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Full text of "Der Rhythmus Ein Jahrbuch Hrsg. Von Der Bildungsanstalt Jacques Dalcroze. Band 1 ( 1911)"

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DER (RHYTHMUS 

BIN JAHRBUCH 

HERAUSGEG. VON DER 
BILD UN GS ANS TA LT 
JAQUES-DALCROZE 
DRESDEN-HELLERAU 
I. BAND 




ERSTES BIS VIERTES TAUSEND/VERLEGT 
BEI EUGEN DIEDERICHS IN JENA 1911 


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DRUCK DER SPAMERSCHEN BUCHDRUCKEREI IN LEIPZIG 


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Die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze will in ihr ein. Jahrbuch über ihre Ziele ZUR EIN- 
und Leistungen Rechenschaft geben, will auch dem Gedanken, dem sie dient, FÜHRUNG 
die Wege ebnen. Aber man vergesse nicht: ein Lebendiges läßt sich nur un¬ 
vollkommen und stückweise in Worte fassenl Man nehme daher das Folgende 
mehr als Ausdruck eines gemeinsamen Willens in der Richtung einer Erneue¬ 
rung und Entfaltung lebendiger Kräfte, denn als Programm. Zu einer solchen 
Registrierung des Gewollten fehlt, wo alles noch so lebendig und im Flusse 
ist, das Bedürfnis. Und in Sachen der Kunst und der Erziehung ist das ein¬ 
zig Überzeugende Programm die Leistung. Soweit Gedankenarbeit aber in 
Frage kommt, scheint uns die Formulierung des Problems wichtiger als die 
Antwort: ist diese einmal da, so gehört das Problem schon zum toten Inven¬ 
tar unseres geistigen Besitzes. Und an solchem haben wir wohl schon mehr als 
genug. So werden wir denn auch in den folgenden Bänden jene Mitarbeit 
vor allem willkommen heißen, die unsere Erkenntnis vom Rhythmus befruch¬ 
tend uns ermutigt fortzufahren auf dem Wege einer Verwertung dieser geheim¬ 
nisvoll wirkenden Kraft für Menschenbildung und künstlerische Gestaltung. 

Wir denken, der Künstler und der Gelehrte, der Erzieher und der Arzt wer¬ 
den hier noch etwas zu sagen haben. Er sei nur mit uns des frohen Glaubens, 
daß im Menschen noch eine Fülle von Kräften schlummert, die es gilt zu 
wecken und zu entwickeln. Der Rhythmus f so rätselhaft nach Ursprung und 
Wesen / ist doch in jedem Fall Ordnung und Bewegung. Für eine Zeit, 
die wie die unsere, die ungeahnte Fülle ihrer Kräfte ordnen will, ohne von 
dieser Fülle etwas preiszugeben, die also eine Synthese des Lebendigen, nicht 
des Gewesenen sucht, wird das Phänomen des Rhythmus zum Ausdruck inner¬ 
ster Not, geheimster Sehnsucht. Der Rhythmus allein gibt geformtes Leben. 

Sv ist uns der Rhythmus fast ein metaphysischer Begriff geworden, er ver¬ 
geistigt das Körperliche und verkörpert das Geistige. Er rührt an die tief¬ 
sten Rätsel des Lebens. Die ,,BildungsanstaÜ ‘ ‘ Jaques-Dalcroze hat durch 

die Persönlichkeit ihres Leiters und seine Methode ein fest umgrenztes Arbeits¬ 
gebiet. Dieses Arbeitsgebiet liegt aber an der Grenze zwischen Bewußtem und 
Unbewußtem, dort, wo das Produktive im Menschen Gestalt gewinnt. Sie fühlt 
sich daher in ihren Zielen allen denen verwandt, die an einer Synthese der leben¬ 
digen Kräfte arbeiten. Soweit die Lösung dieser Aufgabe durch Gedanken ge¬ 
fördert werden kann oder selbst Gedanken erzeugt, sollen sie uns in den folgen¬ 
den Bänden dieses Jahrbuches willkommen sein. Dieser erste Band beschränkt 
sich auf das Nächstliegende, auf die Klarstellung unserer Aufgabe in Hellerau. 

Er soll sagen, was wir wollen, soll auch sagen, wo und wie wir es wollen t 

HELLERA U IM A UGUST 1911 • DR. WOLF DOHRN 

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DIE AUFGABE DER BILDUNGS¬ 
ANSTALT JAQUES-DALCROZE 

NIEDERSCHRIFT NACH EINER REDE ZUR GRUND¬ 
STEINLEGUNG DES INSTITUTES, GEHALTEN IM ALTEN 
LANDHAUS ZU DRESDEN AM 22. APRIL 1911 
VON DR. WOLF DOHRN 

Verehrte Anwesende, liebe Freunde! 

W ir versammeln uns heute nachmittag zur Feier der Grund¬ 
steinlegung für unseren Schulbau in Hellerau. Dort wird der 
jüngste Schüler der Anstalt — ein Hellerauer Kind von 8 Jahren — 
die ersten drei Hammerschläge tun zu einem Bau, der wie wenige 
der Zukunft und den Kommenden geweiht ist. Wir können dies 
nicht besser ausdrücken als durch dieses Symbol der ersten drei 
Schläge des jüngsten Schülers. 

Verehrte Anwesende! Unsere Anstalt unterscheidet sich von den 
meisten Lehr- und Bildungsanstalten dadurch, daß sie einem ganz 
bestimmten Gedanken dient: der Wiedergewinnung des Rhyth¬ 
mus in der Erziehung, in der Bildung der Persönlichkeit, in der 
Kunst und im Leben. 

So allgemein gesprochen mag nun freilich dieser Gedanke noch 
nichts Überzeugendes haben. Ja, ich würde sehr wohl verstehen, 
wenn man ihm sogar mit einigem Mißtrauen begegnete; denn die 
Luft ist voll von Schlagworten, Anpreisungen, Illusionen, Pro¬ 
jekten, Ideen und Versuchen, die jede in ihrer Weise der Mensch¬ 
heit Erlösung, Kultur, Freiheit, Leben, Gesundheit und — was 
weiß ich alles — zuwenden wollen, gleich als ob es für den Men¬ 
schengeist wie für den Körper eine Apotheke und einige Apothe¬ 
ker gäbe! 

Ich fürchte sehr, hebe Freunde, wir werden manchmal mit solchen 
Weltverbesserern verwechselt werden! Und wir werden uns das 
auch wohl gefallen lassen müssen. Um so wichtiger aber erscheint 

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es mir bei einer Gelegenheit wie der heutigen in großen Umrissen 
Maß und Ziel unseres Wollens zu skizzieren. Und sei es auch nur, 
um uns selbst Rechenschaft zu geben und damit Sie alle, die Sie 
zum ersten Male heute hier sind, eine Anschauung dessen gewin¬ 
nen, was wir da draußen in Hellerau, vor den Toren der Stadt 
Dresden planen und ins Werk zu setzen im Begriffe sind. 
Freilich, ob ich da der richtige Dolmetscher bin, möchte ich be¬ 
zweifeln. Ich habe nicht wie viele von Ihnen das Glück gehabt, 
das Wachstum der rhythmischen Gymnastik von ihren stillen, 
sich selbst imbewußten Anfängen bis zum schattenspendenden 
Baum mitzuerleben. Ich bin auch kein Musiker, kein Mensch der 
Bühne, kein Arzt oder Pädagoge, mich kann weder das plastische 
noch das malerische oder bühnenkünstlerische Problem der rhyth¬ 
mischen Gymnastik spezieller interessieren. Ich bin nur ein Dilet¬ 
tant. Das heißt ein Freund des Lebendigen. Mich legitimiert zu 
dem, was ich sagen will, nur mein Glaube an die rhythmische 
Gymnastik, mich drängt zur Aussprache das ursprüngliche, völlig 
einzigartige Erlebnis, das ich hatte, als ich zum ersten Male eine 
Stunde rhythmischer Gymnastik gesehen habe. 

Es war hier in Dresden, im Saale von Miss Flint, die das Verdienst 
hat, Jaques-Dalcroze zuerst zu einer Aufführung hier veranlaßt 
zu haben. Erst hörte ich einen Vortrag von Jaques-Dalcroze. Ich 
hörte ihn mit der ganzen Skepsis, die Neuerscheinungen gegen¬ 
über heutzutage fast zur Gewohnheit und zu einem notwendigen 
Mittel der Selbsterhaltung geworden ist. Dann aber begannen die 
Übungen. Und ich erlebte, was wohl jeder Mensch mit unverdor¬ 
benen Sinnen und mit dem geheimen, oft schüchtern verborgenen 
Glauben an reines Menschentum erlebt, wenn er diese Übungen 
sieht. Man kann nicht gleich sagen, was es ist, was einen so an¬ 
zieht und zugleich befreit und gefangennimmt, aber man spürt 
unmittelbar und mit jener Gewißheit, die durch Überlegungen 
nicht bewiesen, sondern nur verdeutlicht werden kann, daß hier 
die Kräfte des Menschen zu einer neuen Synthese verbunden wer¬ 
den. Ich fühlte mich dem Ursprung alles Lebendigen nahe. Ich 

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wußte, daß unser in Gewohnheiten träge gewordener Organismus, 
Körper und Geist, hier von einer bestimmten Seite aus erneuert 
und verjüngt werden konnte. Als ob nach langem Suchen der Punkt 
gefunden sei, der getrennte Stromkreise verbindet, so durchzuckte 
mich dieses Erlebnis der rhythmisch bewegten Körper. 

Ein ähnliches Erlebnis hat, glaube ich, jeder von Ihnen gehabt, und 
dieses rein menschliche Erlebnis, abseits von Kunst, Pädagogik, 
Musik und jeder Art Reflexion ist und bleibt wohl für jeden von 
uns der Grundstein seines Glaubens an die rhythmische Gym¬ 
nastik. Denn alles andere, verehrte Anwesende, mag durch die 
Entwicklung überholt, mag auch von uns in seiner speziellen 
Tragweite überschätzt werden, aber dieses Erlebnis gibt uns die 
Gewißheit, daß J aques-Dalcroze in seiner Methode der rhythmi¬ 
schen Gymnastik eine Quelle menschlicher Kraft und Freude ent¬ 
deckt hat. 

Jeder von uns tut gut daran, sich immer wieder dieses erste Erleb¬ 
nis zu vergegenwärtigen, denn es bewahrt ihn vor methodischer 
Künstelei, vor Schulmeisterei, Schematismus, Verflachung und Pe¬ 
danterie. Und wenn jetzt wiederum achtzig ehemalige Schüler und 
Schülerinnen für einen kurzen Osterferienkursus aus aller Herren 
Länder hierher gekommen sind, so beweist auch dies, wie sehr alle, 
die dieses Erlebnis einmal gehabt haben, nach seiner Erneuerung 
trachten. Wir hoffen, auch in künftigen Tagen werden die alten 
und neuen Freunde der rhythmischen Gymnastik sich in unse¬ 
rer neuen Anstalt in Hellerau zu Arbeit und Freude zusammen¬ 
finden ! 

Dieses Erlebnis, das, wie wir erfahren, fast jeder hat, der die rhyth¬ 
mischen Übungen sieht oder selber mitmacht, muß nun doch mit 
ganz wichtigen und, wie es scheint, bisher vernachlässigten Funk¬ 
tionen unseres geistigen und körperlichen Daseins im Zusammen¬ 
hang stehen. Und ich glaube, man kann sagen: Jaques-Dalcroze 
hat die Bedeutung des Rhythmus für die persönliche Entwicklung 
des Menschen entdeckt. Diese Kraft, die bisher sozusagen als blinde 
Naturkraft wirkte, oft erheiternd, belebend und reinigend wie in 

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der Musik, oft ökonomisch und kraftsparend wie in jedem Arbeits¬ 
rhythmus, oft auch verheerend, wie in den Zuständen rhythmischer 
Ekstasen, von denen die Jugendgeschichten aller Völker berichten 
— diese Kraft für die Menschheit und ihre künftige Entwicklung 
gewonnen, so gewonnen zu haben, daß wir sie beherrschen und ver¬ 
werten können, daß sie das Lebendige im Menschen befruchtet, 
ordnet, erhöht, das bleibt das Ereignis, die eigentlich unverlierbare 
Leistung von Jaques-Dalcroze, die — wie Sie wohl verstehen — 
über das beschränkte Wirkungsgebiet des Musikers, des Päda¬ 
gogen oder irgendeines Spezialisten, der eine neue Methode er¬ 
findet, weit hinausgeht. 

Richtig betrachtet, scheint mir die Methode Jaques-Dalcroze über¬ 
haupt keine Erfindung, soviel geistreiche Erfindung in ihrer Ent¬ 
wicklung auch stecken mag. Sie ist im Grunde eine Entdeckung. 
Besser gesagt: eine Wiederentdeckung. Als Begleiter der Arbeit, 
als Ordner der Spiele und Feste war der Rhythmus die immer 
lebendige Kraft bisheriger Menschheitsentwicklung. Er wurde aus 
seiner beherrschenden Stellung erst durch die ökonomische Ent¬ 
wicklung verdrängt, die Kopf- und Handarbeit auf immer von¬ 
einander geschieden und Handarbeit mehr und mehr in Maschinen¬ 
arbeit verwandelt hat. So erst ist, wie mir scheint, in Arbeit und 
Leben der Rhythmus verloren gegangen. Wir sind entrhythmi- 
siert. Das ist kein Zweifel. Und mag dieser Zustand, unter dem 
wir alle leiden, auch vielerlei Ursachen und Erscheinungsformen 
haben — jeder erlebt diese Anarchie auf seine Weise —, so ist 
doch sicher die Tatsache, daß früher das tägliche Leben, die Ar¬ 
beit, eine rhythmische Form hatte, heute aber nicht mehr, für 
diese unsere Krankheit der Arhythmie, wie es Dalcroze nennt, sehr 
verhängnisvoll. 

Soll der Rhythmus weiterhin für die Entwicklung der Menschheit 
fruchtbar sein, so mußte er neu entdeckt, wiedergewonnen wer¬ 
den. Das ist die zeitgeschichtliche Leistung von Jaques-Dalcroze. 
Er kannte wohl selbst nicht die Tragweite seiner Entdeckung, als 
er zum erstenmal Körperbewegungen für Noten werte festsetzte. 

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Es ging ihm wie manchem Entdecker: ihm wurde seine Entdeckung 
geschenkt, geschenkt von dem über den Zeiten waltenden Geist, 
der dafür sorgt, daß eine Entdeckung immer dann gemacht wird, 
wenn sie ein Glied sein kann in der unendlichen Kette mensch¬ 
licher Aufwärtsentwicklung, der auch dafür sorgt, daß sie von dem 
gemacht wird, der sie am besten verwerten kann. So ward Jaques- 
Dalcroze zum Entdecker des Rhythmus —vermutlich, weil er die 
stärkste schöpferische Begabung dafür war, ein Erzieher zugleich 
und ein Künstler, der größte Enthusiast und der tätigste Optimist, 
eine außergewöhnliche Arbeitskraft und ein Virtuos in der Kunst, 
Menschen Freude zu machen, sie zu beleben, zu erhöhen, zu bü- 
den, zu stärken. Wäre Jaques-Dalcroze nur der geistreiche Musiker, 
als der er früher bekannt war, so hätte uns seine Entdeckung viel¬ 
leicht nur einige rhythmische Finessen in der Musik gebracht und 
die eigentliche Zeitaufgabe wäre ungelöst gebheben. Wäre er nur 
ein Musikpädagoge, so hätten wir zu den zahllosen Musikunter¬ 
richts-Methoden noch eine mehr bekommen — sicherlich eine 
sehr geistreiche und zweckentsprechende, aber eben doch nur eine 
Methode. Wäre Jaques-Dalcroze nur ein Mann des Theaters, so hät¬ 
ten wir vielleicht artistisch endende Reformversuche des Theaters 
und des Tanzes bekommen. Aber J aques-Dalcroze wuchs mit seiner 
Entdeckung. Er wurde universal wie der Rhythmus, dem er diente. 
Und wie die rhythmische Gymnastik schon heute nicht mehr das ist, 
was sie vor 3 oder 6 Jahren gewesen ist, so trägt ihn der Rhythmus 
über sich und sein musikalisches Schaffensgebiet hinaus und er wirkt 
in dem Bewußtsein, den Rhythmus als erzieherische und gestaltende 
Kraft, als ordnendes Prinzip und formende Gewalt wieder lebendig 
zu machen und inmitten einer virtuosen Verfeinerung alles Kunst¬ 
schaffens und Empfindens die J ugend wieder an den Ausgangspunkt 
aller Künste: die rhythmische Bewegung im Raum zurückzuführen. 
So erfüllt Jaques-Dalcroze, wie es scheint, eine von der Zeit selbst 
gegebene Aufgabe und mit der Aufgabe wachsend erweitert er sie 
selbst immer mehr und entdeckt immer neue Möglichkeiten und 
Ergebnisse. 

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Ich brauche Ihnen dies nicht im einzelnen auszuführen. Sie alle neh¬ 
men teil an diesen Freuden des Entdeckens, Sie erleben immer wie¬ 
der Neues, finden es zum Teil selbst und gewinnen — viele von 
Ihnen wissen selbst nicht woher — die Kraft, diese höchste Span¬ 
nung des Schaffens mitzumachen. Sie werden aus Schülern Mit¬ 
arbeiter und beweisen damit, daß es sich bei uns um eine lebendige 
und damit auch wirklich notwendige Sache handelt. Die Idee wird 
in Ihnen produktiv. Und so kann es gar nicht anders sein, als daß 
Sie an die Zukunft der rhythmischen Gymnastik glauben. 

Aber das Zeitgemäße und Notwendige dieser Erziehung läßt sich 
für den, der weniger dem Erlebnis als der Überlegung vertraut, 
auch auf anderem Wege verdeutlichen. 

Mir hat es immer ein bedeutsames Zeichen geschienen, daß, völlig 
unabhängig von Jaques-Dalcroze, ja früher als er, ein deutscher 
Gelehrter, kein Musikhistoriker, kein Kunsthistoriker, sondern 
ein nüchterner Nationalökonom die Bedeutung des Rhythmus 
für die bisherige Entwicklung der Menschheit festgestellt hat — 
und zwar machte er diese Entdeckung sozusagen „zufällig“ durch 
die unbefangene Prüfung und Vergleichung einer Reihe von Tat¬ 
sachen. Karl Bücher veröffentlichte 1896 in den Abhandlungen 
der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leip¬ 
zig eine kleine Schrift mit dem Titel: „Arbeit und Rhythmus“. 
Darin führt er den Nachweis, daß auf der primitiven Stufe der 
Menschheit alle Arbeit rhythmische Form hatte, daß es überhaupt 
nur eine Art menschlicher Betätigung gegeben habe, die, in welcher 
„Arbeit, Spiel und Kunst“ eine Einheit gewesen sei. Der aber, der 
diese, für uns so verschiedenartigen, fast gegensätzlichen Formen 
menschlicher Energieäußerung zur Einheit verschmolz, war der 
Rhythmus. Büchers Schrift erlebte seitdem mehrere Auflagen. Sie 
wurde wesentlich erweitert und durch eine Fülle von Tatsachen 
in ihrem Grundgedanken bestätigt. Unter den deutschen Gelehr¬ 
ten der Nationalökonomie ist Bücher der besonnenste Kopf; einer, 
der sich durch den feuilletonistischen Reiz eines Gedankens gewiß 
nicht verführen läßt, einer, der vierfache Beweise fordert, ehe er 

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die Richtigkeit eines Gedankens sich selber zugibt. Es ist nun von 
großem Reiz, zu verfolgen, wie Bücher mit nüchternem Tatsachen¬ 
sinn die Bedeutung des Rhythmus als eines Erziehers der Mensch¬ 
heit durch die Jahrtausende hindurch, in allen Völkern, auf allen 
Wirtschaftsstufen nachweist. Der Rhythmus lehrte die Menschen 
arbeiten, lehrte sie, das Notwendige mit Freude zu tun, und weckte 
so in der Arbeit die Phantasie, die Freude am Gestalten. So über¬ 
trug sich der Rhythmus der arbeitenden Hand auf das bearbei¬ 
tete Objekt, und in dem dunkeln Gefühl dieses Zusammenhangs 
sprechen wir auch in der sichtbaren Gestaltung des Architekten, 
Künstlers, Technikers, Handwerkers von dem im Werk lebendigen 
Rhythmus. 

Auch Kräfte sparen und Kräfte verdoppeln lehrte den Menschen 
der Rhythmus. Er automatisierte die in der Arbeit wieder¬ 
kehrenden Griffe und Bewegungen, so daß sie dem Arbeitenden 
selbstverständlich wurden. Er ließ ihn seiner Arbeit gegenüber frei 
und damit schöpferisch werden. Er vereinigte aber auch durch den 
Arbeitsgesang viele Menschen zu einem Werke, lehrte sie bewäl¬ 
tigen, wozu der einzelne zu schwach war, ermöglichte so erst die 
Büdung von Gruppe und Gemeinschaft und sozialisierte den 
Menschen: die Voraussetzung jeder höheren Entwicklung. Der 
Rhythmus lehrte den Menschen auch Feste feiern und höheren 
Regungen Ausdruck geben: der Arbeitsgesang, selbst schon ein 
Spiel, wurde zum Fest, und das Fest entwickelte das erste Kunst¬ 
werk : den Tanz. Dieser, zuerst eine sakrale Handlung, wurde zu 
einer Kunstform und differenzierte sich in Bewegung, Ton und 
Wort, in Plastik, Musik und Poesie. Und so enthält denn auch 
Büchers Schrift einen geistreichen Abschnitt über den Ursprung 
der Poesie aus dem Rhythmus der Arbeit. 

Der Rhythmus aber, wie er der Lehrmeister gewesen ist bei allen 
Anfängen sozialen Lebens, wirtschaftlicher Arbeit, künstlerischen 
Gestaltens, blieb auch Begleiter, Förderer, Ordner der Arbeit und 
des Lebens durch die Jahrtausende menschlicher Entwicklung, 
blieb es, solange überhaupt die Körperbewegung des Menschen 

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das beherrschende Moment der Arbeit gewesen ist. Kein Hand¬ 
werk, das nicht seine Arbeitslieder hatte, kein Individuum also, 
das nicht viele Stunden am Tage in rhythmischer Betätigung ver¬ 
bracht hätte. Unbewußt, ohne es zu wollen und zu suchen, war 
der Einzelmensch belebt und behütet von dem Rhythmus seiner 
Beschäftigung. Und diese äußere Ordnung war die Voraussetzung 
seines inneren Gleichgewichts. Wir können es ja noch jetzt gewahr 
werden, wenn uns Menschen begegnen, die noch fest und sicher 
in irgendeiner Handwerkstradition wurzeln. Solche Menschen 
ruhen in sich selbst. 

Nun ist es meine feste Überzeugung: ein Faktor, der jahrhunderte¬ 
lang den inneren und äußeren Menschen so beherrscht hat, wie 
es der Rhythmus in jeder Art Arbeit getan hat, kann nicht auf 
einmal aus der Entwicklung des Menschen getilgt werden — 
wenigstens nicht, ohne den erheblichsten Schaden zu tun. Er 
kann sich den Zeitverhältnissen entsprechend umbilden, kann 
aber nicht einfach ausgeschaltet werden. Das widerspräche aller 
Ökonomie im Haushalt der Natur. Irgendwie muß er ersetzt wer¬ 
den. Wir sehen ja auch, wie das Bedürfnis nach rhythmischer 
Betätigung die Tanzsäle aller Dörfer rings um die große Stadt 
füllt! Das ist nicht Vergnügungssucht, wie der oberflächliche Mo¬ 
ralist meint. Das ist die natumotwendige Äußerung eines Triebes, 
dem seine normale Betätigung genommen ist. Und wer nicht tanzt, 
geht spazieren oder treibt Sport: auch hier rhythmische Bewe¬ 
gungsformen. Oder aber, um ein markantes Einzelbeispiel zu 
zitieren: Bismarck, ein leidenschaftlicher Tänzer bis in sein Alter 
hinein, erzählt in den „Gedanken und Erinnerungen“, wie sein 
kaiserlicher Herr, der ob dieser „Würdelosigkeit“ seines bejahrten 
Kanzlers oft den Kopf geschüttelt hatte, schließlich den Kanzler 
selbst auf Bälle schickte, weil er merkte, daß Bismarck um- und 
zugänglicher, freier und besserer Laune war, wenn er am Abend 
vorher getanzt hatte! So scheint der Rhythmus, aus dem Zentrum 
unseres Lebens, den Arbeitsstätten, vertrieben, noch an der Peri¬ 
pherie stärkend, belebend, ordnend zu wirken, ohne daß man sich 

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dessen bewußt geworden ist. Nur die Militärs, diese guten Psycho¬ 
logen der Masse, haben nie vergessen, welche belebende und dis¬ 
ziplinierende Gewalt der Rhythmus ausübt: wenn alle Kräfte zu 
schwinden drohen, wenn alles der Auflösung nahe ist, dann erklingt 
Musik und der Truppenkörper wird wieder lebendig und straff. 
Merkwürdig! Die Schule hat sich diese erzieherische Gewalt des 
Rhythmus fast «gar nicht zunutze gemacht! Sie, die ebensolche 
Veranlassung hätte, Psychologe zu sein und in dem heutigen 
Massenbetrieb der Erziehung alles aufzugreifen, was das Indi¬ 
viduum, auch in der Masse, persönlich packt, belebt und festigt, 
sie hat den Rhythmus als erzieherische Kraft noch kaum ent¬ 
deckt, sie verwertet ihn, sozusagen mehr aus Zufall, beim Mädchen- 
tumen und Marschieren. Sie ist noch vielfach befangen in dem 
Schema eines unfruchtbaren Intellektualismus, sie hat die Auf¬ 
gabe noch nicht erfaßt, die Jaques-Dalcroze in einem Vortrag vor 
Pädagogen einmal so treffend formuliert hat, wenn er sagt, daß 
die Schule doch nicht nur die Aufgabe habe, die Krankheit der 
Unwissenheit zu heilen, sondern durch Formung und Erziehung 
der büdsamen Jugend beizutragen zu einer Aufwärtsentwicklung 
der Rasse. Und doppelt wichtig erscheint diese Aufgabe der Schule 
in einer Zeit, wo der Mechanismus des äußeren Lebens, der wirt¬ 
schaftliche Existenzkampf so gewaltig groß geworden ist, daß der 
Einzelmensch kaum die Kräfte hat, diesen Kampf siegreich zu be¬ 
stehen, kaum weiß, wie er gegenüber dem Mechanismus, Leben 
genannt, sein bißchen Persönlichkeit behaupten soll. Ist da nicht 
die Stärkung der seelischen Kräfte des inneren Menschen die wich¬ 
tigste Aufgabe der Jugenderziehung? Gewiß ist die Vorbereitung 
für den Spezialberuf wichtig und unerläßlich, aber diese Speziali¬ 
sierung geht bei dem erzogenen Menschen, der arbeiten kann, schnell 
genug — fast zu schnell. Alles im Leben der Gegenwart drängt ja 
daraufzu. Die Schule aber sollte jede Kraft begrüßen und pflegen, 
die den Menschen erzieht, ohne ihn zu spezialisieren, die Körper 
und Geist gleichmäßig, weil einen durch den andern bildet und an 
die Stelle eines unfruchtbaren Intellektualismus auf der einen und 

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eines ebenso unerfreulichen Körperathletentums, auf der andern 
Seite ein System beseelter Körperübungen oder wenn Sie wollen: 
verkörperter Geistes- und Willensübungen setzt. Beides nämlich 
ist die rhythmische Gymnastik. Und zwar beides in jeder ihrer 
Übungen. Daher ihr einziger, unersetzlicher Wert! 

Hier scheint mir, verehrte Anwesende, die wichtigste — wenig¬ 
stens die greifbarste Zeitaufgabe der rhythmischen Gymnastik vor¬ 
zuliegen — die, an welcher Sie, die Sie Lehrer der rhythmischen 
Gymnastik sind oder werden wollen, in erster Linie berufen sind, 
mitzuarbeiten. Unsere Anstalt kann nur das weithin sichtbare Sym¬ 
bol dieses Gedankens sein. — Sie kann nur dafür sorgen, daß die 
Lehrkräfte gut ausgebildet werden, die Methode selbst nicht durch 
minderwertige Nachahmungen in ihrem Ansehen gemindert und 
daß überhaupt alles vermieden werde, was in rein geschäfts¬ 
mäßiger Weise den Unterricht verflachen könnte. Den Gedanken 
selbst verbreiten und lebendig machen, das ist Ihre Aufgabe. 
Und ich denke, es ist ein großes Glück, das Ihnen damit zuteil 
wird, denn sie können nun, was so wenig Menschen gegeben ist, 
ihre regelmäßige Berufsarbeit verrichten in dem Bewußtsein, einer 
höheren Idee zu dienen und den Zusammenhang der rhythmi¬ 
schen Gymnastik mit der großen pädagogischen Aufgabe der Zeit 
lebendig zu erhalten! 

Und es muß Ihnen leicht werden, diesen Zusammenhang festzu¬ 
halten! Wie viele von Ihnen, die Sie jetzt im ersten Jahr an der 
Anstalt sind, haben in ihren Arbeiten über ihre ersten Erfah¬ 
rungen im Unterricht Herrn Jaques geschrieben: ich habe nur eine 
Methode für musikalische Ausbildung gesucht und eine Lebens¬ 
bereicherung ohnegleichen erfahren. Sie brauchen nur was Sie selbst 
erleben, in andern wieder lebendig zu machen, und Sie setzen den 
Rhythmus als Erzieher wieder in seine Rechte ein! 

Vielleicht mag manchem dieser Gedankengang künstlich erschei¬ 
nen. Er kann einwenden, daß, wenn wirklich der Rhythmus eine 
so umfassende Macht im Leben der Völker gewesen sei, doch eine 
natürlichere Art seiner Wiedererweckung in der Gegenwart ge- 

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fanden werden müsse, nicht ein System von Körperbewegungen, 
nicht eine langwierig zu erlernende Methode 1 Aber beachten Sie 
wohl: die Art, in der diese Wiedererweckung des Rhythmus als 
eines gestaltenden Faktors unseres Innenlebens geschieht, ent¬ 
spricht auch sonst der Art, wie unsere Zeit bestrebt ist, sich aus 
ihrer tiefen Unkultur herauszuarbeiten und Form zu gewinnen. 
Ehemals war dieser Prozeß ein unbewußter. Man redete nicht so 
viel wie heute von Kultur. Vielleicht wurde sie dann auch wert¬ 
voller. Vielleicht auch nicht. Sie wurde jedenfalls von selbst — wie 
um die Flamme der Lichtschimmer leuchtet. Heute scheint das 
anders sein zu müssen. Ob wir wollen oder nicht — ohne bewußtes 
Streben, überlegsame Sammlung, ohne Rede und Schrift scheint 
eine neue Kultur sich nicht herausbilden zu können. Sie wird in 
höherem Maße als früher ein bewußter Vorgang und so wird auch 
der Rhythmus, der früher Leben und Arbeit der Völker instinktiv 
beherrschte und formte, durch die rhythmische Gymnastik zu¬ 
nächst eine etwas bewußte Sache, ein System von Übungen, das 
den Rhythmus als eine von innen heraus regelnde Kraft in den 
Jahren der Entwicklung des Menschen zur Geltung bringt, indem 
es ihm neue Wirkungsbahnen eröffnet und damit dem Unbewußten 
im Menschen neue Ausdrucksmöglichkeiten und harmonische Äuße¬ 
rung verschafft. Indem aber dieses System bewußter Übungen 
mit der Zeit automatisch wird, vergrößert es nur den Wirkungs¬ 
grad des Unbewußten. Es bewirkt eine Ökonomie und damit eine 
Steigerung der Kräfte. 

So betrachtet könnte man wirklich fast den Vergleich wagen und 
sagen, Jaques-Dalcroze hat uns durch sein System rhythmischer 
Körperbewegungen gelehrt, diese psychische Naturkraft, den 
Rhythmus, so zu beherrschen und zu verwerten, wie uns die tech¬ 
nischen Erfinder gelehrt haben, die Spannkraft des Dampfes oder 
der Elektrizität zu beherrschen. Der Rhythmus, der bisher unbe¬ 
wußt und instinktartig wirkte, kann nun für die Entwicklung der 
Menschheit bewußt verwertet werden. In diesem Sinne nenne ich 
die Methode Jaques-Dalcroze eine Entdeckung und eine Zeitnot- 

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wendigkeit. Und von hier aus werden Sie verstehen, warum wir für 
die Methode ein so großes Institut, und warum wir dieses Institut 
nicht in Dresden, sondern auf freiem Lande, in Hellerau, in der 
Nähe des Waldes, in reiner Luft, hundert Meter höher als Dres¬ 
den, und in einem Ort erbauen, der die Kunst an die Lösung 
der sozialen Aufgaben, zuvörderst an die Lösung der Wohnungs¬ 
frage, direkt heranführt und so die Kunst als ein notwendiges Bil¬ 
dungsmittel, als ein soziales Erfordernis unserer Zeit begreift. In 
einem solchen Ort muß sich von selbst ein höheres soziales Be¬ 
wußtsein entwickeln und solches Bewußtsein baut sich auf der 
Erkenntnis auf, daß jeder von uns berufen ist, durch überzeugtes 
Handeln und Wirken seinen Platz auszufüllen und so an der Neu¬ 
bildung unserer Kultur mitzuwirken. Gewiß soll in dem Hellerauer 
Institut eine gründliche Fachbildung für Musiker, Bühnenkünstler 
und Pädagogen geboten werden. Nur halten wir bloß die Fach¬ 
bildung für echt, die Menschenbildung ist. Wir wollen doch Men¬ 
schen erziehen, nicht Fachspezialisten! Nur Persönlichkeiten kön¬ 
nen die Aufgabe lösen, die die Zeit fordert. 

So soll denn die Anstalt in Hellerau nicht nur Gelegenheit geben 
zum Lernen, sondern vor allem auch Gelegenheit gesund zu wer¬ 
den, Gelegenheit nachzuholen, was der Intellektualismus unserer 
Zeit an uns allen gesündigt hat. Sie wissen, wie das gemeint ist! 
Um eine Kultivierung ästhetischer Gefühle oder sonstiger Un¬ 
fruchtbarkeiten handelt es sich nicht. Dazu wird viel zu viel und 
zu ernst gearbeitet. Es gibt, glaube ich, wenig Schulen, an denen 
mit solcher Anspannung und solcher Freude gearbeitet wird, wie 
es dieses Jahr hier geschehen ist! Und deshalb ist es gut, daß die 
Anstalt nach Hellerau kommt, wo lebenskundiger Optimismus die 
Dinge vorwärts treibt und ringsherum in neuen, künstlerisch ernst 
zu nehmenden Bauten der gestaltende Wille einer neuen Gene¬ 
ration zutage tritt. 

Es ist ja nicht leicht gewesen, diese Gründung dort zu ermög¬ 
lichen. Warum nicht besser in der Stadt, wo ein Besuch des 
Unterrichts erleichtert ist? Und warum gleich so groß, wo die 

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Sache doch neu, der Erfolg noch zweifelhaft ist ? Warum außer¬ 
halb Dresdens, wodurch man sich manche Sympathie verscherzt, 
manche Tür verschließt? Diese und ähnliche Fragen mögen be¬ 
rechtigt sein für den, der die universale Macht des Rhythmus 
nicht kennt. Für uns konnte es nichts andres geben. Mit Recht 
schrieb mir Herr Jaques-Dalcroze in seinem ersten Brief aus Genf: 


DALCROZE- 

SCHULE 

HELLERAU 


ENTW. ARCH. 
HEINRICH 
TESSENOW 



„In Berlin oder einer andern Großstadt werde ich nur eine Musik¬ 
schule machen , in Hellerau den Rhythmus zur Höhe einer sozialen 
Institution erheben können ''. 

Und wie lebensvoll setzt er dieses Wort in Hellerau bereits in die 
Tat um! Sie haben alle die Unterrichtsstunden gesehen, die den 
Kindern von Hellerau, Kindern aller Stände und jeden Alters ge¬ 
geben werden. Sie haben die freudige Disziplin, den kindlichen 
Enthusiasmus bei diesen Stunden miterlebt! 


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„So soll denn auch“, wie es in der Gründungsurkunde heißt, die 
wir heute nachmittag in den Stein versenken werden, „der Bau in 
Hellerau in der überzeugenden Klarheit seiner äußeren Gestal¬ 
tung und seiner inneren Raumverteilung ein Zeugnis zugleich 
und ein Ausdruck des in ihm lebendigen, großen und starken Ge¬ 
dankens sein“. „Und wenn der Bau“, so sagt die Urkunde, „trotz 



SONNENBAD 

DER 

DALCROZE- 

SCHULE 


ENTW. ARCH. 

HEINRICH 

TESSENOW 


mancherlei Schwierigkeiten an dieser Stelle und in dieser Gestalt 
ersteht, so zeugt auch dieses für den Gedanken, der in der Be¬ 
währung seiner Kraft an Kraft gewonnen hat!“ 

Betrachten Sie das Modell und die Zeichnungen hier im Nebensaal! 
Es ist ein Bau, der streng und sachlich an seiner Stelle steht und 
ebendeswegen die allerstärkste Wirkung ausüben wird. Ein Bau, 
dem es von ferne anzusehen ist, daß er nicht bloß einen Zweck er¬ 
füllt, sondern einem Gedanken dient. Und die gleiche Wirkung 

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DALCROZE- 

SCHULE 

ERD¬ 

GESCHOSS 


Der große Saal im Mittelbau geht durch 3 Geschosse (Höhe 12 m). Die quadra¬ 
tischen Seitensäle gehen durch 2 Geschosse (Höhe 8 m). Die länglichen Neben¬ 
säle (auch Wandelgänge) sowie die Garderobenräume sind eingeschossig (4—5 m). 
Rechts und links vom Gebäude an die Bäder anschließend Höfe für Luft- und 

Sonnenbad. 



wird, wie ich hoffe, das Innere üben. Die Raumgestaltung selbst 
soll zur Ordnung, zur Ruhe und Sicherheit, zur inneren Sauber¬ 
keit nötigen. Alles darin ist so klar und hell, so übersehbar und 
erfüllt von dem stillen Zauber der Proportion! 

Wer Pläne zu lesen versteht, wird dies schon an den Grundrissen 
erkennen. Und wem dies versagt ist, der kann aus den Plänen 

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DALCROZE- 

SCHULE 

OBER¬ 

GESCHOSS 


Der durch alle Geschosse gehende große Saal enthält einen Zuschauerraum für ca. 
700 Personen. Der Bühnenraum am Kopfende des Saales (16 x 16 m) ist durch 
die Nebensäle erweiterungsfähig. Die Beleuchtung des Saales ist hinter Stoff¬ 
wänden in den Seitennischen und an der Decke angebracht und gewährt ein 
diffuses, schattenloses, farbig veränderliches Licht. 


entnehmen, daß für reichliche Badegelegenheit gesorgt ist, für 
Luft- und Sonnenbad, eventuell auch für Dampf- und Lichtbad, 
für helle, geräumige Übungssäle, für einen Erfrischungsraum und 
eine Bibliothek. Und alles dies bietet sich in schönster Lage mit 
weiter Fernsicht bis hinunter nach Dresden und darüber hinweg 
in das Erzgebirge und das Elbsandsteingebirge. 

2 Der Rhythmus » t-j 


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Noch von manchem anderen könnte ich sprechen! Vor allem von 
dem großen Saale, dessen schattenlose Beleuchtung eine zauber¬ 
hafte Wirkung ausüben wird. Hier will Jaques-Dalcroze den Rhyth¬ 
mus für die Bühne fruchtbar machen und die Schüler und Bewohner 
von Hellerau werden sich selbst und andern Feste geben, wie sie 
an keinem Orte sonst geboten werden können. Doch sei dies nur 
angedeutet! Hier ist besser: gestalten als reden. Die Zukunft wird 
zeigen, welche Möglichkeiten hier der Gestaltung harren. 

Ein anderes Gebiet sei aber noch kurz erwähnt: das hygienische. 
Inwieweit da die Bauanlage vorarbeitet, ist schon angedeutet. Dar¬ 
über hinaus aber soll auch die Verpflegung und das Wohnen so 
eingerichtet werden, daß die Schüler und Schülerinnen in den ein; 
zwei J ahren, die sie bei uns verbringen, an Leib und Seele gesunde, 
aktive, gelöste, frohe, starke Menschen werden können. Nichts von 
Medizin, kaum einmal ein Arzt und doch dauernde Genesung! 
Wir haben für gute Unterkunft gesorgt. Mit dem Institut bauen 
wir ein großes Wohnhaus mit 40 Zimmern und mehrere kleinere 
Wohnhäuser mit je 5 bis 15 Zimmern. Hier können die Schüler 
und Schülerinnen gruppenweise zusammen wohnen, während sie 
sich zu den Mahlzeiten in dem großen Speisesaal des großen Wohn¬ 
hauses treffen und in der Halle, der Bibliothek, der Terrasse, dem 
Garten und dem Wald, je nach Tages- und Jahreszeit, Plätze der 
gemeinsamen oder einsamen Erholung haben. Und als sei es Be¬ 
stimmung eines großen Gedankens, vom Glück begünstigt zu sein, 
so haben wir auch in Frau Dr. M. Mabel-Riess, einer in Deutsch¬ 
land lebenden Engländerin, eine Persönlichkeit gefunden, die die 
englische Kultur des äußeren Menschen mit deutscher Geistesbil¬ 
dung vereinigt. Sie hat es aus Freude und Liebe zur Sache über¬ 
nommen, diesen gewiß wichtigen Teil des Werkes aufzubauen. Wir 
danken ihr und den Freunden, die ihr die Durchführung dieser 
Aufgabe finanziell ermöglichen, für die vertrauensvolle Zuversicht, 
die sie in unser junges, manchem noch allzu phantastisch erschei¬ 
nendes Unternehmen setzen. 

So scheinen denn, verehrte Anwesende, die Vorbedingungen zu 
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einem starken und schnellen Wachsen des Gedankens, der uns 
hier zusammengeführt hat, in unerwartet reichem Maße gegeben. 
Diejenigen von Ihnen, die seit mehreren Jahren treu zu Jaques- 
Dalcroze und seinem Gedanken stehen, müssen heute eine leb¬ 
hafte Genugtuung empfinden. Denn die rhythmische Gymnastik 
ist aus dem Stadium des zukunftsvollen Werdens in das des er¬ 
folgreichen, wirkungsreichen Seins eingetreten, sie bekommt eine 
Heimat, die sie sich selbst erobert hat, einen Bau, der stark und 
groß für die Höhe und Klarheit des Gedankens zeugt. 

So lassen Sie uns denn heute nachmittag im Beisein der Schüler 
und Schülerinnen des Normalkursus des i., 2. und 3. Jahrganges, 
im Beisein der vielen Teilnehmer des Osterferienkurses und der 
Dilettantenkurse, im Beisein auch des Vorsitzenden des Komi¬ 
tees zur Gründung eines Instituts für Dr. E. Jaques-Dalcroze, 
Sr. Exzellenz des Herrn Grafen von Seebach, dem ich für ver¬ 
trauensvolle Förderung des Werkes dankbar bleibe, den Grund¬ 
stein zu unserem Institut in Hellerau legen. Wir sind wie eine 
große vielhundertköpfige Familie, eine Familie aus aller Herren 
Länder. Nicht weniger als 14 Nationalitäten sind unter den Schü¬ 
lern und Schülerinnen der rhythmischen Gymnastik heute hier 
vertreten. Sie alle sind hier vereinigt im Zeichen des Rhythmus! 
Einen uns allen gemeinsamen Bau sollen Sie helfen gründen! 


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ADOLPHE APPIA • ÜBER 
URSPRUNG UND ANFANG DER 
RHYTHMISCHEN GYMNASTIK 1 » 

(ÜBERTRAGUNG AUS DEM FRANZÖSISCHEN) 

E in Werk wurzelt immer in der Persönlichkeit seines Schöpfers, 
nicht in äußeren Umständen. Diese können hemmen oder för¬ 
dern, nicht schaffen. Hier wie sonst ist alles die Persönlichkeit. 
Zum Wesen der Rhythmischen Gymnastik gehört es, keines ihrer 
Elemente von außen herbeigeholt zu haben. Sie hat sich aus der 
Persönlichkeit ihres Schöpfers entwickelt, wie ein gerade auf¬ 
schießender Stamm aus dem Boden, in den er seine Wurzeln ver¬ 
senkt, dem er seine Nahrung dankt. Indem wir die Gründe dieser 
merkwürdigen und bedeutenden Erscheinung in der Persönlich¬ 
keit von Jaques-Dalcroze aufsuchen, gelangen wir zu einer intime¬ 
ren und zuverlässigeren Kenntnis ihres Wesens und Werdens. 
Zwei verschiedene Strömungen in der Natur dieses sehr beweg¬ 
lichen Mannes haben zu dieser bedeutsamen Entdeckung einer 
organischen Verbindung des menschlichen Körpers mit der Musik 
geführt. Diese Strömungen entsprechen ausgeprägten Eigentüm¬ 
lichkeiten seines Wesens: seinem pädagogischen Genie und seiner 
Kraft zur Synthese. Man gestatte mir diese Formeln für eine sehr 
glückliche Verbindung verschiedener Eigenschaften. Man wird 
gleich verstehen, was ich meine. 

Man gestatte überhaupt, daß ich solche Unterscheidungen und 
Teilungen — vielleicht etwas gewaltsam und konventionell — da 

!) Wir hielten für richtig, in dem I. Band unseres Jahrbuchs eine Darstellung der 
Anfänge der Rhythmischen Gymnastik zu geben, und freuen uns, in Herrn Adolphe 
Appia jenem stillen und nachhaltigen Mitarbeiter von Jaques-Dalcroze das Wort zu 
geben, der in seinem Buch „Die Musik und die Inszenierung“ der modernen Be¬ 
wegung zur Stilisierung der Bühne ihre Zielpunkte gegeben hat. Das Buch selbst ist 
fleißiger gelesen und benutzt als genannt worden. Es ist 1897 bei Bruckmann er¬ 
schienen. Damals wußten Appia und Jaques-Dalcroze noch nichts voneinander. Daß 
sie sich kennen lernten, ist einer jener fruchtbaren Zufälle, die kein Zufall sind. 

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vornehme, wo es sich um eine Persönlichkeit handelt, die wie 
wenige einheitlich und wie wenige in jedem Augenblick ein Ganzes 
ist. Ich glaube aber den Punkt zu treffen, auf den es ankommt, und 

— will man versuchen, Unerklärliches zu erklären, so muß man 
zergliedern. 

Einer der wichtigsten Züge dieses pädagogischen Genies ist seine 
Unfähigkeit, die Schüler als Klasse, als Gruppe zu nehmen. Die 
Gruppe bleibt für ihn eine Anzahl Einzelner. Jeden sieht er als Indi¬ 
vidualität und jeden behandelt er als Einzelwesen, das sich ihm an¬ 
vertraut hat. So behält er die Fähigkeit zu äußerst scharfer, äußerst 
produktiver Beobachtung. Dazu kommt, was fast eine notwendige 
Folge und Ergänzung solcher Beobachtungsgabe ist: die Unfähig¬ 
keit zu systematisieren, abzuschließen, das Bedürfnis, immer freie 
Bahn vor sich zu sehen und mit seinen Schülern, seinen Mit¬ 
arbeitern ein immer neues Leben um sich herum zu schaffen. Wer 
das Produktive eines solchen Verhältnisses von Lehrer und Schüler 
für beide Teile recht zu würdigen weiß, der wird die Anfänge der 
rhythmischen Gymnastik besser verstehen — Anfänge, die üb¬ 
rigens so einfach waren, daß es Mühe macht, sie als solche über¬ 
haupt zu erkennen und festzulegen, die aber auch, abgesehen von 
aller Chronologie, lebhaftes Interesse verdienen. 

Die Kraft zur Synthese entspringt aber bei Dalcroze dem unab¬ 
weisbaren Bedürfnis, alle Mittel des Ausdrucks zu vereinigen und 
sie einem lebendigen Kunstwerk dienstbar zu machen. Bei Dal¬ 
croze ist alles Leben und alles Leben ist synthetisch und jedes 
Element hat nur Geltung, soweit es an dem Konzert dieses Le¬ 
bens teilnimmt. Alle Aktivität dieses aus Aktivität bestehenden 
Mannes ist darauf gerichtet, die Ausdrucksmittel im Hinbück auf 
ein hohes Ziel einander über-und unterzuordnen. Vielleicht wußte 
er selbst nicht, in welch hohem Maße ihn dieser Trieb beherrscht 

— jedenfalls liegt darin das Geheimnis seines unaufhaltbaren Auf¬ 
stiegs. 

Einzelbeobachtung also während der Stunden am Konservato¬ 
rium, insonderheit während seiner Solfege-Stunden, die dank der 

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Lebendigkeit seiner Unterweisung für ihn eine unerschöpfliche 
Quelle neuer Erkenntnisse wurden, und immer wiederholte Ver¬ 
suche zu neuen Kombinationen und Verbindungen, wie sie seine 
mehr oder weniger dramatisch und mimisch bewegten, so erfolg¬ 
reichen Kinderlieder und später, für die älteren Schüler, seine 
Tanzlieder darstellen, vereinigten sich zu jenen Erfahrungen, die 
Dalcroze befähigten, seine ersten Versuche in der Verkörperung 
des musikalischen Rhythmus zu machen. 

In den Solf&ge-Stunden ließ Dalcroze zu den Gehörsübungen den 
Takt schlagen und machte die Entdeckung, wie wertvoll es für 
die Schüler sei, wenn sie durch diese Bewegungen zur Musik in 
ein direktes, körperliches Verhältnis kämen. Auch erweckten die 
Bewegungen bei den meisten ein Gefühl von innerem Einklang, 
ja von Schönheit. Sie waren nicht ein bloß technisches Hilfsmittel, 
und Dalcroze — ein Künstler auch als Pädagoge — beobachtete 
die Wirkung dieses disziplinierenden Taktschlagens. Die Körper 
verloren etwas von ihrer Lässigkeit, als wollten sie sich an den 
Taktbewegungen der Arme beteiligen, als ließen sie sich vom mu¬ 
sikalischen Rhythmus durchdringen. 

Bei den Kinderliedem andrerseits mußte ihm auffallen, welchen 
Spaß es den Kindern machte, mit dem Gesang entsprechende Be¬ 
wegungen zu verbinden, und wie förderlich dem Kinde diese Be¬ 
wegungen waren — auch abgesehen von der Freude, die das Kind 
immer empfindet, wenn es in seinem Spiel eine Rolle spielen kann. 
Die Beziehungen aber zwischen der Musik und den Bewegungen 
des Körpers wurden ihm besonders deutlich bei den Gebärden¬ 
hedem, die er für seine Schüler am Konservatorium komponierte, 
und die, weil dramatisch weniger pointiert, dem rein musikalischen 
Element größeren Spielraum ließen. Er sah, daß Haltung und 
Bewegung die Musik gut begleiteten — aber eben nur begleiteten, 
daß, wie exakt auch das Spiel der Schüler war, die zwei Elemente 
sich doch nicht organisch und unauflöslich zu einem Ausdruck 
vereinten. Er bemerkte selbst bei diesem einfachen Nebeneinander 
den Widerstand des Körpers. Er begriff, daß er nichts erreichen 

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könne, solange er nicht den Impuls zur Bewegung mit dem Wider¬ 
stand, den der Körper ihm notwendigerweise entgegensetzte, durch 
exakte rhythmische Schulung des Körpers zum Ausgleich gebracht 
hatte. Und so häuften sich die Beobachtungen. Es schien, als woll¬ 
ten sie den Meister zur Lösung des Problems nötigen — eines Pro¬ 
blems, das für ihn immerhin noch schlecht formuliert war. 

Und es ergab sich eine immerhin gefährliche Situation. 

Die Kallisthenischen Spiele und Szenen verleiteten ihn, nach der 
Seite des Plastischen, der äußeren Schönheit, der Nachahmung von 
Werken der bildenden Kunst hin, seine Studien zu betreiben, und 
seine große Leichtigkeit im Erfinden, beflügelt von dem jugend¬ 
lichen Enthusiasmus seiner Schüler, trieb sie alle miteinander einer 
etwas oberflächlichen Freude an äußerlicher Schönheit entgegen. 
Es fehlte die künstlerische Strenge, die in jedem Falle solches Spiel 
beherrschen und durchdringen muß. Es fehlte die Basis, sozusagen 
das Handwerk, es fehlte ein System von Solfeggien für den Körper. 
Manch anderen an Stelle von Dalcroze hätte dies nicht sonderlich 
bekümmert; er hätte sich auf gemacht, ein System zu bereiten und 
schlecht und recht nun Plastik und Musik zu verbinden. 

Hier aber rettete den Künstler der Pädagoge. 

Was die rhythmische Gymnastik zu dem gemacht hat, was sie 
ist, das ist Jaques’ Verhältnis zu seinen Schülern, sein Bedürfnis, 
sie als Individualitäten zu nehmen. Niemals hätte er für seine 
Kunst jene tiefe und ernste Einsicht besessen, die allein ihre Zu¬ 
kunft sicher stellt, wenn er nicht jedem seiner Schüler jenes rein 
menschliche Gefühl entgegengebracht hätte, das ihm den Blick 
für das Wesentliche freihielt und dem Schüler die Gewißheit gab, 
daß der Meister in seiner Liebe und Sorge ein ganz besonderes per¬ 
sönlich bestimmtes Verhältnis zu ihm hatte. Daraus erwuchs jene 
unerschütterliche Treue der Schüler zu ihrem Meister, die das Genie 
auf seinemWege unbedingt braucht. Diese Gegenseitigkeit von Leh¬ 
rer und Schüler zeichnete Dalcroze den Weg, den er zu gehen hatte 
und den er dann so erfolgreich und beherzt beschritten hat. 
Sammelte also Dalcroze aus seiner Kraft zur Synthese die Ei - 

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fahrungen, die zuerst seine Aufmerksamkeit auf das ferne Ziel 
lenkten, so hat er den ersten Schritt zur Verkörperung des 
Rhythmus doch erst gemacht, als er sich auf seine pädagogische 
Aufgabe besann. Sein Solf&ge-Unterricht gab ihm mit der For¬ 
mulierung des Problems auch den Schlüssel seiner Lösung. 
Lehrer und Schüler — sie sind in der Tat unzertrennlich — fragten 
sich, ob es nicht möglich sei, gleichzeitig den Takt mit den Armen 
und den Rhythmus mit den Beinen anzugeben. Sie versuchten 
es, und man nannte dies „faire les pas“. Dies war der Anfang 
der rhythmischen Gymnastik. 

Es war ein vereintes Suchen und Arbeiten. Gewiß war der Lehrer 
der unvergleichliche Anreger, aber ebensoviel nahm er an An¬ 
regung und Hinweisen von den Schülern. Vor solchen Anfängen 
kann man nicht anders, als sich in Ehrfurcht neigen. Schritt für 
Schritt — man darf dies fast wörtlich nehmen — entwickelte sich 
ein ABC der Bewegung. Für die musikalischen Elemente fanden 
sich körperliche Entsprechungen und so befriedigend war der Fort¬ 
gang, daß Dalcroze den Direktor des Genfer Konservatoriums um 
Erlaubnis bat, eine besondere Stunde für diese Übungen, dieses 
„faire les pas“, einzurichten. Bis dahin nämlich hatten diese Übun¬ 
gen nur in der freien Zeit und ohne jeden offiziellen Charakter 
stattgefunden. Diese Erlaubnis wurde verweigert; man deutete 
ihm an, er entwickle sich, wie es scheine, zum Tanzlehrer. 

Darauf — es war im Jahre 1904 — mietete Dalcroze in der Nach¬ 
barschaft des Konservatoriums einen kleinen Raum, und hier 
wurde während der Stunden, die der offizielle Stundenplan des 
Konservatoriums freiließ, das unbekannte Neue in langsamer, von 
der Ungewißheit des Erfolges sorgenvoll bewegter Arbeit errun¬ 
gen. Eine heroische Zeit für die, welche sie erlebt haben! Während 
Genf nichts wußte oder nichts wissen wollte von dem großen Werk, 
das sich in seinen Mauern entwickelte, gaben einige junge Mädchen 
— die Schülerinnen des Meisters — und ihre Eltern ein Beispiel 
der Treue und des Glaubens. Sie bereiteten in der Stille und ohne 
es zu wissen die Zukunft in Hellerau. 

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Mai 1905 waren Lehrer und Schülerinnen so weit, daß sie gelegent¬ 
lich des Musikfestes in Solothurn eine öffentliche Vorführung „der 
Schritte“ wagen durften. Der Erfolg war bedeutend und das Ur¬ 
teil der Pädagogen und Musiker ermutigte Dalcroze, dem Komitee 
des Genfer Konservatoriums einen genauen Bericht über seine 
Arbeit mit dem erneuten Gesuch um Zulassung dieses Unterrich¬ 
tes im offiziellen Stundenplan des Konservatoriums zu unter¬ 
breiten. Er erhielt eine entschiedene Absage und die offiziellen 
Stellen trugen ihm gegenüber die größte Gleichgültigkeit zur 
Schau. Zur Aufklärung des Publikums hielt Dalcroze noch im 
gleichen Jahre im September einen Vortrag, aber ohne Vorführung 
seiner Schüler. Man hörte ihn an — wie immer mit Beifall. Aber 
hatte man ihn verstanden ? 

Schließlich siegte bei ihm der Wunsch, regelmäßige Kurse zu er¬ 
öffnen. Ein passender Saal wurde gemietet, und in diesem Saal be¬ 
gann die Reihe der Entdeckungen, die aus den Versuchen der 
Taktier- und Schrittbewegungen die rhythmische Gymnastik er¬ 
wachsen ließen.- 

V or dem begonnenen Werk steht das Genie wie vor einem Rätsel. 

Er frägt, es antwortet — nicht immer! Ist das Werk in den 
Grundzügen bestimmt, ist es ein Bild, eine Statue, eine Symphonie, 
ein Gedicht, so sind seine Antworten bestimmter, oder besser gesagt: 
sie werden infolge der Tradition von Kunsterfahrungen bestimmter 
verstanden. Aber kommt dasWerk nicht in irgendeiner Form zum 
Abschluß, muß es sich im Gegenteil langsam und allmählich in der 
endlosen Folge der Zeit entwickeln — ist es sozusagen nur ange¬ 
fangen, weil begonnen, hat es aber als ein Lebendiges weder An¬ 
fang noch Ende —so wird das Rätsel seines Daseins quälend. Das 
Genie seines Schöpfers hat gut fragen. Das Werk kann nichts an¬ 
deres antworten als: „Ich gehorche deiner inneren Not, deinem 
ewigen Wunsch, fahre fort zu wünschen, ich werde fortfahren zu 
gehorchen, je reiner dein Wunsch, je adeliger deine Not, desto 
besser werde ich gehorchen.“ 

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So ungefähr war die innere Lage J aques - Dalcroze's und seiner 
Schülerinnen, als die regulären Kurse in rhythmischer Gymnastik 
begannen. Das „Solfege der Bewegungen“ war für den Körper fest¬ 
gelegt, aber was nun ? Wie weiter ? Zu welchem Ende ? Sie wußten 
es selbst nicht, Lehrer und Schüler, und sie gingen von Tag zu 
Tag einem Unbekannten entgegen. 

Es ist nicht möglich, an dieser Stelle Einzelheiten über die Arbeit 
dieses an Entdeckungen reichen Jahres zu geben. Und versuchte 
ich es, wie wollte ich sie anschaulich machen ? 

In diesem Winter nun übten äußere Einflüsse auf das Werk von 
Jaques Dalcroze eine nachhaltige Wirkung. Der Künstler litt häu¬ 
fig unter dem Unvermögen, in Worten und Begriffen präzis zu er¬ 
fassen und wiederzugeben, was er intuitiv geschaut und mit der 
ganzen Kraft seiner Seele verwirklichen wollte. Er brauchte eine 
Terminologie, ein Gerüst für sein Sinnen und Trachten. (Die Bio¬ 
graphie großer Künstler gibt uns für solche Ergänzungen durch 
das theoretische Denken häufig Belege.) Der Professor der Phy¬ 
siologischen Psychologie an der Universität Genf, Herr Eduard 
Clapar£de, sehr interessiert für die rhythmische Gymnastik durch 
das, was er gesehen und gehört hatte, verhalf ihm zu dieser Ter¬ 
minologie, und Dalcroze ergänzte durch Lektüre und Nachdenken, 
was er aus den Gesprächen mit Clapardde für sich gelernt hatte. 
So konnte er seine pädagogischen und künstlerischen Erfahrungen 
an wissenschaftlichenTatsachen messen und verknüpfen. Man wird 
begreifen, mit welchem Eifer der Pädagoge die Tatsachen der Wis¬ 
senschaft ergriff, um sie zu persönlichen Erfahrungen umzuformen. 
Von dort datiert die Beachtung, die er den verschiedenen Formen 
der Muskelinnervation, dem Impuls der Hemmung, den toten Zei¬ 
ten, dem plötzüchen „Hopp“ mit seiner Bereitstellung des ganzen 
Nervensystems angedeihen ließ. Von da an datiert — wenn auch 
kein System, so doch eine Methode der rhythmischen Gymnastik, 
eine bewußte, im einzelnen begründete Art des Unterrichts und 
der Beobachtung. 

Frühjahr 1906 veranstaltete Dalcroze eine Aufführung von rhyth- 
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mischer Gymnastik mit plastischen Übungen. Er hielt einen Vor¬ 
trag und das Publikum war voller Neugierde, aber doch ohne 
recht zu verstehen, wohin das Ganze führen sollte. Wiederholt 
mußte Dalcroze vom Flügel aufstehen und an der Rampe des 
Podiums die Zuschauer bitten, dies alles doch nicht als Theater 
anzusehen. Immer wieder mußte er darauf hinweisen, daß es sich 
um einen pädagogischen Versuch handle, um den Versuch einer 
Übertragung des musikalischen Rhythmus auf den menschlichen 
Körper. Die Aufführung hatte Erfolg, aber kein Ergebnis. 

Im Sommer dieses Jahres 1906 fand dann der denkwürdige erste 
Normalkurs statt. Damals glaubte Dalcroze, in 14 Tagen die Er¬ 
gebnisse seines langen Forschens zeigen und mitteilen zu können. 
Alle Teilnehmer erwarteten eine Anzahl von Vorträgen, erläutert 
durch Übungen der Schülerinnen. Ein jeder glaubte, daß er sol¬ 
chermaßen erbaut nach Hause fahren könne, wohl wissend, was 
es mit der rhythmischen Gymnastik für eine Bewandtnis habe. 
Weit gefehlt! Innerhalb fünf Minuten wußte uns Dalcroze be¬ 
greiflich zu machen, daß man sich bequemen müsse, selbst zu 
üben und an sich selbst die große Erfahrung zu machen. Alles wei¬ 
gerte sich. Wie ? Der Verstand sollte nicht ausreichen, der ganze 
Körper mußte sich mit der Sache befassen ? Sich selbst sollte man 
dieser merkwürdigen Prozedur aussetzen ? Der Augenblick war zu¬ 
gleich komisch und ernst. Ernst, denn für die rhythmische Gym¬ 
nastik bedeutete es Sein oder Nichtsein. Jeder mußte unbedingt 
begreifen, daß die rhythmische Gymnastik eine persönliche Er¬ 
fahrung war, nicht eine „Methode“, ein System. Diese Erkennt¬ 
nis mußte den Anfang jeder Unterweisung bilden und — einzige 
Kraft der Persönlichkeit: eine Viertelstunde später konnte man 
Herren und Damen verschiedensten Alters und Abstammung, im 
Straßenkleid, den Weisungen des Lehrers entsprechend Bewegun¬ 
gen ausführen sehen. Dem unverhofft Eintret enden gewiß ein merk¬ 
würdiges, völlig unverständliches Schauspiel! 

Solche Kurse wiederholten sich 1907, 1908,1909. Die Beteiligung 
wurde immer größer, immer internationaler. Und die Kurse selbst 

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wurden mit jedem Jahre reichhaltiger, denn es häuften sich die 
Erfahrungen jedes Winters. Sie bestätigten das Erreichte und füg¬ 
ten Neues hinzu. Zum Schluß des Normalkurses 1909 fand das 
erste Diplomexamen für Lehrer der rhythmischen Gymnastik statt 
— ein Diplom, dessen Einführung sich notwendig gemacht hat, 
weil einzelne, die nur einem einzigen Kursus von I4tägiger Dauer 
beigewohnt hatten, mit der Methode Mißbrauch trieben, Kurse 
anzeigten und abhielten, obwohl sie natürlich noch durchaus un¬ 
fähig waren, die Methode zu lehren. Zwischendurch machte Dal- 
croze Reisen, hielt Vorträge und zeigte die Methode in den Übun¬ 
gen seiner besten Schüler. Welche Summe von Arbeit, Anstren¬ 
gung, Initiative! Während dieser fünf Jahre der Vorbereitung — 
welches Maß von Widerstandskraft, heroischem Mut und unbe- 
zwinglicher Zuversicht! In Genf, wo er doch von Freunden um¬ 
geben war, fand er Gleichgültigkeit oder Tadel oder — was fast 
noch mehr entmutigen kann — die schädliche und unbeständige 
Bewunderung einiger Ästheten. Nur in den germanischen Ländern 
fand er Widerhall und ernste Beachtung. Man suchte ihn zu hal¬ 
ten, aber noch lehnte er alles ab, was ihn seiner Heimat entzogen 
hätte. 

In dieser Zeit des Probierens fand Jaques-Dalcroze in Fräulein 
Nina Gorter eine treue Verbündete, eine von Tag zu Tag ihn 
unentbehrlichere Mitarbeiterin. Sie ist es ihm gebheben bis auf 
den heutigen Tag. Fräulein Gorter war Lehrerin an einem Ber¬ 
liner Konservatorium. Dort hatte sie schon frühzeitig die Kinder¬ 
lieder von Jaques-Dalcroze einstudiert, zum Teil auch übersetzt. 
Sie verließ ihre gesicherte Stellung in Berlin, angelockt von der 
großen Aufgabe, die Dalcroze sich gestellt hatte. Zwei Jahre vor 
den ersten öffentlichen Darbietungen der rhythmischen Gymna¬ 
stik kam sie nach Genf. So hat sie an den Anfängen in allen ihren 
Einzelheiten mitgewirkt. 

In Basel vermochte Paul Böpple die rhythmische Gymnastik an 
der Töchterschule, an der er als Musiklehrer wirkte, dank der ver¬ 
ständnisvollen Förderung des Direktors dieser Schule, in den offi- 

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ziellen Lehrplan aufzunehmen. Böpple, ein unbestechlicher Kur- 
wenal, äußerst fein in seiner Empfindung, großmütig, ernst und 
fröhlich zugleich, war wie geschaffen, um dem Meister zu folgen 
und Schritt für Schritt seinenWeg mitzugehen und das Seine zum 
Erfolg beizutragen. Sein Name wird von der rhythmischen Gym¬ 
nastik unzertrennlich bleiben. Noch einige andere Freunde waren 
mit Dalcroze. Ich kann hier natürlich nur die nennen, die von 
allem Anfang an dabei waren, aber was konnten sie ihm bieten 
außer Enthusiasmus und Verehrung ? 

Soweit also war die rhythmische Gymnastik in Genf gediehen. 
Sie war in der Lage eines jungen Menschen, der seine Ausbildung 
vollendet, sein Selbstvertrauen entwickelt hat und der nun in die 
Welt zieht, sein Glück zu versuchen. Dalcroze hatte, wie gesagt, 
in Deutschland am meisten Verständnis und Beachtung gefun¬ 
den. Von hier kam nun auch der Anstoß zur Entfaltung der Rhyth¬ 
mischen Gymnastik in größerem Umfang. Und er hätte kaum 
günstiger kommen können. 

Wie oft erleben wir es, daß wertvolle menschliche Keime in Kunst, 
Wissenschaft und Leben nur allzu schnell einer geschäftsmäßigen 
Ausbeute zum Opfer fallen und in künstlich hochgetriebener Blüte 
verwelken, noch ehe sie Frucht getragen! Wie viel Opfer der Re¬ 
klame kennt die Kunst unserer Tage! Hier wurde es anders. 
Nach einer Reihe glänzender Schüleraufführungen der rhythmi¬ 
schen Gymnastik in Deutschland erhielt Jaques-Dalcroze eine 
Aufforderung von Dr.Wolf Dohrn, sich gelegentlich einer Dres¬ 
dener Aufführung die neuentstehende Gartenstadt Hellerau an¬ 
zusehen und zu prüfen, ob sich ihm hier nicht ein geeignetes Wir¬ 
kungsfeld böte. Schon früher hatte Karl Schmidt, der Gründer 
der „Deutschen Werkstätten“ und der Gartenstadt Hellerau, Dal¬ 
croze den Gedanken nahegelegt, das musikalische Leben der ent¬ 
stehenden Gemeinde zu organisieren. Dalcroze besuchte Hellerau 
und schrieb dann an Dr. Dohm, er sei bereit zu kommen, wenn 
ihm ein Institut gebaut werde, das die Möglichkeit biete, sein Werk 
sowohl in pädagogischer wie künstlerischer Beziehung zur Entfal- 

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tung zu bringen. Und mit dem Scharfblick des schöpferischen Men¬ 
schen hatte Dalcroze in dem, was in Hellerau war, erkannt, was 
daraus werden konnte. Das Wichtigste fand er gegeben: Opfer¬ 
freudigkeit, Wirklichkeitssinn und jenen Optimismus schaffens¬ 
freudiger Menschen, deren Wirken auch von Erfolg begleitet schien. 
Ihm, der bisher auf eigne Hand und auf eigenes Risiko seine Ideen 
weiterverfolgt und gegen Indifferenz und Ubelwollen zu verwirk¬ 
lichen gesucht hatte, boten nun die Brüder Wolf und Harald Dohm 
mit Kraft, Zuversicht, frohem Mut und Ehrerbietung eine Lage an, 
in der er — vielleicht noch mehr als früher — aber mit der vollen 
Gewißheit des Erfolges arbeiten konnte. So nahm denn Dalcroze 
das Anerbieten an und kam 1910 nach Dresden. Ihn begleiteten 
— gewiß der schönste Erfolg der Genfer Kampf jahre — 46 seiner 
Schüler und Schülerinnen. Ein glänzendes Zeugnis seiner pädago¬ 
gischen Persönlichkeit und seiner synthetischen Kraft! — 

D ieser kurze Rückblick auf den Ursprung und die Anfänge der 
rhythmischen Gymnastik hat, so glauben wir, eins zur Genüge 
erwiesen: ein Werk, das leben will, muß sich auch nach den Ge¬ 
setzen lebendigen Wachstums entwickeln. Keine Gewalt könnte 
und dürfte seine Blüte beschleunigen. Nur eine geduldige und 
ständige Pflege kann ihm frommen. Diese muß es ihm erleich¬ 
tern, in dem Nährboden Wurzeln zu schlagen, in den er gehört, 
muß ihm auch Licht und Luft zu Wachstum und Ausbreitung j 

geben. I 

Wir haben einen Einbück getan in die Mühen und Kämpfe, die 1 
keinem Schöpfer erspart bleiben. Aber wir haben eines noch ver¬ 
gessen : mit dem Geschenk des Lebens, das Dalcroze in so hohem 
Maße besitzt, ist ihm noch ein anderes zuteil geworden: das Ge¬ 
schenk der Freude. Seine Schüler wissen davon zu erzählen. Auch 
in den Stunden trüber Entmutigung — und es hat nicht an sol- 1 
chen gefehlt — flammte doch dieses Feuer der Freude, womit der 
Meister sie erwärmte, erleuchtete und leitete. Ihr Leben wird im- 1 
mer von dieser Freude umleuchtet sein. I 

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Wer die Luft des Instituts in Dresden-Hellerau geatmet, wer um 
sich herum diese mit Aktivität erfüllte Atmosphäre — einzig in 
der Art brüderlichen Zusammenwirkens und gegenseitiger Hilfe 
im eifrigen Verfolgen eines mit Inbrunst erstrebten Zieles, wer 
sich das Bild des großen, stillen, festlich strengen Gebäudes auf 
der Höhe von Hellerau gegen den blauen Himmel vergegenwär¬ 
tigen kann und mit ihm den Meister, umgeben von seinen Schü¬ 
lern und Schülerinnen, umgeben auch von der fröhlich lärmenden 
Kinderschar von Hellerau, und wer sich sagt, daß alle diese so ver¬ 
schieden an Alter, Nationalität und sozialer Stellung, doch von 
einem Gedanken beseelt und getragen sind, der kann hierin die 
lebendigste Bestätigung der Worte aus dem Schlußchor der „Neun¬ 
ten“ finden: 

DEINE ZAUBER BINDEN WIEDER 
WAS DIE MODE STRENG GETEILT. 

ALLE MENSCHEN WERDEN BRÜDER 
WO DEIN SANFTER FLÜGEL WEILT. 


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WAS DIE RHYTHMISCHE GYMNA¬ 
STIK IHNEN GIBT UND WAS SIE 
VON IHNEN FORDERT 

ANSPRACHE VON DR. E. JAQUES - DALCROZE AN DIE 
SCHÜLER UND SCHÜLERINNEN DES NORMALKURSES 

I. JAHR*) 


Meine lieben Schüler! 

Mit Interesse habe ich gelesen, was Sie mir über Ihre Erfahrungen 
im Unterricht geschrieben haben. Sie geben Eindrücke wieder, 
die Sie durch unsere Studien empfangen haben und ehe ich näher 
darauf eingehe, möchte ich Ihnen sagen, daß ich sehr befriedigt 
bin von der ernsten und sachgemäßen Art, mit der die Mehrzahl 
unter Ihnen sich zu dem Thema geäußert hat. Das Vertrauen, das 
Ihnen meine Ideen einflößen, gibt auch mir neue Schaffensfreude 
und Kraft. Über die Zukunft der Schüler des ersten Jahrgangs bin 
ich nun vollkommen beruhigt. Sie nehmen diese Erziehung ernst. 
Was mir Ihre Arbeiten über Ihren Charakter offenbaren, macht 
mich sicher, daß wir bis zum Schluß Freunde bleiben und daß Sie 
freudig das Ziel erreichen werden, das Sie sich vorgesetzt haben. 
Alle ? Nein, gewiß nicht ? Es gibt unter Ihnen einige Schwache 
und einige Zögernde, einige, die mir unbegabt scheinen. Aber bei 
dem größten Teil von Ihnen finde ich jenen Mut, jene Kraft, 
jene Widerstandsfähigkeit und jene Liebe zur Kunst, die für 
künftige Erzieher unerläßlich sind. 

i) Dr. E. Jaques-Dalcroze hatte den Schülern und Schülerinnen die Aufgabe ge¬ 
stellt, die Eindrücke niederzuschreiben, die sie während des ersten Vierteljahres 
ihres Unterrichts empfangen hatten. Diese Niederschriften und Briefe sind der 
Gegenstand der folgenden Ansprache. Von dem Geiste des Instituts, dem Wesen 
der Methode und dem Verhältnis von Lehrer und Schüler glaubten wir durch, den 
Abdruck dieser Rede ein lebendigeres Zeugnis zu geben als durch Berichte über 
die Methode. Der Leser wird den Zweck solcher Ansprache im Auge behalten. 

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1 


Mir scheint, das Ziel meiner Erziehung ist von der ganzen Klasse 
richtig verstanden worden. Aber nur ein kleiner Teil unter Ihnen 
hat die Einheit begriffen, die die verschiedenen Teile der Methode 
zusammenhält. Sie unterscheiden alle Rhythmische Gymnastik, 
Gehörsbildung, Improvisation, erkennen aber nicht das Prinzip, 
das die verschiedenen Zweige verbindet. Das kommt natürlich 
daher, daß einzelne von Ihnen mehr von dem musikalischen Teile 
der Methode angezogen worden sind, andere durch die plastische 
Seite und noch andere durch die ethische und soziale Seite. Viele 
möchten einfach ihren Körper entwickeln, andere, der größere 
Teil, hat die Absicht, sich dem Lehrberuf zu widmen. Es scheint 
mir infolgedessen nützlich, erst im allgemeinen unsere Studien 
zu charakterisieren, ehe wir auf Einzelnes eingehen. Ich spreche 
also zunächst von der Idee, die unsere Lehre begründet. 

I ch habe immer den Eindruck gehabt, daß man an öffentlichen 
Schulen und Kunstinstituten die Schüler viel zu sehr mit den 
äußeren Resultaten der Kunst oder Wissenschaft bekannt macht, 
zu sehr mit den Ideen anderer, zu wenig mit sich selbst und dem 
Wege, zu sich selbst zu kommen und aus sich selbst heraus etwas 
zu entwickeln. Ehe man ihnen zeigt, was die Umgebung, in der 
sie leben müssen, Wichtiges bietet, sollte man ihnen Gelegenheit * 
geben, sich selbst kennen zu lernen, sie anleiten, sich von ihren 
eigenen Kräften, ihren eigenen Gedanken und schöpferischen 
Fähigkeiten Rechenschaft zu geben. Kennen sie erst einmal ihre 
eigene Persönlichkeit, so kann man ihnen die Wege zeigen, sich mit 
anderen auseinanderzusetzen. Erst dann werden sie daraus nütz¬ 
liche Lehren für ihre eigene Entwicklung ziehen können. Sich 
selbst erkennen, das sollte das Ziel der ersten Erziehung sein! 
Dieses suche ich in unseren Studien vor allem zu erreichen. Wer 
sich kennt, lernt sich beherrschen! Die Entwicklung des Charak¬ 
ters ist das Erste und Wichtigste! 

Gewiß habe ich mein System zuerst als Musiker erdacht und für 
Musiker! Aber je weiter ich fortgeschritten bin, um so mehr habe 

3 Der Rhythmus q o 


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ich gemerkt, daß, wenn auch die Musik eine sehr wichtige Rolle 
in der Erziehung für und durch den Rhythmus spielt, doch der 
Nutzen dieser Erziehung hauptsächlich in zwei Dingen besteht. 
Nämlich: erstens in der Ausbildung der allgemein menschlichen 
Eindrucks- und Ausdrucksfähigkeiten und zweitens darin, daß 
dem Menschen die Rückkehr zu seinen natürlichen Regungen er¬ 
leichtert wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Mensch 
erst dann reif zu einem speziellen Kunststudium wird, wenn der 
Charakter gebildet, die Ausdrucksfähigkeit entwickelt ist. 
Zunächst müssen wir für alle körperlichen Übungen, die von unse¬ 
rem Geiste geleitet werden, und für alle Gedanken, die sich auf 
unsere körperliche Erfahrung stützen sollen, die Empfindungs¬ 
fähigkeit entwickeln, das, was man Temperament nennt. Wie 
wollen sie Künstler sein, Sie, die zu neun Zehntel nicht einmal 
wissen, was Sie denken und was Sie können ? Wie wollen Sie im¬ 
stande sein — unter welcher künstlerischen Form es auch sei — 
Empfindungen auszudrücken, deren Nuancen Sie zu messen nicht 
fähig sind! „Kunst“ ist stilisiertes Darstellen von Bildern, die in 
unserem Geiste durch Empfindungen erzeugt werden. Bei großen 
Geistern mögen diese Bilder vielleicht angeboren sein, jedenfalls 
ist bei Ihnen die Anlage zu deutlichen und klaren Empfindungen 
* und Bildern angeboren. Eine Erziehung scheint nicht nötig. Ich 
habe aber nicht die Anmaßung, Genies zu erziehen. Diese kümmern 
sich auch um keine Erziehung. Ihr Instinkt leitet sie. Ihr Tempera¬ 
ment reißt sie mit sich fort. Aber die anderen, jene, deren Instinkte 
halb schlafen, und denen die Kraft fehlt, ihren Instinkten einen 
natürlichen Aufschwung zu geben, muß für sie diese Erziehung 
nicht eine Befreiung sein ? Lohnt sie nicht der Mühe ? Sollen sich 
dadurch, daß die Vögel von selbst fliegen können, die Menschen etwa 
abhalten lassen, Flugversuche zu machen und die Luft zu erobern ? 
Mag es auch nicht möglich sein, ein Temperament zu schaffen, so 
ist es doch gewiß möglich, es zu entwickeln. So gut wie das Muskel¬ 
system, kann man auch das Nervensystem entwickeln. 
Mancherlei Hindernisse hemmen das Individuum an dem künst- 

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lerischen Ausdruck seiner Erlebnisse, aber es gibt Mittel, diese 
Hindernisse wegzuräumen und dem Organismus seine ganze Frei¬ 
heit wiederzugeben. Warum gibt es so viele Menschen, die in 
ihrem Gehirn eine große Menge gehäufter Gedanken haben und 
in ihrer Seele dumpfe unbestimmte Regungen, Menschen, die nicht 
imstande sind, diese Gedanken zu ordnen und diese Regungen 
in ihrer ganzen Fülle und ihrer ganzen Kraft zu erleben? Das 
kommt, wie ich meine, daher, daß die Empfindungen, die diese 
Gedanken und diese Regungen erzeugt haben, weder vollständig 
erlebt worden sind, noch den ganzen Organismus, so wie sie es 
sollten, in Schwingungen versetzt haben. Die Empfindungen 
haben auf einen unentwickelten Körper gewirkt, auf einen Körper, 
der keine natürlichen rhythmischen Formen besitzt, kein Maß, 
kein Gleichgewicht, keine Fülle des Lebens. Achten Sie selbst 
einmal darauf, wenn Sie sich an manchen Tagen besonders frisch, 
leistungsfähig, elastisch fühlen — ist es nicht, als seien Sie sich 
deutlicher jeder Empfindung, jeder Bewegung Ihres Körpers be¬ 
wußt ? Sie glauben sich in höherem Maße Herr Ihrer selbst, Herr 
Ihres Körpers, Herr Ihres Geistes. Sie, die Musiker, sind an solchen 
Tagen innerlich voller Musik, die Maler und Bildhauer voller Figur, 
die Handelnden voller Entschlüsse! Alles, was Sie anpacken, ge¬ 
lingt — gelingt, weil Sie Ihre Kräfte kennen, weil Sie nur wollen, 
was Sie können! Hören Sie dann Musik, die Ihrem inneren Zu¬ 
stand entspricht, so finden Sie diese Musik in dem Kunstwerk 
wieder, Sie vergessen vollständig jede Analyse, Sie lassen sich fort¬ 
tragen und mächtige Wechselströme der Empfindung schwingen 
zwischen Ihren eigenen tiefsten Rhythmen und denen, die im 
Augenblick der Schöpfung denUrheber dieses Kunstwerkes beseelt 
haben. So sehr ist der schöpferische Funken, der in jedem Men¬ 
schen schlummert, an solchen Tagen gesteigerter und klarer Emp¬ 
findungen zur Flamme entfacht! Bei manchen, den Genies, mag 
es eine fortwährende Flamme sein, bei uns Minderbegabten ist es ein 
Funke, der manchmal glüht. Glauben Sie mir, die Disziplin der 
Empfindungen und die Übung der Impulse ist für jede persön- 

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liehe Ausbildung grundlegend. Dieses und nichts anderes suche 
ich mit meiner rhythmischen Gymnastik zu erreichen. 

Das Temperament entwickeln heißt unsere Fähigkeit des Mit¬ 
schwingens vermehren, heißt aber auch, durch Willenskraft nutz¬ 
lose Schwingungen unterdrücken. Mag sein, daß alles Leben Be¬ 
wegung ist, aber nicht alle Bewegung ist Leben! Es gibt Leute, 
die vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen 
in Schwingung sind und doch nicht wissen, was Leben ist. Der Wille 
ist nicht nur nötig, um Nützliches zu verrichten, sondern auch, 
um bewußt oder unbewußt Handlungen zu unterdrücken, die 
schädlich oder gefährlich sind. 

Einer von Ihnen fragt, ob ich glaubte, daß Menschen, die un¬ 
fähig seien, in geistiger Beziehung zu wollen (d. h. unfähig, ihre 
Gedanken zu ordnen und ihre Phantasien zu beherrschen), auch 
notwendigerweise unfähig sein müßten, in bezug auf ihre körper¬ 
liche Entwicklung ein Ziel zu verfolgen, und ob umgekehrt, die 
Tatsache, daß man den Willen zur körperüchen Entwicklung be¬ 
sitze, einen Einfluß habe auf den Willen zur geistigen Entwick¬ 
lung? Ja und Nein. Es gibt Leute, die meinen, sie könnten wol¬ 
len, während sie im Grunde nur ihren Instinkten gehorchen. So 
verwendet jemand z. B. viel Willenskraft auf die Entwicklung 
seines Körpers. Er möchte ihn schön haben, damit andere ihn 
bewundern. Bei diesem scheint mir der Wille durch Eitelkeit be¬ 
stimmt. Und so ist bei drei Vierteln aller Menschen der Wille auf 
beschränkte Ziele gerichtet — und natürlich auf angenehme, denn 
der Mensch ist geborener Egoist. Er will oft nur die von seinen 
Fehlern ablegen, die ihn in schlechtes Licht setzen, und so kommt 
es, daß manche Leute viel Willenskraft zeigen, wenn es sich dar¬ 
um handelt, ihren Körper zu beherrschen, und gar keine, wenn 
es sich um die Beherrschung des Geistes handelt. Und umgekehrt. 
Aber mir scheint wahrscheinlich, daß ein Mensch mit geschwäch¬ 
ten Muskeln und Nerven auch moralisch schwach ist. Kommt die¬ 
ser nun durch Willenskraft dazu, seinen Körper zu kräftigen, so 
wird ihn das Selbstvertrauen, das aus diesem Fortschritt erwächst, 

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in Stand setzen, auch geistige und moralische Fortschritte zu 
machen. 

Wer am wenigsten kann, kann am meisten! 

Der Wille wird wie eine Zentralheizung, die aus dem Keller durch 
Röhrenleitungen die Wärme in jede Etage des Hauses führt. 

Es gibt Leute, die einen Willen haben, aber die nicht wissen , wie 
man seinen Willen in Tat umsetzt. Andere haben einen Willen, 
aber können ihren Willen nicht in Tat umsetzen. Ich bin fest über¬ 
zeugt, diesen zwei Arten von Menschen wird die rhythmische 
Gymnastik ein nützlicher Helfer sein. Aber freilich, sie vermag 
nichts über die, die können , aber nicht wollen. Diese Starrköpfe 
lassen wir besser ganz beiseite. Beschäftigen wir uns mit denen, die 
den wahren Durst nach Entwicklung haben. Diese werden Fort¬ 
schritte machen, sobald man sie zwingt, Schritt für Schritt vorzu¬ 
gehen, so daß sie den einmal gemachten Fortschritt übersehen kön¬ 
nen. Blickt man nach dem weitentf ernten Ziele, so merkt man nicht, 
daß man ihm wirklich näher kommt und läßt den Mut sinken. Ver¬ 
trauen ist aber die wichtigste Vorbedingung jedes Fortschrittes! 
Ein Schüler schreibt mir: „Ich habe mich gefragt: worin liegt 
es, daß die Resultate der gewöhnlichen Musikschulen so unver¬ 
gleichbar geringer sind als diejenigen, die Sie mit Ihrer Me¬ 
thode erzielen. Ich glaube, es kommt daher, daß die Lehrer für 
unmöglich halten, solche Anforderungen an Durchschnittsschüler 
zu stellen. Hier aber stellt man unmögliche Anforderungen mit 
der Überzeugung, daß sie möglich sind und darum erhält man 
auch Resultate, die unmöglich scheinen.“ In der Tat: das Ver¬ 
trauen stärkt den Willen und weckt die Einsicht. Einsichtig sein 
heißt: wissen, was man vermag. Man muß seine eigenen Kräfte 
kennen, ehe man anfängt, die der anderen zu analysieren. Zunächst 
ist es meine Einsicht, die Sie leitet, denn Sie haben den Führer 
nötig. Sie kennen sich selbst noch nicht genügend. Aber sobald 
Sie sich kennen, werden Sie meine Prinzipien auf Ihre eigene 
Weise auf allen Gebieten und in der Richtung und Grenze Ihrer 
eigenen Fähigkeiten anwenden. 

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S o viel über Ihr Verhalten im allgemeinen, vor allem über das 
Verhalten Ihres Willens zur rhythmischer? Gymnastik. Wenn 
ich nun im einzelnen Ihre Briefe betrachte, so gestehe ich: es ist 
mir recht schwierig, die verschiedenen Eindrücke zu ordnen, die 
Ihre Briefe in mir erwecken. Dazu müßte ich mich einem verglei¬ 
chenden Studium Ihrer verschiedenen Temperamente widmen. 
In einem Vortrag wie heute kann ich nur auf die Fragen ant¬ 
worten, die ein allgemeines Interesse haben, und darunter scheint 
mir das am wichtigsten, was sich auf die Technik unserer rhyth¬ 
mischen Gymnastik bezieht. 

Was für einen Zweck haben so viele Takte von ungleicher Dauer? 
fragt einer von Ihnen. Warum 7 / 4 -, 10 / 4 “ und “/«-Takte studieren, 
die in der ganzen gegenwärtigen Musik nicht Vorkommen ? War¬ 
um wollen wir uns nicht an die Einheit des Taktes halten, die alle 
Klassiker respektiert haben! Nun, meine Damen und Herren, vor 
allen Dingen handelt es sich für uns, wenn wir diese verschiede¬ 
nen Takte studieren, gar nicht darum, Musik im eigentlichen Sinne 
des Wortes zu machen. Wir wollen vor allen Dingen unsere Be¬ 
wegungen im Raum gestalten, sie verschränken, verbinden und 
einander gegenüberstellen, sie ausdehnen, verkürzen und ab¬ 
stufen nach den Regeln, die speziell für körperliche Bewegungen 
gelten. Und die Musik ist hierzu deshalb unentbehrlich, weü 
die Notenschrift, die so präzis und klar ist, uns allein in den Stand 
setzt, die Dauer unserer Bewegungen, unserer Schritte und unserer 
Gesten auf dem Papier zu notieren. Weshalb wollen wir uns da nur 
an die eigentlichen, gebräuchlichenTakte halten ? Die Zeichen sind 
da. Warum sollen wir sie nicht benutzen, um alle möglichen Verbin¬ 
dungen von Stellungen und Gesten zu notieren? Die Notenzeichen 
werden Raumzeichen und unser Körper wird das biegsamste Instru¬ 
ment. Kein anderes hat soviel Hilfsquellen, soviel verschiedene Aus¬ 
drucksmittel, kein anderes verändert sich so leicht je nach den un¬ 
zähligen Nuancen der Vorbereitung, der dynamischen Stärke und 
kein Instrument läßt sich so leicht mit den Ausdrucksmitteln von 
Instrumenten der gleichen Art verbinden wie gerade der Körper. 

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Auf dem Piano kann eine J. nur auf 3—4 verschiedene Arten nu¬ 
anciert werden, während eine einzige Bewegung, die diese Note 
interpretiert, sie hundertmal verschiedener gestalten kann als der 
Klavierspieler. Ebenso ist bei dem Violinisten nur das Muskel¬ 
system seines Armes im Spiele, während bei dem Künstler, der 
sich seines ganzen Körpers als Ausdrucksmittel bedient, das Mus¬ 
kelsystem des ganzen Körpers mitarbeitet. Da kann man sich 
nicht wundern, daß, wenn wir genaue Gesetze für diese unzähli¬ 
gen Bewegungen finden wollen, wir gezwungen sind, die Takte, 
nach denen wir unsere körperlichen Bewegungen regeln wollen, 
zu variieren und zu vermehren. Es ist nicht Pedanterie, wenn den 
Schülern Reihen von Gesten und von Schritten gelehrt werden, 
die in der Musik nicht gebraucht werden, denn wenn diese außer 
dem Hilfsmittel des Rhythmus noch die des Klanges und der 
Harmonie hat, so muß unser Körper den ganzen Reichtum des 
Ausdrucks nur mit den rhythmischen Kombinationen bestreiten. 
Deshalb müssen wir, wenn wir unsere körperlichen Bewegungen 
nach der Musik regeln wollen, die Reihe der musikalischen 
Rhythmen vervollständigen. Ist unsere rhythmische Erziehung 
beendet, so steht es uns ja frei, uns mit den einfachen, immer 
gebrauchten, klangvollen Rhythmen zu begnügen, sobald wir 
reine Musik machen wollen. Meine Ansicht indessen ist, daß 
auch die reine Musik eines Tages diese durch unseren Körper neu 
geschaffenen Rhythmen benutzen wird. Aber wenn auch diese 
meine persönliche Ansicht keine Aussichten hätte, sich durchzu¬ 
setzen, so ist es doch sicher, daß die komplizierteren Rhythmen, 
die wir gebrauchen, uns in Stand setzen, klarer als andere die 
einfache Symmetrie des Rhythmus zu empfinden, die jetzt bei 
allen Musikern im Gebrauche ist. Je weiter wir in unserem Stu¬ 
dium fortschreiten, desto schwieriger werden die rhythmischen 
Realisationen, die wir ausführen wollen. Aber wir werden auch 
jeden Tag geschickter, die einfachen Rhythmen zu realisieren, die 
wir in allen klassischen Partituren finden. 


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A ber diese Realisationen! Was für eine Angst haben Sie vor 
»ihnen, meine heben Schüler, und welchen Raum nehmen 
sie in Ihren Briefen ein! Und doch ist es nur Ihre Furcht, 
die Sie unfähig macht, den musikalischen Rhythmus, den man 
Ihnen vorspielt, körperlich zu realisieren. Denn damit eine rhyth¬ 
mische Realisation leicht vonstatten gehe, darf der Körper mit 
keiner feindlichen Muskelbewegung im Kampfe hegen. Was würde 
geschehen, wenn sich die Tasten des Pianos jedesmal, wenn der 
Klavierspieler einen schwierigen Satz auf dem Klavier spielen will, 
zusammenziehen wie Ihre Muskeln, und nicht sofort den Fingern 
des Spielers gehorchten ? Die Furcht zieht Ihnen die Gheder zusam¬ 
men, so daß sie fast erstarren, und sie verheren Ihre Fähigkeit zu 
realisieren. Sagen Sie sich vor allen Dingen in dem Moment, in dem 
Sie realisieren sollen, daß es gar nichts ausmacht, wenn Sie sich 
irren und Sie werden ohne weiteres wieder den natürlichen Gebrauch 
Ihrer Gheder haben. Versuchen Sie nicht, den Rhythmus, den man 
Ihnen vorspielt, sofort ganz und gar auszuführen. Lernen Sie die 
Arbeit einteilen! Versuchen Sie zuerst, sich klar zu machen, wo der 
schwere Taktteil hegt, welche Taktart es ist, was für lange Noten 
Vorkommen und bestimmen Sie dann erst die Details. 

Vor allen Dingen halten Sie Ihren Körper, während Sie hören, 
in einem Zustand vollständiger Entspannung, dann werden Ihre 
Arme und Beine wahrscheinlich ganz von selbst die gehörten 
Takte realisieren. Übrigens stammt Ihre Furcht oft aus Ihrer 
Eitelkeit. Was schadet es, wenn Sie Fehler machen ? Ist nicht die 
Hauptsache, daß Sie sich üben und daß Ihre Gheder sich voll¬ 
ständig daran gewöhnen, den Antrieben des Gehirns zu gehor¬ 
chen ? Es gibt viele Schüler, die ohne Schwierigkeit mit den Fin¬ 
gern auf dem Klavier den Rhythmus ausführen, den sie mit ihrem 
ganzen Körper ausführen sollten. Aber sobald andere Muskeln als 
die der Finger mit der Reahsation betraut werden, wirkt der Streit 
zwischen diesen ungeübten Muskeln auf das Gehirn zurück und 
verdüstert Ihre Gedanken. Wenn ich mich manchmal über einige 
unter Ihnen, die bei der Reahsation Fehler machen, ärgere, kommt 

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V« TAKT 
IN KANON 


(OHNE AUS. 
DRUCK) 


6 / 4 TAKT 
N KANON 
FORM 

(OHNE AUS¬ 
DRUCK) 


Original frorn 

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das gar nicht daher, weil Sie unfähig wären, die Klänge in Gesten 
umzuwandeln, sondern weil Sie durchaus Klangbilder, die Sie 
schon früher in Ihrem Kopf gebildet haben, an die Stelle der ein¬ 
fachen Empfindungen setzen wollen, die die eben gehörten Töne 
in Ihnen auslösen .Während ich Ihnen einen Rhythmus Vorspiele, 
müssen Sie ganz in ihm auf gehen. Seien Sie überzeugt, wenn Sie 
sich ihm mit ihrem ganzen Körper hingeben, werden Sie keinen 
Fehler machen. 

Genau so müssen wir uns ganz und gar der Kunst hingeben. Wir 
dürfen nicht versuchen, sie zu beherrschen und sie zu unserem 
Diener zu machen, sondern sie muß uns zu ihren Diener machen. 
Sehr hübsch zitiert eine Schülerin „Die Kunst ist wahrhaftig in 
der Natur, wer sie heraus kann reißen, der hat sie!“ Ich möchte, 
auf uns angewendet, sagen: „Die Kunst ist in unserer Natur! 
Wir brauchen nur den Weg freizumachen von dem Schutt alter 
Eindrücke!“ 

So ist es auch mit der Komposition. Ich halte es für unverzeih¬ 
lich, daß in dem Klavierunterricht die ganze Aufmerksamkeit auf 
die nachahmenden Fähigkeiten gelegt wird, und daß der Schü¬ 
ler absolut keine Gelegenheit hat, seine eigenen musikalischen Ein¬ 
drücke mit den technischen Mitteln, die man ihn lehrt, auszu¬ 
drücken. Ich weiß wohl, diese Aufgabe ist noch viel schwieriger 
für die, welche niemals Klavierspielen gelernt haben. Sie sollen 
ihre Gedanken auf einem Instrumente ausdrücken, das sie kaum 
kennen. Diese müssen selbstverständlich jeden Tag rein mecha¬ 
nische Fingerübungen machen, aber gerade für sie und den Kla¬ 
vierspieler, der nicht von Natur aus improvisieren kann, ist das 
Wichtigste, einige einfache Akkorde vollständig zu beherrschen; 
dann können sie sich dazu Melodien ausdenken, ähnlich denen, die 
sie in dem Solfege-Unterricht zu singen gelernt haben. Je mehr 
Akkorde Sie zu Ihrer Disposition haben, desto reicher werden 
Ihre Melodien werden. Auch da darf man nicht fürchten, sich 
auf eine ungeschickte Weise auszudrücken. Man drückt sich eben 
so gut aus, wie man kann. Die Hauptsache: daß man sich mit 

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Überzeugung ausdrückt. Künstlerisch kann man erst dann ge¬ 
stalten, wenn man die Zeichen für den Ausdruck vollständig be¬ 
herrscht. Wenn Sie eine Sprache nicht beherrschen, wie wollen 
Sie sich in dieser Sprache gut ausdrücken ? Selbst der schönste Ge¬ 
danke kann nur durch Worte ausgedrückt werden! Man muß die 
Technik des Ausdrucks beherrschen, wenn man etwas Schönes 
darstellen will. Der gelernte Spieler kann nur dann schöne Musik 
machen, wenn seine Finger dank der Übung imstande sind, die 
Empfindungen, die diese Musik in ihm erweckt, auszudrücken. 
Wer rhythmische Gymnastik lernt, kann seine Empfindungen 
nur dann in körperlichen Bewegungen darstellen, wenn er die 
Technik seines Körpers beherrscht. Der gelernte Improvisator 
kann uns nur dann auf dem Klavier entzücken, wenn er die 
Technik und die Praxis der Harmonie vollständig beherrscht. Aber 
sei es die Harmonie der Bewegungen oder die der Töne, ich be¬ 
haupte: nicht der Verstand, sondern die Übung schafft sie. Das 
einzige vernünftige System der Kunsterziehung besteht daher 
darin, daß man die Einbüdungskraft mit Hilfe der Empfindungen 
schult und daß man die Schüler veranlaßt, nur das auszudrücken, 
was sie wirklich gefühlt haben. So bereitet auch die Erziehung des 
rhythmischen Gefühls die Schüler darauf vor, den Rhythmus, den 
sie ausdrücken sollen, zu empfinden, und ebenso bereitet die Er¬ 
ziehung des Ohres dazu vor, die Melodie und die Harmonie, die sie 
wiedergeben sollen, wirklich zu hören. 

I ch habe schon gesagt: man kann nichts von dauerndem Werte 
schaffen, wenn man sich nicht selbst kennt. Die einzige lebendige 
Kunst ist die, die aus den Empfindungen herauswächst, die man 
wirklich erlebt hat. Genau so ist es mit dem Unterricht, meine 
heben Schüler! Es ist unmöglich andere zu entwickeln, wenn man 
nicht alle Möglichkeiten der eigenen Entwicklung versucht hat, 
wenn man nicht gelernt hat, sich selbst zu besiegen, sich besser 
zu machen, seine schlechten Instinkte zu unterdrücken, die guten 
zu stärken und an die Stelle des primitiven von der Natur ge- 

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schaffenen Menschen einen vollkommeneren zu setzen, der durch 
den Willen gebildet ist und der seine Kräfte kennt. Nur in dem 
Maß, als man selbst Fortschritte macht, ist man imstande andere 
fortschreiten zu lassen. Ich finde daher übertrieben, was einer von 
Ihnen schreibt: „Ich finde,“ so heißt es in einem Brief, „daß der¬ 
jenige, der in der rhythmischen Gymnastik unterrichten will, vor 
allem ein genialer Mensch sein muß, ein Mensch, der auch päda¬ 
gogisch sehr viel leisten kann, der aber durch und durch Künstler 
sein muß, nicht nur in der Musik, sondern in allem!“ Ich finde, 
man braucht kein Genie zu sein, um andere zu lehren, man braucht 
nur notwendigerweise feste Überzeugung, Begeisterung, Willens¬ 
kraft und Freude. Aber alle diese Fähigkeiten stammen gleich¬ 
mäßig aus der Beherrschung und Erkenntnis seiner selbst. 

So verstanden kann ich von ganzem Herzen den Schluß unter¬ 
schreiben, in dem der eben zitierte Schüler sagt: „Der Lehrer der 
rhythmischen Gymnastik“ (er hätte sagen können „jeder Lehrer“) 
„muß einer sein, der Freude am Leben hat, der seine Mitmenschen 
liebt und für sie arbeitet. Es gibt so viele Durchschnittsmenschen, 
die studieren und unterrichten wollen. Aber werden die fähig sein, 
das Werk weiterzuführen ? Der Lehrer muß ja Inspirationen haben. 
Er muß fähig sein, seine Schüler mit sich fortzureißen, muß ver¬ 
suchen, das Werk, wenn möglich, weiterzubringen.“ Gewiß, um 
das begonnene Werk fortzuführen, muß er es unter der jungen 
Generation ausbreiten, auch wenn das Werk noch nicht ganz voll¬ 
endet ist. Es muß auf die anderen die Liebe zum Fortschritt über¬ 
tragen, muß versuchen, die Persönlichkeit seiner Schüler zu wecken, 
muß in ihnen den Wunsch wachrufen, alle Gaben zu entwickeln, 
die sie von Natur aus besitzen. Es kommt weniger darauf an, daß 
der Lehrer selbst genial sei, wenn er nur imstande ist, die Genialität 
der anderen zum Durchbruch zu bringen; die Hauptsache ist, daß 
ein mächtiger Willensimpuls sich von Generation zu Generation 
fortsetzt. Schlimm genug, daß dieser Instinkt erst geweckt werden 
muß! Wir leben in einer Zeit, die sich nicht genug gegen die Ver¬ 
gangenheit, gegen die Gegenwart und gegen die Zukunft zu wahren 

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weiß. Wir müssen vom zartesten Alter an lernen, daß wir selbst 
die Herren unseres Schicksals sind, daß die Vererbung machtlos 
ist, wenn wir sie besiegen können, daß unsere Zukunft von dem Sieg 
abhängt, den wir über uns selbst erringen. Mag sich ein jeder von 
uns für noch so schwach halten, seine Mitarbeit ist unerläßlich, um 
den Weg für eine bessere Zukunft zu bereiten. Leben und Wachsen 
sind ein und dasselbe. Unsere Pflicht ist es, durch das Beispiel 
unseres Lebens die, die nach uns kommen, zu entwickeln. Wagen 
Sie es also und nehmen Sie die ganze Verantwortung, die die Na¬ 
tur uns auferlegt, auf sich! Halten wir es für unsere Pflicht, uns 
selbst zu erneuern. So fördern wir das Entstehen einer schöneren 
Menschheit! 

Einige von Ihnen reden von der „Notwendigkeit, die rhythmische 
Gymnastik bald an den Schulen einzuführen“. Ich bin nicht dieser 
Ansicht. Denn aus den Gründen, die ich vorher entwickelt habe, 
ist es nicht das Wesentlichste, unsere Schulprogramme mit neuen 
Fächern zu beladen, sondern Lehrer vorzubereiten, die eines Tages 
imstande sein werden, auf gesunde und vernünftige Weise die Ideen, 
die wir lieben, zu lehren. Man darf die Ereignisse nicht erzwingen 
wollen. Wird eine ausreichende Zahl von Lehrern vorhanden sein, 
so wird diese Erziehung ganz natürlich in die Schulen übergehen. 
Bis dahin, meine ich, lassen wir alles, wie es ist. Programme sagen 
gar nichts! Die Menschen, die sie ausführen, sind alles! Denken wir 
vor allem daran, diese Menschen zu bilden. Die Programme regi¬ 
strieren nur ihre Taten und nur auf Taten kommt es an! 
Mehrere Schüler sprechen mir auch von der Abneigung, die an 
vielen Orten gegen unsere Methode bestehe, von der Unwissenheit 
des Publikums, von seinem Zögern, von seinem schlechten Willen. 
Alles das macht mir am wenigsten Sorge. Es ist ganz natürlich, 
daß wir noch nicht von allen verstanden werden, daß unsere rhyth¬ 
mischen Übungen manchmal lächerlich gemacht werden, daß un¬ 
ser Übungsanzug extravagant erscheint. Verdorbene oder schwa¬ 
che Gemüter erliegen bei der Beurteilung neuer Dinge der Last 
Jahrhunderte alter Überlieferung. Sie können nicht begreifen, daß 

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wir in Absicht und Tat mit unseren nackten Füßen und unserem 
Trikot reiner sind als jene Tugendhelden mit gänzlich verstecktem 
Körper und kranken, manchmal schmutzigen Gedanken. Ebenso 
wenig begreifen sie, daß die körperlichen Übungen, mit denen wir 
uns abgeben, nicht bloße Körperkultur sind, sondern ein Mittel, 
um unseren Geist zu befreien. Was gehen uns die Gedanken jener 
an, die unsere Erfahrungen nicht gemacht haben! Sind wir nicht 
sicher, die Wahrheit zu besitzen?! Haben wir nicht selbst ein 
gutes Gewissen? Spüren wir nicht, wie unser Geist sich zum Lichte 
entwickelt? Sind wir nicht schmiegsamer, kräftiger, lebendiger, 
einsichtiger und natürlicher als früher! Sehen wir nicht der Vor¬ 
hang der Konventionen sich heben vor einer schöneren, stärkeren 
Menschheit ? Ich sage Ihnen: es macht nichts aus, daß es noch 
Menschen gibt, die zu fest an den Traditionen hängen, um uns 
verstehen zu können! Wir bilden ein tapferes kleines Völkchen 
von Enthusiasten und wir wissen für die Zukunft zu arbeiten! 
Diese heiligen Bande verbinden uns. Es schadet nichts, daß wir 
wenige sind. Wir heben uns um so mehr. Und wir werden wach¬ 
sen, sind ja auch schon gewachsen! Unsere gegenseitige Liebe, die 
uns stark und mächtig macht, wird sich in nicht zu langer Zeit — 
das versichere ich Ihnen — auch den anderen mitteilen: unsere 
Liebe zur Kunst, zum Fortschritt, zum Leben. 

Aber wichtig ist, daß wir nicht leichtfertig vorgehen. Wir müssen 
wissen, was wir wollen, wohin wir gehen. 

Ich habe beim Durchlesen Ihrer Briefe bemerkt, daß einige unter 
Ihnen einen Unterschied zwischen der Musik und der Plastik 
machen, die einen diese, die anderen jene vorziehen. Das wun¬ 
dert mich weiter nicht, denn es ist sehr selten, daß man in dem¬ 
selben Individuum plastische und musikalische Fähigkeiten gleich 
entwickelt findet. Ich bin ja auch von der Musik ausgegangen, als 
ich meine rhythmischen Übungen geschaffen habe. Meine Absicht 
war zunächst, die Bewegungsgewohnheiten so zu regulieren, daß 
sie einen Einfluß auf das Gehirn hätten und auf diese Weise die 
geistige Kraft der Schüler stärken und ihren Sinn für Rhythmus 

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und Musik entwickeln. Ich hatte gar nicht die Absicht, körperliche 
Übungen in ästhetischem Sinne ausführen zu lassen, ich betrach¬ 
tete sie nur vom psycho-physiologischen Gesichtspunkte. Aber 
nach kürzester Zeit erkannte ich, daß keine körperliche Bewegung 
vollkommen und in seiner leichtesten Form ausgeführt werden 
kann, ohne wie von selbst die Bedingungen der natürlichen Har¬ 
monie und Schönheit zu erfüllen. Sobald eine Bewegung oder eine 
Haltung ohne diese Leichtigkeit ausgeführt wird, ist sie häßlich. 
Verkörperter Rhythmus muß notwendigerweise ein schönes Schau¬ 
spiel bieten. Die Musik in uns gewinnt dadurch Gestalt, sie formt 
unseren Körper. Was zeitlich war, wird körperlich, was Klang 
und Folge war wird Bild und Bewegung. Diese körperliche Form 
muß gewiß ein schönes Schauspiel bieten, denn alles ist Ausdruck 
und Maß, die Bewegung im Raum ist gemessen durch die Zeit, 
die in der Zeit aber wird sinnlich erlebt im Raum. Meiner Ansicht 
nach ist es unbedingt nötig, daß der, der Musik studiert, den kör¬ 
perlichen Rhythmen denselben Wert beimißt wie den klanglichen, 
d. h. die Plastik muß für ihn ebenso wichtig sein wie die Musik. 
Viele von Ihnen haben das auch begriffen, u. a. der, welcher 
schreibt: „Die Lehre umfaßt drei Hauptsachen, die rhythmische 
Gymnastik, Solfege und Inprovisation, alle drei aber stehen in 
so enger Beziehung zu einander und in so lebendigen Wechsel¬ 
wirkungen, daß man sie einfach nicht voneinander trennen kann.“ 
So ist es! Während eine andere von Ihnen mir sagt: „Ich habe 
nur die einzige Absicht, Klavierspielen zu lernen, infolgedessen 
brauche ich die Plastik nicht.“ An Ihrer Stelle würde ich noch 
hinzufügen (und beachten Sie, daß das ein vollständig analoger 
Schluß ist): „Da ich nur die Absicht habe, Klavier zu spielen, 
hat es keinen Zweck für mich, mein Ohr auszubilden, denn man 
spielt doch nicht mit dem Ohr Klavier.“ Nein, nein! Eins dürfen 
Sie niemals vergessen: unser Unterricht ist eine Vorbereitung für 
alle Künste, denn der Rhythmus ist die Grundlage aller. Das 
Studium des Rhythmus lehrt uns die Werte, die Kontraste, die 
Verhältnisse kennen und zwar ebenso in der Linie wie im Klang. 

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Und ist die Plastik auch nicht das Ziel unserer Studien, so ist sie 
trotzdem und notwendigerweise eine Folge. Sie können mir ein¬ 
werfen, ich ließe Sie manchmal rein plastische Übungen machen, 
deren einziges Ziel die Schönheit der Bewegungen ist. Ganz ge¬ 
wiß ! Wir müssen manchmal unser Instrument prüfen, genau so 
wie der Stimmer, der ein Klavier stimmt, sich von Zeit zu Zeit 
unterbricht, um ein wenig zu improvisieren oder einige Takte 
eines Klavierstückes zu spielen. Er muß prüfen, ob der Klang 
seines Instrumentes genügt, um darauf zu spielen ohne die Ohren 
zu beleidigen. Aber das sind nur Versuche; der Stimmer hat nicht 
die Absicht, ein Konzert zu geben. Ebenso mache ich es mit Ihnen, 
und ebenso möchte ich, daß Sie diese Übungen ansehen, die nur 
scheinbar ein ästhetisches Ziel haben. 

Andere unter Ihnen sind zu mir gekommen mit der ausschließlichen 
Absicht, den ausdrucksvollen Tanz zu studieren und die Kunst der 
Gesten und Stellungen. Auch diese sind im Anfang erstaunt ge¬ 
wesen, daß man sie dazu gezwungen hat, Musik zu studieren. Jetzt 
fangen sie an zu begreifen, warum die Kenntnis der Musik für sie 
notwendig ist. Zunächst würde in den körperlichen Bewegungen, 
ohne die Ordnung, die die Musik hineinbringt, die vollständigste 
Anarchie herrschen. Jede Massengestaltung würde unmöglich sein. 
Ebenso alle Bewegungen im Großen. Ohne die Musik würde unser 
Ausdruck leer sein; die Nerven würden ohne Zweck und Ziel in 
Schwingung geraten, der Sinn für die Nuancen hätte nichts, woran 
er sich orientieren könnte, jedes stilisierende Element würde feh¬ 
len. Vielleicht, daß eines Tages ein Genie, in plastischer Beziehung 
besonders begabt, seine Empfindungen ohne Hilfe der Musik, nur 
mit den Mitteln der körperlichen Bewegungen, auszudrücken ver¬ 
mag. Aber noch einmal: Meine Erziehung wendet sich nicht an 
Genies. Unsere Studien bilden eine allgemeine Vorbereitung für 
die Kunst, sie haben den Zweck, unseren Regungen rhythmische 
Form zu geben. 

Sowohl für den Musiker wie für den Plastiker kann diese Form 
nur eine plastische sein, denn beide haben den Körper als Aus- 

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drucksmittel gewählt. Wir können also unsere Studien nicht in 
zwei Kategorien teilen, denn das, was wir suchen, ist zunächst 
die Entwicklung, Verdeutlichung, Verstärkung unserer Ein¬ 
drücke und dann die Erweiterung und Beherrschung unserer 
Mittel des Ausdrucks. Dieser aber muß immer eine äußere Form 
haben. Er geht auch beim Musiker, sowohl beim Instrumental¬ 
spieler wie beim Dirigenten, durch den Körper. Das hat eine große 
Zahl von Musikern begriffen, die hergekommen sind, um die rhyth¬ 
mische Gymnastik zu studieren, obwohl sie nur eine musika¬ 
lische Erziehung suchten; z. B. Fräulein S. P. und Herr A. J., 
die Sie ja alle kennen; das haben ebensogut die Plastiker be¬ 
griffen, wie Fräulein A. B., M.v. S. und HerrJ.T. Sie inter¬ 
essierten sich zunächst nur für die Linien des Körpers und für 
die Grazie der Bewegungen, sie haben aber schließlich begriffen, 
daß Plastik und Musik Schwestern sind, denn beide sind Kinder 
des Rhythmus, denn er allein ordnet und stilisiert jede künst¬ 
lerische Erregung. 

I n unseren vorbereitenden Studien verbinden wir also Musik und 
Plastik, um Physisches und Psychisches in Einklang zu bringen. 
Damit will ich aber nicht behaupten, daß ich mich auf pädago¬ 
gische Versuche beschränken will. Ich habe Hellerau gewählt, weil 
mir die Möglichkeit gegeben ist, in dieser Gartenstadt einen Gedan¬ 
ken auszuführen, den ich schon seit Jahren mit Liebe durchdenke. 
Das Ballett ist tot. Nur die Erziehung durch den Rhythmus kann 
ihm neues Leben einhauchen. Und die Oper, obwohl sie durch das 
große Genie von Richard Wagner verjüngt und belebt worden ist, 
kann die Einheit des Wortes, der Bewegung und der Musik auch 
nicht darstellen, denn weder die Mehrzahl der Sänger, noch — ich 
muß es sagen — die Mehrzahl der Komponisten kennt die Gesetze 
der körperlichen Bewegungen. Es gibt heutzutage kein einziges 
Schauspiel, wo der gleiche Rhythmus den Sang, die Bewegun¬ 
gen und das Orchester beherrscht und wo — (jetzt werde ich 
Ihnen von einem Element des künstlerischen Lebens sprechen, 

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DIE 

BILDUNGS¬ 

ANSTALT 

JAQUES- 

DALCROZE 

IN 

HELLERAU 




VORDER- 
UND RÜCK¬ 
ANSICHT 
NACH DEM 
MODELL 


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das Ihnen ganz neu ist) — wo in gleichem Rhythmus das Licht 
hinzukommt. Aufgabe des Lichtes ist es, die großen Bewegungen 
der Musik zu betonen, die körperlichen Bewegungen hervorzu¬ 
heben, die Linien zu verstärken, die Verbindungen und Gegen¬ 
überstellungen zu beleben. Das Licht ist die Orchestrierung der 
Bewegung. Einer meiner liebsten Freunde, Adolf Appia, der 
über die Inszenierung von Wagnerwerken ein höchst interessan¬ 
tes Buch geschrieben hat, hat den Einklang von Bewegung und 
Musik und die wichtige Rolle, die das Licht bei ihrer Vereinigung 
spielt, vorausgefühlt. Seit den ersten Versuchen der rhythmischen 
Gymnastik, denen er beiwohnte, hat er begriffen, daß sie allein 
imstande ist, die Einheit der rhythmischen Erregungen zu sichern. 
Und ich meinerseits habe mich überzeugt, daß, wenn in dem kör¬ 
perlichen oder musikalischen Rhythmus die dynamischen Nuan¬ 
cen die Hauptrolle spielen, die Bewegungen und die Gesten, die 
im Raum ausgeführt werden, nicht ohne das Licht auskommen 
können. Das Licht belebt sie, läßt sie plastisch hervortreten, mo¬ 
delliert sie und bildet die Form im Raum, wie die Töne die zeitliche 
Form der Bewegung bilden. Schon zweimal habe ich Volksschau¬ 
spiele geschaffen, wo Hunderte und Tausende von Mitwirkenden in 
Wort und Bewegung in einem einzigen Rhythmus vereint wurden, 
aber damals kannte ich noch nicht — wie heute — die Gesetze 
der körperlichen Bewegung, ebensowenig wie die Gesetze, die Licht 
und Schatten beherrschen. Jetzt habe ich Schüler herangebildet, 
die die von nun an unauflösliche Einheit der Rhythmen in der 
Zeit und im Raum kennen und vorfühlen. Jetzt bin ich sicher, 
daß wir dank Ihrer Spezialausbildung eines Tages imstande sein 
werden, alle menschlichen Regungen, Melodien und Harmonien 
auszudrücken, seien sie plastisch oder musikalisch, mit Hilfe un¬ 
serer Gruppierungen und Bewegungen auf der Ebene oder auf ge¬ 
neigten Flächen, auf Bodenwellungen oder Treppen. Meinen ästhe¬ 
tischen Ideen will ich nunmehr in der Gartenstadt Hellerau Form 
geben. 

Durch die Initiative der Brüder Dohrn und mit Hilfe des Archi- 

4 Der Rhythmus a 


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tekten Heinrich Tessenow und des Malers Alexander von 
Salzmann erhebt sich ein Festhaus in Hellerau, wo wir nicht nur 
über großen Raum verfügen werden, sondern auch über alle Mög¬ 
lichkeiten, den Boden verschieden aufzubauen. Wir verfügen auch 
über alle Hilfsmittel des Lichtes, das durch neue Beleuchtungs¬ 
einrichtungen unendliche Möglichkeiten eröffnet. 

Nur die Musik mit ihrer Unendlichkeit kann uns eine Idee der hier 
möglichen Suggestionen geben, wie sie dementsprechend das Licht 
hervorrufen kann. Das Licht wird uns — wie Appia sagt — den 
menschlichen Körper neu entdecken lassen, etwa ebenso, wie ein 
Berg an einem grauen Nachmittag sich plötzlich verändert und uns 
seine wahre Gestalt erst offenbart, wenn das Feuer der unter¬ 
gehenden Sonne hinter ihm leuchtet. Ich habe gewiß nicht die 
Absicht, ein Theater in Hellerau aufzumachen! Ich bin kein 
Freund des Theaters, dieses Schauspiels, das oft ohne Überzeu¬ 
gung blasierten Zuschauern dargeboten wird, von Schauspielern, 
die in der täglichen und deshalb oft alltäglichen Ausübung ihrer 
Kunst sich so spezialisieren müssen, daß häufig die Kunst zur 
Lüge werden muß. Nein! Ich will das Schauspiel der Alten wieder 
aufleben lassen, wo ein großer Teil des Volkes dem anderen ein¬ 
mal im Jahre ein geistiges und künstlerisches Fest gab, wo Zu¬ 
schauer und Spieler dieselbe künstlerische Erregung teilten. Ein¬ 
mal im Jahre, wenn unsere Kurse beendet sind, werden meine 
Schüler, die dann meine Mitarbeiter geworden sind, ihre ganze 
Kraft mit der meinen vereinigen und auserwählten Zuschauern 
eine Vision von Schönheit und Harmonie zu bieten versuchen. 
Mit ihnen werden sich die kleinen Kinder von Hellerau vereinigen, 
die nach und nach und ohne Ermüdung die Musik und die Plastik 
kennen gelernt haben. Wir werden in freudigen Aufschwüngen 
mit dem Lichte jauchzen und in der Ahnung menschlicher Schmer¬ 
zen mit dem Dunkel erschauern, und so werden wir versuchen 
den großen Rhythmus des Lebens darzustellen. 

Doch ehe wir soweit kommen, müssen wir viel arbeiten, und nach¬ 
dem ich Ihnen die künstlerischen Zukunftsmöglichkeiten unserer 

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Studien gezeigt habe, muß ich wieder auf ein prosaischeres Terrain 
zurückkehren, auf das der Pädagogik. 

Es ist klar, daß das Studium so verschiedener intellektueller und 
körperlicher Gegenstände viel Kraft verbraucht, und ich bin nicht 
erstaunt, bei vielen von Ihnen zu lesen, daß Sie manchmal der 
Müdigkeit erliegen. Im Gegenteil, ich wundere mich, daß einige 
— allerdings sehr wenige — sich darüber beunruhigen. Es ist 
ganz natürlich, daß man, nachdem man mit Eifer stundenlang 
studiert hat, am Abend müde ist. Aber es ist so einfach, die Er¬ 
müdung durch Ruhe auszugleichen! Leider wissen die wenigsten, 
wie man sich ausruht. Die meisten lassen die täglichen Ermü¬ 
dungen sich anhäufen, bis sie eines Tages unter der vielfachen 
Last zusammenbrechen, während es doch so einfach wäre, sich 
jeden Abend, jede Nacht von der Ermüdung des Tages durch 
systematische Ruhe zu erholen. Ruhen können ist ebenso eine 
Kunst wie arbeiten können. Ich möchte fast sagen, die Kunst zu 
ruhen verlangt mehr Wissenschaft, als die zu arbeiten, denn 
diese wird durch Erregungen unterstützt, während die Ruhe einen 
vollständigen physischen und moralischen Ausgleich voraussetzt. 
O, meine heben, jungen Rhythmus-Freunde! Wie schlecht ver¬ 
steht Ihr euch auf den Rhythmus des Lebens! Es ist unmögüch, 
daß in Ihrem Alter 9 Stunden Schlaf jeden Schaden ausgleichen, 
den 6—7 Stunden Arbeit ausgemacht haben. Wie viele von Ihnen 
können sich nun um 10 Uhr ins Bett legen und ruhig bis 7*8 Uhr 
schlafen. Die meisten von Ihnen gehen viel zu oft ins Theater, 
ins Konzert, und erschöpfen ihr Nervensystem unter dem Vor¬ 
wand, sich zu bilden! Wie viele widerstehen der Versuchung, nach 
dem Theater zu soupieren oder die Zeit mit Unterhaltung zu ver¬ 
bringen, wobei sie sich noch mehr aufregen. Es ist eine unglück¬ 
selige Tatsache, daß viele meiner Schüler — ebenso wie die Schü¬ 
ler anderer Lehrer — nicht imstande sind, der Versuchung des 
Amüsements zu widerstehen. Vielleicht glauben Sie, daß das Amü¬ 
sement für das normale Leben nötig ist und daß besonders Künst¬ 
ler sich mehr amüsieren müssen als andere Berufsmenschen. Was 

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für ein Irrtum, meine guten Freunde! Die wahren Künstler brau¬ 
chen sich nicht zu amüsieren, um sich von ihren Arbeiten zu er¬ 
holen ! Sie brauchen Freude und diese kommt aus Ihrer Arbeit, 
nur aus ihrer Arbeit! 

Von der Freude werde ich Ihnen gleich noch des längeren reden. 

— Ich hebe die Freude, denn sie ist das Leben! Ich predige die 
Freude, denn sie allein gibt die Mögüchkeit, nützliche und dauer¬ 
hafte Werke zu schaffen! Das Amüsement, eine Erregung, die 
die Nerven reizt, statt die Seele zu erheben, das Amüsement ist 
im Leben des Künstlers nicht nötig. Manchmal muß man sich ge¬ 
wiß gehen lassen können, und ich bin der letzte, der eine sogenannte 
moralische Disziplin, jene pedantische Lehre, mit Regeln von klö¬ 
sterlicher Strenge, verteidigen würde. Aber wenn ich auch verstehe, 
daß man sich manchmal gehen läßt und mit ganzem Herzen tanzt 
und lacht, daß man sich ausweitet, daß man jede Regel vergißt 

— so bin ich doch überzeugt, daß das Amüsement nicht tägliches 
Bedürfnis sein darf. Für ein gesundes, lebhaftes, tätiges Wesen 
muß die Freude der tägüchen Sorgfalt und der in Begeisterung 
durchgeführten Arbeit genügen, um das Leben zu verschönen, die 
Müdigkeit zu vertreiben und Gegenwart und Zukunft zu verklären. 
Ich bitte Sie, meine heben Künstler, die Sie unter meiner Leitung 
studieren: lernen Sie, der Versuchung unnützer Unterhaltungen 
zu entgehen! Haben Sie davon nicht manchmal Gewissensbisse? 
Sehen Sie, da hegt der Prüfstein! Wann wachen Sie freudiger und 
heiterer auf? Wenn Sie nach der Tagesarbeit zur rechten Zeit, 
nachdem Sie noch Ihre Notizen gemacht haben, ins Bett gehen, 
oder wenn Sie mit mehr oder weniger Originalität über Ästhetik 
diskutiert haben ? Oder — was leider auch vorkommt — über Ihre 
Kameraden und Studien losgezogen sind ? Sie können so schön von 
der Willenskraft sprechen — können Sie diese Regeln vernunft¬ 
gemäß nicht auch auf Ihr Leben an wenden ? Ich kenne so viele Schü¬ 
ler, die mir nach jedem Vortrag sagen, daß sie gänzhch mit mir 
einverstanden sind; aber sobald sie den Anforderungen des Lebens 
gegenüberstehen, schlagen sie feige den entgegengesetzten Weg 

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ein. Sie bewundern meine Worte, können aber die Taten, die ihnen 
meine Worte zeigen, nicht ausführen! Die, die sich Schüler des 
Rhythmus nennen, sind in ihrer Art zu leben jämmerliche un¬ 
rhythmische Wesen, ohne Kraft, Ordnung und Willen. Für jedes 
gesunde und rhythmische Wesen, d. h. für jedes, das sich selbst 
kennt und seine Kraft nach seinen Fähigkeiten zu brauchen ver¬ 
steht, dürfte Müdigkeit nicht existieren. Wir sind alle so einge¬ 
richtet, daß, sobald wir es ernstlich wollen, unsere Kräfte sich ins 
Gleichgewicht stellen. 

Lernen Sie in derselben Zeit an gestern, heute und morgen denken, 
lernen Sie die gegenwärtige Kraft nach den Erfahrungen der Ver¬ 
gangenheit und in Gedanken an die Zukunft im Gleichgewicht 
halten. Dann werden Sie nicht müde sein! Sie sind selbst — denken 
Sie daran — die Richter und die Urheber Ihrer Geschicke! Sind 
Sie gesund und kräftig geboren und erschöpfen sich, so beklage 
ich Sie nicht! Sie haben Ihr Schicksal verdient und nur um eins 
bitte ich Sie: wenn dieser Ermüdungszustand, den Sie selbst ver¬ 
schuldet haben, so sehr auf Ihnen lastet, dann verlassen Sie die 
Karriere, die Sie unklugerweise eingeschlagen haben. Ein Erzieher 
darf nicht müde sein! Seine Pflicht ist es, anderen ein normales, 
gesundes, kräftiges Leben vorzuleben. Was die anderen betrifft, 
die armen Unerfahrenen, die sich ermüden, weil ihre Arbeit noch 
keinen Rhythmus hat, so kommen Sie zu mir, sobald Sie müde 
sind. Ich habe ein ungeheueres Bedürfnis, Ihnen zu helfen, Ihnen 
begreiflich zu machen, daß man lernen kann, ohne Müdigkeit und 
mit Freude zu leben. Die Freude, von der ich Ihnen spreche, ruht 
ja nicht auf äußeren Tatsachen oder besonderen Umständen, sie 
ist ein dauernder Zustand des Wesens. Das unterscheidet sie vom 
Amüsement. Sie hängt weder vom Wetter ab, noch von den Er¬ 
eignissen, die gerade geschehen; sie ist ein unzertrennlicher Teil 
unseres Organismus; sie ist nicht immer von Lachen begleitet, wie 
die Heiterkeit, sie kann sehr wohl an der Außenseite unseres 
Wesens gar nicht erscheinen, sie blüht in den verborgenen Ge¬ 
mächern des Organismus, dort, wo alle aktiven Kräfte unseres 

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Individuums wie Blumen aufsprießen und Früchte tragen. Diese 
Kräfte darf man nicht vergeuden! Man muß ihnen eine Richtung 
geben, sie gleichsam kanalisieren ohne ihre Ausbreitung zu hem¬ 
men. Diese Freude entsteht in uns, sobald wir uns von irgendeiner 
Last befreien, sobald wir begreifen, was unser Wille vermag, so¬ 
bald wir uns überzeugt haben, daß wir die Hindernisse, die der 
Atavismus in uns angehäuft hat, überwinden werden, und end¬ 
lich, sobald wir im Bewußtsein der regelmäßigen Entwicklung 
dieser Fähigkeiten imstande sind, manchmal unsere Arbeit zu 
unterbrechen und uns die nötige Ruhe zu gönnen, ohne fürchten 
zu müssen, daß unsere Entwicklung stillsteht oder gar zurück¬ 
schreitet. 

So ist dieser Zustand der Freude hervorgerufen in uns durch ein Ge¬ 
fühl der Befreiung und der Verantwortlichkeit, durch die klare An¬ 
schauung dessen, was in uns produktiv ist, durch das Gleichgewicht 
unserer natürlichen Kräfte, durch den harmonischen Rhythmus 
unseres Wollens und Könnens. Sie hängt ab von unseren schöpfe¬ 
rischen Fähigkeiten, den angeborenen und den erworbenen, sie wird 
größer, je mehr unsere Schaffenskraft wächst, je mehr unser Wille 
uns von den Fesseln befreit, die von unserer Geburt an auf uns 
lasten. Die Fähigkeit, in uns selbst klar zu sehen, gibt uns jeden¬ 
falls ein Gefühl von Befreiung, denn sie eröffnet einen Schnellver¬ 
kehr nicht nur zwischen unserer Einbildungskraft und der aus¬ 
führenden Kraft, zwischen unserer Aufnahmefähigkeit und unse¬ 
ren Gefühlen, sondern auch zwischen den verschiedenen Arten von 
Gefühlen, die in uns wohnen. Sie erlaubt uns schneller unserer Ge¬ 
danken Herr zu werden, geschwinder und hellsehender unsere künf¬ 
tigen Handlungen zu überschauen und leichter festzustellen, ob 
unsere gegenwärtigen Handlungen geeignet sind, die Zukunft zu 
sichern. Die Freude ist eine Kraft und ein Licht. Bei einigen sel¬ 
tenen Individuen mag dieses Licht von ihrer Geburt an leuchten. 
Bei uns andern ist es Pflicht, durch dauernde Anstrengung in un¬ 
seren dunklen Seelen diesen Funken der Freude anzufachen. Und 
mag er zunächst nur mit ängstlichem Glanze glimmen und oft ver- 

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löschen, allmählich entzündet und unterhält er einen Grad von 
Licht und Wärme, der immer größer wird und von Tag zu Tag 
wärmer, strahlender, wohltätiger. Dieses Licht erhellt nicht nur 
unsere Gegenwart, sondern auch unsere Zukunft, es zeigt uns den 
Weg, den wir beschreiten sollen. Wir können es nicht von außen 
bekommen. Es stammt aus uns selbst und strahlt unsere besten 
Kräfte nach außen. Es kann auch nicht in uns bleiben; unwider¬ 
stehlich strahlt es und verbreitet es ein Licht über die, die uns um¬ 
geben, über die, die eng mit unserem Leben verbunden sind, und 
schließlich gar über die, die uns gänzlich gleichgültig schienen. 
Wie kann man ein solches Licht besitzen, ohne das Bedürfnis zu 
haben, es anderen mitzuteilen! Wie könnte man für sich allein 
behalten, was mit solcher Kraft, mit solch wunderbarer Heftig¬ 
keit aus den Quellen unseres Seins strömt ? Je mehr wir die Schätze 
der Freude in uns sich anhäufen sehen, desto mehr fühlen wir das 
Bedürfnis, sie an die zu verteilen, die sie nicht besitzen! Lesen Sie 
die kleine Broschüre „Joie et action“ von Henri Bois. Denken 
Sie an den Soldaten von Marathon, der im Besitze der guten Nach- „ 
rieht glühenden Herzens dahinstürmt, um sie seinen Brüdern zu 
bringen; er läuft, ohne seine Kräfte zu schonen, und stürzt schlie߬ 
lich erschöpft hin in dem Moment, wo er sie ihnen mitteilt. Aber 
er stirbt in der Freude, seinen Auftrag erfüllt zu haben. Ebenso 
wollen wir unsere Kräfte, die durch die Arbeit und durch die 
Freude in uns erzeugt sind, verwenden, indem wir sie nicht nur 
selbst genießen, sondern freigebig über die Mitmenschen ausstrahlen 
lassen. 

Wie entsteht nun diese Freude, wie entwickelt sie sich, wie wird sie 
dauernd? Ich habe es schon gesagt: dank unserer Sehnsucht, in 
bewußter Weise alles, was in uns brauchbar ist, zu entwickeln, 
dadurch, daß wir in ununterbrochener Arbeit neue Gewohnheiten 
in uns schaffen, die ihrerseits wieder in uns unbewußte Eindrücke 
hervorrufen, die schließlich überquellen und aus uns herausströ¬ 
men. Unser ganzes Leben hängt ja von unseren Gewohnheiten 
ab; all unser Unglück kommt von unseren schlechten Gewohn- 

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heiten, alle unsere Freude von unseren guten. Die Tatsache, daß 
wir durch unsere Willenskraft eine Reihe von fast gleichgültigen 
Handlungen verbessern, genügt, um uns das Selbstvertrauen zu 
geben, das unerläßlich ist, um die Emeuerungsarbeit im großen 
zu beginnen. 

Ich wiederhole es: wer am wenigsten kann, kann am meisten. 
Haben wir erst mal den Fuß auf den Weg des Fortschrittes ge¬ 
setzt, so haben wir mehr Aussicht, ohne Kraftvergeudung ge¬ 
rade und weit fortzuschreiten. Die Schwierigkeit hegt nicht darin, 
zu können was man will, sondern zu wollen , was man kann. Sie 
werden ans Ziel kommen, wie lange der Marsch auch dauern mag. 
Die Hauptsache ist, sich in Bewegung zu setzen und zu wissen, 
wohin. Unsere Kräfte wachsen in dem Maße, wie wir sie ge¬ 
brauchen, und die Freude entsteht an demselben Tage, an dem 
wir einen Fortschritt in uns bemerkt haben. Von dann an wächst 
sie ununterbrochen und erneuert sich und macht uns der höch¬ 
sten und ganz unerwarteter Taten fähig. Wenn sie sich einmal zu 
. unseren unbewußten Kräften gesellt hat, treibt sie kräftige Wur¬ 
zeln, aus denen nach höchstem Gesetz Knospen, Blüten und 
Früchte sprießen müssen. Einer von Ihnen, meine lieben Schüler, 
hat das sehr richtig ausgeprochen: „Einige müssen gestehen, sie 
hätten sich den Weg etwas einfacher vorgestellt, aber das schadet 
nicht: je höher das gesteckte Ziel, desto weiter muß natürlich der 
Weg sein und um so schöner ist die Aussicht auf der Höhe.“ 

Ja, meine heben Freunde, blicken wir in die Höhe, sehr hoch, noch 
höher! Nehmen wir uns die Zeit, die Böschung zu erklimmen, die 
zum Ziele führt. Steigen Sie unverdrossen, verlieren Sie niemals 
den Gipfel aus dem Auge, achten Sie auf den Weg und Sie sind 
sicher, dem Gipfel täglich näher zu kommen! 



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MOTIV 
AUS DEN 
PLASTI¬ 
SCHEN 
GRUPPEN¬ 
ÜBUNGEN 


PHOT. DENSO 


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ADOLPHE APPIA • DIE RHYTH¬ 
MISCHE GYMNASTIK UND DAS 

THEATER 

(ÜBERTRAGUNG AUS DEM FRANZÖSISCHEN) 


D ie ästhetische Schulung, die die rhythmische Gymnastik dem 
Körper zuteil werden läßt, wird sicherlich einen großen Ein¬ 
fluß auf das Theater gewinnen. Es ist daher interessant zu unter¬ 
suchen, welcher Art dieser Einfluß sein wird. 

Unter Theater verstehe ich sowohl den Zuschauerraum wie die 
Bühne, den Zuschauer wie den Darsteller. Ich beginne bei der 
Bühne, und da die Musik die rhythmische Gymnastik leitet, so 
frage ich, über welche Art Musik verfügt gegenwärtig der Dar¬ 
steller, um sich auf der Bühne körperlich auszudrücken? 

Im Musikdrama wird der Darsteller als Vertreter der Handlung 
angesehen; er singt denText und begleitet ihn mit einer angepa߬ 
ten Mimik. Nichtsdestoweniger bleibt der dramatische Ausdruck 
im wesentlichen in der Partitur. Trotz des Gesanges und des Ge¬ 
bärdenspiels des Darstellers kann sich der dramatische Ausdruck 
nicht restlos in ihm verkörpern. Der Darsteller schwankt peinlich 
zwischen der Musik, die einen ganz innerlichen Zwiespalt ausdrückt 
und ihm deshalb keine Motive zur plastischen Wiedergabe liefern 
kann, und der Musik, die im Gegensatz dazu danach drängt, sich 
gewaltsam nach außen zu projizieren, deren gleichfalls sympho¬ 
nischer Ursprung aber auch keine Rhythmen gibt, die sich im Dar¬ 
steller verkörpern könnten. Gewiß gibt es Ausnahmen, mehr schein¬ 
barer als tatsächlicher Art, und ebenfalls steht außer Zweifel, daß 
eine geschickte Inszenierung die Lage des Darstellers bedeutend 
verbessern kann. Dies aber schließt nicht aus, daß sich ein ein¬ 
faches Nebeneinander von Musik und Darsteller ergibt. Die orga¬ 
nische Einheit bleibt aus und muß ausbleiben, weil die moderne 
dramatische Musik schließlich doch nur das Produkt einer beson- 

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deren und einseitigen Entwicklung einer Kunst ist, die seit langem 
die Fühlung mit der körperlichen Form verloren hat. Hierin hat 
die unvermeidliche Unwahrhaftigkeit unseres musikalischen Dra¬ 
mas seinen Grund. 

Man muß sich also hüten, auf diese außerordentliche, aber schon 
an der Grenze des Verfalls stehende Kunst, blind die Prinzipien 
einer werdenden Kunst anzuwenden, wie sie die rhythmische 
Gymnastik vorbereitet. Man kann also mit Recht fragen, welchen 
Nutzen werden unsere Darsteller von dieser rhythmischen Gym¬ 
nastik haben, wenn sich in ihr doch keine direkte Anwendung 
auf die Bühne findet. • 

Zunächst leuchtet ein: diese rhythmische Schulung des Körpers, 
wie sie durch die rhythmische Gymnastik auf einfache und natür¬ 
liche Art erreicht wird, ist für das musikalische Gefühl des Dar¬ 
stellers von der größten Bedeutung; darüber hinaus aber gewährt 
sie dem Körper eine natürliche Harmonie, die der Reinheit und 
Schmiegsamkeit seines Spiels zugute kommt und ihm jene Emp¬ 
findung für das Maß gibt, die uns Voraussetzung jedes Stils zu 
sein scheint. (Dasselbe gilt natürlich auch vom künstlerischen Ge¬ 
fühl des Schauspielers. Zur Vereinfachung des Gedankengangs be¬ 
schränkt sich aber der Verfasser auf die Besprechung des musika¬ 
lischen Darstellers.) Aber diese Wirkung ist doch eine allgemeine, 
spezieller: eine musikaüsche und einschränkende, sie gehört eher in 
die Pädagogik; wir können sie hier nur andeuten, denn hier beschäf¬ 
tigt uns der Rhythmus und seine unmittelbare Verkörperung. 
Wenn der Darsteller im Theater auch keine Kunst findet, die der 
entspricht, die ihn in die Verkörperung des Rhythmus eingeweiht 
hat, so findet er dort doch ein gemeinsames und wesentliches Ele¬ 
ment : den Raum. — Die Schulung durch die rhythmische Gym¬ 
nastikwird ihn besonders empfindlich für die Ausdehnung und Ent¬ 
fernung im Raume gemacht haben, die der unendlichen Mannig¬ 
faltigkeit der Tonfolgen entsprechen. Unwillkürlich wird er ver¬ 
suchen, sie auf der Bühne lebendig zu machen und wird verblüfft das 
Unrecht feststellen müssen, das man ihm zufügt, indem man ihn, 

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den Plastischen und Lebendigen, zwischen tote Malereien auf senk¬ 
rechten Leinwandstücken stellt. Und wie beim Musikdrama mit der 
Musik, wird er hier die Unmöglichkeit einer organischen Verschmel¬ 
zung der Umgebung und seiner selbst empfinden. Also ein neues 
Nebeneinander: Zwischen diese beiden Widersprüche gestellt, den 
einen der Musik, die sich in ihm nicht verkörpern kann, und die er 
doch auf der Bühne darstellen soll, den andern einer Anhäufung von 
Dekorationsstücken, die weder in Beziehung noch in Verbindung 
mit seinem plastischen und beweglichen Organismus steht und ihn 
folglich in seiner rhythmischen Entfaltung im Raume hindert, wird 
der Darsteller der schmerzlichen Rolle bewußt werden, die man 
ihn spielen läßt. Er wird seine Rechte geltend zu machen suchen, 
und in voller Erkenntnis der Gründe wird er an der dramatischen 
und szenischen Reform mitarbeiten, mit der wir fast gegen unseren 
Willen heute beschäftigt sind. Indem also die rhythmische Gym¬ 
nastik die ästhetische Erziehung gerade des Darstellers vollbringt, 
gibt sie ihm die Vollmacht zur Reform. Das ist ein Resultat von un¬ 
schätzbarem Werte. 

Auf der Bühne befindet sich noch eine Persönlichkeit, die, ob¬ 
gleich unsichtbar, von allen am gegenwärtigsten ist: das ist der 
Verfasser, der Dichter, der Musiker. Wenn er an sich selbst die 
Erfahrung des Rhythmus gemacht hat, wenn er bis zum Grunde 
seines Wesens den Funken der Freude und Schönheit gefühlt hat, 
den die echte Verkörperung der Musik entzündet, wird er wie der 
Darsteller das unpassende Nebeneinander gewahr werden, das unser 
Musikdrama verkörpert und das sein eigenes Werk ist. Er wird 
die Kluft zwischen der Musik und der szenischen Behandlung 
empfinden, er hört die Musik als etwas für sich und sieht die 
Szene als etwas anderes und er wird nicht, wie früher, beides ver¬ 
mengen. Beim Wiederauflebenlassen seiner Erinnerungen von der 
Rhythmik des Körpers wird er eine Harmonie erleben, die er auf 
der Bühne nicht verkörpern konnte, von der er nicht einmal etwas 
ahnte. Ein stilles Einvernehmen wird sich so zwischen dem Ver¬ 
fasser und seinem Dolmetscher, dem Darsteller, herstellen; sie 

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beide werden beginnen , ihr Werk anzuzweifeln. Dieser Zweifel aber 
ist der Anfang des Forschens nach Wahrheit. Wie aber diese Wahr¬ 
heit, diese Harmonie erreichen? 

Der Verfasser wird sich nicht recht lange einer Täuschung hin¬ 
geben können: die gegenwärtig üblichen Mittel des dramatischen 
Ausdrucks (Partitur, Darsteller, Inszenierung) haben sich unab¬ 
hängig voneinander und ungleich entwickelt. Das Resultat ist Anar¬ 
chie. Benutzt er sie, wie sie sich uns jetzt darbieten, so kann er, 
was ihr harmonisches Zusammenarbeiten betrifft, auch nicht den 
kleinsten Fortschritt erhoffen. Er muß die Richtung ändern. Es 
handelt sich hier um eine resolute Umkehr. Nicht, indem wir 
eine Musik willkürlich abändem, die seit langem ganz allein ihren 
Weg gegangen ist, werden wir sie dem lebendigen Organismus des 
Darstellers näherbringen können, ebensowenig, als wenn wir ebenso 
willkürlich das leblose Material unserer Bühnen stilisieren. Die 
Umkehr besteht vielmehr darin, den menschlichen Körper und 
nur diesen Körper als Ausgangspunkt zu nehmen — als Ausgangs¬ 
punkt sowohl für die Musik als auch für das szenische Material, — 
das heißt eben: für die Konzeption selbst des Dramas, und man 
muß alle Konsequenzen auf sich nehmen, die dieser Entschluß 
mit sich führen wird. Jede Umkehr ist von Opfern begleitet. Diese 
hier wird sehr bedeutende fordern. Sie verlangt besonders völlige 
Uneigennützigkeit, vollständige Unterwerfung. Der Musiker muß 
umkehren und sich mutig auf die Suche nach dem Körper begeben, 
den er seit Jahrhunderten vernachlässigt hat. Der Körper muß ihm 
aber zu Hilfe kommen, indem er sich seinem künstlerischen Schaffen 
immer schmiegsamer, zuvorkommender, seiner latenten Harmonie 
bewußter darbietet. Dieser Berührungspunkt zwischen Körper und 
Geist, der allein die Harmonie schaffen kann, war verloren ge¬ 
gangen: die rhythmische Gymnastik versucht ihn wiederzufinden. 
Darin liegt ihre große Bedeutung für das Theater. 

W ir haben noch zu untersuchen, welchen Einfluß die rhythmische 
Gymnastik auf den Zuschauer haben kann. Vielleicht verhilft 

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uns dies im Verein mit dem bereits Gesagten zu einer neuen Auf¬ 
fassung der Bühne. 

Es ist durchaus erlaubt vorauszusetzen, daß die rhythmische 
Schulung in einer nahen Zukunft nicht nur einen wesentlichen 
Teil der Erziehung in unseren Schulen bilden wird, sondern auch 
unter den Erwachsenen genügend verbreitet sein wird. Das Publi¬ 
kum unseres Theaters wird dann einen beträchtlichen Teil von Zu¬ 
schauern enthalten, die sie erlebt und selbst erfahren haben. Wie 
wird ihre innere Haltung gegenüber der Darbietung sein ? 

Bis jetzt hat man vom Publikum nur Ruhe und Aufmerksamkeit 
verlangt. Um es dazu zu ermutigen, bietet man ihm bequeme 
Sitzgelegenheiten und scheucht es in ein Halbdunkel, das den Zu¬ 
stand völliger Passivität begünstigt, die — so scheint es — sein Teil 
sein muß. Dies nötigt zur Feststellung, daß wir hier wie sonst ver¬ 
suchen, uns so weit wie möglich vom Kunstwerk zu entfernen: wir 
haben uns zu ewigen Zuschauern gemacht. 

Gerade diese passive Haltung wird die rhythmische Gymnastik 
Umstürzen. 

Indem uns der musikalische Rhythmus durchdringt, wird er uns 
sagen: du selbst bist das Kunstwerk! Und wirklich, wir werden 
es empfinden und nie mehr vergessen können. 

„Das bist du selbst“, sagt der Brahmane vor jedem lebenden Ge¬ 
schöpf. Von nun an werden wir vor jedem Kunstwerke uns selbst 
empfinden und uns fragen: was hat er aus mir gemacht ? — Die 
Haltung hat sich geändert; statt passiv hinzunehmen, werden 
wir aktiv teilnehmen und wir werden das Recht erhalten uns auf¬ 
zulehnen, wenn man uns Gewalt antut. Um beim Theater zu blei¬ 
ben, das uns hier beschäftigt, so ist es klar, daß seine Darbie¬ 
tungen uns ununterbrochen Gewalt antun. Wer sie so empfindet, 
wie wir sie angesehen haben, wird sich ganz natürlich dagegen auf¬ 
lehnen. Mit dem Verfasser, mit dem Darsteller wird er zweifeln 
und wird wie sie die Wahrheit anderswo suchen. 

Ich übertreibe nicht, gewiß nicht! Das Erwachen der Rhythmen in 
uns selbst, in unserem Organismus, in unserem eigenen Fleisch ist 

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das Totengeläute für einen großen Teil unserer modernen Kunst 
und besonders für unsere szenische Kunst. Und dann — wodurch 
diese so gepriesene szenische Kunst ersetzen, die so breiten Raum 
einnimmt und die wir scheinbar nicht entbehren können? 

Der Umkehr, die der Verfasser wie seine Dolmetscher vornehmen 
müssen, muß sich auch der Zuschauer seinerseits anschließen. 
Von sich selbst, von seinem eigenen Körper, muß er ausgehen; 
aus seinem eigenen Körper und seinen rhythmischen Erlebnissen 
soll die lebendige Kunst herauswachsen und sich im Raume aus¬ 
breiten, ihm Leben zu geben. Dieser Körper bestimmt die Propor¬ 
tionen und das Licht, er schafft das Kunstwerk! 

Der Übergang wird langsam sein und wird bei jeder Stufe einen 
starken Glauben an die nur geahnte Wahrheit verlangen. Die 
rhythmischen Spiele, die man in Hellerau vorbereitet, werden 
jedenfalls die bezeichnendste und entscheidende Stufe auf dem 
Wege zur Eroberung der lebendigen Kunst bilden. Sie werden 
alljährlich die Übungen der Schüler zu immer größeren, gleich¬ 
artigen Gruppen bis zu großartigen Dramatisierungsversuchen zu¬ 
sammenfassen. Sie werden das Fest der Ausübenden sein! Das zum 
Zusehen eingeladene Pubükum wird tief empfinden, daß die Schü¬ 
ler aller Altersstufen und aller Verhältnisse sich zusammengefunden 
haben, um als ein Stück dieses Publikums selbst, sozusagen als 
die Wortführer des Publikums gleich dem antiken Chor, der sich 
um den Opferherd versammelt, Ausdruck und Symbol des ver¬ 
sammelten Volkes, die vollkommenste Verkörperung lebendiger 
Kunst zu sein. 

Dann — nach so vielen Jahrhunderten des Alleinseins — wird 
es im Anschauen lebendiger Bewegung verloren voll Dankbarkeit 
ausrufen können: J a, das bin ich! 

Unser Theater wird für sie besiegt sein. 

S o angesehen, bilden rhythmische Gymnastik undTheater (so, wie 
wir es jetzt haben)Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen. In¬ 
dem die rhythmische Gymnastik den Körper auf seinen Ehrenplatz 

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stellt, indem sie nichts annimmt, was nicht aus ihm entspringt 
oder was ihm nicht zukommt, tut sie den entscheidenden Schritt 
zu einer vollständigen Reform unserer szenischen und dramatischen 
Anschauungen. 

Doch werden unsere Theater noch lange bestehen und man kann 
voraussehen, daß der Einfluß der rhythmischen Gymnastik, neben 
seiner wohltätigen und stilisierenden Wirkung auf den Darsteller, 
sich besonders bei der Inszenierung bemerkbar machen wird. 
An Stelle eines Aufputzes von toten Malereien auf senkrechten 
Leinwandstücken wird sich die Inszenierung immer mehr der 
Plastizität des menschlichen Körpers nähern und diese im Raum 
geltend machen. Das wird eine große Vereinfachung zur Folge 
haben, eine merkliche Verringerung der Gegenstände, die nur die 
Malerei uns darstellen konnte. Die Beleuchtung, die nicht mehr 
durch die Verpflichtung in Anspruch genommen sein wird, Male¬ 
reien sichtbar zu machen, wird sich gestaltend im Raume ver¬ 
teilen und ihn mit lebendiger Farbe durchdringen. So schafft sie 
eine bewegliche Atmosphäre von unendlicher Vielgestaltigkeit ganz 
im Dienste—nicht mehr des Dekorationsmalers, sondern des Dra¬ 
maturgen! Und die Illusion, die man bei uns gegenwärtig durch 
gemalte Dekoration zum Schaden des Darstellers erregen will, wer¬ 
den wir im Einverständnis mit dem Darsteller durch die höchste 
Wertschätzung des Darstellers selbst ersetzen. Es ist nicht mög¬ 
lich, hier näher auf die Einzelheiten der Resultate einer solchen 
Reform einzugehen; aber man wird begreifen, daß man, indem 
man die Inszenierung vom Joche der leblosen Malerei und der 
Illusion, die sie hervorrufen sollte, befreit, indem man ihr damit 
die größte Feinheit und vollständigste Freiheit gibt, gleichzeitig 
auch di e Phantasie des Dramaturgen befreit...! Die Konsequenzen 
dieser szenischen Reform auf die dramatische Form können auch 
nicht im entferntesten abgeschätzt werden! 

Die rhythmische Gymnastik wird ihrerseits, indem sie an ihrem 
wesentlich szenischen Prinzip festhält, nichts um sich zu dulden, 
was nicht direkt dem verkörperten Rhythmus entspringt, in nor- 

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malern Fortschritt eine Inszenierung schaffen, die der notwendigen 
Ausstrahlung der plastischen Formen des Körpers und seiner durch 
die Musik ausgestalteten Bewegungen gleichen wird. 

Dann wird das allmächtige Licht, der Musik gehorchend, sich hin¬ 
zugesellen; das Licht, ohne das es keine Plastik gibt; das Licht, 
das den Raum mit Helligkeiten und mit beweglichen Schatten 
bevölkert, das ruhig strahlt oder in farbigen, zitternden Blitzen 
zuckt. Und in seiner zeugenden Atmosphäre gebadet, werden sich 
die Körper in ihm wiedererkennen und die Musik des Raumes 
grüßen. 

Apollo war nicht nur der Gott der Musik, er war auch der Gott 
des Lichtes. 


KLEINHAUS 

FÜR 

SCHÜLER 

DER 

BILDUNGS¬ 

ANSTALT 

JAQUES- 

DALCROZE 



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MOTIV 
AUS DEN 
PLASTI¬ 
SCHEN 
GRUPPEN¬ 
ÜBUNGEN 


PHOT. DENSO 


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GROSSES 
WOHNHAUS 
FÜR SCHܬ 
LERINNEN 
DER 

ANSTALT 


LEITUNG 
FRAU DR. 
MABEL- 
RIESS 


JAHRESBERICHT DER BILDUNGS¬ 
ANSTALT JAQUES-DALCROZE FÜR 
DAS UNTERRICHTSJAHR 1910/11 

V on einem Jahresbericht der „Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze" kann in¬ 
sofern nicht gesprochen werden, als die Bildungsanstalt selbst erst im 
Frühjahr dieses Jahres als eigene Gesellschaft gegründet worden ist und 
der Unterricht in provisorischen Räumen stattfand. Die Gartenstadt 
Hellerau und die Herren Dr. Wolf und Harald Dohrn hatten die 
Organisation dieser Kurse und das finanzielle Risiko ihrer Durchführung 
übernommen. So trug denn auch der Unterricht in manchem das Gepräge 
des Einstweiligen, Veränderlichen. Die anfangs gemieteten Räume er¬ 
wiesen sich angesichts der Anzahl der Schüler und Kurse als zu klein, und 
es mußten noch zwei weitere Räumlichkeiten hinzugenommen werden. 
Die Anstalt hat es dem verständnisvollen Entgegenkommen des Kgl. 
Finanzministeriums und der Generaldirektion der Kgl. Sammlung, 
sowie der Fürsprache Sr. Exzellenz des Generaldirektors der kgl. 
Kapelle und des Hoftheaters, Herrn Grafen von Seebach, zu 
danken, daß sie die schönen Räume des Alten Landhauses, die ehema- 


5 Der Rhythmus 



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ligen Sitzungssäle der I. und II. Kammer, mieten und so den Unterricht 
in einer Umgebung abhalten konnte, deren künstlerische Atmosphäre den 
Tendenzen der Anstalt entsprach und dem Sinn der Lehrer und Schüler 
entgegenkam. Die Schönheit der Räume wurde von der Anstaltsleitung 
um so wohltuender empfunden, als Herrn Dr. E. Jaques-Dalcroze 46 seiner 
Schüler und Schülerinnen aus Genf hierher begleitet hatten, die in diesen schö¬ 
nen Sälen einen Ersatz für manches gefunden haben, worauf sie bei dem pro¬ 
visorischen Charakter des Unterrichtsbetriebes sonst verzichten mußten. 

An dieser Stelle sei auch dem Kgl. Landbauamte Dresden II gedankt, 
das den Einbau der nötigen Waschgarderoben und Duschen zur Durch¬ 
führung der hygienischen Seite des Unterrichtes ermöglichte. 

Die Unterrichtskurse der Anstalt hatten sich außerdem auch des Interesses 
des Kgl. Ministeriums des Innern und in bezug auf die in Hellerau 
abgehaltenen Kurse der Kgl. Amtshauptmannschaft Dresden - Neu¬ 
stadt zu erfreuen. Hierfür sei auch an dieser Stelle der geziemende Dank 
zum Ausdruck gebracht. 

Schließlich ist es der Anstaltsleitung ein Bedürfnis, für das rege Interesse 
zu danken, das der Entwicklung des Unterrichts von vielen Seiten, ins¬ 
besondere auch aus den Kreisen des „Komitees zur Gründung eines 
Instituts für Dr. E. Jaques-Dalcroze“ entgegengebracht worden ist. 
Wenn das Wagnis, eine Schule noch dazu aus dem Ausland zu verpflanzen, 
gelungen ist, so ist es neben der enthusiastischen, Lehrer und Schüler 
gleichmäßig fortreißenden Persönlichkeit des Leiters, Dr. E. Jaques- 
Dalcroze, in erster Linie der Anteilnahme zu danken, die weite Kreise 
der Dresdner Bevölkerung dem Unterricht angedeihen ließen. 

Wir hoffen, die Entwicklung der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze auf der 
heute in Hellerau gelegten Grundlage wird das ihr entgegengebrachte Wohl¬ 
wollen und Interesse rechtfertigen. 

Das Provisorische des Unterrichts hatte naturgemäß manche Unbequem¬ 
lichkeit und Erschwerung im Gefolge, und insbesondere konnte der Stun¬ 
denplan nicht so eingerichtet werden, daß Zwischenstunden für die Teil¬ 
nehmer ein und desselben Kurses vermieden wurden, ein Übelstand, der 
sich um so unangenehmer fühlbar machte, als die Kursteilnehmer in der 
Stadt verstreut wohnten und einen geregelten Wechsel von Arbeit und Ruhe 
nicht durchführen konnten. Die daraus entstandenen Ermüdungen werden 
durch die günstige Verteilung des Unterrichts in Hellerau vermieden wer¬ 
den, wo die meisten Berufsschüler in der Nähe des Instituts wohnen und 

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dank der großen Anzahl verfügbarer Säle der Hauptunterricht in aufein¬ 
ander folgenden Stunden auf den Vormittag gelegt ist. 

Das Provisorische des Unterrichts hatte indessen auch einen großen Wert. 
Alle arbeiteten im Bewußtsein des Kommenden mit doppelter Freude 
und besonderem Enthusiasmus, das ganze Jahr war von einer äußerst 
produktiven, vorwärtsstrebenden Stimmung erfüllt — eine Eigentümlich¬ 
keit, die auch auswärtigen Besuchern der Anstalt häufig auffiel. 

So wurde bei aller Unvollkommenheit des äußeren Apparates doch unter 
pädagogisch äußerst fruchtbaren und, wie das Ergebnis der Schlußprüfung 
bewiesen hat, auch erfolgreichen Bedingungen gearbeitet. 
DAUERDESUNTERRICHTSJAHRES: Der Unterricht begann am ^.Ok¬ 
tober, wurde zu Weinachten durch die Ferien vom 22. Dezember 1910 bis 
8. Januar 1911, zu Ostern durch die Ferien vom 12. bis 24. April, zu Pfing¬ 
sten durch die freien Pfingstfeiertage unterbrochen und am 18. Juni nach dem 
Abschluß der Prüfungen durch eine kleine Schlußaufführung geschlossen. 
LEHRKÖRPER: Die Leitung des Unterrichts lag ausschließlich in den 
Händen von Dr.E. Jaques-Dalcroze. Ihn unterstützte seine langjährige 
Mitarbeiterin, die Oberlehrerin an der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, 
Fräulein Nina Gorter. Außerdem wirkten an der Anstalt die ehemaligen 
Schüler von Dr. E. Jaques-Dalcroze und jetzigen Lehrer und Hilfslehrer: 
Frl. Annie Beck (dipl. Lehrerin) /Frl. Suzi Perrotet (dipl. Lehrerin) / Frl. 
Marie Adama van Scheltema (dipl. Lehrerin) / Frl. Charlotte Pfeffer 
(Hilfslehrerin) / Frl. Myriam Ramberg (Hilfslehrerin) / Frl. Toni Zander 
(Hilfslehrerin) / Herr Hans Fett (Hilfslehrer) / Herr Placido von Mon- 
toliu (Hilfslehrer). 

UNTERRICHTSFÄCHER: Es wurde unterrichtet in Rhythmischer Gym¬ 
nastik, Solföge (Gehörsbildung), Improvisation, Atmung, Anatomie, Tur¬ 
nen, Tanz (fac.). 

KURSE: Es fanden statt zwei Parallelkurse des Normal- und Theater¬ 
kurses für Damen I. Jahr, ein Normal- und Theaterkurs für Herren I. Jahr, 
zwei Parallelkurse des Normal- und Theaterkurses für Damen II. Jahr, ein 
Normal- und Theaterkurs für Herren II. Jahr, ein Normalkurs für Damen 
III. Jahr. Diese Kurse hatten im Durchschnitt 21 Wochenstunden. 
Außerdem fand ein besonderer Theaterkurs für Mitglieder der Kgl. Hof¬ 
oper statt. 

Dilettanten- und Kinderkurse wurden abgehalten im Alten Landhaus, in 
der Gartenstadt Hellerau und in Berlin. 

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Im Alten Landhaus fanden statt ein Kinderkurs, zwei Mädchenkurse und 
ein Herrendilettantenkurs in Rhythmischer Gymnastik, Solföge und Impro¬ 
visation (2—5 Wochenstunden). 

In Hellerau wurde in vier Kinderkursen und in zwei Kursen für Erwachsene 
Rhythmische Gymnastik und Solföge unterrichtet. 

Ein Osterferienkurs vereinigte ca. 80 ehemalige Schüler von Dr. E. Jaques- 
Dalcroze zur Zeit der Osterferien zu einem Kurs in Rhythmischer Gymna¬ 
stik und Solföge. 

In Berlin wurden ein öffentlicher Kurs für Erwachsene in Rhythmischer 
Gymnastik und ein Kurs für Erwachsene in Solfege in den Gesangsschulen 
von Frau Lydia Hollm und Frl. Parmentier sowie ein Privatkurs für Er¬ 
wachsene und zwei Privatkurse für Kinder abgehalten. 

BESUCH DER UNTERRICHTSSTUNDEN: Zufolge zahlreicher Anmel¬ 
dungen zum Besuche einzelner Unterrichtsstunden sah sich die Anstalts¬ 
leitung veranlaßt, zwei besondere, für auswärtigen Besuch allein zugäng¬ 
liche Unterrichtsstunden einzurichten und zu diesen Stunden Besuchskarten 
auszugeben. Die Anstalt wurde insgesamt von 498 Personen besucht. 
PRÜFUNGEN: Am 10. und 11. sowie 17. und 18. Juni fanden die Diplom¬ 
prüfungen der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze vor einer besonders ein¬ 
gesetzten Prüfungskommission statt. 

Dieser Kommission gehörten an: Herr Adolphe Appia -Rivaz (Waad- 
land) / Herr Paul Böpple- Basel / Herr Geh. Regierungsrat Prof. Dr. 
Friedländer -Berlin / Herr Prof. Friedrich Klose -München / Herr 
Geh. Reg.-Rat Prof. H. Kretzschmar - Berlin / Herr Generalmusik¬ 
direktor Prof. Max Schillings -Stuttgart / Herr Geh. Hofrat, General¬ 
musikdirektor Edler von ScHUCH-Dresden / Herr Generalmusikdirektor 
Fritz Steinbach- Köln / Herr Jean d’Udine, Direktor d. franz. Instituts 
f. Rhythmische Gymnastik-Paris. 

Die Prüfung bestand in: a) Unterricht in Rhythmischer Gymnastik 
für Anfänger. Dauer 1 /« Stunde, b) Unterricht für Schüler der Rhythmischen 
Gymnastik, die bereits 1 Jahr lang an den Kursen der Anstalt teilgenom¬ 
men hatten. Dauer V 4 Stunde, c) Realisation individueller Rhythmen, 
die von Herrn Jaques-Dalcroze am Klavier angegeben wurden. 

Das Ergebnis der Prüfungen war: 

Es erhielten das Diplom als „Lehrer der Rhythmischen Gymnastik 
nach Jaques-Dalcroze“: 

Frau Alexandroff aus Moskau / Frl. Behle aus Stockholm / Frl. Jamme 

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aus Bensberg-Köln / Frl. Lauter aus Bredney-Essen / Frl. Odier aus Genf / 
Frl. Scheiblauer aus Basel / Frl. Zander aus Altona / Herr Dr. Rudolf 
Bode aus Kiel / Herr Fett aus Nienstetten-Hamburg / Herr Jeanneret 
aus Genf. 

Das Zeugnis über die Befähigung, Elementarunterricht in Rhyth¬ 
mischer Gymnastik an Kinder zu erteilen, erhielten: 

Frl. Gripenberg aus Stockholm / Frl. Mieszynska aus Warschau / Frl. 
Roggen aus Brüssel / Frl. Schmidt aus Freiburg. 

Das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch der Kurse für die Ent¬ 
wicklung DER MUSIKALISCHEN FÄHIGKEITEN ERHIELTEN! 

Herr Dr. Richard Ritter Mahlschedl von Alpenburg aus Innsbruck / 
Herr Theodore Appia aus Genf/Frl. JacquellineMellor aus Lausanne. 
AUFFÜHRUNGEN: Eigentliche Aufführungen fanden während des Un¬ 
terrichtsjahres nicht statt. Das, was gezeigt wurde, bewegte sich immer 
in dem pädagogischen Bereich und hatte vor allem den Zweck, die Schüler 
selbst zu Improvisationen und zum Erfinden von Übungen und plastischen 
Gruppenführungen anzuregen und sie zu veranlassen, ihre Einfälle bis zu 
einem gewissen Punkte durchzuarbeiten und der Kritik der Lehrer und 
Mitschüler zu unterbreiten. 

Zu diesen Schüleraufführungen, die niemals öffentlich waren, wurde Freun¬ 
den des Institutsauf deren besonderes Verlangen Zutritt gewährt. Viel¬ 
leicht, daß mancher Besucher schon in diesen vorläufigen Versuchen einer 
plastischen Gestaltung künftige Gestaltungsmöglichkeiten ahnte. Diese 
Seite der Rhythmischen Gymnastik, die eigentlich künstlerische, bleibt 
aber dem Institut in Hellerau zur Ausbildung Vorbehalten. Es enthält 
in seiner Raumgestaltung und seinen technischen Einrichtungen alle Vor¬ 
bedingungen. 

Zur Verbreitung einer Methode, die wie die Rhythmische Gymnastik durch 
Worte so ungenügend zu erläutern ist, sind Schülervorstellungen ein not¬ 
wendiges Übel. 

Es fanden Schüleraufführungen statt in Berlin (z. T. auf Einladung der 
Kgl. Hochschule für Musik), in Brünn (auf Einladung des Vereins der 
Musiklehrerinnen), in Chemnitz, in Köln (auf Einladung des Kgl. Kon¬ 
servatoriums), in Dortmund, in Dresden, Jena, Leipzig, Prag (auf Ein¬ 
ladung des Klubs Deutscher Künstlerinnen), in Warschau (auf Einladung 
eines dort gebildeten Komitees). 

Außerdem fanden anläßlich der Premiere des Rosenkavaliers einige öffent- 

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liehe Unterrichtsstunden statt, zu denen die auswärtigen Gäste der Pre¬ 
miere durch Herrn Grafen von Seebach eingeladen worden waren. 
GESELLIGE VERANSTALTUNGEN UND VORTRÄGE: Von den Schü¬ 
lern und Schülerinnen wurden 2 Schülerabende mit musikalischen und 
literarischen Vorträgen veranstaltet. Der erste brachte in Violin-, Klavier- 
und Gesangsvorträgen hauptsächlich Musik aus dem 17. Jahrhundert zu 
Gehör, der zweite erörterte in der Hauptsache philosophische und künst¬ 
lerische Fragen. 

Dr. E. Jaques-Dalcroze hielt zwei Vorträge über die Pflichten der Schüler 
gegenüber der Rhythmischen Gymnastik, dem gegenwärtigen Unterricht 
und dem künftigen Lebensberuf. Der zweite war eine Antwort auf die 
Arbeiten der Teilnehmer des I. Jahreskurses über ihre bisherigen Erfah¬ 
rungen mit der Rhythmischen Gymnastik. Er ist in dem Jahrbuch der 
Anstalt abgedruckt. 

Frau Jaques-Dalcroze (Nina Falliero) gab in der Schule einen Lieder¬ 
abend. 

Die Anstaltsleitung erläuterte an einem der letzten Abende die Pläne des 
neuen Instituts. 

Zu Ehren ehemaliger Schüler von Jaques-Dalcroze, die zu einem Oster¬ 
ferienkurs nach Dresden gekommen waren, wurde von den Schülern und 
Schülerinnen der Normalkurse des Instituts ein Abend veranstaltet, an 
welchem gruppenweise rhythmisch-plastische Übungen vorgeführt wur¬ 
den, die sich die Schüler selbst ausgedacht und kombiniert hatten. 

Am 22. April 1911 wurde der Grundstein zum Neubau des Instituts in der 
Gartenstadt Hellerau im Beisein der Schüler der Berufskurse, der Teilneh¬ 
mer des Osterferienkurses und vieler Teilnehmer der Dilettantenkurse ge¬ 
legt. Dr. Dohm hielt eine Ansprache über die Aufgaben der Bildungs¬ 
anstalt Jaques-Dalcroze. Sie ist im Jahrbuch der Anstalt abgedruckt. 
An der Feier der Grundsteinlegung nahm im Namen des Komitees teil 
Se. Exzellenz Herr Graf von Seebach. 

Zu Ehren der Prüfungskommission für die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze 
und als Abschluß des Unterrichts fand am 18. Juni 1911 eine Schülerauf¬ 
führung statt, in der gleichfalls gruppenweise rhythmisch-plastische Übun¬ 
gen und Versuche gezeigt wurden, die teilweise von Herrn Dr. E. Jaques- 
Dalcroze, teilweise von den Schülern selbst angegeben waren. 


DRESDEN-HELLERAU 
IM AUGUST 1911 


Dr. WOLF DOHRN 


70 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



(. 

t 




WIRTSCHAFTS¬ 
GESCHOSS 
IM GROSSEN 
WOHNHAUS 

s. Abb. S. 65 

1: Dienstbotenzimmer 
2: Zimmer der Köchin 
3: Reservezimmer 
4/5: Bügel - und Wäsche - 
Zimmer 

6: Milchküche 
7: Bad 

8: Leutezimmer 
9: Spülküche 
10: Küche 
11: Heizung 

12/14: Wohnung des Haus¬ 
meisters 
15: Gang 

16: Dunkelkammer 
17; Zimmer 
13: Zimmer 
19: Gang 
20: Zimmer 

21/22: Fahrrad- u. Koffer- 
raum 

23: Küchenkohlenraum 
24; Raum /. Eingemachtes 
25 : Geräteraum und Werk- 
stdtte 

26/27: Vorratsräume 

28: Anrichte 

29: Putzraum 

SO: Obst - und Gemüserauin 

33130: Gänge 


ERDGESCHOSS 
IM GROSSEN 
WOHNHAUS 
s. Abb. S. 65 

37/44: Zimmer 
45: Bad mit W. C. 

46/48: Zimmer 
49: Bad mit W. C. 

50: Garderobe 

51: Zimmer für 2 Personen 

52: Empfangszimmer 

53: Bureau 

54: Windfang 

55: Vorraum 

56: Halle 

57: Erker 

58: Speisesaal 

59: Anrichte 

60: Wirtschaftsrau in 

61: Zimmer 

62: Schrankraum 

63: Gang 

64: Terrasse 


7i 


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Original frorn 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 






































































































SCHÜLERLISTE 


I. BESUCHER DER NORMAL- UND THEATERKURSE 
IN DRESDEN 1910/11 


Name 

Heimatsort Jahrg. 

1 Name 

Heimatsort 

Id** 

1. Theodore Appia 

Genf 

1 

39. Fermina Hiller 

Dresden 

1 

2. Jeanne Allemand 

Genf 

ui 

40. Ada Hoch 

Lodz (Polen) 

1 

3. Agnes Appenzeller 

Bern 

11 

41. Erna Hoff mann 

Rosenberg 

1 

4. Loulette Badollet 

Genf 

in 

42. Rosa Hoppe 

Stettin 

1 

5. Anna Behle 

Stockholm 

11 

43. Hertha Idmann: 

Tammerfors 

1 

6. Berta Binswanger 

Konstanz 

1 

44. Toni Jamme 

Bensbcrg 

11 

7. Dr. Rudolf Bode 

Braunschweig 

1 

45. Albert Jeanneret 

La Chaux de 


8. Clara Brooke 

Genf 

ui 


Fonds 

n 

9. Ada Bruhn 

Berlin 

1 

— 46. Elfriede Kent 

London 

1 

10. Jany Buchenei 

St. Martin 

11 

47. Carl Knoll 

Auerbach i. V. 

1 

11. Olga Dams v. Mau¬ 



48. Elsy Knüpffer 

Fellin (Livld.) I 

derode 

Tilsit 

1 

49. Valonie Kratina 

Dresden 

1 

12. Elsbeth Denso 

Dresden 

11 

50. Annie Krause 

Berlin-Wil¬ 


13. Annie v. Deventer 

Zwolle (Holl.) 

1 


mersdorf 

11 

14. Harald Dohm 

Hellerau 

1 

51. Sophie Krause 

Berlin-Wil¬ 


15. Freya Dubelmann 

München 

11 


mersdorf 

11 

16. Emst Eckl 

Berghäuseln 

1 

52. Maria Krumkamp 

Godesberg 

11 

17. Maria Ehrengut 

München 

11 

53. Elisabeth Lauter 

Bredeney- 


18. Lilla von Erdödy 

Budapest 

1 


Essen 

ui 

19. Henriette Faccenda 

Düsseldorf 

1 

54. Ida Lenggenhagen 

Basel 

1 

20. Ida Falk 

Stockholm 

1 

55. Freiin Marussra 



21. Gabriele Falk 

Stockholm 

1 

Lilienfeld-Sacken- 



22. Gertrud Falke 

Hamburg 

1 

hausen 

Dresden 

1 

23. Margarete Fauth 

Dresden-N. 

1 

56. Eva Lippold 

Dresden 

1 

24. Eduard Favre 

Wien 

1 

57. Dr. Richard Ritter 



25. Grete Färber 

Altona 

1 

Mahlschedl von 



26. Suzanne Ferriöre 

Genf 

in 

Alpenburg 

Innsbruck 

11 

27. Hans Fett 

Nienstetten- 


58. Gerharda Makkink 

Utrecht 

11 


Hamburg 

11 

59. Christel Masing 

Dresden-N. 

1 

28. Margarete Frisch 

Dresden-A. 

1 

60. Elise Mebius 

Dresden-A. 

1 

29. Kate Fritzsche 

Dresden 

1 

61. Jacqueline Mellor 

Lausanne 

11 

30. Eugenie Gehrang 

Stuttgart 

11 

62. Paula Merkens 

Reinickendorf I 

31. Maggie Gripenberg 

Helsingfors 

11 

63. Jeanne Mieczyncka 

Warschau 

11 

32. Gustav Güldenstein 

München 

11 

64. Placido de Montoliu 

Barcelona 

n 

33. Gottfried Haaß- 



65. Sascha Mossdorf 

Dresden-A. 

1 

Berkow 

Stuttgart 

1 

66. H. Bemelot Moens 

Bloemendaal 

11 

34. Elem6r Halasy 

Budapest 

1 

67. Elisabeth Muirhead 

Eastboume 

1 

35. Elsa Hallmann 

Dresden 

1 

68. Jeanne Odier 

Genf 

11 

36. Nina Heimann- 



69. Jacoba van der Pas 

Den Haag 

1 

Alexandroff 

Moskau 

11 

70. Charlotte Pfeffer 

Berlin W. 50 

11 

37. Gertrud Heinemann 

Braunschweig 

1 

71. Christine Potter- 



38. Elisabeth Heyser 

Dresden 

1 

Frissell 

New York 

1 


72 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



I 


Name 

Heimatsort 

Jahrg. 

Name 

Heimatsort Jahrg. 

72. Lisbeth Radok 

Königsbergi.P I 

95. Jelle Troelstra 

Bunnik 

II 

73. Myriam Ramberg 

Genf 

II 

96. Marguerita Tüscher Bern 

I 

74. MarthaBabetteRank Münchenreuth I 

97. Marta Undän 

Söderteige 

I 

75. Clara S. Reynvaan 

Aerdenhout 

I 

98. Alfred Wagner 

Dresden 

Th. 

76. Emile Ristori 

Genf 

II 

99. Tony Weber 

Hagen i.W. 

I 

77. Bertha Roggen 

St. Gilles 

II 

100. Gertrud Wegmann Braunschweig II 

78. Gotthilf Eberhard 



101. Hermine Weiser 

Weimar 

I 

Rümelin 

Pfallingen 

I 

102. Martha Weißbach 

Dresden 

Th. 

79. Mimy Scheiblauer 

Zofingen 

II 

103. Ida v. Wendland 

Ansbach i. B. 

I 

80. Wilhelmine Schiller 

Dresden-A. 

I 

104. Marie Wemicka 

Lemberg 

I 

81. Agathe Schlesinger 

Leipzig 

I 

105. Gabriele Wiede¬ 



82. Elly Schmidt 

Magdeburg 

Th. 

mann 

Dresden-A. 

I 

83. Hermine Schmidt 

Freiburg 

II 

106. Marie Wiegmann 

Hannover 

I 

84. Malve Gümbel- 



107. Emmy Wieneke 

München 

II 

Seiling 

Speyer 

II 

108. Gertrude Wiesen¬ 



85. A. Sluis-Slikker 

Amsterdam 

I 

thal 

Wien 

I 

86. Elly Sohrmann 

Dresden-A. 

Th. 

109. Mary Willär 

Java 

I 

87. Anna Sonderegger 

Berlin 

I 

110. Ida von Wolf 

Oberlößnitz 

I 

88. Lina Springer 

Zürich 

II 

m. Elisabeth Wulf es 

Magdeburg 

II 

89. Bertha Steiner 

Stuttgart 

II 

112. Toni Zander 

Altona-Otten¬ 


90. Dora Süntzing 

Jena 

I 


sen 

II 

91. Lina Stumpf 

München 

I 

1 113. Cöcile Zellweger 

Basel 

II 

92. Sofie Swiatkowska 

Lemberg 

I 

114. Milly Zimmermann 

Pforzheim 

II 

93. Flora Szczepa- 



115. Zlatkov.Zlatorovic Ponte isola di 


nowska 

Krakau 

I 


Veglia 

I 

94. DorothyTrigg 

New York 

I 





II. BESUCHER DES ZU OSTERN NEU BEGONNENEN 
NORMAL- UND THEATERKURSES 


Name 

116. Lidie Blankenberg 

117. Ada Boogers 

118. Gottfried Franze 

119. Eva Hollaender 

120. Ethel Ingham 

121. Inga Jacobi 

122. Tadensz Jarecki 

123. Gertrud Kamke 

124. Rose Kamm 

125. KazimierzKleczynski 

126. Hermann Kimer 

127. Marie Krämer 


Heimatsort 
Amsterdam 
Amsterdam 
Dresden-N. 
Charlottenburg 
Great Missenden 
Bucks 

Magdeb. -Bukau 
Lemberg 
Hellerau 
Charlottenburg 
Stara Wiesl 
(Russ. Polen) 
Berlin W. 
Leipzig 


Name 

128. Usinnie Lawson 

129. Hilda Manasse 

130. Hildegard Neuge¬ 

boren 

131. Isa Oettli 

132. Nelly Reuschel 


Heimatsort 

Dundee 

Breslau 


133 - 

134- 

135- 


Jena 

Dresden-A. 
Berlin-Wilmers¬ 
dorf 

Paul Heinr.Reymann Coschütz 
Anna Marie Schubarth München 
Bertie de Waard- 


Stockheusen 

136. Elfriede Thurau 

137. Marie Wemicka 

138. Hedwig Zera 


Berlin W. 15 
Berlin-Frieden. 
Lemberg 
Warschau 


73 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



III. BESUCHER DER DILETTANTENKURSE IN DRESDEN 1910/11 

ABKÜRZUNGEN: R. G. = Rhythmische Gymnastik» S. = Solfäge (Gehörst).), Impr. = Improvisation 

a) Kursus für Herren 


Name 

Heimatsort 

Fächer 

139. Summer I. Austin Dresden 

R.G. 

140. Rudolf Fauth 

Dresden 

R.G. 

141. Walter Fauth 

Dresden-N. 

R.G. 



u. S. 

142. Charles Pittar 

London 

R.G. 


b) Kursus für 

146. Helene Adelmann Dresden 

R.G. 

147. Clara von Arnim 

Dresden 

R.G. 

148. Miß Barr 

Dresden-A. 

R.G. 

149. Dorothea Baum¬ 



garten 

Blasewitz 

S. 

150. Nadine Beiden 

Oakland 

R.G. 

151. Irmgard Bienert 

Dresden- 



Plauen 

R.G. 

152. Maria Bock 

Dresden-A. 

R.G. 

153. Elly Bode 

Braunschw. 

R.G. 

154. Cecil Craft 

Dresden-A. 

R.G. 

155. Ellen Dickerson 

Birmingham R.G. 



u. S. 

156. Charlotte Dressier Loschwitz 

R.G. 

157. Elisabeth Engel 

Dresden 

R.G. 

158. Johanna Fauth 

Dresden-N. 

R.G. 

159. MargareteFischer- 



Gurig 

Dresden-A. 

R.G. 

160. Hertha Friedrich 

Dresden-A. 

R.G. 

161. Gertrud Fritsch 

Radebeul 

R.G. 

162. Martha Funke 

Dresden-A. 

R.G. 

163. Hanni Grossmann Dresden- 



Strehlen 

R.G. 

164. Irene Günther 

Hellerau 

R.G. 

165. Marie Günther 

Hellerau 

R.G. 

166. Nina von Haken 

Dresden-A. 

R.G. 

167. Marie Haubold 

Chemnitz 

R.G. 

168. Guido Häbler 

Dresden-A. 

R.G. 

169. Julia von Holl 

Dresden-A. 

R.G. 

170. Christine Höckner Dresden-N. 

R.G. 

171. Hildegard Kipp 

Dresden-N. 

R.G. 

172. Elisabeth Kuntze 

Nieder¬ 



lößnitz 

R.G. 

173. Dorothea Küttner 

Dresden-Pl. 

R.G. 

174. Anne Marie Lange- 



lott 

Cossebaude 

R.G. 


Name Heimatsort Fächer 

143. Kurt Scholze Dresden-A. R.G. u. S. 

144. Dr. Lothar Wal¬ 

lerstein Prag R.G. 

145. JohannesWill- 

rich-Fürst Bremen R.G. 

junge Damen 


175. Elisabeth Lange- 


lott 

Cossebaude 

R.G. 

176. Erna Löhnig 

Loschwitz 

R.G. 

11 s 

177. Johanna v. Meyer Dresden-A. 

R.G. 

178. Alice Nuth 

St. Jackson 

R.G. 

179. Doris Otto 

Dresden-A. 

R.G. 

180. Mary Frances Otto Dresden-A. 

R.G. 

181. Frau Pittar 

London 

Impr. 

182. Ida Rahm 

Dresden-A. 

R.G. 

183. Marie Raspe 

Dresden 

R.G. 

184. Sophie Raspe 

Dresden 

R.G. 

185. Sofie Riemann 

Saarbrücken S. 

186. Martha Römisch 

Dresden-A. 

R.G. 

187. Alice Scharschuch 

Elbersdorf 

R.G. 

188. Suse Selbmann 

Dresden-N. 

R.G. 

189. Isa von Senfft- 



Pillsach 

Reinhards¬ 



grimma 

R.G. 

190. Gusti von Senfft- 

Reinhards¬ 


Pillsach 

grimma 

R.G. 

191. Marie Stanischeff 

Dresden-A. 

Impr. 

192. Elisabeth Stoop 

Dresden-A. 

R.G. 

193. Sophie Szczepa- 

Bad Nau¬ 


nowska 

heim 

R.G. 

194. Komtesse Eva 



Vitzthum von 



Eckstädt 

Dresden-A. 

R.G. 

195. Sallie Ward- 



Laurence 

Dresden-A. 

R.G. 

196. Komtesse Hertha 

Schloß Lie¬ 


von Zedtwitz 

benstein 



b. Eger 

R.G. 

197. Komtesse Wera 

Schloß Lie¬ 


von Zedtwitz 

benstein 

R.G. 


74 


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Original frorri 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



c) Kursus für Kinder 


Name 

Helmatsort 

Fächer 

Name 

Heimatsort 

Fächer 

198. Irene Denso 

Hellerau 

R.G. 

214. Eva Preißler 

Blasewitz 

R.G. 

199. Elfriede Doehn 

Blasewitz 

R.G. 

215. Hermine Preißler 

Blasewitz 

R.G. 

200. Gisela Doehn 

Blase witz 

R.G. 

216. Käthe Richter 

Dresden-A. 

R.G. 

201. Herta Doehn 

Blasewitz 

R.G. 

217. Lotte Richter 

Dresden-A. 

R.G. 

202. Irma Doehn 

Blasewitz 

R.G. 

218. Edith Rudolf 

Dresden 

R.G. 

203. Heinz Georges 

Dresden 

R.G. 

219. Ottokar Scham¬ 



204. Lotte Georges 

Dresden 

R.G. 

bach 

Blasewitz 

R.G. 

205. Marie Elisabeth 



220. Ruth Schambach 

Blasewitz 

R.G. 

Haenel 

Dresden-N. 

R.G. 

221. Friedrich Schiller 

Dresden-A. 

R.G. 

206. Hildegard Herr¬ 



222. Kurt Schiller 

Dresden-A. 

R.G. 

mann 

Buchholz 

R.G. 

223. Maria Schiller 

Dresden-A. 

R.G. 

207. Emst Heubner 

Blase witz 

R.G. 



u. S. 

208. Kurt Heyser 

Dresden-A. 

R.G. 

224. Wolfgang Strunck Dresden-A. 

R.G. 

209. Werner Kipp 

Dresden-N. 

R.G. 

225. Pia Ultscher 

Dresden 

R.G. 

210. Heinz Küttner 

Dresden-PL 

R.G. 

226. Hans Bernhard 



211. Hildegard Lange- 



Wagner 

Blasewitz 

R.G. 

lott 

Cossebaude 

R.G. 

227. Hilde Wagner 

Blasewitz 

R.G. 

212. Niethammer 

Blasewitz 

R.G. 

228. Helene LuiseWille Dresden-A. 

R.G. 

213. Dorothy Pittar 

London 

R.G. 

1 




IV. BESUCHER DES OSTER *■ FERIENKURSES 1911 VOM 10. BIS 

24. APRIL 1911 


ANMERKUNG: Zu diesem Kursus hatten nur ehemalige Schüler von Dr. Jaques-Dalcroze Zutritt 


Name 

Heimatsort 

Fächer 

Name 

Heimatsort 

Fächer 

229. Emmy Adler 

Kiel 

R.G. u. S. 

243. Maria Fresenius Hannover 

R.G. 

230. Lula Andressen 

Kiel 

R.G. u. S. 

244. Eugenie Gehrang Stuttgart 

R.G. u. S. 

231. JohannaBaer 

Rotterdam 

R.G. u. S. 

245. Stanislaus Glo- 



232. A. Bergsma 

Den Haag 

R.G. u. S. 

wacki 

Lemberg 

R.G. 

233. Paula Bilhartz 

Karlsruhe 

R.G. u. S. 

246. Alice Grädner 

Schlachten¬ 


234. Berta Bins- 




see-Berlin 

R.G. 

wanger 

Kreuzlingen R.G. u. S. 

247. Paula Groß 

Nürnberg 

R.G. u. S. 

235. Otto Biensdorf 

Elberfeld 

R.G. u. S. 

248. R. Guilliaume 

Brüssel 

R.G.u. S. 

236. Max Böthig 

Leipzig 

R.G. u. S. 

249. Ella Gustav 

Wilmersdorf- 

237. Martha Braun 

Charlotten¬ 



Berlin 

R.G.U.S. 


burg 

R.G.u.S. 

250. Elisabeth Gold¬ 



238. Hanna Brune 

Kirchrode- 


mann 

Berlin W 30 R.G. 


Hannover 

R.G. u. S. 

251. Ellen Hammer 

Altenburg 

R.G. 

239. Lammerts 



252. Häkansen 

Göteborg 

R.G. 

von Buera 

Rotterdam 

R.Gu. S.. 

253. Marie Hofmann Nürnberg 

R.G. 

240. Sophie Eiser¬ 

Steglitz- 


254. Louise den Hol¬ 

Graven- 


mann 

Berlin 

R.G.U.S. 

landen 

hagen 

R.G. u. S. 

241. Grete Färber 

Altona a. E. 

R.G. u. S. 

255. Edith Humbert 

Köln a.Rh. 

R.G.U.S. 

242. Guida Franken 

Köln a. Rh. 

R.G. 

1 256. Marcelle Jentzer Genf 

R.G. n. S. 






75 

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\ 

Original frorn 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Name 

Heimatsort 

Fächer 

Name 

Heimatsort 

FScket 

! 

257. Dagmar Juhl 

Berlin W 50 R.G. n. S. 

282. Katharina van 




258. Herr Keil 

Köln a.Rh. 

R.G.u.s. 

Rennes 

Utrecht 

R.G. u. S, 

'A 

259. Elisabeth Hem¬ 



283. Frl. Rey 

Paris 

R.G.U.S. 

:;.fe 

mer 

Karlsruhe 

R.G. u. S. 

284. M. Riese 

Dortmund 

R.G.U.S. 

Sd 

260, Marie Kummer 

Genf 

R.G. 

285. Karoline 



- ^ 

261. Adele Kunz 

Genf 

R.G. u. S. 

Roesch 

Augsburg 

R.G. 


262. Simone Kunz 

Genf 

R.G.u. S. 

286. Marie Roth 

München- 



263. Otto Langelütje Chemnitz 

R.G.U.S. 


Pasing 

R.G. 

:3 

264. Ida Lenggen¬ 



287. Lina Rusche- 



hagen 

New York 

R.G. 

weyh Hamburg 

R.G.U.S. 


265. M. Lindhult 

Göteborg 

R.G. 

288. Hilda Senf 

Paris 

R.G.u. S. 

■■ : 2 [ 

266. Bronislawa Li- 



289. Eva Siegfried 

Bericham- 



pinska 

Warschau 

S. 


stead Herts 


267. Otto v.Löbbecke Eisenach 

R.G.U.S. 


Gerrara 

R.G. j 

fe 

268. Frau v.Löbbecke Eisenach 

R.G.0.S. 

290. A. Sluis-Slikker 

Amsterdam R.G.U.S. 


269. Rosa Lukas 

Karlsruhe 

R.G.u. S. 

291. Clara Scheffler 

Blankenburg 


270. Lydie Malan 

Genf 

R.G. 


a. H. 

R.G.U.S. 


271. Blanche Meylan Nürnberg 

R.G. 

292. Hermine 



i- ; 'C 

272. Anna Morand 

Genf 

R.G.U.S. 

Schmidt 

Freiburg i.B R.G. j 

" 

273. Marcelle Moy- 



293. J. Schubert 

Nürnberg 

R.G. ! 

d"d 

nier 

Genf 

R.G.u. S. 

294. Frieda Stein- 



Ali 

274. Narbutt-Grysz- 



müller Basel 

R.G. 

’l., 

•’laT 

kiewicz 

Moskau 

R.G. 

295. Mitzi Stein- 



275. Lydie Nathan 

Hamburg 

R.G. 

wender Stuttgart 

R.G. 

•h 

276. HeatherNepean London 

R.G. 

296. Elfriede Thurau Friedenau- 


‘Frl. 

2 77. Chathleen 

Wallington- 



Berlin 

R.G.U.S. 

-OL. 

O’Dowd 

London 

R.G.u.S. 

297. Margarete 



•Mar 

278. J. Paardekoper Purmerend 

R.G. u. S. 

Tüscher Lausanne 

R.G. 

ho: 

279. Fernande Pey- 



298. Ella Wiedey 

Weimar 

R.G.U.S. 

■ ule 

rot 1 

Genf 

R.G. u. S. 

299. Elsbeth Winkel¬ 




280. Miß Pope 

London 

R.G. 

mann 

Bonn 

R.G.U.S. 

' 

281. Sophie Raspe 

Dresden-N. 

R.G. 

300. Marie Woemer 

München 

R.G. u. S. 

3 ii 

-ec 


k -o* 
■ - 1 $ 

V. BESUCHER DER KURSE IN BERLIN 

i. BESUCHER DES ÖFFENTLICHEN KURSES FÜR RHYTHMISCHE ^ 

GYMNASTIK IN BERLIN 


Name 

301. E. Arrenberg 

302. Hedwig Bergfeld 

303. Frl. Blackstone 

304. Wolfgang Bmhn 

305. Anna Drechsler 

306. Anna Epping 

307. Toni Frantz 


Heimatsort 

Wilmersdorf -Berlin 

Berlin 

Berlin 

Berlin W 15 

Berlin W 

Berlin 

Berlin W 


76 


Name Heimatsoct 

308. Elisabeth Gold¬ 

mann Berlin W 30 

309. KatharinaGraemerBerlin 

310. Lisa Herrmann Berlin 

311. Hedwig Hollatz Berlin W 

312. Sofia Janczewska- 

Rybaltowska Berlin W 15 


3 . 

'k 

ha 

k 

■ j s 

(c 


Digitized by 


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Original fr Dm 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Name 


Heimatsort 


Name 


Heimatsort 


313. Marie Montag Berlin W 317. Oskar Thumau Charlottenburg 

314. Marie Möller Charlottenburg 318. Frl. Willenbücher Schöneberg-Berlin 

315. Margarethe 319. Frl. Zachler Berlin 

Schmidt Halensee-Berlin 320. Marie Züge Halensee-Berlin 

316. Wolfgang Schütt Berlin 


2. BESUCHER DER BERLINER PRIVATKURSE FÜR ERWACHSENE 


Name Heimatsort Fächer 

321. Frau M. Benser Berlin W 15 S. 

322. Lore Bernhard Grunewald- 

Berlin R.G. u. S. 

323. Grete Bernhard Grunewald- 

Berlin R.G. u. S. 

324. Frl. Böhmer Berlin S. 

325. WolfgangBruhn Berlin W 15 S. 

326. V. Calcar Berlin S. 

327. Ingeborg von Schöneberg- 

Dulong Berlin R.G. u. S. 

328. Anna Drechsler Berlin W S. 

329. Margot Ewer Berlin W 50 R.G. u. S. 

330. Marie Ewer Berlin W 50 R.G. u. S. 

331. Frl. Fiegel Berlin S. 

332. Frl. Folmer Berlin S. 

333. Toni Frantz Berlin W S. 

334. Margarete Gel- Charlotten¬ 

horn burg-Berl. S. 

335. Ellen Hahndorf Friedenau- 

Berlin R.G. u. S. 

336. Gerda Haller Berlin R.G. u. S. 

337. Elinor Hammer Neubabels- 

berg-Berl. R.G. u. S. 

338. HedwigHollatz Berlin W S. 

339. Dora Isenberg Berlin S. 

< 340. Elsa Koch Grunewald- 

Berlin R.G. u. S. 

341 - Erika Langer- 

hans Berlin W 57 R.G.U. S. 


3. BESUCHER DER BERLINER 

363. Konrad Bern- Grunewald- 

hard Berlin R.G. u. S. 

364. Gerd Erling- Charlotten¬ 

hagen burg-Berl. R.G. u. S. 

365. Inge Erling- Charlotten¬ 

hagen burg-Berl. R.G. u. S. 


Name Heimatsort Fächer 

342. Margot Langer- 

hans Berlin W 57 R.G. u. S. 

343. Frl. Maschke Berlin S. 

344. Margarete von Grunewald- 

Mendelssohn Berlin R.G. u. S. 

345. Frl. Meyer Berlin W 15 R.G.U.S. 

346. Marie Möller Charlotten- 

burg-Berl. S. 

347. Frl. Pauli Berlin S. 

348. Eva Prinzhom Zehlendorf- 

Berlin R.G* u. S. 

349. Clara Rüge Steglitz- 

Berlin R.G.U.S. 

350. Hedwig Sevcik Berlin W 15 S. 

351. Clara Sultan Grunewald- 

Berlin R.G. u. S. 

352. Frl. Schade Berlin S. 

353. MarieSchweitzerBerlin W 10 S. 

354. Martha Strahl Berlin SW 19 S. 

355. Frl. Steinbrück Berlin B S. 

356. Lotte Stern Grunewald- 

Berlin R.G. u. S. 

357. Frl. de Stuers Berlin S. 

358. Frl. de Visser Berlin W S. 

359. BertiedeWaardt Berlin W 15 S. 

360. Lilli Warburg Berlin W 10 R.G. u. S. 

361. Grete Warten- Treptow¬ 
berger-Mau thner Berlin S. 

362. Frl. Woywod Berlin S. 

PRIVATKURSE FÜR KINDER 

366. Katharina Gaul Grunewald- 

Berlin R.G.U.S. 

367. Lotte Gold¬ 

berg Berlin NW7 R.G. u. S. 

368. WaldemarGrote Charlotten- 

burg-Berl. R.G.u.S. 

77 



Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Name 

Heimatsort Fächer 

Name 

Heimatsort 

Fächer 

369. Vesta Grote 

Charlotten- 

377. Angelica von 

Grunewald- 



burg-Berl. R.G.U.S. 

Mendelssohn 

Berlin 

R«G.u,S» 

370. Fritz Herrmann Charlotten- 

378. Eleonora von 

Granewald- 



burg-Berl. R.G.U.S. 

Mendelssohn 

Berlin 

R.G. n. S. 

371. Roy Hermann 

Grunewald- 

379. Robert von 

Granewald- 


Berlin R.G. u. S. 

Mendelssohn 

Berlin 

R.G. a. S. 

372. Eva Marie 


380. Lilli von Men¬ 

Granewald- 


Hies 

BerlinNW40 R.G. u. S. 

delssohn 

Berlin 

R.G. a. S. 

373. Edith Jaris- 

Grunewald- 

381. Ellen Meyer 

Berlin 

R.G. a. S. 

lowsky 

Berlin R.G. u. S. 

382. UteMichalowskyBerlin W 15 

R.G. a. S. 

374. Else Jaris- 

Grunewald- 

383. Fritz Stern 

Berlin 

R.G. u. S. 

lowsky 

Berlin R.G. u. S. 

384. Annie Victorius Grunewald- 


375. Margot Jaris- 

Grunewald- 


Berlin 

R.G. a • S. 

lowsky 

Berlin R.G. u. S. 

385. KätheVictorius 

Grunewald- 


376. Franz von Men¬ 

- Grunewald- 


Berlin 

R.G. a. S. 

delssohn 

Berlin R.G. n. S. 

386. Marcella Wolf 

Berlin 

R.G. u. S. 


VI. BESUCHER DER KURSE IN HELLERAU 1910/11 

a) Kursus für Herren 


Name 

Heimatsort 

Name 

Heimatsort 

387. Rudolf Borsch 

Hellerau 

398. Johannes Riepenhausen 

Helleraa 

388. Otto Franz 

Hellerau 

399. Oswald Rothmann 

Helleraa 

389. Oskar Arthur Grosser 

Dresden -A. 

400. Friedrich Schüler 

Hellcraa 

390. Fritz Hertwig 

Dresden-A. 

401. Karl Friedr. Tautenhahn 

Hellerau 

391. Emst Krauß 

Hellerau 

402. Arthur Thiele 

Dresden-A. 

392. Paul Krug 

Hellerau 

403. Rudolf Ullmann 

Klotzsche 

393. Hans Müller 

Hellerau 

404. Otto Vetter 

Helleraa 

394. Ludwig Neubner 

Hellerau 

405. Walter Voigt 

Helleraa 

395. Heinrich Olsen 

Klotzsche 

406. Erich Zschiesche 

Klotzsche 

396. Herr Rehländer 

Hellerau 

407. Martin Zollmann 

Helleraa 

397. Heinrich Reymann 

Hellerau 




b) Kursus für Mädchen 


408. Else Baum 

Hellerau 

419. Charlotte Krause 

Helleraa 

409. Olga Bellmann 

Hellerau 

420. Clara Krause 

Hellerau 

410. Doris Eisewig 

Hellerau 

421. Elsa Krischke 

Helleraa 

411. Olga Fritsche 

Hellerau 

422. Helene Liebethal 

Helleraa 

412. Elsbeth Günther 

Hellerau 

423. Martha Ottlik 

Helleraa 

413. Höhndorf 

Hellerau 

424. Lisa M. Raddatz 

Helleraa 

414. Frl. Hunger 

Hellerau 

425. Ida Rehländer 

Helleraa 

415. Dora Kamke 

Hellerau 

426. Helene Schröder 

Helleraa 

416. Gertrud Kamke 

Hellerau 

427. Ellen Steinmüller 

Helleraa 

417. Frl. Kawerau 

Hellerau 

428. Elsa Zollmann 

Helleraa 

418. Frau von Keller 

Hellerau 



78 




Digitized by GöO^lC 


Original frnrri 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




c) Kursus für Kinder 


Name 

429. Erich Bär 

Heimatsort 

Name 

Heimatsort 

Hellerau 

464. Alfred Krischke 

Hellerau 

^ 430. Herbert Bär 

431. Dora Bär 

Hellerau 

465. Hans Kroll 

Hellerau 

Hellerau 

466. Margarete Kroll 

Hellerau 

jy r 432. Charlotte Bellmann 

433. Max Bellmann 

Hellerau 

467. Dora Leistner 

Hellerau 

Hellerau 

468. Martha Liebethal 

Hellerau 

434. Karl Bock 

Hellerau 

469. Hermann Metzler 

Hellerau 

435. Hellmuth Böhme 
^ 436. Lisbeth Böhme 

Hellerau 

470. Fritz Mohn 

Hellerau 

Hellerau 

471. Hermine Müller 

Hellerau 

7 437. Herbert Börner 

L ‘ 438. Walter Börner 

Hellerau 

472. Reimund Müller 

Hellerau 

Hellerau 

473. Walter Müller 

Hellerau 

439. Frieda Böttger 

Hellerau 

474. Johannes Pietzsch 

Hellerau 

^ 440. Herta Böttger 

Hellerau 

475. Karl Prescher 

Hellerau 

441. Gertrud Brendel 

Hellerau 

476. Gertrud Prescher 

Hellerau 

442. Willy Burckhardt 

Hellerau 

477. Frieda Rothmann 

Hellerau 

443. Gottfried Christoph 

Klotzsche 

478. Alwin Ryssel 

Hellerau 

444. Heinz Christoph 

Klotzsche 

479. Johanna Ryssel 

Hellerau 

445. Kurt Ebenhöch 

Hellerau 

480. Erich Spiller 

Hellerau 

446. Kate Fischer 

Hellerau 

481. Kurt Spiller 

Hellerau 

447. Adeline Frankel 

Hellerau 

482. Willibald Schietter 

Hellerau 

448. Anna Therese Frankel 

Hellerau 

483. Richard Schmidt 

Hellerau 

, 449 - Erna Frankel 

10* 

„ 450. Ida Frankel 

451. Herbert Grube 
^ 4S2. Franz Grüttner 

Hellerau 

484. Hertha Schöne 

Hellerau 

Hellerau 

485. Walter Schöne 

Hellerau 

Hellerau 

486. Elisabeth Schönfeld 

Hellerau 

Hellerau 

487. Martha Starke 

Hellerau 

1^ 453 - Wally Grüttner 

v 454 . Johanna Hain 

Hellerau 

488. Lotte Tessenow 

Hellerau 

Hellerau 

489. Herbert Thomas 

Hellerau 

455. Albert Hamann 

Hellerau 

490. Johannes Thomas 

Hellerau 

456. Fritz Hoffmann 

Hellerau 

491. Margarete Vogel 

Hellerau 

^ 457. Franz Homeffer 

Hellerau 

492. Hans Werner 

Hellerau 

^ 458. Herbert Kamke 

Hellerau 

493. Hildegard Willfroth 

Hellerau 

459. Martha Kamke 

Hellerau 

494. Lotte Wünsche 

Hellerau 

^ 460. Walther Kamke 

Hellerau 

495. Margarete Ziegener 

Dresden-N, 

461. Charlotte Klösser 

Hellerau 

496. Heidi Zollmann 

Hellerau 

462. Käthchen Klösser 

Hellerau 

497. Theo Zollmann 

Hellerau 

463. Hellmuth Kohlstrunk 

P 

Hellerau 

498. Hulda Zschoyan 

Hellerau 

\\f, 

>• 



79 

Digitized by GOCK^lC 

ft 

Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



STUNDENPLAN FÜR 1910/11 DER BILDUNGSANSTALT 


Ta* 

Saal 

9—io 

IO— IX 

II—12 

MONTAG 

Für 

Rhythm. Gymnastik 

HERREN 

I. Jahr 

Turnen 

Herr Montoliu 

DAMEN 

I. Jahr, 2. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. van Scheltema 

HERREN 

II. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcrose 

Für Solfcge 


Extrastunde 

II. Jahr 
Improvisation 

Frl. Gorter 

Extrastunde 

I. Jahr 

Solftge 

Frl. Gorter 

Übungssaal 


DAMEN 

I. Jahr, i. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 

DAMEN 

II. Jahr, 2. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. Perrottet 

DIENSTAG 

Für 

Rhythm. Gymnastik 

HERREN 

I. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Herr Montoliu 

HERREN 

11. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Frl. Gorter 


Für Solf&ge 



Gemeinsam 

II. Jahr 
Improvisation 

Herr J aques-Dalcrose 

Obungssaal 


DAMEN 

II.Jahr, (.Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. Perrottet 


MITTWOCH 

Für 

Rhythm. Gymnastik 

HERREN 

I. Jahr 

Turnen 

Herr Montoliu 

i 

DAMEN u. HERREN 
II. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Herr Jaques-Dalctose 

Für Solf&ge 

II. Jahr 
Improrisation 

Frl. Gorter 

Anatomie 

Frl. Gorter 

Extrastunde 

I. Jahr 

Solftge 

Frl. Gorter 

Obungssaal 

DAMEN 

I. Jahr, 2. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 



DONNERS. 

TAG 

Für 

Rhythm. Gymnastik 

DAMEN 

I. Jahr, i. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. Pemottet 

DAMEN 

II. Jahr, i. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. Perrottet 

DAMEN 

I.Jahr, 2. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcrose 

Für Solfcge 


I. Jahr 

Solftge 

Frl. Gorter 

II. Jahr 

Solftge 

Frl. Gorter 

Obungssaal 


HERREN 

II. Jahr 
Turnen 

Herr Montoliu 


FREITAG 

Für 

Rhythm. Gymnastik 

III. Jahr 

Rhythmische Gymnastik 

Herr J aques-Dalcrose 

Für Solftge 




Obungssaal 

HERREN 

I. Jahr 

Turnen 

Herr Montoliu 



SONN¬ 

ABEND 

Für 

Rhythm. Gymnastik 


DAMEN 

I. Jahr, x.u. 2. Abteil. 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcrose 

DAMEN u. HERREN 
II. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcrose 

Für Solfege 


II. Jahr 

Solftge 

Frl. Gorter 

I. Jahr 

Solftge 

Frl. Gorter 

Obungssaal 

HERREN 

11. Jahr 

Turnen 

Herr Montoliu 




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v Google 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 

























































JAQUES-DALCROZE IM ALTEN LANDHAUS ZU DRESDEN 


12 —I 

1 3—4 

4—5 

5-6 

6—7 

DAMEN 

II. Jahr, i. Abteilung 
Rhythm, Gymnastik 
Herr Jaques-Dalcroze 

DAMEN 

II. Jahr 

Tans 

Frl. Beck 

DAMEN 

II. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Herr Jaques-Dalcroze 

DAMEN 

I. Jahr, i. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcroze 

HERREN 

Dilettanten 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcroze 

Extrastunde 

II. Jahr 
ImproTisation 

Frl. Gort er 



I. Jahr 
Improrisation 

Frl. Perrottet 

I. Jahr 
Improrisation 

Frl. Perrottet 



HERREN 

II. Jahr 
Turnen 

Herr Montoliu 




DAMEN 

II. Jahr, 2. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. Perrottet 

DAMEN 

I. Jahr, i.u. 2. Abteil. 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcroze 

DAMEN 

III. Jahr 

Rhythmische Gymnastik 

Herr J aques-Dalcroze 

II. Jahr 
~ Solfege 

Herr J aques-Dalcroze 



I. Jahr 

Solfege 

Frl. Gorter 

II. Jahr 
Improrisation 

Frl. Gorter 






HERREN 

I. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 

Herr J aques-Dalcroze 

KINDER 

Rhythm. Gymnastik 
Herr Jaques-Dalcroze 

DAMEN 

Dilettanten, i. Abteil. 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcroze 


DAMEN 

Dilettanten, 2 Abteil. 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcroze 

II. Jahr 

: ] Improvisation 

Frl. Gorter 

II. Jahr 
Improrisation 

Frl. Gorter 

KINDER 

Solfcge 

Frl. Gorter 

ERWACHSENE 

Solfege 

Herr J aques-Dalcroze 


I. Jahr 

Tans 

Frl. Beck 

DAMEN 

I. Jahr, i. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. Pcxrottet 

DAMEN 

II. Jahr, i. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 

DAMEN 

II.Jahr, 2. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 

DAMEN 

I. Jahr, 2. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. van Scheltema 

DAMEN 

II. Jahr, 2. Abteilung 
Rhythm. Gymnastik 
Herr J aques-Dalcroze 



HERREN 

I. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Herr Montoliu 

HERREN 
Dilettanten 
Rhythm. Gymnastik 
Herr Montoliu 



GEMEINSAM 

I. Jahr 

Improrisation 1 

Herr J aques-Dalcroze 

Dilettanten 

Improrisation 

Frl. Pcxrottet 

I. Jahr 
Improrisation 

Frl. Prrrottet 

HERREN 

II. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 
Frl. Gorter 

II. Jahr 
Improrisation 

Frl. Gorter 

II. Jahr 
Improrisation 

Frl. Gorter 

DAMEN 

I. Jahr 

Turnen 

Frl. Ramberg 





DAMEN 

II. Jahr 

Tanz 

Frl. Beck 

DAMEN 

I. Jahr 

Tanz 

Frl. Brck 




I. Jahr 
Improvisation 

Frl. Perrottet 

I. Jahr 
Improrisation 

Frl. Perrottet 




DAMEN 

II. Jahr, i. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg ! 

DAMEN 

I. Jahr, i. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 

HERREN 

I. Jahr 

Rhythm. Gymnastik 

Herr J aques-Dalcroze 

KINDER 

Rhythm. Gymnastik 
Frl. Pfeffer 

DAMEN 

Dilettanten, i. Abteil. 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. van Scheit ma 


DAMEN 

Dilettanten, 2. Abteil. 
Rhythm. Gymnastik 
Frl. van Scheltema 

I. Jahr 

Improrisation 

Frl. Perrottet 

I. Jahr 
Improrisation 

Frl. Perrottet 

KINDER 

Solfege 

Frl. Gorter 

ERWACHSENE 

Solfcge 

Frl. Gorter 




DAMEN 

I. Jahr, 2. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 

DAMEN 

II. Jahr, 2. Abteilung 
Turnen 

Frl. Ramberg 



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Original frarn 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



























AUSZUG AUS DER SCHULORDNUNG 
DER BILDUNGSANSTALT JAQUES- 
DALCROZE IN HELLERAU 

A. ALLGEMEINES 

§ I AUFGABE UND ZWECK DER ANSTALT: Die „Bildungsanstalt 
Jaques-Dalcroze“ ist dem Studium des Rhythmus gewidmet. Sie macht 
den Rhythmus in allen seinen Erscheinungsformen, in seinen körperlichen 
und seelischen Wirkungen zum Gegenstand der Erforschung und der Unter¬ 
weisung. 

Insbesondere hat sie den Zweck, durch die Methode Jaques-Dalcroze die 
musikalischen Fähigkeiten ihrer Schüler zur Entfaltung zu bringen und zu 
jeder Art musikalischer Berufsausübung vorzubereiten. 

Die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze bildet auch Lehrkräfte für die Me¬ 
thode Jaques-Dalcroze aus. Sie ist bestrebt, die künstlerischen, ethischen 
und hygienischen Wirkungen der rhythmischen Gymnastik in ihrer Unter¬ 
weisung zur Geltung zu bringen. Diesen Gesichtspunkten trägt die Schul- , 
Ordnung in ihren Bestimmungen Rechnung. 

§ 2 ANSTALTSLEITUNG: Die Leitung der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze 
besteht aus der Unterrichtsleitung und der Verwaltung. 

Für die Unterrichtsordnung ist lediglich die Unterrichtsleitung, für die 
Hausordnung die Verwaltung, für die übrige Schulordnung Untenichts- 
leitung und Verwaltung zuständig. 

Für die Unterrichtsleitung ist verantwortlich Dr. E. Jaques-Dalcroze, für 
die Verwaltung Dr. Wolf Dohm. 

§ 3 AUFNAHME: An der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze kann jeder Auf¬ 
nahme finden, der gesund und jung genug ist, um der Wirkung körperlicher 
Übungen zugänglich zu sein. Die Anstalt unterscheidet zwischen Vollschü- • 
lern und Hospitanten. Vollschüler sind die Besucher der Berufskurse in 
Hellerau, soweit sie alle Stunden dieser Kurse besuchen, Hospitanten die 
fakultativen Besucher der Normalkurse sowie die Besucher der Dilettanten- 
und auswärtigen Kurse. 

82 


Difitized 


bv Google 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




FREISTELLEN: Ermäßigungen oder Freistellen müssen schriftlich unter § 7 
genauer Angabe der Gründe bei der Anstaltsleitung beantragt werden. Die 
* Anstaltsleitung behält sich vor, die Genehmigung von der Vorlage beson¬ 
derer Gutachten und Zeugnisse über die Fähigkeiten des Gesuchstellers 
oder auch von einer Prüfung abhängig zu machen. 

PRÜFUNGEN: Um jeden Mißbrauch der Methode Jaques-Dalcroze durch § 14 
ungenügend ausgebildete Lehrkräfte zu vermeiden und den Unterricht¬ 
nehmenden selbst vor Benachteiligung durch minderwertigen Unterricht 
zu verhüten, ist die Erlangung der Berechtigung, in der Methode Jaques- 
Dalcroze zu unterrichten, an die Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungs- 
kommission der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze geknüpft. Alle Schüler 
der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, auch die Besucher der Dilettanten- 
und auswärtigen Kurse, unterwerfen sich durch Unterzeichnung des An¬ 
meldescheins den darauf bezüglichen Bestimmungen der Schulordnung, 
j Über die Art der Prüfungen siehe Unterrichtsordnung § 10. 

A. Berechtigungen, i. Diejenigen Schüler der Anstalt, die an dem Nor¬ 
malkursus der Anstalt mindestens zwei J ahre lang teilgenommen oder min¬ 
destens ein J ahr eine entsprechende Ausbildung bei einem von der Bildungs- 

i anstalt Jaques-Dalcroze anerkannten Lehrer oder Institut erhalten, der 
Anstalt in Hellerau angehört und den Erfolg des Unterrichtes durch eine 
j Prüfung vor einer von der Anstalt bestellten Kommission von mindestens 
fünf hervorragenden Fachleuten dargetan haben, erhalten je nach dem 
'' Ausfall dieser Prüfung: 

a) ein Diplom als „Lehrer der Rhythmischen Gymnastik nach Ja- 
' ques-Dalcroze“ ; 

b) ein Zeugnis über die Befähigung zum Elementarunterricht in 
| rhythmischer Gymnastik; 

i c) ein Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Normalkurses 
I in musikalischer Beziehung. 

B. Verpflichtungen. Nur solche Schüler der Anstalt, die die Berechti- 
S gungen unter a oder b oder eine derselben erworben haben, haben das 

Recht, Unterricht in rhythmischer Gymnastik nach Jaques-Dalcroze zu 
erteilen, und zwar jeweils nur in dem Umfang, als es in dem betreffenden 
. Diplom oder Zeugnis festgesetzt ist. Sie sind aber gehalten, von allen den- 
, jenigen, denen sie Unterricht erteilen, sich vorher die schriftliche Erklä- 

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rang in zwei Exemplaren geben zu lassen, daß die Schüler, wenn sie nicht 
noch eine der unter A a und b erwähnten Berechtigungen bei der Bildungs¬ 
anstalt Jaques-Dalcroze in Hellerau erwerben, sowohl ihrem betreffenden 
Lehrer wie der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze gegenüber bei einer Kon- ‘ 
ventionalstrafe von M. 1000.— für jeden Fall der Zuwiderhandlung ver¬ 
pflichtet sind und bleiben, niemals öffentlich Unterricht in rhythmischer f 
Gymnastik nach Jaques-Dalcroze zu erteilen und niemals in öffentlichen 
Bekanntmachungen, Zirkularen, auf Einladungen, Briefbogen und dergl. ' 
den Namen Jaques-Dalcroze in einer Weise zu gebrauchen, die den An- ; 
schein erwecken könnte, als sei der oder die Betreffende berechtigt oder be¬ 
fähigt, Unterricht in rhythmischer Gymnastik nach Jaques-Dalcroze zu 
erteilen, sei es auch nur durch die Angabe, daß sie Unterricht bei einem 
Lehrer der rhythmischen Gymnastik nach J aques-Dalcroze genossen haben, i. 
Das eine Exemplar der schriftlichen Erklärung ist sofort nach Erhalt der 
„Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze“ einzuschicken. 

Alle nach A a und b Berechtigten haben die getreue Erfüllung dieser Ver¬ 
pflichtungen seitens ihrer Schüler nach bestem Wissen und Können zu über- : 
wachen und etwaige Zuwiderhandlungsfälle der Bildungsanstalt Jaques- ; 
Dalcroze schriftlich anzuzeigen. 

Diejenigen Schüler der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, die nur ein Zeug¬ 
nis erworben haben, verpflichten sich, alles zu unterlassen, was den An- . 
schein erwecken könnte, als ob sie im Besitze des Diploms und seiner Be- : 
rechtigung wären. * 

Alle Schüler der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, die keine der unter A : 
a und b erwähnten Berechtigungen erworben haben, sind für alle Zukunft ■ 
verpflichtet. Unterricht nach der Methode Jaques-Dalcroze niemals zu er- i 
teilen, auch in öffentlichen Bekanntmachungen, auf Zirkularen, Einla- * 
düngen, Prospekten, Briefbogen usw. alles zu vermeiden, was den Anschein ; 
erwecken könnte, als sei der oder die Betreffende berechtigt oder befähigt, • 
Unterricht in der Methode Jaques-Dalcroze zu erteilen. 

Sämtliche Schüler der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze verpflichten sich, ; 
durch Ausfüllung der Anmeldescheine und unter Genehmigung des gesetz¬ 
lichen Vertreters (Vaters bzw. Vormundes, Ehemannes), der den Anmelde¬ 
schein gleichfalls zu unterzeichnen hat, alle vorstehenden Verpflichtungen 
getreulich zu erfüllen und unterwerfen sich für jeden Fall der Zuwiderhand¬ 
lung auch nur gegen eine der vorstehenden Verpflichtungen einer Konven¬ 
tionalstrafe von M. 1000.—. 

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Die Regelung der Berechtigungen der bisherigen Schüler der Anstedt bzw. 

Dr. E. Jaques-Dalcrozes bleibt dieser überlassen. 

Die Anstaltsleitung ist bemüht, allen diplomierten Schülern Stellung zu § 16 
vermitteln und dauernd mit ihnen in Fühlung zu bleiben, sie gegebenen¬ 
falls auch zu unterstützen, soweit sie den mit dem Diplom verbundenen 
Rechten und Pflichten nachkommen. Die Anstaltsleitung kann aber keine 
Verpflichtung übernehmen, jedem diplomierten Schüler eine Stellung zu 
verschaffen. 


B. UNTERRICHTSORDNUNG 

LEITUNG: Die Leitung des Unterrichtes liegt ausschließlich in den Hän- § 25 
den von Herrn Dr. Emile Jaques-Dalcroze. 

Er stellt den Lehrplan auf, ernennt die Lehrer der Anstalt und entscheidet 
in allen den Unterricht der Anstalt betreffenden Fragen. Er hält die Dis¬ 
ziplin zwischen Lehrer und Schülern, wie zwischen Direktion und Lehrern 
aufrecht. In allen den Unterricht nach seiner pädagogischen oder künstle¬ 
rischen Seite betreffenden Fragen ist er allein zuständig. 

LEHRKÖRPER: Oberlehrerin: Fräulein Nina Gorter. Im Aufträge § 26 
von Dr. E. Jaques-Dalcroze beaufsichtigt die Oberlehrerin die Studien, ins¬ 
besondere die Innehaltung aller auf den Unterricht erlassenen Vorschriften, 
sowie die Einteilung der Klassen und Kurse. 

In den Fällen seiner Abwesenheit vertritt sie den Direktor. 

In Sachen des Stundenplans vertritt sie den Lehrkörper gegenüber dem 
Direktor. 

Lehrer: Für rhythmische Gymnastik: Frl. Perrottet, Beck, von Schel- 
tema. Lauter, Pfeffer und Herr von Montoliu; für Solfäge und Improvi¬ 
sation: Frl. Perrottet, Frl. Zellweger, Herr Güldenstein, Herr Jeanneret; 
für Turnen : Frl. Ramberg, Frl. Vogel, Herr von Montoliu; Assistenten : 

Frl. Fernere, Herr Appia. 

In allen den Unterricht betreffenden pädagogischen und künstlerischen 
Fragen verkehren die Lehrkräfte unmittelbar mit dem Direktor. 

AUFSICHT: Jede Klasse bzw. jede gemeinsamen Unterricht erhaltende § 27 
Gruppe von Studierenden wählt monatlich einen ältesten (Gruppenfüh- 

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rer). Dieser vertritt die Klasse oder Gruppe den Unterrichtenden gegenüber 
und ist seinerseits für Einhaltung der Vorschriften, Ordnung in den Schul¬ 
räumen, Pünktlichkeit und Disziplin der Studierenden verantwortlich. 

§ 28 BERATUNGEN: Allmonatlich versammeln sich die Anstaltsleitung, der 
Lehrkörper und (nach Bedarf) die Ältesten zur Beratung über den Unter¬ 
richtsbetrieb der Anstalt. Die Lehrer erstatten Bericht, die Ältesten geben 
den etwaigen Wünschen der Studierenden Ausdruck. 

§ 30 UNTERRICHTSKURSE: 1. Der Normalkurs umfaßt drei Jahrgänge 
und ist für jene Zöglinge bestimmt, die sich zu Lehrern der Methode aus¬ 
bilden wollen. Diese haben wöchentlich 5 Stunden Unterricht in rhythmi¬ 
scher Gymnastik, 5 Stunden Soltege, 2 Stunden Improvisation, 6 Halb¬ 
stunden Turnen, 1 Stunde Anatomie, 2 Stunden Chorgesang und 4 Stunden 
Plastik (im ganzen 22 Wochenstunden). 

Studierende, welche von einem oder dem anderen Unterrichtsfache des 
Normalkurses dispensiert zu sein wünschen, verzichten hierdurch auf ihre 
Anmeldung zur abschließenden Diplom-Prüfung (Hospitantenkurs). 

II. Der Tanz- und Theaterkurs gliedert sich im allgemeinen dem Nor¬ 
malkurs an, hat aber an Stelle der Improvisation, die fakultativ gegen be¬ 
sonderes Honorar belegt werden kann, vier Stunden Tanz, die auch von 
Schülern des Normalkurses gegen besonderes Honorar belegt werden kön¬ 
nen. Dieser Kurs kann nur von Schülern besucht werden, die entsprechend 
veranlagt sind. Wegen körperlicher Ungeschicklichkeit Zurückgewiesene 
können später zur Aufnahme gelangen, nachdem sie sich durch Teilnahme 
am Normalkurs von ihren Mängeln befreit haben. 

Zöglinge des Tanz- und Theaterkurses können nur dann die Ermächtigung 
erhalten, nach der Methode Jaques-Dalcroze zu lehren, wenn sie den 
vollständigen Unterricht des Normalkurses genossen haben. 

III. Der Hospitantenkurs ist für Studierende bestimmt, welche, ohne 
sich zu Lehrern der Methode ausbilden zu wollen, nur ihre eigene rhyth¬ 
mische und musikalische Fortbildung im Auge haben. Sie können einzelne 
Unterrichtsgegenstände belegen, sind aber verpflichtet, allem Unterricht, 
für den sie sich eingeschrieben haben, mit der gleichen Gewissenhaftigkeit 
zu folgen, wie diejenigen, welche sich zu Lehrern ausbilden. 

IV. Dilettantenkurs. Neben diesen in der Anstalt in Hellerau abgehal¬ 
tenen Kursen werden noch Dilettantenkurse von 2—5 Wochenstunden in 

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Dresden und Berlin abgehalten. Hierfür wird eine besondere Schulordnung 
erlassen. 

PLASTIK: Vier Wochenstunden in jeder Klasse sind plastischen Studien § 31 
gewidmet, die von den Zöglingen ohne Lehrer betrieben werden. Die 
Übungen sind von den Zöglingen selbst zu erfinden. Herr Dr. Jaques-Dal- 
croze inspiziert regelmäßig diese Klassen und beurteilt ihre Leistungen. 

Für die Aufrechterhaltung der Ordnung in diesen Stunden sind die Klas¬ 
senältesten bzw. Gruppenführer verantwortlich. Sie berichten darüber regel¬ 
mäßig an den Direktor. 

Finden es die Studierenden angezeigt, ihre Klasse in mehrere Gruppen zu 
teilen, so wählt jede Gruppe alle 4 Wochen einen Gruppenführer, der seinen 
Bericht an den Klassenältesten bzw. den Direktor erstattet. 

Im allgemeinen sind alle Zöglinge gehalten, an diesen lehrerlosen Stunden 
teilzunehmen. Ausnahmsweise kann die Direktion jedoch solche Schüler 
davon dispensieren, die entweder körperlich allzu ungeeignet oder im Alter 
zu vorgeschritten sind, um Nutzen aus diesen Übungen zu ziehen. Diese 
Zöglinge sind aber in der Regel von der Erreichung sowohl eines Diplomes 
als eines ihre Befähigung zum Unterrichterteilen bescheinigenden Zeug¬ 
nisses ausgeschlossen (siehe §§ 19 und 39). 

STUNDEN- UND ARBEITSPLAN: Jeder Studierende erhält täglich 2 1 /, § 32 
bis 4 Stunden Unterricht. Er ist außerdem gehalten, bestimmten, von Herrn 
Dr. Jaques-Dalcroze erteilten Lektionen anderer Klassen beizuwohnen. 

Es sind dies: je zwei Stunden rhythmischer Gymnastik, zwei Stunden Sol- 
föge und eine Stunde Improvisation (im ganzen 5 Wochenstunden), an denen 

der erste Jahrgang im zweiten 
der zweite Jahrgang im dritten, 
der dritte J ahrgang im zweiten 
als Zuhörer teilnimmt. 

Mit vorher eingeholter Erlaubnis des Direktors können die Schüler anderen 
als diesen Unterrichtsstunden der übrigen Klassen beiwohnen. Doch wird 
den Schülern dringend empfohlen, sich nicht über das Ausmaß ihrer Kräfte 
zu belasten und darauf bedacht zu sein, sich in genügender Anzahl Ruhe¬ 
pausen zu gönnen. 

Männlichen und weiblichen Schülern gemeinsam sind außer den Stunden 
in Solfege, Improvisation, Chorgesang, Plastik und Anatomie nur 2 Wo- 

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chenstunden rhythmischer Gymnastik. Sonst wohnen die Männer dem 
rhythmisch-gymnastischen Unterrichte der Mädchen ebensowenig bei, wie 
umgekehrt. 

Das Arbeitsprogramm für die Woche wird jeden Montag am schwarzen 
Brette angeschlagen sein. Lehrer und Schüler haben es abzuschreiben und 
sich gewissenhaft daran zu halten. 

PRÜFUNGEN: 

§ 34 Es gibt deren zwei Arten. 

1. Die Jahresprüfungen. Diese finden im Dezember oder Januar jeden 
Jahres vor einem Prüfungsausschuß statt, der für die Schüler des ersten 
J ahrganges aus allen Schülern des zweiten, für die Schüler des zweiten J ahr- 
ganges aus allen Schülern des dritten, und für die Schüler des dritten Jahr¬ 
ganges aus dem Direktor, der Oberlehrerin und allen Lehrern besteht. 

2. Die Diplomprüfungen. Diese finden im Mai oder Juni statt. 

Eine VoRprüfung vor Direktor und dem gesamten Lehrkörper entscheidet 
über die Zulassung zu der Schlußprüfung, die vor einem Ausschuß abzu¬ 
legen ist, der aus nicht zur Anstalt gehörenden Musikern und Pädagogen 
und aus zwei von ihren Mitschülern gewählten Schülern des dritten Jahr¬ 
ganges besteht. 

Gegenstände dieser Schlußprüfung sind: 

a) Eine Lehrstunde rhythmische Gymnastik, Kindern ohne jede musika¬ 
lische Vorbildung erteilt; 

b) Eine Lehrstunde rhythmische Gymnastik, Schülern des zweiten Jahr¬ 
ganges erteilt; 

c) ^Hör- und Leseübungen (Solfege); 

d) Rhythmische und plastische Verkörperung von Musik. 

Hellerau, den 15. August 1911. 

DIE LEITUNG 

DER BILDUNGSANSTALT JAQUES-DALCROZE 

G.M.B.H. 

gez. Dr. E. JAQUES-DALCROZE 
gez. Dr. WOLF DOHRN 


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NACHRICHTEN ÜBER DEN NEUBAU 
DES INSTITUTS UND DIE UNTER¬ 
RICHTSKURSE 1911/12 

Die nachfolgenden Angaben sind für diejenigen, die sich für eine Ausbildung 
an der Anstalt oder für Dilettantenkurse in Dresden oder Berlin interessieren, 
die sich ein Bild von dem machen wollen, was ihnen geboten wird. Es erübrigt 
sich, die Methode selbst genauer zu erklären und in ihrer Wirkung darzu¬ 
stellen. Einiges entnehme man der in diesem Jahrbuch abgedruckten Ansprache 
von Dr. E. Jaques-Dalcroze an die Schüler des ersten Jahrganges. Hier ge¬ 
nüge der Hinweis, daß fast alle nur auf ein Jahr angemeldeten Schüler und 
Schülerinnen noch ein zweites Jahr, die im zweiten Jahr stehenden oft noch 
ein drittes und viertes Jahr bleiben. Ansehen und Bedeutung der Methode geht 
daraus hervor, daß durch die diesjährig diplomierten Lehrkräfte — von 16 
haben 15 die Prüfung bestanden — nicht alle in Deutschland und dem Aus¬ 
land offenen Lehrstellen besetzt werden konnten. 

DAS IN HELLERAU ERBAUTE INSTITUT 

Das Institut ist auf freiem Lande, 100 m höher als Dresden, mit einem 
Fernblick auf Dresden und das Erzgebirge und in der Nähe des West¬ 
randes der Dresdner Heide erbaut: ein einfacher, klarer, in seinen Ver¬ 
hältnissen überzeugender Bau. 

Der Bau umschließt einen großen Saal mit ca. 700 Zuschauerplätzen und 
einem reichlich großen, seitlich erweiterungsfähigen Bühnenraum. Er ist 
ohne komplizierten Bühnenapparat aber mit allen Erfordernissen ausge¬ 
stattet, um den Raum und in ihm die Körperform, die Gruppierung von 
Meissen und die Bewegung des Lichtes zur Geltung zu bringen. Er erhält 
eine Anlage zur Erzeugung eines diffusen, völlig schattenlosen Lichtes. 
Als Abschluß des Unterrichtsjahres sollen hier Festspiele zur Aufführung 
gelangen, in denen die Unterrichtenden, die Schüler und Schülerinnen der 
Anstalt und die Kinder der Gartenstadt Hellerau sich und anderen ein 
Fest geben. 

Neben dem großen Saal stehen für den regulären Unterricht ca. 12 größere 
und kleinere Säle zur Verfügung, außerdem ausgedehnte Baderäume, die 
die hygienische Seite der rhythmischen Gymnastik zu ihrem Recht ge¬ 
langen lassen. Alle Säle sind mit einer Heizungs- und Ventilationsanlage 

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versehen, die einen fünfmaligen Luftwechsel pro Stunde und im Sommer 
die Zuführung von gekühlter Frischluft gestatten. Links und rechts von 
den Wasch- und Duscheräumen sind Höfe für Licht- und Sonnenbäder 
vorgesehen. 

Im Institut befindet sich außerdem ein Erfrischungsraum und ein Lese¬ 
saal. Die Bibliothek hat ihren Grundstock aus den Zuwendungen der Leh¬ 
rer und Schüler erhalten und wird als Zeugnis gemeinsamer geistiger In¬ 
teressen weiter ausgebaut. 

DER UNTERRICHTSPLAN 

UNTERRICHTSFÄCHER sind: Rhythmische Gymnastik, Gehörsbildung 
(Solfege), Improvisation, Anatomie, Chorgesang, Plastische Gruppenübun¬ 
gen, Turnen und fakultativ Tanz. 

i. NORMALKURS: Der im Unterrichtsbetriebe der Anstalt den größten 
Raum einnehmende Normalkurs (Lehrerausbildungskurs und in fakulta¬ 
tiver Auswahl der Stunden Hospitantenkursus für Berufsmusiker und Di¬ 
lettanten zur speziellen Ausbildung musikalischer Fähigkeiten) umfaßt: 

Rhythmische Gymnastik . . 5 W. St. 

Gehörsbildung (Solföge) ... 5 W. St. 

Improvisation.2 W. St. 

Anatomie.1 W. St. 

Chorgesang.2 W. St. (2 Abendstunden) 

Plastische Gruppenübungen . 4 W. St. (2 x 2 Nachmittagsstunden) 

Turnen.3 W. St. (jeden Morgen 7 a Stunde) 

Insgesamt 22 W. St. pro Jahrgang 
Hospitieren an Stunden des hö¬ 
heren Jahrgangs obligat.. . . 5 W. St. 

NORMALKURS im ganzen . 27 W. St. 

dazu noch fakultativ 4 W. St. Tanz. 

Jeder Jahrgang des Normal- und Theaterkurses ist in Abteilungen bis zu 
30 Teilnehmern, in Damen- und Herrenabteilungen eingeteilt. Es finden 
aber auch in allen Unterrichtsfächern gemeinsame Stunden für alle Ab¬ 
teilungen, mitunter auch für alle Jahrgänge (I., II., III. Jahr) statt. 
Dr. E. Jaques-Dalcroze gibt in allen Abteilungen aber keinerlei Privat¬ 
unterricht. 

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Die Teilnehmer jedes Normalkurses haben einigen Stunden, die Dr. E. 
Jaques-Dalcroze dem höheren Jahrgang erteilt, beizuwohnen. 
HOSPITANTENKURSE. Wer kein Diplom erstrebt, aber zu seiner Ent¬ 
wicklung rhythmische Gymnastik betreiben und an dem Leben der Anstalt 
in Hellerau und an dem persönlichen Unterricht von Jaques-Dalcroze teil¬ 
nehmen will, kann an einer vorher festzusetzenden Zahl von Stunden und 
Fächern des Normal- oder Theaterkurses hospitieren. 

Der STUNDENPLAN in Hellerau ist so eingerichtet, daß alle Hauptstun¬ 
den, in Sonderheit die körperlich anstrengenden, auf den Vormittag fallen. 
Der Unterricht beginnt früh 8 Uhr mit V2 Stunde Turnen und endigt um 
1 Uhr. Nachmittags sind mitunter von 4—6 Uhr Stunden. Den Schülern 
und Schülerinnen stehen zu Gruppenübungen und zu geselligen Zwecken 
Räume im Institut zur Verfügung. 

DILETTANTENKURSE. In Dresden und Berlin (vielleicht auch Prag 
und Leipzig) finden Dilettantenkurse statt. Diese umfassen in je 2 Wochen¬ 
stunden rhythmische Gymnastik oder Gehörsbildung. Beide Kurse können 
auch vereint belegt werden. Sie dienen der Entwicklung musikalischer Fä¬ 
higkeiten und bieten Freunden einer harmonischen Körperentwicklung Ge¬ 
legenheit zu gesunden, in körperlicher und geistiger Beziehung förderlichen 
Übungen. Irgendeine Berechtigung, die Methode zu lehren, kann durch den 
Besuch dieser Kurse aber nicht erlangt werden. 

UNTERKUNFT/VERPFLEGUNG UND GESELLIGKEIT IN 

HELLERAU 

Unterkunft und Verpflegung wird im Einvernehmen mit der Anstaltslei¬ 
tung geregelt. Die Leitung hat Frau Dr. Mabel-Riess, eine in Deutsch¬ 
land lebende Engländerin. Es wird für gute, kräftige Kost (auch viel Ge¬ 
müse) gesorgt und für gute, eine horizontale Lage verbürgende Betten. Die 
Verpflegung steht unter ärztlicher Aufsicht. Um einen geregelten Wechsel 
von Arbeit und Ruhe zu ermöglichen, ist für Unterkunft in der Nähe des 
Instituts gesorgt. Der jüngste Jahrgang findet Unterkunft in dem großen 
Wohnhaus (Entw. Arch. Sattler, Abb. 3), Zimmer verschiedener Preislage 
und Größe, fast nur Süd-, Ost-, Westzimmer. Die älteren Jahrgänge kön¬ 
nen gruppenweise die kleineren Wohnhäuser ä 5—15 Zimmer (Entw. Arch. 
Heinrich Tessenow, Abb. 4) beziehen. Die Mahlzeiten werden gemein¬ 
sam, aber an kleinen Tischen in Gruppen im Speisesaal des großen Wohn- 

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hauses eingenommen (4 Mahlzeiten täglich, monatlich 90 bis 100 Mark). 
Für das gesellige Leben stehen Räume in den größeren Wohnhäusern und in 
dem Institut zur Verfügung, außerdem auch die Luft- und Sonnenbäder. 
Ein Dilettantenorchester, Kammermusikvereinigungen und ein Chor sind 
in Bildung begriffen. Das in Hellerau lebendige, künstlerisch gut orientierte 
Geistesleben wird den Schülerinnen und Schülern der Bildungsanstalt 
Jaques Dalcroze wertvolle Anregung geben. Auch die soziale Grundlage 
dieser aufblühenden Siedelung — es ist die erste deutsche Gartenstadt mit 
bodenreformerischen Zielen, z. Z. ca. 200 Einfamilienhäuser — kommt der 
Schule zugute. Die Volksschulkinder des Ortes erhalten gleichfalls Unter¬ 
richt in rhythmischer Gymnastik. 

Den Stadtverkehr vermittelt eine in 20 Minuten erreichbare Straßenbahn 
(Nr. 7), die an der Dresdner Gemäldegalerie und den Kgl. Theatern vorbei 
ins Zentrum der Stadt führt (Fahrzeit 28 Minuten). Auch steht in beson¬ 
deren Fällen gegen Bestellung das sechssitzige Automobil der Anstalt zur 
Verfügung. 

Die Lage des Instituts, seine Einrichtungen, die ärztliche Kontrolle und 
die bequeme Unterkunft legen den Gedanken nahe, Ausbildung und Er¬ 
holung, zumal in den Sommermonaten, zu vereinigen. Die bisher unter pro¬ 
visorischen Verhältnissen und in allzugroßer Enge abgehaltenen Osterfe¬ 
rienkurse für ehemalige Schüler der Methode J aques-Dalcroze können nun 
zu wirklichen Ferienkursen ausgestaltet werden. Hierüber Genaueres Früh¬ 
jahr 1912. 

ANDERWEITIGE MÖGLICHKEITEN DER AUSBILDUNG 

Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt in der Körper und Geist gleich¬ 
mäßig beanspruchenden rhythmischen Gymnastik, Gehörsbildung, Im¬ 
provisation. Es ist aber auch für musikalischen und anderen Spezialunter¬ 
richt (fremde Sprachen u. a. m.) Sorge getragen. Zunächst in der Form von 
Privatunterricht, der teils an der Ansteilt, teils in der Gartenstadt Hellerau 
nach besonderer Vereinbarung erteilt werden kann. Für 1912 ist die Er¬ 
weiterung des bereits bestehenden Privatunterrichtes in der Gartenstadt 
Hellerau zu einem Landerziehungsheim in Aussicht genommen. Eltern, zu¬ 
mal im Ausland lebende Deutsche, die Wert darauf legen, ihren Kindern 
möglichst früh eine harmonische Ausbildung zuteil werden zu lassen, ist 
also hierzu Gelegenheit geboten, ohne die durch das staatliche Schul- und 

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Examenwesen gegebenen Zielpunkte der Erziehung zu vernachlässigen. Für 
1911/12 sind bereits Kinder angemeldet, die neben dem Unterricht in der 
Anstalt Schulunterricht erhalten werden. Ausländischen Familien, die ihre 
Kinder zum Erlernen der deutschen Sprache nach Deutschland zu schicken 
pflegen, ist hier eine seltene Gelegenheit geboten, körperliche und geistige 
Ausbildung zu vereinigen. Für solche Fälle ist in dem großen Wohnhaus 
eine besondere Abteilung unter der speziellen Aufsicht von Frau Dr. Mabel 
Riess vorgesehen. 

An der Bildungsanstalt J aques-Dalcroze selbst haben sich durch die Zusam¬ 
mensetzung des Lehrkörpers Deutsch und Französisch als Unterrichtsspra¬ 
chen eingebürgert. Doch werden fast alle europäischen Sprachen gesprochen. 
Unter den für das Schuljahr 1911/12 Angemelteden befinden sich aus Ame¬ 
rika 2, Deutschland 60, Dänemark 1, England 3, Holland 6, Österreich 2, 
Russisch-Polen 3, Finnland 1, Schweden 3, Schweiz 14, Spanien 2. 

DILETTANTEN- UND KINDERKURSE 

Die im letzten Jahre in Dresden und Berlin abgehaltenen Dilettanten- und 
Kinderkurse werden fortgesetzt. Außerdem beginnen in Berlin und Dres¬ 
den neue Dilettanten- und Kinderkurse. 

Durch die größere Anzahl ausgebildeter Lehrkräfte ist es auch möglich, 
solche Kurse als Privat- (Familien-) Kurse abzuhalten. Die Anmeldung da¬ 
zu bedarf der Zustimmung aller anderen Kursteilnehmer. Sie können in 
den Sälen der Anstalt oder auch in Privathäusem stattfinden, falls ein 
großer Raum (mindestens 5:7m) vorhanden ist. Wer sich für einen sol¬ 
chen Kurs interessiert, möge sich zunächst in seinem Bekanntenkreis nach 
Teilnehmern umsehen; die Verwaltung übernimmt jederzeit die diesbezüg¬ 
liche Korrespondenz und die weitere Organisation. 

ZWEIGANSTALT BERLIN 

Bei dem regen Interesse, das die letzt jährigen Kurse in Berlin trotz der 
Schwierigkeit ihrer Durchführung (eine Lehrerin mußte allwöchentlich ein¬ 
mal von Dresden herüberfahren) gefunden haben, hat sich die Verwaltung 
zur Gründung einer Zweiganstalt in Berlin entschlossen. Zwei diplo¬ 
mierte Lehrkräfte der Bildungsanstalt werden in Berlin unterrichten. Dr.E. 
Jaques-Dalcroze wird die Kurse revidieren. Eine Berechtigung in der Me¬ 
thode Jaques-Dalcroze Unterricht zu erteilen, kann aber bei der Berliner 

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Zweiganstalt nicht erworben werden. Die Ausbildung der Lehrkräfte ge¬ 
schieht nur in Dresden-Hellerau unter der persönlichen Leitung von 
Dr. E. Jaques-Dalcroze. 

MISSBRAUCH DER METHODE 

Methoden können nicht durch Patente geschützt werden. Dadurch ist dem 
Mißbrauch weiter Spielraum gelassen und es ist für einen neuen Gedanken 
gefährlich, wenn er in ungenügender Weise vertreten wird. Man legt Mi߬ 
erfolge nicht dem Vertreter, sondern der Methode zur Last. Die Bildungs¬ 
anstalt Jaques-Dalcroze hat zum Schutze der Methode und des Namens 
Schritte getan (vgl. die Schulordnung). 

Die Anstaltsleitung hat die Bestimmungen zur Erlangung der Lehrberechti¬ 
gung in der Methode erheblich verschärft. Sie nimmt selbst zur Lehreraus¬ 
bildung nur Schüler an, die sich auf mindestens i Jahr, in der Regel 2 Jahre 
verpflichten, und sie hat eine Kommission von unabhängigen Fachmännern 
eingesetzt, die über die Befähigung zum Unterricht in der Methode Jaques- 
Dalcroze in einer von ihr abzulegenden Prüfung zu entscheiden hat. 

Der Prüfungskommission gehören an: Herr Adolphe Appia, Rivaz 
(Schweiz), Herr Paul Boepple, Basel, Herr Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. 
Max Friedländer, Berlin, Herr Prof. Friedrich Klose, München, Herr 
Geh. Reg.-Rat Prof. H. Kretzschmar, Berlin, Herr Generalmusikdirek¬ 
tor Max Schillings, Stuttgart, Herr Geh. Hofrat, Generalmusikdirektor 
Edler von Schuch, Dresden, Herr Generalmusikdirektor Fritz Stein¬ 
bach, Köln, Herr Jean d’Udine, Direktor des französischen Instituts für 
Rhythmische Gymnastik in Paris. 

Die von uns erteilten Diplome und Zeugnisse sind hier nachgebildet, da¬ 
mit jeder, der sich für solche Kurse interessiert, nachprüfen kann, ob der 
Lehrer die Befähigung zum Unterrichten besitzt. 

Außerdem hat eine Anzahl ehemaliger Schüler von Dr. Jaques-Dalcroze 
das Recht, in der Methode zu unterrichten. Sie haben nicht das Diplom, 
dürfen sich aber als „Von der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze anerkannte 
Lehrer der Methode“ bezeichnen. Für diese finden alljährlich besondere 
Ferienkurse statt, die sie mit der weiteren Entwicklung der Methode be¬ 
kannt machen. 

Die Anstalt erteilt jederzeit gern Auskunft, ob in einer Stadt eine von der 
Bildungsanstalt anerkannte Lehrkraft tätig ist. 

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BILDUNGSANSTALT 

JAQUES-DALCROZE 



hol in der vor der MbnpdoinnXGoo der Bldunpunyt 
Joques - Dolcroxe a b geleg ten Prüfwg den erfolgreichen 
Befuch des Normalem der Anftdt für die Ent¬ 

wicklung feiner mufikeGfehen Fähigkeiten nachgewieüen, 
worüber ihm <fie AnOoto-Leftung des vorliegende, von der 
Prüfungskoauraßion Unterzeichnete Zeugnis ousgeftefit hot 

Die Pröfungs- 
kommifliofi: 


Die AnftolhJeitung: 


Omdav4Uh« «n 



BILDUNGSANSTALT 

jAQUES-DALCROZE 



hat in der vor der PWfung A ommMBon der BÜdongianftdl 
Joques-Dofcroze abgelegten Prüfung de Befähigung nach- 
gewiefen, Elementar - Unterricht an Kinder in Rhythmi- 
fcher Gymnafiik nach Joques-Dalcroze erteilen zu können. 
Hierüber hat die AnQalts-Leitung das v orliegende, von 
der PröfungskommMion Unterzeichnete Zeugnis ausgefteOL 


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DIPLOM 


ZEUGNISSE 


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DIESES*WERK*ZU -HÖCHSTEM -WERT- GIEB • SICHERN • GRUND 9 
DER'SPRECHER^» %> DER:CHOR_s> 

^LECT-IHR-EINEN-GUTEN-GRUND-DENN- ] WUJEN_WIRj> 

“gSJ^^SSfSSSi- 

ERKEWTIHRDENTEFEßENSUtl'DESEßW GUT-DlEK\NDEl!~MlT'EUREMHKZEf 
Wre*CHOR» BLUTERZIEHT5E-EUCHZUMCUHMI 

ha—OFN'ERKENNEN^^IR-^ ZURE1NEREK1MEHSCHENTUKLS 

S DEt^ 5 PRECHER _9 NUN-LASST-EURE-KRÄFTE- 51 CHDE 

VDaTTOEUUCH'lKR-GANZ-EUCH-IHMWBHNlDER'MENSCHHEIT-ZUM-SEGE 

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