Skip to main content

Full text of "Der Sprachgebrauch des M. Annaeus Lucanus"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commcrcial parties, including placing technical restrictions on automatcd qucrying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain from automated querying Do not send aulomated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogX'S "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct andhclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http : //books . google . com/| 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch fiir Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .corül durchsuchen. 



MD.^h"^ 




THE GIPT OF 

STEPHEN SALISBURY, 
OF WORCESTER, MASS. 




Der 






Sprachgebranch des N. Annaens Lncanas. 



Von 

3. Obermeier. 



Programm 



' des 



Königliehen Maximilians-Gymnasiums 

fQr das 

Schuljahr 1885/86. 



MÜNCHEN 

Akademische Buchdruckerei von P. Straub 

1886. 



•i i? A 4. V' vj 



aNl 



.\ 



^BD cor/ >, 



APR 1 1901 



L 



IBRA?^' 



S»iMirU/VM |vA^ 






Nicht selten wird in neuerer Zeit darauf hingewiesen, wie 
wichtig neben der Darstellung einer Grammatik der einzelnen 
lateinischen Prosaiker eine solche der einzelnen Dichter für die 
historische Syntax der lateinischen Sprache sei; so Bernhardy 
römische Literaturgeschichte A. 192, Dräger in der Vorrede 
zur 1. Auflage der historischen Syntax, Haase in seinen Vor-, 
lesungen über lateinische Sprachwissenschaft herausg. von Peter 
Bd. IL S. 13L 

Die lateinische Dichtersprache im allgemeinen hat nun seit 
dem veralteten Werke: Artis poeticae Latinae libri IV auctore 
Jani Halae 1774 in Bach's Lehre vom Gebrauch der Casus in 
der lateinischen Dichtersprache, Gotha 1848 bloss eine teilweise 
und in Stern's Grundriss einer Grammatik der römischen Dichter, 
Arnsberg 1851, der nur zum Gebrauche der Schule geschrieben 
ist, eine für wissenschaftliche Zwecke nicht genügende Be- 
arbeitung gefunden. Was die einzelnen Dichter anbelangt, so 
sind selbst von den wichtigsten noch keine vollständigen Mono- 
graphien erschienen. Speziell von den. Epikern sind es Ennius 
und Vergil, deren Sprachgebrauch einer eingehenden Erörterung 
unterzogen wurde. Schinkel lieferte in seiner Dissertation eine 
Syntax des Silius Italiens, ohne dass er den Lucanus zur Ver- 
gleichung heranzog; und doch hat Silius gerade den Lucan 
eifrig nachgeahmt, wie ein oberflächlicher Blick in die Stellen- 
saramlüng Korte's zeigt. Daher schien es mir am Platze zu 
sein, auch die Sprache Lucans, welcher der Zeit nach zwischen 
Vergil und Silius steht, zu untersuchen und zu prüfen, welche 
Stellung er zu seinen Vorgängern und Zeitgenossen in sprach- 
licher Beziehung einnimmt. Eine diesem Zwecke entsprechende 



— 4 — 

Arbeit ist meines Wissens bis jetzt noch nicht erschienen ; denn 
das Programm Körbers: De Lucani usu syntactico Peters- 
burg 1874 ist eine blosse Zusammenstellung von Stellen ohne 
Begründung und Schlussfolgerung lind umfasst nur die gewöhn- 
liehen Erscheinungen im Gebiet der Casuslehre. Ich trug des- 
halb kein Bedenken, mich ebenfalls der bezeichneten Aufgabe 
zu unterziehen, war aber in der vorliegenden Arbeit wegen 
Mangels an Zeit und Raum gezwungen, auf die Teile des unab- 
hängigen Satzes mich zu beschränken. 

Den besten Text bietet vorderhand noch die Ausgabe von 
Weber (1828 — 1831, 3 Bde.), welche auch den wichtigen Com- 
mentar von Körte und die Scholien enthält. Freilich ist die 
Ausgabe von Weise (M. A. Lucani Pharsaliae lib. X rec. Car. 
Herm. Weise Quedlinburgi et Lipsiae 1835) jünger als jene. 
Da aber Weise den Text nur nach einigen alten Ausgaben, 
nämlich der editio Aelici. Argentinensis und der vulgata des 
Famabius und der des Schrevelius herstellte, ohne die Hand- 
schriften, ausgenommen 4 codd. Lips., zu benützen, so folgte 
ich Körte (in Webers Ausgabe), der 79 Handschriften und eine 
Menge alter Ausgaben entweder selbst verglichen oder dies 
durch andere hat besorgen lassen. Nur wo die Lesart für 
eine syntaktische Eigenheit entscheidend war, merkte ich auch 
die Lesart Weise's an. Manchmal geht nämlich Körte offenbar 
zu weit, indem er z. B. den für eine Stelle gefassten Gedanken 
auf alle analogen Fälle überträgt und überall die Lesart dar- 
nach bestimmt. In solchen Fällen folgte ich der gewöhnlichen 
Lesart der vulgata (des Schrevelius), setzte aber die Varianten 
Korte's bei. Die Stereotypausgabe von Holtze, die erst 1878 
erschien, enthält mit ganz geringen Ausnahmen nur die Les- 
arten Weise's und bietet auch in den abweichenden Fällen 
nichts Besseres. Neben den Ausgaben fanden für die Kritik 
des Textes Steinhart, de emendatione Lucani commentatio philo!., 
Bonn 1854 und in verschiedenen Schriften wie Hermes Bd. VI, 
Madvig animadv. critic. H, Rheinisches Museum Bd. 19 u. a. 
zerstreute Notizen Berücksichtigung. In der Interpretation 
weichen Oudendorp, Körte und Weise oft von einander ab; 
die Commenta Bernensia in Lucani bellum civile (ed. Usener 



— 5 — 

Leipzig 1809) geben an vielen schwierigen Stellen keine ge- 
nügenden Aufschlüsse; auch die jüngste vollständige und beste 
Übersetzung von Krais (Stuttgart 1863) befriedigt nicht durch- 
weg, indem sie an zahlreichen Stellen offenbar Unrichtiges gibt. 
Ich habe deshalb in den beigegebenen Bemerkungen für wichtigere 
Fälle meine eigene Meinung dargelegt und zu begründen ge- 
sucht. In der Anordnung des Stoffes folgte ich zwar im ganzen 
dem von Dräger in seiner historischen Syntax eingeschlagenen 
Wege; doch glaubte ich öfter (z. B. beim Gen., Dat., Attri- 
but VI. s. w.) von ihm abweichen zu müssen. 



Bedeteile* 

Substantiv a. 

Der kollektive Singular der Concreta tritt in der lateinischen 
Sprache schon früh auf; doch nimmt er bei Völkernamen erst 
seit Livius im Gebrauche zu. Diese Ausdehnung wurde durch 
das Studium der griechischen Vorbilder veranlasst. — Lucan bat 
ihn häufig und selbst bei selten erscheinenden Völkernamen wie 
Alanus, Astur, Garamans, Mazax, Nasamon, Psyllus etc. ange- 
wendet. Es kann daher nur für die Prosa die Begel Drägers 
(histor. Syntax 2. Aufl. Bd. I. Leipzig 1878 S. 5) Geltung haben, 
dass der Gebrauch des Singulars wahrscheinlich auf häufig vor- 
kommende Gattungs-, Stoff- und Völkernamen beschränkt gewesen 
sei. Auch steht ähnlich wie bei Livius der Sing, des Volks- 
namens für den Feldherrn III, 286 Perses statt Xerxes. Ferner 
bedient sich Lucan gleich den früheren Dichtern des Sing, bei 
kriegerischen Bezeichnungen ausser den prosaischen eques, hostis, 
miles, tiro auch bei cüstos, cuspis, ferrum, missile, ratis, sagitta; 
bei Tier- und Pflanzennamen: cornipes, sonipes, serpens, vultur, 
arbor; bei verschiedenen Lebensverhältnissen: habitator, incola, 
moderator, natus, parens, pirata nebst den prosaischen remex und 
Senator ; bei Materialien und daraus bereiteten Gegenständen ausser 
den prosaischen flamma, vestis, unda auch bei filum, gemma, 
testa, velum. Aber auch vestes, das erst im silbernen Zeitalter 
erscheint, kommt vor II, 357 : picto vestes discriminat auro. Be- 
sonders häufig stehen nach dem Muster der augusteischen Dichter 
bei Lucan der Körper und dessen Teile im Sing. : z. B. IV, 552 



- 6 - 

iosomni dente creati Terrigenae; ähnlich setzt er caput (V, 361), 
cervix (VII, 645), crinis (IX, 635), cadaver (VII, 598 patricium 
cadaver die patrizischen Leichen), facies (VII, 130), oculus, os, 
pectus (VII, 765). Dazu die Singularform Alpis (vor Lucan nur 
Ovid a. a. 8, 150), II, 536 III, 299 ; Atlantis V, 4 die Atlan- 
tiden kommt nur hier vor ; Apenninus (vor Luc. nur Ovid) II, 395, 
Besonders oft steht der bei Dichtern und Spätprosaikern beliebte 
Sing, von multus, creber, rarus mit einem Substantiv. Multus 
erscheint öfter schon bei Horaz (die Nachweise für Horaz entnahm 
ich dem Index in Bentley's Ausgabe des Horatius), Curtius und 
den beiden Seneca. Luc. hat z. B. II, 678 aggere multo, III, 622 
vulnerem., sogar III, 707 multus moriens, III, 411 plurima unda, 
IV. 254milite m., 617 m. nexu etc.; ebenso creber III, 620 con- 
fixus crebra cuspide und rarus VIII, 252 incola rarus. . Während 
Liv., Hör. und Verg. den Plur. und Sing, in einem Satze oft neben 
einander stellen, hat Lucan nur an wenigen Stellen so verfahren: 
I, 254 Senonum motus Cimbrumque füren tem, 423 Biturix longis- 
que leves Suessones in armis, IV, 8 impiger Astur Vettonesque 
leves. Wie das Versmass hier einwirkte, zeigt sich klar V, 361 : 
infidumque caput feriendaque tendite coUa. 

Beim Plural der Concreta statt des Singulars ist die Dichter- 
sprache vielfach wegen des Wohlklanges und Versmasses weiter 
gegangen als die Prosa. Zunächst werden von Naturprodukten 
und Stoffen schon vor Lucan im Plur. gebraucht und von diesem 
ebenso angewandt: aquaelV, 372 Trinkwasser, aequora Meer, arenae 
Wüste, Meeresgrund, Küste (dagegen arena Vlll, 790 eine ein- 
zelne Stelle) (Verg. Hör. Prop. Sen.), cineres (Verg. Hör. Ov. Sen.), 
cruores (Verg. Hör.), frondes IX, 944 (Cic), marmora (Hör. Ov. 
Manil.) Marmorblöcke, pabula (Lucr. Ov.), robora Kerker; rores 
(Tautropfen Cic. Verg. Hör.) bei Luc. Blutstropfen VII, 837 san- 
guineis stillavit roribus arbor, IX, 698 dirosque fero de sanguine 
rores, sales aequorei (Ov. met. 15, 286) X, 257 Salzgeschmack 
des Meeres, stagna (Cic. Ov.), tura (Verg. Hör.), venena (Verg. 
u. a.); dagegen neu ist VI, 797 aeternis chalybum nodis et 
carcere Ditis constrictae manus eisernes Gefängnis. Von atmo- 
sphärischen Erscheinungen sind Zephyri, Buri, Cori (Verg. Ov.), 
fiamina (Lucr.), ignes (Hör.) Gestirne schon vor Lucan gebraucht; 
von ihm zuerst aera Wohlgertich e. Zwar wird diese Bedeutung 
mit Beifügung der Stelle IV, 438 dum cervos claudat odoratae 
metuentes aera pinnae von Forcellini (Totius latinitatis lexicon 1831) 
s. V. aer bestritten : aer neque odorem per se, multo autem minus 
colorem significare potest, sed aer odoratae pinnae est, quod vena- 
tores proprio vocabulo dicunt die Witterung; aber seine Ansicht 
wird widerlegt durch X, 167 : quod nondum evanuit aura Cinna- 



— 7 — 

moD, externa nee perdidit aera terra; denn keine nähere Bestim- 
mung bezeichnet aera genauer; auch die Scholiasten erklären es 
mit odorem. Von Ortsbestimmungen sind vor Lucan schon im 
Gebrauche gewesen : confinia (Ov.), limina (Verg.), litora (CatuU, 
Caes.)) ora Mündung II, 677 und Tartara (Verg.), terga maris 
(Ov. vwTa d^aXaaarjg II. ß 159). Busta ein einzelnes Grrab wie 
VIII, 393 te parva tegant ac vilia busta habe ich vor Luc. nicht 
angewendet gefunden. Besonders zum Ausdruck des Intensiven 
wird der Plur. gerne gesetzt*. Der Zeit vor Luc. gehören von 
den Wörtern, die bei ihm vorkommen, bereits an: bella(Verg. u. a.), 
contagia (Verg. Ov.), cursus III, 262 (Manil.), ignes Sonnenglut, 
Dürre (Sen. rhetor); pignora, das Dräger S. 8 unter Luc. V, 473 
anführt, kann nicht hierher bezogen werden, weil darunter Julia 
und ihr Sohn verstanden werden; regna (Verg.), silentia (Lucr. 
Verg. Ov.) das stille Haus des Hades, soles (Verg. Hör. Ov. Sen. 
rhet.), tremores Erdbeben (nur Ovid u. der mit Luc. gleichzeitige 
Plinius), tumultus (Ov. Verg.), vulnera eine Wunde (Ov.), umbrae 
Schatten eines Baumes (Cic. ad Att. 15, 20, 4) I, 140 ; visus (Ov.) 
Aussehen III, 6. Neu (nur der gleichz. Plin, hat es) ist sudores 
starker Schweiss. Wie hier der Wohllaut massgebend war, mag 
aus dem obigen ignes klar werden IX, 375 nimios metuentibus 
ignes — der Sing, würde zwei m neben einander erzeugen nimium 
metuentibus ignem und die m würden sich geradezu häufen. Von 
den Bezeichnungen der Körperteile in Bezug auf ein einziges In- 
dividuum finden sich bereits vor Lucan die von ihm gebrauchten : 
colla (Ov.) IX, 781 coUa caputque fluunt; zugleich zeigt sich, wie 
das Versbedürfnis für die Bildung dieses Plur. von Einfluss war, 
corda (Verg.) V, 217, ora (Ov. fast. 3, 406) V, 550 tum lurida 
pallens ora tulit vom Monde, terga (Ov) IV, 468, pectora (Verg.) 
III, 733. Cervices kommt bei Lucan niergends vor; dagegen 
steht an zahlreichen Stellen z. B. VIII, 12, 674 etc. das schon 
von Hortensius (cfr. Quintil. VIII, 3, 35) und OatuU gebrauchte, 
seit Livius mehr Geltung gewinnende cervix, das bei Sen. rhet. 
mit cervices wechselt. Ferner classes eine Flotte (Verg.) III, 46, 
der Plur. currus Triumphwagen (Verg.), III, 77 sceptra (Verg.). 
Zuerst von Luc. gebraucht ist aratra von einem Pfluge X, 153 
abductus consul aratris. 

Den generellen Plur. der Concreta hat Luc. häufig ange- 
wandt. Aber beinahe alle sind schon vor ihm gebraucht. Von 
den Appellativen kommen vor Luc. bereits vor die bei ihm er- 
scheinenden: arces (Ov) II, 504 die Burg von Oorfinium, 609 von 
Brundisium, lU, 84 von Anxur ; duces (Verg.) X, 69 ducibus nostris 
d. i. Cäsar ; foci (nur Proper^) ; fontes V, 387 von Kühner Aus- 
führl. Gram. d. lat. Spr. Bd. II, S. 61 bei Benennungen ^on 



— 8 — 

„Oertlicbkeiten in der Einheit^ citiert ist kein genereller Plur. ; 
denn es heisst : veluti si cuncta (Weise cuncti) minentur fiamina, 
quos miscent pelago, subducere fontes: die fontes sind die Wasser 
der einzelnen Flüsse, nicht eines Flusses; femer numina (Verg. Hör.) 
V, 233 die Nemesis ; palatia (TibuU u. a.). III, 103 ; regna (Verg.) 
V, 207 vom Eömerreich; templa (seit Ennius häufig) III, 115, 
V, 210 ; dazu Capitolia (Verg. u, a.). Neu ist clades VIII, 268 
cladesque receptas excutere von der S<;hlacht bei Pharsalus; zugl. 
trop. VII, 664 exiguae clades sumus, orbe remoto sagt Pompejus 
von sich. Bei l'ersonennamen haben die Dichter den generellen 
Plur. nicht so häufig wie die Prosa. Auch Luc. wendet ihn nicht 
oft an. Zuerst von ihm scheinen gesetzt zu sein Cinnae II, 546 
Oethegi VI, 794. Die von Dräger 8. 10 angeführte Stelle VU, 
387 muss VI, 795 heissen. 

Die Substantiva abstracta im Plur. haben seit der älteren 
Zeit durch die philosophischen Schriften Ciceros, dann auch durch 
die Dichter der Eaiserzeit immer mehr an Gebiet gewonnen. Bei 
letzteren zeigt sich besonders der Plur. zur Bezeichnung des Grades 
(Müller, Handbuch der klass. Altertumswissenschaft Nördlingen 1885 
Bd. II 8. 367) als beliebte Ausdrucksweise. Abstracta im Plur., 
die schon andere vor Lucan gebraucht haben, sind bei ihm folgende: 
Amores (CatuU, Verg., Ov. u. a.) mit einem Genetiv II, 325 
amores belli civilis. Ferner III, 580 caedes (Liv.), V, 779 eventus 
(Liv.) rerum, III, 645 fata vom Geschick eines Einzelnen; die auch 
in der Prosa erscheinenden Affekte furores, gaudia, irae, luctus, 
metus, odia, studia, terrores, timores, tumores (X, 99) sind sämt- 
lich schon von Livius gebraucht, II, 599 discrimina Martis (Verg. 
Ov.), Vn, 559 ignes Begeisterung (Ov. fast. 1, 473), IV, 332 
ieiunia undae die gänzliche Entbehrung des Trinkwassers (Ov.), 
III, 28 oblivia (Lucr. Verg. u. a.) ; II, 488 otia (vorkl., Catull, 
Ov.), silentia (Verg. Ov.), solacia, somni, usus (klass.) Dagegen 
sind bei Dräger S. 11 ff. nicht angeführt commercia (Ov.) IX, 443; 
exordia (Lucr. Verg.) VIII, 265. 

Die Anzahl der Abstracta, welche für Concreta gesetzt sind, 
ist bei Lucan verhältnismässig bedeutend. Nur 2 erscheinen da- 
von im Plur., nämlich affectus VIII, 132 Gegenstand der Liebe 
d. i. Cornelia und mortes tödliche Geschosse VII, 517 inde cadunt 
mortes beide zuerst von Luc. so gebraucht. Die meisten der 
übrigen gehören der Zeit vor Lucan an : IV, 7 custodia = castodes 
(Catull, Liv., Sen., Plin.), II, 243 fides (Caes., Liv.) d. i. Cato, 
II, 152 fuga =fugientes (Liv.), VII, 380 ludibrium (soceri) (Cic. 
Liv. Verg.) d. i. Pompeius, VI, 619 mors = mortuus (Plaut., Pro- 
perz), IV, 728 und oft im IX. Buche pestis verderbliches Wesen 
(Plaut., Terenz, Catull) für Schlange. VI, 681 pestes giftige 



— 9 — 

Kräuter. II, 63 pieta8 = pii (t^laut), H, 370 pigoora (Ov.) für 
Verwandte, II, 535 (Ov.) rabies d. i. Basende, III, 406 vetustas 
= veteres (Cic. Verg. Liv.), HI, 475 virtus = fortes (Val. Max.), 
VI, 311 vita = viventes (Catull, Tibull, Plio., Martial) : nee saneto 
caruisset vita Catone. Von Lucan sind zuerst angewandt: honos 
=^ honorati 11, 19 omnis honos latuit * plebeio tectus amictu. Als 
Gott Honos kommt ,es allerdings schon vor Cic. Verr 4, 121, 
Liv. 27, 25, 7. purpura = purpurati i. e. consules II, 19 nullos 
comitata est purpura fasces. Abstracta erscheinen auch als Appo- 
sitionen zu Concretis; aber fast sämtliche sind schon vor Lucan 
im Gebrauche, die bei diesem vorkommen III, 603 fratres, gloria 
(Tibull, Ov.) matris, V, 40 Curio, pars (Ov. trist 4, 2, 16) magna 
senatus Caesarei, 59 Ptolemaee, fortunae pudor (findet sich nicht 
vor Lucan) crimenque (Verg. Ov.) deorum. VI, 795 vidi laetantes 
popularia nomina (Liv. Tibull, Ov.), Drusos. X, 136 discubuere 
illic reges maiorque potestas (Verg. Liv.) Caesar. 

Der seit Cicero gebräuchliche Plur. modestiae bietet bei Lucan 
nichts Bemerkenswertes. Er kommt in allen Stellen nur im In- 
dikativ vor. Sing. u. Plur. wechseln sogar IV, 543 ecquis iuve- 
num est, cuius sit dextra cruore digna meo, certaque fide per 
vulnera nostra testetur se velle mori. unser Dichter gebraucht 
ihn ausschliesslich bei Erwähnung seiner eigenen Persönlichkeit 
z. B. IX, 985 und bei den handelnden Personen, vielleicht manch- 
mal in besonderer Absicht. So z. B. denkt sich VIII, 771 in- 
terea parvo signemus litora saxo der pompejanische Soldat als 
Diener der abwesenden Gemahlin des Pompejus, mit der er ge- 
meinschaftlich dem Pompejus den letzten Liebesdienst erweist. 

Aus dem bisherigen erhellt: Lucan hat den kollektiven Singular 
der Concreta häufig angewandt und zwar bei gewöhnlichen und 
seltenen Völkernamen, insbesondere bei Teilen des Körpers; doch 
ist er hierin nur dem Beispiele der augusteischen Dichter gefolgt 
und hat zur Ausdehnung dieser Ausdrucksweise nichts weiter bei- 
getragen. Dasselbe ist der Fall bei der Bildung des Plur. der 
Concreta statt des Sing, üeberall war eben nur Wohlklang und^ 
Versbedürfnis (z. B. die Neutra der 2. Deklin. bekamen im Plur. 
eine neue Kürze) massgebend. Grosse Vorliebe bewies er für die 
Vertauschung der Concreta mit Abstractis, was wir seiner philo- 
sophischen Bildung zuschreiben dürfen. Im ganzen ergibt sich 
aber, dass Lucan im Gebrauche der Substantiva sich meist auf 
das Gebiet dessen beschränkte, was der durch Livius, Vergil und 
Ovid erweiterte Sprachgebrauch gewonnen hatte, und dass er die 
Grenzen desselben nur wenig überschritt. 



— 10 — 

Adjectiva. 

Die SubstantivieruDg der Adjectiva ist in der vorkl. u. 
klas8. Zeit noch ziemlich beschränkt. Von Gatull z. B. sagt Over- 
holthans (Syntaxis Catnllianae capita duo diss. Papenburgi 1875 
S. 10), er habe den Sing, der Adj. nie in kollektiver Bedeutung 
statt eines Subst. gebraucht. Diese Substantivierung nimmt erst 
mit Sallust und Livius ein weiteres Gebiet ein; besonders waren 
es aber die Dichter der Kaiserzeit, welche zur Ausbildung dieses 
Gebrauches beitrugen, üeberall stehen so Adjectiva der 2. Deklin. 
viel häufiger als Adj. der 3. Auch Lucan hat nicht gar viele 
Adjektiva der 3. substantiviert. 

Bei der Betrachtung dieser sprachlichen Erscheinung ist Genus, 
Numerus und Casus zu berücksichtigen. Lucan hat nun das 
Masc. u. Fem. im Sing, wenig gebraucht. Während bei den 
Vorgängern Lucans der Nom. Sing, eines Substantiv. Adjektivs 
sehr selten ist, namentlich bei Cicero, findet er sich bei Lucan 
verhältnismässig noch am häufigsten. So II, 730 vadis adhuc 
ingens exsul, V, 573 gurgite tanto nee ratis Hesperiae tanget nee 
naufragus (Cic.) ora. Hier wird naufragus durch die Nähe eines 
andern Substantivs etwas gestützt, ebenso VIII, 296 nee puer aut 
senior (Lucrez), 458 undae diva (Liv. Catull. Verg.) memor Paphiae, 
243 quanto securius aevum verus pauper. VII, 727 felix se nescit 
amari. Ich halte hier felix für kollektiv, weil im Vorhergehenden 
Magnus in der Anrede steht; es Ülnde sonst ein Wechsel der 
Person statt. — IX, 170 nulli cognitus aevo luctus erat mortem 
populos deflere potentis (Liv.), II, 110 et visum lenti, quaesisse 
nocentem. Die beiden Stellen fanden sich für den Genetiv, während 
dieser Casus anderswo sehr häufig ist. — IX, 583 pavido fortique 
cadendum est ist das einzige Beispiel für den Dativ. 

Die Substantivierung der Participia wird erst seit Livius 
häufiger und erstreckt sich auf alle Casus des Sing. u. Plnr., aus- 
genommen den nom. sing. Allerdings hat Terenz (Müller S. 370) 
auch diesen Casus substantiviert, aber sein Beispiel wurde von 
den Klassikern und selbst von Livius nicht nachgeahmt. Auch 
die Dichter liebten diesen Casus nicht; so sagt z. B. Overholthaus 
von Catull, dass der Nom. u. Abi. sich bei ihm nicht finde.- 
Letzterer Casus steht auch bei Lucan nicht, wohl aber der Nom. : 
IV, 563 cum fratribus incurrant fratres natusque parenti ; natus 
(Hör. sat 1, 3, 43) wird durch die Gegenüberstellung von parenti 
gestützt. VI, 293 non sie Aetnaeis habitans in vallibus horret 
Enceladum 825 venit defunctus ad ignes. In letzteren beiden 
Stellen sind die Participia ohne Stütze ; es zeigt sich in ihnen ein 
Gebrauch, der über Livius hinausgeht. Der Gen. u. Dat. Sing. 



— 11 — 

sowie der Flur, der part. praes. u. perf. pass. werden namentlich 
seit Livius überall häufig. Lucan aber hat nicht viele Stellen. 
Im Sing.: III, 721 viventis loco feriere, IV, 342 gerit omnia victi, 

VII, 122 omne malum victi findet eine Stütze in dem entgegen- 
gesetzten : omne nefas victoris erit. VI, 758 nondnm Facies viventis 
in illo, iam morientis erat, IV, 273 ferrumque raenti subtrahe, 
V, 215 nee qui solet esse timenti, pallor inest, VII, 720 quid 
opus victo populis? Im Plur: IV, 268 miles, non utile clausis 
auxilium, mactavit equos, V, 315 quid iam nolentibus instas? 

VIII, 870 aetas, qua sit nulla fides saxum monstrantibus illud. 
Bemerkenswert III, 29 reges silentum die Beherrscher der Schatten 
(Ov. met. 15, 797) für inferorum, das nicht in den Vers passte, 
vgl. Köne, üeber die Sprache der römischen Epiker Münäter 1830 
(enthält nur die Formenlehre) S. 37. Das part. fut. kommt subst. 
vor dem silbernen Zeitalter nicht vor. Lucan aber hat eine Stelle, 
wo die Lesart nicht ganz sicher ist. Körte liest VIII, 865 man- 
sura futuris ardua moles ein für die Nachkommen dauernder hoher 
Bau; Weise aber will sepulchri statt futuris. 

Das Neutrum der Adjectiva und Participia wird weitaus 
am häufigsten bei Wörtern der 2. Dekl. substantiviert, sehr selten 
bei solchen der 3. Wenn es aber Haase Vorlesungen über lat. 
Sprachwissenschaft Bd. I S. 153 heisst: Adjectiva Einer Endung 
kommen wohl gar nicht als substantivische Neutra vor, so ist 
dies nicht richtig; denn Lucan hat III, 68 ubere vix glebae superat. 

Das Neutrum Plural ist im Nom. u. Acc. als Substantiv 
allgemein üblich; nicht viel weniger der Abi. mit und ohne Präp. 
z. B. Luc. III, 513 navalibus repetunt alnos. III, 643 vacuos 
vitalibus artus leblose Glieder, VIII, 320 felicibus . actis, IX, 403 
gaudet patientia duris, X, 375 nee nos deterreat ausis fortuna; 
dagegen wird IX, 423 nostris reficit sua rura sereni^ das Adj. 
durch das Possessiv gestützt. Seltener als die vorbenannten Casus 
ist der Gen. CatuU hat keine Stelle; auch Nepos nicht, vgl. 
Lupus der Sprachgebrauch des Corn. Nepos Berlin 1876. Luc. : 
II, 346 laetorum comitem Gefährten in der Freude, VII, 19 fine 
bonorum (Glück) anxia venturis quies, VIII, 29 summa dies cum 
fine bonorum adfuit. Noch seltener erscheint der Dativ, nament- 
lich bei Cicero, CatuU hat eine Stelle, Nepos keine. Sonst gibt es 
nur zerstreute Stellen. Lucan hat I, 70 summis negatum, 200 
faVe coeptis, 281 semper nocuit difPerre paratis, III, 364 nullis 
obstantibus wenn nichts widersteht, VI, 424 aeger omnibus futuris, 
VIII, 534 adversis non deesse decet. Ausserdem sind noch Stellen 
vorhanden, in denen das Genus aus dem Nächststehenden ersicht- 
lich ist. Dass substantivierte Neutra pluralia von Adjektiven 
mit attrib. Adjektiven und Participien verbunden werden z. B. 



- 12 — 

Luc. II, 421 dexteriora declivia, III, 182 Phoebea navalia, VI, 194 
Dudis vitalibus (sämtlich Adjectiva der 3.), kommt überall vor. 
Sogar drei Adjectiva finden sich V, 652 scopulosa Ceraunia nautae 
summa timent. Der präpositionale Gebrauch bietet nichts Be- 
merkenswertes. — Das Neutrum Sing, substantivierter Adjectiva 
und Participia dient meistens zur Bildung eines Concretnms, nur 
selten zu der eines Abstractums (Dräger S. 53). Letzterer Ge- 
brauch gehört besonders Cicero an. Lucan hat die Substantivie- 
rung für beide Begriffsarten gleichmässig angewandt. Concreta 
sind im nom. u. acc. : II, 72 depositum tuum dein Unterpfand 
d. i. Marius, V, 467 minimum terrae novit, 553 quod mergus 
siccum amat, VI, 649 moestnm mundi confine (Adj. der 3. !) de la- 
tentis, IX, 47 praeceps facit omne tremendum (nach Körte. Weise 
timendum) victor. Hier steht omne für omnia — dagegen sonst 
kommt omne überhaupt nur in Verbindung mit quod vor und bei 
Oic. div. 2, 50, 103 heisst omne das All. Die nun folgenden 
Casus sind, von Cicero abgesehen, viel seltener. Im Genetiv ist 
das Neutrum in der Begel der Partitivus; bei Luc. aber ein gen. 
subj. oder obj. Concreta sind: I, 595 sacri potestas, II, 677 
(u. Öfter) ora profundi arctantur casu nemorum; vielleicht ist 
aber profundum Substantivellipse wie altum. Alle nun folgenden 
Stellen des Genetivs enthalten Abstracta: II, 233 senectus prae- 
teiiti memor, 389 servator rigidi honesti, IV, 192 discrimen venturi, 
IV, 248 dissuasor iusti, V, 130 spes veri, 199 nullum futuri diem, 
VIII, 490 respectus honesti IX, 189 a pleno venientia pectore 
veri, 563 exemplar honesti. Im Dativ Abstracta: VIII, 487 sie 
utile recto distat, IX, 569 an noceat vis nulla bono. Im Ablativ 
Concreta: III, 68 ubere vix glebae superat (Libye), IV, 377 quam 
parvo liceat producere vitam, VIII, 249 magnosque sinns compensat 
medio pelagi (nach Körte. Weise pelago). Der von einem substant. 
Neutrum abhängige Genetiv, wie hier pelagi, ist in der klassischen 
Zeit selten. Abstracta: I, 167 quo (= quibus rebus) gens quae- 
que perit. Dieser Abi. eines Pronomens ist nachklassisch und 
findet sich in der Prosa erst bei Seneca. III, 144 audaci nimium 
desistere coepto. Das Substantiv. Neutrum sing, der Adj. ab- 
hängig von Präpositionen wird erst im silbernen Zeitalter häufiger; 
die Ausdehnung dieses Gebrauches hat im Studium der griechi- 
schen Vorbilder ihren Grund. Dasselbe enthält in der Begel 
Ortsbestimmungen, selten temporale oder modale Bezeichnungen. 
Auch Lucan liebte diese Ausdrucksweise, aber sie ist bei ihm ein- 
förmig, indem sich häufig die nämlichen Ausdrücke wiederholen. 
Temporale Bestimmungen, die hie und da bei Cicero und Livius 
erscheinen, sind bei unserm Dichter nicht vorhanden. Er hat da- 
für die Freiheit des blossen Casus für alle Zeitbestimmungen. 



~ 13 — 

OrtsaDgaben sind nun : I, 528 per inane, VI, 731 per inane Erebi, 
II, 207 ab alto spectator, III, 375 surgentis in alium telluris, 
VIII, 690 effluxit ab alto (aus der Tiefe des Schädels des Pom- 
pejus) humor, IX, 45 ex alto tendentes vela carinae, IV, 156 in 
medium surgente die, 491 in medium omnis mors abit, 673 a. 
medio coofiois Syrtibus Hammon (Madvig adv. crit. Bd. II S. 129 
emendiert Eoo statt a medio), V, 46 consulite in medium, VII, 366 
bostem in medium dabimus, IX, 530 in medium radiis compellitur 
umbra, V, 301 in praeceps fata dimittere, VI, 643 depressa in 
praeceps humus, VII, 414 moenia in praeceps laturos tremores. 
Modale Ausdrücke: VII, 247 mens sitetit in dubio, IX, 304 Syrtes 
in dubio terrae pelagique (uoklass. Gen.) reliquit, VII, 337 exire 
in rectum, IX, 234 mors eat in tutum, IX, 778 in minimum omnia 
contrahit virus, X, 266 quasdam aquas cum toto coepisse reor. 
Die bei ihm vorkommenden adverbiellen termini sind gewöhnliche: 
IV, 36 ex facili (das einzige Adj. 3. Dekl. bei präpositionalen 
Ausdrücken)) V, 495 ex aequo. Der bei andern Dichtern dieser 
Zeit erscheinende abl. comparat. eines subst. Adjektivs findet sich 
bei Lucan nicht. 

Die Ellipse eines Substantivs erscheint nur an wenigen Stellen 
Lucans, weil diese dem alltäglichen Leben entnommene Form dem 
epischen StofiPe wenig entspricht. Abgesehen von dextra steht 
II, 122 laceris canis seil, capillis (Cic. u. Dichter), IV, 681 tre- 
mulum missile, VI, 209 omne repercussum squalenti missile tergo, 
VII, 485 spargitur innumerum missile seil, telum —■ bei Livius 
und Vergil steht gewöhnlich der Plur. VIII, 587 cum fugeres 
alto (nach Körte; Weise liest alio) seil, mari (Cic), ebenso IX, 41. 
Endlieh I, 58 pars aetheris illa sereno tota vacet seil, eaelo. 530 
fulgura micnerunt sereno, IV, 55 tellus hiberno dura sereno. Serenum 
wird von Dräger nicht als Ellipse angeführt. Es ist aber caelum 
ein konkreter Begrifi^, dessen Unterabteilung serenum ist; daher 
ist die Vorbedingung für die Ellipse gegeben. 

Somit ist Lucan in der Substantivierung der Adjeetiva und 
Participia dem erweiterten Gebrauche des silbernen Zeitalters ge- 
folgt. Aber nur das substant. Neutrum der Adjeetiva kehrt bei 
ihm häufig wieder. Dass er dabei im Gegensatz zu andern Dichtern 
Abstracta ebenso oft wie Concreta bildete, lässt wieder die philo- 
sophische Schulung erkennen. In den präpositionalen Wendungen 
tritt die gräcisierende Richtung, zugleich aber infolge der ge- 
ringen Abwechslung im Ausdruck die Thatsache hervor, dass 
weitaus der grösste Teil der Pharsalia keine nachbessernde Hand 
erfuhr. 



- 14 — 



Pronomina. 



Das Personalpronomen der ersten und zweiten Person wird 
noch nicht bei Cicero, wohl aber bei Livius durch ein Substantiv 
ersetzt. Die Nachahmung dieses Gebrauches ersieht man bei Lucan 
jedoch nur in der ersten Person: VI, 614 Thessala turba fatemur, 
VII, 71 proceresque regesque rogamus, VIl, 379 Magnus, exsul, 
ludibrium soceri, vester pudor, ultima fata deprecor, VIII, 804 
erremns populi, X, 86 Pharii proles clarissima Lagi, complector 
regina pedes. 

Ohne den Modus der oratio obliqua steht oft das Reflexiv 
in einem Nebensatz. So führt Dräger S. 75 zahlreiche Beispiele 
aus Oiceros Erstlingsschriften und Briefen, aus Horaz und Ovid 
an. Es ist dies ein Vulgarismus. Auch bei Lucan ist diese Un- 
regelmässigkeit an einigen Stellen bemerkbar: V, 805 quae nox 
sibi proxima venit, insomois, IX, 638 quem, qui recto se lumine 
vidit, passa Medusa mori est. Selbst im unabhängigen Satze 
findet sich so das Reflexiv IX, 757 aequoreusque placet, sed non 
sibi sufficit humor; poetisch könnte aber auch humor Subjekt 
sein: das genossene Nass genügt sich nicht, sondern der Durst 
wächst, je mehr man trinkt. Freilich ist die Lesart nicht ganz 
sicher. Weber hat nämlich statt sed non sibi geschrieben sed 
non et; doch ist sed non sibi ziemlich gesichert. Nach dem Bei- 
spiele anderer Dichter setzt Lucan häufig suus in überflüssiger 
Weise, sogar bei innerlichen Affekten. Ohne Zweifel hat dies 
seinen Grund im Versbedürfois z. B. II, 20 tunc questus tenuere 
suos, 104 nulli sua profuit aetas, IV, 768 pulvis aera nube sua 
texit, V, 260 quippe ipsa metus exsolverat audax | turba suos — 
zur Bildung der Cäsur ein bequemes Mittel! Die Form suus sibi, 
die öfter bei Dichtern wiederkehrt, hat Lucan nicht angewendet. 
In Verbindung mit quisque hat suus bei Lucan die regelmässige 
Stellung; öfter aber ist es quisque nachgestellt. Von allen Fällen, 
in denen Kühner (Ausführliche Grammatik der lat. Sprache Bd. II 
S. 474) für die Prosa diese Stellung gestattet, kommt nur der 
zur Anwendung, dass suus nachgesetzt werden darf, wenn auf 
quisque der Nachdruck liegt nämlich II, 251 quemque suae ra- 
piunt causae; es ist quemque betont, weil ihm hos-hos folgt. 
In den übrigen Stellen aber ist nur das Versmass entscheidend 
gewesen: III, 525 movit ab omni | quisque suam {{ statione ratem, 
570 stat quisque suae | de robore puppis | pronus, VII, 3^0 quem- 
que suum II munus trahit — überall bildet suus die Cäsur. Diese 
Freiheit haben sich auch andere Dichter gestattet ; z. B. Ti- 
bull I, 4, 77. 

Das Reciprocum wird im silbernen Zeitalter durch in vicem 



— 15 — 

• 
ausgedrückt; so hat Lucan 1, 61 tuDC genns hominum positis 
sibi consnlat armis inque vicem gens omnis amet. Die Aus- 
drucks weise inter se kommt bei Lucan nicht vor. 

Bei ipse in Verbindung mit einem Reflexiv befolgt er die 
dem Cicero eigentümliche Wendung, auch da. den Nom. von ipse 
zu setzen, wo Objekte ein^der entgegenstehen z. B. VI, 173 
roboraque et moles hosti seque ipse minatur. 

Is kommt bei Lucan nur vor: I, 171 is, IV, 546 eum, III, 
611 eam. Schon bei den augusteischen Dichtern war dieses Pro- 
nomen selten ; der Dativ wird fast nie (Catull hatte 82, 3 ei ein- 
silbig gebraucht), eius bei Vergil gar nicht, bei Ovid nur met. 
VIII, 16, in den Oden des Horaz zweimal gelesen, auch eum, eam, 
id, eos u. s. w. ist bei den Epikern und Elegikern sehr selten. 
(Stern, Grundriss einer Grammatik römischer Dichter Arnsberg 
1851 8. 61). Die demonstrative Bezeichnung wird entweder ganz 
unterlassen oder durch ein Substantiv ersetzt ; insbesondere bedient 
sich Lucan in allen Casus des Substantivs vir; z. B. III, 304 viri 
deflectere mentem, IV, 121 parvo Fortuna viri contenta pavore, 
VI, 172 totaeque viro dant tela ruinae, VI, 167 mirantesque vi- 
rum u. 8. w. Ohne Zweifel war dieses Pronomen den Dichtern 
nicht nur zu tonlos, sondern auch zu unbequem, da sich seine 
obliquen Casus nur schlecht in den Hexameter fügten. Bisweilen 
ersetzt Lucan is durch ille z. B. I, 203 ille erit, ille nocens, qui 
me tibi fecerit hostem, III, 714 stat lumine rapto attonitus mortis- 
que illas putat esse tenebras. Von hie ist nur zu erwähnen, dass 
* es Lucan ähnlich dem griechischen ode statt meus setzt (schon 
Plaut. Terenz. Verg. Hör.): VII, 305 spectate caput hoc positum 
rostris sagt Cäsar von sich. 

Iste hat bei Lucan die übrigen Demonstrativa geradezu ver- 
drängt. Denn es steht sogar regelmässig statt hie bei Verhält- 
nissen, welche die redende Person betreffen; z. B. III, 126 certe 
violata potestas invenit ista deos — mit ista potestas bezeichnet 
der Volkstribun Metellus die eigene Würde, V, 287 si nondum 
comperit, istas omnia posse manus — die Aufrührer meinen die 
eigenen Hände, V, 588 proderit undis ista ratis — der Kahn, auf 
dem sich der also sprechende Cäsar befindet, VI, 242 pacem gladio 
si quaerit ab isto Magnus, adorato submittat Caesare signa — der 
Cäsarianer weist auf sein eigenes Schwert. VIII, 122 accipe si 
terris, si puppibus ista iuventus aptior est sagt das Volk von 
Mitylene von sich selbst, indem es dem Pompejus seine Dienste 
anbietet, VI, 158 non parvo sanguine Magni ista dies ierit d. i. 
der heutige Tag, VI, 328 hello ne quid patiaris in isto d. i. in 
dem gegenwärtigen Kriege. Und so findet sich eine Menge Bei- 
spiele. Da noch Vergil iste nur in Beziehung auf die 2. Person 



— 16 — 

gebraucht (Reisigs Vorlesangen S. 361), in der Prosa aber dieser 
Gebrauch von iste statt hie nicht vor dem Philosophen Seneca 
erscheint, so muss Lucan einer der Ersten gewesen sein, welche 
iste statt hie anwendeten. Dass iste von Lucan auch für is ge- 
setzt wird, kommt zwar auch bei andern vor, ist aber für die 
Verdrängung von is ein weiterer Beleg ; z. B. V, 697 sufficit ad 
belli summam favor iste laborque fortunae, quod te nostris im- 
pegit arenis, femer VII, 540 und an vielen weiteren Stellen. In 
der Correlation ist bei -Lucan wichtig: hie — hie wie III, 687 
Vn, 375. Es findet sich aber auch die Gegenüberstellung von 
iste und ille: IX, 417 nam cum communiter istae effundant (al. 
dififundant) Zephyrum, Boreae latus illa sinistrum contingens dex- 
trumque Noti descendit in ortus; istae meint Europa und Africa, 
illa bezeichnet Asia. Diese Correlation von iste — ille führt Dräger 
S. 87 und nach ihm Kühner II S. 454 erst von Augustinus an. 
Soweit ist in dieser Freiheit der Dichter dem Prosaisten voran- 
geeilt. Ich habe auch bei den Dichtern vor Lucan diese Wendung 
nicht gefunden. 

Uterque im Plur. zur Bezeichnung von zwei Individuen er- 
scheint bei Terenz, zweimal bei Catull, sehr selten bei Cicero und 
späteren Prosaisten. Von Horaz fand ich serm. I, 8, 25 II, 3, 284, 
von Vergil Aen. V, 855 VI, 685. Es ist dieser Plur. ein Vulgaris- 
mus, dessen sich auch Lucan bedient III, 590 utrasque simul 
largus cruor expulit hastas, X, 301 solique (Nilo) vagari concessum 
per utrosque polos. Aliquis hat Lucan in einem negativen Satze 
nicht gebraucht; denn V, 768 credisne aliquid mihi tutius esse^ 
quam tibi? ist nur scheinbar negativ. Quisquam hat die vorklass. 
u. klass. Sprachperiode nicht selten mit der Bedeutung „wenn 
überhaupt einer ^ in einem Conditionalsatz angewendet, später 
wird es weniger gebraucht und auch Lucan hat nur eine Stelle : 

VI, 613 si quidquam mutare velis. Nur ganz vereinzelt kommt 
es bei den Autoren auch in einem Finalsatze vor; auch Lucan 
hat nur IV, 579: ignoratque datos, ne quisquam serviat, enses, 

VII, 318 vos tarnen hoc oro, iuvenes, ne caedere quisquapi hostis 
terga velit. VIII, 764 ne ponti belua quidquam audeat, accipe 
flammam. Quisquam adjektivisch kommt zwar selten, aber in 
jeder Zeitperiode vor. Lucan: VII, 861 nee terram quisquam 
movisset arator — wegen des damit verbundenen Personalnamens 
weniger auffallend, üllus hat Lucan wie Livius im Dat. fast 
immer substantivisch, nur IV, 670 adj., den nom. sing. IV, 484 
Substantiv., den abl. sing, immer adjekt. gebraucht. Die obliquen 
Casus von nemo stehen bei Lucan gar nicht; denn nemini passte 
nicht in den Hexameter und neminem nur mittelst der Elision, 
die man überhaupt zu vermeiden suchte. Er hat in allen Casus 



f 



— 17 — 

die Formen von nuUus. Schon Livius, Vergil u. Horaz sind ihm 
hierin mit ihrem Beispiele vorangegangen. Um den Ausdruck zu 
stärken, liebt er es auch da nullus zu setzen, wo die einfache 
Negation gentigt hätte. (Dies führt auch Hoppe, Ueber die Sprache 
des Philosophen Seneca, Lauban 1873 u. 1877 8. 10 von dem 
Philosophen Seneca an) z. B. IX, 434 et nuUa putris radice tene- 
tur, 446 nuUasque timens tellure procellas. Das interrogative 
quis steht bei Lucan weit öfter adjektiv. als subst. ; auch wird 
es statt uter gesetzt: VII, 259 haee, fato quae teste probet, quis 
iustius arma sumserit; dies ist aber seit Cicero ziemlich häufig. 
An zerstreuten Stellen bei Prosaisten und Dichtern (z. B. Terenz, 
Ov.), erseheint quantus für quantulus. So bei Lucan IV, 378 
discite quam parvo liceat producere vitam et quantum natura 
petat. Quisquis im Masc. steht manchmal adj. So bei Vergil, 
Horaz etc. Auch bei Lucan: IV, 643 quisquis inest terris Spiritus, 
VI, 371 et quisquis amnis Peneo donavit aquas, IX, 1055 quisquis 
te flere coegit impetus. Pleonastisch steht VIII, 363 omnis po- 
pulus quicunque, III, 624 toto, quicunque manebat sanguine, IX, 
779 omue, quidquid homo est, aperit pestis. Quicunque = boTia- 
ovv ist nur X, 375 cum quocunque viro, kommt aber überall vor. 
Quisquis und quicunque stehen bei Lucan gleichmässig im Ge- 
brauch. Nun sagt Ziugerle, Kleine philol. Abhandlungen, Inns- 
bruck Heft 2 S. 60, dass bei Tibull, Ovid und Properz quicun- 
que entschieden vorherrsche gegenüber quisquis. Daher dürfte 
jener gleichmässige Gebrauch beider Pronomina ein Zeichen der 
Selbständigkeit Lucans in bezug auf die genannten Dichter sein. 
Endlich ist noch über tantus zu sprechen. Dräger S. 104 sagt: 
Die Kirchenväter setzen tanti für tot (TertuUian, Lactantius, 
Augustinus und Ambrosius. Siehe Bünemann zu Lact. 1, 3, 21). 
Auch in den Nachträgen zu s. Syntax 1879 macht er keinen 
weiteren Beisatz. Müller S. 380 führt bereits von Properz 5, 11, 
12 quid currus avorum profuit aut famae pignora tanta meae an, 
spricht aber von keinem andern Autor mehr. Nun kommt es 
aber auch bei Manilius III, 415 so vor: quantis modis toUentur 
— tantis mergeutur ad undas. Bei Lucan zeigen sich noch weit mehr 
Fälle. Abgesehen von I, 30 non tu, Pyrrhe ferox, nee tantis 
cladibus auctor Poenus erit, wo der Sinn nicht vollständig klar 
für tot spricht, steht tanti für tot ganz deutlich: IV, 554 Terri- 
genae cognato tantos complerunt sanguine sulcos — tantos sulcos 
muss die Anzahl der Furchen bezeichnen, nicht die Grösse ist ge- 
meint (Vergleiche meine Bemerkung zu dieser Stelle im Anhang!); 
IX, 34 quis ratibus tantis fugientia crederet ire agmina? es heisst 
voraus ausdrücklich : mille carinis abstulit Emathiae secum fragmenta 
ruinae — also steht tantis zweifellos für tot; IX, 619 cur Libycus 



— 18 — 

tantis exundet pestibus aer fertilis in mortes? voraus war von 
den vielen Schlangen Libyens die Rede (vgl. v. 608 ff. qnem [seil, 
fontem] serpentum turba tenebat, vix capiente loco. Stabant in 
margine siccae Aspides, in mediis sitiebant Dipsades nndis) und 
das Adjektiv fertilis .deutet ebenfalls auf die Zahl; X, 190 sed 
cum meo vivat sub pectore tantus amor veri, nihil est, quod nos- 
cere malim quam fluvii (d. i. des Niles) causas per saecula tanta 
latentes ignotumque caput — saecula tanta steht offenbar für 
tot saecula. (Die Stelle VII, 834 nunquam tanto se vulture coe- 
lum induit „mit so vielen Geiern^ ziehe ich nicht hieher, weil 
vultur kollektiv gebraucht ist.) Daraus geht deutlich hervor, dass 
obige Angaben Drägers nnd Müllers bezüglich des tanti im Sinne 
von tot der Berichtigung bedürfen.*) 

Aus dem Bisherigen ergibt sich für die Pronomina: Da die 
gebundene Form den Dichtern Beschränkungen auferlegt, denen 
die Prosaisten nicht unterworfen sind, so führten auch die augustei- 
schen Dichter manche Neuerung ein , wie die Vernachlässigung 
von is und nemo. Lucan schloss sich diesen Eigentümlichkeiten 
nicht bloss an, sondern er ging noch etwas weiter, indem er von 
den genannten Pronominibus noch weniger Formen beibehielt als 
jene. Geradezu Selbständigkeit jenen Dichtern gegenüber zeigt 
er in dem gleichmässigen Gebrauche von quisquis und quicunque 
und besonders in der Anwendung von iste; in letzterem Punkte 
weicht er namentlich von Vergil ab. Mit iste-ille bedient er sich 
des Ausdruckes einer viel späteren Zeit. In der Anwendung von 
in vicem ahmt er eine Form des silbernen Zeitalters nach. End- 
lich sind als Vulgarismen zu verzeichnen : uterque im Plur. bei 
zwei Individuen und der mit Vorliebe angewandte Plur. von tanti in 



*) Wölfflin hat im rhein. Museum f. Phil. 1882 S. 121 ausgeführt; 
dass die Vertauschung von tot (entstanden aus toti) mit tanti durch 
den Kampf gegen die Homonyma entstanden sei. Zuerst nämlich sei 
quot (im Vulgärlatein, in der Itala und auf afrikanischen Inschriften 
auch quod geschrieben) durch das vieldeutige quod bedroht gewesen 
und die Verdrängung von quot habe analog den Fall von tot nach sich 
gezogen. Wie hat sich aber die Verdrängung von quot durch quanti 
vollzogen? Sittl (Die lokalen Verschiedenheiten der lat. Sprache mit 
besonderer Berücksichtigung des afrikanischen Lateins, Erlangen 1882 
S. 119) fuhrt sie auf öaoi und xoaomoi zurück, wie es schon Jan, ars poet. 
S. 295 gethan. Man darf aber gewiss nicht an das Griechische denken, 
wenn die lat. Sprache selbst noch eine Erklärung ermögKcht. Gerade 
die Stellen Plaut. Bacch. 1034 u. Trin. 530 haben das Neutr. Plur. tänta ; 
daher glaube ich, dass das Neutrum Plur. zuerst für tot gebraucht wor- 
den sei und dass dann erst auch das Masc. u. Fem. darnach gebildet 
wurde. Nun konnte aber im Volksraund leicht aus dem Singular tantum 
„so viel** ein tanta „so viel** entstehen. Nach Plaut, hat noch Lucrez 
5, 46 und Properz 1, 5, 10; 1, 12, 4 (vgl. Jan. a. a. 0.) quanti für quot. 



- 19 — 

der Bedeutung „so viele". Es liegt darin ein Haschen nach Abson- 
derlichkeiten. 

Von den Zahlwörtern ist nur bemerkenswert: Mille hat öfter 
die Bedeutung „unzählige" z. B. I, 299, III, 689 u. s. w. So 
kommt es bei Livius, Vergil, Hör., Ov. und selbst bei Cic. vor. Die 
Distributivzahl ist, wie es auch bei andern Dichtern vorkommt 
(Dräger S. 107), einmal für die Kardinalzahl, noch dazu im Singular 
gebraucht: VIII, 445 gurgite septeno rapidus mare submovet amnis. 

Adverbia. 

In der Prosa werden nur Adjectiva, die eine Quantität und 
zwar eine Steigerung bezeichnen, als Adverbia zu andern Adjec- 
tivis gesetzt. Adjectiva, die eine Qualität bedeuten, sind poetisch 
und erscheinen bei Verg., Hör. u. Ov. nicht selten. Male meint 
eine Verminderung und kommt sogar einmal bei Cic. ad Att. 9, 
15, 5 male sanus vor. So hat auch Luc. I, 87 o male con- 
cordes uneinig (dagegen I, 248 o male condita moenia zum Un- 
glück erbaut). Weitere derartige Adverbia fehlen bei Luc. 

Das attributive Adjectiv wird seit frühester Zeit für das 
Adverb gebraucht, indem man die abstracte Bezeichnung durch 
das Adverb dadurch zu ersetzen sucht, dass man dem Subjekt 
die Eigenschaft beimisst. So wird der Ausdruck konkret und an- 
schaulich. In der archaist. u. klass. Zeit war dieser Gebrauch 
meist auf die Adjectiva des Affekts beschränkt ; seltener als diese 
waren es solche, welche lokale, modale oder numerische Verhält- 
nisse bezeichneten. Erst in der nachklassischen Zeit haben die 
Dichter und nach ihnen die Prosaisten auch Zeitbestimmungen 
eingeführt. Schäfler (die sogn. syntaktischen Gräcismen^ bei den 
augusteischen Dichtern, Amberg 1884 S. 58) weist nach, dass die 
ursprüngliche Anwendung dieser Konstruktion im sermo cotidianus 
vorhanden war. Nur die Zeitbestimmungen sind den griechischen 
Vorbildern entnommen. Dass die epischen Dichter des Versmasses 
halber das Adjectiv vorzogen , indem besonders die Adj. der 
2. Deklin. wegen der kurzen Endsilbe die Bildung des Hexa- 
meters begünstigten, liegt auf der Hand. Lucan hat diese Form 
in ausgedehntem Masse benützt und zwar gerade am meisten bei 
Adj. der 2. Deklin. Adjectiva des Affekts wie dubius, minax, in- 
trepidus, temerarius, securus etc. bieten nichts Besonderes ; nur sei 
bemerkt, dass VII, 813 nee (ferae) totas avidae sorbere medullas 
das Adj. avidus steht wie bei Ennius, während in der Prosa 
immer nur avide vorkommt (Kühner II, S. 178). Auffallend 
häufig finden sich bei Lucan die modalen Bestimmungen so; 

2* 



-^ 20 - 

2. B. t, 674 qualis Edonis decurrit ple&a Lyaeo, talis rapitnr 
matrona, 574 Thebanam qualis Agaven impalit Eumenis autqualem 
horruit Aleides, Megaeram, II, 486 ut spumens alnos feras, 718 
vanaque percnssit pontum Symplegas, III, 1 1 funalis stare s^olcro, 
VI, 264 piger quievit, IX, 288 nee iam degustat desidiosa thj- 
mum 473 galeas et scnta virorum intentns tulit ete. Aach lokale 
Bestimmungen z. B. I, 32 alta sedent vulnera, 683 quo diversa 
feror (Liv.), II, 310 zwei Adj. : eanetis ego peryins hasüs excipiam 
medius, besonders aueb arduus, das Vergil und Ovid oft ge- 
braueben, immer am 5. Versfuss z. B. V, 649 omni surgit ratis 
ardua vento. Auch Massbestimmungen ausser dem häufigen rarus^ 
multus: I, 620 plurimus variabat livor, II, 717 minor, V, 166 
plenior. Die wichtigsten sind aber die Zeitbestimmungen: I, 46 
astra petes serus (Verg. Hör. Ov. Liv.), 230 rapit agmina ductor 
ocior (Verg.), IV, 732 Curio nocturnum castris erumpere cogit 
equitem, dsgl. X, 373 irrue nocturnus (Verg. Hör. Liv. wie Homer 
eviov 7ravvvxi0i)t V, 193 extremaeque sonant voees, VI, 128 subi- 
tusque ad moenia venit (Sen.), 598 ne subiti caeeique ruant, IX, 
826 funda quam lenta volarent (Liv. Sen.) 829 velox currit 
venenum (neu), X, 229 nee tumet hibernus (neu), IX, 922 si 
quis peste diurna | fata trahit (neu), wenn einer bei Tag durch 
Schlangengift sich den Tod zuzog. Der Absehluss des Verses 
weist darauf hin, dass diurna zu pestis gehört. — Für ein dem 
Particip beigefügtes Adjektiv, wie es bei Vergil und Livius häufig 
vorkommt, fand ich bei Lucan kein Beispiel. 

In der Dichtersprache wird das Adj. zuweilen proleptisch ge- 
braucht. Im Griechischen ist dies bei den Dichtem gewöhnlich 
und sogar in der Prosa nicht selten. Man muss daher diesen 
Gebrauch auf die griechischen Vorbilder zurückführen. Beispiele 
finden wir vor Lucan bei Vergil, Ov., Livius. Lucan hat nur 
folgende Stellen: III, 483 grandine tecta innocua percussa sonant 
=: ut innocua sint, V, 724 seponere tutum coniugii deerevit onus, 
VI, 345 nee pervia Tempe dant aditus pelagi, 829 dum ferrent 
tutos intra tentoria gressus. 

Endlich wird auch das Adverb für das Adjektiv gesetzt -— 
von den alten Grammatikern figura ig)^ ev genannt. Diese Er- 
scheinung tritt in der vorklass. Zeit noch äusserst selten auf, be- 
ginnt aber mit Livius durch die Einwirkung des Griechischen 
überhand zu nehmen. Die Ausdrücke erstrecken sich auf lokale 
oder temporale oder modale Bestimmungen. Aber nur die ersteren 
beiden sehen wir bei Lucan und zwar in wenigen Beispielen : VIII, 
330 dignas tulit modo consule voees (Liv.), 382 nee Martem eom- 
minus unquam ausa pati virtus (Liv.) 



- 21 — 

Die eigentlichen Adverbia haben in den einzelnen Sprach- 
perioden in ihrer Bedeutung sich mehrfach geändert. Manche 
haben die in der klass. Periode übliche Bedeutung eingebüsst, 
manche haben sie weiter fortgebildet, einige sind geradezu ver- 
loren gegangen und durch andere Bedensarten ersetzt worden. 
Bei Lucan habe ich im einzelnen Folgendes wahrgenommen: 
Adhuc von der relativen Zeitdauer in der Vergangenheit. Hand 
(Tursellinus Lipsiae 1829) führt nur zwei Stellen von Cic. an, 
dagegen kommt es bei Liv. Gurt. Vellei. öfter vor. So hat 
auch Luc. V, 80 adhuc rudibus Paean Pythona sagittis explicuit, 
VII, 19 sedit adhuc Bomanus eques. Ante == potius von Cic. 
nicht gebraucht (Turs. s. ante S. 386), dagegen von Sali., Liv., 
Gurt. Lucan hat VIII, 134 non uUa in litora puppim ante dedi 
fugiens. Wie er iste für hie gebrauchte, so auch istinc für hinc 
IX, 868. Auch steht IX, 861, X, 367, 537 hinc — hinc das erst 
bei Livius auftritt und bei Vergil u. Hör. je einmal vorkommt. 
(Jan S. 278). Hinc illinc zusammengestellt (wie bei Terenz) II, 
619. lamdudum „sogleich" haben Verg. Ov., sogar schon Plaut, 
u. Terenz. Und so Luc. IV, 545 nee plura locuto viscera non 
unus iamdudum transigit ensis. Olim für iamdudum (Plaut. Terenz. 
Verg. Gurt.) Lucan: 11,230 olimque potentes concurrunt, V, 769 
non olim casu pendemus ab uno? Parum hat Luc, wie ich glaube, 
im Sinne von aliquantum (Turs. ftllschlich V, 742) : IV, 742 hostes 
fraude sua cessere parum. (Siehe meine Bemerkung zu dieser 
Stelle!) Qua für quatenus hat Ovid und Lucan: VIII, 212 quando 
amissus orbis, qua Bomanus erat, X, 84 simulatum compta dolorem, 
qua decuit, 286 tua flumina prodam, qua deus te mihi nosse de- 
dit. Ueberhaupt ist qua ein Lieblingswort unsers Dichters. Er 
gebraucht es an unzähligen Stellen für ubi wie Ovid. übicunque 
als Indefinitum = ubique findet sich nur Hör. serm. I, 2, 62 u. 
Ov. am. 3, 10, 5, sonst nirgends vor Lucan. Während nun bei 
ihm das allgemeine Belativpronomen noch nicht zum Indefinitum 
geworden ist, hat das Adverb diese Umwandlung erlitten: VII, 
675 socero spectare volenti praestandum est übicunque caput. 
Ultra „ferner, fortan" ist zwar nichts Ungewöhnliches, aber bei 
Luc. herrschend geworden. Er bildet nach dem Muster des Vergil 
u. Ovid auch den Gomparativ: X, 516 nee poenas inde Pothini 
distulit ulterius. Velut zum Vergleiche „wie** kommt bei Gicero 
noch nicht vor, doch bei Nepos, Verg. u. Ov. Lue. hat es öfter: 
VII, 212 velut venientia fata, non transmissa legent, IX, 494 
aetheriäe medio velut aequore flammae, X, 84 veluti laoeros di- 
spersa capillos. 

Daran reiht sich der Gebrauch der Negationen. Haud ver- 
binden Gic. Gurt. Sali, mit Adj. u. Adv., Livius auch mit Verbis, 



— 22 — 

der ältere Seneca (Sander, der Sprachgebrauch des Bhetors Seneca. 
Waren 1877) und jüngere Plinius haben es gar nicht. Ennius 
setzt es bei allen Wortklassen. Von Horaz erwähnt Müller S. 384, 
dass haud nur in den Satiren vorkomme. Es steht aber auch 
epod. 1, 32. epist. I, 7, 40. 8, 4. 11. 2, 128. Vergil hat es vor 
Adj., Adv. und einige Male vor affirmativen Verben. Lucan, der 
es zweimal nachsetzt: III, 219 certior haud, VI, 286 segnius haud, 
bewahrt den klass. Gebrauch insofeme, als er vor Adverbien fast 
immer haud setzt, nur ganz selten non, z. B. V, 29 non umquam, 
VII, 216 non temere, IX, 1040 non aliter; bei Adjektiven ge- 
braucht er beliebig beide Negationen z. B. IV, 663 non fausta, 
V, 411 non felicibus, VI, 371 non cognitus, dagegen VII, 423 
haud multum, VIII, 647 haud libera, X, 399 haud clara etc. In 
der vorklass. u. klass. Periode ist die Negation vor quisquam, 
uUus und usquam niemals non, sondern haud. Die augusteischen 
Dichter aber (vgl. Turs. s. v. non S. 260) haben einige wenige 
Stellen für non quisquam etc. Lucan hat vor quisquam nur 
zweimal III, 108, IV, 108 non ; haud quisquam gar nicht. Da- 
gegen steht non uUus an wenigstens zwanzig Stellen wie III, 728, 
IV, 484, 670, V, 111 u. s. w.; nur einmal V, 249 haud in ullo. 

Hierin also unterscheidet er sich von seinen Vorgängern. 
Haud setzt Lucan endlich vor den negativen Verbis: V, 558 haud 
dubitem, VIII, 551 haud metuis, sonst nur vor affirmativen: I, 
460 h. urget, V, 104 h. vota concipiunt, 259 h. retinet, VII, 
810 h. refert, VIII, 378 h. valent. Man sieht, dass haud in der 
Prosa nach Livius bei den Schriftstellern eine Zeit lang sehr 
zurücktritt und die verhältnismässig wenigen Beispiele bei den 
Dichtern lassen die gleiche Wahrnehmung auch in der Poesie 
machen. Nur der Gebrauch von haud vor Verbis, namentlich 
affirmativen, ist als charakteristisch für das silberne Zeitalter an- 
zusehen. Bemerkenswert ist von Lucan, dass er, abgesehen von der 
Litotes, so häufig non zu einem Adj. setzt, um durch die Negie- 
rung seiner Bedeutung eine Steigerung des entgegengesetzten Be- 
griffes zu erzeugen; z. B. III, 442 non plebeios luctus, IV, 663 
non fausta,* X, 60 non casta etc. — Bei Lucan findet sich non 
ohne ausdrückliche Correlation für non tam — quam. Tursell. 
S. 298 s. V. non erwähnt, dass bisweilen non — sed für non 
tam — quam stehe. Aber ohne sed, wie hier, fand ich kein Bei- 
spiel. Die Stellen sind: VIII, 396 at non Cornelia letum infando 
sub rege timet. Non barbara nobis est ignota Venus — aber 
Cornelia muss nicht so sehr den Tod fürchten — wohl bekannt 
ist uns ja der barb. Liebesgenuss ; IX, 153 non ego Pellaeas 
arces adytisque retectum corpus Alexandri pigra Mareotide mer- 



- 28 — 

gam: non mihi Pjramidum tumnlis evulsus Amasis atque alii 
reges Nilo torrente natabunt; omnia dent poenas; IX, 455 et 
non imbriferam contorto pulvere nubena in flexum violentus agit 
— pars plurima terrae tollitur möchte ich ebenso fassen; siehe 
meine Bemerkungen! — Nihil „durchaus nicht '^ ist bei einem 
Adjektiv selten wie VIII, 1089 sciat tyrannus nil venia plus posse 
dari. — Ueber nee für ne — quidem sagt Tursell. IV 8. 105 : 
Cicero et Caesar num ita locuti sint, dubitari licebit, non negari. 
Neque ego in iis ullum exemplum inveni praeter locum Catili- 
nariae secundae, de qua ipsa multum ambigitur, admodum in- 
certum. Etiam apud comicos antiquiores frustra quaeres exempla. 
Livius in uno tantum loco, sed non testato ita dixisse videtur, 
neque apud poetas obvia sunt ante Martialem, quae usum plane 
comprobent. Nun steht aber Luc. VITE, 497 offenbar nee für 
ne — quidem: non impune tuos Magnus contempserit annos, qui 
te n e c victos arcere a litore nostro posse putat. Daher ist obige 
Bemerkung bezüglich Martials zu berichtigen. 

So hat Lucan im allgemeinen bei den adverbialen Bestim- 
mungen nicht viel Eigentümliches und Selbständiges. Dem Muster 
seiner Vorgänger entsprechend wendet er manche dem Griechischen 
nachgebildete, aber in der Volkssprache vorhandene Strukturen 
an und kultiviert den Graecismus bei zeitbestimmenden Adjektiven, 
die statt der Adv. stehen. Bei den Negationen folgt er der 
herrschenden Strömung seiner Zeit, doch weicht er in bezug auf 
non ullus am meisten von den augusteischen Dichtern ab und 
geht selbständig vor. Auch bei diesem Abschnitte zeigt sich seine 
Vorliebe für höchst seltene Redensarten. 



Praepositionen. 

Mit Accus.: Ad bei einem Verbum der Ruhe ist ein Vul- 
garismus, der in den Briefen und Erstlingsreden Ciceros, dann 
bei Liv., Verg., Hör., Ov. vorkommt. Lucan hat hur: II, 214 ad 
molem stetit unda sequens. Die Gelegenheit oder Veranlassung 
wird durch ad bei Cicero noch sehr selten, bei Liv, häufiger, bei 
Vergil ziemlich oft ausgedrückt. So hat auch Luc. V, 561 ad 
quorum (ventorum) motns disperses traxere sulcos sidera, 766 
hostis ad adventum rumpamus foedera, VI, 11 ad nuUos tumultus 
exciri posse, 137 vomit agger ad ictus — geht in den Sachgrund 
über wie III, 655 discessit medium tam vastos pectus ad ictus — 
ein durchaus nachklassischer Gebrauch. IX, 114 exsurgens ad 
pericula clamor. Die Richtung, in welcher ein Prädikat gilt, 
ist archaist. noch selten, bei Cicero und Livius häufig, nur ver- 



- 24 — 

einzelt aber bei den Dichtern durch ad bezeichnet. Lucan hat verhält- 
nismässig viele Fälle, IV, 798 impiger ad letum, V, 320 habes nudum 
promptumque ad vulnera pectus, 728 dubium trepidumque ad 
proelia, VI, 81 exhaustae ad gramina praebenda terrae, VI, 244 
segnis ad fata, VIII, 593 anxia ad ducis eventum; objektiv: IV, 
58 aequatis ad iustae pondera Librae temporibus. Ad hat Lucan 
überhaupt wenig angewendet und weitaus in den meisten Fällen 
durch in ersetzt. — Ante in örtlicher Bedeutung bei der Bewegung 
ist selten. Es kommt bei Plaut., einmal bei Caes. u. Nepos u. 
bei Livius vor. Auch Luc. hat nur : VII, 379 volverer ante 
pedes. Ausserdem gebraucht er es nur zeitlich. Eigentümlich 
ist VI, 116 humanis ante hoc incognita mensis wie es sich nur 
noch einmal (bei Tacitus) findet. Archaist., einige Male in Oiceros 
Briefen (aber nicht in dessen Reden), bei Liv., Ov. u. Verg. steht 
ante zur Kürzung statt eines Temporalsatzes. So hat auch Lucan : 

VI, 145 merebat ante feras Bhodani gentes (= antequam g. Rh. 
bellum illatum esset), 551 ante feras volucresque sedet (= ante- 
quam ferae insideant cadaveri, IX, 725 ante venena nocens Ba- 
siliscus, X, 226 ante Oanis radios und ante parem nocti Phoebum. — 
Citra steht in der lokalen Bedeutung „ein Ziel nicht erreichend.^ 
Es ist dies nachklass. und findet sich bei Ovid. und Sen. trag. 
Lucan hat: IV, 728 citra letiferam saniem, wohin das Gift nicht 
gelangen kann, VI, 211 citra cruorum confixae stant tela ferae, 
sie dringen nicht bis zum Blut. — Contra fügt sich sich zwar 
schwer in das daktylische Versmass, indem die Endsilbe lang und 
noch dazu vokalisch ist, steht aber bei Vergil ziemlich häufig, 
bei Hör. sogar öfter in den Satiren und Episteln als in den Oden. 
Das Versmass wird also kaum den Grund gegeben haben, warum 
diese Präposition als solche bei Luc. nur fünfmal vorkommt, z. B. 

VII, 2 aethera contra (nachgestellt!) egit equos, VIII, 562 quem con- 
tra appulerat scelerata manus, IX, 910 contraque nocentia monstra 
Psyllus adest. Als Adv. erscheint es öfter, z. B. VI,, 605 contra in- 
quit. Klassisch ist nur contra dicere. — Desuper steht I, 688. Nunc 
desuper Alpis Nubiferae coUes atque aeriam Pyrenen abripimur 
wird als einzig dastehend im Turs. s. v. ausführlich behandelt. 
(Siehe dazu meine Bemerkung!) — Inter statt des gen. part. sieh 
später ! Von inter manus statt des Instrumentalis erwähnt Turs. s. v. 
inter aus Oic. nur zwei Beispiele, aus Cäsar eines. Auch später 
kommt es nur vereinzelt vor, wie bei Verg. u. Sen. So hat Luc: 
II, 120 te inter manus coronae discessisse. — Per setzen Manilius 
u. Val. Flaccus für in mit abl. (Tursell. s. v. per S. 434); so 
auch Luc. : IX, 522 silva per omnem sola virens Libyen. Der in- 
strumentale Gebrauch bei konkreten Einzeldingen wie II, 58 per 
fulmina, V, 385 voces per quas kommt klass. selten vor. In der 



— 25 — 

Bedeutung ^entlang** wird es von Turs. für die Zeit vor Lucan 
nur aus Plaut, u. Livius citiert. Auch Lucan hat: VIII, 257 
Cilicum per litora tutus parva puppe fugit. — Post bei Bestim- 
mungen, die nur anzeigen, dass die Sache in jener Zeit vorhanden 
war, kommt zwar schon bei Cicero und Sallust vor, aber nicht in 
so harten Wendungen wie bei Luc. : I, 336 p. Oilicas vagos et 
Pontica proelia, II 498 p. Bubiconis aquas, III, 238 ubi Pellaeus 
post Tethyos aequora ductor, V, 473 post pignora tanta. — Propter 
wie Luc. I, 584 haec propter ohne Beziehung auf ein nach- 
folgendes Relativ fand ich nirgends vor Lucan ausser an einer 
Stelle bei Varro de re r. 3, 16, 14 propter hoc (Turs. s. v. 
propter 8. 613.) — Secundum bei litem dare in Jurist. Sprache „zu 
Gunsten Jemands entscheiden^ kommt schon bei Cic. vor, metaph. 
bezüglich des Waffenglückes prosaisch erst bei Tacitus. unter 
den Dichtern hat es Lucan zuerst so : YIII, 332 secundum Ema- 
thiam lis tanta datur? Supra steht bei Luc: VIII, 318 quantus 
Maeotide supra (fui) in der räumlichen Bedeutung „darüber-hin- 
aus" wie es zwar sehr selten, aber in allen Perioden erscheint. 
Ultra im übertragenen Sinne „über-hinaus^ : II, 138 Romanaque 
Samnis ultra Caudinas speravit vulnera Furcas, mehr W. als bei C. 
Mit Abi.: Absque bei Luc: VI, 152 absque cruore ist eine 
verdächtige Stelle. Im rhein. Museum f. Ph. 1882 S. 97 heisst 
es, dass absque seit Terenz nicht mehr vorkommt, sondern erst 
wieder bei Fronto erscheint. — Ab (auch vor 1 und s ; doch letzteres 
nur nach der Lesart Kortes) steht räumlich bei Adjektiven in der 
Bedeutung „frei, rein". So bei castus (Plaut., Cicero einmal): X, 
370 a quo casta fuit.. Innoxius unbeschädigt mit ab verbunden 
hat ausser Oolumella und Lucan niemand. So IX, 892 gens a 
saevo serpentum innoxia morsu. Securus (in Prosa erst beim 
älteren Plinius) : VIII, 214 securum a Gaesare Tigrim. Ferner 
steht ab bei protegere, wie es von Livius bei tegere gebraucht 
ist: II, 86 protectus ab ira, gegen den Zorn. Auf den Ausdruck 
des Empfangens führe ich die poet. Wendungen zurück: III, 237 
quique bibunt tenera dulces ab arund ine succos (so nur noch bei 
Nemesianus), X, 40 Nilumque a fönte bibisset. — Cum wurde in der 
älteren Zeit auch für den Instrumentalis gebraucht. Diese Aus- 
drucksweise hat sich in der Volkssprache fortgepflanzt und ist von 
den Dichtern aufgegriffen worden. Doch fand sie keine oftmalige 
Anwendung. Cato, Lucilius, CatuU haben je eine Stelle, Vergil 
zwei, Ovid drei (Tursellin s. v. cum); Lucan hat II, 433 Apennin us 
non deserit ante Hesperiam quam cum Scyllaeis clauditur undis 
(Weise und Steinhart machen die ganz unmögliche Konjektur quam 
quum), IX, 730 (dracones) ducitis altum aera cum pennis. Das 
von Antoine S. 174 für einen ähnlichen Fall bei Vergil Aen. II, 



— 26 — 

626 verglichene Soph. T. Oed. 17 ol de avv yi^Qif ßa^eig leQrjg lässt 
sich nicht hieher ziehen. Denn yr^qag ist ein Zustand, der ein 
Zusammensein mit einer Person bezeichnet. — De steht in der Be- 
deutung „gemäss^ archaist., selten dagegen bei Oic. Nachklass. 
ist de more. Dies haben Verg. (Aen. 11, 142) u. Luc. I, 584, 
IV, 517. Auch der Stoff, aus dem etwas besteht, wird bei 
Vergil, TibuU, namentlich aber bei Ovid durch de ausgedrückt; 
auch bei Luc. IX, 698 dirosque fero de sanguine rores. Dräger, 
I 8. 630 u. Sittl S. 126 lassen die Umschreibung eines eigent- 
lichen Instrumentalis durch de erst von Apuleius ausgehen, indem 
sie Apul. met. 3, 8 de latronis huius sanguine solacium date als 
Beispiel anführen. Zugleich bezeichnet Sittl diese Ausdrucks weise 
als Afrikanismus. Nun hat aber auch Lucan IV, 805 has urbi 
miserae vestro de sanguine poenas nempe datis. Also kommt 
diese Wendung schon lange vor Apuleius vor. Sie ist ähnlich 
dem in Tursell. s. v de S. 190 angeführten supplicium dare de 
bei Plautus und Terenz; z. B. Trin. 2, 4, 25 dabitur pol suppli- 
cium mihi de tergo vestro. Ich halte daher diese Redensart für 
einen Vulgarismus, den sich später die Afrikaner angeeignet haben. 
Doch bin ich der Ansicht, dass es kein eigentlicher Instrumentalis 
ist, sondern die Bezeichnung, woher die Strafe etc. genommen 
wird; vgl. Hand im Tursell. a. a. 0. das so gebrauchte satis- 
facere bei Livius 2, 35, 1 nisi de tergo plebis Bomanae satis- 
fiat. — Ex (auch vor f, 1, m, t, s; s nur nach der Lesart 
Eortes) und die Form e erscheinen gleich oft. Diese Präposition 
wird lokal und kausal gebraucht und bietet bei unserm Autor 
keine Eigentümlichkeit oder Merkwürdigkeit. — Pro wird von Gurt., 
Sen., Verg., Ovid bei den Verbis des Fürchtens gebraucht; ebenso 
von Lucan Vn, 138 non vacat ullos pro se ferro metus: urbi 
Magnoque timetur. 

Mit acc. u. abl. In mit acc. hat Lucan in jeder Beziehung 
der Präposition ad vorgezogen. So vor allem nach dem Vorgange 
Vergils (Turs. s. v. in S. 302 u. 322) lokal : III, 545 in pup- 
pim rediere rates u. trop., III, 112 exit in iram, 133 in iram 
accensus. Femer von der Ausdehnung der Handlung bis zu 
einer bestimmten Zeit in Verbindung mit usque. Dies war erst 
seit Livius aufgekommen und von Hör. angewendet worden. Lucan 
hat VI, 300 totus mitti civilibus armis usque vel in pacem po- 
tuit cruor. Das finale in, welches vor Livius noch selten ist, hat 
bei Lucan ad fast ganz verdrängt. Von den weit mehr als zwanzig 
Stellen nur einige: II, 151 in fratrum ceciderunt praemia 
fratres, V, 67 in ancipites eventus descendere, 525 scintillam 
pavit in commotos ignes, VII, 609 pectora pulsans Spiritus in 
vocem, IX, 258, X, 505 etc., mit Adj. I, 181 avidumque in tem- 



- 27 — 

pora foenus, VIII, 600, IX, 620 u. s. w. Endlieh wird in limi- 
tativ gesetzt, in Prosa erst seit Seneca, bei den Dichtern schon 
seit Plaut, von Ovid, TibuU, Hör.; Luc, II, 390 in commune 
bonus elg noivov. Dass in bei Luc. fast immer für contra steht, 
ist bei contra erwähnt. In mit abl. ist bei Lucan lokal öfter 
da gebraucht, wo man per erwartete, wie I, 588 volitantes in aere 
pennae, abgesehen vom particip perf., wie I, 301 cruor diffusus 
in arvis; denn dies kann auch als Zustand der Buhe aufgefasst 
werden und ist deshalb nicht auffällig. Üeber jenen Gebrauch 
wird beim abl. loci gesprochen. Der limitativ gebrauchte Aus- 
druck in armis findet sich erst bei Verg., Ovid u. TibuU (Tursell. 
s. V. in S, 261). Er steht bei Luc. I, 423 longisque leves Sues- 
sones in armis, V, 345 fortis in armis Caesareis Läbienus erat. 
Dass bisweilen die Präposition angewendet wird, wo wir den In- 
strumentalis erwarten, scheint eine Nachahmung des Griechischen 
zu sein. Dies konmit schon hie und da bei Cicero vor, Vergil 
hat es häufig. So sagt auch Luc. II, 603 in adversis truncis 
explorat cornua, 264 quis nolit in isto ense mori, VIII, 581 in 
hac cervice tyranni "explorate fidem, 862 pulsatur in aequore 
saxum, IX, 615 fatum in dente minantur (kritisch unsicher). — Sub 
mit acc. ist hier nicht erwähnenswert. Mit abl. zum Ausdruck 
der Unterordnung ist es in klassischer Zeit noch selten; von 
Liyius an wird es häufig. So besonders bei Hör. u. Verg., Luc. 
hat I, 141 quercus quam vis nutet sub Euro, 170 sub colonis, 
IV, 222 sub nomine, 667 sub iure. Wichtiger ist es zeitlich in 
der Bedeutung „während" „gegen**. So kommt es bei Cicero noch 
nicht vor, wohl aber bei Caes., Liv., Verg., Ov. Auch Luc. V, 
364 tremuit sub voce minantis vulgus, 734 nocte sub extrema, 
X, 265 quasdam (aquas) compage sub ipsa cum toto coepisse reor, 
510 sub tempore vatis Proteos. — Super mit acc. räumlich ist bei 
Luc. ungemein häufig. „Üeber-hinaus" heisst es erst seit Sallust, 
bei Livius u. Verg. ; Luc. : IV, 233 non super arentem Meroe 
sedent, VIII, 1 super Herculeas fauces, 164 arva super nimios 
soles Austrumque iacentes, 226 arva super Cyri Chaldaeique ul- 
tima regni eram. Sonst kommt es nur noch als Adv. vor. Ueber- 
haupt habe ich von den Präpositionen folgende bei Lucan gar 
nicht gefunden: Adversus, erga, circiter, eis, coram, extra, infra, 
penes, prae, praeter. Prope nur als Adverb. Ohne Zweifel war 
bei den meisten das Metrum die Ursache, warum sich Lucan ihrer 
nicht bediente. 

Bei den Präpositionen zeigt also Lucan, dass er den Neue- 
rungen seiner Zeit allenthalben Bechnung trägt; die Freiheiten 
der augusteischen Dichter reizen ihn zur Nachahmung, besonders 
tritt Ovid neben Vergil als sein Vorbild in den Vordergrund. 



— 28 — 

Doch lässt er keineswegs Selbständigkeit vermissen. Diese gibt 
sich in seiner Vorliebe für die Präposition in kund, die ihm nicht 
nur ad, sondern auch contra ersetzt, während doch letzteres bei 
seinen Vorgängern ganz gewöhnlich vorkommt. In seiner Begierde 
nach Absonderlichkeiten fördert er längst Entschwundenes oder 
ganz Neues zu Tage; Auch ergeht er sich in zahlreichen Vul- 
garismen, unter denen der Gebrauch von de, wie er oben betont 
wurde, wichtig ist, weil die Africitas ihn unter ihre Eigentümlich- 
keiten aufgenommen hat. 



Rection der Casus. 

Accusativ. 

Schon in der lateinischen Prosa nehmen manche Verba ab- 
weichend vom Deutschen einen Accusativ zu sich. Die Dichter- 
sprache hat diesen transitiven Gebrauch noch weiter ausgedehnt: 
Einige Verba, welche prosaisch absolut stehen, regieren bei den 
Dichtern einen Accusativ, andere, welche die Prosa in ihrer eigent- 
lichen Bedeutung mit einem Accusativ verbindet, sind von den 
Dichtern metaphorisch angewendet und transitiv gebraucht, um 
einen kurzen oder kräftigen Ausdruck zu gewinnen 4, So anhelare, 
das . zwar auch bei Cic. und Ovid. transitiv ist, dodh überhaupt 
nieht häufig vorkommt. Es steht bei Luc. VI» 92 antra rabiem 
anhelant (von-Dräger I S. 390 als Brachylogie erklärt). Concla- 
mare aliquem bejammern (Vergil hat clamo morientem Aen. 4, 674) 
findet sich noch bei Ovid, Statins, Quintus, Apuleius. Lucan II, 23 
Corpora nondum conclamata. Canere, ludere, olere gebraucht Lucan 
ebenfalls wie andere Dichter z. B. Horaz mit acc. Lacessere ver- 
binden Caesar und Livius mit pugnam, zum Kampf reizen, syeiQeiVy 
ebenso Luc. III, 553. Litare wird 'gewöhnlich mit Abi. konstruiert, 
aber an je einer Stelle des Vergil, Properz und Lucan trans. So hat 
letzterer I, 632 neque enim tibi summe litavi Juppiter hoc sacrum. 
Vindicare rächen mit dem Acc. der Person habe ich vor Lucan 
nirgends angetrofi^en. Es steht bei diesem VIII, 326 aut me for- 
tuna necesse est vindicet aut Crassos. Von sonare behauptet 
Antoine, De casuum synt. Verg., Paris 1882 ß. 42, Vergil habe es 
zuerst mit einem accusativ verbunden z. B. ecl. V, 64. Ich finde 
es aber auch bei Horaz sat. I, 6, 43 ; dann bei TibuU und Lucan 
IX, 216 si Bomana sonarent rostra ducis laudes. — Metaph. divi- 
dere II, 35 divisere deos, d. i. die einen wandten sich an diese, die 
anderen an jene Götter; habere „beherrschen" haben Sallust, Liv., 
Ov. und Luc. : II, 13 et habet mortalia casus, es erinnert an Hom. F 



-- 29 — 

• 

342 ^afißog ex&'t Aeschyl. Suppl. 384 q>6ßog fx exet, Temperare ist 
zwar bei Livius nicht häufiger transitiv als bei Cicero, hat aber bei 
ihm den Acc. auch in der Bedeutung „massigen^ (bei Cicero nur 
p. Marc. § 8 victoriam) ; auch Lucan hat IV, 109 glacie medios 
signorum temperat ignes. luro wird bei Cic., Verg., Liv., Ov. 
mit acc. verbünd en, so auch von Lucan IV, 228 iurata sacra- 
menta tenent, V, 396 laetae iurantur aves, man schwört, günstige 
Vogelzeichen gesehen zu haben; dagegen ist es eine entschiedene 
Neuerung des Lucan, wenn er bei peiero dasjenige in den Accu- 
sativ setzt, bei welchem man falsch schwört: VI, 749 Stygias qui 
peierat undas. Nur der mit Lucan gleichzeitige Flinius hat eben- 
so — vielleicht gebildet nach dem von CatuU 66, 4(^ gebrauchten 
adiuro te tuumque caput (Callimach. frg. 35 oijV ve ^.aqfiv üfiooa 
oov xe ßiov). Der von Adjektiven auf bundus abhängige Accu- 
sativ kommt bei Lucan nicht vor, ebenso wenig das Gerund mit 
einem Objektsacc, das sich sonst bei Dichtern häufig findet. — 
Von intransitiven Verbis, die einen Afi'ekt bezeichnen, werden 
manche transitiv gesetzt. Diese Konstruktion ist bei den Aelteren 
noch wenig gebraucht, wird aber in der klass. Zeit immer häufiger, 
und der Gebrauch erweitert sich mehr und mehr. Da hiebe! der 
Accusativ der Person selten ist, so habe ich Riesen bei den nach- 
folgenden Beispielen besonders berücksichtigt. Ausser queri und 
lugere (II, 378 humanum lugere genus, VIII, 83 ultima debet esse 
fides lugere virum): pavere (Plaut., Saliust, Hör., Liv., Seneca) 
kommt zehnmal vor — ein für Lucan sehr häufiger Gebrauch, 
aber immer mit dem Accusativ der Sache; z. B. III, 424 pavet 
ipse sacerdos accessus, IV, 474 fata paventem cohortem etc. 
Weniger oft erscheint expavesco (Hör. und Sen.) VII, 484 voces- 
que furoris expavere sui, X, 453 expavit servile nefas. Horrere 
kommt zwar überall mit Accusativ vor, aber bei Lucan vorzugs- 
weise mit einer Person oder überhaupt mit einem lebenden Wesen 
im Accusativ: I, 576 qualem horruit Aleides, VI, 294 horret En- 
celadum, VIII, 341 quem horruit, IX, 907 tactqs non horruit an- 
gues. Flere (bei klassischen Dichtern und im silbernen Latein) 
steht mit acc. bei Luc.: II, 118 cui funera vulgi flere vacet, 165 
tot laceros artus flevit. Vi, 306 non Uticae Libye clades, Hispania 
Mundae flesset, VII, 37 te flesset iuvenisque senexque iniussusque 
puer in der letzten Stelle mit dem Accus, der Person. Das über- 
all ziemlich häufige deflere mit Acc. hat Lucan nur IX, 170. 
Gravari, das klassisch mit Acc. selten war, dann häufiger von Verg., 
Hör., Sen. so gebraucht wurde, steht bei Luc. V, 258 regnorum 
iniusta gravari und mit dem Accus, der Person VII, 284 domi- 
nosque gravantur. Das bei Dichtern häufige tremere steht so nur 
VII, 64 tremuit Catilina secures. Neu ist das von Luc. ge- 



— 30 — 

brauchte rubere : V, '549 (Luna) ventorumque notam rubuit. (So 
hat nämlich Körte nach seinen guten Handschriften cod. Berol. 
und Salmas. Auch Martini-Laguna stimmt ihnji bei; dagegen 
Weise nota). Stupeo, seit Vergil so gebraucht, steht Luc. VIII, 16 
occursum stupuere ducis (so Körte; Weise occnrsu). Fttr die 
figura etymologica fand ich nur I, 210 grave murmur infremuit, 

IX, 385 durum iter yeniant. Statt des Accusatiys steht bisweilen 
der Ablativ, um den Grund, das Mittel oder die Art und Weise 
anzugeben (Kühner II S. 211). So bei Luc: III, 690 mors 
una est timori, qua coepere mori (so Plaut., Livius und Seneca), 

X, 519.Magni morte perit, er stirbt den Tod des Magnus. 

Der Accusativ wird auch zu medialen und passiven Verbis 
als Objekt gesetzt. Es findet diese Konstruktion erst in der klas- 
sischen Zeit ihre Anwendung mit Ausnahme der Verba des Be- 
kleidens. Denn diese werden schon bei Ennius, Plautus und 
Lucrez so behandelt. Die klassischen Dichter aber, namentlich 
Vergil, und ihre Nachahmer haben die griechischen Vorbilder mit 
einheimischen Spraohmitteln nachgeahmt. Doch ist der Gebrauch 
vielfach auf das Part. perf. pass. beschränkt geblieben und nur 
selten findet sich das Verbum finitum — von Schäfler „die sogen, 
syntaktischen Graecismen bei den augusteischen Dichtern, Amberg 
1884, zusammengestellt. Schröter (der Acc. nach passiven Verbis 
in der lat. Dichterspr., Gross-Glogau 1870) und nach ihm Dräger 
haben nun alle passiven Verba in vier Kategorien geteilt und auf 
mediale Bedeutungen zurückzuführen gesucht: 1) Verba des Be- 
kleidens. Das bei Plaut., Terenz, Verg., Hör., Properz, Ov., Liv., 
Curt. etc. erscheinende indui steht bei Lucan nur VIII, 240 raptos 
indutus amictus famuli. Da hier nur der Gegenstand der Beklei- 
dung und nicht auch der Körperteil, der bedeckt wird, erscheint, 
so glaube ich folgende ähnliche Stelle hieher ziehen zu müssen : 
II, 336 cineresque ingesta sepulcri prpfatur, die sich mit der 
Asche des Scheiterhaufens (das Haupt) bestreut hatte. Ingerere 
finde ich nirgends so gebraucht. 2) Verba einer Thätigkeit, die 
das Subjekt am eigenen Körper vornimmt; der angegebene Körper- 
teil ist nur der Deutlichkeit wegen beigesetzt und steht überflüssig. 
Am häufigsten ist das Part. perf. II, 335 contusaque (tusus Verg.) 
pectus verberibus crebris, die sich an die Brust schlug, VI, 625 
maestum tecta caput squalenti nube (Ovid), VII, 586 plebeia con- 
tectus casside vultus (Cic, CatuU, Verg., Ov.), IX, 738 torta caput 
retro Dipsas (Verg.), 843 corpora fatis expositi volvuntur humo, 
die sich dem Tode aussetzten ; exponi habe ich vor Lucan so nicht 
gefunden; X, 137 formam fucata nocentem, die sich schminkte; 
fucatus ist von Lucan zuerst so gebraucht. 3) Verba einer Thätig- 
keit, die das Subjekt in seiner eigenen Sphäre vornimmt oder vor- 



- 31 - 

nehmen lässt ; das Objekt kann entbehrt werden : II, 36 scissa 
madidas genas (bei Ovid capillos oder comas), die sich die Wangen 
zerriss, II, 335 effusas laniata comas (Ov.), III, 658 per ora eiectat 
saniem permixtas viscera sanguis, das sich mischte — scheint von 
Lucan zuerst so angewendet zu sein. (So Körte nach den besten 
Handschriften cod. Berol. Guelf. 3. 6. Lips. 1. 2. Vratisl. 1 etc.; 
Weise viscere), IV, 80 arcus vix uUa variatus luce colorem, VI, 658 
conspicit examini defixum lumina vultu (Verg.), V, 170 vittasque 
dei Phoebeaque serta discussa, die sich . . . herunterriss, IX, 172 
solntas in yultus effusa comas (Verg.), die sich das Haar in das 
Antlitz strich, X, 83 simulatum compta dolorem (Oy.), 84 laceros 
veluti dispersa capillos, 309 omnes unum vires collectus in amnem 
(Ov.), dagegen mit Praep. II, 119 cui funera vulgi flere vacet? 
vix te sparsum per viscera, Baebi. 4) Verba einer Thätigkeit, 
welche das Subjekt an sich ausführen oder vorgehen lässt. Es 
bezieht sich dies vorzugsweise auf geistige Objekte. Dräger ist 
hier sicher zu weit gegangen, und hat reinen Passiven mediale 
Bedeutung aufoktroyiert. Namentlich möchte ich auf die passiven 
Verba hinweisen, welche sich auf leblose Gegenstände beziehen. 
Von Lucan vermag ich nur anzuführen IX, 363 nunquam somno 
damnatus lumina serpens: der Drache, welcher sich nicht ein- 
schläfern Hess. Alle folgenden Stellen von passiven Verben muss 
ich dem eigentlichen accusativus Graecus zuweisen, da die Verba 
sich nicht durch eine mediale Deutung erklären lassen. Auch 
Engelhart (Passive Verba mit dem Accusativ u. der Acc. Graecus 
bei den lat. Epikern, Bromberg 1879) hat hierauf aufmerksam 
gemacbt. Lucan hat: III, 587 terga et pectora transigitur, „der 
durchbohrt wurde" — abhängig von einem Verbum finitum! IV, 
80 arcus vix ulla variatus luce colorem, V, 518 domus latus nudum 
munita — dessen Seite geschützt wurde, V, 547 (Luna) orbis 
medii puros exesa recessus, von Lucan zuerst so gebraucht, VI, 
665 vincti terga Gigantes (CatuU, TibuU, Verg., Ov.), VII, 528 
transfixus pectora ferro (figo Verg.), VIII, 375 tota membra per- 
fusus sanguine, IX, 679 caesa caput Gorgon, 713 Cenchris pluri- 
bus ille notis variatam pingitur alvum — Verb, finitum! X, 121 
terga maculas distincta smaragdo, 134 (iuventus) exsecta virum, 
143 extenso stamina velo. In diesen Stellen ist teils von keiner 
reflexiven Thätigkeit lebender Wesen die Bede, da eine Gewalt 
gegen das Individuum ausgeübt wird, teils erstreckt sich die 
Handlung auf leblose Gegenstände. Wenn daher Schröter z. B. 
das obige (IX, 713) pingitur medial auffasst, so irrt er. Denn 
die Cenchris (SchlangenaH) lässt es doch nicht über sich ergehen, 
dass sie bunt gefleckt wird, sondern sie ist so geschafifen. Varia- 
tus (IV, 80) und das obige distinctus sind ohne Rücksicht auf 



^ 32 — 

eine Zeit gesetzt und daher nach meiner Meinung als Adjectiva 
zu betrachten. — Als Intransitivum ist allein bei Lucan mit 
Accusativ indurescere konstruiert: IV, 631 totos induruit artus. 

Der Accusativus graecus steht auch bei Adjektiven. Dieser 
Gebrauch findet sich in der archaistischen Periode nur an einer 
Stelle, und ist hauptsächlich durch Vergil in die Dichtersprache 
und von Livius in die Prosa eingeführt worden. Auch Lucan 
hat an einigen Stellen diesen Acc. : II, 37 liventes atra lacertos, 
IV, 726 obliquusque caput, VI, 225 informis faciem, VIII, 752 
plenusque (Verg.) sinus ardente favilla evolat ad truncum, 
X, 132 pars sanguinis asti torta caput. Auch ich zähle, wie 
Engelhart a. a. 0., dieses torta zu den Adjektiven, da es „ge- 
kräuselt^ heisst. 

Der doppelte Accusativ zeigt sich bei Lucan in einigen sehr 
auffallenden Beispielen. Bdoctus mit acc. (Sali. Liv.) I, 587 ful- 
minis edoctus monitus — auch doctüs (Cic. Sali.) V, 706 doctae 
pari moderamine dextrae; das Passiv von iubeo (einmal bei Caes.) 
III, 147 quidquid iubeare; das Pass. von cogo (Cic. Liv.) VI, 
498 quicquid cogitur ipse. Precari bei Nepos mit ab in der 
Angabe der Person und mit dem Accus, der ^Sache, bei Livius 
bereits mit doppeltem Accusativ. So hat auch Luc. II, 699 dux 
hoc te precatur, auch VII, 68. Bei rogare „bitten" gebraucht 
schon Plautus als Objekt ein Substantiv, dann kommt dies bei 
Liv., Hör., Sen. vor; auch bei Lucan IV, 388 rogasse prospera 
bella deos. Eioe Stelle, die nirgends citiert wird, ist IX, 1100 
ut affectus abs te veteres vitamque rogarera, Magne, tuam. Die 
Präposition ab bei rogare wird nämlich nur citiert aus Plautus, 
Trin. 758 ab amico alicunde mutuom argentum, aus dem archai- 
sierenden Sallust, Jug. 64, 1 a Metello missionem und aus Corni- 
ficius rhet. 4, 49, 63 ut ab avunculo rogetur Aethiops. Die 
Stelle Cic. fam. XIII, 1, 2 ist sehr zweifelhaft, vgl. Krebs, Anti- 
barbarus s. v. rogare. Es scheint somit diese Konstruktion ein 
Archaismus zu sein. Endlich ist celare im Passiv mit dem Accu- 
sativ eines Substantivs verbunden, V, 200 tuque potens veri Paean 
nuUuinque futuri a superis celate diem. Für nullumqne hat die 
einzige Handschrift cod. Ouelf. 8 nullique, was an dem Accusativ 
diem nichts ändert. Auch der Scholiast macht auf die Konstruktion 
aufmerksam: Adverte, quod illud participium celate regit accusa- 
tivum post se i. e. quem nihil dii latere voluerunt. Lucan hat 
diese Wendung ohne Zweifel zuerst gebraucht; auch nach ihm 
finde ich es nur medial bei Silius, 13, 57 nee celata deam = se 
deam ostendens (s. v. celare Forcellini). 

Bemerkenswert ist, dass postulare bei Lucan nirgends vor- 
kommt, obwohl das Metrum nicht dagegen wäre, sondern poscere 



— 33 — 

od. exigere und zwar letzteres Überwiegend; z. B. II, 24 exigit 
brachia, VII, 771 exigit poenas, VIII, 22 ebenso, 103 ebenso, 
VIII, 703 exegit clades, X, 106 exigit noctem. Nun bemerkt 
Sittl a. a. 0. bei dem Abschnitte Über das spanische Latein S. 66 : 
„Man muss noch auf die Verschiebung der Synonyma achten; 
nach Wölfflins Beobachtung drängte das Wort exigo anfangs haupt- 
sächlich in Spanien die Synonyma postulo und posco gerade in 
den Formeln, in denen bei den Klassikern die letzteren stehend 
sind, zurück. Schon in Senecas Briefen" (Lucan Oheim!) „über- 
wiegt exigo bei weitem u. s. w.* Vielleicht könnte auch im- 
pellere „niederwerfen, zerstören* hieher gehören. Es kommt in 
dieser Bedeutung vor bei Lucan I, 149 impellens quidquid sibi 
obstaret, III, 440 procumbunt orni, nodosa impellitur ilex, IV, 
88 impulsa gurgite multo castra labant, VI, 36 exstruitur, quod 
non aries impellere saevus queat, 280 invenit impulsos muros. 
Auch kommt es so noch vor Seneca de benefic. II, 31, Seneca 
Herc. Oet. 1685, Troad. 705, Agam. 920. Dies ahmen selbst 
von Späteren nur mehr Statins VII, 692, Tacitus, Plinius m. und 
Gnntherus nach (vgl. Körte zu Luc. I, 149). So ist dies ein Be- 
weis, dass auch die spanllsche Herkunft oder vielmehr der Umgang 
mit seinem Oheime Seneca nicht ohne Einfluss auf die Sprache 
Lucans war. 

Verba composita zur Bezeichnung einer Bewegung oder eines 
Aufenthaltes im Baume, die in der Prosa gewöhnlich intransitiv 
stehen, hat die Dichtersprache in ausgedehntem Masse transitiv 
gebraucht, entweder um der Stärke des Ausdruckes willen oder um 
durch mehr in die Sinne fallende Wörter grössere Anschaulichkeit 
zu gewinnen. Lucan hat im Vergleich zu andern Dichtern hierin 
sparsam verfahren und nur bei den mit in zusammengesetzten 
Verben sich mehr Freiheit erlaubt. Ein besonderes Vorbild tritt 
hier nicht zu Tage, sondern Lucan folgt dem allgemeinen Ge- 
brauche des silbernen Zeitalters: Adedere (v. Leblosem bei Ov. u. 
Verg.), VI, 267 latus alti montis adest. Insilire (Sali. Hör. Ov.), 
m, 626 puppim (IX, 252 u. X, 507 besteht die Variante puppi). 
Incessere (zuerst von Livius und Vergil so gebraucht), VIII, 64 
incessere fatum. Inumbrare (Lucr. Verg.), IV, 456 moles aequor 
inumbrat In volare (nur Catull 25, 6 und der mit Lucan gleich- 
zeitige Plinius), VI, 588 hie ardor, solusque labor, quos Caesaris 
involet artus. Inspirare hat Lucan (u. Plinius) zuerst mit acc. 
VII, 769 ingemuisse putes campos terramque nocentem inspirasse 
animas. Pererrare (ist selten, steht aber bei Vergil u. Seneca) VI, 
625 pererrat corpora. Excedere (seit Liv. u. Ov.) 1, 497 patrios 
excedere muros, II, 271 nubes excedit Olympus, VIII, 236 Parthia 
excedat ripam; tirop. (Seneca) II, 142 medecina excessit modum. 

3 



— 34 — 

Egredi (Nepos verbindet es noeh mit e, Caes., Sali., Liv., Senec. 
mit acc.) V, 510 tentoria egressus^ VII, 594 bumani cnlmen 
egressus, IX, 794 hnmanumque egressa modum (sanies). Prornm- 
pere (nacb Antoine bat es Vergil zuerst mit acc.) I, 493 populnm 
agmina prorumpunt. Fraecedere (Caes., Liv., Verg.) mehrmals, 
z. B. III, 750 letum, U, 692 Chelas. Praelabi (Verg.) VI, 76 
praelapsus moenia Tibris. Praevehi ist von Luc. zuerst so ge- 
braucht X, 307 piagas Phoebi praeveheris. Subsidere ist selten 
(Verg.) wie V, 226 subsidere regnum parabas. Zwei entschieden 
neue Verba sind superevolare III, 299 agmine nubiferam rapto 
superevolat Alpem und superenatare , IV, 133 vectoris patiens 
tumidum superenatat amnem. 

Üeber den prädikativen Accusativ ist nur zu bemerken : Das 
von Dräger S. 384 erwähnte praecipitem dare statt praecipitare 
findet sich VIII, 93 praecipites dedi populos und das in der 
Sakralsprache viel gebrauchte damnare an einer Stelle, wo Lucan 
von der Kunst der thessalischen Zauberin Erichtho spricht: VI, 
508 hos ritus damnarat nimiae pietatis Erichtho. Präpositional 
ist der prädikative Accusativ in I, 89 orbemque teuere in medium. 
(Si«h dazu meine Bemerkung im Anhaorgl) 

Der Accusativ des Neutrums eines Adjektivs abhängig von 
einem Verb ist in der alten Zeit sehr selten, findet sich bei Cicero 
etwas häufiger (z. B. sublime), wird aber bei den augusteischen 
Dichtern allgemein. Wenn auch dieser Gebrauch in der lat. 
Sprache begründet ist, so haben jene Dichter doch bei den Griechen 
ihre Muster gefunden; z. B. Hom. B 138 deivov de X6q>og xa^v- 
neqd^ev evevaev. Auch hat das Versmass nicht selten zur Bildung 
dieser Form beigetragen, z. B. im Flur, der Adjektiva. Es liegt 
hier im Adjektiv nicht bloss die Art und Weise, wie eine Hand- 
lung geschieht, sondern meistens auch der Effekt. Diesen Ge- 
brauch, den im silbernen Zeitalter Livius und alle Dichter zeigen, 
hat auch Lucan massig angewendet und zwar ohne erheblichen 
unterschied zwischen Flur, und Sing., während sonst bei den 
Dichtern der Flur., der die Thätigkeit im einzelnen näher be- 
zeichnen soll, viel seltener ist als der Singular. So findet sich 
im Sing. : I, 320 gladii triste minantes (triste auch Hör.), III, 
645 (fata) luctata multum, V, 431 lintea eziguum tument, 631 
obscurum dissilit aer, VI, 623 incertum strideat umbra, IX, 929 
minimum patiuntur fata tacere, X, 315 te tam lene fluentem. 
Flur.: I, 353 vulgus incerta fremit, 567 ulularunt tristia Galli, 
IV, 756 pectora rauca gemunt und zwar zugleich in einzelnen 
Tönen, daher der Flur. V, 213 nunc vultu pavido, nunc torva 
minaci, 218 pontus rauca gemit. In der Sprache der Komiker 
war besonders der Accusativ des Neutrums eines Pronomens 



-T- 35 — 

(Acc. der Bichtang) beliebt; diese Bedensart ist auch von den 
augusteischen Dichtem angewendet worden. So sagt Lucan eben- 
falls I, 293 tantum addidit irae, quantum clamore iuvatur, V, 
695 tantum quid numina lassas, 727 quantum dominatur in 
mentes Venus u. s. öfter. Von ultimum bemerkt Dräger S. 393, 
es sei im daktylischen Verse nicht leicht anzubringen gewesen 
und es komme deshalb nur in der Prosa vor; den Plur. finde 
ich aber bei Lucan* II, 185 ultimaque efifundit spectatis lumina 
membris. 

Den lokalen Accusativ bei Ländernamen hat die Dichter- 
sprache überhaupt; auch Lucan macht von dieser Freiheit häufigen 
Gebrauch: I, 687 dubiam Syrtin Arentemque Libyen feror, V, 9 
consul uterque patres elicit Epirum, 534 me vehis Hesperiam, VII, 
477 tunc aethera tendit. Ich halte dafttr, dass tendit für con- 
tendit steht. VIII, 170 quotus in plaustro Libyam bene dirigat 
ignis, 845 manes transferre Ausoniam. Auch VIII, 553 nee ter 
Capitolia curru invectus ziehe ich hieb er. 

Die in der Volkssprache begründete Anticipatio oder TtQO- 
kfjxpig steht gewöhnlich abhängig von einem verbum sentiendi od. 
dicendi. Sie erscheint am häufigsten bei den Komikern, dann 
auch bei Cic, Liy., Sali., Hör., Sen. etc. So hat auch Lucan II, 
272 Memini, cum qua cervice recisum conveniat, quaesisse caput, 
V, 568 aspice saevum, quantaparet, pelagus, VIII, 278 vos pendite 
regna, quaenam deceat Bomanis sucurrere rebus. 

Der Accusativus exclamationis, welcher gewöhnlich mit Nom. 
od. Voc. wechselt, findet sich bei Lucan nur an den Stellen 
I, 510 faciles dare summa deos eademque tueri difficiles; VII, 
205 summos hominum; sonst steht beim Ausruf immer (12 mal) 
der Nominativ und zwar mit o oder heu; z. B. II, 544 o rabies 
miseranda ducis, 575 heu demens, IV, 382 heu miseri etc. Heu 
mit Nom. steht nur bei Cicero nicht. Während sonst bei pro 
auch der Accusativ vorkommt, hat Lucan nur den Vocativ; z. B. 
IV, 96 pro lucri pallida tabes, III, 597 pro superum pudor. 

Hier möge auch gestattet sein, das Wenige anzuführen, was 
über den Nominativ bei Lucan zu sagen ist. Lucan verbindet Öfter 
wie Vergil den Nominativ und Vocativ wie I, 441 tu quoque laetatus 
converti proelia Trevir et nunc tonse Ligur, IV, 21 camposque 
coerces Cinga rapax vetitus fluctus et litora cursu Oceani pepu- 
lisse. Auch setzt er wie die augusteischen Dichter bisweilen den 
Nominativ für den Vocativ; z. B. II, 116 degener o populus. 
Der Grund ist offenbar im Versmass gelegen; denn popül^ gäbe 
drei Kürzen und wäre daher für den Hexameter gar nicht brauchbar. 

Elliptisch ist der Accusativ in der Frage: VIII, 542 o superi, 
Nilusne et barbara Memphis et Pelusiaci tam mollis turba Ca- 

3* 



-~ 86 — 

nopi bos animos I wo Nominativ und Accnsatiy verbunden sind, 
um die Verwunderung zu bezeicbnen, wie die Person in den Be- 
sitz einer Sacbe kommt oder eine Sacbe zu einer andern (vgl. 
Haase II, S. 105). leb babe vor Lucan eine derartige Wendung 
nicbt gefunden. Aebnlicb ist Sen. Troad. 347 bos Sejrus animos 
d. b. dat oder babet. Juven. I, 88 alea quando bos animos? 
Eine Ellipse des Accusativs ist gegeben, sobald ein transitives 
Yerbum absolut gebraucbt wird. Mit Hinweglassung derjenigen 
Yerba, welcbe bis Livius und bei diesem absolut gesetzt werden, 
dürften es bei Lucan folgende sein: Arcere, ferire, liberare, mo- 
rari, movere (animos), parcere, pellere, sequi, superare (bervorragen) 
soUicitare, spargere, sternere, tentare, terminare, tollere, turbare, 
vebere, vocare. — Agnoscere, corrumpere, cogere, continere, de- 
stituere, excludere, ignoscere, includere, retinere, transcurrere. 
Dräger bemerkt S. 401, dass regere = regnare sieb erst bei 
Tacitus und späteren finde, üeberbaupt absolut kommt es aber 
scbon bei Lucan vor IX, 226 tali compellat voce regentem. 

Aus dem Bisberigen ersiebt man: Lucan bat in Bezug auf 
den transitiven Gebraucb von Verbis, die sonst intransitiv stehen, 
wenig Neues geliefert ; auffallend ist der oftmalige Accusativ bei 
pavere. An zw^i spracblicben Erscheinungen, von denen die eine 
bei den augusteischen Dichtern, die andere im silbernen Zeitalter 
hervortritt, nämlich an dem Accusativ bei medialen und passiven 
Yerbis, sowie an dem Accusativ des Neutrums eines Adjektivs, 
das von einem Verbum abhängt, hat Lucan besonders Gefallen 
gefunden. Bei der ersteren Redensart ist Ovid vorzugsweise als 
sein Muster zu nennen ; gleichwohl muss zugestanden werden, dass 
Lucan hier nicht selten auch selbständig vorging und äen Sprach- 
schatz vermehrte. Beim doppelten Accusativ waren seltene, bis 
zum Solöcismus ausartende Wendungen zu beobachten und eioe 
Eigentümlichkeit der heimatlichen Ausdrucksweise Lucans zu er- 
kennen. Von Gräcismen erscheint hier der Accus, graecus und 
von Vulgarismen die Anticipatio. 

Dativ. 

Betrachten wir zuerst den Dativ als Beziehungscasus bei 
Verbis simplicibus I Dabei ergeben sich folgende von der klassischen 
Schreibweise abweichende Fälle bei Lucan: Aequo c. dat. kommt 
nach Lucrez zuerst bei Livius (Eühnast, Die Hauptpunkte der 
livianischen Syntax, Berlin 1871 S. 132) und Vergil vor. Auch 
Lucan sagt: II, 177 aequataque vulnera membris vidimus. Con- 
sulo verbindet Lucan nach dem Beispiel des Liv., Vergil u. an- 
derer mit in medium, das zu einem Adv. erstarrte, V, 46 consulite 



- 37 — 

in medium. Do mit in Lucr.), Ovid u. Verg.)» I^ 132 famaeque 
petitor multa dare in valgus. Haereo konstruieren Cicero (nur 
bei einer Person), Horaz u. Yergil manchmal, Livius etwas häu- 
figer mit dem Dativ. Mit Hin weglassung von Stellen, in denen 
die Annahme eines Ablativs nicht ausgeschlossen ist, wie z. B. 

I, 138 steht der Dativ sicher: IX, 79 terraeque nocenti non haerere 
queror, 343 terraeque haerente carina; dagegen mit ad III, 453 
haesuri ad moenia Martis. Dass auch der Abi. u. in mit abl. 
bei haerere steht, folgt beim Abi. lungo mit Dativ wird im 
Activum erst seit Vergil gebraucht, auch von Hör., Ov., Liv. 
(Jan. S. 127); Lucan : I) 118 generös soceris iunxere Sabinae, 

II, 550 his te iungere; einmal steht cum VIII, 362 lungere fata 
tecum. Lateo mit Dativ steht bei Cicero in der Bede post redit. 
in Senat. 6, 13 allein sicher, die übrigen Stellen von ihm werden 
verworfen (vgl. Krebs Antibarbarus s. v. latere), Varro L. l. hat 
den Dativ neben dem Acc, sonst findet er sich vor Lucan nicht; 
dieser aber hat den Da(tiv I, 419 at mihi semper tu, quaecunque 
moves tarn crebros causa meatus, lates. Mentior mit Dativ, je- 
manden belügen, hat seit Plautus erst wieder Lucan: V, 386 
mentimur dominis ; es ist also ein Archaismus. Vacat als Im- 
personale findet sich mit einem Dativ vor Lucan nicht (erst beim 
jüngeren Plinius), es steht aber II, 377 uni quippe vacat studiis- 
que odiisque carenti humanum lugere genus; absolut (wie bei 
Verg.) VII, 138 non vacat uUos pro se ferre metus. Auffallend 
ist hier pro se ferre metus =: sibi metuere; allein es ist in diesem 
Sinne sicher gestellt durch die unmittelbar folgenden Worte: urbi 
Magnoque timetur. So erseheint pro aliquo metuere vor Lucan 
nur bei Manilius V, 606 (Andromeda) iamque oblita sui metuit 
pro vindice tali und bei Seneca trag. Thyest. 483. 

Von den Compositis sollen zuerst die Transitiva Erwähnung 
finden und zwar zunächst die, welche auch Präpositionen zulassen: 
Immitto steht bei Lucan fast immer mit Dativ (Verg.) u. lokal, 
II, 457 immittit Eurum fluctibus, 616 faucibus immissam aequor, 
V, 124 deis immittere vatem, VI, 743, VII, 216 u. s. w.; mit 
per III, 601 immissum per ilia ferrum, mit in (Verg.) V, 221 
immisit Paean in viscera Lethen etc. Impendo finde ich vor Lucan 
nur bei Vergil mit Dativ ; er steht II, 382 patriae impendere vitam, 
dagegen die Präp. in V, 491 in ventos impendo vota fretumque. 
Oppono steht sonst mit ad oder dat.; Lucan aber hat I, 220 pri- 
mus in obliquum sonipes opponitur amnem excepturus aquas. 
Lucan konstr. also oppolio mit in; denn allerdings bezeichnet in 
den Ort, wohin die Reiter gestellt werden; aber zugleich ist in 
amnem Objekt zu opponere, weil die Gewalt des Wassers darch 
die Beiter gebrochen werden soll. Infundo mit Dativ (Ovid und 



~ 38 -~ 

Liv.), XI, 69 vulneribns infundere fletus und mit in IV, 821 in 
fiuvios infundas saniem. Hiemit sind alle Verba composita tranr 
sitiva erschöpft, bei welcben Lucan eine doppelte Konstruktion 
zulässt. Alle übrigen Yerba composita haben nur den Dativ, so 
dass man sagen kann, Lucan habe mit verschwindenden Ausnahmen 
bei ihnen ohne Bücksicht auf die Bedeutung den Dativ gesetzt. 
Hierin folgt er aber dem Zuge seiner Zeit, in der seit Livius der 
Dativ immer mehr für die Präposition eintritt. Solche, die noch 
nicht bei Cicero oder Cäsar, wohl aber vor Lucan vorkommen 
und von diesem mit Dativ gebraucht werden, sind: Affligo (Liv., 
Ov.), admitto (Liv.), adverto (Verg., Ov., Curt.), attoUo (Hör., 
Verg., Liv.), committo (L., V., H.), consero (L., 0., C), confero 
beitragen (L.), connecto (V. u. andere), immergo (V.), immisceo 
(Lucrez, L., V., H., 0.), impono (V., H., 0.), infodio (V.), inco- 
quo (V.), ingero (L., V.), illido (Lucr. V., H.), insero (L., V., 
H.), innecto (V., H., 0.), involvo (V.), praetendo (V., 0.), sub- 
duco (L., V.), substituo (L.), subtexo (0., L.). üeber folgende 
ist näher zu sprechen : Dependo mit Dat. gebraucht Cicero in der 
Bedeutung : Jem. etwas bezahlen ; Luc. aber in der Bedeutung 
„verwenden" X, 80 tempora dependit amori und „preisgeben", 
VIII, 101 felicibus armis dependisse caput. Ingigno örtlich nur 
hier mit Dat. VI, 439 herbas nocentes rupibus ingenuit tellus. 
Iniecto zuerst bei Luc. mit Dat., III, 611 carinae iniectare manum. 
Inspuo (ausser Seneca) nicht vor Luc. mit Dat. VI, 683 quibus 
OS dirum nascentibus inspuit, herbas. (Hoppe über die Sprache 
des Philosophen Seneca S. 13 sagt, dass es Seneca zuerst ge- 
braucht zu haben scheine). Üeber invehi bemerkt Kühnast S. 137, 
dass nach Livius erst wieder Sueton invehi mit Dat. gebrauche. 
Nun hat es aber Curtius IV, 3, 13 quibus rex invectus — demersit 
und Lucan III, 536 molem profunde invehit. Submitto kommt 
zwar selbst bei Cicero mit Dat. vor, aber hier mit Gerundiv IV, 
411 non pabula tellus pascendis equis submittit. 

Gleich selten wie bei den transitiven Verbis compositis be- 
dient sich Lucan auch bei intransitiven einer Präposition. Corisen- 
tire mit ad findet sich zwar auch anderwärts, steht aber bei Luc. 
in der kühnen Wendung, VIII, 619 nuUo gemitu consensit ad 
ictum, mit keinem Seufzer begleitete Pompejus den gegen ihn ge- 
führten Todesstoss. Incurrere mit Dat. (Sali., Liv., Verg.) bei 
Lucan III, 409 fratribus incurrant fratres; aber .auch mit in. 
Subrepere (nachklass.) mit Dat., II, 506 muris subrepsit vinea, 
VI, 753 subrepens vita medullis; mit in (Ov.) II, 390 subrepsit 
voluptas in actus. Alle übrigen Verba composita intransitiva sind 
ohne Bücksicht auf die Bedeutung — abgesehen vom klassischen 
Gebrauche — von Lucan mit dem Dativ konstruiert: Accedo 



— 39 — 

räumlich in Prosa yerschieden verbuDden, bei den angusteiscben 
Dichtern gewöhnlich mit Dat. So Luc. II, 398 (Apenninus) pro- 
piusque aecesissit Olympo, VIII, 201 cogit currus accedere metae, 228 
Ganges et Hyda^pes accedunt pelago, ebenso 486 u. 531. Inder 
Bedeutung „zufallen" (Varro, dann nachklass.) I, 42 his Caesar, 
Perusina fames, Mutinaeque labores accedant fatis, II, 555 te a. 
titulis nostris, III, 196 fatis a. una mors, ebenso V, 622, VIII, 
486 u. s. w. Abnego (Verg.) III, 263 tellus flumen pelagi non 
abnegat undis. Abscindo (nur Val. Max.) VI, 563 comam mo- 
rienti abscidit ephebo. Adhaereo (erst Liv., Verg., Hör.) IV, 
248 dextrae gladius adhaesit. Adiaceo (erst Liv. u. Ov.) VII, 187 
Tyriis qui Oadibus hospes adiacet. Concurro (mit Dat. erst Liv., 
Verg., Hör.) V, 607 aequora possunt concurrere ventis, VII, 173 
concurrere visus Olympo Pindus, VIII, 326. Disto (Verg., Hör.) 
VIII, 487 sidera. terrae ut distant, ut flamma mari, sie utile recto. 
Excipio (Verg., Sen.) III, 333 sit locus exceptus sceleri Excutio 
(Plaut., Hör., Ov.) I, 69 quid pacem excusserit orbi und noch 
öfter Bxprimo (seit Liv.) VI, 599 manibus exprime verum. II- 
labor (nur Vergil an zwei Stellen) I, 475 qua Nar Tiberino 
illabitur amni, V, 281 (non licet) coniugis illabi lacrimis, an der 
Seite der weinenden Gattin sterben. lUatro hat Lucan zuerst mit 
Dat. (fehlt bei Dräger), VI, 729 manibus illatrat. Incido (klass. 
selten mit Dat.; bei Verg., Hör., Liv.) IX, 330 classi quae fluctibus 
incidit altis. Incresco (Ov.) II, 376 increscere barbam genis (fehlt 
bei Dräger). Innubo III, 23 beruht nur auf schlechter Lesart statt 
en nupsit, ebenso insilio. Insisto (eine Stelle bei Cäsar, dann 
bei Ovid) III, 407 volucres metuunt insistere ramis — könnte 
auch Abi. sein. Insulto (einmal bei Cic, dann bei Liv., Verg., 
Hör.), X, 538 tergo insultant pedites. Insum (Nep., Sali., Liv., 
Hör.), III, 411 arboribus horror inest, 464 ferro vis inerat, IV, 
643 inest terris spiritus, V, 18 robur inest animis. Invigilo (fehlt 
bei Dräger; in der Bedeutung „wachen bei" nur Ovid) VII, 766 
invigilat cunctis saevum scelus, alle träumen nachts von dem bei 
Tage verübten Verbrechen. Irruo (fehlt bei Dräger) hat Lucan 
zuerst so VII, 60 cladibus irruimus. Obluctor (Curt., Verg.) III, 
662 obluctata morti. Subsidere mit Dat., das Dräger S. 419 
von Lucan anführt, konnte ich nicht finden ; denn I, 553 heisst 
tellus subsedit, die Erde senkte sich, I, 207 ist squalentibus arvis 
offenbar der Abi. loci und V, 226 haben alle Herausgeber regnum ; 
nur der Commentator Martiny-Laguna wollte dort regno; sonst 
weiss ich keine Stelle. Submovere entziehen ist , von Lucan zu- 
erst mit Dat. verbunden: VIII, 689 submota est capiti tabes. — 
Der Gebrauch des Gerundivs ist hier in der alten und klassischen 
Sprache sehr beschränkt; erst seit Livius erweitert sich derselbe 



— 40 >- 

(Müller S. 273); so hat auch Luean: IV, 345 non deerat fortis 
rapiendo dextera leto. Die Verba des Eämpfeos wie (idxBod^ai 
mit Dativ zu koDstruieren ist der Dichterspräche eigen. Dieser 
Graeeismus ist bei Lucan nur vorhanden, wenn III, 328 si non 
committitis illis arma, quibus fas est die Interpretation der Scho- 
liasten, Oudendorps und Weises gegenüber Eorte richtig ist. 

Der Dativ kann auch zu Adjektiven als Beziehungscasus 
treten. Im allgemeinen hat das nachklassische Zeitalter das von 
den Klassikern Gebrauchte nicht sehr ausgedehnt. Abgesehen 
von klassischen Wörtern sind folgende bei Lucan mit Dat. kon- 
struiert: Aemulus (Plaut., Verg.) VIII, 307 fatis nimis aemula 
nostris fata — hat in der' Kaiserzeit die Bedeutung „ähnlich^ 
angenommen. Assuetus (Verg.) VI, 371 adsuetas sceleri mentes. 
Benignus (je eine Stelle bei Plaut, u. Hör.) V, 106 iustisque 
benignus. Conterminus (nur Ovid) IX, 300 contermina Mauris 
regna. Discors mit Dativ scheint Dräger S. 447 nur zwei be- 
stimmten Stellen des Ovid und Velleius zuzuweisen; es steht 
aber auch bei Lucan VI, 687 murmura dissona et humanae mul- 
tum discordia linguae. Diversus (Verg., Hör., Ov.) III, 681 
pelago diversa lues, IX, 789 facies leto diversa fluenti. Fecundus 
konstruiert Luc. mit Genetiv (sieh diesen) oder Dativ (nur der 
gleichzeitige Plinius), IX, 697 fecundaque nuUi arva bono. In- 
fidus (nur eine Stelle des Sallust) IV, 698 (miles) infidusque 
novis ducibus. Intentus (Sallust, Livius) III, 53 paci intentus, 
auch ad IV, 261. Indiscretus ist von Lucan zuerst so angewandt: 
IX, 715 concolor exustis atque indiscretus arenis Ammodytes — 
dass arenis nicht der Abi., sondern der Dativ ist, ergibt sich aus 
dem damit verbundenen concolor. Vgl. das obige disto mit Dat. 
Laetus (nur bei Vergil) VII, 119 neque enim victoria Magno lae- 
tior, VIII, 89 infelix coniux et nulli laeta marito. Secundus 
„nachstehend" (Liv., Verg.) V, 662 Magnum mihi secundum; 
„günstig" IX, 646 numenque secundum aquis. Bei superstes 
schwanken die Autoren zw. Gen. u. Dat., Luc. hat durchaus den 
Dativ V, 688 fatis, 775 tibi, VIII, 29 imperio. Vacuus (Hör.) 
III, 26 vacuum amori tempus. Vilis schreibt Dräger S. 447 erst 
dem Florus zu ; es kommt aber Ov. her. VII, 48, bei Seneca u. 
Lucan vor, IV, 276 sibi vilis iuventus, VIII, 744 corpus vile 
suis. — Pronus verbindet Lucan wie Livius und Horaz (ausser 
dem Genetiv) auch mit in, z. B. I, 292 in bellum prono, II, 453 
pronior in Magnum populus etc. oder gleich Vergil mit ad wie 
VI, 147 pronus ad nefas. Melior verbindet Lucan, VII, 249 hor- 
tando melior üducia vulgo mit dem Dativ des Gerundivs. Die klass. 
Sprache kennt diese Konstruktion nur an je einer Stelle Ciceros 
und Cäsars; auch später ist sie selten geblieben (Müller II, S. 277). 



— 41 - 

Folgende Adjectiva ausser dem oben erwähnten indiscretus hat 
Lucan znerst mit dem Dat. verbunden: Goncolor IV, 678 c. In- 
do Maurus, IX, 715 c. exustis atque indiscretus arenis Ammodytes ; 
confragus VI, 126 confraga densis arboribus dumeta; consors IV, 
178 studiis puerilibus consors aetas; dubius (auch mit Genetiv) 
IV, 698 (niles) infidusque novis ducibus dubiusque priori auch 
mit in 1, 262 dubiaeque *in proelia menti „unentschieden für^ ; 
indignus X, 102 sat fuit indignum mundoque tibique; surdus VI, 
443 tot surdas gentibus aures Coelicolum convertunt carmina 
gentis. Bei allen diesen letztgenannten Adjektiven wenden die 
Vorgänger Lucans entweder eine Präposition an oder sie gebrauchen 
dieselben absolut. 

Der Dativus finalis zur Bezeichnung der Bichtung im Baume 
hat zwar eine Spur bei Cicero (Dräger S. 426), kommt aber sonst 
nur bei Dichtern und poetisierenden Prosaikern der späteren Zeit 
vor. Die Form auf o wird vorzugsweise von Vergil und Ovid 
gesetzt, während Horaz und Tibull nur einen geringen, CatuU 
keinen Gebrauch davon gemacht haben. Schröter in seiner Schrift: 
Der Dativ zur Bezeichnung der Bichtung in der lat. Dichter- 
sprache Sagan 1878 hat diese Wendung S. 10 dem Tibull gänz- 
lich abgesprochen. Er findet sich bei diesem aber II, 6, 31 illius 
dona sepulcro feram. Den Lucan erwähnt Schröter nur einmal, 
und doch hat Lucan getreu seiner sonstigen Gepflogenheit diese 
Eigentümlichkeit begierig aufgegriffen und analog weiter zu bilden 
gesucht. Schröter hat nun diese Dative des Singulars für ur- 
sprüngliche Lokative erklärt, welche als Begriffe des täglichen 
Lebens oder religiöser Anschauung geradezu formelhaffc geworden 
seien. Als solche bezeichnet er: terrae — Luc. XV, 647 steroi- 
que vetabere terrae (diese Stelle, an der Weise und Holtze terra 
schreiben, ist ein klarer Beweis für das inkorrekte Verfahren 
dieser Herausgeber, die so oft das Ungewöhnliche tilgten und 
durch eine alltägliche Schreibweise zu ersetzen suchten) V, 360 
proeumbite terrae, VII, 486; femer pelago — Luc. IV, 226 dassis 
peiago sparsura carinas, VIII, 159 pelago Titan demissus, IX, 
224; ponto — Luc. IV, 525 astra vergere ponto; caelo — Luc. 
IX, 972 aspidt unde puer raptus caelo; olympo .— I, 540 ipse 
Caput medio Titan cum ferret olympo; campo — I, 180 venali 
referens certamina Campo; tumulo II, 348 liceat tumulo scripsisse 
Catonis Marcia, VIII, 821. Alle diese Lokative kommen bei 
Vergil vor. Ich zweifle aber, ob Schröter nicht zu weit ging, 
wenn er zu diesen allgemeinen Ortsbestimmungen oder Lokativen 
auch» leto, neci, morti rechnet. Denn ^Ue Belegstellen sind Dichtern 
entnommen und deshalb kann man auch an Personifikationen 
denken. Die einzige prosaische Stelle bei Festus, wo s. v. Qui- 



- 42 — 

rites mittels der alten Formel Ollus Quiris leto datus das Leichen- 
begH.ngnis eines Bürgers angekündigt wird, ist noch kein Be- 
weis. Denn leto datus kann heissen „ist der Vernichtung an- 
heimgegeben", wenn nicht an die Personifikatioa Letus (vgl. 
Bormann uned. Inschriften 3, 20 S. 5) zu denken ist. Dass 
auch Pluralia analog in den Dativ gesetzt wurden, als die Römer 
das Bewusstsein dieses Lokativs nicht mehr empfanden, ist leicht 
erklärlich. So finden sich bei Lucan die vergilianischen Ausdrücke 
tumulis VI, 71 nembris, II, 185, focis IV, 199. Ohne Belege bei den 
Vorgängern Lucans, . daher ein Beweis für die Weiterbildung dieses 
Gebrauchs durch Lucan sind im Singular: I, 396 deseruere cavo 
tentoria fixa Lemano, II, 114 oscula fixisse dextrae, III, 199 com- 
mittere Nilo aves, IV, 362 Aeas lonio fluit inde mari, VIII, 100, 
V, 3 sparserat Aemo bruma nives, V, 37 omnia rursus membra 
loco (bei Ennius Plural) redeunt — zugleich beweisend, dass loco 
auch heissen kann „an den rechten Ort" — VI, 115 utero de- 
mittere. Im Plur. ist dieser Dativ schwer zu bestimmen, weil 
der Dichter auch den präpositionslosen Ablativ hat. Es lässt sich 
mit dem Dativ erklären: VI, 633 quem revocasse sijperis velit. 
Auch Personennamen werden von den Dichtern so behandelt. 
Eine solche Stelle ist VIII, 582 dura (Steinhart surda) vetanti 
tendebat Cornelia palmas. Der Dativus finalis kann aber auch 
einen Zweck bezeichnen. Dieser gehört besonders der Volkssprache 
an, tritt seit Livius immer häufiger auf, kommt aber, wenn man 
die vollständige Zusammenstellung des Dativs bei Vergil, die Dittel 
im Innsbrucker Programm 1873 veröffentlichte, vergleicht, bei jenem 
Dichter nicht häufig vor. Von diesem weicht nun Lucan hierin 
erheblich ab, insofern er diesen Ausdruck des' Zweckes sehr oft 
gesetzt hat. Dabei bedient er sich keineswegs immer der klassi- 
schen Verba relinquere, capere, dicere etc. .So z. B. I, 265 causas 
invenit armis, 506 vota saluti (al. salutis) conciperent, III, 604 
quos eadem variis genuerunt viscera fatis, IV, 228 sceleri iurata 
sacramenta, V, 343 humanum paucis vivit genus, X, 26 ludibrio 
servatus erat, non utile mundo editus exemplum u. s. w. Oefter 
erscheint das von Livius gebrauchte quaerere mit Dat. Kühner 
lat. Gr. Bd. II S. 340 erklärt zwei Stellen II, 733 busto und 
IX, 87 leto mit dem Ablativ. Es tritt zwar bei Lucan in keiner 
Stelle der Casus klar hervor. Kühner beruft sich aber bei Be- 
sprechung dieser Stellen auf Kühnast liv. Syntax S. 82 ff., wo 
letzterer vom Genetiv, criminis spricht. Nun kann ich jedoch 
keinen dieser beiden Casus busto und leto an den bezeichneten 
Stellen als Ablativ auffassen, der für den genetivus criminis steht. 
Denn II, 733 Phariae arenae damnantur busto würde bei einer 
solchen Auffassung heissen: die pharische Wüste wird verbrannt, 



— 48 — 

statt dass sie zur Bestattung des Pompejus dienen muss und in 
IX, 87 me cum fatalis leto damnaverit hora ist die Todesstunde 
nicht die zum Tode verurteilende, sondern nur den Tod mit sich 
bringende; letum ist ihr Ziel. Daher heisst hier damnare „be- 
stimmen^ und die damit verbundenen Kasus sind finale Dative. 
So steht es achtmal bei Lucan J, 249 o tristi damnata loco 
moenia, VI, 641 quem Erichtho damnaverat sacris, VIII, 570 
nisi vicina mortis damnatum leto traherent ad litora Magnum, 
IX, 863 nunquam somno damnatus lumina setpens etc. Einen 
klaren Dativ hat Horaz carm., III, 3, 28 Ilion mihi castaeque dam- 
natum Minervae, wo es die Ausleger mit „verfallen" erklären, 
d. i. nämlich ^für unsern Zorn bestimmt.*' Der finale Dativ in 
unmittelbarer Verbindung mit einem Substantiv^ ist in der archaisti- 
schen Periode häufig, selten aber in der klassischen. Erst seit 
Livius ist er wieder gebräuchlicher. Lucan hat einige Stellen: 
n, 176 inexpleto non fända piacula busto, III, 513 stabilis na- 
valibus area bellis, VI, 397 bellis feralibus omen, 801 durum 
vinclis adamanta, VII, 5 nubes, non pabula flammis. Das vor 
Livius selten erscheinende Oerundiv im finalen Dativ ist von 
diesem und Vergil öfter gesetzt. Auch Lucan ahmt dies nach: 
III, 717 me mittendis rectum componite telis, IV, 411 non pabula 
tellus pascendis submittit equis, 418 firma gerendis molibus conte- 
xunt robora, VII, 249 hortando melior fiducia vulgo, X, 400 haud 
clara movendis signa dedit castris. 

Der Dativus commodi oder incommodi (des Interesses) bietet 
Wenig zur historischen Vergleichung. Zu erwähnen wäre, dass 
Lucan gleich Vergil den Dativ statt des gen. subj. einer Person 
liebt, z. B. I, 307 mihi signa iacerent Marte sub adverso, ebenso 
die Verbindung wie V, 478 ductor erat cunctis audax Antonius 
armis. Ueber andere Stellen Lucans sieh Haase Bd. II S. 148 
und 168. [In der Stelle VIII, 98 quo sit tibi mollius aequor, 
certa fides regum, totusque paratior orbis ist der Positiv certa 
nicht blos von quo abhängig, sondern sogar von zwei Kompara- 
tiven eingeschlossen. Mag auch das Metrum diese Zusammen- 
stellung verschiedener Grade verursacht haben, so bleibt sie immer- 
hin ein für das silberne Zeitalter auffallender Barbarismus. Ab- 
gesehen von einer bestrittenen Stelle bei Cicero wird diese Er- 
scheinung nur von Velleius 2, 69 erwähnt und es lassen sich 
auch sonst nur wenige Beispiele bei Späteren nachweisen (Sittl, 
a. a. 0. S. 101) bis zu den Vertretern des Africanismus, welche 
diese Ausdrucksweise besonders liebten.] 

Der Dativus determinationis oder relationis in Verbindung 
mit einem Particip des örtlichen oder geistigen Standpunktes 
kommt bei Lucan nicht vor. 



— 44 — 

Während Lucan den finalen Dativ viel Läufiger als Vergil 
anwandte, trotzdem der Gebrauch desselben dem Volksmunde eigen- 
tümlich war, weil er durch ihn Knappheit und Kraft im Ausdruck 
gewann, verschmähte er den faktitiven Dativ, (Nielaender, der 
faktitive Dativ bei römischen Dichtern und Prosaikern, Schneide- 
mühl 1877) der ebenfalls der Volkssprache angehört, fast ganz. 
Vergil und Horaz haben ihn nicht selten gebraucht; ersterer je- 
doch in dem didaktischen Gedichte Georgica häufiger als in dem 
Heldenepos Aeneis und letzterer am meisten in den Satiren. So 
darf auch für Lucan geschlossen werden, dass der pathetische 
Schwung in seinem Heldengedichte die losere Verbindung des 
faktitiven Dativs nicht zuliess. Nur an zwei Stellen kommt der 
Factitivus vor und zwar der nämliche Ausdruck: III, 82 gaudet 
tamen esse timori tam magno populo ,und VI, 671 non spuma 
canum, quibus unda timori est. Lucan ersetzt den Factitivus 
durch den in der klassischen Sprache ganz seltenen prädikativen 
Nominativ. Gerade zu dieser Konstruktion hat ohne Zweifel das 
Studium des Griechischen geführt. Denn hier steht bei elvai 
und yiyveod^ai der Nominativ z. B. Xen. comm. 2, 3, 6 XaiQä- 
(pwv if^ot ^rj/Äia fxaXkov i} wq)ilBid eariv. Lucan hat folgende 
Stellen : I, 639 cui cura fuit nosse . . ., II, 288 crimen erit superis 
et me fecisse nocentem, III, 241 quanta est gloria genti, VII, 
112 Pompei nee crimen erit nee gloria bellum, 180 mentibus 
unum hoc solamen erat, VIII, 78 nunc sum tibi gloria maior, 
604 victoribus ipsis dedecus et fabula. 

Natürlich fehlt bei Lucan auch der Dativus ethicus aus dem 
oben für den Ausfall des Factitivus angegebenen Grunde. 

Der Dativus possessionis mit esse bei geistigen Eigenschaften 
wird zuerst von Sallust, dann von Curtius angewendet. Auch 
Vergil hat ihn öfter. Gleich diesem setzt ihn Lucan bei amor, ani- 
mus, mos wie I, 21 si tantus amor belli tibi nefandi; ein paar 
Male pietas wie IV, 566 pietas ferientibus una, non repetisse, 
fuit, 1, 92 fides, 179 ambitus, 461 mens und animae, V, 215 
pallor, VIII, 306 fiducia, 635 custodia mentis, X, 490 constantia. 

Der Dativ des Prädikatsnomens bei licet ist von Lucan nur an 
einer Stelle angewandt, die kritisch unsicher ist, III, 82 tibi genero 
esse licebit (Weise generum). Aber nach griechischem Vorbilde 
haben diese Attraktion des Kasus des Prädikatsnomens die augustei- 
schen Dichter und Livius auch auf andere unpersönliche Verba 
ausgedehnt. Ein solches Beispiel hat Luc: IX, 379 o quibus 
una Salus placuit mea castra secutis indomita cervice mori! 

Der Dativus auctoris steht gewöhnlieh bei Cicero mit dem 
Gerund. od. Gerundiv oder mit Temporibus verbunden, die mit 
dem part. perf. pass. gebildet sind. Von Livius ist durch das 



— 45 — 

StadiTim der griechischen Vorbilder der Gebrauch weiter ausge- 
dehnt worden. Namentlich liebten ihn aber die Dichter nicht 
bloss um der Kürze des Ausdruckes willen, sondern auch oft des 
Versmasses wegen. Am meisten hat ihn Ovid ; weniger Horaz 
und Vergil. Bei letzterem nimmt die Anwendung dieses Dativs 
abhängig von einfachen Temporibus 90 zu, dass bereits der 
fünfte Teil aller Stellen mit solchen gebildet ist. Zudem findet 
sich bei ihm der Dativ solcher Intransitiva, welche statt der 
passiven Form eines an sich aktiven Yerbums stehen. Lucan hat 
nun diesen Dativ schon so häufig gebraucht wie Tacitus; doch 
kommen nur wenige neue Begriffe dabei zur Anwendung; es sind 
meist solche (vgl. Haase II S. 154 ff.), die bei Ovid und Horaz 
vorkommen. Mit dem part. perf. pass. gebildete Formen: z. B. 
der Annehmlichkeit I, 290 decretum genero est; des äusseren 
Besitzes II, 610 urbs est Dictaeis possessa coloDis; der siDnlichen 
Wahrnehmung IV, 715 proelia sunt audita lubae, IX, 178 vela- 
mina summo ter conspecta lovi ; des Affekts III, 7 1 haec ubi sunt 
pro Visa duci, VII, 455 mortalia nulli sunt curata deo etc. ; freier 
IV, 340 servata precanti (= a precante) maiestas, 608 invictus 
cunctis erat, X, 29 victas patri Athenas. Nicht minder häufig 
sind aber auch die andern Tempora. So die Begriffe der Annehm- 
lichkeit 1, 444 quibus placatur Teutates, der Wahrnehmung V, 
778 quod si sunt vota, deisque audior; des Affekts VIII, 301 
nee pila timentur nostra nimis Parthis. Freier : V, 260 quidquid 
mukis peccatur, VII, 511 Romanus cunctis petitur cruor, VIII, 
694 cum tibi {^= a te) sacratb Macedon servetur in antro. Ein 
Intransitivum mit dem dat. auctoris ist II, 547 ut Gatulo iacuit 
Lepidus = a Gatulo prostratus est. Vielleicht ist auch hieher 
zu ziehen V, 602 dubium pendet, vento cui concidat (= cui vento 
ut victori versandum contingat) aequor. Doch wird auch pareat 
gelesen statt concidat. Hieher gehören noch die Adjektiva auf 
büis, die eine passive Möglichkeit ausdrücken. Das schon bei 
Ovid erscheinende superabilis steht auch bei Luc. mit Dat: VIII, 
370 Parthus nulli superabilis hosti. In keiner der aufgeführten 
Stellen ist der Dativ durch Concinnität entstanden. 

Aus dem Vorstehenden ersieht man vor allem, dass Lucan 
beim Dativ sich entschieden der seit Livius herrschenden Richtung 
anschloss, diesen Kasus zu setzen statt Präpositionen mit Accusativ. 
Ferner erscheint diese Vorliebe bei unserm Dichter nicht bloss 
darin, dass er in allen Fällen, wo die klassische Sprache zwischen 
Genetiv und Dativ schwankte, für den letzteren sich entschied, 
sondern dass er selbst in die ältere Periode der Sprache hinüber- 
griff, wenn diese ihm die Konstruktion mit dem Dativ erlaubte. 
Beim finalen Dativ zur Bezeichnung der Richtung zeigt sich ganz 



- 46 — 

klar die Nachahmung Yergils; doch beweist er bei dem mit Ad- 
jektiven verbundenen Dativ und besonders beim finalen Dativ zur 
Bezeichnung des Zweckes seine Selbständigkeit. Was durch den 
letzteren die Sprache des Volkes bot, ergriff er im Gegensatz zu 
Vergilbegierig, weil jene Redensart für die poetische Darstellung 
vorteilhaft schien ; wo dagegen die Volkssprache abstracte Wen- 
dungen oder Formen der Vertraulichkeit bot, nahm er zu den 
griechischen Vorbildern seine Zuflucht. Letzteres tritt in der An- 
wendung des prädikativen Nominativs statt des Faktitivs zu 
Tage. Nicht minder offenbart sich der Einfluss des Griechischen 
im dativus auctoris, dessen Gebrauch bei Lucan zwar über das 
von Horaz und Ovid Gebotene nicht hinaus geht, aber numerisch 
fortgeschritten erscheint. 

Genetiv. 

Der genetivua subiectivus der Personalpronomina statt der 
Possessiva hommt klassisch höchst selten, bei Sallust einmal, bei 
Livius gar nicht vor; Valerius Maximus und Seneca haben einige 
Stellen (Dräger S. 471). Auch Lucan ahmt dies nach: II, 513 
victis iam spes bona partibus esto, exemplumque mei, ein Beispiel 
der Nachsicht, die ich übe, VII, 558 ne qua parte sui pereat 
scelus. Hieher zu ziehen ist bei den Dichtern wie Vergil (die 
Fälle sind zusammengestellt Benoist, oeuvres de Virgile voll. III. 
p, 468) und Horaz vorkommende präcisierende Periphrase wie 
ßia Idyi^ilXeoyg, ßijj ^HgaKkrjeii^, So hat Lucan IX, 371 impatiens 
virtus haerere Catonis genau nach Hör. carm. III, 21, 11 narratur 
et prisci Catonis saepe mero caluisse virtus. 

Wie beim gen. subiect. das pronomen personale statt des 
Possessivs gesetzt wurde, so findet sich dies auch beim gen. possess. 
Für Lucan ist nur anzuführen: X, 185 fama quidem generi Pha- 
rias me duxit ad urbes, sed tamen et vestri. Freilich mag die 
Concinnität an dieser Stelle zur Bildung eines solchen Genetivs 
beigetragen haben. Auffallender Weise ist aber der Genetiv nicht 
gesetzt IV, 779 vix impune suos inter convertitur enses, kaum 
vermag er sich ohne Gefahr zwischen den Schwertern der Seinigen 
zu bewegen (so dicht ist das Gedränge!). Statt des genetivus 
possessivus pflegt die Prosa nur Adjektiva zu setzen, die aus den 
Namen des Adoptivvaters oder Lehrers gebildet sind ; bei Dichtern 
aber werden auch von Eigennamen Adjektiva gebildet, z. B. III, 
163 Minoia Creta, 178 Herculeam Oeten, 284 Memnoniis copiis, 
VI, 283 Pompeiana quies, VII, 149 Gorgoneos crines, X, 424 
Gaesareus cruor etc. Zum genetivus possessivus noch totus zu 
setzen, ist vorzugsweise eine Eigentümlichkeit des silbernen Zeit- 



— 47 — 

alters. Es soll mit totus ausgedrückt werden, dass alle Em- 
pfindungen und Bestrebungen des Subjekts auf ein bestimmtes 
Objekt gerichtet sind. Es kommt schon bei Terenz (fratris Thais 
tota est Eun. 5, 9, 10), bei Cicero aber nur einmal . (fani. 15, 7) 
vor. Livius hat es zuerst wieder hervorgeholt und sogar bei 
Sachen angewendet (Haase II S. 16), ausserdem wird es von 
Seneca und den beiden Plinius erwähnt. Auch Lucan sagt: IX, 
30 totae post Magni funera partes libertatis erant, VIII, 800 si 
tota est Herculis Oete. Den bei Müller S. 266 angeführten 
Autoren ist daher auch Lucan beizufügen. Die Ellipse beim 
genetivus possessivus, welche durch den Ausfall von uxor ent- 
steht, kompit überall vor. So Luc. II, 343 liceat tumulo scrip- 
sisse: Catonis Marcia. 

Der genetivus objectivus ist hier nur erwähnenswert, inso- 
fern er von Substantiven abhängt, welche von intransitiven Verbis 
stammen oder primitiva sind. Es hat aber selbst die Prosa diesen 
freieren Gebrauch. Deshalb sollen nur einige Stellen aus Lucan 
angeführt werden; z. B. I, 123 te iam series ususque laborum 
(gen. subj. u. obj.) erigit, II, 573 fama furoris, IV, 91 errore 
viarum, 193 latebrae tot scelerum (gen. obj. u. poss.), 332 ie- 
iunia undae, V, 743 bellis quorum tibi tuta latebra Lesbos erit, 
"493 commercia pacti, VIII, 642 ius sceleris, das Eeoht ein Ver- 
brechen zu begehen u. s. w. Lucan umschreibt diesen Genetiv 
entweder durch eine Präposition, z. B. III, 370 poenas dabitis 
pro pace petita, VIII, 307 fiducia in Arsacidis oder, was sehr . 
selten bei andern vorkommt, durch ein Adjektiv, nämlich VII, 
304 Caesareas spectate cruces, das für Cäsar bestimmte Kreuz, X, 
350 Pompeianae caedis socium, einen Genossen bei der Ermordung 
des P. Das auch a^^derwärts erscheinende Possessiv statt des gen. 
obi. steht VII, 380 Magnus, nisi vincitis, exsul, ludibrium soceri, 
vester pudor, IV, 718 obcurat suam famam, das Gerücht von 
seiner Ankunft. Dem silbernen Zeitalter war der genetivus ob- 
iectivus sui eigentümlich, welcher bei Nepos in admiratio sui be- 
reits ein Vorbild hat (Müller S. 266). Besonders findet sich dies 
bei dem Philosophen Seneca. Auch Lucan sagt II, 463 iusque 
sui perdidit, IV, 655 miratrixque sui, VIII, 612 perdiderat iam 
iura sui. 

Zum objektiven Genetiv wird auch der genetivus exclania- 
tionis gerechnet, welcher gesetzt wird, wenn die Veranlassung 
oder der Gegenstand der Klage eine Sache ist. Dieser Gebrauch 
ist ein Graecismus. So steht z. B. Soph. Ant. 1265 otjuot i^wv 
ßovXevfjidTWV, Aristohp. Acharn. 1205 Iw tQavfidrwv iftwdvvwv. 
Dieser .Genetiv ist aber im Lateinischen auf folgende Stellen be- 
schränkt gebliebjen: Plautus (wird von Müller S. 272 ohne An- 



— 48 — 

gäbe der Stelle erwähnt), Properz IV, 7, 21 foederis beu taciti. 
Auch Catall 9, 5 o mihi Dantii beati wird angeführt; doch bleibt 
der Kasus zweifellhfft. Irrig ist dabei die Behauptung Overholt- 
haus* S. 31: Praeter locum Propertii 4, 7, 21 eiusmodi gene- 
tiyus cum interiectionibus coniunotus apud seriptores Latinos non 
legitur. Denn Lucan hat diesen Genetiv II, 45 o miserae sortis I 
Eine einzige ganz unbedeutende Handschrift (cod. Estens.) des 
Körte hat sortes, alle übrigen sortis. Auch alle Herausgeber 
haben sortis, selbst Weise und Holtze, die sonst alle Kasus- 
endungen auf is in es umgesetzt haben. 

Abweichend vom klassischen Gebrauche setzt Lucan bei der 
Häufung von Genetiven das regierende Substantiv voran und den 
objektiven Genetiv vor den possessiven resp. subjektiven an folgen- 
den Stellen: VIII, 434 ultorem cinerum nudae umbrae, 451 nee 
iura fidemque respectumque deum veteris speraveris aulae. (Mad* 
vig adv. crit. Bd. II S. 129 veteri aula). Diese Stellung ist 
überhaupt selten vgl. Kühner II S. 306. 

Der in der Prosa seltene, bei Vergil aber häufige genetiv. 
materiae steht auch bei Lucan, 11, 72 vincula ferri, VI, 797 
aeternis chalybum nodis, IX, 342 sicci iam pulveris agger. 

Der genetivus partitivus, durch das Neutrum eines Pronomens 
ausgedrückt, kommt in der Abhängigkeit von Präpositionen bei 
Plautus (nach Holtze Syntaxis priscorum scriptorum Latinorum I 
S. 324) nur einmal vor, dann erst wieder bei Sallust und Livins. 
Vergil hat dies nicht (nach Antoine). Lucan: X, 195 ad hoc 
aevi populis ignota profanis. Eo mit Genetiv, das ebenfalls dem 
silbernen Zeitalter angehört, steht einmal bei Luc. VII, 406 eo 
cladis dedimus Eomam. Der Genetiv abhängig von neutralen 
Adjektiven, die eine Quantität bezeichnen, zeigt sich vor Cicero 
selten und ist auch bei diesem auf wenige Ausdrücke beschränkt. 
Lucan hat diesen Gebrauch sehr oft und zwar den Plur. viel 
öfter als den Sing.; z. B. II, 128 parvum sanguinis, IV, 74 con- 
gestum aeris atri, VII, 226 plurima campi. Mit Präpositionen 
erscheint dies Neutrum erst seit Sallust und Livius. Lucan hat 
auch diese Ausdrucksweise sehr oft, z. B. VII, 507 per ultima 
belli, IV, 147 in ultima mundi, VIII, 226 super ultima regni, 
X, 276 ad extrema mundi etc. Wichtiger ist hier das Neutrum 
von Adjektiven, die kein Mass bezeichnen und im Positiv stehen. 
Es steht vorklassisch nur an drei Stellen des Luerez (Holtze synt. 
Lucr. lineamenta p. 49) und bei Ennius, bei Klassikern gar nicht, 
bei Sallust und Horaz selten, bei Livius und Vergil sehr häufig. 
Gerade daa epische Versmass begünstigte diese Wendung, indem 
bei Adjektiven der zweiten Deklination im Plur. eine Kürze ge- 



— 49 — 

woDoen wurde. Deshalb hat auch Lucan den Flur, am öftesten. 
Im allgemeinen verursachte diesen Gebrauch die philosophierende 
Richtung, die es liebte, von Begriffen zu abstrahieren und die ge- 
wonnenen Teile zu substantivieren. Von der grossen Menge sollen 
folgende Stellen Platz greifen: II, 602 secreta silvarum, IV, 675 
zonae exusta, V, 258 regnorum iniusta, V, 782 prospera belli, 
VI, 149 tuta fugae, 330 terrae devia secutus, VII, 478 con- 
vexa Olympi, VIII, 279 curarum arcana expromam, IX, 526 pu- 
tria terrae, X, 19 mundi devexa, 317 abrupta viarum. Mit 
Präpositionen: I, 570 per avia nemorum, II, 416 per plana Aegypti, 
m, 161 in devia terrarum, V, 171 per inania templi, VI, 138 
super ardua valli, VIII, 209 in devia mundi und mit Wieder- 
holung solcher Adjectiva noch oft. Singular: IV, 353 securum- 
que orbis patimur; der sehr seltene Ablativ III, 68 ubere vix 
glebae superat Libye, VIII, 249 magnosque sinus Telmessidos un- 
dae compensat medio pelagi; mit Präpositionen: VI, 731 per inane 
Erebi, IX, 304 in dubio pelagi, X, 253 per tacitum mundi. — 
Den genetiv. partitivus abhängig von dem Positiv eines Adjektivs 
im Mascul. oder Pemin. habe ich nicht gefunden. — Unregel- 
mässig steht der genetiv. partitiv. bei Zahladjektiven, wenn das 
regierte Substantiv ein Possessiv bei sich hat. So V, 687 nuUusne 
tuorum comitum (doch auch regelmässig VIII, 747 nee ulli cara 
tuo umbra), VIII, 143 votorum extrema meorum. Während der 
partitive Genetiv von nos überall nostrum heisst und nostri nur 
„ein Teil unseres Wesens'' ausdrückt, ist, ohne dass ich ein ähn- 
liches Beispiel irgendwo finden konnte, nostri im Sinne von nostrum 
gesetzt V, 264. Es klagen die Soldaten Cäsars, die ihren Dienst 
verlassen wollen : Partem tibi Gallia nostri eripuit : partem duris 
Hispania bellis : pars iacet Hesperia : totoque exercitus orbe te 
vincente perit. Offenbar steht hier nostri für nostrum ; auch 
kann nicht aus dem Nachfolgenden als Genetiv zu nostri das Wort 
exercitus ergänzt werden. Es muss also nicht, wie es in Reisigs 
Vorlesungen über lat. Sprachwissenschaft herausg. v. Haase Leip- 
zig 1839 S. 658 heisst, der genetiv nostri durchaus den Sinn 
haben: „was unser ist.^ Statt des partitiven Genetivs werden zu 
allen Zeiten die Präpositionen ex und de angewendet. Erstere 
Präp. hat Lucan wohl öfter angewandt, dagegen de nur zweimal, 
nie in; dafür gebraucht er inter selbst da, wo kein Superlativ 
(wie bei Cicero) die Verbindung mit inter vermittelt. Dieser 
nachklassische Gebrauch zeigt sich: III, 689 mille modos inter 
leti mors una timori est, qua coepere mori, IV, 513 amissis inter 
tot millia paucis, IX, 787 Cyniphias! inter pestes tibi palma no- 
cendi est. 

Beim genetiv. qualitatis ensteht eine Brachylogie, wenn zum 

4 



- 60 — 

Genetiv der Gattungsbegriflf fehlt. Diese Ausdrucksweise wird 
Cicero abgesprochen (Dräger S. 462), aber von Catull, Cäs., Sallust, 
Liyius und Horaz erwähnt. So hat auch Lucan V, 52 famae 
veteris laudantur- Athenae (So Körte. Weise will fama veteres), 
VI, 508 hos scelerum ritus damnarat nimiae pietatis Erichtho, 
VIII, 223 sequerer duros aeterni Martis Alanos. Dräger S. 462 
führt auch 6, 30 (muss VI, 301 heissen) felix ac libera, legnm 
Roma fores iurisque tui an. Es ziehen aber Körte, obgleich er 
im Texte legum hat, und Steinhart die Lesart regum (abhängig 
von libera) vor; daher ist die Stelle überhaupt unsicher. 

Der Genetiv abhängig von einem Adjektiv (Adiectiva rela- 
tiva) ist in der älteren Zeit nur im beschränkten Masse gebraucht, 
findet aber allmählich weitere Ausbreitung. Adjektiva, die eine 
Begierde, Kenntnis, Uebung, Gewohnheit oder das Gegenteil aus- 
drücken, hat Lucan am meisten in Anwendung gebraucht: Caecus 
(= ignarus, von Lucan zuerst so. gebraucht) : II, 14 sit caeca 
futuri mens hominum fati, X, 483 caeca iuventus consilii. Im- 
patiens (Curt., Vergil und Ovid) öfter; z. B. I, 93 potestas im- 
patiens consortis, III, 543 haesuri Martis, VI, 424 morae etc. 
Praesagus (Vergil) II, 121 praesage malorum Antoni, VI, 414 prae- 
saga belli futuri, VII, 186 praesaga malorum mens. Pronus steht 
zuerst so bei Lucan und zwar mit dem in dieser Verbindung über- 
haupt höchst seltenen Genetiv des Gerunds: I, 461 inde ruendi 
in ferrum mens prona viris (seil, est); am häufigsten hat Lucan 
securus mit Gen. (Verg. u. Hör.); z. B. I, 212 securus tanti 
vulneris, II, 241 securumque sui (seil, virum) IV, 353 securum 
orbis, IX, 446 secura iuventus ventorum etc.; mit Abi.: X, 10 
securus pignore tam saevi sceleris.*) 

Von Adjektiven, die mächtig, teilhaftig, schuldig oder das Gegen- 
teil bedeuten, gehören hieher: Potens (archaist., bei Vergil, Uoraz, 
Ovid, Livius) z. B. I, 83 terrae pelagique potentem, III, 402 nemo- 
rumque potentes Silvani, V, 199 potens veri, VI, 484 omne potens 
animal leti (todbringend) etc. Exsul (Sali., Curt., Hör., Ov.) III, 
339 patriae exsul. Das von Erdmann S. 11 hieher bezogene im- 
munis in IX, 555 (muss heissen IX, 542) beruht auf schlechter 



*) Erdmann (über den Gebrauch der lat. Adjektiva mit dem Gene- 
tiv Stendal 1879) führt von Lucan auch ambitiosus an : 4, 376 quaesi- 
tonim terra pelagoque ciborum ambitiosa fames und fügt bei: „Ambi- 
tiosus würde wohl zunächst hieher zu ziehen sein; es hat sonst freilich 
den Objektsbegriff in *8ich selbst, aber es an dieser Stelle absolut zu 
nehmen, geht nicht an.* Nun wird aber gerade der absolute Gebrauch 
belegt (vgl. Körte zu Lucan) durch Seneca ep. 120 ambitiosa non est 
fames und die genaue Nachahmung bei Ennodius, epigr. 61, 8: ambi- 
tiosa fames, lassato prodiga censu. Daher ist ambitiosus auch bei 
Lucan absolut zu fassen. 



— 61 — . 

Lesart. Körte hat nach guten Handschriften den Ablativ. In- 
nocuus ist von Lucan zuerst so gebraucht und durch die gute 
Lesart Eortes gesichert : IX^ 8 quos ignea yirtus innocuos vitae, 
patientis aetheris imi fecit. Capax (Curt., Livius, Ovid), 1, 462 
animae capaces mortis, 512 urbem generis capacem humani, X, 
183 mundique capacior hospes. Tnviolatus IX, 342 inviolatus 
aquae sicci iam pulveris agger ist kritisch unsicher (Weise aqua). 
Von Adjektiven, die eine Fülle oder das Gegenteil ausdrücken: 
Fecundus (Hör,, Ovid) I, 165 fecunda virorum paupertas. Indi- 
gus (Lucr., Verg.) VIII, 446 (terra) non indiga mercis aut lovis 
IX, 254 indiga servitii plebes, 592 indiga laticis iuventus. Tngens 
(Sali, frgm.) VII, 571 nox ingens scelerum. Largus (Plautus, Vergil) 
VII, 225 largus habenae Ponticus ibat eques, dem man die Zügel 
schiessen liess, IX, 608 fons unus largus aquae. Orbatus II, 298 
morte parentem natorum orbatum. Diese Konstruktion habe ich 
sonst nirgends gefunden. Parcus (Hör., Tibull) IX, 590 somni 
parcissimus ipse est. Prodigus (Hör.) IV, 373 o prodiga rerum 
luxuries. Von Adjektiven mit der Bedeutung frei, entblösst : Liber 
(archaist., Verg., Hör.) IV, 384 curarum liber, VI, 106 liber 
terrae hostis, VI, 301 ist eine unsichere, beim gen. qualitatis S. 50 
besprochene Stelle, VII, 818 libera Fortunae mors est. Das von 
Erdmann S. 16 angeführte neglectus in II, 126 te (neglectum) 
violatae dextrae ist eine schlechte Lesart. Körte hat statt dex- 
trae nach den guten Handschriften codd. Berol., Salm., Gasell. : 
Vestae; ebenso Steinhart. Endlich das von Erdmann S. 12 citierte 
transfuga gehört, weil es Substantiv ist, eigentlich nicht hieher; 
es ist von Lucan zuerst mit einem Genetiv verbunden, VIII, 335 
transfuga mundi : du aus dem römischen Eeich Entfliehender. Von 
Adjektiven, die Affekte ausdrücken : Aeger (archaist., Sallust, Livius) 
VII, 240 aeger morae; dubius (Sali., Hirt., Liv., Ov.) IV, 156 
dubii fugae pugnaeque, VII, 611 dubium fati. Pavidus ist von 
Lucan zuerst mit einem Genetiv verbunden: VIII, 811 (adde) 
pavidos Cilicas maris. Einzelne: Dignus (Plautus, eine Stelle Cic. 
ad Att., fraglich bei Ovid) IV, 813 digna damus meritae prae- 
conia vitae, IX, 1101 dignaque satis mercede laborum contentus. 
Doch setzt Lucan auch den regelmässigen Ablativ. Certus (Verg.) 
VII, 31 fati certus, VII, 120 procerum pars certa loci. Incer- 
tus (arch., Sali., Verg., Liv., Ov.) V, 566 flatusque incerta fu- 
turi aequora. Medius (Caes., Hör., Ov.) I, 457 longae vitae mors 
media est, II, 311 excipiam medius totius vulnera belli. Tutus 
mit Genetiv IX, 346 pars ratium tuta fugae wird als ganz allein 
stehend von Dräger S. 620 angeführt. Allein die Stelle ist nicht 
ganz sicher. Von gleich guten Handschriften haben die einen 
fuga, die andern fugae. Vicinus (selten; doch bei Gic.) IX, 482 

4* 



- 62 — 

ora yicina perusti Aetheris. — Endlich sind bei Lncan noch 
folgende Participia praes. mit Genetiv verbunden: Egens (Sali. 
Verg., Hör.) IX. 704 (aspis) ipsa caloris egens. Fidens (Verg.) IX, 
378 armorum fidens. Adiectiva relativa mit Präpositionen ver- 
banden — sieb bei den Präpositionen! 

Der genetivus comparationis, der vor Lncan nur bei Vitra v 
gesichert erscheint (Dräger S. 494) wird von Körte nach einer 
nicht bedeutenden Handschrift gelesen II, 435 (A pennin ns) longior 
Italiae. Weise hat Italia. 

Beim Genetiv treten somit viele Eigentümlichkeiten der 
augusteischen Dichter und der silbernen Periode hervor, denen 
Lucan als achtes Kind seiner Zeit sich nicht zu entziehen ver- 
mochte, wie der Gebrauch der Personalia statt der Possessiva, 
totus und eo mit Genetiv, das objektive sui, inter statt des gen. 
part. ; namentlich aber erscheint die Vorliebe Lucans für den genetiv. 
partit. bei quantitätlosen Adjektiven. Es zeigt sich darin wieder 
seine philosophische Bildung. In all den genannten sprachlichen Er- 
scheinungen war Lucan Nachahmer; dagegen beim Genetiv ab- 
hängig von Adjektiven hielt er sich nicht bloss an das Muster 
des Horaz und Vergil, sondern schuf selbst viel Neues, das in 
der Folge sogar bei den Prosaikern Nachahmung fand ; die häufige 
und so weit ausgedehnte Anwendung dieser Konstruktion ist 
geradezu auffallend. 

Ablativ. 

Beim Ablativus separationis zum Ausdrucke des Ausgehens 
von einem Orte ist zu bemerken, dass Lucan hinsichtlich der 
Namen der Städte und kleineren Inseln durchaus den klassischen 
Gebrauch beobachtet; z. B. II, 49, III, 164, IX, 414. Auch 
findet sich kein Beispiel für den Abi. eines Ortsnamens, der in 
unmittelbarer Verbindung mit einem Substantiv die Ortsangehörig- 
keit bezeichnet. — Zum Ausdrucke der Trennung von einem Orte 
setzen schon die Dichter der älteren Zeit den blossen Abi. öfter 
als die klassischen Prosaisten. Mit Livius nimmt dieser Gebraucli 
an Ausdehnung zu, und Vergil bedient sich bei der eigentlichen 
Bedeutung des Verbums gleichmässig des blossen Abi. und der 
Präpositionen, während er bei metaphorischer meistens die Prä- 
position weglässt (vgl. Antoine de casuum syntaxi Vergiliana, 
Paris 1882 S. 167). CatuU gebraucht bei den mit re und se 
zusammengesetzten Verben die Präp. a (Overholthaus S. 82), Ver- 
gil lässt diese bereits weg. In diesem letzten Punkte bleibt Lucan 
unentschieden, sonst folgt er Vergil im Gebrauche des blossen 
Abi., ja er geht noch weiter, was sich aus Folgendem ergibt 
(Vergl. Kühnast S. 166). Simplicia: Agere bei Gatull, Liv. mit 
Abi., bei Vergil mit Abi. u. de. Luc. hat den Abi. : VII, 1 oceano 



— 53 — 

Titan eqnos egit; arcere bei Cic. metaph. mit ab, eigentl. mit 
Abi. ; ebenso Liv. u. Verg. (eine Stelle ausgenommen). Unrichtig 
ist, was Dräger S. 503 bemerkt, dass Dichter wohl immer den 
Ablativ gebraucht haben. Denn Lucan hat die Präp. ebenso oft: 
I, 463 bellis, V, 139 templis, VII, 81 gladios a sanguine, VIII, 
497 ab litore, 588 nos a terris omnibus, X, 420 manus a san- 
guine, 489 aditu; cadere bei Cic. meist mit Präp., Liv. zweimal 
mit bloss. Abi., Hör. schwankend, Verg. Abi. u. de; Luc. durch- 
aus Abi.: I, 213 fönte, III, 733 genis, VIII, 255 Tauro; cedere: 
Cic. u. Liv. schwanken, ebenso Vergil. Lucan hat durchaus den 
Abi., wenn man mit Körte V, 760 pectore liest wie V, 168 
(Weise e pectore) und VII, 408 cedant fastis nomina; sonst III, 
412 foribus, VIII, 530 campis; cessare Liv. meist mit ab, Luc. 
schwankt, III, 451 cessantis aratro, IV, 24 cruento Harte, VI, 
554 cessant a caede manus; ferre Cic u. Liv. meist mit ex; 
Luc. mit Abi. VIII, 84 nulla tulisti bella damna meo ; fugere klass. 
mit ex, bei Vergil und Ovid mit andern Präp., CatuU und Hör. 
mit Abi., von Lucan mit Beidem verbunden it, 570 fugit ab 
undis Bheni, V, 222 pectore fugit verum, IX, 271 ab Emalhiis 
fugisse Philippis; haerere bei Vergil, Liv. u. Hör. mit Abi. Lucan 
hat ein paar Male in IV, 331, IX, 650, sonst am öftesten d^n 
blossen Abi. z. B. I, 507 limine haesit, II, 488 hoc limite haereat 
bellum, VI, 462 und noch öfter. Laxare bei Cic. fam. mit Abi., 
bei Liv. mit ab, bei Luc. mit Abi. IV, 632 laxavit corpore nodos. 
Daher ist Kühner II, S. 276, dass ausser obiger. Stelle des Cic. 
der Abi. nicht vorkomme, sondern nur ab, zu berichtigen. Liberare 
wird von Cic. u. Liv. verschieden gebraucht ; Luc. hat den Abi. : 
X, 235 campos liberat undis; pellere konstr. Cic. bei gewissen 
Substantiven mit blossem Abi., sonst mit Präp., Vergil hat ein- 
mal pellere mit bloss. Abi. Luc: I, 278 pellimur e laribus, VIII, 
503 ab orbe, aber IV, 713 pepulit Varum campo, ein Substantiv, 
das nicht unter jenen feststehenden bei Dräger S. 501 aufgezählt 
wird ; petere bei Cic. mit Präp., Vergil mit a. Hör. mit Abi. Luc. 
mit Abi.: IX, 545 lovis monitu nova fata petebant; praecipitare 
konstr. Cic. mit ex, Liv. mit de und blossem Abi. Verg. mit 
Abi. ; auch Luc. IV, 209 hostes praecipitat castris ; rapere könstr. 
Liv. mit ex u. a, Verg. mit de u. ex, Luc. verschieden: I, 534 
Arctois rapiens e partibus ignem und so Öfter, I, 549 : raptus ab ara 
ignis, X, 7 a sanguine, sogar den blossen Abi.: III, 351 pectoribus 
rapti matrum, 684 rapuere incendia cera, VI, 359 nato, 526 rapuit 
tura sepulcro, IX, 543 und noch öfter; separare hat bei Cic. nur 
ab od. ex, Ovid trist. 1, 10, 38 u. Luc. allein den blossen Abi.: 
IV, 75 separat aethere terras, IX, 524 quidquid separat Bereni- 
cida Lepti; solvere hat bei Caes. ex, Ovid a, Properz u. Verg. 



— 54 — 

den blossen Abi., bei Luc. meist den Abi. : I, 402, IV, 463 sta- 
tione, 583 litore, X, 97 culpa tantoque pudore domum ; dagegen 
II, 649 solvunt pappes a litore; surgere hat bei Cic. u. Verg. 
ex oder de, Luc. ebenfalls z. B. V, 751, VII, 865; aber auch . 
den Abi. V, 520 surgit toro, 617 litore surgunt fluctus, VII, 
851 quae seges infecta herba surget; tollere bei Cic. de, bei 
Verg. ab, bei Luc. Abi. oder ab: I, 583 tollentem caput se- 
pulcro, IX, 61 ab exstincto tollere busto : torquere bei Hör. ab, 
bei Luc. Abi. I, 548 torsit mare fundo; vellere bei Properz a, bei 
Vergil Abi., a u. de, bei Luc. wie bei Vergil, z. B. VI, 232 vulsis 
pectore telis, 562 florem vulsit corpore, während ich in der von 
Georges citierten Stelle VI, 218 adfixam vellens oculo pendente 
sagittam den Ausdruck oculo pendente als Abi. absol. fasse; vo- 
lutare ist nur bei Luc. mit Abi. u. ab verbunden; I, 412 ventus 
ab extremo pelagus sie axe volutet ; vomere bei Vergil mit Abi. und 
de, bei Luc. nur Abi. X, 254 omnia flumina Nilus uno fönte 
vomens non uno gurgite perfert — wenn nicht fönte instrumental 
zu fassen ist. — — Composita : Abducere gebrauchen Cic. u. 
Liv. mit ab u. ex, Luc. mit ab oder dem Abi. VII, 311 ab 
aethere, X, 153 aratris, VI, 451 aris; abesse mit verschwinden- 
den Ausnahmen alle Autoren vor Lucan mit ab; dieser mit ab 
z. B. VII, 299 a votis, VIII, 741 a munere, aber auch mit Abi. 
V, 664 nulla meis aberit titulis potestas, wenn es nicht Dat. jst; 
abigere bei Liv. mit ab, bei Luc. Abi. VI, 735 abigam vos Om- 
nibus ,urnis; abluere gebraucht erst Luc. mit abl. sep. : VI, 668 
tabo medullas abluit; abire am häufigsten bei den Klassikern mit 
Präp., bei Liv. u. Verg. ohne diese, Luc. ebenfalls: III, 509 victis 
spes abit ; abrumpere hat bei Cic. u. Liv. ab, bei Luc. Abi. VI, 
57 Ephyren abrumpere regnis, VIII, 293 abruptum est nostromare 
discolor unda, IX, 308 • abniptaque terra profundo, doch ist über- 
all die Annahme eines Dativs nicht ausgeschlossen; abscidere bei 
Cic. einmal mit a, bei Liv. mit Dat., daher wahrscheinlich auch 
bei Luc, VIII, 674 trunco cervix abscisa; abscindere bei Cic. 
mit a, Vergil mit de oder Abi., Luc. mit Abi. III, 470 rupes, 
quam vertice montis abscidit vetustas (mit Verkürzung der mitt- 
leren Silbe von abscidit); absterrere bei Cic. u. Liv. mit a, bei 
Luc. mit Abi. V, 129 ducem ardore; abstrahere hat bei den 
Klassikern und Livius ab (bei Liv. auch einmal ex), bei Luc. 
Abi.: VI, 80 cura duces abstrahlt armis; amoliri finde ich erst 
bei Luc. mit Abi., V, 354 Fortuna humeris amolitur onus; arces- 
sere hat bei Cic. ab. Sali, ex, Luc. Abi.: I, 166 totoque arces- 
situr orbe; attollere kommt bei Ovid mit dem Abi. humo vor; 
Luc. hat den Abi. VIII, 65 attollere terra heram; auferre bei 
Ortsbest. hat Cic. u. Liv. mit ab od. ex verbunden, Luc. mit 



— 55 — 

Abi. oder ab. III, 708 rostris abstulit ictus, IV, 664 collibus 
abstulit omen, IX, 1064 aufer ab adspecta nostro ddna; den 
Dat. IX, 365: abstulit arboribus pretium Demorique laborem ; es 
könate also auch oben der Dat. sein statt des Abi.; avellere bei 
Cic. Präp., bei Lucr., Catull, Verg. u. Luc. Abi.: 11,694 arenis 
avellitur uncus, VI, 34 avulsaque saxa metallis; avertere steht 
bei Cic. und Caes. (ausgenommen eine Stelle) u. Liv. mit ab, bei 
Verg. u. Luc. Abi. I, 65 Bacchumque avertere Nysa VIII, 763 
manes animamque offiiciis averte meis; decurrere hat Caes., Liv. u. 
Vergil mit Präp., Luc. mit Abi.: I, 674 vertice decurrit, VIII, 
715 e latebris decurrit; deducere bei Prosaikern mit Präp., bei 
Liv. einige Male Abi., Verg. und Lucan- haben bei andern Sub- 
stantiven den Abi. als den bei Dräger genannten: III, 284 de- 
ducens regnis agmina, VI, 500 sidera deducta polö, VII, 222 
agmina Cilicum terris deducta, nur einmal ab, VI, 70 a tuta Petra; 
defundere hat bei Luc. den Abi. IV, 82 caelo ; delabi räuml. bei 
Cic. u. Liv. mit de u. ex, Liv. hat dabei den Abi. caelo, Verg. 
u. Tibull ab ; Luc. den Abi. I, 567 delapsa templis dona, IX, 
475 delapsa caelo arma. Doch könnte auch der Dativ ange- 
nommen werden vgl. Kühner II. S. 268 ; deligere klass. und bei 
Liv. mit ex, bei Luc. mit Abi., VIII, 270 Graiis delecta luven tus 
Oymnasiis; depellere bei Cic, Caes., Liv. mit Präp. oder Abi., 
bei Vergil mit ab, bei Luc. durchaus den Abi. : I, 289 regno, 
II, 468 arce, IV, 690 solio, IX, 369 bis depulsa locis classis, X, 
87 sceptris depulsa paternis ; deterrere steht in der Zeit vor Luc. 
nur mit a, bei diesem mit blossem Abi. X, 375 nee non deterreat 
ausis ; detrudere klass. mit Präp., bei Verg. u. Luc. mit Abi. VI, 
175 detrudit muris pectora; devertere verbindet Liv. mit ab, 
Luc. mit Abi. VI, 591 Ventura devertere cursu ; devolvere Liv. 
mit Abi. oder de, Luc. mit Abi.: II, 491 devolvit moenibus agmen; 
dimovere: Dräger S. 510 scheint nur für Livius den Abi. anzu- 
nehmen; es hat ihn aber auch Verg. Aen. III, 589. Luc. hat 
ab II, 372 dimovit ab ore caesariein; dirimere hat bei Liv. ab, 
bei Lucan den Ablativ IV, 33 castris dirimebat Ilerdam (Körte 
meint, dass es auch der Dat. sein könne und verweist auf VIII, 
487, wo er sidera terrae ut distant schreibt), X, 312 qua diri- 
munt Arabum populis Aegyptia rura Philae ; discedere wird vor 
Lucan mit Präp., von diesem auch mit Abi. konstr. V, 357 dis- 
cedite castris, VI, 347 discessit Olympo Ossa; discurrere bei Liv. 
mit a, bei Luc. mit Abi. : V, 295 totis discurrere castris coeperat; 
disterminare steht mit einem terminus der Trennung erst bei Lucan 
und zwar mit ab I, 216 Gallia ab Ausoniis disterminat arva colonis, 
IX, 958 non Asiam brevioris aquae disterminat usquam fiuctus 
ab Europa; efferre klass. u. bei Liv. mit ex, ausgenommen die 



— 56 — 

Wörter porta und domo^ Vergil Präp. u. Abi., Luc. den Abi.: 

VI, 279 specula elatus ignis ; effluere hat Luc. mit ab : VIII, 690 
putrisque effluxit ab alto humor ; effodere bei Plaut, ex, bei Verg. 
u. Luc. den Abi. X, 19 effossum tumulis (Madvig, adv. crit. 
Bd. n emendiert tumuli) descendit in antrum ; effundere bei Verg. 
Liv. u. Luc. mit Abi. oder ex: I, 188 vertice, II, 129 effudit 
iugulo parvum sanguinis, IX, 173 puppe, 565 effudit e pectore 
voces ; egredi klass. mit Präp. oder Abi., Vergil u. Luc. haben 
den Abi.: VI, 520 nudis egreditur bustis, IX, 172 Cornelia puppi 
egrediens; auch mit acc. sieh dort! eicere klass. meist mit ex, 
mit Abi. nur bei bestimmten SubstantivoD ; Luc. mit Abi. IX, 869 
eiecta classis Syrtibus ; . elidere bei Cic. mit ex, bei Luc. mit Abi. 

VII, 476: aer elisus lituis; emergere haben Cic. Liv. CatuU mit 

de oder ex, Luc. mit Abi. IV, 128 stagois .emergere; emicare 

klass. mit Präp., bei Liv. u. Ov. eiomal, bei Vergil öfter mit 

Abi., ebenso Luc. : I, 588 emicuit caelo iaculum, IV, 550 semine 

emicuit cohors; eminere in der Zeit vor Luc. nur mit Präp., bei 

Luc. mit Abi. II, 666 nullae aequore rupes emineant, V, 76 

fluctu, 641 eminet aequore malus ; emittere hat bei Cic. Präp., 

bei Liv. auch Abi. ; diesen haben auch Plaut, und Luc. VI, 91 

emittit Stygium aera saxis (Körte : erigit elisum) ; eruere bei Cic. 

u. Liv. mit ex, bei Luc. mit Abi. III, 156 imo eruitur templo; 

erumpere verbindet Lucan gleich Livius mit dem Abi. castris 

IV, 782 ; dann aber auch mit iugulo VI, 555, sonst setzte er 

wie seine Vorgänger Präp. IX, 255 erupere de pectore voces, X, 

255 ab oceano erumpere Nilum ; evadere hat bei Liv. ex u. den 

Abi., bei Luc. den Abi. VI, 118 evadere claustris; evellere bei 

Cic. mit ex, bei Luc. mit Abi. VI, 255 tela evellere membris, 

IX, 155 tumulis evulsus Amasis ; evolvere hat Liv. mit ex, Plaut. 

u. Luc. mit Abi. II, 184 evolvit cavis sedibus orbes, VI, 171 

cadavera turribus evolvit, IX, 158 evolvam busto Isin, 876 evol- 

vimur orbe; excire im Part, excitus bei Liv. u. Luc. mit Abi. 

I, 239 stratisque excita iuventus, VIII, 310 excitos sedibus ortus; 

excludere von Cic. gewöhnlich mit ab, bisweilen mit Abi. konstr.; 

letzteren hat öfter auch Liv. u. Luc. VII, 97 exclusimus aequore 

toto ; excutere wird prosaisch mit Präp. , dichterisch mit Abi. 

konstr. Letzteren hat auch Luc. III, 409 excussa nubibus ful- 

gura; könnte aber auch als Dat. gefasst werden, V, 453 unda se 

excutiat stagnis, V, 710 excussit ordine puppes, VI, 469 nimbos 

excussere comis, 664 colla colubris excutiens, VII, 158 excussit 

cristas galeis ; exire steht gewöhnlich mit Präp. ; Cic, Liv. und 

Verg. haben einmal den Abi. Dräger S. 513 bezeichnet den Abi. 

auch bei Späteren als höchst selten ; er findet sich aber bei Lucan 

öfter als Präpositionen, nämlich II, 485 montanis fontibus exi, 



- 57 — 

IV, 201 qua lancea dextra exierit, VI, 122 latis exire ruinis 
quaerit, VII, 193 Aponos terris exit, VIII, 493 exeat, aula qui 
vult esse pius, IX, 533 Tauro Scorpius exit; dann auch mit 
Präp. III, 209 ab, IV, 85 und VI, 313 e; expellere steht ge- 
wöhnlich mit ex, nur vereinzelt mit Abi. klass., bei Liv. u. Verg. 
Luc. hat überwiegend den Abi. z. B. I, 266 urbe, II, 242 Omni- 
bus terris, III, 12 sedibus campoque, 52 u. s. w. ausgenommen 
II, 574 e sedibus ; exprimere steht gewöhnlich mit ex, selten de 
od. Dat. Dräger S. 514 gibt an, er finde den blossen Abi. nur 
bei Plinius; es gebraucht ihn aber auch Luc. IX, 1039 gemitus- 
que expressit pectore laeto; exsilire bei Cic. mit de, Gurt, mit 
ex, Luc. mit Abi. I, 488 sedibus, VI, 398 bellis; extrahere bei 
Cic. u. Liv. mit ex, Ovid mit de und Abi., Lucan ebenso wie 
letzterer VI, 558 vulnere extrahitur partus, 636 extractus Stygio 
Averno populus (oder Dat. ?), IX, 935 extractam de corpore mor- 
tem ; profari steht bei Lucr. mit a , bei Luc. mit Abi. : V, 1 6 
excelsa sublimis sede profatur; proferre steht sonst nur mit ex, 
Lucan hat den Ablativ IX, 902 calido cum protulit ovo 
implumes natos; prohibere klassisch mit und ohne ab, seit 
Sallust meist mit ab, von Vergil mit und ohne ab, von Lucan 
nur mit Ablativ konstr. I, 408 statione, III, 121; VI, 504; 
promovere nur mit Präp. in der Prosa; Dichter haben den Abi.; 
auch Luc. VI, 200 limine promoveat; prosilire hat Luc. wie Ver- 
gil mit Abi. verbunden V, 210 templis, IX, 3 busto; recedere pros. 
mit Präp., poetisch mit Abi. verbunden steht bei Luc. mit ab 
IX, 1056 a Vera pietate recessit; reddere hat bei Cic. ab, bei 
Verg. und Luc. den Abi. II, 285 arcano sacras reddit Cato pectore 
voces; referre bei Cic. mit ex, bei Verg. mit Abi., bei Luc. mit 
a VI, 532 funera retulit a tumulis ; remeare steht mit ab II, 553 
remeasset ab arvis; remittere hat Vergil mit ex oder Abi., Luc. 
mit Abi. : II, 78 manu ferrum remittere ; removere bei Liv., Ov. 
und Luc. mit Abi. IV, 68 nubes Oriente remotae, doch hat Luc. 
auch a VI, 229 a vultu virtute remota; repellere wird gewöhn- 
lich mit Präp. verbunden, von Vergil und Horaz mit Abi. Lucan 
hat hier Beides: I, 499 reppulit ab Syrtibus aequor, IV, 812 a 
quibus, VI, 756 terraque repulsum est (cadaver); repetere bei Cic. 
mit ab, ebenso Luc. I, 450, aber auch den Abi. III, 520 repetunt 
navalibus alnos; resecare gebraucht Ovid mit de, Luc. mit ab 
II, 112 vultus ab ignota cervice resectos; resolvere haben TibuU, 
Ov. und Luc. mit Abi. II, 145 resoluta frenis ira, VIII, 787 
resoluta nondum ossa nervis; revellere wird bei Cic. auch mit de, 
bei Verg. u. Ov. mit a, von Verg. auch mit Abi. konstr. Luc. 
hat einmal die Präp. ab und den Abi. zugleich, sonst den Abi.: 
I, 482 finibus Arctois patriaque ab sede revulsos, III, 676 vul- 



— 58 — 

neribus, . Vn, 162 solo, VIII, 309 tellure, IX, 63 litoribus ; .re- 
vocare wird nur eiozeli] bei Verg. und Liv. mit Abi. getroffen; 
Luc. hat diesen I, 600 parvo revocant Almone, sonst, ab II, 102 
a nullo revocatum est pectore ferrum, IV, 657 ab arcibus, VI, 
778 ab aggere, IX, 284 ab aequore u. s. w. ; seducere bei Liv., 
Curt., Ov. mit ab, bei Seneca mit ex verbunden; Luc. hat wohl 
V, 77 seductus ab aequore; aber er gebraucht zuerst den Abi.: 

II, 475 pubes Caesaris armis seducta; snbmovere wird von Liv. 
u. Luc. mit Abi. verbunden V, 71 submotus Eoo cardine (Stein- 
hart liest semotus); transfundere scheint zuerst von Lucan mit 
Abi. gesetzt zu sein VIII, 770 te Cornelia accipiet nostraque 

manu transfundet in umam. Wo also die Vorgänger Lucans 

zwischen dem Abi. und den Präp. schwanken, dehnt Lucan den 
Gebrauch des Abi. weiter aus und zwar vielfach nach dem Muster 
Vergils; unabhängig von diesem aber erscheint der blosse Abi. bei 
Lucan noch mit vielen Verbis; ja nicht wenige Verba sind von 
Lucan zuerst mit einem Begriffe zur Bezeichnung einer Trennung 
verbunden worden. Nicht überall ist es aber das Versmass, das 
den Dichter bewog, den Ablativ allein zu setzen, es ist auch oft 
der Wohllaut die Ursache z. B. I, 600 könnte es statt et lotam 
parvo revocant Almone Cybeben auch beissen et lotam a parvo 
u. s. w. ; besonders aber hat hier der seit Livius und Vergil immer 
mehr sich ausbreitende Gebrauch des blossen Ablativs die Sprache 
Lucans beeinflusst. Zum abl. separationis gehört der Abi. bei 
immaculatus: II, 736 ut Eomana tellus immaculata sui servetur 
sanguine Magni. Dies kommt vor Luc. nicht vor. 

Der abl. originis ist von Luc. auch bei renatus angewendet: 

III, 262 renatum fönte novo flumen und creatus IV, 553 campis 
creati Terrigenae (Ennius annal. fr. 140). Beide fehlen bei Kühner 
II, S. 277. Während Cic. bei Angabe der Eltern nur die Präp. 
setzt , falls sie durch ein Pronomen gegeben wird , kommt bei 
Terenz, Sallust etc. auch ex vor; so Luc. II, 631 tum subole 
ex tanta natum affatur. Das sehr seltene, nur von Dichtern ge- 
brauchte de, das noch dazu bei Luc. eigentümlich verbunden ist, 
steht X, 78 tibi, Julia, fratres obscena de matre dedit. 

Das Adverb procul steht klassisch absolut oder mit ab, bei 
Livius und Curtius auch mit Abl., der bei Hör. und Ovid. vor- 
gezogen wird; Lucan hat alle diese Konstruktionen, z. B. ab III, 
375, den Abl. III, 331 signa relinquas urbe procul, IV, 587 
p. aequore, VII, 57 etc.; absolut II, 295 procul hunc arcete 
furorem, VI, 31 und noch an neunzehn weiteren Stellen; diese 
Konstruktion ist also bei ihm herrschend geworden. 

Der Abl. comparationis vertritt in der Regel ein Subjekt, 
selten das Objekt im Accusativ. Von Livius wird letzteres nicht 



— 59 — 

erwähnt, von Catull eine Stelle, von Yergil führt Kern (Zum Ge- 
brauch des Ablativ bei Vergil, Schweinfurt 1881, S. 31) drei 
Stellen an; Horaz hat eine Stelle (Bp. II, 1, 197). Luc. hat nur 
III, 593 qua nullam manum' carinae melius audivere ; dazu ist 
noch ferner zu bemerken I, 466 Taranis Scythicae non mitior 
arä Dianae; hier ist nicht bloss quam ausgelassen, sondern es ist 
auch noch aus dem Nom. ara der Abi. comp, zu ergänzen: der 
Altar des T. ist nicht milder als jener der scyth. Diana ; II, 408 
quoque magis nullum tellus se solvit in amnem Eridanus, in 
keinen Fluss löst sich das Ufer mehr als in den E. — Dass der 
Abi. comparationis für einen präpositionalen Ausdruck steht, ist 
höchst selten. Eine ungewöhnliche comparatio compendiaria steht 
VI, 215 Oortynis arundo, quae voto certior omni in Caput atque 
oculi laevum descendit in orbem — hier ist omni voto für quam 
ömnes voverunt gebraucht. 

Der Ablativus loci drückt die Buhe an einem Orte aus. 
Während zur Bezeichnung der Buhe andere Dichter namentlich 
Vergil nicht nur bei Städtenamen, sondern auch bei bestimmten 
andern Substantiven den eigentlichen locativus setzen, ist dieser 
bei Lucan unsicher; denn statt des von Kühner II S. 353 aus 
Lucan angeführten terrae I, 607 hat Körte nach zwei Handschriften 
terra; mari, das ich unten erwähne, kann instrumentaler oder 
präpositionsloser Abi. localis sein; ja sogar für das gewöhnliche 
humi gebraucht Lucan humo, das erst bei Dachklassischen Dichtern 
erscheint: IX, 843 sed corpora fatis expositi volvnntur humo; es 
wird hier kaum separativ gefasst werden können. Ein einziges 
Mal setzt Lucan genau wie Vergil (Aen. VI, 766 Longa domina- 
bitur Alba) bei einem Städtenamen der zweiten Deklination, der 
ein Attribut hat, den Abi. : I, 198 residens celsa Latialis luppiter 
Alba. Es ist luppiter Vocativ und Alba von residens abhängig; 
daher kann Alba nicht separativ gefasst werden. Selbst Dichter 
haben wenige solche Beispiele. Der blosse Abi. bei Ländernamen 
ist von Vergil (vgl. Kern S. 9) nur einige Male angewendet; auch 
Lucan hat nur zwei Stellen: V, 266 pars iacet Hesperia, VII, 
592 nee tibi fatales admoveris ante Philippos, Thessalia periture 
tua. Dieser Gebrauch ist ein Vulgarismus (vgl. Müller II, S. 281). 
Bekanntlich haben aber die Dichter den Ablativus loci auch bei 
vielen anderen Ortsbestimmungen zur Bezeichnung der Buhe an- 
gewendet, statt sich der Präposition zu bedienen. Die Dichter 
der älteren Zeit waren allerdings hierin sehr sparsam, seit Lucrez 
und Catull wurde aber der blosse Abi. häufiger. Obwohl nun 
später dieser Gebrauch eine grosse Ausdehnung erlangte, so lässt 
er sich doch im ganzen mittels gewisser Wörter klassifizieren. 
Meistens hat der Abi. einen Beisatz, entweder ein Adjektiv oder einen 



— 60 — 

Genetiv. Geringer ist die Anzahl derjenigen, welche ohne Attribut 
auftreten. Am öftesten stehen nun so im Abi. 1) terra und 
mare. Livius und Vergil haben die Präp. und den blossen Abi. ; 
Vergil aber schon den Plur. terris. * Auch Lucan hat den blossen 
Abi. schon im Flur.; z. B. I, 679 qua me constituis terra, I, 529 
viderunt terris cometen, VI, 788 Libycis perituram terris subolem, 
X, 87 exteriore mari, III, 691 tela legunt deiecta mari; manche 
sehen in dem Abi. mari einen Locativ. Gleich Vergil (Antoine S. 209) 
setzt er den Abi. bei den Synonymen: solum, pelagus, pontus, 
aequor, fügt aber auch noch andere Ablative hinzu: von fretum, 
gurges, profundum, salum, z. B. VI 418 hac tellure locarunt 
castra, II, 685 rates fastigia molis discnssere salo, III, 551 sul- 
cato gurgite duxerunt tractus. 2) Das was dem Meere nahe ist: 
litus. Es wird von Livius und Vergil im Sing, und Plur. mit und 
ohne Attribut so gebraucht; ebenso Lucan; z. B. V, 790 litoribus 
quaerere meis, IX, 185 litore Niliaco stare, IX, 254 fervebat litore 
plebes, IX, 168 litoribus sonuit aether; doch kommt auch die Präp. 
bei litus vor. 8) Bei Vergil steht sehr oft im Abi. campus (auch 
im Plur.) und caelum mit und ohne Attribut ; ebenso bei Lucan ; 
z. B. I, 91 Australi caeli vagari, I, 55 laxat tentoria effuso campo, 
VI, 684 tollere campis acies und so oft. Schon Sallust u. Gatull 
hatten den Abi. caelo ohne Attribut gebraucht. 4) locus u. loca 
in örtlicher Bedeutung ist in jeder Periode bald mit der Pr&p., 
bald ohne sie im Abi. gebraucht. Ebenso Lucan. Kühner Bd. II 
S. 258 sagt, locis habe steht ein Attribut bei sich, Dräger S. 520 
behauptet dies nur für die klass. Periode. Nun steht aber Verg. 
Aen. III, 447 illa manent immota locis, und Lucan hat IX, 522 
esse locis (in Ammonium) superos testatur silva — also überall locis 
ohne Attribut. 5) Der Abi. parte im lokalen Sinne steht ' (immer 
mit einem Attribut) klass., bei Livius und Vergil. Letzterer hat 
auch die Präpositionen ex, de und in; Luc. gebraucht durchaus 
den Abi. ; z. B. VII, 667 omni parte catervas circumit. 6) li- 
mite bei Plautus und Livius. Von Vergil erwähnt Antoine diesen 
Ablativ nicht; er hat ihn aber z. B. Aen. IX, 828 lato limite te 
ducam; auch Ovid bedient sich desselben. Lucan setzt ihn nur 
mit Attribut und nur im Sing, (während Livius selbst den Plur. 
gebraucht); z. B. 11, 11 fatorum immoto divisit limite mundum, 
III, 218 flexo limite, IV, 740 und besonders im 9. Buche öfter. 
7) Bei medius. Antoine S. 216 führt aus Quaestiones Vergilianae 
Wagneri eine Begel an , nach der sich der Gebrauch des blossen 
Abi. oder der Präposition bei medius richtet. Diese Regel lautet: 
Bei medius steht in a) wenn medius die eigentliche Mitte eines 
Ortes bezeichnet; so hat auch Lucan z. B. IX, 610 in mediis 
sitiebant Dipsades undis; dagegen I, 58 librati pondera caeli orbe 



— 61 — 

tene medio setzt Lucan den blossen Abi. , obwohl man wegen 
librati an die wirkliche Mitte denken muss, b) wenn in = inter 
ist. So hat auch Lacan z. B. I, 245 medio conspectus in agmine 
Caesar, 69 1 in medio peraguntur bella senatu, c) wenn die Sache, 
nicht der Ort bezeichnet wird; in im Sinne von dum. Auch Lucan 
sagt z. B. X, 72 in media rabie. Bei medius, heisst es dort weiter, 
st^ht der blosse Abi., wenn es uneigentlich steht und einen Ort 
überhaupt meint. Wohl hat Lucan hier öfter den blossen Abi., 
z. B. VI, 324: medio pugnare foro, IX, 543 fuga signorum medio 
rapit omnia caelo, 607: inventus mediis fons unus arenis; aber 
weit öfter setzt er hier gegen die Eegel die Präposition; z. B. III, 
423 medio Phoebus in axe est, ist offenbar nur der Tag, nicht 
der Mittag, und im gleichen Sinn lässt er die Praeposition wieder 
weg I, 540 ipse caput medio Titan cum ferret Olympo. Gegen 
die Regel sind auch folgende Stellen VI, 675 puppim retinens in 
mediis echeneis aquis, VIII, 42 in mediis si campis Emathiae 
Stares, 184 in medio tanget ratis aequore Syrtin, 440 in media 
socerum sedentem Thessalia, X, 510 u. s. w. Daraus ergibt sich, 
dass diese Regel für Lucan nicht zutrifft. Namentlich im letzten 
Punkt (bezüglich des blossen Abi.) weicht sie von dem Gebrauche 
Lucans ab. Ich glaube, soweit dies den Lucan betrifft, dass nur 
metrische Gründe die Konstruktion beeinflussten. 8) Steht der 
blosse Abi. bei Adjektiven lokaler Bedeutung wie summus, ex- 
tremus etc. Die Dichter setzen bald die Praeposition, bald den 
Abi.; ebenso Lucan; z. B. I, 434 summis montibus habitat, X, 
174 summaque in sede iacentem. — Aber auch bei andern Wör- 
tern als den bisherigen setzen die Dichter den blossen Abi. ; doch 
meist mit Attribut. Dieser Gebranch ist auch Lucan durchaus 
eigen; namentlich bedient er sich des blossen Abi. bei militäri- 
schen Ausdrücken wie agger (VII, 649), cornu (V, 548), frons 
(VII, 321), pilum (IX, 138) und bei geographischen Bezeich- 
nungen wie arvum (I, 224), collis (VII, 193), dorsum (IV, 682), 
mons, nemus, tumulus, Vertex etc. Endlich erscheint der Abla- 
tivus loci auch attributlos. Er ist bei den alten Dichtern noch 
selten, wird häufiger bei Lucrez; gewinnt immer grössere Ver- 
breitung bei CatuU, Hör., Tibull ; von Vergil führt Antoine bereits 
lange Reihen von Beispielen an. Lucan hat, abgesehen von den 
oben bereits angegebenen Wörtern ohne Attribut , nicht oft den 
blossen Abi. ohne Attribut gesetzt. Es kommen reine Ortsbe- 
stimmungen vor, nämlich VII, 305 caput hoc positum rostris, 
II, 669 ergo ubi nuUa vado tenuit sua pondera moles oder 
Körperteile I, 272 volventem pectore curas, VII, 678 Magnum 
non tergo tela paventem; sonst IX, 859 templis auroque sepultus, 
IX, 10 non illuc auro positi nee ture sepulti perveniunt. Andere 



— 62 — 

attributlose Ablative als diese habe ich nicht gefunden ; es ist 
also Lucan in diesem Oebrauche sehr sparsam gewesen. — Ge- 
wisse Yerba, wie die von Lucan angewendeten ponere, locare, 
recumbere, statuere, sedere, stare, iacere, continere, lassen eine 
doppelte Konstruktion zu. Diese findet sich bei allen jenen Ver- 
bis schon in der Zeit vor Lucan , namentlich bei Yergil. Lucan 
hat diese doppelte Struktur oft; z. B. II, 89 yacuis mapalibus 
iacuit, V, 196 quietem convalle tenebis, mit Präp.;,z. B. III, 558 
residere in puppe; IV, 51 u. s. w. Ebenso ist es mit den Verbis acei- 
pere und recipere. Lucan hat nur einmal bei recipere die Präp. 
mit Accusativ (VIII, 881 in templa Bomana recepimus Isin), sonst 
tiberall den blossen Abi.: I, 63, VII, 811, VIII, 510; auch das 
sehr selten mit Abi. konstruirte excipere steht VI, 239 excepit 
faucibus ensem, VII, 480 excepit clamorem vallibus Haemus. 
Auch der Concinnität halber steht der blosse Abi. z. B. II, 586 
calida Aegypto atque Syene, VIII, 260 qua portu mittitque rates 
recipitque Selinus (portu ist abl. separationis und loci!) — Ver- 
wirrt sind die Begriffe der Euhe und Bewegung IV, 253 monstra 
in faciem posuere ducum, VII, 791 sidentes in tabem acervos 
(schon Properz). Die Dichter haben freilich im entgegengesetzten 
Falle, nämlich wenn sie nicht die Ausdehnung über einen Eaum, 
sondern das Ziel bezeichnen wollen, statt des Accusativs den Abi. 
mit und ohne Präposition gesetzt. Es soll damit die Ruhe der 
abschliessenden Handlung bezeichnet werden. Es sind dabei selbst- 
verständlich die Verba des Verbergens und Einschliessens ausge- 
schlossen. (Man vergleiche den Dativ der Richtung zur Bezeich- 
nung eines Ortes.) Solche Abi. finden sich vereinzelt bei Ovid 
(z. B. met. XIII, 536), bei Vergil (vgl. Kern S. 21), besonders 
aber bei Lucan: I, 40 funesta Munda proelia concurrant, 11, 161 
coUa medio foro congesta (wenn foro nicht Dativ ist?), III, 588 
medio pectore concurrit ferrum, VII, 80 quocunque velint con- 
currere campo (Dativ?), 623 qui pectore tela transmittat, VIII, 
243 demisso in litore rege. (Mit Körte nach codd. Salmas. Berol. 
etc. Weise stützt sich auf die frühere Ausgabe Kortes, die editio 
minor, wo dimisso in litora stand.) IX, 703 in nuUa plus est 
serpente coactum (veneni), X, 443 minima collegerat arma parte 
domus. Dieser Ausdruck lässt sich zwar bei einem part. perf. 
pass. als der Form einer beendigten, aber in den Folgen noch 
fortdauernden Handlung denken; dagegen beim Verbum finitum 
ist diese Verwirrung von Bewegung und Ruhe ein Barbarismus, 
der bei andern Dichtern nur vereinzelt, bei Lucan jedoch wegen 
der zahlreichen Beispiele als keine zufällige Nachlässigkeit mehr 
aufgefasst werden kann. Der Grund zu dieser Form möchte etwa 
darin gefunden werden können , dass bei Wörtern der zweiten 



— 63 — 

Deklination der yokalische Ausgang des Abi. der Endung um des 
Wohllautes wTBgen vorgezogen und bei den Wörtern der dritten 
Deklination die kurze Silbe des Ausganges wegen zur Bildung 
eines Daktylus gewählt wurde. 

. Der Ablativus temporis wird von den älteren Dichtern nur 
bei reinen 'Zeitbestimmungen angewandt, dagegen von späteren 
auch bei anderen Wörtern, die nicht die Zeit, sondern die Hand- 
lung oder äussere Verhältnisse des intentierten Zeitpunktes be- 
zeichnen. Auch Lucan sagt I, 228 tenebris noctis rapit agmina 
ductor, VI, 53 belli tumultu raptum opus. Umgekehrt setzt er 
in, wo man keine Präposition erwartet : II, 344 nee dubium longo 
quaeratur in aevo; es ist dies ein Vulgarismus; derselbe zeigt 
sich bei Cato r. r. 30 pabulum aridum quod condideris in hieme 
auch bei einer Jahreszeit; für die Tageszeit aber fand ich in der 
Zeit vor Lucan keine Stelle. Lucan jedoch hat, abgesehen von 
dem bildlichen Ausdrucke VI, 244 et quae Fortuna caeca bel- 
lorum in nocte tulisset, fecit monstra fides: VIII, 703 cladesque 
omnes exegit in uno die, X, 425 sed metuunt belli trepidos in 
nocte turaultus. Wenn daher Dräger S. 532 bemerkt, dass im 
Spätlatein oft bei solchen Zeitbestimmungen, die im klassischen 
und silbernen Zeitalter durchaus im blossen Abi. stehen würden, 
die Präposition in gesetzt wird, und von Florus 4, 2, 71 in 
nocte (mit der Variante in noctem) als Neuerung anführt, so 
kann diese Behauptung nur von der Prosa gelten. Bekanntlich 
ahmte Florus den Lucan nach. Bei andern Wörtern wird selten 
ein blosser Abi. gebraucht, wenn sie kein Attribut bei sich haben. 
Kühnast führt S. 181 von Livius nur nocte, luce, momento, 
triumpho, comitiis und auspiciis an; auch bei Vergil sind solche 
Ablative selten, ein Beweis, dass die Dichtersprache sich dabei 
wenig Freiheit erlaubte. Antoine S. 232 zählt folgende von ihm 
auf: frigoribus, vento, morte, aquilone, leto, frigore, calore. Lucan 
aber hat nur I, 131 pace (aber auch II, 348 in pace), I, 447 u. 
IV, 802, hello II, 590 Marte feroces Heniochi, III, 418 saepe ca- 
vas motu terrae mugire cavernas. Somit ist Lucan bei weitem 
nicht so weit gegangen wie Vergil. Vorklass. u. klass. kommt 
der Abi. vor zur Bezeichnung des durch einen Termin abgegrenzten 
Zeitraumes. Kern S. 25 gibt einiges aus Vergil. Auch Lucan 
ahmt dies nach: II, 195, VII, 388. Der Abi. statt des Accusa- 
tivs auf die Frage wie lange? ist klassisch selten und wird erst 
im silbernen Zeitalter häufiger. So kommt er bei Vergil, * jedoch 
meist nur mit Attribut vor. Lucan hat diesen Abi. sehr oft; 
aber immer mit Attribut; z. B. I, 283 geminis lustris bellantem, 
374 Signa decem castris felicia, IV, 476 libera parva nocte iu- 



— 64 — 

ventus V, 120 tempore longo non motos tripodas, VI, 342 lucen- 
tem totis noctibus Arcton, VII, 72 humaDO generi tarn longo tem- 
pore bellum Caesar erit, VII 775 etc. Die Stelle VI, 764 nam 
Vera locutum immunem toto mundi praestabimus aevo artibas 
Haemoniis ziehe ich nicht hieher, sondern ich fasse toto aeyo als 
Dat. finalis: für alle Zeit. Der Dat. toto steht auch II, 383. 
Den Abi. temporis zur Angabe des Endpunktes einer Handlung 
hat Sallust und Vergil, aber Lucan nirgends. 

Beim Ablativus modi zum Ausdrucke der Art und Weise, 
wie eine Handlung geschieht, ist zu bemerken: der abl. modi kann 
auch die Erscheinungsform, in der sich das Subjekt zur Zeit der 
Handlung zeigt, ausdrücken. Kern führt S. 36 mehrere solche 
Stellen aus Vergil an. Auch aus Lucan, wie ich glaube, kann diese 
Struktur nachgewiesen werden: VII, 598 iacet aggere magno 
Patricium cadaver, weil agger das dichte Neben- und Aufeinander- 
liegen der Leichen meint. Eine Analogon für das Objekt fand 
ich Dicht. Attributlose Ablative ausser den klassischen sind ganz 
selten bei Lucan : I, 183 cursu superaverat Alpes (cursu gehört 
zu den gewöhnlichen Ablativen des silbernen Zeitalters), V, 126 
Phemonoen errore vagam corripuit, V, 498 ad Caesaris arma iuven- 
tus naufragio venisse volet, IX, 483 nisu iacuit. Hieher rechnet man 
auch sponte. Dieses ist bei Luc. nicht selten absolut gebraucht: IV, 
642 sponte cadit, V, 500 sp. audet tentare tenebräs, VII, 357 su- 
biere pericula clari sponte viri, VIII, 98 sed quas (poenas) sp. luam, 
406 damnat sceleris non sp. peracti fabula Thebas, IX, 1039 
lacrimas non sp. cadentes. Mit Genetiven Öfters z. B. I, 99, 234 etc. 
Der absolute Gebrauch steht schon bei Vergil Aen. IV, 361, XI, 
828, was Antoine nicht erwähnt. Kühnast S. 177 führt hier von 
den Dichtern nur Ovid an. — Beim abl. modi zum Ausdruck der 
die Handlung begleitenden Nebenumstände ist zu erwähnen, dass 
Lucan mit Attributen versehene Ablative meistens ohne Präposition 
setzt, wie es schon von Livius Kühoast (S. 178) bemerkt, z. B. 
III, 503 viridi luctetur robore (ignis). Nur. bei Velleius finde 
ich diesen Abl. bei luctari sicher. (Sonst hat Lucan bei luctari 
die Präp. cum). X, 60 Romano malo non casta (seil. Cleopatra). 
Der modale Abl. geht manchmal (wie bei Vergil, vgl. Kern S. 33) 
in den Instrumentalis über z. B. V, 144 Candida infula Phocaica 
lauro crines complectitur, samt dem phok. Lorbeer. Auffallend ist 
cum gesetzt I, 642 hie errat, ait, nulla cum lege per aevum 
mundus (Körte liest ulla sine lege nach guten Handschriften), sonst 
steht cum nur an einigen wenigen Stellen, r- Seit Livius werden 
namentlich von Dichtern attributlose Ablative ohne Präposition 
immer häufiger aogewandt; Lucan hat im Verhältnis zu Livius 
und Vergil wenige Stellen: III, 621 tela leto casura, V, 404 quae 



^ 65 — 

arva piger Apalas deserait rastris, VII, 261 sogar bei konkreten 
Begriffen ferro fiammisqae petistis, ebenso 848 ense, 449 ignibus, 
YIII, 349 exiget, at lacrimis se roges. Die militärische Be- 
gleitang ist überall bei Lacan (I, 312 aasgenommen) darch den 
blossen Abi. ausgedrückt; z. B. II, 392, III, 299. 

In Betreff des ablativos causae ist vor allem zu erwähnen, 
dass der innere Beweggrund klassisch selten mit transitiven Verbis 
verbunden wird. Mit Sallust und Livius wird diese Verbindung 
häufiger; Vergil und Lucan machen hierin keinen unterschied 
mehr; z. B. Lucan IV, 178 tenuere parumper ora metu, VII, 255 
cuius spe movimus arma, 809 nil agis hac ira, VIII, 805 nullas 
Nili calcemus arenas etc. Auffallend I, 484 sie quisque pavendo 
dat vires famae — das Gerund pflegt nur den Sachgrund anzu- 
geben. Wörter, die schon vor Lucan, besonders von Vergil und 
Livius, zur Angabe des inneren Beweggrundes angewandt wurden, 
bei ihm aber wieder erscheinen, sind: amor, formido, horror, in- 
vidia, ira, metus, spes, Studium, terror. Die folgenden scheinen 
von ihm zuerst gebraucht zu sein: IV, 91 errore viarum fallitur, 
VI, 495 ignota tan tum pietate merentur an tacitis valuere minis 
204 veritus culpa vixisse sua, IX, 228 partesque favore fecimus 
(Körte favori) , metaphorisch VII, 103 virtutis stimulis iraeque 
calore signa petunt. Lucan ninmit hier nur an dem im silbernen 
Zeitalter ausgedehnten Gebrauche teil. Der Sachgrund wird 
archaistisch nicht selten , klassisch weniger häufig , von Sallust 
an wieder öfter durch den blossen Abi. ausgedrückt. Dabei finden 
sich Concreta schon seit Ennius bei den Dichtern. Solche sind 
auch bei Lucan zahlreich , z. B. 1 , 443 (Ligur) crinibus effusis 
toti praelate Comatae, 516 effugit exiguo nocturna pericula vallo, 
II, 103, VI, 491, IX, 799 etc.; bemerkenswert IX, 688 quis enim 
non praepete tanto aethera respiceret, wo sogar ein lebei^des Wesen 
(Perseus I) im abl. causae steht. Auffallend ist die Konstruktion von 
invidere alicui aliqua re. Livius hat sie zuerst : II, 40, 1 1 ; auch 
Seneca, der Philosoph; Lucan ebenfalls VII, 798 invidet igne rogi 
miseris. Der bei Cicero Öfter vorkommende Ablativ mit in bei 
Verbis affectuum ist von Lucan nicht in Anwendung gebracht. 

Der Ablativus instrumenti steht klassisch bei der Bezeichnung 
der Sklaven und Soldaten. Dichter haben auch bei selbständig 
handelnden Personen den Ablativ gesetzt. Vergil hat sich dieser 
Wendung nicht oft bedient , dagegen Ovid an zahlreichen Stellen. 
Lucan hat diesen Ablativ ziemlich häufig, z. B. I, 305 implentur 
valido tirone cohortes, III, 105 non consule sacrae fulserunt sedes, 
VI, 140 quem non mille turmis nee Caesare toto auferret Fortuna 
locum, VII, 202 augure, IX, 129 dignoque perit auctore. Inter- 
essant VII, 402 vincto fossore coluntur segetes, ein Sklave! Das 

5 



- 66 — 

selbständige Handeln ist genjieint I, 26 nulloque domns custode 
tenentur — custos ist der Bewohner, V, 585 hanc (puppim) Cae- 
sare pressam a flactu defendet onus. Die Bezeichnung des sach- 
lichen Wei'kzeuges durch ab ist bei Cicero nicht selten, später 
hat nur Ovid diese Konstruktion häufig, bei CatuU und Vergil 
findet sich keine Stelle. Lucan hat verhältnismässig viele Beispiele. 
Abgesehen von der wahrscheinlich durch Interpolation entstandenen 
Stelle I, 439 placida Ligeris recreatur ab unda u. III, 39 a morte 
relictum, das auch temporal gefasst werden kann, steht III, 234 
magno vinci se fassus ab orbe est, 253 quod non premeretur ab 
ulla regione poli, V, 86 numen ab aethere pressum, VI, 208 ele- 
phas oppressus ab armis, Vn, 214 adverso Phoebi radiatus ab 
ictu, IX, 986 a nullo damnabitur aevo, und wie Seneca bei ira 
II, 493 prolatus ab ira. Bei Lucr., Catull, Properz, Vergil (je- 
doch nur einmal Ge. I, 234) wird in vereinzelten Beispielen, bei 
Ovid jedoch häufig die Präp. ab mit einem intransitiven Verbum 
verbunden. Lucan hat nur VII, 503 calet omne nocens a Cae- 
sare ferrum. Die von Kühner II S. 278 angeführte Stelle II, 
264 quis nolet ab isto ense mori beruht auf schlechter Lesart; 
denn Körte hat nach den besten Handschriften in isto ense. Ver- 
einzelt kommt ab auch mit Adjektiven verbunden vor bei Catull, 
Sali., Ov., Properz. Lucan hat VIII, 297 a nulla sagitta mors 
est incerta. IV, 163 gelidos a gurgite cursu restituunt artus. 

Der ablativus instrumenti steht auch bei vielen Verbis. So 
vor allem bei den Verbis des Verbergens und Einschliessens. Bei 
abdere hat sich Lucan der seit Livius gebräuchlichen, namentlich 
bei Vergil und Horaz auftretenden Konstruktion mit Abi. ange- 
schlossen: II, 70, doch X, 445 steht in mit Abi. Condere ver- 
bindet Liv. (Kühnast S. 173) immer mit in und Accusativ, Catull 
mit Abi., Vergil mit Abi. u. Präp., Lucan weitaus am öftesten 
mit blossem Abi.; z. B. III, 155 conditus imo templo census, 618 
conditur ima puppe, V, 101 conditus mole Typhoeus ; dagegen 
die Präpos. nur I, 376 pectore si fratris gladium iuguloque pa- 
rentis 'condere me iubeas plenaeque in viscera partu coniugis 
(beide Konstruktionen!), IX, 86 mandata in nostra condita cura; 
dazu VIII, 794 sepulcrum quo condi maluit illum. Da condere 
auch noch I, 376, 541, V, 84, 231, VII, 131, IX, 1089 mit 
blossem Abi. vorkommt, und sonst keine andere Konstruktion 
mehr erscheint, so glaube ich mit Recht schliessen zu dürfen, 
dass auch I, 607 ignes terra condit gelesen werden muss. So 
liest auch Körte. Aber Weise und Holtze haben terrae. Clau- 
dere hat bei Livius und Vergil fast immer den Abi.; auch Lucan 
VI, 42 feras indagine claudit, VIII, 789 congestaque in unum 
parva clausit humo. Nur I, 515, VI, 253, IX, 86 steht in. Hie- 



— 67 - 

her gehört (vgl. Krebs, Antibarb. s. v.) auch der seltene, Abi. bei 
occulere. Er findet sich V, 725 Lesboque te occulere. Bei mergere 
gebrauchen Liv. u. Vergil neben präpositionalen Wendungen auch 
den blossen Abi. Lucan zieht den Abi. bei weitem vor; z. B. 
III, 698 si quid mersisset arenis, IV, 99 flumina voragine mersit, 
VII, 170 mersos nocte furores, 174 mergi convallibus Aemus visus 
IX, 577 mersitque hoc pulvere verum, dagegen nur III, 435, V, 
175, X, 496 Präpositionen. Spirare hat bei Vergil u. Hör. den 
accus., bei Lucan den acc, V, 82 und den Abi. IX, 679 quanto 
öpirasse veneno ora reor. Dieser Abi. kommt vor Lucan nicht 
vor. Das Gleiche ist der Fall mit spumare VII, 699 spumantes 
caede catervas respice. Statt des regelmässigen Abi. bei ludere 
hat Lucan auch in X, 455 quem non violasset, fixo qui ludit in 
hospite, Maurus, dies kommt jnur bei Properz vor: in aliqua lu- 
dere mit Einer tändeln. Erwähnenswert ist, dass Lucan das Sub- 
stantiv fides mit dem Kasus des Stamm ver bums konstruiert : II, 
628 ergo ubi nulla fides rebus post terga relictis nee liceat etc. 
Der Ablativus copiae und inopiae kann von Verbis oder von 
Adjektiven abhängen. Hier ist bei den einzelnen Autoren ein 
Schwanken zwischen Genetiv und Ablativ ersichtlich. Implere 
wird von Cicero und Livius öfter mit Genetiv, von Vergil, Horaz 
und Lucan immer mit Ablativ verbunden ; z. B. V, 537, VII, 
326, IX, 11. Natare (Cic. Verg. Ov.) mit Abi. VII, 729 arva 
natare sanguine, IX, 770 membra natant sanie; ebenso undare 
VI, 535 undantia fumo fragmenta. Exhaurire ist erst von Lucan 
mit Abi. verbunden worden, nämlich II, 410 Hesperiam exhaurit 
aquis, V, 333 exhausta sanguine turba, VIII, 253 exhaustae do- 
mus populis. Sudare steht gewöhnlich mit accus., wird aber schon 
seit Ennius und Lucrez mit Abi. verbunden. Lucan hat nur den 
Abi. IV, 301 antra exiguo rore sudantia, dazu auch IX, 619 
tantis exsudet pestibus. Manare steht meist mit AccusMiv, bei 
Cicero an einer Stelle und bei Livius öfter mit Abi. Lucan hat 
nur diesen VII, 560 sanguine manent, IX, 499 manant sudoribus 
artus, X, 494 manantes cera tabulas. Pluere (Verg., Ovid) mit 
Abi. II, 166 tabe fluunt (artus), III, 507 putri fluxerunt pulvere 
cautes, IV, 729 fauces fluunt pereunte veneno. Madere mit Abi. 
kommt bei allen Dichtern mit Abi. vor; so auch bei Lucan II, 
125, 149, IV, 316. Stillare hat bei Horaz und Ovid den Accu- 
sativ, bei Lucan nur den Abi. : VII, 837 sanguineis stillavit rori- 
bus arbor, IX, 697 virus stillantis tabe Medusae concipiunt, und 
dazu IX, 772 nigra distillant inguina tabe. — Plenus hat klass. 
den Genetiv, bei Livius bisweilen auch den Ablativ. Bei Vergil 
scheint vorherrschend der Abi. zu stehen ; Riemann (Etudes sur 
la langue et la grammaire de Tite-Live Paris 1885 S. 273) 

5* 



— 68 — 

meint, die Konstruktion mit Ablativ sei vielleicht ursprünglich 
Volkssprache gewesen. Lucan bat von zwanzig Stellen an sieben- 
zehn den Ablativ und nur an drei den Genetiv. Frequens (Liv., 
Curt., Verg.) mit Abi. VII, 404 nuUo frequentem cive suo Bomam, 
ebenso I, 511. Fecundus steht bei Horaz mit Genetiv, bei Ver- 
gil mit Ablativ. Letzteren Kasus bat Lucan X, 303 nigris Meroe 
fecunda colonis; er hat aber auch den Genetiv ; sieh S. 51. Im- 
munis wird von Livius (nur eine Stelle mit Abi.), Vergil und 
Ovid mit Genetiv, von Lucan dagegen nur mit Ablativ konstruiert, 
nämlich: II, 257 quid tot durasse per annos profuit immunem 
corrupti moribus aevi, VI, 764 vera locutum immunem praestabi- 
mus artibus Haemoniis, IX, 542 nullum sidus habes immune 
mari. Dives hat bei Hör. den Genetiv, bei Vergil Genetiv und 
Ablativ; bei Lucan den Ablativ III, 216 arbusto palmarum dives 
Idume. Exilis kommt überhaupt nur bei Plautus mit Genetiv 
vor; dann erst wieder bei Lucan und zwar mit Ablativ: III, 204 
nimium glebis exilis Arisbe. leiunus scheinen nur Lucrez und 
Lucan mit Ablativ zu verbinden : VI, 708 si nunquam haec car- 
mina fibris humanis ieiuna cano. Siccus (Vergil) mit Abi. VII, 
854 scelerique secundo praestabis nondum siccos hoc sanguine 
campos. 

Statt des Ablativus differentiae steht schon vorklassisch, dann 
bei Livius, Vergil und Horaz der Accusativ. Bei Lucan scheint 
der Accusativ besser beglaubigt zu sein als der Ablativ : II, 225 
multumque coitur humani generis maiore in proelia damno, II, 
517 quantum melius (nur , Körte ; alle übrigen quanto) VIII, 242 
quantum securius aevum pauper egit (Weise quanto), 633 tantum 
patientius Claude, dolor, gemitus ! (Weise tanto), IX, 190 civis obit 
multum maioribus impar nosse modnm iuris (so Körte nach den 
besten Handschriften; Weise multo). 

Zu bemerken bleibt, dass Lucan nach dem Beispiele Sallusts 
das Particip perf. von Deponeatibus in Verbindung mit einem 
Objekt im abl. abs. zur Anwendung bringt, ein Gebrauch, welcher 
der klassischen Zeit fremd war. 

Fassen wir das Bisherige zusammen , so ergibt sich : Beim 
abl. separat, schliesst sich Lucan nicht bloss der seit Livius herr- 
schenden Neigung zum blossen Ablativ an, indem er dabei in der 
Hauptsache Vergil folgt, sondern er führt bei einer Menge von 
Verbis diesen Kasus erst ein. Wo er aber Präpositionen setzt, 
da fällt auf, dass die Präposition ex fast ganz verschwindet und 
ab zum herrschenden Gebrauche gelangt ist. Beim abl. loci auf 
die Frage wo? haben die Dichter vor Lucan fast immer die Präp. 
weggelassen; dieser Gewohnheit ist auch unser Dichter gefolgt 
und zwar auch da, wo Vergil abwechselnd bald Präposition bald 



— 69 — 

blossen Abi. setzt. Id zahlreichen Beispielen erscheint hier die 
Vertausch ung von Kasus in der Bezeichnung von Ruhe und Be- 
wegung. Beim abl. temporis zeigt er die Vorliebe des silbernen 
Zeitalters für den Abi. auf die Frage wie lange ? in der regel- 
mässigen Anwendung dieses Kasus; bei Angabe der Tageszeiten 
nimmt er öfter eine Freiheit in Anspruch, die man erst dem Spät- 
latein zngeschrieben hat. Während er beim abl. causae Vergil 
folgt, weicht er bei der Bezeichnung des sächlichen Werkzeuges 
durch a von ihm ab, indem er hierin Ovid nachahmt. Beim abl. 
copiae und inopiae macht sich die Hinneigung Lucans zum blossen 
Abl. auch dann geltend, wenn seine Vorgänger, namentlich Vergil, 
noch nicht den Abl., sondern entweder den Accusativ oder Genetiv 
oder die Umschreibung mit der Präposition vorziehen. 



Subjekt und Praedikat. 

Ellipse. 

Bei der Ellipse des Prädikats ist vor allem die Ellipse von 
esse ins Auge zu fassen. Die Ellipse bei pote und potis hat 
Lucan nicht. Die von Stern S. 87 für Vergil aufgestellten 
Regeln über die Ellipse von est hat Plew (de ellipsi verbi copu- 
lativi esse apud poetas latinos, Tilsit 1877) als ganz unrichtig 
nachgewiesen und den Gebrauch dieser Ellipse bei den Dichtern 
eingehend dargestellt. Im Wesentlichen ist nun Lucan hier dem 
Vergil und Ovid gefolgt. Die Ellipse von est findet sich bei ihm 
angewendet bei abstrakten Substantiven besonders solchen, welche 
stehende Redensarten mit est zu bilden pflegen; z. B. II, 410 fa- 
bula, X, 219 fides (Verg. Ov.), IX, 244 fas (V. 0.), IV, 792 nefas 
(V. Hör. 0.), mora, modus, causa (sämtlich schon bei Verg. u. Ov.); 
dagegen die bei den übrigen Dichtern so gebrauchten Concreta 
sind bei Lucan nur durch eine Stelle vertreten , X , 221 testis tibi 
sole perusti ipse color populi (Tib. Prop. Hör.). Ferner steht sie 
bei Adjektiven besonders solchen des Affekts; z. B. VII, 172 du- 
bium (Ov.), III, 258 insertum, VII, 185 mirum, VI, 619 pronum, 
IX, 937 promptum, turpe, par (Ov.) u. s. w. , aber lieber bei 
Comparativen ; z. B. VII, 120 neque enim victoria Magno laetior, 
weniger beim Superlativ, IX, 211 prima, IX, 391 quae tristissima. 
.Am öftesten steht sie beim part. perf. pass. ; z. B. IV, 281 vetito 
passus (seil, est) languescere hello, dum. . part. fut. : 807 felix 
Roma quidem civesque habitura (seil, est) beatos, si . . . ., VI, 716 
licet (anima) has exaudiat herbas, ad inanes Ventura (seil, est) semel. 
Die erst bei Sali., Liv. und Vergil häufigere Ellipse von est und 



— 70 — 

sunt in Nebensätzen hat Lucan besonders oft in Relativsätzen an- 
gewandt, z. B. II, 631 , III, 250 , IX, 852 etc., ferner in Be- 
dingungssätzen, z. B. II, 550, X, 63 und in Temporalsätzen, z. B. 
II, 500, VIII, 775, in Causalsätzen z. B. V, 553, IX, 265 und in 
Gomparativsätzen z. B. IX , 348 , IX , 356. Auch die übrigen 
Formen des Indikativs, die hauptsächlich bei den Komikern, dann 
auch bei den augusteischen Dichtern fehlen, hat Lucan ausgelassen 
wie sum und sumus: VI, 594 non ultima turbae pars ego Ro- 
manae (seil, sum), X, 382 non sanguine clari (seil, sumus), VIII, 
319 quantus apud Tanaim toto conspectus (seil, sum) in ortu; be- 
sonders es z. B. VI, 615, VIII, 642 quisquis in istud a superis 
immisse Caput. Die bei Livius seltene EUipse des Imperf. und 
Perf. steht bei Lucan oft; z. B. III, 553, VI, 144 im Neben- 
satz, X, 400, auffallend beim Irrealis III, 728 non ille iuventae 
tempore Phocaicis ulli cessurus (seil, erat) in armis (= cessisset). 
Die Ellipse der Konjunktivformen von esse ist bei Cicero u. Sali, 
selten, nicht viel häufiger bei Livius. Selten auch bei Lucan IX, 
102 quam longo tradita leto (seil, sim) incertum est, I, 681 quis 
furor hie (seil, sit) o Phoebe , doce. IX , 846 nee quae mensura 
viarum quisve modus (seil, sit) norunt 972 (aspicit, unde puer 
raptus coelo (sei. sit), II, 416 non minor hie Nilo (seil, esset), si 
non Nilus stagnaret. VI, 257 felix hoc nomine famae (seil, fuisses), 
si tibi durus Iber aut si tibi terga dedisset Cantaber. Die Ellipse 
von fuisse fand ich nicht. Die nachklassische, auch bei Vergil er- 
scheinende Ellipse von est bei parenthetischen Exklamationen steht 
IV, 456 ruituraque semper stat (mirum) moles, V, 672 haec fatum 
decimus (dictu mirabile) fluctus levat. Die Ellipsen anderer Verba 
sind aber bei Lucan in. einer geradezu auffallenden Weise ver- 
mieden. Ich habe ausser der gewöhnlichen Ellipse bei Beschwö- 
rungen X, 370 nur gefunden, II, 582 premit ille graves interritus 
iras et secum ohne inquit (schon Cicero) , VIII , 544 o superi, 
Nilusne et barbara Memphis et Pelusiaci tam mollis turba Canopi 
hos animos ! mit Ergänzung von sibi sumunt. Bezüglich der Er- 
gänzung des Prädikats aus einem korrespondierenden Satzteile ist 
zu bemerken, dass alle bei Lucan vorkommenden Fälle sich schon 
bei Cicero finden. Am öftesten ist aus dem Hauptmodus der In- 
finitiv zu supplieren ; z. B. III , 329 , aus diem Imperativ der 
Infinitiv z. B. 11, 512, aus dem Futur des Hauptsatzes der Indik. 
Perf. im Nebensatz z. B. IX, 239, aus dem Perf. des Hauptsatzes 
das Praesens des Nebensatzes z. B. IX, 268, aus dem Particip 
Praesens ein Perfekt Indik. (ein seltener Fall überhaupt) II, 726 
pelagus iam, Magne, tenebas non ea fata ferens, quae (seil, tulisti) 
cum super aequora toto praedonem sequerere mari. 



— 71 — 

Congruenz. 

Seit der augusteischen Zeit beginnt beim Kollektiv die Synesis 
wieder häufiger zu werden , nachdem sie von den Klassikern ver- 
mieden war. Sali. u. Livius haben sie sehr oft , Horaz selten, 
TibuU nie, CatuU und Yergil nur beschränkt. Letzterer hat sie 
nämlich nur, wenn neben dem Kollektiv noch der gen. plur. des 
in Eede. stehenden Objekts gesetzt ist oder nach parä (Haase 
zu Reisigs Vorl. S. 324) oder wenn alii, illi etc. vorausgeht 
(Petersson und Uddgren de syntaxi Virgiliana quaestiones, Up- 
saliae 1853, S. 7). Damit stimmt der Gebrauch bei Lucan nicht; 
denn er zog sich solche Schranken nicht; doch hat er diese 
Konstruktion nicht weiter entwickelt, da er die Synesis meist nur 
im zweiten Glied eintreten liess, so dass man dabei an einen 
Subjekt Wechsel denken kann. Nirgends ist auch die Lesart bei 
ihm so unsicher wie hier. Körte ist bei der Herstellung der 
Synesis offenbar zu weit gegangen. Abgesehen von uterque VII, 
31 ist die Synesis bei neuter (Plautus, selten bei Livius) be- 
merkenswert: V, 467 neuter longo se gurgite lassat, sed mini- 
mum terrae norunt (nach Körte). In der Anwendung der Synesis 
bei Substantiven schliesst sich Lucan dem Gebrauche des Livius 
an. Wenigstens hat kein Autor vor ihm diesen häufigen Gebrauch 
und selbst die gewählten Substantiva deuten fast nur auf Livius: 
III, 242 quanta est gloria genti (Liv.) iniecisse manum fatis vi- 
taque repletosque quod superest donasse deis, 447 muris sed clausa 
iuventus (Sali. Liv.) exsultant nach Körte, 476 subit virtus (nur 
Val. Maxim.) armisque innexa prioris arma ferunt nach Körte. 
663 pars (Catull, Sali., Liv.) concurrit — at cum prensarent, so 
Körte, 691 nee cessat naufraga virtus, tela legunt, 695, IV, 367, 
VI, 114, an den übrigen Stellen scheint mir Körte Unrecht zu 
haben. Beim Relativ zeigt sich diese Konstruktion nur II, 532 
o vere Romana manus (Liv.), quibus arma senatus non privata 
dedit. Wenn zwei Subjekte dasselbe Prädikat haben, aber ihre 
Thätigkeit getrennt zu denken ist, setzt Luc. den regelmässigen 
Sing. z. B. III, 527 Caesaris hinc puppes hinc Graio remige classis 
toUitur VII, 839 u. s. w. Daher glaube ich, dass Körte III, 27 
mit Unrecht den Plur. setzt. Während Nepos, Sali., Liv., Gurt, 
den Plural haben , wenn ein zweites Subject statt durch et mit 
cum beigefügt ist, setzt Lucan abweichend von seinem Zeitalter 
den Sing. z. B. III, 256 quaque caput toUit cum Tigride Euphrates, 
ebenso 515, V, 701. Der seltene Fall, dass mehrere nomina pro- 
pria als Subjekte das Prädikat im Sing, haben (vgl. Dräger S. 176) 
kommt bei Lucan vor IV, 4 iure pari rector castris Afranius 
illis ac Petreius erat — doch dadurch gemildert, dass das Prä- 
dikatsnomen vorausgeht. Die Uebereinstimmung des Prädikats« 



- 72 — 

QomeDS mit dem entfernteren Subjekt ist vielen Autoren fremd. 
Es findet sich diese nur bei Cicero und den Schriftstellern des 
silbernen Zeitalters wie Sali., Val. Maximus u. Ovid. Lucan hat nur 

1, 176 hinc leges et plebiscita coactae. Die Vertauschung von 
Prädikat und Subjekt führt Dräger S. 192 nur von Horaz und 
Tacitus (eine Stelle) an. Nägelsbach lat. Stil S. 445 erwähnt 
auch aus Cicero Beispiele. Bei Lucan fand ich Y, 688 o^uae nos 
viles animas in fata relinquens invitis spargenda dabas tua mem- 
bra procellis? (= quae in fata nos relinquebas, qui . . . dabas?) 

VII, 301 quo caeli sidere verso Thessalicae tantum permittitis 
orae, 363 quidquid comprensum limite caeli hominum sumus, 

VIII , 861 augustius aris victoris Libyo pulsatur in aequore 
saxum. 

Attribut. 

Dass Eigennamen ein lobendes oder tadelndes Adjektiv un- 
mittelbar zu sich nehmen, zeigt sich bei den Prosaisten nur im 
familiären Tone; z. B. in Ciceros Briefen. Dichter aber, nament- 
lich Vergil, haben sich dies angeeignet. Lucan macht von dieser 
Ausdruckweise ausgedehnten Gebrauch; z. B. bei Städtenamen 
II, 197 miserae Bomae, III, 585 magnae Carthaginis, VII, 692 
Munda nocens, VUI, 425 perfida Susa; bei Personennamen I, 476 
saevi Caesaris, II, 880 duri Catonis, audax Antonius, cruentus 
Caesar, sanctus Cato etc. Das durch Adjektivierung eines Sub- 
stantivs gebildete Attribut ist klassisch selten, kommt aber durch 
die augusteischen Dichter mehr zur Geltung. Bei Lucan findet 
sich I, 92 sociis (Ovid) regnis, II, 540 vindicis patriae iram, 
554 hostis (Liv.) Spartacus, III, 244 populus non cultor, VIII, 
154 victoris mariti (Nep. Livius, Seneca), 472 speculator eques, 
537 rex puer (Val. Max.), IX, 665 volucri fratri, X, 127 po- 
pulus minister, X, 405 duce sub famulo. Dem silbernen Zeit- 
alter war es eigentümlich, adjektivisch gebrauchte PersoncDnamen 
mit Sachsubstantiven zu verbinden (Müller S. 260). So hat 
Lucan IV, 207 famulas dextras, V, 11 hospes curia, 206 vin- 
dicis gladii. Vergleicht man z. B. famulas dextras mit Arnobius 

2, 5 ministras manus; ferner populus minister und populus non 
cultor mit Arnob. 6, 7 regnatoris populi — Beispiele, welche 
Sittl S. 110 als Afrikanismen bezeichnet, so wird man hierin 
wieder einen Keim erkennen , aus welchem jene Mundart ihre 
diesbezüglichen Eigentümlichkeiten grosszog. Das Präpositional- 
attribut hat Lucan durch Adjektiva wie II, 210 SuUana cadavera 
die von Sulla Hingemordeten, IV, 732 nocturnus eques, IX, 922 
pestis diurna ein bei Tage beigebrachter Schlangenbiss oder durch 
die gewöhnlichen Wendungen ersetzt, aber nirgends durch Parti- 



— 73 — 

üipia gestützt. Die bei Cicero auftretende, aber erst im silbernen 
Zeitalter mehr in Gebrauch gekommene Apposition zu einem ganzen 
Satze ist auch bei Dichtern, namentlich Vergil und Properz üblich. 
Lucan hat nur IX, 885 quocunque vocatur, advolat atque — in- 
gens ineritum maiusque salute — contulit in letum vires. Das 
Gerundium oder Gerundivum habe ich als Apposition nicht ge- 
funden. Endlich ist es der Dichtersprache (namentlich Vergil und 
Horaz) eigen , die Apposition durch eine Kopula et, que, atque 
anzuknüpfen nach griechischem Vorbilde ; bei Lucan findet sich 
z. B. V, 801 durum vinclis adamanta paratque poenam victori, 
VII. 582 permixta secundo ordine nobilitas, venerandaque corpora, 
ferro urgentur, X, 127 tum famulae numerus turbae, populusque 
minister. Die klassisch seltene , von Sallust und Livius häufiger 
gebrauchte partielle Apposition steht bei Lucan I, 491 incerti, 
quo quemque fugae tulit impetus, urget populum ; bei einem Re- 
lativ: X, 155 infudere epulas auro, quod terra, quod aer, quod 
pelagus Nilusque dedit. 

Der direkte Fragesatz. 

Sehr selten wird die Fragepartikel ne dem pronomen inter- 
rogativum angehängt. Von Hand im Tursellin. s. v. ne S. 78 
werden nur je eine Stelle von Plautus, CatuU (von Overholthaus 
S. 23 als zweifelhafte Konjektur bezeichnet), Vergil und Horaz 
angeführt; Müller aber S. 299 behauptet, es könne diese Aus- 
drucksweise nur sicher bei Hör. sat. 2, 3, 251 und Lucan 7, 301 
nachgewiesen werden. Lucan hat nun VII, 301 quone poli motu, 
quo caeli sidere verso Thessalicae tantum, superi permittitis orae? 
Dazu habe ich noch gefunden X , 99 quantosne tumores mente 
gerit famulus, Magni cervice revulsa ! Die Lesart ist unzweifelhaft. 

Nonne fehlt bei Plautus, ist bei Terenz sehr selten; auch 
Catull, Tibull und Seneca rhetor haben es nicht; einige Male steht 
es bei Seneca philosophus, einmal bei Vergil, öfter bei Horaz, 
nur einmal bei Lucan, VI, 365 nonne super fusis collectum cor- 
nibus hostem in medium dabimus? Sonst gebraucht er dafür 
immer non; z. B. V, 769 non olim casu pendemus ab uno? Num 
wird .nach der klassischen Zeit seltener. Horaz hat es noch sehr 
oft, Vergil aber selten. Lucan hat es nur an einer Stelle VII, 
643 pavidi num gessimus arma? die mit ec gebildeten Formen, 
welche nicht überall vorkommen, sind bei Lucan nur vertreten 
durch ecquis IV, 542. Auch anne kommt nur V, 328 vor. Die 
bei Cicero regelmässige Doppelfrage utrum — an ist von Lucan 
wie von Catull, Tibull, Properz, Horaz durch die übrigen Formen 
der disiunktiven Frage ersetzt. Am öftesten fehlt im ersten Sats- 



— 74 — 

gliede die Partikel, im zweiten steht an z. B. VI, 495, 744, IX, 
123 etc. 

Aus den vorstehenden Abschnitten ergibt sich: Lucan ver- 
meidet abgesehen vom Verbum esse die Prädikatsellipse fast ganz. 
Darin weicht er ohne Zweifel von seinen sonstigen Mastern ab. 
Diese Selbständigkeit zeigt sich aach in dem konservativen Stand- 
punkt, den er bei der Anwendung der Synesis bewahrt. Dagegen 
tritt die Nachahmung der augusteischen Dichter wieder hervor 
in der unmittelbaren Verbindung eines lobenden oder tadelnden 
Adjektivums mit einem nomen proprium, in der Anknüpfung der 
Apposition durch die Kopula et u. s. w., in der Adjektivierung 
von Substantiven. Der Eigentümlichkeit der silbernen Periode 
huldigt er durch die Adjektivierung von Sachsubstantiven und in 
dem seltenen Gebrauche von num und nonne u. s. w. Auch bei 
diesem Abschnitte offenbart sich wieder sein Haschen nach Ab- 
sonderlichkeiten, wie die Anhängung von Fragepartikeln an das 
pronomen interrogativum u. dgl. Neuerungen des Lucan ergeben 
sich hier nicht. 

Verbum. 

Genus des Verbums. 

Transitive Verba, welche intransitive Bedeutung annehmen, 
sind bei Lucan wenig: Percurrere (Terenz, Lucr., Caes., Cic. ep., 
Liv.) II, 427 qui vicinae percurrit in aequora Lunae ; urgere 
(nur bei Vergil an einer Stelle) II, 719 iam Phoebum urgere mo- 
nebat non idem Eoi color aetheris; turbare (nur Varro r. r. u. 
Verg. je eine Stelle) stürmisch sein III; 593 pelago turbante. Das 
bald trans. bald intrans. Verbum praestare hat bei Lucan die Be- 
deutung „vorne stehen", wie es sonst nirgends mehr vorkommt: 
IV, 80 Caesar subita circumdedit agmina fossa, dum primae 
praestant acies (nur Weise will nach der editio Ael. perstant). In- 
transitive Verba, die einen accus, zu sich nehmen, sind ebenso 
selten angewandt : I, 445 h o r r e n s (Schauder einflössend) feris 
altaribus Hesus (Verg., Aen., prooem.), III, 198 populum Pholoe 
mentita biformem (Verg. Hör., Ov., Sali., Liv.), V, 776 adde, 
quod assuescis fatis (Hör., Verg.), VI, 370 nee tenues ventos 
suspirat Anauros (nur Hör.), IV, 525 nee segnis vergere (sonst 
mergere) tunc erat astra polus wurde in der Bedeutung „neigen** 
(transitiv) in der Zeit vor Lucan von mir nicht gefunden, «beno 
VII, 504 nee fortuna diu rerum pondera vergens (Weise vertens) ; 
medial (Lucr., Ov.) steht es I, 54 nee polus aversi ealidus, qua 
vergitur Austri, VIII, 24 nunc festin atos nimium sibi sentit ho- 



— 75 — 

nores (Sali., V., H., 0.), IX, 215 si Romano sonarent rostra 
ducis laudes (V. H.), X, 196 sit pietas aliis miracnla tanta silere 
(Lucr., Verg., Hör., Ov.). Abgesehen von dem Transitivam ver- 
gere ist also hier alles Nachahmung. 

Aktive Verba werden überhaupt selten für reflexive gebraucht. 
Auch Lucan erlaubte sieh nur IX, 173 rursus geminato verbere 
plangunt (= se plangunt) (Ov., Verg.). Auffallende Verbindungen 
mit se gehen ein: iaculari (Plin. n. h.) II, 155 se praecipiti ia- 
culatus pondere und ferre (Liv., Val. Max., Plin.,n. h.) 111,213 
Phrygii ferens se Caesar luli. 

Mediale Passiva sind etwas häufiger. Abgesehen von klas- 
sischen sind es converti (Hör.) IV, 267 conversus in iram prae- 
cipitem timor Qst (dagegen IV, 779 vix impune suos inter con- 
vertitur enses „er bewegte sich hin und her** findet sich vor 
Lucan nicht), IX, 689 Zephyro (nach West) convertitur ales; den- 
sari (Verg., Liv.) IV, 780 densatur globus; distendi (vor Luc: 
zweifelhaft bei Ovid) VI, 489 coluber distenditur; mergi (Liv;) 
III, 632 aequora discedunt mersa diducta carina; poni III, 523 
posito Borea; torqueri (Ov.) IX, 716 spinaque vagi torquente 
Cerastae. 

Participia perf. pass. in aktiver Bedeutung hat Lucan ausser 
dem von Dräger S. 153 erwähnten placitus: Desuetus (Verg., Ov., 
Liv.) IV, 237 desuetae silvis ferae; insuetus (Liv.) V, 163 in- 
sueto concepit pectore numen ; siietus (Lucr., Sali., V., H., L.) 
I, 325 suetus civilibus armis; perosus (Verg.) IV, 307 mensas 
perosi auxilium fecere famem. Die persönliche Konstruktion von 
pudet mit dem Neutrum Plur. eines Adjektivs steht bei Plautus 
und Terenz. Spätere wie Cicero habeü nur das Neutr. Singul. 
Daher erscheint es als Archaismus, wenn Lucan sagt VIII, 495 
semper metuet, quem saeva pudebunt. 

Tempora und Modi. 

Der regelmässige Wechsel des historischen Präsens mit dem 
Perfekt, wobei das Perfekt in der Regel vorangeht, zeigt sich 
auch bei Lucan. In Gleichnissen setzt er nach dem Muster der 
augusteischen Dichter entweder das Präsens in Verbindung mit 
dem Perfekt, z. B. I, 151, II, 22, IV, 235, IX, 284 etc. oder (je- 
doch seltener) das Perfekt allein z. B. I, 543, 574, V, 183, am 
häufigsten aber das Präsens allein z. B. I, 293, IV, 437 etc. Die 
Einleitung zu einem neuen Bilde oder Ereignisse wird am öftesten 
durch das Imperf. gekennzeichnet; ebenso der Abschluss. Bildet 
letzteren ein Verbum dicendi , so setzt Vergil meist das Perfect, 
folgt aber die Bede erst, vorzugsweise das Präsens. Lucan hat 



- 76r - 

im letzteren Falle ebenfalls am öftestens das Präsens, ein Dritteil 
aller Stellen weist das Perfekt auf z. ß. III, 742, dixit, IV, 592 
docuit) VlI, 67 addidit etc. Mehr weicht er von Vergil ab, wenn 
die Rede vorausgeht. Denn abgesehen von dem oftmaligen fatus 
hat er das Perfekt nur fünfmal , sonst das «Präsens , selten das 
Imperf., öfter das Plusquamperfekt; z. B VIII, 146 dixit, I, 638 
canebat, III, 356 finierat, VI, 624 dixerat. Das Plusquamperfekt 
findet sich auch anderswo und ist vorherrschend metrischen Gründen 
zuzuschreiben. 

Das Perfectum consuetudinis kommt in der vorklassischen 
Periode noch nicht vor. Erst den Dichtern der klassischen Zeit 
wird es zugeschrieben : Lucr., Catull, Verg., Hör., Ov. etc. Schon 
bei der Erwähnung der Gleichnisse ist dieser Gebrauch des Lucan 
angemerkt. Aber auch ausserhalb eines Gleichnisses setzt er dieses 
Tempus, z. B. III, 240 quique bibunt ... et qui adstringunt . . . 
quique suas struxere pyras vivique calentes conscendere rogos. 
Doch wird hier das Auffallende des Perfekts gemildert durch das 
vorausgehende Präsens. Der Infinitiv Perfekt statt des Inf. Präs. 
kommt archaistisch nur bei velle, nolle, posse, oportet, melius est 
vor, verschwindet dann bei den klassischen Prosaisten und zeigt 
sich wieder bei Livius und den augusteischen Dichtern. Diese, 
namentl. Horaz , dehnen den Gebrauch auf Verba des Strebens, 
Fürchtens und die meisten unpersönlichen Verba aus (vgl. Sch&ffler 
S. 89). Teils hat der griechische Aorist teils auch das Metrum 
diese Erscheinung hervorgerufen; letzteres ist aus der Neben- 
einanderstellung von Praesens und Perfekt ersichtlich. Lucan hat 
diesen Inf. Perf. ungemein häufig. Er setzt ihn übereinstim^iend 
mit seinen Vorgängern bei velle , malle, posse, fas, piget, iuvat, 
licet, pudet, libet, decet, vacat, parum est; timere, metuere (VIII, 
552), vereri (VI, 203). Den Gebrauch des Inf. Perf. bei valeo 
schreibt Dräger S. 257 erst dem Silius zu. Er findet sich aber 
schon bei unserem Dichter II, 292 sidera quis mundumque valet 
spectare cadentem expers ipse metus? quis . . . mixto coeuntis 
pondere mundi compressas tenuisse manus? Auch tritt bei ihm 
eine wirkliche Weiterbildung dieser Form ein, da er sie von Sub- 
stantiven, Adjektiven und anderen Verben als den oben bezeich- 
neten abhängen lässt. Von Substantiven II, 384 huic epulae (seil, 
fuerunt) vicisse famam : magnique penates, submovisse hiemem etc. 
(könnte auch als logisches Perf. gefasst werden!), IV, 577 quam 
sit non ardua virtus servitium fugisse manu. Adjectiva: I, 326 
docilis vicisse Sullam, VIII, 381 melior cessisse loco quam pellere 
miles, IX, 56 indigna fui accendisse rogum — incubuisse — exurere 
— componere etc. Verba: I, 258 non ausus timuisse palam, IV, 22 
Cinga vetitus fiuctus et Utora Oceani pepulisse, 620 mirantur 



— 77 — 

habuisse parem, V, 585 debebis . . duxisse senectam, VI, 542 
g and et gelatos effadisse orbes, 609 conceditur arti inseraisse 
moras. — Das Perfekt für das Plusquamperfekt kommt seit Caesar 
vor, auch bei Sali. u. Liv. Lucan hat nur IX, 856 dederas — 
damuasti — venimus. 

Bei den Komikern, bei Catull und Horaz findet sich das 
Futur der Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit für das Präsens. 
Auch Luean hat es, wo er nach der Ursache des jetzigen jammer- 
vollen Zustandes von Italien fragt : 1,30 non tu Pyrrhe ferox 
nee tantis cladibus . auctor Poenus erit. — Das Particip perfekt 
von Deponentibus statt des Praesens ist klassisch auf wenige Yerba 
beschränkt; erst seit Livius und Vergil wird es häufiger. Lucan 
hat I, 552 flamma scinditur geminoque cacumine surgit Thebanos 
i mit ata rogos (Verg., Hör.) I, 441 laetatus (Sali., Verg.) con- 
verti proelia Trevir III, 248 venistis, umbras mirati (Caes., Verg.) 
nemorum non ire sinistras , VI, 376 (Titaresos) lapsusque su- 
peme (Verg., Ov.) gurgite Penei utitur. Von Lucan zuerst an- 
gewandt ist immortuus hinsterbend, III, 613 deriguit immortua 
(manus). Das Particip perf. pass. bezeichnet öfter bei Livius und 
Vergil statt des part. praes. einen dauernden Znstand und erhält 
so die Bedeutung des Gerundivs oder eines Adjektivs auf ilis (vgl. 
Müller S. 371). So hat Lucan I, 245 et celsus medio con- 
spectus in agmine Caesar, der zu sehen war. Das Particip perf. 
steht bei Sali., Liv., Verg., Hör. für das Particip fnt. um eine 
zukünftige Handlung als vollendet darzustellen. So hat Lucan II, 
513 victis iam spes bona partibus esto statt quae vincentur, 
V, 201 caesosque duces . . et tot in Hesperio collapsas sanguine 
gentes, cur aperire times? ebenso 330, 525 scintillum tenuem 
commotos pavit in ignes. Das Particip fut. activ. im ablativ. 
absol. steht erst im silbernen Zeitalter; doch auch bei Ov.; Luc. hat 
I, 513 urbem facilem venturo Caesare praedam ignavae liquere 
manus; irreal: II, 419 Ister casuros in quaelibet aequora fontes 
accipit, VI, 349 melius mansura sub undis Emathis und öfter. 
Sehr häufig ist das part. fut. activ. final gebraucht; dies zeigt 
sich erst mebr seit Sallust, z. B. II, 36, III, 290, VI, 553 u. s. w. 

In Bezug auf die Modi ist bemerkenswert: der Potentialis 
der Gegenwart wird von Terenz, Vergil, Horaz, Ovid (vgl. Jan 
S. 104) öfter bei einer vergangenen Handlung gebraucht behufs 
lebendiger Darstellung. Lucan hat dies nur I, 493 credas, aut 
tecta corripuisse faces aut nutantes pendere domos wegen des 
vorausgehenden Praes. histor. nicbt besonders auffallend. Der 
I^oteutialis der Vergangenheit von malle steht regelm. III, 83 non 
se mallet amari ; daneben gebraucht er aber den Indikativ , den 
vor ihm der einzige Cicero , nach ihm niemand ausser Tacitus 



— 78 — 

setzt : VIII , 522 feriam tua viscera Magne : malueram soceri. 
Auffallend VIII, 600 quis non putasset. 

Mit dem Optativ findet sich einmal bei Cicero, öfter bei Liv. 
Seneca rhetor. Hör. non statt ne ; dies hat Lucan : II, 50 Massa- 
geten Scythicus non alliget Ister , IV, 1 14 non habeant amnes 
declivem ad litora cursum, sed pelagi referantur aquis. Die au- 
gusteischen Dichter entnahmen der Volkssprache die Anwendung 
des Jussiv im Präsens mit ne beim Prohibitiv der zweiten Person, 
um eine besonders feierliche Ausdrucks weise zu gewinnen (Müller 
S. 259). Lucan hat nur einmal regelmässig, VIII, 451 nee spera- 
veris, dann beide Konstruktionen, VII, 590 ne rue nee admoveris ; 
ausserdem nur ne mit dem Jussiv: V, 49^ ne retine, 536 ne 
cessa, 588 ne flecte manus, VI, 773 ne parce, 812 ne quaere, 
VII, 24 ne rumpite, 328 parcite ne, VIII, 627 ne cede, IX, 613 
ne dubita und sogar passivisch, IX, 982 invidia sacrae Caesar ne 
tangere famae, was ich vor Lucan nicht fand. 

Der historische Infinitiv kommt oft bei Lucan vor; be- 
merkenswert in einer Chq.rakteristik Caesars I, 146; dann 167, 
IV, 624, V, 451 etc. Hierin stimmt er mit den übrigen Epikern 
überein. 

Den von Substantiven, Adjektiven und Verben abhängigen 
Infinitiv bei Lucan ziehe ich nicht mehr in die vorliegende Arbeit 
herein , sondern verweise auf die Dissertation v. Joh. Schmidt : 
de usu infinitivi apud Lucanum , Val. Flaccum, Sil. Italicum, 
Halle 1881. 

Aus Vorstehendem ergibt sich: Beim genus verbi ist vor 
allem eine Nachahmung der Aelteren in dem Archaismus der per- 
sönlichen Konstruktion von pudet zu erkennen. Die Nachahmung 
der augusteischen Dichter tritt hervor in dem transitiven Gebrauch 
mancher Intransitiva und umgekehrt; ferner in den Vulgarismen 
bei der Anwendung der Tempora und Modi: in dem Gebrauche 
des Futurs statt des Praesens, des Jussivs mit ne u. s. w., doch 
weicht er in der Wahl des Tempus für den Abschluss einer Bede 
wenigstens von Vergil ab (der Gebrauch der übrigen Dichter in 
Bezug auf diesen Punkt ist noch nicht untersucht) und lässt eine 
Weiterbildung des sogen, aoristischen Inf. Perf. erkennen. Geradezu 
Neuerungen sind: praestare „vorne stehen, voranstehen" und ein 
Transitiv vergere im genus activum. 



— 79 — 

Aus allen bisherigen Erörterungen ergab sieb mir folgendes 
Endresultat : die Sprache Lucans ist überwiegend eine Nachahmung. 
Da er in seiner Pharsalia ein Epos schaffen wollte, so schloss er 
sich vor allem an den grössten Vertreter dieser Dichtungsart, an 
Vergil, an. Letzterer hatte die Prinzipien einer römischen Dichter- 
sprache gegeben, die fortan als Gesetz galten : Ausser der Um- 
wandlung vieler rein la'teinischer Strukturen hatte er manche aus 
dem Griechischen entnommene aber mit lateinischen Sprach elementen 
gebildete Phrasen und eigentliche Gräcismen zur Anwendung ge- 
bracht; ja selbst aus der Volkssprache und den Komikern das 
Brauchbare sich angeeignet. Auf alle diese sprachlichen Gebiete 
ist ihm Lucan gefolgt und hat beinahe alle in ausgedehntem 
Masse kultiviert; nur Archaismen finden sich bei ihm weniger. 
Neben Vergil tritt aber auch Ovid manchmal ganz deutlich als 
sein Muster hervor, wie bei den Präpositionen, beim Accusativ 
verbunden mit medialen und passiven Verben und beim Abi. 
causae zu Tage trat. Ferner ist nicht zu leugnen, dass auch 
noch eine besondere üebereinstimmung mit Horaz nicht selten 
sich offenbart, wenn auch nicht in irgend einer Wendung im all- 
gemeinen, so doch in der gleichmässigen Konstruktion einzelner 
Wörter. Wie sehr die Nachahmung einzelner Dichter auch äusser- 
lich sich kund gibt, zeigt Zingerle (Kleine philolog. Abhandl. 
Heft 2 Innsbruck), welcher nachweist, dass an ungemein vielen 
Stellen in den nämlichen Versfüssen dieselben Wörter erseheinen. 
Aber auch von der herrschenden Geschmacksrichtung seiner Zeit 
Hess sich Lucan sehr beherrschen. Was seit Sallust, namentlich 
durch den poetisierenden liivius auf sprachlichem Gebiete Neues 
eingeführt wurde, hat auch Lucan sehr pft zur Anwendung gebracht. 

Doch würde man unserm Dichter Unrecht thun, wenn man 
ihm jede Originalität der Darstellung absprechen wollte. Schon 
in seinen äusseren Lebensverhältnissen lag der Grund zu mannig- 
fachen Eigentümlichkeiten. Denn mag auch seine Erziehung urban 
und echt römisch gewesen sein, so brachte es doch die Herkunft 
und Verwandtschaft mit sich, dass seine Sprache mit spanischen 
Elementen vermischt war, wie ich angedeutet habe. Insbesondere 
war die philosophische Ausbildung und der Umgang mit dem 
Philosophen Seneca, seinem Oheime, nicht ohne Einwirkung auf 
seinen Ausdruck geblieben, was aus mehreren charakteristischen 
Merkmaien hervorging. Aber auch sein jugendlicher, erst in der 
Entwicklung begriffener, jedoch feuriger Geist Hess sich nicht all- 
zusehr an den Boden des Hergebrachten festbinden; daher begeg- 
neten wir Lucan nicht selten auf selbstgebahnten Wegen, die von 
denen Vergils und der übrigen augusteischen Dichter ziemlich be- 
deutend abwichen, so bei den Pronominibus, den Präpositionen, 



— 80 — 

dem finalen und faktitiven Dativ u. s. w. Seine Neuerungen sind 
allerdings nicht von der Art, dass er ganz neue Konstruktionen 
schuf, sondern dass er den Gebrauch der vorhandenen erweiterte 
oder sie fallen Hess und durch andere schon vorhandene ersetzte ; 
z. B. den Genetiv und Dativ abhängig von Adjektiven, den prädi- 
kativen Nominativ, den blossen Ablativ beim abl. separ., bei vielen 
Verbis, das sogen, aoristische Perf. u. s. w. Endlich ist eine 
Haupteigentümlichkeit Lucans sein Haschen nach Seltenem. Der 
schon im Knaben geweckte und später bei den öffentlichen, von 
Nero selbst besuchten Deklamationen immer mehr gesteigerte Ehr- 
geiz erweckte nämlich in dem jungen Manne die Begierde, mit 
Gelehrsamkeit zu glänzen und auf Kosten des Gedankens die Zu- 
hörer durch die ungewöhnliche Form zu fesseln. So stössen wir 
bei ihm auf zahlreiche Sonderbarkeiten, welche teils in Beminia- 
zenzen an zerstreute Stellen in den augusteischen Dichtern teils 
in seltenen Gräcismen oder wohl gar in Solöcismen bestehen. 
Diese Vermischung von altertümlichen, neugebildeten und fremd- 
ländischen Ausdrücken kenntzeichnet nicht bloss die geistige unreife 
unseres Dichters, sondern auch einen gewissen Verfall . seiner 
Sprache. Manche dieser Barbarismen enthielten bereits den Keim 
zu einigen jener sprachlichen Gebilde, die späte^ unter dem Namen 
„Afrikanismen*' zur Blüte gelangten wie: die verwirrte Öezeich- 
nung von Bewegung und Ruhe, die Präposition de statt des 
blossen Abi., die substantivischen Appositionen statt attrib. Ad- 
jectiva, die Verbindung ungleicher Grade von Adjektiven (vgl. 
Sittl S. 77 ff.). 

Obwohl aber Lucan solche Mängel zeigte und zur weiteren 
Fortbildung der Sprache nicht gar viel beitrug, so muss es ihm 
doch als Verdienst angerechnet werden, dass er in einer Zeit, die 
in Betreff der Sprache nur mehr von den Errungenschaften der 
vorausgehenden Periode zehrte, die ihm überlieferten sprachlichen 
Gesetze der Hauptsache nach in ihrer wahren Gestalt den Zeit- 
genossen und den späteren bewahrte. Diese Anerkennung fand er 
bei seinen Nachahmern Martial, Silius Italiens, Statins, Florus u. a. 

Da ich in dieser Arbeit nur die Redeteile und die Syntax 
des unabhängigen Satzes in Lucans Pharsalia bearbeitet habe, so 
ist selbstverständlich das gegebene Endresultat kein abschliessendes 
Urteil. Vielmehr kann erst nach der Untersuchung des zusammen- 
gesetzten Satzes, der allerdings hier weniger wichtig ist, sowie des 
Stiles eine sichere und umfassende Charakteristik der Sprache 
Lucans gewonnen werden. 



Bemerkungen. 



Zu I, 89 orbemque tenere in medium nach Körte. Weise hat in 
medio und erklärt: quasi rem, de cuius possessione concertetur; tam- 
quam ä^Xov aut Xstav. Male Cortius: in medium. Betrachtet man nun 
Sallust, Cat. 19 nos eam rem in medio relinquemus und Tacitus Germ. 
46, wo im gleichen Sinne, Halm ebenfalls in medio relinquere schrieb, 
so bedeutet dies : etwas unentschieden lassen. Diesen Sinn will Weise 
offenbar fdr unsere Stelle festhalten. Allein so heisst es nicht. Es ist 
nämlich im Vorhergehenden von dem Verderben die Rede, welches das 
Triumvirat nach sich zieht; dann spricht Lucan verächtlich von der 
Eintracht der Triumvim: male concordes nimiaque cupidine caeci, 
quid miscere iuvat vires? was nützt es euch, eure Kräfte zu vereinen! 
Er betont also ihre Einigkeit und spricht nicht von einem Kampfe der- 
selben gegen einander ; dann iUhrt er fort : orbemque tenere in medium 
(medio?) Dies kann nicht heissen: „und den Erdkreiß gleichsam als 
Kampipreis in der Mitte zu haben**, sondern der Gedanke ihrer Eintracht 
muss sich fortsetzen „und den Erdkreis gemeinschaftlich zu besitzen**. 
Denn er fährt nun fort: Solange die Erde das Meer, und die Lufb die 
Erde tragen wird . . ., solange werden die Genossen der Herrschaft ein- 
ander keine Treue halten: nuUa fides regni sociis. Wäre im Vorher- 
gehenden vom Kampfe die Rede, so könnte hier von der wandelbaren 
Treue nicht gesprochen werden. Ich glaube nun, dass Lucan die Stellen 
bei Vergil nachgeahmt hat: Ge. I, 127 in medium quaerebant, ipsaque 
tellus omnia liberius nullo poscente ferebat IV, 157 venturaeque hiemis 
memores aestate laborem experiuntur et in medium quaesita reponunt. 
Es heisst hier in medium überall: zum gemeinschaftlichen Gebrauch 
wie bei Ovid discenda in medium dare. Auch Hermes VI S. 214 f. 
wird in medium festgehalten und als Adverb erklärt. 

Zu I, 688. Hand im TurselHnus s. v. desuper hält dieses Wort nach 
dem Vorgange Bentleys für ein Adverb, während Körte es für eine an- 
dere Form von super erklärt. Hand sagt nämlich, dass kurz vorher die- 
selbe Wahrsagerin ausruft : feror Libyen (I, 687) ich werde nach Libyen 
entrückt; nun sei hier dieselbe Konstruktion desuper Alpis colles atque 
Pyrenen abripimur und desuper sei Adverb dazu. Dies heisst aber: Ich 
werde von oben her nach den oder in die Alpen getragen: Es soll 
aber heissen: über die Alpen nach Gallien und über die P. nach 
Spanien, woher das Unglück durch Cäsar droht! Der Scholiast schreibt 
geradezu feror super colles. Deshalb glaube ich, dass man desuper als 
Präposition ansehen müsse, die nur hier vorkommt. 

Zu I, 371 haec manus fregit et Arctoo spumantem vertice Rhenum. 
Krais: diese Hand hat den Rhein besiegt, der vom nordischen Gipfel 
herabschäumt. So wäre Arctoo ein für die Römer ganz und gar über- 
flüssiger Beisatz. Weise : Arctoo vertice h. e. in mari Arctoo h. e. Ger- 

6 



— 82 — 

* 

manico. Allein spumare mit abl. steht VII, 699 spumantes caede ca- 
tervas vgl. Verg. Aen. IV, 664 ensemque cruore spumantem. Ich halte 
daher vertice für den AblativuR Instrumentalis; dann heisist es: diese 
Hand bezwang auch den Rhein da, wo er mit nördlichem Strudel schäumt 
d. h. den Niederrhein; vertex ist das Wasser des Rheines, nicht des 
Meeres. 

Zu II, 440 Caesar, in arma furens, nullus nisi sanguine fuso Gau- 
det habere vias, quod non terat hoste vacantes Hesperiae finas etc. 
Weise behauptet nach dem Vorgange des Farnabius und Sulpitius: 
Caesar cupidissimus belli civilis non gaudet, sibi vias sine proeliis 
dari, non gaudet, quod non terat (h, e. vastet) fines Italiae quippe va- 
cantes Pompeio, quodque non irrumpat hostiliter in agros quippe vacuos 
exercitibus quodque non perdat ipsum iter neque proelia proeliis con- 
serta gerat. Er ärgert sich darüber, dass er Italien nicht verwüsten 
kann, da es leer ist von Feinden. Cäsar soll nicht bloss cupidissimus 
belli civilis, sondern ein Mensch sein, der an Rache und Verwüstung 
allein Vergnügen hat!! Abgesehen davon, dass Lucan selbst später II, 
512 ft. erzählt, Cäsar habe damals allen seinen Gegnern verziehen, 
welche die Waffen gegen ihn erhoben hatten (vgl. Plutarch. Caes. p. 724), 
ist es bekannt, dass Lucan in den ersten drei Büchern Cäsar noch keines- 
wegs so herabsetzt wie in den späteren, da er mit jenen noch den Bei- 
fall Neros suchte. Femer meint Weise, es sei nicht an die Besatzungs- 
truppen der Städte zu denken, sondern nur an das Gros der Pompejaner, 
das sich in Capua gesammelt habe. Es sei daher der Weg nach Rom 
(iter Romam versus) von den Feinden Cäsars eigentlich frei gewesen. 
Schon die Worte non terat hoste vacantes Hesperiae fines meinen ganz 
Italien und so würde damit im Sinne Weises gesagt, Italien sei frei 
von Pompejanern. Allein die Besatzungstruppen der Städte hatten eine 
Bedeutung, die nicht unterschätzt werden darf. Hätten sie insgesamt 
Widerstand leisten wollen, so wären sie Cäsar gei^hrlich geworden. 
Denn er hätte seine Kräfte zersplittert. Dass endlich das Volk in jenen 
Gegenden mehr auf Seite des Pompejus stand, gibt v. 458 an: Pronior 
in Magnum populus. Man kann daher nicht sagen, dass Italien leer 
von Feinden Cäsars war und deshalb hat Körte Recht gehabt, wenn er 
erklärt: „ Cäsar freut sich, dass er Italien nicht leer von Feinden findet, '^ 
denn er kann sein Feldhermtalent zeigen und seine kampflustigen 
Soldaten zu Siegen führen. 

Zu U, 605 nee redit (taurus) in pastus nisi cum cervice recepta 
excussi placuere tori. Krais : Der erst auf die Weide dann kehrt, wenn 
mit neuer Kraft in dem Nacken Er das vorige Lager sich wählt. Excussi 
tori kann nicht heissen : Das verlassene d. h. vorige Lager ; denn der 
Stier wurde verjagt pulsus armen tis (v. 601). Torus heisst vielmehr 
hier Muskel und excutere , prüfen**, wie es bei Cicero, Ovid, Plinius, 
ep. etc. vorkommt. Es heisst also : excussi tori die wohl erprobten Mus- 
keln entsprechend dem cervice recepta. 

Zu n, 622 Alle Ausgaben und die Uebersetzung haben nach fretum 
ein Komma und nach undas einen Punkt angenommen, so dass es nach 
Krais lautet: „Weithin öffnet von hier sich das Meer, ob die Segel nach 
deinem Hafen, Corcyra, streben, ob links dort nach Epidamos in lUy- 
rien, das zu ionischen Fluten sich hinneigt. Hieher fliehen die Schiffer, 
wenn Adria völlig in Aufruhr tobt, wenn** u. s. w. Man sieht sofort, 
dass der Satz: , Weithin öffnet von hier sich das Meer** nicht passt zu 
„ob die Segel** etc. Es ist vielmehr nach fretum ein Punkt und nach 
undas ein Kolon zu setzen und so zu interpretieren: Weithin öffnet 
von hier sich das Meer. Ob diese Segel nach C. streben, ob nach E. : 



— 83 — 

hiebet fliehen die Schiffer etc. Denn Lucan will von der Bedeutung 
des Hafens von Brundisium sprechen. 

Zu Ulf 181 Exhausit totas quamvis delectus Athenas ; Exiguae 
Phoebea tenent navalia puppes Tresque petunt veram credi Salamina 
carinae. Diese Worte fanden verschiedene Deutung. Einige, wie Bur- 
mann meinen, sie bezeichnen den kläglichen Zustand Athens das nicht 
mehr als drei Schiffe dem Pompejus zu Hilfe schicken konnte. Weise be- 
hauptet, gerade das Gegenteil sei der Fall, sehr viele und grosse Schiffe 
seien geschickt worden und nur drei zurückgeblieben. Die von mir nach- 
geschlagenen Quellen Plutarch, Dio Cassius, Velleius, Valerius M., Sue- 
ton, Florus behandeln die Sache nur allgemein. Caesar de hello civ. 
lU, 3 nennt wenigstens Athen : Pompeius magnam ex Asia Cjcladibus- 
que insulis, Corcyra, Athenis, Ponto .... classem coegerat. Auch Ap- 
pian sfi(pvXi(ov B 71 nennt ausdrücklich Athen: kaxQazevov de xal 'A-d-rj- 
vatoif xrjQv^dvtwv fiev avxovg exaiegcov firj dötxeTv rov (fTQarov (og iegoifg 
t&v '&sof4.oq?6Qo>Vf siQog ös rtjv öo^av aga rov noXifiov tganevtsg wg vjisq 
tfjg 'Pcofjialcov ^y€f*oviag dycoviov/isvoi. Den besten Beweis aber daftir, 
dass es eine grosse Macht sandte, liefert Lucan selbst V, 52, wo in der 
Senatsversammlung die Staaten mit Lob und Ehre ausgezeichnet werden, 
welche zur Sache des Pompeius hielten : famae veteris laudantur Athenae. 
Es kann hiemach von einer geringen Hilfeleistung keine Rede sein. 

Zu ni, 419 iam fama ferebat . '., procumbentes iterum consurgere 
taxos. Krais: „dass Taxusstämme, nachdem sie gefällt, sich wieder 
erheben.** Weise: Taxus, funesta arbor ut est cupressus, quae succisa 
non regerminat. Igitur hie sensus: et taxos succisas iterum regermi- 
nare. Beide Erklärungen stimmen wenig zusammen mit v. III, 399 : 
lucus erat longo nunquam violatus ab aevo und v. 424 pavet ipse sacer- 
dos accessus d. i. vor dem Betreten des geheimnisvollen Waldes. Ich 
glaube vielmehr, dass procumbentes heisst „die von selbst sich neigten* 
und ich werde in dieser Meinung bestärkt durch den Scholiasten, welcher 
sagt : utrumque mirum est, et quod procumbunt s p o n t e et quod rursus 
exsurgunt. 

Zu IV, 33 Luce nova collem subito conscendere cursu, Qui medius 
tutam castris dirimebat Ilerdam imperat. Krais : Morgens heisst er als- 
dann den Hügel ersteigen im Sturmschritt, welcher mitten Ilerda schied, 
das vom Lager geschützt war. Zuerst sagt uns Lucan v. 11, dass Ilerda 
auf einem Hügel erbaut war, neben welchem der Sikoris floss. Ueber 
diesen spannte sich eine Brücke; v. 16 proxima rupes kann doch nur 
anzeigen, dass dieser Hügel mit dem Lager des Pompejus dem Lager 
Cäsars näher lag als Ilerda. In v. 33 ist ein weiterer Hügel bezeichnet, 
der in der Mitte zwischen dem Lager der Pompejaner und Ilerda lag, 
und die Hügel sind so gelagert, dass am Sikoris hin über der Anhöhe, 
auf welcher das Lager der Pompejaner war, der medius colli s, der un- 
setzte Hügel und über diesem die Höhe mit Ilerda sich erhob. Fasst 
man nun die Stelle so wie Krais, so muss castris von tutam. nicht aber, 
wie es in der That der Fall ist, von dirimebat abhängen. Dabei müsste 
man aber annehmen, dass auf diesem mittleren Hügel das Lager war. 
Dies widerspricht aber der Situation ; auch fehlt der terminus der Tren- 
nung: man weiss nicht, wovon dieser mittlere Hügel Ilerda trennt. 
Vielmehr heist es: welcher in der Mitte das (überhaupt durch seine 
Lage) geschützte Ilerda vom Lager (der Pompejaner) trennte. Vgl. Caes. 
de hello civ. I, 43. 

Zu IV, 95 toto censu non prodigus emit ICxiguam Cererem. Krais: 
„mit ganzem Solde verschwenderisch kauft er nicht ein wenig Getreide." 
Nun folgt aber ausdrücklich v. 97 non deest prolato ieiunus venditor 

6* 



— 84 — 

auro. Es muss also non nicht zu emit, sondern zu prodigus bezogen 
werden : Ohne daes es Verschwendung genannt werden konnte, kauft 
er . . . So gross ist die Not. 

Zu lY, 201 extrahit insomnes fabula noctes . . . qua lancea dextra 
Exierit. Erais* ^Wie stark aus der Rechten flog der Sperr." Es kommt 
aber hier nicht so fast auf die Stärke des Armes uud damit des Wurfes 
sondern vielmehr auf die Treffkunst an, auf das wohin? Da hier drei 
Wörter qua lancea dextra hinter einander auf a enden, so ich möchte qu o 
schreiben. So hat auch wirklich die editio Hortensii vgl. Oudendorpa 
Ausgabe. 

Zu IV, 277 Non sentiet ictus, Incumbet gladiis, gaudebit sanguine 
fuso. Weise: Dubium esse nullum debet, esse asyndeton et supplendam 
esse negationem : non incumbet gladiis, non gaudebit . . . dabei weist 
er darauf hin, dass man bei Lucan oft aus der vorausgehenden Negation 
zu asyndetisch oder affirmativ angereihten Satzgliedern die Negation 
zu supplieren hat. Was heisst aber: die Schaar (iuventus) stürzt sich 
nicht in die Schwerter? in die eigenen? das zu sagen, wäre ganz über- 
flüssig? denn wozu eilt sonst die Schaar von Ilerda zu den Feinden 
herab? in die feindlichen? dann würde doch wohl non gaudebit san- 
guine fuso an zweiter und incumbet gladiis an dritter Stelle stehen, da 
ja letztere Handlung, wenn sie im afiirmativen Sinne stünde, die ab- 
schliessende Handlung wäre. Zudem handelt es sich nun nicht mehr 
um irgend welche Aussicht auf einen Erfolg des Kampfes, also auch 
nicht um eine Freude über vergossenes Feindesblut, sondern die Pom- 
pejaner suchen eben nur den Tod und zwar den für einen Soldaten 
allein ehrenvollen: durch die Hand der Feinde. Daher scheint mir nur 
passend zu sein, incumbet und gaudebit affirmativ zu fassen : die Schaar 
fühlt keinen Stoss mehr, sondern stürzt in die (feindlichen) Schwerter 
und freut sich die Todeswunde empfangen zu haben (sanguine fuso näm- 
lich das eigene Blut!) 

Zu IV, 554 Terrigenae . . Cognato tantos complerunt sanguine 
sulcos. Weise: tantos i. e. adiectivo loco adverbii posito ut V, 193 
extremae pro extremo. Da tantum „soviel** oder „nur** heisst, so müsste 
nach der Erklärung Weises die Stelle lauten : die Erdentsprossenen 
füllten die Furchen nur mit Verwandtenblut, „nur" müsste zu cognato 
bezogen werden. Nun hat aber tantum beschränkenden Sinn. Man er- 
wartet mehr. Diese Einschränkung passt nicht auf cognatus sanguis; 
denn Verwandtenmord ist das Aeusserste. Es kann folglich Weise nicht 
Recht haben. Ich halte dafür, das tantos für tot steht. In diesem 
Sinne kommt es unzweifelhaft bei Lucan vor, wie ich bei den Pronomi- 
nibus gezeigt habe. Dann heisst die Stelle: sie füllten so viele Furchen 
mit ihrem verwandten ßlute. Damit ist die Grösse des Blutbades an- 
gedeutet und die nachfolgenden Worte schliessen sich unmittelbar an 
„und (= so dass) selbst Medea erschrak über jenen Frevel". Auch der 
Scholiast sagt tantos : quia multos, Oudendorp meint eigentlich dasselbe, 
wenn er bemerkt pro „ tantos '^ malim totos vel cunctos. 

Zu IV, 742 Cum procul e summis conspecti collibus hostes, Fraude 
sua cessere parum. Tursellin s., v. parum heisst es : Parum enim nun- 
quam simpliciter significat non multum, parvum (wenig) sed eadem ra- 
tione qua nimium dicitur, aut id significat, quod admodum parvum est 
(gar wenig, nur wenig) aut id, quod non satis sed nimis exiguum est 
(zu wenig). Mit den Eingangsworten tadelt Hand den Priscian, welcher 
p. 1013 behauptet, parum sei auch Jeichbedeulend mit parvum und 
dabei unsere Stelle des Lucan zum Beweise heranzieht. Parvum kann 
aber nicht blos „wenig*, sondern auch „ein wenig" heissen* Da Pris- 



— 85 — 

cian mit paiTum aueh letzteren Sinn gemeint haben kann, so ist die 
Deutung Hands durch obiges ^ wenig** möglicherweise falsch. Und ich 
glaube dies wirklich. Denn abgesehen davon, dass es nicht „zu wenig" 
heissen kann, was ja klar sein wird, kann es auch die andere von Hand 
gegebene Bedeutung „gar wenig, nur wenig** nicht haben. Nämlich 
„die Feinde weichen nur wenig zurück* würde heissen: Sie leisteten 
mehr Widerstand als man erwartete oder sie wichen nicht soweit zurück, 
als man erwartete. Nun ist aber der Sinn: Man erwartete,, dass sie 
Stand hielten und nicht zurückwichen, denn sie Hessen ja die Casarianer 
ganz nahe heran. Daher heisst cessere parum : sie wichen „ein wenig** 
zurück, um die Cäsarianer auf ihr Terrain zu locken, wo das Heer des 
luba versteckt war. 

Zu V, 304 nee, dum desaeviat ira, Exspectat: medios properat ten- 
tare furores. Krais : „unter die Wütenden mitten hinein tritt mutig und 
rasch er.** Allein medios properat tentare furores ist nach der Gewohn- 
heit Lucans die Erklärung des vorausgehenden nee dum desaeviat ira, 
exspectat. Man brachte desaeviat! Nicht bis zum Ende des Tobens 
wartet er, sondern schon eher will er handeln; medios gehört also zu 
furores, und bezieht sich auf „den höchsten Grad der Wut.* 

Zu V, 505 Solverat armorum fessas nox languida curas Parva quies 
miseris, in quorum pectora somno dat vires fortuna minor. Parva ist 
Lesart Kortes. Oudendorp, Weise und Holtze haben parta quies miseris. 
Dabei legt Weise das Hauptgewicht auf die Worte fortuna minor, indem 
er sagt: in quorum pectora — qui propter exiguitatem fortunae suae dul- 
cius dormiunt securiusque quam duces magni et quam Caesar. Fortuna 
minor est inferior um ordinum. Daraus ergibt sich: die Unglücklichen 
(die Soldaten Cäsars) sind zur Ruhe gelangt, indem ihnen ihr niedrigeres 
Geschick durch Schlaf Stärkung verschafft. Warum heissen aber die 
Soldaten Cäsars miseri? Doch nicht deshalb, weil sie geringer sind als 
Cäsar und ein niedrigeres Geschick ihnen zu Teil geworden? Gerade 
das Wort miseii muss den Fingerzeig geben, ob parva oder parta zu 
lesen ist. Die Soldaten Cäsars nämlich sind unglücklich, weil sie, wie 
v. 504 sagt, von den Sorgen des Bürgerkrieges, der ihnen den Kampf 
eventuell mit Verwandten auferlegt, gequält werden. Diese Sorgen 
werden ihnen nur kurze Zeit abgenommen, indem ihnen ihr geringeres 
Geschick, und zwar überhaupt nur dieses, durch Schlaf Stärkung zu 
teil werden lässt. Bei solch gleich massiger Berücksichtigung des miseri 
und fortuna minor also ergibt sich, dass nur parva gelesen werden darf. 
Auch steht das Wort an der Spitze des Satzes und Verses und erfordert 
deshalb einen prägnanten Sinn, den parta nicht haben kann. Endlich 
ist parva in den Handschriften Kortes gut beglaubigt. 

Zu V, 595 Non plura locuto Avulsit laceros, percussa puppe, rü- 
den tes Turbo rapax, fragilemque super volitantia malum vela tulit. Körte 
erklärt die Stelle also: et vela volitantia super fragilem malum tulit. 
Von dieser Interpretation wichen die Späteren ab. Krais übersetzt.* 
Reissender Wirbelwind trug über die flatternden Segel weg den zerbrech- 
lichen Mast. Mit Recht hat Weise auf v. 641 verwiesen, wo es heisst 
vix eminet aequore malus. Mithin ist die üebersetzung des Krais falsch ; 
denn der Mastbaum ist noch am Schiff. Aber auch Weise trifft das 
Richtige nicht, wenn er sagt: turbo involvit malum velis, postquam 
rüden tes abseid erat : denn gegen diese Auffassung spricht super. Fliegen die 
Segel über den Mast, so können sie diesen nicht umschliessen. Es ist 
vielmehr tulit für abstulit zu nehmen. Nachdem die Taue gerissen 
waren, flogen die Segel über den Mast empor und der Sturm riss sie 



— So- 
fort. Denn später ist wohl noch vom Mäste (v. 641), aber von den 
Segeln nicht mehr die Rede. 

Zu VI, 95 lam riget atra cutis, distentaque lumina nimpit. Körte 
sagt: Cutis nimis tenta rumpebat oculos et distentos tenebat und gibt 
zugleich als Erkläning die deutsche Wendung , starre und gebrochene 
Augen'' ! Diese Deutung ist unmöglich richtig. Denn der ßlick wird 
von der Haut nicht beeinflusst. Weise: Induratur cutis et atrum induit 
colorem eoque inflammantur oculi distenti h. e. tumidi ita, ut pa.ene 
rumpantur. Erais : Schwärzlich starrt schon die Haut und zerreisst die 
geschwollenen Augen. Weise widerspricht sich selbst, indem er distenta 
lumina rumpit erklärt mit tumidi ita ut paene fumpantur. Auch kann 
die Haut nicht die Augen zerreissen. Rumpit halte ich för unrichtig 
und vermute rumpunt : das dazu gehörige Objekt ist im vorhergehenden 
Satze enthalten, nämlich es ist cutis: „Schon starrt die schwärzliche 
Haut und die hervortretenden (distenta) Augen zerreissen sie (d. i. die 
Haut)**. Dies ist auch wirklich möglich; denn die Haut ist gespannt 
riget! In dieser meiner Meinung werde ich bestärkt durch cod. Bemens., 
welcher rumpunt bietet. Dieses rumpunt muss aber aktivisch, nicht 
medial gefasst werden. 

Zu VI, -522 Semina fecundae segetis calcata perussit, Et non 
letiferas spirando perdidit auras. Körte erklärt perdidit mit corrupit, 
infecit veneno suo per halitum emisso. Er führt dann eine Stelle aus 
Terenz an (Adelph. I, 1 36), wo perdere för corrumpere stehe, behauptet 
aber, dass dieser Sprachgebrach dem des Lucan widerspreche. Anstatt 
aber letzteren Gebrauch bei der Erklärung zu gründe zu legen, versucht 
er es mit einer Emendation und liest reddidit auras i. e. auras, quae per 
se letiferae non erant, ipsa spirando letiferas reddidit. Hoc purum pu- 
tum Annaeanum. Krais folgt ihm: „Und die sonst nicht tödliche Luft 
vergiftet ihr Atem". Beide brauchen zu ihrer Erklärung einen Beisatz, 
Körte: per se non letiferae, Krais: die sonst nicht tödliche Luft. Ver- 
mutlich hat Körte der Erklärung des Scholiasten sich angeschlossen, 
der bemerkt : et solo flatu suo corrumpit auras, quae in se non essent 
letiferae. Der Sinn isti die Zauberin verdirbt mit ihrem Atem die ge- 
sunde Luft; letzteres kann aber nicht durch non letiferae aurae aus- 
gedrückt werden. Bleibt man aber bei dem Sprachgebrauch Lucans, so 
ergibt sich ganz einfach für perdere die Bedeutung „ohne Nutzen oder 
vergeblich aufwenden" (So heisst perdere III, 706, V. 428, VI, 188, 197, 
VIII, 53, X, 371, 505!) non gehört zu perdidit: Und sie wandte nicht 
vergeblich mit ihrem Atem todbringende Lüfte auf d. i. sie brachte 
mit ihrem Hauche vielen Menschen den Tod. 

Zu VI, 652 Nam quamvis Thessala vates Vim faciat fatis, dubium 
est, quod traxerit illuc, Adspiciat Stygias, an quod descenderit umbras. 

Weise bemerkt dazu: Nam sicubi umbram eo excitaverit maga, 
quamvis id incantatione factum, tamen incertum est, utra Stygias tene- 
bras adspiciat, an illa umbra, quam illuc traxerit maga an alia quae- 
piam, quae in verum Tartarum descenderit. Er fasst also quod — quod 
als Relativpronomen und unterscheidet zwei Schatten. Den einen zieht 
die Zauberin von der Oberwelt herbei, der andere kommt aus der Unter- 
weit. Wo wäre aber jene erstere Schatten, nachdem er den Körper 
verlassen hat, gewesen? Irrte er herum? oder stand er, weil der be- 
treffende Tote meistens erst jüngst aus dem Leben geschieden war (vgl. 
V. 621) noch am Eingange des Tartarus? Im ersten Falle wäre es &r 
die Zauberin überflüssig gewesen, an den Eingang der Unterwelt zu 
gehen; im letzteren musste doch der Schatten erst an die Oberwelt 
emporsteigen und deshalb steht traxerit für extraxerit (ex inferis.) End- 



— 87 — 

Uefa ist nicfat ersichtlich , wie Weise von irgend einem andern Schatten 
alia quaepiam sprechen kann , da doch nur der Schatten des ausge- 
wählten Toten kommen soll. Man darf daher quod-quod nicht als Re- 
lativa auffassen, sondern als Konjunktionen. Im Vorausgehenden heisst 
es: Es war in jenem Schlünde eine grosse Finsternis. Diese Dunkelheit 
war so hedeutend, dass man nicht unterscheiden konnte, ob Erichtho 
noch auf der Oberwelt war oder nicht. Denn obgleich die thessalische 
Zauberin, heisst es dann weiter, das Schicksal beherrscht, so ist doch 
ungewiss, ob sie die stygischen Schatten sieht, weil sie dieselben her- 
aufbeschwor oder weil sie hinabstieg. 

Zu VI, 748 an i^le compeUandus erit Indespecta tenet vobis qui 
Tartara? Georges in seinem Lat.-Deutschen Handwörterbuch übersetzt 
indespectus mit „unabsehbar" und yerweist auf unsere Stelle allein. 
Es heisst jedoch nicht so, sondern „ungeschaut*^ von euch — dat. statt 
des abl. auctoris. Dies beweist was folgt: cuius vos estis superi. Der 
Tartarus und seine Bewohner sind noch oberhalb jenes Ungenannten. 
Eine Lesart, welche Oudendorp 'erwähnt, gibt ausdrücklich den Sinn 
an : inspectata. 

Zu VI, 798 Abruptis Catilina minax, fractisque catenis Exsultat. 
Weise und Holtze haben fractis, Körte nach cod. Berol. spretis. Schon 
die Zusammenstellung der zwei Participia abruptis u. spretis, von denen 
das eine konkret, das andere abstrakt ist, muss auffallen. Femer passt 
«das Verachten ** nicht hieher. Es kann sich nämlich weder auf den gegen- 
wärtigen Zustand in der Unterwelt beziehen, da die Ketten eine Strafe 
fQr seine Verbrechen sind, noch auf die Vergangenheit. Endlich meint 
Körte, fractis sei nach abruptis überflüssig, da abruptis soviel als ruptis 
sei. Allein fractis passt ganz gut zu abruptis. Denn nach Vergil 
Aen. VIII, 668 ist Catilina in der Unterwelt an einen Felsen geschmiedet; 
daher heisst abruptis fractisque catenis: Catilina riss die Ketten vom 
Felsen los und zerbrach sie. 

Zu VII, 28 Unde pares somnos populis noctemque beatam? felix, 
si te vel sie tua Roma videret. Der Sinn dieser Stelle wird verschieden 
kommentiert. Es ist deshalb hier .vor allem die Erklärung des Zu- 
sammenhanges nötig Pompejus befindet sich in Thessalien und träumt 
in der Nacht unmittelbar vor der pharsalischen Schlacht, er sitze im 
Theater zu Rom noch als Jüngling, umrauscht von dem Beifall des 
römischen Volkes. ,0 stört nicht seinen Schlummer, ihr Wächter des 
Lagers* fährt der Dichter fort, „denn morgen wird ihm die Nacht 
Träume von Kampf und Streit bringen, v. 26 ff. Nun folgt unde pares 
somnos populis (so Körte. Weise hat populi) noctemque beatam? dann 
heisst es weiter: Wie glücklich wäre Rom, wenn es dich auch nur so 
sähe (d. h. im Traume!) dass die Götter der Vaterstadt und dir nur 
noch einen Tag geschenkt hätten, auf dass ihr beide die letzte Frucht 
solcher Liebe hättet geniessen können". Offenbar handelt es sich also nur 
um Rom und Pompejus. Dieser sah noch einmal sein Rom im Traume und 
zwar so, wie es glücklich war, ob seiner Triumphe. Nichts soll diesen 
Traum stören; denn morgen sei ja seines Glückes Stern untergegangen. 
Aber woher sollte nun auch Rom ein ähnlicher Traum und eine solch 
glückliche Nacht werden V (Denn es muss zittern um das Schicksal des 
fernen Pompejus). Wie selig wäre Rom, wenn es dich nur so (vel sie) 
d. ist im Traume sähe u. s. w. Aus dem Bisherigen ergibt sich, dass 
nicht mit Körte gelesen werden kann populis. Körte bezieht populis 
auf die Soldaten des Pompejus und meint, der Dichter frage, wie die 
Pompejaner einen ähnlichen Traum und eine glückliche Nacht erhalten 
könnten. Wer den Zusammenhang beachtet, muss finden, dass diese Er* 



— 88 — 

klärun^ nicht möglich ist; denn von den Soldaten des Pompejus ist 
weder im Vorausgehenden noch im Nachfolgenden die Rede. Der U«ber- 
setzer (Krais) folgt der Lesart Kortes und legt schon in diese Stelle den 
Wunsch: „Würde so süsser Schlaf den Völkern, so selige Nacht noch** ! 
Aber unde pares verbietet die Einkleidung in einen Wunsch. Auch 
Weise, der nach der gewöhnlichen Lesart populi hat, legt dieses Wort 
in dem nämlichen Sinne aus: Quomodo tu, Pompei, tibi tum parabis 
soranum, quali fruuntur populi et noctem beatamV Während. aber die 
Lesart populi zur richtigen Interpretation geführt hätte, wenn Weise 
den Zusammenhang ins Auge gefasst haben würde, kann sich auch Letz- 
terer nicht von der Auslegung losmachen, dass unter populi die Pompe- 
janer zu verstehen seien. Vollends fasste Weise pares als Verbum und 
nicht als das, was es ist, als Adjektiv. Im Vorausgeh^den heisst es 
doch, dass Pompejus einen glücklichen Traum habe und nun will Weise 
hier den Dichter fragen lassen: „Wie verschaffst du dir (mit gedachtem 
tibi !) Pompejus den Schlaf deiner Soldaten ? ! — Aus dem Zusammen- 
hange ergab sich, dass populi der Genetiv Singular sein muss und dass 
darunter Bom zu verstehen ist, dessen Name unmittelbar vor der be- 
treffenden Stelle, nämlich v. 24 genannt ist und unmittelbar folgt v. 29. 
Ueberdies ist in v. 13 qualis erat populi facies ausdrücklich mit populi 
das römische Volk gemeint. Daher bedeutet auch hier der Genetiv 
populi das römische Volk. Um der Deutlichkeit des Gedankens willen 
würde ich lieber populo statt populi lesen. Diese Lesart findet sich 
wirklich in cod. Rumpf. 1, woraus Heinsius in den addenda zu Ovids 
heroid. Xu, 84 somnos populo entnahm. 

Zu Vn, 126 et ut victus violento navita Coro Dat regimen ventis, 
ignavumque arte relicta Puppis onus trahitur. Weise bemerkt zu dieser 
Stelle: ignavumque et ut puppis ab arte gubematoria relicta tamquam 
onus iners trahitur. Er sieht also puppis für den Nominativ an und 
versteht unter onus das Schiff. Dabei müsste ein Subjektwechsel statt- 
finden, da im Vorhergehenden navita Subjekt ist, femer würde er bei 
arte eines erklärenden Beisatzes gubematoria oder einer Ergänzung aus 
dem vorhergehenden navita bedürfen. Nimmt man aber onu^ für den 
Schiffer, so bleibt dasselbe Subjekt, puppis ist Genetiv dazu, und der 
Begriff der Unthätigkeit tritt als Folge des dat regimen ventis bei 
ignavus deutlich hervor. So erklären der Scholiast, Oudendorp und Körte. 

Zu VII, 168 At tu, quos scelerum superos, quas rite vocasti Eu- 
menidas, Caesar, Stygii quae numina regni infernumque nefas, mersos 
et nocte furores Impia tarn saeve gesturus bella litasti. Weise und 
Holtze machen nach Oudendorp aus den ersten Sätzen Fragesätze: Körte 
aber nimmt quos für quoscunque. Letztere Auffassung passt allein wegen 
des Beisatzes rite. Denn da dieses Wort den Erfolg der Handlung zu- 
gesteht — die Götter kamen wirklich Cäsar zu Hilfe — so gehört es 
n den Ausdruck der Gewissheit, nicht in den der Frage. Krais über- 
setzt die letzten Worte also: „Sühntest die Himmlischen du vor dem 
ruchlos grausamen Kriege ? Er verbindet also saeve und impia und über- 
setzt gesturus temporal. Allein die beiden Wörter saeve und impia 
lassen sich ganz unmöglich verbinden. Vielmehr gehört saeve zu gestu- 
rus und letzteres drückt die blosse Willensthätigkeit aus wie VI, 790 
non servituri maeret Cato fata nepotis. Nunmehr ist auch ersichtlich, 
was die Dämonen bewog Cäsar zu helfen: seine Absicht, grausam und 
blutig zu verfahren. 

Zu VII, 219 Tibi numine pugnax Adverso Domiti dextri frons tra- 
dita Martis. Weise zieht pugnax zu numine adverso. Er sagt nämlich 
numine pugnsuc adverso: tibi infeliciter pugnature. Im folgt Krais. 



— 89 — 

„Vertraut ist der rechte dir o Domitius, der mit widrigem Glücke 
du kämpftest/ Man darf sich aber nur daran erinnern, wie sehr Lucan 
oft von der regelmässigen Wortstellung abweicht und man wird es nicht 
auifallend finden, dass hier pugnax dnreh adverso von Domiti. getreilnt 
ist. Man vergleiche die auffallenden Wortstellungen III, 79, HI, 679, V, 
387, 800, VI, 711, Vm, 348, IX, 232, 636. Dass aber pugnax mit Do- 
miti zu verbinden und adverso numine zu tradita zu ziehen i«t, geht 
aus andern Stellen hervor, wo Domitius überall pugnai^ genannt wird : 
II, 479 te C!orfini tecta tenent, pugnax Domiti. VII, 600 mors pug- 
nacis Domiti. 

Zu VII, 461 die Lesarten sind an dieser Stelle ganz verschieden. 
Weise hält an der vulgata fest und liest also: Inde manus spectant, 
vultusque agnoscere. qnaerunt. Quo sua pila cadant aut quae sibi fata 
minentur, Facturi quae monstra forent- Holtze ist ihm gefolgt. Vor 
allem ist vultus agnoscere quaerunt . . anstössig. Damit wäre nämlich 
gesagt, dass die Soldaten sich geradezu ihre Väter oder Brüder auf der 
ieindlichen Seite heraussuchten, um auf sie die Speere zu schleudern. 
Dieser allem menschlichem Gefühle widerstreitende Gedanke ist gewiss 
selbst dem nicht beizumessen, der im Bürgerkriege kämpfte. IV, 170 ff. 
fraternisierten sogar beide Parteien in Spanien. Femer heisst es v. 466 
gleich nach unserer Stelle: nee libuit mutare locum, tamen omnia 
torpor pectora coustrinxit. Standen nämlich wirklich sich Verwandte 
gegenüber, so wollten sie den Platz nicht ändern, dennoch bemächtigte 
sich starrer Schrecken ihrer Herzen. Daraus geht aber hervoi-, dass sie 
den Kampf mit den Verwandten wenigstens nicht absichtlich gesucht 
haben. — Weise facturi quae monstra forent mit dum facturi sunt 
scelera. Also wäre facturi quae monstra forent keine indirekte Frage 
sondern = quae scelere essent und dies hinge von facturi ab: während 
sie im Begriffe waren etwas zu thun, was ein Gräuel war. Schon diese 
Umschreibung für scelere ist an sich unpoetisch, und der Gedanke „wvlh 
sie für ein Schicksal bereiten und erhalten, indem sie im Begriffe sind 
ein Verbrechen zu begehen '^ könnte nur umgekehrt Geltung haben •* sie 
sind im Begriffe ein Verbrechen zu begehen, indem sie u. s. w. Dies 
widerspricht aber der Form des Textes. Deshalb glaube ich, dass Eorte 
mit Becht eine Umstellung vornahm und Einzelnes änderte in Ueberein- 
stimmung mit einer Menge guter Handschriften und alter Ausgaben. 
Er liest : Quo sua pila cadant, aut quam sibi fata minentur. Inde manum 
spectant: tempus, quo noscere possent, Facturi quae monstra forent. 
Nur ist das abrupte tempus bedenklich und wurde schon mehrmals be- 
anstandet. Die Schwierigkeit wäre aber meines Erachtens gehoben, 
wenn man für tempus quo schreiben würdet quo tempore. Bei Lucan 
ist es etwas Gewöhnliches, das Substantiv, auf das sich das Relativ bezieht, 
in den Relativsatz einzuschieben. 

Zu VII, 506 Nee fortnna diu rerum tot pondera vergenä Abstulit 
ingentis fato torrente ruinas. Weise erklärt abstulit ruinas mit morata 
est ruinas und verbindet damit nee diu: das Schicksal hielt den unge- 
heuren Sturz nicht lange auf. Dazu passt aber torrente fato absolut 
nicht. Denn da torrente, wie Weise selbst bemerkt, für ruente steht, 
so ist dieses Wort teilweise ein Widerspruch zum Vorhergehenden. 
Denn wie könnte vom „Aufhalten** überhaupt gesprochen werden, wenn 
das Schicksal „im rasenden Laufe dahineilt** ? Auch konnte ich auferre 
im Sinne von morari nicht finden. Hier ist auferre im Sinne von pro- 
ripere „fortreissen** und damit einen Sturz „verursachen** gesetzt und 
nee diu gehört zu vergens. So schreibt Körte. Weise liest nach der vul- 
gata vertens. Während er aber im Texte vertens eingesetzt hat^ fCkhrt 



— 90 -- 

er in den Anmerkungen, an : Fortuna tot rerum pondera Verdens (so!) 
und Verdens = librans ! 

Zu Vn, 514 Tunc et Ituraei Medique, Arabesque, soluto | Arcu 
turba minax, nusquam rexere sagittas. Die Handschriften Kortes haben 
hier meist soluto. Körte selbst ist von der Lesart soluto nicht befrie- 
digt und sagt : At libri omnes omnino tenent aut soluti aut soluto. 
Yide tarnen, an melius et Lucano dignius sit: sonante arcu. Er ver- 
sucht es also mit einer Konjektur. Weise behält soluto bei. Krais 
übersetzt : «sie drohen, den Bogen gespannt.^ Es heisst jedoch gerade 
das Gegenteil : drohend mit schlaffem Bogen. Da dies sinnlos ist, so 
muss die andere Lesart, die von guten Handschriften Kortes gestützt 
wird, Platz greifen. Gewöhnlich heisst soluti in solcher Verbindung 
«verweichlicht*. Der Zusammenhang ergibt aber, dass die Ituräer, 
Meder und Araber nicht gerade, sondern im Bogen schössen und so von 
oben her sehr viele Feinde trafen. Damit ist ihre Geschicklichkeit im 
Bogenschiessen angedeutet und jenes „verweichlicht^^ stimmt nicht dazu. 
Ich glaube nun, dass soluti heisse: aus „Reih und Glied gelöst, ord- 
nungslos, „schwärmend**. Sie schwärmen heran, richten aber nirgends- 
hin ihre Pfeile gerade, sondern schiessen im Bogen. Den sie gehören 
zur levis armatura, von der es v. 508 heisst: sparsa per extremos 
levis armatura maniplos vgl. v. 523 latus belli, qua se vagus hostis 
agebat. Auch der Schoiiast BC bemer'kt: soluti i. locum discurrendi 
habentes. 

Zu vn, 525 Immemores pugnae, nulloque pudore timendi Praeci- 
pites fecere palam, civilia bella Non bene barbaricis unquam commissa 
catervis. Während Krais richtig übersetzt, folgt Weise dem Scholiasten 
und erklärt, vermutlich wegen des vorangehenden immemores auch 
timendi für den Nominativ plur. Er sagt nämlich: non formidabiles 
ullo pudore. Qui enim pudorem habet, is timendus fit fortitudine. Pu- 
dor wäre sonach „Ehrgefühl**. Es passt aber nicht zusammen; unein- 
gedenk des Kampfes und durch kein Ehrgefühl furchtbar. — Es muss 
timendi von pudor abhängen und dann ist es der Genetiv des Gerunds. 
Die Gedanken reihen sich dann sachgemäss an einander: 1) sie denken 
nicht an den Kampf, sondern an die Flucht; der zweite Gedanke ist 
steigernd: sie denken nicht bloss an die Flucht, sondern sie zeigen 
auch ihre Furcht (= sie schämen sich nicht sich zu fürchten) ; der dritte 
bezeichnet die Ausführung: praecipites fecere palam etc. 

Zu VII, 630 mors nulla querela Digna sua eab; nullosque hominum 
lugere vacamus. Der Gedanke ist von den Auslegern verschieden er- 
klärt. Voraus geht, auf welch verschiedene Art die Krieger starben! 
„Aber jetzt" heisst es weiter „ist kein Platz für eine Klage um einen 
Einzelnen, mag er noch so vornehm und berühmt sein (wie Domitius 
V. 605 ff.) oder einen noch so jämmerlichen Tod gefunden haben.** Dann 
folgt obige Stelle. Dass in dieser nur gemeint ist, man dürfe nicht 
mehr von dem Tode Einzelner sprechen, ergibt sich aus dem Nach- 
folgenden: Non ista habuit pugnae Pharsalia partes (Einzelscenen), quas 
aliae clades. Dann heisst es : Denn hier handelt es sich nicht mehr um 
Einzelne, sondern um ganze Völker und nicht mehr um den Verlust 
einer Schlacht (v. 638) sondern um die für immer verlorene Freiheit 
(v. 640). Nun bemerkt aber Weise zu mors nulla : Ita detestabiles 
fuere mortes omnium, ut nulla digna esset, de qua lamentareris. In 
ähnlicher Weise hatte schon der Schoiiast mit den Worten : acerbiores 
fuerunt mortes quam querelae das Hauptgewicht auf die Umstände des 
Todes der Einzelnen gelegt. Nun zeigt aber der Zusammenhang, dass 
es sich nicht um die Art des Todes handelt, sondern um die Gegen- 



— 91 — 

überstellung des Todes der Einzelnen zum Verluste ganzer Völker. 
Nach seiner Art erklärt Lucan selbst v. 633 ff. die vorausgehenden 
Worte, indem er sagt: illic (bei andern Niederlagen) per fata virorum, 
per populos hie Roma perit. 

Zu VII, 694 Non iam Ponipei nomen populäre per orbem, nee Stu- 
dium belli sed par, quod semper habemus, Libertas et Caesar erunt. 
Weise trennt populäre und Studium belli so, dass Studium belli nicht 
mehr Prädikat zu Pompei nomen ist. indem er sagt: non iam Pompei 
causa aut studio belli pugnabitur sed Iiibertas et Caesar inter se con- 
fligent. Erais folgt ihm: Nicht der Name Pompejus erregt mehr die 
Völker auf Erden noch der Eifer des Krieges. Bekanntlich hat aber 
der Eifer für den Krieg nach dem Tode des Pompejus 'keineswegs nach- 
gelassen. Man muss daher populäre und studium belli verbinden und 
als Prädikate zu Pompei nomen ziehen : der Name des Pompejus erregt 
nicht mehr die Völker noch ist er Antrieb zum Kriege. 

Zu VIII, 31 Quisquamne secundis Tradere se fatis audet nisi morte 
parata? Weise verwirft die Erklärung des Sulpicius, welche lautet: 
Audetne aliquis felicitatem amplecti nisi cum certo in ea moriendi 
proposito. Weise wendet ein: Quis non se andeat felici fato mandareV 
aut quis cum ei se tradat, de morte paranda cogitetV Potius secunda 
fata hie opposi tu priori s fortunae sunt ad versa, ut sit sensus: Quis- 
quamne eversa priore fortuna deterioribus fatis se committere audeat, 
nisi eo consilio, ut, si omnia collabantur, mortem subire paratus sit? 
dabei beruft er sich auf VIII, 288, wo es von luba heisst: Vidit loco 
Romana secundo i. e. adverso. Fassen wir zunächst diese letztere Stelle 
ins Auge, so muss festgestellt werden, ob secundo loco wirklich = ad- 
verso loco ist. Voraus heisst es von luba : Namque memor generis 
Carthaginis impia proles imminet Hesperiae multusque in pectore vano 
est Hannibal. luba geht also in seiner Eitelkeit (in pectore vano) so 
weit, dass er sogar Absichten auf Italien hat und sich als zweiten 
Hannibal betrachtet. Nun folgt: iam supplice Varo intumuit vidit- 
que loco Romana secundo. Schon die blosse Bitte des Varus, es möge 
ihm luba zu Hilfe kommen, macht ihn so aufgeblasen, dass er Rom 
secundo loco sieht. Soll das heissen ,im Unglück* ? Offenbar wird der 
Uebermut lubas hervorgehoben und der mit que angeknüpfte Satz ist 
logisch ein Konsekutivsatz, abhängig von intumuit. Daher muss secundo 
loco auf die Eitelkeit lubas hinweisen; dies kann aber nur dadurch 
geschehen, dass man sagt; luba wurde aufgeblasen und sah Rom an 
zweiter Stelle d. h. hielt sich von nun an für mächtiger als Rom. 
Daraus erhellt, dass loco secundo nicht heissen kann „im Unglück**, 
sondern an zweiter Stelle**. Auch V, 22 regnoque accessit terra secundo 
ist es das zweite Reich d. i. des Neptun. Aber auch an unserer Stelle 
kann secunda fata nicht adversa fata bedeuten. Fassen wir obige 
Meinung Weises afiirmativ, so lauten seine Worte: „Es kann sich Einer 
dem schlimmeren Geschick nur anvertrauen, wenn er entschlossen ist, 
sich zum Tod bereit zu halten, falls alles zusammenbricht/ Weise gibt 
also zu, dass man sich überhaupt dem schlimmeren Schicksal anver- 
trauen soll ; nur muss man bereit sein für den äussersten Fall : si omnia 
collabantur. Erst wenn dieser neue und ^össte Unglücksfall bevor- 
steht, soll man sich den Tod geben. Pompejus hätte sich also in seiner 
gegenwärtigen traurigen Lage noch nicht töten dürfen, sondern erst, 
als etwa die Qefahr für sein Leben hereinbrach? der Dichter wollte 
aber doch offenbar sagen : Pompejus hätte in der pharsalischen Schlacht 
in den Tod gehen sollen, um nicht sein Unglück zu überleben; denn 
V. 28 heisst es: sie longius aevum destruit ingentes animos et vita 



— 92 — 

superstee imperio. So kann auch Lucan nicht gemeint haben, dass man 
sich überhaupt dem Unglück anvertrauen soll. E9 ist nämlich, wie ich 
glaube, secunda fata wie secundae res das Glück ; die Worte nisi morte 
parata entsprechen dem obigen celeri praevertit tristia leto. Es heisst 
dann: Kann sich Einer dem Glück anvertrauen, ausser mit dem Ent- 
schlüsse sich den Tod zu geben, falls nämlich das Glück zu enden 
droht? Die Worte des Sulpicius sind so zu fassen: Keiner wird sich 
dem Glücke hingeben, ausser mit dem bestimmten Vorsatz in ea (d. i. 
felicitate) möriendi d. h. im Glücke zu sterben. Zeigt sich nämlich der 
letzte Tag desselben (summus dies), so muss man sich durch den Tod 
einem ruhmlosen, ferneren Leben entziehen. 

Zu VIII, 544 Sic fata premunt civilia mundum, Sic Romana iacent? 
Ullusne in cladibus istis Est locus Aegypto, Phariusque admittitur 
ensis? Körte findet es auffallend, dass fata civilia hier fata Komana 
gegenübergestellt werden, während doch zwischen beiden kein Gegen- 
satz bestehe. Man solle unter fata civilia den ganzen Bürgerkrieg ver- 
stehen, „der die gesammte Menschheit so niederdrückte und Rom selbst 
so erniedrigte, dass sogar Aegypten wagte Hand anzulegen.** Auf diese 
Weise ist fata einmal Subjekt, das andere mal (in der Ergänzung zu 
Romana) logisches Objekt. Die unpassende Zusammenstellung wird ver- 
mieden, wenn man aus cod. Guelf. 3 die Lesart si Romana annimmt. 
Zieht man dies zum Nachfolgenden, so ergibt sich: Aegypten nimmt 
sich den Mut zu einer solchen That (Ermordung des Pompejus) ? (v. 542) 
So drückt bürgerlicher Zwist die Welt darnieder? (kein Steat der Welt 
verhindert das kleine Aegypten daran ?) Wenn aber Rom darniederliegt, 
gibt es dann überhaupt einen Platz für ein ägyptisches Schwert? zumal 
bei einem solchen Unglück (in cladibus istis) ? 

Zu Vin. 614 Ut vidit comminus enses, Tnvolvit vultus atque indi- 
gnatur apertum Fortunae praestare caput. Weise und Holtze folgen 
der Vugata und lesen: involvit vultus, atque, indignatus apertum For- 
tunae praestare caput, tunc lumina pressit : dem Sinne nach gehörte in- 
dignatus zu involvit, nach dem Wortlaut aber würde es zu pressit ge- 
zogen werden müssen. Doch passt es oflenbar nicht dazu. Auch tunc 
in der Verbindung mit dem Part. perf. des Verbums ist anstössig. 
Allerdings hat Lucan, wie ich in der Anmerkung zu VII, 216 dargethan 
habe, auffallende Wortverstellungen, welche in der Verschiebung von 
Satzteilen übergeordneter Sätze in Verbindung mit abhängigen bestehen, 
aber nirgends auf koordinierte sich erstrecken. Die Schwierigkeist ist 
hier gehoben, wenn man, wie Körte, dem cod. Tigurinus, einer guten 
Handschrift, folgt, welche indignatur bietet. Es ergibt sich dann: „Er 
verhüllte sein Antlitz und hielt es für unwürdig, das Haupt offen dem 
Geschick preiszugeben. Dann schloss er die Augeu etc. Hiedurch ent- 
steht ein bei Dichtem gewöhnliches vöxeqov uiqoxeqov. 

Zu Vni, 795 Temeraria d extra, cur obicis Magno tumulum, manes- 
que vagantes includis? Situs est, qua terra extrema refusum tendit in 
oceanum. In dieser Stelle handelt es sich um die Bedeutung von obicis. 
Körte sagt hierüber: obicis interpretes omnes „opponis* accipiunt et 
mox additüm „includis* favere videntur. At si integram orationem poetae 
cum cura perpendas, non multoi labore senties, obicis esse exprobras et 
in detrimentum famae Pompei sub hoc saxo, hoc tumulo eum situra 
esse scribis, atque adeo eum hoc tumulo veluti traducis. Betrachten wir 
aber, was der betreffenden Stelle vorausgeht: „0 Schicksal! diesen Ort 
willst du ein Grab des Pompejus nennen, ein Grab, das sein Schwieger- 
vater überhaupt nur gestattete, damit er nicht unbeerdigt sei! Nun 
folgen die Worte: Temeraria dextra et(K Dann folgt: Er liegt (situs 



— 93 — 

est) an einem Küstensaum, während das ganze römische Reich allein 
ein Mass für seinen Grabeshügel bilden sollte/ Kurz: Vorher sagteer, 
dass dieses Grabmal des Pompejus unwürdig sei, nachher fuhrt er den 
Grund an, warum es unwürdig ist. Beide Gedanken beziehen sich also 
auf das Grab und nicht auf die Grabesinschrift; daher muss auch der 
mittlere Gedanke diesem Inhalte entsprechen. Er sagt nämlich ,,Eine 
Verwegenheit war es, diesen Hügel dem Magnus zu errichten. Denn 
ein kleiner Raum am Gestade statt des römischen Reiches schliesst den 
Pompejus ein und ein niedriger Stein statt ganzer Berge deckt ihn. 
Mit diesem situs est etc. wird also erst der Ort getadelt, dann miss- 
billigt er den Stein. Dann hören wir von 802 ff. Die Vorschläge des 
Dichters : Statt des Küstensaumes soll ganz Aegypten das Grabmal sein ; 
daher soll man die Grabesspur verwischen, damit man nicht wisse, wo 
Pompejus liege. Endlich spricht er von der Inschrift : «Will man aber 
eine Grabesschrift, so sollen a,lle seine Thaten und Titel beigefügt sein.** 
Bei letzterem Gedanken hält er sich länger auf. Erst von v. 803 an 
also wird die Inschrift besprochen; folglich kann in v. 796 obicis nicht 
die Bedeutung von exprobras haben, sondern die eigentliche: Warum 
wirfst du, verwegene Hand, dem Magnus einen Hügel auf und schliessest 
seine Manen ein V Körte gibt selbst zu, dass uns includis den Sinn von 
obicis in der eigentlichen Bedeutung nahe legt. Er folgt aber dem 
Scholiasten, der obicis mit improperas erklärt und ein besonderes Ge- 
wicht auf die Wiederholung der Inschrift in den Worten situs est 
(v. 797) legt. Dass der Zusammenhang anders lehrt, ist oben gezeigt. 
Zu IX, 105 planctu contusa peribit, Effluet in lacrimas. Die Les- 
arten sind ganz verschieden. Oudendorp u. Weber haben contusa, Holtze 
conscissa, Weise concussa. Letztere Lesart stammt aus einigen Codices 
und alten Ausgaben. Cod. Vratisl. 4 hat contussa, Vratisl. 6 hat per- 
cussa. Letztere Lesaii; halte ich für die richtige; denn ich habe IX, 
168 percussus planctibus aether ohne Varianten gefunden. Es ist mit 
dem nämlichen Substantiv verbunden wie an unserer Stelle. 

Zu IX, 182 Sic, ubi depastis submittere gramina campis. Et reno- 
vare parans hibernas Apulus herbas, Igne fovet terras, simul et Gar- 
ganus et arva Vulturis, et calidi lucent buceta Matini. Weise bezieht 
depastis auf das Feuer, indem er erklärt: depastis non ovibus sed igne. 
Es handelt sich dabei nun um die Deutung von igne fovet terras. Weise 
meint, dass durch die Abbrennung des Grases die Erde erwärmt wird; 
denn er sagt ausdrücklich: Quibus (seil, herbis) combustis et novis 
liberior fit locus et terra igne calefit atque fovetur. Da dies undenkbar 
ist, so muss igne fovet terras einfach «den Boden abbrennen** bedeuten. 
Dazu wäre aber depastis campis im Sinne Weises gefasst geradezu eine 
Tautologie. Es ist daher depastis auf seine eigentliche Bedeutung 
zurückzuführen , abweiden**. Demnach ist der Sinn der Stelle: die 
Wiesen wurden im Herbste von den Herden abgeweidet und im Früh- 
jahre das dürre Gras, welches übrig geblieben, abgebrannt. 

Zu IX, 312 vel plenior alto Olim Syrtis erat pelago penitusque 
natabat. Körte, dem Holtze gefolgt ist, zieht pelago zu penitusque 
natabat, so dass que an das zweite Wort im Satz angehängt wäre, 
Dis würde nicht gegen den Gebrauch Lucans sein. Allein bedenklich 
ist, dass dann altura als Stoffname an und für sich gebraucht ist, wäh- 
rend es sonst nur mit Rücksicht auf die Dimension nach unten das 
«Meer** bedeutet. Ich halte deshalb die Interpunktion Weises für richtig, 
der pelago zum vorangehenden alto zieht ; dann heisst penitusque nata- 
bat: sie senkte sich tief hinab — eine Folge des vorigen plenior alto 
pelago. 



— 94 ~ 

Zu IX, 398 fatoque pericula vestra praetentate meo : sitiat« qui- 
cunque bibentem viderit: aut ambraA nemorum quicunque petentem, 
aestuet: aut equitem peditum praecedere tiirmas, Deficiat, si quo fuerit 
discrimine notum, Dux an miles eam. Die Konjunktive fanden eine 
verschiedene Interpretation. Erais legte eine Frage hinein : Soll dürsten 
je, wer mich trinkend erblickte u. s. w.** Diese Frage behielt Krais in 
den ersten zwei Konjunktiven bei. Hätte er nun auch den dritten in 
die fragende Form gebracht, so würde dies gelautet haben : Soll ab- 
fallen von mir (angenommen, die Deutung von deficere im Sinne des 
Krais wäre richtig), wer mich den Schaaren des Fussvolkes vd'anreiten 
siehy? ! ! Dadurch entstünde ein ganz unpassender Gedanke. Krais macht 
dahS plötzlich aus deficiat einen lussiv und übersetzt: „Wenn zu Boss 
ich voran den Schaaren des Fussvolks Gehe, so fallt von mir ab u. s. w. 
Folglich ist die Form der Frage überall unrichtig. Das. Verbum deficiat 
kann auch nicht „abfallen** hjlissen; denn was nützte es den Soldaten 
mitten in der Wüste vom F^ldherrn abzufallen ? die Umkehr wäre ebenso 
gefährlich gewesen wie der Vormarsch. Es muss vielmehr wie sitiat 
und aestuet eine einzelne Gefahr des Wiiatenmarsches bezeichnen. De- 
ficere ist hier das Hinschwinden der Kräfte wie I, 695 lässo iacuit de- 
fecta furore II, 560 licet ille solutum defectumque vocet. In v. 402 
werden die einzelnen Gefahren durch Substantiva wiederholt: serpens 
sitis, ardor, arenae dulcia virtuti. Sitis entspricht sitiat, ardor dem 
aestuet, arenae dem deficiat. Arenae meint offenbar die Unfruchtbar- 
keit der Gegend und damit die Gefahr des Hungers, die Ursache fiür 
das ^Hinschwinden der Kräfte. Weisel hat zwar die Konjunktive richtig 
als Imperative aufgefasst, indem er sitiat mit sitim sentiat, non possit 
pati erklärt, so dass es biesse: Durst soll Einer erst tühlen, wenn er 
mich trinken sah u. s. w. ; aber er verschweigt, wie er sich das nach- 
folgende si quo dachte. Es wird aber hier die Korrelation der Satz- 
glieder nicht mehr fortgesetzt; denn zu si quo ist kein Nachsatz vor- 
handen. Ich halte deshalb die Konjunktive sitiat. aestuet, deficiat fiir 
eine Parenthese, welche den in v. 401 folgenden allgemeinen Gedanken 
durch einzelne Fälle vorbereitet und unabhängig zwischen praetentate 
und si quo steht. Zu dem nun folgenden si quo ergänze ich das den 
Konjunktiven vorhergehende Hauptverbum praetentate. Da nach den 

. Verbis des Versuchens, Erprobens etc. si mit „ob** übersetzt wird, ho 
habe ich mit diesem abhängen Satze den Abschluss des Ganzen in all- 
gemeiner Form: „Prüfet, ob durch i?gend welchen Unterschied klar 

^ wird, ob ich als Feldherr mitziehe oder als Soldat. 

Zu IX, 455 Et non imbriferam contorto pulvere nubem In fiexum 
violentus sagt: pars pfuriroa terrae Tollitur et nunqnam soluto vertice 
pendet. Weise nimmt, wie Grotius thut, non zu imbriferam nubem und 
erklärt es mit areniferam als Figur vtp iv. Ist es schon au und für 
sich eine starke Zumutung aus der Negirung eines Begriffes sich einen 
bestimmten konträren holen zu müssen, so ist auch, wenn non im- 
briferam = areniferam ist, das folgende cum torto pulvere überflüssig. 
Ich glaube aber, dass hier non für non solum zu nehmen ist wie IV, 
775, VIII, 396. X, 119. Demnach würde die Stelle lauten: Und nicht 
nur bringt mit dem aufgewirbelten Staube der Süd eine Regenwolke in 
eine gewaltsame Drehung, sondern es wird auch eine ungeheuere Masse 
Erde gehoben und bleibt hängen, ohne dass sich je die Spitze löst. Zu- 
gleich steht dem contorto pulvere, dem Kleineren, pars plurima terrae, 
das Grössere, gegenüber. 

Zu IX, 753 Accessit morti Libye, fatique minorem Famam Dipsas 
habet, terris adiuta perustis. Weise verwirft fatique und liest fatisque. 



— 95 — 

Er sagt: Dipsas habet nomen minoris ominiB quam quod affert malum. 
Atque ablativus ad comparativum plane hie deesse non debet niai sensu 
manco. Er findet also Anstoss daran^ da^s minorem des ergänzenden 
Beisaitzes entbehrt und sucht diesen durch fatis herzustellen. Der ver- 
misste Ergänzungsbegriff zu minorem liegt aber in accessit. Libyen 
vermehrt durch seine glühende Hitze den durch den Biss der Dipsas 
verursachten Durst ; deshalb steht diese im geringeren Rufe der Gefähr- 
lichkeit. Es besteht daher kein Grund, die Lesart zu ändern. Die beste 
Handschrift Kortes hat fatisque, aber mit radiertem s. 

Zu IX, 925 Nam primum tacta designat membra saliva, Quae 
cohibet virus. Aus der Lesart tactä silivä ergibt sich kein passender 
Gedanke. Weise meint, man müsse tacta aktiv nehmen für tangente 
sei. membra. Denn was berührt werde, berühre ^auch; der Speichel sei 
aber bei der Berührung auf die Glieder geführt worden. Dagegen ist 
nun zu sagen, dass weg^ designat saliva der Beisatz tacta überflüssig 
erseheint, da ohnehin vom Speichel berührt wird, was man mit ihm be- 
streicht. Daran wird nichts geändert, auch wenn man tacta saliva filr tan- 
gente saliva nehmen wpllte. Auch Krais übersetzt unbefiiedigend : „Er 
bezeichnet zuerst die verletzten Glieder mit Speichel." Dieser Inter- 
pretation widerspricht nämlich das Yersmass, da tacta sich nicht auf 
membra beziehen .kann. Madyig setzt (animad. crit. II. Bd.) tacita für 
tacta. Dies stimmt aber nicht zu v, 921 plurima tum volvit spnmanti 
cai-mina lingua murmure continuo. Mir schien cod. Caes. 5 einen Ausweg 
zu bieten, dort steht nämlich tracta. Nifnmt man das verbum simplex 
für das Compositum contraeta, so entsteht der Sinn: Mit im Munde zu- 
sammengezogenem d. i. reichlichem Speichel bestrich der Psylle die 
Wunde. 

Zu X, 188 Sed cum tanta meo vivat sub pectore virtus; Ta>ntu8 
amor veri, nihil est, quod noscere malim, quam fluvii causas etc. 

Nach dem Vorgange Weises hat Erais virtus ganz allgemein als 
Streben aufgefasst, dann aber den .Vorder- und Nachsatz in ein kausales 
Verhältnis gebracht: „Aber da so gewaltiger Drang mir tief in der Brust 
lebt. Solcher Durst nach Wahrheit, so möcht* ich lieber** u. s. w. Hier 
steht dem allgemeinen Wissensdrang die Begierde nach der Erkenntnis 
eines besonderen bevorzugten Gegenstandes gegenüber ; beide Sätze 
müssen daher koncessiv sein. Weise erklärt virtus mit tantus vigor ad 
maxima quaeque ^el perficienda vel cognoscenda tantusque amor veri 
discendi circa maxima quaeque. Demnach bestünde kein Unterschied 
zwischen virtus und amor veri. Man beachte aber den Zusammenhang: 
„(v. 182) Niemand verdient eher über Aegypten Aufschlüsse von. dir zu 
erhalten (als ich d. i. Cäsar); denn Niemand hat mehr Macht über die 
Welt. Freilich hat mich der Krieg mit Pomp^jus hieber geführt, 
aber auch die Begierde nach Euch d. i. Eurem Lande. Denn mitten in 
den Schlachten betrachtete ich den Himmel und die Verhältnisse des 
Kalenders.** Immer ist also von zwei Gebieten die Bede: Krieg mit 
Pompejus — Begierde, Aegypten kennen zu lernen; kriegerische Thätig- 
keit (media inter proelia) — Beschäftigung mit der Astronomie. Nun 
folgt unsere Stelle. Entsprechend den vorausgehenden Gegensatzpaaren 
muss virtus kriegerische Thätigkeit, amor veri wissenschaftliche Be- 
schäftigung bedeuten. Das Nachfolgende bestätigt dies ; denn der Gegen- 
satz kehrt wieder v. 191: spes sit mihi certa videndi Niliacos fontes: 
bellum civile relinquam. 

Zu X, 487 Cum procul a muris acies, non sparsa maniplis nee vaga 
conspicitur sed iustos qualis in hostes Beeta fronte venit. Krais über- 
setzt „wie es in offener Feldsch lacht G'rad anstürmt auf den Feind.** In 



~ 96 — 



dem Ausdrucke „in offener Feldschlacht'* wäre aber zugleich der Gegen- 
satz zu einem andern feindlichen Unternehmen enthalten, dessen Zweck 
geheimgehalten wird oder dessen Ziel geringere Bedeutung hat, z. B. 
ein Hinterhalt. Hier aber war Cäsar auf gar keine Feindseligkeit ge- 
fasst; daher darf ihm auch nicht der Gedanke an eine solche imputiert 
werden. Weise setzt iustos — pares, bene armatos. Es ist aber yorher 
nicht von der Stärke des Heeres die Rede, sondern von der Aufstellung: 
Nicht in Abteilungen zerstreut noch in getrennter Stellung sieht man 
das Heer, sondern in geraden Kolonnen. Daher muss auch iustos hostes 
auf die Aufstellung sich beziehen. Das Heer marschierte nämlich heran, 
wie wenn ihm gegenüber ein Feind aufgestellt wäre d. i. wie gegen 
einen wahren und wirklichen Feind. Diese Bedeutung hat iustus auch 
in den Stellen II, 540 neque enim ista vocari proelia iusta decet patriae, 
sed vindicis inim. IV, 595 nee tam iusta fuit terrarnm gloria Typhon 
aut Tityos Briareusque ferox. 



»■f !3lSM 



HBa? 



1913