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BILDUNGSANSTALT
JAQUES-DALCROZE
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DER (RHYTHMUS
BIN JAHRBUCH
HERAUSGEG. VON DER
BILD UN GS ANS TA LT
JAQUES-DALCROZE
DRESDEN-HELLERAU
I. BAND
ERSTES BIS VIERTES TAUSEND/VERLEGT
BEI EUGEN DIEDERICHS IN JENA 1911
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DRUCK DER SPAMERSCHEN BUCHDRUCKEREI IN LEIPZIG
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Die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze will in ihr ein. Jahrbuch über ihre Ziele ZUR EIN-
und Leistungen Rechenschaft geben, will auch dem Gedanken, dem sie dient, FÜHRUNG
die Wege ebnen. Aber man vergesse nicht: ein Lebendiges läßt sich nur un¬
vollkommen und stückweise in Worte fassenl Man nehme daher das Folgende
mehr als Ausdruck eines gemeinsamen Willens in der Richtung einer Erneue¬
rung und Entfaltung lebendiger Kräfte, denn als Programm. Zu einer solchen
Registrierung des Gewollten fehlt, wo alles noch so lebendig und im Flusse
ist, das Bedürfnis. Und in Sachen der Kunst und der Erziehung ist das ein¬
zig Überzeugende Programm die Leistung. Soweit Gedankenarbeit aber in
Frage kommt, scheint uns die Formulierung des Problems wichtiger als die
Antwort: ist diese einmal da, so gehört das Problem schon zum toten Inven¬
tar unseres geistigen Besitzes. Und an solchem haben wir wohl schon mehr als
genug. So werden wir denn auch in den folgenden Bänden jene Mitarbeit
vor allem willkommen heißen, die unsere Erkenntnis vom Rhythmus befruch¬
tend uns ermutigt fortzufahren auf dem Wege einer Verwertung dieser geheim¬
nisvoll wirkenden Kraft für Menschenbildung und künstlerische Gestaltung.
Wir denken, der Künstler und der Gelehrte, der Erzieher und der Arzt wer¬
den hier noch etwas zu sagen haben. Er sei nur mit uns des frohen Glaubens,
daß im Menschen noch eine Fülle von Kräften schlummert, die es gilt zu
wecken und zu entwickeln. Der Rhythmus f so rätselhaft nach Ursprung und
Wesen / ist doch in jedem Fall Ordnung und Bewegung. Für eine Zeit,
die wie die unsere, die ungeahnte Fülle ihrer Kräfte ordnen will, ohne von
dieser Fülle etwas preiszugeben, die also eine Synthese des Lebendigen, nicht
des Gewesenen sucht, wird das Phänomen des Rhythmus zum Ausdruck inner¬
ster Not, geheimster Sehnsucht. Der Rhythmus allein gibt geformtes Leben.
Sv ist uns der Rhythmus fast ein metaphysischer Begriff geworden, er ver¬
geistigt das Körperliche und verkörpert das Geistige. Er rührt an die tief¬
sten Rätsel des Lebens. Die ,,BildungsanstaÜ ‘ ‘ Jaques-Dalcroze hat durch
die Persönlichkeit ihres Leiters und seine Methode ein fest umgrenztes Arbeits¬
gebiet. Dieses Arbeitsgebiet liegt aber an der Grenze zwischen Bewußtem und
Unbewußtem, dort, wo das Produktive im Menschen Gestalt gewinnt. Sie fühlt
sich daher in ihren Zielen allen denen verwandt, die an einer Synthese der leben¬
digen Kräfte arbeiten. Soweit die Lösung dieser Aufgabe durch Gedanken ge¬
fördert werden kann oder selbst Gedanken erzeugt, sollen sie uns in den folgen¬
den Bänden dieses Jahrbuches willkommen sein. Dieser erste Band beschränkt
sich auf das Nächstliegende, auf die Klarstellung unserer Aufgabe in Hellerau.
Er soll sagen, was wir wollen, soll auch sagen, wo und wie wir es wollen t
HELLERA U IM A UGUST 1911 • DR. WOLF DOHRN
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DIE AUFGABE DER BILDUNGS¬
ANSTALT JAQUES-DALCROZE
NIEDERSCHRIFT NACH EINER REDE ZUR GRUND¬
STEINLEGUNG DES INSTITUTES, GEHALTEN IM ALTEN
LANDHAUS ZU DRESDEN AM 22. APRIL 1911
VON DR. WOLF DOHRN
Verehrte Anwesende, liebe Freunde!
W ir versammeln uns heute nachmittag zur Feier der Grund¬
steinlegung für unseren Schulbau in Hellerau. Dort wird der
jüngste Schüler der Anstalt — ein Hellerauer Kind von 8 Jahren —
die ersten drei Hammerschläge tun zu einem Bau, der wie wenige
der Zukunft und den Kommenden geweiht ist. Wir können dies
nicht besser ausdrücken als durch dieses Symbol der ersten drei
Schläge des jüngsten Schülers.
Verehrte Anwesende! Unsere Anstalt unterscheidet sich von den
meisten Lehr- und Bildungsanstalten dadurch, daß sie einem ganz
bestimmten Gedanken dient: der Wiedergewinnung des Rhyth¬
mus in der Erziehung, in der Bildung der Persönlichkeit, in der
Kunst und im Leben.
So allgemein gesprochen mag nun freilich dieser Gedanke noch
nichts Überzeugendes haben. Ja, ich würde sehr wohl verstehen,
wenn man ihm sogar mit einigem Mißtrauen begegnete; denn die
Luft ist voll von Schlagworten, Anpreisungen, Illusionen, Pro¬
jekten, Ideen und Versuchen, die jede in ihrer Weise der Mensch¬
heit Erlösung, Kultur, Freiheit, Leben, Gesundheit und — was
weiß ich alles — zuwenden wollen, gleich als ob es für den Men¬
schengeist wie für den Körper eine Apotheke und einige Apothe¬
ker gäbe!
Ich fürchte sehr, hebe Freunde, wir werden manchmal mit solchen
Weltverbesserern verwechselt werden! Und wir werden uns das
auch wohl gefallen lassen müssen. Um so wichtiger aber erscheint
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es mir bei einer Gelegenheit wie der heutigen in großen Umrissen
Maß und Ziel unseres Wollens zu skizzieren. Und sei es auch nur,
um uns selbst Rechenschaft zu geben und damit Sie alle, die Sie
zum ersten Male heute hier sind, eine Anschauung dessen gewin¬
nen, was wir da draußen in Hellerau, vor den Toren der Stadt
Dresden planen und ins Werk zu setzen im Begriffe sind.
Freilich, ob ich da der richtige Dolmetscher bin, möchte ich be¬
zweifeln. Ich habe nicht wie viele von Ihnen das Glück gehabt,
das Wachstum der rhythmischen Gymnastik von ihren stillen,
sich selbst imbewußten Anfängen bis zum schattenspendenden
Baum mitzuerleben. Ich bin auch kein Musiker, kein Mensch der
Bühne, kein Arzt oder Pädagoge, mich kann weder das plastische
noch das malerische oder bühnenkünstlerische Problem der rhyth¬
mischen Gymnastik spezieller interessieren. Ich bin nur ein Dilet¬
tant. Das heißt ein Freund des Lebendigen. Mich legitimiert zu
dem, was ich sagen will, nur mein Glaube an die rhythmische
Gymnastik, mich drängt zur Aussprache das ursprüngliche, völlig
einzigartige Erlebnis, das ich hatte, als ich zum ersten Male eine
Stunde rhythmischer Gymnastik gesehen habe.
Es war hier in Dresden, im Saale von Miss Flint, die das Verdienst
hat, Jaques-Dalcroze zuerst zu einer Aufführung hier veranlaßt
zu haben. Erst hörte ich einen Vortrag von Jaques-Dalcroze. Ich
hörte ihn mit der ganzen Skepsis, die Neuerscheinungen gegen¬
über heutzutage fast zur Gewohnheit und zu einem notwendigen
Mittel der Selbsterhaltung geworden ist. Dann aber begannen die
Übungen. Und ich erlebte, was wohl jeder Mensch mit unverdor¬
benen Sinnen und mit dem geheimen, oft schüchtern verborgenen
Glauben an reines Menschentum erlebt, wenn er diese Übungen
sieht. Man kann nicht gleich sagen, was es ist, was einen so an¬
zieht und zugleich befreit und gefangennimmt, aber man spürt
unmittelbar und mit jener Gewißheit, die durch Überlegungen
nicht bewiesen, sondern nur verdeutlicht werden kann, daß hier
die Kräfte des Menschen zu einer neuen Synthese verbunden wer¬
den. Ich fühlte mich dem Ursprung alles Lebendigen nahe. Ich
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wußte, daß unser in Gewohnheiten träge gewordener Organismus,
Körper und Geist, hier von einer bestimmten Seite aus erneuert
und verjüngt werden konnte. Als ob nach langem Suchen der Punkt
gefunden sei, der getrennte Stromkreise verbindet, so durchzuckte
mich dieses Erlebnis der rhythmisch bewegten Körper.
Ein ähnliches Erlebnis hat, glaube ich, jeder von Ihnen gehabt, und
dieses rein menschliche Erlebnis, abseits von Kunst, Pädagogik,
Musik und jeder Art Reflexion ist und bleibt wohl für jeden von
uns der Grundstein seines Glaubens an die rhythmische Gym¬
nastik. Denn alles andere, verehrte Anwesende, mag durch die
Entwicklung überholt, mag auch von uns in seiner speziellen
Tragweite überschätzt werden, aber dieses Erlebnis gibt uns die
Gewißheit, daß J aques-Dalcroze in seiner Methode der rhythmi¬
schen Gymnastik eine Quelle menschlicher Kraft und Freude ent¬
deckt hat.
Jeder von uns tut gut daran, sich immer wieder dieses erste Erleb¬
nis zu vergegenwärtigen, denn es bewahrt ihn vor methodischer
Künstelei, vor Schulmeisterei, Schematismus, Verflachung und Pe¬
danterie. Und wenn jetzt wiederum achtzig ehemalige Schüler und
Schülerinnen für einen kurzen Osterferienkursus aus aller Herren
Länder hierher gekommen sind, so beweist auch dies, wie sehr alle,
die dieses Erlebnis einmal gehabt haben, nach seiner Erneuerung
trachten. Wir hoffen, auch in künftigen Tagen werden die alten
und neuen Freunde der rhythmischen Gymnastik sich in unse¬
rer neuen Anstalt in Hellerau zu Arbeit und Freude zusammen¬
finden !
Dieses Erlebnis, das, wie wir erfahren, fast jeder hat, der die rhyth¬
mischen Übungen sieht oder selber mitmacht, muß nun doch mit
ganz wichtigen und, wie es scheint, bisher vernachlässigten Funk¬
tionen unseres geistigen und körperlichen Daseins im Zusammen¬
hang stehen. Und ich glaube, man kann sagen: Jaques-Dalcroze
hat die Bedeutung des Rhythmus für die persönliche Entwicklung
des Menschen entdeckt. Diese Kraft, die bisher sozusagen als blinde
Naturkraft wirkte, oft erheiternd, belebend und reinigend wie in
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der Musik, oft ökonomisch und kraftsparend wie in jedem Arbeits¬
rhythmus, oft auch verheerend, wie in den Zuständen rhythmischer
Ekstasen, von denen die Jugendgeschichten aller Völker berichten
— diese Kraft für die Menschheit und ihre künftige Entwicklung
gewonnen, so gewonnen zu haben, daß wir sie beherrschen und ver¬
werten können, daß sie das Lebendige im Menschen befruchtet,
ordnet, erhöht, das bleibt das Ereignis, die eigentlich unverlierbare
Leistung von Jaques-Dalcroze, die — wie Sie wohl verstehen —
über das beschränkte Wirkungsgebiet des Musikers, des Päda¬
gogen oder irgendeines Spezialisten, der eine neue Methode er¬
findet, weit hinausgeht.
Richtig betrachtet, scheint mir die Methode Jaques-Dalcroze über¬
haupt keine Erfindung, soviel geistreiche Erfindung in ihrer Ent¬
wicklung auch stecken mag. Sie ist im Grunde eine Entdeckung.
Besser gesagt: eine Wiederentdeckung. Als Begleiter der Arbeit,
als Ordner der Spiele und Feste war der Rhythmus die immer
lebendige Kraft bisheriger Menschheitsentwicklung. Er wurde aus
seiner beherrschenden Stellung erst durch die ökonomische Ent¬
wicklung verdrängt, die Kopf- und Handarbeit auf immer von¬
einander geschieden und Handarbeit mehr und mehr in Maschinen¬
arbeit verwandelt hat. So erst ist, wie mir scheint, in Arbeit und
Leben der Rhythmus verloren gegangen. Wir sind entrhythmi-
siert. Das ist kein Zweifel. Und mag dieser Zustand, unter dem
wir alle leiden, auch vielerlei Ursachen und Erscheinungsformen
haben — jeder erlebt diese Anarchie auf seine Weise —, so ist
doch sicher die Tatsache, daß früher das tägliche Leben, die Ar¬
beit, eine rhythmische Form hatte, heute aber nicht mehr, für
diese unsere Krankheit der Arhythmie, wie es Dalcroze nennt, sehr
verhängnisvoll.
Soll der Rhythmus weiterhin für die Entwicklung der Menschheit
fruchtbar sein, so mußte er neu entdeckt, wiedergewonnen wer¬
den. Das ist die zeitgeschichtliche Leistung von Jaques-Dalcroze.
Er kannte wohl selbst nicht die Tragweite seiner Entdeckung, als
er zum erstenmal Körperbewegungen für Noten werte festsetzte.
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Es ging ihm wie manchem Entdecker: ihm wurde seine Entdeckung
geschenkt, geschenkt von dem über den Zeiten waltenden Geist,
der dafür sorgt, daß eine Entdeckung immer dann gemacht wird,
wenn sie ein Glied sein kann in der unendlichen Kette mensch¬
licher Aufwärtsentwicklung, der auch dafür sorgt, daß sie von dem
gemacht wird, der sie am besten verwerten kann. So ward Jaques-
Dalcroze zum Entdecker des Rhythmus —vermutlich, weil er die
stärkste schöpferische Begabung dafür war, ein Erzieher zugleich
und ein Künstler, der größte Enthusiast und der tätigste Optimist,
eine außergewöhnliche Arbeitskraft und ein Virtuos in der Kunst,
Menschen Freude zu machen, sie zu beleben, zu erhöhen, zu bü-
den, zu stärken. Wäre Jaques-Dalcroze nur der geistreiche Musiker,
als der er früher bekannt war, so hätte uns seine Entdeckung viel¬
leicht nur einige rhythmische Finessen in der Musik gebracht und
die eigentliche Zeitaufgabe wäre ungelöst gebheben. Wäre er nur
ein Musikpädagoge, so hätten wir zu den zahllosen Musikunter¬
richts-Methoden noch eine mehr bekommen — sicherlich eine
sehr geistreiche und zweckentsprechende, aber eben doch nur eine
Methode. Wäre Jaques-Dalcroze nur ein Mann des Theaters, so hät¬
ten wir vielleicht artistisch endende Reformversuche des Theaters
und des Tanzes bekommen. Aber J aques-Dalcroze wuchs mit seiner
Entdeckung. Er wurde universal wie der Rhythmus, dem er diente.
Und wie die rhythmische Gymnastik schon heute nicht mehr das ist,
was sie vor 3 oder 6 Jahren gewesen ist, so trägt ihn der Rhythmus
über sich und sein musikalisches Schaffensgebiet hinaus und er wirkt
in dem Bewußtsein, den Rhythmus als erzieherische und gestaltende
Kraft, als ordnendes Prinzip und formende Gewalt wieder lebendig
zu machen und inmitten einer virtuosen Verfeinerung alles Kunst¬
schaffens und Empfindens die J ugend wieder an den Ausgangspunkt
aller Künste: die rhythmische Bewegung im Raum zurückzuführen.
So erfüllt Jaques-Dalcroze, wie es scheint, eine von der Zeit selbst
gegebene Aufgabe und mit der Aufgabe wachsend erweitert er sie
selbst immer mehr und entdeckt immer neue Möglichkeiten und
Ergebnisse.
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Ich brauche Ihnen dies nicht im einzelnen auszuführen. Sie alle neh¬
men teil an diesen Freuden des Entdeckens, Sie erleben immer wie¬
der Neues, finden es zum Teil selbst und gewinnen — viele von
Ihnen wissen selbst nicht woher — die Kraft, diese höchste Span¬
nung des Schaffens mitzumachen. Sie werden aus Schülern Mit¬
arbeiter und beweisen damit, daß es sich bei uns um eine lebendige
und damit auch wirklich notwendige Sache handelt. Die Idee wird
in Ihnen produktiv. Und so kann es gar nicht anders sein, als daß
Sie an die Zukunft der rhythmischen Gymnastik glauben.
Aber das Zeitgemäße und Notwendige dieser Erziehung läßt sich
für den, der weniger dem Erlebnis als der Überlegung vertraut,
auch auf anderem Wege verdeutlichen.
Mir hat es immer ein bedeutsames Zeichen geschienen, daß, völlig
unabhängig von Jaques-Dalcroze, ja früher als er, ein deutscher
Gelehrter, kein Musikhistoriker, kein Kunsthistoriker, sondern
ein nüchterner Nationalökonom die Bedeutung des Rhythmus
für die bisherige Entwicklung der Menschheit festgestellt hat —
und zwar machte er diese Entdeckung sozusagen „zufällig“ durch
die unbefangene Prüfung und Vergleichung einer Reihe von Tat¬
sachen. Karl Bücher veröffentlichte 1896 in den Abhandlungen
der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leip¬
zig eine kleine Schrift mit dem Titel: „Arbeit und Rhythmus“.
Darin führt er den Nachweis, daß auf der primitiven Stufe der
Menschheit alle Arbeit rhythmische Form hatte, daß es überhaupt
nur eine Art menschlicher Betätigung gegeben habe, die, in welcher
„Arbeit, Spiel und Kunst“ eine Einheit gewesen sei. Der aber, der
diese, für uns so verschiedenartigen, fast gegensätzlichen Formen
menschlicher Energieäußerung zur Einheit verschmolz, war der
Rhythmus. Büchers Schrift erlebte seitdem mehrere Auflagen. Sie
wurde wesentlich erweitert und durch eine Fülle von Tatsachen
in ihrem Grundgedanken bestätigt. Unter den deutschen Gelehr¬
ten der Nationalökonomie ist Bücher der besonnenste Kopf; einer,
der sich durch den feuilletonistischen Reiz eines Gedankens gewiß
nicht verführen läßt, einer, der vierfache Beweise fordert, ehe er
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die Richtigkeit eines Gedankens sich selber zugibt. Es ist nun von
großem Reiz, zu verfolgen, wie Bücher mit nüchternem Tatsachen¬
sinn die Bedeutung des Rhythmus als eines Erziehers der Mensch¬
heit durch die Jahrtausende hindurch, in allen Völkern, auf allen
Wirtschaftsstufen nachweist. Der Rhythmus lehrte die Menschen
arbeiten, lehrte sie, das Notwendige mit Freude zu tun, und weckte
so in der Arbeit die Phantasie, die Freude am Gestalten. So über¬
trug sich der Rhythmus der arbeitenden Hand auf das bearbei¬
tete Objekt, und in dem dunkeln Gefühl dieses Zusammenhangs
sprechen wir auch in der sichtbaren Gestaltung des Architekten,
Künstlers, Technikers, Handwerkers von dem im Werk lebendigen
Rhythmus.
Auch Kräfte sparen und Kräfte verdoppeln lehrte den Menschen
der Rhythmus. Er automatisierte die in der Arbeit wieder¬
kehrenden Griffe und Bewegungen, so daß sie dem Arbeitenden
selbstverständlich wurden. Er ließ ihn seiner Arbeit gegenüber frei
und damit schöpferisch werden. Er vereinigte aber auch durch den
Arbeitsgesang viele Menschen zu einem Werke, lehrte sie bewäl¬
tigen, wozu der einzelne zu schwach war, ermöglichte so erst die
Büdung von Gruppe und Gemeinschaft und sozialisierte den
Menschen: die Voraussetzung jeder höheren Entwicklung. Der
Rhythmus lehrte den Menschen auch Feste feiern und höheren
Regungen Ausdruck geben: der Arbeitsgesang, selbst schon ein
Spiel, wurde zum Fest, und das Fest entwickelte das erste Kunst¬
werk : den Tanz. Dieser, zuerst eine sakrale Handlung, wurde zu
einer Kunstform und differenzierte sich in Bewegung, Ton und
Wort, in Plastik, Musik und Poesie. Und so enthält denn auch
Büchers Schrift einen geistreichen Abschnitt über den Ursprung
der Poesie aus dem Rhythmus der Arbeit.
Der Rhythmus aber, wie er der Lehrmeister gewesen ist bei allen
Anfängen sozialen Lebens, wirtschaftlicher Arbeit, künstlerischen
Gestaltens, blieb auch Begleiter, Förderer, Ordner der Arbeit und
des Lebens durch die Jahrtausende menschlicher Entwicklung,
blieb es, solange überhaupt die Körperbewegung des Menschen
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das beherrschende Moment der Arbeit gewesen ist. Kein Hand¬
werk, das nicht seine Arbeitslieder hatte, kein Individuum also,
das nicht viele Stunden am Tage in rhythmischer Betätigung ver¬
bracht hätte. Unbewußt, ohne es zu wollen und zu suchen, war
der Einzelmensch belebt und behütet von dem Rhythmus seiner
Beschäftigung. Und diese äußere Ordnung war die Voraussetzung
seines inneren Gleichgewichts. Wir können es ja noch jetzt gewahr
werden, wenn uns Menschen begegnen, die noch fest und sicher
in irgendeiner Handwerkstradition wurzeln. Solche Menschen
ruhen in sich selbst.
Nun ist es meine feste Überzeugung: ein Faktor, der jahrhunderte¬
lang den inneren und äußeren Menschen so beherrscht hat, wie
es der Rhythmus in jeder Art Arbeit getan hat, kann nicht auf
einmal aus der Entwicklung des Menschen getilgt werden —
wenigstens nicht, ohne den erheblichsten Schaden zu tun. Er
kann sich den Zeitverhältnissen entsprechend umbilden, kann
aber nicht einfach ausgeschaltet werden. Das widerspräche aller
Ökonomie im Haushalt der Natur. Irgendwie muß er ersetzt wer¬
den. Wir sehen ja auch, wie das Bedürfnis nach rhythmischer
Betätigung die Tanzsäle aller Dörfer rings um die große Stadt
füllt! Das ist nicht Vergnügungssucht, wie der oberflächliche Mo¬
ralist meint. Das ist die natumotwendige Äußerung eines Triebes,
dem seine normale Betätigung genommen ist. Und wer nicht tanzt,
geht spazieren oder treibt Sport: auch hier rhythmische Bewe¬
gungsformen. Oder aber, um ein markantes Einzelbeispiel zu
zitieren: Bismarck, ein leidenschaftlicher Tänzer bis in sein Alter
hinein, erzählt in den „Gedanken und Erinnerungen“, wie sein
kaiserlicher Herr, der ob dieser „Würdelosigkeit“ seines bejahrten
Kanzlers oft den Kopf geschüttelt hatte, schließlich den Kanzler
selbst auf Bälle schickte, weil er merkte, daß Bismarck um- und
zugänglicher, freier und besserer Laune war, wenn er am Abend
vorher getanzt hatte! So scheint der Rhythmus, aus dem Zentrum
unseres Lebens, den Arbeitsstätten, vertrieben, noch an der Peri¬
pherie stärkend, belebend, ordnend zu wirken, ohne daß man sich
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dessen bewußt geworden ist. Nur die Militärs, diese guten Psycho¬
logen der Masse, haben nie vergessen, welche belebende und dis¬
ziplinierende Gewalt der Rhythmus ausübt: wenn alle Kräfte zu
schwinden drohen, wenn alles der Auflösung nahe ist, dann erklingt
Musik und der Truppenkörper wird wieder lebendig und straff.
Merkwürdig! Die Schule hat sich diese erzieherische Gewalt des
Rhythmus fast «gar nicht zunutze gemacht! Sie, die ebensolche
Veranlassung hätte, Psychologe zu sein und in dem heutigen
Massenbetrieb der Erziehung alles aufzugreifen, was das Indi¬
viduum, auch in der Masse, persönlich packt, belebt und festigt,
sie hat den Rhythmus als erzieherische Kraft noch kaum ent¬
deckt, sie verwertet ihn, sozusagen mehr aus Zufall, beim Mädchen-
tumen und Marschieren. Sie ist noch vielfach befangen in dem
Schema eines unfruchtbaren Intellektualismus, sie hat die Auf¬
gabe noch nicht erfaßt, die Jaques-Dalcroze in einem Vortrag vor
Pädagogen einmal so treffend formuliert hat, wenn er sagt, daß
die Schule doch nicht nur die Aufgabe habe, die Krankheit der
Unwissenheit zu heilen, sondern durch Formung und Erziehung
der büdsamen Jugend beizutragen zu einer Aufwärtsentwicklung
der Rasse. Und doppelt wichtig erscheint diese Aufgabe der Schule
in einer Zeit, wo der Mechanismus des äußeren Lebens, der wirt¬
schaftliche Existenzkampf so gewaltig groß geworden ist, daß der
Einzelmensch kaum die Kräfte hat, diesen Kampf siegreich zu be¬
stehen, kaum weiß, wie er gegenüber dem Mechanismus, Leben
genannt, sein bißchen Persönlichkeit behaupten soll. Ist da nicht
die Stärkung der seelischen Kräfte des inneren Menschen die wich¬
tigste Aufgabe der Jugenderziehung? Gewiß ist die Vorbereitung
für den Spezialberuf wichtig und unerläßlich, aber diese Speziali¬
sierung geht bei dem erzogenen Menschen, der arbeiten kann, schnell
genug — fast zu schnell. Alles im Leben der Gegenwart drängt ja
daraufzu. Die Schule aber sollte jede Kraft begrüßen und pflegen,
die den Menschen erzieht, ohne ihn zu spezialisieren, die Körper
und Geist gleichmäßig, weil einen durch den andern bildet und an
die Stelle eines unfruchtbaren Intellektualismus auf der einen und
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eines ebenso unerfreulichen Körperathletentums, auf der andern
Seite ein System beseelter Körperübungen oder wenn Sie wollen:
verkörperter Geistes- und Willensübungen setzt. Beides nämlich
ist die rhythmische Gymnastik. Und zwar beides in jeder ihrer
Übungen. Daher ihr einziger, unersetzlicher Wert!
Hier scheint mir, verehrte Anwesende, die wichtigste — wenig¬
stens die greifbarste Zeitaufgabe der rhythmischen Gymnastik vor¬
zuliegen — die, an welcher Sie, die Sie Lehrer der rhythmischen
Gymnastik sind oder werden wollen, in erster Linie berufen sind,
mitzuarbeiten. Unsere Anstalt kann nur das weithin sichtbare Sym¬
bol dieses Gedankens sein. — Sie kann nur dafür sorgen, daß die
Lehrkräfte gut ausgebildet werden, die Methode selbst nicht durch
minderwertige Nachahmungen in ihrem Ansehen gemindert und
daß überhaupt alles vermieden werde, was in rein geschäfts¬
mäßiger Weise den Unterricht verflachen könnte. Den Gedanken
selbst verbreiten und lebendig machen, das ist Ihre Aufgabe.
Und ich denke, es ist ein großes Glück, das Ihnen damit zuteil
wird, denn sie können nun, was so wenig Menschen gegeben ist,
ihre regelmäßige Berufsarbeit verrichten in dem Bewußtsein, einer
höheren Idee zu dienen und den Zusammenhang der rhythmi¬
schen Gymnastik mit der großen pädagogischen Aufgabe der Zeit
lebendig zu erhalten!
Und es muß Ihnen leicht werden, diesen Zusammenhang festzu¬
halten! Wie viele von Ihnen, die Sie jetzt im ersten Jahr an der
Anstalt sind, haben in ihren Arbeiten über ihre ersten Erfah¬
rungen im Unterricht Herrn Jaques geschrieben: ich habe nur eine
Methode für musikalische Ausbildung gesucht und eine Lebens¬
bereicherung ohnegleichen erfahren. Sie brauchen nur was Sie selbst
erleben, in andern wieder lebendig zu machen, und Sie setzen den
Rhythmus als Erzieher wieder in seine Rechte ein!
Vielleicht mag manchem dieser Gedankengang künstlich erschei¬
nen. Er kann einwenden, daß, wenn wirklich der Rhythmus eine
so umfassende Macht im Leben der Völker gewesen sei, doch eine
natürlichere Art seiner Wiedererweckung in der Gegenwart ge-
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fanden werden müsse, nicht ein System von Körperbewegungen,
nicht eine langwierig zu erlernende Methode 1 Aber beachten Sie
wohl: die Art, in der diese Wiedererweckung des Rhythmus als
eines gestaltenden Faktors unseres Innenlebens geschieht, ent¬
spricht auch sonst der Art, wie unsere Zeit bestrebt ist, sich aus
ihrer tiefen Unkultur herauszuarbeiten und Form zu gewinnen.
Ehemals war dieser Prozeß ein unbewußter. Man redete nicht so
viel wie heute von Kultur. Vielleicht wurde sie dann auch wert¬
voller. Vielleicht auch nicht. Sie wurde jedenfalls von selbst — wie
um die Flamme der Lichtschimmer leuchtet. Heute scheint das
anders sein zu müssen. Ob wir wollen oder nicht — ohne bewußtes
Streben, überlegsame Sammlung, ohne Rede und Schrift scheint
eine neue Kultur sich nicht herausbilden zu können. Sie wird in
höherem Maße als früher ein bewußter Vorgang und so wird auch
der Rhythmus, der früher Leben und Arbeit der Völker instinktiv
beherrschte und formte, durch die rhythmische Gymnastik zu¬
nächst eine etwas bewußte Sache, ein System von Übungen, das
den Rhythmus als eine von innen heraus regelnde Kraft in den
Jahren der Entwicklung des Menschen zur Geltung bringt, indem
es ihm neue Wirkungsbahnen eröffnet und damit dem Unbewußten
im Menschen neue Ausdrucksmöglichkeiten und harmonische Äuße¬
rung verschafft. Indem aber dieses System bewußter Übungen
mit der Zeit automatisch wird, vergrößert es nur den Wirkungs¬
grad des Unbewußten. Es bewirkt eine Ökonomie und damit eine
Steigerung der Kräfte.
So betrachtet könnte man wirklich fast den Vergleich wagen und
sagen, Jaques-Dalcroze hat uns durch sein System rhythmischer
Körperbewegungen gelehrt, diese psychische Naturkraft, den
Rhythmus, so zu beherrschen und zu verwerten, wie uns die tech¬
nischen Erfinder gelehrt haben, die Spannkraft des Dampfes oder
der Elektrizität zu beherrschen. Der Rhythmus, der bisher unbe¬
wußt und instinktartig wirkte, kann nun für die Entwicklung der
Menschheit bewußt verwertet werden. In diesem Sinne nenne ich
die Methode Jaques-Dalcroze eine Entdeckung und eine Zeitnot-
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wendigkeit. Und von hier aus werden Sie verstehen, warum wir für
die Methode ein so großes Institut, und warum wir dieses Institut
nicht in Dresden, sondern auf freiem Lande, in Hellerau, in der
Nähe des Waldes, in reiner Luft, hundert Meter höher als Dres¬
den, und in einem Ort erbauen, der die Kunst an die Lösung
der sozialen Aufgaben, zuvörderst an die Lösung der Wohnungs¬
frage, direkt heranführt und so die Kunst als ein notwendiges Bil¬
dungsmittel, als ein soziales Erfordernis unserer Zeit begreift. In
einem solchen Ort muß sich von selbst ein höheres soziales Be¬
wußtsein entwickeln und solches Bewußtsein baut sich auf der
Erkenntnis auf, daß jeder von uns berufen ist, durch überzeugtes
Handeln und Wirken seinen Platz auszufüllen und so an der Neu¬
bildung unserer Kultur mitzuwirken. Gewiß soll in dem Hellerauer
Institut eine gründliche Fachbildung für Musiker, Bühnenkünstler
und Pädagogen geboten werden. Nur halten wir bloß die Fach¬
bildung für echt, die Menschenbildung ist. Wir wollen doch Men¬
schen erziehen, nicht Fachspezialisten! Nur Persönlichkeiten kön¬
nen die Aufgabe lösen, die die Zeit fordert.
So soll denn die Anstalt in Hellerau nicht nur Gelegenheit geben
zum Lernen, sondern vor allem auch Gelegenheit gesund zu wer¬
den, Gelegenheit nachzuholen, was der Intellektualismus unserer
Zeit an uns allen gesündigt hat. Sie wissen, wie das gemeint ist!
Um eine Kultivierung ästhetischer Gefühle oder sonstiger Un¬
fruchtbarkeiten handelt es sich nicht. Dazu wird viel zu viel und
zu ernst gearbeitet. Es gibt, glaube ich, wenig Schulen, an denen
mit solcher Anspannung und solcher Freude gearbeitet wird, wie
es dieses Jahr hier geschehen ist! Und deshalb ist es gut, daß die
Anstalt nach Hellerau kommt, wo lebenskundiger Optimismus die
Dinge vorwärts treibt und ringsherum in neuen, künstlerisch ernst
zu nehmenden Bauten der gestaltende Wille einer neuen Gene¬
ration zutage tritt.
Es ist ja nicht leicht gewesen, diese Gründung dort zu ermög¬
lichen. Warum nicht besser in der Stadt, wo ein Besuch des
Unterrichts erleichtert ist? Und warum gleich so groß, wo die
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Sache doch neu, der Erfolg noch zweifelhaft ist ? Warum außer¬
halb Dresdens, wodurch man sich manche Sympathie verscherzt,
manche Tür verschließt? Diese und ähnliche Fragen mögen be¬
rechtigt sein für den, der die universale Macht des Rhythmus
nicht kennt. Für uns konnte es nichts andres geben. Mit Recht
schrieb mir Herr Jaques-Dalcroze in seinem ersten Brief aus Genf:
DALCROZE-
SCHULE
HELLERAU
ENTW. ARCH.
HEINRICH
TESSENOW
„In Berlin oder einer andern Großstadt werde ich nur eine Musik¬
schule machen , in Hellerau den Rhythmus zur Höhe einer sozialen
Institution erheben können ''.
Und wie lebensvoll setzt er dieses Wort in Hellerau bereits in die
Tat um! Sie haben alle die Unterrichtsstunden gesehen, die den
Kindern von Hellerau, Kindern aller Stände und jeden Alters ge¬
geben werden. Sie haben die freudige Disziplin, den kindlichen
Enthusiasmus bei diesen Stunden miterlebt!
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„So soll denn auch“, wie es in der Gründungsurkunde heißt, die
wir heute nachmittag in den Stein versenken werden, „der Bau in
Hellerau in der überzeugenden Klarheit seiner äußeren Gestal¬
tung und seiner inneren Raumverteilung ein Zeugnis zugleich
und ein Ausdruck des in ihm lebendigen, großen und starken Ge¬
dankens sein“. „Und wenn der Bau“, so sagt die Urkunde, „trotz
SONNENBAD
DER
DALCROZE-
SCHULE
ENTW. ARCH.
HEINRICH
TESSENOW
mancherlei Schwierigkeiten an dieser Stelle und in dieser Gestalt
ersteht, so zeugt auch dieses für den Gedanken, der in der Be¬
währung seiner Kraft an Kraft gewonnen hat!“
Betrachten Sie das Modell und die Zeichnungen hier im Nebensaal!
Es ist ein Bau, der streng und sachlich an seiner Stelle steht und
ebendeswegen die allerstärkste Wirkung ausüben wird. Ein Bau,
dem es von ferne anzusehen ist, daß er nicht bloß einen Zweck er¬
füllt, sondern einem Gedanken dient. Und die gleiche Wirkung
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DALCROZE-
SCHULE
ERD¬
GESCHOSS
Der große Saal im Mittelbau geht durch 3 Geschosse (Höhe 12 m). Die quadra¬
tischen Seitensäle gehen durch 2 Geschosse (Höhe 8 m). Die länglichen Neben¬
säle (auch Wandelgänge) sowie die Garderobenräume sind eingeschossig (4—5 m).
Rechts und links vom Gebäude an die Bäder anschließend Höfe für Luft- und
Sonnenbad.
wird, wie ich hoffe, das Innere üben. Die Raumgestaltung selbst
soll zur Ordnung, zur Ruhe und Sicherheit, zur inneren Sauber¬
keit nötigen. Alles darin ist so klar und hell, so übersehbar und
erfüllt von dem stillen Zauber der Proportion!
Wer Pläne zu lesen versteht, wird dies schon an den Grundrissen
erkennen. Und wem dies versagt ist, der kann aus den Plänen
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DALCROZE-
SCHULE
OBER¬
GESCHOSS
Der durch alle Geschosse gehende große Saal enthält einen Zuschauerraum für ca.
700 Personen. Der Bühnenraum am Kopfende des Saales (16 x 16 m) ist durch
die Nebensäle erweiterungsfähig. Die Beleuchtung des Saales ist hinter Stoff¬
wänden in den Seitennischen und an der Decke angebracht und gewährt ein
diffuses, schattenloses, farbig veränderliches Licht.
entnehmen, daß für reichliche Badegelegenheit gesorgt ist, für
Luft- und Sonnenbad, eventuell auch für Dampf- und Lichtbad,
für helle, geräumige Übungssäle, für einen Erfrischungsraum und
eine Bibliothek. Und alles dies bietet sich in schönster Lage mit
weiter Fernsicht bis hinunter nach Dresden und darüber hinweg
in das Erzgebirge und das Elbsandsteingebirge.
2 Der Rhythmus » t-j
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Noch von manchem anderen könnte ich sprechen! Vor allem von
dem großen Saale, dessen schattenlose Beleuchtung eine zauber¬
hafte Wirkung ausüben wird. Hier will Jaques-Dalcroze den Rhyth¬
mus für die Bühne fruchtbar machen und die Schüler und Bewohner
von Hellerau werden sich selbst und andern Feste geben, wie sie
an keinem Orte sonst geboten werden können. Doch sei dies nur
angedeutet! Hier ist besser: gestalten als reden. Die Zukunft wird
zeigen, welche Möglichkeiten hier der Gestaltung harren.
Ein anderes Gebiet sei aber noch kurz erwähnt: das hygienische.
Inwieweit da die Bauanlage vorarbeitet, ist schon angedeutet. Dar¬
über hinaus aber soll auch die Verpflegung und das Wohnen so
eingerichtet werden, daß die Schüler und Schülerinnen in den ein;
zwei J ahren, die sie bei uns verbringen, an Leib und Seele gesunde,
aktive, gelöste, frohe, starke Menschen werden können. Nichts von
Medizin, kaum einmal ein Arzt und doch dauernde Genesung!
Wir haben für gute Unterkunft gesorgt. Mit dem Institut bauen
wir ein großes Wohnhaus mit 40 Zimmern und mehrere kleinere
Wohnhäuser mit je 5 bis 15 Zimmern. Hier können die Schüler
und Schülerinnen gruppenweise zusammen wohnen, während sie
sich zu den Mahlzeiten in dem großen Speisesaal des großen Wohn¬
hauses treffen und in der Halle, der Bibliothek, der Terrasse, dem
Garten und dem Wald, je nach Tages- und Jahreszeit, Plätze der
gemeinsamen oder einsamen Erholung haben. Und als sei es Be¬
stimmung eines großen Gedankens, vom Glück begünstigt zu sein,
so haben wir auch in Frau Dr. M. Mabel-Riess, einer in Deutsch¬
land lebenden Engländerin, eine Persönlichkeit gefunden, die die
englische Kultur des äußeren Menschen mit deutscher Geistesbil¬
dung vereinigt. Sie hat es aus Freude und Liebe zur Sache über¬
nommen, diesen gewiß wichtigen Teil des Werkes aufzubauen. Wir
danken ihr und den Freunden, die ihr die Durchführung dieser
Aufgabe finanziell ermöglichen, für die vertrauensvolle Zuversicht,
die sie in unser junges, manchem noch allzu phantastisch erschei¬
nendes Unternehmen setzen.
So scheinen denn, verehrte Anwesende, die Vorbedingungen zu
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einem starken und schnellen Wachsen des Gedankens, der uns
hier zusammengeführt hat, in unerwartet reichem Maße gegeben.
Diejenigen von Ihnen, die seit mehreren Jahren treu zu Jaques-
Dalcroze und seinem Gedanken stehen, müssen heute eine leb¬
hafte Genugtuung empfinden. Denn die rhythmische Gymnastik
ist aus dem Stadium des zukunftsvollen Werdens in das des er¬
folgreichen, wirkungsreichen Seins eingetreten, sie bekommt eine
Heimat, die sie sich selbst erobert hat, einen Bau, der stark und
groß für die Höhe und Klarheit des Gedankens zeugt.
So lassen Sie uns denn heute nachmittag im Beisein der Schüler
und Schülerinnen des Normalkursus des i., 2. und 3. Jahrganges,
im Beisein der vielen Teilnehmer des Osterferienkurses und der
Dilettantenkurse, im Beisein auch des Vorsitzenden des Komi¬
tees zur Gründung eines Instituts für Dr. E. Jaques-Dalcroze,
Sr. Exzellenz des Herrn Grafen von Seebach, dem ich für ver¬
trauensvolle Förderung des Werkes dankbar bleibe, den Grund¬
stein zu unserem Institut in Hellerau legen. Wir sind wie eine
große vielhundertköpfige Familie, eine Familie aus aller Herren
Länder. Nicht weniger als 14 Nationalitäten sind unter den Schü¬
lern und Schülerinnen der rhythmischen Gymnastik heute hier
vertreten. Sie alle sind hier vereinigt im Zeichen des Rhythmus!
Einen uns allen gemeinsamen Bau sollen Sie helfen gründen!
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ADOLPHE APPIA • ÜBER
URSPRUNG UND ANFANG DER
RHYTHMISCHEN GYMNASTIK 1 »
(ÜBERTRAGUNG AUS DEM FRANZÖSISCHEN)
E in Werk wurzelt immer in der Persönlichkeit seines Schöpfers,
nicht in äußeren Umständen. Diese können hemmen oder för¬
dern, nicht schaffen. Hier wie sonst ist alles die Persönlichkeit.
Zum Wesen der Rhythmischen Gymnastik gehört es, keines ihrer
Elemente von außen herbeigeholt zu haben. Sie hat sich aus der
Persönlichkeit ihres Schöpfers entwickelt, wie ein gerade auf¬
schießender Stamm aus dem Boden, in den er seine Wurzeln ver¬
senkt, dem er seine Nahrung dankt. Indem wir die Gründe dieser
merkwürdigen und bedeutenden Erscheinung in der Persönlich¬
keit von Jaques-Dalcroze aufsuchen, gelangen wir zu einer intime¬
ren und zuverlässigeren Kenntnis ihres Wesens und Werdens.
Zwei verschiedene Strömungen in der Natur dieses sehr beweg¬
lichen Mannes haben zu dieser bedeutsamen Entdeckung einer
organischen Verbindung des menschlichen Körpers mit der Musik
geführt. Diese Strömungen entsprechen ausgeprägten Eigentüm¬
lichkeiten seines Wesens: seinem pädagogischen Genie und seiner
Kraft zur Synthese. Man gestatte mir diese Formeln für eine sehr
glückliche Verbindung verschiedener Eigenschaften. Man wird
gleich verstehen, was ich meine.
Man gestatte überhaupt, daß ich solche Unterscheidungen und
Teilungen — vielleicht etwas gewaltsam und konventionell — da
!) Wir hielten für richtig, in dem I. Band unseres Jahrbuchs eine Darstellung der
Anfänge der Rhythmischen Gymnastik zu geben, und freuen uns, in Herrn Adolphe
Appia jenem stillen und nachhaltigen Mitarbeiter von Jaques-Dalcroze das Wort zu
geben, der in seinem Buch „Die Musik und die Inszenierung“ der modernen Be¬
wegung zur Stilisierung der Bühne ihre Zielpunkte gegeben hat. Das Buch selbst ist
fleißiger gelesen und benutzt als genannt worden. Es ist 1897 bei Bruckmann er¬
schienen. Damals wußten Appia und Jaques-Dalcroze noch nichts voneinander. Daß
sie sich kennen lernten, ist einer jener fruchtbaren Zufälle, die kein Zufall sind.
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vornehme, wo es sich um eine Persönlichkeit handelt, die wie
wenige einheitlich und wie wenige in jedem Augenblick ein Ganzes
ist. Ich glaube aber den Punkt zu treffen, auf den es ankommt, und
— will man versuchen, Unerklärliches zu erklären, so muß man
zergliedern.
Einer der wichtigsten Züge dieses pädagogischen Genies ist seine
Unfähigkeit, die Schüler als Klasse, als Gruppe zu nehmen. Die
Gruppe bleibt für ihn eine Anzahl Einzelner. Jeden sieht er als Indi¬
vidualität und jeden behandelt er als Einzelwesen, das sich ihm an¬
vertraut hat. So behält er die Fähigkeit zu äußerst scharfer, äußerst
produktiver Beobachtung. Dazu kommt, was fast eine notwendige
Folge und Ergänzung solcher Beobachtungsgabe ist: die Unfähig¬
keit zu systematisieren, abzuschließen, das Bedürfnis, immer freie
Bahn vor sich zu sehen und mit seinen Schülern, seinen Mit¬
arbeitern ein immer neues Leben um sich herum zu schaffen. Wer
das Produktive eines solchen Verhältnisses von Lehrer und Schüler
für beide Teile recht zu würdigen weiß, der wird die Anfänge der
rhythmischen Gymnastik besser verstehen — Anfänge, die üb¬
rigens so einfach waren, daß es Mühe macht, sie als solche über¬
haupt zu erkennen und festzulegen, die aber auch, abgesehen von
aller Chronologie, lebhaftes Interesse verdienen.
Die Kraft zur Synthese entspringt aber bei Dalcroze dem unab¬
weisbaren Bedürfnis, alle Mittel des Ausdrucks zu vereinigen und
sie einem lebendigen Kunstwerk dienstbar zu machen. Bei Dal¬
croze ist alles Leben und alles Leben ist synthetisch und jedes
Element hat nur Geltung, soweit es an dem Konzert dieses Le¬
bens teilnimmt. Alle Aktivität dieses aus Aktivität bestehenden
Mannes ist darauf gerichtet, die Ausdrucksmittel im Hinbück auf
ein hohes Ziel einander über-und unterzuordnen. Vielleicht wußte
er selbst nicht, in welch hohem Maße ihn dieser Trieb beherrscht
— jedenfalls liegt darin das Geheimnis seines unaufhaltbaren Auf¬
stiegs.
Einzelbeobachtung also während der Stunden am Konservato¬
rium, insonderheit während seiner Solfege-Stunden, die dank der
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Lebendigkeit seiner Unterweisung für ihn eine unerschöpfliche
Quelle neuer Erkenntnisse wurden, und immer wiederholte Ver¬
suche zu neuen Kombinationen und Verbindungen, wie sie seine
mehr oder weniger dramatisch und mimisch bewegten, so erfolg¬
reichen Kinderlieder und später, für die älteren Schüler, seine
Tanzlieder darstellen, vereinigten sich zu jenen Erfahrungen, die
Dalcroze befähigten, seine ersten Versuche in der Verkörperung
des musikalischen Rhythmus zu machen.
In den Solf&ge-Stunden ließ Dalcroze zu den Gehörsübungen den
Takt schlagen und machte die Entdeckung, wie wertvoll es für
die Schüler sei, wenn sie durch diese Bewegungen zur Musik in
ein direktes, körperliches Verhältnis kämen. Auch erweckten die
Bewegungen bei den meisten ein Gefühl von innerem Einklang,
ja von Schönheit. Sie waren nicht ein bloß technisches Hilfsmittel,
und Dalcroze — ein Künstler auch als Pädagoge — beobachtete
die Wirkung dieses disziplinierenden Taktschlagens. Die Körper
verloren etwas von ihrer Lässigkeit, als wollten sie sich an den
Taktbewegungen der Arme beteiligen, als ließen sie sich vom mu¬
sikalischen Rhythmus durchdringen.
Bei den Kinderliedem andrerseits mußte ihm auffallen, welchen
Spaß es den Kindern machte, mit dem Gesang entsprechende Be¬
wegungen zu verbinden, und wie förderlich dem Kinde diese Be¬
wegungen waren — auch abgesehen von der Freude, die das Kind
immer empfindet, wenn es in seinem Spiel eine Rolle spielen kann.
Die Beziehungen aber zwischen der Musik und den Bewegungen
des Körpers wurden ihm besonders deutlich bei den Gebärden¬
hedem, die er für seine Schüler am Konservatorium komponierte,
und die, weil dramatisch weniger pointiert, dem rein musikalischen
Element größeren Spielraum ließen. Er sah, daß Haltung und
Bewegung die Musik gut begleiteten — aber eben nur begleiteten,
daß, wie exakt auch das Spiel der Schüler war, die zwei Elemente
sich doch nicht organisch und unauflöslich zu einem Ausdruck
vereinten. Er bemerkte selbst bei diesem einfachen Nebeneinander
den Widerstand des Körpers. Er begriff, daß er nichts erreichen
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könne, solange er nicht den Impuls zur Bewegung mit dem Wider¬
stand, den der Körper ihm notwendigerweise entgegensetzte, durch
exakte rhythmische Schulung des Körpers zum Ausgleich gebracht
hatte. Und so häuften sich die Beobachtungen. Es schien, als woll¬
ten sie den Meister zur Lösung des Problems nötigen — eines Pro¬
blems, das für ihn immerhin noch schlecht formuliert war.
Und es ergab sich eine immerhin gefährliche Situation.
Die Kallisthenischen Spiele und Szenen verleiteten ihn, nach der
Seite des Plastischen, der äußeren Schönheit, der Nachahmung von
Werken der bildenden Kunst hin, seine Studien zu betreiben, und
seine große Leichtigkeit im Erfinden, beflügelt von dem jugend¬
lichen Enthusiasmus seiner Schüler, trieb sie alle miteinander einer
etwas oberflächlichen Freude an äußerlicher Schönheit entgegen.
Es fehlte die künstlerische Strenge, die in jedem Falle solches Spiel
beherrschen und durchdringen muß. Es fehlte die Basis, sozusagen
das Handwerk, es fehlte ein System von Solfeggien für den Körper.
Manch anderen an Stelle von Dalcroze hätte dies nicht sonderlich
bekümmert; er hätte sich auf gemacht, ein System zu bereiten und
schlecht und recht nun Plastik und Musik zu verbinden.
Hier aber rettete den Künstler der Pädagoge.
Was die rhythmische Gymnastik zu dem gemacht hat, was sie
ist, das ist Jaques’ Verhältnis zu seinen Schülern, sein Bedürfnis,
sie als Individualitäten zu nehmen. Niemals hätte er für seine
Kunst jene tiefe und ernste Einsicht besessen, die allein ihre Zu¬
kunft sicher stellt, wenn er nicht jedem seiner Schüler jenes rein
menschliche Gefühl entgegengebracht hätte, das ihm den Blick
für das Wesentliche freihielt und dem Schüler die Gewißheit gab,
daß der Meister in seiner Liebe und Sorge ein ganz besonderes per¬
sönlich bestimmtes Verhältnis zu ihm hatte. Daraus erwuchs jene
unerschütterliche Treue der Schüler zu ihrem Meister, die das Genie
auf seinemWege unbedingt braucht. Diese Gegenseitigkeit von Leh¬
rer und Schüler zeichnete Dalcroze den Weg, den er zu gehen hatte
und den er dann so erfolgreich und beherzt beschritten hat.
Sammelte also Dalcroze aus seiner Kraft zur Synthese die Ei -
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fahrungen, die zuerst seine Aufmerksamkeit auf das ferne Ziel
lenkten, so hat er den ersten Schritt zur Verkörperung des
Rhythmus doch erst gemacht, als er sich auf seine pädagogische
Aufgabe besann. Sein Solf&ge-Unterricht gab ihm mit der For¬
mulierung des Problems auch den Schlüssel seiner Lösung.
Lehrer und Schüler — sie sind in der Tat unzertrennlich — fragten
sich, ob es nicht möglich sei, gleichzeitig den Takt mit den Armen
und den Rhythmus mit den Beinen anzugeben. Sie versuchten
es, und man nannte dies „faire les pas“. Dies war der Anfang
der rhythmischen Gymnastik.
Es war ein vereintes Suchen und Arbeiten. Gewiß war der Lehrer
der unvergleichliche Anreger, aber ebensoviel nahm er an An¬
regung und Hinweisen von den Schülern. Vor solchen Anfängen
kann man nicht anders, als sich in Ehrfurcht neigen. Schritt für
Schritt — man darf dies fast wörtlich nehmen — entwickelte sich
ein ABC der Bewegung. Für die musikalischen Elemente fanden
sich körperliche Entsprechungen und so befriedigend war der Fort¬
gang, daß Dalcroze den Direktor des Genfer Konservatoriums um
Erlaubnis bat, eine besondere Stunde für diese Übungen, dieses
„faire les pas“, einzurichten. Bis dahin nämlich hatten diese Übun¬
gen nur in der freien Zeit und ohne jeden offiziellen Charakter
stattgefunden. Diese Erlaubnis wurde verweigert; man deutete
ihm an, er entwickle sich, wie es scheine, zum Tanzlehrer.
Darauf — es war im Jahre 1904 — mietete Dalcroze in der Nach¬
barschaft des Konservatoriums einen kleinen Raum, und hier
wurde während der Stunden, die der offizielle Stundenplan des
Konservatoriums freiließ, das unbekannte Neue in langsamer, von
der Ungewißheit des Erfolges sorgenvoll bewegter Arbeit errun¬
gen. Eine heroische Zeit für die, welche sie erlebt haben! Während
Genf nichts wußte oder nichts wissen wollte von dem großen Werk,
das sich in seinen Mauern entwickelte, gaben einige junge Mädchen
— die Schülerinnen des Meisters — und ihre Eltern ein Beispiel
der Treue und des Glaubens. Sie bereiteten in der Stille und ohne
es zu wissen die Zukunft in Hellerau.
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Mai 1905 waren Lehrer und Schülerinnen so weit, daß sie gelegent¬
lich des Musikfestes in Solothurn eine öffentliche Vorführung „der
Schritte“ wagen durften. Der Erfolg war bedeutend und das Ur¬
teil der Pädagogen und Musiker ermutigte Dalcroze, dem Komitee
des Genfer Konservatoriums einen genauen Bericht über seine
Arbeit mit dem erneuten Gesuch um Zulassung dieses Unterrich¬
tes im offiziellen Stundenplan des Konservatoriums zu unter¬
breiten. Er erhielt eine entschiedene Absage und die offiziellen
Stellen trugen ihm gegenüber die größte Gleichgültigkeit zur
Schau. Zur Aufklärung des Publikums hielt Dalcroze noch im
gleichen Jahre im September einen Vortrag, aber ohne Vorführung
seiner Schüler. Man hörte ihn an — wie immer mit Beifall. Aber
hatte man ihn verstanden ?
Schließlich siegte bei ihm der Wunsch, regelmäßige Kurse zu er¬
öffnen. Ein passender Saal wurde gemietet, und in diesem Saal be¬
gann die Reihe der Entdeckungen, die aus den Versuchen der
Taktier- und Schrittbewegungen die rhythmische Gymnastik er¬
wachsen ließen.-
V or dem begonnenen Werk steht das Genie wie vor einem Rätsel.
Er frägt, es antwortet — nicht immer! Ist das Werk in den
Grundzügen bestimmt, ist es ein Bild, eine Statue, eine Symphonie,
ein Gedicht, so sind seine Antworten bestimmter, oder besser gesagt:
sie werden infolge der Tradition von Kunsterfahrungen bestimmter
verstanden. Aber kommt dasWerk nicht in irgendeiner Form zum
Abschluß, muß es sich im Gegenteil langsam und allmählich in der
endlosen Folge der Zeit entwickeln — ist es sozusagen nur ange¬
fangen, weil begonnen, hat es aber als ein Lebendiges weder An¬
fang noch Ende —so wird das Rätsel seines Daseins quälend. Das
Genie seines Schöpfers hat gut fragen. Das Werk kann nichts an¬
deres antworten als: „Ich gehorche deiner inneren Not, deinem
ewigen Wunsch, fahre fort zu wünschen, ich werde fortfahren zu
gehorchen, je reiner dein Wunsch, je adeliger deine Not, desto
besser werde ich gehorchen.“
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So ungefähr war die innere Lage J aques - Dalcroze's und seiner
Schülerinnen, als die regulären Kurse in rhythmischer Gymnastik
begannen. Das „Solfege der Bewegungen“ war für den Körper fest¬
gelegt, aber was nun ? Wie weiter ? Zu welchem Ende ? Sie wußten
es selbst nicht, Lehrer und Schüler, und sie gingen von Tag zu
Tag einem Unbekannten entgegen.
Es ist nicht möglich, an dieser Stelle Einzelheiten über die Arbeit
dieses an Entdeckungen reichen Jahres zu geben. Und versuchte
ich es, wie wollte ich sie anschaulich machen ?
In diesem Winter nun übten äußere Einflüsse auf das Werk von
Jaques Dalcroze eine nachhaltige Wirkung. Der Künstler litt häu¬
fig unter dem Unvermögen, in Worten und Begriffen präzis zu er¬
fassen und wiederzugeben, was er intuitiv geschaut und mit der
ganzen Kraft seiner Seele verwirklichen wollte. Er brauchte eine
Terminologie, ein Gerüst für sein Sinnen und Trachten. (Die Bio¬
graphie großer Künstler gibt uns für solche Ergänzungen durch
das theoretische Denken häufig Belege.) Der Professor der Phy¬
siologischen Psychologie an der Universität Genf, Herr Eduard
Clapar£de, sehr interessiert für die rhythmische Gymnastik durch
das, was er gesehen und gehört hatte, verhalf ihm zu dieser Ter¬
minologie, und Dalcroze ergänzte durch Lektüre und Nachdenken,
was er aus den Gesprächen mit Clapardde für sich gelernt hatte.
So konnte er seine pädagogischen und künstlerischen Erfahrungen
an wissenschaftlichenTatsachen messen und verknüpfen. Man wird
begreifen, mit welchem Eifer der Pädagoge die Tatsachen der Wis¬
senschaft ergriff, um sie zu persönlichen Erfahrungen umzuformen.
Von dort datiert die Beachtung, die er den verschiedenen Formen
der Muskelinnervation, dem Impuls der Hemmung, den toten Zei¬
ten, dem plötzüchen „Hopp“ mit seiner Bereitstellung des ganzen
Nervensystems angedeihen ließ. Von da an datiert — wenn auch
kein System, so doch eine Methode der rhythmischen Gymnastik,
eine bewußte, im einzelnen begründete Art des Unterrichts und
der Beobachtung.
Frühjahr 1906 veranstaltete Dalcroze eine Aufführung von rhyth-
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mischer Gymnastik mit plastischen Übungen. Er hielt einen Vor¬
trag und das Publikum war voller Neugierde, aber doch ohne
recht zu verstehen, wohin das Ganze führen sollte. Wiederholt
mußte Dalcroze vom Flügel aufstehen und an der Rampe des
Podiums die Zuschauer bitten, dies alles doch nicht als Theater
anzusehen. Immer wieder mußte er darauf hinweisen, daß es sich
um einen pädagogischen Versuch handle, um den Versuch einer
Übertragung des musikalischen Rhythmus auf den menschlichen
Körper. Die Aufführung hatte Erfolg, aber kein Ergebnis.
Im Sommer dieses Jahres 1906 fand dann der denkwürdige erste
Normalkurs statt. Damals glaubte Dalcroze, in 14 Tagen die Er¬
gebnisse seines langen Forschens zeigen und mitteilen zu können.
Alle Teilnehmer erwarteten eine Anzahl von Vorträgen, erläutert
durch Übungen der Schülerinnen. Ein jeder glaubte, daß er sol¬
chermaßen erbaut nach Hause fahren könne, wohl wissend, was
es mit der rhythmischen Gymnastik für eine Bewandtnis habe.
Weit gefehlt! Innerhalb fünf Minuten wußte uns Dalcroze be¬
greiflich zu machen, daß man sich bequemen müsse, selbst zu
üben und an sich selbst die große Erfahrung zu machen. Alles wei¬
gerte sich. Wie ? Der Verstand sollte nicht ausreichen, der ganze
Körper mußte sich mit der Sache befassen ? Sich selbst sollte man
dieser merkwürdigen Prozedur aussetzen ? Der Augenblick war zu¬
gleich komisch und ernst. Ernst, denn für die rhythmische Gym¬
nastik bedeutete es Sein oder Nichtsein. Jeder mußte unbedingt
begreifen, daß die rhythmische Gymnastik eine persönliche Er¬
fahrung war, nicht eine „Methode“, ein System. Diese Erkennt¬
nis mußte den Anfang jeder Unterweisung bilden und — einzige
Kraft der Persönlichkeit: eine Viertelstunde später konnte man
Herren und Damen verschiedensten Alters und Abstammung, im
Straßenkleid, den Weisungen des Lehrers entsprechend Bewegun¬
gen ausführen sehen. Dem unverhofft Eintret enden gewiß ein merk¬
würdiges, völlig unverständliches Schauspiel!
Solche Kurse wiederholten sich 1907, 1908,1909. Die Beteiligung
wurde immer größer, immer internationaler. Und die Kurse selbst
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wurden mit jedem Jahre reichhaltiger, denn es häuften sich die
Erfahrungen jedes Winters. Sie bestätigten das Erreichte und füg¬
ten Neues hinzu. Zum Schluß des Normalkurses 1909 fand das
erste Diplomexamen für Lehrer der rhythmischen Gymnastik statt
— ein Diplom, dessen Einführung sich notwendig gemacht hat,
weil einzelne, die nur einem einzigen Kursus von I4tägiger Dauer
beigewohnt hatten, mit der Methode Mißbrauch trieben, Kurse
anzeigten und abhielten, obwohl sie natürlich noch durchaus un¬
fähig waren, die Methode zu lehren. Zwischendurch machte Dal-
croze Reisen, hielt Vorträge und zeigte die Methode in den Übun¬
gen seiner besten Schüler. Welche Summe von Arbeit, Anstren¬
gung, Initiative! Während dieser fünf Jahre der Vorbereitung —
welches Maß von Widerstandskraft, heroischem Mut und unbe-
zwinglicher Zuversicht! In Genf, wo er doch von Freunden um¬
geben war, fand er Gleichgültigkeit oder Tadel oder — was fast
noch mehr entmutigen kann — die schädliche und unbeständige
Bewunderung einiger Ästheten. Nur in den germanischen Ländern
fand er Widerhall und ernste Beachtung. Man suchte ihn zu hal¬
ten, aber noch lehnte er alles ab, was ihn seiner Heimat entzogen
hätte.
In dieser Zeit des Probierens fand Jaques-Dalcroze in Fräulein
Nina Gorter eine treue Verbündete, eine von Tag zu Tag ihn
unentbehrlichere Mitarbeiterin. Sie ist es ihm gebheben bis auf
den heutigen Tag. Fräulein Gorter war Lehrerin an einem Ber¬
liner Konservatorium. Dort hatte sie schon frühzeitig die Kinder¬
lieder von Jaques-Dalcroze einstudiert, zum Teil auch übersetzt.
Sie verließ ihre gesicherte Stellung in Berlin, angelockt von der
großen Aufgabe, die Dalcroze sich gestellt hatte. Zwei Jahre vor
den ersten öffentlichen Darbietungen der rhythmischen Gymna¬
stik kam sie nach Genf. So hat sie an den Anfängen in allen ihren
Einzelheiten mitgewirkt.
In Basel vermochte Paul Böpple die rhythmische Gymnastik an
der Töchterschule, an der er als Musiklehrer wirkte, dank der ver¬
ständnisvollen Förderung des Direktors dieser Schule, in den offi-
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ziellen Lehrplan aufzunehmen. Böpple, ein unbestechlicher Kur-
wenal, äußerst fein in seiner Empfindung, großmütig, ernst und
fröhlich zugleich, war wie geschaffen, um dem Meister zu folgen
und Schritt für Schritt seinenWeg mitzugehen und das Seine zum
Erfolg beizutragen. Sein Name wird von der rhythmischen Gym¬
nastik unzertrennlich bleiben. Noch einige andere Freunde waren
mit Dalcroze. Ich kann hier natürlich nur die nennen, die von
allem Anfang an dabei waren, aber was konnten sie ihm bieten
außer Enthusiasmus und Verehrung ?
Soweit also war die rhythmische Gymnastik in Genf gediehen.
Sie war in der Lage eines jungen Menschen, der seine Ausbildung
vollendet, sein Selbstvertrauen entwickelt hat und der nun in die
Welt zieht, sein Glück zu versuchen. Dalcroze hatte, wie gesagt,
in Deutschland am meisten Verständnis und Beachtung gefun¬
den. Von hier kam nun auch der Anstoß zur Entfaltung der Rhyth¬
mischen Gymnastik in größerem Umfang. Und er hätte kaum
günstiger kommen können.
Wie oft erleben wir es, daß wertvolle menschliche Keime in Kunst,
Wissenschaft und Leben nur allzu schnell einer geschäftsmäßigen
Ausbeute zum Opfer fallen und in künstlich hochgetriebener Blüte
verwelken, noch ehe sie Frucht getragen! Wie viel Opfer der Re¬
klame kennt die Kunst unserer Tage! Hier wurde es anders.
Nach einer Reihe glänzender Schüleraufführungen der rhythmi¬
schen Gymnastik in Deutschland erhielt Jaques-Dalcroze eine
Aufforderung von Dr.Wolf Dohrn, sich gelegentlich einer Dres¬
dener Aufführung die neuentstehende Gartenstadt Hellerau an¬
zusehen und zu prüfen, ob sich ihm hier nicht ein geeignetes Wir¬
kungsfeld böte. Schon früher hatte Karl Schmidt, der Gründer
der „Deutschen Werkstätten“ und der Gartenstadt Hellerau, Dal¬
croze den Gedanken nahegelegt, das musikalische Leben der ent¬
stehenden Gemeinde zu organisieren. Dalcroze besuchte Hellerau
und schrieb dann an Dr. Dohm, er sei bereit zu kommen, wenn
ihm ein Institut gebaut werde, das die Möglichkeit biete, sein Werk
sowohl in pädagogischer wie künstlerischer Beziehung zur Entfal-
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tung zu bringen. Und mit dem Scharfblick des schöpferischen Men¬
schen hatte Dalcroze in dem, was in Hellerau war, erkannt, was
daraus werden konnte. Das Wichtigste fand er gegeben: Opfer¬
freudigkeit, Wirklichkeitssinn und jenen Optimismus schaffens¬
freudiger Menschen, deren Wirken auch von Erfolg begleitet schien.
Ihm, der bisher auf eigne Hand und auf eigenes Risiko seine Ideen
weiterverfolgt und gegen Indifferenz und Ubelwollen zu verwirk¬
lichen gesucht hatte, boten nun die Brüder Wolf und Harald Dohm
mit Kraft, Zuversicht, frohem Mut und Ehrerbietung eine Lage an,
in der er — vielleicht noch mehr als früher — aber mit der vollen
Gewißheit des Erfolges arbeiten konnte. So nahm denn Dalcroze
das Anerbieten an und kam 1910 nach Dresden. Ihn begleiteten
— gewiß der schönste Erfolg der Genfer Kampf jahre — 46 seiner
Schüler und Schülerinnen. Ein glänzendes Zeugnis seiner pädago¬
gischen Persönlichkeit und seiner synthetischen Kraft! —
D ieser kurze Rückblick auf den Ursprung und die Anfänge der
rhythmischen Gymnastik hat, so glauben wir, eins zur Genüge
erwiesen: ein Werk, das leben will, muß sich auch nach den Ge¬
setzen lebendigen Wachstums entwickeln. Keine Gewalt könnte
und dürfte seine Blüte beschleunigen. Nur eine geduldige und
ständige Pflege kann ihm frommen. Diese muß es ihm erleich¬
tern, in dem Nährboden Wurzeln zu schlagen, in den er gehört,
muß ihm auch Licht und Luft zu Wachstum und Ausbreitung j
geben. I
Wir haben einen Einbück getan in die Mühen und Kämpfe, die 1
keinem Schöpfer erspart bleiben. Aber wir haben eines noch ver¬
gessen : mit dem Geschenk des Lebens, das Dalcroze in so hohem
Maße besitzt, ist ihm noch ein anderes zuteil geworden: das Ge¬
schenk der Freude. Seine Schüler wissen davon zu erzählen. Auch
in den Stunden trüber Entmutigung — und es hat nicht an sol- 1
chen gefehlt — flammte doch dieses Feuer der Freude, womit der
Meister sie erwärmte, erleuchtete und leitete. Ihr Leben wird im- 1
mer von dieser Freude umleuchtet sein. I
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Wer die Luft des Instituts in Dresden-Hellerau geatmet, wer um
sich herum diese mit Aktivität erfüllte Atmosphäre — einzig in
der Art brüderlichen Zusammenwirkens und gegenseitiger Hilfe
im eifrigen Verfolgen eines mit Inbrunst erstrebten Zieles, wer
sich das Bild des großen, stillen, festlich strengen Gebäudes auf
der Höhe von Hellerau gegen den blauen Himmel vergegenwär¬
tigen kann und mit ihm den Meister, umgeben von seinen Schü¬
lern und Schülerinnen, umgeben auch von der fröhlich lärmenden
Kinderschar von Hellerau, und wer sich sagt, daß alle diese so ver¬
schieden an Alter, Nationalität und sozialer Stellung, doch von
einem Gedanken beseelt und getragen sind, der kann hierin die
lebendigste Bestätigung der Worte aus dem Schlußchor der „Neun¬
ten“ finden:
DEINE ZAUBER BINDEN WIEDER
WAS DIE MODE STRENG GETEILT.
ALLE MENSCHEN WERDEN BRÜDER
WO DEIN SANFTER FLÜGEL WEILT.
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WAS DIE RHYTHMISCHE GYMNA¬
STIK IHNEN GIBT UND WAS SIE
VON IHNEN FORDERT
ANSPRACHE VON DR. E. JAQUES - DALCROZE AN DIE
SCHÜLER UND SCHÜLERINNEN DES NORMALKURSES
I. JAHR*)
Meine lieben Schüler!
Mit Interesse habe ich gelesen, was Sie mir über Ihre Erfahrungen
im Unterricht geschrieben haben. Sie geben Eindrücke wieder,
die Sie durch unsere Studien empfangen haben und ehe ich näher
darauf eingehe, möchte ich Ihnen sagen, daß ich sehr befriedigt
bin von der ernsten und sachgemäßen Art, mit der die Mehrzahl
unter Ihnen sich zu dem Thema geäußert hat. Das Vertrauen, das
Ihnen meine Ideen einflößen, gibt auch mir neue Schaffensfreude
und Kraft. Über die Zukunft der Schüler des ersten Jahrgangs bin
ich nun vollkommen beruhigt. Sie nehmen diese Erziehung ernst.
Was mir Ihre Arbeiten über Ihren Charakter offenbaren, macht
mich sicher, daß wir bis zum Schluß Freunde bleiben und daß Sie
freudig das Ziel erreichen werden, das Sie sich vorgesetzt haben.
Alle ? Nein, gewiß nicht ? Es gibt unter Ihnen einige Schwache
und einige Zögernde, einige, die mir unbegabt scheinen. Aber bei
dem größten Teil von Ihnen finde ich jenen Mut, jene Kraft,
jene Widerstandsfähigkeit und jene Liebe zur Kunst, die für
künftige Erzieher unerläßlich sind.
i) Dr. E. Jaques-Dalcroze hatte den Schülern und Schülerinnen die Aufgabe ge¬
stellt, die Eindrücke niederzuschreiben, die sie während des ersten Vierteljahres
ihres Unterrichts empfangen hatten. Diese Niederschriften und Briefe sind der
Gegenstand der folgenden Ansprache. Von dem Geiste des Instituts, dem Wesen
der Methode und dem Verhältnis von Lehrer und Schüler glaubten wir durch, den
Abdruck dieser Rede ein lebendigeres Zeugnis zu geben als durch Berichte über
die Methode. Der Leser wird den Zweck solcher Ansprache im Auge behalten.
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Mir scheint, das Ziel meiner Erziehung ist von der ganzen Klasse
richtig verstanden worden. Aber nur ein kleiner Teil unter Ihnen
hat die Einheit begriffen, die die verschiedenen Teile der Methode
zusammenhält. Sie unterscheiden alle Rhythmische Gymnastik,
Gehörsbildung, Improvisation, erkennen aber nicht das Prinzip,
das die verschiedenen Zweige verbindet. Das kommt natürlich
daher, daß einzelne von Ihnen mehr von dem musikalischen Teile
der Methode angezogen worden sind, andere durch die plastische
Seite und noch andere durch die ethische und soziale Seite. Viele
möchten einfach ihren Körper entwickeln, andere, der größere
Teil, hat die Absicht, sich dem Lehrberuf zu widmen. Es scheint
mir infolgedessen nützlich, erst im allgemeinen unsere Studien
zu charakterisieren, ehe wir auf Einzelnes eingehen. Ich spreche
also zunächst von der Idee, die unsere Lehre begründet.
I ch habe immer den Eindruck gehabt, daß man an öffentlichen
Schulen und Kunstinstituten die Schüler viel zu sehr mit den
äußeren Resultaten der Kunst oder Wissenschaft bekannt macht,
zu sehr mit den Ideen anderer, zu wenig mit sich selbst und dem
Wege, zu sich selbst zu kommen und aus sich selbst heraus etwas
zu entwickeln. Ehe man ihnen zeigt, was die Umgebung, in der
sie leben müssen, Wichtiges bietet, sollte man ihnen Gelegenheit *
geben, sich selbst kennen zu lernen, sie anleiten, sich von ihren
eigenen Kräften, ihren eigenen Gedanken und schöpferischen
Fähigkeiten Rechenschaft zu geben. Kennen sie erst einmal ihre
eigene Persönlichkeit, so kann man ihnen die Wege zeigen, sich mit
anderen auseinanderzusetzen. Erst dann werden sie daraus nütz¬
liche Lehren für ihre eigene Entwicklung ziehen können. Sich
selbst erkennen, das sollte das Ziel der ersten Erziehung sein!
Dieses suche ich in unseren Studien vor allem zu erreichen. Wer
sich kennt, lernt sich beherrschen! Die Entwicklung des Charak¬
ters ist das Erste und Wichtigste!
Gewiß habe ich mein System zuerst als Musiker erdacht und für
Musiker! Aber je weiter ich fortgeschritten bin, um so mehr habe
3 Der Rhythmus q o
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ich gemerkt, daß, wenn auch die Musik eine sehr wichtige Rolle
in der Erziehung für und durch den Rhythmus spielt, doch der
Nutzen dieser Erziehung hauptsächlich in zwei Dingen besteht.
Nämlich: erstens in der Ausbildung der allgemein menschlichen
Eindrucks- und Ausdrucksfähigkeiten und zweitens darin, daß
dem Menschen die Rückkehr zu seinen natürlichen Regungen er¬
leichtert wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Mensch
erst dann reif zu einem speziellen Kunststudium wird, wenn der
Charakter gebildet, die Ausdrucksfähigkeit entwickelt ist.
Zunächst müssen wir für alle körperlichen Übungen, die von unse¬
rem Geiste geleitet werden, und für alle Gedanken, die sich auf
unsere körperliche Erfahrung stützen sollen, die Empfindungs¬
fähigkeit entwickeln, das, was man Temperament nennt. Wie
wollen sie Künstler sein, Sie, die zu neun Zehntel nicht einmal
wissen, was Sie denken und was Sie können ? Wie wollen Sie im¬
stande sein — unter welcher künstlerischen Form es auch sei —
Empfindungen auszudrücken, deren Nuancen Sie zu messen nicht
fähig sind! „Kunst“ ist stilisiertes Darstellen von Bildern, die in
unserem Geiste durch Empfindungen erzeugt werden. Bei großen
Geistern mögen diese Bilder vielleicht angeboren sein, jedenfalls
ist bei Ihnen die Anlage zu deutlichen und klaren Empfindungen
* und Bildern angeboren. Eine Erziehung scheint nicht nötig. Ich
habe aber nicht die Anmaßung, Genies zu erziehen. Diese kümmern
sich auch um keine Erziehung. Ihr Instinkt leitet sie. Ihr Tempera¬
ment reißt sie mit sich fort. Aber die anderen, jene, deren Instinkte
halb schlafen, und denen die Kraft fehlt, ihren Instinkten einen
natürlichen Aufschwung zu geben, muß für sie diese Erziehung
nicht eine Befreiung sein ? Lohnt sie nicht der Mühe ? Sollen sich
dadurch, daß die Vögel von selbst fliegen können, die Menschen etwa
abhalten lassen, Flugversuche zu machen und die Luft zu erobern ?
Mag es auch nicht möglich sein, ein Temperament zu schaffen, so
ist es doch gewiß möglich, es zu entwickeln. So gut wie das Muskel¬
system, kann man auch das Nervensystem entwickeln.
Mancherlei Hindernisse hemmen das Individuum an dem künst-
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lerischen Ausdruck seiner Erlebnisse, aber es gibt Mittel, diese
Hindernisse wegzuräumen und dem Organismus seine ganze Frei¬
heit wiederzugeben. Warum gibt es so viele Menschen, die in
ihrem Gehirn eine große Menge gehäufter Gedanken haben und
in ihrer Seele dumpfe unbestimmte Regungen, Menschen, die nicht
imstande sind, diese Gedanken zu ordnen und diese Regungen
in ihrer ganzen Fülle und ihrer ganzen Kraft zu erleben? Das
kommt, wie ich meine, daher, daß die Empfindungen, die diese
Gedanken und diese Regungen erzeugt haben, weder vollständig
erlebt worden sind, noch den ganzen Organismus, so wie sie es
sollten, in Schwingungen versetzt haben. Die Empfindungen
haben auf einen unentwickelten Körper gewirkt, auf einen Körper,
der keine natürlichen rhythmischen Formen besitzt, kein Maß,
kein Gleichgewicht, keine Fülle des Lebens. Achten Sie selbst
einmal darauf, wenn Sie sich an manchen Tagen besonders frisch,
leistungsfähig, elastisch fühlen — ist es nicht, als seien Sie sich
deutlicher jeder Empfindung, jeder Bewegung Ihres Körpers be¬
wußt ? Sie glauben sich in höherem Maße Herr Ihrer selbst, Herr
Ihres Körpers, Herr Ihres Geistes. Sie, die Musiker, sind an solchen
Tagen innerlich voller Musik, die Maler und Bildhauer voller Figur,
die Handelnden voller Entschlüsse! Alles, was Sie anpacken, ge¬
lingt — gelingt, weil Sie Ihre Kräfte kennen, weil Sie nur wollen,
was Sie können! Hören Sie dann Musik, die Ihrem inneren Zu¬
stand entspricht, so finden Sie diese Musik in dem Kunstwerk
wieder, Sie vergessen vollständig jede Analyse, Sie lassen sich fort¬
tragen und mächtige Wechselströme der Empfindung schwingen
zwischen Ihren eigenen tiefsten Rhythmen und denen, die im
Augenblick der Schöpfung denUrheber dieses Kunstwerkes beseelt
haben. So sehr ist der schöpferische Funken, der in jedem Men¬
schen schlummert, an solchen Tagen gesteigerter und klarer Emp¬
findungen zur Flamme entfacht! Bei manchen, den Genies, mag
es eine fortwährende Flamme sein, bei uns Minderbegabten ist es ein
Funke, der manchmal glüht. Glauben Sie mir, die Disziplin der
Empfindungen und die Übung der Impulse ist für jede persön-
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liehe Ausbildung grundlegend. Dieses und nichts anderes suche
ich mit meiner rhythmischen Gymnastik zu erreichen.
Das Temperament entwickeln heißt unsere Fähigkeit des Mit¬
schwingens vermehren, heißt aber auch, durch Willenskraft nutz¬
lose Schwingungen unterdrücken. Mag sein, daß alles Leben Be¬
wegung ist, aber nicht alle Bewegung ist Leben! Es gibt Leute,
die vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen
in Schwingung sind und doch nicht wissen, was Leben ist. Der Wille
ist nicht nur nötig, um Nützliches zu verrichten, sondern auch,
um bewußt oder unbewußt Handlungen zu unterdrücken, die
schädlich oder gefährlich sind.
Einer von Ihnen fragt, ob ich glaubte, daß Menschen, die un¬
fähig seien, in geistiger Beziehung zu wollen (d. h. unfähig, ihre
Gedanken zu ordnen und ihre Phantasien zu beherrschen), auch
notwendigerweise unfähig sein müßten, in bezug auf ihre körper¬
liche Entwicklung ein Ziel zu verfolgen, und ob umgekehrt, die
Tatsache, daß man den Willen zur körperüchen Entwicklung be¬
sitze, einen Einfluß habe auf den Willen zur geistigen Entwick¬
lung? Ja und Nein. Es gibt Leute, die meinen, sie könnten wol¬
len, während sie im Grunde nur ihren Instinkten gehorchen. So
verwendet jemand z. B. viel Willenskraft auf die Entwicklung
seines Körpers. Er möchte ihn schön haben, damit andere ihn
bewundern. Bei diesem scheint mir der Wille durch Eitelkeit be¬
stimmt. Und so ist bei drei Vierteln aller Menschen der Wille auf
beschränkte Ziele gerichtet — und natürlich auf angenehme, denn
der Mensch ist geborener Egoist. Er will oft nur die von seinen
Fehlern ablegen, die ihn in schlechtes Licht setzen, und so kommt
es, daß manche Leute viel Willenskraft zeigen, wenn es sich dar¬
um handelt, ihren Körper zu beherrschen, und gar keine, wenn
es sich um die Beherrschung des Geistes handelt. Und umgekehrt.
Aber mir scheint wahrscheinlich, daß ein Mensch mit geschwäch¬
ten Muskeln und Nerven auch moralisch schwach ist. Kommt die¬
ser nun durch Willenskraft dazu, seinen Körper zu kräftigen, so
wird ihn das Selbstvertrauen, das aus diesem Fortschritt erwächst,
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in Stand setzen, auch geistige und moralische Fortschritte zu
machen.
Wer am wenigsten kann, kann am meisten!
Der Wille wird wie eine Zentralheizung, die aus dem Keller durch
Röhrenleitungen die Wärme in jede Etage des Hauses führt.
Es gibt Leute, die einen Willen haben, aber die nicht wissen , wie
man seinen Willen in Tat umsetzt. Andere haben einen Willen,
aber können ihren Willen nicht in Tat umsetzen. Ich bin fest über¬
zeugt, diesen zwei Arten von Menschen wird die rhythmische
Gymnastik ein nützlicher Helfer sein. Aber freilich, sie vermag
nichts über die, die können , aber nicht wollen. Diese Starrköpfe
lassen wir besser ganz beiseite. Beschäftigen wir uns mit denen, die
den wahren Durst nach Entwicklung haben. Diese werden Fort¬
schritte machen, sobald man sie zwingt, Schritt für Schritt vorzu¬
gehen, so daß sie den einmal gemachten Fortschritt übersehen kön¬
nen. Blickt man nach dem weitentf ernten Ziele, so merkt man nicht,
daß man ihm wirklich näher kommt und läßt den Mut sinken. Ver¬
trauen ist aber die wichtigste Vorbedingung jedes Fortschrittes!
Ein Schüler schreibt mir: „Ich habe mich gefragt: worin liegt
es, daß die Resultate der gewöhnlichen Musikschulen so unver¬
gleichbar geringer sind als diejenigen, die Sie mit Ihrer Me¬
thode erzielen. Ich glaube, es kommt daher, daß die Lehrer für
unmöglich halten, solche Anforderungen an Durchschnittsschüler
zu stellen. Hier aber stellt man unmögliche Anforderungen mit
der Überzeugung, daß sie möglich sind und darum erhält man
auch Resultate, die unmöglich scheinen.“ In der Tat: das Ver¬
trauen stärkt den Willen und weckt die Einsicht. Einsichtig sein
heißt: wissen, was man vermag. Man muß seine eigenen Kräfte
kennen, ehe man anfängt, die der anderen zu analysieren. Zunächst
ist es meine Einsicht, die Sie leitet, denn Sie haben den Führer
nötig. Sie kennen sich selbst noch nicht genügend. Aber sobald
Sie sich kennen, werden Sie meine Prinzipien auf Ihre eigene
Weise auf allen Gebieten und in der Richtung und Grenze Ihrer
eigenen Fähigkeiten anwenden.
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S o viel über Ihr Verhalten im allgemeinen, vor allem über das
Verhalten Ihres Willens zur rhythmischer? Gymnastik. Wenn
ich nun im einzelnen Ihre Briefe betrachte, so gestehe ich: es ist
mir recht schwierig, die verschiedenen Eindrücke zu ordnen, die
Ihre Briefe in mir erwecken. Dazu müßte ich mich einem verglei¬
chenden Studium Ihrer verschiedenen Temperamente widmen.
In einem Vortrag wie heute kann ich nur auf die Fragen ant¬
worten, die ein allgemeines Interesse haben, und darunter scheint
mir das am wichtigsten, was sich auf die Technik unserer rhyth¬
mischen Gymnastik bezieht.
Was für einen Zweck haben so viele Takte von ungleicher Dauer?
fragt einer von Ihnen. Warum 7 / 4 -, 10 / 4 “ und “/«-Takte studieren,
die in der ganzen gegenwärtigen Musik nicht Vorkommen ? War¬
um wollen wir uns nicht an die Einheit des Taktes halten, die alle
Klassiker respektiert haben! Nun, meine Damen und Herren, vor
allen Dingen handelt es sich für uns, wenn wir diese verschiede¬
nen Takte studieren, gar nicht darum, Musik im eigentlichen Sinne
des Wortes zu machen. Wir wollen vor allen Dingen unsere Be¬
wegungen im Raum gestalten, sie verschränken, verbinden und
einander gegenüberstellen, sie ausdehnen, verkürzen und ab¬
stufen nach den Regeln, die speziell für körperliche Bewegungen
gelten. Und die Musik ist hierzu deshalb unentbehrlich, weü
die Notenschrift, die so präzis und klar ist, uns allein in den Stand
setzt, die Dauer unserer Bewegungen, unserer Schritte und unserer
Gesten auf dem Papier zu notieren. Weshalb wollen wir uns da nur
an die eigentlichen, gebräuchlichenTakte halten ? Die Zeichen sind
da. Warum sollen wir sie nicht benutzen, um alle möglichen Verbin¬
dungen von Stellungen und Gesten zu notieren? Die Notenzeichen
werden Raumzeichen und unser Körper wird das biegsamste Instru¬
ment. Kein anderes hat soviel Hilfsquellen, soviel verschiedene Aus¬
drucksmittel, kein anderes verändert sich so leicht je nach den un¬
zähligen Nuancen der Vorbereitung, der dynamischen Stärke und
kein Instrument läßt sich so leicht mit den Ausdrucksmitteln von
Instrumenten der gleichen Art verbinden wie gerade der Körper.
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Auf dem Piano kann eine J. nur auf 3—4 verschiedene Arten nu¬
anciert werden, während eine einzige Bewegung, die diese Note
interpretiert, sie hundertmal verschiedener gestalten kann als der
Klavierspieler. Ebenso ist bei dem Violinisten nur das Muskel¬
system seines Armes im Spiele, während bei dem Künstler, der
sich seines ganzen Körpers als Ausdrucksmittel bedient, das Mus¬
kelsystem des ganzen Körpers mitarbeitet. Da kann man sich
nicht wundern, daß, wenn wir genaue Gesetze für diese unzähli¬
gen Bewegungen finden wollen, wir gezwungen sind, die Takte,
nach denen wir unsere körperlichen Bewegungen regeln wollen,
zu variieren und zu vermehren. Es ist nicht Pedanterie, wenn den
Schülern Reihen von Gesten und von Schritten gelehrt werden,
die in der Musik nicht gebraucht werden, denn wenn diese außer
dem Hilfsmittel des Rhythmus noch die des Klanges und der
Harmonie hat, so muß unser Körper den ganzen Reichtum des
Ausdrucks nur mit den rhythmischen Kombinationen bestreiten.
Deshalb müssen wir, wenn wir unsere körperlichen Bewegungen
nach der Musik regeln wollen, die Reihe der musikalischen
Rhythmen vervollständigen. Ist unsere rhythmische Erziehung
beendet, so steht es uns ja frei, uns mit den einfachen, immer
gebrauchten, klangvollen Rhythmen zu begnügen, sobald wir
reine Musik machen wollen. Meine Ansicht indessen ist, daß
auch die reine Musik eines Tages diese durch unseren Körper neu
geschaffenen Rhythmen benutzen wird. Aber wenn auch diese
meine persönliche Ansicht keine Aussichten hätte, sich durchzu¬
setzen, so ist es doch sicher, daß die komplizierteren Rhythmen,
die wir gebrauchen, uns in Stand setzen, klarer als andere die
einfache Symmetrie des Rhythmus zu empfinden, die jetzt bei
allen Musikern im Gebrauche ist. Je weiter wir in unserem Stu¬
dium fortschreiten, desto schwieriger werden die rhythmischen
Realisationen, die wir ausführen wollen. Aber wir werden auch
jeden Tag geschickter, die einfachen Rhythmen zu realisieren, die
wir in allen klassischen Partituren finden.
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A ber diese Realisationen! Was für eine Angst haben Sie vor
»ihnen, meine heben Schüler, und welchen Raum nehmen
sie in Ihren Briefen ein! Und doch ist es nur Ihre Furcht,
die Sie unfähig macht, den musikalischen Rhythmus, den man
Ihnen vorspielt, körperlich zu realisieren. Denn damit eine rhyth¬
mische Realisation leicht vonstatten gehe, darf der Körper mit
keiner feindlichen Muskelbewegung im Kampfe hegen. Was würde
geschehen, wenn sich die Tasten des Pianos jedesmal, wenn der
Klavierspieler einen schwierigen Satz auf dem Klavier spielen will,
zusammenziehen wie Ihre Muskeln, und nicht sofort den Fingern
des Spielers gehorchten ? Die Furcht zieht Ihnen die Gheder zusam¬
men, so daß sie fast erstarren, und sie verheren Ihre Fähigkeit zu
realisieren. Sagen Sie sich vor allen Dingen in dem Moment, in dem
Sie realisieren sollen, daß es gar nichts ausmacht, wenn Sie sich
irren und Sie werden ohne weiteres wieder den natürlichen Gebrauch
Ihrer Gheder haben. Versuchen Sie nicht, den Rhythmus, den man
Ihnen vorspielt, sofort ganz und gar auszuführen. Lernen Sie die
Arbeit einteilen! Versuchen Sie zuerst, sich klar zu machen, wo der
schwere Taktteil hegt, welche Taktart es ist, was für lange Noten
Vorkommen und bestimmen Sie dann erst die Details.
Vor allen Dingen halten Sie Ihren Körper, während Sie hören,
in einem Zustand vollständiger Entspannung, dann werden Ihre
Arme und Beine wahrscheinlich ganz von selbst die gehörten
Takte realisieren. Übrigens stammt Ihre Furcht oft aus Ihrer
Eitelkeit. Was schadet es, wenn Sie Fehler machen ? Ist nicht die
Hauptsache, daß Sie sich üben und daß Ihre Gheder sich voll¬
ständig daran gewöhnen, den Antrieben des Gehirns zu gehor¬
chen ? Es gibt viele Schüler, die ohne Schwierigkeit mit den Fin¬
gern auf dem Klavier den Rhythmus ausführen, den sie mit ihrem
ganzen Körper ausführen sollten. Aber sobald andere Muskeln als
die der Finger mit der Reahsation betraut werden, wirkt der Streit
zwischen diesen ungeübten Muskeln auf das Gehirn zurück und
verdüstert Ihre Gedanken. Wenn ich mich manchmal über einige
unter Ihnen, die bei der Reahsation Fehler machen, ärgere, kommt
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V« TAKT
IN KANON
(OHNE AUS.
DRUCK)
6 / 4 TAKT
N KANON
FORM
(OHNE AUS¬
DRUCK)
Original frorn
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das gar nicht daher, weil Sie unfähig wären, die Klänge in Gesten
umzuwandeln, sondern weil Sie durchaus Klangbilder, die Sie
schon früher in Ihrem Kopf gebildet haben, an die Stelle der ein¬
fachen Empfindungen setzen wollen, die die eben gehörten Töne
in Ihnen auslösen .Während ich Ihnen einen Rhythmus Vorspiele,
müssen Sie ganz in ihm auf gehen. Seien Sie überzeugt, wenn Sie
sich ihm mit ihrem ganzen Körper hingeben, werden Sie keinen
Fehler machen.
Genau so müssen wir uns ganz und gar der Kunst hingeben. Wir
dürfen nicht versuchen, sie zu beherrschen und sie zu unserem
Diener zu machen, sondern sie muß uns zu ihren Diener machen.
Sehr hübsch zitiert eine Schülerin „Die Kunst ist wahrhaftig in
der Natur, wer sie heraus kann reißen, der hat sie!“ Ich möchte,
auf uns angewendet, sagen: „Die Kunst ist in unserer Natur!
Wir brauchen nur den Weg freizumachen von dem Schutt alter
Eindrücke!“
So ist es auch mit der Komposition. Ich halte es für unverzeih¬
lich, daß in dem Klavierunterricht die ganze Aufmerksamkeit auf
die nachahmenden Fähigkeiten gelegt wird, und daß der Schü¬
ler absolut keine Gelegenheit hat, seine eigenen musikalischen Ein¬
drücke mit den technischen Mitteln, die man ihn lehrt, auszu¬
drücken. Ich weiß wohl, diese Aufgabe ist noch viel schwieriger
für die, welche niemals Klavierspielen gelernt haben. Sie sollen
ihre Gedanken auf einem Instrumente ausdrücken, das sie kaum
kennen. Diese müssen selbstverständlich jeden Tag rein mecha¬
nische Fingerübungen machen, aber gerade für sie und den Kla¬
vierspieler, der nicht von Natur aus improvisieren kann, ist das
Wichtigste, einige einfache Akkorde vollständig zu beherrschen;
dann können sie sich dazu Melodien ausdenken, ähnlich denen, die
sie in dem Solfege-Unterricht zu singen gelernt haben. Je mehr
Akkorde Sie zu Ihrer Disposition haben, desto reicher werden
Ihre Melodien werden. Auch da darf man nicht fürchten, sich
auf eine ungeschickte Weise auszudrücken. Man drückt sich eben
so gut aus, wie man kann. Die Hauptsache: daß man sich mit
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Überzeugung ausdrückt. Künstlerisch kann man erst dann ge¬
stalten, wenn man die Zeichen für den Ausdruck vollständig be¬
herrscht. Wenn Sie eine Sprache nicht beherrschen, wie wollen
Sie sich in dieser Sprache gut ausdrücken ? Selbst der schönste Ge¬
danke kann nur durch Worte ausgedrückt werden! Man muß die
Technik des Ausdrucks beherrschen, wenn man etwas Schönes
darstellen will. Der gelernte Spieler kann nur dann schöne Musik
machen, wenn seine Finger dank der Übung imstande sind, die
Empfindungen, die diese Musik in ihm erweckt, auszudrücken.
Wer rhythmische Gymnastik lernt, kann seine Empfindungen
nur dann in körperlichen Bewegungen darstellen, wenn er die
Technik seines Körpers beherrscht. Der gelernte Improvisator
kann uns nur dann auf dem Klavier entzücken, wenn er die
Technik und die Praxis der Harmonie vollständig beherrscht. Aber
sei es die Harmonie der Bewegungen oder die der Töne, ich be¬
haupte: nicht der Verstand, sondern die Übung schafft sie. Das
einzige vernünftige System der Kunsterziehung besteht daher
darin, daß man die Einbüdungskraft mit Hilfe der Empfindungen
schult und daß man die Schüler veranlaßt, nur das auszudrücken,
was sie wirklich gefühlt haben. So bereitet auch die Erziehung des
rhythmischen Gefühls die Schüler darauf vor, den Rhythmus, den
sie ausdrücken sollen, zu empfinden, und ebenso bereitet die Er¬
ziehung des Ohres dazu vor, die Melodie und die Harmonie, die sie
wiedergeben sollen, wirklich zu hören.
I ch habe schon gesagt: man kann nichts von dauerndem Werte
schaffen, wenn man sich nicht selbst kennt. Die einzige lebendige
Kunst ist die, die aus den Empfindungen herauswächst, die man
wirklich erlebt hat. Genau so ist es mit dem Unterricht, meine
heben Schüler! Es ist unmöglich andere zu entwickeln, wenn man
nicht alle Möglichkeiten der eigenen Entwicklung versucht hat,
wenn man nicht gelernt hat, sich selbst zu besiegen, sich besser
zu machen, seine schlechten Instinkte zu unterdrücken, die guten
zu stärken und an die Stelle des primitiven von der Natur ge-
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schaffenen Menschen einen vollkommeneren zu setzen, der durch
den Willen gebildet ist und der seine Kräfte kennt. Nur in dem
Maß, als man selbst Fortschritte macht, ist man imstande andere
fortschreiten zu lassen. Ich finde daher übertrieben, was einer von
Ihnen schreibt: „Ich finde,“ so heißt es in einem Brief, „daß der¬
jenige, der in der rhythmischen Gymnastik unterrichten will, vor
allem ein genialer Mensch sein muß, ein Mensch, der auch päda¬
gogisch sehr viel leisten kann, der aber durch und durch Künstler
sein muß, nicht nur in der Musik, sondern in allem!“ Ich finde,
man braucht kein Genie zu sein, um andere zu lehren, man braucht
nur notwendigerweise feste Überzeugung, Begeisterung, Willens¬
kraft und Freude. Aber alle diese Fähigkeiten stammen gleich¬
mäßig aus der Beherrschung und Erkenntnis seiner selbst.
So verstanden kann ich von ganzem Herzen den Schluß unter¬
schreiben, in dem der eben zitierte Schüler sagt: „Der Lehrer der
rhythmischen Gymnastik“ (er hätte sagen können „jeder Lehrer“)
„muß einer sein, der Freude am Leben hat, der seine Mitmenschen
liebt und für sie arbeitet. Es gibt so viele Durchschnittsmenschen,
die studieren und unterrichten wollen. Aber werden die fähig sein,
das Werk weiterzuführen ? Der Lehrer muß ja Inspirationen haben.
Er muß fähig sein, seine Schüler mit sich fortzureißen, muß ver¬
suchen, das Werk, wenn möglich, weiterzubringen.“ Gewiß, um
das begonnene Werk fortzuführen, muß er es unter der jungen
Generation ausbreiten, auch wenn das Werk noch nicht ganz voll¬
endet ist. Es muß auf die anderen die Liebe zum Fortschritt über¬
tragen, muß versuchen, die Persönlichkeit seiner Schüler zu wecken,
muß in ihnen den Wunsch wachrufen, alle Gaben zu entwickeln,
die sie von Natur aus besitzen. Es kommt weniger darauf an, daß
der Lehrer selbst genial sei, wenn er nur imstande ist, die Genialität
der anderen zum Durchbruch zu bringen; die Hauptsache ist, daß
ein mächtiger Willensimpuls sich von Generation zu Generation
fortsetzt. Schlimm genug, daß dieser Instinkt erst geweckt werden
muß! Wir leben in einer Zeit, die sich nicht genug gegen die Ver¬
gangenheit, gegen die Gegenwart und gegen die Zukunft zu wahren
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weiß. Wir müssen vom zartesten Alter an lernen, daß wir selbst
die Herren unseres Schicksals sind, daß die Vererbung machtlos
ist, wenn wir sie besiegen können, daß unsere Zukunft von dem Sieg
abhängt, den wir über uns selbst erringen. Mag sich ein jeder von
uns für noch so schwach halten, seine Mitarbeit ist unerläßlich, um
den Weg für eine bessere Zukunft zu bereiten. Leben und Wachsen
sind ein und dasselbe. Unsere Pflicht ist es, durch das Beispiel
unseres Lebens die, die nach uns kommen, zu entwickeln. Wagen
Sie es also und nehmen Sie die ganze Verantwortung, die die Na¬
tur uns auferlegt, auf sich! Halten wir es für unsere Pflicht, uns
selbst zu erneuern. So fördern wir das Entstehen einer schöneren
Menschheit!
Einige von Ihnen reden von der „Notwendigkeit, die rhythmische
Gymnastik bald an den Schulen einzuführen“. Ich bin nicht dieser
Ansicht. Denn aus den Gründen, die ich vorher entwickelt habe,
ist es nicht das Wesentlichste, unsere Schulprogramme mit neuen
Fächern zu beladen, sondern Lehrer vorzubereiten, die eines Tages
imstande sein werden, auf gesunde und vernünftige Weise die Ideen,
die wir lieben, zu lehren. Man darf die Ereignisse nicht erzwingen
wollen. Wird eine ausreichende Zahl von Lehrern vorhanden sein,
so wird diese Erziehung ganz natürlich in die Schulen übergehen.
Bis dahin, meine ich, lassen wir alles, wie es ist. Programme sagen
gar nichts! Die Menschen, die sie ausführen, sind alles! Denken wir
vor allem daran, diese Menschen zu bilden. Die Programme regi¬
strieren nur ihre Taten und nur auf Taten kommt es an!
Mehrere Schüler sprechen mir auch von der Abneigung, die an
vielen Orten gegen unsere Methode bestehe, von der Unwissenheit
des Publikums, von seinem Zögern, von seinem schlechten Willen.
Alles das macht mir am wenigsten Sorge. Es ist ganz natürlich,
daß wir noch nicht von allen verstanden werden, daß unsere rhyth¬
mischen Übungen manchmal lächerlich gemacht werden, daß un¬
ser Übungsanzug extravagant erscheint. Verdorbene oder schwa¬
che Gemüter erliegen bei der Beurteilung neuer Dinge der Last
Jahrhunderte alter Überlieferung. Sie können nicht begreifen, daß
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wir in Absicht und Tat mit unseren nackten Füßen und unserem
Trikot reiner sind als jene Tugendhelden mit gänzlich verstecktem
Körper und kranken, manchmal schmutzigen Gedanken. Ebenso
wenig begreifen sie, daß die körperlichen Übungen, mit denen wir
uns abgeben, nicht bloße Körperkultur sind, sondern ein Mittel,
um unseren Geist zu befreien. Was gehen uns die Gedanken jener
an, die unsere Erfahrungen nicht gemacht haben! Sind wir nicht
sicher, die Wahrheit zu besitzen?! Haben wir nicht selbst ein
gutes Gewissen? Spüren wir nicht, wie unser Geist sich zum Lichte
entwickelt? Sind wir nicht schmiegsamer, kräftiger, lebendiger,
einsichtiger und natürlicher als früher! Sehen wir nicht der Vor¬
hang der Konventionen sich heben vor einer schöneren, stärkeren
Menschheit ? Ich sage Ihnen: es macht nichts aus, daß es noch
Menschen gibt, die zu fest an den Traditionen hängen, um uns
verstehen zu können! Wir bilden ein tapferes kleines Völkchen
von Enthusiasten und wir wissen für die Zukunft zu arbeiten!
Diese heiligen Bande verbinden uns. Es schadet nichts, daß wir
wenige sind. Wir heben uns um so mehr. Und wir werden wach¬
sen, sind ja auch schon gewachsen! Unsere gegenseitige Liebe, die
uns stark und mächtig macht, wird sich in nicht zu langer Zeit —
das versichere ich Ihnen — auch den anderen mitteilen: unsere
Liebe zur Kunst, zum Fortschritt, zum Leben.
Aber wichtig ist, daß wir nicht leichtfertig vorgehen. Wir müssen
wissen, was wir wollen, wohin wir gehen.
Ich habe beim Durchlesen Ihrer Briefe bemerkt, daß einige unter
Ihnen einen Unterschied zwischen der Musik und der Plastik
machen, die einen diese, die anderen jene vorziehen. Das wun¬
dert mich weiter nicht, denn es ist sehr selten, daß man in dem¬
selben Individuum plastische und musikalische Fähigkeiten gleich
entwickelt findet. Ich bin ja auch von der Musik ausgegangen, als
ich meine rhythmischen Übungen geschaffen habe. Meine Absicht
war zunächst, die Bewegungsgewohnheiten so zu regulieren, daß
sie einen Einfluß auf das Gehirn hätten und auf diese Weise die
geistige Kraft der Schüler stärken und ihren Sinn für Rhythmus
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und Musik entwickeln. Ich hatte gar nicht die Absicht, körperliche
Übungen in ästhetischem Sinne ausführen zu lassen, ich betrach¬
tete sie nur vom psycho-physiologischen Gesichtspunkte. Aber
nach kürzester Zeit erkannte ich, daß keine körperliche Bewegung
vollkommen und in seiner leichtesten Form ausgeführt werden
kann, ohne wie von selbst die Bedingungen der natürlichen Har¬
monie und Schönheit zu erfüllen. Sobald eine Bewegung oder eine
Haltung ohne diese Leichtigkeit ausgeführt wird, ist sie häßlich.
Verkörperter Rhythmus muß notwendigerweise ein schönes Schau¬
spiel bieten. Die Musik in uns gewinnt dadurch Gestalt, sie formt
unseren Körper. Was zeitlich war, wird körperlich, was Klang
und Folge war wird Bild und Bewegung. Diese körperliche Form
muß gewiß ein schönes Schauspiel bieten, denn alles ist Ausdruck
und Maß, die Bewegung im Raum ist gemessen durch die Zeit,
die in der Zeit aber wird sinnlich erlebt im Raum. Meiner Ansicht
nach ist es unbedingt nötig, daß der, der Musik studiert, den kör¬
perlichen Rhythmen denselben Wert beimißt wie den klanglichen,
d. h. die Plastik muß für ihn ebenso wichtig sein wie die Musik.
Viele von Ihnen haben das auch begriffen, u. a. der, welcher
schreibt: „Die Lehre umfaßt drei Hauptsachen, die rhythmische
Gymnastik, Solfege und Inprovisation, alle drei aber stehen in
so enger Beziehung zu einander und in so lebendigen Wechsel¬
wirkungen, daß man sie einfach nicht voneinander trennen kann.“
So ist es! Während eine andere von Ihnen mir sagt: „Ich habe
nur die einzige Absicht, Klavierspielen zu lernen, infolgedessen
brauche ich die Plastik nicht.“ An Ihrer Stelle würde ich noch
hinzufügen (und beachten Sie, daß das ein vollständig analoger
Schluß ist): „Da ich nur die Absicht habe, Klavier zu spielen,
hat es keinen Zweck für mich, mein Ohr auszubilden, denn man
spielt doch nicht mit dem Ohr Klavier.“ Nein, nein! Eins dürfen
Sie niemals vergessen: unser Unterricht ist eine Vorbereitung für
alle Künste, denn der Rhythmus ist die Grundlage aller. Das
Studium des Rhythmus lehrt uns die Werte, die Kontraste, die
Verhältnisse kennen und zwar ebenso in der Linie wie im Klang.
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Und ist die Plastik auch nicht das Ziel unserer Studien, so ist sie
trotzdem und notwendigerweise eine Folge. Sie können mir ein¬
werfen, ich ließe Sie manchmal rein plastische Übungen machen,
deren einziges Ziel die Schönheit der Bewegungen ist. Ganz ge¬
wiß ! Wir müssen manchmal unser Instrument prüfen, genau so
wie der Stimmer, der ein Klavier stimmt, sich von Zeit zu Zeit
unterbricht, um ein wenig zu improvisieren oder einige Takte
eines Klavierstückes zu spielen. Er muß prüfen, ob der Klang
seines Instrumentes genügt, um darauf zu spielen ohne die Ohren
zu beleidigen. Aber das sind nur Versuche; der Stimmer hat nicht
die Absicht, ein Konzert zu geben. Ebenso mache ich es mit Ihnen,
und ebenso möchte ich, daß Sie diese Übungen ansehen, die nur
scheinbar ein ästhetisches Ziel haben.
Andere unter Ihnen sind zu mir gekommen mit der ausschließlichen
Absicht, den ausdrucksvollen Tanz zu studieren und die Kunst der
Gesten und Stellungen. Auch diese sind im Anfang erstaunt ge¬
wesen, daß man sie dazu gezwungen hat, Musik zu studieren. Jetzt
fangen sie an zu begreifen, warum die Kenntnis der Musik für sie
notwendig ist. Zunächst würde in den körperlichen Bewegungen,
ohne die Ordnung, die die Musik hineinbringt, die vollständigste
Anarchie herrschen. Jede Massengestaltung würde unmöglich sein.
Ebenso alle Bewegungen im Großen. Ohne die Musik würde unser
Ausdruck leer sein; die Nerven würden ohne Zweck und Ziel in
Schwingung geraten, der Sinn für die Nuancen hätte nichts, woran
er sich orientieren könnte, jedes stilisierende Element würde feh¬
len. Vielleicht, daß eines Tages ein Genie, in plastischer Beziehung
besonders begabt, seine Empfindungen ohne Hilfe der Musik, nur
mit den Mitteln der körperlichen Bewegungen, auszudrücken ver¬
mag. Aber noch einmal: Meine Erziehung wendet sich nicht an
Genies. Unsere Studien bilden eine allgemeine Vorbereitung für
die Kunst, sie haben den Zweck, unseren Regungen rhythmische
Form zu geben.
Sowohl für den Musiker wie für den Plastiker kann diese Form
nur eine plastische sein, denn beide haben den Körper als Aus-
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drucksmittel gewählt. Wir können also unsere Studien nicht in
zwei Kategorien teilen, denn das, was wir suchen, ist zunächst
die Entwicklung, Verdeutlichung, Verstärkung unserer Ein¬
drücke und dann die Erweiterung und Beherrschung unserer
Mittel des Ausdrucks. Dieser aber muß immer eine äußere Form
haben. Er geht auch beim Musiker, sowohl beim Instrumental¬
spieler wie beim Dirigenten, durch den Körper. Das hat eine große
Zahl von Musikern begriffen, die hergekommen sind, um die rhyth¬
mische Gymnastik zu studieren, obwohl sie nur eine musika¬
lische Erziehung suchten; z. B. Fräulein S. P. und Herr A. J.,
die Sie ja alle kennen; das haben ebensogut die Plastiker be¬
griffen, wie Fräulein A. B., M.v. S. und HerrJ.T. Sie inter¬
essierten sich zunächst nur für die Linien des Körpers und für
die Grazie der Bewegungen, sie haben aber schließlich begriffen,
daß Plastik und Musik Schwestern sind, denn beide sind Kinder
des Rhythmus, denn er allein ordnet und stilisiert jede künst¬
lerische Erregung.
I n unseren vorbereitenden Studien verbinden wir also Musik und
Plastik, um Physisches und Psychisches in Einklang zu bringen.
Damit will ich aber nicht behaupten, daß ich mich auf pädago¬
gische Versuche beschränken will. Ich habe Hellerau gewählt, weil
mir die Möglichkeit gegeben ist, in dieser Gartenstadt einen Gedan¬
ken auszuführen, den ich schon seit Jahren mit Liebe durchdenke.
Das Ballett ist tot. Nur die Erziehung durch den Rhythmus kann
ihm neues Leben einhauchen. Und die Oper, obwohl sie durch das
große Genie von Richard Wagner verjüngt und belebt worden ist,
kann die Einheit des Wortes, der Bewegung und der Musik auch
nicht darstellen, denn weder die Mehrzahl der Sänger, noch — ich
muß es sagen — die Mehrzahl der Komponisten kennt die Gesetze
der körperlichen Bewegungen. Es gibt heutzutage kein einziges
Schauspiel, wo der gleiche Rhythmus den Sang, die Bewegun¬
gen und das Orchester beherrscht und wo — (jetzt werde ich
Ihnen von einem Element des künstlerischen Lebens sprechen,
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DIE
BILDUNGS¬
ANSTALT
JAQUES-
DALCROZE
IN
HELLERAU
VORDER-
UND RÜCK¬
ANSICHT
NACH DEM
MODELL
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das Ihnen ganz neu ist) — wo in gleichem Rhythmus das Licht
hinzukommt. Aufgabe des Lichtes ist es, die großen Bewegungen
der Musik zu betonen, die körperlichen Bewegungen hervorzu¬
heben, die Linien zu verstärken, die Verbindungen und Gegen¬
überstellungen zu beleben. Das Licht ist die Orchestrierung der
Bewegung. Einer meiner liebsten Freunde, Adolf Appia, der
über die Inszenierung von Wagnerwerken ein höchst interessan¬
tes Buch geschrieben hat, hat den Einklang von Bewegung und
Musik und die wichtige Rolle, die das Licht bei ihrer Vereinigung
spielt, vorausgefühlt. Seit den ersten Versuchen der rhythmischen
Gymnastik, denen er beiwohnte, hat er begriffen, daß sie allein
imstande ist, die Einheit der rhythmischen Erregungen zu sichern.
Und ich meinerseits habe mich überzeugt, daß, wenn in dem kör¬
perlichen oder musikalischen Rhythmus die dynamischen Nuan¬
cen die Hauptrolle spielen, die Bewegungen und die Gesten, die
im Raum ausgeführt werden, nicht ohne das Licht auskommen
können. Das Licht belebt sie, läßt sie plastisch hervortreten, mo¬
delliert sie und bildet die Form im Raum, wie die Töne die zeitliche
Form der Bewegung bilden. Schon zweimal habe ich Volksschau¬
spiele geschaffen, wo Hunderte und Tausende von Mitwirkenden in
Wort und Bewegung in einem einzigen Rhythmus vereint wurden,
aber damals kannte ich noch nicht — wie heute — die Gesetze
der körperlichen Bewegung, ebensowenig wie die Gesetze, die Licht
und Schatten beherrschen. Jetzt habe ich Schüler herangebildet,
die die von nun an unauflösliche Einheit der Rhythmen in der
Zeit und im Raum kennen und vorfühlen. Jetzt bin ich sicher,
daß wir dank Ihrer Spezialausbildung eines Tages imstande sein
werden, alle menschlichen Regungen, Melodien und Harmonien
auszudrücken, seien sie plastisch oder musikalisch, mit Hilfe un¬
serer Gruppierungen und Bewegungen auf der Ebene oder auf ge¬
neigten Flächen, auf Bodenwellungen oder Treppen. Meinen ästhe¬
tischen Ideen will ich nunmehr in der Gartenstadt Hellerau Form
geben.
Durch die Initiative der Brüder Dohrn und mit Hilfe des Archi-
4 Der Rhythmus a
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tekten Heinrich Tessenow und des Malers Alexander von
Salzmann erhebt sich ein Festhaus in Hellerau, wo wir nicht nur
über großen Raum verfügen werden, sondern auch über alle Mög¬
lichkeiten, den Boden verschieden aufzubauen. Wir verfügen auch
über alle Hilfsmittel des Lichtes, das durch neue Beleuchtungs¬
einrichtungen unendliche Möglichkeiten eröffnet.
Nur die Musik mit ihrer Unendlichkeit kann uns eine Idee der hier
möglichen Suggestionen geben, wie sie dementsprechend das Licht
hervorrufen kann. Das Licht wird uns — wie Appia sagt — den
menschlichen Körper neu entdecken lassen, etwa ebenso, wie ein
Berg an einem grauen Nachmittag sich plötzlich verändert und uns
seine wahre Gestalt erst offenbart, wenn das Feuer der unter¬
gehenden Sonne hinter ihm leuchtet. Ich habe gewiß nicht die
Absicht, ein Theater in Hellerau aufzumachen! Ich bin kein
Freund des Theaters, dieses Schauspiels, das oft ohne Überzeu¬
gung blasierten Zuschauern dargeboten wird, von Schauspielern,
die in der täglichen und deshalb oft alltäglichen Ausübung ihrer
Kunst sich so spezialisieren müssen, daß häufig die Kunst zur
Lüge werden muß. Nein! Ich will das Schauspiel der Alten wieder
aufleben lassen, wo ein großer Teil des Volkes dem anderen ein¬
mal im Jahre ein geistiges und künstlerisches Fest gab, wo Zu¬
schauer und Spieler dieselbe künstlerische Erregung teilten. Ein¬
mal im Jahre, wenn unsere Kurse beendet sind, werden meine
Schüler, die dann meine Mitarbeiter geworden sind, ihre ganze
Kraft mit der meinen vereinigen und auserwählten Zuschauern
eine Vision von Schönheit und Harmonie zu bieten versuchen.
Mit ihnen werden sich die kleinen Kinder von Hellerau vereinigen,
die nach und nach und ohne Ermüdung die Musik und die Plastik
kennen gelernt haben. Wir werden in freudigen Aufschwüngen
mit dem Lichte jauchzen und in der Ahnung menschlicher Schmer¬
zen mit dem Dunkel erschauern, und so werden wir versuchen
den großen Rhythmus des Lebens darzustellen.
Doch ehe wir soweit kommen, müssen wir viel arbeiten, und nach¬
dem ich Ihnen die künstlerischen Zukunftsmöglichkeiten unserer
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Studien gezeigt habe, muß ich wieder auf ein prosaischeres Terrain
zurückkehren, auf das der Pädagogik.
Es ist klar, daß das Studium so verschiedener intellektueller und
körperlicher Gegenstände viel Kraft verbraucht, und ich bin nicht
erstaunt, bei vielen von Ihnen zu lesen, daß Sie manchmal der
Müdigkeit erliegen. Im Gegenteil, ich wundere mich, daß einige
— allerdings sehr wenige — sich darüber beunruhigen. Es ist
ganz natürlich, daß man, nachdem man mit Eifer stundenlang
studiert hat, am Abend müde ist. Aber es ist so einfach, die Er¬
müdung durch Ruhe auszugleichen! Leider wissen die wenigsten,
wie man sich ausruht. Die meisten lassen die täglichen Ermü¬
dungen sich anhäufen, bis sie eines Tages unter der vielfachen
Last zusammenbrechen, während es doch so einfach wäre, sich
jeden Abend, jede Nacht von der Ermüdung des Tages durch
systematische Ruhe zu erholen. Ruhen können ist ebenso eine
Kunst wie arbeiten können. Ich möchte fast sagen, die Kunst zu
ruhen verlangt mehr Wissenschaft, als die zu arbeiten, denn
diese wird durch Erregungen unterstützt, während die Ruhe einen
vollständigen physischen und moralischen Ausgleich voraussetzt.
O, meine heben, jungen Rhythmus-Freunde! Wie schlecht ver¬
steht Ihr euch auf den Rhythmus des Lebens! Es ist unmögüch,
daß in Ihrem Alter 9 Stunden Schlaf jeden Schaden ausgleichen,
den 6—7 Stunden Arbeit ausgemacht haben. Wie viele von Ihnen
können sich nun um 10 Uhr ins Bett legen und ruhig bis 7*8 Uhr
schlafen. Die meisten von Ihnen gehen viel zu oft ins Theater,
ins Konzert, und erschöpfen ihr Nervensystem unter dem Vor¬
wand, sich zu bilden! Wie viele widerstehen der Versuchung, nach
dem Theater zu soupieren oder die Zeit mit Unterhaltung zu ver¬
bringen, wobei sie sich noch mehr aufregen. Es ist eine unglück¬
selige Tatsache, daß viele meiner Schüler — ebenso wie die Schü¬
ler anderer Lehrer — nicht imstande sind, der Versuchung des
Amüsements zu widerstehen. Vielleicht glauben Sie, daß das Amü¬
sement für das normale Leben nötig ist und daß besonders Künst¬
ler sich mehr amüsieren müssen als andere Berufsmenschen. Was
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für ein Irrtum, meine guten Freunde! Die wahren Künstler brau¬
chen sich nicht zu amüsieren, um sich von ihren Arbeiten zu er¬
holen ! Sie brauchen Freude und diese kommt aus Ihrer Arbeit,
nur aus ihrer Arbeit!
Von der Freude werde ich Ihnen gleich noch des längeren reden.
— Ich hebe die Freude, denn sie ist das Leben! Ich predige die
Freude, denn sie allein gibt die Mögüchkeit, nützliche und dauer¬
hafte Werke zu schaffen! Das Amüsement, eine Erregung, die
die Nerven reizt, statt die Seele zu erheben, das Amüsement ist
im Leben des Künstlers nicht nötig. Manchmal muß man sich ge¬
wiß gehen lassen können, und ich bin der letzte, der eine sogenannte
moralische Disziplin, jene pedantische Lehre, mit Regeln von klö¬
sterlicher Strenge, verteidigen würde. Aber wenn ich auch verstehe,
daß man sich manchmal gehen läßt und mit ganzem Herzen tanzt
und lacht, daß man sich ausweitet, daß man jede Regel vergißt
— so bin ich doch überzeugt, daß das Amüsement nicht tägliches
Bedürfnis sein darf. Für ein gesundes, lebhaftes, tätiges Wesen
muß die Freude der tägüchen Sorgfalt und der in Begeisterung
durchgeführten Arbeit genügen, um das Leben zu verschönen, die
Müdigkeit zu vertreiben und Gegenwart und Zukunft zu verklären.
Ich bitte Sie, meine heben Künstler, die Sie unter meiner Leitung
studieren: lernen Sie, der Versuchung unnützer Unterhaltungen
zu entgehen! Haben Sie davon nicht manchmal Gewissensbisse?
Sehen Sie, da hegt der Prüfstein! Wann wachen Sie freudiger und
heiterer auf? Wenn Sie nach der Tagesarbeit zur rechten Zeit,
nachdem Sie noch Ihre Notizen gemacht haben, ins Bett gehen,
oder wenn Sie mit mehr oder weniger Originalität über Ästhetik
diskutiert haben ? Oder — was leider auch vorkommt — über Ihre
Kameraden und Studien losgezogen sind ? Sie können so schön von
der Willenskraft sprechen — können Sie diese Regeln vernunft¬
gemäß nicht auch auf Ihr Leben an wenden ? Ich kenne so viele Schü¬
ler, die mir nach jedem Vortrag sagen, daß sie gänzhch mit mir
einverstanden sind; aber sobald sie den Anforderungen des Lebens
gegenüberstehen, schlagen sie feige den entgegengesetzten Weg
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ein. Sie bewundern meine Worte, können aber die Taten, die ihnen
meine Worte zeigen, nicht ausführen! Die, die sich Schüler des
Rhythmus nennen, sind in ihrer Art zu leben jämmerliche un¬
rhythmische Wesen, ohne Kraft, Ordnung und Willen. Für jedes
gesunde und rhythmische Wesen, d. h. für jedes, das sich selbst
kennt und seine Kraft nach seinen Fähigkeiten zu brauchen ver¬
steht, dürfte Müdigkeit nicht existieren. Wir sind alle so einge¬
richtet, daß, sobald wir es ernstlich wollen, unsere Kräfte sich ins
Gleichgewicht stellen.
Lernen Sie in derselben Zeit an gestern, heute und morgen denken,
lernen Sie die gegenwärtige Kraft nach den Erfahrungen der Ver¬
gangenheit und in Gedanken an die Zukunft im Gleichgewicht
halten. Dann werden Sie nicht müde sein! Sie sind selbst — denken
Sie daran — die Richter und die Urheber Ihrer Geschicke! Sind
Sie gesund und kräftig geboren und erschöpfen sich, so beklage
ich Sie nicht! Sie haben Ihr Schicksal verdient und nur um eins
bitte ich Sie: wenn dieser Ermüdungszustand, den Sie selbst ver¬
schuldet haben, so sehr auf Ihnen lastet, dann verlassen Sie die
Karriere, die Sie unklugerweise eingeschlagen haben. Ein Erzieher
darf nicht müde sein! Seine Pflicht ist es, anderen ein normales,
gesundes, kräftiges Leben vorzuleben. Was die anderen betrifft,
die armen Unerfahrenen, die sich ermüden, weil ihre Arbeit noch
keinen Rhythmus hat, so kommen Sie zu mir, sobald Sie müde
sind. Ich habe ein ungeheueres Bedürfnis, Ihnen zu helfen, Ihnen
begreiflich zu machen, daß man lernen kann, ohne Müdigkeit und
mit Freude zu leben. Die Freude, von der ich Ihnen spreche, ruht
ja nicht auf äußeren Tatsachen oder besonderen Umständen, sie
ist ein dauernder Zustand des Wesens. Das unterscheidet sie vom
Amüsement. Sie hängt weder vom Wetter ab, noch von den Er¬
eignissen, die gerade geschehen; sie ist ein unzertrennlicher Teil
unseres Organismus; sie ist nicht immer von Lachen begleitet, wie
die Heiterkeit, sie kann sehr wohl an der Außenseite unseres
Wesens gar nicht erscheinen, sie blüht in den verborgenen Ge¬
mächern des Organismus, dort, wo alle aktiven Kräfte unseres
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Individuums wie Blumen aufsprießen und Früchte tragen. Diese
Kräfte darf man nicht vergeuden! Man muß ihnen eine Richtung
geben, sie gleichsam kanalisieren ohne ihre Ausbreitung zu hem¬
men. Diese Freude entsteht in uns, sobald wir uns von irgendeiner
Last befreien, sobald wir begreifen, was unser Wille vermag, so¬
bald wir uns überzeugt haben, daß wir die Hindernisse, die der
Atavismus in uns angehäuft hat, überwinden werden, und end¬
lich, sobald wir im Bewußtsein der regelmäßigen Entwicklung
dieser Fähigkeiten imstande sind, manchmal unsere Arbeit zu
unterbrechen und uns die nötige Ruhe zu gönnen, ohne fürchten
zu müssen, daß unsere Entwicklung stillsteht oder gar zurück¬
schreitet.
So ist dieser Zustand der Freude hervorgerufen in uns durch ein Ge¬
fühl der Befreiung und der Verantwortlichkeit, durch die klare An¬
schauung dessen, was in uns produktiv ist, durch das Gleichgewicht
unserer natürlichen Kräfte, durch den harmonischen Rhythmus
unseres Wollens und Könnens. Sie hängt ab von unseren schöpfe¬
rischen Fähigkeiten, den angeborenen und den erworbenen, sie wird
größer, je mehr unsere Schaffenskraft wächst, je mehr unser Wille
uns von den Fesseln befreit, die von unserer Geburt an auf uns
lasten. Die Fähigkeit, in uns selbst klar zu sehen, gibt uns jeden¬
falls ein Gefühl von Befreiung, denn sie eröffnet einen Schnellver¬
kehr nicht nur zwischen unserer Einbildungskraft und der aus¬
führenden Kraft, zwischen unserer Aufnahmefähigkeit und unse¬
ren Gefühlen, sondern auch zwischen den verschiedenen Arten von
Gefühlen, die in uns wohnen. Sie erlaubt uns schneller unserer Ge¬
danken Herr zu werden, geschwinder und hellsehender unsere künf¬
tigen Handlungen zu überschauen und leichter festzustellen, ob
unsere gegenwärtigen Handlungen geeignet sind, die Zukunft zu
sichern. Die Freude ist eine Kraft und ein Licht. Bei einigen sel¬
tenen Individuen mag dieses Licht von ihrer Geburt an leuchten.
Bei uns andern ist es Pflicht, durch dauernde Anstrengung in un¬
seren dunklen Seelen diesen Funken der Freude anzufachen. Und
mag er zunächst nur mit ängstlichem Glanze glimmen und oft ver-
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löschen, allmählich entzündet und unterhält er einen Grad von
Licht und Wärme, der immer größer wird und von Tag zu Tag
wärmer, strahlender, wohltätiger. Dieses Licht erhellt nicht nur
unsere Gegenwart, sondern auch unsere Zukunft, es zeigt uns den
Weg, den wir beschreiten sollen. Wir können es nicht von außen
bekommen. Es stammt aus uns selbst und strahlt unsere besten
Kräfte nach außen. Es kann auch nicht in uns bleiben; unwider¬
stehlich strahlt es und verbreitet es ein Licht über die, die uns um¬
geben, über die, die eng mit unserem Leben verbunden sind, und
schließlich gar über die, die uns gänzlich gleichgültig schienen.
Wie kann man ein solches Licht besitzen, ohne das Bedürfnis zu
haben, es anderen mitzuteilen! Wie könnte man für sich allein
behalten, was mit solcher Kraft, mit solch wunderbarer Heftig¬
keit aus den Quellen unseres Seins strömt ? Je mehr wir die Schätze
der Freude in uns sich anhäufen sehen, desto mehr fühlen wir das
Bedürfnis, sie an die zu verteilen, die sie nicht besitzen! Lesen Sie
die kleine Broschüre „Joie et action“ von Henri Bois. Denken
Sie an den Soldaten von Marathon, der im Besitze der guten Nach- „
rieht glühenden Herzens dahinstürmt, um sie seinen Brüdern zu
bringen; er läuft, ohne seine Kräfte zu schonen, und stürzt schlie߬
lich erschöpft hin in dem Moment, wo er sie ihnen mitteilt. Aber
er stirbt in der Freude, seinen Auftrag erfüllt zu haben. Ebenso
wollen wir unsere Kräfte, die durch die Arbeit und durch die
Freude in uns erzeugt sind, verwenden, indem wir sie nicht nur
selbst genießen, sondern freigebig über die Mitmenschen ausstrahlen
lassen.
Wie entsteht nun diese Freude, wie entwickelt sie sich, wie wird sie
dauernd? Ich habe es schon gesagt: dank unserer Sehnsucht, in
bewußter Weise alles, was in uns brauchbar ist, zu entwickeln,
dadurch, daß wir in ununterbrochener Arbeit neue Gewohnheiten
in uns schaffen, die ihrerseits wieder in uns unbewußte Eindrücke
hervorrufen, die schließlich überquellen und aus uns herausströ¬
men. Unser ganzes Leben hängt ja von unseren Gewohnheiten
ab; all unser Unglück kommt von unseren schlechten Gewohn-
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heiten, alle unsere Freude von unseren guten. Die Tatsache, daß
wir durch unsere Willenskraft eine Reihe von fast gleichgültigen
Handlungen verbessern, genügt, um uns das Selbstvertrauen zu
geben, das unerläßlich ist, um die Emeuerungsarbeit im großen
zu beginnen.
Ich wiederhole es: wer am wenigsten kann, kann am meisten.
Haben wir erst mal den Fuß auf den Weg des Fortschrittes ge¬
setzt, so haben wir mehr Aussicht, ohne Kraftvergeudung ge¬
rade und weit fortzuschreiten. Die Schwierigkeit hegt nicht darin,
zu können was man will, sondern zu wollen , was man kann. Sie
werden ans Ziel kommen, wie lange der Marsch auch dauern mag.
Die Hauptsache ist, sich in Bewegung zu setzen und zu wissen,
wohin. Unsere Kräfte wachsen in dem Maße, wie wir sie ge¬
brauchen, und die Freude entsteht an demselben Tage, an dem
wir einen Fortschritt in uns bemerkt haben. Von dann an wächst
sie ununterbrochen und erneuert sich und macht uns der höch¬
sten und ganz unerwarteter Taten fähig. Wenn sie sich einmal zu
. unseren unbewußten Kräften gesellt hat, treibt sie kräftige Wur¬
zeln, aus denen nach höchstem Gesetz Knospen, Blüten und
Früchte sprießen müssen. Einer von Ihnen, meine lieben Schüler,
hat das sehr richtig ausgeprochen: „Einige müssen gestehen, sie
hätten sich den Weg etwas einfacher vorgestellt, aber das schadet
nicht: je höher das gesteckte Ziel, desto weiter muß natürlich der
Weg sein und um so schöner ist die Aussicht auf der Höhe.“
Ja, meine heben Freunde, blicken wir in die Höhe, sehr hoch, noch
höher! Nehmen wir uns die Zeit, die Böschung zu erklimmen, die
zum Ziele führt. Steigen Sie unverdrossen, verlieren Sie niemals
den Gipfel aus dem Auge, achten Sie auf den Weg und Sie sind
sicher, dem Gipfel täglich näher zu kommen!
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GRUPPEN¬
ÜBUNGEN
PHOT. DENSO
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ADOLPHE APPIA • DIE RHYTH¬
MISCHE GYMNASTIK UND DAS
THEATER
(ÜBERTRAGUNG AUS DEM FRANZÖSISCHEN)
D ie ästhetische Schulung, die die rhythmische Gymnastik dem
Körper zuteil werden läßt, wird sicherlich einen großen Ein¬
fluß auf das Theater gewinnen. Es ist daher interessant zu unter¬
suchen, welcher Art dieser Einfluß sein wird.
Unter Theater verstehe ich sowohl den Zuschauerraum wie die
Bühne, den Zuschauer wie den Darsteller. Ich beginne bei der
Bühne, und da die Musik die rhythmische Gymnastik leitet, so
frage ich, über welche Art Musik verfügt gegenwärtig der Dar¬
steller, um sich auf der Bühne körperlich auszudrücken?
Im Musikdrama wird der Darsteller als Vertreter der Handlung
angesehen; er singt denText und begleitet ihn mit einer angepa߬
ten Mimik. Nichtsdestoweniger bleibt der dramatische Ausdruck
im wesentlichen in der Partitur. Trotz des Gesanges und des Ge¬
bärdenspiels des Darstellers kann sich der dramatische Ausdruck
nicht restlos in ihm verkörpern. Der Darsteller schwankt peinlich
zwischen der Musik, die einen ganz innerlichen Zwiespalt ausdrückt
und ihm deshalb keine Motive zur plastischen Wiedergabe liefern
kann, und der Musik, die im Gegensatz dazu danach drängt, sich
gewaltsam nach außen zu projizieren, deren gleichfalls sympho¬
nischer Ursprung aber auch keine Rhythmen gibt, die sich im Dar¬
steller verkörpern könnten. Gewiß gibt es Ausnahmen, mehr schein¬
barer als tatsächlicher Art, und ebenfalls steht außer Zweifel, daß
eine geschickte Inszenierung die Lage des Darstellers bedeutend
verbessern kann. Dies aber schließt nicht aus, daß sich ein ein¬
faches Nebeneinander von Musik und Darsteller ergibt. Die orga¬
nische Einheit bleibt aus und muß ausbleiben, weil die moderne
dramatische Musik schließlich doch nur das Produkt einer beson-
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deren und einseitigen Entwicklung einer Kunst ist, die seit langem
die Fühlung mit der körperlichen Form verloren hat. Hierin hat
die unvermeidliche Unwahrhaftigkeit unseres musikalischen Dra¬
mas seinen Grund.
Man muß sich also hüten, auf diese außerordentliche, aber schon
an der Grenze des Verfalls stehende Kunst, blind die Prinzipien
einer werdenden Kunst anzuwenden, wie sie die rhythmische
Gymnastik vorbereitet. Man kann also mit Recht fragen, welchen
Nutzen werden unsere Darsteller von dieser rhythmischen Gym¬
nastik haben, wenn sich in ihr doch keine direkte Anwendung
auf die Bühne findet. •
Zunächst leuchtet ein: diese rhythmische Schulung des Körpers,
wie sie durch die rhythmische Gymnastik auf einfache und natür¬
liche Art erreicht wird, ist für das musikalische Gefühl des Dar¬
stellers von der größten Bedeutung; darüber hinaus aber gewährt
sie dem Körper eine natürliche Harmonie, die der Reinheit und
Schmiegsamkeit seines Spiels zugute kommt und ihm jene Emp¬
findung für das Maß gibt, die uns Voraussetzung jedes Stils zu
sein scheint. (Dasselbe gilt natürlich auch vom künstlerischen Ge¬
fühl des Schauspielers. Zur Vereinfachung des Gedankengangs be¬
schränkt sich aber der Verfasser auf die Besprechung des musika¬
lischen Darstellers.) Aber diese Wirkung ist doch eine allgemeine,
spezieller: eine musikaüsche und einschränkende, sie gehört eher in
die Pädagogik; wir können sie hier nur andeuten, denn hier beschäf¬
tigt uns der Rhythmus und seine unmittelbare Verkörperung.
Wenn der Darsteller im Theater auch keine Kunst findet, die der
entspricht, die ihn in die Verkörperung des Rhythmus eingeweiht
hat, so findet er dort doch ein gemeinsames und wesentliches Ele¬
ment : den Raum. — Die Schulung durch die rhythmische Gym¬
nastikwird ihn besonders empfindlich für die Ausdehnung und Ent¬
fernung im Raume gemacht haben, die der unendlichen Mannig¬
faltigkeit der Tonfolgen entsprechen. Unwillkürlich wird er ver¬
suchen, sie auf der Bühne lebendig zu machen und wird verblüfft das
Unrecht feststellen müssen, das man ihm zufügt, indem man ihn,
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den Plastischen und Lebendigen, zwischen tote Malereien auf senk¬
rechten Leinwandstücken stellt. Und wie beim Musikdrama mit der
Musik, wird er hier die Unmöglichkeit einer organischen Verschmel¬
zung der Umgebung und seiner selbst empfinden. Also ein neues
Nebeneinander: Zwischen diese beiden Widersprüche gestellt, den
einen der Musik, die sich in ihm nicht verkörpern kann, und die er
doch auf der Bühne darstellen soll, den andern einer Anhäufung von
Dekorationsstücken, die weder in Beziehung noch in Verbindung
mit seinem plastischen und beweglichen Organismus steht und ihn
folglich in seiner rhythmischen Entfaltung im Raume hindert, wird
der Darsteller der schmerzlichen Rolle bewußt werden, die man
ihn spielen läßt. Er wird seine Rechte geltend zu machen suchen,
und in voller Erkenntnis der Gründe wird er an der dramatischen
und szenischen Reform mitarbeiten, mit der wir fast gegen unseren
Willen heute beschäftigt sind. Indem also die rhythmische Gym¬
nastik die ästhetische Erziehung gerade des Darstellers vollbringt,
gibt sie ihm die Vollmacht zur Reform. Das ist ein Resultat von un¬
schätzbarem Werte.
Auf der Bühne befindet sich noch eine Persönlichkeit, die, ob¬
gleich unsichtbar, von allen am gegenwärtigsten ist: das ist der
Verfasser, der Dichter, der Musiker. Wenn er an sich selbst die
Erfahrung des Rhythmus gemacht hat, wenn er bis zum Grunde
seines Wesens den Funken der Freude und Schönheit gefühlt hat,
den die echte Verkörperung der Musik entzündet, wird er wie der
Darsteller das unpassende Nebeneinander gewahr werden, das unser
Musikdrama verkörpert und das sein eigenes Werk ist. Er wird
die Kluft zwischen der Musik und der szenischen Behandlung
empfinden, er hört die Musik als etwas für sich und sieht die
Szene als etwas anderes und er wird nicht, wie früher, beides ver¬
mengen. Beim Wiederauflebenlassen seiner Erinnerungen von der
Rhythmik des Körpers wird er eine Harmonie erleben, die er auf
der Bühne nicht verkörpern konnte, von der er nicht einmal etwas
ahnte. Ein stilles Einvernehmen wird sich so zwischen dem Ver¬
fasser und seinem Dolmetscher, dem Darsteller, herstellen; sie
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beide werden beginnen , ihr Werk anzuzweifeln. Dieser Zweifel aber
ist der Anfang des Forschens nach Wahrheit. Wie aber diese Wahr¬
heit, diese Harmonie erreichen?
Der Verfasser wird sich nicht recht lange einer Täuschung hin¬
geben können: die gegenwärtig üblichen Mittel des dramatischen
Ausdrucks (Partitur, Darsteller, Inszenierung) haben sich unab¬
hängig voneinander und ungleich entwickelt. Das Resultat ist Anar¬
chie. Benutzt er sie, wie sie sich uns jetzt darbieten, so kann er,
was ihr harmonisches Zusammenarbeiten betrifft, auch nicht den
kleinsten Fortschritt erhoffen. Er muß die Richtung ändern. Es
handelt sich hier um eine resolute Umkehr. Nicht, indem wir
eine Musik willkürlich abändem, die seit langem ganz allein ihren
Weg gegangen ist, werden wir sie dem lebendigen Organismus des
Darstellers näherbringen können, ebensowenig, als wenn wir ebenso
willkürlich das leblose Material unserer Bühnen stilisieren. Die
Umkehr besteht vielmehr darin, den menschlichen Körper und
nur diesen Körper als Ausgangspunkt zu nehmen — als Ausgangs¬
punkt sowohl für die Musik als auch für das szenische Material, —
das heißt eben: für die Konzeption selbst des Dramas, und man
muß alle Konsequenzen auf sich nehmen, die dieser Entschluß
mit sich führen wird. Jede Umkehr ist von Opfern begleitet. Diese
hier wird sehr bedeutende fordern. Sie verlangt besonders völlige
Uneigennützigkeit, vollständige Unterwerfung. Der Musiker muß
umkehren und sich mutig auf die Suche nach dem Körper begeben,
den er seit Jahrhunderten vernachlässigt hat. Der Körper muß ihm
aber zu Hilfe kommen, indem er sich seinem künstlerischen Schaffen
immer schmiegsamer, zuvorkommender, seiner latenten Harmonie
bewußter darbietet. Dieser Berührungspunkt zwischen Körper und
Geist, der allein die Harmonie schaffen kann, war verloren ge¬
gangen: die rhythmische Gymnastik versucht ihn wiederzufinden.
Darin liegt ihre große Bedeutung für das Theater.
W ir haben noch zu untersuchen, welchen Einfluß die rhythmische
Gymnastik auf den Zuschauer haben kann. Vielleicht verhilft
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uns dies im Verein mit dem bereits Gesagten zu einer neuen Auf¬
fassung der Bühne.
Es ist durchaus erlaubt vorauszusetzen, daß die rhythmische
Schulung in einer nahen Zukunft nicht nur einen wesentlichen
Teil der Erziehung in unseren Schulen bilden wird, sondern auch
unter den Erwachsenen genügend verbreitet sein wird. Das Publi¬
kum unseres Theaters wird dann einen beträchtlichen Teil von Zu¬
schauern enthalten, die sie erlebt und selbst erfahren haben. Wie
wird ihre innere Haltung gegenüber der Darbietung sein ?
Bis jetzt hat man vom Publikum nur Ruhe und Aufmerksamkeit
verlangt. Um es dazu zu ermutigen, bietet man ihm bequeme
Sitzgelegenheiten und scheucht es in ein Halbdunkel, das den Zu¬
stand völliger Passivität begünstigt, die — so scheint es — sein Teil
sein muß. Dies nötigt zur Feststellung, daß wir hier wie sonst ver¬
suchen, uns so weit wie möglich vom Kunstwerk zu entfernen: wir
haben uns zu ewigen Zuschauern gemacht.
Gerade diese passive Haltung wird die rhythmische Gymnastik
Umstürzen.
Indem uns der musikalische Rhythmus durchdringt, wird er uns
sagen: du selbst bist das Kunstwerk! Und wirklich, wir werden
es empfinden und nie mehr vergessen können.
„Das bist du selbst“, sagt der Brahmane vor jedem lebenden Ge¬
schöpf. Von nun an werden wir vor jedem Kunstwerke uns selbst
empfinden und uns fragen: was hat er aus mir gemacht ? — Die
Haltung hat sich geändert; statt passiv hinzunehmen, werden
wir aktiv teilnehmen und wir werden das Recht erhalten uns auf¬
zulehnen, wenn man uns Gewalt antut. Um beim Theater zu blei¬
ben, das uns hier beschäftigt, so ist es klar, daß seine Darbie¬
tungen uns ununterbrochen Gewalt antun. Wer sie so empfindet,
wie wir sie angesehen haben, wird sich ganz natürlich dagegen auf¬
lehnen. Mit dem Verfasser, mit dem Darsteller wird er zweifeln
und wird wie sie die Wahrheit anderswo suchen.
Ich übertreibe nicht, gewiß nicht! Das Erwachen der Rhythmen in
uns selbst, in unserem Organismus, in unserem eigenen Fleisch ist
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das Totengeläute für einen großen Teil unserer modernen Kunst
und besonders für unsere szenische Kunst. Und dann — wodurch
diese so gepriesene szenische Kunst ersetzen, die so breiten Raum
einnimmt und die wir scheinbar nicht entbehren können?
Der Umkehr, die der Verfasser wie seine Dolmetscher vornehmen
müssen, muß sich auch der Zuschauer seinerseits anschließen.
Von sich selbst, von seinem eigenen Körper, muß er ausgehen;
aus seinem eigenen Körper und seinen rhythmischen Erlebnissen
soll die lebendige Kunst herauswachsen und sich im Raume aus¬
breiten, ihm Leben zu geben. Dieser Körper bestimmt die Propor¬
tionen und das Licht, er schafft das Kunstwerk!
Der Übergang wird langsam sein und wird bei jeder Stufe einen
starken Glauben an die nur geahnte Wahrheit verlangen. Die
rhythmischen Spiele, die man in Hellerau vorbereitet, werden
jedenfalls die bezeichnendste und entscheidende Stufe auf dem
Wege zur Eroberung der lebendigen Kunst bilden. Sie werden
alljährlich die Übungen der Schüler zu immer größeren, gleich¬
artigen Gruppen bis zu großartigen Dramatisierungsversuchen zu¬
sammenfassen. Sie werden das Fest der Ausübenden sein! Das zum
Zusehen eingeladene Pubükum wird tief empfinden, daß die Schü¬
ler aller Altersstufen und aller Verhältnisse sich zusammengefunden
haben, um als ein Stück dieses Publikums selbst, sozusagen als
die Wortführer des Publikums gleich dem antiken Chor, der sich
um den Opferherd versammelt, Ausdruck und Symbol des ver¬
sammelten Volkes, die vollkommenste Verkörperung lebendiger
Kunst zu sein.
Dann — nach so vielen Jahrhunderten des Alleinseins — wird
es im Anschauen lebendiger Bewegung verloren voll Dankbarkeit
ausrufen können: J a, das bin ich!
Unser Theater wird für sie besiegt sein.
S o angesehen, bilden rhythmische Gymnastik undTheater (so, wie
wir es jetzt haben)Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen. In¬
dem die rhythmische Gymnastik den Körper auf seinen Ehrenplatz
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stellt, indem sie nichts annimmt, was nicht aus ihm entspringt
oder was ihm nicht zukommt, tut sie den entscheidenden Schritt
zu einer vollständigen Reform unserer szenischen und dramatischen
Anschauungen.
Doch werden unsere Theater noch lange bestehen und man kann
voraussehen, daß der Einfluß der rhythmischen Gymnastik, neben
seiner wohltätigen und stilisierenden Wirkung auf den Darsteller,
sich besonders bei der Inszenierung bemerkbar machen wird.
An Stelle eines Aufputzes von toten Malereien auf senkrechten
Leinwandstücken wird sich die Inszenierung immer mehr der
Plastizität des menschlichen Körpers nähern und diese im Raum
geltend machen. Das wird eine große Vereinfachung zur Folge
haben, eine merkliche Verringerung der Gegenstände, die nur die
Malerei uns darstellen konnte. Die Beleuchtung, die nicht mehr
durch die Verpflichtung in Anspruch genommen sein wird, Male¬
reien sichtbar zu machen, wird sich gestaltend im Raume ver¬
teilen und ihn mit lebendiger Farbe durchdringen. So schafft sie
eine bewegliche Atmosphäre von unendlicher Vielgestaltigkeit ganz
im Dienste—nicht mehr des Dekorationsmalers, sondern des Dra¬
maturgen! Und die Illusion, die man bei uns gegenwärtig durch
gemalte Dekoration zum Schaden des Darstellers erregen will, wer¬
den wir im Einverständnis mit dem Darsteller durch die höchste
Wertschätzung des Darstellers selbst ersetzen. Es ist nicht mög¬
lich, hier näher auf die Einzelheiten der Resultate einer solchen
Reform einzugehen; aber man wird begreifen, daß man, indem
man die Inszenierung vom Joche der leblosen Malerei und der
Illusion, die sie hervorrufen sollte, befreit, indem man ihr damit
die größte Feinheit und vollständigste Freiheit gibt, gleichzeitig
auch di e Phantasie des Dramaturgen befreit...! Die Konsequenzen
dieser szenischen Reform auf die dramatische Form können auch
nicht im entferntesten abgeschätzt werden!
Die rhythmische Gymnastik wird ihrerseits, indem sie an ihrem
wesentlich szenischen Prinzip festhält, nichts um sich zu dulden,
was nicht direkt dem verkörperten Rhythmus entspringt, in nor-
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malern Fortschritt eine Inszenierung schaffen, die der notwendigen
Ausstrahlung der plastischen Formen des Körpers und seiner durch
die Musik ausgestalteten Bewegungen gleichen wird.
Dann wird das allmächtige Licht, der Musik gehorchend, sich hin¬
zugesellen; das Licht, ohne das es keine Plastik gibt; das Licht,
das den Raum mit Helligkeiten und mit beweglichen Schatten
bevölkert, das ruhig strahlt oder in farbigen, zitternden Blitzen
zuckt. Und in seiner zeugenden Atmosphäre gebadet, werden sich
die Körper in ihm wiedererkennen und die Musik des Raumes
grüßen.
Apollo war nicht nur der Gott der Musik, er war auch der Gott
des Lichtes.
KLEINHAUS
FÜR
SCHÜLER
DER
BILDUNGS¬
ANSTALT
JAQUES-
DALCROZE
I V-
, 7 . ‘ -y * . * ***.. .*'.• • *•*.*'•• *\
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MOTIV
AUS DEN
PLASTI¬
SCHEN
GRUPPEN¬
ÜBUNGEN
PHOT. DENSO
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GROSSES
WOHNHAUS
FÜR SCHܬ
LERINNEN
DER
ANSTALT
LEITUNG
FRAU DR.
MABEL-
RIESS
JAHRESBERICHT DER BILDUNGS¬
ANSTALT JAQUES-DALCROZE FÜR
DAS UNTERRICHTSJAHR 1910/11
V on einem Jahresbericht der „Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze" kann in¬
sofern nicht gesprochen werden, als die Bildungsanstalt selbst erst im
Frühjahr dieses Jahres als eigene Gesellschaft gegründet worden ist und
der Unterricht in provisorischen Räumen stattfand. Die Gartenstadt
Hellerau und die Herren Dr. Wolf und Harald Dohrn hatten die
Organisation dieser Kurse und das finanzielle Risiko ihrer Durchführung
übernommen. So trug denn auch der Unterricht in manchem das Gepräge
des Einstweiligen, Veränderlichen. Die anfangs gemieteten Räume er¬
wiesen sich angesichts der Anzahl der Schüler und Kurse als zu klein, und
es mußten noch zwei weitere Räumlichkeiten hinzugenommen werden.
Die Anstalt hat es dem verständnisvollen Entgegenkommen des Kgl.
Finanzministeriums und der Generaldirektion der Kgl. Sammlung,
sowie der Fürsprache Sr. Exzellenz des Generaldirektors der kgl.
Kapelle und des Hoftheaters, Herrn Grafen von Seebach, zu
danken, daß sie die schönen Räume des Alten Landhauses, die ehema-
5 Der Rhythmus
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ligen Sitzungssäle der I. und II. Kammer, mieten und so den Unterricht
in einer Umgebung abhalten konnte, deren künstlerische Atmosphäre den
Tendenzen der Anstalt entsprach und dem Sinn der Lehrer und Schüler
entgegenkam. Die Schönheit der Räume wurde von der Anstaltsleitung
um so wohltuender empfunden, als Herrn Dr. E. Jaques-Dalcroze 46 seiner
Schüler und Schülerinnen aus Genf hierher begleitet hatten, die in diesen schö¬
nen Sälen einen Ersatz für manches gefunden haben, worauf sie bei dem pro¬
visorischen Charakter des Unterrichtsbetriebes sonst verzichten mußten.
An dieser Stelle sei auch dem Kgl. Landbauamte Dresden II gedankt,
das den Einbau der nötigen Waschgarderoben und Duschen zur Durch¬
führung der hygienischen Seite des Unterrichtes ermöglichte.
Die Unterrichtskurse der Anstalt hatten sich außerdem auch des Interesses
des Kgl. Ministeriums des Innern und in bezug auf die in Hellerau
abgehaltenen Kurse der Kgl. Amtshauptmannschaft Dresden - Neu¬
stadt zu erfreuen. Hierfür sei auch an dieser Stelle der geziemende Dank
zum Ausdruck gebracht.
Schließlich ist es der Anstaltsleitung ein Bedürfnis, für das rege Interesse
zu danken, das der Entwicklung des Unterrichts von vielen Seiten, ins¬
besondere auch aus den Kreisen des „Komitees zur Gründung eines
Instituts für Dr. E. Jaques-Dalcroze“ entgegengebracht worden ist.
Wenn das Wagnis, eine Schule noch dazu aus dem Ausland zu verpflanzen,
gelungen ist, so ist es neben der enthusiastischen, Lehrer und Schüler
gleichmäßig fortreißenden Persönlichkeit des Leiters, Dr. E. Jaques-
Dalcroze, in erster Linie der Anteilnahme zu danken, die weite Kreise
der Dresdner Bevölkerung dem Unterricht angedeihen ließen.
Wir hoffen, die Entwicklung der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze auf der
heute in Hellerau gelegten Grundlage wird das ihr entgegengebrachte Wohl¬
wollen und Interesse rechtfertigen.
Das Provisorische des Unterrichts hatte naturgemäß manche Unbequem¬
lichkeit und Erschwerung im Gefolge, und insbesondere konnte der Stun¬
denplan nicht so eingerichtet werden, daß Zwischenstunden für die Teil¬
nehmer ein und desselben Kurses vermieden wurden, ein Übelstand, der
sich um so unangenehmer fühlbar machte, als die Kursteilnehmer in der
Stadt verstreut wohnten und einen geregelten Wechsel von Arbeit und Ruhe
nicht durchführen konnten. Die daraus entstandenen Ermüdungen werden
durch die günstige Verteilung des Unterrichts in Hellerau vermieden wer¬
den, wo die meisten Berufsschüler in der Nähe des Instituts wohnen und
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
dank der großen Anzahl verfügbarer Säle der Hauptunterricht in aufein¬
ander folgenden Stunden auf den Vormittag gelegt ist.
Das Provisorische des Unterrichts hatte indessen auch einen großen Wert.
Alle arbeiteten im Bewußtsein des Kommenden mit doppelter Freude
und besonderem Enthusiasmus, das ganze Jahr war von einer äußerst
produktiven, vorwärtsstrebenden Stimmung erfüllt — eine Eigentümlich¬
keit, die auch auswärtigen Besuchern der Anstalt häufig auffiel.
So wurde bei aller Unvollkommenheit des äußeren Apparates doch unter
pädagogisch äußerst fruchtbaren und, wie das Ergebnis der Schlußprüfung
bewiesen hat, auch erfolgreichen Bedingungen gearbeitet.
DAUERDESUNTERRICHTSJAHRES: Der Unterricht begann am ^.Ok¬
tober, wurde zu Weinachten durch die Ferien vom 22. Dezember 1910 bis
8. Januar 1911, zu Ostern durch die Ferien vom 12. bis 24. April, zu Pfing¬
sten durch die freien Pfingstfeiertage unterbrochen und am 18. Juni nach dem
Abschluß der Prüfungen durch eine kleine Schlußaufführung geschlossen.
LEHRKÖRPER: Die Leitung des Unterrichts lag ausschließlich in den
Händen von Dr.E. Jaques-Dalcroze. Ihn unterstützte seine langjährige
Mitarbeiterin, die Oberlehrerin an der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze,
Fräulein Nina Gorter. Außerdem wirkten an der Anstalt die ehemaligen
Schüler von Dr. E. Jaques-Dalcroze und jetzigen Lehrer und Hilfslehrer:
Frl. Annie Beck (dipl. Lehrerin) /Frl. Suzi Perrotet (dipl. Lehrerin) / Frl.
Marie Adama van Scheltema (dipl. Lehrerin) / Frl. Charlotte Pfeffer
(Hilfslehrerin) / Frl. Myriam Ramberg (Hilfslehrerin) / Frl. Toni Zander
(Hilfslehrerin) / Herr Hans Fett (Hilfslehrer) / Herr Placido von Mon-
toliu (Hilfslehrer).
UNTERRICHTSFÄCHER: Es wurde unterrichtet in Rhythmischer Gym¬
nastik, Solföge (Gehörsbildung), Improvisation, Atmung, Anatomie, Tur¬
nen, Tanz (fac.).
KURSE: Es fanden statt zwei Parallelkurse des Normal- und Theater¬
kurses für Damen I. Jahr, ein Normal- und Theaterkurs für Herren I. Jahr,
zwei Parallelkurse des Normal- und Theaterkurses für Damen II. Jahr, ein
Normal- und Theaterkurs für Herren II. Jahr, ein Normalkurs für Damen
III. Jahr. Diese Kurse hatten im Durchschnitt 21 Wochenstunden.
Außerdem fand ein besonderer Theaterkurs für Mitglieder der Kgl. Hof¬
oper statt.
Dilettanten- und Kinderkurse wurden abgehalten im Alten Landhaus, in
der Gartenstadt Hellerau und in Berlin.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Im Alten Landhaus fanden statt ein Kinderkurs, zwei Mädchenkurse und
ein Herrendilettantenkurs in Rhythmischer Gymnastik, Solföge und Impro¬
visation (2—5 Wochenstunden).
In Hellerau wurde in vier Kinderkursen und in zwei Kursen für Erwachsene
Rhythmische Gymnastik und Solföge unterrichtet.
Ein Osterferienkurs vereinigte ca. 80 ehemalige Schüler von Dr. E. Jaques-
Dalcroze zur Zeit der Osterferien zu einem Kurs in Rhythmischer Gymna¬
stik und Solföge.
In Berlin wurden ein öffentlicher Kurs für Erwachsene in Rhythmischer
Gymnastik und ein Kurs für Erwachsene in Solfege in den Gesangsschulen
von Frau Lydia Hollm und Frl. Parmentier sowie ein Privatkurs für Er¬
wachsene und zwei Privatkurse für Kinder abgehalten.
BESUCH DER UNTERRICHTSSTUNDEN: Zufolge zahlreicher Anmel¬
dungen zum Besuche einzelner Unterrichtsstunden sah sich die Anstalts¬
leitung veranlaßt, zwei besondere, für auswärtigen Besuch allein zugäng¬
liche Unterrichtsstunden einzurichten und zu diesen Stunden Besuchskarten
auszugeben. Die Anstalt wurde insgesamt von 498 Personen besucht.
PRÜFUNGEN: Am 10. und 11. sowie 17. und 18. Juni fanden die Diplom¬
prüfungen der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze vor einer besonders ein¬
gesetzten Prüfungskommission statt.
Dieser Kommission gehörten an: Herr Adolphe Appia -Rivaz (Waad-
land) / Herr Paul Böpple- Basel / Herr Geh. Regierungsrat Prof. Dr.
Friedländer -Berlin / Herr Prof. Friedrich Klose -München / Herr
Geh. Reg.-Rat Prof. H. Kretzschmar - Berlin / Herr Generalmusik¬
direktor Prof. Max Schillings -Stuttgart / Herr Geh. Hofrat, General¬
musikdirektor Edler von ScHUCH-Dresden / Herr Generalmusikdirektor
Fritz Steinbach- Köln / Herr Jean d’Udine, Direktor d. franz. Instituts
f. Rhythmische Gymnastik-Paris.
Die Prüfung bestand in: a) Unterricht in Rhythmischer Gymnastik
für Anfänger. Dauer 1 /« Stunde, b) Unterricht für Schüler der Rhythmischen
Gymnastik, die bereits 1 Jahr lang an den Kursen der Anstalt teilgenom¬
men hatten. Dauer V 4 Stunde, c) Realisation individueller Rhythmen,
die von Herrn Jaques-Dalcroze am Klavier angegeben wurden.
Das Ergebnis der Prüfungen war:
Es erhielten das Diplom als „Lehrer der Rhythmischen Gymnastik
nach Jaques-Dalcroze“:
Frau Alexandroff aus Moskau / Frl. Behle aus Stockholm / Frl. Jamme
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
aus Bensberg-Köln / Frl. Lauter aus Bredney-Essen / Frl. Odier aus Genf /
Frl. Scheiblauer aus Basel / Frl. Zander aus Altona / Herr Dr. Rudolf
Bode aus Kiel / Herr Fett aus Nienstetten-Hamburg / Herr Jeanneret
aus Genf.
Das Zeugnis über die Befähigung, Elementarunterricht in Rhyth¬
mischer Gymnastik an Kinder zu erteilen, erhielten:
Frl. Gripenberg aus Stockholm / Frl. Mieszynska aus Warschau / Frl.
Roggen aus Brüssel / Frl. Schmidt aus Freiburg.
Das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch der Kurse für die Ent¬
wicklung DER MUSIKALISCHEN FÄHIGKEITEN ERHIELTEN!
Herr Dr. Richard Ritter Mahlschedl von Alpenburg aus Innsbruck /
Herr Theodore Appia aus Genf/Frl. JacquellineMellor aus Lausanne.
AUFFÜHRUNGEN: Eigentliche Aufführungen fanden während des Un¬
terrichtsjahres nicht statt. Das, was gezeigt wurde, bewegte sich immer
in dem pädagogischen Bereich und hatte vor allem den Zweck, die Schüler
selbst zu Improvisationen und zum Erfinden von Übungen und plastischen
Gruppenführungen anzuregen und sie zu veranlassen, ihre Einfälle bis zu
einem gewissen Punkte durchzuarbeiten und der Kritik der Lehrer und
Mitschüler zu unterbreiten.
Zu diesen Schüleraufführungen, die niemals öffentlich waren, wurde Freun¬
den des Institutsauf deren besonderes Verlangen Zutritt gewährt. Viel¬
leicht, daß mancher Besucher schon in diesen vorläufigen Versuchen einer
plastischen Gestaltung künftige Gestaltungsmöglichkeiten ahnte. Diese
Seite der Rhythmischen Gymnastik, die eigentlich künstlerische, bleibt
aber dem Institut in Hellerau zur Ausbildung Vorbehalten. Es enthält
in seiner Raumgestaltung und seinen technischen Einrichtungen alle Vor¬
bedingungen.
Zur Verbreitung einer Methode, die wie die Rhythmische Gymnastik durch
Worte so ungenügend zu erläutern ist, sind Schülervorstellungen ein not¬
wendiges Übel.
Es fanden Schüleraufführungen statt in Berlin (z. T. auf Einladung der
Kgl. Hochschule für Musik), in Brünn (auf Einladung des Vereins der
Musiklehrerinnen), in Chemnitz, in Köln (auf Einladung des Kgl. Kon¬
servatoriums), in Dortmund, in Dresden, Jena, Leipzig, Prag (auf Ein¬
ladung des Klubs Deutscher Künstlerinnen), in Warschau (auf Einladung
eines dort gebildeten Komitees).
Außerdem fanden anläßlich der Premiere des Rosenkavaliers einige öffent-
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
liehe Unterrichtsstunden statt, zu denen die auswärtigen Gäste der Pre¬
miere durch Herrn Grafen von Seebach eingeladen worden waren.
GESELLIGE VERANSTALTUNGEN UND VORTRÄGE: Von den Schü¬
lern und Schülerinnen wurden 2 Schülerabende mit musikalischen und
literarischen Vorträgen veranstaltet. Der erste brachte in Violin-, Klavier-
und Gesangsvorträgen hauptsächlich Musik aus dem 17. Jahrhundert zu
Gehör, der zweite erörterte in der Hauptsache philosophische und künst¬
lerische Fragen.
Dr. E. Jaques-Dalcroze hielt zwei Vorträge über die Pflichten der Schüler
gegenüber der Rhythmischen Gymnastik, dem gegenwärtigen Unterricht
und dem künftigen Lebensberuf. Der zweite war eine Antwort auf die
Arbeiten der Teilnehmer des I. Jahreskurses über ihre bisherigen Erfah¬
rungen mit der Rhythmischen Gymnastik. Er ist in dem Jahrbuch der
Anstalt abgedruckt.
Frau Jaques-Dalcroze (Nina Falliero) gab in der Schule einen Lieder¬
abend.
Die Anstaltsleitung erläuterte an einem der letzten Abende die Pläne des
neuen Instituts.
Zu Ehren ehemaliger Schüler von Jaques-Dalcroze, die zu einem Oster¬
ferienkurs nach Dresden gekommen waren, wurde von den Schülern und
Schülerinnen der Normalkurse des Instituts ein Abend veranstaltet, an
welchem gruppenweise rhythmisch-plastische Übungen vorgeführt wur¬
den, die sich die Schüler selbst ausgedacht und kombiniert hatten.
Am 22. April 1911 wurde der Grundstein zum Neubau des Instituts in der
Gartenstadt Hellerau im Beisein der Schüler der Berufskurse, der Teilneh¬
mer des Osterferienkurses und vieler Teilnehmer der Dilettantenkurse ge¬
legt. Dr. Dohm hielt eine Ansprache über die Aufgaben der Bildungs¬
anstalt Jaques-Dalcroze. Sie ist im Jahrbuch der Anstalt abgedruckt.
An der Feier der Grundsteinlegung nahm im Namen des Komitees teil
Se. Exzellenz Herr Graf von Seebach.
Zu Ehren der Prüfungskommission für die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze
und als Abschluß des Unterrichts fand am 18. Juni 1911 eine Schülerauf¬
führung statt, in der gleichfalls gruppenweise rhythmisch-plastische Übun¬
gen und Versuche gezeigt wurden, die teilweise von Herrn Dr. E. Jaques-
Dalcroze, teilweise von den Schülern selbst angegeben waren.
DRESDEN-HELLERAU
IM AUGUST 1911
Dr. WOLF DOHRN
70
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
(.
t
WIRTSCHAFTS¬
GESCHOSS
IM GROSSEN
WOHNHAUS
s. Abb. S. 65
1: Dienstbotenzimmer
2: Zimmer der Köchin
3: Reservezimmer
4/5: Bügel - und Wäsche -
Zimmer
6: Milchküche
7: Bad
8: Leutezimmer
9: Spülküche
10: Küche
11: Heizung
12/14: Wohnung des Haus¬
meisters
15: Gang
16: Dunkelkammer
17; Zimmer
13: Zimmer
19: Gang
20: Zimmer
21/22: Fahrrad- u. Koffer-
raum
23: Küchenkohlenraum
24; Raum /. Eingemachtes
25 : Geräteraum und Werk-
stdtte
26/27: Vorratsräume
28: Anrichte
29: Putzraum
SO: Obst - und Gemüserauin
33130: Gänge
ERDGESCHOSS
IM GROSSEN
WOHNHAUS
s. Abb. S. 65
37/44: Zimmer
45: Bad mit W. C.
46/48: Zimmer
49: Bad mit W. C.
50: Garderobe
51: Zimmer für 2 Personen
52: Empfangszimmer
53: Bureau
54: Windfang
55: Vorraum
56: Halle
57: Erker
58: Speisesaal
59: Anrichte
60: Wirtschaftsrau in
61: Zimmer
62: Schrankraum
63: Gang
64: Terrasse
7i
1
»
1
f
i
1
i
&
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Original frorn
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
SCHÜLERLISTE
I. BESUCHER DER NORMAL- UND THEATERKURSE
IN DRESDEN 1910/11
Name
Heimatsort Jahrg.
1 Name
Heimatsort
Id**
1. Theodore Appia
Genf
1
39. Fermina Hiller
Dresden
1
2. Jeanne Allemand
Genf
ui
40. Ada Hoch
Lodz (Polen)
1
3. Agnes Appenzeller
Bern
11
41. Erna Hoff mann
Rosenberg
1
4. Loulette Badollet
Genf
in
42. Rosa Hoppe
Stettin
1
5. Anna Behle
Stockholm
11
43. Hertha Idmann:
Tammerfors
1
6. Berta Binswanger
Konstanz
1
44. Toni Jamme
Bensbcrg
11
7. Dr. Rudolf Bode
Braunschweig
1
45. Albert Jeanneret
La Chaux de
8. Clara Brooke
Genf
ui
Fonds
n
9. Ada Bruhn
Berlin
1
— 46. Elfriede Kent
London
1
10. Jany Buchenei
St. Martin
11
47. Carl Knoll
Auerbach i. V.
1
11. Olga Dams v. Mau¬
48. Elsy Knüpffer
Fellin (Livld.) I
derode
Tilsit
1
49. Valonie Kratina
Dresden
1
12. Elsbeth Denso
Dresden
11
50. Annie Krause
Berlin-Wil¬
13. Annie v. Deventer
Zwolle (Holl.)
1
mersdorf
11
14. Harald Dohm
Hellerau
1
51. Sophie Krause
Berlin-Wil¬
15. Freya Dubelmann
München
11
mersdorf
11
16. Emst Eckl
Berghäuseln
1
52. Maria Krumkamp
Godesberg
11
17. Maria Ehrengut
München
11
53. Elisabeth Lauter
Bredeney-
18. Lilla von Erdödy
Budapest
1
Essen
ui
19. Henriette Faccenda
Düsseldorf
1
54. Ida Lenggenhagen
Basel
1
20. Ida Falk
Stockholm
1
55. Freiin Marussra
21. Gabriele Falk
Stockholm
1
Lilienfeld-Sacken-
22. Gertrud Falke
Hamburg
1
hausen
Dresden
1
23. Margarete Fauth
Dresden-N.
1
56. Eva Lippold
Dresden
1
24. Eduard Favre
Wien
1
57. Dr. Richard Ritter
25. Grete Färber
Altona
1
Mahlschedl von
26. Suzanne Ferriöre
Genf
in
Alpenburg
Innsbruck
11
27. Hans Fett
Nienstetten-
58. Gerharda Makkink
Utrecht
11
Hamburg
11
59. Christel Masing
Dresden-N.
1
28. Margarete Frisch
Dresden-A.
1
60. Elise Mebius
Dresden-A.
1
29. Kate Fritzsche
Dresden
1
61. Jacqueline Mellor
Lausanne
11
30. Eugenie Gehrang
Stuttgart
11
62. Paula Merkens
Reinickendorf I
31. Maggie Gripenberg
Helsingfors
11
63. Jeanne Mieczyncka
Warschau
11
32. Gustav Güldenstein
München
11
64. Placido de Montoliu
Barcelona
n
33. Gottfried Haaß-
65. Sascha Mossdorf
Dresden-A.
1
Berkow
Stuttgart
1
66. H. Bemelot Moens
Bloemendaal
11
34. Elem6r Halasy
Budapest
1
67. Elisabeth Muirhead
Eastboume
1
35. Elsa Hallmann
Dresden
1
68. Jeanne Odier
Genf
11
36. Nina Heimann-
69. Jacoba van der Pas
Den Haag
1
Alexandroff
Moskau
11
70. Charlotte Pfeffer
Berlin W. 50
11
37. Gertrud Heinemann
Braunschweig
1
71. Christine Potter-
38. Elisabeth Heyser
Dresden
1
Frissell
New York
1
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
I
Name
Heimatsort
Jahrg.
Name
Heimatsort Jahrg.
72. Lisbeth Radok
Königsbergi.P I
95. Jelle Troelstra
Bunnik
II
73. Myriam Ramberg
Genf
II
96. Marguerita Tüscher Bern
I
74. MarthaBabetteRank Münchenreuth I
97. Marta Undän
Söderteige
I
75. Clara S. Reynvaan
Aerdenhout
I
98. Alfred Wagner
Dresden
Th.
76. Emile Ristori
Genf
II
99. Tony Weber
Hagen i.W.
I
77. Bertha Roggen
St. Gilles
II
100. Gertrud Wegmann Braunschweig II
78. Gotthilf Eberhard
101. Hermine Weiser
Weimar
I
Rümelin
Pfallingen
I
102. Martha Weißbach
Dresden
Th.
79. Mimy Scheiblauer
Zofingen
II
103. Ida v. Wendland
Ansbach i. B.
I
80. Wilhelmine Schiller
Dresden-A.
I
104. Marie Wemicka
Lemberg
I
81. Agathe Schlesinger
Leipzig
I
105. Gabriele Wiede¬
82. Elly Schmidt
Magdeburg
Th.
mann
Dresden-A.
I
83. Hermine Schmidt
Freiburg
II
106. Marie Wiegmann
Hannover
I
84. Malve Gümbel-
107. Emmy Wieneke
München
II
Seiling
Speyer
II
108. Gertrude Wiesen¬
85. A. Sluis-Slikker
Amsterdam
I
thal
Wien
I
86. Elly Sohrmann
Dresden-A.
Th.
109. Mary Willär
Java
I
87. Anna Sonderegger
Berlin
I
110. Ida von Wolf
Oberlößnitz
I
88. Lina Springer
Zürich
II
m. Elisabeth Wulf es
Magdeburg
II
89. Bertha Steiner
Stuttgart
II
112. Toni Zander
Altona-Otten¬
90. Dora Süntzing
Jena
I
sen
II
91. Lina Stumpf
München
I
1 113. Cöcile Zellweger
Basel
II
92. Sofie Swiatkowska
Lemberg
I
114. Milly Zimmermann
Pforzheim
II
93. Flora Szczepa-
115. Zlatkov.Zlatorovic Ponte isola di
nowska
Krakau
I
Veglia
I
94. DorothyTrigg
New York
I
II. BESUCHER DES ZU OSTERN NEU BEGONNENEN
NORMAL- UND THEATERKURSES
Name
116. Lidie Blankenberg
117. Ada Boogers
118. Gottfried Franze
119. Eva Hollaender
120. Ethel Ingham
121. Inga Jacobi
122. Tadensz Jarecki
123. Gertrud Kamke
124. Rose Kamm
125. KazimierzKleczynski
126. Hermann Kimer
127. Marie Krämer
Heimatsort
Amsterdam
Amsterdam
Dresden-N.
Charlottenburg
Great Missenden
Bucks
Magdeb. -Bukau
Lemberg
Hellerau
Charlottenburg
Stara Wiesl
(Russ. Polen)
Berlin W.
Leipzig
Name
128. Usinnie Lawson
129. Hilda Manasse
130. Hildegard Neuge¬
boren
131. Isa Oettli
132. Nelly Reuschel
Heimatsort
Dundee
Breslau
133 -
134-
135-
Jena
Dresden-A.
Berlin-Wilmers¬
dorf
Paul Heinr.Reymann Coschütz
Anna Marie Schubarth München
Bertie de Waard-
Stockheusen
136. Elfriede Thurau
137. Marie Wemicka
138. Hedwig Zera
Berlin W. 15
Berlin-Frieden.
Lemberg
Warschau
73
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
III. BESUCHER DER DILETTANTENKURSE IN DRESDEN 1910/11
ABKÜRZUNGEN: R. G. = Rhythmische Gymnastik» S. = Solfäge (Gehörst).), Impr. = Improvisation
a) Kursus für Herren
Name
Heimatsort
Fächer
139. Summer I. Austin Dresden
R.G.
140. Rudolf Fauth
Dresden
R.G.
141. Walter Fauth
Dresden-N.
R.G.
u. S.
142. Charles Pittar
London
R.G.
b) Kursus für
146. Helene Adelmann Dresden
R.G.
147. Clara von Arnim
Dresden
R.G.
148. Miß Barr
Dresden-A.
R.G.
149. Dorothea Baum¬
garten
Blasewitz
S.
150. Nadine Beiden
Oakland
R.G.
151. Irmgard Bienert
Dresden-
Plauen
R.G.
152. Maria Bock
Dresden-A.
R.G.
153. Elly Bode
Braunschw.
R.G.
154. Cecil Craft
Dresden-A.
R.G.
155. Ellen Dickerson
Birmingham R.G.
u. S.
156. Charlotte Dressier Loschwitz
R.G.
157. Elisabeth Engel
Dresden
R.G.
158. Johanna Fauth
Dresden-N.
R.G.
159. MargareteFischer-
Gurig
Dresden-A.
R.G.
160. Hertha Friedrich
Dresden-A.
R.G.
161. Gertrud Fritsch
Radebeul
R.G.
162. Martha Funke
Dresden-A.
R.G.
163. Hanni Grossmann Dresden-
Strehlen
R.G.
164. Irene Günther
Hellerau
R.G.
165. Marie Günther
Hellerau
R.G.
166. Nina von Haken
Dresden-A.
R.G.
167. Marie Haubold
Chemnitz
R.G.
168. Guido Häbler
Dresden-A.
R.G.
169. Julia von Holl
Dresden-A.
R.G.
170. Christine Höckner Dresden-N.
R.G.
171. Hildegard Kipp
Dresden-N.
R.G.
172. Elisabeth Kuntze
Nieder¬
lößnitz
R.G.
173. Dorothea Küttner
Dresden-Pl.
R.G.
174. Anne Marie Lange-
lott
Cossebaude
R.G.
Name Heimatsort Fächer
143. Kurt Scholze Dresden-A. R.G. u. S.
144. Dr. Lothar Wal¬
lerstein Prag R.G.
145. JohannesWill-
rich-Fürst Bremen R.G.
junge Damen
175. Elisabeth Lange-
lott
Cossebaude
R.G.
176. Erna Löhnig
Loschwitz
R.G.
11 s
177. Johanna v. Meyer Dresden-A.
R.G.
178. Alice Nuth
St. Jackson
R.G.
179. Doris Otto
Dresden-A.
R.G.
180. Mary Frances Otto Dresden-A.
R.G.
181. Frau Pittar
London
Impr.
182. Ida Rahm
Dresden-A.
R.G.
183. Marie Raspe
Dresden
R.G.
184. Sophie Raspe
Dresden
R.G.
185. Sofie Riemann
Saarbrücken S.
186. Martha Römisch
Dresden-A.
R.G.
187. Alice Scharschuch
Elbersdorf
R.G.
188. Suse Selbmann
Dresden-N.
R.G.
189. Isa von Senfft-
Pillsach
Reinhards¬
grimma
R.G.
190. Gusti von Senfft-
Reinhards¬
Pillsach
grimma
R.G.
191. Marie Stanischeff
Dresden-A.
Impr.
192. Elisabeth Stoop
Dresden-A.
R.G.
193. Sophie Szczepa-
Bad Nau¬
nowska
heim
R.G.
194. Komtesse Eva
Vitzthum von
Eckstädt
Dresden-A.
R.G.
195. Sallie Ward-
Laurence
Dresden-A.
R.G.
196. Komtesse Hertha
Schloß Lie¬
von Zedtwitz
benstein
b. Eger
R.G.
197. Komtesse Wera
Schloß Lie¬
von Zedtwitz
benstein
R.G.
74
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Gck igle
Original frorri
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
c) Kursus für Kinder
Name
Helmatsort
Fächer
Name
Heimatsort
Fächer
198. Irene Denso
Hellerau
R.G.
214. Eva Preißler
Blasewitz
R.G.
199. Elfriede Doehn
Blasewitz
R.G.
215. Hermine Preißler
Blasewitz
R.G.
200. Gisela Doehn
Blase witz
R.G.
216. Käthe Richter
Dresden-A.
R.G.
201. Herta Doehn
Blasewitz
R.G.
217. Lotte Richter
Dresden-A.
R.G.
202. Irma Doehn
Blasewitz
R.G.
218. Edith Rudolf
Dresden
R.G.
203. Heinz Georges
Dresden
R.G.
219. Ottokar Scham¬
204. Lotte Georges
Dresden
R.G.
bach
Blasewitz
R.G.
205. Marie Elisabeth
220. Ruth Schambach
Blasewitz
R.G.
Haenel
Dresden-N.
R.G.
221. Friedrich Schiller
Dresden-A.
R.G.
206. Hildegard Herr¬
222. Kurt Schiller
Dresden-A.
R.G.
mann
Buchholz
R.G.
223. Maria Schiller
Dresden-A.
R.G.
207. Emst Heubner
Blase witz
R.G.
u. S.
208. Kurt Heyser
Dresden-A.
R.G.
224. Wolfgang Strunck Dresden-A.
R.G.
209. Werner Kipp
Dresden-N.
R.G.
225. Pia Ultscher
Dresden
R.G.
210. Heinz Küttner
Dresden-PL
R.G.
226. Hans Bernhard
211. Hildegard Lange-
Wagner
Blasewitz
R.G.
lott
Cossebaude
R.G.
227. Hilde Wagner
Blasewitz
R.G.
212. Niethammer
Blasewitz
R.G.
228. Helene LuiseWille Dresden-A.
R.G.
213. Dorothy Pittar
London
R.G.
1
IV. BESUCHER DES OSTER *■ FERIENKURSES 1911 VOM 10. BIS
24. APRIL 1911
ANMERKUNG: Zu diesem Kursus hatten nur ehemalige Schüler von Dr. Jaques-Dalcroze Zutritt
Name
Heimatsort
Fächer
Name
Heimatsort
Fächer
229. Emmy Adler
Kiel
R.G. u. S.
243. Maria Fresenius Hannover
R.G.
230. Lula Andressen
Kiel
R.G. u. S.
244. Eugenie Gehrang Stuttgart
R.G. u. S.
231. JohannaBaer
Rotterdam
R.G. u. S.
245. Stanislaus Glo-
232. A. Bergsma
Den Haag
R.G. u. S.
wacki
Lemberg
R.G.
233. Paula Bilhartz
Karlsruhe
R.G. u. S.
246. Alice Grädner
Schlachten¬
234. Berta Bins-
see-Berlin
R.G.
wanger
Kreuzlingen R.G. u. S.
247. Paula Groß
Nürnberg
R.G. u. S.
235. Otto Biensdorf
Elberfeld
R.G. u. S.
248. R. Guilliaume
Brüssel
R.G.u. S.
236. Max Böthig
Leipzig
R.G. u. S.
249. Ella Gustav
Wilmersdorf-
237. Martha Braun
Charlotten¬
Berlin
R.G.U.S.
burg
R.G.u.S.
250. Elisabeth Gold¬
238. Hanna Brune
Kirchrode-
mann
Berlin W 30 R.G.
Hannover
R.G. u. S.
251. Ellen Hammer
Altenburg
R.G.
239. Lammerts
252. Häkansen
Göteborg
R.G.
von Buera
Rotterdam
R.Gu. S..
253. Marie Hofmann Nürnberg
R.G.
240. Sophie Eiser¬
Steglitz-
254. Louise den Hol¬
Graven-
mann
Berlin
R.G.U.S.
landen
hagen
R.G. u. S.
241. Grete Färber
Altona a. E.
R.G. u. S.
255. Edith Humbert
Köln a.Rh.
R.G.U.S.
242. Guida Franken
Köln a. Rh.
R.G.
1 256. Marcelle Jentzer Genf
R.G. n. S.
75
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\
Original frorn
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Name
Heimatsort
Fächer
Name
Heimatsort
FScket
!
257. Dagmar Juhl
Berlin W 50 R.G. n. S.
282. Katharina van
258. Herr Keil
Köln a.Rh.
R.G.u.s.
Rennes
Utrecht
R.G. u. S,
'A
259. Elisabeth Hem¬
283. Frl. Rey
Paris
R.G.U.S.
:;.fe
mer
Karlsruhe
R.G. u. S.
284. M. Riese
Dortmund
R.G.U.S.
Sd
260, Marie Kummer
Genf
R.G.
285. Karoline
- ^
261. Adele Kunz
Genf
R.G. u. S.
Roesch
Augsburg
R.G.
262. Simone Kunz
Genf
R.G.u. S.
286. Marie Roth
München-
263. Otto Langelütje Chemnitz
R.G.U.S.
Pasing
R.G.
:3
264. Ida Lenggen¬
287. Lina Rusche-
hagen
New York
R.G.
weyh Hamburg
R.G.U.S.
265. M. Lindhult
Göteborg
R.G.
288. Hilda Senf
Paris
R.G.u. S.
■■ : 2 [
266. Bronislawa Li-
289. Eva Siegfried
Bericham-
pinska
Warschau
S.
stead Herts
267. Otto v.Löbbecke Eisenach
R.G.U.S.
Gerrara
R.G. j
fe
268. Frau v.Löbbecke Eisenach
R.G.0.S.
290. A. Sluis-Slikker
Amsterdam R.G.U.S.
269. Rosa Lukas
Karlsruhe
R.G.u. S.
291. Clara Scheffler
Blankenburg
270. Lydie Malan
Genf
R.G.
a. H.
R.G.U.S.
271. Blanche Meylan Nürnberg
R.G.
292. Hermine
i- ; 'C
272. Anna Morand
Genf
R.G.U.S.
Schmidt
Freiburg i.B R.G. j
"
273. Marcelle Moy-
293. J. Schubert
Nürnberg
R.G. !
d"d
nier
Genf
R.G.u. S.
294. Frieda Stein-
Ali
274. Narbutt-Grysz-
müller Basel
R.G.
’l.,
•’laT
kiewicz
Moskau
R.G.
295. Mitzi Stein-
275. Lydie Nathan
Hamburg
R.G.
wender Stuttgart
R.G.
•h
276. HeatherNepean London
R.G.
296. Elfriede Thurau Friedenau-
‘Frl.
2 77. Chathleen
Wallington-
Berlin
R.G.U.S.
-OL.
O’Dowd
London
R.G.u.S.
297. Margarete
•Mar
278. J. Paardekoper Purmerend
R.G. u. S.
Tüscher Lausanne
R.G.
ho:
279. Fernande Pey-
298. Ella Wiedey
Weimar
R.G.U.S.
■ ule
rot 1
Genf
R.G. u. S.
299. Elsbeth Winkel¬
280. Miß Pope
London
R.G.
mann
Bonn
R.G.U.S.
'
281. Sophie Raspe
Dresden-N.
R.G.
300. Marie Woemer
München
R.G. u. S.
3 ii
-ec
k -o*
■ - 1 $
V. BESUCHER DER KURSE IN BERLIN
i. BESUCHER DES ÖFFENTLICHEN KURSES FÜR RHYTHMISCHE ^
GYMNASTIK IN BERLIN
Name
301. E. Arrenberg
302. Hedwig Bergfeld
303. Frl. Blackstone
304. Wolfgang Bmhn
305. Anna Drechsler
306. Anna Epping
307. Toni Frantz
Heimatsort
Wilmersdorf -Berlin
Berlin
Berlin
Berlin W 15
Berlin W
Berlin
Berlin W
76
Name Heimatsoct
308. Elisabeth Gold¬
mann Berlin W 30
309. KatharinaGraemerBerlin
310. Lisa Herrmann Berlin
311. Hedwig Hollatz Berlin W
312. Sofia Janczewska-
Rybaltowska Berlin W 15
3 .
'k
ha
k
■ j s
(c
Digitized by
Gck igle
Original fr Dm
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Name
Heimatsort
Name
Heimatsort
313. Marie Montag Berlin W 317. Oskar Thumau Charlottenburg
314. Marie Möller Charlottenburg 318. Frl. Willenbücher Schöneberg-Berlin
315. Margarethe 319. Frl. Zachler Berlin
Schmidt Halensee-Berlin 320. Marie Züge Halensee-Berlin
316. Wolfgang Schütt Berlin
2. BESUCHER DER BERLINER PRIVATKURSE FÜR ERWACHSENE
Name Heimatsort Fächer
321. Frau M. Benser Berlin W 15 S.
322. Lore Bernhard Grunewald-
Berlin R.G. u. S.
323. Grete Bernhard Grunewald-
Berlin R.G. u. S.
324. Frl. Böhmer Berlin S.
325. WolfgangBruhn Berlin W 15 S.
326. V. Calcar Berlin S.
327. Ingeborg von Schöneberg-
Dulong Berlin R.G. u. S.
328. Anna Drechsler Berlin W S.
329. Margot Ewer Berlin W 50 R.G. u. S.
330. Marie Ewer Berlin W 50 R.G. u. S.
331. Frl. Fiegel Berlin S.
332. Frl. Folmer Berlin S.
333. Toni Frantz Berlin W S.
334. Margarete Gel- Charlotten¬
horn burg-Berl. S.
335. Ellen Hahndorf Friedenau-
Berlin R.G. u. S.
336. Gerda Haller Berlin R.G. u. S.
337. Elinor Hammer Neubabels-
berg-Berl. R.G. u. S.
338. HedwigHollatz Berlin W S.
339. Dora Isenberg Berlin S.
< 340. Elsa Koch Grunewald-
Berlin R.G. u. S.
341 - Erika Langer-
hans Berlin W 57 R.G.U. S.
3. BESUCHER DER BERLINER
363. Konrad Bern- Grunewald-
hard Berlin R.G. u. S.
364. Gerd Erling- Charlotten¬
hagen burg-Berl. R.G. u. S.
365. Inge Erling- Charlotten¬
hagen burg-Berl. R.G. u. S.
Name Heimatsort Fächer
342. Margot Langer-
hans Berlin W 57 R.G. u. S.
343. Frl. Maschke Berlin S.
344. Margarete von Grunewald-
Mendelssohn Berlin R.G. u. S.
345. Frl. Meyer Berlin W 15 R.G.U.S.
346. Marie Möller Charlotten-
burg-Berl. S.
347. Frl. Pauli Berlin S.
348. Eva Prinzhom Zehlendorf-
Berlin R.G* u. S.
349. Clara Rüge Steglitz-
Berlin R.G.U.S.
350. Hedwig Sevcik Berlin W 15 S.
351. Clara Sultan Grunewald-
Berlin R.G. u. S.
352. Frl. Schade Berlin S.
353. MarieSchweitzerBerlin W 10 S.
354. Martha Strahl Berlin SW 19 S.
355. Frl. Steinbrück Berlin B S.
356. Lotte Stern Grunewald-
Berlin R.G. u. S.
357. Frl. de Stuers Berlin S.
358. Frl. de Visser Berlin W S.
359. BertiedeWaardt Berlin W 15 S.
360. Lilli Warburg Berlin W 10 R.G. u. S.
361. Grete Warten- Treptow¬
berger-Mau thner Berlin S.
362. Frl. Woywod Berlin S.
PRIVATKURSE FÜR KINDER
366. Katharina Gaul Grunewald-
Berlin R.G.U.S.
367. Lotte Gold¬
berg Berlin NW7 R.G. u. S.
368. WaldemarGrote Charlotten-
burg-Berl. R.G.u.S.
77
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Name
Heimatsort Fächer
Name
Heimatsort
Fächer
369. Vesta Grote
Charlotten-
377. Angelica von
Grunewald-
burg-Berl. R.G.U.S.
Mendelssohn
Berlin
R«G.u,S»
370. Fritz Herrmann Charlotten-
378. Eleonora von
Granewald-
burg-Berl. R.G.U.S.
Mendelssohn
Berlin
R.G. n. S.
371. Roy Hermann
Grunewald-
379. Robert von
Granewald-
Berlin R.G. u. S.
Mendelssohn
Berlin
R.G. a. S.
372. Eva Marie
380. Lilli von Men¬
Granewald-
Hies
BerlinNW40 R.G. u. S.
delssohn
Berlin
R.G. a. S.
373. Edith Jaris-
Grunewald-
381. Ellen Meyer
Berlin
R.G. a. S.
lowsky
Berlin R.G. u. S.
382. UteMichalowskyBerlin W 15
R.G. a. S.
374. Else Jaris-
Grunewald-
383. Fritz Stern
Berlin
R.G. u. S.
lowsky
Berlin R.G. u. S.
384. Annie Victorius Grunewald-
375. Margot Jaris-
Grunewald-
Berlin
R.G. a • S.
lowsky
Berlin R.G. u. S.
385. KätheVictorius
Grunewald-
376. Franz von Men¬
- Grunewald-
Berlin
R.G. a. S.
delssohn
Berlin R.G. n. S.
386. Marcella Wolf
Berlin
R.G. u. S.
VI. BESUCHER DER KURSE IN HELLERAU 1910/11
a) Kursus für Herren
Name
Heimatsort
Name
Heimatsort
387. Rudolf Borsch
Hellerau
398. Johannes Riepenhausen
Helleraa
388. Otto Franz
Hellerau
399. Oswald Rothmann
Helleraa
389. Oskar Arthur Grosser
Dresden -A.
400. Friedrich Schüler
Hellcraa
390. Fritz Hertwig
Dresden-A.
401. Karl Friedr. Tautenhahn
Hellerau
391. Emst Krauß
Hellerau
402. Arthur Thiele
Dresden-A.
392. Paul Krug
Hellerau
403. Rudolf Ullmann
Klotzsche
393. Hans Müller
Hellerau
404. Otto Vetter
Helleraa
394. Ludwig Neubner
Hellerau
405. Walter Voigt
Helleraa
395. Heinrich Olsen
Klotzsche
406. Erich Zschiesche
Klotzsche
396. Herr Rehländer
Hellerau
407. Martin Zollmann
Helleraa
397. Heinrich Reymann
Hellerau
b) Kursus für Mädchen
408. Else Baum
Hellerau
419. Charlotte Krause
Helleraa
409. Olga Bellmann
Hellerau
420. Clara Krause
Hellerau
410. Doris Eisewig
Hellerau
421. Elsa Krischke
Helleraa
411. Olga Fritsche
Hellerau
422. Helene Liebethal
Helleraa
412. Elsbeth Günther
Hellerau
423. Martha Ottlik
Helleraa
413. Höhndorf
Hellerau
424. Lisa M. Raddatz
Helleraa
414. Frl. Hunger
Hellerau
425. Ida Rehländer
Helleraa
415. Dora Kamke
Hellerau
426. Helene Schröder
Helleraa
416. Gertrud Kamke
Hellerau
427. Ellen Steinmüller
Helleraa
417. Frl. Kawerau
Hellerau
428. Elsa Zollmann
Helleraa
418. Frau von Keller
Hellerau
78
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Original frnrri
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
c) Kursus für Kinder
Name
429. Erich Bär
Heimatsort
Name
Heimatsort
Hellerau
464. Alfred Krischke
Hellerau
^ 430. Herbert Bär
431. Dora Bär
Hellerau
465. Hans Kroll
Hellerau
Hellerau
466. Margarete Kroll
Hellerau
jy r 432. Charlotte Bellmann
433. Max Bellmann
Hellerau
467. Dora Leistner
Hellerau
Hellerau
468. Martha Liebethal
Hellerau
434. Karl Bock
Hellerau
469. Hermann Metzler
Hellerau
435. Hellmuth Böhme
^ 436. Lisbeth Böhme
Hellerau
470. Fritz Mohn
Hellerau
Hellerau
471. Hermine Müller
Hellerau
7 437. Herbert Börner
L ‘ 438. Walter Börner
Hellerau
472. Reimund Müller
Hellerau
Hellerau
473. Walter Müller
Hellerau
439. Frieda Böttger
Hellerau
474. Johannes Pietzsch
Hellerau
^ 440. Herta Böttger
Hellerau
475. Karl Prescher
Hellerau
441. Gertrud Brendel
Hellerau
476. Gertrud Prescher
Hellerau
442. Willy Burckhardt
Hellerau
477. Frieda Rothmann
Hellerau
443. Gottfried Christoph
Klotzsche
478. Alwin Ryssel
Hellerau
444. Heinz Christoph
Klotzsche
479. Johanna Ryssel
Hellerau
445. Kurt Ebenhöch
Hellerau
480. Erich Spiller
Hellerau
446. Kate Fischer
Hellerau
481. Kurt Spiller
Hellerau
447. Adeline Frankel
Hellerau
482. Willibald Schietter
Hellerau
448. Anna Therese Frankel
Hellerau
483. Richard Schmidt
Hellerau
, 449 - Erna Frankel
10*
„ 450. Ida Frankel
451. Herbert Grube
^ 4S2. Franz Grüttner
Hellerau
484. Hertha Schöne
Hellerau
Hellerau
485. Walter Schöne
Hellerau
Hellerau
486. Elisabeth Schönfeld
Hellerau
Hellerau
487. Martha Starke
Hellerau
1^ 453 - Wally Grüttner
v 454 . Johanna Hain
Hellerau
488. Lotte Tessenow
Hellerau
Hellerau
489. Herbert Thomas
Hellerau
455. Albert Hamann
Hellerau
490. Johannes Thomas
Hellerau
456. Fritz Hoffmann
Hellerau
491. Margarete Vogel
Hellerau
^ 457. Franz Homeffer
Hellerau
492. Hans Werner
Hellerau
^ 458. Herbert Kamke
Hellerau
493. Hildegard Willfroth
Hellerau
459. Martha Kamke
Hellerau
494. Lotte Wünsche
Hellerau
^ 460. Walther Kamke
Hellerau
495. Margarete Ziegener
Dresden-N,
461. Charlotte Klösser
Hellerau
496. Heidi Zollmann
Hellerau
462. Käthchen Klösser
Hellerau
497. Theo Zollmann
Hellerau
463. Hellmuth Kohlstrunk
P
Hellerau
498. Hulda Zschoyan
Hellerau
\\f,
>•
79
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ft
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
STUNDENPLAN FÜR 1910/11 DER BILDUNGSANSTALT
Ta*
Saal
9—io
IO— IX
II—12
MONTAG
Für
Rhythm. Gymnastik
HERREN
I. Jahr
Turnen
Herr Montoliu
DAMEN
I. Jahr, 2. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. van Scheltema
HERREN
II. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcrose
Für Solfcge
Extrastunde
II. Jahr
Improvisation
Frl. Gorter
Extrastunde
I. Jahr
Solftge
Frl. Gorter
Übungssaal
DAMEN
I. Jahr, i. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
DAMEN
II. Jahr, 2. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. Perrottet
DIENSTAG
Für
Rhythm. Gymnastik
HERREN
I. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr Montoliu
HERREN
11. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Frl. Gorter
Für Solf&ge
Gemeinsam
II. Jahr
Improvisation
Herr J aques-Dalcrose
Obungssaal
DAMEN
II.Jahr, (.Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. Perrottet
MITTWOCH
Für
Rhythm. Gymnastik
HERREN
I. Jahr
Turnen
Herr Montoliu
i
DAMEN u. HERREN
II. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr Jaques-Dalctose
Für Solf&ge
II. Jahr
Improrisation
Frl. Gorter
Anatomie
Frl. Gorter
Extrastunde
I. Jahr
Solftge
Frl. Gorter
Obungssaal
DAMEN
I. Jahr, 2. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
DONNERS.
TAG
Für
Rhythm. Gymnastik
DAMEN
I. Jahr, i. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. Pemottet
DAMEN
II. Jahr, i. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. Perrottet
DAMEN
I.Jahr, 2. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcrose
Für Solfcge
I. Jahr
Solftge
Frl. Gorter
II. Jahr
Solftge
Frl. Gorter
Obungssaal
HERREN
II. Jahr
Turnen
Herr Montoliu
FREITAG
Für
Rhythm. Gymnastik
III. Jahr
Rhythmische Gymnastik
Herr J aques-Dalcrose
Für Solftge
Obungssaal
HERREN
I. Jahr
Turnen
Herr Montoliu
SONN¬
ABEND
Für
Rhythm. Gymnastik
DAMEN
I. Jahr, x.u. 2. Abteil.
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcrose
DAMEN u. HERREN
II. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcrose
Für Solfege
II. Jahr
Solftge
Frl. Gorter
I. Jahr
Solftge
Frl. Gorter
Obungssaal
HERREN
11. Jahr
Turnen
Herr Montoliu
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Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
JAQUES-DALCROZE IM ALTEN LANDHAUS ZU DRESDEN
12 —I
1 3—4
4—5
5-6
6—7
DAMEN
II. Jahr, i. Abteilung
Rhythm, Gymnastik
Herr Jaques-Dalcroze
DAMEN
II. Jahr
Tans
Frl. Beck
DAMEN
II. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr Jaques-Dalcroze
DAMEN
I. Jahr, i. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
HERREN
Dilettanten
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
Extrastunde
II. Jahr
ImproTisation
Frl. Gort er
I. Jahr
Improrisation
Frl. Perrottet
I. Jahr
Improrisation
Frl. Perrottet
HERREN
II. Jahr
Turnen
Herr Montoliu
DAMEN
II. Jahr, 2. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. Perrottet
DAMEN
I. Jahr, i.u. 2. Abteil.
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
DAMEN
III. Jahr
Rhythmische Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
II. Jahr
~ Solfege
Herr J aques-Dalcroze
I. Jahr
Solfege
Frl. Gorter
II. Jahr
Improrisation
Frl. Gorter
HERREN
I. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
KINDER
Rhythm. Gymnastik
Herr Jaques-Dalcroze
DAMEN
Dilettanten, i. Abteil.
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
DAMEN
Dilettanten, 2 Abteil.
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
II. Jahr
: ] Improvisation
Frl. Gorter
II. Jahr
Improrisation
Frl. Gorter
KINDER
Solfcge
Frl. Gorter
ERWACHSENE
Solfege
Herr J aques-Dalcroze
I. Jahr
Tans
Frl. Beck
DAMEN
I. Jahr, i. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. Pcxrottet
DAMEN
II. Jahr, i. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
DAMEN
II.Jahr, 2. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
DAMEN
I. Jahr, 2. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Frl. van Scheltema
DAMEN
II. Jahr, 2. Abteilung
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
HERREN
I. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr Montoliu
HERREN
Dilettanten
Rhythm. Gymnastik
Herr Montoliu
GEMEINSAM
I. Jahr
Improrisation 1
Herr J aques-Dalcroze
Dilettanten
Improrisation
Frl. Pcxrottet
I. Jahr
Improrisation
Frl. Prrrottet
HERREN
II. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Frl. Gorter
II. Jahr
Improrisation
Frl. Gorter
II. Jahr
Improrisation
Frl. Gorter
DAMEN
I. Jahr
Turnen
Frl. Ramberg
DAMEN
II. Jahr
Tanz
Frl. Beck
DAMEN
I. Jahr
Tanz
Frl. Brck
I. Jahr
Improvisation
Frl. Perrottet
I. Jahr
Improrisation
Frl. Perrottet
DAMEN
II. Jahr, i. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg !
DAMEN
I. Jahr, i. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
HERREN
I. Jahr
Rhythm. Gymnastik
Herr J aques-Dalcroze
KINDER
Rhythm. Gymnastik
Frl. Pfeffer
DAMEN
Dilettanten, i. Abteil.
Rhythm. Gymnastik
Frl. van Scheit ma
DAMEN
Dilettanten, 2. Abteil.
Rhythm. Gymnastik
Frl. van Scheltema
I. Jahr
Improrisation
Frl. Perrottet
I. Jahr
Improrisation
Frl. Perrottet
KINDER
Solfege
Frl. Gorter
ERWACHSENE
Solfcge
Frl. Gorter
DAMEN
I. Jahr, 2. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
DAMEN
II. Jahr, 2. Abteilung
Turnen
Frl. Ramberg
□ igitized by Google
Original frarn
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
AUSZUG AUS DER SCHULORDNUNG
DER BILDUNGSANSTALT JAQUES-
DALCROZE IN HELLERAU
A. ALLGEMEINES
§ I AUFGABE UND ZWECK DER ANSTALT: Die „Bildungsanstalt
Jaques-Dalcroze“ ist dem Studium des Rhythmus gewidmet. Sie macht
den Rhythmus in allen seinen Erscheinungsformen, in seinen körperlichen
und seelischen Wirkungen zum Gegenstand der Erforschung und der Unter¬
weisung.
Insbesondere hat sie den Zweck, durch die Methode Jaques-Dalcroze die
musikalischen Fähigkeiten ihrer Schüler zur Entfaltung zu bringen und zu
jeder Art musikalischer Berufsausübung vorzubereiten.
Die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze bildet auch Lehrkräfte für die Me¬
thode Jaques-Dalcroze aus. Sie ist bestrebt, die künstlerischen, ethischen
und hygienischen Wirkungen der rhythmischen Gymnastik in ihrer Unter¬
weisung zur Geltung zu bringen. Diesen Gesichtspunkten trägt die Schul- ,
Ordnung in ihren Bestimmungen Rechnung.
§ 2 ANSTALTSLEITUNG: Die Leitung der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze
besteht aus der Unterrichtsleitung und der Verwaltung.
Für die Unterrichtsordnung ist lediglich die Unterrichtsleitung, für die
Hausordnung die Verwaltung, für die übrige Schulordnung Untenichts-
leitung und Verwaltung zuständig.
Für die Unterrichtsleitung ist verantwortlich Dr. E. Jaques-Dalcroze, für
die Verwaltung Dr. Wolf Dohm.
§ 3 AUFNAHME: An der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze kann jeder Auf¬
nahme finden, der gesund und jung genug ist, um der Wirkung körperlicher
Übungen zugänglich zu sein. Die Anstalt unterscheidet zwischen Vollschü- •
lern und Hospitanten. Vollschüler sind die Besucher der Berufskurse in
Hellerau, soweit sie alle Stunden dieser Kurse besuchen, Hospitanten die
fakultativen Besucher der Normalkurse sowie die Besucher der Dilettanten-
und auswärtigen Kurse.
82
Difitized
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
FREISTELLEN: Ermäßigungen oder Freistellen müssen schriftlich unter § 7
genauer Angabe der Gründe bei der Anstaltsleitung beantragt werden. Die
* Anstaltsleitung behält sich vor, die Genehmigung von der Vorlage beson¬
derer Gutachten und Zeugnisse über die Fähigkeiten des Gesuchstellers
oder auch von einer Prüfung abhängig zu machen.
PRÜFUNGEN: Um jeden Mißbrauch der Methode Jaques-Dalcroze durch § 14
ungenügend ausgebildete Lehrkräfte zu vermeiden und den Unterricht¬
nehmenden selbst vor Benachteiligung durch minderwertigen Unterricht
zu verhüten, ist die Erlangung der Berechtigung, in der Methode Jaques-
Dalcroze zu unterrichten, an die Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungs-
kommission der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze geknüpft. Alle Schüler
der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, auch die Besucher der Dilettanten-
und auswärtigen Kurse, unterwerfen sich durch Unterzeichnung des An¬
meldescheins den darauf bezüglichen Bestimmungen der Schulordnung,
j Über die Art der Prüfungen siehe Unterrichtsordnung § 10.
A. Berechtigungen, i. Diejenigen Schüler der Anstalt, die an dem Nor¬
malkursus der Anstalt mindestens zwei J ahre lang teilgenommen oder min¬
destens ein J ahr eine entsprechende Ausbildung bei einem von der Bildungs-
i anstalt Jaques-Dalcroze anerkannten Lehrer oder Institut erhalten, der
Anstalt in Hellerau angehört und den Erfolg des Unterrichtes durch eine
j Prüfung vor einer von der Anstalt bestellten Kommission von mindestens
fünf hervorragenden Fachleuten dargetan haben, erhalten je nach dem
'' Ausfall dieser Prüfung:
a) ein Diplom als „Lehrer der Rhythmischen Gymnastik nach Ja-
' ques-Dalcroze“ ;
b) ein Zeugnis über die Befähigung zum Elementarunterricht in
| rhythmischer Gymnastik;
i c) ein Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Normalkurses
I in musikalischer Beziehung.
B. Verpflichtungen. Nur solche Schüler der Anstalt, die die Berechti-
S gungen unter a oder b oder eine derselben erworben haben, haben das
Recht, Unterricht in rhythmischer Gymnastik nach Jaques-Dalcroze zu
erteilen, und zwar jeweils nur in dem Umfang, als es in dem betreffenden
. Diplom oder Zeugnis festgesetzt ist. Sie sind aber gehalten, von allen den-
, jenigen, denen sie Unterricht erteilen, sich vorher die schriftliche Erklä-
»• 83
i
I
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
rang in zwei Exemplaren geben zu lassen, daß die Schüler, wenn sie nicht
noch eine der unter A a und b erwähnten Berechtigungen bei der Bildungs¬
anstalt Jaques-Dalcroze in Hellerau erwerben, sowohl ihrem betreffenden
Lehrer wie der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze gegenüber bei einer Kon- ‘
ventionalstrafe von M. 1000.— für jeden Fall der Zuwiderhandlung ver¬
pflichtet sind und bleiben, niemals öffentlich Unterricht in rhythmischer f
Gymnastik nach Jaques-Dalcroze zu erteilen und niemals in öffentlichen
Bekanntmachungen, Zirkularen, auf Einladungen, Briefbogen und dergl. '
den Namen Jaques-Dalcroze in einer Weise zu gebrauchen, die den An- ;
schein erwecken könnte, als sei der oder die Betreffende berechtigt oder be¬
fähigt, Unterricht in rhythmischer Gymnastik nach Jaques-Dalcroze zu
erteilen, sei es auch nur durch die Angabe, daß sie Unterricht bei einem
Lehrer der rhythmischen Gymnastik nach J aques-Dalcroze genossen haben, i.
Das eine Exemplar der schriftlichen Erklärung ist sofort nach Erhalt der
„Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze“ einzuschicken.
Alle nach A a und b Berechtigten haben die getreue Erfüllung dieser Ver¬
pflichtungen seitens ihrer Schüler nach bestem Wissen und Können zu über- :
wachen und etwaige Zuwiderhandlungsfälle der Bildungsanstalt Jaques- ;
Dalcroze schriftlich anzuzeigen.
Diejenigen Schüler der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, die nur ein Zeug¬
nis erworben haben, verpflichten sich, alles zu unterlassen, was den An- .
schein erwecken könnte, als ob sie im Besitze des Diploms und seiner Be- :
rechtigung wären. *
Alle Schüler der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, die keine der unter A :
a und b erwähnten Berechtigungen erworben haben, sind für alle Zukunft ■
verpflichtet. Unterricht nach der Methode Jaques-Dalcroze niemals zu er- i
teilen, auch in öffentlichen Bekanntmachungen, auf Zirkularen, Einla- *
düngen, Prospekten, Briefbogen usw. alles zu vermeiden, was den Anschein ;
erwecken könnte, als sei der oder die Betreffende berechtigt oder befähigt, •
Unterricht in der Methode Jaques-Dalcroze zu erteilen.
Sämtliche Schüler der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze verpflichten sich, ;
durch Ausfüllung der Anmeldescheine und unter Genehmigung des gesetz¬
lichen Vertreters (Vaters bzw. Vormundes, Ehemannes), der den Anmelde¬
schein gleichfalls zu unterzeichnen hat, alle vorstehenden Verpflichtungen
getreulich zu erfüllen und unterwerfen sich für jeden Fall der Zuwiderhand¬
lung auch nur gegen eine der vorstehenden Verpflichtungen einer Konven¬
tionalstrafe von M. 1000.—.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Die Regelung der Berechtigungen der bisherigen Schüler der Anstedt bzw.
Dr. E. Jaques-Dalcrozes bleibt dieser überlassen.
Die Anstaltsleitung ist bemüht, allen diplomierten Schülern Stellung zu § 16
vermitteln und dauernd mit ihnen in Fühlung zu bleiben, sie gegebenen¬
falls auch zu unterstützen, soweit sie den mit dem Diplom verbundenen
Rechten und Pflichten nachkommen. Die Anstaltsleitung kann aber keine
Verpflichtung übernehmen, jedem diplomierten Schüler eine Stellung zu
verschaffen.
B. UNTERRICHTSORDNUNG
LEITUNG: Die Leitung des Unterrichtes liegt ausschließlich in den Hän- § 25
den von Herrn Dr. Emile Jaques-Dalcroze.
Er stellt den Lehrplan auf, ernennt die Lehrer der Anstalt und entscheidet
in allen den Unterricht der Anstalt betreffenden Fragen. Er hält die Dis¬
ziplin zwischen Lehrer und Schülern, wie zwischen Direktion und Lehrern
aufrecht. In allen den Unterricht nach seiner pädagogischen oder künstle¬
rischen Seite betreffenden Fragen ist er allein zuständig.
LEHRKÖRPER: Oberlehrerin: Fräulein Nina Gorter. Im Aufträge § 26
von Dr. E. Jaques-Dalcroze beaufsichtigt die Oberlehrerin die Studien, ins¬
besondere die Innehaltung aller auf den Unterricht erlassenen Vorschriften,
sowie die Einteilung der Klassen und Kurse.
In den Fällen seiner Abwesenheit vertritt sie den Direktor.
In Sachen des Stundenplans vertritt sie den Lehrkörper gegenüber dem
Direktor.
Lehrer: Für rhythmische Gymnastik: Frl. Perrottet, Beck, von Schel-
tema. Lauter, Pfeffer und Herr von Montoliu; für Solfäge und Improvi¬
sation: Frl. Perrottet, Frl. Zellweger, Herr Güldenstein, Herr Jeanneret;
für Turnen : Frl. Ramberg, Frl. Vogel, Herr von Montoliu; Assistenten :
Frl. Fernere, Herr Appia.
In allen den Unterricht betreffenden pädagogischen und künstlerischen
Fragen verkehren die Lehrkräfte unmittelbar mit dem Direktor.
AUFSICHT: Jede Klasse bzw. jede gemeinsamen Unterricht erhaltende § 27
Gruppe von Studierenden wählt monatlich einen ältesten (Gruppenfüh-
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
rer). Dieser vertritt die Klasse oder Gruppe den Unterrichtenden gegenüber
und ist seinerseits für Einhaltung der Vorschriften, Ordnung in den Schul¬
räumen, Pünktlichkeit und Disziplin der Studierenden verantwortlich.
§ 28 BERATUNGEN: Allmonatlich versammeln sich die Anstaltsleitung, der
Lehrkörper und (nach Bedarf) die Ältesten zur Beratung über den Unter¬
richtsbetrieb der Anstalt. Die Lehrer erstatten Bericht, die Ältesten geben
den etwaigen Wünschen der Studierenden Ausdruck.
§ 30 UNTERRICHTSKURSE: 1. Der Normalkurs umfaßt drei Jahrgänge
und ist für jene Zöglinge bestimmt, die sich zu Lehrern der Methode aus¬
bilden wollen. Diese haben wöchentlich 5 Stunden Unterricht in rhythmi¬
scher Gymnastik, 5 Stunden Soltege, 2 Stunden Improvisation, 6 Halb¬
stunden Turnen, 1 Stunde Anatomie, 2 Stunden Chorgesang und 4 Stunden
Plastik (im ganzen 22 Wochenstunden).
Studierende, welche von einem oder dem anderen Unterrichtsfache des
Normalkurses dispensiert zu sein wünschen, verzichten hierdurch auf ihre
Anmeldung zur abschließenden Diplom-Prüfung (Hospitantenkurs).
II. Der Tanz- und Theaterkurs gliedert sich im allgemeinen dem Nor¬
malkurs an, hat aber an Stelle der Improvisation, die fakultativ gegen be¬
sonderes Honorar belegt werden kann, vier Stunden Tanz, die auch von
Schülern des Normalkurses gegen besonderes Honorar belegt werden kön¬
nen. Dieser Kurs kann nur von Schülern besucht werden, die entsprechend
veranlagt sind. Wegen körperlicher Ungeschicklichkeit Zurückgewiesene
können später zur Aufnahme gelangen, nachdem sie sich durch Teilnahme
am Normalkurs von ihren Mängeln befreit haben.
Zöglinge des Tanz- und Theaterkurses können nur dann die Ermächtigung
erhalten, nach der Methode Jaques-Dalcroze zu lehren, wenn sie den
vollständigen Unterricht des Normalkurses genossen haben.
III. Der Hospitantenkurs ist für Studierende bestimmt, welche, ohne
sich zu Lehrern der Methode ausbilden zu wollen, nur ihre eigene rhyth¬
mische und musikalische Fortbildung im Auge haben. Sie können einzelne
Unterrichtsgegenstände belegen, sind aber verpflichtet, allem Unterricht,
für den sie sich eingeschrieben haben, mit der gleichen Gewissenhaftigkeit
zu folgen, wie diejenigen, welche sich zu Lehrern ausbilden.
IV. Dilettantenkurs. Neben diesen in der Anstalt in Hellerau abgehal¬
tenen Kursen werden noch Dilettantenkurse von 2—5 Wochenstunden in
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Dresden und Berlin abgehalten. Hierfür wird eine besondere Schulordnung
erlassen.
PLASTIK: Vier Wochenstunden in jeder Klasse sind plastischen Studien § 31
gewidmet, die von den Zöglingen ohne Lehrer betrieben werden. Die
Übungen sind von den Zöglingen selbst zu erfinden. Herr Dr. Jaques-Dal-
croze inspiziert regelmäßig diese Klassen und beurteilt ihre Leistungen.
Für die Aufrechterhaltung der Ordnung in diesen Stunden sind die Klas¬
senältesten bzw. Gruppenführer verantwortlich. Sie berichten darüber regel¬
mäßig an den Direktor.
Finden es die Studierenden angezeigt, ihre Klasse in mehrere Gruppen zu
teilen, so wählt jede Gruppe alle 4 Wochen einen Gruppenführer, der seinen
Bericht an den Klassenältesten bzw. den Direktor erstattet.
Im allgemeinen sind alle Zöglinge gehalten, an diesen lehrerlosen Stunden
teilzunehmen. Ausnahmsweise kann die Direktion jedoch solche Schüler
davon dispensieren, die entweder körperlich allzu ungeeignet oder im Alter
zu vorgeschritten sind, um Nutzen aus diesen Übungen zu ziehen. Diese
Zöglinge sind aber in der Regel von der Erreichung sowohl eines Diplomes
als eines ihre Befähigung zum Unterrichterteilen bescheinigenden Zeug¬
nisses ausgeschlossen (siehe §§ 19 und 39).
STUNDEN- UND ARBEITSPLAN: Jeder Studierende erhält täglich 2 1 /, § 32
bis 4 Stunden Unterricht. Er ist außerdem gehalten, bestimmten, von Herrn
Dr. Jaques-Dalcroze erteilten Lektionen anderer Klassen beizuwohnen.
Es sind dies: je zwei Stunden rhythmischer Gymnastik, zwei Stunden Sol-
föge und eine Stunde Improvisation (im ganzen 5 Wochenstunden), an denen
der erste Jahrgang im zweiten
der zweite Jahrgang im dritten,
der dritte J ahrgang im zweiten
als Zuhörer teilnimmt.
Mit vorher eingeholter Erlaubnis des Direktors können die Schüler anderen
als diesen Unterrichtsstunden der übrigen Klassen beiwohnen. Doch wird
den Schülern dringend empfohlen, sich nicht über das Ausmaß ihrer Kräfte
zu belasten und darauf bedacht zu sein, sich in genügender Anzahl Ruhe¬
pausen zu gönnen.
Männlichen und weiblichen Schülern gemeinsam sind außer den Stunden
in Solfege, Improvisation, Chorgesang, Plastik und Anatomie nur 2 Wo-
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
chenstunden rhythmischer Gymnastik. Sonst wohnen die Männer dem
rhythmisch-gymnastischen Unterrichte der Mädchen ebensowenig bei, wie
umgekehrt.
Das Arbeitsprogramm für die Woche wird jeden Montag am schwarzen
Brette angeschlagen sein. Lehrer und Schüler haben es abzuschreiben und
sich gewissenhaft daran zu halten.
PRÜFUNGEN:
§ 34 Es gibt deren zwei Arten.
1. Die Jahresprüfungen. Diese finden im Dezember oder Januar jeden
Jahres vor einem Prüfungsausschuß statt, der für die Schüler des ersten
J ahrganges aus allen Schülern des zweiten, für die Schüler des zweiten J ahr-
ganges aus allen Schülern des dritten, und für die Schüler des dritten Jahr¬
ganges aus dem Direktor, der Oberlehrerin und allen Lehrern besteht.
2. Die Diplomprüfungen. Diese finden im Mai oder Juni statt.
Eine VoRprüfung vor Direktor und dem gesamten Lehrkörper entscheidet
über die Zulassung zu der Schlußprüfung, die vor einem Ausschuß abzu¬
legen ist, der aus nicht zur Anstalt gehörenden Musikern und Pädagogen
und aus zwei von ihren Mitschülern gewählten Schülern des dritten Jahr¬
ganges besteht.
Gegenstände dieser Schlußprüfung sind:
a) Eine Lehrstunde rhythmische Gymnastik, Kindern ohne jede musika¬
lische Vorbildung erteilt;
b) Eine Lehrstunde rhythmische Gymnastik, Schülern des zweiten Jahr¬
ganges erteilt;
c) ^Hör- und Leseübungen (Solfege);
d) Rhythmische und plastische Verkörperung von Musik.
Hellerau, den 15. August 1911.
DIE LEITUNG
DER BILDUNGSANSTALT JAQUES-DALCROZE
G.M.B.H.
gez. Dr. E. JAQUES-DALCROZE
gez. Dr. WOLF DOHRN
88
NACHRICHTEN ÜBER DEN NEUBAU
DES INSTITUTS UND DIE UNTER¬
RICHTSKURSE 1911/12
Die nachfolgenden Angaben sind für diejenigen, die sich für eine Ausbildung
an der Anstalt oder für Dilettantenkurse in Dresden oder Berlin interessieren,
die sich ein Bild von dem machen wollen, was ihnen geboten wird. Es erübrigt
sich, die Methode selbst genauer zu erklären und in ihrer Wirkung darzu¬
stellen. Einiges entnehme man der in diesem Jahrbuch abgedruckten Ansprache
von Dr. E. Jaques-Dalcroze an die Schüler des ersten Jahrganges. Hier ge¬
nüge der Hinweis, daß fast alle nur auf ein Jahr angemeldeten Schüler und
Schülerinnen noch ein zweites Jahr, die im zweiten Jahr stehenden oft noch
ein drittes und viertes Jahr bleiben. Ansehen und Bedeutung der Methode geht
daraus hervor, daß durch die diesjährig diplomierten Lehrkräfte — von 16
haben 15 die Prüfung bestanden — nicht alle in Deutschland und dem Aus¬
land offenen Lehrstellen besetzt werden konnten.
DAS IN HELLERAU ERBAUTE INSTITUT
Das Institut ist auf freiem Lande, 100 m höher als Dresden, mit einem
Fernblick auf Dresden und das Erzgebirge und in der Nähe des West¬
randes der Dresdner Heide erbaut: ein einfacher, klarer, in seinen Ver¬
hältnissen überzeugender Bau.
Der Bau umschließt einen großen Saal mit ca. 700 Zuschauerplätzen und
einem reichlich großen, seitlich erweiterungsfähigen Bühnenraum. Er ist
ohne komplizierten Bühnenapparat aber mit allen Erfordernissen ausge¬
stattet, um den Raum und in ihm die Körperform, die Gruppierung von
Meissen und die Bewegung des Lichtes zur Geltung zu bringen. Er erhält
eine Anlage zur Erzeugung eines diffusen, völlig schattenlosen Lichtes.
Als Abschluß des Unterrichtsjahres sollen hier Festspiele zur Aufführung
gelangen, in denen die Unterrichtenden, die Schüler und Schülerinnen der
Anstalt und die Kinder der Gartenstadt Hellerau sich und anderen ein
Fest geben.
Neben dem großen Saal stehen für den regulären Unterricht ca. 12 größere
und kleinere Säle zur Verfügung, außerdem ausgedehnte Baderäume, die
die hygienische Seite der rhythmischen Gymnastik zu ihrem Recht ge¬
langen lassen. Alle Säle sind mit einer Heizungs- und Ventilationsanlage
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
versehen, die einen fünfmaligen Luftwechsel pro Stunde und im Sommer
die Zuführung von gekühlter Frischluft gestatten. Links und rechts von
den Wasch- und Duscheräumen sind Höfe für Licht- und Sonnenbäder
vorgesehen.
Im Institut befindet sich außerdem ein Erfrischungsraum und ein Lese¬
saal. Die Bibliothek hat ihren Grundstock aus den Zuwendungen der Leh¬
rer und Schüler erhalten und wird als Zeugnis gemeinsamer geistiger In¬
teressen weiter ausgebaut.
DER UNTERRICHTSPLAN
UNTERRICHTSFÄCHER sind: Rhythmische Gymnastik, Gehörsbildung
(Solfege), Improvisation, Anatomie, Chorgesang, Plastische Gruppenübun¬
gen, Turnen und fakultativ Tanz.
i. NORMALKURS: Der im Unterrichtsbetriebe der Anstalt den größten
Raum einnehmende Normalkurs (Lehrerausbildungskurs und in fakulta¬
tiver Auswahl der Stunden Hospitantenkursus für Berufsmusiker und Di¬
lettanten zur speziellen Ausbildung musikalischer Fähigkeiten) umfaßt:
Rhythmische Gymnastik . . 5 W. St.
Gehörsbildung (Solföge) ... 5 W. St.
Improvisation.2 W. St.
Anatomie.1 W. St.
Chorgesang.2 W. St. (2 Abendstunden)
Plastische Gruppenübungen . 4 W. St. (2 x 2 Nachmittagsstunden)
Turnen.3 W. St. (jeden Morgen 7 a Stunde)
Insgesamt 22 W. St. pro Jahrgang
Hospitieren an Stunden des hö¬
heren Jahrgangs obligat.. . . 5 W. St.
NORMALKURS im ganzen . 27 W. St.
dazu noch fakultativ 4 W. St. Tanz.
Jeder Jahrgang des Normal- und Theaterkurses ist in Abteilungen bis zu
30 Teilnehmern, in Damen- und Herrenabteilungen eingeteilt. Es finden
aber auch in allen Unterrichtsfächern gemeinsame Stunden für alle Ab¬
teilungen, mitunter auch für alle Jahrgänge (I., II., III. Jahr) statt.
Dr. E. Jaques-Dalcroze gibt in allen Abteilungen aber keinerlei Privat¬
unterricht.
90
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Die Teilnehmer jedes Normalkurses haben einigen Stunden, die Dr. E.
Jaques-Dalcroze dem höheren Jahrgang erteilt, beizuwohnen.
HOSPITANTENKURSE. Wer kein Diplom erstrebt, aber zu seiner Ent¬
wicklung rhythmische Gymnastik betreiben und an dem Leben der Anstalt
in Hellerau und an dem persönlichen Unterricht von Jaques-Dalcroze teil¬
nehmen will, kann an einer vorher festzusetzenden Zahl von Stunden und
Fächern des Normal- oder Theaterkurses hospitieren.
Der STUNDENPLAN in Hellerau ist so eingerichtet, daß alle Hauptstun¬
den, in Sonderheit die körperlich anstrengenden, auf den Vormittag fallen.
Der Unterricht beginnt früh 8 Uhr mit V2 Stunde Turnen und endigt um
1 Uhr. Nachmittags sind mitunter von 4—6 Uhr Stunden. Den Schülern
und Schülerinnen stehen zu Gruppenübungen und zu geselligen Zwecken
Räume im Institut zur Verfügung.
DILETTANTENKURSE. In Dresden und Berlin (vielleicht auch Prag
und Leipzig) finden Dilettantenkurse statt. Diese umfassen in je 2 Wochen¬
stunden rhythmische Gymnastik oder Gehörsbildung. Beide Kurse können
auch vereint belegt werden. Sie dienen der Entwicklung musikalischer Fä¬
higkeiten und bieten Freunden einer harmonischen Körperentwicklung Ge¬
legenheit zu gesunden, in körperlicher und geistiger Beziehung förderlichen
Übungen. Irgendeine Berechtigung, die Methode zu lehren, kann durch den
Besuch dieser Kurse aber nicht erlangt werden.
UNTERKUNFT/VERPFLEGUNG UND GESELLIGKEIT IN
HELLERAU
Unterkunft und Verpflegung wird im Einvernehmen mit der Anstaltslei¬
tung geregelt. Die Leitung hat Frau Dr. Mabel-Riess, eine in Deutsch¬
land lebende Engländerin. Es wird für gute, kräftige Kost (auch viel Ge¬
müse) gesorgt und für gute, eine horizontale Lage verbürgende Betten. Die
Verpflegung steht unter ärztlicher Aufsicht. Um einen geregelten Wechsel
von Arbeit und Ruhe zu ermöglichen, ist für Unterkunft in der Nähe des
Instituts gesorgt. Der jüngste Jahrgang findet Unterkunft in dem großen
Wohnhaus (Entw. Arch. Sattler, Abb. 3), Zimmer verschiedener Preislage
und Größe, fast nur Süd-, Ost-, Westzimmer. Die älteren Jahrgänge kön¬
nen gruppenweise die kleineren Wohnhäuser ä 5—15 Zimmer (Entw. Arch.
Heinrich Tessenow, Abb. 4) beziehen. Die Mahlzeiten werden gemein¬
sam, aber an kleinen Tischen in Gruppen im Speisesaal des großen Wohn-
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hauses eingenommen (4 Mahlzeiten täglich, monatlich 90 bis 100 Mark).
Für das gesellige Leben stehen Räume in den größeren Wohnhäusern und in
dem Institut zur Verfügung, außerdem auch die Luft- und Sonnenbäder.
Ein Dilettantenorchester, Kammermusikvereinigungen und ein Chor sind
in Bildung begriffen. Das in Hellerau lebendige, künstlerisch gut orientierte
Geistesleben wird den Schülerinnen und Schülern der Bildungsanstalt
Jaques Dalcroze wertvolle Anregung geben. Auch die soziale Grundlage
dieser aufblühenden Siedelung — es ist die erste deutsche Gartenstadt mit
bodenreformerischen Zielen, z. Z. ca. 200 Einfamilienhäuser — kommt der
Schule zugute. Die Volksschulkinder des Ortes erhalten gleichfalls Unter¬
richt in rhythmischer Gymnastik.
Den Stadtverkehr vermittelt eine in 20 Minuten erreichbare Straßenbahn
(Nr. 7), die an der Dresdner Gemäldegalerie und den Kgl. Theatern vorbei
ins Zentrum der Stadt führt (Fahrzeit 28 Minuten). Auch steht in beson¬
deren Fällen gegen Bestellung das sechssitzige Automobil der Anstalt zur
Verfügung.
Die Lage des Instituts, seine Einrichtungen, die ärztliche Kontrolle und
die bequeme Unterkunft legen den Gedanken nahe, Ausbildung und Er¬
holung, zumal in den Sommermonaten, zu vereinigen. Die bisher unter pro¬
visorischen Verhältnissen und in allzugroßer Enge abgehaltenen Osterfe¬
rienkurse für ehemalige Schüler der Methode J aques-Dalcroze können nun
zu wirklichen Ferienkursen ausgestaltet werden. Hierüber Genaueres Früh¬
jahr 1912.
ANDERWEITIGE MÖGLICHKEITEN DER AUSBILDUNG
Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt in der Körper und Geist gleich¬
mäßig beanspruchenden rhythmischen Gymnastik, Gehörsbildung, Im¬
provisation. Es ist aber auch für musikalischen und anderen Spezialunter¬
richt (fremde Sprachen u. a. m.) Sorge getragen. Zunächst in der Form von
Privatunterricht, der teils an der Ansteilt, teils in der Gartenstadt Hellerau
nach besonderer Vereinbarung erteilt werden kann. Für 1912 ist die Er¬
weiterung des bereits bestehenden Privatunterrichtes in der Gartenstadt
Hellerau zu einem Landerziehungsheim in Aussicht genommen. Eltern, zu¬
mal im Ausland lebende Deutsche, die Wert darauf legen, ihren Kindern
möglichst früh eine harmonische Ausbildung zuteil werden zu lassen, ist
also hierzu Gelegenheit geboten, ohne die durch das staatliche Schul- und
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Examenwesen gegebenen Zielpunkte der Erziehung zu vernachlässigen. Für
1911/12 sind bereits Kinder angemeldet, die neben dem Unterricht in der
Anstalt Schulunterricht erhalten werden. Ausländischen Familien, die ihre
Kinder zum Erlernen der deutschen Sprache nach Deutschland zu schicken
pflegen, ist hier eine seltene Gelegenheit geboten, körperliche und geistige
Ausbildung zu vereinigen. Für solche Fälle ist in dem großen Wohnhaus
eine besondere Abteilung unter der speziellen Aufsicht von Frau Dr. Mabel
Riess vorgesehen.
An der Bildungsanstalt J aques-Dalcroze selbst haben sich durch die Zusam¬
mensetzung des Lehrkörpers Deutsch und Französisch als Unterrichtsspra¬
chen eingebürgert. Doch werden fast alle europäischen Sprachen gesprochen.
Unter den für das Schuljahr 1911/12 Angemelteden befinden sich aus Ame¬
rika 2, Deutschland 60, Dänemark 1, England 3, Holland 6, Österreich 2,
Russisch-Polen 3, Finnland 1, Schweden 3, Schweiz 14, Spanien 2.
DILETTANTEN- UND KINDERKURSE
Die im letzten Jahre in Dresden und Berlin abgehaltenen Dilettanten- und
Kinderkurse werden fortgesetzt. Außerdem beginnen in Berlin und Dres¬
den neue Dilettanten- und Kinderkurse.
Durch die größere Anzahl ausgebildeter Lehrkräfte ist es auch möglich,
solche Kurse als Privat- (Familien-) Kurse abzuhalten. Die Anmeldung da¬
zu bedarf der Zustimmung aller anderen Kursteilnehmer. Sie können in
den Sälen der Anstalt oder auch in Privathäusem stattfinden, falls ein
großer Raum (mindestens 5:7m) vorhanden ist. Wer sich für einen sol¬
chen Kurs interessiert, möge sich zunächst in seinem Bekanntenkreis nach
Teilnehmern umsehen; die Verwaltung übernimmt jederzeit die diesbezüg¬
liche Korrespondenz und die weitere Organisation.
ZWEIGANSTALT BERLIN
Bei dem regen Interesse, das die letzt jährigen Kurse in Berlin trotz der
Schwierigkeit ihrer Durchführung (eine Lehrerin mußte allwöchentlich ein¬
mal von Dresden herüberfahren) gefunden haben, hat sich die Verwaltung
zur Gründung einer Zweiganstalt in Berlin entschlossen. Zwei diplo¬
mierte Lehrkräfte der Bildungsanstalt werden in Berlin unterrichten. Dr.E.
Jaques-Dalcroze wird die Kurse revidieren. Eine Berechtigung in der Me¬
thode Jaques-Dalcroze Unterricht zu erteilen, kann aber bei der Berliner
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Zweiganstalt nicht erworben werden. Die Ausbildung der Lehrkräfte ge¬
schieht nur in Dresden-Hellerau unter der persönlichen Leitung von
Dr. E. Jaques-Dalcroze.
MISSBRAUCH DER METHODE
Methoden können nicht durch Patente geschützt werden. Dadurch ist dem
Mißbrauch weiter Spielraum gelassen und es ist für einen neuen Gedanken
gefährlich, wenn er in ungenügender Weise vertreten wird. Man legt Mi߬
erfolge nicht dem Vertreter, sondern der Methode zur Last. Die Bildungs¬
anstalt Jaques-Dalcroze hat zum Schutze der Methode und des Namens
Schritte getan (vgl. die Schulordnung).
Die Anstaltsleitung hat die Bestimmungen zur Erlangung der Lehrberechti¬
gung in der Methode erheblich verschärft. Sie nimmt selbst zur Lehreraus¬
bildung nur Schüler an, die sich auf mindestens i Jahr, in der Regel 2 Jahre
verpflichten, und sie hat eine Kommission von unabhängigen Fachmännern
eingesetzt, die über die Befähigung zum Unterricht in der Methode Jaques-
Dalcroze in einer von ihr abzulegenden Prüfung zu entscheiden hat.
Der Prüfungskommission gehören an: Herr Adolphe Appia, Rivaz
(Schweiz), Herr Paul Boepple, Basel, Herr Geh. Reg.-Rat Prof. Dr.
Max Friedländer, Berlin, Herr Prof. Friedrich Klose, München, Herr
Geh. Reg.-Rat Prof. H. Kretzschmar, Berlin, Herr Generalmusikdirek¬
tor Max Schillings, Stuttgart, Herr Geh. Hofrat, Generalmusikdirektor
Edler von Schuch, Dresden, Herr Generalmusikdirektor Fritz Stein¬
bach, Köln, Herr Jean d’Udine, Direktor des französischen Instituts für
Rhythmische Gymnastik in Paris.
Die von uns erteilten Diplome und Zeugnisse sind hier nachgebildet, da¬
mit jeder, der sich für solche Kurse interessiert, nachprüfen kann, ob der
Lehrer die Befähigung zum Unterrichten besitzt.
Außerdem hat eine Anzahl ehemaliger Schüler von Dr. Jaques-Dalcroze
das Recht, in der Methode zu unterrichten. Sie haben nicht das Diplom,
dürfen sich aber als „Von der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze anerkannte
Lehrer der Methode“ bezeichnen. Für diese finden alljährlich besondere
Ferienkurse statt, die sie mit der weiteren Entwicklung der Methode be¬
kannt machen.
Die Anstalt erteilt jederzeit gern Auskunft, ob in einer Stadt eine von der
Bildungsanstalt anerkannte Lehrkraft tätig ist.
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BILDUNGSANSTALT
JAQUES-DALCROZE
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BILDUNGSANSTALT
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ZEUGNISSE
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