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IHit finrm firglritmort Don fäidiatl tgrorg Conrali.
Brria0 oon fiBU^rfm friröriif).
1894.
I
L
THE NEW YORK
PUBLIC •/ .1<.RY
AS:i2, LEAOX AND
TILDiSN Fui;:üATiüNS
* 1951 L
»Si quid te, lector, offenderit, aequu»
judicato, pro atrocitate rei adhuc nihil
satis est.« ^utten.
„a^ ift kDoI grob geprebigt. fötr mügen
aber bo4 t)on ben anbem groben fingen
au(^ reben." fiut^er.
Mfxui^t WiniUv
Exoriare aliquis noetris ex oesibuB ultor.
Vergil, Aen. 4, 625.
4
„3c^ f)aH gewagt mit finncn
unb trag bed nod^ fatn rem,
mag ic^ nit bran geminnen,
ni)(i^ mu6 man f puren trem;
bar mit id^ main nit aim allain,
mcnn man e« tooit crfenncn:
bem lanb ju gut, wie wol man tut
ain Jjfaffenfetnb mit^ nennen.
„3Bil nun ir fd6§ nit raten
bis frumme nation,
irS Schaben« fi(^ ergatten,
als ic^ uermanet ^an,
fo ift mir latb; ^ie mit id^ fc^tb,
mit mengen bag bie harten,
bin unt)eräagt, id^ f^ah^ genwgt
wnh ttJil beS cnbS ertoarten."
^utten.
^egCetftnotf.
„®a^n, ^a^n, überall ®a^n."
SRic^arb ^agnerd $and ©ac^d.
Sßenn mein ^df)n in bie S^^i^^ gelommen, miQ tc^ i^m bteS
Suc^ in bie ^onb geben unb ju tl^m [agen:
äBerbe ein SKonn, nimm unb Iid$, benn ^ier ift @^rlid^(ett!
Sefc^Que bir biefe äSelt, üfierbenle fte!
9tud biefem @^ebränge t>on l^rrtümem foQ bie äBa^rl^eit freie
93a^n ftnben. 9Iud biefer @aat t>on 2:oQ^eiten foO reine @rIenntniiS
fpriegen. 9tud biefer SSerfammlung t)on Starren unb Schürfen, t)on
Sta^entt^efen unb eingebilbeten Halbgöttern, t>on Feiglingen unb
gelben foQ eine gelöuterte 9){enf(i^^eit mad^fen. Sind biefem @r6e,
bunt tt^ie eine Xröbelbube, foKft bu bein Sood jie^en. 9lud biefem
Xo^umobol^u foQ beine @eele nac^ eigenem fiontropunft ^forbe unb
^rmonien fe^en. StuiS biefem (Sf)ao^ foKft bu bir eine äSelt ^au«
itxn, georbnet unb fd^ön, mert, beine ^eimot ju fein unb beineg
®eifte8 bleibenbe ©tatt. 9lug biefer blutigen Serquidung öon ja^r-
taufenb alten lirc^lid^em unb ftaatlid^em QtoanQ foQ beined Siater-
lanbei^ grei^eit erblühen, jene grcil^eit, in ber allein oUeÖ Siecht unb
aOe ©id^er^eit beiner bürgerlid^en ^erfon in ber Unabl^öngigfeit be^
Smpftnbend, 3)entenö unb 93cfd}lie§eng — bein unb beiner SoßS^
genoffen ^eil mit bem boHen SRaafje jeglicher SBol^Ifal^rt für ?lffe
Wie in einem l^eiligen ®ral befc^Ioffen ifi
Serbe ein ftarfer SKann, mein ©ol^n, ber feine gurd^t fennt.
3)u weißt aus 5Watur= unb Oefc^id^tSforfd^ung unb bein fc^üc^teS
®efü]^I bejeugt bir'8, Wolter wir 9Renf(^cn ftammen, wie in ber Slot
— n —
unb 2:rü6JaI bc« enttDidttuitöSfampfc« bie SBiffcnfd^aften entftanbcn
unb bic ^nftc unb btc SicHölonen, Wie biefc bann mitcinonbcr
rangen, fid^ öcgenfcittö tüürgten unb üBcrl^oltcn in aUerIci Offcn^^
Barungen unb Jcftomenten, unb tüie l^eütc, im Qtiiolkx bcr immer
fiegl^after l^crborbred^enbcn 5Raturcrfenntni8, alleS 3)oömatiJ(i^c unb
autoritatiöe nur nod^ atö ÜberblciBfel länöft bergangcner ^Itur^^
juft&nbc fein 3)afein friftet.
Überbcnle bicS, wenn bu ju Schriften, wie ber borliegenbcn,
nic^t gleid^ bcn Sieim finbcft.
3cbe Ircnnung bcr Wiffenfd^aftlid^en Seigren unb Srlenntniffc
öom SeBcn, {cber 3miefpalt beS ßebcnS mit ber aHnatur ftiftet aSer=
wirrunö unb Unl^eil unb öerfälfd^t bic SRaafeftäBe. 9hir in bcr
©inl^cit bon Seigre unb Seien, bon Scben unb SRatur fte^ft bu auf
bem ®runbc ber SBol^rl^cit, beiner SBol^r^eit, unb BIciBft bcincr
ÜRcnfd^enwürbc unb äBiUendl^errnc^Ieit gewig.
3)a6 leiner über bein ©cwiffen l^crfaHe, Iciner bid^ mit 2Bort=
fünften unb fc^olaftifc^cn äSIenbmerlen täufd^e, {einer bid^ mit wälfd^em
Dunfl umneble, leiner bid^ frembc SBege fül^re, feinen beinen ^eimatS=
boben entwerte — fiel^ bid^ bor!
SHd^tö ift wol^r, toa^ bem ©inn beineg SebenS wiberfprid^t,
^i(i)i^ ift gel^eiligt, toa^ gegen beinc eigene SRatur ftreitet, 5Kid^t8
ift fittlid^ — geftotte bieg bon allen UnterbrüdfungSfüd^tigen unb
©d^cinl^eiligen fo gotteSmörbcrifd^ mifebraud^te SBort — WaS Slug*
nal^men bon notürlid^cr Drbnung unb ®efefelid^feit forbert. (£g
giebt nid^t jweierici SBol^rl^eit, benn eg giebt nic^t jWeierlei SJatur.
3Kit ber SBud^t ber ©inl^cit fd^tage fte nicber, bie bir mit
^ualiiSmen unb jcnfeitigen Stegein unb ©a^ungen fommen woQcn,
ben SKörberbold^ wibcr SScmünftigfeit unb ©eifte^frei^eit im l^cud^*
lerifd^en @(ewanbe.
3Kit ber SBuc^t ber Sinl^ett. SBer in ®iegfcitS unb SenfeitS
fd^eibet, WiU l^errfd^en über bie S)iegfeitigen, wer ®öttlid^e8 unb
9?atürIid^eS trennt. Will fd^Wäd^en, bamit feine eigene SKac^t ben
SSorteil ^abc. 2llle8 war f eitler barauf gefteÜt in ber ®efd^ic^te:
SBiße jur 3Kad^t, ober SBitte in biefer 9lu8fd^weifung: aKittionen
— m —
(Sttoerbenbei* unb S)Qr6cnber für toufenb 93eft^enbe unb ©enie^enbe,
SWißioncn Untcrtl^ancn für ^unbert ^crrcii, bic ganjc El^riften^cit
eine ^cerbe für einen ^irten, ben SSijegott im SSatifon.
Unb bamit biefe ^(udfd^meifung i^red SJaB^Iond frol^ tt^erbe
unb öor 3^^*örung fidler fei, marb bcr ©prud^ erfunben: „®ic
Sleltgion mu§ bcm SSotfe crl^alten bleiben" unb ber @a^ erneuert:
»Regie voluntas suprema lex« mit ber 93egrünbung: »Car tel est
notre plaisir«. 9leIigton in biefem @inne bebeutet aber nur: ^fd^
öor ben &moltifahttn, Sufd^ bor ber Autorität ber ^riefter, SBQ^r=
fager unb 3^^<^^beuter, ^fd^ bor ber ^elbmebelt^eologie, ^iiScipIin
bid jum sacrifizio dell' intelletto unb jum ^obabergel^orfam, ^riU
im äSeltlic^en unb ®eiftlid^en, bie ^rd^e old äSerbinbungdbou gmifd^en
Äofeme unb 3w^^^öu8 — —
SReligion in biefem ©inne aber ift 3J^=9teIigion, Seftiolität in
ber SRagfe ber ®öttlic^feiL SKerfft bu ben ©puf?
Sieligion im rechten ©inne trägt anbere QüQt, ©ie ift &lex6)^
^cit unb »rüberlid^teit, »riebe unb grei^eit Mer, bie fid^ atö über
bad Xier erl^obene 3Renfd^en ober otö ^inber ®ottei3 füllten. SBer
moDte i^rer äSirlfamleit nid^t bie l^eigeften SBünfd^e mibmen? 98er
moKte i^re SItäre ftören? SBer fid^ nid^t baran erbauen, mad bie
größten 2)id^ter unb ©änger, ÜRaler unb 93ilb^auer, Srd^itelten unb
lonfünftler in i^rem Dienfle an SBcrfen ^e^rftcr ^oefie gefd^affen?
Unb biefe Steligion tt^irb nid^t berarmen unb nic^t fterben, auc^ menn
aOe ^rc^Kc^feit unb ade bogmatifirte S^i'ntmtgleit big auf bie le^te
©pur auÄ ber SBelt berf(^tt)unben finb
Unb menn bereinft bom SSatifane fein ©tein me^r auf bem
anbem fein mirb unb bad mittelalterliche 9lom toter atö bad antife,
tt^enn ed atö unglaublid^e ©age Qingt ba^ l^eute nod^ lebenbige
äRärc^en bon ber Unfe^Ibarleit unb ben SSerfütd^ungdbuOen unb ben
^immetöfd^lüffeln unb bem Pantoffel unb bem ßaftratengefang in
bcr fijttnif(^en SapcKe: bann —
aber }u biefer ©tunbe äfft unb narrt und nod^ fo bteied, fogar
bcr Sabcnfd^ilb einc§ 95arbierg im botifanifd^en Siertel in SRom,
morauf ic^ in Icbl^aftefter (Erinnerung l^eute tote bor jtoangig 3^^^^
— IV —
bie 3nf(^nft lefe in t)ei:n)af(^enem pompeiantjc^em 9lot: ^^ier toirb
jur aber flcloffcn, gcfc^röpft unb laftriri"
$cutc no(^ —
9>Kmm bied 99u(^ unb Hed! @d mirb juerfi betn $erj be^
brücteu mie ein 9[Ip, ed mirb betn &tffixn preffen mie ©(^rauben
aud mittelalterlichen golterfammem, ed mirb bid^ grabeiSnäc^tig an^
me^en toie oud ^np^ifttiondfertem, eS toirb btd^ anbunften mie
fc^morenbeiS SOtenfc^enfletfc^ t>on Se^er^ unb ^e^en^Sd^eiter^aufen
unb tt^ie Seic^en^ unb ^efigeftanl i)on ^unbertiä^rigen @)lQu6en&s
Iriegen. %ber bann mirb eine groge Sreubigleit über bid^ lommen,
eine ^eQe, iubelnbe Sntfd^Ioffenl^eit unb ein neueS ^elbengefü^L 2)u
überminbeft, mie beine SSfiter übertDunben l^aben, bu bift in unbe^
jminglic^er (Störte geu^ac^fen, beibeiS im ®eift unb im ®emüi
9lun boQenbe, lüffe ben ^eiligen Soben beineiS Saterlanbed,
erl^ebe ben 99Ii(t ju feiner ®onne unb l^ilf betn SJoß jum @tege
fül^ren!
@o mill ic^ ju meinem jungen reben.
äRünd^en. aRtc^ael ®eorg Sonrab.
^Uxfi^U
iRr. 1—24 ©ngang pag. 1
„ 25 — 82 SKaria „13
,, 83 — 212 SöUbat ,39
„ 213 — 354 «ct(^te uiib mia^ „102
„ 355 — 398 5c9fe«cr ,,178
„ 399 — 495 3:eutf(^e „201
„ 496 — 599 @4anbe unb 3Boauft „238
„ 600 - 655 ^opft „282
„ 656 — 666 «uSfe^r „306
^S»/- -» ^"'»mr"
>Dirampainti8 vincula eoram et
projiciamius a nobis juguin ipsonun.«
^utten.
1) ^<S) tDet§ nid^t, ob mir ^eute nod^ eine d^tiftlid^e ®efetU
fd^oft l^aben. S)te übergroße äRaffe ber ®e6ilbeten fe^t einen @toI}
in il^ren St^eidmud. ^ie ^roteftonten unb bie bon fRom unab»:
l^dngigen 9ieIigioni^«®efeßf(J^Qften beharren, glücflid^, ben Stömifd^^
SBfilfc^n ®en)iffen8^S^ngem entgangen ju fein, in il^rer freil^eitlid^en
Seigre, meift mit Sou^eit, l^ie unb ha mit antilotolifd^em Sifer. 2)ie
^tolilen, an ber ^anb meniger Stit^Q^d^i^r mieber^olen, fomeit
fte Agitatoren ftnb, eine feit Sal^r^unberten eingeübte unb audmenbig
gelernte, antiteutfd^e, latolifd^e Stud^formel, ober, fomeit fte inbifferent
ftnb, mad^en fie nur bad 92dtigfte beS ^ohi^^^ohi^ mit, ober, mie
bie groge äRaffe bed nieberen SSoltö, treiben bai^ emig^^gleid^e Xrieb«
rab i^reS Sidd^en äRitleibd unb jenfeitiger Stfpirajion jmifd^en ben
jmei feften $oIen: $apft unb S^gefeuer, einem bieffeitigen unb {en^
feitigen, mit mafd^ineEer ®leid^mä^gleit l^in unb ^er.
2) gür einen fimpten ^uBIijiften, mie ben SSerfaffer 3)iefe«,
ber nur ben einen Sbtfprud^ erl^ebt: teutfc^ ju fein, I5nnte eine
fold^e aSetrad^tung bel^ imeifellofen @infd^Iafend beS d^riftlid^^religiöfen
SntereffeS menig StnloIenbeS bieten, menn ber unglüdEKd^e, religio^::
politifd^e Sinf(ulS beiS StudlanbeS, 9tom'i», — unglüdRid^, meil a\x^
Wnbif^ — fid^ entfprcd^enb biefem meid^cnben ^wtcreffc berminbert
l^ätte. 2)enn barfiber lann l^eute lein Qtod^tl fein, bag bad immer
ftrengere 3n'®i<^^3ufautmenf daliegen ber einzelnen Stationen bed
SlbenblanbdS, bai^ immer feftere 3ufammenl^alten ber burd^ @prad^e,
Sttjiammung, (J^arafters®gentumlid^leiten gufammengel^örigen —
— 2 —
]di]i bei fo Hetnen &xuppen, mie bie SSIamen, bie Xfc^en, ftroaten
— jebe aui^Idnbtfc^e SeDonmitibung, fei ed in mdc^er %oxm nur
immer, ouf'd Sitterfte em|iftnben mug.
S) 9tun fmb aber bie ^rdrogaäDe Stomd im ^inbßd auf
t)oIitifc^e 93eetnfluffung ber Staaten htS Sbenblanbed in ben legten
Sauren entfd^teben im ffiac^fen Begriffen. 3)er ^apft bringt in bie
Parlamente unb entfc^eibet üBer Wbfttmmungen. (fr beanfpruc^t
bai^ Stecht ber (Entfc^eibung bei feinen Angehörigen in aQen ®e^
iDiffend»^ fragen; unb too Mme bei einem e^rlic^en Xeutf d^en nid^t
haB Semiffen in Setrac^t? 9lo^ me^r: Sine eigene Solbatedia, bie
in feinem ))erf Midien 2)ienft fte^t, lel^rt unb erjie^t i^re 9nge^
l^örigen in bem ®inne, bag jebe 93etonung ber Sntereffen b^
Satertanbed, jebe 3ufammenge^örigfeit }ur ^eimat ]ebe Saterlanbi^
liebe im Sntereffe bed apoftotifd^en ©tul^Id unb ber latolifd^en Steligion
}u unterbrfiden fei; unb t)erlangt ffir bie Ausbreitung biefer il^rer
Anftd^ten boiS Siedet ber Srrid^tung öffentHd^er ©d^ulen in Xeutfd^
(anb. Unb baS SQIed angeftd^td ber jmeifeQofen Serminberung beS
Sntereffed ffir d^riftlid^e 9ieIigion8übung uiexf^aupt
4} (Ein größerer ®egenfa^ lägt ftd^ laum benlen: Auf ber
einen @eite bad immer entf^iebenere Setonen ber nationalen 3^""
fammengel^örigfeit; badSBad^fen bed9{a2ionaU@toIie8; bie Smpftnbung
ber @oIibaritöt gemeinfd^aftlid^er, toaterldnbifd^er Sntereffen. Auf
ber anbem Seite baS Verlangen bed SSerjid^ted auf j|ebe ^eimat,
auf jebed Saterlanb im fflcanen ®otted — n^enigfteni^ bed {efuitifd^^
italienifc^en ®otte8 — unb. im 3wt^cffe ber fatolifd^cn SRcÜglon.
— Unb bied bei Sleutfd^Ianb, tueld^ed gerabe burd^ ben gufammen«
fd^Iu§ aller feiner fo bifparaten ©lieber feine prdponbcrirenbe Stellung
in (Europa fid^ gen^onnen, unb burc^ [eine naiionale Sinigung dtien
(Gebieten, geiftigen n^ie materieUen, bei ftd^ einen untoerglei^Iid^en
Antrieb gegeben ^at!
5) ^ieju lommt noc^ ein AnbereS: bad römifc^e ^apfttum,
toeit entfernt, bem religiöfen ^nbifferentidmuS Sted^nung ju tragen,
l^at mit einer getoiffen 93erjmeif[ung bie toßften unb n^a^ntoi^igften
gumut^ungen an bie ®en)iffen feiner Angel^örigen gefteßt. Sd ^at
burd^ AuffteKung bed Sjllabus im Saläre 1864 jn^ifd^en bem
— 3 —
mdd^tigen Sau ber e;<dtcn SBtffenfd^aft im Wenblanb unb ber
latolifd^en ftird^e eine für aUe S^^^^f^ ^^^ ^^^^ i" befeitigenbe
©d^etbemonb aufgerid^tet & fyit imxd) ^romulgirung beS Z)ogmad
1)er unbeflecften (ilM>f ^ngnig SRarid )ttm Sntfe^en aQer l^ö^erfte^enbett
^tolilen g^eigt, bag ed ftd^ mit feinen Seiten nutmel^r an ben
ItnbUd^en ®Iauben tyon ftöd^innen unb ^ienftm&bd^en totnim tott\>t.
Unb ed ifat fd^tieglid^ burd^ boi» SaHlanifd^e fionjU, auf bem e9,
im Spaltet ^axtoin'^, einen eintebten SRenfd^en ffir bed SrrtumS
nnffi^ig, menn and) nur ober tiieUeid^t gerabe im Z)enfen, erKSrte,
bad einftimmige ®efp5tt t>on ganj (Europa ^erauSgeforbert.
6} Unb ^iebei mar ^ bea^tendmert, bag eine immer ge«
fteigerte Dpfofi^ion tyon ©eite beS tbii^Ianbed ftd^ geltenb ma^te:
^on ben in einem Shmbfd^reiben burd^ ^ßiud IX. ju einem (SuU
achten Aber bad ju promulgirenbe aRarien«2)ogma aufgeforberten
Sifc^öfen ^aben faft nur ©panier unb Statiener, alfo aud SSnbem
bti Iraffeften 9(BergIau6end unb bed nnteutfd^eften, maS SBaifd^Ianb
geboren, bed S^fi^iHdmuS, ftd^ )ufHmmenb, unb biefe begeiftemb, fid^
geftulert 3)ad SRorblanb Suropad t)om Srjbifd^of toon $arid bid
^um SarbinatSfürftbifd^of toon Sredlau ^at energifd^ remonftrirt, unb,
n^o^l a^enb, n^alS bem fiatoIijidmuS bro^e, einbringlid^ gewarnt.
9) 3)er SBifd^of non Srmelanb antwortet: in feiner SHöjefe
nrtffe man gar nid^t, tocA bie unbef(edte CM^f^ngnig äRaria'8 fei,
nnb, abgefe^en t>on bogmatifd^en Sebenlen, merbe gerabe baS ge«
meine Soll bur^ ein fold^ti^ pfipftlid^ti^ 2)elret fht^ig gemad^t
n>erben. ^) — 3)er Sifd^of t)on Simburg: ^ie 3)ebatte Aber bie
nnbefledtte Smpföngnig fei für bie ©eelen menig ^eilfam unb bie
®Uiubigen Ratten baDon entmeber eine folf^e SorfteOung, ober gar
leine. — S^nlid^ bie Stntmorten au& Sonftanj unb Samberg. —
Seina^e brol^enb antwortet ber Sifd^of t>on ®ör): „^m ^inblidE
auf Seutfd^Ianb erfd^eint mir ber $Ian, ben ©d^ulfhreit über bie
unbefledte Smpf&ngnig je^o ben fßroteftanten gerabeju ind Stngeftd^t
^u entfd^eiben, t>oVi ®efa^r. ^d^ jittere \)ox bem Studgong unb
^altc baö Untemel^men für anwerft gefö^riid^." — •)
^) ^xtui, a,, 2)ie r9mtf(^e Seigre toon ber Unbefledten Smpffingnig.
Sedin 18^. p. 121. f.
•) ^reufc a. a. D. p. 122. f. 1 ♦
— 4 —
8) Der Srjbifd^of Don Stouen onttvortet: „^t\a: ®Iau6end«
fo| ift in ber ^eiligen ©d^rift ni^t beutltd^ entl^atten, für ben
(Schüben o^ne alle Sebeutung unb ^ai mit unferem SBanbel t)or
®ott nic^t ba£ (Seringfte ju t^un. ^d^ fürd^te baroud für ben
guten 9htf ber $apfte, unb l^alte ein foId^eS De!ret für eine fe^r
gefa^Hd^e ®aäft.** — 3)er Srjbifd^of t>on 2)u6Iin xoaxnt hat)Ox,
in biefer Sngelegenl^eit ben ^^fuiten ®^bx ju fd^enlen; mit bem
neuen Dogma merbe bie fatolifd^e ^rd^e in ben 3[ugen ber ^rote»;
panten nur immer tiefer finfcn. — Ä^nlid^ ber ftarbinatSrjbifc^of
Don ©aliburg. *)
9) 9m (Einbringlid^ften mamt ber ftarbinaUSifd^of Diepen«
birodE Don SreiSlau Dor bem Dogma im ^inblicl auf bie teutfd^en
^^tefianten: „i^re ^rebiger, bie für SQtar unb ^eerb Mmpfen,
merben ftd^ feiner ald einer guten Seute bemdd^tigen; unb bie Un«
gläubigen merben mit ben ^ietiften S^orud mad^en unb bied ^eilige
®e^eimntg mit bem ®d^mu^ i^reS @potte8 unb il^rer ©otteiSidfterung
überftrömen. Die Dppofijion beS römifd^en 0erud, ber neologifd^
gefimtt ift, befonberiS in ben 9t]^einlanben, in Saben unb Söl^men
mirb boburc^ neu gefUIrlt unb genährt.'' *)
10) 8tm (Entfc^iebenften aber ber Srjbifd^of Don ^ariö in
einem imeimaligen @d^reiben: „^d^ behaupte, bag n^eber bie ^rd^e
nod^ ber fettige ©tul^I bad 9ted^t ^at bie Seigre Don ber Unbe»;
f(edCten (Smpf&ngni| ju einem ©laubenlS^Slrtilel ju mad^en. Die
einfbtgreid^ften äRftnner unb bebeutenbften X^eologen meiner Diöjefe
fürd^ten aud bem Debet fd^meren Stadtteil für bie ^rd^e, ja emfted
Unl^eiL Unb anbererfeitd l^at ed nic^t ben minbeften 9bi^exL SBeber
ben ®Ifiubigen ^ilft t& etnxtiS, noc^ ber ^rd^e, nod^ ber Jungfrau.
Unb ift baS, Don ber @eelengefö^rlid^leit beS Unternehmend gan^
abgefe^en, . nid^t genug, Sure ^eiligleit auf anbere ®ebanlen ju
bringen?" »)
U) ?rber Sßiug, ber gern füge ©a^cn a§, unb für bie ebenfo
lüftemen SKÄuIer feiner fpanifd^en unb italienifd^en ®tauben8genoffcn
') ¥reu6, a. a. O. p. 125. f.
•) ^«uj. p. 127—129.
■) ^reuj. p. 130—132.
— 5 —
itt forgeit l^atte, t)erftanb nid^t bte embtinglic^ SBanrangen ber
^rtoorrogenbften unb kueitbUcIenbften Söpfe auf beit abenbldtibifd^en
Stfd^fdftü^Ien, unb ))romuIigirte biefed ftonfe{t^3)ogma am 8. 3)c»
^ember 1854, o^ne, mte ^ auf ben alten fionjilien Sraud^ mar,
barfiber abftunmen, ober gar regelrecht baruber beraten ju laffen. —
^ied toax bie erfte (Stoppt ber gekualtfamen SSermälf^ung Xeutfd^er
(Ikmiffen gegen ben oudbrudlid^en SBÜlen Zeutfd^er Sifd^öfe Id^igli^
auf ben SBiUen einiger Sefuiten l^tn. 3)ie Gläubigen lufd^ten, koetl
fie ed fo gemöl^nt ftnb. Sin bal^fd^er $rin}, für ben bie Sner^
lennung bed SogmalS bie SSorbebingung ber 3uge^örigfeit }um
^dc^ften DrbeniS«Sa))iteI bed Sanbed ift, Demieigerte bie llnterfc^rift.
Sd ift auf biefeS S)ogma ber Unbefledten (Empf&ngnijs ber äRaria,
auf boS man bie %(t!atoliIen in ben 70er Solaren ^ö^nifd^ Dertmed,
QU fte ftc^ gegen bie „Unfel^Ibarieit'' bed ^opficS ftraubten.
IJt) 3)ie nS^fte dtappt mar bie (Sni^IIita ))om ^affx 1864
mit bem Sjllabus, meldte t>tm ber SBiffenfd^aft, \)on ber ^otttit
t>on ber gefammten abenbldnbifd^en Silbung, bie in (Englanb, grant
reid^ unb Xeutfd^Ianb t)or}ugi^meife i^ren ®i^ l^atten, blinbe Unter«
merfung unter bie ))erfaulten 9Ra^en ber fübe^romanifd^ Staaten,
unter bie 9teIigiond«$aragrafen einiger ^efuiten verlangte. Undf
l^ier einmflt^ige gfrontmad^ung ber bebeutenbften latolifd^ ft9)>fe im
SZorben Suropad. 9uf bem latottfd^ fiongreg in SRed^eln,
Vttgttft 1853, ^atte ber beriil^mte äRontalembert gefagt: ,,Son
allen grei^eUen, bie id^ iiSfytc tiert^eibigte, ift bie grei^eit bed (»e^
nnffenlB nad^ meiner Xnftc^t bie tofttarfte, ^eiligfte, berei^tigfte, noU
menbigfte. VHt gfrei^eiten l^abe id^ gdiebt unb i^en gebient; aber
id^ rfi^me mid^, ber ©treiter ber le^teren )u fein. 3d^ erDfire: einen
unubertoinbttd^en W6fd|eu empfinbe id^ üor aUen Dualen unb &t^
kiKiItt^ten, bie man unter bem SortDonbe, bamit ber Keligion gu
bienen, ober fie ju t)ert^eibigen, ber äRenfi^l^eit jugefftgt ^t. Sie
tum einer fatoltfd^ ^onb ongc;j&nbeten @d|eitei^^aufen erregen eben
fo fe^ meinen Vbfd^ att bie Slutgerfifte, auf benen bie $roteßanten
fo tiiele aRdrtt^rer l^ingeopfert ^aben. 3)er ftnebd, melc^er irgenb
einem in ben SRunb geftedt mirb, rebet aufrid^tlg für feinen &iavibm;
id^ fu^Ie il^n (mifd^en meinen eigenen Sit^pen unb ic^ em|»ftnbe einen
— 6 —
©(Raubet t>ox ©d^merj. 2)er f)>anifd^e ^nquifttor, ber )um Se^er
fpttd^t: bie SBa^rl^t ober ber Xob! ift mir ebenfo tyafyiit M ber
fraiiiöftfd^ Zerrorift ber ju meinem (Srogtiater fagte: bie S^ei^ett
bie erfiberlid^Ieit, ober ber Xob! 3)Qd menfd^Ud^e ©etoiffeit ffat ha»
Siedet )u forbem, bog man i^m nie mel^r biefe fd^eu^id^e 9UtematiDe
fteOe." ^) — 3)ied toon bem Raupte einer fatolifd^en !ßartel
18) 3)ie (Enjl^nila $iud IX. aber ^atte gefagt: ^Ue Se^re, bi
Srei^eit beS ®emif[enjB unb beS fiultud fei einem jeben äRenfd^en
eigenes Siedet, meld^eS burd^ bad ®efe^ au^efprod^en unb in iebem
mo^I eingerichteten Staat geftd^ert merben mfiffe, unb bie Surger
l^fitten Slnfprud^ auf bie boQe greil^eit, i^re äReinungen, meldte fie
aud^ fein motten, laut unb öffentlid^ htnb ju geben, burd^ bad
SBort, bur^ ben 2)ru(l, ober in anberer SBeife, finb ))ermegene
Behauptungen unb SBal^nfinn!" *) — Unb bie nun folgenbe
Serbammung Don Irrtümern lieg barüber feinen Qmü^d, bag jeber
@taat, ber in biefem ®eletfe ftd^ bemege, bai^ Sd^icffal ©panieniS,
ober boc^ £)ftreid^d l^aben merbe. — 3)ie franjöfifd^e 9legierung üer-
Bot bie Serlunbigung ber Sn)^IIiIa.
14} (Ein anberer ^ertoorragenber gffi^rer beiS liberalen Saio^
ÜiiSmvA in Srontreic^, ^unt, ffatit ftc^ in feinem SBuc^ ^^ie religiöfe
9id)oulution im neunje^nten Sa^r^unbert" koie folgt geäußert: ,,2)ie
mit bem $apft rilMkliftrenbe SRod^t, ber (Epifcopat ift burd^ bie Ser^
lünbigung bed Z)ogmaiS ber llnbefledten (Empfängnis nid^t allein
üemid^tet, fonbem emiebrigt koorben, tOQ& bie unmieber^erfteObarfie
gorm ber 3^önmg ifL 3)arauf ^atte man tS abgefe^en, ald man
200 Sifi^öfe nad^ 9lom tommen lieg. SRan Derbot i^en )ebe Se^
rat^ung, unb ftumm unb kniOffi^rig mol^nten fte bem feierlid^ften WEt
bdB latolifd^en SebenlB, ber 3)eftni}ion eined 3)ogma8 bei Son ba
an ftiegen fie toon ber Autorität toon ^irten jum Stang ber ^eerbe
^b. S)ie nnfel^Iborleit bed $apfteS, mdd^ Sranfrtic^ fo t>vdt
Sal^r^unberte ^inbur^ fd^tem Heg, fungirte öffentlich unter bem
BelfaE ber lotolifd^ Sdt 3)ie fntd^ttote Semegung bed mobemen
*) ¥re|cnf^, (L D., 2)aft twticanifc^ iTonsil. IC. b. Sron^f. 9{arb«
lingcn 1872. p. 50—53.
*) tnd|dlca ^M DL Min 1865. p. 58.
— 7 —
SeBenS jiel^t ftd^ toon ber burd^ bai^ ultramontane 3)ogma unBetoeg«
lid^ gemoc^ten, ber ®egenret)oIu)ton berfoQenen alten ^rd^e jurüd,
S)er 9C6ergIauBe breitet in il^r fein Steid^ aud, meld^eö nur bie ®p\!l^
ffaibigleiten ber fd^olaftifd^en, rabbinifd^en S93i{fen{d^aft t)ertrd0t. Ser
3ltatatol\i\&m\i& ober äRarianidmud l^at fid^ bogmatifd^ unt)ereinbar
gemad^t mit bem miffenfc^aftlid^en gfortfd^ritt, mie mit bem politifd^en
unb fojialen. gnbem fid^ bie ^Religion toon ben aufgelldrten
@tänben jurädCiiel^t, toirb fie bie 9teligion ber Sanbbe^
»o^ner, unb wirb fo fterben, wie ber crfte römifd^e Sßa^^
gonigmug." *)
15) Sd {ommt und barauf an, l^ier ju jeigen, bag bie @pak
tung nid^t jwifd^en fiatoIijüSmuiS unb !ßroteftantÜ^mud, nic^t itoifd^en
fiatoIiiÜSmud unb ber mobemen ©taatdrec^tdle^re, fonbem iWifd^en
fi^toliiidmui» unb ßatolijidmud, jmifd^en füb^italienijd^er, neapolitanifc^«
toerfumpfter Suffaffung ber Sieligion ald eined S^tumd, unb norbifd^em
8rci^eit8«S9ett)u6tfein, jwifc^en öerwftlfc^ter, Muflic^er 3efultens9Koral
unb germanifd^er ©ewiffend^ Betonung, jwifd^en Unt)erantmortIid^teit
unb 83erantn)ortIi(^Ieit, eingetreten war.
16) 3)ie britte, unb vorläufig le^te, Etappe beS SSerfuc^d
Wälfd^er 9ieHgionS«3entraIiftrung in Stom war bai^ Datifanifd^e ^onjil
1869—1870 unb bie Unfc^ttarIeitß^(£rHärung bc8 5ßapfte«. ^ier
^aben bie teutfd^en ^atolifen fid^ am energif duften gewehrt. 'Sie
9(nbem, bie !ßroteftanten, bie Snbifferenten, bie ^o^e $oIiti{ ging
bie ®ad^e fd^on gar nid^td me^r an. 3){e SSirflid^en ®eifteiSmtic^te
bei» SBenblanbed fanben ed fd^on gar nid^t mel^r ber SKü^e wert,
iu remonftrircn. ©o grog war bie ffiluft jwifd^cn mobemem S3c*
wu^ein unb ben linbifd^en äSerfud^en eined in wei§e @eibe geHei^^
beten ©reife«, fid^ ju toergotten. „Unfer Sa^rl^unbert — fagt
^arnacf — l^at faft fd^wcigenb Eingenommen, wog man bem ©eifte
leine« anbem Sa^r^unbertd ^ätte bieten bürfen, o^ne ein gewapp«
nete« (Suropa, föatolilen unb $roteftanten, in bie ©c^ranten ju
rufen-" •) — Unb ber franjöftfi^c SRinifter Dliöicr bemerttc in
*) ^ttftenf^, 0. 0. O. p. 62.
^ imrmuf, «(., Se^rbu^ ber 2)ogma9ei(^i(^te. gteiburg 1890. 9b. m.
p. 648.
— 8 —
einer 9lebe t»om 8. 3uU 1868: bie Burfidl^altung ber ©taotögetDQlt
bejetd^ne ben gortfd^ritt ber Seiten unb bie unauf^altfame (Strömung
noc^ ber Trennung ber beiben @^ema{ten. ^)
17) S)ie «nlünbigungd^SuIIe jum ^njil batirt tyom 29. ^xad
1868 unb am 6. Februar 1869 erQärte baS Seib^JDrgan ber
römifd^en Surie, bie civQta cattolica, ^upt^^egenftfinbe ber 9e«
ratung auf bem SonjU tofirben: bie Unfe^tbarleit bed ^apfted^ ^^^
Himmelfahrt ber g^nöf^öu SKaria unb bie 5)ogmatifTrung beö Syl-
labus. — ®g tt)or 2V» Sö^re nad^ ber ©d^Iad^t öon ftöniggrfit- —
Unb bamit bie Jtatolifen im 9Iorben tt^ügten, tt^ad i^rer ttKirtete,
fügte fte ^inju: ^3)ie liberalen S^tolifen ffird^ten, bad ^njU möd^te
bie Se^re beS Syllabus prodamiren. 2)te eigentlid^en ^toHIen,
b. \). bie groge äRe^rja^I ber ®Uubigen, ^egen eine entgegengefe^te
Hoffnung.- •)
18) 3n Xeutfd^Ianb traten l^ert^orragenbe fatolifd^e X^eologen
unb liberale ^toliten, barunter ber bebeutenbfte fatolifd^e 2:^eoIoge
ber 9}eu)eit, ^öllinger, in Noblen} am St^ein ju einer ®egen^
bemegung jufammen. 3^r 9Ranifefi erfd^ien im ^uli 1869 in ber
„^ölnif^en g^tung". @ie verlangen, bag bie latolifc^e ^rd^e auf
iebe politifd^e ®e»alt unb auf VSi^, tt)o0 an bie Xl^eolratie beS
aRittel^Wterd erinnere, Derjid^te (bad ©egent^eU, bie poHtifd^e @traf:^
®en)alt, ^atte ber Syllabus für bie ^rd^e geforbert); bag bie ^rd^e
t)er mobemen ^Itur unb SBiffenfd^aft gegenüber eine Vernünftige
Stellung einnehme (ber SjUabus ^atte febe Se^re ber mobemen
SBiffenfd^aft, bie mit ber Se^re ber ftirc^e nid^t Vereinbar, Derbammt);
fte Verlangen bie Sleilna^me ber Saien am fird^ßd^en Seben unb
einen toerfö^nlic^en @tanb)>unlt gegenüber ben ^roteftanten; fc^Iießid^
«bfc^affung beS römifd^en »üd^er*3nbey. — 3)ie bebeutenbften »if<^öfe
unb fiarbinftle fd^Ioffen ftd^ biefen Vereinbarungen in briefU^^
SReinungds^StuStaufd^ an. — 9to^ im gleid^en ^a^r erfc^ien bad
berühmte 9ndf Don 2)öIIinger unb ^ol^anned H^^^^* ^^
Sanui^, ^ mdd^er bie SRad^t ber rdmifd^en ^rd^e al^ eine golge
*) ^reftcnf^, o. o. O. p. 76.
•) ^^enf^, 0. 0. O. p. 74.
^ 2)er $a))ft unb ba» fton^il Don 3anu9. SHin^en 1869.
— 9 —
t>on Urfurtioitonen unb 93etrfigereien ^infteSt Selten ift Don teut«
fd^cr Seite gegen eine fßdtmad^i fo fu^n gef (^rieben morben. —
©(^liegHd^ fanten bie akpanjig in gfulba Derfammelten teutfc^en
Sif(^5fe eine einftimmige SiIIfiTung an ben ^Qp% morin fie gegen
bod neue ßonjil unb fein Programm entfd^ieben Stellung nehmen.
19) «uf bem ßontil felbft hielten \xdf bie teutfd^en »ifd^öfe
neben ben franjöftfd^en unb ungarifd^en fe^r mader; obtt^o^I ber
gefammte Sd^ematii^muS unb bie ^ierard^ifd^e Drbnung auf bem^
feCben auf 3Runbtot«äRad^ung ber 9Rinoritftt bered^net mar: o^ne
(Genehmigung beS $at>fted lonnte gar lein Stntrag gefteQt merben.
Senige Xage nad^ ber (Eröffnung prangte ein p&p^xi^tB 2)elret an
ben Strafen Storni^, meld^ed ieben ber ^onjilsSBefud^enben, ber ben
Syllabus nid^t anerlenne, ober ein püp^ÜidftS Sret^e beftreite, mit
bem großen Sann belegte. 3)er ungarifd^e Sif^of Strojsma^er
nntrbe in öffentlid^er ©i^ung befd^impft, meil er fid^ bem Sanon,
ber ben ^oteftantii^muS atö gottlofe ^ßeft bejeid^nete, miberfe^te.
(Ein anberer Sanon befagte: „SBer ba fagt bie menf(^Iid^en SBiffen::
fd^ften mfiffen mit fold^er grei^eit bel^anbelt merben, bajl man i^re
Sel^upiungen für mal^r l^alten lann, au(^ koenn fte ber geoffenbarten
Se^re miberfprftd^en, ber fei tierflud^t'' 3)er ^pft felbft benahm
ftc^ in ber Hnbif duften ffieife: „3d^ — fagte er }um (Eorbinal
@d^mar}enberg — id^, @Koüanni SRaria äRaftai, glaube an bie
Unfehlbar feit; jminget ^f)X ben ^eiligen (Steift, bag er (Sud^ er«
leud^te!'' — Unb, nrte baS Xaufc^gefd^öft unb bie merlantile Vb*
»idbmg in ber latolifd^en ftlrd^e bis in bad Zieffte unb Se^te, bid
in bad Kugfalrament, eingebrungen ift, Mgt er ftd^ )9om fiarbinal
^atriiji bei einem (Empfang mit ben Sorten anreben: er, ber
^ft, ,,^abe bie Unfe^fbarteit rebttc^ berbient att aSelol^nung für
bie gro|e (Sffvt, bie er ber ^[imgfrau 9Raria ertoiefen", inbem er
ifftt Unbefledte (Empfangnig proHamirte. ^)
HO) Sie ed bamott im ^er^en eined teutfd^ Kif(^of« auft«
fa^, Seigt ein Srief beiS aSifd^of ^efele aud 9hm an Fölling er
t>om 25. 3anuar 1871: ,,.... Sd^ulte tierbient für feine neuefite
Si^ft ,3)ie äRa^t ber römifc^n ^apfle' gro|en 2)anl. Db ben
*) ^tt^enfö, 0. a. D. p. 191.
— 10 -
@taatdmännem barüber bie Slugen aufgellen? Seiber mug td^ mit
©d^ulte fagen: ^ lebte biele So^re in einer fd^koeren Xftufd^img;
id^ glaubte ber latoHf^en 0rd^e ju bienen, unb biente bem Qttt*
bilb, bog ber 9iomanÜSmuS unb ber S^fuitii^muS baraud gemacht
l^oben. @rft in 9lom tDurbe mir red^t Ilar, ba| ha&, tocA man
bort treibt unb übt, nur me^r (Sd^ein unb 9tamen beS Sl^riftent^umd
ffat, nur bie ®d^a{e; ber ^m ift entf^n^unben, aUtS total ber^
dujserlic^t — Sin ©d^üSma ^at leine S^ancen für ftd^, fo bleibt
mir nid^tiS übrig, ald auf aUe 3iunutungen 9tomd mit non possumus
antmortenb bie ®uf)>enfton über mid^ ergeben ju laffen. — ®egen:s
»artig mijs^^anbeln mid^ bie !Römer burd^ 92id§terteUung ber Sohtt»
t&ten ju 3)if)>enfen in SSermanbtfd^afti^graben; fie moleftiren bamit
meine 2)idjefanen, ))erantaffen, bag Sinjelne im Sonfubinat leben
ober Qxt>\U(Sfytn eingeben, aber mad lümmert man fid^ in 9tom um
bad ©emiffen ber Seute, tt^enn man nur feine ^errfd^fud^t befriebigt?
Serfagte man [a hod) bad ganje SKittelalter ^inburd^ ben Sdllent
aUe Xröftungen ber Stetigion, um einen Surften ju brücfen unb
yaffm )u mad^en.'' ^) — @d^liegli(^ mu^te ber $apft in Stom un?
f e^tbar n^erben, bamit einige Seutd^en in SBürtemberg heiraten lonnten.
@o ftnb bie teutfc^en ©emiffen an 9tom gebunben. Unb unfer
tapferer ^efele mugte fid^ aud^ unter balS römifc^e ^odf beugen^
benn er mar jule^t allein.
31) %Id t& f(^tiegltd^ jur 3(bftimmung lam, mar ber größte
Seil ber aRinorit&t abgereift; 22 franjöfifd^e Sifd^öfe fehlten, barunter
ber ^jbifd^of t>on $arid; 10 Ungarn, barunter Strogmo^er;
9 Xeutfd^e, borunter ^rbinal @(^marjenberg; biefe maren bem
eilen ©d^aufpiel bat>on gelaufen; benn menn ber ^apft unfehlbar
mar, brauchte man für a0e 3i<^ft Mne beratenben Sifd^öfe in
Korn. «Ifo lieber gleic^ fort! 3)ie aRaioritfit bUbete ftc^ a\i&
Stolienem, Spaniern, S)arbinaien, ^ifd^öfen ber $ropagonba, oEein
100 miberruflid^ apoftolifc^ SSilare, bie aUe mit i^rem perföidi#en
gntereffe on ben $apft gefettet maren.
SS) Unb l^eute? — Sft Wl^ beim «Iten! — Son ben aiO^
*) Äird^Ifd^c Äorrcfponbena für bfc beutf^c XogeSprcffe 1890. IV.
p. 118.
11 —
Ifinbifd^en SBtfd^öfen untemarf ftd^ einer nadf bem Snbem. SBorutn?
— 6ä fehlte, wie ^efclc ftd^ augbrüdftc, an bem ^ntcreffe bcr
Soien. SS fehlte an bem najionalen SBiberftanb, an bem ftd^ bie
Sifd^öfe l^ätten anhalten I5nnen. @d fel^Ite an bem ^ntereffe ber
@taatd::9tegterungen, an bem ftd^ bie Sifc^öfe ptten aufnähten lönnen.
@o ftanben fte 9tom aßetn gegenüber. „9Benn fic^ ber ®eiftK(^e
auf bie ©taotö«®cmalt berufen fann — fagt ^re§enf6 — fo
ftnbet er meniger bad Sebürfnig, feinen ©tü^unlt in 9tom ju fud^en.
& ift um fo najionaler, je me^r er gefd^ü^t wirb.*' *) Unb fo ift
biefc gro|e ftomöbie, bie über 15 SWiHionen teutfc^er ®ett)iffen öcr=^
fügte, in Stom mit ein par ^ourparleriS abgemad^t morben; n^eil
fid^ lein 3Ren\df barum lümmerte. 3)ie Signatur beiS Saiem^atoli::
ji^mud ift 991öbigleit. 92ic^t nur lommt bie Gelegenheit, fic^ mit
Stom auSeinanberjufe^en, mie 1869 unter einem eitlen, finbifc^en
$apft nid^t lieber; fonbem biefe Gelegenheit ift aud^ beftnitit) aulS«
gefd^Ioffen, ba ber $apft im 99efi^ ber Unfel^Ibarleit, meber teutfc^e
®emif)en, nod^ teutfc^e SSifd^öfe, nod^ teutfd^e Saien, nod^ teutfd^e
^Regierungen braucht @r belretirt. Unb bu, teutfc^er ^atolil,
mugt glauben.
28) SBir l^aben biefe Drientirung t)orau^gefd^id(t, um ju ber
Xl^efe JU gelangen, bag ber SSermälfd^ung bed teutfc^en &t^
miffenS, koie fie t>on 9tom aud feit einem l^afben Sa^r^
l^unbert betrieben mirb, nic^tiS im SBege ftel^t, unb, n)ie bie
Singe liegen, fein Saltor, toon feiner @eite, entgegengefteUt merben
fann. 2)er liberale SatoIijüSmuS ber 60 er Saläre l^at ftc^ t)erblutet.
2)ie a3ifd^5fe fmb g&nilid^ mad^tloiS. S)ie Saien inbi^erent unb
teilna^mlod. Xie fleine mutige @^aar ber Sltfatolifen ift, frol^, ber
mälfd^en Gefahr entronnen, in ganj anberer 9tid§tung angafd^irt.
Z)ie 9tegierungen moQen nur um (Sotte^SSiQen ^rieben; unb laffen
felbft bie ^efuiten herein, menn fte bamit ben ^rieben mit 9{om
erfoufen fönnen. — SBad Serm&Ifc^ung bed teutjc^en ®e«
miffend l^eigt, fe^en mir in ©itten unb Gebräuchen in X^rol, fe^en
mir in Sal^em, ben 9l^ein hinauf unb anbem)ftrtd. Unb bie etl^ifd^e
Sorberung biefed fatolifd^en GemiffenS lautet auf ben ultramontanen
^) ^rebenf^r o. a. O. p. 26.
— 12 —
Sßerfamtniimgen unb in bett 3nftitu}ionen bcr ^efuiten: Xu mugt
ben !ßapft ^ö^er ftellen, ald 2)eiit teutfc^eS tSaterlaub!
34} Sur ben teutfd^en ^atülilen, ber fein ä^aterlanb l^öl^er
fteßt, ate einen italienifd^en ^rbinal, giebt tä nur Sined: So8
t)on fRom unb teutfd^e SReffe. — $Ibor bie SBemegung mug bom
SSoIt audge^en. Xenn bie Oberen fmb (d^on feit 20 Sauren ge«
bunben unb gefeffelt. — 9Bir l^aben im golgenben einige ßapitel
ber römifc^'latolif^en Seigre bon biefem ©tanbpunft axS beleud^tet;
nic^t ate ^tolil, nid^t atö fßroteftant, fonbem ate Xeutfc^er. Unb
nid^t bom @tanbpunfte einer befferen ober fd^Ied^teren tranSfjenben^
taten 9(nf(J^Quung; fonbem t>om ©tanbpunfte einer bro^enben finn^^
lid^^reUgiöfen 93ergiftung beS teutfd^en ®emütd. — SBir
beginnen mit ber großen, fd^Iüpfrigen Göttin ber ^äpfte, mit ber
Sungfrau SKaria.
„Q^xoi ift bie ^iana ber (Sp^efer^
9l))ofteIgef(!^. 19, 34.
»Evviya la Madonna!«
Scbel^iMJ^tufc bcT StoIiotCT.
2S) ftMne c^riftH^e Söttüi — bie S^rei^Sinigleit nid^t aud^
gcfd^Ioffen — ^at eine fo rofc^c unb gWnjenbe ©iegcölaufbal^n gc*
nommen nrie bie SRario. — äBod ]^a6t 3^r, ^opiften, nic^t aUe§
aud biefer fimplen Sübin gemocht? S(n il^r l^erumgejerrt, fie gepult,
gejiert, bel^angen, parfümirt, i\& aud i^r bie groge ^errfd^erin im
^immel, bie nid^t ju umge^enbe SRittlerin, ber groge UnterrodE ber
latolifd^en ßird^e lüurbe, unter bem ®uc^ fo mo^I ift?! Sure 9te»
Hgton ift eine UnterrotfÖs^SReligion! —
S6) 2)ie ®efd^id^te begann auf bem £on}iI in (Sp^efuiS im
go^r 431. Xiefcg nonnte fie ^©otteggebdrerin", tüöl^renb ber
^atriard^ bon ßonftantinopel, SleftoriulS, ein Iluger unb befon::
nencr SRonn, fie „SKenfd^engebärerin", im beften gaQ „ei^riftuft^
geB&rerin" nennen tooütt. gn ber 9leIigion ge^t eS mie im ^af)t\^
fmn: ber XoDfle ^at Sted^t ^er 93emunftige mug unterliegen. ^§
^anbelt ftc^ nur barum, glfidtlid^ ben Snftinit ber äRaffe t)or]^eriu^
ried^en. „©otteSgebÄrcrin" worb bie gübin auf biefem ftonjil. Unb
glei^ l^ier fd^Iojs ftd^ ber pbfd^e, ^ierard^ifd^e Quq an, bag fofort
ertifirt kourbe: „SSenn Siner äRaria ni^t a\& (Sottd^gebfirerin an«
nimmt ber ift getrennt Don ber ©ott^eit." ^) Sd ift badfelbe @^ema,
toeld^ed aud^ fpAter beibel^alten blieb, unb i\& ^eute, in ben S)ogmen:s
(£rHfirungen toon 1854 unb 1870 beutlid^ erlennbar.
*) (tm «TuÄfpru^ dJregor'« bon 9?ojiang, fic^e: ße^ner, g. %,,
Die 9Rarient)cre^rung in ben erften Sa^ri^nnberten. 2. 9(uf[. Stuttgart
1886. p. 76.
— 14 —
97} Unb nun gtebt ed iatb teine ©renjen me^r. „Unitfitdit
Zauhz** nnrb fie je^t genannt, ^Meinob ber SBdt", „unaudlöfd^ßc^e
Sompe", „®efftg bei» Unerfa^ic^en", »tfegen meieret bte Sngd
Steigen tanjen, bte Srjengel auffpringen, furd^tbare ^^mnen cmS^
tönenb", ^ber geftpla^ bed (£r{5fungd))ertrQgd\ M^ a^rautgemad^",
,,bte einjtge Srücle @ottei9 ju ben SDtenfd^en", „ber frud^tbare SBeb«
ftu^I ber ^eildberanftaltung, auf meld^em auf unfagbare äBeife baS
$Iäb ber Bereinigung getpoben tt^urbe, beffen SBeber ber ^eilige
®etft, bte ©pinnerin bie überfd^attenbe ^aft, bte SBoKe bod alte
8(te§ bt& Hham, ber Stnfd^Iag bad unbeflecfte Sletfd^ ber Jungfrau,
bte aSeberlabe bie ®nabe bed 93oten ©abriet" ^) — SBir beftnben
und im Orient Sfreitid^l Sber bie fatolifd^e ^rd^e befanb ftd^ ftetS
im Orient ^^xt fd^mülftigen ©ebdrafte unb brunftigen ©innlid^-
feiten, mit benen fie bie einfad^en (E^riftud^Sel^ren audftafftrten, finb
SQIed orientalifd^e Wcbdt Orientalen maren i^re Siguori, il^re
©and^ej, il^re SScobar, i^re $errone, äRalou unb $iud IX.
Irefflic^e Seute für i^re ftreife, für il^re SSeligion, für i^re SSöHer,
bie äB&Ifc^en. 9(ber nid^t für und Xeutfc^e. ©eit Sa^r^unberten
toel^ren mir und gegen biefe moßüftigen Se^ren, bie in Italien
fabrijirt tt^erben. 99efonberd gegen bie ©d^Iüpfrigleiten im SRarien^
^tud. Unfer norbifd^er @inn ift ju einfach unb }u empfinblid^
für biefe ©orte Steligion. Unb bie $ä)>fte tt)o0en nid^t begreifen,
bag mir biefem pomograftfc^en ^Itud feinen ®^^mad abgeminnen
fönnen. @o menig mir begreifen, ba^ man in ben ^änben faft jebed
mdlfd^en ^efterd lafjiüe Fotografien finbet *) Sined Xaged merben
fie ed aber begreifen muffen. Sie !(bfonberungen ber Stationen
merben aud^ auf biefem ®ebiet reinliche ©d^eibung bome^men muffen.
Unb fo menig mir und arabifd^e Srjä^Iungen für bad 92iebelungen^
(ieb, fo menig merben mir und moQüftige äRarien^Xogmad ftatt ber
einfachen Sl^riftuds: Seigre borfe^en laffen.
38) SBad fmb aber bie ®otted^®ebär:«®tubien auf bem (£t>^efer
^njil für Spielereien gegen bie Seiftungen ber ©p&teren auf biefem
M Seiner, a. a. O. p. 215 unb 219.
*) S)ie Seutfc^en, bie ben Srelb5ug 1870 mitma^ten, wiffen bat>on
(Siniged ju erjft^Ien.
— 15 —
&ti\ül @e^dunbt>ier}tg Spit^etQ, Sigenfc^oftörnörter unb @ubftantit)Q,
ßofetoörter unb ©c^etc^dnamen, bie }um Xl^eil oud einem Chambre
aepar^ hergenommen gu fein fc^einen, f^at bie ^Sauretanifd^e SitaneiS
eine Snrufungdformel SKaria'd auS bem 14. Sal^r^unbert, mit beten
®ebrau(j^ gemaltige (Sänben«9(blfiffe burc^ $apft ©ijrtud V. t)ertnü))ft
ftnb. 9la6f iebem Spit^on ober ©d^meic^elmort ein fd^aqrenmeifed
„aSitf für unj»!". 2)a bai» 9}eten in ber fatolifc^en ^rd^e ber Qaifl
naif qtf)t, fo tooUtn toW& andf ffifflm: @ecl^dunbkrierjig föofenamen
bon ,^etlige @ottedgebfirerin' i\& ,^nigin ol^ne äRa!el' unb eben^
fot)iele ,9itt' für und!' mad^t 92; t)or Anrufung ber Tlaxia aU
(Einleitung bad 9(u8fpre(^en ber Stamen ber 2)rei^SinigIeit ma^t 95;
l^nter jeber göttlicher ^erfon nod^ ein ,<£rbarm SHc^ unfer!' mad^t
98; unb l^tnter iebem ,(£rbarm S)id^ unfer' nod^ ein »Srl^dre unj^I'
mac^t gerabe 101. ') ^unbert unb Sind (EjrRamajlonen, um }ur
äXoria }u beten! — 3^r ge^t ftd^er, mie jene bo^rifd^en ^noniere,
bie beauftragt, 100 ^nonenfc^üffe ju löfen, beim ^unbertften nid^t
me|r nm|ten, ob fie 100 ober nur 99 l^atten, unb ju aDer ©id^er«
^eit einen l^unberteinten Idften.
99) 3)ie »Sitane^ }ur munbert^ätigen äRutter @otted aRaria
t)on (Einfiebeln* l^at fogar 252 Anrufungen unb (Sc^meid^elmörter
t)on ygungfrau aller ©d^ön^eit unb 9ieinigfeit^ bid »Sieb^aberin aQer
©unber". SBie t)iel $funb ®ünben;:9ia(^(ag ^ermit t)er!nüpft, lonnte
idf leiber nid^t erfahren. *)
SO) 3^^!^ n^n ^"^ i>^^ Sauretanifd^e Sitanei, bie t)on Sin«
ftebeln, unb bie 99einamen, bie i^r ber ^eil. S^rillud gegeben,
{ttfmmen, fo erhält man an bie 500 (£)>it^eta. ^d^ bitte ^ic^, lieber
Sefer, mir l^ben angeblid^ eine monot^elftifd^e Stdigion unb glauben
(vx einen einzigen &oit; unb ein SKitglieb ber römifd^^italienifd^t
(Sdtterfamilie ^at aOein 500 (Sigenfc^aftdmörter unb Zl^fitigfeiten.
(£m>figt, me^r Ratten bie (S^ineftfd^en @dtter unb bie ®ott^eiten ber
Sral^minen auc^ nid^t; biefe Ratten aber meift 6 ^öpfe, 6 ^änbe
unb 12 Stile!
') mtidftnhaäf, H., ^ie »eagioneit ber «9(fer. SRünc^en 1885.
p. 267.
*) 2)0« Sc^altja^r, toeld^ed ift ber teutfc^ ftalenber. ^urc^ 3. 8<l^elble.
Stuttgart 1847. »b. V. p. 593—597.
— le-
st) ^öre ic^ ftunbenlang unb c^Utabenmeife bie folgenbe un^
artibilirte SSetfe, ritmifc^, nic^t bem ®inn, fonbem ber 99equemli(^
feit nod^, Don teutfd^en gfrauen 6etont: „@Mlgrfi|t faift bu äRaria,
bu Beft doDer (Snaben, ber ^firr tft mit btt, bu beft geSenebaiet
unter ben SBaibem, unb gebenebaiet ift bie gfruc^t baineiS Soibed,
Säfud e^riftud, %nen. ^ailige äRaria, äRutter &oiM, UtV
für und arme @ünber, j&^t unb in bftr ©tunbe bed Wj^üxim»,
Smen." — fo toenbet fic^ in mir bcS ®eblüt, unb ic^ f (Rubere
über ben @infüi|, meld^er aud brauen SRenfd^en folc^e ^ßupt^en unb
^ogoben mad^en fonnte.
9Sf) „Stern, too miOt bu bie greußd^en Hbgdttereien tragen,
ba fte nic^t genug bran gel^obt, bie ^eiligen ju eieren unb ®oit in
il^nen loben, fonbem eitel ®ötter braud gemad^t l^aben, unb bie
äRutter aRaria an Q^riftud ©tatt gefegt, unb ben elenben ®enriffen
einen X^rannen furgebilbet, bag aUt Qiayex\i6)t unb %xofi Don (Sffxifio
genommen, unb auf äRaria gemenbet ifi fiann bie§ iemanb leugnen,
3ffi» nic^t ma^r? ®inb nic^t, fonberlic^ ber fc^Abid^ten »arffiger
unb ^ebigermünd^ SSüc^er Dorl^anben, fold^er Abgötterei burd^auS
DoD, ate, bie 3Raria(ia, Stellaria, SRofaria, Soronaria, imb ganj
eitel 2)iabolaria unb ©atanaria?" ^)
88) 2)iefe einfädle ^übin, bie nrie iebe anbere in ©c^merjen
il^r fiinb geboren l^at, l^abt ^l^r mit bem 9lofenöl (Eurer qrtrabaganten
orientalifd^en Santafte übergoffen, unb und im 9torben fo unerträg«
lic^ gemalt 2)enn mir berad^ten penetrante ®erfi(^e. 3)iefe9 äBetb,
melc^ed Sl^r mie eine ääuboir^^Sönigin gefd^minlt, gejiert unb bedangt
l^obt, ftieg jule^t in Surer ma^nftnnigen, Don fe^eQen 99eimif(i^ungen
nid^t freien, jßerel^rung bid über ®otted Xron l^inauS, mürbe ,aRittet
puntt bed SBeltaadS SRittelpunft (Surer SSere^rung, unb äRittelpunft
ber c^rifUid^en Steligion. SSären $apft unb Pfaffen, mie einmal
Dorgef dalagen, Dor 99eginn il^rer StmtStl^&tigleit in S'onfequeng i^rer
®elübbe laftrirt morben, eS märe nid^t fomelt gelommen: (£ine ftmple
Sübin an ©teile ber unDergleid^lid^en Sigur eined Sl^rifhid getreten,
eine Slrbeiterfrau an ©teile bed ße^rerd ber 3Renfd^]^eit, unb al8
^) iSut^er, Tarnung an feine lieBe Xeutfd^en. 1531. QBvmÜiäft
©d^riftcn. (griangcn 1830. «b. 25. p. 41.
— 17 —
jiSrldferin', afö ,®unbent)erge(erinS bie (£ucl^ ^don intern gleifc^ }U
effenS ,aud i^ren SBrttften 5U fougen' gte6t — baS ift ba^ Stefultat
Surer Sal^rl^unberte langen f(^imi|igen Arbeit, $a4){ften!
84) ^ ^fttte 9H^tö bagegen, menn 3^r bie gübin auger
ium yäRittelpuntt ber &tht', jur jSrg&njung ber Srei^^nigfeit^,
)ur ,9Kit:»SrIöferinS unb mad ^\)x l^r fonft nod^ angebid^tet ^abt,
befinitü) jur $aupt;^®ott^e{t bed (S^riftentumd ergebt, n^ie t& ie^t
Im 3ttge ift, fo bag fte bie @ünben t>ergiebt unb uni^ ben ^intmel
aufmacht — n>emt fte nur onnäl^emb bad burd^gemad^t ^ätte, toa&
ber groge Se^rer unb 9Rärtirer S^riftud für bie SReufd^^eit, mirHic^
burd^gemac^t l^at; menn fie a(fo, n)ie er, SBorte ber Siebe unb beiS
SRitleibd gefprod^en l^ätte, unb bafür gefd^mdl^et, gegeigelt unb ge^»
Ireujigt n)orben xo&xt. @tatt beffen l^at fie nur — geboren. 2)a8
l^aben bie meiften übrigen SBeiber aud^. Sin SSerbienft, rec^t grog,
aber nid^t grog genug, um jur Unitierfalgdttin erhoben }u xoexhau
55) 93ie bie ©ac^e ie^t liegt, ^abt S^r fte gur gdttlid^en
$u)»t>e gemacht, mit ®oIb unb girlefanj be^&ngt, il^r ein Sfid^ebt
angelogen, ©c^merter unb ©d^mergen angebid^tet, imb fte mitfammt
il^ren @d^merjen fo toerjudtert, bag bad ®erid^t, auger für n)ä(fd^e
Seiber, gar nid^t me^r ju geniegen ift.
56) 3n ber grogen italienifc^en ®dtter^SamiIie ®ott:ca3ater,
®ott«@o^n, ber l^etlige ®eift, SRaria, bie ^eilige %nna unb ber
^apft, fte^t man fofort au£ ber ©urnme ber 93einamen, au£ ben
nad^ ollen @eiten ^in ftd^ erftredtenben SJejiel^ungen, mer eigentlich
ber äRittelpunlt bed ©^ftemiS, don »elc^er Stid^tung bie meiften
Strahlen auiSgel^en. 9hir mit ®rauen gitiren urir bie folgenben
(Ehrentitel, bie auf bie merboürbtgen pol^t^eiftifd^en unb injeftuöfen
Segie^ungen biefer itattenifd^eu gamilie ein fattf amed Sid^t merfen^
2>ie l^eiUge 9nna ift ,®rogmutter ®otted< ^), ,aRutter ber 3RariaS
,@(^tDiegermutter bed ^eil. ®eif^eS' *). — SRaria ,Xod^ter ®ott
SaterS' % »Xod^ter ber l^eiligen %tna', ,®ema^Kn ®ott SBaterS' %
3:^oma« be 6t. dtfMo, De laudibus Diyae Annae 1667.
*) 2:^omad be 6t. (St^rillo, a. a. O.
^ 9{alou, L'immacul^ oonception Bruzelles 1857. t. II. pag.
180, 182.
^) SRalou, a. a. O. t II. p. 177 ff.
— 18 —
,%oc^ter ber ^eteinigleif ^), ,9Rutter bcd ®of)ne&\ »©d^mefter beS
l^eil. ®eifted< *), ,%raut bed l^eU. (^eifted* '), ,®ema^Un bdS ^eSigen
®dfted' *), ,S3erttaute ber S)reUSmi8leif % .SSertraute bei» l^eUigen
©eiftcS* *»), ,9»onftrotti ber ©rd^ffimlglelt* \ JuBftanlca tntt ber
Irlnität öcreiirlgt* •), ,bie öiertc ^erfon ber ©rei^lginlglelt*. •) —
©ott^aSater ,8$ater bed ©o^ned', ,S3ater ber 3Jtaxia', ,®enta^I ber
ataria'. — S^riftud btnmt mit jmei (Epitheta meg: ,®ol^n ®otte8',
,@o^n ber SWaria*. — Der ?ßapfi ,@telltoertrcter C^rlftt*, ,®ott auf
<£rben' (deus in Terria). ^®) ,»i}c«®ott*, ,fennt bie SR^crien ®otteÄ' "),
,befprl(^t ftc^ famffiär mit ffil^rlftuö* >% »öffnet ben ^immef *•), ift
ber ©ol^n (äottcS' "), ,auf Srben affgegentoörtig* ^). — ®ir meinen,
'bie Xeutf^en foQten mit biefem 9lattenlönig t)on Sermanbtfc^aften
(bie an ha& fc^recfUd^e S^fammenleben gemiffer itolienifd^er gfornilien
erinnern) nid^td ju fi)\m f^aim, mtb ^ftnbe unb ®en)iffen rein er«
l^alten.
87) SSier in biefem göttlichen SBttberheiS bie eigenatd^e
O^ottin ift, baruber lann tooffl fein 3meife( beftel^en. Unb ftalb
forgten ©pefulajion, ©innlicl^teit, $]^antafie unb jöIibatifd^eS S)enten
bafür, il^r aui» ber fatolifd^en ^rd^e ein bequemes ^eä )u jimmem:
Sie fd^önften ^rd^en mürben il^r gebaut, bie ^auptaltfire il^r gemeil^t
^) 9HcoIad, 9(v ^ie Sungfrau SJ^arta unh ber göttliche $Ian. 91. b.
grran^öf. 9legenSburg 1856. L p. 319.
*) aßarianifc^e fiitanei. dleid^enbac^, ^., S)ie Sieligionen ber IBdtter.
SWünd^en 1885. IV. p. 267.
") Siguori, ^., a)ie ^errU(^!ettcn HRorienö. JRegcndbnrg 1860. 11. 164.
*) 9«coIa«, a. a. O. I. 343.
*) 9lici)Ia8, a. a. O. I. 320.
">) O^ttillou, Mola de Marie. $arid 1869. p. 60.
') 9iicola«, a. a. O. I. 359.
«) SWalou, a. a. O. t. H. p. 170, 173.
») SKalou, a. a. O. t. IL p. 175.
*«) «olbu«, ¥cM>ftttc^er gurift. 1327 — 1400.
") @ta^, Etudes sur le dogme de rimmacul^ oonception. p. 101
m 104.
**) @t(H), a. a. O.
^^ @tap, a. 0. O.
") »euittot, Rome pendant le ConciL «ßariS 1872. VoL II. p. 468.
^») a)e aRaiötre, 3., Du Pape. $ari8 1884. p. 52.
— 19 —
V^xt ©tatue überall dorne l^in gefteüt, unb eine eigene @(ebetdformeC
imb ein eigene^ ®e6etd«äBerfjeug für fie erfunben, ber Sftofenfranj.
Sin SBeib begnügt fid^ nid^t mit ber ftiUen Serel^nmg t^rer «n:>
beter; ed mujste biel, fortmä^renb unb laut gebetet merben; 150 2[t)e«
3kaxxa'& entl^ftft i^r (S^ebetd^^SSerljeug; unb iebeS «üe bringt nad^
ber Serorbnung SSenebicf d Xni. l^unbert Xage 9(bla^ ^) 2)a8 toat
eine luftige, bequeme, füge unb ftnnlid^e Sfteligion.
88) „fEia§ foQ man bann alC^ie fagen t)on bem großen ge^^
fd^müd in ben ^rc^en, ber t>on golb, falber, perlin, ebelgeftein unb
allerlei gefd^me^b jufammen gebettelt ift? t)on ben !oftIid^en gem&Itd
barinnen, t>on bilbung unb tafeln, bie unaudfprftd^Hd^ M geloft l^aben.
3n bem SUern ic^ gar lein ^nbac^t fpür, fann aud^ nit bendEen,
ttne tttoaii gutS t)on foDid^em ge}ier !ommen mög. 2)enn feine
bulerin mag ftd^ üppigKid^er ober unfd^aml^afftigHid^er becleiben ober
}ieren, bann fte ^e^unb bie mutter gotted, fanct SBarbaram, föatl^a«
rinam unb anbere l^eiltgen formtreu.'' *)
89) SfHtterorben merben ju t^rer (Sfyct geftiftet; (Srjbruber«
f(^aften gegrünbet, bie fid^ nur mit il^rer ^erfon unb ber Stofen^
fraii^S(rbeit befc^dftigen; fie befiegt bie ©arajenen in ^aUftina, bie
äRauren in Portugal; baut bie fiird^e }u Sl^artred; l^eilt alle ^anle,
Sol^me, Zaubfhtmme; i^r SBol^nl^aud mirb bon Sngebt avA ^alöftina
nac^ Soretto in Stalten getragen, unb bort ber Wxlai jum 3^
fammenfiirömen grojser ®elbfummen; ber l^eilige gfranjiShtd grünbet
{^r }u (S^ren ben fogenannten !ßortiunfuIa«WIag, ber erfte SaK bel^
©ünbentoergebend burd^ fie, an ebem beftimmten Drt unb gegen
Seja^Iung; fte mac^t unfrud^tbare Leiber frud^tbar; ber SRttter, ber
iu ll^r ^Alt, geminnt bie ®d^Iad^t unb bie beliebte; einlebte Drben,
mie bie SranjüSfaner, ergeben fic^ gauj tl^rem ^enft; anbere Drben,
ttrfe ben 3efuiten*Drben, grünbet fie; Urban IV. ftiftet ben Drben
ber ,Wi\i ber Jungfrau'; brei itdienlfd^e SbeQeute ben Drben ber
äRilij ber unbefledten Smpfftngnig'; anbere Drben, bie fid^ Ü^ren
^) Siguori, 9(. tion, 2)ie ^errlt^Ieiten Vtadtn^, iRegendburg 1860.
n. p. 17.
*) „92cü)o ITarft^and, ^efpred^büd^Iin'' 1522. Ult!(^'d \>on ^utten
Schriften, ^rdg. \>on S3ödting. fieipsig 1862. 16b. IV. p. 668.
2*
— 20 —
Dogmen ober i^rer göttlichen SSere^nmg entgegenfteOen, mie bie
S^ominifoner, üerfotgt fte mit heftigem Qovn; fte (eftegt bie Sitg«
Unber gegen biegrongofen; ^unberte i^rer93ilber wirfen auf iminber^
t^dtige Seife, Derbtel^en bie Sugen, ober fd^Mi^en Slut; fte erfc^eint
in }a^IIofen Siftonen, unterl^filt mit einjdnen ^eiligen unb VSteten
familifiren Serfe^r, mirb im ganzen Sbenblanb auf Säumen, SBiefen,
bei CueDen, in ber Suft ftd^tbar; SRann, SBeib unb Sinb tragen
i^re äRebaDjie; unb biefe SRebaQie ^eilt bie fc^merften ftronf^eiten
tDie9udfa^, $eft ^unbiSmut unb — ^roteftantii^mui»; ^) bie Sorbonne
in $ari£ treirt Stiemanben jiun S)oftor, ber nid^t Dorl^er einen 8{eber9
}u fünften il^rer unbefledten (Smpfängnig unterzeichnet fyki, *) unb
nod^ l^te l^fingt in einem teutfc^en ^ürftenl^ufe Don bem (Glauben
baran bie Xronfolge ab.
40) Saum aber hattet ^^r Sure @öttin {pefulatio ^6)tt ge«
fteOt unb i^r ate ,9KittIerin jimfc^en @ott unb SNen^en' bie ©teOe
S^rifti in ben ^ergen (Surer Sn^dnger angemiefen, fo ftürjte fid^
bie Comt^agnie gefu, biefe äRauImürfe in ber iatolifc^en Sirci^e, auf
ben jungfräulichen Seib i^rer SuiSemidl^ten unb bunJ^fc^niiffetten,
burd^bol^rten, burd^faugten unb burd^roc^en i^n, mie Statten i^rfieOets»
nefi, bis jebe gofer txm i^r bogmatifd^fenfualiftifd^ Dertoert^ mar.
2)en ganjen Seib ber äRaria ^abt ^f^v, mie Anatomen bie Seic^
}ur befcriptiDen Srflfirung, in ätegionen einget^eilt, unb bii^ auf bie
yulva feine üergeffen; unb jebe berfetben befonberer SSere^rung über<
ttriefen; mit il^ren Secreten fd^litpfrig^f^mbolifc^en Unfug getrieben,
unb bad Väd^ aiS ,JDffenbarung|n ®otted' ber ftaunenben SBelt X>et^
lunbigi @oU^er 2)recf pa^it fitr bie geilen ffifilfc^n, bie auc^ bie
9{eligion nid^t o^e haut-goüt genießen tonnen; eS mor aber tein
®eri(^t für bie gefunben biberben Xeutfc^en.
41) ®d^n M bem äRön^ ^amiani im 11. gal^r^unbert,
bem idotifd^en ^ferS^dfer t>on fönf ^fipften, finben mir bie beut(i(^e
9(bft(^t ber ta toHfc^ fiirc^e, bun^ brutalfte Sorfä^rung ber ®e«
^) (^fi^tlti^ 8en(^t aber ben Urfprung unb bie 3Sii!ungen ber
ber neuen SSirfungen ber neuen VtthaiUt. Stiinfter 1839. p. 28 ff.
*) ¥ttu|, (L, 3)ie rdmift^e fie^re üon ber unbeflechen (Jhnpfangmft*
»erlin 1865. p. 44.
— 21 —
fc^Iec^töborgfinge bei ber ®e6tttt bad ^fntereffe ber ®IfiuHgen für
bie SRaria ju ertoeden. @o fagt er u. 9L: „&ott feCBft fei burd^
bie ©d^ön^eit ber SRaria in ftnnlid^er Siebe ju i^r entbrannt, unb
foU^ermeife bie Sefrud^tung ber üRaria ju @tanb gelommen; fie
füllte ben in i^re Singemeibe l^eingefaDenen ®ott unb beffen in
ber Snge bed iungfrfiulid^en 93aud^e8 eingefd^Ioffene äRaieftftt" ') —
4S) S)er 3)onriniIaner SlanuiS be Küpe erjd^It »eineSSagel»
fei bie 3^9ft<^u SRaria in feine 3^^ gelommen, l^abe ani iffxtn
<^aaren einen gfingerring geflod^ten unb ftd^ mit bemfelben i^m t>er^
lobt; fid^ aud^ t)on i^m Riffen laffen, unb i^re 99rüfte il^m jum 9e^
rühren unb baran ju (Saugen l^ingereid^t; nid^t anberd, att mie e^
jmifd^en 99raut unb 93räutigam gefc^iel^t,, ^
4S) Unb ber ^efuit Xurraniud SanifiuS im 15. ^a^r^
^nbert jeigte fogar abriefe, bie er twn ber SOtaria erhalten ff ahm
»oOte. •)
44t) „^n t>erfldrter unb ^immlifd^er ©d^ön^eit — fagt ber
@eminarprofeffor Ddmalb — mfiffen mir unS bad Steife^ ber SOtaria
ftra^Ienb beulen." (* — 3d^ fd^äftc, er meint ba8 fpirituale Steif d^.
— Dber bog reale? —
4S) S)er 2)ominiIaner::®eneraI Saietan berid^tet ju Anfang
bdS 16. Sa^r^bertiS, in 9fa)m n)erbe gelehrt, ,,9Karia ffait i^ren
gdttlid^ ®€iffn aud brei Kröpfen il^red ^erjbluteS unb in ber ^erj«
gegenb empfangen." *) — Unb DSmalb le^rt gar, bag äRaria mit
einem Xropfen i^rer SRild^ bie flammen beS gfegefeuerS auHöfd^en
fihme. (•
M 3)amiani, Sermo XI. de Annuatiatione B. V. Maiiae. Opudcula,
S^n 1623. p. 171.
*) »Virgo Maria quadam die cellulam |Alani istius in gressay quae
ännulum ex suis capillis ei tezuerit, ei ae per annulum iUum despon-
derit, oeculandam ae papülasque tractandas et sogendas praebuerit, aon
minus familiariter quam sponso sponsa«. Alanus de Bupe, Gompend«
Psalterii Mariani et de Mirac Bozarii. Colon. 1624.
*) ^uber, 3., ^er Sefuttenorben nad^ fetner ^etfaffung unb 3)octrtn.
»erlin 1873. p. 317.
*) ^ogmatift^e ^ariologie. ^aberbom 1850. p. 45.
*) bei Oftwalb, ^ognmtifd^e Stariologie. p. 110.
•) OöttHxIb, a. 0. O. p. 183.
\
— 22 —
46) &tt\on, ber gto^e Stebner auf bem fiotijU }u ßonftanj^
KoiSt miffen, ,ba| an bem Xage, an bem SKaria in ben ^tmmel auf«
genommen »arb, bai^ gegefeuer geleert »urbe,* ^) — Unb 3o*
l^annXXn. im 14. ^a^rl^unbert erl^ielt t)on SRarta ba8 Serfpred^en
unb ben 99efe^I, 6dannt ju mad^en, ba^ aQe i^re Sßerel^rer, bte ba9
@capuHer tragen (eine %rt Sc^uIterBinbe), ben folgenben ©amftag
nad^ i^rem Xobe aud bem Segfeuer befreit mürben. S^^^^^n ga6
barüber eine 99uIIe l^erauiS, bie t>on fünf weiteren ^ftpften auiSbrüct
Üdf beftätigt tt)urbe. *)
47) 2)er ^eilige StmbrofiuS meint, äRaria ^abe bie ^immeld^:
fd^Iüffel in SBem^a^rung, unb fte fei ed, bie bie ^innnetdt>forte auf«
tl^ue; *) momit eS bann ftimmt, menn ber l^eilige ^(mfelmud it^
l^auptet: ttnr erhielten bie ®naben fd^neOer, menn mir uniS birect an
äRaria menbeten, aü menn mir gu Sl^rifto unfere 3uf(ud^t normen. ^)
— Unb ber l^eilige ©ernl^arb fagt: SWaria biete i^ren SJere^rem
äRüd^ unb SSSoDe an; 3Mä), um fie jum Sertrauen ju ermuntern,
SSoUe, um fte bor ben adligen ber göttlid^en ®ered^tigleiten ftd^er }tt
ftetten. »)
48) SBa8 ift ober baS SOIeS gegen bie Seiftungen ber^efuiten:
(Einer biefer ©d^Iecfer leierte: 3Raria gebe ben mit bem Xeufel
SHngenben üon bem fügen Sn^alt i^rer 93rüfte gu !ofien: »subinde
etiam de suis sanctissimis mammis guetandatn dulcetudinem.
praebens.« •)
49) 3n äRünd^en mürben t)on ben S^f^iten 1559 in ber
aRic^aelidürd^e „allerlei ^aarbüfc^el'' ber SKaria, il^r Schleier unb
ein @tüd( i^red fiammed gegeigt, unb eigene Slnbad^ten für biefe
®cgenftänbe eingerid^tet ') — ,Praecellens Uterus' — ^Sludges
^) fitguorf, 9. t>on, ^e ^errlid^Ieiten kartend. Slegen^burg 1860.
p. 217.
*) fiiguori, a. a. O. I. p. 218.
') fiiguori, a. a. O. I. p. 223.
^) fiiguori, a. a. O. U. p. 144.
») fiiguort, o. o. O. I. p. 37.
*) Histor. See. Jesu. Colon 1621. V. 1. nr. 58 unb 59.
^ 9. t)on fßud^tf% ffimmtUc^e ffierfe. $rdg. üon 3. tion l^leging.
SRünc^en 1819. I. p. 218. C^üt bei biefer dkUgen^ett t>on hm Sefuiten
eingefii^rted unb gefungened fiteb m S^ren biefer ^^aarbüfc^I" ift fo gtoei«
beutig, bag ed ^ier niqt mitgetl^eift toerben tarnt.
— 23 —
iric^nde Ocb&rmuttcr* — Beginnt bcr ^^i 5ßontan einen Iriumf*
gefong auf bie t^etfd^iebenen ^ötpert^eUe bet SRaria unter Verbot«
fud^ung foU^er, bie mit bem ©efd^Iec^tdleben ju tl^un ^aben; ein
$o§m, baiS, an6) nur lateinifd^, l^ier mitjut^eilen, }u befpectierlid^ fein
bürfte. ^)
50) Der 3efuit 3- ®. Sßiercmberg ftettte 1645 auf, „ber
Unterleib aRariaiS fei ba8 ®anaä), tooxin ftd^ bie brei ^erfonen ber
®ott^eit t>erfonimeIn, um ftd^ ju beratl^en über bie (Srmfi^Iung ber
SRenfd^en jur ©eligleit.'' •) — 3)er Sefuitenpoter 3. 5ßemble in
äRund^en t>erlangte in einem 1764 erfd^ienenen SRariengebetBud^
»Pietas quotädiana erga 8. D. Matarem Mariam« u. a. „ftc^ an
bie Srüfte SRariä ju legen, unb fo Diel ®nabe barauiS }u faugen,
aü mdglic^ ift"; „fo oft man bie äRaria nennt, gu fagen: Du bift
meine gfrau!"; „9iVid^ 9R5gIi(^e ju Derfud^en, bie ©d^merjen ber
fd^merj^aften SWutter ju empfmben." •) — Unb berfette ^ater fd^rieb
in einer gfo^f^ung feiner »Pietas quotidiana« : „aRaria ift bie
ßettnerin ber ganjen l^eiligen Dre^faltigleit — Maria est cellaria
totius TrmitatiB — benn fte bringt S^bem }u bon bem SBeine bed
l^eiligen ®eifteiS — quae propinat, cuivult, de vino Bancti Spiri*
51) aSir fd^reiben bad ^a^r 1764. SBä^renb ©old^ed in:
äRfind^en att ^öc^fte Seiftung fatolif^er gfrömmigfeit unb jefuitif^er
gingerfertigfeit probujirt mürbe, bic^tete filopftod atö SudbrudE
*) «. t>. ©ud^er, 3)ie Sefuitcn In ©a^em. «Künt^en 1819. ©b. CI.
p. 479.
*) 9{ieremberg, De affectu et amore erga Mariam Virginem Matrem
Jesn. Antw. 1645.
») «. t>. ©m^er, a. a. O. ©b. L p. 146—147.
V. t>, Suchet, a. a. 0. ©b. I. p. 149. 2)iefer ©uc^er toar lato«
lifd^er Q$eiftli(^er (1746—1817). 3n SRünc^en lourbe er toegen eined ©or«
tragS, in bem er bie bürgerliche ©eruffima^I gegenüber ber geiftltc^en ))ried,.
ton einem 3efuiten(S(ruber beim ^rfürften 9RajrimiIian benun^irt. 3)erftur:s
fütft, ber ftc^ ben SraH oorlegen lie^, beförberte aber fogleid^ ben jungen ^ilfd«
)>riefter ©uc^er auf bie ,anfe^nli4e' Pfarrei Sngeldbrec^tmünfter bei ffitqtnih
bürg, um bie er petitionirt ^atte, too er faft fein ganjeS fieben lang blieb^
unb bie Vudtoüc^fe ber römif(!^en Ritdit unb bt% SefuitiSmuS mit einer
M^n^eit unb grrei^eit fc^ilberte, bie o^ne (S^leic^en ift.
— 26 —
in Me gebet Mftirt fyibt: ,Ue ^ige 9ma unb ber ^ige Soac^iin
^dtten feine fepteUe Suft emt^fintben, ber (Eijengel (Gabriel ^6e il^,
ber 2Kax\a, mibefIec(te<Empfdngnt^i^er9Rutter, berl^tgenStnna, borget
ongejetgt; fie l^abe bann an einem ©onntag ftattgefunben, unb Sbma
unb Soad^im I^Atten fojufagen ouf 33efe^l beS Sngete gel^nbelt' ^)
60) Sei aRorta felbft, fagt Ddmalb, ntug unterfd^eben
»erben: SRaria d^ äRenfd^, unb aRario ote ffieib; ate SBeiB mar
äRaria fledenloi»; aiS äRenfd^ mit @unben be^oftei *) — gfemer:
2)ie @finbIoftgfeit ber ®eele, nne fie bie Xaufe bringt, fagt D9*
tt^alb, mu^ genau unterfd^ieben merben ton bem fomes peccati,
ber Segierli(^feit, bie im gfleifd^ fitedt; nur um bie erftere l^anbelt
ed fid^ bei ber un6ef(edten (Empfdngnig äRarifi; t)on le^terer mar fte
jmor aud^ frei; aber untcrfd^ieben muffen bcibe bod^ »erben. •) —
&tnan mug fd^Iie^i^ unterfd^ieben merben gmifd^en libido, ber rein
fleifd^Iid^en Sinnlid^feit, bem jqnteOen 8SerIangen, unb gula, bad nur
auf Srjeugung t>tm 9{a(^Iommenf(^aft ^injielenbe Segel^ren. 3>ie
erftere l^atte SRaria überhaupt nid^t; bie jmeite mol^I; fte mürbe
aber eliminirt; ^atte fie alfo aud^ nic^t Zro^bem muffen beibe
unterfd^ieben merben. *)
61) 9tm bei ben ^erm ©eifttid^en ift e0 {ebenfaM umge:»
le^rt: bei i^rem »erfcl^r mit i^rcn Seid^tftnbcm (f. u. „35Hbat-)
ftnb fte jebenfalte toon gula, ber Stbftd^t auf 9{a(^fommenf(^aft, frei;
möl^renb bie libido — iäj fd^ä^e — tior^anben ift; bie Unterfd^ei^
bung beiber 99egriffe ift tobenSmert; leiber entfprid^t ber (Sffeft nic^t
immer ber Sntenjion; unb bei audbrücüi^ mangebtber gula finbet
boc^ geiftlid^e 9tad^!ommenfd^aft ftatt; ein bogmatifd^eiS StfitfeC, beffen
@d^mierigleiten id^ bem Spfirfinn ber t^eologifc^en $erm in $aber«
bom empfehle.
69) ^3)ie marianifd^e Sirginität — t)erftd^ert O^malb — ift
qualitatit) t)erf(^ieben t)on jeber anbem, aud^ ber reinften unb Ictu^
^) La Boeur Marie d'Agr^a et Philipp IV. roi d'Espagne, cor-
reepondance in^te tradoite de TEspagnol par A. Qennond De Lavigne.
¥ort» 1855. p. VIII.
») «cfpctt!
*) Otoalb, a. a. O. p. 19.
*) 0«!Polb, a. a. O. p. 43—44.
— 27 —
terften SRenfd^en 6eiberld (Sefc^Ied^td; fte tft eine burd^aud fingu^
Mre." *) — SBie metnen ®ic baiJ, fcl^r occ^rtct ^err?
68) S^nf enggebrudte ©eiten btaud^t ber ^oberbomer ^err,
um ben SKoment ber Snfamation ju befc^reiben. äBir erfahren
l^ier, ia% in bem 3Roment, in bem äRoria bad SBort ,68 gefd^e^e'
§auc^te (biefer ^aud^ ift bei Ddmalb mit !eulenbtd(en Settern ge«
brudt) bie Sefrud^tung t^oDjogen mar; nic^t üor^er, nid^t nod^^er;
„& ift gefc^e^en" — f erliegt er biefe (Stelle mit brei Sudrufe«
geic^en, unb föl^rt bann fort: ^Diefed 93ort anS bem SRunbe ber
Sungfrau ift ber äBenbepuntt ber SSeltgefd^id^te. — 2)ie SBeltfd^öpfung
erfolgte mit Stüdtftc^t auf bad Sa^^äSort äRarienl»; fonft mürbe ®ott
bie Srfd^affung bed SBeltaUd ju Anfang ber Qtittn jurüdtge^alten
^aben. *) — !&ie üier Sa^rtaufenbe t)or Sl^riftud ftnb nur eine
gro^e SßorbereitungSieit, eine gfrift jur ^räparation ber l^od^ be>
gnabigten SEBerIfiatt für bad gro|e ®e^eimni^ i^red mafellofen fung«
fräulid^en »ufen«." •)
64) 2)od^ mir muffen meiter in unferem S^ebär^^Surfud: Dk
^ungfr&ulic^e @mpfftngnig' mirb meiter^in auf fünf Seiten obge«
l^anbelt: a) äRariend Seib ift bei ber Überfc^attung burc^ ben ^eiligen
®eifi toon äugen nid^t Mbirt morben: „bad Siegel ber Jungfrau«
fd^aft an il^rem Sleifd^ ift nic^t t)erle^t morben." — b) „mir muffen
bie jungfräuliche C^pföngnig aÜ einen SSorgang im Innern beiS
leiblid^en DrganiiSmud betrachten"; babei ^ören mir bie ftupenbe
X^atfac^e, „ha^ äRaria bei ber Smpfängnig nic^t bad gemeine, un^
faubere SRenftruationi^blut üermenbete, fonbem ftatt beffen bad reinfte,
lauterfte ^erjblut" *) — c) „bie Überfc^attung burc^ ben ^eiligen
*) O^ioolb, 0. a. O. p. 44—45.
*) 3e|t möchten »ir brei 9lu9rufungd}ei(^cn mad^tn.
*) Cfttoalb, a. a. O. p. 87—214. ^a% ben it^ttim anbelangt, fo
braucht eine teutfc^e Jungfrau nic^t fo lange 3ett baju; mad bie elfteren, bie
liier Sa^rtaufenbe anbelangen, fo mögen ^annibal unb HlejranbeT ber (Siroge
fe^en, mie fte [id^ in biefe gfrift gur Sorbereitimg ber ^0(!§6egnabigten SSert«
ftatf mit «nftanb einft^lic^ten.
*) OÄttHiIb, a. a. O. p. 106—109. — ©ir wiffen nic^t, »a« ber
Mrftorbene frofeffor 6can}oni in föürjburg in biefer Unterfu^ung gejagt
^tte, glauben aber, er ^ätte und beigeftimmt, wenn »ir fagen, bie lotolifc^e
Stxx^ tffitt toa§r^aftia beffer, Ttd) um ben (i^eift ber fie^re C^rifti ^u tünu
mtm, ftatt um bad SRenftruagiondblut ber Vlaxiü,
— 28 —
®eift gieng o^ne lebe ttbibbtöfe ategung Dor ftd^; aber ein fdrper«
Kd^eS ®efä^t ^atte 3Rax\a bod^; eine geifUge Sfftafe, ein 8er«
fc^Iungenfein bed gfleif^ed burd^ ben ©eifi" ') — $m!
65) 9ta(^ ber »(Empffingnig^ bie ,®c^n>ongerfd^off ; fte mirb
ottf Her Seiten bnnl^getoftet; unb n)ir erfahren: „^ie inneren ©&»
füge i^reS ^eiligen SeiBed fmb nid^t Derieftt jerriffen, gequetfc^t ober
burd^broc^en morben; ba nun bie iungfräulic^en Organe ol^ne jebe
Säfton bad Ü^ottedlinb faffen lonnten, fo ntu| eine Sompenetration
(ein gegenfeitiged S)urd^bringen) bed Sleifd^ed S^rifti unb bed jung«
fr&ulid^en angenommen werben, b. ff, ba| Seiber SeiB in berfelben
Slaumftfitte anmefenb waren." *) — 3(^ begreife nur nid^t, warum
ber Hebe ®ott, ftatt bie anatomifd^en unb pl^^ftologifd^en <£lnrid^tungen
bed menfd^Iic^en Sörperd fo fürd^terlid^ ju migl^anbetn, ber SRaria nic^t
lieber bad (S^rifhidftnb leinten am fragen ober t>ome beim gfürtud^
^eraui^ejogen ^at ^l^nlid^ wie 3Rineriia fi; unb fertig au8 bem fiopf
Supiterd l^erauiSfprang. Ober mugte baiS SQeS fo gefd^e^en, bamit
^rofeffor Ddwalb in ^aberbom 1850 Sa^te fpftter biefe ffaipenben
Untcrfud^ungen aufteilen tonnte? —
66) 92a(^ ber ,(£mpfängnig< bie ,@c^wangerf(^aft<; nad^ ber
,@d^Wangerfd^aft^ baiS .SBod^enbett'. 9uf 14 weiteren Seiten mit
ber Überfd^rift ,®a8 lungfrÄuIid^c Puerperium* ^ören wir, bog
Sl^riftud beim Surd^tritt burd^ bie @eburt8wege bad hjmen ber
SRaria ebenfowenig jerriffen l^abe, wie ber l^eilige @(eifi bei ber ^t^
frud^tung (bie befannte ße^re beS uterus clausus ber latolifd^en
^rc^e); bag fte leinen SBod^enftug gehabt ^abe; bag bagegen i^re
»rflfte aRild^ gaben. ,,9Benigftend'' — fd^Iie^t Ddwalb biefe Stelle
mit bem Sewugtfein eined Se^rerd ber SRenfd^l^eit — ,, würbe ic^
eS für Herwegen l^atten, bie äRild^bttbung in ben iungfrdulid^en
Prüften gu leugnen, oBwol^I eS ein p^^fifc^eS Attribut ber SRutter^
fc^oft ift.- »)
*) OSmalb, a. o. O. p. 110—111.
*) OdUMiIb, a. a. O. p. 111—114.
*) Odtoalb, a. a. O. p. 114—128. Sparte nur, frommer Oftkoa(b,
aud^ biefe SRild^ deiner frommen ^enhmgi^art »trb ^ir no(!^ getrübt toers
— 29 —
67) Di^YDalb behauptet femer, bafs mir im Sbenbma^I auger
beut SeiB uttb »lut S^rtfti gleid^ieitig bad SSIut unb bie
SRilc^ SRarla'S geniegen. *) — ®o! — Unb mann merben mir
^erm D»malb'8 Steife^, »lut, Vlilä) — fonft nod^ 'maö? — im
Sbenbmal^I genießen? —
68) 9taif biefem g^nfilologifd^en S^rfuS muffen mir und noc^
ein menig bie l^od^r^fpefulotiben bogmatifd^en Stnftd^ten eined 3Jl alon,
eines 9ticoIa8, eined ©uillou anfeilen. 97icoIag fagt, eS feien
f(^on 40,000 Sflnbe, meift in folio ober quart, über bie äRaria Qe^
fd^rieben morben; @runb genug, i^r bie ^Sd^fte Serel^rung ju 2:^eil
merben }u laffen; ed fei aber nod^ nid^t genug; t& fe^le nod^ immer
eine ,miffenfd^ftlid^e' Se^anblung it» aRarien:^^Itu8. *) — „^a8
Cl^rifientum ift an bie SRaria gebunben unb ftü^t ftd^ auf il^r; fte
ben. Unb irgenb einer 2)einer no(^ eifrigeren (Sollegen toirb eined Xagd,
loenn er nic^td gu tl^un l^at, auf bie SReinung lommen, bag gemeine SRutter::
rntlc^ unmoglit^ aud ben Prüften ber göttlichen Jungfrau gefloffen fein fönne;
tt mtrb irgenb eine ambroftanifc^e gfiüfpgleit (S^otttoei^welc^ec ^roüenien^
fubftituiren. ^er ^ap^t toirb baju baS ^au^t neigen; unb 3)eine 9Retnung,
frommer Cdioalb, mtrb als eententia haeretica unb expurganda mit jämmers
U(^er 9Riene hVLtdj bie S^^^^unberte irren. —
^) frSt crfter Sejie^ung be]^aut)ten »ir nun eine toefen^afte SRitan^
koefen^t SRarienS in i^rer ganzen 9tt\on mit £eib unb @eele in ber
dhu^artftie; eine 9(nmeien^eit t^red ^er^bluted unb i^rer jungfrfiulid^en Stutter«
mil(!§; bad lac virginale mug atö bad angefe^en toerben, »ad oon ber SRaria
in ber (Sud^ariftie primo looo t)or^anben tft; bann in meiterer 9(bfoIge bie
gan^ fieibli(!§teit ber ^eiligen Jungfrau; fo ergiebt [xä^ bie flberaud (ieblic^e
unb fttunbttc^ SotfteSung, ba% ber (Somuni^irenbe mit bem i^Ieifc^ unb
SBbit (l^rifa bie 9RiI4 ber ^eiligen Jungfrau gleic^fam au« i^ren 93rüften
faugt.* Döwalb, a. a. O. p. 177 — 183. — ®enn ic^ biefe Spröde ^öre,
fo §abe \^ bie (£m))finbung, M ftünbe i(^ einer fremben 9laffe gegenüber;
alft »fire ed aud bem Stalienift^en, ober nod^ lieber aud bem 9(rabif(^en,
überfe^t: föeig ber ^immel, t^ ift ber begenerirtefte, feigfte unb ft^mu^igfte
(Eompontnt im %eai\ditn, ber l^ier ^u fSort lommt. (Sd ift ein Unterliegen
unter »Alfti^en (Sinf{u|. ^er 2:eutf(^e, »enn er rtnnli(^ »irb, fann brutal
loerben, aber nie, mie l^ier, fidtenb. ^egmegen bel^aupte idj, unb »ieber^ole
eft immer »ieber: bie tatolif(!^e 9ludgeftaltung bed (S^riftentumd ift uns
teutf«^.
*) 9{ico(ad, %., 3)ie Sungfrau 9Rana unb ber göttliche $(an. 9?egen«::
bürg 1856. I. p. XI.
— 30 —
ift bad ^aQabium ber ganjen Stdigion." ^) — «SOcft bre^t ftd^
im S^riftentutn — ntc^t um S^riftud — fonbem um ben (Empfänge
nife^^Stft eines SBeibeÄ." *) — „Da o^ne bie Slntmort ber aWaria
an ben Sngel, ,(Ed gefd^el^e', bie gon^e SSelt nic^t erft^ffen morben
tt)äre, fo ücrbanfcn mir alle unfer 3)afein ber SRaria." •) — „SWmmt
man SRaria ]^inn)eg, fo Derfd^roinbet baS ganje (S^xA^tatam.** *) —
aRalou fügt birect: „aRaria übt bie Sunftionen einer göttlid^en
$erf on aud." »Elle ezerce les fonctions d'une personne divine.» ^)
— Unb ®uiUou erflärt in einem burd^ ganj gronfreid^ berbreU
teten, unj&l^ttgemal aufgelegten 3Rarien«@(ebet6ud^ «3Rutter ®otteiS
fein l^eigt fobiel, atö eine unumfc^r&nlte ^errfc^aft unb Xutorit&t
über &0Ü ausüben.'' *) — Unb berfelbe @(uiQou an anberer ©teile:
^äRaria ift ®ott Später glei^, fte^t über bem ®o^n, unb ift bie
SSertrautc be8 ^eiligen ®eifte8." ')
69) 2)em gegenüber ift bie Srage, mit ber 92icoIad feine
@tubie über SRaria unb i^re SBerl^errlid^ungen fd^Iiegt, nur aufrid^tig
unb confequent: ^3ft baS SRaria jugekoiefene Vbnt im d^rifSi(^en
Softem nid^t berart, bag baffelbe aud i^r mit ®ott SSater unb bem
©o^ne eine ^rei^Sinigleit mad^t, mobei ber l^eilige ®eift t)er«
fc^minbet?- •)
70) ^2)er ^eilige ®eift t)erfd^minbet ** (£d ift baS ber^^
fe(be ®ebanle, ben SKalou auSfpric^t, memt er fagt: »Marie est la
quatri^me personne de la Trinit6<, bie ,,t)ierte ^erfon ber ^rei^
©nigleit" *) — 2)a§ ber ^eUige ®eift öon ffiud^ gemid^en ift, bar*
über mar ic^ nie im 3^^fd; unb ed ift erfreulid^, bag ed l^ier t)on
*) SWcoIo«, a. a. O. I. p. 38.
») mcoM, 0. ü. 0. I. p. 39.
■) ?«icoIü8, a. ü. O. I. p. 180. ^ört eä ©ojiotbemofratenl S^r
»igt ie^t, loeg^alb 3^r auf ber Seit feib!
*) 9«cola8, 0. a. O. I. p. 455.
*) Wtalovit L'immacul^, Conoeption ooDBider^ comme dogme de
foi. Bruxelles 1857. 99b. 11. p. 175.
*) ©uillou, Mois de Marie. $arid 1869. p. 243.
^ ©uittou, a. a. O. p. 60.
") 9Jtcola«, a. a. O. I. p. 458.
•) 3ÄaIou, a. o. O. p. 175, 178, 192.
— 31 —
jmei ^oc^fte^enben lird^Iid^en Septem, batunter einem 93if(l^of, 6e^
fifitigt mirb. ^er bogmatif^ genommen ift ei» etgentßci^ }mn ZoU
la^en. 3)od l^eigt td^ tenne Seute, bie ftd^ ^ier t)or Sad^en etnfad^
audfd^ütten merben. ^d^ lenne aber ouc^ Seute, ^tolilen mie $rote::
fianten, bie gUubig finb; unb bie tl^un mir leib. — ^äj ffird^te
aber aud^, bag ed mit bem Serfd^nmtben bed »l^eiligen ®ei{ted' nic^t
fein 99emenben l^aben n)irb. S(^ ffird^te, bag ,®ott SBater' unb
,®ott ©0^' aud^ nodf üerfd^roinben xotxhtn, unb ba^ äRaria aSein
übrig bleiben toixb.
71) SBie feib S^r aber aud^ mit ben brei $erfonen ber Sret«
Sinigleit umgegangen! $ier ift ed mirSid^ fc^mer, !ebte Satire )u
fc^reiben: 2)en ,]^eiligen ®eiff, fiberaU ^abt ^l^r il^n diminirt;
niemald ift er ,compIä' (SRicoIad); er ift jmar ber »Srflutigam ber
äRaria' (Siguori), fogar ber ,®ema^I ber äRaria' (9Hcolad); tro^bem
barf er nid^t jur 9(udübung feiner ated^te fd^reiten, benn ,er ift nid^t
bo§ $rin)ip einer perfönßd^en Qzoffanq* (»n'est le principe d'aucune
production personelles 9KcoIad); er barf nur ,fiberfd^attenS ober ,in
SRaria n)o^nen' (habiter); ') tro^bem mu| er »operiren' (ßaforet);
unb erft burc^ biefe ^Operation' mirb er, ber ^eilige ®eift, ,in ber
Sungfrau SRaria unb burd^ fte complet' (9HcoIad). S)ie Sürlung
biefer »Operation^ ift bie Sefrud^tung aRaria'0; aber nid^t er ift ber
Srjeuger biefer ^md^i, fonbem ®ott; benn er, ber ^eilige @eift, ift
nur ber ,9iepräfentant beS jeugenben ^rinjipi^' (SHcoIal^). — Sein
SBunber, menn ein fo befc^affener l^eiliger @eift, ber nie complet,
fonbem nur l^alb ift, unb erft toon äRaria in feiner SSoSftftnbigtett
a^&ngig ift, eined XagdS ganj t^erfc^minbet.
99) 9H(^t t)iel beffer l^abt ^^f» mit (E^riftuS gemad^t. 3H
ben 9RitteIpun!t ber d^riftlid^en Seigre, eine ^erfon, t>ox ber auc^
ber blinbefte ^t^eSft $alt mad^, unb beffen ru^renbe Suangeliumd^
le^re nun balb 2000 Sa^re bie äBelt bel^errfi^t, l^abt ^^r bogma^
tifd^ gur $uppe begrabirt, nur um äRaria, (Suren großen Unterroct
3U fteifen unb ju ftärlen: 9Kd^t, meil er Sl^riftuiS, fonbem meil er
ber »Sol^n ber 9Raria' ift, mirb er t^erl^errlid^t: y^ion SRaria nimmt
ber ®o^n &Mdi biefe munberbare Ser^errlid^ung an, bie gtorrei^er
^) Safotet, les dogmes catholiques. 8b. III. p. 35.
i
— 32 —
ift benn bie aU @o^n (&ütM' (9KcoIa0, L 364). — ,S^ri{fatd tourbe
m(^t bct 3o^n SRaria'd, um in bie Sdt ju tcmunen, fonbent er
Um in bie fflett, um ber @o^n VtaM^ )u feinMÜ (9KcoIai», L 334).
3ti Solge beffen beft^t fie ,%utoritftf fiBer i^n (9KcoIad, L 362).
@ie »toeift i^m gegenfiber auf i^re SSerbienfte ^in' (Odtualb, p.215).
@te ift M9 toaffxt Sinbemittel be£ 2)ieffettiS mit bem genfeitöS ,im
eigentlichen Sinn bie SRittlerinS ,[xt ift und bie mdf^e, »aOe
Q^naben, n>el(^e Dom ^immel auf bie (£rbc ^emieberfteigen, ge^
burd^ i^re $änbe' (OSn)aIb, p. 215— 216); unb ,i{i aI0 Srlöferin
ber SRenfc^^eit i^rem @o^ne glei(^' (»identifi^ a eon fik ooinme
corrMemptrice du genre humain' (SRalou, 11. 221).
TS) Stid^t anberiS feib 3^r mit bem alten ^err«®ott umge:»
fprungen: ,9Raria berleil^t ®ott 93ater eine unenblid^e @}rö§e, bie
(Er nid^t in ber Seit l^atte, inbem fie i^m feinen ®o^n untennirft;
unb in biefem ®inn er^öl^t unb toerboOftänbigt fie feine äRaieftfit
um ben ganzen Unterfc^ieb bed SBert^eS' (SKcolaS, I. 363); ,®ott
ift ju ^flid^ten SRaria gegenfiBer gej^ungen' ((SuiOou, p. 243).
Unb 9lico(o0 fugt pag. 361 ^inju: »Sir fagen ^ier nid^tS, xoa» ein
ffatolit ein S^rift, ein ^roteftont fogar, nid^t unterfd^reiben burfte.'^)
74) Unb ie^t, lieber Sefer, (ie£ einmal eined ber erften brei
Cbangelien, in benen bod^ StOed fte^t tüai mir fiber SKaria hnffen,
unb bann ermäge bie groge ®d^n)inbelfaBriI ber ^öpfte. fba ber
93ergeffen§eit ^obt 3^r biefe einfädle 3ubin ^erborgejerrt, fie auf«
gefd^mfldt unb auf gepult, unb fie bergrd|ert, unb jule^t au& il^r
ben großen Unterrod ber latolifd^en ftird^e gemad^t, unter bem S§r
(Eud^ aDe gläubig berfammelt, unb bann freilid^ nid^tiS anbetei^ alS
toie Unterrod(S«Sogmen unb ®ebfir«83orgfinge erblidt unb confihruirt
75) 92un, unb bie Sirlung ift nid^t aui^eblieben. Via» 3^r
moQtet ^abt 3^r ^eut erreid^t SRaria ift bie ©öttin bed (E^riften^
tvm», Ser etmad brandet lommt ju i^r. ,%uf i^r, fagt ^\u& IX.,
beruht unfere einzige Hoffnung'. *) 9htr auf ®ebete )ur äRaria ifi
*) 9{{cola0, ^., S)ie gungfrau SRatia unb ber götütdbe Slan. Siegend«
bürg 1856. I, p. 361.
*) »OpUme enim ncwtis, Veneimbiles FratnB, omnem fiduciBe Nostne
rationem in SancÜBsima Viraine eeae ooUocatam.« — Enddica di K. S.
Papa Pio IX. — PeiTone, J., De inunaculato B. V. Mariae Gonoeptu.
Blitano 1852. p. 216.
— 33 —
9[BIa| tmb Sünben^ Vergebung auiSgefd^rteben; ©ünbenr^SSergebung
ouf 30 Sa^rc, 25 ^affxe, 15 ^al^rc, 10 ^affxt, 7 Sa^rc, 60 läge
unb auf SebendjeU; ie nad^ Ort unb 3^^^ ^^^ ®ebetöleiftungen. ^)
— 2)ie ateligion ift k)enDe{Bft. 2)ie aRänner lad^en. 9^ baS Utu»
fe^Ibarleitöbogma im Sbtjug mar, unb einige 3Ränner in aRünci^en
unb fonfhDO reboltirten, fagte man i^nen: ^abt ^f)x bie ,un6eflectte
Smpfängni^' geglaubt, lönnt 3§r bai^ aud^ nod^ glauben! Samit
mar ber ®ipfelpuntt bet (Sffeminirung, ber Sermeibfung bed @'6tU
lid^en, ber ^^fterifd^mad^ung bed ^immellS gelennjeid^net
76) &Atttt tt)irb nur nod^ bon ben SBeibem. Unb aud^ ^ier
meift nur bon ben alten. Unb bon biefen gegen Sejal^Iung. 9(uf
ben gfrieb^öfen ber großen latolifci^en ©tobte [teilen biefe t)em)ellten
®ef^atten am SCDters^Seelen^^Xag, mie bie ^lagemeiber ju 3^^^ ^^^
Körner, unb plärren unb lauen mit ben eingefaOenen ^efem i^re
Xaufenbe Don Stee^SRaria^g gegen menige ®rofd^ l^erunter; m&l^renb
i|re Auftraggeber, bie Uome^men ^erm unb Samen, bie SRad^
lommen ber in ben ®rftbem Sfhi^enben, ju ^aufe auf bem ®ofa
liegen unb bie 3^^^^9 ^f^f i^ empfinblid^, um biefen Dermeibften
^ItuS mitjumad^en; }u ftolj, um ben großen Unterrod im ^immet
für bie Ku^e ber ©eelen i^rer SSorfal^ren im Segfeuer an^ufle^en.
77) 3)ai^ Seien ift mie bad Xapcjieren ein ®efd^ftft gcmor«»
ben, tDeld^eS in ben ^dnben (Einjelner, eben baju 83efäl§igter, ru^t.
3n X^rol lauft man bie ®unft ber SRaria mie SBurfd^t unb ftdd.
SBer felbft nid^t Suft ober 3eit l^at, ^u beten, Ugt ei» burd^ Rubere
berrid^ten: „Sin 93aterunfer mit 9&)e»9Raria loftet brei ^eujer; ein
Stofenlrani, befte^enb auS fed^ SSater^Unfer unb 60 Vtoe^äRaria,
loftet jn^onjig ßreujer; eine louretanifd^e Sitanei mit ben baju ge»
^rigen Gebeten je^n ^reujer; ein »®eIobt fei Sefud C^riftu«!' ttAxb
als 2)roufgabe ba}u getrau. ^ $ö^er im ^reiiS fielet ein atutfd^en
auf ben fitien um ben SItar, ober gar ein aui^eftredted Siegen in
ftreujegform auf bem falten ©teinpflofter.*' (•
^) Sd^mib, 3fr. «(., S. J., (E^renDor^üge 9Rariä. 2. utCfl. SRegen«
bürg 1856. p. 495 ff.
*) (S^riftud, ber ®runbs unb (Sdftein bei gangen ^rftlii^en £el)re,
loiib (ier ald 3unHige btl^onbclt.
*) 9lofegger, $. it. Sinige« über ben SRarienhtltud in ben Wpen.;
iteimgartenS Srog, «Cuguft^eft 1893.
panlssa, Ceatfd}« mid^L 3
— 34 —
78} tAt bogiiiattf<!^^tDt{fenf(!^ftfi<!^e gorm for Mefen Untere
xod^ShübA tautet: „fStt toere^ren aRoxia ^^ecbulifd^, uribmm t^r
einen fpeitfifc^ ^d^ Sult, tt>ea fte SRutter ®otteS unb att foU^
Stetnrafentotttin t^ (Sefd^Iei^teS tfi 3^ Serbienfi tft ein mefeni^
Ih^er Seittag )ur Srlöfung ber äRenfd^^eit %id^ tft ber ^imm«
Itfd^e 3n{tan)en)UQ für baiS ®det boObmimen Hat. O^rifbiS
ift aRittler. äRarta aaä) aRittferin oiS (El^nflmutter. (EI^TifbtS ber^
mittdt bei (9ott unb äRaria Detmittelt beim ©o^ne. SHefe beiben
Snftanjen ftnb n)efentU(^. SHe ^eiligen fmb nur 9Ritt(er bur^ouS
im fdunbdren ©trat. ®ie Idnnen bei i^ter ^nteijeffton ber ®ott::
l^eit nur Serbtenfte k)or^a(ten, unb )u unfern ®unflen geltenb ma^en,
bie nid^t fo red^t i^r (Eigen ftnb. äRaria bei i^rer Sbtootaiie
^filt aber bon il^rem (Eigenen bem ©ol^ne bor, fte bertneifet auf i^re
berbienftlic^e SRuttertl^fittgleit: ostendit pectus et ubera (fte meifl
ouf i^re »r&fie unb 3{^en l^in.'') >)
79) aRan bead^te bie merlantile Sprad^! Smmer tft eft baS
laufmännifd^e Softem ber Seiftung unb ber Qlegenleiffamg, md^ed
burd^ bie gefammte fatolif^e Suffaffung, bur^ il^re 9b(a§^8e^re toit
^önitenj^Za^en ge^t, unb beffen @d^ema lautet: 3^ ^abe baS unb
boB getrau, gebetet, gewaüfal^rf, »ad belomm' tc^ baf&r? & tfi
baiS 3n)et«ftreujer«®^em f&r ein Sber^äRaria in X^rol, bad ftd^
bis in t^re beften bogmatifd^en ftöpfe unb btS in ben latolifc^en
^tmmel fortfe^t; aud^ bort berle^ren bie ®ott]^eiten n)ie ftaufleute:
äRaria n^eift auf i^re SSrüfte ^in, att auf eine Seiftung; fte pr&fentirt
felbe mie einen Sed^fcl; unb S^rifhid nw^ ^onoriren. 3Ran mag
^eibe ober Xfirle fein, an (El^riftud glauben ober nid^t, 3eber toei^
glaube id^, fobiel, ba| S^rifti Se^re in i^rem urfprfinglic^en, naiben
Sudbrud bQ& d^egentl^eil babon toar: (l^nabe aud^ ol^ne SBerbienft;
SRitleib au^ n)o iebe ®egenletftung gdu^Iic^ aui^efd^Ioffen tfi
80) (E« ^üft (Kud^ gar ntd^tö, toemt 3^r in (Euren ße^r*
bßd^em einen Cultus latriae — Anbetung — unb einen Gultus
duliae — SSerc^rung — unterfc^eibct, unb nur erperen fih: &ott,
(enteren für SRaria, bcftimmt erflftrt 2)o8 SSoII lennt nlc^t btc
Soppelbebeutung in bem SBort orare, beten unb bere^ren. 2)aS ftnb
*) Oftwolb, a. 0. O. p. 210—215.
- 35 -
JBoTtc 3)09 aSoß ^anbdt; eB 6 et et. 3^r fagt {a fe(6ft, 3Raria
fei ,QIImfi(i^tt9^ ') unb man töiuie nur burc^ aXarla feiig toerben; *)
Sa8 nmnbert ^^x (Suif, memt ed ft^ audf^ttegttc^ an fte I^Ut?
81) S)ad SSotl 6lei6t übrigens aud^ l^ier nid^t fielen; ed betet
nid^t jur entfernten SRaria; ed betet }u i^rer l^ieftgen ©tatue.
S>iefe neue gorm ber ©tatuemSiebe, bie befonbeid in Stalten, aber
aud^ in Xentfd^lanb, grauenl^afte SorgAnge geteitigt, ^abt 3^ aud^
auf bem ®eu>iffen. SBer ^at bie taufenbe t)on tounber^dtigen, blut»
fd^tDi|enben SRabonnenbilber jugelaffen, creirt unb begfinfUgt? 3n
biefem ^al^r^unbert mürben 20 SRabonnen^Statuens'Shrönungen in
Stalten vorgenommen, baS ^oppdtt, att im borigen Sal^r^unbertr
bie kftte 1889 in Üteapel, barunter 9 unter Seo Xm, unb 3 t)on
il^ fdbft.*) — 3)ie Staliener opfern ber aRabonnen«©tatue ^ül^ner,
unb Zauben mie bie alten Römer ber Sered. *) 3n 9leapel t>tc^
Bmbet Ue Madonna del Oarmme jebed Sal^r an il^em Sefitag eine
Stummer ffir'd Sotto«@|iiel, bie att ,9hunero ber Stabonna' in aKen
Bettungen Italiens belannt gemad^t n)irb. ") Unb eine in f$ercara
eifd^einenbe latolifd^e 3^^tift fprid^t k)on ,, Gebeten an ben ftörper,
an bie SRib^, an bie ^Onbe unb an bie gfige ber SRabonna.''*) —
Unb in Zeutfd^Ianb?
88) 3n meiner ^eimat, bei SBftriburg, einem ber gefegnetften
Sanbftrid^e unfereS SSaterlanbed, liegt l^rt am 9Rain ein Keiner
^figel mit Kamen ^ßapptle. ^df mei| nid^t mel^r, nrte tAA l^unbert
©tufcn bort l^aufffi^ren; ed ifi ein prftd^tiger SuSfid^tApunlt; an
ben (9eUnben toddfit Idfttid^er SSein unb hcA ganje Sanb ringBum
^) ,,fBenn SRatia in l^ter ttbtofa^ie bie Vllmad^t genannt toorben
ift, fo tolrb un< baB c^er ^ loenig alB ju Diel fagcnb erf^cinen". Ofuxilb,
0. a. O. p. 216.
*) fiiguoti, %. t>., ^etrlit^feiten SRatieni. I. p. 225.
*) a)ie libertft cattolica t>om 3. Ottober 1889 bringt bie Stfte aSet i
30 iMnungen ^kexie delle Jmagini di Maria BS. coronate dal Bg{
Oqntolo Vaticano e Coronate a nome del Sonmu> P(mtefioe.t
*) Zrebe, 2:^., S)a< ^eibentum in» ber rdmif^en IHrc^e. Q^ot^a 1890.
m. p. 206.
») Xrebe, o. a. O. I. p. 327.
^ n Boeario (ber 9bfenfrana). gferrara 1889. ^ VII.
3*
— 36 —
ifl ein @ben an Üppioleü unb SSo^taerud^. — «uf biefem ,St&^pde^
finbet bie gemeinfte ^ovm meibßd^er ^roftitujion fktt, bie mir je
in meinem fieben botgebmmen ift. — ^nn bie ^olijei {eine VS^
^älfe treffen? — ^ie ^olijei tümmert ftd^ gor nid^t barum, meil
fie fi(^ nid^t in ürd^id^e Singe mifd^t — fiann bie Sird^ leine
Snpfe treffen? — Sie mid)e unierftü^ ben fabelhaften Sorgong;
unb berfeCBe ift il^r SBerl. — & toax an einem ©onntag^Sormittag
unb bie ®omie tiergolbete bie bem ^erbft entgegenreifenbe $Bein^
^ügeL ^ fyiüt einige ber gemig über ^unbert @titfen Be>
trogenben Serpentinen l^iater mir, att ic^ bei einer ^gung beS
2Beg# einen bid jufammengepferc^ten Raufen junger äRäbd^en, eB
maren meift ^Bauembirnen, gd^iidt unb htieenb bie blanlen Stein;*
ftufen langfom, eine nac^ ber onbem, ^inaufrutfc^en fa^. ®lei(^)eUlg
fd^big ein unterftdnbHc^ Summen an mein £)^r, metc^ed baB
%e{uttat einer mü fabetl^fter Sd^neQigleit probu^irten @loj^(idfÜt
toax. 9}&^r !ommeiib bemertte id^, U9ie iebed ber 9Kfib(^en auf
ieber Stetmftufe Idngere QAi ftc^ auffielt; unb aud bem Sippen«
fd^nurren erlannte id^ einige — obtDo^I mit bem öräic^ Sialeft
genügenb k)ertraut, — nur einige Saute, mie ,3R6xrea' (Saltt^X
ober Sompiqre mie »Stunbe bäS SbftfirbenS', ober ,bör 3)u il^
getragen l^ff ; mit fold^ uner^&rter ^efd^ioinbigleit entftut^te baS
Silbenmeer ben iungen Sippen. — 9^b mar mir Bar, bajs ber
Sufentl^tt auf jieber Stufe nic^t ber 3^it nad^, fonbem ber Sippen^
Arbeit nad^ ftc^ bered|nete, ba immer nad^ einer ganj BefKmmlen
^l^rafe mit entfpred^enbem XonfaQ bad hinauf s:9{u^(^en auf eine
n&d^ft^ö^ere Steinftufe ftatt fanb. — ^d^ mugte boc^ gang genau
caa meinem 9teife^nbbud^, ha% ba oben, auf bem @Kpfe( bed SBerged,
lein inbifc^ed ®ö^enbilb ftanb, aud^ tein afrilanifd^er ft^5nig ftc^ bort
eingefunben l^atte, bem man ftd^ t)on einer ^Iben Stunbe entfernt
fcj^on biierutfd^enb fo näherte. Stein, ed mar feine (£^rfurd^Ieifhmg;
bod erlannte häf fel^r mo^ @B mar eine, mie folt id^ fagen —
Sd^neHigleitittei^g, eine aRaffenbemfiltigung Don Silben, mobei
iebod^ ber Körper bormdrtd ju tommen trad^tete. — ^n ber ^anb
hielten bie SRäbd^en aüt ddl^Uetten, eine %rt ^b^ol}, meld^ed aber
biegfam mar, unb bie Stufen ober Slolen in Sorm pon ^geld^en
— 37 —
auf ebter ®(|fmtt aufgeteilt trug. 9Kd^t n^ etttec befttmntten QAt,
fimbem nadf eUtem Beftimmten @ilfen43aantum töHte an ber Qoi^
f<l^ur eine Shigel aB, unb meldete ^gefn entft)rad|en einet Stein«
{fatfe. ^äf lata |e^ bet Söfung n&l^r; in ber iStregung fmbet man
t^ißäf SBotte unb Kudbtftde, auf bie man bei tn^iger ^mfitdfoge
ni^t gelommen n)Ate; unb id) xoax faft gdai^nit uitb fprad^Iod bot
Veftfir}ttng, aU iif bie le^te iäxnppt biefer 2)ertoifd|e eingel^ß ^aite;
unb mein ^[nneteiS arbeitete nrie ein t^^otograftfdl^er @(^neIIo^)>aTat
um oHed, mctS ftd^ mit barbot, au^une^men. 3(6er 16) ^tte eil
fe^: <&S mar ein SBettrennen mit bem SRauI, »eld^eS burd^ ben
Hefnen $o{}a)>patat in ber ^anb cantrodirt, unb burd^ äbertragimg
auf Me SIniee Sxf^Uäf^t&wnii^ qrecutirt ttmrbe. SAe SRAbd^en
fd^mi^ten toie Rennbuben ober abge^e^te ff erbe; aber bet &öxptt
Hieb tul^ig, ba et beim befien Stilen jum Som>fitt8tommen nid^tB
beitragen lonnte, unb bie Sntfd^eibung eingig in ben liefern lag,
toon beten ®elenligfeit eben SKed abl^g. — ^ gebraud^te oben
hcA SBott ,S)em4fd^e'; bemerfe aber |ier, bag id^ fofa^e otkntalifd^
<!>ebet6^mna^et nie gefe^en; nur aiiS 89ef(^teibungen xonj^tt, ba^
bott ebenfalls bie ))l^9fifd§e Seiftung entfd^ibenb ift; bie bott aQer«
bingd ni^t van flutet felbfi millen, fonbertt jut Stjeugung einet %tt
engouement bet @inne, einer mit Serauf d^uug ein^etge^enben 96tp
tfiubung, alfo eined p^t^ftfd^en Snbftabiumd l^alBer, betrieben mirb. —
SBertüoU toar l^ier, ba| bie bei ber !(rbeit nid^t beteiligten Sinnei^
Organe, n>ie bie %ugen, bie Diäten, fomeit ed bie ftonjenttaiion ge^
ftattete, ftd^ anbenoeitig befd^&ftigen lonnten. Unb fo betrad^teten
biefe aX&bd^en mAl^renb i^rer l^eftigen Arbeit )um Xeil rul^ig bie
Q^egenb, ober l^örten, maS um fte l^er oorgieng. 3a, einzelne taufc^ten
aui^brudSboOe SRienen unb Ud^elnbe ®eberben mit ben gfugg&ngem
nebenl^ auS. — 3d^ eilte bortoArtd; traf auf bem 3^^^ fftlä)ex^
gdommene; mie ed. ber enormen pl^^ftfc^en Seiftung entfprad^, rAdt
nmren ermattet; mand^en lief ber ®d^n)ei6 in Strömen herunter.
9tod^ ]|ö^ere (Gruppen l^atte eine %ngfi bot bem gfettigmetben etfagt
bie unJ^eimlid^ nrttite. 2)a8 SSei|e bed Suged ttat bei (Einigen
^etaud; trteCe gutgdten unb ftö^nten bie legten fetioben, unb auf
bet legten @tufe angdommen, fifitjten CtUd^e mie etfd^öpft ju Soben
— 38 —
— @d^on auf bem ^eraufmeg ^aüt id), meine Slettgier nid^t Be«
jd^menb, ebted ber SRfibd^en gefragt, maiS bie S^i^cnumie iAaüt;
erl^ielt a(er ftatt aEer Snüoort nur einen trieCfagenben, dngftt^en
fdlli; nat&tttd^, urie lonnte fte mir anüootten, ba ia eben Qaxmt
unb Siplien in ffirc^terlid^ Zdtigleit begriffen nmren; ebenfo gut
lonnte id^ einen Zfd^olel »ft^renb be8 Kennend fragen, ttrie bid
Ul^r ed f eL — Oben fdbft angelangt traf ic^ einen, nrte e8 fd^en^
einfdd^en Sanbmann, anfrec^tße^enb. 3d^ frug i^n mit bem 9x0*
brud be8 tieften Sntfe^enS, mad baf ju bebeuten ^abe, unb ob dl
m bei ben ^eraufrutfd^enben um bie tofSbli<fyn, ungefft^rlid^
ftranlen einer Srrenanßalt ^anble. — S)er SRann fd^bidtte einigemal
hinunter, bd^or er mir antniortete, unb fagte bann fe^r rul^ig, faft
emfi mit flanbirtem ^od^teutfd^: ,,2)af — gefd^ie^t — {ur — Ser»
e^rung — ®otte81'' — (Er meinte bie SRarienKrd^, bie auf bec
^3§e erbaut aar. —
Senn id^ mid^ l^eute biefer S)ene erinnere, unb t>on @d|am
unb SRifleib gepeinigt mir borfage, bo| ed teutfd^e, frfitdifd^ fOtöb*
d^en finb, bie e8 nic^t beffer miffen, bie auf ben SBinl eineS Stalie»
nerS, ber un8 fotriel angebt, n>ie ber Sultan bon @iam*, biefe
grauenhaften Q^(er}^ien audf&^ren, bann fk^t mir ber Serftonb füä,
unb id^ min nid^t begreifen, bag Xeutfd^Ianb Zeutfd^Ianb iß. —
„Unb er fd^uf fte ein S^ännlein unb
SfrKuIein, unb fprad^ ju i^nen: SBati^fet
nnb me^Tet (Suc^!"
1. TOofe, 1, 27 — 28.
88) S)ad 3ö(i&at ift eine ber miferabelften Setffamgen, bie baS
d^tifientum gezeitigt; einer ber unglüdlid^ften (S)ebanlen, bie je in
etncS SRenf^en iQvm entftanben; mit fUtdft koeig man nie: ^ei|t eS
ber, bie ober bal^ 3(^I^^<^^t cd iffc koeber männlid^ noc^ meibttd^; eS
ift ein grftf[i(^ed Üteutrum; urfprfingUd^, jugegeben, au& einer ibealen
Sorbenmg entfprungen, ^at ed in feinen Solgen SRUUonen k)on
SRenfd^en unglitdlid^ gemad^t, jerrättet, begenerirt, jertreten. %ad
gdlibat ift ber inbifd^e Sagen toon Sagernaut in'8 SbenbUnbifc^e
fiberfe^t, unter beffen SBaljen \v^ Zaufenbe ju (Sf)xm beS ®d^en
jerquetfd^en (äffen: bie ®^re ber ®ott^eit mit bem Zob bed 9xi^
beterft erlauft
84) & koöre fiberfififftg ^ier, bie Sntfte^ung unb gortbil;»
bung beS Qbl\bai& auiS ben ftttlid^en unb afletifd^en Sbifd^uungen
ber Oltefien d^rifüid^en unb orientalifd^en Seigren boriufü^ren. Sir
leben nid^t im Orient, aud^ nid^t in @üb» Stoßen. Sir leben in
Zeutfd^Ianb. Unb bie teutfd^e Sittlic^Ieit rid^tet [x^ unfered (&>
ad^teniS aud^ beim ®eifQid^en nad^ ber !(natomie unb ^l^^fiologie
be8 tetttf(|en ftörperd, mie fte bei ^l^rtl unb äRoIefd^ott nac^
gelefen toerben lönnen. Ser barftber ^inaud lann, mag ein fe^r
finbiger Italiener, fogar ein Stapft fein; ein Zeutfd^er ift er nid^t
85) 2)er Xrdger ber jdlibatdren Hnf^auungen mar urfprfings»
lid^ bai» SRöml^tum. ^iefe Srt bcS bef(^aulid^ SebenIS ftammt
aus bem Orient, einem Süma, too bie Übung ber ^n^xif^ttbft^fßve^
fenbmg bem ®emeinn)efen leine ^ften ))erurfad^t, unb mo äRA|ig«
— 40 -
leit unb (£infad^]|eit burd^ bie Statur fe(6ft botgefd^rieBett ffaib. ^e
oltd^rifttid^e Se^re ber ©elbftabtötung bet))f(Qn)te biefed befc^oultc^e
Seben in ba0 Sbenblanb, too olle SSerl^&Itniffe biefet !(rt ber ®e(6ft^
^^pnofe feinbli^ toaxm, unb tDO fd^on bod ftltma )um ^(rBelten
unb @{(^«XummeIn anfpomte. Solange eS nod^ SB&Iber auiSjuroben
unb Sanb urbar ju ntad^en gab, maren bie äRönd^e am $Ia^.
^eute im bek)5IIerten Xeutfd^lanb erlauben »eber ^tur nod| c^rifU
li^e Stuffaffung baS cotporatit^e 9t{(^tötun auf Soften Ruberer. Vuif
bad corporatibe 93eten für Snbere k)erträgt ftc^ mit ber mobemen
«uffaffung ber Selbft^Serantttortlic^Ieit nid^t gfir »ettel«, »et^
unb SRauIaffen^äRönd^e ift l^eute lein ^la^ mtS)x in ber SBelt —
86) »efd^aulid^feii, durfidgejogen^eit, Snftc^fdbftoerfunlenfein
ift ein Sorred^t ber 3)id^ter unb Genfer, bie i^re @kmfit8an(age
baju treibt (£tne fh:anf^eit ift ed immer. Wber in biefem gf^^K
eine @oIitärfran!^eit ^ine Sorporaät)«ftran{l^eit, l^ertoorgegangen
auiS Siad^a^mungi^fud^t unb ^eud^elei
87) Salb finben mir bemt aud^ in bem mit einer Irfiftigen
S3et)önerung burd^fe^ten StbenManb unb Bei bem drängen ber l^er«
toorragenbften ®eifter ju geiftlid^en ©teilen unb in bie Slöfter einen
l^eftigen ^mpf gegen bie 3^I^^<^t9^Sforberungen bed Drientd, unb
bie ganje ®efd^l<!^te biefer SBerirrung ift Bid jum l^eutigen Zag
eigentli^ nic^td anbereS att baS Unerfüllt «SIeiBen ober Vx^*W>^
tDege::®erat^en gegenüBer einer unerfüITBaren fjforberung.
88) 3)er SRoildnber äRönd^ ^obinian mar ber erfte, ber
um 385 ben fd^mfirmerifd^enSnfd^auungen einedSuguftin, tlmbro«
fiuS unb ^ieron^mud über ben l^ö^eren Sertl^ ber (E^elofigleit
gegenüBer bem S^eftanb nid^t nur mit gel^eimem itonfuBinat, mie
bie anbem, fonbem mit offener ®egnerfd^aft unb grfinblid^er IBCbet
fefttgleit entgegentrat, moBei er im SSerlauf einiger l^eftiger Sontrobetft«
f^riften einmal bie BrüftBarBarifd^e gfrage an feine (Segner rld^tete:
^u maS ®ott ben SRenf d^en (Genitalien tmlidftn §aBe; eine gfrage,
bie ber atte, TOift^rige {^ieron^mud in SBet^Ie^em nur mit Unflätig«
fetten ju Beantmorten mu^e. ^)
^) 3- unb K. 2:^etner, (Sinfü^rung ber er^kimngenen (E^eloftgtett Bei
ben d^rtftUt^en dteiftlic^en. latenburg, 2. VufL 1845. L p. 209.
— 41 —
89) Unb ber l^eUige Suguftin, ber fpfttere (Slaubendl^elb
iinb SSert^eibiger ber S^doftgleit, xoox loenigftend fo t)orft(i§tig, erß
feine Sugenb gaitj bur<!^juIoften, unb bann, att er fd^on im Se?
griffe ftanb, ftd^ ju belehren, nod^ eine Seifd^Uferin avA Sialien
mit nad^ Vfrilo ^infiberjune^men, n>ie er uniS felSft in feinen Ck)n-
fessioiies erjfil^It; ') auc^ ®ott ju bitten: er möge i§m bie ®a6e
ber fteitfd^l^eit t)erleil^en, aber nid^t fogleic^, erft nad^ @dttigung
feiner Zridbe. ^ — %q!^ t^xlidft ®eflfinbnig fd^abet bem ^erbor«
ragenben ftopfe fo menig, nrie SRouffeau'S Offenl^ten iiber feine
Sugenb ben ßeiftungen feiner Weife. —
90) Sine entfe^i^e ^eud^elei mar ober bie folgenbe 3nfH^
tujion: @d^on im 2. Sal^r^unbert ^atte, toie Suguftin berid^tet, eine
d^riftlid^ (Seite ber in «frila lebenben »«beloniten', bie boQftän::
biger (E^eloftgleit ^ulbigten, bie ©emol^nl^eit, um ben falfd^berftan^
benen @prud^ 1. Stox. 7, 29: ^S)ad ift bie SReinung: bie bo Seiber
l^aben, bag fte feien, att l^ätten fte leine", bud^ftfiblid^ gu erfüllen,
Ott SRann ein j[unge9 äRAbc^en, aI8 SBeib einen finaben, ftd^ }ur
(SefeUfc^aft ju ermäl^Ien, um auf biefe Seife in SSerbinbung mit
bem anbem ®efd^kd^t, unb bod^ t^o9 ju leben, ^m Saufe
be8 3. Sa^rl^bertS ftnben mir bann in Stolien bie gleiche ©itte,
nur mit bem Qnterfd^iebe, ba| ed unber^eirat^ete (Seifißd^e ftnb, bie
crtoad^fene Jungfrauen, bie föeufd^^eit gelobt l^atten, ju ftd^ nahmen,
um, nrte fte kiorgaben, „in geiftiger Sertraulid^leit unb in t)Iatonifd^er
Siebe miteinanber )u leben; fte t^eilten badfdbe tBett, unb bel^aup«
teten, mitten unter ben flammen unlverle^t ju bleiben." ^ 2)iefe
Jungfrauen erhielten ben 9tamen dllectae» eoTorea, ober mit einem
gried^ifd^en Sort agapetae. ®d^on XertuUian fpri^t t>on ber
€d^mangerung biefer gottgemeil^ten Jungfrauen att k>on etmaS gang
<9e)Dö^n(id^em. Unb ba bie 3^^^ ^^^^ sorares» att einer leufd^en
*) 8ct Aar. Augustini Confeflsionum Ingolstadt 1824, 1. VI. c
6—16.
*) AugOBtini, a. a. O. L VUI. c. 7. — »Da mihi castitatem et
oontinentiam, sed noli modo. Timebam enlm, ne me dto exaudiree et
dto aanaree a morbo ooncupisoentiaey quam malebam ezpleri quam ezs-
tingoLc —
*) X^er, a. a. O. I. 89.
— 42 —
8(BfU§t bienenb, unfeefd^Anlt mar, fo Ratten nontenttid^ Me t^ome^merot
(SrifUtd^en unb Sifd^dfe eine 0aii)e Ibtia^I berfeffien. ®o l^tte
^cud^det imb (Sf^tocAot hcS (Gegenteil bon bem Seabftc^tigten Be>
loirft. 9Hc§t eine (Sfft foKte ed fein, unb nun aar tS ein ^arenu
•1) ^ieron^muf in feiner fuc^tigen, betten Seife fd^reiBt
barfiBer: „fßvUftx hxa^ bie ^eft ber Xgopetinen in unfere IHrd^e?
SBol^er biefe neuen (£|en>eiBer vi^nt (E§e? So^er biefed neue ®ee
fd^le(^t fionluBinen? ^ miC nod^ beutßd^er fagen: So^ biefe
^uren, bie ftd^ nur mit einem SRonn abgden (meretrioes univirae)?
^e Jungfrauen t)erlaffen i^ren leiBUd^ Sruber, unb fud^en fu^
einen gremben att ^Sruber". Unter bem Sormanb bed geiftlic^en
XxofiB Dereinen fie fid^, um }u $aufe fleifd^Itd^en Serle^r ju pflegen.
@ie miffen ftd^ unfrud^ftar )u machen unb morben bie noc^ nic^t
gdomen SRenfd^en. Suhlen fte fid^ ))on i^rer Stuil^loftgleit fd^tt^onger,
fo treffien fte bie grud^t mit ®ift ab. Oft ftetfien fie mit baüon,
unb breifad^en SerBred^enS fd^ulbig gelangen fte in baf Senfeit^:
eis @eI6ftmdrberinnen, att (Ehebrecherinnen an S^riftuS, aU SRto»
berinnen bed nod^ nic^t gdomen IHnbed." ^)
03) 3d^ bitte, biefeS in'l» at^aijerifd^e, in'f K^einUnbifd^
ober ftöbiifd^e ju iiberfe^ 93er erfennt bann nid^t unter ber
grie(^if(^en agapeta bie teutfc^e ^forreri^löd^? — SHe SSelt finbert
ftd^ nid^t; unb il^re Segierben aud^ nid^t 9tur unfer (9efd^n>A|
finbert ftd^.
M) Salb mürben bie agapetae unb dilectae in ben ^dufent
ber ©eiftlid^en gon) berBoten. Sad mar bie gfolge? & kourbe
nod^ fd^Iimmer. 3)ie @l)nobe ju 9Re^ Verbietet 888 ben (Seifttid^en
»aXutter unb @d^mefter im ^ufe ju ^aBen, bamit fte bem ©aton
aEe (Gelegenheit nehmen, unb ein engelgleid^eS SeBen ffil^ren.' *) —
3m gleid^en ga^r baf aRainjer ftonjil: ,,^en (Seiftlid^en koirb
burc^auS berBoten, SeiBer im ^aufe }u l^aBen. DBgleid^ bie ^eiQgen
(Eanonen einigen SBeiBem erlauBen, mit ben ^efiem in einem
^aufe }u leben, fo ^aBen mir bod^ oft bemommen, mad fe^r ju he^
^) Hieionjmi, Ep. 18, ad EuBtochium de cuBtodia Tiiginmtiti8.
Op. IV. 2, Paris 16Ö3— 1704.
*) Z^eincr, a. a. O. I. 450.
- 43 -T-
bauem i% bog burd^ iene (ErIauBni| fe^r Diele SSerBred^en begangen
»orben finb; fo itoax, ha% einige ^rieftet mit i^ren eigenen
Sd^meßem Seif^Iaf gepflogen unb mit il^nen JHnber etjeugt l^oben." ^)
— Unb im Poenitentiale beS englifd^en Stibifd^ofd Egbert ftnben
mir um bie gleid^e QM im cap. 7 ©trafen baruber angefe^t, ^menn
Sifd^öfe, ^riefter unb S)iaIone mit äRutter, ©d^mefier unb t>ier«
fü|igen Zitieren Unjud^t treiben." *) — Unb in ben fttöftem?
Sie eben angeffil^rten canonee poenitentiales auiS Snglanb
^aben ©trafftimmungen »gegen SRafturbation ^mifc^en äRön^en unb
9!0nnen unb gegen Suto^^äRafturbation bei 9}onnen mittelft %xtmb^
f örper/ •)
94) Sie neuefie Huflage beS latoltfd^en JHrd^en^^Sqrilond nennt
biefe Erörterungen I^eiuer'ö unb 9(nberer ,©ubetßiterotur* *) —
©c^ gut! — Stter »em berban!en mit biefe ©ubeUiterotur? —
3ft ba& ni6)t, oU menn ber verfolgte Sieb mit bem geftol^Ienen
®ut unter bie 9Renge Uuft unb ruft: galtet ben Sieb!? — Dber
memt ber ber Unftttlid^Ieit angdDagte bor bem 9Kd^ter fein (Sefid^t
ber^nt: er I5nne über biefe Singe nid^t fpred^en?
A5) SRit »ed^t fd^Iiegt Z^einer biefen «bfc^nitt feined SBerf ed
»©old^e Sßerfeinerungen ber SBoQuft berbanft man offenbar bem
IHoftermefen; ein ©tamm bed germanifc^en Soßed, beffen fteufd^^eit
Xacitud großen Sobed mert^ gefunben l^otte, lonnte nur burd^
unnatürlid^e 3)a>angi^^f^<^Iten ju fold^er !(ufiartung geführt merben." ^
•6) Htt bann Sut^er, pod^enb auf feine germanifd^ ®es
funb^eit, biefen beftiatifd^ QblVbat^^Qtoanß ixa^, unb mit lobend«
koertem Seifpiel borangel^enb felbft fid^ mit einer abligen Jungfrau,
bie, mie er, el^ematt im filofter gemefen, berel^elid^te, fiel bie ganje
^orbe pApfttid^er 3n><uig0«Serfd^nittener Aber i^n l^er, unb befd^ut
bigte il^ eben iened Verbrechend, beffen Übung i^nen aud einer
^) Xl^etner, a. a. O. I. 450.
*) Z^einer, a. a. O. I. 442.
*) X^elner, a. a. O. I. 442.
«) »e|Kr unb »elte'0 JHr^enlqriton. 2. «uf!. 9reiburg i. 8. 1884.
p. 593.
*) X^einer, a. a. O. I. 443.
— 44 —
me^T benn lOOOi&^tigen Xrobi^ion belatmt n>ar, imb nannte feine
(Sfyt mit ftat^arlna uon Bora ,Unjud^t mit einer Slonne'. ') —
•V) 'i>odf ber toa^xt (E^aralter ber latolifd^en fthrc^e tom
bamate fd^on jum Sorfd^ein: Senebitt VIIL befd^nlbigt auf ber
S^nobe )u $at)ia, jmifci^en 1014 — 24, bie (Skifttid^en bot attem
beg^affi, bag fte ni^t gel^eim — »cauteS — flott öffentlid^ unb
mit Äuffcl^ — »publice et pompatioe* — mit grauen Umgong
l^öttcn. ^ — Unb jur 3^1* 3ofcf IL golt bann fpÄtcr affgemein ber
®runbfa^ für unb 9latf(^Iag an bie latolifd^e deiftlid^Ieit Öftreid^:
»81 non caste tarnen caute!' — toenn nid^t l^eilig, bann bod^ ^etnu^
li^! »)
•8} ^od) gaB e» bamatt, in ber fr&l^en geit, in ber nnr
nod^ ftel^en, menn aud^ ge^orfame, bod^ aud^ el^rßd^ unb offene ®eift«
lid^e. Unb fo erRdrten benn bie auf ber S^nobe ju Sl^alon^ im
Sa^r 900 berfammelten S&ter im ^inBIid auf ben S&Obai: „OU
gleid^ und bom apoftoßfd^ ®tu^I ein laum ju ertrogenbeS Sod^
auferlegt n)irb, fo moDen mir eS benno(^ bemfi^ig tragen." ^)
•9) 9lun tritt aber, im 9. ^al^id^unbert, ein mutiger Xeut^
fd^er auf, Sifd^of ViUidf tnm SugSSurg, ber bie gonje 3^^^^""
{eit eined fiu^Iid^ beße^ben 3^^<^^ unb geheim befto unlKr^
frorener getridener Unjuc^t offen barlegt (Er fc^dEt bem $at^
9HcotauiS I. ein @d^reiben, »orin er ftc^ }ur Sert^eibigung ber
^) (Sin Xeutfd^er friefter 9^amen« (Sngel^arb ft^iicB über biefen
dkgenftonb ein 678 @eiten (ongeft Bud^: Reifer Wittenbei|^nBiB dber ber
aRorgenfiem iwn »ittenbecg, bad ifi: twlIfUinbiger ficbcn«Iauff Sai(arin&
twn 8ore» be« Denndynien (S^e^fBeib« D. Martini Latheri, meiftent^eüS
au« benen Bütl^ent Lutheri, aud feinen fafftigen Xifc^broden, gcifheu^
Senbfc^ben, unb anbeten raien Uifunben Dcrfaffet, in totiäfm oSc 9ftt
S<^in<Xugcnben, errichtete (iroftt^atcn, folfd^ (Kcf^^etmmgen, unb deiibe
fltoibemcsdt ncbft bem ganzen Sanonifattonde^toce^ »ie folget Mtt {^rem
y^crrn (iema^I' no4 be^ i^ten !S^ft::3<iten tootgenommen tiiorbcn, ivcitübtifig
etie^Iet locrbcn. an ba« Xageftlic^t gefhQct bon B. S. Emebio RigrihardL
Com lioeatia Saperiarinm.. fianbftbcrg 1747. — Son fM^% IBeib toitb
nur gef^mK^ pts: >iefe ^me, ober »biefeft geile fiuberf[eif4.^ *-
*) feiner, a. a. C. I. p. 461.
") Z^einer, a. a. O. m. p. 1032.
*) Xbeiner, a. a. O. I. p. 452.
— 45 —
{ßrie{ler^(£|e audbrucflid^ auf bte SBtbet (eruft (baiS toax bamatt nod^
Ufud in ber latolifc^en ^td^e) unb fc^liegt bann boiSfelBe: „9Bad
Idmten aber SRenf^en Z^örid^tereiS unb ben göttli^en glud^ ^erau&«
forbembered il^, ald menn 99if(i^öfe unb Strd^tbialonen, um ber
legalen (£]^e }u entgegen, fo fe^r in SSoEuft berftnlen, bag fte meber
Sl^edud^, nod^ 93Iutfcl^anbe, nod^ bie fd^finbUd^en Umarmungen mit
SRannSperfonen f(^euen, inbem fte vorgeben, bte red^imfigigen (S^en
ber Sedier ftänfen in i^rer %uffaffung. ^ieju fugen fte bie fo
t^örid^te unb fd^&nblic^e @ntfc^ulbigung §inju, eS fei ehrbarer fic^
l^eimlid^ mit SRe^reren einjulaffen, M ftc^ im %ngefid^t ber ganjen
SEBelt mtt^iner )u üerbinben" — »ut dicant: honestius est pluribus
occulte implicari, quam aperte in hominiun vultu et oonsdentia
com una ligari.« ^)
100) 2)iefe ©d^rift, bie Don SHcoIaud L nid^t beantmortet
morben ju fein fd^eint, toar 6i8 jum 11. S^^^^unbert bad fßex»
teibigungftnittel ber teutfd^en ©eiftlic^Ieit; mie immer: menn einmot
ein äRann 3Rut gezeigt f)ai, mad)t er ben 9nbem für }mei ^al^r:«
l^tmberle SRut. — Srft ber fanatifd^e ®regor VU. Derbammte bie
e^rlic^e teutfd^e @d|rift 1079. Unb bamit nimmt bann bie ®t^
\ifidfit ber ^eiligen, geheimen Sd^meinerei r5mifd^«teutfd^er Sttajion
il^ren Sortgang.
101) ^jmifc^en ^atte aber bie Unjud^t am r&mtfc^cn ^ofe
felbft ungkublid^e SHmenftonen angenommen; unb, »ie ed bei ben
^erm ^i^icnem Sitte: bad ßnoben^^Sefd^Ied^t {tanb il^nen nfi^er,
att ba9 SBeiBer«@efd^Ie(^; unb ba nur bie Seiber^S^e verboten
mar, bie Serbinbung ^ttHfd^en einem 3t<di^^ unb einem £naben
aber übtüfcaspt nid^t, meber aU legal nod^ iQegal, in i^rem ßobe;
tKirgefe^en mar, fo ertrugen bie Ualienif(^en ^riefter bad Qblibat
leidlier mie bie e^rlid^en Xeutfd^ (* Unb fo tonnte benn 1060
*) Steiner, a. a. O. I. p. 474—75.
*) S)ad ^fer (SJefagte ift ber @^Tunb, marum id^ nie ber ^erfud^ung
loieberftc^en tarnt, bte tömi{(^stato(i{c6e Sleligion, bie hod^ in Slom gemad^t
toirb, bie ttalienifd^e Slettgion ^ nennen. (Skograftfd^ ^ab' id^ ja nic^t
Unrecht; i(^ nt5d^te aber aud^ )){9d^o))at^if(^ nid^t Unred^t ^abcn. Sd tlingt
DieHeid^t toU, maS id^ meine, gd^ brüde mid^ too^I unrichtig auS, unb tann
mit fSorten nid^t gut umgc^n. S)a6 id^ ti frei ^eraudfage: ed ift bie Sf^ig^
— 46 —
ber eifrige 9Rdnc§ Damiani in feinem liber Oomonliianus eine
ganje Serie pftberaftifd^et SSerge^en — mann QM^Üiäft mit ftnoBen,
mann (Seiftfid^e unter ftd^, mann fie mit Xl^ieren, mann fte mit
Seid^tfinbem Unjud^t trieben — mit ber 9ht^e unb @id^erl^eit einer
92aturgef(^id^te bortragen, — »in quo omnes ejus, eodomitici
Bodens, spedes edisserit, quales tum apud eos baochabantur« —
mobei mir erfahren, ba| bie äRönc^e, um ungefiört i^ren gfteif^ed«
fibungen nad^ge^en ju lörnien, ftd^ felbft gegenfeitig in ber Seichte
aSfoIbtrien. (^ ^apft aiqronber n. lachte über baf IBud^, lieg ftc^
aber bod SRanufcript geben, unb gab e& nid^t me^ l^eraud, ba er
bie SEBirbing auger^alb SRom'8 boc^ fürchtete.
108) ©d^on ein ga^r bor^er l^otte Damiani an 9ticoIaui^IL
l^inftd^tlid^ Befolgung bed 3ölibat6 gefd^rieben: ,,Sfirbe bie Unjud^t
bei ben ^eftem geheim betrieben, fo fei e8 ju ertragen, aber bie
öffentlid^en ftonhibinen, i^re fd^mangeren Seiber, bie fd^reienben
^ber, bad fei baS ^rgemig ber IHrd^e." *) — S)iefer Damiani
l^Qtte fd^ ben et^ten latolifd^en ®eift: mad gel^eim gefd^ie^t, ift
nid^t gefd^e^n; nur mad fc^reit, ift eine ©itnbe. 3)egmegen lieg er
aud^ rul^ig fein liber OomoirhianuB unterbrfidten; er mugte, fobo«
mitifd^ aSer^e^en fd^rieen nic^t, unb larnite baS rdmifd^e Sprfid^
mort: ,Cazzo in culo, non £a ftmciullo/
ins) 9ber burd^ ganj Italien etfd^aDte bie Stimme biefed
fanaiifd^en äRdnd^S. 1062 erlUrte er in einem 9hmbfd^rei6en gegen
bie Songobarben: „Ser ben QbVibat nid^t befolge, begel^e bie ®finbe
miber ben l^eiligen ®eift, bie meber in biefem nod^ im jenfeitigen
Seben bergeben merben lönne." ") — 3)iefe Sfinbe miber ben ^eiligen
(Seift, lieber Sefer, mar meiftenS bie ®e^orfam«8ermeigerung
gegen ben ttalienifd^en ^eiligen ®eifi SHefer italienifd^e ®e{fi ober
mei^felte bon ^t^^tje^nt ju ga^rje^nt; er mar balb Xaube, batb
mar er $a^n; er l^atte im 11. ^oi^rl^unberi jdotifd^en, im 12. unb
l^eit ber fäberaftie, bie \ä^ barin entbedfe; unb beS^alb nenne idf fie bie
italienifd^e SReligion.
*) i^eincr, a. a. O. II. 21.
•) Xljeincr, a. a. O. ü. 74.
^ Xljeincr, o. a. O. IL 88.
— 47 —
13. aBfo{ittifUf(^en, im 14. aüignonenfifd^^moIIfifHgen, im 15. arifto«
td{f(^i»ati^ei{ttf(^en, im 16. prunl^aft^gelbgierigen, im 17. iefuitifc^«
{nqiiifttorif(^en, im 18. biplomatifd^nad^gie^igen Cl^arafter; im 19.
unter ^ßinS IX. infantil« furjfic^tigen, unter Seo XYTT. füd^fifc^
o^portunifiifd^en Sl^aralter. — ^üten mir vmS bor biefem med^feln«
ben, |e na(^ Neigung, ®ele^rfamleit ober fejruellen iBebfirfniffen ber
^fit^fte t^erAnberlid^en ^eiligen italienischen ®eift; unb galten »ir
tmS an ben teutfd^en l^eiligen ®dfi\
104) 9[tt aud^ ie^t 3)amiani bei ben lomBarbifd^en $rießem
fein (8e^Sr fanb, unb 83iele lieber il^re @telle, aÜ il^re grauen, auf«
gaben, menbd er fxdf, mie ^ ber beleibigte (Sfftmann madfi, fiatt
an ben äbeltAter, an ben Serffi^rer, unb fprid^t bie $riefterfrauen
tn einem Schreiben Dom uAc^ften ga^r in folgenber HeBIid^en SBeife
an: „3e|t rebe idf ju Suc^, 3^r ©d^A^d^en ber ftleriler, 3^r 8o<&
fpeife beS Satand, gl^r Sudnmrf bei» $arabiefei», 3^r (SKft ber
(Seifler, ©(^»ert ber ®ee(en, SBoIfSmilc^ ffir bie Xrinlenben, ®ift
ber (Effenben, duefle ber @ünbe, Hnia% bei» SerberBeni»; (Eu(^, fage
iöf, rebe i(^ an, 3^r Sufü^Aufer bei» alten gfeinbd, 3^r JSiebe^opfe,
Sulen, Stad^ttAuje, SBöIfinnen, Slutegel, bie o^ne Unterlaß nad^
SRe^reren getilftei $ört mi(^ gl^r SRe^en, Sudlerinnen, Sufibimen,
Sl^r SRiftpffi^en fetter ©d^meine, 3^r Sht^epolfier unreiner ®eifter,
3^r 9bfnip^tn, Sirenen, $q:en, 2)ianen, unb tt>ad ei fonft ffir
€^ettfal0namen geben mag, bie man (Sadf beilegen Idnnte; benn
31^ feib ©peife ber ©atane, }ur gflamme be0 emigen XobeS be«
ftimmi 9[n dnöf meibet ftd^ ber Xeufel mie an audgefu(^ten SRa^t
Jetten, unb mdflet ft(^ an ber gfille Surer ät)|)ig{eü S^r Xigerimten
bereu blutiger 9la(^en nur naäf äRenfd^enblut bflrftet, ^arp^en, bie
bod Ot>fer bei ^erm umflattern unb rauben, unb bie, mdd^e ®ott
getoei^t fmb, graufam üerfd^Iingen. gl^r feib bie ©irenen, inbem 3^r,
mfi^renb Sl^r trugerifd^bemfitl^igen ®efang ertönen la^, unbermeib«
tid^en ©d^i^rud^ bereitet gl^r feib »fit^cnbei Ottemge)fl(^t, bie
^x bor SBoIIufi S^riftum, ber bai ^aupt ber SHeriler ift, in (Euren
SJu^Ien ermorberi" ^) — Di bai auf bie fd^önen SKailAnberinnen
tiefen Sinbrudt gemad^t l^at? —
*) X^etner, a. o. D. 11. 96—97.
— 48 —
105) Übrigen» tmirbe ha§ SBeifi tro^ aller äRarieiu^Sere^nntg
t)on ber latoHfc^en ftird^e ftetS ^erafigebrucft unb moraItf(^ emiebrigt
Sine ftird^eitDerfammlinig )u SRÄcon in Sübfranfreic^ im 6. ^aSft*
^unbert erörtert lange bie Srage ,num feminae sint homines^ —
,06 bie SBeiBer äRenfc^en feien«, n)el(^e fte na(^ langen S)^tten
bod^ i^iaf^it. *) — »o(^ im Sal^r 1518 crHärt eine ©d^rift, Me
fid^ mit ben (i^eiüeibem ber $riefter befd^Aftigt, bad S3er^attni|
itoi]6)m SRann unb SBeib foIgenbenna|en: „3)ad SBeib, n>enn eS
an moKüftige Umarmungen gemö^t ift, fud|t ft(^ ftetiS, auc^ in
Dorgerudten ^al^ren, mit bem äRann ju üermifc^en, angetrieben,
ni(^t fo fel^r t)on il^rem eigenen SIeif<^, att t)tm Xeufel, beffen
SBerifieug fte ift" *) — ^ier erfd^eint alfo baS SBeib in ®emein^
fc^ft mit Sirenen, ^qren, Södhn, Statten unb ©dangen in ber
(8efoIgf(^aft beS Zeufett att ein miSenlofeiS, untergeorbneteS SBed«
}eug beffelben, beffen er ft(^ bebtent, um bie ftrone ber ©d^dpfung,
ben äRann, in feine (Semalt }u belommen. — Sber oudf noc^ in
unferem ^aJ^rl^unbert l^ören mir, unb ^mar, in .einer äRorioIogie,
©fi^e mie: „gnnerl^alb ber aRenfd^eit ftommt ba§ 9dfe tom SBeibe
fftt nad^ bem belannten ©o^ ominmn malomm oiigo mulier. " —
„3n ber Zl^at braucht ^ laum meiter auiBgeffil^rt, gefd^meige er«
miefen ju koerben, bag baS SBeib nac^ bem creatfirlic^en fln^^idf,
olfo bie Statur in i^rer nadten Sldge betrachtet, bem 9Ranne
in einem merflü^en (Srabe nad^fte^i" *) — „& mng alfo ein
®efe^ l»on aQgemeiner ®ültigleit fein, ba§ ber äRann bie ganje
Gattung, äRann unb SBeib, baS JSeib aber nur i^ ®efd^t
tyttMit" — ^3)er Sbftanb beS SBeibeiB gegen ben SRann
in t)^9ftf(^er, mie in geiftiger, in intelldtueller, lirte in eti^ffd^er ^in^
ftd^t, ben auger bem S^riftentum 9Hemanb überfd^ lann, unb ber
^) ttretin, (Sf^. t)., ftudfprüd^e ber 9Rinnegeri^te. SRiht^en 1803. p. 3.
*) »Mulier namque libidinosiB amplezibua aasueta etiam umoea
semper expecfcat viro commiaoeri: ne dum a came propria verumetiam
a dyabolo (cnjus rethe eet) agitata.€ — De damnabili statu Ooncabina-
riorium et quod abeolvi non poesunt. Item quam dfnnftfr'lft eet pree»
biteriB concubinarüe curam animarum oommittere eoeve ad ceLebrandum
conduoere yel induoere. Antverpie 1518. p. 2.
•) Unb ange^gcn? —
— 49 —
au^ im ei^rtftentum nid^t auSgegIi(|en i% nrirb buxäf bie größere
©finbe bcr SRutter ber SRetifd^rit Bebittgi" ^) —
14M;> aSit 6tregot VII. mürben bie gforberungen ber rdmif^
fitn^e l^infid^tl^ bed 3ö(t6QtiS immer bringenbere unb ed eittftan^
bell, befonberd in Xeutfc^lanb, grojse Unrul^en. fil& IBifd|of @ig«^
frib bon SRainj auf ber Erfurter S^nobe 1074 ®regor'd Ser«
orbmmgen k)erkfen tooUtz, l»erHe|en bie meifien ©eifUid^ bie
Serfammlung unb erllftrten, lieBer ben Sifd^f }u ermorben, al9 ein
f^U^' nu^Iofei» gegen @k»tt unb bie %atur freDebibed Q^efe^ ber«
{falbigen ju laffen. 2)er Sifc^of märe foft um'iS Sden gelcmtmen
unb fUff nac^ ^eUigenfkbi ^ — Somoffi gab ed nod^ teutf(|e
(Skiftlid^e! — äl^nlid^ erging e0 bem »ifd^f Sltmann t>on tßaffau,
ber, ald er 1074 bie döIi6atiB<^€(ef e^e ^regor'd bon ber ßonjel ber«
laft, Beina]^ in ®tüde geriffen morben mfire. ^ — %iäj Sifd^of
^einri^ bon {Sffiix lam Bei biefer (Selegenl^eit in SeBeniBgefa|T. ^)
l[OV> (£riBifd^o( gol^ann bon aiouen mu§te 1075 nac^ Ser«
lefung ber römifd^en Qi^iibaUi^®f^ unter ©teinmfirfen bie ftird^
bedoffen; unb auf einem Son^il in $ari9, im gleid^en Sal^r, mürbe
twn ben anmefenben 9if(^5fen, äbten unb ^eiftlid^en befd^Ioffen,
JM lßa)>ftei» 9efe]|(e feien ffir gfronlreici^ nid^t ma|gebenb, unb, bie
Ue $riefter«e^e berböten, feien att ße^ }u erod^en.'' *)
ie8> Sie morgenUnbifd^e fiird^e ^aiiz [xä^ bdänntlic^ fd^on
im 3a|r 692 auf i^rem IL ölumenifd^en ^njil in ber dNibot»*
frage bm ber rdmifc^en Stixdft getrennt, unb bie ^efter^<£§e frei^
gegeben. @o ift e8 bid l^eute geblieben.
left) m Tregor Vn. bei bin tentfd^ (Seiftlid^ nid^tlB
onMd^e, mante er fU^ an bie äRönc^ »ei biefen log bie QblU
bottfroge ia qßi^ anbecB; fte maren freimiHige QSBbai&xt unb traten
nU bem freimiSigen (BdEubbe ber $euf d^t W9 ftlofter ein; met
fM^ bem itic^ untermarf, lannte brou^ Bbiben: SRönd^e brandete
') Dtoalb, ^., 3)ogmatif(|e aRadoIogie. ^obctbont 1850. p. 9—13.
•) X^einer, a. o. D. 11. 178.
») X^ner, a. a. O. II. 180.
*) J^einer, a. a. O. II. 181.
•) Il^etner, a. a. O. II. 182.
P«iii||«, Cniifdr«r miditL 4
— 50 —
"bte SBelt nic^t; aber (Skeifflid^e toattn für baiSSotl unb ben retigiöfen
&M nötig; begtuegeit maren bte aRöit^e freiiotilige, bie ^etfflU^
gettDungene 3^^^^^^^ Tregor gematm bie SRönd^e gegen gto§e
Sergiinftigungen unb lieg burd^ fte baS Soll gegen bie teutfd^en
®ei{ili(^en aufmiegebt. (ES mürbe bamatt mit gfragen gefpielt, tuie:
ob bie SBanblung ber ^oftie in ben SeiB S^rifti burd^ einen lonbi^
binatorifd^en $rief}er überl^aupt }u ©tanbe Urne, ^üt hotf) Tregor
an ben ®rafen Stöbert txm gflanbem gef (^rieben: ^Sead^teft S)u
nid^t koaiS ed für eine Staferei unb ein Serbred^en ift, n^enn ^eine
bemeibten ^riefter ju gleicher 3^^ ^^ ^^ ^^ $ure unb ben Seib
S^rifti berül^ren?'' — ^er Seib eineS italienifd^en ftnoben, mit bem
ber römifc^ $riefter Un}U(^t trieb, befledte bie facramentde ^anb«'
lung nic^t; nur bie ,$ure'; benn bie ^ure tt>ar [a ein SSeib; unb
baS SBeib mar bed Xeufeld. — "Jba^ teutfc^e Soff, meld^ed mit
folc^er Snnigleit unb tiefen Sluffaffung an ben äR^fterien beS d^rift«
lid^en ®ottedbienfted ^ieng, fonnte l^ier beunruhigt merben: bie
SBanblung ber ^ofiie bon einem bemeibten ^riefter nic^t DoUjogen,
ober minbermertig gemad^t! ]§ier mar ber $unft, bad Soff aufju^
ftad^eln; unb l^ier tat ed ®regor mit ber 9lficffi^tdIoftgIeit, bie
einen ©efd^fiftSmann mie i^, aui^eid^nete. Unb teutfd^e fBlbnift
maren feine ^elferdl^elfer. S8 lam, mie frül^er in SRailanb, aDer^
ortd in Xeutfd^Ianb }u blutigen ßömpfen jmifd^en äRönd^en unb
Soff einerfeitd, ben ®eiftli(^en anberfeitS. ,,Unb ^unberte Don
teutfc^en ^rieftem fielen att äRftrt^rer unter ben Streichen ber
aRönd^e unb bed fßoVt», meil fte ein S^emeib l^atten." ^)
HO) 3n Sranfreic^, mo bie (Sei^ic^ unb »ifd^öfe, mie bie
meltlic^en ®rogen, me^r ju i^rem ^nige hielten, lonnten bie S^e»
gefe^e ®regor'8 nid^t bie Sermimmg anrichten, mie in Xeutfd^Ianb,
unb ber $a))ft fal^ ftd^ }um ^ad^Am genötigt ,,®regor — fagt
Xl^einer — fanb in granlreic^ nid^t fo Diel SaterlanbdDerrätl^er mie
in Xeutfd^Ianb, lun ben Umftur) ber bürgerlid^en Drbnung bemirlen
ju fönnen.** •) — S)a8 ift fiberl^aupt ber ®runb, mie fo leutfd^
lanb burd^ fafl 2000 3a]^re l^inburd^ ber flete ^mpfpla^ jmifc^en
*) a^elner, a. a. O. U. 205.
«) 5:5einer, a. a. O. H. 227.
— 51 —
Ißap^ imb Aaifer mar: in Xeutfc^Ianb fanb ftc^ ftetö eine Partei,
bereit bei bem erften glud^ ober iBannfc^retben, bod über bie 9(I)>en
tarn, fiber ben eigenen SanbeS^erm ^erjufaQen.
111) Unb ift Med l^eute anberd? $at nic^t ber Verlauf beS
Sogenannten ßulturlampfed in Zeutfc^Ionb in ben 70er ^a^ren ge?
jeigt, ba% ^ eine gro^e, mäd^tige Partei bei und giebt/ bie ben
$Qpft als i^ren ftönig, ben eigenen ftonig ald Sanbedt)errät^er cm^
^e^t, fobalb berfelbe Derfud^t, ftd^ ber päpfttic^en Übergriffe im
eigenen Sanb }u enoe^ren? Unb ift ed nad^ ber ®eiie nid^t ht:
ted^tigt, t>on ben teutfd^en ^tolifen el^er ald t)on Italienern, benn
a\& Don Xeutfd^en ju fpred^en?
113) Sm n^enigften richtete ®regor mit feinen ^eufd^]^eit£k
gefe^ in Snglanb aud. 3)ort regierte äBill^elm ber (Eroberer.
Unb t>üx bem (Sleid^mut bie[e8 felbftbemugten äRonneS fielen päpft^
lid^e ©d^Iau^eit mie brutale 2)ro]^ungen gleid^em^eife }u Soben.
Tregor fd^rieb erft bie fügeften S^riefe, »toie er biefen ßönig fiber
aOe anbem liebeS äBitl^elm ber (^oberer braud^te leine Siebe t)on
ber p&pftlic^en ©orte. (Snblid^ mürbe Tregor n)ilb, fd^idte 1079
feinen Segaten ^ubert l^inüber unb Verlangte txm ßönig ,ben Seilend::
eib an bie römifd^e ^rc^e }u leiften unb ben ^eterdjinS }u jal^Ien.'
— SBill^elm fd^rieb lalonifd^ jurfid: „S)ein Segqt ^ubert, frommer
'SSater, ift ju mir gelommen unb forberte \)on mir, bog id^ Sir unb
imb Seinen 9lad^foIgem ben @ib ber Xreue fd^toSren, unb ba8
<&db, meld^ed meine 93orfa^ren an bie römifc^e ^rd^e ju fd^iden
pflegten, einjal^Ien foQ. SaS le^tere lag ic^ gelten. 3)ad erftere
itic^t Sod ®elb n)irb burc^ ben Segaten gelegentlich uberfd^idt
loerben." ^) — Ser $apft toax fc^Iau genug, }u miffen, bag man
mit ^oberem t)orftd^tig umgel^en mug. (Er forberte bie normänni«
fc^en Sifd^öfe auf, menigftend ad limina Apostolonim }u manbem,
t>. ^. ft(^ bei i|m }u ftellen. S[ber fie blieben ru^ig }u ^aufe bei
il^rem Sönig unb bei il^ren Stauen.
118) Ser folgenbe SSorfaQ trug naturlid^ aud^ nid^t ba}u bei,
tie (Engl&nber t>on ber 9lotn>enbigIeit bed QbUhaiS ju fiberjeugen:
f(ttf ber @l|nobe ju SBeftminfter 1170 erüfirte ber pftpfitlic^e Segat
») X^cmer, a. a. 0. 11. 243—244.
— 52 —
unb CatUnoI So9<^itne9 t>on Srema, eiS fei ein mm^Mtü IBec«
Bted^ett, ft(9 twn ber ®eUe rittet ftantuMne — fo naimle et bie
englifd^en ftrießerfrouen — ju ersten, um ben Selb beS ^ecnt jn
Rmfefriten. Ibt einem bataifffolgenben Stad^mitta^ mitrbe et felbfi,
nad^bem et SoxmitiftsB bie SReffe QtIfalUn, tn einem ^wceti^aM oif«
gegriffen.*) —
114) aber in 2eutf(^Ianb l^atte bie päp^üiäft Sßfil^Ierri fd^tedt
lid^ gekDirfi Sdnbemeid, fogt eine Stragburger Q^roniF auf bai^
^af)x 1116, »ar nad^ bem Zobe ®regor'8 VII. bie (^tifKid^e
SleÜgion in ^eutfd^Ianb jerfitöri 2Jen üetiagten (9rifUi(^en Blieb
fafi ttic^tiS, ald bad nadte Seben. SBegen SRangelS an aDen Stn^
ffinften l^örte l^ie unb ba ber (Sotiedbienft gftniH(^ auf. *)
HB)* ^mott fang man in Xentf^Ianb:
Andientet audiant
Diu schände uert al über daz lant
Quaerens viles et tenaoee
Si hat sieh nenneK^n de«
QfOöd viBlltaiminiei«
Die boaen herren, swie es ergp
Ad prodendum in dot haim *)
Nu hin nu hin, nu hin nu hin.
O liberales derid
Ku merchet rehte wi dem si
Date, YOblB dabstor
Ir sult lan crffeii iwev tvr
Yagiael ^;eiitibilB
So gewinnet ir daz himelhus
Et in perenni gaudio
AkuB also, alsus also.
*) »Goin die illa corpus Christi confedsset, poet veapenon in mere*
tiico interoeptu8.€ — Momay, 1%., Mysterium iniquitatiB sen Historia
täptitm. secimda cdHio. Srimurö 1612. pag. 646.
*) X^elner, a. a. C. IL 289.
■) dot haim: ^eim beS £obe«, ^itr: ^9Ie.
— 53 —
Siout «ribator triticnBi
Also will ih dieliencui tun
liberaLsB .cum dbro
Die bösen wisent in daz stro ^)
Yiles Bont zizanla *)
Btt m der tieuel «De enbüi
Et nt in .«eiium pereant
Avoy BYoy idez avant.
Rnsticales clerici
Semper sunt > fnmelici
Die.geheiient und lobent vil
Und loyfent hin «er schänden. ziL
Quisque oolit et amat
Daz in sin art geleret hat
Natura vim non patitor
Hin Tür hin vür hin vfir. *)
Uft) Zro^bem blieb ed l^inftd^tlid^ bed 3önbatS eigenmc^ beim
Stten; menn eiS ntd^t fd^Iinuner mürbe. (So bertd^tet ber Itbt
Rupert bon «euj Bei ftöln (1120—1135): ^5)teicnl9en fjricfter,
bie ftd^ ber (SS)t enthalten, n)eil fte ben ^rd^engefe^en juiDiber fd
leben nichts meniger, atß entl^altfam, fonbem treiben ed nur noäf
fd^Iitnmer, meil lein el^elid^elB SSanb il^re Su^fd^meifungen {figelt,
unb fte befto ungebunbener bon einem (Segenftanb ber Suft jum
anbem f(^kDeifen lönnen/ *)
IXt) SHefed aSorted bed SbteS 9ht)>ert liegen ftd^ genau auf
unfere heutigen 3uf^^nbe anmenben. (£8 ift noäf immer bie alte
(Skfc^id^te: S){e latolifd^e JHrd^e ^at bie offtiieüe $rießer^(E§e ju
unterbruden unb ben äugerlid^en Q&iiiat, b. i ben QSllhai im
3<b{Iregifier unb im Augerlid^en Serl^alten batrd^^ufe^en geimtgi
Sber im ®e^eimen ift e0 mie bor 1000 Sauren. 2)ie bamaligen
ttgqpetae mb introductafe unb eartraneae fftH^en ]Cj^ ^vS^AIte^
') ^ie 8dfen ,fd^ffc«' hi'Ä ©tto^. — (KiMc bUbUibe «rteniart.
^ zizania: IMEcaitt; Im (Sicgcnfaft-^Bi XM^-
') eottott, Sr- & K ün^in^sct bentfc^ ^toiif^e JUüftUeber. 2. «u««
^aBc. Sci|i|to 1846. p. 41. ^ j^ift «cbii^ ft|t 4i4 4nt« fiotebiif^^
SwHtei. fl oMuMUt * tC cMt i d i Cii .unb SIhnuttiftkben ttcnbuians imkunncn.
*) Steinet, a. a. O. n. 339—340. ,
— 54 —
rinnen, Stb6)imtn ober 9tid^ten. ^n biefem ^n!t bleibt bie Vidi
auf bem alten fjled. 2)ad forreltefte Serfal^ren tu&re, bie !atoIif(^en
$riefter ben Zag üor il^rer JSeil^e ju laftriren, mie ed im 2. SaJ^r^^
^unbert üblic^ mar. @inb unfere ©d^meftem unb Xöd^ter nid^t
ebenfoDiel n^ert n)ie bie ^ulbinnen bed @uItaniS? Unb n^aS tut ber
Sultan? Sr laftrirt bie Suffe^er feined ^aremd. Qaim, ffat bie
römifd^e ^rd^e burd^ il^re finaben^ßaftrationen jum 3^^^^ ^^
G^or>'®efanQd eine Mebl^unbertiäl^rige Übung im (Entmannen. 3ft
ed ben latolifc^en $rieftem mit i^rem ^uf(^^eit8^®elfi6be (£mft
bann brauchen fte bie $oben nid^t mel^r;^) ift ed iJ^nen nid^t @mft,
bann foUen fte, folange ber ^opft auf feiner Si^ß^^t^fctberung Be::
fte^t, unb — (Sott fei'd gellagtl — nod^ ein äBort in Xeutfd^hnb
}u fagen ^at, auf ben ^riefterftanb t>txii^tcx. — 2)ie Dperajion
ift bei bem heutigen antifeptifd^en Serfal^ren gfinjüc^ gefa^rlolS; bie
Stimme bleibt meic^ unb jart; alfo eminent geeignet für ben^rd^en«
gefang; unb ]^ert)orragenbe SBeiter::Snttt)i£ung bed SSerftanbiS, bie
na(^ ber 9Reinung einiger ^l^^fiologen an ben Seft^ ber $oben
gefnüpft fein foQ, brandet boc^ ber heutige fatottfd^e ^riefter nid^t
3)ann mirb fid^ jeigen, miebiel mirflid^ bem ^erm ®ett)ei^te ftc^
melben merben. ^ann toerben aud^ bie teutfc^en 9ei(^tfinber bor
ben Stac^ftellungen latolifd^er ®eiflli(^er ftc^er fein. S)ann loirb ber
Seid^tftul^I Don fd^mu^igen Sieben unb Z^aten frei bleiben. 2)amt
loerben auc^ bie jal^Ireic^en, pIö^Kc^en SSerfe^ungen latolifd^er ^riefter
loegen }unel^menben drgemiffeS unter ber SeböDerung unb uner«
l^örter S)elicte, n>egfallcn. — Unb megen beiS bann aOerbingS großen
SudfaUiS an une^elid^en Geburten lann [\äf bad an Sinber^Slac^mud^S
fo reiche Zeutfd^Ionb tröften. —
118) (Sratian'd im gal^r 1151 abgefd^Ioffened SBerl ber
^) 2)er Stnartfifd^ Kcst ^alingeniu« ft^eb in feinem belamiten
6itten'(9ebi(4t »Zodiacoa Vltaec gu beginn beS 16. So^t^bett«, atö er
Qttf bat Gd^nbleben ber 9)ü9n(^ ^u fpred^ lommt:
deoeat jpriTari ei pftrtibug illiBy
qua «ofeiTe aotet ciistalu villica gallis.
IRon faOe 2)cncn, bie bie ftcnf(^t#geUlbbe oUegcn, ItA nc^en, uniil bie
Whierin ben iungen ^nen nimmt. — PalingeDü Stelkli Zodiacas Titae.
Lugd. 1576.
— 55 —
^d^engefe^e, ba$ Jus canonicum, entl^AIt noäf cap. 13, dist 31
hoS 3u9^&nbttig, „bog bie S^et)er6ote eine menfd^Itc^e Srfmbung
feien, unb el^entatö Sifd^öfe unb ^rieftet fid^ Verheiraten lonnten,.
toit in ber orientalifd^en ^rc^e autS)," ^) — 2)Qmate maren p&p^U
lid^e SSerorbnungen nod^ ältenfd^enmerl; l^eute ftnb fte „göttliche
DtfcnBarungen" geworben.
HO) 3e ftrenger unb meltoerad^tenber bie Stegein eine§
DrbenS moren, befto gri^^er bie Studfd^reitungen. 1135 fiiftete
Gilbert t>on @empringl^am in Snglonb einen Orben, ber bie trüb:?
ftnnigfte Sftid^tung Verfolgte, ^rj borauf fann 92igeltu8 Don
Sireler, ^räcentor bon Santerburr^, nur bie entfe^Hd^ften Ün^
fd|meifungen baraud berid^ten. SSon ben 9lonnen fagt er unter
Slnberem: ed gäbe gmei ^tegorieen, folc^e bie frud^tbar ftnb, bie
Ifimen nieber; unb fotc^e, bie nid^t frud^tbar ftnb, bie !ftmen nic^t
nicber; 3ungfrauen l^ie^eu pe beibe. *)
120) SBaS in anberen Softem gefd^o^, ift teillüeife ju befHa^
lifd^, um mitgeteilt ju n^erben. 3Ran lefe ). 93. bei 2:^ einer ben
i$aQ aud bem Slofter äSattun, mo 9lonnen einen äRönd^, ber fi(^
mit (Siner ber i^ren ))ergangen l^atte, burd^ bie ©c^ulbige in einen
^inter^alt lodten, unb i^n bort entmannten. *)
1^) Snjmifc^en erlebte ber gefc^Ied^tlid^e Serffinbigungd^SBa^n
unter bem großen Sittenprebiger Sernl^arb ))on Slairbau; im
12. 3o]^r^unbcrt eine neue Stuferftel^ung. *) — S)ie ffi^e »urbe jcftt
uielfac^ aud^ bei Saien aiS ttmai ©d^impflid^ed, Sntel^renbed, ,eine
^) Corpus juris canonici post emendationem absolutam editum
Halae Magdeburgicae 1747. tom. I.
*) »Harum sunt quaedam steriles, quaedam parientes:
Virgineoque tarnen nomine cuncta tegunt«
in feinem IBuc^ Brunellus sive speculum stultonun, fte^e Baleus, Scrip-
tonun iUustr. maj. Britanniae Centuria lU. append. cap. 25, Basileae
1557.
•) X^einer, o. a. O. II. 371.
^) 3)ie ,e^eU(^e 9etf(^(afd^®finbe' ^atte f^on ^uftinuS ^art^rud
im 2. So^r^unbert conftnttrt; fte^e beffen apolog. 11 de resuirect. camis;
er emfifa^I confequenter Steife au^ bie (Entmannung, bem ft^ biele Sfing«
finge, u. a. ber ^eilige OrigeneiS, untetjogen.
— 56 —
Krt Unjud^f angefej^en. Die Suitgfrau aXaria (bte boc^ feC^ fHtibet
geboren l^atte, aud^ augtr (SfpA^) erfc^ien nftd^tlicl^ SBeUe beti
(Ehegattinnen itnb fierebete fte, ftd^ bd^ Umgang^ mit i^ten (B|e«
mdnnem }u enthalten. @(I^Iie|äd^ gatt auger^elid^e Unju^ fftc
eine bcr}e^Ii(l^ere @unbe, affi ber Seriell in ber (Sfft. — „fBUSpMh
ber 93em)irrungen, bie in 3)eutfd^Ianb unter ^einriij^ IV. fhittfanben,
— fd^reiBt X^ ein er — entfagten Diele 83erel^(^te, Don !8er}meif«
lung ergriffen, ber (£f)c begaben fid^ fammt il^ner gangen ^abe unter
bie Seitung ber äRdnd^e, unb begannen eine gemebifame canonif^
Sebendmeife. K» äRe^e l^ierfiber i^r SSebenlen fiu|erten, eilte
Urban IL l^erbei, erllftrte biefe Sebendmeife fiir bie ber erften
(El^riften, unb beftdtigte fte. Ungeheuren Profit l^en ^icction bie
SRönc^e." ^) — @o ge^t ed, tOGXR man ben golbbel^&ngten gtatinter
auf beut ©tul^I ^tri ftatt gelegentlid^ für einen SBerrfidto, ffir
einen ®ott l^äa
ljt2) Um 1212 kiNir in Strasburg ein IHacon fHatatoS
aSoc^arb mit ber ©c^koefter ber ®rAftn bon gtonbem in Sl^e ge»
treten, unb ^atte kwn i^r {koei $inber. Vt& Smu^enj IIL bolion
erfuhr, bannte er i^n, befahl, ben Sann ieben @onntag öffenfKi^
ju ))erlfinbigen, unb legte bem SRiffetl^&ter auf, ein go^r Sv^ ffi
t^un. iBod^rb fömpfte ein ^al^r im Orient gegen bie Zurten unb
fe^rie bann gurud. W& er feine grau unb feine fiinber mieberfa^,
ernfirte er, er Idnne unb n^oHe fte nid^t Derlaffen. Seine ^efter«
ftelle gab er aber auc^ nid^t auf. Snjttnfd^en ftarb gnnocen} HL;
fein 9{ad^foIger ^onoriud m. griff aber bie (Satfyt mit größerem
(£ifer auf, Iie| ben fUtc^tigen 89od^arb in ®ent ergreifen unb ent^
]§aupten. S)er ftopf mürbe in ganj gflanbem l^erumgegeigt \
188) SBie ed aber tro^ aDebem in ben Sldftem felbft aui^fa^,
bat)on geben Serorbnungen bon einem ^ngU in $ari0 iHmt gteii^en
Siafyx einen SBegriff: bori mirb u. a. befolgten, ,,ba| aRiVm^e unb
ftanonSer nic^t jufammen im fßtü liegen bürfen unb ©obomiterei
treiben'*; M^ bie berbflc^tigen Xl^iiren gu ben @d^lafffilen unb
*) X^einer, a. a. O. IL 356—361. «nmerfg.
•) X^einer, a. a. 0. H. 410.
— 57 —
fonfUge ßtifäffxiitfft Sufentl^altdötter Don bett Sifd^öfen }u Derrommeltt
fdm"; dcnfo ^ba§ Stonnen triebt jufammen im 8ett liegen bütfen."^)
IJM^ Sin xdaüb gefunber ®eift l^errfc^te immer in ber ©c^mei).
au im Sa^r 1230 bie dfiric^er bie Stauen il^rer (S^eifflid^en t>tt^
treiben tooUtta, weil legiere, obn>ol^I im Seft^ weltßd^er ®üter, ftd^
fpcigerten, )um Kufbau ber ©tabtmouem beigutrogen, lam ber t>tt^
nunfUge 9lif(^of Conrab \>on Confbnj herüber, unb erHärte ben
ditrii|er Sürgem, il^r Qoxn gegen bie $riefiterkDeiber l^abe feinen
t)efn&nftigen ^intergrunb; bie (SkeiftUd^n bebfirften ber Stauen, ba
fie ia nid^t lod^en tmb »eiBIid^e ®efd^ftfte t)erri(^ten lönnten; unb
fUftd« fo Sriebe. ")
IJU») Sine ber l^fiuftgften ©trafen gegät bie ^efterfrauen
toar, bag fte ergriffen unb gemaltfam »turj gefd^oren' würben, ©o
lautete eine iBerorbnung bed Srjbifd^ofS bon {Ronen 1231: „SEBir
Befd^Ien, bag bit ftonbibinen ber ^riefter öffentlid^ in ber Stiift
am ©onntag in (8egenmart beiS SoIIed gefd^oren werben." *) —
^C^id^eS gefd^al^ fpäter tnelfad^ bei gfreubenm&bf^en. — (Skl^t man
bem toQwut^igen ®ebanlen nad^, ber in biefer rollen SSerorbnung
liegt, fo ift eS Har, man wollte bem SBeib feine fc^dnfte 3^^^
rauben, ed gteic^fam }um äRann begrabiren, unb ed ate 89efd^impfted
dffenttid^ ftd^tbar mad^en. S)erweU war gerabe fte me^r SBeib, wie
jjcbe Knbere. — ©o fd^Iägt Statur, wenn man feinen eigenen SBal^n
gegen fte for^ren will, immer in SBa^nwi^ unb Unnatur tun. Unb
bad ift ber Sn^It ber ganzen ©efc^ic^te bed SöUbatS: ein Jtonpf
gegen bie 9latur, geführt t)on einem ^eer unjäl^Iiger, meift }Wattgi^
tDdiS geworbener ©otbaten, ber in Unnatur unb ©elbftbefd^ftbigung
cnbei —
126) ^xa6)tt>oU, unb einen SinblidC in ben füg^fd^urten^aften
Oebonlengang ber latolifd^en fttrd^e gew&l^renb, ift eine %uffiellung
bed äRagifter ^einrid^ Dom äRenbicanten^sDrben p ©tra|butg bom
Sol^r 1261, bag, „wenn eine 9hmne, tum Serfu<^g be9 Sleifd^eS
nsib menfd^Hd^er ©(^wad^l^eit fiberwftttigt, }ur Serle^ung ber fteuf(!^
^) 2:^eiiter, a. a. O. 11. 421.
*) xidner, a. q. O. 11. 436.
^ Xl^einet, a. a. O. IL 436.
— 58 —
fföi getrieben tuerbe, geringere @d^ulb ^oBe unb mtf)x ^atf)[\^i wc^
bienc, njenn fte einem filerifer, aö njenn fte einem ßaien fid^ l^in«
gebe"; eine anftd^t, bie ber Sifd^of SBalter t>on ©tragburg auf
bem nfic^ften ßonjil um ha§ @txo\dft feiner eigenen SReinung t)er«
ftärfte. *)
1S7) ^[am&^Iid^ !ommen mir in bie ^eriobe, in ber ber
$riefter n^egen feiner ßonlubine nid^t mel^r fein %mt aufgeben mu$,
nic^t me^r feine ^frünbe t)erlieri, nic^t mel^r in Xobfünbe DerfäQt
nid^t me^r ein ^af)x gegen bie Reiben t&mp^en mu% fonbern für
fie eine 9u|e bejal^It. 2)ied finberi bie ganje ©itua}ion. £ie
^riefter bejal^Ien freubig unb gem. Xiie Selber fliegen in bie
bifd^öflid^e ^offe, unb bilben einen 2^eU ber regelmäßigen (Sinnal^men.
.3)er Sifd^of jal^It einen S^eil bed ®elbed an ben $apft. ^e^t ift
SUIed aufrieben; bie dölibotöfrage ift geldft. 2)er $riefter 1)at lein
(E9en>eib. Sr f^at eine burd^ ^rd^enbuge gereinigte, mit boorem
®elb beja^tte ßonfubine. 3e^t tpirb nic^t me^r gelöpft, nid^t mel^r
gefd^oren. ^ie 3^HBatiSgefe^e merben ftrenger xok ie Dertünbigt;
aber nur, um bie Süßen in bie $ö^e fd^rauben ju fönnen. 3)aS
Sanb biefer neuen (£rftnbung ift natitrlid^ Statten.
128) äSä^renb noc^ 1310 auf einem ^roDinjiaU^oniil in
X^emcr, a. a. O. II. 457. — ©ie^e aud& ba» fatirifd^c lateinifd^e
®ebid^t „5S)ad fitebe^Ion^ir' aud bem 12. Sa^r^unbett, meldte« a^ori^
^aupt au« einer Xrierer ^anbff^rift mitgeteilt ^at: 2)ie ^btiffm tint»
fübfranjöftfd^en ßlofter« labt aOe i§re fanonif^en ©d^meftem ^u grtü^ltngd'
anfang gur Beratung barttber bei fld^ ein, oh unb toem fte, bem ^immel (^tf^
totifftt, ^re irbiff^e Siebe f dienten bfirften. (^ige {üngere 9{onnen ftrcngerer Db«
ferDanj fteQen bie SReinung auf, i^r Ifeufc^^eitdgelübbe erlaube i^nen nur,
ft(^ ben Orbendbrttbem r>om gleid^en Orbcn ^in^ugeben, alfo 3)omtniIane«
rinnen nur 3)ominifanem. 3)ieÄ toirb üenpotfen. «llc Älerifer Ratten bo*
ailed^t auf i^re Siebe. %itm fte feien )>erf^»iegen, fanft im Umgang unb
gftbcnd^d^e. dagegen mirb bie anbere Meinung, baft SRed^t biefer Qhmft^
b^eugung au(^ auf atitter, ^ec^te unb 9letßtge audjube^nen, mit Sntrüftung
aurüdfge»iefen; benn biefe feien, ob»o§I top^tt unb träftiger, ^ro^I^fe unb
ff^m&iten aUed auS. 3n biefem 6inn toirb bann förmlid^ befc^loffen, über
91nber8:^2)enlenbe ber 93annflu^ au^ef))rod^en unb befohlen, bie neuen ^t^^
fd^Iüffe aUen Srrauentldftem mitjuteilen. — deitfd^rift für bcutfd^« Klter:^
t^um, ^r«g. bon ^aupt. £ei))5ig 1849: S3b. VII. p. 160.
— 59 —
ftdin beftimmt toirb: ,®^Üid)t im ßonfubinat tuerben fufpenbtrt;
t& ift verboten, bei il^neit bie SReffe ju j^ören'; lögt ftd^ fc^on 1311
ber SRatlönber (Erjbifc^of SaftonuS auf bem ^ergamener ßonjU
folgenbermalen t^emel^mett'' : Sin ^rftlat unb SSorfte^er einer ^rd^e,
n>el(^er eine ßonfubine bei fid^ ^filt, mug je^n, ein anbetet SIetilet
fünf ^abiet Siten (librae Papienses) al8 Suge beja^Ien, n^eld^e bet
SBifd^of nac^ feinem ®utbimlen ju ftommen Qtotdai bctwenbet." *)
129) SDie Xeutfd^en metiten babon nic^tö. Unb ^oc^ oben
im 9totben, in ®Ianbinat)ien, S)änemarf unb t^eiltueife aud^ in Sng«
lanb, too bie auftül^tifd^en Sbl\iai&^&t\t^t eined ®tegot gat nid^t
l^ingebtungen n^aten, obet leine Seac^tung gefunben Italien, lebte
mied in Stulpe unb tJfrieben; bie fitd^Iid^en SN^ftetien etfüQten bie
9en)0]^net biefet büfteten unb )u tiefftnniget ©titbelei antegenben
filimote ))iel }u intenftb, um ben lodeten Stöttetungen eined tömifd^en
^ofS Slufmettfamleit ju fd^enlen; unb bad ^tieftetmeib nal^m feine
attc^tifttid^e, unetfd^flttette Stellung ein. ®o bag fic^ l^iet, auf
biefem $unlt bie mettmütbige ^etfpehU^e etgiebt, bag, n^dl^tenb in
Stoßen bet ßteid bon bet legalen ^tieftetSftau }um gejäd^tigten
unb gefd^mä^ten 98eib im ^aufe ht& ®eiftlid^en, unb Don ba jut
butd^ (Selbbuge legalifttten S'onfubine beteitS DoQenbet l^atte, \)od^
oben in bem beneibendtpetten Stotben bie ®attin bed ^tieftetS, bad
Sotbilb bet eüangetifd^en teutfc^en ^fattetdftau, unbetü^tt bon biefen
ectel^aften kämpfen, noc^ il^te üotne^me altd^tiftli(^e ©teUung unbe«
fhritten inne ^atte.
ISO) Sinjebte 93etotbnungen auS bet Solgejeit dbtx {eigen, mie
tief bet (Schaben fteUenmeife gefteffen: Suf einem Sonjil ju D^fotb
1322 n)itb ben (Seiftlid^en betboten, „an bunflen Dtten bie Seid^te bet
SeiBet ju l^öten.'' — Unb bad S'onjil ju Sbignon t)etbietet ben
^tieftem, (8ift obet tdtlid^e Stfiutet }ut Vbtteibung bet fttnbed^
ftüäft }u teilen.*)
ist) n^a n){t beftnben in tfiglid^et etfal^tung, ba| bie ^ailige
tdmifd^e fitd§ M liebet gebulben koill, bag it liebe l^ailige fd^koeftetlin
in ben Höftetn att nonnen unb Seginen ^ mit ttän!en unb atjnei
») X^einet, a. a. O. HI. 595.
■) J^einer, o. a. 0. IH. 600—608.
^ fron^dfifd^e Jtlofterfrauen.
— 60 —
ire fm^i kiertreiBen, d|e ba| fte geboren tverbe, ober aud^ ftAtoeaK^
enofttgen, tmmn'ft an ia9 Ütd^i gdrad|t ift, bann bag {ie na^ Pauli
rat mfinner foQten nenten." ^)
ISift) 3n Stolien fteigen balb Me Xa^en für ben ben ^cfitem
i4t offijiel geftatteten Ungang mit ben VMAtoL ^25 Sire fSr
eine berbd(|tige S^auenj^erfon, 25 (Selbgulben fitr eine eigcntlid^
<h)nbtBiae'' befUmmt bod fton^il twn gloren} 1346.^ — 3e^, ^
bem bie ^rd^e ®e{b belam, gieng bie Xran8fubftan)ia)ifm, Ue Ser«
ttmnblung ber ^oftie in ben Seib S^rifU, burc^ ben bemeibten .^efter
anftanbSM t»ox fvSf,
ISS) 3n)tDtfd^ freUi^ litten [xä) bie ^fte boS »eii^t, in
©ittlid^Idti^fragoi mitfpred^en ju fönnm, fdbft benommoL SBft^rmb
burd^meg in Xeutfd^kmb bie l^rteften QM>ai§qf^e^ toerliinbet tour«
ben, üBerlieg ftd^ ber p&pfSi^ $of in Sbignon tt)(i^renb biS
gangen 14. Sa^r^unbertfl, mie und Petrarca eijfi^It, SuiSf^ei^
fangen unb fqrudlen Saftem Don einer (E^oiAitaty, gegen bie ba8>
^armlofe unb e^rttc^e Sl^ebonb eind^ teutfd^en fiferÜerS, ber lieber
feine ^frfinbe, olS fein (E^emeib unb feine ßinber aufgab, eine l^eilige
äReffe genannt merben mu^. „2)ie )u (Greifen gealtei^en Sird^^
fürftcn — fd^eibt ?ßetrarca im 20. fetaer abreffelofen Sriefe —
bergeffen, ha% fie leine 8^^^ unb ^äfte mel^r l^aben, nmgen ^bifft,
t>ox beaen felbft ein unbftnbiger Süngling }urudQ(|redEen mütbe, unb
geigen ftd^ fo, ald ob i^r ^eil nid^t im Sreug Q^rifti, fo]d)eiit in
fc^amlofen Übungen auf Ififtemem ^fül^I gu ftnben feL" *)
1S4) 2)er gro^e ©trafprebiger 9HcoIauiS b'DrelBme nannte
3* Srifd^art, S9tenenIorb be9 ^ailigen rdmifd^cn immenfd^matmd.
1582. ^t9g. t)on 3. (Sifeldn. @anct dtoUen 1847. p. 305.
^ 3%einer, 0. a. O. III. 611.
*) »Quia non irascatur et rideat illoe senes poeros, ooma otodida,
togifl amplissimis, lascivientibiiB animis? Tarn calidi, tamqae pneoipil#s
in veaerem aenes sunt, taata eos aetatis et Status et virium ooepit oblivio»
sie in libidinem inardescunt, sie in omne raunt dedecus, quasi onmis
eorum gloria, non in Gruoe Christi sit, sed in oammessationibus et ebne-
tatibus, et quae has sequuntur in cubflibus impudidtüs.« libroram
Frandsci Petrarchae Basileae (1495) impressonim Epistolae sine titulo.
Epist. XX.
— 61 —
1364* Wc «blgnoncnftfci^cn ^älotcn In ©cgcnnwrt Urban'« V. „un*
j&ti^lige ^imbe." ^) — Unb ma8 2)ante unb Soccaccio tmb bie
SM%m Slobdliften bmt ber Süfteml^t italienifd^er ^rieftet ju er^
jAffett tmffen, Brausen tuir l^ier tool^I ni(|t antufü^en.
]B5> „®D tteibft 2)u unb 2)eiRe ^ber fd^finbltd^e Un^ud^t;
beim bie (Earbinfil unb 2)elned ^ofdS $uferon *) unb ^ttmopf^xt)*
Mten fi^en ein foI(^ greulich äBefen, ba§ ^immel unb @rben bafüt
{leBm unb stttem." *)
lWfr> Htt Snnocen} IV. 1245 baS ju S^on abge^Itene ßonjil
Mcflel, fagie ber Earbinal ^ugo im SRoment ber Kbreife bd$
pfil^i^en ^ofefli )u ben Sinhwl^nem ber @tabt: ber Xufent^alt bt§
rdmif^ ®tu^I8 fei ber ©tobt htkff t>on großem 9hi^en gemefen:
»ie fte ^getommen feien, l^ube e8^ l^ier brei ober bier ^urenJ^dufer
gegeSen, te|t, bei i^rem Wjug, fei nur noif ein einjiged ba; bielB
tfii|e a&er tnm einem Snbe ber @tabi bü^ gum anbenu ^ — @oId^
€|>A|e fonnten ft^ bie ^l^en ^erm f(^on unter ft(^ erlauben. Stur
l^nauAringen burften fte nid^t; aber felBft ba toat bie (Sefal^r nic^t
gra|. Sie bldben Xeutfd^en »aren glüdKid^, einen itolienifd^en 2&fi»
ttng jum ^errs^tt ju l^ben, unb faulen gISubig in'i^ ftnie, fobalb
fM^ nur ber Q\p\tl eined päp^^tn Segaten bei il^en bliden lie^
nV) „®oI<| fd^anblid^ Seben, bad fo offenbar ift fhaft !ein
9apfl, Sarbinol, Stfd^f, Soctor, $faff, Wlbn^, SZonne, fonbem
Itxd^, pvtjftnS unb fc^müdbtiS.'' ^
188) Unb bon ^ol^ann XXTTT., ber auf bem ^njil }tt
1415 gegen feine jmei ®egenpä|]rfie abgefegt nnrbe, unb
') Seiner, a. a. O. in. 623.
*) Stnaht, fMhd^tn; italienifttte ^orm Dom latehtif^en pnauB.
*) f^lftt, Oiber ba« fßap^tam ju 9bnr Dom 7atffef geftifft. Sitten«
tag 1545. ^AimntU^ «erle. (Stkncgen 1830. 9b. 20. p. 134.
*) »Amici mngaun Udam», postqwun in hamc uitan venimvf,
ntflitatem et eleemoBynam. Quando-emin piimo huc yenimuB, tria yd
quAtnoT proBÜbala inyenimiw. 8ed nunc veeBdentcB unam sdiim relin*
qidnraB. Venm ipeum doni oontinaatiim ab orientali porta dTitatiB
naque ad ooddentalem. — Mattliaena Paridensb, Eüstoiia major ad arl221.
ed. W. WalB, 168^ p. 707.
*) Sut^er, Samung an fehte lieben 3)etttf(^en, 1531. Stomllk^
6d^en. (Erlangen 1830. 8b. 25. p. 8.
- 62 —
beffen Xaten nur be|^d6 an^d Sid^t lamen, ba man, um V^ ob*
fe^en ju lönnen, feine incrimma angeben mu^e, tti&fjUt Sietrid^
t}on 3lxtm, ein bamaliger Sl^ronift, „bag gol^ann nad^ einem ö^mU
Ud^en ®erüd^t ald Sarbtnal in Bologna an {mei^unbert S^efrauen,
SEBitmen unb Jungfrauen, aud^ biete fHonnta, entel^rt l^abe. (Einige
berfelben foQen bon il^ren S^emfinnem, anbere bon il^ren Xnber-
n^anbten, aud ©d^anbe um^d Seben gebrad^t morben fein, o^ne bag
bied auf ben eigentlid^en Url^eber biefer traurigen Sreigniffe Sin:"
brucE gemad^t l^abe. 93onifa) IX. I^abe i^n feiner Qdi nad^ SBoIogna
gefd^idFt, um i§n leite bon feiner 93eifd^Iöferin in 9tom }u entfernen,
bamit biefe nad^ Steapel ju i^rem Sl^emanne jurudtfel^ren lönne, teitö
um fid^ burd^ i§n SSoIogna ju unterwerfen." *) — ©eine ©d^anb^
tl^aten mürben t)on ben geiftlid^en ^erm auf bem ih)njil feKft unter
70 SlnHagepunlte gebrad^t, t)on benen aber auS ©d^onung für bie
3u^5rer nur 50 jur Sertefung lamen, barunter: ^urerei, Sl^ebrud^,
SBIutfd^anbe, ©obomie, ©imonie, gfreigeifterei, atfiuberei unbäRorb. *)
— 3CId er merfte, toa^ gegen il^n im Sujug toax, flo^ er au8
ßonftanj ald ^oftlned^t t)erlleibet, mürbe aber eingel^olt unb }ur
Unterjeid^nung ber %bbanIungS^lIrfunbe getmimgen. — Zro^bem
mad^te il^n fein ^lad^folger äRartin V. mieber jum S)ed^ant bt&
SarbinateoQegiumd. — 9(uf bemfelben ^onjil mürben $ug unb
$ieron^mud, bie ein tabellofeiS, ftttenreineS Seben gefül^rt, aber bie
«utorität ber ©ibel l^öl^er ad^tcten, ate bie be8 $apfteg, — öfr^
brannt.
189) SBö^renbbem lamen auS 2:eutfd^Ianb bie fd^redSid^fien
9tad^rid^ten fiber bie SBirfung ber 3öabati»^®efe^e. 2)ietrid^ Don
9{iem berid^tet aud ben 2)iö}efen Sremen, IXtred^t, SRünfter:
„3ßönd^e unb Spönnen teben in ben 0öftem )ufammen unb mad^ten
au8 benfelben ^uren^äufer, in benen bie fd^auberboQften ißerbred^en
berübt mürben. S)ie Sloraien töteten il^re eigenen ftinber." •)
*) @d^rö(f§, fttrd^engef<^i<^te. ^. 31. p. 378 ff. fieitJ^ig 1800.
*) Seber, 3. €., ^a9 $at)fttum unb bie $ft))fte. Stuttgart 1834. H.
p. 248.
*) TheodoruB de Niem, EQstoriarom sui temporis, lib. IV. cap. 34.
BasiL 1566.
— 63 —
140) Gegenüber biefem aSgetneinen SSerberben, unb bem Set«
faQ ber ©itteit bont $Qpft l^erunter 6tö jum legten SBettdmönd^, ber
ftd^ auf feinen SEBanbentngen ate Seid^tDater in bie ^äufer fd^Hd^,
unb bie grauen berfül^rte, unb angefid^td ber gAnjttd^en Unmirtfom«:
feit ber 6id gum Überbrug berfünbigten ßeufd^l^eitö^Serorbnungen,
fam bann SranjidcuS QaiaxtUa, Srjbifd^of bonSIorenj, lOOS^^l^c
tot Suü^er, felbfi auf ben juerft fd^üd^tem auf bem ßongU ouSge«
fproc^enen ®ebanlen: unter ben gegenmörtigen SSer^&Itniffen fei bie
^eftersffi^e, aö bafi geringere Übel, bem 3öÜbat öorjujie^en. ^) —
Unb fe(bft ^u» U, ^atit, als er nod^ nid^t $apft fonbem 9(enead
S^lDiuiS l^ieg, gefagt: ,,9Benn man (S^rünbe l^atte, ben ®eiftli(^en
bie SBeiber 5U nel^men, fo l^at man nod^ todt triftigere, fte ü^nen
tpieber §u geben."
141) Saifer ©igidmunb griff ben ^(ebanlen auf bem fton}U
auf, unb fprad^ i^n in feiner beriil^mt getDorbenen ©d^rift ,S)ie
Steformation' (fpfiter gebrudt gu »afel 1521) mit boQer ^eutlid^Ieit
unb großer ®emütdn)&rme aul^: „(£8 ift unber ber priefterfd^aft
gro|e mi^l^elCung biet unb t)il, jmifc^en ben bifc^offen unb inen atö
id^ eud^ fag. SEBann bie bifd^off t)on ge^tigfeit (aud ©ei}) unb on
aQe notturft, unb xoiitt gott unb red^t (branb^) fd^a^en bie friefter
unb nemen jnen abftemer (Don megen il^rer ^emeiber); ^oceffen
fd^idEt er jnen bed erften bor jrer concubinen megen, barumb baS
fte ber ftemer befter ee ein geen. (Sttoan fo fummen fte in ben
patm (Samt), fte laffen aber barumb jrer concubinen nit. SQfo n^mpt
ber bifd^off baiS gelt miber red^t unb lagt fte ft^en mit großem un^
red^t, unb bidt tmb t)U in pennen (Sannflüd^en) unabfotoiri {(Sx^
nimmt ber 95if(^of öon ben ?ßrieftem wegen il^rer ®eiber eine
©teuer; fommen fte bann öon ©eite beS ?ßapftc8 wegen ber SBeiber
in ben Sann, fo lümmert ftd^ ber 93ifd^of nid^t barum.) Sber barum
baS t& t)erfe]^en (t)ermieben) merbe, fo ift ed meger (beffer) bad man
Ide ate man ju Drient lebt (bie orientaIif(!^e ^rd^e bel^ielt belannt^
kä) bie^efterel^e bei) unb an anbem ettlid^en enben, bo bie prlejler
*) X^etnet, a. a. D. 656. .
*) »SacerdotibuB magna ratione sublatas nuptiaa mairoi restitnendaa
^deri». Platina, historia de Vitis Pontificum Parisiis. 1505. p. 333, b.
~ 64
ee {^tf) ffiriber nemcn, tooitn unfer ^en S^nfibid ^ai dB ntt t>tx^
Bottctt bcr pxif^dfa^" ^)
148) Kber mag ifatU bonott ein Saifer {u fagen?! »e^
fottbeid ein fo fc^nnid^er, mie ©igidmunb. ^otte er {td^ boc^ and^
kwn ben geiftlid^ ^emt befd^ma^en laffen, ba8 $u| unb ^ieross
n^mud auf fein Iaiferlid^ci( Sort ]§tn gegebene freie &ddbt ju
brec^; bie einzige Soi^ebtngung, meU^e bte belben furd^ofen
Denier bem gKammentob ABerliefem lonnte. Unb fo mn^ onc^
je^ ber Siaifer lior bem Stanjofen ®erfon unb feiner bogmotifc^
Softftil ^inftc^tlid^ ber $rlefter^(E^e jurüdCfte^. ^e Unjud^ ber
(Seiftlid^, fagt ®erfon, iß bad geringere Ubd gegenfiBer ber
^riefter^G^e, unb brfiät bieiS in folgenbem ^orrenben @a| aud:
„Sieber unentl^altfame ^riefter al8 gar leine'' (b. l kieti^eiratete)!'' *)
Unb an anberer @teQe fagt er: „^9 ift }ttxir ein gn^eS ^emi|
für bie ^farrtinber, menn ber Pfarrer mit einer fionbtbine 89e{^
fd^ )>flegt; aber ein meit gr&gereS ift eS, merat er bie fteufd^^
feiner ^arrtod^ter berieft" — «ber bie ^nlubine ifi ia eine $farr«
tod^ter! 2He Sonhtbinen faQen ia boc^ nid^t, att (Befd^ &M^,
t>om ^immel l^rab, für |eben ^riefkr eine! @onbem fte ftnb bie
Xdd^ter be0 SonbeS. Unb ber ^efter larai fte, ba er nid^t mit
i^r Verheiratet ift, jebe @tunbe med^feln. Unb eine SiirgerB* unb
^farrtod^ter nad^ ber onbem lommt boim bran!
^at cinr mit einer nit genug,
'SfHaO^t er )too brei nad^ feinem fitg:
Seld^ im ntt gfelt, bie lagt er gon,
9Hmt)t onber, ald Dil er loil ^on." *)
2)aiS ift e0 jja eben, wogegen ftd^ baS norbifd^e SSfirgertnm
^) „3)ie 9tefonnati0n: fo ber aflcr ^urd^leud^tigeft, dbwgmed^tigeft ffiift
^err Sigmunb, 9l5mif(^er 5!aifer, in bem ned^ften CTonctlio )u CTonftent^, bie
(ST^tenlif^e tird^en in beftentige orbennng gu bringen ffirgenommen ^at'^.
9afet 1521.
*) Geraon, Dialogus Sophiae et Natu»e Bopw ooelibata »Te caaili-
tate EccleaiasticorunL Opera. BasiL 1528. tom. ü.
") TrimnphuB VeritatiB, @i( berSo^r^eit, mit bem ©(^toert beS d^eiftft
bwcd^ bie %Bittenbergifd^e 92a(l^tigaa erobert. 9on einem 9Utmbetger ca. 1525.
f. SMta ®(|abt, Satiren unb ^ftcruiUe tM ber IReformationfseit. f^an*
noi^et 1863. 9b. n. p. 214.
— 65 —
auflehnte. S)aiS mar ber e^rlid^e, gefunbe ®ebanle Sax\tx ©igti^:«
ntunb'iS! — ^ier, auf biefem ^ottiil, lann man \d)tn, mie fid^
latolifc^er unb teutfd^er ®dft fd^eibet; latolifd^er, boftrinfirer ®tatx^
ftnn ber SSdlfd^en unb gemtanifd^e, ti)xlx6)t ^eriends^SinfoIt; ©er«
fon unb ^ifer ©igidmunb. Siebet Unjud^t ber $riefter unb
ätettung bed boltrinfiren Se^rbegriffd, aü Dere^el^te Pfarrer unb
@auberleit tm ®otteSbtenft unb in ber ®emeinbe. — ® er fon ifi
ber erfte X^puiS jener t)aterIanbdIofen, gemiffenSbaren 3Renf(^en, bie
aul^ Suft, ber fiol^orte bed $apfteS anjuge^ören, Wlt& prei^eben,
ber fru^efte Z^pul^ jener aRalou, ^uillou, be iCRaiftre, SSeuillot
unferer läge. —
148) ^aS ^onjil bon ^onftanj i^attt burd^ feine Sntfd^eibung
über bad 3^^^^^^ ^^^ eigentlt(!^e, geheime 3)enfen ber IatoIif(!^en
^rd^e mie mit einem ©c^Iaglid^t greQ idm6)tti: 9Ron mar iMfi
fammengelommen, l^auptföd^Iid^, um ,9teformagion' ju üben, ,9tefor:s
mojion an ^aupt unb ®Uebem'; einer ber ^auptpunfte mar bie
^riefier^Sl^e; man mugte, bag ber 3^1^^^^ ^^ @inne mirllid^er
^ufd^^eitöübung nid^t burd^fü^rbar fei, bag bie ftrengften Serorbst
nungen unb Strafen nii)i& genügt l^atten; man gab ju, ba| bie
^riefterel^e ben gegenmärtigen furd^tbaren 3uftänben in (Safrifteien
unb ^löftem Dorgujie^en fei (f. ben Srjbiftl^of t>on Sloreng); aber
mon mu|te au6) feit ^ilbebranb (Tregor Vn.)r bag bie G^e^
loftgfeit ber ^riefter baS einzige 3RitteI fei, fie t>om SSaterlanb afh
jutrennen unb ju einem ^ierard^ifd^en SSerfjeug ber ^äpfte ju
mad^en. ^) SEBie ^atte man fii) alfo je^t ju entfd^eiben: Sntmeber
^efter^^e unb SSerminberung beiS päpftlid^en SinfluffeiS, ober
3dlibat mit aQen Unjud^td^Sonfequenjen unb Sufred^ter^altung ber
^ierard^ie. 3Ran entfd^ieb ^6) für^d le^tere. Unb nun lommen bie
bogmatifd^en 3RauImürfe unb müßten nad^ ber neuen 3Retobe.
144) SRan l^öre ®erfon: „SSerle^t ein ^riefter bad ®elübbe
ber ßeufd^^eit, menn er eine unjüc^tige ^anblung begebt? — Steint
2)a8 ©elfibbe ber Seufd^^ett bejie^t fid^ b(og auf baiS 9Kd^t^<£inge]^en
einer &)t, (Sin ^riefter, ber alfo bie ftörtften Unjud^tdbelicte ftd^
') >Non liberari potest Ecclesia a Servitute Laicorum, nisi liberen-
tur prios Clerici ab uzoribusc ^atte Q^regor gefc^rieben. EpiBt. III. 2.
— 66 —
jtt fd^ben !ommen U^t (qnamvis pecoet graviBaime) brtd^t, toen»
er ei» ate UntKrl^elrateter ^ut, ha& ßeufd^]^ettdgelü6be nid^t." ^) —
SKecIß Su Sefer, toorauf ed ^inaud^e^t? — 2)a man bie ^tieftet«
&ft uitter leinen Um^nben geftatten lann, bie ^efier aber, toit
bte (Srfal^rung gejeigt l^at, bie Seufd^l^eit ebenfo menig galten lönnen,
f mug man eben bie augerel^elid^e @yef(!^Iet^tögemeinf(i^af t ber $rtefier,
fei e§ nun mit ftonhtbinen ober 93ei(i^tlinbem, bogmatif(| conftruiren
nnb kiertbeibigen. Unb bod t^itt ®erfon.
145) Unb ber ^arbinal Sampeggi erfidrtc bem @enat tmn
<Bixa%iviXQ, ber ftd^ im ^inbtict auf bie ^riefter^^Sonbibinen xt^U
fertigen tooKte, bag er ben ^rieftem ber @tabt bie (Sf)t erlaubt l^abe:
^Sr miffe too% bag bie beutfd^en äSifd^öfe i^ren ©eifttid^en für eine
auferlegte ®e(bbuge augerel^elii^en (S^efd^Iec^tSgenul geftatteten; bod^
bieS fei lein ®runb, bte $rieftere^e ju erlauben; benn, bag fid^ bie
^efter Derl^eirateten, fei eine Diel fd^merere ®ünbe, ald menn fte
fid^ mel^rere ^uren ju ^aufe l^ielten — quod saoerdotes fiant mariti,
multo esse giavius peccatum, quam si plurima« meretricesalant; —
bemt iene bilbeten fid^ ein, nid^t ju fünbigen; biefe aber erlenneten
»cnigfteng il^re ©ünbe." *) — ®ie8 ift ganj ed^tcr fatottfd^er ®eift.
14S) äSemt man nur S)ad ben fünfjel^ 3RiIIionen Satonien
in 3:eutf(!^Ianb tftglic^ t)orfagen lönnte, ba% eS fic^ in 9tom nii^t
um {Religion l^anbelt; ba| feit faft 1000 ^al^ren, feit ®regor VH.,
bie ^er^end^Steinl^eit eined äRenfd^en, fein trandfjenbentaler glug nad^
Oben, feine moralifc^e ©auberfeit, morauf Wit& ber Zeutfd^e fo biel
^äii, bort gar ni^t in gfrage lommen; ba% ed fid^ bort nur um
retigiöfe ^errfd^aft, ober italienifd^e 9teIigion ^anbelt; n>ir
toären frei öon btcfem SumpfsDrt, beffcn bogmatifd^e fünfte taufenb«
^) Violatne persona votum suum, quando non servat caBtitatem,
vel etiam preebyter, aut religioea persona? Bespondeo, quod regttlariter
Votum castitotis fit, quod nunquam Tovena, contrahere velit matrimonium
et pro hoc quia cooBequenter obligatua est ad caatitatem. Ideo non
violat Votum Buum is, qui non contrahit matrimonimn, quamvis peocet
gravissime. Sermo contra luxuriam. Dominica II. Adventus. Op.
t. m. p. 917.
*) aflongen, 3., Äoftbare Sftcllquien au« bem golbcncn 3eitalter ber
SRömift^en ©ierarc^ie. ßanbdbcrg 1845. p. 9.
— 67 —
mal fd^Ibnmer ffatb, att feine mefltifd^en; imb to&XGX ebi ebttgeiS
Oatetlanb.
147} fftoi) efatmal ®er[on: „^ie ^rftlaten I&nnen ni^t (tog,
fonbetn mfiffen bon ber gffiHung ber (S^communicatUm gegen pde^ie^
lüft ftonlu6{norter abfielen. @8 mfire in ber Z^at fe^t tl^drid^t,
gegen bie audfd^tt^eifenben ^eftet mit bem Sann \>oxgaQtffen,
ffyM^t, gef%(id^, gottlos unb beinal^e factKegifd^. (£9 ift
beffer, ©d^bige ungeftraft ju laffen, ald Unfd^ulbige }tt Beflrafen.
S)ic ?ßforrflnber »erben aber gcftroft, »cnn il^nen ber Umgang ntö
bem Pfarrer verboten, unb fo il^r ®emiffen bnrci^ S^Jctfel bemtrul^tgt
mirb. SBenn man ®rflnbe l^at, bie ^uren ju bulben, fo ^at man
ttod^ mc^r Urfad^e, bie l^urertfd^cn ^eftcr }u butben." ^) — S)üJ
iß m{d>erum ganj ed^ter, reiner latoUfc^er ®eift.
148) «3ft8 aber nit ein ttrannei,
3)a6 man fo }totngt jitr ^urerei,
3n bem bag man bie ee verbeut
2)en getftlic^en? atö toentd nit Icut
2)te an in fetten fleifd^ unb blut,
fBetc^d ban, toie fm natur ift, t^ut,
Unb teufd^^eit nieman Ratten fan.
^an toie !ann feur on flammen {in?
d^ot gie^ ben tamo ber gnaben brtn.
92ad^ fec^t oon btfer feufc^^eit toegen,
3)cm fie att jett (»ic g^ört ift) |)flegen
3n trem fo geifttid^en flaut,
SBerben ft« ^Q^ geiftlic^ genannt —
3a ffeifc^Iid^, oi^ifc^, p^t\ ber fd^anb,
3)a^ man fot oon und d^rtften fagen
^ad b' l^eiben fetten nie oerbragen!" *)
149) Son ^ier auS mar ed nur ein @d^ritt, bie beim unbe^^
»eibtcn ?ßriefter unoermciblid^en Unjud^tö^anblungen ju legoßjtren
unb fiber fie meife SSorfd^riften ju geben. 9(ud^ biefen mad^t ®erfon:
^3)a8 britte SRittel — fagt er, — um Unjud^töbergcl^en ju com*
penfircn, ift il^nen eine groge «njal^l guter SBcrfe gegenübcrjttfiteffen.
8fud^ gebe man 9Li)t, erftere nur im ®e^eimen )u üben, nid^t an
^) (Berfon, über de vita Bpirituali animae. t. m. p. I. p. 51—54.
^ Triomphus veritatis, @t{ ber ^a^r^eit, a. a. O. p. 216.
5*
— 68 —
Soiuitagen unb an l^eiligen Öttem unb nur mit llnt)ere^elid^ten.'' ^)
— SBer bie SBuraebt bei» Sefuitidmud in ber latolifd^en ^r(^e
ienfeitd ber 9teformajton auffuc^en miQ, mug ^ier anfangen.
150} Snjmifd^en nimmt bie mertantUe "Soxm bei» Q&libaiS
\i)xtti Fortgang. ®ie ,$riefter^$ure' mar ie^t bogmatifd^ lonftruirt;
unb bev ,$uren«3^'r ^^^ ^uren^^^Sa^e mar ebenfaQlS fc^on einge^
ffil^rt; bie alte ©ittenloftgleit unter neuer, t^eologif(!^er Stilette lonnte
olfo ie^t rul^ig il^ren S(>^9<tug nehmen. Slud ber nun folgenben
3eit bedl5.2[a^r^nbertd berid^tet unSSRlcoIaud bon Slemangid:
„®ie Sorfte^er ber ^arod^ien in ben ^iögefen l^alten fic^ metft
gegen einen feften unb äBereingelommenen $reid, ben fie an il^re
^raiaten jal^Ien, öffentlid^ S^onhibinen." •)
151) Sin anberer @teQe, erj&^It er, jmingen bie 93ürger bie
(S^eiftlid^en, ftc^ ßontubinen ju Italien, um ben ©(l^änbungen ber
grauen unb Jungfrauen einen Samm entgegenjufe^en: »Denique
laici usque adeo persuasum habent nullos (clericorum) coelibes
esse, ut in plerisque parochiis non aliter velint presbyterum tole-
rare, nisi concubinam habeat, quo vel sie suis sit consultum
uxoribus, quae nee sie quidem usque quaque sunt extra
perieulum.« •)
158) f,3ft ^cute 3emanb jum SRügiggang geneigt — fä^rt
er fort — fliel^t er bie ärbcit unb miß ein fd^melgerifd^eS Seben
filieren, fo lauft er mit offenen Slrmen bem ^riefterftanb ju." —
»81 quis hodie desidiosus est, si quis a labore abhorrens, si quis
in otio luxuriari volens ad sacerdotium convolat.« *)
15S) 93on ben Stonnen fd^reibt er, bag i^re Softer nic^t
^) »Tertium remediom est efficere, ut paucissima faciant peccata,
et interdiun multa bona facere. Notate quod sit in secreto, et extra
festa et loca saneta, cum personis eine vinculo.« ©erfon, Sermo contra
Inxuriam. Dominica IV. Adventus. Op. t. III. p. 932.
*) Nicolaus de ClemangiB, De corrupto ecclesiae statu: »Plerisque
in dioeoesibus rectores parochiarom ex certo et conducto cum suis prae-
latis pretio, passim et publice concubinas tenent.« Op. Ed. G. M. Lydias.
Lugduni 1613. c. 15. n. 13. p. 15.
") De praesulibus simoniads. Lugduni 1613. p. 165. sq.
*) Nicolaus de Clemangis, a. a. O. c 16. n. 3.
— 69 —
®otted ^ettigtümer, fonbem bem SenitSbienft getoel^te ^ufer feien,
100 bie mönnlfa^e Sugenb ftd^ jut Sättigung il^rer ®etüfte jafammen^
finbe. Unb eine Jungfrau ben ®d^Ieiet nehmen laffen ^eige ntd^td
Sbbered, att fte }ur dffentfid^en Suftbime maiftn: »Nam quid, ob-
Bocro, aliud sunt hoc tempore puellarum monasteria, nisi quaedam,
non dico Dei sanctuaria, eed Veneris execranda piostibula, sed
lascivorum et impudioorum juvenum ad libidines explendas recep-
tacula. Ut idem hodie alt puellam velare, quod et publioe ad
floortandum expoDere»^).
154) 9hm tarn ha» SSafeler ftoniil ^eran (1431—1449).
9ufd' 9{eue erl^oben {td^ Stimmen, ben (äeiftlid^en lieber bie QSf)t
iVL erlauben, att bad @(!^anble6en meiter mitanfel^en )u muffen.
aSefonber 9HcoIaud Xubefd^i, ber beru^mtefte fiononift feiner 8^t,
pUbirte für bie Stbfd^affung ber bie $riefter:KE§e berbietenben &t^
fe^ Unb 1439 towcbt fogar ein k)er^eirQteter ^Qp% Seli; V.
(1439—1448) gen^a^It W» ft(^ einige Stimmen bagegen Der^
nehmen liegen, erflArte 9(ennad S^Ibiud, fpäter atö ^f^vaS 11.
felbft $apft: „^aS ftreiten ftd^ bie S)octoren, ob ein t)er^eirateter
^ft fd^ulbig fei, feiner Srau bie e^elid^e ^flid^t ju leiften*); unb
ob ein SSer^eirateter $apft fein lann? (£d gab, mie 3^r migt, ber^
heiratete ^äpfte. SSieOeid^t bürfte e& gut fein, menn ftc^ bie ^efter
(»erheiraten bfirften; mett Stiele Deri^eiratet im ^eftertl^um i^r Seelen«
^eil förbem n)firben, bie ie^t el^elod ju ®runbe gel^n"*).
165) 9l(iin Sl^artrier, Secretör ftönig ^axV% Vn. pro^
fejeite 75 3a]^rc bor ßutl^cr, baS Scrbot ber ^riefterel^c, njcId^cS
nur bie Unjud^t förbere, unb bereits jur Spaltung ber gried^ifd^en
bon ber römifd^en ^rd^e geführt l^abe, merbe nod^ meitere Spal«
tungen jur Solge l^aben*). 2)iefer S^artrier nnigte menigfteni^
fotrtet, bog bie italienifd^e Sittlii^Ieit bon ber SittKc^feit ber nor^
bifd^en Sötler l^immelmeit t)erfd^ieben fei; toad bie ^dpfte, bie bie
*) Nie de Clemangis, a. a. O. c. 23. p. 22.
*) ^aft toar natürlid^ ffir bie (üftemen, ungennifc^en bogmatifc^en
9l5uler ber SBAIfd^en ba9 $ifantefte unb Sntereffantefte an ber @a(^e.
*) X^einer, IIL 696.
*) Heiner in. 697.
— 70 —
l^tUfUt^fynt hopHoti^ craürnirt Ratten, md^i awftlai. & max
cbi dMä. ttt Kt§ sollte bann nm fo fk^ecer ofolgciL Shif biefe
diiliffa^ Untomtnii bor ^^Airfte txm bcn fttffi«^ nnb gcmntfü^
%n\otUttm%ai btr Zcntfc^ fcf^n imr anc^ ^cute um^ unferr
ftüdfic Hoffnung, bog im 20. Sa^r^unbert bie gmifnbmntfpg»iite
if^vr |p<tifH<^ itallenlfc^e Kdigtim nur me^ für Stottener ^
bctrettrcn in ber iiogr fein werben; nii^t me^r für Xeutfc^ SBom
bie Zeutfi^en erfi nrfffen »erben, bog oiuj^ bie bogmatifd^e £imfiru&
}ion ber $ftberaftie pfipftUdjerfeitö k)orgefe^ mar, bann niirb
i^nen \a boc^ ein Sid^t aufgeben').
IIM) Vu(^ ber Sarmelitemtdnd^ Z^omaiS Don StenneS fprad^
fi(^ auf feinen ffianberprebigten burd^ Snglanb, grantreid^ unb
Cftalien, fomie in feinen @(j^riften, entfd^ieben für 9Bieber^@infü^rung
ber $rtefter«Q^e au0^. 3n 9lom nmrbe er 1433, meil er Don ber
fi'ün(ubinat6«lie^re ber ftird^e adjufe^r a6gen)i(!^en mar, verbrannt ').
3n Safet aber, auf bem ^onjil, lie^ man SUed beim «Iten.
157) Snt 3al)re 1437 nimmt ber ©Ifc^of t)on Sonfton},
^einric^ tjon fernen, fd^on 2000 ®oIbguIbcn ift^rlid^ öon feinen
^) Statut IV. erlaubte ben CEarbinälen, bie barum na^gefu^t Ratten,
Xo\t WfiielluR GroningensuB in feinem De Indulgentüs Papalibus er^^It,
iWl^renb ber (eiften IRonate Sunt, 3uli, ttuguft mit ^aben ffeifc^Iid^en ^tt^
Ic^T ^u unterhalten — ,ma8culino ooitu frui permisit' — gc^ gönne ben
^erm \%x Vergnügen. CShacun ft son goüt 9hir ben einen befil^tbenen
SButtfd^ Mite i(t, ei vc^^Xt bie teutfc^e 9leUgion ftc^ na«^ bem teutfd^en
Gommcr, unb no(b me^r na4 bem lalten, ge^amifd^ten %Binter pc§ rid^ten.
— 9Bet Vugcn l^at, ju fe^en, unb 9Iafen, 'ya riechen, ber meig, ba| biefe
btti Ualicnifd^en Sommermonate burdft bie gon^e totolifc^e S)ogmatiI fpurfen.
Unb, ba ttn# ber %o^\i in ber te^en 3ett fibo^oupt nur Untcrcoctt« unb
perfintt^e ^citA»^ogmen über bie Hlpen gefönt :^at, fo fc^en mir at^t
ein. I0Q# unft bitfev Snni«» 3uli* ober ^luguft^Staliener in ber SieUgionübcc«
baupt no<b ie^itn foQ.
*) »In Mlutem eeae mulUnun «Dimamm, ai PMbjteri eontinae
non YidentM, nuptüs uti Qraeoomm more pennitteientar. Cun esBent
tune unmuttdi» et iUkilo cut« m»cu)tfeaUir; ubi cum «xQce i«^»»
c«»t)l«> WH« tbetner III. 699.
^ «f|ct imb «ehe« ftinbcntestton. ^itthnf I84a M. H. pl 366.
— 71 —
®eifili(^en ßonfuBttiQtdfteuer ein. Uitb „bie Pfaffen lauften gem'%
fugt ^emmerlin in feinem registro querelanim bei^).
158) 9tuf ber @)^obe ju aSredtau, 1446, »erben bie „$ö^
niten}«(£anoneiS für bie 99if(i^öfe unb ®eiftli(^en, bie mit i^ren SBeid^t-
tinbem, ober mit benen, meldte fte getauft ober geftrmt l^aben, ober
auf mibematürlid^e SBeife, Unjud^t getrieben l^aben" befannt
gemacht*). 2)a bie ^nhtbine lein (Sfftxoeii, fo lonnten bie
®eiftlic^en aud^ bie (£^e nid^t bred^en; unb ba nai) ber Se^re ber
römifd^en Sirene augere^etid^er 93erlel^r für bie (äeifüic^en lein
SSrec^en i^reS ^ufd^l^eitd^elübbeiS bebeutete, fo ftanben i^nen bie
Stic^tfinber frei
160) ^njmifd^en mugte aber in golge ber neuen ^onlubinat^
Se^re eine filtere Snfd^auung rettiftjirt merben: grüner glaubte man,
unb ®regor VII. fyittt bamit bie Zeutfc^en gegen il^re eigenen
®eiftlid^en aufgemiegelt, ein 5ßriefter, ber ben ,Seib ber ^urc* bc*
rfi|rt ^abz, lönnen am Sntar bie ffianblung bed ,&eibed O^fti' nid^t
tmSbringen. Sag ftimmt je^t 5ur neuen ^onlubinatl^Se^re nic^t
me^r. Sluf ber (S^nobe )u Sid^ftfitt, 1447, werben bal^er bie
guten Xeutfd^ lieber befänftigt. 2)ort l^eigt e»: „SBer öffentlich
be^aut^tet, ober bafür l^dlt, ba| ein ^riefter, ber fic^ megen Unjuc^t
in einer Xobfünbe befinbet, nid^t ben Seib C^rifti ^ert^orbringen,
ober feine Untergebenen nic^t t>on ®ünben loiSfpred^ tihine, foQ für
einen Jtefeer gelten"*). SRerfft S)u wo« Sefer? —
MO) Sa« Softem, gegen <£ntrid^tung einer ®elbfumme fic^
ein SSeib ju taufen, gegen ba« man ju 9li(!^td kierpflid^tet n>ar, unb
ba« man ttrie einen SHenftboten ieben Kugenblid entlaffen fonnte,
|atte injmifd^en au6) in £aienfreifen StnOong gefunben. 2)ie ©^nobe
JH Seutfd^au (Ungarn) t^erorbnet, „ha% e« ben ®eiftlid^en femer
nid^t erlaubt fein foUe, ben Saien ba« S'ontubinat gegen 99e}a^Iung
einer ®elbbu|e ju geftatten'). — ^ier fie^t man, ma« ba« päp^U
tidft S^tibot für fflirfungen bi« pm legten S3auer«mann au«übte,
imb »ie ba« gefammte bürgerlid^e Säen bergiftet unb jerftihrt nxir;
*) 3]^ner m. 795.
*) J^eincr lU. 706.
») X^einer HI. 707.
*) X^cincr HI. 715. ftnm.
— 72 —
nur, um im e^elofen Pfaffen ein blinbeS unb gefügei^ SBerfjeug in
9tom }u ^a6en: Dom Sßap^i lauften boS Sontubinatörec^t bie Sifcl^dfe,
bie Sifd^öfe Derfauften eS an i^re ®eiftlic^en, unb bie ^eifHic^en
bertauften ed an bie Sfirger. Se^t fehlte nid^t triel, unb bod iot^
nirte 3beal äSernl^arb'iS t)Dn S(airt)au; im 12. ^a^r^unbert toax
erreid^t: ®ie CE^e mirb aü etmad @(i^im))f(i(!^eiS unb ©emefateft ge«
mieben, unb ^eber lauft ftd^ bon feinem Pfarrer gegen eine 6e»
ftimmte Xa^e eine ^onfubine.
161) Sinen SSort^eil l^atten in biefem ganzen 3öH6atdgef(i^ftft
bie ^fipfie: mä^renb bie Saien ben ©eifUid^en, bie ®eiftli<j^en ben
a3if(^öfen, bie 93ifd^öfe ben ppften bie ^onlubinatS^Xa^e jal^tten,
waren bie ^äpfte fettft frei. SBem »offten fte für il^re »cifd^Mfcrinnen
3in8 jaulen? — Dem lieben ®ott? — S)er na^m feinen an. Der ^atte
und ja audbrüdHid^ bie 9{aturre(^te frei gegeben, unb gefagt:
ySBad^fet unb mehret Sud^!'
162) Died ermog $apft $iuiS n., t>on beffen (gönnen einer
in ®tra|burg, ber anbere in Slorenj unterge6ra(!^t nnxr^), unb ber
in einem feiner 93riefe fd^reibt: „^d^ fürd^te bie Snt^altfamleit bie
id^ im Übrigen (obe, unb t>ox ber eS mir mal^rfe^einUd^er bünit, ba|
fte in SEBorten, ate in Saaten fid^ audfpric^i äBarum foQ id^ ben
®efe^en ber Statur SBiberftanb leiften? Die Siebe bebingt «He&,
unb mir untermerfen und il^rer äRac^t. ^i) nel^me e& Don mir ab,
ben ber SicbcSgott in taufenb (äefal^ren geftürjt ^at"*).
168) Später, atö er älter mürbe, fd^rieb er nid^t anberd, nur
feinem 9Uer entfpred^enb. Sinem ^riefter, ber feine 9fKd^tung tool^l
lannte, unb um DidpeniS jur ^eirat na(!^gefud^t l^atte, antwortete er:
„^^ mug be!ennen, ii) ffait baiS Seben fatt unb überbrüjsig. Die
Senud edelt mi^ an. greUic^ nehmen aud^ bie ^äfte ab. 9Rein
*) ST^cmcr HI. 716 unb 717 9fnm.
*) »Timeo ego continentiam, quae licet laudanda sit; verbiB tarnen
quam factb probabilior est. — Quid ego naturae legibus renitar? Amor
vincit omnia et noe cedamus amori. E^ de me fado conjectoram,
quem amor in müle pericula xnisit«. Epistolae Basileae 1571 n. 50 u.
62. — @ie^e aud^: IBö^mer, (&. "&., Beitrag gut (^efd^if^te ber gugenb^^
fünben bed $apfted $tud II. ^aga^tn fttr l^irc^enre^t. ®b. I. (S^dttingen
1787. —
— 73 —
fyiax ifi grau; meine 9lerDen fmb au^etroctnet, mein (8e6ein ift
morfd^ utib mein S^xptc fiberfät mit ShntjebL ^ lonn feinem
fBMb mtfyc }ur Sufk bienen, leine mir. Son mm biene ii) me^r
bem 9a(^, att bei 9}enu9. 3)er Sein emfil^rt mid^, erfveut mii^
unb etgöit mid^ unb mad^t mic^ felig. tiefer @aft mirb mir bid
5um Xobe ffi^ fein. — fOaffx ift c&, mii) fliegt me^r bie fßma,
ate id^ fte" '). Ser äRann mar e^rlid^. gebeS SBort ift ^ier t>er«
ftdnbUd^ unb begreiflid^. (3)a8 ^eigt für 3eben, ber nid^t, mie
SeniSot, ben $a)>ft für ben ,®o^n ®otteS' l^dli) Unbegreiflid^ ift
nur, marum bie anbem ^efter, bie auS bemfelben ^ol) gefd^nif^t
ftnb, ftd^ jermartem unb lafteien foKen. — @r fd^Iug bem ^efter
(einem Xeutfd^en, 3o^<inn Snint) bie 93itte um 2)idpen8 }ur
^eirat ab*).
164) 99alb unterlag ia9 ^riefterlonfubinat meld^ei^ ein &€ib^
gefd^fift gemorben mar, ben Unannel^mlid^Ieiten, meieren iebed fiaffa^
Oefd^ftft unterliegt: t& mürben ftmifubinatdgeiber unterfd^Iagen: %uf
einer ^robiniialf^nobe }u ®ran in Ungarn Ragt ber (£r)bifd^of
^tfpoiitu»: „3)ie Strc^ibiaconen, bie bie Sifitationen bei ben ®eift«
ticken megen SBeifd^Uferinnen fiber ftd^ l^fitten, unb bie ^filfte ber
9u^ in iebem 8(n)eigefaa jugebiUigt erhielten,*) behielten baS
gange ®elb unb mad^ten fiberl^aupt feine Stnjeige. @o betrögen fie
bie bifd^öflic^e Kammer" % ^er gute Sribifd^of flagt l^ier, mie 2)u
ftel^ft Sefer, nid^t fiber bie Unfittlid^feit feiner 2)iöiefe, fonbem, bag
i^m biefe UnfttÜic^feit fein @Ah trägt.
165) ^oi) ia& mürbe balb anberS: man befteuerte ie^t ni(§t
nur bie ßonfubinen, fonbem aud^ i^re unel^elid^en Sinber: 9uS bem
Sal^r 1487 erjft^It und ber (£§ronift »uUinger: ^.ffienn ein
^rlefter ein unel^elid^eiS fönb befommt, fo gibt er bem 93ifd^of eine
(belbbuge, unb erhalt bafür einen 9(bfoIutiondbrief, ben man i^m
gerne gibt'' *). — 2Rc§r Iciftct l^eutjutagc ein unglücflic^er Sfingling
*) Epistolae no 92.
•) X^eincr, QI. 718.
*) ^icfe 9(rc^iMaconen waren alfo eine Urt ^urengin9))a(^tcr.
*) 5C&etner, HI. 729.
») X^tiner, HI. 735.
- 74 —
ouc^ nid^t, wenn i^m bcrgldd^cn pafftrt: er gibt ber SRutter eine
®elbbuge; unb koentger erhält er aud^ nic^t: bad juftönbtgee Sml^
gettd^t öcrjid^tet auf Älagc »cgen 3)ePorQ5lon. — SSJag ift bann ber
Unterf(!^tcb äWifd^en einem fold^cn Jüngling unb einem ?ßrtefier? —
3a fo! 5)cr ^riefter l^at ba« Seufd^^eitö^Oelübbc abgelegt; ber
Jüngling nic^t. —
166) 3m Solare 1507 !am ein 3nfiitut auf, rocld^e« an bic
bcrüd^tigten jOcncralfteuereinne^mer* bcrgranjofen erinnert; ,®cnerat
^urenjinS=!©nnc]^mer' lönnte man fie nennen, meld^eS ilo% f)6f)e
©eifÜic^e Werben fonnten. 3)cr 93ifd§of ^ugo t>on Sanbcnberg
gab jebem ^rälat, S)ecan ober ^ropft feiner 3)iöjefe Gonftanj gegen
Scja^Iung einer beftimmtcn Summe „einen ©cwaltbricf auf SRonatÖ*
frift, bic ?ßrieftcrfd§aft öon geheimen ober öffentü^cn Unfeuft^^eitd*
fünbcn ju abfolbieren'' *).
167) Unb 10 3a^re fpötcr, 1517, f^ricb ber glcid^e S5if(^of
^ugo t)on ßanbenberg in einem Hirtenbrief: „Unfer ®emüt^ ift
öotter ©c^merj über bie fd^timmen 89erid§te t)on unfcrer untergebenen
^eerbe, baß ^ricfter unferer ^iöjefe mit SScifeitefe^ung aller ©d^am
unb ®otte8fur^t öor S^bermannS Singen 89eifd§Iäferinncn unb ber«
bärtige SBeiber in i^ren S38o^nungen ^aben unb unterl^alten." —
^icr war offenbar etwa« Vorgefallen, ©ntwcbcr fanben bie ®ewalt«
briefe für Unfeuf^^eitSöergel^en nid^t prompte Sttnal^me, ober bie
®teuer:s©^raube folltc ftärfer angejogen werben. Denn unfer 95tfc^of
wirb unß ate fel^r gef d^idtt ,bei (Eintreibung öon Steuern* gcfd^ilbert*).
168) SBir l^aben bag 3a^r 1517 genannt 3eber Weii
weld^e SScbeutung biefe« ^a^x in ber Steligiong^Sefd^id^tc Jeutfd^*
lanbiS §at. äRit bem auftreten Sut^er^iS fommt nun 99ewegung
in bie ©ntwidttung be« ßölibatö. 9?ad^bem einmal ber ftörenbe
©Ifenl^ebel an bafi ßcl^rgebfinbe ber römif^en SKrd^e gelegt war, unb
Ü^re Autorität ate eine Dom ®tfotg bicfer gunbament^^rüfung ab«
l^ängige, alfo nid^t att göttli^e, fonbem menfd^Iid^c, geilem unter*
worfene, erlannt war; nad^bem bie r5mifd^»Iat|o(ifc^e Skä^ ate
*) Xl^etner, ni. 734.
•) Xl^eincr, HI. 734. 786.
— 75 —
italienifd^e attgefe^en, unb il^r bie teutfd^eSe^re atö glettl^bere^tigt
gegenübergefteOt mar, unb bieg in ben ^öd^ften, fpeculattt)en fragen,
mit|te natürlich ber 3<^Ii^^t ^^ ^^^^ italtenifc^eiSinri^tung, faQen.
— S^fct traten bic l^öc^ftcn SBürbcnträgcr, noc^bcm tl^ncn ber tin^
fad^e %ugufHner«3Rönd^ 3Rut gemad^t, mit 9(nHagef(]^rtften ^ttt>ox.
©0 ber ^od^angefc^ne Sodann, Sif^of öon ßf|iemfec, in bcm
)u Sanbd^ut 1524 gebrudten Onus ecclesiae, ber ba^rifd^e ®e«
ft^id^töfc^reibcr Slbentin (tl534), in feinen ,3a^r6üd^er ber 93oiem*
ber u. a. ben toten ®regor VII., ben ^auptfämpfer für baiS ßöU^
Bat, folgenbermagen a|)oftroftrt: „UnbSu überaud ma(!^famer (Tregor,
xoa^ begänneft %u ^eute, toenn 2)i^ ein ®efd^id unfern ß^tläuften
aufgefpart ^fttte, unb ®u l^eute fe^en mü^teft, mie baS Slmt bed
^efterg aul^ ^uren, (Saufen, Kotjud^t, 99Iutfc^anbe unb S^ebruc^
befte^t?" *) — ®Ie{d^jeitig erfc^ienen bie berühmten epistolae obscu-
ronim virorum, mel^e mit bei^enbem @pott boiS Suberleben ber
Pfaffen aufbed(ten; bie glugfd^riften »De fide Concubinarum in
Sacerdotesc; *) »De fide meretricum in 8U08 amatores« *) mit bem
äRotto: ,9iä) liebe Slfa big mir l^olb!'; »De miseria curatorum«;
©raSmug' ,colloquia«, bie ,S)iatoge* unb ,®efprö(^Öbüd^lein* Ulrt^fi
Don ^utten unb t^ieled 9(nbere.
169) SBie t& bie Pfaffen trieben, jeigt ein ®ebid^t aud ba«
maliger S^it:
„ftt\äi unb bel^cnb ber pfar^er fprad^,
fftai ^anb wir ein gute fac^,
meiner ric^t bie hrc^en ^u,
unfer nac^ar t^ogt ift tobt, fett fröli(^.
fiauff $um Pfaffen in ber nec^,
bad fie lommen in bie ged^,
}um gabriet, e^a, tt^a,
berfelb |at \>\ü guter ftfd^,
fo fi| toir oben an htm tifc!^,
fauffd gar aud, ^obie ber bator ift tobt,
ber bamr ift tobt in biefem borff,
gibt er !ein gelt fo legt man jn nid^t in tirc^^off.
^) JoannlB Aventini Annalium Bojorum IIb. V. c. 13. n. 13. BuiL
1J3J5. -
Francofurti 1599.
ebenba.
?
— 76 —
^^er p^atf^tn f)>ra(( ^wn meiner fd^nel,
ma^ mit betn gloden em groft gef(9^I,
bad bte bamren in fird^en gan,
bamad^ fo ^ihtb bie ter^en an, gar feinet
SBlttdt j^r bamren toad id^ rat^,
^elfft ber armen feel aud not,
gebt <>fenntng, e^, et^,
mit toigil feelmeg, jard tag,
baft ber feel mo( ^elffen mag
im beute!, ^obie ber bator ift tobt,
ber bamr ift tobt au biefer frift,
frekot eu(( jr )>f äffen, toenn ein reid^er tobt ift.
„2)er |>far^err \pxa^ ^u fetner magb,
biefer tobt ift mir nit leib,
ein »eil ^anb mir ^u freffen bran,
in unferm ^au9, leb mir im fauft unb gar frSlid).
(Slfelein, liebed dlfelein
fo l^aben mir aber }u trinden mein,
bid frö^Itd^, e^a, e^a,
fo lad vmi ^aben einen guten mut,
atö ber bamr ber bamrin t^ut
im tämmerlein. ^obie ber bamr ift tobt,
ber bamr ift tobt ju biefer frift,
a)le fad^ ^aben mir getrieben mit großem Itft." *)
170) Unb Sut^er felbft blieb natürlich nid^t iurüd: „2)ag
fte bie @§e t^erboten, unb ben gdttlid^en ©tanb ber ^rlefter mit
eroiger ßeuf^^eit befd^meret ^aben, bad ^aben fie meber S^S nod^
Sted^t gehabt, fonbem l^aben ge^anbett att bie enbed^rlftlid^en, t^ran^
nifd^en, ber^toeifelten 93uBen, unb bamit Urfad^e gegeben aQerlei er«
fd^redHid^er, greulid^er, unjfi^Iiger @ünbe ber Unleufc^l^eit, barinnen
fie benn noi) ftedten. Sld menig nu und ober i^nen 3Rad^t gegden
tft, au8 eim 3R5nnHn ein S^fiulin, ober aud eim Srfiulin ein äRfinnlin
}u maifoif ober beibeiS nid^td ju mad^en; fo toenig l^aben fte aud^
ÜRod^t geJ^obt, fold^e Sreatur ®otted ju fd^eiben, ober berbieten, bag
fie nit e^rlid^ unb e^Ilc^ bei einanber foQten too^nen. ^arumS
mollen toir i^ren leibigen (£5Iibat nid^t toilligen, aud^ nid^t leiben,
^) 2)a« 91mbrafer fiieberbud^ t^om 3a^r 1582. ^rdg. Don 3. Berg«
mann. Stuttgart, Sibliot^et be« literarifc^en IBereinft. 1845. p. 185.
— 77 —
fonbcrn bic (£§c frei f)aitn, lüic fic ®ott gcorbnct unb gcftiftct
171) ,,S)cr 5ßapft ^at c« ücrfiotcn. SBaS foO i^ faßcn? StcBcr
ffifcl, iDcnn bcr ^opft gcBötc, nic^t cl^rcn SSotcr unb SRuttcr, foHtct
i^r ntc^t bic fein, bic fid^ il^m cntgcgenfc^cn? — 9hi fc^ct i^r, baß
oHcn ^ricftcrn unmügttc^ ift, bog öcrflud^tc 9»cnf(j^engcfcö ^^^ öcr^
Botcnen @^e. ©c^ct unb greifet, baß pc c8 nicj^t polten mügcn,
unb foUcnS boä) galten o^n alle 9loti). D i^r ©cclenmörber, mie
jämmcrlid^ macfett il^r euer ^änb in bem unfd^utbigcn Slut; mclcj^'
ein JRcc^cnfd^aft werbet i^r mflffcn geben für biefe I^rannci!" *)
172} „S3ad mac^ft bu benn, bag bu biefen armen äßenfd^en
fein Sebenlang be^älft in unfeufd^er ^ufcj^l^eit? S)ag er o^n Unter«
lag mit bem ^erjen miber fein ®elübb fünbiget, unb bieUeid^t beffer
mfire, ha^ aRännlin ^it^ jumeilen ein SrAuIin, unb bai8 gröulin
einen «üben bei ftd^." •)
178) „®o bu fie crfennteft, wer fie ftnb, bie fo große ffeufcj^*
^eit borgeben unb Qnd)i erjeigen, bu mürbeft t^r ^od^gelobte ^eufc^«
l^eit nic^t mürbig ad^ten, baß eine SSübin (b. i. ^ure) foUt i^r ®c^ud§
bran wifd^en." *)
174) „'S)a finb bed römifd^en ©tuetö Sarbinöl unb ©efmb,
^ermap^robiten, a parte ante viri, a parte poet mulieres.« ^)
175) ,,^ie ^dpftlid^e unb (Sarbinalifd^e ^eufd^^eit, meldte ift
eine befonbere ßeufd^^eit über bie gemeinen unb geiftlic^en S)eufd^^eit,
unb ^eißt auf Sielfc^ ^uferonen (Siebe^^aben), näm{id§ bie ©obo«
mitifc^e unb ©omorrifd^e ^ufd^^eit. S)enn alfo mußte ®ott feinen
Setnb unb SSiiberfad^er, ben $apft unb Sarbinfil, für anbere btenben
') fintier, ©d^malfalbifd^e 9(rti!el, fo ba Ratten foUen auf'd j^onailium
5U a^antua überanttoortet toerben 1538. @ämmt(. ©c^nften, Erlangen 1830.
«b. 25. p. 142.
*) i^t^er, fBiber ben falfc^ genannten geiftiid^en ®tanb bed $Qpftd
unb ber »ifd^dfe. 1522. Sämmtiid^e »erte, drlangen 1840. »b. 28. p. 193.
") fiut^er, IBebenlen unb Unterdd^t t)on ben ^löftem unb aaen geift::
tilgen (S^elObben. 1522. eömmtitd^e ^erte, (Erlangen 1840. 9b. 28. p. 12.
*) ßut^er, ©ebenlen unb Unterricht, «b. 28. p. 26.
^) Sut^er, 93iber bad So))fttum ^u SRom t>om ^euffel geftifft. ^itten^
betg 1545. @ämmtli<i^e ©c^riften, Erlangen 1830. »b. 26. p. 129.
— 78 —
unb plaQtn, ba% fie itid^t koertl^ blieben, mit SSeiBlSbitbent naturli^et
993ei)e ju funbigen, fonbem, i^rem üerbienten So^n nac^, ii^r eigene
Seibe unb ^erfonen burc^ ftc^ felbd ju fd^önben« unb baju in fold^en
berfe^reten, tierftodten ®inn gerat^en, i>a% fit \oiäjß für feine @md)e
hielten, fonbem bamit fc^ergen, atö mftre eB ein ^rtenf))iel, bürüber
fie Iqc^ unb frö^Iid^ fein mügen, o^n ^a^x." ^)
176) 2)er 3)Qngiger 3Rbnä) ^alob ^nabe n^ar ber ecfte
Sleutfd^e, ber pod^enb auf bie neue Seigre, unb in bem fieberen Se:«
n)u|tfein ber Unab^ängigfeit ber teutfc^en ©ittlü^Ieit t>on ber itolie::
nifd^en Ungud^tölel^re bie ^tte ablegte unb 1518 bie Knna Stofen«
berg heiratete.*)
177) Se^t mirb auc^ belannt, bag ber »^urenjiniSS ben bie
99ifc^fe bon il^ren &A\Üid)m, gegen bad Sted^t eine ^onbtbine ju
Rotten, eintrieben, eine il^rer öome^mften unb fid^erften ga^rgelber
toaxta'j bag beg^alb ®eiftlic^e, bie leine ^onfubine Ratten, bon ben
99ifd^5fen nid^t gern gefe^en n)urben, unb fd^ieglic^ aud^ biefe ben
aQen abgeforberten »^urenginiS* galten mußten. *)
178) „SBenn id^ nu fraget, aud n)ad®runb bie armen ^efter
gefangen unb tribulirt merben umb ber (£^e toiHm; aift id) fie
merben f|>red^en: SiS ftel^et in ben 2)ecretalen beS $a|)fti8. ^e rat^,
Siat^er gut: SSarumb fe^en bie gemeinen gfrauenmirt^ nid^t gern,
ba^ i^nen am 3Mc nid^^ abgebet, ^aben bod^ bie 9}ifd^off fd^ier
in allen Stiften einen gro^ Xl^eil il^rer jä^rlic^er 3^^ ^^^ ^ite(
^faffen^um. 2)enn n^er ein ^ürlin miU l^aben« ber mug ein ga^r
ein @(ä{ben ^) babon bem S^fd^off geben, unb ift unter il^nen einen
®prüd^n>ort: ^eufd^e $f äffen finb bem 9}if(^off nic^t jutrdglid^, unb
ftnb (bie 95ifc^öfe) bcnfclbigen aud^ feinb. SBic mag ein reid^er
(reid^erer) gtauenfrämcr fein in ber SBelt bcnn ein Säifd^off? SBcr
moQt nu bie geifttic^en Später berbenlen, ba^ fie ^urerei gu laffen
') Sut^er, Tarnung an feine lieben ^eutfd^en. 1531. (SAntmtlid^e
®d^riften, Erlangen 1830. 83b. 25. p. 32.
•) arriefe, ©^r. ®., ©eitrog jur 9leformation«=aJef(^i(^te in ?poIen unb
fiit^atten. ©redlau 1786. Z^, 2. SBb. 1. p. 73.
») X^einer, HI. 808—810.
*) ein Qlotbgulben ober diäten, bamal9 eine §o^e Zumute, nac^ ^eu«
tigern SBert ca. 3». 40.—.
— 79 —
umB &dh, unb Ie6enbige Srauenbälge berbiufeii, \mb bie e^id^en
SBeiBet verbieten, bie il^nen fein (S^db tragen? Sto^nmg tfl man<l^er(el
(Ein Kaufmann ^at äSürj unb Xuä) feil; bie Sif^off muffen $uten:=
ffeifd^ fcU Mafien, »ic fottten fte fic^ fonft nö^rcn?- ^)
179) (Sinen foftbaren (EinbHd in bie bamaligen SSet^ältniffe
giebt und ein fatirifd^ed ®efpräd^ qu9 bem ^ofyc 1524: Sin $uren«
toirt (SorbeOl^alter) l^olt mit feinem ^ed^ ^mt) 5U ^ßferb auf ber
.^eerftraße einen großen 3^9 Sleifige ein:
„^urentoirt: ßunj, mein lieber gefell, mad üor ein groger raiftger
geug ^tu^t bo üor und ^tn?
j^un^: ®8 ift unfer gnebiger ^err ber bif(^of.
^urentpirt: ®o tpil er ^in, maifter?
Stuny, (Sr toiVi gen SIegenSpurg in concilabulum (ber fog. Siegend«
burger i^onoent oom 3a^^ 1524).
^urentoirt: So toil er ^m? ad diabolum?
ßun^: (Si, bie bifd^of koeüenb ein concilium galten unb ratfd^Iag t^on,
voit man toiberumb ha% §eilig eoangelion unb (S^riftum hinter ftd^ brucft . . /'
Stdmd^Hd^ Idolen fte ben 99tfd§of ein:
„^urentoirt: ®ad für ein gefpenft reitet bem bif(^of nac^?
ftunj: (Sd ift feiner gnaben concubin.
^urentoirt: Sad ^eigt ein concubin?
^unj: @in beifc^Uiferin ober ein beiltgerin.
^urentoirt: gd^ mert tool, ed ift bed bifc^ofd Prlin.
^un^: (^i io, geb im got beul (^iebe)! er ^at nati^ olle monat ein
neue; benn i(^ totxi t% too% er bef(^eu|t manchem bitrger fein loetb unb
totster.
^urentoirt: So^er meiftu ed?
$tuny, ^0 i(6 im ftift ((oralid gemefen bin, ^ab i(6 im bicf muffen
fuplen. ^amac!^ bin xäi fein tämerling tuorben. ^ §ab id^ erft erfaren,
toad ber bifc^offen teufc^^eit ift. id^ ^ab aufd bifc^ofd ^of freffen, faufen,
f{)ilen, raglen, fc^weren, fluchen, ^urerei unb alle leic^tfertiglett erfahren unb
gelert; bann ba ^ört man ,glei(^ mie auf anberer toeItli(^en fürften l^dfen'
feiten ober nimmer uon got reben, au(^ über tif(^, fonbem nur uon Iriegcn
unb ^uren "
K^@ie 1)ahtn je^t ben SJifd^of eingeholt nnb ber ^urentoirt tut
ald miffe er nic^t, men er bor ftc^ l^abe:
^^urentoirt: &ti grüg eud^, ^err ^aaptmatm, got grfig eud^!
') fiut^er, mhtx ben falfc^ genannten geiftlid^en 6tanb bed ^opfted
unb ber «ifc^öfe. 1522. eflmmtlid^e »erfe, (Erlangen 1840. »b. 28. p. 191.
— 80 —
»ifi^of: d^ot bani Mr, gefeU!
^urenkotrt: $err, ir l^aBen ein großen reiftgen ^eug, i(^ mein, ir
koellen in frieg ober uf raub.
SSifd^of: O nein, be^üt und got! bann und gebürt meber }U Iriegen
no(!^ ^u xauhtn.
^urentoirt: lieber l^err, jümen nit! »er jinb ir?
Bifc^of: ^ir fmb ber bifc^of ju SR.
^urenmirt: 9l(^, aller gnebigfter §err vmh fürft, l^aben mir nichts
für übel, benn id^ f^ah euer gnaben nit tennt.
aSifc^of: 9?ic^td, ntd^td, mein gfeU.
|)urenn)irt: 9Bo roil euer gnab ^in mit fo Dil pferben?
99if(^of: Wv »eUen gen §Regen9{)urg inS concilium, ratfd^Iag ju tl^un
roiber bie fiut^erei mit bem rSmifd^en Legaten.
^urenmirt: ^d^ l^dr »ol, ber legat ift ber fad^en l^alb t)on 9tom
gefanbt.
93i[d^of: @i fo, benn ed ift !ein fad^ je^ ju mal, bie unfern ^eiligen
öater hop^ ber ein gemeine forg tragen mu6 für bie dftriftlit^e fird^e, fo ^art
angelegen ald eben bie ßut^erei, unb nit unbillid^, benn grofter^unb mert*
lieber fd^aben bem ftui ^u diom barug täglid^ erttad^ft, bed gleichen \>tn
bifc^offen unb aßen geiftlid^en.
^urenmirt: 9Ba8 toirt euer gnaben bifer geug »ol foften?
^ifd^of: 9Mc^t minber benn jmei taufent gulbin.
^uren»irt: (S^nebiger §err, ed ift Dil.
^if(^of: ^er fidcal mug ed bellen.
^urentoirt: ^unj, »ad ^eigt ein friggar?
^un^: (£d l^eigt nit friggar, fonber ein fidcal, ba^ ift meined gnebigen
l^erm geltfamler ober einjie^er ober fedelmeifter.
^urenmirt: ®nebiger l^err, »o §er lom^jt aber htm fiscal foIi(^ gelt?
93ifd^of: 3m fallenb jerlic^ über bie 2800 gulben nur t>on ben |)rieftem
umb bie abfobtj.
^urentoirt: Jhtnj, lieber, »ad ift abfoluj?
kviny, (Sd ift, fo ein priefter ein Hnb mac^t, fo »irb er irregularid,
bad ift ungefd^idt meg galten, mug ftd^ bamad^ abfotoieren laffen imb umb
bie abfoluj mug er bem ftdcal III ober IV, V gulbin geben, mac^t aber
einer einer nunnen ein finb, fo er ein gefpond ß^rifti gefd^meii^t (bie Sd^mat^
angetan) ^at, mug er X gulbin geben.
|)urentuirt: 9Bad mug aber einer geben, fo er eim münd^ ein tinb
mad^t?
ßunj: ^d^ ber muter feid^! bu fragft fo tl^orlic^. man mad^t btn
münd^en !ein linb, bie münc^ mad^en aber htn nonnen Hnber.
^urentoirt: 9htn gonb bod^ Dil münd^ bal^er mit großen beuchen mie
bie fd^manger fromen.
— 81 —
Stntii: (&^ ftnb bie gute M^Un unh ^ä^ltd, bie in bte beud^ grog
ntad^cn.
^urentoirt: 9hm, fo gefegene ed in mein nachbaut bei genfer! fag
mir meiter, laftt man bem priefter, nod^ bem fo er bie abfolu^ behalt ^at, bie
mti im ^aud?
i^un^: O jo, benn nat^ ber ah\ohxi »irt er »iber gefc^icft, meg ^u
(efen umb gelt imb bie facrameut mit ju teilen.
^urentoirt: (Knebiger ^err, mann it^ aud\ l^urerei tribe unb fo i(!^
ein linb gema«^ |et, möc^t id^ nit auc^ ein abfolu^ beja^Ien unb für unb
für in l^urerei mit ftc^erer confden^ üer^arren?
S3if(i^of: 9?ein, bann ed ift nur ben gemeid^ten (ben ^rieftem) ^uge»
laffen.
^urenn)irt: %er abfoloiert aber hit orbendleut, fo bie linber machen?
SBifc^of: @i fmb gefriet (frei) unb unfer iuridbiction burc^ hap\il^t
Bullen em^frent va^ ab^gen. vai^ gebürt nur, unfer priefterfd^aft ju ftrafen."
Unb nun bie ®teQe boQ bei^enber Schärfe, mo ber ^urenmirt
bem Stfci^of SKoral prebigt:
^.^urentoirt: 34 i^erf mol, inen ift frei, on aüe ftraf üer^engt ^urerei
^u treiben, gn&biger ^err, jümen nit! mid^ bebunft, euer gnab ftge(fet) über-
{id^g unb bruc^ ein briß ober augenfpiegel uf ber nafen, in bie toeite ju
fe^en; bann ir gefe^en bie armen ^orfpfefflin u^en uf bem lanb unb ftnb
inen gar ungnebig unb überfe^en ben t^umprobft, ben l^icarium unb tl^unu
l^erm. —
S^ifd^of: 3a, mein gefell, mir ^aben bem capiitl ein jurament getl^on,
ft 6ei alter gmo^n^eit gu laffen. mir muffen gefto^n bi geiftlic^em rec^t.
^un^: SXeifter, bu fannft nit merlen, maS pner gnaben angelegen ift.
^urenmirt: S^ad ligt im an?
kuTxy. 8oIt fein gnab bem t^umbprobft, bem l^icario unb ben tl^umb«
Ferren ire me^en unb Innren vertreiben unb fte umb ber ^urerei millen ftrafen
tvie bie ^orfpfaffen, fein gnab mürb böfen luft uf feim ftift ^aben. unb fo
fein gnab aümeg für fein leib aud^ ain röglin am baren ^at fton unb ein
find ^ürli bei im ^at, fo nmrben feiner gnaben ca))itelbrüber fprec^en ^edice,
cnn te ipsuml'
^urenmtrt: ^a^ ift bad gerebt?
^un^: @8 ^eigt: bu arget, mad^ bic^ felber gefunt!
^urenmirt: (S3 ift mol gerebt.
^if(^of: ^ein ^ed^t ^at bie fti(^ erraten, mir muffen umb ber reb
toiUen burc^ bie ftnger fe^en.
^urenmirt: (S^nebiger §err, euer gnab mu^ bai^ übel in eud^ imb in
ben anbem ftrafen imb beffem unb ber priefterfd^aft unb allen menfc^en ein
ij^riftlid^d erfamd üorbilb unb titmptl oortragen. ein bifd^of ber ftne fünb
— 82 —
nit abtilget unb fmer fünb lafter nit beffert ober ftraft, ber \oU nit Mf^of,
fonber ein un^fic^tiger ober unt>erf(l^em))ter ^imb genent toerben "
u. f. ».*)
180) 3)er grd|te ffiiberftanb gieng jet^t in ber Zat tion
ben Sifd^öfen feI6ft au9, bie ftc^ in i^ren (Etnnal^tnen enorm ge^
fd^mdlert fa^en, tDenn bie neue teutfd^e ©tttlic^Ieiti^Ie^re burc^brong.
Xie Slawen maren iej^t fe^r ^odj, unb Ratten ftd^ nad^ ben »Taxae
apostolicae', ber gro|en @ünben^93örfe ber pOpfUic^en Surie, gerichtet:
(Ein reined a^öbc^en 5U (efd^Iafen loftete 56 ®olbgu(ben, eine ba^
maliS enorme @umme. S)ie 92onnen füanben ^5^er. ^n bemfdben
^al^r, ba 3^^1101^ f^^^^ Berul^mte Sd^rift über bie ©eftattung ber
^riefter«@]^e an bie fd^toei^erifc^e Sibgenoffenfc^aft unb an ben
99ifd^of t)on (Sonftanj — toir tennen i^n fc^on, ben großen ^uren«
treibcr, ^erm $ugo bon Sanbenberg — gerichtet l^atte, 1522,
er^öl^te biefer le^tere bie 2:a;e für ein unel^elic^ed $riefter«fitnb Don
klier auf fünf Bulben *); t^ermutlid^ mar »fein ®emüt^ mieber DoQer
©c^merj über bie fd^Hmmen 9}enc^te aa& feiner 3){öjefe« (f. oben)
b. ^. er braud^tc ®elb. — 3)ie ©tfc^öfc crHörten ganj offen, ftc
fönnten auf bie Sinnal^men au8 bem ßonfubinat nid^t Derjid^ten. —
®o ^atte ein einziger, fd^eu^ic^er ®eban!e eineiS ^apfteiS, ®regor'iS,
In ber Entfernung kion kiier ^a^rl^unberten gemtrtt; nac^ bem furd^t^
baren (^efe^ ber ßuna^me ber jerftörenben SSirfung nad^ bem Oua«
brat ber Entfernung, melc^ed pl^^filalifc^e ®efe^, mie ed fc^eint, auc^
in ber moraUfd^en ffielt @(eltung ^atte. — ^d^i mar man in Xeutfd^::
lanb einig, bafi $riefter«3<^Ii^^^ ^^^ ^n ©auftaQ; Sut^er ^atte in
feiner bumben, oft barbarifd^en, SSeife auf bie 92aturt>org5nge felbft
^ingemiefen, benen mir und nid^t entjiel^en fönnten; unb er ^atte
ed in feiner lorreften SBeife mit bem bibltfd^en „äßad^fet unb mehret
Sud^!" t^eologifd^ begrünbet; je^t ^atte man in Xeutfd^Ianb bie
Einfielt unb ben äBtSen, bad $riefter^3önbat aufjul^eben; ed gieng
nid^t; cö f (^eiterte am ®clbpun!t; bie 95ifc^öfe lonnten bie ©n?
^) Gin ^egfpre(^ gen Stegenfpurg 5U \n% concilium )»if(^en einem
biff^of, ^urenwirt unb tunken feinem tned^t. 1525. — Odtar @d^abe, ©attren
unb $adquille aud ber 9leformationdaett. ^annooer 1863. Bb. III. p.
159—166.
») t:^einer, 820—828.
— 83 —
nol^me an f^utauba* ni<l^t ent&e^ren. — Unb nun env>, Ztx^dft,
l^eute tfi cd nod) MefelSe ®ef(^i(^te. 2)er latoHfc^e ^rieftet emirbt
]^te feine fionfuBine nic^t mel^r gegen bte Bifd^öflic^e Xa;e, fonbem
gegen — bte fflai)^xd)t feiner @^emeinbe, bie SOeS »ei^, unb bie
@d^nbe tierUrgt Unb biefe granbiofe ©(^»einerel l^&(t ^eute in
Zeutfd^Ionb noc^ immer ber ^ap% toit ein lufKged ©aulelfpiel,
}ttrifc^en feinen }tt)ei Singem. ^tatt, toit }u mieber^oltenmalen, ftnb
Xeutfc^e, »ie teutfd^e tatottfd^e ®etftti(^e, über bie Stohoenbigleit ber
Sbtf^ung beS ^efter^^ddßbatö einig (fte^e ber letzteren »ieber^otte
(Eingaben in biefem ^ol^r^unbert). 3)er ^apft tierBietet'd. S)iefer
einjige Italiener tierbietet eine ber ®mnblagen teutfc^er @itte. &
ge^t gegen feine l^ierard^ifd^en ^rinjipien. — Xeutfc^Ionb, bein Slame
ip Scig^eit
181) 2)er @tabt 3&ri(l^ gebn^rt bie ®^re, bie (Streitfrage
bamald }um dugerften ftonflilt unb }nr S5fung gebracht }u ^aben.
@ie fetzte 1523 in il^rem »at^aud eine öffentliche 3)idputaiion feft
}niif<l^en 3)vtngli itnb einem beliebigen Gegner. S)er Sifc^of $ugo
Don Sanbenberg fante feinen ®eneralDifar 3. gaber. Unter bem
gulauf Don ca. 600 ©eifUic^en nnb ^ntereffenten fanb fte ftatt
glDinga beruft ftd^ auf bie »ibd; gfober auf bie fionaUien. {& ift
jum Xotlac^en). gaber unterlag. $ier mürbe jum erftenmal lieber
bie »ibel über bie pdpftlid^e «utoritftt gefMDlt 2)ie pftpftUd^e Un^
fe^Ibarleit mürbe bamatt gebrod^en. ^eute fte^t ber unfehlbare
$apft mieber über ber 93ibe(. SCber bamalS mar aud^ auf latolifd^er
@eite bie SReinung fefiifte^enb. bag bie Autorität ber »ibel bie
]^5^ere fei S)er 9iat t>on d&ric^ erlaubte auf ®runb ber
bei biefer 2)i9))utaiion ^erborgetretenen Snfc^auungen bie
^ricfterel^c^).
183) Unb fo lieg ftc^ ber 9tat beme^men „(Setreue, (iebe
(Eibgenoffen! S)en ^rieftem ift burc^ bie @a^ungen ber SRenfc^en
imb Sfiter bie (Sfft Verboten; man finbt aber im Sorte ®oüd^,
haj^ &ott bie (£f)t allen SRenfc^en offen unb erlaubt geladen l^abe,
inSbefonbere im neuen Xeftamente mirb ben Pfarrern geboten, bag
*) X^clmer, lU. 820—830.
6^
— 84 —
ein Pfarrer ein S^meib ffaien foQ. Segen Bdato twc w^ nk^t
\ovbtxViä) (b. }f. üt ber neuteftameniUc^ 99i6e(4E;ege(e moQat mir
und niij^t für c^mpelent erad^tenX 3)a mir abev feigen, bog bic
Saifc^fe ®clb nd^wen unb bei ^faff^eit i^re Setterine unb 3Ra^
Bleuen unb öffentli<i^ mit einonbem fiinber }u jeugen na^a|en
(erlauben), fte (bie SSifd^öfe) au^ otö SRenfd^en (mie löftlüj^! olfo
nüfi old (Setter) nid^t o^e gfrauen fein mögot, au(| (äott bie Ül^e,
mie obfie^ niifi üerfeoten, fonbem befo|Ien ^at, fo fönnen mir n$ä)t
mi^ber (Sotted ffiort fed^ten'' ^). — ^a& mar mieber einntüd teuif<ä|e
©l^raii^e unb teutfc^e Sentunfi $ier jerfc^eUte bie mälfd^^^fttic^
@flak)en«2)09matil eineS (äerfon.
18S) Unb nun fe^en mir oQent^alben in ber Sd^meij, am
K^ein, unb bielerort« in Üeutfd^lanb, mie ^riefter anftönbiflen Sürgerd*
tdd^tem ,unter lautem ^ubel bed Sioüi^ bie ^anb reid^en. 1524
Derl^eiratet fi<^ S^^^d^^) ^^^^ Sutl^er; 2:etttf(|e Surften unb
SRagifitrate erlaffen ie^t aUentl^alben ber ^riefter^l^e günfüge äte^
foli^ionen. 993äre bod bairifd^ cfurftenl^ud m(|t gem^en, bie ita^^
Uenifc^ äteligion märe bamatö fd^on in Xeutf^lonb untergegangen *).
Unb mir mdren frei ®q ^at ^ite xukfi ^ itolienifii^er Sarbinat
m\t feinen )>ofteriorcn Steigungen über ©itte unb SKoral in leufefd^
bmb me^r ju fagen, old ein teutfc^er gürft.
184> SSäl^renb f4 fo bie Xeutfc^ über bie gi^tüid^ Sego^
Htät ber $riefterel^e l^enimftritten, unb tnel bogmoüfd^en ®d^i%
bergoffen, felbß auf päpftlic^er @eite fte^enbe 3:^eoIogen, mie
Kgrippa t)on Slettedl^e^m, ben S^^f^^t^ ^^ ^^ teutf^en ^riefter^
Käufern für ^aWiofi erttärten*), mor man iji gtolicn über foid^c
SSogotetten längft l^fatau»: S)ort fd^rieb gleid^jeitlg ber (grjbifc^of wtt
©encucnt unb päpftÜd^c 9?unjiu8, 3o^anne8 de la Casa, ein
üobgcbic^t auf bie SJnabenliebc; ,quo nihil foedius excogitari possit':
') Äüftli, 3. ft. ©eiträge jur (Erläuterung ber luc^en^aicformationö^
Q»t|(t>l4|tcn be« ©(^weifrerlanbe». güric^ 1741—53. 3^. 2. p. 249—250.
») ffllntcr, ö. «., (äkfd^idftte unb ©d^icffole ber eöongelifd^en fitere in
Öftlfvn. «DiÜMcften 1809. X^. 2. p. 310.
*) Agrlppfto ab Nettesheim, De incertitudine et vanitate sdenti-
arum. (^olonioo 1698. c. 63.
— 85 —
«etmaS ©d^änbttc^ered fonn man ftc^ nid^t üotfteHenS jenftrt ed ber
Xeutfd^e ®IeibanuiS^); »maravigliosamente composto': »unbergteic^
Hd^ In bcr Stuöfü^runflS nennt c8 bcr Staliener SSiand^ini*). —
Snuner lieber nm^ ic^ fagen: bie italienifd^e , Siebe' gehört nic^t
nac^ Xeutfd^Ianb; unb bie italienifd^e SteHgion gehört nid^t nad)
Xeutfd^Ianb. 2)ie teutfd^en Satolifen behaupten aber, ol^ne bie pöbe^
Toftifc^en, römifd^en SSotbeter lönnten fte bte Serfe bed (Sl^riften^
tumd nid^t üben. Sad ift ba ju xooUtn?
185) aRit biefem ©d^anbgepAcf im ®emiffen festen eS bie
fßfipfte tro^bem burd^, ba^ auf bem 9{eid^Stag ju SugSburg 1530
auf IS 9}ette Kd^t unb Sann über bte bere^(id|ten ^ßriefter ge-
fptod^en wirb*). — Sßer ift an fold^cr ©d^mac^ fc^ulb? — 3»nn^cr
We, bie fid^ fold^e* gefallen laffen. — hingegen marcn bie fontubina*
totlfd^en ^riefier nad^ wie bor frei; bcnn ffonfubtnat war jo feine
&j^, unb tangirte aud^ baS Jteufd^l^eitögelflbbe nid^t. 3)amaI8 tarn
bie gtebendart über bie fatolifd^en @>eiftlid^en auf: „(S» ift fe^n ferner
I^en auff erben, benn gen^ige jinS ^aben bon feinem le^en, e^n
^flrltn baneben, unb unferm $erm ®ott gcbienct" *).
ISA) 9(u^ nar eD ber fatolifd^en ®eiftlic^feit in i^rem \>xi^
trilegitten ^urenneft aßmä^Iid^ bequem gett)orben; fte tt>oVittn baffelBe
tmr^aud nic^t berlaffen, unb ftd^ mit ben Sürgem auf eine @tufe
fteDen. ®ic Sttalfunber fingen um biefe Qdi:
„^\t Pfaffen, muntere unb nunnen
Seint nur ein burbe auff erben,
@te ^aben [id^ bed beftmnen,
@te t9t0en nt^t bürget loerben;
^ad mad^t allein ire gro|e %t^,
3)ad fte be^avren jre »iberftribe
Unb mitten ber ftabt mä^i fti^ioeren.
fid^ bu gro^e faule rot^, (Sbtte)
%Bie lange treibft bu mit und ben fpott?
^ie ^aut foQ man bir flauioen.
*) Commentariorum de sUtu religioiiia et reipablicae Carolo V.
CaeBare. Argentor. 1555. p. 154.
«) Bianchim, della satira italiana, Massa 1714. p. 39. ^ de la
Casa't Sobgebid^t fte^t in ber Sammlung ^ Terze Rime piaoevoli' Bene-
▼ento 1727.
•) «feiner, m. 851—852.
*) a^elner, IH. 855.
— 86 —
^9hi \pttdfm Me t^affcn fdn:
,(E# nuM^ und tooO ^tnaom,
^ülttn toir ade fntrger {ein
Uitb fd^tocren itn{ere tranie.
@o (alten toir ^9 g<ut| etioageit,
9Bnt eiltet lege bei {einer magt
93ei nad^U tooxht man jit jm fieigen,
Xie tpeig(^) itntrbe ba nic^ t>erf eignet;
Xtx eefraiuoen feint tpir nid^t getoonet,
%Bir (alten (ue^ mit (oren'.''')
187) 3m fogenannten »SugSburgifc^en Interim' bom go^r
154R, toelc^eiS teutfd^e ftatoHIen unb ^toteftantan auiSgearbettet, unb
ba0 bie Billigung fi^aifer Harris V. gefunben (atte, mürbe jum
grölen &rgcr bed ^apfteiS fefto^fe^t „bie $riefter^S(e fei an ft((
e^rlid^ unb erlaubt; bod^ träten bie steriler beffer, fte )u ber^^
meiben" •). Die gonjc ©ebeutung blcfcr fflcflimmung wirb crft Har,
koenn man ermAgt, ba| faft bie gefammte ^riefterfd^aft im Sonhu
Binat lebte, unb biefem gegenüber ber (S^eftanb nun att ,e(rlid( unb
erlaubt' l^ingefteKt kourbe. Sd fcj^eint aud(, ba% man bon Seite ber
surften unb @iätit ben 93erfud( mad^te, bie ©eiftHd^en burd^ Xreue«
fd^mur auf bie Brtlid^e SSerfaffung i(rer pribilegirten Stellung ju Se«
rauben, unb fte bon (Seite beiS $a))ftdS auf @eite b^ Sanbd^ ju
jie^en. Se^t koar'd an ben papiftifc^en Pfaffen }u Ilagen:
188) Sin ©pottlieb aud biefer Seit lägt fie fingen:
^2)rumB 9ater SRap% ^eUif^er ^err,
gebende hod^ auf 9HtteI:
f^ie toir bed (l^bfc^murd vmb 9ef((tt)er
to( »erben mit gutem ^itel,
unfre J^Bd^in unb SRabonnen meift,
fompt ben guten ^rebenbcn feift
mögen ft((er behalten.
»t'enn bie £e|er auff beinen Oann,
unb ^tcxtt nid^t« mebr geben:
VI« ob fte eine 9an« pfiff an,
') S^ie Vritftttfttwibe.
*) 3ober, (t.. $pottlieber anf bie ri$mif^tatoIif4e friefltrfd^ mi
ben Jlabttn 1524-1527. 8tralfunb 1855. p. 10.
•) TVItter, IIL B7L
— 87 —
unb t)emt(^ten bameben
ane ^öpftiic^e ^rabition,
bie aReffe unb fütli^xon,
fo tvtr lang e^erderet.
„^ir ^ören täglich mit Derbrieg,
^ag man und tro^t, unb faget:
^faff unb »ogel ftirb ober frift,
ntemanb ift ber und tlaget,
man vupfft und fteiff bie fjebern ou6,
h)ir tonnen in fjfratu $enud ^au^
ie|t »ie juüor nic^t fd^Ieid^en.'' ^)
189} S)tc gfurften erfannten immer me^r bcn SSort^cU, bie
^rieftet burc^ eine bürgerliche @^c mit i^ren gntereffen unb benen
beS SanbeiS ju berbtnben: ^önig @igtgmunb Sluguft bon $oIen
berlangte 1556 unter 5 5ßunften, bie er bcm 5ßapft ^aul IV. ein=
^önbigte: boiS 93ere^elid^ungd::9le(j^t ber ®eiftlic^en unb bie (Sinfü^rung
bcr 3Kcffe in ber SRuttcrfprac^c. *) — Unb balb barauf forbert
granj IL bon granfretc^ burd^ feinen ®cfanten be V^Blt üon
^ittS IV. greigobe ber ^riefter::e^c. 3m 5Ramen beS <(}apftc8 gibt
biedmd bcr Sarbind üon ffiarpi eine el^rttc^e Slnttport: „SBcnn man
ben Jßricftcm grauen gäbe, fo tpürbc ba« ^ntcreffe i^rcr gamilicn/
i^rer SBeibcr unb ^bcr fic bon ber Stbl^ängigfeit beg ^apftc« lo^
reißen." ») — SOfo bcß^olb tonfubinat, SBeic^ttinber^Sc^änbung,
Sl^ebrud^ unb Unjuc^t aQer 9(rt.
190) Snjmifd^en na^m !ato(ifd^erfeitd bod Qmiat ober bie
C^cloftglcit ru^ig i^rcn gortgang: Stuf einer 1563 abgehaltenen
Sifitotton bcr f löftcr in 5ßieberöftrci(^ fanb man bei ben 9 SKönd^cn
bcg®cncbtctinernofter8©cl§otten Tffonfubinen, 2 ©l^emeibcr, 8 fiin?
bcr; bei bcn 18 SBencbictincm ju ®arften 12 Äonfubinen, 12 ®f)e*
»cibcr, 19 Sinber; *) bei ben 7 E^or^erm ju Slofterneuburg
7 ftonhibincn, 3 (Sf)ttt)tihex , 14 fiinbcr; bei ben 40 SWonnen jU
^) (Sin ^unbert beutfd^e ^iftorifd^e aSoItdUeber. ^rdg. x>on (Soltau.
£cit)gig 1845. p. 464.
•) X^einer, III. 888.
») Steiner, III. 907.
*) fBir mollen ^ier ni(^t metter bioibiren.
— 88 —
«glar 19 Äinbcr u. f. ».*) — SRan nannte btc« 3öIiBaL —
Übriflcn« Ratten ja Sßcnjft Suliu« HL unb fein fiarbinol 6re8*
centiu» ebcnfatt» i^re Äonfubinen, unb 5»ar öemcinfc^ftfic^, beren
»ittber Re, »ic btOtg, auf flemeinfd^aftlid^e Soften etjte^en Hegen;
man broud^t alfo mit bcn ^erren öon Äloftcrncuburg nic^t aViin
ftreng ju öetfal^ren. ■)
191) «te auc^ auf bem SonjU öon Orient (1545 — 1563)
ber gtogen Seftegelung, bag teutfc^ unb papftifc^ nie me^t iben^
tlfc^e Segriffe fmb, bic bom fiaifer gerblnanb unb ^erjog Albert
t)on Sägern unterftü^te Sorberung ber ^riefter^S^e ald ,Ie^erif(^'
unb »gegen baiS Sntereffe beS pOpftlid^en @txüß tlerfto6enb^ abge^
lel^nt merben foQte, erflftrte ber $er}og t)on Sal^m: bann ttmbe
er in feinem Sanb bie $riefter^S^e einfit^ren. @S ift ein fd^öner
Sic^tblid in ber päp^Üi^ta ©efd^id^te Säuernd. %ber aud^ nur ba«.
2)er $a))ft fd^idte i^m einen feiner Segaten mit bem mol^IHingenben Kamen
Crmanette, burc^ ben er t^n feiner befonberen gfürforge l>erftd^em
lieg, ^ied genügte, ^ie $riefter^@^e n^urbe t^enoorfen. Unb ber
ba^rifd^e $er}og blieb rul^ig.*)
192) 9(m 11. 9{ot)ember 1563 tourbe in ber 24. @iftnng
beS Xribentiner S^onjite im 9. Sanon beftimmt: SBenn Semonb fagt,
bag bie Stleriler, »elc^e bie Sßei^e enqifangen, ober SHeienigen, n^eld^e
bie Drbendgelübbe abgelegt l^aben, eine (Sfjt eingeben lönnen, unb
») Xl^eincr, IIL 911.
•) 2:^einet, III. 897.
*) X^etner, III. 918. — SXit etol) blidt ein ^eute unter tönt^i^
(i^unft erf(^einenbe« ba^rif(^ed Slatt auf bie l^iftori^e 9bae ht» bamali^
^erjogtum« unb |einer »legenten, al« 9fletter ber ttaUenif(^cn Religion in
Xeutfcftlanb, jurttd. 3)ie ittuftrirtc ©o(!^enf(^rift ^3)a« «o^erlanb" ft^reibt
unter bem Xitel: „»a^crn, ber SRetter be« JRetc^e« im 16. ga^r^unbcrt*':
„3m JReformotionÄjeitalter erfc^eint SBa^em juglei* al8 ber Dome^rnfte ^rt
ber lat^oliff^en meligion im beutfti^en 9lei(^e. ^DHln^en bleibt eine lange
3eit ber $au|)t^erb, i^on toelc^em bie göben ber lat^olifc^en (S^egenbetoegung
ausgeben, auf toe^en pe toieber ^udlcflaufen. ^eld^ed ^eft^icf ^tte bem
alten ©tauben in 3)etttf(lftlanb gcbro^t o^ne bie rüftige X^ätiglett «lbre<^t» V.,
o^ne bie auöbauembe 2a<)f erfeit SWajimilian» I! (£« ift flar: o^ne ^at^ttn^
»iberftanb »ar bie lat^olifd^e Äirt^e in S)eutf(^lanb üerloren.'' — 3>a«
iBa^erlanb. SRilnc^en 1894. 9h. 8.
— 89 —
bo6 biefcttc gülHg fei, bcr fei öerfluc^t" ^) — ^ör' cg bo^rifc^cr
^erjog! —
108) Unb ber 10. Sanon lautete: „SBeim gemanb behauptet,
bei S^eftonb fei bem iuitgfr&ulic^en @tanbe üorjujie^en, unb ed fei
nid^t beffer unb l^eiliger in ber ^ungfräulid^feit unb in ber S^e^
loftgfeit ju (eben, ai& ftc^ ju ber^eiraten, ber fei tierftud^t.'' *)
194) SBer bem bid^erigen ®ang ber 3ölibatd^efe^e gefolgt
ift, mug, toma er ^f^d^ologe ift, ungefähr miffen, n^ai^ nad^ ber
feierlichen Seftätigung bed S3erbotd ber $riefter^(£^e im Sanb ffir
eine SBirfung ju emiarten ift: Serme^rung ber ^onfubinen, Ser^^
me^rung ber Unjud^t, @etbfberftdnbtt(^Ieit biefer $rieftermfitreffen
gegenüber ber ©elbftoerftdnbtic^feit bed ßenfd^^eitdgelfibbed, (£r^
l^ö^ung ber 2:a;en. — Unb fo mar'd: Unter Seml^arb t>on Staed«
felb, Sifc^of tion SRfinfter, im ^a^r 1565, nannten bie S)om^erm
il^re ^onhtbinen !Z)omprdpftinnen, 2)ombefaninnen, ^omlantorinnen,
9)omIüfterinnen u. bergt. 910 99em]^arb bagegen einfc^reiten tuoQte,
erfl&rten il^m feine Soml^erm, er möge erft feine eigenen fiontubinen
entfernen. •)
195) 3luf ber ®^nobe ju Seuniarben, 1570, mürbe ben
ßlerilem geboten, nac^bem fte boc^, uneingebenl i^reiS SJerufeiS unb
i^re^ ®eläbbed, nid^t anberd mit i^ren ^nfubinen lebten, ott mären
fie im e^elid^en SSerbonb, menigftend nid^t mit i^nen Xaufen unb
^oc^ieitdfeierlid^Ieiten ju beranftalten. ^)
196) «uf ber ©^nobe ju ©alsburg, 1573, fifierreid^te ber
«efonte «Ringuarbaim «uftrog be« ^ap^tt» 40 ftatjitel S)efiberata,
unter benen e« im 5. ftapitel l^ei^t: .S)ie Sifd^öfe unb ^rfilatcn
*) »81 quifl dixerit, cleriooe in sacris ordinibus constitutoe, vel regu-
läres, castitatem solemniter professoe, poese matrimonium contrahere,
eontractumque validum eese, anathema sit.« — libri symbolici Eoclefliae
Gatholicae. Edit. Streitwolf et Kiener. Gottingae 184(3. tom. I. p. 91.
*) Si quifl dixerit, statum conjugalem anteponendum esse statui
TirginitatiB, vel coelibatus, et non esse melius, ac beatius mauere in
Tirginitate, aut ooelibatu, quam jungi matrimonio; anthema. sit« libri
Bymbolici, a. a. O. p. 91.
•) X^ciner, HI. 938—939.
*) X^einer, IH. 947.
— 90 —
foDcn tl^rc aRätrcffcn nic^t auf 3lcifcn in SBägcn unb ©(^litten —
,qaod gravius est, in idnere vehiculo, quod Schlitten ^) vulgus
appellat' — ober 5U $ferb mit ft(^ nel^men, no6) mit i^ncn in bie
Sdber reifen, ober in ®aft^5fen abfteigen, ober i^nen i^re gfamUien:»
ober SBürbe^Slamen beilegen. " •) — Unb ttne*8 on onberen Drten
jugel^t, ergibt [xdj anS einer Serorbnung beiS Srjbifd^ofS üon
Cambroi öom 3a^r 1617, „c& fottten bie »eid^te ber fficiber
nid^t in ber ©afriftei gehört »erben, fonbem auf einem freien ^la^
in ber Äirc^e; unb bei 35unW^cit foDte ßic^t angejünbet »erben."*)
109^ 3w 18. unb 19. Sa^rl^unbert »erben bie SSerorbnungen
unb e»ig gleid^en Samentajionen feltener. S)ie Sanbedf^noben, »0
bergleid^en 3Rigftönbe regelmögig befproc^en »urben, ^5rten aUmfi^Iid^
auf. aRan l^atte etngefe^en, ed ^alf 3l\6)t^] unb bie fd^meren fafru»
legifc^en STnflagcn festen nur bie ^ricfterfd^oft bei ber Seöößerung
^erab. ®ag ^oll, namentlicj^ ba& teutfc^e, in fetner ®utmfltigfeit,
iielt jule^t ba» dötibat, »ie bie Xrinität, unb ©o^n^®otte§^fd^aft
E^rifti, für eine ©nrid^tung ®otte«. ®cr fd^ttjarjgerodttc, rofirte
^err auf ber ©trage, bag »ußtc man, ber fonnte nic^t heiraten?
»arum nid^t? @i, »eil ein fatolifc^er 5ßrtefter bod^ nid^t l^etraten
lann. äBeiter ge^t ber ^alläl eineiS S^atoHfen nic^t. iRan J)at audf
feine Qdt, über folc^c ©el^eimniffc nac^jubenfen. Qu. »a« ift bcnn
8lom ba? S)ort lebt bag gemeinfd^aftlid^e ^im ber teutfc^en ffato*
Wen. Unb fo blieb ber gutmütigen teutfd^en ©eöölferung nic^t«
onbere« übrig, atö für bie mcnfd^Iid^en Sebürfniffe ©einer ^0^^
»ürben im ©titten ju forgen. Unb in jcbem ©tftbtd^en unb ®örf(^en
»urbe iffxn ber ,3c^cntc' ber pbfd^en SBeiblic^fcit gern abgeliefert.
Unb man »ar ftolj, »enn ba« ^od^»ürbige ?luge auf bie Snfafftn
eines ^aufeS fiel. S)enn ber ©influg ber tcutfc^en 5ßfarrergföd^in
ift grog. 2)urd^ i^rc $änbe ge^t aU ber ®er*, »uttcrs, gleifd^*
unb ©rob*3in^f ^^ bie ©cmcinbe getreulid^ abliefert. Unb beim
Aufgebot*, bei ,2:oufen', ,^od^jeiten', »Seerbigungen* !ann ber ?ßfarrer
') 9hit ber £)ftrei(^er unb @übteutf(^e uerftel^t baS ^ter x>om ^tüp^t
unbetDUgt gemachte obf^öne SBortipiel.
•) !Qeiner, III. 980.
^ Jl^ciner, III. 980.
— 91 —
unglauBIid^ Diel; unb fie nod^ me^r. SReift f)at eine @(^mefter ober
entfernte SSermante ber ^farrerSföc^in mel^rere ^nber, bie oud^ oft,
bom 10. ^af)x atir im ^farr^auS atö 92effen unb Stickten erjogen
werben. Unb fo fingt man nod^ ^eut' in Zeutfc^Ianb:
„^abU, totnn ^u bienen mugt,
3)icnc nur ben Pfaffen,
^annft ben fio^n im ^ett i^erbtenen,
ÖTQU(^ft nit öiel ju fd^affcn.'' —
198) Vl& Snbe beiS vorigen ^a^r^unbertiS bie groge refor^
matorifdie Ära in fcftrcic^ begann unb Sofef IL 800 Älöfter ouf^
gehoben l^atte, erfd^ien auc^ eine Slut antijölibatifci^er ©c^riften,
auger in Öftreic^, ani) in 2:eutfd^Ianb, Sranlreid^, !£o^ana; ®eifU
Ii(^e ließen felbft 3WuIare bei ftd^ ^erumge^en, um SRctnungen aui8
i^ren Shreifen für bie freigäbe ber ^riefter^S^e ju fammeln; baneben
entftanben, befonberö in bem mi^igen Stauen, eine SRenge öon
^aftiDen, meiere bie ©d^anbe ber ^riefter in ber entfe^tic^ften SBeife
bloi^fteQten. Sügemein em)artete man nun t)on Sofef 11. unb ber
toon i^m niebergefe^ten Sieligiond^Sommiffion bie 9uf()ebung htS
35itbat8; einfad^ Don Stec^tdmegen, mie bamatö in ber Sc^meij, o^ne
Diel in 9lom )u unterl^anbeln; toa& bie 99eDö{ferung unb ein großer
J^eil ber ©eiftlic^feit mit Subel begrüßt ^ätte. — aber fie fam
nid^t »n 3Rut fehlte e& ^ofef nid^t; er ^atte ^^nereiS DoDbrad^t;
aber man glaubte, er mar bamald an ber ®ren)e feiner Seiftung^
fä^igfcit angelommen. — ^öl^nifd^ erinnerte man bie ©eiftüc^en an
i^r alM ,81 non caste, saltem caute': fie l^ätten ia im ®e^eimen
ioä) DoOftönbige gret^eit.
199) ^amatö erfd^ien jened bittere, fatirifc^e Xantfagungd«
©d^reiben ber öfireic^ifd^en, fatolifc^en ®eiftlid^feit an 3ofef IL,
worin felbe bem 3Ronard^en Sanf meiß für bie ^ermeigerung ber
5tuf^ebung befi $riefter^3öKbat8, ba fte fo beffer fa^re; jugleid^ ein
93emeüS bafür, mie meit bamate bie 99en)egung unter ber ®eiftUd^feit
fetbfk gebieten mar. ^)
') 3* gebe ^icT bie überou« feltene 3)ru(ff(^rift, bie 1788 3ofef n.,
fein Staatdf analer j^auni^ unb bie übrigen SRinifter anonym ^ugefant er^
hielten, i^rem ganzen Umfang nad^: „^antfagungd« Schreiben ber gefamten
^oto^ltfc^en Q^eiftltditeit an feiner (aiferl. lanigl. SRajeftät Sofep^ IL für bie
— 92 —
JtOO) 9Ran mar gegen bie (Srfd^etming bed fd^toarsgerödten,
geiftlid^ Kapaunen in Xeutfd^Ianb )ule^t abgeftuntpft morben. (£in
9t ou ff eau mUgte lommen, um il^nen unb i^ter Umgebung erft 5U
fagen, um toai für eine ©orte öon QudfU3Rtn]äfcn eS fid^ ^er
S^ermeigerung ber ^riefter-iS^e. SBien, be^ aQen priDilegirten 92a(^bru({em
1787. — Sänger IBnnen »ir ben 3)anf in unfern ^er^en nic^t Derfc^Itegen,
ben wir (£ur ftatferl. a^^ajeft. für aQe bie gnäbige Serfügungen, ^u fünften
ber allein wahren ^ato^Iifc^en iHrc^e, bei» (Sl^riftentum«, unb ber (^ifilic^teit
fd^ulbig finb. — (Suer 9»ajeftät ^aben ed fic^ öon Anfang 3)ero glor»ürs
bigften 9tegierung äugerft angelegen fe^n laffen, alleS ju t^un, toa% bie ^uf^
IIArung, bie ^Itur, ben ^lox, unb Sfleic^tum bero S&nber beforberen lann. —
Vtand^t t)ertannten bie ^Ibfid^t (Suer 9Rajeftät unb backten, ^öc^ftbiefelbe
Ratten ungünftige @^eftnnungen gegen bie ^atolfc^e (Skiftlic^teit, loeil Qhxr
^ajeft&t einige ^löfter eingebogen, unb bafür eine iRettgton^^^affe errichteten;
fte backten, e^ fe^ jeit, bie Q^eiftltc^Ieit anzugreifen, berfe(ben i^re »a^re,
alten, Don ber ^rd^e ererbten 9fiec^te ftreitig ju machen, unb (Suer SRaieftfit
ba^in ju bewegen folc^e ju fc^mfilem, ober aufjui^eben: biefe fc^rieben ba^ero
toiber baii ))äbftli(l^e (Sölibat gebot, unb trugen be^ @uer 9J2aieft5t barauf
an, baffelbe be^ ber ^atolifc^en (SkiftUc^teit ab^ufc^affen. — 93tr unfer« OrtS
hielten und ru§ig babei, toeil mir ben ^eüen ®etft unb bie ebe(en d^efmnuiigen
unfered glormürbigften "Sftonaxd^tn fannten; benn fo(te 3ofe))^ ben C^ölibat
ber ©etftlic^en abf (Raffen, unb i^nen geftatten e^elic^ werben 5U bBrfen? —
dr, ber oon fo Dielen befreieten Spönnen, 3:i^ränen be« 3)an!e« erhalten §at?
— unb warum erhielt fte 3ofe|)§ i»on i^nen? weil fte \i^ bed lebend imb
ber frei^eit freueten, toeil fte 9)^fibgen unb nid^t (Sngel waren, grletfc^ unb
IBlut Ratten, unb nun bem ^rter entlaffen, bie Xriebe ber Statur, natfirU^
unb mitt^eilenber befriebigen tonnten: — 3<>f^^ ifi i" menfci^enfreunbltc^
unb ät^t ßatolifc^, atö bad er 92onnen befreien folte, um fte mit (Skiftltc^en
ind (£^e io4 Su f)>annen; tft ju erleuchtet um einen Unterfc^ieb ^wif^en
einem SRfibgen unb einer 92onne )u machen, ba er bod^ ^ell ben llnterfc^ieb
unter ben Spönnen un und Oeiftlic^ einfielet, weil wir und auf una^lige
toeife Reifen tonnen, welc^ed bie etngefperteten nid^t DermBgen, 3ofe|)]^ tft ju
fem Don Aberglauben, ald bag i^m ^r&nen bed S)anld aud weU^en weib«
litten äuge fte rinnen mögen, ntc^t gleich lieb fein f ölten, unb auf welci^e
menge bantbarer @celen, bie bei ber 9lbf(!^affung bed ^5ltbatd würben Der=
lo^ren baben, lann So\tpff nici^t rechnen? berat ber grdfte X^eil ber ftato«
lifc^en Okiftlic^n, bie o^ne anftrengenbe Qkfc^fte bed Oktfted unb (Sdtperd
ibr leben Einbringen, ftnb ^ur befriebigung bed loeiblic^en (iefc^lec^td auf alle
weife bie ®ef c^ifteften, unb lonnen nic^t allein ben unoereblic^ten grraun^immcr
Dorfteben, bie fonft unbefriebigt blieben, fonbem auc^ ben (S^efrauen, beffen
— 93 —
^anbdt 3n ©tra^burg f)at man t>on tierfc^ul^freunblid^er @eite
gegen baiS gnoaltfame ©topfen ber ®ftnfe }ur @T}teIung größerer
Seficm protcjiirt. ^icr mü§te etwa bic ©tubie einfeftcn. — S)ct
urfpränglid^e @>ebanfe ©regor'd im ^xnhüd auf bad ßi^Ii^^t mar
Männer ft4 ntfibe unb traftlod arbeiten muffen. — @o loie fte für alle
beten, fo tdnnen fte au4 füfili^, unb o^ne na^teil il^rer ü^efc^ftfte für alle
bie fo genannte ^er!e bed gr^eifc^ed oerric^ten: bied gefci^i^et nun, »te eS
|t(^ t>on getftlid^en ntc^t anberS benfen lägt, auf eine geifiliij^ üvt, »obon
bie roelt nichts tueig. •— ^a^er werben bie üon und erzeugten l^inber, meil
t>iel barauf anfömt, Don weichen @aamen fte eutfpringen, Diel beffer unb
i^ren magren (Srgeugem an lopf unb ^erjen — bad ift, an oerftanb, 9ielis
giofttät, unb 92eigung ^ur practifc^en @^eiftlic^!eit, hit in toinfeln getrieben
mirb, unb in fleten actu ift, ä^ntic^. — $3ie uiel S^aufenb unoer:»
e^Iigte unb Dere^Iigte $erfo§nen, bie man mit bem ge^&ffigen 92a^men ber
^uren unb (S^ebrec^erinnen belegt, bauen @ur aJlajeftät in ftillen mit X^rfinen
beS 2)anfi» Elitäre im ^er^en, hai ^ik^ftbiefelbe i^nen i^r Vergnügen, unb
bie Sefriebigungen ber unfc^ulbigen Xriebe ber 9?atur nic^t burc^ Vtufl^ebung
bcd ^eiligen, päbftlic^en (Sölibatd Q^ebotd geraubt ^aben! |)ienlber muffe
3ofe))§ bie gröfte ^onne ber SRenf^Iic^teit füllen. — 2)ie ^ufreti^t^altung
bed ^eiligen (Sdlibatd ift und auc^ ein neuer 93ekoetg Don ber Döterlic^en unb
wohltätigen ^orforge @uer äRajeftät für bie Slömifc^ J^atolfc^e ßirc^e unb
t^rer (^eiftlic^feit. (^uer aji^ajeftät e^ren alte SRe^te, unb ftnb ein ertlärter
greinb aUer unctnträglic^en neuerungen; nun ^at bie dle^tgläubige
aüein feeltg mad^enbe IRömifd^ ßatolfc^e ^r(i^e, auger »el^e fein ^eil ift,
Don je^er aud 92a(^gtebigteit gegen bad grleifc^, ober Dielme^r geiftlic^en
(Saamen aud^ufäen, ber ©eiftliti^fett SBeifc^läferinnen unb ^uren nac^gefe^en,
unb i^r alle natürliche unb unnatürliche S3efriebigung ber (ä^eil^ett im b un-
fein Dergönnet, nur bie (£^e Derfagt, unb bedmegen in jure Canonico
ben (SnociS ber Un^ut^t eined (^eiftlic^en fc^ier unmöglich gemacht, unb allen
clericiB bie golbene SRegel Dorgef (^rieben: Si no caste, tarnen caute. (Suer
SRajeftät »iffen, wie bted aOed bal^in fielet, hit G^eiftlic^en burc^aud nic^t an
eine grau ju btnben; wiffen, bag bad ^oc^^eilige @acrament ber (S^e Don
und nur in 93fi(^em für htn $öbel, ober fo lang ber (Sopulattond octud
Ȋ^ret, angefel^en wirb, wtffen, wad felbft in bem ^eiligen 9bm unter ben
untrüglichen äugen bed ^eiligen ^aterd gefc^ie^t, bag bie SIRonfignori
i:§re SKaitreffen, bie tarbinäle i^re Sattiftinod ^aben, unb bie fc^önften
ßaftraten auf bie Kapelle triegen. )(aed ift alfo ber O^äftlic^Ieit in biefem
$unct nad^giebig Dcrgönnt. — Solten nun bie imjweifel^aften grogen Der»
jährten SBorrec^te ber ©eiftlicl^fett gefc^mälert werben? unb i^r feine anberc
»efriebtgung ber ®efc^lecl^td=fiuft me^r, ald blöd in ber d&^e mit einer
— 94 —
tM>n feiner Seite Hug unb Berec^nenb. (£r l^atte feine ^taUener unb
SRönd^e 2)amiani'f(^er ©d^ilberung im %uge. ^ lonnte aber
nic^t miffen, mie bie Serorbnung auf ben Xeutfc^en unb Ütorbiftnber
toirlen mürbe. Unb bie Srentpßfijirung auf btefen Söltert^pud
gprou erlaubt fein? — 3ofe;)§ toar ju gerecht, unb gültig, ald baft er bad
Detffigen fonnte. — (hier SRajeft. fa^en aber au(^ nur aU^umof^l bie Sor^
t^eile ber (S^eloftgteit bed (Skiftlic^en ftanbed ein, um Diele (S^e fruchtbar ju
machen, unb mannigfaltigere Sefriebigungen ber @kfc^Iec^td'Suft, fo »o^l und
atö ben meiblic^en ^fc^Ied^te ^u getofil^ren, toie im einfachen Iangtoei(tgen
(E§eftanbe mdglici^ ift. — SRdgen eS manche geringe fc^ft^en, tote ein Se^^
^errfd^er toon fiänbem unb SßdVttm für bad Vergnügen ber Untert^anen forgt;
toir ectennen t» mit gröften 2)anle, baft 3ofe))§ imd leine fielen angelegt
^at. — 3e me^r Vergnügen in einem Staate ift, befto lieber lebt man ba-
rinnen, ^ie Ungebunben^eit ber @itten ift )tt)am ein üertannted, aber getoid
betofi^rteS SRittel einen Staat ben me^rften äJ^enfc^en angenehm )u machen;
J^Iima unb natürliche fjrruc^tbarteit, felbft (S^erec^tigfeit ber Slegierung unb
$oli)ei t^ut h\t^ ungleid^ toeniger. — fCbtx wie übel toäre t& au4, menn
toir, bie toir ®reoiar, (S^or, unb 9Regen ju t)erfe§en ^aben, au(^ folten mit
ber 5Hnber laft befc^toe^ret toerben! 5S)ad tann feiner natur nac^ blod für
Satten gehören. — Unfer erleuchteter "Sdonaxd^ fielet aber au(^ ein, toel^er
tluftoanb nöt^ig toäre, um bie (S^eiftlic^en alle fo ju beforgen, baft fte gfrau
unb JHnber ernähren fönnen. — gfreilic^ toäre bie ©in^te^ung t)on ^toe^ ber
beften Aldfter jur hinlänglichen t)erbe6erung aUer armen Pfarren, unb jtoeier
anberen ^ur ftiftung einer ©eiftlic^en toitttoen unb toatfen ^affe juuic^enb,
baju täme benn nichts auS bem Staate, fonbem nur in einem anberen
fc^neQeren Umlauf, aber bie Sc^a^tammer t)erld^re boc^ ju nä(!^ft. 92o(^ me^r,
bie ^eiftlic^leit toürbe burc^ hit (S^e ^u ^äudlic^er Xugenb unb Sit^amteit
geleitet, abhängiger oom ftaate, unb unabhängiger oon 9bm, getnac^t toerben;
\a fte toürben ft(^ in fünften unb ^tffenfc^aften, toie bie fia^en gu bemühen,
genbt^iget fe^en. %ber toad litte benn bie ^rc^e? too bliebe benn ber Su^ud,
ben bie Q^eiftlic^en auf alle toeife unterhalten, unb ^toar gerabe bie art oon
fiu^d, toelc^e bem ftaate an oort^eil^afteften ift? 3a, toad toürben ni(!§t
felbft bie ^Beltlic^en leiben, toenn eine foI(^e aScrmif(!§ung ber ©tänbe toäre,
bag bie @^eiftlic^en, toie bie 98eltlt(^en aud^ im toeltltc^en ftnne arbeitfame
unb nü^Itd^e fieute toürben, bte bürgerlichen ^efc^äften unb Ämtern too^l
oorfte^cn tonnten! — galfc^e ^olititer bringen auf Sfrugalität unb Arbeit^
famleit, unb bebenten nic^t, too ade Arbeit ^ertommen foll, toenn alle^lieber
beS Staated arbeiten, unb nur blo9 toaS nü|lt(^eS arbeiten follen; toenn
!eine S^erfc^toenbung, fein Su^nid, {eine bloS oerje^renbe klaffe ber äRenfc^en
ba toäre! — S3ebä(^ten \it bod^ toad SReneniud 9(gn^))a f(^on ben SRdmem
— 95 —
fd^eint l^eute ntc^t untoic^tig }u fein; [a toic^tiger ate bie Qefamtnten
(Sefc^e^niffe ber lotolifd^en Strebe t)on ®regor i\& l^eute. — gn
Sejug auf ben Stottener tfiufc^te fic^ auc^ Tregor nic^t 3)er ita^
lienifc^e ^rieftet mit feiner großen ^otjion ^lug^eit unb noc^ größeren
(Sefd^tcRic^feit erlannte (olb, ia% er ,tyomen l^erum' nid^tö, ,^inten
gezeigt §at, ba{^ ber Silagen am menfc^Iic^en (S0t)>er fo nottoenbig ift, a(9
irgenb ein (S^Iieb: ja bag bie (S^ßeber o§ne htn "Sfta^tn nid^t befielen fönnen.
— miäit tiefe %Beii»]^eit geigen ba^er (hier Stajeft. baft $5(^ft biefelbe ben
(i^eiftlic^n @tanb bei ben erhalten, toad er ift, imb fein mug. ^ir benrnn::
bem auc^ billig bie geifted gröge (Suer SRajeft. barinnen, ba aUe anbere tu
leuchtete 9legenten ber SBelt, unb @taatdmfinner bafür galten bag bie @tfir(e
etned 6taat9 ni(^t im beft^e groger toüften, fonbem in ber Set>öl!erung bed
Staats befte^e, unb ba^er auf ade weife bie Soßd menge ^u t^erme^ren
fu^en. — Qaitt "Sdait^Uit adein nac^ $o(^fter (£infi(^t bafür galten, baft
ben ^onaxditxi an großer ^oKd menge nic^td liegt, unb biefe ein getoiffed
maaS nic^t überfteigen barf, menn nic^t me^r magen unb münbe fei^n foQen,
üi% ©petfe unb ^ranf für fte ift. — 3n (S^emäd^eit biefed grunbfa^» be^
ftattgen (Sutx SRajeft. ben (Sdltbat, htn »ir, ba »ir un^ aud allen Säften
beftreben, bai^ f(^öne gefc^Iec^t in ber 3^itf bie und üon CT^or ge^en übrig
Bleibt, ju üergnügen, bie mir SRäbgen, 92onnen, alte ^rhtct^eften, grtauen
unb ^ittmen bebienen, imb fo toie ju 9lom bem SarigeUo, alfo bem @4ars
n«(^ter==auffe^er jeber @tabt für näc^tlit^e fret^ett ein betrö^tlic^ed aalten:
Sir ge^en, toie ^er SJ^ajeft. befannt ift caute barauf aud, fc^toac^en (Sl^e«
mSnnem ^nber ju t>erf(^affen, hingegen aber bie Befruchtung ber Unoer^ei^
rateten auf alle loeife gu l^inbem; unb folte auS Übereilung ober Unborftc^^
Hgleit ma^i eine ©(^toängerung gefc^e^en fe^n, bie Srnui^t mieber fort ^u
f(i^aff en. 3)aburc^ mirb eine groge menge tJrrauen^immer Unfruchtbar gemacht,
eine menge @aamen, toorauS ^nber ju taufenben entftanben wären, Der::
goffen. Sir ftnb alfo im ftanbe (Sutx SRajeftät bai^u t^uen, bag toir, bie
^iftlic^teit i^rer Staaten, j&^rlic^ nac!^ ber mägigften 9ere(!^nung toenigftend
eine miüion menfc^en tobten, unb eine übermft|tge bem Staate fd^blic^e Be»
üBQerung, be^ ber immer einer htn anberen auffreffen mürbe, Der^inberen,
ipeU^ed toeg fallen mürbe, menn mir Dere^eliget mären. — Sir bezeugen ba::
^er (Suer fta^f. SRajeft. megen ber Däterlic^en Sorge für ben {]rtor unb bad
So^l i^rer Staaten, für bie oorrec^te ber Q^eiftUc^feit unb ber ^rc^e ben
^eifeften 3)an!, unb fügen ju unfern t)erf|)re(^en, bag mir na^ @uer 9Raj[eft.
meifen (Srmeffen mdglic^ft fortfahren mollen, unfern Q^eiftlic^entlmte befagter
meife obzuliegen, meiter nic!§tS ^inju, atö mir ni^t aufhören merben, }u
münfc^en, baft ber afmobifc^e (Steift bed ^eiligen ®regoriui» VII. ^abften
^iUebranb auf (Suer SKaieftät in )(nfe^ung bed (SöHbot^^iS^ebotd femer nti^en
möge, bie mir in tieffter untert^änigfeit unb angemeffener (£§rforc^t erfterben.
— 96 —
^erutn' 9iUe& tun bürfe, unb fo f^at er oi& »oBgefeimter ©pt^feufie'
unb »feiger ^unb' bei &xo% unb föein, 9trm unb !Reid^, im fßoVt
mie bei ben ®ti6Ubeten, im Sloman, in ber ©atire, im ®offiStt)i^, in
ber ?Pofie, ouf bem I^eater, feine fcfic, bcräc^Üid^e Stellung.*) S)iefer
X^puiS lommt nur in Italien t>or. @r fann aud^ nur bort htoi^
achtet merben. (£d ift eben italienifd^e Steligion. 9lid^t t>id
anbcrS ift ber fpanifd^c unb franjöfifd^e 5ßricfter.*) — 3n leutfdl*
lanb mar ber beffere X^pud aud^ immer nod^ ber, ber ein %ug ju^
brüdte, unb Wfnli6)tS t>on feiner Umgebung erwartete, ein ^eufd^«
^eitd<:=(8eläbbe mit bem geheimen SSorbel^dte tat, innerl^alb feiner bier
SBänbe unb ben SBeibem gegenüber ju tun, xoa^ i^m beliebte, unb
mag man i^m gemährte; ber {d^munjelnbe, fette ^riefter mit biet
Senebolenj; feig auc^ er, bor ben Clären baS ©efid^t mit ^eud^elet
berlarbt, hinter ben O^ren boQgepadt mit S)u(!möuferei; aber me«
nigftenS gefunb. — Der bcbenHid^crc I^puö ftnb jene Somirtcn, aber
S^rlid^en, bie bie @ad^e für Sntft nahmen, ein ifolirter DrganüSmuj^,
im fteten ^ampf mit fid^ felbft, ber bad eigene ®efpeie tdgttc^
mieber aufigt, fic^ innerlich zerrüttet, aber aQe Selbft^Slnflagen ftumm
l^inuntermflrgt, ber bei uniS mit bem geftod^enen föalbi^gefid^t uml^er^
ge^t, ©ncm nic^t mel^r in'8 Stngefic^t, gcfc^mcigc ben ^immel ans:
jufd^aucn bcrmag, jermartert, bcrftumpft, bon einer fremben ^Ibtt
fteif^'fuggeftionirt, oft l^atbberbtöbet, gemig bie erbfirmlid^fte SRenfc^en^
forte, bie bei uniS herumläuft, ein gänjlid^ unbered^net gemefener
ant^ropologifd^cr ©ffeft biefe« nun balb lOOO^iäl^rigen päpftlid§^
l^ierard^ifc^cn (8eban!cn8.
»Ol) SiS ju 5ßiug VI. brang bamatö biefe äntt^^SölibatS^
Semegung, bie in Seopolb bon Zo^ana in näc^fter ffläfje einen
aufgcHÄrtcn gürftcn jum SBerteibiger l^attc, ber u. a. ben ®runbfa^
auffteßte, ba§ nur bem ©taate bag JRcd^t juftcl^e, ,trennenbe ©l^c*
l^inbemiffe* ju fefeen. ßeopolb ftnberte benn aud^ au8 eigener SBc*
fugniö bie Sloftcrgclübbe bal^in ab, ba§ Spönnen erft bom 40ten
^Ucr 5>UT(^lau(^tigftcr Unubcrtoinbrigftcr Äai)fer ©uer SRajcft. 9(Ucruntcr*
lanigftc (äkfammte TOmifcl^ tatolfc^e ^ciftlid^fcit.'' —
3!ftan rm% ben ^tiefter ber italicnif^en Äomöbic in Stalten gc:*
fe^en ^aben.
^ @ie^e ben ^rieftert^ud bei SRoHere.
— 97 —
Qa^T an bie fog. ,em{gen ®elübbe' ablegen bürften. $iug, ben
bod^ ein $au^ mobetnen ®eifted berul^tt ju l^aBen fd^ien, unb ber
unter feinen äRegbiid^em bie tn'iS Stattenifc^e überfe^te, urfprünglic^
tentf^e, @d^rtft gefunben l^atte ,,bringenbe SSorftellung an 3Ren{d^^
Hd^Iett unb SSemunft um 9(uf^ebung beiS e^elofen ©tanbed ber laio^
lifdien ©eiftUd^Ieit 1782", orbnete ein dufammentreten ber Sarbtnat
SoOegiumiS an. Unb bort fiel bann bie lä^Ie Slntmort, mit ber
teutfc^e Potentaten ftetiS glfidlid^ maren, ftd^ t>on 99oben pä))ftß(^er
Slubienj ergeben ju bürfen: „e& feien bie ^rd^engefe^e gegen bie
^riefierel^e nic^t aufjul^eben, unb bem SSerlangen ber 9iegenten
nid^t nad^jugcben."*)
203) Unb in ber gleid^en SSerfammlung fprac^ ber (Sarbinat
^atlak^icini bie SBorte: ,,S93enn man ben ®eiftlid^en bie (Sf^t ge^
fiattet ift bie römtfd^^päpftlid^e ^ierard^ie jerftört, ba« «nfe^cn unb
bie ^o^eit bei^ r5mifc^en 99ifc^ofd Verloren; benn k^er^eiratl^ete ®eift^
lid^e merben burd^ bad $anb ber grauen unb ^nber an ben ®taat
gefeffelt unb l^ören auf, ^tn^önger bed römifc^en Stul^tö ju fein.
"Die (Staatdllug^eit lege alfo feiner ^eiligfeit noie bem ^eiligen
QoDegium atö $f(ic^t auf/ niemals bergleic^en Stntrögen ®e^ör ju
geben.''*) — ®ag mar alfo pfipftlid^er SBeiÖ^eit leftter ©d^Iu§.
208) 92od^ einige £öc^innen::^@rlaffe aiiB neuerer Qtii finb ju
ermähnen: gm Sa^rc 1796 erläßt ber gürft^Sifd^of Äonrob öon
aiegenöburg ein Shmbfd^reiben, worin er fagt, ba§ bie fflerüer feiner
®iöjefc „fid^ im Sotf) ber Unjud^t bcftnben, unreinen Umgang mit
SBcibem pflegen, unb mit facrilegifd^en SSerbred^en ftc^ notorifc^ be*
fubeln." @r meint bann fortfal^renb, bie Urfad^e bei^ Übetö liege
„in bem überall unt ftd^ greifenben ünpiS unb in ber SSerborben^
^eit beS ie^igen 3cttgeifteö." — SScneibengmerter Sift^of, ber nac^
faft 2000^iä]^riger Unjud^t in ber latolifc^en ^rc^e fid^ mit einer
fold^en 2(u8rebe jufricbcn geben fonnte! — 3)a8 Shmbfd^reiben
fc^Uefet: „ääir Vertrauen im ^erm, bag wir nie gcjmungen werben
bürften, bie Strenge biefed ®efe^eiS an ben ®eiftli(^en audjuüben,
») X^eüter, III. 1030.
*) Storia polemica del celibato eacro da contrapporsi ad alcuni
deteetabili opere UBcite a questi tempo. Borna 1784.
— 98 —
fo baS feiner aü ein ®uvibex, menigflenfi feiner, ber tunbBar
unb mit Ärgernife ffinblgt, gcfunben toerbe."*) — ^telifd^
^e^er, mad nrtOft ^u me§r? ^n ber ieittfd^ Siim^gna ge!^
e& 3)ir ma^ri^Qftig nid^t fd^Ied^i
904) 3)iefed fRunbfd^eifeen ^atkt, au^ einer energifd^en SMf^
tii,*) eine SKenge fatirifd^ angeblid^ UniDerfttfitft^^uiad^ten ^ur
Solge, in melden baffelbe in feiner ganjen j[efuitif(i^en ^clffi^it av^
gebedK nrirb. — ^efe 9hmbf(^retben ftnb aud^ unHug, abgefefen
babon, ba^ fie mertlod ftnb. @ie mad^en nur Samt unter ber fd^Io«
fenben ^eerbe. Unb borfi^tig ftnb bie ^irten aud^ ol^ne Stunb«:
fd^reibcn.
a05) Xro^bem erläßt ber SSifd^of Stibert t>on 9(ugd6urg
1826 ein neueö Umlaufgfd^reiben, morin er Ragt, bo§ „bie ®cift*
lid^cn feiner S)iÖ5cfe mit bem fc^nblid^en ßaftcr ber Unjuc^t behaftet
ftnb; bag bie Pfarrer mit il^ren ^öd^innen im Sßirtdl^aud unb auf
ben Sal^rmörften erfd^einen imb bei ftnienber 92ad^t boQgefreffen unb
::gefoffen, (multa demum nocte vino dapibusque onusti) nad^ $(tufe
jurüdEfe^ren. @r berbietet ben ^rteftem Junge itRdbd^en ober ge?
fd^wäd^te Srauen8}3erfonen in'8 ^au8 ju ncl^men, auf ben Sal^r«
märften bie Söc^innen mit fid^ ju fül^ren, ober auf unborfid^tige
SSäeife (incanta) mit i^nen ju berfel^ren. @d^Iic|lt(^ foDtcn fie
fic^ nic^t unter bie Sefcl^Ic unb bie ^crrfd^oft ber ^öc^in fügen,
bomit fie nic^t bem ©pott unb bem ärgemift ber Scböifcrung pxti^
gegeben feien." •)
'206) ©eitbem ift in leutfd^Ianb bon berfd^iebener ©eite,
öffentlich unb }3ribat in ©d^rift unb SBort, berfud^t »orben, bie un^
fittlic^e 3umutung bed ^apfted an ben teutfd^en ^riefter, in ^toangi^
mäßiger Unjud^t ju teben, ju brechen. 3n ©d^Icfien rid^tctc bie
fatolifc^e ®eif«i(^feit felbft im Sa^re 1826 eine bießbejüglid^e ©n*
gäbe an bie bifd^öflic^c »e^örbe.*) — 3n ffiürtembcrg unb
^) »ataue adee vel nullus eorum, vel saltem nemo cum scandalo,
etnotoriedeunquenBinveniatur.« ^enfe, ^rd^ib für neuere ^tr<l^engef4id^te.
1796. ©b. III. p, 699.
*) e^teimüt^ige Gebauten über bie $riefter«^e bon einem bairtlc^en
^rofcffor ber "^toloait. 1796.
■) 3:^cincr, IIL 1022—23.
*) Über bie 9(uf^ebung ber (Sl^elofigleit bei ben latolifc^en ^eiftlic^en.
SBeimar 1828.
— 99 —
Stäben gdaneien tomt ftaiditen mtict^eiti^e ^di^ionen an Me
©tftnbelamtnent^) — 3n ®&bbeittfti^mib l^abot ftd^ 1830 eifljm^
SSeveiitlgunoen gilbet )um 3^^ ^^ Kuf^ebuns be9 ^rieftetü^döIW
bat».*) — SQeS umfonft SDie Sanbfiftnbe tdlMm i^ S^com^
petenj; bie Stegierungen jauberten; bie fjfärften Ratten lAdfi ben Wlni,
3U becretiren.
$M>7) 3u ben ftörifien unb mirffamften Sel&mpfeni beS
$riefters3<^(ibatd gel^ören bie^^aberfelbtreiber" im bat^rifd^en &t^
birge; fie üben ein Sfütge^Sfle^t toelc^eiS bie begütertftcn, angefel^enften
Sauem beS 99ejir!i( }u SRitgliebem ^at geheime Drganifajion beft^t, unb
auf Diele Sa^t^unberte ^urüdge^i ®önjß(^ unabl^ftngig t)on ^rd^e
ober ©taot, mie beten abi^niftratik)en @ttt)ägungen, leiten biefe
Seute ou8 intern eigenen (Smpftnben bod Stecht ab, motalifd^e ^anb^
lungen il^rer äRitburger, bie gegen i^re altl^ergebrac^ten Sitten toer«
ftogen, unb t>om @trafgefe^bu(i^ nid^t fapar finb, in öffentlid^mirt^
famer SSeife ^u rügen., ^ier^er gehört baS ^nlubinat il^ret
$riefter. Unb o^ne Siüdftd^t auf einen $apft in 9iom, ober eine
angebrol^te SuiSfd^Iiegung au8 ber ^rt^e, bie fte l^dl^nifd^ k^erlac^en,
umfteUen fte 9ladfi& bad $aud bed Übeltfiterd, rufen ben (geifUid^en
^eraud, unb laffen ein in ^itteltierfen abgefaßte», rüfftd^tSloS^berbeS
@(^mä^geri(^t über i^n ergel^en, bem bad ^albe 3)orf ju^öri 3m
Sa^r 1790 qu&Iten fie ben ^od^angef ebenen unb reid^en $ropft t>on
gifd^bac^au, ber fic^ i^rem ®erid^t miberfe^te, unb einen ber i^ren
9tad^td beim Xreiben erfd^offen ^atte, mit i^ren Derftedten Umtrieben
fo lang, bid er 9(btei unb Sanb berlieg.*)
808) S)er (£ntmurf bed neuen teutfd^en bürgerlichen ®efe^
bud^ed l^at ben %ttrag, bie ^rieftermei^e imb bad Drben8«@(elübbe
mit unter bie Sl^el^inbemiffe aufjunel^men, unb ben (Sntmurf ba^in
^) Seanttoortung ber Sfrage, of> bie ttuf^ebung beS (Skfe^e9 ber d^^e^
lojigfeit ber fatoIi{(^en ^rieftet stoechnäfttg fei. Ulm 1824. — 3)entf(^ttft
für bie 9btf^ebung bed ben latoiifc^en d^eiftlic^en Dorgeft^riebenen (Sdlibatd.
Sfreiburg i. ». 1828.
*) Über bie »Übung eine« Sereind für bie linj^lic^e Ibtf^eBung be9
(&»ibatgefe|e«. Ulm. 1831.
*) i^ent, (S.r 2)ie ^berfelbtreiber. Oberba^rifc^ @ittenbi(b. ©tutt^
gart. 1862. p. 46 ff.
7*
568982B
— 100 —
ju ergfinjcn, „ba% ®riftli(^e ber tatolifc^en Sirene, toeld^e bie l^ö^eretf
SBel^en em))fangen l^oBen, fotme bie einem päpftlid^ approbirten Dtben
angel^örenben Drbendperfonen, meiere bie feierlichen ober bie nac^
bem Drbendftatut biefem gleid^gefiteDten einfachen ®eIfiBbe abgelegt
l^oBen, eine (Sfft nic^t f daliegen fönnen,'' abgelehnt, alfo ben todU
liefen Sinn jur Durchführung be« römifd^^atolifc^cn ?ßriefter*3ölibat0
t)em)eigert. *)
200) X^einer, beffen fteigigeS SBerf über bie „erstoungene
S^etoftgteit" toir fo oft jitirt l^aben, unb ba§ mit bem ga^r 182S
abfd^liegt*), fü^rt nod^ eine groge Stnja^I crimineller gdlle an, bei
benen ber QtoanQ^Qölibai unb bie elementare ®emoIt felben ju
bred^en, bei latolifd^en ®eiftlid^!eiten ju. furd^tbaren Sonfequenjen ge»
fü^rt l^at. 2)iefed SKaterial, an bem ed aud^ für bie ®egentt^art
nic^t mangelt, unb meld^ed bei bem befannten S3ertuf<!^ungi^@^ftem
in biefen Steifen nie ftatiftifd^ öerttcrtbar fein mirb, fte^t l^cut in
jmeiter Sinie. ^eute miffen mir aug ben ^anfengefd^ic^ten ber
Srren^dufer unb auiS ben pf^c^opatl^ifc^en Unterfud^ungen ber ©tpiaU
^f^d^e burc^ äRoII, S'rafft^^Sbing, Xarnomi^lQ u. a. txm meld^*
funbamentaler 99ebeutung für bie geiftige @ntn)iäelung eineiS SRenfd^en
bie ®eorbnet^eit feiner fcjualen Iricbc ift. S)er Sleröenarjt ift und
l^eutc in biefer ^infic^t eine loid^tigere ^crfönlid^fcit, atö ber $apfi
SlO) r,Denn ed ift nid^t ein frei ääiQfore ober ffiai% fonbem
ein nöt^ig, natürlich Ding, ba^ Med, mag ein SRann ift, mug ein
SBeib ^aben, unb mad ein SBeib ift, mug ein äRann ^aben."*)
— Der freiwillige, auf obnormaler Drganifajion unb Did«
poft}ion beru^enbe Saien - ßölibatör ift ein gefc^macflofeS, in^^
bifferenteö, urfad^e^ unb toirfungö^ofed 3nbibibuum, toeld^ed in ges
nügenber Stnjal^I bei und ju ftnben ift, um bie gabl^eit ber äRenfd^en^
^) «ttgcm. 3citung. SRünc^cn 1893. 92r. 340 öom 8. ^i. Stodted
^benbbktt.
*) 3)0« im öud^^anbel Kingft ücrgriffene unb in fjolgc Huffaufd burd^
bie gefuitcn aud^ antiquarifd^ in ben legten jc^n Sauren taum mc^r erhält»
lid^ gcwefenc ©ert 2 feiner 'S erfc^eint je^t in einem 9?cubrad, unb bi« auf
bie SJeuieit fortgeführt r>on $rof. Dr. 9?ippoIb, bei ^jugo ÄIctn in »armen.
•) fintier, ^'«bigt üom e^cttc^en ßeben. 1522. <Sämmt«(^e ®crte.
ttriangen 1829. ©b. 20. p. 58.
— 101 —
toffe gu bcmonfttircn: Der QxoanQ^^Qbliiaiöx, tt)tc ber römifd^c
fßricftcr, ift — fofcm er c^rtid^ ift — ein neucS ®cnuS, ein SSer*
fud^Stier, ber ®ffcft einer SSibifcfjion, bei bcr nid^t laftrirt, fonbem
nur untcrbunben mürbe, unb Bei bem bic ßüftem^eit Balb gu ftopf
ftcigt, bcffcn 93Iii, Siebe, ©ctoo^nl^eit, Denlen, traniJjcnbentale Sr^^
l^ebung, Med biefen Iranfen 9Ril(i^faft einer moIKgen @todhing geigt,
eine ?trt Döwalb,^) onatomifd^ Betrad^tet eine gorm öonsitus trans-
venis, mobei bieS^eftifelinber^imfd^ale, baScerebrum in berSaud^^
gegenb gu liegen fommt, ber (SamenfoQer Beim $ferb menfc^Iic^
gemenbet, eine neue SpegieS, bie enßröftigenb, berfc^Ieimenb unb ölig
auf il^re Umgebung mirlt, mit einem SSort, ein fc^eu^aßged S^peri^
ment unb eine @(efa]^r für bie äRenfc^^eit.
all) I feiner fd^Iiegt fein »ieber^olt angcgogeneg SBerf:
„ßcid^t fönnte ein großer Surft, Begeiftert bon (gifcr für bic fittlic^c
SBol^Ifal^rt feine« SSoIfg, weife unb fräftige SDia^rcgcIn ergreifen, um
enblid^ bie Duelle fo bieler ftttlid^er ÜBel gu berftopfen. ©eine
SKame mürbe unfterBHc^ fein, unb mit fRed^t unter ben größten ^üoffU
t^ätcm ber SKenfd^l^eit genannt mcrben." *) — SBirb biefcr gürft in
Icutfc^Ianb mögß^ fein? —
*) ®te^e oben bie Kapitel über 3){ariolog{e.
*) Xl^einer, IH. 1038—39.
„^ai bebeüt bann b^ td^ jn e|U(^e fe^e
in bic orcn murmclcn?"
fttSf) (6^ kDo^nt in Xeutfc^Ianb eine Sorte fd^toar^gerocfter
3Ren{(^en mit SRiefenbäuc^en, ©ttemaden unb feftgefeffenen @(i^tDarten,
glatten Sifd^m&ulem unb foloffalen äRufd^elol^ren, bie ftd^ bamit it^
fc^äftigen, einzelne i^ret 9}e6enmenjcl^en im Sauf ber 93od^e au^o«
treffen unb bad (SemdQ in irgenb einer gorm mieber audjufpeien.
3n großen marltartigen ^aDen l^odEen fie tagiSü6er in vergitterten
^öui^^en, beffen Öffnung gel^eime ®riffe verlangt, mit il^ren SSefend«
Organen, bie 9(bfd^eu erregen märben, Verborgen, mit S^intenftfd^
rul^iger ^arl^eit il^r Opfer enoartenb, unb bie unfic^tbaren Steffeln
unb ^aden burd^ baS ®itter l^erborftredenb; 6id ein ^armlofeiS
SRenfd^en^SSefen in il^re Ställe lommt, meift ein iimgei^ äR&bc^en,
ober eine junge grau, auc^ ein alted SBeib, melc^ei^ fte fofort paden,
l^ereinjiel^en unb Verjel^ren. 93Iei(^, aui^gefogen unb entfteSt ber«
laffen biefe armen ®ef(^öpfe bie lintenfifc^bube. — Dicfe fc^toarj*
gcHeibeten SKenfd^en, bie biefeS edele Oefd^öft betreiben, finb
^riefter einer augl&nbifd^en, ber römifd^en, Sird^e, unb fielen unter
bem 93efel^I eineiS italienifc^en S'arbinatö. 2)ad ^oteQ, in bem biefe
SRal^Ijeiten auiSgefül^rt merben, l^ei^t fiird^e ober Satebrale; baS
Süf6e ^eißt »eid^tftu^I, unb bic äRa^Iaeit felbft — »cid^te. Unb
toeil bag 3RauI in biefem galle bad D^r ift: D]^ren:=a5eid^te.—
(Sd l^anbelt fic^ nid^t um ben irbifd^en Seib unb beffen ^tufjel^rung
— eine berl^filtni^mä^g geringfügige ®ai)t — fonbem um ben
geiftigen Seib, — eine fel^r biel mid^tigere ©ac^e. Xaufenbe Von
biefen teutfd^en SftraUSeibem, menn ic^ fo fagen barf, von biefen
geiftigen gunnem ber Xeutfd^en, koanbem fold^erma^en loöd^entli^
— 103 —
in bie ältägen ber römtfd^en Pfaffen; ba^er bie ftiermd^tQe Stufge«
bunfenl^eit biefer leiteten. 2)er $rajeg ift relatit) neueren 3)atuini3.
S^rtfiud unb fein G^angelium mußten nid^tö t>on biefem edel^aften
®e{d^&ft. SiS gefc^ie^t jur 3eit auf ä^efe^I eineiS in 9}om mo^nen^
bcn StöHenerS, ber bel^auptct, über bie ©eelcn ber S^eutfd^en Der*
fügen }u fonnen. — Sßenn bie Zeutfd^en meinen, einmal möc^entltd^
ober monaüid^ i^re Seele öon einem römifrfien ©miffftr berfpeift
fe^en ju muffen, fo ift bai^ ifyct ©ad^e. SB3ir behalten unfere ©eclc
in und; berantmortlic^ mit berfelben, fokoeit fte fic^ in Xaten ums:
fc^t, nur bem irbifd^en SHc^ter, fo mcit fte in ®ebanlen befielt, nur
bcm ®ott, ber über SBoIfen tront —
ftl9) 3n ber Xat: S^rifhilS unb fein Sbangelium niugten
9H<i^td \>on biefer unerl^örten @itte. S)ie einzige SSibelftede, in ber
3aIobi«@pifteI, bie bak^on ^anbelt, l^eigt: SSenn 2)u etmaS getan ^aft
baS bic^ brü(f t, ge^e S)u l^in ju S)einem trüber, ju Deinem 9?ä^ften,
unb eröffne S)id^ il^m, unb Io§ S)i<l^ öon il^m tröftcn. — ^ierin
liegt tixoci» SRenfd^üc^eiS, »egreiflid^ed, SRü^renbed. 2)er ^enf(^
fu(i^t in ber yioi ben 3ßenfd^en auf, um fid^ an i^m ju Italien. ®e^
teiltet Seib, ^albed Seib. Unb auf biefe einfädle, menfd^Iid^e SKa^^
nung bauten ^opft unb bie Slömifc^e ^rd^e il^r granbiofed ©d^minbek
inftüut auf mit ©ünbenjmang unb ©eelenriec^erei, 3^ttel unb ^aro^
grofen, t}on beren Srfüdung bad emige ^eil abl^änge.
fUL^y „9Bir fragen all^ie $apft unb aDe bie ©einen, mo^er
fte SKadjt §aben, bie SSeid^t auf}ulegen bem Soften, unb mo ba8
©Ott geboten l^abe. Üret ^erfür i^r lieben gtfunb, jeigt ©rief unb
©icgel!'' ^)
fULS) „3um erften ift eine 99eic^t, atö, menn S^n^^nb offent*
li^ geffinbigt \fatit, fo marb berfeffiig auc^ offentlid^ angeflagi —
3um anbem ift ein Seicht, ba mir ®ott unfere ©ünben aSefat
Hagen. -^ ß^^^ 3)ritten ift eine tBeic^t, ba einer bem anbem beic^t,
unb erjdl^It i^m, maiS fein 3lot^ unb anliegen ift, auf ba^ er tion
i^ ein tröftlid^ S3ort l^öre. 2)iefe Sßri(^t ^at ber $apft geftreng
gi6oten unb einen Stot^ftaU baraug gemad^t, bo^ ci8 }tt erbarmen
fiutl^er, $on ber Seicht, ob bie ber ^o^ft Stacht ^abe )u gebieten.
IBittenberg 1521. ©ämmtüc^e fBerfe, (Erlangen 1830. »b. 27. pag. 337.
— 104 —
ifL 2)te6 9lMfXQtti unb Qtobxim ffdb idf benporfen unb f^art an«
gegriffen. Unb eben barum miO i6f nid^t beichten, ba% eS ber ^ßap^
geboten ^at unb ^aben milL Senn er \oU mir bte Seicht frei
laffen unb leinen S^^^^S ^^4 ®ebot haxauB mad^en: beg er leine
SRac^t nod^ &malt i)ai ju t^un." ^)
216) „^n gefd^äfft ber feien — fd^reibt Ulric^ bon ^utten
— ift meber brieff, nod^ au^erlid^iS ge}eügfnüg \)on ndten, funber
eined guten gen^iffeniS, meld^eiS got bermagen fennt, ba^ er, qÜ
menfc^Hc^er geboncfen erfaren, niemantS an^e^genS nod^ bette^fung
barüber bebarff." •)
«17) 3m ®cf(^äft ber ©eelen ift »eber »rief nod^ äuBcr«
lic^eiJ 3eugni§ öon 9?ötcn — in ber 3 at, emfter unb tiefer lorai
man ben ©ebanten faum audbrüdFen: 92ad^ ber @ihtbe, nad^ einer
Zai gegen Deinöetüiffen, bift Du immer nod^ ein ©d^urfe öor S)lr
fettft — für ben gott ®u ein e^rlid^er S)erl bift — mog ©id^
ein ^riefter ober ein Sreunb getröftet unb abjolbirt l^aben; nur 2)u
felbft — toofcm S)u ein el^rlic^er ßerl bift — fannft S)ir ber*
jeil^en; wenn Du'fi lannft; unb bie 3«^ c8 öcrmifd^en.
D 218) Sine Xat !ann niematö aui^gelöfd^t »erben, ^ei^e fte
gut ober fd^Iec^t Sine 3at ift %t\6)tffm, loie ein SBort gefproc^en;
beibed ift unreparirbar; eine {meite (»ug) Zai tann nur unfere ®e«
finnung l^inftd^tHc^ ber erften — foltt fte ft^Iec^t »ar — bolu*
mentiren, nid^t fie audlöfd^en. — Ratten Stile gleid^ en^ifinblid^e
(Bewiffen, fo bebfirften »ir be« ©trafrid^ter« nlc^t 9hir bie ®c*
nrtffenSrol^en erjmingen bie allgemeine ©träfe für Wie. 3)en mit
empfinblid^em ®ekoiffen Sui^geftotteten !ann bie 99uge bor bem
Stid^ter nic^t aufrieben fteUen. Seine Zat ift getan; er mu^ fte
mit fi(^ felbft berfpeifen,^ mit ftc^ felbft in Drbnung bringen; 9He«
manb lann i^m Reifen. (£r ift unb bleibt bor fic^ ein Schürfe. —
Stur berdnbert bie pf^d^ifd^e Arbeit ber Steue, ber aRortifüajion,
>) fintier, mbtx ben falfc^ genannten geiftlic^en @tanb bed ^opfte«
unb ber fd\m\t. 1522. ©ammtlic^e »erte, (Erlangen. Sb. 28. p. 249.
*) dkfprec^bü^lein l§er Ulric^d i»on ^utten, gtfrdnten $oeten, t)on bem
)9ertärten ftanb ber @tat 8iom. 1519. ^utten'« Schriften. ^rSg. t>on
Bbcfina. Seip^ig 1860. »b. IV. pag. 181.
') ,,64meigenb feinen ©(^merj i^er^e^ren'', »ie e9 (Salüin einmal
ouftbrtt(ft.
— 105 —
mit bcr 3^* f^w ®c^irn; — unb balb fü^It er, ba§ er ein
onberer SKenfd^ ifi, eine anbere $erfönli(i^leit. (£rft je^t, nac^bem
biefer ^erfonen^^SBed^fel tioQiogen, meld^eS SRonate bauem mag, ift
bie frühere ^anblung, ate 9ti(l^t«9flefu(tat feiner gegenm&riigen ^nbi^
tnbualitfit att nid^t ntel^r i^m gehörig, tiergangen unb bergeffen.
iUO) SBegen einer ^anblung, bie man gegen fein ©emiffen,
gegen feine ^rinjtpien, gegen bie ganje SKac^t feiner ^erfönlid^feit
getan l^at, tl^un mu|te, meU ed nic^t anberd gieng, meil ed eine i
unglüdfelige Verfettung toax, meil man rein b^namifd^ einem florieren
(Einfluß erlag, begreife ic^, bag man mod^enlang Xüit ein Sefd^Ia^: \
gener, mit ftd^ felbft uneinig, um^erlAuft, unb fic^ gergrimmt, bid ber
naturgemäße SSec^fel ben eigenen Körper in biefer 3eit t>f9^ifd^ tuie
p^^ftfc^ berfinbert. %ber mit biefem ®emiffendbrud jum $apft ober
feinem Pfaffen ge^n, unb bort gegen ®elb unb gute SBorte mie bei
einem ^fid^änbler ftd^ @finben«S3ergebung laufen, um bann luftig toxt
ein ^anbmerfdburfci^ toeiterjugiel^en, fd^eint mir eine unerl^örte innere
gfeigl^t }u fein, ein ^rojeg, ber burc^ unb burd^ unteutfd^ ift.
SSO) SSon allen SöSem bed «benblanbed ift eS aner!annt,
baß ber leutfc^e, ber ®ermane, bie tieffte Snnerttc^feit beft^t. S)ie8
fe^t bod^ reid^en innerlichen SSerle^r mit fid^ fetbft unb ein empftnb::
lid^eS ^emiffen boraud. Xro^bem läuft ber Xeutfd^e, ber loderen
Tomanifc^en ©itte f olgenb, ju einem fremblänbifci^en, lateinifc^ fpred^en^
ben aRenfc^en in ein Heined ^olj^äudc^en, unb fragt il^n, ben gftem«
ben, maS er über fein, beiS 2:eutf(^en, @(emiffen beule. SBelc^e
@<|anbe! SBelc^e geigl^eitl SBeld^e fc^mac^boDe ^itulasion bor
bem eignen ®etpiffen!
SU) 99et ^utten lefen mir folgenben 2)iaIog (^l^aeton unb
ber Sonnengott fal^ren auf bem ©onnen^SBagen. @ie ftnb auf ber
^51^ beS ^immetö angelangt, unb bliden auf Xeutfc^Ianb herunter.)
„^^aeton: Sßad bebefit bann bad, baß td^ e^Uc^e fel^e i^nen
(ben SRdn^en) in bie Dren murmelen, mie aud^ anberen pfaffen? —
@onne: 2)ad l^eißen fte be^c^ten. 2)ann eS mfirt für ein
ge^ftlic^ unb gottdförd^tig bing angefel^en, bod ein ^eber mad er ge»
fOnbet ^ai, biffen ju erfennen gebe. Unb nit allein \dq» er mit
ber tl^att begangen, fonber aud^ mal} im in gebenden gemeft. Unb
— 106 —
ol{o mug ^eberman bige aDer feiner ^e^mlid|feiten mitttnffenb
^aBen.
^^aetoit: äKag ^entant beiS überrebt merben, bag er bifen
Io|en gefeUen feine ^e^mtic^feit offenbare?
@onne: Stile mentfc^en t^un ba^ aug orbnungen unb auf«
fä^ungen ber ge^fttic^en, auc^ alter geroonl^eit.
$^aeton: 28enn f^e aber ^e^mlid^e bing alfo erfaren, offen:»
baren fte bie nit me^tcr?
@onne: ^amoc^ ein ^eber ge^db unb üerfd^migen ift, ober
]§em)iber lo^ unb fc^ma^^afftig , mürt eS begatten ober au^gefd^utt
$]^aeton: @ere ift ed aber färlid^, ^e^mlic^Ietten bigen enU
becfen, unb f^e t}erborgener fad^en beütnbigen, 5U t}oran, fo fte gern
mein trinfen unb t>oU feint — 28ie aber, bag id^ f^e auc^ bie
me^ber be^ij^t ^ören fe^e? gürn^a^r bige gemol^n^eit mu| ic^ fd^elten.
— 2)enen fie aber ire l^eüpter begriffen, »aS mad^en fte auö ben*
fettigen? —
®onne: Ste^n, lauter, unfd^ulbig unb frei) t}on aQen fünben.
^^aeton: Ob fie fd^on t)or^in befCedtt, fd^ulbig, unb in banben
ber funben öerftridt gemefen?
@onne: ^a, bie fettigen. Unb baiS l^e^gen fie abfoIt)iren«
$^aeton: SSad fagft Xu? 3)ie fettd alfo fünb^aft leben,
mögen anbere ug gefängnig ber fünben erlebigen?
©onne: So ift il^re SReligion." ^)
8SS3) »Stent, mie miU aud^ bein (äetoiffen tragen bie gro^
$lage, SRarter unb (bemalt, bie fie aUer SBSelt ^aben angetan mit
i^rer 9(ngftbeid^t, bamit fie fo biel @eelen Derjmeifelt gemad^,
unb aQen d^riftlid^en $roft ben elenben Okmiffen geraubt vmb %t^
xot^xti ^ben, ba fte bie ^oft ber 9(bfoIution unb ben ä^kuben fo
berrätl^erifc^ bodl^aftig Verborgen unb gefd^tpiegen, aQein gebrung^
auf bie unleiblid^e Sflarter unb unmüglid^e Arbeit, bie @ünben 5U
erjäl^lcn." ■) — «3ft ee aber reblit^, ft^tpcig c^rifttid^ t|an, bo|
*) ®cf|)rcd^bu(^Iin Ulrid^'S öon |)Utten: 2)ie ^nfc^awcnben. f)Utten'8
©(^riften. ^rög. oon öödHng. «b. IV. p. 299 f. ßet<)gig 1860.
>) Sut^er, f^amung an feine lieben ^eutf(^. 1581. ®fimmtlt(^
S^riften. Erlangen 1830. 93b. 25. p. 43.
— 107 —
man fold^en Jammer in bie ^ett Bauet? ©olc^ ©d^ä^ung, fold^
Stngft, fold^ 2j|rannet, folc^ Srcöcl unb (äetoalt übet? D ^ap%
»ie fielet fi(^ i^ic ®cin unb bcr 3)cincn Scrbicnft?" ^) — „@«
mug au(^ ein feltfam @ott fein, ber bir folc^ 3)ing gebiete, balS nit
in beiner SKa^t, fonbem in eind Snbem l^eimlic^en SSiUen ftel^et.
S8o ]^ot er \oldf ®Aot me^r geben?" ') — „I)amit l^ätt er (ber
$apft) ®ctt)Qlt aHer ^erjcn ^eimlid^Icit ju offenbaren, ate toär er
(Sott felb, bcr oßcin ber ^erjen ^eimlid^Ieit roiffen toiH." •) —
„SBag aber bon ^cimlid^en ©unben ift, bie fann SWiemanb öor*
mahnen, nocf) felbanber (trafen, öielroeniger offentlid^ öorflagen unb
ubirminbcn. 3)rumb ift fein ©emalt in ber Sird^en, bicfetten ju
binben ober ju löfen, fonbem fielet in einig jglic^en SBiUfol^re, ob
er fid^ felb borma^nen, [trafen, borflagen unb belennen miH." *) —
„S)ie ,@d^lüffel' fotten mit bcn ©ünben ju t^un ^aben, nit mit
bem ^crjen ober ®ctt)iffen: unb foHen nit ^erjen ober Oetoiffen
jufd^Hcfecn ober auf f daließen; fonbem bcn ^immel. ©8 j^cifeen nit
^crjenfc^lüffcl ober ©emiffenfd^lüffcl, fonbem ^immclfd^lüffel." *) —
„@ie^e, anf fold^en ^el^örmcln fte^t bie 39eid^t unb bag ganj ^ap^U
fSfum] noä) motten ftc nicmanb bie @cf|rift miffcn laffen, benn fie
fdb attein, meinenb i^r S)ing fte^e auf ftärferen ©äulcn, benn ber
^immel." •)
2S3) Unb ^l^r l^abt, um Sure feige D^renbeid^te burd^jufe^en,
auc^ ba (Eure großen Sappen-D^ren l^ingel^alten, too noä) nid^tiS ju
^ören mar, unb ber ßinber ^crjen Vergiftet, unb i^nen ©ünben
gefeiert, bamit fie ©ünben beid^ten lönnen! SSeld^e ©d^mad^ für
teuffc^e Sd^ulfinber, fte l^erumtrippeln ju fe^en, unb fic^ gegenfeitig
,®ünben' ausfragen unb abbetteln ju l^ören — nur um 92amen unb
leere Segriffe l^anbelt eS fic^ babcl — um bcn Dorgcfc^riebencn
$ei(|t}ettel aui^gefüllt abgeben {u lönnen. ^
Sut^er, $on ber 93ei^te, ob bie ber $apft 3)^a^t §abe ^u gebieten.
S^ittenbera 1521. Sömmtlid^e ®erte. (Srlangen 1830. Qb. 27. p. 338.
*) Sut|er, Q. a. O. p. 340.
•) ßMt^er, 0. a. O. p. 342.
*) ßtttbcr, a. a. €. p. 347.
•) fintier, a. a. O. p. 348.
•) fintier, a. a. O. p. 340.
3d^ »ei^ nic^t, ob ed in 3:eutf(^Ianb ä^nlic^e »Snftntljioncn fftr
junge Seic^Mter' gibt, tote [it bie latolifd^e JHrd^e in ben franaöfifd^e«
— 108 —
234) ®o ^at fid^ baiS kantet:: unb ^uf^®efcl^&ft bei p&ft«
liefen @ünben^93örfe ix» auf bte ßinber:>a3elt fortgefe^t: 3n btto«
Uferen Sänbcm Dcrioufcn jtd^ bic ffiinbcr öegcn 3tt*crtt)crt BIcijHft,
®xi^A u. bergt. ,@ünben< aug 9(ngft im Seic^tftu^I ntc^t bie bei>
langte Sbtja^l nennen ju fonnen. 9[ud^ bad fomntt auf 9te(^nung
ber verlotterten, mälfc^en, ^renmägtgen Suffaffung ber 9ieIigton
burc^ bie italienifc^en ®ötter in 9tom.
fBSiS) SBenn Sure 'Sßtid^it noc^ gemalert bliebe! — Sßar Suer
pf^d^ifd^eS ®erüft nun einmal fo libfc^öftig, ba^ ed ol^ne Stnlel^nimg
an einen Stnbem nid§t beftel^en fonnte, — unb barin liegt eine
mangcll^afte lötigfeit ber Seele — menn bann menigftend Sure
ge^eimni^Doffe Äommunilajion gewahrt bliebe! Slber bie mirb preis«
gegeben unb audgefd^mä^t, fobalb ber SSorgefe^te SureS Vertrauten,
fei eS atom, fei e8 mer anberö, ed b^fiel^It. — 35ie ^cfuiten ^abcn
allein auf biefen ?ßunlt l^in ein meltumfaffenbeS S'ommunifajiong«
3?efe lonftruirt, beffen gäben in 9tom jufammenliefen. — Unb bann
ftel^t ^f^x in ber ganjen Srbörmlic^Ieit unb ^filflofigleit Suerer
©eclc ba!
226) 92o(^ l^eute l^at ieber {atolifd^e gfirft feinen eigenen
93eid§tt)ater. Unb el^ebem mürben biefe Setd^tto&ter t)on Stom au&
berfc^idCt unb ben burcf|Iaud^tigften Königen unb 9tegenten beigegeben.
Unb i^re (Stellung mar eine imermeglic^ f^offt unb einflußreiche; ba
fte bie ^erjen i^rer Qö^lva^t „leiteten''. ®o mid^tig maren biefe
lebenbigen, fc^marjen Schlummerrollen für bie ^erjen ber Surften,
bag ein fjrangofe ein eigened SBerl barüber f (^reiben fonnte:
$nefter^emtnaren eingeführt §at, unb tote fte jüngft üon S6o Zojrtl in
^koetfeacd aut^entifd^en @tü(fen üeröffentUd^t würben. 3)ort beftnbet ftd^ in
einer üom (Sr^bifd^of (klaret l^eraudgegebenen ^nftrul^ion ^ux nouveaux oon-
fesseuTB pour les aider k ouvrir le ooeur ferm^ de leurs p^nitentB' auf
pag. 229 ein yqueetionnaire pour interroger les jeunes filles qui ne
savent pasou qui n'oeent pas faire l'aveu de leuia p^h^ d'impuret^
— gebe ber l^ier folgcnben 50—60 fragen ift eine birecte Slnftntlaion jur
Unftttlic^Iett am jungen, meiblid^en Körper unb eine Slnreijung 3ur)(u9übung
berfelben. — S^ %a]nl, Les livres secrets des Confesseurs d^voilte aoz
p^res de {amille. Paris 1883. p. 229.
— 109 —
»Histoire des Conf esseura des Empeieurs, des Rois et d'autres Prin-
ce8«parM.Gr^ire. Pari8l824. UttbcincS bcrtapitcl Reifet: »Confes-
seuis des Empereturs d'AUemagne, des ducs de Bayiere etc.« Unb bteiS
ifi ein ^etjergretfenbeS ^itü für einen Xeutfc^en. 9[6er oft berfritm^
t>elten ftd^ bie Seiiel^ungen beS gffirfien )u feinem Seid^tbater, bie burc^»:
laud^tigfüe @eele fc^Iief nid^t me^t fo fanft auf ber fd^marjen
Sd^IummerroQe; unb nun mar bie ©ituajion eine entfe^Iic^e. 2)er
Surft toar ^olbtrt; ber Seic^tbater aui^ {Rom ^atte feine @eele fo
)u fagen in $a^t. Unb nun foOte er fort. Unb ein Stnberer foKte
fommen. Unb biefe Xrandaljion foQte gefd^e^en, o^ne bag bie
@eele bdS Surften fd^aben leibe. Unb nun begannen biplomatifc^e
SSer^anblungen. Unb Sidtümer unb ®raffd^aften mog ein fold^er
neuer Seic^tbater auf. Unb off, n>enn ber l^eilige SSater ftd^ er«
meieren Heg, mie in bem gade ^erjog 993i(l^elm'8 U. k)on SBaiem,
unb lieg fic^ l^erbei, bem gemitnfd^ten neuen SBeic^tbater bie ®eele
beiS Surften ju übergeben; unb o^, bie greube, menn eiS ein ^^fuit
toar; benn bie S^fuiten maren unübertrefflid^ gefd^idt im Seic^t^ören.
Scfet tt>ar ber gürft wieber ganj! 3efet l^atte er fein uncntbel^r*
lic^ed, feeIif(^eiS ^omt>Iement aui» 9tom erhalten! — SRein ®ott bie
©ac^c ift jo l^erjbred^enb ! 9t6er, ®ott öerjei^ mir, mi(^ erinnert
bie @a(^e an unfere mobemen ^l^pnotifore unb i^re Dpfer: mo auc^
(Einer am ©tul^t ft^t unfähig, einen ganjen äRenfc^en ju bilben,
unb ber 99ei(^t))ater ge^t auf i^n ju unb reid^t ii^m einen rollen
Äartoffcl unb fprid^t: @ffcn @ie mein greunb, effen ©ic biefe füge
^ftrfid^l Unb ber gürft igt, ganj entjücft, unb fc^Iürft bie füge
©peife hinunter. — 2Rein &oit, bie @a(^e ift ja l^erjbrec^enb fc^ön;
nur toeig man nic^t, fott man brüber lachen ober meinen. —
227) „Z)amit aber auc^ bie Seute fein aufrichtig ^erauiS
beid^ten möd^ten, legete man benen 93eic^t::a3atem ein emiged ©tiO«
fc^toeigen Don bem, maiS i^nen in ber 99eid^t eröffnet morben, auff;
man ^at auc^ mol^I jumeilen bie 93erbre(^er, (bieienigen, bie baiS
Setc^tgcl^eimnig brachen) jur Scfänftigung ber flauen, ^art gcftrafft.
»eil aber offenbar, bag bie ©eiftiic^en atteö, fo miber beS Sßöbft^
liefen ©tul^Ieö 3ntereffe lauffet, benen ©uperioribu« ju eröffnen öer*
bunben, lau man (eid^t crmcffen, bag ben SBeid^t»aSätem ber SD?unb
— 110 —
nur t)or beneit Dfjftea ber VMÜidftn, nk^t aber b«t ®f^HüftA, am
aacttpeÄigftcn aber öor bcm StBnt. ©hi^e öcrfi^offett f«^* — faßt bcr
Icmtflc unb Qfitffxte »ürgermeiftcr ber ©tobt »nWfPn in DBer^
Sauft^, SKatt^duS &'6itl, in feiner Caesareo-Papia Ramima^)
2SKS) ©d^on unter aonifaj Vm, (1294—1303) mor eS
üblid^, 99ei^tge^mnif(e ben geifüic^en Sorgefe^ten m{tjutei(en. (SBen
biefer $apft befal^I einem ^rbinal, eine biefem üon einem fpanif^en
Sifc^f gemad^te Seid^te, il^m ju eröffnen, maS ber ftarbinal aud^
tat. Unter ben ^el^n ^apitaUSSer&red^en, beren bie ju ^aril^ t>tt^
fammeUen franjöfifc^en 99ifc^5fe 93onifa} YIU. anüagten, lautet bad
ftebte: »septimo quod sit revelator confessionum. Nam coegit
quendam Cardinalem, ut oonfessionem a quodam Hispaniae Epis-
oopo sibi factam revelaret, qua cognita Episcopum looo movit, Bed
pOBt pecunia placatus Papae, eundem restituit«*)
22») ®axpx f(^rei6t in feiner ®efcf|. beg tribeni ^onjild über
bie ^efttiten als 93eid^t)iäter: „92iemanb fann ©eftnnung unb ®e^
l^eimniffc ber Surften unb fi'önige mit fold^er ®enauigfeit erforfd^en
ate i^rc (ber ^cfuitcn) Seid^tDäter. 3n ber Scid^te, befonberd iener,
meldte über bad ganje bidl^enge Seben Sted^enfc^aft ablegt, merben
il^nen bie gel^cimftcn ^erjcnSfalten ber JRegiereiiben offenbor. S)iefe
art ber Seic^toblcgung fc^t bie Seroter beg ?Röm. ©tul^t« fieserer
auf bem Soufenbcn, atö eö bie 3Wittionen bcö fjjonifc^en ^errfd^crS
(^^ilipp'8 11.) öermögcn, bie biefer an feine ffimiffftre ausgeben foll.
©0 bog eS nid^t ju kiem^unbem ift, mag ein l^eutiged ©tootdober^
^oupt ber SSenejiancr gefogt l^ot, er l^obe feit fünfje^n Solaren ftd^
nid^t ein einjigeiS mal i^nen jur Seichte gefteKt. ^enn fomeit gienge
bei ben SSencjioncm bie SReligiofitÄt nie, — nod^ mirb fie e« je —
bog pc il^re ©tootSge^eimniffe ber Srcue biefer ^riefter onöer*
trauen." ^)
^) CaeBareo-Papia Romana, bie polttifc^n Q^e^eimniffe bed )>äftU^^
@tu^tö. 3. ?ruf[. fici|)gt9 1720. p. 211—212.
') Mornay, Ph., Mysterium iniquitatis seu historia Papatus, Becunda
edit. Salmurii 1621. p. 948.
*) $aul @art>t'iS Q^eft^i^te be» iron^ittumd t)on Orient; flberfe^t t>on
»Interer. g»crgentijetm 1839—1841. 93u^ VII.
— 111 —
SRM) Unh I^uanu« fagt in feirtem ®c|tl^tß»etf, bag bic
gfcfuitcn^^Ätteg aniJ ber SSencstemif^ 3fic;m6ItI ÄirtflcttHcfcn tmtt^
ben, „wcfl mfttt uBetjcugt iDor, baft fte binrd^ i^t ©dd^^örctt bic
@e||etmmffe bed ©taateiS tmb ber ^Amiltt auSfiimbfi^fteten'' : »qackl
areani Imperii et familmrum per confessioned eo8 rimari, persuastim
liabent« *)
231) 3Rarta Sl^crcfia, eine grogc, weitMicfcnbe, afier bigotte
Btaii, woKtc bic Sfcfuitcn in SBicn aud^ na^ Äuf^c6nng bc3 Drbcn«
l^altcn; MS man i^^r bieaBf<!^riften il^ter tnSBien afigclegtcn »eid^tc
Infge^eim Dem 9tom qu8, burel^ i^rcn eigenen ©efanten, jufiefftc.*)
29Slf) ®ag ber 99ru(i^ bed SBcid^tge^eimniffed ein im canonifd^en
SÄcn borgefc^ener 3foII toax, ergibt ftd^ borauÄ, ba% bic ^önitcnjiat
lajen ber römifd§en Shirie eine relatiö geringe Strafe bafür feft^
festen: fieben grossi, nad^ unferem ®clb ca. SRarf 120. — : >Abso-
sutio pro Presbytero, qui revelavit confessionem alterius gr, VII,«*)
2SS) 3n bem »reöc Dom 21. 3uli 1773, mit bem ^ajjft
€tcmenö XTV. ben 3cfuiten*Drben aufhob, beruft er ftd^ audbrucf«
lid^ auf ,,bic fd^mcrften 9Jcf(^ulbigen, bic ben aRitglicbcm bei^ Drbcn«
gcmadf|t merben, unb bie ben grfeben unb bic SRu^e ber Sl^riftcn^
^eit ftörcn" ; eine biefer fd^merften Sefd^ulbigungcn »or baS Srcd^cn
be« SBeid^tgcl^eimniffeiJ; „er motte — fd^rieb SlemcnS meiter —
ben ©laubigen i^rc 9hi^c, ber ^rd^e ben Stieben miebergeben",
unb l^ob ben Drben auf. S)er gute Kiemen« mar ein ?ßapft, mie
ieber anbere; er l)oi ben Drben auf, meil er muftte, unb meit ber
Unfturm ju gcmaltig mor. — 34 münfd^te nur, eö möchte ani) in
leutfd^Ianb balb ein Slnfturm cntftel^cn, gegen ben ba« gcfammte
^a})fttum fid^ nic^t mcl^r Italien fönnc, unb bat bann ba« Sßap^U
tum, in äl^nlid^er SBeife, burd^ ein ©rcDc, Don furjcr §anb,
Don ben Icutfd^en für Icutfd^Ianb aufgehoben mcrbc.
2S4) 5)er *Bomj)rcbiger Don ©rijen, fpÄter Sifd^of bafelbft,
^) Thuanus, J. A., Historia sui temporiB. Londini 1733. L 137.
^ ®aI4, QT^. %B. St., 9?euefte Sleligtondgeft^ic^te. 9b. 3. p. 109 ff.
Ccmgo 1771.
") Taxae cancellariae apoetolieae juxta Exemplar LeoniB-X. Pont.
Bomae 1514 impressum. Sylvae Ducis 1706. p. 55.
— 112 —
3o]^ann9lai», fc^reiBt 1573 an einen ©eiftlid^en, äReh^ior iti^ufen,
üBer bie Sefuiten: „. . . . toan man aBer aa% ber Seid^t ein t>er«
raterei mac^e, burc^ ein ^erfo^n erforfd^e unb ausfragte, toa^ bie
anber, britt, biert ober fed^ft ^erfo^n t^ue, unb al\o einen gan^
$au^ fecreta n)tffen möQ unb folc^ed bann meiter I^umnten
lag, bag t)il anbere unfc^ulbige Derbac^t merben tc. bag l^aige nit
6^ott gelobt bag fe^ fd^elmere^ unb berratere^.'' ^)
iS35) Sßeiter in bemfelben ©d^reiBen: „^x fpred^t, bie 3efu^
mtter fagen, man foQ offt Seichten. 3a eiS ift baiS gemain gefc^rai
all^ie, fte jtoingen aQe @t)angelia, alle feft unb fel^r auff bie Seicht
— Stern, bag ainiS ein ®ing, einmal gefd^e^en, bielmald Beid^ten
foQ, tt>ann ed gletd^ \>ox gebeichtet l^at; manniS aber fl^atn ^efuiter
gemeft, fo gelt dS nit. ®ag ift falf^ unb erlogen; DieKetd^t niemanbt
ift aBfoIbiert morben, Big bife @elt ift auff^ummen; nun fo fe^ @ott
unfern öorcitem genebig." —
S86) ©d^Iiegltc^ goIgenbeS au8 bem gleid^en SBrief: „^itm
ber fd^retbt, id^ l^aB gelert, bag Silagen in ber SBeid^t fei nit gut:
alfo mann ein )Beicf|tt)atter bie SOtagt fragt, toa& ix grau t^ue, mag
ffir leutl^ mit bem l^erm umBgel^en, mag man eg, mad man für göft
lab, mag man öon bifem ober jenem rebt, 3tem man unfd^ulbige
Sungfreilein fleifd^lid§ bing fragt, baran 3r l^er^ nie gebadet, unb
öon bannen an 3"^ nacf|ftnnen unb barmit fpielen, 3tcm de situ
coeundi, unb ^alt fo nörrifd^ed bing, barauff BiQid^ folgen mueg
dictum Prophetae: Defecerunt scrutantes ecrutinia. — Sßann nu
l^ie ain einfeltiged äRenfd^ (bann bie gefd^eiben fragen fte nit fo
]^od§) alfo ade bing feined ned^ften berrebt, aud bem ^aug aQe bing
fd^mejt, fo fpred^ 3<^f ed fe^ t)erret]^ereQ unb f^ün nid^t guetl^ baraug
böigen, fel^ miber bie SieB beS nec^ften. SOtein mie Il^umBtd, bag
fte aller $äuger ge^aimniiS miffen moUen, unb bod^ ^x fad^en fo
l^aimlid^ l^alten, marumB t^uen f^ nit irem ned^ften, mie fic mellen,
bag man Sinnen t^ucn foH?'' —
') So^anned 92ad unb bie gefuiten, %x^\t> für bie O^efd^tci^te beutf^er
©prad^e uitb ^ic^tung. äBten. SreBruar^eft 1872. ^a^ Original btefed in
jeber ^infid^t Bead^ten&merten SBriefed eined teutft^en latoHfci^en ^ift^ofd liegt
im Museum Ferdinandeum in ^nnSBrud.
— 113 —
989} Unb auiS neuefter 3^^ erfahren mir txm bem aud bent
Sefuiten^Orben audgetretenen ©rafen bon ^öndBrdd^, alfo t>on
outOTttatik)er Seite , bog bad Seic^tgel^einmig (ei ben ^efuiten
fiatutengemdg geBrod^en toirb: „^er ^efuitengeneral ^aubiuS
9quak)Ü3a fteUte ald ju befolgenben ®tunbfa^ auf, bo^ felbft menn
bie ^^eYDiffeniSrec^enfd^aft abgelegt toorben fei in gform ber falta«»
mentalen Seichte, bennoc^ ber Dbere ba& in biefer SSeid^te 9Rit«
get^eilte in ber angegebenen SBeife (b. 1^. jur ^iSpofiiion ber Oberen
unb beS ®enerald) benu^en bürfe. ^ier mürbe atfo t>on SRenfd^en^
^anb baiS t>on ®ott feinem ©alrament aufgebrüdtte Siegel jer^
Brocken!!" *)
S88) (£0 fommt ein Se^teiS ^inju: SBir miffen ^eute ein
S3id(^en me^r k)on ber Seele bed äRenf(^en, att jur QM bed Sa^obi«
Sriefd. Unb ba bie «eiftlid^en ebenfaOS SRenfd^en fmb, fo unter«
liegen fie beren Sebingungen: 2)aiS Se^alten einelS ®el^eimniffed,
felbft in ber e^rlid^ften Sbfic^t, unb felbft menn it]dftooxtn, ift nid^t
immer in unferen SBiQen gegeben. Sticht nur n>enn mir ,k)oII'
ftnb, mie ^utten meint, — unb bad foD auc^ (ei ®eiftlid^en Dor«
lommen — f onbem unter ben öerfd^iebenften pf^c^if c^en SHfpofiäionen,
im Sd^Iaf, im Xraum, in ber ^^pnofe, unter bem (Einfluß be«
ftimmter 3Rebicamente, geben mir bad unferem Unter «Semuttf ein
anvertraute al^nungl^IolS t>on unl^. Unb, maS mi(^tiger fein bürfte,
unfer gefammteiS ®ebd(^tni| ift baS aRaterial, au8 bem mir, un8
felbft un(emu|t, unfer gefammteiS 2:ageiSle(en, unfere ^anblungen,
unfere Weben, unfere anbeutungen, unfere ©emegungen, unfere ®eften
aufbauen. SRit einem und anvertrauten ®e^eimnit in biefer $in«
ft(^t a\& 93aumaterial nic^t rechnen moQen, liegt augerl^alb ht» Se«
reiche« unfere« SBitten«; bo bie tieffte unb lefete SSerlnüpfung biefe«
äRateriald im Unbemugten Vor fic^ ge^t Unfere äRotive, a\& le^ter
«nftog unfere« {»eben« unb ^anbel« reid^en tiefer ^inab, atö unfere
Suridbü^ion. SHe SBa^ng bed 93eid^t»®e^eimniffe« ift alfo pf^d^o«
logifc^ unferem SßiQen entzogen.
239) S)a8 ift bie fatolifc^e »cid^tc ®n !Rorrenmcrf; erft
*) ^ön«btö^, % ö., 8»dn «uÄtritt aud bem gcfuiten^Orben. ^rcu:*
W^t So^rbfic^er, »erlht VlaU^ 1893. p. 316.
panijja, Cevtfdftt mklfri. ^
— 114 —
DergötUid^t; bomt toermeitfcl^Kd^. ^^ glauBe, auf (Sruitb bed (Se^
fagten, barf man jid)em Xeutf(^en }urufen: 99ei(^tet übetl^aupt nic^t;
menisftend folange 3^r nid^ ttH^t, bal S^t einem teutfd^en, )^on
9t&m imafi^btgtgai, ^rieftet gegenüBerftel^t. Qua Scmiffen mug
boc^ »al^Tl^aftig m^ mert ftüt, otS ber ^opft! — ,,tlitb ©umnta
©ttinntamtn, ton dn red^ Sl^rifteit ift, ber tijut He( beffer, ®ott
aSeüi jtt beid^, unangefe)^ beiS ^apfief^ 9larttnroeA unb ®e6ot,
»eutt unb nrtc oft er ttHlI ober barf." ^)
iMO} Unb bod^ mar biefe äSeid^te nod^ ein ^berfpiet gegen
bad, kooS ^x folgen foDte: S3ad auc^ beräRenfc^ getan l^aben mo^te,
fd^Iießüd^, »enn er reumütig Belannte, muftte er aBfoIbirt merben.
S)ie ©d^ulb nmrbe öergeBcn. ffir war frei. 3u fd^nctt entfd^Iüpfte
ber fänbige äRenfd^ bcm Hrd^Kd^en Sinfiu^ Überwac^nng aber beiS
äKenfd^ot in {ebem SKoment, auf allen feinen @)fingen, i\S auf feine
ite6enffid^d|ften ^nbfamgen, UKtr bai^ ©runbpriniip ber fatolifd^en
^ierard^ie. ^er mu|te alfo etmai gefunben merben, um ben armen
^erl feftj[u]^altcn. SKan fagte: bie @d^ulb ift vergeben; bad
lönnen mir teibtr nid^t l^tnblmt; C^riftud ift am ^eu) geftorben.
ms bed Zeufeld firaSen feib ^l^r erlöft. «ber bie @ träfe für bie
@d^ulb nmg aitgerbem gebü|t jmerben; ^ier ober im ^enfeitd;
beffet l^ier; imb bie @trafe ge^t und, bie ^rd^e, an. ^ie @d^ulb
mar etmoiS äRorcdifc^, ^icnfeitiged, in ben ^immel 9teic^enbe§,
gmponberabitefi; bie l^attc (Sl^rifti 93Iut mcggemafd^en. ^ie ©träfe
mar etma« ^teftged, 3tMfd|eS, boS gleifd^ Xreffenbed, Wt^ unb
ffidgbaredi — S)ie tel^rl^afte Unterf(^tbung biefer ^iel^ungen ge^t
ttbrigend nid^t auf einen ^rd^enfel^rer, aud^ ntd^t auf eine 3^^
$eriobe jurütf, fonbem entmtdelt ftd^ fd§on feit bem 3. ^afyc^un^
b«rt«)
!M1) Z)aj« iom ober nod^ etmad SnberelS: ha^ ^n^^egaq^
@e|en einer * beftimmten SR enge ber @trafleiftung mit ber $0^e
ber @(^ittb; aud^ für rein geifUge @traflei^ungen, mie baiS @kbet:
^) fiut^er, SBon ber 93ei(^te, ob bie ber ^of^ft SRac^t ^abe ^u gebieten.
SSittenBerg 1521. Sammtltd^e ®erte, Erlangen 1830. S9b. 27. p. 373.
*) @ic^ ^atnad, ^tfythviä^ ber 3)ogmen9efd^i(l§te. gpcetbuig 1888—90.
2. «ufloge. »b. I, p. 367—78. »b. IH, p. 288—03.
— 115 —
29er smanjig (Sdbftüde io^Ien mu| ftatt eined, um eine @(^ulb ju
filmen, empftnbet bie Strafe jmanjigmal ftörfer; mer gtcanjig
Ütutenl^ieBe 6efommt ftatt eineiS, e6enfo; bieiS ift Begretflid^ unb mar
6et ben alten ®ermanen mte bei ben übrigen Söllern 93rau(i^. ^er
ba| iwonjig ,93atenntfer' nte^r fein foQen, alS Sinei^, mer l^at boiS
jiicrft eingefügt? @eit meinen dugenbjal^ren ift bied einer meiner
furd^tBarften ^^ebonlen: ba§ ein ^u^enb SSater^Unfer ober Wot^
3Raria8 me^r feien a(d eine 8 im ^tnBIid auf bie Seifhtng nrie auf
bie ®efinnung bed Sügenbeit. SBer ^at biefen entfe^Iic^ ro^en
(Bebanfen juerft in bad QP^rtftentum eingeführt? (S% ift biefer ®e«
banle ber ®mnb, ber mid^ Beim betreten einer latolifd^en ^rd^e
ftEciS ^finbefalten unb ^orthiieen für einen gegenftanbi^Iofen Sd^aBer«
naf, i^ ®ottl^elten im ®egenfa^ jum teutfd^en ^err ®ott für itatie^
nifd^e £)pemftguren, il^re gange Steligion für einen frembartigen, mic^
neugierig mac^enben, orientalifc^en ^Itug l^alten I>. — 98er Ifat
ben Ouantitdtl&Begriff für eine trandfjentale Sr^eBung jum unfid^t^
Boren ®ott, für bog ®cBct, in bie (^riftlic^e mrd^c eingefül^rt? —
^arnad leitet bie fpäter in Vufnal^me gefommene 9u|«®eftaltung
in ber JHrd^e auf bie irifc^en unb fc^otttfd^en äRönd^e im 5. unb
6. Sal^rl^unbert jurürf. *) — 3c^ fann mir nid^t Reifen, i(^ glauBc
l^er einen urfprünglid^ orientalifc^en (Einfluß ju erBIidCen: ate id^
yam erftenmal bie ®eBetdüBungen ber ^em>ifd^e in einer Blenbenben
@(^erung erjft^len l^örte, mie fie bie ^öpfe fd^Ienfernb mit il^em
11 la la illä l^in unb l^er marfen, unb in immer fd^neüerem Xtmpo
bkfen ftonq^fenb tiorgeBrad^ten Stitmud n)ieber]^oIten, Bis il^nen ber
<S(^um mx ben Sippen ftanb unb fie Berauf c^t unb BeftnnungdloiS
nteberftürjten, um in einem 9lu§ers(Sic^'©ein, in einem SSerjüdhxngSs
ftabium, bie pf^d^ifd^e SSereintgung mit bem ©öttUd^en auf einige
SRinuten ju erleben, — mar mir Kar, bag biefe religiöfe SBort»
unb ßörpecs^^mnafti! bie CueDe unferer Sitoneien unb Stofenfranj*
ÖBungen feien. Denn 100 ober 150 «t)e*aRaria8 ftnb feine 8er^
innerfid^ung, feine ©efinnungßsfionjentrajion, fonbem jmcifcHofe
^^mnaftif; nur fel^It ^ier ber Snbeffeft beS Orientalen: bie a3e>»
raufc^ung, bie SSergütfung. Senn bad aBenbtfinbifd^e ^im ift biefer
*) ©ic^c ^ornarf, a. a. O. «b. LH. p. 290 ff.
o
— 116 —
Xrand^gfomt auf bem SEBege ritmifd^er Körper« unb Sippett^Sdftimg
nid^t fä^ig; ober ber g^mnaftifd^e ^lauf baju liegt in ber Sitanei
beuUici^ bor; unb bei ben Ieu(^enben 99eterinnen auf bem y&äppd^
Bei Sßitriburg (ftel^e unter »SRariaO mag ein ^nijial^Stabium ber
I3erauf(^ung , in Sform bon ©c^minbel, eintreten.^) ^d^ gebe ^ler
meine ®eban{en gang mie id^ fte l^abe, ol^ne il^re miffenfd^aftlid^e
Segrünbung berfuc^en ju fönnen: bie 9Ragen«®e&et8^8eiftung mit
ritmifc^er Slientuirung in ber fatotifc^en ^rc^e ift orientalifd^^^eib^
nifc^e ®ottdSbienft^ Übung: bie abenbl&nbifc^e, unb befonberS bie
norbI&nbifd§e, 9trt ber Srl^ebung gu ®ott ift fpegiftfd^: SSerinner«
lic^ung in fid^ felbft, SSerfenfung in bad eigene ®emitt, feierliche
Stimmung, Qtoitqe\px&äf mit ber @eele, Sbfd^Iu^ bon ber 9(ugen«
tt>elt, ^[uffuc^en großer @tille unb S^f^n^^i^M^ ^^ ©timmungd«
in^altd in menige, l^ergebrad^te ober felbft erfunbene, Sßorte, bie
nid^t notn)enbig laut gefprod^en, fel^r leidet innerlid^ getoeint fein
!önnen. — Unb nun mag, nad^bem mir einige grunbicgcnbe ffir*
orterungen unb Unterf (Reibungen gepflogen, bag ©eigeRnaCen unb
enblofe ^falmobiren ber frül^eften ^rd^e bid }u ben großen ^ortmonö^
Seiftungen ber fünbigen S^riftenl^eit im prächtigen @t ^ettt^^om
gu {Rom il^ren Sortgang nel^men.
24S) ©iner ber ©rften, bei bem wir ganj eyalte Saf)len in
©ejug auf ben ejpiatorif d^en, bu^tilgenben SBert bon ®ebet8s unb
fiörper^ej^mnaftif finben, ift ber 3Röncf| Damiani in Stalten
(1002 — 72). „®8 werben aber noc^ unfercr Siegel (ex more)
3000 ©eigell^icbe (scopae) für bie ©ufec eineS Sal^reS gegeben, ober
20 Sßfatmen gelefen, ober 25 SReffen/' 3)a8 ©ntfd^eibcnbe liegt
') Hu(^ in ber ec^tcrnac^cr ©pring^^ro^effion finbet auf bem eine
1BieTtcU@tunbe langen 3Beg oon ber ©tabt 6t8 jur Äirc^e eine bis jur (Sr*
fc^öpfung unb ©ermnungSlofigfeit ge^enbe, burc^ Begleitung üon wilber ©led^«
mufi! noc^ geftcigcrtc 3:ang=®^mnaftif ftatt. 3)et Xeilne^mer fpric^t einen
^unfc^ aud, unb verlangt \)on (S^ott für biefe feine Seiftung bie Erfüllung
beSfcIbcn. es wirb auc^ gegen S3ega§Iung getankt, unb bie «nmeifung auf
eine ^anbtung ©otteÄ gehört bann bem 3ö^lenbcn. — Obmo^l ber getfrtge
^rojeft ^ier oicl rol^er, vmh ber Sioed ntc^t ein pf^c^ifc^c«, eup^orifc^e« ©nb«
jlabium, fonbem eine matcricac, irbifd^e fielftung ift, tann man boc^ l^ier,
»ie auf bem „Ääppele" bei 3Bürjburg, üon abenbWnbifd^cn 3)ertt)ifc^en reben.
— 117 —
in betn 993ort ,obet'; toet gleid^jeitig geigein unb pfalmobiren tonnte,
errang noc^ mel^r. Sin @(^üler 2)amiQnfd, ber fog. Dominicus
loricatuB (ber ©epanjerte), mochte mit eifemen ^anjern unb SKngen
befc^mert Xaufenbe t)on ^iebeugungen unb pfalmobirte babei; er
Brachte burc^ bicfe complijirte ©^mnaftif in furjer 3^^* l^unberte
üon Sufeial^ren jufammen. ^) ©nmot ititie er 12 5ßfalmen 24 mal,
alfo 288 ?ßfalmen, mit auSgefrannten STrmen bireft ^intereinanbcr.
3ft bic« nicf|t beutlid^e ®ertüifd^*9rr6eit? ,3)a6ei ^alte er nid^t blog
bic Stbbügung ber eigenen, fonbem aud^ frember (Sünben im 3(uge,
unb bered^nete bie ?lbtragung ber SBufte je nad^ ber Qa\)i ber Streiche
unb bem ^falmengebet; fo bag nad^ feiner SRed^nung 10 ^falmen
mit 1000 Streichen bier SRonate fanonifd^er Sufee tilgten; o^ nafjm
er noc^ bem SBeric^t be« ^etruö S)amiani 100 3a^re Sufte auf
fiä)," *) ^ier l^oben tt)ir alfo fc^on baS ganje Sußf^ftem ber fato*
Hfc^en ^rc^e, fRatürlid^ mufe berjenigc, für ben man bic
SSuge tilgt, fid§ erfenntlid§ ertoeifen, ein Stlmofen geben, meld^cS
fpäter genau fiyirt »irb; unb bamit ift bann bie ©ünbensSörfe
fertig.
24S) Sin reineiS (Semiffen tnirb gegen eine Xracfit trüget
ober gegen eine $orjion äRauIfertigleit verabreicht, unb ®ünbIoftg«
leit berjapft mie 9ter.
244) 3)ad ganje 93erl^ättni| unb feine Sonfequenjen brüdft
unfer ßaufifeer »ürgermeifter SKattl^ftu» ®öbel treffenb, mie folgt,
au8: „Unter ben neu^^erbid^teten @aframenten ^aben fte ftd^ bie Su|e
treff[i(^ nil^e gemad^t. ®ie tnugten aber mol^I, bag fein 9Renfd§
o^ne @ünbe leben, lein @ünber aber ol^ne Suge feiig merben fönne.
®a^er fte befto forgfältiger »aren, in biefem unentbel^rlic^en {Religion^
ftüde i^r ^ntereffe mol^I ju beobad§ten. @d mar i^nen unber«
borgen, bag berjenige, fo über bie ®emiffen ber SRenfc^en
]^errf(^ct, auc^ ein ^err fe^ über il^re ©l^re unb 85er»
mögen,*) ©old^e ®cmiffen8sS9e]^errf(^ung ju überfommen, mar e8
*) Petri Damiani Vita S. Dominid. Op. Paria 1743. 1. 1. p. 236.
*) £ir(^enIe^!on ber tatl^oUfd^en X^eologie Don ^e^er unb ^elte.
«rtifcl „a)ominicu8 fioricatu«''. fjreiburg 1849. «b. III.
■) SRöc^ten fic^ tiefen 6a( bie Zeutfc^n merten!
— 118 —
il^nen nic^t red^t, ju glauben, bot man nac^ ]^er^It(^er Sereuunn
ber ®ünben, burc^ ben ®IauBen an bad SSerbienft S^rifti, berer
SSergebung erlangen foUte, fonbem ed mu|te geleistet merben: CE8
!önne ber äRenfd^ in ber 99ei(^te nur berer @finben SSergebung
erlangen, bie er bem ^riefter mit aUen Umftänben audfül^rftd^
erjö^Iet; unb ob er gleid^ burc^ bie Stbfotution ber ©d^ulb (£r«
laffung erlange, mürbe i^m bod^ bie (Straffe Dorbel^alten, bie er
entmeber in btefem Seben, ober nad^ bem lobe, im gcgfcuer bü^
muffe. 3)urd^ bag ©rfte, ne]^mli(^ bie ©rjfi^Iung aller ©finben,
lamen fie l^intcr bie ©el^eimniffe, nic^t allein gemeiner Seute, fonbem
aud^ l^ol^er Potentaten, unb erfuhren il^re Siatl^fc^Iäge unb iimerlid^e
ßuneigungen. Über biefed mürbe burd^ biefe Sr^el^Iung« ^afft ber
aQen guten ©emittl^em angebomen Sd^am^aftigfeit, in benenfelben
eine treflic^e SSenerajion gegen bie geiftli^en Ferren SSeid^t^SSäter
angejünbet; fie aud^ fe^r gefürd^tet, tveil ed in bero SRad^t ftfinbe,
aUt 2^ob«@ünben mit einer seitlichen ©traffe )u bdegen. ^S)enett
Steid^en, unb enblic^ einem ^ebtoeben nad^ feinem SSermögen, legte
man öffentlid^e ®eigelung, fc^mere Sßalfal^rten an meit entlegene
Örter, t>itU& gaften unb anbere unertrfiglid^e Sugen auff. SBann
nun fold^e ju Derric^ten unb audjuftel^en, benen jarten SSeUIid^n
unmöglid^, le^rete man, bag fold^e mol^I mit ®elb bejol^tet, mtb
burc^ bie ^eiligen äRönc^^Drben gebildet merben lönnte. SEBoburc^
benn benen einfältigen frommen Salden il^r ®elb meifterlid^ au8 ben
^änben gefpielet, unb Dielmel^r i^re S3eutel, old @^emiffen etteid^tert
»urben." ^)
ft4S) „@e4t an, toad tretbentd in ber betest.
3)enn toer badfelbig ad^tet Iei<^t,
ber l^at ber fad^en nit üerftanb.
3d^ mtl gelc^meigen groger fci^anb
bie bo gefc^i^t. @o fc^ma|end ab
be^b meib unb mannen gut unb l^ab.
So bann ein frommer fterben mui,
in'« clofter geben, tft fein buft." •)
^) a^att^äud (S^öbel, Caesareo-Papia Bomana, bie ))olitif4en (^e^eim«
ttiffe bc« peH)ftü(^en @tu]^l8. 3. 9tuflage. Seijjaig 1720. p. 210—211.
») UIri(^ tjon ^utten, (Jkg unb ©crmanung gegen bem übermfigigen
un^riftüd^en gemalt bed Sopftd gu Siom. 1520. Triften, herausgegeben
öon »öcttng. ßei^jaig 1862 SBb. in. p. 525.
— 119 —
946) „Unb mel^nen bie törd^ten ntenfd^en, gotteS ffulb unb
gnob bo mit ju tttottbm, baS fie ir gdt ju ge^fäid^em gebraut!^
geben. X)ann fie glauben gän^Iic^ ed fe^ rool angelegt. Unb ju
t>oxan bie guten greülin, bie bann erbärmltd^ atbo Betrogen merben,
unb mit munberlid^en jufagungen, burd^ bie be^c^tiger überfc^mel^elt
2)iefeIBigen melden k)(m jnen [o t)il fie möUen. Unb me^en bie
gutten frommen me^blien, fie mögen boran nit fünbigen^).''
247) ^(i^ ganje merlantile @^tem nnrb jufammengefa^t
unter bem SBort 316 Ia|. 2>ag SBort fommt nic^t t>on: aUaffen, im
@inne Don: ©finben nad^taffen; fonbem ba^er, bag ber $apft bie
t>Dn Drben unb 99et6rüberfc^aften burd^ fog. Seer=«iBeten, ober 3m^
83orau^89eten, unb hafteten, aufge^ufte Spanniraft bie man ,^naben^
mittels ober ,gute SBerfc* — opera supererogatioms — nannte, unb
in gal^Ien ober bem SDrudE nad^ angegeben merben lonnte, ju feiner
Verfügung nal^m, unb bak)on gegen JRemmteraiion , ablief S maS il^m
gutbünfte^. — £ie ©ad^e ift nid^t bireft t^erftänbtif!^, unb bürdend
fein fo einfa(^ Saffengefd^ft, mie oBerjläd^ic^ ^roteftonten oft
meinten: SBenn }. 9. Siner einen 3Rorb Begangen l^e, fo nnmte
er fid^ an einen ?ßriefter, unb bur<^ beffen Bermitttung er^ett er
t^om $apft einige Xaufenb »Sater^^nnfer", bie irgenbU)0 anberS, t)on
anberen, im fötofter, ober fonftoo, gebetet nn)rben waren, bie alfo
att faubere, bermenbbare, funbentilgungiSf filzige SSater^Unfer batagen.
Diefe taufenb ober »ieöid »SSatcr^Unfer* alfo, Me j»ar gebetet aber
niil^t terbetet maren, Me alfe einen Sßert fetnnSfentirten, todl ber
betreffenbe 99eter, ber fi^ genibe finbenfrei ffil^Ue, ober gerabe <A*
fotoirt nwrben mar, für feine Sater^Hnfer nid^tS ttm $immd bebmmen
^) Vadiflcus, dialogos Hutteni. ^uttend Schriften, ^ifg. ». Odding.
Sei))ilg 1860. Sb. IV. p. 22&
*) Unter Rnberen ^e bte „Iftrubecfd^ ber efftoicfenb Sungfnmeii''
an f|dfai(|en edfi^tn, MUtft ^m Q^noo^ung ber ^efigieeit ^fea foDtttn, im
))ecai« ottfgefommcit: 6455 SSeffen, 3550 goa^e 9fdtec ({fintaitlii^e ^^mm
gebetet), 200,000 aftofeidcfittie, 200,000 Te danm bradamoB, 1600 Gloria in
eieelais Dm», 11,000 (Mete ffir Me ^atmün ®t. Utfulo, unb 6,980,000
^atemofter nah 8(iie Vtoria. -- ®ie^e (Jrre^tag, ib^ 3)oltor fiut^, eine
ed^Ubenaig. fics^ftig 1683. p. 17.
— 120 —
]§atte, au(^ ntc^tö nötig f)attt, gab ber $apft bem betreffenben %oU
fd^Uger; unb biefer jal^Ite bafür 50 Grossi, jirfa 250 SRar! (bied
IDar ungefö^r ber ^önitenjfteid für einen äRorb in ber 2;a;^Sifte
^ap^i Sco'8 X.*). — ©0 weit war bie ®a^e attcrbingö rcineS
^aflengefd^öft; nun {ommt aber baiS 3Kerhoürbige: 2)er S^otfd^Iäger
belam bie ,93ater::Unfer' eigentlid^ nic^t 9Bad foQte er benn mit ben
,93ater?Unfem' tl^un? (£r lonnte ja bamit nid^tö anfangen; toa^ fonn
benn ein lotfc^läger mit ,8JatcrsUnfem* mad^cn? @r fonn fid^ ja
mit benfelben !rumm beten. @r fann fic^ in feiner SSeriWeifKung ba^
mit bor ®ott ^inmerfen: ed l^ilft il^m nic^td: ber ^atolil l^at ja feine
bireften Sejiel^ungen ju ®ott. @ott ift ja für ben Satolifen feine
Snftanj, (Er fann alfo mit ben ,S8ater4Infem* rein nid^tö anfangen.
— SBer befommt bann bie ,aSatcr:*llnfcr*? — ®ott, baS atter^öd^ftc
SBcfen, ber Sn^CQ^ff unferer l^öc^ften unb l^eiligften Sorftettungen!
— Unb bon »em? — S5om ^apft. — $at benn ber ^apft mit
biefem l^öc^ften ®oti foIcf|e SSe^ie^ungen, bag er i^m ,S3ater«Unfer' mit
einer entfprec^enben SBeifung überreichen fann? — ^ad glauben in
Xeutf erlaub 15 SRiQionen 3Renf(^en, unb geben il^ren legten ®\>ax^
Pfennig bafür i^er, tmb berraten il^ren Surften, wenn ed gewünfd^t
wirb. — Unb ber SWörber? — Sr^ält bie »Sater^Unfer* nur nomt^
neQ; fte werben il^m angered^net; unb ®ott mug il^n bafür bon ben
ewigen ©trafen befreien. — SRuß? — Dag ift eben bie britte ©elte
im ^Ia|: erft bie SBejie^ung bei» aRörberi» jum ^apft; bemnäc^ft bie
Säejiel^ung bed $apfte@ ^u ®ott; unb je^t bie Sejiel^ung ©ottdS
}um SRörber, bie eigentli^ feine SBejiel^ung, nur eine unftd^tbare
gunfjion, ift.*) ®ott muß für jebeS SBater^Unfcr etwaß Iciften. SBirb
@ie^e 9BoIer, $1^., ^ad Srinon^mefen ber $äpfte, 92örbUngen 1878/
p. 104 unb 82—83.
*) @tn analogen für biefed merimürbige ^erl^ältntd vermag ic^ nur in
ben Gepflogenheiten unferer heutigen $robutten«93örfe %u finben. 3)ort
lauft aud^ ®iner, fagen wir, Xoufenb @ad j^artoffel, o^ne fte j|e }U fe^en
5U belommen, o^ne fte aud^ ntn: fe^en ^u mollen. ($r toill nur ben $toftt,
ber ft(^ eventuell aud biefer unfid^tbaren 9Bare no(^ einiger 3eit ergiebt, ein«
ftrefd^en. %Ber bie Kartoffel gepffan^t (at, toer fte einmal igt, bad gilt i^m
gletc^. dh: ift nur tntermebiärer fbt^iin ber 1000 Sad tartoffel. — Unb
fo ift unfer SDlbxbtx nur intermebiärer ^ePtfrer ber 1000 latolifd^en ,%ater«
Unfer*. —
— 121 —
ed tion Semanbem gebetet, bei fdbft leine @ünbe begangen, fo mu|
@oü bcA SSater^Unfer für einen änbem annel^men, unb biefem eine
©träfe erlaffen. @o ift ber ?ßaft bcn ber ?ßapft mit bem ^err*®ott
gefd^Ioffen l^at. ®ott mag al\o bent SRörber, für ben bie nötige 3(n«
ffl^l »aSatersUnfer* hinterlegt nmrben, bie ©trofe erlaffen, o^ne bofe er
mit il^OT in birecte Sejie^ung tritt. 3)ieS ift lebiglid^ ein Stechen*
gefc^äft — ©0 alfo ift ber ^nftanjenmeg. S)er ättla^ ift Pgüriic^
audgebrüdt, ein fpi^eiS S)reie({. 9n ber ©pi^e ber $apft. Unten
an ben ©d^enleln ber ©ünber unb &otL DBmol^I biefe beiben Snben
ber ©d^enlel fel^r nal^e beieinanber finb, ift bod^ eine Scjiel^ung
iUrifc^en ®ott unb ©ünber unmöglid^; biefe 2)rei:@(I«©eite ift nid^t
audgejogen; mug al^ punftirt betrad^tet merben. ^(udgejogen ift nur
bie lange Sinie t)om ©ünber l^inauf jum $apft; bort^in ge^t ber
Snftanjenmeg; unb femer bie lange Sinie tiom $apft herunter ju
Oott; bie« ift ber ffleg, ben nur ber ?ßopft befd^reiten fann,
3d^ fel^e, einem jungen äRenfd^en auS 92orbbeutfc^Ianb, ber 'oxeU
Iddft nod^ nic^t 20 ^affxt alt unb ber ©ol^n el^rlic^er Seute ift
f(^n)inbelt ^ier bad $im. ^ä) fann i^m aber nid^t l^elfen. 3^
Irgenb einer 3^* "^"6 ^'^ 3cber, ber nid^t jurüdfbleiben wiK, baö
fc^mu^igfte ©Aftern, baS äRenfd^en in 9tecf|nung auf anbere an ®ott
glaubenbe äRenfd^en lonftruirt l^aben, lennen lernen. Unb ba ed
für bie SKeiften umftänblic^er, fd^tt>icrigcr unb foftfpieliger ift c8 au«
einem SBerl n)ie ^arnact'd ,^ogmengefc^id^te' fennen ju lernen, fo
mögen fte ed auiS einem geringeren unb popul&reren Suc^e t^un, mie
bem Dorliegenben.
248) ^ie 9le(^nung nac^ ,$ater:>Unfer', ,9[t)e aRaria'dS »Si^^
taneicn' u. bergl. »ar ober balb ju umftdnblic^. 3D?an red§nete nad^
jSWonate*, ,3a]^re* Süße, einerlei, »aö vorgefallen mar. SRan jagte:
ein äRorb brandet, um l^inftd^tlid^ feiner ©traf^SBirfung aui^elöfc^t
JU mtrben, founbfoöiel 3Ronate ,©u6e', unb biefe monatelangen ®e*
bete unb ßafteiungen foften fo unb fo DieL — Da aber bie a9u6s3eit
für ben SRiffetl^ftter gor lein 3wtcrcffe ^otte, bo er fie ja nic^t ob^
6ü|te, fonbem nur bejol^Ite, fo fejte man in ben lojbüc^em gleid^
bie ©umme neben bod S3erbre(^en, unb fogte: (Ein SDtorb loftet fo«
unbfok)ieL — Unb ber ^opft He^ bie äRönd^e in ben ftlöftem flri^g
— 122 -
(eten unb pjalmobtren, unb gab i^nen einen XI^I bed bafür eittger
l^anbelten @eIbeiS, unb [d^enlte i^nen $rü)tlegien; unb »Xaufenbe üon
^[al^ren ©ünben^^äSergebung' [ommelten ftd^ beim l^eiligen SSater an;
man nennt bied ben ,®naben{cl^a^ ber ^rd^e'; unb er gab bat>oit üi
an ^5nige, Surften unb ^erren, unb berui^igte il^re ®etDiffen; nur
bie 9(rmen lieg man in 93er5n)eiflung, unb rief il^nen ga, fte möd^ten
fid^ [elber lafteien, unb beten, fo gut tS ging. Unb koad ein ^ßapfi
an y@naben{cl^a|' nid^t brandete, überlieg er feinem SRad^foIger, t9ie
einen @d^a^ an baarem ©elbe. Sie $51^ fd^manlte mie in jebem
anberen @taatd^®au-@tall — tPoQte fagen: ©taatd^^aulSl^tt ^c^
meig mirflid^ nid^t tok üiel Slaufenb (Sünben-SSergebungd^S^^^^ ^
gegemoärtige $a))ft, £eo XTTT., gefammelt, unb toa§ bad ^^c^t
fofteL —
Unb ber ^err^^Sott im ^immel fd^Iug biefe k^erbammte @ünbciu:
Srämer-Sube nic^t in Irümmer? — SRein, lieber greunb, e^rtid^e
SKenfc^en fc^Ioffen aud bem Umftanb, bag bieje pät)ftlid^ ©ünben^
99ube auf gef dalagen merben lonnte, bag eS feinen ^err^^^ott
gebe! —
840) r,0 jt xsamiäi unb Jjfaffen,
^ad ^ant jr get^an?
^abt und gemad^t gu äffen;
3)ic Icng' mag'« ntjt beftan,
^ foQ eat^ halb geremen,
^d fage i^ \)oxtoav,
2)ie ^aut foQ man eud^ ^lumen
Unb jie^en be^ bem ^aer."
fangen bie ©tralfunber im Anfang beiS 16ten S^ol^rl^unbertd^).
350) „2)ann au biefe üerbienft unb gute totd in ain l^oufen
}u ainem ftlberlud^en gefc^Iagen, famt allen unfern k^erbienft vaA
merlen ber su])ererogatioii, bad feinb bie toerl, fo und nad^ abge?
ftrid^enem fefter (3ßaad) 5U ainer jugab itberbliben, merben üt ain
ßft gefd^Ioffen, ju meld^er unfer ^itiger üater ber iap^i t>tm 9iom
ben fd^Iüffel in bermarung ^at, unb tailt aim jeglid^ barbon raii,
tote eiS im geliebt; bai^ ift nad^ bem im ainer bie l^anb mit l^aiKgem
') ®)iottlleber ouf Me röml^^^tateUf^ 9defterfd|oft au9 ben Sfal^mt
1524—1527. $1% t>on (£nift 3obcr. ©trolfunb 1855.
— 123 —
gttlbenöl itait Beften faI6en unb fd^mieren laitn. Unb ift bife l^ailige
goIbfalB fo fräftig, bog laut miffetat, fünb nod^ fd^elmenfHil fo grog
in bcr »dt gcfd^l^t: big öl fann e& rainigen unb bcrjcrcn*)."
SSI) 3)aiS Stfid^fte ttiar, bag man, nad^bem man fid^ bed
SetDiffend ber Sßenfd^en bemöd^tigt ^atte, man nad^ i^rem £^öTt>er
langte, i^ren SRagen unterfud^te, toai fie a|en, i^re Kleiber bifitirte,
koaS fie trugen, [a i\& in'd (£§ebett ftieg, unb aKe Sunf}ionen be«
obad^tete unb abjft^lte, unb SUeS befteuerte unb jur ®ünbe mad^te,
nid^t, um ed ju )>erbieten, fonbem um ed auSlöfen ju laffen, unb bie
menfd^Iid^en gfunljionen gegen ®elb ju üerfaufen.
253) „^axnai) raffet er aQer äRönd^e unb 92onnen ©ecten
auf, mit alle i^ren (Statuten t>on Leibern, ©peifen, ©eberben 2C. unb
n)aiS ein iglid^er Starr erbid^tet, beftfitiget fold^ unjfil^Uge unb untrfig^
lid^e ®efe^e, frönet fte mit Vbla^ unb ®naben, ba| bie d^riftiid^e
Sfreü^eit unb ®Iauben nid^t mel^r ift belannt gen)eft; fonbem aUt
SSett, aUe SSinfdn, aUt Leiber, aUe ^erfonen, aKe @peife mit
©triefen unb SBanben iiberfd^üttet unb erfüllet ift morben, ba|, too
ed l^fitte foUen lönger mdl^ren, bieHeid^t aud^ ©finbe unb ^öUe l^fitte
muffen fein, too ^emanb ^fitte geduftet, gefd^neu^t, geniefet, ober fonft
fein «ot^burft getrau*).-
358) „3<^ fd^toeig i^t, roa& er mit feinem beriogen Sblag,
gülben ^a^r, 93ei§tpaffer, Agnus Dei, ^refem, gfeur, fßadfi,
ftrftuter, a§, n)er fann VEie» erja^Ien, item SSaUfa^rten, Sruber«
f(^aften, geftiftet ^at; ed ift faft fein Sreatur blieben, baran er nid^t
feine ©trid unb ®ift gel^enfet ffait, \>a%, too Siner gangen, geftanben,
ober toaB QtÜfan §at, ba ift er in gd^rlid^feit ber @ünben unb SobS
fommen*).*
Se54) ^3Benn ber Seufel felb» }u 9tom regiem foHte, f&nnte
eri^ boc^ nid^ Arger machen. 9ber nu fic§ ber $a))ft i^m fiberge!6en
l^at, jur Sart)en, mit ®otted 9Bort gefd^fidt, barunter man ibn nid^t
^) Q^. grifd^rt, SSienenforb bed Eiligen rdmif(^ imnicnf(^nnd 1582.
^c»g. 0. (», (StfeUin. Sanct (äktQen 1847. p. 235.
*) Sut^er, ^ber bad 9a))ftt^um au 9iom toom ^euffel geftifft. Wtte»'
berg 1545. @ftnuRtIi(^e «krte, (Erlangen 1830. 8b. 26. p. 187.
») ßttt^r, 0. 0. O. p. 187—188.
— 124 —
l^Qt lönnen lennen, bo ift'd gefd^e^en, ha tft er unfer 9(6gott morben,
ben toix unter bem 92amen @t. $etri unb S^rifti ^oben angebetet,
fampt allen feinen Sügen, ®ottei^Iäfterungen unb Sfbgötteretcn^)."
SS5) „^enn bai^ tft nid^t ber grögefte ®d^abe, bag er unfer
Seib, ®ut unb (S^re unter fid^ gen^orfen l^at mit feinem berflud^ten
SBinben; aber bag er bie ©emiffen ober ©eelen bamit DerftridFt unb
berhtüpft ^at, aliS feien ed göttlich ®thoU ©ottedbienft unb SBert }ur
©eligfeit, unb ©ünbe moc^t, ba fein ift; ba ftnb bie ®ctt)iffen er«
fd^redt unb blobe tt)orben, ber Glaube gefc^mäc^t unb enblid^ ertt)ürget
unb erfHtft, d^riftlid^e grei^eit öerlom«)."
256) .«)ött ju tr 5:cät|d)cn wa8 i(^ fag,
aug (S^otted ftifftung nimmer mag
berotgen merb, und fd^ulbtg fein,
bem 93apft ^u geben gelt ^tn ei)n,
unb umb in tauffen neiftlic^ mar,
pfnmb, f^rc^en, pfarren unb altar.
G^ott ^atd gegeben aUd umb fünft,
unb mag nit fein ber göttlich gunft
tDO man bie ©acrament üerlaufft.
Äein f)at öott nie umb« gelb getaufft*).'"
357) ,,93eröu^erung bed ^nnerlid^ften" nennt 9tanfe
mit einer glüdCtid^en, Dielbeutigen äBenbung ben ^bia% ald er auf bie
beletftre 38irfung biefer fribolen, pftpftlid^en C^rid^tung auf bie
3nnerlid^feit unb bog ®emät ber Üeutfd^en ju fpred^en fommt*). —
3n ber Xl^at, i^re @ünben glaubten fie Derlauft ju l^aben, unb
t^ren Stnftanb, i^r ©emiffen, Ratten fie in SBirllic^Ieit bcr^s
fauft. —
2SS) SaierbingS fteUte fd^on auf bem ^onjil ju ^onftanj 1418
bie teutfc^e SRajion bie gi^^i^c^ung, bie 9(blöffe, meldte äSergebung ber
@ünben ber^eigen, abjufteQen^). Slber mer fummerte fid^ bamalS
») fintier, a. a. O. p. 189.
•) fintier, a. a. O. p. 188.
*) Ulrid^ bon ^utten, CTlag unb ^ormanung gegen ben übermäßigen
und^riftlid^en gemalt bed S3apftS gu fftom. 1520. ©d^riften ^rdg. \). Sdding.
Scipaig 1862. »b. lU. p. 486.
«) iRanfe, ^ie römifc^en ^öpfte. fieipjig 1874. 9b. I. p. 50.
*) ©oler, ?^., ginangmefen ber ^äpftc !RörbIingen 1878. p. 109.
— 125 — "
um bie teutfd^e SRajton? 3)a8 ^arxpUVUa^tot^ta gteng ein ^oX)X^
^unbert fp&ter erft red^t an.
850) 3m ©egent^eil, nod^bem bie $fipfte bie erfte ©agigleit
ber Sbla^^inna^men k^erfoftet Ratten, üerlangten fte nod^ mel^r; il^r
aRagen fd^rie mit ber Unerbittlici^Ieit eined l^ungemben SBoIfS nad^
biefer @peife; unb btefer SBoIf ttiarb unter Seo X. jum brüQenben
Sibtota, ber ganje Sänber üerfd^Iang. 2) er aQerbingd befam bad
Slutbred^en; unb jmar bon einem ©tüdC, meld^ed auiS Xeutfd^Ianb
lam, unb meld^ed er ju l^eigl^ungrig Derfd^IudCt ^atte; feltbem tft tl^r
äRagen etn^aS üerfiaud^t; aber nod^ immer fel^r aufnal^mefäl^ig.
560) rr^tad^ bem Sinben fing er nu aud^ bad anber ®tüd
an, nftmlid^ Söfen; benn er ^at aud^ 3Raä)t ju löfen, baS ift um
®elb ju üerl&ufen; nid^t bie ©finbe vergeben, fonbem fold^e feine
®efe^e feil l^aben unb berMufen; ba §at er einen Sßarft unb ^am
angeritzt in aQer Pelt, meldten, ad^te id^, g&be er nid§t umb ben
SRarft ju 93enebig ober Slntborf; ba ^at er feil Sotterbriefe, &tt^
brlefe, SWitd^briefe, ftäfcbriefe, gleifd^briefe, «blagbriefe, ©^ebriefc unb
9iUe&, tt)ad er fc^änblid^ gebunben ^at, unb nod^ üiel fd^finblid^er
umbd (Säi> Io8 giebt 2)a8 ift baS ®efd^n)ürm unb Ungeziefer feineiS
^amed: Indulta, PriyQegia, Immunitates o^ne aKe äRaage unb
Sal^L — ^ie l^aben »ir unfere d^riftttd^e grcil^cit mfiffen umb unfer
®elb Mufcn^)."
561) nS^x ^att' uns l^art getrudfet
^urd^ (Snticrift (^tntid^rift) ju 9bm
Unb iamerlid^ ent^ucfet (entzogen)
Srlet^, e^er, kt^ unb räum; (SRa^m)
3)urd^ ablad brieffe t)orlauffet
3)ic unfcr feligfett,
^ad gelt t)on und gerauffet;
^irt eu4 »arlic^ laibt!
Äiftciufecfetfcgcr*)!
„(S^riftud unfer ^ere
^Dhtgt ein lugener fdn,
^ie burd^ fein gotlid^ lere
^) fintier, föiber bad S9a))ftum ju Sfbm t)om ^euffel geftifft. «Sitten^
Berg 1545. @ämmtl. fBerte. (Erlangen. 9b. 26. p. 190.
«) «uÄfeger ber Äiften unb Xafd^en! ©eaeit^nung für bie TOIa^Ärfimer,
— 126 —
(St)ra4: ,SBa8 ^um mttnbt get^t ein,
3)a8 felBtg nit beflecfetS
mt fanctud Wtatf^tni fac^t;
mt h\l f^abt jr \)ox\itdtt,
tDad fe^ b^T gobt geclagt!
Ät^cn^fccfctfcgerO!-
faiigeit bie ©tralfnnber.
26S) SBoIer fd^teibt in unferen 2:ogm: „Si<^|t man bie gan^e
SR enge ber im Xo^renBud^e aufgeftellten ajeftimmungen {ufonrnteit, fo
Bleiben nül^t biet mibefteuette menfd^ßd^e ^anblnngen übrig; päfif^
lid^e Zojren begleiten ben SDtenfd^en Bei icbem ©d^ritt bnid^^S SeBen,
erUmBen Üfm hcS SSerBotenfte, l^erBieten il^m ba£ StIauBtefte, fte \)tt^
giften unb ftören bie fo}iaIen SSer^&Ititiffe unb greifen tDilBihdttc^ ein
in bie ftaatlid^en Drbnungen. @in foU^ed ©ijftem mn|te nrie eine
ftttlid^c ?ßefi in ber SRcnfd^l^cit nnrfcn*)."
iM8) n^ttttif ber ^rr mill, bag nad^ bem SVIauBen unb ber
Bräberlid^ SicBc foU attcr ßreaturen ©raud^ frei fei. — D nein,
fprid^ ber oUer^öUifc^ft Sater, e^rifhti^ ift toO unb t^drid^t, Ijat
bergelcn, toa§ er mir mit ben ©d^Iüjseln für gro^e äRad^t ju Binben
gcgeBen fyxt, n&mtid^: 9Ser äßild^ i^t am gfreitage, ©onnaBenb, an
ber iipo^A Wbcnh, ober meiner ^eiligen, bie id^ genrad^t l^aBe, baS
ift eine Xobfünbe nnb ett)ig Serbammni^; toer Sutter, ^äfe ober
@ier igt an felBigen Sagen, bod ift eine Xobfünbe unb bie $5Qe;
99er aber Sleifd^ ftge an fold^en Xagen, ber ift toett unter ber ^dQen
öcrbampt*)."
264) f/^P ^^c f^9c tnb up bie ftege
Vip bie ftraigen inb up bie toege
©0 ^Qit SRoemfd^e g))ti(^eit
Sß^l manchen angel ^in gelebt
Unb !Qn boc^ nümer »erben \>ol
a)at ift e^n unfclige« §0" (fiod^).
fang mon fd^on im löten ^^xf). am SKieberr^ein*).
^) ©pottlieber ber ©tralfunber aud ben Sauren 1524—27. ©tralfunb
1855. p. 16.
*) 93o!er, ^., ^ad fSrinanatoefen ber ^opfte. 9{drblingen 187S. p. 120.
■) fiut^er, a. o. O. p. 186.
^) (Sin ^unbert ^eutf<]^e ^iftorifc^e ^olldlieber, gef. )>. ©oltau. Seip^ig,
•g STuÄgabe 1845. p. LVI.
— 127 —
965) ^er ndd^fte @(l§titt mar, ba^ man bte Seute natij 9iom
)u tommea itoanq; e& genügte ntd^t, i^ @en)tffen ju (e^errfd^en,
t^e ^onbbtngeu aDe aud ber gfeme ju lontroDtren; auf biefem
Seg hüA ju tnel ®elb in ben ^önben ber Stüi]ä)tnf)(xrMtt, ber
S3ifc§öfe unb ber ©dfltid^en Heben; man moQte ben Seuten jeigcn,
too ber ©tattl^atter (S^rifU tool^ne, bon too ber birettefte 93eg jum
^onmel fei, mo bie SBirtfamleit ber (^bete unb SImofen am größten
fei; man mollte bie Siinben^^SSergebung lolalifiren. ©d^on
Sonifoj VnX fjeng im 3ia]|r 1300 an, allen SRompilgem, toetd^c
mft^renb biefeS ^al^eS nad^ 9tom Idmen unb bie ^rd^en beS 1^1.
^trud unb ^auIniS Befud^ten unb bafelbft Seid^teten, „nid^t nur
boQe unb reid^tid^ere @ünbenberge6ung atö fonft (man ermäge bie
Bpraä^t), fonbem DoDIommenften 9{ad^Iag aDer ©ünbenftrafen ju Der:»
ft^red^": »quolibet anno centesimo futuro non solum plenam et
largiorem, imo plenissimam omnium veniam peccatorum« ; unb bied
füllte fid^ aQe 100 ^ai)xt »ieber^olen. SRan nannte bieS ,Subet^
ja^r*, ein für einen SßorMänber im ^inblidE auf ©finbenbergeSung,
diene uub SBeid^te laum l>erftänblic^ed SSort. 3)er ftnanjielle (Srfolg
ttKir enorm. Ser ®efd^id^tdfd§reiBer SSillani erjfi^It im 8. 9u^
fetner SSdtgefd^d^te oB 9(ugen5euge, bag ftd^ täglid^ toöl^renb biefeS
gol^ei^ 200,000 ?ßüger in »om Bcfanben, bie 3uftrömenben unb
8B}ie^enben ungered^net. S(m SItar bei^ ^I. ^auIuS ftanben Sag
»b Stacht jtDei ©eiftlid^e, unb fc^arrten mit Sled^en baiS ®elb ber
^fiuBigen jufammen, mie ein (Sl^ronift Berid^tet, ber ftd^ felBft unter
ben ^Igem Befanb'). ©reife, ftranfe, JMnber fd^Iept^tcn ftd§ ben
langen SBeg nad^ "Siom l^in, oft ftc^ einanber tragenb, um gegen
®clb i^ ©ünben log jii tt>erben, b. 1^. il^rer gnrd^t, in bem eigen«
fjir Mefe Qxotde lonflrttirten Segfeuer ft^en ju muffen. 3n 9tom
angelommen rutfd^ten fte auf ben jhtieen bie Stiege jum Sorl^of Don
®i $eter l^inauf unb toarfen ftd^ in SdCftafe am fog. 9pofteIgraB
nieber. 5Der Stotd würbe boDIommen erreicht: 3)ie ©ünbenbergcBung,
^) »die ac nocte diio derid stabant ad altare 8. Pauli tenentes
in eorum manibus rastelloB rastellanteB peconiam infinitam« Chron.
Astense. ®ie^€ a$regoT0t>tu6, Q^^, b. @tabt 9bm im 9RitttIaIttr. @tutt«
gart 1892. 4. «ufl. »b. V. p. 537.
— 128 —
k)on ber mir oben meinten, fte rul^e als legtet ^rojel im @^en)iffen
bed (Sinjelnen, mar ^ier an eine Steinplatte lofaliftrt. 3) ante fal^
nod^ biefei^ SubiUum unb erm&l^nt ei^ im 18 ten ©efang feinet
ylnfemo'. ^ad ®ebrdnge mug bamad^ entfe^Hd^ gemejen fein. äRan
Bered^nete allein bie ^upfermünjen ber %rmen auf 50,000 @oü^
gulben; bie ©efammt^^Sinnal^men auf 13 SRiQionen^).
306) ^iefed ^uBilöurn, meld^eS man mit Sted^t ,baS golbene
Sa^r' nannte, unb fein enormer ©elbeingang mad^te bie r5mifd^en
^äpfte, unb nod^ mel^r bie 9tömer, }u gierigen SBdIfen, ju golb«
freffenben ©d^alalen. gn unferen lagen fagt man, ber erfte 3Ror«
fiums®enufe mirfe auf baju bifponirte Seute berart, baß fie eS unter
allen Umftänben mieber ffaten müßten, unb fie mürben barüber ju
SDiefien unb ^Betrügern, unb berldren baS 6^ef&]^I für ©d^anbe. ®o
mirlte baiS gelbe äRetaU bamatö auf bie köpfte. @ie mußten eS
unter allen Umftfinben l^aben. Unb menn fie ju e^rlofen ^Betrügern
baburd^ mürben. Unb bie 9tömer erQärten, fie lönnten ol^ne ben
Srembenjuflug nid^t mel^r e^ftiren. ®anj 9tom beftanb aud Sßirti^
l^öufem unb Verbergen. @o lieg man benn in ber ä8elt fünbigen,
bamit bie 9tömer ju i^rem ®elb Mmen. Unb mo nid^t genug
gefünbigt mürbe, fonftruirte man neue ©ünben. ®Icid^ ©lemenS VI.
fe^te, laum gemä^It, 1344 bad Subil&um auf aQe 50 ^^al^re
l^erunter; mie er mc^mütig ^injufügt, „ate ®nabenconjeffton au8
bem unerjc^öpflid^en ©d^a^e ber SSerbienfte 3efu ffil^rifti, §u bejfen
Raufen bie Jungfrau äßaria unb aKe ^ui^ermöl^lten il^re SSer«
bienftc befanntlic^ l^injugfiben." *) — Urban VI. fe|te cS nod^ im
gleid^en ^al^r^unbert auf aQe 33 ^ol^re feft; unb $aul ü. im
3a^r 1470 auf alle 25 S^^^c;*) unb mad märe erft gdtommen,
menn bie ^öpfte nid^t 1309 auf ein üoKeS l^ül^rl^unbert nad^ Stoignon
in ©übfranfreid^ auögemanbert mären. 3n 8ftom entftanben je^t
') ^eber, a. ®., ^ai ^apftt^um unb bie ^fipfte. @tuttgart 1834.
»b. n. p. 156, 161.
*) 5Hrc^em£e^ton ber !at^oItfd^en S^eologie t)on tBe^ unb %ßelte.
fjreiburg 1850. S3b. V. p. 876.
") ^te Oberammergauer fptelen aQe 10 ga^re; bie IBri^ener aEe
5 ^Ql^re; unb bie Sd^temac^er Springpro^effton ift iebeS ga^r.
— 129 —
bie ®ünben«^ßatigleifn mit einem $eer JDoit Beamten imb @(J§rei6em,
t>m benen 9(6la|p9uIIen unb ^nbulgenjen, Sodfpred^ungen t)om Samt,
Bi* herunter ju bot Hctnften SButter* unb ffiier*95riefcn in laufenben
unb SBertaufenbcn Don (S^emptaren gegen Soatja^Iung im 9lamen
®otteiS ausgefertigt mürben. 2)ie Sinnol^men oud oQ' biefen OueÜen
beve<l^en fid^ nad^ ^berten üon äRiUionen. ^) Unb ^p^ Seo X.,
ber „gcoge SE6la|Irämer'', lonnte mit 9ted^t jum ^rbinot ^tmio
fogen; »Quantum nobis nostrisque ea de Christo fabula profuerit»
ead« est omnibus seculis notum«: „SBad Und unb ben Unfrigen
jene« aRdr^en Don Sl^rlftuS für Sorteile gefirad^t ^at, ift burd^ aUe
Sfll^^nbert jur (Benage (ebrnnf^
967)' 9{a<l§bem ber gro^e 9(6Ia|^93au aui^efül^rt mar, famen
nod^ eine SRenge SCuSfd^muctungen unb S^^^^ten ^u. SMe toi^
tigfte mor »ol^l bie, bie attejanberVI. etnful^rte, monad^ ber in IRom
gemonnene Vblü% anä^ auf bie ,€eelen im Segfeuer' auSgebe^nt
mevben lonnte. SSeld^e Snftad^elung ber Santafie! (£in 93efud^ in
9lom berfc^affte allen üerftorbenen SSermanten baB ^immeireid^. 2)er
gleid^e ^apft fül^rte aud^ bie fogenannte »golbene Pforte' auf, eine
X^üre ber 5ßeter«fird^c, bie nur im SuBcIja^r geöffnet ift, nod^
©d^Iu§ beiSfelben mieber Vermauert mirb. aRit brei Sd^I&gen eineS
gotbenen ^mmerd unb ben äBorten «^Aperite mihi portas Justitiae^!
ttmrbe pe öom ^opfi am erftcn log be8 SuBdia^r« geöffnet 3«ber,
ber burc^ fte ^inbur^ ge^t, mirb aKer Sünben quitt unb lebig,
unb lann bieiS auc§ ffir %ibere, ju $aufe^®eBIieBene, mit bem
gleid^en Sffeft Beforgen. — Sine größere ^[nja^I t)on ©ünben unb
ajergc^en Behielten ftc^ bie 5ßäpfte bor perfönlid^ ju öergcBen. 3)ie8
ttjaren bie casus reservati. S^cin ?ßricfter ober S9i|d^of fonntc baran
rühren, ©cttft (E^riftuS nic^t, auf ben fid^ 3cmonb l^ättc Berufen
lönnen. 3^retmcgen mar e8 natfirlid^ öor Wltm angcjeigt, nad^
9lom ju pUgcm. — ffilcmenS VI. Befahl in einer »uHc ben
(Engeln im ^arabieS, ?nicn etma auf ber SReifc §um SuBcIja^r nad^
9lom ajerfiorBenen bireft ben ^immcl ju öffnen, ba i^rc ©ectcn
M ®ie^e »eber, 3. d., 5)ie *äpfte. Stuttgart 1834. »b. H, p. 161.
•) öole, go^n, (triWer «ifc^of), Pageant of Popes. Edition 1574.
pag. 179.
— 130 —
oud bem gfegfeuer fcj^on befreit feien; »prorsus mandamua Angelia
Paradisi, quatenus animam illius a purgatorio penitus absolutam
in Paradisi gloriam introducant«. ^) — Unb in einer SSttEe t>om
Sal^r 1342 erS&rte ber gleid^e ^opft: „S^riftuS l^abe ba9 äRenfc^en^
gefd^led^t mit einem einzigen Zxop^ta feined Shited erI5ft; ber
9ieft bcS Dergoffenen SBIuted, meld^ed boc^ nid^t umfonft bergoffen
fein {önne, bilbe, tiermel^rt um bie SSerbienfte 9Raria*8 unb ber
^eiligen, ben unerme^id^en ©nabenfd^a^ ber ^rd^e, }u bem ber
^opft ben ©d^Iüffel fjoAt, unb t)on bem er jur Sntfünbigung
ber äRenfd^l^eit ablaffen Idnne, fodel er tooUt, ol^ne ©efal^r, ben^
fetten ic §u erfd^öpfen." •) — Wlan fann ber untt)ijfenbfte Soted^et
fein, um }u miffen, bad bieiS bie Sl^riftud^Se^re auf ben ^pf fieQen
unb fie in ber ro^eften SBeife bermenfc^Iid^en l^ieg. S^riftud erlöft
bie 3Renfd^en burd^ bie Sauterfeit feiner ®eftnnung, burd^ ben über«
irbifd^en Quq feined ganjen äSefend. ^ier erldfte ber $Qpft gegen
irbifd^eS, baareS ®elb. @d toax ber äRorfium^Suftanb ber ^fipfte.
2)Qd (äolb rollte in i^ren 9(bem.
S68) „Unb toam ber $a))ft mit feinen ^apiften fein anber
Sügen unb 2:rügerei in ber Sl^rlftenl^eit getrieben l^fttten, benn allein
bad 9bla|, fo Rotten fte bamit mo^I berbienet, ba| man fte für bie
grögeften ^er imb Slftuber f^e^ten foQt, fo bie (Srben je getragen
^at ^enn fege mir, meld^ 9l&uber l^at jematö fo biel geraubt ober
geftol^len, att burd^S ^Ibloft geraubt unb geftol^Ien ift? SBel^ Äefterei
]^at fo t)iel (Seelen öerfu^rt unb betrogen?"*)
SOO) „. . . 5u 9lom, unb nemen t&glid^ ein
tjon Xeutfd^en, unfer fc^me^^ unb Blut.
3ft ba9 ^u leiben, unb iffd gut?
3c^ rabt, man geb jn fürtet mee
fein Pfennig, baS f^e ^ungerd loee
erfterben."*)
^) Baluzii Vitae Papanim Avenionensium. $arid 1693. tom. I.
pag. 312.
') SBeber, (£. 3., 3)a$ ^opftt^um unb bie $ä))fte. Stuttgart 1334.
95b. n. p. 312.
*) fiut^er, 93on ber SSintelmeffe unb ^faffentoet^e 1533. @ämmtlid^e
©(^riftcn, erlangen 1830. 93b. 31. p. 310.
*) Ulric^ tjon ^utten, (Sla% unb 93ermanung gegen ben überm&giaen
unc^riftlid^en gemalt oed ^ap]t^ ju 9lom. 1520. Schriften, ^eraui^gegeoen
t)on 93ö((tng. 2t\pi\q 1862. 93b. XU. p. 494.
— 131 —
570) „%ti btng umbi» gelb man !auffen imt|,
»er bed nit ^att, ben l^ttfft leht gntg.
Unb feinb ^ 9lom bie pfrunben fe^I.
6ie fpred^en au4 ber @eelen ^e^l,
bergebimg aUer miffet^at;
Unb »ad bie geiftltd^leit angat
ge^0t in folget (auffleut fc^|.
©0 ^aben fe^bt^ar mpftt Dil
®elartet gan^ bad »iberfpil,
un mad^en ne» ge{ö( on ^al,
bad (Et)QngeItum tuürt fd^mal."^)
571) „2)ie ißäpft iertnütfd^en, fc^med^en unb ertöbten bie
feelen ber äRenfd^en mit ber Irafft ired tonberfc^IagS, tobUen fte
fx6) nit ju 9tom abfotoieren laffen. Sleid^ atö 06 einer an bem ort
tx Iranctet, nit auc^ gel^e^Iet merben möge, unb an bem ort einer
fünbiget, bafelbft nit möge gnab unb barml^er^igleit ryon gott er^
toerben; unb fe^ tjon nöten l^in unb l^intoiber julauffen; ober oU
ob einem eine ®tabt unb nit fein e^gen gemiffen \oliä)^ bringe.''*)
992) „2)enn aud^ faft aQe, bie bon 9iom toieberlommenr
Bringen mit fic^ ein pöpftiid^ ®emiffen, bod ift einen epicurifd^en
Glauben. 3)enn ba§ ift gemig, bag ber $apft unb Sarbinäl, fampt
feiner SBubenfc^uIe, gar nid^td glauben, lad^enS baju, menn fie \>om
(Stauben l^ören fagen. Unb ic^ felbd ju 9iom l^öret auf ben ®affen
frei reben: 3ft eine $öUe, fo ftcl^et »om barauf." •)
378) Dreierlei S)inge — fagt ^utten — bringen bie jurüdt
Me gen '3iom jum $apft ge^en: „ein corrumpirted ®en>iffen, einen
böfen magen, unb leeren fcdeL" *)
374) „9hir bie ®utmüt^igleit ber ©laubigen — meint
9lanle — gewährte bem $apft bie großen Sinfünfte aud gubUden
unb Snbulgcnjen." *) — Sleinr ba lennt 9tanle feine SanbÄleute
^) ^utten, a. a. O. pag. 515.
') Vadiflcus, dialogUB HutteoL ^utten'd @(^riften, 8b. IV, p. 212.
") £ut]^er, fBiber bad 8at>fttum }u 9lom t)om Xeuffel geftifft. bitten«
Berg 1545. ©ftnuntlic^ @<^Tiften, (Srlangen 1830. 9b. 26. p. 126.
^) dkf^r&c^büc^Iein ^er Ulrid^d t)on ^utten. Stiften, 8b. IV. p. 169.
') 9lante, 2)ie rdmif<^n $k))fte in ben legten üier ^a^r^unoerten.
£ei)>aig 1874. 8b. I. p. 262.
9*
— 132 —
benn bod^ gu tpenig. (£^ toax nablet, e^rlid^r (SlauBe uitb @orge
für bad Senfeitd auf ber einen, rfictfi^Mofe 99erecl^nung auf ber
onbem ©rite. — Stmrcncc ©tcrnc befimrt in ctner feiner ^ßrebigtcn
bad ^apfttum a(d »a system to operate upon mens weaknesses
and passions, and tbereby to pick their pockets«: ein ®auner^
@^ftem, melc^ed unter fßvseiftumq ber 'SdftDaiiff^tm unb Steigungen
ber äRenfd^en i^nen bie Xofc^en plfisibert
375) 6)utmü^ig mar nur ha§, aitt iugletd^ ein 93emeüS fiir
bcn Smft ber äuffaffung, baß ei5 leine ißajion fo »eit unb fo Bunt
mit fid^ treiben Iie|, tt)ie bie teutfd^e; fo bo§ einft Äiejanber VI.,
dfc et Ißttt, fein @o^ gäfar ^obe ini »rettfpiel 100,000 ®oIb*
giulben t^erloren, o^feljudenb ermibem lonnte: „(SB finb nur bie
(Sünben tarr Z^utfc^!" ^)
9my „&' f^gt ber $a|)ft ^e in ber SSuITa SlementiS beiS
fteftenten, barin er au«fi^reibt allen S^riftgläubigen, beibe SKanncn
uni S8etbem, ifo% er jur erften Sefper am Sffienb beö ^eiligen
Sl^rifttdgi» möOe [vi) fügen in @t. ^eteriS SRünfter unb mit eigen
^dnben bie Pforten auft^un, fo man pflegt im ^aEja^r aufjut^un,
unb bie Porten ber onbem ^rc^en oud^ aufjut^n Derfd^affen:
9Bk l^aBen in Seutfc^Ianb aüe Porten längft auf getrau, aber bie
SBüBen bringen beö ®elbÄ nid^t einen fetter »ieber, barumb fte
unfi mit pallüfiy indulgentüe, dispensationibus betrogen, baß fie an§
3)eutfd^Ianb bur^ il^re teuflifd^e SBußen me^ benn gefto^Ien unb
gemuR Sofft (Sud) bie SBalen (SSälfd^en) aud^ ®e(b geben. 93er
eud^ lennt, ber tauft eud^ nid^t. ffiir bürfen beiner ©uHcn, ^opft,
nid^t; nur baß S9Iei unb ^ergamcn gefpart; eg trägt ^infort nid^t
itny Das Jttöd^fte mar nun, baß man bie gubelio^re in bie
ftemben Sänber felbft ^inauöge^en ließ. ®igentttd^ ein SBiberfpruc^;
^) »Dicentibuflque Caeearem Borgiam alea ludeatem centum aureo-
run^ millia* perdidiaee respondebat- ,Qennanonun taatum haec peccata
euntl'« — Mornay, Ph., Mysterium iniquitada seu Hietoria PafMitna.
Sabaurii 1612, iv 1326.
') fintier, ^ppft (Slemtn«" VII. ^i Butten. 1525. eämmüid^t
»erfc, erlongen 1830. S3b. 29.* p. 209.
— 133 —
benn ber urfprüngttc^e &thanlt toax, ben ©laubigen mtffen }U laffen,
bag ber näd^fte SBeg jum ^immel ba fei, tt)o ber $apft fei Oubi
papa ibi BomaO unb fonad^ ©ünbenDerg^ung in item ju ^olen
fei. S(6er bie ®oIblran!^eit unterbrüdte {eben, [ogar ben ^ierord^^^
(ikbanbn. Xxoi^ ber $unbert>Xaufenbe, bie {Rom Befuc^t l^atien,
tpugte man, ba^ nod^ me^r ju ^aufe geblieben toaven, bie niti^t
fommen tonnten, bie aber gern gelommen n^ren. Senen nH)&te
man oud^ bie ^^nbulgen^en julommen laffen, fie aud^ bon bem uner-
fd^öpflic^en (S^nabenfc^a^ ber ftird^e, ber ftd^ aud bem Serbtenft ber
SRaria, ber ^eiligen, unb ben (Gebeten ber äR&nd^ jufammenfe^,
mitgeniegen laffen. 3)abei mad^te bie ^rie eine jener finbltd^^
üaMüHiftn ©eifted^Dpera^tonen, bei bemm fie koeber bie alte, mert^
DoUe ^ofijion preisgab, unb bod^, burd^ eine Heine ®ebattIen4Ben^
bung, bie SSorteile einer neuen $ofi}ion gemann; Dperoiionen, bie
t^pifc^ fmb für baiS moUuffenartige SDenfen bed römifc^en ^riefterS:
fretlid^, fagte man, l>oQftfinbige ®ünben:s9S€rge6nng unb gänjltc^e
Grrettung ber ©eelen ber Serftorbenen au8 bem Segfeuer fann nur
in 5Rom, an ben Stltären @t. ^etri unb @t ?ßauli, geholt merben;
alfo für Sie, bie fid^ ba^in auf ben äSeg mac^. Vbtx eS lönnen
ja einzelne ©tfiubige ft(^ feft i^ome^men, bie Weife ju machen, fte
fogar antreten, unb abgegolten loetben; ber $a^ fd^entt i^nen bann
ben Steft ber Steife; eS genügt aud^ ber lebhafte SBunfd^, bie Steife
)u mad^en; ber $apft nimmt ben SSiKen für bie 2at; er fann boS;
er tut mel^r: er fd^idt feinen Segaten ^erauiS, unb ber abfototrt 3)td^,
genau (o, al^ menn Su in 9iom gemefen mfiveft. Stur eine filelniglelt ift )u
beachten: genau bie Soften, bie ®it mit ^Deiner Begleitung auf einer
Steife nac^Stomertoad^fenmären, mugtS)u bemSegaten für bie^pleniBsima
venia peccatorum', für bie lomplete ©ünbem^ergebunfl, eia^Onbism;
bamit aud^ äugerlid^, unb bem grogen Serbienfke ffil^ci|ki ^t^twüm,
•bnsc^ ein fxSf&axt» ®i|mbol bie Ste^e nat^ Mmn feftgel^Uim weAt.
— 5)fl« war bte rOiißt ©tnglon. llrfprftnglid§ üergdb nur QJ^tffhA
'We ©ünben; fpftter ,entfunb{gte* ber ^JJapft bie a»enfd§^cit; je^'t
taten ed feine Segaten in jebem einjelRen £anb.; unb, beim $immcll
.tote taten fie -ed! 3» Xtfutf^nb ift ber 91ame Xe^ct ^n .jcktf
S^uIIinb mit ber Smpfinbung ber SSerad^tmtg nennt, ¥x trt^ "9^
— 134 —
fxäft ber audbruct ber fd^önbUd^ften ^eifteiSoperajion, bie ie in
teutfd^m ^erjen üoQjogen morben ift.
378) Unb |o Dertünbigte SlemenS VI. in feiner SBuKe Dom
Sal^r 1342: «3ebcr, ber bie äbftd^t ^at, Unfere ©tQbt aö ^ßUger
)u befud^en, fonn an bem Sage, an bem er bie Steife antreten kDiK,
ftd^ an irgenb einem Drt einen %eid^tt)ater n^ä^Ien, bem äSir boQe
SSoQmad^t erteilen, aQe @änben, aud^ bie ber üon Und k)orbe^aItenen
Säue, ju hergeben; genau, atö menn Unfere $erfon felbft ann^efenb
ID&re. Sbenfo gen^fil^ren mir, bag jener, ber gebeid^tet l^at unb auf
ber Steife fturbe, Don aQen @ünben gfinjUd^ befreit fein foQ. Unb
toeiterl^in Bef elften mir ben (Engeln im ^arabied, eine fold^e au§
bem Segfeuer gfinjUd^ erlöfte @eele, in bie S^^uben bed $arabiefe§
einjufü^rcn."^)
279) „^a fc^icft ber ba^ft ui ftn (egalen
9Rit Dil gemalte, loenig bucaten,
(£r gibt in aber fonft bar neben
2)te oblagbrief, bar t)on ju leben,
3)0 mit bad wad in b'liften gfelt,
3m unt)erle(t merb ^u gefteUt,
Unb und bie fifigel mit geferben
^eft ba( ba burd^ befc^roten merben.
%Ban nu bie botfc^aft ug gefant
Stompt irgent in ein ftat im lant,
8o mug man ir entgegen gon
SRit l^errlid^er projeffton,
@ie filren in mit großem brangen,
SRit freuten, fanen unb !er)ftangen,
Vtit großem gfang unb au^ gefil^rei
M »Quiconque peregrinandi causa ad haue dvitatem aooedere
proposnerity illa die, qua de hospitio suo viam arripere voluerit, eligere
powit oonfefleorem §eu oonfessores et in via et in locis quibuBConque.
QidbuB quidon ConfesBoribus authoritate noetra oonoedimus plenam
potoetatem abeolvendi omnee casus Papales ac si persona nostra ibi
esset. Idem oonoedimus, si vere confessus in yia moriatur, quod ab
Omnibus peocatis suis sit immunis penitus et absolutus. Et nihilominus
pionus mandamus Angelis Paradisi, quatenus owiiwai« a Purgatorio
penitus absolntam in Pandisi gloriam introducant« — Momaj, Mjste-
jium Jniquitatis. p. 1036.
— 135 —
$on ))faffen, ntünc^en mand^erlei.
9(19 ban |o toürt ein freit^ uf gftedt,
tDa mit bei menfc^en ^er^ bemegt,
Unb tDÜTt ber obla^ mie ber mein
U6 gnift mit großem gletg unb f(i^ein.
^a mit tompti gelt ban aud^ t)oit ben,
3)ie t)or gen 9lom nit motzten gen." ')
280) S)er pöpftlid^e ©efretfir am $ofe in S(t)ignon unb
fpätcrc Slfd^of öon SScrben (in ^annobcr) S)ictri(l^ öon 9liem
(t 1417) bcfc^rciBt bie SBirfung ber 3ubels^3al^r:=9[u8f(]^reibunflen
in unb Qu|er]^a(6 9tom9 jur Qüi SBonifa) IX. folgenbermagen:
„Unj&^Iige grembe jener Sänber unb ^rok^injen, bie bem ^&pfU
Heiden ©tul^I in ©el^orfam ergeben toaren, lamen naä) 9iom, unb
Brad^ten für ^rd^en unb SBafUilen reid^Iid^e Dpfer bar, bie jum
größten X^eil in bie ^finbe SBonifaj' unb weniger 9(nberer ge^
langten. Sonifa) felbft war aber mit biefen Sinnal^men nod^ nid^t
jufrieben, unb, in ber Stbfid^t, felbe ix§ aufS ^ujserfte ^u fteigem,
— bcnn er »ar ein unerfätüid^er ©c^Iunb unb im ®eij öon SHe*
monb überboten (erat enim InsatiabiliB vorago, et in avaritia nullus
ei sunilie) — [ante er Sintreiber (Quaestuarios) in bie k^erfd^iebenen
Sfinber, um jene ©finben^SSergeBungen ju berlaufen, moBei fid^
ber $reid nad^ ber @umme rid^tete, bie bie Setreffenben
Bei einer Steife in fotd^er aBfic^t nad§ fftom Rotten au8«
legen mfiffen. Sluf biefe SBeife erpreßten bie fo prtk)Uegirten
p&pftlid^en SintreiBer mit feiner Sered^nung ani^ t)on ben einfad^en
unb ben nieberen Slaffen angel^örigen Seuten (barbaiiB) enorme
©ummen. ®o würben Don i^nen auf einer einjigen Zour unb aui$
einer einaigen ^rokrin} burd§ biefe ©änben^^Serfäufe über 100,000 ®oUm
gulben eingebrad^t; ba fte aUe ©finben, auc^ ol^ne Suge (etiam
sme poenitentia) ben Seid^tenben nad^Iiegen, unb gegen Erlegung
ber Betreffenben Summe bon Sllem unb ^Atm freifprad^en; moBei
fte fagten: ©ie l^ätten r>oüt bemalt in bem, worin S^riftud bem
^) TriumphuB VeritatiB, @if ber fBol^it, mit bem Sc^koert be«
Qkiftd bur4 bie SBittenbergif^e S^ai^tigol erobert. Son einem 9Klniberger,
CO. 1625. 6ie^e O^tar 64abe, Satiren unb tpuftquille au« ber 9lef ormotioniK*
^. ^nnooer 1863. 8b. n. pi 225.
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l^ciliöcn ^ctruS auf ©rbcn ju löfcn unb jit bthbcn ®etoaIt über*
geben, ©ie, bic ©tntrciber aber, lehrten überfett unb bidt geiDorben,
unb beloben mit (Sc^ä^en, im ©efolge öon fd^önen ^f erben unb
einer jal^Ireid^en Samilie naä) 9tom jurücf, um bem l^eiligen Sßater
t>on i^rer fiotteftc »erid^t ju erftotten." »)
281) „Umbg gelt Meß erlauben baS göttUd^ unb menfd^Iicl^
gefe^ Verbieten, bad nennt man facultated. STber biekoe^I fie be^
bandet, bog nit genug leüt gen {Rom lommen, folid^ mar }ulauffen,
l^oben fie angefangen legoten ^eroug )u fd^icfen. 9ber bog man
einem erlaubt, bie foften über fleifd^, buter, e^er ^u effen, ift nic^ted
}u ad^ten. @onbem ob einer einen e^b getl^an, ber il^m nit bel^äg-
lic^ JU polten, mag er umb bie legoten erlouffen. Ober ob einer
einen menfd^en getobt l^ette, ober feinen üoter entleibt, ober ftd^ mit
feiner fd^mefter t>ermifc^et, ober — bod am ^öd^ften gefc^fi^t (beja^tt)
kDürb — oi einer im bann xo&x, lonn oUeiS bun^ bie focultated
unget^on gemod^t n)erben. Unb bringen und nit allein bie legaten
focuttateiS ^er, fonbem man läft oud^ e^Iid^en ben üorlo uff barinnen,
^ann bie bettelmünid^ treiben ^5den:sn7erd (^ouftr^^anbel) bomtt
:föauffen'ö ju 9lom, uff bog fie bie toiber l^ie ougen mögen
tjerlouffen."*)
282) „^oft ober ®u ^e gemeint bog man fic^ ju 9tom audi
ber fc^anben fd^äme?"*)
288) „5)u mugt ober burd^ boS SBort, römif^e ftirc^e, bci^
Icibe nid^t öerftel^en bie redete C^rifÜi^e ^r^e, bic t>or bem ^apft-
tum gemeft ift, fonbem päpftifd^, fpi^bübifd^ unb teuflifd^ mugt Du
«8 berfte^en, bog ber ^apft ber l^elUgen, d^rifttid^en ^rd^cn 9lamen
braucht auf bog fd^änblid^ft unb täd^erli^ft, unb meinet bamit feine
©ubenfd^ule, ^uren^ unb ^ermopl^robitenfirc^e." *)
^) Theodorus a Nyem, Historiarum sui temporis. Bmü. 1566.
Hb. L c. 68.
*) Vadiscus, dialogus Hutteni, ^utten'd Schriften, herausgegeben uon
»öcting. 2t\pm 1863. »b. IV. p. 228. 235.
«) Q^t]px&^bik^kin f^x Ulrid^d Don ^utten. Triften, f&b. IV. p. 1:05.
*) £ut^r, iSiber boA. S^ftum |U m^m oom Xc&tffel geffttfft. ffiitten:^
berg 1545. SämmtUeöe (Schriften, ©rlattgen 1830. «b. 26. p. 143.
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984) 3^, mein lieber »ruber in El^rifto, ^olt mir'« ja ju
gut, too id) ffit ober anberdtDo fo grob rebe Don bem leibigen, ber^^
flud^tcn, ungeheuren ÜRonftro gu SRom. SBer meine Oebanfen toet^,
ber mug fagen, bag i^ il^m biet Diel ju toenig t^ue.'' ^)
885) Sr tl^at il^m toirflic^ nid^t ju biel. Unb er \pxad) aÜ
Seutfc^er für bie 2:eutf^en. Unb ed gieng in 2:eutf(l^tanb toäifiAiä)
om gräglid^ften ju. SKan mu| überlegen, tt)ad eS ^eigt, menn ein
au««nbif(^cr ©d^riftfteCer, mie ®uicciarbini (f 1540), ber eine
@ef(^ic^te StalienS fc^rieb, fobatb er auf ben ^lag }u fprec^en
lommt, bobei oudbrücflic^ Don %ent^ä)lanh l^anbelt; menn er er^
Ifijfyüf n)ie Seo X. baS ^td)t ber ®ünbenDergebung unb ber (£r^
löfung au« bem S^gfeuer für bie $roDinj 2:eutf(^Ianb an (Smiffftre
Dertaufte, unb tDie biefe ßniifc^enl^änbler bie teutfc^en ©ünben enorm
Dert^euerten, ba fie auger bem bem $apft bejal^Iten (Sin{auf«prei«
einen möglid^ft ^o^en eigenen Profit l^erouSjufd^Iagen fud^ten (>ubi
ejus ministii exiguo lucello merces suas addicebant«); loie fie bi«
in bie ©arfüc^en Dorbrangen unb bort beim SBürfetfpiel entfd^icben,
ob bie @ünben eine« 3^^^ f^^ Dergeben, ober bafür bc;jal^lt toerben
muffe (inque popinis ipsis facultatem liberandi animas ex Pur-
gatorio aleae exponebant«); unb toit fd^Iieglic^ Seo X. ben meitau«
größten Seil biefer au« Seutfd^Ianb gezogenen ®elber feiner geijigen
©d^mefter aRagbalena at« ®ef(^enl übermie«." ^
S86) 9Ran menbe ftd^ Don biefer SBirt«^au«fjene, too teutfd^e
®ünben im äSürfelfpiel au«gepafc^t merben, hinüber auf bie btut::
triefenbc ©tätte Don Oolgat^a, too ein SRenfc^ für 3bcen, bie mir,
bie jeber Ätl^eift al« bie ^öd^ften unb ebelften anerfennen mug, eine
ber graufamften lobeSarten erlitt — bcnn E^riftu« ift j[o bod^ fein
,2RÄrd^en*, »ie Seo X. glaubte — unb ertDöge bann ben SBeg Don
jenem fürchterlichen $inric^tung«£9ft, auf ben ftc^ eine ganje SleUgion
grünbete, bi« ju j|ener teutfc^en Zrinlftube, unb frage fic^: SSer ^at
eine urfprünglid^ lautere, bie ®emüter einer falben SBelt fid^ unter^^
tpcrfenbe 3bee fo Dcr^unjt, fo malträtirt? —
887) 9lom! — Unb Jeutf erlaub ift ber (gnbpunft biefer uner*
*) ßut^er, a. a. O. p. 179.
*) «uiceiarbini, Sfcanc, ffist. Ital. BmiL 1566. L XHI. p. 395.
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l^örten (S^emeinl^eit! — SBtr ffattn ^ier bad gefammte Programm
unfered Sud^ei^: 2:eutf(j§lanb tft mit fc^ulb an btefer furc^terlid^en
3)egeneroiion ber d^nftl^en Se^re; mitfommt feiner ®emätdfafdei
nnb tiefen ^nbrunft für aU^ Überirbifd^e. ^ätte Xeutfd^Ianb ftd^
tapferer gemeiert, unb bie ©ünben^^anbhingSreifenben t>on 9{om
hinausgeworfen, bie ^äpfte tDören nid^t fo tief gefunlen. 2)enn bie
Italiener, bie SSöIfd^en, (eft^en nid^t ben nötl^tgen gonb, um einen
SegenerajionS^^rojeg in irgenb einer @ad^e, }u irgenb einer ßeit,
in irgenb einer Srage, berül^re fte irbifc^e ober geiftige S^tereffen,
jum @tiQftanb ju bringen. SRorat ift nic^t bie @ad^e ber SSälfd^en.
Unb SRoral mar nie bie @a(^e ber ^öpfte. 06 fie fid^ für ,®5^ne
(S^otted' ober ,@tatt^alter S^rifti' Italien, ift {a ^ier ganj gleid^giltig.
Sie ^ftpfte waren bie benfbar unglüdlic^ften äSermalter einer äteli;:
gion, bie baS gefammte Sbenblanb ergriffen ^atte. S^ul, fiintenb,
wibermfirtig i\B jum 9(u8fpeien mürbe in i^ren ^finben bie einft fo
Irfiftige grud^t beS e^riftentumd, bie Se^re mitleibiger @eI6ftent^
äu|crung. —
288) ff^^ boTt auf C^ben je^t an meiner ®tatt
^en $la| ft(^ angemaßt, regieret, ^at
9[u8 meinem ®rab gemacht 'ne 3)üngergruBe
SSoK Unflat unb üoll ®(^mu$, — ber fiotterbube
9(n metner ©teile (H^riftuS fein? — jum Sachen,
3um Sachen ift'« unb ^öQe luftig matten !^)
289) 3Bie furd^terlic^ Zeutf erlaub geblutet ^aBen mug, »eigt
unlS ein lateinifd^ei^ ®ebid^t he& jtonrab SelteS au8 bem 15. Sa^r:'
^unbert: »In Bomam« fiberfc^rieben: ,,SBie l^aft Su D\6) berftnbert,
Vtom, unb mie gemein erfc^eint imS §eute 2)ein ®efi(^t! Sl^emalS
^anbelteft Su mit alten Körpern unb ^eiligentnoc^en, l^eute ^anbelfi
Du mit Seelen. Unfer gefammteg leutfd^Ianb ift in golge biefer
^) »Quegli che luurpa in terra il looo mio,
n looo mio, il loco mio, che vaca
Nella preeenza del Figliuol di Dio,
Fatto ha del dmiterio mio doaca
Del sangue e della puzza, onde il perverao,
Che cadde di quassu, laggin bI placa.«
Dante, ParadiBO XXVn. 22—27.
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^anbelfd^aft Dom ©üben Big jum entfemteften 9loTben, oon einer
®ren)e jur anbem, audgefauQt unb auBgepIünbert, WV unfer ®ut
in Sure ©pinben unb Säften getoanbert, bamit 2)u, gottlofeS Stont,
Seinen ßfiften ©enüge tun fönneft. Unb bie ®elber, bic »ir ®u(^
fd^idten juui SlufBringen ber ©cerc, bie unfere ®renjen gegen bic
Reiben imb 2:är!en fc^ü^en foDten, bie fjait 3^r in 9tom bor ben
«Itären beö f6a(S)uB unb ber SScnuS öergeubet!"*)
290) 3Ran toirb mir ^ier entgegnen: 2)er 3(6Iag ift {a bor:«
bei S)ic fc^mu^igfte txa ift übertounbcn! — ®er Sfbla^ ift nid^t
Dorbei. @r btül^t in Xeutf erlaub unb Italien, toenn aud^ nid^t in
biefer S^rm, auf's Üppigfte. SDtiQionen merben iä^rtic^ in Seuifd^^^
lanb für bad Sriöfen ber Seelen aud bem ^tQftntx aui^gegeben.
^d) toVH ben ®eiftlid^en nid^t i^r @in!ommen befd^neiben. ^ä) fenne
mand^en fd^marjgerodKen armen Seufel auf bem Sanbe, ber auf biefeiS
3egfeuer5®elb angeioiefen ift. — ^d) foge nur: 2a^t ®ud^ nid^t
toeiter befd^mu^en öon ber italienifd^cn 9leligion; — benn c^riftlic^c
aieligiott ^abt 3^r nid^t me^r. — Sagt ®ud§ nid^t weiter bermidefai
in i^re Unterrodl^Z)ogmen unb ^eilige ®ebär^aud«(£;er}iiien. ^ahi
nichts }u t^un mit ben Snoeiterungen }ur ,d^riftlid^en' 9teIigion, bie
nur bie Sr^ö^ung ber $erfon bed ^apftei^ im 3(uge ^aben. SRerlt
3^r benn nid^t, ba| man ben $apft }um ,®otf mad^en miß?
3n granlreic^ toirb er fd^on ,®o^n @ottei^' genannt. ffioQt gl^r
i^n benn anbeten? (3^r ^abt t& fd^on getan!) 9Sad ge^t @ud^ ein
Italiener an? Der ?ßa|)ft ift bod^ ein Staliener. ©eib leutfd^
^) In Bomam.
>0 qualis fades et quae mutatio Bomae:
Vendidit haec qnondam corpora, nunc animaa.
Quioquid in eztremis habuit Gennania teiris,
Et medÜB quioquid continent Üla plagis,
Exhanstum eet, totnm et Latiaa migravit in arces,
Epleat ut luxoB impia Borna tuos.
Dum qui militibuB deberent cedere nummi,
Et noatro tutaa reddere in orbe domoa,
Ho0 modo BomanuB miles nbi tollit in uaw,
Ut Venen et Baocho nocte dieqae vacet.«
Pasqoillonmi tomi duo. Eleatheropoli (BaaiL) 1544. p. 77.
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3^r l^abt bo(^ teutfd^e ©pra^e, teutfd^e ^unft, teutfd^e Siteratur,
teutfd^e Surften, teutfd^e ^erjen; kparunt iDoUt ^1)x italienifc^e Steli-
gton? SBottt 3§r tcutfc^cß ffi^riftcntum, — \>a& ^abt 3^r ja twn
Suren teutfd^en 93if(i^ofen. Sagt ^ffx ben italtenifd^en ®ott ben
Italienern. Unb glaubt ^l^r an ben teutfc^en ®ott!
8»1) 9lu(]^ irrt 3^r, wenn 3^r meint, bte römif^e Strebe
^abe ein Sitelc^en il^rer 51bla§s®nrid^tungen ouf gegeben. 3^^
^unbert Saläre nac^ Cutter ^ot ^iuß VI. in ber ßonftitujion
Auctorem fidei „ha^ (Bi)mät)tn gegen bie in ber Kirche gebraut^-
liefen SlblafesSSerjeic^nijfe ftrenge gerügt unb folc^eö für öermeffen,
anftögig (!), örgerlic^ unb f^impflid^ für ben l^eitigen
@tu]^I unb für bie in ber ganjen Sixi)t beftel^enbe $ra^d er^
Härt."^)
292} Unb ber jn)eima(ige @turm beS aufgeltörten fatoIif(^en
Seutfci^lonbS gegen bie Trierer StodsSSBallfa^rt im 19. Sa^r^nbert
ift cbenfo öergebliti^ öerraufd^t wie ber 3oni ber Steformatoren
gegen biefeS fünbenöergcbenbe fileibungSftüd im 16. Sa^r^unbert;
bie äRa^nung bed fatolijc^en ^riefteriS Sionge, ftci^ an ben ®eift
El^rifti, nid^t an beffen Jftocf, ju l^alten*), im Sal^r 1844 ebenfo
öergeblic^ getoefen, »ie Sutl^er^S rücfftc^tSlofe gilipptla au§ bem
Sal^r 1531: ,,^ilf ®ott, mie l^at e§ l^ie gefc^neiet unb geregnet,
\a eitel SBoßenbrud^ gefaßen, mit Sügen unb Sefd^eifeerei? SSJie
^ot ber leufel l^ie tobte ftnod^cn, fileiber unb ®erät^e aufgemu^L
•SBie fidler l^at man aHen Sügeranäulem geglaubt? SBie ift mon gc^
lauffen ju ben SBaOfa^rten; roddfi oUed ber ^apft, 99if(^offe, Pfaffen,
äRünd^e l^aben beftätigt, unb bie 2aiU laffen irren, unb bad ®elb
unb ®ut genommen. SBad t^at allein bie neue IBefc^eigeret ju
Xrier, mit (S^riftud 9to(t? »a9 ^t ^e ber Zeofel großen Sa^r^
marft gehalten in atter SBdt, unb fo mtjä^Iige fatfd^e SBunberjeic^en
öerfauft? tSd^ mag iffg, bag 3cmanb l^ieöon rebcn mag? SBenn
') ®(^mib, Sfr. «. S. J. a)te (S^reimoi^iigc ai^afiä. 2. 9(uflage.
SUcgenSburg 1856. p. 495.
*) So^anne« Stonge'« Srtef in ben „$ät4ftfi|cn ^atirtanbd^SSl&ttem"
9h, 164 j»pm 1. Ottoler 1844. Sie^e ^rUfftod^mfmm. ^W^ ^^45.
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aEt9 SauB unb &xa§ Qm%tn mären, fte lönnten allein bte^ ^ubai^
UMI) 9laäf bem ^eute unter ben teutfd^en ßatoliten bcrfireU
tä^tn aUa^Ser)et(^mg lönnen t)on iebem Satolilen, 6ei ein Sidd^en
3RattIfertigIeU, »ä^renb fefaieiS SebenS ermorben merben {ufammen«
gi%ä|lt ca. 1400 ^a^re ®unbenftrafen«9lad^(ag, au^erbem nod^ ca.
90,000 einzelne 2:age, unb au^erbem an bie gmei^unbert „t}o1U
fommene'' SEUöffe fei eS „an einem beftimmten Xag", fei e8 „in
bcr tobeÄftunbe", fei e8 „für immer" t^Ifo im SorauÄ).«)
9M)' S)ie ftirii^e giebt überhaupt nid^S onf. SSie nodf in
iungfter 3^^ i^^i latottfc^e 2:]^eoIogen ^erüorge^oben ^aben, bie eiB
miffen mußten (9tenan in feinen S(uf)ei(^nungen au8 bem $riefter«
feminar unb 2) ö Hing er in feinem iängft t^eröffenttid^ten Srief an
Pfarrer SBefterma^er in äRünc^en), ^at bie ^rd^e immer il^r gan^eiS
@l)ftem im 9(uge, unb Oertl^eibigt immer i^ren ganjen ^obe; unb
i^re gan^ &t\i)ii)tt. Unb 2)u lannft Xir nic^t bad Sine au^
toäffLtti unb boi^ Rubere guräctoeifen. ^a nun bie römifd^^italienifc^e
JHrd^e aae i^re X^ten t)on ©Qloefter bid Seo XTTT,, bie®(j^lfid^«
tereien ber SBalbenfer nrie bie 9{teber^3Re^eIung ber teutfd^en üer^
e^Uc^teit ®eiftli<^ im 11. Sai^rl^unbert, bie 2)emüt^igungen teutf^er
^ifer mie bie Se^ren ber ^efuiten, ben Slblag, noie bie ^nquift^ion
') fiutl^er, Tarnung an feine lieben Ileutft^en. 1531. 6ämmtli(^e
Schriften, erlangen 1830. «b. 25. p. 45—46. — 3n feinem „Äorft^
fyM%'' ia(t ^utten folgenben Dialog lüften: „^arft^and: ^tlf @^ot üon
^^mel, »ad l^ör i(^, tuürt auc^ bie ^eiligteit ber l^eiligen umbS gelt ertaufft?
%m fte^ id^ ba0 ed bod^ gar büberei) mit ben geiftlit^en tft. — Sfranj:
93t€ bann unfered ^ergotd rocf ^u Xrier? — Jlarft^and: 3ft ed »arlic^
6:^rtftuS cfeib getoegt? — grranj: 2)a tpü it^ nit üon urteilen, bad »ei^
\^ aber mol, bag ber Sßap\i beftätigt §at, er fe^ e«, ^at aber etltt^ taufent
3)ueotcn für fein gutten oiQen genommen, unb ein te^l üon bem gtit, bad ju
btr OHilfa^ fällt, mnl man im au(^ järlit^ überliefern. 3)ai» fein bie Xriertf<i^en
|)faff«n tt)ol ^ friben, bann fte ^aben bannod^t grogen geminn barDon." —
Butten, ®ef))re(ibü(^iin, 92eü» tarft^and. 1523. Schriften. fiei|)aig 1860-
»b. IV. p. 671. —
«) SWaurel, «. P. (^riefter ber (SJefeßft^aft Sefu). 35ie «bläffe, i^r
Sefen unb i^r ®ebrau4. 92a(^ ber 13. fran^ftfcfeen 9(uflage ))on einem
SRitgliebe berfelben Q)efe[lf(^aft überfet^t. 8. beutft^e Auflage. 9»it Qte«
ne^migung ber geiftli(^en Obrigleit. ^oberbom 1884.
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unter i^ren @(^u^ nimmt, unb att ein einjigeS gStttid^^infpiritteiS
^eignig feiert, fo foU fte ouc^ — toxt Sutl^er gdegentlid^ Bemerft
— ben ganjen &&hd i^rer Safter unb Sergel^en it&ergeft&()>t be«
lommen, bamit fte Bebedt mit bem @d^mu^ t)on So^rtaufenben att
bad t)ox ber SBelt erft^eint, mad fte mirUid^ ift, unb bie Xeutfd^
ftcJ^ entf (Reiben tonnen, oB fte hinter biefem S^redmagen nod^ Idnger
breinmarfd^eren tt)oIlen.
, »95) Sud^ ^aBt 3^r noc^ nic^t «leg \}om «Blag gehört:
Jßac^bem man unBefd^rftnlte ©unben^äSergeBung ju Vtom toit ju
^oufe, mit ober o^nc Wcue, für ftd^ »ie für Änbcre, für lote mie
für SeBenbe gegen ®elb erhalten lonnte, BtteB für bie Sequemlic^feit
ber äRenfc^en noie für bie ftaffe bed ^apftei^ nod^ immer etmad ju
t^un üBrig: — fein Icutft^cr xo&x barauf gelommen — bie ftird^e
t)ergaB bie @ünben im 93orau8. Unb mie l^eute bie englifd^en
9teifenben mit ben Kupons ber girma Sool in ber Xafc^e für nod^
nid^t gegeffene Seaffteafö, nod^ nic^t befc^Iafene Seiten, nod) nid^t
gefe^ene ©e^endn^ürbigleiten i^re Steife antreten, aBer aUe biefe
Kupons fc^on Beja^It l^aBen, fo fonnte man Don 9{om aud mit einem
Beftimmten im Flamen ^^efu ausgefertigten Pergament in ber 2:afd^e
für DergeBene Sünben nad^ ^aufe jurücße^ren, unb brandete bie
@ünben ie^t nur noc^ )u Begeben; xoit jene @nglfinber bie beaf-
Steaks nur nod^ }u effen Brauchten.
296) 3(m ^od^altar ber ©eBaftianSfird^e in 9tom fonnte
man gegen Sega^Iung ad^t @eelen auf einmal aud bem Segfeuer
Befreien unb erhielt felBft 2800 ^a^xt «Blaß ^inju.^) — ©old^e
SQtÄre, bcrcn eg mel^rcrc unb mit öcrfc^iebcner SBirffamIcit gab,
l^attcn bie ÜBcrfd^rift: „SBcnn 3emanb an biefem ?tltar eine SÄeffc
lefen lögt (bafür jaulte man fe nac^ ber SBirffamfeit bei^ «ItarS
eine Derfd^iebene Xa^e), fo erlangt er ttoQfommene SSergeBung fetner
©ünben. SSenn aber bie äReffe für bie ©eele eined «BgeftorBenen
gelefen ipirb, fo fteigt biefelBe fogleid^ toöl^renb ber ^anblung unb
geier ber SKeffc au8 bem fjegfeuer in ben ^immel auf, unb tt)irb
Bewahrt BleiBcn. SHc^t« ift gemiffcr!''*)
') ®ofer, $§. ^ad HrcJ^IicJ^e ^inanjmefen bcr$a))fte. 92örblingen 1878.
pi«. 115.
•) »ofer, a. o. 0. p. 115—116.
— 143 —
SB97) Dreigig Xaufenb So^re ©ünbenbergeBung Derfprac^ mit
tlgenem SRunbe Sle^anber VL Men, bie in 9iom bor einem be»
ftimmten 9ilb ber ^eiligen 9tnna ein beftimmted Ileined ®ebet
fprfid^en, totlä)t& mit ben SBorten begann: »benedicta ait sancta
Anna mater tua, ex qua sine peocatx) et macula procesaistLc^)
298) 3)ie ^rd^en StomS befagen an unb für ftd^ bad Sted^t
ber boODtommenen ©unbenbergebung. SBoUte eine aui^t&nbifc^e ftird^e
biefe f$ä^igfeit ermerben, fo mugte fie Bejahten, mie ). 9. bie 2)eutfd^:s
JDrbenl^^rd^e taufenb ®otbguIben. Diefe lonnte bamt lieber i^re
Xa^en bon ben Gläubigen erl^eben. — 2)a8 mar eS freilid^ nid^t
mie in 9tom.
299) Sblag für ein ^a^r loftete in Stom 16 gros« (nac^
l^eutigem ®elb unb heutigem Sßert ca. 280 3Jlaxt), für jmei ^affxt
20 groBsi, für brei ^af)xt 24 grossi, für bier Raffte 30 grossi,
für fünf 3a^rc 40 grossi, für fieben ^affxt 50 grossi u. f. m.
Der benfbar grögte 9[blag mar ber auf Sebendjeü^
800) „^\t tuirt be^n götU^ leer ermorbt,
^ie t^ut man gtoalt ber ))tebtg be^n,
^te gibt man alled lafterd fc^e^n,
^ie lert man rauben fe^ le^n fünbt,
^ie lobt man böfe Itft unb fünnbt,
^te kpürt be^u (Süangetium oorac^t,
^ie übt ber fdap\t ttjn mmorf(!^am))ten brail^t,
^te man befüm))t aQ bing umbd gelt.
Unb ift bebort bie gan|e toeltt.
$ie gibt man ablag unb genab,
^od^ fernem ber nitt ))fenning ^at,
^ie tDtrt gelogen, ^ie gebid^t,
(S^nn fünbt t^orgeben ee f^ gefil^i(!^t.
2)arum ber fc^annbt tregt m^emanbt fd^am.
^) MoTüAjf Fb., Mysterium iniquitatis seu Historia Papatus. [sec.
edit. Salmurii 1612. p. 1329.
'j ^o!er, a. a. O. p. 110. — Gin 9JlÖn(^ ^atj fil^rieb 1510 ein
^nbad^tdbu(^ ,,^ie ^immetögrube", mortn er audfül^rlicj^ bie grrage beant^
»ortet: ^Sarum bürfen bie ^üp^tt 9(bl&|fe auf !ünftige Seiten für noc^ nic^t
begangene @ünben ert^eilen?'' — Palz, Supplementum Cell fodinae.
8. L 1510. c. m aq. —
— 144 —
^tt loirt.uerf^tDotn be^n ^ei^Iger nam,
Unb bo(^ gcl^alten nitt e^n mortt,
2)a« TC<!^t gebrauci^t an Ici^nem ort^,
|rte toirt bertaufft ber ^^mel bet|n,
dkUTtc^It 5U ber ^efle pei^n
din ^ebcr ber ^^toi^bec fagt,
^ier tft tocr war^c^t pflegt t)OTJ[agt,
^ie »irb teutfd^e 92atü>n beraubt,
Umbd gelbt bil bäfer b^nng erlaubt,
$ie bbennctt man nit ber feien l^e^I,
^\t bifhi ^ergot felber fe^I,
Unb ifi e^ fieo »orben ^irt,
^er felb be^n fc^äffte^n fc^abt unb f<!^irt
Unb würgt f^ nad^ bem widen fe^n,
d^tbt ablag aug, n^m;)! ))fenntng e^n,
Vt\t ferner gefeafc^afft, bie er $at,
Syte geben bigen btnngen rat,
IBil fc^re^ber, unb co))iften t)il
Die machen waft e^n ^eber tmQ,
Unb fd^re))bentS bann ber firmen ju,
91tö ^etteft bad Donoiaigt bu,
Unb fei) gu fRom bie ürd^ allein,
^It^ &ott nun ma<i^ bi^ »^bcr geme^.
@i^ »ie man be^nen f (Raffer ^) tregt
Vlii fe^ben, purt)ur au^elegt
mz er fo tDei))>a(^ ift gegiert,
%Bie man Qm fc^me^t^elt imb l^oftert
@ie^ wie er woUuft treibt unb pra(^t,
S)abur(l^ bu werben magft oerac^t
fbtx^m ^e^ben unb ind fürten lannbt —
®ot Wirt eö aber re<!^en balbt,
SSonoar bu mir bad glauben falt,
S)ann er ben grec^ten nie Dorlieg,
Da lag bi(^ auff, e« ift gewig.
34 ^ab'S gewagt.
Ulrich öon ^utten."^
801) „D 9iom 2)u bift bal3 gemein fc^ato^au^ ber ganf^en
') 6(^öfer, ber $a))ft.
*) ^utten, (Si^n illag fiber ben Qranbt ber fiuterif(^en SBfic^er |U
Wttnj^ (9J{atn^). Uln(^'d ))on ^utten @(^riften. herausgegeben ))on S^öding.
fiet»)jig 1362. S3b. HI. p. 456.
— 145 —
(S^riftenl^eit, barinnen xoa^ gefe^en muri, metjnet man fe^ red^ imb
bidig. Xu 6ift bie me^t nichtig f codier ber \\>At, barein man fürt
unb jufamen tregt roa^ man t>on ^ebermann geraupt unb genommen
^at, barinen mitten ft^t ber unerföttüd^ ge^^morm, ber DU berfd^Iinbt
unb ftetS einen großen ^auffen gutter fntd^t t^er^eret. Umgeben t)on
feinen mitfreffem, bie und erftlid^ unfer blut auggefogen, bamac^
bom fleifd^ gefreffen, big fte uni^ je^o an baB mard !ommen, jer«
brechen und bie innertic^ften be^n, unb toa^ nod^ übrig ift, tüoUen
fte aud^ öerjeren. Suchen l^ie Jeütfc^en nitt »äffen ^erfur? Oe^cn
fte bie nit mit e^fen unb flammen an?"^)
802) @3 mar nad^ STIIe bem, nad^ aQ ben rieftgen Xxart&t
aljionen in @ünben unb ®eIb«Sin^eimfungen, nid^t gu t)em)tinbem,
menn eineö Sagl^ einer biefer ßcgaten ben fi'opf t)erIor unb in einem
ptö^Ii^en ataptud baS ^apfttum gum SSerfauf auiSbot: „Xurc§
benfelbigen Slblag ^at ber Sarfufeer 2Rönc^ Don SRe^Ianbt, ©omf on
genannt, fo t)iet taufenb ®utben in aQerle^ Sanben gefammelt, \>a%
[id) bie SSelt barüber Dermunberi. Xann t^ trug über jmolffmal
^unbert taufenb Sucaten; bag er auff einen Sag ba^ Sapfttumm
ju fauffen aufebotte." *) — 3)er SKönc^ ^attc nid^t fo arg fe^Iges^
griffen, als man auf ben erften SRoment glauben foHte. @r ^attt
nur auf ber unrechten Seite angefangen: @r fonnte bad ^apfttum
nic^t t)erlaufen. ^er gefauft fonnte baS ^pfttum merben; unb
ift miebcrtiolt, fogar gegen bar, tüie ber %aü 8tlejanber8 VI. unb
anberer $ftpfte bemeift, gelauft morben; unb gefc^e^t i\& }um
l^cutigcn lag in irgenb einer ^aufform. — SCber bai? mar nid^t
ber ©ebanfengang bed 3Rönd^§. 2)er 3R5nd^ Uitt nod^ in iener
3eit, in ber bie ©ünbenöergebung, nid^t mie l^eutc mie ein $funb
äBad^S ober äBac^oIber, metd^ed ber Satotif lauft, angefel^en mirb,
fonbem mie eine trangfjenbentale Seiftimg, bie me^r ober meniger
ben ^immel paffiren muffe. 5Rad^bem nun biefer brabe SÄönd^, ber
täglid^, autorifirt t)on feinem ^erm, laufcnbc fold^er ^immelS*
Xrandai^ionen mie mit fpielenber ^anb borgenommen, judCte ed i^n
*) Vadiscus dialogus Hutteni. ^utten'ö 6(^riften. »b. IV. p. 256.
*) ©picgel bcd IBeltliii^en SRömif (^en SBapftö burd^ 9}icolau« ^ditigern^
ftönigft^ofenfcm, Oftrofranonn. 1686. p. 218—219.
panissa, tCeutfc^r mUI}cI. 10
— 146 —
fojiifagen, unb er überlegte, unb fant auf ben nld^t unebenen @e^
banfen, t>a% im SSerpttniS )u bent, tPaS il^m tögtid^ an überirbtfc^en
Säftungcn gegen bar burd^ bic ^anb ge^e, baS ^apfttum atö eine
relattö geringe unb irbifc^e ©ad^e nid^t ollju teuer ju [teilen fommen
lönne; ö^nlid^ n)te Rubere unter ben ^atolifen, bie mußten, man
fönne ftti^ ben ^immel foufen, auf bic 3Reinung famen, man
lönne fic^ bie SKaria, \\^ bic Unbeflecfte Gmpfängniö u. ä. laufen.
803} ^l^nlic^e Q(ebanlen muffen bamafö überl^aupt im Umtauf
gemcfen fein. SBenigftenß lä^t ^utten ben ,^agcuiffu8' in einem
©iaiog fagen: „5)a8 ^ah id^ lang xool gen)i§t, mo ic^ eine große
mac^t ber pfening l^et, baß id^ nit aHain bie pfrünb, funber got, bie
©acrament, haQ ^imelreid^, unb ben 99apft felbö fauffen möc^t, bann
bife bing feijnb alle fail ju 9tom, unb fo fre^, baß i)k ju ?Rom
uic^tS freieres ge^anbelt tt)irt^)."
304) 3n feinem »Modus coutribuendi in cistam« — „bic
tart bie Jfaffe ju füOen" — gibt ber Grabifc^of Sllbrcij^t bon
SRainj im Stuftrag beö 5ßapfte8 ben Sfblaßprebigem folgenbc Sn^
ftrufjion mit: „SSor allem muffen bie 5ßöniten5iare unb Seid^töäter,
na^bem fte ben SBeic^tenben bie ®röße eincS folc^en bottfommenen
JWac^IaffcS ber ©ünbcn augcinanber gefegt ^abcn, biefe fragen, meiere
©eifteuer ober (äelbfumme, ober meldte anbere irbifd^e ®üter fic nac^
i^rem ÖJcmiffen lieber Rotten, ate ben ganjen üolftommenen SRac^s
laß i^rer ©ünben, bamit fie bicfelbcn nad^^er leichter jum 3o^Icn
betregen fönnen. — S)a nun bie Sßerl^ältniffe ber SRenfc^en aßgu
öcrfd^ieben finb, fo fdfjien eS un8, bie lajcn möchten alfo öcrt^eilt
njcrben*): Äönigc, Königinnen unb i^re Sö^ne, Grjbifd^öfe unb
©ijc^öfe unb anbere große Ferren, tt)cld^c ju ben Drten ftrömen, too
^) $afcui([u§, ain mor^afftigcS büc^lein crficrcnb »oS lift bic 9ti)mer
brauci^en mit Srciven üiler Garbinäl ouff baS fic aUe 58iftumb 3:cütf(^cr lanb
unber ftc^ bringen. 1518. ^uttcn'8 ©c^riftcn üon S3öcfing. SBonb TV.
p. 471. —
*) S)cr 9l61a6 mit feinen für ben öoUfommencn 6ünben=9?ac5Iaß öcr=
fd^iebcnen Xajcn, je nac^ Stanb unb 3Jcrmögen ber betr. ^crfonen, erinnert
in me^rfac^er SBe^ie^ung an unfevc heutigen SBäber; oud^ bort giebt e^ ücr?
f^^iebene Gloffcn für bie Xajcn, obmo^l 3(öe bie glei(i^cn reinigenben 55äbcr
gebrauchen, 9(Ue ba^ gleid)e lajirenbe SSaffer trinfen.
— 147 —
boö Ärcuj aufgcrid^tet tft, mögen 25 ®otbfluIbcn jaulen (nod^ ^cuttger
SRünjc unb heutigem SBcrt bcö ©clbc« etma 2450 aWarf); ^te,
®rofen unb Soronc, reiche SSornc^mc unb bcrcn grauen 10 ©olb-
gulben; Prälaten, 9teftoren unb anbete mit ^o^en (Sinfunftcn 6
®oIbguIben; S3ärgcr, ^änbler 3, ^anbmerfer 1 ®oIbgulben; ärmere
V^ ®olbgutben. 3n gemiffcn gätten fott auf bag ®c^cl§ ber 5ßöni*
tenjiare unb 93eic^tt7öter ben Königen unb reid^en SSome^men bie
3a^tung atö SKu^ auferlegt werben (imponi curare), gm Übrigen
wirb ben ^önitenjiaren überlaffen, ba^ fie auf einen immer befferen
@tanb ber Sinnal^men l^inarbeiten; and) muffen fie bie iBeic^tenben
betnegen, me^r ^u geben, als verlangt mtrb. Unb bie fein ®elb
^aben, mögen i^ren Seitrag burd^ Seten unb Stiften erfe^en. 9Benn
aber folc^e Firmen fic^ bie Sajen bon $[nberen erbetteln, fo muffen
fie biefelben in ben Saften werfen *)."
305} ßutl^er ^attc in ber 19ten feiner berül^mten Sl^efen e^^
Hart „bag mit bem ablag ber göttlichen ®erec^tigfeit, toeld^e bie
©ünbe beftrafe, nic^t ©enüge getrau fei*)." — Seo X. öcrbammte
in feiner Sülle »Exsurge* üom ^al^r 1520 biefc Sl^efe augbrüdtlid^
afe ,feterif(i^p berberbenbringenb, fc^äblic^ unb ffanbalög* — ^heretica,
pestifera, perniciosa, scandalosa'*). — SSo War ^ier bag SSerbcrben
unb ber ©fanbal?
306) (Sine anbere ablag ^ SSerfünbigung beS Sr^bifd^ofiS
%lhxti)t bon SKainj aug bem berül^mten ^af)x 1517 „melbct unb
t^ut hmb 5U wiffen, ha^ ber aHer^eiligfte $err {®ott? — ®ott be^
tt?at)re!) Seo X., ^apft, allen unb jeben S^riftgläubigen, bie nad^
unferer SSerorbnung jur SBieberaufbauung beS SRünfterS @. ^eterS*)
ju {Rom l^ülfreic^e ^anb leiften, auger bem öoHIommenen 9lblag,
aud^ anbere ®naben unb SSoQmac^ten, nac^gelaffen, unb Vergönnet
^ait, bag fie einen bequemen unb tüd^tigcn Seic^tbater erwählen
^) 5So!cr, ^^., 2)aö &tnan5tpcfen ber ^äpfte. p. 111—13.
') »Indulgentiae bis, qui veraciter eaß conseqnuntur, non valent ad
remissionem poenae pro peccatis actualibuä debitae apud divinam juB-
titiam.«
■) S5o!er, a. o. O. p. 110.
*) SBo^in bie ®elber mirflic^ ^o^txx, pe^c oben bei Guicciardiiii ißr. 285.
10*
— 148 —
mögen, meldtet t>on ben t)ott ber env&^tenbett ^erfon begangenen
SSetbred^en unb Steffen, mte anä) aQer^nb anbete @ünben, ob fte
gleid^ fc^er unb grog feien, aud^ in f^öKen, bie besagtem @tu^I
Dotbe^alten ftnb, auc^ in Snfe^g eineiS giiterbictd, fo fie ftii^ auf
ben ^te gelaben — aui^genommen ^etmlid^e Empörung
miber bie $erfon bed allerl^eittgften $apftd') einmal im
Seben unb in bet Xobednot, mie oft biefelbe anftogen micb, obfd^on
ber Xob atebann nid^t erfolget, üodlommen abfotoiren^, noie aud^
einmal im Seben unb in befagter Xobe^ot i^nen DoQfommenen Vb^
lag unb SSergebung aQer il^rer @ttnben (Strafen) miberfa^ren taffen*),
tüie aud^ aUe il^re &dvibht, bie nad^ ©elegenl^eit unb 3^^ bon i^nen
get^n morben, in anbete SBerfe ber ©ottfeligleit auiS 9(poftotifd^er SRad^t
uerdnbem lönne unb t^ermöge. ®o ^at aud^ biefer unfer aQer^eiligfter^err
(merfe: ber^apft) nac^gelaffcn unb erlaubt, bagt>orbenannte9)e jaulen be
(b. i SnV^c'^ ^^ Slbta^riefeS) unb i^re üerftorbenen ©Item ber
Sitten, gürbittcn, SUmofen, gaften, (Sttitte^ SSigilten, 3öd^tigungen,
äBaUf alerten, unb aDer nnberen bergteid^en getftlic^en äBerfe, bie in
ber gansen, allgemeinen, aQer^eiligften, ftreitenben ^rd^e unb in
aQen i^ren ^liebem gefd^e^en, ober nod^ gefd^e^en fönnen, teiU
l^aftig »erben f ollen, begeben ben 1. 3uli 1517*).'' — Seutfc^er
^) %lfo alle SBcrbret^en, rote fc^roer unb grog [xt feien, au(^ gegen QVott,
(^ottedlftfterung, fogat 9(tei^mud, toirb uergeben, aber ntc^t 9(uf[e^nung gegen
ben ^opft; bad ift bie Sünbe roiber ben ^eiligen Q^x\t, bie nie mel^r uer^
geben wirb. — Wertft 3)u roaö, tcutfd^er fiefer? —
•) 3)er Käufer biefeS ?(bla|feS »ar alfo DoHftönbig gefeit; mann immer
i^n ber Xob ober ^bedgefo^r ereilte, ober auc^ nur bie Sobedangftp er luar
abfolüirt, unb bie ©ilnben bid bal^in im ^oraud vergeben; biefer ^bia^brief
mar atfo bad garantirte @e(tg!ettdbittet für bie ^roigleit, unb mu|te im
i^immel toie in ber ^Ile refpectirt merben, — ed fei benn er §abe ftc^ in*
5ioi{<i^en gegen ben $apft aufgelel^nt.
*) Vlan mug ^ier, mie in ber ganzen ^bla^fie^re, Vergebung ber
®ilnben unb 92a(^Iag ber (^eitlic^en ober etoigen) @ünben«@ trafen unter«
fd^eiben. Urfprünglic^ , unb in ber ölteften ^rc^e, t^ergab nur ®ott bie
@ilnben (fte^e ^amad, 3)ogmengefd^i(l^te I. p. 367), bie £ird^e legte aber bie
»uge, bie ®ilnben^ Strafe, auf. 3e|t Vergibt ber $apft bie Sünben, uitb
Ifigt aud^ bie ®ünbenftrafen na(^. ®ott ift t)erf(!^nmnben.
^) Wappen, S^auplaft bed Xe^elifc^en 9Ibla6=^am9. Seip^ig 1720.
p. 19—22.
— 149 —
SatoUt toa& toiUfi bu me^r? Witt guten kaltblütigen in ber SSelt
lannft bu für n^enige Beuger tett^afttg merben, unb bu felbft bairfft
ein ©d^urfc fein.
SO?) r'®i< foll^ und iDoQ leren
^en alten Pfenning! ban|,
(Ig fein gar feine ^eren,
Sa biebe meine id^ gan^.''
fangen bie ©tralfunbcr').
808) 3n einer «Mafe^^rebigt Ic^erg ^cigt e8: „9Kan fann
in einer jeben Begangenen ^^^^gt^Ic^ntät, aufgenommen Sobfd^Iag
unb SJigamie*), Sfbfolution unb I)iSpenfation erlangen, ^nglei^en
biejenigcn, bie burd^ 93Iut3*=, greunbfti^afts: ober ©ci^toägerfd^aft gfr=
l^inbert, fid^ boc^ Derel^Hc^t ^aben, lönnen in ber (£f)t t>txilditn,
ober, mo eö nötig, t)on 9?cucm boUjie^n, inbcm man bie bereite
gebomen ftinber bor red^tmä^g erHärt. ^nQlti6)tn fann ?lBfoIutiott
unb ^ifpenfation ertl^eilet merben bei aQen unrec^tmdgiger SEBeife
an fic^ gebrad^ten unb burd^ SBud^er erlangten X)ingen. Da^er fo
überlege benn baS fßoü, ba^ ^ier Stom ift. $ier ift j[e^t bie ^eilige
^eterdfird^e. ®ott unb ber l^eilige ^etrud rufen (Snd). (Sd^idet (Bud),
tt)ic 3^r eine fo l^otie ®nabe, nic^t nur bor ©urer, fonbem aud^
bor ber (Surigen Seelen (Seligfeit erlangen möget. 93ergie^et bod^ ja
nid^t 2)enn bed SOtenfd^en @o^n mirb gu ber (Stunbe fommen, ba
S^r ed (Snäf nid^t einbilben n^erbei — Sarum beid^teft S)u je^o
nid^t bor ben SicariiS beS atterl^eiligften ^erm ?ßapfteg? gcftt ^aft
X)u ein Stempel an Saurentio, ber bie übergebenen @d^fi^e, bie er
^atte, auiS Siebe gu ®ott auSget^eilet, unb feinen Seib gu braten bar^
gegeben ^at. Unb 2)u bringft bie geringen 9Qmofen nid^t? Sauffet
bod^ aDe nad^ (Surer ©eligleit! ^oret 3^r nid^t (Sure SItem unb
Rubere Serftorbene rufen unb fd^reien: 9d^ erbarmet @u(^ boc^!
SBir muffen bie aDerl^ärteften (Strafen unb Dualen oi^fte^en, babon
S^r und bod^ burd^ ein tieined 9(mofen erlöfen lönnt. Unb 3^r
') @<)ottlieber ber Strolfunber ou« ben Sauren 1524—27. Strolfunb
1856. p. 4.
') 3n biefem ^Q ^atte ^^ mä^i fknefoUSoamac^t wie ber (Srg:=
bifc^of ^fbttäii bon SRaing.
— 150 —
ttJoHt boä) rnd^t. «d^I — ^f)x fönnt ja iefet «ttla^Srtefc ^atcit,
burc^ bcren fitaft Sl^r im ScBcn unb tn bcr 2obe8ftunbc, auä) in
t)orbcl^altcnen gäHcn, fo oft gl^r nur fold^c« »erlangen tperbet,
tooQfommene SSergebung aller ©trofen crl^altct. D 3^r SKcnfti^en,
bie S^r ®elübbe gct^an, o S^r SBuc^erer, o 3t)r Sauber, o 3§r
Sobtfd^Mger (er nimmt fie bo^ ^inju), jc^t ift e§ Qtit bcr (Stimme
beS ^erm*) ju ge^ord^en. — 2)ie SRurmler unb SSertftumber aber,
bic auf tt)a8 Slrt unb SBeife eS nur gefd^e^en fann, l^eimlid^ ober
öffentliti^ biefeS SSerf ber^inbem, finb ipso facto üon unferem StBer*
l^ciligften $erm (^itx ftcl^t „9lffer^eütgft!" — bem obgefagten ^apft
£eo in SBann gctl^an, unb fielen in Ungnabe bei bem aiU
mächtigen ®ott, unb mcrben auc^ üon biefem 93ann nid^t befreit
werben fönnen, atö nur Dorn ^opft. 3)a^ero fixtet (Sui), bafe 3t|r
n?iber ®ott im ^immel nic^t murmelt^)!
809) S" bieten Stblafesgnftructionen finbet [\^ bie SBenbung,
bag, tüenn Strmc nic^tg geben fönnten, \ofite man i^nen gegen 95etcn
unb goften bie Snbulgenj ablaffen. 2)ieS gefc^a^ aber in praxi
nic^t, mie bie befannte SBeigerung Xe^ePg gegen griebric^
SK^coniug in STnnaberg, in ©ac^fen, bemeift, einen jungen ©tubenten,
ber feine S3itte um ©ünben=9lbla6, an ben aud^ er ftreng glaubte,
fogar Sateinifd^ bortrug, jugleic^ auf feine 2lrmut üerweifenb, bic i^m
nichts 5u geben geftattete. Xe^el, ber aHmö^Ud^ burd^ bie
ffiommiffare auf ben ^anbel aufmerffam gemalt tt)orben mar, ers=
Härte, nac^ ber ou§brüdHic^en 93eftimmung beS 5ßapfte8 bürfe er ben
"ablag nur gegen ®elb ^ergeben. I)er ©tubent weigerte fid^, unb jtDar
auc^ bann, atö Se^el i^m, um ben für i^n firgerlid)en %aH an&
ber SBelt gu fd^affen, bie laje auf einen ffut)fer=®rofd^en cmicbrigtc-
SR^coniuS üerteibigte mit SWad^brud bic fpäter in bcr Sleformajion
feftge^altene Überzeugung, bag ©ünben^SSergebung bon ®ott auiSge^e
unb nid^tS mit irbifd^er 95eja^Iung ju t^un l^abe, in bem gallc alfo,
mo le^tere nid^t geleiftct tnerben fönncn, erftcre umfonft abjulaffcn
fei. ©^ließli^ offerirte i^m einer ber ffiommiffarc im ®inberftänbs=
») 4)ier fc^etnt ®ott gemeint ju fein, ;»cil nic^t »aneröciligff babei ftc^t.
*) Stapptn, ^ä^auplai^ bed Xe^eUf^en Mlag^^amS. 2^m ^720.
p. 51—60.
— 151 —
niS mit Scfeel, t^m bcn nötigen ©rofd^en ju fc^cn!en, nur bamit
fein ^räjebcnjfall gefc^affen mcrbe, unb ©ünben=9t6Ia§ nid^t o^ne
aSeja^Iung erfolgt fei. ^c^t ergrimmte SRljconiug aufg äiugerfte,
gicng meg, o^ne bie offerirte SünbensSSergebung angenommen ju
^abcn, aber aud^ mit heftigen (Semiffengbiffen über bie rechte Strt,
®nobe Don ®ott ju erlangen. 1)iefcr junge SRann mad^te fc^on
bamatö, t)or Sutl^er, ben ganjen fd^meren inneren ^amp^ hnxä), ber
ftetS nötig ift, um einen neuen, üon bem großen Raufen abmeic^euÄ
bcn, ©tanbpunft ^u geminnen. ®r ift ein ©piegelbilb jener Srife,
bie bamotö meite fircife in Üeutf erlaub erfaßt l^atte, um gegen eine
unerhört niebrige SReligionS^Stuffaffung, tt)ie bie ber ^äpfte, gront ju
mad^cn, unb, ba feine Slugft^t mar, bie an ber ®o(bfranf^eit leibens^
ben römifd^en Sirc^enfürften ^um 3lnftanb jurücfbringen, fic^ üon
i^nen ju trennen, — 3Kl)coniug gieng in ein filofter, mo er
mehrere 3^^^^^ in tiefem ©eelenfd^merg öerbrac^te; er fd^Ioß fic^
fpäter ber proteftantifc^cn Sac^e an, unb ftarb 1546 als ©upcrin^
tenbent in ®ot^a*).
810) Übrigens f)attt le^el felbft ®elegen^cit, bie fie^rfeite
beS ©ünbensSlbtaffeS fennen ^u lernen! ^n greiberg in Sac^fen, mo
er im ^af)xt 1507 innerhalb jmei läge fc^on für 2000 (äolbgulben
9 blaß berfauft ^atte, mußte er plö^Iid) flüd^ten unter ®efa^r, t>on
ben armen Sergleuten, bie fein ®elb für bergleic^en '^Cinge Ratten,
aber boc§ gläubig »aren, erf dalagen ju merben*). — "S^er So{)n
eines fold^en fäc^fifd^en 95ergmannS mar fintier. — Hub auf bem
SBeg t)on Seipjig nac^ ^üterbocf foQ Üe^el l)on einem @belmann
überfallen, burc^geprügelt unb feiner ganjen Slblaß^^^affe beraubt
»orbcn fein. SllS er fid^ bcn Sl^äter näl^er anfa^, erfannte er in
i^m einen 9Rann, ben er S^agS )ut)or in Seipjig für 30 ®olbguIben
9tbfolujion für eben biefeS SSergc^en im 9?orauS erteilt l^atte*). —
Z)ie (Srjä^lung bcmegt fi(^ burd^auS im Stamen ber bamaligen ä3or«
^) SRanutiuS, 2)ie (Sinfü^rung ber {Reformation in 9(nnaberg. $(nnaberg
1840. p. 37—40. 8ie^c auc^ Sfre^tag, Q^., lS)oltor fintier, eine «Sd^ilbeiitng.
Seipjig 1883. p. 21. ff.
*) äJ^anutiuS, a. a. O. p. 41.
*) SRanutiuS, a. a. O. p. 42.
— 152 —
lommniffc. S)cnn bic päpftlid^c fiuric fd^iÄc, wie toir bolb feigen
tDerben, eigene Segaten nad^ Xeutfd^Ianb, um folc^e im 99eft^ bon
gefto^tenem ober geraubtem ®ut Sefmblid^e gegen Sejal^Iung ju ab«
fotüircn.
811) 2:e^el bejog — gegen Sut^er, ber nod^ nic^t 200
®ulbctt bclam, — einen Sa^reSgel^alt toon 960 ®olbgulbcn, bei
freier SBerföftigung, mit einem befolbeten Diener unb brei ^fcrbcn
,,D^e toa^ er geftol^Ien unb namenttid^ in ben SrinH^äufem unb am
©pieltifd^e unnü^ üert^an*)."
SIX) @r toax fo fred^ unb übermütig, bag er, nne @Ieibanu8
erjäl^It, ft(^ rühmte, „fo groge ®en)alt bom ^apfte ju befi^en, bag
er felbft benjcnigen abfolöiren fönne, ber bie ^ungfrou SDfaria gc«
fd^änbet unb gcfc^mängert t)abe''! »quis virginem matrem vitiasset
et gravidam fecisset«*).
318) £od^ baiS @tarlfte, xoa^ bie golbtrunfenen Selfajare in
{Rom bcm ?lbenblanb zugemutet l^aben, finb bie Taxae cancellaiiae
^) ^anuttud, Q. a. €. p. 44.
') Sleidani, Joh., Commentariorum de statu religionis et reipublicae
Carolo quinto Caesare IIb. XXVI. Argentorati 1555. ^olio. p. 209. a.
— 3)tcfe ©teOe ^at eine Heine ^cfd^icl^te. Urfjirünglic^ fte^t pc bei fiut^er
(„38ibcr ^an« ®urft" 1541. ©ämmtlid^e ?Scr!e. Erlangen 1830. 8b. 26.
p. 51) üon beut fte Sleidanus übernommen, ^ag bied ober ber otö vm^
))artetif(^ bei 9(ßen angefe^ene SleidanuB getrau, gab ber 6teIIe, aud^ in ben
klugen ber Äotolüen, ein grofeeS ^Ba^r^citSgcmic^t. 3)ie @tcDe wirb aut^ in
ben folgenben ^tuflagen be$ Sleidanus toä^renb bed 16. ^a^r^unbertd ru^tg
iDciter gebnidt. $lbcr mit ©eginn bc« 17. ga^r^unbcrtS unb iDä^rcnb ber
)^o(i^flut ber ^Gegenreformation er{(^etnt bie Stelle gefätfc^t — quem juvat?
— oon ben H'atolüen. Unb ftatt quis virginem matrem vitiasset ....
^eigt eS ie|t: quis virginem, aut matrem vitiasset: ,ioer (eine) S^ngf^^u
ober bie ^Uhttter gefd^änbet §abe'; eine gan^ finnlofe 3uf^^^^^f^^Q^"9
^ipcier ^tmmelweit ucrfc^iebcncr SReate. — 3)ic f})äteren 9luflagcn ^aben bonn
ben urf^jrilnglid^cn Xejt »ieber ^ergeftettt. (Sic^e 3- ®- Sti^etl^om'* drgö^
Ii(i^!clten ou8 ber Äird^en^iftoric. Ulm 1763. II. p. 449.) — Übrigen«
fd^rieb ^e^el in einem ®nef an ben ^ä^ftlic^en 9hin5iu« IRtItia Dom
31. S)e9ember 1518, ,,er l^abe fid^ »egen biefer blaSfemtfc^n ^ugerung über
bie ^eilige Sungfrau mtinbttc^ unb fc^riftlic^ entfd^ulbtgt." (Sie^e fiird^en«
le^iton ber lat^olifc^en X^eologie uon ®e^er unb ^elte. ^reiburg 1853.
5öb. X. p. 769).
— 153 —
apostolicae. $icr ipurbc jcbc ^üHc faöcn gclaffcn, unb lüic in einem
^rcii^furant linte ba8 aScrBrcd^en, rcc^tö ber ^rei«, um bcn c« bc^
gangen unb abfoldtrt »erben fönne, angcfe^t. Diefe taxae luurben
1470 in JRom in ber päpftlid^en 3)rucferci crftmalig für bie Seamtcn
ber Surie gebrudft, injtt)ifd^cn micbcrl^oft bon pöpftttd^er ©cite auf:s
gelegt, aber auc^ t)on greunben beö ßtd^tö ate ^iftorifd^cö 5:)ofument
päpfttid^er SSerborben^eit unb ©ewiffenöfftule nad^gebrudtt 3)ic ?ßrayi8
fdbft ber lafen beftanb fd^on öiel früher; fc^on 3o^ann XXII.
(1316—1334) ^attc ein Jay^SJeräcid^ni« im SKanufcript jufammen:»
gefteQt; Stn^elnei^ gel^t bid ind 11. ^a^r^unbert jurüd; unb nur
ber enorm mac^fenbe ©efd^äftöbetrieb in ^nbutgenjen im löten
^al^r^unbert in 3uf<intmen^ang mit bem großen ^eer t)on päpftlid^en
©d^reibem unb ^anilei^Seamten mad^te, be^ufd gteid^mögiger f6^
l^anblung ber ©ünben, ben S)ru(f bicfe« »gnftrumenteS* notroenbig.
Mein biefcS 9uc^ l^at nod^ in unfercm Sö^^^i^iibert emftl^afte
ffatolifen in ber erften ©ntrüftung ju bem borfc^neUcn SSerfpred^en
t)eranla|t, n)enn ed ed^t |ei, aud i^rer ^rd^e auszutreten. Unb fie
berloren. S)ad Sud^ wirb aud^ bon latolifd^en !£:^eo(ogen ,afö ein
nid^t jurüdE^umeifenber Qtn^t römtfc^er Serborben^eit' angefel^en *).
©n ganjeg 3ö^t!|unbert mürbe c8 unter bcn klugen ber ?ßÄpftc
gebrudft 9lbcr bie Seit ttjnr bamatö abgeftumpft. Unb fie ift ci5
}um Seil nod^ l^eute. Sieber bog ärgfte ertrogen, fid^ befd^impfen
unb befd^mu^en (äffen, atö ben liebgewonnenen italientfd^en SSorbeter
in ber römtfc^en ^ojeffion unb Sefc^mlc^ttger ber (Semiffen auf:=
geben. 3ebe ^nberung ift fo fd^mer! S5a8 SJer^ältnü^ ber Sölfer
beö Äbenblanbeö jum ^apft ift bo8 einer unglürffetigen S^e. SSeibe
Seile l^affen fid^ unb fmb unjufrieben; aber bie ®emeinfamfeit ge»
Ziffer ^anblungen unb ber ©d^rnu^ ber SSergangenl^eit, ber bei einer
Sudeinonberfe^ung bor bem ®taatd:^!(nwa(t ber öffentlid^en SReinung
an'd Xagedltd^t läme, tfi^t ftu^erlic^ fte jufammen^alten.
S14) „Solange S)u fein ^im ^aft Scutfc^Ianb — ruft einer
ber ^umaniften bed 15. Sol^r^unbertd in bitterem 3oni avA bei
») «o!er, ?§., 3)0« gffnoniwefen ber ^äpftc. 9?ÖrbUngen 1878.
p. 67—70.
— 154 —
(V^eleflen^eit be§ ^inttim eined aSifd^ofS, nad^ beffen 2:ob bte 6e«
tveffcnbc Xiöj^efc roicber ein ncucö Pallium, baS (Sc^ulterbanb bc8
ftlrrf|cnffitften , um ungeheuren ?pret8, oft Big ju 90,000 Xufaten,
in 91om faufen mußte — fo lange Xu fein $im l^aft Jeutjc^lanb,
unb fo lange Xu feine 9(ugen ^aft, faufe Xu Pallien, unb faufe
immer wieber Radien, — unb Xu SSerfd^ad^ercr beö C^riftentum«,
^l'iopft in 9lom, öerfaufe Xu ^Pallien, unb öerfaufe immer mieber
Pallien, — folange Xeutfc^Ianb fein ^im l^at unb feine äugen!"*)
M 'Occ'idit antifltcfi, petite altera pallia cives,
Qua«» dabit accepto Romulus aere Simon.
At tu, donec habet cerebnun Germania nuUum,
F^t nulloH oculoB, pallia vende Simon.«
Panquillomm tomi tuo. Eleutheropoli [Basil.] 1544. p. 89. — 3)a8
'tpatllum mar ein auö Scftofiüoßc gctoobcner (Streifen — fürti^tct biefc
vümif(l)cn (2(l)aQfc mic ©ölfc! — o^ne bcn jcbe })ontifi!aIe ^onblung bcÄ
Hcuflcmäl)tten Ciri\-33ifrf)of§ ungültig war — unb öcute noc^ ift. 3Son bicfem
(Vctid)cn 8d)af)ucnc tiänc^t alfo bte Wl^glic^teit c()nftU(^er 9{eIigiondübung filr
bcn Ä'atülllen in !Icutfcl)lanb ab. Unb — mcric fiejer! — biefed Sd^af ioar
nid)! ctma jcnc^ fi)mboItfd)e „Samm (i^otted, tvelc^eS bei ^elt 8ünbe trögt'',
fonbent ein 3d)af au^ ber dampaqna. 9?ad)bem ftc^ erft feit bem 13. Sa^r^
l)unbevt bic Wcpflogcn^cit bicfcÄ 33inbc=$>olend in JRom üon <£eite ber ©ifc^öfe
uub ©r^blfdiöfc fcftcjcfclU t)atte, benu$itc bie Äurie bie 6(elegen^ett biefer 33c5
fti1tlguug*form, um bic fd)mcrftcn fiafteu unb unerfüUborften ©ebingimgen
an biefci^ $^anb ^u fnüpfen. Unb unge^^Ite Millionen ^at an biefem leidsten
^^Bonftrclfcn bcv jcipeiligc ^ontifey au* fvembcn Sänbem nat^ 9tom gebogen.
"äKain^ ^atltc im 15. ^a^r^unbert bei jebem ^ijdlof^toec^fel 27,000 ®olb:^
gulbcn: 3al5burg im 18. ga^r^unbert 31,000 Q^olbgulben; ^alberg im
Olabr 1787 für bic ^cftätigung ald Soabiutor oon Wain^ unb fBormd
80.(HX) Wulben. SKatn^ sablte biefc Summe im 15. ga^r^unbert inncr^att
breiftig ^abre ftcbenmal; Salzburg innerhalb netm ^a^ren bretmaL Sieg
ftd) ein geiftlid)cr ^ürbentrfiger einfallen bte 9lnna^me be$ Pallium« ^ ocr^
nKtgem, fo umrbe er, tme ber (^r^bifc^of t)on ^rter im 12. Sa^ri^unbcrt, q>
lommunijiiil : ,,^tc runbe Summe t»on ^eftätigung^gelbeni UKir aber ntc^t
bie einzige CMclbgebübr, n>eld)e nad) Siom entartet werben mu^^ gongten
bie 9i{d)(fe in ^x^xn an, fo ^telt man fie unter aQerlei ^onofinbcn bafelbft
bin, bi<^ fte bic ou$ret(6enbe 3<tbl oon (^brengef dienten an bcn ^^{i unb
beffen ^ebicntt gemadit batten. ^ie ÜRegel nnir, bog man einen Oifdbof ntdbt
ebei iH>n 3i\>m abretten lieft, bi« er bie ^{tötigungd^iielber bcyi^U ^tte.
^ftattttt man ibm ab.^iureiien, ebe er bt^ablte. fo gab man i^m einen (l{c?
— 155 -
816) S)cr Snl^alt bcS loy^Sud^c« f (Reibet fid^ in: ,gahiltätcn*
(}. S. baS einem ©ifd^of gcttJÄ^rte SRcd^t, mcl^r wie ein öcncfijium
ju bemallen); in »^riüilegicn* (j. ©. für eine ©tabt, bog in einer
anbem ©tabt geltenbe Siedet nic^t bead^tcn ju bürfen); in ,2ijen}en*
(}. ®. für einen geiftlid^cn SBürbenträger, firc^Iic^eö ®ut ju öer-
äußern; für einen cinfad^eu SSürger, am 3fafttag ^ei\ä) ju effen); in
,5)iö<)enfen' (j. 93. eine 95Iut§öenüanbte, ober oud^ nur bie ©d^wägcrin
JU heiraten; ^ier fpcjiett mürben bie auSgebe^nteften ^inbemiffe fon^:
ftruirt, um möglid^ft ja^Ireic^e unb ^ol^e Slawen ^eraugjufc^Iagen;
benn geheiratet, ba8 mufete bie fiircfie, mufete in ber SBelt merben);
hitor mit auf ben %Beg, ber ben 9(uftrag ^atte, i^n 5U ejrtommunigiren, menn
er bie äö^luugSfrift öcrftrcidicn lieft. 3n jcbem JJan fom ein in 9iom be*
ftätigtcr ©i|c^of tief ücrfd^ulbct jur ^Regierung, unb um i^rc römifcftcn
@d^ulben }u becten, brad^ten fte ^(iufig bad &tl\> auf bur(^ SSertauf uon
bi^öflic^em 3:afelgute, burc^ ^erpfänbung foftbarer ^eiliger G^efäfte (oft, mie
in Slegen^burg 1283, an Suben), ja fogar burd^ ^in^ie^ung ber für bie
Firmen beftimmten ^onbS. Xad am ^äufigften angemanbte SD^ittel aber
loaren Steuern, bie bem $o(t aufgelegt nmrben unb beren ^rag bann nac^
9lom manberte. @r5bif(^of ^atob oon S^^ain^ meinte ba^er auf feinem ^oten-
bett, nit^t kueit er aud bem Seben fc^etben muftte, fonbem meil nac^ feinem
Xobe baS arme Sott mieber bie oon ber i^urie geforberten Summen 5U be«
jaulen ffaht. — Solange mit ben 33i«^tümem S9{ain^, Äöln, Xrier bie Äur*
mürbe, unb fomit bie $3al^Iberec^tigung für ben beutfc^en ^aifer, oerbunben
mar, gemann bad $alltum eine grofte, poiitifc^e Sebeutung: (ein getftlic^er
ßurfürft fonnte bei ber ^aifertrönung fungiren, ber bad Radium nic^t befaft ;
unb bad Radium erhielt nur ber, toelc^er ber ^rie genehm mar. So ent=
f(!^ieb oft bad tietne Stücf ^oUen^eug bie jtaiferma^len unb beftimmte bie
@kf(^i(fe unfered Solfed. — $on ben ^eute fna));) getoorbenen (Sinlünften
ber 93if(^Öfe nimmt bie ^urie nocf) immer, load fie belommen f ann ; fte erhält
je^t bei jeber 93efe(ung oon ben preuftifc^en SSidtümem 1000 Scubi
(k ^art 4,33), k^on ben (St^bidtümem 1500 Scubi. — 92o(^ ^eute legt bie
rdmtfd^e ihtrie bei ber Erteilung bed $aniumi» auf bie ftnanjieHc Seite ber
Sa(^e bad ^au))tgemi(^t; fo fe^r, baft felbft an ben Orten, wo ein 9htnjiud
mo^nt, ber ^eilige @kgenftanb, mit melc^em bie e)^bif(^öfii(^en 9le(^te k^erlie^en
merben, nid|t burc^ ben geiftHc^en d^efc^fiftStrfiger übergeben, fonbem auf
Iaufmfinnif(6em fBege übermittelt mirb. ^m jüngft k^erftorbenen drjbifc^ofe
Don a^ünc^emSfreiftng }. 8. umrbe bad ^aüium auglei(6 mit ber 8fle(^nung
t>on bem fftraelitif(^en IBanfier ^irf^ überreizt." — ^ofer, $^., 3)a« ^tnanj^
mefen ber ^Sp^it. 9{9rbltngen 1878. p. 12--26 unb p. 49.
— 156 —
ySommutationen' (5. %. eined ®elü6bed in irgenb eine anbete bent
®eIo6t=^a6enben leid^tere ©ad^e); ,3lemiffionen* (5. 8. einer fontra==
l^tTten @(^u(b; fie foftete i\& 1000 ®oIbgulben 30 grossi, für iebed
»eitere ^unbcrt 2 grossi; für jebeö »eitere laufenb 10 grosei; mit
biefer ;)äpftticl^en ,8temiffion* in ^ftnben brandet fein ©d^nlbner ju
jaulen. — SBenigftenö einige biefer 2:ayen berufen anf ©nrid^tungen
nnb ©cbräud^en ber bamaligen Qtit, unb taffen ftd^ büJlutiren.
S16) «ber »a« fid^ nic^t me^r biShitiren lägt, ift j. 95. bie
97ad^taffung bt^ Sibd »Relaxatio juramenti« für 16 grossi^). S)ad
^) Taxae cancellariae apoetolicae et taxae s. poenitentiariae apo-
stolicae juxta Exempla rLeonü X. Pont. Romae 1514 impressum. Sylvae-
Ducis 1706. p. 40. — ^er grossus, in beffen SRünje bie taxae angefertigt
ftnb, ift ntd^t bie Heinere, f))ötere, fo genannte ^äpftlic^e SRün^e im Serte
Don 20 $f., fonbem eine ältere, ungangbare, ^5^ere ^elbforte, noc^ ber hisA
geregnet tpurbe, ö^nlic^ ivie auf unferen 9)2ärtten oft noc^ nac^ ^arlin*. S)iefer
ältere, größere grofisus mar ungefähr 70 $f.; ^e^n machten Vi <S^oIbguIben
ober ^faten im Sert Don 7 9){arf. — 2)iefe ^u^|e(ung ber ®naben unb
^i$))enfen in grossi be^eid^nete aber nur ben @a( für eine ber fünf p&p^t-
lid^en S3eamtenllaffeu ober ^tätäre, bie mit i^rem (^el^alt ober fieibgebinge
auf bie Sinna^men biefer Xa^^^elber angen^iefen maren, unb fidi biefe Wx^
»»artfc^aft 00m $a^ft gelauft Ratten. SBe^a^It aber mußten oon bem Petenten
alle fünf »erben. $llfo mugte jebe @umme in grossi mit 5 multi^lt^irt
merben, um bie toirfltc^ beja^lte @umme ju erfahren. 9(uf biefe SEBeife er=
flären fid^ bie oft geringen Xa;=Srorberungen in biefem S3u(l^. — 92un tommt
aber nod^ ber enorme Unterfc^ieb im Q^elbh^ert gniifc^en l^eute unb bamald
^in^u. Wtan fd^ä^t i^n im allgemeinen auf bad Q^n^aä^t; b. ^. für einen
6)olbgulben im 92ennn?erte oon ^eute 7 3RaiA — befam man bamatö mo^l
bad 3e^nfa(^e an ^aare, b. ^. für 70 ^axt. ^enn ed gab ^frünben, bercn
Sa^redertrag ft(^ nur auf 20 (l^olbgulben berechnete. Unb bie toaren fteuer=
frei. 92a(^ bem 9{ennn)erte beS @^olbgulben n^ren bad 140 ^ad; bied gfibe
einen falfc^en ^Begriff k>on biefem @in!ommen. 92e^men wir aber baö S^^
fa(^e, alfo 1400 SIRarf, fo ift bad eine Summe, mit ber ber $frünben^3n^aber
nad) heutigem begriff genügenb audtommen !onnte, unb bie anbrerfeitd (lein
genug toar, um fteuerfrei ju bleiben. — 9ll)o mug man bie grossi im ^ft^
liefen Xa£:^S3u(^e, um ju einer annä^emb richtigen ^SorfteOung i^red heutigen
©elbtoertd gu fommen, einmal verfünffachen, für bie 5 )Beamtens($Ia{feit, bann
Dei^^nfac^ (bem heutigen @(elbn>ert entf)>re<^enb) unb fd^IiebUc^ \t 20 ber«
felben gleich 1 (^olbgulben ober 7 Warf — rechnen. Ober, lüi^er %t\pvod^,
— 157 —
fmb alfo 230 SRart. — äRan ftorrt für bcn SKomcnt. 3ft ba8
mdglid^? aber man (leibe nur lül^n Sod mar bie golge? ^an
Heg, wenn S^tn^nb einen Sib ju fd^tpören l^atte, t^n fogletd^ einen
jmeiten fc^wören, ftc^ t^on bem erften burc^ ben $apft nid^t ent^
btnben )u laffenü ^er Sib im 9{amen ®otted t>ox bem angebe
lid^en ©telltoertrcter ®ottc« burc^ biirgerlid^e 3uri8bif=:
jion gcfd^fi^t, ba8 ift eine ©ihiajion, bie bie furd^tbarc SSer*
nrirrung ber ß.öpfc ju 9lom, bie auf bcr 39aft3 bcr ©olblranf^eit
cntftanbenc moralifd^c 3nfanität, unb bie SHebcrträd^tigfeit bicfer
©tott^alter C^rifti in i^rcr ganjen ©rbörmlid^fcit offenbart. — Unb
io6), Sefer.« ift ba$ nod^ ntd^t Wit&. Xu mugt nod^ tiefer in ber
(Semein^cit ge^en, um 3)einen 3Rann ju treffen: S)cr ?ßapft löfte
aud^ bicfcn jmeiten ffiib, mie er früher bcn erften gclöft l^atte;
er befam ja boppüte 2:a;e. Unb ber @d^urte, ber fid^ auf bie ®^
n)a(t bed ^apfted üerlaffen ^atte, fa^ fid^ nid^t getöufd^t; unb ber fid^
auf ®ott öerloffen l^atte, war betrogen*).
817) 2)te SCbfolujion für SKeineib — »absolutio pro perjuro«
— betrug 6 grossi; für ben, bcr in einer ffiriminaUSac^e falfc^c
9(udfagcn gemad^t, — »absolutio pro illo, qui in causa criminali
false deposuit« — 6 grossi; Stbfolujion für Urfunbenffilfc^ung —
»qui litteras testimoniales falsa» scripsit« — 7 grossi; für bie«
ienigen, bie jur Scurfunbimg ber falfd^en X^atfad^cn Stn^in dba
gaben — »qui fuerunt testes in talibus litteris falsis« — 7 grossi*).
— 68 fe^It noc^ bie arbeit eincÄ Sänften, bie bcn bemoralifirenbcn
Sinflug biefer Serorbnungen auf baS bfirgerlid^e SRcc^tdlcben, auf bie
ganjc ©efeUfc^aft fc^ilbcrte. ®&nili^e Unftc^er^eUv abfoluted SRig«
trauen gegen SQed unb ^Ata mugte $Ia^ gegriffen ^aben. 2)enn
bie abfolugionen maren geheim. Steiner KDu|te, ob er Dom anbem
betrogen war.
ber groflsus ift unter Serüdru^tigung afler Umftfinbe fotoiel nrfe Vit 17,50.
fSer alfo }. O. feine @(^toägerin gebraten »oDte, jaulte, »tnn eft ein einfacher
SRann »ar, 20 groesi ober nac^ unferer 9te<l^tnmg 350 9laif. —
') SMer, ¥^^ a- a. O. p. 101.
*) Taxae, a. a. £). p. 54.
— 158 —
818) M®<' ^^^ ^^^ Dolfc^e e^be gert
^er t)Qnbet gott petm^nge mert
@o kOQt ha jo 9lome Det)Ied ift
^ar an ft)t uian manche Dalfc^e I^ft
3o SRome ift atti« rcid^tc« frafft
3nb alled Dalfc^id meifterfc^afft
@o manne allein Immp tptrbet fleckt
@o ot^nbet man 50 9lome reid^t^)."
fagt bad nieberrl^eimfcl^e Fragment auf ben pä;>ftltcl^en $of auiS bem
15. Sal^rl^unbcrt; bcmnad^ bürfen toir eine SScrtrautl^cit mtt bcn
römifd^cn 2:a5s=Sücl^em unb il^ren Ocpflogenl^cttcn fo l^od^ im SRorbcn
lange bor bcm crftcn S)ruc! berfclbcn öoranöfc^cn, imb bamlt dn
allgemeine^ ^ublif-Setn berfclbcn burd^ SRanufcript, äßeitermelbung
unb burd^ — ^ßraytS').
819} Um brcicrici 2)ingc — fagt $utten — foff man
') ©in ^unbert IDcutfd^c ^iftorifc^e 3JolfSIicbcr, gcf. ö. ©oltou. 2. «uf*
gäbe, ßcipjtg 1845. p. LVIII.
*) S(^on ijrcibant fingt gu SBcginn bcS 13. 3a^r§unbert8:
»Alles Schatzes vlüzze gant
ze Borne, daz die da bestant,
unt doch memer wirdet vol:
deiet ein unsaeligez hol.
so kumt ouch elliu sünde dar,
die nimt man da den liuten gar;
swa sie die behalten,
des muoz gelücke walten.
Swer Romaeer site reht ersiht,
der bezzert sinen glouben niht.
Roemesch sent und sm gebot
deist pf äffen unde leien spot;
aehte, ban, gehorsame
brichet man ane schäme;
got gebz uns ze heile,
benne sint wol veile;
swer ouch valscher eide gert,
der vindet ir guot pfennewert.«
Vridankes bescheidenheit. fecrauÄgcgcben üon ®ll]|clm (S^rhnnu
®i5ttingen' 1834. p. 148.
— 159 —
{Rom ptel^en: „ein gut gcwiffcn, anbackt ju gott, unb bcn
ct)b*)."
820) ^ne ber l^äufigften S(6fotu}tonen xoax bie für gefto^IeneiS
®ut; ftc tt)ar tl^eucr; ein 2tnncr, — bcr Ja je^t, nac^bem er geftol^ten,
nid^t mel^r arm xoax, jn^tte 20 grossi; ein rcid^er SRonn 50 grossi;
eine ganje ©tabt jaulte 100 grossi. Um aber, wenn bie S)ie6ftä]^Ic
größeren Umfang annahmen, — nid^t etwa, baS Serberben einjU;«
fd^ränfen, fonbem bem l^eiligen ©tu^I feinen Anteil ju fidlem, — mußte
ftd^ ber Setreffenbe in jebem gaH außer Seja^lung ber Soje nod^
mit ber fi'urie „bergteid^en" (componere), b. f). einen 2l§eil beS
(Selbes ober 0uteg abgeben, um ben Sleft fidler bel^alten ju bürfen.
SRan martete aber nic^t, bis bie Übeltl^äter famen, fonbem fud^te
fie burd^ Segaten auf, unb ließ il^nen, aud^ menn mon fie gar nid^t
lannte, öffentlid^ berfünbigen, ber apoftolifd^e Segat fei je^t ba, unb
für gefto^leneS ®ut fönne gegen SSergleic^ päpftlid^e Stbfolujion unb
ewige Garantie beg Sefi^eS erlangt werben. So gab ©iytuS IV.
1480 feinem Segaten Singelug be Slaöafio folgenbe Sulle mit,
bie mit ben SBorten „^m SRamen unfereS ^erm unb Grlöferä",
»Domini et salvatoris nostri« beginnt: „SBir ^aben bem StngeluS
be Slaüafio bie (Ermächtigung ert^eilt, über geftol^leneS, jmeifet:
^afteö ober burc^ SBuc^cr enoorbeneö 0ut in ber %ct ju dergleichen
(componendi), baß bie ©c^ulbigen, nad^bem fie einen Seil abgegeben
^aben, don ber ßwi^^Ö^'c beS übrigen gefto!|lcnen unb crwuc^erten
®utd abfotoirt unb auc^ weiterl^in burc^auS nid^t jur SlüdFgabe ber«
pflichtet fmb."')
Sai) Unb ber ©rjbifd^of Stlbred^t bon SDJainj, bcr im
päpftlic^en Sluftrag berartige Cegaten ebenfalls im Sanb J^erum^
fd^icfte, fügte feiner @pejials3nftrufjion auSbrücflic^ ^inju: „Um
») ®cfprärf|büc^lcfn §cr XUn^^ üon i&utten, ©(^rtftcn, »b.IV. p..l71.
*) >Conce8öimufl Angelo de Clavasio facultatem componendi super
male ablatis, in certiß vcl per usurariam pravitatem quaesitis bonis, ita
ut Boluta aliqua qiiantitatc a reliquorum male ablatorum et per usurar-
iam pravitatem extortonun restitutionc absoluti existant et ultra resti-
tuere miniine teneantur.« Bibliotheca Cyprianica. Lipsiae 1733. p. 110.
— 3Bofcr, $^., a. a. 0. p. 105 — 106.
— 160 —
berortiger @mbt teilhaftig ju toerben, bebarf eS ber Steue unb
SBeid^te nic^t": »Ad oonsequendam participationein hujusmodi non
requiruntur oontrido et oonfessio. c ^) — ®ad mar auc^ beffer fo. *)
822) Unter biefen Umftönben burften fid^ bte $&pfte nic^t
tDunbem, meiut fte ®ef(^öfte, tote bad folgenbe, machen mußten:
Giregor XTTT, (1572 — 1585) mar feinem ©o^n ®iocomo, ben
er jum ©onfaloniere ber ^rd^e maäftt, befonberd jugetan; btefer
entere mar aber t)on einem bome^men @))ieggefeKen, ^Ifonfo
^iccolomini, ber mit feiner SRorbbanbe . bie ganje Samfagna
plünbemb imb raubenb bur^jog, bebro^t; unb biefer erfl&rte, er
merbe nur bann t?on ber Srmorbung ®iacomo'd abfte^en, menn
i^m aKe feine frfil^eren äRorbt^aten, mel^rere l^unbert, t)om $apft
im SWamen ^t\\i hergeben mürben. Der ?ßapft, ouö Sfngft für
feinen @o^n, liefe aUe ©ünben unb SRiffet^aten beö ^iccolomini
burd^ einen ^rialbeamten ate ,t)ergeben' regiftriren; unb eS murbc
ein Srebe barüber aui^efertigt, melc^ed ber $apft bem abiigen
{Räuber in ber Stubienj fiberreid^te.*) — S)iefe ©ünben maren nid^t
etma nur im $immel Vergeben — mag bem ^iccolomini ganj
gleid^gültig — fonbem auc^ auf @rben, mad t>itl mid^tiger mar;
benn Sliemanb lonnte ben ^iccolomini nun belangen. — S)a8
©ünbenbergeben mar eben bamatö nic^t nur ein Saffen^ fonbem
auc^ ein politifd^ed ®efc^&ft.
828) 9{id^t fo gut gieng bie ©ac^e mit einem anbem ebenfalls
gefürc^teten unb bomel^men 9töuber]^auptmann, 3Rarianaj}0, imter
bem gleichen $apft. SRan leitete SSerl^anblungen ndt i^m ein, ob
er bie ©ünben ebenfaKiS bergeben l^aben moQe; man \)&ttt fte i^m
gern bergeben, unb ma^rfd^einlid^ nod^ ®elb l^erauiSgegeben, menn
er nur fein ÜRorbl^anbmerl aufgegeben ^ätte; fo grofee gurc^t ^atte
') Bibliotheca Cyprianica. p. 215. — fBofer, a. a. O. p. 108.
*) ^adi ber fie^re ber ^irc^e gehörten ^ur Suge bret Seile: oontritio
(9{eue), confesaio (83elenntnig) unb satisfactio ((Sknugt^ung burc^ ein guted
93erl); 9ieue unb ^etenntnig fielen na(^ bem ^bifc^of tllbredit fort; unb
— bad ^erf, nun, bad Ratten ja {(^on bte ^iebe getan. —
*) fRaxdt, ^ie rdmtf<^en ^fit^fte in ben legten oier Sa^r^unberten.
fieipjig 1874. »b. I. p. 284.
— 161 —
man t>ox i^m. 2)ie SSer^anblungen jerf dringen fic^ dbcx, unb
äRarianajjo erflärte, ^ fei i^m fo lieber: er fälble fic^ im nid^t
bergebenen 3ttftanbe fieserer.*) — ©o ttef fonf baö Saftergcfd^fift bcr
päpftttc^en @ünben«93erge6ung. ^c^mu^fagen, bief er Stäuber äRaria^
najgo, unb ber teutfd^e @tubent iDt^coniuiS, bie beibe ftd^ meigem,
aud fold^en ^änben ®änben«93ergebung }u empfangen, erfd^einen
mir nod^ aliS bie properfien aRenfd^en in biefer ganzen ®efellfd^aft.
8S4) 9iid^td mar bem $apft ju l^eilig, ipenn ed galt einen
^ierarc^ifd^en ober poßtifd^en Qtotd ju erreichen: Site ber längere
@o^n ftaifer ^cinrid^'« IV., ^einrid^, auf be« ?ßapfte8, ^ßafd^a*
tid'n., %[nraten {tc^ gegen feinen eigenen SSater empört ^atte, unb ber
iunge (Empörer, um fein Seelenheil beforgt, an ben $apft fd^rieb,
f (Riefte i^m biefer burd^ ben SBifd^of ®eb^arb bon ^onftanj feinen
päpftlic^en ©egen, unb berfprac^ i^m „SSergebung »egcn feiner
(Empörung beim jüngften ©erid^t."*)
825) ^o(^ bie ftärfften Seiftungen beiS päpftlid^en ^öniten}^
Sud^ei^ finben fic^ erft unter ber Stubril »De abaolutdonibus': ,abso-
lutio pro illo, qui revelavit confessionem alterius' — mer bad
Seid^tge^eimnig bricht — 7 grossi; »absolutio pro eo, qui in Eoclesia
cognovit mulierem' — mer mit einem Sßeib in ber ^rd^e co^ibi::
tirt — 6 grossi; »absolutio pro illo, qui usuras ooculte exercuit'
— mer im ©el^eimen SBuc^er treibt — 7 grossi; babei mar ber
SBuc^er felbft atö (Etmad fo ©d^mA^Iid^ed angefe^en, bag bie »abso-
lutio pro eo» qui cadayer usurarü publici tradidit Ecclesiasticae
sepulturae' — mer ben Seic^nam eined SBu^ereriS fir^Ii^ beftattete
— fogar me^r, nämlid^ 8 grossi» betrug.') »Absolutio pro concu-
') «an!c, a. a. D. Sb. I. p. 284.
') Eccard» J. G.» C!k>rpu8 historic. medii aevi. Francof. 1743. t. I.
pag. 602.
*) Vlan mug t)erfu(^en ^ier etioad tiefer ^u ge^en: %Ba^tf(^einU(^ uer^
fachten bie reichen 92ad^Iommen eined SBuc^ererd )(IIeS, um, ftatt bie Seiche
M SBerftorbenen auf ben @(^tnbanger getoorfen ju fe^en, ein firc^Iic^ed 9e?
gräbnib s^ emirfen. @ie beftac^en alfo ben $riefter. ^ied tmi^te bie IHrc^e;
fie »oQte ed au(^ ni(^t ^inbem; fte »oate nur tlnteil an ber ^o^en Don
9Bu(^erer0s9{a(^Iommen ^a^lbaren IBefted^ungdfumme l^aben, beg^atb a(^t
groflsi. —
pani]]«, CtaifdKv mkl}fl. 11
— 162 —
binario' — koer fid^ eine fionlubine ffitlt — 7 grossi; ,ab8<dtttio
pro eo, qui matrem, sororem, aut aliam consanguineam yel afBnem
8uam ant oommatrem camaliter cognovif — mer mit äRuiter,
®(SjtDt^et, Slutöbenoanten, SSertminten ober ^audgenoffm ftc^ fletfc^
li(^ k^ermifc^t — nur 5 grossi. ^ier fte^t man beutli^, bag bie
©ül^ne für 93er6rec^en nur nad) fmanjteUen ^eftd^töpunlten geregdt
xoat: bad galten einer ftonlubine mar etmod SQtagUd^ed, faft ®abfb^
k)erftfinblid^e8 r unb noc^ immer ber anftdnbigfte imb gern gefe^enfte
9(ui»meg für einen Steriler in ber 3mangi$tage bed 3ölibatö; ed
mar im gemiffen ®inn ein SSorteil für i^n; ^ier mugte er alfo
jal^ten, unb fc^on megen ber ^öuftgteit biefer Xa^e, nic^t }u mentg,
7 grossi; bie ^rd^e betra^tete bieiS a(d eine 9rt SupiSfteuer; ber
unjüd)tige Sertel^r l^ingegen mit ber Sd^mefter unb bergl. mar bod^
etmad ©eltenei^, g^fc^^i^ n>o^I meift nur au8 fHoi unb SSerjmeifhmg
— I^ier genügten 5 grossi. gebe moralift^e Unterfc^eibung menjc^
lid^er ^anblungen mar biefen goibbürftigen Samp^ren unmöglich
gemorben. »Absolutio pro eo qui virginem defioravit' — mer
eine Sungfrau fc^mät^tc — ftanb natürlid^ ^ö^er, meil eS häufiger
borlam: 6 grossi; noä) l^ö^er, mer ©imonie trieb, ,provitio Simoniae',
— mer ämtcr öerfouftc — meil ja l^ier ber Übeltäter fc^on eine
IBeftec^ungdfumme erl^ielt: 8 grossi.^)
8S6) (Sin eigenes Sa;>itel bilbet ber 3Rorb »Super homi-
cidio«: Sin Saie, ber einen Saien tötete — absolutio super homi-
cidio laicali pro laico — jaulte 5 grossi; mar ber Säter ein
Jlleriler: 6 grossi; menn er aUt l^öl^eren SBei^en fc^on ^atte, 8 grossi;
ein 99ifd^of nnb Sefan 20 grossi. ^ie l^o^en ®eiftli(^en, ganj in
ber ®ematt ber ^opfteö, unb reid^, mürben tüd^tig l^crangejogen.
— Mfolujion in absentia — menn baS ®efud^ mit ber SSemerhing
tocrfe^cn mar: ,fiat sive sit praesens vel absens' — 18 grossi
(er fparte {a bie SReifc). »er »atcr, aWutter, 95ruber, ©d^mefter,
grau ober SlutSöermanten tötet, ja^lt, menn ber ®etötete fein
fflerifer ift, 5 grossi; ift eÖ ein ^lerifer, fo merben 7 grossi gc=
jo^lt, unb heiß Säter mu^ fic^ in 9lom ftcllen: »Absolutio pro eo,
qui interfecit patrem, matrem, fratrem, sororeni, uzorem ant alium
*) Taxae, a. a. D. p. 52—55.
— 163 —
oonsanguineum, si laicum, gross. V; si esset aliquis eonim deri-
cusy teneretur interfector yisitare Sedem Apostolicam, gross. VH.«
— Stbfolujton für einen SWann unb grau, Me t^r ^nb neben fld^
yerbtüdt' aufgefunben ^aben: ,pro yiro et uxore, qui invenerant
}uxta se puerum oppressum' {toit ütelbeutig!): {ebeS bon fl^nen
6 grossi; SKfoIujion für ^bdabtreibung: ,pro muliere, quae bibit
aliquem potum, vel alium actum fecit» per quem destruxit foetum
in utero vivificatum*, 5 grossi; ift ber lätcr ein ^ertfcr, fo ttjirb
bie @a(^e be^anbelt ald menn er einen »Saien' getötet ^&ttt,^)
9SKf) „Viix fa^en, ba^ umb eined ^eQerd ober guten Xruntt
nHUen, fo bie guten ®efellen, bie Vbia^fx&mtt, lufHg unb tDoffl ge»
jed^t maren, allerlei ®ünb t?ergeben n)urben, unb ob S^ntanb S^brud^,
SRorb, Staub begangen, Sanb unb Seut berrat^en, SSater unb äRutter
ennürget, Sd^mefter gefd^änbet, ja, ob er ^riftum felbd ftebenmal
l^ätt gefreujtget, unb fein äRutter barju, bai toaxb alfo gar ein
leidet tfig(i(^ @ünb, fo leichtfertig bergeben, berfauft, berfc^enlt, unb
n)ie man eS ^aben moltt, mann nur bad gefd^Iagen fitber einen
frö^Iic^en SBIid gab, unb i^re Saferen freunblic^ anglftnjet."*)
838) ^ie ^öc^ften ©elbftrafen Verlangte bie Surie nic^t megen
Übertretung göttlicher Gebote, fonbem megen ^ufle^mmg gegen päpft^
lx6)t SSerorbnungen. @o lieg fte ftc^ für 8(uf^ebung bed gegen eine
©tobt auSgefprod^cnen 3ntcrbict8 100 — 150 grossi bejahten;*)
alfo 2 — 3000 aRarf. Unb bei Söfung eine« 95ann8, befonber«
gegen einen Surften, fanben ni(^t ®en)iffen^ fonbem biplomatifc^e
aSer^anblungen ftatt, um fo öiel ®elb, njie möglid^, ju erpreffen.
829) 2)ie ^rd^e leiftete überl^aupt gegen ®e(b Med; fogar
bog Unmöglid^e; fetbft »erfd^nittene, bie ate fold^e nic^t ?ßrleftet
*) Taxae, a. a. O. p. 58—59. Sic^c auc^ fBofcr, a. a. O. p. 101
btd 109, 194. (Sinaig unb aUetn fe^It in bem päpftlic^en ^önitenj^^eraeic^ntg
bie Xa;e für ben ^orb bed — $apfted. %on i^m tonnte man aljo n{(^t
abfolDirt merben, b. ^. ed mar ungefähr fo Diel, lote bie 6ünbe luiber ben
^eiligen (Steift.
*) fiut^er, Bulla coenae domini, b. t. I^k SBuUe Dom ^benbfreffen
bed aaer^eiltgften ^erm bed $apfted. 1522. @ämmt(. ©elften, d^rlangen
1830. ©b. 24. p. 166.
') ©ofcr, ü. a. O. p. 101.
11*
— 164 —
»erben lonnten, machte bie ^rie gegen ®elb mieber mannbar, ober
menigfteniS priefterbar, tnbem fie gegen Seja^Iung ber Xo^e i^nen
ybad SCbgef^nittene' auf ben 92abel banb unb fie bamtt für refütuirt
erilärte.^) 3)ie laje betrug ungefähr SKarl 280; 16 grossi:
» IHspensatio pro Presbytero qui abscindit suos testiculos gross. X VL « *)
— ©elbft bad f^merfte SSergel^en, Slufle^nung gegen ben ^opft, unb
,£e^ereiS »eld^e urfprüngUc^ don jeber Slemiffion auiSgefc^Ioffen fein
foulen, lonnten gegen @elb gutgemad)t merben. ,@d giebt 9ti(^tö,
load bie römifd^e ^urie ol^ne ®elb berlie^eS fagt $tud IL mit
eigenem 3Kunbe. ')
330) 9hir für bie 2(rmen mar 9H^td ju l^offen. 2)eg^atb
fagt auc^ bad Za^iuä) an einer ©teile: „äRerle, ba^ berartige
®naben unb Difpenfajionen an 9Crme nid^t bedienen »erben; ba fie
nid^t jaulen fönnen, fönnen fie nid^t getröftet »erben'': »Et nota
diligenter, quod hujus modi gratiae et dispensationes non conce-
dantur pauperibus, quia non sunt» ideo non possunt consolari.«^)
331) @tnen StuiSjug biefer Taxae Ratten bie Zeutfd^en @tänbe
i^ren »Ceutum gravamina nationis Germanicae contra sedem
Romanam«, i^rem großen Sefd^merbebuc^ gegen bie ^abfuc^t, Selb*
gier, Sämerei unb ©ittcnlofigfeit ber römift^en fiird^e, »elc^cg fie
auf bcm SRcic^Stag ju SQSorm« 1521 gart V. überreid^ten, ftitt*
fd^meigenb angeheftet. 3eber ßufa^ mar in ber lot überf(üffig;
benn biefe taxae fd^rien taut für fid& felbft. Slber unter 9?r. 86
unb 92 i^rer ^unbert 95ef(^merben Ratten fie erflärt: „Seutfd^lanb
ift burd^ fold^en (3(blag>:$anbel jugleic^ bed ®cbetd unb ber S^rifU
Hd^en grömmigfeit beraubt, ^urerei, 93Iutfd^anbe, g^ebrudf), äRein*
eib, 3Korb, S)tebfta^I, SRaub, SBud^er unb ber ganje Sßfu^I ber
übrigen Saftcr finb bie Solge. S)enn bor »eichen Übeltaten »erben
©cbcr, 3. (5v 3)a« ^o|)fttum. (Stuttgart 1834. II. p. 187.
») Taxae, a. o. O. p. 61.
') »Nihil est, quod absqne aigento Bomana Curia dedat«. Opera
Aen. Sylvii Basileae 1551. Epist. 66. — 2>e8n)cgen ift aud^ jene 6age
bom 2:ann^ftufeT, ber in 9lom nid^t abfotoirt »erben tonnte, meii er im
SenuiJberg gemeilt l^abe, eben nur eine @age. ^nn^ftufer ^atte !ein d^elb.
SBegreifßc^ bei Semanbem, ber aud ber grau $enud ^aud !am.
^) Taxae, a. a. €. p. 64.
— 165 —
Mc aRenfd^en nod^ jurücffd^rcdfcn, tocnn ftc einmal übcrjcugt finb,
bafe fic ftc^ öott ben ablafejTcbiöcm btc ffirlaubnift unb ©troftofig^
feit n\ä)t 6Io« in blcfem fonbern and) in jenem ScBen mit ®elb
Derf (Raffen fönnen?"*) — SBenn mon ermögt, eS ift ein ?ßapft ber
fid^ fo ctnjo« fagen laffen mu§! — «Ber fd^on 1524 gab ber p&pft^
lit^c Segat ffiampigio att Antwort auf btefe ©d^rift bie ©rHärung
ai: M^ Pd^ ber ^apft ju einer HB^filfe ^infid^tlid^ ber barin be^
rührten tßunlte unmöglich öerftel^cn fönnc, ba biefeffien bcm plip\U
lid^en Igntcreffc ganj entgegengefejt feien."*)
8SX) SRac^bem iebod^ Sut^er mit feinen Sranbfd^riften ben
entfepd^en Sugiad^StaQ ber %bIa|s:Sinricl^tungen (eleud^tet, fo bag
ber SBiberfc^ein burd^ aDe Sänber leuchtete; nad^bem er ben ftiQen
^erjend^tßrojeg lened fftd^fifd^en @tubenten in Snnaberg mit feiner
@tentor«@timme burd^ baS ganje 96enblanb gefd^rieen — ^utten'iS
fc^neibenbe Dialoge unb (Sxaimu^' mi^ige Kolloquien nid^t ju
Dergeffen — unb bomit bal^ auSgefpro^en ^atte, toai 2:aufenbe e^r^
lic^e ftatolifen innerlid^ bewegte, fa^ man fid^ in 9iom jum (£in^
lenlen genötigt SS begann, um in ber l^eutigen 9Rorfhim«®prad^e
ju reben, bie ®olb«(Sntjie]^ungd«fiur.
888) „^a liegt baS Vbla% unb fmb 93riefe unb (Siegel jur^
ftoben unb juflogen, unb ift nichts Seräd^terS in ber SBelt, benn
baiS ftbta% alfo, bag fie auc^ felbiS ju SlugdBurg ben ^ifer baten,
er foQte ben ^apft bermögen, bag er fein Vbla% me^r in 2)eutfd^^
lanb fd^iden moQte, angefel^en, bag ed in !(bfaD unb Serac^tung
lommen wäre.'' •)
884) „^a bie grunbbefte aUed ablag, nfimlid^ iai marm fet^
fegenb fegfeur, ber probiertiegel ber berfd^ibenen berbienftlofen feieren
fteg an ju er!alten, unb on bie fd^itrung ber meggabel unb feurbloS
ber megfttftung abjugel^n. 2)er bapft felber War für ain (Eulen;'
fpiegel, gauHer, mebuftfd^en gauberlopf, nad^traben unb ^anfbu) an«
*) (ikotgt, Oravamina adyenua sedem Bomanam. FVancforti 1725.
Ceniiim gravamina n. 86, 92. p. 486.
*) PallaTicini, Hiat. GondL Trident. L IX. c. 10. n. 12. Faeiua 1792.
') Sut^er, Don ber fBinfelmeffe unb ^ffemoei^e 1533. (SammtUd^e
©«Triften, (Erlangen 1830. a3b. 31. p. 309.
— 166 —
gefe^eit; (eine 6aim{hal moQten n{(^t me^ l^aften; bie betreten unb
becretttlen, bie gloffen ber fop^iften, bie fententien, bie quobliBeten
unb anbere grillen ber Ilerilen Gegönnte man ^inber bie BanI nad^
ben mfiufen ju merfen, ober murifirief unb buc^binberpopp barau|
ju mad^en; bie faMfacMonen ober genugtuungen unb übrige üerbienft
l^otten iren glauben kierloren; bie orenbeid^t ^otte fc^ier ire bebten
tag erlitten; bie me^ bie nte|, fag id^, jja bie ^ailige Hebe meg lag
fo Iranf, bog man fd^on anfieng ir baiS requiem )u fingen; bie fram
Sfadnac^t unb ber grabe bon ^bfaften unb gfronfaften Ratten beinal^
ben l^ald gebrochen; aQe bie l^ailigen anfe^nlic^e procefftonen, au|«
farten, felger&t unb ftatlid^e Ireu}gfing würben für ain Knberpeft ge»
ad^tet; bad l^ailig monftran^emfacrament warb nid^t mer mit pfeifen
unb trommen anbftd^äglid^ umgefüret; in fumma aUdi ^ailigtum ber
römif^en latl^olif^en lirc^en fteng an in bie äfc^en }u fallen. ''^)
885) «ffiie? SBenn'd mit ber 3ett einmal eind i^nen audf
mit tl^rer ^rc^engemalt unb SBei^e alfo ge^en würbe, bag, gleichwie
bie 9C6la^riefe {uftofien unb zuflogen finb, atfo auc^ beibe Sl^refem
(S^rüSma, baj^ ^ige £)( jum ©alben) unb platten (Sonfuren) }u^
fireuet würben, bag man nic^t wü^e, wo IBifd^off unb ^affe bliebe."*)
886) ,,®ott ift Wunberbarlic^, er ^at bad Vhlai gelegt, bad
Segfeuer gdöfc^t, bie Wallfahrten gebämpft, unb biet anber bed
SRammondgottedbienft unb Abgötterei ber ^apiften niebergefd^lagen
burd^ fein äBort; ob er aud^ foDiet äKarl in feinen ^finben nod^
^fttte, ba| er einen garftigen Sl^refem*) hinter feinem 9BiIlen burd^
lauter SRenfd^engebic^t eingefül^rt, lönnte audftöubem? fBo^Ion, lomptft
boiu, lieben ^pft unb »ifd^öffe ....!''«)
887) Sefonberd für Seo X., ben grogen 8[blag«£8wen, war
^) 3- Srif^art, 83iettenIor6 bed ^ailtgen römijc^en immenfd^toannd. 1582.
^t«g. öon g. etfeldn. @anct (»aUcn 1847. p. VII.
*) iMftx, a. a. O. p. 3ia
*) Sut^er ^at ^ier bor Witm bie ©albung ber ^rieftcr im t(nge,
bie er oetiDitft, ba r<< ben (MftUi^cn in ben 9Utgen ber Vtenfd^en ju ettoaft
.^iligem, d^ottfi^nlid^em mac^e, »ad fie nid^t feien; »eil nad^ ber ffotffoffntg
ber tbongelien Kde ^efter fden, unb bie eigentHd^n ^tiefler nur aud
dbnomifd^em 9iatffid^ten bit QkWi^t ber JHrd^e leiteten.
^) fintier, a. a. O. p. 310.
— 167 —
ed fd^merjlic^, auf bie gemol^nten (SoIb^Singönge ber^ic^ten ju mäffen.
^unberte bon neu«freirten 99eamten^), bie il^r Vmi t)om $apft ge«
tauft l^otten, tuarteten auf ben (Eingang ber Sla^gelber, auf bie fte
mit i^ren Qin\m ongemiefen maren, auf bie gul^ren ©ibtben ber
Sleutfd^en, bie über bie ^en tommen foKten, unb fte lamen nid^t. —
Sr ftarb; äSergiftet; nic^t an einer aOegorifd^en ©otb^^äSergiftung;
biefe jerftört nur ben moralifd^en Seib; fonbem regelrecht, römifc^,
to^fd^ vergiftet nad^ Sludfage ber är}te unb feined Qtttmonien^
meifterd Paris de Grasßie.') So fd^neQ, baß er, ber laufenbe
k)on Sbfolujionen „in ©efal^r be§ Zoit&, aui) menn er nic^t ein^
tritt'' berlauft l^atte, felbft o^ne bie @alramente bon Irinnen fal^ren
mufete, unb bie Kömer, — nic^t bie ^roteftanten — auf i^n ben
biffigen 83erd machten: „äBenn ^l^r roiffen moQt, mantm Seo in ber
©terbeftunbe nic^t mel^r bie l^eiligen ©aframente nehmen (onnte: @r
l^otte fte öertauft!"»)
8S8) Vbex bie ®efunbung mar nur t)on lur^er Sauer. X)ie
nun balb beginnenbe, unb ftaatlic^en @d^u^ ftnbenbe, beftnitibe
Trennung bon ^roteftanten unb S'atotilen lieg bie le^teren in i^ren
fortgefe^ten Wlag« Seiftungen gegen ben ^apft bon bem ®pott unb
ber ^tit ber erfteren fortan unberül^ri Unb bie Gegenreformation,
ber erroad^enbe S^fuitidmud, unb für Xeutf erlaub befonberiS bie
glüdflid^e ^egfül^rung ber berbünbeten (atolifc^en äRäd^te Sägern
unb £)ftreic^ ju beginn bed 17. Sal^rl^unbertd befeftigten baiS ganje
latoUfd^e Softem fefier atö jlematt in unferen Sanben. ©peiieU ber
Vbia% lam ^nrnr nic^t me^r auf bie marltfc^reierifd^e $ö§e mie
unter Seo X., aber bad ©Aftern, unb ba8 toax bod^ bad Sntfc^ei«
benbe, blieb, unb ift geblieben bÜS jum l^eutigen Zag. S)aiS fato»
lx\äft, auäf baS latolifd^^teutfc^e 6(ettriffen ift l^eute noc| ba^fetbe
M «nein fieo X. f(^f 1200 neue ©camtenftenen, bie er für 900,000
(Scttbi berfoufte; btr ®cubi fo biel wie 4V, 3Rar!. — «anfe, a)ie ¥e4)fte.
9b. I. p. 264.
*) BoMoe, W., The life and Pontificate of Leo the tenth. 2. ^t.
Heidelberg 1828. vol. m. p. 308—309.
*) Sacra Bub eztrema, si forte requiritiB, hora
Cor Leo non potnit sumere? vendiderati
neber, QT. 3., ^a« ^apftü^tm, 6tnttgart 1834. ©b. II. p. 358.
— 168 —
toie unter Ic^cl unb Sonifag Vni.: 3)ic Sünbc ift cttooö Äu^cr*
lic^ei^, nic^tö bent ^erjen Sn^^rirenbed, ein jufäKiged Sreignt^; um
fte ju tUgen, mu^ mteber etroad Äugerlid^ed gefc^e^en: ein med^nifd^
Qudgeübtei^ Sßer!, ein ^udja^ten Don ®elb, ein ^(uiSfuQen eined
SSeid^tjettete, bie Arbeit eined päpfttic^en ^riaU^Seamten in 9iom.
Sie Xrandafjionen jmifc^en bent @ünber l^ier unb bem ^ontife;
bort gelten l^inüber unb l^erübcr mie ®efc^äftÄ*ßorrefpDnbenjen; fie
finb bad eigentliche ®efc^e^nig, auf bad bie %(ufmerffamteit gerid^tet
ift; bie (Seroiffen — menn biefer 9tu8bnic! on bicfcr ©teße nid^t
)u ^oc^ ift — fc^Iafen. Unb fo inie biefe irbifc^e Sejiel^ung jtoifc^en
bem ©unber unb ^opft, refp. ?ßriefter; fo ift jene jnnfc^cn ?ßapft
unb fjcgfeuer fonftruirt. — 68 ift §icr gar nid^tS )u lachen I —
(£§ l^anbelt fid^ u. a. um ben Glauben t>on 15 äRiDionen Xeutfc^en!
— Die ©ünber im gegfcuer leiben. ®ttt)o8 rein Äußerliches. Um
ifinen ju l^elfen, muß l^ier auf @rben lieber ttxoa» Slugerlid^ed ge^^
fc^e^en. Der $apft fann il^nen Reifen; nid^t birect; aber über ®ott.
Sntereffirt fmb junäc^ft bie ^ngel^örigen. @ie laufen ftc^ äReffen,
®ebete, ober fteßcn am StHcrsSeelentag betenbe, lebenbe SBeiber
neben il^re Oiräber auf. Die Sngel^örigen tl^un 92id^td. ®ie be^:
jal^Ien. Sie leiften. Dad genügt Dad SBeitere beforgt ber $apft
889} $ören mir nod^ einen fatolifd^en ®ele^rten über biefe
bead^tendmerte 3){atene fic^ öugem. 6d ift ganj gleich , totn man
in latolifc^en @eeIen:sSvagen reben l^ört: einen ©panier, einen gran^
jofen; fte finb aUe ganj gleic^ mit ber teutfc^en latolifc^en ©eele:
®e^r beutlid^ erflärt uniS ber Sefuit SRenbo in feinem SBerl über
bie ^^usr^SuDe" ben Unterfd^ieb jmifd^en 9}ad^Iag ber ©ünben«
ftrafen burc^ ben $apft — Vbfolujion — unb „Sriöfung auS bem
gegfeuer" burd^ ben $apft auf bem SBeg ber „gürbitte". ^in^
ftd^tlic^ ber legieren fagt 3Renbo: „Der $apft fann auS bem ®c^a^
ber ^rc^e (in bem bie überfd^üfftgen SSerbienfte ber ®töubigen auf«
bema^rt merben), beren äSermalter er ift, ®ott fotoiet jufommen
t äffen, att für jene ©eclen im gegfeuer (jur Tilgung il^ren ©ünbcn*
ftrafen) notmenbig ift. Sluf biefe SBeife berfd^afft er, unb jmar auf
bem SBege ber »gürbittes nic^t ber ,2[bfoIujionS ben ©eelcn im geg*
feuer ben bon ben Sebenben (SSenuanten) aufgemanbten ©ünben«
— 169 —
(®trafen^)92Qd^Iag. Sd ift lein Unterfc^ieb jmifc^en bem ytaijjla^
ber ©ünbenftrafen auf bem SBeg ber gürbttte, unb bem auf bem
SBege ber %(6foIujton, meber l^inftd^tltc^ ber &x6%t nod^ ber Unfel^U
(arfeit ber SBtrfung. 3)enn in le^terem %aU lä^t ber $apft bie
©träfe nad^ atö {Richter, in erfterem SaK, inbem er ®ott einen ber
(Strafe äquibatenten $reid jal^tt": »Papa potest tantumdem ex
ecclesiae thesauro, cujus dispensator est, Deo exhibere, quantum
illae (animae purgatorii) debent. Sic ergo Pontifex per modum
suffragii, non absolutionis, animabus purgatorii indulgentias, a
yivis applicatasy elargitur. Non diffenint indulgentia per modum
absolutionis et indulgentia per modum suf&ugii, nee in quantitate
effectus nee in infallibilitate; nam in piima remittit poenam
pontifex tamquam judex, in secunda offert pretium aequiyalens
poenae.«*) — ©old^e ©teßen finb äu|erft inftruftiö. 3)er ^opft
offerirt ^ier ®ott einen „5ßrei8", öl^nlid^ wie er, ber ^opft, unter
©ijTtuS IVv gen)5§nt mar, üon Seuten, bie unred^ted ®ut an fic^
genommen, eine 3(bfinbungiSfumme anjunel^men, um il^nen il^ren 9lau6
ju fiebern; b. 1^. ber ^ap^i conftruirt fein SSerl^ättnig ju ®ott nad^
feinem eigenen SSerl^öItnig ju ben (Sünbem unb SSerbred^em. —
®iefe ,Äreuj=»uae', über bie ber ^efuit SRenbo ^ier eine «uf«
Härung giebt, ift eine «rt ®cneraI^aSIafe*»rief für Spanien, bie
))on $iu8 IX. nod^ 1866 auf '8 9leue beftätigt mürbe, unb bie i\&
}um l^eutigen Xage in Spanien f(eigig gelauft mirb. @ie gemährt
auger boIHommenem @ünben^9}ad^Iag unb Befreiung ber Seelen
SSerftorbener auiS bem Segfeuer eine SDlenge Sorteile: bad 3i^t ber
Übertretung ber Stbftinenj^Sebote, SRad^Iag bom Sib, bad yieäfi für
Wd^ter unb «bbolaten, bie burd^ Sefted^ung miffentlic^ falfd^eS Urteil
gefprod^en, fic^ l^infic^tßc^ be8 errungenen ^rofttS mit bem geifU
lid^en Sommiffar ju ,bergIeid^enS ebenfo für Solche, bie falfd^ed
SRaag unb tS^emic^t anmenben, für S^ebred^r, (S^ebred^erinnen,
S)ie6e, SBud^erer, gegen eine SCbfinbungdfumme fid^ abfolbiren ju
loffen.*) — Via» meint gi^r, teutfc^e ftatollfen, ju Wefer ,Äreuj«
^) Mendo, A., — S. J. — BuUae s. Cruciatae EHucidatio. Lugdun.
1668. p. 89. 0q.
*) %3oter, $^. 2)a« tir^Iic^e f^inanstoefen ber $apfte. S^örblingen 1878.
p. 212—25.
— 170 —
»uttC, mit bcr bte ftoljcn ®t)anier t^rc ftoljcn ®c»iffcn dnfd^Wfern?
— 3^r ifüit bcn ©taatSaniDoIt meint 3^r! — ®e»ifc gcorffc bcr
forgt für @ud^. %6er ed giebt ein Steid^, too ber ©taat/Sanmalt
nid^t l^crrfc^i ffli&t S^r, mo bog liegt?
840) ^er ^efuitidmuS ift immer atö potenjirter ^atoIigidmuS
bepnirt morben. «uc^ bcr iefuitifd^e Vbla^ ift potenjirter «blofe.
Der cl^emaligc 3cfuit^*3ögUng ©obe fc^rcibt, unb bieg gilt für
bog gegcnmärtige ^al^r^unbcrt: „SScrmöge ber üorgefc^riebenen ®e*
bete crtt)irbt ein SWitglieb (beö 3cfuitcn?DrbenÄ) Jcbcn äRonat ficben
bollftdnbigc 9(bläffe, augerbem tfiglid^ 60 ^al^re unb 40 Xage, unb
nod^matö e^tra tdglic^ 100 Xage; augerbem ift ed i^m teilg mdglid^,
teite borfd^riftSmägig notmenbig, gegen jlDanjig boOfiänbige Hblöffe
im 3a^r ju gewinnen, bic bieten einjelncn ,60 ga^rc*, ,]^unbert
XageS gar nid^t gerechnet. Überl^aupt gehört nur bcr 93orfa^ beim
Stufftcl^en boju, on attcn unbefanntcn Sfbläffcn, bic irgcnbmo ers=
morben n>erben lönnen, teil ju nehmen, um eine Unja^I )u ge«
mimten; bcnn bie ®efeQfd^aft ^t\\i ^at bag SSorrec^t, aQc immer
berlicl^enen ®naben mitjugenie|en. hierbei ift bad Wbbeten beS
Stofenfranjed, moju aber nur eine 93iertelftunbe gebraucht
merben barf, noc^ nic^t gered^net; an jebe $erlc fnfipfen ftd^
100 Xage «blag; alfo ingefammt 6000 Xage, bie man tägttd^ ber^
bient."*) — 2c^ froge, too ift bag 3)enfcn biefer Seute? — ©inb
mir ^ier in S^ina -^ nein, in einem c^inefifd^en 3rrcn^aug?
S41) Unb über i^re ©piele in bcn Serien unb Q^l^olungg^
ftunben crjftl^It und berfelbe Uniox, bag ^bie 9{obi}en SBiQarb unb
2)omino um Sbe^aRaria'g fpiden. SSer berliert, ift bcrpflid^tct fo«
glcic^ nad^ entfd^iebener Partie nieberiufniecn, unb ein 3t))Cs3Raria
ju fprec^cn, mdc^eg bcm ®eminncr gehört."*)
843) Unb 3iete unb ©^ftem biefer ©efcOfd^aft bcMftigte unb
erneuerte oox menigen S^^l^ten Sco Xni. in feinem betannten Breve
t>om 13. 3uli 1886 mit biefen SBorten: bamit Unfer
äEBo^lmoUcn gegen bie ®cfellfc^aft nod^ mel^r er!ennbar merbc, be»
ft&tigen mir unb belräftigen burd^ bag apoftolifd^e Snfe^en aQe
») ^ubcr, 3., a)er Sefuitenorbcn. »erlin 1373. p. 65.
*) ^uber, a. a. O. p. 64.
— 171 —
Spoftolifd^en ©(^reiben, meiere m auf bte (Errichtung unb Stner«
tcmtimg ber (SefeQfd^aft ^t\u bejiel^en, utib erneuern aKe IBorrec^te,
grei^eiten unb SCudnal^men, meldte burd^ btefe ©(^reiben bertiel^en
roaren, ober au& il^nen gefolgert mürben. — S^eSl^alB if
fttmsnen X3ir, bag bted Unfer ©einreiben untoerle^Iid^, gütig unb
mirffam fein, unb benen, meiere eS angelet, in jeber ^inftd^t ju
ftotten fonunen foQ. — & fei bieiB Unfer ©d^reiben ein 3^ugnig
für bie Siebe, mit meld^er SBir beftfinbig bte ^od^berül^ntte ®efell«
fc^aft umfaffen, jene ®efellfc^aft, meldte Und unb Unferen IBorgöngem
fo ergeben, meldte ber $ort ift für gninblid^e unb gefunbe Se^re,
unb niematt aufgehört ^at, freubigen SKuteS ben SBeinberg bed
^erm ju bauen. ®o möge benn biefe berbienftlic^e (SefeQfd^aft
3efu fortfal^ren ju arbeiten für bad $eil ber ©eelen, fortfahren in
i^ren 1^ eilig ejt Semül^ungen, Ungläubige jum Sic^t ber fflal^rl^eit
ju führen, bie 2iugenb in ben d^rtftlic^en Xugenben unb
ebIen«Sänften ju unterric^en. — ^nbem SBir bie und fo t^eure
®efenfd^aft 3^u liebenb umfaffen ic. . . . begeben ju Stom."')
94S) Snjftifd^en l^at baiB Kbla^SSefen burc^ !8erquictung mit
mobemen Snftitujionen bie munberlid^ften gormen angenommen:
SBäl^renb beS ganjen 18. ga^r^unbertiS maren in Stanfreid^ bie
großen SanfierS bie Serfünbtger beiS Stbla^. ©ie nannten ftc^:
»banquiers exp^tionnaires en oour de Rome«; fie gaben gebrudte
^xtiS^ßiixantii l^erauiS, in benen ^eber bie SiSpenfe filr IBertoant«
fc^aftf^eiraten, Sigamie unb fonftige ©ünben unb Serbred^en nad^^^
lefen fonnte. Suf^ebung bed ^ufd^^eitdgelübbeS (für bie franjöftfd^en
®eifaid^cn eine mid^tige ©parte, van ben 3^Itbatd«3mang rul^ig über
ft(^ ergel^en laffen )u !dnnen) lieg fid^ ber $apft bamatt mit
15 livres, nominell fftait 3Ror{ 12 — bem SBert nad^ ttxoa
SRori 36 — bejal^Ien. 2)a0 ated^t, k^erbotene »üd^er ju lefen, mit
28 UvTM. SRorb ftonb bamatt l^od^: 88 livree.^
S44) 2)ie fi^rie ^ölt bid jum heutigen !£age, nic^t nur bog«
^) ^ön«br34, $. oon, 8. J. Sarum foDcn bie Sefutten ni(^
mi4 S)eutf4Iatib jurfid? gceiburg 1891. p. 11-- 1.3. - ^önftbrdd^ ift
in^nrif^en oxA bem 3tfttiten:sOtben auftgetttten.
^ fBofer, ?^., a. a. D. p. 139—144.
— 172 —
mattfc^, fonbem aud^ rein gefcbäftömägig, il^re $öttiten)«XQ^en auf«
rec^t. Sfreitic^, um ^iebftal^I )u fiesem, mtrb ftc^ lernte SMemanb
tne^r einen SidpenS t)on 9tom !aufen; nid^t, meit i^n ber $apft
nid^t ^ergöbe, fonbem meil et t>ox ber meltlic^en (Sertc^töbarfeit
ntc^tö ntel^r f|ilft. DaS gleiche gilt für Sl^ebrud^, ^Bigamie, SRorb,
2:ot)(^Iag, Sßuc^er, Defloration, ^njeft. S)ie päpfttic^en Didpenfe
l^olfen auger^alb bed ^rd^enftaateS ntd^tS me^r. Wx Stelle ber
päpftlid^en ©ünbenüergebung um ®elb trat bie n>eltlid^e ©ünben:?
93eftrafung auf @taati^foften.
345} SBenn noc^ ein ®efc^äft gieng, gieng eS gel^eim: 3m
Sol^r 1857 üerfantc ein franjöftfc^er Slbbolat ©gambat^ eine
Di^penS^Sifte im 92amen bei^ $apfteS an aQe fran^öfifc^en ©eifb^
liefen, in ber 9lad^Iag bed Sibd, S^ebiSpenfe, bü^erfe ©ünben^^.Wb^
läffe, ^bfotu^ion t>om Sl^ebrud^ unb ®attenmorb unb öl^nUc^e Heb-
lid^e X)inge gegen ®etb angeboten n>aren. 3n ber Einleitung }u
bem ßi^lulare finbet fic^ ber @a|: „Unfer 3n>ed[ ift ein n^ef entließ
ftttlid^er." — ©n franjöfifd^er ©eiftlic^er §atte ben SKut, bog ©c^rift^
ftüd 5u veröffentlichen, mit ber ^ufforberung an ben p&pftlid^en 9tmt^m&
in $ari8, ben Slbbolaten ju beSamuircn. — 3)er ShmjtuS fd^wicg.*)
— S)ann l^aben n>ir aud^ nic^td ju fagen.
346) $(n (£^e^2)igpenfen nimmt ^eute nod) ber $apft Un^
fummen an^ allen £&nbem ein. Mein aud bem fleinen Sägern
jog bie ^rie innerhalb 6 ^a^re runb 35,000 ®ulben für S^e»
bidpenfe. Unb bie ®eiftlic|tett felbft mirb gefd^röpft nad^ 9loten;
ift aber }u anftänbig unb borftd^tig, um S&nn ju mad^en. gfür
jebed ßöppd^en, bag ber 99ifc|of toäl^renb ber SKeffe ^iaü ber SRitra
trögt, für ieben ^ribat^^SUtar, ber in ber ^aud^^fiapeae eined Sbligen
errichtet tinrb, mug baar in Stom bejal^It koerben.')
347) %uc^ bie mönd^ifc^e gorm bed «blaffed, bed «b^^Setend,
bed Slb^Safteteng, beg ^b^®eigelnd für $(nbere, für frembe ®ün^
58ei 38o!cr, «ß^., a. a. O. ift bie ganjc a)t8pen8liftc pag. 148—153
Qbgebrudt. — ^ad ift eine, bie ^uföHig an bie fiffentlic^teit tam. — Siele
5hitoIiten betrachten ^eute nod^ ben Staat unb fein Strafst (iefet^slBu4 für
ctmad 9(nti:=$(ipftU4e«, Ufurpirted. 3^r @^ott unb 9H4ter ift ber $apft.
*) 38o!er, a. a. €. p. 146.
— 173 —
ben, — baö SRifcrobcIftc für ein c^rltc^cö ©cmifjcn, boö ^ringip
bet SCrbeitöteUung aud ber merIantil^ö(onomifd^en S3ett in bie (£Ü)xt
übertragen — Mü^t l^cute nod^ in Icutfc^Ionb: SSergongencn @om*
mer M tc^ an ber S)omenftiftö*fiird^e in SWünc^en folgenben 9rn*
fc^Iag ber .^ffirjbruberfd^aft jur ©ül^nung ber ©otte^Iäfterungcn":
,,®cIobt fei Sefug ©l^riftuö! 3n ber @t. ?ßeterÖ^©tabt=$farrfirc^e
ift am fiinfttgen Sonntag ben 30. 3ull um jmci Ul^r Sonbcnt für
bie äRttglieber ber @r}bruberfd^aft 5ur ©ül^nung ber ®ottedIöfte^
nmgen. Qnx I^cilnal^me finb bie SKitglieber ber Srjbruberfc^aft
cingelabcn." — ^l^r ^errs®ott=@aframenter, maS brandet S^r für
frembe glüd^c ju fül^nen?! 3)a laffen ficft btefc Gr^ ©ruber
bie ®ottegIäfterungen il^re« Se^irte per 8rief unb $atet jufammens
f (Riefen, unb gef|en bann an bie 8(rbett, unb fül^nen, unb {dem
unenbltc^e Stofenlrdnje prestissiino burd^ i^re ttjarfelnben fiicfer. —
S^^r ©otteölöfterer! — ®enn ^l^r in 3tmcrifa om 5ßanama= Kanal
nur eine ©tunbe in ber ©onnenl^i^e arbeitetet, unb ftürbet bann
am Sieber, hättet ^l^r SSerbienfttooQereS boKbrad^t, atö mit (Surer
Sa^rje^ntc langen, fauligen ßö^i^o^^^eit. Gure ©otteöläfterunggs
Stlgungd^Srbeit ift malir^aftig aud^ ein fold^er ^anama« Kanal, ber
nie fertig mirb: bie 3^^^ ®i«^ SSer^ältnift ju ®ott fo rof|=p]^^fifc^,
SBagenlabungenmeiS auffaßt. — glucket nid^t, httet unb arbeitet,
bann !ommen @uc^ feine fo berrüdten Stnmanblungen. — 9lber bie
römifd^e Kird^e ^i burc^ ^al^r^unbertlange SSergiftung unb Um«
mertung aller religiöfen SBerte bafür geforgt, bag jeber Katolil für
ben anbem bie ©ünben ber SBelt tragen miH, 3cber ein ©i^d^en
,(^rifiud' fpielen miO, eine ^ebe ein ©idc^en »Jungfrau SRaria' unb
,llnbeflecftc (EmpföngniB* fpielen »itt. Unb ®r felbft, ber römifc^e
^ontifej, fpielt bcfonntlic^ fc^on feit Sal^rl^unberten — ®ott
S48) Unb mie ge^t eS erft in Italien ju! gebe ©pur ber
urfprünglic^en d^riftlic^en Seigre ift bort faft bertoifc^t. Unb eine
©d^ilberung ber bortigen ®ebr&u(^e lieft fid^ faft mie bie Srjäl^lung
eineiS qcotifd^en, fremben ®otteSbienfteiS.') aber ben meiften Kirchen
empfängt ben ©efud^er bie ^nfd^rift: »Jndulgentia plenaria, sempi-
Xrebe, X^., ^ad ^ibentum in ber römifc^en IHrc^e, IBilber au9
bem Kügiöfen unb ftttlic^ fieben ®übitalien6. Sier X^eile (»otf^a 1889.
— 174 —
terna» quotidiana pro vivis et mortuis« — ,)ioDfiUUtbigen, inune^
mä^renben unb tögttd^en @ünbens%6Iag für SeBenbe uitb Xote'; nton
meint tDirUic^ bte ©ünben feien bad erfie unb le^te im C^rtftot::
tum; in ben gefammten uBertieferten Sudfprüd^en 3efu, alfo in ben
))ier (Evangelien, lommt baS SBort, glaube id^, noc^ nid^t ein X)u|enb
mal k)or. 3n ben fftmmtlid^en Sefd^Iuffen bed Xtibentiner Sonjitt,
ber legten gro^ Siprung ber latolifd^en Seigre, finbet [xä^ ba&
aSort »aBIa^S indulgentia, biet mal; unb für baiS Soll ^toliend ifl
ed bad erfte unb le^te, bad SRittageffen unb tlfienbeffen. Sieben ber
Sere^rung bet 9Raria fennen fie nur nod^ ben S(BIa|. Unb toai
ift baS? „3)er SCBlag (eftel^t barin — lautete in einem %aVi bie
SluShinft — bafe 3emanb, ber 100 gol^re im gegfcuer fein mügte,
nur je^n ^af)xt brin bleibt. Der ^riefter beforgt biei^. SSir jaulen
unb ber prete mad^t bann Sfifcö."^) — ®cr Unterfd^icb jmifd^cn
,@ünbcnsS3ergcbung* — absolutio, venia peccatorum — unb ,9lad^s
la§ ber ©ünben* ©trafen* — indulgentia, dispensatio — »ic i^n
bie ^rd^e felbft bogmaKfc^ feft^ölt, ift ebenfalte boOftänbig bemifc^t
unb mirb felbft bon bem ^aupt ber fatolifd^en S^riftenl^eit in feinen
©rlaffcn nic^t mel^r auöeinanbergel^alten. 3n einem Sreöe fie 0*8 Xni.
^ei^t eS »Plenariam omnium peccatorum concedimus indulgentiam
et remissionem.« ') Dad SSolI mürbe ei^ fomiefo nid^t auSeinanber«
l^alten. Dad SSolI meig nur, bag ed gegen ®elb bon feiner
gegfcuer-Slngft befreit wirb. Stuf ©rbcn beforgt bieö ber?ßrieftcr
burc^ SReffe^Sefen ; im ^immel beforgt ed bie iXRaria burc^ gürbitte.
S)ag ift bie ®efammtfumme ber 9teligion ber Italiener.
849) Unb mit biefem «blag ftopft fid^ bad S3oK boU btS jum
$la^en. SBer ein Salve Regina itttt, ttf)äli bierjig 2:age Stblag;
für bie aWariasSitanei 200 läge; für eine finiebeugung beim ©ofro«
ment ebenfalls 200 Sage; mer immer ben SRofenfranj trögt, l^unbert
^) Xrebc, 0. a. O. II. p. 295.
») 3:rcbc, Q. a. O. p. 291. @^on ©ontfaj VIII. )>ra^ in feiner
Suüc üom gal^r 1300, in ber er boS gubclja^r jur TOIafe^öctoinnung na^
9lüm QUdfc^rieb, t)on einer yplenissimam omnium veniam peccatorum',
üon einer ,üoflftänbigftcn ©ünben = SS ergcbung*; unb er meinte bie ©ünben*
©trafen. Äat^oIiWeg J^irc^enlejüon öon SBefer unb SSelte. greiburg 1850.
S3b. V. p. 876.
— 175 —
Sa^re;^) mer 5 Pater noster uitb Ave Maria bei ber ^^affton
C^rifti unb ben ©c^mcrjcn bcr SKaria fagt, erl^ält 10,000 Sa^re;*)
„n>enn man 6 IBater^Unfer, 9b)e äRaria unb ,(£^re [et bem 93ater^
iu (Elften ber ^ettigften S)reifoIttgtett unb ber unfiefledten Jungfrau
aRaria betet, fo gelDinnt man jebeiSmal alle 9(6t&ffe \)on
Vlom, bon ^ortiuncula, Serufalem unb ©anijien."') Unb
bie Äird^e gicbt «Bläffe „m ju 200,000 Sauren."*)
SSO) Sie filrd^en ber berfc^iebenen SSetBrüberfd^aften in 3ltQpd
— fagt ©antosS)omingo — beft^en bie öerfd^iebenften ?ßribilcgien:
„S)a ift eine gefegnete ©tiege, )u ber man auf einem SSein l^tnauf«
Rupfen mufe; jcbe Stufe bringt Stblaft; bort rutfd^t man auf ben
^ieen ^inauf; unb loicber mo anberS auf alten SSieren."*)
851) 3n brei Sirenen ©üb^gtalienö, in ,@t. »naftafia* am
aSefud, in Sorpo bie datya bei ©alerno, unb in ,©t. ©aubiofo' in
SReapel, befinbet fic^ unter ®Iad unb Stal^men ber Umrig einer
©c^ul^fo^Ie unb barunter bie ^nfd^rift: „Umrig bom ©d^ul^ ber
aüerl^eiUgften 3Kabonna, ber in einem Slofter ©))aniend berma^rt
mirb. $apft ^[o^annXn. beftiOigte 300 Xage Slblag bem, melci^er
bied 93ilb fügt unb brei «be fomie brei Gloria patri fagt. SU^
menö Vm. I^at bieg beftätigt tiefer «blafe ift übertragbar —
applicabile — auf bie ©eelen im gegfeuer. SRan fann bon
*) fiiguori, 3)ie §crrli^tcitcn aWorien«. 4. «ufl. IRcgenSBurg 1860.
n. p. 17 — 18.
*) Xrcbc, 0. 0. O. p. 291.
^ fiiguori, a. a. O. p. 24.
*) SBofer, ^§., a. a. O. p. 110. — SRan finbct in ben 3n:en*2ln^
ftalten fieute, toelc^c in fjolge eine^ eigentümlichen Sfalta^iond-S^ftanbed
nur in ber Häufung bcr unge^cucrftcn SRaum= unb 3cit= Angaben einen
äußeren ?(u8bru(f für il^ren inneren 3"ftanb finbcn; [it reben über irgenb
Qttva^ in ber ^5^e bon |)unbert; roä^renb fte aber bie ßa^I no^ aud«
f|)rec^en, bereuen fie, !nüpfen gleich ^aufenb baron, unb fd^Iie^en, ba i^nen
bied au^ iii(!^t besagt, mit 9)liaionen. (5o reben fie in einem ttt^em bon
^unbert=^aufenb=3)?iIIionen. yRan nemtt fte ^oral^titer unb fie leiben an
6^e^im:(£rwei(^ung.
^) Santo-Domingo, Tablettes Napolitaines. 2. ddit. Bruxelles 1819.
pag. 134.
J
— 176 —
biefeni SSilb £o))teen nehmen, meiere biefeI6e SBirtung
852) 3m Saläre 1886 müfianb in ©cafati, bei ^ompq\
eine S(f}ien«®efeQfc^aft, toetc^e in ben 3^^9^ folgenbermolen
annon^rte: „Siefe ®e[eDf(i^aft bietet für eine einmalige 3<i^tung bon
30 centesimi aQen Xeilnel^mem für immer ca. 570 jö^rlid^e ftiQe
unb gefangene äReffen — messe annue piane e cantate — fokoie
jal^Ireid^e $ri))ilegien unb boQftänbige ^i^^^ulg^i^f ba biefe ®efell^
fd^aft ber ^rimärlirc^e toon @t SD^aria bi SRonterone in iRom )u?
gefeKt iDorben ifi X)ie genannte ©efetlfd^aft !ann in SBal^r^'
^eit ben im ^nrgatorio beftnblid^en ©eeten einen reid^en
<Bd)ci^ bon SSerbienften bieten unb fteUt fic^ unter \>ai ^xo^
tcftorat ber oHerl^eiligften Sungfrou. 3)er ©rjbifd^of üon larent,
aRonf. ?ß. 3orio, ^at Bereit« 300 Stlaien — azioni — geaeid^net- »)
858) @o (Sttoa» lommt mo^t in 2:eutfd^Ianb nid^t bor? —
«m 23. 2Kai 1893 üerfanten bie ßapuainer^SWönc^e in SWünd^en
per $oft unter bem @egen beS SRünd^ener Srjbifc^ofd Sinlabungen
an gänjltc^ Un6e!annte jum Sird^cnbaus^Seitrag mit bem SSerfprec^en
für bie Qaijiltnbtn, ein ganjeiS ^al^r ^inburd^ möd^entlic^ brei l^eilige
SReffen ju lefen; aufterbem mar ein gebrudtteiJ bierftroftgeö ®ebic^t
an ben ^eiligen Antonius tyon $abua beigelegt mit bem 3uf<4*
^100 Xage SlBIag iebeiSmal; mer biefeiS Stefponforium einen ganjen
aRonat !^tnburc^ täglich betet, (ann an einem beliebigen Xage bei$
äRonatS einen tooIHommenen 9(bla| geminnen. SRit Dberl^irt«
lid^erSetDiUigung. "•) — ©§ ifi wie ju Seiten 8eo'8X. äRan braucht
eine ^rd^e; man fammelt ®elb bei ben ®tfiubigen, unb ))eriauft
an fte im 93oraud @ünben«S3ergebung für beliebige 2^age unb be^
liebige SSerge^en; unb biefe @ünben«99erec^tigungd«@d^eine gelten
knie SäanlbiUeti^ t>on ^anb )u ^anb, unb merben fogar im SenfeitS
aliS 3<^^Iung angenommen. Unb 2)ie lönnen nun bauen, unb ^tnt
Idnnen fünbigen. ^c^ mei| ed, teutfd^e Satoliten, bag 2:aufenbe
))on @ud^ biefeS SSerfa^ren für felbftberftönblid^ Ratten, unb nic^t
*j Xrebc, a. a. O. p. 288.
») Xrebc, 0. 0. D. p. 296.
•) «crfojfer ift im «eft| einer folc^cn ¥oft=3uftcUunö.
r.»
— 177 —
einmal tnerfen, mo l^ier bte Stiebertrad^t liegt, bad Q^^ineftfcl^e, moratt
mir bic tiefe ^turftufe erlcnnen. ®o ift (£uer ©eloiffcn rutnirt,
unb @ure geiftige Stafe bon bem römifd^en äBeil^raud^ ))erftopft!
854) diejenigen aber, benen beim Sefen ber legten Kapitel
bod^ einige 93ebenlen aufgeftiegen ftnb, frage ic^, ba id^ eine ,^ax^
nung an meine lieben Sfutfc^en' im ©tile Sutl^er^S nid^t fd^reiben
lann, nur fobiel: ©eföUt ed @ud^ in (Surem italienifd^en 9leIigionds
®ebfiube? — SBenn Stein! bann berla^t eS, unb merbet tcutfd^c,
bon Stellten unabl^fingige, ^atolifen.
paniiia, Crnffd^er mii^I- 12
„3c^ bin bc8 trodncn Jon« nun fatt."
O^oct^e, Srauft I.
S55) S)a§ gegfeuer ift eine ^onftrul^toni^3(ntaQe ber römifd^en
^rd^e, beten Soften) Sem gegenüber }u läugnen, ber bran glaubt,
eine geffil^rltd^e ^acl^t fein bürfte. Unter ben fe(i^d „Crtem bed ^tn^
feitS" iebenfottg ber »ebeutcnbfte. S)ie »^ölle* ^at Hngft i^rc
©einreden Verloren. Seber, ber einmal im Scben ober im lob ,806«
folujion* ober ,a5ergebung feiner ©ünben* crl^altcn ^at — unb jeber
^atolif fann fte erl^alten, fobalb er fic^ nur bic äRü^e nimmt, ju
beid^ten, mag er getan tiaben, wag er njoffe — ift bamit bor ber
^öDe betua^rt. @etbft ber Delinquent, ber ^um ^Sobe gefül^rt mirb,
mirb bor feinem legten ®ang abfotoirt, fommt alfo nic^t in bie
^öHe. 3ft er einmal im gegfeucr, fo ift feine ®efat|r met|r. ©ein
©eligsSBerben ift bann nur nod^ eine JJrage ber 3^^*- ^^^^ l^öc^ftenS
biejenigen, bie toä^renb einer grauftgen Zi^cii, ober ttJäl^renb fte bic
©ünbe toiber ben l^ciligen ®eift begeben, tjom Job überrafd^t toerben,
gelangen bireft in bie ^ötte. S)ieg finb aber nur SBenige; nnb aud^
l^ier l^aben bie römifc^en S3anbiten — ic^ meine bie JRäubcr in ben
Slbruäjen — borgebaut, in bem fie fid^ „bottfommenen ^la^ an
einem beliebigen Sag" erfaufcn, unb bicfen für alle gäUe mit bem
lag i^re« 2Korb=?tnfc^Iag8 äufammcnfaacn laffen. Stlfo bie „^ötte"
cfiftirt cigentlid^ nic^t mel^r, toeil Sf^cmanb mel^r ^incinfommt.
356} „^n bie ^öQe glauben fte im ®runbe nid^t, meil i^nen
bie ©d^toere ber ©ünbe nid^t aufgegangen ift, unb toeil fte bemge«
mAg JU einem Seben in ®ott nid^t ju beilegen finb. Sa^er
— 179 —
fd^(te|t bie ßird^e burd^ bad 99u6falratnent bte ^dlle. Vbtx
ba^ ed t^nen einft eine (onge Qdt l^inburd^ fel^r [c^Ied^t gelten merbe,
unb ba| fie t^re ©ünben f&tiitnt(ic| einmal abbüßen muffen, bau
glauben fte. Z)arum eröffnet bie ftird^e bad Ofcgfeuer^)."
SS») «er näd^fte ,DxV beö 3enfeit8, bcr ,$immelS erregt
baiB Sntereffe ber ®(fiubigen meniger, qI& man erwarten foQte. Sod^
ift ed bei naiverem 3u[^^^ Q^H folgerid^ttg. 2)enn ba, mie gqeigt,
9Hemanb, ber fid^ jur redeten geit abfob^iren lägt, in bie ,^bUt'
lomrnt, unb bann atö beftnitiber Slufent^attiSort fär bie (Emigleit nur
ber ,^immel' übrig bleibt — ba ba« ,gegfeuer* nur Durd^gang»=
ftajion — fo lommen fo ju fogen oHe fiotolilen, ober na^eju alle, in
ben ,^immel'. 93ie ber auSfe^en mirb, merben fie ja feigen; ba fie
gemig ^ineinfommen ; moritber ftc^ ba ben ßopf jerbrec^en? gemig
ift, ba§ fte ba bei mel^rftimmigen Sl^oren unb ^arfen« unb $ofaunen^
hängen aKe SüQl^ömer ber @e(igtetten erfd^dpfen merben; baiS
9{ä6ere mirb fic^ bann finben; eine ganj gemiffe ©ac^e erregt nie
fo fel^r boö 3ntereffc, mie eine jmeifell^afte; beSmcgcn ftnb aUe Stn«
gaben itber ben 3uftanb im ^immel in ben t^eologifd^en Se^rbüd^em
fel^r fnapp; genug, bog ed ,ber ^immel' ift, unb bag man bort ,felig'
fein mirb.
358) 3)cr ,bntte Drt*, ber ,limbu8 infantiumS bie »aSorl^öHe
ber Sinber", mofelbft bie ungetauft fterbenben 9leugebomen h\& jum
eintritt bed SBeltgeric^tiS üermeilen, l^at burc^ ben Umfianb, bag
Sinber, befonberd m^enn fte fo jung fterben, noc^ leine bogmatifd^en
©pefulajionen aufteilen ober ftc^ um il^r ©eelenl^eil fümmem, menig
Seac^tung gefunben; unb bie ermad^fenen ^atolilen gel^t er nic^tiS
an; aber bogmattfd^ ejiftirt er. — S^nlic^, ober nod^ ungünftigcr,
t)er^ält eS fic^ mit bem ,bierten DrtS bem ,linibu8 patrumS ber
»äSor^öDe ber SS&ter', b. ff, jener glommen au& bem alten Xeftament,
meiere, \)ox S^riftud geftorben, ber burd§ ben legieren inaugurirten
3nftituiionen nic^t teill^aftig merben bunten, unb ebenfaUiS, an ge^
fonbertem Ort, belS SBeltgeric^tiS märten. @g finb, bem Sl^aralter
beS alten XeftamentiS entfpred^enb, meift Suben. Unb ba ed
*) ^amad, «., fic^rbuc^ ber ^^ogmengefc^ic^te. 2. «ufT. Sretburg 1890.
©b. III. p. 512.
12*
— 180 —
^uben, unb fte aUe geftorben, fo ift natürlid^ baiS ^nterefTe ber
l^eutigen ®enerQiton für biefen »limbufi patrum* fel^r gering.
859) Sin »fünfter Dti\ ber, tote id^ ju meiner Sertounberung
fe^e, felbft lotolifd^en X^eologen unBelannt ift, ,ber Sömenfen%
ylacuA leoninusS ber anä) »lacus profundus' ober ,06 leoniB' in bem
£Canon ber Sioten^^SReffen genannt toirb^), liegt in btd^tefter 92fi]^e
bei^ ,Segfeuerd' felbft. Sd^ ^alte tl^n feined liquiben ©el^altS n>egen
an biefem Ort für mic^tig, für f))e!ulatiü n>ie fanitär mertt^oQ, unb
fomme auf il^n jurüd.
560) £er ,fec|fte% unb meitauS »id^tigfte ,Drt bed 3enfeitd<
ift aber bog gegf euer fetbft. ©eine ©yiften} mirb mcift ouf ^apft
Tregor ben ®rogen jurüdgefül^rt (590—604); mo^I bedl^alb, meil
er juerft (Seelen in größerer ÜRenge bal^in gefd^icft, unb mit einigen
üon ba 3urü(f!e^renben fogar gefprod^en f)at ^od) reicht €& t)xd
XDtittt jurüd; fd^on ber l^etlige 3(uguftin im 4. ^al^rl^unbert fprtd^t
toon i^m, mie üon einer unl^ermeibtic^en bogmatifd^en Schöpfung; unb
XertuIIian im 2. ^a^rl^unbert l^at eg kDenigftend fc^on angebeutet
D6 (äönge begfetben 6i§ ju bem griec^ifc^en SartaroS, ober nod^
meiter, auf ber einen @eite 6id nad^ $erfien, auf ber anbem @eite
6id ju ben Sräberl^ö^Ien ber äg^pter führen, ftie SMele meinen, foQ
und l^ier nid^t meiter aufhalten.
561) $(tö ^roteflant fann' ic^ ^ier nic^t in bie Sage lommen,
^erföntic^eS über bad g^gfeuer audjufagen, ba ic^ nid^t, mie l^iele
ft^atotüen, n>eber bort mar, noc^ eine @eele barouS erlöft l^abe, nod^
fetbft baraud erlöft loorben bin. ^^ lann mic^ beSl^alb im Solgen«:
ben, mo id^ eine getreue ©c^ilberung biefer merfmürbigen S^nftitu^ion
ju geben beabfic^tige, nur an bie objeltiben 99erid^te ber fatolifd^en
^rc^enlel^rer galten; unb l^abe ju biefem 3^^^^ ^^ XertuUian,
ben l^eiligen %mbrofiu§, S^prian, ^ieron^mud, 3(uguftinug,
DrigineS, ©rcgoriug ben ®ro§en, ©afiliuö, I^eoboret,
t!(Icuin, ^nfelmud, ^a^mo, ^nnocenj m, Zf)üma^ ))on
^) >. . . . libera animas omnium fidelium defunctorum de poenis
inferni — betet ber römifc^e ^rieftet — et de profunde lacu, libera eas
de ore leonis, ne abeorbat eas tartarus .... etc.« Missale Bomanum,
Missae pro Defunctis. —
— 181 —
9(quin, 93 o na (Ventura u. q. mit bielem ^Itx^ ftubirt; nid^t nttnber
auc^ baiS mertboUe 33üci^Iein bei ©ebrüber SSenjiger in @inftebeln
„Iroft bcr armen Seelen, Säelel^rungen unb Seifpiele über ben 3"^
ftanb ber Seelen im S^Of^uer, fammt einem bottftönbigen ©ebetbuc^e
}um Iroft berfelbcn; l^erauSgegeben bon ^forrer S^fepti Stders
monn"; Iciber fte^t mir nnr bie 14. 9luf{oge bom ^ai^x 1857 jur
SSerfügung; xä) fann alfo bie Steuerungen ber legten 40 3a^re nic^t
mel^r berüdftc^tigen.
868) Da« ,gcgfeuer*s9ieic^, meiere« im ©egenfa^ jur ,§öBeS
ober ,infemu8 inferior*, aud^ ,infemii8 superior* genannt ttjirb, befinbet
fxd) ,mit atürffic^t auf baS geuer* ,ratione ignis* in näd^ftcr 9?ä^e
ber ^öHe unb ift mit biefer burd^ eine 2^^üre berbunben^); eö fd^eint
bemnad^, n^enigftend nac^ bcr 9(nftd^t meine« SanbSmann«, bed SBür^^
burger SluguftinersSWonc^« SJartl^oIomäuS, Jein geuer aug bcr
^öUe )u bejie^en; DdlDalb bagegen (ben ic^ nid^t mit bem
SWarien«C«roaIb ju bermec^fcln Utk), Witt baS gcucr-Sleic^ „nid^t
)u na^e an bie ^öUe rüden unb gerabeju ju einer Sorl^ötle
mad^en; in ber 'S^at ift e« n^eit el^er al« ein SSor^immcI an^u«
feljen"*); bie Cuolität be« geucr« miH er aber auc^ mit bcm in
ber ^öße jufammcnf allen fefien"). ©c^wierige Dinge! Die ältere,
tröftlic^e 9tu«ftd^t, ba§ e« fic^ bei bem S3rennen nur um eine ^t^
gorie, um eine geiftige 5ßcin, um „bie 5ßcin beS SSerlurftc« (sie!) bc«
^immete", mie bcr Pfarrer in ©inftebeln will, ^anble, fd^eint ftd^
leiber neuerbing« nic^t ju beftätigen; eS ift ein üeritabte« ,93rennen',
unb D^tualb ^ält „miffenfc^aftlic^ bie ^nftc^t bon einem förper«
lid^en g^ucr in bcr fünften aufläge für bie bei meitcm mal^rfd^ein«
liefere*)." — Die @d^mer}en »überbieten bcrl^ältnigmäfeig weit oBc
^) »Quia autem purgatorium ratione ignis tarn propinquum et simile
est Inferno inferiori, ideo ecclesia illud vocat portam infemi.« Purgato-
rium, libelluB fratrifl Bartholomaei de Usingen, Augustiniani. De Inquisi-
tione Purgatorii, et de liberatione animarum ex eo per snffragia vivorum.
Contra Lutheranos Hussopycardos, Herbipoli 1527. cap. VIT.
*) Ddroalb, 3. ^., @f(^atoIogie, ba^ ift bie legten ^iriQt. 5. Der^
belferte «uff. ^aberbom 1893. p. 118.
•) Odtoalb, a. 0. O. p. 117.
*) CÄwafb, ü. a. O. p. 115.
— 182 —
Seiben btefer SBelt* (D«»a(b p. 117) unb finb »groufig unb furd^t*
bar* (p. 518); unb aud^ bte rein ,geiftigen ©c^metjen* be8 (Sm^
ftebicr Pfarrer«, ober ,bte Dual be« SScrlurfteö* (mit ,rO, finb nad^ il^m
fd^limmcr ,afe taufenbfad^cg geuer*. fiomplijirt wirb biefcg »gegfcuer*
baburd^, bag barin t^oDftönbige ginfternid l^errfd^t: „@9 giebt im
gegefeuer ncbft bcr gcucrpein nod^ anbere ?ßcinen ber Sinne ober
ber Smpfinblid^feit, borcrft bie ginfterniö"^); aud^ !ommen eine
äRenge ,fd^arfcr*, fäurcä^nfid^c Stoffe bort bor, ,gegen bie in biefem
Seben nid^td Sd^ärfered unb nid^td ^eftigered erbad^t merben tann'
(äcfcrmann p. 23); eine »eitere ffomplifajion bef »gegfeuerS* ift
eine mal^nftnnige ,ff&Ite*: „©iejcnigen, meldte ftd^ int 9ieinigungi^
Drt befinben, ermarten bie (Sriöfung, muffen aber juerft burd^ bie
^i^e beS geuerS, ober bie ©d^ärfe ber Sälte gepeinigt »erben"
(?tdEermann p. 21); fein ©unber, bafe biefe ßeute ,o]^ne Unterlaß
fd^reien* (ebenba p. 27); unb al8 legten ftontroft melbet unÄ
D8»alb, bafe bei allen geuersSd^merjen bofelbft ,t)iete l^immlifd^e
greubc* befiele ,iDegen ber böCigen Übereinftimmung i^reS SBitteng*
mit ben berl^ängten Seiben. (D^malb, p. 119).
363) ^ä) fann l^ier nid^t mit einer ^nfic^t jurüdF^alten: S)iefed
gfegfeuer mit feinen lol^enbcn glammen, mit feiner entfe^Uc^en $i^e,
S)unft unb Oualm, mit feinem f^ettgerud^ unb Sc^maljpfannen, ben
fielen fauren unb gebeijten, fd^arfen Sad^en, bie ba gegeffen »erben,
bem großen 3)urftgefii]^I bafelbft, ber entfef^tid^en ^älte in ber 3?ä^e
ber I^üre (tro| großer ^i^e im 3^"^^)^ bem fürd^terlid^en ®efd^rei,
unb bobei boc^ ^immtifd^en Sii>clitöt, „»egen ber Übereinftimmung
i^rcS SBilleng mit i^rem Slufent^altSort", erinnert mid^ lebl^aft on
bod teutfc^e 9ßirtd^oug mit ®arfüd^e; fc^recfUd^er lann bort ber
Cualm nic^t fein; nid^t fd^redlic^er bad ®ef(^rei; unb fd^Iimmer
lönneu nid^t bie Un^olbinncn fein, bie bort bie ,armcn Seelen* be^^
bienen. ^6) ^alte bed^alb „»iffenfc^aftlid^ bie ^Infid^t für bie
»al^rfd^einlid^ere'', baß f. 3- ^^^ p&pftlid^er Segat ^apft ®regor
bem ®roßen bie merhoürbige 99efd^reibung eined teutfd^en SBirt^
l^aufel^ auiS Germanien mitgebracht, unb ®regor, betroffen, l^iemac^
«dcrmann, g., Xroft bcr Seelen. 14. Auflage, ©nfiebcln 1857.
p. 20. —
— 183 —
Mf ftonftrufjion heB gfcgfeuetd in feinen ^eiligen Sudlern genuH^t
fyd^). —
S64) ^enn mit ber 99egrunbung ber S^teii) he§ gfegfeuerS
üvA ber Sibel fte^t ed fe^r fd^timm. ^df bitte ^, lieber Sefer,
bei ber folg^ben SteUe genau Obad^t )u geben, ob S>u ttma^ t)tm
einem ,gcuer* entbedfft ob ha ctma« »brennt*; eg ift bie einjtge, auf
bie ftc^ bie fatolifd^e ^rd^e emftl^aft beruft; fte fte^t nid^t einmal in
einer ber Dffenbarung8 = Schriften; fonbem in ber erjä^lenben
Sitteratur ä la ©ufonna; in ben aRaKaböem II, 12. 43—46, unb
berid^tet bon einem j[übifd^en S^Ib^^rm 3 üb ad unb feinem Xoten«
Opfer für bie ©efaüenen: „Qx lieg eine (Sammlung l^eranftatten, unb
fd^idte ben SBetrag, 12,000 SDrad^men, nad^ 3^rufalem, um fie atö
Dpfer fitr bie SRiffet^aten ber Gefallenen barjubringen; benn er
glaubte feiner 9}etigion gemög an bie ^uferfte^ung; fonft ^tte er
bad 93eten für bie SSerftorbenen für überflufftg erad^tet; unb er
meinte, bag biejenigen, bie fromm geftorben feien, am fid^erften bie
endige 9tu^e getofinnen/' (»optimam haberent-repositam grataam«). —
Sei ben ©pielen ber ^nber, menn etmaS berftedt mirb, unb ber
@ud^enbe lommt in bie 9!ä^e, ruft man ,@d brennt, ed brennt!'
$ier brennt nid^td. 9ud biefer (SteQe ergiebt ftc^ nur, bag bie
Suben an bie 9luferfte^ung glaubten, bag fte bei ber Seftattung ber
Xoten für fte beteten, unb i^ren Körper }ur emigen Stu^e im ®rab
liegenb badeten; benn reponere l^eigt belannüic^ beftatten, unb bie
gratia reposita lann nur ,bie (Srabedru^e' bebeuten. — 3^r ftaunt?
— 3a bon ben mobemen fatoUfd^en Dogmen, ber »Unbefledten @m^
pffingniS ber SRariaS ber »SnfallibiHtftt bed ^apfteS', ift leine fefter
genagelt; im (Gegenteil, fte ftnb noc^ libfd^öftiger.
SOS) „^aS Segfeuer ifl ein lauter, erbic^tet 2)ing, 2:reubeU
^) S^ todb, baft t4 mir mit biefer ^nfic^t wenig Serbienfte ertoerbe:
ni^t bei ben 2:eut|(^en, benn bie|e merben, )>om tettlf(^en 93irt«^ait« rfl^«
VOM auf bad S<0f<»er fc^lieftenb, bie|e billige tat^Kf^e ^oftrin fe^ unb um
tmrbriUblidi glauben; nid|t bei ber latoUfc^ Ü^ird^, benn mtfere Sanbftleute
»erben, einmal in bem gfeuersQirtd^aud bed 3enfeit# angebmmeu, ft^ kbe
Süsbüte um Srlöfung ma bemfelben etnftttc^ »erbitten; unb ber irbijc^e,
latoliff^e 9(blab ge^t in krümmer.
— 184 —
morit unb &dbttam, babon in ber l^eiligen ©d^rift nic^t ein 93ort
[teilet, barauf bod^ bog ganjc ^opfttum mit feilten D|)fcmieffen»
äSigilien unb anbete SCbgötterei geftiftet unb gegrünbet ift; unb ift
^ir unberfc^ömpten 99u£en, Spicurer unb 93ödtt)ic^t nur umBd ®elb
ju t^n, S)einc I^rannei ju crj^olten, nid^t umb bie Seelen^).''
300^ „3)te reben bon ber ^eQen ptin
old ob bie je belannt möc^t fein.
unb tDod uns geb bor freüben gott,
bie me|cn ft)e auj mit bem lot*)."
367) SSeit el^er ftnbe i^ einen 93en}eig für baS ^afein eineiS
intcrmcbiären ,Drtg ber Stbgcfd^iebcnen* in jener äg^ptifd^en ©teile,
bie Maspero nu8 einer Soten^ffiammer Befd^reibt, too ber berfeffien
eingegrabene Seyt ben 93efud^er um ,^erfagung einer gormel bittet,
bie i^m, bem SSerftorbenen, bie SReife in bie ®n)ig!eit erleid^tere*.
S)ort fmben mir aud^ fd^on bie med^anifd^e ^Äufjä^Iung ,guter aScrfe*
beg SSerftorbenen, bie bamalS in ber ,Sieferung t)on Dd^fen, ®änfen,
SBein, Sier, ^d^en unb 5ßarfümen beftonbcn*, auf bie fid^ ber Zote
mit lotolifd^er ©id^erl^eit l^infid^tüd^ ©rringung ber emigen ©eligfeit
beruft, imb bie fpäter ber römifd^en Sird^e bie ungejäl^Iten STBIa^
@elber teutfc^en Dd^fen unb ®änfe eingebrad^t l^aben').
S68) Dber aud^ in ber berii^mtcn ©teile bei SSergil,
Aeneidos lib. VI. 739—744.
»Ergo exercentur poenis, vetenimque malorum
Supplida expendunt. Aliae panduntur inanes
SuBpensae ad ventos: aliis sub gurgite vasto
Infectum eluitur scelus, aut exuritur igni;
Quisque suoe patimor manes; exinde per amplum
Mittimur Elysium et pauci laeta arva tenemus.«
„S)ort Ujerben fte nun in Dualen herumgetrieben unb fül^nen
fo bie ©trafen »ergangener Serbred^en. S)ie Siuen l^ängen, blutleere
') fintier, $apft (SIemcnS' VII. jtpet Butten. 1525. 3&mmÜ. SBette.
(Erlangen 1841. S9b. 29. p. 307.
*) ^utten, Q^Iog unb ^ormanung gegen ben übermfigigcn unc^riftlid^en
geUKiIt bei» IBapftd ^u 9li)m. 1520. (gömmtl. @d^nften, ^i«g. uon flSikfing.
fieipaig 1862. »b. IH.
*) Maspdro, G., Etudes de Mythologie et d'Archtologie egyptiennes.
Paris 1893. tome I.
— 185 —
©d^emen, aui^geftredt, ben flattemben SEBtnben preisgegeben; %nbem
fKirjt ein gräulid^er ©ie^bad^ über bie beflecften ©lieber; xoxAtx
anbere brennen, gebe« iü^t bie unbemteibtid^e ©c^ulb. Unb
SBenige nur gelangen in bie freunblid^en ©efilbe." — $ier brennt
menigftenS @tn)aS! S)ie fatolifc^e Sird|e fennt biefe ©teile nid^t.
Um fo beffer fnnnte fie ©ante. —
869) £od^ bleiben n)ir beim fatolifd^en gegfeuer — ba mir
inS äg^ptifc^c ober lateinifc^e IcineSfans fommen — unb fe^cn ju,
wag l^ier für ,gute SBerfe* nötig finb, um ben armen Seelen, bie
auf @rben nid^t eine genügenbe äRenge berfelben t)oUbrac^t l^aben,
)u Reifen. Sigentümlid^ermeife l^aben fid^ l^ier bie $arfüme an^
äg^pten in i^rer fünben=tilgenben ^aft gerabe in ber älteften 3cit
erhalten. S)er ^eilige ^ieronljmuS fd^reibt über ben lob einer
grau: „SRan ftreut über ben Ceid^en^ügel SJeild^en, 9tofcn, Silien
unb purpurfarbene Slumen, unb bene^t bie ^eilige ^fc^e, unb bie
t)ere^rungdtt)erten ®ebeine mit bem Salfam bed ^ImofeniS; mit biefen
©olben unb SBol^lgerüd^en erquicft man bie ru^enbe ?tfd^e^). — 5)o(^
totit tt)irb man ^eute mit biefen Dpopona;- unb 9lang:sPang^
©penbungen nid^t fommen. ©onft mären unfere ^ßarfümerics^anb*
lungen l&ngft ju lirc^lic^en 9bla|«Söben gemorben. SBic^tiger ift
bag man fic^ an bie ,ißermittler' menbet, benn ol^ne SSermittler lann
ia ber ji'atolif in l^immlifd^en ©ac^en nid^td tl^un; man menbet fic^
alfo an bie Jungfrau äRaria, bie belanntlid^ ,mit einigen Sropfen
i^rer 3R\lä) baiS gegfeuer auSlofd^en fann'*). !S)emnöd^ft an ben
^riefter, ber für 1 äRarf — ben 5preiÖ einer SReffe — gemaltige
2)inge im ^enfeitd bermag; auc^ Sngel unb ^eilige lönnen inter^:
t)eniren, unb ermarten, angerufen ju merben. 2)a| @]^riftuiS, ober
®ott=Sßater, ober gor ber l^eiligc ®eift baö ®eringfte im gegfeuer
bermögen, l^abe id^ in feinem eiujigen &et)r^ ober Snbad^tg^SSuc^
getefen. S)er gegfeuersDömalb — mie id^ il^n im ©cgenfafe jum
') ^ieron^mud in einem IBrtef an $amma(^tud; fie^e ^r(^enIe{i!on
»on SBe^er unb $3elle. gfreiburg 1849. 16b. III. p. 933.
*) Cdtoalb, ^., [SRanen^Odioalb] ^ogmatifc^e SKarioIogte. $aberbom,
1850. p. 183. Odnxilb bemm^rt fi(^ bagegen, bag eö [id^ ^ier blod um ein
,Ieered SBilb' ^anbeln Idnne.
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SRarien^Ddloalb nennen toxU — befd^rei6t aQein auf 117 Selten
ben mfid^dgen Sinflug ber ^eiligen, 9ieliquien, Silber, ^eu}e unb
il^rer 9(nntfung unb S3ere^rung auf bie Sl^^mmen he& ^rgatoriumS
unb bie Ouaten ber armen ©eelen^).
370) ÜBerrafc^t f)at mid^ bie SSirfung bed SBad^fed, megen
feiner leidsten ©d^meljbarleit unb SBrennbarleit, att geeignet ben
@eelen im S^gfeuer ju Reifen; no<S) me^r bie bei^ ÖteS, roa(i bod^
in biefem ^aü bireft „DI iniS geuer giegen" l^el^t; foföie bie Sm^
Pfeilung beiS SBei^raud^d, ber boc^ ben 3)am))f nur tierme^ren
n)ürbe, atd id^ bie ©teile bei SSart^oIomöud be Ufingen laiS:
„S)ie erfte 8rt, ben ©celen im gcgfeucr ju l^elfen, ift burd^ ba8
@alrament bed StItariS . . . $ier^er gel^ören aud^ ^adf^, SSei^raud^,
JDI unb öl^nlic^e SSrennftoffe, obtnol^I bie fiutl^eraner ed t)erurteilen
unb barüber lad^en*)."
S71) Unter ben Sibelftellen )tneiter Drbnung, auf bie fid^ bie
latolifc^e ^rd^e bei ber Se^re bei^ SSor^anbenfeini^ eined SegfeuerS
beruft befinbet fic^ aud^ bie: $falm 65, 12: „SSir giengen burd^
gfeuer unb 993 äff er, unb 3)u l^aft und ^erauSgefü^rt an ben Drt
ber ©rquidhmg." — ®a fid^ ^ierauS ein gegc^SSäaffer mit ber:=
felben @id^er^eit, tt)ie ein gfegfeuer, bett^eifen lägt, fo ift t^ieUeid^t
bod^ in ölterer 3^it t)ieUeic^t unter 2:ertuIIian ober Tregor bem
Strogen, eine bogmatifd^e Sßermed^dlung t)orgeIommen, unb ed befielt
ofe bicfer ominöfe ,Drt* im 3enfcit8 ein gege:«Sa3affer. SWir per:=
fönlid^, ate ^oteftant, ift ed gleid^, in tnelc^em (Element fic^ bfe
^atolifen martern laffen; ba ber, ber an biefen jDrt nic^t gloubt,
aud^ nic^t ^infommt; id^ meine aber, bag bie obengenannten feuer«
förbcmben, öligen ©toffe, bie ,^etfenb* tt)irfen f ollen, ju SSäaffer —
e contrario — beffer ))affen.
^) OSmalb, 3. ^., [gcgfeuer^OStoalb] (gfc^atologie, bad ift bie legten
a)inge. 5. «ufT. ^ttbcrborn 1893. p. 126—243.
*) »Primus modus juvandi animas in purgatorio est per sacrificium
altaris . . . Etiam ad hoc cerei, thus oleum et id genus alia pertinere
dinoscuntur, non obstante quod coenopycardi [bie ^recfftilrer ober Unrat:
f<!^nfiffler?], qui sunt Hussolutherani haec contemnant et rideant.« —
Purgatorium, libellus fratris Bartholomaei de Usingen Augnstiniani. Herbi-
poü 1527. cap. Vin.
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87S) Überrafd^t f)ai mx6) auc^, ha^ ben @eelen im gfegfeuer
baö ,ßid^tcrbrenncn* Reifen foH: ®cr Süificblcr Pfarrer fd^rcibt:
„SiS ftnb bie SOltttel tl^nen beijufpringen t>\At: Anrufung ber 2Rutter
O^otteSr ber @ngel unb ^eiUgen, 3)ugn)erfe, 9(ufopferung ber eigenen
SSerbienfte, 2ic^tbrennen."^) SBor Ädtermann öiellcid^t ^omöopat^
unb l^anbelte nad) bem ©runbfa^ similia similibus?
873) äRerfmürbig roax mir auä), bag mein fd^on tmeberl^olt
^itirter Sanbi^mann äSortl^oIomöud t)on SBürjburg ben armen
©eelen mit , Sudlern' unb ,ffleibern* l^elfen tt)itt: „8ud^ ift eö
unter ben ®(öubigen eine oudgemad^te @Qd^e, bog eS ben armen
(Seelen im gegfeucr eine ^ülfe ift, njenn bei ber feiertid^en i^onbs
lung (lotenmeffe) mit SRücffic^t auf fie bargebrac^t n)erben Sudler,
Äerjen, Äleiber unb fonftige ©c^mudgegenftÄnbe." *) ©inb benn
bie Seelen im gegfeuer nid^t nadtt? Unb, njenn fie ÄIciber tragen,
Verbrennen benn bie, unb ftnb nid^t imprägnirt? Unb luoju
Sucher? SBotten ©ie benn ftubiren? ^ören benn bie ©yamina aud^
im 3enfeit8 nid^t auf?
374) Unter ben Sugübungen 5ur i^ülfe ber armen @ee(en
^ebt 99artl^oIomöud befonberS baS , Umherlaufen mit nacften
güfeen* ^ertjor: „Die Vierte ?trt, ben ©eelen im gegfeuer ju l^elfen,
ift burd^ gaften ber Stnge^örigen; unb ^ier^er gel^ört jebe gorm
Von 3ü(^tigungen unb ^örperftrafen, bie man jur ©ü^nung ber
©finbeu auf fid^ nimmt, xoit bad S^ragen Von l^ärenen ®emAnbem,
baS Uml^ergel^en mit nacften Su&^i^r baS (Enthalten Von einigen
©peifen unb ®etränfen, unb ä^nlic^eiJ berart"')
^) jedermann, ^roft ber armen @eelen, p. 36.
') »Nee est dubium apud fidelee, quin oommodet animabuB in
purgatorio, quod datur vel offertur ad cultum divinum intuitu earom,
sive sint libri, lucibuli, vestes et quaecunque omamenta.« Purgatorium
libellua, cap. VIII.
*) »Quartus modus juvandi animaa in purgatorio est per jejunia
cognatorum. Et huc pertinet quaevis castigationes et penalitates corporis
IHMumptae in satisfactionem peccatorom, ut portare camisias pilosas,
peregrinari nudis pedibus, abstinere ab aliqoibus escis et potu,
et id genus alia.« Purgatorium libellus, cap. VIII. — 3m fd^lodbiff^en
S3a^em lebt ein geiuiffer Pfarrer St n tipp, bei ber Itirdie gut angefc^eben.
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375) ®in, iDte mir [c^eint, nid^t gan} ungefö^rltc^eiS, unb in
bie biedfeittgen 93er^öUntffe bod^ empftnbtid^ eingreifenbeiS 3Ritte( jur
SBcfrciung ber armen ©cctcn gic6t bcr ffiinftcblcr 5ßfarrcr on: il^rc
@d^ulben 5U bejatilen, unb fü^rt 93enebitt XHI. al& 3(utorität
an: „®rofec $ülfc bringt c8 bcn armen ©celen, tt)cnn i^rc ©d&ulbcn
bejat)It werben." — ®i8 ift unS eine grofee ©eru^igung, tt)enn ber
genannte ?ßapft feine bieöbejüglid^e 9luiSeinanberfe^ung felbft mit ben
SSJorten fc^Iiefet: „®od^ barf nid^t gefolgert werben, bag bie Seelen,
wenn i^re ^interlaffenen Sd^ulben gar ntc^t bega^It würben, beg«
wegen fortwä^renb im gegfeuer bleiben müßten, fonbern nur, ba§
fie burc^ foid^e @rftattungen t)iel gefd^winber, oft ganj gefd^winb,
erlöft werben."^)
376) SRag bem fein, wie i(|m wolle; mag man Sine^äRart
Steffen lefen laffen, ober be8 SSerftorbenen ©c^ulben be^a^len: (Selb
ift jebenfattg ba§ ftdjerfte SDiittel, eine ©eele avi§ bem gegfeuer ya
erlöjen, unb jwar tjiefigeö ®elb. S)ieö ton^tt fd^on ^apft '^nno^
cenj III. ju SBeginn be§ 13. ^a^r^unbert«, ber fid| 500 2Rorf in
®oIb t)om englifd^en Sönig ^i^^^nn <')^n^ Sanb auiS}al^Ien lie^,
um eine, fogar eylommunijirte, Seele eineS SSertoanten biefeS SönigS
glatt au8 bem jenfeitigen geucr-Sd^lunb ju befreien.')
377) Über bie 3)auer beS gegfeuer* Aufenthaltes begegnen
wir ben öerfdjiebenften Slnftd^ten. (S)ie Se^re ift jweifetloS nod^
nic^t ausgebaut). SRalbonatuS, „einer ber größten fatolifd^en
ber nun feit balb fünf Sauren ^aufcnbc unb 9lbcrtaufcnbc üon SRenfc^en,
befonberS 92orbteutf(^e unb $roteftanten, aber auc^ ^uben, ftunbcnlang täg-
lich barfug ge^en lägt. @onte bied — an^ebltc^ ju beren G^efunb^eit vor-
gefc^rieben — nur eine t>fiffidc ^eranftoltung fein, um unge^^ö^lte latolifc^e
©eelen auS bem f^egfeuer ju befreien? ^ied märe entfe(Ii<^; unb einer bog::
matifc^en toie ftoatSanwaltfci^aft liefen Unterfuc^ung bringenb bebürftig.
') Tldtxmann, Xroft ber armen ©eclen. (ginfiebeln 1857. p. 64—65.
— 3Bir erlauben unS bie ^(ufincrffamfeit ber tu ©erlin tagenben Äommiffion
5ur rid^terlid^en SBe^anblung ber ^tfferenj=(^ef(l^äfte auf biefen $unft ^u
lenten. —
*) Santo Domingo, Tablettes Napolitainee. 2. €dit. Bruxelles 1889.
p. 48. — (j^in ®Iü(f, bag unfere bebeutenbften Strategen ^eute ^reugen finb:
Strategen »erben f<^tt)er ouS bem Sregfeuer befreit: ©allenftein beburfte
3000 ©eelenmeffen. [©(^loffcr, ®eltgef(^id)te, «b. XII, p. 37.]
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<gjcgctcn", ©panier, 1534—1583, gab att töngftc 3eit bc« SBcr*
ttJcUcnS einer ©eelc im gegfcuer 10 ^a^xt an; njurbc ober »l^eftig
gerügt', unb fogar ber ^örefie befc^utbigt; n^aren ioi) ^äüt t)on
,100 Salären' bamate aui^ SSiftonen unb äRitteUungen t)on Srioften
bielf ad^ befannt; (ber (Spanter bered^nete too^l bie Qtit nad) feinem
eigenen l^eigen Mma;) aud^ giebt ia bie Sirene fd^on big }u
200,000 Solare «blal; unb wenn bieg oud^ äundd^ft rein ,irbifd^e*
Serec^nung ift, |o mug boc^, ba ber 9(bla| jeberjeit auf bie ©eelen
Im gegfeuer »applicabel* ift, eine ©erfidtfid^tigung jenfeitiger ajerl^ält^
niffe angenommen werben. &a§ jn^eifeQoS ift bie bon DSmalb
aufgeftellte ße^re, ba§ „bie möglid^e gcitbauer ber gegfeuer^Strafen
für ben ©injelnen mit jebem lag furjer wirb."^) — ®a8 geg«
feuer überhaupt bauert nur ,bid jum ffieltenbe', alfo nid^t ,eiDig*.
Iro^bem njerben Sßermäc^tniffe unb fromme Stiftungen für bie
©eelenrul^e nac^ bem Sobc ,auf ctt)ige Seiten' gemad^t unb t)on ber
Sirene angenommen. 2)aburd^ ift nid^t nur j[ebem SatoKfen reid^s^
lid^e ©elegenl^eit gegeben, auS bem gcgfeuer befreit }u »erben,
fonbem jeber ffatolif, ber in'8 gegfeuer fommt, — unb man
nimmt bad je^t abftd^tlid^ bei ^ebem on, tDeil ed ha§ Sic^erfte ift,
tt)ieber l^inaui^jufommen — mu| aud^ barauS erlöft n^erben,
benn ba bie Stiftungen auf ,en)ig* gemad^t finb, ^ier alfo ,baar
®elb', ber ftörffte gaftor für bie jenfeitigen Oenjalten, borliegt, unb
nac^ Befreiung bei^ @tifterd unb (SrblafferiS felbft, „bie grud^t ber
frommen (Stiftung ben fonftigen Sebürftigcn im gcgfeuer jufommt"
(Odmalb, p. 124), fo lann bad ,S93e(t^@nbe* nid^t e^er beginnen,
ate h\& f&mmtlic^e (Seelen au8 bem gegfeuer, für bie Stiftungen
,auf ewig* ba finb, crlöft finb. Sdfo mu| jeber ^totif feiig merben.
878) ^d) fomme ^ier noc^ einmal auf ben ,lacu8 leoninus',
ben ,Sömenfee', }u fpred^en, ber ftetd ben ®egenftanb meiner
ttefften unb freubigften 93etrad^tung gebilbet l^at. @r ift bod^ ba.
Sie ^rd^e betet bod^ auSbrüdRic^ in ber 2:otenmeffe: „. . . ßdnig
ber ®lorie, befreie bie Seelen aQer geftorbenen ©laubigen a\x& bem
gegfeuer unb aud bem tiefen See, befreie fte aud bem iRac^en
') Odmalb, 3. ^., C^fc^atologie, ba^ ift bie legten ^tnge. ^aber^
bont 1893. p. 124.
— 190 —
be& Sömen, bog fte ber Zortanid nid^t berfd^Iinoe, unb fte nufft
in Sinftcmig fattcnl-^J — J)cr See ift alfo bo. SBiB man etam,
natffhem man baS Segfeuer in ber 9}iBeI nic^t gefunben unb l^inein^
intcrjjretirt ^at, bcn @ce, ber flar bafte^t, toegbifputircn? ^©rrettc
fte aud bem @ee, avA bem SRad^ beiS Sömen!" ^eigt eiS auds«
brücftic^. ^er 92ame bed ®eed ift nic^t genannt ©ein 9?ame ift
auä) nid^t mefentlid^. ^<S) nenne il^n Sdmen^@ee — o^ne bamit
einen bogmatifd^en Srud aui^üben ju tDoKen — meil bie äSejeid^nung
,9ta(^en bed Sonden' gleid^ baneben fielet; melc^er id^ nur aUegorifd^e
Sebeutung jumeffen fann, ba fonft in ber entfc^eibenben ©teile Don
einem 2ötom nic^t mel^r bie 9iebe ift, unb ber 3(udbruc{ ftd^ auf
baS mie ein Söroenmaul jerriffene Ufer beS @eejS bejiel^en mog, ober
bei äeferer Srgrünbung bed bilblid^en ^uSbxvid§, auf bie oerfd^tin^:
genbe ^aft unb berberbenbringenbe !f iefe bed ,lBcuß profundus^
^ud) in anberer 99e}ie^ung muffen toir bie Hnmefen^eit eined aB«
fu^lenben @eeiS in näd^fter 9?ä^e bed gregfeueriS, koenn ber S(udbrucf
geftattet ift, für glücflic^ erad^ten. SBer je in einem rufpfd^en ©ampf«
6ab toar, fennt bie äSo^Itat eined baneben beftnblid^en mit ül^Iem
ffiaffer gefüllten S8affin§. Sluc^ ift bieg fein obenhin geführter a8er*=
glcic^. ©d^on ber SSoIfömunb fprid^t t)on ,im gegfeuer fd^toi^enS
ber SSorgang mug tool^I in (Stma^ ä^nlid^em befielen, atö menn
man fid^ mit entficibetcm fförpcr in einem l^eigen, mit ®unft er-
fülltem 9laum befinbet; analoge 93orgänge (verlangen analoge 'Sollen-,
unb fd^on eine einfädle auf bie p^^fiotogifd^en 99ebingungen beS
menfd^Iid^en ^örperd eingel^enbe @rn)ögung le^rt, ha^ baS (Sc^mi^en
fd^Iieglid^ ein @nbe l^aben mug, menn nic^t 9(b!ü^Iung unb äBaffer^^Srfa^
erfolgt. S)er ©ce ift alfo öom bogmatifd^en toie paftoratmebijinifc^en
©tanbpunfteaudeineiRotmenbigfeit; unb i(f) ffolit „miffenfd^aftlic^" baran
feft; menn aud^ jugegeben merben foU, bag bamit bem finnlid^en Un&>^
fd^müdfung8=95ebürfni| bcrSRenge entgegengetommen wirb, tt)ot)orbie25
©ifeung bcSiribentinumiJ augbrücfltc^ mamt.*) Slber toeld^'neueSBeweiS*
^) @te^e Missale Bomanum, Missae pro Defunctis.
') »Apud rudern vero plebem difficiliores, ac subtilioree quaestio-
nes, quaeque ad aedificationem non faciunt, et ex quibus plenimque
nulla fit pietatiB acceeeio, a popularibus concionibuB secludantiir.«
Seeeio XX V, Decretum de Purgatorio. Libri symbolici Ecclesiae catho-
licae. Ed. Streitwolf et Kiener. Qottingae 1846. tom. I. p. 92.
— 191 —
traft erhielte nun bte @teDe $falm 65, 12: „mx giengen burd^
gfeuer unb SBaffer, unb bu l^aft und l^erauiSgefü^rt an ben Ort
ber (Erquidung", bie, tDte ixSffn, nur auf bad gfeuer aOein Belogen,
bic i^r an^aftcnbcn ©d^toäd^en nid^t bcrbcrgen lonntc. — SRögc
DSSt, ber „bie berborgenen Statfci^Iüffe unb SR^fteden ber ©ottl^ett
fc^ut, ber mit Sl^ftuS felbft freunbfc^afttid^ umgel^t", mie ber
Sifc^of oon %fii t)om $apft fo fc^ön fagt, btefe furje (ErBrte^
rung att eine fromme äRebitation, bte feinem Süc^terfpruc^ untere
werfen ifi, anfc^en. 3Re^r foKte e« nit^t fein. —
970) 9leu xoax mir bie Satfad^e, bag t)ie(e @eeten baiS ^tQ^
feuer berlaffen unb lieber ouf bte (£rbe jurüdRommen, fogar in i^r
S)orf, in il^r ©täbtd^cn, um l^ier, am Drt i^reS früheren Äufent*
^olt«, §u »büfeen*. S)ie8 gilt nid^t ate äRilberung, fonbem aö 85er*
fc^örfung ber ©träfe. — 63 erinnert mid^ bie€ on baS ®egenftüdf,
mo SWenfc^cn, bie nod^ nid^t geftorben ftnb, bie @rbe bcriaffen, imb
a(8 ®eifter ftd^ }. 99. an einem nöd^tlid^en ^rd^gang beteiligen, ber
iebeö 3ö^r in ber 5Rad^t bom 1. auf ben 2. S?ot)ember ftattftnbet.
3)ie an einem fotd^en fiird^gang fid^ Seteiligcnben fterben aber
m&^renb bed folgenben ^a^rd. füanpai) f)ai biefe 9(nfc^auung in
feinem bcfanntcn Sltterfeelen* Drama ,5)cr aWüHer unb fein Sinb*
k^erwertet. Dogmatifd^ feftgelegt ift biefe (entere ^(nfd^auung nod^ nic^t;
mo^I aber bie erftere, bom SSerlaffenbeö gegfeuerS, meldte, wie un8
ber Pfarrer bon 6inftebeln berid^tet, ,8EBanbeIn' ^eigt, unb §u beren
©tü^e er ben Zl^omaiS bon Slquin in ben 69. quaestio beS ©upple*
mentS ju feiner ,Stiimna* anführt, einen fiird^enlc^rer, bem jur
3eit befanntli(^ Seo XIII. ben SSorrang bor aßen anbem ein*
räumt. *j
880) »Vlxi fabeln bte [it ^anb etbt(^t
^on feien [bad ban ntmer gf(^i(^t],
^ag fte erf(^tnen ^ie unb bo
3n feuerd flam, balb anberö too,
^ni fo biel jar im fegfeur fein
Unb leiben unau^fprec^Itd^ pzin,
3Ran t^u in ban t>\{ me^ nad^ lefen
') Ädermann, 2:roft ber armen ©eelen. dinfiebeln 1857. p. 21.
— 192 -
Unb onber ber g(ei(^ gauleUoefen,
^antd gt^on uigtig, me^, jar^eit ftiften
Unb bad atö u^ert^alb bei gfc^nften.
3)a ^cr ift je^t aH weit uoU mcffcn . . .*)
381) ^^^ einem anbem gr^K bed ©parieren« Seilend ber
armen ©eelen berid^tet und ber iüauft^er Sürgermetfter SDtatt^öui^
@ö6el unter bem Xitel: „93ann bad S^feuer angejimbet morben":
„Um biefe 3eit (^apft 3o^anneg' XIX. 1024—37) \^i man bie ße^re
t)om Sfegfeuer l^eftig getrieben, inbem man tiorgegeben, ^ l^ötten bie
@eelen ber Stbgeftorbenen in bem ©icilianifd^en brennenben 93erge
3(et^na*) gar öngftlid^ gefeuffiet; man ^at aud^ burd^ ^ebfe, fo
man mit brennenben Siac^^tid^tem auf bie ®rfiber ber SSerftorbenen
gefe^et') unb anbere SSetrügere^en, bie Seute berebet, ate ivenn eiS
berfelben im gegfcuer brennenbe Seelen lüären."*)
882) Xro^ biejer ^nfte unb ber großen Smpffinglid^feit bei»
93oItd» für baiS @rau^ge unb ©c^auertid^e er^ob fid^ in ben folgen^:
ben 3o^t^iinbcrten merflid^er SBiberftanb gegen bie neue Se^re. 3He
Strmen mit i^rer feinen 92afe für baS, mag i^rem fd^unbigen fieib
noc^ me^r ^äfte entjog, rochen tDO^I l^eraud, ba^ eiS bie neue gfeg^
feuersSi^ftitujion im SenfeitS auf il^ren biedfeitigen (äelbbcutel abgc?
feigen l^atte. Unb ba aud^ fte felig merben tooSten, fo glaubten fie
nid^t an baö t^eure gegfcuer. ©o miberfefeten fid^ bie ^ombar*
bifd^cn* unb »S^oncfer Armen* ber Seigre beö ?ßurgatorium8, wie fie
aud^ «allen ?ßrunf, Steid^tum, Sid^ter, ffiei^raud^, äBei^toaffer, $ro*
jefftonen, SSJattfa^rten, ®ett)änber, 3ctemonien" bertoarfen, unb „aKe
SSeranftaltungen, bie in*8 3enfeit8 l^inübermirlen foHten." 5)ie
empfinbung für baS Und^rifÖid^e, für ba« Stein :=aRenfd^Ud^e im
') Triumphus Veritatis, @tl bei ^a^r^eit, mit bem Sc^toert bcd
%Vl\x% burd^ bie ^ittenbergifc^e 92a(^tigaII erobert. Son einem 92ümberger.
[1525.] ©ie^e C$far Schabe, Satiren imb $a^uine aud ber äUeformationd^
aett. ^onnoöer 1863. ©b. II. p. 236.
') Cbtlo, ber 9(bt uon (Slugn)), ^örte im ^tna bie kierftorbenen Seelen
fo erbärmltd^ winfein, baft er ba« fjeft oller Seelen [2. 9^ooember] ftiftete.
*) Sie^e Erasmus, Epistol. IIb. XXII.
^) Caesareo-Papia Eomana, bie t>oIittfd^en Of^e^eimniffe bed fMi))ftIi(^en
Stufte. 3. ?(ufl. fiei^iaig 1720. p. 78.
— 193 —
(E^ftentum, für bie (Effen} Mefer Se^re, bie primör im ®emät
Hegt, nic^t burd^ t^orgefd^rieBene ftu^ere ^onbtungen fic^ auiSbrüdt,
mar bamald unb unter biefen @eften, bie ftd^ ani) in Xeutfc^Ianb
ausbreiteten, eine unenbtic^ oiet Verfeinerte , att felbft fpfiter im
^roteftantiSmuiS, too ein l^eftigdS, breinfd^IagenbeS Stement fo jarte
Biegungen nic^t auffommen Heg. Sine gefc^örfte Smpftnbung für
bod burc^ bie djriftlic^e Se^re im äRenfc^en gen)edte (Ebelfte, Zndf)*
tig^e, aRitteibfä^ge, ®id|^6ntfiugembe bei» ^iefigen äRenfc^en —
nid^t bed abftraften ^egfeuer« ober ^immeld^aßenfc^en — erfüllte
biefe ®emeinben ber ,?Crmen*, bie fid^ gegenfcitig ,95rüber* unb
,Sreunbe' nannten. @ie fallen in ben prunlenben 3^temonien unb
ro^em ©d^eQengeUute ber bamaligen IHrd^e fd^on einen ,9(bfaII^ ber^
marfen ^apft unb 9Reffe, unb nannten bie ^rc^e ,^ure'. 92atürlid^
mürben fte, fc^on oon Suciui» m., 1184, in ben 93ann getan. ^)
S8S) 3n anbem Sfinbem bagegen, mie (Snglanb, fanb bie
feurige fie^re balb großen Sbi^ang. Unb Surnet fc^Hegt feinen
Serid^t über baS glegfeuer unb bie ©eelenmeffe in bamatiger ßeit
mit ben SBorten: „2)ie neue Se^re nal^m balb fo über^anb, ha%
o^ne eigens beSl^alb erlaffene (äefe^e gegen SSerfd^menbung, ber
größte ^eU bed SBoaSbermögenS für @ee(enmeffen in bie filöfter
gcfloffen märe."*)
884) 3)abei jglaubten bie Slömer felbft nic^t on'S gegfeuer
„3)ie 9lömifd^e ®eiftlid^feit, mag Seute bon SSerftanb, miffen auc^
gar mol^t, ba| ba^ bon ber Slömifc^en ^rd^e erbid^tete gfegfeuer
nid^tS anbered fe^, ald eine pia fraus, baburd^ ber $apft bie ein^
fftitigen unb abergtöubifd^en Qa^en, aU bie Sinber mit bem $opan^,
im 3^^9^ unb ©el^orfam er^öU, unb i^nen baburc^ }u feiner fo
knelen ®eiftti(^en reichlichen Unterhaltung, unb ber ^äbftlid^en Sanu
mer Sereic^erung, il^r Vermögen auS ben $finben lünftelt. @a
berid^tet SRagifter Raufen in feiner ,$irtentafd^c', bag, aö er ju
9iom mit feinem DrbenSbruber^. SJonaoentura $ifano jufammen«
traf, unb feine gurd^t t)or bem gfegfeuer ju erfennen gegeben, biefer
^) ^amad, $(. fie^rbu(^ ber 3)ogmengefd^id^te. 2. «ufl. 1890. 16b. III.
p. 367—370.
*) Bumet, G., HiBt. reform. Eccl. Anglicae. I. 107.
panljja, Cfatfi^t mid^cL 13
— 194 —
il^m fleatitmortet: »Oade puiigatorium nihil aliud esae, quam fiipooen-
taaa iMum matris uoatnie Eodesiae ad coeroeudoe peocatores et
alendos suos clericos' {(Siarxit, bag bad gegfeuer nid^tö %(iiberc0
ift, ald eine frpitune (Srbid^tang unfeter SPhttter Stixift, Befttmntt ^uc
dik(^H0im0 ber ©unber unb (Emft^nmg i^rer ^efter).''^)
885) „2)amit man aber biejienigen, fo il^re ©finbe koeber
felbft nod^ burd^ bie Drbend^Seute genugfam geduftet, befto (effer
fd^reden, unb ju reid^en (Steuerungen bereben möd^te, erbad^te man
bad S^gfeuer, barinnen bie S3erftor6enen ®edm tnm i^ren iiBrigeit
@finben«9Rafe(n gereiniget, unb ^emad| erft Don @t ^etro inS
emige Seben eingelaffen n)erben f ölten."*)
586) „^o& ^urgatorium fd^maud^ete ben ^la^ ^erl^or. Z)emi
toeil bie guten Sa^en bei^ gfeg^gfeuerd ^V^t furd^teten, erbad^te man
^u 9tom ben W)ia%, atö ein 3RitteI, baburd^ man biefelben t>on
foh^er ^e^n befreien, unb fte ftattlid^ uaC^ @üb fc^neu^ fönnte.
Sal^ero bie 83ermögenbe b^ S^ten, unb bamit fie ber Xobt nid^t
übereilen möchte, ftd^ um 9(bIa|:s99uUen be^ bem $ap{t bemu^
totlä)^ fte aud^ auff etlid^e 2:au|enb ^aifx um gro^ ©elb erlauffen
ftmten."')
587) „9ber pe^n ber gelten, ober bed fegfekoerd, mer ba
bon ein mörtltn fagt, unter ben ba))feren 9iömem, bed reb ^altot
fie für ein alt mc^bcr gefpräd^."*)
388) „3)er $err (Qil^riftud) »ia, ba| mer im rechten Glauben
frtrbt, fott gewig feiig fein. — Stein, fprid^t ber ^app, man mu^
3ut>or in'd gegfeuer; ba lann niemanb, benn id^, mit ©d^lftffeln unb
Steffen Reifen; (S^riftud unb ®laube fann ^ie ni(^ti^." *)
S89) „$ie lam nu ber fettige @tuel ju Stom ber armen
^rd^en }u ^ülfe, unb erfanb ben Stblag; bamit bergab unb l^ub er
auf bie Q^enugtl^uung, erftlid^ eingelnen, fteben ^a^x, l^unbert ^a^x 2C,
*) Caesareo-Papia Bomana, a. a. O. p. 392.
*) 91. a. O. p. 390.
•) «. a. O. p. 212.
*) Vadißcus, dialogus Hutteni. ^uttcn'S ©d^riften, ^erau^geg. \>on
»örfing. fieil)iig 1862. »b. IV. p. 246.
*) Sut^er, ^iber ba« 16a))fttum ^u 9iom üom Seuffel gefHfft. mtttxu:
bcrg 1545. ©ämmtlic^e «Berte, Erlangen 1830. ©b. 26. p. 185.
— 195 —
itnb tl^eilet ed auS unter bte Sarbinol unb Sifd^off, bag einer lunnt
l^unbert ^ofyc, einer l^unbert Sag W>lai geben. Vbtt bie gonje
(Senugtl^uung auf^n^eben, behielt er i^m aQeine jubor. — 2)a nun
foId^S begunnte ®dh ju tragen, unb ber SBuQenmarft gut n^arb,
erbac^t er baS gülben 3a^r, unb legtd gen fftoxtL 2)a liefen bie
Seut ju; benn ed m&re ^^^^nnann gern ber fd^meren unträglid^en
£aft lod gen^eft. ®ad ^ieg bie ©d^ä^e ber Srben finben unb er^
lieben. S^ugd eilet ber $apft n>eiter, unb mad^et k^iel gulben Sal^r
üufeinanber. %6er je me^r er ®elb t)erfd^Iangr i^ n^eiter i^m ber
®(l^tunb marb. 2)arunib fd^idtet erd bamac^ burd^ Segaten ^erauS
in bie Sfinber, bid aQe förc^en unb ^äufer boD gillben ^al^r mur»
ben. 3^^^^ rumpelt er aud^ ind gfegfeuer unter bie Xobten, erft*
lic^ mit 3Ref(en unb Sigüienftiften, bamad| mit bem 9(bla| unb
bem güIben 3a^r, unb tt)urben enblid^ bie @eelen fo kool^tfeU, bag
er eine umb ein ©d^tDertgrofd^en loSgab.''^)
390) „3)iefeS ift beS ^apfü^umd rei(^efte gunb« unb &oü^
grübe geroefen, avi& meld^er fie me^r ®oIb unb ®übe& gefd^meljet,
cid aUe j^onige unb Potentaten ber ganzen SBelt auS i^reit Serg«*
SBerden unb fünbigen blufften üieDeid^t nid^t fiberlommen. ©inte^^
ma^I fein 3Ren\ä), \o eixoa^ im Sermögen l^atte, leid^tlic^ fterben
tonnte, bem nid^t in ber Seichte bad ©emiffen, ju Sefennung aDer
begangenen Xobt^Sünben jum ^eftigften gerfi^ret, unb meil er nid|t
Seit l^atte, biejelbe burd^ jettlid^e ©traffe }u bü^en, bad S^gfeuer
fo l^eig gemad^et marb, bag er üiel Heber fein 83ermögen benen
©einigen entzogen, als bie $ein bd^ gegfeuerd lange audjuftel^en
enoe^Iet. Unb alfo ift, burd^ ©tifftung Dieter 9RiIIionen ©eel^äReffen
ben geizigen Pfaffen faft aUed SSermögen ber Sa^en, fo fte bie 3ett
i^red Sebend forgfam }ufamen gebrad^t, in i^ren geizigen Xac^en
geflogen." •)
891) ^n unferer 3eit bed faben SeifetretenS unb ber Sngft
Dor iebem Derfrümpelten ^faffengefic^t mag eine ©teile aud einem
') fiut^er, ®<4maUaIbif(^e 9(rHte(, |o ba Ratten foQen auf« J^on^üium
^u SKantua überanttoortet merben. 1538. SämmtUc^e ©(^riften, Erlangen
1830. »b. 25. p. 132.
*) Caesaro-Papia Romana, a. a. 0. p. 212.
13»
— 196 —
ZHoIog über biefe ©edenmeffen ao§ bem Seguiit he& 16. 3ü^c»
l^unbcrtS eri^ttidteit, um wld^ 3^t unfere teutf«!^ Sorfo^ren itod^
bot SRut Ratten, au^ in reHgiöfen SHitgen ein MfKg 2B5rtfein )tt
jagen:
„2)er carbinat rebt junt iapfi: Vätt ^eiligiftar Oater, mir
ift an| beuifd^en lanben ein epiftd jn gefc^nBen morben: fommer
Bo; matter! erfd^recHid^er graufamer bing ^6 id^ nie gel^ort, ift
meiner kiemunft aud| nie für lomen. beffer merlS, ba| baiS ganj
Senifatem gu trummem gin! unb auf einen l^aufen tierftdret nmrbe.
Sapft: 93o^ angft, fftt carbinal, fort ^i)on\ (ge^t tangfam!)
erfc^redt mi(^ nic^t fo fer! id^ bin ju bem babe gen»eft: Ia|t mir8
toofjH belomen!
Sarbinal: Sd fei gebabt ober gefd^bt, fomer bo; erbric^!
fo bin id^ erfd^rodten, .ba| mir bie böfen jene im lopf n>ad(eln unb
leiben (leiber) fer fd^toinbeli
Sapft: aRein lieber ^err, mag ift eS bann? betrifft baiS
gau) erbreid^ ober fonberli^e leute, ober ge^et ed über einen ge«
meinen ftanb?
Carbinal: 3a freiließ bctriffti^ ben bcften fterfftcn fiein im
funbomcnt, barauf unfcr gange pfaff^eit erbauet ift.
99a))ft: 2)a8 toali aUe bie teufet bie }n)tf(^en l^imel unb erben
fein, ba^ ed nur nic^t bie meffe fei! mo ba& armbroft ah ginge,
fo finb mir ade erfd^offen.
(Jarbinal: SBarlid}, aller ^eiligifter tjotcr, euer bepfttid^e
^eiligleit l^abeniS erraten, nid^t alein bie meidgelarten, ja bie groben
bauem fpeien bie meffe an unb ift inen ein affcnfpil unb ein erger:«
lieber greuel baraug morben.
Sapft: Soy fd^tocig, mie flehet eS bonn umb bie meffe? ift
nid^t rat unb l^offnung ju pnbcn? entgehet ung ber fd^emel, fo
ligen mir gar im brei unb mirb unfer prangen unb l^offart aufe fein.
Sarbin al: ^d^ bin gang berftumpft rabt tr gu! id^ ^ab
meber bemunft noc^ otl^em. mid^ fd^ei|ert, l^ofier id^ anberS nid^t
gar in bie ^ofen.
99apft: äSag ift bod^ ber unfal ober meld^er geftalt erl^ebt ftd^
bad? leibt benn bie meffe fold^e groge not? ei baS got erbarm!
— 197 —
Sarbinal: ©ie ift angeHagt unb berid^tigt, fie fei ein maus
fd^en tont, ein falfd^er gotteS bienft, ein greuel unb gotö lefterung
unb betrüglid^ geline^, baud^got, )a ein gro^e abgötterei, \o unber
ber fonnen ift nie ermad^fen.
Sapft: 99o; l^im! ift ed aber gemid toax ober ift ed nur ein
abfd^redfen?
Sarbinal: D ^ol ei ift geniiiS n)ar att ber tot aQem irbifd^en
leben: aUl^ie ift fein lüge«'' u. f. m.^)
S93) ®päter, nad^ ßutl^er, fd^eint bann ben Xeutfd^en bod^
mand^ed Sebenlen l^infid^tlid^ ber SieaHt&t biefeiS gfeuer^^Sieid^iS ge^
fontmen ju fein. SBenigfteniS berid^tet ber fonft jubertfiffige Sod^:»
leug in ber Sorrebe }u feiner ©d^rift über biefen ®egenfianb:
„3)ann ba ift be§ l^fifftgen, bilfdltigen Kugfd^re^end unb S&ftemd
fein (Snbt. @tlid^e bid^ten i^nen baiS S^gfemr in bie Süfft, anbere
in'S 9Reer, etlid^e ^abeniS im Seuttel, etlid^e ba^eintbd im ^aug,
n^ann biBn)e^Ien bie SBeiber im SRauI }u Stefd^ fein: 9(nbere ffobta
i^r S€gfen)r mit i^ren böfen unbefugten SRed^tdl^&nbten. (Etlid^e
fd^reibeniS bem Virgilio unb Ovidio ju, al& ha% bie ^apiften i^r
Segfemr baraug gejogen unb gefunbiert, ober bag fold^ed ber Sopft
eignes @enteg unb ®etoind l^alben felbft erbad^t ^ob, unb maiS ber
©d^nadfen mcl^r fe^n."*)
808} ©el^r fd^ön aber fagt ber fonft nur ^umoriftifc^ auf«
gelegte SSerfaffer ber ^®efd^ic|te befi ?ßopftt§umö", 3. E. SBeber,
„3Rit bem gegfeuer fd^eint ei^ ju ftel^en, mie mit bem leufel, er
ift in und, nid^t auger und — ed giebt ein gfegfeuer, aud bem
toeber aReffen, nod^ f^ürbitten ber ^eiligen nod^ ^fipfte erlöfen
fönnen — bad böfe ©eroiffen."*)
894) ßarbinal »ellarmin leierte: ber $apft fönnte fd^on
^) din Heglic^e Botfc^aft an ben bapft bie ftlme| betreffenb koelc^e hanl
ligt unb toil fterben fampt einem gefpre«!^ etdlid^r perfonen. ca. 1525.
@ie^t Odiar 8<!^abe, Satiren vmb ^adquille aud ber dleformationd^eit.
^annoDer 1863. fßh. II. p. 252 ff.
*) ^om Sfegfetor ber @eelen loiber bit ne»en @ecten burc^ Scannern
(So^Ieum. Sngolftabt 1583. ^orrebe, p. 2.
*) »eber, 3. (S., ^ad ^apfH^um. Stuttgart 1834. I. p. 139.
— 198 —
icfft boi gcgfcsct olpfd^affcn, tDam er cf fitr out ^tdte.^) — 3)te
ftritil, Ue is Wcfcn mcidgcft Soitca ttcr ScgfoKt, ^ßa)ifitinn mib
hiofifc^ 9ii^ l^otte Bcgt ^t ber gro^ ffipfUec iwr 300 3a^
IDO^I tamn geahnt.
MiB) 9m Icul^icßen toiib t§ in Stalten gonac^t Kad^ban
mir flc^dtt ^oBcn, ba§ eS für bfn 9bla§:c^anbd bafdBft U^ien^
Vcfdif^oftcn giAv bnrfen mir nttB nid^t tounbcnif mcnn cS fnr bic
gcofcner^CiUfnng doteral^ffid^ gicüt @antosS)omtngo et^
ifi^ft: «S>ic 9ti!SBäßat dcrgirflt bie @cden im gcgfcncr in Sefd^ie;
fie ntmnt einen 9auxaip&dfixx; biefer ^ micber VMapä^ta; unb
btefe ein ^eer lum SnBoItemen, SSdnc^, Können, ^onbrnerbr,
Sm/axam n. bergt S^iefe ge^en }n ieba Xage^jeit bnn^ bie @tra^
XeopdS nnb {ammebt offi^idl fitr bie armen @eelen. 3eber ffot
eine lange Stange, an bercm <Enbe fu^ eine Sd>ertaf(^ beftnbet,
bie 3d>cm bunl^ bie @tra^ S^enben ober an ben genfiem Siegen^
oen Oft anv metter «au|emung nno mtt ocn ocnf proientirt mir»:
,per le anime del pnrgntorio* — ,fitr bie armen @eden im gegs^
fcner*. SHcmanb entgeht i^en. S)er Shtf mid> mit flagenbcn
Zon aufigc{to|cn. Snf ber Sebertafc^ finb bie @eden im gener
gemalt Xicmanb ent)i^ ftd^ ber Oabe; ba M Srm mie bei
Keii^ ber (SfauiBe feflgetDur}ett ift, ba( ein Ser{ilnmni| bei biefer
Oelegen^ bie fc^merfien golgen nac^ ftd^ jic^ lonnte: eine
frn^ieitige (Enttinbnng, ein Imiorena ^^n)|eg, ein Seinbntd^, lln?
treue beS 9e(iäten* murine mit @i(^er^ auf ein foU^ 8erffinmnt|
iurnctgeffi^rt SRan lorni oft bül yt SOmol im Zage in biefer
XSeife attropirt merben. Wber man giät, menn and^ bie flctnfie
SRnnie, unb fi$t bann gleid^ bie auf ber XafcJ^ abgenmiten Seden
unb Skmmen."*)
999i) »tüai biefeS gegfeuer aBgenrilbert unb t>adEitr}t merben
tarnt, baS gMbcn bie|e homineB attiiti (bu^eqncmen SRenfc^)
fe^ gern; benn fie I^bcn fdmmlficl^ in ber SorßdDnng, ba| gute
*) IBebcr, a. a. C.
*) Sanlo-DoniBgo^ Tablettos KafiolitainoB. 2. 4dit BrnzeDes 1829.
p. 49—51. — Cr Mfi^ ben dxtiag Ucfcr Sammlmig in fUapd «Mf eine
9Km«n läBt im 3«tr.
— 199 —
ßdftungen SScrfcl^Iunflcn clnfa^ compcnftrcn, unb btc »Oalgcnrcuc*
ift aud^ niä)t \o na^l^altig, bag fte bie äRenfd^en befttmmen föimte,
emft^afte SBuge — aud^ nur im ®mn an^altenber Enthaltungen
unb l^croifd^cr SBcrtc — ju t^un. ®Q^cr eröffnet bie Jtird^e bic
SCBIftffe. ^n i^nen jeigt fte bem gemeinen SRann i^re eigentli<i§en
ftrfifte; benn bie äKogie bed SugfacramentS (ber STbfotuiion) 6erut)igt
i^n hod) ni^t ganj. Qx ^at ben Sieft moralifd^er Smpfinbung, bag
etmoS t)on feiner @eite gef^el^en mug, bamit bie 93erge6ung glaufi^«
li^ unb fidler toerbe. Fides (®lauben) unb contxitao (3teue) lann
unb n)ill[ er nid^t leiften; aber irgenb etmaiS miH er gerne t^un.
^ier tritt nun bie ^r^e ein unb fagt i^m, bag feine erbärmlid^e
Seiftung bur^ bie SRad^t ber fiürd^e in eine fe^r ^offt umgefe^t
unb bem^anbelt mirb, in eine fo l^ol^e, bag bamit bie ©ünbenftrafen
im gegfeuer getilgt werben. SWel^r mill ber SRenfc^ nid^t ttjiffen.
SBad bann nod^ lommt, bad lann il^n roenig fümmem, unb bie
ftird^e felbft fagt i^m, bag il^n baiS fjfolgenbe, tt)enn er mit bem
©ugfacrament tt)ol§I Derfe^en ift, nid^t treffen ttjerbe. Attritio (Sug*
geneigt^eit), sacramentum poenitentiae (9bfoIu}ion in ber 93ei(^te),
mdulgentia (8(btag): bad ift bie tatolifd^e 3:riag. S)a8, maS für
ben Stblag ju leiften ift, ift l^ierbei baiS einjig SSebrüdenbe; aber
eben bieiS nourbe fel^r leidet gemacht ®o mürbe ber %blag eine
$erftf{age beiS S^riftent^umd ald ber SReligion ber Sriöfung burd^
©^riftuö.- ')
809) %uf bem Xribentinifc^en ^onjil rourbe bie Seigre bom
Segfeuer im ^af^x 1563 att eine ^eilfame 3)ottrin — »sana doctrina'
— unb im bemugten @(egenfa^ gegen bie ^roteftanten, bie üom
ftonjil ferngeblieben tt)aren, feftgelegt. SSenn man l^eute einen Qt^
bilbeten ßatolilen, einen latoHf^en ®äftKd^en, \a einen latolifd^en
X^eologen fiber baS Segfeuer fragt, im ^inblicf auf beffen Sd^t^eit,
fo fc^aut er (£inen grog an, unb fagt bann im a^nungiStofeften Xon:
ia, baS ^at ja baS le^te groge ^onjil befinitik) beft&tigt. — 2)ad
ift bie le^te SBanb, bie er greift: „93ir mflffen ber ^rd^e glauben,
auif of)nt audbrücflid^eiS. 3^ugnig ber ©d^rift, roenn mir fe(ig mer«
>) ^ama(f, V., £e^rbud^ ^er 3)ogmengef(^id^te. S^^iburg 1890. IBb. m.
— 200 —
bot tooUtn, ha vdd^t SOeS in bcr ©c^tift ft^cn bunt — fagt mit
tofttarer 9hi^e ber 9ugufttnct^^ter Sart^oIomaeuS — mdglti^
SSSeifc, ja loa^tfc^eiiilti^, ^t C^fliid \nd mit fdncn ^iingfrn iiber
ho& Segfeucr mib bte Steinigmtg baftftft gefpriM^; (!!) aber eS
be^IB itid^t glauben tnoQcn, meil ed nü^t im Sliongdium fl^t
iß finbifc^." ^) — Unb boS (fit baS brüte Sort bei OSmatb: bte
fiit^e le^; bod fimiiü fyä benimmt; ^ glaube, toemt bie Zai^
fac^ ba( bie fitn^enle^rer äRenfd^en, unb bie 9}e)ni^ ht& Soni%S&
tum Xrient Spanier unb Italiener, gemcfen, biefen Seuten mit ber
ganzen SBud^t ber erfenntnil plo^ic^ in'd OctDiffen ftde, eS brfic^te
fie imt.
S98) 3^r betet fiir bie armen @eden im S^gfener, unb be^
ja^lt 9Ref|en tmb ®ebete für fie, tmb forgt tmb fümmert (tuäf ab?
— mein ®ott, Ia§t bie armen ©eclen arme @eelen fein; 3^ madj^t
fie nid^t reii^ nod^ glücOid^, nic^t foü nod^ mann; too bie ftttb,
gelangen unfere ®ebete, gelangt tmfer Sc^luc^en nid^t ^in. ^ier
ifi baS Segfeuer! ^ier ift (Sefc^rei unb fianipf, (äenb unb 9tot
Sölte beS ^erjend unb Sa^nftnnSglut! ^ier foD Sui^ bod geuer
auf bie gingemfigel brennen! ^ter merft Sure Srfinbe in bie
SRoffe unb lagt Sure gl^umnot leud^ten! ^ier mitgeEfim|ift unb
geglüht ^u §aben, ift ^o^ereS SSerbienft, ^ö^ercd (Slüd, unb giebt
Sm^ einmal ^ö^ered Xec^t auf emige Shi^ att quietiftifc^ bega^U
bare ®ebete für ilnbere 5U laSen, — fem bom Sc^ug, fem Don
ben Rammen! —
^) »Eockfiue crodere tenemur edjun sine eipreasa scriptmm, si
T<diierimiis sftlTmri, quonijun dod omnia scripla sunt .... Poeaibile est
et veriaimüe, Christum multa locatom eaae diadpal» de poigntorio et
pmgatioDe in illo; at illud dod credere, qoia dod est scriptum in evan-
gelio, puerile est.« Porgatorium, libellus fratris Baith<rfomaei, cap. VUl.
3(^ frag, wo tft bcr 2cütf(^cn mut?
3Bo tft bad alt gemut, unb Tm?
3ft gfaren nun aU mann^eit l^in?
^utten.
899) (£tn glug nimmt Bei feinem ®ang burd^ ein ntutS
fianb t)on feiner Urfprunggftättc — Bei affer Bcfruc^tenben SBlrhing
— ®d^mu^ unb ©c^Iamm mit. ®a8 S^riftentum lam ju und aud
bem Orient onfängtic^ bircft, fpätcr foft nur mc^r fiber 8tom. SBaö
ouf biefem SBcge für römifd^^orientalifc^er ©recf Bei un8 aBgelagert
loorben ift, ift unerme|tic^.
400) @d mar eine ber unglüdlic^ften SSerBinbungen, bie {e
in ber ©efd^id^te eingegangen mürben, atö bie fränfifc^en Könige
fxif im 8. S^^T^i^nbert für Italien unb ben römifc^en 99if(^ofiSftul§I
interefftrten. @rft glauBten bie römifd^en 99if(^öfe nid^t o^ne ben
@d^u^ ber frönüfc^en Könige Befielen ju fönnen. ®ann glauBten
bie teutfd^en Könige nic^t o^ne bie @aIBung ber römifd^en Sifd^öfe
Beftel^en ju Idnnen. Unermeglid^eiS 99Iut t)on Xeutfc^en ift biefer
griljion megen in S^eutfc^Ianb unb Italien gefloffen. ^ie poliüfd^e
Sroge ift l^eute gelöft: 3)er romifd^e 99i|(^of Braucht ^eute nic^t
me^r bie $ülfe beiS teutfc^en f^ürften; unb ber teutfd^e S'aifer Braucht
^eute nid^t me^r ben ©egen bed römifd^en Sifd^ofd. 9Ber mann
^) fBir ^aben Derfuc^dtoeife in biefem ganzen IBu(^ bei bem SBorte
yteutfc^' bie alte 64reibroetfe §ergeftellt, unb eft ftetS mit einem (arten ,f
gef ((rieben: ^ad (Sifen, koeI((eft »ir feit nun balb 25 Sauren geft^bult (aben,
fei t% im Ihieg, fei ed in Megdmaterial, unb Don bem (offentlid^ au(( etmaS
in unfern d^arolter übergegangen, erlaubt und (eute ni((t mtf^x, vmf^ totidi
ju f^reiben, ober toeid^ ju benehmen.
— 202 —
merben bie teutfd^en ßototüen o^ne bie ^ülfe beS römif^en Sifd^ofd
ju ®ott }u 6eten im ©taube fein?
401) S)q8 erfte ^^^rtaufenb d^nfitHc^er B^tre^nung mar auf
religiöfem @(e6iet faft audfd^Iieglic^ ber ^rtftUd^en ©pelulajion im
l^dd^ften @titne, ber SSertiefung unb Stui^eftaltung ber d^riftlid^en
Se^re, gemeint; faft 9Hemanb badete baran, bie Sieligion ald $ani^
^ait ju meltlic^en Qtoedm ju benu^en. ^a^ ganje {toeite Sal^r«
taufenb 6id 5um heutigen Xag x\t auf religiöfem ®e6iet nid^tö %ibereiS
old bie Sudfc^Ia^tung ber c^riftHc^en Se^re k)on @eite bt& ju großer
9)}a(i^tbefugni^ gelangten römifd^en Sifc^ofiS ju ^ierard^ifc^eu 3^^^
nic^t um btrect unb jule^t bie (^tmnttx ju bel^errfd^en, fonbem um
burd^ 99e^errf(^ung ber Gemüter meltlid^e 3^^^^^ unb nic^t jule^t
bie Steigerung perfönlid^er aRad^t^o^eit bis jur SSergöttlid^ung, ju
erreid^en.
402) 3m Sa^re 753 lam $apft ©tefan n. }um granlen:«
lönig $ipin unb iai mit einem Su|faII um $Ufe gegen bie Songo«:
Barben, bie il^m gemö^rt »arb. 3loi) 1024 feierte bie ®eiftlid^teit
Äaifer ^einrid^ n. atö ,ßeiter ber fiird^e ©otteöS unb nod^ 1054,
nad^ bem Xobe bei» ^apftei» Seo IX., lam bie römifd^e (S^eiftiic^Ieit
nac^ Xeutfd^Ianb unb bat ^aifer ^ einrieb III. um einen neuen
$apft mit ber SrHörung, bag fünftigl^in tein ^apft me^r ol^ne ben
SSillen beS ^aiferiS gett>ö{)It unb gemeil^t merben foUe.
408) Unb 22 3a^re fpätcr, 1076, erflärte Oregor VIL
betreffe bei^ ©ol^neiS beiS jule^t genannten ^nrid^, ^aifer $ein«
ric^'d IV.: „bon ©eiten bed Mmäc^tigen ®otted fprec^e ic^ ab
bem Sönig ^einrid^ bie 3ügel bt& ganzen 9teid^eiS ber Xeutfd^en,
unb I5fe aKe C^riften t)on bem 39anbe bed SibS, ben fte i^m ge«
leiftet l^aben ober leiften merben, unb t)er6iete, bag irgenb S^umnb
i^m ate S'önig biene, meil er fid^ gegen bie Sirene er^ob, mit
Sflommunijirten toerletjrte, unb meine SDta^nungen toerad^tete; ic^.
binbe üfii mit ben Sanben bed glud^eiS im 92amen ®otte8 beiS
SSatcri», bei» (Bof)n^ unb bei» ^eiligen ©eifteS."^)
404) 2)a8 tt)ar bie SBenbung jum ^ierard^ifd^en, jur irbifd^en
') 84ulte, 3. Sv 3)ie SRatJ^t bet Tömi{<l^ ^äpfte über Surften, Hm
ber u. f. ip. 2. ?(ufl. $rag 1871. p. 31.
— 203 —
S^eofratie üBer ftaifer unb Könige, über Sdller unb ßfinber im
9tomen &oü^ bei» Soterd, bed ©ol^nei» unb bed ^eiligen ®etfteiS.
— SiS ^anbdt {td^ gar itid^t barum, ob baS l^eute jum Xotlad^en
ift, ob unb auf mie todt bie päpftlic^e $rdtenfion l^eute ermäßigt
ift, fonbem rinfad^ barum, ob dn italtenifc^er ftarbinal, ber fid^
fdbft btt jur ffia^ntoi^igfdt gdttlid^er SHmenfton l^inaufgefd^raubt
fynt, ber t)oit ben romonifd^en 93ö(Iem „@o^n ^otted" genannt
toirb, ber nur t)on ro&Ifc^en ftarbtnfilen getoöl^It toirb, auf dne
92a}ion, toit bie teutfd^e, in religiöfer »ie poHtifc^er ^tnfic^t mtit^
red^enbaren (Einffug auiSfiben, unb ben @tumpfftnn unb getifc^iSmud
»älfd^er 9teIigioniSübung auf SßiDionen t)on Xeutfc^en ®emüiem
femer ausbreiten barf.
405} Sd nmg entfc^ieben nierben, ob bie orientalifc^e ®oii^
Sere^rung, toit fte in 9ftom betrieben unb k)on bort berfd^rieben
toirb, mit Südungen, blauem Staud^, girlefan), ®ebetSmafd^inen unb
laftrirtem Snabend^or, — ob bog teutf^ ift. — SDie SorfteDungen
beiS innerlid^ geartden Xeutf^en über ©otted^Sere^rung fmb anbere.
— ^ie 9{ajion l^at ftd^ ie^t gefammett, politifc^ unb bürgerlid^.
Sie »iE ftd^ je^t bon aQem i^r grembartigen fd^dben. — ®ag
1000 93aterunfer in ber et^ifd^en SBert^@d^fi^ung ber ^erjen^
Snbrunft me^r n)ert feien, ate Sined, mirb ber Xeutfd^e niemald,
aud^ ber Satolif, ber burc^ unenblic^e Xrabijion bergeffen l^at,
boräber nad^jufinnen, einfel^en. — Sel^altet ^l^r SBfitfd^e Suren
aftatifd^en ©ottedbienft mit @traugenfebem unb Sbdfteinen, ^ax^
f&men unb ®ebdi^etrommeI, finiegerutfd^e unb gfugr^Stbrüffen! SSir
bebürfen fdned ®otteiS, ber eine ^one auf bem ^aupt l^at, größer,
att fein Sopf, ber toit ein Xürfe uml^ergetragen nrirb, auf ben in
ber fiird^e bon @t. $eter dn brdfad^ed, bonnembed $od^ audge«
bracht mirb. (Einen fold^en fi^tbaren, bergolbeten ®ott braud^en
bie Zeutfc^en ntc^tl —
406) SBa« ift ber ®ott ber ftatolifen? — (Sin roftrter;
l^obentragenber, mit ®oIb um^ängter St^Ii^^* — Unb ber ®oü
ber leutfd^en? — ber 3nbegriff attumfaffenber Siebe, mitleibigen
(Erbarmend unb unergrfinblid^er 93arm^er}igtcit —
40V) (Euer (Sott, ^apiften, foU ya nur itolienifd^ berfte^en;
j
— 204 -
cBenfo, toit (Jucr l^etlißcr ®ctft!*) — 3)aiin föimcn voix ffiuc^ md^t
Braud^en. Unfcr ^crr^Oott mufe 2:eutfd^ förniciu
408) Solange eine iRajion fid^ tl^ren (Stauben in einem
frembcn 3biom Dorfagen taffen muß, Ift fie feig unb d^rafterlo«,
unb öerbient eSenfo, il^r ßrebo d^inepfd^ auömenbig fernen gu mfiffen,
»cnn jte eß nid^t teutfd^ forbeni lonn. — .,©0 id^ ber Befd^ulbt^
gung in leiner fprac^ fo toiel erhört l^ab, ift bie latinifd^ jprad^ fo
trügenlic^, fol man baS ^eilig @t)angeUum unb gef^rifft nit barin
Dermanbfet l^an, unb ir Pfaffen, fo ^r fo lang bar ju gef dornigen
l^aben, ung arm einf eltig fe^en in föQid^er unmiffen^eit ba burc§
laffcn fommen!"*)
400) 2)ie nationale Sinl^eit ^aben mir; fdnnen mir bie reli«
giöfe nid^t gewinnen? 9M^t bie bogmatifd^e, nid^t bie zeremonielle;
®ott bemal^re! Seine ^rofel^tenmad^erei! Stber bie Sin^eit religidfer
Unabl^ängigfeit! — ©pred^en benn bie teutfd^en Sifd^öfe nid^t teutfd^?
— Unb »enn bieö, foHcn wir bann bie golbcne liara eineS gtalie«
neriS, bie bubenfd^ftnbenben ®e6räud^e ber ^fipfte, baß ihtubermelfd^
ber Slömttnge aljeptiren, bie il^ren ^err^^Sott lateinifd^ anreben?!
410) @l^ebem l^atte 2:eutf(^lanb aud^ auSIänbif^e Saifer unb
Könige, bie nid^t etma Xeutfd^Ianb t>oxf)tt erobert, fonbem, bie ftt^
Xeutfd^lanb mie eine frembe Srogue lommen lieg, unb bie fv^, toie
j. 9. ber t)errü(tte ©panier S'arl V., Herausnahmen, bem teutfd^en
®ett)iffen ®efe^e ju geben. — ffienn man l^eute leutfd^tanb einen
©panier jum Saifer anböte, erl^öben fid^, glaube id^, SRiUionen bon
gäufte, — — aber einen italienifd^en ®ott, einen Italiener, ber
allein fid^ bon @oü infpirirt audgiebt, ben laffen fid^ äRtUtonen bon
2:eutfd^e gefaOen; att fei t& felbftberftönblic^, ba man leinen teui»
fc^en ®ott l^aben !ann, fid^ einen italienifd^en ju laufen. Ser fagt
ffiu(^, bafe bicfer gtaKener ein ®oü fei? —
411) 99etet, Xeutfd^e, fmgt Sitaneien, bemegt Sud^ in feriöfen
') ^ie 9idmer fagen atö tiri|ige Sntfc^ulbigung baffir, ha^ fett 1524
nur me^r Italiener gu $äpften ertpä^It merben: ,lo spirito santo non in-
tende altro ch'Italiano' : ber ^eilige ®etft Derftel^t nur gtalicnifd^.
«) Äorft^on«, aln ®efpre<^ mit Dier ^erfonen. 1521. ^utten'« ©d^rlften,
l^eraudgegeben bon 8dd(ing. Seipgig 1860. 8b. lY. p. 642.
— 205 —
töttgcn, ormiQffirt, flagcDirt ®ud^, — wenn 3^r meint, 3^r ffoibi
e& ndt^ig — t^ut SackSaufen, trogt ^roieffioitdfal^nen, jittert unb
bebt, tt'^n Sud^ Suer @)emüt eiS k)orfd^rei6t aber t^ut ed teutfc^;
unb ermögt enbli^, ob Sl^r Suc^ ben 3uf^^i^i> SureiS ®emütd bon
einem feilen, {efuitifd^ gefd^ulten, geriebenen, in aDen SSerfteDungd«
unb biplomoüfd^en ^nften gef^ulten ^t^It^^ borfd^reiben ju laffen
fortfol^ren tooUil
412) 2)aiS teutfd^e ®emiffen, melc^eiS t)on je^er, unb n^ie mir
fd^on t)on 2:a5itu8 »iffen, otö ein e^rlid^ered unb faubereiS 2)ing
angefel^en mürbe, att bad ftl^nlic^e feelifd^e äSermdgen irgenb melc^er
anbrer SSötferfd^aften, befonberS ber Slomanen, mirb in ber Cl^ren^
Seid^te einem italienifd^-gebriHten, jefuitifc^ erlogenen ^fipftler au8«
geframt, aniSgeframt unter Berufung auf ®ott, mit bem baS teutfd^e
@)en)iffen t)on jeber, infonber^eit feit ben teutfd^en SR^ftifem, eigenen
aSerfel^r ^oben ju fönnen ftc^ l^erouggenommen ^at — 5ßfui! —
$fui! — S)eine @änben, Xeutfd^er, muffen nad^ 9iom, um bort
©Ott borgetragen ju werben; 3)eine feinften unb leuf^eften Smpfin^
bungen muffen burc^ ben römifc^en ^riefter nad^ 9iom bor ben
X^ron eines italienifd^en Sarbinatö, abgefeimten 3)ipIomaten unb —
mie oft! — lafterl^aften 3Renfd^en, um bort anat^firt, burd^ftobert,
auf il^re SBertigleit geprüft, italienifd^ umgemünzt ju werben. Unb
me^e ®ir, wenn 3)u S)ein ©emiffen nid^t italienifd^ eingerichtet ^aft!
— 5ßfui ber ©d^anbe! —
418) Ulfitad uberfe^te bie »ibel in'l» Xeutfd^e, unb ^l^r über«:
fe^t (Euer S^riftentum nrieber ixC^ Stalienifd^e.
414) 9tidii einmal teutfd^ beten bürft 3^r am SOtar! 92id^t
einmal bad WU&otSfi^d^t y'&tia unfar, tl^u in ^iminam!' (93ater Unfer,
m
3)n in bem ^immel) fprec^en. — 9(tö ob ber $err:«®ott broben
nur lateinifc^ ober l^öd^fteni^ nod§ italientfd^ berftünbe! — SBeil ber
^apft nur lateinift^ fann, unb er, ber Staliener, ber SSermittIcr
)Wif^en ®ott unb (Eurem ®emüt ift, mttgt Sl^r lateinifd^ ju ®ott
beten. S^fimt (Eud^, Zeutf^e, nid^t einmal mit bem ^err^^^ott
teutfi^ )u reben wagen! 3ft ber ^immel in Xeutfd^Ianb Weiter, att
in aHom? —
415) Unb Ouantitfit unb Dualität, unb SKtmuiS unb XonfaU,
— 206 —
imb ^jjetiobeit imb ®efa|, uitb Sffdt mtb fiopf^attuiig ift (Eiu| tum
atom avB toorgefc^riebeit 2>aiS (SMet, Uc tmiiiB)eitbeiitaIfie Saffamg,
Me ber einfach aRomt tooDfit^rt ber bttefteße tbiAcuiI bet (Sem&tt^
ftimmung, ift (£ud^ gemütdreu^ Zeutfd^en ftatoiant bon 9fami oitft
nad^ 9Rag unb Umfang tnm einem Stotiener borgcfi^riden. (Eme
©ebetöbüc^et fuib, fomeit fte tenifd^ ftnb, and bem fiateinifc^ ober
Staltenifc^en überfe^t unb (Eure ®ebete ftnb abgemogene Seifbingen,
bie daij embaQirt unb berfc^nitrt, in egalen iSebet^^aleten, ttiie
^ßreg^e, bon Korn aud jugefc^idt merben.
416) 9uf einer meiner Keifen Um Hf eineS ZagiS in einer
ttmnberfamen ®egenb, in X^rol, in eine Sorflin^ Sie u>ar did
unb freunblid^ gebaut; im Snnem luftige ^aSen; an ben @&ulen
unb SB&nben auf ben ^oftomenten fUmben Spoftd unb ^eilige in
ber}ü((ten ©teOungen, i^re SRartermeri^euge oftentatUi in ber ^anb
^altenb; unb unten in ben @tu^en lagerten fc^maqe, gebeugte
aRaffen: lebenbige äRenfd^. ®Ieic^ itim (Eintritt empfteng mid^
ein eigentumlid^eiS $Ifitf(^em, flirren, @<^nurren unb Kaffebi, mie
t}on englif^en SBebftül^Ien. ^d^ glaubte mirflic^ anfangt, eS fden
irgeubmo im fieQer toerftecft ^ecffdmafc^incn, bie arbdten, ober
l^interm Q^or eine Sofomobile, bie (betreibe brifc^t — Vber balb
ftd mir auf, bag in ben fd^nurrenben ®erduf^en regelmft^g nneber^
fe^renbe ^erioben Don beftimmter Sfinge ^u unterfd^eiben UMiren, unb
bag, bergldd^bar bem auf ienen SBebfNtl^Ien (Settobenen, befUmmte
S)efftnd unb garben^Einf^üffe in mafc^inenftd^erer Ubmed^iMung immer
roieber famen unb giengen. Unb ^er UMiren biefe 3)cfftnS }u mdner
nic^t geringen Semnmberung @prad^^ßerioben unb @a)^fiomptqre.
»äRaria, ©ebenebdte", unb ,ie^t unb in ber @tunbe bc8 Sblterbend*,
maren bie ftetd mie auf @tramin gemobenen, Doruberroufi^enben
Figuren unb Saut^^iRüan^en. Unb nun merfte id^ tDO% ba| eS bie
im fiirc^enfd^iff fauembe äRenge tt>ar — Idenbe SRenfc^en — mm
bereu Sip))en unb QSffnta biefed @d^nurren nnb Sronfen lam. Sont,
gan^ meit Dom, ftonb in dnem mdgen ßittd ber Sorarbetter, unb
tDQ& er laOenb unb gurgelnb — unb mie id^ xooljii fal^, in feiner
0ibdt eminent gefc^icft — angab, »oben unb fd^nurrten bie tttbem
nad^; }uerft bie SIten in ben borberen fiird^l^Ien; unb bonn leinten
— 207 —
bie SoBribnöbd^en; unb lood biefe mit ben fleiligen QlÜfnifm lieferten,
Song, Ott liKim man Sr&fen in irbene Xöpfe praffebib faQen M^;
fo l^eQen 2)i£lant moben bie Hebten gfinger. Scmg, long Uieb i(^
fielen, wofjll eine l^olbe ®tunbe, fhtmm unb erftattt, unb !onnte eS
nid^t f offen, gaft fo lang, tote k)or bem K^einfaU Bei @d^aff^fen;
eingelullt bon bem emig gletd^en SFlaufd^en unb Sraufen; unb gonj
k^erfunlen in @ebanlen, unb in ®ebanlen fortgetragen in eine Heine,
ferne proteftanäfc^e fitrd^e im Storben, roo ic^ ald ftnabe mein
ftummed ®ebet ftiU ^u ®ott \ptai) — h\& enblid^ ber aSafferfoII
auf^5rte, unb bad SBroufen ein (£nbe nal^m; unb id^ ertoa^te; unb
nun todfjH erlannte: bad, toa^ iäf gehört ^atte, maren bie @ebetd«
gerfiufc^e ber latolifd^en Sir^e; unb bad SSebeftüd!, bie arbeit,
bie fte bollbrad^t Ratten, nannten fie — ®ebet —
417) SSar Sure 9Hebertra(i|t nod^ meiter ju treiben, ai& eine
intemagionole, popftgef&Uige ®ebeti^®prad^e (Euc^ aufoltroiren ju
laffen? Sßdc^ed äSoII ^ätte ie feine Götter in einer fremben ®pxadft
angef))rocl^en?^) Den lebenbigen @ott in einer toten ^pxatf^t?
ßomttet 3^r noc§ tiefer finlen? — ^a! ^f)v lonntet (Euren (Sebeti^
Lieferanten, ben ^o\>% fetbft anbeten! Unb bad l^abt 3§r getj^an!*)
— 3^r ^abt in Slom fonftruirte ®ebete an ben $a))ft gefproc^en.
— Sin ^unbdfott ieber Xeutfd^e, ber bad roeig, unb fein iDtaul niäft
aufmacht! —
418) Unb roie forgffilüg tt)irb feit Sa^r^unberten in 9tom
barauf gead^tet, bag leine Sanbedfprad^e fid^ mit ber Steligion oer«
mifc^e; ba| fein Dogma ftd^ in ber ouigftren @prad^e prftfentire;
bag teine iDte|sSitanei bem najionalen Xonfall anheimfalle. Unb gar
bie S3ibel, bad Sud^ ber SBuc^er, bon beffen einfad^er (E^riftudle^re
man ftd^ f^on feit einem ^al^rtaufenb be^ufS Sergöttlid^ung ber
^) ^ie ^^mnen unb iMttt ber alten SBIler finb melft bie, ober eine
ber Blüten ber betreffenben Sanbei^fprac^ toie bie Sieber be9 9Hg«1Beba für
ba» (Sanfhit, bie religidfen ©tüde ber ^omertfc^en (S^ebic^te fih- ba9
*) ^antad, ^., fie^rbuc^ ber 3)ogmengef(^i(^te. 2. ^uf(. 1890. Sßb III.
p. 652. — S)te ,yooe della VeriU« fagte ^inft^tlic^ $itt« IX.: „^eiligfter
$apft, koir loerben m<^t für 2)t(4 beten, fonbem 3)1(4 anrufen." — S)eutf(l^er
SRerhir 1878. p. 68.
— 208 —
Sarbinaie in Siom entfernt f)at — ba| biefed »ud^ nic^t üfeerfeftt
unb koenn überfe^t, nid^t autorifirt, unb menn autotifirt bem Säten
verboten werbe! Unb bal^er bie Sut auf Sut^er, ben ,ma]^nfinnigen'
äRdnd^, ber bie SiBel in boUdmfigiged Xeutfc^ fiberfe^t, unb ben
®ottedbienfit in teutfd^er Sprad^e ju galten geleiert. Unb böiger bie
SBut auf bie aSibelgefeOfc^aften, bie bie Sibet in oller Sfinber
@prad^en dulgarifiren, unb bedl^alb in 9tom att »freintourerifc^
Xeufel&iSerbinbung' fic^ d^araheriftren laffen muffen!
410) „Z)Qg Qud^ bie ^fibftifc^e 9letigion nid^t auf ber @elig«
leit ber SRenfd^en — fagt ber Sauft^er Sfirgermeifter, SRat^äuiS
®öbel — fonbem öielmel^r auf tocWid^e Dinge i^r Sttfel^en ^abe,
ift aud^ baraud abjunel^men, ba^ fold^e nur einzig unb aSein in
Sateinifd^er ©prad^e audgeitbt merben mug. Z)enn, »enn ed
i^nen um ber SReufd^en emigeS ^e^I ju tl^un, mürben fte ben ®otteiS«
bienft JU S^bermannd Serft&nbnid unb Srbammg in aQen @prad^en
berri(^ten laffen. 9Ber eS ift biefed ®t^timn\§ barunter Verborgen,
bog fte baburc^ bie (Sinigleit i^rer Sirenen unb ber ^öbfte Slefpect
erhalten. @intema^I mibrigen ^all^ eine iebe Station idox
fid^ fclbft, in il^rer ©prad^c, ben ©otteSbienft anftcUen,
unb benfetben, o^ne einiget Abfeilen auff ben ^abft, öcr«
rid^ten, aud^ }u ein unb anberer Ser&nberung balb ab^
fd^reiten mürbe. Die 6)eiftlid^leit mürbe auc^ bem ^abfte
nic^t fo beftänbig öerbunben Verbleiben, fonbem fid^ in
iebcr Station ein ^aupt ermc^len, fo lieber bie 3nn*
länbifd^c ^riefter bel^errfd^en, al8 fi(^ t)on einem «uÄ«
länber bel^errfd^en laffen möd^te. Unb menn bem $abfte
biefeg fcfte SSanb ber Bereinigung jcrriffen merbcn folltc,
bin id^ öerfic^crt, ba^ er balb allein gelaffen mürbe*)."
4SO) Unb meiter: „Dal^ero aud^ ju unferer 3^^ $abft
Stlejanbcr Vn. nid^t bertragen fonnte, ba^ man in gronfreic^ baS
Missale Romanum au8 ber ßateinifd^cn in bie granjöftfc^c ©prad^e
übcrfc^et unb public gemad^et, auc| fic^ in einem am 12. 3uni 1661
^) aRattl^fiu» O^öbel, Caeeaivo-Papia Romana, ^ie polittfc^en O^e^ehn^
niffe bed päpftUc^en @tu^Id. 3. ^uf(. fieipaig 1720. p. 218.
— 209 —
pubticirtcn S)ccrct l^cfftig Bcflagct, baß man l^tcburd^ bc8 atlcr*
l^ciligficn ®ottcS*5)icnficS in bei ßatcinifc^cn Sprache
cntl^altcnc HRajcftftt (!) ju ©oben tücrffcn unb mit Süfecn trctten,
aud^ ber ^eiligen ®c]^dmniffc SBürbigfcit gemein ju mad^en fid^
untetflanbett. — SBie er bann, über oBangcfül^rtc ®r^e6Iid^feitcn,
ft^ nid^t unbUKg ju befürchten l^atte, c« möd^ten bte öortüi^igcn unb
neugierigen gran^ofen ben ®otte8bienft in il^rcr SKutter*
fprac^e ju l^alten, auc^ rool^I gar bie ber Sateinifd^en (Sprache
crföl^me 5Priefter ju übergcl^en [ic^ nod^ unb nad^ unter«
fangen*)."
4iKl) Unb nod^matö: ,,Samit man aber aud^ biefen Derbäc^«
tigen (8otteg*S)ienft in Sateinifd^er Sprache be^ bcncn K^riftlic^en
Stationen in etmad entfc^ulbigen möge, gtebet man \)ox, baß ber
©otteSs^Dicnft felbft öeräd^tlic^ toerben möchte, mann er in befannter
SButter^Sproc^e gehalten, (!I) unb bcffen SSerftanb öom gemeinen
SBonn begriffen »erben folfte. 3a, man berebet gar bie ©nfältigen,
ba| ber gemeine 3Rann bie großen ®e^eimniffe beiS ®ottedbienfted
unmöglich Derfte^en lönne, (I!) unb ed bal^ero unnötig fe^, ^ierbe^
bie gemeine 9Rutterfpra(!^e, atö meldte ber Sateinifd^en itt) meitem
nid^t JU öergleid^en*), (!!) ju gebrauchen, unb t>a% fid^ bie ®eiftlic^en
um biefe ®e^eimnüffe allein ju befümmem, öor bie ®emeinen aber
genug fe^, toenn fte nur bem Sateinifd^en ®otte8sDienfte bcimo^nten,
unb ftd^ an bem Sendete, xoa^ bie barbe^ t)orgel^enbe ^anblungen
unb (Zeremonien bebeuteten, Vergnügen ticßen')." — ^ört eS
leutfd^e! —
42SS) Über ben gleid^en ®egenftanb fd^reibt ®arpi in feiner
>®efd^id^te bt& tribentinifd^en ^onjite': „aitit ber 3una^me ber Qaffl
ber äteformirten in Sranhreic^ tt)uc^d auc^, jumal SebenSgefa^r
für bie Snl^finger ber neuen SReligion nid^t me^r k^orl^anben, bei
il^ncn ber 3Rut perfönlid^er SReinungSäußerung. Unb tt)Ä^renb fte
*) «. 0. O. p. 219.
*) ©er cngll^c Äinbcr bie ^folmen in cngüfc^cr Sprache in ber Äirc^e
^at rejitiren ^ören, toie j. fß, in ber ^irc^e beS Foundling-Hoepital in
fionbon, ber weiß, toa« ed l^eißt, Q^ebete in ber SJ^utter^^Sprad^e fprec^en.
*) Caesaria-Papia Bomana. p. 119.
püniiia, Crntf^cv mutfl 14
— 210 —
lunt l^fiitfig in ^rtt ittfammeiilaina, mo ein gro^ Zdl ber IBe^
tvol^er iut @mmneris3^ 0^^ Vbenb, nrte t§ q^frOuäftif wx,
au& ber Sorfhibt ®(m ®ennan (St Oennain) auf Me benod^iarte
frrie Sßiefe ^inan^iogen, um ^cr frif(^ Suft ju fc^Bpfeu unb eS ftd|
VDofjll fein )u laffen, fiengen einige ber Kefoinrixten, md^renb ftnbece
ftd^ auf tierfd^ebene SBeife ergi^ten, an, bie ^falmen S)at)ibfi
ouf 3ran)öfif(^ )u fingen. HnfangS machte fu^ bie äRenge, bet
ber Üteu^ett ber iSad^e, bariiber btfUg. S)ann Iie|en fte bie @pii§e
bei ®eite, unb f(^Ioffen fid^ ben SAngem an. 8tt bie folgenben
Sage bie QaljH ber Xeilne^mer inuner me^r junal^m, gieng bad ®es
rebe bariiber in ber ganzen ©tobt S)er pftpftlic^e Shtn^iuS l^oite
nftntlid^ bem ftönig über bie @a(^e 6eri(i|tet, unb felbe att eine Her^
berblid^e unb gefal^rbringenbe bejeic^net (!) 2)enn bie ^^eisi:'
niffe ber Keligion, bie aUein ben ^ef^em in lateinifc^er ®pro(^e
in ber förc^e t)or)ufül^ren juftönbe, mürben iuxäf bie Sanbed^
fprad^e entmeil^t (!!), unb gelangten gur ftenntniS bed gemeinen
SoßeS. a9ei ber guna^me biefeiS burd^ bie Sutl^erifd^en aufge»
lommenen Übett mügte in geeigneter Seife Sorforge getroffen
toerben, bamit nid^t ganj $arid Sutl^erifd^ ju @(runbe ge^e^)." —
Sa, bad ffaitn bie ^fipfttid^en Sut^er nie Herjiel^en, bag er eS
gemagt, bie Sl^ftltd^e Steligion teutf^ }u empfinben, teutfc^
aui^iubrüden, unb teutfd^ ju leieren. SBeld^ed Serbred^en, Zeutf(^!
428) ^3)er ge^ft in ben Xeütfd^en fd^medt ben Stomaniften nit
faft tDof)l" fc^reibt $ef f u8 in einem 3)iaIog au8 ber 8*eformajionÄs3^t*).
4S4) „2)enn tt>eit fic^ bie römif^en @pi^buben bal^in begeben,
unb mie fie aUejeit fic^ befliffen ^aben, bie ©prod^en ju Dertuirren,
ba| ber @pi^bube ju Stom Stotl^melfd^ antwortet, mo ber ^fer unb
bed ateic^d @tänbe fc^Iec^t Xeutfc^ reben, fo kperben fie ber (Sprachen
nimmermehr cinö, fd^meige, bo| ein Soncilium »erben fönne*)."
*) ©arpi, ¥., ®cf(^t(^tc bc8 tonailiumS toon Orient. Übci|. ö. SEBintercr.
?Dllergcnt§cim 1840. Sb. III. p. 54.
«) grrog unb 9lntwort Simonis ©egi unb aRorttni Sutl^erl. 1521.
^uttcn'S ©(^riftcn, ^rgg. ü. »öding. ficipaifl 1860. 93b. IV. p. Ö05.
•) fiut^cr, ©tber baS ^apfttum gu SRom t)om Xcuffel geftifft. SSKtten^
bcrg 1545. Sämmtltd^c Sd^riftcn, Erlangen 1830. Ob. 26. p. 123.
_ j
— 211 —
46Ui) „Vbtt tooUi (&oü, bog loir Zeutfd^en SReg ju Zeutfc^
lefen, utib bie l^eimlid^eit äBort aufd aKer^ol^ift funfien. äBatumB
foQten iirir S)eutfcl^en nit 9Reg lefen auf unfer ®prad^, fo bie
Sateinifd^en, iSrled^en imb Did anbete, auf i^re ®)>rad^ 9Reg
l^otten*).«
496) aSarum foOen bie Zeutfc^en lateinifd^ Beten? — fflatfy^
bem fte teutfd^ eferjiren, breinf dalagen, flud^en, lieben unb trinlen!
— 3ft bie ©prad^e SReifter dä^arV», bed ®d^ö))ferd ber teutfd^en
SR^fUI, iu eering ffir bad teutfd^tatoHfc^e S^rifientum?
^n) „Satein \di t>or gefc^en ^ab,
baft load eim ^eben nit Belaubt,
ge^t fc^re^ itj^ an bal» Datterlanbt
2:edtf<!^ notion in irer f)nra<!^
)u Bringen bifsen 3)ingen dlad^').''
498) 9Ber teutfd^e @prad^e toax ben ^dpften Beim latolifd^en
^efter eBenfo Der^agt, »ie teutfd^e S^e, meil SBeibeS bie mäd^ttgften
^iilfdmittel ftnb, eine Steligton ju na}ionaIiftren, unb fie bon 9iom
freijumac^en.
499) „^iefe brei SBort frei, d^riftlid^, teutfd^, fmb bem $apft
unb Tömifd^en $ofe nid^td benn eitel (S^ift, Zob, Xeufel unb ^dOe.
(Sx lann fie nid^t leiben, meber feigen nod^ l^ören; ba tt)irb lein
Snbered aud, bad ift getpig. (Sx liege ftd^ el^e jureigen, unb
h)ürbe el^e Xürfifd^ ober Xeuf(ifd^, ober h)er i^m fünft l^elfen
lunute')."
4SO) S(Ie;anber Vn. I^atte fold^e gfurd^t bor ber franjdftfd^en
8[ui^aBe beS Missale Romanum, bag er Bei Strafe ber Communis
lajion baiSfelBe nur ju Befi^en, gefd^meige ju Braud^en, berBot; unb
^) fiut^er, Sermon bon bem neuen Seftament, b. i. bon ber ^eiligen
a)2effe. 1520. SämmtUc^e ©c^dften, Erlangen 1833. a3b 27. p. 153.
*) CLIag unb SJormanung gegen bem übermfigigen, imc^dftltc^ geioalt
bed 8a))ftd iu Stom, 1520. ^utten'^ (Schriften ^r»g. b. »dding. fiei))}igr
1862. »b. ni. p. 484.
") fintier, Ißiber ba^ a3apftum ju 9lom bom 2:euffel geftifft. SBitten«:
Berg 1545. 8ömmt(. Schriften. (Erlangen 1830. JQb. 26. p. 112.
14*
1
— 212 —
aOe gegentofirtigeit toie {uffinftigen f^tmploxt hat gfbunnim jn ütn^
geben Befa^P).
4SI) eäfon ftdnig @igtSmunb bon ^olen fotberte 1556
unter 6 fünften, bie er bem $(M>ft $aul IV. Vorlegte, baS 9fle(^
ber SSere^ltd^ung ber ^rief^er, imb ben (Sebrand^ ber a)hitterfpta(|e
bei ber aReffe. 9ber ber ^M^ erllfirte bieS att ,6eletbtgcnbe (Sin«
griffe ber Soien' in feine «ei^te*) (!)
488) Sunt fton}it txm Orient ^atte ber Sotfer gferbinanb
nod) ben SRut bie Sinfu^rung ber 9Rutterfpra(^e beim ©otteSbienfi
)u verlangen. 2)er $apft mintte ai, unb ber ^atfer berftummte*).
— ^eute fehlte, glaube ic^, fogar ber SRut 3U einem folc^en
Slntrag.
438} $aul V. Verlangte t>om $atfer gferbinanb, eiS feien
in Xeutfc^Ianb nur pfipftlic^e ^rudereien }u bulben. — ^m Sanbe
ber Srftnbung ber Suc^bruderlunft ein folc^ed SSerlangen emft^aft
gefteÜt ^aben }u fönnen bemeift aQein ben unglaublic^ften SerDifid«
mu0 ber 2:eutf(i^en. SSenigftend ^ter anhoortete ber ^aifer, @etiie
^eUigWt fei too^l — fron!.*)
484) 3u ^utten'd Reiten, 1514, verbot $apft Seo X. burc^
eine SSuDe, bag ber Xacitud in 2:eutfci^(anb gebrucft toerbe „au^
feiner anbercn urfad^, uff ba« ber Siömifd^ trurfer bcfto mcr gminn."*)
— $uttcn fragt ben ängfilic^cn S)rucfcr ju 9Rain^, ber meinte,
»enn er gegen bed ^opfted SSerbot l^anble, ,,bed teäfetö ju fein'',
ob er fic^ aud) bom $apft berbieten laffe „me^ngarten ju arbeiten,
waffer ju brinfen 2c." S^r lac^t?! — Za^i 3^r duä) bcnn
ni^t heutigen lag« noc^ biet mc^r bom 5ßapft gc« rcfp. bcr= bieten?:
bie 8trt ©urcS S)en!cn8, bie 9lrt ©urc« ^anbclng, Sure ©ntfc^cibung
im SReid^Stog, Sure ®ebctc, bie ßcl^re über ben ffaifer, ob S^r bem
^) Heideggerl, J. H., Historia PapatuB. Amster. 1698. sect. 290.
•) t^ctner, 3- nnb ?t., dinfü^rung ber ct8»ungenen d^elopgleit.
«Nienburg 1845. S9b. III. p. 888.
*) X^ciner, a. a. O. III. p. 910.
*) X^eincr, a. a. O. III. p. 898—899.
*) (Seft^t^bOc^Iein ^er Ulrid^ t)on ^utten. ©(^rtften. »b. IV.
p» 153.
— 213 —
fianb^ gc^orfom fein, oB gi^r in hm ffrieg jiel^en foöt, bcn Umfong
Sur^ ®Uiuben&, bie Seigre fiber ben $Qpft, bad S)ogma fetnei loelt^
lid^en Territoriums, bad Urteil Aber bie 3efuiten, bie (Einrichtung
<^red ®en)iffend. — ©inb bad nid^t taufenbmal fd^Iimmere ©ad^en
ai& ,bcn lacitu« brurfen*? — •
485) euer ßeib, Icutfd^e, ber ift in Jeutf^Ianb, in bcr
©c^än!c, ober fonftnjo; aber Euer ®eift bcr gc^t immer nod^ natS)
Sanoffa. —
486) Die ruffifc^e wie bie griec^ifd^e ^r^e gebrauten bie
Sanbedfprac^e bei il^rem ©otteSbienft; unb felBft baS Heine Sßontenegro
1)ai in ben iungften Sagen bie flat)ifd^e Siturgie burc^gefe^i — 9(ber
ber teutf^e Satolif, fobalb er bon' feinem 2)re]^pun{t in Stom lodju^
lommcn meint, — bog SRefuItat taufenbjäl^riger Unfreiheit — glaubt
in bai^ bobenlofe Stid^td gef^Ieubert ju merben.
487) Sogar bie tatoltfd^en SSIamen ^aben ftc^ gerührt, unb
}unä(^ft h^enigftend in il^ren geiftlid^en Unterrid^tiS ^ Stnftalten bie
bUmifc^ Sprod^e burd^gefe^t^). - Unb bie 88^men ^aben unter
i^rem gfü^rer Dr. {Rieger unb in Erinnerung an il^ren großen
gelben unb 3)enter ^ug fd^on t)ox Sauren SoiSrei^ung kion {Rom,
flat^fd^en ®ottedbienft unb Suf^ebung bed 3öIibatiS bei ber tfd^ed^ifd^en
®etfki(|Ieit prollamirt*). — Srme teutfc^ fi^atoliten, mattet 3^r
n)enigfteniS einen falben ^ug, einen biertett Sut^er probujirti —
€o l^abt 3^r nur einen ilRdand^t^on — S)öUinger — ^erbor«
gebrad^t, einen ^rofeffor, ber über IBfid^erfiubium nid^t l^inaui^Iom;
unb ben Hegt 3^r (Eud^ bor ber 9lafe qrfommunijiren. — ®e[bft
italienifc^e ®eiftli(^e ^aben ie^t laut unb einbringttc^ ffir Sinfü^rung
ber italtenifd^en Sprad^e in ber Siturgie i^reS Sanbed pUbirf). Unb
nac^ neueften Serid^ten ^dttcn fogar bie lotolifd^en Sidtümer Sfhtffifd^
^olenS bie SSermenbung ber SoitbeiSfprac^ in i^rem (Sottedbienft
') ®ie^e »erid^t über Den latolifd^en j^ongreft in »tugge im ^erbft 1893.
SMinc^ener «Hgem. 3tg. 1893. 9hr. 236.
*) @ie^e $aul S)^n, 9tadf fünfhundert Sauren. Seilage 5. VOg. 3tg.
^ünd^en 1893. 9hr. 128.
*) Cund, C. M., n Vaticano Begio. Roma 1883. p. 307 f.
^
— 214 —
Beim ^Qp\i burd^gefc^t^). — Unb »erat aOe Söller il^te Sptad^e,
i^re ftlrd^e, il^re StQjion, il^re ©rijUic^eit ^aben toerben, »erbet
^^x, Xeutfd^e, noäf mit bem ^cM^ft latelnifc^ plappern, unb ntd^t
tollen, toa& in (Surer SReffe tiorge^t.
488) ftpurlo« ftnb an (Sadf bie Xage k)on 1870/71 boruBer«
gegangen, ^a, Q^nige Behaupten, ^ifx l^fittet Sud^ bamafö Beftegt
empfunben, »eil granlreid^ fatolif^ toax, Unb a\B Balb barauf
^reu^en ben SSerfud^ auf ^er Xeutfd^tum, auf Suren ^atriottömud
mad^te, ftemmtet ^^x (£ud^ mit ^änben unb %u^ta entgegen, erHfirtet,
Suer fi'dnig fei ber $apft, unb »enig fehlte, S^t »firet, »ie ^ur
3eit ®regor'd Vn., fiBer (Suxfn fianbei^^erm hergefallen. iRid^t
an (Sud) lagiS, nur an $iui^ IX., ber ni^t toit Tregor in groger
^olitil, fonbcm in fanfter äRariologie mad^te. — 3<i^ ttjct|, bag e8
unter Suc^ e^rli^e Xeutfd^e, Bratie Patrioten giBt; aBer »arum
fd^weigt sit? —
489) Unb hod) »ar Sure ®eiftlic^Ieit nod^ 50 gal^re frfi^er
teutfc^er unb mutiger geftnnt: 3m 3a]^r 1826 erf^ien eine 3)cnt
fd^rift ber fatolifd^en ®eiftli(^fett Sd^lefienS, in ber auger SlBfteOung
anberer SRigBrfiud^e für ben ®ottedbtenft bie teutfd^e @prad^e
geforbert »irb*). 2)ie DBerl^irtlic^e SSel^örbe na^m biefe (Eingabe
fogar mit äSo^tooQen auf, unb bnufte fie im Siöjefen^SIatt ab*).
— ffiaS gefd^al^? — 2)er $apft unterbrücfte SOIed. S)er $apft miU
nic^t l^aBen, bag in ber latolifd^en ^rc^e Xeutf^IanblS S^eutfd^ ge^
fproc^en »irb. m\o fufc^t (Su6) Xeutf^e, toit ^f)x e& feit 1000
Salären ge^ol^nt feib.
440) M^^ fre^ Xeütfc^en i(^ t)erman,
iu fein in bigem f(^impff Bereit.
3)ad g^olffen n>erb bem ganzen lanb,
unb uggetriben f(^ab unb \dianb.
') ^flgem. deitung. 9Rün(^en 1893. 3. S^ejember.
*) „(gtfter Sieg be» ßic^te» über bie ginftemi« in ber fat^oUft^en
ftir(^e Sedierten«.'' ^annot)er 1826.
*) „aRerttofirbigeS Umlaufdfd^reiBen be« gfirftbifc^offt t)on IBredlau.''
^anni>t)er 1827.
— 215 —
Unb ^9r itit auff, id^ fc^re^ unb gilff,
bijs man ber marl^eit bmpt ^u ^Uff,
unb fd^tdet ft(^ ju btjsem htig.
99eT tDetg ob ic^ no(i^ unben 1%^).*'
441) Dreierlei Singe, — fogt ^uttcn — feien in Jftom er:^
fd^redHid^ ju ^ören: „ein attgemein Eonjil, eine reformation bciJ
geiftlid^en ftanbtS, unb, baß ben leutfc^en bic Slugen aufgel^n')."
443) äSoUen bte Xeutfd^en {ufammentreten unb ein ®efe^
unter ftd^ mad^en, gel^e ed nun tiber ^olj ober ©^ntal}, über
Sudler ober SBaffen, über ®efängniffe ober ©ebanfen, fo ift eine
große $ßortei ba, bic teutfd^cn ?Jamen trägt, bie erflärt, fie muffe
erft anbertoeitig ^nbe erholen, ba t^r eigene^ Semiffen für fie nid^t
auSreid^e. — Darauf rennen fie Icuc^cnb nad^ SRom, fc^eöen an
ber ®Iode bei» SSaHfan unb ftellen ft(i§ in bie ^ofttur ber ®oiit^
aScrel^rung. Dort tritt bann ein ®rei8 l^erauS Belabcn mit bem
Slud^ lOOOifi^riger ^urerei, 3Renfc^ent)erftümmtung, Sug unb S^rug,
SRorb unb feelifd^er SSergiftung, unb bcl^aftet mit bem untilgbaren
®erud^ lüftemer, oricntalifd^er 5ßert)erfttät; unb auf bie 3^agc bicfer
blonbfhräl^nigen, biberben leutfd^en, öon bcnen öietteic^t jeber nod^
eine ^orjion ©l^rlid^feit abgeben !önnte, ol^nc entfernt an ben feelifc^en
S^muj beS D6enfte^enben ^injureid^en, auf il^re Srage an il^ren
®e»iffen8gebieter: SBie benfft Du über ^olj ober ©c^malj? SBic
benfft Du über SSüd^er ober SBaffen; unb »ic über ©eföngniffe ober
®eban!en? — antwortet ber c^rloürbige ®reiS mit bem S^fuiten*
®ift jttjifc^en ben Söhnen: SBartet freunblid^e leutf^e! SBir motten
und erft brinnen mit unferen S^eunben benehmen, unb über bag,
ttjaS Suren ®ettjiffen am h^tn frommen möd^te, unö berat^en, —
Unb ben teutfd^en topfen fatten bie blonben ©trä^nen auf bie (Erbe,
unb fte koarten, mad brinnen bie SBälfc^en i^rem, bem teutfc^en ®es
koiffen, meld^eiS eine il^rer loftbarften, urfprünglid^ften Sigenfc^aften
getoefen fein fott, öorfd^rciben werben.
^) ^utten, dlog unb SSormanung bem fibermägtgen, imd^ftltii^en genmit
beS »apft« }u SRom. 1520. ©(^riften ^rdg. t>. SSöding. fieip^ig 1862.
8b. m. p. 504.
*) (^tfpräc^büd^Iein l^er Vdxiäfi bon ^utten oon bem t)€tlfirten ftanb
ber etat 9iom. ©fünften, Sb. IV. p. 178.
— 216 —
448) auc^ im teutfc^en Steid^tag ft^t fo eine p&pfüiift
Äo^orte, eine art üatüanifc^er ©c^lücijcr, bic mit ber ^elleborte
im Wlaxil l^eraudfa^ren unb fagen: SBir moOen nid^td kpiffen bon
ßatfer unb SRetc^. 9[uc^ ber (Srbfeinb ber S^eutfc^en, bie S^angofen
gelten un& 97i^tö an. 9Bir ftnb nur aud Su^atl in 2:eutfd^(anb
geboren. SBir finb ?ßfipftlid§. aWag ba« SReiti^ in Irümmer Qt^n,
mcnn nur ber ^apft gerettet wirb. Dtefer SBälfd^e ift un8 »ic^tigcr
wie ber teutf^e ffaifer. ©ein weltU^eS Territorium wici^tiger aK
SSronbenburg ober Sägern. Unb bie römif^e Sampagna mici^tiger
atö Shtrl^effen ober (Saufen. 9Rag ber Si^ein Don ben tjtanjofen
genommen werben, wenn nur bie lieber bem ?ßapft bleibt Diefcr
Staltcner bcrfügt gänjltd^ über unfer ©cwiffen. ffir ift unfer ^t^
fefjtö^abcr unb unfer ®ott 3^m empfel^Ien wir unfcre ©eelc beim
3u:=Sett^®ef|en, unb beim Sluffte^en; unb beö laggüber. SBir ftnb
nur leutfc^e, um für ben itnlicnif(i§en SRann in 9tom, ber &oii ift,
in Seutf^Ionb ju agitiren. Unb nur foweit finb wir Jeutfd^e. 3)ie
latetnif^e Spraye bed itdtenifci^en ®otted, wenn er offtjiell (priest,
unb baiB italiano volgare Wenn er familiarmente fprid^t, ift und
Wid^tiger atö Suer ^ötl^e unb ©d^iHer, bie Reiben waren imb in
^eibnifc^er Sprache fd^rieben. — SBir rul^en nid^t el^er, oö bid
ber ^opft über aQe teutfd^e ®ewiffen gebietet unb aud^ in irbifc^en
2)ingen ein SBort mitjureben ^at; bid ber teutfc^e ßaifer, wie einft
griebric^ »arbaroffa, öor 3^2» ju »oben fättt unb 3$2R ben
gfug lügt 3)ied JU erreichen ift $f(ic^t eined ieben e^rlid^eUr
BraPen, wahren Jeutfd^en! — 3cfct ju ©urcm ©efc^sSut^
Wurf. —
444) .(Sie motten bei SSapft ^ailig!att ften,
Unb fo0te ^eutifc^ lant^ gant unbergeen,
3>a« ^aben Re beWloffen*)."
445) S3on 3weien (S\x^: (Sntweber feib S^t Statolifen
unb bem 5ßapft in attcn gragcn ,,be8 ®IaubenS unb ber (Sitten"
gel^orfam, bann mü|t 3^r befolgen unb mitwirlen 3U 3)em, wod
j. S. ^aul IV. in feiner SSuHe »Cum ex apostolatus officio«
') (Spottlieber ber Stralfunber 1524—1527. ^rSg. oon d^. gi'ber.
Stralfunb 1855. p. 6.
— 217 —
kiont goi^r 1 559 t^orfc^reibt: „Wlt »eltttd^ Surften unb SRonar(^en
fo gut tme oDe eif(^5fe, fmb, fobolb fie ber ^ärefie (^oteftantid::
nnid) ober bed Sttöma fc^ulbtg geioorben, o^ne bag ed irgenb einer
red^tlid^en gformalU&t ober eineiS 9ti^terft)rud^d bebürfte, fofort t^rer
SBürbe unb Sänber o^ne äRögltd^Iett einer SBiebererlangung üer«
luftig; bereuen ober n^tberrufen fte, fo n)irb ber $apft biefe ^aifer,
Könige ober Säifd^öfe auiS 99arm]^erjig!elt ju lebendl&ngltc^er 9u^e
begnabigen. Sinem ^äretifd^ ober ffÜSmatifd^ geworbenen gfürften
borf fein S)tenft ber SRenfc^Iic^Ieit mel^r geleiftet n^erben." >) ^ann
feib ^f)x in Surem (^eh^iffen ftete, ^nftd^tßc^ ber %at bebingte
ßanbe8t)err&ter. — Ober 3^t feib leutfc^e; bann fönnt ISl^r
beut $apft nid^t me^r ge^orfam fein. Unb ha ed (£u(^, mie ic^
f^ft^e, auf bie ^Religion, alfo, toit iif Dermute, auf bad Sl^riftentum,
anlommtr unb biefed bod^, h)ie baS ^olbe ^(benblanb jeigt, unab-
hängig Dom $a))ft qriftirt, unb bor il^m qriftirte, fo fann Sure
SBal^I nic^t zweifelhaft fein, ^atolifd^ unb 2eutf(^ lann man ju
gleicher 3^^ f^i^* ^^^ papftge^orfam unb teutfd^ unmöglid^.
44A) S)te teutf(^en Satolifen Rotten ya wa^rl^aftig nic^t nötig,
ffir i^re ^riefter, i^re äReffe, i^ren Sanon beforgt ju fein. 2)er
Seib S^rifti wirb ja in ^öln unb SKünd^en genau fo gut ber::
Wanbett, Wie in SRom, unb l^at, anfc^einenb, au^ biefetbe Sßirfung
ouf ®eift unb Qiemüt SSenn fte ftd^ nur entfd^tiegen tonnten,
teutfc^ }u beuten unb teutfc^ gu empfinben.
447) ©c^on ^ug fagte, bie c^rifHi^e ^rd^e tonne in ben
bcrf^iebenen Sftnbem burc^aud o^ne bie »monstaruosa capita« bie
gräulichen Cber^öupter ber ^dpfte beftel^en.*) — 9hin erft, wenn
bie Sin^eit bed SaterlanbeiS auf bem Spiele fte^tl
448) Um einen taufenbifi^rigen 99ann beS SCberglaubeniS }tt
^) Magnum BullArium Bomanum. Luxemb. 1727. tom. I. p. 840.
— S)ted ift )7on einem $apft ex caihredra gefproc^en, imb alfo unfehlbar.
— 9(ui| $iud IX. fprid^t fic^ in nun. 54 feined Syllabiu nid^t anberd
Ott«: ,,ftihtige unb Surften finb tt>eber bon ber guridbiction ber S^in^e au9s
genommen, noc^ fielen fte bei Suri^bictiondfragen ^9^er ali bie ßirc^e."
Qhtc^Iica unb e^Uabud Seiner ^eiltgleit $iud IX. ßöln 1865. p. 94.
') ^eber, 3. (£., 3)ad ^opftt^um unb bie fäpfte. Stuttgart 1834.
»b. II. p. 240.
— 218 —
hred^en, gel^ört eine ^Dtjion äbermut unb 9torr^eit ouf Seite beS
bie obergUubifc^e Serel^rung in 0nfprud^«9le^menben, unb eine
^ot^ion fiurafd^e auf @eite beffen ^inju, ber biefen Sann hteifax
toiVi: (Srft att »onifaj VIIL ertUrte, er fei ^ßapfi unb flaifer,
9Kemanb Untertan, unb menn er bie ®eden ber Slfiubigen jur
^öQe führte, 9Kemanb SSed^enfc^aft fd^ulbtg, fx^, aU erfter, eine
boppelte fitone auffegte, unb neben bem p&pftlid^en auc^ im {atfer^^
lid^en Dmat mit firone, ©jepter unb JHira^ ftd^ öffentliii^ seigte,
jn>ei ©c^n^erter mit bem Stuf ,eoce duo gladii' fic^ Dorantragen
lieg, baS meltlid^e unb bad geiftlid^e, — erft ie^t fonnte ber mutige
^l^tlipp IV. bon Sranfreid^, ber, h^etl er nid^t bie geforberten
®elber nad^ 8tom abführen lieg, qrfommunijirt unb feined SanbeS
für Derluftig erflfirt h^orben mar, bem t^errudhen Sonifa^ ant»:
Worten: „ffiiffe S)eine aQer^eiligfte ffibem^eit, bag Sir in melt:»
liefen Sftagen 9liemanbem untermorfen futb; bag bie Sefe^ung
t)a!anter ^rc^enfimter unb ^rfibenben Und nad^ löniglid^em Siedet
juftel^t, fomie lofi^renb ber ^auer ber 93a!an}, beren 9tu^niegung;
bag bie Don Uni biiSl^er gemachten unb in ßu^^^f^ h^ mac^enben
SSelel^nungen red^ti^frfiftig fmb, unb bag mir beren ^n^^^ber gegen
^ebermann fc^fi^en unb üerteibigen merben. SBer anberi^ barüber
beult, ben crHärcn SBir für attem unb begriffgfHitig.*'*)
449) greilic^ Sined g^ört ju fold^em Sluftreten: bag bie
eigenen fianbdleute ni(^t über ben fianbedl^erm auf 99efe^( beS
^apftcg ^erfatten, mic ed bie leutfd^cn bei ^einrid^ IV., ^^ilipp
Don ©d^maben, gfriebrid^ n., Submig bem Sägern unb in
anbem ^äVitn gemad^t ^aben.
450) «3)re9 bing — fagt $utten — fcinb 9tom teib: ber
Xeütfd^en Surften Sinigfeit, beS aSoßed red^ter t>erftanbt unb, bag
i^r buberc^ mtrbt erfannt."*)
*) »Sdat Tua maxima fatnitas, in temporalibus Doe alicoi non
Bubeese, alicjuarom Ecclesiarum et Praebendarum vacantem coUationem
ad noB pertinere jure Beeio et fructus eanun vacante duratione noetroe
facere; Collationes a nobis hactenuB factas et in poeterum faciendas
fore validas, et earum vigore pofiseesores contra omnes viriliter noe tuen.
Secufl autem credentes &tuo8 et dementes reputamus.« — Heidegger!,
J. H., Historia Papatus. AmateL 1698. p. 149.
*) Trias Bomana. ^utten'« @(^rtften. herausgegeben t)on )B5dtng.
©bi rV. p. 267.
— 219 —
451) «tt gnnoccnj IV. (1243 — 1254) feine ^räbicantcn^
unb SRinoriten^SKönc^e burc^ gattj Sranlreic^ fönte, um in feinem
92amen t>on jebem ®eiffli(^en ®elb auf Sorg ^u nel^men, erlieg ber
fromme ßSnig fiubn^ig ber $ei(ige, »suspectum habens Romanae
cnriae avaritiam' an alle ^nl^aber t)on geiftli^en ^frünben, Bei
Subrol^ung bed SSerlufied berfetben, ein 93er6ot bem pftpftlid^en
ßegaten ehüo« ju geben.*) — ßlugl^eit unb grömmigleit fd^Iic|en
fic^ nid^t auiS. 9hir bie bummen Xeutfd^en liegen ftd^ immer ixB
jum $[ugerfien Don ber lateranenftfd^en ^eujfpinne auSf äugen, unb
goben für il^re @itnben i^r le^ted ^emb l^in.
452} Unb bem SSerlangen bed gleichen ^apfted, ben p&pfU
liefen l)ecretalen, meldten bie römifci^e ^rie gleici^e 9[utorität mie
ber Bibel juerfannten, in fSfranfreid^ ©efc^eSfraft ju Derlei^en, mibcr^s
festen ftd^ bie franjöfifd^en SSifc^öfe, inbem fte jufammentraten, unb
ein einftimmigeS veto bagegen einlegten.*)
453) tiefem feften S^f^n^nten^alten ber franjöfif^en äBürben^:
tröger gegenüber ben pfipftlic^en 9[nma|ungen unb bem entfc^iebenen
Betonen ber ^ntereffen bed eigenen Sanbed tierbanit aud^ gfrantretc^
bie unter bem Flamen ber »gaDifanifc^en grei^eitcn* befannten SSors^
rechte ber franjöfifd^en ffirc^e, mit bercn ?tbfaffung ber 9?ame i^reg
bebeutenbften ®eiftli(^en, SoffuefiS, tierlnüpft ift, unb bie auf ber
»if(i^ofS::ßonferenj t)om 3a§r 1682 in bie Dier $auptfä^e f^n^
fammengefagt n^urben: ^etruS unb feine iRac^f olger ^aben t^on ®ott
nur aRad^t im ®eiftli(^en, nid^t im SBcItlic^en. — Diefc SRac^t ift
befd^rftntt bur^ bie Sefd^tüffe beiS Sonftanjer ^onjite, n^elc^e bie
«utoritfit ber S^njilien fiber bie bed ^apfteiS fe^t. — @ie mirb
femer eingefc^rfinft burc^ bie 93orfd^riften unb ®ebrftud^e in ber
gaDtfanifc^en ßird^c — 3)ie «ugfprüd^e ber $äpfte fmb ie nod^
bem SSer^alten ber ßonjilten corrigtrbar.
454) Unb a» ®regor Xm. gegen ßönig ^einric^ IV.
))on Sranlreic^ ben 93ann fd^Ieuberte unb i^n bed Steid^ed für ter«
luftig erHfirte, trot baiS frangöfifd^e Parlament }ufammen, unb lieg
^) Momay, Ph., Mysteriiun iniquitatis seu hlBtoria papatiu. 2. edit.
Salmurü 1612. p. 842.
*) Momay, a. a. O. p. 891.
— 220 —
bie pdpfttic^e SannbuUe öffentlich in $artd bun^ ben genfer ber^
brennen.
455) ins ^nnocen} IV. aud^ nac^ Snglanb feinen Segoien
SRartinud fante mit carte- blanche -SuQen ,schediila8 non soriptaa
sed bullatasS bie ber beutegierige Segat jur (Eintreibung h^Stf^nim
nur au^iufüaen brauchte, unb ben berakoeifelnben ^oten rnib «btesi
bie $ferbe auiS bem ©tau jog, bereinigten fic^ ade ©tfinbe be9
S!önigreic^8 jum äBiberftanb. 3)er aufgebrod^te unb ge^orfam^^ge::
toöf^ntt Segat rannte mit 93efd^merben Don ben (Seiftlic^en ju ben
SBaronen unb ))on ben 99aronen }u ben ©eiftUc^en. (Snbttd^ gieng
er }um ^önig, unb frug, ob biefed (Spiel gegen ben SGbgefanten bdS
$apfted abgelartete (Saäft fei Unb ber ßönig (^einrid^ m.), bem
enblid^ bie @(ebulb rig, l^errfd^te ben fiegaten an, er foQe fid^ jum
Xeufel fd^eeren: »Diabolus te ad inferos inducat et perducat«
$ier mürbe ber Pfaffe plö^Iid^ fanft, unb bat nur um ftc^erei^ &t^
leite burd^ bag erregte Sanb. (£r mürbe an bie JHifte gebrad^t
Äam nid^t mieber. M
456) S(ber auc^ bie Xeutf(^en, ©tftnbe mie »ifd^öfe, Surften
mie 99ärger, mußten fic^ gelegentlich bem toDen ^Beginnen ber ^fipfte
Iräftig entgegen jufe^en: Äaifer griebric^ Sarbaroffo jagte 1187
bie ®efantfc^aft ^abrian'd IV., bie ein ©^reiben überbrachte, in
bem baS äSort ,beneficiumS ,Sel^enS im ^inblid( auf bad teutfd^e
SReid^ gebrandet mar, mit ®c^impf unb @d^anbe jum fianb l^inaud
— fie märe idnoff^ bon ben teutfd^en Sftittem erfd^Iagen morbcn
— unb erliefe ein SKanifeft an feine ®ro§en unb an bie ©eiftiic^«
teit morin er ben SSerfud^ beS ^apfteS, baS teutfd^e Steid^ att pfipft«
tid^ed fielen ju betrad^ten, att lügenhafte Snmafeung fennjeic^net*)
Unb ate auc^ bie teutfd^en Sifc^öfe bem 0age fül^renben ^opfi ant^
^) MatthaeuB Parisienis, Historia major. Londin. 1684. Edition
W. Wats.
*) »Cumque per electionem prineipum a solo Deo Regnum et
Imperium noetrum eit — quicunque hob Imperialem Coronam pro bene-
ficio a D. Papa suscepisse dixerit, divinae institutioni, et doctrinae Petri-
contrarius est, et mendacii reus erit.c (S^regoriud, ©efc^id^te ber @tabt
3lom. Stuttgart 1890. ©b. IV. p. 524.
— 221 —
»orteten: ,93it Betrad^ten bie teutfd^e ^iferfrone nur ate göttttd^ed
Se^en' — »libenun Imperii noBtri coronam divino tantum bene-
fido adflcribimuB* — fam im folgcttben 3a^r eine neue Oefantfc^nft
mit ber feigen, italienifd^en SuiSrebe: ber $apft l^abe baiS SSort
beneficiiun nic^t naif bem lanblAufigen, jjuriftif^en ©inn, fonbem,
im ^inbticf auf bie ßaiferlrönung, im @inn t^on benefactum, So^U
tot, gebraud^t, mie eS aud^ im Se^fon ftünbe.^)
457} SBei anberer @(elegen^eit fc^reibt i^m 93ar(aroffa:
,,S)ed^(ei(^en <£uren Sarbinftlen finb bie ^rd^en Unfereg Sfteic^ed
}uge{(^Ioffen, unb bie @tftbte [teilen i^nen aud§ nid^t offen, meil mir
fe^cn, ba§ ftc nid^t praedicatores (^rebigcr), fonbem praedatores
(fRöuber) finb; nic^t pacis et orbis reparatores (gricbenSftifter unb
SBeltbefferer), fonbem auri ineatiabües corrosores (unerfdttltcf|e ®oIbs
gufommenfc^arrer). •)
458) «te Sarbaroffa ju SSenebig 1177, nad^ erbittertem
Sam|)f mit ben mit bem ^apft tierbänbeten italienifc^en ®täbten,
mit äleyanber III., bem Slac^f olger ^nbrian'S, gricben f^Iog,
unb bei ber Begegnung Dor i^m nieberfiel unb nac^ bnmaliger Sitte
i^m ben gug fügte, nic^t ol^ne mit 93orfic^t ^injujufe^en: non tibi,
eed Petro! — nid^t Dir, fonbem ^etrnö — antwortete ber 5|Japft:
et mihi et Petro, fe^te bem bortliegenben Saifer ben i^t| auf ben
9tacfen unb jitirte ben 9)tbe(«@pmd^: 9[uf Schlangen unb Dttem
»irft SDu gelten, unb treten ouf junge ßömen unb S)ra^en. —
SB e ber f)äü bad (Sanje fiir ein „anmagenbeS ^faffenmärc^en; ein
SRann, mie S9arbaroffa l^ätte bem ^rd^en^^Ie^anber mit bem Sjepter
über bie D^ren gef dalagen."')
459) fintier raft über ben ©d^impf: „Unb fold^e böfe Z^at
biefeS fc^Anblid^en, Derbampten ^apftd Sdqranbri foEten bie j^aifer,
ftönige, gürften unb meltlid^e ^erm ben 5ßäpftcn, ja »eftien, nimmer*
mel^r hergeben; fonbem emiglic^ gebenlen unb aufmden ju emiger
©d(janbe bem römifc^cn, teufelifd^m ®tu^I. Denn eiJ reuet fte nic^tr
M (l^regorot)tud, a. a. O. p. 525.
*) IBeber, 3. (£., 2)ad ^opftt^um unb bie $äpfte. (gtuttgort 1834,
»b. I. p. 413.
■) ©eber, g. (£., a. a. O. I. p. 422.
— 222 —
fte bügend nid^t, bie Ififiertt^ k^etikDdfdteit fRubm, fonbent iaäfaa
noäf baju, unb l^aben SBo^IgefaQen baran; moSten too^l gern an
allen fidfem, Königen, Surften fold^ greuUcJ^ Cjmipd üben, merni
fte bagu lomnten hinnten; unb kper ein fromm C^riftcn ift unb fein
toüBi, ber foQt aud^ allem umb btefer einigen Xfyd nriUen ben 9lamen
^apfi anfpeien, fo oft er il^n ^5rt nennen, ober Ifife, ober bron ge^
badete.- *)
4ttO) 908 (Sregor IX. fiaifer griebrid^ n. megen einer
l^o^Ien 9ht§ bannte, unb feine (£miffdre burd^ gon) Xeutfd^Ionb
}Ogen, um bad SSoII oufju^e^, traten bie teutfd^en Sifd^ofe }u^
fammen unb erH&rten: „2)er römifd^e Dberpriefter l^be ol^e 3>t^
ftimmung ber teutfd^en Sifd^öfe leine Kec^te in Xeutfd^Ianb; möge
ber römtfd^e ^ontife; feine italienifc^en @d^aafe »eiben; fte (bie
Xeutfc^en) toitrben bon i^ren (Sd^f^ftAUen bie SBdIfe im @<^fd|)e(j
abgalten."*) — SBann l^oben teutfc^e 9ifd^5fe mieber fo mit 9tom
gefproc^en? — Unb menn ^eute ein Seo ober ein gud^ im ®d^fS^
pdi mit einem golbfaugenben 2)ogma nad^ Xeutfd^Ionb fii^Ieic^t,
n^el^ed i^n jum ,@o^n ®otted' ober bie Jungfrau äRaria ju feiner
yäRutter' mad^t, ober bgL, merben teutfd^e Sifd^öfe mie im ga^r 1229
fprec^en, ober ben S^man) einjie^en mie 1870?
461) V1& ®regor IX. am ^almfonntag 1239 ben fiaifer
)um jmeitenmal bannte, h^etl er i^m nid^t bie gemitnf d^te mdttid^e
^olitil trieb, unb feinen Seib bem Xeufel übergab', fotoie febte
Untertanen bed (Sibed ber Xreue entbanb, rid^tete griebrid^ IL
ein äRanifeft an feine ßoQegen auf ben Xl^ronen Suropad, n>orin
er fd^rieb: „2)ad ^aupt ber ßtrc^e ift ein brüKenber Sörne, ein be^
fubelter ^rtefter, ein mal^nfinniger $rofä; Unfere @(^mo(^ ift auc^
bie Surige; Und Hegt oi, bag S^rifti ^erbe nic^t I&nger Don fold^em
^irten irregeführt merbe. S3ir muffen mit aDen unferen Pfeilen
bicfen gcinb angreifen, big er t>ermunbet nieberftürjt"*) — S)er
*) fiut^cr, ^opfttreue ^abrian'« IV. unb «lejonbcr'S m. oeacn Äoifer
Srnebri« »arbaroffa geübt. 1545. 6ömmtlid^e %»erle, drlangen 1830. Bb. 32.
pag. 360.
*) Aventini, J., Annales Boiorum. ups. 1710. lib. VII.
*) Sßeber, 3. (E., ^ad $apfttum unb bte $äpfte. 6tuttgart 1834.
pag. 78.
— 223 —
heutige Seo btüDt ni^t fo mie ber 9tc (Tregor; er ift ein bunnet
Sfud^i^, ber fid^ md) gefd^ictter in ben teutfd^en SBelnBerg einiu«
fd^Ield^ toA^'f ober ob gfud^, oh Seo, ob ®regoc, jeber ^pft ifü
ein gebomer Selnb bed Xeutfii^tumd; fd^on ber teutfc^e C^aratter ifi
ein immerm&^renber ^^teß gegen bie bo{>peIi{mgige SSiper, bie ftc^
ySol^n ®ottei9' nennt, unb ein äRenfd^ nac^ bem Sbeale ber S^fuiten
ift Unb eine loiferttc^e ®pra^e h. la griebri^ EL ffil^en mir
l^eute lieber att ein freunblid^eS tdte-ä-t^ ikoifd^en fiaifer unb ^ft
gu 9tom.
462) !(Id ber gid^tbruc^ige $apft ^onoriuS IV., ber eine
9Raf(l^ine brandete, um bie SReffe ju lefen unb bie ^oftte aufgeben
)u lönnen, feine lahmen ©lieber bid nad^ Xeutfd^Ianb Otti^fheden
tooUte, unb burd^ {eine Smiffftre ben Sierten aQer geiftlic^en Sin«
fünfte Quf fimf ^al^re im SSoraui^ einzutreiben befahl, t>erfammelten
fn^ bie teutf(^en äSifc^öfe in SBür^burg 1289 unb ber 99if(^of
^robud t>on Xoul (meld^eiS bamatö ju Xeutf erlaub gehörte), ber
feinen Sicero nid^t Dergeffen ^atte, begann feine catUinarifc^e 9iebe
mit ben SBorten: ,,SBie lange, t^eure äRitbrüber, merben biefe
römifc^en ®eier nod^ unfere SRad^fid^t, um nid^t ju fagen X^orl^eit,
mi^rauc^en? SBie lange no(^ toerben mir i^re ©d^anbtaten, il^ren
®eij, i^ren @toI}, i^ren Su^d ertragen? SHefed p^ariffiifc^e ®e«
fd^Ied^t fd^Iimmfter 0rt mirb nic^t e^er ru^en, bid eS und aQe in
bie tieffte 3(rmut unb niebrigfte ^ed^tfd^aft gebracht ^at . . . ^y
408) Unb als fieo X., ber gro^e ®oIbfd^Iunb, jum fo unb
fo t)xdtfn mal Segaten nad^ Xeutfc^Ianb fc^idfte, um ®elb ^u einem
angeblid^en Xürlenirieg, mit bem man bie S^eutfd^en feit 100 ^a^ren
äffte, iu erpreffen, ließ ftd^ ein leutfc^er, beffcn Kamen nid^t über«
liefert, folgenbermagen an bie Surften Deme^men: „^it Surfen
rooVit 3^r übcnoältigen? SöbÜd^eS Unternehmen. 3^ fürd^te nur,
^) »Quousque, collegae charissimi, Bomani illi vultures patientia
Doetra, ne dicam stultitia, abutentur; quouaque eonim flagitia, avaritiam,
superbiam, luxum tolerabimus? Non oessabit hoc genus archisynagon
Pessimum, nisi omnes adegestatem et servitutem durissimam redegerit . . .«
Momay, Ph., Mysterium iniquitatis seu historia Papatus. Salmurii 1612.
pag. 921.
— 224 —
3^ irrt im fHamm. gn Stoßen fud^rt, ntd^t in «ften. (Segen Ue
Xürlengefol^r ift ieber nnferer gürften }itm @d^u$ feiner ©renjen
felbft genug. 96er um ieneS anberen Xfirlen Segel^ren }u erfftOen,
genügt nid^t ber gange (ErbfteÜS. Sener, ber mit feinen OrenjböIIem
immer im ^ober Hegt, ffat und no<^ nic^t gefd^bei 3)iefer möftet
^df bei und unb faugt baS Slut ber Srmen. SDiefen SerberaS
lönnt ^ifx nid^t anberd befriebigen, ott mit einem ^olbftrom. &
finb feine SBa^en nötig; lein Xürfen^ ift ^, molS ber ^h^ miO.
®elb, Srtrag ber Sehnten, bad ift i^m Heber mie 9teiterf(^n)abronen
unb ^er^oufen . . . ." ^)
4A4) »Semblablement pape Martin recouvra des Evesofaees
de France, tant senllement» quil havait oonlerees 600,000 miUe
eacuz. Si ne faxit paa doutter quil en receust moins de la Ger-
manie. Je me tais de l'Angleteire, Espaigne^ Hongrie et antrea.
Je me tais aussy du revenu quil tire anuellement de la cour Ro-
maine et ce quil lieue aus le patrimcMne de l'Eglise; oecy se peut
appeler un zevenu. — Je me tajB aussy de laigent des pardonz
et du purgatoire, par labuz deequelz les papes ont reciouvrez tant
de denierz, si que tout hörne qui extimera cela, sesmerveillera ou
est alle tant dargent, ni oome Ion en ha peu tant acquerre; mais
advisons combien de pecune ilz hont attrapee par le moien de la
doisade assignee pour marcher contre le Thurc, sans quilz haient
pour ce amassez ü. soldatz ensemble.«*)
465) Xeutfc^Ionb mar überhaupt immer ber offene äRarlt für
bie ©elbbebürfniffe ber ppftc: „3n Stauen — fcj^reibt ^utten —
l^ob id^ n^mantS gefe^en, foüid^er bing etmoS t^un, bie unfere
Seütfd^en fo mit großem gemeinem, unb aud^ eigenen ©c^aben ^u«
laffen. ^ann fte lauffcn {ein aplo^ '^a laum nemen fte ben umfe:
fonft. ®o geben fte aud^ nit gelt gum Sürden Irieg, unb miffen»
bag facultated fein eifunben, bie barbarifc^en Xeütfc^en bamit ju
*) ExhorUtio viri cujusdam doctissimi ad Principes, ne in deeimae
pnestationem consentiant. 6ie^e Moraay, Ph., Mysterium iniquitatis.
pag. 1390.
*) Bcmiraid, Francois, Advis et dem de la aouioe de Udolatrie^
et tynumie papale. (ca. 1560). Genese 1856. p. 26.
— 225 —
plonbem, galten Me auc^ barumb für fremBb, unb fte nit betreff
fenb. 3loi) geben fte gelt ju DoObringung fanct Retard miinfter
hrie tiAx, nit ein Pfenning. Wlein Xe&tfc^en bebünfen fte in (i^nen)
eben (brand^bar) fein, bie fte fo lang, unb in fo manc^erle^ geftalt
ftffen. ^tt\)aVbm aud^, toenn fte feigen und Xeütfc^en foDid^d fiber^
rebt fein, t^erlac^en fte und bid jum le^d^en." ^)
466) nnter ben »breigig artidelS bie umd ^af)X 1522 einige
teutfc^e 3ung]^emt unb 9Htter ,mitfampt item ansang ^art unb Deft
}u polten gefd^woren ^aben' ftnb: ,,}um fiinfften: ben Sapfl ju fft^om
für einen Snbc^rift (^ntid^rift) }u l^olten unb im in allen bingen
entgegen ju fein. — 3"^ f^benten: bad fte ben l^off }u Sil^om imb
bed 83apftd geftnb bie t^or^eSen nennen »öden. — Q^m jel^enben:
baS fie ein ^eben SBäpftifc^en legaten für ein Derrfiter Xefitfd^er nation
unb geme^en fe^nb unfered Datterlanbd polten toöDen. — Qum
bre^tje^enben: fc^wOren fte ein ettige fe^nbtfd^aft aDen SBfipfttfcJ^en
buQen unb brieffen, unb aQen ben bie fte umgeben ober fte be«
fd^imten. — Qam fünfftje^enben: bad fte ^infür uff gre^tagen unb
onbem faft tagen unterfc^iblid^ f(rifd^r ^tfc^^ unb tood in füäompt,
toit an anbem tagen effen tobUta. — 3^"" einunbtjmein^igften: baS
fte leinen pfarrer be^ in leiben kPöDen, er fe^ bann genugfam bad
eoangettum unb S^rijUic^ gefa^ 3U prebtgen, unb bameben eineS
erbem frumnten lebend. — 3unt bre^unbjmein^igflen: lein bttbtnig
fürt an mer, fte fe^en t^on ftein, ^oI|, golb, falber, ober n^ie fte ge«
mac^t, funnber allein ®ott im geift an ju betten unb im ju bienen.
— 3^« öierunbjwein^igften: feinen tag mcr bann ben einigen @on*
^G iu fe^ren, unb ft(^ in bem nid^ted an ber pfaffen gebott ju
leren. — 3"^ fünffunbtjttjcin^igften: lein brot, »ein, fal^, »affer,
traut, »ac^d, ober anberd l^infür ju »e^l^en laffen, funber aUe& bad
fie mit bancffagung niegen, für gen^e^d^t unb gefegnet ju galten. —
3um neununb}»ein^igften: ber ^e^mlid^en be^d^t falber boctor Sut^em
unb anbere ber fad^ l^erftenbtgen unb unpart^e^fc^en an )u fud^en,
unb ired ratd barinn }u pflegen, unangefe^en, »ie ed bie ge^^igen
Pfaffen big^är gehalten. — 3«»" brc^|tgftcn: bad fie in aHcn ob*
^) Vadiscufl, dialogus Hutteni, ^utten'd (Schriften, ^rdgegeb. Don
»örfing. ©b. IV. p. 233.
pontjja, Cfntf<^ midfel. 15
— 226 —
gefd^rttenen attiddn ire le^b uitb gut jufammenfe^en toöDen. Unb
tttffeti gott }u gejeugen, bag fie nit ir e^ene fad^ ^ieriim, funber
bie g&tlic^e mar^eit, Triften glaub, unb be^ gemeinen Dattetlonb^
toolfam bemegt Unb toai» fte t^un, gefd^tel^t in einer d^riftli^en
erbent guten mel^ung." ^) — Sd tut GHnem »a^r^ftig toolfl, biefe
©prad^e ju ^ören.
467) ,,S)re9 bing fmb eS bie 9tom frebentlic^ Raffet: rechte
fiel^nd^etm, fre^e toal ber bifc^öff unb ber Xeutfc^en Sliic^teml^eit;
hodf ift ei^ biefem britten am aOergeferlicJ^ften gram unb toiber.
SBüTt ed au(^ lenger nit leiben, fonbem e|e ein gebot laffen au§
gel^, barinn trunden^eit gelobt unb DiQeic^t mit oblad begabt
merbe, uff boS nit mo Xeütfd^en nackter mAren, ber SRömifd^en böfen
ftttd unb trägere^ befto e^e erlenneten."^
4A8) Unb aU fte enblid^ mirHid^ nüchtern mürben, unb bie
3(bla|främer jum Sonb ^inaui^agten, nannte man fie ,Seftien' unb
,9arbaren<: „S)ir rdmifd^en legaten ^ai^n bie Sngelenber unb
2)efitfd^en t^oK unt)erfunnen leüt, Beilagen ftd^, bag fte lein ®elt
me^r ^ergeben, btetueil jute^t bie Xeütfc^en aud^ n^e^l loorben fe^nb,
nrten)oI bil fpat, fo bebunit fte bod^ i^nen k)ie( ju fru, fie feigen ain
anber me(t, onber je^t, imb nimmer bie, bie ftc^ bor ^ab umb«
füm laffen.- »)
469) ,,aKan fürest bie trunlen Xeütfc^en faUen bon bem
Slömifd^en ^off. X)ie Sarbinäl feinb fetten, barmit man bie unge^^
jempten l^elß ber Jeütfd^en bei SRömifd^er ge^orfam behalt" — fogt
^effuiJ in einem Dialog \>om ga^r 1521.*)
470) ^Unb niäft me^r tooUen nod^ tonnen bie ^fipfte in
leutfd^Ianb bei ben Seftien (wie fte bie Seutfc^en nennen) ein ®on*
cUium leiben; fie forgen, ed möchte bai^ Stempel Softni^er (S^onftanjer)
Soncilii loiber fte gebraucht loerben, unb möchte einer att ^pft
*) ^utten, Schriften, ob. IV. p. 680.
*) VadiflcuB, a. a. O. p. 241.
^ $a^uillu9, ain toar^affttged büc^Iein ert(erenb toad (ift bie 9iömer
brauchen mit (Sreiren t)Uer (Sarbindl auff bajs fte aHe IBiftumb %t&i\^tx lanb
unber [id^ bringen. 1518. ^uttcn'8 Schriften. S9b. IV. p. 479.
«) grag unb «(nttoort S^monid ^efft unb aRartini i^ut^eri. 1521.
^utten'» ©(^riften. »b. IV. p. 606.
— 227 —
einteiten, aBer ald ein armer Xro}>f auiSreiten: barumb ift il^nen
l^ieran gelegen, unb ^a(en {ic^ bebad^t, fte tüoütn ju 9iom bleiben,
ol^ne Soncilia unb über SoncUia, unb ^oUit bie 93elt untergej^en." ^)
471) „"S^o» ift bie ©prad^e be» ©tueld ju 9tont, menn er
ein frei Soncilium giebt, ha% bu i^n fürt aud^ römifd^ berfte^en
Idnneft: toenn fie frei fagen, bag ed gefangen ^eige bei uniS imU
fd^en; tt)enn fte n)ei6 fagen, bag bu fd^n)ar) berfte^en mäffeft; n)enn
fte d^riftlid^e Sirene fagen, bag bu bie ®runbfuppe aKer Suben ju
9tom berfte^eft; n)enn fte ben ^aifer einen <Boffn ber ^rc^en nennen,
bag ed olfo biel {ei, als ber berfiuc^teft äRonn auf (Erben, meldten
fte moQten, bog er in ber ^öQe märe, unb fte Rotten bad Steic^;
tt)enn fte Xeutfd^Ianb bie löbliche Station nennen, bag ed ^eige, bie
»efHen unb »arbari, bie nid^t rottt^ ftnb, bed $at)ftd SRift ju
freffen." *)
47!%) »Touz les predeceseeurz de Leon (£eo X.) havoient
touBJours tenuz les Allemans pour bestes, si que le pape Julie
(l^uIiuS n.) les appelloit »Pecora campi«, et a bon droict, car ilz
se laissoint a eux baster (battre) et chevaucher come beaux asnes,
en faoon ou les menacantz des ooupz de baston dezoommuniement,
ou les allechissantz pour leur presenter des chardonz de pardonz,
ilz les foisoient trotter au moulin et de la leur apporter tant de
farine quilz vouloient; mais ce pape Leon pour trop presser lasne
et le chaiger, 11 le fit ruer et verser le sac duquel il Ihavoit trop
Charge; ce asne sappelle Martin come Ion appelle touz les asnes,
de son soumom Luther, c*)
478) 9tod^ im ^affx 1724 glaubte »enebict Xm. bie
99uQe Unigenitus, meiere ben ber Verlotterten 9ieIigioitd«8(uffaffung
feinblid^en 3an{eni8mug in gfranlreid^ berbammte, aud^ in Xeutfd^
tanb einführen ju fönnen, unb fügte: „3)ie Xeutfd^en ftnb bumme
»efüenl'' — «ber einer feiner ftarbinäle, ber früher ßegat in
^) fiut^er, fBiber bad a9a))fttum ^u 9lom Dom 2:euffel geftifft. bitten::
berg 1545. ©d^riften. t3b. 26. p. 114.
*) fiutl^er, 0. a. O. p. 117.
*) Bonivard, Francois, Advis et devis de la souroe de LidoUttrie
et tyrannie papale. (1560.) Qeneve 1856. p. 80.
15»
— 228 —
Xeutfc^Ianb getDefen toax, roamit if^n, unb fagte: „3){e Xeutfd^en
l^alten ben $apfi fc^on lange nfd^t me^t für unttfigltc^!''^)
474) Sm tieffieit aber ntu^ ben Übenmit unb ben ^o^n
bed üettüUfci^ten ^apfted loften, unb ^ber größte aRart^rer ber
^Apfte unb i^rer Segaten" mar, mfe tl^n 3* S- SBeber nennt,
Submfg ber Safer. — S^ei feinem Regierungsantritt 1314 er«
Harte Sodann XXTT., ein $a))fi aud ber @d^ule ©regor'l», fofort
auf'l» (Entfd^iebenfte, bag bie biferlic^e SBfirbe in Xeutfd^Ianb, nrte
bie Sted^te beS Saifertumd nur ,Se^en t>om ^apft' feien, unb
Submig nad^ Stont att SSafaQ bittenb lommen ntfiffe.*) — Um biefen
@a^ ^at Saifer Submig mie ein angef (^offener ®Ber fein ganjeS
Seben gefftmpft, unb Brad^ jule^t, t^onSudUnbem unb feinen eigenen
Sanbl^Ieuten ge^e^t, mie ein SBilb tot sufammen. — (SS ^anbelt ftd^
l^eute gar nid^t barum, ob ber römifc^e ©tu^I biefe ^fitenftonen
nur noc^ atö Se^re, nic^t mel^r att $ra^, aufredet er^Ui 2)er
päpftlic^e ®tu^t prötenbirt in petto ftetd 9IleS. (£r jeigt in jebem
SfaQ immer nur bie @eite feiner ^otberungen, bie }um 3^^^f^
pQ%t Ser $apft lann fogar mobem fein. Vbtt aufgegeben l^at
er nid^t ein 2:iteld^en feiner ^drogatik^e. ®o gut, mie er l^eute
nod^ bie alten ftftiDen ^l^ unb ^njIei^Xa^ red^net, unb, menn
ftd^, mie in ber Stegel, bie Sifd^öfe unb Diplomaten meigem, fte }u
beja^Ien, fte in iebem einjelnen gaQ ,nad^IAgf , aber fte nie annuKirt,
fo betrad^tet er ^eute nod^, mie ed $iu8 IX. im y®tßai\i&' le^rt,
feine äRac^t ald über ber meltlic^en fte^enb, ol^ne bon i^r ®ebraud^
)u machen. (Sd l^anbelt ftd^ gar nic^t barum, mad ber pftpftlic^e
(Stu^I l^eute nod^ prfttenbirt; eS ^anbelt fid^ um %[udrottung einer
SRac^t bom teutfc^en »oben, bie ftd^ in ber ©efc^ic^te ftetd alB
beffen ingrimmigfter geinb gejeigt l^t; t^ l^anbelt ftd^ um 93er«
tretbung beö S^emben aud unferem SBaterlanb, ba mir biefen grem«
ben nic^t mc^r brauchen: benn bie d^riftUc^e ateligton ift fertig,
festgefügt, unb braud^t feine ©ebörl^auS- Dogmen ober Dogmen ber
*) SBcber, 3. G., 3)q« «Popftt^um unb bie ^äpfte. ©tuttgort 1834.
«b. II. p. 229.
•) 9MeiIer, 3., 3)ie Htcrarif(^en S8lbcrfo(ftcr ber ^äpftc j. 3. Öubwtg
bc« JBoicr«. fieipjicj 1874. p. 8.
— 229 —
pcrfönlid^cn ©lorificirung bicfeÄ grcmbcn, gegen bic ftc^ f. 3- Wc
teutfd^en 99ifc^5fe betanntlidi mit ^änben unb Sügen mehrten. Xie
d^riftllc^c SRcIigion wirb bon bcn teutfc^cn Sif doofen fieserer, teutfd^er,
unb ben Sorberungen bc« germonifc^en ®emütS entlpred^enbcr gcl^nnb*
l^obt als t)on einem Italiener. — @g ^anbelt fid^ banim, bcm jä^r*
liefen ^uiSgang enormer ©ummen teutfc^en ®etbeg an^ bem fomiefo
nic^t reidfien leutfd^Ianb an einen italienifd^cn Sarbinal — für mag?
für ©^ebiöpenfen? ®ie !önncn mir felbft geben — einen Wieget
borjufc^ieben. — 9Kit einem SBort, eö ^anbelt ftd^ barum, auc^ in
ber 9le(igion, nid^t me^r italienif^, fonbcm teutfcf| ju fein. —
475) 9m 8. Dftober 1323 Veröffentlichte 3o^ann XXH. bie
erfte S)ro^ung gegen ffoifer Submig: Die 5ßrüfung, ©iHigung unb
3ulaffung ober 3w>^*^eifung beS jum Saifer ©emä^Itcn — ]^ei|t
eö ^ier — fte^e beim 5ßopft. Submig l^at aber barum nic^t nac^s
gefud^t, fonbem ftd^ ben JiönigStitel angemaßt, fogar bie SReic^g^
regicrung ausgeübt: „^aft Unferer päpftlid^en SRac^tüoötommen^eit
forbem tt)ir nun 2ubtt)ig unter Änbro^ung beS 95anneö auf, bie
Regierung nieberjulegen unb nid^t el^er aufjune^men, bis er öon
uns beftätigt ift. 5!)ie Untertanen werben bei Strafe ber (S^^
lommunilajion, beS SnterbiltS, beS 5ßrit)ilcgiens unb 2e^nS=^SSerIufte3
aufgeforbert, Submig nid^t me^r atS ffiönig unb S*aifer ju ge^ord^en;
bie @ibe, bie fte i^m gefc^morcn, merben burc^ apoftolifd^e ?(utorität
für ungülttg erflärt." — S)ieS JRefkipt mirb an bie Jl^üren beS
S)omeS JU äöignon, mo bie ^öpfte refibtrten, angefc^Iagen*).
476) Submig öerma^rt ftd^ bagegen ju SWümberg am
18. ^ejember 1323, erflört fic^ alS getreuer ^n^änger unb Sc^irm^
))ogt beS d|rift(id^en ®IaubenS, aber aud^ a(S teutfc^er Saifer, ba ber
Don ben teutfd^en Slirfürften ®emä^Ite unb ®efrönte ein Stecht ffaie,
fid^ ftaifer ju nennen*).
477) 3tm 23. SRärj 1324 fprad^ ber $opft über Submig
unb feine Stn^önger ben Kirchenbann, über Xeutfd^Ianb baS Snterbilt
*) «iejler, o. o. O. p. 17—18.
*) »liejler, a. o. O. p. 20.
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— 231 —
und jnrfngen tooUttn, eS nlift ju Italien, bai^ foQ und n^iber unfere
Xreue ntd^t Reifen! tobe l^olten fte ftet unb ganj^)." — S)aB toax
ein teutfc^er »ifd^ofl
480) 9Dber baB maten Idber nur bfe %t8na^men. Unb in
todtltcl^ Greifen fal^ eS ganj anberd aud. Sei einem Sergleid^
jn^ifd^en Submig bem Saier unb $^ilip}> bem ©d^önen tyon
Sftanfteid^, bie Beibe gegen anmagenbe, fibermfitige ^ftpfte i^re
fianbeSred^te toertetbigen mußten, ber Sronjofe mit (SH&d, ber Xeutfc^
mit UngUtif, fogt Stiejler: „XBie fel^r toaxtn ober Bei jenem ©treit
in gfranfteic^ aUe 93erl^Altniffe ber melttic^en ©enmlt günftiger g^
legen I 3)er franjöftfc^e ^errfd^er l^atte in ber 'Xfyit lönigHc^e SRad^t
befeffen; bem Soier loftete ed 9Rü^e feine Sutoritfit }u Behaupten.
Senem mar fefier 9UidF^Q(t gemftl^ in einer Station, bie boll
ftoljen @e(Bftgefü]^Id gegenüber Äußeren gf^^nben ein«
träd^tig jufammen^ielt. ^m teutfd^en 93oß fanb Submig nur
fd^mAc^Iic^ed Q^emeingefu^I unb fd^manlenbe Parteien, bie ber augen^
blicHic^e SSorteil be^errfd^tc*)."
481) Snbe beö Sa^red 1327 jog ßaifer Submig nad^
Stauen, untermarf fid^ bie Sombarbei, äRailanb, ^fa, unb lieg ftc^
Sbtfang 1328 in Stom, beren Sebößerung i^m juBelnb entgegen«
gelommen mar, t)on bem injmifc^en aufgefteDten Segenpapft 9iiIoIau8V.
frönen. Ser gegnerifd^e $a|)ft in Sbignon Bannte Med, ®eiftlid^e,
aSifc^öfe, ®ele^rte, bie bem »aier Ralfen*)."
482) aber Submig berfäumte eS, in ^om bad Sifen ju
fc^mieben, {o lang eö ^eig mar; politifd^e SBeQeitfiten Bebrftngten i^n,
unb fo mu^e er. Bei bem mettermenbifc^en GEI^arafter ber ätömer
felBft, ein biertel ga^r fpfiter 9tom micber t^erlaffen; ein 3a^r fpdter
gab er aud^ Statten auf unb refibirte 1330 mieber in äRünd^en,
umgeben bon einer auderlefenen @(^aar audldnbifc^er ®ele^rter, Be«
fonberS SRinoriten, bie ber gleiche SBiberftanb miber ben ^apft an
ben aRfinc^ener ^of gefeffelt ^ielt — 1334, aä ber ^apft in
Sbignon ftarb, mar bie ©treitfad^e auf bem alten ©tanbpunft
*) V^gcff a. a. O. p. 49.
*) Stieget, a. a. O. p. 46.
*) mt^ltt, a. a. O. p. 47 ff.
r
— 232 —
488) aRit bem neuen ^opfi, SSenebilt XIL, tourben fofort
Serl^anblungen angdnüpft. Submtg, nur um bie fc^recflic^en ßonfe::
quenjen bed ^nterbiltd für Xeutfc^Ianb abjutDe^ren, erbot fic^ ju ben
bemfittgenbften SSebingungen; 9Jebingungen, bie man aKgemein nod^
bemütigenber anfo^, ate bie ^einrid^ IV. in Sanoffa auferlegten.
Z)er gefammte teutfd^e ^lerud fdilog ftd^ in einer 9if(^ofd^93erfamm:c
lung ju ©pe^er ben Sitten he& ^aiferS um Serfö^nung an. —
Umfonft. Ser $apft in Sk)ignon mar in ben ^ftnben fjfranfreici^d.
Z)er franjöftf^e ^önig ^^ilipp VI ffaiit bem $apft gefd^rieben, er
tDerbe i^n fdfilimmer bel^anbeln, ate fein SSorgänger f. 3- SSonifaj Vni.,
tt)enn er ben ftaifer bom 9Jann löfe. ^er franjöfifd^e Sönig l^offte
ton ber Sibed^Sntbinbung ber teutfd^en Surften ftir feine poKÜfdien
Qtotdt. ^ie franjöftfd^en ^arbinäle, bie bie SRajorität im Kollegium
l^atten, tt)oren mit i^ren ©infünftcn Wieberum auf ben franjöfifc^en
Sönig angetoiefen. @o lam bie SSerföl^nung nid^t }u @tanbe').
484} 9htn mar Aar, bag ber $apft, o^ne jebe perfönltd^e
SRad^t, rein ein politifd^ei? SBcrfjeug in frcmben ^änben mar.
fflcnebict ^iclt ben 5Iud|'3(pparat, unb ber franjöfifd^e König
jünbete bie SBIi^e an. Unb baS teutfd^e Sotf fd^mad^tete noc^ immer
unter bem ^nterbilt. ®a8 arme, aberglöubifd^c SJoIf! — ?tter, mic
eS gel^t, ber S^eutfd^e, nad^bem er fid^ mie ein ^adCefel gebeugt unb
ft^ ben 9}acfen mit bem Unertröglid^ften ^ai Belaben laffen, fpringt
lommt bann noc^ bie Demütigung, lommt nod^ ber gufetritt l^inju,
plöfelid^ auf, mirft bie Saft ab, unb ftürjt mit gefd^metttcn äbcm
feinem ®egner, ^ei§e er 5ßapft ober ßönig, an ben Seit. S« ber
^öd^ften 5Wot fprongcn bie teutfd^cn gürften il^rem gebemütigten
Äaifer bei, unb an ben benlloürbigcn 15. unb 16. 3uli 1338 ju
fia^nftein unb ?Renfe an ben Ufern beö SRI^einö erllärten bie ber*
fammetten Sturfürften, baruntcr bie ©rjbifd^öfe öon Köln, SRainj unb
Irier: ber burc^ bie SBa^Ifürften jum Saifer ©emä^Ite bebürfe feiner
»eftfttigung bur^ ben päpftlic^en ©tu^I; bie laiferlic^e ®emalt ftamme
unmittelbar t)on ®ott. (Sine biedbe)üg(id|e, an bie gefammte S^riften^
^eit bed STBenblanbed gerid^tete, Srflärung mürbe an bad portal beiS
*) aWejIer, a. o. O. p. 90—94. ^reger, a. o. O. p. 27—28.
— 233 —
Somd )u gfvanifurt angeschlagen. (£d ift eine ber bebeutfamften
^nbgebungen in teutfc^en Sanben für aQe Qdttn^).
485) 2)ie nöd^fte Sfolge mar nun, bag man aUerortd, o^ne
ft(^ um bag Enterbst ju lummem, bie getftlic^en ^anblungen mieber
aufnal^m. S^eili^ ^atte bie lange Qtxt ber @perrc nur bemirlt,
bag man bie geiftlidien ®nabenmittel mie ß^nfuren geringer [^ä^te.
486) 3)ie teutfd^e (Sinigleit machte, mie immer, in ber Srembe,
am Sbignonenftfcl^en ^ofe, Sinbrud. ^er $apft fc^idte {d^t, mo bie
Unterl^anblungdbaftiS eine gan^ neue gen)orben mar, unb baS teutfd^e
ftaifertum bon ^apfted (Snaben aufgehört ^atte {u e^ftiren, {einen
^ofloplan )u Submig. ^oc^ lam nic^tö ju ©tanbe. Unb 1342
fiarb SBenebict XH.
487) ®Iei(^ ber neue $apft SIemend VI. fteate an ben
nodi immer gebannten ^aifer bie gorberung, „ber ^aif ermürbe für
immer )u entfagen", unb alg er bieS nic^t t^at, ergieng an i^n ber
fflefe^I, „bor bem päpftlic^en JRi^terftu^I ju erfdieinen.'' — ©8
bauert nur furj, unb Submig, ber ie^t auc^ ju ^aufe politifd^ ni^t
me^r fo ftc^er fielet, mufe fid^ auf« Weue ben bemütigenbften Se*
bingungen untermerfen. 3)er ^apft ^atte im ©nbeme^men mit ben
Äarbinälen, bie faft atte granjofen maren, 28 ber emiebrigcnbften
Slrtifel aufgefegt, bie ber ßaifer befdfimören foHte, in ber (£rmartung,
er merbe bie ©d^mac^ jurüdmetfen, unb ed merbe eine Söfung bed
im 9}amen bed Slümfic^tigen ®otted audgefproc^enen Sanned, bie
man nic^t münfdite, unb bie ber S'önig bon S^^nfreid^ berbot, un^
nötig fein. S)er föaifer, nur um grieben im Sanbe ju geminnen,
befc^mor bie Strtifel, morunter ftc^ bie SSerpflic^tung befanb, ben
^aiferätel abzulegen, eine Pilgerfahrt über'S SReer ju machen, Sirenen
unb ^löfter ju bauen, mie ed ber $apft befehle, ^Imofen ju geben,
SBaUfa^rten ju beranftalten 2C. I^a, bie ®efanten, bie bag be^
fd^morene ©c^riftftüd überbrachten, Ratten SBoQmad^t, bie S(rtife( noc^
umjuänbem, menn fte nid^t genügten. Unb (Siner bon il^nen fc^rieb
treul^erjig an ben @c^Iug ber teutfc^en Überfe^ung „&ot geb, bad
e« mol gang*)!"
*) iRicjIer, o. o. O. p. 95—96.
*) »iejlcr, 0. o. O. p. 115—117.
— 234 —
488) Sd gieng nic^t! 9tn pä^läfm ^ofe toar man in hex
größten Verlegenheit Sein äRenfc^ l^atte ermattet, ba% ber fiaifer
nad^ ben ^rfurften^Xagen bon Sa^nftein, Stenfe unb ^tanlfnrt folc^
2)emütigungen unterfc^reiben toerbe. S)er $a|)fi unb bad ^eilige
ßoHegium — berichtet SKat^iad t>on 9^euenberg — tDunberten
f\ä) fe^r unb fprat^en unter einanber: „S)er ift t>ox %ngft bertüdt
getDorben!'': »iste diffidencia est perplexuB«. — Da man ben
im 9tQmen bed 9(Qmä(^ttgen (Slotted gefc^Ieuberten Sann au9
poIitifd|en ®rünben ntd^t löfen, unb leine 8(u8fö]^nung woDte, ber
$apft aviäf fc^on aud ber i^m Befreunbeten Su^emBurgifc^en gfamilte
einen @legen^Saifer in petto l^otte, fo Blieb nid^td anbered übrig, als
no(f) ^Artere Sebingungen ju [teilen! S^t foSte Submig aud^ ber
ßöniglid^en SSürbe entfagen, aQe feine StegierungS^anblungen für un?
gültig erllären, feine Surften felBft t»om (£ib entBinben, unb bte
out^entifd^e 9(udlegung aEer abjufc^Iiegenben SSertrfige bem ^ßap^
unb feinen 9lac^foIgem üBerloffeh. — 3e^t merfte Submig, bo|
man gricbc unb SBerfö^nung bort, am pöpftlid^en ^of, um feinen
$reiiS moUe. Unb ber jum fo unb fo trieben SRal in ben Staub
getretene SWann er^oB fic^ auf '8 SReuc*).
489) ©0 gieng man mit einem teutf^en Saifer um. Subtoig
ber S5oier »ar perfönli^ ein ^öd^ft aufgcHfirter, freimütiger gürft,
einer ber gebilbetften aWftnner feiner 3^*- ^^^ »r^cr gciftig Bc*
beutenbftc Icit beS bcutfd^en Sottcg »ar unb BticB in biefem ßampf
— »ic 5ßreger fd^reiBt — auf beg ffaifer« ©eitc*)." Vbtt toaB
l^alf baS? I)cr übrige unb größte leil beg Solfe« fd^aute mit ben
glanjöotten Slidtcn einci^ ©d^afS l^inüBer auf ben ©tul^I Don
STbtgnon, too für c8 ®ott fa§, mftl^renb in feiner SRä^e nur ein
Äaifer lebte; unb Don jcneS, bcö ®ottci3 (Seite, genügte für
baS SSoIf ein SBinl, um biefen, il^ren Surften, mie einen 8Scr:=
Brcd^er an§uftarrcn. — SRan ftaunt ^eute. — StBer ift e& benn
l^eute onberö? 3ft benn baS glüdffelig^anftorrenbe SSer^filtniS ber
^) gfKealer, a. a. 0. p. 117—120.
») ^rcger, a. o. O. p. 61.
— 235 —
teutfc^en ftatoltlen }um heutigen ^apft ttid^t genau boSfelBe, koie
bamatt? —
4M>) Unb nun, naci^bem ftc^ Submig gegen Me brüdenbfte
@ä)maä) gewehrt l^atte, tovl er mugte, fte ^elfe nid^tö, lonnte ber
^opft, xoit er eS munfc^te, fein griec^ffd^ed gfeueüoerl lodbrennen;
er fprac^ je^t ben großen ftirc^enbann über ben ^ifer aud, unb ba
lefen mir: ^9Bir bitten bie göttliche SRac^t, bag fte bie Staferei
Subttrtgd jerfd^mettere, feinen ^oc^mut (!!) nieberbrüde unb auS^
tb\äft, i^n feKft mit ber ©tArfe i^rer Siedeten bamieberftredCe unb
in bie ^änbe feiner Seinbe gebe. äR5ge er einer SaQgrube begeg:»
neu, bie er nid^t fie^t, unb ^ineinftürjen! Serfluc^t fei fein (Eintritt
berfluc^t fein StuiStritt! ^er $err fd^tage i^n mit SBal^nftun, 9JIinb«
^eit unb Staferei. 2)er ^immel entlabe feine 9Jti^e über i^n! Der
Qovti bed Mm&c^tigen ®otteiS entbrenne gegen il^n in biefem unb
bem fommenben Seben. Der Srbfreid lAmpfe gegen tl^n. Die Srbe
öffne ftc^ unb t^erf^Iinge i^n lebenbig. ^n einer Generation
merbe fein 3lamt üermifc^t unb t^erfd^minbe fein ®ebäd^tnid t)on ber
(Srbe. Wit Q^emente feien il^m entgegen! ©eine SSol^nung merbe
dbe. Die SSerbienfte aQer ^eiligen foKen il^n ju 99oben brüden,
unb il^m fd^on in biefem Seben bie diadfe jeigen, bie ftd^ über i^m
öffnet! ©eine ©ö^ne fotten bon il^ren SBo^nungen Vertrieben merben
unb bor feinen %ugen in bie ^änbe i^rer Sfeinbe geraten, bie fte
bcrberben*).''
491) Das toax "Spül 1346. 3m gleid^en 3Ronat fanb ftc^
ein teutfc^er Surft, ber alle p&pftlic^en 9(rtilel, auc^ bie fpftter bon
fiubmig geforberten, unb bie baS teutfdie Königtum ju einem p&p^U
liefen Selben ^erabbrüdten, befd^mor, unb bamit auf bdS ^apfteS
aSefe^I in Xeutf ertaub att fiar( IV. jum Gegen^^^ifer gemä^It
mürbe. Sr fonnte aber nid^t auflommen. Dad fentimentale Soß
l^ielt — ie^t! — ju Submig. 1347 ftarb ber ^olb ju tot ge^e^te
^ifer, mie man glaubte, tiergiftet ©ein ®rab mar lange 3^^
unbelanni ©ein prAd^tigeS ®rabmal fielet in ber SrauenKrc^e ju
SRünd^en.
^) 9tte§ler, a. a. O. p. 120—121.
— 236 —
492) 3lai) Subtoigd Xobe jog ber neue, je^t Stnerlennung
fmbcnbe, tcutfc^c ßoifer, ßorl IV., mit einer päpftUd|en «B*
folujion&sßommiffion im Sanb l^crum, um bicjenlflen ju aBfotoircn,
bie 8ubtt)iQ 2:reue bema^rt l^atten. ^ier Ratten tt)enigfteni$ ®etfU
lic^e »ic SBcIttic^c bcn 9Rut )u erflörcn, mcgen ber Jreuc, bte ftc
i^rcm Sdfer gcl^altcn Ratten, bcbürften ftc leiner ?C6foIujion^). —
@o ftnb audi bie bebeutenbfien ^n^änger unb ®ele^rten Sax]tt
Subn)igiS, 2[o^ann bon Sanbun, 9Rarfi(iud, Saefena, Dccam
im 9)ann geftorben. %id) ber gro^e ^rebiger 3t>^Ann Xauler
in ©tragburg ftanb auf bei» ^tferd Seite, unb l^otte bog päpftlid^e
Snterbtft nic^t beachtet«).
493) S3er bie ©efd^id^te ^atfer Submigd bed 93a^ern
gcicfen ^at, mu§ oud^ für bie heutigen läge miffen, ob
er in feinem ^erjen 2:eutfd^er ober pöpftlid^er ©d^Iüffcts
©otbat ift. —
494) „SEBer miQ ^infürt unter bem ganjen ^immel ftc^ für
uniS 2^eutfd|en fürd^ten, ober ettoaS 9{ebltcl^d t)on und l^alten,
menn fie l^ören, ba% mir uniS ben berflud^ten ^abft mit feinen
Sortjen alfo laffen äffen, narren, ju Sinber, ja ju fi^Iöfccn unb
SBIöcfen mad^en? @ö foKte billig einen jegüd^en leutfc^en ge^
reuen, bafe er beutfc^ geboren märe, unb ein leutfc^cr l^eifecn
fott»)!" —
495} ^Scigt ntt fo gar erlöfd^en
bie teutfd^ manlid^e t^ot,
allzeit nad^ e^ren getröfd^en,
beftanben in Dil groger not;
»od niemonb mot^t überroinben,
^anb bie %tüt\d^m get^on.
^n'd jod^ lagt eut^ nit binben,
uns mirt fonft bc« od^fcn Ion."
^) ©eber, 3. ^., 3)qS «ßojjfttum unb bie $ä^)fte. Stuttgart 1834.
©b. n. p. 229.
*) ^regcr, ©., 0. a. O. p. 34—37 u. 43.
■) fiut^cr« ©omuttg an feine lieben Xeutft^en. 1531. @ämmtli(^e
Schriften, ©rlongen 1830. »b. 25. p. 16.
— 237 —
3r teutfc^en ^unbr toolt fr Beigen
tuxott aigen Daterlanb?
eutoer neft felBd Bef (feigen?
aim Doli txi<Si unBelant ~
toolt htt bai^ Der^elfen,
tDiber gott, eer unb rec^t?
merlt auf ir jungen toelfen,
bat)u ir tetttf(^en bted^tl''^)
^) SiliencTon, 81. t)., 2)ie ^iftorif(^en SSoIfdlieber ber ^eutf^en« Sei)))tg
1869. »b. IV. p. 336.
„fiege fRomt in bu^f<^en lotnben
2)ie Griften^dt tourbe 50 fc^onben."
9Uebert^dn. f^gment auf beit
496) (£d ift eine ber tragifdiften aSerbtüpfungen, bag ein fo
füblid^ gelegenes Sanb mie Stoßen, beffen ^ttoofyxtt, menigftend im
füblid^en Xeil, uniS ebenfo ferne [teilen, luie bie Straber, beffen ganje
Staffenmifd^ung auS üoroiegenb orientalifd^en Elementen eine ftnnlid^
fenfueQe, freubige unb optimiftifd^e !S)enfungdart aÜ nottoenbigen
Sl^aralterjug )ur f^olge ^atte, für und feriöfe unb tieffinnige 3lox\>^
länber ber jDurd^gangd« unb ^uiSbreitungds^äJegirl für eine Steligion
morb, bie in unS ftatt ^eiterleit bie ticffte ©d^mermut, fiatt finn?
Hdier ®elüfte ftarrdS (Srgriffenfein, ftatt bieiSfeitiger SBac^analien
ienfeitige ©e^nfud^t erzeugte. Xie ftnnlid^e Selabung unb üppige
3(uiSftafftrung bdS d^riftlid^en ®ottedbienfted, befonberg in ber SKeffe,
im erften, unb bie merfantile StuiSfd^tad^tung unb pfifftg-bogmatifd^e
ftonftruljion ber d^riftlid^en Se^re burd^ Stalten im jiueiten ^a^x^
taufenb unferer ß^tred^nung l^at ^ jumege gebrad^t, bag, menn ein
Unbefangener ^eute bei uniS in eine gro|e ^rc^e tritt, er einem
römifc^en Sad^anal, einer perftfd^en Drgie gegenüberjuftel^en glaubt
497) 3)ie erfte groge ©Auberung, bie Steformajion bed im
^opfttum fonjentrirten, berbul^Iten unb berfc^ad^erten S^riftentumiS,
auf bie bie norblAnbifd^e Sl^riften^eit feit S<^]^t]^unberten l^in gebrängt
l^atte, bie aber t)on Stalten nid|t auiSge^en tonnte, ging fd^Iie^id^
t)on Xeutfd^Ianb au£. — S)ie nacfte unb fnnple S^age, bie luir unS
l^eute fteQen, ift nun einfach bie: Sft Me 3Rad|tfteIIung unb bie
SelbPetDugt^eit Xeutfc^Ianbd grog genug, ift baS teutfc^e unb
— 239 —
norUfd^e (Smpftnben ber jur Stxt boit ber italienifd^en Steligion no^
ab^fingigen fireife Zeutfc^IonbS mäd^tig genug, unb ift bad c^riftlid^e
Smpfmbeii bei und l^eute no(S) an unb für fic^ tief genug, um ftd^
bon ^iftorifc^ geworbenen Steligiond^^äc^tem, nrie bie itatienifc^en
^rbinAIe unb il^r italienifc^eiS Oberhaupt, ber $apfi, bon t^ren
fd^lDÜlen ®untt)f:s!&ogmad SRdaria^Dergifteter ©enfuolitftt, unb lödier^
tid^en ©elbft^SergöttUc^ungd-Serfuc^en lodjumac^en, bie SBeiterent^
nrfcHung ber d^riftlid^en Keltgion auc^ in tatolifd^er {Rid^tung ben
teutfd^en Sifc^öfen unb Xl^eologen ju überlaffen, unb ^6) fold^erart
polidf(^ mie et^ifd^ auf eigene, najionole gfü^e }u fieDen?
498) XBir begreifen, bag mau jur S^^ ^^ italienifd^en
Stennaiffanfe, ber ^öc^ften 9JIüte, bie biefed Sanb ^eroorgebrac^t,
filaffiler unb $^UoIogen aud Italien bejog, bag bie ganje 9ix^U
tdtax biefdS SanbeiS, biefe SSemegung in fmnlic^en formen für und
muftergültig, bog bad ganje ICbenblanb ber italienifd^en SXalerci }u
!S)anI Verpflichtet, bag bie teutfc^e Oper in Italien i^re SSiege
^atte; ebenfo toie mir begreifen, bag mir ^eute noc^ Dranfd^en,
Seigen unb SSaniQe aud Statten bejiel^en; nur Sined mid mir nid^t
JU ftopf: bag man et^fd^e Sorberungen, moraUfc^e (Sirunbffi^e unb
gormuHrungen ber c^riftlic^en {Rettgion l^eute nod^ aud biefem Sanb
bed ©enfuatidmud bejiel^en foO. — 2)ag bad Sanb ber ftunft bie
Sereitungdftfitte für unfere morattfc^en %nfd^auungen in d^riftlic^er
Sorm mar, barin Hegt ed, bag man ^eute unter ben meiften &t»
bilbeten c^riftlid^e Übung, menigftenS im Sereic^ ber fatolifd^en
^rc^e, für etmad 9Hebriged unb SSerftc^mc^ed anfte^t.
499) Z)er gefuitidmud ift ein fpanifc^ed $robu!t. Unb roenn
mir fpanifd^e (Sefd^ic^te unb ftultur und bor %ugen galten, fo ftnben
mir, bag ^flanjen unb Soben ju einanber fümmen. ^er, ba|
nac^ fiant unb feinem lategorifc^en SmperatiD noc^ Sefuitifc^e Xent^
SDlec^anil bei und (Eingong fhtben foD, bad begreifen mir nid^t.
600) HRit iener ©ic^er^eit, mie fte »lut, «bftammung,
Xemperament, Kaffenangel^örigfeit unb Umgebung berlei^en, ^aben
$Apfte unb fiarbinfile, nic^t nur ). 3- ^^ Kennaiffanfe, fonbem
aud^ in Sbignon, in ber b^jantinifd^en ^eriobe, unter ben teutfd^en
ftaifem, }. 3* ^^ 9teformaiion unb bid auf ben l^eutigen !^ag bad
— 240 —
e^rifientum toit ftnnlid^fübUnbifd^e SRenfd^en gel^anb^abt, ed l^eib«
nifd^fc^tüpfrig audgeftaltet mit bemro^eftenSDberglauben boDgepftopft;
ober eS merfanitt ausgebeutet , ju ^ierarc^ifd^politifc^en Qxiyeden be«
nu^t; bte eigene gamUte bamit funbirt; in aUen bogmatifd^en ober
fiugerlid^hrd^Iid^en fragen eine rein perfönttd^e 9loit ,bad Sntereffe
bed päpftlid^en ®täjH&' beigemifd^t, unb für bie med^anifd^ ftd^ ge»
ftaltenbe äRoral ber romanifc^en SSöIIer ein bequemdS Stul^dett
baraud gewimmert; allen ftorre!tur«S3erfud^en, fei eS eineS @atio«
narota ober SBidCIiff, eindS ^ug ober Sut^er, bie ^ö^nifc^fie
SSerad^tung, ,fittl{d^e< Sntrüftung ober brutale ©enmU entgegengefe^t
unbr toie ed^te Sf^gtinge, immer obgen^artet, tOQ& lommi, nie felbfi«
ftänbig eingegriffen, unb fd^Iie|Iid^ jenen ZtjpvS bed romanifd^en
^riefterd erjeugt, wie er in Italien, Spanien unb granlreic^ att
kieräc^tiid^e, unel^rlid^e äRenf(^en«@orte üom Soß angefel^en torirb.
501) SRan mu^ ftd^ bie Saufbal^n etneiS äRanned, mie
aie^anber'dVI., gegenmfirtig l^atten, ber burc^aud leine Sudnal^me,
fonbem nur ber X^ud, unb jmar ber felbftoerf^änblid^e Ztfp\i&, beS
italienifd^en geiftlic^en £}urbentr&geri» feiner 3eit ifi 2)ie SorgioS
fommen aud Spanien, unb einer ber i^ren, SOonja be Sorgia, toat
fc^on ald ßaUi^tud IH auf bem pApfQic^en Xl^ron. 2)aburd^
»irb e& Slqranber, bem fpäteren $apft, att Kobrigo Sorgia leicht
in'd Sarbinates^Qegium }u lommen. 2)er genoffene Silbung^ang
fpielt gar leine StoUe. ^te ^öc^ften SBürben fmb gamilienbefi^.
(Sine fd^öne ©c^wefter ifi mid^dger, ott bieliftl^rigeiS Unit^erfitati^
©tubfaim. Sr mirb mit 25 Sauren ftarbinal; im folgenben ^al^r
fc^on SSise^^^anjIer ber förd^e; t)on einer unbelannten SDtutter l^at
er jmei unel^elic^e ^ber, bie in feiner 9tfi^e erjogen merben; er
fclbft lebt mit einer fd^öncn Siömerin, SSanojja, \>on ber er fünf
^nber l^at, barunter bie in ber polttifd^en ©efc^id^te jener 3^^ be«
lannten Sulrejia unb Sfifar SSorgia: moralifd^e @d^eugale, fonft
l^übfc^, gefftQigr gebilbet, fogar ,, fromm", im ©anjen felbftberflänb«
lic^e Srfd^einungen in biefem Umfreid italienifc^er Steltgion. VÜ
Sarbinal in @iena mirb SQqranber befonberd baburd^ belannt, bag
er im SSerein mit anberen Prälaten unb geiftltd^en SBürbentrftgem
näc^tltc^e laj^jit^e 99öQe unb @oireen mit ben toome^men St<iuen
— 241 —
unb äRöbd^en ber @tabt abl^dlt unter auiSbrücflic^em Sludfc^Iug t)on
bcren ®attcn, Sätcm, ober männlichen SScrmantcn. Unb 5ßiu3 11.,
ber berjcltigc ^apft, ber felbft ©iencfe ift, f)at baüon Äcnntnife.')
502) aWit 7 3a^ren erl^ält ber injmifc^cn legitimirte Äarbinalö*
fol^n Säfar bon ©IjtuS IV. bie SReüenücn beS S^ononifuS öon
SSalcnjia, ein ^a^r barauf baS ©enefijiot bon Xatiba, unb mit
9 3fl^^€" ^^^^ c^ fird^Iic^er ©d^afcmeiftcr bon Sartüflena. 2)tit
12 Sauren tft er 5(}rotonotar beg'apoftolifc^en ©tul^tö. Sltö Ib^ixi)^
riger ©tubent in 5(}ifa mirb Säfar öon ^nnocenj VIII. (baS ift
fd^on ber 3te ^opft in bie[cn SBcförberungen) jum ©ifc^of öon
5J}ampcIuna ernannt, unb ein 3^^^^ fpäter 1492 fauft fein SSater
{ftobrigo SBorgia, SSijcf analer ber Sird^e, gegen baar, gegen Scr*
fprec^ungen, (Smennungen, einige ^atöfte, einige gro^e (Sinlünfte
\xä) felbft bie ^apft:=S8ürbe unb wirb Sdejanber VI.
503) „^tbtx ©ieg, jeber 9lau6, jebe ffetersSjfommunilajion,
jebe 5ßriöatracl^c, jebe Sriüerbung im DZamen ber ffir^e mar für
i^n bie ©elegenl^eit befonberer ©unftbejeugungen an feine ^inber
in gorm öon SBürben, Selel^nungen, 3"W)enbungen, ©d^enfungen." •)
504) ©nmal ^apfi richtet fic^ «lejanber VI. im Satitan
mit feiner großen S^milte gemöd^Uc^ ein; feinen @o^ Söfar mac^t
er im folgenbcn 3a^r, mit 17 ^al^ren, jum Sarbinal; feine Sod^ter
Sufrejia manbert au^ ben ^dnben eineiS fitrftlic^en (hatten in bie
beg anbem, ie nad^bem bie politifd^e ^'onfteltojion bieiS berlangt,
wobei ber je bor^erge^enbe mit ®ett)alt meid^en mu§, ober, wie ber
Surft bon 93i8ccglie, bom eigenen ©c^mager ermorbet toirb.
Sanojjo, bie SKaitrcffe SHefanber'g, bie jcfet alt geworben, ert|ält
ein eigeneis SEBitmen^^^alaiiS. ^ie nod^ jüngeren StHnber werben bei
einer Sufine beS ^apfteg, äbriano SKila, erjogen. 3n bereu
^aufe fommt ber $apft auc^ mit feiner jwcitcn SRaitreffe, ber fe^r
iugcnbli(^en ^ulia garnefe, regelmäßig jufammen. S)eren 93ruber,
aiejanber garncfe, ber fie überwad^te, ^atte man jum Äarbinal
*) Q^regorotoiud, g., iOutrejia ^orgia, nac^ Urfunben unb Sorreipon:
bcnjen, Stuttgart 1875. 3. Äufl. pag. 6— 9. — Yriarte Lee Borgia.
2 volß. Pariß 1889. I. p. 25. ff.
*) Yriarte, q. o. O. p. 45.
— 242 —
gemad^t, meg^alb i^m bad SSoII ben Seinamen ,Cardmale della
GonellaS „Untertodd^^arbütal'' gab (mad aber nic^t l^tnbert, ha%
er 1534 att $aul HI. ben pOpftttd^en Stul^I Befteigt); fte felbft
l^atte man pro forma mit bem @o^n il^rer Pflegerin, jener Vbriana
3RiIo, in beren ^aud fte mol^nte, mit Drfini, t)er]^eirat^et, ber
ober auger^olbd Stomd auf bem Sanbe tebte; unb il^r, ber ^nüa
tSlarnefe felbft, Ratten bie !R5mer, megen i^rer ^ejie^ungen }um
©teßöertreter (B^rifti, ben SRamen »Sposa del Cristo*, ^9raut
Gl^rijH", beigelegt. Son biefer 3ulia belam «leyanber VL hod^
}h)ei ^nber, für bie er ftd^ als SJater eintragen Ifigt, unb beren
eines, Sauro, ein fpfiterer $apft, ^^liuS n., gtüdlid^ fein mug,
für bie ^onb feincS Steffen, 3WfoIa8 üou Moöero, ju gewinnen.*)
505) Unb mdl^renb biefer 3^t l^atte ber fanatifd^^Diftonöre
asfct (Sabonarota in glorenj einen förmlichen @ittlid^feit8=@taat
eingerid^tet, unb oud^ baS Safter^ß^ben Äteyanber VI. offen ge*
tabelt.^ SUcyanber VI. bot i^m, i^n einfd^ä^enb tt)ie einen anbem
getftHd^en SSürbenträger, 1495, bie ^arbinalSmürbe. @at)onarota
fd^Iug aus unb griff ben $apft noc^ heftiger an. 3^^ So^re
fpäter traf i^n ber SSonnffud^. Unb 1498 »urbe er auf ®efe^I
beS ^opfteS als ^e^er, @fiSmaHfer, 9ht^eft5rer unb äSoIISt^erfü^rer
gebeult.
506) Snbeg ^atte «teyanber VI. feine befonbere «rt, fid^
3U amüftren, auS @iena mit in ben SSatifan ))erpf(an}t (Sin 2:eut^
fd^cr S3urf^arbt toax fein 3ctemonienmelfter imb au8 feinem
»Diarium* *) erful^r bie a^nungStofe 3laä)todt bie 3)etaite ber merl*
n)ürbigen 99efd^äftigungen biefeS ,@o^neS ®otteS'. !Sie fird^Iid^en
Seremonien maren burd^auS SRebenfad^e, unb tt)enn ftd^ ber ^ontifey
beteiligte, bann fagen bie !Samen unb feine ^nber fd^erjenb unb
lad^enb );>oxnt im ^riefterd^or, fo bag fetbft baS ^ubHfum oft taut
') ^ad nmr a(fo einer uon ben fieuten, bie in 2:eutf(I^Ianb über 'bie
Steügion unb ®ett)if{en ju oerfügen Ratten, unb bie bei ^eti^ionen ober
biplomati{(l^en Unter^anbtungen über bie ^ufl^ebung beS $nefiers3oUbQtd
anttoorteten : „e» fei gegen baS 3ntereffe be» päpftlid^en @tul«."
*) Diarium de Burckhardt, nouvelle Edition por Thnasne. 3 vote.
Paris 1885.
'— 248 —
)u murren anftitg. SCBettbd amüftrte fic^ bann ber $apft im &vt\9
feiner gamitte mit bcn öffentlichen 3)imen ber @tabt „^eben Xag
— Berichtet baö ,S)iarium' — läfet ber ^o|)ft äRftbd^ bei fi(^
tanjen, ober gieSt anbere gefte, an benen biefe SRäbd^en fic^ 6e^
teiligen. Säfar unb Sulreiia nwl^nten einem bi^fer gfefte am 27. JDU
tober 1501 bei, obmol^I le^tere ftd^ am 16. September mit bem
$er}og SlfonS t)on @fte t)er^eiratet l^atte. ^lad) htm SCbenbeffen,
an bem ber ^ontifejr teil nal^m, lieg man etn^a 60 ^urtifanen (erein,
bie mit ber ^Sienerfd^aft ober ben Singelabenen tanken; anfangt
befleibet jie^en fte fi(^ fpäter t)oIIftdnbig aud; man plajirt auf bem
Soben groge fianbelaber, meiere bie gfeftit^itftt beleud^ten; ber ^apft,
fein @o^n, ber ^erjog, unb feine Xod^ter Sutrejia merfen ^aftanien
unter fie, unb beluftigen ftd^, mie biefe Krmen ]§in unb ^er fal^ren,
l^afd^en unb ftd^ raufen. SnbHc^ ]§at ber ^ontife; ein anbered @piel
als Jhone biefer Seluftigungen erfonnen: Siebedifimpfe, bei benen
ber ^äftigftc aö ©icgcr — abgcfc^en üom ©cfi| beS betreffenben
aRäbd^cnö — nod^ mit l^übfd^en 5ßreifen bebad^t wirb."*)
507) «m 4. SRobcmber 1501 berichtet ber fforcntinifd^c ®c*
fante granjcölo 5ßcpi feiner Mcpublil: „Stn biefcm Jag SQIcr
^eiligen unb Mer ©eelen lam ber $apft meber in @i !ßeter, noc^
in bie Kapelle, meil er ben ©d^nupfen l^atte, mad i^n aber nid^t
^inberte, bie 9la(S)i ))om (Bonntag, bie 92ad^t t)on Mer ^eiligen,
bid um 12 Ul^r beim ^erjog (feinen ©ol^n Sfifar) juiubringen, ber
^rtifanen unb jöff entließe äRdbd^en ^atte fommen (äffen, mit benen
fte fid^ in lanj unb @(^crj bie ganje SRad^t Vertrieben."') — Unb
9uguftinud SSefpucci fd^reibt am 16. Suß bed gleid^en ^al^red an
^) Yriarte, o. a. O. I. p. 40—41.
*) »In questi di et de Bancti et de Morti, 11 Pafw non e venato
o in S. Piero, o in Cappella par la Soeea hebbi a questi dt, qoale
benche lo impedisce da queato, non pero lo impedi domenica
nocte per la veglia d'ogni sancti vegliare in fino a XII. höre
con il Duca, quäle havea facto venire in Palazo la nocte
ancora cantoniere, cortigianei e tucta nocte stierono in
vegghia et balli et risa« Borna, 4. novembrie MDL. — ^ie ge?
fperrt gebtucfte ©teflc ift in bem Schreiben f(^tffrirt. ©ie^c Yriarte, a. a. D.
II. p. 42.
16*
— 244 —
SKad^iabcUi: „^ä) mug nod) einer SRad^rid^t gebcnfen, bic l^tcr
tei Umlauf ift, bog ftd^ nämlid^ bcr 5papft auf |eincm Sonbft^, \oo
er getDö^nltd^ feine SRäbd^cn- Orgien abhält, jeben äbenb 25 unb
mc^r groucn^immer jnjlfd^en äbe SWario unb ®in8 in ber grü^
gruppenmeife bon einem Unbetannten in ben $alaft bringen lä^t;
eg fotten fid^ fe^r fd^öne barunter finben."*)
508) 6ineg feiner ^aupt = SBergnügen mar aud^ — mie
aSurd^art'g ,S)iarium* bcrid^tet — mit feiner lod^ter Sufrejia
ijon ben genftem beS SatifanS au8 in einen ber ^öfe fiinab^u^^
fd^auen, mo Sleitlnec^te ^engfte unb roßige Stuten aufeinanber ^e^en
mußten.*)
509) SBir l^aben ^ier nic^t nötig, bie weiteren poUtifc^en
Unternehmungen biefeS $apfte§, bie meift baS ölücf unb bie S^^
fünft feiner fiinber betreffen, nod^ bie 2)?orb= unb ©reuelt^aten
feines ©o^neS, bie fid^ in ber eigenen gamilie unb mit SSiffen beö
5ßapfte8 abfpielen, ju fc^itbem. Sein friüoIeS SBJort über tit
,Sünben ber Seutfd^en*, bie fein So^n in einer 9?od^t üerfpielt
l^atte, fte^t an anberer Stette. 3m Sluguft 1503, loenige Sage,
nad^bem ber ^apft mit feinem So^n bei bem reichen fiarbiual
Slbriano be Eorneto auf bcffen SBeinberg gefpeift t|attc, erf rauften
beibe, aSater unb So^n, unb ber $apft ftarb menige Sage barauf.
(£8 ift bejeic^nenb für bie Sorgia, baß fofort baS ©erüc^t entftanb,
— nic^t ber ffarbinal Sbriano \)abe ben 5ßapft — fonbem ber
$|}apft ben S^arbinal 2lbriano vergiften moHen, um beffen ®üter ein*
ju5ie^en; — maS ber bamaügen fiirc^enprayiS entfprad^ — unb ber
Sarbinal, öon feinem ffod^ unterrichtet, fei nur juüorgefommen, unb
l^abe bem $apft, mie beffen So^ne, nad^ ben ©inen vergifteten
SBcin, nad^ ben ?(nbem öergifteteä Äonfeft gereicht. 9(n biefer Sötci^
nung l^ielten bann bie ^iftorifer bis jum heutigen Jage feft. dlod)
^) »Kestamavi dire che si nota per qualcheduno, che, dal Papa in
fuori| che vi ha del continuo 11 suo greggie illicitO) ogni sera XXV.
femine e piu, de PAve Maria ad una hora, seno portate in Palazo, in
groppa di qualcheduno ... ei ml rispondete vene daro delle piu belle.«
— Yriarte, a. o. O. II. p. 42.
•) Yriarte, a. o. D. II. p. 41.
— 245 —
9{anfe glaubt baran, unb ftfi|t fic^ auf einen 93eticl^t auS ber
G^ronlf ©anutü'd, ber ooUer Unma^rfc^einlld^leiten tft.^) ©rego*
roblug lägt bie Sroge unentfc^icbcn. — ©ejcid^ncnb aber für ben
a^aralter beS ^apfttumd ift bie äugerung Säjar Sorgia'd, ber,
— fein aSorieben in ©etra(^t gejogen — im ^inblidE auf bie änfid^s
retgung ber päpftlic^en äSürbe, fpäter bie *äugerung ju SOtac^ia«
t)elli mad^te: „'^6) f)atit alle gälte beim Ableben meinet äSatenS
borgefel^en , nur ben nid^t, bag id^ fetbft }u ber Qtit totfrani bar«
nieberliegen mürbe." ^ — lottranl l^atte er bod^ nod^ bie ®eifte§s
gegenmart, ben Eird^enfc^a^ im Setrag bon 300,000 ®oIbguIben,
mie 99urdE^art er^ä^It, an fid^ ju reiben, unb bamit burd^ einen
unterirbifd^en ®ang ben SSatifan in ber Stid^timg ^ur (SngeliSburg
JU berlaffen.
510) @zi)tn bie 9(nfid^ten über bie SSergiftung bei^ $apfted
audeinanber, fo ftnb biejenigen über ben S^aralter 9(Ie;anber^iS VI.
jiemlid^ einftimmig. ®uicciarbini, ber berühmte Staatsmann unb
6^efc^id^tdfd^reiber bed 16. ^a^r^unbertd, fd^reibt: ,,^er ^auptgrunb
feiner Sr^ebung auf ben päpftlid^en @tu^l Derbanite er einem um
iene3^tt gerabe aufgefommenen SSerfa^ren, inbem er nämlic^
teils burd^ baareS &dh, teitö gegen Serfpred^en t>on Ämtern unb
geiftlic^en !ßfrünben, bie er in ungeheurer SRenge ^u hergeben ^atte,
bie (Stimmen ber meiften Äarbinäle öffentlich laufte."*)
511) ^ie atömer mad^ten auf i^n ben S3erS:
»Vendit Alexander cnices, Altaiia, Christum;
Emerat ille prius; vendere jure potest«.^)
„9lleyanber üerfaufte (im Slblag) ^euje, «Itäre unb (J^riftuS; mit
SRed^t fann er fie üerfaufen; er l^at fie ja bor^er gefauft."
') JRonfe, 3)te römij*en «ßäpfte. fieipgig 1874. L p. 34—35 unb
9ln^ong p. 6 — 7.
*) Yriarte, a. a. O. II. p. 157.
') >. . . ad Pontificatum aseumptus, quod novo ejus aetatls exemplo,
partim pecunia, partim officiis ac saoerdotüs, quae habebat amplissima
repromissis, complurium Cardinalium suffragia palam coemit.c Guicciar-
dini, Fr., Histor. ital. L. 1. p. 3. Basil. 1566.
*) Momayi Ph., Mysterium iniquitatis seu Historia papatus. 2. 6dit.
Salmnrii 1612. p. 1328.
— 246 —
513) Über feinem lob fd^reibt ®uicciarbint: „(&t ftarB
ben 18. 9uguft (1503). @etne Setd^e, bie fd^lDarj, aufgebläht unb
gänjlici^ entfteQi bie offenhmbigften Sdd^ax bei 93ergtftung an ftd^
trug, mutbe nad^ päpftlid^em 9tituiS begraben. S)ag (^ift bie Ur^^
fad^e feines Xobed getpefen, mar bie allgemeine SReinung. 3)lan
n)ugte nfimlid^, bag ber $apfi felbft fammt feinem @o^n bie ©e?
mo^nl^eit Ratten, mit ®ift nid^t nur feine gf^nbe avS ®runben ber
Städte ober an9 gfurd^t an9 bem SBege ju räumen, fonbem aud^
fi'arbinfile unb Höflinge, bie ftd^ in 9lid^t8 vergangen l^atten, beren
9leid^tum aber in ber Seele beiS ^apfted bie ®ier nad^ beffen tBeft|
entfad^t Ratten. 2)ied mar aud^ bei bem ^arbinal bon @t %ngelo
ber ^K, ber bei einer Sinlabung auf feinem eigenen SBeinberg auiS
bem 9Beg geräumt merben foQte. Ser $apft ber bei großer ^i^
juerft erfd^ien, trani nidgtito^nenb bon {enem bereitgefteUten ^vergifteten
SBein, ber für ben ßarbinal beftimmt nnir, unb fo ftarb an eigenem
®ift iened Untier, bad burd^ ma|Iofen (S^rgeij, fc^änblic^e Untreue,
entfe|Kd§e ®raufamfeit, ungeheuerliche SBoKuft, nie erl^öl^rten ®ei}
unb burd^ rüdFfid^ti^Iofen ^nbe( mit gemeil^ten unb profanen 2)ingen
ben gefammten ©rbfreig bergiftet ^otte."*)
518) Unb on anberer ®teKe: „©eine Safter übermogen um
ein Un^el^euerHd^ed feine Zugenben; feine Sitten, bie bentbat
obfjönften; feine S^rlid^eit, leine Sd^am, leine SBa^r^eit, leine
Ireue, feine Religion, unerfättßd^c ^bfud^t, unbänbiger ®§rgeij,
eine me^r benn barbarifd^e ©raufamfeit, unb ein raftlofeS Streben,
feine Sinber, bereu er einen Raufen ^otte, in glänjenbe SSer^ältniffe
ju bringen.*'*)
514) 2)abei mar aber 9(le;anber VI. burd^aud feine mon^
ftröfe @rfi^etnung in bamaliger 3^^ ^ ^^^ ^^^ ^^^ X^puiS in
feltener SSoQenbung. 93ie fd^on oben ©uicciarbini fagt: bie
ßäuflid^feit ber päpftlid^en SSurbe mar bie IRegel; bad ^inmeg«
räumen untiebfomer ^erfonen burt^ ®ift bie Siegel; unb moö bie
ftinberja^t onbetrift, fo ^atte ber SSorgänger aieyanbef« VI.,
Snnocenj Vni. fteben fttnber, bie er ebenfo, mie äiejanber, ,eii
») Güicciardini, Fr., Histor. ital. IIb. 2. p. 58.
*) Guicdardiniy a. a. O.
— 247 —
plein Vatican* unter grofecn gcftlid^Icitcn öcnnä^Itc. S)cv SRat^foIgcr
älcjanbcrt, bcr 8Oiä^ti0c$tu8m., ^attc jnjöIfSö^nc unbJöc^tcr,
unb mir fein raf(^cr lob l^taberte i^n, fte am päpftUc^en $of gut
ju öerforgen. ,,3tae ppfte — fagt Driartc — feit 1400 6üJ
in bie SKittc be8 16. 3a]^r^unbert8 maren im 93efi^ einer jal^U
reid^cn gamilie, bie f?ru(^t il^rer Scrftrcuungen mit ffurtifanen unb
ben üome^men S)amen ber römifd^en ®efcUfc^aft; eS gilt ntt aufeeri^
orbcntlic^e ffi^re, ftc^ mit i^ren X'6{i)i^xn ju Verheiraten; unb i^re
©ö^ne fnüpfen löniglid^e SSerbinbungen." ')
515) (£d Hingt faft jum ^fotlad^en, menn man bad golgenbe
tieft: „am gleichen läge, bo äiejanber VI. feiner lod^ter Sufrejia
1501 einen neuen (hatten gab, berief er bcA l^eitige ^oEegium, um
über bie SSerbefferung ber ©itten in ben Älöftem ju beratfc^Iagen."
Sur) t)or^er unter !ßiud U. mug ber ®eiftlic^leit in 9lom t>tt^
boten toerben „®piet unb ^urenl^dufer ju unterl^alten, unb barauS
i^ren Sßrofit ju jie^cn."*) Unb baS ,S)iorittm* Surd^arbt'« be*
rid^tet aud bamaliger Seit: „^ie gefamte Q^eiftlic^feit Mgt fic^
9ii(^td angelegener fein, ate fid^ eine gfamilie ju grünben. Unb k)om
^öd^ften i\& jum Stieberften ^aben benn auc^ Stile unter ber öugereu
gorm ber S^e ^onfubinen unb ^mar öffentlich* ^iefe S3erberbni|
erftrecft fic^ bid auf bie aRönc^e unb Drbendbrüber, fo bag faltifd^
faft aOc filöfter ber ©tabt ^urenl^fiufcr finb.*)
516} aSurd^arbt. ni(^tber3cremonienmeifteraiejanber8VI.,
fonbem ber heutige flaffifc^e SSerfaffcr ber „Kultur ber SRenaiffance"
fagt einmal: bie Seute biefer S^^^nobe müßten mit anberen %ugen
betrad^tet werben, oÜS unfere l^eutige Qtit, eine gen)altige SRenfd^en»
raffe, bie in ber unbdnbigen Sudtobung il^rer Sebendiröfte unb SBe^^
friebigung einer fd^ranlenlofen ®enugfud^t baS irbifc^e Oilüd erfaßten.
*) Yriarte, a. a. D. II. p. 48.
*) Yriarte, a. q. O. II. p. 44.
*) »Incumbit igitur cleruB omnis, et quldem com diligentia, circa
flobolem procreandam. Itaque a majore ufique ad minimum ooncubinas
in figara matrimonii, et qnidem publice, attinent. Quod nisi a Deo
proTideatur, tranaibit haec corruptio uaque ad monachoB et religioee«,
quam via monaateria nrbia quaai omnia jam facta aint Lupanaria«. Dia-
rium, ed. Tlioaaane. t 11. p. 79.
- 248 —
— ©inberftonbcn ! ©in Solf tjon fo orientalifd^^^amitifd^cm Gepräge,
Wie ble Staliencr, fottcn i^rc ^öfte üben. SScr finntid^ fein totH,
fei ftnnlid^; mer graufnm, graufam; mem ®ift ein probates 9Kittel
erfd^eint, mit unbequemen 9?ebenmenfd^en tabula rasa ju mad^en,
braud^e ®lft. SBir begreifen, bog Macchiavelli ben gßfar SJorgia
Jum gelben feineS »Principe« nehmen lonnte. SBer ben romanifd^en
2:t)pu§ fennt, meig, bag tierifd^^rol^e, rad^füd^tige Snftinfte Dor^
l^errfd^en; i^re unausrottbaren Maffia-® efeHfd^aften bemeifen cS; unb
mer ben romanifd^en 5ßriefter fennt, meiß, bag ®aunerei unb (Sinnes
lid^Ieit ^auptd^arofterjüge bei i^m finb. — ,S33er ftinlen mill, ber ftinfe !'
fagt Sutl^er. — 9?ur ®neS! moralifd^c ®runbfä^e unb religiöfc
Dogmen finb eS nit^t, bte man auS fold^em Sanbe bejie^t. 'BatJon
reben mir aber. Unb bie ®rünbe für Stuf^ebung ber SReligionS^
Srafif mit Italien finb l^eute nod^ biefelben, jmingenbcre, ate öor
300 Sauren. Slber bie blöben 3:eutfd^cn laffen fic^ Don ben meibifd^«
feibnen Kleibern eines pfiffigen SarbinolS beraufd^en unb blenben,
ftumme Slnbeter ber fremben ©ottl^eit, S3emunberer einer lalirten
Safaibität, ^cutt mic Dor 300 3at)ren.
517) Unb Guicciardini, ein glüf|enber 5ßatriot, ber nac^
^tleyanber VI. nod^ jmei 5ßäpften biente, unb fie boc^ fennen
mu^te, fagt in feinen ®eftänbmffen: „3(^ i)abe auS 9?atur ber S)inge
ben Untergang beS Sird^enftaateS gemünfd^t, unb baS ©t^idffal jmang
mid^, für bie ®rö6e jmeier ?ßäpfte mid^ ju bemühen; ol^ne biefe
{Rücffid^t mürbe it^ Sutl^er meljr lieben, olS mid^ |elbft,
benn it^ mürbe l^offen, bag feine (Sefte biefe gottlofe
5ßrieftert^rannei ftürjen, ober il^r boc^ bie fjlügel Widmen
fönnte')."
518) SSon melc^er anberen (Seite aber man aud^ baS (Sitten^
leben jener SRaffe, ober jener Sarbinäle unterfud^en möge, bie burd^
eine unglüdflid^c geograp^ifd^e ober ^iftorifd^e 9lnorbnung boju be^
rufen fein foHen, unS Seutfd^en bie Seigren beS El^riftentumS ju
^) »Amerei piü Martino Lutero che me medesimo, perch^ spererei
che la Bua setta potessi ruinare o ahneno torpare le ale a questa scele-
rata tyrannide de' preti.« @ie§e ©regoroDiu^ , (S^efd^ic^te ber 8tabt ^om.
Stuttgart 1881. SBb. VIII. p. 258.
— 249 —
intcrprctircn, übcraH fto§cn iüir auf bic SWcrfmalc jener Scgencreö*
cenj, bie SRomanens: unb ®crmoncntuin in i^ren tranSfjenbentalen
anfc^onungen grunbfä^Iic^ t>on cinanber fd^cibet, üBcratt auf jene
ro^e, finnfänißc »emjeltlic^ung be8 ©öttlid^en, ber big jum gctifd^iS*
mud reid^t.
519) ©c^on bie SBJeffe mit i^rem orientalifd^en ^u^ unb bie
l)on Snnocenj III. 1215 bogmatifirte IranöfubftanjiajionÖ^Se^re ift
eine poft^ebangelifd^e finnföüige Snitteitm^ ber rein überfinnlid^en*
G^riftuäle^re für eine mit rollen änfd^ouungen operirenbc SKoffe
unter orientalifd^em (£inftu§.
520) „®ie OTe§ mit fingen, orgeln, Hingen, S'Ieiben, Sterben,
©eberbcn, «tti«, tt)o§ beg ift, ift ein 3ufo^, bon aJJenft^cn erbod^.
S)enn bo S^riftud felb unb am erften bieg ©acroment einfe^t,
ba mar fein fingen, fein prangen; fonbem aUein ^anffagung
®otti8')-" — ^5)ann xoo ber üorftänbig Unterfd^cib nit ift, fein bie
%ugen unb ha^ ^erj mit folc^em gleiten leid^tlid^ in ein falfc^en
€inn unb SBal^n Dorfü^ret, ba| man bad äReg ad^tet, bad äRenfd^en
erbic^tet l^aben, unb nimmer erfäl^ret, toaS SKeß fei*)." — „?Hfo
ffai xd) ©org, ha^ öicl SWenfc^en au8 ber 9)te§ ein gut SSJerf
gemacht ^aben, bamit fte bormeinent, ein großen ^tenft t^un bem
üttmät^tigen öott*)."
521) „*S)ie me§, h)a§ ift fie boc^ anberd, bann ain eitete te^
fc^mören unb Derjaubcm, ba Brot unb »ein, fo hod) IcWofe, ftumme
creaturen finb, burd^ fraft ber pfaffen atem unb ber fünf mort in
fCaifc^ unb blut t)eränbert toerben? Sllfo ha% e^ offentlid^ erfc^einet,
bag aii XX gottedbienft unb ceremonien t)oU befd^mörung, abgötterei,
aufrid^tung unb anbetung ber bilber, unb tyoü allerlei menfd^engebot
unb oigen gutbunfen fein*)." »
522) „(Stn)ag, mad jur Qüt ber Üteformajion in untrüglid^er
ftlar^eit ^ertoortrat — ft^reibt ber englifd^e Äird^en^iftorifer Bumet
*) Sut^cr, 3ermon Don bem neuen Xcftament, b. i. Don ber ^eiligen
«Ücffe 1520. @ämmtü(^c Schriften. Erlangen 1833. «b. 27. p. 143.
*) fiut^er, 0. a. O. p. 143.
') Öut^cr, 0. a. O. p. 155.
*) Sifc^ort, »ienenlorb bc« ^oiligen, römifc^en ©iencnfc^warmS. 1582.
^rÄg. ö. 3. (glfcleln. @t. ©aOen 1847. p. 46.
— 250 —
— ift, bog ed in ber gaitjen Steiigion nid^td fo SSerjerrteS unb
fiorrumpirted gebe, als bie Stt, mie bie äReffe gel^anb^obt mirb.
£ie ^eibm((^en ^rieftet Ratten äR^fterien, bie fte mit bunflen 3Borten
unb jeremoniöfen $omp umgaben, unb ftd^ butc^ biefe ©c^Iaul^eit
bie blinbe SSerel^rung bon Seite beS SSoKeS fK^erten. ^m Oegen?
fa^ l^ierju beobachtete bie (^riftlid^e ^rc^e ber erften S^^^rl^unberte
in 9(Qem bie größte Sinfac^l^eit (Später jebod^ mit ber SuiSbreitung
bed S^riftentumiS mürbe 3^cntonien Singang geftottet, bie Don benen
ber Reiben nur menig abmid^en, menn fie aud^ jur Sefel^nmg biefer
fetbft SinigeiS beitrugen. Sen l^öd^ften ®rab bed SlbergloubeniS unb
jeremonieUen grünte erreid^te ober bie SHrd^e, al& fie fic^ auf bie
bomatö menig Iultit)irten 93öt!erf(^aften ber ®ot^en, SSanbalen u. cl
audbe^nte, SSöIfer, beren Steigung unb @inn nur am äußerlichen,
SRaterieUen unb SinnffiHigen Hebte, unb bie in fraffefter Sgnoran}
üerfunlen maren. @o lonnte ber ma^nmij^ige Aberglaube entftel^en,
S^riftuS erfc^eine lebenbig in ber ^rd^e^). Unb bie ftumpffinnige
®eiftei^93erfaffung ber ^riefter mar nur geeignet, bem ftnnlic^en
93ebürfnid ber SRenge neue 9ta^rung ju geben. Um jene Q^t tarn
audf ber Q^ebrauc^ auf, ®effige unb 3^^^^^^' ^^^^ ^^^ f^ ^^ ^^
äReffe bebiente, atö fold^e für ,^eUig' ju ertifiren, unb fie mit Dl ju
folben; aud jener 3^^ ftammt bie äReinung, bie Sprache für bie
gottedbienftUd^en ^anblungen muffe eine frembe, unt)erftfinbHd^e, bie
lateinifd^e fein. Unb bie amtirenben ^riefter gemö^nten fid^, dl^nUd^
i^ren ^eibnifc^en SoUegen, bie 3<^uberformeIn murmelten, einen 2:eil
i^rer SSorte nur in halblauter unb unt)erftänbUd^er SSeife üorju«
tragen. Um jene 3^t lam bie @itte auf, bie m^fteridfen ffiorte
ber ^onfelrajion bem Smpfänger injupftem, meldte neue @^emo^n«
l^eit bamit motiDirt mürbe, in bem 9Roment, in bem jene bebeutungd^
bpKen 9Sorte auf fein i^m gehöriges 93rob l^inauf mieber^olt morben
feien, üoKitel^e ftc^ bie Ummanblung in gleifc^. Kuc^ bie unjfil^Ugen
S^iebeugungen unb Südhtngen, ^euied::3^^^ unb Segrügungen,
') 2)ie ^nbers^enDanbtung in ber Xrandfubftan^ia^iondle^re ge^t
»eiter, bi« auf btn (^noftiler unb ,@c^minbttr' (mie i^n ^amad nennt)
9>tarcu« im 2. Sa^r^unbeit, unb auf ben Orient }urü((.
— 251 —
beten ber ^rtefter fic^ t)or bent Uliax 6ebient, ftommt aud iener
3eit %ii) bie Sr^ebuitg beiS ©alromentö naif ber ßonfefrajum,
unb bie Stötigung, badfelbe anjubeien, ald ob S^riftuiS in ben
SBoIIen ftc^tbarlid^ erfc^einen merbe, gel^ört in jene Spod^e. Unb
ber ®otte8bienfi, an bem bad 93oif ftc^ beteiligen tonnte, rebu^
)irte fid^ auf bie SSorte ^Dominus vobiBcum!' unb bie maren
SStS) SldbftnnigeS, teutfc^ed 93oII, ju Xaufenben (iegt ^l^r
bor einer gli^emben, aKein bortftel^enben aRonftranj, unb betet bort
auf bed ^apfteS Sefel^I baS !ßrobuft eined fc^mu^igen, Irä^milbtgen
SBfiderptngend an. Senn, ^anb auf 8 ^erj! n)iek)iele bon @u(^
glauben, bog eine hinter einem ®Iad ftedEenbe runbe, mild^ige ©c^eibe
aud 9Re^I unb SBaffer tm ®tüi gteifd^ iened um'd Sa^r 30 t)on
ben Ütömem l^ingeric^teten Sl^riftui^ enthalte?
5S4) @d l^anbelt ftc^ §ier gar nid^t um bie Wbenbmal^ti^Sel^re
ober bad ©alrament ber Suc^ariftie. @d ^anbelt fid^ barum, bag
eine Dblate hinter einem ©lad aufgefteKt mirb unb bem SSoIt gefagt
wirb: ba8 ift ©uer ®ott »etet il^n an! — a»e^r traten bie
geuer« unb Stein^Snbeter aud^ nid^t. — Sd ^anbelt ftd^ barum,
bag eine ^otj^^Statue, bie bie SRabonna barfteKt, unb t>ox ber tag«
lid^ ^unberte betenb bort fnieen, beren ^öljeme %rme unb ^ftnbe
mit 83otib«®ef(^enIen boHgepfropft finb, in Italien \>om $apft, in
Xeutfc^Ianb, mie im ga^r 1892 im ^eüelaer, auf Sefe^I bed
^opfteiS, gefrönt mirb, momit bem 93oIt gefagt mirb: biefed ^ol^^
bilb ift @uer @ott Sie alten Xeutfd^en, bie eine blü^enbe Sid^e
anbeteten, ftanben ba ^ö^cr. — Dbcr totnn in einer ^aptSit beS
Samberger Somd neben einem 9tagel bom Steu) S^rifti bie
»orte fte^en: «^iger »agel, bitf für un8!" „3ebc ma^re
Keligion, fagt Seibnt}, ift äSerel^rung bed unfic^tbaren ©otted."
Sied aber ift getifd^idmui».
525) Sfinbe merben bon.ben rdmifd^en ßafuiften üerfd^miert,
kDOiS )u gefc^en ^abe, menn eine äRücfe in ben S(benbma]§ld«field^
^) Güberti Bometi, Histor. Beform. EccL AngL Lond. 1715. t I.
p. 41 iq.
— 252 —
fällt; 06 fetbe lonfetrtrt jum S^eifc^ unb 99Iut (S^rtftt getporben, unb,
für aQe f^dCe, am beften ju t)er}el^ren fei').
536) 3m Sol^r 1548 frag eine 9Raud in ber äRarienfirc^e
JU ^arl8 eine lonfetrirte ^oftic. 3)ic ©eiftlid^fcit, öoBer ©d^rcrfen,
lieg ben War obbred^en unb ben ganjen f^ugboben aud^eben, um
bad hungrige S^terlein, refp. i^ren Derje^rten @(ott, ju ergreifen;
fanben e8 aber nid^t. „3"^ SScrföl^nung beS ®otted — ge^t ber
Serid^t Wetter (man glaubt im Sioiuö ju lefen) — »urben
^rojeffionen )}eranfta(tet, unb ein munbertl^atigei^ äRarienbilb an
ben Drt ber I^at gebrad^t.-)." — ©0 ge^t eö, menn man fid^
einen ®ott aud $oI} ober ^appe mac^t, lann er Sinem gefto^len
ober gcfreffen merben.
SSV) *1^ Cerere aut Baocho tu non es, Christe, petendus,
Qui Patiis ad dextram regna supema teneß')/'
„^n einem @tül ^d^en ober einem @d^tul SSein tooUt ^^r,
^erjenSrol^e, dienen erfaffen, ber ^od^ über und unfi^tbar in SSoIfen
fd^mebt?"
528) 9(nfang ber 70 er Saläre mürbe in SWünc^en ein junger
©^mnafiaft relegirt, alfo bon ber äRöglid^feit beö SBeiterftubirenß in
feinem Sanb für immer auSgef^Ioffen, »eil er beim Sommunijiren
bie ^oftie ftott in ben SRunb in bie SBeftentafc^e gcftedtt ^atte. 3ft
') ®upp. Stv tafuiftif in unb auger bem Seic^tftul^I. SJ^ain^ 1847.
iBb. II. p. 60. — Johannes de Lapide, Besolutorium dubionim circa
celebrationem missarum occurrentium. Argentin. 1494. cap. VII. art. V.
dub V.
•) »Vera scribo — fügt ber ©ryi^ler bei — Vidi ipse meis oculis
processiones et locum etiam seu sacellum ejus templi remque ex sacer-
dotibus et aliis quam pluribus diligentissime perqui8iyi.c — ^oigt, 3.^
Über ^adquiae, ©pottlieber unb ©c^mä^fc^riften aud ber erften |>ttlfte bed
16. ga^r^unbert«. ^iftorifc^e« Xa^cnbud^. ©b. IX. 1838. p. 390. —
©ic^e auc^: Wilhelmus de Stutgardia [Wilh. Holderus], Mus exentratus
h. e. tractus super quaestione si mus, aut aliud quodcunque brutum,
hostiam consecratam corrodat vel comedat, anne corpus Christi corrodat
aut comedat, aut quid de corpore Christi fiat. — Tub. 1593. 4®.
') Antithesis Christi et Antichristi yidelioet Papae. apud Eusta-
thium Vignon 0. 0. 1578. p. 55.
— 253 —
btefer junge äRenfc^, ber DieQetd^t einen guten föopf ffaite, nid^t me^r
mert, atö eine aRUIonftel ^artitel @ured Sotted avA $appe?
Siaffi »Laissez moy ce vain dieu de paste
Qui Yoz biens, corpe et ames gaste;
Ne yueillez donc pluB adorer
Ce dieu que voyez devorer.
Paovrefi papistesi«
fongen bie franjöftfcl^cn Hugenotten').
530) 3^ l^^nne einen "S^U, mo ein ^rieftet baS t)on einem
®eifteS!ranfen, ber bie ©terbfaframente erhalten ^atte, Srbroc^ene auf*
a^, meil naö) feiner 3W einung bie ^oftie nod^ nid^t Dcrbaut fein
fonnte. — 3ft baS SSerel^rung be3 unfid^tbaren ®otteS?
531) 3^^ ©tatuenliebe in ber römifd^en SHrd^e fc^reibt SSictor
Het|n in feinen befnnnten ,SieifebiIbem* au8 ©enjano in ber
römifd^en S'ampagna üom 18. Dftober 1839: „9Ibenbg mofinte i^
nod^ einer Sitanei in ber Sirene bei. 2)a8 l^ol^e unb totik Oebäube
mar öon einzelnen fparfamen Santpen geifter^aft beleud^tet, bie baS
bid^te Dunfel me^r ftreiften, ate burc^brangen. S^aju plärrten bie
^riefter, unb immer biefelbe fürc^terlid^e gormeL Eine Srf|aar
fiinber, bereu Unterrid^t barin befielet, fangen i^nen nod^. 2lrmc
junge ©eelen! ©c^on fo früt) entfteHt! GEin fjöl^emer ß^riftuS am
ßreuj lüarb über einen ©tu^I gelegt unb jeber Knabe mu^te i^n
t)on Sopf big ju gü^en mit ffüffen bebedfen. ©elbft bie ßrmad^fenen,
bie aJWnner im SBeibergemonb , fnieten am Gnbe nieber unb traten
baäfelbc. SSäa^rli^, mftren mir felbft nic^t aud^ Dom jorten älter
baran gemö^nt, foba| mir 9?id)tS me^r füllen, mir mürben glauben,
3?arren beö Srren^aufeß ju fetien*).''
53S) 9Iber benfelben l^öl^emen ®5^enbienft lönnen mir ^eute
no(^ jebed 3a^r am Q^arfreitag in 3:eutfd^Ianb beobad^ten, mo eben
bie italienifc^e Steligion Geltung l^at, in 2)ätnc^en, äRainj, am 9t^ein,
^) Le Chanfionnier Huguenot du XVIe Bi^le. 6dit. de H. L. Bordier.
Paris 1870. Vol. I. p. 98. — Sic nannten bie ^oftie dieu de pÄte: Xcig^
@ott; dieu de farine: ^e^t^Q^ott; dieu ä la merci des rats: Q^ott Don ber
9iatten Q^naben.
•) SSihor ©e^n, SRelfebilbcr ouS Stalien. ^rÄg. ton 3:^. ©ci^icmonn.
©tuttgart 1894.
— 254 —
in SSütjburg. %uä^ bort Ififfen ^unberte unb Xaufenbe bie am
SBoben bortltegenben l^ölsemen ^ntjifi^. ®ie Seute f^utt t& mit
ber fhtmpfftnnlgen ®elDol^n^ett, bie bem Stömifd^en ^toliten eigen
ift; fte finb brat) unb e^rlid^ babei; glauben mttKld^ ein guteiS SBerl
}u t)erncl^ten, unb nur menige tt)erben ftfilitifc^.
588) nS^r ^abt nu oft t)on mir gel^ört, bag id^ geprebigt
l^abe miber bie nfirrifc^en (Sefe^ bed ^apftö. Unter anbem ^at er
geboten, bag lein SBeib foQ baS Zuäf n^afd^en, barauf ber Seid^nam
Sl^nfti fei ge^anbelt morben (Sdtartud^), unb n^ennS gleid^ aud^ eine
reine gemeil^ete Stonne n^Are, ed fei benn, bag e& ein $faff ober
SRönd^ juüor geföafd^en l^abe. 9u(^ h)enn ein fiaie ben Seib Sl^rifti
ober ben ^l^ mit bloßen ^finben anrüi^rete, ben mügte man bie
Singer Befc^neiben, ober mit einem S^^fl^tf^^in ^^^ ^^^i abreiben;
imb h)ad ber nfirrifd^en @)efe^e mel^r ftnb unter bem ^ßapfttum: ba^
rüber i^nen (fid^) bie ^apiften me^r ®emiffen gemad^t l^aben, benn
über il^re ^urerei unb ®ottedIäfterung, bie fo offentlid^ n^iber ®ott
unb fo l^elt am 2:age ftnb gen^efen, bag aud^ bie ^nber auf ber
©offen babon gefungen l^aben^)."
584) „SBoQt il^r bamit gute Sl^riften fein, bag i^r baS
©aframent, ben Seib S^rifti, mit ben ^önben angreift? 92ein,
lieben greunbe, nein! SQfo ge^etd nic^t an. ^a» 9iei(^ ®otted
fielet nic^t in dugerlid^em 2)inge, bad man greifen unb füllen lann;
fonbem im ® tauben unb in ber ^oft*)."
„^ann Qe nit tft bed getfteS fac^,
®eprdng unb moHuft fteQen nac^*)."
585) 3)a8 ganje SteligtonSmefen jiel^t aud bem Innern beS
3Renfd^en ^inaud in bie ^eriferie. äSaS im St)angelium, in ben
SB orten gefu, ©efmnung, S^nerlid^feit, S3ejie^ung beg ^erjenS war,
mirb ^ier Säerül^rung, äufeerttd^e SBöfd^erei, eine taftile gun?jion.
S?id^t 3)eine innere ^eiligf eit ift e8, fonbem bie ^eiligf cit beS SKctalt
*) fiut^er, SStber ben falfd^ genannten geiftigen Stanb be« $a^fte8
unb ber S3if(i§5fe 1522. ©ämmtttt^e ^erfe. Erlangen 1833. »b. 28.
p. 235.
») fiut^er, 0. a. O. p. 236.
*) ^utten, (Hag unb SSormanung. 1520. ©c^nften, ^t^. t>, S35(ftng.
93b. m. p. 498.
- 255 —
@ef&|eS; nic^t ®Qu6etfeit Seincd ^ttitn», fonbem l^eiltge iSau6ertett
beS ^ataxtaiß; nid^t toaS Sl^riftud geftncod^en uitb in 2)ir ^ixoa noif
erflütgt fonbem bie nmbe ©d^eibe ber ^ofKe. SHefe bmtplette 83er«
ftnnbilbttc^ung unb SBetätt^erlid^ung bed urftnrfinglitj^ Xrandfjenben;:
talen, bie ^inauiSproiiiirung ber ^et^end^SSorgfinge in meinen unb
gelten %ItQr«3ierrat unb bad SSerrilden ber @eele in bie (Spibermid,
ifi rein orientalifd^, ber aSfoIute ®egenfo^ jum norbifc^en Snt^fin«
ben, bad fc^nurgerobe Gegenteil ber Cuinteffenj ber Se^re Sl^rifti,
unb nunmel^r baS ßennjeic^en bed SiOntifd^^toUfd^en. Unndtig ju
fagen: unteutfd^er, att unieutfd^.
586) Unb noäf StkoaS: S>er ^riefter, xoaB urfprunglic^ ^eber
in ber @^emeinbe fein foUte, h)irb ^ier immer me^r abgefonbert,
t)er^eUigt, mit befonberem IBIut unb Steif d^ begabt, benn er lann
nic^t befleden. 3)ie SntmidHung, bie ber $apft bom rOmifc^en
Pfarrer jum ^rot^intiaUSBifc^of, jum ©teUDertreter C^rifti, jum
„unfehlbaren äRitmiffer ber göttlichen ©e^eimniffe", jum „@o^n
6^otted" burd^gemad^t ^at, mac^t ieber !ßriefter für ftd^ burc^: er
mtrb jum ^errgöttd^en. (Er fprid^t am 9iltax in einer fremben
€prad^e; er ift e^le;; nur suadente diabolo, mit ^ülfe bed Xeufetd,
tann er beleibigt werben; er aUein lann bie ^eiligen @kgenftänbe,
in benen für il^n bad ganje S^riftentum ftedt, unbefc^abet Berül^ren.
ßommt ein Saie baran, fo lann er, obmol^I \)on ^avL& avS fd^mu^ig,
bie @)egenftänbe jn)ar ntd^t bef(ecten; baju fmb fte ju ^eilig; qber
er felbft mürbe l^eilig; bad barf nid^t fein; megen beS ^ftanbS jum
^riefter. Unb nun lommt bad f oftbare S^ralteriftifum: bie Sing^""
fpi^en merben il^m abgefc^nitten, ober bo^ mit B^^O^tf^c^n^ ^^^^
rieben. (ES mirb nid^t etma unterfud^t ob er menigftenS bei louterer
®eftnnung Seld^ ober Stltartuc^ berührt. 92ein, er barf nid^t l^eiltg
merben, unb bie gezeitigte ©c^ic^t mug fd^Ieunigft abgerieben merben.
3n biefem 3iegelftaub ftedt ber gefammte ßatoIiSjidmuS.
SSV) Sft aber ber ^riefter fa l^eilig, fo entfernt bom Säten
in bie 9lSf)t \>on ®oü gerücft, fo fann i^n au^ nid^td beffeden,
unb menf^lic^e ^anblungen lonnen il^m 3li6)tö angaben, ©c^on
bei ®erfon, bei ©elegen^eit ber 3öHbat8frage, lernten mir bie
bogmatifd^e ßonftruliion ber ^riefter^^nfubtne fennen, bie mol^l
— 256 —
läfftge, leicht tilgbare ©ünbcn mit fi(^ brinöt, aber toeber ^ßrtcfter*
SBeil^e noc^ ßeuf(l^^eitd:'@»e{übbe jerftört. 9hxn fte^t ber ^riefter
überhaupt ergaben über ben 3Renf(^en ba, unb für ben iungen 9(Itar«
®ptt ift nun freie ©al^n für allerlei ^antterung gcfc^ffen.*)
588) Unb nun begreifen mir, bag @t\\Üid)z unter Slle^an»
ber VI. bie 8tcöenüen bon ©plel^öufcm unb SorbeDen bcjogen,
bag bie Jliöfter lupanaria genannt merben; ba§ ©i^tuiS IV. in
atom öffentliche ^uren^^^äufer errichtet unb baraud ein jä^rlid^ed
Sinbmmen t)on 40,000 ®olbgulben bejie^t; bag köpfte unb ^ai^
binöle mit ben f^rauen unb SRöbd^en il^rer Sieftbenj unter ^udfc^Iug
fonftiger SKönner ladjibe 3eftit)itdten feiern, ober ftd^ ® nippen don
^roftituirten in ben $alaft bringen laffen, bag fie ben blöben abenb^
Ifinbif^en SSolIem i^re @ünben gegen ®elb abnef)men, unb biefeS
®ünben^®elb i^rer Sc^mefter fc^enfen, ober im (Spiel t^ertl^un; bag
man fc^öne @(^meftem gegen ^arbinotöftellen eintauf d^t, für bie
bummen Seutfd^en, bie »©cftienS neue ©ünben fonftruirt, unb^öften«
geböte unb S^el^inbemiffe ftipulirt, bie Sinen felbft nic^td angeben;
unb bag man atö $apft im ^urpurlleibe unb mit ber breifac^en
^one auf bem ^aupt, mie fein @)efe^bu(^ fagt, »supra Jus, contra
Jus, extra Jus, Deus in terris«, über bem öJcfc^, gegen bail
®efe^, auger^alb bei» Sefe^ed, atö ein ®ott über ber äRenfc^^eit
fc^mebt.
*) 8(^on baS Jus canonicum beruft ficft ^tnfic^tli(^ ber Smmunität
ber ^ricfter auf eine ongeblid^c Äußerung Äaifer tonftantin'8 ouf bem
^ongil Don ^\%&a, ber i^nen gefogt ^aben foQ: »Dil vocati estis et idcirco
non poteetiB ab hominibus judicari« : „^i^x feib Ql^ott^eiten, imb tonnt bed-
^alb nic^t t?on ^enf(^en gerichtet merben." — ©uare^ beantwortet bie
grage: ,^ann ein (^eiftlic^er, ber o§ne geiftltc^ed Q^eroanb unb Xonfur bie
J(^njerften 5Scrbrc(^en begebt, Dom mcUIid^cn 9?i(^ter beftraft »erben?* mit:
,92ein! 9Ber auc^ jumeilen ^abit unb Sonfur ablegt, oerlägt bedmegen nic^t
ha^ Privilegium fori, unb !ann oom weltlichen düdfitv nic^t beftraft merben.'
— 3)ie Imago primi Saeculi oom ^a^r 1640 behauptet, ba^ ed eine Un^^
möglic^tcit fei, bofe ein Qefuit inner^olb ber näci^ften 300 3a^re ocrbcmmt
merbe. — Unb in unferen 2:agcn erflärte ein lotolifc^er ^riefter in feiner
^ßrimigs^rebigt: „ber ^ricfter ift glclci^ ber ®otte«mutter au^ermä^U
oon ben 9Renf(]^en, erhoben über ben SJ^enfc^en unb aufgefteat für bie
äRenfd^en'' (9legenSburger 3J2orgenbIatt 1893. 9h. 112).
— 257 -
SSV) „&it\it Won t)on ^rac^t unb ^tt>tttn^,
7>tx Belt Set'berb unb ^eftilena,
©d^toa^t Diel t>on Sfaften, au(^ Hnbac^t,
3^m {duberft fette Sage fd^afft.
S^erlauft guc^dfc^män^, lurg, lang unb breit,
$ad SSoI! um'« &th unb $ab gefeit,
^er^alb (£r 3ubai»«9eutel fc^lec^t
Hn feinem ^alfe führet red^t,
^a^u ein'n langen Sbfenlran^,
^at fleißig 9((^t auf feine ©c^an^,
^a^btm bie ^elt t^örigt unb blinb
3^m folget fammt ber 9)2enf(^en ^nb.
@o fü^rt er fie auf lofen 6anb,
O^ibt t^n'n füfd O^elb etn'n großen Ouant,
©d^afft platten, ^a))))en, folgen @d^u§^)
mdülidi akf(^rei im (S^or o^n 9iu^',
Dfeic^ Opfer bei ber !2:oten $ein,
@^emei§te 9?ofen, £l unb ^ein,
9(nnoten unb ^igilien,
@)rog 9lbla6 fommt bem Dfequiem,
O^efc^mücft' ^dtär*, auc^ n)ä(^fene £i(^t,
9)2onftTan^en, ^eimlic^ Of^ivu^id^i,
ßirc^en, ^optü, grog' ^'löfter reic^,
^et^n>affer, 8o(^, bad ^aut jugleid^,
Halmen unb Sttldi, bad Ofterfeuer,
Q^efc^mierte l^reu^' an ^o^er 9)^öuer,
dringt aQed ®elb mb ift faft treuer,
$ie ^ÖQe fammt bem gregefeuer;
^at auc^ babei feine C^reaturen,
fragen rot^e ^üte mit langen ©c^nuren,
(Sin X^eil lang ^aar, ein S^eil befd^oren,
$an Kleiber atö gemeine X^oren,
5Bon Sc^mar^, (ä^rün, ^ei^, aud^ ^immelblau^
Sc^digt unb bunt, rot^, gelb unb grau,
Sterben tuie ^ieb' gebunben auc^,*)
^an bide ^dlfe vmh fetten ®aud^,
9)iKlffen ni(^t reben, ftnb gan^ ftumm,
beugen ben @(^aß grab unb frumm.
^a^u §at er au(^ Säger^unb*)
^) ^er "än^puii ber SRönd^e.
*) t^e Umf Anürung ber Butten.
^ ^ie ^(blaBprebiger.
pantssa, CrvtfdKt niidirl. 17
— 258 —
^tt ßrfimerei ^u aller @tunb,
Settaufen Neffen, (Sigentoerf*)
Kuf bai ft^ me^r' fein ^tiä^ unb ftärf,
(Sin 3:^eU f^Iemmen unb ge^en in @aud,
galten glatt' $ferb unb ^uren aud.
@r ^at audi eigene ^(erdtned^f,
^aS ^^mm' belegen fte gerab unb fc^lec^t,*)
)(tö GorHfan, biebifc^ gidfal,
^rocurator, Official,
grfitttm^r ein feltfant ^ofgeftnb,
^edgleic^en man bei $Iuto nic^t ftnb't,
3u loden ^ie^er auf biefer (£rb
^ie SRenfc^en auf feinen Sogel^eerb."*)
540) 3Rxt Siedet l^aben bie @atiriter unb ^adKUen:^ Schreiber
ber Stenaiffanfe ben in fein ©egenteit berlel^rten (S^axoXttx (^rifti
beim SRad^folger (S^rifti, beim ^ßapft, ^erborgel^oben: ©l^riftuS flo^
bic atcit^c biefer SBdt; bcr ?ßapft erobert eine ©tabt nat^ ber
anbem. (^riftud trug eine ^omenlrone; ber $apft eine breifad^e
golbene. (^riftud tofifc^t feinen Jüngern bie pge; ber $a))ft lägt
bie feinen bon ben Königen biefer (Srbe füffen. (^riftuS moKte,
ba^ ber ti^eltlic^en CBrigleit bie abgaben entrichtet toerben; biefer
befreit bie pfrünben^gefegnete ©eiftlid^Ieit babon. Q^rtftuiS meibet
bie ©d^afe; ber ^apft ergiebt ftc^ bem Su^d unb ber Üppigleit.
^ener mar arm; biefer berlangt bie Königreiche ber SEBelt a\& fein
Eigentum. Sl^rtftud trug fein ^eu^; biefer Ifi^t ftd^ auf ben @c^uU
itm beutefitc^tiger Snec^te l^erumtragen. (^rtftud berfd^enlte, moS er
l^atte; ber ^apft berjel^rt ftc^ bor ®ler nad^ ®oIbe. 3ener trieb
bie Srämer an^ bem lempel; biefer nimmt bie 8tbla|frömer bei
ftc^ auf. ei^riftud brachte ^rieben; ber $apft SRorb unb Xotfd^Iag.
Sener »ar fanftmütig; biefer U&^t fic^ bor ©totj. S)ie ©efefee,
^) 2){e opera eupererogationis, bie überfTfiffigen ©ebetdieiftungen ber
a^önd^e.
•) a)ie 3:aj=©eamten unb ©uttenüerläufer.
») fJUegenbe« »lott öom 3a^r 1549. ©ie^e »olgt, 3., ^aSquille,
epottlieber aud bem 16. ga^rl^unbert. ^iftorifc^ed Stafc^enbuc^. 93b. IX.
1838. p. 470 ff.
— 259 —
bie (E|riftuiS gab, \)ob ber ^apft tt>ieber auf. Unb fo f&l^rt S^ner
gen ^immd, biefer jur ^öOe.^)
541) 3^ bem S^aralter fünbIo|en Sr^aBenfeing ber ^ftpfte
unb itolienifc^en !ßriefter fiSer menfd^Iic^e ®itte unb ©a^ungen ge^
l^örten auc^ i^re üoluptudfen Se^ie^ungen jum gteid^en ^^efd^Iec^t,
@obomiterei, mte man ed bamatö nannte, !ßfiberaftte, mie man eS
l^eute nennt eine ©ad^e, fo felbfberfianbHd^ im 93erei(^ ttalienifd^er
9teIigiondübung, ba| bad 93o(f nurme^r fd^Iec^te SBi^e baruBer mac^t
3n Xeutfd^Ianb nannte man ed „äSfilfc^e ^oäfitit** ®ä)on
S)amiani im 11. 3<i^^^unbert mar ber ©ac^e fo funbig, ba| er
bie üerfd^iebenen äRetoben biefer unfauberen Übung in feinem »über
gomorrhianus' in ein förmlid^ed ©^ftem bringen lonnte, moruber
Älejanber n. aber nur ladete. —
543) ^^oUt \di, bie @obomitif(^ rmb,
^er %Bä(f(^en ^oc^^eit graufam ©d^anb
(Sc^^Ien, i^r toürbet alle fammt
(^in'n O^cäuet ^an, erfc^redcn btob;'")
54S) „fflit aUein ^at man ju 9tom unleufd^l^ett bor ein
regirerin menfd^tid^d lebend, fonber aud^ legen bie iRomaniften ire
f^nn baruff, mie fte in mand^erle^ geftalt, unb uff feltjame axt,
^) Christus regim fugit: sed vi Papa subjugat urbes.
Spinosam Christus: triplicem gerit ille coronam.
Abluit iUe pedes: Reges his oscola praebent.
Vectigal solrit: sed clerum hie eximit omnem.
Pasdt oves Christus: loxum hie sectatur inertem.
Pauper erat Christus: regna hie petit omnia mundi.
Baiulat ille eruoem: hie servis portatur avaris.
Spemit opes Christus: auri hie ardore tabescit.
Vendentes pepulit templo: quos suseipit iste.
Paoe venit Christus: venit hie radiantibus armis.
Christus mansuetus venit: venit ille superbus.
Quas leges dedit hie, Praeeul dissolvit iniquus.
Ascendit Christus: desoendit ad infera PraesuL
Pasquillorum tomi duo. E^eutheropoli [Basil.] 1544. pag. 26 — 27.
*) ySamentation ober ftlage bed beutfc^en Sanbeft 1546' \>on bem
loürtembergifc^en 3){(^ter 3. (Sc^rabtn t^on 9ieutlingen. — 3. Sßoi^i, ^adquiae
unb (Spottlieber aud bem 16. ga^r^unbert. ^iftorifc^ed ^afc^enbuc^. 8b. IX.
p. 500.
*- 17*
— 260 —
aud^ n)5uberli(^er tot^% unb tote bor nie gel^ört unfeufd^^eit pflegen,
bamit fie andj ben te^fer X^beriunt (unb feine fünftigetr bie er
®pintria9^) nennet) übertreffen, ^n ber fumm bat>on )u reben,
f(i§Ie(^ter geftdt unb gemö^nlic^er xott)^ unleufd^^eit treiben t)eracl^ten
fie, unb ]^ei|en eS bauren merd. Sann ju 9tom tl^ut man bing,
ber tt)ir un§ i)t)t ju reben fd^ftmen." *)
544} „fBann man bte ®u(6ftaben t^erfe^rt,
3ft Borna 9(mor, bai f^t\%t Sieb,
$te Sieb fte^t in Derle^rtem Xrieb:
^tnn 9lom pflegt aUe^ett ber ^aben —
3ft gnug, man fotttS öcrftanbcn ^aben."*)
545) S^Hug n. fc^finbete jaei iunge, franjöftfc^e, abiige
^aben, bie erjie^ngdl^alber toon ber ßönigin Wma t)on granlreic^
mif Italien gcfd^idtt morben »aren.*) — 3wttud m. machte einen
jungen lejfi^rigen SKcnfd^en gnnocenj, einen feiner SicbltngSfnabcn,
gum Sarbinat, unb marbe beg^alb t>on ben Römern aÜ ,Supiter,
ber mit ®an^meb fpielt* l^erumgcjogen.*) — hinter ©ijtuS V.
fd^rie baS SSoI! brein: »Laudate Pueri Dominum!« ') — Unb ber
®olffn $aurd in., fiubot)ico, notgüd^tigte fogar ben jungen, fd^önen
SBifd^of t)on gaenga, morüber biefer auS @d^am unb Sränbtng ftarb,
wäl^renb ber ?Papft eS nur für Jugenblit^e Uncnt^oltfamfcit' erllärte,
unb feinen Sol^n abfolöirtc.')
546) SDiefer $aul lU. fetbft fc^önbet fc^on ald fiegat unter
M $om griec^ifc^en ofijxvfip,
*) Vadiacusy dialogus Hutteni, ^utten'S (Schriften, herausgegeben Don
«öding. »b. IV. p. 182.
*) ^ie fliegenben glätter bed 16. unb 17. ^al^r^unbertd. ^eraud*
gegeben Don 3. @4eible. Stuttgart 1850. p. 129.
^) Spiegel bed ^eltlid^en 9iömifc^en Sapftd burc^ 9{ic. ^önigent.
ÄönigÄ^enfem, Dftrofrancum. 1586. p. 394. — ?lu(^ ©oniüarb ftöreibt
in j einem Advis et devifl de ridolatrie papale Don biefem $apft: »11 hauait
le broit de user de Venus maBCuline.« ^d. Genfeve 1856. p. 42. —
•) a. a. O. p. 405.
^ ^eber, 3. d^., 3)ad ^opfttum unb bie $fipfte. Stuttgart 1834.
»b. m. p. 12.
') ©urd^arbt, 3., Kultur ber SRcnaiffance in Stallen. 3. 3lufl. Seip^ig
1877. 93b. n. p. 226.
— 261 —
SuItuS n. eine abltge iunge Same in 9(ncona, nnb ntug ftüc^ten^
ü6erlfi^t gegen einen Sarbinatö^ut feine Sc^mefter 3ulia ^amt\e
SQeyonbet VI., unb f)at fdbft SBerle^r mit ber eigenen jloeiten,
jüngeren ©(^»efter, unb feiner 8afe ßouro gamefe.*)
547^ »Du temps de pape Innocent ne fus tu pas mis en
prison, tres meschant prelat» pour deux homicides, a scavoir pour
havoir empoysonne ta niepce et ton nepveu, affin que tout Iheri-
tage fust tien? Apres que tu fus hors de prison, tu ne te faignis
de demander le cbappel roge (ben ^arbinatöl^ut), mais haiant este
rejecte des cardinaux par III. foyz, ta propre soeur Jullia Fernasa
finaUement le guaigna, car pour ce quelle menaca pape Alexandre
que desormais eile ne sabandonneroit plus a luy, sil ne te faisoit
Cardinal, le pape craiguant sa malle grace et cholere te tonna le
chappel. Davantaige tu has occise ton autre seur, laquelle sen-
tante le naturel de ta race nestoit pas fort pudique. Du temps
que soubz pape Julie tu estoies legat en la marque d'Ancone, tu
abusas tres mechanunent dune fiUe dicelle ville, car te desguisant
et faignant estre un gentilhome de la famille du legat» tu la des-
pucellas, ce que le cardinal d'Angone oncle de la fille te reprocha
bien aygrement devant pape Clement» lors captif en la prise de
Rome. Nicolo de Ruere ne te treuva il pas paillardant avec Laura
Fernasa ta niepce sa fenmie et te donna un coup de poignardt
don tu portes encores la marque? Que dirai je de Constance ta
fille avec laquelle tu has paillarde tant de foiz. Tu empoysonnas
Blayse son mari lequel haiant apperoeu vostre meschancette ne fut
Jamals despujs veu joyeux. II est certaln quen paillardise tu sour-
montes les empereurz Cbnunodus et Hellogabalus come tesmoigne
la multitude de tes bastardtz. Loth paillarda avec ses filles mais
estant yure et non scachant qull faisoit. Tu» scachant, has paillarde
avec ta seur, ta niepce et ta fiUel« *)
548} ^n ganj Xeutfci^Ianb mu^e man bie Sd^anbe. 3n
einem im ^al^r 1537 erfd^ienenen ^ßa^MI ^e{|t eS: „3)eutf(^er:
') Spiegel bed «BeltU^en SRdmif(^n IBotifi«. p. 392. 402—403.
*) Bonivard, Francois, Advis et devis de la sonice de Lidolatrie
et tyrannie papale. [1560.] Geneve 1856. p. 96 — 97.
— 262 —
SBol^rlid^, bu maleft mir in bem ^eiligen Sater einen n^a^ren Xange»»
nid^t«. — ^Q^quitt: S)a» Wirft Du erft fogcn, tocnn S)u l^örcfi,
iDie er (SßatA Hl.) juerft jum Sarbinatö^ut gelommen unb bann
tt)ie er ^opft geti^orben ift. äRon fagt, er f^ait eine fe^r fd^öne
©d^n^efter gel^abt, ba gulind ber jmeite $at>ft gett)efen ift. 2)tefe
^at Sde^anber l^eftig lieb gelobt, unb ba er nid^t gett)u|t, tt)te er
fie follte 5u fic^ bringen, um feine Unleufc^l^eit mit il^r ju treiben,
l^at er biefen ie^igen $apft $aul t>ttmod)t, feine €d§tt)efter il§m }u«
juffi^ren. 3)afür l^at er i^n jum fi'arbtnol gemacht. 9Ufo fagt man,
unb bie Stalicner fagen e8 felbft — 5)cutfd^er: ®o märe er beffcr
jum ^urenmirtl^, atö jum $apft! Sßer moQte benn einem fold^en
k)er}tt)eifelten Söfemic^te glauben, unb auf fotd^em k^ermeinten Son«
citium (ju aRantua) erfd^einen, ber mit fold^en fd^alen gra^ um«
ge^t, in bem feine Ircue unb fein ®laube ju ^offen ift.*'*)
549) „^tnn alfo pflegten bie Söpft toon gar fc^önbtltd^em
äRutmiQen unb STBfd^eti^Iid^er unfeufd^l^eit 5U brennen, ba| fie benen
99ifd^off&s unb Sarbinali^^üt toerl^eigen, bie il^nen il^re Sd^meftem,
ober baS nod^ grctolid^er ju fogen ift, il^re junge Srübcr 5tt fd^finben
juffil^ren. SRit biefen SUnften pflegen i^rer toiel gar feifte ^frünben
^) „Sine Unterrebung jtDifc^en bem ^adquiQen unb bem 2)eutf(^en Don
bem julünftigen C^oncilio ju ^i^antua. ^falm 124: belobet fei ber ^err,
ba« er un« nid^t gibt ^um raube in ire jcene." — 3. Soigt, Über ^aS-
quille tmb SpottHeber aud bem 16. Sa^r^unbert. ^iftorifc^ed Xaf(^enbu(^.
»b. IX. 1838. p. 421 — 429. — 3)ie erinnerung on biefen $ttpft f(^cint
lauge 3eit mit §ä^(i(^en Umrijfen in bem G^ebäc^tnid ber SSdIIer eingefc^rieben
gekoefen ^u fein. (Sine 1578 erfc^ienene SSifton Ifigt i^n t)on 3)ämonen auf
feinem Totenbett abholen, gn ber ^ölle begegnet er feinem @o^n fiubo^
toico, eben genem, ber ben ^tfd^of t^on gaen^a Qt\dfinhtt l^atte unb {pfiter
ermorbet tDorben toar. @r reitet auf einem loloffolen SSocf, ber mit unflä«
tigen Emblemen gegiert ift; unb in feinem Q^efolge eine (Sd^aar junger
Ihiaben, ebenfaHd beritten, mit nadten ^obijed [»nates tantum nndas aimia-
rom in morem ostantes«]. ^er $a))ft felbft koirb in fBeibertleiber geftecft
unb jur IBab^Ionifc^en ^ure getoanbelt; er loirb je^t toeiblid^ benamft:
Meretrix Noetra Sanctitas: „Seine ^urerif(^e ^eillgfeit", unb muft bie ent^
fe^Iid^ften Sd^euglid^leiten fiber fxd^ ergeben laffen. ~ ©iel^e AntithesiB Christi
et AntichriBti, videlioe Papae. o. O. apud EuBtathium Vignon. 1573.
p. 129—147.
— 263 —
ju erjagen. Unb ift, mie ^(grtppa (t)on 92ettelS]^eQm) fagt, tein
anberer neiget weg baju."*)
550} SBon £ e o X. f(^tet6t 93 o n i D a r b : »Touchant a paillardise,
luy nesta nt que cardinal nen estoit point accoulpe, ni avec femelles ni
avec masles, mais despuis quil fut pape, il sadonna plus a volupte, et
par ses actes monstroit quil usoit de paillardise masculine, car ü
havait tousiours de beaux pages, que Italiens appellent ragazi,
quil faisait garder soigueusement a un sien cbambrier nome 8era-
pica honie idiot et eans letres et qui des son commencement havoit
este aquarol a Rome et luy havoit conf ere le pape plus de V. mille
escuz de benefices.«*)
551) Unb toon bem SSerlel^r ^aufd m. mit ben ^uren in
atom, beten amtlid^e ©c^ö^ung unter feinem 9}a(^fotger Suliud m.
40,000 ergeben l^atte, l^eißt eS, baJ5 er i^nen „Qm^ forberte; an
@utben, filbeme unb anberc SRün^, bamat^ fte ft^ön gemefen, l^aben
fte ^eben muffen, ^iefelbigen werben r)om 93a))ft in großen Sl^ren
gel^alten, bie lüffen bed 99apftd Su|, bie galten mit bem 93apft
freunblid^ gefprät^, bie ^aben mit bem 85opft lag unb 9laift ®cmein:=
fc^oft"»)
552) Unter ben je^n SSergel^en, beren bie 1303 gu $arid
t)erfQmmeIten franjöfifc^en 99if(^öfe Sonifa} Vni. anüagten, unb
i^n berfelben wegen bei^ ^apfitumd für unmfirbig erHärten, gel^örte
Qld adfie&: M% er jwei Stid^ten ald aRfitreffen \)ait, unb mit
i^nen ^nbem gezeugt" : »Octavo, quod habeat duas neptes concu-
binas et ex utraque filios progenuerit«^)
558) ©i^tud IV. (1471 — 1484), ber juerft ©taatdborbeae
in 9iom errid^tete, lieg ieben ©eiftlid^en bie ifil^rlic^e ^nfuBinen«
Xo^e t)on einem Zutaten jal^Ien, auc^ wenn er feine ^nlubine
^) ©piegei bed ^^eltlic^en 929mtfd^en Sapftd. p. 402. — Agrippae
ab Netteeheym, H. C, de incertitndine et vanitate bmnium scientiarum.
Ck>lon. 1598. cap. 64. de lenonia.
*) Bonivard, Francois, Advis et devis de la source de Lidolatrie
et tyrannie papale [1560] Geneve. 1856. p. 69.
■) Spiegel . . . . a. a. O. p. 407.
*) Mornay, Ph., Mysterium Iniquitatis seu historia Papatus. Sal-
murii 1612. p. 948.
— 264 —
l^atte; anbrerfeitd mteS er bte Sinno^men kjon einer Beftbnmten %t^
jal^I ^uren anberen ®etftlicf|en afö ^frünbe an; fo ba^ %[grippa
t)on S^etteSl^e^m mitteilt bie Sinnal^men etitelS geiftlid^en SBürben^
trftgerS Ratten ungefähr fo gelautet: „er l^at jmei 9)enefi}ien, ein
@urat mit 20 3)utaten, ein ^riorat mit 40 2)ulaten, unb brei ^ureit
im aSorbea."^)
554} 2)ie Sinnal^men auS ben ©taatdborbeUen merben auf
i&§rli(^ 80,000 S)ufatcn gefdiäfet; bie» erft^cint begreiflid^, »eim
toir lefen, ba^ ollein bcr eine So^n ©ijtud' IV., ^eter, »ic
äRadiiaDem erjä^It, für feine SRittagdtafel oft 20,000 f^orenen aul^
goB, unb in ben jwci '^a^xen fcineS ©arbinalatö 200,000 S)ulaten
burd^Brat^te. *)
555} 3)er folgenben ©d^ilberung 99onit)arb'8, ber ald %ugen^
jeuge fprid^t, mürbe man i^re Slaiöctät unb 9[ufridf|tiglcit nel^men,
tPoKte man fie aulS bem t^ranjöfifcfien überfe^en. Unter bem Zxtd:
>Putaiiis triumphantes du temps de Leon« fpricf|t er über bie päp^U
lit^e ^ßroftitujiong:: Kontrolle jur QAi ßeo'g X.: »Je fus a Kome
soubz Bon pontificat lau 1518 quil me fut dict que le pape havoit
touz les ans de tribut des putains 11,800 ducatz, luy paiant une
cbascune que havoit plus de III. amoureux tant seullement 1 ducat
pour teste; Celles quen havoint moins estoient franches; mais il en
havoit teile quen havoit plus de XII. ordinaiies, sans les allantz
et venantz, et saccordoient Lun havoit ce jour de la sepmaine
lautre le segondt» lautre le Ill^e et ainsy consequenunent Quant
il 7 havoit plus de sepmanierz que de jourz en la sepmaine, ilz
estoient remiz au tandesme du moys et failloit que chascun don-
nast salaire, selon le temps quil havoit louee la monteure; pour-
quoy estoient riches a outrance.«*)
^) »habet duo beneficia, unum Ooratum viginti auieorum, Prio-
ratum alterum ducÄtomm quadraginta, et tres putanas in bnrdello«.
Agrippa a Nettesheim, de Vanitate adentiarum. Colon. 1598. cap. 64.
de lenonia.
*) ^^einer, (^infü^ntng ber erjnmngenen ®^elofig!eit. SCltenburg 1845.
»b. III. p. 777.
') Bonivard, Francois, Advis et devis de la source de Lddolatrie
et tyrannie papale [1560]. Gkneve 1856. p. 79.
— 265 —
556) ©t^tud lY. erlauBte quc^ ben barum nadifuc^enben
ßarbinälen, mte ber Mannte ^oQfinbifc^e X^eolog ^Jo^onn äBegel
(t 1489) erjä^It, bcr ftd^ lange in 9tom auffielt unb mit bcm
$apft Bcfreunbct »or, mäl^rcnb bcr brei l^clfeen ©ommermonatc 3uni,
3uli unb äiuguft gegen Sejol^lung einer laye ben tjöbcraftifd^en
Umgang mit finabcn^). — SSielIeid)t wirb mir ^ier ein 9Kebijiner
ober 9[nt^ropologe entgegenhalten, ba% baS italienifc^e ßlima fold^e
Dbfjönitäten einigermaßen entfc^utbige, ba man in feigeren ^limaten,
n>o bie Seibenfd^aften ^i^iger, bie grauen rafc^er berblül^en, biefem
Ü6el in noäf größerem Umfang begegne. — ©el^r gut! — ?lBer
eben beiSn>egen, meii Station ein anbered ßlima, melc^eS anbere
Safter jeitigt, Safter, n^eld^e bie (»f^d^ifd^e unb moralifd^e @fcire er^
greifen muffen, moUen n>ir toon ber ttaUenifd^en Sieligion nid^tiS
n)iffen. S93eil mir glauben, baß bie italienifd^e Steligion eine fpeji«
ftfd|e, bon italienifd^em Alima unb ©innlid^Ieit abl^öngige ©pesied
ber d^riftlid^cn ift, woHcn toir unfer Älima, imfere ©onne, unb unferc
Steligion für und l^aben. äBeil mir miffen, ba^ einjelne S)ogmate
ber fpejififd^en fe^eUen ©färe ber italienifc^en ^fipfte angel^ören,
bedmegen moUen mir felbe ntd^t bei uniS imporären laffen (menn fte
gleid^ t>om italienifd^en @ott ,geoffenbart' ftnb). Ober glaubt ber
^err ^(ntl^ropologe, ba^ bie 9Ibmenbung bom SEBeib unb ber ge»
fd^Ied^tlid^e Umgang mit Knaben ben SRenfc^en, unb bamit anäj feine
geiftigcn Seiftungen, nid^t fitttit^ änbcrt? — ®ie Oricd^cn marcn
ein großes SSot! unb Ratten bie filtabenliebe! — Slima. — @e^r
gut! — S)ie Stolicner finb ein großeiS SBoIf unb f)aben bie Shtaben«
Hebe." — Älima. — ©el^r gut! — Unb mir moHen ein großes SSolI
fein, unb ^aben bie ^itabenliebe nid^t Unb beS^oIb lönnen mir
83ölfem mic ben ®ried&en unb Stalienem nur öom ©tanbpunft bcr
^iftorifd^cn , öft^etifd^en 99eleud^tung nä^er treten; i^nen aber nid^t
erlauben, an unferem gegenmfirtigcn geiftigcn unb etl^ifc^en SBeft^ in
autoritatiber SEBeife mitzuarbeiten: 3)ic Italiener effen bei ftd^ feine
mfilfc^cn $ü^cr, meil fte miffen, meld^em k)o(uptuöfen ®ebraud^ fte
bienen. Unb mir moUcn und bor ben ^erübcrflattembcn mälfc^en
M »maBculino ooitu frui pemuBit.« WeBseli, J. de Indolgentiis
Papalibiu. Opera omnia, ed. J. Lydii. AmateL 1617.
— 266 —
S)ogmQd in 9((^t nel^men, meU toir mtffen, meld^er t)oIut>tuöfen ^f^c^e
fic tl^rc ®cburt öcrbanfcn^).
557} Die religiöfen ®rflnbe für Xeutfd^Ionb, ftd^ toon ber
italienifd^en Sieligiott unb il^ren ©eBrfiud^en lodjumad^en, batiren
fd^on feit 400 S^l^^^n- ^eute lommen nationale unb p^^fio^^
logifd^e, ja fanitöre, l^in^u.
558) Die @untme italienifdier ®räuel unb geiftlid^er haften«
fd^&nbung bedt eine parobiftif^e Sefd^reibung eineiS „SonllatoeS
römifc^er ^urcn" ouf, »orin fette beft^Iiegen unb forbern, ba|
auf ba^ galten t)on ^afc^en unb jungen ^aben bei ben ^arbinölen
eine f)o^e Za^t gelegt tt)erbe; benn fo lange einer biefet ^errn männ^
lid^en ®eru(^ in feiner Umgebung fpüre, nel^me er nichts anberdS an;
unb ber »ad^fenbc SScrfe^r ber ®eifüicl^en mit S'ammerbienem, äuf^
n>drtem, 99ar6ieren, unb Sabenfd^n^engeld fd^fibige fte, bie ^uren, in
il^rem (äemerbe auf^d ©(^werfte*). — 3)ag »ar boö @nbe beS eigen*
finnigen Serfud^S ©regor'S Vn. ^infit^tlid^ ber ©l^elofigfeit ber
^riefter, ba| man biefe, gar in Italien, in ©d^eufäligfeiten l^inein«
trieb, bie fie gu einer neuen, pf^d^opatl^ifd^en, l^omofqrualen ätaffe
mad^te, fo ba% man ft>fiter aud l^^gienifd^en ©riinben frol^ gen)efen
m&re, menn bie ^erm in Sila ober ber ®ott in ^rpur ein SSeib
angerührt Ratten.
559) „93ie gefeit bir aber, bag man ju 9tom l^anbelt mit
bre^erlei fauff ©d^a^: ©l^rifto, ge^ftlid^en le^en unb Werbern?" —
„,,9B5It got allein mit me^bem, unb giengen nit offt auiS ber
natur*)!""
*) ÄuÄ ber 3«t, bo ntd^t nur ttalicnift^c 3)ogmen, fonbcrn auc^ italienif(^c
G^etftlt(|e nQ(^ ^eutfc^Ianb importirt nntrben, ei^^lt eine ©c^rift ^u Einfang
biefed Sa^r^unbertö: „^m ^igt^um Srretfmg tourbe türjlic^ ein @^etftli(^er
anöefteHt, ber ftc^ einige ß^it in 9lom unb in Italien aufgehalten ^atte;
balo begieng er bie abfqeulic^ften Hudfc^weifungen: er t)erberbte fogar gtoei
Ihiaben total; unh atö er nun Dom ^iftlic^en d^atl^e gur Verantwortung
pegoaen würbe, ba äußerte er feine SSertmmberung, bag man in %t\it)d^^
lono ou8 bergletc^en ^Dingen fo einen Sfirm mad^e, bo8 fe^i jo in
Stalten etioad @)ewö^nlic^ei», unb ba mac^e leine geiftlid^e Obrig^
feit toad barauS." — (@alat, g.,) S)ie gortfc^ritte be« fiici^tS in «o^em.
^eutfd^Ianb 1805. p. 8.
') n Puttanifimo Romano 6 Cbnclave delle Putane. In Colonia
[Borna] 1668. p. 44.
«0 Vadißcufl, dialogOB Hutteni. ^utten'8 ©d^riften. «b. IV. p. 17a
— 267 —
560) 41nb fotd^e t)erbaiit))te »öfetDtd^ter moKen aOe S3elt
Bereben, ba^ fie ber ßird^en ^Aupt, Stutter aOer ^rd^en unb SReifter
bed Glaubend fein, fo man fie bo(i§ an i^ren Sßerfen in aller 93elt
cr!cnnct; nömlic^, ba| fie Bei gefunbcr SScmunft fo öffentlich rafenb
unb toDe finb morben, bajs fie nid^t miffen, 06 fie äRann ober SBeib
fiub, ober bleiben moDen; fid^ nic^t fd^&men bod^ ffir bem n^eiblid^en
®efd^(ed|t ba i^re äRutter, ©d^mefter, äRul^men unter ftnb, bie fold^d
toon il^nen l^ören unb feigen muffen mit großen ©d^mer^en. St pfui
eud^ (Sobomiten^^dpfte, Sarbinär unb toa^ \f)x feib im rdmifd|en
^ofe, ba§ il^r eud^ nidf|t fürdf|tet für bem ?Pf(after, barauf il^r reitet,
ba§ eud^ öerfd^Iingen möd^te*)."
561) 93on ^ultud III. erjfi^It Bonivard: »Touchant a linimitäa
quil portoit a nature, je croy que Neron ni Heliogabalus ne furent
(amais en bougrerie si execrables. Luy estant legat a Boloigne
senamouracha dun certain pauvre garson, demandant laumoene
appelle Vincent, non scachant A ni B et davantage aases lait, ne
restoit quil neust faict come Neron, quil Ihavoit pas espouse publi-
quement, come Neron havoit faict son bardaze et croy que si ce
bardafe fust mort devant que luy, il luy eust basti un temple et le
canonise en honeur divin come havoit jadis faict lEmpereur Adrien,
son Antinous. Sledan et Baloeus en devisent beaucoup et come
des a ce quil fut pape luy remit son chappel de cardinal, maugre
touz les autres, lesquelz jacoit [ja soit, obfd^on] que fussent eux
asses execrables, abhorrissoient ceste villennie si publique, car il ni
ha home si embeguine de sa femme, qui ne se donnast honte de
amadouer sa dicte femme devant les gentz come faisoit ce villain
son bardaze*).«
562) „Z^ie laiferlid^en Siedeten fagen t)iel de Fuiiosis, t)on
unftnnigen, toDen Seuten, tt)ie man fte galten foQ; mie toiel gröjser
9}ot n^äre l^ier, ba§ man ^apft unb Qarbinal unb ben ganzen
römifd^en ©tuet in ©töde, ßetten, ßerfer legte, bie nid^t gemeiner
') iOut^er, fBiber bad 8a))ftum ju 9h)m t)om Xeuffel geftifft. mtttw^
berg 1545. 6ämmtli(^e Sd^riften. I0b. 26. P. 136.
*) Bonivard, Francois, Advis et devis de la source de lidolatrie et
tyrannie papale. [1560] Geneve 1856. p. 106—109.
— 268 —
SEBetfe rafenb morben ftnb, fonbem fo tief gräultd^ toBen, bag fie i^t
SKänncr, t^t ®cibcr fein tPoHen, unb ba| feine g^^^lffc 3^^* »iffcn,
tocnn fie bie Saune anlommen mirb; gIeid^n)o^I foQen mir Sl^riften
gl&uben, bag fold^e rafenbe nnb mütl^enbe römifd^e ^rmap^robiten
ben ^eiligen @eift ^aben, unb ber S^rtften^eit dberfte ^öupter,
äReifter unb ßel^rer fein mögen ^)."
568 „Kfter^Steligiofttfit'' nannte {üngft ein gro^ed, teutfc^ed
©latt bie papftlid^e 3)ogntens?ßrobufjion ber 3a^re 1854 unb
1870 •). — Sollte bicfe SSejeit^nung mel^r »ie nur bilblid^e SBcbeu*
tung ^aben? —
564) „SBetl bie 93öfen>ici^ter nic^t moUen bügen, fonbem ba^
ju bad @t)ange(ion toerbammen, ®otteiS SBort löftem unb fd^önben,
unb fid^ pu^en, fo follen fie aud^ il^ren Drerf mieberum ried^en auf 8
aHerfd^änblid^fi ®8 tft foId^eS ßafter fogar gemein bei il^nen, ba%
anä) neulich ein ^apft felbft in fold^er @ünbe unb Safter ftd^ ju
tobt gefünbigt, unb in ber Sl^ot auf ber ©tätt tobt ift Blieben.
S)a, ba, i^r 5ßäpfte, Earbinäl, 5ßapiften, geiftlid^e ^erm, berfolgct
mc^r ®otte8 ®ort, berteibigt nu ®uer Seigre unb Sird^en*)."
565) ^ie ^äpftin ^ol^anna, bie burd^ 99etrug imb Sift im
9ten 3a]^r]^unbert ben päpftlidf|en Sl^ron beftiegen, unb, nad^ mandf|er*
lei @df|anbe unb SBoHuft, auf bemfelben ein ^nb geboren l^ot, fo
bag ber päpftlid^e ©tul^l jum (äebftrftul^l mürbe, biefe ©rjä^Iung,
bie uns überliefert mirb, mar nur eine fjabel; aber eS mar
d^arafteriftifd^ , bog fo etmad auf äRfinner erfunben merben fonntc;
eiS mar bor« mie nad^^bebeutenb für bad eigentümlid^ moUuftige
Seben ber 5ßäpfte, für bie SScrmeibfung biefer raftrten Seute in
SBeiberftoffen unb (äolbl^auben, unb bejeid^nenb für bie befonbere Strt
il^red pf^c^ifd^en ©ebärenS, bie bem SBeib gegenüber bad ©effil^l alS
SWann berloren l^aben, unb über bie ,3Renftruajion' unb ,2Kild^' ber
SWaria SBänbe unb ®ogmen fabrigiren, afö märe e8 il^re eigene
*) Sut^cr, a. a. O. p. 136.
«) »ellagc ^ur „«ttgemcincn Scitung". 1893. »om 9. iWoi.
• fiut^cr, a. a. D. p. 33.
— 269 —
506) »®tn »eibifd^ »oll, ein »e^c^e fc^ar,
on ^er^, on mut, on tttgent gar,
ba fctnb »ir übcrftritten öon.
3m ^cr^cn t^ut mir tott ber ^on*)."
567) „Söffet bie kleinen ju mir {ommen, unb mehret il^nen
nid^t!" SKott^. 19, 14. — 3)o8 l^abt 3§r ^opiftcn fo öcrftonbcn,
bog gi^r 6» auf E Urnen« XTV. iä^rii^ ca. 4000 gnaben
loftrirlct, fie wie 3nbianc be^anbeltet unb on i^rcn Duolitäten beg
SSerft^nittcnfeing Sut^ eiluftirtet').
568) 93on ben ^efuiten ftommt ber ©pruc^ oud ber ßeit ber
©egenr^aieformajion: fte ttjoßten um jeben ^reig bie gefommte ©l^rifts:
lid^c SBelt lüicbcr bcm ^opft unterttjerfen: »ac ei cadaver esset« —
„unb menn er ein Sobobcr tüäre"*): ,Sobot)cr* für ben ?Papft unb
ouiS bem iDiunbe ber Sefuiten ift lein fd^Ied^ted Spiteton: ftog«
nirenb tt)ie ein Seid^nom unb flinfenb luie ein öcrfoulenbei^ Sto8. —
560) @]^arofterifti[cf| für ben tDeibifd^en S^orolter beiS pöpft^
licfien ^ofe« ift — im Sebürfni^foHe — i^re »orlieBe für ® ift —
für Rubere. SBäl^renb fonft beim 3toIicner rofdfi bo8 SReffer blifet,
unb ber bravo, ber feinen ^olif gegen 93ejo!^Iung gcbcrmonn jur
SSerfügung fteUt, ^ur tt^pifcf|en gigur bei ben S^^Ii^i^^^ getvorben
ift, gebrauchen bie $äpfte boiS loutlofe, fd^Ieid^enbe, \yon hinten an;:
fottenbe ®ift — bie feigfte UmbringungSort, oftiö wie poffiö, unb
b!e regelmäßige bei bem bei^ aWutd entbe^renben SEBeib. @d gel^t in
ber ®cfc§ic§te nur unter bem 9?amen: S)irdf|cngift. 5)ie 3nbuftric
kDor t)oIIftänbig ouiSgebilbet unb in ben ^änben empirifc^d^emifc^
geübter Acute; nid^t nur bo8, fonbem and^ bie ^royiS ber (Segens
®ifte — man mußte fid^ boc§ felbft öorfe^cn — mürbe mit
^) aiag unb Sormanung. 1520. ^utten'd (Schriften. IBb. IIL
p. 513. —
«) Beber, 3. d., 3)ad $apfttum unb Mc $äpfte. Stuttgart 1834.
S3b. III. p. 239. — ^odj in ben 70 er Sauren lomtte man im Satifanifc^en
Viertel in fRom bie alte, pdpftlic^e 9(uffd^nft auf ben »aber « 8(^ilbem
ftnben >per le castrazioni«. S)ie römtfc^en d^eiftlic^en behaupten ^mar, bM
be^ie^e yxd^ nur auf ^a^m unb ^unbe. (&% ift aber auffaUenb, baß man
immer mieber auf üerfc^nittene Oauembuben trifft, gfragt man bereu (SItem,
fo erhält man jur Hntmort: bie @(^toeine hätten'« t^nen meggefreffen; eine
Antwort, momit fte in jebem pralle bie Ba^r^eit fagen. —
*) 3o^anne« 92ad unb bie Sefutten. ^rc^iD für bie ®ef(^i(^te ber beutf (^en
epra%. mtn, gfebtuar^eft 1872.
j
— 270 —
grojser @i(^er]^eit geübt 2)ie f(i§tDierige gorberung an ein fold^ed
al^nungdlod tuirlenbed Xo^on toax: gefd^macHodr geruc^Iod unb
farbloi^. äRetft mirb Don tinem meinen ^jhitoer ge|prod^en, melci^ed
man bent ®e6äl ober SEBein beimifc^te. tßon bie|em erhielt ma^r«
fd^eütlid^ jener turlifd^e ^rinj 2)|d^em, ber SBruber nnb 9teBen^
bul^Ier bdS @uItaniS, ben Sle^anber VI. im ©emal^rfam l^atte, unb,
tote fdne Eorrcfponbenj mit »ajefib IL ergibt, für 300,000 ®olb*
gulben aui^ bem SBege gu rftumen Derfprad^. 9[Id Sari VIIL t>on
granfreidfi {Rom belebte, beeilte fid^ ?Qejonber, unb lieferte 5)fcl^em
bem franjöfifd^en Sönig berartig aui^, ba^ er bier SBod^en fpöter in
beS festeren Sager öor Sleapel ftarb*). — Äud^ Surrf^arbt fprid^t
bon bem „®ift ber SSorgia", beffen SBirfung auf beftimmte lernrinc
berechnet n>erben lonute*). Unb ber gutoerlöfftge pdpftlid^e ©efd^id^t^
fdfirclber Dnofrlo ^ßanbini »eig allein Don t)ler Vergifteten Sar«
binälen ju berld^ten (Drfini, gerrari, 9Rtd&tel unb fogar ein SSer^
tt)anbter ber Sorgia, ®iot)anni Sorgla), bie auf Slecl^nung 8Qeyanber§ VI.
unb fcined ©ol^neö Ecfare fommcn'). — ®a8 Soll »or in Jftom
mit ben fietdienf^mptomen nad^ folc^er SSergiftung, auc^ tt^enn bad
©iedf|tum ftt^ längere 3^1* ^injog, boHftänbig Vertraut
570) Säerüd^tigter unb gefäl^rlid^er nod^ tt^ar bad aqua tofana,
beffen ©rfmbung bem ©nbe be« 17. Sa^r^unbertS angel^ört (£« ift
nad^ Santo Domingo eine »affer^clle, abfolut gefc^madt unb genu^^
freie Slüffigfeit, bie in SBeapel juerft ^ergcfteHt mürbe, unb nat^ ber
auäfage cineS SBeopoIitanifd^en Slrjte« ffant^aribln unb Dpium, nad^
GJarelli, ber bie fitiminat?ßten ber 1720 in S«eapel l^ingerid^teten
©iftmifd^erin SEofana fannte, ate ^auptbeftoubteil ärfenige Säure
enthalten l^aben fott. ®8 mar fein plöftUd^ mirfenbeS ®ift, iuie
unfere mobemcn toyifc^cn Äßaloibe, fonbem mugte lange, oft SBod^en
') ©c^toffer'« 3»eltgef(^i(^te, Scipjtg 1874. 93b. IX. p. 110—112. —
„3)ie ®iftmifc^eret tuarb bamalS fo audgebe^nt unb n)iffen{(^aftU(^ in Stauen
betrieben, bai 92iemanb, beffen %ob trgenb einem fc^Iec^ten SJienfc^en nü^
lonntc, feine« ficbenS rcd^t fielet war." — »urcl^orbt, 3-, Cultur ber
IRenaiffance. ßcipaig 1877. »b. I. p. 109.
•) ©urcf^arbt, o. a. O. 93b. II. p. 223.
*) Panvinius, Epitome Pontificum Bomanorum. Venet. 1567.
p. 359.
— 271 —
fortgegeBen merben, ma9 bei feiner Sd^madloftgleit leicht getpagt
toerben fonnte. 9Reift tourbe ed in gfrüd^te inftiHirt, mie in geigen,
beten intenftüer, reid^mürjiger ©efd^mad aUetbingd aud^ fd^medenbe
Stoffe »ie Dpiiun jujubeien im ©tanbe tt>ar^). 3Kit biefer feinet
SieBIingdftud^t foQ g^anganelli, a\S $apft ISIemend XIV., bet
butd^ S(uf^eBung bed S^uiten^^Dtbend ftc^ jal^Iteid^e unb tüdtfid^tö«
lofe Seinbe gemad^t ^atte, nac^ üBeteinfHmmenben Setic^ten, unb
nad^ feinet eigenen SfuiSfage auf bem ^anfenloget, Detgiftet motben
fein. (£t ftatb nad^ 6 monatlid^em Dal^infted^en in boDftfinbigem
äRatoiSmud. ^aate unb SRägel fielen bei bet Seiche ai; fogat bie
©liebet foQen ftd^ gelöft §aben. 2)ad ®eftd^t mu^te bei bet Slui^
fteltung öetbedt »etben*).
571) Sn einet fo giftgeübten ®tabt mie Stom l^atte natütlid^
^ebet in geffi^tlid^et mie qrponittet Stellung füt fein Seben }u
forgen. Unb fo üetgifteten benn nid^t nut ^äpfte, fonbetn mutben
auif betgiftet; nad^ bet ©d^ä^ung ^öniget'd oDetn 21*). @8
tarn eben batauf an, n>et juetft lam; met }uetft t)on bem 9(nf daläge
ted ®egnet8 etfu^t, unb bann ben ©pieg umbtel^te, mie in bem
grad beiS ^atbinal ^abtian.
572) (£iS etfd^eint ftaglid^, oi Stai\tt ^eintid^ Vn., bet
toegen feinet 3^0^ ^^ fflzapel t)om $apft mit bem 99annf{ud^ b&s
legt mat unb in 99uon^Sont)ento, mo et fc^on ftani t)on einem
ICominilanet^säRönd^ bad abenbma^I etl^alten l^atte, ftatb, butd^ eine
^oftie, mie man bamald unb fpfitet glaubte, Detgiftet metben tonnte,
— bie Xeutfd^en ftütiten nad^ bem Sloftet unb ftac^en bie äRönd^e
ntebet. — (Enthebet mujs bamald bad ,93tobS ba9 man beim
Sommunisiten teid^te, gtöget gen>efen fein, atö bie heutige Cblate,
t)ie fnapp im ©tanbe m&te, bie nötige to^f(^e ®abe unfetet ie^igen
ftätfften Klloloibe aufjunel^men. £)bet bet ^aifet mugte am ©efd^mad
unb bet fofottigen SSitfung ben 93etgiftung8«S3etfud^ metfen, n>omit
^) Santo-Domlngo, Tablette» Napolitaines. 2. ^t. Bruxellee 1829.
p^ 93 95^
*) 3Beber, 3. (£., (Skfc^td^te bed ^opfttumd mh ber $äpfte. ©tuttgart
1843. »b. m. p. 263—267.
") ^aniger, 92., ©piegel bcd 3Be(tl{(^en 9idmif(^en SSopftd. 0. O. 1586.
p. 556—559.
— 272 —
aUerbingd ftimmt, bag xf)m fein 3(r)t riet burd^ ein Srec^mittel ftd^
t>on bei ^oftte toieber ju befreien, moju ober ber If aifer ju front n^ar ^).
598) „X)rei S)inge — fagt ^utten — braud^ man nic^t
nod^ 9iom jn bringen: Slttertfimer, jcrftörtc aRancm unb — ®iff%
574) aSon ben ®ift^rei(^enben $äpften ^ot ft(^ bad franjöftfc^e
©prüc^mort erl^alten: »Qui mange du Pape mort«: ,,9S3er tiom
$apft ifet, ftirbt." —
575) @ine anbere 3^törung, bie ftd^ t)om erften SRoment
i^rer Srfc^einnng an an bie ^^erfe ber $äpfte unb ^orbinftle l^eftete,
ift bie @ifi(ig. SSartl^olomäuiS äRontagna, ^rofeffor ju $abua,
einer ber erften @(^riftfteller über bie Suftfeuc^e, mürbe juerft burd^
bie SSerbreitung biefer ^anl^eit unter ber l^dd^ften ®eiftlid^teit
StaUeni^ jur SCBfaffung feiner Schrift veranlagt. S)ie ^anfl^eit
l^atte bamald einen fel^r l^eftigen, jerflörenben S^aralter; unb ents
fe^Iid^ ift bie 93efd^reibung bed SeibenS, bie er t>on einzelnen Seifte
li^en giebt.»)
576) ^inctor, fleibarjt Sßeyanber'g VI., befd^reibt bie lang^
mierige Teilung ber Suftfeud^e iei biefem $apft unb lontmt babei
auf bie 9(uiSfd^meifungen beiS ganjen pöpftlid^en ^ofed ju fpred^en.
S)er Sarbinalbifd^of t)on ©egoria, ber atö Magister domus sacrii Palatii
bicäufftd^t über bieSSorbcHc in 9tom führte, ftarb an ber ©ranf^eit*)
577) Safpar lorclla, ein anberer Seibarjt älcjanber'öVL^
unb ^arbinal, giebt beut ^apfte unb beut gefantntten päpfttid^en ^of
bie für bie bamaligen ©itten unb mebijinifc^en ^(nfd^auungen be«
jeid^nenbe SSorfd^rift: un^üd^tige ^anblungen nid^t SRorgenS nad^
ber 3Keffe, fonbem 9?a(^mittag8 nad^ gefc^el^encr SJerbauung, unb
^) ©rcaoroüiuS, ®cf(^i(^te ber ©tabt 9lom. Stuttgart 1893. 93b. VI.
p. 87. — ©eber, 3. (J., a)aÄ ^opfttum. »b. 11. p. 173.
•) @efprä(6«bü(^Ietn ^er Ulrichs »on ^utten. ©Triften, SBb. IV. p. 177.
^ Baiiholomaei Montagnanae de Morbo Galileo ÖonBilium [ca. 1497].
3)ie Sd^rtft ift für ben ^arbinalbifc^of ^acocj^ gef (^rieben, ber an beut
Seiben ertranft tuar: »Molestatur enim lUustrifisimus dominus dispositione,
quae dicitur morbus Gallicus . . . .« — a)er berühmte Wc^t raufe bem
ftirt^enfürften au(^ »orf(^riftcn über bie äutäfRgfeit bc8 fcpicHcn 93crtc^r»
geben: »Coitus vero sit temperatus, et ineunaus celebrata jam prima et
secunda digestione . . . .« ©ie^e Aphrodisiacus, sive de Lue Venerea»
ab Aloysio Luisino. Lugd. 1728. t. EL. p. 958—966.
^) Pinctor, P., de morbo foedo et occulto bis temporibus affligente.
Bomae 1500.
— 273 -
yx nid^t mit fufpelteit äSeibem üorjune^men: »uteretur saltem cum
muliere non infecta et hoc digestione oompleta.«^)
57S) S3on 3uUu8 11. fagt fem Setbar}!: »Nam pudet diceie,
nullam corporis partem non conspurcatam notis prodigiosae et abo-
minandae libidinis«; „Sine ©d^anbe ift t& ju fagen, ba^ lein S^eil
feineiS ßörperd ntd^t mit ben 3^^^^ ^^ ungel^euerlid^en unb fd^eul«
Bd^en SBottuft Bebccft gewefcn märe."')
579) Sr lonnte am S^arfreitag, toie fein ß^^^nionienmeifter
®rQffi8 mitteilt, 9Hemanb {um üMic^en Sugfug julaffen, meil fein
Su| burd^ @ifUid faft jerftört mar: „quia totus erat ex morbo
gallico ulcerosus.«')
580) Unb Seo'd X. «iaffl \oU, mie Sa^Ie etifi^It, baburc^
Befd^Ieunigt morben fein, ha^ feine gangrfinöfen SBunben, „bie er
fic^ in ben kämpfen ber SSenuiS geholt", einen fo^en peftileniialifd^en
^) Pendler, O^eft^tc^te ber fiuftfeuc^e, bie ju @nbe bed 15. Sa^r^mtbertd
in (Stnropa oui^brac^. )lItona 1873. p. 35. — 3)er Spott blieb nic^t an^:
S)ie Sitzte fürchteten, ber gan^e f^tmmel mö(!^te burc^ btefe Q^etftlic^en Der«
giftet mtb üerpeftet »erben; loobei ber ecl^t^fatolifc^e ®ebanle ^u G^runb kg:
bie Q^etftlid^en, atö ,^eilige', atö dii, Mmen o^ne^in unb mttfantt i^rer
@iftUd in ben ^immel; roä^renb bie fiaien, auc^ o^ne Sifilid, nur bur4
bie $ro^ur ber 9(6foIu}ion unb Sf^emiffton ber @ilnbenftrafen ^ineingelangen.
— O^ne ®pab bagegen üerlangte ber äRebifud fBenbeltn ^od üom f^erjog
üon fBilrtemberg ^ro^ibitiD^^äRaftregeln gegen bie inft^irten ^eiftlic^en. Denn
bü biefe mitfammt i^rem 5^euf4^eitdgeläbbe DoQftänbige J^onfubinatd^grei^eit
Don @ette ber J^irc^e gendffen, fei bei bem menig toä^Ierifc^en (S^arafter
biejer ^erm ®efa^r Dor^anben, baft bad gan^e fianb angeftecft merbe.
[Wendelini Hock, de Morbo Gallioo opus [1514]. @ie^e Luisini, Aphro-
disiacus. Lugd. 1728. p. 310]. 0^9 muft atö ein genialer ^nftinft biefed
toürtembergifc^en, wie anberer ^i^te, bejeicl^net merben, bag, obmo^I man
bamatö ntt^t entfernt über bad fBefen ber Ihanf^eit im klaren mar, unb
fie teiU einer J^onftellajion üon Jupiter, 9Rar« unb SRerfur -- an bie Senuft
backten fte nic^t — teitö ben Weckten @fiften ber fieber ^ufc^rieb, [it bei bem
bormiegenben d^rafftreu beft Seibend unter ber ®eiftli(^leit — ed ^ieft au(^
morbus cnrialis — fofort an bie f>auptbef(!^äftigmtg ber ®eiftli(^en, an bie
SBefriebigung ber libido, bat^ten, unb an bie d^enitalien langten, unb ^ier
ben ri^tigen d^riff taten. —
*) feiner, Die (j^infü^rung ber er^tmmgenen d^eloftgleit. 9((tenburg
1845. »b. m. p. 781.
") Seber, 3. ü,, Da« ^apftt^um. 9b. II. p. 338.
pAfilsSAr Cratf^ midifl. 18
— 274 —
®eru(l^ tm SonftaDe verbreiteten, bag bie ftarbüi&Ie fu^ beeilten bie
SBa^I ju boDjiel^en, um fo mel^r, att bie är}te il^nen fagten, Seo
lönne nid^t mel^r lange leben, unb ei^ merbe alfo balb mieber ^ap^U
»al^I fein.^)
581) ,,^enn jebermann ij^t fe^en mag,
Sl^r gräulich 2:^un, unb ift am Xag
S^r ©eftanf unb grianaoftfc^er fidb
a^^tt welchem [xt grog @d^all^eit treib,
SBetI man i^r' ©räuel noc^ nid^t fe^en
ßonnt', nun man aber t^ut'd audf))ä^en,
2)a6 pc fo gtöultd^ ift toertmtnbt
3m Sleufetöleben gan^ ungefunb ...."')
582) SBo ber ©c^aben ift, ba fteUt ftd^ aud^ ber ©pott ein:
Sud ber 3^^ ber Epbtolae virorum obscurorum ftammt ein fati«
rifd^eS franjöfif^ed ®ebi^t, mel^ei^ einem ^o^en ®eiftli(i^en in ben
!Dhmb gelegt ift, beffen 97afe burc^ bie @ifUüS jerftört unb balb
abgenommen merben foD. Sr f)äü eine ergreifenbe Sbtfprad^e an
biefe 9{afe, nennt fie föarbinal, Spiegel aDer ®elel^rfandeit, bie ft^
tiiemaliS auf ^örefteen eingelaffen l^abe, ma^red Sunbament ber ^rd^e,
toert, lanoniftrt ju werben, unb l^offt, ftc merbe im fpätcren Beben
ito(^ atömifc^er 5ßapft »erben.*)
^) »Rien ne contribua davantage ä P^leyer ä la Papaut^ que les
blesBures qu'il avait re^ues dana les combats y^n^riens.« Bayle, Diction-
naire bist, et crit. 4 ^me ^t. ä Leide. 1730. t. LH. p. 81.
•) griicgenbc« SBtatt über baä gnterim [eine «rt SRcligionÄ^Äompromift
^toifd^en $roteftanten unb ^atoUten]. 3- $oigt, Über ^adquiUe unb (BpotU
lieber, a. a. O. p. 460.
') »Messire Pierre estonne
De voir son nez boutonn^
Prest ä tomber par fortune
De la v4role importune,
De grand col^re qu'il eut,
Print Bongrand verrfe et y beut,
Puis d'une musique yvrongne,
CoQtoumant sa rouge trongne,
Acoud^ dessus sa table,
Bota ce cry lamentable:
Ha pauvre nez tu t'en yas,
Et je demeure icy bas !
— 275 —
58S) XMde, bie nad^ 9tom jogen, um fid^ Vbla^ unb Sfinbeas
tergeBung ju ^olen, lamen mit ber ©iftliS {urud:
^ir ^abt fo lang getragen ^in
Dil gelt unb gut auft 2;eütf(^en lanb,
^etttiber bracht aK lafler f(^anb,
bie ^uet^elen mir ni(!^t ilaapt.*' ^)
584) S)ie Xeutfd^en nannten bQ& neue, epibemtfd^ um ftc^
greifenbe Selben „franjöfifd^c ftranl^eit" ober ^blc granjofen", unb
Smelfellod l^at bie Übertragung aud^ bon franjöftfc^en Seite auS
ftottgefunben; bod^ früher fd^eint biefelBe Don Stoßen ^er burd^ bie
geiftlid^en ®efd^&ftdreifenben erfolgt ju fein:
„unb ^aben bracht in unfer lanbt,
bad Dor ben Xeütfd^en unbefannbt,
bo ^abentd und beflecfet mit.
Nez n^ seulement pour boire,
Nez mon honneur, et ma gloire
Las! te faut-il enterrer.
Et qu'eau benite te lave
Prise ailleurs que daos ma cavel
Nez Beul vrai nez beuvatif ,
Nez d'un teins alt^ratif,
H^las! au moins j'esp^roiB
Qu'avec moi tu *partiroiB,
Et qu'apr^ noetre vivant
Mourrions eosemble en beuvant
NeZy vrai nez de Cardinal,
Mes Heuree, mon Doctrinal,
Miroir de la Sorbonique,
Qui ne fua onc h^r^tique,
Vray suppoet de nostre Eglise,
Digne qu'on te canonise
Au moins j'auray ce confort,
Que seras apr^ ta mort
Le nez d'un autant preud' homme,
Que fuflt onc Pape de Rome.«
Ck>mplainte de Mesaire Pierre Läset sur le tr^pas de son feu nez. — Episto-
larum obecurorum virorum volumina omnia. Acceeserunt tractatus raris-
nmi. Francofurti 1757. tom. IL p. 261.
') ^utten, dlag unb ^ormanung gegen ben übermäßigen, und^nftlic&eu
bemalt bed Sapftd ^u 9lom 1520. 6d^dften. S3b. III. p. 512.
18*
— 276 —
3Bcr »ar ber crft, baqu je riet^,
bad man ein SRöntifc^ »e^f; annänt?
J)e wer \^ fag, je mtx tc^ fd^äm."*)
585) X)er itaßenifc^e Z)id^ter unb Strjt gracaftoro, ber
unter Seo X. lebte, tuibmete fein gro|ei^ lateinifc^eS ®ebid^t:
»Syphilis, sive de morbo GaUico«*) bem @elretfir biefcS ^opfted,
Sarbinal 99emBo. SBtr erfal^ren auiS bemfelBen, ba^ man bamotö
fd^on ben ®e6raud^ bed CuecffilierS lannte, beffen l^eilenbe SBivfung
gracaftoro bei feinen l^ol^en SBürbentrfigem nid^t genug ju fd^ä^en
tpeig. Stacaftero mugte fpöter fogar bie ^ol^en getfttic^en ^emt
auf ba8 ßonjü nac^ Xrtent begleiten. *)
586) auf biefe SenjUien lamen bie ^fipfte unb Sarbinäle
mit ganjen Sc^aaren bon ^uren unb ßnaben. 9(uf bem fionftan^er
SonjÜ (1414 — 1418) „iDorenb offen gemein grouwen burd^ bie
ganj ftatt l^inioeg, in gratoenl^äufem, Stätten unb SBinleln ob
fieben ^unbert (on b^e ^e^mlid^en)."*) — ©in anbetet Sl^tonift
}ä^It im @anjen fünfje^n ^unbett, unb melbet, ha% eine biefer
»Stauen* pd^ 800 ®oIbguIben auf biefem Äoujit öetbient l^abe;*)
(nad^ heutigem ®eIbtoett ca. 3Rart 60,000; ba§ SonjU bauette
5 3ö^te). — Unb ouf ba« Itibentiner Sonjil lam eine römift^c
fiuttifane mit einem befolge bon 30 ^etfonen.*^)
587) Jf^ ^^t man nuioe mere in bem lanbe vernommen,
ftt bad condlium gon d^onftenj ift tomen;
bie bimen ftnt gemelic^
unb ftnt auc^ morben macfer unb ric^.
*) Slag unb ^onnanung. p. 484. 3)ie ©teQe lä^t ft(^ aut^ auf bad
Umftc^greifen ber ^ftberaftie bejie^en.
') S)ie Se^it^nung Gallico ift bun^au« irrefil^renb, benn bie f^ram
jofen polten ^4 betanntltc^ felbft erft bie Ihranl^ett unter JTarl Vin. bei
ber SBelogerung 92eapetö 1498.
*) Boecoe, W., The life and Pontificate of Leo the tenth. 2. ^t.
Heidelberg 1828. toI. n. p. 472—478.
*) ^>t% großen gemeinen (EonciliumS, ju (][onftan§ gehalten, hn^e ^u
f^rcl^bung burd^ So^atm 8tumt»fen. o. £). 1541.
*) Von der Haaidt, Hist. Ck)nciL t. V. p. 25.
*) @))iegel beS SBeItIi(^en SRdmifc^en eap\ii burc^ S^icolauS ^önigem.
1586. p. 407.
— 277 —
S)!e foe(f(!^en megbe bie fmt etnfeltig gemefen,
nu ^at man alfo bte lej^eit in ool gelefen,
bag fi bie tunfte tribent rtd^t;
fte tument eben Ferren unb tnec^t.
^ie fröntbe ]pxod^ ^at fic^ ^u und gemifc^et,
tiliä^ ^at ben tren bo ermifc^et.
S)ttfaten, nobeln unb frone
modent bie fwebfc^en bitnen üon ben geften (on.
Der bobft ift ju tütfc^en lanben tonten,
bod ^ant bie ^u^fc^en fromen mol uemomen,
nne ftc^ bie gefc^ic^t ergangen ^ant
ba« fd^affent alled bie furtifant,
totxait bie Pfenning ^abent fi in ber ^ant. —
2)ie ^ubf(^en froren ftnt erber morben,
bei& ^at min ^erre ber bifc^of umb ft gemorben.
„fint millomen, ^er furtefan!
moßent ir mir ein gulbin geben, mit ud^ toil ic^ flofen gan.''
%Benn ft bed obenbd uf ber gaffen (oufen,
fo fc^rigent bie tnaben
ben fpot muffent mir armen oon in ^an,
bad f(i^affent alled bie lurtefan,
oenne [i \>\l geltet ^an,
bar umbe mogent oir in nit bigeftan!"^)
588) 93on ber $äp{Hn Sf^^nna l^aben mir fc^on gefprod^en.
SlBer eine anbete meiblic^e f^mbolifc^e gigur l^aBen bie ©d^riftftetler
aUer Sftnber immer mieber }ur Sl^aralteriftrung beiS meiblic^en,
moQüftigen S^aralterd ber köpfte herangezogen: bie »Oab^Io«
nift^c ^urc* au« ber Offenbarung 3o^araii8: „Unb ber (Jngcl
fprac^: ^omm, td^ mtD X){r jetgen ba« Urteil ber großen ^ure,
bie ba auf fielen äBaffem fi^t; mit meCd^er ge^uret ^a(en bie ftdnige
auf (Erben, unb bie ba »o^nen auf Srben, trunlen gemorben finb
Hon bem SBeiit i^rer ^urerei. — Unb er brachte mid^ im ®eift in
bie SBüfte. Unb id) fa^e ba« äßetb ft^en auf einem rofmfarbenen
*) „W^ libelin toad gema^et ju C^often^, ba9 ^an icQ gemacht unb
tun f(^riben umb iunger (Ute miSen gu merten imb ba( oerfton, toai^ man
ft(!^ }u ben jiten in ber geiftlit^teit Dil böfed unfd^ampte« begangen ^at."
tber^ttvt SBinbede. 1415. — Siliencron, SR. \>., Die ^iftorif^en »oaditeber
ber Deutfc^en. iSeip^ig 1865. $b. I. p. 264.
— 278 —
Zkx, bah toax t>oti 9lamta ber Sfifterung. Unb bai^ SEBei6 toar
Belleibet mit Sd^arlac^ unb Kofinfarbe, unb üBergoIbet mit ®oIbe
unb (Sbelgefteinen unb perlen; unb l^a tte einen golbenen Sedier in
ber ^onb boE ®reuel unb Unfau6erleit i^rer ^urerel Unb an
il^rer @tim gefd^rieben ben fflamtn, bod ©el^eimnüS, bie gro|e S3aB^
Ion, bie SRutter ber ^urerei unb aQer ®reuel auf (Erben. Unb ic^
fa^e baS SBei6 trunlen bon bem SBIut ber ^eiligen unb bon htm
»lut ber 3eugen Scfu." — DffenBarung 17, 1 — 6.
589) 9{m lü^nften n)ol^I bon bem franjöftfc^en S^^eologeit
9licoIa8 be SlemangiiS in feiner ju 8(nfdng bed 15. ^a^rl^unberti^
faUenben @d^rift »de coimpto ecclesiae statu seu de niina ecdesiae«»
fHatfjIbtm er fHom mit einem ^urenl^nuS berglid^en fprid^t er beu
5ßapft (öenebict Xm.) fettft an: „SBag ^ältft S)u bon ber ^rofc:^
jeiung in ber Dffenbarung ^ol^annüS? ®Iaubft X)u, ba| felbe iit
irgenb einer SEBeife ft(^ auf SDid^ bejiel^e? Ober l^aft S)u mit ber
Semunft aud^ bie ®6)am berloren, bieS ^ujugeftel^en? Überlege boS
Sa)}itel bafelbfti Sied, toaS bort bon ber grogen ^ure fte^t, bie
auf ben bielen SBaffem ft^t, unb il^rer SBerbammung! Unb bamt
bergleid^e SDeine eigenen, fouberen ^anblungen! ...."*)
590) »f^<id ift nun offenbar am Sag,
2)a6 man fte au(^ red^t nennen mag
^ie arge SSab^Ionifc^e ^ure,
%on ber juDor gemetffagt toure
2)ur4 So^ann'd CD^rifti junger frumm
Unb mad man me^r in ber @umm
2)er @(^nft finb't Don bem SBiberc^rift,
3)affelb im ^a<)ftt^um gcfd^e^en Ift;"*)
591) S(m glän}enbften aber bon Petrarca in feinen be«
^) »Quid enim de tua prophetta Johannis in Apocalypei oenaes?
An illam saltem aliqua ex parte ad te pertinere putae? Non pudorem
ita cum sensu perdidisti, ut hoc neges? Ergo illam intuerel Lege
Meretiicis magnae damnationem sedentis super aquas multas: illioquae
tua praeclara facta contemplare.« De comipto Ecclesiae statu, c. 27.
Opp. ed. Lydii Lugd. 1613.
*) pegenbed fdlatt über bad Interim. — 3. $otgt. Über $a6quille
unb Sd^m^fc^rtften, a. a. D. p. 460.
— 279 —
rul^mtcn obrcffdofcn ©riefen, »Epistolae sine titulo«, an^ STöig*
non, too er bad Softerleben ber ^äpfte au^ nöd^fter 9?ä^e Beobod^ten
lonntc: „3)u bifi — fprld^t er im 20tcn »rief bcn ^apft oK
EoHectiö « I^puÄ an — jene, toic foH id^ fagen, berül^mte ober be*
rüd^ttgte ^ure, bie mit ben S'önigen bicfcr ©rbe Unjud^t getrieben,
eben jene, bie im ®eifte ber l^eiUge Söangelift fa^» eben jene bift
S)u, feine ?(nbere, bie auf ben großen SBoffem ftftt Srfenne
i^r ^abit: ein mit 5ßurpur gegürtetcö, öon ®oIb umglänjteg, mit
perlen unb (Sbelfteinen gefc^mücfted SBeib, in il^rer ^anb ben ®oIb«
polal DoQ ber ©d^anbe unb SSerad^tung il^rer Ungu^i"^)
593) S)ie geheime 3^^^ ^^ ^^^^ ^^^\^ $ure ftmboli«
firten «nttd^rift« ift ,fe^8^unbcrt unb fed^unbfed^jig': SBir ftnb
leine @tembeuter unb ©Qmboliften. äRag ber $apft opofal^ptifd^
ober bogmatifd^, poliiifd^ ober priapifd^ ju ®runbe gelten, —
menn er nur ffir Xeutf(^Ianb ju ®runbe gel^t. ©oDte fi^ aber
ber QoxneSbtä^ex biefed SSud^ed gerabe mit 666 Xl^efen unb @prfi(^en
füDen, fo moDen mir ni^t barmiber fein.
598) 9Bie fürc^terUd^ fprid^t ftd^ aber Petrarca erft in
anbcren ©riefen über bcn ^of in Slöignon aui^: „SBiffe — apo«
ftrofirt er ben 2efcr — bo§ au^ bie geber eincö Eicero bcn l^icftgen
Suftdnben nid^t gemac^fcn märe. SOIed, mad ^u über Stff^rien,
äg^pten, Sab^Ion gelefcn, toa^ S)u t>on bcn tHer Sab^rinten gel^ört,
bon ben ©d^redCen bcd $abed, t>on ben tartarifd^en SBftIbem unb
f(^mef[igen @ümfen ift gegen biefen Xartarud nur eine fd^mad^e
gabcL $ier ift ber tro^ige unb fd^rcdtlid^c SWmrob, l^icr bie
grauftgc @emiramid, l^icr ber gefürc^tetc SRinoiS, l^ier Stl^abamantuS,
l^ier ber StIeS t>crfd^Iingenbe (Scrberud, ^ier bie mit bem ©tier fid^
bermifd^enbc $afip^fte, unb ^ier ftnbeft 2)u bie jmiegefd^Iec^tige unb
^) ^Ta ee famoea dicam an infamis meretriX) fornicata cum Begi-
bus terrae, illa eqoidem ipea ee, quam in spiritu Baoer vidit Evangelistai
illa eadem inquam es, non alia, sedens super aquas multas . . . Beoog-
nosce habitum, mulier circumdata purpura et ooccina et inaurata aoro
et lapide pretioso et margaritis, habens poculum anreum in manu sua
plenum abominatione et unmunditia fomicationis ejus « Ubro-
run Frandsd Petrarchae Basüeae [1405] impreseorum Epistolae sine
titulo. Epist. XX.
— 280 —
kuie aRtnotauntiS tiert^ierte aRenfd^eiuStafTe, bie ^obulte einer ^^ta^
lid^en ©efd^Ied^töma^I." ')
594) „9?ur eine »ething ift l^icr gegen oII bie ©efo^ren:
®oIb. 2)urd^ ®oIb mirb ^ier ber milbe Sdnig Befdnftigt; burc^
®oIb bod unmenf^Iid^e ©d^eugal beftegt; mit ®oIb flid^t Sht 3)ir
bie &ti%tl jur Sänbigung biefer milben Spiere; mit ®oVb barfft
S)u bie fürd^terlid^e ©d^meKe überf (freiten; mit @^oIb fprengft Shi
l^ier a:i^üren unb gclfen; ®oIb Bcffinftigt bie grimmigen I^ür^üter;
gegen ®oIb mirb l^ier ber ^immel aufget^an; unb gegen &oi!6 —
»a« »ittft Du me^r? — er^filtft 3)u and) ©^riftu»!**)
595) »9iau6, 9?otiuc^t (E^ebru^, boS fmb bie SBefc^fiftigungen
pontiftfaler SoiSgü)ität; bie Seemänner, bamit fie nic^t mutffen fönnen,
auger Sonbed gebrod^t, i^re SBeiber gefd^ftnbet, gef(^n)fingert, ben
9Rännem bann jurüctgegeben, nad^ ber 92ieberfunft t>on i^nen mieber
abgeliefert, um auf's %eue ben r^nnlic^en S)urft ber Stellvertreter
e^rifti ju löf(^en."»)
596) ^(£in @trom fd^mu^igfter Sitfte, ia% ^ereinbred^n uner«
l^örter bon SBeibem (^nfpielung auf bie $äpfte) in ©jene gefegter
SSerbred^en unb ber ftinfenbe 3ufantmenbruc^ aQer ©d^aml^aftigleit,
bad ift, furj gefagt, baiS toa^xt Silb bei» l^ieftgen SebenS" fd^reibt
5ßetrarca im 13ten »rief unb fd^Üeftt i^n mit ben tötlid^en
Sorten: „3d^ fefee bem ©rief toeber Drt, Datum no^ Unterft^rift
bei: 3)u mu§t luiffen, mo id^ bin."*)
597) ,,^fime l^eute ^ubaiS ^iel^er mit feinem ©ünbenlo^ t>on
breigig ©Überlingen; er n)firbe aufgenommen, unb ol^ne einen
fetter im ©ad bie ©^»ette S^rifti öerlaffen-" *)
598) ©0 fang ber fanfte ©änger ber »©onetten an Saura^
-— Die latolifc^e ^rd^e fagt immer, man muffe fte att (i^anjeS
nel^men; nic^t ein Dogma gtauben, unb ha^ anbere jurüctoeifen. —
^) »Scito, non modo hnnc, sed ne Ciceronianum quidem cftlft-
mum . . . .« etc. 9(. a. O. Epistola X.
*) »Una salutifl spes, in auro . . . .« etc. K. a. O. E^t. XII.
*) »stupra, raptufl, inoestus . . . .« etc. K. a. O. Epiat. XX.
*) »obBooenissimanim voluptatum fiuctus . . . .« etc. EpLst. XIII.
*) »Si Judas triginta illos suoe argenteoe . . . .« etc. Epiatol. XX.
— 281 —
Sinberftanben ! 3(u(^ mir tootlen bie römifc^^^latolifd^e ^rc^e als
(Sanjed nehmen. SSenn aber ^eute bie teutfd^en fiatolifen auf i^ren
93erfammlungen fingen:
„3)en ®nt6 lagt erft^aHen
3um emigen fftom,
3um f^ecjcn, bad unft aQen
®(^tögt in @anct $etet6 ^om
ßeo, fieo, . . . ." u. f. m.*)
fo Bejmeifeln mir, ob fte bie gange ®efc^id^te ber ^fipfte lennen.
599) ^^ fürften, ntertet nttc^ gar fc^on,
ba^in toerb S^r'« ntt bringen,
bag Xihf(!^elanb »erb unbert^on,
bent bapft pn Heb fingen;
bad gf^ic^t ntt mer, tein bapft noc^ ^err
ben tag Wirt ntt erleben,
bab Xütff^elanb htm Quä^ in b'^anb
unb untb ben bapft »erb geben."*)
^) Sfeftlieber gur gfeier ht^ Subiläumi» unfere« ^eiligen SaterS. ^onU
fa5iui»'2)ru(feret. $aberbom 1888.
*) fiiliencron, SR. t>., 2)ie (tftorifc^en Solti^üeber ber ^eutfc^en. fieipjig
1869. »b. IV. p. 327.
,9Ko(i)t ^cionb ^ft btnitn, 14 feflgett
liemil W( Sufl, mit tc fpBttiJ^tn, »«=
brieflichen, ftac^Ilt^ Xlortm an bcn
$a;)ft. O, ficri Qkott, bnt $a^ft ju
f)iott(n, bin id) ummfiglit^ ju genngt.
I£i tiot nu wo^l übt! {ei^e ^unbtrt
Sa^it bjt SSdt gcfpotttt, unb jbrem
Serbcrbcn an Stlb unb SetI, @ut unb
e^n, in btt Sauft gtlac^t; ^Bret aui^
nli^l auf, lann aui^ nidit auf^Bien."
Suis«.
600) ^tr ladien ^eute ütiei ben Xalai^Samo. Unb boi^
toai unb t^ ei eine ber gefütd|tetften ^erfßnlid^Ieiten; fpflai ®oü;
unb tro^ent loi^en toir übet i^n; unb wenn mir eine in itgenb
einem ffirei|e einpufereii^e Sßerfönßc^tdt, We, gef^rooffen unb auffle»
blafen bon eingebilbeter SBttrbe, i^ fjunljiimen mit gottfi^nlid|en
KDfiten auSflben fe^en, [0 [agen mir: et {t^t auf feinem ©effet ober
auf feinem $räfibentenftu!|f mie dn ^alaiESamo. — Unb maium
ladien nrfr üBec ben Dalnl^Sama? — Seil er ini8 fo imenbltdi enfc
femt i^, geograp^ifi^ nie bilbfli^, unb meil er unS gar nii^tS meEjr
angebt
«Ol) ©et niot 3)aIai=Sama? — ,33ic ^eflet in libet.
In .'plntet'Kften , ^ei|en SamaS, unb finb jugtrii^ genitfferma|en
(^i^ltcr, ®te rmb für baS SJoR ber ®runb bet C^ften) (nidit in
7tim\, in Xibet), bie OueOc be6 $eitS, bie ©ubßanj beS gei^gen
ücbcn«. ^ie 3RifgIieber bet ?rlefter|[^aft finb fe(|r jo^Irei^; faft
axA )ebcr gamilie roiib einet ber ©B^ne ein Sama. ^oupt*
J
— 283 —
bcfti^äftlgunö bcr 5ßricftcr ift «cttad^tung, SRcbitation, (Scbct, Um*
gang unb Slffttnilation mit bem (Söttltd^en. Z)a^er leben fte jurücf«
gejogen t>on ber SSelt, o^ne Xeilno^me an ben meltltd^ materiellen
©efc^äftigimgen (in übet, nid^t In I^rol), größten teil« in filöftern,
mä§ig, cntl^altfom (ober foH e8 feigen: mäßig ent^altfam), e^clo«.
S)a aber bie ganje Seitung be« SSoIIed, ou(^ bie potitifd^e, in i^rer
$anb liegt (in Xibet, nid^t in SSa^em), fo l^aben fie {tc^ aud^ pofitit)
geiftig ju befd^öftigen. (Unerl^ört!). 3<^>^c Hauptarbeit ift bie geiftige
SBilbung bed ^ollt»\ Qnterri^t unb (^ie^ung, (mir ftnb in Sibet)
mithin oud^ (!!) ?ßpege bcr SBiffenfd^afi — 5)a6 fie ^ierard^ifc^ ge*
orbnet feien, öerftel^t fi(^ bon felbft. 8ln ber ©pi^c fie^t bcr ©roß*
lama, ober 2)aIai*Sama, ber im füblid^en Zibct reftbirt unb
^errfd^i Sinjcine ber l^dd^ftgcftcKten SamaS l^abcn ftd^ ^on biefem
mcl^r ober meniger unabhängig gemad^t 9ber auc^ nod^ l^eutigen
Zagd gilt bod^ im ®runbe ber 2)aIai*Sama ald ber abfolut
l^dc^ftc ®r empfängt felbft burd^ ben (römifd^beutfd^en? nein, bem
tibetanif^en) ^ifer göttlid^e SSere^rung. Der ^ifer Iniet Dor il^m,
n)fi]^renb er ft(^ nic^t erl^ebt, fonbem fi^enb bie ^anb auf beS
Saifer« ^aupt legt, um il^^ )u fegnen. 9Rit göttlid^er SSere^rung
ift e« überhaupt, baß bem S)aIai*Sama begegnet koirb; ba^er nie
Semanb au« bem 93oII il^n ju feigen belommt. SBa« l^iermit au«*
gefprod^en ift, nftmlid^ baß er ®ott fei, ift bud^ftäblid^ ju nel^men.
(Sein fiatolil faßt e« anber« auf.) Sr ift ber incamirte, al« aRenfd^
cyipente ®oti (®cnau fo l^abcn Veuillot unb ber Sifd^of SKermittob
$iu« IX. bejeid^net). @ttrbt er, fo ift e« nur, um al«balb in einem
anbem 9Xenfd^en mieber ju erfd^einen. (®enau xoit in Xibet). Da*
l^er beftimmt in ber Siegel er felbft, hirj t>ox bem Xobe, feinen
9{a(^f olger. Sie Sama« l^aben bann biefen neuen 2)aIai*Sama ju
erlennen. 9Hd^t feiten ift e« ein ^nb." (Senebict IX. beftieg
a» .10 iöl^riger, ^o^ann Xn. al« 18 ifil^riger ^unge, ben päpftlid^en
©tu^I). —
602) Äann man eine löftlid^ere ?ßarobie lefen? — Da«
gan}e, außerl^alb ber ßlammem äRitgeteilte ftammt au« bem tato*
lifc^en fi{r(^en*SqriIon bon SBe^er unb SBelte, Sreiburg 1851, unter
bem Krtttel ,Sama{«mu«'. (£« fel^It nur no^ ber Qn^a^^i baß bie
— 284 —
2ama^, bte geiotff ermaßen bie Götter ftnbS unb bte ,e^eIod< finb,
mit ben Xibetanerinnen reic^Iid^e Rmbtx jeugen, too^u beren Orüber
unb SSftter merftoürbige Qugen mod^en, ei^ ober fc^Ueglic^ eutfe^en,
ha jene „getoiff ermaßen bie @ötter fuib'', — unb bie tibetanif(^e
nnb römifd^fototifc^e ^ierard^ie lömtte o^ne SRerfend, linier ^nb
redetet $anb, bertoufd^t merben. — ^d) fagte oben: SBir lachen
über X)aIaisSama. Sc^ fage n^eiter: 9Bir bürfen aud^ über ben
italienifd^en "^alaUZama lad^en, ^bem mit gdtüid^er SSere^rung
Begegnet »irb", ben „incomirtcn oK SRcnfc^ eyipcnten ®ott"; unb
menn Zeutfd^Ianb ntd^t Zibetanif^ merben »iU (ober S^ineftf^, xooA
bi(^t baneben liegt) \o f^ai e& bie ftttlic^e $fli^t, über ben römifc^en
Salais^Sama }u lod^en.
608) Unb marum bürfen mir über ben päpftßc^en ^laU
Santa lad^en?! ©eit S^tnocenj HE. bel^aupten bie $äpfte, ber
Qnterfd^ieb jmifc^en ^apft unb ^aifer fei mie ber jtmf(^en @onne
unb äRonb, unb mie biefer t)on ber @onne fein Sid^t erl^alte, fo ber
Saifer feine Autorität unb S^ftenj^Stec^t t)om $apft: nffieigt 3)u
nid^t, — fc^reibt Snnocenj an ben Äaifer — ba|, »ic ®ott jmei
groge Sid^ter am gfirmament gefegt l^at, ein grogeiS unb ein Deinem,
bie @onne unb ben SRonb, fo l^at er auc^ am girmament ber fiir^e
}mei Siebter gef^affen ober }mei SBürben eingefe^t, bie p&pfttic^e
Autorität unb bie löniglid^e ^Ra^t; bie erftere aber, meiere bte
geiftige ift (spiritualis) ift bie l^öl^ere; bie anbere, bie irbt{(^e
(camalis), bie geringere. @o gro§ mm ber Unterfd^eb jmif^en
©onne tlhb aRonb, fo ber Slbftanb jmifc^en ^apft unb ftaifer"^).
604) (Eine ©loffe jum Jus canoniGum l^atte aufgerechnet,
ba| ber $upft 47 mal, eine anbere, ba§ er 7744 mal grd|er fei,
^) »Noeee debuerafl, quod fedt Deiu duo magna luminaria in firma-
mento Coeli, et Ituninare majiu, ut pimeMset dl«, et laminare minua, ut
praeeeset nocti: utnunque magnnin aed alteram majua. Ad finnamentum
igitur ooeli, hoc est, univeraaÜB Eoclesiae, fedt Dens duo magna luminaria,
id est, duas instituit dignitates, quae sunt Pontüicalis anctoritas, et Bega-
lis Potestas. Sed illa quae praeest diebus, id est spiritualis, major est;
quae vero camalis, minor: ut quanta est inter Solem et Limam, tanta
inter Pontificem et Beges differentia cognoscatur.c Jus Canonicum,
üb. I. Decr. Tit. 3H. cap. 6. de Majoritate et obedientia.
— 285 —
atö bcr Soifcr^). Sutl^cr fügt ^inju: „baS ipitt ein ?päpftlcin
ipctbcn, »cnn'g nu au8lDäd^ft')." — Der gute gnnocenj »ufetc
nid^t, ha% blc ©onnc 70 SWillioncn mol größer att bcr SRonb ift.
— 3)ürfcn »ir nld^t üBer ben römtfd^en ©alaisSama lad^cn?
605} (Einige anbere @d^e beS Jus canonicum tauten:
»Romanus Pontifex jura omnia in scrinio pectoris sui censetur
habere.«*): 5)er römifd^e ?ßapfi ^ot otte SRed^tc in feinem ißruftfoften
t)erf(!^loffen.'' — »Papa habet supremam potestatem pro bono statu
Ecclesiae judicandi et disponendi de bonis temporalibus omnium
Christianorum«*). — ^S)er ^ap^ l^ot bie SWad^t, über bie jeitlid^cn
®üter aHcr S^riften ju fünften ber ^rd^e ju öerfiigen." — »Omni
humanae creaturae est necessarium ad salutem, subesse Papae«*).
„StQer menfd^Iid^en ^eatur ift ed ju i^rem ©eeten^eil notmenbig,
ft^ bem $(M)ft unterjuorbnen." — »Papa habet plenariam disposi-
tionem super Beneficüs totius mundi«*). — „2)er $apft f)ai unBe«
fe^ränfteS SSerftigimgörec^t über bie Senefijien ber ganjcn (Erbe." —
»Papa omnem suam potestatem, sive jurisdictionem, recipit ab ibso-
met Deo, neque in tems Superiorem recognoscit« '). — Der ?ßapft
er^filt oOe feine 9Rad^t unb ^uridbifgion bon &oit felBft unb erlennt
auf ®rben leinen ^ö^eren über ftd^." — Dürfen »ir nid^t über ben
römifd^en Dalai^Sama lachen?
•06) (Eine bittere Sad^e in feiner «rt fd^Iug fd^on bor 300
Salären ein Xeutfc^er, Stgrippa bon SietteiSl^eim, über biefeiS
päpftlid^e ®efe^buc^ auf: „(Eine faubere ttrbeit, bie bie gformeln ber
^abfud^t unb bed Staubig mit bem ©lorienfd^ein ber gfrömmigfeit
umgibt, bon ®otteiS SBort fo gut mie Ütid^tS enthält; ein unentmirrs^
Barer gorbifd^er ^oten bon gfalfd^^eit unb 2:ücfe, ber bie großen
*) SBeber, 3. (l., S)a« fopfttum. Stuttgart 1834. 8b. I. p. 399.
*) fiut^er, Siber bai» fopfttum ^u 9bm. @ämmtlt(^e ®d^rtften.
eb. I. p. 152.
") Jus Canonicum univerBum. Ed. Beiffenstuel Antverp. 1755. 1. 1.
Prooemium n. 213. p. 33.
*) Jus Canonicum, a. a. O. t. I. lib. I. Tit. 11. n. 57. p. 76.
•) «. a. O. t. I. Üb. I. dt. n. n. 281. p. 110.
•) «. a. €. t m. lib. in. tit V. n. 150. p. 88.
') «. a. €. t. L lib. I. tit 11. n. 55. p. 76.
— 286 —
3)ie5e laufen I5|t, bie Steinen fftngt, unb cax^ Sl^rifti Seigre eine un^^
ertrögtid^e Saft gemacht ^at^y
607) S)er römifd^e $apft fagt t>on ftd^: »Rex ego sum Be-
gum; lex est mea maxima l^;i]m«: „^i) 6in ber ßönig ber ftönige;
mein @)efe^ tft bad ^öc^fte auf (Srben." — Unb ber gurift SalbuS
fagte t)on i^m »Papa est supra Jus, contra Jus et extra Jus« —
„ber ^apS^ tft über bem @^efe^, gegen bad ®efe^ unb auger^alb bed
®efe^elS" ; — »Deus in terris« — „®ott auf (Erben'' ; »causa eau-
sarum et primae causae nulla causa« — „bie Qrfa^e aQer S)inge,
unb ber erften Urfac^e k)orauiSfe^ungdIofed S)afein'' *). — XiBetanif(^er
lann man fid^ nid^t mel^r audbrüdCen. äRe^r ^at 3)aIai::Sama t>on
fid^ faum bel^auptei
608) 3)en ©ottedbemeid ffir ben gjopft tritt ein anberer ®a^
bed Jus canonicum in folgenbem @inne an: ®ott lann bon äRenfd^en
nid^t gerid^tet merben; aud^ ber $a)}ft fann Don SRenfd^en nid^t ge^^
rid^tet merben; atfo ift ber ^opft ®ott.: »Satis evidenter ostenditur»
a saeculari potestate nee solvi prorsus nee ligaii Pontificem, cum
nee posse Deum ab hominibus judicaii manifestum sit«').
609) ^n @nglanb nennt man ^emanben, ber ftd^ felbft ju
(Sttoa^ gemad^t l^at: self-made-man; in biefem @inne Idnnen n)ir
ben römifd^en S)aIai£Sama self-made-god nennen.
610) „3ft benn baS nit ein überm&^ge ^od^fart, benamungr
ber föligfeit annemen, unb ftc^ ben aDerl^eUigften grüben laffen, ben,
ber nod^ im S'örper lebt?"*).
^) »Sacrosanctissimum videri poeset, tam ingeniöse avaritiae ac
raptus formulas pietatb specic adumbrat; paucissima ad religionem
spectantia, nonnulla yerbo Dei contraria — hie Proteus, Chamaeleon,
et GrordiuB nodus, reddidit Christi leye ac suave jugiun omnium gravissi-
mum. fist veniam corvis, vexat censora columbas'.« Agrippae ab
Netteshejm de Incertitudine et Vanitate Scientiaram. C!oloniae 1596.
cap. 93. de jure canonico.
») 2Bc6cr, 3. S., 3)a^ ^a^fttum. Stuttgart 1834. »b. I. p. 399.
^ Ck)rpu8 juris Canonici. Halae 1747. T. I. Gratiani Decretum
distinct. 96. — tiefer 18etoeid ge^t nad^ bem betannten luftigen ©d^ema:
Sodann ift !etn (Sfct; fein ©fei tft au(^ grit; alfo tft 3rri6 So^amt.
*) Vadiscufl, dialogus Hutteni. ^uttcn'8 ©(^riftcn. ob. IV. p. 183.
— 287 —
611) «uf bcm 5. Satcran-ftonjü 1512—1517 erhielt ßco X'
folgenbe Hnreben unb SSerel^nmgiSformeln: »papa prinoeps est et
rexc ^bcr ^ap% Surft unb ftötitg" (in bcr 3. ©t^uno); — »prin-
ceps totius mundi« „^err ber ganjen SSdt" (ebenba); — »respec'
tu8 vestrae divinae majestatig« ^bie ^od^ac^tung bor (Surer qbtU^
lid^en äRajeftfit" (in ber 9. ©ifrung); — »simillimus Deo, et qui a
populis adorari debet« ,,ber ®ott^&(nIic^{te, ben aUe 93511er anbeten
muffen- (3ten unb 10. ©ifcung)^).
613) »In summa, il sest usurpe toutte puyssance [quest
honible de dire] au ciel, et la terre, et es enferz, et lauctorite de
pouvoir Commander a touttes creaturee, de terre, du ciel, et des en-
ferz, de pouvoir despouiller le purgatoire de touttes les ames quQ
tient en sa prison. H menace les anges de les priver de la grace
de Dieu silz naoomplissent ses commandementz, les dyables de
multiplier leurz paines, lexemple de quoy nous montrerons en la
vie de pape Julie 11.; bref il se vente de donner et oster la grace
de Dieu a qui luy plaira, et touttes et quantes foys il luy plaira.
Et en somme se met en la place de Dieu come Daniel ha escrit et
Christ monstrß Matth. XXIV. II ha aussy prefere sa parolle a la
paroUe de Dieu, et ses commandementz aussy es siens, et sest faict
maystre sus la paroUe de Dieu, sarroguant la science de lenseigner,
exposer, transmuer, et en disposer a son appetit, combien que la
pluspart des papes nhaient este que des asnes et pour non aller
cercher gueres loin faut mettre en avant ce demier Pie IV que
Ion dict que ne scait pas son patemostre« *).
61S) Tregor VH. fprac^ am 7. äRfir} 1080 bie »ifc^dfe
bei^ Sonjitö folgenbermolen an: „SBol^Ian benn, ^l^r SSfiter unb
Surften ber ^rd^e, ^ möge bie gange äSelt erlernten unb einfel^en,
ba|, XDtan ^f)x im ^immel binben unb löfen lönnet, Sl^r ouf ber
^be bie Saifertümer, Königreiche, gürftentümcr, ^erjogtümer, 9){art
graffd^aften, @raf{c^often, unb aller SRenfc^en SBefi^ungen nad^ ®e6ü^r
') Momay, Ph., Mysterium Iniquitatis sen historia Papatus. Sal-
murii 1652. p. 1363—64.
*) Bonivard, Franeois, Advis et devis de la source de Lidolatrie et
tyrannie papale. Geneve ca. 1560. 9?eubrud 1856. p. 13.
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^ v\n^ -^-^ i'^f« ^X* Voth§ fynäftt auf biefcf
^ ^ , i, > ^^ ^^^^ 5öftr^inü>crte» lanatt «Ue*:
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^■«•^(i^e 3a:]mffc barinrnm. gnvotai lin »«njla^
■*'■'■■!> eo »Qt e« In bet 3liitt).flfiaia fVi^o
- Ä-^ •«8« Va Bq« unjet tnttii^ ««»« *ctoB
' "• Wkt rigcnm fiinbcr fidj« eavctcm, tan
1 »Miiaana. abita^dni^
— 288 —
rinem geglichen nehmen unb geben lönnt Denn 31|r l^abt oft ge^
nonmttt bie ^otriard^ate, Primate, Srsfiidtl^ümer, Siilt^ümer ben
©d^Ied^ten unb Unkoütbigen unb fie gegeben frommen. SBenn 3^t
olfo über bie geiftUd^en Dinge richtet, toa§ mu% man bann glauben»
ba| 3^1 ^inftc^tlit^ ber meltlit^en lönnt Unb menn 3^r über bie
(Engel, n^eld^e aSen ftoljen Surften gebieten, rid^tet, n^aiS lönnt 3^r
tl^un mit beren ©Haben? Stögen nun bie Könige unb aKe Surften
ber SBelt lernen , mie l^oc^ 3^r feib, maH ^^l^r {önnet, unb mögen
fie ftd^ lauten, gering ju ad^ten bad ®ebot (Euerer ^rc^e: unb fo
übet benn raf c^ an befagtem ^einrfa^ (ber teutfd^e Saif er ^einric^ IV.)
Suer Urt^eil, ba| aDe oiffen, ba| er nic^t juf&Dig faQen noirb,
fonbem burd| (Jure SRad^t-*)
614) Unb auf ber gleichen S^nobe ^eigt ^: „DeiSl^alb t)er^
trauenb auf bieiS Urt^eil unb bie 93arm]^eriigleit ®otte8, unb beffen
frömmftcr SRuttcr ber päten ^wngfrau äWaria, untermerf ic^ ben
oft genannten ^einrid^, ben fie fiönig nennen, unb aQe feine 9(n«
l^änger ber S^ommunifation unb binbe fie mit bem SBanne be8
^hidfl: unb bon ißeuem il^m unterfagenb baS Steic^ ber Xeutfd^en
txm ©eiten bei» aümdc^tigen ®ottei$ nel^me ic^ il^m alle löniglid^e
®ett>alt unb äßürbe, unb t)erbiete, \>q% irgenb ein Sl^rift il^m oB
feinem Sönig gel^orc^e, unb \pxt^t loiS t)om Serfpred^en beS Sibei^
aQe, bie i^m im Steid^ gefd^nsoren ^aben ober fc^mören merben.
^einric^ foQ mit feinen Stn^dngem in feinem Samt)fe ftraft l^aben
unb in feinem Seben feinen Sieg gewinnen." •)
615) Über ben SBann tonnten mir biele SBorte t)erlieren, unb
über biefeiS fünfjadtige ^ettotd, melc^ei^ auiS ber gebaQten ^ap^U
Sauft l^erborquirlte, meitere iHuftrirenbe Sdfpiele avS ber ®efd^ic^te
geben. Unnötl^ig! Der SBann »urbe niemals bon ®ebilbeten ge«
ad^tet; nur bie abergl&ubifc^e ^efe beS SotteiS ^orc^te auf biefed
Inattembe ©erftufd^. 3n ben erften S<^^t^un)>^cn bannte Wi^i
^% SBifc^of, $raiat, ®eiftlid^er; fein SDtenfd^ Kmmerte fid^ barum.
') Sd^ulte, 3. tion, 3)ie ^ad^t ber SRömifd^en 9^fte über Surften,
S3ölfer, fiflnber, 3nbit)ibuen nad^ i^ren Seiten unb ^anblungen. 2. Stuft,
^rag 1871. p. 30. ff.
•) ®(^te, a. a. O. p. 31—32.
— 289 —
$ä|)fte bannten fic^ degenfeittg; bie Zi)eaietblil^z jünbeten nid^t.
@rft al& ha& n^eltlic^e ^[ntereffe bargulom, gemann ber SSonnftud^
f^mbolifc^c SBebcutung. @o war c8 in bcr fjluc^^affalrc jwifc^cn
^cinric^ IV. unb ®regor Vn. SBärc unfcr tcutfc^cr Äaifcr feiner
meltlid^en ®rogen unb feiner eigenen ^nber fidler gemefen, bann
lonnte ber gute Tregor hinten in Stom ßolofonium tjerfd^n^enben,
fo t)iel er moQte, eiS n^ar mie fonft niirtungSIod. ^er ba ^einrid^
tm eignen Steid^ Slufmiegler ^atte, unb Tregor bieiS tonfAt, unb ben
3eitpuntt t)or6ereitete, fo xoax ber 93annflud§ ber audlöfenbe $e6el
für bie enblofen nun folgenben @treitigletten unb SSermüftungen im
Xeutfd^en Sonb. — ^n fid^ toar alfo ber Sann ein finbUd^eiS Ser^
gnügen unb ben köpften mo^I ju gönnen; frit)oI mar nur, ba| fte
babei regelmäßig ben @ib ber Xreue ber Untertanen beS gebannten
ßaiferd aufhoben. 2)enn ber Untertanen ^^ISib mirb im Sßamen
&otte& gefc^n^oren, unb ^at l^eute nod§ f^mbolifc^^^binbenbe SSebeu?
tung aud^ für ben ^t^eiften. Der S3ann wirb im 9lamen bed
$apftei$, ober l^öc^fteniS beg italienifd^en &otte§ gefd§Ieubert, an
ben nur ber $apft felbft glaubt, unb l^at für 9Hemanb binbenbe
Sraft, au|er mem'd geffiüt.
616) ^er aud§ l^ier traf ber $apft oft auf einen
SKann, öor beffen ffil^arafterftftrfe er größeren {Refpeft empfinben
mußte, aü \)ox bem ^ol^nlad^en ber gebannten ©roßen felbft:
Dietric^, 93ifc^of t>on Serbun, fd^rieb Tregor ^inftc^tlic^ he& (£nt^
binbend ber Untertanen beS ßaiferS t>om Sib ber Xreue: „^^ märe
ein Unglüd, menn auf iebe l^eftigere ^Gemütsbewegung bed $apfted
gleic^ bie göttliche SSerbammung folgen foQte. äSeber bezeugt eS
bie Schrift, noc^ billigt eS bie SSemunft, ha^ (S^ommunifajionen,
Weld^e aus $rtt)at«£eibenfd§aft ober megen ein^eimifc^er SBeleibigungen
audgefprod^en werben, eine t)erbammlid^e Staft ^aben foKten. Unb
wag bie Soöfpred^ung öom Untertanen ^ gib betrifft, fo fagt bamit
ber $apft: Sßerfagt i^m auf mein Stnfe^en bie Zreue, toeld^e Sl^r
il^m eiblid^ öcrfproc^en ^abt — aber wag fagen fie (bie Untertanen)
baju?: hierin gel^orc^en wir 2)ir nid^t, §err ^ßapft. SBir öerfagen
ü)m bie öerfprod^ene Ireue nic^t. 3)enn Wir ^bcn fte nic^t bloß
berfprod^en, fonbem aud^ gefd^woren. Unb wenn ber 3Runb, ber
P«ni5sa, Centfd)eT mUf}«!. 19
I'
— 290 —
blog lügt bte ®eete tötet; fo mug er bieiS noc^ me^r tun, toenn er
imrd^ einen SRefnelb Ifigt"*)
617) ^eute t{t ber Sann loum mel^r ein Sweater -SRequiftt
jum ©peftolelmod^en. (E^emate fonnte man burd^ bie rSmifc^e Skr«
flud^ung menigftend gu Knfel^en unb 9iu^m gelangen, mie Sut^er,
bem ^utten fc^rieb, als er t)on beffen S^omnmnilajion ^örte:
»Quantus es, o Lutherus, quantus es, si hoc verum!« — „SBie
gro§, Sut^er, bift 2)u, toenn baö wa^r iff — ?t6er ^eute wirft
ber iBann nid^t einmal nac^ biefer SHc^tung. (Siner ber Se^tge«
bannten, Fölling er, ftarb faft öergeffen; nid^t »egen beS Sann?
Pud^g, fonbem trofe be« Sannftuc^Ö. 2)ic ßeutc fagten ftd^: „SBir
fut^ten in bem t>om Sannftra^I (betroffenen einen großen 9Rann,
unb fanben nur einen großen ®elel^rten.
618) SBol^I lonnte $ einrieb IV. aud^ felbftbemugte Sriefe
f (^reiben. Unb er fc^rieb 1076 an Oregor: „(So ^aft ®u S)id^
aud^ nid^t gefc^eut, ^id^ gegen bie Idniglid^e ©etoalt felbft, bie Und
Don ®ott t)erHe^en ift, ^u ergeben, unb ed gemagt, Und gu bro^en.
Und biefeCbe gu entjie^en; ald ob äBir bon 2)ir bad 9teic^ erl^alten
l^ötten, ald ob in deiner unb nic^t in ®otted ^anb Steic^ unb
ftöniglid^e SWad^t lägen "•) — ?ttcr toai l^olfd? ©eine Unter«
tauen glaubten bem römifc^en $apft mel^r mie il^rem ^aifer.
619} 93er bem 2)aIai:'Sama glaubt, ift tierloren, er, fein
Sanb, fein ^aifer, StKed. ^ie armen, blöben Xeutfd^n glaubten
bamald an ben ^alai^fiama, unb bie gfolge mar: Sürgerfrieg, Snt«
gmeiung, ©egentaifer, äRorb unb pfinberung auf 30 ^al^re (1076
bid 1106). 5)er gute Äaifer »ar wol^l für feine ?ßerfon oufgeHfirt
genug, über ben ^alai^^Sama in Stom ju lad^en. Slber toad ^alfd
i^m? Seine Untertanen glaubten bem tibetanifc^en ®ott in Stont
*) 2:^cincr, 3. u. ?(., 3)te ©Infüi^rung ber erzwungenen d^elofigfcit.
5tltenburg 1845. «b. II. p. 257 — 258.
^ »ideoque et in ipeam regiam potestatem nobis a Deo concessam
exBurgere non timuisti, quam te nobis auferre ausus es minari, quasi
DOS a te regnimi acceperimas, quasi in tua et non in Dei manu sit
regniun vel impehum « Sic^e ^reger, SS., 3)er fir(^cn<)oIittf(!^e
^ampf unter 53ubtPtg bem ^aier unb bie dffentlid^e Meinung in ^eutf4=
lanb. «b§. b. !. bai)cr. 9ltab. b. SBtfjenft^. aifünt^cn 1877. p. 5.
— 291 —
Unb fo mu|te er fdbft bran glauben. (£r mürbe fdrmlid^ geiftei^
Iranf; tro^ Qn]pxai)t einer grogen angal^I Getreuer unb Sn^ftuger
terlor er aQen SRut, marf bie SSaffen bon fid^ unb minfette unb
toeinte toit ein ©efd^Iagener. ®o rid^tet ber äBa^n ben äRenfd^en
ju ®runb, ber (Slaube an eine eingebilbete ®ottl^eit!
630) enblid^ lam er gur @tabt (Sanoffa — fd^reibt
®regor Vn. felbp — »o SBir »eilten, mit SBenigen, unb ftanb
bort brei Xage bor bem 3^ore elenbigttc^ ent6I5gt t)on aQem fönig^^
lid^en ©c^mudF, baarfug (discalceatus) unb in »oQenem ®en)anbe
(laneis indutus) unb 1^5rte nid^t e^er auf mit )oieltm gießen bie
^ülfe unb ben Xroft ber tibetanifc^en — parbon: apoftolifd^en
SBorml^ergigleit ju erbitten, otö büS ed aUe, bie jugegen »aren unb
ju benen bie ^nbe lam, bei folc^er gfrömmigfeit unb Sarml^erjig«
leit bed aRitgefüp antrieb, bag fte ftc^ ffir i^n mit t)ielen »itten
unb 2:^rfinen t)ermanbten unb ob ber ungetool^nten ^firte unfered
@inned t)ertounberten ...."*)
OSSI) »Ce fut un süperbe moment!« — ruft ber granjofe
be aRaiftre au8 — in feinem S5ud§ »Du Pape«; „SBeld^ ein
prac^töotter SRoment!"*) — ^6) ^offe, ba| eS nur »enige ffatolilen
in Xeutfd^Ianb giebt, bie fo emt)ftnben »erben.*) — äBad mon auc^
über bie barborifc^en unb feobalen Qditn bamatö beulen mag, bie
bem ^aifcr ein unbefc^ränlteS Stecht über feine Untertanen einräumten,
»ic man auc^ über fein SSorgel^en gegen bie @ad§fen urteilen mag,
»obei eS ju nic^t ju red^tfertigenben ®eroalttätigfciten fam, unb
»orin er burc^ bie ®egnerfc^aft beg ?ßapfte8 eingefc^ränft »orben
fei: baran l^at lein $apft gebadet; \>a& ift eine (Srlenntnig ber
neueren ®efd^ic^tdf(^reibung; für il^n l^anbelte ed ftd§ nur um
l^erard^ifd^e 3^^^^- Unb bie Demütigung in Sanoffa bleibt ein
beüagenSmerter ?Dft perfönlii^er ®eifteS^Ser»irrung beS ftaifer» unb
f(^mad^t)oI[en %berglaubeng bed teutfd^en SoIfeS.
*) ©dftultc, a. a. O. p. 33.
*) de Maiatre, J., Du Pape. nouvelle Edition. Paris 1884. p. 179.
*) !eif(^of ^offner ))on SRain^, ber 1888 ))on einer SRomfa^rt ^urücl::
lam, erinnerte in einer barauffolgenben ^erfamntlung, toie ein latolifc^ed
fdlatt berichtete, ,,in launiger fB et fe" an eine anbere 9lomfa§rt, an ben
Äanoffa=®an8 Äaifer i&etnriA'a IV. — Äirc^lit^e Äorreft^onbenj für bie
teutf(^e Xagedt^reffe. 1888. 9h:. 5. p. 85. — Sauberer Xeutfdfter ba«! —
19*
— 292 —
6933 ^" ^^ S(^lo6§of ^u Sattoffa
®te^t btv ber beutfc^e ^aifer ^einrid^
93arfu6 unb im !6üger^embe,
Unb bie 9{a(^t tft falt unb regnigt.
Proben aud bem fjrenfter lugen
3)1)0 (S^eftalten, unb ber ^onbfc^ein
Überflimmert (S^regor'd ^a^lfo))f
Unb bie »rufte ber SRat^ilbii».
^einri(^ mit ben blaffen 2\pptn
SIRurmelt fromme $atemofter;
$o(^ im tiefen sTaifer^er^
^imli(^ fnirfd^t er, ^eimüd^ ft^rid^t er:
„grcnt in meinen beutfd^en Sanben
^thtn ft^ ^ic ^o^cn Serge,
Unb im füllen JBergedfc^ac^te
93ä(^ft bad @ifen für bie Streita^.
„^m in meinen beutfc^en fianben
^eben ftc^ bie (Sic^enttKilber,
Unb im Stamm ber ^öd^ften @i(^e
^äc^ft bad difen für bie Streita^l.
„^ mein liebed, treueS ^eutf(^lanb,
3)u roirft aud^ ben Tlann gebären,
^er bie Schlange meiner dualen
Sf^icbergcfc^mettert mit ber Streite^."
(©eine.)
638) Soc^ berXalai^Sama änbert fi^ nid^i — äBir muffen
imiS önbern. ^er ^alai-Sama ift ber 3(uiSbrucI unfered W>tx^
gIau6eniS, ber aud unferen ^erjen ^tnauiSproiiitrte, t)on uniS t)tx^
golbete, t)on und gefc^meQte, t>on und gebome, gel^ätf ekelte, ge«
möftete ^opanj. @o6aIb mir nic^t me^r moQen, fteigt er herunter
t)om X^ron, unb überreicht und löd^elnb feine Rapier «^one; bie
Suft ge^t ^inaud, unb ber aufgetriebene 93aQon finft ju einer runj^
(igen, Ific^erlid^ Heinen &xb^e jufammen. Unb ber mölfd^e, mit
orientalifd^er Süftem^eit fid^ tpenbenbe unb gebörbenbe ®ott, ber
und bie ^robulte feiner fenfualiftifc^en, tüei^rauc^bampfenben ^^ans»
tafie ald ,®(aubendn)Q^rl^etten' borfe^t, ^ört auf für und tDöIfd^ unb
— 293 —
orientolifd^ )u fein, fobalb mir teutfc^ finb. (£r l^ört auf für und
unfcl^ttar ju fein, fo6aIb wir nic^t mel^r an i^n glauben. Unb er
l^ört auf, fic^ über unfcre gürftcn unb Stegierungen ©ercc^tfamc on^
juma^n, fobalb mir fie i^m nic^t mel^r geben.
634} Sonifaj VIII. in feiner befanntcn S9uUe »Unam
ßanctam« 1302 erHärtc: „3)o6 in ber ®cmalt beö ^ctruß jmei
©d^mertcr, baS geiftlic^e unb meltlic^e, pnb, le^rt unS ia9 ©tjan^
gcHum. 3ebeg ber beiben (Sc^mcrter ift olfo in ber ®emalt ber
^rc^e. ®a8 ®eiftlic^e unb ba« SBeltlic^e. ©rftereS ift ba« beS
5ßriefteri^; le^teteS ift in ber ^anb ber fiönige; aber nad^ bem SBinf
unb ber 3wlaffung bcS ^riefterS. ©in ©d^mert mufe unter bem
anbern fein, unb btc mdtlic^e 3tutoritftt ber geiftlid^en ®ett)alt unteres
»orfen fein. Solglid^, menn bie weltliche ©emalt abmeiert, mirb fie
abgeurteilt merben öon ber geiftlid^en ©emalt. — Unb fo erflärcn
mir, fagen mir, entfd^eiben mir: S)em römifd^cn ?ßontifej unter-
morfen ju fein, ift für jcgüc^eg menfd^Iic^e ®efd§öpf jum §eite not^*
menbig." *)
6S5} 3^ ntc^^ ^i^ und bon biefer ^ibetantfc^en ®ott^eit ge^^
foUen laffen, je ©tärfereiJ mutzet fie unS ju: 5)oIai'Sama ®regor
fc^rieb 1077 in einem ©rief nai) leutfd^lanb: „SBir l^aben burc^
bog Urteil bed ^eiligen (Seiftet befolgten unb geboten, ba| in Surem
9lci(^ ein {Reichstag ftattfinbe." •) — ^ier fann man mirflid^ l^erj==
lic^ über ben guten S)alai=:2ama lad^en. — Sber fobalb er fic^
aufbläht unb mirfltc^ ju rcben anfängt, öcrfried^en fic^ boc^ bie
SRciften, fogar bie gelcl^rteften unb cnergifd^ften Sifc^öfe, unb lifpctn
il§r bemütiged SubjicimivB nos.
636) ^alai^Sama Urban ber Smeite prebtgte 1096 in
ber ^rc^e ber l^eiligen S^l^eHo ju SKoilanb. „bai ber geringftc
^riefter icbem ftönig öorge^c."*) — Unb ßama ®regor ergöujt
>) @(^ulte, a. a. O. p. 28. ^iefe IBufle tourbe auf bem 5. fiatera^
nenfifc^en Ston^ii 1516 au9brüdt(i(^ ,emeuert unb a)>)>tobirt', unb bie Civiltä
cattoüca beanf))ru(^t i§re @)ültig(eit in einem 9trtifel oom 10. 9(t)ri( 1870
au(^ für unfere 3eit.
») @(^ulte, a. a. O. p. 34.
■) Schulte, a. a. O. p. 29. Änm.
— 294 —
t& hdfjxn: „93er al\o, ber audf nur eitiige ßenntniffe 1)at, mi5^ie
jtoeifcln, bog bte 5ßricftcr ben ßönigcn öorgcl^cn (anteferri)? äSentt
nun bic ßöntgc für t^re ©finbcn ju richten finb, bon wem müffm
ftc bann rcd^tmältgcr gcrid^tct »erben, ott öom römifc^en ^opftc?" ^)
627) 3n biefer SBeife )7erfluc^ten unb (annten bte $ö|)fte
Surften unb DBrigletten, Säten unb ©etftltd^e, totx il^nen, auf polv^
tifd^em ober geiftlid^cm ®eWctc, in bie Cuerc lant. Saifer grieb^^
rtd^ »arbaroffa, grtebrid^ 11., Subwig ber »aier, ?ß]^ittpp
ber ®d^5ne t)on gronlreic^, unb biete ungejäl^Ite kleinere lamen
bran. Unb and) bie 9tefonnaiion brachte feine Semunft. ^eiu:?
rid^ VIII. t)on (Snglonb n^irb mit Stnna SBoIe^n e^ommnnijirt,.
fein Sanb mit bem ^nterbift belegt, bie Untertanen btS SibiS ent^
bunben unb bie, bic i^m treu bleiben, ,ate ©Haben* tjcrfauft. —
SIber fo ^oi) im 9}orben jünbeten bie römifc^en 93Ii|e nid^t mel^n
Unb iiber ben ftürmif(i^en äSaffem \>e& Sanatö La Manche Idfd^ten
bie pfipftlid^en Stafeten meift au».
628) $iu8 V. bonnert in ber SSuOe »Regnans in Ex-
celsiß« im 3^^^ 1570: „Der ^crrfc^er in ber ^'6f)t übergab jur
9tegierung in ber Sülle ber ®ett)alt bie eine l^eilige ^rd^e, an^tt^
l^alb bereu ed fein $eü giebt, bem rdmifc^en ^ontife;. liefen
(Einen fe^te er fiber aDe SSöIfer unb ateid^e gum Surften, auf ba|
er auiSrotte, gerftöre, jerftreue, )7emid§te, pftanje unb baue. ®eftü(t
atfo auf bie Autorität ®otteiS erflören tt)ir bie genannte föe^ertn
Slifabet^ (bie S'dnigin bon (Snglanb) unb i^re Snpnger bem
Slud^ berfaDen unb abgefonbert bon ber Sinl^eit be» SeibeS S^rifti
Diefelbe fei bed angemaßten 9ted^teiS über il^r SReid^, ieglid^en Sigen^
tumS, ieglid^er SSürbe, jeglid^en SSorrec^td beraubt. SlUe ©täube,
Untertanen unb Sdßer il^rei^ Steid^S finb bon ieber ^fiid^t ber
ße^enÄtreuc unb bciJ ®e^orfam8 entbunbcn."*) — Slbcr bie große
Slifabet^ ffimmerte fic^ toenig um bie 93annf[üc^e in Stom; fte
ließ bie bigotte unb lanbeiSberrfiterifd^e SRaria ©tuart entl^aupten
unb tourbe bie Segrünberin ber ®röße Snglanbd. — ^mmer fam
eis barauf an, toeld^ perfönlid^er Sl^arafter eiS mar, ben ber tibe«
') €(l^uUe, Q. a. D. p. 36.
^ ©d^ulte, a. a. D. p. 40— 41.
— 295 —
taitifc^e gluc^ traf; unb tpetc^er 9ixt unb ^eftnnimg Sanb unb
Untertanen, ßcibcr mar cö in Ic^tcr ^infic^t immer mifcrabd in
Xeutfd^lanb befteUt. Unb ©d^mabronentDeiS ftürjte ^ier bag blöbe
93o(I auf bie ^iee, menn ber Hbetanifd^e ®ott in Stom rot^ unb
feurig ftc^ aufbliei^.
6S9} S3oU loftbarer fronte ift ber ®a^ in bem fd^on ange^
führten 93uc^ be SRaiftre^d: ^^ÜbrigenS mürbe bie Autorität bt»
?ßapfte<8 über bie Könige immer nur bon 3cnen beftrittcn, bie er
ju 99oben ft^Iug. SCIfo gab e§ nie eine legitimere Slutoritöt» atö
biefe, unb nie eine meniger beftrittene." *) — 3!)ieg ift nur eine
SSariajion über ben ®a^: 5)atai'2ama giebt eö nur für S)en, ber
an bie ®ott^eit glaubt; unb jerfd^mettert mirb nur ^er, ber ftd^
fürchtet
OSO) ^nnocenj X. erHörte in ber SäuIIe »Zelo domus
dei« toom 20. 3?oöcmber 1648 „(raft «poftolifc^er SKac^töoIKommen*
l^eit ben ^rüfel bei^ 38eftp^ölifc^en griebeni^ für nid^tig, un^
gültig, unbillig, ungered^t, t^erbammt, bermorfen, t^ergebltd^, ber
^äftc unb (Erfolge entbe^renb für alle 3"fwnft"*) — S)alai*
Sama l^ötte gemünfdit, t>Q% ber SO^ö^rige ^eg, ber Xeutfd^Ianb
auf ®eneraiionen in feiner Sntmicflung gegen anbere Ihilturbölfer
jurüdEgetnorfen l^atte, unb eiS audgefogen unb berarmt jurüdlieg,
nod^ länger bauere. Unb bann l^atte biefer gfriebe einer @elte 9Ren«
f(^en in leutf erlaub ©giften} * Siedete tjerliel^en, bie an 3)alai*
Sama nic^t me^r glaubten.
081) @eitbem ift bag Stnfe^en bt» ^alai^Sama gewaltig
gefallen. (Sine groge ^orjion Suft mürbe aud bem 93allon ^eraui^
gelaffen. Sltö $iud VI. 1782 nad^ SBien lam jum S3efuc^ ßaifer
2[ofef8 U., unb fie fid^ einige Soften tyox SSien trafen, fugten fte
ftc^ fc^on k la fran9ai8e; ber ^antoffeltug unb baiS ^infaQen jur
Srbe maren fc^on obfolet; unb atö ber $apft bem ^oniler ßauni^
*) »C'eet k dire que Tautorit^ des Papes sur les rois n'^tait oon-
teBt6e que par oelui, qu'elle frappait II n'y eut donc Jamals d'autorit^
plus Intime, comme Jamals 11 n'y en eut de moins contest^«. — de
Maistre, J., Du Pape. p. 207.
*) ©c^ultc, 0. a. O. p. 50.
— 296 —
einen SSefud^ mad^te, unb bie ^anb jum S^ffe retd^te, fd^üttelte
biejer gar bem betroffenen ^ontife; bte ^onb noc^ englifc^er äRanier:
How do you do? — W>tx in bem SSorjimmer ju ben päpftttd^cn
©emad^em ftanb ber Pantoffel beiS ^apfted jum ^ffen oui^eftellt
unb bie Saäicnerinnen lamen in äRaffe unb fc^Icdten ben fcibncn
?ßantoffeI q6; unb in ben ]^od^:=ariftofratifc^en Käufern jirfulirtc ein
anberer ^Pantoffel, ber gläubig öerc^rt »urbe: Sniincr ftnb eS bie
®Iöu6igen, bie ben Dalai^^Sama mad^en, unb tl^n jum e^orbi«
tanteften SamoidmuiS bröngen. @r an fic^ lann nic^td.
682) 3loäf immer fielet eiS^alai^Samo gern, menn dürften
fid^ t)on i^m frönen laffen. SSäeit bei biefer ©elegenl^eit ber ffaifer
ttefer fte^t ober t)or i^m auf ben ^ieen liegt; unb f^mbolifd^e
Vorgänge unb ©ituojionen ber 9lrt liebt 3!)olais2omo. 3)od^
tt)or ber Heine SWapoleon, ber feiner Statur megen nic^t l^ätte ju
fnieen broud^en, felbftl^errlic^ genug, fid^ in ®egentt)art beö ^apfteö,
ben er nad^ ^orig fommen liefe, bie Stone felbft auf^ufefeen.
688) „3)ann ber »apft läft fet)nem ffe^fer fein, er fal \m
bonn öor ju füfe, unb empfal^e bie Se^fertid^en Shronen öon fernen
fu|en ab, t^orfd^mere im aud^ bad ^taltänifd^ Ste^d^ unb bie ftatt
Iftom" fc^reibt nod^ ^utten.*) ?fber ffaifer ffarl V., ben er er»
lebte, tücn ber le^te teutfc^e ffaifer, ber fic^ t)om ^apft frönen lieft
1530. Unb baSSlnfel^en beg teutf d^en SaiferS ift ^eute ©ottfetbonf nid^t
mel^r bon einem italienifc^enS'arbinal abhängig. Sro^bem Muft ber ?ßapft
l^eute norf| ben fürftlid^en SMoc^t^abem nac^, fie foßen i^m bie „ftatt
8»om tjorfd^njeren-. So lief er bem S^aifer SBil^elm 1870 in'«
Ärieggloger, bamit er il^m „bie ^tatt SRom öerfd^toere." SUg biefer
bieS meigerte, mürben in ganj Xeutfd^lanb bie Samaiften unb
libetaner aufgeboten, bereu eö 15 SOtiQionen in leutfc^lanb giebt,
ba§ fie il^m jur ©tabt 8iom öcrl^ülfen. Unb wenn eS il^nen nod^s^
gegangen möre, möre 2:eutfd^lanb in blutige ^ege geftür^t unb
jerftücfelt morben; benn ^öl^er atö $eutfc^lanb ftel^t i^nen i^re Sibe*
tanif^e ®ott^eit in 9flom.
684) ^at ber Samaifd^e ®ott in Slom aber feit bem SRittet
®efpröd^bü(^(etn ^er Ulric^d üon ^utten. Sd^nften, l^eraudgegeben
t)on öödtng. ßcipaig 1860. SBb. IV. p. 176.
— 297 —
dter bebeutenb an politifc^em Sinflug eingebüßt, fo ^at er boäf m6)t
eines feiner ^rärogatit)e aufgegeben, ©ner feiner l^eüigften, ge«
fc^ttjeHteften SRepräfentanten ?ßiug IX. ^t in feinem ©efefebud^, bcm
©^llabuö, urbi et orbi u. o. golgenbei^ tjertünbet: „5)ie biirger:^
lid^en ®efe^e folten unb bürfen tyon ber göttlichen Offenbarung
unb ber Autorität ber ftird^e nic^t obroeic^en."*) — S)o mm
2)alai' Santa bie göttlichen Offenbarungen felbft beftimmt, fo beftimmt
er auc^ bie ^bmeit^ungen ber bürgertid^en (^efe^e t^on i^nen, nnb
fomit bie bürgerlichen ©efe^e felbft.
035) (SinanbererSa^biefed^alai'S am anstautet: „'3)ie geift^^
lid^e ®eric^ti^barfeit für iüeltlic^e Eiöit mie GriminatSlngelegen^eiten
ber ®ciftlic^cn ift burc^au§ nic^t abjufc^affen, aud^ nic^t o^ne 33e*
fragen unb gegen ben Sinfprud^ beS apoftolifc^en Stu^tt."*) —
Da aber Urban II. in einer !ird^Iicf|en SJerorbnung erflärt f^cit
„Denjenigen, bie ßjfommuuijirte töten, lege nadE| ber ©itte ber
römifc^cn Sirene unb Deiner eigenen Sntcntion eine paffenbe Suftc
auf, bamit [\e \\ä) t)or ben Singen ber göttlichen (Einfalt wohlgefällig
macf)cn; benn ipir galten bicfelben nid^t für SKörber (homicidas)";*)
unb ba ber S^fwitcmCrben, ben 2eo XIII. in feinem jüngften SJreöe
„ben ^ort für grünblic^c unb gefunbe ßcl^re" nennt,*) ben SRorb an öom
5Papft ®ebanutcn unter aöen Umftänben für red^tUc^ ^ölt; ) auc^ ber
Sefuit SDJariana bem Dominifaner^SMönc^ 3af ob Element, ber nac^
öor^eriger ^"ftvufjion bei ben Ideologen feinen fiönig, ^einridE) HL
*) 15ie (gnct)cHca Seiner ^eilifi!ett beS ^apftc« ^iuS IX. unb ber
©pttabu». Äöln 1865. 9?r. 57. p. 95.
») 9(. a. O. <«r. 31. p. 95.
») Gratian. Decret. c. 47. C. XXIII. q. 5. 3ic^e Schulte, a.
0. O. p. 63 — 04.
*) ^ön§brö(5, % x>,, SBarum fottcn bie 3efuiten ni^t na<^ 3)cutf(^=
lonb aurürf? Sreiburg. 2. «ufl. 1891. p. 13.
*) ,3)arf man einen ®eä(!^tctcn töten?* — „3^^ ^"^^^ ^^ ®toat e«
einem Seben erlaubt ; ed barf jebod^ nic^t aufter^alb ber ^renjen be9 6taated
geft^e^en, ber i^n geästet ^at." — ,Unb wenn er öom' ?apft geächtet ift?'
— „3)ann barf man i^n übcratt tobten, weil be« ^apftc« ®eri(ftt«barfeit
bie ganje Seit umfafet." — Escobar y Mendoza, Ant., Theolog. moral.
Lagdun. 1663. Tractat. I. Ex. 7. c. 3. n. 32.
— 298 —
öon granfrctd^, 1589 crmorbctc, ba« l^öc^ftc 2ob fpenbct,*) auäf
©tjtu8 V. bicfcn 2Rorb in einer Slnfprac^c an bie ffarbinälc einen
„©ucceg" unb bie Solge einer unmittelbaren (Eingebung ®otteiS
nonnte*); unb fc^ücfelid^ ®regor XTTT. Beim ©ntreffen ber 9la(lf^
ric^t t)on ber ^arifer ölutl^oc^jcit, bie fd^on ^än SSorgänger ^iuö V.
lebhaft betrieben ^atte, unb mobei an 100,000 Hugenotten ermorbet
mürben, bem ßarbinal, ber bie 92ac^r{(^t uberbrac^t 200 ®oIbguIben
fc^enhe, eine ^ßrojeffion unb geuerttjerf öeranftoltete unb t>on ber
(Engetöburg greuben^sgolute fd^iegen liefe'), — fo ftünben mir mit
^ivC& IX. geiftlic^er ©eric^tiSbarleit für Sriminalangelegenl^eiten
ber 3eiftlic^en mit Seib unb Seben gAnjtic^ in ber äßiUfür bed
apoftolifc^en ©tul^tö, ober feiner ^iffAre; tS fei benn mir mürben
®alai::Samiten. äBir moDen ober 2:eutfc^e fein.
086) Sieiter erflärt ^alai:^£ama: ,,^onige unb prften
ftnb meber t>on ber ^uriiSbiction ber ^rd^e aufgenommen, nod§
ftel^en fte bei ©ntfd^eibung öon S^^^^^ctionörsgragen l^öl^er, ate bie
^rd^c*)." — aber mie eö bei biefen ^wriSbiljion&sgragen unfern
Surften ging, l^aben mir an Submig bem SSa^er, g^i^bric^ 11.
u. a. jur Genüge gefeiten. Sie mürben gebannt, i^r Soll ret)oItirt,
unb i^r ßanb ber Sermüftung unb 3ctftörung preisgegeben.
«87) 3n ber am 18. 3uü 1870 öon ?ßiug IX. öerlefcnen
SäuIIe erflört Salais^fiama, „bafe, menn ber $apft, t)on feinem
Se^rftul^I aud [ex cathedra] fprec^enb, eine ben @) tauben ober bie
©itten betreffenbe Seigre entfc^cibet, er jene Unfe^Ibarfeit befi^t . . ."
nun, mie fte eben einem Dalai?£ama jufommi — SBaS fmb bad
^) »Jacob Clemens oognito a theologis, quoe erat sciscitatuB, tynui-
Dum jure interimi poese, caeso rege mgens sibi nomen fecit«. — „Sacob
(^lernend, ber auf d^runb feiner (Srfunbigung bei ben X^eologen konnte, bag
man mit dled^t einen ^^^rannen töten bürfe, ^at fi(^ burc^ bie (Srmorbung
beS Königs einen berühmten 9?amen gemacht." — Mariana, de rege et
regia institutione. Toled. 1599. lib. I. p. 53.
*) »ante, 2)te römifc^en $äpfte. Seip^ig 1874. $b. II. p. 113.
*) aSeber, 3. ({., Okfc^. bed $apfttumd. Stuttgart 1834. 8b. IH.
p. 107.
*) 3)te (Snc^Iica $iud' IX. unb ber S^üabud, a. a. O. 92r. 54.
p. 94. —
— 299 —
aber, genau umfc^ricbcn, ,@itten*? — Daö jur 3^* ^öMpöft ^n bcn
©eminorien gebrauchte fatott^e 9)}oraI - @^ompenbium t)on ©ur^
iä^It ju @egenftönben ber ,®itten': „^it menfc^lic^en ^anblungen;
bad ^emiffen; bie ®efe^e; naturlid^ed, göttltc^eiS, fird^Iid^eiS, bürget^
Ixdjt^ "Siedet; bie ©ünben; bie Xugenben; bie je^n @d>oi^; bie
Sird^engebote: Seid^te, Kommunion, t$ciften; bie ©erec^tigleit unb
bad yitäfi: Eigentum, Qrtuerb, 9ht|nie^ung, S)iebfta^I, Sßerträge,
S3er{pre<j^en, Sib, ©c^enlung, £ei^t)ertrog, 3tnfen, ^fanb^öufer,
SSäed^fel, Sottetie, SBetten, ®piel; bie ©tänbe: ®eiftlid^c, ßaien,
9{icl^ter; Slbbolaten, ®end^töt)oIIiie^eT, Schreiber, ^nflöger, Saugen,
Slrjtc, a^irurgcn, «pot^efer, SBalb^ unb getb^ütcr ..."*) — ja,
lieber 3)alai*2omo, bog umfaßte ja bie ganje SBelt! — ®o toill'ö
ber Saloi'Sama.
088) ${Id SSeifpiel, mie 2)alai^&ama bie bürgerlichen ®efe^e,
„bie Don ber Stutoritöt ber Sird^e abweici^en'' jurüdhpeifi unb un*
gültig mad^t, mag eine 9(IIoht)ion ^iuS' IX. t)om ga^r 1868 bienen,
mo ed ^eigt: „V,m 21. Xejember bongen ^af)xe^ ift Don ber
öfterretc^ifc^en 9}egierung ein abfc^eulit^eiS ®efe^ [infanda lex] ate
@taat§grunbgefe^ erlaffen n^orben, melc^ed in allen 9teid^iSteilen bie
boHe SReinungSfrei^eit, ^ßrefefrei^eit, ®loubeni^ unb ©ewiffenös^grei*
^eit Srei^eit ber SBiffenfc^üft, Unterrid^ti^ unb erjie^ungg^greil^cit,
fon^ie @leid^ftellung ber bom Staate onerfannten SReligionSgefeU^
fc^aften gemä^rleiftet. — 2)iefelbe Stegierung l^at am 25. 3Rai ein
®efe^ erlaffen, meld^ed beftimmt, bag in gemifd^ten @^en bie ^aben
bie gteligion bed SSaterd, bie äRfibd^en bie ber 9Rutter erhalten
fotlen, fotoie bag bie ^toliten bulben muffen, ha^ auf i^ren gfneb«
^öfen bie Seid^name ber ße^er (^roteftanten) beerbigt merben, menn
biefe ffe^er feine eigenen ^ben. — 3^r fe^t, e^rtoürbige Brfiber,
iDie heftig ju tabeln unb ju berbammen berartige abfc^eulic^e ®efe^e
[abominabiles] ber öfterreic^if(!^en ^Regierung ftnb, meldte ber Seigre
M Gury, — 8. J. — Compendium Theologiae moralis. Lugd. 1850.
Prooemium. p. XI.— XIII. — S^gur, ber fran^ftfc^ Vifd^of, fagt: „flVit
men{d^Ii(^en Srtagen, feien fte toelc^e nur immer, gehören, fobalb bad (Be^
»iffen [la consdenoe] in grrage lommt, nad^ göttltf^em Stcd^t Dor ben
9lid^terftu^I bed $apfte«. S^gur, FEgliBe. Paris 1868. p. 18 s.
— 300 —
ber fatolifd^en ^rd^e, beten Suctorität, Unfered apoftolifd^en ©tu^IeiS
®emalt unb bem IRaturred^t jutuibertaufen. Sed^alb ergeben SBit
bie apoftolifd^e @ttmine unb fraft Unferer apoftoHfc^ ^uctoritöt
betn^erfen unb Derbammen mir biefe ®efe^e ber öfterreid^ifd^ Ste«
gierung unb Wit&, n)ad in biefer ^infid^t Don ber Stegierung ober
i^ren ©c^örben Derfügt, getrau ober öerfud^t toorben ift; erflärcn,
\>a% biefe betrete mit aDen Sotgen gänjlid^ nid^tig, o^ne ieglid^e
^aft gcmefcn finb unb fein merben. 3^re Url^eber ober Scfd^wörcn
toix, fid^ ber Sird^en« unb geiftlid^cn ©trafen ju erinnern, toeld^e
bie pöpftlic^en ®efe^e gegen bie ©d^äbiger ber firc^Iid^en Steckte atd
Don felbft eintretenb öer^ängen*).''
639) S(6er aud^ ber neuefte ^alai^Sama, Seo Xm., bleibt
an Autorität unb göttßd^er SSoQmac^t nid^t ^inter feinem SSorgönger
jurüd. <£r unb $iud IX. nannten bie ))roteftantifd^en ©d^ulen
,moraKfd^c SBergiftungSsÄnftattenS bie proteftantifc^en SRiffionore
„SKönner beS JrugS", „Sorfämpfer beS ©atanS", bejeid^neten bie
proteftantifc^en ^rd^en ald „IBorbeQe" unb ^aben bie engßfc^en
unb teutfd^en 93ibetgefeIIfc^aften als ,k)erf(ud^te' ®efeUfc^aften pro^
ffriblrt»j.
tt40) 3m '^a^x 1864 erllörte pu8 IX. im SyUabus, ba§
an „ber Se^re üon ber meltUd^en ^errfd^aft bed romifc^en ^apfted
aUt Satolüen aufd Unerfc^ütterlic^fte feft^aUen muffen [firmissime
retinere debent]'). Unb Seo XIII. I^at e3 bei allen ©etegenl^eiten
mieber^olt. — DieS »irb freiließ ben Samaiten gegennjärtig ctwaö
fd^mer. Wer ber ®Iaube bemegt fid^ ja bormiegenb in nid^t mirt^
lid^en fingen. Unb ba tann er ia \>on ber berjeitigen äSirllid^s
feit in SRom abftral^iren.
641) Unb ber Osservatore Romano beftniert in 92r. 165
feines Sa^rgangiS 1891 ben $apft folgenbermagen: »n Vicario di
Oesü Christo h non solo Pontefice ma re di tutti i popoli deUa
*) @(^ultc, 0. a. O. p. 52—54.
«) ^kdfiidft Äorrcfponbena für bie beutfd^e XageSpreffe 1887. Sir. IV.
p. 72. —
■) ©nc^cUco unb ©^ttabuÄ. a. a. D. p. 100. 9h. 76 unb «n==
mertung.
— 301 —
terra«: „bcr ©tcBtocrtrctcr El^rifti ift nic^t nur ^apft, fonbcm
Äönig über oöc »öttcr bcr erbe" —
642) fabelt ftd^ fonad^ S(n)>rü(i^e unb ^rörogatiDe beS
^alai^Satna bid jum l^eutigen Xage feind^tuegd verringert, fo ^at
fid^ feine ^eiligleit unb göttlid^e Serel^rung im UmfrciS feiner STn^^
ganger in ben legten S^l^ren entfc^ieben nod^ gefteigert: ®ie 5ßobo*
latrie, ober SBere^rung burd^ ben Sugfug, eine urfprünglic^ orien«
tolifc^e S^ren^Sejeugung, bie bie römijd^en ßaifer übemal^men, unb
bie üieHeid^t au8 2:i6et ftammt, mürbe burd^ bod päpftlic^e ^of«
geremonieH ju einer Sere^rung jebeö cinjclnen ftörperteile« ber
®ottf|eit erweitert: bad Snie Derel^ren bie Sifd^öfe; fie aSein ^aben
baiS Stecht, bad ^ie bd» $apfted ju füffen^), bied ift bie &ono^
latrie, bie Snie= Screening. S)ie ^anb gehört ben fi'arbinälen;
fie allein bürfcn bie ^anb füffen*): Kl^irolattie, bie $anbs:83cr*
e^rung. S)er 3u§ gehört ber übrigen SRenfc^^eit. Unb ®icle
muffen ftd^ mit bem lebigen Pantoffel begnügen.
643) ©obalb ein neuer S)alai5Sama gem&^tt ift, mirb er
auf ben ^od^altar gefegt, bie 70 ßarbinäle htieen um i^n ^erum,
„aboriren" i^n, unb rufen i^m laut )u: »Scias, de esse rectorem
Orbis«: „SBiffe, bog ®u ber $err beS ©rbfreifeS bift!"»)
644) 9Keft ber $apft, fo ftürst ber näd^fte Sarbinal fogtetd^
JU Soben, unb bringt in biefer ^ofttur feine SSere^rung bor*).
645) Sei ber SReffe jelcbrirt ber 5ßa|)ft nur einen leil; er
gel^t bann t)om SQtar fort, um ftc§ gu feinem i^l^ron ju begeben;
bie ^arbinöle ftürjen ju 93oben, bie Stobelgarbe pröfentirt, unb ber
^apft bcfteigt ben I^ron; ein Sarbinal bringt il^m bann ben ^^xx^
®ott an ben 2:i^ron ^in*), — fojufagen an*8 ^ttt, —
646) 9luc^ in Xeutfd^Ianb mirb 'S) al au Z am a Don ben
ßamaiftcn angebetet. 3n SR^ebe, in SBeftfalen, Wirb bie
*) Dutrinu«, 9fWmif(^e ©riefe t)om Äonjil. 1870. p. 511.
*) Outrinud, a. a. £).
") Duinnud, a. a. D. p. 85.
*) Cuirinud, a. a. O. p. 511.
*) 5Rctn!cnÄ, fjünfter «afatolifen^Äongrefe. 8teno9tap§if(^er ©eric^t.
p. 205.
— 302 -
©tatue bed ^apfted Don Slumen unb ^rjen umiränjt bor ben
^oc^altar gefteDt, toö^renb bie ®(öu&igen tingdum auf ben ^teen
Hegen ^).
647} „SBei^t S)u auä) ein ganj aBfonberttd^ ^ing 5U SRom?
— S)a^ ben Bapft {eine fd^me^d^Ier für einen ®ott au&^
geben!"*)
648) ^a ^a(at:sSama ®ott ift fo mitb er aud^ „@^ott in
Sflom" genannt*); „3n!omation ®otte8"*); „bie l^öd^fte «ßcrfoni^
fifatton ®otte8 auf ©rben"»); ^ba8 lebcnbige ©aframent"«); ^bie
^eilige ffommunion" '); „gortfefeer beö ®e^elmniffe3 ber glcif^
Werbung ®otte8"^); unb 5ßiu« IX., ber atö früherer ffüraffier^
Offizier bod^ aud^ nod^ äRenfd^Iid^eS in ftd^ ful^Ite, fagte: er bere^re
in ftd^ felbft „bie ©teHöertreterin ber ©ottl^eit*).-
649) @ine weitere gdttlid^e @igen{d^aft ^at de Maistre beim
^apft cntbedft: bie ber realen ailgcgenwart auf allen fünften
ber c^riftli^en ®rbe*®).
650) »atürlid^ ift ber «nblidf DaIai:=Sama^« für ben, bcm
er }u Seil wirb, eine überirbifd^e ®rfd^einung: „®er ^op^t — l^ci^t
cg in einem Don ^iu8 IX. bcnebijirten ©d^riftc^en — ift für un8
*) 3)cutfc^er TOcrtur. 1876. p. 232.
*) VadiBcus, dialogos Hutteni. ^utten'Ä Schriften. 83b. IV. p. 251.
') SSon ber „©cnfcr Äorrclponbcna". @ic^e 3)cutfc^er SWerhir. 1870.
p. 222.
*) «om S3if(!^of SRermillob; fie^e S)öaingcr, 3., 3anu«, ber «ßa^ft
unb ba« Äonail. 2. Uu^, «Wünc^cn 1892. p. 294.
^) %om Srjbifc^of oon ^iamUti); fte^e ^eutfc^er SJ^erfur 1876.
p. 353.
") yiadj ^tfd^of S^gur; f. S^gur, Le Souveram pontife. Paris 1864.
p. 198. — 3)ie übrigen ©aframentc ber lomaitifd^cn ^trd^e fmb: 2!aufe,
fjtrmung, ©uc^ariftie, öuge, Ic^tc Ölung, $riefter»ei^c, @§e. -—
^) ©^lottmann, ^., ^er 2)eutf(^e (^mtffen§!am))f. ^aae 1882. p. 51.
®) 53om 93ifc^of XuHe in Spanien; pe^e Simmermann, ©., S)ie iejuttifd^e
3)rei^(gimgfcit. ^tip^xQ 1893. p. 33.
*) 3)cutfc^cr aWcrfur 1882. p. 184.
^*0 »On y sent je ne sais quelle pr^nce r^lle du Souverain Pontife
sur tous les points du monde chretienc de Maistre, J., Du Pape. nou-
velle ^t. Paris 1884. p. 52.
— 303 —
bie ftd^t&Qte giguc ^efu S^rifH. ©eine SKad^t erfiredt fid^ ü6er
unfere @eelen, mie bie bed gdttlid^en SrIöferS felbft. Hudgenommen
bie tDirflid^e ©egenmart 3efu S^rifii im ©aframent bed SItard, ift
nid^td fo geeignet, bie gdttlid^e ^erfon bed Sriöferd unferen ©innen
nal^e )u bringen, atö ber Knblid bed ^apfted. @§ ift, ald ob immer
bec ^immel geöffnet fei fiber feinem Raupte, als ob iai göttüd^e
Sid^t auf il^n ^erabftra^Ie. 9Bir bfirfen und ba^er nid^t bie une^r^
erbtetige Unrebtid^Ieit erlauben, an i^m äRenfd^Iid^eiS unb ®5ttti^ed
audeinanber galten ju n^oDen^)."
051) „^enn fie l^eigen i^n einen irbifc^en ®ott, ber nid^t
fd^Ied^t aRenfd^, fonbem avS ®oit unb äRenfd^ jufammengemenget
fei, n>oIIten mol^I gern fagen, bag er gleich, mie (Sriftud fetbd, toa^x^
Saftiger ®ott unb SRenfd^ wäre»)."
052) Unb felbft ein fo erfal^rener ÜRann toit 93ifc^of ^affner
t)on üRainj, rcferirt über einen SSefud^ in 9lom gelegcntlid^ einer
©eltgfprec^ung: „93ir ^aben l^eute Wie, xok \(S) glaube, bad Singe«
ftc^t beS ^eiligen SßaterS gefe^en, unb unaudfprec^tid^e gf^eube l^at
unfer ^er^ burd^brungen, atö mir in biefeiS tounberbare Stntlt^
fd^auten, bad ftd§ mie eine $(rt übematürtic^e Srfd^einung bar-
ftcttt»)."
653) 9{atür(ic^ tl^ut Satai^^Sama auc^ SBunber, unb feine
ßrciber fielen im SBerie bc8 9?odfÄ bon 2rier: ©in teutfd^cr Sc^ut
tel^rer in SJonaumörtl^ crl^ielt Don einer l^od^geftcHtcn ^erfönlic^feit
an^ ber Umgebung ^iu8' IX. „ein ©tüd öon feinem ßeibrod; eine
ätetiquie, bie fc^on je^t ^ö^ft t)ere^rungdmfirbig, na^ ber in
?lu8fid^t ftel^enben ^ciligfprcd^ung l^öc^ft f oftbar werbe *)." — (£ine
franjöftfd^e S)amc tt>urbe ju ßebjeiten ^iu8' öon einem ©cinleibcn
^) „$on bem @^elübbe ber Eingebung an ben ^opft" üon ^ßaterOiraud;
aud bem f^ran^öfif^en überfe^t; toom Sifd^of ^in!el in ^(ugdburg mit bem
ober^irtüc^en 3m))Timatur l^erfe^en unb jur SJ^affent^erbreitung em))fo^len.
») ßut^cr, ^on ber ©infelmeffe unb $faffen=©cl^e. 1533. ©ömmtl.
(Schriften, »b. 31. p. 353.
») ,®ennania', öerlin 1888. «Rr. 54. II.
*) ,9lug«burger $oft=3citunfl* 1878.
— 304 —
boburd^ geseilt, ba| fie einen alten @trumpf feiner $eilig!eit trug^).
— (Ein ^abe auÄ SoDolone, ber an (Spilepfie litt, njurbe burd^
ben Sebrauc^ eineS Stüdc^eniS toter @eibe bon ben ßleibem
5ßiu8^ rx. geseilt"). — ©nc fitume SBeifebrot öom Jifc^c
^bi&' IX. feilte nod^ nad^ Sagten, nad^bem fie im 99e{i^ einer
gräflichen gamilie ©^leficnö genjef en, Stampfe *). — Unb angeroenbet
merben augerbem: „@d^arpie, bie bei bem Serbinben einer Sug«
n)unbe ^ud' IX. biente''; „göben aud feinem ßopffiffen, auf bem
er n)ö^renb feiner testen ^anfeit gelegen''; ,,ein S&ppd^en üon bem
Unterfutter feiner Soutane in SSaffer gelegt unb tropfentneife täglid^
mit lebenbigem SBertraucn getrunfen*)."
654) Unb bementfpred^enb ift e& nur natärlid^, koenn ber
belannte franjoftfd^e ^opftfömpfer VeuiUot nod^ ju Sebgeiten ^xü&\
ben er mit ,®efreujigter*! anfpri^t, ouSruft: »Je te crois, je
fadorel«: „^d) glaube an S)id^, ic^ bete SDic^ an*)!" Unb menn
bie »Voce della verita« gleic^ nac^ bem lobe puÄ' IX. f^reibt:
«©eiligfter $apft, mir »erben nic^t für 3)id^ beten, fonbem ju
S)ir beten*)!"
tt55) Sieber Sefer, biefe ®inge ftnb aDe red^t luftig, unb
geben und baS Stecht, über ^alai^Sama re^t ^erjlid^ )u lad^en.
Sfber fie ^aben i^re öerfluc^t emfte ©eite, folange biefer S)alai*
Sama in leutfd^lanb über 15 SRiHionen äRenfc^en lommanbirt, unb,
mo8 fd^timmer, über 15 Millionen teutfd^er ©emiffen. S)iefer S)alai^
Sama in 9?om f)at feit einem 3a^rtaufenb bie größte 3mietrad^t
über unfer Sanb gcbrad^t, ©lutbergießung unb 3erftörung rüdtftrf)tg*
loÄ geübt, unfcre gürften mit gugtritten be^anbelt, ©täbte unb
Sänber mit einem SBinf feineS 3nterbt!tg in ©nöben unb geuer*
ftätten öer!e]§rt D^ne Dalai^^Sama fein SOiäl^riger ^eg, !ein
^) ,3)cutfc^cr 9Kcrhif 1877. p. 352.
•) ^adj bem in ber »Unitä cattolica« oom öifc^of üon 5ßerona öer*
öffentlic^tcn SBcric^t abgebrurft im ,,g3rifcner Ätrt^enblatt" ^x. 17. 1878.
") ,3)cutfc^cr aKerfur* 1878. p. 225.
*) ,3)cutf(^cr SWerfur' 1873. p. 321.
•) ©c^öH, (£., S)fr jefuittfc^c ©e^orfam. ^attc 1891. p. 68.
^ ,3)eutf(^cr SKertuf 1878. p. 68.
— 305 —
©d^malf alber Sunb, feine ©d^meben im Sonb, feine englifc^en unb
fpanifd^en ßaifer auf teutfd^em 2:ron. Unb mit biefen Dingen l^atte
bie Seigre Sl^rifti feine ^a\tv ju tl^un: SSenn baS (Sl^riftentum für
Seutfd^Ianb auf einem Italiener beruht, bann ift bad tief traurig.
Unb bann mirb bie geiftige mie politif^e ^onfteQajion Xeutfc^Ianbd
auf a6fe^6are 3^^ ^^^^ ^nem ^tatiener abhängig fein^). äBenn bie
Se^re S^rifti aber nid^t auf einem Italiener berul^t, bann fort mit
i^nt ^eute ^anbeU ed fic^ nid^t barum, fatotifc^ ober proteftantifc^
)u fein. @d ^anbelt fid^ barum, teutf^ )u fein. Unb nt^t gegen
ben ^apft ober S)aIai;sSama ^anbett t& ftd§ gront ju machen, fonbem
gegen benSuSlänber, ber ed jeben 2:ag in ber $anb ^at, Xeutfc^
lanb in jmei feinblid^e Parteien ju fpalten. tiefer ^ampf mug
^eute nod^ in Zeutfd^Ianb auggefämpft merben; bauere er 30 ober
100 Saläre; bomit ed in Xeutfd^Ianb nur me^r Xeutfd^e giebt; unb
nid^t eine ^artei, bie jeben äRoment t)om Studlanb ^er gejmungen
merben fann, gegen bie ^ntereffen beiS eigenen SSaterlanbed ft^ ju
feieren. 3d^ glaube laufenbe in biefer Partei fclbft märten nur auf
eine günftige (äetegen^eit, ftc^ ber @ad^e 2:eutfd^Ianbd an^uf daliegen,
tiefer S'ampf mug in ed^t teutfc^er SSeife geführt werben. Unb in
bemfelben mirb baS SBort Sut^er'd gelten, bed größten teutfd^en
(SeiftegfämpferS, — nid^t »eil er ber erfte ^roteftant war, fonbem,
meit er ber erfte Xeutfc^e mar, ber ben italienifc^en Steligioni^
^äd^tern bie geiftige ^errf^aft über leutfc^Ianb entjogen ^at —
bie ^arole Sut^er'd: „9(ber fo b5fe foUen fte ed nic^t mad^en; id^
{
') Verlangt hoä^ bie latoüfc^e ^rc^e, hai in einem ^egdfad bie Untere
tränen beim ^op\t anfragen, ob fie fänit>fen foUen: „d^laubt ein Staat,
feinen 9{a(^bar mit ^rieg übet^ie^en ju foQen, fo ift t» eine unabtoeidbare
t^orberung bed ®eioiffend, bog er ^uoor ben ^^veifel über bie Sled^tmögigteit
bed ^egi^ ber ^irc^e gegenüber befeitigt; unb foUen bie Untertanen [\di an
bem Stxit^ beteiligen, fo muffen fie über bie (Srlaubt^eit i§rer ^anblungdmeife
ftc^ an jene 9[utoritöt »enben, meiere S^riftud für bie Golfer eingefe^t ^at."
^mmerftein, & D., de Ecclesia et Statu. Trier 1886. p. 134—135. —
Unb an anberer @teQe: „3)er @taat mug, menn anberd er nic^t ^tbtli fein
»iU gegen jene 9(utoritöt, ber er feine gan^e &maii Derbanh, latolifc^ fein,
ober toenn er ed ni^t ift, toerben.'' ^ammerftein, fi. t>., Stxxä^ uub Staat.
Sreiburg 1883. p. 81. —
— 306 —
toiSV^ noi) örger mit i^nen mad^en. Unb fo l^orte S5pfe foDett fte
nic^t ^oben, ii) tDill nod^ ^firtem &op\ ffaien. @ie foUen mid^ nid^t
t)er5ftgt nod^ erfd^roden mad^en; fonbem id^ toiU fte berjagt unb er^
fd^roden mad^en. @te folten mir ^infurt meieren; ic^ \mli i^nen
nic^t meid^en. ^d^ n)iU bleiben, fte folten untergel^en. SRein Seben
foK i^r genfer fein; mein Sob foll il^r 2:eufel fein; be| unb lein
onber«^)."
') iiutf^x'% Tarnung an feine lieben Xeutfc^en. 1531. ©ämmtlic^e
Schriften, ob. 25. p. 8.
,,$Bad ^ttibert und nun lenger, bad römifc^ ^oc^
abzuwerfen? .f^att Xeütfc^lanb nit e^gen? ^at ed
nit ferner?" ^utten.
6S6) 3Btr jitirten immer toieber bte Sömpfer unb SoIfS«
fttmmen aud ber 9leformajtond:=3rit ^^il ^^^ ^^^^ i'^n fräfttgften
SStberftanb bed Xeutfd^tumiS gegen bte feige, moKüftige, merlantile
äuffaffung ber SReltgion ber itolienifd^en Sorbinäle fanben. 3)er
^6 lag mar unteutfd^, gemiffenloS, nieberträc^tig; begmegen mugte
er faOen; nid^t meil er latoKfc^ mar. Unb Don tcutfd^er @ette
mugte er faOen, meil bad teutfc^e ©emiffen {tc^ bagegen auflegte.
— Unb ^eute liegt ber gaH ä^nlid^ ober f^Iimmer: ®ie päpft-
Itd^eUnfel^tbarfeit, bie ß^ntraltfirung ber Steligion auf einen
mftlfc^en Sfopf, auf eine mAtfd^e Smpfinbung, auf einen Italiener,
in einem Sanb, in bem, toie in Steapel, ber Iraffefte, l^eibntfd^fte
®ö^enbienft florirt, ift unteutf^, mit ben gemütlid^en koie geiftigen
Sorberungen ber leutfd^en — nic^t ber ftatolifen ober ^rote^
ftanten — unüereintar. Älfo mug er falten. Unb er mu§ üon
teutfd^er ©eite faDen, toeil unfere ^bjion, mel^r mie iebe anbere
bed 96enb(anbdS, in ben legten 20 ^a^ren ft^ am energifd^ften
jufammengefc^Ioffen, i^re Eigenart am fic^erften unb fräftigften ^erau^
geleiert ^at, unb Xeutf^ unb äBöIfd^ ^eute unbereinbarer einanber
gegenüber fielen, ote jemate in früherer S^i*- —
659) SBeil 9{ömifd^:^^'atotifc^ äBälfd^ ift, unb Xeutfd^tanb
gegen to&Ifd^en ®eift unb @itte, gar gegen toöIfc^eS ®etoiffen,
ftd^ mit aQer äRad^t toe^rt, begmegen mug bie unfel^Ibare, retigiöfe
20*
— 308 —
3entTaUSa3cr!ftfttte für ipälfc^en ©loiiBcn in 9tom für Jeutfci^lnnb
faöcn. Unb ba c8 un§ md)t barouf aHlommen fann, btefc StntiaU
SBerfftättc für ttjolfd^c ©emütcr unb ttjnlfd^e SSebürfniffc gcfc^Ioffen
5U feigen, fo bleibt für 2cutfrf)lnnb nid^tS onbcreS übrig, oI§ ft^
mit einem ©d^nitt Don Wom loä^ufd^neibcn, mie jene fiamepfc^en
3n)ininge, bon benen ber Gine, alö ber anbere erfranHe unb balb
barauf ftarb, ftd^ im lejjtcn 9!J?oment mit einem blutigen ©d^nitt
trennte, bebor ba8 fiababer=®ift l^crübcrbrang.
058) „äBarumb lü^t fid^ nun bie inelt fo tong btenben unb
berjauBem? Dber maS ift bie t)erl}inberung, bag man bie nit umb^
feret, bie all bing öerferen? — gürmar ben 93apft mögen mir je
nit abfegen, ob fc^on bie gnn^ Welt fic^ baS u§ bilen urfad^cn unbcr*
ftecn molt, umb fürfid^tigfeit ber beeret iniKen. — SBeld^ ein arm*
feiig tt>efen G^riftlid^er gemein, bie glaubt, man börff miber fo Dil
groger ungebür, unb übeltl^aten, nid^tS berfud^en, nichts unberften!''*)
059) SBaS jmei aKittionen ®ried^en 1844 unter bem S3or:^
geljen il^rer SBifd[)öfe ju SBege brachten, inbem fie fidt) mit einem
dtud öon SRom lo§marf)tcn, unb bal^in manten, mol^in i^re najionalen
33ebürfniffc fie brängten, jur Sereinigung mit ber gried^ifdjen Sir^e,
foöten baS 15 aKittionen Seutfd^e unfäljig fein ju tt)un? — Sollten
15 SRiHionen 2eutfrf)e unfähig fein, eine teutfc^e, tatolifd^e Sird^e
5U grünben? —
660) ©d^on unfer oft jitirter tt?adferer 93ürgermeifter SKat=
tpuS ®öbel au8 ber Saufi^ profejeit: „©o ift aud^ aße Hoffnung
nod^ nid^t berloren, ba| nic^t enblid^ bie S)eutfd^en, fo nod^ Siömifd^
gefinnet, firf) ber SRömifd^en ^uriSbiction imb geiftlid^en ©erbitut
entjie^en, unb i^re 9?ationalsSird^e einem au^ i^rem ®eblüte ent^
fproffenen ^atriorc^en ju gelinber ßtjriftüd^en 2»irection untergeben
merbe." •)
661) 9luf baS ®efd^rei ber SRomlinge bürfen mir nid^t auf=
paffen: „®ann merben fie über unS niffen, mir feien berbolger ber
fird^en, — bann alfo nennen fie aUe bie jl^enen, fo einen finger
^) Vadlscus, dialogus Hutteni. ^uttcn'ä ©d^riften. 93b. IV. p. 249.
') 3)2att^öu3 Wbti, Caesaro-Papia Romana, bie politiic^en @)e^eim=
ntffe be§ pffpftlid^en 6tu^l8. 3. 9(ufl. fieipaig 1720. p. 237.
— 309 —
gegen jncn ouffl^eben — xüxx fet)cn fd^iSmatici, ba8 ift attrtnnigen,
merbcn aud^ fc^reijen, mir moKcn ben ungcnä^eten rodf E^dfti jer«
trennen, mit bannen unb malcbc^ung umS fic^ »erffen." ^)
66S) „^ime^I offt gejagt, bie ^eütfd^en merben einmal ein
reblt^e t^at tl^un, unb ed bod^ big^är feinen fürgangf gel^abt, l^alt
manS für gefpött ju 9?om be^ ben 9tömtfd^en SBoüiiftigem, menn
einer fogt^ bie leütfd^en werben nod^ JRom reformiren." *)
008) „3)arumb möre bad 93efte, S'aifer unb @tönbe bed Sleirf)^
liefen bie läfteriid^en, fd^önblid^ften @pt|buben unb bie t»cr\.a ^
@runbfuppe beiS Xeufete )u 9iom immer fal^ren )um Xeufc ^-i: •
ift bod^ feine Hoffnung einige« ®ute8 ju erlongen." •)
664) „9Bo aSe teütfd^en einträd^tiglid^ mit ftren-vt ' .\
unb ber teütfd^en Srt gebürlid^er beftenbigleit, bad ätbint] • ; ah>
toürffen, ftc^ ber bürben, bie nit aßein fc^mcr ju trnv.' . . j.» iber
aud^ {d^anbtlid^ )u gebulben, entlitben, unb mieberuinb .re alten
fre^l^eit annämen, möd^te man bigem fc^aben l^elfen. '^vd) förc^te
aber, ba| foIIicf)d ber abergtaub nit jutaffen toerb. 2)ann berfelbig
gar tieff in bad l^er^en ber teütfd^en gcmur^elett f)at ^a barff ic^
{))red^en, mit bemfelbigen römifd^en ^oi) merben mir aud^ ben aber^^
glauben ^^nmerffen, unb merben nad^bolgend bie Xeütfd^en uerftel^en,
mie ein großer untcrf^eib fe^, smifd^en beiS moren gotteiS cer, unb
ber Söpftlid^en t^ranne^ unb gö^entl^um, fel^enb, bad, toaS mir alfo
überflüffigti^ nac^ 9tom geben, nit uff ge^ftlid^feit gemanbt, fonbern
5u er^altung bed üorbampten unb funbtlid^ften fiebend ber römifd^en
93ubcn gebraucht merben."*)
665) SSoUenben mir alfo bie Trennung, bie bad S^eutfd^e
fiaifertum begonnen, inbem t& fid^ üon bem Slömifd^en ßaifertum
lodfagte, unb trennen mir und aud^ t)on ber SRömifd^en SieKgion; unb
glauben mir, bag bie Sdpen Don einem &oii ald ftd^tbared ^nn^
^eic^en bafür aufgerid^tet finb, ba^ ber teutfc^e $err^®ott unb bie
M VadiflCUB, dialogus Hütten i, a. a. O. p. 237.
') Vadiecusy a. a. O. p. 219.
* ") £utr)cr, mhtx bad $apfttum ^u SKom t>i>m leuffe( geftifft. ^ittcn^
berg 1545. Sämmtltc^e «Schriften, »b. 26. p. 127.
*) VadlBcuß, a. a. O. p. 195 — 196.
«
I
~ 310 ~
t)te(föpftge itoHeitifd^e ©ötterfamitie nid^tö mitetnanber )u t^un ffobtSL
— ^abcn loir tcutfd^c SHcIigion, teutfd^c ^ricftcr, tcutfd^c äRcffe,
unb [e^en bann )u, ob Xeutfd^Ianb ju ®runbe ge^t
666) „VfltS, \tffi 3^r, iielt ba^in, unb lägt l^offen, ie^t me^t
benn jematö, bog bie römifc^e Xt)xarmtr) gebrik^en unb ber mölfci^en
^anl^ett ein 3^^^ gefegt merbe. ®o magt eS benn enbltd^ unb
legt ^nnb an'iS SBerl. 2a^i Sud^ baran erinnern, bog ^\fx
Xeutfd^e feib!": »Omnia videtis eo tendere, ut spes sit, quanta
nunquam prius, extinctum in hanc tyrannidem, isti morbo medi-
cinam adfuturam. Quod audete tandem ac perficite! Mequidem
fii audietis, Gefmanos esse vos memineritis.«^)
*) Bulla Decimi Leonis contra errores Martini Luther! cum Hutteni
gloesis. Hutteni Opera ed. Boecking. Lips. 1861. vol V. p. 302.
^riicfher & 9}temann, ^Seip^ig.
l^f>S