptfächlich 
auf das Gewicht der Waare an. Sch meine nun, daß die An— 
zahl und Stärfe ber einzelnen Fäden das michfigfte Moment 

für dieſe Qualität des Stoffes fei.« 

Richter: »Ich berufe mich auf meine früheren Aeuße⸗ 
rungen, und außerdem auf das Gutachten des Herrn Oberſt⸗ 
lieutenants Uhl, welcher gleichfalls ſagt, daß ein Faden mehr 
oder weniger auf die Qualität des Stoffes keinen Einfluß 
habe.“ 

Vorſitzender: »Ich glaube, daß die Berufung auf 
Uhl nicht zu Ihren Gunſten ausfallen dürfte, da er ſelbſt Ihre 
Waare als nicht muſtermäßig bezeichnete. Auch glaube ich, 
ohne dem Urtheile des Uhl nahe treten zu wollen, daß das 
Gutachten der Weber aus Wien ein maßgebenderes fein dürfte, 
weil dieſe Sachkundige ſind. In deren Gutachten kömmt nun 
vor: daß Zahl und Stärke der Fäden immer zur Qualität der 
Maare beitrage. Damit ſtimmt auch das überein, was Hell⸗ 
mann in ſeinem Briefe ſchreibt, daß eine geringere Einſtellung 
von Fäden der Qualität Abbruch thue.« 

Richter: »Ich muß mich dem Urtheile von Sachver⸗ 
ſtändigen wohl fügen, allein ich bemerke, daß von einem ein- 
zelnen Stüde kaum ein Schluß auf eine ganze Lieferung ven 
50,000 Stüden gemacht werden fünne.« 

Staatsanwalt: »Ich erfuche um Aufklärung, wie es 
möglich ft, aus bem Stoffe eine Anzahl Fäden wegzuneh⸗ 
men, ohne daß dadurch die Qualität des Stoffes geäns 
gert wird. Ich bitte mich barüber zn informiren.« 

Richter: »Ich bitte anzunehmen, ber Stoff habe bie 
Breite Ihres Tifches (auf den Tifch des Staatsanwalt zeis 
gend). Will man nun von der Tifchbreite einen Zol abnehmen, 
fo entfällt die Badenabnahme nur auf biefen einen ZoN, 
bie übrige Zahl der Fäden bleibt auf der ganzen Breite un⸗ 
verändert.* F 

Staatsanwalt: »Wenn dieſer Zoll wegfällt, fo ſollte 
alſo das übrige Stück die gleiche Beſchaffenheit behalten, 
das war aber bei der von Ihnen gelieferten Wagre nicht 
der Fal. J | | 


161 


Richter: „Das fanıı nicht fein, weil dieß eine Aende- 
rung der Blätter und Zeuge nothwendig gemacht hätte. Die 
Weber werden bezeugen, daß dieß eine technifche Unmöglich« 
feit iſt. Es jteht mir nicht zu, einen Zeugen aufzurufen , aber 
es fißt bier unter den Säiten ein Mann, der gewiß meine Auf: 
Härung beftätigen dürfte. « 

Staatsanwalt: »Was hatten Sie vun Eynatten 
erfahren, daß Sie auf die Meinung gebracht wurden, Ihr Ge- 
ſuch jei bereits bewilligt? 

Richter: „Er fagte nur, ich werde es erledigen und ich 
bezog diefes auf den mir zugekommenen Auftrag. « 

Staatsanwalt: „Bei ©elegenheit, als Sie um eine 
Terminerftredung auf zwei Monate anfuchten, it Ihnen dieſe 
nicht gewährt worden; es fcheint alfo, dag nicht alle Erledis 
gungen günjtig ausfallen mußten. « 

Richter: „Ich wiederhole,, daß ich jenen Ausdrud auf 
jenen Auftrag bezog. * 

Vertreter Des Aerars: »Es ift durch Sachverſtändige 
jeftgeftellt worden, daß Herr Richter bedeutende Gewinnſte 
durch die Sublieferanten erzielte. « 

»Ich frage Sie nun, koͤnnen dieſe von Ihnen aneı- 
kaunten Oewinnftbeträge dem hohen Aerar als Grundlage eines 
Schadenerſatzes dienen?« 

Richter: „Ich erkläre, daß ich bereit bin, dieſen Betrag 
zu erjeßen, zumal dieſes jelbit meine Abficht gewejen war.« 

Vorſitzender: »Es iit von Landes Generalfommando 
in Wien eine Abfchrift des Grlaffes des Armee-Oberfommandog 
vom 25. Juni hier vorgelegt, worin angefucht wird, auf einen 

Schadenerſatz Bedacht zu nehmen. Da das Aerar benachtheiligt 
worden ift, fo feheint e8 auch zu einer Entfchädigungsforderung 
berechtigt.« 

Richter: »Ich bitte meine Antwort aus dem Verhörs- 
protofolle vorlefen zu wollen, in welchem der von mir ange- 
gebene Gewinn ſelbſt auf 10.000 fl. beziffert wurde, während 
die Sachverftändigen bdenfelben auf 7000 fl. angegeben; ich 
erfläre mich bereit zur Vergütung, obwohl mein Nutzen fich 
dadurch gewaltig reduzirt.« 

Es wird dieſe Stelle aus dem Verhörsprototule Higirra 

„borgelefen, welche fo lautet, wie Richter eben angab. 


162 


Dr. Berger: „War bei dem Armee-Oberlommando bei 
dem Bertragsabfchluß davon die Rede, welches Gewicht die 
Waare pr. Stück haben ſolle und wie groß die Fadenzahl 
fein follte?« 

Richter: »Davon war nie die Rede.“ Ä 

Dr. Berger: „Wurden Ihre oder die Schroll’fchen 
Mufterftüde gewogen? 

-  Nichter: „Meines Willens war weder das Eine noch 
das Andere der Fall.« 

Dr. Berger: „Wurden die Mujter mittelſt der Lupe 
unterſucht?“ 

Richter: „In meiner Auweſenheit nicht.“ 

Hier wurde die Sitzung unterbrochen und anf den näch— 
nen Tag (Donnerftag den 8. November) verichobent. 

Donnerftag den 8. wurde die Verhandlung nicht fortge: 
ſetzt. Der Herr Borfigende, Bicepräfident Schwarz, wurde 
nämlich Mittwoch Nachts von einen plößlichen Unwohlſein 
befallen, und die Schlußverhandlung mußte Daher auf eine 
Moche vertagt werben. Landesgerichtsrath Winter, der erfte 
Votant unter den im Prozeſſe Richter fungirenden Räthen, 
erhielt Die Akten zur Durchficht, um nöthigenfalls zur Fortführung 
ber Verhandlung vorbereitet zu jein. 


Die feit dem 8. November vertagte Schlußverhanblung 
wurbe Montag den 19. d. M. wieder aufgenommen. Die Zubörers 
räume waren auch Diesmal ſchon vor Beginn ber Verhandlung 
ganz gefüllt. Kurz vor halb 10 Uhr trat der Gerichtshof ein. 
Landesgerichtsrath Winter nahm den Pla bed. Vorfitenden, 
und neben ihm nahmen ſechs Nichter ihre Pläbe ein, da für 
bie fernere Verhandlung zwei neue Ergänzungsrichter eingetres 
ten find, nämlich Landesgerichtsrath Droz und Landesgerichs- 
Adjunkt Banftingel. 

Der Borfigende befragt die drei Angeklagten ‚ob fie 
bamit einveritanden find, daß, ftatt die Schlußverhandlung 
noch einmal vom Anfang zu beginnen, die Reafjumtion derfelben 
durch Berlefung des Protokolls über die drei bereits jtattgehabten 
Sißungen erfolge. Die Angeklagten erklärten fich Damit einver- 
ftanden und Richter fügte noch hinzu, er fei mit jeder Anordnung. 
bes Gerichtähofes zufrieden, welche auf Befchleunigung des Vers 
fahrens abziele; desgleichen erklärten der Staatsanwalt Lien- 
bacher, fo wie die Vertheidiger Dr. Berger und Dr. Wies 
dDenfeld, zu diefer Anordnung ihre Zuſtimmung. Griterer 
mit dem Borbehalt, ihm etwa nöthig erfcheinende Bemer⸗ 
tungen zum Protokoll geben zu dürfen. Der Borfigende 
geiteht Dieß zu, und nach Entlafjung des Angellagten Bayer, 
ber noch nicht betheiligt erfcheint, beginnt die Berlefung des 
fehr ausjührlichen Protokolls durch den Gerichtsſchreiber. 

Während der Berlefung bes Protokolls machte Dr. Ber⸗ 
ger dem Herrn Vorfitenden eine leife gefprochene Mittheilung. 

Vorſitzender: Ich habe die Mittheilung erhalten, daß 
ein Zeuge hier anmwejend iſt. Ich will ihn nicht nennen, muß 
aber erfuchen, daß jene Perfonen, welche als Zeugen vorgelas 
den find, fich entfernen mögen. — Im Zuhörerraum entitand 


hierauf eine fih hörbar machende Unruhe. 
\2 


164. 


Borfibender: Sch muB die Herren erjuchen, fich vor 
Gericht mit gehörigem Anſtande zu benehmen. Der Herr Ver⸗ 
theidiger hat mir einen gewiſſen Frankl namhaft gemacht. 
Ich kenne ihn nicht; er möge fich entfernen. (Es entfernt ſich 
Niemand.) 

Dr. Berger. Ich kann mich-auch getäufcht haben. 

Die Verlefung des Protofolles nahm denganzen Vormittag 
in Anfpruch; ſie endete ext gegen '/ 1 Uhr. Hierauf wurde 
Krumbholz hereingeführt. Richter benützt dieſe Pauſe zu fols 
genden Worten: „Sch babe nur die einzige Bitte an den 
hohen Gerichtshof zu fiellen, die von Wefenheit ift, nämlich 
den Herrn Direktor Schiff, der ohnehin als Zeuge vernom- 
men werden. wird, zu fragen, ob ich ihm nicht den Namen 
Eynatten als Auftraggeber bei den 25 Stück Nordbahn Aktien 
genannt habe; mir ift es erinnerlich,al& hätte ich es ihm gefagt. 
Für den Fall, Hoher Gerichtshof, als die Trage der Reduk⸗ 
tion vielleicht durch das, was bisher geicheben, nicht [yon erle⸗ 
digt wäre, würde ich mir erlauben, nur betreffs des Verhält- 
niſſes zu Abeles Einiges zu fprechen.* 

Vorfigender: Diefer Gegenftand iſt ſchon erichöpft. 

Der Staatsanwalt Eonftatirt Die Thatfache, daß Richter 
erwähnt, er wiſſe fich nicht zu erinnern, ob Bayer ein 40 oder 
100 fl. 208 gemeint, und daß der Irrthum der Berechnung 
des Gewinnes von 77.000 fl. Richter felbft zuzuichreiben 
wäre. 

Auf die Frage des Vorfißenden erklärt ber Vertreter des 
Aerars, er habe nichts zu erwähnen. 

Dr. Berger: Ich babe zunächft gegen bie Faſſung bes 
mit feltener Bollitändigkfeit und mufterhafter Genauigkeit ges 
führten Protokolls zwei kleine nebenfächliche Bemerkungen vor⸗ 
zubringen. Im Protokolle bezüglich der Zahlungseinftellung 
Richter's im Jahre 1847 wurde gelefen: »„damit fich nicht 
einzelne Gläubiger auf die Fabrik etabliren,« wenn ichrichtig 
gehört, foll es heißen »„pränotiren.« 

»Eine zweite Bemerkung betrifft einen Irrthum in jenem 
Paſſus, wo die Berechnung bezüglich des Erſatzes des Markus 
Kaufmann vorkommt. Nebit diefen Bemerkungen babe ich. 
noch einen Antrag zu ftellen. Selbftverftändlich bilden alle vor⸗ 
gelefenen Aftenjtüde einen integrirenden Beftandtheil des Pro⸗ 


165 


tokolls, und wenn beren Inhalt im Protokolle nicht wörtlich res 
probugirt wird, ift ed darum, weil Die einfache Beziehung auf 
die ohnehin in den Unterfuchungsakten vorliegenden Aktenſtücke 
genügt, um ben Inhalt erfichtlich zu machen. Allein nachdem 
Der hohe Gerichtshof neu zufammengefeßt iſt, ericheint es. ber 
Vertheidigung nicht gleichgiltig, Daß von der Anführung des 
Inhaltes ganz abgegangen wurde, und man fich lediglich auf 
Die Beziehung im Protokolle beſchraͤnkte. Es fällt mir num nicht 
etwa ein, den Antrag zu ftellen, alle vorgelefenen Aktenſtücke 
nochmals Iefen zu laſſen, felbft auf die fofort betonten werde ich den 
Herrn Vorfigenden bitten nicht augenblidtich, fondern nur an 
Der geeigneten Stelle, welche fich vorausfichtlich bei der noch 
Tange dauernden Verhandlung ergeben wird, Nüdficht zu neh⸗ 
en. (Er macht die betreffenden Aktenſtücke nambaft.) 

Dr. Wiedenfeld beantragt Aehnliches. 

Borfitender: Ich fehe mich veranlaßt, einige Schrift« 
ftüde, welche in der Zwijchenzeit dem Präfidenten zugefonmen 
find, fowohl dem Gerichtshofe ald dem Staatsanwalt und 
dem Angeklagten zur Kenntniß zu bringen, u. 3. erwähne ich 
Hor Allem eine Angabe des Freiheren von Brentano. Diefe 
lautet : 

„Löbliches Präfidium des k. k. Landesgerichtes in Wien ! 

„Die in den Wiener Zeitungsblättern vom 5. d. M. vers 
öffentlichte Anklagefchrift gegen Herrn F. Richter enthält in 
Betreff desjenigen Gegenſtandes, über welchen ich bei der Vor⸗ 
aunterfuchung mich zu äußern berufen worden bin, nämlich über 
den Eins und Verkauf der Wechjel auf London im beiläufigen 
Betrage von 20.000 Pd. St., eine Darjtellung, welche nad 
meiner Auffaffung mir die Pflicht auferlegt, darüber einige Be- 
merkungen zu machen. Ich hoffte bald in dem alle zu fein, 
dieß bei der Schlußverhandlung mündlich thun zu koͤnnen, boch 
die bedauerliche Unterbrechung, welche in der Verhandlung ein- 
getreten ijt, und bei der Möglichkeit, daß ich in dem Augen» 
blide, wo fpäter mein Zeugniß gewünfcht werden wird, zu 
erfcheinen verhindert fein könnte, fühle ich mich gebrungen, nicht 
länger zu ſäumen, über den obgebachten Theil nachftehende Er⸗ 
kaͤrung schriftlich bei dem Löblichen Präfibiun des f. k. Landes⸗ 
gerichtes niederzulegen. — Der betreffende Paſſus lautet so 
dem mir vorliegenden Berichte: » Die Brüfung vieler Run 

Wꝛ 


166 


(über den Eins und Verkauf ausländifcher Valuten) beſteht 
nad) ben eidlichen Ausfagen bes k. k. Minifterinlrathes Freih. 
Yon Brentano, Referenten in biefer Angelegenheit, in Fol⸗ 
gendem: Baron Brud babe ihm, der von der Sache gar feine 
Kenntniß hatte, die Aufklärung gegeben, ex habe, als bezüglich 
der Baluta zum Zwillichgefchäfte fein Rath erbeten wurde, fich 
dafür ausgefprochen, daß für einen Theil des voraugfichtlichen 
Kaufpreifes Wechiel auf das Ausland im Voraus angefchafft 
werden follen. Nachdem auch noch der Kurs jenes Tages, an 
welchem die Belaftung der Rechnung der Kreditanftalt ftattfand, 
angejehen und richtig befunden wurde, warb auch bie Forde⸗ 
zung für begründet gehalten; den Tag des Geſchäftsabſchluſſes 
felbit habe ihm Baron Bruck nicht gefagt.« 

»Es war erit in der Zeit zwifchen Oftober und Dezember 
1859, daß ich von biefer das Finanzminifterium unmittelbar 
nichts angehenden Operation Kenntniß zu nehmen veranlapt 
wurde. Die Erinnerung bes Binanzminifterd ließ Eeinen Zwei⸗ 
felan der THatfachejelbft, es war eben wohl begreiflich, zumal wenn 
der Drang der Ereigniffe berüdfichtigt wird, daß fein Gebächts 
niß das genaue Datum, an welchem er feine Wohlmeinung für 
die Operation ausgefprochen hat, nicht feftgehalten hatte. Da 
jedoch, mie e8 in der Anklage konftatirt ift, ber mit dem Zwilch⸗ 
einfauf betraute Agent am 6. Juli von Wien abreifte, und am 
7. Suli bie öfterreichifch sfächfifche ©renze paffirte, und da man 
annehmen muß, daß die Befchlüffe über die ihm anvertraute 
Operation, fo wie über ben Einkauf von Wechfeln auf das 
Ausland zur Bezahlung der Zwilliche der Abreife vorausgegans 
gen feien, fo betrachte ich diefes als einen weſentlichen Grund 
dafür, daß ber Einkauf und die Zufage der Werhfel zum Tas 
geskurſe nicht Später als am flebenten Juli ftattgefunden ha⸗ 
ben follte, und finde meine früheren Aeußerungen in dieſem 
Sinne zu ergänzen. — Daß nicht nur, wie die Anklage jagt, 
ber Kurs jenes Tages, an welchem die Belaffung ftattfand, 
eingefehen und richtig befunden wurde, fondern daß auch die an 
verſchiedenen Tagen erfolgten Verkäufe mit ben amtlichen 
Kuröblättern verglichen und die Berechnung ber Poſten ge- 
prüft wurde, ift durch die Akten konſtatirt; doch ift bie meitere 
Aeußerung in ber Anklage: „Eine andere Prüfung als befon- 
ders Die ber Börfentableaur, der Korreſpondenz und. der Bücher 


167 


der Krebitanftalt fand nicht ftatt« eine folche, welche mir dazu 
geeignet ſcheint, den Eindruck zu erzeugen, entweder daß ich in 
meiner früheren Erklärung es hervorgehoben und Gewicht dar⸗ 
auf gelegt hätte, daß eine Unterfuchung dieſer Art nicht ftattges 
funden hat, oder daß von Seite der Anlage die Unterlaffung 
einer folchen Unterfuchung von Gewicht erachtet werde. Meine 
Ausfage Liegt mir nicht vor, ich Taufe jedoch nicht die Gefahr, 
mit derjelben in Widerfpruch zu gerathen, wenn ich erkläre, bag 
fie die erftere Deutung nicht rechtfertigen fan. Die zweite Deu- 
tung aber würde eine, wie mir fcheint, irrige Auffaffung ber 
Stellung bes Finanzminifteriums vorausſetzen, welches nicht 
dazu berufen ijt, und dem nicht zugemuthet werden kann, daß 
es überhaupt berlei Unterfuchungen führe, noch daß es in bie- 
fem Falle, wo feine Wohlmeinung über ein Geſchäft zwifchen 
dem ?. k. ArmeesOberfommando und der öfterreichifchen Kredit⸗ 
anftalt für Handel und Gewerbe angefucht würde, die von lek- 
teren ausgeftellte Rechnung durch die Unterfuchung ber Bücher 
und Papiere der Anftalt Tontrollire. Uebrigens Iautet bie bem 
k. 2. Landesgerichte befannte Schlußäußerung bes Baron Brud 
auf das Erfuchen des Armee» Oberfommandos .ddo. 23. De- 
zember 1859 alfo: „Daß, nach feinem Erachten fein Umſtand 
obmwalten bürfte, die in Rede ftehende Forderung der k. k. Kre⸗ 
ditanſtalt im angefprochenen Betrage von 50,646 fl. 37 fr. als 
Tiquid zu ertennen. Daß um den Erfordernifjen eines geregelten 
Geſchäftsganges zu entfprechen, der Eins und Verkauf ber 
Mechfel dem Armee-Oberfommando durch die Kreditanftalt 
hätte feiner Zeit fchriftlich angezeigt werden follen, ift felbftver- 
ſtaͤndlich; wäre dieſes gejchehen, jo wäre wohl die Anfrage bes 
ArneesOberfommandos unterblieben. Zur Beleuchtung bes 
wahren Sachverhaltes der obgebachten Bunfte erlaube ich mir 
die ergebenfte Bitte: Das Töbliche Präfidium des f. k. Landes⸗ 
gerichtes wolle diefe Bemerkungen bei der Wiederaufnahme ber 
Schlußverhandlung bekannt geben, und bdiefelben ben Aften 
beifügen laſſen. 


Wien, 11. November 1860. 


Anton Freih. v. Brentano m. P., 
Miniiterialtath. 


168 


Ferner ijt eine Eingabe von Alois Bibra eingelangt. 
Der Präfident verliest auch diefe, und es erhellt daraus, der⸗ 
jelbe habe in Zeitungen Bayer’3 Angabe gelefen, dag er einem 
Major ein »feines« Geſchenk gemacht, ohne daß ein Name ges 
namnt fei. Da er im vorigen Jahre ebenfalls bei der Kommifs 
fion angeftellt geweſen, fo ſehe er fich veranlaßt zu bitten, man 
‚möge unterfuchen, wer diefer Major geweſen. 

Noch tft eine dritte Eingabe, erwähnt der Vorſitzende, von 
Herrn Heintich Mayer vorhanden, welcher erklärt, daß er aus 
ben Zeitungen erfehen, man wolle ihn in Folge feines Schreis 
bens bei der Richter'ſchen Schlußverhandlung vernehmen, 
und daß er ben hohen Gerichtshof bitte, man möge ihn nun 
mehr jeiner Ausſage entheben. 

Staatsanwalt: Was die erite Ausjage des Herm v. 
Brentano betrifft, fo ift derfelben eine irrige Auffaffung zu 
Grunde gelegen; es Ing der Anklage ganz fern, eine Verdaͤch⸗ 
tigung gegen den Referenten im Minifteriun auszufprechen, 
ald ob er ungenau bei der Revifion vorgegangen wäre. Die 
Staatsanwaltichaft kontatirt, warum und wie es geſchehen 
fonnte, Daß die Rechnung ausgezahlt wurde, obgleich derjelbe 
nad) ihrer Anſicht eigentlich auf einem Betrug beruhe. Uebrigens 
babe ich angetragen, daß der Zeuge perfönlich zur Schlußvers 
handlung vorgeladen werbe. Der h. Gerichtshof bat darauf 
den Bejchluß gefaßt, ihn vorzuladen. Nach feiner Eingabe ift 
ed nun zweifelhaft, ob er kommen wird oder nicht. ‘Ich ftelle 
nun bie Bitte, darauf zu beharren, daß er erjcheine. Es wird 
dieß genügend fein, um die Mißverſtändniſſe, die obwalten, 
aufzuklären. Was die zweite Eingabe betrifft, fo Tann wegen 
der Aufklärung des Umjtandes, daß ein Präſent au einen Mas 
jor gegeben wur de, nichts Näheres gefchehen, indem es ſchon 
während der Worunterficchung nicht möglich war, diefen Um⸗ 
ftand zu eruiren. 

Mas die dritte Eingabe betrifft, die des Herm Stamiep- 
Mayer nämlich, entbunden zu werden von der Abgabe eines 
Zeugniffes vor dem löblichen Gerichtähofe, fo muß ich erflären, 
daß ich gleich urfprünglich auf das Zeugniß desfelben, obgleid) 
er einmal fchon vor bem Unterfuchungsrichter. verhört worden 
tit, Fein befonbere8 Gewicht legte, und ihn nicht ald Zeugen 

oorlud. Grit im Momente, als die Vertheitigung und ber Ans 


169 


geflagte felbit Gewicht darauf leten und ſich erboten, zu be⸗ 
weiſen, daß der Angeklagte billiger als alle Andern geliefert 
hätte, erſt dann ſchien mir das Zeugniß von Gewicht, daß 
naͤmlich Anbere noch billiger geliefert haben würden. Nun bin 
ich mehrfach zur Kenntniß gekemmen, daß der Zeuge in der 
Zwiſchenzeit förmlich terroriſirt worden iſt, und daß die Ein⸗ 
gabe besfelben, welche er dem hohen Gerichtshofe eingereicht 
bat, wirklich nur Folge diefes Terrorismus iſt. Ich kann von 
meinem Standpunkte und dem Standpunkte des Inſtitutes 
ber Deffentlichkeit ber Gerichtsverhandlungen wahrhaft nur 
bedauern, wenn biefe Deffentlichkeit zu ſolchem Wißbrauche führt. 
Nach unjerer Strafprozeßorbnung hängt es vorzugsmeife von 
bem Ermeffen des Vorfibenden ab, ob eine Verhandlung öffent⸗ 
lich fein fol oder nicht. Wie viel im Intereſſe der Oeffentlichkeit 
ber Verhandlungen bereits geſchehen ift, beweist ber Ans 
Drang des großen Publitums, welches fich täglich bei dieſen 
Berhandlungen verfammelt: Mit Freude regiftriren wir jeden 
guten Erfolg der Deffentlichkeit, und find ftolz darauf, jagen zu 
Lönnen, biefelbe bringt gute Früchte. Um fo bebauerlicher 
ift e8 auch fchlechte Erfolge vegiftriven zu müflen; wenn Zeus 
gen, welche berufen wurden, um Zeugniffe abzulegen, durch 

Umtriebe, Beichimpfungen und Beichuldigungen, wie fie fos 
gar in öffentlichen Blättern vorfommen, abgefchredt werden, 
vor biefem hohen Gerichtshofe Zeugniß abzulegen. Wie dem 
immer fei, gewiß ift es, daß terrorifirte Zeugen nicht mehr 
unbefangen und glaubwürdig erjcheinen. Deßhalb verzichte ih 
auf das Zeugniß des Herrn Mayer. 

. Dr. Berger: Was zuerjt: die Eingabe des Minifterial 
raths Freiherrn von Brentano betrifft, ſo finde ich dasjenige, 
was in ihr niedergelegt iſt, im weſentlichen Einklange mit der 
Ausiage besfelben Zeugen in ber Borunterfuchung, und ber 
bervorgehobene Mißflang ſcheint mir nur dadurch bervorges 
bracht worden zu jeim, daß eben bie gebrudte Anflagefchrift, 
welche auch in die öffentlichen Blätter übergegangen tft, bie Aus⸗ 
fage des Freiherrn von Brentano nicht genau nach den Alten 
reprobucirt hat. Indeſſen ift dieß fein Gegenftand, worauf jetzt 
näher einzugehen wäre. Sch fchließe mich baber ber Staatäbe- 
Hörde an, indem mir bas Erfcheinen bes Freiheren von Bren⸗ 
tan um fo wünfchenswerther iſt, nachdem ver VaTyRF 


172 


Heinrich Mayer — an biefem Zeugen liegt mir wahrlich ſehr 
wenig — aber ich kann nicht zugeben, baß er aus denjenigen 
Gründen nicht vorgeladen werde, welche bie Shaatsbehörbe ans 
geführt hat.“ 
Der Vorfigende erflärt nach Beendigung dieſes Vortrages, 
daß er die Verhandlung wegen vorgefihrittener Zeit (zwei Uhr) 
für heute aufheben müfle, und daß er die Befchlußfaffung in 
ber nächften Sitzung befannt geben werde. 


(Situng vom 20. November.) 


Um halb zehn Uhr erfchien der Gerichtshof, und der Vor⸗ 
fitenbe besfelben machte folgende Mittheilung: »Bezüglich ber 
geftern von Seite der Staatsanwaltſchaft und ber Verteidigung 
geftellten Anträge, Die Bernehmung bed Zeugen Brentano bes 
treffend, wurde die Borfehrung getroffen, daß derjelbe heute von 
ber Nothwendigkeit feines perfönlichen Erſcheinens verjtändigt 
werbe, und daß, in fofern berfelbe nicht den Tag jeiner Vor⸗ 
ladung, naͤmlich Montag, zubalten könnte, er einen beftimms 
ten Tag angeben möge, an welchem feine Vernehmung vorzu⸗ 
nehmen jein wird.* 

Betreffs ber zeiten Angelegenheit, nämlich der Zuſchrift 
bes Majors Bibrn, hat es fich ber Gerichtshof vorbehalten, 
bis zur Vernehmung des Angeklagten Bayer ſich darüber aus⸗ 
zufprechen; und rüdfichtlich den Vorladung bes Zeugen Mayer 
hat der Gerichtshof ben VBefchluß gefaßt, daß van biejer Ver- 
nehmung Umgang genommen werbe, da die perföuliche Vorla⸗ 
dung Mayer’s nicht nothwendig erſcheint, und ſowohl die 
Staatsanwaltſchaft als auch die Vertheidigung im Weſentlichen 
ſeine perſoͤnliche Anweſenheit nicht wünſche, die Ausſage 
Mayer’s auch überhaupt nicht beſonders erheblich erſcheint, und 
auf den früher eingelangten Brief desſelben feine Rüuckficht 
genommen wird. 

Der Vorſitzende beginnt das Verhoͤr mit dem Angeklagten 
Richter, indem er an denſelben mehrere Fragen richtet, welche 
fich auf den Befitzſtand bes Angeklagten beziehen und bereits 
bei der früheren Vernehmung erörtert wurben. 

In Folge dieſer Fragen erflärt Richter bie Art und 

iſe, wie er in ben Brfigftand feiner MWebereien in Smichow 
ihischgrund gekommen fei. 








171 


in Journal⸗Artikeln: Geinrih Mayer hat nun dasſelbe Ge⸗ 
biet zu feiner Vertheidigung. In der Preffe angegriffen, konute 
ex in der Preſſe guigegnen. Der Terrorismus, der gegen Hein⸗ 
rih Mayer ausgeübt worden fein fol, liegt nicht bewiefen 
vor; wenn er aber ausgeübt worden wäre, fo iſt gerade ber 
Gerichtsſaal, ift der Gerichtshof ein Afyl gegen jeben Terroris⸗ 
mus. ‚Wenn Herr Heinrih Mayer erft hier erfcheint? wenn 
er bier würdevoll um die Wahrheit gefragt wird, wenn er wahr⸗ 
heitsgemäß ausfagt, wie es fich verhält, dann fehe ich nicht ein, 
wie man fagen kann, Herr Heinrich Mayer befinde fich unter 
dem Eindrude eines Terrorismus. Allein auf eine andere Seite 
möchte ich hinweiſen, weil eben die Löbliche Staatsbehörde bie 
Preffe mit in’8 Gefecht gezogen hat. 

In Öffentlichen Blättern wurde Herrn Heinrich Mayer 
vorgeworfen, er habe auf die Verurtheilung des Herrn Rich⸗ 
ter öffentlich auf der Börfe Wetten angeboten; ich bin erbötig, 
biefe Thatfache Durch Zeugen zu beweifen, und ich frage nun, 
was ift an einem Zeugen, der Wetten diefer Art eingeht? Wenn 
irgend Jemand gegen ihn fich fträuben müßte, fo wäre es bie 
Vertheidigung, nicht weil er terrorifirt worden ift, fondern meil 
er fchändliche Werten eingegangen und nicht mit einem Worte 
entgegnet hat, daß Die ſchwere Beichuldigung, die gegen ihn 
audgefprochen wurde, unwahr fei. Die Vorladung des Herrn 
Mayer wurde von bem Herrn Präjldenten, der früher ben 
Vorfitz führte, kraft des Paragraphes 242 St.⸗P.⸗O. beſchloſ⸗ 
fen, und ich achte den Ausfpruch des Gerichtshofes viel zu fehr, 
als daß es mir jemals beifallen fünute, gegen dasjenige, was 
ber hohe Gerichtshof befchloffen hat, einen Gegenantrag zu 
ftellen. 

Allein e8 kommt noch ein anderer Umijtand dazu. Wenn 
Her Mayer nicht perfönlich vernommen wird, fo liegt fein 
Brief vor. Nirgends wurde die Erklärung abgegeben, daß man 
nicht auf biefen Brief im Laufe des Beweisverfahrens zurüd- 
fommen werde. Iſt biefer Brief auch unter dem Einfluß des 
Terrorismus gefchrieben? Antwort: Nein! Wenn daher die 
Zeugenausfage bes Herrn Heinrich Mayer eine ungenügenbde 
fein foll, weil ex terrorifirt wurde, fo wird man und enfgegen- 
halten, daß fein Brief nicht der Ausflug des Terrariasune IR. 
Darum beftebe ih zwar nicht auf die Borlobung ed Heu 


172 


Heintih Mayer — an biefem Zeugen Tiegt mir wahrlich jehr 
wenig — aber ich kann nicht zugeben, daß er aus denjenigen 
Gründen nicht vorgeladen werde, welche Die Staatsbehoͤrde ans 
geführt hat.“ 
Der Vorfitende erflärt nach Beendigung biefes Vortrages, 
. bad er die Verhandlung wegen vorgefchrittener Zeit (zwei ihr) 
für heute aufheben müſſe, und daß er die Berchlußfaffung im 
der nächften Sitzung befannt geben werbe. 


(Sikung vom 20. November.) 


Um halb zehn Uhr erfchten der Gerichtshof, und der Bors 
fitende desſelben machte folgende Mittheilung: » Bezüglich ber 
geitern von Seite der Staatsanwaltſchaft und der Vertheidigung 
geftellten Anträge, die Bernehmung des Zeugen Brentano bes 
treffend, wurde die Vorfehrung getroffen, daß berjelbe heute von 
ber Nothwendigkeit feines perfönlichen Erfcheinens verftändigt 
werde, und daß, in fofern berfelbe nicht ben Tag feiner Vor⸗ 
ladung, nämlih Montag, zuhalten fönnte, er einen beftimms 
ten Tag angeben möge, an welchem feine Vernehmung vorzus 
nehmen jein wird. « 

Betreffs der zweiten Angelegenheit, nämlich der Zufchrift 
bes Major Bibra, hat es fich der Gerichtshof vorbehalten, 
bis zur Bernehmung des Angeklagten Bayer ſich darüber aus⸗ 
zufprechen; und rüdfichtlich den Yorladung des Zeugen Mayer 
bat der Gerichtshof den Beſchluß gefabt, daß von dieſer Ver- 
nehmung Umgang genommen werde, da bie perföuliche Vorla⸗ 
dung Mayer's nicht nothwendig erfcheint, und ſowohl bie 
Staatsanmaltfchaft als auch die Vertheidigung im Wefentlichen 
feine perfönliche Anmefenheit nicht wünfche, die Ausfage 
Mayer’3 aud überhaupt nicht befonbers erheblich erfcheint, und 
auf den früher eingelangten Brief desſelben feine Rückficht 
genommen wird. 

Der Vorſitzende beginnt das Verhör mit dem Angeflagten 
Richter, indem er an denfelben mehrere Tragen richtet, welche 
fi) auf den Befititand bes Angeflagten beziehen unb bereits 
bei der früheren Vernehmung erörtert murben. 

In Folge diejer Tragen erflärt Richter die Art und 
Wetje, wie er in ben Befigftand feiner Wehereien in Smichow 

und geiblfehgrund gekommen ſei. 


173 


Vorſitzender: ch fordere Sie auf, über bas Geſchäfts⸗ 
verhältniß zwifchen Ihnen und Koftner, deſſen öffentlicher 
Sejellichafter Sie feit dem Jahre 1834 geweſen find, ſich 
umfaſſend zu Außern. M 

Richter: Ich habe Feine Kapitalseinlage in das von 
mir und Koftner gemeinjchaftlih zu Smichow betriebene 
Geſchäft geleiftet, auch dann nicht als ich Bffentlicher Geſell⸗ 
fehafter wurde, fondern ich war nur in dem Geſchaͤfte thätig, 
und nahm auch, in Folge deſſen an ben Gewinne Theil. 

Borfitender: Sie find ſpäter in ben Beſitz biefer 
Realität zu Smichow gekommen? 

Richter: Ja und zwar durch die Unterflübung meines 
Baters, der mir zum Kaufe dieſer Realität 50.000 fl. darlehens⸗ 
weiße, jeboch ohne Dedung, gegeben hat. Nach dem Brande der 
Fabrik habe ich die Bauftelle auf meinen eigenen erworben, 
bas Yabrifsgebäude auf meine Rechnung aufgebaut und meine 
Frau wurde Mitbefiterin ber Realität, ba ich zum Baue ihre 
Mitgift von 30.000 fl. verwendete. 

Borfigender: Sind Belaftungen auf dieſen Reali⸗ 
täten? 

Richter: Ich glaube, daß in dieſem Momente feine 
anderen Laſten auf beiden eriftiren, als die zu Gunſten ber 
Krebitanftaltz als ich nämlich in Haft und meine ganze Exi⸗ 
ftenz erfchüttert war, bat die Krebitanjtalt fich herbeigelaffen, 
mir einen Kredit von 150,000 fl. zu bemilligen, welcher auf 
beide Realitäten fichergeitelt wurde. 

Borfigender; Nur auf Ihre Hälfte? 

Richter: Somohl auf meine, als auf die Hälfte meiner 
Sattin; meine Kran ift Mithafterin. 

Vorfigender: Zu welcher Zeit war die Ausgleichung 
der Borderungen an Sie nad Ihrer Zahlungseinftellung voll⸗ 
ftändig gefchehen? | 

Richter: Die vollſtändige Ausgleichung. dürfte in ben 
Jahren 1857 bis 1858 erfolgt fein. Es werden fich in mei« 
ner Korreſpondenz darauf bezügliche Briefe finden; ich kann 
mich an die Zeit nicht genau erinnern. 

Vorſitzender: Waren Sie ſchon zu biefer Zeit Direl- 
ter ber Krebitanftalt?- 

Richter: Ich mag ein Jahr Direttor gemelen vn, W 


174 


die vollftändige Ausgleichung des Kapitals und der Zinjen ſtatt⸗ 
. gefunden bat. 

Der Borfigende ftelt nun einige Fragen an: Nichte, 
welche Bezug nehmen auf die feiner Zeit, und zwar im Jahre 
1847, erfolgte bücherliche Webertragung feines Beſitzſtandes 
an Herrn Florian Albert Richter und Frau Wilhelmine Rich⸗ 
ter um den Kaufſchilling per 330,000 fl. 

Richter: Der Erſtere iſt mein Coufin, die Letztere meine 
Frau. Um meine Geſammtgläubiger zu ſichern, habe ich dieſen 
Verkauf an meine Frau und den Couſin vorgenommen, und nach⸗ 
dem die Gläubiger erſchienen waren, habe ich ihnen den ganzen 
Kaufkontrakt zur Verfügung geſtellt und ihnen die Motive er⸗ 
klärt, warum ich dieß gethan. Ich hatte Gläubiger in Prag 
und im Auslande. Die Gläubiger in der Nähe hatten ®ele- 
genheit, fich fofort zn pränotiren, und mir die Mittel zu ſper⸗ 
zen, jedem meiner Gläubiger gerecht zu werden. Es find Heute 
noch eine Menge lebende Zeugen vorhanden, welche mir bezeu- 
gen Eönnen, daß ich den ganzen Berfaufsvertrag zur Verfü⸗ 
gung meiner Gläubiger geſtellt habe, und daß dieſer Vorgang 
allein es möglich machte, daß meine Gejammtgläubiger Befrie⸗ 
digung threr Sorderungen von mir erlangt haben. — In Folge 
ber diefe Punkte betreffenden Brageftellung äußert der Anges 
klagte, daß feine Frau wohl damals ein Guthaben von circa 
30,000 fl. gehabt habe, daß aber von Seite ſeines Koufins 
feine Zahlung erfolgt fei; dag jedoch Beide als Hafter für feine 
Schulden mit der Realität eingetreten find, und daß die Gläu- 
biger aus dem Ergebniffe des Gefchäftes ' befriedigt wurden; 
bag, nachdem die Gläubiger befriedigt waren, durch einen zwei⸗ 
ten Vertrag der Rückkauf der Hypothefen veranlaßt wurde, und 
daß bei diefem nach der Natur der Sache fein Kaufichilling ge⸗ 
floſſen ſei. 

Mehreren Fragen, ob das beſagte Geſchäft nur zum 
Schein geſchloſſen worden, begegnet Richter damit, daß es 
ein Gebot der Nothwendigkeit war; die Käufer traten den 
Släubigern gegenüber als Hafter auf, und bis zum Momente, 

wo ber Bell an den Angeklagten zurüdgelangt, gingen alle 
Zahlungen unter der Firma »F. A. und W. Richter.« 

Bezüglich der gegenwärtig auf feinen Beflgungen baften- 

den Schuldforberungen fagt der Angeklagte, da dielelten theils 


175 


Geſchaͤftsforderungen find, bie zur Pränotirung gelangten, als 
mit feiner Verhaftung auch fein Taufmännifcher Krebit gänzlich 
erſchüttert wurde, nun aber größtentheils berichtigt fein bürften, 
theils aus ber bereits erwähnten Haftungserflärung ber Kres 
ditanftalt herrühren. 

Es wird fodann eine rüdfichtlich der Smichower Fabrit 
eingelangte Zufchrift verlefen; es heißt darin, daß Richter 
mit ben 90,000 fl., die er feinerzeit von der Affefuranzs Ges 
ſellſchaft für die abgebrannte Leibifchgrunder Fabrik erhalten hatte, 
einen Grund in Smichow faufte und die Fabrik darauf erbaute; 
daß er, als er dem Fallimente nahe war, durch bie in Hamburg 
und Trieft befindlichen Hauptgläubiger wegen bes in feine Red⸗ 
lichkeit gejekten Vertrauens vom Konkurſe gerettet wurde. Rich⸗ 
ter fei in Smichow allgemein als ein braver, reblicher Ge⸗ 
ſchaͤftsmann geachtet, und habe troß feiner derzeitigen Unters 
fuchungshaft viele Stimmen für fich, welche feine Unfchuld be- 
theuern. Die Smichower Fabrik bewerthe ſich auf circa 
350.000 |l., fei jedoch mit bedeutenden Beträgen, und darunter 
für die Kreditanftalt allein mit 200.000 fl. (150.000 fl. für 
Die bereits erwähnte Pränotation und 50.000 fl. für den Betrag 
ber Haftung, welche die Kreditanftalt für Richter geleiftet Hat), 
belaftet. | 

Das Neinerträgniß der Fabrik wird auf circa 20.000 fl. 
jährlich gefchätt. Nückfichtlich der Leibifchgrunder Fabrik liegt 
ein Zeugniß des betreffenden Bezirksamtes und des Gemeinde⸗ 
sorflandes vor. 

Richter erfreute fich nach demſelben mährend feines 
ganzen dortigen Aufenthaltes eines ſtets unbejcholtenen Leu⸗ 
munds und bes ehrenvolliten Rufes als Patriot. Der Gemeindes 
vorſteher beftätigt zu feinem wahren Vergnügen, baß die Be⸗ 
völferung einftimmig in Richter den ebeliten Charakter bes 
wundere. Diele verbanten ihm ihre Eriftenz und Verſorgung. 
Seine Fabrik habe Taufenden Arbeit und Nahrung gegeben. 
Die Armen verehren ihn als Vater. Das Bezirksamt beftätigt 
insbefondere, daß Richter das Verdienſt gebühre, bei allen 
Angelegenheiten, wo es fich um gemeinnüßige Zwecke handelte, 
in erfter Reihe geftanden zu fein. 

Vorſitzender: Nach welchen Normen Haben Sir WW 
Paupidireltor der Rrebitanftalt fi benommen? 


176 


Richter: Bon vornherein find,’ ich möchte ſagen, gar 
feine Direktive vorgelegen. Es mußten ſich biefe erft aus dem | 
praftifhen Gefchäfte berausbilden. Es find wohl Inftruktionen 
verfaßt worden, fie erlitten aber fpäter eine Aenderung und die 

‚ Sefchäfte mußten fich eben den Umftänden anpafien. — Der 
Vorſitzende theilt mit, daß zwei Regulative für. die Direktion 
und zwar vom 25. November 1856 und 6. Jänner 1858 
sorliegen. Richter erflärt daß letztere al8 dasjenige, dem man 
möglichft nachtommen follte. Es enthält im Wefentlichen Fols 
gendes: Die Direktion ift mit der unmittelbaren Leitung beauf- 
tragt, die Verantwortung allen Direktoren gemein, und es iſt 
zu größeren Geſchäften der Majoritätsbefchluß der Direktion 
nothwendig. In zweifelhaften Fragen enticheldet der Verwal 
tungsrath. Die Direktion hat in Bezug auf die Börfengefchäfte 
gemeinfchaftlich zu berathen und zu befchließen. Sie hat wochent 
lich einen überjlihtlichen Bericht, monatlich einen detaillirten 
Geſchäftsausweis zu eritatten. Die Direktion ftellt Anträge 
wegen neuer Projekte, ift jedoch berechtigt, ftatutenmwidrige und 
unzweckmäßige Anträge von vornherein zurüczumeifen. Kaffe 
und WechjelsBortefeuille werden almenatlich, ſaͤmmtliche Effekten 
alle zwei Monate ffontrirt. 

Richter theilt mit, daß das Börfengefchäft vom Börſen⸗ 
direftor Schiff begonnen wurde und nach beffen Austritte auf 
Herrn Dutſchka überging. Bezüglich des Zerenliengefchäfts 
fagt er, daß alle Direlzionsmitglieder hiervon Kenntniß gehabt 
hätten, daß die Einfäufe zumteift von der Pelter Filiale und auf 
dem biefigen Plage von ihm und Herrn Hornboftel beforgt 
wurden. 

Auf die Trage, wie fo das Gefchäft an die Kreditanitalt 
übertragen wurde, antwortet Richter: Ich muß annehmen, 
daß es allgemein befannt war, daß fich die Kreditanftalt mit 
Zerealiengefchäften abgibt; fie hat damals nicht weniger als 
eine halbe Million Meben in’ igren Magazinen aus dem Vor⸗ 
fchußgefchäft Liegen gehabt? 

Borfikender: War dieß unmittelbare Eigenthbum der 
Kreditanitalt? 

Richter: Nein. Es wurde diefes Getreide entweder von 
den Produzenten ober den Getreidehändlern zu Dem Zwecke ber 
Erlangung.eines Borfchuffes eingelegt. && war ein ber Kredit⸗ 


d 


177 


anftalt verpfändeted Gut und es tft auch nur ein geringer Theil 
bei der Lieferung verwendet worden. 

Der Vorſitzende geht nun auf das Geſchäft mit den 
25 Nordbahns Aktien über und Richter erzählt den Hergang, 
wie er früher bereit8 angegeben wurde. 

Borfikender: Haben Sie bei der Kreditanſtalt mit 

- Semanden über das Geſchäft Rückſprache gepflogen? | 

Richter: Ich babe Herrn Direktor Schiff erfucht, 
25 Stück Nordbahnaktien zu faufen, ich glaube ihm auch gejagt 
zu haben, daß fie Baron Eynatten gehören, und daß ich ber 
Kreditanftalt gegenüber als Hafter eintrete. Herr Schiff hat 
bie 25 Stüd Nordbahn-Aktien Durch die Nepräfentantender Kre⸗ 
ditanftalt auf der Börfe kaufen laſſen. Diefe find ber Haupts 
Taflier Eder und der Beamte Glaſer. Sie wurden dort auf 
Rechnung der Kreditanftalt gekauft. 

Vorſitzender: Es war fomit das ganze Geſchäft auf 
Rechnung der Kreditanſtalt. 

Richter: Sie hatte nur für meine Rechnung kaufen 
laſſen. 

Vorſitzender: Wodurch iſt das erſichtlich? 

Richter: Durch die Mittheilungen Schiff's, daß ſie für 
mich gekauft wurden. 

Vorſitzender: Da hätte auch Ihr Name in den Büchern 
erſcheinen ſollen. 

Richter: Er hätte erſcheinen können. 

Vorſitzender: Was iſt mit den 20.000 fl. zeſchehen? 

Richter: Ich habe ſie als Anzahlung auf die 25 Stück 
Nordbahnaktien übergeben, den Reſt habe ich nachgezahlt. 

Vorſitzender: Sie werden ſich erinnern, daß Sie nach 
Ihrer Verhaftung rückſichtlich des bei Ihnen vorgefundenen 
Geldes Ihre Dispoſitionen getroffen haben. Wiſſen Sie ſich 
nicht näher auf dieſe Dispoſitionen zu erinnern? 

Richter: Ich habe Ausgleiche an die Kreditanſtalt ger 
macht, und den Ueberreft in meinen Geſchäfte Disponirt. 

Borfigender: Warum gefchah die Ausgleichung an bie 
Krebditanftalt nicht früher? 

Nichter: Weil ich erſt in Iehter Zeit bie Saldo bekom⸗ 
men habe. 

Borfikenber: Wer hat die 20.000 A. übernommen? 


178 


Richter: Ich glaube Herr Schiff. Habe ich fie nicht 
Herrn Schiff gegeben, fo hat fie Herr Eder befommen. 

Borfitender: Nach ber Angabe des Herrn Schiff ift 
ed nicht auf dieſe Weife erfolgt. Es if bloß die Weiſung 
ergangen, er ſoll den Einkauf beforgen. 

Richter: Das Faktum, daß die 20.000 fl. an die Kredit⸗ 
anftalt gegeben worden find, fteht feſt; ich glaube, ich Habe Herrn 
Schiff gefagt, daß die 20.000 fl. gleich disponibel find. 

Borfitender: Herr Schiff fagt, Site hätten bloß mits 
getheilt, e8 werden fpäter 40.000 fl. einfommen. 

Richter: Das weiß ich nicht. 

Borfigender: Wer hat in Anjehuug Ihrer Fabrikations⸗ 
geſchäfte in Smichow und Leibiſchgrund die Leitung und Ueber⸗ 
ſicht gehabt? 

Richter: Die Oberleitung hatte Krumbholz, Die tedhs 
nifche mein Better Florian Richter; ber Lebtere hatte auf bie. 
weiteren Beziehungen keinen Einfluß. 

Vorſitzender: Wie viel betrugen Ihre Baummollenein- 
fäufe im Ausland? 

Richter: Sie betrugen vom 22. Juni bi6 14. Juli 
5574 Ztr. Baummolle. Ich mußte von vornherein ſtarke Eins 
fäufe machen, als e8 zu jener Zeit immerhin möglich war, baß 
Deutfchland auch in den Krieg gegen Frankreich eintreten, und 
daß dann die Baumwolle wegen ber Blockade ber deutſchen 
Häfen nicht zu beziehen ſein werde. 

Vorſitzender: Wie haben Sie das bezahlt? 

Richter: Ich habe zu dem Zwede 32.000 Pfd. St. 
buch die Kreditanftalt eingefauft, um in ber Lage zu fein, 
meinen Subkontrahenten einen firen Preis bezüglich des Garnes 
zu jtellen. 

Vorſitzender: Durch weſſen Hand ift biejer Segenitand 
gelaufen, wer hat die Verbuchung gehabt, und in welcher Art 
ift der Einkauf gefchehen? 

Richter: Es geſchah durch ben Leiter des Banfgefchäftes, 
ber Einfauf durch die Bank der Krebitanftalt, und es find Bier 
wieder diefelben Perfonen, der Hauptlaflier und die Repräfens 
tanten der Kreditanftalt auf der Boͤrſe. 

Vorſitzender: Hat Herr Schiff dabei etwas zu thun 

gebabt? 


179 


Richter: Der hat die Aufträge gegeben und Die Ver⸗ 
buchung beforgt. 

Borfigender: Auf welhen Namen wurde das Geſchaͤft 
auf ber Börfe gemacht? 

Richter: Tür meine Rechnung unter meinem Namen. 
. Die 32.000 8. St. kamen übrigens in dad Depot ber Kredite 
anftalt. Sch habe bloß 12.000 2. St. herausnehmen laffen, 
die ich an die Kreditanftalt bei Gelegenheit des Einkaufes von 
20.000 8. St. für das Armee: Oberfommando überlafien habe. 

Borfitender: Wann ift dieſe Herausnahme gefchehen? 

Richter: Es hätte eben fo gut am 8. ald am 13. ge 
fchehen koͤnnen. 

Borfigender: Haben Sie außer dieſen »London« noch 
andere »London« gehabt? 

Richter: Keine. Ich glaube, daß durch meine Smichower 
Geſchaͤfte zeitweilige Devifeneinkäufe gemacht wurden, aber das 
geſchah höchitens für Kleinigkeiten. - | 

Borfigender: Iſt Ihnen Fein folcher Einkauf von da⸗ 
maliger Zeit befannt? 

Richter: Sch kann mich nicht erinnern. 

Borfigender: Ift bier feine Mittheilung darüber ge- 
macht worden? 

—Richter: Da wüßte ich es Höchftens nur aus der An⸗ 
Plage, aus der Unterfuchung kann ich mich nicht erinnern. 

Vorſitzender: Es ift im Laufe bes Monats Juli von 
Smichow ein Einkauf geichehen. 

Richter: Ich bin nicht im Stande biefe Frage zu bes 
antworten, 

Vorſitzender: Was hat Sie bewogen eine folche Lie 
ferung zu übernehmen, und woher hatten Sie die Ausſicht ihr 
entfprechen zu Lönnen? 

Richter: Durch Mebereinfommen mit meinen Subkon⸗ 


trahenten. 
Borfigender: Wurden mit biefen feite Abjchlüffe kon⸗ 
trahiıt? . 


Richter: Ich glaube, daß feite Abſchluſſe gemacht wurden, 
ich habe Krumbholz in dieſer Beziehung freie Hand gelaſſen. 
Bezüglich der nun zur Sprache gelangten Rebuttion wie- 


derholt Richter feine früheren Angaben. 
AI 


180 


Borfigender: Wie fommt es, daß Sie in Ihrer Stel: 
lung Unwahrheiten gebraucht haben, um die Parteien zu Re: 
duktionen zu beitimmen? Es wäre eine Unmwahrbeit nicht noth⸗ 
wendig geweſen. Sie als reelle Mann hätten fagen können, 
das Arınee-Dberfommando hat mir diefen und diefen Borfchlag 
gemacht, ich theile Ihnen dieſes mit und bin bereit, im biefer 
Weife Vorkehrungen zu treffen. Es maren die Subfontrahenten 
Ihre Freunde, Sie konnten daher um fo leichter von der Wahr: 
heit Gebrauch machen. 

Richter: Das wäre jedenfalls beffer gewefen. Ich kann 
es nur beklagen, daß ich nicht in diefer Weiſe vorgegangen bin, 
wie der Herr Vorſitzende zu bemerken die Güte gehabt hat; ih 
- wäre auch zu demfelben Refultate gelommen; aber ich habe die 
Meberzeugung gehabt, daß den Subfontrahenten Durch die Re⸗ 
duktionen fein Nachtheil erwachſe. 

Vorſitzender: Ste fprachen von einem „Manöver«, das 
bei den Subfontrahenten auszuführen fei. Was verftehen Sie 
darunter? 

Richter: Ich babe e8 ein Manöver genannt, was nad) 
meiner Meinung nichts Anderes war, als die Abwehr eines 
mir drohenden Berluites; Ein Verluft aus dem Grunde, weil 
durch die Reduktion der Stoffmenge auch eine Reduktion an 
Garnbedarf eingetreten wäre. 

Der Vorfigende nimmt nun Beranlaffung, zur meiteren 
Entwidelung diefeg Gegenftandes auf die darauf begüglichen 
Dofumente überzugeben. Es ift bier ein Schreiven des Armee- 
Dberfommandos vom 8. Auguſt 1859 an Richter, worin 
diefer erfucht wird, er möge feine Lieferungen auf Eleinere Quan⸗ 
titäten befchränfen, oder den Preis herabfeben. Die Gegen- 
äußerung Richter’8 vom 17. Auguft lautet dahin, das er ges 
zwungen war, bie erforderlichen Rohftoffe und Baummolle mit 
ausländischen Baluten zu'bezahlen, daß in Kolge des eingetretenen 
Friedens fowohl der Werth diefer Valuten ald auch der Stoffe 
herabgeſunken jei, underdaherzu jeinem lebhaften Bedauern nicht 
in der Lage fei, dem Wunfch des hohen Armee-Oberfommandos 
zu entfprechen und einen Nachlaß am Preife oder an der Dienge 
der fontrahirten Lieferung eintteten zu laſſen. Er behalte fih 
jedoch vor, nach gänzlicher Abwidelung des ©efchäftes eine 

Bergätung zu leijten, und eriuche nur no um Ve Terminss 


181 


verlängerung von Ende Dezember His Ende Februar. Hierauf 
folgte die Erwiederung des ArmeesOberfommandos vom 26. 
Auguft, worin fich diefed der Erwartung hingibt, daß Richter 
einen Beweis feiner Opferbereitiwilligfeit und feiner patrioti> 
fchen ©efinnung dahin geben möchte, der Aufforderung vom 
8. in irgend einer Art nachzufommen. Die zweimonatliche 
Friſterſtreckung kann nicht bewilligt werden. In ber Eingabe 
vom 8. Septeniber erklärt nun Richter nochmals beftimmt, 
Daß er nach gänzlich beendeter Lieferung bereit fein werde, Nach- 
laß am bedungenen Preife eintreten zu laffen, und dieß um. fo 
Sicherer, wenn die bereits früher angefuchte Erftredung des Lie- 
ferungstermines bis 23. Februar bewilligt werde. 

Borfigender: Sie hätten.rubig abwarten sollen, was 
die Sublieferanten für Aeußerungen über die Reduktion machen 
werben und das hätten Sie dann dem Armee-Oberfommanbo 
befannt geben follen. 

Richter. Die Sublieferanten find nicht in der Lage ges 
weſen, Nachlaß am Preije zu gewähren, benn der Nutzen für 
fie war ſehr „knapp;s bemeffen. 

Der Borfitende ſieht fich hierauf veranlaßt, die Korreſpon⸗ 
denz, welche Richter perjönlich betrifft, zur Sprache zu brin⸗ 
gen, wobei Stellen aus bereit8 bekannten Briefen zur Vorle⸗ 
fung kommen, fämmtlich die Reduktion mit den Subfontra- 
benten betreffend. Richter verantwortet ſich auf dieſe Briefe, 
indem er erklärt, er babe am 7. September v. I. ſchon an 
Krumbholz von der. Bewilligung der Terminſtreckung fchreiben 
tönnen, meil er ſchon Gelegenheit gehabt, dem General 
Eynatten die Nachmeifung zu liefen, daß das Armee- 
Dberfommando gar nicht in ber Lage fei, das bedungene 
Duantum nach der eingegangenen Berpflichtung bis Ende 
Dezember zu übernehmen, und daß fogar nach der Termins- 
erſtreckung ein Reſt nicht im Februar, ſondern im April 
übernommen wurde. Der Paſſus in feinem Briefe vom 
26. September, daß das Armee⸗Oberkommando die Lieferung 
von vier. auf drei Millionen herabgeſetzt habe, fei nur deßhalb 
eingeſchaltet worden, weil er die Ziffer für weſentlich fand, 
nachdem. größere Abfchlüffe eriftirt hatten, als nothwendig 
war. Die in bem Briefe vorfommenden Ausdrüde, „Urin 
bitten, beißt befeblen« und „gute Miene zum bien Si“ 

3 


182 


machen « erklärt er für ftyliftifche Ausdrüde. Nach feiner Meinung 
wäre troß aller Bemühung die Reduktion nicht zu Stande 
gelommen, und es war Feiner ber Subfontrahenten gehalten 
zu rebuzirenz; auch im Briefe vom 15. Oftober babe er unter 
»Manöver «bloß die Abwehr gegen drohende Verlufte verfianden. 

Borfigender: Krumbholz zeigte allen Subkontrahens 
ten Ihre Briefe wegen der Reduktion vor. Ift er in biefgr 
Weiſe dazu beftimmt und durch Sie informirt geweſen? ' 

Richter: Die Art, wie er es durchführte, war bloß auf 
feine eigene Fauſt, jedoch that er es in meinem Auftrage. 

Vorſitzender: Er hat alfo ihre Ideen zur Ausführung 
gebracht? 

Richter: Er Hat fie zur Ausführung zu bringen geſucht. 

Borfigender: Er hat es gethan. Er hat wirklich effek⸗ 
tuirt. 

Richter: Nicht im vollen Umfange. 

Vorſitzender: Aber doch in 11.750 Stück? 

Richter: Ich bitte dabei zu berückſichtigen, daß von die⸗ 
ſen 3000 Stück entfallen durch Uebermaß, welches die Sub⸗ 


kontrahenten ſelbſt geliefert haben, und 4000 Stück, deren 


Annahme von Seite des Armee⸗Oberkommandos zurückgewieſen 
wurde. 

Vorſitzender: Sie haben gehört, in welcher Art ſich 
bie Sublieferanten geäußert haben. 

Richter: Es haben fich einige nicht fo nachtheilig dar⸗ 
über geäußert, fondern find fogar damit zufrieden geweſen, 
weil, wenn fie die ganze Lieferung hätten einhalten follen, fie 
Schaden gehabt hätten. 

- Borfigender: Aber Borges und Abeles find als 
Befchädigte zu behandeln, was können Sie darüber angeben? 

Nichter: Was die Porges’iche Angelegenheit betzifft, 
erlaube ich mir auf das Protofoll des Eduard Borges hinzus 
weifen. Ich babe Grund anzunehmen, daß feine Waare bloß 
Ausſchuß gemwefen, erlaube mir ferner daraufaufmerffam zu mas 
chen, daß die Ausfage des Herrn Joſef v. Bortheim nicht 
maßgebend fein kann; er bat fich nie mit der Reitung ber 
Meberei befchäftigt; maßgebend dürfte nur die des Eduard fein, 
welcher ber eigentliche Leiter des Gefchäftes war. Ich glaube 


Aberbaupt bie Berpflichtung zu haben, mich gegen die Scha⸗ 


183 


denberechnung, wie bie Unflage fie aufftellt, verwahren zu 
müffen. Es wird das Urtheil der Sachverftändigen angerufen, 
boch ich glaube nicht, daß ein Sachverftändiger auf der Welt 
it, der fagen kann, an diefer Waare wird fo viel verloren, 
wenn er fie nicht geliehen hat. Keiner der Sachveritändigen hat 
die bier angeregte Waare gefehen, keiner bat file unterfucht, ob 
fie gut oder Ausſchußwaare ift. Ich glaube alfo nicht, daß bie 
Herren Sacwerftändigen fagen Tönnten, e8 wird an biefer 
Waare verloren, fie können höchftens fagen, es Tann an dieſer 
Waare verloren werden, und dann tft noch zu unterfuchen, ob 
dieſe Waare fein Ausſchuß geweſen, denn jtellt fich das heraus, 
fo bin nicht ich derjenige, der den Schaden zu tragen bat, fon« 
dern derjenige, welcher die ſchlechte Waare erzeugt hat. 

Vorſitzender: Ich ftelle mich vorläufig Damit zufrieden, 
wir müſſen aber die Zeugenansfagen abwarten. 

Richter: Bon der Zeit bis heute haben fich die Berhälts 
niſſe mwejentlich geändert, das Rohmaterial und Alles ift wieder 
theurer geworden. 

Borfitender: Und was tites mit Abeleg? 

Richter: Sch erlaube mir vor Allem mein Bebauern 
Darüber auszudrüden, daß ich von der ganzen Verhandlung, 
welche zwischen Krumbholz und Abeles flattgefunden, nicht 
unterrichtet geweſen bin, daß ich erft im Verlaufe der Unter- 
fuchung unterrichtet wurde. Ich habe angegeben, mir komme vor, 
als male Abeles feinen Berluft zu Schwarz. Ich glaube, daß 
eine Ausgleichung ftattgefunden haben muß, indem mein &es 
fchäftsleiter nach wie vor mit Abeles Gefchäfte machte. Ich 
bebauere ferner, daß Abeles, der alle acht Tage hier in Wien 
iſt, es unterließ, mich zu befuchen und mir Mittheilungen 
barüber zu machen. Nach dem, mas ich aus der Anklage gefes 
hen, hat Abeles überhaupt nicht rebuzirt. Er war am 8. Juli 
in der Sage, die Faktura über 3400 oder 3600 Stüd meiner 
SGefchäftsleitung überreichen zu können. Diefe hat die Faktura 
behalten und damit deren Richtigkeit anertannt. Dadurch, daß 
meine Geſchaͤftsleitung die Faktura behielt und ich fo meiner 
Berpflichtung Abeles gegenüber nachgefommen bin, bin ich im 
echte von Abeles verlangen zu können, baß er feine Ber- 
Richtungen mir gegenüber einhalte. Aus der Korrelpondenz 
kann ber hohe Gerichtöhof erfehen, daß Abeles vie Bergliine 


184 


tung hatte, gewiſſe ®arnquantitäten von mir abzunehmen. 
Dieſes Sarnquantum wurde auf 1300 Zentner beftimmt. Abe 
les hat aber nur 700 Zentner bezogen, es ift alfo gewiß, daß 
er die mir eingelieferte Waare nicht aus jenem Material ers 
zeugte, aus welchem fie nach unjerem Vertrage hätten erzeugt 
werden follen. Abeles bat demnach, da er feinem Vertrage 
nicht nachgefommen ift, auch feinen Anfpruch an mich gels 
tend zu machen. Ich erfläre aber, daß Abeles ein fo orbent- 
licher vortrefflicher Charakter ift, daß ich feinen Anjtand nehme, 
mich mit ihm zu vergleichen; ich glaube aber nicht, daß dieß 
ein Segenftand der Anklage fein kann, mich bloß verantwort- 
lich zu machen für Verpflichtungen, die ich Abeles gegenüber 
eingegangen, nachdem Abeles feine Verpflichtungen mir ge 
genüber nicht eingehalten hat. 

Borfitender: Haben Sie in der Zwiſchenzeit, als biefe 
Reduktion ftattgefunden hat, von anderen Seiten Stoffe be⸗ 
zogen? 

Richter: Nicht nach der Reduftion, ſondern vor derſel⸗ 
ben babe ih 200.000 Ellen Robitoff, m 3. Ende Juli 
von Sommer und Echirmer in Wien, ich glaube um 20°/, 
oder 21 fr. gekauft, um fie im toben Zuftande dem hohen 
Armee⸗Oberkommando liefern zu fünnen, und ich erſuche ben 
Herrn Heinrih Bayer über die Motive, die mich veranlaßt 
haben, den Kauf zu machen, zu vernehmen; da aber der Be- 
darf gebedt war, jo war ich genöthtgt dieſe Waare zurichten zu 
lafien, und als Hemditoff zu liefern; ich babe alfo nicht nur 
feinen Gewinn, fondern Verluſt gehabt. 

Staatsanwalt: Wie konnte die Mebertragung bes 
Eigenthums Ihrer Fabrik auf Ihre Frau und Ihren Coufin 
Hlorian Richter zur Sicherung der Gläubiger beitragen? 

Richter: Infofern als ohne diefe Mebertragung bie 
Gläubiger dadurch, daß fie diefe Fabrik in Erefution bringen; 
mir die Mittel zu zahlen aus den Händen nehmen mwürben. 
Außerdem find die Mebernehmer meiner Fabrik ald Zahler für 
meine Schuld mit eingetreten. Zubem zeigen die prattifchen 
Refultate bei Exekution einer Fabrik nur zu deutlich, daß Das 
bei Ein Oulden oft nur einen Zwanziger, ja noch weniger 
werth ift. Das Intereſſe meiner Gläubiger war nun burch bie 
Hebertragung vielmehr bewahrt, als durch die Erefutten. 


185 


Staatsanwalt: Hatten Sie Grund zu glauben, daß 
die Gläubiger fich mit Ihnen nicht ausgleichen werden? 

Richter: Ich hatte mir damals dieſe Trage nicht geftellt, 
fondern nur darauf gedacht, was ih zu thun habe, damit 
feiner meiner Gläubiger verfürzt werde. 

Staatsanwalt: Sie haben angegeben, daß auch Die 
übrigen Direktoren der Kreditanftalt vom Zerealiengefchäfte 
Kenntniß gehabt haben. Wurben diefe von der Abficht, dieſes 
Geſchaͤft zu fchließen, früher in Kenntniß geſetzt? 

Richter: Ich Sollte zwar nach dem Auftrage des verftor- 
benen Herrn Finanzminifters diefes Gefchäft fo verjchwiegen 
als möglich behandeln, aber ich konnte die Verſchwiegenheit 
gegen die ausführenden Organe, und das waren meine Kollegen, 
nicht einhalten. 

Staatsanwalt: Iſt über diefe Unterredbung etwas 
fchriftlich aufgenommen worden? , 

Richter: Nein. 

Staatsanwalt. Welke Garantie hatten alfo die Dis 
reftoren, wenn gegen die Majoritätsbefchlüffe derfelben Rekla⸗ 
mation erhoben worden wäre? 

Richter: Ich muß geftehen, darüber habe ich nicht 
nachgedacht. Dad Uebereinftimmen der Direktoren war bins 
teichend. 

Staatsanwalt: Die in Wien Anmwefenden find, fcheint 
mir, mit den Bedingungen bes Kontraktes erſt nach feiner Feſt⸗ 
ſebung bekannt gemacht worden. 

Richter: Die Bedingungen waren derart, daß ich bie 
Berantwortlichteit meinen Kollegen gegenüber vecht gut über- 
nehmen konnte. 

Staatsanwalt: Die Nordbahn-Attien find nicht im 
Depot der Anftalt geblieben, wohl aber Deviſen, die Sie kauf⸗ 
ten; warum gerade dieſe? | 

Richter: Ich kann mir nicht einbilben , daß ich ber 
Krebitanftalt für eine halbe Million Gulden einftehen, aber 
ſtolz bin ich darauf, daß ich es mit 25.000 fl. fann. Die Des 
dung lag in meiner Perſon und in meiner Stellung. 

:. Gtanatsanwalt: ft Ihnen nicht bekannt, ob Direktor 
Schiff wirklich die Londoner Deriſen aus Ihrem Depot her⸗ 
ausgenommen dat? 





188 


Krumbholz: Ich Habe nur durch die Filiale der Kredite 
anftalt Devifen bezogen. 

Borfigender: Wie hoch ift der Betrag geweſen, den 
Sie von der Filiale bezogen haben. 

Krumbholz: Das kann ich nicht mehr angeben. 

Vorſitzender: Sind die Abjchlüffe mit den Subkontra⸗ 
henten feft gewefen oder wiberruflich? 

Krumbholz: Es waren feſte Abſchlüſſe. 

Vorſitzender: Haben Sie von Herrn Richter Inſtruk⸗ 
tionen gehabt? 

Krumbholz: Ich habe mich nur an die Inſtruktionen 
des Herrn Richter gehalten. Sie beſtanden darin, daß ich 
80,000 Stück abſchließen kann zum Preiſe von 14 Kreuzern. 

Vorſitzender: Haben die Sublieferanten die Verpflich⸗ 
tung der Abgabe der fertigen Waaren an Sie gehabt, oder 
haben Sie es direkt an die Monturskommiſſion geliefert. 

Krumbholz: Die von den Sublieferanten abgegebene 
Waare iſt von und an die Monturskommiſſion abgekiefert wor⸗ 
den. Die Waaren find jedoch theilmerfe von den Sublieferanten 
direft an die Monturstommifjion gegangen. Mebrigens haben 
fich bei ſolchen Uebernahmen Anftände vis-a-vis ben Lieferanten 
ergeben, wie 3. B. bei Brüder Kubinsfy, bei Kaufmann, 
bei Maſtny, bei Brüder Borges. 

Borfigender: Worin haben dieſe Anſtände beitanben? 

Krumbholz: Die Waare war von zu leichter Qualität. 

Vorfigender: In wieferne war dieß? 

Krumbholz: Daß die Qualität nicht fo. wie die von 
und beftellte war. Die Waare ijt zurückgenommen worden. 

Vorſitzender: Ich fehe nicht ein, was die Veranlaffung 
gegeben hätte, daß Sie bei: ben Sublieferanten Neduftionen 
durchführen wollten. 

Krumbholz: Weil wir zu viel Waare zufammen be= 
fommen hätten. 

Borfigender: Welche Waare? 

Krumbholz: Bon den kieferanten im Berein mit unferem 
eigenen Erzeugniffe. 

Vorſitzender frägt nun den Krumbholz über die bereits 
nitgetheilte Geſchichte rüͤckſichtlich des Vorganges bei der Reduk⸗ 








187 


unter Tabellen über die abgefchloffenen Geſchaͤfte dem Verwal⸗ 
tungsrath überreicht. 

Dr. Berger: Haben Sie den Släubigern den” Kaufs 
ſchilling für die Fabrik zur Dispofition geftellt, oder den Kaufs 
vertrag? 

Richter: Den Kaufvertrag. 

Dr. Berger: Hatten die Heinen Desifeneinkäufe des 
Prager Sefchäftes irgend etwas mit dem großen Stoffgefchäfte 
gemein? 

Richter: Gar nichts, 

Ä Dr. Berger: Hatten Sie einen Grund, anzunehs 
men, ‚dab Abeles den großen Bedarf der Waare nicht erzeugt 
hate ? 

Ricter: Penn ein Gruud vorhanden war, ſo war es 
der, weil er nicht das ganze Garn bezogen hat. 

Dr. Berger: Wurde nach Abſchluß des Friedens das 
Uebernahmsperſonale bei der Monturskommiſſion vermindert 
oder vermehrt? 

Richter: Das Perfonale wurde auf ein Drittel des frü— 
heren Beitandes reduzirt, fo daß bis Ende Dezember von den 
48.000 Stüd Stoffen im Betrage von 740,000 fl. nur für 
430,000 fl. übernommen worden find. 

Dr. Berger: Ich erlaube mir einige Vorleſungen zu be- 
anfragen, ftellg eö aber dem Ermeilen des Herrn Vorſitzenden 
anbeim, mann diefelben bewerkftelligt werden follen. &8 find dieß 
vier Briefe des Abeleg, woraus erhellt, daß er fich keine Reduf- 
tion gefallenlaffe, dann ein Brief von Krumbholz, der fagt, daß 
Przibram felbit den Antrag einer Mebuktion machte. Berner _ 
würde ich bitten, die Neuerung Richter's, bie er, wie der Herr 
Staatsanwalt angeführt, in der Unterfuchung gethan haben 
ſoll, vorzulefen. Zum Schluß erlaube ich mir zu bemerken, daß 
mir eine Mittheilung von Eduard Wiener zugelommen tft, 
der zufolge er durch eine telegraphifche Depeſche von Wien ab⸗ 
berufen wurde. 

GHierauf wurde Krumbholz vorgeführt. Das Verhör 
des Krumbholz iſt zum Theil ein ergänzendes, zum Theil 
tefapitulirt e8 die bereits mitgetheilten Antworten. 

—  Borfigenber: Baren Sie beim Devtienantonke SS 
Bang 


188 


Krumbholz: Ich Habe nur durch die Filiale der Kredit 
anftalt Devifen bezogen. 

Vorſitzender: Wie hoch ift der Betrag geweſen, ben 
Sie von der Filiale bezogen haben. 

Krumbholz: Das kann ich nicht mehr angeben. 

Vorſitzender: Sind die Abjchlüffe mit den Subkontra⸗ 
henten feft geweſen oder widerruflich? Ä 

Krumbholz: ES waren fefte Abjchlüffe. 

VBorfigender: Haben Sie von Herrn Richter Inſtrul⸗ 
tionen gehabt? 

Krumbholz: Ich habe mich nur an die Inſtruktionen 
des Herrn Richter gehalten. Sie beſtanden darin, daß ich 
80,000 Stück abſchließen kann zum Preiſe von 14 Kreuzern. 

Vorſitzender: Haben die Sublieferanten die Verpflich⸗ 
tung der Abgabe der fertigen Waaren an Sie gehabt, oder 
haben Sie es direkt an die Monturskommiſſion geliefert. 

Krumbholz: Die von den Sublieferanten abgegebene 
Waare ijt von und an die Monturskommiſſion abgekefert wor⸗ 
den. Die Waaren find jedoch theilwerfe von den Sublieferanten 
bireft an die Montursfommifjion gegangen. Mebrigens haben 
fich bei folchen Uebernahmen Anftände vis-a-vis den Lieferanten 
ergeben, wie 3. B. bei Brüder Kubinsfy, bei Kaufmann, 
bei Maſtny, bei Brüder Borges. 

Vorſitzender: Worin haben diefe Anſtände beitanden? 

Krumbholz: Die Waare war von zu leichter Qualität. 

DBorfigender: In wieferne war dieß? 

Krumbholz: Daß die Qualität nicht fo. wie die von 
ung beftellte war. Die Waare ijt zurüdgenommten worden. 

Vorſitzender: Ich fehe nicht ein, was die Veranlaſſung 
gegeben hätte, daß Sie bei den Sublieferanten Reduktionen 
durchführen wollten. Ä 

Krumbholz: Weil wir zu viel Waare zufammen bes 
fommen hätten. 

Vorſitzender: Welche Waare? 

Krumbholz: Von den Lieferanten im Verein mit unſerem 
eigenen Erzeugniſſe. 

Vorfitzender frägt nun den Krumbholz über die bereits 
mitgetheilte Geſchichte rückſichtlich des Vorganges bei der Reduk⸗ 


189 


tion, worüber Krumbholz in feiner befannten fargen Rede⸗ 
weife Aufſchluß gibt. 

Vorſitzender: War ſchon früber beftimmt, daß Herr 
Richter Ihnen den Brief (wegen ber Reduction um 25 pCt.) 
ſchicken wird? 

Krumbholz: Ia das war beitimmt. Es gefchah um die - 
Sublieferanten zu überzeugen, daß es ber Wille bes Herrn 
Richter ift. 

Borfigenber: Was haben Sie gegen Mündberg, von 
dem Sie das Garn bezogen haben, bezüglich jener Lieferung 
geſagt? 

Krumbholz: Ich habe ihm mit anderen Worten das 
geſagt, was der Brief des Herrn Richter enthält. 

Vorſitzender: Iſt Ihnen auch in dieſer Richtung ein 
Brief des Herm Richter zugekommen? 

Krumbholz: Nein. 

Vorſitzender: Haben Sie feinen bejonderen Brief be- 
Iommen? 

Krumbholz: Nein. 


Vorſitzen der: In einem Briefe Richter’ kommen 
Die Ausdrüde vor: „daß man gegen bie ©arnlieferanten das⸗ 
jelbe Manöver machen foll.« Was verjtehen Sie darunter? 

Krumbholz: Sch verftehe darunter eine gejchäftliche 
Nothlüge. Ich weiß nicht mas das zu bedeuten hat. 

Borfisender. Sie haben gefagt, daß Sie den *iefes 
ranten gegenüber den Brief des Herrn Richter rüdjichtlich der 
Reduktion von Seite des Armee-Oberfommandos als über 
eine wahre Thatfache gefchrieben betrachtet haben. Wie können 
‚Sie es als eine Nothlüge barftellen? 

Krumbholz: Weil ich glaubte, daß Münzberg nicht 
Dazu gezwungen werben koͤnnte. 

Vorſitzender: War Ihre Weberei vor der Reduktion 
ebenſo befchäftigt als nach berfelben? 

Krumbholz: Sie war immer gleich befchäftigt. 

Vorſitzender: Es kommt aber vor, daß Sie bie Nebuls 
tion angeftrengt haben, um bie eigene Weberei meh zu bes 
fchäftigen. 

Krumbholz: Das war, weil die Sublieieranien ae 


190 


Termine zurüdblieben. Wir haben deßhalb die eigene Weberei 
auf Erzeugung eingerichtet. 

Krumbholz beftreiter weiter, daß Abeles einen Scha- 
ben gehabt, daß Porges ihm etwas vom Schaden gefagt 
habe, oder daß die Waare übrig geblieben fei. Es Tann fich dieß 
hoͤchſtens nur auf» Ausſchuße beziehen. Er bemerkt: „Wir Hätten 
Häufig Gelegenheit gehabt, alle dieſe Verträge aufzulöfen, üͤbri⸗ 
gend fei die Faktura desPorges, fo wie die des Abeles aner 
kannt worden; denn die Anerkennung lag in dem Empfang ber 
Faktura, weil, wenn er die Bafturanicht Hätte anerfennen wollen, 
er fie gleich zurückgeſchickt Haben würbe.« Krumbholz beftät- 
tigt weiter, daß Kallberg ihm unter den Auslagen auch Dou⸗ 
ceurs und Remunerationen aufgeführt habe. 

Borfigender: Haben Sie folde Zahlungen auch ges 
macht? 

Krumbholz: Ja. 

Borfigender: Warum haben Sie folde Aufrechnungen 
ausgezahlt? 

Krumbholz: Er hat mich zum Schluß aufnerffam ges 
macht, daß es Ufance, d. b. üblich fei, folche Remunerationen 
zu geben. Herr Richter hat fie genehmigt, und ich Habe fie 
ausgezahlt. 

Borfigender: Erinnern Sie ſich an die Perſonen, welche 
folche Reınunerationen befommen haben? 

Krumbholz: Nein. 

Borfigender: Es fommt vor, dag an Werfmeifter folche 
Zahlungen geleiftet wurden. 

Krumbholz: Das weiß ich nicht, es waren aber auch 
Offiziere darunter. 

Borfigender: Welche Offiziere waren. darunter gemeint? 

Krumbholz: Ich kann die Namen nicht angeben; jeben- 
falls aber die höheren Offiziere, wahrſcheinlich Hauptleute, 
welche bei der Uebernahme beichäftigt waren. 

VBorfigender: Es find alfo Individuen bezahlt worden, 
welche bei der Uebernahme thätig gemefen find? 

Krumbholz: Ja. 

Borfigender: Wie Haben Sie das gutheißen können? 

Krumbholz: Ich habe ed nur gutgeheißen, weil e8 nach 

erfolgter Uebernahme geſchah. 


191 


Borfigender: Warum hat fi Herr Richter einvers 
ftanden ertlärt? 

Krumbholz: Ich Habe ihm gefchrieben, er möchte das 
auszahlen lafjen, mdem — — — — (bier hält Krumb⸗ 
Holz plöglich inne und ift genöthigt fich niederzuſetzen.) 

Vorfißender (welcher die an Krumbholz gerichteten 
Tragen zumeift mit erhobener Stimme geftellt hat): Ich rede 
nur fo Scharf, weil ich haben wollte, daß Sie mich hören, ich 
fage das, damit es nicht auffält, als ob das in anderer Rich⸗ 
tung geſchehe. 

Krumbholz: Ich höre wegen bes beitändigen »Geſurre“ 
in der Fabrik wirklich fehwer. Bezüglich des Bezuges und ber 
Berwendung von »London« können, was das Erftere anbelangt, 
Die Bücher der Filiale in Prag, was das Lebtere betrifft, die 
Bücher der Smichower Fabrik Auffchluß geben. Zum Schluſſe 
zählt Krumbholz ausländifche Firmen auf, bei denen er 
Baumwolle beftellt hat. 

Staatsanwalt: Wurde den Sublieferanten nur ein 
Termin gegeben? 

Krumbholz: Es waren Abtheilungen von Medio Juli 
bis Medio Dezember in monatlichen Raten, Das Quantum 
jollte in fünf oder ſechs Theilen, je nachdem der Termin lautete, 
geliefert werben. 

Staatsanwalt: Sie fagten mit der Empfangsbes 
fättigung der Faktura des Abeles zugleich bie Anerken⸗ 
nung ber Faktura ausgefprochen zu haben. Alfo hätte Aber 
les verjtehen Fönnen, Sie werben auch die Faktura bezahlen. 
Nun ift aber das fein rechtes Verfprechen, zahlen zu wollen; 
wenn Sie wirklich die Zahlung felbft damit gemeint haben, 
warum haben Sie es nicht verbucht? 

Krumbholz: Das ijt nicht angegangen, weil ich wiſſen 
mußte, ob das Quantum richtig iſt, das er zu liefern hätte. 

Staatsanwalt: Ich habe bei Fragen an den Herrn 
Angeklagten Richter früher bie Bemerkung gemacht, daß der⸗ 
ſelbe im Laufe der Unterſuchung behauptet, es wäre ihm: uns 
möglich gemefen zu liefern, während er heute angegeben, es 
wäre für das Armee-Oberfommando unmöglich geweſen in 
Empfang zunehmen. Die BVertheidigung hat die Bemertung, 
gemacht, daß die Antwort nicht zitirt wurde. Ingwühen Tat 


192 


ich aber diefe befannt geben; es ift die Antwort 178. Ich fage 
das nicht, um fie jet verlefen zu laffen, fondern nur, um es 
anzuzeigen. 

Vorſitzender: Herr Richter, was jagen Sie in beiden 
Richtungen, fowohl die Ausjage des Krumbholz, als bie 
Frageftellung des Herrn Staatsanwalts betreffend? 

- Richter: Ich babe in diefer Beziehung nichts Befonderes 
zu bemerken, als was die Devifeneineinfänfe betrifft, daß dieſe 
nämlich fchon feit lange bei der Kreditanftalt beftanden haben, 
wie fie auch heute noch beftehen. Ich habe, was die letzte Bes 
merkung bes Herren Staatsanwalt betrifft, nichts darauf zu 
bemerken, als daß ich gerade aus den Unterfuchungsaften erft 
den Beweis gefunden babe, daß es fehr leicht geweſen wäre, 
mit der Lieferung bis Ende Dezember fertig zu werden. 


Rath Kumpfmüller zu Krumbholz: Sie haben an- 
gegeben, daß die Sublieferanten vom Juli bis Dezeinber mo» 
natlich den fechsten Theil hätten liefern follen. Sit für den 
Fall, daß einer den Lieferungstermin nicht einhalten follte, 
etwas feitgefeßt worden? 

Krumbholz: Es it mündlich und schriftlich abgefchlofs 
fen gewejen, den Vertrag dann aufzulöfen. 

Rath KRumpfmüller: Dann hätten Sie bei der Re⸗ 
duktion die Ausreden nicht gebraucht. Sie hätten fagen follen: 
Ihr habt den Termin nicht eingehalten, ich werde den Vertrag 
auflöfen. 

Krumbholz: Das hätten wir thun können. 

Richter (jich erhebend, mit erregter Stimme): Er war 
zu gut, und daher fommt 08, daß ich bei einem Gefchäfte von 
vier Millionen nachweifen muß, daß mein Geſchaft mit 8000 
Stück betheiligt war. 


Rath Duſcher: Aus welchem Grunde haben Sie 
Schwierigkeiten bei den Sublieferanten beſorgt? Wenn Sie mit 
Ihnen abgeſchloſſen, mußten dieſe gewußt haben, mit wem fie 
es zu thun haben. Sagen Sie mir beſtimmt, warum haben 
Sie Schwierigkeiten vermuthet? 

Krumbholz: Ich habe nur vermuthet, daß ich Schwie⸗ 
rigkeiten haben würde. 

Rath Duſcher: Weßhalb ſollten Sie Schwierigkeiten 


193 


Haben? War e8 im Intereffe ber Sublieferanten, zu reduziren 
ober nicht, in weſſen Interefje war die Reduktion? 

Krumbholz: Zunähit in unferem, weil wir zu viel 
Waare gehabt haben. 

Rath Dufcer: Sit dieß auch im Intereffe der Sublie: 
feranten geweien? 

KrumbHolz: Nur fo viel, ald fie durch ben Friedeng- 
fchluß ihre Fabriken anderweitig befchäftigen konnten. 

Rath Duſcher: Was haben die Subkontrahenten zur 
Antwort gegeben, als Sie geſagt haben, daß eine Reduktion 
nothwendig ſei? 

Krumbholz: Sie haben ſich gefügt und keine Einwen⸗ 
dung gemacht. 

Rath Duſcher: Porges hat ſich nicht fügen wollen. 

Krumbholz: Er hat ſich auch gefügt, er hat kein Wort 
geſagt, daß er Schaden habe. 

Dr. Berger zu Krumbholz. Iſt Richter nach ſeiner 
Ueberſiedlung nach Wien oft nach Prag gekommen? 

Krumbholz: Nein. 

Dr. Berger: Warum iſt er im September 1859 nad 
Prag gekommen? 

Krumbholz: Er hat eine Reife nach Leibifchgrund ge— 
macht, um feine Etabliffements zu befuchen, und kam dann 
nach Prag zur Befichtigung der Fabrik. 

Dr. Berger. War feine Familie in Prag? 

Krumbholz: Ia. 

Dr. Berger. Hat er mehr Zeit der Familie als dem 
Geſchäfte gewidinet? 

Krumbholz: Mehr ber Familie ald dem Geſchäfte. — 

Aus den weiteren Fragen bed Dr. Bergeran Krumb- 
holz erhellt, daß Richter mit den Sublieferanten in freund- 
chen Berhältniffen geitanden, daß, wenn Richter ihnen die 
Reduktion angekündigt, fie diefelbe angenommen hätten, daß 
aber Krumbholz biefelbe fremtbfchaftlich anzutragen fich nicht 
getraute; daß es ferner Sitte fei, baß wenn eine Faktura zu⸗ 
und nicht zurücgefchickt werde, dieß als eine Erklärung ber 
Annahme der Waare anzufehen und daß die Buchung erft beim 
Empfang der Waare eintrete. 

Dr. v. Wiedenfeld ftellt an Krumbhoily Auer te On 


194 


gelegenbeit mit Abeles noch die Frage: Haben Sie aus ber 
Vermittlung bes Gefchäftes Nutzen oder Schaden für Ihre 
Stellung gehabt? 

Krumbholz: Weber Nuten noch Schaden; ich bin auf 
Gehalt angeftellt worden. Richter fonnte mich jeden Augen 
blick entlafjen, fo wie ich ihn verlaſſen konnte. 

(Nah 2°/, Uhr erlärte ber Vorfigende bie Situng für 
geſchloſſen.) 


(Sitzung vom 21. November.) 


Nach dem Erſcheinen des Gerichtshofes und Vernehmen 
des Angeklagten Richter äußert der Vertheidiger Dr. Berger, 
daß er als Nachhang zu der berührten Zahlungseinftellung bes 
Herrn Richter eine Reihe legalifirter Zeugniife feiner bamaligen 
Gläubiger vorlege und erfuche, ben kurzen Inhalt berfelben bes 
kannt zu geben. 

Der Präfident bemerkt, fich dieß vorzubehalten und fpäter 
darauf zurückkommen zu wollen, und theilt zugleich mit, Daß er 
heute die Srau Baronin Eynatten vernehmen werde. Sr Täßt 
die Zeugin vorrufen. 

Baronin Eynatten erfcheint ganz Schwarz gefleidet. Es 
wird ihr knapp an dem ©erichtötifch ein Sitz angewieſen unb 
überdieß auf ihr Verlangen, mit Rüdficht auf ihre Kränklichkeit, 
eine Fußſchämel gereicht. Sie ſpricht ſehr leiſe. Nichter erfen- 
nend, fagt fie: »Ich habe ihn früher nicht gekannt; erft acht 
Tage nach der Rüdfehr meines Mannes von der Urlaubgreife 
babe ich ihn geſehen, ich glaube, e8 war am18. Dezember. Als 
ich von einer Militaͤrkommiſſion vernommen werden ſollte, kam 
des Morgens mein Mann in das Zimmer und ſagte mir, ich 
ſolle ſagen: »Ich wäre im Monat Juni bei Herrn Richter ge⸗ 
weſen und habe ihn gefragt, ob er der Meinung ſei, daß ich 25 
Stück Nordbahn⸗Aktien kaufen ſolle, daß die Antwort des Herrn 
Richter »Ja“ gelautet habe, denn die Kurſe ſeien gut, und ich 
hätte ihm den Auftrag gegeben, welche zu faufen.« Er hat mir 
gefagt, daß ich 30 und einige taufend Gulden dazu brauche. 
Ich möge fagen, daß ich mein eigenes Gelb dazu verwendet 

babe, und ich habe angegeben, daß ich da8 Geld dazu von einem 
Couſin, einen Berwandten meines Vaters, geerbt habe. 


195 


Vorfibender: Hat Ihr Gemal nie eine Aeußerung 
darüber gemacht, ob Sie das ganze Geld Herm Richter 
gegeben haben oder nur einen Theil? 

Zeugin: Darüber hat er nichts gefagt. Er hat mir gefagt, 
Nachmittags um 2 Uhr folle ich zu Herm Richter gehen. Das 
war nach der Sigung der Kommiſſion, welche um halb 10 Uhr 
Früh ftattfand. Bei der Kommiffion habe ich dasfelbe ausgefagt, 
vollftändig nad) derMittheilung meines Mannes. Ich habe mei: 
nem Manne mitgetheilt, daß ich feiner Angabe gemäß ausgejagt 
hätte. Um zwei Uhr ging ich zu Herm Richter und babe ihm 
Alles erzählt. Herr Richter fagte mir: Mein Dann müffe ſonnen⸗ 
Har aus der ganzen Sache herauskommen, und beim Weggehen 
hat er mir gefagt, er werde uns das Geld in's Haus jchiden. 

Vorſitzender: Washaben Sie mit dem Ausdrud „Sache 
gemeint? War Ihnen der Sinn flar? 

Z3eugin: Dieſe Mittheilung war mir klar; er glaubte, es 
ſei Verleumdung. 

Vorſitzender: Wo haben Sie mir Herrn Richter geſpro⸗ 
chen? 

Zeugin: In feiner Wohnung zwifchen 3 und 4 Uhr; er 
war bein Speifen und hat mid in feinem Salon empfangen. 
Vorſitzender: Was hat er gemeint mit dem Ausbrude: 
„er wird das Gelb fchiden?« 

Zeugin: Das Geld, welches mein Mann deponirt hat. 

Borfißender: Haben Sie diefe Mittheilung gleich ver- 
fanden? 

Zeugin: Ja, weil ich fchon des Morgens erfahren habe, er 
hätte das Geld in der Kreditanftalt Deponirt, da er ed während 
feiner Abwejenheit nicht im Haufe laffen wollte. 

Vorſitzender: Haben Eie Ihrem Herrn Gemal über den 
Beſuch etwas gejagt? 

Zeugin: Sa, ich theilte ihm mit, daß ich bei Herin 
Nichter geweien bin, und daß er mir gefagt babe, mein 
Mann müfle fonnenklar aus der Sache hervorgehen. Dann 
war Herr Richter einmal bei und und hat nach meinem Manne 
gefragt, ich glaube es war acht oder vierzehn Tage nach der 
eriten Beiprechung, genau kann ich es nicht fagen; im Diejer 
Zwiſchenzeit ift auch das Geld gekommen, ich glaube vier Tage 
nach meiner Bernehmung durch die Kommiſſion, in Doysmiiter. 

Ak 


196 


Es war in einem blauen groben Papier eingewidelt und mit 
Spagat zugebunden. Ein Diener, ben ich nicht gefehen Habe, 
hat e8 gebracht. Mein Bedienter übergab es mir und verlangte 
eine Beftätigung, die ich ausitellte. 

Borfigender: Wie lautete diefe Beitätigung? 

Zeugin: Ich habe das Geld von Herrn Richter er⸗ 
halten. 

Vorſitzender: War der Ausdruck „Geld* wirklich drin? 

Zeugin: Das fanıı ich nicht genau angeben. 

Borfigender: Was war im Padete? 

Zeugin: Ich habe es nicht aufgemacht, ih habe gewar- 
tet, bi8 mein Dann nach Haufe fam. 

Borfißender: Was war der Zweck Ihres Befuches bei 
Herrn Richter? 

Zeugin: Herr Richter hat einmal nach meinem Manne 
gefragt, und mir gefagt, daß er gefommen fei, um meinem 
Manne mitzutheilen, daß er eine Borladung zum Landesgerichte 
befommen habe und er werde gleich darauf meinen Dann ent- 
weder brieflich verftändigen oder felbit fommen, um ihm zu fas 
gen, was fich dort ereignet babe. 

Vorſitzen der: Was iſt darauf geichehen? 

Zeugin: Herr Richter fam, ich glaube zwei Tage |päter, 
und fagte, die Vernehmung würde nicht gleich, fondern erft den 
nächften Dinitag jtattfinden. Jch weiß das Datum nicht mehr. 
Verzeihen Sie, Herr Präfident, ich babe vergeffen anzugeben, 
daß, als ich das erfte Mal bei Herrn Richter war und ihın meine 
Ausfage mittheilte, Herr Richter bemerkt habe, es märe gut; 
auch er fei Tags zuvor bei der Polizei einvernommen worden 
und habe dagjelbe gejagt. 

Vorſitzender: Iſt über diefe Dittheilung zwifchen Ihnen 
und Ihrem Heren Gemal ausführlich gefprochen worden ? 

Zeugin: Ich habe ihm das Vorgefallene mitgetheilt, er 
aber hat nichts darauf erwiedert. 

Baronin Eynatten fegt nun ihre Erzählung weiter fort: 
Nachdem Herr Richter nicht gefommen war, bat mein Dann 
wich gebeten, ich weiß nicht, ob ed am Freitag oder am Samftag 
nach der Vernehmung des Herrin Richter war, ich möchte leß- 
teren bejuchen. Ich that dieß Nachmittags zwifchen 3 — 4 Uhr: 
Derr Richter jagte mir, daß er mit Baron Brud über diele 


197 


Angelegenheit gefprochen habe; daß er jedoch den Minifter nicht 
fo fehr für diefelbe geſtimmt gefunden hätte, wie er wünfchte; 
baß er den Minijter gar nicht verftehe und mit ihm nicht zufrie- 
den fei. 

Hierauf hat er (Richter) mir gejagt, daß er, nachdem er 
täglich zum Sinanzminifter komme, er noch am nämlichen Tage 
mit demſelben über die Angelegenheit fprechen werde. Und wenn 
Baron Brud nichts thun wolle, fo würde Richter felbit ein 
Memorandum Sr. Majeftät dem Kaifer überreichen, und ba 
bat er mir die Worte wiederholt: mein Dann müſſe fonnenklar 
aus der Sache hervorgehen, und er bedaure nur, das Geld 
meines Mannes in Depot genommen zu haben. Er ſagte auch, 
es wäre bedauerlich, daß ich ausgefagt habe, e8 wären ihm nur 
30 und einige taufend Gulden, und nicht 40,000 fl. überges 
ben worden. Mebrigens das mache nichts, weil Frauen fich Teicht 
in folden Sachen irren. 

Vorſitzender: Eind Sie fpäter vernommen worden? 

Zeugin: Nein. — Herr Richter iſt zwei oder drei Tage 
Darauf zu meinem Dann gekommen. Da habe ich ihn zweimal 
Durch das Zimmer, in dem ich mich befand, durchgehen geſehen; 
er hat mit meinem Dann im Kabinet gefprochen. Nach dem 
Weggehen Richter’ hatte mein Mann ein Papier in der Hand, 
und fagte mir, falls ich noch einmal eine jolche Vernehmung 
hätte, fo foll ich fagen — und er las mir daraus vor, wahr- 
Scheinlich was ihn Herr Richter diftirt hatte — »ich wäre bei 
Richter Anfangs Juni gewejen und hätte ihn gebeten, mir zu 
jagen, ob er der Meinung fei, baß ich gut thun würde, 25 Stüd 
Nordbahn-Aktienzufaufen. Er hätte mir „„Jas« geantwortet, 
zumal der Kurs fehr niedrig jtehe; es fei dieß die beſte Kapitalds 
anlage, und auf das hätte ich von ihm 25 Stüd kaufen laflen; 
ich wäre Mitte Julı wieder bei ihm gemwefen, und hätte ihm das 
Geld für die angekauften Nordbahn-Aftien gebracht, welche er 
mir denjelben Tag durch feinen Diener ind Haus geſchickt hätte. 
Dieß mußte ich auswendig lernen; ich bin aber nicht gefragt 
worden. 

Vorſitzender: Auf welche Weife iſt dieſer Aufſatz ent- 
ftanden? 


Beugin: Das fanı nur Herr Richter bittint u MÄR 
Ak“ 


198 


Mann gefehrieben haben; ich habe das auswendig gelernt, was 
mir mein Dann vorgelefen. 

Borf ißender: Hat Ihr Herr Gemal mit diefen Du 
pieren eine weitere Verfügung getroffen? 

Zeugin: Ich weiß es nicht. | 

Borfikender: Hat Ihr Gemal feine Aeußerung 
Darüber gemacht, zu welchem Zwecke der Zettel aufgefeht 
wurde? 

Zeugin: Nein. Er war fo angegriffen, daß ich ihn dar⸗ 
über nicht gefragt habe. 

Borjibender: In Anfehung dieſes Gegenftandes find 
Sie, Frau Baronin, bis zum Ableben Ihres Herrin Gemals 

nicht vernommen worden? 

Zeugin: Nein. Einen Tag nad) dem Tode meines 
Mannes ift Herrr Richter zu mir gefommen und hat mid 
gefragt, ob es wirflich wahr fei; er hat mir ſehr große Theil 
nahme gezeigt und war ſehr gerührt. Der Zwed feines Befus 

ches war einzig, mir feine Theilnahme zu beweifen. 
" Borfißender: Hat er über den bewußten Gegenſtand 
etwas mit Ihnen geſprochen? 

Zeugin: Ich erinnere mich an nichts. Von der Vernehmung 
war damals keine Rede. Einmal, ich glaube es war am 5. oder 
6. März, habe ich Herrn Richter fragen laſſen, ob er Abends 
zu mir kommen wollte, weil ich ihn zufprechen wünſchte, oder ob 
ich zu ihm kommen folle; er ließ mir antworten, Abends könne 
er keinesfalls kommen, vielleicht Vormitta 198; e8 wäre übrigens 
am beiten, ich würde gegen 4 Uhr zu Dr. Gredler kom⸗ 
men. Ih fam um 4 Uhr bei Dr. Gredler mit dem Herrn 
Richter im Privatzimmer des Doftors zufammen. Ich habe 
ihm mitgetheilt, daß mein Dann mir in einer zugedeckten Schale 
ein Billet mit Kohle gefchidt habe, worin aufgefchrieben 
war, was ich Herrn Richter zu wiffen machen follte. — Den 
Zettel Habe ich verbrannt. — 

Borfißender: War Dr. Gredler bei der Beiprechung 
zugegen? 

Zeugin: Nein. AlS Herr Richter kam, ging er aus 
ben Zimmer. In Folge diefer Mitteilung fagte mir Herr 
Richter: „Das ijt nicht wahr, er ſchwöre e3 bei den Häup- 

Sern. aller feiner. Kinder, es fer wit wahr, Tab er mewmen 


199 . 


Manne etwas gegeben habe.“ Das hat mich beruhigt, weil ich 
nad) einem folchen Schwure nicht zweifeln fonnte. : Ich habe 
ihm auch gefagt, mein Dann babe mir gefchrieben, wir mögen 
bei unferer Ausfage bleiben. Herr Richter fagte mir darauf: 
»Jetzt geht e3 nicht mehr.« Ich fagte ihm: „Wir fchaden aber 
. meinem Mann,« und er antwortete: „Jetzt geht e8 nicht mehr, 
denn es fommt zum Schwur. Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage.« 
Darauf eriwiederte ich, e8 würde meinem Manne:fchaden, wenn 
wir nicht auf gleiche Weile ausjagten. Er bemerkte, es müffe 
Alles gut gehen, und dabei wiederholte er nochmals die Worte: 
»Ihr Dann muß fonnenflar aus der Sache hervorgehen. « 

Die Zeugin behauptet ferner, daß Alles dasjenige, was 
le jebt ausgefagt, auch in den Akten vorkommen müfle; es jet 
die reine Wahrheit, und fie könne nicht3 Anderes fagen. 

. Borfigender: Was haben Sie beim Militärgerichte 
ausgeſagt, find Sie bei Ihrer erften Ausſage geblieben ? 

Zeugin: Ich babe angegeben, daß das Frühergefagte 
fingirt war; ich habe jene Ausfage gleich widerrufen. 

Borfigender: Welche Angaben haben Sie gemacht? 

Zeugin: Diefelben, die ich jett gemacht habe. 

Borfigender: Haben Sie auch gehört, welche Ausfagen 
von Herrn Richter gemacht worden find? 

Zeugin: Ich habe gehört, daß Herr Richter fagte, ich 
Hätte ihm Afles geſagt. Ich war nicht bei Herrn Nichter, Ich 
Habe ihn früher gar nicht gekannt. Ich Habe ihn zuerft am 18. 
Dezember gefehen. 

Vorfikender: Sind Sie in Kenntniß gefonmen bon 
Herrn Richter's Ansfage? 

Zeugin: Ich erfuhr nur, was mir bei, meiner Verneh⸗ 
mung vorgeleſen wurde. 

Vorſitzender: Was haben Sie darauf für eine Aeuße⸗ 
rung gemacht: 

Zeugin: Ich habe geſagt, daß ich von dem Kadeau gar 
nichts wiſſe. 

Vorſitzen der: Geben Sie uns eine nähere Aufklärung 
über das Depofitum, welches Ihr Herr Gemal bei ber Kredit⸗ 
anftalt gemacht hat, und was Sie darüber erfuhren. 

Zeugin: Erft an dem Tage, an welchen ih vernummen 
murbe, erhielt ih enntniß bavon. 


200 


VBorfigender: War Ihnen fchon bekannt, daß das 
Geld bei der Kreditanftalt deponirt gemefen fei? 

Zeugin: Ueber Seldangelegenbeiten hat mein Dann 
nie mit mir gefprochen. Ich habe nichts Genaueres darüber 
gewußt. 

Vorſitzender: Hat der Herr Gemal wirklich Ihnen ges 
hörendes Geld gehabt? 

Zeugin: Ih bin moralifch überzeugt, daß Gelb, 
von meinem Vermögen herſtammend, vorhanden geweſen ſein 
muß, kann aber nicht angeben wie viel. 

Vorſitzender: Haben Sie von der Beſchaffenheit des 
Depoſitums Kenntniß gehabt? 

Zeugin: Mein Mann hat mir nur geſagt, daß er die 
Staatspapiere verkauft und Nordbahn-Aftien dafür gekauft habe. 

Vorſitzender: Haben Sie ſich von dem Inhalte des 
überfandten Packetes überzeugt? 

Zeugin: Ja; weil, wie mein Mann nad) Hauſe gekom⸗ 
men iſt und ich es ihm übergeben habe, er e3 „aufgebunden« hat; 
es waren darin25 Stüd Y'ordbahn-lftien, dann ein Eszterhazy⸗ 
208, Srundentlaftungs: Obligationen und Metalliqueg. 

Vorſitzender: Wo find die Papiere hergefonmen ? 

Zeugin: Ic) habe fie in dem Schreibtifche in meinem 
Schlafzimmer aufbewahrt, und dort find fie von der Kommiffion 
gefunden worden und befinden jich noch jeßt in gerichtlicher 
Verwahrung. 

Vorſitzender: Welche Aeußerung haben Sie in Ans 
fehung Ihrer Anfprüche darauf gemacht? 

Zeugin: Sch habe gefagt, daß es mein Geld ift, und 
ic) glaube, daß es von meinem Gelde herrührt. 
| Vorſitzender: Können Sie behaupten, daß diefe Papiere 
aus Ihrem urfprünglichen Vermögen herrühren? 

Zeugin: Ich kann es nicht behaupten, weil ich mit 
meinem Manne nicht darüber gefprochen habe. 

Borfigender: Iſt Ihnen früher befannt geworden, in 
welcher Weiſe Ihr Herr Gemal fih mit Herrn Richter ing Ein- 
vernehmen gejeßt hat? 

Zeugin: Nie. 

Borfigenber:. Haben Sie vor dieler Zeit, nachdem 


201 


Ihnen die Sache befannt geworden iſt, von Herrn RKichter ein 
Packet erhalten? 

Zeugin: Ich habe gar nichts bekommen. 

Vorſitzender: Vielleicht im Verlaufe des Monats Juli? 

Zeugin: Ich weiß, daß es Herr Richter behauptet hat; 
ich habe aber nichts bekommen. 

Vorſitzender: Haben Sie ſich bei Ihren Dienſtboten 
darüber erkundigt? 

Zeugin: Ja wohl, Sie ſind einvernommen worden. Das 
Packet, welches ſpäter kam, war das einzige, welches ich er⸗ 
halten. Ein Bedienter, der früher bei mir diente, weiß ſich daran 
zu erinnern, daß er es übernommen hat. 

Vorſitzender: Ich muß nun einen unangenehmen Ge—⸗ 

genftand berühren und die Frage ftellen, ob Sie, Frau Baronir, 
irgend einen Anftand gehabt haben oder ſich in Unterfuchung 
befanden? — Die Zeugin eriwiebert hierauf niit äußert leiſer, 
faum vernehmbarer Stimme: Ich war wegen einer Schuld 
von 3000 fl. in Unterfuchung; die Schuld ift berichtigt, Das 
Erkenntniß ijt fchon gefchöpft; ich habe’ meine Strafzeit über- 
ſtanden; ich war auf drei Monate verurtheilt und bin nad brei 
Wochen befreit worden. 

Vorſitzender: Dermalen befinden Sie fih in feiner 
Unterfuchung mehr? 

Zeugin: Nein. 

Richter: Ich habe nur Einiges zu erwiedern; zuerft 
wollte ich bloß eine Korrektion des Punktes vornehmen, daß 
es nicht Geld, fondern Effekten geweſen find. Die Frau 
Baronin bediente fich nämlich des Ausdrudes „Geld«. Ich 
habe die Frau Baronin gebeten, mich nicht zu befuchen, da ich 
fie auch nicht befuchen mürde, und ihr gefagt, fie möge 
zu Dr. Gredler fommen, damit fie das, was fie mir mitzu- 
theilen hätte, in Anmefenheit des Dr. Gredler wieberhole; 
es ift dieß aber nicht erfolgt. Was das Diftiren der Antwort 
anbelangt, fo habe ich fehon bei ©elegenheit meiner früheren 
Einvernehmung barauf hingewiesen, daß, nachdem ich dem Ge⸗ 
neral Eynatten dasjenige mitgetheilt hatte, mas ich ausge⸗ 
ſagt, er ſich dasſelbe aufſchrieb — zu welchem Zwecke, war mir 
damals nicht bekannt. Sch habe fpäter erſt gehört, und die Frau 
Baronin hat e8 jebt bejtättigt, der General habe ihr W wur 


202 


führlich mitgetheilt. Was die Zufenbung ber. Akten im Juli 
detrifft, muß ich auf die Ausfage meined Dieners binweifen, er 
wird in diefer Beziehung als Zeuge vernommen werben. Ich 
habe der Frau Baronin nie eine Suftruftiouw gegeben. Als id 
fie das letzte Mal bei Dr. Gredler ſah, war fie fehr ange- 
griffen, und ich Habe fie zu tröften gefucht, indem ich damals 
noch an den guten Ausgang der Unterfuchung ihres Gemals 
glaubte. Ich babe, als fie mir mittheilte, der General werde 
befhuldigt, von mir Geld befommen zu Haben, auf das be 
ftimmtejte verjichert, daß das nicht der Fall wäre, und fie in 
Kolge deffen getröftet. Ich habe bei diefer Gelegenheit auch der 
Frau Baronin gefagt, was meine Ausfage betrifft, wenn id 
nochmal befragt würde, müſſe ich die Wahrheit Tagen. Die 
Frau Baronin bat dagegen Vorftellungen gemacht, und ich habe 
geiagt: »Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage, ih muß die Wahr⸗ 
heit jagen, wie es it, und wie ed auch in der eriten Verneh⸗ 
mung geichah.« 

Borfigender: Haben Sie der Frau Baronin gefagt, 
fie ſoll bei Ihrer erſten Ausjage bleiben? 

Richter: Ich habe mir gedacht, die Frau Baronin möge 
jagen was ſie weiß, ich müſſe Die Wahrheit ſagen. 

Vorſitzender: Wie kam es, daß Sie ausſagten, von der 
Frau Baronin den Auftrag bekommen zu haben, Aktien zu 
kaufen? 

Richter: Das iſt die Folge der Ausſage, welche die 
Frau Baronın bei ihrem erſten Einvernehmen machte. 

Borfigender: Da Sie fich entfchloffen haben die Wahr« 
heit zu fagen, wenn es zu einem Eide kommen follte — und 
Sie boten ſich jelbit dazu an — warum haben Sie die Frau 
Baronin verleitet, bei ihrer Ausjage zu bleiben? 

Richter: Was ich der Frau Baronin fagte, hatte feinen 
anderen Sim, als jie möge handeln nad ihrem Gewiſſen und 
ihrer Veberzeugung. 

Zeugin: Herr Richter fagte mir: „Ich kann nicht dabei 
bleiben, weil es jett zum Schwur fommt; bleiben Sie aber bei 
Ihrer Ausfage.« 

Borfigender: War nie die Rede von 25 Stüd Nord⸗ 
bahn⸗Aktien, ift Ihnen feine Mittbeilung über die Ausjage des 
Barons gemacht worden? 


203 


Richter: Die Frau Baronin wird beftätigen, daß ich nie 
ein Wort mit ihr über die Nordbahn-Aktien gefprochen babe. 
Sch weiß von der Einvernehmung bes Herrn Generals nichts 
Anderes, als was mir die Frau Baronin mitgetheilt hat, näms» 
Tih, daß er befchuldigt werde, von mir Geld genommen zu 
haben. 

Zeugin: Ich kann nur mittheilen, daß mein Mann mir 
gefagt Hat. mas ich ausfagen fol. Ich bin hingegangen, um Herrn 
Richter zu fagen, daß mein Dann mir aufgetragen bat, bei 
meinem Einvernehmen zu erklären, ich wäre im Juli bei Rich: 
ter geweſen, um ihn zu fragen, wie viel Geld nöthig wäre, 
um 25 Stud Nordbahn: Aktien zu kaufen. Richter habe 
geantwortet: Einige 30.000 fl. Es ſei dieß eine gute Kapi⸗ 
talsanlage. 

Vorſitzender zu Richter: Haben Sie von ber Frau 
Baronin Mittheilung über das, mas der Baron ausgefagt hat, 
erhalten? 

Richter: Die Frau Baronin hat mich zu diefem Zwede 
das erfte Mal am 18. Dezember befncht, und mir die Mitthei- 
fung gemacht, was fie bei der militärifchen Einvernehmung ge: 
fagt hat. 

Zeugin: Sch muß um Perzeihung bitten, mein Mann 
bat geiagt, ich möchte zu Nichter geben und ihm meine Aus—⸗ 
fage mittheilen. Richter hat mir zur Antwort gegeben, es fei 
ganz recht, denn er habe bei der Polizei dasfelbe gefagt. 

Richter (barfch): Das kaun nicht fein, Hoher Oerichtshof, 
denn bei meiner polizeilichen Einvernehmung fommt das nicht 
vor. Die Baronin hat mir mitgeteilt, fie habe ausgefagt, daß 
fie mir für 25 Stück Nordbahır- Aktien etliche 40.000 fl. zahlte, 
und ich babe mich im Sinne der Frau Baronin geäußert, nur 
mit dem Unterfchiede, daß ich ftatt 40.000 fl. etliche 30.000 fl. 
angegeben. Das ift dasjenige, ich muß e8 wiederholen, deſſen 
ich mich in der ganzen Unterfuchung zu fchämen habe. Es war 
eine Schwäche. das ich das gethan habe. 

Vorfigender zur Baronin: Hat Herr Richter eine 
Aeußerung gegen Sie gemacht, ob er noch Gläubiger Ihres 
Gemals fei, und ob die Forderung noch beftehe? 

Zeugin: Davon war nie die Rebe. 

Vorfipenber zu Richter: Warum haben Ste Ver Rus, 


204 
Baronin nicht gefagt, daß Cie derlei Anfprüche zu machen 


Richter: Nein; ich glaubte die Frau Baronin durch 
ihren Gemal unterrichtet. Ich habe es unterlafien, denn «8 
hätte dieß einer Srinnerung ähnlich gefehen, und Das wollte 
ich nicht thun. 

Vorfißender: Aber nachdem ber General mit Tod ab- 
gegangen war, hätten Sie doch fagen fünnen: Ich bin noch in 
Verrechnung mit dem Herrn General. Er ift mir mit 26.000 fl. 
südjtändig. 

Richter: Hoher Gerichtshof! Ich habe die Frau Bar 
nin nur am 6. gefprochen, nachher nicht mehr. Damals war bie 
Grau Baronin durch die ganzen Vorgänge fo alterirt und mit 
genommen, daß ich ihr nicht fagen wollte: Ich habe noch eine 
Forderung. Es ift dieß eine Rückſicht, die ich freilich nicht hätte 
ausüben ſollen. 

Vorſitzender: Hier liegt die Gmpfangebeftätigung vor. 
(Diefelbe wird ſowohl von der Fran Baronin als von Richter 
als richtig befunden.) Cie lautet: 

»Ich beftätige hiermit, daß ich durch den Diener bes 

Herrn Richter unter heutigem Datıım ein Padet mit 

Merthpapieren empfangen habe. 

20. Eeptember 1859.« 

Richter: Es iſt hier ftatt Geld Werthpapiere gefchrieben. 

Borfißender zur Baronin: Im weldyer Art haben Sie 
beftätigen fünnen, daß es Werthpaptere waren? 

Zeugin: Der Diener hat es gefagt, ich habe das Padet 
nicht aufgemacht; dann habe ich ja fehon am 20. gewußt, daß 
mein Mann Papiere deponirte. 

Staatsanwalt: ft nie die Rede davon gewejen, daß 
Effekten oder Werthpapiere in's Haus geſchickt worden find? 

Zeugin: Nie. 

Staatsanwalt: Sit nie die Rede davon gewefen, baß 
auch Richter Ihrem Manne Geſchenke gegeben hat? 

Zeugin: An Gefchenfe erinnere ich mich gar nicht: man 
hat nur gejagt, Richter habe angegeben, er ſchäme fich in fei- 
ner ganzen Amtshandlung über gar nichts, als daß er ber Fa⸗ 
milie Eynatten Gefchenfe gemacht hat. 

Staatsanwalt: Auf welche Art iind Frau Baronin 


205 


zur Kenntniß gekommen, daß man Ihren Gemal beſchuldige, 
er hätte auch von Richter Geſchenke befommen? 


Zeugin: Er hat mir einen Zettel mit Kohle gefchrieben, 
welchen er in ein Eafferol legte, worin man ihm das Eifen ge- 
ſchickt hatte. 

Dr. Berger: Frau Baronin haben angegeben, daß Sie 
an dem Tage, mo Sie das erſte Mal von der Militär⸗Kom⸗ 
million in Ihrer Wohnung vernommen wurben, von Ihrem 
Gemal den Auftrag befamen, zu Direftor Richter zu geben, 
ihm mitzutheilen, daß Sie vernommen worden und dasjenige 
befannt zu geben, was Sie ausgefagt haben. War Ihr Gemal 
verhindert, felbft zu Richter zu gehen, oder was war ber An- 
laß, daß Sie hingingen? | 

Zeugin: Es war fein Wille, daß ich hingehe. Er hat 
wahrjcheinlich nicht gehen wollen; ich weiß nicht, ob er verhin⸗ 
dert war. 

Dr. Berger: Frau Baronin haben ausgeſagt: ‚Mein 
Mann hat einen Zettel gefchrieben, er muß ihm bdenfelben 
biktirt haben.« Es waren Ihre Worte: „Muß.« Woher fchöpf- 
ten nun Frau Baronin den Ausdrud: Richter muß diktirt 
haben?« 

Zengin: Das kann ich nicht fagen, mein Mann war allein 

mit Herrn Richter im Kabinet, ift dann, nachdem er Herrn 
Richter bis ins Vorzimmer begleitet hatte, zurüdgefommen, 
und hat mir den befchriebenen Zettel vorgelefen. Ob es die 
Schrift von Richter oder von meinem Marne geweſen, meiß 
ich nicht. Ich habe den Zettel nicht gefehen. 
3 Dr Berger: Ich bitte mir zu erflären: als Richter 
bereit3 gerichtlich vernommen war, bat er Ihnen gefagt, jebt 
geht es nicht mehr bei den früheren Ausfagen zu ‚bleiben. 
Seht komme es zum Schwur, Frau Baronin haben heute 
folgenden Zuſatz gemadht: Richter habe gefagt, wir fönnen 
ni —* bei unſerer Ausfage bleiben. Auf wen bezogen Sie 
Das Wort: „Wir?« 


Zeugin. Auf ihn und mid. 

Dr. Berger: Welchen Eindrud hatte daher der Zuſatz 
auf Sie gemacht: „Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage.* 

Zeugin: Darum habe ich auch den Entwumii gemakt, 


206 


»wenn;“ wenn wir nicht »gleich« ausfagen, werden, mir uns 
ſchaden. 

Dr. Berger: Können ſich Frau Varonin des : Zettels 
erinnern, den Ihr Gemal aus dem Gefängniß, mit Kohle ge 
schrieben, gefchidt * — Die Baronin fieht den Staatsanwalt und 
den b. Gerichtshof an und fragt: Sul ich die Worte mieber: 
Holen? — Auf die Beinerfung des Dr. Berger: »E8 Liegt mir 
daran, und auf die Aufforderung des Vorfienden, es zu thun, 
jagt die Baronin: Es ftand darauf: „Faites savoir a Rich- 
ter, qu’on pretend, qu’il m’a donne aussi de l’argent.* 

Dr. Berger: Sie haben das erite Mal angegeben, 
»qu’on pretend« und das zweite Mal „qu’on l’accuse«. - 

Borfigender (zur Zeugin): Es Liegt mir hier eine Ein⸗ 
gabe Sr. Durchlauct des Fürften Schwarzenberg vor, woraus 
hervorgeht, daß Sie in einer friegsgerichtlihen Unterfuchung 
wegen des Verbrechens des Betruges verwidelt geweſen, und 
daß Sie auf freiem Fuße gelaffen wurden. Sch erfuche Sie mir 
die näheren Umftände über diefen Sachverhalt angeben zu 
wollen. Es ift zu erörtern, ob Diefe Unterfuchung zu Ende ge 
kommen tft, ob diefe Haft eine Strafe oder bloß eine Anhals 
tung gewefen. 

Zeugin: Es war die Strafe; ich war auf drei Monate 
verurtheilt. 

DBorfigender: Iſt auch rücdfichtlich des Adels etwas 
verhängt worden? 

Zeugin: Gar nichts. 

Vorfitzender: Ich habe dieſen Gegenjtand nur aus dem 
Grunde zur Sprache gebracht, damit die Beridigungsfrage 
erörtert werden fann. 

Staatsanwalt: Ich glaube, daß die Beeidigung ent- 
bebrlich gemacht werben faun nach $. 132 lit. g. *) Dr. Berger 
erklärt, daß er ebenfalld auf die Beeidigung Verzicht Teifte, 
und zwar auf Grund desfelben $. lit. a. Der Gerichtähofisieht 
fich zurüd und entfcheidet dem Autrage der Staatsbehörde. ge: 
mäß, daß die Baronin nach $. 132 lit. g. nicht zu beeiden fei. 


*) Jit. g des $. 132 lauter: „Nicht zu beeiden find: Die tu ihrem 
Berböre wefentliche Umftände angegeben haben, teren Unwahrheit 
bargethan if, und worüber fle nicht einen bloßen Irrthum nach⸗ 
meiſen fönnen.“ 


0 L 


207 


Hierauf wurde der Zeuge Angel vorgerufen. 

Michael Angel, Kanzleidiener ber Kreditanftalt, 64 
Jahre alt, verheiratet, erklärte, er fei feit fünf Jahren bei ber 
Krebitanitalt bedienftet. Auf die Srage, ob er nicht wife, warum 
er vernommen werde, erklärte er, es fei dieß wahrjcheinlich aus 
dem Grunde, aus welchem er fchon in der VBorunterjuchung bes 
fragt wurde. „Ich habe ſchon damals geſagt,“ erzählt er, »daß 
ich nur ein paar Mal bei Baron Eynatten war, daß diefer bei 
Direktor Richter in der Kanzlei gewefen, und bann daß ich zum 
Baron Sachen Hingetragen, und zwar ein Badet im Dezember. * 

Vorfigenders Was ift Ihnen dabei gefagt. worden? 

Zeuge: Ich foll mir eine Beftätigung geben laſſen. 

Borfigender: Haben Sie fie auch richtig übergeben? 

Zeuge: Ja. Ich habe eine Beitätigung befommen und. 
fie Herrn Richter eigenhändig übergeben. 

Vorſ itzender: Haben Sie außer damals noch ein ander⸗ 
mal ein ähnliches Packet hingetragen? 

Zeuge: Ja, in früheren Zeiten, ich glaube Ende Auguſt 
oder Anfangs September. Das damalige Packet war in einem 
blauen Papiere eingemacht. 

Vorſitzender: Was haben Sie damals für eine Kom⸗ 
miſſion erhalten? 

Zeuge: Keine andere als die: „Geben Sie dieſes 
Padet ab.« 

Vorſitzender: Wie fpät war es, als Sie das Padet 
abgegeben haben? 

Zeuge: Es war gegen 5, 6 oder 7 Uhr ben dB. 

Borfigender: Konnen Sie ſich nicht erinnern, um welche 
Jhhreszeit:c8 war? 

Zeuge: Ich habe bereits erwähnt, daß es im Auguſt oder 
September war. Ich habe das Packet einem Frauenzimmer uͤber⸗ 
geben, welches mir die Thür öffnete und ſagte, daß Baron 
Eyngsten nicht zu Haufe fe. 

orfißender: Woraus fehließen Ste, daß e3 Ende 
Auguſt oder Anfangs September war? 

Zeuge: Das fann ich nicht fagen, was man daraus 
Schließen kann. (Allgemeine Heiterkeit.) 

Borfitender: Mir fällt es auf, daß Sie heute ſo be- 
ſtimmt von einem Badet reden, nachdem Ihre Krüherr. gariit- 


208 


liche Vernehmung im April d. J. mit Ihrer jebigen im Wis 
berfpruche fteht. Ich begreife nicht, wie es fo beftimmt in Ih⸗ 
rem Gedächtniſſe geblieben ift, daß Cie rückfichtlich des Packets 
behaupten fünnen, e8 fei im Auguft oder September gewelen. 

Zeuge: Weil ich mir „überdenft« habe, ſeitdem ich das 
erſte Mal gefragt worden bin. 

Der Borfigende verlieft ihm nun feine Ausfage, Die er 
(Zeuge) in der Vorunterfuchung abgelegt und worin der Pafs 
fus vorfommt: »Es ift mir dunkel und kommt mir fo vor, als 
wenn ich im Sommer das Padet übergeben hütte.« 

Richter: Ich habe gegen dieſe Ausfage des Zeugen 
Angel nichts zu bemerken, als daß die Angabe desjelben, es 
ſei eine Uebergabe im Auguſt oder September erfolgt, auf 
einem Irrthume beruhe. Thatſächlich erfolgte die Uebergabe 
im Juli. 

Staatsanwalt: Haben Sie Baron Eyngtten in der 
Kanzlei Richter's geſehen? 

Zeuge: Ich glaube im Sommer. Um welche Zeit, kann 
ich mich nicht erinnern. 

Staatsanwalt (zu Richter): Sie erinnern ſich an 
Du Widerſpruch, daß Sie früher ſagten: er wär nie bei mir. 
deann fagten Sie: nie in der Kanzlei, fondern in der Woh⸗ 
nung. 

Richter: Sch bitte, ich fagte: nie in der Wohnung, ſon⸗ 
dern in der Kanzlei. 

Staatsanwalt: Von welcher Farbe war das Papier, 
in welchem das Packet eingebunden war? 

Zeuge: Das erite Padet, das im Sommer abgegeben 
wurde, war in blauem Papier, das fpäter abgegebene in 
grauem. 

Richter: Das obere Papier war grau und das Darunter 
befindliche blau. 

Staatsanwalt: VBefchreiben Sie das Stubenmäßchen, 
dem Sie das Packet übergeben haben. | 

Zeuge: Ich bitte um Verzeihung, das kann ich nicht 
fagen. Es war am Abend, ich hab’ angeläutet, das Packet 
übergeben und mich nicht umg'ſchaut ob fie jung oder. alt ift. 

(Allgemeine Heiterfeit.) 

Borfigender (Zum Bublitum) : Meine Herren! Ich 


209 


bitte den Anftand nicht außer Augen zu laffen. Sie befinden 
fi im Serichtsfaale; diefer Segenftand ift nicht als Lachitoff 
zu behandeln. Er iſt zu traurig, zu ernft, zu fchwierig, obgleich 
es der Zeuge nicht ernft meint, und Die ganze Angelegenheit 
bloß wie eine gewöhnliche Sonverfation zu behandeln fcheint. 

Der Vorſitzende ermahnt hierauf auch den Zeugen die 
Aussagen der Wahrheit gemäß abzulegen und die Sache nicht 
leichtfertig zu behandeln. 

Staatsanwalt: Sie fcheinen mir fehr verdächtig, und 
ich. muß glauben, daß file eine falfche Ausfage abgelegt haben. 

Sch fordere Sie auf, die Perfon genau zu befchreiben, Der 
Sie das erfte Padet übergeben haben. 

Zeuge: Ich bitte ſehr, ich kann mich nicht recht erinnern. 

Staatsanwalt: Wie hat-die Perfon anusgefehen, der 
Sie da3 zweite Packet übergeben haben, und wie fpät war e8? 

Zeuge. Sie war noch ziemlich jung, und ich glaube, daß 
es gegen ein Uhr Mittags gewefen fei. 

Staatsanwalt: Da Sie felbit fagen, daß Sie im 
Ganzen nur zweimal dort waren, und es erwiefen ift und feit 
fteht, daß Sie am 16. Juli das erfte Mal dort waren und das 
zweite Mal im Dezember, wie fünnen Sie nun behaupten, 
Daß Sie im Anguft dort gewefen fein? Es muß dieſe Ihre ges 
genmwärtige Erinnerung offenbar faljch fein. 

Zeuge ſchweigt. 

Landesgerichtsrathb Duſcher: Sie haben erſt gefagt, 
Sie konnten ſich auf den Tag erinnern; wann war dag? 

Zeuge: An einem Wochentage. 

Duſcher: Wie hätten dann Ihre Angehörigen willen 
follen, da Sie doch jelbit jagen, daß Sie ed am Abend abge 
geben haben wollen, daß die Abgabe des Padets durch Sie 
erfolgte? 

Zeuge: Ich habe gedacht, es könnte vielleicht an einem 
Sonntag gewefen fein, und daß ich mit ihnen gelegentlich der 
Abgabe des Packets in der Jägerzeile jpazieren ging... 

Nachdem der Zeuge abgetreten war, erklärt der Vor— 
fitende, daß er fich veranlaßt finde, zur Vervollftändigung des 
Verhöres auf die Befchuldigungspunfte rücfjichtlich der Zwilch⸗ 
lieferung überzugehen. Richter jeßt auseinander, DaB er von 
Seiten des Baron Eynatten fowohl als der Abtueilungsrärs 


210 


senten wiederholt über Mangel an Zwilch Hagen hörte. Weil 
nun alle Beftrebungen zur Zwilchanſchaffung im Inlande nubs 
108 waren, fei endlich General Eynatten mit der Erklärung 
herausgerüct, die Kreditanftalt müſſe erfucht werden, im Aus 
lande für Rechnung des Armee: Oberfonnmandos Einkäufe zu 
machen. Richter hat das Gefchäft für die Kreditanftalt nicht 
für geeignet gefunden, weil er fagte, daß die Anſtalt einen für 
folche Einkäufe geeigneten Beamten nicht befiße. Meber Zure⸗ 
den des Baron Eynatten hat fiih Richter nach feiner Ins 
ftruftion verpflichtet gehalten, den Finanzminiſter von biefem 
Vorſchlage in Kenntniß zu feßen, mit der Erklärung, daß er 
den Vorfchlag des Baron Eynatten weder von den Stande 
punkte der Kreditanjtalt noch wegen des projektirten Ankaufes 
im Auslande mit feinen hHandelspolitifchen Anfchauungen über 
‚ ainftimmend fänte. Das Finanzminiſterium hat beshalb eine 

Rückſprache mit Epnatten zugefagt. Am folgenden Tage fan 
nun Richter wie gewöhnlich in das Armee-Oberkommando, 
und dort wurde ihm fegleich von Baron Eynatten die Zus 
fimmung bes Finanzminiſteriums zu-den Einfäufen im Aus 
land bekannt gegeben. Baron Brud habe ihm (Richter) au 
thatfächlich mitgetheilt, daß die Dringlichkeit der Einkäufe 
einen Ausweg nicht übrig lajfe. 

Tach drei bis vier Tagen hat Richter feine Zuftimmung 
zur. Uebernahme der Ginfäufe für die Kreditanitalt befannt ge 
geben. Herr Schiff wurde hiervon in Kenntniß gefebt. Mit 
. Einvernehmen Schiffs wurde von Richter auch der Kauf: 
mann Hoppe bezüglich der Zwilcheinkäufe engagirt und bie 
Abreife desjelben auf den 6. oder 7. feſtgeſetzt. Nothwendiger⸗ 
weile fei die Valutafrage und die moralifche Verpflichtung, ven 
Bedarf zum Theil in Voraus zu deden, zur Sprache gekom⸗ 
men. Bon Baron Eynatten fei er hierüber an den Finanz- 
miniſter gewiefen worden, und zu Diefen ſei nun Richter für 
deu 7. Juli zur Erledigung der Angelegenheit beitellt werben. 
An diejem Tage wurde er von dem Finanzminiſter aufgefordert, 
für Rechnung des Aerars 20.000 2. St., und zwar zur Ver: 
Hinderung des Hinauftreibens des Kurjes auf der Börſe wo 
möglich aus dem Portefeuille der Kreditanitalt anzufchaffen. 
Richter habe die zugefagt, mit dem Bemerken, es ſei dieß 
um jo mehr thunlich, nachdem er jelbit von reinem im Depot 


211 


der Kreditanfsalt befindlichen » London« (die Aſſekuranz für fein 
großes Stoffgeichäft) einen PBoiten von 10: bis 12,000 8. St. 
werbe ablaffen können. Sinanzminifter Brud habe ihm er- 
Härt, wenn.bas Geſchaͤft gefchloflen werde, fo müfle der Kurs 
am 7. Juli zu berechnen fein. Nichter habe fich die Erthei- 
Jung ber Antwort auf den folgenden Tag vorbehalten. Am 8. 
Hatte er ſowohl den Binanzminifter ald den Baron Eynatten 
von dem Verkaufe diefer 20.000 2. St. verftändigt, und zwar 
durch einen Zettel, auf beifen Kopf die Firma ber Kreditan- 
ftalt vorgedrudt war. Er wollte auch am felben Tage dem Ba⸗ 
son Eynatten die Rechnung darüber geben, jedoch fet er von 
dieſem erſucht worden, die Rechnung über den Devifeneinkauf, 
die Zwilchfakturen und die Kalkulationen zufammenzubringen. 
Auch von dem Abfchluß des Devifengefchäftes wurde Herr 
Schiff unterrichtet. Herr Hoppe, der bereit3 am 6. abgereift 
war und in Leipzig circa 1100 Stüd Zwillidh bereits gefaujt 
hatte, erhielt am 9. telegraphifche Ordre, fich nach London zu 
begeben und dort weitere Aufträge abzuwarten. Das Geſchäft 
suhte bis zum 13., wo der Triebe gefchloffen wurde, worauf 
Hoppe den Auftrag zur Rückkehr erhielt. Die von ihm zu ben 
20.000 8. St. gegebenen 12.000 babe er auch ordnungsmäs 
Big angemiefen. Nach dem Friedensſchluſſe wurden die Devifen 
mit Zuftimmung des Armee-Oberfommandos fufzeffive ver 
Tauft, und nachdem die barüber eingebrachte Rechnung von dem 
Sinanzminifterium betätigt wurde, das Guthaben der Kredit: 
anftakt zur Auszahlung angemiefen. 

Zu dieſer Erzählung des fachlichen Herganges gibt Rich⸗ 
ter zu bedenken, daß die Kreditanftalt fich nicht um das Ger 
fchäft beworben.habe, und was die Dedung des Balutabedarfes 
anbelangt, e8 zweifellos fei, daß eine Kommifflon von Sachver⸗ 
ftändigen, welcher man biefe Frage vorlegen wilde, diefelbe un- 
bedingt bejahen würde. Am 7., fagt er, hat noch Niemand 
an ben: fünf Tage darauf erfolgten Frieden geglaubt. Die Fort: 
tauer bes Krieges war viel wahrfcheinlicher als der Friede, und 
dann eine bedeutende DVerfehlechterung der nächiten Kurſe ficher 
zu erwarten, und in.einem folchen alle wäre es für den dfter- 
seichifchen Finanzminiſter, als auch für den Direktor ber Kres 
bitanftalt nicht zu rechtfertigen gemwefen, ohne vorherige Deckung 
ber Baluta im. Auslande für. den Staat Waoren Anyatanlan. 

Ad 


212 


Menn das Armee-Oberfonmando bei den Devifen einen Bers 
(uft von 50.000 fl. hotte, jo muß man bedenken, daß er durch 
den zur rechten Zeit eingeleiteten Stillitand und Die vorberges 
gangene.Zögerung im Einkaufe den Staat vor größerem Scha⸗ 
den bewahrte, ber fpäter im Inlande feinen Bedarf an Zwillich 
zu Sriedenspreifen erzielen-tonnte. Während des Krieges mar 
folcher entweder gar nicht aufzutreiben oder höchitens zu übers 
fpannten Einfaufspreifen zu haben. 

Borfigender: Welche Mittheilung haben Sie Herr 
Schiff darüber gemacht? 

Richter: Ich habe ihm die Mittheilung gemacht, daß 
ich an den Finanzminiſter 20.000 2. St. verkauft habe, nach⸗ 
dem ich ihm bereitö früher gejagt habe, daß die Kreditanftalt 
für Rechnung des Armee⸗Oberkommandos Zwilliheinfäufe im 
Auslande machen werbe. 

Borfigender: Haben Sie einen fehriftlichen Auftrag 
befommen? 

Richter: Ich habe einen folchen verlangt, aber Baron 
Eynatten bat bei ähnlichen Gelegenheiten immer gennts 
wortet: »Ich, ArmeesOberfommanbant, ich gebe ben Auftrag. 
Der Kreditanjtalt wurde eine Provifion von drei Perzent zugefts 
chert, und es iſt übrigens auch ein Organ der Kreditanftakt hie⸗ 
von in Kenntniß geſetzt worden. 

Vorſitzender: Was haben Sie Hoppe für Inſtruk⸗ 
tion gegeben? 

Richter: Er fol fih in Leipzig, Bremen, Hamburg 
und endlich in England um Zwillih umfehen, fo guten und 
fo billigen als möglich im Namen der Kreditanftalt kaufen 
und die Anzeige der realilirten Einkäufe an die Kreditans 
ftalt machen. 

Borfißender: Haben Sie dem Hoppe die nöthigen 
Seldmittel mitgegeben? 

Richter: Zur Bezahlung des Zmwilliches nicht; er mußte 
bie Verkäufer an die Kreditanftalt weifen, allein zur Bejtreitung 
feiner perfönlichen Bebürfniffe wurde ihm ein Akkreditiv auf 
Antwerpen und eines auf London gegeben. 

Vorſitzender: Wer hat die Uebergabe ber gefauften 
Zwilliche eingeleitet? 

Richter: Ich weiß nicht, ob Bayer dabei war. 


215 


Nichter: Ich kann mich da nur auf den Bericht bes Fi- 
nanzminiſteriums berufen. 

Hierauf lieft der Vorſitzende zur Ergänzung des Angeführ- 
ten die betreffenden Aktenſtücke vor, nämlich die telegraphifche 
Mittheilung Hoppe’8, die Eingaben Richter’s an das Armees 
Oberfommando bezüglich des erwähnten Gefchäftes, und eben 
fo Die Angabe Liebig’s, ferner die Erledigung über das Ans 
fuchen des Herrn Richter, die angelauften Zwilliche zu über- 
nehmen, fo wie bie Faktura über ben angelauften Zwillich. Bei 
diefer Selegenheit erinnert der Präfident nochmals, daß in dies 
fer Faktura über den Anlauf von Zwillich in Leipzig keine Er⸗ 
wähnung von Devifen enthalten ift, nachdem doch Spefen, 
Zinfen und Provifionen für die Kreditanftalt berechnet find. 
Richter erwiedert darauf, dieß fei deßwegen gefchehen, weil 
mit London eine andere Dispofition getroffen wurde, nämlich 
die des Verkaufs. 

Hierauf Tieft der Präfident bie Aktenftüde bezüglich des 
Berkaufes der ausländifchen Valuten vor, nämlich die Eingas 
ben Richter’8 an das Armee- Oberfommando um die Ausfols 
gung des fih in Folge des Sinkens der Kurfe ergebenden 
Berluftes von 50,745 fl., die Eingabe des Baron Eynatten an 
den Herrn Erzherzog Wilhelm, deffen Erlaß an das Finanzmi⸗ 
nifterium, die Rüdäußerung besfelben, in welcher bie Forde⸗ 
sung als liquib anerlannt wird, ferner bie Mittheilung von 
Seite des Armee» Oberlommandos an bie Kreditanitalt, und 
endich bie Beitätigung ber Krebitanftalt über die geichehene 
Zahlung der von ihr in Anfpruch genommenen Kurdbifferenz. 

Vorſitzender: Es wäre angezeigt geweſen, daß mit den 
Fakturen auch die Rechnung über das »London« überreicht wor⸗ 
den wäre. 

Richter: Das geichah deßhalb nicht, weil der Verlauf des 
»London“ noch nicht vollzogen war. 

Borfipender: Hatte Baron Eynatten davon Kenntniß? 

Richter: Allerdings. 

Borfigender: Wann hat ber Verkauf des „London« 
ftattgefunden ? 

Richter: Es muß gegen Ende Juli gewefen fein. 

Borfigender: Wie viel haben Sie im Depot liegen 
gehabt? 





218 

Richter: Weil zu der Zeit der Verkauf der Devifen noch 
nicht vollzogen war. 

Borfibender: If das Armee» Oberfommaitdo vom 
Ankaufe derfelben verftändigt worden? 

Richter: Ich Habe dem Baron Eynatten die Mitthei⸗ 
lung bievon. gemacht. 

Vorſitzender: Wie konnte der Finanzminiſter einen Aufs 
trag geben, baß für das Armee» Öberlommando ein folder Bes 
frag von »London« angelauft werde? 

Richter: Baron Eynatten fagte, als ihm biefe Frage 
vorgelegt wurde, — wie er es als ehrlicher Mann thun mußte, — 
er verftehe fie nicht, und fenbete mich zum Finanzminiſter, wie 
ber es entfcheiden werde, jo ſoll es fein. 

Vorſitzender: Auf welchen Namen wurden Diefe 20,000 
2. St. verbucht? 

Richter: Auf den Namen des Armee: Oberfommandss, 
weil mir vom Finanzminiſterium ber Auftrag gegeben wurde, 
fie für das Armee» Oberfoimmando zu kaufen. 

Vorſitzender: Wer fann uns über dieſes ©efchäft den 
beiten Aufichluß geben? 

Richter: Der Herr Direktor Schiff. 

Vorfitender: Wie haben Sie ihn davon verftändigt? 

Richter: Sch erfuchte ihn am 13., da feine Zwilliche 
mehr gekauft werden, die Rechnung über gekaufte London zu 
machen. Die Durchführung derjelben it am 14. erfolgt. 

Vorſitzender: Warum erfchienen diefe 20,000 Pf. St. 
erft am 14. im Börfentableau? 

Richter: Weil Baron Eynatten mich erſuchte, die 
- Rechnung über die gekauften 20,000 Pf. St. erft dann anzus 
bringen, wenn die Zmwillichfakturen eingelangt fein werben. 

Borfisender: Wann ift der Einfauf gefchehen? 

Richter: Am 7. Ih muß auf das Beſtimmteſte erflären, 
ich bin das mir und auch einem anderen Manne, dem Finanz- 
minifter, jchuldig, daß am 14. Fein Abſchluß gefchehen if. Am 
za ift die Durchführung des Gefchäftes erfolgt, welches am 

7. zwijchen mir und dem Minlfter vereinbart wurde. 

Vorſitzender: Warum wurde das am T. abgefchloffene 

©efhäft erſt am 14. durchgeführt? 


217 


Hierauf wird zur Vernehmung ded Zeugen Hofrath 
EdersKraus, k. k. Kriegskommiſſaͤrs, gefchritten. Derfelbe ift 
60 Jahre alt, aus Ofen gebürtig und bei der Monturs⸗ und 
Ausmeffungsabtheilung Nr. 13 angeftellt. Diefer erklärt den 
Angeklagten zu fennen, und zwar durch Lieferung von Kalikot 
und Zwillih. Weber die Art, wie dieſe Lieferung abgefchloffen 
wurde, aͤußert er ſich alfo: Es find Offerte eingereicht worden, 
und diefe wurden erledigt auf Befehl des Generaldirektorg, 
entweder genehmigend oder ablehnend. Das Referat darüber 
Hat er abzugeben gehabt. 


Borfigender: Sind Gegenſtände vorgefomnen, bie ohne 
folche Referate entjchieden oder von Seite bes FEME. Eynatten 
erledigt worden find? 

Zeuge: Bei mir durchaus nicht. 


Borfigender: Sind Sie immer mit dem Borgange 
bes Baron Eynatten bei biefem Gegenftande einverjanden 
gemejen? 

Zeuge: Im Gegentheil, wie es auch meine Notaten be⸗ 
weiſen. Ich habe meine Meinung geſagt, und wenn die nicht 
genehmigt wurde, fo mußte ich feine Anträge und feine Be⸗ 
fchlüffe in Ausführung bringen, weil er ber einzige Herr war, 
ber zu .befehlen hatte. 

Borfigender: Haben Sie bemerkt, daß befondere 
vertrauliche DVerhältniffe zwifchen Eynatten und Richter 
ftattgefunden? 

Zeuge: Das nicht, außer daß der Direftor Richter einen 
. großen Theil des Tages bei Baron Eynatten zubrachte, und 
mich dadurch in meinem Referate genirte. 


Borfigender: Was war die Beranlaffung zur Liefe⸗ 
sung von vier Millionen Ellen? 

Zeuge: Die Veranlaffung war der Bebaıf. Als ber 
Krieg entftanden war, mußte berechnet werben, wie viel Zwilliche 
Die Armee bebürfe, und da hat fich berausgeftellt, daß über vier 
- Millionen nötbig waren. Da aber Leinwand beſtellt war, ſo 
babe ich einen Antrag auf nur 3 Millionen geftellt, in ber 
Hoffnung, daß der Herbft fommt, wo wieber Leinwand zu 
befommen fein wird. Plößlich finde ich eined Tages vier 
Millionen bewilligt. 


216 


Nichter: Außer den 12,000 Pfund, die ich der Kredit 
anftalt überließ, noch zwifchen 16- und 18,000 Pd. 
WVorſitzender: Was follte bezüglich der Abfchreibung der⸗ 
jelben aus Ihrem Depot gefcheben? 

Richter: Das war dem Herin Schiff überlaffen. 

Borfigender: Wie viel wurde in Leipzig verwendet? 

Richter: Das meiß ich nicht genau, das ift aus ben Büuͤ⸗ 
chern zu erfehen. 

Borfigender: Können Sie jih auf Niemanden berufen, 
der angeben könnte, was mit den übriggebliebenen „London* 
geſchehen follte? 

Richter: Ich kann mich nur auf zwei Verftorbene berus 
fen. Es murde der SKreditanftalt überlafien, die übriggebliebes 
nen »London« fulzeffive auf der Börfe zu verkaufen. 

Borfigender: Sind fie auch wirklich verrechnet worben? 

Richter: Am 8. oder 9. November tft die Rechnung ein⸗ 
gereicht worden. 

Vorſitzender: Was ergab ſich beim Verkauf ders 
felben ? 

Richter; Ein Verluft von 48- bi8 50.000 fl. in %olge 
des Rückganges der Kurfe vom 7. Juli an. 

Borfigender: Wer hat darüber die Rechnung? 

Richter: Der gegenwärtige Direktor Dutſchka. Ich 
kann mich nur auf das berufen, was ich fehon gejagt babe. Ich 
muß mich vor Allem auch auf den Bericht, welchen das Finanz 
minifterium über diefen Gegenitand bat erfließen laſſen, berufen. 
Ich muß mich im Allgemeinen auf Herrn Direktor Schiff be 
zufen. Ich muß mich berufen auf eine. Ausfage, welche Herr 
Hofratb Baron Brentano gemacht hat, und endlich auf die 
Thatfache, daß Herr Hoppe am 6. abgereilt ift, alſo daß 
Zwillicheinfäufe wirklich beabfichtigt waren, wodurch fich der 
Einfauf der „London« erflären laffe. 

Der Staatsanwalt behält fi) ale Fragen für die nach⸗ 
ſten Tage vor. Dr. Berger ſtellt einige Fragen an Richter, 
aus denen es ſich herausſtellt, daß eigentlich die Kreditanſtalt 
20,000 Pfd. St. an das Aerar und Richter 12.000 Pf. 
an die Kreditanſtalt verkauft habe, daß der eigentliche Abſchluß 
eines Geſchäftes an dem Tage, wo der Verkauf gemeldet und 
nit an jenem, wo es gebucht wird, ſtattfindet. 


217 


Hierauf wird zur Vernehmung des Zeugen Hofrath 
EdersKraus, E 8. Kriegskommiſſärs, gefchritten. Derfelbe ift 
60 Fahre alt, aus Dfen gebürtig und bei der Monturs⸗ und 
Ausmeffungsabtheilung Pr. 13 angeftellt. Diefer erklärt den 
Angeklagten zu fennen, und zwar durch Lieferung von Kalikot 
und Zwillich. Ueber die Art, wie diefe Lieferung abgefchloffen 
wurde, Außert er fich alſo: Es find Offerte eingereicht worden, 
und diefe wurden erledigt auf Befehl des Generaldirektor, 
entweder genehmigend oder ablehnend. Das Referat darüber 
bat er abzugeben gehabt. 


Borfigender: Sind Begenftände vorgefomnten, die ohne 
folche Referate entfchieben oder von Seite bes FMEL. Eynatten 
erledigt worden find? 

Zeuge: Bei mir durchaus nicht. 

Borfitender: Sind Sie immer mit dem Vorgange 
des Baron Eynatten bei diefem Gegenftande einverjtanden 
geweſen? 

Zeuge: Im Gegentheil, wie es auch meine Notaten be⸗ 
weiſen. Ich habe meine Meinung geſagt, und wenn die nicht 
genehmigt wurde, fo mußte ich feine Anträge und feine Be- 
fchlüffe in Ausführung bringen, weil er der einzige Herr war, 
ber zu .befehlen hatte. 

Vorſitzender: Haben Eie bemerkt, daß befondere 
vertrauliche Verhältniffe zwifchen Eynatten und Richter 
ftattgefunden? 

Zeuge: Das nicht, außer daß der DireftorRichter einen 
großen Theil des Tages bei Baron Eynatten zubrachte, und 
mic) dadurch in meinem Referate genirte. 


Vorſitzender: Was war die DVeranlaffung zur Liefe⸗ 
sung von vier Millionen Ellen? 

Zeuge: Die Veranlaſſung war ber Bedarf. Als der 
Krieg entitanden war, mußte berechnet werden, wie viel Zwilliche 
die Armee bebürfe, und da hat fich herausgeftellt, daß über vier 
. Millionen nöthig waren. Da aber Leinwand beftellt war, fo 
habe ich einen Antrag auf nur 3 Millionen geftellt, in der 
Hoffnung, daß der Herbft fommt, wo wieber Leinwand zu 
befommen fein wird. Plöblich finde ich eined Tages vier 
Millionen bewilligt. 


218 


Vorſitzender: Was ift Ihnen über die Lieferung,. Durch 
wen fie zu gejchehen Hatte, befannt worden? 

Zeuge: Herr Richter hat Offerte eingereicht, fie waren 
vorfchriftsmäßig gemacht, und ber Kontrakt abgefchloffen. 

Borfigender: Sind bei diefen Lieferungen auch Ans 
itände vorgekommen? 

Zeuge: Es find mitunter Anftände vorgekommen, theils 
wegen Breite, theild wegen Eingehen. Wie ich mich entfinne, 
wurde der Antrag vom Sektionschef Noö geitellt, der mir 
gefagt hat, es dürfte beffer fein, wenn man die Kalikots 
bloß gewafchen und gebrüht einliefern würde, weil die Bleiche 
leicht dem Material fchaden Eönnte. Das ift auch burch Herrn 
- Richter vollzogen worden. 

Borfißender: Sind Fälle vorgefommen, daß troß ber 
Austellung duch der Auftrag an die Kommifiton kam, bie 
Waare in diefem Zujtande zu übernehmen? 

Zeuge: Das könnte wohl der Fall fein, denn Die Kriegs 
bedürfniffe waren fo groß, daß man auch Ausnahmen in 
Einfäufen machen mußte. 

Borfigender: Nah Ihrer Angabe haben Sie bie 
Bemerkung gemacht, daß diefe Nachficht gegen Richter als eine 
befondere Begünftigung anzufehen ift? 

Zeuge: Es mar in fo fern eine Begünftigung, daß er 
Stoffe für doppelte Leintücher Tieferte, während man ein 
Material anfchaffen Eonnte, welches für mehrere Gattungen 
gebraucht werden Fonnte. 

Borfißender: Hat diefe Begünftigung bloß rückſichts⸗ 
mweife auf die Perfon des Richter von Seite des Baron . 
Eynatten ftattgefunden, oder haben andere Rüdfichten obs 
gewaltet? 

Zeuge: Ich glaube der Drang der Verhältniffe dürfte 
mit in Rechnung gekommen fein. 

Vorfitender: Haben Sie bemerkt, daß ein befonderes 
Zuvorfommen im Benehmen zwiſchen Eynatten und Rich⸗ 
ter geherricht habe? 

Zeuge: Beide Herren waren fehr freundjchaftlich mit⸗ 
einander, aber ich Eonnte das nicht fo genau beobachten, weil, 
meine Beichäftigung zu groß war Die Arbeiten waren jo übers 
hänft, tag man fich bis zur Erfchöpfung abmühte. 


219 


Vorſitzender: Sind manche Anjichten oder Borfchläge 
son Ihnen für nicht gut befunden worden ? 

‚Zeuge: Ja wohl; ich fihrieb darauf „teferirt« und 
daburch. tft die Verantwortung von mir genommen morben. 
Manchmal habe ich auch die Bemerfung »Mandatum speciale« 
darauf gemacht. Ä 

Borfibender: Was war für Urſache, daß nicht auf 
Ihren Antrag eingegangen wurde? 

Zeuge: Ich muß aufrichtig geitehen, Baron Eynatten 
iſt als ein berrfchfüchtiger Mann bekannt gewefen, der fich nicht 
immer Rath geben liep. 

Vorſitzender: Wollen Sie etwas Näheres bezüglid) 
Der weiteren Vorgänge mit dem Zwillichlieferungsgefchäft 
angeben? | 
Zeuge: In Zwillich war großer Mangel, und als Se. 
Majeftät der Kaifer zur Armee nach Italien ging, hat das 
Armee:Oberfommando dringende Anforderungen geftellt wegen 
Wäſche, Schuhen und Zmillichkitteln. Der Vorrath ging zu 
Ende, und es wurden alle möglichen Mittel aufgeboten, um 
BZwilliche zu erlangen, die leider aber nicht zu befom-> 
men waren. 

Vorfißender: In welcher Art it es Ihnen befannt 
‚geworden, daß es nicht möglich geweſen it welche zu erhalten? 

Zeuge: Weil alle Monturskommiſſionen ſämmtliche bes 
kannte Lieferanten auffordern liegen, Offerte einzubringen und 
Leine eingegangen find, und nachdem wir zwei reelle und folide 
Leute protofollarifch vernommen, durch welche Mittel und auf 
welchen Wege man am ſchnellſten und ſicherſten Zwillich bekom⸗ 
men könnte, hat es fich herausgeſtellt, daß diefe erit in 3 bie 
AMonaten und zu einem enorm hohen Preife geliefert werben 
Zönnten. In Folge deſſen, glaube ich, hat Se. Exrzellenz Baron 
Eynatten Herrn Richter aufgefordert Zwillich zu verfchaffen, 
und ich glaube Richter und Liebig waren es, die Zwillich 
Yerfchafft haben, aber nicht in großen Quantitäten. Diefe 
Zwilliche wurden übernommen, obzwar fie nicht die gehörige 
Breite und Qualität hatten, die man fordern konnte. Her⸗ 
Richter hat feine Rechnung abgegeben, und diefe wurde liquit 
dit. Zwei Monate fpäter, nachdem diefe Rechnung liquidirr 
war, welches während der Urlaubsreiſe des Baron Eynatien 


220 


geichah, ift Herr Richter um Erfolglaffung der Differenz bes 
Agio eingefchritten, welche er Durch den Verkauf der Devifen zu 
fordern hatte. Da weder mir noch dem Sektionschef Nos ein 
folcher Auftrag befannt war, habe ich das Konzept faffen Läffen, 
ihn abzumetfen. Dieſes Konzept wurde nicht exrpedirt, fonbern 
Se. kaiſ. Hoheit Erzherzog Wil heln hat anBaron Eynatten 
fehreiben Taffen, und in Folge deffen ift eine Aenkerung von ihm 
gekommen, welche ſich dahin ausfprach, daß allerdings er dem 
Herren Richter den Auftrag gegeben, zum Ankauf des Zwillichs 
Silber für das Ausland zu kaufen. Diefe Aeußerung wurde dem Fi- 
nanzminifterzur Begutachtung übergeben, welcher fich dahin aus⸗ 
ſprach, nachdem Baron Eynatten ben Auftrag zum Anlauf 
gegeben, eö feinen Anftand unterliege, dieſe Forderung als 
liquid auszahlen zu laſſen. 

Vorfigender: Wie kommt es, daß diefe Differenz dem - 
Aerar zur Laft gelegt wurde, nachdem fchon früher Die Rechnung 
über die Ablieferung ausgezahlt wurde? 

Zeuge: Das war auch mein Grund, warum ich ihn ab⸗ 
gewieſen; ich habe geſagt: »Jeder Kaufmann, der Rechnung 
legt, muß alle Auslagen in Rechnung bringen.“ Da dieß erſt 
zwei Monate fpäter geichab, fo konnte ich nicht zur Liquis 
dirung der nachträglichen Forderung anweifen. 

Vorfigender: Iſt Ihnen befannt worden, daß man 
Herrn Richter als Fabrifanten jelbft oder als Direktor der 
Kreditanftalt in Anfpruch nahm ? 

Zeuge: Wegen feiner Perfon als Fabrikant, denn Baron 
Eynatten batihn aufgefordert, fich als Induftrieller zu betheis 
ligen und zu liefern. Anfangs ging Richter nicht Darauf ein, 
fpäter that er es aber doch. 

Borfigender: Willen Sie anzugeben, mas ber Grund 
zur Terminverlängerung war? 

Zeuge: Als der Friede geſchloſſen war, hatte ich die Pro⸗ 
poſition geſtellt, ſaͤmmtliche Lieferanten aufzufordern, entweder 
an dem Lieferungsgeſchäfte oder an den Lieferungen felbft 
Reduktionen eintreten zu laffen. Hiebei iftauch an Herrn Rich⸗ 
ter die Aufforderung ergangen, und wenn ich mich recht ent⸗ 
finne, habe er fich geäußert, er koͤnne nichts am Preife nachs 
laffen und auch feinen Nachlaß an der Quantität bewilligen, 
allen er wolle zu Gunſten des Aerars die Kirferungen verfchies 


221 


ben; ich habe dieß zurückgewieſen. &r hat zum zweiten Dale 
diefen Antrag geitellt, da hat Baron Eynatten erklärt: 
»Warum fol man bei ihm eine Ausnahme machen, da man 
e8 Anderen geftatte?« 

Richter: Ich muß ben Herrn Hofrath erinnern, baß ich 
nur ein einziges Mal beim Referiren war und zwar im Präs 
fidialbureau. Ich wollte abtreten, bahießb Herr TIME. Eynatten 
mich warten; meine Kollegen in der Kreditanftalt werden in 
der Lage fein anzugeben, daß ich in der Megel erft um 12 Uhr 
zum Armee-Oberfommando ‘ging. Was den Mebergang von 
3 zu 4 Millionen betrifft, muß ich wiederholt verfichern, daß 
ich darauf feinen Einfluß genommen. Ich wurde erft hievon 
in fpäterer Zeit verftändigt. Was die vom Her Hofrath 
angedeutete erfichtliche Begünftigung betrifft, fo betrifft Diefelbe 
bloß 1000 Stüd. In Bezug der Zeit, in welcher bie Auffor- 
derung geichah, habe ich zu erwähnen, daß fie gegen Ende 
April oder Anfangs Mai geſchah. 

Staatsanwalt zum Zeugen: Iſt Ihnen bekannt, daß 
Herr Richter oͤfter halbe Tage oder doch mehrere Stunden 
beim Armee-Oberkommando zugebradht, Hat fih Herr 
Richter öfters bei Referirung von Aftenftüden in demfelben 
Bureau befunden, worin referirt wurde, und hat Herr Richter 
hiebei etwas gefprochen? 

Zeuge bejaht alle dieſe Tragen. 

Richter: Es hat fich damals um die Deckung eines Leders 
mangels gehandelt, und ich habe den damaligen Präftdenten 
ber Prager Handelskammer (Herrn Pftroß) vorgefchlagen. 

Staatsanwalt: Es kommen Briefe vor, aus denen 
hervorgeht, daß Richter von ber Berilligung eingr Lieferung 
fchon früber in Kenntniß gelangt mar, ehe diefelbe vom Armee⸗ 
Dberfommando erledigt wurde. Auf welche Weife konnte Rich⸗ 
ter ſchon mehrere Tage früher davon verftändigt worden fein? 
| Zeuge: Das tft wohl möglich, weil Baron Eynatten 

es ihm fagen konnte. 

Staatsanwalt: Iftdem Herrn Richter die Lieferung 
von Kalikot zugeiprochen worden, ohne daß er das entſprechende 
Muſter zuvor vorgelegt hatte? 

Zeuge: Das gewiß nicht. Die Erledigung erfolgte nur 
auf Grund eines vorgelegten Muſters. 


222 


Staatsanwalt: War es früher au) fo, daß der Chef 
ein GSefchäft, ohne Berathung einer Kommiſſion, in bie 
Hand nahın? 

Zeuge: Früher war im Armee-Öberlommando dieß nicht 
ber Ball, fpäter find dieſe Verhältniffe nicht eingetreten, und 
drittend hat Se. Exc. Baron Eynatten nicht viel Umftände 
gemacht. Er bat gefagt: „Ich bin Chef, ich werde auch gleich 
enticheiden, Die Zeit drängt, der Krieg bedarf einer fchleunigen 
Entſcheidung.“ 

Staatsanwalt: War die raſche Lieferung von Kalitot 
sin befonderes Bebürfniß der Armee? 

Zeuge: Ia wohl. 

Staatsanwalt: Hat diefer Unftand eine Preiserhoͤ— 
hung bewirkt? 

Zeuge: In Kalikot nicht, aber in Leinwand, und als 
ſolche ſelbſt nicht durch Erhöhung zu erlangen war, mußte man 
Kalikot als Surrogat nehmen, welches man jetzt für beſſer erach⸗ 
tet als Leinwand, weil es der Geſundheit zuträglicher ſein ſoll. 

Staatsanwalt: Waren die Commiſſionen etwa ver 
hindert, die Waare fo ſchnell zu übernehmen? 

Zeuge: Das ift begreiflich, weil in bedeutenden Maſſen 
geliefert wurde. 

Staatsanwalt: War deshalb eine Frifterjtredung noths 
wendig? 

Zeuge: Nach meiner Anficht nicht. 

Staatsanwalt: Glauben Sie, daß e3 eine Begünitis 
gung war, daß dem Angeklagten ftatt 3 Millionen 4 zugeflchert 
wurden, um benfelben ‘Preis von 25 '/, fr.? 

Zeuge. Ich glaube nicht. 

Staatsanwalt: Sie halten die Verlängerung des Lies 
ferungstermins für eine Ounſt? 

Zeuge: Bloß in fofern, als fonjt Richter die Lieferung 
nicht hätte erfüllen fönnen. Ich habe deßhalb die Lieferzeit nicht 
verlängern wollen, um ihn zu bewegen, am Preiſe nachzulaffen. 

Staatsanwalt: Iſt der Grund, warum bdreißigzöllige 
ftatt einundbbreißigzöflige Waare geliefert wurde, in der Meinung 
gelegen, es fei Die Reduktion in ber Breite nothwendig, weil 
mehr Schwund ba fei, oder wollte man Richter bewilligen, ' 
weniger Stoff zu verwenden? 


223 

Zeuge: Es könnte dem Armee-Oberfommanbo nicht zu 
Grunde gelegen ſein, den Kontrahenten Vortheile zu bieten. Die 
Stoffe gingen nur wenig ein und man glaubte, die Breite wuͤrde 
ftichhältiger fein. 

Dr. Berger: Hat Herr Richter auf die Anwendung 
der Baummwollitoffe einen Einfluß genommen. 

- Berge: Nein, fein Offert war übrigens unter den damali⸗ 
gen Verhältniffen wünfchenswerth, wegen der Maffe des Stoffes- 
und der Kürze der Lieferzeit. Die Konkurrenz hat Herr Richter 
jedoch in fo weit verhindert, als uns die Offerte der Subfons 
trahenten des Richter und fomit Die ihm zugegangenen Borz 
theile zugekommen wären. Das iſt jedoch nur eine Vorausſetzung 
von mir. 

Zeuge beſtätigt auch über Befragen des Dr. Berger, 
Daß es für Richter allerdings wünſchenswerth war, daß ber 
Liefertermin prolongirt wurde, weil er dann nicht bei der Mon⸗ 
turskommiſſion einen zu großen Andrang zu befürchten hatte. 

Dr. Berger: Wie haben Sie die Preife der R ichte⸗ 
riſchen Waaren gefnnden? 

Zeuge: Angemeſſen, fie waren nicht überſpannt. 

Rückſichtlich der Urtheile der Handelskammern beſtätigt 
Zeuge die bereits in der Vorunterſuchung abgegebene Erklärung, 
daß Zwillich im Inlande nicht oder höchſtens in unbrauchbarer 
Dualität aufgetrieben werden konnte. 

Dr. Berger. Was beſteht Ihrer Erfahrung nach rüd- 
ſichtlich der mangelnden Breite bei der Monturskommiſſion für 
ein Grundſatz? | 

Zeige: Die mangelnde Breite wird in ber Regel durch 
Zugabe in der Länge vergütet. 

Dr. Berger: Iſt Ihnen thatſächlich bekannt gewor⸗ 
den, daß Richter ſich für die Zukunft die Waarenlieferung 
ſichern wollte? 

Zeuge: Davon weiß ich nichts. 

Dr. Berger: Sie- haben bereits in den Alten erklärt, 
daß troß der freundlichen Beziehungen zwiſchen Richter. und 
Eynatten Ihnen dochnie etwas Ungerechted und Geſetzwidri⸗ 
ges im ihrem Benehmen aufgefallen, Sei. Ich bitte ſich barüber 
nochmals auszufprechen. - - 

" Benge: Ic kann e8 nur wiederholen or. 


324 


Dr. Berger: Iſt es wahr, daß Richter feinen Kom: 
miflionär Bayer beauftragt hat, in feinem Namen auszuſpre⸗ 
chen, daß Richter nach erfolgter Lieferung wegen ber an das 
Armee-Oberlommando zu leitenden Entfchädigung einen Antrag 
stellen werde? 

Zeuge: Das iſt wahr. 

Richter bitter zum Schluffe gelegentlich ber Vernehmung 
der Sublieferanten konſtatiren zu laſſen, ob es ihnen moͤglich 
geweſen wäre, in ſolcher Weiſe wie er zu liefern. 

Um 2 Ubr wird die Sidung auf den mraͤchſten Tag 
verſchoben. 


Um 9'/, Uhr erſchien der Gerichtshof; nachdem der An: 
geflagte Richter vorgeführt worden war, machte der Bor: 
fitende die Dlittheilung, daß, nad einem ihm zugekommenen 
Schreiben des Herrn Wilhelm Frankl, derfelbe erklärt, er 
babe aus dem Bericht der „Preife« entnommen, daß der Her: 
Borfigende bei der Situng am 19. d. M. über Mittheilung des 
Vertheidigers die Bemerkung gemacht habe, falls der Zeuge 
Frankl im Zuhörerraume fich befinde, er jich entfernen 
folle; falls er darunter verſtanden jein follte, jo müſſe hier 
ein Irrthum obwalten, da er weder am 19., noch fonft an 
einem andern Tage der Berbandlung beigewohnt habe, und 
ihm Die gefeglichen Beſtimmungen befannt jeien, daß Zeugen 
der Berhandlung nicht beiwohnen dürfen. 

Der Vorfigende läßt nun den Zeugen Ritter v. Glommer, 
f. k. Oberfriegstommiffär, aufrufen. Diejer Zeuge gibt an, er 
fei 53 Jahre alt, aus Brünn gebürtig, verehelicht, und bereite 
im Berlaufe der Unterfuchung beeidet worden. 

Borfibender: Kennen Sie den Angeklagten? 

Zeuge: Ja wohl. &8 ift der Herr Franz Richter; ich 
habe ihn im ArmeesÖberfonmando kennen gelernt. 

Borfikender: Auf melde Weife haben Sie bei dem 
Armee⸗Oberkommando feine Bekanutfchaft gemacht, und was ijt 
Ihnen erinnerlich bezüglich Ihres Verkehrs mit Heren Richter? 

Zeuge: Ich muß.mir hier erlauben, über die Leinwanb- 
lieferungen im Allgemeinen etmas zu fagen. Es war Anfangs 
2859, al3 mit Rüdficht auf die Kriegsverhaͤltniſſe ein großer 


225 


Bedarf an Leinwand eintrat, und jpäter jteigerte er fich noch, 
als neue Armeekorps aufgeftelt wurden. Man ift früher von 
der Anficht ausgegangen, die Leinenforten ohne meiters durch 
Kieferanten und bie inlänbifche Induſtrie aufzubringen, hat 
jedoch fpäter, um Die Sache zu fördern, eine gewiffe Prämie 
bewilligt, und in Folge deſſen zu verftärkten Lieferungen aufs 
gefordert. Nun aber waren fhon im Jänner bei Sicheritellung 
des gernöhnlichen Bebürfniffes, meiner Anficht nach, die Lie— 
feranten in Leinenforten bereit überbürdet. Wir haben zu jener 
Zeit beinahe zehn Millionen Ellen an Beftellung gebraucht. Die 
Nachlieferung für den Kriegsbedarf war fpärlich, wir mußten 
zu Surrogat greifen, und Halbleinenforten und Kalikot in Bes 
ſtellung bringen. Zur Zeit, ald Herrn Franz Richter bie 
Kalikotlieferung von vier Millionen Ellen zugefichert ward, beftand 
der Bedarf in ſechs Millionen Ellen; esbliebenalfo noch 2 Mil- 
lionen Ellen ungedeckt, und es konnten demnach in der Yolge 
noch von einigen Lieferanten Beftellungen in Leinen effeftuirt 

werden. Das der Bedarf übrigens wicht ganz gedeckt wurde, 
glaube ich bier erwähnen zu müffen. Was meine Beziehungen 
zu Herrn Franz Richter betrifft, muß ich erklären, daß ich das 
mals das Referat nicht Hatte, und nur als Vertreter meines 
Boritandes zu fungiren berufen war. Die wenigen Dale, als 
ich über das Quantum des anzufchaffenden Material3 vom 
ArmeesOberfommandanten befragt wurde und bei bemfelben 
anweſend war, habe ich jederzeit den Herrn Franz Richter 
dort getroffen, und das ift Pas Einzige, was ich darüber 
ſagen kann. 

Vorſ itender: Was war nach Ihrer Meinung die un⸗ 
mittelbare Veranlaſſung, daß Herr Franz Richter dort war? 

Zeuge: Ich glaube, daß er als Beirath des Armee⸗Ober- 
kommandanten fungirt habe, obwohl ich der Anſicht bin, daß 
die Beiräthe nur in den Spitzen der Monturskommiſſion zu 
ſuchen ſind. 

Vorſitzender: Sie betrachten alſo die Stellung des Herrn 
Richter als Beirath als eine Ausnahme von ber gewöhnlichen 
Manipulation? 

Zeuge: Allerdings, nachhem bie Gepflogenheit herrſchte, 
Daß bei ähnlichen Lieferungsverhandlungen eine Zuſammentre⸗ 
tung derjenigen Organe flattgefunden Bat, welche auf die Ars 


226 


ferung maßgebend waren. Diefe Kommiſſion bat fich immer 
unumwunden Tiber die Größe des Duantums, über die Bes 
fchaffenheit und die Modalitäten der Lieferung geeinigt, wodurch 
bie Sicherftellung des Bedarfs in der billigften Weife und zum 
Vortheile des Aerars zu effeftuiren fei. Dieß war dann nicht 
mehr nothwenbig, nachdem es dem Armee-Öberfommandanten 
beliebte, eine andere Art der Sicherftellung des Bedarfs ein 
treten zu lafjen, wozu ihn, nach meinem unvorgreiflichen Dafür 
halten, die Macht zuftand, da der Chef des Armee⸗Oberkom⸗ 
mandos zu beftimmen hat, in welcher Weife der Dienft durchzus 
führen fei. Er bat anzuordnen, wie in ähnlichen Fällen vors 
gegangen werden fol, und daß damals von der gewöhnlichen 
Hebung abgegangen wurde, Tag ebenfalls in feiner Machtvolls 
fommenheit. In Bolge der Frageſtellung des Vorfitzenden 
erflärt der Zeuge, daß er unter ber Bezeichnung »Obers 
fommandant«, oder wie er ſich oͤfters äußert, defien Stellvers 
treter, den Baron Eyrratten, meine. 

Vorſitzender: Was tft Ihnen aufgefallen in dem Der 
hältnifje zwifchen Baron Eynatten und Herrn Richter? 

Zeuge: Mir ift aufgefallen, daß Herr Richter immer 
zugegen war, fo oft ich DieChre hatte, den Armee-Öberfomman- 
danten über die Sicherftellung des Bedarfes zu fprechen. 

Borfibender: Sind gleich urjprünglich vier Millionen 
Ellen Kalikot beftellt worden? 

Zeuge: Urfprünglich wohl nur drei Millionen. Nun war 
aber ber Bedarf mit ſechs Milltonengbeziffert, und es erfchien dem⸗ 
nad) entfprechend, dieſe Erhöhung eintreten zu laffen, da noch 
immer zwei Millionen unbededt blieben. 

Vorfigender: Jit bei diefer Gelegenheit eine Ausnahme 
hinfichtlich des gewöhnlichen Referats eingetreten? 

Zeuge: Ich wurde fpeziell mit der Abfaffung bes Kons 
zeptes dieſes Lieferungsvertrags von vier Millionen durch Baron 
Eynatten beauftragt, und mußte natürlich dieſem Auftrage 
unbedingt Folge leiſten. 

Vorſitzender: Hätte dieſer Bedarf von vier Millionen 
nicht auf einem andern Wege als durch die Perſon des Herrn 
Richter herbeigefchafft werben koͤnnen? 

Zeuge: Ich bin überzeugt, daß diefes hätte auf anderm 
Wege gefcheben können. Ich erinnere mich, daß zu jener Zeit 


227 


ein Agent einer Fabrik in Görz fich mir vorgeftellt hatte und 
mir Anbote machte, alle Quantitäten zu ben billigiten Preifen 
und in fürzefter Zeit zu liefern; ich kann mich jedoch auf den 
Namen bed Agenten nicht erinnern. Ich konnte natürlich in 
meiner Stellung auf fein Offert nicht eingehen und habe ihn an 
Herrn Baron Eynatten gewiefen. 

Vorſitzender: War ein Ginverftändniß mit Herrn 
Richter getroffen, daß er auch anderswoher den zu liefernden 
Bebarf beziehen könne? 

Zeuge: Das mußte ihm überlafjen bleiben, wie er es, 
um feine VBerbindlichkeiten zu erfüllen, in der Rage war. Auf 
das Tonnten wir nicht eingehen. 


Vorſitzender: Bon dem früheren Gebrauch, nämlich 
einer Konkurrenz-Ausfchreibung, ift dießmal feine Anwendung 
gemächt worden? 


Zeuge: Nein, weil fein Anlaß für bie dazu berufenen 
Organe vorhanden war. Nachdem Baron Eynatten bie 
‚vier Millionen Ellen dem Herrn Richter zuzumeifen befunden 
hatte, fo tft natürlich jede weitere Maßregel in diefer Beziehung 
unterblieben, da jedenfalls noch mit den zwei Millionen Ellen 
andere Induſtrielle, welche allenfalls noch Anbote. machen 
wollten, hätten betheiligt werden Tönnen. 


Vorſitzender: War Ihnen ein Normale bekannt, welches 
dahin geht, daß bei folchen Lieferungen von ber Konkurrenz Ges 
brauch gemacht werde, und daß inlaͤndiſche Induſtrielle hiezu 
aufzufordern ſeien? 

Zeuge: In der Regel war nach der Inſuttion vom 
Jahre 1850 eine folche allgemeine Konkurrenz angeorbnet, ins 
befien hat Se. Majeftät in diefem fpeziellen Falle angeordnet, 
daß mit einzelnen bewährten und tüchtigen Induſtriellen fpegielle 
Verhandlungen ohne bejondere Ausfchreibung von Offerten an 
geknüpft werden. 

Befragt, ob Zeuge etwas über die Zwillichlieferung wife, 
äußerte berfelbe, daß bei dem großen eintretenden Bebarfe alle 
Mittel in Aufpruch genommen werben mußten und er fich erin⸗ 
nnere, daß Herr Richter eine Lieferung von 30.000 Ellen 
Zwillich effektuirt habe, daß ihm aber alles darauf Bernauiche 
erſt ſpaͤter bekannt geworden ſei. 

RR 


228 


Vorſitzender: Wäre es nicht möglich gewefen, den Be 
darf durch inländifche Induſtrie zu decken? 

Zeuge: Ich nlaube, e8 wäre biefer große Bedarf burd 
die inländifche Induſtrie In jener Zeit zu beden durchaus nicht 
möglich geweſen. Es haben alle Aufforberungen in dieſer Rich 
tung an bewährte und vertraute Lieferanten zu feinem ober nur 
zu einem ungenügenden Refultate geführt. 

Veber die nachträgliche Zuerkennung ber Kursdbifferen; 
an Herrn Franz Richter äußert ber Zeuge, daß er nur wife, 
baß über Auftragen an das Finanzminiſterium dieſe Poſt als 
Liquid bezeichnet, und auf diefe Heußerung dieſelbe vom Armee 
Oberfommando fofort flüffig gemacht wurde. Er felbit konnte 
auf die näheren Details nicht eingehen, da diefe außerhalb ber 
Sphäre feines Gefchäftsfreifes gelegen waren. ’ 

Borfißender: Sie haben in Ihrer früheren Verneh—⸗ 
mung den Herrn. Richter als allgemeinen Lieferanten bin- 
geftellt: was haben Sie darunter verftanden? 

Zeuge: Weil er für alle Zweige, wo ein Bedarf vorge 
kommen ift, fich erklärt Hat, Leute namhaft zu machen, welde 
im Stande wären, die Lieferung durchzuführen. 

Borfikender: Haben Sie die Wahrnehmung gemadt, 
daß bei den DVerhältniffen zwifchen Richter und Baron Ey 
natten dem Erfteren befonbere Begünftigungen zugeftanden 
worden find? 

Zeuge: Ich kann nichts weiter fagen, als bag, fo oft ich 
zu Baron Eynatten berufen wurbe, th den Herrn Richter 
dort anmefend fand. | 

Borfigender: It Ihnen in Ihrer amtlichen Stellung 
zur Kenntniß gekommen, ob Herr Richter bei feinen 2ieferuns 
gen die Beſtimmungen des Kontraltes gehörig zugehalten hat? 

Zeuge: So viel mir erinnerlich tft, Hat Herr Richter 
bie Lieferung nicht zu jener Zeit begonnen, als es eigentlich nad 
dem Kontrafte ftipulirt war. 

Vorſitzender: Was wäre bier nach dem gewöhnlichen 
Gange eingetreten? 

Zeuge: Es hätte Bier Die VBerhängung eines Pönales 
eintreten müflen. 

Borfigender: Was war bie VBeranlaffung, daß ih bier 

fen Balle von bem Pönale abgepangen warte? 


"229 


Zeuge: Ih glaube eine ſpezielle Beifung des Baron 
Eynatten. 

Borfigender zu Richter: Was haben Sie zu den 
Ausfagen des Herrn Zeugen zu bemerken? 

Richter: Ich Habe um nichts Anderes zu bitten, als weil 
ich vermuthe, daß der Agent für Die Görzer Birma einer von 
den beiden Chef Som mer und Schirmer war, rüdfichtlich 
des Waaren der Görzer Firma Ritter und Rittmaier den 
Herrn Zeugen zu fragen, zu welcher Zeit das Offert für. Kali⸗ 
kot eingebracht wurde, und in welchem Umfange? 

Zeuge: Mir it der Zeitpunft nicht bekannt. 1 

Richter: Ich glaube, es hat fih um 400 Stück obet 
20.000 Ellen gehanbelt. 

Staatsanmalt: Wiffen fich der Herr Zeuge zu erin⸗ 
nern, wie oft es geweſen ſein mag, daß Sie zum Baron Ey⸗ 
natten kamen, und Herrn Richter dort gefunden haben? 

Zeuge: Ich kann dieß nicht genau angeben. Es dürfte 
zehn⸗ bis fünfzehnmal geweſen fein. 

Staatsanwalt: Auf welche Zeitperioden vertheilte fich 
dag? 

Zeuge: Im Laufe der Zeit, ald es ſich um bie Sicher- 
ſtellung für den Kriegsbedarf handelte, alſo ungefähr innerhalb 
fuͤnf Wochen. 

Staatsanwalt: Zu welcher Stunde? 

Zeuge; Zu verſchiedenen Stunden. Wir ſind von acht 
bis vier Uhr im Amt, Nachmittags wurde aber Niemand beim 
Armee⸗Oderkommando vorgelaſſen. 

Staatsanwalt: Iſt es als beſtimmt anzunehmen, daß 
Richter vor zwoͤlf Uhr wiederholt beim Armee⸗Oberkommando 
war? L 
Zeuge: Darauf kann ich mich nicht genau erinnern, das 
tönnte ich nicht beeiden. 

Staatsanwalt: Können ber Herr Zeuge einige Fabri⸗ 
kanten namhaft machen, welche zu Zwillichlieferungen aufge⸗ 
ſordert wurden? 

Zeuge: Es find alle jene Fabrikanten aufgefordert wor⸗ 
ben, welche zur Zeit der allgemeinen Sicherftellung des Krieges 
bebarfes Lieferungen zu machen pflegten. Es ivaren 49 wohl- 
altrebitiste und ſehr verläßliche Männer. “. 

8 


‘ 


230 


Staatsanwalt: Hat jemals eine Anfrage bei der Sans | 
dels⸗ und Gewerbefammer flattgefunden? 

Zenge: Das nicht, weil mir bei den Monturs-Rommifs 
fionen die fpezielle Aufgabe haben, ftatiftifche Daten’ zu fam- 
meln, welche auf das Kieferungsgefchäft Bezug haben. 

Staatsanwalt: Zu welcher. Zeit hätte Richter ein 
Pönale zu zahlen gehabt? 

‚Zeuge: Das Pönale betrug 5°/,5 nachdem ich mich aber 
nicht genau zu erinnern weiß, wie groß die Verfpätung war, 
und wann die Lieferung eigentlich begonnen habe, kann ich 
dieſe Frage nicht beantworten. 

Staatsanwalt: Hat Baron Eynatten nicht mit 
beſtimmten Worten erklärt, daß eine Konkurrenzverhandlung 
ſtattfinden ſoll? 

Zeuge: Das iſt nicht ausgebrüct worden. 

Staatsanwalt: Was hat Baron Eynatten barüber 
geäußert, als demfelben vorgeftellt wurbe, daß eine Fabrif in 
Goͤrz fehr billig die gewünjchte Quantität liefern wolle? 

Zeuge: Ich kann mich nur erinnern, daß bie Angabe 
des Agenten eine mündliche geweien ti. Wann, ob und in 
welcher Weite eine fchriftliche Eingabe gemacht wurde, und 
welche Erledigung fie erfahren, daran weiß ich mich nicht zu ers 
innern. Es lag aud nicht in meiner Dienitfphäre, Den Herm 
Baron darauf aufmerkffan zu machen. 

: Der Staatsanwalt läßt fich die Ausfage des Zeugen in 
der Borunterfuchung reichen und fonftatirt aus derfelben, daß 
ein Berfuch, bei andern Baumwoll⸗Induſtriellen fich anzufras 
gen, ftattfand, und daß Diefer Verſuch durch den beftimmten 
Befehl des FML. Baron Eynatten verhindert wurde. 

Zeuge: Dieſer beftimmte Befehl bezieht fich darauf, daß, 
als die vier Millionen Ellen zur Lieferung gelangten, jede weitere 
Berhandlimg um fo mehr entfallen mußte, als man den kleinen 
Snduftriellen Chancen zur Lieferung offen Inffen wollte. 

Staatsanwalt: Sie fagen da: „denn Richter war 
fchon einmal der allgemeine Lieferant, und erhielt daher auch 
Diefe Lieferung. « 

Zeuge: Ich nannte ihn allgemeinen Lieſeranten, weil er 

eben dieſe Kalikots geliefert hat. | 


231 


Dr. Berger: War die Anweſeuheit des Herrn Richter 
jemals ein Hindernig des freien Zutritts für Sie? — 

Zeuge: Nein. 

Dr. Berger: Ich bitte mir nach Wochen oder Monaten 
den Zeitraum anzugeben, in welchen: die Lieferungsgefchäfte an⸗ 
bängig waren, und Sie Herrn Richter zehn- bis fünfzehnmal 
bei Baron Eynatten geliehen haben. 

Zeuge: Das müßten mehrere Monate fein. 

Dr. Berger: Finden Sie mit Nüdficht auf die Liefes 
zung der vier Millionen Ellen Kalitot und auf die Intervens 
- tion bei anderen Lieferungen nicht begreiflich, daB Herr Rich⸗ 
ter öfters bei Baron Eynatten geleben werden mußte? 

Zeuge (nad einigen Bedenken): Daß er öfters anwe⸗ 
fend fein mußte, iſt allerdings begreiflich. 

Dr. Berger: Slauben Sie, daß, wenn Her Ritter 
in Goͤrz ein fchriftliches Offert überreicht hätte, diefes dann fo 
zu fagen unter den Tifch gefallen wäre? 

Zeuge: Das würde den proviforifchen Armee⸗Oberkom⸗ 
mandanten jehr verbächtigen, wenn ich mir denken koͤnnte, er 
hätte ein Schriftftüd übernommen, und ed, wie der Herr Ders 
theidiger jagt, unter ben Tifch fallen laſſen. Mir tft nie etwas 
Achnliches vorgefommen. &s find diefe Stüde ſämmtlich zur 
Kontrolle gelangt. Ä 

Dr. Berger: Sind die vier Millionen in weiteren eis 
neren Partien gebedt worden?" 

Zeuge: Ia, in kleineren Partien. — lieber das v von Sta- 
mes und Comp. eingebrachte Dffert äußert der -Zeuge fich das 
bin, daß es im November eingereicht wurde, daß jedoch das 
Armee⸗Oberkommando nicht darauf einging. &3 wurde bem 
Diferenten übrigens das Bedauern ausgedrüdt, daß das Armees 
Oberkommando nicht früher in Kenntniß des Anbotes ge⸗ 
langt ſei. 

Staatsanwalt: Hat ſich Ihr Referat bei dem FME. 
Eynatten auf bie Angelegenheit bes Richter bezogen oder 
auf andere? 

Zeuge: Meiftens auf das Quantum eines anzufchaffen« 
den Gegenſtandes. 

Staatsanwalt: Iſt es nicht vorjchriftinäßig, daß ein 
Bönale jederzeit einzutreten babe? 


232 


.- Zeuge: Es ift das aud im Kontsafte mit Richter feſt⸗ 
gefeßt worden, daß ein Poͤnale einzutreten habe. 

Hierauf wird der Herr General: Kriegstommijfär Johann 
Baper vorgerufen. Er. ift Vorſtand der zwölften Abtheilung im 
Armee-Dberfommando. Derfelbe wurde in der Borfuchung. niet 
beeibet. Ä 

Der vierundfechzigjährige Zeuge braucht zur Abgabe ſei⸗ 
ner Depofition den Zeitraum von mehr als einer Stunde, weil 
viele der an ihn gerichteten Sagen einer Wiederholung bedürs 
fen, um die verlangte Antwort von demfelben zu erhalten. & 
bat über das Zerenliengefchäft Auskunft zu geben. Der Zeuge 
jagt, daß er über Die frühere Operation rüdfichtlich der Bei⸗ 
fchaffung der Zerealien fich nicht äußern könne, weil dieß ein 
Amtsgeheimniß fei. Das mit der Kreditanftalt getroffene Uebers 
eintommen jet eine Folge der zwifchen Brud, Eynatten und 
Richter. getroffenen Verabredung. Er theilt nun mit, daß in 
den Magazinen die Waare oft beanftandet wurde, weil man 
magazinsmäßige Waaren verlangte, während die Kreditanftalt 
nur marktgängige Waaren zu liefern. hatte. Baron Eynatten 
hat folche Anftände fogleich behoben, weil er Stockungen in den 
Lieferungen befürchtete. Manche der Waaren waren mit Uns 
reinigkeits⸗ Percenten, befonderd war diep bei dem «Hafer 
der Fall, in die Magazine abgeliefert worden. Zum Schluffe 
jedoch mußte man anftatt Hafer Gerfte Tiefern; e8 war dieß 
aber feine befondere Begünftigung, fondern ein Alt der Noths 
wendigfeit. u 

Zeuge erzählt auch, daß er, weil er einmal gegenüber 
Eynatten erklärte, dag die Magazine für die Annahme von 
marktgängiger Waare Feine Inftruftion befigen, dieſelbe auch 
nicht übernehmen konnten, von Baron Eynatten barfch ange: 
fahren worben fei, und daß biefer ihm fagte, wenn er Die Ma⸗ 
gazine unterjtüßen werde, fo werde er ihn penfioniren lafjen. 
Trotz wiederholter Fragen antwortete der Zeuge nicht beftimmt 
darauf, aus welchem Motive der Beldmarfchall - Lieutenant 
Gynatten diefe Bemerkung gemacht haben könne und was 
jeine eigene Ueberzeugung rückſichtlich dieſer Aeußerung war. 

Vorſitzender: Hat Baron Eynatten die Lieferungen 
derart betrachtet, daß er allein der Beſtimmeude war? 

Zeuge: Er hat Alles allein in die Hand genommen und 


233 


fein Referat verlangt, fondern nur verfügt, war jedoch im Ges 
Ihäftsgange dazu volllommen berechtigt. — In Bezug auf 
die Anftände bei der Buchhaltung Tann Zeuge auch nichtg Be⸗ 
ſtimmtes angeben. 

‚Borfigender: Es kommt in Ihrem Protokolle vor, daß 
Baron Eynatten einen Terrorismus, beſonders gegen Ihre 
Perſon, anwendete. 

Zeuge: Er hat Alles felbit in die Hand genommen, und 
bei der geringiten Einwendung war er ‚gleich aufgebracht; er 
hat blinden Gehorfam verlangt, hatte aber das Recht, ihn zu 
verlangen. 

Vorſitzender: Wie Fönnen Sie das einen Terroris- 
mus nennen, wenn er dad Recht bat, Gehorfam zu ver« 
langen? 

Zeuge: Herr Direltor R. wird wiffen, wenn der geringfte 
Anftand fich ergab, wie er mich behandelt hat. (Das Publikum 
wird unruhig.) - 

Richter: Es ift wahr, daß Freiherr v. Epnatten etwas 
heftigen Charakters war. Wenn der Herr General: Kriegöfoms 
miffär ihm eine Bemerkung gemacht hat, hat er ihm barfch er= 
wiedert; allein wenn der Zorn vorüber war, bat er ihn auf 
das Freundlichite behandelt, und bat mir ihn immer als ein 
Mufter der Ehrlichkeit bezeichnet. 

Vorſitzender: Haben Sie auch bei ben Ochjegilieferuns 
gen interventrt? 

Zeuge: In welcher Richtung? 

Borfigender: Das habe ich Ihnen einftweilen noch nicht 
zu fagen. 
| Zeuge: Ia, ich habe auch bei der Ochſenlieferung in⸗ 
tervenirt. 

Vorſitzender: Sind auch Anſtände dabei vorgekommen, 
oder haben Sie welche gehabt? Iſt etwas gegen Sie von Seite 
der Militärbehörde verfügt worden? 

Zeuge: Anttände find vorgefommen. Einer Berfügung 
in Bezug auf mich erinnere ih mich nicht. Eine Vernehmung- 
bat ſtattgefunden. 

Vorſitzender: Sie werben fpäter erfahren, was Die 
Veranlaſſung meiner Trage iſt. | 


234 


Staatsanwalt: Sie jagten, daß der Konkurrenz nicht 
Raum gegeben wurde: wie verfiehen Sie das? 

Zeuge: Weil die Kreditanftalt ſich bedungen bat, von 
Niemand Andern etwas zu faufen. Wir Hätten manche Pars 
tien billiger kaufen können und haben fie nicht nehmen dürfen. 

Staatsanwalt: War Richter and bei den NReferis 
sungen zugegen? 

Zeuge: O ja. 

Staatsanwalt: Bitte mir anzuzeigen, ob ein Geſchenk 
dem General⸗Kriegskommiſſäar bei Gelegenheit von Lieferungen 
angeboten worden iſt oder nicht. 

Zeuge: Ich habe das bereits zu Protokoll gegeben. Bon 
Herrn Richter nicht im minbeften, auch von Anderen nicht, 
was BZerealien betrifft, nur bei Ochfenlieferungen (aber auch 
. ba nicht, bei der Bafevi’fchen) find mir Geſchenke angeboten 
worden. 

Staatsanwalt: Iſt gegen die betreffende Perfon eine 
Anzeige gemacht worden? 

Zeuge: Nein, und zwar aus dem Grunde nicht, weil er 
mir mit einem einfachen „Nein« entgegentreten konnte. 

Staatsanwalt: Wenn 3. B. 10,000 Stüd Dufaten 
auf den Tifch gelegt werden — 

Zeuge (ins Wort fallend): Das ift aber nicht gefchehen. 
(Selächten im. Publikum.) 

Vorſitzender: Es ift mir wirflich leid, jeden Tag in 
Erinnerung zu bringen, den Gegenftand nicht als Lachftoff zu‘ 
behandeln. Sie find im ©erichtsfaale, meine Herren! 

Staatsanwalt: Wenn Wertheffekten auf den Tifch ges 
legt werden, fo hat man fogleich eın corpus delicti. 

Zeuge: Diefer Fall ift erft fpäter eingetreten, ich habe 
ben, ber fie gab, hinausgewieſen, jedoch Feine Anzeige ges 
madıt. 

Dr. Berger: Welche Nachtheile würde es gehabt has 
ben, wenn man von Seite des Armee-Oberflommandos auf 
anderen Wegen ben Getreideeinfauf bemerfitelligt hätte? Was 
hätte dieß für eine Wirkung auf den Markt ausgeübt, wenn 
mehrere Käufer eingetreten wären? 

Zeuge. Sp hätte die Kreditanftält auch theurer für das 
Nerar einkaufen müllen. 


235 


Der Zeuge erklärt auch über Befragen, daß er wohl 
Den, Unterfchieb zwifchen magazinmäßiger und marktinäßiger 
Waare nicht angeben könne, daß aber oft die von der Kredit 
anſtalt gelieferten Waaren beffer als Diejenigen waren, bie 
man ſonſt »magazinmäßig* nennt. Er erklärt noch, daß 
mit Rückſicht auf das gelieferte Cuantum die beanftändes 
ten Partien ſehr gering waren. Er erklärt weiter, daB er bie 
Dperation als eine ſehr unglücliche betrachte, weil, wenn viels 
feicht auch einzelne Partien billiger zu kaufen gewefen wären, 
er nicht dafür ftehen könnte, ob nicht durch plößliche Preisitei- 
gerung der Population große Nachteile zugegangen wären. 
Dieß fei im Hinblick auf das, was im Jahre 1854 ftattfand, 
{ehr wahrfcheinlich, denn damals fliegen die Breife plößlich und 
rafch in die Höhe. Die Operation des Finanzminifters ift rück⸗ 
fichtlich deffen, die Brotpreije für das Volk und bie Getreides- 
preije für Das Aerar niedrig zu halten, eine vernünftige zu nennen. 

Staatsanwalt: Haben Sie Ihre gegenwärtig ausge⸗ 
tprochene Anjchauung aus eigener Quelle gefchöpft? 

Zeuge: Aus Rechnungen und Berichten. Geſehen habe 
ich das Getreide gar nie. 

Der Vorſitzende bringt nun die Frage der Beeidigung des 
Zeugen zur Beſprechung. Der Staatsanwalt beantragt, die Beei⸗ 
digung bes Zeugen, mit Rüdficht auf $. 132/g, zu unterlaſſen, 
weil der Zeuge zur Zeit der militärgerichtlichen Bernehmung feine 
Ausfagen in der Weile abgab, daß das Militärgericht genügende 
Gründe gefunden, $. 132/g anzumenden. 

Dr. Berger beftreiter gerade aus dem Wortlaute dieſes 
Punktes, e8 fei nun in der heutigen Verhandlung nicht 
ein einziger Umjtand zur Sprache gekommen, von dem man 
fagen könne, daß der Zeuge unwahr ausgejagt habe. — 
Eine Anfpielung auf eine andere Unterſuchung, deren Inhalt 
er nicht kenne, nämlich die wegen der Ochjenlieferung, und 
Die ganze unbeitimmite, nicht ausgefprochene Hinweijung auf 
die  Beichuldigung des Zeugen könne hier nicht maßgebend 
fein. Der Paragraph 259 ©t.-B.-D. könne hier als Finger: 
zeug dienen, fo wie bort ber Gerichtshof bei der Schöpfung 
des Endurtheiles nur auf dasjenige Beweismittel Rückſicht 
zu nehmen habe, welches entweder bei ber Schlußverhands 
Iung vorgekommen oder aus den Akten der Bwwcsvwoe 


oprgeführt wurbe. Anfpielen oder ein Hürweifen: anf nicht vor- 
gelejene Alten jei kein Beweis; eine Unwahrheit jei dem Zen: 
gen nicht nachgemwielen, der Zeuge babe vielmehr mit großer 
Gewiſſenhaftigkeit jeine Ausfagen abgelegt, und als „gewiflens 
hafter, pflichtgetreuer Beanıter« feine Ausfage gemacht, und 
der Vertheidiger würbe es für eine Injurie Halten, ihn nicht 
zu beeiden. 

Vorſitzender: Ich bitte den Herrn Vertheibiger, die 
Ausdrüde zu mäßigen, und den Schriftführer biefelben 3% 
protofolliren. 

Dr. Berger: Ich wiberrufe es. 

Der Staatdanwalt bezieht jich auf feine Gründe, welde 
die Militärbehörde gehabt hat, dem General: Kriegstommiflär 
ben Eid nicht abzunehnen, und er glaubt, daß dieſe Gründe 
noch nicht behoben find. Dr. Berger ſtützt fich jedoch darauf, 
baß hierüber fein Aftenjtüd vorgelegt wurbe, daß bie Gründe 
des Militärgerichtes. nicht befannt und der $. 132 allein maß- 
gebend fei. Der Zeuge, der fogleih auf die Ausführung ber 
Staatsbehörde mit der Frage geantwortet hatte, was denn das 
eigentlih für ein $. fei, jagt nun zum Schluffe (gegen ben 
Staatsanwalt gewendet): 

Wenn Sie mein Protokoll gelefen, fo werden Sie gefuns 
den haben, daß die Beeidigung beim Kriegsgerichte Deshalb 
unterblieb, wenn ich fage: Ich kann für manche meiner Ausfas 
gen nicht einftehen, weil ich mich nur dunkel erinnere, und weil 
ich nicht weiß, ob mein Gebächtniß mir treu ift. 

Vorſitzender (zum Zeugen): Ich bitte Sie fich zu mä—⸗ 
Bigen, und hierüber feine Erörterungen zu führen. Der Ge⸗ 
richtshof wird feine Entſcheidung fällen. 

Nach einer halbitündigen Berathung erklärt der Bräfibent, 
daß der Beichluß des Gerichtshofes dahin erfloſſen fei, daß bie 
Beeidigung des Zeugen nach $. 132 lit. e *) zu unterbleiben 


5) F. 132 lit. e lautet: Daß allgemein nicht beeidet werden 
bürfen diejenigen, aus deren Bernehmung ſich exit zeigt, daß 
fie an einer erheblichen Schwäche des Wahrnehmungs- oder 
Grinnerungevermögens leiden, oder welche ſich zur Zeit ber 
Beeidigung in einem folchen Leibes- und Gemüthszuftande hefin- 
den, daß von ihnen ein Flares Bewußtfein ihrer zu beftätigenden 
Angabe nicht erwartet werden fann. 


237 


habe, weil wahrgenommen wurde und der Zeuge felbit erklärt, 
daß ihm das fichere Grinnerungsvermögen an einzelne Umfände 
mangle. 

Die Angeklagten Krumbho lz und Heinrich Bayer werden 
vorgerufen. Bayer erflärt auf die Frage des Präfidenten, daß 
er im Sabre 1832 geboren fei, feit zehn Jahren in Wien bei 
jeinem Bruber fonditionirt habe, im vorigen Jahre ausgetre⸗ 
ten fei, und die Lieferungsgefchäfte für Richter, deſſen bejons 
beres Vertrauen er genaß, übernommen Habe. Die Beziehuns 
gen zwifchen Richter und feinem Bruder feien derart geweſen, 
dag Richter feines Bruders Firma theilweife dazu benützt habe, 
um ſich bier auf dem Wiener Platze fein Geſchaͤft bejorgen zu 
laſſen. Sein Bruder ſei dem Richter noch 5000 fi. ſchuldig 
aus jener Zeit, wo Arnftein und Eskeles ihre Zahlungen 
einftellten. Er habe Richter erfucht, er möge feinen Bruder - 
zur Eeite jtehen, Richter gab ihm da 5000 fl., die er mit einem 
Bon, der noch in Richter's Händen fein muß, beitätigte. 
Richter habe ihm die Lieferungen übertragen, er habe fie an 
die Monturskommiſſion abzuliefern gehabt, und bafür '/,°/, 
Proviſion befonmen. Anftände waren nur bei der eriten Kiefe- 
rung und zwar bei ber der eriten 400 Stüd Kalikot, die Waare 
babe mehr fchwarze Flecke gehabt als das Mufterftüd. Die 
Commiſſion habe bie Waare für fehlecht erkannt, und von 400 
Stüd nur 40 behalten; das habe auf ihn einen fchlechten Ein⸗ 
druck gemacht, er habe telegraphirt, Richter niöchte nach Stos 
derau kommen, um fich von dem unliebfamen Vorfalle zu über- 
zeugen. Richter fei gekommen, babe ihn aber in Gegenwart 
des Oberjten und der ganzen Kommiffion Tompromittirt, ine 
dem er ihn darüber zur Rede ftellte, wie er fo fchlechte Waare 
liefern könne. Er habe Richter darauf proponirt, bie Wanre 
bei Zappert vorrichten zu laffen, und auch Die bereits angenom⸗ 
menen 40 Stück wieder. zuriidigezogen. Ueber bie Abmefjung 
erflärt er, daß die merfantile Waare beim Meßtiſche ſtets eine 
Einbuße von 1'/,, manchmal fogar von 2 Ellen per Stüd er- 
litten. Richter habe felbit jpäter in Stockerau auf merfanti- 
lem Wege biefelbe Ellenzahl gefunden, die angegeben war, aber 
am Meßtifche Habe immer etwas gefehlt. Außer für Richter 
habe er noch für Liebig und Smelal Lieferungen beforgt, 
Letzterer jebuch fei Sublieferant von Richter gemein, un x 


238: 


babe den Smekal nur eine einzige Rechnung und zwar eine 
Spejenrechnung überreicht. (Borjigender zeigt bie betreffende 
Rechnung dem Angellagten vor.) 

Borfigender: Was kommen für Poften in dieſer Rech⸗ 
nung vor? 

Bayer: Für Zigarren, ba Smelal mußte, daß ich ein 
ſtarker Raucher war und mir die Gefchäfte annehmlicher mas 
den wollte. 

Vorſitzender: Moher kommt diese Bigareenverrehnung? 

Bayer: Smekal bat fie gefauft, mir zur Verfügung 
geitelt, und dann Richter verrechnet, ber aber wahrſcheinlich 
felbft nichts davon gemußt hat. 

Bayer erklärt, daß in diefer Rechnung nur der zweite 
Theil nad) feiner Spefenrechnung ausgezogen fei, während ber 
erfte nicht von ihm herrühre. Die Poft, Zigarren für Graz, fei 
fo zu verftehen, daß er fie dort gekauft und geraucht habe. 

Borfigender: Dann kommen Boften vor Remunera⸗ 
tionen«. Was für Bewandtniß hat es mit diefen? 

Meber diefe Frage erflärte Bayer, er habe der allgemeis 
nen Sitte gefolgt, und den Leuten nad) der Lieferung » Trinkgel⸗ 
der« gegeben, eben fo wie man im Gaſthauſe einem Kellner ein 
Trinkgeld reicht. Die Soldaten haben fo anftrengend von Früh 
bis Abends für ihn gearbeitet, daß er ihnen gern ein Trinkgeld 
gegeben habe, um ihren Durft zu Löfchen, befonders da ſie nicht 
verpflichtet waren, für ihn fo viel zu arbeiten, und fogar die 
Sonntage zu opfern. 

Auf die Aeußerung des Vorjigenden, daß viele Voften zu 
10 bis 20 fl. für Manufchaft, Meffer und „Obermeifter« vor⸗ 
kommen, erflärt Bayer, daß unter Obermeifter nur Obermef- 
fer zu verfteben fei und zwar feien das diejenigen Leute, Die 
oben am Tifche geftanden, und daß er deßhalb habe mehr ges 
ben müſſen, weil er fehr große Lieferungen gehabt und fait im- 
mer an der Reihe geweſen fei. Meber das verfprochene Geſchenk 
an den Schneidermeifter in Stoderau äußert er fich in der Art, 
daß er es ihm deswegen verfprochen habe, weil der Mann fait 
einzig und allein ihm, refpektive der Lieferung des Herrn Rich⸗ 
ter, feine Thätigfeit zugewendet habe. Der Mann mußte da- 
durch in Nachtheil. kommen, weil er (Bayer) immer am Brette 
gewesen und andere Leute nicht zur Lieferung gekommen feien. 


‘239 


Er habe Saucen für ihn gemacht, die nicht in feinem Reſſort 
geweien, babe Waare aufgefchnitten und der Kommiſſion vorge- 
legt, welche Gefchäfte zu verrichten die Lieferanten felbit bemü- 
Bigt waren. Er habe dieß Alles beforgt, ohne Miene zu machen, 
für diefe Arbeit Bezahlung zu verlangen. In Kolge deffen habe 
er Richter angezeigt, daß diefer Mann eine Remuneration 
verdiene und habe ihm ein SKrebitlos verfprochen, welches er 
aber nicht erſt kaufen, fondern. aus feinem eigenen Vorrathe 
bergeven wollte. 

Vorſitzender: Haben Sie bei folchen Lieferungen auch 
mit Offizieren zu thun gehabt? 

Bayer: Sa, mit Hauptmann Brelautfch in Stoderau, 
Hauptmann Eifenbad in Brünn und Hauptmann Ritſch 
in Graz. 
Vorſitzender: Kennen Sie den Herrn Bondy? 

Bayer: Ja, ſchon ſeit Tängerer Zeit. 

Vorſitzender: Haben Sie mit ihm über Remunerationen 
geſprochen? 

Bayer: Ueber Honorirung nie, aber über das Geſchaͤft 
im Allgemeinen. 

Vorſitzen der: Herr Bondy ſprach aber von Remune⸗ 
rationen und beſonders von einer, die Sie dem Major gegeben 
haben ſollen. 

Bayer: Ich habe entſchieden erklaͤrt, daß ich kein Praͤ⸗ 
ſent gemacht habe. Es ift eine eigenthümliche Sache des Herrn 
Bondy, daß er mich hiedurch und auch ehrenhafte Offiziere 
quafi verleumdet, Herr Bondy mag ſich ſelbſt darüber ver⸗ 
antworten. 

Vorſitzender: Sind auch Friſterſtreckungen eingetreten, 
und was war die Veranlaſſung davon? 

Bayer: Von Ende Dezember bis Ende Februar, weil 
die Kommiſſion nicht in der Lage war die Waare zu überneh⸗ 
men, da das Uebernahmsperſonale vermindert wurde. 

. Vorſitzen der: Haben Sie Kenntniß davon gehabt, daß 
Anforderungen an Herrn Richter geftellt worden find. wegen 
Reduzirung diefer Lieferung? 

Bayer: Herr Richter ſagte mir, dap er eine folche Auf 
forderimg erhalten habe, jegt aber nicht in ber Lage fei, ders 
felben Folze zu Leiften. Ich Habe darüber mit nem Seren uw 


2A0 


Kriegskommiſſär Brzihowsky und auch mit dem Herrn Hof; 
rath Eder- Kraus gefprochen. Bon ber Eingabe bed Herm 
Richter, worin er bieß dem Armee-Oberfommando mittheikt, 
habe ich Feine Einficht gehabt. - 

Vorſitzendet: Hat Herr Richter für Sie eine Zahlung 
geleiſtet. 
Bayer: Nein. 

Vorſitzender: Sind Sie außer den 5000 ſ. dem dern 
Richter noch etwas fhuldig? 

Bayer: Nein. 

Vorfigender: Kennen Sie Ihren Nachbar? 

Bayer: Ja, es it Herr Krumbhol;. 

Borfigender: Woher fennen Sie ihn? 

Bayer: In Folge unferes gefchäftlichen Verkehrs. 

Vorfigender: Haben Sie von Krumbholz nie Geld 
genommen? 

Bayer: Rie. | 

Staatsanwalt: Wie tonnten Sie das Uebernahms⸗ 
perfonale, das, wie Sie fagten, fo gering war, mit Bechäfti- 
gung überbürden, die eigentlich Sie hätten beforgen follen? 

Bayer: Es hat mir Niemand etwas in den Weg gelegt. 
Die Leute wußten, daß. Sie ein Trinkgeld befommen werben, 
und daher thaten fie es. 

Staatsanwalt: Haben dieſe Geſchaͤfte, Aufſchneiden iC., 
lange Zeit in Anſpruch genommen? 

Bayer: Nein, eine halbe oder drei Viertelſtunden des 
Tages. 

Staatsanwalt: Was ſagte Richter bei der Auffor- 
derung, die Spefen und Zinfen, die eigentlih Smekal ange: 
gangen find, zu zahlen? : 

Bayer: Er fagte: Ich fann dieſelben nicht anertennen, 
Diefe geben Smekal an. 

Staatsanwalt: Sat Richter ſpãter nichts davon 
bezahlt? 

Bayer: Nein, denn bie eine Hälfte derfelben bat Sm ein! 
wirklich bezahlt und mit der anderen hat er. Herrn Richter 
aur belaften wollen. 

Ä Staatsanwalt: Sie haben gehört, daß Herr Richter 
es burchgefest hat, daß zu Prag die Mannichaft. auch zur 


241 


Nachtzeit arbeitete. Bine Sie nicht. welche Summen Richter 
dafür. bezahlt hat? 

Bayer: Nein. | 

Vorſitzender: ch möchte den Herrn Bayer aufmerk— 
ſam machen, daß er in der Unterſuchung angegeben hat, die 
Schuld ſeines Bruders beträgt 11.000 fl. 

Bayer: Ih glaube, Herr Richter hat meinem Bruder 
6000 fl. nachgeſehen. 

. Borfigender: Was fagen Sie Dazu, Hear Richter? 

Richter: Herr Heinrich Bayer haftete mit 5000 fl. 
Seinen Bruder will ich nicht drängen. Ich warte, bis er in 
hefiere Verhältniffe kommt, allein die Forderung eriftirt noch. 

Vorſitzender: Haben Sie für Deren Heinrich Bayer 
eine Zahlung geleitet? - . 

Dr. Berger: Woher rührt der Verluſt an den Dich 
tifchen der Montursfommiffion ? 

Bayer: Dur loderes Anlegen der Waare. | 

Dr. Berger: War die Vereinbarung Richters und 
Smetal’s der Aıt, daß Richter auch Waare bezahlen mußte, 
die von der Montursfommiffion gar nicht angenommen wurde? 

Bayer: Nein. 

Dr. Berger: Mufte Richter ein Pönale zahlen, *— B. 
wegen verſpaͤteter Lieferung, und wo? 

Bayer: Ja, in Graz, wegen einer Verſpätung von drei 
Tagen, da die Hochwaffer die Ankunft der Waare verhinderten, 
wurden 1500 fl: Pönale abgezogen, welche. ihm nicht zurůc⸗ 
erſtattet wurden. 

Dr. Berger: Welche Waatenpartie hat Herr Richter 
Yon Sommer und. Schirm gekauft? _ 

Bayer: Circa 200.000 Ellen, wes aus den Büchern zu 
erſehen ſein wind. - 

Dr. Berger. Bon welcher ualitt war die Waare 
Schirm's? — | 

Baper: Sie war ſehr ſchoͤn | 
: Dr. Berger: Sie haben fich einmal nachteilig über 
Richters Waare geäußert... 

Bayer: Ich war der Meinung, eine nach Stoderme ge» 
Ichickte Waare ſei von Richter, fpäter aber eiuhe ich daß ſie 
von Przibram war. 


262 


Dr. Berger: Iſt Ihnen, befanns, daß Schroll beab- 
fichtigte mit dem Armees Oberfommando einen Lieferungse 
vertrag abzufchließen? 

Bayer: Rein. ' 

Ir. Berger: I: Ihnen bekannt, wie groß ber Stempel 
des großen Lieferungsgeichäftes bes Herm Richter wart - 

Bayer: 3100 fl. für Errichtung bes Kontraktes und 
eben fo viel für die bezahlte Quittung, alfo 6200 fl. 

Dr. Berger: Berliert die Waare durch das Liegen im 
Dlagazine an der Länge, und wie viel? 

Bayer: Nach meiner Meinung fehr wenig. 

Vertreter des Aerars: Sie haben angegeben, baf 
Schirmer und Sommer biefe Wanre an einen Dritten ges 
geben haben, welder fie dem Aerar proponiren- follte, aber 
wegen des gefchlofienen Friedens es nicht thun konnte. Wie 
konnten Sie glauben, daß, wenn Richter diefe Waare offerirt, 
fle angenommen werde? 

Bayer: Er ſuchte fih vor Pönalabzug vorzufehen, wenn 
ein Theil feiner Waare fpäter geliefert wurde, als bie. Liefer- 
zeit war. 

Hierauf wird der Zeuge Hauptmann Strnad vorge 
rufen. Er gibt an, er fei 48 Jahre alt, ein gebomer Wiener 
und Hauptmann bei der Prager Monturskommiſſion. 

Vorſitzender: Kennen Sie die Angeklagten? 

Zeuge: Ich kenne nur Herrn Krumbholz. 

Borfigender: Haben Sie den Herrn Richter nie 
geſehen? 

Zeuge: Nein. 

Vorſitzender: In welcher Richtung find Sie mit Krumb⸗ 
holz in Berührung gekommen? 

Zeuge: Ich mußte die Uebernahme von Kalikot beſorgen, 
im Ganzen 1.000.000 Ellen. 

Vorſitzender: Von welchem kieferanten? 

Zeuge: Von Herrn Richter. 

Vorſitzender: Wie iſt die Lieferung vor ſich gegangen? 

Zeuge: Im halben September iſt ein Theil eingebracht 
worden. 

Vorſitzender: Welche Beſtimmung beſteht, wenn die 
Bieferung nicht eingehalten wird? Ä 


‚ | 243 


Zeuge: Das weiß ich nicht. Ich hatte nur den Auftrag 
die Lieferungen zu übernehmen. 

Vorſitzender: Waren Herr Hauptmann bei ber Ueber- 
nahme zugegen? — 

Zeuge: Sa, ih und der Schneidermeiiter Pollitſch, der 
die Qualität der Waare zu beurtheilen hatte. 

Vorſitzender: Was bemerkten Sie dabei? 

Zeuge: Daß die erſte Lieferung mittelmuſtermäßig war; 
Die fpätere war befier, ich zeigte e8 auch dem Kommandanten 
Oberflieutenant Uhl an. 

Vorſitzender: Bon wen bekamen Sie den Auftrag, bie 
Waare zu übernehmen? 

Zeuge: Bom Kommandanten. 

Vorfißender: Erftredte fich dDiefer Auftrag auf Die 
ganze Million? Ä 

Zeuge: Ia. 

Vorſitzender: Waren keine Fehler dabei? 

Zeuge: Einige Stücke waren mit Fehlern behaftet, die 
aber ausgeſchoſſen und durch andere erſetzt wurden. 

Vorſitzender: Wiſſen Sie etwas über Remunerationen? 

Zeuge: Nein. 

Vorſitzender: Es iſt mir unangenehm, Sie zu erin⸗ 
nen, baß bei diefen Anmeifungen von Remunerationen auch 
Ihre Perfon genannt ift, und zwar mit 100 fl. 

Zeuge: Ich habe nichts befommen, und weiß auch von 
feiner andern Remuneration. 

Borfigender: Sind keine Geſchenke unter die Mann⸗ 
ſchaft vertheilt worden? 

Zeuge: Ich habe nichts davon geſehen. 

Sorfibenben: Wie gefchieht die Abmeffung? 

Zeuge: An bem Meßtifche. 

Vorfigender: It ein Unterſchied zwifchen biefer Art 
zu meſſen und ber merkantilifchen ? 

Zeuge: Draußen: werden fie am einer Hafpel: gemeflen, 
mo die Waare mehr firaff gezogen wird; bei ung am Tifche 
Hiegt fie leichter auf. 

Borfigender: Haben Sie perfönlich mit Krumbholz 
verhanbelt? 

Zeuges Ja, einige Mal; er war ümetmal bei hericuenggie. 


244 


Staatsanwalt: Sie haben angegeben, daß die fpäter 
gelieferte Waare beifer war. Worin lag der Unterjchieb? 
| Zeuge: Die erfte Lieferung ſchien mir etwas zu far 

- ausgewafchen. Die fpäter gelieferte Waare hatte zwar gleiche 
Fädenzahl, aber die Qualität war beffer. Auf die Feinheit der 
Fäden wird nicht Rückſicht genommen. 

Staatsanwalt: War genügendes Perfonal vorhanden, 
um bie Waare fo fchnell zu übernehmen, als fie geliefert 
wurde? 

Zeuge: Die Lieferanten wurden fo ziemlich befriedigt. 

Staatsanwalt: Was für ein Muſter war dag, nach 
welchem die jpätere Waare geliefert wurde? 

Zeuge: Es wird ein Stüd der eingelieferten Waare 
felbft fein. - 

Staatsanwalt: Hat Herr Kahlberg, wie er ſelbſt 
angibt, keinen Verſuch gemacht, Ihnen ein Geſchenk zu machen? 

Zeuge: Er hat mir mit den Worten »Hier iſt ein Brief« 
auf der Gaſſe einen folchen überreicht, worauf ich nichts erwies 
derie und fortging. Das war fchon eine Woche nach der Lie⸗ 
ferung. 

Dr. Berger: Herr Hauptmann haben angegeben, daß 
bei der erſten Lieferung im Vergleich mit dem Muſter zwei Faͤ⸗ 
den gefehlt haben; dann haben Sie angegeben, daß in Bezug 

auf die Fädenzahl der Abgang auch bei den fpäteren Lieferun⸗ 
gen ftattgefunden habe. Bezieht ſich das auch cuf den Ver⸗ 
gleich mit dem zweiten Muſter? | 

Zeuge: Es ift bloß das erfte Muſter gemeint. 

Dr. Berger: Bon wen ift die erite Beanſaͤndigung ge⸗ 
weſen? 

Zeuge: Von mir. 

Staatsanwalt ſtellt den Antrag, daß die Beeidigung 
unterbleibe, bevor nicht Kahl berg vernommen worden ſei. 

Dr. Berger: Da bloß der Zeitpunkt der Beeidigung in 
Frage geſtellt iſt, ſo habe ich nichts entgegenzuſetzen. 

Nachdem ſich der Gerichtshof zur Berathung zurückgezogen 
hatte, beſchloß derſelbe, die Beeidigung dieſes Zeugen fich bie 
nach der Vernehmung des Kahlberg vorzubehalten. 

- Öterauf wird Zeuge Franz Politſch vorgerufen. Er 


245 


fagt, er fei 38 Jahre alt und Schneidermeifter der Monturs⸗ 
ommiffton in Prag. 

Vorſitzender: Kennen Sie die drei Angeklagten? 

Zeuge: Ja, ich kenne fie. Ich und der Herr Hauptmann 
Stread ſahen den gelieferten Kalikot an, der aber nach ber 
Probe etwas minderer mar. 

Borfigender: Waren Sie bei ber Meſſung? 

Zeuge: Nein. 

Borfigender: Wie groß war die Partie? 

Zeuge: Das weiß ich nicht. 

Vorſitzender: Iſt Ihnen befannt, woher das Meifte ges 
Tommen ift? 

Zeuge: Rein. 

Borfigender: Haben fih in Bezug auf das Ellenmaß 
feine Anftände ergeben? 

Zeuge: Ia, die Waare war kürzer; allein der Lieferant 
Hat den daraus fich ergebenden Abzug zu tragen. 

Borfigender: It Ihnen oder Anderen Gelb zugeloms 
men? 

Zeuge: Niemanden. 

Staatsanwalt: Sie fagten, daß bei ‘/, Zoll ein Fa⸗ 
den fehlt. 

Zeuge: Es iſt nicht gleich, ſtellenweiſe kann einer oder 
zwei gefehlt haben. Das haben wir mit der Lupe ausge⸗ 
meſſen. 

Joſeph Chriſtoph, ebenfalls Schneidermeiſter bei der 
Monturskommiſſion in Prag, ſagt aus: Ich kenne den Herrn 
Richter nicht, ich weiß mich nur zu erinnern, daß er in Prag 
war wegen Beanftändigung eines Poſtens, es war die Quali- 
tät beanftändet. Ste war nicht ſchlecht, aber dem vorliegenden 
Muſter nicht gleich. Es haben zwei bis drei Faͤden gefehlt. Es 
wurde mir aufgetragen, ein Stück abzuſchneiden. Ich habe zwei 
Ellen herabgenommen, ſie geſtempelt, Richter hat ſie nach 
Wien mitgenommen, und nach zwei bis drei Wochen iſt der 
Auftrag gekommen, fie anzunehmen. Bon einer Remuneration, 
Die ich oder Andere befommen follen, weiß ich nichts. 

Auch bezüglich dieſes Zeugen behält fich ber Gerichtshof 
den Befchluß über die Beeidigung vor. 

Darauf wird der Oberft Eduard Genrg vorgersien. üt 

1% 


248 


son fremden Regimentern. Zur Beachtung find ein Haupt- 
mann und ein Offizier vorhanden; wenn ich auch mehr zuges 
theilte Offiziere verlangt hätte, fo konnten fie mir von keinem 
Nuten fein, weil: fie unfere Gefchäfte nicht verftanden, als Ans 
tomaten dageftanden wären, und nur größere Verwirrung ges 
macht hätten. 

Borfigender: Haben jich in Beziehung auf den Status 
der Leute Hinderniffe rücfichtlich der Uebernahme ergeben? 

Zeuge: Es beitanden große Hinderniffe theils in Bezug 
auf den Stand ber Offiziere und Mannfchaft, theils in Bezug 
auf die Rofalitäten; da muß Jeder warten, bis die Reihe an 
ihn kommt. ine Bevorzugung findet meines MWiffens nicht 
ftatt, fie fann höchitens nur dann eingetreten fein, wenn man 
die Stoffe gebraucht hat, und es ift dann die Bevorzugung im 
Intereſſe des Aerars oder eigentlich des Armeebedarfes erfolgt. 
Mas das Benehmen zwifchen Herrn Richter und FMEL. Ey⸗ 
natten anbelangt, fo habe ih Hern Richter öfter bei 
Eynatten gefunden. Ich habe gehört, daß er ſeinen Beirath 
gegeben hat, aber ein beſonderer Einfluß in ſeiner Gegenwart 
iſt mir nicht vorgekommen. 

Staatsanwalt: Hat ſich Herr Richter nicht zu Ihnen 
ausgeſprochen, ob die von ihm ungebleicht zubereitete Waare 
ihm ſo theuer kam als gebleichte? 

Zeuge: Nein. 

Staatsanwalt: Ich erfuche, mir anzugeben, wiefo die 
Reduktion auf 30 Zoll bewilligt wurde. 

Zeuge: Es ift mir ein Reſkript des Armee⸗Oberkom⸗ 
mando zugelommen, worin gejagt wird, daß Richter die 
Anficht ausgefprochen hat, daß der Kalikot beider Schnellbleiche 
durch Säuren etwas. angegriffen werde, und daß es vielleicht 
beffer wäre, wenn bie Waare bloß gewafchen und gemangt würbe. 
Sn dem Gutachten, das ich darüber abgab, erklärte ich, daß ich 
der Dranipulation fremd. bin, aber daß mir das Gute des Vor⸗ 
fchlages einlenchte und ich habe nur, weil auch angefucht war, 
den Kalikot mit nur30 Zoll zu liefern, gebeten, baßınan darauf 
beharren möge, dab der Stoff 30 Zoll breit fein müffe, weil 
eben 29'/, bis 30 Zoll das Normalmap für Hemdftoff it. Es 
it dabei weiters feſtgeſetzt, daß bie Waare unter 29'/, Zoll 

Breite ausgefchoffen, hingegen, wenn '/ ober '/ Zoll von 


244 


den 30 fehlt, etwas an der Länge eriegt wird. Was aber für 
ein Grund war, daß man von ben 31 Zoll abgegangen ift, 
weiß ich nicht. Ä 

Staatsanwalt: Es Scheint aus einem Briefe au 
Krumbholz hervorzugehen, baß Richter, noch bevor das 
Gutachten vom 21. Juni abgegeben wurde, jchon früher Ihre 
- Zuftimmung zur weiteren Verminderung wußte, es fheint fomit, 
daß e8 vom Herrn Oberft im Boraus bewilligt wurde. 

Zeuge: Ich hatte Feine Bewilligung zu ertheilen, ich 
bitte auch das Datum meines Gutachtens einzufehen, aber ein- 
gewirkt hat er durchaus nicht auf mich. | 

Staatsanwalt: Wie fommt es, daß am 22. Juni ber 
Bertrag auch auf die urfprüngliche Breite gefchloffen wurde, 
während am 21. Juni die Bitte Richter’ um weitere Vermin⸗ 
derung begutachtet wurde? 

»  Beuge: Wir haben wahrfcheinlich, troßdem wir bereits 
die Verordnung des ArmeesObertommandos hatten, die zu prü⸗ 
fende Waare noch nicht erhalten, die Sache war aber fo dringend, 
daß wir auf eine mögliche Aenderung des Vertragesnicht warten 
durften und daher der Vertrag abgeſchloſſen murde, ungeachter 
bes Gutachtens, das über bie mögliche Aenderung bereits 
erfolgte. | 

Staatsanwalt: Die jpäte Zufendung fomute hier nicht 
Urfache fein, meil ſie doch bereits dieſe Stoffe . begutachter 
Hatten. | 

Zeuge: Ich kann keine Auskunft geben. Es ift mir jelbit 
auffällig, aber es Tann möglich fein, daß der Kontraft erit 
nachträglich unterfchrieben wurde, weil der Kontrahent ſchon 
durch die Erklärung gebunden ift. Der Kontrakt ift zumeift nur 
Form, der Lieferant nnterfchreibt oft und feßt in das Aerar dag 
Vertrauen, daß ihm etwaige Klaufeln nachträglich. bewilligr 
werden. 

Es wird dem Zeugen auf Verlangen des Staatsanwaltes 
fein Gutachten vorgelefen, aus welchem hervorgeht, daß er 
allerdings eine Breiteverminderung gefunden habe, Die von der 
ſtarken Appretur herfommen fann, daß er jedoch ohne bejondere 
Ermaͤchtigung Seitens des ArmeesOberfommandosnicht glaube, 
die Uebernahme pflegen zu follen und für den Sal, als wegen 
des dringenden Bebarfs der Uebernahme beidyloken weruen 


250 


follte, die Verwendung der Waare zu doppelten Leintüchern 
vorſchlage. 

Staatsanwalt: Es ſcheint mir eine Unrichtigkeit darin 
zu fein, daß die geringe Anzahl der Fäden nur durch den 
Schwund entitanden fei,. weil nach meiner Anfichtbeim Schwunb 
die Fäden fich mehr zufammenziehen und daher mehr Fäden 
auf 1’ kommen müflen. 

Zeuge: Wie aus meinem Gutachten hervorgeht, haben 
wir die Fäden noch nicht gezählt, wir hatten damals für den 
Kalikot noch keinen befonderen Anbaltspunft und find auf das 
Fädenzählen erft fpäter gefommen. ich bitte auch auf den 
Bedarf Ruͤckficht zu nehmen. 

Staatsanwalt: Es ſcheint nicht richtig, daß die Fäden 
nicht gezählt wurden, weil in Ihrem Outachten von der Faͤ⸗ 
denzahl die Rede iſt. 

Zeuge: Wenn es fo fteht, dann haben wir fie gezählt. 
Mebrigens ift das eine fo ind Minutiöfe gehende Auseinander- 
jeßung, daß ich nicht. im Stande bin, gleich darüber Flar zu fein. 
Ich müßte erft berechnen, wie viel auf die ganze Breite gehen, 
müßte dieß auf den Schwund reduziren und was für eine Aen⸗ 
derung in '/, Zoll hervorbringt.- Ich habe übrigens noch feine 
Mafchinenmeberei geſehen, und ich weiß nicht, ob hier die Faä— 
Denzahl mit mathematischer Genauigkeit geordnet ift. 

Richter: Ich habe wiederholt bemerkt, Daß es fich bei 
Diefer Gelegenheit um einen Handkauf gehandelt habe, und 
nicht um die Fabrikation. Ich wiederhole nochmals, daß die 
MWaare fo billig war, daß ich fie noch heute billig nennen muß. 

Dear Vor figende verliedt noch die Erledigung des Armee⸗Ober⸗ 
kommandos, wo in Folge dieſes Gutachtens die Annahme der 
Waare und die Verwendung derſelben zu doppelten Leintüchern 
verfügt wurde. 

Staatsanwalt: Was mochte der Grund fein, daß die 
gelieferte Waare zu Prag fo bedeutende Anſtände gefunden, nicht 
aber die in Brünn und in Stoderau? 

Zeuge: Ich glaube, das liegt in der Verfchiedenheit der 
Sabrifation; wir haben e& ja nicht aus benfelben Fabriken be 
fommen. 

Dr. Berger: War Direltor Rigter früher in Sto⸗ 
deran? 


251 


Zeuge: Zweimal, fo viel ich mich erinnern kann. 

Dr. Berger: Hat er das erfte Mal wegen der beanjtän: 
deten Stüde, an welchen fih Schalen befanden, fich nicht aus« 
drüdlich erklärt, daß fie bei der Uebernahme ftrenge und gerecht 
verfahren, und die Waare, die nicht gut ift, zurüdweifen 
follten? 

Zeuge: Er hat das wiederholt gethan. Ä 

Dr. Berger: Herr Oberft haben erflärt, daß der 31. 
Theil — felbft auf die VBorausfegung des Herrin Staatsanwalts 
eingehend, Daß der Stoff 31 Zoll hätte breit fein follen — ab- 
folut werthlos gewefen wäre. Das it in dem Sinne zu verfte- 
ben, daß das Plus über 30 Zoll fein Erfparniß im Längen- 
maße bei den Hemden herbeigeführt? 

Zeuge: Kein Erfpamiß, e8 wäre nur eine zufällige 
Wohlthat für die Mannfchaft gewefen, daß die Hemden um 
einen Zoll weiter wären. — Zeuge erklärt ferner, dag der Ab- 
fchluß des Kontraftes nur eine Sormalität gemefen, die beob- 
achtet hätte werden müfjen, und daß er durchaus feinen Grund 
gehabt hätte, in Heren Richter Mißtrauen zu feßen. Er wäre 
im Gegentheil froh geweſen, es bei ſo bedeutenden Lieferungen 
mit einem Manne zu thun haben, der ſich des allgemeinen Ver⸗ 
trauens in der öfterreichifchen Monarchie und noch weiter er: 
freute. Auf die Frage bes Dr. Berger, ob der Zeuge bie 
Garnnummer und bie Fädenzahl als etwas Beſtimmendes be- 
trachte, erklärt derfelbe, daß er fich nach feiner Inſtruktion in 
Betreff der Leinwand gehalten, wo es ausdrüdlich heißt, ſich 
nicht zu ftrenge an die Fädenzahl zu halten, wenn nur die 
Qualität gut und der Stoff verwendbar ift. 

Richter: Ich kann den hohen Gerichtshof nur bitten, an 
den Herrn Oberften die Frage zu ftellen, ob e8 möglich geme- 
fen wäre, die nach Stoderau beftimmte Stoffmenge bis Ende 
Dezember zu übernehmen, nachdem das Perfonale durch Urlaub 
und Abfchied verringert wurde. 

Zeuge: Ich glaube nicht, daß das möglich geweſen wäre. 
Der Präfident erflärt nun zur Beeidigungsfrage zu fehreiten. 
Es entfpinnt fih nun eine lebhafte Debatte zwifchen dem 
Staatsanwalt und den Doktoren Berger und Wiedenfeld. 
Der Staatsanwalt erflärt, er wolle die Beeidigung dieſes Zeu- 
gen dahin geftellt Iaffen, bis die Ausfprühe der Sahynerkiin 

AR 


252 


digen darthun werden, ob die Anfichten des Oberften richtig 
oder nicht richtig feien. Der Staatsanwalt bezeichnet den Ober 
ften als fachverftändigen Zeugen, worauf Dr. Berger erklärt, 
die Strafprogeßordnung fenne feine fachveritändigen Zeugen, 
fie fenne nur Sachverftändige oder Zeugen. Der Sachverftän- 
Dige und der Zeuge habe nach beitem Wiffen und Gewiſſen 
auszufagen, er ſehe nicht ein, warum der Oberft, wenn er daS, 
was er mußte, nach befter Meberzeugung ausgefagt nicht beei- 
det werden follte. 


Doktor Wiedenfeld bemerkt, daß der Zeuge von ber 
Staatsbehörde felbit vorgerufen wurde; diefe mußte nun wif- 
fen ob als Zeuge oder als Sachverftändiger. Berief fie ihn als 
Sachverſtändigen, fu ift e8 nicht möglich, daß fie jet gegen ihn 
Einwendung machen follte, berief fie ihn ald Zeugen, jo muß 
jie zu feiner Nichtbeeidigung einen Bedenklichfeitägrund nach 
6. 132 aufführen; biefen Hat fie nicht angeführt, mithin 
glaube er, wäre es gefeblich den Zeugen zu beeiden. Nachdem 
nun der Staatsanwalt auseinandergefeht, daß es Pflicht der 
Stantsbehörde, nicht bloß Belaftungszeugen, fondern auch Ent- 
laftungszengen vorzurufen, erklärte er, daß der wefentliche Un— 
terfchied zwifchen Sachverſtändigen und Zeugen Darin befiche, - 
daß die Sachverftändigen beeidet werden, noch bevor fie ausſa— 
gen, während die Zeugen erft nach ihrer Ausfage den Eid 
ablegen. 

Nach einer langen heißen Debatte zwifchen dem Staats: 
anmwalt und den Vertheidigern zog fich der Gerichtshof zurück, 
und erklärte nach einer kurzen Berathung, daß die Beeidi- 
gung des Zeugen vorzunehmen fei, weil fein Ausſchließungs— 
grund vorliege. Der Zeuge wird beeidet und entfernt fich 
darauf. 


Hierauf erfeheint Michael Nagelftätter, 41 Jahre alt, 
verehelicht, Schneidermeifter bei der Stoderauer Monturskom⸗ 
mifflon. Derfelbe legt fein Zeugniß unter fichtlicher Befangen- 
heit und Furcht ab, die fich fo meit fteigert, daß der Vorfigende 
ihn Plag nehmen und ihm ein Glas Waffer reichen läßt. Er er: 
klärt durchaus fein Geſchenk empfangen zu haben und er wiſſe 
fich nur zu erinnern, daß Bayer einmal von einem 208 ge- 

/prochen; er habe ihm jedoch kaum pugehoͤrt und nichts erwie⸗ 


253 


dert. Der Zeuge wird nach fehon vorhergefaßten Beichluß bes 
Gerichtshofes nicht beeidet. 

Anton PBrelautfch, Hauptmann der Stoderauer Mon- 
turs⸗Hauptkommiſſion, 59 Jahre alt, aus Wien gebürtig, er: 
klaͤrt, dag nichtqualitätmäßige Waare als Nusfchuß zurückge⸗ 
legt wurde, daß fei aber bei jeder andern Lieferung auch der 
Tall. Bei Zmillichlieferungen habe fein Anftand obgewaltet. 
Bon Geſchenken an die Mannfchaft fei ihm nichts befannt ge- 
worden. 

Staatsanwalt: Sie haben zu Protokoll gegeben, daß 
die Waare 31. Zoll breit geliefert wurde, von einer Aenderung 
von gebleichter in ungebleichte jei ihnen nichts bekannt. Hem⸗ 
denkalikot follte 31 Zollbreit fein; wo 30 Zoll waren, wurde 
ein Abfchlag an der Länge gemacht, unter 30 Zoll gar nicht 
angenommen. Bon diefen Punkten jcheint mir Feiner richtig zu 
fein, weil die Breite von 31 Zoll auf dreißig Zoll wirklich re: 
duzirt und an der Länge nur bort. abgezogen wurde, mo Die 
Breite unter 30 Zoll war. 

Zeuge: Ich kann mich vielleicht geirrt Haben. Wenn ich 
das gejagt, fo habe ich unmillfürlich einen Verftoß begangen. 

Richter: Ich kann nur unter Berufung auf das Gut—⸗ 
achten der Prager Buchverftändigen das Faktum konftatiren, 
Daß bloß der vierte Theil, beiläufig 1 Million Ellen 30 Zoll 
breit geliefert worden ift, und daß erft dann die Nothwendig⸗ 
feit dazu eintrat. 

Doktor Berger: Herr Hauptmann haben in der Vorun⸗ 
terfuchung ausgefagt, daß die Waare Richter’s volllommen 
gut und preiswürdig war, wieberholen Sie das heute? 

Zeuge: Ich muß heute basfelbe fagen. 

Doktor Berger: Beſteht zmifchen dem Meflen am Meß⸗ 
tifche der Kommiffion und der Fabrik ein Unterfchiedb und zu 
weſſen Bortheil? 

Zeuge: Wir mefjen zu fünf Ellen, oft hat fich eine Dif- 
ferenz zum Vortheil der Kommiſſion ergeben. 

Bayer: Ich möchte den Herrn Hauptmann bitten, zu 
beftätigen, daß es nicht möglich war, alle Waare, die geliefert 
wurde, im Magazin unterzubringen. 

Zeuge: &8 ift fein Pla geweſen. 

Staatsanwalt. Sind von den Serien Ar 

- R 


254 


Kommiffion auch andere VBerrichtungen gemacht worden, als 
wozu fie wegen ihrer Dienftleiftung verpflichtet waren ? 

Zeuge: Das ift mir nicht befannt. 

Auf die Frage, ob die Leute der Monsurstommiffion nicht 
mit Abladen, Aufjchneiden sc. beichäftigt waren, gibt ber 
Hauptmann eine bejahenbe Antwort. 

Bayer: Ich erlaube mir hinzumeifen, daß gerade Sie 
mir einmal Ihre Leute entzogen haben. 

Zeuge: Das ift wahr. 

Der Präfident bringt die Beeidigungsfrage zur Sprache. 

Staatsanwalt: Ich kann nichts Anderes angeben, als 
die Umftände, daß im Protofolle in der Antwort ganz unrich- 
tige Daten angegeben worden find. Der Herr Hauptmann hat 
ale Grund einen Irrthum angegeben; ich muß es dem hoben 
Gerichtshofe überlaffen, ob ein folcher Irrtum annehmbar er- 
fcheint, und ftüße mich auf $. 132 lit. g 

Doktor Berger: Bezüglich der Antwort muß ich erfären, 
daß der Zeuge feine unmwahre Thatfache, fondern nur eine irs 
rige Meinung ansgefprochen; folglich bat lit. g feine An- 
wendung. 

Staatsanwalt: &8 ift eine Thatfache, daß die Waare 
30 und nicht 31 Zoll breit war; die Ruͤckweiſung einer Waare 
iſt eine Thatfache und feine Meinung. 

Dr. Berger: Die Stantsbehörde behauptet felbft nicht, 
Daß eine Unwahrheit nachgewiefen fei, und daß der Zeuge we⸗ 
jentlich eine Unwahrheit gejagt habe. 

Der Gerichtshof zieht fich zurüd und erklärt hierauf, es 
jei fein gefeßlicher Grund vorhanden, den Zeugen von der 
Beeidigung auszufchließen. 

Der Zeuge wirb beeidet und hierauf bie Verhandlung ge⸗ 
gen 4 Uhr auf folgenden Tag verſchoben. 





Die Situng beginnt um halb zehn Uhr mit dem Verhöre 
des Zeugen Philipp Bondi. Diefer ift dreißig Jahre alt, aus Prag 
gebürtig, moifaifcher Religion, ledig und Gejchäftöführer bei 
Hellmann, Berfchleißer in dem Geſchäfte Hellmann’g, 
der aber aufdie Erzeugung ber Fabrik feinen Einfluß nimmt. Seit- 
dem er in dieſem Haufe fich befindet, ift Hellmann mit Richs 
ter im Geſchaͤftsverkehr geftanden, und zwar wurde durch letz⸗ 
teren ber fommiffionelle Verfchleiß der Richter’fchen Fabri⸗ 
Fate effektuirt. Es ift ihm bekannt, daß Hellmann im Laufe 
bes Jahres 1859 fich herbeigelaffen habe, Baumwollwaaren 
für Das Aerar zu arbeiten; Hellmann fei dephalb hieher ges 
fommen und habe mit dem Armee-Oberfommandog eine Kali- 
Iotlieferung abgefchloffen. Er, Zeuge, habe auf dieſes Ge⸗ 
fchäft feinen unmittelbaren Einfluß genommen und wiſſe nur, 
daß es fich um ben Abfchluß eines Quantums von 500.000 
Ellen Kalikot zu dem Preije von 24 fr. gehandelt habe. Er 
wife ferner, daß Hellmann Herm Richter bevollmädhtigt 
habe, den Betrag für ihn zu unterfertigen; die Kaution im Ber 
trage von ungefähr 6000 fl. habe Hellmann geleitet, und 
er glaube fich zu erinnern, daß Herr Richter nur bis zur Ein- 
lage ber Kaution die Haftung übernommen habe. Die Ueber: 
gabe der Waare für das Haus in Gtoderau habe er beforgt; 
fobalb ihm angezeigt wurde, daß die Waare dort fei, fuhr er 
hinaus und hat ſich angefragt, wann er zur Webergabe der 
Waare gelangen könne. Er hatte bei diefer ©elegenheit mit 
‚einem Oberlieutenant zu thun, den er aber dem Namen nad 
nicht bezeichnen Tönne; er mußte von einem Bureau in das ans 
bere gehen, mand;mal babe er auch einen Major dort gefehen, 
befien Namen er ebenfalls nicht wife, und Aberdieß noch das 
Nrbeitöperfonale, welches bie Wanren aufs und zugerollt Hat. 

Vorſitzender: Wollten Sie die Uebergabe der Waare 
an Jemand Andern übertragen? 

Zeuge: Ich habe die Abficht gehabt, fie Herrn Bayer 
zu überlafjen, der bereit war, fie zu übernehmen, denn wis, 

| 13 


256 

verurfachte dieſes Geschäft, mit dem ich nicht vertraut war, zu 
viel Zeitverluftz ich mußte immer nach Stoderau hinausfahren, 
während Bayer immer dort zugegen war. Ich habe dem Herrn 
Hellmann den Bayer empfohlen, weil ich wußte, daß er zur 
Beforgung des Geſchaͤftes geeignet ift. 

Borfigender: War es nur die Rüdficht wegen Ihres 
Zeitverluftes und nicht auch eine andere Rückſicht, weßhalb 
Sie die Mebergabe an Bayer übertragen wollten? 

Zeuge: Ich babe bloß ben Zeitverluft. im Auge gehabt. 

Hierauf wird ein Schreiben vom 17. Juni 1859 vorgeles 
fen, er wiederholt darin, daß er eben nur wegen bes früher er- 
wähnten Umftandes und auch aus dem Grunde die Mebergabe 
an Bayer übertragen wollte, weil Bayer mit dem Geichäfte der 
Vebergabe vertraut war und mit demfelben gut umzugehen wußte. 

Vorſitzender: Es wird hier im Briefe erwähnt, daß 
Bayer dem Major ein „feines Präfent« gemacht habe. Was ift 
Ihnen darüber bekannt? 

Zeuge: In dem Augenblicde, wo ich es niedergeſchrieben 
habe, ‚es find nun 1'/, Jahr, werde ich wohl nach dem, was 
ich gehört habe, einen Grund dazu gehabt haben, es meinem 
Herrn zu fchreiben, heute weiß ich mich nicht an die näheren 
Umftände zu erinnern, die mich zu diefer Bemerkung berechtigt 
baden. 

Borfigender: Auf welches Gefchäft bezieht fih Ihre 
Aeußerung in dem Briefe: „das neue Geſchaͤft?“ 

Zeuge: Es hat fih um einen weitern Abjchluß zwischen 
Hellmann iind Richter gehandelt; da habe ich mwahrfchein- 
lich dem Herrn Hellmann die Mittheilung gemarht, daß Die 
Waare gekocht und gewaschen wird und deßhalb ein Ausfall in 
der Breite gefchehen könne. Der Zeuge äußert weiter, er habe 
auf dieß. Sefchäft Teinen Einfluß genommen und babe Hell- 
mann in diefer Richtung nur folche Mittheilungen gemacht, 
von welchen er hoffen durfte, daß ſie feinem Chef von Intereffe 
fein würben. Er wiffe mır, daß Richter eine Lieferung von 
vier Millionen Ellen Kalikot übernommen, und daß davon bie 
Mebe war, daß Hellmanı an Richter Waaren liefern wolle. 
Die näheren Berhältniffe feien ihm unbefannt. Zeuge gibt fers 
nes an, baß man bei ber Ablieferung der Hellmann’fchen Waare, 
spe überhaupt bei jeder andern, ſolche, die nicht analitätmäßig 


257 


Hefüinben wurde, nicht annahm, und daß in Prag für bie Hell⸗ 
mann’fche Fabrik ein gewiſſer Kallberg die Ablieferung bes 
ſorgt habe. 

Bayer: ch möchte nur Herrn Bondi bitten, fidh deut⸗ 
Tich auszufprechen, ob ich ihm fagte, daß ich dem Herrn Major 
Geſchenke gemacht habe. Ich Habe fchon in ber Borunterfuchung 
in Abrede geftellt, daß je von mir Präfente gemacht worden 
find. Herr Bondt mochte von der Annahme ausgehen, daß es 
nothwendig gewefen, den Leuten Geſchenke zu machen. Ich 
fchreibe es meiner Perfönlichkeit zu, daß ich mich den Leuten 
gegenüber angenehm zu machen mußte. 
| Zeuge: Ich fchrieb: „Major oder wer da iſt;“ dieſes 

zeigt barauf hin, daß ich es nicht beftimmt wußte; ich habe 
vielleicht eine Andeutung gehört, kann aber in diefer Beziehung 
nichts Beftimmtes behaupten. - 

Vorſitzender: Was verftehen Sie unter dem Ausdrud 
in Ihrem Briefe: „Sonft wird man malträtirt?« 

- Zeuge: Ich habe mich vielleicht nicht richtig ausgebrücdkt. 
Ich verftehe nur darunter, daß man in biefer Beziehung gewiſ⸗ 
fen Chikanen ausgefeht ift. Ich habe ganze Tage verloren, ich 
mußte fragen, ob die Waare ba ift, ob Zeit zur Mebernahme 
fet, fand feine Arbeiter und wurde endlich befchteben, ich müffe 
ein anderesmal kommen. Kam ich, ging es mir wieder fo, und 
deßwegen fagte ich: »Man wird malträtirt.« 

Borfigender: Bon wen habenSie etwas Über die Ge⸗ 
fchente gehört? Hat Ihnen Bayer etwas darüber gefagt? 

Zeuge: Ih kann nichts Pofitives hierüber angeben. 

VBorfigender: Zur Zeit, ald der Brief gefchrieben wurde, 
ift die Befchulbigung gegen einen Staböoffizier, einen Major 
oder wen fonft ausgefprochen. Da entfchuldigt feine Zeit. In 
bem Momente, als ber Brief gefchrieben, ift ſchon diefe Be⸗ 
fehuldigung vorhanden. Ich gebe Ihnen den Grund meiner 
Frageftellung an, weil fich ein Major, der bamals i in Stoderau 
geweſen, dadurch beleidigt findet. 

Zeuge: Ich bitte zu entfchuldigen, ber Brief war bloß 
für Hellmann beftimmt, ich glaubte nicht, daß er in andere 
Hände kommen würde. Ich beabfichtige durchaus nicht Jemand 
bloßzuſtellen. 

Staatsanwalt: Können Sie die Möge Aa 

W 


258 


fcheinlichkeit angeben, von. wem Sie erfahren, daß ein „feines 
Präfent« gemacht wurde? 

Zeuge: Ich kann nicht genau Auffchluß darüber geben, 
ich weiß nicht, auf welche Veranlaſſung Hin ich Diefe Bemer⸗ 
fung gemacht habe. 

Staatsanwalt: Ich habe Ihre Ausfage notitt: Sie 
fagten: „Richter hat mir mitgetheilt, es ſoll die Waare nur ges 
kocht oder gemwafchen werben, und dadurch wird ein Ausfall an 
Breite fiattfinden.« 

Zeuge: Bielleicht hat mir Herr Richter in diefer Hin- 
ſicht Mittheilungen gemacht. Mein Brief muß die. nähere Auf⸗ 
HMärung darüber geben. 

Staatsanwalt: Leiden Sie überhaupt an Gedächtniß⸗ 
ſchwäche? Wie kommt es, daß gerade diefe Punkte, die doch 
wichtig fein mußten, und morüber Sie auch im Verlaufe bes 
Unterfuchung gefragt wurden, Ihnen ganz aus dem Gedächt- 
nifje entfchmunden find? 

Zeuge: Ich habe auf das Detailgejchäft gar feinen Ein⸗ 
fluß genommen; meine Aufgabe war es, die Waare zu verfchlei- 
Ben, mit den Kieferungsgeichäften habe ich mich wenig befaß , 
und Hellmann nur jene Mittheilungen gemacht, die. ihn in- 
tereſſiren fonnten. | 

Vorſitzender: Sie haben in Ihrem Briefe den Pafſus 
in Betreff Richter's gefchrieben: »Das wird nun feinen Re⸗ 
bach« vermehren.“ 

Zeuge: Der Ausdruck jelbit ift ſchon ein ſcherzhafter. 

Borfigender: Rebach ift Nutzen und der Ausdrud 
Nutzen ift fein Scherz. 

Zeuge: Nugen nicht, aber: „Rebach«, ja. 

Richter: Ich glaube nur in Betreff des von Herrn 
Bondi gemählten Ausbrudes bemerken zu müffen, daß ich ihm 
gefagt: „Durch Kochen und Wafchen werde eine Verminderung 
in der Breite ftattfinden, nämlich ein größerer Eingang.“ 

Zeuge: Wenn ich mich eined anderen Ausbrudes bes 
diente, als Herr Richter, fo habe ich ihn nicht verftanden. 

- Staatsanwalt: Ich erfuche den Zeugen nicht zu beei⸗ 
den. Er gibt zwar an, daß er keineswegs ein ſchwaches Ge⸗ 
daͤchtniß habe; bemungeachtet aber behauptet er alle jene Punkte 

nicht mehr zu miſſen, die er bei einem quten Gedöchtuiſſe willen 


259 


müßte; er will nicht mehr wiffen, welche Verabredung über die 
Beichaffenheit der Waare ftattgefunden; er will nicht wiſſen — 
(Unruhe und Zifchen im Publifum.) 

Borfigender: Erlauben Sie, dag ich Sıe unterbreche. 
Ich möchte doch wiſſen, wer jener Herr iſt, ber ſich fo unanſtaͤn⸗ 
Dig benimmt. Ich erfuche Die Herren, felbit aufzupaſſen auf folche 
Perjonen, die fich im Gerichtöfaale unanftändig benehmen, ſonſt 
nrüßte ich mich genöthigt fehen, andere Verfügungen zu treffen. 

Staatsanwalt (fährt fort): Er will nicht: mehr wif- 
fen, welche Gründe von Richter angegeben wurden dafür, daß 
die Waare künftig fchmäler ausfallen follte, obgleih Richter. 
ſelbſt ihm in's Antlig fagt, daß ber Schwund allein der rund 
gewefen. Diefe Behauptung Richter’s ſcheint mir richtig, ba 
fie auch beim ArmeesÖberlommando angegeben wurde. Der 
Zeuge will nicht wiffen, wer die Mittheilung gemacht haben 
tollte in Betreff des „feinen Präfentes«. Es tft undenkbar, daß 
er das nicht wiſſe; es iſt undenfbar, bag er e8 von einem Andern 
als eben Bayer erfahren, welcher der gejuchteite Mann für 
Vebergabe ber Lieferung geweſen. Die Behauptung dieſes Zeu- 
gen, dieſes Alles nicht zu willen, ift offenbar falſch. Aus die⸗ 
jem Grunde beantrage ih daher, ihn nach $. 132 lit. g nicht 
zu beeiden. 

Dr. Berger: Ic weiß nicht, welche Verabredungen mit 
Richter gemeint find, auf welche ſich ber Zeuge nicht erinnern 
kann. &8 ift dieß jedenfalls ein Beweis fehr irrelevanter Natur. 
Mas das Schmälerfein der Waare hetrifft, fo geht aus den 
Briefen des Zeugen hervor, daß: er in ziemlich leichtfinniger, 
unkorrekter Weife fchreibt. Er brüdt ſich aber bei @ericht, 
und wo er zu Protokoll vernommen wird, viel gemwiffenhafter 
aus, als in Briefen. Er hat heute ſelbſt angegeben, daß er von 
ber Manipulation nichts verftehe, und dieß ift ein Grund, 
warum er jich an das Schmälerwerben nicht erinnert, warum 
er bie technifchen Auffaffungen Richter’s nicht veritand. Was 
den letzten Umſtand betrifft, daß er ſich nicht erinnert, wer von dem 
feinem Präjente gefprochen, fo zeigt der Brief ſelbſt, daß er ſchon 
damals ſchwankend war. Erfchreibt ja bortan einen Major „oder wer 
fonftbaift«. Dergleichen Auslafjungen ſcheinen ſolche zu fein, welche 
vom Hörenfagen, von der Konverjation herrühren. Wenn es 
bie Briefe find, welche auf den Glauben führen, daB ter Aesae 


260 

mit ber Wahrheit zurüdhalte, fo muß ich geſtehen, der Zeuge 
Scheint in feinen Briefen ſehr gefchwäßig, bei Gericht aber jehr 
forreft zu fein. Ich glaube durchaus nicht, daß man ſagen 
könne, er habe offenbar falfch. ausgefagt. Kine falfche Ausfage 
ift nur dann erwieſen, wenn man bie Unwahrbeit einer Aus⸗ 
fage nachweift; wenn man ihm nachweiſt, wie im Gegenſatze 
zu feiner Angabe der Sachverhalt fich eigentlich dariielt. Ein 
tolcher Beweis, glaube ich, ift nicht geliefert, und fo unange- 
nehm ber Zeuge auch fonft fein mag, fo glaube ih nicht, dag 
ex von der Beeidigung auszufchließen fei. 

Richter: Ich muß mir die Bemerkung erlauben, daß ich 
Deren Bondi als tüchtigen, merkantil gebildeten &efchäfts- 
mann, nicht aber als Fabrikanten fenne. ch habe ihm über die 
Beschaffenheit der Waare nie etwas angegeben, weil er nichte 
davon verfteht. 

Der Gerichtshof zieht fich hierauf zurüd und erflärt nach 
einer 20 Minuten dauernden Berathung, der Beichluß des Ges 
richtshofes fei dahin gefaßt worden, daß der Zeuge Philipp 
Bondi nad $.132, lit. e, nicht zu beeiden fei, weil, nach deſ⸗ 
fen eigener Erklärung, ihm gewiſſe Umſtände ‚nicht erinnerlich 
fein. Der Zeuge wird erſucht, fih im Zeugenzimmer 
aufzuhalten, fals man ihn noch brauchen follte, und ber Ges 
richtsvollzieher aufgefordert, Darüber zu wachen, daß Diefer Zeuge 
mit den anderen nicht in Berührung komme. 

Hierauf wurde der Zeuge Karl von Seuter vorgerufen. 

Diefer, vierzig Jahre alt, aus Lindau in Baiern 
gebürtig, Kaufmann in Wien und Affocie der Firma Smekal, 
fagt aus: Wir haben an Richter ftarfgarnige rohe Waare, 
jogenannte Molinos, vier Biertelbreit, geliefert. Anfangs glaubten 
wiresgejchehedie Lieferung aufRtechnung ber Kreditanftalt, ſpaͤter 
wurben wir jedoch eriucht, unfere Rechnung auf Richter zu 
ſtellen. Die Waare ift um 14 ir. EM. abgeliefert worden, mit 
3°/, Perzent Skonto für Richter. Wir hatten bie Waar⸗ 
franko Wien zu liefern; für bie Ablieferung an die Monturs⸗ 
kommiſſion Hatte Richter felbft. zu forgen. Bayer bat das 
beforgt und von und eine Proviflon von ein Perzent befommen. 
Herr Bayer pflegte bei und Speſenvorſchuß zu erheben; er 
legte feine Rechnung ab, und die haben wir. einfach Richter 
zur Laft gefihrieben. Wir fanden an und für fich dieſe Auslage 


261 


nicht zu beanftanden. (Es wird ihm bie eingelegte Speſenrech⸗ 
nung vorgewieſen.) Die erften Zigarren haben wir ihm auf fein 
Berlangen gegeben, weil das fo üblich ifl. Wenn er aber mehr 
gebrancht hat, mag er es verantworten, daß er fo viel rauchte. 

Vorſitzender: Iſt nach Ihrer Meinung und Gefchäfts- 
kenntniß ein befonderer VBortheil fiir Herrn Richter aus biefem 
Geſchaͤfte erwachſen? | 

Zeuge: Ich glaube, daß die Proviſivn bes Herrn 
Richter eine fehr kleine mar, ich muß bas daraus fchließen, 
weil er bei und die Waare etwas theurer einfaufte, als bei 
Anderen. 

Auf diefe Zeugenausfage bin behauptet Bayer, er habe 
Niemand davon in Kenntniß gefebt, daß er Geſchenke gemacht 
Habe, habe fie aber gemacht, weil er eingefehen, baß es noththue. 

Der Borfitende verlieft nun dem Angeklagten feine Aus- 
fage aus ber Vorunterfuchung, worin er ausbrüdlich fagt, daß 
er die Ermächtigung der Herren Smefalund Richter zu die⸗ 
fem Gefchäfte erhalten habe. 

Bayer will nun das bahin auslegen, daß, nachdem die 
gelegte Spefenrechnung keinen Widerfpruch erlitt, er fich für 
ermächtigt halten konnte. 

Richter: Ich habe zu bemerken, daß ich nur bie Fracht 
allein zu tragen hatte, und daß, nachdem er bloß die bei der 
Monturslommiffion angenommenen Smekal'ſchen Waaren 
zu besahlen hatte, er keinen befonderen Anlaß zueinem Gefchente 
an bie betreffenden Organe hatte. 

Zeuge: Sie mußten nicht allein die Fracht tragen, fons 
bern auch die Reiſeſpeſen des Bevollmächtigten. Uebrigens 
wahrfsheinlich, weil wir eingeſehen haben, daß Herr Richter 
ein fchlechtes Gefchäft gemacht, haben wir uns in Prag zum 
Tragen der Hälfte diefer Spefen entfchloffen. 

Staatsanwalt: Warum haben Sie geglaubt, daß 
Sie das Seichäft mit der Kreditanftalt machen? 

Zeuge: Da Richter, als erſter Direktor der Anitalt, 
Derbi, ſo glaubte ich, daß ich mit der Kreditanftalt vers 
handle. 

Staatsanwalt: Ich glaube aber, daß man auf die 
bloße Vermuthung bin nicht gleich Jemand mit der Rechnung 
belaftet. 


262 


Zeuge: Ich bitte um Verzeihung; wenn bei ung ber 

Prokuraführer eines Hauſes ein Gefchäft entrirt, fo fragen wir 
nicht um die Vollmacht, fonbern wir fegen voraus, baß er bie 
Geſchäft für fein Haus macht; fo auch bei Richter in Bezug 
auf die Krebitanftalt. 

| Staatsanwalt: Mit welchen Worten bat Bayer bie 
. Zigarren verlangt? 

Ä Zeuge: Ich erinnere mich nicht genau, weil ich mit ein 
paar Kiften Zigarren nicht fo viel Weſens zu machen pflege. 

Dr. Berger: Hatten Sie felbft Schritte gemacht, um 
Lieferungen zu machen? 

Zeuge: Nur ein einzigesmal, ein paar Tage vor dem 
Frieden von Villafranca, haben wir uns bei dem Armee⸗Ober⸗ 
kommando erkundigt. Wir fürchteten zu ſehr den Zeitverluſt. 
Die Zeit iſt fuͤr uns Geld. Wir haben einen Vermittler vor⸗ 
gezogen und würden ihn noch heute vorziehen. Der Zeuge wird 
beeidet. 

Samuel Kallberg, 21 Jahre alt, bedienſtet bei Hell⸗ 
mann. Eriſt derjenige, der die Ablieferung ber Hellmann’fchen 
Waaren bei ber Monturstommiifion in Prag beforgte. Er hat 
eine Million und zwanzig Ellen zur Ablieferung gebracht. 

VBorfigender: In welch’ nähere Berührung find Ste 
mit dem einen oder dem anderen ber in der Monturskommiſſion 
beichäftigten Männer gelommen? Ä 

Kallberg: Ich bin zu Ende der Lieferung, ed war zu 
Ende Februar, von den Leuten im Departement Nr. 1 aufges 
fordert worden, ich foll ihnen etwas geben. Ich fagte, daß ich 
nichtö geben koͤnne. Einen beitimmten Betrag haben fie auch 
nicht verlangt, und als Urfache ihres Verlangens gaben fle 
ihre Mühemaltung an. Ste ſetzten auch hinzu, daß fie von 
jedem Lieferantenetwas befommen. Ich fagte es Herm Krum b⸗ 
bolz. Er fagte mir, er werde Herrn Richter darüber fchreiben ; 
bann verlangte er einen Vorfchlag über bie Höhe des Betrages 
und theilte mir fchließlich mit, daß Herr Richter diefen Vor⸗ 
fohlag unter der Bedingung genehmige, wenn es nur eine »Gra⸗ 
tifitation« für gehabte Mühe ift. Nachdem ed nun nichts Anderes 
war, fo habe ich das Geld befommen und an bie Leute vertbeilt. 
Das Geld, das ich befam, betrug 533 fl., die VBertheilung 
geſchab nach ber von mir eingelegten Aufitellung und fo ziemlich 


263 


an einem Tage. Ich gab Vormittag bem Hauptmanne Strand 
100 fl. Ich gab fle ihm aufder Gaife, jedoch in einem Kouvert, 
und ſagte ihm dabei: „Herr Richter Taife fich empfehlen unb 
fende Ihnen das fiir Ihre, Mühe.“ Es ift möglich, daß es 
Jemand geſehen Hat, denn ich habe es ihm nicht im Geheimen 
gegeben. Der Hauptmann fagte mir, ich möchte an Herrn 
Nichter feinen Dank ausfprechen. Der Meiiter Politfch 
bekam 50 fl, auch auf der Galle. Oberlieutenant Baum 
100 fl., Oberlientenant. Schmidt 30 bis 40 fl. Die beis 
den Letzteren befamen das Geld auf dem Balkon der Monturss 
kommiſſion. Außerdemerbieltnochein Oberlientenant im Depars 
tement Nr. 120 fl., und zum Schluffe die gemeinen Soldaten 
zum Theile mehrere zufammen Beträge in ber Höhe von 30 fl., 
zum Theile einzeln entweder zu fünf&ulden oder nur zu einem 
Sulden. Die Summe der an die gemeinen Soldaten vertheilten 
Gelder beträgt 80 bis 100 fl. 

Borfigender: Haben Sie alle für die Oratififation bes 
flimmten Gelder ausgegeben? | | 

Zeuge: Nein, 180 fl. blieben übrig, welche ich Herrn 
Florian Richter perfänlich übergab. 

Borfitender: Wie groß war der Zeitraum von ber erften 
Betheilung bis zur Zeit, als Sie von Krumbholz nachtraͤg⸗ 
lich 40 fl. bezogen haben? 

Zeuge: Das weiß ich nicht, fieben bis acht Tage. 

Vorfigender: Mehrere Herren, denen Sie nah Ihrer 
Ausfage Geſchenke gegeben, haben dieß beitimmt verneint. 
Bleiben Sie bei Ihrer Ausfage? | 
Zeuge: Ich bleibe dabei. Ich kann es mit Beitimmtheit 
fagen. | 

Vorfitender hält dem Zeugen nochmals feine Ausſa⸗ 
gen vor, bezeichnet nochmals die Perfonen, denen er Geſchenke 
gegeben hat, und auf die abermalige Frage, ob der Zeuge bei 
feiner Ausfage bleibe, erwiedert biefer mit einem beftimmten» Ja«. 

Auf die Frage des Vorfitenden, was Her Richter 
Dazu zu bemerken habe, erwieberte diefer: Hoher Gerichtshof! 
Ich kann mich nur auf die Motive berufen, bie mein Brief ent⸗ 
Halt. Ich Habe Niemand den Auftrag gegeben etwas zu vers 
fprechen, und gerabe diefer Umſtand und der Umftand, da 
die Brager Kommiſſion die einzige geweſen it, weder ie Bose 





‚264 


bem Lieferungstermin gemäß abgenommen hat, hat mich ver- 
anlaßt, die von Kallberg vorgefchlagenen und von Krumb⸗ 
holz überfandten Remunerationen zu bewilligen. Ich hatte bie 
Ueberzeugung, daß bie Leute in Prag fehr wader gearbeitet has 
ben, eine Ounſt habe ich nicht in Anfpruch nehmen wollen. 

Vorſitzender: In weſſen Jutereſſe find die Beträge an 
die Leute der Montursfommiffion abgegeben werben? 

Richter: Ich kann nicht fagen, daß es mein ntereffe 
war, ich habe aber die NRemunerationen für den außerorbentlis 
chen Fleiß bewilligt. 

Der Borfigende legt num bem Zeugen feine Original 
rechnungen über bie Nemunerationen vor; die letzte iſt vom 8. 
März 1860, welche er auch anerkennt. 

Vorfigender zu Richter: Wo ift die Sulanmenfedung 
ber Remuneration? 

Richter: Ich habe fie vertilgt. 

Borfigender: Ich muß Sie auf den Brief von Krumbs 
holz vom 21. Februar aufmerffam machen, in bem er Ihnen 
ein BVerzeichniß über Nemunerationen zur Genehmigung und 
Rektififation zu unterbreiten verfpricht, fobald bie Lieferung 
beenbet fein wird, und Sie erwieberten darauf, er moͤge Ihnen 
BVorfchläge machen, was er auch that. Haben Sie die Berfonen 
in's Auge gefaßt, Die babel bedacht waren? 

Richter: Ich bin in feine genaue Prüfung eingegangen. 

Borfigender: Wie konnten Sie aber zugeben, daß Ofr 
figiere mit Douceurs honorirt wurben? 

Richter: Ich habe ſchon gefagt, es war für die außers 
ordentliche Dienftleiftung und ich dachte nicht eine ftrafbare 
Handlung auszuüben. 

Vorſitzender: Es fcheint mir aber doch, daß Ihnen eine 
andere Anficht vorgeſchwebt hat. Sie ſchrieben ja an Krumb⸗ 
holz: »Mit den Remunerationen koͤnnen Sie nach Ihrem 
Vorſchlage vorgehen, die Sache will aber ſehr vorſichtig und 
zwar zunieiſt im Intereſſe Der betreffenden Perfonen Sorgenoms 
men werden, denn es hängen Eriitenzen davon ab. Ich gebe, 
nachdem has Gefchäft abgemidelt ift und feine Berfprechungen 
bei Beginn und währenb ber Gefchäfte Ihrerfeits gemacht wor⸗ 
ben find, für verurfachte Mühe gerne, aber es darf bad Geben 





265 


feinen andern Gharakter baben,* und als Notiz iR beigefügt: 
„ben Zettel habe ich verbrannt. « 

Michter: Es ift das ber Ausdruck meiner Gefühle gewe⸗ 
fen; weil ich nichts dafür in Anſpruch genommen habe, babe 
ich den Orundfaß: » Leben und leben lafjen« Bier in Anwendung. 
bringen laffen, 

Vorſitzen der zu frumbholz: Was ſagen Sie dazu? 

Krumbholz: Ich ſah darin keine ſtrafbare Handlung. 

Vorſitzender: Wohin if bie Zuſammenſtellung ges 
fommen? 

Krumbholz: Ich Habe fie. dem Herrn Richter gegeben; 
e8 ift das ber im Briefe angeführte Zettel. 

Staatsanwalt zum Zeugen: Welche Anitände find 
gemacht worben bei der erſten Lieferung von vier Millionen, und 
was hat man an der Waare audgefeht? . 

Zeuge: Der Hauptmann hat bie Waare mit ber Lupe 
unterfucht und mir gegenüber nur gefagt, fie ſei nicht muſter⸗ 
mäßig; das Warum fagte er mir nicht. 

Staatsanwalt: Sind fe auch von den Offizieren um 
eine Remuneration angegangen werben, wie von der Mann⸗ 
fchaft? 

Zeuge: Nein. 

Staatsanwalt zu Richter: Sie haben -jelbft verlangt, 
daß Ihnen ein Vorfchlag gemacht merbe, warum haben Sie 
fich nicht die Mühe genammen denſelben zu leſen? 

Richter: Das liegt in meiner Stellung; ich Habe für 
meine Geſchaͤfte oft nur ein paat Minuten Zeit; ich mußte, 
daß mir Krumbholz nichts. vorſchlagen würde, was ich nicht 
genehmigen kann. 

Staatsanwalt: er wäre angemeſſen heweſen, die ein⸗ 
zelnen Poſten zu prüfen, es kann der Vorſchlag nur ben Zweck 
baben, ob die Boften für die entſprechenden Chargen end zweck⸗ 
mäßig beſtimmt ſind. 

Richter: Meine Meinung war nur einen Verſchlog in 
Bezug auf die Ziffer zu machen, nicht aber in Bezug auf vi 
Berfonen. 

Dr. Berges (zum Zeugen): Wann haben Sie bie. — 
sung beendet gehabt? 

Zeuge: Segen Enbe Februar. 


266 


Dr. Berger: Wiſſen Sie den Tag beſtimmt? 

Zeuge: Nicht genau. 

Dr. Berger: Wie lange nach bewerkſtelligter left 
haben Sie das Gelb zur Verteilung an die Offiziere und Sw 
Daten beiommen? 

Zeuge: Das Geld befam ich einen Tag früher, be or 
ich mit der Lieferung zu Ende war. 

: Dr. Berger: Wie lange nach bewerkſtelligter Liefer 0 
Haben Sie ſich in die Kommiſſion begeben, um das Geld ar mb; 
zuzahlen? 

Zeuge: Eine halbe Stunde darnach, als ich den Liefer 
fchein in Händen hatte, zahlte ich auch. 

Dr. Berger: Wann haben die Leute um Gelb = 2 
ſucht? 

Zeuge: Gegen Ende der vieferuag, Ende Februar. 

Dr. Berger: Wie viel war da noch zu liefern? 

Zeuge: Zwei bis drei Tage früher war-die Hebernahme 
der Lieferung vollendet. 

Dr Berger: Im Briefe bes Herrn Krumbh olz ſteht 
aber: „Es find noch 8000 Ellen zu übernehmen, welche wahr: 
ſcheinlich morgen übernommen werden.“ 

Zeuge: Wahrſcheinlich meint Krumbholz, daß dieſe 
8000 Ellen noch zu meſſen ſeien. 

Krumbholz beſtätigt dies. 

Staatsanwalt: Der Zeuge erkennt ſelbſt, daß er meh⸗ 
rere Geſchenke gegeben, und zwar in nicht unbeträchtlichen Be⸗ 
trägen, nicht bloß an die Mannfchaft, ſondern auch an Offi⸗ 
ztere. Sch habe feinen genügenden Grund, anzunehmen, da 
dieſe Geſchenke vor Beendigung der Lieferung gegeben feien, ob- 
gleich das immer noch eine Möglichkeit ift. Allein bie Frageiſt, 
ob denn diefe Geſchenke nicht vor Beendigung der Lieferung wes 
nigftens verfprochent worden find, und wäre dieß geichehen, fo 
müßte man den Zeugen bed Verbrechens zur Verleitung bes 
Misſsbrauches der Amtsgewalt befchuldigen. Ich glaube, daß 
ein genügenber Anhaltspunkt. vorhanden üft, ven Zeugen wes 
nigftens für verdächtig zu halten, dag ein Verfprechen früher 
wirklich ftattfand. Diefer Verdacht ſcheint mir Daraus hervor: 
zugehen, daß er jelbit der Mannſchaft ein ähnliches Verfprechen 
machte; wie er felbit fagt, gegen Ende der Lieferung, alfo nicht 


267 


mach Beendigung derielben, daß aber das Verzeichniß Namen 
enthält, von denen eine frühere Erinnerung erhalten zu haben 
er fich nicht erinnert. Ich meine nun, wenn bie Veranlaffung 
feines Verzeichniſſes bloß bie Erinnerung der Mannfchaft ges 
weſen wäre, jo wäre ed eigentlich erflärlich, daB er vor Allem 
auf die Mannſchaft gedacht hätte. Es kommt aber vor, daß 
die 40 fl., die er nachträglich verlangte, exit ſpaͤterhin an bie 
Vannſchaft vertheilt wurden. Es iſt der Zeuge wegen bes Ver⸗ 
brechens der Verleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt nicht 
in Unterſuchung zu ziehen. Ich will nicht ſagen, er ſei rechtlich 
beſchuldigt, daß er aber auf Grundlage des F. 132, lit. A, der 
St.⸗P. O. verdächtig erfheint, am dieſem Verbrechen Theil ges 
nommen zu haben. 

Dr. Berger: Aus der eben dargelegten Eorrefpondenz 
geht hervor, daß am 20. Februar noch 8000 Ellen abzuliefern, 
sefpeetive abzumeſſen gemefen feien, und daß biefe Uebernahme 
am 22. Februar hätte ftattfinden follen. Der zweite Brief des 
Herrn Richter, welcher fih auf die Douceurs der Monturs⸗ 
kommiſſion in Prag bezieht, ift vom 22. Februar datirt und 
enthält erft bie Genehmigung berfelben. Diefer Brief langte das 
ber erſt am 23. Februar in Prag an und e8 liegt daher nicht 
erwiefen vor, daß irgend eine Geſchenkzuſicherung oder gar eine 
Geſchenkgebung noch vor bewerfftelligter vollftändiger Webers 
nahme der Waaren erfolgt ſei. So weit es fich alio um das 
Faktum der Gefchenfgebung handelt, iſt dieſe allerdings erft 
nach vollfommen bewertftelligter Nebernahme der Waaren geſche⸗ 
ben, und der Zeuge tft nicht einmal der Uebertretung des F. 311 
Ihuldig. Was aber den Verdacht bezüglich des Verbrechens ber 
Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt betrifft, fo glaube 
ih, daß das Faktum, daß der Diannfchaft allenfalls etwas ver⸗ 
fprochen worden wäre, doch nicht einen analegen Schluß dahin 
läßt, daß ein ähnliches Verfprechen den Offizieren gemacht 
worden fei. Mindeftens dürfte befannt fein, daß das Verhalten 
Dffizieren gegenüber von Seite eines jungen Mannes, wie die⸗ 
fer Kommis ift, ganz anders ift, als das der Mannfchaft ge- 
genüber, und daß man einem Dffizier ein Geſchenk nicht ſo an⸗ 
bieten Tann, wie etwa einem Korporalen, der Durft fühlt und 
um ein Doueeur bittet. Ich finde daher von da ausgehend, 
daß allenfalld der Mannſchaft etwas veriprodden wanrüen |k\, Vo 


268 


durchaus kein analoger Schluß zuläffig ift auf ein Berhalten 
gegenüber ben Offiziesen.. Ueberdieß fcheint es mir aber, daß bie 
Begriffsbeſtimmung, welche bie Strafprogeßorbnung von einem 
Verdachtsgrunde aufftellt, eine engere ift alö ‚die, welche: von 
ber löblichen Staatsbehörde angegeben wird. Zu einem Ber 
dachtsgrunde gehört ein Zufammenbang zwilchen einer beftimm- 
ten Perfon und einer beftimmten That, welche in einem Kau⸗ 
ſalitaͤts⸗ Zufammenhange ftehen. Ein folder Zuſammenhang 
liegt aber nıcht vor, es ift eine vage Vermuthung, daß biefer 
Mann fich des Verbrechens der Berleitung zum Mißbrauche der 
Amtsgewalt ſchuldig gemacht Hat, es ift der Verdachtsgrund 
der litera a alſo nicht vorhanden. 

Dr. Wiedenfeld: Ich glaube beifügen zu müffen, baf 
ſelbſt Der vorgelefene Brief Richter’3 einen Anhaltspunkt gibt, 
daß nichts verfprochen worben ift. Richter fagt, daß nur Et» 
was zu geben ift, wenn Nichts verfprochen worden. 
Da die Gefchäftsfährung gewohnt war, immer bie Auf 
träge genau zu vollziehen, fo ift diefer Auftrag nur dann volls 
zogen worden, wenn Nichts versprochen werben war. 

Staatsanwalt: Was die Bemerkung Richter’s in 
feinem Briefe betrifft, fo muß ich geftehen, daß ich Darauf fein 
Gewiſcht lege, ich habe leider zu oft erfahren aus der Vorlefung 
ber Briefe, welche Spiegelfechterei Richter und fein Fabriks⸗ 
direktor getrieben haben. Es ift in den Briefen, wo es fich um 
die Reduktion handelt, geiprochen worden, als ob fie bedauern 
würden, daß rebuzirt worden iſt, und ber Direktor der Fabrik 
iſt vollfommen darauf eingegangen, und bebauert gleichfalls, ob- 
gleich beide wußten, daß fie. e8 find, die rebuzirt haben, und 
daß fle nicht rebuzirt warden find. Was den Berbachtsgrund 
betrifft,. fo erlaube ich mir darauf zu erwibern, daß bie Strafs 
prozeßordnung nähere und entferntere Verdachtsgründe kennt, 
daß F. 132 lit. a nicht davon ſpricht, es muß ein näherer Ber: 
dachtsgrund vorhanden ſein, um eine Spezialunterſuchung ein⸗ 
zuleiten, es genuͤgt ein entfernter. 

| Dr. Berger: Ich muß mich darüber wundern, daß man 
Die Korrefpondenz Richter’s in diefem Augenblide als eine 
Spiegelfedhterei erklärt, nachbem doch der größte 
Theil der Anklagefchrift anf die Korrefponbenz. des 
Herrn Richter gebaut ift. Auf den Brief baute mar Das 


2069 


ganze Verhalten Richter’8 zu den Sublontrahenten, und in 
dieſem Falle nimmt man den Brief als pure Wahrheit. Ih 
behalte mir die Erörterung darüber auf meine Schlußanführung 
sor. Ich glaube daher, wenn man in einem Falle einen Brief 
des Herren Richter an Krumbholz wie ein Notariatsinſtru⸗ 
ment interpretirt, daß man fich dieß in andern Fällen auch ge- 
fallen laſſen muß. Was die Verbachtögründe anbetrifft, fo ift 
mir ebenfalls nicht fremd, daß unfere Strafprozefordnung 
nähere und entferntere kennt. Worauf ich hinſpielte, war ber 
Aufammenhang zwifhen That und Perfon, und daß biefer 
nur dann verwirklicht ift, wenn man eine beftimmte That 
und eine beitimmte Perfon nachweiſt, das iſt gewiß, und eben 
o tft gewiß, daß das Verhalten zur Mannſchaft feinen Schluß 
auf das Verhalten zu den Offizieren geftattet. Ich glaube, 
es fteht feit, daß ber Zeuge eines Verbrechens an der Theil: 
nahme der Handlung nicht verbächtigt ift, und daß feiner 
Beeidigung fein Grund im Wege iteht. 

Dr. Wiedenfeld: Ich glaube, daß man ben erwähn⸗ 
ten Briefen Spiegelfechterei nicht vorwerſen kann. Der erite 
Brief war wohl geichtieben, um dem Krumbholz als Beleg 
gegen die Sublieferanten zu dienen. Allein aus dem in Rede 
ſtehenden Briefe erhellt, daß er nicht gefihrieben war, um von 
Jemand gelefen zu werden, denn es kommen darin Ausbrüde 
vor, wie: »ich habe ben Zettel vernichtet, die man gewiß nicht 
beifügen würbe, wenn man vorausſetzen koͤnnte, daß ber Brief 
von Andern gelefen werbe. | 

Nach einer Berathung des Gerichtshofes, welche zwanzig 
Minuten dauerte, erfläst der Vorſitzende, daß ber Beſchluß dahin 
gefaßt worden fei, Samuel Kallberg fei in Folge bes $. 132, 
lit. A, nicht zu beeiben. Der Vorſitzende erflärt zugleich, daß, 
da bie Vernehmung bed nun an die Reife kommenden Nathan 
Hellmann ohne Unterbrehung zu lange dauern würde, Die 
Verhandlung auf morgen vertagt werde. (Schluß der Sitzung 
1/, U) 

Die Sitzung beginnt um 9 '), Uhr. Der Vorſitzende for- 
bern Michter auf, über feine Geſchäftsverbindung mit bem 
Hauſe Schroll ſich auszufprechen. 

Richter: Als die Einrichtung von Spitaͤlern angeord⸗ 
net wurde, trat ein ſehr ſtarker Bedarf von Baumwollſtoffen 


270 


beim Armee-Obertommanbo ein. Ich wurbe aufgefordert, mich 
umzufehen, was ich liefern fönnte. In Bolge deſſen habe id; 
den Geſchaͤftsleiter des Hauſes Schroll rufen laſſen, und ihn 
gefragt, ob und wie viel er ſolche geeignete Waare beſitze. Dar⸗ 
auf hin hat er mir eine Probe gebracht, mit dem Bemerken, es 
ſeien davon 1000 Stück vorhanden. Das war gebleichte Waare; 
ben Preis hat er mit 13 kr. beſtimmt. Sch habe die Probe mit 
Angabe desſelben Preifes dem Armee-Oberkommando vorge⸗ 
legt: fie wurde algeptirt, und das find die 1000 Stüd, welche 
bei der Ablieferung in Stoderau etwas ſchmäler gefunden wur⸗ 
den als die Probe. Nachdem damit der Bedarf nicht gededt war, 
fofragte ih Herm Schroll, was er weiter liefern könne, und er 
bat dann 5000 Stüd, Die für Leintücher beſtimmt waren, zur 
Lieferung übernommen. Richter äußert weiter, baß dem Hauſe 
Schroll befannt gewefen fei, daß diefer Ankauf für den Bedarf 
bes ArmeesÖberfommandos ftattfinde, und dag Schroll bie 
Waare an ihn (Michter) geliefert, da er nicht glaubte, daß es 
die Abficht des Schroll geweien fei, direkt an das Armees 
Oberfommanbo zu liefern, 

Borjigender: Erinnern Sie fi) an die Zeit, in wels 
her Sie in dieſe nähere Beziehung zu Schrol!l getreten find: 

Richter: Es war unmittelbar nach der Kriegserflärung; 
es muß im Monate Mai gewefen fein, genau fann ich e8 aber 
nicht fagen.. Das Datum ber Kriegserklärung ift maßgebend, 
weil eben in Folge diefer Kriegserklärung die raſche Errichtung 
von Feldfpitälern angeordnet worden iſt. 
Borfigender: Welchen Nupen hatten Sie von dem Ge⸗ 
ſchäfte? 

Richter: Ich habe bei dem Geſchäfte von 1000 Stück 

eine Proviſion von circa 260 bis 280 fl. bezogen, und zwar 
deßhalb, weil ich vis-A-vis dem Armee-Oberlommando bie 
Haitung ber Uebernahme hatte; außer dieſen habe ich bei ben 
1000 Stück nichts verdient. 

Borfigender: Welche Propofitionen haben Sie bei dies 
fen 1000 Stück dem ArmessOberfommando gemadt? 

Richter: . Ich ſtellte benfelben Preis, welchen mir 
Schroll geftelt hat. Es wurde ein Etüd, das mir-der Ges 
fchäftsleiter von Schroll gegeben, als Diufter vprgelegt. Dies 
ſes Mufter wurde auch dem Armee⸗Oberkommando gelaffen 





271 


und nach Stockerau gebracht. Ich glaube, daß es dem hohen 
Armee =» Oberfommando bekannt war, daß die Waare von 
Schroll ift, denn ich habe den Auftrag befommen, auf dem 
Plate zu Faufen; es ijt alfo ein Handkauf gemefen, und ich 
Habe nicht mehr als diefe 1000 Stüd geeigneter Waare auffin- 
Den können. Wegen des weiteren dringlichen Bedarfes habe ich 
Schroll zur Erzeugung einer bejjeren Partie aufgefordert und 
5000 Stüd gebleichter Waare bei ihm anfertigen lafjen. 

Vorſitzender: Welche Beziehungen beftanden zwifchen 

Ihnen und Schroll bei diefem Gefchäfte? 

Richter: In Folge meiner Aufforderung zur Lieferung, 
von 5000 Stück hat Schroll diefelbeübernommen, und zwar 
zum Preife von 13 '/, fr. per Elle und mit der Bedingung, 
bag er. das Garn hiezu von mir um 38 fr. beziehe. Urſprüng⸗ 
lich maren die Beltimmungen 13 und 36 fr.; nachdem aber 
durch Erhöhung der Valuta und durch den Umstand, daß 
Schroll vorzügliches Garn verlangte, ich in die Nothwendig⸗ 
keit gejeßt war, für mein Garn 38 fr. zu verlangen, wurde 
ber Preis auf 13 kr. feſtgeſetzt. 

Vorſitzender: Welche Bedingungen wurden bei dieſem 
©efchäfte feitgeftellt? 

Richter: Da ich beim ArmeesÖberfommando die Hafs 
tung übernommen hatte, fo habe ich im Ganzen 3 '/, Perzent 
Provifton bezogen, wovon ich aber die Stempel und die Ueber⸗ 
gabsprovifion zu beftreiten Hatte, fo daß ich bei den 5000 
Stüd im Ganzen 1100 fl. verdient habe. Krumbholz hatte 
von dieſem ©efchäfte feine nähere Kenntniß, als das was die 
Garne betraf, die er an Schroll lieferte, ba die Buchung über 
das Sefchäft felbit nicht in Prag, fondern hier in Wien erfolgte. 

Vorſitzender: Ich muß die Trage an Sie ftellen, ob 
KrumbHolz von diefem Gefchäfte gar Feine Kenntniß befom- 
men habe. 

Richter: In Betreff der 5000 Stüd habe ich ihm mit- 
getheilt, ich hatte die Hoffnung, durch Schroll beim Armee 
Oberkommando ein Gefchäft zu machen, und daß ich dabei in 
die Lage kommen würde, eine Partie Garne zu placiven. Rüd- 
fichtlich des erften Gefchäftes habe ich gar feine Mittheilung ge= 


macht, denn es war ein bier burchlaufendes Geſchäft. 
W 


272 


Borfigender: Wer hatte dafür die Haftung gegenüber 
bem Armee⸗Oberkommando? 

Richter: Ich, fowohl für die richtige Lieferung als auch 
für die richtige Qualität. 

Der Vorfigende läßt den Angeklagten Krumbholz vor⸗ 
führen und dieſer beſtätigt im Weſentlichen das, was bereits 
Richter über dieſe Angelegenheit geäußert hat. Er will von 
ben näheren Beſtimmungen hinſichtlich dieſes Geſchäͤftes mit 
Schroll nichts wiſſen, als was auf den Garnkauf Bezug hat, 
und daß in Smichow das Haus Schroll für das Garn, wel 
ches an dasselbe geliefert, und zwar urfprünglich mit 36 Tr., 
dann mit 38 Tr. belaftet wurde, 

Der Vorſitzende verlieft nun mehrere Briefe Richter's an 
Krumbholz, welche auf diefes Gefchäft Bezug haben. In dem 
erſten Briefe vom 20. April 1859 iſt die Hoffnung ausgeſpro⸗ 
chen, daß ein ſolches Geſchaͤft mit Schroll werde abgeſchloſſen 
werden. In dem Briefe vom 21. April aͤußert fich Richter, 
bag ihm von entjcheidenden Perfönlichkeiten aller Vorſchub ger 
Jeiftet und fein Webereiprojeft mit großer Zuverficht zur Realis 
firung gelangen werde. 

Kichter: Ich meinte Hier die Einrichtung, meiner mes 
chaniſchen Weberei in Leibifchgrund. 

Borfisender: Welche entjcheibenden PBerfönlichkeiten 
haben Sie darunter verftanden? 

Richter: Heren FME. Freiherrn v. Eynatten, ben 
Seftionschef Noe und alle die Herren, welche mich aufforders 
‚ten, mich unter die Konkurrenten zu ftellen, u, 3. als Lieferant von 
Baummwollitoffen. Es wird nun ein Brief vom 26. April vers 
lefen, worin Richter an Krumbholz fchreibt, daß eine Bars 
tie Garne mit 36 fr. an Schroll zu Tiefern fei, und daß noch 
weitere 25,000 Pfund nachkommen werben, bezüglich deren er 
erft nach Verlauf von acht Tagen den Preis beftimmen könne. 

Krumbholz: Das hat fih fpäter geändert, und ber 
Preis wurde auf 38 Er. erhöht. 

Richter: Aus dem ®runde, weil während ber Dauer 
der Unterhandlungen eine bedeutende Verfchlechterung der Va⸗ 
luta eingetreten it. In einem Schreiben vom 3. Mai theilt 

tichter mit, daB, je nachdem er den Preis der zu liefernden 





273 


Stoffe bedingen werde, auh Schroll für das Garn mehr als 
36 fr. zahlen müfle. 

Richter: Ich konnte nicht früher bezüglich des Garne 
abfchließen, bevor nicht das Gefchäft mit dem Aerar in Orbs 
nung war. &8 hat dieß Bezug auf bie Lieferung der 5000 
Stüd Stoffe, und da von dem Preife für die Stoffe auch bie 
Beitimmung der Qualität der Dazu zu verwendenden Baum- 
wolle abhängt, "fo konnte auch dann erft der Preis des Garns 
beftimmt werben. 13 kr. war ber Preis der Stoffe gegen- 
über dem Armee-Öberfommando, und ich habe mit Schroll 
auf 13 '/, Er. abgefchlofien. 

In einem Schreiben vom 5. Mai zeigt Richter bem 
Krumbholz an, daß Schroll, dem nun '/, fr. per Elle mehr 
gezahlt werde, an ihn den Unterſchied im Preiſe der Garne von 
36 auf 38 kr. zu vergüten habe. Auch wird in dieſem Briefe 
zugleich Krumbholz verſtaͤndigt, daß Richter 3 Y Perzent 
Skonto und Proviſion von Schroll beziehe. 

Richter: Die Vergütung bat deßhalb ftatigefunden, weil 

ern Schroll urſprünglich das Garn mit 36 Fr. berechnet 
wurde, und fie mar auch gerechtfertigt wegen ber mittlerweile 
eingetretenen Verichlechterung der Valuta. Später habe ich ge« 
fagt, wozu erſt eine Ertravergütung, ich zahle Schroll ben 
Preis, welchen ich vom Armee-Oberlommando bekomme, und 
er bat mir 38 fr. für das Garn zu zahlen. Das ift dann eine 
effektive Abrechnung. 

Vorſitzender (zu Krumbholz): Was fagen Sie dazu? 
Sie äußerten früher, daß Sie von all dem nichts wiſſen. 

Krumbholz: Ich kann darüber nichts jagen, ich weiß 
nur das, was das Oarngefchäft betrifft, und da ift feine Pros 
viſton gezahlt worden. 

Richter: Don der Vergütung hat es fein Abkommen ge⸗ 
habt, aber die Provifton habe ich immer bekommen für meine 
Haftung, die ich gegenüber dem Armee⸗Oberkommando hatte. 

In einem Briefe vom 21. Mai erklärt Richter, daß er 
beim Genuß von 3 '/, pCt. für Skonto und Provifion von 
Schroll, da er vom Aerar bares Geld beziehe, eine weſent⸗ 
liche Aufbeſſerung bes Gefchäfts erwarte. 

- Richter: Ich meinte aber nicht eine Aufbeilerung vis- 
A-vis dem Armee-Oberlommando , fondern vis-a-vis von 
20* 


272 


Borfigender: Wer hatte dafür die Haftung gegenüber 
dem Armee-Oberfommando? 

Richter: Ich, ſowohl für die richtige Lieferung als auch 
für Die richtige Qualität. 

Der Vorfißende läßt den Angeklagten Krumbholz vor⸗ 
führen und dieſer beſtaͤtigt im Weſentlichen das, was bereits 
Richter über dieſe Angelegenheit geäußert hat. Er will von 
ben näheren Beftimmungen hinſichtlich dieſes Geſchäftes mit 
Schroll nichts willen, als was auf den Garnkauf Bezug hat, 
und daß in Smichom das Haus Schroll für das Garn, wel 
ches an dasfelbe geliefert, und zwar urfprünglich mit 36 kr., 
dann mit 38 fr. belaftet wurde, 

Der Borfitende verlieft nun mehrere Briefe Richter’s an 
Krumbholz, welche auf dieſes Gefchäft Bezug haben. In dem 
erften Briefe vom 20. April 1859 ift die Hoffnung ausgefpros 
hen, daß ein folches Gefchäft mit Schroll werde abgefchloffen 
werben. In dem Briefe vom 21. April äußert fih Richter, 
dag ihm von entjcheidenden Perfönlichkeiten aller Vorſchub ges 
Jeiftet und fein Webereiprojeft mit großer Zuverficht zur Reali⸗ 
firung gelangen werde. 

Kichter: Ich meinte hier die Einrichtung, meiner mes 
chanifchen Weberei in Leibifchgrund. 

Borfisender: Welche entfcheidenden PBerfönlichkeiten 
haben Sie darunter verftanden? 

Richter: Herm FML. Freiheren v. Eynatten, ben 
Seftionschef Nioe und alle die Herren, welche mich aufforders 
.ten, mich unter die Konkurrenten zu ftellen, u, 3. als Lieferant von 
Baumwollftoffen. Es wird nun ein Brief vom 26. April vers 
lefen, worin Richter an Krumbholz fehreibt, daß eine Par 
tie Garne mit 36 fr. an Schroll zu liefern fei, und daß noch 
weitere 25,000 Pfund nachkommen werden, bezüglich deren er 
erft nach Verlauf von acht Tagen den Preis beftimmen fönne. 

Krumbholz: Das Hat fich ſpäter geändert, und der 
Preis wurde auf 38 Er. erhöht. 

Richter: Aus dem Grunde, weil während der Dauer 
der Unterhandlungen eine bedeutende Verfchlechterung der Va⸗ 
luta eingetreten ift. In einem Schreiben vom 3. Mai theilt 
Richter mit, daß, je nachdem er den Preis der zu Tiefernden 


273 


Stoffe bedingen werde, auch Schroll für das Garn mehr als 
36 Er. zahlen müfle. 

Richter: Ich konnte nicht früher bezüglich des Garns 
abfchließen, bevor nicht das Gefchäft mit dem Aerar in Ord⸗ 
nung war. Es hat dieß Bezug auf die Lieferung der 5000 
Stück Stoffe, und da von dem Preife für die Stoffe auch bie 
Beſtimmung der Qualität der dazu zu verwendenden Baum: 
wolle abhängt, ſo konnte auch dann erft der Preis des Garne 
beftimmt werden. 13 '/, fr. war ber Preis der Stoffe gegen- 
über dem Armee-Oberfommando, und ich babe mit Schroll 
auf 13 kr. abgefchloffen. 

In einem Schreiben vom 5. Mai zeigt Richter dem 
Krumbholz an, daß. Schroll, dem nun '/, fr. per Elle mehr 
gezahlt werde, an ihn den Unterſchied im Preife der Öarne von 
36 auf 38 fr. zu vergüten habe. Auch wird in diefem Briefe 
zugleih Krumbholz veritändigt, daß Richter 3 Ya Perzent 
Skonto und Provifion von SchrolT beziehe. 

Richter: Die Vergütung hat deßhalb ftattgefunden, weil 

ern Schroll urfprünglich das Garn mit 36 Er. berechnet 
wurde, und fie war auch gerechtfertigt wegen der mittlerweile 
eingetretenen Verfchlechterung der Baluta. Später habe ich ge- 
fagt, wozu erſt eine Ertravergütung, ich zahle Schroll den 
Preis, welchen ich von: Armee-Oberfommando befomme, und 
er bat mir 38 Er. für das Garn zu zahlen. Das ift dann eine 
effektive Abrechnung. 
| Borfigender (zu Krumbholz): Was fagen Sie dazu? 
Sie äußerten früher, daß Sie von all dem nichts wiſſen. 

Krumbholz: Ich kann darüber nichts jagen, ich weiß 
nur das, was das Oarngefchäft betrifft, und da ift feine Pros 
viſton gezahlt worden. 

Richter: Don der Vergütung hat es fein Abfommen ges 
habt, aber die Provifion habe ich immer befommen für meine 
Haftung, die ich gegenüber dem Armee-Oberfommando hatte. 

In einem Briefe vom 21. Mai erklärt Richter, daß er 
beim Genuß von 3 '/, p&t. für Skonto und Provifion von 
Schroll, da er vom Aerar bares Geld beziehe, eine weſent⸗ 
liche Aufbeiferung des Gefchäfts erwarte. 

- Richter: Sch meinte aber nicht eine Aufbeiferung vis- 
a-vis dem Armee-Oberfommando , fonbern vis-a-vis un 
WE 


274 


Schroll, denn dos war mein Gewinn, von dem ich Die Webers 
gabsfpefen, Stempel u. f. w. zu bezahlen Hatte. 

Staatsanwalt: Es fteht in den Briefen, daß Sie Gar 
Nr. 16 und 18 geliefert haben; daher würde felbft darin das 
Seftändniß liegen, daß das Mufter, welches gu den 5000 
Stück vorgelegen, in Nr. 16 und 18 beftanden. 

- Richter: Darin kann kein folches Gejtändniß liegen; ih 
babe für die 5000 Stüd nicht das volle Quantum bergegeben; 
e3 find dazu 70,000 Pfund Garn erforderlich gewefen. 

Dr. Berger: Ift für Leintücher gröbere Waare nöthig 
als für Hemden? 

Richter: Für Leintücher kann die Waare ſteifer, für 
Hemden aber muß ſie ſchmiegſam ſein. 

Dr. Berger: Waren die 5000 Stück für Leintücher oder 
für Hemden beſtimmt? 

Richter: Für Leintücher. 

Dr. Berger: Sie haben den Gewinn früher auf 1196 fl. 
angegeben, heute nahe auf 1100 fl. Die Anklage itellt aber 
einen Gewinn von 2083 fl. dar, weil das Gar von 36 auf 
38 fr. erhöht wurde. E& hat alfo ein Profit von 25 Fr. per 
Stüd ftattgefunden. 

Richter: Es iſt dieß unrichtig; ich hatte die Ehre, Vor: 
lagen zu machen, was ich an dem Garn verdient, melches zu 
den für ärarifche Zwede gelieferten Stoffen verwendet wurde. 
Sch babe dabei weniger verdient, ald wenn ich meine Spin⸗ 
nereien Stoffe hätte arbeiten Iafjen, die — um mich fo auszu⸗ 
Besen, — für Bettelleute gut genug gewefen wäre. Sch habe 

2 °/, fl. am Gentner verdient, und wenn mir ein Gewinn am 
Garn angerechnet wird, iſt das nad) meiner Meinung unrichtig. 

Der Zeuge Franz Seidel, Bevollmächtigter und Ge⸗ 
fhäftsführer der Schroll’fchen Niederlage in Wien, wird num 
vorgerufen. Er kennt Herm Franz Richter, jedoch nicht den 
zweiten Angeklagten, Krumbholz, und weiß jich betreff3 dee 

Lieferungsgefchäftes nur der Umftände zu erinnern, daß Rich⸗ 
ter im April 1859 in die Niederlage geſchickt habe, damit einer 
von den Herren zu ihm komme. Da keiner derfelben bier gewes 
fen, babe er an feine Chefs gefchrieben, Herr Iofeph Schroll 
fei hieher gefommen und habe mit Richter unterhandelt. Rich» 
fer babe damals 1000 Etüd, die ‘sorrätkiq geweſen, angefauft 


275 


und die Niederlage felbit Habe diefelben nach Stoderau gelies 
fert. Später jeien die Waaren von Bayer geliefert worben. 
Das Garn habe fein Chef anfangs mit 36 fx. bezahlen müf- 
en, wofür fie 13 Er. per Elle bekamen. 

Später fei jedoch dad Garn auf 38 fr. erhöht, aber da⸗ 
für Die Elle mit 13 '/, fr. bezahlt worden. Wenn er Geld ges 
braucht habe, fei er zu Richter gegangen, der babe fich mit 
ihm ausgeglichen; größere Beträge feien jedoch von der Smis 
cho wer Fabrik an feinen Chef direkt gezahlt worden. 

Auf die Trage des Staatsanwalt erflärt er, über "die 
Verminderung der Breite nichts angeben zu fünnen, weil er in 
das Technifche nicht eingeweiht fei. 

Auf die Frage des Dr. Berger erflärter, daß die Waa⸗ 
sen ber erften Lieferung gebleicht, die der andern bloß gewaſchen 
waren. Das Haus Schroll habe fich nicht felbit zu den Lies 
ferungen angeboten und auch nicht anbieten fünnen, weil es 
von der Lieferung nichts gewußt habe. Auch er erklärt, daß zu 
Hemden feinere Stoffe verwendet werden müſſen, als zu Lein⸗ 
tüchern. 

Der Borfigende fordert hierauf den Zeugen auf, abzutre- 
ten, fich jedoch nicht zu entfernen, weil vielleicht feine nochma- 
lige Bernehmung nothiwendig fein könnte. 

Hierauf ericheint Joſeph Schroll, Fabriksbeſitzer aus 
Hauptmannsdorf bei Braunau in Böhmen. Derfelbe, zeigt in 
feinem ganzen Benehmen eine gewiſſe Scheu und Furchtſam⸗ 
feit, weil er, wie er fich ſelbſt ausdrüädt, noch nie bei einer Ge⸗ 
richts verhandlung betheiligt gemefen ift. Auf die ragen bes 
Borfigenden kann er nur in nicht beſtimmter und unklarer Meife 
antworten, bis er endlich einige Papiere aus der Tafche nimmt, 
auf welchen er -fich Aufzeichnungen gemacht hat. Er gibt an, 
daß er im April vorigen Jahres von Seidel einen Brief er- 
hielt: ex möge eines Gejchäftes halber nach Wien zu Richter 
kommen. Diejer habe ihm nun vor Allem die am Lager befind⸗ 
Uchen 1001 Stüd Ketten abgefauft und eine Lieferung von 
5000 Stüd mit ihm beiprochen. Er felbit habe fich von Rich» 
ter bie Lieferung der Garne bedungen, und zwar zum Preife 
von 36 fr. Er lieft aus feinen Auffchreibungen: »Im Monat 
Mai trat ich mit Herrn Richter, und zwar auf feine Auffors 
derung, wegen Lieferung von 5000 Stüd Kattun, Ar Kur 


276 


und 16er Schuß in Unterbandlung. Derfelbe erhält für Garn 
36 fr. KM., und wir erbotenung, die Waare zu 13 fr. per Elke, 
abzüglich 2 Perzent Provifion und 1 7/4 Perzent Skonto, zu 
liefern. « 

Zeuge gibt weiter an, er und Richter haben bloß ober⸗ 
flaͤchlich gefprochen; es fei Feine Andeutung gemacht worden, went 
eigentlich die Lieferung gehöre. Er Habe geglaubt für die Kre⸗ 
ditanftalt; als jeboch Richter bloß infeinemeigenen Namen un 
terfertigte, und als im Abfchluß die Waare als für dag Ara 
gehörig bezeichnet wurde, habe er erft gemußt, daß die Lie 
ferung nicht für die Krebitanftalt gehöre. Er habe mehrere 
Mufterftüce vorgelegt, die mit Ziffern bezeichnet waren; ee 
Zahlen könne er nicht angeben. Als es zum. definitiven A 
ſchluß kommen follte, Habe Richter erklärt, er koͤnne das Garcci 
nicht mehr zu 36 Fr. liefern, und habe 38 kr. verlangt. Inu 
Monate Juni erfolgte ber zweite Abſchluß mit dem Geſchaͤfts — 
führer Krumbholz in Prag, über 10,000 Stück Kattun Nr : 
18 Kette und Nr. 18 Schuß, wofür er 13 '/, fr. per Elle ua 
bielt und das Garn zu 38 fr. bezahlen mußte; bie Waarefer 1 
bloß gemwafchen worden. 

Der Vorſitzende verlieft hierauf ein Protokoll, welches 
aufgenommen wurde, um ein Surrogat für Leinwand zu fin — 
ben: „Um den bebeutenben Bedarf möglichft fehnell zu dedem 
und gewaltfame Preisfteigerungen hintanzuhalten, ift e8 zued—— 
dienlich, für Leintücher feiten Kalikot in Anwendung zu bin 
gen.“ Die verfchiedenen Mufter waren entweder von fo ſchlech 
ter Qualität und von fo überfpannten Preifen, daß e8 ange 
zeigt fein dürfte, rohen und ungebleichten Kalikot ſtarker un ⸗ 
fefter Art in der fürzeften Brift und zu den, den Zeitverhältniſ⸗ 
fen entfprechenden Preifen anzufchaffen. Das Protokoll ift von 
zwanzigften April Datirt, und unterfchrieben von Richter und” 
Eynatten. Weiters wurde im Protokolle bezeichnet, daß das 
Kalitotmufter des Herrn Direktor für Leintücher geeignet 
und daß der Preis von 13 fr. ein geringer fei; von bemjelben 
Stück jeien ſchon 1000 Stüd vorhanden, die fogleich übers 
nommen werden fünnten, und es Zönnten ferner mochentlidy 
minbeftens 600 Stüd abgeliefert werden. Daman feinen Stoff 
billiger zu erreichen vermöge, fo fei der Antrag des Direktors 
Nichter annehmbar. Der Bebar| velauie Ah auf 300,000 


268 


‚279 


bruar verlängert wurde. Bebungen wurben 14 fr. EM. pr. Elle. 
Für den Fall aber, daß die Waare nicht vollftändig gebleicht zu 
werben braucht, follte ich vom bedungenen Preiſe & Er. per Stüd 
an Richter zurücgeben; ferner war bedungen, daß 4 °/, vom 
Gelde in Abzug gebracht werben, daß ich außerdem eine Elle 
Uebermaß wegen der Schwindung liefere, und daß die Waare 
im '/, Quabratzoll 30 Fäden enthält. Die Proviſion lag ſchon 
in dieſen 4 °/.. 

Borfigender: Hat Richter das Geſchaͤft für ſeine Per⸗ 
ſon übernommen? 

Zeuge: Meines Wiſſens hat er es für feine Perſon übers 
nonmen. Das Verbältnig zur Kreditanftalt Fannte ich nicht. 

Vorfitender: Wohin wurde die Waare geliefert ? 

Zeuge: Zum Theile nach Prag, zum Theile nach Sto- 
derau und Brünn. 

Borfißender: Haben Sie außer Kalberg und Bondt 
Niemanden zur Beforgung Ihrer Abgabe gehabt? 

Zeuge: Es fann vielleicht fein, daß Bondi in Sto- 
derau die Waare durch einen Anderen übergeben Tieß. 

Vorſitzender: Hat fich ein Anitand babei ergeben? 

- Beuge: Ganz unbedeutende. 

Vorfigender: Iſt es bei ben urfprünglichen Beſtim⸗ 
mungen geblieben? 

Zeuge: Krumbholz fagte mir, es fei die Breite von 
30 Zoll hinreichend; ob er dieß imAuftrage des Herrn Richter 
gethan hat, weiß ich nicht. j 

Borfigender: Was ift in Bezugauf das Garn beitimmt 
worden ? 

Zeuge: Ich follte das Garnquantum von Kern Rich⸗ 
ter zum Preiſe von 30 ft. KM. beziehen, allein Herr Rich⸗ 
ter geftattete mir fpäter auch anderweitig Garn zu kaufen, wel 
ches ich auch billiger befam. Die daraus ſich agebene Preis⸗ 
differenz theilte ich mit Herrn Richter. 

Vorſitzen der: Warum das? 

Zeuge: Weil Herr Richter mir erlaubte, Garn ander⸗ 
weitig zu kaufen, und er mir dadurch einen Gefallen erwieſen 
hat; es war ein Nutzen für mich. 

Vorſitzender: Iſt fpäter keine Reduktion Ihrer Lies 
ferung eingetreten? 


278 


von Ihnen gehabt, wie er N mit dem Perfonale der Monturs- 
fommijfion zu benehmen habe? 

Zeuge: ©ar feine.‘ Die Koften ber Lieferung wurden von 
mir felbft getragen. Richter hat ſechs Stüd weniger geltefert, wie 
es fan, weiß ich nicht. Sch lieferte dieſe ſechs Stüd mehr. Ob er 
mir ſechs Stüde erſetzte, kann ich mich nicht erinnern, denn was 
in ben Unterfuchungsaften bezüglich. des Erſatzes von mehreren 
für ihn gelieferten Stüden angeführt tft, bezieht ſich auf eine 
andere von mir für ihn gelieferte Partie. 

Der Vorſitzende verlieſt nun das von Hellmann einge⸗ 
brachte Offert, es lautet auf die bereits bezeichneten Stoffmen⸗ 
gen, welche , Wiener Ellen in der Breite haben ſollten. Die 
Bezahlung wurde fogleich nach Ablieferung jeder einzelnen Par- 
tie bedungen. Der Lieferungstermin war von Mitte Juni bis 
Ende Oftober, die Haftung wurde von Richterübernommen. Mu⸗ 
fterftücfe wurden zwei'eingebracht, die Genehmigung diefer Kies 
ferung ift unter dem 17. Mat 1859 vom ME. Eynatten 
für beide Mufter erfolgt. Gleichfalls wurde ber, an die Prager 
Monturskommiſſion erlafjene Auftrag wegen Verftändigung bed 
Hellmann rüdjichtlich der Annahme feines Offertes bekannt 
gegeben. 

Vorſitzender: Hat Herr Richter als Beſitzer der Fabrik 
in Smichow oder ald Hauptdirektor der Kreditanitalt gehaftet? 
Zeuge: Darüber kann ich mich nicht ausfprechen. 

Der Vorſitzende theilt weiter mit, daß der Kontraktsab⸗ 
ſchluß am 29. Juni in Stockerau erfolgte. 

Zeuge: Die Kaution im Betrage von 6325 fl. wurde 
durch meinen Gefchäftsführer erlegt. Bei der zweiten Partie 

- babe ih 15.000 Stüd als Subkontrahent des Richter zu lie: 
fern übernommen. 

Borfigender: Wie find Ste in Kenntniß gefoinmen, 
daB es ſich um ein Lieferungsgefchäft Handelt? 

Zeuge: Sch glaube, daß esmir Krumbholz gefagt hat. 

‚Borfigender: Wiffen Sie auch um mie viel es fich hans 
delte und wie viel Sie liefern follten? 

Zeuge: Es handelte fih um die Lieferung von 3 — 
4 Mil. Ellen, wovon ich nad) der anfänglichen Beftimmung 
12,500 Stüd liefern follte, und zwar binnen ſechs Monaten, 
von Zuli bis Ende Dezember, weiche Sch aber 18 Ente Tes 


279 


bruar verlängert wurde. Bedungen wurden 14 fr. EM. pr. Elle. 
Für ben Fall aber, daß die Waare nicht vollftändig gebleicht zu 
werden braucht, follte ich vom bedungenen Preiſe 4 Er. per Stüd 
an Richter zurüdgeben; ferner war bebungen, daß 4 °/, vom 
Gelde in Abzug gebracht werben, baß ich außerdem eine Elle 
Uebermaß wegen der Schwindung liefere, und daß die Waare 
im '/, Duadratzoll 30 Fäden enthält. Die Proviſion lag ſchon 
in dieſen 4 °/. 

Borfißender: Hat Richter das Geſchaͤft für ſeine Pers 
fon übernommen? 

Zeuge: Meines Wiffens hat er es für feine Berfon übers 
nommen. Das Verhältniß zur Kreditanftalt kannte ich nicht. 

Borfigender: Wohin wurde die Waare geliefert ? 

Zeuge: Zum Theile nach Prag, zum Theile nach Sto⸗ 
derau und Brünn. 

Borfigender: Haben Sie außer Kalberg und Bondt 
Nientanden zur Beforgung Ihrer Abgabe gehabt? 

Zeuge: Es fann vielleicht fein, daß Bondi in Sto- 
derau die Waare durch einen Anderen übergeben ließ. 

Vorſitzender: Hat fich ein Anſtand babei ergeben? 

Zeuge: Ganz unbedeutende. 

Borfikender: ft es bei den urfprünglichen Beſtim⸗ 
mungen geblieben? 

Zeuge: Krumbholz fagte mir, es fei die Breite von 
30 Zoll hinreichend; ob er dieß im Auftrage des Herrn Richter 
gethan hat, weiß ich nicht. 

Vorſitzender: Was ift in Bezugauf das Garn beftimmt 
worden ? 

Zeuge: Sch follte das Garnquantum von Herm Rich⸗ 
ter zum Preife von 30 fi. EM. beziehen, allein Herr Rich- 
ter geftattete mir fpäter auch anderweitig Garn zu faufen, wels 
ches ich auch billiger befam. Die daraus fich ergebene Preiss 
Differenz theilte idy mit Herrn Richter. 

Borfigender: Warum das? 

Zeuge: Weil Herr Richter mir erlaubte, Garn ander- 
weitig zu kaufen, und er mir dadurch einen Gefallen ermwiejen 
hat; es war ein Nuten für mid. 

Vorſitzender: Iſt fpäter feine Reduktion Ihrer Kies 
ferung eingetreten? 


280 


Zeuge: Ia; Herr Krumbholz hat mir, unter Vor⸗ 
weifung eines Originalbriefes bes Herrn Richter, befien Ins 
halt aber ich nicht mehr genau weiß, geiagt, es fei von Seite 
des Armee» Oberfommandos eine Reduktion angeordnet, bie 
anderen Subkontrahenten hätten fich dieſelbe gefallen laſſen, da⸗ 
her follte auch ich weniger liefern. Ich glaubte es nicht, weil 
ich jehr daran zweifelte, Daß das Aerar einen abgefchloffenen 
Vertrag rückgaͤngig machen wolle, allein da es ber Wunſch 
des Herrn Richter war, fo that ich es enblich. 

Borfitender: Iſt Ihnen auch zugleich die Verlän⸗ 
gerung des Termines befannt geworden oder ſchon früher? 

Zeuge: Ich habe mir die Zeitabfchnitte nicht fo gemerkt. 

Vorſitzender: Hat Krumbholz Feine Vergütung von 
Ihnen gefordert? 

Zeuge: Ja, wegen ber Verminderung ber Breite. Ich 
ging nicht darauf ein und bin mit Herrn Krumbholz einmal 
fogar arg aneinander gefommen; denn da ich an ber Manipu⸗ 
lation nichts änderte, fo konnte ih auch nichts vom Preiſe 
nachlafjen. 

Vorfigender: If Ihnen durch die Reduktion ein 
Schade erwachfen? 

Zeuge: Nein, jo jehr ich mich im Anfange dagegen 
fträubte, jo angenehm war es mir fpäter, weil ich nicht in der 
Lage war, die Waare in der beftimmten Zeit zu Tiefern. 

Borfitender: Haben. Sie Herrn Richter gegenüber 
noch ein Guthaben? 

Zeuge: Ia. Ich glaube 115,500 fl., die auf feine Fa- 
brif in Smichow vorgemerkt find. 

Vorfigender: Woher ſtammt diefer Anfpruh auf 
Richter? 

Zeuge: Zum Theil aus dieſem Lieferungsgefchäfte, zum 
Theile noch aus unferem früheren Geſchäftsverkehre. 

Borj igender: Haben Sie dieſen Betrag nur auf bie 
Realität in Smichow pränotirt? 


Zeuge: Auch auf die Realität in Leibifchgrund. 


Vorfigender: Nach dem Grundbuchsertrafte (Leibiſch⸗ 
grund) kommt eine andere Poft vor, nämlich 47,473 fl. 59Er. 
und 67,561 fl. 54 fi. 


281 


Zeuge: Diefe zwei Beträge find identifch mitdem einen, 
den ich oben genannt habe. 

Borfitender: Warum haben Sie im Laufe des heuri- 
gen Jahres biefe Sicherung gegen Herrn Richter ergriffen? 

Zeuge: Einerfeits weil der Betrag fehr groß war, ans 
berfeitö weil ich es ber Welt fchuldig war, um ihr zu zeigen, 
daß mein Betrag fichergeftellt ift. 

Vorfißender: Hatten Sie fchon damals, ald Richter 
feine Zahlungen zu Smichow eingeftelt hat, Forderungen 
an ihn? 

Zeuge: Ia, auf den Betrag kann ich mich nicht genau 
erinnern, ıch glaube, es war zwifchen 20,000 fl. und 30,000 fl., 
it aber gänzlich berichtigt worden. 

Richter: Hoher Gerichtshof! Ich möchte nur bitten mir 
zu erlauben, daß ich an Herrn Hellmann zwei Sragen ftellen 
darf: warum ich mir die Beziehung meines Garnes ausbeduns 
gen habe, und ob ihm der beftimmte Preis billig oder theuer 
vorfam? 

Zeuge: Herr Richter hat darum bedungen das Garn 
von ihm zu beziehen, weil ihm darum zu thun war, daß das 
Material aus amerikanifcher Baummolle beftehe, mas bei andes 
ven Spinnern nicht der Fall war. Was die zweite Frage anbe- 
langt, fo war der Preis ein entfprechender; man bat Garne 
von fchlechterer Qualität auch nicht billiger befommen, und ich 
weiß nicht, wenn man diefe Qualität hätte haben wollen, ob 
man fie anderwärts gefunden hätte. 

Richter: Ueber ben Rechnungsftand, was mein Gejchäft 
noch ſchuldig ift, habe ich feine genaue Kenntniß, aber ich ers 
klaͤre, hoher Gerichtshof (mit Thränen und wanfender Stimme), 
daß, wenn er-feine Forderung nicht eintreibt, er dies, nur aus 
Rückſicht für das verwaiſte Gefchäft thut. 

Borfigender (zu Richter): Haben Sie Hellmann 
gegenüber Beine Forderung? 

Richter: Nein. Ich trete auch von der Verguͤtung zurück, 
weil er keine Aenderung in der Breite gemacht hat. Herr Hell⸗ 
mann wird beftätigen, Daß die Waare, die er nach meiner Mes 
thode zurichten mußte, ihm mehr gekoftet hat, ala wenn er fie in 
weißgebleichtem Zuſtande hätte liefern follen. 

Der Zeuge beitätigt dieß. 


284 


Vorfigender: Was können Sie angeben bezüglich ber 
Reduzirung? Iſt Ihnen ein Nachtheil daraus erwachſen? 

Zeuge: Mirift durchaus fein Schaben baraus 
erwachſen. 

Vorſitzender: Sind Sie gleich urſprünglich von dieſer 
Anſicht ausgegangen? 

Zeuge: Ich glaube dieß wenigſtens bereits im Protokolle 
vom Juni erklaͤrt zu haben, und zwar aus dem Grunde, weil 
wir ſelbſt das reduzirte Quantum nicht abgeliefert haben. Die 
Urſache, daß wir nicht abliefern konnten, lag darin, weil theils 
die Lieferung fruͤher eingeſtellt wurde, als wir gedacht, andern⸗ 
theils, weil wir nicht fertig geworden ſind. 

Richter, erklaͤrt der Zeugeweiter, hat ſich mit einem ſehr mäs 
ßigen Nutzen begnügt, beziffern ließe fich derſelbe nicht fo leicht, 
ihnen ſelbſt wäre die Waare mit 22 °/, Nr. bezahlt worden, 
während Richter 25 fr. dafür befommen hätte, wofür er aber 
die Regiefpefen habe tragen müffen. 

Vorſitzender: Es ift nachgewiefen, daß die Angabe von 
Seite bes Krumbholz, dasNerar habe die Qualität reduzirt, 
nicht in der Wahrheit gegründet fei, daß es, wie er fich ſelbſt 
ausbrüdt, eine Nothlüge geweſen wäre. Wenn biefer Fall nicht 
eingetreten wäre, würden Sie auf die Rebultion eingegangen 
fein, wenn Sie gewußt hätten, daB bie Rebuftion beim Aerar 
nicht fkattfand ? 

Zeuge: Das kann ich fchon aus dieſer Urfache ſchwer 
beustheilen, weil dieß eine Berftändigung mit meinem Kom: 
pagnon nothwendig gemacht hätte. Nach meiner perjönlichen 
Meberzeugung würde ich mich auch in diefem Galle zur Reduk⸗ 
tion verstanden haben, ich glaube ſchon aus Rüdjicht für 
Hessen Richter. . 

Vorfigender: Wie verbält fich diefe Angabe zu Ihrer 
13. Antwort im Unterjuchungsprotofolle, wo von Ihrer Seite 
ein erlittener Schade vorgebracdht wird? 

Zeuge: Das liegt barin und ich glaube es wirb auf diefe 
Art zu erklären fein: Mir wurde bei bem hohen Landesgerichte 
R Brag die Frage geftellt: Haben Sie dadurch einen Schaden 
litten, daß Rrumbholz in der Mitte des Monats Februar 

Lieferung einitellte, anftart, wie Sie glauben, gegen Ende 
mar? Auf diefe Frage glaube ich geantwortet zu baben, daß 


285 


in ber That in Folge deffen 143 Stüd zurüdgeblieben find, 
zum Theil in rohem, zum Theile in gebleichtem, zum Theil in 
appretirtem Zuftande. Ob uns dadurch ein Schade erwachſen, 
bag die Wanre zurüdgeblieben, kann ich nicht ermeffen, weil 
ich nicht weiß, wie viel und Davon als Ausschuß zurückgewiefen 
worden wäre. 


Auf die Trage bed Staatsanwalt, woher er die Vermu⸗ 
thung fchöpfe, daß von diefen 143 Stüd mehrere hätten aus⸗ 
geftoßen werben können, erklärt der Zeuge, daß die Erfahrung 
diefes Iehre und bejonders wären bie Ausftoßungen wegen nicht 
genügender Breitegefchehen, und zwar habe biefe immer Krumbs 
Holz felbft angeordnet; denn er habe feine Waare wenigftens 
unter 30 Zoll nicht angenommen. Aus ben Fragen des Staats⸗ 
anwalts an ben Zeugen erhellt ferner, baß der Zeuge von bem 
zurüdgebliebenen. Garne einen Theil zurüdgeftelt, einen ans 
deren Theil Grillmayer & Liebig verkauft, daß bie 143 
zurüdgebliebenen Stüde fpäter, und zwar im Donate Juli, 
von ihm um 13%, fr. pr. Elle verkauft worden feien, während 
ihm Krumbholz früher nur 13 Er. dafür gegeben. 

Staatsanwalt: Würden Sie, wenn Sie gewußt häts 
ten, daß die Reduktion von Seite des Armees Oberfomman- 
dos nicht wahr sei, dennoch die Reduktion angenommen 
haben? 

Zeuge: Ich glaube, werm Richter offen und ausbrüds 
fich uns den Wunfch mitgetheilt Hätte, fo würde uns dieß noch 
mehr veranlaßt haben, zu reduziren; eshat ung nur mans 
genehm berührt, daß und Krumbholz nicht bie Wahrheit mits 
getheilt. 

Landesgerichtsrath Peitler: Sie haben heute angegeben, 
daß Sie durch die Reduktion keinen Schaden erlitten, weil Sie 
nicht im Stande geweſen, das reduzirte Quantum rechtzeitig 
zu liefern. Geben Sie uns an, ob Sie für den Fall, daß Sie 
einen Liefertermin nicht einhalten follten, ausdrüdlich flipufir- 
ten, daß Richter berechtigt fet, den Vertrag aufzuheben. 


Zeuge: Wir haben barüber feinen Vertrag gehabt, aber 
ich halte es für jehr natürlich und glaube jedenfalls, daß dieß 
Herren Richter zugeftauden wäre. 


Landesgerichtsrath Beitler: Zu was wäre Richter be- 


286 


rechtigt gewefen, wenn Sie einen Monattermin nicht einge⸗ 
halten hätten? 

Zeuge: Streng genommen, hätte er Waaren kaufen und 
fie mir anvechnen können, ich hätte fie Dann erfeßen müffen. 

Krumbholz: Ich habe ſchon, bevor der Antrag auf Res 
Duzirung geftellt wurbe, gedroht, ihm die Kieferung ganz zu 
entziehen, weil bei der Kommiſſion fich Anftände wegen der 
Breite ergeben haben. 

Richter erklärt ferner auf die Frage des Praͤſidenten, daß 
Porges verpflichtet geweien, Mitte Juli zu liefern. Wenn 
feine erite Lieferung erſt November erflofjen fei und er fie anges 
nommen, fo fei das Nachlicht von feiner Seite geweien. 

Doktor Berger ftellt die Irage an den Zeugen, ob er 
verpflichtet gemwefen jei, in den fech8 Monaten jeden Monat 
1000 Stüd oder anfangs weniger, aber gegen Schluß mehr 
zu liefern, und ob Richter das Necht gehabt hätte, wie be= 
reits Herr Rath Peitler gefragt, das Fehlende zu kaufen und 
Porges mit dem Betrage zu belaften? — Der Zeuge vermag 
hierüber feine beftimmte Antwort zu geben. Doktor Berger 
fragt weiter, ob dem Zeugen von Seite des Unterfuchungsrich- 
ters befannt gegeben wurde, daß man den ihm zugefügten Scha— 
den durch Sachverftändige erheben ließ? 

Zeuge: Nein. 

Dr. Berger: Hat der Unterfuchungsrichter angege- 
ben, daß Sie nach Ausspruch der Sachverftändigen einen Scha⸗ 
den von circa 320 fl. erlitten haben? 

Zeuge: Ich habe ſchon erklärt, daß ich gar nicht ange- 
ben faun, daß ich einen Schaden erlitten. 

Dr. Wiedenfeld: War es bedungen, wenn Sie mit 
einer Monatlieferung zurüdblieben, daß Nichter die Waare 
wo anders Faufen könne? 

Zeuge: Unfer Uebereinfommen befteht aus der mündli- 
hen Befprechung. Ich erinnere mich nicht daran, daß es bes 
dungen worden wäre, aber ich glaube, es verftehe fich von jelbit. 

Staatsanwalt hält dem Zeugen vor, daß fein Couſin ans 
ber8 auögefagt habe, worauf biefer den Widerfpruch dadurch 
Löft, daß fein Couſin fich meift mit Chemie, er aber mit ber 
Weberei und dem Betriebe derfelben abgebe. - 

Der Borfigende erfucht den Staatsanwalt, tiber die wei- 


287 


tere Anweſenheit des Zeugen in Wien einen Antrag zu fielen, 
da die Sachverftändigen erſt Montag vernommen werben. 

Staatsanwalt: Ich glaube, der Zeuge fönne indeffen 
zurüdreifen, weil die Schndenangabe im Anklagefchluß fich zwar 
auf das Gutachten der Sachveritändigen bezieht, jedoch ohne 
weitere Beziehung auf die Zeugenausſage. 

Dr. Berger erklärt fich damit einveritanden. 

Der Zeuge, welcher ſchon in der VBorunterfuchung beeidet 
wurde, entjernt fich hierauf, und deffen Eoufin und Kompag⸗ 
non Joſef Porges von Portheim erfcheint. Diefer macht 
im Wefentlichen diefelbe Ausfage, nur erklärt er, er habe feis 
nen Couſin fait überall freie Hand gelaffen. Er hat ebenfalls 
durchaus Feinen Anfpruch wegen der Reduktion zu machen, er 
fei bei feiner früheren Vernehmung nicht genau unterrichtet ges 
weſen, er habe geglaubt, der Nachteil fei durch die Reduktion 
entftanden, er habe jeboch fpäter zur Kenntniß gebracht, daß 
dieß nicht durch die Reduktion, fondern durch die Nichteinhals 
tung der Lieferzeit entitanden fei. Wenn ihm Richter mitges 
theilt hätte, daß er (Richter) eine Reduktion einführen wolle, - 
hätte er" mit feinem Kompagnon eine Rüdfprache gepflogen, und 
er glaube, fie wären darauf eingegangen. 

Staatsanwalt: Sie fagten, daß Site durch die Re: 
duktion feinen Schaden erlitten hätten? 

Zeuge: Wir haben feinen Echaden, weil bie Waare 
nicht durch di Reduktion zurücigeblieben, fonderndurch unfere 
eigene Schuld, indem wir die Lieferzeit nicht eins 
hielten. 

Staatsanwalt: Wie tommt es, daß Sie bei dem Vers 
hör des Unterfuchungsrichters gejagt, daß Sie in der erſten 
Verhörung bereit gewefen mären, eine ftrafrechtliche Unterfus 
hung einleiten zu laffen? 

Zeuge: Als ich gehört, daß die Reduktion nicht vom 
Staate ausgehe, war ich verlegt, weil man ung nicht die Wahrs 
heit gejagt, ich habe in dem Augenblide feinen Entfchluß ges 
faßt und kann auch nicht fagen, was ich mehrere Monate früher 
gethan Hätte, da ich nicht felbfiftändig im Gefchäfte war. 

Dr. Berger: Ich habe zunächit feine Trage zu ftellen, aber 
um Ihren Aeußerungen in Betreff der Vorunterfuchung zu bes 


gegnen, erjuche ich dem Zeugen die Antworten 26— 3& st 
W 


288 


Ausfage vorzulefen. Der Schriftführer lieſt Die betreffenden Fra⸗ 
gen bezüglich ber Schabenbemeffung vor, aus denen es fich ergibt, 
daß Der Uinterfuchungsrichter alle Momente zufammengejtellt 
hatte, um den Zeugen zur Präzijirung feines Schadens zu ver- 
“ anlaffen. Derfelbe hatte dieß von ſich gewielen, troß des An- 

dringens des Unterfuchungsrichters, daß er nicht ausweichend 
antworten ſoll. 

Dr. Berger ſtellt dann an den Zeugen dieſelbe Frage 
wegen Schadenermeſſung durch die Sachverſtändigen, die er dem 
fruͤheren Zeugen geſtellt. Derſelbe erklärt, daß er davon nichts 
erfahren, und da er keinen Schaden erlitten, ſo entfällt dieß von 

ſelbſt. 
Markus Kaufmann, Fabrikant in Prag, bereits in der 
Vorunterſuchung beeidet, ſagt aus: Ich habe mich ſelbſt an 
Herrn Richter gewandt, ob ich liefern koͤnne, es wurde zwi⸗ 
fchen uns bloß ein mündliches Uebereintommen getroffen, ba 
ich Herın Richter von früher her als einen höchſt ehrenwers- 
then Mann kannte. Die Verabredung ging dahin, daß die Lie- 
. ferung zum Preife von 23 Er. öſt. W. per Elle, das Stüd zu 
. 52 Ellen zu arbeiten fei; das Garn mußte vom Kern Rich 
ter bezogen werden. Es war mir ganz angenehın das Garn 
vom Herrn Nichter beziehen zu fönnen. Später wurde aller 
dings feine Abänderung in Bezug auf Qualität, wohl aber 
eine Veränderung ber Breite (von 48 auf 46'/,') getroffen. 
Bon meiner Waare find 125 Stüd beanftändet worden, - weil 
fie fledig waren, es find auch einige Stücke Dabei gewefen, bie 
etwas ſchmäler ausgefallen find, aber dafür kann man nichts. 
Was die Reduktion meiner Lieferung anbelangt, fo war das bie 
Bolge einer mündlichen Verabredung, es war mir ganz anges 
nehm, weil mir, jobald ich andere, Befchäftigung gefunden, gar 
nichtö Daran gelegen war, zu liefern. Herr Richter bat ſich 
gegen mich fehr gut benommen, weil er von mir, der ich im 
November fchon fertig fein follte, noch- im Januar und Februar 
abgeliefert genommen bat. 

Vorſitzender wünſcht, daß noch aus der Ausſage der 
Zeugen ein Irrthum der Anklage konſtatirt werde, bezuͤglich 
einer an Kaufmann gezahlten Entſchädigung. 

Der Zeuge bemerkt: Ich habe ein niedriger numerirtes 
Garn bekommen, und da ich von demſelben mehr verbraucht 


- 


290 


- Zeuge: Es wurde auf 32” rebuzirt. Die Vergütung, 
bie ich auszahlte, war 19 fr. pr. Stüd. 

Staatsanwalt: Welche Vergütung wurde verlangt? 
Zeuge: Wir haben ung fohnell geeinigt. 
Staat3anwalt: Ich frage, welche Vergütung perlangt 
wurde; es heißt kr. pr. Ellen. 

Zeuge: Nein, nur °/, Tr. 

Dr. Berger: Würden Sie, wenn Sie aufgefordert 
worden wären, Lieferungen an das Aerar übernommen haben? 

Zeuge: Ich kann das nicht fagen, die Zeiten waren fehr 
gewagt, es hätte vom Moment abgehangen‘, die Intervention 
des Herrn Richter war mir angenehm, ich wurde gegenüber 
ben; Aerar bezüglich des Garns jeder Verantwortung dadurch 
enthoben, der Garnpreis war mir-ganz angemeſſen. | 

Binzenz Majtny, Fabrikant in Prag, beeidet in ber 
Borunterfuchung, fagt aus: Richter fenne ich ſchon 30 Jahre, 
er hat mir fehr wichtige gefchäftliche Dienfte geleitet. Bezüglich 
der Lieferung wurde mir das Quantum, da8 ich liefern wollte, 
freigejtellt;, ich habe mich für 4000 Stüd erklärt. Der Preis 
pr. Elle war 23 Nkr., die Same hat Richter mir geliefert, 
und ich hätte die Lieferung nicht angenommen, wenn mir eben 
Richter die Garne nicht zugefichert hätte. Rüdfichtlich der 
Reduktion wurde mir der Brief Richter’ an Krumbholz 
anfangs gar nicht vorgewieſen. Ich habe mich auch anftande- 
los gefügt; fir mich iſt durchaus Fein Schade daraus erwachfen. 
Ich hatte indeffen für meine Weberei eine anderweitige Beſchaͤf⸗— 
tigung gefunden, und ed war mir das um fo lieber, weil in 
Ießterer Zeit die Waare fo ftreng geflchtet wurde.: Es wurde 
mir von Seite ber Smichower Fabrik fo viel Ausfhuß gemacht, 
daß ich meine fchwächeren Arbeiter weggeben mußte und durch 
die Verminderung der Arbeiter in Gefahr Fam, den Termin 
nicht halten zu können. 

Vorſitzender: Warım nennen Sie das Gedaren der 
Fabrik ſtreng? | 

Zeuge: Die Waare war nicht fo ganz, wie fie mir 
aufgegeben wurde, und ich habe mich auch bei der Kieferung vers 
pflichtet, das zurüdzunehmen, was nicht die gewünfchte Eigen: 
ſchaft hätte. 

Bo ıf ißender: Sie haben ſich doeh früher qrängert, dag 


292 


länger fortgebauert hätten, die Verthenerung des Barnes eine 
grenzenlofe gewejen wäre. Die Theuerung würde noch größer 
geworden fein, wenn 10 oder 15 Lieferanten genöthigt geweien 
wären, fich für jechs Donate ihren Bedarf zu deden. 

Staatsanwalt: Welche Differenz it zwilchen dem 
Preife der breiteren und ſchmäleren Waare? 

Zeuge. /, Nr per Elle. (Die Sigung wurde um 
3 Uhr auf Montag vertagt.) \ 

Die Verhandlung beginnt um 9'/, Uhr mit ber Verneh⸗ 
mung des Zeugen Salomon Brzibram, Kattunfabrifanten und 
Mebereiinhaber aus Prag. Diefer kennt Herrn Richter feit 
zwanzig Sahren, ift Anfangs Juni 9.3. nach Wien gekommen, 
batte Richter befucht und ift von diefem befragt worden, ob er 
nicht eine Lieferung von Kalikot übernehmen fünne. Nur "um 
feine Arbeiter befchäftigen zu können, bat er den Entjchluß ges 
faßt, eine Lieferung von 10.000 Stüd zu übernehmen. Die 
Bedingungen mit Richter waren 13 fr.pr. Elle und das Garn 
hiezu fei von Nichter um 38 kr. zu übernehnen. Die Waare 
war an Richter felbit zu liefern, und zwar mit 51 Ellen per 
Stüd, jedoch mit der Beitimmung, dag eine Elle von der Länge 
per Stüd abgezogen ‚werden follte, weil, wie Krumbholz 
fagte, man bei der Monturstommijfion die Waare über ben 
Tiſch ziehe, wodurch eine Einbuße im Ellenmaße erfolge. Fer⸗ 
ner war beitimmt, 18er Garn ſowohl für Kette als für Schuß 
zu nehmen. Die eriten 30 Stüd gebleichte Waare hatte er im 
weißen Zuftande geliefert; Herr Krumbholz aber fagte, es 
hätte babei einen Anftand gehabt; es fei ihm daher ein Muſter, 
wie er glaube, von Schroll’3 Waare gegeben worden, von 
jogenannter Halbbleiche, wonach die fernere Waare zu Tiefen 
fei. Auch bei den ſpäter von ihm gelieferten 250 Stüden fol, 
nad der Angabe des Bayer, ein Anſtand fich erhoben haben; 
er wollte, daß man ihm die Waare retournire, fie war aber bes 
seits zu Zappert in bie Bleiche gegeben worden. So hatte er 
5100 und einige Stüd abgeliefert. Nach dem Frieden von 
Bilafranca fing das Gefchäft in der Druckerei an fich zu hes 
ben, und er habe gefunden, bag er die Arbeiter mit feiner 
Waare befchäftigen fönite. Bei feiner Anwefenheit in Wien er⸗ 
fuchte er Herm Richter, er möge ihm die weiteren Lieferuns 
gen nachſehen. Richter fagte: »Ich fehe wohl ein, daß Ihnen 


294 


Differenz des Preifes, den er Ihnen gezahlt hat, und den er 
vom Aerar bekommen hat? 

Zeuge: Ich glaube nicht, daß er profitirt haben wird: 
ich hätte es um diefen Preis nicht übernommen. 

Vorſitzen der zu Krumbholz: Was meinten Sie mit 
dem Ausdrucke in Ihrem Briefe vom 15. Juni, daß Przi⸗ 
bram bereits »weichgemacht“ iſt? 

Richter gibt Tächelnd darauf die Erwieberung, Daß dieß 
ein üblicher Ausdrud ift, und Krumbholz darunter veritans 
den habe, daß Przibram, welcher früher zu dem Gefchäfte 
feine große Luft gezeigt hat, nun geneigt fei, Darauf einzugehen, 
. welchen Umftand der Zeuge bejtätigt. 

Staatsanwalt: Hat Krumbholz auch eine Reduk⸗ 
* tion am Preije verlangt? 

Zeuge: Davon war nicht bie Rede, denn ich bin auf 
eine Reduktion gar nicht eingegangen. 

Der Staatsanwalt läßt die betreffende Stelle der Aus⸗ 
fage dieſes Zeugen aus der Unterfuchung verlefen, mo es heißt, 
Krumbholz habe eine Reduktion auf 29'/, Zofl und eine 
Herabfegung des Preiſes verlangt; er (Zeuge) fei aber nicht 
Darauf eingegangen. 

Zeuge: Ich kann mich nicht erinnern; möglich, daß 
Krumbholz mit meinem Direktor gefprochen hat; (zu Krumb⸗ 
holz gewendet:) Sie haben gefagt, daß die Waare etwas ſchmä⸗ 
ler fein fönne; ob in der Einftellung oder in der Ablieferung, 
daran kann ich mich nicht erinnern. 

Richter: Das kann nur ein Irrthum geweſen fein, ba 
die Waare 30 Zoll breit abgeliefert werben mußte. ' 

Zeuge zieht nun einige Garnmuſter hervor, zeigt fie dem 
Staatsanwalt, macht auf die Unterfchiede Hinfichtlich der Oua⸗ 
fität der Sarne aufmerkſam, und behauptet, dag die Grund⸗ 
lage eines guten Stoffes nicht in der Fädenzahl, ſondern in ber 
Qualität des verwendeten Garnes beitehe. | 

Vorſitzender: Was ift die Veranlaffung, daß Sie, ohne 
aufgefordert zu fein, zu biejer Verhandlung dieſe Garnmuſter 
mitbringen? 

Zeuge: Weil hier fo oft von der Fädenzahl geſprochen 
wurde. Dan lieft das in den Berichten ber Zeitungen; bei 


295 


uns Fabrifanten aber hat die Kädenzabl feinen Werth; nur 
ein gutes Garu bedingt eine gute Waare. 

Staatsanwalt: Aber das müſſen Sie doc zugeben, 
daß zwei Fäden guten Garnes beffer find, als ein Faden durch⸗ 
ſchoſſen. 

Zeuge bemerkt darauf, daß man bei gebleichter oder 

halbgebleichter Waare die dazu verwendete Fädenanzahl Garne 
auf einen Quadratzoll nicht wie bei der rohen Waare beftim- 
men koͤnne, weil durch die Manipulation mander Zoll mehr, 
nıancher Zoll weniger Fäden enthalten werde. Zeuge deponirt 
die beiben vorgezeigten Spulen Garne Nro. 18, wovon das 
eine guter und das andere fchlechter Qualität ift, worauf feine 
Beeidigung erfolgt. 

Leopold Abeles, 43 Jahre alt, Yabrifant, bereits in 
der Vorunterfuchung beeidigt, fagt aus: Im vorigen Jahre 
habe ich in Erfahrung gebracht, daß Herr Richter Liefer: 
gen für Die Kreditanftalt übernommen habe. Ich Habe mich nach 
Wien verfügt, habe mich Herrn Richter vorgeftellt, worauf 
„Herr Richter erflärte, daß er geneigt jei, mir einen Theil die— 
fer Lieferung zukommen zu lajfen. Sr wied mich an Herrn 
Krumbholz, mit welchem ich den Preis von 13'/, fr. pr. Elle 


vereinbarte; das Ellenmaß für jedes Stüd wurde auf 50 Ellen 


feftgeftellt. Die Nichtigkeit des Mapes hatte ich felber zu ga- 
rantiren. Die Waare war nach einem beflimmten Mufter und 
aus amerifanifchen Baumwollgarn Nro. 18. zu arbeiten, Die 
Hälfte des Garnes, circa 12 — 13 Zentuer, mußte ich von 
Herrn Richter beziehen. Die Lieferung felbit bezifferte fich auf 
20.000 Stüd. Es wurde gleich urfprünglich bebungen, daß 
bie Breite biefer Waare 31 Zoll fein folte; doch für den Hall, 
als fie auch fehmäler fein könnte, bat fih Herr Krumbholz 
ausbedungen, daß dieſes Erſparniß in der Breite zu feinen 
Gunſten entfallen müßte, für den Hall eben, als die Breite der 
Waare bloß 30'/, Zoll. betragen follte. Ich Hatte bereits 6- bis 
7000 Stüd fertig, als die Reduktion eingeführt wurde. Die 
Ablieferung wurde durch den Kommiffionär Richter's beforgt. 
Borfitender: Hat die ganze Lieferung ftattgefunben, 
oder ift in Beziehung auf das Quantum des von Ihnen einges 
gangenen Lieferungskontraktes eine Abänderung erfolgt? 
Zeuge: Ich habe 3672 Stül weniger litt, IR u 


296 . 

dungen war. Die Veranlaffung lag in dem Umſtande, daß mir 
Her Krumbholz im September vorigen Jahres bekannt gab, 
Herr Richter fei um eine. Rebuftion erfucht worden; bie 
Quantität ber Reduktion wurde mir nicht mitgetheilt. Ich habe 
Verwahrung dagegen-eingelegt und erklärt, daß ich nicht be⸗ 
greife, wie mir das überhaupt zugemuthet werden konnte, nach⸗ 
dem ich doch nicht mit dem hohen Aerar, fondern mit Herrn 
Richter abgefchloffen habe. Die Antwort ging dahin, daß ich, 
weil Alle reduzirt haben, auch reduziren möge. Ich habe mid 
auch damals nicht einverftanden erklärt. Mebrigens erinnere ich 
mich, Daß ich eines Tages gefchrieben habe, daß er mir noch 
300 Stüd zu liefern geftatte. Darauf hat mir Herr Krum b⸗ 
holz zuerſt gefchrieben, er werde fie vielleicht in Prag unter 
. bringen können, mir fpäter jedoch die Uebernahme verweigert. 
Sch habe aber meinem Rechte nichts vergeben; ich habe ihm ges 
fchrieben, daß ich einen Nachtheil erleide. Ich habe mich jedoch 
in feine genaue Berechnung meines Schadens eingelaffen. 

Borfitender: Nach Ihrer Korrefpondenz haben Sie ihm 
einen Schaden von 2000 fl. allein für Anfehaffung von neuen 
Zeugen berechnet. 

Zeuge: Das konnte ich rechtlich nicht al Schaden ans 
geben, weil ich nachträglich eingefeben habe, baß ich dieſe 
Zeuge auch zu andern Arbeiten verwenden kann, und am Ende 
‚mußte ich fie doch anfchaffen, um arbeiten zu können. 

Borfigender: Sie haben auch gefchrieben, daß Sie ein 
‚ »hortendes Geld« verlieren müflen. 

Zeuge: Biel Geld allerdings, wenn er die Waare nicht 
übernommen, und wenn ich gezwungen wäre, ſie deßhalb zu 
verkaufen. Diefer Ausdrud dürfte am Ende deßhalb gefchrieben 
worden fein, um Krumbholz eher zu bewegen, bie Waare zu 
übernehmen. Ich habe auch den Schaden mit 10— 12.000 fl. 
beziffert. Ich konnte ihn aber damals noch nicht ziffermäßig bes 
rechnen, und ed ging diefeAnführung eines Schadens ebenfalls 
darauf hin, ihm zur Uebernahme zu bewegen. Ich bitte auch 
noch) zu bedenken, daß diefe Summe Bezug hatte auf 6000 
Stüd, bie fertig. waren. Er brauchte aber diefe 6000 Stüd 
nicht zu übernehmen, benn berechnet man bie Anzahl ber bes 
reits von mir gelieferten Ellen, fo hatte er eben nur noch 3672 
Stüd von mir zu übernehmen. Es wird daher ber dort er- 








300 


hörsprotofolle des Abeles, worin dieſer fagt, daß er auch, wenn 
er gewußt hätte, daß das Aerar nicht reduzirt hat, leinesfalls 
auf die Reduktion eingegangen wäre. 

Zeuge: Ich habees auch damals nicht fo verſtanden, 
daß ich auf die Reduktion eingegangen bin. 

Vorſitzender: Sie ſind auf die Reduktion eingegangen, 
weil Sie die Waare zurückbehielten. 

Zeuge: Ich habe mich niemals herbeigelaſſen weniger 
zu liefern. Ich habe die Worte übrigens nicht jo genau erwogen 
und es bürfte auch fein, daß fie nicht jo genau niederge⸗ 
fchrieben wurden. . 

Staatsanwalt: Sie haben angegeben, daß Sie in 
Richter nach feiner Verhaftung nicht dringen wollten; nun 
fonımt auch vor, daß, nachdem der Unterjuchungsrichter Sie vers 
nommen, und Sie von biefem gehört, daß die Reduktion nicht 
vom Armee-Oberkommando ausgegangen fei, Sie Richter 
die Faktura überfchickt haben. Es muß alfo ber Glaube fein, 
dag Sie wirklich an die Reduktion des Armee-Öberfommandos 
geglaubt haben, weil Sie erft dann, nachdem Sie bie Unwahr⸗ 
heit deffen vernommen, Die Fattur⸗ überſchickten. 

Zeuge: Es war auch ſo der Fall. 

Staatsanwalt: Ich muß Sie erſuchen auzugeben, 
wie groß Sie den Zinſenverluſt berechnen darüber, daß die 
Maare liegen geblieben ift? 

Zeuge: Ich habe in meiner Faktura bemerkt, Daß ich 
Richter für den ganzen Betrag vom 15. Jänner belafte, Dars 
unter verftehbe ich, daß er verpflichtet fei, vom 15. Jänner 
angefangen die Zinfen zu vergüten. Wir jtehen in fortwähren- 
dem Conto currente; Herr Nichter hätte mir daher am Ende 
bes Jahres die üblichen Zinfen vom 15. Jänner bis zur Zeit 
der Zahlung zu vergüten. 

Staatsanwalt: Können Sie angeben ,‚ wie groß ber 
Schaden gewefen wäre, wenn Sie dieſe Waare hätten Ende 
Februar an den Mann bringen müffen? 

Zeuge: 68 ift nicht möglich dieß anzugeben. Ich haͤtte 
mich in dieſem Falle um einen Kaͤufer umſehen müſſen; da ich 
aber die Waare nicht als mein Eigenthum betrachtete, konnte 
ich das nicht; ich kann alſo unmöglich einen Schaden angeben, 
da ich nicht weiß, wie viel ich für die Wooxe helommen hätte. 


302 


befte Material in Anwendung zu bringen. Was die Zinfen 
betrifft, fo hat Herr Abeles felbft erklärt. daß er feinen Zinfens 
verluft habe, weil die Faktura feit 15. Jänner lautet. 

Dr. Wiedenfeldb: Iſt die Wechfelforderung, welche Sie 
pränotiren ließen, rechtzeitig eingegangen ? 

Zeuge: Pünttlih, am Verfallstage; ich habe dadurch 
fpäter mehr Beruhigung gehabt, weil ich überzeugt war, daß 
die Verhältniffe Richt er's ganz gut find, und daß dag Ge⸗ 
Ichäft felbit in gar feine Stodung gerieth. 

Dr. Wiedenfeld: Iſt jene Antwort, welche Ihnen vor: 
gehalten wurde, mo der Schade mit Rüdficht auf den Markt⸗ 
preiß berechnet wurde, erft durch Die Frage bes Unterſuchunge— 
richters verurſacht werben? 

Zeuge: In. 

Dr. Wiedenfeld: Alfo ift die Echabenberechnung 
nicht auf eigenen Antrieb, fonbern erft durch biefen Vorbehalt 
geichehen? 

Zeuge: Oewiß. 

Hierauf wird Johann Münzberg vorgerufen. Er er⸗ 
klaͤrt, Richter habe mit ihm ein Uebereinkommen getroffen, in 
Folge deſſen er (Zeuge) verpflichtet war, dem Richter woͤchent⸗ 
lih 5000 Pfund Garn fowohl 18er Schuß als 18er Kette zum 
Preife von 37 fr. zu liefern. Der Termin war bi8 Ende Be 
bruar beftimmt. Im Oftober fei er jedoch von Richter aufges 
fordert worden, er möchte geftatten, daß weniger übernommen 
werde. Er fei bald darüber einig geworden. und bereit geweſen, 
ungefähr den achten Theil der Lieferung zu ftreichen. Er erklärt, 
wenn Richter nicht gefagt, daß die Reduktion vom Armees 
Oberfommando ausgegangen, fondern ihn perfönlich weniger 
zu liefern erfucht hätte, hätte er es gleichfalld gethan. 

Borfitender: Haben Sie in Bezug auf Ihre Perfon 
einen Schaden? _ 

Zeuge: Ich glaube nicht, daß ich einen habe; denn nach 
dem Friedensſchluſſe hat fich das Geſchäft ganz anders geftaltet. 
Es hat fich gebeffert, während eö mir bei der. Uebernahme will: 
fonımen, von Herrn Richter einen Auftrag zu erhalten, ba 
damals der Abfa total gelähmt war. Ich glaube alfo durch⸗ 
aus keinen Verluſt erlitten zu haben. 

Er erklaͤrt, daß er Richter als einen wackeren Geſchaͤfts⸗ 


. 304 


in Betreff der Motive gefagt habe, welche mich veranlagt Haben, 
dieß Gejchäft mit Schirmer zu machen. Die Waare war gut, 
aber etwas ſchmal. Deßhalb wurde auch bei ber Ablieferung in 
Stockerau fehr viel an der Länge abgezogen, was an der Breite 
fehlte, was Herrn Schirma unbelannt geblieben iſt. Die Eins 
buße an Ellenmaß ift auf meine Koften gegangen. 

Zeuge beitätigt dieß. 

Vorſitzender: Was find das für befondere Motive? 

Richter: Herr Bayer fagte mir, die Herren Schirmer 
und Sommer befinden ſich in Verlegenheit mit der Waare und 
haben mich gebeten, daß es Ihnen als jungen Anfängern fehr 
angenehm wäre, wenn ich diefelben übernehmen würde, | 

Bayer: Ich kann beitätigen, bag Herr Richter auf mein 
oftmaliges dringendes Bitten die Waare kaufte. Ä 

Staatsanwalt: Bon wen Hirten Sie, daß Richter 
noch Waare bedürfe? 

Zeuge: Bon Herrn Bayer. Ich glaube, er jagte mir, 
daß Richter noch nicht gedeckt fei. 

Bayer: Herr Schirmer kann nicht-fagen, daß ich mit 
ihm über das Bedürfniß der Waare gefprochen habe, Herr 
Sommer fam zu mir. 

Da gegen die Beeitigung dieſes Zeugen weder von Seite 
des Staatsanwalt noch von Seite des Bertheidigerd eine 
Einwendung gemacht wurde, wurde er beeidigt, worauf er fich 
entfernte. Auch Bayer ımd Krumbholz verlaffen auf Bes 
fehl des Vorſitzenden den Saal. 

Richter: Sch erlaube mir einen Ausweis vorzulegen, 
wie viel Nutzen meine Weberei aus dem Gefchäfte gezogen bat, 
zum Beweis, daß die ftattgefundene Reduktion nicht zu meinen 
Gunſten gewefen iſt, fondern daß es eine Nothwendigkeit war; 
daraus erhellt, Daß das Hiefige Armee-Oberfommando mir ges 
genüber den Wunsch und die Bitte ausgejprochen hat. — (Er legt 
diefen Ausweis vor.) 

Vorſitzender: Was Haben Sie über Ihr Verhältniß 
mit Herrn Liebig zu fagen? 

Richter: Ich ſchicke voraus, dag ich Liebig, ben 
größten Babrifanten Defterreichs, fchon Tange fenne, und mit 
ibm bejtändig in angenehm perfönlicher Verbindung geſtanden 

Bin, ohne daß gerade Geſchaͤſte abgeiäglofen wutten. Sit duch 


306 


Vorfigender: Was tft mit ben 20,000 fl. verfügt 
worden? 

Nichter: Das weiß ich nicht genau; ich glaube, ich habe 
einen Akzeptationskredit von 25,000 fl. bei Herrn Liebig bes 
nuͤtzt und habe dann reduzirt. Sur Zeit ber Handelskrifis habe 
ich Herrn Liebig gebeten, meinen Geſchäften einen Akzepta⸗ 
tio nskredit von 25,000 fl. zu gewähren; ob bie Ausgleichung. 
bezüglich bes Meberfchuffes von 5000 fl. erfolgt ifl, weiß ich 
nicht; ich habe in Prag Feine Verbuchung dieſes Betrages vors 
nehmen laſſen, fondern habe nur einfach Notizen felbft bier ge⸗ 
führt, da ich zur eigentlichen Verbuchung nicht Zeit hatte. 

Vorſitzender: Sind Sie mit Herrn Liebig außerdem 
in feine Berührung gekommen? 

Richter: Außerdem in keine. 

Vorſitzender: Erinnern Sie fih an feine Gefchäfte, bei 
denen auch Ste betheiligt waren, und durch welche auch Herr 
Liebig in Haftung gekommen it? 

Richter: &8 ift mir nichts erinnerlich. 

Dorfisender: Es geſchah aber eine Erwähnung vom 
fogenannten Konſortium. 

Richter: DVerzeiben, Hoher Gerichtähof, daß ich nicht 
gleich daran gedacht habe. Es kommt öfters während einer Pras 
xis vor, daß ſich Mehrere zu dem Zwede vereinigen, Paniere 
bis zu einer newiffen Summe zu kaufen und darauf eine Spes 
kulation zu gründen. Bei diefem Konfortium handelt es ſich 
um den Ankauf von Kreditaftien. Daran betheiligte fich auch 
Herr Liebig. Es follte ein großer Betrag von —Mil⸗ 
lion in Kreditaftien gekauft werden, und wenn diefelben mit 
Gewinn zu realifiren wären, fie anch zu realifiven. 

Vorfisender: Die ganze Summe beträgt nach den vor— 
liegenden Ausmeifen 800,000 fl., wie wurde dieſes Gefchäft 
eingeleitet? 

Richter: Es wurden ſukzeſſive Kreditaktien auf der Boͤrſe 
gekauft, die bei der Kreditanſtalt eingelegt wurden, und zwar 
fo viel ich mich erinnere, ganz allein durch Herrn Eduard To- 
desco. Außer dieſem war an bem Konfortium auch Herr Lind⸗ 
heim, Ser Liebig und Herr Haber und auch ich mit einer 
unbebentenden Summe betheiligt. 

Borfigender: Haben Sie, wie Sie Heren Teig al 


308 


Prüfung ber Gewerke betraut war, an ben Verwaltungsrath 
machte, wurbe das Anlehen bewilligt. Daß vollftändige Si⸗ 
herheit vorhanden war, geht ſchon baraus hervor, Daß die Ges 
werkfchaft nach diefer Anleihe bei der Krebitauftalt noch ein an⸗ 
deres Aniehen von 1'/, Millionen bei einer ausländifchen Bant 
in Darmftabt) machte. Diefe 50.000 fl. erhielt ich, nachdem 
das Anlehen bewilligt worben war, welches für bas Geſchaͤft 
in Smichow verwendet wurde. 

—Staatsanwalt: Welche Deckung hat die Krebitanftalt, 
Daß bie 800.000 fl. ober wenigitens die Differenz, bie fid 
beim Verkaufe ergab, bezahlt würde? | 

Richter: Die Bethelligten am Konfortium maren derart, 
daß für die Kreditanftalt feine Beſorgniß entftand. - 
Staatsanwalt: Konnte Liebig, der doch allein als 
Träger bes Konfortiums in ben Büchern erſcheint, gutſtehen 
für die Zahlung? 
Richter: Auch für zwanzigmal ſo viel würde Herr 
Liebig ſicher geweſen ſin. 
Dr. Berger: Wie groß wird das Vermoͤgen des Herm 
Liebig ungefähr gefchäßt? 
Richter: Es geht in bie Millionen. 
Dr. Berger: Wie viel, haben Sie bei biefem Geſchaͤfte 
verloren? 
Richter: Ich glaube zwiſchen 3—5000 fl. 
Hierauf erſchien Herr Johann Liebig, er iſt 58 Jahre 
«lt, ans Braunau in Böhmen gebürtig, Großhändler und Has 
Srifant, Er wurde ſchon in der Vorunterfuchung beeidet. Er 
fagt: Ich kenne Herrn Richter feit vielen Jahren, ich achte feis 
den Charakter hoch, und er hat mir einmal eine Gefaͤlligkeit er⸗ 
wiefen, für die ich ihm ewig bankbar fein werde. Ich habe 
während bes Krieges geliefert. Ich wurbe durch Herrn Rich⸗ 
ter dem FMe. Baron Eynatten und anderen Herren, bie ich 
‚nicht kenne, vorgeſtellt und habe auf eine Lieferung von */, 
breitem Katton im Betrage von einer . Million Ellen abges 
Ichloſſen. 
Vorſitzender: Haben Sie über dieß Gefchäft mit Herrn 
Richter Rüdfprache genommen? 
Zeuge: Im Diskurs. Wir waren einmal in einer &e- - 
Jellſchaft beifammen, da iR Veriäjiebened inteden werben, 


310 - 


. Beuge: Ich will aber aus dieſer Kalkulation beweifen, - 
daß diefe Behauptung unwahr ift. Ich habe nicht einmal vier 
pr. Et. daran verdient. Eine weitere Lieferung habe ich nicht über: 
nommen, ich bin einige Male aufgefordere worden, Zwilche zu - 
liefern, ich habe auch Schritte dazu gemacht, habe aber nicht 
mehr ald 200 Stüd anfaufen laffeh, die ich dem Armee-Ober- 
fommando lieferte. 

Borfigender: Haben Sie auch Herrn Richter Gefäls 
ligkeiten erwiefen, und in welcher Richtung? 

Zeuge: Ich wüßte nicht, aber unter Gefchäftsfreunden 
fann das wohl fein. 

. VBorfigender: Es fommt vor, daß Sie ihm einen Ab 
zeptationsfredit eröffnet haben. 

Zeuge: Daß ijt feine Gefälligfeit, bad iſt Geſchäft, weil 
man dafür Proviſion bezahlen muß. 

Vorſitzender: Sind Sie noch in anderem Verkehr mit 
Herrn Richter geweſen, 3. B. bei einem Gejchäfte mit Krebits 
- aftien? 

Zeuge: Ja, da auch, ed war dieß eine ganz einfache Spefu« 
lation gewefen. Herr Richter hat mich dazu aufgefordert. Ich 
habe meine Zuſtimmung gegeben, babe mich mit 75.000 fl. 
betheiligt. Später hat ſich herausgeftellt, Daß das ganze Ges 
Ihäft auf meinen Namen gejchrieben wurde, was mir aber 
nicht recht war. Richter bat damit nicht3 Unrechtes gethan. 
Es ift auch nicht weiter zwifchen und zur Sprache gefommen., 
Es ift mir befannt geworden, daß eine Eleine Differenz fich her⸗ 
ausgeitellt Habe. 

Borfigender: Sit Ihnen auch befannt geworben, daß 
noch andere Perfonen betheiligt waren? 

Zeuge: Darüber iſt mir nichts mitgetheilt worden. Ich 
babe dieß erft fpäter erfahren. 

Vorſitzender: Iſt Diefer Ankauf aus den Vermögens» 
quellen des Herrn Richter vorgenommen worden, oder find 
andere dazu verwendet worden? 

Zeuge: Die Papiere find bei der Kreditanftalt binters 
legt worden. 

Borfigender: Hat ‘Herr Richter mit Ihnen darüber 
geſprochen, daß Krumbholz Sie als Träger des Geſchäftes 
eintragen lic? 6 


312 


Vorſitzender: Haben Eie Herrn Liebig in Kenntniß 
geſetzt, daß er als Träger bes ganzen Konfortiums erfcheine? 
Richter: Ich habe ihn gefragt, ob er ſich daran bes 
theiligen wolle; ich bin auch von ber Vorausſetzung ausgegangen, 
daß es ihm nicht geniren werde, weil ich glaubte, daß ich, 
Haber und Lindheim ihm als Subgaranten genug fein 
werden. 

Zeuge: Es kann das ſo fein, ich habe jedoch Fein Gewicht 
darauf gelegt. 

Staatsanwalt: Wollen Sie mir ſagen, wann Sie von 
Baron Eynatten erſucht worden ſind fich um Zwilche umzu⸗ 
ſehen und iſt auch von der Deckung der Valuta geſprochen 
worden? 

Zeuge: Es war im Monate Juni oder Juli; von 
Valutadeckung konnte nicht die Rede ſein, weil ich keine aus⸗ 
laͤndiſchen Zwilche zu liefern hatte, im Inlande habe ich mich 
in Zwittau umgeſehen. 

Richter: Ich wollte nur auf das beſtimmieſte erflären, 
dag Herr Liebig im Lande zu kaufen aufgefordert wurbe, 
daß daher nicht nothmwendig war, fich wegen Valutadeckung 
umzuſehen. 

Dr. Berger: Waͤren Sie im Stande geweſen, im In⸗ 
lande 20,000 Stück Zwilch zu liefern? 

Zeuge: Das wäre unmöglich gemwefen. 

Dr. Berger: Wie lange Tennen Sie Herrn Richter? 

Zeuge: Biclleiht 15—20 Jahre. 

Dr. Berger: Haben Sie eine eigenmüßige, ſchmutzige 
Denk⸗ und Handlungsweiſe an ihm bemerkt? 

Zeuge: Ich kann mich über Herrn Richter nur ſeyr 
lobend ausſprechen, und’ es hat uns Allen meh gethan. 

(owohl der Zeuge als Richter brechen in Thraͤnen aus). 

Dr. Berger: Waren Sie zur Zeit, als Herr Richter 
Ihnen das Geld verfchaflte, in großer Gelbverlegenheit? 

Zeuge: Ia, und ber Dienft, den er mir erwiefen, war 
ein fehr großer. Ich werbe niemals vergefien, daß ich, unges 
achtet ich der Nationalbank meine Realitäten gegeben habe, bie 
eine halbe Million werth waren, ich doch damals ohne Bes 
fürwortung bes Minifters Brud kein Geld erhalten hätte. 

Dr. Berger: Wenn ih wiär Are, dod Sie ud ein 


314 
100 jl. bekommen habe, ein folcher jedoch hei derfelben nicht 
angeftellt ift, und Bittfteller vielmehr glaube, daß dieſe An- 
gabe aufihn, einen früheren Lieutenant, bezogen werben koͤnnte, 
zu fonitatiren, daß er von Kalberg Feine 100 fl. befommen 
babe. Der Borfigende Eonftatirt, daß der in der Ausfage des 
Kalberg genannte Oberlieutenant nicht Baum, ſondern 
Brauner heiße. 
Um zwei Uhr wird die Sitzung auf morgen vertagt. 
Um 9'/, Uhr beginnt die Verhandlung mit ber Ders 
nehmung des Zeugen Adalbert Lanna. Er ift 55 Jahre alt, 
aus Budweis gebürtig, k. k. Schiffmeifter, und in Prag domis 
zilirt. Er erflärt Herm Richter feit feinen erften Jugendjahren 
zu fennen und in ben legteren Jahren, burch feine Betheiligung 
bei der Steinfohlens und Eifengewerfichaft in Kladno, mit 
demfelben in näheren Verkehr getreten zu fein. In Angelegens 
Heiten dieſer Gewerkſchaft Habe er fich bereits im Jahre 1855 
mit Herm Richter häufig berathen. Noch mehr aber im Jahre 
. 1856, als es fich mit Ruͤckſicht auf die Uebernahme von Eifens 
bahnbauten um die Herbeifchaffung eines größeren Betriebs⸗ 
kapitals handelte. Zu diefen Berathungen feien mehrere auss 
Jändifche Kapazitäten und befonders Richter beigezogen worden. 
Diefer hat volllommen den auf ihn gefeßten Erwartungen 
entjprochen; Die Betheiligten haben im Laufe von einem halben 
oder Dreivierteljahren das Anlehen erhalten, und zwar wurde 
28 bei der Kreditauftalt gemacht. Die Kreditanitalt Hat eine 
befondere Kommiflion nach Kladno geichidt; es wurden ‚bie 
Bücher und Borräthe unterfucht, und nachdem ſie fich überzeugt 
hatte, Daß die Anlage eine gute tft, wurbe der Abſchluß gemacht, 
und fie wird es gewiß nicht bedauern, da nach dieſem Abfehluffe 
noch mehrere Anlehen im Auslande effeftuirt wurden. Richter 
war für- feine Perſon durchaus nicht betheiligt, doch wurde 
ſpäter befchloffen, alle Diejenigen, die in diefer Richtung mit- 
gearbeitet, morunter fich auch zwei Ausländer befanden, mit 
einem Honorar zu bedenfen, und für Herrn Richter wurde 
diefes Honorar mit 50,000 fl. beftimmt. Diefes Honorar 
wurde in zwei Naten zu je 25,000 fl. und zwar die eine 
Hälfte an Krumbholz und die andere an Herrn Richter 
jelbjt in Barem ausbezahlt. . Das Unternehmen der Kladnoer 
Eiſen⸗Induſtriegeſellſchaft Hing vorgaalih von dem Baue ber 


316 


die beiden Poften ber erwähnten 50,000 fl. Hert Krumbholz 
bekommen habe, und daß bezüglich der letztbeſprochenen Beguͤn⸗ 
ſtigung von 25,000 fl., er (Richter) dieſe als eine Abfindung 
jener Betheiligung mit Antheilfcheinen an der Kladnoer Gewerk⸗ 
ſchaft betrachte, welche ihm der Here Zeuge zugefagt bat. »Ich 
Hitte,« Außert fchließlih Richter, „den Herrn Zeugen zu 
fragen, ob ich ihm je eine Veranlaffung gegeben habe, die ih , 
glauben machen koͤnnte, ich verlange etwas von ihm. Es 
it mir Alles von feiner Seite gewiſſermaßen aufgebrungen 
worden. « 

Zeuge: Nicht nur Richter hat nicht8 gefordert, fondern 
wenn ich hätte bezahlen wollen für Alles, was er mir Gutes 
gethan, und für den guten Rath, den er mir gegeben bat, fo 
Hätte ich noch an ihn fehr viel zu entrichten. Wie ich mit ihm in 
den zwanziger Jahren bekannt wurde, war er es, der mir die 
Rathſchlaͤge gegeben hat, Die mich auf einen höheren Standpunkt 
gebracht haben. Wir find feitden auf das innigfte befreundet; 
ich habe ihm das Geld aus freiem Antriebe gegeben. (Eine innere 
Aufregung, welche fich bis zum Weinen fteigert, verhindert ben 
Zeugen weiterzufprechen; auch Herr Richter fcheint von diefer 
Scene ſehr ergriffen.) Ich bitte um Entſchuldigung, fagt hierauf 
der Zeuge, ich bin fehr aufgeregt. 

Vorſitzender: Faſſen Ste fi, und ſprechen Sie ruhig 
weiter. 

Zeuge: Es ift ihm nicht eingefallen, etwas zu fordern; 
es ift bloß von mir einzig und allein ausgegangeınt. 

Dr. Berger: Wollen Sie, Herr. Zeuge, angeben, mer 

bei der Kladnoer Geweikſchaft den Gedanken angeregt bat, 
- Diejenigen zu honoriren, die fich um bie ewerlſchaft verdient 
gemacht haben? 

Zeuge: Ich und der verſtorbene Kommerzienrath Lind⸗ 
heim. Der Beſchluß der Honorirung wurde in Prag gefaßt, 
and hierauf erfolgte die Mittheilung an Herrn Richter. 

Dr. Berger: Hat Herr Richter oder ein anderer ber 


Betheiligten im Vorhinein gewußt, daß eine Honorirung erfol⸗ 
gen werde? 


Zeuge: Es konnte Niemand etwas davon wiſſen. 
Dr. Berger: Wie lange mag ed nad dem Seite 


318 


auf die Eifenwerfe zu Kladno Herr Kichter. eine Zahlung 
empfangen hat? 

Zeuge: In dieſer Richtung it mir nur befannt, daß 
Herr Krumbholz mich früher angegangen hat, 25, 000 fl. 
für.ihn zu algeptiren. Ich habe das gethan. Im Laufe der Ber 
gebenheit erinnere ich mich, von Lanna gehört zu haben, daß 
er dieſe Angelegenheit vermitteln würde, und er hat mir den 
Vorſchlag gemacht, noͤthigenfalls auf dieſe 25,000 fl. zu ver 
zichten. Ich habe dieſe Gelegenheit mit Freuden ergriffen, um 
Herrn Richter einigermaßen dankbar zu fein; jeboch fpäter 
habe ich gehört, daß Herr Lanna mich mit diefem Betrage nicht 
belaftet, vielmehr das Gelb felbft bezahlt habe. Ich bin in 
neuerer Zeit durch die Irau des Herrn Richter auf Grund 
eines Schreibens, das Herr Richter aus feiner Haft an mid 
gerichtet hat, um 50,000 fl. Afzeptationd-Krebit angegangen 
worden. In Anerkennung feiner Lage und in Rüdficht auf fein 
Geſchäft habe ich ihm diefen AfzeptationssKredit, jo wie er ihn 
angefucht hat, auf fech8 Monate gewährt, und obwohl die Zeit 
bereitö verfloffen ift, bin ich gerne bereit, ihın verbindiich zu fein. 
Sch muß auch erklären, daß Herr Richter nie voneiner Rekom⸗ 
penfe, eine Erwähnung gemacht hat die er von mir verlangt. 

Richter: Ter Kredit von 50,000 fl., den ich in: Ans 
ſpruch genommen babe, ift hauptſaͤchlich aus dem Umſtande 
hervorgegangen, daß mir auf meine Stofflieferung 50,000 fl. 
vorenthaltenmworden find, und daß durchmeine Inhaftirung nein 
Geſchäft um allen Kredit gekommen it. Es ift auf feine eigene 
Kraft beichränft, und ich mußte, um es aufrecht zu erhalten, 
mich eben nur an gute Freunde wenben. 

Vorſitzender: Durch wen ift dieſe Vorenthaltung 
geſchehen? 

Richter: Sie iſt verfügt worden, d. h. man hat mir Die Be⸗ 
träge für Die letzte Stofflieferung im Delaufe von 49,000 fl. 
nicht auszahlen laſſen, Infolange, bi8 mein Prozeß entfehieben 

fein wird. 
| Auguſt Zappert, Befiter einer Bleiche und Appretur 
in Sechshaus, bereits beeidet, gibt über die für Richter ger 
machte Bleiche folgende Aufklärung: Herr Richter hat mir 
die Bleiche mit den Worten aufgetragen, die Waare mit afler 
Evrgfalt zu. bleichen, denn «8 handle Ah nit ieh vum das 


320 
) 


Der Zeuge erzählt weiter, Daß er eined Tages zum General 
Eynatten berufen wurde, wo ihm diefer mit den Worten ents 
gegenkam: „Schon wieder eine neue Berlegenheit, uud Diegmal 
eine bedeutende. Sch habe Alles gethan, um den Bebarf, ber ein 
großer und dringender ift, ficherzuftellen. Ich habe nun Direktor 
Richter und Sie als VBertrauendmänner berufen, um mit Ihnen 
zu berathen.« Nach ber Angabe Eynatten’s hätte nun Richter 
auf eine Fabrik in Brüffel hingewieſen, welche im Stande wäre, 

jedes Quantum zu liefern. Zeuge ſprach fich nicht nur Dagegen 
aus, fonbern betonte zugleich die Hoffnung, daß es noch moͤg⸗ 
lich ſel, den Bedarf durch inländifche Induſtrielle zu decken. Er 
feßte fich mit Richter in Verbindung, und verfpradh ihm, ans 
erkannte öjterreichifche Firmen mit der Bemerkung zur Tiefe 
rung auffordern zu wollen, daß man fonit den Bedarf im Aus⸗ 
lande been würde. Richter fand biefe Idee gut, und geitand 
dem Zeugen acht Tage zu, um fie durchzuführen. Nach act 
Tagen und zwar in Folge einer fechöftündigen beim Ars 
mee-Öberfommando gepflogenen Berhändlung, wo ber Zeuge 
ſelbſt das Protokoll führte, fam ein Lieferungsabfchluß über 
520,000 Paar Fußbeffeidungsftüde zu Stande, Kaum war 
dieſe Lieferung abgeſchloſſen, ſo wurde er ſchon aufgefordert, 
nach Prag zu reiſen und die Fabrik Pollak zur Uebernahme 
einer weiteren Lieferung zu bewegen. Die Lieferung wurde in 
Prag auch abgeſchloſſen, Mb als Zeuge hieher zurückkam, 
wurde ihm weiter mitgetheilt, daß mit den hieſigen Lieferanten 
noch weiter eine Lieferung von 400,000 Paar Fußbekleidungs⸗ 
ſtücken eingegangen wurde. Für dieſe letzteren wurden jedoch 
33 fr. per Stück mehr gezahlt. Als dann der Friedensſchluß 
eingetreten war, habe ſich, wie Zeuge erzählt, die Fabrik 
Pollak ohne jedwede Vergütung zum Rücktritt bereit erflärt. 

Vorſitzender: Warum hatte Richter, den Vorſchlag 
gemacht, dieſen Bedarf aus Brüſſel zu beziehen? Wäre es ihm 
nicht möglich gewefen, auch hier mit Jemanden Rüdiprache 
Darüber zu treffen? 

Zeuge: Ich kann nicht angeben, ob er in biefer Richtung 
Verbindungen gehabt hat. 

Richter: Wiefchon Herr Hofrath Eders Kraus betätigt, 
ijt es für nothmwendig gefunden worden, den Schuhbedarf ſchnell 

gu beden. Ich empfing von Baron Eynatten ten Roktaq, 


382 " ⸗ 


rirt, mit ihr zweinial in Zucker, einmal in Spiritus verlehrt 
und bezüglich der Getreidelieferung ebenfall einen Auftrag er⸗ 
halten, fo weit es ihm möglich wäre, denfelben auszuführen. 
Gr habe nun Weizen, Hafer und Gerfte gelauft. Er babe for 
wohl vor Käufer ald Verfäufer‘/, pGt. Senfarie gehabt. Auf bie 
Frage des Dr. Berger gibt er an, daß bie ©etreibepreife, wen 
die Lieferung auf eine andere Art als durch bie Krebitans 
ftalt beforgt worden wäre, bedeutend in die Höhe gegangen wär 
ren, und auf bie weitere Frage, warum auch jet der Preis des 
Hafers geſtiegen ſei, autwortete er: Weil die Befürchtung vor 
einem naheſtehenden Bedarf da iſt. Die Ernte wäre in Jahre 
1858, fagte der Zeuge weiter, fchlecht geweien. Der Hafer 
made wegen feiner ſpitzigen Form, die fich abftoßt, viel Staub 
und Unreinlichkeit, Die vom Maße abgehe. 

Hierauf wird die Ausfage des ©. Fleſch aus Nen 
Raudnitz in Betreff der Schuhlieferung vorgeleſen, Derſelbe 
gibt ganz dieſelben Umſtaͤnde an wie diejenigen, welche bei ber 
Schlußverhandlung von Richter angegeben wurden, 

Hierauf wirb der Zeuge Ehriftian Hoppe, Großhändler 
in Wien, vorgerufen. Er erflärt: Richter habe ihn Anfangs 
Juli zu fich gerufen und ihm aufgetragen in’3 Ausland zu 
reifen und vorzüglich in den Seeftädten und wenn dort nicht 
möglich, in London ein bedeutendes Quantum Zwilch einzus 
taufen, von ben Einkäufen alfogleich auf telegraphifchem Wege 
der Kreditanftalt Anzeige zu machen und gegen baare Bezahlung 
abzufchließen. Er habe in Leipzig eine Heine Quantität eins 
gekauft, ſei dann nach Hamburg gereift, wo er am 9. Juli 
nah dem Waftenftiliftande auf telegraphiſchem Wege bie 
Weiſung erhalten babe, weitere Befehle abzuwarten. In 
Bolge dieſes Befehles habe er fich nad) London begeben und 
bort die Depefche vorgefunden, bes eingetretenen Friedens 
wegen die Einkäufe gänzlich einzuftellen. Er fei nah Wien 
gefommen und babe, da ihm 3%/, Proviſion zugefichert waren, 
eine Rechnung im .Betrage.von 2500 ff. der Kreditanftalt eins - 
gereicht und Die Anftalt auf feinem Conto corrente mit dieſem 
Betrage -belaftet. Ueber die Devifen weiß er durchaue nichts 
anzugeben. 

Richter erklärt, er habe Hoppe aufgefordert, vor Allem 

gute Qualitaͤt und fe billig ale miüglicg zu tauien. A \ener 


4 


324 


tende Direktor beſorgte. Zur Zeit des Einkaufes war dieß Herr 
Schiff. 12,000 Pfund verkaufte ich von ben meinigen an bie 
Krebitanftalt. Die Kreditanftalt gab 8000 Bfund dazu, und 


dieſer ganze Betrag von 20,000 Pfund wurde an das Armee 


Oberkommando in Folge meines Abſchluſſes mit dem Finanz⸗ 
minifterium überlaffen, und zwar wurde der Zwilchvorſchußkonto 
baniit belaftet. Dabei blieben aber die Papiere unter berfelben 
Sperre. Nachdem aber die Zwilcheinfäufe eingeftellt wurben, 
Hat das Yinanzminifterium den Wiederverkauf ber unverwendet 
gebliebenen Londons. mit Uebereinſtimmung des ArmeesOber- 
fommandos angeordnet, weldher auch am 2., 5., 10., 12., 


13.., 16. und 22. Auguft erfolgte. Den 22. Auguft fand nicht 


ein eigentlicher Verkauf ftatt,. jondern jene Beträge, welche für 
die von Leipzig empfangenen Zwilche mit-1650 Pfund ange 
fhafft wurden. Die aus. bem Verkaufe eingelangten Gelder 
wurden dem Armee⸗Oberkommando gutgefchrieben, Alles im 
conto corrente richtig eingeftellt und die Abrechnung bes Gan⸗ 
zen am. 11. November eingereicht. Ich hatte aus dem Verkaufe 
einen Nachtheil von 65,000 fl. dadurch, weil ich meine. Lon⸗ 
dons mit 145 gekauft und mit 117 verlauft habe. Jedoch 
babe ich diefen Verluft, der mich allein traf und ber nur ein 
relativer war, weil ich die Devifen zur Bezahlung des Garnes 
angeichafft Hatte, der Krebitanftalt vollitändig bezahlt. 

Borjitender: Was können Sie gegen die Zumuthung 
einer liſtigen Rückdatirung ausfprechen? 

Richter: So weites mir zufteht; in der Stellung, in ber 
ich mich befinde, muß ich mich entjchieden gegen eine folche In⸗ 
finuation erflären. Ich habe am 7. Juli mit dem Heren Finanz⸗ 
minijter-für Rechnung bes Armee-Oberfommando auf 20,000 
Pfund Sterling zur theilweifen Deckung der Zwilcheinfäufe abs 
geihloffen, und zwar mündlih. Ich habe diefen Schluß am 
8. Sr. Erzellenz durch einen Zettel mitgetheilt, wie es bei ben 
Geſchäften zwifchen der Kreditanftalt und dem Zinanzminifterhun 
öfter in Anwendung gefommen iſt. Der Schluß des Gefchäftes 


fand am 7. Juli ſtatt. Auf Grfuchen des Herrn General 


Eynatten, als ich ihn am 8. von bem mit dem Minifter ges 
machten Schluß unterrichtete, und ihm andentete, ich wuͤrde 
die Rechnung über dieſe London entweder noch während des 


Jaufenben ober doch während des wäciten Noqrd tem Arurees 


326 

Richter: Ja, es ſind das aber Vermuthungen, die mar 
täglich ausfpricht, und die ftetd mit den Ereigniffen wechſeln; 
ich habe, wie aus dem vorliegenden Briefe an Krumbholz 
vom 7. Juli erheflt, die Vermuthung ausgefprochen, daß in 
Folge des Krieges fih die Valuta verfchlechtein würde. Um 
mich daher in dieſer Beziehung ficher zu ftellen, habe ich meinen 
Geſchäfte in Smichow den Auftrag gegeben, die ausſteheuden 
Beträge in Händen der Traffanten zu laſſen, denn ich war der 
- Meinung, daß ich bei biefen Geſchäften Höchftens 6—7°/, ries 
fire, während ich 20°/, babei erfparen könnte. 

Staatsanwalt: Können Sie einen Vertrag derart 
jchließen, daß die Summe, die Sie Jemand überlaffen wollen, 
sticht beftimmt wird? 

Richter: Es gibt ſolche. Ich tonute mir eine freie Pr 
mie halten, allein bier fand dieß nicht ſtatt, ich hatte mir die 
Wahl vorbehalten, jenen Theil abzugeben, den ich zu ents 
behren im Stande war. 

Staatsanwalt: Wer war von der Areditanſtalt er⸗ 
mächtigt, den Kaufvertrag auf 12. 000 Pfund mit are abs 
zufchließen ? _ 

Richter: Direktor Schiff. 

Staatsanwalt: Sie haben aber. Direktor Schiff erſt 
am 8. vom Gefchäfte verftändigt, wie konnten Sie es am 7. 
mit ihm abfchließen? 

Richter: Ich Habe zwar in der Unterfuchung angegeben, 
dag ih am 8. Herrn Schiff in Kenntniß gefebt habe, allein es 
kann auch fihon am 7. geweien fein, ich war bei der Angabe 
der Zeit ganz allein auf mein Gedächtniß angewieſen, und da 
kann e8 leicht fein, daß bei dieſer Maſſa von Segenitänden ich 
mir die Zeitpunfte nicht fo genau merkte. 

Staatsanwalt: Ich habe gegen den - Kaufvertrag zwei 
fehr große Bedenken; eritens, daß Sie feine Summe beftinmt 
haben, und zweitens, dag Niemand da war, mit dem Sie den 
Vertrag hätten abfchließen follen. 

Richter: Ich finde gar nichts Bedenkliches darin, und 
Herr Schiff wird die nöthigen Dkittheilungen hierüber machen. 

Staatsanwalt: Wie weit meinen Sie, daß dadurch 
daß Sie 12.000 Pfund hergaben, Sie die Kreditanftalt ers 
Jeichtert haben? 


® 


® 


326 


Richter: Ja, es find bas aber Bermuthungen, die man 
täglich ausfpricht, und die ſtets mit den Ereigniſſen wechjeln; 
ich babe, wie aus bem vorliegenden Briefe an Krumbholz 
vom 7. Juli erhellt, die Vermuthung ausgeſprochen, daß in 
Folge des Krieges ſich die Valuta verſchlechtern würde. Um 
mich daher in dieſer Beziehung ſicher zu ſtellen, babe ich meinem 
Seihäfte i in Smichow ben Auftrag gegeben, die ausiteheuden 
Beträge in Händen ber Traffanten zu laſſen, denn ich war der 
Meinung, baß ich bei biefen Geſchäften Höchitene 6—7°/, ris⸗ 
fire, während ich 20°%/, babei erfparen könnte. 

Staatsanwalt: Können Sie einen Vertrag derart 
Schließen, daß die Summe, . die Sie Jemand überlaffen wollen, 
nicht beitimmt wird? 

Richter: Es gibt ſolche. Ich onnte mir eine freie Praͤ⸗ 
mie halten, allein bier fand dieß nicht itatt, ich hatte mir Die 
Mahl vorbehalten, jenen Theil abzugeben, den ich au ents 
behren im Stande war. 

Staatsanwalt: Wer war von ber Areditanſtalt er⸗ 
mächtigt, den Kaufvertrag auf 12. 000 Pfund mit Sonn ab⸗ 
zuſchließen? 

Richter: Direktor Schiff. 

Staatsanwalt: Sie haben aber. Direktor Schiff erſt 
am 8. vom Gefchäfte verftändigt, wie konnten Sie ed am 7. 
mit ihm abfchließen? 

Richter: Ich habe zwar in der Unterfuchung angegeben, 
dag ich am 8. Herrn Schiff in Kenntniß gelebt habe, allein es 
kann auch fchon am 7. gewefen fein, ich war bei der Angabe 
der Zeit ganz allein auf mein Gedächtniß angewieſen, und da 
kann es leicht fein, daß bei diefer Maſſa von Segenftänden ich 
mir die Zeitpunkte nicht fo genau merkte. 

Staatsanwalt: Ich habe gegen ben-Kaufvertrag zwei 
fehr große Bedenken; eritens, daß Sie feine Summe beftimmt 
haben, und zweitens, daß Niemand da war, mit dem Sie den 
Vertrag hätten abfchließen follen. 

Richter: Ich finde gar nichts Bedenkliches darin, und 
Ser Schiff wird die nöthigen Mittheilungen hierüber machen. 

Staatsanwalt: Wie weit meinen Sie, daß dadurch 

Sie 12.000 Pfund hergaben, Sie die Krebitanftalt er- 
ert haben? 


® 





328 


Dr. Berger: Hat Herr IME. Eynatten vie Anfchaf: 
fung der Devifen ausſchließlich als Sache des Finanzminifte: 
riums erflärt?  _ 

Richter: Ja. 

Dr. Berger: War Kerr Schiff berechtigt, Käufe börfen- 
mäßiger Effekten für die Anftalt auszuführen? 

Richter: Ia wohl. Im Einverftändriß mit der Direktion. 

Dr. Berger: Der Verkauf Ihrer 12,000 Pfund Ster⸗ 
ling an die Kreditanſtalt war in nothwendiger, thatſächlicher 

Verbindung mit dem Abſchluß über die 20,000 Pfund mit der 
Kreditanſtalt? 

Richter: Ich glaube, da ſonft die Anſtalt nicht auf den 
Wunſch des Miniſters hätte eingehen koͤnnen. Beide Gefchäfte 
aber haben keinen nothwendigen Zuſammenhang; eine ſpezielle 
Anordnung bezüglich. der Aufnahme in's Börfentableau habe 
ich nicht gegeben. 

Dr. Berger: Hatte der Brief, der die Adreſſe trägt: 
„An den Zwildvorfchußfonto« feine Beitimmmg au bas 
Armee-Obertommando, oder welche andere fpegielle Beftimmung 
hatte er innerhalb ber Anttalt? 

Richter glaubt, er fei für’ ArmeesÖberfommando be⸗ 
flimmt geweſen, meint aber, er könne auch für bie Berbuchung 

gefchrieben gemwefen fein. 

ü Dr. Berger: Zieht die Korrefponbenz bie Daten zu ben 
Briefen bloß aus dem Börfentableau, oder hat fie.noch befondere 
Notizen aus andern Quellen? 

Richter: Sie erhält die Angabe zumeift von dem bes 
treffenden Direktor, der die Einkäufe macht; in dem fpeziellen 
Balle find nach meiner Ueberzeugung bie betreffenden Angaben 
von Herrn Schiff gemacht worden. 

Vorſitz en der: Welchen Anlaß hätte Herr Direktor Schiff 
haben koͤnnen, um der Korreſpondenz eine ſolche Andeutung zu 
geben? Glauben Sie, daß er für ſeine Perſon eine ſolche Ver⸗ 
fügung hätte treffen ſollen? Ä 

- Richter: Er Hätte fie einfach treffen Lönnen, ‚wenn er es 
für gut befunden hätte; ich Habe Herrn Schiff bloß am 13. 
erjucht, nunmehr die Durchführung des Gefchäftes vorzunehmen. 

Borfigender: Wie fchon vorgelommen ift, haben Sie für 
Baron Epnatten Geſchäfte beioratz har Ah ein F(olcher Fall 


330 — 


Baron Eynatten kein ſolcher Konto eroͤffnet war, wie fuͤr Ba⸗ 
ron Bruck? 

Richter: Das iſt auch ein anderes Verhaͤltniß, bier hatte 
«3 fih um Banrgeld und da bloß um bieAusführung eines Aufs 
trages gehandelt. Die Buchung rückſichtlich der Schuld bes 
Finanzminiſters ift auch öffentlich Durch die Bücher gegangen. 
Außerdem wollte ich Baron Eynatten Vertrauen beweifen; 
Baron Brud hatte nicht nöthig, daß ich ihm Vertrauen bes 
weile. 

Borf ißender: Hat auch das Finanzminiſterium einen 
Konto? 

Richter: Das iſt für Geſchäfte, die bie Kreditanftalt 
Zrüher für das Finanzminiſterium gemacht hat, namentlich im 
Sabre 1857 und fpäter, zur Zeit als das Anlehen in London 
entrirt werden follte. Se. Erzellenz Hatte es nämlich. Damals 
für gut befunden, Devifen verkaufen zu Iaffen, um die Kurfe 
derfelben zu drüden. Die betreffenden Gefchäfte befinden fid 
auf den Konto des Finanzminiſteriums verzeichnet. Wenn Her 
Bräfident erlauben, werde ich mich über den Gegenſtand auds 
führlicher äußern. Ich bitte jedoch um einige Minuten Gebulb. 
Der Finanzminifter Brud hat die Aufbefferung der wirthfchafts 
lichenVerhaͤltniſſe nach Oeſterreich insbeſonders in zwei Richtuns 
gen angeftrebt. Die erfte Richtung war bie Wiederherftellung 
der Baluta und die zweite die Aufbeflerung ber Kommunifationds 
mittel dur ein ganz Oefterreich umfafjendes. Eifenbahnmes. 
Vorzüglich war es die Wiederherftellung der Baluta, welcher 
Baron Brud feine ganze Sorgfalt widmete. Es war das Ziel 
feines Denkens und Strebens, fein Haar war dabei von Grau 
ins Weiße übergegangen. Es gelang ihm endlich, dieſe Maßregel 

zur Durchführung zu bringen. Es ijt befannt, daß wir am 
Schluſſe des Jahres 1858 wieber in der Lage waren die Baars 
zahlungen aufnehmen zu fönnen. 

VBorfigender: ch verfiehe das „wir« nicht. . 

Richter: Wir, d. 5. »Oeſterreich.« Sebermanı mar 
Darüber erfreut, insbefonbere Jene, bie auf ein fires Einkom⸗ 
men verwieſen waren, bag num der Gulden mieder feinen vollen 
Werth hatte und nicht wie das heute ift, 60 Er. oder weniger 
werth ijt. Ich, der ich fo häufig mit Baron Brud verkehrte, 
ich babe ihn nie fo fröhlich geſehen wre hama. Cr \agke wir: 


332 


treff der gekauften Papiere getroffen werben. Auf die Frage über 
die politifche Lage zuckte Se. Erzellenz die Achſeln. 

Unter ſolchen Umjtänden, fagte ich, ift e8 vielleicht zweck⸗ 
mäßig, das London, welches es aus dem Erloͤſe des Anlchend 
im Auslande in natura zurüderitatten wollte,. zu deden. Er 
gab mir den Auftrag, die Papiere im Ausland zu verkaufen und 
unter allen Umftänden das London zu deden. Als ich das 
Finanzminifterium verließ, traf ich zufällig auf dem Mehl: 
markte den Direktor Schiff in Begleitung von Fremden. Ich 
forderte ihn auf, nachdem ich ihm die Mittheilung von bem eben 
Erzählten gemacht hatte, mich fofort zur Kreditanftalt zu be: 
gleiten, wo wir an demfelben Tage, am Sonntag, noch bie 
PVerkaufsaufträge auf National ind Ausfand abfendeten, wie 
die telegraphifche Depefchen ausweifen. Mit diefen Aufträgen 
fuhren wir fort und innerhalb einiger Tage waren die 100.000 
Pfund Sterling gebedt. Der Verkauf war in der Art günftig, 
daß wir in ber Lage waren, dem Finanzminiſter für bie National 
einen Kurs von 72 und füt das London einen Kurs von 118 
rechnen zu fönnen. Bekanntlich ift vier Wochen fpäter ber Kurs 
von London 145—146 und ber Kurs von National: 64 ges 
wefen. Nach Ablauf des erften Semefters im Juli oder Auguſt 
babe ich dem Herrn Minifter. eine Veberficht über den Stand 
der Rechnung bes Finanzminifteriums gegeben, und als er biefe 
Aufammenftellung in die Hand nahm und ſah, um welche 
Sunme es ſich handelte, erging.er fich in ein Sammern über 
den großen Berluft, der dem Staate aus der Operation zugehe, 
und fagte: »Den müffen wir aufzubeffern fuchen,« wobei er 
noch hinzufügte: „Wir werden noch darauf zurüdfommen.« 
Damit wurde ich entlaffen. Sm September oder im Oktober 
habe ich den Gegenſtand abermals angeregt, und bei der Ge⸗ 
legenheit bat er mich beauftragt, 1'/, Millionen Grundent⸗ 
laſtungen, die zu jener Zeit befonders billig jtanden, zu kaufen 
und zwar mit dem Zwede, baß ber Gewinn der babei gemacht 
werde, dem Konto des Yinanzminifteriums gutgefchrieben 
werben-fol. Diefe 17/, Millionen Grunbentlaitungen handelte 
ich von bem Bevollmächtigten des Fürſten Eſterhazy, Franz 
Grafen Zichy, zum Kurs von 70°/,. Von dieſem @efchäfte 
haben Se. Erzellenz ebenfalls Kenntniß erhalten. 

Anfangs des Jahres oder zur Zeit, AB er WX6ècabGoh her 


334 


gejagt ober gethan hat, that fie ohne genaue Kenntniß von ber 
Sachlage. 

Vorſitzender: Haben Sie nie ben Verwaltungsrath hier⸗ 
son in Kenntniß geſetzt? 

Richter: Ich erinnere mich, daß ich Herrn Hornbofet 
im Allgemeinen mitgetheilt habe, daß bie 1'/, Millionen 
Srundentlaftungen zur Aufbefjerung ber Verlufe des Aerars 
beſtimmt find. 

Vorſitzen der: Welche Angaben haben Sie dem Buch⸗ 
halter zus Umänderung gegeben? 

Nichter: Meiner Erinnerung‘ nach habe ich geſagt: 
»Aendern Eie die Ziffern in dieſer Beziehung ab.*. Er hat 
nun, weil ale Bücher unter ihm find,. die betreffende Anord⸗ 
nung getroffen: Es muß das auch in den Büchern vorkommen, 
weil es nicht im Geheimen geichehen ift. Ich muß aber wieber 
Bolt erflären, daß ich Die beftimmte Erklärung erhalten habe, 
daß das Finanzminifterium für Alles haftet, und daß ich mi 
ohne die Einwilligung der Anftalt zu nichts verpflichtet habe. 

Borfigender: Hätte man dieſe angebeuteten Aenberungen 
aus ben Büchern erfehen müſſen? 

Richter: Es find die Ziffern geändert worden, unb id 
dachte nur immer, der Buchhalter wird, freimiliig oder gefragt, 
angeben; welche Neränderungen er veranftaltet Lat. Uebrigens 
muß ich bemerken, daß fich die Reviflonsprüfung allerdings 
nicht in die Detailprüfung einläßt, aber daß fie die Salbi er- 
bebt, mit dem Tepot vergleicht, um zu feben, ob bie Dedung 
vorhanden iſt. 

Dr. Berger: Dieſe Umänderung iſt wohl dahin zu ver- 
fiehen, dag neue Ziffern auf Grund der neuen Anrechnung eins 
gefchrieben worden find. | 

Richter: Es wurden neue Ziffern eingefchrieben. Zu 
biefem proviforifchen Uebereinfommen hatte ich die Ermäd- 
tigung in Folge früherer ähnlicher Transaktionen, und zwar 
viel größerer Beträge, mir zugemutbet. 

Der Bertreter bes Aerars: Ich bitte mir genau bes 
fonnt zu geben, wie eigentlich der Inhalt bes Zettels abgefaft 
war, mit: welchem Sie dem Finanzminifterium den Abſchluß 
mitgetheilt. 

Richter: Er Iautete: „Seiiglafen IN 00 SEEN Ster⸗ 


336 


Zeuge erwiebert weiter, die ihm vorgelegte Rechnung wäre 
merkantiliſch geführt geweien. Die von der hiezu niedergefehten 
Kommiſſion zuſammengeſtellten Bemaͤnglungen belaufen ſich 
auf circa 183.137 fl. 19 kr., unter dieſen ein Rechnungsfehler 
von 10,000 fl. und überdieß noch andere ungebührliche Berech⸗ 
nungen zum Nachtheile des Aerars. — 

Richter: Nach dem Uebereinkommen mit der Areditan⸗ 
ftalt war dieſe berechtigt, ihre Mechnung durch Organe des Fl⸗ 
nanzminifteriums prüfen zu laſſen. Nachdem die Krebitanftalt 
in der Lage war, jede Ziffer in der Rechnung nachweifen-zn 
fönnen, insbefnndere durch Schlußzettel, fo habe Ich feinen An: 
ftand genommen, diefe Rechnungen, auf die ich gar feinen Ein- 
fluß genommen habe, und welche burch die Buchhaltung ber 
Krebitanftalt ausgeführt murden, dem Armee⸗Oberkommando 
vorzulegen und fie durch deſſen Organe prüfen zu laſſen. Ich 
babe bei der Gelegenheit, als ich Herrn Schultner bei Baron 
Eynatten traf, zw ihm gejagt, daß ich mit Vergnügen bereit 
wäre, für ben all, als das Eine oder bag Andere ihm unklar 
fein follte, die Sache aufzuklären, und wenn ich verhindert 
fein follte, ihm durch Leute aus der Kreditanftalt alle Nach⸗ 
weifungen zu verfihaffen. Was der Herr Zeuge als ungebühr: 
lich betrachtet, und überhaupt was Die ganze Rechnungsart 
anbelangt, fo muß ich es der Kreditanftalt überlaffen, welche 
in der Lage fein wird, Die Richtigkeit jeder Poft, vielleicht mit 
Ausnabıne eines einzigen Meinen Irrthums, nachzumeifen. 

Zeuge erklärt, daß Richter allerdings zur Ertheilung 
von Nachweifungen ſich Damals bereitwillig erklärt habe. 

Staatsanwalt: Was verftehen Sie unter ziffermäßiger 
Prüfung? W en 
Zeuge: Daß bloß die Zifferanſätze geprüft werben, 
feineswegs aber, ob die Poften mit legalen Dokumenten be⸗ 

legt ſind. 
Staatsanwalt: Iſt Ihnen: eriunerlich welcherlei. Art 
von Poften unbelegt waren? - 
Zeuge: Trinkgelder u. dgl.; ich fmın mid) nicht: fo genau 
erinnern. 
Richter beitreitet die Anfisht biefes Zeugen, weil fonft 
ber Rechnung nicht wären Schlußzettel beigelegt worden, und 
er glaubt, daß unter ziffermäpiger Brütung Mertingp ansh ein 


338 


rechnung für. bie Herren. Sifchhoff und: Hoffmann im Bes 
trage von 9000 fl. geweien, und Direktor Horuboftel hätte 
gejagt, biefe Schlußbriefs wären nur beigelsgt worden, um die 
Poſt zu decken. 
Zeuge äußert weiter auf bie: Feag⸗ des Herrn Botanten, 
daß die Qualität des abgelieferten Getreides theils gut, theils 
nicht gut geweſen ſei, denn das Getreide habe eine Beimiſchung 
von Sand und anderen Begenftänben enthalten. 

Landesgerichtsrath Duſcher: In welchem Verhält—⸗ 
niffe ficht Has Gewicht bes Sandes sum Gewichte des Getreides, 
was ift fchwerer? 

Zeuge gibt auf diefe Frage keine Antwort. 

Dr. Berger: IR Ihnen befannt, daß gewiffe Unreinig- 
keits⸗Perzente bei, Frũchten angenommen werden, und ſind auch 
dieſe bei den Prüfungen der Rechnungen in Betracht gezogen 
worden? 

Zeuge beſaht bieſe Frage und wird dann entlaſſen. 

Richter: Es giht keine fingirten Schlußbriefe; Direktor 
Hornboſtel iſt als Zeuge vorgeladen, er wird in die Lage kom⸗ 
men, daruͤber Auskünfte geben zu Können. Ich bitte denſelben 
darüber zu befragen. 

Rechnungszath Paul Ditmann erklärt: Er ſei gerufen. 
worden, bie Rechnungen zu prüfen, habe unter ben einzelnen 
Beilagen. keine Marktpreisrechnung wahrgenoinmen, und Die 
Antwort erhalten, daß ſolche Marktpreisheftätigungen nicht 

“ erforderli wären, daß es ſich überhaupt nur-um eine ziffer⸗ 
mäßige Prüfung der Rechnung handle, und daß dieſe Froge 
daß, Zentral⸗ Rechnungsdepartement nichts angehe. Er be⸗ 
merkte eine Poſition, die einen Abgang, eine Schwindung der 
Früchte in Folge der Transportixung darſtellte. Baron Ey- 
natten erwiederte, daß das Aerat dieſe Poſt zu tragen babe. 
Die Rechnung wurde ihm nicht weiter zur Reviſion gegeben, 
weil er nur eine Superreviſion haͤtte ausführen ſollen, aber 
son dem Zentr at Fechnungsdepartement uͤberſehtt worden iſt. 

Sen wird beeibet). 
‚Der Borfigende geht nun zum Deviſengeſchaͤfte über. 
Staatßanwalt: Es wurde ſchon geſtern darüher ges 
mrochen, ob bei ber Unterebung, die Here Kiigrer wit Boxen 


x 


340 


Staatsanwalt: Es muß. aber immer ein Käufer fein, 
welcher in ben Verkaufsvertrag einmwilligt, während Sie fagten, 
Sie hätten den Direktor Schiff verftändigt; eine bloße Ders 
ftändigung genuͤgt nicht. 

Richter: Wir im kaufmaͤnniſchen Leben kennen keine 
Vertraͤge, ba Heißt: es: »Ein Wort, ein Mann!“ Ich habe 
dieß einfach dem Direktor Schiff angezeigt, er hat es in Ord⸗ 
nung gefunden. Verträge abzuſchließen war nicht noͤthig. Wir 
"machen. zwanzigmal größere Geſchaͤfte in zwei bis drei Worten. 

Staatsanwalt: Zft ein Tag beftimmt würden, an 
welchem bie Effekten übergeben werben follten? 

Richter: Nein. Zu übergeben waren fie gar nicht. Sie 
blieben im Beſitze der Krebitanftalt. Auf Wunſch Eynatten’s 
unterblieb'die Uebergabe bis zum 13., wo ich nach der Zurüds 
berufung Hoppe's ihn erfuchte, die Durchführung der Gefchäfte 
zu veranlafjen. 

" Staatsanwalt: Es heißt in der 42. Antwort der Vor⸗ 
unterfuchung: Es wurde die Trage. ber Zmedmäßigfeit bes 
fprochen, Diefe Frage wurde bejaht, und ich Tieß 20,000 Pf. 
St. London durch die Anftalt kaufen. Dieß ſcheint anders zu 
fein, als Sie jebt angaben. 

Richter: Diefe Antwort ift eine Hiftorifche Daritellung, 
die nicht fo genau in Betreff der Daten ift; es ift fogar uns 
richtig, daß mich bei diefer Befprechung Baron Eynatten 
begleitet, ich habe mich Später erinnert, daß. Baron Eynatten 
in Betreff des Verkaufes der Deviſen bei Baron Brud gemwefen, 
nicht aber in Betreff des Einkaufes, was ich auch fpäter nach⸗ 
gewieſen habe. 

Staatsanwalt: &3 find die Devifen, welche für das 
Armee⸗Oberkommando gekauft worden find, vom 2. bis 
16. Auguft verfauft worden, am 18. wurde bie Rechnung 
über Zwilch dem Armee-Oberfommanbo überreicht, e8 war 
alfo nur noch acht Tage bis zum Verkaufe aller Devifen, 
warımt haben Sie diefe acht. Tage nicht. gewartet? 

Richter: Das ift fehr einfach, weil ber Zwilch nach 
Stoderau. geführt und dort bezahlt. werben mußte, 

Staatsanwalt: Anderſeits ift ber Konto erft am 
211. November bem Armee-Oberlommanbo vorgelegt worden, 


342 


welcher aus dem Kaufe von 1'/, Millionen Grundentlaſtungen 
hervorgehen ſollte. 

Staatsanwalt: Warum it nicht vorher die Bewil⸗ 
ligung der Kreditanſtalt nachgeſucht worden zu dieſer Auf⸗ 
beſſerung? Es iſt dieß ja eine Geſchenkgebung. 

Richter: Es it keine Geſchenkgebung. Das Finanz⸗ 
miniſterium iſt dafür gut geweſen. Nach meiner Erinnerung 
war es die Abſicht des Finanzminiſters, daß, wenn dieſe 8pGt. 
eingebracht find, durch den Gewinn beit Grundentlaſtungen, 
Sr. Majeſtät den Vortrag zu machen, und die Genehmigung 
der Rechnung nachzufuchen. 

, Staatsanwalt: Ben ben Srunbentlaftungen werden 
wir fpäter fptechen. Nachdem alfo die Anftalt nicht. mehr als 
72p6t. befommen bat, fo konnte fie 77pCt. nur geben, wenn 
fie 5pCt. geſchenkt hat. 

Richter: Es iſt kein definitives Geſchäft, es iſt ein Ueber⸗ 
einkommen geweſen. Ich habe bei früheren Gelegenheiten ähns 
liche Transaktionen gemacht und es ift dieß erit giltig geweſen, 
nachdem der Verwaltungsrath darüber befchloffen. Auch Hier 
jollte e8 fo fein. Meine Verhaftung verhinderte mich dem Vers 
waltungsrathe den Vortrag darüber zu machen. 

. Staatsanmalt: Es kommt vor, daß ſich das Revi⸗ 
fionstomite um das Konto bes Finanzminiſteriums gar nicht 
umgefehen bat, und wie hätte das Nevifionstomit& darauf 
kommen follen, daß folche Nenderungen ftattgefunden, nachdem 
das Conto separato des Kaufes zu 72 am 31. Dezember eins 
getragen worden? 

Richter: Es iſt nicht am 31. Dezember, fondern erft 
fpäter gefchehen, wir haben es auf ben 31. zurüdbezogen. 
Uebrigens frage ich die Löbliche Staatsbehörde, was kann mich 
veranlajfen, ein Geheimniß über diefe Sache zu beobadhten, bei 
ber ich nicht das geringite perfönliche Intereſſe hatte? Ich bin 
auf die Wünſche des Herrn Finanzminiſters eingegangen, den 
Kursverluft aufzubeflern. 

Staatsanwalt: Ich habe etwas ganz Anderes gefragt, 
nämlich wie fich das Reviſionskomitoͤ hätte auskennen follen. 

Richter: Ich hätte die Mittheilung gemacht, weil ich 
feine Beranlaffung hatte, ein Geheimniß zu beobachten. 

Staatsanwalt: Es iſt ger keine Beranlaflung geweſen 


344 


wortung biefer Frage am folgenden Tage zu geftatten. Am 19. er⸗ 
zählt sun Richt er bie bereits früher mitgetheilten Aeußerungen. 

Staatsanwalt: IA das Yinanzminifterium von bem 
Anlaufe verftändigt worden? 

Richter: Es ift eine Anzeige geichehen. BE 

Staatsanwalt: Im Boͤrſentableaux erfcheint jebe 
ein Anderer als Käufer der 1 '/, Million Örundentlajtungen. 

Richter: Es wird vieleicht „nostro« heißen, weil bie 
Srundentlaftungen erit in den Beſitz der Anftalt und fpäter in 
ben Beflg des Sinanzminifteriums übergegangen find. 

Staatsanwalt: Warum ift nicht gleich der billigere 
Kurs, um welchen die Bapiere bem Finanzminiſterium übers 
laffen wurden, eingetragen worden? 

Richter: Urfprünglich wurden fie aud dem. Binanzmis 
nifterium mit 70 °/, notirt, und erft nach ber Rüdfprache mit 
dem Finanzminifter bat die Aenderung jtattgefunden. 

Staatsanwalt: Woher mußten Sie genau, daB fih 
fieher ein Gewinn aus diefem Gefchäfte ergeben werbe? 
Richter: Eicher kann man nicht fagen, «8 ift Die Wahr⸗ 
Icheinlichfeit vorgelegen. Uebrigens war nicht ich Dafür verants 
wortlich, e8 war die Anjchauung bes Miniftere. Ich muß mich 
auch auf einen Verwaltungsrathsbeſchluß berufen, daB für 
Rechnung der Anftalt nichts gekauft werden bürfte, und wos 
durch bemiefen wird, daß für das Yinanzıninifterium allein ges 
fauft wurde. 

Staatsanwalt: Iſt über diefen Derfauf ein Avifobrief 
geichrieben worden? 

Richter: Die Berftändigung tft mündlich erfolgt. 

Staatsanwalt: Liegt ein fehriftlicher Auftrag vor, die 
Papiere zu faufen? 

Nichter: Alle Aufträge des Miniſters waren mündlid. 

Staatsanwalt: Wie hätte fich Die Kreditanftalt gegens 
über dem Finanzminifterium mit ihrer Forderung ousweifen 
koͤnnen, wenn anglüdlicherweife Baron Brud früher geftorben 
wöre, bevor er über diefe Forderung der Krebitanftalt gejpres 
chen hätte? 

Richter: Sie Hätte auf Perfonen, die Davon Kenntniß 
hatten, hinweiſen müflen. Es ift übrigens bei viel größeren 
©rfchäften auch Fein Auftrag gegeben worden. u . 


346 


Dr. Berger: Wollen Sie außer dem Cerealiengeſchaͤfte 
noch eine Gelegenheit angeben, wo Sie fiir Rechnung de des Bi 
nanzminiſteriums in Folge eines muͤndlichen Auftrages oh 
Dperationen ausführten?- 

Richter theilt nun mit, dag Minifter- Brad im Früh⸗ 
jahre 1857 — fich anlehnend an einen früheren Vorgang bed 
Freiherrn v. Kübel, welcher ebenfalls große Einkäufe für 
Rechnung des Staates hatte machen Taffen — circa ſechsund⸗ 
zwanzig Millionen junge Bahnaltien zur Zeit ber Krifis ber- 
felben babe kaufen Taffen. Der Staat habe bamals mit einem 
Kapitale von zehn Millionen operirt, und es ſei ihm gelungen 
im Vereine mit ber Krebitanftalt Die junge Unternehmung über 
Waſſer. zu halten, ohne Daß dem Aerar ein Schade zugegangen 
wäre. Auch bei biefer Gelegenheit mar der Auftrag. münbs 
lich. Die Abrechnung erfolgte zuerft zwifchen Baron Brud und 
Nichter, wurde fodann vom Verwaltungsrathe der Krebitans 
Halt geprüft und fehlieplich Sr. Majerät zu ber fpäter auch er 
folgten Genehmigung vorgelegt. M 

Dr. Berger: Der Verwaltungsrath hat alſo auch erſt 
nachträglich das Geſchäft zur Kenntniß genommen und ge⸗ 
nehmigt? 

Richter: Ja. 

Dr. Berger: Glauben Sie, daß die Veränderung in 
dem todten Konto des Nationalanlehens in den Büchern ber 
‚Sereditanftalt bei einer genaueren Durchſicht erſichtlich wer⸗ 
den muß? 

Richter: Ja. 

Dr. Berger: Hielten Sie es von Ihrem Standpunkte 
aus rathlich, am 23. März Operationen der öſterreichiſchen Fi⸗ 
nanzverwaltung auch innerhalb biefes Hauſes bloßzulegen? 

Richter: Nein, ohne bejtimmtes Anfragen hätte ich es 
vor mir nicht rechtfertigen Fünnen, folche Operationen zu Ans 
Derer Kenntniß zu bringen. 

Salomon Niederhochheimer, Chef der Eorrefdondenz 
in der Kreditanftalt, bereits in der Vorunterfuchung beeidet, 
jagt and: Er habe aus den Notizen bes Börfendireftors das 
Börfentableau anzufertigen und auf Grund besfelben dem ihm 
antergebenen Perfonale das Ausfertigen der Briefe an die eins 
zelnen Sommittenten aufzutragen. Rochdem lau die Boͤrſen⸗ 


Lv 


348 


tion den Auftrag zur Eintragung an dem Tage gibt, au wel⸗ 
chem das Geſchaͤft auf der Börſe abgeſchloffen wurde. 
Zuge: Durchaus nicht. | 
: (Gemurmel im Publitum.) 
- Dr. Berger: Sie befemmen alle Aufträge ı zur Gintra- 
gung ins Boͤrſentableau bloß vom Boͤrſendirektor. 
 - Zeuge: Sa. 
Richter konſtatirt, daß der Auodruck Boͤrſenditektor 
— nur: auf den das Banlgeſchaͤft leitenden Direftor Bes 
ug hat. a 
Die Ausſage des darauf ale Bengen varnommenen Kor⸗ 
reſpondenten ber Kreditanſtalt, Herrn Gruͤnebaum, ſtimmt 
bis in die kleinſten Details mit der Ausſage des vor ihm ver⸗ 
nommenen Zeugen Niederbochheimer überein, nur fügt er 
auf eine tage des Dr. Berger Hinzu, daß es ein bloßes 
Verſehen ſei, daß er das Datum im Brief an Richter wegge⸗ 


laſſen habe. Er wurde beeidet. 


Der hietauf vorgerufene Zeuge, Herr Paul Schiff, 
gibt an, er ſei 33 Jahre alt, in Frankfurt a. 5. DO. geboren, 
‚Stoßhändler in Wien und: bis zum 31. Juli 1859 Dixeltor 
der Krebitanftalt gewefen. 

- Borfigender: In welchen Verbindungen ind Sie mit 


de Perfon bes Herrn Richter geftanben? 


Zeuge: Er war mein Kollege, und zuerft haben wir 


‚allein und fpäter mit Direktor Hornboftel das Direktorium ber 


Kreditanftalt geführt. 

Vorſitzender: Sind in dieſer Beziehung befondere Gele⸗ 
genhenen vorgekommen, wo Direktor Richt er mit Ihnen ver⸗ 
ehrt hat? 

Zeuge: O ja. Täglich erhielt ich von ihm Weiſungen, 
da ich das Bank⸗ und Boͤrſengeſchaͤft zu leiten hatte. 

Vorſitzender: In welcher Art haben Sie ſich mit den 
Boͤrſengeſchäften befaßt? 

Zeuge: Ich hatte Sie eben auszuführen, deßhalb be⸗ 
ſuchte ich zuerft bie Boͤrfe ſelbſt, ſpäͤter aber ſchickte ich Beamte 
der Kreditanſtalt. 

Vorſitzender: Wie wurde bei dieſem veſchatn vorge⸗ 
gangen? 

Zeuge: Die Effelten wurden an ver Birie —E und 


350 
bafür noch fehuldig iſt. Speziell bin ich nicht Darauf eingegans 
gen, weil es nicht mein Amt war, und ieh michuicht Darauf ver⸗ 
fiehe. Von einem andern ©efchäfte weiß ich fo: viel, Daß das 
hohe Armeesöberfommando den Herrn Richter aufgefordert 
bat, Zwilch im Auslande antaujen zu laſſen, und Herr Rich» 
ter fagte mis am 4. ober 5. Juli, daß er dagegen eine Por 
London »verjchloffen« Habe. Er erfuchte mich zugleich, die ein⸗ 
laufenden Devifen für uns zu behalten, weil gewünſcht ‘werde, 
daß bie Devifen nicht an der Börfe gefauft würden, damit ber 
Kurs nicht alterizt werde. Daher wurden die am 5., 6. und 7. 
Juli eingegangenen Devifen nicht verfauft, ſondern behalten, 
im Betrage von 8000 8. St., wie aus dem Börfentableau ers 
fichtlich iſ. Am 13. oder 14. Juli fagte mir Richter mit 
Bezugnahme auf diefe Geichäfte, daß ich 20,000 L., die er zum 
Preife von: 141 acht Tage vorher »„verichloffen* hatte, dem 
ArmeesOberfonnmando auf den Zwillichvorihußfonto ftellen 
follte. 8000 &. St. follte ich aus dem Portefenille ber Kredit 
anftalt nehmen und 12,000 aus feinem eigenen. Das habe 
ih gethan, babe Die Verbuchung aufgegeben, und weiter weiß 
ich nichts davon. Ich mache darauf aufmerkſam, daß, als Her 
Richter mir am 4. oder 5. Juli gefagt bat, daß Zwillich im 
Auslande gekauft werden jolle, er mir bedeutete, Herr Hoppe 
fei dazu beftimmt, als Agent ber Kreditanftalt im Auslande 
den Zwillich zu kaufen, und daß er mich erfuchte, Herin Hoppe 
mit ben nöthigen Afkreditiven zu verfehen, was ich auch gethan 
- babe. Diefe 20,000 8. find am 14. Juli verbucht worden, mit 
Bezugnahme auf den 7. Juli, wo der eigentliche Abſchluß bes 
Geſchäftes ftattgejunden hat. 

- Borfißender: Kommen foldye Fälle öfters vor, daß ein 
ſo langer Zwiſchenraum zwiſchen den Abſchluß des Geſchaͤftes 
und der Verbuchung beſteht? 

Zeuge: O ja, und dieſen Zeitraum finde ich kurz, es 
find Fälle vorfommen, wo auch noch größere Zeitunterſchiede 
ftattgefunden haben, und gerade bei Geſchäften, bie mit ber 
Regierung gemacht worben find, kamen folche Säle vor. Es 
war ein Monat früher, ald das Armeekorps aus Böhmen nad 
Italien geſchickt wurde. Es hatte den Auftrag, über Sachſen 
und Baiern nach Italien zu gehen. Für die Beſtreitung der 
Zransportfoften war. beiläufig eine Millten Shen eriarberlich, 


352 


das Depot und der Name des Eigenthümers verzeichnet find. 
In diefem Falle war es fo: An den Devifen des Herrn Rich⸗ 
ter’3 war ein Zettel angehängt auf dem jtand: „32,000 Pfd., 
Franz Richter, Aerarialfottonlieferung;« son dieſer habe ich 
12,000 und von den der. Kreditanitalt gehörigen 8000 Pd. 
genommen, und habe ein neues Depot gemacht im Betrage von 
20,000 Bd. für den Zwilchvorſchußkonto. 

Dr. Berger: War es im Intereſſe der Anſtalt, die 
»London«, die Sie im Wege ber Korrefpondenz befamen, zu 
verwertben? 

Zeuge: Das Portefeuille der Kreditanftalt in Bezug auf 
London war ein fehr geringes und die Erwerbung derfelben 
war nothwendig. 

Dr. Berger: Haben Sie etwas Auffälliged oder gar 
das Intereffe der Anftalt Beeinträchtigended darin gefunden, 
daß Herr Richter erklärte, er gebe 12,000 Pd. her? 

Zeuge: Durchaus nicht. Ich Hätte im Gegentheile einen 
Nachtheil darin gefunden, wenn er gefagt hätte, die Anftalt 
müſſe die ganzen 20,000 Pfd. geben. 

Dr. Berger: Hat Herr Direktor Richter in feinen Ver⸗ 
handlungen mit dem Sinanzminifter von Seite der Kreditanftalt 
eine weitgehende Vollmacht gehabt? 

Zeuge: Er hatte eine ſolche, allein er mußte ſeine Kol⸗ 
legen und den Verwaltungsrath von den Geſchäften in Kennt⸗ 
niß feßen. 

Dr. Berger: Hat Herr Direktor Richter für Diejenigen 
»London«, die er fich als Aſſekuranz für fein Stoffgefhäft an⸗ 
gefchafft Hat, der Kreditanftalt eine Proviſion bezahlt? 

Zeuge: Ich babe zwar in der Vorunterfuchung gefagt, 
daß mir von einer Proviflon nichts bekannt fei, allein ſchon dar⸗ 
aus, daß die Kreditanftalt Fein Gefchäft machen darf, wo fie 
nicht etwas verdient, konnte ich entnehmen, daß eine Proviſton 
gezahlt wurbe. Später wurde mir auch befannt, daß eine joldhe 
wirflich gezahlt worben ift. 

Vorſitzender: Willen Sie von Gefchäften, die von Seite 
ber Kreditanftalt oder von Seite des Herrn Richter’ mit Bas 
ron Bruck abgefchloffen worden find? 

Zeuge: Wir haben fehr viele Gefchäfte mit dem Finanz⸗ 
miniſterium und dem Finanzminiſtex gewocht. 


353 


naͤchſten Tagen etwas geichehen werde, was auf Devifen fchlecht 
einwirken könnte, und fprach ſehr ſtark davon, baß die Bank 
neue Noten und ber Staat neue Kaffenfcheine ausgeben würde, 
wir haben eingefehen, daß die Baluta ſich verfchlechtern 
tönne, und waren der Anficht, Daß es nicht gerathen wäre, we⸗ 
nigſtens jebt Papiere zu Taufen, und dadurch die Baluta zu 
Herfchlechtern und hier Wechfel anzulaufen. Wir haben drei Tage 
nach einander nach Belgien, Amjterdam und Frankfurt am Main 
eine Million Nationalanleben gefchidt. Wir haben das Nas 
tionalanlehen zu 72 verkauft, und Xondon zu 118 gededt. Wir 
hatten das Recht, diefe Operation für fehr gut anzunehmen. 
Ich habe einen eigenen Conto separato einrichten laſſen; denn 
das Sinanzminijterium hätte, wenn ber Krieg nicht erflärt wor⸗ 
den wäre, jagen koͤnnen: Es geht mich nichts an, ich Dede Die 
100,000 Pfd. London in natura und bann wäre der Kredite 
anftalt ein großer Schaden erwachlen. 

Borf igenber: Iſt bei diefer Gelegenheit ber Verwal⸗ 
tungsrath davon in Kenntniß geſetzt worden? 

Zeuge. Nach meiner Anſicht hatte der Verwaltungsrath J 
gar keine Kenntniß davon zu nehmen, da eine eigene Kommiſſion 
beſtellt war, und dieſe Sache nur vor das Direktorium gehoͤrte, 
gewiß aber iſt es, daß er davon gewußt. Mehrere Verwaltungs⸗ 
räthe find Bantiers, und wußten, daß die Kreditanftalt Na⸗ 
tional gekauft und London begeben. 

Staatsanwalt: Sind nicht au die Kommiſſionsge⸗ 
fchäfte derart, daß ein Beichluß des Direktoriums nothwendig 
ift, um fie zu übernehmen? 

Zeuge: &8 braucht gar feinen Beichluß; es braucht nur 
da einen Beichluß, wo ein Riſiko ift. Mit dieſen Kommifs- 
fionsgejchäften, zumal e8 dag ArmeesÖberfommando betrifft, 
war durchaus fein Riſiko verbunden. Wo der Auftraggeber fols 
vent ift, bedarf es Feines Beſchluſſes. 

Staatsanwalt: Sie haben in Ihrer Antwort in ber 
Vorunterſuchung erflärt, die Kreditanftalt habe immer ein ſtar⸗ 
kes Portefeuille auf London. 

Zeuge: Wie man ed nehmen will; für Jemand, der die 
Geſchäfte nicht veriteht, ift es immer ein großes Portefeuille, 
für mich und die Kreditanftalt it e8 immer ein geringes. Das 
mals war gerade der Krieg in der rrkreriihtten Weile ent- 


356 

Er wird hierauf beeidet und entfernt fich. 

Rudolph Breftl, Sekretär der Krebitanftalt (ebemalis 
ger Reichstagsbeputirter), erflärt, daß Richter in ber Bel 
rathsſitzung zwei Verwaltungsräthe erfuchte, für feine Rech⸗ 
nung gegen 4 °/, Proviſion Devifen an der Börfe Taufen zu 
Iaffen. Diefem Erſuchen wurde anftandslos Folge gegeben. 

Zeuge erflärt das Gebaren Richter's als kaufmänniſch 
koulant, und betont, daß Richter mitunter fich weniger um die 
Form gekümmert. Einer eigennützigen habfüchtigen Abficht 
Halte er ihn nicht für fähig. Zeuge wird beeidigt. 

Theodor Hornboftl, 45 Jahre alt, Direktor der Kıe- 
Ditanftalt, ehemals Handelsminifter, wird vorgerufen. Er ift 
feit 1857 zugleich mit Richter im Amte. 

Zeuge erflärt, daß Richter zumeift Die Aufträge des 
Finanzminiſters münbfich erhalten und fie ſodann feinen Colle⸗ 
gen mitgetheilt habe. Er erklärt weiter, daß Die Rechnung 
mit dem Finanzminijterium bereits beglichen wurde und zwar 
in der Weife, daß die Kreditanjtalt die Depots fowohl in Nas 
tionalanlehen als in Metalligues und Grundentlaftungs-Obli- 
gationen zu einem Kurſe, der etwas über "den Tageskurs 
war, baar berechnete, und das Aerar demgemäß an die An: 
ftalt einen Betrag von mehr als 200,000 fl. herauszahlte. Be- 
züglich der Kursveränderung in den Büchern hat der Herr Zeuge 
feine Kenntniß erhalten, er meint, daß Richter damals feiner 
Stellungnach und in der VBorausficht der wahrfcheinlichen nach» 
traͤglichen Gutheißung einem derartigen Compromis wohl ein⸗ 
gehen konnte, bemerkt aber, daß Richter den Verwaltungs⸗ 
rath von dem ganzen Vorgange noch nicht in Kenntniß geſetzt 
und daß die Zuſtimmung des Verwaltungsrathes noch nicht er⸗ 
folgt iſt. 

Vorſitzender: Halten Sie dieſen Vorgang bes Herm 
Richter für bedenklicher Natur? 

Zeuge: Ich kann darin nichts Bedenkliches erfennen, ba 
er heilige Transaktionen mit dem Finanzminiftertum hatte. 
Unjere Anftalt ftand in fteter Beziehung zu dem Finanzmini- 
fteriumn, und es ift gewiß, daß dabei Die Idee vorleuchtete, ent⸗ 
weder einen fchon gehabten oder zu gewärtigenden Krebit als 
Entſchädigung dem Finanzminifterlum zuzumenden. Eine böfe 

Abficht, wie ich mich ausbrüden mürgte, tan N duxchaus 


358 


werben mußte. Seine Anficht über das Gebaren Richter’s 
gebt dahin, dag Richter für das Intereffe der Krebitanftalt 
mit großer Aufopferung tbätig war. Er glaubt, Richter habe 
öfter im Iuterejfe der Sache die Form manchmal aus dem 
Auge gelaffen, übrigens Fönne er ed ſich nur zur Ehre 
rechnen, vier Jahre mit ihm zufammengemefen zu fein. Mit 
Baron Brud hatte Hornboftel rücdfichtlich des Kontos ber 
Kreditanftalt verhandelt; es it jedoch der Abfchluß diefer Unter 
handlungen erft unter dem jeßigen Leiter des Sinanzminifteriums 
erfolgt. Er gibt auch über das Zerealiengefchäft Aufflärungen. 
Auf den Ankauf bat nach feiner Angabe Richter nur in Wien 
einigen Einfluß genommen. Die Differenz zwijchen ber Kredit⸗ 
anftalt und der zur Prüfung ibrer Nechnung beftiminten Kom⸗ 
miffion motivirte er in einer längeren Ausdeinanderfegung mit 
der Verfchiedenbeit der kaufmänniſchen Anfchauung und ber 
Anficht des Militärrechnungsdepots. Uebrigens fei die urfprüngs 
lih mit mehr als 300,000 fl. bezifferte Differenz nunmehr 
bereit8 meit unter 100,000 fl. berabgemindert. 

Dr. Berger: Haben Sie in der Kommiſſion gehört, dag 
fingirte Lieferfcheine vorfamen? 

Zeuge: In der Kommiffion ift meines Wiffens von 
fingirten Lieferfcheinen nicht8 vorgefommen. 

Die Anweſenheit Richter's an Vormittagen im Bureau 
der Kreditanftalt erklärt Zeuge als Regel. Er beitätigt, daß Nichs 
ter auch ſonſt ohne vorherige Genehmigung des Verwaltungs 
rathes Gefchäfte im großen Maßftabe für das Finanzminiiterium 
abgefchloffen babe. Niüdfichtlich des der Kladnoer Eifengewerls 
Ihaft gemachten Darlehens weiß er von einer bejonderen Bes 
günftigung durch Richter nichts. Ein Fachmann habe den Ber 
richt entworfen, auf den hin das Anleben erfolgte. 

Der Vorſitzende itellt zum Schluß die Anfrage, ob die Sach⸗ 
verftändigen einzeln vorgenommen werden follen. Staatsanwalt 
und Bertheidiger überlaffen die Entfcheidung darüber dem 
©erichtöhofe. Nach furzer Berathung wurde die abgefonderte 
Vernehmung der Sachverftändigen befchlojjen und die Situng 
hierauf aufgehoben. 

Um 9'/, Uhr eröffnet der Präſident die Sitzung und nad 
Vorführung des Angeklagten Richter wird der Zeuge Moriz 
Srldfhmidt aufgerufen. 


360 


auch feine Veranlaffung fand, in die Prüfung der einzelnen 
Ziffern einzugehen. 

Zeuge Außert weiter: Meine häufigen Beziehungen mit 
dem Herrn Finanzminiſter felbft und mit dem Heim Hofs 
rath Brentano, welchen ich ‚durch meine Stellung in dem 
Haufe Rothf hilb manchmal zu fprechen Gelegenheit hatte, 
gab mir auch die Veranlaffung, mit diefen Herren über jene 
unbebedten 260,000 fl. zu iprechen und diefelben haben mir 
die DVerficherung gegeben, daß der Gegenſtand georbnet werde, 
was auch im Monate Juni geichab. 

Vorſitzender: In welcher Art iſt diefe Differenz ent- 
ftanden? 

Zeuge: Durch das Ballen ber Kurſe ber Papiere, welche 
für die Finanzverwaltung bei ber Krebitanftalt deponirt waren. 
Diefe Papiere erhielten einen niederen Werth, und demnach war 
jene Deckung erforderlich. 

Ueber ein dem Herr Zeugen vorgewieſenes Konto der 
Finanzverwaltung in ben Büchern ber Kreditanſtalt, welches, 
wie wir bereitd erwähnt, fih in ein Conto aperto und 
Conto separato theilt, äußert Zeuge, Daß biejes ein Auszug 
aus dem Saldofonto wäre, worauf das Revifionstomite bei 
ber Prüfung ber Rechnung mit der Finanzverwaltung aus dem 
früher angegebenen Grunde nicht eingegangen fei. 

Nichter, aufgeforbert, feine Bemerkungen zur Angabe 
des Herrn Zeugen zn machen, äußert: Ich wollte ben eigents 
lichen Nerlauf und die Motive meiner KHandlungsweife dem 
Revifionstomite mittheilen und den Antrag ftellen und befürs 
worten, baß es fich damit einverftanden erfläre, daß bie 1'/, 
Million Orundentlaftungs-Obligationen für das Finanzminis 
ftertum, fo wie ich e8 verbuchen ließ, mit bem Kurfe von 68°/, 
verbleiben möge. Ferner wollte ich bie Herren unterrichten, daß ber 
Gewinn, welcher aus diefer Operation mit den Grundentla- 
fiungs Obligationen hervorgeht, bie Beitimmung bat, bie Auf⸗ 
befierung ber fünf Perzent bei dem Nationalanleben zu beden. 
Nachdem fpäter Diefe Grundentlaſtungs⸗Obligationen von ber 
Krebitanftalt mit 73'/, verkauft worden find, fo ergab fidh aller⸗ 
bings ein Ueberfchuß von 78,750 fl. Bon biefem Betrag hatte, 
fo war mein Uebereintommen mit bem Herrn Finanzminiſter 
Bruck, die Krebitanftalt zuerit für jene Aufbefferung bei ben 





‚362 


Platzkonti zur Revifton kommen würben, dem Komite bie 
nöthige Mittheilung zu machen. Ich habe keinen Grund ges 
Habt, den Gegenjtand zu verfchweigen, ich habe es für meine 
Pflicht gehalten, den Schaden, den die Staatsverwaltung erw 
Aitten hat, möglichit zu befjern. Es wäre Thorheit, ja Bloͤdſiun 
gemwefen, wenn ich in diefer Beziehung irgend eine Verant⸗ 
wortlichfeit oder Gefährdung übernommen hätte. Herr v. 
Goldſchmidt wirb beftätigen, dag, fo Tange ich auf freiem Fuße 
war, die Revifton der Platzkonti nicht ftattgefunden Kat, und 
äch konnte auch annehmen, daß jene Aenderung, die ich wohl 
angeordnet batte, die aber von mir nicht durchgeführt wurde, 
auch vom Hauptbuchhalter zur Mittheilung des Verwaltungs 
rathes gebracht werden wird. 

Der Vorfigende verlieft ein den Akten beiliegendes Schrifts 
ftüd des Pinanzminifteriums, aus welchem hervorgeht, baf 
auf Grundlage einer Allerhöchiten Ermächtigung die früher er 
mwähnte Forderung ber Kreditanftalt an die Finanzverwaltung 
zur Ordnung angewiefen wurde. 

Staatsanwalt (zum Zeugen): Sind Ihnen auch 
andere Fälle bekannt, welche in ähnlicher Weife zwifchen Fi 
nanzminiiterium und Kreditanitalt abgethban worden find, wie 
hier die Aufbefjerung bei dem Nationalanlehen und Grundents 
Jajtungs-Obligationen? 

Zeuge: Nein, es ift mir fein anderer Fall befannt. 

Richter weift auf die bereits früher beiprochene Trans⸗ 
aftion bin, welche von ihm mit dem Finanzminiſter Bruck hins 
fichtlich des Haltens der Kurfe der jungen Bahnen vereinbart 
wurde umd nachträglich die Genehmigung ded VBerwaltungss 
rathes erlangt hat. Zeuge beitätigt dieſen Unftand. 

Der Staatsanwalt findet einen großen Unterfchied zwis 
schen diefer Transaktion mit den Bahnen und der bier in Rebe 
ſtehenden, da es fich hier um eine Herabfeßung des wirklich 
gezahlten Einfaufspreifes der Orundentlajtungs-Obligationen 
und eine Aufbeſſerung über den wirklichen Verfaufspreis des 
Nationalanlehens handelt, und fragt Zeugen, ob eine derartige 
Transaktion bei der Kreditanitalt bereits vorgekommen wäre. 

Zeuge, Ich kann nicht annehmen, daß Herr Richter 
der Sinanzverwaltung ein Gefchent aus dem Sädel der Kres 

Öitanftalt machen wollte, \onden ih muß aAmiten, taß bei 


364 


Aenderung auf fich genommen, Durch feine eigene Anordnung 
en den Buchhalter, der ihm Folge leiften mußte. Nach meiner 
Anficht hätte er die Meinung bed Verwaltungsrathes im vors 
ans einholen follen; aber ich glaube, baß er bei ben vielen 
Geſchäften nicht daran gedacht habe. Daß eine Abficht ber 
Berheimlichung vorliegt, glaube ich nicht. 

Staatsanwalt: Warum follte die-Revifion eine ganz 
befondere Gelegenheit bieten, eine ſolche Transaktion zur 
Kenntniß des Komites zu bringen? 

Zeuge: Ich denke, dag bei Gelegenheit der Prüfung 
diefes Kontos und bei der Natur besjelben er auch Gelegenheit 
hatte, die betreffende Aufklärung zu geben. Ich halte das . 
Komite ald die geeignetfte Veranlaſſung zu dieſen Mitthei⸗ 
lungen. 

Richter: Ich erlaube mir vor Allem die Bitte, von Herrn 
Goldſchmidt beſtätigen zu laſſen, daß die Direktion vermöge 
Verwaltungsrathsbeſchluſſes vom vorigen Jahre gar nicht in 
der Lage war, Grundentlaſtungen Taufen zu dürfen. Her 
Goldfhmidt wird weiter beftätigen, daß ich in meiner Eigen 
Schaft als Direktor berechtigt war, Anordnungen betreffs der 
Verbuchung zu treffen. (Wird vom Zeugen beftätigt.) Ich wie: 
derhole dabei nochmals, daß die Anvrönungen unter Haftung 
des Binanzminifteriums gefchehen find. Ich habe der Staats 
verwaltung nichts ſchenken dürfen. Ich habe wohl den Willen, 
ja die Pflicht gehabt, den Verlujt des Aerars fo viel als moͤg⸗ 
lich aufzubeſſern. Hingegen im Namen der Kreditanftalt ver 
fchenten, das Hieße meine Stellung geführben, und fo weit reicht 
mein Patriotismus nicht, obwohl ich immer gern bazır beige: 
tragen habe, wo fich für den Staat etwas erfparen ließ. Ich 
habe die Vorlage deßhalb für das Revifionskfomite aufbewahrt, 
weil die Mitglieder desſelben tüchtige Gefchäftsleute find, und 
an biefen hat der Verwaltungsrath gerade keinen Ueberfluß. 
Ueber die Zeit, wann ich eine folche Mittheilung zu machen 
habe, bejteht feine Vorſchrift. 

Zeuge: Herr Direktor Richter hat vollflommen freie 
Hand. 

Dr. Berger: Wenn Sie in die Kenntniß gefommen 
wären, baß der Kurs der Papiere nur unter der Vorausſetzung 
Herabgeimindert werden fol, dag man der Krebitanftalt den Vers 


366 
mit dem Aerar bezüglich dieſes Poſtens für die Kreditanftalt 
abgeichlofjen? 

Zeuge: Darüber muß ich wohl bitten, daß der Verwal 
tungsrath entfcheibet, ich kann individuell Feine Bemerkung ab- 
geben. Ich glaube aber nicht, daß er das Recht hat, auf eine 
ihm noch zuftehbende Vergütung zu verzichten. 

Landesgerichtsrath Dufcher: Glauben Sie, daß das 
Merar bei dieſer ®elegenheit zu viel befommen hat? 

Zeuge: Allerdings. 

Eduard Wiener, Großhändler, Berwaltungsrath ber 
Krebditanftalt, feinerzeit Mitglied bes betreffenden Reviſions⸗ 
Tomites, theilt über den Vorgang bei ber Revifion und über 
bie erzielten Refultate dasfelbe mit, mas ber frühere Zeuge 
ausfagte. 

Borfigender: Wäre, bevor noch die Ausgleichung mit 
der Staatsverwaltung gefchehen ift, allenfalls noch eine Ge⸗ 
legenheit über nähere Erörterung dieſes Kontos dageweſen? 

Zeuge: Ohne eine fpezielle Veranlafjung wahrlich nicht. 
Eine folche ſpezielle Veranlafjung war die vom Landesgerichte 
und gewordene Mittheilung.. 

WVorſitzender: Ift ber Vorgang in der Ordnung ge 
weſen, oder hat Herr Richter die Grenzen feiner Wirkjamteit 
überfchritten ? 

Zeuge: Ich glaube, daß ftrenge genommen der Vorgang 
nieht ganz in der Ordnung war. Aber ich muß noch Hinzufügen, 
Laß Herr Direktor Richter fehr viele Geſchäfte mit ber Finanz⸗ 
verwaltung geleitet hat, daß er beim Verwaltungsrathe ein 
großes Vertrauen genoffen, und daher auch Gejchäfte, Die ftreng 
genommen außer feinem Wirkungskreiſe lagen, vorher vers 
handelte und nachher erft zur Genehmigung des Verwaltungs 
rathes gebracht hat. Er hat alfo in diejem fpeziellen Falle auch 
geglaubt, dazu ermächtigt zu fein. 

Richter: Es war dieß ein Kommmiffionsgefchäft und 
mithin lag die Angriffnahme desfelben in Händen der Direktion, 
ich habe nichts Anderes zu erwiedern, als daß ich hier dasjenige 
mittheile, was ich am 12. März mitzutheilen beabfichtigte. 

Vorſitzender: Können Sie fich, nachdem Sie Mitglieb 
des Derwaltungsrathrs find, darüber ansprechen, daß, wenn 


vifton bei: dent Zerealiengefchäfte eine jo bedeutende war, man 
denn nicht die Differenzen über das Zerealiengefchäft zur Ver⸗ 
.anlajjung genommen habe, um die ungebührlichen Aufrech⸗ 
nungen berabzumindern. Richter verwahrt ſich mit erregter 
Stimme dagegen, daß er von bedeutendem Gewinn bei der 
Provifion gejprochen habe, er müßte das mit Unrecht gefagte 
Wort „bedeutend« widerrufen. Was den Ausdrud „ungebährs 
lich« betreffe, fo müſſe er auf das Beſtimmteſte erklären, daß auf 
Grundlage ber Bereinbarungen, bie zwifchen dem Finanzminifter, 
ihm und Baron Eynatten getroffen wurden, Die Rechnung 
geitellt wurde, und daß die Kreditanftalt berechtigt fei, alle 
jene Ziffern, welche von ber Kommiſſion beanftändet worden 
find, auch von ber Staatsverwaltung zu fordern, und er fel 
jeden Augenblick bereit, wenn bie Kreditanftalt es fordert, in 
diefer Beziehung für fie einzutreten; mit Ausnahme einiger 
einer geringer Poften, die der betreffende Beamte aus Tat 
hätte in die Rechnung nicht aufnehmen follen, find alle übrigen 
Poſten im Sinne des Mebereintommens aufgeftellt worden. 

Dr. Berger: Herr Wiener, Siehaben fih ausgefprochen, 
Sie können eine Aufbefferung der Kurfe nicht als Schwan⸗ 
fung anfehen, fo lange ein Aequivalent dagegen ſteht. Sehen 
Sie in den für die Finanzverwaltung angefauften Grundent⸗ 
Inftung8-Obligationen ein Aequivalent? 

Zeuge: Das würde un fo mehr ein Aequivalent gegeben 
haben, als dieſe Kursaufbefferung auf demfelben Konto er 
fchienen wäre. 

Dr. Berger: Der Verwaltungsrath, deſſen Mitglied 
Sie find, hat fi) dahin ausgeſprochen, daß, fobald die Natur 
der Transaktion und die damit verbundenen Motive befaunt 
fein werben, er feine Anfprüche ftellen werde. Meine Frage iſt 
nun: wenn Sie bie Transaktion fo annehmen, wie fie ‚Herr 
Michter dargelegt, erbliden Sie darin eine Schenkung 
von 5 pr. Ct.? 

Zeuge: Eine. vollftändige Schenkung erblide ich darin 
nicht, denn fonft würden die Orundentlaftungen nicht angekauft 
worden fein, um das Ganze auszugleichen. 

. Al der Vorſitzende dem Zeugen die Bemerkung nacht, 
ob er die Wahrheit feiner Ausfage auch beeiden koͤnne, 
erflärt berfelbe, daß er voh Yinyalügen wär, Wider 


370 


Iſt dieß gefchehen, fe kann ich nur wiederholen, "daß ich das 
Ganze als fehr wahrfcheinlich betrachte, da Baron Brud feine 
Entjchlüffe raſch faßte und die That rafch auf. die Entfchlüffe 
folgen ließ. Es hätte auch gar feinen Sinn gehabt, ſolche Bes 
ſchlüſſe, zu fallen, ohne fie auszufühten. . Wenn mn fi 
nicht hätte fogleich fichern wollen, fo hätte der ganze Entfchluf 
gar Feine Tragweite gehabt. Ich halre alſo aus diefem Grunde 
für wahr, daß die Zufage diefer Poft London nicht ſpäter als 
am 7. Juli jtattgefunden. Ich babe während ber ganzen Zeit, 
wo Baron Brud Finanzminifter war, niemals irgend einen 
Grund gehabt, tn eines feiner Worte Zweifel zu ſetzen, ich habe 
niemals einen Grund gehabt, anzunehmen, daß er feine hohe 
Etellung zu einen perfönlichen Vortheile auszubeuten fähig fei, 
noch weniger aber, daß er feine hohe Stellung zum. Nachtheile 
bes Etaates mißbrauchen kann. Ich babe daher theild aus 
diefer Meberzeugung, theils auch aus fachlichen Gründen nicht 
den geringflien Zweifel gehegt, daß ſich die Eache fo verhält, 
wie fie dargeftellt wurde. Daß Baron Brud mir die genaue 
Summe und den genauen Tag nicht angeben konnte, ftimmt fo 
fehr mit feinem großartigen Vorhaben zufammen, ftimmt: fo fehr 
zuſammen mit feinem Vorgehen in Treu und Glauben gegen 
über einer Anftalt, welche theilweife dafür geichaffen worden 
ift, un dem Staate ihren Beiltand, ihre Unterftüßung zu Teiften, 
in Fällen, wo bieß dem Etaate dienlich fein würde, baß, wie 
gefagt, auch meine Meberzeugung dahin geht, daß ein folcher 
Abſchluß mit einem Poſten Wechſel zur Zahlung ber Zwilliche 
zu jener Zeit ftattgefunden Habe. 

Borjigender: Sind in- Beziehung auf dag Datum 
oder Die näheren: Umstände feine weiteren Nachforſchungen 
geſchehen? 

Zeuge: Ich kann mich in dieſer Beziehung nur auf 
meine frühere Ausſage und auf mein Schreiben berufen: . Eine 
Unterfuchung der Papiere und Bücher ber Kreditanftale würde 
hi diefem Falle eben fo wenig im Berufe des Sinanzminifteriums 
gelegen haben, als irgend welcher Ormd bafür gegenüber ber 
Kreditanftält beſtand. 

Als der Vorfikende dem Zeugen die beiden Konto verlegt 
und eine Aufklärung über die am 14. erfolgte Einſtellung-vom 
7. verlangt, erklärt derſelbe. Ich werde dann al Suipertäu 


372 | \ 


ich weiß nur, baß Baron Bruck dieſe Thatfache ebenfalls aner⸗ 
kannt hat. Baron Brud hoffte, daß der Gegenſtand durch 
fpätere Fluktuationen fi) von felbft- ausgleichen würde. Als 
jedoch durch Eintritt yon Ereigniſſen Gründe entitanden, melde 
e8 nicht wünſchenswerth machten, weitere Chancen mit ben 
Effekten, welche die Krebitanftalt für Rechnung des Aerars ober 
bes Sinanzminifteriums zu halten Auftrag hatte, abzumarten, 
fo ermächtigte mich Baron Brud, mit der Krebitanftalt in 
Unterhbandlung wegen Austragung zu treten. Das war wahr 
feheinlih im März biefes Jahres, und zwar fullte dieſe Aus⸗ 
tragung bei &elegenheit ber Aufnahme des letzten Anlehens 
erfolgen.- Baron Brud, der bei jeder ©elegenheit die Staatds ' 
interejjen nach Kräften zu fördern trachtete, wollte auch davon 
abhängig machen, in wieferne fich Die Kreditanftalt beim neuen 
Anlehen betheiligte, ob er diefe Ausgleichung dann gleich vor⸗ 
nehmen, oder ob er fie noch auf einen weiteren Zeitpunkt hits 
ausfchieben werde. Er wollte mit einem Worte hierdurch bie 
Ausficht auf Die Ausgleichung diefer Poft die Kreditanftalt da- 
bin führen, daß fie fich mit noch anfehnlicheren Summen beim 
Anlehen betheilige, als fie ohnehin zu thun geneigt war. Die 
Kreditanitalt betheiligte fich auch nicht nur mit einer fehr bebeu- 
tenden Summe, fondern legte ohne irgend eine Vergütung jo: 
wohl bier als in ihren Filialen Anlehensbogen auf, und be 

“ wirkte außer ihrer eigenen Betheiligung mit 7'/, Mil. eine 
Subfkription von 2. Mil. In Anbetracht deſſen war Baron 
Bruck geneigt, diefen Gegenftand damals zu begleichen. Sein 
beklagenswerthes Ende verhinderte ihn die Ausgleichung zu 
beendigen. Sobald Se. Erzellenz der gegenwärtige Leiter des 
Vinanzminifteriums Kenntniß von allen Umftänden hatte, bie 
fich darauf beziehen, erftattete er einen allerunterthänigften Vor: 
trag Sr. Mojeftät, und die Eache wurde in Folge kaiſerlicher 
Entſchließung geordnet. 

° Borfigender: War Baron Brud mit dem ganzen 
Stande der Dinge einverftanden, hat er Alles für richtig erfannt, 
haben fich feine Bedenken erhoben? 

Zenge: Es ergab fich fein Bedenken, er hat nur fein Be- 
dauern Darüber ausgefprochen, Daß hohe Forderungen gegen bas 
Einanzminifterium vorkommen. Die ganze Operation war offen- 

bar im Intereffe des Staates in Hack Titüigen Momenten ent- 


374 


Brud vorgelegt wurde, er fich bebauerlich über die Höhe biefer 
Rechnung geäußert hat, und dem Vertreter der Kreditanftalt 
geingt haben mag: Das geht nicht, der. Staat kann Das nicht 
Alles tragen; die Krebitanftalt hat fo viele Beguͤnſtigungen ˖ vom 
Staate genoffen, es tft Daher ihr Beruf, den -Stant zu unter 
fügen. Sie müfjen-. daher einen - Theil. ber - Differenz tragen. 
Dieb mag die Veranlaffung dazu gewefen fein, baß eine Aen⸗ 
derung ber Ziffer des verkauften Nationalanlehens zu. Gunſten 
des Staates und zum Nachtheile der Kreditanſtalt ſtattgefunden 
haben mag. 

Borfigender: SR in dieſer Richtung eine Ausgleichung 
von Seite des Finanzminiſteriums gefchehen, ober bürfte dieſes 
von der Kreditanftalt zur. Erſatzleiſtung angehalten werben? 

Zeuge: Darüber zu antworten, fällt mir ſchwer. Diefer 
Gegenſtand iſt Durch gütliches Vergleichen zu Stande gekommen, 
ein Vergleich, im welchem von der Kreditanftalt die Papiere zu 
bejjereim Kurfe übernommen wurden, als der Tageskurs war. 
Die Kreditanftalt hat aus. freiem Antriebe einen Theil des 
Berluftes auf fich genommen. Sie hat empfunden, daß es nicht 
unbillig war, wenn der Staat von ihr erwartet, daß fie zu 
Opfern, welche im öffentlichen Intereffe, dns auch ihr Intereſſe, 
gebracht wurden, auch etwas beitrage. Unter dieſen Umſtaͤnden 
iſt ſchwer zu ſagen, ob ſie gegenwärtig noch berechtigt wäre, 
eine Borderung zu jtellen. 

Borfibender: Welcher Meinung find Sie über den 
Charakter des Angeflagten Richter, und was können Sie 
überhaupt von ihm angeben? 

Zeuge: Sch Habe Herrn Richter zuerſt kennen gelernt, 
als er zur Verwaltung der Kreditanftalt, zu deren Haupt⸗ 
Direktor vorgefchlagen wurbe. Ich habe früher feinen Namen 
ausfchließlich als Mitglied der Prager Handelskammer gehört, - 
und ich habe auch im Finanzminijterium eine fehr günjtige . 
Meinung über ihn ausfprechen gehört. 

Als Herr Richter diefen Poſten mit einem fehr hoben 
Gehalte übernahm, fand ich ihn in einigen Stüden mehr, in 
anderen weniger für diefe Stelle geeignet. Der Vertrauungs⸗ 
punkt ift erledigt Durch die Art, wie Herr Richter vorgefchlagen 
wurde, und den Ruf, ben er gehabt. Es gab Fächer, die ihm 

bis dahin ganz fremb geweien. Während ter Dover (einer 


e 


376 


weiter noch nöthig waren, am Leben zu erhalten. Dies iR 
geſchehen durch Kombinationen, welche gewiß Die erfindunge 
reichften waren, Die e8 je gegeben, und der Ausdruck derfelben 
war das von der Kreditanftalt getroffene Lotterieanlehen. Es 
war feine Feine Aufgabe, die verfchiedenen Unternehmungen, 
welche durch dieſe Operation gerettet wurden, in’8 Einvernehmen 
zu feten und die Sache fo zu ordnen, daß die Kreditanftalt für 
ſie auftreten konnte, ohne fich ſelbſt zu gefährden. Herr Ride 
„ter bat fich bei diefer fohwierigen und mühfnmen Operation 
fo bewährt, daß Dadurch mein Vertrauen in feine Tüchtigfeit 
erhöht wurde. Al nun die unglüdliche Wendung im Sabre 
1859 eintrat, war ich zwar ben eriten Theil, des Jahres nicht 
anwejend, allein ich hörte doch, daß beſchloſſen worden war, 
die Lieferung für Die Armee der Kreditanftalt zu übergeben, 
eine Operation, Die ebenfalls fehr große Schwierigkeiten bass 
bieten mußte, iR einen Momente, wo es fich darum handelte, 
folche Maſſen auf einmal aufzugreifen, in einem Momente, wo 
das Vertrauen fo erfchüttert war, daß das Silber von 101 auf 
145 jtieg, was auf ben natürlichen Werth einer jeden Waare 
und eines jeden Produktes einen großen Einfluß Außern mußte, 
befonders wenn es fich darum handelte, ſolche Maſſen von 
Getreide in der vorgefchriebenen Zeit aufzutreiben. Als ich im 
Auslande erfuhr, daB die Kreditanftalt mit dieſer Operation 
betraut worden jei, war ich der Anficht, daß ein heilfamerer 
Entſchluß wohl nicht hätte ergriffen werden können, denn bie 
Kreditanitalt hat nicht allein durch ihre ftarfen Kapitalien Geld- 
mittel vorräthig, fondern auch durch ihre Filiale an Plätzen, wo 
Getreide jich fonzentriste, die ©elegenheit das Beite zu thun, 
was jich unter jolchen Verhältnijfen thun lieg. Es ift eine aller 
böchite Entjchließung geweſen, day das Geſchäft nicht auf ge 
wöhnlichem Wege, jondern auf vertraulichen betrieben werben 
fol; daher muß e8 auch von diefem Standpunfte aus beurtheilt 
werden. sch babe fpäter die Berechnung uud die Beanftändis 
gung, welche feitens des ArmeesÖberfommandog ftattgefunden, 
gefehen, und nach Allem, was vorgelegt wurde, bleibe ich der 
Anſicht, daß die Krebitanftalt in doppelter Beziehung dem 
Etaate genübt: in Beziehung auf die Finanzen und in Bezie⸗ 
hung auf bie Bevölferung, welche ficher wejentlich höhere 
Preife für ihren Brot- und Koͤrnerbedoxk hätten ipfen willen, 


3783 


was auch Herr Baron Brentano beſtaͤtigt, daß Se. Erzelleriz 
- der Finanzminiſter feine Aufträge mir in' der Regel mündlich 
eriheilte. Was den Termin des Anlehens- Betrifft, fo habe ich 
vor der Zeit an gerechnet, «ld mir es bekannt wurde, ich wußte 
nicht, daß es vor Jahresſchluß jchon beſchloſſen hewefen iſt. 

Staatsanwallt: Ich bitte, ſo weit ed möglich iſt, die 
Worte anzugeben, die Baron Bruck damals geſprochen hat, 
wie er feine Einflußnahme auf den Einfauf der Devifen dem 
Harn Minüfterialrathe mitgetheilt hat. 

Zeuge: Der Sinn war ungefähr folgender: bie Sache 
iſt in der Weſenheit richtig, wir muͤſſen fie anstragen. 

Staatsanwalt: Bezüglich der Uebernahme der Nas 
tionalanlehen und der ungariſchen Grundentlaſtungen möchte 
ich Die. Auftklaͤrung haben, ob nicht die Uebernahme zu einem 
Kurſe eines künftigen Tages mit der Kreditanſtalt vereinbart 
worden iſt. 

Zeuge: Man hat getrachtet einen möglich hoͤheren 
Kurs anzurechnen als den Tageskurs ,‚ um den Verluſt des 
Staates zu vermindern. 

Staatsanwalt: Her Pinifterialratb haben eine 
Schriftliche Eingabe gemacht, welche auch vorgelefen worben ift. 
Ich erfuche, wenn wirklich faktifche Unrichtigfeiten in der Ans 
flage vorkommen, die einzelnen Punkte anzugeben. 

Zeuge: Ein Punkt, der mich perfönlich berührt, und _ 
den ich auch in meinem Schreiben erwähnt habe, ift folgender. 
In der Anklage heißt es: »Die Prüfung dieſer Rechnung bes 
fiehbt nach den eitlichen Ausfagen dest. k. Dlinifterialrathes 
Freiherrn von Brentano, Referenten in dieſer Angelegenheit, 
in Folgendem: Baron Bruck habe ihm, der von der Sache 
feine Kenntniß hatte, die Aufflärung gegeben, er habe, als 
bezüglich der Valuta zum Zwilchgeichäfte fein Rath erbeten 
wurbe, fich dafür ausgefprochen, daß für einen Theil bes vor⸗ 
ausfichtlichen Kaufpreiſes Wechfel auf das Ausland im Voraus 
angefchafft werden follen. Nachdem auch noch der Kurs jenes 
Tages, an welchem die Belajtung der Rechnung in der Kredit- 
anitalt jtattfand, angeſehen und richtig befunden wurde, wurde 
auch. die Forderung für begründet gehalten.« Ich habe bas 
nieht Im Einklange mit meiner Aeußerung gehalten, daher habe 

es im Schreiben erwähnt. 





380 


Monate mit der alten Klage sugebracht, bie Verteidigung 
babe nichts zu fürchten. 

Vorſitzender: Der Beſchluß bes Gerichtshofes iſt dahin 
ausgefallen, daß in Bezug anf das nen vorgefommene Faktum 
wegen des Konto bes Finanzminifteriums dieſer Gegenftand 
auch in die Schlußverhandlung einzubeziehen fei, mit Rüdficht 
auf F. 251 der St.-P.-O. und der 66. 197 und 201 a bed 
St.⸗G.⸗B., durch Verfaffung eines falfchen Konto zum Nach⸗ 
theile der Kreditanftalt in einem 300 fl. überfteigenden Betrage. 

Es werden auch die nöthigen Verfügungen getroffen, damit 
bie Repräfentanten der Kreditanftalt vorgeladen werben. 

Here Alerander Schöller, Verwaltungsrath ber Krebit- 
anjtalt und Mitglied des zur Prüfung ber Bilanz beftellten 
Revifionsfomites, ftimmt in feinen Angaben bezüglich der fals 
tischen Vorgänge bei der Revifion mit denen feiner Kollegen 
überein. Er bemerkt weiter: „Mas die Stornirung der Poſten 
anbelangt, ſo kann entweder nur eine Kompenfation oder eine 
vorläufige Transaktion mit dem Finanzminiſter beftanden 
haben; den Vorgang mit der Buchung betrachte ich nur als 
einen proviferifchen, die Genehmigung bat von und abgehangen. 
Nach meiner perfönlichen relativen Weberzeugung konnte durch 

eine folche Verbuchung der Anftalt ein Nachtheil nicht erwachſen, 
weil Diefe Eintragung dem DBerwaltungsrathe, welchem die 
Entſcheidung anheimfiel, bekannt gegeben werden mußte. Ich 
fenne Herr Richter feit einer Reihe von Jahren, feit dem 
Jahre 1846 oder 1847, war einer feiner Kreditoren zur Zeit, 
als er dad Unglüd Hatte, feine Zahlungen verfchieben zu 
müflen; ich habe ihm damals einen Nachlaß bewilligt, er hat 
ihn jedoch nicht angenommen und Kapital und Zinfen prompt 
bezahlt.« Dadurch auf Richter aufmerkfam gemacht, babe er 
ihn im Laufe der Zeit wegen feiner Intelligenz und Thätigfeit 
immer mehr achten und ſchätzen gelernt und fich unter Den» 
jenigen befunden, Die feine Annahme als Direktor der Krebits 
anftalt zumeiſt befürworteten. Zeuge fchließt nut den Worten: 
»Ich Babe fpäter auch feine Gelegenheit gehabt, bas Vertrauen 
erichüttert zu fehen, bis die Anklage gekommen ift, die und 
Alle in Schreien verfeßt hat.“ — Auf Befragen bes Ver⸗ 
theidigers betätigt der Zeuge, dat auf dem tobten Konto der 

Nationalanlehen man auf den erten TÜR tie Aotkaeiuiie 


381 


Stornirung und die Umfchreibung der Kurſe bemerken mußte. 
Bezüglich der zur Sprache gebrachten Gehalts⸗ und Tantisnien- 
frage beitätigt Zeuge auf Erinnerung des Richter, daß dieſer 
felbft e8 war, ber ſowohl auf die Verminderung des Gehaltes 
als auch der Tantieme hinarbeitete. 

Na ihn erfchien der erfte Sachverftändige Joſef Maria 
9. Miller. Derfelbe ift 64 Jahre alt, Kaufmann bier. Er fagt: 
Ich bin als Sacverjtändiger im Buchfache im Laufe der Vor⸗ 
unterfuchung von Seiten des Kandesgerichtsrathes Hietzinger 
beeibigt worden. Weber die von dem Vorfikenden ihm vorge» 
Tegten Konti über das Devifengefchäft erflärt er: Ich finde 
auf einem biefer Konti unter der Weberjchrift » Zwilchworfchuß- 
fonto« einen Betrag von 20,000 Pfund Sterling in Empfang 
genommen am 14. Juli zum Kurfe von 41, und in einer 
kleinen Rubrif die Bezeichnung »7. Julie beigefeßt. Hieraus 
geht hervor, daß biefe 20,000 Pfund Sterling am 14. Juli 
verbucht wurden, und daß vielleicht bie Verrechnung am 7. Jull 
ftattgefunden bat. Es zeigt mir dieß eben, daß hierbei die Bes 
rechnung mit dem Kurfe vom 7. Inli geichab. Eine gemöhn- 
liche Art der Eintragung ift das nicht, benn es ift etwas Ipäter 
verbucht worden: 

Vorſ itzender: Wiſſen Sie unter Ihrem Eide, daß ſolche 
Fälle, wo ein Geſchäft früher gemacht und erſt einige Tage 
Später verbucht wird, vortommen? 

Zeuge: Ja. 

Rückſichtlich des zweiten Konto, wo die dem Richter ab⸗ 
gefauften 12,000 L. verzeichnet erfcheinen, bemerkt der Sach⸗ 
verftändige: Mir fcheint, diefe 12,000 8. hängen zufammten 
mit der Boft von 20,000 L.; ich fchöpfe aus dieſer Art dev 
Aufftellung die Anflcht, dag dieſe 20,000 8. nicht aus Einer 
Partie verkauft worden find. Mit der hier ebenfalls vorkom⸗ 
menden Bezeichnung »7. Juli“ bat es biefelbe Bewandtniß 
wie mit den 20,000 8. Wir haben eine folche nachträgliche. 
Eintragung auch bei anderen Gegenftänden; ber Unterfchied 
in der Zeit ' beträgt gewöhnlich zwei ober drei Tage feit dem 
Abſchluſſe des Geſchäftes. Befondere - Fälle ausgenoumen, 
halte ich für orbnungsmäßig, die Buchung an bemfelbeu Tage 
zu veranlaffen. Ald Grund biefer Borkommnig könnte ich ans 
geben, daß Herr Richter ein volltommenes Bertranen Ta VE 


382 


Geſchäften genoſſen Haben wird, welche. er für die Staat 
verwaltung vorgenommen hat. Die Hebesnahme der Deviſen 
auf Rechnung des Zwilchvorſchußkonto fcheint ſchon am 7. Zuli 
geichehen zu fein. Im gewöhnlichen Gefchäftsverfehre wird 
eine ſolche Uebernahme fogleich angezeigt. Ich kann dabei nur 
wiederholen, daß ich mir feine andere Anfchauung habe machen 
fönnen, als die, daß Herr Richter befondere Vollmachten 
haben mußte, um dieſe Ordnung einzuhalten. Vielleicht hatte 
er mündliche Aufträge. Der Staatsanwalt ftellt an den Zeugen 
die Frage, die Sachverftändigen hätte. bei Dur:hficht des Buches 
Hefunden, daß Briefe nicht ganz in Ordnung geweſen, einer 
habe keine Unterfchrift, einer Fein Datum ꝛc., es wäre dieß mit 
einer ordentlichen Buchführung nicht vereinbar. Ift, wenn bei 
irgend einer Buchführung etwas fehlerhaft, bloß der Schluß 
zuläflig, es müſſe eine außerordentliche Vollmacht fein, oder 
man ift unordentlich oder man ift vielleicht auch nicht ganz 
rechtlich zu Werke gegangen? - 

Nachdem der Zeuge erklärt, es ftehe ihm nicht zu, eine 
folche Eiliche Srage zu beantworten, und ihm noch mehrere 
Tragen von dem Staatsanwalt vorgelegt werben, verlangt 
Leßterer, daß den Zeugen früher fchriftlich die Sragen übergeben 
werden nnd fie nur zur Beantwortung ber ragen einzeln vor- 
gerufen werden würden. Dr. Berger erklärt, er könne augens 
blilicd) feinen Entjchluß darüber abgeben, fo lange er nicht bie 
Tragen Fenne. Der Staatsanwalt will von ber Vernehmung 
Diefes Zeugen ganz abfteben, Da noch andere Zeugen zugegen 
feien. Tr. Berger aber replizirt, e8 feien in derBorunterfuchung 
die Herten Müller und Mayerhofer über biefe Devifens 
angelegenheit befragt worden, er könne daher nicht zugeben, daß 
noch andere Zeugen in biefen Gegenſtand eingeweiht wäürben. 
Ter Gerichtshof zieht fich zurüd und erklärt beim Wieder 
erfcheinen, daß auf den Antrag des Staatsanwalts nicht einges 
gangen werden könne, und beftellt den Zeugen auf morgen um 
9 Uhr. Die Sikung schließt um 3 Uhr. 

Die Verhandlung beginnt um 9'/, Uhr. Der bereite 
in der früheren Sitzung theilweiſe vernommene Buchverftändige 
Joſef v. Miller äußert über die: Srage bes Vorſitzenden, mas 
man unter todtem Konto zu verjiehen habe, er habe dieſes Konto 
in feiner Braris nicht geführt, und Rihter aut die Aulkläs 


384 


gelte Korrefpondenz, er einer jeden Beurtheilung fich enthalte 
und dieß allein dem Gerichtshofe überlaffen müſſe. Nur das 
tönne er beitimmt angeben, daß der vorgefundene Brief mit 
ber Ueberfchrift: an dad Zwilch-Deviſenkonto, keineswegs für 
das Armee⸗Oberkommando, fondern für diebetreffende Gefchäfts- 
abtheilung der Kreditanftalt, und zwar zum Zwede der Buchung 
beftimmt fein müſſe. 

Herr Dutſchka, feit dem 1. Auguft 1859 Direktor der 
Kreditanftalt, bat von. den näheren Detail der vom Herm 
Direktor Richter mit dem Aerar abgefchloffenen Gefchäfte 
feine Kenntniß. Es wird ihm das Konto des Finänzminifteriums 
aus den Büchern der Kreditanftalt vorgewieſen, und er gibt in 
diefer Richtung diefelbe Aufflärung, wie fie bereit3 von Ric 
ter felbft und vom Herrn Direktor Schiff ertheilt wurbe. 

Vorſitzender: Ift Ihnen von einer fogenannten Auf 
befferung bei biefer Verrechnung mit dem Finanzminifterium 
etwas befannt gegeben worden? 

Zeuge: Nein, erit dann, als fich durch die Unterfuchung 
des hiefigen Kandesgerichtes eine folche Aufbefferung heraus: 
geftellt Hat, habe ich Davon Kenntniß erhalten. 

Vorſitzender: Iſt nach den Statuten Herr Richter 
als Hauptdirektor i in der Lage geweſen, die Verfügung zu treffen, 
daß eine ſolche Aufbeſſerung in das Konto eiugeführt werde? 

Zeuge: Darüber hat der Verwaltungsrath zu entſcheiden. 
Es iſt übrigens feine Zeit beſtimmt, binnen welcher Friſt dem 
Verwaltungsrathe die Anzeige zu machen fei. Er konnte ſelbſt⸗ 
ftändig vorgehen und fpäter die Anzeige machen. Solche Fälle 
find öfters vorgefoinmen. — Der Zeuge äußert fich ferner das 
bin, daß er nicht im ©eringiten daran zweifle, daß, wenn 
Richter die Motive angeführt hätte, die ihn zur Aufbeſſerung 
bewogen, ber Berwaltungsrath feine Zuftimmung Dazu gegeben 
hätte, bejonders da er perfönlich Feinen Vortheil von dieſer Aufs 
. befferung hatte. Der Zeuge erklärt, das Haupt?onto fei bie 
Zufammenftellung des Separat- und Apertlontos. Bei genauer 
Eingehung in die Details Hätte man alfogleich die Aufbefferung 
herausfinden muͤſſen. Auch diefer Zeuge Außert fich hoͤchſt günftig 
über den Charakter und die Sefchäftsgebarung Richter's und 
erklärt, daß er, ald Richter verhaftet war, zu Diefem gekommen 
fei, um über bie Gefchäfte überhaupt zu Iprechen, und daß ihm 


386 


diefe Transaktion vorgenommen worben wäre, und Richter bie 
Hoffnung der Genehmigung Hatte, in den Buchungen, die er 
vornehmen ließ, eine Faͤlſchung erkennen? 

Zeuge: Durchaus nicht. Die Buchung war Har und. 
deutlich; jeder, der die Konti im Detail prüfte, mußte die Trans» 
aktion herausfinden. 

Dr. Berger: Können Sie beirdem befannten Charafter 
Richter's annehmen, daß er bei diefer Transaktion für bie 
Finanzverwaltung. die Abficht haben konnte, der Kreditanftalt 
einen Schaden zuzufligen? 

Zeuge: Ich kann das unmöglich annehmen, und felbft 
wenn ich den Charakter des Herrn Richter nicht näher kennen 
würde, müßte ich zuerſt Tragen, welchen Vortheil er daraus ge 
habt, und welche Nothwendigkeit vorgelegen. 

Richter: Ich wollte den Herrn Direktor Dutſchka fra 
gen, wie thener die Kreditanftalt Die Grundentlaftungs-Obligas 
tionen vom Sinanzminifterium übernommen hat. 

« Zeuge: Ich glaube 73 oder 73%. 

Richter: In diefem Kurs von 73’/, liegt fhen das 
Mittel für die Finanzverwaltung, der Kreditanftalt die Aufs 
beſſerung von 70,000 fl. zurüdzuerftatten. 

Staatsanwalt: Es wurde von todten Konti gefprochen. 
Befteht eine Anordnung dafür, daß das Reviſtonskomité bie 
todten Konti näher prüft als die übrigen? 

Zeuge: Es jteht dem Komite frei, jedes Konto zu prüfen; 
eine beftimmte Anordnung beiteht nicht. 

Staatsanwalt: Weſſen Aufgabe iſt, nach der Anficht 
des Herrn Direktors, die innere Prüfung der Konti? Wer muß, 
da das Reviſionskomité das Innere nicht prüft, im Laufe bes 
Jahres dieß thun? 

Zeuge: Eine ſolche Prüfung findet eigentlich nicht ftett, 
nachdem die Ziffer als richtig vorausgeſetzt wird. Es ift bei ber 
doppelten Buchhaltung bie Kontrole in fich ſelbſt. Wenn aber 
ein fpezieller Fall da wäre, müßte Jemand damit beauftragt 
werden. Uebrigens wurden alle vierzehn Tage die Saldi eben 
jo qualitativ geprüft, wie e8 das Revifionsfomite am Schluß 
des Jahres macht. Aber fonft war feine Kontrole vorgefchriehen, 
und war nach meiner Dleinung auch nicht nöthig.- 

Landesgerichtsrath Bettler: Her Direltar haben 


388 


Dr. jur. Stanz Karl Meyerhofer, Kaufmann, bereits 
in der Borunterfuchung beeidet, Sachverftändiger, bemerkt: Er 
müffe ſich in feiner Ausfage etwas weitläufiger faſſen, weil das 
Schriftliche Gutachten von Seite des Herrn Staatsanwaltö be⸗ 
mängelt wurde. Der Staatsanwalt habe ſich den Sachver⸗ 
ftändigen gegenüber geäußert: Ihr Gutachten fei ein Rechts⸗ 
guiachten, zu beffen Abgabe fie nicht berechtigt feien. Aus den 
von ihnen aufgeftellten Prämiffen feien nicht Die dort 
geführten Schlüffe zu ziehen. Es fehe fait fo aus, als wenn 
fie einen Betrug entichuldigen wollten. 

Staatsanwalt: Das ijt nicht richtig. 

Sadverftändiger: Ich erinnere mich genau, Ste haben 
und noch ein Beifpiel darüber gebracht. Sie fagten: „Es jehe 
gerade fo aus, ald wenn ein Diener feinen Herrn benachthei⸗ 
ligt, und wir ihn entſchuldigen wollten.“ 

Ueber Aufforderung des Vorſitzender ſich auf den Ge 
genftand felber einzulaifen, gibt der Zeuge fein Ontachten 
dahin ab, Daß die Sachverjtändigen ihre Entſcheidung nit 
nach dem vorliegenden Einzelfalle, fondern im Zufammenhange 
mit der ganzen Sefchäftsgebarung zwifchen dem Armee-Öber: 
kommando und der Kreditanftalt abgegeben hätten. Hier drängte. 
fich ihnen Die Veberzeugung auf, Daß, weil feine fehriftlichen 
Aufträge vorliegen, weil ihnen vielmehr gefagt wurde, daß alle 
Aufträge mündlich erfolgten, weil die Rechnung nicht am Tage 
gebucht wurde, Herr Richter von beiden Seiten ein großes 
Vertrauen genof, und ſich wie ein Disponent in einem eigenen 
Sefchäfte darftellte. Sie haben daher ihr Gutachten dahin ab 
gegeben, es ſei „höchſt wahrſcheinlichs, dag er die angefauften 
20,000 Pf. St. um die von ihm angegebene Zeit zu dem Ge 
fhäfte mit dein Zwilche beftimmt babe. Diefe Anfchauung 
hätten fie nach beftem Willen und Gewiſſen ausgefprochen. Au 
er findet, daß die Zinfenberechnung vom 7. Juli laufe, erklärt 
es aber als allgemeinen Grundſatz, daß ſolche Geſchäfte am 
Tage des Abſchluſſes eingebucht werden. Was die vorgefundenen 
Briefe anbelangt, ſo ſei es möglich, daß ſie bloß zum Zwecke 
der Verbuchung geſchrieben wurden. Wenn aber das Geſchäft 
am 7. Juli geſchloſſen wurde, ſo begreife er nicht, warum es 
erſt am 14. Juli verbucht wurde; hier müſſe ein ſpezieller 
Grund vorliegen. Regelmäßig hätte die Verbuchung am 7. 


3 


Sachverſtändiger: Der betreffende Buchhalter härte 
jedenfalls den Mangel bemerken follen. Hat er es abſichtlich 
nicht gethan, fo war es ein Verfchulden von ihm. 

Staatsanwalt: Erfordert eine ordentliche Korreſpon⸗ 
denzführung, Daß der Auftraggeber über den Vollzug des Ger. 
Schäftes mit Angabe der Summe und des Kurſes verjtändigt 
werde? | 

Zeuge: Ia, entweder an bemfelben oder langſtens am 
nächitfolgenden Tage. 

Staatsanwalt: Verträgt es ſich mit der ordentlichen 
Buchführung eines Sefchäftsheren,“ ber am 4. November 1'/, 
Millionen in ungarifchen Grundentlaftungs-Öbligationen vers 
fauft hatte, dieſes Gefchäft, worüber Fein fchriftlicher Auftrag 
vorhanden und fein Tablean eingetragen tft, erſt am folgen 
den 31. Dezember zu verrechnen und zu verbuchen? 

Sachverſtändiger: So wie die Frage geftellt if, Tann 
ich nicht begreifen, wie Die Buchung erſt fo Spät ftattgefunden hat. 

Staatsanwalt: Wie groß beziffert fich der der Kreditan⸗ 
ftalt erwachfene Schaden unter der Vorausfeßung, daß die 
1,400.000 fl. Rationalanlehen nicht zum Kurfe von 75, fon 
dern von 72, dann 1,500.000 fl. in ungarischen Grundent⸗ 
Yaftungs-Obligationen nicht am 4. November, fondern erſt an 
dein Tage, an welchem ber Tageskurs auf 73 ftand, zum 
Kurfe von 68°/, überlafjen worden waren? 

Sachverjtändiger: Sch werde die Rechnung vornehmen 
und das Reſultat derfelben dem hohen Gerichtshofe überreichen. 

Richter: In Bezug auf die Buchführung gibt es zwar 
gewifle allgemeine Orundfäte, allein die Kreditanftalt ift ein 
fo mächtiges Inſtitut, und hat ein fo koloſſales Geſchäft, daß 
man bei diefer von den allgemeinen Grundfäßen manchmal 
Umgang nehmen muß. 

Dr. Berger (zum Sachverftändigen): Wenn Die Kredit: 
anitalt nicht der Kommiffionär des Militär-Aerars war, fondern 
unmittelbar mit demfelben einen Schluß über 20,000 Pfund 
London gemacht hätte, würden Sie da Ihr abgegebenes Gut: 
achten ändern? 

Sachverſtändiger: Nein. 

Dr. Berger: Herr Richter, nicht ald Repräfentant ber 

FKreditanftalt, fondern als Herr Richker, dok ver Krebitauftalt 


392 


ber von den Buchverftändigen gemachten Auszüge Die Richtig: 
feit berfelben, erklärt, daß die Bücher in vollkommener Orb» 
nung geführt worden, und Daß von dem Deviſengeſchaͤfte nichts 
darin enthalten geweſen ſei. 

Einen Ausſpruch über den Kursverluſt, den Richter bei 
den Deviſen erlitten haben ſoll, habe man nicht machen koͤn⸗ 
nen, weil ſich der auf das Zwilchlieferungskonto bezieht, in den 
Büchern des Herrn Richter aber kein ſolcher aufzufinden 
geweſen. 

Richter: Ich glaube, daß dieß ein Irrthum war, der 
von dem Herrn Unterſuchungsrichter ausgegangen iſt, denn man 
habe vorausgeſetzt, ich requirire einen Deviſenverluſt vom 
Staate. 

Hierauf wird dem Sachverſtändigen das von ihm und ſei⸗ 
nen Kollegen abgegebene Gutachten vorgele ſen. Dieſes weit⸗ 
läufige Operat wurde durch nachträgliche Erläuterung zum 
Theil berechtigt, und wird zum Theil durch die von Richter 
gemachten Vorlagen noch zur Befprechung gelangen. 

Nach der Verlefung dieſes Gutachtens bittet Richter um 
das Wort. 

Richter: Ich wollte bloß den hoben Gerichtshof bitten, 
die Prager Herren Buchveritändigen erheben zu laſſen, 1) wie 
groß die Kottonlieferung an mein Prager Geſchäft bis zum 
18. September wurde. 2) Wie viel an mein ®efchäft laut 
ihres eigenen Ausweiſes der Stüdzahl nach bis zum 31. Des 
zember abgeliefert worden iſt, daß endlich jene Vorlagen, melde 
ich über den Gewinn bei meinem Stoffgefhäft gemacht habe, 
den Prager Herren Sachverftändigen, weil ſie am beſten geeig⸗ 
net ſind uͤber den Gegenſtand ſich zu äußern, zur Prüfung vors 
gelegt werden. Was meine Vorlagen über den Gewinn bei der 
Garnerzeugung betrifft, fo iſt Herr Jellinek allein Fachmann 
und ich würde bitten, ihm zur Beurtheilung dieſer Vorlagen 
einen der Wiener Sachverſtändigen, der ſich ebenfalls auf Garn⸗ 
erzeugung verſteht, beizugeben. 

Der Staatsanwalt erklärt, daß er gegen dieſe von 
Richter vorgeſchlagene Prüfung nichts einzuwenden.habe, nur 
verlange er, daß die Sachverjtändigen in bie Nichtigkeit jeder 
einzelnen von Richter vorgebrachten Poſt eingehen ſollen. Er 
. finde e8 auch begründet, daß der Herr Sellinet den Wiener 


I 


394 


Krebitanitalt auf die Aufforderung des Landesgerichtes die 
Antwort, ddo. 30. November, dahin erfolgt ſei, daß fich der Vers 
waltungsrath diefem Strafverfahren nicht anfchließe, und daher 
auch keinen Vertreter zur Geltendmachung der Erfabanfprüde 
hieherfende. 

Der bereitd geftern vorgenommene Sachverjtändige Sellis 
net wird wieder vorgerufen. Der Vorſitzende bringt aus den 
Unterfuchungsaften eine Antwort des Angeklagten Richter zur 
Kenntniß, dag ihm durch die Verwendung von 18ers Schußgarn 
gegen die Anwendung von Schußgarn Nr. 20 mit Rüdjicht 
auf die dabei angeordnete Manipulation fein Vortheil erwachien 
jei, da beider Anwendung des 18er= Garns ein größeres Sanı- 
quantum zur Erzeugung nötbig wurde, als wenn 20er verwens 
bet worden wäre. 

Der Vorfigende fährt nun fort in der Verlejung des von 
den Prager Kunftverftändigen abgegebenen Gutachtens. 

Richter bemerkt, daß die Prager Sachverjtändigen als 
Provijion für die Kreditanitalt '/, pr. Et. angenommen haben, 
wihrend dem er eine vierperzentige Provifion, und mithin einen 
Betrag von 36,000 fl. an die Kreditanitalt zu bezahlen hatte. 
Wenn nın auch die von den Sadverftändigen aufgeitellte Ge⸗ 
winnziffer von 78,000 fl. agnoszirt wird, jo müßte jedenfalls 
diefer Provifionsbetrag per 36,000 fl. davon in Abzug gebradt 
werden. Werde weiters der Berlujt am Ellenmaße, wie er ihn 
bei der Ablieferung an die Monturskommiſſion zu erleiden hatte, 
endlich der Zinfenverluft ſowohl für die fogleich erfolgte Aus— 
zahlung der fälligen Beträge als für die rüditändigen 49,000f. 
und fchlieglich die Oeneralunfojten im Betrage von mindeitend 
5000 fl., fo wie zulegt eine Poſt von 1600 fl. für Verluſte bei 
Ausſchüſſen und zurücgebliebenen Waaren abgezogen, dann 
würde fich jein Gewinn auf nicht mehr als 22— 24000 fl. 
beziffern. 

Der Sachverftändige Herr, Sellinef erkennt an, daß, 
wenn Richter für den Betrag von 90,000 fl. an die Kredit: 
anitalt vier pr. Et. Proviſion zu bezahlen hatte, diefe Provifion 
36,000 fl. tbatfächlich betragen würde. 

Dr. Berger findet, daß die vierprogentige Proviſion durch 
die beſchworene Zeugenausfage der. Herren Hornboſtel, Schiff 
und Dr: Breitl feitgeltellt jet und (vo mit der Aeußerung ber 


396 


Der Staatsanwalt findet in feiner Erwiderung noch eine an 
die Sachverftändigen zu richtende Frage aufzuftellen: » Welches 
find im Allgemeinen die Koſten der Bleiche, die Koften der 
Halbbleiche, und welches mögen die Koiten der Appretur. jein, 
welche Richter feinen Stoffen gegeben hat?« 

Ueber die weitere Berlefung des Outachtens, welches vors 

züglich der Erwägung des Preifes der Devifen und feines 
Gewinnes als Spinnerlohn gewidmet ift, bemerkt Richter: 
Ich Habe eine Vorlage gemacht, daß, wenn ich anderes Garn 
als für ärarifche Zwecke gearbeitet hätte, ich mehr verdient 
haben mürde; mein Gewinn bat fih bei 100 Pfund auf 
25. 75 Er. geftellt. Ich habe durch die vorherige Verforgung 
der Devifen aus dem fpäteren Ballen derfelben keinen Bortheil 
‚gezogen; anders wäre ed geweſen, wenn ich, wie gejagt, meinen 
Bedarf an Devifen gar nicht gebedt, gefchwindelt hätte und 
blind an das Geſchäft gegangen wäre, da hätte ich, wie bie 
Verhältniſſe gekommen find, 60,000 fl. mehr verdienen können. 
Nichter erklärt ferner, daß es den ficherften Anhaltspunkt gebe, 
wenn man die Baummollpreis-Beitimmungen der Wiener Hans 
delskammer zur ©rundlage der Berechnung nehmen möchte, 
woraus fich ergebe, daß er noch um '/, fl. billiger geliefert, als 
damals die Wiener Preife waren. Er lege übrigens auf die 
Unterfuchung des Garngewinnes feinen Werth, denn er habe, 
bevor er das Geſchäft mit dem Aerar gemacht, geiponnen, 
ja er fpinne noch heute, und erkläre, daß er heute das Doppelte 
von dem verdiene, was er Damals verdienthabe. Er müffe wieders 
holen, wennesauch vielleicht unpaffend wäre, daß er andem Aerar 
wenigerverdient, als wenn erfürdas »arme Volk“ gearbeitet hätte. 
Seine Spinnerei habe vor diefem Gefchäfte beitanden, und 
beitehe Gottlob auch nad dem Sefchäfte; wenn nun Diele 
Unterfuchung eine Verzögerung herbeiführen jollte, fo erkläre 
er, daß er Darauf ganz verzichte. Zeuge erflärt hierauf, daß, 
wenn der Angeflagte mehr hätte verdienen wollen, hätte er 
aus oftindifhem Garne gefponnen. Die Fäden wären dadurch 
etwas voller und der Kalifot griffiger, aber minder haltbar 
geworden, und 3—4 fl. wären für Richter am Zentner Ge⸗ 
winn gemefen. 

Richter: Hoher Gerichtshof! Aus den Erklärungen des 

Seren Jellinek fehen Ste, daR ih hei den Rohſtoffen für 


397 


ärarifche Zwecke ein Opfer von mindeitens 30,000 fl. gebracht 
habe. Mit einem folchen Bewußtfein muß es mic) tief befrüben, 
wenn fo Heine Nergeleien, ob 18 oder 16, ob ein Faden mehr 
oder weniger — Durch heftiges Weinen unterbrochen, kann er 
nicht weiter fprechen und äußert fich ſpäter nochmals: er ver⸗ 
zichte auf die ganze Unterſuchung; es genüge ihm vollkommen, 
wenn der Gerichtshof von den Vorlagen Kenntniß genommen; 
dem Publikum lägen dieſe Eingaben nun vor; er überlaſſe dieß 
ganz dem Urtheile des Publikums, und er ſei überzeugt, dasſelbe 
werde ſicher ſagen: Richter hat ſich mit ſehr geringem Gewinn 
begnügt. 

Auf eine dritte Eingabe Richter 8, in welcher er feine . 
Berechnungen zu motiviren verfucht, erflärt der Staatsanwalt, 
er hege die Meinung, daß ſolche Aftenitüde, welche nur Ber 
bauptungen des Angeklagten enthalten, bloß als Ausfagen von 
ihm gelten Tönnen, nicht aber als folche, auf. welche befonderes 
Gewicht gelegt werde. Der Vorfitende erklärt, daß er weit 
davon entfernt fei, zu fagen, daß man darauf befonberes 
Gewicht lege. 

Staatsanwalt: Wenn der Angeklagte feine Gingaben 
zurüdnehmen will, fo habe ich nichts Dagegen einzuwenden, 
nur wenn darauf mehr Gewicht gelegt werden follte, als auf 
einfache Behauptungen, würde ich erjuchen, dieſelben durch Die 
Sachverſtändigen prüfen zu laffen. Kür das Publitum Aften- 
ftüde einzulegen, halte ich für ganz gleichgiltig, wir arbeiten 
nicht für das Publikum, wenn auch dasfelbe Zuhörer if. Was 
nun Die Berechnung der Spinnerei betrifft, fo halte ich dieſe 
für ganz unhaltbar, weil man wijfen müßte, ob man dann 
Abſatz gehabt hätte. Er babe, fährt er fort, Fragen zuſammen⸗ 
geſtellt, und wenn auch die VBertheidigung ſolche formulirte 
Tragen ben Sachverftändigen übergeben wollte, jo würbe dieß 
gewiß zur Abkürzung des Oanzen beitragen. 

Dr. Berger: Herr Richter bat drei Vorlagen, auf die 
ich einiges Gewicht lege, verfaßt: Der Gewinn am Stoffgefchäfte, 
am Garn und an der Bleiche. Es ift weder Heren Richter 
noch mir beigefallen, damit dem hohen Gerichtshof eine Richt: 
ſchnur vorfchreiben zu wollen, wie bezüglich der Sachverftändigen 
vorgegangen werben folle. Wären biefe Vorlagen nicht fihrifts 
lich abgegeben worden, fo wäre dasjenige, mas in ihnen Kekt, 


398 


bei diejer Schlußverhandlung von Richter im Vernehmungs⸗ 
wege vbrgetragen worden, und auf dieſem Wege wäre ber hohe 
Gerichtshof In Die Lage gekommen, die Ziffern zur Kenntniß 
zu nehmen. Dem boben Gerichtöhofe, namentlich dem Vor⸗ 
fißenden ſteht es zu, im Laufe der weiteren Verhandlung bies 
jenigen Umjtänbe zu präziſiren, welche für das endliche Urtheil 
von Seite ber Sachverftändigen maßgebend find. Wie Die loöb⸗ 
liche Staatsbehörde dabei vorgehen will, bleibt ihr anheimgeftellt; 
wenn fie es zwechnäßig findet und in ber Lage ift, formulirte 
Tragen zu ftellen, fo mag fie es thun. Die Bertheidigung über 
läßt die Leitung der Verhandlung felbftverftändlich dem Vor⸗ 
fitenben; welche Fragen fie zu ftellen haben wird, darüber wird 
fie exit dann vollitändig Elar werden, wenn die Sachverftänbigen 
ihren Befund abgegeben baben werden. 

Staatsanwalt: Wenn in diefem Ausfpruche bes Herm 
Vertbeidigers die Zumuthung liegt, als ob die Stantsanwalts 
fchaft auf die Leitung des Gerichtöverfahrens Einfluß nehmen 
wollte, fo weife ich diefelbe zurüd. 

Dr. Berger: Ich glaube nicht, daß in meinen Worten 
etwas gelegen ift, was eine ſolche Zumuthung erkennen läßt. 
Im Segentbeil, die Verrbeidigung bat blog ben Vorwurf von 
jich abgewälgt, Daß man ihr zumuthe, auf die Leitung der Ver⸗ 
bandlung Sinflug gu nebmen. 

Der Herr Vorſitzende erklärt bierauf, daß es nicht hieher 
geböre, ſolche Tebatten in Anregung zu bringen, er wolle alles 
Mögliche anwenden, um die Vejchleunigung des ganzen Gegens 
tandes berbeizufübren. 

Der Sacbveritändige bitter nun auf Grundlage der Ans 
gabe Richter's, die Frage zu fermuliren und ibm zur Beants 
wortung zu übergeben, worauf der Vorfigende Richter auf 
fordert, Die Punkte anzugeben, über welche fidh die Prager Sad» 
perständigen äußern follen. 

Richter: Ueber nichts Anderzz, als darüber, daß mein 
Verluſt im Ellenmaße wirklich QOVO Hl. und mem Zinjenverluft 
Sedo AL betrug. 

Tr Berger: Ich glaube, bie Herren Sachverftändigen 
ind der Meienbrit nach zu dem Zwecke voraeladen, ben Gewinn 
keim Stefigerchäfte retzuftellen. Die einzige Arage von Seite 
der Vertdeidiguug it die: „ie erfiat dh wach dem Daren, 


400 


lich überreichten Fragen in ein Zimmer zu fchiden, um ben 
©egenftand zu unterfuchen und. auf die Beantwortung vorzu⸗ 
bereiten. Was die Vernehmung der Sachverftändigen felbft vom 
Gerichtshofe betrifft, müffen fie nach dem Geſetze einzeln ver⸗ 
nommen werden. 

Dr. Berger: Ich bin dießmal in der Lage, vollkommen 
mit der löblichen Staatsbehörde übereinzuftimmen. Wenn der 
Gerichtshof den Befchluß über Die Vorlegung der Sragepoften 
feitgeftellt, fo fei der Vorfchlag der, Daß den Sachverftändigen 
von Seite des Gerichtshofes die Trage bekannt gegeben werde, 
woran fich diefer Vorgang fchließt, wie ihn die Staatsbehoͤrde 
angegeben bat. | 

Sachverftändiger: Ich glaube, es wäre angemeflen, 
wenn wir zufammen arbeiten würden, es wäre einerfeit das 
durch Zeit erfpart, indem wir die Vorlegung brauchen und fo 
nicht Einer auf den Anderen warten muß, anderſeits kann bie 
Borlage beffer geprüft werben. Wir haften alle Drei für unfere 
Arbeit. 

Der Serichtshof zieht fich zur Berathung zurüd, und nad 
längerer Pauſe verkündigt der Vorſitzende den Befchluß bes 
©erichtähofes. Er fagt: Bei ben übereinftimmenden Anträgen 
der Staatsanwaltichaft mit der Vertheidigung des Herrn Ric’ 
‘ter hat der Gerichtshof den Beichluß gefaßt, daB rüdfichtlid 
des Sachverftändigen Kern Jellinek drei Sragen zur Bes 
antwortung geftellt werden, und zwar wie ich fie hier angeben 
werde: 

1. Welcher iit Richter's Reingewinn bei den vier Mil 
lionen Ellen Kalifot, als Stoffhändler, Garnhändler und als 
Weber bei ben 3673 Stüd, das Stüd zu 50 Ellen? 

2. Welche Schuld an das Ausland Hatte Richter am 
7. Juli 1859, und wie groß war an diefem Tage fein Beſih 
an ausländifchen Devifen, beide auf London reduzirt? 

3. Welchen Sarnbedarf hat Richter zu den vier Millionen 
Kalikot, reſpektive LO,000 Zentner Baumwolle, von den Subs 
fontrahenten im Inlande und von anderen Spinnereien ats 
geichafft, und wie viel fällt, wenn bie 32,000 8. als Affekuranz 
beftimmt waren, von diefer Aſſekuranz weg, wenn ein beftimmter, 
von den Sachverftändigen zn ermittelnder Garnbedarf im In⸗ 
land angeſchafft worden tft? — Der Gerichtshof hat auch ben 


⸗ 


N 


402 


Antworten vorgelefen. Nüdjichtlich aller jener Bragen, welche 
die Manipulation betreffen, äußert Zeuge, baß er nicht coms _ 
petent fei und Darüber der zweite Sachverfländige, «Herr 
Schwarz, beſſere Auskunft zu geben in der Lage fein werbe. 

Nur über einen Fragepunkt, nämlich: welcher Schade 
durch (den Subfontrahenten) zurüdgebliebene, für das NAerar 
beftimmte Kalikots für den &igenthümer ſich ergebe? Außert 
der Sachveritändige: „Wir haben 20 Przt. angenommen, da 
dieſe Waare nach eigenen Angaben zum Bedarfe für das Aerar 
angefertigt wurde, und ba dieſe Waare nicht marktgängig ifl, 
fo nahmen wir an, daß, wenn fie auf den Markt gebracht wird, 
fie billiger verkauft werden müſſe, allein wir fönnen den Bes 
trag des Schadens nicht genau angeben, und es müßte, um 
einen beſtimmten Ausfpruch in Diefer Beziehungmachen zu koͤn⸗ 
nen, die Waare wirklich verkauft werben.« 

Es wird fodann ein Tiſch in den Gerichtsſaal gebradt 
und auf dieſem verfchiedene Kalikots ausgebreitet. 

Der fachverfländige Zeuge erklärt, daß er feinen Unter 
ſchied zwifchen der gebleichten und nichtgebleichten Waare ers 
fenne. Die Qualität Diefer-beiden Mufter fei fo ziemlich glei 
und da fie aus amerifanifcher Wolle gefponnen wird, vorzüge 
lieh und theurer als die aus oftindifcher. Diefe käme um 
10—12 jl. per Zentner wohlfeiler. Wenn aljo Richter nur 
amerifanifches Garn verwendet, fo geht Daraus hervor, baß er 
das hohe Aerar zufriedenftellen wollte. Gegen die Stoffe, wie 
ſte allgemein im Verkehr find, feien Die bier vorgelegten von 
bejonders guter Qualıtät. 

Richter legt ein appretirtes Stüd vor, laßt durch Zeu⸗ 
gen Eonjtatiren, daß dieſes viel fchlechter fei, ald das von ihm 
gelieferte unappretirte. 

Auf Fragen des Dr. Berger erflärt Zeuge, daß man auf 
ben eriten Anblick nicht zu erfennen vermag, ob bie Stoffe aus 
amerikanischer oder oftindifcher Wolle gefponnen feien; dur 
Mengung beider, was oft gefchehe, fei ſtets ein Vortheil zu 
erzielen. Die vier Millionen Ellen, die von 8S—10 Fabrikanten 
verferfigt wurden, hätten nicht vollftändig egal erzeugt werden 
können. 

Es wird darauf, auf Veranlafſung des Staatsanwaltes, 
and bens Depofitenamte jenes Stüd geholt, welches fich Rich⸗ 


404 

und Gerichtsadvokat, Repräfentant. ded DBerwaltungsrathes 
ber Kreditanftalt. Er erklärt, Daß der VBerwaltungsrath in Be 
zug auf bie beiden Konti der Kreditanſtalt mit der Bezeichnung 
für das Finanzminifterium lediglich eine Transaktion zu einer 
: Sinangoperation zwiſchen beiden Kontrahenten fah. Diele 
Transaktion hätte aber nur dann Wirkſamkeit, wenn fie der 
Bermwaltungsrath genehmigt hätte, fie fei Daher nur provifo- 
rifch gewefen und habe der Kreditanftalt feinen Schaden ge: 
bracht. Da die 1,400,000 fl. Nationalanlehen dem Finanz 
miniſterium mit einem niederen ald dem Tageskurſe berechnet 
wurben, wurden die ſpäter eingekauften 1,500,000 Grund⸗ 
entlaſtungs⸗Obligationen im Depot der Kreditanſtalt als Desung 
zurückgehalten. Anch keine Geheimnißkrämerei ſei dabei im 
Spiele geweſen, indem alle mit der Buchführung beauftragten 
Organe davon wußten. Ebenſo konnte dieß auf die Tantieme 
und Dividende feinen Einfluß haben, indem die Grundentla⸗ 
ftungs3-Obligationen Eigenthumdes Sinanzıninifteriums waren. 

Richter macht darauf aufmerkfam, daß das Feine Trand- 
aktion, fondern nur eine mit dem Minifter vereinbarte provi⸗ 
forifche Verbuchung war, was auch der Zeuge beftätigt. Diefer 
erklärt ferner, daß die Compenfation aus den Grundentlas 
ftungs-Obligationen nur eine eventuelle war, für den Fall, wenn 
diefelben wirklich veräußert worden wären und wenn die Ab 
rechnung mit dem Sinanzminifterium zur rechten Zeit vor fi 
gegangen wäre. 

Auf die Frage des Staatsanwalts erflärt der Zeuge, daß 
die Depotö-Konti nachweifen, Daß die Grundentlaftungs-Obli- 
gationen gleich urfprünglich für das Finanzminifterium gefauft . 
wurden. Auf die Bemerkung des Staatsanwalts, daß fie im 
Börfentableau unter »nostro« angeführt feien, ermwiederte der 
Zeuge, daß öfters Einkäufe unter fremden Namen verzeichnet, 
Daher unter »nostro« vorfommen, da dieß ein Sammelnamen fei, 
der zwar vor Allem die Kreditanftalt vezeichnet, aber auch oft an- 
dere Kontrahenten, für Die die Kreditanitalt operirt. Für ſpe⸗ 
zielle Fälle aber, die dieß darthun, müßte erſt eine ſpezielle 
Information vom Verwaltungsrathe eingeholt werden. 

Nichter beruft fich auf die eidliche Ausfage Dutſchka's, 
dem er gejagt, daß bie 1'/, Mil. GrunbentlaftungssObligar 
tionen bem Kinanzminifterinm gehören. Er lucht ferner darauf 


406 


Lönnen, wenn das ganze Geſchäft eine reine Fiktion geweien 
wäre, und auf Die Neußerung des Dr. Berger, daß außer 
Direktor Richter der einzige unmittelbare Zeuge, ber Finanz⸗ 
miniſter, todt wäre; ob er nun nach. allen Prämiffen, die er 
Tenne, einen überwiegenden Grund dafür zu geben habe, es fei 
eine Fiktion oder Wahrheit gewefen, erflärt der Zeuge: „Ich 
erfreute mich feit vielen Jahren des Vertrauens des Herm Fis 
nanzminijters, bin auch von Seite feiner Erben mit der Ab» 
handlung feines Nachlaffes beehrt, und kann daher aus meis 


nen perfönlichen Beziehungen zu dem Verftorbenen mit der ge 


wiſſenhafteſten Ueberzeugung befräftigen-und ausfprechen, und 
er einer folchen Handlung gar nicht fähig gewefen wäre. Dass 
felbe halte ich auch vom Charakter des Herrn Richter.« Er 
ſchloß damit, daß er Richter's Angabe für vollfommen wahr 
halte. . | 
Auf die Sragen des Landesgerichtsrathes Dufcher erflärt 
Zeuge, daß das Jahr mit der Bilanz abgefchloffen werde, und 
die ©eneralverfammlung nach den Vorlagen urtheile, bie fie 
gut zu heißen habe, daß die Transaktion nicht zur Sprache ges 
. Tonımen fei, daß diefelbe einen ſchwebenden Gegenſtand bes 
treffe, der auf die Verbuchung bafire. Der Zeuge wird beeidet 
und nad beffen Entfernung der Sachverftändige Jellinet 
‚ vorgernfen. Diefer erklärt, er und Sfrivan hätten die drei 
Tragen. ausgearbeitet, jedoch noch nicht ins Neine gefchrieben, 
und Skrivan, ber fie. zu Papier gebracht, werde fie beifer 
leſen können als er. _ 

Auf diefe Aeußerung bin wird Herr Skrivan, Lehrer an 
der Prager Gremialfchule, vorgerufen, un ald Sachverftändiger 
feine Aeßerungen über diejenigen Sragen abzugeben, welche wir 
fchon früher angeführt haben. Er beziffert in der Beantwor⸗ 
tung den Gewinn Richter's als Stoffhändler auf 60,000 fl., 
als Sarnhändler auf 20,000 fl. (wobei der Sachverftändige 
den Gewinn ald Spinnereiverdienit mit 4000 fl. benennt). 
Den Webereigewinn konnte er nicht angeben, weil weber 
er noch Herr Jellinek Weber feiern. Der Zeuge Hat von 
dem gebotenen Rechnungsmaterial Umgang genommen, und 
die vier pr. Et. Proviflon nicht von dem in dem ganzen Stoff 
geichäfte engagirten Betrage von circa 900,000 fl., fondern 


408 


dieſe Sachverſtändigen vorgeladen habe; die Vorladung erfolgte 
jedenfalls von Seite des Gerichtshofes, jedoch ſtützen ſich dieſe 
Anträge zum Theil auf einen in der Vorunterſuchung von 
ihnen abgegebenen Befund, und in Folge deſſen ſei es begrün⸗ 
bet im Grundſatz der Mündlichkeit, daß fie bei der Schluß⸗ 
verhandlung ſpeziell gehoͤrt werden ſollen, es handle ſich hier 
bloß um die Zuſatzfrage des Vertheidigerd. Dr. Berger ent- 
gegnet: Die erfte Frage über ben Gewinn fei von dem Staats 
anwalte geftellt worden, ebeit fo die zweite Brage, und bloß die 
zweite Srage habe ihm Anlaß zur Stellung der dritten gegeben. 
Der Zwed der Vertheidigung fei erreicht, es fei Fonftatirt, daß 
- die vier pr. St. Provifion vom Oarngefchäft zu zahlen feien, 
und es werde wohl nicht bezweifelt werden, baß auch bei die- 
fem Geſchäfte Generalunkoiten fich ergaben. Eine Frageftellung 
an diefe Sachveritändigen finde er jedoch unnöthig, weil die 
felben geftanden hätten, daß ihnen Die effentiellen Kenntniſſe 
zur Abgabe eines Gutachtens mangeln. 

Richter erklärt: „Er müſſe fich, nachdem ihm daran liege, 
daß ſeine Vorlagen unterſucht würden, überlegen, was zu thun 
ſei; er ſei aber der ſicheren Hoffnung, binnen 10 Minuten den 
Gerichtshof von der Richtigkeit ſeiner Vorlagen überzeugen zu 
koͤnnen.« Da auch über ſpezielle Fragen einzelne Votanten von 
den Sadverftändigen kaum eine andere Antwort, als die zu 
erlangen war, daß fie fich in dem Oegenftande für nicht kompetent 
erachten, fo einigen fich alle Parteien in dem Entfchluffe, die 
Abreife derfelben nach Prag zugefteben zu wollen. Es wird nid 
vorbehalten, vondem Sachverftändigen Schwarz die Beantwors 
tung ber Frage zu-verlangen, welche Die eben genannten Sad 
verständigen nicht hatten beantworten fünnen. 

Um °/,3 Uhr wird die Sitzung auf morgen Nachmittag | 
4 Uhr vertagt. 

Die Situng beginnt um 4 Uhr Nachmittags. Der Sad: 
verftändige Sfrivan entſchuldigt fich, er fei geftern verwirrt 
geweſen; er erklärt heute den Gewinn Richter’3 als Stoff 
händler auf 43,230 fl. \ 

Der Sadhverftändige Schwarz erklärt, daß er die Kalku⸗ 
lation des Herrn Richter als vollfommen richtig befunden; 
daß wohl für den Erzeuger mancher Baden erfpart worden fei, 
aber nicht zum Nachtheile det Stofes. Die Ziffer des Gewin⸗ 


410 


beſtand Damals vorgelegt worden, und es wurde, wie es dem 


Gerichtshof bekannt fein wird, audeinandergefeßt, Daß die ganze 
Dperation den Zmed hatte, auf den Stand der Devifen und 
der Staatseffeften einzuwirken, weil Die Kurfe der Staatgeffekten 
damals fehr ungünftig waren, und weil es in der Abficht bes 
Finanzminiſteriums war, höhere Kurfe zu erzielen. Dieter Zwed 
wurde dadurch erreicht, daß »London“ verlauft wurde, um ben 
Devifenfurs zu erniedrigen, und National eingekauft, um ben - 
Kurs diefer zu erhöhen Der Zwed der ganzen Operation war 
fomit, die Kurſe zu beffern. Das Gefchäft hat einen nicht ganz 
günftigen Verlauf genommen, im Gegentheile find DVerlufte 
entitanden, an welchen fowohl die Kreditanftalt als die Staats: 
verwaltung betheiligt war, denn der Zweck kann nad) meiner 
Anfchauung für die Krebitanftalt ſelbſt, wenn beffere Kurfe er 
reicht wurden, nicht ohne vortheilhafte Wirkung bleiben. In 
diefer Richtung mag alfo zwifchen Herrn Richter und dem 
Baron Bruck wohl die Abficht vorgemwaltet haben, daß an dem 
Berlufte, welcher herauskommt, beide Theile fich betheiligen, 
und daß ein gewiffer nomineller Kurs vereinbart worden ifl, 
mit deffen Zugrundlegung die Berichtigung erfolgt ift. Für mi 
hat es fih darum gehandelt, daß die Poit, welche noch immer 


. eine fehwebende war, geordnet werde, und fo iſt e8 gejchehen, 


Daß ein beftimmter Kurs angenommen, und die Berech⸗ 
nung darauf geftüßt wurde. Ich habe mir hiezu die Ermäd)- 
tigung Sr. Majeftät erbeten, welche, wie der Herr Vorſitzende 
angedentet hat, auch ertheilt wurde; in Folge beffen wurde biefe 
Mebernahme definitiv zum Abſchluß gebracht, die Kaffe ange 
wieſen, den entfallenden Betrag, nämlich 210,000 fl., an die 
Kreditanftalt auszubezahlen, und es kann fomit die ganze Ans 
gelegenheit als gefchloffen angefehen werden. 

Vorſitzender: Würde durch dieſe Ausgleichung feine 
weitere Forderung von Seite ber Kreditanftalt an das Finanz 
minifterium geftellt werden? 

Zeuge: Ob die Kreditanftalt eine folche Forderung ftellen 
wird, weiß ich nicht. Sch würde den Standpunft feithalten, daß 


dieſe Angelegenheit Durch Die erwähnte Austragung ihre definitive 


Ordnung gefunden hat. 
Borfikender: Würde im Falle, daß zwifchen Baron 
Brud und dem Herin Richter eine Seyarat⸗Verabredung 


⸗ 


412 


um feine Meinung befragt worden, und feine Meimung abzu⸗ 
geben war er vollkommen befugt. 

Vorſitzender: Es beſtimmt mich zu dieſer Frage der 
Umftand, daß Herr Richter behauptet, daß der Herr Finanz⸗ 
minifter ihm den Auftrag gegeben hätte, zur Dedung ber 
Zwilcheinkäufe im Auslande Devifen einzufaufen. 

Zeuge: Ich kann nur erwiedern, daß mir bloß befannt 
wurde, daß Baron Brud feinen Rath gegeben hat, und daß 
er befragt wurde, ob es zweckmäßig wäre, zur Durchführung 
diefes Gefchäftes Devifen zu faufen. Es Tiegt fehr nahe, daß, 
wenn Gefchäfte im Auslande gemacht und ausländifche Waaren 
gekauft werben follen, man ſich auch mit auslaͤndiſchem Gelde 
und in „London“ deckt. Der Rath war ein ganz motivirter, 
gerechtfertigter, und ein Meiteres ift mir nicht bekannt. Eine 
Einmifhung in das ganze Gefchäft und in bie Angelegenheit 
des Militär-Aerars ift, fo weit ich weiß, von Seite des Baron 
Brud nie ausgegangen. 

Vorſitzender: Erzellenz bürften viefleicht auch in der 
Lage fein, uns über ben Charafter des Herrn Richter Näheres 
anzugeben. 

Zeuge: Ih war vom Jahre 1836— 1848 bei ber 
Rameral-Beziefövermaltung in Eger und fpäter bis zum Jahre 
1851 bei der Sinanz-Landesdireftion in Prag. Aus jener Zeit 
datiren fich meine Kenntniffe über die Perſon des Herren Ric 
ter als Beſitzer der Spinnfabrif in Leibifchgrund, im Kameral⸗ 
bezirfe Eger, und der Fabrik zu Smichow bei Prag. Die Be 
ziehungen ber Binanzbehörden zu ben Gewerbsunternehmern 
waren bei dem damaligen Prohibitivſyſtem und bei der beliebten 
ftrengen Ueberwachung häufiger und mehr als e8 gegenmärtig 
der Ball ift. In jener Zeit habe ih Herrn Richter als einen 
fehr ftrebfamen und gewandten Gefchäftsmann Tennen gelernt, 
und obmohl er felbftverftändlich auf den entiprechenden Unters 
nehmungsprofit bei feinen Gefchäften bedacht fein mußte, if 
mir doch nicht bekannt geworden, daß er fich irgend eines uners 
laubten Mittels bedient hätte, fondern fo viel mir erinnerlich, 
ift er in feinem Geſchaͤfte in allen Beziehungen rechtlich. Gegen» 
über feinen Arbeitsleuten und Fleineren Gefchäftsleuten hat fich 
Herr Richter als großer Fabriksherr ftetS menſchenfreundlich 
und hilfreich gezeigt, und in den Zeiten ber Roth und ber &es 


413 


ſchaftsſtockung ift er ihnen mit Rath und That wohlthätig und 
„uneigennüßig an die Hand gegangen. Was feine Beziehungen 
zu ben Finanzbehörden anbelangt, fo ift feine Fabrik, die un- 
mittelbar an der jächfifchen Grenze gelegen war, einer ſehr 
firengen Ueberwachung in Bezug auf ben Verkehr und in Bezug 
auf Buchführung unterworfen gewefen, aber wenn mich mein 
Gedächtniß nicht täufcht, iſt gegen Herrn Richter weder 
wegen Schleichhandels noch fonft wegen einer Gejeßübertretung 
eingefchritten worden, vielmehr muß ich bemerfen, daß ich bei 
Abführung von Unterfuchungen in Gefällsübertretungen in der 
Lage gewefen bin, ihn als Sachverftändigen beizuziehen, daß 
er bei diefer Gelegenheit ſtets ebenſo gewiffenhaft und unpars 
teiifch als fachkundig fein Gutachten abgegeben hat. Auch bei 
anderen Anläffen hat fih Herr Richter bewährt, insbefondere 
als Kommiffionen über Zolformen und Tariffragen gepflogen 
wurden, wo er als Bertrauensperfon beigezogen war. Bei ber 
Länge der Zeit ift es mir nicht möglich, einzelne Daten anzu⸗ 
führen, aber ich möchte immerhin das Selammtergebniß ber 
Eindrüce, die mir aus jener Zeit geblieben find, mit Sicherheit 
und Gewiſſenhaftigkeit dahin zufammenfaflen, daß ich in Ueber⸗ 
einftimmung mit ber damaligen allgemeinen Meinung ben 
Herrn Richter ſowohl als Menſch wie als Geſchaͤftsmann, 
als achtbaren Charakter ſchätzen gelernt habe; und in dieſer 
Beziehung nehme ich keinen Anſtand, dem hohen Gerichtshofe 
das Zeugniß über ihn abzulegen. 

Richter wiederholt die frühere Erklaͤrung, daß der Finanz⸗ 
minifter ihm den Auftrag gegeben habe, weil eben Baron 
Eynatten ſich zu allem geneigt erflärte, was Baron Brud 
anorbnien würde. Dr. Berger fragt, ob Se. Erzellenz auch die 
früher ausgeſprochene Anficht dann behalten würde, wenn der 
Vergleich ſich als ein ſolcher herausſtellen würde, der auf uns 
zichtigem Konto beruht. 

Zeuge: Bevor ich diefe Frage beſtimmt beantworte, muß 
ich erklaͤren, daß ſeit damals der Kurs für dieſe Papiere ein 
günſtigerer "wurde ... Sch muß aber bemerken, daß das Faktum 
der. Kursänderung der Krebitanftalt Doch durch die Buchführung 
ober denjenigen, dem fie anvertraut war, befannt fein mußte, 
daß ich fomit annehmen konnte, daß beim BVertragsabichluß bie 
Krebitanftalt in Kenntniß biefes Verhältniffes geweſen ift ober 


414 


wenigſtens in Kenntniß dieſes Verhaͤltniſſes fein ſollte, und daß 
es ihre Pflicht war, zu eruiren, ob dieſe Rechnung richtig iſt. 
Wenn nun die Kreditanſtalt dieſes unterlaſſen bat, fo iſt es ein 
Verſehen. Die Finanzverwaltung hat die Rechnung der Kredit⸗ 
anſtalt als die Grundlage der von mir ausgegangenen Anord⸗ 
nung betrachtet; die Angelegenheit iſt in der geſchehenen Weiſe 
abgetragen worden, und zu einem nähern Eingehen in bie 
Rechnung ift für mich Fein Anlaß gewefen. Der Anbot iſt von 
der Kreditanftalt in der Weife gefihehen, daß der Standpunkt 
des gegenfeitigen Uebereinkommens feitgeftellt wurde. Das if 
geſchehen, und in Folge deſſen wurbe ber Vergleich geſchloſſen. 
Das Sefchäft hätte allerdings noch Tänger in diefem Zuftande 
hingezogen werden fönnen, und der Verluft wäre vielleicht ein 
geringerer geworden; man wollte aber der Sache ein Ende 
machen, man ift über einen beftimmten Kurs übereingefommen, 
und fo fam der Vergleich zu Stande. Auf das Verhältniß ob 
biefe Eintragung in den Büchern richtig war oder nicht, Tag 
für die Finanzverwaltung fein rund vor, einzugehen; übrigens, 
vorläufig darüber abzufprechen, ift fchmwierig, und ich wäre, 
wenn ein folches Anfinnen von Seite ber Krebitanftalt geftellt 
fein würde, nicht in der Lage, Darüber zu entfcheiden, weil bes 
reits ein Allerböchiter Entjchluß In der Sache erfolgt ift. 

Dr. Berger: Erzellenz fchließen alfo Die Möglichkeit ber 
Erörterung diefer Frage nicht aus? 

Zeuge: Die Möglichkeit der Erörterung ift überhaupt 
Schwer auszufchließen. 

Dr. Berger: Wenn bezüglich der Devifen das Sachver- 
hältniß etma fo war, daß der verftorbene Finanzminiſter direkt 
mit Herrn Richter den Abſchluß über die 20,000 Pfd. St. 
machten, halten Exzellenz dafür, daß e8 Sache bes Herrn 
Richter geweſen wäre, die Berechtigung des Herrn Finanz 
minifterd zu prüfen, oder war Herr Richter auf feinem Stand» 
punkte berechtigt, die Legitimation des Freiheren von Brud zu 
einem Abfchluffe vorauszufehen? 

Zeuge: Alle diefe Fragen find bedingt, vorausgeſetzt daß 
Herr Richter berechtigt war, den Abſchluß als im Befugniſſe 
des Finanzminiſters beftehend anzufehen. Sch muß nur erklären, 


daß ich geglaubt habe, über beftimmte TIhatfachen und nicht. 


über Ideen vernommen zu werben, und ob eine Berechtigung 


416 


Brud in dem Protokolle, daß er keinen Anftand gegen die Bes 
rechnung ber einzelnen Poften gehabt habe, und fich veranlaßt 
fand, dieſe Forderung als liquid zu erfennen. 

Nach Mittheilung einer Zufchrift des Armee⸗Oberkom⸗ 
mando’s, betreff3 des Erſatzanſpruches, und von Zufchriften an 
die Prager und Grazer Dionturstommiflion wegen Uebernahme 
von Kalikot⸗Lieferung, erklärt der Borfigende, daß nun Die, von 
dem Staatsanwalt beantragte Borlefung von mehreren Alten 
ftüden an die Reihe käme; worin die bei der Kommiſſion an 
geftellten Offiziere erklären, nichts von Geſchenken zu wiffen. 
Der Staatsanwalt verzichtet darauf. Es wird weiter ein aus 
dem Jahre 1857 herrührendes ©efuch des Vermaltungsrathes 

der Kreditanftalt verlefen, worin dieſe fich zur Annahme von 
Lieferungen für die E. k. Armee bereit erklärt; die Darauf ergan- 
gene Antwort des ArmeesÖberfommondo’s lautet ablehnend. 

Es wird darauf der Angellagte Bayer vorgerufen und 
gefragt, ob er noch etwas zu erwähnen babe. Bayer erfucht, 
der Gerichtöhof möge ihm erlauben, aus feinem Geſchaͤftsbuche 
den Beweis zu führen, daß feine Lieferung Ende Dezember mit 
945,000 Ellen beendet war. Der Vorſitzende geht jedoch barauf 
nicht ein, und fordert ihn auf, morgen um neun Uhr Früh zu 
den Plaidoyers zu erfcheinen. Bayer entfernt fih, und Krumb- 
holz, der ebenfalls nichts mehr zu erwähnen weiß, wird ab 
geführt, weil die Vorlefung der folgenden Aktenſtücke Richter 
allein betrifft. 

Vorſitzender: Zurüdfommend auf die Anfchaffung der 
Nordbahnaktien, fordere ich Sie auf, die Widerfprüche zwifchen 
Ihrer Ausfage und der des Baron Eynatten zu erflären. 

Richter: Ich kann mich nur auf das berufen, mas id 
fchon gefagt habe, ich erhielt nur 20,000 fl., welchen Betrag 
ih an die Kaffe der Kreditanftalt abführte, — Hierauf verlief 
der Vorfitende die betreffenden Ausfagen des Baron Eynatten 
aus dem Friegögerichtlichen Unterfuchungsprotofolle, welches wir 
feinerzeit ausführlich fchon mitgetheilt haben, und worin Eyn⸗ 
atten behauptete, die Nordbahnaktien mit 34,000 fl. vollftäns 
dig bezahlt zu Haben. — Richter erklärt, bei feiner Ausfage 
zu verharren, und daß fein Gefchäft den Beweis Tiefere, er habe 
ein folches Geſchenk bei feinem geringen Gewinne gar nicht zu 
machen Beranlafjung gehabt. 


#18 


Ueber Kemunerationen weiß er nur, daß ber Antrag hiezu von 
Kalberg ausgegangen und von Rishter für ben Fall gut 
geheißen wurde, wenn fie nach ber Lieferung gegeben witsben. 
Nach Berlefung eines Briefes Richter’8 au Kramſta 

‚in Preußiſch⸗Schleſien, ob er in der Lage ſei, Zwilch zu liefern 
‚und der verneinenden Antwort deöfelben kommt bie Ausſage 
bes Dr. Zugſchwerdt, derzeit in Stein inhaftirt, zur Vers 
leſung. Derfelbe Hatte fich nämlich geäußert, er könnte, wen 
er über die Kreditanftalt reden dürfte, fo Manches enthüllen. 
Sin. Folge defjen bei dem Kreisgerichte Krems vernommen, gibt 
ex mehrere Aeußerungen in.Betreif des ©efchäftsgebarens ber 
-Kreditanftalt ab; über die in der lebten Zeit vorgelommenen 
Geſchäfte könne er nichts angeben, weil er bereits 2'/, Jahre 
fih in Stein befinde. Mit Franz Richter habe er als Verwal 
tungsrath vielfache Gelegenheit gehabt, zu verkehren, und es jei 
ihm nicht ber geringite Hall bekannt, wo Richter ein flatuten 
widriges oder gar eigennütziges Gebaren gezeigt Hätte. Was 
die von ihm gemachte Aeußerung in Betreff der vertraulichen 
Mittheilung anbelangt, fo müſſe er erklären, daß diefelbe auf 
die Berfon Richter's feinen Bezug babe. Er fünne Mitthei- 
Jungen machen, die er fih durch Erfahrungen gefanmelt, und 
‚bie bei einer Reform des Inftitutes nicht ohne Belang fein 
dürften. Zum Schlufje müſſe er nochmals erklären, daß er mit 
Richter auch außer dem gefchäftlichen Verkehr in freundfchaft- 
lichem Umgang geitanden und ihm nicht der geringste Vorfall ber 
kannt fei, welcher gegen die Ehrlichkeit desjelben ſprechen würde. 
Der Borfigende lieſt nun eine Reihe von Zeugniffen, Die 
plomen, Referaten und Briefen vor, welche im Laufe bes Ber- 
fahrens von dem Bertheidiger eingelegt worben waren. Ein 
Theil derfelben erklärt ausdrüdlich, daß, obwohl Richter im 
. Sahre 1847 feine Zahlungen momentan einftellte, ex dennoch 
allen feinen Verpflichtungen nachkam, und ein Hamburger Glaͤu⸗ 
biger beftätigt ausdrudlich, daB Richter feine ſämmtlichen 
Aktiva feinen Oläubigern zur Berfügung stellte. Aus dieſen 
Urkunden geht.weiter hervor, daß Richter zum Mitglied eines 
Zentraltomites, zur Regenerisung ber Baummwollindufßrie in 
Böhmen, zum Kommifflonsmitgliede bei der Ausftellung in 
London ernannt wurde; daß er vom König von Sachfen eine 
. filberne Medaille für feine Reittungen in der Baummollfpinneri 


419 
erhielt; daß ber Finanzminiſter ihm ausdrücklich für den Wine 


dankte, ben er ihm rückſichtlich des Schmuͤggelweſens in det 
Lombardei gab. In gleicher Weife wird betätigt, baß er bei 
allen Angelegenheiten, welche- Oemeinnübigkeit und Armuth 
empfehlenswerth machten, in erſter Reihe ale Wohlthaͤter fich 
hervorthat, und daß bie Handelskammer in Prag ihn in ihrem 
Berichte „den Reformator der bis dahin leidenden Weberei in 
Böhmen“ nannte; zum Schluß erwähnen wir noch das Zeug⸗ 
niß der Smichomwer israelitifchen Kultusgemeinde, der er bei 
zwei Selegenheiten rüdfichtlich der Erhaltung ihrer Synagoge 
und Dedumg einer bedeutenden Schuldpoft menfchenfreundlich 
beiftand, in welchem Zeugniffe die gegenwärtige Lage Richter’& 
als eine Prüfung, welche der Weltenherrſcher über ihn verhängte, 
angefehen und die Zuverficht ausgeſprochen wird, daß Richter 
aus diefen traurigen VBerhältniffen unbefchadet an feiner Ehre 
hervorgehen werde. Der Staatsanwalt bemerkt, daß von ben dies 
fen im Prozeß Richters ihm zugegangenen Zufchriften er nur eine 
einzige zur Kenntniß des Gerichtes bringen wolle, weil je nicht 
wie die Übrigen anonym ſei. Diefe Zufchrift wird verlefen. Sie 
it von K. ©. Blodig in Zwittau, Der erzählt,‘ daß er ſelbſt 
zu dem Preiſe von 27°/,, Er. und fpäter zu 31 fr. per Elle 
Zwild an das Armee⸗Oberkommando allerdings gegen höchft 
geringen Gewinn lieferte und dabei zugleich die Meinung aus⸗ 
fpricht, Daß der Abgeſandte Liebig's immerhin noch Hätte Zwils 
lich in der Gegend von Zwittau finden Bönnen. Richter bemerkt, 
daß dieß eine Sache fei, Die nicht ihn, fondern Liebig angehe. 

Hlermit wird das Beweisverfahren für gefchloffen erflärt. 
Dr. Berger erhebt fih, um rüdfichtlich ber morgigen Schlußs 
anträge die Trennung der Erörterung aber die Thatfrage von 
der über die „Anwendung des Geſetzess (Schuldfrage) im 
Sinne des $. 254 der Strafprogeßorbnung zu beantragen. 
Dr. Wiedenfeld fchließt fich dem an. Der Staatsanwalt be- 
merkt, daß er das nicht für nothwendig halte, daß er fich aber, 
falls ber Gerichtshof e8 befchließen werde, dem nicht widerfeße. 
Der Vorfitzende behält fich die Verkündigung bes Beſchluſſes im 
diefer Richtung für morgen bevor, und ladet bie Parteien für 
Morgen Früh um 9 Uhr zur weiteren Grörterung vor. Die 
Sitzung fohließt um 7 Uhr. | 


420 


Schlußantrag des Stantsanwaltes Dr. Lienbacher. 


„Hoher Gerichtshof! Bevor ich zur Erfüllung ber geſet⸗ 
lichen Aufgabe fchreite und die Ergebniffe der Schlußverhaub- 
Jung zwfammenfaffe, glaube ich etwas über den Stanbpunkt 
fagen zu müſſen, welchen die Juſtiz in Diefem Straffalle einzuhal⸗ 
ten und eingehalten hat. Man wird fragen: was für ein Stand⸗ 
punkt wirb e8 denn fein, als der Des Geſetzes und Rechtes, ben 
die Juſtiz einzuhalten Hat? Ich vindizire durchaus feinen an 
dern und ich möchte eben diefen Punkt mehr betonen. Die Wich⸗ 
tigkeit des Falles rechtfertigt dieſes, ſo wie die vollendete Oef⸗ 
fentlichkeit, mit welcher dieſer Straffall behandelt murbe, fo 
daß Taufende des Ins und Auslandes zu fillen, viele aber 
auch zu Sauten, und darunter einige ſogar zu vorlauten 
Miturtheilern in unferem Straffalle wurden. Ein paar Worte 
ber Abwehr und der Beruhigung dürften Daher angezeigt jein. 
Sch fage: der Abwehr — Es fehlte nicht an ſolchen Stim⸗ 
men, welche es nahe zu legen juchten, als ob in unjerm 
Prozeſſe auch etwas Politit mitgefpielt hätte. Dieſe Be 
fehuldigung muß geradezu zurückgewieſen werden. Die Juſtiz 
bat nur ein Ziel vor Augen: es iſt das der Gerechtigkeit, es ik 
Daher auch nur ein einziges politifches Ariom, das wir verfol- 
gen, und es fpricht fich aus in den Worten: Justitia regno- 
rum fundamentum. Dan legte auch nahe, als ob in unjerem 
Prozefle auch .fiskalifche Tendenzen fich geltend gemacht hätten. 
„glaube, daß der hohe Gerichtshof felbft dem ſchlagendſten Be⸗ 
weis lieferte, daß dem nicht ſo iſt, indem er auch jenen Straffall 
in die Schlußverhandlung einbezog, wo die Krebitanſtalt beſchaͤ⸗ 
digt iſt, beſchädigt zum Vortheile des Staates. Es iſt ins⸗ 
beſonders von Seiten des Angeklagten Herrn Richter gkeich 
beim Beginne unſerer Verhandlung der Vorwurf der Anklage 
gemacht worden, als ob ſie ſich gegen die Kreditanſtalt gewen⸗ 
det haͤtte. 

„Auch das ift unrichtig. Die Unterſuchung ſelbſt wurde nur 
gegen den Angeklagten, gegen den Hauptdirektor der Kreditan⸗ 
ſtalt geführt; nur gegen ihn, nicht gegen die Kreditanſtalt rich⸗ 
tet ſich die Beſchuldigung. Man mußte bedauern, daß man 
hiebei auch anderer wichtiger Inſtitutionen gedenken mußte, uach⸗ 
dem bie Beziehungen zwiſchen heiben vorlagen. Ich ſagte auch, 


422 


felben der Vertheidigung zum Angriffe in der Ueberzeugung 
bloßftelle, daß das Unhaltbare dureh eine eingehende Debatte 
von felbft fallen, und das Haltbare fich nur um fo mehr in 
feiner Haltbarkeit bewähren wird. Was die Ordnung betrifft, 
welche die Anklage einhalten will, fo wird fie zuerſt jeme 
Thatbandlungen berühren, bezüglich welcher die Anklage fi 
nur gegen den eriten Angeklagten, Herrn Richter, und hierauf 
jene Momente, bezüglich welcher die Anklage fich gegen Herrn 
Richter und deffen Fabriksdireftor, Heren Krumbholz, wen 
det. Als erſten Anflagepunft nehme ich dad Devifengefchäft. 
Der Staatsanwalt geht nun das Thatfächliche Diefes Ger 
ſchäftes durch, und gelangt zu folgenden Konſequenzen: Die 
Anfchuldigung gebt dahin, daß der Angeklagte den Kaufber 
trag nicht den 7. Juli abgefchloffen, daß vielmehr derſelbe fin 
girter Weife am 14. Juli auf ben 7. zurüddatirt wurbe, dem 
Aerar ſei in Folge beffen ein Schade von 48,246. fl. 37 kr. 
zugefügt worden, indem man 2500 fl., welche die Kreditanſtalt 
an Hoppe ausgezahlt hätte, von dem eigentlihen Schadens 
betrage von 50,746 fl. 37 Er. abziehen müffe. Beſtehe auch fein 
Geſetz, welches vorjchreibt ein Gefchäft am Tage des Abfchiuffes 
in das Börfentableau einzutragen, fo fonftatire Doch der bei der 
Kreditanftalt herrſchende Uſus den Umftand, daß ein tolches 
Geſchäft am Tage des Abfchluffes in das Börfentableau ein 
geichrieben werden müſſe. Die Nichteintragung am 7. Juli fe 
daher ein Beleg, daß an diefem Tage das Geſchäft nicht ges 
ſchloſſen wurde. Es beitehe weiter die Ordnung, daß, wenn ein 
ein Geſchaͤft geichloffen ift, fogleich. am Tage berfelben der Avis 
fobrief wenigftens ausgefertigt werde, das hätte in dieſem Falle 
am 7. oder doch wenigſtens am 8. Juli gefehen ſollen. Die 
Berantwortung Richter's dagegen fei nicht jtichhältig; wenn 
auch Baron Eynatten erjucht Hätte, exit fpäter das Geſchaͤft 
verrechnen zu wollen, fo hätte Doch, um eine Rechnung überhaupt 
machen zufönnen, das ®efchäft fchon früher in das Börfentablean, 
der Grundlage der Buchführung, eingetragen werben jollen. 
Ebenſo wenig ftichhältig fei die Angabe Richter's, daß er zu 
diefem Geſchaͤfte von Baron Bruck einen Auftrag erhalten habe. 
Das Geſchäft hätte jedenfalls mit Herrn Schiff, als dem Leiter 
ber Börfengeichäfte, abgefchlofien werben follen, und Herr R ishter 
Habe nach den Statuten der Krebitanttatt nicht das Recht gehabt, 


423 


ein folches Seichäft allein abzufchließen. Abgeſehen davon fehlte 
auch dem Finangminifter jede folche Berechtigung, den Kanf⸗ 
vertrag jelbit abzufchließen. Aber angenommen, daß Richter, 
wie er fagt, am 8. Auguſt oder wem man gar feine An⸗ 
gabe in der Borunterfuchung als glaubwärdig annehmen 
wollte, am 7. Abends den Herrn Schiff, vom Abſchluß in 
Kenntniß gefeßt hätte, 10 fei auch diefer Zeitpunkt fchon zu 
fpät geweſen, weil er verpflichtet war, am Vormittage zur Boͤrſe⸗ 
zeit dem Herrn Schiff von dem vom Finanzminiſter erhaltenen 
Auftrag in Kenntniß zu jeßen. Nichter habe am 4. oder 5. 
Juli Schiff in Kenntniß gefeht, daß er auf einen ſtarken Poſten 
abgefchlofien. Darunter koͤnne der Abfchluß auf 8. 20.000 nicht 
verftanden fein, weil der Angeklagte felbit fagt, daß er zu jener 
Zeit mit dem Sinanzminifter nur die Frage der Zweckmaͤßigkeit 
des Ankaufes der Devisen beiprochen habe. Anderſeits hat fich 
Direktor Richter nur geäußert, daß er auf einen ſtarken 
Boften . abgefchloffen, ohne Beſtimmung der Summe gäbe 
es aber Teinen Kaufvertrag. Baron Eynatten war eigents 
lich nur berechtigt mit der Kreditanftalt den Kaufvertrag 
abzufchließen. Diefer wies aber den Direktor der Kredit⸗ 
anftalt an, fich mit dem Finanzminiſter ins Einvernehmen zu 
feßen, allein auch Teßterer bat den Vertrag nicht abgejchloffen, 
denn er war nicht berechtigt dazu. Se. Erz. der jeßige Leiter 
bes Finanzminifteriums habe auch erflärt, daß nach feinem Da» 
fürhalten, nach dem was er gehört, Baron Brud nicht den Kauf- 
vertrag .abgefchlofien, daß er Tediglich nur einen Rath gegeben, 
alfo nur als Rathgeber in einer Angelegenheit gehandelt 
babe, in welcher der Chef des Armee-Oberfommandos fich 
minder gewanbt fühlte, ebenfo hat Freiherr von Brentano die 
Aeußerung abgegeben, daß Baron Brud nur als Rathgeber 
gewirkt habe. In der allerhoͤchſten Entfchließung bezüglich bes 
Zerealiengeichäftes fei nur enthalten, daß der Chef bes Armees 
Oberkommandos fich mit bem Finanzminiſter ins Einvernehmen 
jeßen follte, eben Damit fei noch keineswegs die Berechtigung 
für den Miniſter ausgefprochen, für das Armee⸗Oberkommando 
ſelbſtſtaͤndig abzuſchließen. Der Konto ſei auch nicht auf den 
Binanzminifter, fondern auf das Armee⸗Oberkommando ges 
fehrieben. Auch die fehriftliche Aeußerumg bes Barons Brud 
laſſe nicht im Minbeften fchließen, daß er felbit den Werkauike 


424‘ 


vertrag abgefchloflen. Der Minifter habe für feine eigene Perfon 
als Privat, fo wie auch als Minifter für das Finanzmini⸗ 
fterium Gefchäfte mit der Kreditanftalt gemacht. Auch dieſe 
habe er nicht felbft mit Richter abgefchloffen, fondern lediglich 
ben Auftrag zum Kaufen gegeben, und es läßt fich Doch gewiß 
vorausſetzen, daß Baron Bruck um fo weniger für das Armes 
Oberfommando felbft abgefchloffen haben werde. Aus den proto⸗ 
Bollarifchen Antworten Richter’$ gehe hervor, daß Baron Brud 
ihm höchitens nur einen Auftrag, mit aller Wahrfcheinlichkeit 
nur einen Rath gegeben. Im Laufe ber Verhandlung habe ber 
Angeklagte einmal die Aeußerung fallen laſſen, er Habe bie 
20,000 Pf. St. „mittelft des Miniſters gekauft,“ ein Gap, 
Der nur eine Art Mebergang fein follte zur Annahme, Daß fie mit 
bem Diinifter gefauft worden, obgleih „mittelft« und „mit 
noch keineswegs identifch find. Der Kaufvertrag wurbe alfo nad 
Aeußerungen aller Herren, die angeführt wurden, am 7. zwiſchen 
Baron Brud und Richter nicht abgefchloffen. 

Der Staatsanwalt gebt nun auf den Beweis über, daß 
das Sefchäft auch fein Lieferungsgefchäft geweien fei. Dazu hätte 
nämlich ein jpäterer Tag der Uebergabe feftgefeßt werden follen, 
und dieß fei nicht gefchehen; es hätte vielmehr ein Tagesge⸗ 
ſchaäft fein follen, da der Kaufsauftrag zum Kurfe eines be 
fimmten Tages gelautet haben follte; allein daraus, daß bie 
Papiere erſt am 14. übergeben wurden, Täßt fich der Schluß 
ziehen, daß das Geſchäft nicht am 7., fondern am 14. Juli abs 
gefchloffen worden iſt. Wenn der Angeklagte angegeben, daß er 
Devifen gekauft, um die Zmillicheinfäufe im Ausland zu beden, 
fo fei dieß am 7. kaum mwahrfcheinlich, da er da noch garnichtwißs 
jen konnte, ob er überhaupt Zwillich im Auslande befommen werde. 
Denn er habe ja feinem Agenten Hoppe verfprochen, für ben 
Fall, als im Auslande nichts effektwirt werden follte, ihm eine 
Provifion von 3000 fl. zu geben. Seben wir aber ben Fall; 
der übrigens nicht zugegeben werben fann, daß wirklich ſchon 
am 7. das Behürfniß beftanden hätte, Devifen für ben 
erſt anzulaufenden Zwillich zu Taufen, fo frägt es fich, wer 
dann hätte kaufen follen, Die Valuta hatte ja zunächſt bie 
Kreditanftalt zu bedfen, fie war der Kommifjionär; ber Kom⸗ 
miſſionär muß zahlen, und bat er gezahlt, dann verrechnet er 
dem Rommittenten, und der Kommitent des AemeesOberfonts 


426 


war dieſes Kaufgefchäft lediglich eine gebotene Gelegenheit, um 
feine eigenen Devifen, wovon er 12,000 Pfund zu dieſen 
20,000 gab, um einen höheren Preis anzubringen, als er an 
. ber Börfe am 14. dafür erhalten hätte, es war insbefonbere bie 
Tendenz, bie. Beftechungsjumme zu gewinnen, welche er Tags 
darauf am 15. Juli benöshigte zum Ankaufe ber 25 Stüd 
NordbahnsAktien. Es hat der Angellagte am 14. Juli allein, ' 
nicht aber am 7. ein beſonderes Intereife gehabt, gerade feine 
Devifen an das Aerar zu überlaffen. Am 7. Juli hätte ihm 
SSebermann, ber Devifen fauft, 141 gegeben, am 14. Juli aber 
Niemand, auch die Anttalt nicht, wenigftens nicht mit Willen. 
Es war nun das Aerar, welshes als moralifche Berfon fich nicht 
felbft vertreten Fann, fondern durch phyfiiche Perfonen vertreten 
wird und welches bezüglich der mit der Anftalt abzufchließenden 
Geſchaͤfte viel Bertrauen.dem Angeklagten zuwendete. Hier war 
bie befte Gelegenheit geboten, das Aerar zu beichäbigen. Es iſt 
fonach das Verbrechen des Betruges nach den SS. .197, 203 
Strafgefehbuch bezüglich der ganzen Summe des Kaufabs 
fchluffes von 20,000: Pfund Eonftatirt. Es ift das Geſchaͤft, 
welches der Angeklagte bezüglich der 12,000 Pfund mit ber 
Kreditanftalt abgefchloflen bat, gleichfalls ein fingirtes, und es 
ift dieſes der einentliche Zwei, zu deſſen Erreichung der 
eritere Abfchluß von 20,000 Pfund mit dem Aerar fingirt mar. 
Die Differenz bezüglich der 12,000 Pfund zwifchen dem 7. und 
14. Juli macht 26,383 fl. 52 kr.; auch diefer Vertrag if ein 
fingirter und erfcheint in dem Börjentableau erft am I&., ber 
Avifobrief ift gleichfall8 vom 14., wie das Korreſpondenzbuch 
angibt. Ich muß überhaupt fragen, ınit wen der 2ingeklagte 
am 7. diefen Kaufvertrag abgefchloifen haben follte. Er mußte 
ihn rein mit fich felbit abgejchlofien Haben, denn es war fonft 
Niemand der NRepräfentant der Anftalt. Mit fich felbit einen 
Kaufvertrag abzufchließen geht aber nicht; ein Buchverftändiger, 
Dr. Mayerhofer, hat zwar ausgeſagt, Daß Richter die Voll, 
macht beider Theile in jich vereinigt, und der Abſchluß nur Sache 
feines innern Willen! war. Allein dieje Anficht ift unrichtig, 
der Abichluß eines Kaufvertrages jet zwei Perfonen und die 
. Mebereinitimmung zweier Willen voraus. 
Auch bezüglich der 12,000. Pfd. St. wurde fein Bere 
frag weder mit ber Krebitanikait, na wit dem Finanzmini⸗ 


428 


Herrn Richter oßne das fo wichtige Datum und in ber ausland 
schen anftatt in der Plaß-Korrefpondenz vorfommt. Das kann 
nur den Zweck haben, den Brief nicht fo leicht ausfindig mas 
chen zu fönnen, Auch in den Büchern ded Angellagten ift keine 
gehörige Abrechnung über den Devifenabfchluß. Auch das, daß 
ber Angeklagte ein Spieler in Effekten war, fpricht gegen ihn. 
Es war eine Spielgefellfehaft gegründet, »Konfortium« ges 
nannt. Anitatt daß dieſes Konfortium in den Büchern einge 
tragen war, erfcheint Xiebig allein mit der ganzen Summe von 
400,000 fl. ohne fein Borwiffen. Man verlor bei Diefem Spiele. 
Liebig wurden da90,000fl. zur Laſt gefchrieben, obgleich er ih 
nur auf 75,000 fl. verpflichtet haben follte. Auch die Behaup⸗ 
tung bes Angeklagten, daß er Niemand zur Spekulation vers 
leitet Hätte, wird durch die Ausfage Liebig’8 widerfprocen. 
Der Angeklagte behauptet zwar, er babe felbit einen Deviſen⸗ 
verluft erlitten, was vielleicht feine Handlungsweiſe entfchulbl- 
gen würbe, allein er jagt felbft, ber Verluſt fei ein relativer, 
nach meiner Behauptung war es gar feiner, denn es war nur ein 
Verluſt auf einem Konto, der durch ben um 1°/, höheren 
Gewinn auf einem andern Konto mehr ald tompenfirt wurde. 
Es war daher die Abficht des Angeklagten fich bei Diefer Hands 
Iungsweife feine andere, als die zum Ankaufe der Nordbahns 
Actien nöthigen Summen zu verjchaffen. 

Mebergebend auf den Konto bezüglich 1,400,000 fi. 
Nationalanlehen und 1,500,000 fl. ungarifcher Grundentla⸗ 
ftungs- Obligationen, behaupte ich, daß die Kreditanſtalt befchäs 
digt wurde, und zwar beim Nationalanlehen um fünf Prozent 
und bei ungarifchen Grundentlaftungs- Obligationen um 2'/, 
Prozent Dadurch, daß dem Aerar eine Aufbeflerung des Kur: 
fes zu Gute fam. Der Schade der Kreditanftalt beläuft fich im 
Ganzen auf 107,500 fl. Wohl hat diefen Verluft Der DVertres 
ter der Kreditanftalt, Herr Doftor Oredler, negirt, allein ex bat 
zu gleicher Zeit erflärt, daß die Anftalt die Differenz fordern, 
ja im Notbfalle felbit Hagen wird. Auch die Kompenfation if 
hier nicht anwendbar, indem bei beiden Papieren eine Aufbefs 
ferung des Kurfes zu Gunſten bes Aerars eintrat. Diefer 
Schaden iſt durch Bälfchung herbeigeführt worden, denn im 
conto separato vom 6. Juni fommt die Pot Nationalanlehen 

zum Schluffe von 72 vor. Im Belegjaumel som 26. Juni ift 


- 429 
diefe Poft mit 1,025,000 fl. berechnet, allein im conto sepa- 
rato iſt bieje Poſt pro 31. Dezember ſtornirt, und nach dem 
Belegjournale von demſelben Datum mit 1,095,000 fl. berech⸗ 
net. In dem dem Sinanzminifterium vorhelegten General⸗ 
konto kommt dieſe Poſt ddto. 6. Juni zum Preiſe von 
1,095,000 fl. vor. Die 1'/, Million Grundentlaſtungs⸗ 
Obligationen wurden am 4. November, wie aus dem Boͤrſe⸗ 
tableau hervorgeht, zum Kurſe von 70.75 gekauft, bem Finanz⸗ 
minifterium aber pro 4. November zum Kurfe von 68°/, 
überlafien. Die Verbuchung ſoll wegen einer Spekulation 
unterblieben fein, wie Richter behauptet, allein die Verbuchung 
hindert keinerlei Spekulation. 

Diefe Papiere find alfo höchſtens erft am 31. Dezember an 
das Finanzminifterium übergegangen. Die Fälſchung befteht in 
ber nachträglichen Einftellung, in der Behauptung, daß fie 
zum Kurſe von 68'/ gelauft worden feien, in dem Börfen- 
tableau und in der Buchung. Zwar behauptet Doktor Gred⸗ 
ler, e8 fei feine Fälſchung, weil zu einer Fälſchung eine. falfche 
That gehöre, und Richter dem betreffenden Perfonale bie Aen- 
derung der Buchung aufgelragen-habe, allein der Anfab eines 
falfchen Kurfes iſt ja eine falfche Thatſache. Dann konnte ja 
der Angellagte die Buchung nicht jelbft vornehmen, er Tonnte 
ja eben fo gut durch andere Hände fälfchen laſſen. Daß. aud) 
andere Perfonen von ber Aenderung des Kurfes wußten, ent- 
fheide gar nichts, da das Dienitperfonal unbedingt der Di- 
rektion Folge leiſten müſſe. Die Kurserhöhung bei National 
und die Erniedrigung bei den Orundentlaftungen im Betrage 
von 107,500 fl. ift aljo eine Schenkung, da ein Anfpruch dar- 
auf fehlt. Auch Die Behauptung des Dokter Gredler, daß es 
geichehen fei, um den Konto des Yinanzminifteriums nicht auf 
einmal fo groß erſcheinen zu laſſen, entſcheide nichts, denn der 
Schuldner kann wohl eine Schuld in mehreren Raten zahlen, 
Doch eine Faͤlſchung iſt nicht nöthig. 

Es geht nun aus dieſen Umſtänden hervor, daß der An⸗ 
geklagte Richter nicht die Abſicht hatte, zu dieſer Schenkung 
die Genehmigung von den dazu berechtigten Perſonen einzu⸗ 
holen, denn er hatte reichliche Gelegenheit, in den monatlichen 
Sitzungen des Verwaltungsrathes den Ausweis über den 
Rechnungsabſchluß vorzulegen, und hat doch die Tälicgung, 


430 


oder nennen wir e8 Veränderung, auf eigene Fauſt brchgeführt. 
Wollte er die Ermächtigung einholen, jo war es ganz gefehlt, 
die Bücher früher zu ändern, benn die Genehmigung könnte 
möglicher Weife verweigert werben. Daun hätten die Bücher 
wieder gebeijert werden müflen. Auch Dr. Gredler mußte zus 
geben, daß die frühere Einholung der-Genehmigung des Ber 
waltungsrathes wünfchenswerth geweſen fei. Dann if nicht 
einzufehben, warum von bem Revifionskomitoͤ die @enehs 
migung eingeholt werben follte, da Diefes doch nur bavauf zu 
fehen hat, ob die Saldi gededt find. Durch Ziehung eines 
falfchen Salbo aber wird das Komite irregeführt. Im Generals 
fonto waren die Veränderungen gar nicht erfichtlich. Die innere 
Prüfung der Konti kann nach ausdrüdlicher Verſicherung ber 
Komitemitglieder, wie aus einer Note ber Kreditanftalt hervor 
geht, wegen Umfang der Öejchäfte, im Komite gar nicht vorges 
nommen werden. Dieje Prüfung der Konti ift vielmehr Sack 
der Direktion felbft. Herr Richter fah fich fomit der Berlegenheit 
überhoben, daß Andere Die Konti prüfen. Die Komitemitglieber 
Herten Goldſchmied, Wiener, Schöller, jo wie Ken 
Direftor Duſchka geben alle einjtimmig an, daß die Aenderung 
ohne die gerichtliche Anzeige vollfommen unentdedt geblieben 
wäre. Daß der Angeflagte nicht einmal willens war, bie 
nachträgliche Bewilligung einzuholen, geht Daraus hervor, daß 
er nicht einmal den Mitdireftoren Nachricht von der Fälſchung 
gab. Bei jeiner Verhaftung war das Revifionsfomite in voller 
Thätigfeit, am dritten Reviflonstage hätten die Pladkonti 
und unter diefen auch das Saldo des Finanzminiſteriums 
an die Reihe kommen ſollen. Da hätte nun Richter wohl im 
Laufe der Unterfuchung Nachricht geben follen; denn Ken 
Duſchka beiprach jich Häufig mit Heren Richter; daß es kein 
Vergeſſen gewejen, geht daraus hervor, daß er gerabe über 
diefen Konto des Finanzminifteriums zu Dutſchka gefprochen. 
Auch der Unterfuchungsrichter befragte den Angeklagten über 
diefen Konto am 22. und 23. März. Hier kann alſo von 
feinem Bergeflen die Rede fein. Hier mußte fih Richter er- 
innen und dem Komite die wahre Aufklärung geben; aber an 
feinem biefer Tage hat es Richter wirklich getan. Im Ges 
gentheile geht aus Richter's Aeußerungen im Protokolle 
hervor, daß er abfichtlih auf die Verheimlihung ber Trans 


432 


man fich verglich. Ueberdieß wurde für bie Hebergabe ber Effekten 
von Aerar an die Anftalt ein Tünftiger beſtimmter Tag feftgefebt, 
fo daß es ein Lieferungsgefchäft war. Die Aktionäre unb bie 
Antheilnehmer an ber Tantiome hätten e8 allein fein follen, 
die den Verluſt hätten tragen follen, doch beide wurden nicht 
gefragt. Baron Bruck hat, als der Unterfuchungsrichter ihn um 
Aufflärung über das Konto bat, nichts davon gefagt, in welcher 
Art die Transaktion ftattgefunden. Entweber wußte Baron 
Bruck felbit nichts davon, und ber Angeflagte hatte Urfache, 
ihn in Unfenntniß zu laſſen, dann konnte man um fo viel wents 
ger vorausſetzen, daß der Angeklagte e8 dem Berwaltungsrathe 
und der ©eneralverwaltung mittheilen werde, oder es ſchwieg 
Baron Brud, weil er merkte, Richter habe nicht recht gehan⸗ 
belt. In beiden Fällen muß man fchließen, daß Nichter nicht bie 
Abficht Hatte, Die Genehmigung zu feiner Handlungs weiſe eins 
zubolen. Daß die Papiere gekauft und verkauft wurden zu bem 
Zwecke, um das Anlehen, welches in London effektuirt werben 
follte, zu erleichtern, feheint durch die Meußerung des Breiherm 
von Brentano miderlegt, welcher fagt, daß das Anlehend- 
gefchäft in London fehon vor dem 1. Jänner vorigen Jahres ab- 
geichloffen war. 

Die Schenkung mittelft Falſchung ift nicht aus Patriotis⸗ 
mus gefchehen, denn fonft hätte Richter ficherlich dem Verwal⸗ 
tungsrathe oder der ©eneralverfammlung davon Anzeige ges 
‚macht, und e8 den Aktionären überlaſſen ans ihrem eigenren Sädel 
‚patriotifch zu fein. Es Hat diefelbe nur darauf gezielt, Durch Ber: 
minderung des Defizitö feine eigene Verantwortlichkeit zu ver 
mindern. Er hat bie Kreditanftalt durch eine Fälſchung um 
107,500 fl. befchädigt. Und wäre das Motiv auch Patriotismus 
geweſen, fo Heiligt der Zwed durchaus nicht Die Mittel; man 
müßte: fonft gar viele Verbrecher für ſchuldlos erflären. Es 
liegt nach dem Gefagten auch hierin das Verbrechen des Betru⸗ 
ges ftrafbar nach $$. 197 und 203 des St.⸗G.⸗B. vor. — 
Der Staatsanwalt gebt nun auf den dritten Punkt, nämlich 
auf die Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt, über. 
Auch in Betreff diefes Punktes halte er den Angellagten für 
ſchuldig. Er ſetzt nämlich die Ausfage Richter's auseinan- 
der, erflärt, daß die Angaben des Dienerd Angel meil 
falfch feien, daß derjelbe, vor and tem Werhörsprotofolle 


434 


allein wegen‘ Gefchentgebung an Baron Eynatten wurde 
er verhaftet, und welch ein Widerfpruh wäre es, nah 
biefer Verhaftung diefes Geſchenk zu vollbringen. Gegen ben 
Angeklagten fpreche auch jeine falfche Verantwortung, und es 
ift jehr bedenklich gegeu den Angellagten, daß er fich damals 
nicht bloß falfch verantwortete, und die Baronin dazu verleitete, 
fondern auch zur Beſchwörung der falſchen Angabe ſich erboten 
hat. Auch in der Schlußverhandlung hat er die rechte Hand 
zum Schwure emporgehoben, und fo viel der erſte Eid werth 
geweſen, fo viel fei auchder zweite werth. Gegen ben Angeflagten 
fpricht auch die Berheimlichung der Spuren des Geheimniſſes und 
zwar insbeſonders die Verbuchung der 25 StückNordbahn⸗Aktien 
auf J. C. Ritter. Vom 4. bis 20. Dez. ſei ber Angeklagte auch 
ſelbſt im Beſitz der Altien geweſen, und zwar, wie er angibt, um bie 
Coupons abzufchneiden; aber dazu brauche man nicht fo viel 
Zeit, und al8 man nad) dem Vermögen des Baron Eynatten 
geforscht und Richter darüber gefragt wurde, da verfchwieg er 
biefen Beſitz und jchickte die Papiere der Baronin. Somit geht 
aus diefem Allem hervor, daß er fihon am 16. Juli die Ar 
ficht Hatte, den Mehrbetrag von 25,000 fl. dem Baron Eyn⸗ 
atten zu fchenten. Zwifchen Richter und Eynatten handelt 
es fich häufig um Entfcheidungen in öffentlichen Angelegenheis 
ten. Lieferungen gehören unter diefe Angelegenheiten. Das Vers 
brechen der Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt durch 
Geſchenkgebung fei fonach in dem Falle bewiefen, wenn noch 
"einige Momente bewiefen find, die darthun, daß die Abficht 
des Gefchenfgebers die war, den Baron Eynatten burch diefe 
Geſchenke zur Parteilichkeit oder zur Verlegung der Amtspflicht 
zu verleiten. Und auch dieſe Abficht fei erwiefen. Richter 
fuchte nämlich die Dionopolifirung der Lieferung in feine Hände 
zu bringen. Dieß fei durch die Artund Weife, wie er Die Lie 
ferungen fich zuzumenden mußte, bewiejen. Die Lieferungsges 
fchäfte wurden ja, um die Konkurrenz auszujchließen, Tängere 
Zeit verheimlicht. Bei dem Zerealiengefchäfte hatte diefe Ver- 
heimlichung vielleicht einen Nuten, nicht aber bei den Stoffge- 
fchäften. Die Kommijfion, die diefe zu prüfen Hatte, nennt 
den Angeflagten einen „Monopoliften« und äußert ſich dahin, 
daß ein hoher Grad von Wahrfcheinlichkeit einer abfichtlichen 
Begänftigung Richters zum Nadıigeile rd Arrars vorhane 


438 


dem man bie geringere Einftellung erkennen konnte. Das höhere 
Faden» Nr. 18 ftatt 16 if an den Waaren im uppretirten 
Zuſtande nicht erkennbar. Die Erlaubnig zur Lieferung von 
fchmälerer Waare erwirkte er fich durch eine Irrefuͤhrung, 
indem er vorſpiegelte, daß bei feiner Appretur ein größerer 
Schwund eintrete, während in Wirklichkeit der Schwund 
geringer war, als bei der Ganzbleiche, da er bei dieſer 4“, 
bei jener 2’ betrug. In feiner Eingabe, worin er um die An: 
ordnung ber Hebernahme der Waare bittet, find viele Unrich- 
tigteiten enthalten. In Folge biefer Eingabe und in Folge 
eines Darauf begründeten Gutachtens der Stoderauer Monturd- 
kommiſſion wurde die Uebernahme angeorbnet. Das gelang 
ihm alfo nur durch eine Irreführung, und das Verbrechen 
bes Betruges liegt alfo nad $. 197 bes St.s©.:B. erwieſen 
vor. Ich weiß nun fehr gut Die fogenannte faufmännifche Lüge 
und Marktfchreierei von einer folchen abfichtlichen Irreführung 
zu unterfcheiden, bier aber war die Abficht der Befchädigung 
fchon zur Zeit der Vertragsfehlußfaffung vorhanden. Der Staats⸗ 
anwalt geht nun über auf das letztbehauptete Faktum, nämlid 
ber Rebuzirung bei den Sublieferanten. Er nennt in diefer 
Beziehung drei Perfonen: Porges, Abeled und Münz 
berg. Bezüglich des erften fei er in Folge der Ausfagen 
desfelben nicht im Stande, die Anklage aufrecht zu erhal 
ten, hingegen fei gegenüber Abeles und Münzberg Die ge 
Ichehene Reduktion feitens des Armee⸗Oberkommando's vor- 
gefpiegelt und dadurch ein Betrug verübt worden. Es ſei in 
diefer Beziehung bezeichnend, daß das franzöfliche St.⸗G.⸗B. 
(Code Napoleon) ben von den Angeklagten gebrachten Aus 
druck „Manöver« gerade an der Stelle nennt, wo vom Betruge 
die Rede tft. Abeles fowohl als Münzberg fei in einem 
300 fl. weit überiteigenden Betrage befchädigt. 

Hiermit fchließt ber Staatsanwalt feinen Vortrag. Auf 
Erinnerung des Präfidenten erhebt er fich noch einmal und er- 
klärt bezüglich Bayer, dag, da diefer das Verſprechen eines 
Geſchenkes an den Schneider Nagelftäbter eingeftanden, und 
bie Verjährung desſelben rückſichtlich d arch feine Vernehmung 
in März unterbrochen worden ſei, wegen ber Uebertretung der 
Berleitung zum Mißbrauche ber Amtsgewalt zu verurtheilen fei. 





439 


Plaidoyer des Vertheidigers Dr, Berger. *) 


Ein feierlicher Augenblid it es, in welchem ich Das Wort 
ergreife, und ich bin mir feiner Schwere und Bedeutung wohl 
bewußt. Die Aufmerkfamteit, die Erwartung und Spannung 
nicht nur unjeres weiten Vaterlandes, nein, die Blicke von 
ganz Europa find auf das Drama gerichtet, das in ben lebten 
Wochen in diefem Saale fich entwidelte und nun feinem Enbe 
zuneigt. Es iſt dieſes Drama der dritte Act jener gewal⸗ 
tigen, erjcehütternden Trilogie, die mit dem fühnenden Selbft- 
morbe des Baron Eynatten begann, mit dem tragifchen Tode 
bes Minifters Brud ihren Höhepunkt erreichte und nun durch 
ben Ausfpruch des hoben ©erichtähofes, fo Hoffen wir, fo hoffen 
Tauſende mit und außer dieſem Saale, einen menfchlich ver- 
. fühnenden, alle Unbill, allen Schmerz auflöfenden Abfchluß 
finden wird. 

Aber nicht nur die Mitwelt und ihre Kritif, auch das 
Urtheil der Geſchichte wird richten über Die Thatfachen, die. in 
diefem Prozeſſe erörtert wurden, über die Perfonen, die bei 
dieſen Thatfachen betheiligt waren, über Die Richter, die dabei 
zu Gericht faßen, und audy über die, die als Ankläger und Bers 
theidiger vor dieſem ©erichte ihr Recht heifchen ; benn man täufche 
fich nicht: Diefer Prozeß gehört der Sefchichte an, er fällt in 
einen Wendepunkt unferer vaterländifchen Geſchichte und ift 
ein Symptom berjelben. | 

In einem fo bedeutungsvollen Augenblide nun, deſſen 
mächtige Schwingen uns weit über Die enge Zeitipanne, die 
unfer flüchtige8 Erdendafein umrahmt, hinwegtragen, müſſen 
alle Regungen des Augenblids, alle kleinlichen Rückſichten, 
alle äußerlichen Motive fehweigen; nur die Wahrheit, nur das 
Recht, nur das Geſetz dürfen unfere Leitfterne fein. Es muß 
Die Wahrheit fiegreich gegen jede anonyme Macht, bie fich 
zwifchen fie und Das Recht ftellen wollte, zu ihrem Rechte kommen; 
ed muß das Recht, fiegreich gegen jede unberechtigte Tendenz, 
die „feinen geraden Weg krümmen möchte, eine Wahrheit 
werden. 


*) Wortlaut nach ſtenographiſchen Aufgeiiynungen. 


440 


Aber die Mittel und Wege, um zur Wahrheit und zum 
Rechte zu gelangen, ſind nicht.für Alle gleich. Auf dem Kampfs 
plate des Prozeiles find Wind und Sonne nicht gleich vertheilt 
zwifchen Anklage und Vertheibigung. Acht Monate lang konnte 
die Anklage in dem geheime Arfenale ber Borunterfuchung 
ihre Waffen fchmieden, jeden Akt der Vorunterfuchung Fonnte 
fie nicht nur pafliv zur Kenntniß nehmen, fie Tonnte maßs 
gebend, aktiv auf ihn einwirken, ihn leiten und für ihre Zwecke 
benüten. Und das hat fie auch gethan; noch im letzten Augen- 
blide; nachdem die Akten der Borunterfuchung bereits fpruchreif 
erflärt waren, hat man eine neue Anklage wider den Angeklagten 
improvifist und Die Schlußverhandlung mit der enblofen 
Perſpektive eines unendlichen und unberechenbaren Kampfes 
eroͤffnet. 

Waͤhrend der langen Dauer der Vorunterſuchung war 
die Vertheidigung geſetzlich mundtodt; ſie konnte nicht ahnen, 
wider welche künſtlich und labyrinthiſch angelegte Anklage ſie 
den ungleichen Kampf würde aufzunehmen haben, und nun, 
nachdem ſie endlich doch zu Worte gekommen, nachdem die 
Anklage bereits dreimal die Fronten ihrer Beweisführung ent 
widelt hat, mußte die Vertheidigung in der haftigen Eile von 
faum halb fo viel Wochen, als der Anklage Monate zu Gebote 
ftanden, ihr Werk vorbereiten und vollenden. 

Gleichwohl geht die Vertheidigung mit Muth und Ber 
frauen an ihre legte Aufgabe. Sie ſchoͤpft ihre Zuverficht vor 
allem aus der inneren Ohnmacht der Anklage ſelbſt; fie fehöpft 
ihre Zuverfiht aus dem Vertrauen in den hoben Gerichtshof, 
der nur auf bewiejene TIhatfachen hin jein Urtheil fällen und 
nur in folchen bewiefenen Thatſachen etwas Strafbares ers 
fennen Tann, welche das Gefeb als ftrafbar erklärt; fie fchöpft 
endlich ihr Vertrauen aus der Meberzeugung, daß fie es ift, 
welche für die gerechte Sache, für das Recht felbit ftreitet, an 
deſſen felfenfeften Sundamenten die aufgeregten Wogen der 
Partetintereffen, der keidenſchaſten und der Parteitendenzen 
machtlos zerſchellen. 

Ich habe geſagt: die innere Ohnmacht der Anklage iſt 
die erſte Waffe der Vertheidigung gegen ſie, und ich ſage: fie 
iſt nicht die ſchwächſte. 

Charakteriſtiſch hat der in ver Schlupserhanblung hier 


44l 


vernommene Herr Alerander Schöller den Eindrud der ges 
druckten Anklagefchrift, wie fie mir hier vorliegt und wie fie in 
die Oeffentlichkeit drang, bezeichnet. Bei Allen, die den Ange 
Hagten achteten, bie ibm auch: in feinem. traurigen Geſchicke 
ihre Theilnahme, ihre Sympathie bewahrten, war. es nur Ein 
Eindrud, der des Schredens, wie fi Herr Alexander . 
Schöller ausdrüdt. Unter dem Eindrude dieſes Schredens 
und der durch ihn aufgeregten öffentlichen Meinung begwin die 
oͤffentliche Schlußverhandlung. 

Aber der erſte Lufthauch der Oeffentlichkeit wehte das 
Spinnengewebe der Verdächtigung hinweg. Die Anklage in 
ihrer erſten Faſſung war kein mächtiger, impoſanter Bau, auf 
tief gelegten Fundamenten aufgeführt; ſie war ein muͤhſam, 
aber haltlos zuſammengefügtes, muſiviſches Gebilde, das beim 
erſten Angriffe zerbroͤckelte, und dieß war das Schickſal dieſer 
Anklage in der Schlußverhandlung. 

Dieſe Schlußverhandlung, ſie bot ein ſo noch nie geſehenes 
Schauſpiel: an 50- Zeugen der Belaſtung, durch welche der 
Angeklagte ber fchwarzen Thaten überwiefen werden follte, bie 
ihm .die Anklage zur Lait legte, ein halbes Hundert Zeugen 
aus allen Kreifen, allen Ständen und allen Schichten wurden 
aufgeboten, — und Zeuge um Zeuge bat für den Angeflagten 
ausgefagt. Da kamen zuerit die Spiten der militärifchen 
Adminiftration und die technifchen Organe derfelben, ‚und 
fie beftäligten, daß ber Angeklagte die Geſchäfte, welche er für 
Das Aerar beforgte, mit Exaktheit, Genauigkeit und Gewiſſen⸗ 
baftigkeit ins Werk febte. 

Man bot feine Gefchäftsfreunde, die Subkontra⸗ 
benten, auf; man hätte nach der Anklage erwarten dürfen, das 
werde. ein Chor der Rache fein, der die Sühne des Gefehes 
wider ben Angeflagten beraufbefchwören werde. Und gerabe 
Die Subfontrahenten, fie waren die eifrigften und beredteften 
Vertheidiger des Angellagten. Sie rühmten feingloyale, ehrliche 
und billige Handlungsweiſe, und wunderten ji, wie man fie 
als Beichädigte, als Betrogene anfehen konnte. 

Es kamen die andern Freunde, die ber Eigennuß bes 
AUngellagten erploitirt haben follte, Lanna, Liebig, Klein, 
und unter Schluchzen und Thränen haben diefe Leute beitätigt, 
und fi) befannt dafür, daß fie Schuldner des Angeklagten 


444 


eigentliche Aufgabe der Vertheidigung zwei Refultate: erftens 
Vieles zu erörtern, was in den Zuſammenhang der Anklage 
zwar einbezogen wurde, jeboch Direkt keinen Gegenftand berfel- 
ben bildet, gleichwohl aber erledigt und auf das wahre Maß 
zurüdgeführt werben muß; zweitens werde ich Damit Prämiffen 
gewinnen für denjenigen Theil meiner Vertheidigung, der fich 
mit der Widerlegung ber Anklage bejchäftigt, wie fie zulebt 
ausgeführt wurde. Die Methode der Anklage, fo wie ich fie 
zu betrachten habe, beftand darin, daß fie Thatfachen, die fchon 
im Laufe der VBorunterfuchung vorlamen und bie fiir Den Anges 
klagten fprachen, entweder einfach ignorirte, oder fie Doch fo mo⸗ 
difizirte, daß fie num plößlich gegen den Angeklagten zu fprechen 
ſcheinen. Diefe Methode griff auf dem ganzen &ebiete der ges 
druckten Anklage in Beziehung auf perfönliche und thatfächliche 
Berhältniffe durch, und ich wende mich nun zunächft zu den er- 
fteren. | 

Es ift begreiflich, wenn man einen Dann wie den Anges 
Magten Herm Richter des Betruges anklagen wollte, fo mußte 
man vor Allem bedacht fein, feine perfönlichen Verhältniſſe in 
das gehäffigfte Licht zu ftellen. Und dieſes beginnt auf Seite 
23 der gedruckten Anklage unten, wo e8 wörtlich heißt: »Daß 
Richter einer betrügerifchen Abficht fähig fei« u.f. w., worauf 
Dann die einzelnen Thatfachen folgen, aus denen eine betrüge- 
gerifche Abſicht abgeleitet werben will, und welche ich fofort im 
Einzelnen erörtern werde. Der Zweck dieſer Darftelung, wel⸗ 
her auf entftelten Thatfachen beruht, ift einjach ber, den Ange⸗ 
Hagten Richter als einen Mann darzuftellen, ber ein Leben 
und eine Schule nur von Lug und Trug, von Habfucht und 
Eigennuß, von Arglift und Verſtellung hinter fich hat. So wie 
der Erdenbewohner die der Erde abgefehrte Seite des Mondes, 
ſo befommt der Lefer der gedruckten Anklagfchrift die LXichtfeite 
im Charakter des Angeklagten nicht zu Geſichte, — fihwarz in 
ſchwarz, das ift die einzige, das tft die Grundfarbe der Ans 
Tage. 

»Daß Richter, « heißt e8 Seite 28, „einer betrügerifchen 
Abficht fähig fei, geht daraus hervor, daß er am 19. Novem- 
ber 1847, alfo gerade den Tag vor feiner am 20. November 
erklaͤrten Zahlungseinftellung, die Hälfte feiner beiden Fabriken 
on F. A. Richter abtrat, damit {eine Sihutiger wicht darnach 


445 


greifen könnten.“ Entweder diefe Thatfache verhält fich fo, wie 
fie hier in dieſer Iafonifchen Faſſung in der Anklage dargeftellt 
{ft und dann hätte Die Staatsbehörde Die Verpflichtung gehabt, 
gegen Richter die Anklage wegen betrügerifcher Verkürzung 
- feiner Öläubiger, wegen betrügerifcher Sufpendirung feiner 
Zahlungen zu erheben, denn es ſteht der Staatsbehörde dort, 
wo fie von Amtswegen verfolgen muß, nicht das Recht der 
Amneftie zu. Ober die Thatfache verhält fich nicht fo, und dann 
frage ich, warum wurde nicht weiter nachgeforfcht, oder warım 
wurden diejenigen Thatfachen, diejenigen Dokumente in ber 
Anklage verfehmwiegen, welche das Gegentheil jener Thatfache 
beftätigen? Und diefe Dokumente Tagen in den Unterſuchungs⸗ 
alten; es find Dieß die Zeugnifle der Gemeinde, der Pfarre und 
des Bezirksamtes Wildftein, das Zeugniß des SKreisgerichtes 
Eger, das Zeugniß der Polizeidirektion Prag vom 18. Sep⸗ 
tember und vom 20. März 1860. 
In allen dieſen Zeugniffen wird übereinftimmend beftä- 
tigt, daß Richter im Jahre 1847 zwar feine Zahlungen eins 
geitellt, jedoch feine Gläubiger mit Kapital und Zinfen bis auf 
den letzten Kreuzer bezahlt hat. Sch erwähne dabei nur neben 
her, daß ich im Laufe des Beweisverfahrens — und das Tann 
ich der Anklageſchrift nicht zum Vorwurfe machen — von ſehr 
vielen, ja von beinahe fämtlichen Glaͤubigern, welche im Jahre 
1847 und ben darauf folgenden Jahren von Richter befries 
digt wurden, Zeugniffe beibrachte. Der hohe Gerichtshof felbft 
hat im Laufe der Schlußverbandlung Herrn Alerander Schoͤl⸗ 
der gehört, der beftätigte, daß er zu ben bedeutendſten Gläubi- 
gern Richter’3 gehörte, von diefem aber mit Kapital und Zin- 
fen befriedigt wurde. Herr Merander Schöller hat, wie ich 
bereit erwähnte, gerade aus Anlaß der Zahlungseinftellung 
und des Umftandes, daß Richter in biefer drängenden Kala⸗ 
mität Kapital und Zinfen bis auf den Iebten Kreuzer berichtigte, 
troßdem bag Herr Aler. Schöller ihm einen namhaften Nachlaß 
zugeftanden hätte, ihmfein beſonderes Vertrauen zugemwenbet, und 
fich durch die Erfahrungen jener Zeit beftimmen laſſen, ihn für den 
Poſten des Hauptdirektors der Kreditanftalt zu fandidiren und 
zu unterftüßen. Warum, frage ich aber, find jene erfterwähnten 
Zeugniffe, Die allein ſchon die Anklage binfichtlich dieſes Faktums 


446 " 


über die Unwahrheit ihrer Borgaben hätten aufflären muͤſſen, 
verſchwiegen worden? 

Es wird weiter auf Seite 29 der Anklage — und es 
gehoͤrt dieſes ebenfalls zu der perſoͤnlichen Charakteriſtik — dem 
Angeklagten Spielſucht vorgeworfen und noch geſtern hat die 
loͤbl. Staatsbehoͤrde an einer Stelle, die damit wahrhaftig nicht 
den geringiten Zufammenhang Hat, nochmals dieſe Thatfache 
aufgefrifcht. Worin beiteht denn nun diefe Spielfucht? Was 
liegt über fie für ein Beweis vor? Ein einziges Konfortium 
zum Ankaufe von Kreditaktien. Wurbe mit diefem gefpielt? Ich 
glaube jeder von und weiß vom Börfenfpiele fo viel, daß, wo 
die an der Börfe gekauften Effekten wirklich bezogen werben, 
von einem Spiele nicht die Rede fein kann. Sie wurden effektiv 
gekauft, fie wurden fogar, wie die Staatsbehörbe ſelbſt anführt, 
mit dem Gelde der Anftalt gefauft und bei ihr verpfändet. Nun 
die Anftalt kauft fehr oft für Parteien mit ihrem Gelbe, und 
fie ift dafür gefichert, indem die gelauften Effeften als Pfand in 
ber Anftalt bleiben. Daher ift es auch nicht wahr, daß diefes 
Konfortium unter Benügung eines unbededten Kredites ber Kre- 
ditanftalt fich gebildet habe und mit ihrem Gelde feine Operar 
tionen ausführte. Dabei war Richter mit einer verhältnißmäßig 
ſehr Kleinen Quote betheiligt, große Kapitaliften waren diejenis 
gen, welche den größten Antheil an diefem Konfortium hatten. 
Bon diefem einen Falle bes Konfortiums kann man aber wahrs 
haftig nicht folgern, daß Richter ein Mann fei, ber fich der 
Spielfucht ergeben hat. 

Weiter wird auf diefelbe Art angeführt, daß anna, 
Liebig und Klein, welche ich bereit3 erwähnte, von dem An- 
geflagten ausgebeutet wurden. Es wird den Herin Richter 
zur Laſt gelegt, daß er in Mißbrauch feiner Stellung als Haupt- 
direftor der Kreditanitalt zum Behufe der Befchaffung eines 
Darlehens von Seite diefer Anftalt von Lanna und von Diefem 
auch deßhalb ein ©efchenf angenommen babe, um ihm ein 
Outhaben bei der Parbubiger Eiſenbahngeſellſchaft flüfſig zu 
machen. Aber der h. Gerichtshof wird fich aus der unmittel- 
baren Erinnerung gegenwärtig halten und aus dem Protokolle 
der Schlußverhandlung entnehmen, baß ber Titel, aus welchem 
Lanna dem Angeklagten eine Bonififation von 50,000 fl. und 
fpäter von 25,000 fl. zufließen Ließ, ein gang anderer war. 


447 


Auf die Bewilligung des Darlehens für die Kladnoer Eiſen⸗ 
werkgeſellſchaft hatte, wie der Zeuge Direktor Hornboftel 
ausbrüdlich beftätigte, der Angeklagte Herr Richter keinen 
maßgebenben Einfluß. Ein eigenes Komite war barüber von der 
Kreditanftalt niebergefet worden, welches die Brage zu ent- 
ſcheiden hatte, ob ber Kladnoer Eiſenwerkgeſellſchaft ein Dars 
leben zu geben fei. Herr Direftor Hornboftel war derjenige, 
ber zur Unterfuchung der bergbücherlichen Realitäten abgefenbet 
wurde und in Begleitung von Sachverſtändigen diefe Unters 
fuchung vornahm, und nachdem auf diefe Weife die hypotheka⸗ 
riſche Sicherheit feitgeftellt war, bewilligte über Vorfchlag jenes 
Komites der Verwaltungsrath ber Kreditanftalt das Darlehen. 
| Wo ift ba ein Mißbrauch bes Direftors Richter? Noch 
mehr, ber h. Gerichtshof wird fich weiters erinnern, daß Herr 
Lanna bier beftätigte, daß das Gefchäft im Juni 1857 abs 
gefchlofien war und jener Betrag, welchen, wie er fagt, er Herrn 
Direftor Richter aufnötbigte, erft im Dezember 18657 an 
Richter gegeben wurde. Der h. Gerichtshof wird ſich auch 
erinnern, daß der Anlaß diejer Gefchentgebung nach ber Angabe 
Launa’s von dem verftorbenen Gewerken Lindheim ausging, 
welcher ben Antrag ftellte, allen Jenen ein Honorar zu verabreis 
chen, welche für Die Arrangirung der Angelegenheiten ber Klad⸗ 
noer Gewerkſchaft thätig waren, und der fpezielle Titel, unter wels 
chem Direktor Richter einen ſolchen Antheil befam, war nicht 
ber Lohn für ein verfchafftes Darlehen, fondern für die Umſicht, 
mit der er die einzelnen Gewerken unter fich in Beziehung auf 
ihre einzelnen Antheile und gegenfeitigen Verhältuiffe in’3 Eins 
vernehmen zu feßen verftand. Derfelbe Zeuge beftätigte, baß 
es gar feinen Sinn habe, wenn man behauptet, Direktor Rich⸗ 
ter babe ihm bei dem Verwaltungsrathe der Pardubitzer Eifen- 
bahn einen rüdjtändigen Baufoftenbetrag flüffig gemacht, denn 
die Bewilligung hiezu hing von dem ganzen Vermaltungsrathe 
ab. In gleicher Weife hat fich auch bie Tantiöme oder Die Be⸗ 
zahlung berfelben von Seite des Herrn Liebig an Herrn 
Richter aufgellärt. Herr Liebig hat erflärt, daß er fich mit 
Rückficht auf jenes bedeutende Darlehen, welches ibm Herr 
Richter, nicht von der Krebitanftalt, fondern durch die Ver⸗ 
mittlung bes Sinanzminifters von ber Nationalbank, in dringen⸗ 
fter Noth verfchafft hatte, als Schuldner Richt er's — 


448 


habe, und ihm jene 20,000 fl. aufnöthigte. In allen diefen 
Thatſachen ift nichts zu erbliden, was irgend einen gehäffigen 
Charakter, was den Schatten eines Mißbrauchs feiner Amts⸗ 
gemalt auf den Angellagten werfen fönnte. Es wird fich endlich 
der h. Gerichtshof erinnern, daß Herr Klein fo zu fagen fein 
Bedauern auögefprochen hat, Daß er nicht auch in ber Lage war, 
Herrn Richter feinen effektiven Dank bezeigen zu können. 
Menn nun fhon aus dem bisher Sefagten Kervorgeht, 
daß diejenigen Tihatfachen, die wider Den Angeflagten zur Dar- 
thuung feiner betrügerifchen Abficht in der Anklage ange 
führt werben, unwahr find, fo wäre bie Anflage auch überbieß in 
der Lage gemefen, bein fpeziellen Inhalt jener Zeugniffe, bie 
bereits früher bezogen wurden, zur Kenntniß zu nehmen, und 
hätte fie dieß im Sinne des $. 60 St.⸗P.⸗O. gethan, fo hätte 
fie nicht mit jenen Argumenten auftreten fönnen, welche, wie 
ich eben erwähnte, Seite 29 zu Iefen find. Iene Zeugniffe, und 
zwar zunächft bas sub Jour.⸗Nro. 504 befindliche Zeugniß ber 
- Gemeinde und Pfarre Wilditein vom 18. September 1860, 
welches ich bereits berührt Habe, enthält die denkwürdige Stelk: 
»daß die ganze hiefige Bevölkerung in dem genannten Herrn 
Fabriksbeſitzer einſtimmig und ftetö den biederſten und liebevoll⸗ 
ften Charakter bemunderte, ja ihn als ihren großmüthigften 
Mohlthäter, als einen Vater verehrte. Hunderte von Familien 
verdanken ihm feit feinem Hierfein ihre Eriftenz und Verſor⸗ 
gung, und Taufende find im Laufe der mehreren in dieſer Des 
riode fallenden Nothjahre aus feinen Händen und durch feine 
Berwendung den Armen und Arbeitsunfähigen in Abesroth 
und Schönbach zugeflofjen. Armuth und Elend fanden in ihm 
einen fteten bochherzigen und opferreichen Beſchützer.“ Dazu 
fügte das Bezirksamt Wildftein hinzu, daß es die von dem Ges 
meindevorftand und der Ortsfeelforge Wildftein abgegebenen 
Zeugniffe nicht nur beftätige, fondern Daß auch beigefügt werben 
muß, daß Richter nicht nur was die Unterftüßung der Armen 
anbelangt, fondern bei jeder Selegenheit, wo es fich um gemeins 
nüßige Zwede handelte, wie z. B. beim Straßenbau, mit einer 
befonderen Munifizenz zur Förderung des Zweckes fich betheis 
ligte. Die Prager Polizeidirektion endlich, die wahrlich nicht zu 
diefem Zwecke requirirt wurde, hat in Dem von ihr abgegebenen 
Zeugniffe vom 18. September I860 vie Bemertung ausge 


449 


ſprochen, daß Richter allgemein geachtet, als ein braver und 
redlicher Gefchäftsmann und Arbeitsgeber geliebt werde. Alles 
diefes war der Anklage aus den Unterfuchungsakten bekannt 
und wurde von ihr fehlechthin idnorirt. 

Das alfo ift der Mann, beffen Prinzip und Handlungs⸗ 
weife nach ber Anklage nur Eigennuß ift, das iſt der Dann, 
dem man. es jebt als. Verbrechen anrechnet, daß er nicht bloß 
mit Schaden erzeugt hat, dem man die Faͤden ängftlih nach⸗ 
zählt, um die er das Aerar verfürzt Haben fol. Allein ich bin 
noch nicht zu Ende, ich kann von diefem eigennüßigen Manne 
noch andere Eigenschaften anführen: Diefer vielleicht für Manche 
zu reich dotirte Hauptdirektor der Krebitanftalt hat freiwillig 
auf den höheren Gehalt, freiwillig auf die höhere Tantieme 
Verzicht geleiftet. Er, der einen die Anftalt bindenden Kon⸗ 
traft für jich hatte, hat in den erften Tagen nad) feiner Verhaf⸗ 
tung, als er in der traurigften Situation feines Lebens fich bes 
fand und wo der Kontrakt mit der Anftalt die Stüße feiner 
Familie war, weil durch feine Verhaftung alle feine Verhälts 
niffe ganz zerrüttet waren, er bat damals feine Stelle als 
Hauptdireftor der Kreditanftalt niedergelegt, und ber Verwal⸗ 
tungsrath bat beinahe einftimmig befchloffen, dieſes edelmü⸗ 
thige Niederlegen feiner Stelle nicht anzunehmen. 

Minifterialvath Freihert v. Brentano, und aud das 
hätte der Anklage aus den Unterfuchungsaften befannt fein 
tönen, hat in feiner Ausfage die bewährte Uneigennützigkeit 

Richter's beionbers betont. 

| Aber noch mehr, am 9. März wurde Richter verhaftet. 
and am 19. März wurde ein Erfuchfchreiben an das Kreisge⸗ 
richt zu Krems erlaffen, um den zu Stein inhaftirten Dr. 
Zugſchwert über die Perfon Richter's zu vernehmen. In 
dem Grfuchichreiben fteht die bedeutungsuolle Stelle: „Daß 
Zugſchwert durch Die genaue Angabe der Wahrheit — und 
bier wurde auf eine Bemerfung angefpielt, die Dr. Zug- 
Tchwert in diefem Haufe ausgebracht haben follte — ein nicht 
zu unterfchäßendes Verdienſt fich erwerben würde.« Und Zug⸗ 
Schwert Hat der Wahrheit die Ehre. gegeben und fie voll und 
ganz angegeben. Er hat alle bereitö von mir berührten That⸗ 
fachen, die Verzichtleiftung auf ben höheren Gehalt und aufüie 
Höhere Tantiöme betätigt und überdieh erlitt , dok — X 


450 


Richter Fein fatutenwidriges, Fein unrechtmäßiges Gebaren, 
auch nicht im Privatverkehre befannt fei. Und wie wenig man 
auch jebt auf das Zeugniß des Dr. Zugfchwert, weil er ein 
Sträfling ift, geben will, ich glaube, man würde viel auf fein 
Zeugniß gegeben haben, wenn er im entgegengefebten Sinne 
ausgeſagt hätte. | 
Sch glaube damit ber Anklage das Fundament unter ben 
Füßen mweggezogen zu haben. Einer betrügerifchen Abficht if 
ber Dann, der mit diefen Eigenfchaften, die ich eben berührt 
habe, ausgeftattet ift, der dieſe Thatjachen in feinem Leben hin⸗ 
tex ſich hat, nicht fähig, und ich berufe mich hier, um nicht in 
banaler Meife auf diefen Umftand nochmals zurüdzufommen, 
- auch auf die zahlreichen Zeugniffe, welche Dem hohen Gerichtshofe 
zur Kenntniß gefommen find, und melche die glänzendfte, recht: 
Tichfte nd ehrbarfte Vergangenheit bes Angeklagten ausweifen. 
So wie aber in Beziehung auf Die Perfon des Angellag 
ten, ift bie Anklage auch in Beziehung auf andere perfünlis 
he Berbältniffe nicht mit derjenigen Eraktheit, Genauigkeit, 
ich möchte fagen Aktentrene vorgegangen, wie fie nach dem 
Inhalte der Unterfuchungsaften hätte vorgeben können, 
und, wie ich hinzufüge, hätte vorgehen follen. Es find dieß bie 
Perfonen: Freiherr v. Eynatten und Baron Brud. Ich muß 
biefe perfünlichen Verhältniffe hier berühren. Allerdings hat man 
in berjenigen mündlichen Ausführung der Anflage, momit bie 
Schlußverhandlung eröffnet wurde, den Namen bes Barond 
Brud fallen Taffen, und im Laufe des Bemweisverfahrens 
‚wurde er, dad muß ich anerkennen, ſtets mit der gebübrlichen 
Schonung erwähnt, und in der Schlußausführung ber Töblichen 
Staatsbehörde, und auch dieß erkenne ich im vollften Maße an, 
wurbe es vermieden, den Namen des Baron Bruck anzutaften; 
im Gegentheile hat fie es ‚abgewehrt, daß er in irgend einer 
Weiſe angetaftet werden koͤnne, und auch das erkenne ich an. 
Die gebrudte Anklagefchrift aber, die in alle Welt gefommen, 
und anch in bie öffentlichen Journale übergegangen ift, ftellt es 
feft, daß man anfangs von einer Gemeinfchaft Eynatten-Bruds 
Richter ausgegangen fei. Man könnte mir vielleicht jagen, 
was mich das wohl befümmere? ch werde aber fofort aus dem 
Inhalte ber Anklage nachweifen, daß jede vergrößerte Schuld 
des Baron Eynatten, jede wngeredtierüige Verhächtigung 


451 


Des Baron Brud ihre Schatten auch auf meinen Klienten 
werfen könnten, und darum ift es meine Pflicht, das, was 
in der Anklage in diefer Richtung vorgebracht ift, fo weit es 
Freiherrn von Eynatten betrifft, auf fein wahres Maß zu⸗ 
südzuführen, und fo weit es Freiherrn von Bruck betrifft, ent 
ſchleden zurüdzuweifen. Die genannten drei Perfonen werben in 
ber Anklage, und zwar Seite 5 kumulativ al8 „die drei Genann- 
ten« bezeichnet, welche beabfichtigten, die Rechnung der. Cerea⸗ 
Iienlieferung bem Freiherrn von Brud vorzubehalten, und 
auf Seite 30 der Anklage kommt die fehr bebeutungsvolle 
Stelle vor, daß, wenn Baron Eynatten am Ruber geblie⸗ 
‚ben wäre, die ungebührliche Gerenlienrechnung und die De- 
vifenrechnung ebenfalls wohl auf ewige Zeiten genehmigt geblies 
ben wären. Kein Unbefangener wird verfennen, daß in bie- 
fen Stellen eben nicht Die wohlwollendſte Anficht ausgeſpro⸗ 
«hen wurde. 

Es wird ferner von Bäron Eynatten gejagt, dag nicht 
nachgewieſen fei, ob er nicht anderswo Dermögen deponirt 
babe. Bon feinem Selbſtmorde wird gefagt, daß er fich da⸗ 
durch dem Bekenntniſſe einer größeren Schuld entzogen habe, 
und von Baron Brud wieder heißt e8, und zwar an der Stelle, 
wo von der »Aufflärung über 25.000 fl.* die Rebe ift, daß 
er fich Durch feinen Selbftmord weiteren „Aufflärungen über die⸗ 
fen und andere Gegenftände der Unterfuchung« entzogen habe, 
nachdem er zupor, nämlich zwei Tage vor feinem Ende, alle 
Papiere gefichtet und mehrere Padete verbrannt hatte. Ich 
Habe nach diejer wortlichen Darlegung ber Stelle, welche bie 
Anflage enthält, nicht nöthig, noch mehr zu betonen, daß da⸗ 
mit eine Berbächtigung bes Freiherrn von Brud ausge⸗ 
fprochen iſt. 

Was tft nun die Schuld des Baron Eynatten? Wo 
liegt ein Verdacht gegen Baron Brud vor? Was gegen Baron 
Eynatten bewiefen iſt, beftebt einfach in der Geſchenkannahme 
von 39.000 fl. von Jung. Ich beftreite aber, daß irgend etwas 
Anderes eriftirt, was fonft noch gegen ihn bewiefen werben 
kann, unb wenn ber Staatsbehörde Beweife in diefer Richtung 
zu Gebote geftanden wären, fo bin ich von ihrer Umficht und 
Vorficht überzeugt, daß fie dieſe Beweife beigebracht hätte. Ich 
habe nicht nöthig, wegen eines anberweitigen Vermögens bes 


452 


Baron Eynatten irgend wie Umfrage zu halten und gleich 
falls die in ber Anklage vortommende Behauptung aufzuftellen, 
daß ber Befiß der bei Baron Eynatten vorgefundenen Ver⸗ 
mögenfchaften nicht vollftändig aufgeklärt fei. 

Mas fein Vermögen betrifft, jo wurden vorgefunben: 
25 Stück Nordbahn- Aktien, 21.000 fl. Nationalanlehens⸗ 
Obligationen und 21.000 fl. Grundentlaftungs- Obliga- 
tionen; das macht nah bem Kurswerthe vom Juli und 
Auguft 1859 ungefähr ben Betrag von 66.000 fl. Nimmt 
man nun die 39.000 fl. von Jung und ben von Rich⸗ 
ter Erebitirten Betrag von 26.000 fl., jo gibt dieß 65.000 fl., 
womit das ganze Vermögen bes Baron Eynatten bis auf 
eine ganz. verfehwindende Differenz aufgeflärt if. Dan hat 
alfo gar feinen Grund, einer weiteren Schuld des Baron Ey 
natten nachzufosfchen. Und wenn man die wirklich erſchüt⸗ 
ternde Art und Weife bedenkt, in welcher Freiherr v. Eynatten 
feine Schuld geftand, zu einer Zeit, wo er. noch nicht genöthigt 
war, bie Gefchentgebung von Seite Jung's anzugeben, und 
wenn man fich das Teftament des Freiherrn von Eynatten 
gegenwärtig hält, fo glaube ich, fteht wider diefen Dann nit 
mehr als jener Fehltritt bewieſen, den er durch die Annahme 
des Geſchenkes von Jung beging, und dieſen Fehltritt und 
ſelbſt jeden andern bat er Durch feinen Selbſtmord mehr als 

ebüßt. Welche find aber die Werbächtigungen, die wiber 
Freiherr von Brud vorgebracht wurden? Welchen Werth haben 
diefe? Und wie lafjen fie fich rechtfertigen? Die bedenklichſte 
Stelle der Anklage ift die rüdfichtlich des Konto bei der Krebit- 
anftalt im Betrage vou 25,000 fl. 

Die Kreditanftalt nun iſt eigentlich ein Banquier und Freis 
herr von Brud war ein Minliter, der den Kredit feines Ban 
quiers in Anfpruch nahm und es wird noch manchen Miniſter 
geben, der ben Kredit feines Banquiers in Anfpruch nimmt 
und ich meiß, man muß nicht gerade ein diterreichifcher Miniſter 
fein, um einen Banquier als feinen Banquier zu benüten. 
Hätte Herr Baron Brud ſich bewogen gefunden, fich 25,000f. 
auf andere Weife zu verfchaffen, fo hätte er es auf dem Poften, 
auf dem er fih befand, und in dem Wirfungsfreife, der ihm zu 
Gebote ftand, in ber leichteſten Weife than fünnen, und gerabe 
Diefe Behandlung feiner Geldangelegenheiten ſtellt auch in dieſer 


453 


Beziehung feine Integrität heraus. Es wurbe weiters in vers 
bächtigender Weile hervorgehoben, daß er alle feine Papiere 
fichtete und mehrere Padete davon zwei Tage vor feinem Tobe 
verbrannte. Wer hat aber in feinem Leben nicht fchon Padete, 
alte Konti, alteRechnungen verbrannt? Und der Kammerbiener, 
Mathias Gruber, hat eben angegeben, daß esalte Konti waren, 
die zum Theile noch von dem Aufenthalte in Konftantinopel 
herruͤrten, die Baron Bruck verbrannte. Hätte Baron Brud 
verbächtigende Papiere zu verbrennen gehabt, fo würde er fich 
geüthet haben, fie gerade in Gegenwart der vorwißigen Zeugen 
haft eines Bedienten zu verbrennen, er würde felbft bie 
Flammen und den Ofen gefunden haben, mo er die Papiere 
ohne Zeugenfchaft eines Andern verbrennen konnte; ja zur Zeit, 
wo er die Papiere verbrannte, hatte er durchaus feine Ahnung 
von denjenigen Gefchiden, die allerdings raſch auf ihn heran 
ftürmten. Selbit die mit aller Befcheibenheit vorgenommene 
Vernehmung des Unterfuchungsrichter8 war nicht geeignet, ihm 
Beforgniß einzuflößen. 

Der härtefte Schlag, der ihn traf und der ihm nun erft 
den Zuſammenhang zwifchen feiner Bernehmung und dieſem 
Schlage errathen ließ, war das allerh. Handbillet vom 22. April 
1860. Dieſes allerh. Handbillet, welches feinen Stolz, fein 
Machtbewußtſein, ſeinen Ehrgeiz tief verletzte, gab ihm das 
toͤdtende Meſſer in die Hand. Er ſtarb durch den Selbſtmord 
des Stolzes, — und dieß iſt die ganze Aufklärung. Ich bin 
mit der Richtigſtellung der perfünlichen Verhältniſſe zu Ende 
und ich hoffe durch dasjenige, was ich eben ausführte, nach⸗ 
gewiefen zu haben, daß die anfangs von ber Anklage fingirte, 
fpäter in der mündlichen Anklage allerdings nicht berührte 
Solidarität der Namen: Eynatten, Brud, Richter eine 
Thatſache ift, die von der Gefchichte als unwahr bezeichnet 
werden wird. 

Ich gehe nun zu den thatfächlichen Verhältniffen über, 
nämlich zu den Gefchäften, welche mit der Anklage in Verbin⸗ 
dung ftehen, und zwar zuerft zu denjenigen Gefchäften, welche 
zwar noch Feinen Gegenſtand der Anklage felbft bilden, deren 
Ausläufer und Ergebniffe aber namentlich mit bemjenigen Theile 
ber Anklage in Verbindung gefeßt werben, welcher auf F. 105 


454 


des St.⸗G⸗.B. gegründet wird. Ich meine zuerft das Zerealien- 

geſchaͤft. | | | 

In Beziehung auf Das Zerealiengefchäft wurbe es Herm 
Direktor Richter zum Vorwurfe gemacht, daß er feinen fchrifts 
lichen Vertrag errichtete, keine Kaution erlegte, Teinen Stempel 
bezahlte und mas dergleichen Mehreres. Es find die lauter 
Zumuthungen, welche in einem faufmännifchen Kommiſſions⸗ 
geichäfte, und nichts Anderes war dieß Gefchäft als ein kauf⸗ 
männifches Kommiffionsgefchäft, gar nicht gemacht werben 
können. Den jchriftlichen Vertrag begehrte fogar Herr Richter 
felbft, Breihert von Eynatten errichtete ihn aber nicht, und 
Freiherr von Eynatten war mit fo weit gehenden, gegen alle 
Präzedenz ausgebehnten VBollmachten auögeftattet, daß Richter 

annehmen Tonnte, Freiherr von Eynatten habe das Ned, 
auch bloß mündliche Verträge zu errichten. 

Nun wird man Niemand zumuthen, von einem miünblichen 
Bertrage Stempelgebühr zu bezahlen oder einen fchriftlichen 
Bertrag zu errichten, einzig und allein um die Gebühren bes 
zahlen zufönnen. Daß aber Richter die Stempelgebühr, und 
zwar eine hohe Stempelgebühr, wo fie ihn mit Recht traf, wirk 
lid) errichtete, beweift der Schluß des Vertrages vom 22. Juni 
1859, von welchem er die Stempelgebühr ordnungsmaͤßig 
entrichtete. Allein bei einem Faufmännifchen Kommiffionsgefchäft 
fallen alle folche Gebühren den Kommittenten zur Laft. Der 
Kommiſſionär Hat daher nach kaufmänniſchem Uſus ſolche 
Gebuͤhren nicht zu entrichten und alle dieſe Inſinuationen, die 
ſchon an ſich nicht ſchwer wiegen, ſtehen mit einem kaufmaͤn⸗ 
niſchen Kommiſſionsgeſchaͤfte geradezu im Widerſpruche. Ich 
glaube alſo, daß aus ſolchen Umſtänden irgend etwas den Aw 
geflagten Belaitendes nicht hergeholt werben könne. 

Es wurde aber weiter die Beichaffenheit der durch die 
Kreditanftalt eingefauften Früchte einer fehr eingehenden Kritil 
unterzogen, und die Anklage ſchon äußert fich, daß das Ber 
dienft, welches ſich Herr Richter in diefer Beziehung vindizire, 
auf ein fehr befcheidenes Maß zu redugziren fei. Es Tiegen über 
die Befchaffenheit der Früchte mannigfache Zeugniffe vor und 
zwar bereit3 in den Unterfuchungsatten. Die Anklagefchrift hat 
aber nady der Methode, welche ich noch immer behandle, nur 

Diejenigen Zeugnifje berüdfichttat, weiße Kür ten Zweck ber 


455 


Anklage die geeigneteften waren, zunächft das des Beamten der 
Kreditanitalt Härtl. Nun ſelbſt Härtl, der gleich an Beginne 
feiner Ausfage eingeftanden, daß er eigentlich vom Zerealien- 
gefchäfte gar nichts verftehe, ſelbſt Härtl, fage ich, hat zuge- 
geben, dab Richter ihn den Auftrag gab, mit großer Umficht 
und Vorſicht zu Werke zu gehen, er bat zugegeben, daß 
er auf gutes Maß, volles Gewicht und rechte Qualität zu ſehen 
hatte, und daß er in letzterer Beziehung, weil er nicht vollfoms 
men Sachverſtändiger war, noch auf eine andere Perfon, wenn 
ich nicht irre, Namens Kauz, verwiefen war. Jener Härtl, 
der nach dieſen Prämiffen und wie gleichfalls aus den Proto⸗ 
kollen der VBorunterfuchung zu entnehmen it, als Sachverſtän⸗ 
diger in Zerealien nicht zu betrachten iſt, hat, wie mir ſcheint, 
und wie dieß aus dem Protokolle ſehr hervorleuchtet, aus offener 
Rivalitaͤt gegen den Leiter der Peſter Filiale Laͤnyi ausgeſagt, 
Daß nur '/, gut, ”/, aber ſchlecht geweſen ſeien. Es wäre dieß 
traurig, wenn Härtl der einzige Zeuge geweſen wäre. Er ift 
es aber nicht. Sch berufe mich zunächft auf den Hofrath Bayer, 
der zwar wegen Schwäche bes Erinnerungsvermögens im Laufe 
ber Schlußverhandlung nicht beeibet wurde, auf den ich mich - 
aber, weil ſich auch bie Töbliche Staatsbehörde auf ihn berief, 
ebenfalls berufen Tann. Hofratb Bayer nun bejtättigte Die 
gute Beſchaffenheit der angelauften Früchte, die zweckmäßige 
Art und Weife, wie beim Einkaufe derfelben zu Werke gegangen 
wurde, und wie dabei jede fchädliche Tautwerdende Konfurrenz 
und mit ihr die Steigerung ber Preife vermieden wurde. Wenn 
auch bdiefer alte Herr erinnerungsſchwach in Beziehung auf 
Meine Daten ift, fo find doch diefe von mir angeführten Daten 
fo allgemeinfeftitehend, daß fie felbft dem ſchwachen Erinnerungs⸗ 
vermögen im Gedächtniß bleiben, und daher auch von dieſem 
Zeugen als wahr angenommen werben können. 

Hofrath Bayer ift aber auch nicht der einzige, deſſen 
Ausfage bereits in den Vorunterfuchungsaften vorlag. Auch 
General Mertens, beifen Bericht fich unter Journ.⸗Nir. 370 
befindet, bezeugt, daß die Waare zwar keine magazinsmäßige, 
aber eine durchaus gute war, und die nothwendige Nachficht 
bei bem Hafer fet dadurch erklärt, weil jo große Quantitäten 
nah dem Mißjahre 1858 nicht ariders aufzubringen waren, 
und er hat dabei hingewieſen, wasl'auc die Sadhnertäntigen 


456 
Santa und Grünwald beftätigten, nämlich auf die befonbere 
Methode, mit welcher die Früchte in Ungarn eingeheimft wer⸗ 
ben, und wodurch bebeutenbe Unreinigfeitsperzente bie noth- 
wenbige Sonfequenz find. Auch die Ueberprüfungskommiſſion, 
deren Glaborat fih in Journ.Nr. 23 vorfindet, hat über das 
Setreibegefchäft fich anerfennend ausgejprochen, fie hat e8 als 
zweckmäßig erklärt, daß das Getreidegeichäft der Krebitanftalt 
überwiefen wurde, und die Provifion von 10 fr. mäßig, bie 
Art und Weife des Gebarens korrekt gefunden, und fich bar 
über insbeſondere ausgeiprochen, daß gegen die Korrektheit ber 
Verhandlungen durchaus nichts einzuwenden fei. Alfo alle 
biefe Beweiſe, die ich foeben vorgeführt habe, und bemen id 
noch bie Zeugniffe von Grünwald und Fanta Hinzufüge, 
welche erſt in ber Schlußverhandlung vernommen worden find, 
während Die andern Beweiſe ſchon in der Vorunterſuchung 
bekannt waren, hätten genügen dürfen, die Anſicht über das 
Zerealiengefchäft zu modifiziren, und basjelbe nicht in jo 
herabfegender Weife zu beurtheilen, mie dieß in der Anklage 
geſchehen iſt. 
Es iſt noch ein anderer Punkt bei dieſem Zerealiengeſchäft, 
auf den auch ein ſehr großes Gewicht gelegt wurde, namentlich 
bei der Anklage wegen Verleitung zum Mißbrauche der Amts⸗ 
gemalt, das ift Die Rechnungslegung über das Zerealiengefchäft. 
Ich erkenne, daß Oberfriegsbuchhalter Schultner beis 
nahe der einzige Zeuge war, ber einen Punkt, welcher aber 
mit der Anklage in durchaus feinen Zufammenhange fteht, in 
einer etwas unangenehmen, nicht aber in einer folchen Weife 
vorgebracht Hat, daß er dem Angeklagten irgendwie fchädlid 
fein könnte. Herr Oberkriegsbuchhalter Schultner, ein 
firenger Buchhaltungsbeamter, hat feine Pflicht erfüllt, und 
verdient alle Anerkennung für die jtrenge Nechtlichkeit, mit der 
er als Staatöbeamter die Rechnungen prüfte, Die das hohe 
Aerar betrafen. Nun muß man aber zugeben, daß der Stand» 
punft eines Beamten der Buchhaltung und der eines Kauf: 
mannes in Bezug auf Rechnungen in einem Kommiſſions⸗ 
gefchäfte nicht nur nicht zufammenfallen, fondern, wie gerade 
aus ber perfönlichen Vernehmung des Herm ES chultner fih 
ergab, weit ab von einander liegen. Seine Anſchauung tft am 
Bureautiſch groß gezogen und feine Anſchauung iſt ganz Divers 


457 


girend von jenen Prinzipien, welche bas faufmännifche, lebens⸗ 
feifche und praftifche Gebaren erfüllen. Das ift alfo ber erite 
Gegenſatz, der hervortritt. Et verlangte alle handſchriftlichen 
Grundlagen, insbefondere aber einen Pieferungsvertrag, ber 
nicht abgejchloffen wurde, weil es Fein Lieferungsgefchäft, 
fondern ein Kommüfjionsgefchäft war. Die kaufmännifche ©e- 
barung ift dabei eine ganz einfache. Es werden, wie dieß auch 
geſchah, die Schlußzettel und die Preistabellen vorgelegt, und 
das genügt. | . | 
Der gravirendſte Umſtand in den Augen bes Herrn 
Schultner war rüdfichtlich des Baron Eynatten der Aufs 
trag, der an ben Herrn Schultner ging, bie Rechnung bloß 
ziffermäßig zu prüfen, und es wird namentlich in der Anklage 
wegen Berleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt darauf an⸗ 
geipielt, e8 jei diefe Begünftigung, wie man fie nennt, eine bes 
fonder8 von Herrn Richter erfehnte gewefen. Ich bin in ber 
Lage, diefem ſchon bier entfchieden entgegenzutreten. Der hohe 
Gerichtshof wird fich noch aus der Ausfage des Henn Schultner 
zu entfinnen in der Lage fein, daß Freiherr v. Eynatten es 
war, ber rafch, wie er num einmal war, nur von einer ziffer⸗ 
mäßigen Prüfung Iprach, daß Nichter aber Dagegen fagte, er 
ftehe ihm, Herrn Schultner, mit allen Behelfen zu Gebote. 
Alle Behelfe zu. Gebote ftellen heißt, die Aufflärungen geben, 
die nothmwendig find. Diefe Bereitwilligfeit des Herm Richter 
bat aub Herr Schultner durchaus nicht in der Richtung der 
bloß ziffermäßigen Prüfung aufgefaßt. 

Wenn nun alfo ein Konflikt ftattfand zwifchen Schultner 
und Eynatten, fo war das ein Konflikt der traditionellen 
Haltung und Uebung des Beamten und der erzeptionellen Boll: 
macht des militärischen Befehlshabers. Diefer Konflikt, der 
etwas fcharf ausfiel, weil eben der Hohe Militär nicht gewohnt 
ift, viel Widerfpruch zu finden, war für bie Empfindlichkeit bes 
Beamten verlegend; aber man fanıı nicht fagen, daß er in irgend 
einer Weife von Herrn Richter hervorgerufen worden wäre. 
Sch fehe daher nicht ein, wie man das Verlangen nach ziffer- 
mäßiger Rechnung Herın Richter zur Laſt legen Tann. 

Uebrigens muß ich mich weiters darauf berufen, baß bie 
Mängel ber gelegten Rechnung urfprünglich 350,006 fl. waren, 
welche Summe von bem in biefen Angelegenheiten jelbit fach« 


458 


verftändigen Herrn Minifterialrath von Brentano, der eine 
Kapazität in biefem Fache ift, fchon als gering bezeichnet wurde. 
Diefe Mängel verminderten fich überdieß auf die Ziffer von 
183,000 fl., und auch dieſe Ziffer ift durchaus noch nicht. bie 
endgiltig feftgeftellte und von der Krebitanitalt bereit rechtlich 
anerkannte. Im Gegentheile ift die fehließliche Ziffer noch ein 
Gegenftand ber Verhandlung, und es dürfte fi, wie Her 
Direktor Hornboftel es in feiner ausführlichen Erörterung 
nachwies, diefelbe noch bedeutend herabminbern und vielleicht 
faum die Höhe von 1°/, erreichen. Ja felbft die Meberprüfungs- 
kommiſſion des ®etreidegejchäfts hat im Gegenfage zu Herrn 
Schultner fih dahin ausgefprochen, daß die Ziffer von 
183,000 fl. ein Verhältniß zur Ziffer von 15,300,000 fl. des 
Zerealiengeſchäfts gar nicht fo hoch fei, wie fie denn in der That 
nur etwa 1’/,%/, beträgt. Eben fo ift das Geſchaͤft auch In Be 
zug auf den finanziellen Erfolg mit vielem Vortheile für das 
Aerar geſchloſſen worden. Freiherr v. Brentano von feinem. 
hoben Standpunfte aus hat zwei weientliche Bortheile prägnant 
angegeben, welche die Beforgung des Getreideeinkaufes Durch bie 
Kreditanſtalt für den. Stan hatte. Er erzählte, daß er fich da⸗ 
mals im Auslande befand und als er davon hörte, es für einen 
der glüdlichiten Gedanken pries, daß man die Kreditanftalt das 
mit betraute.- Die zwei Vortheile, die er anführte, waren, baß 
man durch eine zwedinäßige Gebarung von Seite der Kredit 
anftalt die Preisfteigerung der Konkurrenz verhinderte und bie 
Bevölkerung im Großen und Ganzen vor der Kalamität einer 
Theuerung bewahrte. Das, glaube ich, find Verdienſte, die nicht 
zu unterfchäßen find und die dem Angeklagten Herrn Richter 
gebühren; das haben auch Die Zeugen Santa und Grünwald 
betätigt, welche bier ausfagten, daß fie um jeden Metzen han 
bein mußten, daß Richter fich den Anfchein gab, als ob er 
nicht Faufen wollte, und daß ed Richter durch manche »Ma⸗ 
növer« dieſer Art gelang, bie Preife der Zerealien niedrig zu 
erhalten. 

Endlich darf ich zur vollftändigen Erörterung und Er⸗ 
ledigung des Gegenſtandes nicht unberückſichtigt laſſen, daß 
durch mehrere Zeugen und Beamte der Anſtalt, wozu insbe⸗ 
ſondere Herr Direktor Hornboftel gehört, beftätigt iſt, daß 
Derr Direktor Richter auf die Verfallung der Rechnungen bei 


459 


ber Anitalt insbefondere auch auf die Formirung der Zerealiens 
rechnung feinen Einfluß nahm, feinen hatte, und feinen nehmen 
konnte. 

Man muß ſich aber nur lebendig in die Lage eines Haupt⸗ 
direktors der Kreditanſtalt als den Mittelpunkt eines mit ſo zahl⸗ 
reichen Beamten verſehenen, ſo weit ausgedehnten Inſtitutes den⸗ 
ken, um von jener Vorſtellung abzugehen, als ob ein Direktor 
der Kreditanſtalt fih um jeden Zettel kümmern könnte, der im 
* Haufe gejchrieben wird. Ein Direktor, der dieß thäte, der würbe 
wahrlich feinen Poſten ſchlecht ausfüllen, der würde kein guter 
Direktor ſein, — denn ein ſolcher darf kein Bureaumenſch, er 
muß ein Dann der friſchen That fein. 

Damit glaube ich die Angelegenheit des Zerealiengefchäftes 
verlaſſen und mich jenen weiteren Geſchaͤften zuwenden zu koͤnnen, 
welche in der Anklage zwar nicht als ſtrafbare Handlungen er⸗ 
ſcheinen, aber doch mit dem Gegenſtande der Anklage in ver⸗ 
bächtigende Verbindung gebracht werben. Ich meine nämlich 
zunähft das Zwilchgefchäft. Auch beim Zmilchgefchäfte laͤßt 
fich die Anklage fo an, obwohl ich in diefer Beziehung geftehen 
muß, daß fie minder entfchteden hervortritt, als ob das Zwilch⸗ 
gefchäft nicht ohne eigennüßige Abficht von Seite des Herrn 
Richter gefucht worben wäre. Die Anklage läßt beinahe hers 
vorbliden, als ob denn doch der Devifenantauf eigentlich nur 
bie beabfichtigte Folge bes gefuchten Zwilchgefchäftes geweſen 
wäre, als ob fein Mangel an Zwilch im Inlanbe geherrſcht habe. 
In diefer Beziehung kann ich mich einfach auf die fehr einleuch⸗ 
tende und klare Ausfage des Herrn Ober- Kriegsfommifjärs 
v. Ölommer berufen, welcher dem hohen Gerichtähofe beftätigte, 
Daß der Bedarf von Zwilch in Sommer v. J., namentlich Ans 
fangs Juli, ein erorbitanter gewefen fet, baß die Armee wirklich 
an Zwilch Mangel gelitten Hat, und daß man troß ber um⸗ 
fichtigften Vernehmung jener Gewerbsleute, bei denen man 
Zwilch aufzutreiben fonft in ber Lage war, nicht zum Ziele ge- 
langen, fich nicht den erforderlichen Zwilch verfchaffen Tonnte. 
Diefe Ihatfache hat auch der Bericht der Enquetefommiffion feſt⸗ 
geftellt, und ich berufe mich auf dieſes Aftenftüd. Herr Liebig hat 
gleichfalls beftätigt, daß er nicht in der Lage war, mehr als 200 
Städ zufammen zu bringen, und daß er das Geſchaͤft deßhalb 
aufgegeben habe. Der hier vernommene Zeuge Hoppe, der in 


460 


diefem Zweige jehr verfirt ift, Hat gleichfallg angegeben, daß 

Zwilch nicht zu befehaffen war. Und daß Herr Richter nicht 
derjenige Mann ift, der nur fofort an das Ausland fich wendet, 

bas hat er in feiner Haltung bei dem Schuhgeſchäfte bewiefen, 

wie aus ber Ausfage bes Zeugen Wilhelm Frankl hervorgeht, 

da er wieder durch ein „Manöver« die inländifchen Schuhpro- 

duzenten dahin brachte, daß fie fich entfchloffen, mit dem Ar- 

meesOberfommando ein Lieferungsgefchäft einzugehen. Auch 

Herr Minifterialrath v. Brentano hat beftätigt, daß es zweds 

mäßig war, den Zwilch im Auslande zu Taufen und daß Mi 

nifter Bruſk ſich nicht fo Teicht entfchloffen habe, im Auslande 

kaufen zu Tajfen, wenn es nicht. abfolut nothwendig war, was 
auch einfach aus finanziellen Gründen einleuchtet, um eben nicht 
burh Zahlungen im Auslande auf die Valuta nachtheilig zu 

wirken. Dagegen ift man mit einem ganzen Konvolut von Be 

richten zahlreicher Handelskammern aufgetreten, die mir erft 

vorgejtern gehört haben. 

Auf Grund dieſer Berichte wurde in der Anklage und auch 
in ber mündlichen Ausführung die Behauptung aufgeftellt, daß 
zur fraglichen Zeit Zwilch ſehr Teicht im Inlande zu verfchaffen 
gewefen wäre, und zwar in beliebigen Onantitäten. Es find in 
dieſer Beziehung zwei Fragen geftellt worden, nämlich 1. über die 
Beſchaffung überhaupt von 1'/, Mil. Ellen, und 2. die Frage, 
ob in der Zeit vom 18. Juli bis 23, Auguft des Sommers 
1859, 1000—1100 Stüd Zwild im Inlande aufzubringen 
waren. Die erfte Frage haben viele Heinere Kammern bejahend 
beantwortet, das ift wahr; aber die vorzüglichitien Handels⸗ 
fammern der Monarchie, an Orten, welche die Gmporien bes 
Öfterreichifchen Handels find, die Handeldfammern von Belt, 
Mien, Brünn, Prag und auch die fehlefifche Handelskammer 
haben fich negativ und dahin geäußert, daß Zwilch in folchen 
Duantitäten ohne bedeutende Preisfteigerung nicht zu vers 
Ichaffen gewefen wäre. Ich glaube alfo, daß biefe Kammerbe⸗ 
sichte beweiſend Sprechen für Herrn Richter. — Die 2. Frage, 
die man an die Kammern ftellte, war eine ganz müßige, uners 
hebliche, man hätte fie beſſer unterlaffen und es tft Schade 
am das Papier, dad mit ihrer weitwendigen Beantworkung 
verjchrieben wurde. Daß im Sommer 1859 vom 18. 

Full 5i8 23, Auguft 1000-1100 Ss Ankh im 


461 


werben konnten, das ift wahrhaftig nicht bie Frage, auf die es 
ankam, da es ſich um 30 bis 50.000 Stüd und nicht 
am 1000—1100 handelte. Die Fragen, die man ftellte, und 
welche die Handelsfammern bejahenb beantworteten, bat für 
den Zwed der Unterfuchung gar feinen Werth, weil es fich nicht 
darum gehandelt hat, Zwilch nach geichloffenem Frieden, mo 
die inlänbifche Produktion fich wieder hervorwagte, anzufaufen, 
fondern zu der Zeit, wo der Krieg am heftigften entbrannt war, 
und ber nahe Friede noch gar nicht in Ausficht fand. E3 han⸗ 
delte fich nicht um 1000—1100, fondern um 30—50,000 
Stüde und nicht nach gefchloffenem Frieden Ende Juli bis 18. 
Auguft 1859, fondern mitten im Kriege. Diefe Frage hätte 
man alſo befjer unterlaffen, man hätte die Kammern ebenfogut 
um das Befinden der Kammermitglieder oder um bag Wetter 
im Kammerbezirke fragen fünnen. Die Thatſache ſteht dem⸗ 
nach feit, daß damals der Zwilh im Inlande nicht zu be- 
Schaffen war. 

Ich kann dieſen Gegenftand nicht verlaffen, ohne auch noch 
auf die Kritik Hinzuweifen, die Herr Hofrath Eder-Kraus 
Schon in der Borunterfuchung, und fohin auch in der Schlußver- 
handlung gegen die Handelskammern niederlegte. Herr Hofrath 
Eder: Kraus hat gefagt, daß er zweifle, ob die Kammern das 
mals, wenn man fie gefragt hätte, ebenfalld fo fich geäußert 
hätten, ob fie ferner die Vermittlung für das Aerar übernommen 
Hätten, und ob nicht durch die Kammern felbft im Schooße der⸗ 
ſelben eine ganz unliebfame Preisiteigerung fich herausgeitellt 
haben würde. Dan darf alfo mit gutem runde zweifeln, daß 
damals den Kammern die Wünfchelruthe zu Gebote geitanben 
wäre, um bie verborgenen Zwilchuorräthe an das Tageslicht 
zu zaubern, und man darf vielmehr fagen, daß jede Anfrage nur 
eine enorme Preisfteigerung zur Folge gehabt hätte. Ich glaube 
Somit das Zwilchgefchäft ruhig verlafien zu können. 

Ich wende mich nun zu jenen Gefchäften, welche in der 
Anklage mit den Buchftaben A—F erjcheinen, um in dieſer 
Beziehung dasjenige feitzuftellen, was im Intereſſe ber Vers 
‚ theidigung feitgeftellt werden muß. Es kommen fürs Eifte 
unter lit. A, C und E Diejenigen Gefchäfte vor, welche die 
Firma Schroll & Söhne betreffen. Ich kann nur annehmen, 
daß das unter E erwähnte Geſchäft bvloß der BÄREN 


462 


wegen angeführt worden ifl. Bei dieſem Geſchäfte muß nur 
hemerft werden, daß bie Lieferung erft am 19. Oktober, alio 
zu einer Zeit gefchloffen wurde, wo Baron Eynatten nit 
mehr am Ruder war. Was das Gefchäft A anbelangt, fo betrifft 
es 5000 Stüd Strohfadkalitot. In der Erzählung biefes 
Sefchäftes kommen mannigfache faktifche Unrichtigfeiten unb 
Unrichtigkeiten in der Berechnung des Gewinnes vor. Eine 
thatfächliche Unrichtigfeit enthalten gleich die Eingangsworte, 
welche mit einem Gegenftande zufammenhängen, der geftern 
etwas ausführlicher von Seite der Staatöbehörde bei der Mos 
tivirung ihrer Anträge wegen Verleitung zum Mißbrauche ber 
Amtögewalt berührt wurde, nämlich mit den Monopoliſirungs⸗ 
tendenzen des Angeklagten. Da wird denn in ber Anklage 
gefagt: „Richter Hat Sch roll an ſich gezogen« und Richter 
fei derjenige geweſen, welcher die unmittelbare Lieferung des 
Herren Schroll verhinderte. Der hohe Gerichtshof hat aber 
Herrn Schroll und Herrn Seibl perfönlich gehört, und biefe 
Herren haben, ſowie auch überhaupt alle Subfontrahenten, fi 
dahin geäußert, daß ſie ſich nicht hätten beifallen laſſen, als 
ſelbſtſtändige Lieferanten aufzutreten. Es wurde in ber Anklage 
darauf bingewiefen, daß man Schroll befeitigte und ihn zum 
Subtontrabenten herabgedrängt hat. Dieſes muß aber nad 
bem Geſagten zurücdgemwiefen werden. Schroll hat, wie fih 
in der Schlußverhandlung herausftellte, von Richter denfelben 
Preis pr. Elle, nämlich 13°/ fr. erhalten, ben Richter jelbft 
vom Aerar erhielt; dagegen wurden an dem urfprünglich präs 
Iiminirten Garnpreiſe 2 Er. pr. Pfd. aufgefchlagen und ber 
©arnpreis um biefe 2 fr. höher gerechnet. 

Die Anklage Hat nun zu einer eigenthümlichen Metbobe 
gegriffen, um Richter's Gewinn bei diefem Gefchäfte auss 
zurechnen. Ste fieht nämlich dieſe 2 fr. fofortalgeinenreinen Ge⸗ 
winn an, was aber faljch iſt; 13’), Er. befam Richter und 
13'/, fr. zahlte er Schroll. Das Garn nahm er nun zwar 
ven Richter um 2 r. theuerer ab; das ift aber nicht reiner 
Unternebmungsgewinn Richter's, weil biefer von den Koften 
der Garnproduktion abhängt; alfo ift es jalfch, jene 2 fr. als 
Maßſtab des Gewinnes zu nehmen, und folglich ift Die ganze Ge⸗ 
winnftberechnung, bie darauf geftüßt wird, ſowie der dort ans 

gegebene Betrag von 2083 1. 20 %. ufenbar unrichtig. Falſch 


468 


ift aber auch weiter die 3'/,perz. Berechnung von Kommiffion 
und, Skonto, da hievon die zweiperzentige Uebergabsprovifion 
Bayer's abzurechnen ift. Falſch ift daher auch bie ganze 
Summe von 3911 fl. 20 kr., welche ald Gewinn bei dieſem 
Schroll'ſchen Sefchäfte aufgerechnet ift, und der ganze Ge⸗ 
winn, wie erin der Schlußverhandlung dargethanmurbe, beläuft 
fih nur auf 1196 fl. 

Das Geſchäft C hat fowohl in der Vorunterfuchung als 
auch in dem Anklagebefchluffe eine gemichtige Rolle gefpielt. 
Obwohl es fich dabei nur um 1000 Stüd Leintücherfalitot 
Hanbelte, fo wurde bach in der Anklage behauptet, baß bei ber 
Annahme derfelben „eine unverfennbare Begünftigung* unters 
Saufen fei. Es fcheint zwar, daß die Anklage im Laufe ber 
Schlußverhandlung einer andern Anficht geworben ift, denn fie 
hat dieſes Gefchäft geftern nicht als eine Begünftigung aufges 
zählt, was auchnicht möglich. war. Der hohe Gerichtshof wird 
fichh aber noch) der Ausfage Schroll's, und Seidl's erinnern, 
welche beftätigten, daß Richter bei dieſem Gefchäfte gar nicht 
zu haften hatte, daß jene Waare, bie bei der Monturstommiffion 
nicht angenommen murde, von Seite des Schroll zurüdzus 
nehmen war. Ebenfo war Die Bedingung gemacht, daß bie 
mangelnde Breite in ber Länge erfeßt werde, was auch ge⸗ 
fchehen if. Es war baher bezüglich diefes Punktes. nicht 
nothwendig eine Begünftigung in Anwendung zu bringen, und 
es iſt daher, was übrigens von ber Anklage felbft anerkannt 
worden ift, dieſe Begünftigung auch gar nicht vorhanden. Der 
Gewinn bei diefem Gefchäfte von. 270— 280 Gulden ift faum 
nennenswerth. Außerdem war Die Waare vorzüglich, wie hier 
bei Befichtigung ber Mufterflüde von Seite der Herren Sachs 
verftändigen Weidholz und Schwarz auögefagt wurde, und 
fomit hat Richter bei Dem großen Bedarfe, der damals an 
Strohſackkalikot hHerrfchte, dem ArmeesÖberfommando einen 
wefentlichen Dienft geleiftet, und auch diefen kleinen Poften 
ohne irgend eine ihm widerfahrene Begünftigung abgeliefert. 
Ich komme nun auf das Sefchäft mit Hellmann lit. B. Bet 
biefem wird zunächft der Gewinn auf berfelben irrthümlichen 
Bafis wie bei dem Sefchäfte A berechnet, und es tft fomit 
auch hier die Berechnung vollkommen unrichtig. Weiters aber 
wird angenommen, Richter habe in feiner Antwart VITO et 

7: 


464 


Vorunterſuchung den Gewinn bei dieſem Geſchaͤfte von 
10,000 Stüd, bei welchem er ſelbſt als Subkontrahent bes 
Hellmann aufgetreten iſt, mit 5622 fl. 22 fr. beziffert. Das 
iſt aber ganz einfach der Gewinn, den Richter von jene 
20,000 Stüden hatte, mit. welchen «Hellmann am großen 
Stoffgefchäfte betheiligt war. Ich kann an dieſer Stelle nit 
unterlaffen, auf etwas Eigenthuͤmliches hinzumeifen. 

Mährend bei ber Anklage wegen bes großen Stoffge 
fchäftes Richter gravirt erfcheinen fol, daß er ftatt Nr. 16 
Nr. 18 Schuß verwendete, wird ihm hier umgelehrt ein Bor: 
wurf daraus gemacht, daß er Nr. 18 ftatt Nr. 20, alfo beſſeres 
Garn genommeu hat. Es bleiben noch die Gefchäfte D und E 
mit Smekal zu erörtern. Beim Gefchäfte D wurde ein Ge⸗ 
winn mit 2272 fl. herausgerechnet. Wie fich aber ergab, um 
wie namentlich auch durch Bayer beſtätigt wird, ſteckt jedoch 
dieſer Gewinn ſchon im Gewinne bei F, welcher mit 568 ſl. 
56 fr. beziffert ift, und fomit beläuft ſich der ganze berechnete 
Gewinn der Geſchäfte A bis F, mit Ausnahme von E, auf 
8248 fl. 56 fr. Ich kann übrigens das Hellmann’sche Seichäft 
nicht verlaffen, ohne darauf hinzumeifen, daß auf Seite 9 der 
Anklage die Erledigung des Armee⸗Oberkommandos wegen bed 
zu fehmalen Strohſackkalikots, als ausgegangen vom General 
major Jacobs, richtig bezogen wurbe und daß gleichwohl auf 
Seite 30 der gedrudten Anflagefchrift wieder gejagt wird, daß 
die zu ſchmalen Strohfadfalitots vom FML. Eynatten im 
Mege der Begünftigung zur Annahme bewilligt wurden. Es 
foheint fomit, daß die Anklage auf Seite 30 bereitS das vers 
geffen bat, was fie auf Seite 9 richtig erzählte. 

Es ift alfo nachgemiefen, daß bei diefen ſechs Gruppen von 
Gefchäften, welche Die Anklage von A—F aufzählt, der Gewinn 
verſchwindend klein und befcheiden war, und daß bei der 
Bermittlerroffe, welche Herr Direktor Richter bei diefen Ge⸗ 
fhäften ausführte und auf fich hatte, durchaus nicht irgendwie 
eine Begünftigung auf feiner Seite erblickt werden kann. Dieß 
find Tauter Refultate, die fich gleichfalls fchon aus den Akten 
der Borunterfuchung ergeben. 

Sch wende mich nunmehr au denjenigen Gefchäften, welche 
bereits Fundamente der Anklage find, und zwar zuerſt zu dem 
©efchäfte über die vier Millionen Een KoCkots. Bei diefem 


465 


Geſchaͤfte, und diefes fpielte in der geftrigen Ausführung ber 
Anklage eine große Rolle, wird ſchon in der Anflage behauptet, 
es babe ſich Richter zwifchen das Aerar und bie Lieferanten 
geſchoben und gewiffermaßen das Lieferungsgefchäft monopo- 
liſirt. Ich berufe mich vorläufig in biefer Beziehling. auf bie 
Ausjagen fänmtlicher Sublontrahenten, insbefondere auf bie 
Ausfage des Subkontrahenten Maftny, welcher dem h. Ge⸗ 
richtshofe barlegte, mit welchem Rifito es im Jahre 1859 ver- 
bunden war, ein fo großes Gefchäft, wie es Direktor Richter 
unternahm, in die Hand zu nehmen, und wie gefährlich es 
anderfeits für das h. Aerar geweſen wäre, ſtatt ein folches Ge⸗ 
ſchaͤft in ficheren, mit hinreichenden Mitteln ausgerüiteten 
Händen zu fonzentriren, ed unter viele einzelne kleine Lieferanten 
zu vertheilen, was, wie der fehr intelligente Zeuge Maftny be 
flätigte, nur eine große Preisfteigerung zur Folge gehabt hätte. 
Diefes vorläufig über das Monopol, fo weit e8 die gebrudte Ans 
lagefchrift betrifft. Eines muß ich noch hinzufügen. Es wird 
aud die Fabrik von Zahoni in der Anklage zitirt, als ob fie 
ein Etabliffement geweſen wäre, dag fehr leicht Hätte Tiefern und 
Tonkurrisen können, und als ob ed gewiffermaßen auch durch 
Richter verdrängt worben wäre. Zahoni hätte aber nach feiner 
"Ausfage wöchentlich nicht mehr als 20,000 Ellen Tiefern können, 
“und ed würde daher die Lieferung von vier Millionen Ellen 
nahezu 3'/, Jahre gedauert haben. (Bewegung im Publikum.) 
Es find vorzugsweiſe in erfterer Linie Die Motive, welche 
Richter beftimmt haben follen, das große Kalikotgefhäft ans 
zunehmen, in ber gedruckten Anklagefchrift einer Erörterung, ich 
möchte fagen, einer Bekritelung unterzogen worden. Es heißt 
nämlich, Richter habe die Initiative ergriffen, um, wie es an 
einer Stelle der Anklagefchrift heißt, Baron Eynatten die An⸗ 
wendung von Kalikots bei den DeilitärsMontursforten zu em⸗ 
pfehlen; er fei alfo derjenige gewefen, Durch welchen Baron Eyn- 
atten beftimmt wurbe, Kalifot zu verwenden, und wenn das 
der Fall wäre, könnte man vielleicht von einer Begünftigung 
fprechen. — Es iſt dieß aber eben nicht der Ball! — Ich will es 
der Anklage nicht zum Vorwurfe machen, daB fie zunächit bie 
Aeußerung des Generalmajord Jacobs, die erft nach ber 
Drudlegung der Anklage anlangte, ‚nicht in berfelben berüd» 

fichtigte. Generalmajor Jacobs hat ch in (eier TER 

% 


> 


466 


unter Journ.⸗Nr. 538 dahin ausgefprochen, daß er es war, welcher 
dem FML. Eynatten die Anwendung bes Kalikots für mi 
Kitärifche Montursſorten anrieth; er erzählt fein Geſpräch mit 
General Eynatten und daß diefer ihm fagte, daß General 
Fejervari ein Feind bes Kalikot fei, und daß deffen Vorurtheil 
erft überwunden werben müßte. Aber auch Herr Hofrath Eder 
Kraus bat bereit in der VBorunterfuchung ausgefagt, daß er 
und ber Seftionschef No& diejenigen waren, welche hauptfſaͤch⸗ 
lich auf General Eynatten rüdfichtlih der Anwendung bes 
Kalikots beim Militär wirkten. Und derfelbe Herr Hofrath ers 
zählt auch noch weiter, baß FMe. Eynatten es war, ber 
Herrn Richter aufgefordert hat, als Lieferant aufzutreten. Er 
erzählt fogar die Worte Baron Eynatten’s die er zu ihm 
fprach: » Ste find ja auch Spinner und Weber, liefern Sie bob 
Kalitot!« worauf Herr Richter geantwortet habe, er fei barauf 
nicht eingerichtet, und hätte dieß früher wiffen müſſen. Ich 
glaube, daß aus dieſer Ausfage allein ſchon hervorgeht, daß von 
einer Initiative zur Anwendung von Kalitot, von einem Her 
beiführen einer Begünftigung für ihn, durchaus gar keine Rede 
fein fann. 

Es haben ſich auch, nachdem der Kalikotbedarf fehr drin 
gend wurde, durchaus feine größeren Lieferanten, troß ber 
Mühe fie zu finden, gemeldet, und nachdem es zweckmaͤßig er 
ſchienen, Die Lieferung in ben Händen Richter’ zu vereinigen, 
wie die Herren Eder-Kraus und Olommer beftätigen, 
hat man Richter, der zuerft nur brei Millionen offerirte, gewiſ⸗ 
fermaßen genöthigt, die Lieferung auf vier Millionen Ellen zu 
erhöhen und Die genannten Zeugen beftätigen, daß auch biefe 
vier Millionen Ellen den Armeebedarf bei einem Armeeftande 
von 900.000 Mann weitaus noch nicht gedeckt haben, und 
daß man noch bedeutende Quantitäten fich gem gefichert hätte. 
Sch glaube, mit dieſem Zeugniffe ift die Initiative, auf welche bie 
Anklage anfpielt, nicht bewiefen, und menn der hohe Gerichts⸗ 
hof damit die Ausſage des Hertn Maſtny noch in Verbin⸗ 

dung bringt, ſo wird man geſtehen müſſen, daß die Unterneh⸗ 
mung dieſer Lieferung im Sommer 1859 ein riskantes Unter: 
nehmen war und nur yon demjenigen, der eben dieſe Unterneh: 
mung auf eine folid berechnete Orundlage geftellt hatte, über 
nommen werben Tonnte. 


368 | 
Preis erklärt, und in welchem Rufe bie Garne des Herm 
Richter ftehen, haben wir vun Sachverftändigen gehört. So⸗ 
mit ift die Hypotheſe der Garnſpekulation als eines ber 
Motive des Richter, das große Garngeſchäſt zu unternehmen, 
gleichfalls definitiv erledigt. Im weiteren Berfolge des Kali 
Iotsgefchäftes nach ber Anklagefchrift wäre ich genöthigt, auf 
den Vertragsabſchluß zu übergehen. Allein wiewohl auch hier 
die Ergebniffe ber Vorunterfuchung gegen die Anklage feftzuftel- 
Sen wären, behalte ich mir bieß Doch auf den Zeitpunkt der 
MWiderlegung der einzelnen Anklagepunkte und fpeziell des 
auf das Kalikotgeſchäft bafirten Betrugsanklagepunktes vor, 
weil es mir bier, wie ich bereits früher geſagt habe, zunaächſt 
nur darum zu thun ift, die wichtigftien Modifikationen, welde 
die Thatfachen in der Anklage erlitten haben, zu berüdfictis 
gen, und Thatfachen, die in der Anklage nicht untergebradt 
find, im Intereſſe der Vertheibigung feftzuftellen. 
Ich übergehe daher vorläufig den Vertragsabſchluß und 
ebenfo die mpyfteriöfe Zufammenkunft vom 12. Juni 1859, 
welhe am Pflngftfonntage 1859 zwiſchen Richter und 
Krumbholz hier in Wien ftattgefunden bat, und in welcher 
die Anklage gewiffermaßen den Ausgangspunft der ganzen 
verbrecherifchen Unternehmung erbliden will. Allein einen Punkt 
kann ich nicht umhin, Hier zu berühren. Die Anklage gründe 
fich, ſoweit file das Stoffgefchäft betrifft, auf Garnnummern, 
Fädenzahl, Quadratzoll, Breite und Gewicht pr. Stüd. Die 
Anklage hätte aber auch erwähnen follen, daß von Garnnummern, 
Fadenzahl und Gewicht pr. Stüd im Vertrage vom 22. Jun 
nichts vorkommt. Die wäre mindeftend der Vollſtändigkeit 
wegen wünfchenswerth gemejen, wenn ich auch der Töblichen 
Staatsbehoͤrde nicht infinuiren will, daß fie ſchon deßhalb allein 
die Anklage auf Orund der von Sadenzahl und Garnnummen 
gemachten Bemänglungen nicht hätte formuliren follen. Aber 
auch noch ein anderer Punkt ift verfehwiegen worden, das if 
die Ratifikation des Kontraftes. Sch habe gleich am Be⸗ 
ginne der Schlußverhandlung vor einem Donate in Konftas 
tirung des Datums dieſer Ratififation vor dieſem h. Gesicht 
veranlaßt; e8 war bieß ber 10. Juni 1860. 

Es tft nun merkwuͤrdig, daß ein Vertrag, aus dem man auf 
Betrug Hagt, und vücfichtlich welchen Betruges das h. Aerar 


Pr) 


469 ° 
fogar einen Vertreter der privatrechtlichen Intereffen abfenbet, 
daß ein folcher Vertrag im Juni 1860, alfo zu einer Zeit ratis 
figirt wurde, wo die Vorunterſuchung bereit3 Studien ber 
Sarnnummern anftellte und bie Fäden zählen ließ, von wel⸗ 
hen Operationen auch das hohe MilttärsNerar offenbar Kenntniß 
hatte, da e8 ja durch einen militärischen Repräfentanten bei allen 
Sandlungen der VBorunterfuchung vertreten war, obgleich freilich 
bie Anweſenheit jenes Repräfentanten weder aus der St.⸗P.⸗O., 
noch ans dem Reichögefeßblatte zu erklären war und zu rechtfers 
tigen ift. Wie ift aber der Widerfpruch aufzuklären, der doch gewiß 
darin liegt, daß ein Vertrag ratifizirt wird, aus dem man fich betro⸗ 
gen erklaͤrt, den man annulliren konnte, wenn man betrogen wor⸗ 
den iſt? Ich kann mir nicht denken, daß man durch die Ratifi⸗ 
kation, die vorbehalten worden iſt, einen Vortrag genehmigen 
werde, wenn man wirklich betrogen wäre. Dieſe Ratifikation 
iſt auch noch in anderer Beziehung und namentlich bei der Beur⸗ 
theilung der Anklage der Verleitung zum Mißbrauche der Amts⸗ 
gewalt bemerkenswerth. 

Die Ratifikation des Vertrages vom 22. Juni 1859 
hängt nämlih mit der Prolongasionsfrage der Lieferung auf 
das Engite zufammen. Die Anklage behauptet in der Druds 
Schrift, und fie wiederholte es auch bei ihrer mündlichen Aus⸗ 
führung, daß man mit diefer Prolongation das Heft aus der 
Hand gab, mit welchem man Here Richter hätte zwingen 
Finnen, auf die Reduktion einzugehen. Da man fich aber die 


Ratifitation vorbehielt, fo hat man bas Heft nicht aus der 


Hand gegeben -und durch die Prolongation hat man auf die 
Ratifitation nicht verzichtet, weil fonft die Ratifitationsflaufel 
vom 10. Juni 1860 nicht beigefeßt worden wäre, und man 
bat alfo durch die Ratififation das vorbehalten, worauf man 
durch. Die Prolongation verzichtet zu haben behauptet. So viel 
über den Vertragsabfchluß bezüglich der vier Millionen Ellen. 
Ich gehe nun zur Vertragserfüllung über. 

Die Anklage war überall befliffen, die Korrefpondenz von 
Richter an Krumbholz und umgelehrt einer großen, univer- 
falen Sichtung zu unterziehen, und, Dank der Ordnung, bie in 
ben Briefichaften der ‚Herren Rıchter und Krumbholz 
herrſchte, fehlt von den Briefen nichts, fie find alle ba. Der 
hohe Gerichtshof wird fich nun erinnern, daß ich Im Laufe bes 


470 


Beweisverfahrens fehr viele Briefe vorlejen ließ, die Richter 
an Krumbholz fohrieb, worin Krumbholz zur exakten Ans 
fertigung . der Waare wiederholt erinnert wird, worin er aufs 
merkſam gemacht wurde, daß es nicht bloß eine Sache der Spe⸗ 
Yulation, fondern vor Allem eine Ehrenfache fei, daß man das 
Aerar mit guter, vorzüglicher Waare bedienen müſſe. Dieß 
wäre ein Punkt, der ſchon gleich von vornherein. ein wenig ben 
Bekrittlungen in Bezug auf die Art der Erfüllung des Vertra⸗ 
ges begegnet hätte. Auch die Ausfage des Zeugen Zappert 
war nach zweifacher Richtung für die Verhandlung von Wich⸗ 
tigfeit, weil durch fie die höheren Koften der Halbbleiche ſich 
heraußitellen, andererfeitö aber, weil Herr Richter zu Herm 
Zappert, wie dieſer es beftätigte, ſich wiederholt äußerte — 
was Zappert ſchon in der Unterſuchung ausfagte — er 
möchte die Waare auf das Beſte herrichten, damit man fich mit 
biefer Waare Ehre aufhebe, und Zappert, ber auch in der 
Lage ift, die wahre Befchaffenheit zu beurtheilen, hat der Waare 
Richter's das befte Zeugniß gegeben und fie als eine gan 
vorzügliche erklärt. 

Allein über die Befchaffenheit der Waare liegen noch ganz 
andere autbentifchere Zeugnifle vor. Es find nebft-den Zeugs 
niffen der Spitzen der militärifchen Adminijtration, 3. B. Hof 
rath Ecker-Kraus, der die Waare als ganz gut bezeichneke, 
auch die Ausfagen der technifchen Organe der Militärbehörden, 
nämlich der Monturskommiſſionen, und zwar ſowohl von der 
Prager ald von der Stoderaner Mopnturstommiffion vorlie 
gend, und ich erlaube mir, weil dieſe Angelegenheit boch von 
etwas größerem Belange iſt, dasjenige, was als Material in 
der Borunterfuhung vorlag, dem hohen Gerichtshofe in Erin 
nerung zu bringen. 

Hauptmann Strnad. beitätigte in der Vorunterfuchung 
und hat ed in ber Schlußverhandlung wiederholt, daß bie 
Waare dem zweiten genehmigten Prager Mufter entfprach, und 
er hat in Rückſicht auf die Befchaffenheit des zweiten Muſters 
fich geäußert, daß es keineswegs ein folches war, wie es auf 
Seite 30 der Anklage gefagt wird, wo e3 heißt, daß Yeldmar 
fchall- Lieutenant Baron Eynatten genöthigt war, ein ſchlech⸗ 
teres Mufter zu fubftituiren. Auf diefes zweite Mufter, beffen 
Schlechte Befchaffenheit eigentlich Generalmajor Jacobs zu vers 


471 


antworten hätte, werbe ich fpäter zurückkommen. Oberft Georgi, 
ein Zeuge von wahrhaft Flaffifcher Befchaffenheit und Gedie⸗ 
genheit der Anfchauung, Nüchternheit und Befonnenheit in feis 
nen Ausfagen, dem man die Gerabheit und Ehrlichkeit auf den 
erften Anblid anfieht, und ber auch beeidet wurde, hat die Rich⸗ 
ter’fche Waare als gut und preismürdig erflärt, ja fie fogar 
befjer und billiger ald die von anderen Lieferanten bezeichnet. 
Hauptmann Prelautfch fagte, daß die Waare Richter's gut 
und preiswürbig war, und nie den geringften Anftand hatte. 
Nagelftätter, der gegen bie Qualität ber gelieferten Waare 
nichts einzumenben vermag, fagt aus, daß fie durchwegs über- 
einftimmend mit dem Muſter war, theilweife fogar befjer. Es 
folgen. aber auch kollektive Gutachten der Monturskommiſ⸗ 
fionen als foldhe. Die Prager Monturstommifflon erklärt 
unter Journ.⸗Nr. 298, daß die Waare ganz gut und mit 
bem vorliegenden Muſter volllomnen übereinjtimmend gefuns 
den wurde. Oberfilientenant Uhl (unter Journ.⸗Nr. 373, vom 
21. Juni 1860) fand das von ihm übernommene Lieferungs⸗ 
quantum anftandslos, und die Stoderauer Monturskommiſ⸗ 
fion hat unter Journ. Nr. 379 die muftermäßige Beſchaffen⸗ 
heit der Waare außer allen Zweifel geftellt. 

Sch glaube, daß dieſe Zeugniffe die kompetenteſten find, 
weil fie von technifchen Kommiſſionen abgegeben wurden, welche 
bie ganze gelieferte Quantität und nicht bloß ein Mufterftüd 
fahen, und weil e8 Zeugniffe find, die nicht in der Luft gemacht 
wurden, fondern auf der Anfchauung des ganzen Gegenftandes 
felbft bafiren. Diefe Zeugniffe werden dem hoben Gerichtähofe 
meines Erachtens hinlängliche Beruhigung barüber gewähren, 
baß auch abgefehen von ber fpäteren Beweisführung Richter 
vollfommen gute, muftermäßige und mit feiner Borlage ganz 
im Einklange ftehende Waare geliefert hat. Ich habe aber, ins 
bem ich das große GSefchäft noch vom Standpunkte der Borun- 
terfuchung erörtese, auch über den Gewinn und die Berechnungs⸗ 
weife desſelben Einiges vorzubringen. Bon allen andern und vor- 
züglich von ben Heinen. Gefchäften wurde in der Anflagefchrift der 
Gewinn angegeben, bezüglich des großen Gefchäftes wurde dieß 
jeboch nicht mit hinlänglicher Genauigkeit gethan, wahrſchein⸗ 
fich hat man von vorne herein das Gutachten der Prager Sach⸗ 
verftändigen, wenn ich diefe Herren fo nennen darf, für ges 


472 


nügenb angefehen und erwartet, baß fie ihr Gutachten in ber 
Schlugverhandlung ergänzen werden. Sie haben das nach be⸗ 
sten Kräften gethan, und ich algeptire dabei, was fo ziemlich 
zuverläffige Bafis ift. In ihrem zweiten Gutachten haben fie 
ben in ihrem erſten Gutachten auf 92,000 fl. angegebenen 
Gewinn auf 78,000 reduzixt. In ber Schlußverhanblung 
mußten fie anerfennen, daß eine 4°/, Proviflon, die von ber 
Anklagejchrift ziffermäßig nicht benübt wurde, von dem Ge⸗ 
winne Richter's in der Ziffer von nahezu 36,000 fl. rüds 
fichtlich des ganzen Stoffgefchäftes abzuziehen ift, und es res 
duzirt fich fonach nach ihrer Berechnung der Gewinn fchen 
auf 42,000 fl. Von diefem Gewinne find aber noch abzuziehen, 
wie die Anklage felbft anerkannt Hat, die auf dieſes Geſchaͤft 
entfallende Parzelle der Generalunkoſten, dann für 8000 übrige 
gebliebene Stüde per Stüd 1 fl. und e8 Tiegt fomit der Ge⸗ 
winn zwifchen ber Ziffer von 20 — 30,000 fl. Bringt man 
damit die gelieferten Nachweifungen bezüglich ber Geſchaͤfte 
A. — F. in Verbindung, fo wird fi der hohe Gerichtshof 
ſchon jest über den erorbitant hohen Gewinn Richter’8 eine 
maßgebende Anficht bilden können. Dabei wurde von dem 
Mangel, der fih am ärarifchen Meßtifche am Ellenmaße er 
gibt, ganz Umgang genommen. 

Die loͤbliche Staatsbehörde hat bei Gelegenheit der Ber 
weisführung und Erörterung über den Mangel im Maße am 
Meptifche die Bemerkung gemacht, daß dieſes Refultat in ber 
Monturskommiſſion bezüglich des Ellenmaßes und des Mante 
am Meßtiſche nicht maßgebend jei, weil man bloß drei Stüde 
herausgenommen babe und fich von dieſen drei Stüden fein 
Schluß auf alle ziehen laſſe. Ich kann jedoch die geometriſche Ca⸗ 
price des Meßtiſches nicht ſo auffaſſen. Das iſt konſtatirt, daß 
der Meßtiſch, wenn er in Anwendung ſteht, das Stück Nr. 1 
genau ſo mißt, wie das Stück Nr. 100 und Nr. 1000. Ich 
kann mir nicht denken, daß das proportionale Verhäaͤltniß ber 
Einbuße am Meßtifche, weil es auf einem ſtets wiederkeh⸗ 
renden geometrifchen Verhältniſſe beruht, fich jemals ändern 
Eönnte. Dan kann fih alfo beim Meptifche volllommen das 
mit begnügen, drei Stüde zu meffen und den Durchfchnitt auf 
alle andern anzumenden. Allein ich akzeptire die Anfchauung, 
daß man von brei Stücen keinen Schluß auf 80,000 Stüde 


474 

daß er vermöge einer abſtrackten Berechnung von Sachverſtaͤn⸗ 
digen, die feine Waare nicht fahen, mit 320 fl. befchädigt wurde, 
mit welcher Schäßung zugleich der Rubikon bes $. 203 bes 
St.⸗G.⸗B überfohritten wurde. Borges beftätiget, daß er ftatt 
im Juli erft im November zu liefern anfing und daß er die Waare 
um ’/, fr. iheurer verkaufte, als er fie an Richter hätteabführen 
können, nämlih um 13'/ kr. ftatt um 13 & — Abeles ift 
auch unter den Beichädigten. 

Bei Abeles muß ich darauf hinmweifen, daß er fih gar 
nicht als Befchädigter angegeben hat, und daß er an wiederhol⸗ 
ten Stellen des Protokolls, als man ihn aufforderte, feinen 
Schaden zu beziffern, fagte, daß er nicht befchädigt fei. Abeles 
hat ſich vollkommen auf die Baſis des Vertrages, auf den Rechts. 
ftandpunft gejtellt, und bat im Briefe vom 28. Eeptember, 
weldyer ald Antwort auf ben vom 26. September gejchrieben 
wurde, erflärt, daß er fich der Reduktion nicht fügen wolle, auf 
dem Vertrage beftehe, dafür aber jedes Piund Garn abnehmen 
werde, was er fpäter auch ausdrüdlich beftätigte, ja jogar mit 
Prozeß drohte. Er hat fogar fpäter, wie dieß ebenfall3 in der 
Borunterfuchung vorkommt, die Faktura eingefendet, wovon 
wir hörten, daB das Behalten derfelben ein Annehmen ber 
Waare ift. Ich werde aufbas Abeles’fche Faktum noch fpäter 
im Detail zurückkommen, aber es wird fich fchon hier dem hos 
ben Gerichtshofe die Meberzeugung aufbringen, daß von eine 
betrügerifchen Sandlungsweife wohl feine Rebe fein fanıı. Ih 
habe dabei von der perfünlichen Charakterbefchaffenheit des 
Herrn Richter ganz gefchwiegen, weil ich ohnehin mit dem 
Beginne meiner Ausführung ein- für allemal diefe in den Vors 
dergrund ftellte, und ich glaube, daß bei allen Fakten vor Allem 
bie Perfon des Herrn Richter es iff, welche ſtets betrachtet 
werden muß im Zuſammenhange mit der Stage, ob er eined 
Betruges fähig fei oder nicht. Und ich glaube, die Subfontra- 
henten dürften fehr verblüfft dreinfehen, wenn fie erfahren, daß 
Herr Richter noch immer eines an ihnen verübten Betruges 
angeklagt wird. 

Ich mende mich nun zum Devifengefchäfte. Ich Habe 
bier vorläufig, bis ich Gelegenheit haben werde, der Anklage 
jelbft gegenüber zu treten, nur wenig zu berühren. Ich berühre 
vor Allem bie Ausſage des Freihercrx van Brentano. Wie 


475 


fih der 5. Gerichtshof aus der Vernehmung diefes Zeugen 
überzeugt haben wird, ift Freiherr von Bretano ein diploma⸗ 
. tifch vorfichtiger, jedes Wort abwägender Mann, der, ehe er zu 
einem öffentlichen Akte, zu einer Kundgebung von Sefinnungen, 
zur Berichtigung von Thatſachen fich entjchließt, reiflich mit 
füch zu Rathe geht. Dieſen Charakter hatte auch feine Darles 
gung hier in der Schlußverhandlung und ich glaube, der h. 
Gerichtshof wird fich überzeugt haben, daß aus dem Munde 
besfelben keineswegs wunüberlegte Worte gingen. Wenn fich 
nun diefer Herr gebrängt ſah, an den h. ©erichtähof eine Zus 
fchrift zu richten, worin er fich in feiner feinen, eleganten Art 
und Weife mit ber Auffaffung feiner Ausfage in der Borunters 
ſuchung nicht vollfommen einverftanden erflärt und die Berich- 
tigung dem h. Gerichtshofe anheimgab, fo mußte er einen Grund 
bafür gehabt haben, und ed genügt auch eine einfache Verglei- 
hung deſſen, was in ber Anklage fteht, und mas das Protokoll 
enthält, um zu zeigen, daß in ber Anklage nicht Alles ftebt, 
was im Protofoll enthalten ift. Er hat insbeſonders angeführt, 
daß im Boraus, wie er fi) aus dem Geſpräche mit Baron 
Brud erinnere, die Befchaffung der Devifen befchloffen war; 
er hat insbefondere auf die Abreife des Agenten hingewieſen, 
und feine eilfte Antwort im Borunterfuchungsprotofolle charak⸗ 
terifirt fchon den Rechtsftandpunft, der beim Devifengefchäfte 
eingehalten werben muß, denn es war ein unmittelbarer Schluß 
zwifchen Herrn Richter und Baron Brud und nicht die Auf: 
teagertheilung bed Armee» Oberfommandos. | 
In ſeiner eilften Antwort fagt er in ganz richtig prak⸗ 

tifcher Präzifirung des Faktums, daß jener Tag maßgebend ift, 
wo dieſe Poft mit dem Finanzminiſterium gefchloffen wurbe. 
Freiherr von Brentano hat, wie gleichfalls in der Anklage 
‚nicht reproduzirt wurde, Darauf fehr viel Gewicht gelegt, Daß unter 
"den für das h. Aerar angeſchafften „London« „kurze London“ was . 
sen, die ſchon am 21. Juli verfielen, und er hat Daraus — und das 

ift auch fehr naheliegend und von einer folchen Kapazität zu 

erwarten — gefolgert, daß das auch ein mitunterflügendes 

Moment dafür ift, daß bie Befchaffungsordre nicht erſt am 
14. Juli erfolgt fein kann. Ex hat in der Vorunterfuchung be- 
ſtimmt beftättiget, daß Se. Erzellenz Baron Bruck ihm fagte, 

‚er erinnere fich bes Kaufes der Deviſen, wenn ır uch ten mn, 


476 


nicht prägifiren könne. Er hat aber nicht berührt, ob zur Prä- 
ziffrung dieſes Tages ein weiteres Geſpräch zwiſchen ihnen 
gepflogen wurde. Die Note des Finanzminifteriums läßt Darüber 
feinen Zweifel. Ich kann bei diefer Gelegenheit nicht umhin, 
noch etwas in Erinnerung zu bringen, was geftern beim Devt- 
. Tengefchäfte vorgebracht wurde, nämlich, warum man London 
mit kurzer Zeit gegeben habe. An diefer Stelle kann ich gleich 
die Aufflärung geben: 1. wird dasjenige gegeben, was man 
eben hat, und wenn man feine langen Londons hat, fo gibt man 
kurze; 2. hat ed noch einen Zweckmäßigkeitsgrund. Hoppe 
teifte am 6. Juli ab, er hat bereits am 8. Einkäufe in Leipzig 
gemacht, und da ift e8 wieder eine bekannte Thatfache, daß 
man mit kurzen Devifen beffer fortkommt, denn es if für 
die unmittelbare Begleichung viel vortheilhafter, und darum gab 
man turze Londons. Das ift nun wiederum ein nicht zu unter 
fihäßenber Beweisgrund dafür, daß der Kauf fein fingirter 
gewefen fei. Bon weit wichtigerer Befchaffenheit aber noch ift 
die Ausfage mit Rüdficht auf Die Note des Finanzminiſteriums 
vom 3. Sänner d. J., 3. 7071. 

Auch dieſe Note iſt in der Anklage nur in abgekürzter 
Meife, und zwar fo wiedergegeben, daß ihr wejentlicher beftäti- 
gender Theil, dasjenige, worin die Effenz ihrer Beweistraft 
ausgeſprochen ift, hinweggelaſſen wurbe, und bloß der Eingang 
und die Schlußformel blieben, in welchen die Ausfage des 
Generals Eynatten vom 18. Dezember befräftigt und die 
Liquidhaltung ausgefprochen wird. Wenn diefe Note wirklich 
nur diefen Tenor hätte, fo wäre fie nur rein formeller Natur, 
und man tönnte verleitet werben, fich gegen ein Aftenftüd, 
gegen das man nad $. 275 ber St.-B.-O. feinen Argwohn 
hegen darf, vielleicht Eritifch zu verhalten, trotzdem das Geſetz 
es verbietet. Allein diefe Note hat weitere zwei Sätze, Mittels 
fäße, welche jene beiden Süße verbinden und die folgendermaßen 
Inuten: »Da dieſe Kurfe mit den bezüglichen offiziellen Noti- 
rungen der hiefigen Börſe übereinftimmen, und auch gegen bie 
Berechnung der einzelnen Poften nichts zu erinnern ifl.« Das 
find zwei fehr weſentliche Sätze. Der erfte fpricht Die formelle 
Richtigkeit aus, in Bezug auf bie Berechnung der Kurfe und 
das ift der formelle Theil; der zweite Sat fagt, daß auch gegen 
die Berechnung der einzelnen Motten wiärs gu eriuneen iſt und 


477 
dieſer Satz enthaͤlt mehr als eine formelle Bekraͤftigung. Worin 
beſtanden naͤmlich dieſe einzelnen Poſten und ihre Berechnung? 
Darin, daß zum Beiſpiele 20,000 8. pr. 7. Juli gekauft, 
eingefteilt ftanden, und das ift ja mit ein Beftandtheil der ein- 
zelnen Poften, mit ein Moment ber Berechnung der einzelnen 
Voften. Da nun gegen bie Berechnung der einzelnen Poften 
nichts zu erinnern kam, fo bat Baron Bruck bei Abfaffung bes 
amtlichen Aktenſtückes damit erflärt, daß keine Bedenken gegen 
die Berechnung vorliegen, daß er ſich fomit auch des Schluß⸗ 
tages vollfommen erinnere, und durch dieſe Note allein ift 
daher die Anklage wegen der Devifen ſchon vollftändig wi- 
derlegt. 

Diefe Note ift ein Altenftüc des Finanzminiſteriums und 
fein Privatfchreiben des Baron Brud, wie beinahe die Ans 
Mage anzudeuten ſcheint; fie ift ein Aktenftüc des Finanzminis 
ſteriums, wie aus ber Form ber Note hervorgeht, aus dem 
Zeichen des Finanzminifteriums und der Gefchäftszahl berfel- 
ben; fleift ein Präfldialftäd, weil fie von dem Finanzminifter 
Baron Brud unterjchrieben ift, und an ihrer unbedingten _ 
Glaubwürdigkeit läßt fih nach den Aufflärungen des Baron 
Brentano nicht im Geringiten maͤkeln. Diefe Note ift das 
Fundament ber Vertheibigung, und alle andern Beweisfühs 
tungen, die ich noch an basfelbe anlehnen werde, find nur noch 

von unterftüßenber, von fetundärer Natur. Ich bemerfe dabei 
fchon am diefer Stelle, daß, was die Kompetenzfrage bezüglich 
des Deviſengeſchaͤftes betrifft, ſie auch hier ſchon entſchieden iſt, 
und allen jenen Bekritelungen nicht unterliegt, welche gegen ſie 
vorgebracht werden. Man hat die Frage aufgeſtellt und nega⸗ 
tiv beantwortet, ob Bruck die Berechtigung hatte, 20,000 2. 
London zu faufen und Richter fie zu verlaufen. Ich behalte 
mir, indem ich auf den erſten Theil der Frage jetzt eingehe, die 
Beantwortung des letzteren für ſpaͤter vor. Die’ Kompetenz- 
frage, ſage ich, liegt entſchieden vor, dadurch, daß nach Ueber⸗ 
reichung ber Rechnung am 11. November 1859 das A.O.⸗K. 
es feines Amtes fand, ed dem Finanzminiftertum zu überlaffen, 
die Sache zu entfcheiden und ſich an dasſelbe wendete, damit 
die Entjcheidung erfolge. Dadurch ift bargethan, daß die Bes 
Schaffung der Devifen nach. der amtlichen Anficht der Behörde 
nicht in das Reſſort des A.O.«“K., \ontern in Va Rat 


478» 


des Sinanzminifteriums gehöre, und ich erinnere an die Blei⸗ 
ftiftnoten, welche auf dem äußern Umfchlage der betreffenden 
Note vom 3.. Jänner fich befinden, und welche die verfchiebenen 
Meinungen der Referenten beim A.O.⸗K. enthalten und bie 
fämmtlich darin zufammenftimmen, daß fie gegen bie Liqui⸗ 
bität ber Forderung in Folge diefer Note nichts mehr einzw 
wenden haben, und ihre Bota nur bezüglich derjenigen Kafle 
angaben, aus welcher der Differenzbetrag flüflig zu machen ſei. 
Die Kompetenz des Freiherrn von Brud rüdfichtlich ber Des 
vifenfrage fiheint mir alfo vollftändig erledigt, obwohl ich 
fpäter noch Gelegenheit haben werde, nochmals darauf zurüds 
zufommen. Auch die Ausfage des Herrn Schiff hat in ber 
Anklage nicht diejenige Würdigung erfahren, welche ihr nad 
bem Inhalte des Protokolls des Herrn Schiff ſchon in der 
Borunterfuchung hätte zu Theil werben müffen. Bon der Aus⸗ 
fage bes Herrn Schiff wird in der Anklage nichts Anderes vor 
gebracht, als daß er am 13. oder 14. Julivon Richter ben 
»Auftrag zur Durchführung“ des Devifengefchäftes erhalten 
hätte. Es wäre traurig, wenn aus der Ausfage des Herrn 
Schiff nicht mehr hervorgehen würde. Aber ich meife auf eine 
Stelle in der Ausfage des Herrn Schiff, auf feine 22. und 
23. Antwort hin, worin Herr Schiff beftätiget, daß er bereits 
acht Tage früher, nämlich zur Zeit als der Agent Hoppe weg⸗ 
ging, alfo acht Tage vor dem 14. Juli, von Richter bie Mit 
theilung erhielt, daß die Poſt mit dem Aerar abgejchloffen 
worben fei, und in der Schlußverhandlung hat er. fich noch auf 
eine andere Dfittheilung, nämlich auf das DVerfchloffenfein, 
welches am 3. oder 4. Juli erfolgt fein fol, erinnert, und das 
hängt ganz mit den fonftigen Angaben zufanımen. Herr Richter 
gibt an, er habe Sr. Erzellenz den Baron Brud am 3. ober 
4. Juli gefragt, ob es nicht zweckmäßig fei, für bie Zwilch⸗ 
einfäufe einen Poſten London zu werforgen. Se. Erzellenz 
habe darauf geantwortet: »Ich werbe es mir überlegen, kom⸗ 
men Sie an dem Tage, an dem der Agent abreift.« Her 
Richter hatte aus feinem Umgange mit dem Finanzminiſter 
Anlaß genug gefunden, zu benfen, daß der umfichtige 
Binancier die Frage poſitiv erledigen werde, und er konnte 
fomit bem Herrn Schiff am 3. oder‘ 4. Juli fagen, daß 
bie Poſt „verfchlofien« sei, was aber aMertings nicht ben 


J 


479 


Sinn bes $. 936 des bürgl. G.⸗B., nämlich ben eines präparas 
torifchen Vertrages, fondern einfach nach merkantiliichen An- 
füchten den Sinn bat, daß man eine gewiffe Waare, einen 
gewiſſen Poften für jemand, der fich in nächfter Zeit entfchließen 
wird, parat halte. Es ift das noch fein rechtsverbindliches 
Geſchaͤft, es konnte auch das Geſchaͤft am 3. Juli noch nicht 
geſchloſſen fein. 

Es iſt jomit aus der Antwort bed Herin Schiff beftätigt, 
daß er acht Tage vor dem 14. Juli den Schluß angezeigt erhals 
ten, und fomit ift denn auch dieſer Punkt außer Zweifel geftellt. 
Sn vollftändiger Erledigung diefed Theiles meiner Ausführung 
führe ich noch an, daß von dem Öutachten der Herren Miller 
und Mapyerhofer in der Anklagefchrift gar nichts enthalten 
tft. Ueber dieſes Gutachten ift, aus mir unbelannten Gründen, 
zur Tagesordnung übergegangen worden, obwohl im Intereffe 
ber genauen Handhabung des F. 60 der St.⸗P.⸗O. auch) diefes 
Butachten zu berühren geweſen wäre, infomeit e8 Anfchauungen 
enthält, welche denen der Anklage entgecenitehen. 

Ich babe daher vom Standpunkte ber Vorunterfuchung 
nur noch den lebten Punkt der Anklage zu berühren, naͤm⸗ 
lich ben Punkt der Verleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt. 
In diefer Beziehung muß ich diejenigen Thatfachen ergänzen, 
welche die gebrudte Anklage nicht enthält, Die aber von Weſen⸗ 
beit find. Es find dieß vor Allem die Ausfagen bed Baron und 
ber Baronin Eynatten, namentlich jene des erfteren und auch 
jene ber letzteren. Was diefe beiden Perfonen ausfagten, 


. insbefonbere Baron Eynatten in feiner 39. und 41. Antwort, 


it von höchfter Wichtigkeit. Ohne unmittelbar zur Angabe 
gebrängt zu fein, als er daran war, fein Vermögen, welches 
bei ihm fonftatirt wurde, nachzumweifen, hat er Jung als ben» 
jenigen angegeben, von welchem ex 39,000 fl. erhielt. Er 
wurbe wiederholt auf fein Verhältniß zu Direktor Richter 
aufmerkſam gemacht und erklärte in feiner 41. Antwort, bei 
deren Abgabe der Mann mit feinen Schieffale im Reinen war, 
und eine fpätere Antwort beftätigt ed, daß er mit Herrn Rich⸗ 
tes, ben er ftetö ald einen Ehrenmann kennen gelernt habe, 
in einem fträflichen Verhältniß geitanden habe, er fügte hinzu: 
„Ich beziehe mich auf die Eröffnungen und Enthüllungen, die 
ich. bereits geftern gemacht habe, wornach ich in dielem — 
3 


480 

blide feinen Grund mehr hätte, irgend etwas zu verfchweigen.« 
Bon welchem Werthe diefe Ausfage auf die Entlaftung bes 
Herrn Richter if, brauche ich dem h. Gerichtshofe nicht weiter 
zu erörtern. Welch eine Bedeutung die Ausfage ber Freiin von 
Eynatten bat, werde ich fpäter berühren. 

Es wirb weiter in der Anklage angeführt, daß Direktor 
Richter bei feinen Lieferungsgefchäften von 4 Millionen Ellen 
Kalikot keine Kaution geftellt Habe. Diefe Thatfache tft ein 
fach unrichtig. Eine Kaution wurde geitellt und zwar von 
ber Kreditanftalt, und es kommt dieß fogar in ber Anklage 
felbft vor, nur heißt es, daß font die Kreditanftalt aͤhnliche 
Urkunden nicht ausftellte. Es wurde aber in der Schlußver- 
Handlung erhoben, daß die Kreditanitalt allerdings folche Urs 
Zunden ausſtelle, nämlich für die Steuernfredite der Zuckerfabriken. 
Daß die Gewinne in der Anflage unrichtig berechnet wurden. 
babe ich ſchon früher auseinandergefeßt. Die Reduzirung biefer 
Gewinne dürfte auf die Beurtheilung der Anklage wegen 
‚Beftechung von bedeutendem Gewichte fein. Bon dem Cha⸗ 
safter Richter’s als Monopoliften Habe ich bereits gefprochen. 

In der Anklage wird auch noch angeführt, Richter habe 
die Kalitotmufter der Mitlieferanten zur Beurtheilung gehabt. 
Es ift nun weber in den Akten der Vorunterfuchung, noch in 
der Schlußverhandlung irgend etwas erhoben, was dieſe Bes 
hauptung beftätigen würde, und ich glaube, es dürfte gut fein, 
diefen Paſſus aus der Anklage zu ftreichen. Es wurde in der 
Anklage weiters hervorgehoben, daß Fein Anftand vorgefoms 
men ift, den Richter nicht zur befeitigen gewußt hätte. Ich 
bin in der Lage, folhe Anftände angeben zu fönnen, bie Rich⸗ 
ter zu befeitigen nicht in der Lage war, und zwar zuerft dad 
Pönale von 1500 fl., was Andern fo leicht nachgefehen wird, 
wurbe Herrn Richter nicht nachgefehen! Den Hell man'ſchen 
Kalltot, der zu Graz ſchmäler gefimden wurde und den Gene 
ralmajor Jakobs wegen des großen Bedarfes annahm, wollte 
Freiherr von Eynatten nicht annehmen. Das Muſter in Prag, 
von bem Richter felbft fich fchmeichelte, daß e8 von Preiheren 
von Eynatten alfogleich bewilligt werden würbe, tft von Frei⸗ 
herrn von Eynatten nicht fogleich bewilligt, vielmehr an 
die Monturskommiſſion in Stoderan zur Begutachtung übers 
geben mworben und erit ſein Amttnaieiget, Geveralmajor 


481° 


Jakobs hat, wie aus dem Journ.⸗Nr. 538 hervorgeht, dieſe 
Annahme bewilligt. Die-Prolongation, die Anderen, fogar wie 
Hoftath EdersKraus fagte, immer bewilligt wurde, wurde 
Herrn Richter geradezu ausnahmsweiſe abgefchlagen, und Herr 
Hofrath Ecker⸗Kraus hat auch. Hier felbft ein „Manöver« 
geübt, indem er fagte, wenn man Richter die Prolongation 
abfchlagen würde, werde er fich zu einer Reduktion Teicht vers 
fleben; es ift die Prolongation auch thatfächlich nicht bes 
willigt worden, und die begehrte Reduktion felbft wird auch 
Niemand für eine Begünſtigung anfehen. Alfo man fieht, daß 
erſtens nicht alle Anftände behoben wurben und daß zweitens 
die ganze Behandlung bed Herrn Richter nach bem Vertrage 
vom 22. Juni und ſchon nach dem Standpunkte ber Akten 
und des Ergebniſſes der Vorunterfuchung eine ſolche war, daß 
von einer Begünftigung fchlechtweg nicht gefprochen werben 
Tonne. 

Nah dieſem Ergebniſſe ber Beurtheilung ber Anklage 
auf Grundlage der Alten der Borunterfuchung überlafle ich es 
dem hohen Gerichtshofe, felbit zu würdigen, obbiefe Ergänzungen 
der Anklage, die ich hinzugefügt habe, nicht fchon im Sinne 
des $. 60 der St.⸗P.⸗O. in der Anklage felbit Hätten erfolgen 
follen, und ob fie derfelben nicht eine ganz andere Gewandung 
gegeben hätten. Ich fchreite nunmehr zur zweiten Aufgabe, 
nämlich der Widerlegung der Anklage in derjenigen Art, wie 
fie geftern erhoben wurde. 

Ich wende mich bamit zu bem zweiten Theile der mir ob⸗ 
Tiegenden Aufgabe. Uebergehend auf Die einzelnen Anklages 
punkte, werde ich diefelben aus Gründen der organifchen Ver⸗ 
bindung und bes organischen Aneinanderfügens ber Gegenſtaͤnde 
nicht in der von ber löblichen Staatöbehörde befolgten Ordnung 
beſprechen. Sch gehe von ben Sublieferanten aus, wende mid). 
von biefen zu dem großen Stoffgefchäfte, gehe über zu dem 
Devifenftonto, füge baran die Betrachtung des Anklagepunfts 
über ben Konto des Finanzminifteriums, und fehließe mit der 
Erörterung ber Anklage wegen DBerleitung zum Mißbrauche 
der Amtögewalt. Bezüglich aller diefer Anklagepunfte habe ich 
durch dasjenige, was der erſte Theil meiner Auseinander- 
feßungen barthat, wichtige Prämiffen ‚gewonnen, und i⸗ kann 


484 

keine foldhe. Den wirklich unbefangenen Charakter diefes Brie⸗ 
fes glaube ich hiermit bargethan zu haben. Dan muß aber auch 
die Motive betrachten, welche Richter zur Reduktion bewogen 
haben. Es find dieß gewiß nicht betrügerifche Motive. Die 
Eublieferanten waren auch weit entfernt Davon, ihn zu beſchul⸗ 
digen, ald ob er ihnen einen Echaben zufügen wollte. Der 
Grund ber Rebuftion liegt aber in den all Krumbhol; 
hat 80,500 Stüd unter die Sublontrahenten vertheilt, alfo 
ſchon 5000 Stüd mehr, als er repartiren follte. 

Nachdem die Monturskommiſſion die Lieferung nicht nad 
Stüden, fonbern nach Ellen berechnete, und nicht eine Elle 
mehr als vier Millionen Ellen annahm, und vier Millionen 
Ellen bei dem Maße ber Stüde, welche die Subfontrahenten 
lieferten, indem bie Ellenzahl. ihrer Stüde fehr ungleich war, 
mit 77.000 Stüd bereits gebedt waren; fo ergaben fich 3000 
Stüd wieder als zu viel beftellt, und daher fchon 8000 Stüde 
disponibel. Rechnet man nun noch hinzu, ohne Rüdficht auf 
das Erzeugniß in ber eigenen Fabrik mit 8000 Stüd, die Waare 
von Sommer und Schirmer mit 3500 Stück; fo ergibt 
fih ein Mehr von 11.500 Stüden, welche Richter num Lager 
geblieben wären. Ich gebe zu, daß er ſich ver Schaden bein 
wollte, aber das gefchah zu einer Zeit, wo er nicht daran den⸗ 
fen konnte, daß er den Eubfontrahenten damit einen Schaden 
zufügte. Wir haben übrigens auch gehört, daß bie meiften 
Subfontrahbenten mit ihren Lieferungen im Ruͤckſtande geblie 
ben feien, daß fie die Lieferumg nicht rechtzeitig begannen, daß 
man Abeles den Kontrakt prolongiren mußte, und man hätte 
ihn fogar anuulliven fönnen. Man kann daher nicht voraus 
ſetzen, daß fle das ganze Quantum rechtzeitig fertig gemalt 
hätten und dieß fchon fchließt jebe rechtswidrige Abſicht auf 
Seite Richter’3 zur Benachtbeiligung der Subfontrahenten 
vollftändig aus. 

Die meiften Sublontrahenten haben fich aber auch, was 
das Verhältnig ihrer Willensbetimmung zur Einflußnahme 
Richter's auf fie betrifft, in einer Weiſe ausgefprochen, melde 
bem friminaliftifchen Begriffe des Betruges ſchnurſtracks entges 
genfteht. Theorie und Praris einigten fich Tängft darin, daß 
bei einem Betrugsverhältniffe die Irreführung, der Einfluß 

auf bie Willensrichtung des VBerrogenen ein (Ebher fein muß, 


485. 


daß in ber Srreführung, in ber Einflußnahme auf den Willen 
bes Beirogenen das Motiv ber Willensbeftimmung besfelben. 
gefunden und nachgemwiefen werben müfje. Mit andern Worten, 
es muß zwifchen ber Irreführung oder der Benuͤtzung eines Irr⸗ 
thums und dem Willen besjenigen, gegen ben bie Irreführung 
gerichtet wurde, ein Kaufalitätsverhältnig beſtehen, weßhalb, 
abgefeben von ber Irreführung, die im vorliegenden Falle gar 
nicht vorhanden war, und da durch die Handlungsweife des 
Angeklagten der Wille der Subkontrahenten nicht beſtimmt 
worden ift, im Sinne bes 6. 197. St./G.⸗B. von einem Bes 
truge hier nicht die Rede fein kann. Dieſes Verhältniß ded Kaus 
falzufammenhanges findet bei feinem ber Sublontrahenten 
ftatt. 

Sämmtliche Subfontrahenten, darunter hervorragende 
Kaufleute, wie Borges und Münzberg, haben ausgeſagt, 
daß das bloße Wort Richter’8 für fie genügte, um die Liefe⸗ 
zung zu reduziren. Wo der Wunfch genügt, wo der bloße Außs 
fpruch des Angeklagten das Motiv ift, da ift Irreführung auch 
nicht denkbar. Andere Sublontrahenten haben wieder ausges 
fagt, daB ihnen die Reduktion fogar erwünfcht gewefen fei. Da 
ift e8 befonders Przibram, welcher fagte, dag ihm die Redu⸗ 
zirung ganz erwünfcht war, da er für feine Sabrif eine ander⸗ 
weitige Beichäftigung vorzog, weil eben der Geſchaͤftsgewinn 
bei der Lieferung für Richter ſehr knapp war, was in der ges 
ringern Differenz im Preiſe, welchen Richt er empfing und 
zahlte, ſeinen Grund hat. 

Maſtny hat gleichfalls erklärt, daß ihm die Reduzirung 
erwänfcht war, und hier ift noch ein befonberer Umftand, ber 
in anderer Richtung fehrgewichtig ift. Maſtn y hat nämlich deßhalb 
gerne reduzirt, weil er ſo gute Waare, wie ſie verlangt wurde, 
gar nicht erzeugen konnte. Porges hat 142 Stück Waare als 
Ausſchuß zurückbehalten, und er kann daher hier nicht weiter in 
Betracht kommen. Es iſt aber hier noch weiter, namentlich mit 
Beachtung des Begriffs des Betruges, zu erwägen, daß die 
Subkontrahenten ſich der Reduzirung gar nicht zu fügen 
brauchten. Markus Kaufmann hat dieſen Rechtspunkt in der 
ganzen Schärfe auch erfaßt. Selbſt wenn in dem Briefe vom 
26. September eine Irreführung enthalten geweſen wäre, was 
nicht der Fall iſt, fo brauchte ſich einer ſolchen Vorhiee e 


486 

Niemand zu fügen, und Jeder konnte auf feinem Vertrage bes 
ſtehen. Dieſen letzteren Standpunft hat auch der fehr praktiſche 
Abeles feitgehalten. Dann iſt auch die Reduzirung einer Lies 
ferung von ſolchem Belange, wie ſie noch thatfächlich in Aus 
fiht fand, kein Faktum, was fich fo verborgen zwifchen vier 
Wänden abthun läßt. Ein jeder Betheiligter hatte Teicht Gele⸗ 
genheit, fih über die Wahrheit zu erkundigen. Wer an ben 
Brief nicht glaubte, konnte einfach beim ArnreesOberfommando 
nachfragen, und er wäre dann ficher auf dasjenige gekommen, 

was er wirklich zu glauben Hat. Nach allen dieſen Erörteruns 
gen iſt daher Feine Srreführung vorhanden gewefen, feine Be 

flimmung auf den Willen der einzelnen Subkontrahenten geübt 

worden, durch welche die Srreführung zu feinem Entſchluß in 

einen beitimmten Zufammenbang getreten wäre, und es kam 

ſomit von einem Betruge Feine Rede fein. Sch muß noch dazn 

bemerken, daß Herr Hofratb EdersKraus beitätigte, Hen 

Richter habe beabfichtigt, fich mit einer Bonifilation in Waare 

oder Geld eingufinden. Sein Geſuch an das ArmeesÖberlom- 

manbo beweift dieß unb es ift dieß weiter durch die Mitthei⸗ 

lung des Herrn Hofraths Kraus bewiefen. Hatte fich aber 

Richter zu einer Bonifikation entfchloffen, mußte er feiner 

ſeits den Kalkül ziehen über die noch zu lieferuden Stück, 

um mit Beitimmtheit fagen zu können, ob er mit biefer Boni 

fitation auch thatfächlich bereits geleiftet. 

So wie aber ſchon die Urelemente des Betruges fehlen, 
fo fehlen auch die Eonfekutiven Momente, welche zu jedem Be 
truge erforderlich find. Daß Herr Richter feinen Schaden zur 
fügte, und Daß er ihn auch nicht keabfichtigte, glaube ich darge: 
than zu haben, und ich berufe mich auf den Charakter Rich⸗ 
ter's, auf das was feititeht, wie namentlich die Subkontrahen⸗ 
ten, welche bier konkret in Betracht kommen, in Bezug 
auf Richter felbit fich äußerten. Bei Münz berg habe ich kaum 
nöthig, mich darüber weiter auszulaffen. Sch habe bereits in 
dem eriten Theile meiner Ausführung dargethan, daß er einen 
Schaden nicht erleiden konnte, da der Garnabſatz nicht aufge 
hört hat, und da man, wie dieß vielfeirig bemiefen wird, babei 
einen Schaden nicht erleiden Tann. 

Ich wende mich zu Abeles. Auch für diefes Faktum 
Habe ic) im erften Theile meiner Audiiigeumgen Giutängliche 


487 


Prämiffen gewonnen. Es fteht feit, Daß Abeles erklärt hat, er 
gehe auf die Reduktion nicht ein, und wolle dafür auch 
jebes Pfund Garn von Nichter übernehmen. Auf biefes 
Faktum ift er in einem fpäteren Briefe zurüdgelommen, und er 
bat von der Erfüllung der Bertragspflicht ſeitens Richters 
und ſeinerſeits gefprochen. Er hat fogar mit einem Prozeſſe ge: 
droht. Nun aber hat Abeles noch ein bedeutendes Quantum 
von circa 4 bis 600 Zentner Garn von Richter noch nicht 
übernommen. Die löbliche Staatsbehörbe hat nun geftern bes 
merkt, daß Abeles nicht glaubte, Daß er die Waare gerade aus 
jenem Garn hätte erzeugen mäüflen, weiches er von Richter 
noch zu nehmen hatte. Sch. gebe dieß allenfalls zu, für meinen 
Zweck ift dieß ganz gleichgiltig. Dagegen fteht aber feit, daß in 
einem entgeltlicyen Vertrage mit gegenfeitigen Leitungen bie 
Leiftung von der einen Seite bedingt ift durch die Erfüllung 
ber Leiſtung von. der anderen Seite. Deßhalb kann ber eine 
Theil zur Erfüllung des Vertrages nicht gezwungen werben, 
wenn von der andern Seite Ber Vertrag nicht eingehalten oder 
doch Die Bereitwilligfeit hiezu nicht erflärt wird. Richter hatte 
übrigens auf dem Standpunfte, den er einhielt, guten Grund 
zu glauben, daß Abeles fein Garn abnehme, um die zu Tiefernde 
Waare daraus zu erzeugen. Es ift dieß der erfte Grund, warum 
bie Abeles’sche Waare von Richter noch nicht bezogen wurde. 
Abeles hat ausdrüdlich beitätigt, daß er das Richter'ſche 
Garn noch nicht bezogen habe. Es werden fich daher die bei⸗ 
ben Theile gegenieitig abfinden, was wohl einen Anlaß zu 
einem. Zivilprogeß, aber keineswegs zu einem Strafprozeſſe 
geben Zönnte. Abeles bat auch weiters ausdrüdlich beitäz 
tigt, daß er in dem Behalten der an Krumbholz geland- 
ten Faktura eine Annahme ter Waare fehe, womit auch das 
Sutachten des Herrn Dr. Mayerhofer übereinitimmt. 

Der Standpunkt, den Herr Richter in der ganzen Ans 
gelegenheit inne hat, ift daher‘ Tediglich ein rein privatrechtlis 
her. Man kanıı aber auch von feinem Schaden fprechen. Abes 
le8 felbft hat wiederholt gejagt, er ſei nicht befchädigt. Auf 
bie wiederholte Srage, ob fein Schaden 10.000 oder 6000 fl., 
ober wie viel erbetsage, erklärte er: »Ich kann das nicht fagen, 
ich habe keinen Schaben,« und er bat auch rüdjichtlich der bei 
ihm Tiegengebliebenen Stüde erklärt, „ie gehiren Rider, 


488 


ih konnte fie nicht verkaufen, weil fie Richt er's Waare finb.« 
Man bat fi fogar bewogen -gefunden, ihm einen Schaben 
durch Sachverftändige aufzunötbigen. VBezeichnend in der- Sache 
ift, daß er am Schluffe jenes Protofolles, welches über die 
Waare bei ihm und über feinen Schaden aufgenommen wurbe, 
nochmals binzufügte: »Ich erleide Feinen Schaden, ich kann 
nicht angeben, daß ich bejchädigt fei.« Ich muß fagen, daß ich 
mir bei der Natur unferer Strafprogeßordnung einen oftroyirten 
Schaden nicht recht denken kann. Schon bei Borges hat es 
mid) in ber Anklage frappirt. Die offizielle Beitimmung eines 
Schadens it mit ben $$. 75, 76, 127, 270, 359 unferer 
Strafprozeßordnung nicht vecht vereinbar. Wenn Semand bes 
ſchädigt erfcheint, ift in der Regel der Schade nur durch ihn 
felbft, durch Sachverftändige aber nur dann zu erheben, wenn 
entweder der Beſchädigte den Schaden zu hoch angibt, ober 
wenn er nicht fähig tft, ihn zu Tonftatiren. Es gibt aber keinen 
bloß durch Sachveritändige gegen den Willen bed Betheiligten 
oftroyirten Schaden. Es kann fomit auch in dieſem Falle von 
einem zu offroyirenden Schaden nicht die Rede fein. Die Sub- 
fontrahenten find nicht befchädigt, und der ganze Anklagepunft 
fällt von felbft hinweg. 

Ich wende mich nun zu dem Anklagepunfte bezüglich ber 
Stoffminderung durch geringere Einftellung und Veränderung 
der Sarnnummern. Hier bejchränfe ich mich zuerft auf das fat 
tifche Sebiet. Man muß fich vollftändig Klar werden, welches 
ber Rechtsſtandpunkt für die Lieferung des Herrn Richter 
bezüglich der vier Millionen Ellen Kalikot an das Aerar war. 
Die Löbliche Staatsbehörbe hat im Laufe des Bemeisverfahs 
end und in ihrer Schlußausführung, fo wieinder urfprünglichen 
Drudichrift den Standpunkt eingehalten, daB das Mufter vom 
4. Juni die Genehmigung vom 8. Juni und der Vertragsab⸗ 
ſchluß vom 22. Juni die Rechtsgrundlage bilden. Das Offer 
von vier Millionen Ellen ift aber eben nur ein Offert, es ift 
nichts als im Sinne des bürgerlichen Geſetzbuches $. 862 ein 
Derfprechen, ein Verſprechen mit Borlage eines Mufters. 

Derjenige, dem ich etwas offerire, ift Dann vielleicht ges 
neigt, Darauf einzugeben, und dieß fagte er im vorliegenden 
Falle am 8. Juni. Er fügte bei: „wir wollen einen fchriftlichen 

Bertrag errichten, « und da \agt 5. OB dei hinein. -B., 


489 


dag, wenn beide Theile über einen fchriftlichen Vertrag überein: 
kommen, auf anderweitige Abrebe vor Unterfertigung des Ver⸗ 
trages Feine weitere Rüdficht zu nehmen fei. Es ift übrigens 
nicht erwiefen und kann auch durch alle Korreſpondenz zwifchen 
Richter und Krumbholz nicht erwieſen werben, daß das Mufter 
vom 4. Juni wirklich Schuß Nr. 16 gehabt, obwohl dieß für dem 
vorliegenden Fall vollkommen unentſcheidend iſt. Am 8. Juni 
befinden wir und auch, noch auf demſelben Standpunkt, nämlich 
in der für den Vertrag noch nicht rechtöwirkfamen Vorverhand⸗ 
lung. Am 15. Juni gab Herr Richter den Unterhandlungen 
eine neue Wendung, er offerirte ein neues Mufter und hätte 
eben fo gut ausdrüdlich das früher offerirte vom 4. Juni zu⸗ 
rücknehmen können. Er hat es aber ſtillſchweigend zuruͤckgenom⸗ 
men im Einne $. 863 des bürgerlichen Gefeßbuches. Daß 
Jemand ftillfchweigenb ein DBerfprechen zurüdnehmen kann, 
wenn es durch eine unzweideutige Willenserflärung gefchieht, 
befundet 6.863 des bürgerlihen G. B., welcher den ſtillſchweigen⸗ 
ben Willenserklärungen, wenn fieaufeineungmweideutige Weiſe den 
Willen befunden, diefelbe Rechtskraft beilegt, wie den ausbrüd- 
lichen Willenserklärungen, und es kann Niemand zweifeln, wenn 
ein Lieferant für ein Mufter vom 4. Juni am 15. Juni ein 
neues Mufter fubfiftuirt, er damit zugleich zu erkennen gibt, 
daß er das frühere Mufter zurüdgenommen habe und die Unters 
Handlungen auf der Bafis des fpäteren Mufters, nämlich des 
. vom 15. Juni, einleite. Durch die Erledigung vom 8. Juni 
ift Daher gar fein -Rechtsftandpunft gewonnen, benn das Mufter 
. vom 15. geht dem Vertrage vom 22. Juni voran. Es ift eben 
unwahr, Daß der Vertrag vom 22. Juni auf Grund des Mufters 
vom 4. Juni gejchlofjen wurde. 

Die Monturskommiſſion, welche um die Begutachtung 
bes Mufters vom 15. Juni aufgefordert wurde, hat auch ihr 
Gutachten am 21. Juni abgelegt und bdiefelbe Monturskom⸗ 
miffton wares, welche am 22. Juni den Vertrag abgefchloflen 
bat, und es kann das unter Feiner andern Bedingung, unter 
feiner andern Vorausſetzung gewefen fein, als daß das ohnehin 
am 21. Juni begutachtete, am 15. Juni eingebrachte Mufter 
‚ jenem vom 4. Juni derogire, daß fomit das fpätere Mufter bie 
Grundlage des Vertrags bilde. Oberft Georgi hat auch aus⸗ 
brüdlich bejtätigt, Daß bei der Abfalfung des Wertrangt UL 


490 


mit ſolchen Subtilitäten vorgegangen werde, dag man fich alle 
Klauſeln vorbehielt, wenn man auch erſt am 26. Juni Das 
Mufter vom 15. Juni genehmigte. Es bildet ſomit die Geneh⸗ 
migung des zweiten Muſters einen Additionnlartifel zum Ver⸗ 
trag vom 22. Juni. Dieß ift die Rechtsgefchichte des Vertrages 
vom 22. Juni und es iſt barans Klar, daß das Muſter vom 4. 
Juni hier gar nicht mehr weiter in Betracht fommt. Mit dem 
was ich hier in thatfächlicher Beziehung auseinanderjebte, Fällt 
auch die Behauptung zufammen, als fei das zweite Diufter bes 
trüglicher Weifefubftituirt worden. Ich muß aufrichtig geftehen, 
daß ich mir hier einen Betrug, eine Irreführung gar nicht denken 
kann. Durch welche Manipulation das Mufter erzeugt wurde, 
ob e8 29 Zoll hatte, wie es entitanden iſt, wie es jene Beichafs 
fenheit befam, die es Damals hatte, darauf kommt es gar. nicht 
an. Die Militär-Monturseommiffion bat das zweite Muſter 
eben fo begutachtet wie das erſte und die Montursfommifs 
fion zu Stoderau it das technijche Organ des Armee⸗Ober⸗ 
Tommandos. Die Monturskommiffion bat auf ihrem Stand» 
punfte das zweite Muiter, wie fie e8 für nöthig erachtete, unters 
fucht und fie hatte bei dieſem zweiten Muſter die Wahl zwifchen 
dem vom 4. und dem von 15. Juni. Wenn fie fich num für 
das vom 15. Juni entfchieden, fo hat fie jelbitverttändlich vom 
technifchen Standpuntte die Srage der Nehnlichkeit und Unähn- 
lichkeit der beiden Muſter volitändig entfchieden, und man 
müßte nur annehmen, daß die technifche Kommiſſion die Sache 
nicht verftanden und ihre Pflicht nicht gethan hätte, oder daß 
wir bier im Gerichtsſaale es beſſer verftünden, als die Stoder- 
auer Montursfommiffion, was ih doch kaum glauben 
möchte. 

Ich glaube, nach allem dem ijt nicht dargethan, daß eine 
Irreführung der Kommiffion möglich war, da die Monturss 
kommiſſion Die kompetente Autorität ift und fih für Das 
zweite Muſter ausſprach. Auf Grundlage diefes Ontachtens 
bat dag Armee» Oberfommando die Lieferung nad) dem zwei⸗ 
ten Mujter bejchlofjen und ſomit iſt eine Irreführung auch von 
dieſem Standpunkte aus nicht möglich. Es iſt daher in Diefer 
Richtung fich in eine Sadenzählung einzulajjen, ebenjo wie die 
Konjtatirung der Garnnummern etwas Ueberflüfliges, und es 

. genügt das anzuführen, was die Sahyverkinüigen in der Schlußs 


492 


22. Juni und ber Ergänzung besfelben vom 26. Juni in 
Verbindung mit dem Sutachten vom 21. Juni. Ich fühle mich 
übrigens nicht berufen, technifch zu unterfuchen, ob dieß GOutach⸗ 
ten der Monturskommiſſion vom 21. Juni richtig fet ober nicht, ih 
fompromittire auf dieſe technifche Autorität und unterorbne 
mich den Sachverftändigen. Ich glaube aber, daß die technifchen 
Drgane berMilitär-Abminiftration hinlängliche Erfahrung, hin 
Tängliche Umficht und Waarenkenntniffe haben, um nicht einen 
Ausfpruch zu machen, der das Aerar zu Schaden bringen würde, 
Begebe ich mich demnach auf die Grundlage des Vertrages, 

fo enthält diefer Vertrag von Garnnummern, Gewicht, Yäben 
zahl u. f. w. nicht das Geringfte. Oberft Georgi fagt, daß kei 
den Kommiſſionen nicht nach diefem Geſichtspunkte übernom⸗ 
men werde, ja er bat beftätigt, daß man fich mit derlei Subs 
tilitäten nach der Inſtruktion nicht zu befaffen Hätte, und fomit 
war der Vertrag nur derart bindend, daß die Waare zwar voll⸗ 
ftändig Ähnlich zu fein hatte, daß aber in Bezug auf qualitativ 
ähnliche Befchaffenheit an minutiöfes Fadenzählen per '/, Zoll, 
an eine Analyfe der Garnnummern zu denken, unthunlich, und 
nach ben Aufſchlüſſen, bie wir gehört Haben, fogar unmöglid 
war, weil Nr. 16 von Nr. 18 in der Verarbeitung gar nicht 
unterjchieden werden koönne. Richter befennt, daß Nr. 18 
Kette und Nr. 18 Schuß verwendet wurde, und es fteht feft, day 
er einen höheren Preis verlangt haben müßte, wenn er Nr. 16 
Schuß‘ hätte verwenden follen. In dem Stadium bes Ber 
tragsabſchluſſes war demnach eine Irreführung nicht möglich, 
aber auch nicht bei der Vertragserfüllung, weil auch bier eine 
betrügerifche Unterfchiebung, wo die Vergleichung ber Waare 
mit dem Mufter erfolgte, nicht denkbar ift. Es lag das Mufters 
ftüd vor, man fonnte die abzuliefernde Waare mit demfelben 
vergleichen und jene Stüde zurüdftoßen, welche dem Muſter 
nicht enifprachen, was auch thatfächlich geſchah. Es iſt alſo 
eine Irreführung in dem Momente der Bertragserfüllung eben fo 
wenig möglih, als im Momente des Vertragsabfchluffes. 
Allein ich gehe weiter und ftelle den Sat auf, daß nach den 
Beitimmungen des allgemeinen bürgerlichen ©efeßbuches, wie 
dieß auch vermöge einer Entfcheidung des oberften Gerichts⸗ 
hofes vom 5. Juli 1854 feftfteht, und aus $. 919 a. b. G. 2. 
bezüglich ber Bertragserfüllung, dannausg.922 wegen Gewähr: 


493 


deiftung und $. 934 wegen ber Verletzung über bie Hälfte evident 
hervorgeht, die bloße quantitative Nichterfüllung eines Vertras 
ges nie einen Betrug begründen kann. Wollte man das Gegen- 
theil behaupten, jo wäre jede Kontraktsklage fofort dem 
Strafggrihte nach beim bekannten Hofdeltete zum weiteren Bers 
fahren abzutreten. | 

Wenn mir Jemand 100 fl. ſchuldet und mir nur 80 fl. 
bavon zurückzahlt, fo bat er mich gerade fo verkürzt, als 
wenn er mir einen Baden weniger als die etwa bebungenen 30 
Faͤden auf '/[_]’ gegeben hätte. Könnte ich dann fagen, ich fet 
betrogen, wenn mir ein Schneider, bei dem ich mir einen blauen 
Brad mit zwei Reihen vergoldeter Knöpfe beftellt habe, einen Brad 
mit einer Reihe Knöpfe bringt. Ich nehme den Sradanund er hat 
mich nicht betrogen. Wenn ein Kaufmann Syrup nach Muſter be- 
ſtellt und findet, Daß der gelieferte Syrup nicht fo füß ift, wie 
das Mufter, und er den Syrup dennoch annimmt, fo ift er 
nicht betrogen. &8 verbleibt ihm hoͤchſtens im Sinne des bür- 
‚gerlichen Geſetzes ein ſehr prefäres Entfchädigungsrecht. Wenn 
‚ein Baumeifter mir ein Haus nach einem Plane baut, und id 
dinde, daß das Haus zwar nicht ganz nach. dem Plane gebaut ift, 
sch übernehme aber dennoch die Schlüffel von ihm, fo bat er 
mich nicht betrogen; e8 bleibt mir hoͤchſtens eine Entfchädigungs- 
age gegen ihn. Ich führe eben einen Prozeß, ber jetzt dem ober- 
ſten Gerichtshofe zur Entfcheidung vorliegt. Ein biefiger Bilder- 
händler verkaufte einem Kunftfreunde ein Bild als einen echten 
Buido Reni, nun aber ift das Bild fein Guido Reni, die Sach⸗ 
Herftändigen haben dieß beftätigt. Es lag bier ficher mehr Grund 
zu einer Betrugsanzeige vor,und dennoch hat fich die Partei auf 
den Zivilprozeß beſchränkt und die Sache ift nun in dritter In⸗ 
ſtanz anhängig. Es ift dieß ein viel grellerer Fall als der, wel⸗ 
cher dem hohen Gerichtshofe jet zur Urtheilsfällung vorliegt. 

Es iſt aber auch nach all dem, was im DBerlaufe bes 
Beweisverfahrens fich ergab, weder Die zu jedem Betrugsfaktum 
erforderliche böfe Abficht, noch ein beabfichtigter oder wirklicher 
Schade vorhanden. Der Schaden ift nicht beabfichtigt, das 
‚zeigen die zahlreichen Briefe, welche Herr Richter an Krumb⸗ 
Holz gefchrieben Hat. Alle diefe Briefe athmen den Geift Rich- 
ter’s, dem vor Allem an der ehrlichen und eraften Erfüllung 
Der übernommenen Derbindlichfeit gelegen war. Er bränate 


494 


in Krumbholz, ja für die exakte Erzeugung ber Waare Sorge 
zu tragen. Ich berührte ſchon früher die Ausfage des Maftny, 
welcher erflärte, daß ihm die Rebuzirung der Waare ganz ers 
wünſcht war, weil er fo gute Waare, wie Richter ſie verlangte, 
nicht erzeugen fonnte. Borges beitätigte gleichfalls, daß er dem 
Anforderungen Richter’8 in Bezug auf gute Qualität nicht 
nachkommen konnte. Es iſt erwieſen Durch die Ausfage des Ober 
fien Georgi, daß Richter die Monturslommiffion Stoderan 
ſelbſt aufgefordert babe, bei ber Prüfung der Waare ja firenge 
zu Werke zu geben, was ficher die böfe Abficht ausfchließt. 
Es ifterwiefen, daß Richter vorzügliches Garn verwenden 
Heß. Hellmann, Kaufmann, Maftny und bie Sachver⸗ 
Händigen Weidholz und Schwarz haben biefes in ber 
Schlußverhandlung gleichfalls betätigt. Sie haben weiters aus 
der Anficht der Mufterftüde mit ziemlicher Sicherheit, beinahe 
mit aller Gewißheit gefchlofien, daß Richter, mie er angab, 
nur norbamerifanifche Baummolle verwendele und die genannten 
Sachverſtaͤndigen haben ausdrüdlich angegeben, daß Richter 
viel billiger hätte erzeugen Fönnen, wenn er zum Theile oftins 
difche Wolle verarbeitet hätte, deren Beimengung zu einem 
geringen Theile nicht einmal fichtbar ift und die Waare für das 
Auge noch beftechender und für die Hand »„griffiger« macht. 
Alle diefe Umstände thun auf das Klarfte dar, daß Richter 
nicht die Abficht hatte, dem Aerar einen Schaden zuzufügen. 
Sein Gewinn war ein höchit mäßiger, denn fein Gewinn iſt, 
wie bereit nachgemwiefen wurde, ein ſehr geringer, und wie der 
hohe Gerichtshof fich durch die Einficht des Verzeichniffes Nr. 370 
überzeugte, wurden anderen 2ieferanten weit höhere Preife 
gezahlt. Es ift weiter ein ganz falfcher Geſichtspunkt, das ſchon 
für einen Schaden anzufehen, mas Jemandem durch die nicht 
genaue Bertragserfüllung entgeht. Der $. 1293 des hal. 
G.⸗B. definirt den Schaden als den Nachtheil am Vermögen, 
welchen man erleidet, an dem aljo, was man nach dem römis 
ſchen Rechte bereits in bonis suis befigt. Ein Nichteriverb eines 
Gutes, das erft erworben werden fol, ift nie ein Schade, fondern 
nur der Verluſt des Gutes, welches man bereit3 befitt, ift ein 
Schade; was gleichfalls durch $. 1293 bes bgl. G.⸗B. feitgeftellt 
it. Der löblichen Staatsbebörbe ift geftern unwillkürlich 
bie richtige Anficht ent{chlüpit, Inden fe (aqte, Richter habe 


, | 495 


das Aerar dadurch befchädigt, indem er die Abjicht Hatte, 
das zugewinnen, was dem Aerarentging, mas aber offenbarnurein 
entgangener Bortheil und fein Schade wäre, Das Recht aber, 
welches ich gegen einen Andern auf eine Leiftung habe, ift an 
fih in feiner Eriftenz fein Gegenſtand der Zufügung eines 
Schadens. Wenn ih an meinem Yorderungsrechte verlegt 
werde, weil der Schuldner nicht leiftet, was er zu leiſten hat, 
fo eriftirt mein Recht dennoch, und mein, wenn auch verleßtes 
Recht hört nicht auf ein Recht zu fein. Alfo kann fich ber 
Schaden nur auf das Materielle, mas ich in Händen habe, 
nur auf die Sache jelbit oder darauf beziehen, daß ich durch 
Betrug mein Recht ſelbſt verliere. Die Verletzung des Rechtes als 
folches aber ift nie ein Schade, auch nicht im Sinne bes $. 197 
bed St. G.⸗B. 

Es fommt aber noch ein anderer Gefichtspunft dazu. 
Ich will mich auf den Standpunft ftellen, daß das Aequivalent, 
welches ich aus einem entgeltlichen Vertrage bekommen fol, 
fhon in bonis meis if, fehon zu meinem Vermögen gehört, 
und baß ich fomit dadurch, daß ich es nicht vollftändig bekomme, 
im Sinne de8$. 1293 des bgl. ©. B. ſchon einen Schaben erleide. 
« Aber felbft unter diejer Vorausſetzung würde fich alles um ben 
Beweis drehen, ob das Aequivalent, welches ich erhielt, . 
einen geringeren Werth habe, ald das Entgelt, melches ich 
bingegeben babe. Hier wäre daher zu ermeifen, daß ber 
Kalitot, welcher geliefert worden ift, 25"/, fr. per Elle nicht 
werth war. Alle Zeugen, alle Sacverftändigen haben aber 
beftätigt, daß die Waare 25 '/, fr. werth war. 

Allein das Aerar hat die Waare, da bie Fädenzahl gleich- 
giltig it, muftermäßig erhalten, weil die Waare dem Mufter 
entfprach. Das Nerar hat in der Waare vollftändig das Aequi⸗ 
valent befommen, das e8 hingab, und deßhalb ift fogar unter 
dem Seflchtöpunfte, wenn man annehmen würde, daß durch bie 
Nichtleiſtung des Aequivalents dem Aerar ein Schaden zuge- 
fügt worden märe, Demfelben fein Schaden zugefügt worden, 
weil es das vollftändige Aequivalent befam. Es fällt fomit 
auch dieſe ganze Frage außer Betracht. Dazu kommt aber noch 
die fehr merkwürdige fachgemäße Ausfage des Oberften Georgi. 
— Oberſt Georgi hat gefagt, daß die 30zöllige Breite des 
Stoffes genüge und daß die Breite über dreigig, — 


496 


fel. Es war auch beftimmt, daß Waare unter 29'/, Zoll guid- 
zugeben und ber Mangel an ber Breite von 29°/, bie 

30 Zoll an der Laͤnge abzuziehen ſei. »Es nützt und nichts, 
ob wir einen Zoll in der Breite mehr bekommen, er iſt abſolut 
werthlos,“ ſagte Oberſt Georgi. Wenn nun das Mitglied der 
Monturskommiſſion den 31. Zoll für werthlos erklärt, fo iſt 
es ficher fein Schade, daß er wegfiel. Aber der Kontzahent 
Richter hatte ihn außerdem auch gar nicht zu Tiefern, Denn er 
ſteht auf dem vertragsmäßigen Standpunkte von 30 Zoll, und dieſe 
hat er geliefert. Und hier muß ich nochmals in Erinnerung bringen, 
was ich bereits früher anläßlich des Meßtiſches bemerkte, da 
die Staatsbehörde behauptete, daß man das Meſſen an Meß— 
tische nicht al8 Norm annehmen könne, weil nicht Alles gemeſſen 
wurde. Wenn dieß richtig iſt, Dann ift auch der Beweis unmöglich, _ 
daß eine Verkürzung flattgefunden bat, weil nicht die ganze 
Waare befihtigt wurde. Das Refultat der Erörterung rüds 
fichtlich Diefes Punktes ift folgendes: Es hat eine Irreführung 
nicht ftattgefunden weder im Momente des Vertragsabſchluſſes 
noch im Momente der Vertragsunterfertigung, noch im Mo⸗ 
mente der Vertragserfüllung. Es iſt keine Abſicht anzunehmen, 
daß Richter das Aerar beſchädigen wollte, es iſt bewieſen, daß 
er die Waare muſtergiltig geliefert hat, weil hier die Fadenzahl 
außer Betracht kommt, und ſomit kaun auf dieſem Gebiete von 
einem Betruge Feine Rede fein. 

Ich wende mich nun zu dem Devifengefchäfte. Bor 
Allem hat bier die Staatsbehörde das Bedenken aufgeworfen, 
daß der Zwilchanfauf im Auslande nicht nöthig gewefen fei. 
Ich habe diefe Frage bereits im erften Theile meiner Ausführung 
affirmativ beantwortet, und habe die Beweismittel dafür allegirt. 
Sch gehe nun über diefe Behauptung fofort weiter zu einem 
‚andern Punkte, welchen die Staatsbehörde bei diefer Anklage 
erörtert hat. Der zweite Umftand, den fie betonte, war der, 
ob es denn überhaupt nöthig geweſen fei, ſich am 7. Juli die 
Devifen zu verſchaffen. Sie fagt, am 7. Juli fei diefes noch 
nicht nöthig geweſen, weil noch fein Zwilch gekauft worden if; 
auch habe man noch nicht gewußt, ob man Zwilch finden und 
Jaufen werde. Ich muß vor Allem diefen beiden Bemerkungen 

entgegentreten. 

In ber Beichaffung von Dein yahen wagte Tadıs 


498 


in ben Vordergrund geſtellt werden, daß ber einzige unmittel⸗ 
bare Zeuge des Schkuffes, Freiherr v. Brud, nicht mehr am 
Leben und fein perfünliches unmittelbares Zeugniß unmoͤg⸗ 
Ih if. Es bleibt Daher für ung, fo weit eg auf das Zeug. 
niß des Freiherrn von Bruck ankommt, bloß ein Dokument übrig, 
nämlich die Note vom 3. Jänner, welche ich bereits früher zu 
analyfiren die Ehre hatte. Es ift diefe Note jo wenig au bean⸗ 
Ränden, daß ich weiter Fein Wort darüber zu verlieren in ber 
Rage bin. Da nun aber ein direkter und unmittelbarer Beweis 
über den Schluß vom 7. Juli nicht mehr möglich ift, fo er 
übrigt nichts als der Beweis aus Wahrfcheinlichkeitägründen, 
‚welche alle zu dem Refultate zwingen, daß der Schluß am 7. 
Juli ftattgefunden bat. Ich habe bereits auf Die Ausſage ded 
Hern Schiff hingewiefen; Herr Schiff hat in der Schluß 
verhandlung ausgefagt, daß Herr Richter ihm am 3. oder 
4. Juli mittheilte, daß er eine Poft London dem Minifter 
verfchloffen habe. Herr Schiff hat weiter ausgefagt, daß 
in Folge deſſen die mit der Korrefpondenz einlaufenden 
Devifen vom 3. bis 8. Juli zu dieſem Zwecke zurüdgehalten 
und nicht begeben wurden, weil, wie er auf eine fpätere An 
frage hinzufügte, er das damalige Portefeuille der Kredit: 
anftalt zur Abgabe eines ftarfen Poftens London nicht ausreis 
chend hielt. Herr Schiff hat in der 22. und 23. Antwort in 
der Vorunterfuchung beftätigt, da fchon acht Tage vor dem 14. 
Juli, und er präzifirte diefen Zeitpunft durch die Abreife des 
Herrn Hoppe nah England, Herr Richter ihm einen Polen 
London notifizirte. Herr Baron Brentano bat in der Schluß 
verhandlung in Uebereinftimmung, in.Ergänzung deſſen, was 
er in ber Vorunterfuchung ausfagte, fih dahin geäußert, daß 
Se. Erzellenz Freiherr v. Bruck ihm fagte, daß er fich bes An- 
kaufes erinnere; Sreiherr von Brentano wies bereit Darauf hin, 
daß der Schluß mit Se. Erzellenz gemacht, und es komme nur 
darauf an, wann dieſes London mit dem Finanzminifter gefchlei 
fen worden fei. Unterftüßend iſt noch nebenbei die Aufklärung 
bes EGMEL. Eynatten, die troß der fonftigen Geſchicke dieſes 
Mannes denn doch Glauben verdient, denn zur Zeit, als ihm 
Diefe Aeußerung abgefordert wurde, war er noch in ber admini⸗ 
ftrativen Unterfuchung, und wenn demnach Se. k. Hoheit ber 
Herr Erzherzog Wilhelm ihn wirtig fa, Iyen einen Bericht 


499 


- über die Sachlage abzufordern, fo glaube ich,daß er rückſichtlich 
Diefer Angelegenheit wirklich als glaubwürdig anzufehen fei. 

In Bolge diefer Aufforderung Hat auch Baron Eynats 
ten am 18. Dezember feine Jeußerung erftattet und beftätigt, 
Daß der Schluß durch Baron Brud erfolgt fei. Wenn nun 
Baron Brud den Schluß beitätigt, wenn Freiherr ven Bren- 
tano fich erinnert, daß der Miniſter diefen Schluß beftätigt 
hat, wenn ed gewiß ift, Daß diefer Schluß gar keinen Sinn hätte, 
wenn er nicht zur Zeit ber Abreife des Agenten und jedenfalls 
vor dem 14: Juli gemacht worben wäre; fo find das Iauter 
anterftüßende Beweismittel bafür, daß der Schluß am 7. Juli 
gemacht wurde und ber vollftändige Beweis dafür liegt in der 
Note des Finanzminifteriums vom 3. Jänner d. 9. 

Ich glaube damit die Kardinalfrage beantwortet zu haben. - 
Es handelt fich nun zunächft darum, die Bedenken, welche in der 
Schlußverbandlung von der Staatsbehöde entgegengehalten 
worden, zu widerlegen. Diefe Bedenken find zunächft formeller 
Natur. Sie betreffen die Eintragung in das Börfentablenu, 
die Korrefpondenz und die Buchung. Hier gilt zunächſt fols 
gender Standpunkt. Alle diefe Akte find Folgen bes Schluffes, 
nicht der Schluß ſelbſt. Man kann nicht etwa fagen: das Ger 
ſchaͤft jet durch die Eintragung in das Börfentableau, durch die 
Korreſpondenz und die Buchung gemacht worden, dieß wäre 
volftändig unrichtig. Das Geſchaͤft muß zuerſt abgeſchloſſen 
fein, und kann erft dann eingetragen, durchgeführt werden. Die 
Ausführung feßt eben das gefchloffene Geſchäft voraus. Auch 
ift e8 eine eben fo unrichtige Anfchauumg, Daß Die Durchführung 
in ben Büchern, in ber Korrefpondenz etwa als Die Uebergabe 
anzufeben fei. Darin ſehe ich Feine Mebergabe, und es war auch, 
wie ich fpäter berühren werde, eine Mebergabe etwa im Sinne 
des F. 428 des bürgerlichen Geſetzbuches gar nicht: nöthig. 
Wenn der Schluß auf 20.000 Pf. zwifchen Baron Brud und 
Nichter gemacht wurde, blieben die Devifen felbftverftändlich 
beim Kommifjlonär für das Zwilchgefchäft, d. 5. bei der Kre⸗ 
ditanftalt, weil fie ja die Zahlungen für ben Zwilch zu leiſten 
gehabt Hätte. Die Uebergabe war nicht nöthig, und vom Stand⸗ 
punkte des Kaufabichluffes Hatte man e8 mit. einem Kauf auf 
Borg zu thun und $. 1063 bes bürgerlichen Gefehbuches bes 
ftimmt, daß beim Kauf auf Borg das verkaufte Obiekt fofert. 


500 _ 


in bas Eigenthum des Käufers übergehe, und es ift Dabei bie 
phyfiſche Webergabe an benjelben nicht abjolut nothmwenbig. 
Da nun bie Devifen bei dem Kommifftonär des Zwilchgeichäfs 
tes, bei der. Krebitauftalt, zu ‚gerbleiben hatten, fo war bie 
Uebergabe um fo weniger nöthig. Die Deviſen waren beider 
Kreditanftalt zur Dispofition des Aerars und Dadurch überge 
ben. . Vebrigend muß bemerkt werden, daß jene formellen Akte: 
bie Eintragung in bas Börfentableau, die Korrefpondenz und 
die Buchung, nicht einen Schluß vom 14. Juli beweifen. Sie 
bemeifen als Beweismittel nur das, was fie enthalten; fie ent 
halten aber einen Kauf vom 7. Juli, und-mithin.beweifen fie 
eben nur einen Kauf vom 7. Juli. Dan kann ja über Rechts⸗ 
afte, die früher ſtattgefunden, auch erſt fpäter - Die Beweisur 
funden errichten. Was nun insbefondere das Börſentableau 
betrifft, fo wurde demfelben von Seite. der Anklage ein ſehr 
großes, entjcheidendes Gewicht beigelegt, welches ihm aber nicht 
zulommt. Herr Dr. Mayerhofer hat e8 für eine erft bei der 
Anſtalt eingeführte erzeptionelle Einrichtung erflärt. Die Be - 
hauptung ber Anflage, dag alle Geſchäfte in das Börfentablean 
kommen müfjen, ift unrichtig. 
88 Steht im Gegentbeil feft, daß bei der Kreditanftalt nicht 
alle Geſchäfte in das Börfentableau fommen müjfjen. Ich berufe 
mich auf die Ausfage des Zeugen Niederhofheim, des Chefs 
der Korreſpondenz, der ausfagte, daß. nur die auf Der Börje abs 
geichloffenen Gefchäfte in das Tableau eingetragen werden 
und börfenmäßige Sefchäfte nur dann an demfelben Tage in’s 
Tableau fommen, wenn fie wirklich auf. der Börfe abgefchloffen 
werben. Echlüffe, die nicht auf der Börfe gemacht werben, 
fommen nicht nothwendig am Tage ded Schlufles in dag Bör- 
fentableau, und fogar die Antwort, weldhe Herrn Richter ent 
gegengehalten wurde, daß der Yinanzminifter ihm  fagte: 
»®eben Sie aus dem Portefeuille der Anftalt,« beweiſt, was 
auch ganz mit ben Ideen des Finanzminiſters, Die Baluta nicht 
auf ber Börfe in die Höhe zu treiben, im Einklange ift, daß 
das Sefchäft nicht auf der Börfe gefchloffen worden ift. Man 
bat weiters den Avifobrief ohne Datum beſonders hervorges 
hoben und darin fogar eine Berheimlichung der Spur ber That 
erfennen wollen. Ich muß gefteben, daß ich in einem nicht das 
Firten Briefe, von dem durch die Zeugen Grünbaum und 


* 


501 


Niederhofheim hervorgeht, daß das Datum nur aus Ver⸗ 
fehen mwegblieb, nie die Spuren der Verheimlichung einer That 
erbliden würbe. Im Gegentheile würde ich e8 eher im Hinein- 
fchreiben des Datums.erfennen; wenn 3. B. das Datum vom 
7. hineingefchrieben worden wäre und alle Umftände dagegen auf 
ben 14: als Datum hinweiſen würden. Wie aus den Zeugenaus⸗ 
fagen hervorgeht, iſt das weggelaffene Datum ein Verfehen und 
es kann darin nicht die Spur einer Verheimlichung gefehen 
werden, um fo weniger, ba fowohl durch die Ausfage ber un⸗ 
tergeordneten Beamten, als der ehemaligen Direktoren Schiff 
und Hornboftel erwiefen ift, daß Direktor Richter auf die 
Buchung, die Korrefpondenz, furz auf das Manipulative bei 
ber Anftalt gar feinen Einfluß nahm und im gegenwärtigen 
Balle auch nicht nehmen konnte. Daß auch in anderen Fällen 
Buchungen fpäter erfolgten, als das Gefchäft geſchloſſen wurde, 
ift durch die Sachverftändigen, welche die Bücher eingefehen 
haben, dargelegt worden, und es ift auch in dieſer Beziehung 
bie hier vorliegende Buchung feine erzeptionelle. Es wird ferner 
als formelles Bedenken geltend gemacht die Trennung des Zwilch⸗ 
‚und Devifenkonto. Es wurde diefes Bedenken damit unterftüßt, 
daß die Gebühr für die Reife Hoppe’s nicht in ben Devifens 
fonto gehöre. Die eine Bemerkung ift richtig, die andere nicht. 
Es iſt richtig, daß die Gebühr Hoppe's nicht in den Devifen- 
konto gehöre; damit ift aber nicht ermwiefen, daß die Theilung 
bes Zwilch» und Devifenfonto unrichtig if. Im Gegentheile, 
die Sachverftändigen haben anerfannt, daß die Trennung des 
Zwilh- und Devifenkonto ordmungsmäßig war. 

Es wurde auch unter andern Bedenken von Seite der 
Staatsbehörde geltend gemacht und betont, daß die Uebergabe 
der Devifen gar nicht hinlänglich ermiefen fei, und Daß man gar 
feine Anitalten machte, fle zu überzeben, weil fle im Portefenille 
ber Anftalt Hinterlegt, aufbewahrt murben. Ich habe bereits 
darauf hingemwiefen, daß auf Grund des $. 1063 a. b. ©. 
bei dem Schluß auf Borg einfach durch den Echluß Die 
Papiere Eigentbum des Pinanzminifteriums wurden. Das 
Bedenken, daß die Uebergabe erſt am 1%. Juli erfolgt ſei, iſt 
ebenfalls unrichtig, weil, wie gezeigt, die Durchführung in der 

Korreſpondenz und Buchung gar feine Webergabe ift, fonbern 
bie Papiere wurden in bem Augenblide, wo fie verkauft wurden, 


502 


im Portefeuille der Anftalt dem Yinanzminifterium übergeben, 
Sie blieben nämlich für das Finanzminifterium und rüdficht 
Iich für das ArmeesÖberfommando parat. Es wurde weiter 
geltend gemacht, daß nach $. 42 der Börſenordnung das Ge 
fchäft entweder ein Tages⸗ oder Lieferungsgefchäft-war, folglich 
Die Mebergabe entweder an demſelben oder an Dem Lieferungstage 
ftattzufinden Hatte. Es war aber das Gejchäft weder ein Tages 
noch ein Lieferungsgefchäft, fondern ein einfaches Kaufgeſchaͤft, 
und auch Fein Börfengefchäft, und es findet daher auch das 
Börfengefeß bier feine Anwendung. 

Es mwurbe ferner ald Bedenken geltend gemacht, warum 
eine Notifikation erfolgte, wenn der Abfchluß mit St. Erzellenz 
Baron Brud geſchah; da ja in diefem Falle eine Notifikation 
überflüffig gewefen fei. Ich erinnere babei nur daran, daß ed 
eine merfantile Ufance ift, jedes Sefchäft, fei es nun ein Koms 
miſſions⸗ oder ein Kaufgefchäft, zu notifiziren. Wenn ich zu dem 
Geldwechöler Uffenheimer fage: »Schiden Sie mir Nach⸗ 
mittag 25 Stüd Weitbahn-Aftien,« jo wird er mir, ganz gleich» 
giltig ob es ein Kauf- oder Kommiffionsgefchäft ift, in jedem 
alle eine Notifitation darüber geben. 

Eines der Hauptbedenken der Töblichen Staatsbehörde aber 
— und dieß ift materieller Natur — wurde von der Berechtigung 
des Finanzminifters und des Herrn Richter zu dem Abſchluſſe 
Des Gefchäftes hergeholt. Ich muß zuerft im Allgemeinen be 
merken, daß dieſes Bedenken eigentlich zweifchneidiger Na- 
fur if. Wenn die Staatsbehörde die Ungiltigfeit des Ge⸗ 
Ihäftsabjchluffes aus dem Mangel der Legitimation zu dem Ab- 
ſchluſſe folgert, fo ift dieß ja einBeweis, dag der Abſchluß wirkt 
lich erfolgte und dann ift die Anklage felbit an die Luft 
geſtellt. Es fchlug fich fomit die Anklage ſelbſt, wenn fie einen 
Beweis der Ungiltigkeit dieſes Gefchäftes zu führen verjuchte, 
und es hätte die allfällige Ungiltigfeit des Geſchäftes nur die 
Wirfung, daß derjenige, ber etwas aus dem ungiltigen Ger 
fchäfte geleiftet hat, die Leiftung als Nichtfchuld zurüdzuvers 
langen berechtigt wäre. Aber das Faktum des gefchehenen Ab: 
fchluffes wird dadurch gerade beitätigt. Ich gebe nun aber 
weiter auf die Frage ein: War Baron Brud berechtigt 20.000 
Pf, Namens des MilitärsAerars zu aquiriren? Die formelle Le⸗ 
gitimation fteht außer Zwoeiiel, das hat Brig v. Brentano 


503 


im Laufe der Schlußverhandlung auseinandergefebt, denn als 
Baron Eynatten die Frage an das Finanzminifterium ver- 
- wies, bat er fie als außer feinem Reffort befindlich erklärt, und 
kraft feiner Vollmacht den Freiherrn von Bruck legitimirt, die⸗ 
ſen Kaufabſchluß im Namen des Militär⸗Aerars zu bewirken. 
Auch durch die Bleiſtiftgloſſen auf der Note vom 3. Jänner iſt 
die rechtliche Legitimation außer Zweifel geſetzt. Se. Erzellenz 
Edler von Plener, ber ſehr umſichtig in feiner Ausſage war, 
hat hinzugefügt, daß erſtens Richter annehmen Fönne, daß 
eine folche Bevollmächtigung erfolgt fei, und dann zweitens, 
Daß Richter gleichfall8 auf feinem Standpunkte nach diefen 
Brämiffen ben Sinanzminifter Bruck ohne weiters als ben bes 
sechtigten Käufer habe anfehen künnen, und man wird doch 
nicht fo weit geben, und bem Direktor ber Krebitanftalt, ber mit 
dem Finanzminifter im Laufe von Jahren Gefchäfte im Betrage 
von vielen Millionen machte, zuzumuthen, an ben Sinanzmini- 
fter Die etwas heikliche Frage zu ftellen: „Sind Erzellenz auch 
berechtigt, von mir 20.000 Pf. zu kaufen?« Man muß fich Die 

Dinge vorftellen, wie fie find, und man wird finden, daß eine 
folche Frage und unter ſolchen Berhältniffen minbeftens ale 
tattlos befunden worden wäre. Die Legitimation jtand alſo auf 
diefem Standpunkte außer allem Zweifel. 

Ich möchte aber noch Eines hinzufügen; Se. Erzellenz 
Baron Bruck hatte weitgehende Machtbefugniſſe im Intereſſe 
ber finanziellen Zuftänbe des Staates. Der Miniſter, der be- 
rechtigt war, das Nationalanlehen, welches das a. h. Patent 
auf 500 Millionen feitgeitellt hatte, um die Summe von 111 
Millionen zu überfchreiten, war gewiß auch berechtigt, 20.000 8. 
für das Milttär-Aerar anzufanfen. Ich glaube, diefes Argus 
ment allein frhlägt jebes Bedenken aus dem Felde. Se. Erzellenz 
epräfentirte überhaupt die Finanzen des Staates. Einen jols 
chen fubtilen Unterfchied, was ift in der Kompetenz des Mili⸗ 
tär-Nerars und was nicht, Fümmert einen Finanzminiſtrr von 
Oeſterreich ſehr wenig, und wohl noch weniger den Privaten, 
der mit dem Miniſter verkehrt. 

2 Habe ich nun nachgewieſen, daß formell die Berechtigung 
des Freiherrn von Brud vorhanden war, fo frägt ed fich wei- 
ter unı bie Berechtigung des Herrn Richter gegenüber ber 
Kreditanftalt, und ihrem DBerwaltungsrathe in dad W. Sr 


504 


fchäft einzugehen. Wenn auch die Berechtigung nicht in den 
Statuten begründet gewefen wäre, fo hat doch Herr Direktor 
Schiff in der Vorunterfuchung ausgefagt, daß am 7. Juli das 
Geben ber 20.000 Pfund zwifchen ihm und Richter bereits feſt⸗ 
ftand und es ift auch im Sinne des Reglemente vom Stand: 
punfte ber Direktion der ganze Vorgang ftreng legal und auch 
von dieſem Standpunkte aus wicht zu beanftänden. Ein weiteres 
Bedenken wurde von Seite ber loͤblichen Staatsbehoͤrde bezuͤg⸗ 
lich des Gebens ber 12.000 Pf. Seitens Richters geltend 
gemacht. Es wird nämlich gefagt, Richter habe feine 12.000 
Pf. erit am 14. Juli an die Kreditanitalt verfauft und er war 
daher nur den Kurs vom 14. Juli zu verlangen berechtigt. Der 
Fall jteht aber nicht fo. Am 7. Juli hat die Kreditanftalt in Pers 
fon des Herrn Schiff mit Heren Richter ein Gejchäft einge: 
gangen über das Geben der 20.000 Pf. an das Aerar zu Duos 
ten; welche zmifchen ihnen erſt fpäter zu beſtimmen waren. Die 
am 7. Juli verkauften 20. 000 Pf. in erſt Ipäter feftzufeben, 
den Quoten waren von Richter und Schiff im Sinne be 
$.936 des bürgerlichen Geſetzbuches, — benn biefer ſetzt auch bie 
. Möglichkeit voraus, daß irgend ein Punkt bes Vertrages auch ert 
fpäter prägifirt werben könne unter ben abjchließenden Theilen — 
abgejchlojjen worden. Was das weitere Sachverhaͤltniß anbes 
langt, jo hat Schiff beitätigt, daß in Folge des DVerfchloflen- 
ſeins bereits für die effektive Abſchlußpoſt von 20.000 Pf. Lon⸗ 
don alle mit der Korrefpondenz eingehenden Devifen aufbehal: 
ten wurden, welche bis zum 14. Juli nur 8000 Pf. betrugen. 
Es folgt daraus, daß die Anjtalt bei ihrem ſchwachen Portes 
feuille am 14. Juii nur 8000 Pf. abgeben konnte, und Schiff ließ 
alſo folgerichtig von ſeinem Standpunkte aus am 14. Juli zu, 
daß vermöge ber Verabredung, Die zwiſchen ihm und Richter ge⸗ 
troffen wurde, der letztere 12. 000 Pf. zu dem Geſchäfte gebe. Der 
Sachverſtändige Day erhofer, der in dieſe Frage mit volls 
ſtändiger Auffaſſung einging, hat die Frage, zu welchem Kurſe 
die in Folge der Verabredung vom 7. Juli am 14. Juli be⸗ 
ſtimmte Quote der Deviſen Richter's zu berechnen ſei, in der 
beſtimmten Weiſe beantwortet, daß die Richter'ſchen Deviſen 
mit dem Kurſe vom 7. zu berechnen ſeien; alſo iſt vom ſtreng 
rechtlichen Standpunkte uͤber das Geben der 12.000 Pf. nichts 
einzuwenden. 


505 


Auch gegen bie Zinfenberechnung ift nicht das ©eringite 
einzuwenden. Kraft des Echlufies am 7. Juli mit dem Aerar 
waren biefem die Zinfen vom 7. Juli zu berechnen. Bei Rich⸗ 
ter aber, ber zu dem Betrage erit am 14. die beftimmte Quote 
binzugab, konnte Die. Zinfenberechnung erit vom 14. eintreten. 
Es ſteht dieß Alles mit.einander im Einklange und man findet 
bieß, wenn man fich nur die Mühe gibt, das Rechtöverhältnig 
vom merkantilen Stanbpuntte überhaupt ein wenig ſcharf in’ 
Auge zu faſſen. Es wurbe aber gegen das Geben der 12.000 Pf. 
auch noch bemerkt, daß Richter fie nicht geben fonnte. Es iſt 
bieß eine durch das Faktum felbft widerlegte Hypothefe. Den 
Vorwurf, ba Jemand etwas nicht thun könne, beantwortet 
man nicht beffer, als durch die Thatfache, bag man es dennoch 
thut. Wenn man behauptet, Richter habe die 12.000 2. 
nicht geben koͤnnen und er gab fie doch, fo it das Bedenken, 
daß er fie nicht habe geben können, widerlegt. Ich will mid 
jeboch auf dieſen, vielleicht als fofiftifch ausgegebenen Stand⸗ 
punkt nicht ftellen,: und vielmehr in den Devifenbejig Rich⸗ 
ter's näher eingehen. Man jagt nun, daß erwiejen fei, Daß. 
Richter's ausländifche Schuld am 7. Juli eine ſolche war, 
Daß er 12.000 Pf. nicht entbehren konnte. Es ift jedoch durch 
die Erhebungen bei der Kreditanftalt, Durch die Zeugen Horn⸗ 
boftel, Schiff und Breſtl dargetban, daß die 32.000 Pf. _ 
nur für das Stoffgefchäft Richter’ angefchafft wurden, und 
es ſteht Nlemanden zu, num plöblich gegen dieſe urfprüngliche 
Beſtimmung und gegen die abgegrenzte Beſtimmung der Devi- 
fen aufzutreten und zu fagen, dieſe Devifen ſeien nicht bloß für 
das Stoffgefchäft beftimmt gewefen, fondern fie begögen fich über- 
bauptauf die ganzeausländifche Schuld Richt er's. Wie Richter 
feine Berbindlichkeiten in den übrigen Branchen feiner Gejchäfts- 
bezüge erfüllen wollte, das war feine Sache, und e8 ift nicht etwa 
eine erft in der Schlußverhandlung gemachte Erfindung, daß 
bie 32.000 Pf. nur für das Stoffgefchäft beſtimmt waren. Ich 
führe nur an, daß felbit die Prager Sachverftändigen, obwohl 
ih auf dieſe fein beſonderes Gewicht lege, herausgebracht ha- 
. ben, daß Richter 8000 Pf. entbehren fonnte, und ich bin 
überzeugt, daß, wenn die Prager Sachverftändigen 8000 Bi. 
herausgebracht haben, wir 12.000 Pf. herausbringen wer- 
den. Es wurde weiter Herrn Richter ein Schreiben nam 


506 


7. Juli entgegen gehalten, in welchem Richter an Krumb- 
holz fchreibt: »Von nun an laflen Sie bis Mitte Septem» 
ber auf fih traffiren,« und es wird Daraus gefolgert, daß 
er Devifen bedurft hätte. Das iſt aber gerade umgekehrt. Dies 
fer Brief ift eben ein ellatanter Beweis, daB er Devifens 
überfluß hatte, denn wenn man auf fich trafjisen läßt, ſo if 


das ein Gegenfab von Noth an Devifen. Man bat bei der 


® 


Sache auf den Brief vom 9. Juli fih berufen. worin Rich⸗ 
ter zu Krumbholz die Befürchtung ausfprach, daß vielleicht 
ein neues Anlehen zu Stande kommen werde. Mag fein, daß 
Herrn Richter die Befürchtung vor einem ſolchen Anlehen 
vorfchwebte, dieß importirt aber nicht auf das am 7. Juli gefchlofs 
fene Geſchäft. Wenn Herr Richter eine folche Beſorgniß am 
7. Juli gehabt hätte, bann hätte er vorfichtiger fein und ber Kre⸗ 
ditanftalt nichts von feinen Devifen geben follen. Daß eine Fleine 
Bott von 550 Pf. am 7. gefauft wurde, die mit der Aſſekuranz 
des Stoffgefchäftes nichts gemein hatte, importirt fehr wenig. 
Für die. übrigen Gefchäfte Tonnte er Taufen und verkaufen. 
Denn die Frage fteht nur fo: Konnte er 12.000 Pf. aus ber 
Aſſekuranz für das Stoffgefchäft geben? 

Es wurde aber weiter nachgewiefen, und zwar aus dem 
Devifentonto felbft, daß nach dem 14. Juli für Richter fein 
neues London mehr gefauft'worden ift, und daß wirklich nad) 
dem 14. Juli nur furzes London gegen langes ausgetauſcht 
wurde. Auch it nachgewiefen, daß die Kreditanftalt Damals ein 
ſchwaches PBortefeuille in London hatte, und Herr Schiff hat 
ausdrüdlich erklärt, daß er in dem ©eben der 12.000 Pi. 
nichts Arglijtiges babe erbliden können. Die Staatsbehörde 
bat bei dem Faktum bes-Devifenkaufes auch das Konfortium 
angeführt, in der Richtung ald ob Richter ein Spieler gewes 
fen wäre. Ich habe aber wahrlich den Zuſammenhang nicht auf: 
gefaßt und nach den Erläuterungen, die ich heute über das. 
Conſortium gemacht habe, bürfte die Widerlegung dieſes Beden⸗ 
kens entfallen, indem das Konfortium kaum den Charakter eines 
Spieles an fich trägt. Wenn ich daher das ganze eben erörterte 
Faktum überlege, fo fomme ich zu dem formellen Refultate, daß 
in Rückſicht auf die ©t.-B.-O. ber Thatbeitand durchaus nicht ers 
wieſen iſt. DieStaatsbehörde hat fich beinüht, diefen Tkatbeitand 


durch Berbachtögründe feitzuitellen. Eine Seitttellung des That: 


507 


beitandes durch Verdachtsgründe gibt es aber nicht; es ift ſomit 
ber Beweis bes Thatbeftandes nicht geführt. Die Staatsbehoͤrde 
warf aber bie Frage fo auf: Iſt der Schluß für den 7. Juli fingirt 
worden? und hat alle Gründe aufgeitellt für diefe Behauptung. 
Ich habe nun dem entgegengeitellt: die Note des Finanzmini- 
ſteriums, unterftügt von den Zeugen Schiff, Brentano, 
unterftügt in ihrem ganzen Zufammenhange mit den gewöhns 
lichen Gefchäften unterftübt durch die Nothmwendigfeit des Devi⸗ 

fenfaufes, daß Herr Hoppe wirklich zum Zwilcheinkaufe ins 
Ausland ging, unterftügt endlich durch Die Ausfage Sr. Erzel- 
lenz Edlen von Plener und des Freiherrn von Brentano, 
bag folde Dedungen mittelft Devifen vollkommen fahgemäß 
find. Ich kann übrigens dabei nicht unbemerkt laſſen, daß in 
formeller Beziehung bie bücherliche Durhführung dieſes Schluſ⸗ 
ſes nicht von Richter, ſondern wie alle Zeugen und Schiff 
ins beſondere beſtaͤtigen, von Schiff ſelbſt ausging. Richter 
bat durchaus nichts gethan, was einer Veränderung des That⸗ 
beftandes, der Verheimlichung oder Befeitigung von Spus 
sen ähnlich flieht, fo daß im ©egentheile, wenn Richter 
in diefer Angelegenheit irgendwie ein Schuldbewußtfein in fich 
getragen. haben würde, oder irgend ein unlauters Werk voll- 
bracht hätte, er hätte Vorkehrungen treffen müſſen und fraft 
feiner Machtvollkommenheit auch hätte treffen können, denn 
dann mußte er beforgt fein, den ganzen Thatbeftand in eine 
andere SeftaltYu bringen. Man bat noch Motive, obmohl jekt, 
nachdem ber Thatbeftand und die, böfe Abficht nicht erwiefen 
werden kann, Darauf Feine Rüdficht zu nehmen wäre, ange⸗ 
führt, nämlich, daß Richter durch Die Begebung von 12.000 
Pfd. am 14. Zuli 26.000 fl. zur Ergänzung besjenigen Be- 
trages gewinnen wollte; womit er den Mebrbetrag für die 25 
Stück Nordbahns Aktien für Cynatten deden wollte. Man hat 
zu diefem Motive einzig unb allein den Umftand angeführt, 
daß der 14. Juli vor dem 15. und 16. Suli fommt. Das tft 
wohl wahr, aber e3 ift ein reiner Zufall, daß am 14. dieſes 
©efchäft gemacht wurde, und gerade wenn diefer Zufammen- 
Hang richtig wäre, bürfte man Richter zutrauen, daß er am 
15. nicht etwas gethan hätte, was den 14. fo nahe erfchienen 
wäre. Es fallen num bier Zufall und Vernunft zufammen, und 


508 
Dort, wo man bie Vernunft nicht nachweifen kaun, bort hat 
der Zufall noch immer mehr Berechtigung als die Vernunft. 
Ich gehe nun über auf dasjenige Faktum, welches darin 
befteht, Daß der Konto des Finanzminifteriums zum Nachtheile 
der Krebitanftalt gefälicht, und diefer ein namhafter Schaben 
zugefügt worden fein fol. Die erfte Frage in Bezug anf 
den objeftiven Thatbeftand ift zunächſt die der Fälſchung. Eine 
Fälfchung in einem Buche findet offenbar nur dann ftatt, wenn 
bie Eintragung ohne rechtlichen Grund, das heißt auf Grund 
einer rechtlichen Fiktion gefchehen ift, wenn im Buche ein Gefchäft 
fingirt wird, das fich richt zugetragen bat, das nicht, oder nicht 
fo mie e8 gebucht, abgefchloffen wurde. Es läßt ſich alfo nad 
bloßem Anblid der Bücher durchaus nicht fagen, die Fälfchung 
iſt objektiv feſtgeſtellt, ſondern es ift gewiß, Daß bezüglich eines 
folchen Faktums nur dann eine Fälfchung vorliegt, wenn erwies 
fen wäre, daß die Buchung eine reine Fiktion ift. So lange aber 
ein Grund fir das Gegentheil befteht, kann man von einer Fäl 
fhung nicht reden. Da nun Baron Brud todt ift, muß man 
fich mit Wahrfcheintichkeitsgründen begnügen. Die Transaktion 
aber, welche, wie Richter angibt, zur Aufbefferung des Finanz: 
tonto vom Jahre 1859 mit dem Aerar vorbehaltlich der nad- 
träglichen. Genehmigung des Berwaltungsrathes geſchloſſen 
wurde, iſt keineswegs eine Fiktion; daher kann von einer falſchen 
Buchung Feine Rede fein. Sie iſt eine Thatſache und die Buch⸗ 
führung ift hienach aufzufaffen. Die Herren DAtſchka und Dr. 
®redler haben auf Grund diefer fachlichen Anfchauungen auss 
gefagt, daß man von einer Fälfchung durchaus nicht fprechen 
kann; eben fo hat Herr Schöller ausgefagt, daß die Buchumg 
nur eine proviforifche war. Es kann alſo von der Eriftenz einer 
Fälſchung in dieſer Auffaffung a priori feine Rebe fein. Aber 
auch von einer Irreführung ift nicht Die Rede. Es ift vielfach 
anerfannt worden, daß die Stornirung aus den Büchern erſicht⸗ 
lich ift, wie Herr Weidinger, Herr Schöller, Herr Dutſchka 
beftätigen, und Herr Schöller hat fogar ausdrücklich erflärt, 
daß er fie gefehen Hat. Bei näherer Unterfuchung ber Bücher, 
fagt Herr Dutſchka, hätte das Verhaͤltniß Mar bervortreten 
müffen, und man kann daher nicht fagen, daß Richter befon- 
dere Deranftaltungen wegen Geheimhaltung getroffen bat und 
die fpäter zu berühtenden Untänte heirttiiaen wullauumen, 


510 


Das erite, fagt fie, beftand barin, daß, wer für fein eigenes 
Intereſſe fälfcht, noch um fo eher. für frembes fälfche. Ich 
begreife für's Erſte die.pſychologiſche Richtigkeit des Satzes nicht, 
und ich glaube mehr, daß, wer für das eigene Intereſſe faͤlſcht, 
nicht um fo eher für das frembe fälfcht, fondern um fo eher 
für das eigene. Wer fich gerne Nuten zuwendet, iſt nicht ber, 
ber einem Anbern lieber den Nuten zumendet. Mir kann bieß 
piychologifche Räthſel nicht zufagen, und ich würde mich nicht 
getrauen, dasfelbe einer Friminaliftifchen Abhandlung zu Orunde 
zu legen. Sch frage aber, wo ilt es erwiefen, daß Richter für 
fein eigenes Intereffe fälfchte? Ich weiß nicht, mo dieß geweſen 
fein fol, und es fehlt demnach für das erſie Motiv jede 
faktiſche Prämiſſe. 

Das zweite Motio, welches die löbl. Staatsanwaltſchaft 
anführt, iſt, Daß Richter bemüht war, fich vor Verantwortung 
zu ſchützen. Diefes Motiv ift.mir aber noch weniger einleuchtend. 
Um ſich vor einer adminiftrativen Verantwortlichkeit zu fchüßen, 
follte man einen Betrug begehen von fo ungeheuerlichen Fogen, 
die fo verhängnißvoll in dag Geſchick eines Mannes eingreifen 
fönnen, der fich in einer fo ausgezeichneten und einflußreichen 
Stellung befindet. Man fieht alfo, daß man mit diejer Erflä- 
rung nicht ausreichen würde, ich muß mich daher um andere 
Motive umfehen. Um ſich aber diefe Motive aus der Trans: 
aktion felbft genügend zu erklären, muß man vor Allem fid 
darftellen, was diefem Geſchäfte vorhergeht. 

Bei diefer Transaktion — und es kann bier, da gleichfalls 
wie bei dem Devifengefchäfte der Gauptzeuge tobt iſt, nur 
wieder auf Gründe der Wahrfcheinlichkeit fich berufen werben, 
— find aber einzelne Spuren der Auffaffung Sr. Erzellenz 
bes Freiherrn von Brud vorhanden, welche mit ber Darlegung 
des Angeklagten übereinftinnmen, Andeutungen, die fomehl 
von ihm felbit, als von Perfonen herrühren, die mit ihm uns 
mittelbar in Berührung famen, die feine Anfchauungeu kannten. 
Zu den von ihm felbft herrührenden Andeutungen gehört die 
11. Antwort feines Protefolles, worin er rücfichtlich des früher 
gehabten Verluftes, gelegenheitlich des ihm vorgewiefenen Kontos 
der Kreditanitalt bemerkt, diefer anfcheinend bedeutende, aus 
jener Operation entfpringende Verluſt würde fih durch ein 

fleines Steigen der Papiere von Weh hehaten haben. 


612 


als ein ganz nebenfächliches Bedenken angeführt, Freiherr von 
Brentano babe ſchon vor dem Neujahre 1859 das Anlchen 
abgefchloffen. Dieß fcheint ein Mißverftändniß. Wie ich die Sach⸗ 
lage aufgefaßt ˖ habe, hat Freiherr von Brentano vor dem 
neuen Jahre die Einleitung dazu getroffen, aber es iſt gleich⸗ 
wohl das Anlehen noch nicht abgefchloffen gewefen, und es war 
daher ganz in der Ordnung, dutch den Devifenverfauf und 
Ankauf von Obligationen das Anlehen zu ſekundiren, felbft 
wenn es ſchon gefchloffen war. Die löbl. Staatdbehoͤrde hat noch 
ferner angeführt, es fcheine unmahrfcheinlich, daß man bei ben 
Grundentlaſtungs⸗Obligationen ein Aequivalent, wie fie es 
nennt, eine Kompenfation durch das Steigen der Papiere mit 
Zuverficht erwarten konnte. 

Allerdings war bie ganze Operation von bem Finanz⸗ 
miniſter auf das Steigen der damals niedrig geſtandenen 
Grundentlaſtungen baſirt, und die Zeit hat gezeigt, daß die 
darauf gebauten Chancen allerdings nicht täuſchten. Es wurde 
ein weiteres Bedenken rege gemacht, warum Richter früher 
die Bücher ändern ließ, bevor er die Anzeige machte. Die⸗ 
ſes Bedenken iſt im Laufe des Beweisverfahrens namentlich 
durch die Ausſage des Dr. Gredler hinlänglich aufgeklaͤtt 
worden, der ausſagte, es habe ſich um eine Herabminderung des 
Konto pro 1859 gehandelt, und es mußte Anfangs Jänner 1860 
der Konto des Finanzminiſteriums vorgelegt werden. Alle Or⸗ 
gane der Kreditanſtalt ſind nun darüber einverſtanden, daß, 
wenn dieſe Angelegenheit beſprochen werden ſollte, ſie nicht vor 
das Plenum des Verwaltungsrathes, ſondern vor einen Beirath 
kommen mußte, und daß das Reviſionskomité am geeignetſten 
fei für die Ordnung ſolcher mit den Büchern im Zuſammen⸗ 
bange ftebenden Angelegenheiten. Wenn man nun bebentt, 
daß Anfangs 1860 diefer Konto dem Minifter vorgelegt wers 
ben mußte, daß aber das Komite erft im März zufammentrat, 
fo war dieß fiir Herrn Richter die paffendite Beranlaffung, bie 
Angelegenheit durch das Kemite vor das Plenum des Vers 
waltungsratbes zu bringen. Es ift nun aber erwiefen, baf 
Richter auf Grund früherer Prägedenzien, wo er fich fehr auß- 
gedehnter Vollmachten erfreute, nicht nöthig Hatte, bie 
Sache fo dringlich zu betreiben und er konnte auch nicht vors 

ausſehen, dag er am 9. Märy werde verhaftet werten und am 


514 


Richter zu machen. Aber man fand dieſes nicht nothwendig. 
Es wurde geftern die Antwort berührt, welche Richter am 
22. und 23. März, über die Sachlage befragt, dem Unter- 
fuchungsrichter* gab. An der enticheidenben Stelle hat auch 
Richter ſchon Damals erklärt, Die Differenz werde burch Die Kus⸗ 
veränderung eingebracht werben, die Anftalt werde feinen Schas 
ben erleiden, uud das ftimmt vollkommen mit ber Antwort bes 
Barons Brud überein. Ich ſehe darin wieder einen Beweis, daß 
man mit der Transaktion nicht hinter den: Bergen halten wollte, 
wenn auch eine unglüdliche Derfettung ber Umſtände den 
Direktor Richter nicht an der volltändigen Darlegung der 
Sachlage verhindert hätte. 

‚Direktor Richter wurde auch am 18. Oktober, kurz 
vor der Schlußverhandlung mieder befragt. Damals war 
Freiherr von Brud todt, und Richter ftand vor feiner Schlußs 
verhandlung. Ich glaube, dieſe zwei Umftände machen es fehr 
begreiflih, daß er in diefem Augenblide die Sache ungenau 
barftellte. Wer einer Schlußverhandlung, wie fie Herrn Richter 

' bevorftand, entgegengeht; wer, wie ich, ihn gefehen hat, wie 
er durch drei Wochen täglich duch act und mehr Stunden 
die Akten zum Behufe feiner Vertheidigung Durcharbeitete, 
ber wird begreifen, wie es im Kopfe des Herrn Richter 
ausfah. Sch weiß dieß von dem meinigen. 

Ich kann nach diefer Ausführung, nachdem nicht bewiefen 
ift, daß die Buchung auf Fiktion beruhe, nachdem bemwiefen ift, 
daß Arglift es nicht geweſen, welche zu dieſer Buchung verans 
Iaßte, auf die Konfefutivfrage des Schadens übergeben. 

Die löbl. Staatsbehörde fand in der Aeußerung des Dr. 
Gredler, welcher fagte, ‘die Anitalt fei nicht befchädigt und 
fie ftele bennoch eine Forderung an die Staatsverwaltung, 
einen Widerfpruch. Ehen weil die Anftalt glaubt, daß fie noch 
Forderungen bat, hält fie jich nicht für beſchädigt. Es iſt dieß 
ein notbwendiger Zuſammenhang und fein Widerfpruch. Wenn 
fie feine Forderung ſtellen könnte, dürfte fie fich Tür beſchädigt 
halten. Ob nun bie Kreditanftalt eine Forderung zu Itellen berechs 
tigt iſt, kann von Seite dieſes hohen Gerichtes nicht entjchieben 
werden. In ben Aeußerungen des Verwaltungsrathes Dr. Ored⸗ 
ler und Sr. Erzellenz Edlen von Blener trat ja eben der fünftige 

mögliche Prozeß hernor, es And dos Wð Marteien, von 


“ 


516 


ber Amtsgewalt. — Was nun bier zunächit die Konftruftior 
bes Beweisgebäudes betrifft, fo bat die Anklage auch hier ben 
objektiven Thatbeftand durch Verdachtsgründe zu konſtatiren 
gefucht. Sch ſchicke dieß voraus, um nicht fpäter Darauf zuruͤd⸗ 
kommen zu müflen. Durch Verdachtsgründe kann aber fein ob- 
jeftiver Thatbeftand dargethan werbenund folglich Taffe ich michin 
Die Erörterungen nur Darum ein, um zu beweifen, daß auch bie 
Verdachtsgründe, die man Dazu benügen will, nicht ausreichen, 
um die Meberzeugung zu begründen, Herr Richter hätte Baron 
Eynatten ein Geſchenk gemacht in der Abficht, um benfelben 
zur Phrteilichkeit zu verleiten. Daß in ben Ausfagen des Herm 
Richter das Geftändniß diefer That nicht gefunden werben 
fann, hat die Staatsbehörde felbit anerkannt. Durch die Analyfe 
Der Antworten des Brotofold Nr. 19, 28, 355, 355 und 444 
wird beftätigt, daß in allen dieſen Ausfagen ftetS berfelbe 
Grundgedanke vorherrſchend jich Fundgibt, der den Angeklagten 
erfüllt hat, daß er nämlich nach dem Einkaufe ber Aktien dieſel⸗ 
ben ber Samilie bes Baron Eynatten und refpeftive dem Ba- 
ton Eynatten für feine Frau als Käuferin übermitteln ließ, 
daß er ihm den Reſt Freditirt, und daß er nur nach und nad 
innerlich bei fich den Gedanken faßte, daß möglichermeife das 
Geld verloren fei. Und dadurch geftaltete fich ihm Die Sache zu 
einem Kadeau. Die. Schenkung ift ein unentgeltlicher Vertrag, 
"bei dem beide Theile über das unentgeltliche Geben und Neh: 
men einer Sache einverftanden fein müfjen. 

Darüber, daß Direktor Richter bei der Uebergabe der 
Altien, möge diefe an wen immer erfolgt fein, fchenfen wollte, 
daß er irgend eine Handlung ins Werf geſetzt Hat, melde 
die Abficht zu ſchenken bekundet hat, Tiegt nicht der geringfte 
Beweis vor und ebenfomwenig darüber, daB Baron Eynatten 
dieſe Abficht errieth, in fih aufnahın, fie erfannte und ihr ent 
gegen feine Handlungsweiſe in der Art wieder modifizirte, daß 
auh Richter die Geſchenkannahme von Seite des Baron 
Eynatten erfannt Hatte, das heißt, daß der Wille beider 
Perfonen im Sinne der $$. 862, 863 bes bürgerlichen 
Geſetzbuches in dem unentgeltlichen Nehmen und Geben des Su, 
perplus, welches an den Aktien nicht gezahlt worden war, fi 
geeinigt Hatte. Ein folcher Beweis liegt nicht vor und wenn 
Heute Direktor Richter gegen venienigen, melcher ber Käufer ber 


518 


und Richter ergeben, nämlich bag Eynatten angab, 34,000f. 
gegeben zu haben. Es war dieß, bevor er fein fträfliched Bew 
hältniß zu Jung aufgeklärt hatte und zu einer Zeit, wo er bie 
Bejorgniß haben mußte, daß dieſes Verhältniß an das Tages 
licht fommen werde. Dann verleitete er Richter, Daß dieſer aus⸗ 
fagen follte, er habe 34,000 fl. bekommen und jo erflärt fid 
einfach,.wie Eynatten angab, er habe Richter 34,000 fl. 
gegeben, um fich vor der Entdeckung feiner Beziehung zu Jung 
fo lange als möglich zu wahren. Dieß, glaube ich, klärt den 
Miderfpruh vollkommen auf. — Eynatten gab 20,000 fi., 
er befand fi in einer Hohen, mit außerordentlicher Vollmacht 
ausgeitatteten, ein Zeichen bes höchiten Vertrauens bekun⸗ 
denden Stellung. Die Anklagefchrift hat: allerdings angeführt, 
daß die Familie Eynatten polizeilich kundbar verfchulbet ge 
weien, und man hat dieß in der Anklageſchrift als Verdacht: 
grund Herrn Richter entgegengehalten. Aber alle diefe polls 
zeilichen Nachforfchungen find erft im Laufe der Unterfuchung 
angeftellt worden. Nun tft e3 leicht zu fagen, die Familie Eyn- 
atten ift verfehuldet, nachdem man im Laufe der Unterfuchung 
die Polizeidtreftionen von Salzburg, Innsbrud und Verona in 
Bewegung geſetzt und Dadurch herausgebracht hat, daß Eynatten 
zu ben beiten Kunden des Leihhauſes in Salzburg gehörte. 
Das war aber damals polizeilich nicht bekannt, al8 man Baron 
Eynatten an jener Stelle ſah, die er einnahm. Ich bezweifle 
jehr, Daß man ihn fonft, wenn die Thatfachen damals befannt 
gewefen wären, mit einer fo hohen Funktion betraut hätte. Ich 
fchließe alfo gerade daraus, daß er mit einer fo hoben Funktion 
betraut wurde, aus.der erzepzionellen Vollmacht, die. ihm ges 
geben wurde, daß er aller Welt, Hoc und Niedrig, als hoͤchſt 
vertrauuingswürdige Perfon erfchien, und darum auch Herrn 
Richter als folche erfcheinen mußte, und ich fehe darin keinen vers 
dächtigenben Umftand, daß nun, nachdem Eynatten ihmden Auf: 
frag gegeben, für feine ®emalin fünfundzmanzig Stück Nordbahn⸗ 
Aftien zu Faufen und dafür nur 20,000 fl. bergab, man fich ihm 
gegenüber als foulant erivies und ihm dig Aktien zufandte, wie 
man jedem andern vertrauungswärdigen Käufer fie zugefendet 
hätte. | 

Meiter wurde geſtern geltend gemacht, daß. Eynatten 
biefe Altien dann wie fein Eigentyun bebaudelt habe. Die Als 


520 


niffe befam, und auf welchem Zettel, wie Die Baronin auf 
meine eindringlichen Fragen ausfagte, die Worte ftanden: 
»Faites savoir à Ri oht er qu’on pretende qu’il m'a donne 
aussi de l’argent,* nicht wie fie urfprünglich fagte: »qu’on 
V’accuse,« d. h. daß man behauptet, daß man vorgibt, nicht 
daß man weiß, Richter habe dem Eynatten. ein Geſchenk 
gemacht. 
Das ſind abermals ſprechende Beweiſe dafür, daß 
Baron Eynatten auf ſeinem Standpunkte den Mehrbetrag 
der Nordbahnaktien nicht als Geſchenk anſah, nie als Geſchenk 
anſehen konnte. Wenn man ſich weiter erinnert, daß die Baronin 
Eynatten es für infam erklärt hat, daß Richter angebe, 
der Familie Eynatten ein Geſchenk gemacht zu haben, ſo iſt 
dieß gleichfalls ein unterſtützendes Moment dafür, daß die 
Schenkung als zwiſchen Beiden vereinbart durchaus nicht 
erſcheint. 

Ein weiterer Umſtand iſt von großem Gewichte, und hier 
benütze ich dasjenige, was ich im Laufe des erſten Theiles mei⸗ 
ner Ausführung bei Gelegenheit der Beſprechung der Geſchäfte 
feitftellte, nämlich die geringen Gewinne, die Herr Richter ges 
macht, die fich wirklich auf verfchwindend Eleine Summen belau- 
fen, und die beim großen Stoffgefchäfte von vier Millionen Ellen 
Kalikot weit unter 30,000 fl. Herabfinfen. Diefe fprechen gegen 
ein Geſchenkvon 26,000 fl. Es wurde auch die prompte Bezahlung 
ber 4000 Franks, welche Eynatten auf das Akkreditiv in Paris 
erhob, vorgeführt. Wäre Eynatten mit Richter in einem fträf- 
lichen Berhältniffe geftanden, jo hätteerbeifichdaraufrechnen koͤn⸗ 
nen: »Das ift ein Dann, der mir ſchenkt,“ — und esift weit mehr 
anzunehmen, daß, da die fonftigen Sinanzverhältniffe des Baron 
Eynatten nicht die glänzendften geweſen fein follen, er fid 
nicht beeilt hätte, die 4000 Franks prompt zu bezahlen. Er 
hatte aber am 12. Dezember eigens einen Brief an Richter 
gerichtet, worin er Richter anweiſt, die Koupons von den im 
Depot befindlichen Papieren herabzufchneiden und Damit ſammt 
den ihm überfanbten ausländifchen Münzen die 4000 Franks 
fich bezahlt zu machen. In diefem prompten exakten geſchäfts⸗ 
männifchen Worgeben ſpricht es fich aus, Daß zwifchen ihnen 
in ©eldangelegenheiten ein rein gejchäftliches Vorgehen ftatts 


528 


gefunden, daß fie fich ftreng auf der Baſis bes Zufordernhabens 
und Schuldigſeins bewegten. 

Es murbe auch geltend gemacht, daß die Buchung eine 
ſolche war, daß die Schenkung durch fie verheimlicht wurde. 

Herr Direktor Schiff hat aber eidlich beftätigt, daß Herr 
Richter fogleih beim Ankauf der Aftien ihm fagte, biefe 
25 Stück gehören General Eynatten, er werde demnächſt 
Staatsobligationen verkaufen und den Reſt bezahlen. Daß 
zuweilen eine Buchung auf einen andern Namen vorkommt, 
wurde von allen Organen ber Kreditanftalt beftätigt. Endlich 
erfolgte das Depot auf den Namen Eynatten, woraus am 
beiten hervorgeht, daß man aus der Sache fein Geheimniß 
machte. 
Es iſt Thatfache, daß Direktor Richter die großen Voll: 
machten des Baron Eynatten kannte, daß diefer in allen be= 
beutenden Geſchäften zum Theile felbft ihn zu Rathe z0g, 
theild in Verbindung mit andern beratbichlagte, mit ihm bes 
deutende Geſchäfte u. z. das Getreidegeſchäft von 15,000. 000 fl. 
das Schuhgeſchäft im Belaufe von fünf Milllonen durch 
Richter und Frankl, das Zwilchgeſchäft in präliminirten Be⸗ 
trage von5— 600. 000 fl, das Stoffgeſchäft mit —200, 000fl. 
abmachte, das macht bald zweiundzwanzig Millionen. Wenn 
nun Richter eine unlautere Abſicht gehabt hätte, jo hätte er 
bet diefer fehr einflußreichen Perfönlichkeit, welche in gefchäft- 
licher Beziehung alles Vertrauen auf ihn feßte, jene Abficht 
leicht erreichen fönnen und man müßte ſich fomit wundern, 
daß der Gewinn, welchen Richter bezog, ſich auf jene Eleine 
Summe belaufe, die ich in dem erften Theile meiner Erörtes 
rung ben hohen ©erichtähofe vorlegte. 

Es ift daher der objektive Thatbeftand einer Schenkuug, des 
Einverjtändniffes zwifchen Richter und Eynatten, nicht nur 
nicht erwiefen, es ift vielmehr das Gegentheil bewiefen, ba fehr 
viele Umſtände dargethan wurden, welche gerade . dagegen 
fprechen. 

Der Vollſtändigkeit wegen babe ich aber bie Aufgabe, 
auch den jubjeftiven Thatbeftand zu erörtern. Dan könnte, 
ſelbſt wenn eine Schenkung vorläge, nicht annehmen, daß ſie 
in der Abficht gemacht worben fei, um Eynatten zu einer 
Parteilichkeit, zum Mißbrauche ber Amtögewalt zu verleiten. 


522 


Ich möchte vor allem Andern in den Vordergrund ftellen, baf 
zunächlt fich hier eigentlich zwei Kontrahenten in jenen Ge⸗ 
fchäften, um bie e8 fich handelte, gegenüberftanden ; Eynatten 
als Nepräfentant des Militär-Aerars und Nichter. Wemn 
nun zwei Kontrahenten. mit einander unterhandeln, und wäre 
der eine Theil auch der Staat, fo ift dieß ſchon an fich Feine Ent- 
ſcheidung in öffentlichen Angelegenheiten. Es iſt dieß Der Fall, wel⸗ 
chen der $.290 des bgl. G.⸗B. vor Augen hat, wo privatrechtliche 
Verhaͤltniſſe, wenn ſie auch zwiſchen dem Aerar und Privaten her⸗ 
vortreten, einen rein privatlichen Charakter an ſich haben. Es war 
alſo ſtreng genommen nicht einmal dasjenige, was Eynatten zu 
verfügen hatte, Richte r gegenüber eine Entſcheidung in öffentlichen 
Angelegenheiten. Ich lege aber darauf wenig Gewicht, weil 
ich glaube, daß man, wenn aͤhnliche Parteilichkeiten auch unter⸗ 
laufen fein ſollten, dieß doch wenigſtens bezüglich Richter's, 
durchaus nicht nachweiſen könne. Ich habe mir bereits erlaubt 
im erften Theile meiner Ausführung eine Reihe von Thatfachen 
anzuführen, die das Gegentheil von Begünftigungen ausdrüden, 
die von Eynatten ins Wert gefebt worden fein follen. Wohl 
aber muß ich zunächft im Allgemeinen auf die Ausfagen bed 
Hofraths Eder-Kraus, dann auf die Ausfagen des Hofraths 
Bayer und Oberfriegstommiffäird Glommer, fowie des 
Oberften Georgi hinmeifen, welche übereinftinnmend ausgefagt 
haben, Daß ihnen im Verkehre Richter's mit Eynatten 
nicht8 Unrechtes oder Geſetzwidriges aufgefallen ift, daß feine 
Begünftigungen ftattgefunden haben. Die Töbliche Staats: 
behörde hat gejtern bei Ausführung des fnbjeftiven Theiles 
Diefes Anklagepunftes, fo viel ich aufgefaßt habe, vier Punkte 
als folche aufgeftellt, in denen fie Monıente von Begünftigungen 
und PBarteilichkeiten findet. Es ijt denn doch aber zunächit au 
nöthig, Abgefehen davon, daß fich keiner dieſer Punkte fadifch bes 
währen wird, bei bem Verbrechen der Berleitung zum Mißbrauche 
der Amtsgewalt den Begriff der Parteilichfeit genau feftzuhalten 
und feitzuftellen, um fie nicht mit dem etwas vagen Ausdrud der 
Begünftigung zu verwechfeln. Parteilichkeit ift etwas ganz 
Anderes ald Begünftigung; Parteilichfeit im Sinne bed 
St.⸗G.⸗B. ift bei wiberftreitenden Interejjen die Bevorzugung 
des gar nicht oder minderberechtigten Intereffe gegen das bes 
rechtigtere. Darin Liegt sine Bevorppypoo einer Partei. Es 


524 


Hofrathes Ecker-Kraus anführte; Herr ObersKriegstommiffär 
Glommer Hat namentlih den Weg näher bezeichnet, auf 
welchen das ArmeesÖberfommando fich Lieferungen ficherzus 
stellen pflegt, jo daß das Nichtvernehmen ber Handelsfammern 
nicht als Begünftigung Richter's anzunehmen war. Es war 
auch nicht Sache des Herrn Richter das Armee-Oberfommando 
aufzufordern, es möge Doch auch Die Handeldfammern vernehmen, 
um ihn nicht in den Schein der Monopoliftrung zu bringen. 
Es wurde weiters angeführt, Herr Richter Habe ſich 
jede Konkurrenz‘ durch feine Stellung als Direktor der Kredit 
anftalt befeitigt, denn ein jeder, der bei der Anftalt Kredit 
fuchte, babe ſich fchenen müſſen, dem Direktor Richter 
Konkurrenz zu machen. Es iſt dieß eine ganz vage, durch keine 
Thatſache bewieſene Konjektur, denn es iſt feine einzige That⸗ 
ſache vorgekommen, die dieſe Behauptung oder Vermuthung 
rechtfertigen würde. Man bat auch darauf hingewiefen, daß 
Richter ſich künftige Lieferungsgeſchäfte zu ſichern ſuchte; 
allein war es denn ausgemacht, daß Freiherr von Eynatten 
ſtets an der Spibe der Sefihäfte beim Armee-Öberfommando 
bleiben werde? War es auch nur wahrſcheinlich, daß er mit feinen 
weitgehenden, ausgedehnten Vollmachten die Armee⸗Admini⸗ 
ftration fürimmer vehalten würde, die ihm nur für die Kriegszeit an⸗ 
vertraut wurde? Dieß war in hohem Grade unwahrſcheinlich, 
der Mann hatte nur eine exzeptionelle Stellung, die durchaus 
nicht andauernd fein konnke, und jede Kalkulation, die ſich auf 
dieſe höchſt erzeptionelle Stellung blajirte, würde nur fehr 
wenig Chancen für fich gehabt haben. Ein zweiter Umſtand, 
welcher außer der monopoliftrenden Stellung Richter’s, wenn 
überhaupt angenommen werden könnte, daß eine folche vor- 
handen war, berührt wurde, war die Zerealienberechnung. 
Veber diefe habe ich mich bereits im eriten Theile meiner Auss 
führung binlänglih ausgefprochen und das Verhalten bes 
Herrn Richter im volljten Lichte dargeftellt, ich Habe auf alle 
Alten hingewieſen und glaube deßhalb, daß ich über Diefe ans 
geblihe Begünftigung auch nicht ein Wort weiter zu vers 
Tieren habe. 
Die Kalikotlieferung ſoll fich endlich, wenn ich nicht irre, 
auch nach der Art der Erfüllung des Kontraftes als eine Pars 
teilichkeit fir Richter darkellen. Aut in Vert Auzehung 


526 


jektiven Thatbeſtandes, felbft wenn zuzulafen wäre, einen ob- 
jeftiven Thatbeſtand auf Orundlage von Verdachtsgründen 
anzunehmen. Aber ſelbſt bie geltend gemachten Verbachtögründe 
find in dieſem Falle nicht vorhanden. 

ALS einen der wichtigsten hat man die falfche Verantwor- 
tung Richter’& am 3. Jänner diefes Jahres angegeben. Rich⸗ 
ter felbit hat wiederholt behauptet, dieſes ſei die einzige Ange 
legenbeit, deren er fich zu fchämen habe, und wofür er Gott 
und das Gericht um Verzeihung bitte. 

Es ift begreiflich, wie Richter damals unter dem Eins 
fluffe der Eynatten’fchen Eheleute dazu fam, jene inkorrekte 
Ausfage zu machen. Eynatten mar es, weldyer Die Prove⸗ 
nienz feine8 Vermögens vor Jung zu verbergen ftrebte; er war 
derjenige, der Interefle daran hatte, ber Behauptung vor bem 
Militärgerichte Geltung zu verfchaffen, daß das Gelb zu ben 
Aktien von feiner Frau berrühre. Zu dem Zwecke Hat nicht 
Richter die Baronin Eynatten, fondern umgekehrt, Eynats 
ten durıh feine Gemalin Richter vermocht, in feinem Intereſſe 
eine unrichtige Ausſage zu machen. Sachlich und pſychologiſch 
erklärt jich aus dem Geſagten die Ausfage Richter's vollkom⸗ 
men, wenn man fich in die Situation Eynatten's verjeßt. 
Aber auch juriftifch vefultirt Eein Bedenken. Richter war da⸗ 
mals noch fein Angellagter, er hat fich nicht falfch verantwors 
tet, weil er feine früher am 3. Jänner gemachte Ausſage fo: 
gleich nach jeiner Verhaftung und vor Beginn der eigentlichen 
Unterfuchung wiberief. Er kann daher nicht im Sinne des 
6.281 der St.⸗P.-O. der falfchen Berantwortung geziehen wer⸗ 
den, weil eine jolche bei Widerruf einer faljchen Ausfage übers 
haupt niemals vorliegt. Nur wenn er ungeachtet Des vorgehal- 
tenen Beweiſes im Läugnen verharrt wäre, könnte man ihm eine 
falfche Verantwortung imputiren. Allerdings war Richter fein 
bloßer Zeuge. Richter war im inne der Entfcheidung des ober⸗ 
jten ©erichtöhofes vom 22. Juni 1852 ein Zeuge, der vom 
Standpunkte des Unterfuchungsrichters in der Sache, über die 
er vernommen wurde, befangen erfchien, und Daher im Sinne 
jener Entfcheidung auch nicht al8 unwahr ausfagender Zeuge 
behandelt werden konnte, was aud der Grund war, Daß 
man gegen ihn feine Anklage deshalb erhob. Richter hat ſich 
nicht falfch verantwortet, denn an jenem Taae, an bem er 


527 


das erfte Dial als Unterfuchter vernommen wurde, am 9. 
März Abends trat er mit jener Erklärung hervor, welche er 
in ber Hauptſache durch die ganze Unterfuchung feitgehalten 
bat. Eine falfche Verantwortung liegt. alfo nicht vor. 

ALS weiteren Verdachtsgrund hat man ferner die Geneigtr 
heit Richter'3 zur Beftechung angeführt. Als Grund für diefe 
Seneigtheit wurde bie Gefchenfgebung buch Kallberg und die 
durch Bayer angefehen. Was zunächit Kallberg betrifft, je 
find die Briefe vom 18. und 22. Februar 1860, welche Rich- 
ter an Krumbholz jchrieb, fehr entfcheidend, In dieſen heißt 
es ausdrüdlich, daß man vor vollitändig bewerkftelligter Kiefe- 
zung nichts geben dürfe und auch dann nur, wenn. man nichts 
vorhinein verfprochen hat. Dieje Art und Weile der Behand» 
Iung jener Angelegenheit, die nun einmal, wie es feheint, nicht 
zu vermeiden war, fpricht fehr gegen eine foldhe Geneigtheit 
zur . Beftechung, die einen Schluß auf die Verübung derje- 
nigen firafbaren That zuließe, melche die Anklage behauptet. 
In Prag handelte e8 jich um einige hundert, bier um 26,000 
©ulden. . Das fpricht durchaus nicht dafür, daß Richter 
geneigt lei, bie Berlegung der Amtöpflicht, die Herbei⸗ 
führung einer Parteilichfeit durch Geſchenke zu erwirfen. 
Die Briefe fagen vielmehr das Gegentheil. Es fcheint überhaupt, 
dag Richter nur oberflächlich von den in Prag zu gebenden 
Nemunerationen Notiz nahm, jebenfalld aber durch den Ernft, 
womit er die Sache feinen Untergeordneten gegenüber behanbelte, 
Diele vor Verübung einer jtrafbaren Handlung bewahren wollte. 
Segen bie Geneigtheit Richter’3 im Intereſſe der. Parteis 
Jichkeit Gefchenfe .an Beamte zu geben, fpricht auch der Brief 
Bondi’s vom 17. Juni 1859. Bondi ſchreibt: Richter 
fagt nur immer das große Wort „nichts geben«. Und hier 
in der Schlußverhandlung fagte Bondi, baß, als er mit 
Nichter von ber Remunerazion zu fprechen anfing, dieſer 
fagte: „Laſſen Eie fi nur ja nicht beifallen, etwas zu geben. 
Mas die Sefchenfgebung darch Bayer betrifft, welche in ein 
paar Sechſern und einigen Zigarren beftanden haben fol, 
fo ift Richter eben fo wenig damit in Verbindung zu ſetzen, 
wie mit dem Lofe, da8 Bayer dem Schneidermeifter in 
©toderau verſprach; das find Akte, die Bayer ind Werk 
gefegt und für feine Perfon zu verantwarten N ION 


528 


ganz gut verantworten kann. Es ift baber die &eneigtHeit zu 
Geſchenkgebungen durchaus nicht erwieſen, am allerwenigſten 
in einer dem $. 105 bes Straf⸗Geſetzbuches analogen Richtung. 
Weiter hat man auch die Bereitwilligfeit zur Annahme von 
Geſchenken hervorgehoben und dabei die Geſchenke von Lana, 
Liebig und Klein angeführt. Allein wenn es an. und für 
ſich ſchon verdächtig wäre, Geſchenke anzımehmen, ſo ſchließt 
dieß noch nicht die Geneigtheit in ſich, auch Geſchenke zu geben. 

Man hat weiters die Verheimlichung des Depots als einen 
Verdachtsgrund angegeben. Bezüglich dieſes Depots kann eigent- 
lich von einer Verheimlichung gar nicht die Rede ſein. Richter 
war ja nicht verpflichtet, die Anzeige zu machen, daß ein Depot 
bei ihm ſei. Bei der Polizei wurde er darum nicht gefragt, er hat 
nichts gethan, um den Thatbeſtand zu ändern. Im Gegentheile, das 
Hinfenben der Aktien am 18. Dezember an Baron Ey natten iſt, 
weit entfernt’ eine Verheimlichung zu fein, eine Kundgebung bes 
ganzen Sachverhaltes. Hätte Richter bie Aktien nicht hinge⸗ 
fendet, fo wäre e8 viel beffer gemefen, wenn man ini Auge bat, 
daß er überhaupt etwas habe verheimlichen wollen. Auch hätte er, 
wenn etwas zu vertufchen, eine Schuld zu bemänteln gewelen 
wäre, auch noch, nachdem er polizeilich vernommen mar und 
eine adminiſtrative Unterfuchung mit Baron Eynatten einge 
leitet war, der Sache durch einen einfachen Zettel oder in anderer 
Weiſe fehr leicht eine andere Wendung geben, oder die Aktien 
etwa zurücbehalten oder eine Schlußrechnung hinſenden koͤnnen. 
Er hat aber nichts dergleichen gethan, und fomit kann auch in 
diefer Beziehung von einer DVerheimlichung keine Rede fein. 
Diefe wäre auch nicht vom 4. bis 20. Dezember zu datiren, 
denn erit am 12. Dezember fihrieb Baron Eynatten au 
Richter ben Brief wegen Abtrennung der Koupons; am 17. 
Dezember wurde Richter polizeilich vernommen, und am 18. 
Dezember fandte er fogleich die deponirten Papiere der Frau 
Baronin Eynatten. Diefes beutet darauf bin, dag er, nad 
dem die Behörde fich in die Sache zu mengen anfing, reine Hand 
haben und die Aktien an denjenigen ſpediren wollte, dem ſie 
gehörten, vorbehaltlich des Forderungsrechtes, welches er ſpaͤter 
als ein gefährdetes anſehen mußte. Daß keine fingirte Buchung 
vorhanden ſei, habe ich bereits früher bemerkt. Man hat auch 
auf einen Brief hingewieſen, wWher UN SAME sun Der 


6530 


kurzer Unterbrechung fährt Dr. Berger, ſichtlich Thraͤnen un⸗ 
terdrüdend, fort:) 

Der Angeklagte fieht jetzt, mit Vertrauen auf dieſen hohen 
Gerichtshof, dem Ausfpruche entgegen; auch die Welt, bie 
große Fury, die hinter jebem Gerichtshofe ſteht, fie erwarte 
es, fie hofft es, daß der Angellagte wieder ber Welt, feiner 
Tpätigkeit, feinem nützlichen Walten und feine Familie hofft 
es, baß er ihr zurückgegeben werde. 

Aber noch eine Seite habe ich zu berühren. Acht Mo: 
nate lang hat die Welt auf Die Enthüllungen dieſes Prozeſſes 
gewartet, und fie find nun da. Von allen den großen Unter 
fohleifen,. die man erwartet hat, von den Beſtechungsſummen, 
die ſich auf Millionen belaufen, jollten, von alle dem ift nichts 
vorhanden. Viele Schwarzſeher wollten al’ die Kalamitäten, 
die Defterreich in den legten Jahren betrafen, aus den Geheim⸗ 
niſſen dieſes Prozeſſes erklären. Da Famen die zwei Selbitmorde 
und gaben der aufgeregten Fantaſie neue Nahrung, und 
alsbald erblidte man ein ganzes Spitem von Korruption, 
und hielt alles für morfch, für faul, für angefreffen, was an 
der Spibe der Verwaltung, der Geſchäfte itand. 

Ich glaube, daß heute die Welt von diefen Illufionen ents 
täufcht ift! Ich glaube, daß fie heute an diefen winzigkleinen Re⸗ 
fultaten dieſer Schlußverbandlung, an den ängſtlich, mühevoll 
und doch nutzlos mit der Lupe gezäblten Fäden, an den troß 
aller Mühe nicht ausgeflügelten Garnnummern — die freilich 
auch kein weltbemegendes Problem in fi tragen — nun do 
fiebt, daß es fich einfach darum handelt, einen fonit geachteten, 
von Hoch und Niedrig als einen der ehrenwertheiten Charaftere 
hingeftellten Mann eines gemeinen Verbrechens wegen zu ver: 
urtbeilen. Ich glaube, daß der hohe Gerichtshof auf Grund der 
glänzenden Zeugniffe, Die vorgelejen wurden und” eine ganze 
Geſchichte Des edelmüthigiten, wenn auch geräufchlojen Waltens 
in fich begreifen, daß er auf Grund der perfönlichen Haltung 
des Angeklagten die Ueberzeugung von feiner Echuldlofigkeit 
fefthalten, und dasjenige Urtheil ſchoͤpfen wird, welches der 
Sache entſpricht. 

Zwei Opfer find bereits gefallen; heiſere Stimmen krei⸗ 
chen nach einem dritten, und verlangen Sühne für Berbre- 

chen, die nicht begangen worben. SDM dem Stante ein drittes 


532 


geringerem in einem Augenblide, wo der Eindrud der warmen 
und beredten Vertheidigung des Hauptangeklagten ein noch jo 
mächtiger if. 

Mas fie jedoch für ihren Klienten im bollſten Maße be⸗ 
anſpruchen kann, iſt jenes Mitgefühl, welches die traurige 
Lage eines Mannes verdient, der durch Redlichkeit und Bieder⸗ 
ſinn die Achtung ſeiner Umgebung zu erwerben und zu erhalten 
wußte, eines Mannes, der bis zu dem Augenblicke, wo ſich 
die Gefängnißpforte hinter ihm ſchloß, keine Ahnung davon 
hatte, daß man in irgend einer ſeiner Handlungen auch nur 
den Schein eines Unrechtes ſehen koͤnnte, ſondern der in dem 
Bewußtſein lebte und noch lebt, daß er ſtets nur das gethan, 
was die ſtrengſte und uneigennützigſte Pflichterfüllung von 
einem treuen Diener fordert. Es iſt daher für die Vertheidigung 
erfreulich, ihre Ueberzeugung offen zu bekennen, daß der Aus⸗ 
ſpruch deſſen, wozu und hier das märmfte und lebhafteſte Mit: 
gefühl drängt, im vollfommenften Einflange mit den firgngiten 
Anforderungen der Gerechtigkeit ſteht. 

Die Anklage gegen meinen Klienten iſt eine zweifache: 
fie iſt auf die Verbrechen des Betruges, begangen am Staate 
durch Stoffverminderung und an den Subkontrahenten durch 
Reduktion gerichtet. 

Sn erſterer Beziehung alaubt die Anklage ſich die geſtellte 
Aufgabe dadurch zu erleichtern, daß fie die Berfonen der beiden 
Angeklagten vollfommen identifizirt, allein abgefehen davon, 
da ein folcher Vorgang im Strafrechte überhaupt unzuläflig 
ift, fo erfcheint er bier insbejondere aus der Rüdficht ganz 
unpaflend, weil das Verhältniß beider Angeklagten zu dem 
angeblich bejchädigten Staate ein weſentlich verſchiedenes ift. 
Die Staatsbehörde nahm das Vertragsverhältnig zum Aus 
gangspunfte ihrer Erörterung und fleht die jtrafbare Handlung 
in der argliftigen Berlegung der durch dasfelbe begründeten 
Pflichten. — Direktor Richter jtand allerdings mit dem Staate 
im Kontraftsverhältniffe und befand fich wenigſtens in der Moͤg⸗ 
lichkeit, die Kontraftspflichten zu verlegen. Mein Klient konnte 
es nicht einmal, da er feine folchen Pflichten hatte. Er iſt nicht 
Kompagnon, ſondern lediglich Bevollmächtigter. und Gefchäjtd- 
jührer, er jtand mit dem Etaate in Beziehung auf die Gefchäfte, 
am bie es fich bier handelt, in gar keinem Verhältniffe, ja er 


534 


ertheilt fogar gegen eine Tare Privilegien auf Verbefferungen, bie 
eine größere Defonomie in der Erzeugungerzielen, und berechtigt 
dadurch ben Privilegirten, den Nutzen ausichließlich für ſich 
auszubenten. Mein Klient fonnte an biefe Verfuche mit um fo 
größerer Beruhigung gehen, als dem Staate ſolche Hilfsmittel 
zu ®ebote ftehen, welche den Gedanken an die Möglichkeit, 
gegen den Kontrakt zu handeln, ausjchließen. Alle Verfügungen 
wurden erft nach Einvernehmen ber Stoderauer Monturs⸗ 
kommiſſion getroffen. Bon diefer als eigens beftellter technifcher 
Behörde müffen nicht nur die nöthigen Kenntniſſe vorausgefeht 
werben, fondern fie hat auch durch die vorliegenden Qutachten 
bemwiefen, daß fie mit großer Sorgfalt und Genauigkeit zu 
Werke ging. Gegen die an der Erftattung diefer Gutachten 
betheiligten Perfonen konnte kein Bedenken erhoben werben; 
ja ed müßte jedes etwaige Bedenken, gegenüber ber offiziellen 
Erklärung in der „Wiener-Zeitung* vom 28. Juni 1860 ver- 
fchwinden. 
Der Berfuch, dasjenige, was durch Erläſſe der höchiten 
Behörden auf jo fichere und verläßliche Grundlagen hin verfügt 
wurde, im Wege des Kriminalrichterd zu beitreiten, erfcheint 
ganz unzuläflig; — die Staatsbehörde felbft erfannte, daß 
ein folcher Vorgang Anlaß zu Belorgniffen gebe, indem fie 
eine Abwehr derjelben für nöthig hielt. — Mag man jelbit 
zugeben, daß nur der Unredliche verurtffeilt werde, fo genügt 
ſchon die Möglichkeit, daß über bie Kontrafterfillung nicht Durch 
den Givilrichter, fondern durch den Kriminalrichter fofort abge⸗ 
fprochen werde und die Gefahr, nach Monate langer Haft den 
Beweis der Schuldlofigkeit führen zu müſſen, den achtbaren 
Geſchäftsmann, der fein Makel an feiner Ehre duldet, von 
den Lieferungsgeſchäften zurüdzufchreden, und felbe folchen 
Perfonen in die Hände zu ſpielen, welche in einem höheren 
Gewinne eine Prämie für die Gefahr, die ihrer Ehre droht, zu 
finden wiffen. Gewiß ift, daß Krumbholz nicht glauben konnte, 
es werde fein Chef auch nur in der Lage fein, Anträge zu geneh⸗ 
migen oder Aufträge zu ertheilen, die den Beſtimmungen des 
Vertrages entgegen jind, wozu noch kommt, daß ed nach der 
durch Sachverſtändige beftätigten faufmännifchen Uebung im 
gerwöhnlichen Verkehre nicht gefcbieht, daB man Fäden zählt! 
Uebrigens mar der Umſtand, ob wud in welder Art Richter 


636 


fo erjcheinen fie als feine Spiegelfechterei; fie geben das Bild 
eines aufrechten Geſchäftsverkehres, fie enthalten den technifchen 
Beirath, den mein Klient feinem Chef zu ertheilen. jchuldig 
war und bie bei einem fo.großen Gejchäite nöthigen Mitthei⸗ 
lungen. Es hanbelte fih bier um Vorkehrungen für ein Ge⸗ 
fhäft in einer Waarengattung, für welche die Fabrik früher 
‚nicht eingerichtet war, es waren »baher einerfeitö wegen ber 
großen Ausdehnung desjelben im Intereffe Richter’3 mancyerlei 
Borfergen zur Vermeidung etwaiger Nachtheile nothwendig, 
andererfeitS wollte Richter eine Wanre liefern, welche dem 
Zwecke, für den fie beftimmt: war, vollfommen entfpräche, wie 
dieß aus feinen Briefen hervorgeht. Die Erörterungen zwifchen 
Richter und Krumbholz fallen in das Stadium der Vers 
tragsunterbandlungen, da die definitive Beftimmung über die 
Art der Lieferung erft am 26. Juni 1859 erfloß. 

Der Bertheidiger beweilt fohin aus der Korrefpondenz, 
daß die beanjtändeten Motififationen des Vertrages mit dem 
Aerar ˖ durch die Aufträge des Richter an Krumbholz bereits 
vor des leßteren Reife nach Wien feitgeftellt waren, mithin nicht 
erit das Rejultat der am Pfingitionntage ftattgebabten Unterre 
dung fein konnten Diefe babe jich vielmehr auf die Herbeifchaf- 
fung des bedeutenden Quantums von circa 5000 Str. Baum- 
wolle und auf die richtigen Abfchlüffe mit den Subfontrahenten 
bezogen; Krumbholz, der, wenn auch gefchäftstüchtig, doch 
Mangel an Energie und Celbitftändigfeit befike, hielt es, da 
Richter fich bei jeinem Mangel an Zeit für die eigenen Ge⸗ 
ſchäfte in feinen Briefen nur fehr kurz ausdrückte, für nothwens 
Dig, fich genaue Informationen zu holen. 

Auch bezüglich jener Waare, die in Prag abgeliefert wer- 
den follte, und Anfangs beanftändet wurde, verhielt eh Krum b⸗ 
Holz ganz pafliv, und machte lediglich feinem Chef die Anzeige 
von den erhobenen Anftänden. Die Anwendung des $. 201 lit.d 
des St.⸗“G.⸗B., als ob Krumbholz fich hätte unrechtmäßigen 
Gewinn zueignen wollen, erjeheint ſchon deßwegen ganz unrich⸗ 
tig, weil Krumbholz nur eine fire Befoldung und eine Remu- 
neration am Schluffe des Sabres, aber feinen Antheil am Be 
ichäfte hatte. Seine Nechtlichfeit wird durch alle Zeugen be⸗ 
jtätigt, und fein unbedingter Gehorſam gegen die Befehle feines 
Chefs wird um fo ertlärlicher, wenn mon die Verlönlichkeit des 


538 


war, nun ba dieſes Geſchäft von bem Aerar nicht mehr abges 
fchlöffen wurbe, zu dem großen Stoffgefchäfte verwendet werden 
mußte, da ferner fich Dadurch, daß das Aerar ſich nicht an die 
Anzahl Stüde, fondern an die Anzahl Ellen hielt, die abges 
lieferten Stüde aber mehr Ellen hatten, ein Mebermaß ergab. 


Die Staatöbehörde tritt durch ihre Anklage in Widerſpruch 
it dem, was im gewöhnlichen und faufmännifchen Verkehre 
gang und gebe ift. Eben fomenig, als man fich um die Motive 
befümmert, welche den Mitfontrahenten zur Eingehung des 
Geſchäftes beftimmen, kümmert man fich um bie- Motive, bie 
ihn zu dem Anfuchen um Auflöfung veranlaffen. Es entfpricht 
dieß auch der Beitimmung des $. 901 bürgl. G.⸗B. Dan ge 
braucht im. Faufmännifchen Leben um fo eher eine Ausfluct, 
als manes, da man mit einem Gefchäftämanne zu thun hat, von 
dem man voraudfeßen muß, daß er zu beurtheilen im Stande 
ift, in wie weit der vorgegebene Grund geeignet ift, für ihn 
eine Nöthigung von dem Geſchäfte zurücdzugehen, herbeizu⸗ 
führen. | | 

Der Bertheidiger weilt fohin nach, daß die von der Staats⸗ 
behörde zur Unterftügung ihrer Anficht berufene Entfcheidung 
des oberiten Gerichtshofes wegen Verſchiedenheit des Falles 
hier feine Anwendung finden kann. 


Es gehört überdieß nad $. 197 des St-©.:B. zu den 
Momenten des Betruges, daß ein Schade entflanden jei oder 
wenigitens beabfichtigt wurde. Schade wird nad) $. 1293 bürgl. 
G.⸗B. dem Entgange des Gewinnes entgegengefebt. Würde felbit 
durch die Nichtannahme der Waare und deren anderweitigen Vers 
fauf den Subfontrahenten ein Verluſt zugegangen fein, To wäre 
jelbit nach dem Gutachten der Sachverftändigen doch mindeitend 
immer der Preis des Stoffes erreicht worden, mithin würde 
Diejer Verluft immer nur den Webergewinn betroffen haben. 
Es wurde aber fihon von der Vertheidigung des Richter ge 
zeigt, daß weber bei Münzberg noch bei Abeles von einem 
Schaden die Rede fein kann, und wenn die Sache nit Abeles 
sticht früher geordnet wurde, fo lag dieß ja darin, daß dieſer 
wegen der Verhaftnahme Richter's fein Vertrauen in deffen 
Solvenz verloren hatte, und erft nach Berichtigung der von ihm 

zur Bränotirung geprachten Weche wii Vertrauen gewann, 


540 


anerkannt werde, und dieje Anerkennung, ich Darf es mit Zus 
verficht jagen, wird ihm vu | den n Aueſpruch bes 5. Gerichtes 
zu Theil werden. 





Dr. Berger erhebt ſich hierauf, um einige Worte der 
Vertheidigung für den Angeklagten Bayer zu ſprechen. Die 
Anklage ſtützt ſich auf das Verſprechen eines Kreditloſes an den 
Schneidermeiſter Ragelſtätter und die Austheilung von ein 
paar Zigarren und Sechſerln au das Perfonale der Monturs⸗ 
tommiflion in Oraz. Das Geſetz, das nur von Beamten fpridt, 
Lönne hier nicht angewendet merden, da der Schneidermeifte 
und das untergeordnete PBerfonale in Graz doch offenbar Feine 
öffentlichen Beamten feien. Es fei auch nichts vorgefallen, was 
auf eine Unregelmäßigkeit des Vorganges bei der Lieferung 
schließen liege. Die Verabreichung der Zigarren jei wahrfchein- 
lich nah Form bergemöhnlichen Konvenienz geichehen; und Sech⸗ 
ſerln feien ein fo geringer Betrag, daß er gar nicht zu beachten 
ei. Es ſei das Verſprechen noch fein Geben; e3 liege nicht ein- 
mal eine Verfuchshandlung vor, da diefe ein Element der voll: 
endeten Handlung in fich begreifen müfle. 

Mebrigens fei, wie aus der Ausfage des Nageljtätter 
hervorgeht, das Verſprechen höchft oberflächig gemefen und das 
zu einer Zeit, wo die Lieferung beinahe ſchon vollendet war. 
Daher fei der Angeflagte von dem Vergehen der Berleitung 
zum Mißbrauche der Amtsgewalt Toszufprechen. 


Am 13. Dezember, Bormittage 9 Uhr, verkündete der Borfis 
tzende des Gerichtshofes folgendes Straferfenntniß: 

Das f. f. Landesgericht Wien hat Eraft der ihm von 
©r. f. k. Apoitolifchen Majeſtät verliehenen Amtsgewalt über 
die Anklage der £. . Staatsanwaltjchaft gegen Franz Ric: 
ter wegen theils vollbrachten, theild verfuchten Verbrechens des 
Betruges und wegen des vollbrachten Verbrechens der Berlei: 
dung zum Mißbrauch der Amtsgewalt, dann gegen Johann 
Krumbholz, wegen vollbrachten Verbrechens des Betruges 
und gegen Heinrich Bayer, wegen Ürkertretung der Berleitung 


541 


zum Mißbrauche der Amtsgewalt nach der wieder ſie durchge⸗ 
führten Schließverhandlung zu Recht erkannt: - 

A. Franz Richter, 52 Jahre alt, zu Buchau in 
Böhmen gebürtig, Fatholifch, verheiratet, Mitbefiger zweier 
Spinnfabrifen und Hauptdirektor der k. k. priv. öfterreichtichen 
Kreditanftalt für Handel und Gewerbe ift 

‚I. ſchuldig des Verbrechens der Berleitung zum Miß- 
brauch der Amtsgewalt nach $. 105 des St. ©. durch Verabfols 
gung eines Gefchenkes von Nordbahn-Aftien im Werthe von 
25.634 fl. 5. Oe. W. an ben k. f. Feldmarſchalllieute⸗ 
nant Baron Eynatten, um ihn bei Entſcheidung über Ars 
meelieferungen zur Parteilichfeit zu verleiten; 

II. wird derfelbe von der Anklage wegen Verbrechens des 
volbrachten Betruges nach $. 197 de8 St. ©. durch liſtige Auf⸗ 
rechnung eines Betrages von 50.746 fl. 37 Er. De. W. beim 
ar A von 20.000 Pfund Sterling zum Nachtheile 
des k. Tr. Armee-Öberfomnandos wegen Unzulänglichfeit der 
Beweismittel, gemäß $.287 des St. P. O. freigeſprochen; 

III. wird Franz Richter von dem ihm angeſchuldeten 
Berbrechen des Betruges nach $6. 197 und 201, Hit. a und d 
des St. ©. durch Anfertigung eines falfchen Konto für dag 
k. k. Finanzminifterium zum Nachtheile der privilegirten Öfterreis 
chiſchen Kreditanſtalt, dann durch abfichtlihe Stoffvermin⸗ 
derung bei ber Lieferung von vier Millionen Ellen Kalikot zum 
Nachtheile des hohen Aerars,und durch Reduzirung eines Thei⸗ 
1e8 hievon zum Schaden der Sublieferanten vermöge $. 288 
des St. DO. losgeſprochen und ſchuldlos erkannt. 

B. Johann Krumbholz, 32 Jahre alt, zu Kleiffen in 
Böhmen gebürtig, evangelifcher Religion, ledig, Direktor und 
Prokuraführer ber Franz Richter’fchen Fabrik am Smihew. 
bei Prag, wird von dem ihm angeſchuldeten Berbrechen des 
Betruges nah ben $$. 197 und 201 lit. d des St. ©. duich 
Mitwirkung bei der erwähnten Stoffverminderung zum Nach⸗ 
tbeile des Aerars und bei Neduzirung eines Theiles der Lie⸗ 
ferung zum Schaden der Sublieferanten gemäß $. 288 ded St. 
G. losgeſprochen und ſchuldlos erkannt. 

©. Heinrich Bayer, 28 Jahre alt, aus Eger in Boͤh⸗ 
men gebürtig, Tatholtich, Tedig, gewefener Agent des Franz 
Richter, wird vonderihm angefchuldeten eherttetung der Qiers 


542 


leitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt nad $. 311 des St. 
©. gemäß 288 Et. P. D. losgeiprochen und ſchuldlos erkannt. 

Bezliglich der Angeklagten Johann Krumbholz und 
Heinrich Bayer find die Koften des Strafverfahrens nad 
6. 342 der St. P. O. vom Staate zu tragen. 


Gründe: 


I. Das Verbrechen ber Berleitung zum Mif- 
brauche der Amtsgemwalt betreffend: 

Diefes Verbrechen begeht nad $. 105 des St. ©. 
berjenige, welder einen zur Entſcheidung dffent- 
licher Angelegenheiten berufenen Beamten burd 
Geſchenke zu einer Parteilichfeit oder zur Berle 
gung der Amtspflicht zu verleiten fucdht. 

Diefe Erforderniffe find im gegenwärtigen 
Falle vorhanden: 

Der k. 8. Feldmarjchalllieutenant Baron Eynakgen war 
im Jahre 1859 Generaldirektor für die Sfonomifchen Angeles 
genheiten, und er war vom 28. Mai bis 18. Juli v. I. au 
 Etellvertreter des E. k. Armee⸗Oberkommandanten, als folder 
hatte er während bes italienifchen Krieges auch über die Her⸗ 
beifchaffung der Armeebebürfniffe felbftftändig zu entfcheiben. 


Die Entſcheidung über Lieferungen für bie. 
Armee gehört aber zu den Entſcheidungen öffent 
licher Angelegenheiten, indem unter letteren folche Ange: 
legenheiten zu .verftehen find, welche das Interefje aller ober 
doch eines gewiſſen Kreifes der Staatsbürger berühren, was 
offenbar auch bei Armeelieferungen ber Hall iſt. 

Bezüglich der Berabfolgung eines Geſchenkes 
an Baron Eynatten liegt das G©eftändniß des 
Kranz Richter vor. Es ergibt fich nämlidy aus jeinen Anz 
gaben in den Antworten 17, 19, 27 und 28 feines Verhoͤrs, 
baß er am 15. Juli 1855 für Baron Eynatten 25 Stil 
Nordbahnaktien um 45,634 fl. 5 fr. De. W. gekauft, von 
bemfelben aber nur 20.000 fl. De. W. zum Anfaufe der 
Aktien erhalten und fich gleich Damals vorgenommen habe, bie 
Differenz oder die Mehrfoften auf fich zu nehmen, indem feine 
Vermögensverhältuiffe ihm geftatteten der Samilie Eynatten 
ein foldyes Kadeau, d. i. Seient u maken. 


544 


getragen und alldort eineni Dienfimädchen, das er nicht näher 
bezeichnen Tann, übergeben zu haben; auch tft Hiervon weder ben 
Hernommenen Dienftperfonen etwas befannt, noch bat die Frau 
Baronin, wie fie behauptet, diefe Aktien erhalten. Es ift daher 
anzunehmen, daß der Angeflagte diefelben nicht-ihr, ſondern 
dem Baron Eynatten eingehändigt hat, wofür auch der Um⸗ 
ſtand fpricht, daß er am 1. Oftober v. I. vor dem Antritte ſei⸗ 
nes Urlaubes diefe 25 Stüd Aktien ald Depot auf feinen Nas 
men bei ver.-Kreditaniftalt hinterlegt hat.  " 

Bezüglich der Erwerbungsart diefer 25 Stüd Aftien be 
ſtehen mehrere Widerfprüche zwifchen den Angaben des Baron 
Eynätten, welcher dem Angellagten 34.000 fl. zum Ankaufe 
‘der 25 Stüd Aktien gegeben haben will, zwifchen der Ausfage 
der Baronin Eynatten, welche anfangs vorbrachte, dem Ans 
geflagten: 40.000 fl. hiezu gegeben zu Haben, und der Ausfage 
des Franz Richter, welcher bei feiner VBernehmung als Zeuge 
in ber Unterfuchung gegen Baron Eynatten am 3. Jänner 
d. J. angab, den Betrag für die 25 Aftien mit circa 34.000 fl. 
it Banknoten von der Baronin Eynatten eingehändigt ers 
halten zu haben. 

Diefe falfche Ausfage vor Gericht würde das Verbrechen 
des Betrugesnah$. 199 lit. a des St. ©. begründen, falls Rich: 
ter nicht des Verbrechens der DVerleitung zum Mißbrauche der 
Amtsgewalt fehuldig wäre. Der Beweis des von dem An: 
geflagten geläugneten böfen Vorſatzes iſt nach $. 268 
der St. PD: O. bergeftellt. 

Als Tag der Geſchenkgebung ift der 16. Zuli 1859 anzu 
fehen, indem der Angeflagte Richter eingefteht, an diefem Tage 
die 25 Stud Aktien der Baronin Eynatten in die Wohnung 
geichickt zu Haben, e8 kommt daher zu beurtheilen, ob der Ange 
Magte die Abficht hatte, durch dieſes Geſchenk den Baron Ey- 
natten nad dem 16. Juli v. J. zur Parteilichkeit zu ver⸗ 
leiten. 

Diefe Abſicht muß angenommen werden, und zwar 
dahin gerichtet, daß Baron Eynatten durch das erhaltene Ge⸗ 
ſchenk veranlaßt werbe, weitere Kieferungen an den Angellagten 
oder an bie Krebitanftalt mit Ausfchluß anderer Konkurrenten 
zu überlaffen, und zwar aus folgenden Gründen: Der An: 
geflagte hat in feinem Briefean Rrumtueindde, 25. Oftos 


.546 


I. Betrug durch Anrechnung einer Kurspdifferen;z 
aus den im Juli 1859 für das Armee⸗Oberkom⸗ 
mando angefhafften Devifen: 


Franz Richter hat in feinem Geſuche vom 7. November 
1859 an da8 f. f. ArmeesÖberlommando zur Begründung 
feines Anfpruches auf Vergütung einer Kursdifferenz im Be 
trage von 50.746 fl. 37 fr. fich auf die ausdrückliche Geneh⸗ 
migung des Armee-Oberfommanbo berufen. Wird berückfich⸗ 
tigt, daß nad Richter's Angabe und nad) dem Ergebniffe der 
Unterfuchung felbft die wichtigiten Gefchäfte, wie das Zerealien- 
gefchäft, mündlich abgemacht wurden, fo mußte, ba der Anlauf 
der jene Kurspdifferenz veranlafienden Devifen im Monate Juli 
1859, alfo zu einer Zeit ftattgefunden haben joll, als Baron 
Eynatten Vorſtand des Armee-Oberfommando’3 war und 
fich in den Alten keine Verhandlung darüber vorfand, ange: 
nommen werden, daß ber zur Zeit des eingebrachten Geſuches 
abmwefende Baron Eynatten feine Genehmigung ausdrüdlicd 
sertheilt habe. Allein Baron Eynatten bat diefe Zumuthung 
abgelehnt und angegeben, er habe den Richter dießfalls am 
den Herrn Finanzminifter gewiefen. Auch Richter beftätigt 
dieß ſowohl in der Vorunterfuchung als in der Schlußver⸗ 
handlung, behauptet aber, den Auftrag zum Ankaufe der De: 
vifen im Betrage von 20.000 Pfb. London am 7. Juli 1859 
von Baron Bruck erhalten und denfelben auf Grund dieſes 
Auftrages durchgeführt zu haben. 


Es iſt fohin die Berufung auf die ausdrüdliche Genehmi⸗ 
gung des Armee⸗Oberkommandos, wie fie von Richter in 
feiner Eingabe bezogen und auch in der Aeußerung des Baron 
Brud und in der Erledigung jener Eingabe angeführt wurde, 
feineswegs auf Wahrheit beruhen. 


68 geht ferner aus den Ausſagen Sr. Erzellenz des Ed⸗ 
len von Plener und des Freiherrn von Brentano hervor, daß 
Baron Brud in jener Angelegenheit nur berathend, nicht ent- 
ſcheidend habe einfchreiten fünnen, und Baron Brud felbit 
macht in der dießfälligen Aeuferung vom 3. Jänner 1860 feine 
Andeutung, daß der Auftrag zum Ankaufe von ihm ausgegan- 
gen fei, fondern er erfennt nur Eynatten’d Angaben und bie 
ziffermäßige Richtigkeit des Kante an, 


543 


fohlofjen worden fei, die Verbuchung mit dem Kurſe des 7. 
Juli und bem Zinfenlaufe von dieſem Tage an, fowie Die ent 
jprechende Verftändigung der betreffenden Parteien veranlaßt 
worden ſei, unrichtig ift, indem Schiff angibt, daß Richter 
ihn am 13. oder 14. Juli vorigen Jahres von dem Geſchaͤfts⸗ 
abichluffe, und daß eram 7. Juli ftattfand, in Kenntniß ge 
fett babe. 

68 weijen Daher die Eintragung bes in Frage ftehenden 
Geſchäftes in das Börfentablenu vom 14. Juli, die wirkliche 
Uebergabe der Effekten an diefem Tage und- Die weitere Ver⸗ 
buchung und die darnach entworfenen Avifobriefe zugleich auf 
den Abſchluß des Geſchäftes an diefem Tage bin. 

Der Zeuge Schiff gab zwar in der Schlu Verhandlung 
an, daß Richter ibm am &. ober 5. Juli v. 3. mitgetheilt 
hätte, daß er einen ftarken Bolten »London« verfchloffen habe, 
allein Schiff gibt felbit wieder zu, dag damit noch Fein Ab- 
fhluß erklärt worden fei, was auch daraus erhellt, daß der 
Kurs nicht nach dem 4. oder 5. Juli, fondern nach einem 
anderen Tage berechnet wurde, und ebenjo auch ber Sinfenlauf 
nicht mit einem jerier Tage begann. 

Auch Baron Bruck's angebliche Aeußerung, den Ankauf 
von 20.000 Pfund Sterling in Devifen nach dem Kurfe ded 
laufenden Tages zu beforgen, bezeichnet nur, daß der Kurs 
jenes Tages berechnet werden follte, an welchen der Ankauf 
bejorgt werden würde. 

Da nun weder Baron Eynatten noh Baron Brud 
jenen Tag angegeben, an welchem die Behprechung dieſes Ges 
genſtandes ftatthatte, und fein Grund vorliegt, aus welchem 
Richter durch 6—7 Tage ein abgeichloffenes Geſchäft vers 
ichwiegen haben follte, fo erfeheint auch die Angabe, der Kauf 
jei am 7. Juli gefchloffen worden, nach dem Grörterten nicht 
glaubwürdig. 

Diefe Unglaubwäürdigfeit wird bezüglich des von Richter 
an die Kreditanftalt überlaffenen Betrages von 12.000 Piund 
Sterling noch dadurch erhöht, daß biefer Kauf nur mit Schiff 
geichehen fein konnte, Diefer aber angibt, Richter habe erit am 
13. oder 14. Juli 1859 erwähnt, daß aus feinem Depot 
obiger Betrag entnommen werden könne, daß nebit der Eins 
Fragung diefer Summe am 1%. Si au der Zinfenlauf vom 


550 


IH. a. Betrug durch Anfertigung eines falfchen 
Konto für das Ainanzminifterium,, zum Nachtheile 
der Kreditanſtalt. 


Was dieſen Fall betrifft, ſo hat der Gerichtshof gemaͤß 
F. 268 der St. P. O. eine betrügerifche Anſicht des Angeklag⸗ 
ten nicht angenommen, ſondern ſeine Angaben für wahr ge⸗ 
halten, daß er über Auftrag des Finanzminiſters Baron Bruck 
zum Vortheile des hohen Aerars im General⸗Konto für das 
Finanzminiſterium, datirt 31. Dezember 1859, den Kurs bei 
den verfauften 1.400,000 fl. „Rational-Anlehen« von „72* 
auf »77« erhöht und bei den angefauften 1'/, Millionen 
ungarifcher Orundentlaftungs-Obligationen um 2% Prozent 
niederer angefett habe, jeboch nur unter der Borausfeßung ber 
nachträglichen Genehmigung diejer Aufbefferung im Betrage 
von 103,750 fl. De. W. von Seite des Verwaltungsrathes, 
daß er jedoch an der Ausführung durch feine am 9. März d. 2. 
erfolgte Verhaftung verhindert worden fei. 

Nach den beichwornen Ausfagen des Direftord Horn⸗ 
boftel, der Mitglieder des Reviſions-Komito's, Schöller, 
Wiener und Goldfhmid und des Verwaltungsrathes Dr. 
Gredler hat der Angeklagte der Kreditanjtalt gegenüber ji) 
ſtets vedlih und uneigennüßig benommen, das Befte derfelben 
nah Kräften befördert und dadurch das volle Vertrauen des 
Verwaltungsrathes gewonnen, fo daß er die nachträgliche Ger 
nehmigung ber in Frage flehenden Aufbeſſerung durch denfels 
ben deito mehr vorausfegen konnte, al& bei der vom Baron 
Brud im Einveritändniffe mit Richter zum Behufe der Bel 
ferung der Baluta und des Kurſes der öfterreichifchen Staats⸗ 
papiere unternommenen, aber mißlungenen Yinanzoperation 
indireft auch die Kreditanitalt betheiligt war. 


Auch ift zu berüdfichtigen, dap beim Zerealiengejchäfte 
Die Kreditanitalt eine Provifion von 400.000 fl. bezog, 
während die Aufbeſſerung zum Vortheile des Staates nur 
103,750 fl. Oe. W. beträgt. Bei dem Mangel eines Be 
weifes des böfen Vorſatzes des Angeflagten, mithin 
beim Abgange des fubjektiven Thatbeftandes, wurde der Ans 
geflagte von der Anklage wegen diefes Verbrechens vermöge 
$. 288 der St. P. O. I\vsgeipragen wob (Aulblos erklärt. 


562 


rechtlichen Betruges nicht erkannt, denn Richter jchrieb am 
26. September 1859 an Krumbholz: 
-  »Seute hat mich das Armee⸗Oberkommando dringend ers 
fucht, den Etoffabichluß aufbrei Millionen zu reduziren. Drin- 
gend bitten heißt hier befehlen. Ich erfuche Sie baber, 
unfere Kontrahenten vom Gefchehenen zu unterrichten und bie 
Abfchlüffe mit benfelben in demfelben Verhaͤltniſſe zu reduziren, 
als die Reduktion im Ganzen Rattgefunden hat.« 

Diefer. Brief entbält aber nicht eine Fiktion, fondern iſt 
im Wefentlichen richtig, indem das k. k. Armee⸗Oberkommando 
wirklich den Wunſch einer Reduktion ausgeſprochen hat. Dieſer 
Brief war auch nicht geeignet den Münzberg und Abeles 
irre zu führen und ihnen einen Schaden zuzufügen. 

Erſterer erklärte bei der Schlußverhandlung, daß ihm die Re⸗ 
duktion von '/, des bedungenen Garnes im Oktober v. I. ges 
legen kam und er dadurch feinen Schaden litt, weil damals bie 
Geſchaͤfte nicht mehr ftedten und er das reduzirte Garn daher 
auch an andere Parteien abſetzte. 

Abeles erklärte gleichfalls bei der Schlußverhandlung, 
Daß er durch die Reduktion keinen Schaden erlitt, Daß ihn der 
erwähnte Brief gar nicht berührte, indem er nicht mit dem 
ArmeesÖberfommando , fondern mit Richter den Vertrag 
geichloffen und diefen auf bie Einhaltung des Vertrages oder 
anf Schadenerfaß geflagt haben würde, falls ihm die eingefendete 
Saktura über das ganze Quantum der verttagsmäßig gelieferten 
Waare nicht angenommen morben wäre. 

Es fehlt daher auch hier ber Thatbeftand eines Betruges 
nach $. 197 des Strafgeſetzes. 

Der Angeklagte mußte daher gemäß $. 288 der Straf⸗ 
Prozeßordnung von der Anflage losgeſprochen werben. 

B. Diefe Losfprehung des Hauptangeflagten 
Branz Richter hat aus gleichen Gründen aud bie 
Su rrehung des Mitangeklagten Krumbbol; zur 

olge. 

C. Heinrich Bayer hat bei der Schlußverhandlung an⸗ 
gegeben, daß er zu dem Schneidermeiſter Nagelſtetter bei 
der £. k. Monturs⸗Hauptkommiſſion zu Stockerau am 3. oder 
5. Sänner d. 3. am Schluffe der Lieferungen gefagt habe, er 
werde ihm einmal ein Kredialoos gr. 100 I. bringen. Nagel- 


553 


ftetter beftätigte bei der Schlußverhanbhung diefe Angabe mit 
der Bemerkung, daß ihn Bayer niemals zn einer geſetzwidrigen 
Handlung aufgefordert habe. 

Dieſe unbeſtimmte Aeußerung enthält nicht das Ver⸗ 
ſprechen eines Geſchenkes in der Abſicht den Nagelſtetter zur 
Verletzung ſeiner Amtspflicht oder zur Parteilichkeit zu verleiten, 
und da demnach der Thatbeſtand der Uebertretung nach $..311 
des Strafgefeßes nicht vorhanden ift, fa mußte gemäß $. 288 
der Straf: Prozeßordnung auch diefer Angeklagte losgeſprochen 
und ſchuldlos erklärt werden. 


Der Staatsanwalt jtellt nun bezüglich des Strafaus⸗ 
maßes, in welchem Richter für ſchuldig erflärt wurde, feinen 
Antrag. 

Richter — jagt er — iſt ſchuldig erklärt des Verbrechens 
der Verleitung zum Mißbraud) der Amtögewalt nad $. 105 des 
Strafgeſetzes. Dieſes Geſetz enthaͤlt zwei Strafſätze: der eine mit 
Kerker von ſechs Monaten bis zu einem Jahre, der andere bei 
erſchwerenden Umftänden mit ſchwerem Kerler von einem bis 
zu fünf Jahren. Ich finde keinen zureichenden Grund auf die 
Anwendung des höheren Strafſatzes anzutragen und glaube, 
daß ber minbere Anfab von ſechs Monaten bis zu einem Sabre 
Anwendung findet. 

Als mildernd fprechen für Richter die vielen guten Zeugs 
nifje über fein Vorleben, ferner‘ daß er durch neun Monate ver⸗ 
haftet ift, was ein großes Gegengewicht gegen die geſetzliche 
Strafe bildet, ich glaube, daß der hohe Gerichtshof unter ber 
Vorausſetzung, daß Richter nur des einen Verbrechens ſchul⸗ 
dig ift, zur Anwendung bed außerorbentlichen Milderungs- 
rechtes berechtigt ift, ftelle deßhalb auch feinen beitimmten Straf- 
antrag und bemerkte nur, daß ber Angeklagte der den Gerichtös 
bofe in $. 54 des Strafgefeßes eingeräumten außerorbentlichen 
Milderung würdig erfcheint. 

Dr. Berger: &8 bleibt num der Bertheibigung des Herrn 
Richter bie legte und traurigfte Pflicht, und wie oft fie auch 
diefelbe in anderen Faͤllen geubt hat, von fo fchmerzhaften. Em- 
pfindungen bemädtigt war fie nie. Sie kämpft jeboch den. 
Schmerz nieder und ftellt fi) auf ben Standpunkt ber Rausilie 


55 © 


bes Angeklagten, welche ein Anrecht Darauf hat, daß Die Ver⸗ 
theidigung Alles geltend macht, was zur Milderung bes 
Urtheils dienen kann. Ich ertenne es gerne an, Daß bie 
1öbliche Staatsbehörde dem Standpunkt der Humanität heute 
volfommen gerecht geworden ift, und wenn fie fich nicht auf 
eine minutiöfe Ausführung aller einzelnen Milderungsumftänbe 
einließ, fo erkenne ich es volllommen an, daß fie dem Mildes 
rungsrechte dieſes hohen Gerichtshofes nicht entgegentritt. 
Ich, auf dem Standpunkte der Familie, vom Gefegesitand- 
punkte aus, in der Verpflichtung, die Milderungsumftände 
im Sinne des Geſetzes felbit, im Sinne ber Tertirung besfelben 
anzuführen, unterziehe ich mich diefer Obliegenbeit und glaube, 
dag für den Angeklagten nicht etwa bloß ein tadellojes Vorle⸗ 
ben im gefeglichen, banaliten Sinne des Wortes, fondern daß 
für ihn eine ausgezeichnete Vergangenheit als Menſch, als 
Bürger, ald Induftrieller, ja auch ald Vorftand jener Anftalt 
fpreche, deren Hauptdireftor er war. Diefes Alles wird durch 
die Zeugniffe, welche fehriftlich und mündlich vor dieſem Hohen 
Gerichtshofe abgelegt wurden, außer Zweifel gefekt. 

Der hohe Gerichtshof felbft hat in feinen Motiven bezugs 
des dritten Anllagepunftes ausgeiprochen und anerkannt, daß 
die Gebarung des Verurtheilten bezüglich der Kreditanftalt 
ſtets die äußerſte Interefjelofigkeit bewies und ſtets eine folche 
war, welche nur das Wohl der Anftalt im Auge hatte. Auch 
aus den anderen Motiven ergibt fih, daß der Angeflagte ge: 
genüber dem Staate die Gefchäfte, die ihm obgelegen, mit 
Gewiſſenhaftigkeit, Umficht und Energie zum Bortheile des 
Staates beforgte. Seine Vergangenheit ift daher eine ausges 
zeichnete. 

Ich führe aber weiter bezüglich bdesjenigen Faktums, 
welches die DVerurtheilung zur Folge hatte, den gefeßlichen 
Milderungsumftand an, daß ed nach der Motivirung bes Ge 
richtshofes weniger die freie Entjchliegung des Angeflagten, 
als vielmehr die durch das Verhalten des ML. Eynatten 
Dargebotene Gelegenheit war. Das Geſchäft zwilchen beiden 
ging in einer ſolchen Weife vor fich, daß es fich unwillkürlich 
zu einem Kadeau geftaltet haben mag, wie der hohe Gerichts- 
hof fagt. Dabei ift feine verbrecherifche Selbitbeitimmung, «8 
ift vielmehr ein Sichgehenlafen, ein voſibes Verhalten, eine 


556 


" Der Gerichtöhof zieht ſich zur Berathung zurüd und 
nach einer halbitündigen Berathung verkündet der Vorſitzende 
das Urtheil des Gerichtähofes: - 

Franz Richter wird wegen bed Verbrechens ber Verlei⸗ 
tung zum Mißbrauche der Amtögewalt nah $. 105 bes 
St. ©., unter Anwendung der 66. 54 und 55 des St. ©. 
zur Strafe des Kerkers in der Dauer Eines Dionates, verfchärft 
‚mit zweimaligem Yaften, dann zum Erfake der Koften des 
Strafverfahrens verurtheilt; auch find die als Geſchenk ge 
gebenen Nordbahn- Aktien im Werthbetrage von 25.634 fl. 5 kr. 
De. W. zum Armenfonde der Stadt Wien zu erlegen. Ä 

Richter, über das Rechtsmittel der Berufung belehtt, 
weilt auf feinen Vertheidiger bin, und diefer bittet um Zu: 
Stellung einer Abfchrift des Urtheils. 

Sohin wurde die Verhandlung geichlofjen. 

(Der f. k. Staatsanwalt gab nachträglich Die Erklärung 
ab „auf die Berufung gegen die Losſprechung des Richter 
und Krumbholz von dem Verbrechen des Betruges durch Stoff⸗ 
minderung und Reduzirung der Lieferung. der Sublieferanten 
zu verzichten, * in Folge deſſen Krumbholz fogleich auf freien 
Buß geftellt wurbe. 

Am nächſten Tage nach der Verkündigung des Urtheiles 
gab die Staatsbehörde — wie es hieß im hoben Auftrage — 
die Erklärung ab, daß ſie auf das ihr zuftehende Recht der Be 
sufung in allen Bunkten Verzicht Teifte. 

Franz Richter wurde noch im Laufe desſelben Tages feis 
ner Haft entlaſſen. 

Am 3. Jänner 1861, fomit drei Wochen nach beendigter 
Schlußverhandlung, verbreitete fich die erfchütternde Nachricht, 
daß Franz Richter geitorben fei. Ein Nervenfieber der heftig: 
ſten Art hatte jeinem Leben ein Ende gemacht. 

Bemerkenswerth ift der Umitand, daß Franz Richter am 
3. Jänner 1860 die erfte Ausjage vor den Strafrichter ablegte 
und daß er gerade nach einem vollen Jahre am jelben Tage, 
nänlich, wie erwähnt, am 3. Jänner 1861, verfchied.